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Full text of "Einführung in die Papyruskunde"

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EINFÜHRUNG  IN  DIE  PÄPYRUSKUNDE 


EINFÜHRUNG  IN  DIE 
PÄPYRUSKUNDE 


VON 


WILHELM  SCHUBART. 


BERLIN 

WEIDMANNSCHEBUCH  HANDLUNG 

1918 


S3 


18838 


VORWORT. 

Dies  Buch  bezweckt,  in  knapper  Fassung  einen  Einblick  in 
die  Welt  der  Papyri  und  die  Papyruskunde  zu  eröffnen.  Daher 
beschäftigt  es  sich  ebenso  mit  den  literarischen  Texten  wie  mit 
den  Urkunden  und  versucht,  beide  Gebiete  in  Verbindung  zu 
setzen,  während  sie  im  Allgemeinen  von  verschiedenen  Kreisen 
und  getrennt  behandelt  werden.  Im  Besonderen  wollen  die 
den  literarischen  Papyri  gewidmeten  Kapitel  solche,  die  vom 
geschichtlichen  Studium  an  d»e  Papyrusurkunden  herangehen, 
auf  die  wichtigsten  literarischen  Funde,  zumal  die  bisher  un- 
bekannten Texte,  hinweisen  und  auf  ihre  Beziehungen  zu  den 
Urkunden  aufmerksam  machen.  Diese  Gedanken  bestimmen 
die  Auswahl  der  näher  besprochenen  Stücke.  Textproben  gebe 
ich  in  der  Regel  nur  da,  wo  Ausgaben,  die  überall  bequem  zugäng- 
1  ch  oder  billig  sind,  nicht  vorliegen;  ich  denke  auch  an  solche, 
denen  größere  Bibliotheken  nicht  zu  Gebote  stehen.  Dagegen 
erwähne  ich  Werke  wie  die  Hellenika  von  Oxyrhynchos  und  des 
Aristoteles  Schrift  von  der  Verfassung  der  Athener  nur  kurz,  weil 
jeder  Geschichtsforscher  sie  ohnehin  durcharbeiten  muß.  Auch 
die  Literaturangaben  sollen  nur  Wesentliches  hervorheben  und 
weiterhelfen. 

Die  geschichtlichen  Kapitel  berühren  sich,  wenn  luch  mehr  im 
Stoffe  als  in  der  Anlage,  m»t  den  ,, Grundzügen"  von  Mitteis  und 
Wilcken.  Wieviel  ich  beiden  verdanke,  bedarf  kaum  eines  Wortes, 
sondern  wird  und  soll  überall  sichtbar  werden;  vor  allem  die  Dar- 
stellung des  Rechtswesens,  die  um  der  Vollständigkeit  willen  nicht 
fehlen  darf,  wäre  mir  ohne  Mitteis  nicht  möglich  gewesen.  Ich 
bin  nicht  darauf  ausgegangen,  die  Ergebnisse  der  Papyrusurkunden 
darzustellen,  sondern  habe  versucht,  ein  Gesamtbild  des  Lebens 
im  griechisch-römischen  Ägypten  zu  entwerfen,  damit  der  Neu- 
ling sehe,  in  welche  Zusammenhänge  er  die  Einzelheiten  der 
Papyri  einzufügen  habe.  Auf  diese  Weise  glaube  ich  dem,  der 
an  dies  Gebiet  und  seine  Aufgaben  herantritt,  zugleich  eine  allge- 
meine  Grundlage    geben   zu    können.      Dabei    kommen   manche 


VI 

Dinge  kurzweg,  die  in  den  Papyri  viel  Raum  einnehmen,  während 
manches  ausführlicher  besprochen  wird,  wofür  die  Papyri  bisher 
wenig  beigesteuert  haben.  Die  kleingedruckten  Einzelbemer- 
kungen erstrecken  sich  auf  Sonderfragen,  weisen  Literatur  und 
Quellen  in  Auswahl  nach  und  heben  die  noch  ungelösten  Aufgaben 
hervor.  Trotz  manchen  Bedenken  stelle  ich  sie  in  großen  Gruppen 
zusammen,  um  den  Leser  des  Haupttextes  nicht  durch  Anmerkungen 
beständig  zu  unterbrechen.  Das  Verzeichnis  der  literarischen 
Papyri  im  20.  Kapitel,  das  zu  einem  sehr  großen  Teile  das  Werk 
meiner  Frau  ist,  wird  wohl  eine  willkommene  Zugabe  sein. 
Infolge  des  Krieges  ist  mir  manche  neue  Arbeit,  zumal  des  Aus- 
landes, entgangen  oder  zu  spät  bekannt  geworden;  aucli  der 
Nachtrag,  den  ich  noch  anfügen  kann,  macht  diesen  Schaden  nur 
zum  Teil  gut. 

Gerhard  Plaumann  hat  die  Korrektur  im  Felde  mitgelesen  und 
mich  durch  seine  ständige  Teilnahme  wie  durch  wertvolle  Be- 
merkungen und  Berichtigungen  zu  Danke  verpflichtet.  Dank 
gebührt  auch  der  Verlagsbuchhandlung,  die  allen  Schwierigkeiten 
der  Kriegszeit  zum  Trotze  den  Druck  dieses  Buches  durch- 
geführt hat. 

Berlin-Steglitz,  Mai    1918.  W.  Schubart. 


INHALT. 

Seite 

Vorwort V 

1.  Gegenstand  der  Papyruskunde 1 

2.  Die  Schrift  der  Papyri 18 

3.  Schireibmaterial  und  Buchwesen 36 

4.  Überblick  über  die  literarischen  Papyri 64 

5.  Handschriften    bekannter    Texte  86 

6.  Papyri  neuen   Inhalts:  Klassische  Zeit 95 

7.  Papyri  neuen  Inhalts:  Hellenistische  Zeit 120 

8.  Papyri  neuen  Inhalts:  Kaiserzeit  und  Byzantinische  Periode 138 

9.  Papyri  neuen  Inhalts :  Fachliteratur 159 

10.  Papyri  neuen  Inhalts:  Christliche  Texte.    Lateinische  Texte 174 

11.  Die  Sprache  der  Papyri 184 

12.  Geschichte  Ägyptens  von  Alexander  bis  zur  arabischen  Eroberung. .  226 

13.  Verfassung  und  Verwaltung 243 

14.  Recht,  Gericht  und  Urkunden 277 

15.  Die  Bevölkerung 304 

16.  Die  Religion 335 

17.  Die  Bildung 373 

18.  Das  Wirtschaftsleben 403 

19.  Lebensweise  und  Sitte 43.j 

20.  Vollständiges  Verzeichnis  der  literarischen  Papyri 472 

Verzeichnis  der  wichtigsten  Publikationen,  Darstellungen  und  Hilfsmittel  489 

Sachregister 497 

Sieben  Tafeln  mit  Abbildungen. 


I.  GEGENSTAND  DER  PAPYRUSKUNDE. 


Die  Papyruskunde  ist  eine  junge  Wissenschaft,  deren  Anfänge 
noch  nicht  weit  zurijckliegen;  hat  sie  doch  ein  Material  zum 
Gegenstande,  das  in  größerem  Umfange  erst  in  den  letzten  Jahrzehn- 
ten zutage  getreten  ist.  Wie  ihr  Name  besagt,  befaßt  sie  sich  mit  den 
Papyri,  d.  h.  mit  denjenigen  Aufzeichnungen  des  Altertums,  die 
auf  Papyrusblättern  als  ihren  Trägern  auf  die  Gegenwart  gekommen 
sind.  Allein  dieser  Name  entspricht  nicht  durchaus  dem  Inhalte, 
den  die  Papyruskunde  und  Papyrusforschung  sich  selbst  gegeben 
hat.  Vielmehr  hat  sich  der  Begriff  nach  der  einen  Seite  hin  verengt, 
nach  der  anderen  erweitert.  Wir  pflegen  die  Papyruskunde  auf 
die  Papyri  derjenigen  Zeit  einzuschränken,  m  der  Ägypten,  der 
Fundort  der  Papyri,  unter  griechischer  und  römischer  Herrschaft 
s_tand;  die  große  Masse  der  Dokumente  dieser  Zeit  ist  in  griechischer 
Schrift  und  Sprache  geschrieben,  so  daß  man  sagen  könnte,  die 
Papyruskunde  befasse  sich  nur  mit  den  griechischen  Papyri,  wenn 
nicht  für  den  Erforscher  dieses  Gebietes  zuerst  die  demotischen, 
später  die  koptischen  und  endlich  auch  noch  arabische  Texte  in 
Betracht  kämen.  Daß  die  nicht  zahlreichen  lateinischen  Dokumente 
der  Zeit  einbegriffen  werden,  versteht  sich  von  selbst.  Schon  diese 
Bemerkungen  zeigen,  daß  man  genaue  Grenzen  kaum  ziehen  kann. 
Unberücksichtigt  bleiben  für  die  Papyruskunde  die  Schriftwerke^ 
Bücher  wie  Urkunden,  des  alten  Ägyptens,  von  seinen  Anfängen 
an  bis  auf  Alexander  den  Großen;  das  bedeutet  schon  dem  Umfange 
nach  eine  sehr  beträchtliche  Menge  von  Papyri,  der  Mehrzahl  nach 
m  hieratischer  Schrift.  Auf  der  anderen  Seite  beschränkt  sich  die 
Papyruskunde  innerhalb  der  gezogenen  Zeitgrenzen  nicht  auf 
solche  Texte,  deren  Träger  ein  Papyrusblatt  ist,  sondern  holt 
alle  übrigen  schriftlichen  Zeugnisse  heran,  mögen  sie  nun  auf  Perga- 
ment oder  Papier,  auf  Holztafeln  oder  Wachstafeln,  auf  Thonscher- 
ben  (Ostraka)  oder  sonst  irgendeinem  schriftfähigen  Stoff  geschrie- 
ben sein.    Zumal  die  Ostraka  spielen  in  der  Papyruskunde  eine  sq 

Schubart    Papyruskunde.  1 


BEGRIFF  DER   PAPYRUSKUNDE. 


große  Rolle,  daß  man  sie,  wo  nicht  neben,  so  doch  gleich  nach  den 
Papyri  nennen  muß.  Auch  die  Inschriften  auf  Stein  oder  Metall, 
soweit  sie  zeitlich  und  örtlich  hinzugehören,  und  schließlich  alle 
übrigen  Zeugnisse,  Schriftsteller  wie  Altertumsfunde  jeder  Art 
muß  der  Papyrusforscher  berücksichtigen. 

Bleibt  die  Begriffsbestimmung  der  Papyruskunde,  wie  im  Grunde 
die  jeder  Wissenschaft,  etwas  unbestimmt,  so  hat  sich  doch 
durch  ihre  Entwicklung  klar  herausgestellt,  daß  in  ihrem  Mittel- 
punkte beherrschend  das  Griechische  steht.  Es  ist  die  griechische 
Zeit  Ägyptens,  mit  der  wir  es  zu  tun  haben,  und  griechische  Bücher, 
Urkunden  und  Briefe  bilden  einen  so  überwältigend  großen  Teil 
des  Materials,  daß  mrm  in  Wirklichkeit  ohne  erhebliche  Einschrän- 
kung die  griechischen  Papyri,  neben  ihnen  die  griechischen  Ostraka, 
als  den  Rohstoff  der  Papyruskunde  bezeichnen  darf.  Demgemäß 
gehört  sie  in  der  Hauptsache  auf  die  Seite  derjenigen  Wissenschaften, 
die  sich  die  Erforschung  des  griechisch-römischen  Kulturkreises 
zur  Aufgabe  stellen;  ich  vermeide  es  absichtlich,  von  klassischer 
Altertumswissenschaft  zu  sprechen.  Ihre  Träger  und  Förderer 
sind  hauptsächlich  Forscher,  die  vom  Gebiete  der  griechischen 
oder  römischen  Altertumskunde  herkommen.  Das  ist  vielleicht 
ein  wenig  Zufall,  aber  jedenfalls  eine  Tatsache,  die  sehr  bestimmend 
auf  den  Platz  eingewirkt  hat,  den  die  Papyruskunde  jetzt  ein- 
nimmt. 

Ihren  Stoff  entnimmt  die  Papyruskunde  den  schriftlichen  Auf- 
zeichnungen, den  Büchern,  Urkunden  und  Briefen,  alles  in 
weitestem  Sinne  gefaßt,  die  durch  zufällige  oder  wissenschaftlich 
vorbereitete  Funde  ans  Licht  treten.  Am  nächsten  verwandt  ist 
ihr  deshalb  unter  den  Wissenschaften  die  Epigraphik,  und  mit  ihr 
teilt  sie  auch  eine  Eigenschaft,  die  nicht  nachdrücklich  genug 
betont  werden  kann:  sie  ist  eine  Hilfswissenschaft,  sie  kann  und 
darf  sich  nicht  mit  dem  Ansprüche  selbständiger  Geltung  neben 
die  großen  Wissenschaften  stellen,  deren  Gesamtheit  die  Alter- 
tumswissenschaft ausmacht.  Die  Papyruskunde  hat  wie  die  Epi- 
graphik die  Aufgabe,  das  ihr  zugehörige  besondere  Material  ans 
Licht  zu  bringen,  der  wissenschaftlichen  Verwertung  zu  erschließen, 
es  mit  allen  zu  Gebote  stehenden  Mitteln  sprachlich  wie  sachlich 
verständlich  zu  machen  und  die  Beziehungen  zu  anderem  Material 
wie  zu  einer  oder  mehreren  Wissenschaften  nachzuweisen.  Diese 
Aufgabe  kann  man  zur  Hälfte  eine  technische  nennen,  insofern  als 
die  Beschaffung  und  Öffnung  des  Materials  zwar  nicht  ohne  Ver- 


VERHÄLTNIS  ZU  ANDERN  WISSENSCHAFTEN.  3 

trautheit  mit  der  Altertumswissenschaft  durchführbar  ist,  aber 
doch  gewisse  mehr  auf  Erfahrung  und  Übung  beruhende  Fertig- 
keiten voraussetzt.  Demgegenüber  ist  die  weitere  Verarbeitung 
eine  rein  wissenschaftHche  Leistung. 

Wie  die  Papyruskunde  selbst,  so  unterhält  auch  der  Papyrus- 
forscher beständige  Beziehungen  zu  einer  Reihe  von  Wissenschaften, 
die  dem  Forscher  sowohl  Methoden  als  auch  Hilfsmittel  an  die  Hand 
geben  und  auf  der  anderen  Seite  der  Papyruskunde  einen  neuen 
Stoff  für  ihr  eigenes  Gebiet  entnehmen.  Wenn  es  auch  unmöglich 
ist,  alle  Wissenschaften  zu  nennen,  in  deren  Dienst  die  Papyrus- 
kunde treten  kann,  weil  jeder  Tag  neue  Funde  zu  bringen  und  jeder 
neue  Gesichtspunkt  alten  Funden  neue  Seiten  abzugewinnen  ver- 
mag, so  hat  doch  der  bisherige  Verlauf  gezeigt,  daß  die  Papyrus- 
kunde für  einige  bestimmte  Gebiete  in  erster  Linie  als  Hilfswissen- 
schaft in  Betracht  kommt.  Die  Philologie  als  Wissenschaft 
von  der  Sprache  wie  von  der  Literatur  der  Griechen  und  Römer 
entnimmt  den  aufgefundenen  griechischen  und  lateinischen  Büchern, 
seien  es  bekannte  oder  unbekannte  Literaturwerke,  ein  reiches  Ma- 
terial und  zahlreiche  neue  Gesichtspunkte;  den  Briefen  und  Ur- 
kunden verdankt  sie  hauptsächlich  neue  Aufschlüsse  über  die 
Entwicklung  der  Volkssprache.  Ich  kann  mich  hier  mit  dieser 
kurzen  Bemerkung  begnügen,  da  die  Behandlung  der  literari- 
schen Papyri  Anlaß  bieten  wird,  näher  darauf  einzugehen. 
Die  Geschichtswissenschaft  in  ihrem  engeren  Begriffe  ge- 
faßt als  Geschichte  der  äußeren  Schicksale  der  Staaten  und 
Völker  verdankt  der  Papyruskunde  vielleicht  am  wenigsten,  denn 
das  eigentümliche  Material,  Blätter  aus  der  Hand  unbekannter, 
meistens  auch  unbedeutender  Menschen,  bringt  es  mit  sich,  daß 
von  Haupt-  und  Staatsaktionen  selten  die  Rede  ist.  Um  so 
mehr  lehrt  es  für  Staatsverfassung  und  Verwaltung. 
Eine  viel  reichere  Ernte  hält  die  Rechtswissenschaft,  ins- 
besondere die  Rechtsgeschichte,  denn  ihr  wird  in  der  großen 
Anzahl  privater  Rechtsurkunden  ein  Stoff  geboten,  wie  sie  ihn 
kaum  für  irgendeine  andere  Periode,  von  der  Neuzeit  abgesehen, 
zur  Verfügung  hat.  Sie  findet  hier  das,  was  ihr  früher  fast  nur  als 
Gesetz  oder  als  Theorie  bekannt  war,  in  einer  Fülle  einzelner  Fälle 
praktisch  angewendet;  und  umgekehrt  vermag  sie  an  der  Hand 
dieser  Praxis  Rechtsgedanken  und  Rechtsordnungen  zu  verfolgen, 
ja  neu  aufzudecken,  von  denen  sie  bisher  kaum  etwas  wußte. 
Diese  große  Wichtigkeit  der  Papyruskunde  für  die  Rechtsgeschichte 


4^  VERHÄLTNIS  ZU  ANDERN   WISSENSCHAFTEN. 

hat  es  mit  sich  gebracht,  daß  in  neuerer  Zeit  zahlreiche  Juristen 
sich  diesem  Gebiete  zugewendet  haben  und  unter  die  Papyrus- 
forscher gegangen  sind;  sie  haben  viel  zur  Förderung  der  Sache 
beigetragen. 

Die  Religionsgeschichte  kann  nicht  leer  ausgehen,  wenn  ihr 
so  zahlreiche  Äußerungen  aus  einer  fi^ir  ihr  Gebiet  so  wichtigen 
Zeit  zur  Verfügung  gestellt  werden.  Es  liegt  in  der  Natur  der  Sache, 
daß  einerseits  für  die  Kenntnis  des  Äußerlichsten,  der  Tempel- 
und  Priesterverfassung,  andererseits  für  den  unverbildeten  Volks- 
glauben am  meisten  herauskommt.  Theologische  Systematik  soll 
man  hier  nicht  suchen.  Auch  nicht  in  den  Dokumenten,  die  für 
die  Geschichte  des  Christentums  wichtig  sind;  hierher  gehört  neben 
Urkunden  und  Briefen  eine  Reihe  literarischer  Texte. 
Am  reichsten  beschenkt  wird  naturgemäß  das  weite  Gebiet,  das 
man  etwa  mit  dem  Namen  der  Kulturgeschichte  bezeichnen 
kann,  denn  es  gibt  unter  den  Papyri  und  Ostraka  kaum  solche, 
die  nicht  in  irgendeiner  Weise  zur  Kenntnis  von  Sitte  und  Sittlich- 
keit, Lebensweise  und  Anschauungskreisen  des  Volkes  beitrügen. 
Indessen  ist  unser  Material  bisher  nur  für  die  Wirtschafts- 
geschichte ausgebeutet  worden,  und  so  große  Aufgaben  auch 
die  vorher  genannten  Wissenschaften  mit  den  Papyri  noch  zu  lösen 
haben,  die  größten  liegen  auf  dem  Felde  der  Kulturgeschichte. 
Um  an  ein  paar  Beispielen  zu  zeigen,  wie  neben  diesen  Wissen- 
schaften, die  in  erster  Linie  zur  Papyruskunde  in  Beziehung  stehen, 
völlig  andere  gelegentlich  hier  wertvolles  Material  finden  können, 
weise  ich  darauf  hin,  daß  die  Geschichte  der  Medizin  sowohl  in 
manchen  bisher  unbekannten  medizinischen  Schriften  als  auch  in 
allerlei  Einzelheiten  über  die  ärztliche  Praxis  neuen  Stoff  erhält; 
und  ein  vor  wenigen  Jahren  entdecktes  Blatt  mit  Resten  der 
gotischen  Bibelübersetzung  greift  ins  Gebiet  der  Germanisten 
über. 

Alle  Wissenschaften,  die  sich  mit  Sprache  und  Geschichte  des 
Orients  befassen,  voran  die  Ägyptologie,  dann  aber  auch  die  Alt- 
testamentliche  Wissenschaft  und  andere,  stehen  mit  der  Papyrus- 
kunde vielfach  in  Verbindung,  teils  indem  sie  ihr  Material  entnehmen, 
teils  indem  sie  die  Vorausssetzungen  liefern,  die  zum  Verständnisse 
griechischer  Zeugnisse  aus  einem  orientalischen  Lande  nötig  sind. 
Hierüber  wird  bald  noch  Näheres  zu  sagen  sein. 
Angesichts  dieser  zahlreichen  Fäden,  die  von  der  Papyrus- 
kunde zu  anderen  Wissenschaften  hinüberreichen,  fragt  man  sich 


,  ZEITLICHE  BEGRENZUNG. ^ 

von  selbst,  ob  denn  der  Papyrusforscher,  um  sene  Aufgabe  zu 
lösen,  in  ihnen  allen  zu  Hause  sein  müsse.  Wünschenswert  wäre  es, 
aber  nur  sehr  wenige  werden  diesem  Ideale  auch  nur  nahe  kommen. 
Daß  er  sich  soweit  umsehe,  um  wenigstens  die  Beziehungen  zu 
spüren,  ist  notwendig;  im  besonderen  wird  er  ohne  einige  Kenntnisse 
in  Rechtsgeschichte  und  Religionsgeschichte  schwerlich  durch- 
kommen. Aber  seine  Grundlage  muß  philologisch  sein,  da  er  es 
mit  der  Entzifferung  und  Deutung  griechischer  Texte  zu  tun  hat; 
so  ist  denn  eine  gründliche  und  umfangreiche  Kenntnis  der  grie- 
chischen Sprache  dasjenige  Erfordernis,  dem  der  Papyrusforscher 
zuerst  und  unbedingt  entsprechen  muß. 

Wenn  ich  auch  im  Anfange  schon  die  Grenzen  der  Periode 
kurz  bezeichnet  habe,  mit  der  es  die  Papyruskunde  zu  tun  hat, 
so  bedarf  es  doch  noch  einer  näheren  Bemerkung  darüber.  Als 
Anfang  nimmt  man  die  Eroberung  Ägyptens  durch  Alexander 
den  Großen,  331  a.  C,  als  Beschluß  das  siegreiche  Eindringen  der 
Araber,  641  p.  C.  an.  Da  aber  die  Papyrusforschung  ihrem  Wesen 
nach  nicht  darauf  ausgeht,  einen  bestimmten  Abschnitt  der  Ge- 
schichte zu  schildern,  sondern  sich  mit  einem  Material  beschäftigt, 
das  nur  tatsächlich  aus  einem  umgrenzbaren  Zeitabschnitte  stammt, 
so  versteht  sich  von  selbst,  daß  der  Papyrusforscher  sowohl  rück- 
wärts wie  vorwärts  über  jene  Grenzen  hinaus  blicken  muß,  zumal 
da  sein  Material  selbst,  die  Papyri,  es  verlangen.  Mit  den  ältesten 
literarischen  Papyrustexten  haben  wir  den  Beginn  der  Periode 
mindestens  erreicht,  vielleicht  schon  überschritten;  denn  ob  der 
Timotheospapyrus  aus  Alexanders  Tagen  stammt  oder  etwas 
älter  ist,  bleibt  unentschieden,  und  nach  der  anderen  Seite  hin 
bildet  für  die  literarischen  Texte  die  arabische  Eroberung  überhaupt 
keine  Grenze;  es  hängt  ziemlich  von  der  Willkür  des  einzelnen  ab, 
wie  weit  er  die  späteren  Handschriften  christlichen  Inhaltes,  um 
die  es  sich  hier  handelt,  noch  ins  Gebiet  der  Papyrusforschung 
•  hineinziehen  will.  Vielleicht  würde  es  sich  hierfür  besser  schicken, 
um  das  Jahr  600  eine  Grenzlinie  anzusetzen.  Anders  steht  es  mit 
Urkunden  und  Briefen,  denn  sie  sind  es,  die  jene  Begrenzung 
der  Periode  an  die  Hand  geben.  Mit  der  ältesten  griechischen 
Urkunde,  dem  Ehevertrage  von  Elefantine,  kommen  wir  der  Zeit 
Alexanders  des  Großen  nahe,  die  spätesten  aber  liegen  etwas 
jenseits  des  Jahres  641  p.  C,  und  überdies  kann  die  Erforschung 
dieser  späten  griechischen  Urkunden  nicht  darauf  verzichten,  die 
koptischen  und  arabischen  Urkunden  zu  berücksichtigen,  auch  wenn 


ÖRTLICHE  BEGRENZUNG. 


sie  die  Grenze  überschreiten,  ebenso  wenig  wie  man  für  den  Anfang 
der  Periode  die  demotischen  oder  die  aramäischen  Urkunden  der 
Perserzeit  außer  acht  lassen  darf.  Alles  in  allem  sind  solche  Grenzen 
zwar  für  die  Übersicht  nützlich,  dürfen  aber  der  Papyrusforschung 
niemals  eine  Fessel  werden. 

Die  Bücher,  Briefe  und  Urkunden,  denen  die  Papyrusforschung 
gilt,  stammen  aus  Ägypten  und  sind  insofern  örtlich  bestimmt. 
Außerhalb  Ägyptens  ist  so  gut  wie  nichts  gefunden  worden;  am 
bekanntesten  ist  die  Entdeckung  einer  großen  Bibliothek  im  ver- 
schütteten Herculanum.  Einige  wenige  Urkunden  und  Briefe, 
die  in  Syrien  und  Kleinasien  geschrieben  worden  sind,  hat  der 
Zufall  nach  Ägypten  verschlagen  und  unter  den  dortigen  günstigen 
Bedingungen  erhalten.  Dieser  Zufall  hängt  aber  damit  zusammen, 
daß  die  Verfasser  oder  Besitzer  dieser  Dokumente  irgend  eine 
Beziehung  zu  Ägypten  unterhielten,  und  insofern  ändert  er  nichts 
an  der  Tatsache,  daß  die  Papyri  Ägypten  betreffen. 
Hieraus  ergibt  sich  nun  für  die  Papyrusforschung  eine  Be- 
schränkung, die  von  größter  Bedeutung  ist.  Alles,  was  den  Papyri 
an  Ergebnissen  abgewonnen  wird,  gilt  zunächst  nur  für  Ägypten 
und  darf  nicht  verallgemeinert  werden.  Es  reiht  sich,  von  hier  aus 
gesehen,  denjenigen  Funden  ein,  die  Ägyptens  Geschichte  und 
Kultur  seit  ältester  Zeit  beleuchten,  und  setzt  diese  Reihe,  die  mit 
hieratischen  Papyri  und  hieroglyphischen  Inschriften  beginnt, 
fort  für  die  Zeit,  in  der  griechische  Kultur  sich  beherrschend  geltend 
macht.  Wie  schon  bemerkt,  verlaufen  die  demotischen  Texte, 
die  bereits  mit  der  Zeit  der  Perser  einsetzen,  durch  ein  paar  Jahr- 
hunderte gleichzeitig  mit  den  griechischen;  etwa  vom  4.  Jahr- 
hundert p.  C.  an  setzen  koptische  Texte  ein,  für  die  kurze  Periode 
der  neupersischen  Herrschaft,  619—629  p.  C,  die  sogenannten 
Pehlevi-Urkunden,  die  persische  Sprache  in  aramäischer  Schrift 
wiedergeben,  und  endlich  schließen  arabische  Urkunden  die  Reihe. 
Neben  diesen  Hauptgruppen  stehen  kleinere,  die  auf  einzelne  in 
Ägypten  seßhafte  Kreise  und  Volkssplitter  zurückgehen,  so  die 
aramäischen  Urkunden  von  Elefantine  aus  dem  5.  Jahrhundert 
a.  C,  die  ich  bereits  erwähnt  habe,  ferner  vereinzelte  hebräische 
und  syrische  Texte,  neuerdings  auch  ein  paar  nubische  Stücke,  die 
zwar  zeitlich  später  fallen  als  die  untere  Grenze  unserer  Periode 
und  überdies  nicht  Ägypten,  sondern  dem  südlich  sich  anschließen- 
den Nubien  gehören,  aber  doch  unserer  Gesamtvorstellung  von 
ägyptischer  Kultur  nicht  fehlen  dürfen.     Alle  diese  Dokumente 


HELLENISCH-ORIENTALISCHER  KüLTURKRElS. 7 

und  Zeugnisse  müssen  herangezogen  werden,  sobald  man  sich  klar 
macht,  daß  die  Papyrusforschung  es  mit  Ägypten  zu  tun  hat.  Sie 
darf  niemals  vergessen,  daß  sie  unter  diesem  Gesichtspunkte  ein 
Teil  der  Ägyptologie  ist,  derjenigen  Wissenschaft,  die  sich  die  Er- 
forschung des  alten  Ägyptens  zur  Aufgabe  stellt.  Und  wenn  tat- 
sächlich die  Papyrusforschung  einen  selbstständigen  Platz  neben 
der  Ägyptologie  gewonnen  hat,  so  arbeiten  sie  beide  doch  glück- 
licherweise beständig  Hand  in  Hand.  Um  ein  Beispiel  zu  nennen, 
so  greift  das,  was  wir  aus  den  demotischen  und  griechischen  Ur- 
kunden der  Ptolemäerzeit  erfahren,  überall  ineinander,  und  die 
großen  hieroglyphischen  Inschriften  am  Tempel  zu  Edfu  stehen 
in  engster  Beziehung  nicht  nur  zu  einigen  griechischen  Urkunden, 
die  aus  der  Bauzeit  desselben  Tempels  stammen,  sondern  zu  allem, 
was  griechische  Papyri  über  den  Besitz  der  Tempel  sowie  über  den 
Kultus  lehren.  Später  berühren  sich  die  christlichen  Texte  in 
griechischer  Sprache  mit  denen  in  koptischer  so  eng,  daß  die  Er- 
forschung des  christlichen  Ägyptens  unter  allen  Umständen  beide 
zugrunde  legen  muß.  Etwas  w'eniger  eng  ist  der  Zusammenhang 
zwischen  den  aramäischen  Aufzeichnungen  der  Juden  von  Elefantine 
und  dem,  was  die  griechischen  Dokumente  über  die  ägyptischen 
Judenkolonien  lehren. 

Trotzdem  greifen  die  griechischen  Texte,  zu  denen  hier  wie  über- 
-all  die  lateinischen  ohne  weiteres  gerechnet  werden,  über  Ägyp- 
ten hinaus.  Denn  Ägypten  ist  in  der  Zeit,  der  sie  entstammen, 
jnicht  nur  das  Land,  das  unendlich  viel  aus  der  Zeit  seiner  Pharaonen 
mitbrachte,  sondern  es  gehört  dem  griechischen  Kulturkreise  an, 
der  das  östliche  Mittelmeer  und  seine  Umgebung  beherrschte. 
Starke  Ströme  griechischer  Bevölkerung  dringen  ein,  bringen  ihre 
-Sprache,  ihre  Schrift,  ihre  Sitten,  religiösen  Vorstellungen,  Rechts- 
■anschauungen,  ja  auch  Staatsbegriffe  mit,  und  aus  dieser  Durch- 
dringung hellenischen  Wesens  mit  ägyptischem  ergibt  sich  eine 
Mischung,  die  zwar  sicherlich  die  Züge  des  Landes  trägt,  aber  doch 
vieles  aufweist,  was  der  allgemeinen  hellenisch-orientalischen 
Mischung  der  Zeit  angehört.  Das  bedeutet,  daß  wir  aus  unserem 
Material  Belehrung  für  andere  Teile  des  hellenisch-orienta- 
4ischen  Kulturkreises  schöpfen  dürfen,  die  uns  nicht  so  reich- 
liche Zeugnisse  bieten,  insbesondere  für  die  Nachbarländer,  z.  B. 
für  das  Palästina  der  Seleukidenzeit  und  des  Neuen  Testaments. 
Es  bedarf  keines  Wortes,  daß  hier  große  Vorsicht  walten  muß  und 
unbegründete    Übertragungen    viel    Schaden    anrichten    können. 


B  HELLENISCH-ORIENTALISCHER  KULTURKREIS. 

Wie  sehr  aber  eine  kundige  Ausnutzung  des  ägyptischen  Materials 
fördern  kann,  haben  besonders  Deissmanns  Arbeiten  zum  Neuen 
Testament  erwiesen. 

Jedoch  nicht  nur  die  hellenisch-orientalische  Mischkultur  erntet 
hier,  sondern  auch  die  Erforschung  des  eigentlich  hellenischen 
Kreises.  Gerade  die  neuesten  Funde  und  Forschungen  tun  mft 
wachsender  Klarheit  dar,  wieviel  echt  Hellenisches  die  in  Ägypten 
ansässigen  Griechen  bewahrt  haben,  wieviel  man  ihrem  schrift- 
lichen Nachlasse  auch  für  die  Erkenntnis  der  Zustände  in  anderen 
hellenischen  Gebieten,  im  Mutterlande,  auf  den  Inseln,  in  Klein'- 
asien  usw.  entnehmen  kann.  Ist  das  Neue,  was  wir  gelernt  haben 
und  täglich  lernen,  schon  für  die  Zeit  der  hellenistischen  Staaten, 
von  denen  wir  so  wenig  wissen,  sehr  beträchtlich,  so  erweitert 
sich  der  Kreis  noch  in  dem  Augenblicke,  wo  Ägypten  Provinz  de^ 
römischen  Reiches  wird.  Zwar  bleibt  es  griechisch  wie  der  ganze 
Osten  des  Reiches,  aber  wesentliche  Züge  römischen  Wesens, 
namentlich  in  Staatsverwaltung  und  Recht,  werden  nun  auch 
hier  sichtbar  und  verleihen  den  Dokumenten  ägyptischer  Herkunft 
eine  Bedeutung,  die  weit  über  Ägyptens  Grenzen  hinausreicht  und 
insbesondere  für  Rom  und  seine  Politik  nicht  leicht  zu  hoch  auf- 
geschlagen werden  kann. 

Hierbei  sind  die  literarischen  Texte  noch  gar  nicht  berück- 
sichtigt. Die  griechischen  Literaturwerke,  die  durch  Papyri  er- 
hallen sind,  gehören  nur  zum  kleineren  Teile  ihrem  Ursprünge 
nach  solchen  Griechen  an,  die  in  Ägypten  lebend,  der  hellenisch- 
ägyptischen Mischkultur  verfallen  waren.  Die  weit  überwiegende 
Mehrzahl  ist  schlechthin  griechische  Literatur  und  beansprucht 
ihren  Platz  auf  der  griechischen  Seite;  das  Entsprechende  gilt  von 
der  kleinen  Gruppe  lateinischer  Buchtexte,  die  bisher  zu  Tage  ge- 
treten ist.  Dieser  Teil  der  Papyri  stellt  also  am  reinsten  die  Verbin- 
dung der  Papyrusforschung  mit  der  Wissenschaft  vom  Griechentum 
dar;  hier  kann  über  das  Recht,  der  Papyruskunde  eine  allgemeine 
Bedeutung  für  das  Griechische  im  eigentlichen  Sinne  zuzusprechen, 
am  wenigsten  ein  Zweifel  entstehen.  Damit  sollen  aber  die  litera- 
rischen Papyri  nicht  aus  dem  Zusammenhange  mit  ihrem  Fundorte 
Ägypten  gerissen  werden.  In  vielen  Äußerlichkeiten,  z.  B.  in  der 
Orthographie,  verraten  sie  oft  ihre  Herkunft,  und  überdies  sind 
sie  für  die  Kultur  des  hellenistischen  Ägyptens  gewichtige  Zeugen, 
wenn  auch  das,  was  sie  dafür  lehren,  nicht  so  unmittelbar  am  Tage 
liegt  wie  in  den  Urkunden. 


QUELLEN   ERSTER   HAND. 


Was  bisher  schon  vielfach  ohne  besondere  Hervorhebung  ge- 
sagt worden  ist,  sei  jetzt  deutHch  ausgesprochen:  unter  dem 
Material,  das  die  Papyri,  Ostraka  usw.  der  Papyrusforschung 
zugrunde  legen,  unterscheiden  wir  zwei  Gruppen,  erstens  die 
literarischen  Texte,  und  zweitens  die  Urkunden  im  weite- 
sten Sinne,  denen  auch  die  Briefe  zugerechnet  werden  müssen. 
Was  beide  Gruppen  vereinigt,  sind  neben  dem  Lande  der  Herkunft 
viele  äußere  Züge,  Schrift  und  dergleichen,  dazu  sprachliche  Eigen- 
heiten und  vor  allem  der  Gesichtspunkt  der  hellenisch-ägyptischen 
Kultur.  Im  übrigen  aber  fordern  und  gestatten  sie  in  der  Methode 
der  wissenschaftlichen  Behandlung  große  Unterschiede,  so  daß 
vielfach  die  Papyruskunde,  mehr  als  gut  ist,  sich  in  eine  philo- 
logische und  eine  historische  Richtung  gespalten  hat.  Ist  es  auch 
aus  durchschlagenden  Ursachen  nicht  möglich,  beide  Gebiete  mit 
gleicher  Sicherheit  zu  beherrschen,  es  sei  denn,  daß  ein  Mann 
ersten  Ranges  wie  Wilamowitz  daran  geht,  so  soll  doch  jeder 
Papyrusforscher,  auch  der  Anfänger,  sein  Augenmerk  nach  beiden 
Seiten  richten.  Wenn  es  in  den  letzten  Jahren  fast  üblich  geworden 
ist,  den  Begriff  der  Papyruskunde  und  Papyrusforschung  auf  die 
Erforschung  der  Urkunden  zu  verengen,  so  will  dies  Buch  dazu 
beitragen,  auch  der  anderen  Seite  ihren  Platz  innerhalb  der  Papyrus- 
forschung und  Papyruskunde  zu  sichern.  ' 
Die  Papyri,  Ostraka  usw.,  mit  denen  wir  arbeiten,  sind  durch- 
weg Quellen  erster  Hand,  d.  h.  äußerlich  Blätter,  die  ohnfe 
Vermittlung  oder  Zwischenstufe  aus  dem  Altertum,  aus  der  Hand 
ihres  letzten  Besitzers  oder  Lesers  in  die  unsere  gelangen.  Innerlich 
sind  die  Urkunden  und  Briefe  ebenfalls  Quellen  erster  Hand, 
d.  h.  Aufzeichnungen,  die  für  einen  damaligen  Zweck,  ohne  jeden 
Gedanken  an  die  Nachwelt,  niedergeschrieben  worden  sind.  Sie 
stellen  sich  damit  als  ungefärbte  und  ungewollte  Zeugnisse  für  die 
Person  ihres  Urhebers  und  die  Zustände  seiner  Zeit  dar.  Von  deti 
literarischen  Papyri  gilt  dies  nur  insoweit,  als  ein  Teil  von  ihnen 
anspruchslose  Werke  ägyptischer  Griechen  enthält,  die  nur  für  eine 
Gelegenheit  bestimmt  sind.  Die  übrigen  sind  Literatur  im  eigent- 
lichen Sinne  und  müssen  daher  ebenso  beurteilt  werden,  wie  e& 
literarische  Werke  sonst  beanspruchen.  -  -;;  ^ 
Unzweifelhaft  würde  die  Papyruskunde  nicht  nur  einen  viel 
größeren  Umfang,  sondern  auch  ein  ganz  anderes  Gesicht  haben, 
wenn  Bücher  und  Urkunden  aus  dem  Altertume  auch  in  anderen 
Ländern  des  griechisch-römischen  Kulturkreises  erhalten  geblieben 


10  FUNDORTE. 


Wären.  Daß  allein  Ägypten  diese  Schätze  bewahrt  hat,  liegt  in 
den  besonderen  geographischen  und  klimatischen  Verhältnissen 
des  Landes  begründet.  Das  Niltal  von  Assuan  bis  Kairo  wird  auf 
beiden  Seiten  von  der  Wüste,  östlich  der  arabischen,  westlich  der 
libyschen  Wüste,  die  wir  heute  Sahara  zu  nennen  pflegen,  begrenzt. 
Seit  ältester  Zeit  haben  die  Ägypter,  bei  großer  Volkszahl  auf  eine 
kleine  Ackerbaufläche  eingeengt,  ihre  Kanäle  vom  Nil  aus  möglichst 
weit  gegen  die  Wüste  geführt,  um  anbaufähigen  Boden  zu  gewinnen; 
aber  nur  durch  beständige  Arbeit  konnte  solcher  Landgewinn  be- 
hauptet werden,  denn  die  Wüste  dringt  unwiderstehlich  vor,  wenn 
der  Mensch  sie  nicht  unermüdlich  bekämpft.  Wie  inmitten  des 
Niltals  selbst  die  Dörfer,  soweit  es  möglich  war,  auf  steinigen,  un- 
fruchtbaren Stellen  angelegt  wurden,  um  jeden  Fußbreit  Erde, 
der  Weizen  tragen  konnte,  auszunutzen,  so  entstanden  die  Ort- 
schaften der  Randgebiete  naturgemäß  auf  Wüstenboden.  Wurde 
aber  hier  der  Mensch  lässig  in  der  Erhaltung  der  Kanäle,  so  verlor 
er  in  kurzem  das  einst  eroberte  Gebiet  an  die  Wüste,  und  dies  is»t 
an  vielen  Stellen  geschehen,  besonders  vom  3.  Jahrhundert  p.  C. 
an,  seitdem  die  erschlaffende  römische  Regierung  nicht  mehr  so 
streng  wie  früher  auf  die  unentbehrliche  Arbeit  an  den  Dämmen  und 
Kanälen  hielt.  Aus  den  Urkunden  selbst  lesen  wir  es  heraus,  wie  so 
manches  Dorf,  namentlich  am  Rande  des  Fajum,  das  erst  die 
Arbeit  des  3.  Jahrhunderts  a.  C.  dem  Ackerbau  und  dem  be- 
wohnenden Menschen  völlig  erschlossen  hatte,  500  Jahre  später 
verödet,  wie  die  Bewohner  es  verlassen,  weil  die  Kanäle  verfallen 
iind  die  Felder  nichts  mehr  tragen.  Ein  ägyptisches  Dorf  war  damals 
nicht  anders  als  heute  ein  Gewirr  von  Lehmziegelhäusern  einfach- 
ster Art;  es  machte  nicht  viel  aus,  ob  man  das  alte  Haus  verließ, 
denn  mit  geringer  Mühe  konnte  man  sich  anderswo  ein  neues 
bauen.  Bei  dem  oft  eiligen  Abzüge  ließen  die  Bewohner  zurück, 
was  keinen  praktischen  Wert  mehr  hatte,  alte  Bücher,  verjährte 
Urkunden,  erledigte  Briefe  und  dergleichen.  Bald  verfielen  die 
schlecht  gebauten  Häuser,  der  aus  der  Wüste  beständig  herein- 
wehende Wind  schüttete  sie  mit  Sand  zu,  was  sich  außer- 
ordentlich rasch  vollzieht,  wie  man  heute  beobachten  kann, 
und  unter  dem  Schutze  des  Sandes  blieben  die  Papyri  er- 
halten bis  auf  unsere  Zeit.  Die  Trockenheit  des  ägyptischen 
Klimas,  das  nur  sehr  selten  Regenfälle  bringt,  wirkt  mit,  aber 
keineswegs  entscheidend,  denn  gerade  am  Wüstenrande,  wo 
die  Bedingungen  für   die  Erhaltung  der   Papyri   am   günstigsten 


FUNDORTE.  H 


liegen,  kommen  Strichregen,  sogar  heftige  Güsse,  häufiger  vor 
als  sonst. 

Weit  weniger  ergiebig  an  Papyri  pflegen  die  Reste  alter  Ort- 
schaften zu  sein,  die  im  inneren  Niltale  oder  am  Nil  selbst  liegen, 
denn  sie  werden  fast  alle  von  der  Überschwemmung,  aus  der  sie 
wie  Inseln  hervorragen,  zwar  nicht  überflutet,  aber  doch  erreicht, 
und  der  durchfeuchtete  Boden  gefährdet  die  Papyri  aufs  äußerste; 
die  Trockenheit  der  Luft  hebt  diese  Gefahr  durchaus  nicht  auf. 
Es  kommt  hinzu,  daß  die  Kultur  aus  diesen  Gebieten  niemals 
verschwunden  ist,  vie  mehr  die  alten  Ortschaften  sich  häufig  durch 
den  Wandel  der  Jahrhunderte  hindurch  fortgepflanzt  haben,  so 
daß  das  heutige  Fellachendorf  auf  den  Resten  uralter  Ansiedlung 
steht;  damit  wird  aber  die  Aussicht  auf  Altertumsfunde  sehr  gering, 
denn  nirgends  entdeckt  man  weniger  als  da,  wo  die  Kultur  ununter- 
brochen fortlebt,  nirgends  mehr  als  da,  wo  ein  plötzlicher  Eingriff 
sie  zerstört  hat.  Das  beste  Beispiel  bietet  die  Königsstadt  Ameno- 
phis  IV.,  Teil  el  amarna,  die  schwerlich  länger  als  e  n  Menschen- 
alter bestanden  hat  und  deshalb  heute  noch  die  reichsten  Funde 
liefern  kann.  Die  dargelegten  Ursachen  erklären  es  auch,  weshalb 
das  Nildelta,  Ägyptens  fruchtbarster  und  volkreichster  Teil,  so  gut 
wie  gar  keine  Papyri  bewahrt  hat;  reiche  Bewässerung  und  nie 
unterbrochene  Kultur  haben  es  verhindert.  Ebenso  wenig  dürfen 
wir  von  Alexandreia  Papyri  erwarten;  hier  war  es  das  feuchte 
Mittelmeerküma  zusammen  mit  der  beständigen  Fortdauer  der 
Stadt,  das  solche  Reste  des  Altertums  vernichtet  hat.  Eine  Reihe 
wertvoller  Urkunden  aus  Alexandreia  ist  nur  deshalb  auf  uns  ge- 
kommen, weil  ein  Zufall  sie  im  Altertum  in  einen  Friedhof  Mittel- 
ägyptens verschlagen   hat. 

Neben  den  ägyptischen  Dörfern  türmte  sich  damals  wie  heute 
der  Schutthügel  auf,  zu  dem  man  alles  trug,  was  man  nicht  mehr 
brauchen  konnte,  die  Papyri  und  vor  allem  die  beschriebenen 
Scherben,  die  Ostraka.  Auch  hier  sind  viele  Funde  gemacht  worden, 
wenn  auch  die  Bedingungen  für  die  Erhaltung  sehr  ungleich  sind. 
In  den  tieferen  Schichten  hat  oft  das  Wasser,  oft  auch  der  Druck 
der  darauf  lastenden  Masse  die  Papyri  zermürbt;  diese  Hügel, 
arabisch  Köm  genannt,  steigen  oft  zu  beträchtlicher  Höhe  an,  er- 
reicht doch  Köm  Färis  bei  Medinet  el  Fajüm,  dem  alten  Arsinoe, 
mehr  als  20  m.  Die  Trümmerstätten  der  antiken  Ortschaften 
selbst  und  die  dabei  liegenden  Schutthügel  sind  die  ergiebigsten 
Fundstellen  für  Papyri. 


12  AUSGRABUNGEN. 


In  zweiter  Linie  kommen  die  Begräbnisplätze  in  Betracht. 
Während  verhältnismäßig  häufig  nach  Sitte  der  Alten  dem  Toten 
das  meistens  hieroglyphisch  geschriebene  Totenbuch  ins  Grab 
gelegt  wurde,  sind  griechische  Papyri  als  Beigaben  sehr  selten; 
das  bekannteste  und  wichtigste  Beispiel  ist  der  Timotheospapyrus, 
der  in  einem  Grabe  bei  Abusir,  zwischen  den  Pyramiden  von  Gize 
und  von  Saqqara,  entdeckt  wurde.  Dagegen  hat  man  in  den  letzten 
Jahrzehnten  ziemlich  viel  Papyri  der  sogenannten  Papyruskarton- 
nage abgewonnen,  d.  h.  den  Pappsärgen,  die  in  einer  bestimmten 
Zeit,  etwa  vom  2.  Jahrhundert  a.  C.  bis  ins  1.  Jahrhundert  p.  C, 
aus  zusammengeklebten  Papyrusblättern  —  wir  wijrden  Makulatur 
sagen  —  in  den  Umrissen  des  menschlichen  Körpers  angefertigt 
und  dann  mit  Darstellungen  aus  der  ägyptischen  Mythologie  be- 
malt wurden.  Löst  man  diese  Kartonnage  durch  ein  besonderes 
Verfahren  auf,  so  ergeben  sich  oft  umfangreiche  Texte.  Sonder- 
barer noch  ist  die  Erhaltung  großer  Urkundenrollen  dadurch, 
daß  sie  im  Altertum  zur  Füllung  von  Krokodilmumien  dienen 
mußten. 

Erst  im  11).  Jahrhundert  sind  die  unter  so  verschiedenen  Um- 
ständen erhaltenen  und  verborgenen  Papyrusschätze  wieder  ans 
Licht  gekommen;  die  erste  Entdeckung  griechischer  Papyri 
durch  Nikolaus  Schow  im  Jahre  1788  blieb  zunächst  ohne  Folgen. 
Die  ägyptischen  Fellachen  waren  es,  die  teils  bei  Raubgrabungen, 
teils  bei  ihrer  Feldarbeit  darauf  stießen  und  sie  bald  genug  an  die 
einheimischen  Antikenhändler  zu  verkaufen  lernten.  Sobald  eu- 
ropäische Gelehrte  den  Wert  dieser  Stücke  erkannt  hatten,  be- 
gannen die  Ägypter  um  so  eifriger  nachzuforschen,  meistens  ohne 
Sorgfalt,  nur  mit  dem  Bestreben,  viel  und  rasch  zu  gewinnen. 
Die  Gelegenheit  dazu  fanden  sie  besonders  bei  ihren  sogenannten 
Sebbachgrabungen;  Sebbach  ist  der  Schutt  der  alten  Ortschaf- 
ten und  Kome,  der  infolge  seiner  pflanzlichen  Bestandteile  und 
infolge  des  Salzes,  das  die  Wüste  hinzugefügt  hat,  ein  sehr  wert- 
volles Dungmittel  abgibt,  dessen  die  ägyptische  Landwirtschaft 
nicht  entbehren  kann.  Zwar  hat  die  ägyptische  Regierung  sich 
bemüht,  bei  den  Sebbachgrabungen  für  die  Sicherung  der  Antiken- 
funde, in  erster  Linie  der  Papyri,  zu  sorgen;  allein  unter  orientalischen 
Verhältnissen  bleibt  der  beste  Wille  nur  allzu  leicht  auf  dem  Papier 
stehen.  Sogar  Raubgrabungen,  von  Antiknehändlern  veranstaltet, 
kommen  trotz  strengen  Gesetzen  bis  in  die  neueste  Zeit  vor.  Die 
Billigkeit  gebietet  aber  zu  sagen,  daß  die  unerlaubten  Grabungen 


AUSGRABUNGEN.  13 


der  Fellachen  und  der  Händler  manchen  kostbaren  Papyrus  ans 
Licht  gebracht  haben,  und  wenn  auch  die  peinliche  Sorgfalt  der 
Europäer  fehlt,  so  gehen  diese  Leute  doch  jetzt  im  allgemeinen 
mit  den  Papyri  vorsichtig  um,  da  sie  ihren  Wert  kennen.  Was  auf 
diese  Weise  gefunden  wird,  gelangt  in  unsere  Hände  fast  immer 
durch  die  Antikenhändler,  die  neuerdings  für  gute  Papyri  sehr 
y.nsehnliche  Preise  zu  stellen  wissen. 

Wissenschaftliche  Ausgrabungen  mit  dem  besonderen  Ziele, 
Papyri  zu  gewinnen,  sind  von  europäischen  Gelehrten  erst 
in  den  letzten  Jahrzehnten  unternommen  worden.  Den  Anfang 
haben  die  Oxforder  Papyrusforscher  Grenfell  und  Hunt  gemacht, 
und  das  Glück,  das  schließlich  doch  nur  dem  Kenner  und  der  besten 
Methode  treu  bleibt,  hat  ihnen  an  ihrem  Hauptgrabungsplatze 
Behnesa,  dem  alten  Oxyrhynchos,  Erfolge  beschert,  die  noch  von 
keinem  anderen  auch  nur  annähernd  erreicht  worden  sind.  Ihrem 
Beispiele  folgend  haben  dann  deutsche,  französische  und  italienische 
Forscher  andere  Plätze  in  Angriff  genommen;  besondere  Ewähnung 
verdienen  die  Grabungen  der  Deutschen  Rubensohn  und  Zucker 
in  Eschmunen,  dem  alten  Hermupolis,  in  Abusir  el  melek  am  Außen- 
rande des  Fajum,  und  auf  der  Insel  Elefantine  gegenüber  Assuan, 
wo  außer  aramäischen  Papyri  die  ältesten  griechischen  Urkunden 
gefunden  worden  sind;  sodann  die  Grabungen  der  Italiener  Schia- 
parelli  und  Breccia  in  Eschmunen  und  die  der  Franzosen  Jouguet 
und  Lefebvre  im  Fajum.  Hier  haben  auch  Grenfell  und  Hunt  in 
Umm  el  baragät,  dem  alten  Tebtynis,  einen  ergiebigen  Fundplatz 
aufgedeckt.  Alle  diese  wissenschaftlichen  Grabungen  fallen  in 
die  letzten  25  Jahre;  sie  werden  noch  fortgesetzt,  und  nach  dem 
Kriege  wird  hoffentlich  auch  Deutschland  sich  wieder  wie  zuvor 
beteiligen   können. 

Einige  der  wichtigsten  Fundorte  habe  ich  soeben  schon  genannt. 
Eine  der  reichsten  Quellen  ist  das  Fajum,  wo  einerseits  die  griechische 
Besiedlung  im  Altertume  besonders  stark  war,  andererseits  das 
Vordringen  der  Wüste  in  die  Grenzgebiete  sich  mehr  als  sonst  zu 
unseren  Gunsten  fühlbar  gemacht  hat.  Neben  der  alten  Haupt- 
stadt Arsinoe,  heute  Medtnet  el  Fajum,  waren  am  ergiebigsten 
Stätten  wie  Umm  el  baragät,  einst  Tebtynis,  Darb  Gerze,  das  alte 
Philadelphia,  Dirne,  damals  Insel  des  Soknopaios  genannt,  und 
Batn  Harit  gleich  Theadelphia.  ; 

im  Niltale  selbst  hat  Memphis  wichtige  Papyri  geliefert,  be- 
vor an  wissenschaftliche  Grabungen  gedacht  wurde;  Eschmunen  =: 


14  SAMMLUNGEN. 


Hermupolis  habe  ich  schon  genannt.  HTbeh  ist  einer  der  Plätze, 
dem  die  Engländer  sehr  altes  Material  abgewonnen  haben.  Von 
Behnesa  =  Oxyrhynchos  brauche  ich  nicht  mehr  zu  sprechen. 
Aphrodito,  heute  Koni  Eschqaw,  ist  eine  Quelle  byzantinischer 
Texte  und  zugleich  Herkunft  des  Menanderbuches.  Theben, 
Ägyptens  einstige  Hauptstadt,  hat  aus  seiner  Nekropole  vor  Jahr- 
zehnten große  und  kostbare  Urkunden  und  Bücher  hergegeben; 
Sodann  wäre  als  wichtig  noch  Panopolis,  heute  Ahmtm,  zu  nennen 
und  in  seiner  Nähe  das  Weiße  Kloster,  dem  wertvolle  christliche 
Bücher  zu  entstammen  scheinen.  Endlich  ganz  im  Süden  Edfu, 
das  alte  Apollinopolis  magna,  und  Assuan,  einst  Syene,  ihm  gegen- 
über die  Insel  Elefantine.  Aber  unfraglich  liegen  noch  viele  Papy- 
russchätze an  unentdeckten  Plätzen  verborgen;  weder  alle  Ruinen- 
stätten noch  alle  Nekropolen  sind  aufgedeckt  oder  auch  nur  der 
Lage  nach  bekannt.  Hat  man  doch  mit  Recht  sagen  dürfen,  der 
westliche  Wüstenrand  sei  von  den  Pyramiden  bei  Kairo  bis  nach 
Kubbet  el  hawa  gegenüber  Assuan  eine  einzige  Nekropole. 
Die  Papyri,  die  durch  Kauf  oder  Ausgrabung  in  die  Hände 
europäischer  Gelehrten  kommen,  gelangen  meistens  in  öffentliche 
Sammlungen,  wo  man  sie  nach  Möglichkeit  konserviert,  um  die 
nächste  Aufgabe  zu  erfüllen,  sie  vor  weiterer  Beschädigung  zu 
schützen.  Allerdings  gehen,  soweit  man  urteilen  kann,  immernoch 
viel  Papyri  der  Wissenschaft  dadurch  verloren,  daß  Vergnügungs- 
reisende sie  von  ägyptischen  Händlern  kaufen  und  als  Andenken 
mitnehmen,  ohne  eine  Ahnung  von  ihrem  Inhalte  zu  haben.  Solche 
Papyri  sind  so  gut  wie  verloren,  auch  wenn  ihr  Besitzer  sie  sorg- 
fältig aufhebt. 

Die  größten  Papyrussammlungen  befinden  sich  jetzt  in  Groß- 
britannien, und  zwar  zu  London  im  British  Museum,  zu 
Oxford  im  Queen's  College  und  zu  Dublin  im  Trinity  College;  dazu 
kommen  Privatsammlungen  wie  die  Rylands  Library  in  Manchester 
u.  a.  An  zweiter  Stelle  steht  Deutschland;  seine  größte  Papyrus- 
sammlung befindet  sich  in  Berlin  und  bildet  einen  Bestandteil  der 
Ägyptischen  Abteilung  der  Königlichen  Museen.  Ansehnlich  sind 
die  noch  jungen  Sammlungen  in  Hamburg  in  der  Stadtbibliothek, 
in  Leipzig  in  der  Universitätsbibliothek,  in  München  in  der  Hof- 
und  Staatsbibliothek,  in  Straßburg  in  der  Kaiserlichen  Universitäts- 
und Landesbibliothek,  in  Heidelberg  in  der  Universitätsbibliothek, 
in  Gießen  in  der  Universitätsbibliothek  und  im  Museum  des  Ober- 
hessischen Geschichtsvereins;  kleinere  Sammlungen  besitzen  Frei» 


SAMMLUNGEN.  15 


bürg  i.  B.,  Bremen,  Halle  a.  d.  Saale,  Würzburg.  Österreich  be- 
wahrt einen  großen  Schatz  in  den  sogenannten  Rainer-Papyri  zu 
Wien;  daneben  kommt  noch  Graz  in  Betracht.  Die  wichtigsten 
italienischen  Sammlungen  befinden  sich  in  Florenz  und  in  Rom, 
wo  die  vatikanische  Bibliothek  zwar  wenige,  aber  bedeutende 
Stücke  aufbewahrt;  Turin  nennt  gleichfalls  eine  schöne  Sammlung 
sein  eigen.  Im  Museum  zu  Neapel  werden  die  Buchrollen  aus  dem 
verschütteten  Herculanum  aufbewahrt.  Frankreich  besitzt  Samm- 
lungen zu  Paris  im  Louvre  und  in  der  Bibliotheque  Nationale, 
und  eme  junge,  aber  wichtige  Sammlung  in  Lille.  Aus  Belgien  und 
den  Niederlanden  sind  die  Sammlungen  von  Brüssel  und  Leiden, 
aus  der  Schweiz  die  von  Genf  und  Basel  zu  nennen.  Ägypten  selbst 
wird  durch  Alexandrien  und  das  ägyptische  Museum  in  Kairo 
vertreten,  dessen  Papyrussammlung  freilich  erst  in  neuester  Zeit 
etwas  mehr  Pflege  findet.  Endlich  die  Vereinigten  Staaten  von 
Nordamerika:  Chicago  und  die  California  University  zu  Berkeley 
haben  Papyrussammlungen;  die  kostbaren  Pergamenthandschriften 
der  Evangelien,  die  sogenannten  Freer-Texte,  liegen  in  Detroit. 
Auch  der  verstorbene  Pierpont  Morgan  sammelte  gelegentlich 
Papyri.  Vereinzelt  fmden  sich  solche  noch  in  anderen  Sammlungen, 
so  in  Kopenhagen,  Uppsala,  Petersburg  u.  a. 
Wie  die  Papyrusforschung  von  ihren  Anfängen  an  durch  Samm- 
ler und  Gelehrte  verschiedener  Kulturvölker  gefördert  worden  ist, 
wie  die  Papyrusgrabungen  von  Angehörigen  verschiedener  Nationen 
betrieben  worden  sind,  so  beteiligen  sich  auch  heute  Deutsche, 
Engländer,  Franzosen,  Italiener,  Russen,  Amerikaner  in  erster 
Reihe  an  der  Gewinnung  und  Verarbeitung  dieses  kostbaren 
Materials. 

Einen  Überblick  über  die  Zahl  der  bisher  gefundenen  griechi-^ 
sehen  Papyri  zu  geben,  ist  deshalb  unmöglich,  weil  längst  nicht 
alles  Gefundene  bereits  veröffentlicht  ist.  Mit  welchen  Zahlen  man 
aber  rechnen  darf,  mögen  ein  paar  Beispiele  lehren.  Die  Ausgabe 
der  griechischen  Urkunden  des  Berliner  Museums  umfaßt  bisher  mehr 
als  1200  Urkunden,  die  der  Oxyrhynchos-Papyri  von  Grenfell  und 
Hunt  über  1500  Texte,  dazu  kommen  Hunderte  des  Britischen 
Museums,  der  Rylands  Library  und  anderer  Sammlungen,  Hunderte 
aus  Wien,  aus  italienischen  und  französischen  Sammlungen;  was 
die  kleineren  deutschen  und  auswärtigen  Sammlungen  bisher 
veröffentlicht  haben,  beläuft  sich  auch  auf  mehrere  Hunderte. 
Man  wird  gewiß  nicht  zu  hoch  greifen,  wenn  man  die  publizierten- 


16'  LITERATUR. 


Papyrustexte  auf  mindestens  5000  veranschlagt,  und  nach  einer 
Schätzung,  zu  der  der  Bestand  des  Berüner  Museums  die  Grund- 
lage gibt,  glaube  ich  annehmen  zu  dürfen,  daß  in  allen  Samm- 
lungen sich  annähernd  dieselbe  Zahl  unveröffentlichter  Papyri 
befinden  mag.  Damit  kommen  wir  auf  rund  10000  Papyri,  die 
bisher  dem  ägyptischen  Boden  abgewonnen  sein  dürften.  Rechnet 
man  die  Ostraka  hinzu,  so  muß  man  um  einige  Tausende  höher 
gehen.  Unter  ihnen  überwiegen  weit  die  Urkunden  und  Briefe. 
Die  literarischen  Texte  mögen  im  besten  Falle  ein  Fünftel  der 
Gesamtzahl  ausmachen. 

über  das  Gebiet  der  Papyruskunde  unterrichten  im  allgemeinen:  : 

Grundzüge  und  Chrestomathie  der  Papyruskunde  von  L.  Mitteis 
undU.  Wilcken.  Erster  Band:  Historischer  Teil  von  Ulrich  Wilcken.  Erste 
Hälfte:  Gründzüge.  Zweite  Hälfte:  Chrestomathie.  Zweiter  Band:  Juris- 
tischer Teil  von  Ludwig  Mitteis.  Erste  Hälfte:  Grundzüge.  Zweite 
Hälfte:  Chrestomathie.      Leipzig-Berlin   1912. 

Die  erste  Hälfte  des  ersten  Bandes  behandelt  in  der  Einleitung  die  allgemeinen 
Grundfragen,  im  übrigen  aber  nur  diejenigen  Probleme,  die  mit  den  Urkunden 
zusammenhängen.  Die  Chrestomathie,  ebenfalls  von  Wilcken,  bietet  eine 
Auswahl  von  Urkunden  mit  Erläuterungen.  Der  zweite  Band,  wiederum  in 
zwei  Teilen,  einem  darstellenden  und  einer  Urkundensammlung,  von  L.  Mitteis 
ausgearbeitet,  betrifft  die  juristische  Seite  der  Papyruskunde  und  die  Rechts- 
urkunden. Seit  dem  Jahre  19U0  besitzt  die  Papyruskunde  eine  eigene  Zeit- 
schrift im  Archiv  für  Papyrusforschung,  herausgegeben  von  U.  Wilcken. 
Erschienen  sind  bisher  fünf  Bände  und  ein  Teil  des  sechsten.  Das  Archiv  ent- 
hält Aufsätze  über  alle  Gebiete  der  Papyruskunde,  berücksichtigt  auch  die 
literarischen  Papyri  und  ist  für  den,  der  sich  einarbeiten  will,  besonders  wichtig 
durch  die  ausführlichen  Bibliographien,  die  sowohl  die  neuen  Publikationen 
als  auch  die  den  einzelnen  Problemen  geltenden  Werke  aufführen.  Die  Grund- 
züge und  Chrestomathie  der  Papyruskunde  vonMitteis  und  Wilcken 
und  das  Archiv  für  Papyrusforschung  sind  für  jeden,  der  tiefer  eindringen 
will,  unentbehrliche  Grundlagen.  Einen  kurzen  Überblick  über  die  Bedeutung 
der  Papyrusurkunden  gibt  U.  Wilcken,  Die  griechischen  Papyrus- 
urkunden. Vortrag  auf  der  44.  Versammlung  deutscher  Philologen  und  Schul- 
männer in  Dresden  1897.     Berlin  1897. 

Die  literarischen  Papyri  werden  zusammengefaßt  und  besprochen  von  W. 
Schubart,  Papyrusfunde  und  griechische  Literatur:  Internatio- 
nale Monatsschrift  für  Wissenschaft,  Kunst  und  Technik.  Berlin  1914,  Juli- 
August.  Über  Ausgrabungen  und  Funde  sowie  über  die  örtlichen  Fundbedin- 
gungen findet  man  sehr  wertvolle  Darlegungen  bei  Grenfell-Hunt-Hogarth, 
Faijum  Towns  and  their  papyri.  London  1900.  p.  1  —  74,  und  Grenfell- 
Hunt,  The  Tebtunis  Papyri,  part  II,  London  1907.  Appendix  II,  p.  343ff. 
In  beiden  Werken  wird  das  Fajum,  dessen  Wichtigkeit  für  die  Papyruskunde 
oben  dargelegt  worden  ist,  ausführlich  besprochen,  in  den  Tebtunis  Papyri 
unter  Hinzufügung  einer  guten  Karte.  Lehrreich  sind  noch  J.  Lesquier, 
Fouilles  ä  Tehneh,  im  Bulletin  de  l'Institut  Francais  d'Archeologie  Orien- 


LITERATUR.  17 


tale,  t.  VIII,  und  Honroth-Rubensohn-Zucker,  Bericht  über  die 
Ausgrabungen  auf  Elephantine  in  den  Jahren  1906—1908  in  der  Zeit- 
schrift für  ägyptische  Sprache  und  Altertumskunde,  (abgekürzt  ÄZ)  4G.  Band, 
Seite  14ff.,  mit  guten  Abbildungen  und  Plänen.  Bei  U.  Wilcken,  Die  Ber- 
liner Papyrusgrabungen  in  Herakleopolis  Magna,  im  Archiv  für 
Papyrusforschung  II,  p.  294ff.  bietet  der  Grabungsberirht  nichts  besonderes, 
wohl  aber  des  Verfassers  Ausführungen  über  die  antike  Sebbachgewinnung. 
Nicht  nur  für  das  Verständnis  der  Grabungen,  der  Funde,  der  Erhaltung  der 
Papyri,  sondern  in  weitestem  Umfange  für  die  Papyruskunde  überhaupt  ist 
es  unerläßlich,  ein  Bild  von  dem  Lande  der  Herkunft,  von  Ägypten,  zu  gewinnen, 
und  zwar  ebenso  von  seiner  alten  Geschichte  und  Kultur  wie  von  dem  gegen- 
wärtigen Volksleben  und  vor  allem  von  seiner  geographischen  Beschaffenheit. 
Daher  nenne  ich  eine  kleine  Auswahl  der  am  meisten  geeigneten  Werke.  Für 
das  alte  Ägypten:  Eduard  Meyer,  Geschichte  des  Altertums'',  Erster 
Band.  Stuttgart  und  Berlin.  Adolf  Erman,  Ägypten  und  ägyptisches 
Leben  im  Altertum,  2  Bände.  Tübingen  1885  (wird  neu  bearbeitet).  J.  H. 
Breasted,  Geschichte  Ägyptens,  deutsch  von  H.  Ranke.  Berlin 
1910.  Dies  Buch  ist  für  einen  raschen  Überblick  vornehmlich  zu  empfehlen. 
Das  heutige  Ägypten  lehrt  am  besten  kennen  .Baedekers  Reisehandbuch 
„Ägypten",  das  wegen  seines  wissenschaftlich  wertvollen  Inhaltes  und  wegen 
der  ausgezeichneten  Karten  in  jedes  Papyrusforschers  Hand  sein  muß.  Es  ist 
mindestens  so  wichtig  wie  die  eigentlich  gelehrten  Werke.  Wer  sich  in  größerem 
Zusammenhange  über  Land  und  Leute  unterrichten  will,  lese  E.  W.  Lane, 
Manners  and  Customs  of  the  modern  Egyptians.  London  189.5. 
R.  Lepsius,  Briefe  aus  Ägypten,  Äthiopien  und  der  Halbinsel 
des  Sinai,  Berlin  1852,  ist  zwar  vorwiegend  Unterhaltungsbuch,  aber  noch 
heute  wertvoll  durch  seine  lebendigen  Schilderungen. 


Schttbart,  Papyrusknnde. 


IL  DIE  SCHRIFT  DER  PAPYRI. 

Wer  mit  den  Papyri  arbeitet,  muß  sich  auch  mit  ihrer  äußeren 
Seite,  an  erster  Stelle  mit  ihrer. Schrift  beschäftigen.  Der 
Papyrusforscher  im  engeren  Sinne,  der  sich  die  Herausgabe  neu  ge- 
fundener Texte  zur  Aufgabe  macht,  wird  in  der  Schriftkunde  sogar 
die  wesentlichste  Vorbed'ngung  erblicken;  aber  auch  derjenige, 
der  nicht  als  selbständiger  Herausgeber  an  die  Papyri  herantritt, 
sondern  sich  als  Philologe  oder  Historiker  mit  der  Verarbeitung 
ihres  Inhaltes  befaßt,  bedarf  einer  klaren  Vorstellung  von  der 
Schrift  dieser  Blätter,  wenn  er  nicht  bei  jedem  Schritte  ausgleiten 
will.  Deshalb  ist  es  auch  hier  nötig,  auf  die  Schrift  einzugehen. 
Freilich  ist  die  Paläographie  im  allgemeinen,  und  daher  auch  die 
Papyruspaläographie  ein  Gebiet,  das  der  theoretischen  Darstellung 
widerstrebt.  Obwohl  es  nicht  an  wissenschaftlichen  Grundzügen 
mangelt,  ist  sie  doch  eigentlich  keine  Wissenschaft,  sondern  eine 
Kunst,  oder  wenn  man  lieber  will,  eine  Technik,  jedenfalls  eine 
Fertigkeit,  die  man  nur  praktisch  lernen  kann.  Es  kommt  hinzu, 
daß  bisher  trotz  ziemlich  zahlreichen  Büchern  und  Aufsätzen,  die 
darüber  geschrieben  worden  sind,  von  einer  gründlichen  Durch- 
arbeitung der  Bücher  und  Urkunden  nach  der  paläographischen 
Seite  hin  noch  gar  keine  Rede  ist;  nicht  einmal  ein  ernstlicher  Ver- 
such ist  bis  heute  gemacht  worden.  Wie  wertvoll  selbst  der  Versuch 
wäre,  kann  der  am  besten  beurteilen,  der  praktisch  das  weite  Feld 
einigermaßen  übersieht.  Zumal  für  die  Schrift  der  Bücher  fehlt  es 
noch  an  allem  und  jedem.  Maßgebend  ist  hier  noch  immer  das  per- 
sönliche Urteil  weniger  Kenner,  das  alle  übrigen  Forscher  not- 
gedrungen gläubig  anerkennen  müssen.  Hier  ist  also  noch  viel, 
beinahe  alles  zu  tun;  freilich  handelt  es  sich  um  eine  große  Aufgabe, 
die  nur  mit  umfassender  Kenntnis  der  Originale  und  auf  Grund  eines 
reichen  paläographischen  Stud  ums  auch  der  Epigraphik  und  der 
mittelalterlichen  Schriftkunde  gelöst  werden  kann. 
Aber  auch  abgesehen  von  dem  Mangel  theoretischer  Arbeit  bleibt 
Paläographie   immer   etwas   Praktisches.     Man  kann    die  Papyri 


ENTWICKLUNG   DER   SCHRIFT.  19 


nur  lesen  lernen,  wenn  man  sich  selbst  daran  versucht,  und  infolge- 
dessen ist  eine  Einführung  in  die  Paläographie  ohne  ständiges 
Lesen  des  Schülers  ein  Unding.  Wer  Originale  nicht  erreichen 
kann,  begnüge  sich  mit  guten  Abbildungen.  Tafelwerke  und  ein- 
zelne Abbildungen  von  Papyri  gibt  es  genug;  sie  werden  im  Laufe 
und  am  Schlüsse  des  Kapitels  genannt  werden.  Da  aber  gerade 
die  besten,  wie  die  prächtigen  Lichtdruckbände  des  British  Museum, 
kaum  erschwinglich  und  nur  auf  größeren  Bibliotheken  zugänglich 
sind,  kann  ich  hier  nur  die  von  mir  herausgegebene  Sammlung  der 
Papyri  Graecae  Berolinenses  voraussetzen,  deren  geringer  Preis 
von  6  Mark  jedem  die  Anschaffung  ermöglicht,  der  ernstlich  an 
die  Papyruspaläographie  herangehen  will.  Freilich  genügen  sie 
längst  nicht,  um  wirkliche  Sicherheit  im  Lesen  zu  geben;  denn 
diese  erlangt  man  nur,  w^enn  man  jahrelang  mit  Hunderten  von 
Texten  zu  tun  gehabt  hat.  Scheint  es  demnach  fast  zwecklos,  eine 
Darstellung  der  Papyrusschrift  zu  geben,  so  wird  doch  der  prak- 
tisch Lernende  manchen  Winkes  bedürfen,  wenn  er  ohne  Anleitung 
eines  Kenners  zu  lesen  beginnt. 

Die  Schrift  wird  bestimmt  durch  die  Zeit,  d.  h.  sie  macht  wie 
jede  andere  menschliche  Betätigung  eine  Entwicklung  durch; 
sie  hängt  ferner  ab  vom  schreibenden  Menschen  und  endlich  von 
den  äußeren  Bedingungen,  dem  Papier  und  dem  Schreibzeug. 
Beginnen  wir  mit  dem  letzten,  so  ist  es  klar,  daß  derselbe  Buchstabe, 
auf  Papyrus  geschrieben,  anders  ausfällt  als  in  den  Stein  gemeißelt, 
anders  auf  Holz  aussieht  als  auf  einer  Thonscherbe  (Ostrakon), 
anders  auf  Leder  oder  Pergament  als  auf  Metall;  über  die  technische 
Beschaffenheit  des  Papyrus  und  der  neben  ihm  hergehenden  Stoffe 
werde  ich  im  nächsten  Kapitel  näheres  mitteilen.  Auch  die  Tinte, 
ob  zäh  oder  flüssig,  hat  einen  Einfluß,  und  vor  allem  die  Feder,  je 
nachdem  sie  breit  oder  spitz,  hart  oder  weich  ist.  Die  Schreib- 
binse der  alten  Ägypter  ergibt  von  selbst  andere  Striche  als  die 
gespaltene  Rohrfeder  der  römischen  Kaiserzeit,  und  der  einritzende 
Metallgriffel  kann  niemals  die  Geläufigkeit  des  Schreibrohres 
(Kalamos)  erreichen.  Diese  Unterschiede  machen  dem  Papyrus- 
forscher namentlich  da  zu  schaffen,  wo  er  es  nicht  mit  den  Papyri, 
sondern  mit  den  Ostraka  zu  tun  hat;  auf  ihnen  fällt  die  Schrift 
sehr  oft  von  selbst  ganz  anders  aus,  als  es  auf  Papyri  geschehen 
würde. 

Eine  zweite  Reihe  von  Unterschieden  trägt  der  Mensch  in  die 
Schrift  hinein.     Setzen   wir  auch  voraus,   daß  wir  es  mit  einer 

2* 


20  ENTWICKLUNG   DER   SCHRIFT. 

begrenzten  Gruppe  von  Menschen  derselben  Zeit  und  desselben 
Ortes  zu  tun  haben,  die  in  derselben  Schule  dieselbe  Schrift 
gelernt  haben,  so  weiß  jeder  aus  Erfahrung,  daß  die  Hand- 
schriften sich  weiterhrn  recht  verschieden  entwickeln.  Der  eine 
ähnelt  seine  Schrift  in  der  Jugend  unbewußt  einem  Vorbilde  an, 
der  andere  geht  seinen  eigenen  Weg;  der  eine  tritt  in  einen  rein 
praktischen  Beruf,  der  wenig  oder  keine  Schreiberei  von  ihm  ver- 
langt, so  daß  er  das  Schreiben  ganz  verlernt  oder  eine  ungelenke 
Kinderhand  behält;  der  andere  wird  Geschäftsmann  und  bildet 
seine  Schrift  zu  großer  Geläufigkeit  aus.  Im  Altertum,  und  ganz 
besonders  für  unsere  Papyri,  kommt  noch  der  Berufsschreiber 
stark  in  Betracht,  der  an  den  Straßenecken  sitzt  und  für  andere 
Leute  Urkunden  wie  Briefe  schreibt;  eine  kursive  Handschrift 
stellt  sich  bei  'hm  von  selbst  ein.  Wieder  anderes  verlangt  der 
Beruf  vom  Büroschreiber,  dem  neben  der  Sorgfalt  eine  gewisse 
Schönheit  der  Schrift  wohl  ansteht.  Auch  der  antike  Buchschreiber 
arbeitet  unter  besonderen  Bedingungen,  obwohl  er  in  der  Regel 
Lohnschreiber  ist  wie  der  berufsmäßige  Straßenschreiber;  von 
einem  Buche  erwartet  man  anderes  als  von  einer  Urkunde.  Sodann 
greift  auch  die  Bildung  des  Menschen  sondernd  ein,  obwohl  unter 
Vielschreibenden  solche  Unterschiede  schon  etwas  schwerer  be- 
merkbar sind.  Endlich  bedenke  man  das  Lebensalter;  sehen  wir 
auch  von  der  Kindheit  ab,  so  schreibt  doch  in  der  Regel  der  Mann 
in  seinen  besten  Jahren  anders  als  der  Greis.  Was  heutzutage 
sich  verhältnismäßig  leicht  verrät,  der  Unterschied  männlicher  und 
weiblicher  Hände,  tritt  für  die  Papyrusschriften  zurück,  da  die  Zahl 
solcher  Blätter,  die  sicher  von  weiblicher  Hand  geschrieben  sind, 
zu  gering  ist,  um  einen  Vergleich  zu  erlauben.  Und  nicht  nur  das 
Lebensalter  bringt  Abweichungen  mit  sich;  es  macht  auch  viel  aus, 
wie  man  gestimmt  ist,  ob  man  Eile  hat  oder  gemächlich  schreibt, 
ob  man  bequem  sitzt  oder  im  Stehen  ein  paar  Zeilen  hinwirft. 
Davon  hängt  soviel  ab,  daß  es  mitunter  kaum  gelingt,  die  Hand  des- 
selben Menschen  wieder  zu  erkennen.  Alle  diese  Gesichtspunkte 
müssen  wir  auf  die  Papyrusblätter  anwenden.  Es  ist  einer  der  ersten 
Grundsätze,  bei  der  Schriftvergleichung  immer  nur  Schriften  neben- 
einander zu  stellen,  die  unter  vergleichbaren  Bedingungen  ent- 
standen sind. 

Es  versteht  sich  von  selbst,  daß  die  Schrift  der  Papyri  keine 
Sonderschrift  ist,  sondern  griechische  Schrift,  wie  sie  auch  vor  den 
ältesten  uns  bekannten  Papyri  angewendet  wurde.    Ebenso  hat  sie 


PERIODEN.  21 


ihre  ständige  Berührung  mit  der  Schrift  auf  änderer  Unterlage,  ins- 
besondere mit  den  Steininschriften;  wenngleich  das  andere  Material 
auch  der  Schrift  andere  Wege  weisen  mußte,  erkennt  man  doch 
auf  Inschriften  und  Papyri  derselben  Zeit  oft  genug  Gemeinsames. 
Die  Inschriften  sind  ihrer  Natur  zufolge  spröder  und  entwickeln 
sich  weniger  rasch  und  weniger  mannigfaltig.  Aber  es  ist  wesent- 
lich, beim  Studium  der  Papyrusschrift  die  Inschriften  inmier  von 
Neuem  zum  Vergleich  heranzuziehen.  Das  Jahrtausend,  das  vor 
unseren  Augen  jetzt  durch  Bücher  und  Urkunden  vertreten  wird, 
zeigt  eine  Entwicklung,  die  wir  bei  der  Fülle  der  Zeugen  einiger- 
maßen zu  überblicken  vermögen.  Über  die  Notwendigkeit  solcher 
Schriftentwicklung  bedarf  es  keines  Wortes,  da  jeder  in  seinem 
Kreise  sie  auch  am  eng  beschränkten  Materiale  verfolgen  kann. 
Allgemein  muß  aber  vorausgeschickt  werden,  daß  diese  Entwick- 
lung keineswegs  in  einer  Linie  verlaufen  ist,  etwa  von  steifer, 
noch  unbeholfener  Schrift  zu  immer  kursiveren  Formen;  vielmehr 
finden  wir  auf  der  einen  Seite  unter  den  ältesten  Urkunden  Bei- 
spiele einer  sehr  flüssigen,  zugleich  schwer  lesbaren  Hand,  und 
andererseits  auch  unter  den  Urkunden  des  6.  Jh.  p.  C.  äußerst 
gleichmäßige  Schriften.  Mehr  als  einmal  scheint  der  Gang  der 
Schriftentwicklung  von  außen  beeinflußt  zu  sein,  durch  eine  Reform 
der  Schule,  durch  Einwirkung  der  lateinischen  Schrift  und  der- 
gleichen. Daneben  gehen  durch  alle  Entwicklungsstufen  jene 
Unterschiede  hindurch,  die  ich  oben  besprochen  habe,  namentlich 
diejenigen,  die  von  Bildung  und  Beruf  des  schreibenden  Menschen 
abhängen.  So  kommt  es,  daß  besonders  die  Handschrift  der  Un- 
gebildeten, selten  Schreibenden,  sich  zw^ar  dem  Zeitcharakter 
nicht  völlig  entzieht,  aber  ihn  doch  viel  weniger  deutlich  ausprägt 
als  die  der  Gebildeten  oder  des  Berufsschreibers.  Schriftstücke 
solcher  Art  gehören,  wenn  sie  kein  Datum  enthalten,  zu  den 
schwierigsten  Aufgaben  für  den  Paläographen,  der  ihre  Zeit  er- 
mitteln will. 

Man  pflegt  die  geläufige  Einteilung  der  Periode,  mit  der  sich 
die  Papyruskunde  befaßt,  in  Ptolemäerzeit,  Kaiserzeit  und  byzan- 
tinische Zeit  auch  auf  die  Schrift  der  Papyri  zu  übertragen  und  von 
einem  ptolemäischen  Typus,  einem  Typus  der  Kaiserzeit  und  einem 
byzantinischen  zu  sprechen.  Wäre  diese  Gliederung  nur  etwas 
allgemein  und  weitmaschig,  so  könnte  man  sie  gelten  lassen.  Sie 
stimmt  aber  mit  der  Schriftentwicklung  nicht  überein  und  soll 
hier  durch  eine  andere  ersetzt  werden: 


22  KALLIGRAPHIE   UND   KURSIVE. 

Erste  Periode:  Die  ältesten  Papyri,  4.  Jh.  a.  C.  bis  Anfang  des 
3.  Jh.  a.  C. 

Zweite  Periode:  Ptolemäische  Schrift,  Anfang  des  3.  Jh.  a.  C.  bis 
ins  1.  Jh.  a.  C. 

Dritte  Periode:  Ende  der  Ptolemäerzeit  bis  etwa  Nero. 
Vierte  Periode:  Zeit  des  Vespasian  bis  Ende  des  2.  Jh.  p.  C. 
Fünfte    Periode:    Ende   des   2.  Jh.  p.  C.  und  3.  Jh.  p.  C. 
Sechste  Periode:  Frijhbyzantinisch,  4.  und  5.  Jh.  p.  C. 
Siebente   Periode:    Der   ausgebildete   byzantinische    Stil   bis   zur 
Minuskel. 

Da  die  Entwicklung  der  Schrift,  selbst  in  dem  begrenzten  Aus- 
schnitte, den  wir  in  den  erhaltenen  Papyri  vor  Augen  haben,  durch 
mehrere  Tausende  einzelner  Blätter  und  Handschriften  vertreten 
wird,  so  kann  von  einer  absoluten  Geltung  einer  solchen  Einteilung 
keine  Rede  sein.  Ihr  Wert  besteht  nur  darin,  demjenigen,  der  die 
Schrift  der  Papyri  kennen  und  beurteilen  lernen  will,  einen  Finger- 
zeig dafür  zu  geben,  wie  er  sich  das  große  Material  zu  ordnen  habe, 
um  einen  Überblick  über  das  Wesentliche,  die  gemeinsamen  und 
die  trennenden   Züge,  zu  gewinnen. 

Neben  diese  Gliederung  nach  Zeitperioden  treten  einige  andere, 
die  dem  Paläographen  als  Leitfaden  nicht  minder  unentbehrlich 
sind.  Wenn  auch  die  griechische  Schrift,  mit  der  wir  es  hier  zu 
tun  haben,  in  ihren  Grundzügen  die  gleiche  ist,  für  welchen  Zweck 
sie  auch  verwendet  werden  mag,  so  macht  es  in  Wirklichkeit  doch 
einen  Unterschied,  ob  sie  vom  Kalligraphen  oder  vom  Manne  des 
praktischen  Lebens  angewendet  wird.  Wir  pflegen  daher  die 
Schrift  der  Urkunden  und  Briefe  zu  sondern  von  der 
Schrift  der  Bücher.  Häufig  läßt  man  noch  die  Bezeichnungen 
,, Kursive"  und  ,,Unciale"  den  genannten  beiden  Arten  entsprechen. 
Das  ist  aber  nur  im  Allgemeinen  und  keineswegs  ohne  Ausnahme  der 
Fall;  vielmehr  besitzen  wir  nicht  wenig  Urkunden,  die  in  tadel- 
loser Unciale  geschrieben  sind,  und  so  manches  Literaturwerk, 
das  eine  kursive  Hand  aufweist.  Am  richtigsten  ist  es,  auf  die  eine 
Seite  die  Kalligraphie,  die  Schönschrift,  zu  stellen,  auf  die 
andere  die  Schrift  des  täglichen  Lebens,  die  man  Kursive 
nennen  mag.  Vorausgeschickt  sei,  daß  die  Schrift  des  Altertums 
durchweg  die  sogenannten  großen  Buchstaben  verwendet,  die 
einzige  Form  der  Buchstaben,  die  man  überhaupt  kannte.  Was  wir 
heute  kleine  Buchstaben  der  griechischen  Schrift  nennen,  ist  im 
Mittelalter  aus  der  byzantinischen  Kursive  hervorgegangen  und 


KALLIGRAPHIE   UND   KURSIVE.  23 

kommt  für  die  Periode,  die  uns  angeht,  niciit  in  Betracht;  allerdings 
kann  man  ihre  Anfänge  in  den  letzten  Jahrhunderten  der  Papyrus- 
schrift sich  herausbilden  sehen.  Daß  aucli  in  den  Papyri,  und  zwar 
bereits  ziemlich  früh,  einzelne  Buchstaben,  z.  B.  am  Anfange  eines 
neuen  Absatzes  oder  auch  nur  einer  neuen  Zei'e,  größer  als  die 
übrigen  geschrieben  werden,  ist  eine  Sache  für  sich,  die  zum  Unter- 
schiede der  ,, großen"  und  der  ,, kleinen"  Buchstaben  keine  un- 
mittelbare Beziehung  hat.  Die  Buchstaben  werden  ursprünglich, 
wie  in  den  Inschriften  auf  Stein,  ohne  Verbindung  nebeneinander 
gesetzt  und  zwar  ohne  Trennung  der  Wörter  und  Sätze;  man  nennt 
dies  scriptio  continua,  fortlaufende  Schrift.  Die  Schönschrift  oder 
Kalligraphie  hat  grundsätzlich  daran  festgehalten,  womit  gesagt 
sein  soll,  daß  es  ein  Ideal  war,  dem  nicht  jeder  Kalligraph  gle'ch 
nahe  kam.  Es  ist  die  eigentliche  Schrift  der  Bücher  durch  alle 
Jahrhunderte  hindurch,  aber  nicht  allein  der  Bücher,  sondern  auch 
der  besonders  sorgfältig  geschriebenen  Urkunden,  denn  wie  wir 
heute  ein  Dokument  in  Reinschrift  sorgfältig  geschrieben  verlangen, 
so  war  es  im  Altertume  nicht  anders.  Eine  wesentliche  Eigenheit 
dieser  sogenannten  Buchschrift  finden  wir  aber  auch  ziemlich  oft 
in  den  rohesten  Aufzeichnungen  ungeschickter  Hände:  je  weniger 
Übung  einer  hatte,  umsomehr  neigte  er  dazu,  Buchstaben  für  Buch- 
staben verbindungslos  zu  malen;  was  aber  fehlt,  ist  die  Regelmäßig- 
keit der  Buchstabenformen,  die  Schönschrift.  Man  macht  sich  von 
dieser  Kalligraphie,  die  man  allenfalls  Buchschrift  nennen  darf, 
am  besten  eine  Vorstellung,  wenn  man  sie  unseren  Drucktypen  ver- 
gleicht, nicht  der  Fraktur,  die  zu  stark  von  der  in  der  Schule  ge- 
lernten und  im  Leben  gehandhabten  Schrift  abweicht,  sondern  am 
besten  den  Typen  der  Antiqua  oder  auch  der  Maschinenschrift, 
denn  die  Kalligraphie  der  Bücher  nimmt  im  Altertum  etwa  die 
Stelle  ein,  die  heute  die  genannten  Typen  ausfüllen,  aber  mit  dem 
Unterschiede,  daß  auch  die  sorgfältigste  Kalligraphie  niemals 
die  Regelmäßigkeit  des  Druckes  oder  der  Schreibmaschine  er- 
reichen kann.  Dafür  ist  sie  ihr  an  Schönheit  überlegen,  namentlich 
durch  die  Fähigkeit,  die  Schrift  geschmackvoll  auf  den  Raum  zu 
verteilen,  weshalb  man  ja  heute  wieder  beginnt,  kostbare  Bücher 
nicht  zu  drucken,  sondern  zu  schreiben. 

Neben  der  Schönschrift  oder  Buchschrift  steht  die  Schrift  des  täg- 
lichen Lebens,  die  man  Kursive  nennt,  weil  sie  geläufig  ist,  und 
als  Geschäftsschrift  bezeichnen  darf,  weil  die  Urkunden  und  Briefe 
ihr  hauptsächlicher  Bereich  sind.    Wir  dürfen  behaupten,  daß  sie 


24 KALLIGRAPHIE  UND   KURSIVE. 

für  unsere  Kenntnis  ebenso  alt  sei  wie  jene,  denn  es  liegt  nicht  so, 
daß  die  Kursive  sich  aus  der  Buchschrift  entwickelt  hätte.   Beide 
gehen  auf  die  gleichen  unverbundenen  Buchstaben  zurück,  die  aber 
in  ihren  Anfängen  keineswegs  Schönschrift  waren.     Im  weiteren 
Verlaufe   und   im   Entwicklungsgange  jedes   einzelnen   Menschen 
legte  naturgemäß  die  Schule  den  Grund,  von  dem  aus  sich  sowohl 
die  Kalligraphie  als  auch  die  Kursive   entwickeln  konnte.     Zwei 
Züge  sind  es,  die  der  Kursive  ihr  Gepräge  geben:  wer  viel  schreibt, 
sucht  erstens  die  Buchstabenformen  handlicher  zu  machen,  was 
manchmal,   aber  nicht  immer  auch  vereinfachen  bedeutet,  und 
zweitens  möglichst  selten  mit  dem  Schreibrohre  abzusetzen,  d.  h. 
die  Buchstaben  miteinander  zu  verbinden.    Es  liegt  auf  der  Hand, 
daß  sich  daraus  unendlich  viele  Grade  der  Geläufigkeit  ergeben, 
und  in  jeder  Periode,  schon  in  der  ersten  Hälfte  des  3.  Jh.  a.  C, 
begegnen   wir    Handschriften,    die   in   der  fortlaufenden  Verbin- 
dung der  Buchstaben  das  äußerste  leisten  und  daher  schwer  lesbar 
sind.     Im  allgemeinen  muß  man  sich  aber  klar  machen,  daß  die 
Formen  der  Buchstaben  einer  so  fortlaufenden  Verbindung,  wie  sie 
in    modernen    Handschriften    gang   und    gäbe   ist,    widerstreben. 
Statt  dessen  finden  wir  sehr  oft  den  einzelnen  Buchstaben  zerrissen, 
d.  h.,  den  letzten  seiner  Striche  so  stark  als  Anstrich  zum  nächsten 
benutzt,  daß  das  Bild  des  Buchstabens  zerstört  wird.    In  der  Art, 
die  Buchstaben  zu  verbinden,  äußert  sich  einerseits  die  Eigentüm- 
lichkeit  des   Schreibers,   andererseits   die   Schreibweise  der  Zeit, 
ebenso  wie  auch  die  kursiven  Formen  der  einzelnen  Buchstaben 
von  beiden  Einwirkungen  bestimmt  werden.   Daher  ist  die  Kursive 
diejenige  Schriftart,  die  am  sichersten  die  Merkmale  der  Zeit  trägt, 
und  da  sie  vornehmlich  in  Urkunden  auftritt,  die  häufig  datiert  sind, 
ist  sie  es,  die  uns  einen  Einblick  in  die  Geschichte  der  Schrift  tun 
läßt.  Sowohl  die  einzelnen  kursiven  Buchstabenformen  als  auch  die 
Verbindungen   und  die  gesamte   Strichführung  —    wir  sprechen 
vom  Duktus  der  Schrift  —  ändern  sich  im  Laufe  der  Zeit,  und  zwar 
sind  trotz  aller  persönlichen  Willkür  die  gemeinsamen  Merkmale 
der  Zeit  stärker  als  die  Eigenheiten  des  einzelnen.    Wenn  man  will, 
kann  man  die  Zeitformen   der  Schrift  auch  Moden  nennen,  nur 
mache  man  sich  klar,  daß  es  sich  hier  nicht  um  launische  Erfin- 
dungen,   sondern,   wie   es   scheint,   um   einen   regelmäßigen   Ab- 
lauf handelt.    Von  gewissen  Moden  oder  Stilarten,  auch  von  be- 
stimmten Einwirkungen,  die  sich  erkennen  lassen,  wird  noch  die 
Rede  sein. 


MERKMALE   DER   PERJODEN.  25 

Die  Merkmale  der  Perioden  darzustellen,  ist  nur  an  der 
Hand  eines  großen  Materials  möglich;  ich  kann  hier  nur  ein  paar 
Beispiele  nennen.  So  ist  es  für  die  Kursive'  des  3.  Jh.  a.  C. 
bezeichnend,  daß  die  Buchstaben  durch  besondere  Strichführung 
dazu  neigen,  sich  zwischen  zwei  Parallellinien  einzuordnen,  über 
die  nach  unten  und  oben  nur  wenige  Buchstaben  hinausragen. 
Das  y  fügt  sich  dieser  Neigung  in  der  Weise,  daß  der  schräge 
Verbindungsstrich  der  beiden  Steilstriche  fast  wagerecht  gelegt 
wird  und  infolgedessen  der  zweite  Steilstrich  nach  oben  über  die 
Linie  hinausragt;  beim  M  bemüht  man  sich,  die  Einbuchtung 
möglichst  flach  zu  gestalten,  selbst  Buchstaben  wie  ^  und  yl  folgen 
dem  Stile,  indem  der  letzte  Strich  fast  wagerecht  gezogen  wird, 
womit  in  der  Regel  auch  der  Anschluß  an  den  folgenden  Buchstaben 
sich  ergibt.  Diese  frühptolemäische  Schreibweise  geht  so  weit, 
sogar  da  die  wagerechte  Linie  herzustellen,  wo  kein  Teil  des  Buch- 
stabens sie  ermöglicht,  und  einen  Verbindungsstrich  einzuschalten, 
der  z.  B.  Jota  mit  dem  folgenden  verknüpft.  Die  Folge  ist  ein 
sehr  gleichmäßiges  Aussehen,  aber  keineswegs  leichte  Lesbarkeit. 
Übrigens  reichen  diese  überzähligen  Verbindungsstriche  über  das 
3.  Jh.  a.  C.  noch  ziemlich  weit  hinaus,  wenn  auch  nicht  mehr  so 
auffällig  (vgl.  Abb.  2).  Oder  greifen  wir  eine  andere  Mode  heraus. 
Im  1.  Jh.  a.  C.  kommt  es  auf,  den  nach  unten  verlaufenden 
Strichen,  z.  B.  den  senkrechten  Hasten  des  X,  M,  P,  T  usw., 
am  unteren  Ende  einen  kleinen  Fuß  in  Gestalt  eines  kurzen 
Querstriches  zu  geben,  zugleich  aber  auch  manche  Buchstaben 
an  ihrer  oberen  Spitze  ähnlich  zu  verzieren,  vielleicht  im  An- 
schluß an  den  erwähnten  ptolemäischen  Verbindungsstrich.  Diese 
Mode  läßt  sich  vereinzelt  noch  durch  das  1.  Jh.p.  C.  verfolgen. 
(Vgl.  Abb.  1). 

In  der  zweiten  Hälfte  des  1.  Jh.  p.  C.  hat  die  vorher,  namentlich 
unter  Augustus  und  Tiberius,  meistens  große  und  ungefällige 
Schrift  sich  zu  einem  kleinen  Gekritzel  gewandelt,  das  bis  ins 
2.  Jh.  p.c.  anhält,  dann  aber  einer  größeren,  im  allgemeinen  besser 
lesbaren  Schrift  Platz  macht.  Sehr  charakteristisch  ist  ferner  eine 
Steilschrift,  die  w^r  vom  Ende  des  2.  Jh.  p.C.  an  verfolgen  können; 
ihre  Blütezeit  ist  das  3.  Jh.  p.  C,  aber  sie  reicht  ins  4.  Jh.  p.  C. 
hinein  und  bildet  den  einen,  griechischen,  Vorläufer  der  sogenannten 
byzantinischen  Kursive.  Obwohl  sie  keineswegs  immer  senkrecht 
steht,  sondern  oft  sich  nach  rechts  neigt,  ist  für  sie  doch  bezeichnend 
eine  gewisse  Steilheit  des  Aussehens,  die  auf  den  zahlreichen  paral- 


26  MERKMALE   DER  PERIODEN. 

lelen  Langstrichen  von  oben  nach  unten  beruht.  Sie  ist  insofern 
ein  Gegenstück  zu  jener  frühptolemäischen  Kursive.  Seit  kurzem 
können  wir  vermuten,  daß  sie  ihren  Ursprung  in  den  amtHchen 
Kanzleien  hat,  denn  eine  Originalurkunde  aus  der  alexandrinischen 
Kanzlei  des  Statthalters  vom  Jahre  209  p.  C.  zeigt  ihre  Formen 
sehr  ausgeprägt.  Es  ist  wahrscheinlich,  daß  die  amtliche  Kanzlei- 
schrift auch  zu  anderen  Zeiten  die  Kursive  oder  Geschäftsschrift 
stark  beeinflußt  hat,  ohne  daß  wir  es  deutlich  nachweisen  können. 
Ja  es  scheint  fast,  als  habe  diese  amtliche  Kanzleischrift  ihre  eigene, 
in  gewissen  Grenzen  selbständige  Entwicklung  durchgemacht; 
aber  davon  sehen  wir  bisher  nur  Spuren.  Was  wir  sodann  im  eigent- 
lichen Sinne  byzantinische  Kursive  nennen,  verrät  sich  sofort  durch 
die  Größe  der  Schrift  wie  durch  die  langen,  ijber  und  unter  die 
Zeilen  reichenden  Linien  und  die  Neigung  zu  schwunghafter  Ver- 
schnörkelung.  Es  ließe  sich  natürlich  sehr  viel  mehr  darüber  sagen; 
da  ich  aber,  ohne  Anschauung  bieten  zu  können,  mich  auf  Beispiele 
beschränken  muß,  wi"ll  ich  zu  diesen  wenigstens  ein  paar  Hinweise 
auf  meine  Papyri  Graecae  Berolinenses  hinzufügen: 
Die  zwischen  zwei  Wagerechten  verlaufende  Kursive  des  3.  Jh.  a.  C.  findet  sich 
hier  auf  Tafel  4a,  4c,  5;  im  2.  Jh.  noch  ziemlich  ausgeprägt  auf  Tafel  6a— 6c,  9, 
10;  die  Fußverzierungen  der  spätptolemäischen  und  ersten  Kaiserzeit  auf  Tafel 
IIb,  12,  19a,  19c.  (Vgl.  Abb.  1).  Für  den  kleinen  Typus,  der  Mitte  des  1.  Jh. 
p.  C.  einsetzt,  ist  16b  bezeichnend,  ebenso  21a,  21b.  Die  geläufige,  ziemlich 
deutliche  Kursive,  die  im  2.  Jh.  p.  C.  auftritt,  findet  man  auf  Tafel  22a,  b, 
26a,  b,  27,  28.  Für  die  Steilschrift,  die  ungefähr  um  200  p.  C.  einsetzt,  sei 
auf  32a,  b,  34b,  38b  verwiesen.  Das  Vorbild  scheint  die  amtliche  Kanzleischrift 
zu  sein,  die  wir  35  vor  uns  sehen.  Von  dieser  führen  über  fünf  Jahrhunderte 
hinweg  Verbindungen  zu  der  Kanzleischrift  des  alexandrinischen  Osterfest- 
briefes Tafel  50,  so  daß  man  in  der  Tat  an  eine  gewisse  Sonderentwicklung 
des  Kanzleistiles  glauben  kann.  Vgl.  hierzu  Bell,  Archiv  f.  Pap.  VI  109f  und 
Wilamowitz-Plaumann,  Iliaspap.  Morgan,  S.  B.  Berl.  Akad.  1912  p.  1204.  End- 
lich die  ausgeprägte  byzantinische  Kursive,  am  klarsten  vertreten  durch  46. 
Für  denjenigen,  dem  ein  größeres  Material  an  Abbildungen  zur  Verfügung  steht, 
reihe  ich  zur  Erläuterung  der  oben  aufgezählten  sieben  Perioden  der  Schrift- 
entwicklung noch  einige  Beispiele  an;  die  in  Betracht  kommenden  Tafeln  aus 
meinen  Papyri  Graecae  findet  jeder  Benutzer  ohne  weiteres.  Zu  den  Abkür- 
zungen der  Publikationstitel  siehe  das  Verzeichnis  am  Ende  des  Buches. 
Für  die  1.  Periode:  Der  sogenannte  Artemisia-Papyrus,  Wessely,  Studien  XV 
Tafel  I.  Für  die  2.  Periode:  Brief  des  Polykrates,  Petr.  II,  Tafel  II  (2).  Brief 
des  Horos,  ebenda  Tafel  XII.  Grenfell,  Revenue  Laws,  Tafelmappe.  P.  Halensis 
I  (Dikaiomata).  Kenyon,  Palaeography  Tafel  I,  ebenda  Tafel  II.  P.  Giss.  2, 
Tafel  II.  P.  Amh.  II,  Tafel  9.  Die  sogenannten  Zoispapyri,  Wessely,  Studien 
XV  Tafel  II  und  III.  P.  Reinach  7,  Tafel  III.  P.  Amh.  II,  Tafel  12.  Durch- 
weg der  erste  Tafelband  der  Papyri  des  British  Museum.  Für  die  3.  Periode: 
BGU  III  1002,  Tafel  II.   BGU   IV,    Tafel  I  und  II.  Edikte  des  Germanicus, 


BUCHSCHRIFl.  27 


Wilamovvitz-Zucker,  Tafel.  P.  Flor.  1  92,  Tafel  XV.  .  Für  die  4.  und  5.  Peri- 
ode: Constit.  Antonin.  P.  Giss.  40,  Tafel  VI.  P.  Hamburg  39,  Tafel  11,  12, 
BGU  III  913,  Tafel  I  (aus  M\  ra  in  Kilikien).  P.  Straßburg  ö,  Tafel  2.  P.  Oxy. 
IX  1200,  Tafel  VI.  P.  M.  Meyer,  Die  Libelli,  Tafel.  Für  die  zweite  Hälfte  des 
3.  Jh.  p.  C:  Die  zahlreichen  Abbildungen  der  P.  Flor.  II.  Für  die  6.  Periode: 
P.  Straßburg  42,  Tafel  10.  Kenyon,  PaJaeography  Tafel  VIII.  P.  Flor.  I  7.'), 
Tafel  XIII.  Der  zweite  Tafelband  des  British  Museum. 
Für  die  7.  Periode:  Tafelband  der  Münchener  byzantinischen  Papyri.  Tafeln 
zu  den  byzantinischen  Papyri   des  Museums  in  Cairo. 

Wer  sich  an  der  Hand  dieser  Beispiele  die  Perioden  der  Schrift- 
entwicklung vergegenwärtigt  hat,  wird  bemerkt  haben,  daß  fast 
ausschließlich  Urkunden  und  Briefe  zugrunde  gelegt  worden  sind. 
Die  Schriftentwicklung  kann  bis  jetzt  nur  aus  der  Geschäftsschrift 
oder  Kursive  abgeleitet  werden,  da  nur  sie  die  nötige  Fülle  der 
Beispiele,  die  sicher  erkennbaren  Merkmale  und  das  ausreichende 
Gerippe  fester  Daten  bietet.  Was  die  literarisclien  Papyri 
anlangt,  so  vermögen  wir,  wie  sich  nun  von  selbst  ergibt,  am  besten 
diejenigen  einzureihen,  die  ganz  kursiv  geschrieben  sind  oder  sich 
in  der  Schrift  mit  der  Kursive  berijhren.  Völlig  kursiv  geschriebene 
Buchtexte  sind  nicht  häufig,  öfter  begegnen  wir  Handschriften, 
die  zwar  nach  Kalligraphie  und  Buchschrift  streben,  dies  Ziel  aber, 
zu  unserem  Vorteil,  nur  unvollkommen  erreichen  und  uns  durch 
ihre  kursiven  Züge  die  Datierung  erleichtern,  z.  B.  in  meinen  Pap. 
Gr.  Berol.  Tafel  6c,  7b,  30b,  ein  besonders  deutlicher  Fall.  Um- 
gekehrt ist  Tafel  22a  eine  Urkunde,  deren  Hand  kalligraphisch, 
d.  h.  im  wesentlichen  Buchschrift  ist.  Es  ist  kein  Zweifel,  daß  zu 
allen  Zeiten  die  von  der  Schule  ausgehende  Schreibweise  von  den 
Kanzleien  und  von  den  Schreibstuben  der  Buchhändler  in  beson- 
derer Weise  weiter  gebildet  worden  ist,  daß  in  ihnen  eine  gewisse 
Überlieferung  sich  fortgepflanzt  hat,  die  beiden  Typen  einige  Selb- 
ständigkeit verleihen  konnte.  Andererseits  lehren  die  Papyri  selbst, 
daß  die  kursive  Geschäftsschrift  meistens  in  Berührung  mit  diesen 
kalligraphischen  Richtungen  geblieben  ist,  mit  der  Kanzleischrift 
sogar  sehr  lebhaft,  und  ihrerseits  einen  Einfluß  auf  beide  ausgeübt 
hat.  Denn  der  Buchschreiber  gebrauchte  selbstverständlich  im 
gewöhnlichen  Leben  für  Urkunden  und  Briefe  die  Kursive  seiner 
Zeit  und  übertrug  manche  Züge  unbewußt  auf  seine  Buchschreiberei. 
Es  fehlt  nicht  an  Fällen,  wo  wir  im  Buchtexte  die  Kalligraphie  des 
Schreibers  mit  seiner  Kursive,  die  er  in  Randnoten  und  Nachträgen 
anwendet,  vergleichen  können. 

Trotz    diesen    ständigen   Wechselbeziehungen    können    wir   doch 
schon  jetzt  bemerken,  daß  die  Buchschrift  erstens  eine  gewisse 


28  BUCHSCHRIFT. 


selbständige  Überlieferung  durchgemacht  hat,  und  zweitens  der 
gleichzeitgen  Kursive  nicht  immer  gleich  gegenüber  steht.  Alles, 
was  man  hierüber  sagen  kann,  steckt  noch  in  den  Anfängen  und 
darf  nicht  als  sicheres  Ergebnis  der  Forschung 'hingestellt  werden, 
ist  aber  andererseits  für  das  Studium  der  Paläographie  und  für  die 
Beurteilung  der  Buchschrift  so  wichtig,  daß  ich  wenigstens  mit  ein 
paar  Bemerkungen  zeigen  möchte,  in  welcher  Richtung  die  weitere 
Untersuchung  sich  bewegen  müßte.  So  ist  im  3.  Jh.  a.  C.  der  Ab- 
stand der  Buchschrift  von  der  gleichzeitigen  Kursive  ganz  unver- 
kennbar, vielleicht  unter  dem  Einflüsse  der  alexandrinischen  Biblio- 
thek und  des  alexandrinischen  Buchgewerbes,  wovon  im  nächsten 
Kapitel  die  Rede  sein  wird.  Vom  2.  Jh.  a.  C.  an  scheint  sich  eine 
Annäherung  beider  Typen  geltend  zu  machen,  die  in  vielen  Ab- 
stufungen und  selbstverständlich  nicht  ohne  Abweichungen  bis 
tief  ins  3.  Jh.  p.  C.  hinein  sich  erstreckt.  Mit  dem  Ende  des  3. 
und  dem  Anfang  des  4.  Jh.  p.  C.  nimmt  die  Buchkalh'graphie  eine 
Richtung,  die  sich  völlig  von  der  gleichzeitigen  Kursive  entfernt; 
sie  wird  eine  ganz  ebenmäßige,  aber  auch  ziemlich  charakterlose 
Kalligraphie,  die  dem  modernen  Auge  fast  wie  Druck  erscheint. 
Auch  hier  mangelt  es  keineswegs  an  Abweichungen  und  Über- 
gängen, aber  im  großen  gesehen  darf  für  diese  Periode  die  völlige 
Spaltung  von  Buchschrift  und  Kursive  als  gesichertes  Ergebnis  be- 
trachtet werden.  Den  Ursachen  nachzugehen,  dürfte  eine  zwar 
nicht  leichte,  aber  lohnende  Aufgabe  sein,  jedoch  nur  durchführbar, 
wie  alle  paläographischen  Untersuchungen,  auf  Grund  großer 
Materialkenntnis  und  eines  genauen  Wissens  von  der  Geschichte 
der  Schrift  überhaupt. 

Für  diejenigen,  denen  Abbildungen  literarischer  Papyri  zugänglich  sind,  führe 
ich  eine  Auswahl  an;  die  in  meinen  Papyri  Graecae  Berolinenses  erwähne  ich 
nicht  besonders.  Ich  ordne  nach  der  Zeit,  mache  aber  ausdrücklich  darauf  auf- 
merksam, daß  fast  alle  Datierungen  lediglich  auf  der  Schätzung  der  Heraus- 
geber oder  anderer  Kenner  der  Paläographie  beruhen. 

Piaton,  Phaidon,  3.  Jh.  a.  C.  Petr.  I,  Tafel  V-VIIl,  vgl.  Kenyon,  Palaeo- 
graphy  Tafel  IX.  Hypereides,  3/2.  Jh.  a.  C.  Revillout,  Corpus  papyr.  Aegypti 
t.  III,  vgl.  Kenyon,  Palaeography  Tafel  XII.  Epigramme  ca.  100  a.  C.  P. 
Tebtunis  I  3,  Tafel  2.  Odyssee,  1.  Jh.  a.  C.  Kenyon,  Palaeography  Tafel  XV. 
Pindar,  Partheneion,  1.  Jh.  a.  C.  P.  Oxy.  IV  659,  Tafel  III.  Isokrates  Pane- 
gyrikos,  Anfang  2.  Jh.  p.  C.  P.  Oxy.  V  844,  Tafel  VII.  Thukydides,  1/2.  Jh. 
p.  C.  P.  Oxy.  I  IG,  Tafel  IV  (vgl.  Pap.  Gr.  Berol.  30a).  Ilias,  2.  Jh.  p.  C.  P. 
Tebtunis  II  265,  Tafel  I.  Pindar,  Paeane,  2.  Jh.  p.  C,  P.  Oxy.  V  841,  Tafel 
1,  II,  III.  Satyrisches  Drama,  2.  Jh.  p.  C.  P.  Oxy.  VIII  1083,  Tafel  III. 
Hellenica  Oxyrhynchia  2/3.  Jh.  p.  C.  P.  Oxy.  V  842,  Tafel  IV  und  V.  Euri- 
pides,  Hypsipyle,  2/3.  Jh.  p.  C.  P.  Oxy.  VI  852,  Tafel  II  und  III.  Bakchylides, 


PROBLEME.  29 


2/3.  Jh.  p.  C.  Classical  Texts  und  Kenyon  Palaeography,  Tafel  XIII.  Piaton, 
Symposion,  ca.  200  p.  C,  P.  O.xy.  V  843,  Tafel  VI.  llias,  Anfang  3.  Jh.  p.  C. 
P.  Oxy.  II  223,  Tafel  I.  Demosthenes,  Paroimia,  Anfang  3.  Jh.  p.  C.  (?)  P. 
Oxy.  I  26  Tafel  VII.  Kestoi  des  Afrikanus,  zwischen  225  und  26.')  p.  C.  P. 
Oxy.  III  412,  Tafel  V.  Kallimachos,  Ende  des  3.  Jh.  p.  C.  Wilamowitz,  S.  B. 
Berl.  Akad.  1914.  Genesis,  Ende  3.  Jh.  p.  C.  P.  Oxy.  VII  1007,  Tafel  I.  llias 
Morgan,  3/4.  Jh.  p.  C.  Wilamowitz-Plaumann,  S.  B.  Berl.  Akad.  1912,  Tafel 
IX.  Chemische  Rezepte,  3/4.  Jh.  p.  C.  Lagercrantz,  Papyrus  Graecus  Hol- 
miensis,  Tafel  I,  IL  Ev.  Lukas,  3/4.  Jh.  p.  C.  P.  Soc.  Ital.  I  2,  Tafel  I. 
Odyssee,  3/4.  Jh.  p.  C.  P.  Rylands  53,  Tafel  9.  Achilles  Tatius,  Anfang  4.  Jh. 
p.  C.  P.  Oxy.  X  1250,  Tafel  VI.  Kallimachos,  Aitia  und  Jambi,  Ende  4.  Jh. 
p.  C  P.  Oxy.  VII  1011,  Tafel  II  und  III.  Menander  5.  Jh.  p.  C,  Lefebvre, 
Catalogue  General  du  Musee  du  Caire:  Papyrus  de  Menandre,  Tafelband. 
Menanderfragment,  5.  Jh.  p.  C.  P.  Soc.  Ital.  II  126,  Tafel  III.  Hagiogra- 
phisches  Fragment,  6.  Jh.  p.  C.    P.  Rylands  10,  Tafel  1. 

Nach  dieser  allgemeinen  Übersicht  dürfen  noch  ein  paar  be- 
sondere Probleme  eine  Erwähnung  beanspruchen.  Das  erste 
betrifft  die  Papyri  der  ältesten  Gruppe,  mit  denen  unsere  Kenntnis 
der  Schrift  auf  Papyrus  beginnt.  Sie  hebt  sich  deutlich  genug  von 
den  Urkunden  wie  den  Büchern  des  3.  Jh.  a.  C.  ab  und  umfaßt 
gegenwärtig,  wenn  man  von  ganz  geringfügigen  Bruchstücken  ab- 
sieht, folgende  Stücke:  Timotheospapyrus  =  P.  Gr.  Berol.  1. 
Artemisiapapyrus  =  Wessely,  Studien  XV  Tafel  1.  Euripides, 
Oineus(?)  P.  Hibeh  I  4,  Tafel  1,  vgl.  P.  Grenfell  II,  Tafel  I,  la,  b. 
Ehevertrag  vom  Jahre  311  a.  C.  =  P.  Gr.  Berol.  2.  Skolien  von  Ele- 
fantine =  P.  Gr.  Berol.  3.  Komödie  =  P.  Hibeh  I,  G,  Tafel  IV. 
Kalender  von  Sais  =  P.  Hibeh  I,  27,  Tafel  VIII.  Auch  die  Frag- 
mente aus  Piatons  Laches,  Petrie  Pap.  II  [165]  ff.  darf  man  hinzu- 
rechnen, während  die  Phaidonhandschrift,  Petrie  P.  I  b—S  nur 
in  Einzelheiten  Verwandtschaft  zeigt.  Mehrere  andere  Papyri, 
die  bisher  nicht  in  Abbildungen  veröffentlicht  sind,  ergänzen  das 
Bild  nur,  ohne  wesentlich  neue  Züge  hinzuzutragen. 
Wir  haben  es  also  mit  Urkunden  und  mit  literarischen  Texten 
zu  tun.  Die  gemeinsamen  Merkmale  hervorzuheben,  kann  hier  nicht 
meine  Aufgabe  sein,  da  man  es  nur  angesichts  der  Papyri  selbst 
oder  an  der  Hand  guter  Abbildungen  deutlich  machen  kann. 
Die  Verwandtschaft  mit  dem  Typus  der  Inschriften  springt  sofort 
in  die  Augen,  das  eckige  ^  im  Timotheospapyrus,  dem  Artemisia- 
papyrus, dem  Ehevertrage  von  Elefantine,  den  Fragmenten  aus 
Euripides,  in  dem  Komödientexte  aus  Hibeh,  im  Laches  und  teil- 
weise im  Phaidon  fällt  jedem  auf,  ebenso  das  noch  den  Steinen  ge- 
mäße I  des  Timotheospapyrus;  die  Skolien  von  Elefantine  und 
der  Kalender  von  Sais  gehören  dem  gesamten  Eindrucke  nach  ans 


30  PROBLEME. 


Ende  dieser  frühesten  Periode.  Wer  sich  genau  unterrichten  will, 
studiere  diese  Papyri  an  der  Hand  von  Alfred  Jacob,  Le  trace  de 
la  plus  ancienne  ecriture  onciale  (Annuaire  de  l'ecole  pratique  des 
hautes  etudes  1906,  5ff),  Eine  besondere  Betonung  aber  verdient 
es,  daß  auch  die  Urkunden  dieser  Gruppe  im  ganzen  Zuschnitte 
der  Schrift  sich  wenig  von  den  literarischen  Texten  unterscheiden, 
und  daneben  alle  literarischen  Texte  der  Gruppe,  auch  wenn  wir 
den  ganz  roh  geschriebenen  Artemisiapapyrus  beiseite  lassen, 
etwas  merkwürdig  Unbeholfenes  haben.  Wer  diese  Papyri  prüft, 
ohne  an  die  Schriftentwicklung  des  3.  Jh.  a.  C.  zu  denken,  die 
wir  etwa  von  285  a.  C.  an  leidlicii  überblicken  können,  wer  sich 
von  allgemeinen  Erwägungen  ganz  frei  macht,  wird  wohl  sagen 
müssen,  daß  diese  ältesten  Papyri  durchweg  recht  primitiv  aus- 
sehen, die  Bücher  so,  als  habe  sich  noch  keine  Buchschrift  ausge- 
bildet, die  Urkunden  so,  als  stehe  man  vor  den  ersten  Versuchen 
einer  Kursive.  Solange  man  nur  einen  oder  zwei  dieser  ältesten 
Zeugen  hatte,  konnte  man  das  befremdliche  Aussehen  dem  Zufall 
zuschreiben;  aber  jetzt,  wo  das  Material  sich  gemehrt  hat,  ist  das 
kaum  noch  erlaubt.  Und  doch,  welche  Folgerungen  müßten  sich 
daraus  ergeben?  Ist  es  denkbar,  daß  schon  wenige  Jahrzehnte 
später  eine  sehr  elegante  Kursive  ausgebildet  vorliegt,  die  sich 
bald  zu  äußerster  Flüchtigkeit  entwickelt,  wenn  nicht  schon  um 
300  oder  einige  Jahrzehnte  früher  Vorstufen  vorhanden  waren, 
die  wesentlich  geläufiger  aussahen  als  unser  ältestes  Material? 
Ist  es  denkbar,  daß  wen'ge  Jahrzehnte  später  Buchhandschriften 
von  der  tadellosen  Regelmäßigkeit  des  Phaidon  der  Petrie  Papyri 
entstanden,  wenn  ihre  nächsten  Vorläufer  so  roh  wie  der  Timotheos- 
papyrus  aussahen?  Und  auf  der  anderen  Seite:  kann  man  sich 
vorstellen,  daß  bis  auf  die  Zeit,  die  unsere  älteste  Gruppe  vertritt, 
etwa  die  drei  letzten  Jahrzehnte  des  4.  Jh.  a.  C,  die  Griechen 
es  weder  zu  einer  anständigen  Buchschrift  noch  zu  einer  brauch- 
baren Kursive  gebracht  haben  sollten?  Man  überlege  sich  einen 
Augenblick,  daß  wir  uns  in  den  Tagen  des  Demosthenes,  des 
Aristoteles,  Menanders,  Alexanders  des  Großen  befinden,  und  man 
wird  begreifen,  welche  schweren  Einwände  sich  dagegen  erheben. 
Vielleicht  müssen  wir  noch  neue  Entdeckungen  abwarten;  wie  die 
Sache  jetzt  liegt,  stehen  wir  hier  vor  einem  paläographischen  Pro- 
blem, das  noch  nicht  gelöst  ist. 

Auf  eine  zweite  Aufgabe  möchte  ich  noch   hinweisen,   die   ganz 
anderer  Art  ist,  nämlich  die  Entstehung  der  sogenannten  byzan- 


PROBLEME.  31 


tinisclien  Kursive  zu  erklären.  Ich  habe  schon  darauf  aufmerk- 
sam gemacht,  daß  die  griechische  Schrift  des  3.  Jh.  p.  C.  eine 
Re^he  von  Zügen  enthält,  die  man  als  Vorläufer  betrachten 
kann,  insbesondere  die  mit  der  amtlichen  Kanzleikursive  zusammen- 
hängende Richtung.  Daneben  und  wohl  ebenso  stark  wirkt  aber 
seit  Diokletian,  seit  der  zunehmenden  Latinisierung  des  Ostens, 
die  lateinische  Kursive  ein,  die  schon  früher  in  einzelnen  Fällen 
ihren  Einfluß  verrät.  Die  zahlreichen  in  Ägypten  sich  dauernd 
ansiedelnden  Veteranen  italischer  oder  überhaupt  westlicher  Her- 
kunft lernten  zwar  griechisch  schreiben,  behielten  aber  wohl  nicht 
selten  ihren  lateinischen  Duktus  bei,  wie  ein  paar  Beispiele  zeigen: 
Zereteli,  Über  die  Nationaltypen  in  der  Schrift  der  griechischen 
Papyri,  Archiv  für  Papyrusforschung  I  336  nebst  Tafel,  und  P.  Ham- 
burg 54,  Tafel  14.  Wie  lateinisch  die  ausgebildete  byzantinische 
Kursive  aussieht,  lehrt  ganz  deutlich  ein  Blick  auf  gleichzeitige 
lateinische  Urkunden,  etwa  die  Merovingerurkunden.  Eine  genaue 
Untersuchung  der  griechischen  und  der  lateinischen  Elemente  in 
der  byzantinischen  Schrift  würde  über  das  Gebiet  der  Paläographie 
hinaus  einen  Wert  für  die  Geschichtserkenntnis  haben,  weil  bis 
jetzt  die  Entstehung  des  eigentümlichen  byzantinischen  Wesens 
in  Sprache  und  Kultur  noch  sehr  im  Dunkel  liegt. 
Sehr  wichtig  wäre  es,  wenn  wir  imstande  wären,  den  griechischen 
Schrifttypus,  wie  er  sich  in  Aegypten  ausgebildet  hat,  von  anderen 
zu  unterscheiden ;  aber  was  für  die  Inschriften  einigermaßen  möglich 
ist,  bleibt  bei  den  Papyri  bis  auf  weiteres  erfolglos,  weil  die  Zahl 
der  Schriftstücke,  die  nicht  ägyptischer  Herkunft  sind,  außerordent- 
lich gering  ist.  Daß  Unterschiede  vorhanden  sind,  lehren  sie  frei- 
lich. Am  wenigsten  noch  die  Herkulanensischen  Rollen,  mehr  die 
vereinzelten  Urkunden;  ich  verw^eise  auf  die  B.G.U.  111,  Tafel  1 
abgebildete  Urkunde  aus  dem  kilikischen  Myra.  Neuerdings  sind 
zwei  Urkunden  des  1.  Jh  a.  C.  aus  Kurdistan  aufgetaucht,  die 
wiederum  dem  gleichzeitigen  ägyptischen  Typus  sehr  ähnlich  sehen. 
JVlan  müßte  zunächst  einmal  die  außerhalb  Aegyptens  geschriebenen 
Texte  sammeln  —  ein  Dutzend  dürfte  herauskommen  —  und  sich 
Abbildungen  beschaffen,  um  etwas  sicherer  als  bisher  urteilen  zu 
können. 

Vielleicht  mit  mehr  Erfolg  ließe  sich  schon  jetzt  untersuchen, 
inwieweit  die  Hauptstadt  Alexandreia  einen  besonderen  Schrift- 
typus ausgebildet  habe;  aber  auch  diese  Untersuchung  be- 
darf  eines  Studiums   der  Originale,   da  die  veröffentlichten  Ab- 


32  KÜRZUNGEN.     LATEINISCHE  PAPYRI. 

bildungen  nur  den  kleinsten  Teil  des  bekannten  Materials  dar- 
stellen. 

Auf  das  Problem,  das  in  den  Beziehungen  der  Buchschrift  zur 
Kursive  und  in  der  teilweise  selbständigen  Entwicklung  der  Buch- 
kalligraphie enthalten  ist,  habe  ich  schon  hingewiesen. 
Es  bedarf  keines  Wortes,  daß  noch  viele  andere  Gesichtspunkte 
sich  dem  Paläographen  ergeben,  sowie  er  die  Texte  genauer  ins 
Auge  faßt;  sie  auch  nur  zu  nennen,  muß  ich  mir  versagen,  da 
alle  solchen  Bemerkungen,  ohne  Bilder  bei  der  Hand  zu  haben,  in 
der  Luft  schweben.  Nur  beispielsweise  erwähne  ich  die  häufig 
erkennbare  und  schon  oft  besprochene  Kreuzung  von  je  zwei 
Typenpaaren:  der  Typus  der  nach  der  Kreisform  strebenden 
Buchstaben  und  der  Typus  der  ovalen  Buchstaben  kreuzen  sich 
mit  Ste-ilschrift  und  nach  rechts  geneigter  Schrägschrift,  so  daß 
sich  vier  Typen  ergeben,  von  denen  namentlich  die  ovale  Schräg- 
schrift zu  den  auffälligen  und  ziemlich  fest  datierten  Typen  der 
Buchschrift  gehört;  sie  weist  in  die  erste  Hälfte  des  3.  Jh.  p.  C. 
Die  Kursive  hat  aus  sich  heraus  eine  Menge  von  Kürzungen  ver- 
schiedener Art  entwickelt,  die  man  nur  durch  das  Arbeiten  an  den 
Papyri  selbst  lernen  kann.  Einiges  hat  Wilcken  in  seinen  Grund- 
zügen Seite  XXXIXff.  darüber  bemerkt,  woauf  derjenige,  der 
einen  vorläufigen  Anhaltspunkt  wünscht,  gewiesen  sei.  Die  Buch- 
texte bedienen  sich  in  manchen  Fällen  eines  besonderen  Systems 
von  Kürzungen,  das  mit  Kursivkürzungen  fast  nichts  zu  tun  hat, 
aber  zu  der  Tachygraphie  in  Beziehung  steht.  Einiges  darüber 
findet  man  in  den  paläographischen  Werken,  die  am  Schlüsse 
des  Kapitels  genannt  werden.  Außerdem  mache  ich  auf  die 
Liste  der  Kürzungen  in  Band  IV  der  Berliner  Klassikertexte, 
Hierokles  Ethische  Elementarlehre  ed.  v.  Arnim,  Seite  2—5, 
aufmerksam. 

Die  Schrift  der  lateinischen  Papyri  auch  nur  in  Umrissen 
darzustellen,  wage  ich  nicht.  De  Zahl  der  Texte,  Buchtexte  wie 
Urkunden,  ist  zwar  nicht  groß,  aber  auch  nicht  so  gering,  daß  man 
auf  ein  Ergebnis  verzichten  müßte.  Allein  man  muß  bekennen, 
daß  bis  heute  noch  kein  nennenswertes  Ergebnis  erzielt  woJden  ist. 
Auch  hier  ist  ein  deutlicher  Abstand  der  Buchkalligraphie  von  der 
Schrift  des  täglichen  Lebens  erkennbar  und  ebenso  eine  gegenseitige 
Beziehung.  Wer  ein  Bild  gewinnen  will,  beachte  vor  allem  die 
Bemerkungen  so  kundiger  Herausgeber  wie  Grenfell  und  Hunt  es 
sind. 


ENTZIFFERUNG   DER  PAPYRI. 33 

Da  die  lateinischen  Texte  in  vielen  Publikationen  verstreut  und  uft  in  einzelnen 
Aufsätzen  herausgegeben  worden  sind,  führe  ich  alle  diejenigen  auf,  von  denen 
Abbildungen  veröffentlicht  sind;  soweit  meine  Kenntnis  reicht,  suche  ich  Voll. 
ständigkeit  zu  erzielen. 

a)  Urkunden:  P.  Oxy.  IV  737,  ca.  1  p.  C.  ArchivesMilitaires  ed.  Nicole  et  Morel, 
Genf  1900,  1.  Jh.  p.  C.  Lefebvre,  copie  d'un  edit  imperial  (Bulletin  de  la 
Socicte  archeologique  d'Alexandrie  No.  12),  94  p.  C.  Hierzu  wäre  ein  noch 
unpublizierter  Hamburger  Papyrus  zu  vergleichen,  der  eine  ganz  ähnliche 
Schrift  aufweist.  BGU  II  628  =  Mitteis,  Chr.  371  und  Wilcken,  Chr.  462, 
1/2.  Jh.  p.  C.  P.  Oxy.  VII  1022,  103  p.  C.  P.  Grenfell  II  108  =  Mitteis, 
Chr.  339,  167  p.  C.  P.  Oxy.  VI  894,  ca.  194  p.  C.  Oxy  IV  735,  205  p.  C.  I  32, 
2.  Jh.  p.  C.  De  Ricci,  a  latin  deed  of  manumission  (Proceedings  of  the  Society 
of  Biblical  Archaeology  1904),  221  p.  C.  P.  Oxy.  VIII  1114,  237  p.  C.  XII 
1466,  245  p.  C.  P.  Oxy.  X  1271,  246  p.  C.  P.  Oxy.  IV  720,  247  p.  C.  P.  Grenfell 
II  110,  293  p.  C.  P.  Straßburg  36,  3.  Jh.  p.  C.  P.  Oxy.  I  32  Zeit?  Bresslau, 
Archiv  für  Papyrusforschung  III  168,  4/5.  Jh.  p.  C.  P.  Lond.  229.  Gradenwitz, 
Simulacra  No.  40  Tafel  36  (Tafeln  zu  Bruns  Fontes  1912). 

b)  Literarische  Texte:  P.  Amh.  II  26,  27,  28.  P.  Soc.  Ital.  I  20,  21.  II  142. 
P.  Faijum  10.  P.  Oxy.  I  30,  31,  IV  668,  VI  871,  884,  VIII  1073,  1097,  1098, 
XI  1379.  P.  Ryl.  42,  61.  Mitteilungen  aus  der  Sammlung  der  Papyrus  Erz- 
herzog Rainer  IV  Frg.  de  formula  Fabiana.  Wessely,  Schrifttafeln  zur  ältesten 
lateinischen  Paläographle  und  Wessely,  Die  ältesten  lateinischen  und  griechi- 
schen Papyri  Wiens  werden  am  Schlüsse  dieses  Kapitels  angeführt. 

Das  paläographische  Studium  soll  dem  Papyrusforscher  zweier- 
lei ermöglichen,  die  Papyrustexte  zu  entziffern  und  auf  Grund  des 
Schriftcharakters  die  Zeit  zu  bestimmen,  falls  andere  Anhalts- 
punkte fehlen.  Wie  ich  schon  bemerkt  habe,  ist  das  Entziffern 
eine  Kunst,  die  man  nur  durch  Übung  und  Erfahrung  lernen  kann. 
Trotzdem  mögen  ein  paar  kurze  Winke  hier  Platz  finden.  Der  An- 
fänger beginne  mit  dem  Leichtesten  und  verschmähe  es  nicht,  auch 
den  leichtesten  Text  sorgfältig  abzuschreiben  und  alle  Eigenheiten 
der  Schrift  zu  beachten.  Man  gehe  in  der  Reihenfolge  der  Zeit 
vorwärts,  aber  so,  daß  man  die  schweren  Texte  erst  dann  vornimmt, 
wenn  man  sich  an  leichten  einen  Überblick  verschafft  hat.  Bei 
jedem  Buchstaben  ist  es  wichtig,  die  Strichfijhrung  zu  beachten: 
man  frage  sich,  wievielmal  der  Schreiber  angesetzt  hat,  ob  er  von 
oben  nach  unten,  von  links  nach  rechts  den  Strich  geführt  hat; 
man  wird  nur  so  ein  sicheres  Urteil  über  die  Buchstabenformen  ge- 
winnen und  sie  auch  in  verstümmelten  Resten  sicher  erkennen  lernen. 
Jede  Handschrift  darf  nur  aus  sich  heraus  beurteilt  werden:  um 
eine  schwierige  Stelle  zu  enträtseln,  suche  man  ähnliche  Gruppen 
derselben  Hand,  bei  größeren  Texten  womöglich  derselben  Seite. 
Sehr  wichtig  ist  es  auch,  einzelne  Buchstaben  oder  Gruppen  genau 
nachzuzeichnen,  da  man  auf  diese  Weise  sich  in  die  Schrift  des 

Schubart,  Papyrusknnde.  o 


34  SCHRIFTVERGLEICHUMG  UND  DATIERUNG. 

betreffenden  Schreibers  hineinlebt.  Sobald  man  aber  den  Papyrus- 
text nicht  nur  als  paläographisches  Übungsstück  behandelt,  sondern 
ihn  selbständig  zu  lesen,  d.  h.  den  Text  und  den  Inhalt  festzustellen 
sucht,  muß  zur  peinlichsten  Treue  und  Gewissenhaftigkeit  im 
Entziffern  auch  die  Rücksicht  auf  den  Inhalt  treten.  Namentlich 
sehr  kursiv  geschriebene  Texte  entziffert  man  völlig  nur,  wenn  man 
sich  an  schwierigen  Stellen  fragt,  was  hier  dem  Zusammenhange 
nach  zu  erwarten  sei;  man  stelle  womöglich  verschiedene  griechische 
Wendungen  sich  zur  Auswahl  und  prüfe,  ob  eine  sich  bestätigt. 
Dadurch  gelangt  man  häufig  zum  Richtigen.  Niemals  darf  man 
Schreibfehler  oder  orthographische  und  grammatische  Fehler  im 
Papyrus  annehmen,  wenn  nicht  der  Schreiber  auch  an  sicher  ge- 
lesenen Stellen  solche  begangen  hat;  zunächst  muß  der  Entzifferer, 
der  einer  Schwierigkeit  nicht  Herr  wird,  immer  voraussetzen,  daß 
der  Papyrusschreiber  das  Richtige  hat:  was  nicht  griechisch  ist, 
steht  nicht  im  Papyrus.  Die  Ausnahmen,  die  halbgriechische  oder 
ungebildete  Schreiber  auf  dem  Gewissen  haben,  sind  eine  Sache 
für  sich.  Diesen  Regeln  entsprechend  verfahre  man  auch  bei  der 
Ergänzung  von  Lücken,  deren  Größe  an  der  Schrift  der  nächsten 
Umgebung  sorgfältig  abgemessen  werden  muß;  man  bedenke,  daß 
es  breite  und  schmale  Buchstaben  gibt. 

Für  die  Schriftvergleichung  und  die  Zeitbestimmung  un- 
datierter Texte  kann  man  als  allgemeine  Regel  nur  aufstellen, 
daß  ohne  ein  festes  Netz  sicher  datierter  Handschriften  nichts  aus- 
zurichten ist.  Soll  das  undatierte  Stück  eingereiht  werden,  so 
hafte  man  nicht  allzusehr  an  den  sogenannten  Leitbuchstaben, 
auf  die  früher  viel  Wert  gelegt  worden  ist,  denn  wir  haben  gelernt, 
daß  oft  mehrere  Formen  desselben  Buchstabens  nebeneinander 
hergehen.  Vielmehr  kommt  es  auf  den  Gesamtcharakter  der  Schrift 
an,  den  freilich  nur  der  Geübte  richtig  auffassen  und  vergleichen 
wird.  Die  größte  Schwierigkeit  liegt  bei  den  literarischen  Papyri, 
da  sie  meistens  undatiert  sind,  und  da  die  Buchkalligraphie  viel 
weniger  dem  Zeitcharakter  unterworfen  ist  als  die  Kursive.  Daher 
kann  man  dem  Anfänger  nur  raten,  sich  bei  literarischen  Texten 
des  Datierens  zu  enthalten. 

Literatur  zur  Schrift  der  Papyri. 

V.  Gardthausen,  Griechische  Palaeographie 2.  Zweiter  Band:  Die  Schrift, 
Unterschriften  und  Chronologie  im  Altertum  und  im  byzantinischen 
Mittelalter.     Leipzig  1913. 


LITERATUR.  35 


E.  M.  Thompson,  An  introduction  to  Greek  and  Latin  Palaoography.     Ox- 

ford 1912  (umfaßt  auch  die  mittelalterliche  Palaographie;  gute  Text- 
abbildungen). 

Wattenbach,  Anleitung  zur  griechischen   Palaographie^.      1895. 

Specimina  Codicum  Graecorum  coli.  Pius  Franchi  de  Cavalieri 
et   Joh.    Lietzmann.      Bonn   1910  (Mittelalter). 

F.  G.  Kenyon,  The  Palaeography  of  Greek  Papyri,  Oxford  1898  (with  20 

Facsim.  and  a  Table   of   alphabets).     Hierüber:   ü.   Wilcken,  Archiv 

für  Papyrusforschung   I   3.54ff. 
C.    Wessely,    Papyrorum    scripturae    Graecae   specimina    isagogica.    Leipzig 

1900.      Hierüber:   Wilcken,  Archiv  für  Papyrusforschung   I,  354ff. 
C.  Wessely,  Schrifttafeln  zur  älteren  lateinischen  Palaeographie.  Leipzig  1898. 
Wessely,  Die  ältesten  griech.  u.  lat.  Papyri  Wiens  (Studien  zur  Palaeographie 

und  Papyruskunde  XV). 
U.  Wilcken,  Tafeln  zur  älteren  griechischen  Palaographie.     Leipzig  1891. 
Papyri    Graecae    Berolinenses  coli.   W.    Schubart.    Bonn   1911. 
U.   Wilcken,   Grundzüge  p.   XXXIII-XLVH  (Mitteis-Wilcken,  Grundzüge 

und  Chrestomathie  der  Papyruskunde  I  1). 
Paläographische    Bemerkungen    im    Archiv     für     Papyrusforschung    H 

165,  466. 
Zu  den  Kürzungen:  L.  Traube,  Nomina  Sacra.    München  1907;  ferner 

G.  Rudberg,  Neutestamentlicher  Text  und  Nomina  Sacra.  Upsala  und  Leipzig 

1915. 
Zu  den  Ostraka:  U.  Wilcken,  Griechische  Ostraka  aus  Ägypten  und  Nubien, 

Leipzig  1899,    I  816ff.     Dazu:   P.  Viereck,   Die  Ostraka  des  Berliner 

Museum.s,  Archiv  für  Papyrusforschung  I  450;    ferner  G.   Rudberg, 

Zur  paläographischen  Kontraktion  auf  griechischen  Ostraka.      Upsala 

1910. 
Zereteli,   Über  die   Nationaltypen   in   der   Schrift   der  griechischen   Papyri. 

Archiv  für  Papyrusforschung  I  336  (vgl.  P.  Hamburg  No.  54,  Tafel  14). 
Zur  Tachygraphie:   Chr.    Johnen,    Geschichte   der   Stenographie,    L    Band. 

Berlin  1911. 
A.  Mentz,  Geschichte  und  Systeme  der  griechischen  Tachygraphie.     Berlin 

1907. 
Zur   lateinischen    Schrift:   van   Hoesen,    Roman-Cursive  Writing,  Princeton 

1915. 
Zahlreiche  Papyruspublikationen  enthalten  gute  Abbildungen;  sie  werden  am 
Schlüsse  des  Buches  verzeichnet  und  mit  einem  Merkmale  versehen.  Hier  seien 
besonders  die  Tafelbände  des  British  Museum  (Catalogue  of  greek  Papyri  I,  H, 
HI)  und  die  Tafeln  der  Palaeographical  Society  sowie  der  New  Palaeographical 
Society  hervorgehoben.  Für  die  Inschriften  vgl.  O.  Kern,  Inscriptiones 
Graecae  (Tabulae  in  usum  scholarum  ed.  Lietzmann  No.  7)  Bonn  1913.  E.  Diehl, 
Inscriptiones  Latinae  (ebenda  No.  4)  Bonn  1912. 


III.  SCHREIBMATERIAL  UND  BUCHWESEN. 


Wer  sich  über  die  im  Altertum  gebräuchlichen  Beschreib- 
stoffe und  Schreibgeräte  genauer  unterrichten  will,  findet 
alles  Nötige  in  den  unten  angeführten  Büchern.  Hier  kann  ich 
mich  daher  mit  einem  kurzen  Abriß  dessen  begnügen,  was  für  die 
Papyruskunde  besonders  wichtig  ist. 

Das  Papyrusblatt,  von  den  Griechen  xd^rr^q,  von  den  Römern 
Charta  genannt,  ist  seiner  Herkunft  nach  der  eigentümlich 
ägyptische  Beschreibstoff,  den  wir  jetzt  bereits  bis  an  den  Anfang 
des  3.  Jahrtausends  a.  C.  verfolgen  können.  Wann  der  Papyrus 
im  Gebiete  der  griechischen  Kultur  aufgekommen  ist,  läßt 
sich  nicht  genau  bestimmen;  jedenfalls  war  er  im  5.  Jh.  a.  C. 
in  Athen  sowohl  für  Bücher  als  auch  für  Rechnungen  gebräuch- 
lich und  hat  sicherlich  im  4.  Jh.  seinen  Bereich  noch  erweitert, 
so  daß  wir  das  Recht  haben,  uns  die  sogenannte  klassische  grie- 
chische Literatur  von  vornherein  auf  Papyrus  geschrieben  vorzu- 
stellen. Die  Eroberung  Ägyptens  durch  Alexander  den  Großen  ver- 
vielfachte die  Beziehungen  Griechenlands  zum  Niltale  und  sicherte 
so  auch  dem  ägyptischen  Papyrusblatte  die  Herrschaft  im  grie- 
chischen Kulturkreise.  Von  hier  wird  Rom  es  etwa  im  3.  Jh.  a.  C. 
übernommen  haben.  Genaues  wissen  wir  freilich  nicht ;  in  der  Kaiser- 
zeit ist  Papyrus  auch  für  Italien  und  die  Westhälfte  des  römischen 
Reiches  das  eigentliche  Schreibpapier;  das  ist  es  geblieben  bis  etwa 
ins  8.  Jh.  p.  C.  hinein,  denn,  wie  ich  später  zeigen  v/erde,  hat  das 
Pergament  nur  in  beschränktem  Maße  dem  Papyrus  Abbruch 
getan.  Sein  Besieger  ist  erst  das  von  den  Arabern  in  die  Mittel- 
meerwelt eingeführte  Hadernpapier  geworden. 
Die  Papyruspflanze  gehört  zu  den  Grasarten.  Seit  ältester 
Zeit  in  Ägypten  heimisch,  begleitete  sie  als  Sumpfgewächs  die 
Ufer  des  Nils  und  stand  namentlich  da,  wo  sich  dauernde  Sumpf- 
seen gebildet  hatten,  also  vornehmlich  im  Delta.  Ägyptische 
Bilder  führen  uns  oft  das  Papyrusdickicht  vor  Augen,  worin  der 
vornehme  Ägypter  Wasservögel  jagt.      In  der  griechischen  Zeit 


HERSTELLUNCi  DES   PAPYRUSBLATTES.  37 

Ägyptens,  vielleicht  aber  auch  schon  früher,  hat  man  die  Papyrus- 
kultur um  der  Papierfabrikation  willen  an  gewissen  Stellen,  wir 
wissen  es  für  die  Umgebung  Alexandriens,  gepflegt.  Denn  obwohl 
die  Ägypter  seit  alten  Zeiten  die  Papyrusstengel  zu  allen  möglichen 
Zwecken  zu  verwerten  wußten,  stand  doch  die  Erzeugung  des 
Beschreibstoffes  obenan.  Plinius  hat  uns  die  Herstellung  des 
Papyrusblattes  ziemlich  eingehend  beschrieben,  aber  neben 
seinem  Berichte  haben  wir  heute  als  gleichberechtigte  Zeugen  die 
Tausende  erhaltener  Papyrusblätter  zu  befragen.  Man  schnitt 
mit  feinen  Messern  oder  riß  mit  Nadeln  den  Stengel  der  Papyrus- 
pflanze, der  zuweilen  wohl  Armesstärke  erreichte,  in  lange  Streifen, 
die  breiter  oder  schmaler  ausfielen,  je  nachdem  sie  der  Mitte  oder 
dem  Rande  des  Stengels  näher  waren;  je  feiner  und  breiter,  desto 
mehr  schätzte  man  sie.  Diese  Streifen  sortierte  man  so,  daß  die 
gleichen  zusammenkamen,  denn  davon  hing  wesentlich  die  Güte 
des  Schreibblattes  ab;  nur  bei  der  billigeren  Ware  ließ  man  diese 
Sorgfalt  außer  acht  und  benutzte  breite  und  schmale  Streifen,  wie 
es  gerade  traf.  Der  Arbeiter  legte  eine  Anzahl  von  Streifen  dicht 
nebeneinander  und  eine  zweite  Schicht  rechtwinklig  darüber. 
Darauf  wurden  beide  fest  aufeinander  gepreßt.  Klebemittel  konnten 
verwendet  werden,  waren  aber  nicht  nötig;  denn  Versuche  haben 
gezeigt,  daß  die  Papyruspflanze  selbst  hinlänglich  Klebestoff  ent- 
hält. Mögen  auch  die  erhaltenen  Papyri  noch  so  sehr  durch  äußere 
Beschädigungen  gelitten  haben,  so  ist  doch  der  Zusanmienhang 
der  beiden  Lagen  nur  selten  zerstört  worden.  Schon  durch  die  starke 
Pressung  wurde  die  natürliche  Unebenheit  der  Pflanzenfaser  zum 
größten  Teile  beseitigt;  die  Runzeln,  die  etwa  noch  übrig  blieben, 
drückte  man  mit  Muscheln,  Beinstäben  oder  dergleichen  ein.  So  er- 
hielt man  ein  Blatt,  das  auf  beiden  Seiten  gleich  gut  geglättet  und 
zum  Schreiben  geeignet  war.  Der  Unterschied  der  Seiten  bestand 
nur  in  dem  verschiedenen  Verlaufe  der  Streifen  und  demgemäß  der 
Pflanzenfasern.  Das  Blatt  wurde  beschnitten  und  war  nun  an  sich 
zum  Gebrauche  fertig.  Aber  in  der  Zeit,  die  uns  angeht,  und 
auch  schon  früher,  verließ  es  die  Werkstatt  nicht  in  diesem  Zu- 
stande. Vielmehr  klebte  man  sofort  eine  Anzahl  von  Blättern  zu 
einem  bandartigen  Streifen  aneinander,  den  man  gewöhnlich  als 
Papyrusrolle  bezeichnet,  richtiger  aber  Papyrusballen  nennen 
sollte.  (Vgl.  Abb.  12).  Auch  hier  mußten  die  einzelnen  Blätter 
in  Beschaffenheit  und  Größe  gleich  sein,  wenn  man  höheren  An- 
sprüchen genügen   wollte.     Die  Stellen,   wo  die  einzelnen  Blätter 


38 PAPYRUSBALL.EN   UND   ROLLEN. 

sich  berührten  oder  vielmehr  auf  ein  bis  zwei  Zentimeter  Breite 
deckten,  nennt  man  Klebungen;  diese  Klebungen  bedurften 
natürlich  eines  Klebstoffes,  da  hierfür  die  Pflanzenfaser  selbst 
nichts  mehr  hergeben  konnte.  Bei  guten  Exemplaren  sind  sie  so 
vollendet  ausgeführt,  daß  die  Herstellung  durch  geübte  Arbeiter 
nicht  zweifelhaft  sein  kann;  es  ist  vielfach  heute  schwer,  sie  heraus- 
zufinden, und  dem  antiken  Schreiber  haben  sie  nicht  das  geringste 
in  den  Weg  gelegt;  die  Rohrfeder  ging  glatt  darüber  hinweg. 
Die  fertigen  Papyrusballen,  verschieden  an  Länge,  Höhe  und  Güte, 
kamen  in  den  Handel;  aus  ihnen  schnitt  der  Kleinhändler  oder  auch 
der  Verbraucher  selbst  sich  die  Stücke  zurecht,  deren  er  bedurfte, 
lange  Streifen  oder  Rollen  für  Bücher,  große  Blätter  für  umfang- 
reiche Urkunden,  kleine  für  Briefe  und  andere  Zwecke.  Auf  die 
Klebungen  brauchte  man,  sofern  sie  sorgsam  ausgeführt  waren, 
keine  Rücksicht  zu  nehmen.  Die  gesamte  Herstellung  war  durch- 
aus fabrikmäßig;  das  beweisen  nicht  nur  die  Angaben  der  griechi- 
schen und  lateinischen  Schriftsteller  über  den  großen  Umfang  der 
ägyptischen  Papyrusfabrikation,  sondern  vor  allem  die  erhaltenen 
Blätter  selbst.  Was  aber  sicher  für  die  griechisch-römische  Zeit 
gilt,  darf  man  nicht  ohne  weiteres  auf  das  ägyptische  Altertum 
übertragen:  manches  spricht  für  die  Annahme,  daß  lange  Zeit 
hindurch  der  naturgemäß  geringere  Bedarf  durch  Einzelher- 
stellung gedeckt  wurde,  wahrscheinlich  in  den  Tempeln,  die 
sicherlich  am  meisten  des  Papyrus  bedurften;  wenn  auch  noch 
in  späterer  Zeit  für  die  Fabrikation  feiner  Leinenstoffe  die  Reste 
eines  Tempelmonopols  erkennbar  sind,  so  liegt  es  nahe,  auch  an  ein 
altes  Papyrusmonopol  zu  denken.  Was  die  Beschaffenheit  anbe- 
trifft, so  zeichnen  sich  die  meisten  der  älteren  hieratischen  Papyri 
durch  besondere  Güte,  d.  h.  regelmäßige  Arbeit  und  Dünne  des 
Blattes  aus.  Plinius  nennt  uns  für  seine  Zeit  etwa  ein  halbes  Dutzend 
verschiedener  Sorten,  womit  aber  weder  für  die  vorausliegenden 
noch  für  die  folgenden  Jahrhunderte  alle  Möglichkeiten  erschöpft 
sind;  will  man  nach  den  erhaltenen  Papyri  einteilen,  so  könnte  man 
leicht  viel  mehr  verschiedene  ,,  Qualitäten"  aufstellen,  vom  feinsten 
fast  durchsichtigen  Blatte  bis  zum  groben  Packpapier.  Ebenso 
wie  die  Güte  war  auch  das  Format  ungleich.  Man  hat  vielfach 
versucht,  aus  den  erhaltenen  Rollen  und  Blättern  eine  Reihe  von 
Normalgrößen  zu  ermitteln,  und  man  kann  zugeben,  daß  gewisse 
Blattgrößen  und  Blatthöhen  in  gewissen  Zeiten  häufiger  als  andere 
vorzukommen  scheinen.    Aber  im  Grunde  ist  wenig  damit  anzu- 


FORMATE.     FABRIKEN.     PREISE.  39 

fangen,  und  wenn  man  feststellt,  daß  Blatthöhen  über  30—3:^  cm 
selten  sind,  daß  bisher  ein  kleinstes  Format  von  etwa  5  cm  vorge- 
kommen ist,  dürfte  man  alles  gesagt  haben,  was  wirklichen  Wert 
hat.  Nicht  anders  verhält  es  sich  mit  der  Länge  der  Rollen.  Daß 
eine  normale  Rolle  20  Blätter  enthalten  habe,  liest  man  gern  aus 
Plinius  heraus,  imd  iiieratische  Papyri  sollen  es  bestätigen;  beides 
ist  anfechtbar,  und  in  Wirklichkeit  gibt  es  sowohl  hieratische  wie 
griechische  Rollen,  die  beträchtlich  größer  und  beträchtlich  kleiner 
sind.  Die  Fabriken  werden  vermutlich  aus  technischen  Gründen 
ihre  Normalmaße  gehabt  haben,  aber  gewiß  nicht  alle  und  zu  allen 
Zeiten  die  gleichen.  Und  das  einzelne  Papyrusblatt  braucht  ebenso- 
wenig wie  die  einzelne  beschriebene  Rolle  darin  dem  Fabrikballen 
zu  entsprechen. 

In  der  griechisch-römischen  Zeit  haben  die  ägyptischen  Fabriken, 
insbesondere  die  alexandrinischen,  die  ganze  Mittelmeerwelt  mit 
diesem  wichtigsten  Schriftträger  versorgt.  Bei  dem  großen 
Bedarfe,  den  wir  wenigstens  schätzen  können,  wenn  wir  die 
in  Ägypten  gefundenen  Urkunden  und  Briefe,  einen  kleinen 
Teil  des  wirklich  Geschriebenen,  vergleichen  mit  der  Ausdehnung 
des  römischen  Reiches  und  außerdem  den  gewaltigen  Umfang  der 
griechischen  und  römischen  Literatur  in  Rechnung  stellen,  müssen 
wir  uns  den  alexandrinischen  Fabrikbetrieb  sehr  groß  vorstellen, 
zumal  da  es  scheint,  als  habe  man  außerhalb,  z.  B.  in  Rom,  zwar 
einzelne  technische  Änderungen  vorgenommen,  aber  doch  nicht 
Papyrusballen  selbst  erzeugt.  Der  Staat  wahrte  sein  Interesse 
unter  den  Ptolemäern  und  unter  Rom  wahrscheinlich,  in  byzanti- 
nischer Zeit  sicher  durch  ein  Monopol.  Damals  mußte  das  erste 
Blatt  der  Rolle,  das  Protokoll,  einen  amtlichen  Stempel  tragen. 
das  bedeutet  entweder  Erzeugung  in  Staatsfabriken  oder  eine 
durchgängige   Fabrikationsabgabe. 

Über  die  Preise  des  Papyrus  wissen  wir  trotz  vereinzelten 
Angaben  ungefähr  nichts;  billig  war  er  nicht,  da  man  ihn  so  stark 
wie  möglich  ausnutzte  und  auch  auf  Rollen  beide  Seiten  häufig 
beschrieb,  was  eigentlich  dem  Wesen  der  Rolle  widerspricht.  Auch 
eine  Reihe  einzelner  Äußerungen  und  vornehmlich  der  ausgedehnte 
Gebrauch  der  Ostraka  zeigen,  daß  Papyrus  teuer  war.  In  merk- 
würdigem Gegensatze  dazu  steht  die  Materialverschwendung  in 
manchen  demotischen   Urkunden. 

Endlich  muß  ich  noch  ein  Wort  über  Rekto  und  Verso 
sagen,  weil  darüber  viel  gestritten  worden  ist.    Man  nennt  bei  der 


40  ■  PERGAMENT. 


Rolle  diejenige  Seite,  deren  Fasern  rechtwinklig  zur  Blätter- 
klebung  verlaufen,  Rekto,  die  andere,  wo  die  Fasern  parallel  der 
Klebung  laufen,  Verso.  Die  Rektoseite  ist  bei  der  Rolle  eigentlich 
allein  bestimmt,  die  Schrift  zu  tragen,  weil  sie  die  innere,  geschützte 
Seite  ist;  aus  technischenGründen  wählte  man  hierzu  diejenige, 
deren  Fasern  rechtwinklig  zur  Klebung  laufen.  Im  allgemeinen 
hat  man  auch  bei  einzelnen  Blättern  die  Rektoseite  als  eigentliche 
Schreibseite  behandelt  und  zuerst  beschrieben.  Daher  darf  man, 
wo  andere  Merkmale  fehlen,  den  Text  des  Rekto  für  früher  halten 
als  den  des  Verso.  Aber  es  gibt  Ausnahmen,  und  die  ganze  Frage 
hat  keine  entscheidende  Bedeutung. 

Das  Leder  war  seit  alter  Zeit  wie  in  anderen  Ländern  so 
auch  in  Ägypten  als  Beschreibstoff  bekannt  und  hat  sich  bis  ins 
Mittelalter  hinein  vereinzelt  im  Gebrauche  erhalten;  wir  besitzen 
hieratische  Lederhandschriften  ebenso  gut  wie  koptische,  arabische 
imd  aus  Ägyptens  südlichem  Nachbarlande  auch  nubische.  Eine 
allgemeine  Bedeutung  hat  die  Tierhaut  aber  erst  erlangt,  seitdem 
man  in  Pergamon  ein  Verfahren  gefunden  hatte,  die  an  sich  schon 
feineren  Häute  von  Schafen,  Ziegen  und  Kälbern  zu  einem  zarten 
und  glatten  Beschreibstoffe  zu  verarbeiten.  Als  Pergament  hat 
es  sich  die  Welt  erobert,  freilich  nur  langsam,  denn  Jahrhunderte 
lang  blieb  es  der  Verbreitung  nach  weit  hinter  dem  Papyrus  zurück. 
Außerhalb  Ägyptens  mag  es  etwas  früher  Raum  gewonnen  haben; 
in  Ägypten  kommt  es  nicht  vor  dem  2.  Jh.  p.  G.  vor,  und  erst 
im  4.  Jh.  p,  C.  beginnt  es,  als  Buchmaterial  ein  Übergewicht  zu 
erlangen;  für  Urkunden  bevorzugte  man  noch  Jahrhunderte 
lang  den  Papyrus.  infolgedessen  spielt  das  Pergament  für 
Ägypten  und  damit  für  die  Papyrusforschung  eine  Rolle  zweiten 
Ranges,  die  aber  nicht  dazu  verführen  darf,  dasselbe  auch  für 
andere  Länder  anzunehmen.  Außer  dem  einzelnen  Pergament- 
blatte konnte  man  nach  dem  Muster  der  Papyrusrollen  auch  Perga- 
mentrollen herstellen,  indem  man  die  Stücke  aneinandernähte; 
daß  große  Pergamentblätter  gerollt  werden,  wie  denn  die  Pergament- 
rolle in  diesem  Sinne  dem  Mittelalter,  ja  noch  unserer  Zeit  wohl- 
bekannt ist,  darf  man  nicht  auf  dieselbe  Stufe  stellen.  Bei  diesen 
Pergamentrollen  laufen  die  Schriftzeilen,  byzantinischer  Sitte 
gemäß,  ebenso  wie  bei  vielen  griechischen  und  koptischen  Papyrus- 
rollen parallel  der  kurzen  Seite,  im  Gegensatz  zur  älteren  Sitte,  die 
wir  in  der  Mehrzahl  der  Papyrusrollen,  insbesondere  der  litera- 
rischen Papyri  vertreten  finden. 


HOLZTAFEL.  WACHSTAFLL.  41 


Wenn  man  Pergament  und  Papyrus  ihrem  Werte  nach  zu  ver- 
gleichen wagt,  so  läßt  sich  nur  sagen,  daß  Pergament  ursprüng- 
lich, noch  im  1.  Jh.  der  Kaiserzeit,  als  das  geringere  Material 
gilt,  vielleicht  auch  deshalb,  weil  man  bei  ihm  von  vornherein 
beide  Seiten  benutzte.  Es  scheint,  daß  es  auch  für  Notizen- 
zettel, Notizbücher  und  dergleichen  besonders  beliebt  war.  Daß 
es  haltbarer  sei  als  Papyrus,  ist  eigentlich  eine  Fabel;  wenigstens 
sind  die  Pergamenthandschriften  aus  Ägypten  nicht  in  besserem 
Zustande  auf  uns  gekommen  als  die  Papyri,  und  die  Schrift  ist 
sogar  auf  den  Pergamenten  oft  schwerer  lesbar,  was  freilich  mehr 
an  der  metallischen,  fressenden  Tinte  der  späteren  Jahrhunderte 
als  am  Beschreibstoffe  liegt. 

Auch  die  Holztafel  gehört  zu  den  Schriftträgern,  die  man 
überall  und  zu  jeder  Zeit  antrifft,  von  Altägypten  an  bis  auf 
den  heutigen  Tag.  Gern,  aber  nicht  immer,  überstrich  man  sie 
mit  einer  dünnen  Kalkschicht,  um  eine  helle,  glatte  und  wasch- 
bare Fläche  zu  erzielen.  Wenn  auch  die  Holztafel  allen  Zwecken 
dienen  konnte,  so  war  doch  ihr  eigentliches  Reich  die  Schule, 
in  der  sie  den  Platz  der  Schiefertafel  einnahm.  Wir  haben  eine 
ganze  Anzahl  von  Schülerübungen  auf  solchen  Tafeln,  darunter 
auch  wertvolle  literarische  Texte,  die  der  Fleiß  eines  Schülers 
uns  gerettet  hat.     (Abb.  3). 

Wurde  ein  Holzbrett  ein  wenig  ausgetieft  und  innerhalb  des 
schmalen,  erhabenen  Randes  mit  Wachs  ausgegossen,  so  entstand 
die  Wachstafel,  die  namentlich  in  der  griechischen  und  römischen 
Welt  eine  sehr  große  Rolle  gespielt  hat,  als  Notizbuch,  Rechnungs- 
buch, Schultafel,  kurz  für  jede  Aufzeichnung  dienen  konnte  und 
deshalb  auch  in  den  Darstellungen,  z.  B.  auf  Vasen,  besonders 
häufig  erscheint.  Ägypten  hat  sie,  soweit  man  urteilen  kann,  erst 
von  den  Griechen  übernommen,  und  was  an  Wachstafeln  ägyptischer 
Herkunft  vorliegt,  trägt  griechische  oder  lateinische  Schrift.  In 
der  Regel  fügte  man  zwei  oder  mehrere  Tafeln  aneinander  und 
verband  sie  durch  Lederriemen  oder  Scharniere;  so  entstanden  die 
Diptycha,  Triptycha  und  Polyptycha,  die  auf  den  Innenseiten  die 
Schrift  trugen,  während  außen  das  Holz  Schutz  gab.  Besonders 
wichtig  sind  diese  Zusannnenfügungen  dadurch  geworden,  daß  sie 
das  Vorbild  hergaben  für  die  Buchform  des  Kodex,  also  die  noch 
heute  übliche  Buchform,  die  sich  aufs  schärfste  von  der  Rolle  unter- 
scheidet. Die  Alten,  die  diese  Wachstafelhefte  caudex  oder  codex 
nannten,  haben  diese  Entwicklung  bereits  richtig  erkannt.     Er- 


42 BLEITAFEL.     OSTRAKON. 

setzte  man  die  Wachstafeln  durch  Papyrus  oder  Pergament,  so 
hatte  man  das  Heft,  die  Grundform  des  heutigen  Buches.  Das 
Wachs  erscheint  in  den  erhaltenen  Exemplaren  schwarz  und  war 
vermutlich  von  vornherein  gefärbt,  da  auf  diese  Weise  die  mit  dem 
Metallgriffel  eingeritzte  Schrift  leichter  lesbar  wurde.  Wollte  man 
die  Schrift  tilgen,  so  brauchte  man  das  Wachs  nur  ein  wenig  zu 
erwärmen  und  mit  dem  breiten,  spatenförmigen  Ende  des  Griffels 
zu  glätten.  In  Wachstafeln  und  Wachstafelheften  aus  Ägypten  lesen 
wir  besonders  häufig  Schülerarbeiten;  aber  auch  Urkunden,  nament- 
lich lateinische  Geburtsanzeigen  und  Militärurkunden  sind  auf 
ihnen  erhalten  geblieben.     (Abb.  5,  6). 

Bleitafeln  finden  wir  in  Ägypten  fast  nur  für  Zauberei  ver- 
wendet; man  pflegte  sie  zusammenzuwickeln  und  mit  einem 
Nagel  an  einem  Grabe  oder  einer  ähnlichen  Stätte  zu  befestigen. 
Die  Schrift  konnte  eingeritzt  oder  mit  Tinte  geschrieben  werden. 
Die  Broncetafel,  die  sonst  im  römischen  Reiche  als  Militär- 
diplom oder  tabula  honestae  missionis  so  häufig  ist,  kommt  für 
Ägypten  fast  gar  nicht  in  Betracht,  weil  die  Veteranen  sich  Ab- 
schriften ihrer  Militärakten  wohl  immer  auf  Wachstafeln  oder 
Papyrusblättern  genommen  haben. 

Umso  wichtiger  ist  das  Ostrakon,  die  Thonscherbe,  die 
zumal  in  Oberägypten  in  beträchtlichem  Umfange  den  Papyrus 
ersetzt  hat;  besaß  doch  das  Ostrakon  den  Vorzug  der  Billigkeit. 
Bereits  das  alte  Ägypten  schrieb  hieratisch  auf  Thonscherben  und 
Kalksteinsplitter;  die  griechisch-römische  Zeit  benutzte  es  fast 
mehr  für  Steuerquittungen  als  für  private  Aufzeichnungen,  unter 
denen  Rechnungen  obenan  stehen.  Sogar  die  Schule  verschmähte 
es  nicht,  und  wir  besitzen  daher  literarische  Texte  in  sorgfältiger 
Schrift  auf  Ostraka  geschrieben.  In  koptischer  Zeit  werden  die 
Quittungen  durch  Briefe,  Gebete  und  Bibelstellen  verdrängt, 
was  sicherlich  nicht  Zufall  ist;  die  griechischen  Ostraka  nehmen 
in  der  byzantinischen  Periode  sehr  stark  ab,  denn  die  Mehrzahl  der 
unbemittelten  Bevölkerung  sprach  und  schrieb  koptisch.  Ostraka 
mit  arabischer  Schrift  sind  bisher  eine  Seltenheit.  Neben  den  schon 
erwähnten  Kalksteinstücken  kommen  auch  Granitsplitter  und 
Knochenstücke  vor.  Man  muß  sich  klar  machen,  daß  es  hier  keine 
Grenzen  gab,  sondern  daß  als  billiger  Schriftträger  und  Papyrus- 
ersatz schließlich  jeder  Stoff  dienen  konnte.  Der  Zahl  nach  folgen 
die  Ostraka  Ägyptens  gleich  auf  die  Papyri;  man  darf  die  bisher 
gefundenen  auf  mehrere  Tausende  schätzen,  und  noch  immer 
tauchen  sie  in  Mengen  auf.  (Abb.  8.) 


PAPIER.     BINSE.      KALAMOS.  43 


An  letzter  Stelle  sei  das  Papier  genannt  weil  es  am  spätesten  in 
die  Mittelmeerwelt  eindringt;  erst  die  Araber  haben  es  eingeführt. 
Wahrscheinlich  nach  chinesischem  Vorbilde  ist  es  im  8.  Jh.  p.  C., 
vermutlich  zuerst  in  Samarkand,  aus  Hadern  (Leinen  und  Hanf) 
hergestellt  worden.  Sehr  bald  drang  es  in  Ägypten  ein  und 
verdrängte  Papyrus  wie  Pergament,  ohne  sie  gänzlich  auszurotten. 
Aber  sicher  ist,  daß  das  Papyrusblatt  nicht  dem  Pergament, 
sondern  dem  arabischen  Papier  unterlegen  ist.  Was  auf  uns  ge- 
kommen ist,  trägt  koptische  oder  arabische  Schrift;  griechische 
Texte,  namentlich  christlichen  Inhaltes,  fehlen  nicht,  sind  aber 
selten. 

Um  die  Schrift  auf  den  Papyrus  aufzutragen,  verwendeten  die 
Ägypter  seit  alter  Zeit  dünne  Binsen,  die  etwas  abgeschrägt 
abgeschnitten  w^urden.  Damit  konnte  man  sowohl  die  breiten 
als  auch  die  dünnen  Striche  der  hieratischen  Schrift  erzeugen, 
je  nachdem  man  die  Binse  drehte.  Daß  man  sie  aufgefasert  und  als 
eine  Art  von  Pinsel  gebraucht  habe,  ist  eine  Erfindung  der  Gelehr- 
ten, die  mit  den  Funden  in  Widerspruch  steht.  Denn  an  erhaltenen 
Binsen  sehen  wir  die  schwarzen  Tintenreste  am  schräg  abge- 
schnittenen Ende,  nicht  am  anderen,  das  von  selbst  sich  aufge- 
fasert hat,  und  praktische  Versuche  haben  dargetan,  daß  die 
hieratische  Schrift  nur  in  der  angegebenen  Weise  hervorgerufen 
werden  kann.  Der  ägyptische  Schreiber  hatte  mehrere  solcher 
Binsen  in  seiner  sogenannten  Palette,  einem  schmalen,  rechtwink- 
ligen Holzbrettchen,  bei  sich;  an  einem  Ende  der  Palette  befinden 
sich  Vertiefungen  zum  Verreiben  der  Farbe.  Sie  ist  ebenso  Schreib- 
gerät wie  Malgerät;  Schreiben  und  Malen  berühren  sich  noch. 
Mit  dieser  schräg  gekappten  Binse  hat  man  sicher  noch  die  älteren 
demotischen  Papyri  und  die  aramäischen  Texte  der  Perserzeit 
geschrieben,  wahrscheinlich  auch  noch  die  ältesten  griechischen 
Texte,  z.  B.  den  mehrfach  erwähnten  Ehevertrag  von  Elefantinc. 
Aber  schon  im  3.  Jh.  a.  C.  scheint  das  zugespitzte  und  ge- 
spaltene Schreibrohr,  der  eigentliche  Kalamos,  aufgekommen 
zu  sein;  wenigstens  sprechen  die  Schriftzüge  stark  dafür.  Dieser 
Kalamos  hat  dann  das  Altertum  beherrscht  und  ist  ins  Mittelalter 
hinübergegangen;  im  Abendlande  hat  ihn  die  Vogelfeder  ver- 
drängt, im  Orient  hat  er  beharrt,  bis  ihn  jetzt  die  Stahlfeder  aus 
dem  Felde  schlägt.  Für  Ostraka,  Pergament,  Holztafeln,  Papier 
gilt  dasselbe  wie  für  das  Papyrusblatt.  (Abb.  11.) 
Zum  Einritzen   der  Schrift   in   Metall   und  Wachs   bediente   man 


44  ORIFFEL.     TINTE. 


sich,  wie  schon  erwähnt,  des  Metallgriffels,  des  Stilus,  der  in  der 
Regel  ein  breiteres  Ende  hatte,  womit  man  das  Wachs  glättete. 
Der  Stilus  ist  ebenso  wie  Wachs-  und  Metalltafel  nicht  ägyptischer, 
sondern  griechischer  Herkunft.  (Abb.  9,  10). 

Die  Tinte  war  ursprünglich  Tusche;  in  einem  Beutel  trug 
der  altägyptische  Schreiber  oder  Maler  den  Farbstoff  bei  sich  und 
verrieb  ihn  auf  Näpfen  aus  Schiefer  oder  anderem  Stein;  auch 
Fayencegefäße  dienten  dazu  oder  die  Vertiefungen  der  erwähnten 
Palette.  Während  der  Maler  mehrerer  Färben  bedurfte,  begnügte 
der  Schreiber  sich  mit  Schwarz  und  Rot.  In  griechisch-römischer 
Zeit  sind  namentlich  Urkunden,  die  militärische  Dinge  betreffen, 
auffällig  oft  rot  geschrieben,  aber  einzelne  rote  Eintragungen 
kommen  auch  sonst  vor.  Griechisch  sind  die  zierlichen  zweiteiligen 
Tintenfässer  aus  Bronce,  die  man  gefunden  hat;  in  späterer  Zeit 
band  man  das  Tintenfaß  an  den  zylindrischen  Kalamosbehälter, 
so  daß  man  das  gesamte  Schreibgerät  in  den  Gürtel  stecken  konnte, 
wie  der  Orientale  zum  Teil  noch  heute  tut.  (Abb.  7,  11.)  Die  Tinte 
ist  eine  zähe,  sehr  schwarze  Rußtinte,  so  dauerhaft,  daß  sie  meistens 
die  Jahrhunderte  und  Jahrtausende  überstanden  hat,  ohne  zu 
verblassen.  Daneben  macht  sich  etwa  vom  4.  Jh.  p.  C.  an  eine 
rotbraune  Tinte  bemerklich,  die  nicht  entfernt  so  widerstands- 
fähig ist.  Vielleicht  ist  es  dieselbe  metallische  Tinte,  die  a.uf 
vielen  Pergamentblättern  die  Schrift  durchgefressen  und  daher 
zerstört  hat. 

Die  ältest«  sichere  Erwähnung  des  Papyrus  in  Athen  stammt  vom  Ende  des 
5.  Jh.  a.  C.  Es  scheint  aber,  daß  bei  Herodotos  u.  a.  mit  ßvßlos  der  Papyrus, 
im  engeren  Sinne  das  Papyrusbuch,  also  die  Rolle,  gemeint  ist.  Die  Frage 
hängt  zusammen  mit  der  anderen  nach  der  Entwicklung  des  Buchhandels  und 
größerer  Bibliotheken.  An  sich  bezeichnet  aber  ßvß'/.o^  die  Papyrusrolle 
ebensowenig  wie  liber.  Beide  konnten  auf  jedes  aus  Pflanzenfasern  hergestellte 
Papier  angewendet  werden.  Die  Papyruspflanze,  botanisch  Cyperus  papyrus, 
beschrieben  von  Plinius,  nat.  bist.  XIII  11;  Theophrast,  bist,  plant.  4,  8,  3. 
Außerhalb  Ägyptens  kam  sie  am  Euphrat  vor.  Heute  noch  wächst  sie  am 
See  Genezareth  in  Palästina  und  auf  Sizilien,  in  Massen  aber  nur  am  Ober- 
laufe des  Nils  und  in  Abessynien;  man  beginnt  sie  wieder  zu  verwerten. 
Aus  Ägypten  ist  sie  völlig  verschwunden.  Altägyptische  Darstellungen 
z.  B.  bei  Wreszinski,  Atlas  zur  altäg.  Kulturgeschichte,  Tafel  2.  Papyrus- 
ernte: ebenda  Tafel  .30.  Papyruskultur  z.  B.  BGU  IV  1121  Verpachtung 
eines  ü.os  Tinnvpty.dv  in  der  Nähe  Alexandriens.  Wilcken,  Chrestomathie  319, 
im  Fajum.  Verwendung  des  Papyrus  für  andere  Zwecke:  man  kaute  den 
Stengel  (wie  heute  die  Fellachen  Zuckerrohr  kauen)  Herod.  II  92.  vgl. 
Theophrast,   bist,  plant.   4,   8,   3:    xQwvtui  de  tuis  fiiv  ^itms   ävrl   ^ikuiv   oi> 

fiövoi'    Tiö    y.äsii'    älf.ä    y.al    riö    oxEvt]    ul}.a  ttoisIv    f.S  aircöi'   TtavxoSand.     noXi) 


QUELLEN.      EINZELHEITEN.  45 

yä^  e/,ei  tö  ^v/or  -^ai  y.u/.öi'.  airög  de  ö  tcütivoos  rtob-^  7x).eiara  yor^otito^.  >■.,(, 
yäo  Ttlola  Tiotovaiv  si  avrov  xai  ey.  Tr,i  ßißXov  lorict  re  7x7.iy.o\ai  y.at  uiä&oii  yju 
so&fJTd  Ttra  xal  OT^cofn-ä-;  xai  oxoivia  ts  y.al  ireoa  Tileica.  Dann:  uaacüirai  ■•a,, 
äTiavrts  oi    iv    r/;  X^^Qa  rdr    ndnvoov  xai    cuubr    y.at    trf&bt'    y.ul    ötztöi^:      y.ai    töi 

jiiev  %v/.bv  xarnnivovai,  rb  Se  ftdarjua  Fußdl'/.oiaiv.  Merkwürdigerweise  er 
wähnt  Herodot  die  Papierfabrikation  gar  nicht. 

Plinius,  nat.  hist.  XIII  11—13  ist  die  ausführliche,  viel  behandelte  Haupt- 
quelle, deren  Wert  nicht  überschätzt  werden  darf.  H.  Ibscher  hat  mit  Erfolg 
die  Herstellung  von  Papyrusblättern  aus  den  Stengeln  unternommen;  dieser 
„frische"  Papyrus  ist  grünlichgrau  oder  graugelb,  sehr  elastisch  und  fein;  die 
Lagen  haften  ohne  besonderen  Klebestoff.  Das  einzelne  Papyrusblatt  heißt 
oelii,  die  Klebung  yöUr^fia;  aber  dieser  Ausdruck  übertrug  sich  bald  auf  die 
zusammengeklebten  Blätter;  daher  ist  in  den  Aktenrollen,  die  aus  einzelnen 
Urkunden  zusammengefügt  wurden,  die  Zählung  der  Blätter  üblich  unter  der 
Form  y.ö'tlr.ua  a,  ß,  y  usw.  Die  Blattformate  bei  Plinius  beanspruchen  keine 
allgemeine  Geltung.  Über  die  ältere  Fabrikation  in  Tempeln  vgl.  auch  Wilcken, 
Grundzüge  S.  255.  Plinius  nennt  als  Sorten :  1.  hieratica,  später  Augusta  genannt, 
2.  Liviana,  3.  die  an  die  dritte  Stelle  gerückte  hieratica,  4.  amphitheatritica, 
die  in  Rom  durch  die  officina  des  Fannius  zu  einer  feinen  Sorte  umgearbeitet 
wurde.  5.  Saitica,  6.  Taeneotica  wohl  gleich  emporitica;  später  rückte  die  Claudia 
an  den  ersten  Platz.  Catulls  Charta  regia  fehlt  in  der  Aufzählung  bei  Plinius, 
wie  gewiß  noch  viele  andre.  Die  hieratischen  Riesenrollen  wie  der  Papyrus 
Ebers  kommen  für  die  hellenistische  Zeit  nicht  in  Betracht. 
Zur  Papyrussteuer,  /aorri^d,  vgl.  Wilcken,  Grundzüge  S.  255.  Wann  die 
Papyrusfabrikation  Monopol  wurde,  steht  nicht  fest;  darüber  F.  Zucker, 'K-n- 
T^oTtos  yaotr^oäs  A'/.etavb^sias,  Philologus  LXX  (N.  F.  XXIV),  1,  79ff.  Hier- 
mit hängt  die  Frage  der  Protokolle  zusammen.  Justinian,  Novell.  XL IV  2: 
tabelliones  non  scribant  instrumenta  in  aliis  chartis  quam  in  his,  quae  proto- 
colla  habent,  ut  tamen  protocollum  tale  sit,  quod  habeat  nomen  gloriosissimi 
comitis  largitionum  et  tempus,  quo  Charta  facta  est.  Eine  ganze  Reihe  von 
Protokollen  ist  erhalten,  aber  wir  können  diese  sog.  Stempelschrift  bisher  nicht 
lesen.  In  islamischer  Zeit  lauten  sie  anfänglich  zweisprachig,  arabisch  und 
griechisch.  Vgl.  C.  H.  Becker,  Das  Lateinische  in  den  arabischen  Papyrus- 
protokollen (Zeitschrift  für  Assyriologie  XXII  166ff. ;  mit  Abbildungen). 
Schmidt-Schubart,  Berl.  Klassikertexte  HeftVI59ff.  H.  J.  Bell,  Arch.  f.  Pap. 
V  143.  Rekto  und  Verso:  Wilcken,  Hermes  22,  487ff.  Grundzüge  XXX. 
H.  Ibscher,  Beobachtungen  bei  der  Papyrusauf  rollung,  Arch.  f.  Pap.  V  191  ff. 
Die  Frage  ist  ferner  in  den  später  angeführten  Büchern  vielfach  behandelt 
worden. 

Schon  im  Altertum  litt  der  Papyrus  unter  Wurmfraß  und  anderen  Beschädi- 
gungen, vgl.  Bell,  Archiv  f.  Pap.  VI  101.  Der  Papyrus  ist  noch  ziemlich  weit  ins 
Mittelalter  hinein  in  Europa  gebräuchlich  geblieben:  lateinische  Papyrusbücher, 
namentlich  in  Frankreich,  zeugen  davon,  ferner  ravennatische  Urkunden, 
auch  einige  Merovingerurkunden.  Besonders  zäh  hat  die  päpstliche  Kanzlei 
daran  festgehalten:  man  kennt  23  Bullen  auf  Papyrus,  von  840—1022  p.  C. 
Man  tilgte  die  Schrift  vom  Papyrus  durch  Abwaschen,  daher  in  vielen  Urkunden: 
Xüi^is  dXei(faTO£  y.al  iniyQUfff^i.  Die  Originale  lassen  das  Abwaschen  oft  noch 
deutlich  erkennen. 


46  QUELLEN.     EINZELHEITEN. 

Pergament:  Plinius,  nat.  hist.  XIII  11:  mox  aemulatione  circa  biblio- 
thecas  regum  Ptolemaei  et  Eumenis  subprimente  Chartas  Ptolemaeo  idem 
Varro  membranas  Pergami  tradit  repertas.  Richtig  daran  wird  nur  sein, 
daß  man  in  Pergamon  zur  Attalidenzeit  die  Verfeinerung  der  seit  Langem 
in  Vorderasien  üblichen  Tierhaut  erfunden  hat.  Die  Tierhaut,  8i<fd-e^a; 
der  Name  noch  heute  lebendig  im  türkischen  defterkhane  =  Bibliothek.  In 
Vorderasien  bekannt,  z.B.  Herod.  V  58:   ^al  Tat-  ßißlovs  diffd-ioas  aaleovai  äno 

rov  Tiakaiov  ol  ^'lioi-es,  ort  xori  ei^  oTtdri  ßißXcov  ex^eovro  SKpd'eQr^ai.  aiysrjai  xs 
y.al  oür^af      eri    Se    y.ul   ib  y.aj     sfis   rcoXXol    Töii'   ßaoßä^cov  es  roiavras  dtyü's^as 

y^afövai.      Diod.  Sic.   II   32:  ovTog   (Der  Arzt    Ktesias   am    Hofe   in    Susa) 

oir    frjaiv    an    tmi'    ßaai).mG)V    Sifd'e^cöv,     er    an     ol    näooid    rai    TTalaiäs    Tt^d^eis 

y.ard  rtva  vö^tov  eV/oi'  ovvrsrayf^iEvas.  Altäg.  Lederhandschriften  vgl.  Erman- 
Krebs,   Aus   den  Papyrus   der  Kgl-  Museen,    Berlin  1899.      Galen,  ad  Hipp. 

XII  p.  2:  TiVES  y.al  TCduv  TCaXaiöjv  ßißXicov  avevoslv  EOTiovSaaav  nob  TQiay.oaUov 
ETtör  ysy^afiutra  rä  fiev  e^opTEs  ir  roig  ßißXiois,   t«   Se   ev  roii  /^doTais,   tu   Se  sv 

Öifd-sQaie,  üoTteo  rä  7Ta(>  fj^itf  Iv  Ua^yd^iq).  Vgl.  auch  die  jüdischen  Thorarollen. 
Pergamentbücher  in  der  ersten  Kaiserzeit:  Martial  XIV  in  der  Reihe  der 
Apophoreta.  Einige  Originale  aus  dem  2.  Jh.  p  C.  erhalten,  z.  B.  Euripides 
Kreter  abgeb.  bei  Schubart,  Pap.  Graecae  Berol.  30a.  Der  übliche  lateinische 
Name  ist  membrana. 

Holztafeln:  Die  Zahl  der  erhaltenen  scheint  beträchtlich  größer  zu  sein  als 
die  Zahl  der  publizierten.  Vgl.  u.  a.  Fröhner,  Tablettes  grecques  du  musee  de 
Marseille.  Philologus  1884.  5.  Suppl.  48/9.  Kenyon,  Two  Greek  school-tablets, 
Journal  of  Hellenic  Studies  XXIX,  29ff.  (mit  Abb.)  Die  Holztafeln,  auf 
denen  öffentliche  Bekanntmachungen  erschienen  und  Verordnungen  publiziert 
wurden,  nach  dem  weißen  Anstrich  hvy.cöfiara  genannt,  scheiden  hier  aus. 

Wachstafeln:     Ilias    VI    169:    y^dn^as    ev    Ttivaxi    nTvyrcp    S'v/u.ofd'ö^a,  TtoXXd, 

Herod.    VII    239   Botschaft   des   Demaratos    an    die   Lakedaimonier:    Selxiov 

ÖiTiTv^ov  Xaßcbt'  rbr  >tt]Qbv  E^Ey-vr^OE  y.al  ettsitei^  er  Tco  ^vXto  rov  Se/.xiov  ey^axpe 
rr]v  ßnaiXsws  yvut/iirjv,    noitjoag  Se  rnvTa    oTiiaco    etiettj^e  rov  y.rjobf  enl  rä  y^dfi- 

ftara,  also  ein  Gebrauch  der  Wachstafel,  der  ihrem  Wesen  widersprach.  Ge- 
brauch für  Briefe:  Festus,  de  verb.  signif.  ed.  Müller  p.  359:  tabellis  pro 
chartis  utebantur  antiqui,  quibus  nitro  citro,  sive  privatim  sive  publice  opus 
erat,  certiores  absentes  faciebant.  Kodex:  Seneca,  de  brev.  vit.  13:  plurium 
tabularum  contextus  caudex  apud  antiquos  vocabatur,  unde  publicae  tabulae 
Codices  dicuntur.  Anthol.  Palat.  14,  60  ed.  D.  2  p.  475:  vX?]  fiiv  fie  rixev,  xatvovQ- 

yqaei'  Se  aiSrjQog  j  eifil  Se  Movoätov  fivariy.bv  exSü^iov  j  y.Xeto/uivT]  atyco,  XaXeco 
S'örav  ey.TTtTdar-g  fie  j  y.oivcovbv  rbv'A^T]  jnovvoi'  exovaa  X.öycov  (ist  ^'Aor^g  der  stiluS 

ferreus?).  Notizbuch:  Ovid,  Metam.  9,  522:  dextra  tenet  ferrum,  vacuam 
tenet  altera  ceram  /  incipit  et  dubitat,  scribit  damnatque  tabellas  /  et  notat 
et  delet,  mutat  culpatque  probatque.  Namen:  mvai,  SeXrog,  und  Ableitungen; 
nach  der  Zahl  der  zusammengefügten  Tafeln  Sinrvya,  rQ'mrvia^  7toXvTtrv%a-^  tabula, 
tabella,  cera.  Gute  Abbildungen:  Plaumann,  Antike  Schultafeln  aus  Äg. 
Amtl.  Berichte  aus  den  Kgl.  Kunstsammlungen  1912/3.  Sp.  210ff.  Schubart, 
Pap.  Gr.  Berol.  17.  Lefebvre,  copie  d'un  edit  imperial  (Bulletin  de  la  Societe 
Archeologique  d'Alexandrie  No.  12).  Wachstafeln  öfter  in  Bronzen  und  auf 
Vasen  dargestellt. 
Elfenbeintafeln  galten  als  kostbar;  vgl.  z.  B.  Martial  XIV  eborei  pugillares. 


BUCHR(3LLE.  47 


languida  ne  tristes  obscurent  lumina  cerae  /  nigra  tibi  niveum  littera  pingat 
ebur.   usw. 

Bleitafeln:  Plinius,  nat.  hist.  XIII  11  publica  monumenta  plumbeis  volu- 
minibus,  nämlich  in  alter  Zeit.  Pausan.  1X31,  4:  er  habe  am  Helikon  die  Erga 
Hesiods  auf  einer  Bleitafel  gesehen.  Beim  Orakel  in  Dodona  schrieb  man  die 
Fragen  auf  Bleitafeln.  Auch  für  Briefe  benutzte  man  sie,  z.  B.  Brief  des 
Mnesiergos,  4.  Jh.  a.  C.  Attika,  Jahreshefte  d.  Österr.  Archaeol.  Inst.  7,  94. 
Gute  Abbildung:  Plaumann,  Ein  antiker  Liebeszauber  aus  Äg.  Amtl.  Berichte 
aus  d.  Kgl.  Kunstsamml.  1913/4  Sp.  203ff. 

Broncetafeln:  Anschauliche  Abbildung  von  Bruns,  Fontes'  No.  98,  Diplom 
eines  Veteranen  71  p,  C:  bei  Gradenwitz,  Simulacra  19,  20. 
Ostraka:  vgl.  den  athenischen  ooT^uy.iofiöi.  Diog.  Laert.  VII  174  erzählt^ 
der  Stoiker  Kleanthes  sei  so  arm  gewesen,  daß  er  auf  Scherben  oder  Knochen 
schreiben  mußte.  Abbildungen:  z.  B.  Schubart,  Pap.  Gr.  Berol.  8.  P.  .Meyer,. 
Gr.  Texte  aus  Äg.  Taf.   IV.     Wilcken,  Ostraka   II. 

Für  die  älteste  Zeit,  die  Vorstufen  der  entwickelten  Beschreibstoffe,  vgl.  Plinius, 
nat.  hist.  XIII  11  (nach  Varro):  in  palmarum  foliis  primo  scriptitatum,  dein 
quarundam  arborum  libris.  postea  publica  monumenta  plumbeis  voluminibus, 
mox  et  privata  linteis  confici  coepta  aut  ceris.  Lindenbast,  (fU.voa,  wird  öfter 
erwähnt.  Blätter  anscheinend  in  Syrakus  bei  der  Abstimmung  statt  der  Scherben 
benutzt:  n^ir«At<7//ö;=  dem  athenischen  Ostrakismos.  Leinwand  in  Ägypten 
häufig  beschrieben,  hauptsächlich  Mumienbinden;  für  ältere  italische  Auf- 
zeichnungen vgl.  Livius  IV  7  und  X  38.  Das  längste  Stück  etruskischer  Schrift 
ist  auf  einem  Leinwandstreifen  erhalten.  Solche  Beschreibstoffe  sind  vereinzelt 
und  als  Aushilfe  zu  allen  Zeiten  gebraucht  worden. 

Schreibzeug:  Abbildung  z.  B.  bei  Schubart,  Amtl.  Berichte  aus  d.  Kgl.  Kunst- 
samml. 1911/2  Sp.  143.  Die  Tinte  heißt  uilav.  Pux-purünit  =  y.ivvdßaon, 
sacrum  incaustum,  war  in  Byzanz  dem  Kaiser  vorbehalten.  Der  Stilus  aus 
Eisen  oder  Bronce,  oft  verziert:  (stilum  vertere  =  auslöschen  und  von  vorn 
anfangen.)    Das  Lineal  xarcoy,  norma,  regula. 

Auch  auf  das  Buchwesen  der  Griechen  und  Römer,  das  den 
Gegenstand  zahlreicher  Werke  gebildet  hat,  kann  ich  hier  nur 
kurz  eingehen;  einige  der  wichtigsten  Bearbeitungen  führe  ich 
am  Schlüsse  dieses  Kapitels  an. 

Für  den  größeren  Teil  der  Periode,  mit  der  die  Papyruskunde 
sich  beschäftigt,  ist  die  normale  Buchform  die  Rolle,  und  zwar 
fast  ausnahmslos  die  Papyrusrolle.  Während  man  früher  im  wesent- 
lichen auf  die  Andeutungen  der  Schriftsteller  angewiesen  war, 
wenn  man  sich  ein  Bild  von  ihrer  Einrichtung  machen  wollte, 
liegt  heute  eine  Fülle  von  Originalen  vor,  zwar  keine  ganz  voll- 
ständig, aber  viele  in  so  gutem  Zustande,  daß  sich  alles  Wissens- 
werte ergibt.  Diese  neue  Grundlage  der  Forschung  hat  aber  keines- 
wegs die  Schriftstellerzeugnisse  entwertet,  sondern  verdankt  ihrem 
richtigen  Verständnisse  viel. 


48  BUCHROLLE. 


Die  Länge  der  Rolle  hängt  im  wesentlichen  vom  Belieben 
des  Fabrikanten  oder  des  Schreibers  ab;  allzu  große  Ausdehnung 
verbot  sich  von  selbst,  da  der  Papyrus  dann  zu  zerreißen  drohte 
und  die  Rolle  unhandlich  wurde.  Die  lange  verbreitete  Ansicht, 
es  habe  gewisse  Normalgrößen  gegeben,  die  sogar  auf  den  Schrift- 
steller eingewirkt  und  ihn  genötigt  hätten,  die  einzelnen  Bücher 
seines  Werkes  in  Einklang  mit  der  Normalrolle  zu  bringen,  ist  durch 
die  Funde  nicht  bestätigt,  eher  geradezu  widerlegt  worden.  Der 
Schriftsteller  hatte  vielmehr  völlige  Freiheit,  die  Abschnitte  oder 
Bücher  so  lang  zu  bemessen,  wie  er  wollte;  reichte  eine  Rolle  nicht 
aus,  so  nahm  er  eine  zweite.  Damit  fällt  auch  der  Glaube,  es  habe 
in  älterer  Zeit,  als  die  Bucheinteilung  in  der  griechischen  Literatur 
noch  nicht  geläufig  war,  Riesenrollen  gegeben,  die  etwa  den  ganzen 
Herodot  oder  Thukydides  umfaßt  hätten;  die  Theorie,  Buch  sei 
gleich  Rolle,  ist  falsch,  und  praktisch  wären  solche  Rollen  ein 
Unding.  Im  übrigen  wissen  wir  über  die  Buchrollen  des  5.  und 
4.  Jh.  a.  C.  nichts,  abgesehen  von  den  bereits  erwähnten  ältesten 
Papyri,  die  nur  sehr  beschränkte  Schlüsse  zulassen.  Unsere 
genauere  Kenntnis  setzt  erst  mit  dem  3.  Jh.  a.  C.  ein.  Die 
innere  Einrichtung  der  Buchrolle  zeigt  von  hier  an  trotz  vielen 
Abweichungen  im  einzelnen  doch  soviel  gemeinsames,  daß  man 
eine  gewisse  Regel  oder  eine  feste  Überlieferung  nicht  verkennen 
kann.  Ob  die  alexandrinische  Bibliothek  mit  ihren  Anforderungen 
an  den  Buchhandel  und  die  Buchschreiber  so  bestimmend  einge- 
wirkt hat,  oder  ob  bereits  in  Griechenland,  in  Athen  oder  lonien, 
eine  feste  Gewohnheit  sich  ausgebildet  hatte,  können  wir  heute 
noch  nicht  entscheiden.  Die  ältesten  Papyri  weichen  jedenfalls 
in  manchem  von  denen  des  3.  Jh.  a.  C.  beträchtlich  ab. 
Der  Buchschreiber  erhielt  nicht  die  einzelnen  Blätter,  sondern 
die  fertige  Rolle  zum  beschreiben,  was  ihn  selbstverständlich 
nicht  hinderte,  gelegentlich  Blätter  selbst  anzukleben.  Ausnahmen 
kommen  vor;  aber  die  Fälle,  in  denen  die  Schrift  über  die  Klebungen 
hinweggeht,  überwiegen  weit.  Die  Schrift  wird  in  Kolumnen 
auf  den  Papyrus  gesetzt;  je  nach  der  Breite  des  oberen  und  unteren 
Randes  sowie  der  Zwischenräume  der  Kolumnen  macht  das  Buch 
einen  vornehmen  oder  dürftigen  Eindruck.  Die  Breite  der 
Kolumnen  ist  unendlich  verschieden;  während  die  Höhe  einiger- 
maßen von  der  Höhe  der  Rolle  abhängt,  gibt  es  für  die  Breite  keine 
andere  Grenze  als  die  Lesbarkeit.  Allzu  breite 'Kolumnen,  die  wir 
in  Urkunden  oft  finden,  hat  man  in  der  Buchrolle  vermieden. 


A1ETR ISCHE  SCHREIBUNG.  49 


Nur  selten  ist  die  Länge  des  epischen  Hexameters  überschritten 
worden,  häufig  dagegen  sind  Kolumnen  von  auffälliger  Schmalheit, 
die  dem  Lesen  auch  nicht  gi:instig  sind,  weil  sie  das  Auge  zu  einem 
beständigen  Hin  und  Her  nötigen  und  außerdem  unzählige  Wort- 
brechungen mit  sich  bringen.  Der  epische  Hexameter  darf  im  all- 
gemeinen als  obere  Grenze  und  nur  insofern  als  Normalzeile  gelten. 
Bei  jeder  Kolumnenbreite  aber  hat  der  Schreiber  sich  bemüht, 
die  gleiche  Breite  durchweg  einzuhalten,  nicht  durch  eine  stets 
gleiche  Buchstabenzahl,  sondern  dem  Maße  nach.  Das  gilt  bei 
allen  sorgsamen  Handschriften  ausnahmslos  für  Prosa;  bei  poeti- 
schen Texten  liegt  es  etwas  anders.  Wenn  die  gleiche  Kolumnen- 
breite, oder  was  dasselbe  ist,  die  gleiche  Zeilenlänge  sich  nicht 
erreichen  ließ,  weil  keine  mögliche  Worttrennung  sich  bot,  so 
setzte  man  zur  Ausgleichung  Füllungshäkchen;  auch  der  das 
Schluß-N  ersetzende  Querstrich  gehört  zu  diesen  äußerlichen 
Schreiberhilfen.  Natürlich  sollten  die  Kolumnen  einer  Rolle  auch 
die  gleiche  Höhe  haben,  und  im  allgemeinen  ist  es  auch  der  Fall. 
Aber  a-uch  hier  kommt  es  auf  das  Maß,  nicht  auf  die  gleiche 
Zeilenzahl  an,  und  gerade  die  Ungleichheit  der  Zeilenzahl  in  ver- 
schiedenen Kolumnen  ist  bezeichnend  für  die  meisten  Buch- 
handschriften. 

Poetische  Texte  hat  man  etwas  anders  behandelt.  Der 
epische  Hexameter  und  der  iambische  Trimeter,  der  Vers  des 
dramatischen  Dialogs,  nehmen  immer  eine  Zeile  ein,  und  man 
betrachtete  sie  so  sehr  als  selbständig,  daß  man  sich  nicht  bemühte, 
die  Zeilen  gleich  lang  zu  schreiben.  Daher  sehen  solche  Texte 
weniger  regelmäßig  aus  als  Prosa  (vgl.  Abb.  1).  Schwierigkeiten 
machten  alle  anderen  Versmaße,  die  eigentliche  Lyrik  und  die 
Chorpartien  des  Dramas.  In  ältester  Zeit  schrieb  man  sie  regel- 
los, ohne  irgendeine  metrische  Trennung,  d.  h.  im  wesentlichen 
wie  Prosa;  wenn  das  bekannteste  Beispiel,  der  Timotheospapyrus, 
gegen  die  für  Prosa  geltende  Zeilengleichheit  verstößt,  so  ist  zu 
bedenken,  daß  er  überhaupt  keiner  der  späteren  Regeln  entspricht. 
Später  werden  lyrische  Texte  im  allgemeinen  metrisch  abgesetzt, 
wobei  sich  sehr  ungleiche  Zeilen  ergeben,  z.  B.  im  Bakchylides- 
papyrus.  Chorpartien  beginnt  man  vom  Dialog  durch  Einrücken 
abzusondern,  wie  sehr  deutlich  am  Bruchstücke  der  Achäerver- 
sammlung,  P.  Gr.  Berol.  30b,  zu  sehen  ist. 
Während  die  Papyri  die  größte  Ungleichheit  der  Zeilen  offen- 
baren und  von  einer  Normalzeile  nichts  erkennen  lassen,  hat 

Schnbart,  Papyruskunde.  4 


50 ZEILENZÄHLUNG.     AKZENTE. 

eine  solche  als  Einheit  für  die  Berechnung  des  Preises  sicherlich 
bestanden,  und  es  wird  die  Hexameterzeile  gewesen  sein.  Diokle- 
tians Edikt  über  die  Maximalpreise  legt  je  100  Zeilen  in  drei  Schrift- 
arten zugrunde;  für  die  Entschädigung  des  Schreibers  gab  es  also 
ein  einheitliches  Zeilenmaß.  In  manchen  Fällen  scheint  auch  die 
Zählung  der  Zeilen  sich  darauf  zu  beziehen,  die  wir  nament- 
lich in  den  Homerpapyri  gelegentlich  antreffen;  sie  kann  freilich 
auch  eine  Hilfe  für  den  Schreiber  sein,  der  sich  den  Text  auf  die 
Rolle  zu  verteilen  suchte,  und  sicherlich  diente  sie. außerdem 
dazu,  die  Vollständigkeit  des  Textes  zu  kontrollieren;  am  Ende  der 
einzelnen  homerischen  Bücher  wird  häufig  die  Sunmie  der  Verse 
vermerkt.  Selten  begegnet  Zählu  n  g  d  er  Kolu  mnen  ;  in  der 
Buchrolle  hat  sie  eigentlich  keinen  Zw'eck,  da  man  sie  nicht  wie  ein 
Buch  aufschlagen  kann,  und  der  Gedanke,  nachzuschlagen  oder 
gar  zu  zitieren,  liegt  bei  der  gelesenen  Literatur  ganz  fern;  er 
trifft  nur  die  wissenschaftliche  oder  wissenschaftlich  benutzte 
Literatur.  In  Aktenrollen  hatte  dagegen  die  Zählung  der  Kolumnen 
ihr  gutes  Recht. 

Wie  schon  früher  bemerkt,  werden  die  Wörter  ohne  Trennung 
hintereinander  fort  geschrieben.  Die  Kursive  neigt  freilich  von 
selbst  dazu,  zusammengehörige  Gruppen  auch  in  der  Schrift  zu 
verbinden,  obgleich  manche  Hände  gerade  um  der  bequemen  Strich- 
führung willen  die  Wörter  zerreißen.  In  der  gle'chmäßigen  Buch- 
kalligraphie fällt  beides  weg.  Erst  sehr  spät  sind  die  Griechen 
dazu  gelangt,  die  Wörter  zu  trennen;  vereinzelte  Anläufe  haben 
schon  Papyrusschreiber  gemacht.  Die  lateinischen  Handschriften 
trennen  sie  häufig  durch  Punkte.  Um  die  Schwierigkeit  des 
Lesens  griechischer  Rollen  zu  vermindern,  hat  man  allerlei  Hilfs- 
mittel angewendet.  Zunächst  die  Akzente.  Die  älteren  Hand- 
schriften, etwa  bis  ins  1.  Jh.  a.  C,  sind  so  gut  wie  frei  davon  und 
ebenso  die  späteren  byzantinischen  Texte,  denn  die  neue  byzan- 
tinische Akzentuation  kommt  in  Papyrusbüchern  noch  kaum  vor. 
Unsere  akzentuierten  Papyri  gehören  demnach  etwa  in  die  Zeit  vom 
1.  Jh.  a.  C.  bis  ins  5.  Jh.  p.  C.  Man  gebraucht  den  Akut,  den 
Gravis  und  den  Zirkumflex;  häufig  den  Spiritus  asper,  fast  nie  den 
Spiritus  lenis.  Es  gibt  keine  vollständig  akzentuierte  Handschrift 
und  keine,  die  ganz  folgerichtig  verführe.  Man  kann  aber  das  zu- 
grunde liegende  System  noch  erkennen:  die  Silben  mit  Nebenton 
sollten  den  Gravis,  Silben  mit  Hauptton  den  Akut  oder  Zircumflex 
erhalten;  in  der  Regel  setzt  der  Schreiber  nur  einen  der  gehörigen 


INTERFUNKTlüN. 


Akzente,  in  schwierigen  Fällen  aber  auch  alle.  Die  Akzente 
kommen  fast  nur  in  poetischen  Texten  vor,  weil  eben  hier  die 
Worttrennung  und  das  Lesen  ernstlich  Schwierigkeiten  machten; 
sehr  häufig  im  Homer,  und  die  Lyrikertexte,  Pindar,  Sappho, 
Korinna  usw.  sind  so  gut  wie  ausnahmslos  mit  diesen  Lese- 
zeichen versehen.  Lange  zusammengesetzte  Wörter  verband  man 
gelegentlich  durch  einen  darunter  gesetzten  Bogen.  Der  Apostroph 
hat  sich  auch  in  die  byzantinische  Zeit  hinein  erhalten,  und 
die  sogenannten  diakritischen  Punkte  über  1  und  Y,  ursprünglich 
gesetzt,  um  sie  von  benachbarten  anderen  Vokalen  zu  trennen, 
werden  gerade  in  byzantinischer  Zeit  so  Mode,  daß  sie  jeden  Wert 
verlieren.  Ebenfalls  in  poetischen  Texten  bezeichnete  man  gelegent- 
lich Länge  und  Kürze  der  Silben  in  unserer  Weise  durch  Striche  und 
Bogen.  Eine  alte  lateinische  Handschrift  zeigt  über  langem  Vokale 
zuweilen  den  spitzwinkligen  Apex. 

Die  Interpunktion  können  wir  so  weit  zurückverfolgen,  wie 
unsere  Handschriften  reichen.  Außer  dem  einfachsten  Mittel, 
nämlich  am  Satzende  entweder  die  Zeile  frei  oder  doch  einen  kleinen 
leeren  Raum  zu  lassen,  gebraucht  man  vornehmlich  die  Para- 
graphos,  einen  wagerechten  Strich,  der  in  Papyri  des  3.  Jh.  a.  C. 
mitten  in  der  Zeile,  da  wo  der  Sinnabschnitt  eintritt,  gesetzt  und 
außerdem  unter  dem  Anfange  dieser  Zeile  wiederholt  wird.  Später 
ist  nur  noch  die  Paragraphos  am  Zeilenanfange  üblich;  sie  steht 
also  immer  unter  der  Zeile,  die  das  Ende  des  Abschnittes  enthält. 
Der  Doppelpunkt,  der  gleichfalls  zu  den  ältesten  Lesezeichen 
gehört,  wird  später  fast  ausnahmslos  auf  die  Gliederung  des 
Dialogs  in  Tragödie,  Komödie  und  Prosadialog  (Piaton)  be- 
schränkt; er  steht  mitten  in  der  Zeile,  wenn  hier  ein  Wechsel  der 
redenden  Personen  eintritt.  Im  übrigen,  und  besonders  in  Prosa, 
begegnen  wir  sehr  oft  dem  Punkte  in  der  oberen  Zeilenhöhe  (üvm 
OTr/^irj)  und  in  der  Mitte  (uear^),  deren  Wert  nicht  überall  gleich 
ist.  Große  Abschnitte  bezeichnet  man  immer  durch  einen  leeren 
Raum,  nnndestens  ein  leeres  Zeilenende,  und  durch  die  sogenannte 
Koronis,  eine  Verschnörkelung  und  reiche  Verzierung  der  Para- 
graphos. Füllstriche  und  Füllhaken  außerdem  zu  verwenden, 
wurde  namentlich  in  byzantinischer  Zeit  üblich.  Der  antike  Buch- 
schreiber rückte  ferner  Zeilen  aus  oder  ein,  um  sie  hervorzuheben; 
Zitate  pflegte  er  obendrein  durch  Winkelhäkchen  am  Rande  der 
Zeilen  auffällig  zu  machen. 

Das    Drama    bedurfte    besonderer   Hilfen;    neben   der  Dialogglie- 

4* 


52  KÜRREKTÜREN.      SCHOLIEN. 

derung  durch  Doppelpunkte  wurde  es  bald  üblich,  die  Personen 
und  den  Chor  abgekürzt  am  Rande  hinzuschreiben;  sogar  szenische 
Bemerkungen  finden  wir  gelegentlich  in  dramatischen  Texten, 
Alle  diese  Zutaten  versteht  man  nur  dann  richtig,  wenn  man  sie 
als  Hilfen  fürs  Lesen  und  Auffassen  nimmt,  und  so  erklärt  es  sich, 
daß  sie  niemals  streng  durchgeführt  erscheinen.  Wie  weit  der  Schrei- 
ber des  Textes  selbst  oder  der  Korrektor  oder  ein  Leser  sie  gesetzt 
liat,  bedarf  jedes  Mal  einer  eingehenden  Untersuchung. 
Es  versteht  sich  von  selbst,  daß  es  fehlerlose  Texte  nicht  gibt; 
die  alten  Buchschreiber  waren  ebenso  wenig  wie  ein  mittelalter- 
licher Mönch,  ein  moderner  Aktenschreiber  oder  ein  Setzer  imstande, 
Hunderte  und  Tausende  von  Zeilen  ohne  Verstoß  abzuschreiben. 
Daher  bedurfte  jeder  Buchtext,  sollte  er  sorgfältig  sein,  des  Korrek- 
tors. Oft  genug  wird  der  Schreiber  selbst  nachträglich  die  Korrek- 
tur gelesen  haben.  Gleichviel  ob  er  es  war  oder  ein  anderer,  es  kam 
vor  allem  darauf  an,  ob  er  Aufmerksamkeit  und  Bildung  genug 
besaß,  um  wirklich  zu  verbessern.  Die  vorkommenden  Fehler  des 
Schreibers  gehen  entweder  auf  Unachtsamkeit  oder  auf  Unwissenheit 
zurück;  hierher  gehören  namentlich  die  zahlreichen  orthographi- 
schen Fehler,  denen  wir  in  den  Papyri  begegnen.  Der  Korrektor 
pflegte  falsche  Buchstaben  und  Worte  auszulöschen  oder  auszu- 
streichen, wenn  er  nicht  einfach  Tilgungspunkte  darüber  setzte; 
seltener  klammerte  er  eine  fehlerhafte  Stelle  ein.  Die  Verbesserung 
schrieb  er  über  die  Zeile;  wenn  der  Raum  zu  eng  war,  neben  die 
Kolumne  oder  gar  auf  den  unteren  oder  oberen  Rand;  dann  be- 
durfte es  kleiner  Verweisungszeichen.  Auch  Nachträge,  vergessene 
Verse  und  dergleichen  fügte  man  in  dieser  Weise  hinzu  und  schrieb 
noch  ein  .,oben"  oder ,, unten"  {äno.  -/mtco)  an  die  betreffende  Stelle. 
Gewöhnlich  schreibt  der  Korrektor  halb  oder  ganz  kursiv;  aber  der 
Unterschied  der  Korrekturenhand  von  der  des  Buchtextes  selbst 
braucht  nicht  auf  zwei  verschiedene  Personen  zu  weisen,  wie  ich 
bereits  im  2.  Kapitel  gesagt  habe.  Sehr  deutliche  Beispiele  für 
Korrekturen  findet  man  in  den  P.  Gr,  Berol.  14  (Urkunde), 
19  c,  31. 

Über  die  Tätigkeit  des  Korrektors  gehen  die  Anmerkungen 
hinaus,  die  wir  Schollen  zu  nennen  pflegen.  Sie  erstrecken  sich 
auf  die  Sprache,  indem  sie  z.  B,  poetische  oder  dialektische  Aus- 
drücke erklären,  oder  auf  den  Inhalt  und  sind  naturgemäß  von  sehr 
ungleicher  Art  und  ungleichem  Umfange,  Daß  auch  hier  die  Dichter- 
texte am  reichsten  bedacht  werden,  versteht  sich  von  selbst.    Die 


TITEL. 53 

Scholien  finden  ihren  Platz  an  den  Rändern;  manche  Texte  sind 
durch  breite  Zwischenräume  zwischen  den  Kolumnen  von  vorn- 
herein darauf  angelegt:  es  sind  gelehrte  Ausgaben,  bei  denen 
Korrektur  und  Anmerkungen  von  einem  Grammatiker  ausgeführt 
werden,  der  bisweilen  sogar  Textvarianten  notiert.  Hauptsächlich 
in  den  Homerhandschriften  treiben  die  bekannten  kritischen 
Zeichen,  Asteriskos,  Obelos,  Diple,  ihr  Wesen;  aber  die  Papyri 
haben  uns  auch  neue  bekannt  gemacht.  Alles  in  allem  ist  für  uns 
ein  Text  umso  wertvoller,  je  genauer  er  korrigiert  und  je  reicher 
er  mit  Scholien  aller  Art  versehen  ist.  Glücklicherweise  ist  eine 
Reihe  gerade  der  wichtigsten  Papyrustexte  in  solcher  X'erfassung 
auf  uns  gekommen.  Korrekturen  und  Scholien  können  denselben 
Urheber  haben;  sie  können  auf  die  Vorlage  zurückgehen  oder  auf 
Vergleichung  eines  anderen  Textes  beruhen.  Aber  ebenso  gut  ist 
es  möglich,  daß  erst  der  Besitzer  der  Rolle  sie  eintrug  oder  aus 
eigenem  Wissen  hinzufügte.  Allgemein  läßt  sich  darüber  nicht 
urteilen;  jeder  Fall  verlangt  besondere  Erwägung. 
Das  griechische  Buch  besitzt  von  Hause  aus  keinen  Titel  in 
unserem  Sinn,  sondern  wird  mit  den  Anfangsworten  angeführt, 
wie  es  heute  noch  bei  den  päpstlichen  Bullen  der  Fall  ist.  Das  ge- 
schriebene Buch  aber  bedurfte  auf  jeden  Fall  einer  Bezeichnung, 
mochte  sie  lauten,  wie  sie  wollte.  Man  setzte  den  Titel  ans  Ende  des 
Textes  und  der  Rolle,  w^eil  er  hier  am  sichersten  war,  während  der 
Anfang  der  Rolle,  der  außen  lag,  leichter  beschädigt  werden  konnte. 
Indessen  hat  man  w'ohl  auch  am  Anfang  den  Titel  kurz  aufgezeich- 
net, w'ie  ein  erhaltenes  Beispiel  lehrt.  Rolienschlüsse  mit  dem  Titel 
liegen  in  größerer  Anzahl  vor  unseren  Augen.  Um  den  Titel  auch 
dann,  wenn  die  geschlossene  Buchrolle  im  Behälter  oder  Regale 
stand  oder  lag,  kenntlich  zu  machen,  klebte  man  an  die  Rolle  den 
Titelstreifen,  den  die  Griechen  Sillybos,  die  Römer  Index  nannten; 
auf  dem  heraushängenden  Sillybos  las  man  den  Titel.  Ein 
erhaltener  Sillybos  ist  der  einzige  Überrest  der  Mluoi  yvrar/.üoi 
des  Sophron.  Am  Anfang  trug  eine  gute  Buchrolle  ein  Schutz- 
blatt, das  heißt  ein  Papyrusblatt,  das  quer  vorgeklebt  war  und 
unbeschrieben  blieb.  Außerdem  klebte  man  gern  einen  Pergament- 
streifen davor,  um  den  Rand  zu  schützen,  oder  ein  ganzes  Perga- 
mentblatt, das  dann  die  Hülle  der  Rolle  bildete.  Reste  davon 
sehen  wir  noch  bei  einem  alexandrinischen  Osterbriefe  und  bei 
einer  offiziellen  Urkunde;  für  die  Buchrolle  bezeugen  es  die  Schrift- 
steller, während  die  Papyri  schweigen,  da  wir  aus  begreiflichen 


54  ILLUSTRIERTE   BUCHROLLEN. 

Ursachen  Rollenanfänge  nicht  besitzen.  Ebenso  wenig  können  wir 
an  den  Originalen  die  vielberufenen  ,, Hörner"  der  Rolle  und  den 
Rollenstab,  um  den  sie  gewickelt  wurde,  feststellen;  auch  die  Ver- 
schnürungsrienien  hat  man  bei  den  Buchrollen  nicht  gefunden. 
Sie  mögen  zum  Teil  alle  diese  Zutaten  besessen  haben;  vielen 
jedoch  haben  sie  sicherlich  immer  gefehlt,  denn  es  waren  bescheidene 
Ausgaben,  während  das,  was  die  Schriftsteller  sagen,  sich  mehr 
auf  gute  Exemplare  bezieht.  Auf  den  unfruchtbaren  Streit  um 
cornua  und  Rollenstab  vermeide  ich  einzugehen;  wahrscheinlich 
sind  die  cornua  nichts  anderes  als  die  gekrümmten  Enden  des  Rollen- 
stabes, der  in  der  Regel  lose  in  der  Rolle  lag  und  herausgezogen 
werden  konnte. 

Unzweifelhaft  hat  es  illustrierte  Buch  rollen  gegeben, 
aber  wir  können  uns  nach  den  Originalen  nur  sehr  geringe  Vor- 
stellungen davon  machen.  Denn  die  unschöne  astronomische  Rolle 
mit  der  Techne  des  Eudoxos,  ein  kleines  Bruchstück  mit  Pflanzen- 
zeichnungen und  ein  paar  Beispiele  für  mathematische  Figuren 
geben  kein  Bild;  die  Zauberpapyri  mit  ihren  kopflosen  Ungetümen 
gehören  kaum  noch  zu  den  Büchern.  Eine  Reihe  farbiger  Dar- 
stellungen auf  Papyrus,  in  denen  ich  früher  Buchillustration  sah, 
habe  ich  seitdem  als  Stick-  und  Webemuster  erkannt;  man  darf 
sich  vorstellen,  daß  es  farbige  Vorlagebücher  auch  in  Rollenform 
gab,  zumal  da  die  Weberei  in  Ägypten  blühte.  Von  hier  bis 
zu  illustrierten  Buchrollen  und  reinen  Bilderbüchern,  nach  dem 
Vorbilde  des  ägyptischen  Totenbuchs,  ist  es  kein  weiter 
Schritt. 

Die  Handhabung  der  Papyrusrolle  beim  Beschreiben  zeigen 
ägyptische  Statuetten:  der  mit  untergeschlagenen  Beinen  sitzende 
Schreiber  hat  sie  auf  den  Knien  vor  sich,  vermutlich  auf  einer  festen 
Unterlage,  einem  Brettchen  oder  dergleichen.  Der  Leser  faßt  sie, 
wie  die  Statuette  des  lesenden  Imhotep  hübsch  zeigt,  mit  beiden 
Händen;  den  schon  gelesenen  Teil  hält  er  zusammengerollt  in  der 
Linken,  was  er  noch  nicht  gelesen  hat,  zusammengerollt  in  der 
Rechten;  vor  seinem  Auge  liegt  eine  Schriftkolumne.  Daher  ist  die 
offene  Rolle  in  der  Hand  des  Lesers  nicht  größer  als  ein  mäßiges 
Buch  und  beträchtlich  leichter;  daß  man  bequem  so  lesen  und  durch 
Weiterrollen  weiterlesen  kann,  haben  Versuche  an  wohl  erhaltenen 
Originalen  gelehrt.  Ist  so  die  Rolle  eine  handliche  und  praktische 
Buchform,  so  hat  sie  den  erheblichen  Nachteil,  daß  man  das  aus- 
gelesene Buch  vollständig  neu  rollen  muß,  da  ja  sonst  der  Anfang 
innen,  der  Schluß  außen  liegen  würde.     (Abb.  12.) 


KODEX. 55 

Der  technische  Ausdruck  für  die  PapyrusroUe  ist  röuog;  so 
heißen  immer  die  Aktenrollen.  Die  Bezeichnung /t?//^Aoc,-,  ursprüng- 
lich das  Material  betreffend,  hat  bald  ganz  und  gar  den  Sinn  von 
„Buch"  angenommen;  solange  das  Buch  eine  Rolle  ist,  kann  ßlßko^ 
auch  die  PapyrusroUe  bedeuten.  Auch  reüyog  ist  ein  nicht  seltener 
Ausdruck  dafür.  Urkunden-  und  Briefrollen  scheint  man  öfters 
y.vhi'dQog,  auch  y.vuorög,  genannt  zu  haben,  was  sich  aus  der 
Form  ohne  weiteres  erklärt.  Der  technische  lateinische  Ausdruck 
ist  Volumen,  Wcährend  liber  sich  dazu  verhält  wie  ßißlo^.  Auljer- 
dem  kommen  noch  viele  mehr  oder  weniger  übertragene  Ausdrücke 
vor,  auf  die  ich  hier  ebenso  wenig  eingehen  will  wie  auf  die  Ent- 
wicklung der  Hauptbezeichnungen,  über  die  noch  keineswegs 
volle  Klarheit  erzielt  ist. 

Der  Kodex,  der  im  wesentlichen  der  heutigen  Buchform  ent- 
spricht, ist  aus  den  zusammengefügten  Wachstafeln  hervorge- 
gangen, wie  ich  schon  gesagt  habe.  Sobald  man  je  zwei  Tafeln 
durch  ein  in  der  Mitte  gebrochenes  Blatt  aus  Pergament  oder 
Papyrus  ersetzte,  war  man  bei  der  Grundform  des  Kodex  ange- 
langt, aber  erst  das  dünnere  Material  erlaubte,  die  Vorteile  dieser 
Buchform  ganz  auszunutzen.  In  der  Regel  hat  man  nur  eine  be- 
schränkte Zahl  von  Blättern,  4,  5,  auch  6,  ineinander  gelegt,  dann 
aber  mehrere  solcher  Lagen  zu  einem  Buche  vereinigt,  so  daß  der 
Kodex  aus  einer  Reihe  von  Lagen  oder  Heften  besteht;  es  fehlt 
aber  auch  nicht  an  Fällen,  in  denen  sogar  ziemlich  dicke  Bücher 
eine  einzige  Lage  bilden.  Hier  liegt  also  Blatt  in  Blatt  den  ganzen 
Kodex  hindurch;  die  äußeren  mußten  dann  breiter  sein  als  die 
inneren.  Gerade  einige  alte  Papyrusbücher  zeigen  diese  Zusammen- 
setzung. Die  Formate  sind  ebenso  mannigfaltig  wie  bei  der  Rolle, 
und  meine  früheren  Versuche,  gewisse  Formate  annähernd  zu 
datieren,  dürfen  eben  nur  als  Versuche  genommen  werden.  Für 
die  ganze  Einrichtung  des  Kodex,  die  Beschriftung,  Kolum- 
nen, Lesezeichen  usw.,  gilt  dasselbe  wie  für  die  Rollen  späterer 
Zeit,  mit  denen  er  gleichzeitig  ist.  Als  Eigentümlichkeit  darf 
man  bezeichnen,  daß  in  manchen  Kodizes  auf  der  Seite  zwei 
Schriftkolumnen  stehen,  ohne  daß  sich  diese  Erscheinung  zeitlicii 
näher  bestimmen  ließe.  Während  in  der  Rolle  die  Zählung  der 
Kolumnen  selten  und  von  geringem  Werte  war,  breitete  sie  sich 
im  Kodex  von  selbst  aus  und  wurde  bald  Regel,  zumal  da  der 
Kodex  das  Nachschlagen  erlaubte,  was  in  der  Rolle  schwierig  war. 
Der  Buchtitel  behielt  auch  im  Kodex  lange  Zeit  noch  seinen  Platz 


56  KODEX. 


am  Ende,  aber  der  schon  in  der  Rolle  auftauchende  Anfangstitel 
gewann  allmählich  Raum  und  wurde  mit  der  Zeit  Haupttitel. 
Das  hängt  damit  zusammen,  daß  der  Bucheinband  dem  An- 
fange des  Kodex  höheren  Schutz  verlieh.  Leider  wissen  wir 
über  die  ältesten  Einbände  garnichts;  die  frühesten,  die  wir  kennen, 
dürften  nicht  über  das  8.  Jh.  p.  C.  hinaufreichen.  Sie  zeigen 
zum  Teil  sehr  kunstvolle  Lederarbeit. 

Als  Material  des  Kodex  kommen  Pergament  und  Papyrus  in 
Betracht,  und  zwar  scheint  man  die  Diptycha,  Triptycha  und 
Polyptycha  zuerst  in  Pergament,  erst  später  in  Papyrus  nach- 
geahmt zu  haben.  Darauf  weisen  die  Angaben  der  Schriftsteller,, 
weniger  die  Funde  in  Ägypten,  wo  natürlicherweise  der  Papyrus- 
kodex sich  besonders  stark  verbreitet  hat.  Für  die  Papyrusbücher 
nahm  man  Blätter  aus  Papyrusballen,  also  dasselbe  Material  wie 
für  die  Rollen,  nicht  etwa  besondere,  für  den  Kodex  fabrizierte 
Blätter.  In  der  arabischen  Zeit  stellte  man  Kodizes  aus  Papier  her. 
Die  Anfänge  des  Kodex  können  wir  vermutungsweise  bis  in 
Ciceros  Zeit  hinauf  verfolgen,  und  zwar  scheinen  es  Aktenbände 
zu  sein,  von  denen  wir  zuerst  hören.  Sicher  bezeugt  ist  der 
Kodex   durch   Martial  für  das  1.  Jh.  p.  C,  und  etwa   mit  dem 

2.  Jh.  setzen  die  ägyptischen  Funde  ein;  ich  nenne  nur  das 
Blatt  aus  den  Kretern  des  Euripides,  P.  Gr.  Berol.  30a.  Zu- 
erst galt  der  Kodex  als  bescheidenere  Buchform  neben  der  vor- 
nehmen Rolle  und  diente  sowohl  rein  praktischen  Zwecken,  der 
Schule,  der  Rechtsliteratur,  als  auch  d-en  kleinen  Leuten;  so 
kommt  es,  daß  er  allem  Anscheine  nach  von  vornherein  Träger 
der  christlichen  Literatur  geworden  ist.    Bis  gegen  das  Ende  des 

3.  Jh.  p.  C.  geht  er  in  Ägypten  neben  der  Rolle  her;  von  da 
an  hat  er  sie  auf  dem  Felde  der  literarischen  Texte  geschlagen 
und  bald  ganz  verdrängt,  während  sie  bei  den  Urkunden  ihren 
Platz  behauptete.  Wenn  im  3.  Jh.  p.  C.  die  Bibliothek  des 
Pamphilos  in  Caesarea,  die  aus  Rollen  bestand,  in  Pergament- 
kodizes  umgeschrieben  wurde,  so  ist  dieser  einzelne  Vorgang  be- 
zeichnend für  die  Gesamtentwicklung.  Hin  und  wieder  haben  wir 
sogar  Übergangsformen  vor  Augen,  wie  in  einem  Genesiskodex 
vom  Ende  des  3.  Jh.  p.  C,  wo  der  Schreiber  die  Kolumnen 
teilweise  so  dicht  aneinander  gerückt  hat,  daß  fürs  Heften  kein 
Raum  blieb,  augenscheinlich,  weil  es  ihm  noch  nicht  geläufig  war^ 
in  einen  Kodex  zu  schreiben.  Jedoch  besitzen  wir  eine  ganze 
Reihe  von  Kodexbruchstücken  ägyptischer  Herkunft,  die  sicher 


FRIVATABSCHRIFT.     Bl'CHHANDEL.  57 

dem  3.   Jh.  p.  C.  angehören;    der   Kodex  war   also   damals   für 
Ägypten  keineswegs  etwas  Neues. 

Wie  ich  schon  mehrfach  bemerkt  habe,  finden  wir  unter  den  lite- 
rarischen Papyri,  den  Rollen  wie  den  Kodizes,  die  größten  Unter- 
schiede der  Ausstattung  und  der  Güte.  Neben  Luxus- 
exemplaren stehen  bescheidene  mit  äußerster  Raumausnutzung, 
neben  tadelloser  Kalligraphie  eine  flüchtige,  fast  kursive  Schrift, 
ja  sogar  Buchtexte,  die  mit  zahlreichen  Abkürzungen  geschrieben 
sind;  wir  haben  Bücher,  die  sorgfältig  durchkorrigiert,  mit  An- 
merkungen von  wissenschaftlichem  Werte  versehen  sind,  und  auf 
der  anderen  Seite  Handschriften,  deren  Text  ganz  nachlässig  be- 
handelt worden  ist.  Dazu  kommt  die  sehr  beträchtliche  Zahl  der 
Rollen,  die  auf  beiden  Seiten  Texte  tragen,  sei  es,  daß  das  Literatur- 
werk auf  die  Rückseite  einer  Aktenrolle  geschrieben  wurde  oder 
beide  Seiten  literarische  Texte  aufnehmen  mußten.  Dem  Wesen 
der  Buchrolle  widersprach  dies  Verfahren,  und  trotzdem  hat  man 
es  so  oft  angewendet,  daß  wir  von  Ausnahmen  nicht  reden  dürfen. 
Obendrein  begegnen  wir  in  manchen  Rollen  dieser  Art  auch  auf 
dem  Verso  einer  tadellosen,  sorgfältigen  Buchschrift. 
Die  Gelehrten  waren  bei  allen  solchen  Texten,  die  dem  Idcalbilde 
einer  Buchrolle  nicht  entsprachen,  lange  Zeit  sehr  schnell  mit  dem 
Urteile  Privatabschrift  bei  der  Hand;  nur  die  einseitig  be- 
schriebenen Prachtrollen  sollten  Buchhändlerexemplare  ge- 
wesen sein.  Bei  näherer  Untersuchung  des  Wenigen,  was  wir  vom 
Buchhandel  des  Altertums  wissen,  stellt  sich  aber  heraus,  daß 
dieser  Unterschied  nicht  fest  ausgeprägt  gewesen  sein  kann;  viel- 
mehr gab  es  unzweifelhaft  viele  Übergangsformen.  Der  Buch- 
handel konnte  neben  den  ,, Prachtwerken"  sicherlich  auch  billige 
Ausgaben  veranstalten,  und  ob  es  ihm  untersagt  war,  dafür  eine 
schon  einmal  gebrauchte  Papyrusrolle  zu  verwenden,  wird  man 
nicht  obenhin  beurteilen  dürfen;  war  doch  der  Preis  des  Papyrus 
hoch,  zumal  in  der  Kaiserzeit,  die  allein  in  Betracht  kommt,  da 
wir  nur  für  sie  etwas  über  den  Buchhandel  wissen.  Auf  der  anderen 
Seite  konnte  niemand  einen  Privatmann  hindern,  sich  eine  kalli- 
graphische Abschrift  eines  Buches  für  seinen  Gebrauch  zu  fertigen 
oder  fertigen  zu  lassen,  und  es  ist  gewiß  weit  öfter  geschehen,  als 
man  auf  Grund  heutiger  Verhältnisse  vermuten  würde.  Die 
Grenze  zwischen  Buchhändlerabschrift  und  Privatabschrift  ist 
ganz  unsicher;  allenfalls  wird  man  Handschriften,  die  mit  zahl- 
reichen Kürzungen  geschrieben  sind,  mit  einiger  Sicherheit  dem 


58  BiBLlOTHEKEN. 


Privatfleiße  auf  die  Rechnung  setzen  dürfen.  Um  klar  zu  sehen, 
muß  man  in  jedem  einzelnen  Falle  alle  Umstände  erwägen;  mit 
allgemeinen  Urteilen  kommt  man  nicht  weiter.  In  welcher  Weise 
die  Buchhändler,  die  ein  Werk  herausgaben,  also  die  Verleger, 
die  Vervielfältigung  betrieben,  wissen  wir  nicht.  Das  Bild  der 
Schreibstube  mit  zahlreichen  Schreibern,  die  nach  Diktat  arbeiten, 
hat  weder  die  Worte  der  Schriftsteller  noch  die  Ergebnisse  der 
Originale  für  sich.  Man  mag  bisweilen  diktiert  haben,  wenn  es 
auf  Sorgfalt  nicht  ankam;  sonst  werden  vermutlich  mehrere 
Schreiber  gle'chzeitig  nach  einer  zerschnittenen  Vorlage  gearbeitet 
haben,  und  es  fehlt  nicht  an  Papyrusrollen,  in  denen  verschiedene 
Hände  erkennbar  sind.  Während  uns  über  den  Buchhandel  Roms 
in  der  Kaiserzeit  wenigstens  einige  Notizen  zu  Gebote  stehen, 
wissen  wir  über  Ägypten  so  gut  wie  nichts.  Aber  die  alexan- 
drinischen  Schreibstuben,  die  doch  wohl  für  Verleger  arbeiteten, 
müssen  sehr  leistungsfähig  gewesen  sein,  da  Domitian  nach  dem 
Brande  Roms  die  beschädigten  Bibliothekbestände  nicht  in  Rom, 
sondern  in  Alexandreia  erneuern  ließ.  Ebensowenig  wissen  wir 
im  Grunde  über  Ägyptens  Bibliotheken.  Selbst  die  berühmten 
Bibliotheken  Alexandreias  mit  ihren  fabelhaften  Rollenbeständen 
sind  uns  ziemlich  unbekannt,  da  ja  leider  der  Bibliothekskatalog, 
den  Kallimachos  ursprünglich  auf  Tafeln  (Ttivay.sg)  anlegte,  nicht 
erhalten  ist.  Die  Privatbibliotheken  einer  Stadt  wie  Oxyrhynchos 
können  wir  uns  besser  vorstellen  als  jene  Alexandreias.  Am  deut- 
lichsten steht  aber  die  Bibliothek  des  Calpurnius  Piso  vor  uns, 
der  wir  die  herkulanensischen  Rollen,  d.  h.  das  Lebenswerk  des 
Epikuräers  Philodemos,  verdanken.  Die  Rollen  bewahrte  man  in 
Ägypten  gern  in  Krügen  auf,  wie  man  sie  denn  auf  Elefantine 
darin  gefunden  hat;  auch  Körbe  dienten  als  Rollenbewahrer, 
hauptsächlich  aber  runde  oder  viereck'ge  Behälter,  in  denen 
mehrere  Rollen  standen.  Die  Bibliotheken  und  die  Buchläden, 
ebenso  die  amtlichen  Archive,  haben  jedenfalls  Regale  gehabt,  in 
denen  die  Rollen  liegen  konnten. 

Die  Riesenmaße  ägyptischer  Papyrusrollen,  z.  B.  des  Papyrus  Ebers, 
kommen  für  die  griechische  Literatur  nicht  in  Betracht;  solche  Riesenrollen 
waren  Prunkstücke,  die  wirklich  zum  Lesen  bestimmten  ägyptischen  Buch- 
rollen sind,  soweit  man  urteilen  kann,  nicht  auffällig  lang.  Als  Beispiele  für 
griechische  Buchrollen  seien  Oxy  V  843  Piatons  Symposion,  und  Oxy  V 
•844  Isokrates  Panegyrikos,  genannt.  Beide  kann  man  ziemlich  sicher  auf  etwa 
8  m  berechnen.  Der  erhaltene  Teil  des  Kommentars  zu  Piatons  Theaitetos, 
Berl.  Klassikertexte  II,  mißt  fast  6  m.    Solche  Rollen  sind  noch  leicht  zu  hand- 


QUELLEN.     EINZELHEITEN.  59 

haben.  Lange  Texte  erstrecken  sich  über  mehrere  Rollen,  so  die  Londoner 
"A&rjyuuor  Tcohrtia  des  Aristoteles;  umgekehrt  wurden  mehrere  Werke  geringen 
Umfanges  bisweilen  in  einer  Rolle  vereinigt 

Der  Schreiber  erhält  die  fertige  Rolle:  das  beweisen  die  zahlreichen  Fälle,  in 
denen  die  Schrift  über  die  Klebungen  hinweggeht.  Ausnahmen  beruhen  ent- 
weder auf  besonderen  Umständen,  die  ein  Zusammenk'eben  beschriebener 
Blätter  herbeiführen,  wie  es  Crönert  an  herkulanensischen  Rollen  gezeigt  hat, 
oder  auf  zufälliger  Übereinstimmung  von  Blatt  und  Kolumne;  auch  schlechte 
Klebungen  konnten  den  Schreiber  veranlassen,  auf  jedes  Blatt  eine  Kolumne 

zu  setzen.  Polyb.  V  33:  fit/oi  Si  tovtov  fivrjad'rjaofiai,  Siöri  rcüf  y.aß"'  fj/uäi 
tives  yqaifövcoiv  loroQiav  ev  XQialv  /;  TsrraQOiv  e^rjyrjadusvoi  oe),iaiv  rifilv  xbv 
''Pwuaiioi'  yal  Kdoy/ßoiicov  rcö'/.suöy  (funi  lä  y.ad'ö/.ov  yQä(f£LV.      Hier    ist    OfXl^  = 

Kolumne,  aber  natürlich  nicht  technisch,  sondern  so  wie  wenn  wir  von 
Blättern  sprechen  und  Buchseiten  meinen. 

Eigentliche  Luxusbücher,  wie  wir  sie  nach  den  Beschreibungen  der  Schrift- 
steller annehmen  müssen,  sind  nicht  erhalten;  Beispiele  guter  Ausstattung: 
Hesiods  Kataloge,  Berl.  Klassikertexte  V  2  (Abb.  Pap.  Gr.  Berol.  19a).  llias  2 
Oxy  I  20  Tafel  V.  Isokrates,  Panegyrikos  Oxy  V  844  Tafel  VII.  Schmale 
Kolumnen  z.  B,  Demosthenes,  contra  Boeotum  Oxy  VIII  1093.  Satyros, 
Leben  des  Euripides  Oxy  IX  1176.  Sehr  breite  Kolumnen:  Xenophon, 
Kyropaedie  Oxy  IV  697. 

Zur  metrischen  Gliederung:  Lehrreich  sind  die  sog.  Skolien  von  Elefantine, 
F.  Gr.  Berol.  3.  Der  lyrische  Teil  ist  nicht  gegliedert,  sondern  in  Lang- 
zeilen geschrieben  wie  der  Timotheospapyrus.  Aber  die  schließende  Elegie 
zeigt  sofort  metrische  Schreibung.  Das  Chorlied  aus  Euripides  Phaethon,  P.  Gr. 
Berol.  4b  (3.  Jh.  a.  C),  ist  nicht  metrisch  geschrieben;  vgl.  damit  die  metrische 
Schreibung  der  Chorpartien  in  der  Hypsipyle,  Oxy  VI  852  (2  3.  Jh.  p.  C). 
Die  eigentlichen  Lyriker,  Pindar,  Sappho,  Alkaios,  Bakchylides  usw.  finden 
wir  in  den  Papyri  metrisch  geschrieben,  gleichviel  ob  die  Abteilung  metrisch 
richtig  ist  oder  nicht.  Ein  ziemlich  spätes  Beispiel  nicht  metrischer  Schreibung 
sind   die  Anapäste,   P.  Gr.  Berol.    IIb. 

Normal  z  eile:  Diokletians  Maximaltarif:  Mommsen-Blümner,  Berlin  1893. 
Zeilenzählung  z.  B.  Pindar,  Paeane,  Oxy  V  841:  M  und  N  entweder  gleich  40. 
und  50.  Hundert  oder,  nach  Grenfell-Hunt,  gleich  1200  und  1300;  in  diesem 
Falle  wären  die  Buchstaben  nicht  nach  ihrem  Zahlenwerte,  sondern  nach  ihrer 
aiphabet.  Folge,  wie  bei  der  Buchzählung  in  llias  und  Odyssee,  gebraucht. 
Die  Hellenika  von  Oxyrh.,  Oxy  V  842,  haben  Ä,  wahrscheinlich  gleich  400. 
Für  die  Summierung  vgl.  z.  B.  Iliaspapyrus  Morgan  ed.  v.  Wilamowitz  und 
Plaumann,  S.  B.  Berl.  Äkad.  1912,  1198ff.  (siehe  die  Tafeln!)  Gerade  in  den 
Homerhandschriften  ist  wegen  der  Plus-  und  Minusverse  die  Summicrung 
wichtig. 

Worttrennung  in  lat.  Handschriften:  vgl.  Sallust,  Catilina,  Oxy  VI  884. 
Akzente:  in  derselben  Handschrift  finden  wir  bald  nur  die  Tonsilbe,  bald  die 
nebentonigen  Silben,   bald  alle  accentuiert,  z.  B.  Pindar,   Paeane  Oxy  V  841: 

fllrjOiaricfnvo)'     lies     ffi/.i;aiaTi<faioi'.       fiosutj/.on     Ües     (f  Eoeur^'/.ovi.       ir'f/.e    Iies 

'^xsy.e.    vbuov  und  lobffov  lies  voubv  und  roorföv.     Panegyr.  Gedicht  Oxy  VII 

1015:    TibliirjXea   lieS   7to).vr}yia.      i'/.aloyvroiaiv    IJeS   iliuoyyTOtaiv.       Kcrkidas    Oxy 

VIII    1082   7Tlfie).baaoy.o<fay&v.      Dem   heutigen   Verfahren   entsprechen   z.  B. 


60  QUELLEN.     EINZELHEITEN. 

Bakchylides  -xdvTod-evay.audTon.  Kallimachos  (ed.  Wilamowitz,  Neues  von 
Kall.  S.  B.  Berl.  Akad.  1912/14)  raS'eif^.d-Eos  lies  rüb"  hfa  d-eös.  Korinna, 
Berl.  Klass.  Texte  V:  rrj7ioyJ'eiQ(bco[vY]evEd-lav.  Panegyr.  Gedicht  Oxy  VII 
1015  y.Uiovat  6oTT]QEi  (Der  Akzent  im  Diphthong  auf  dem  ersten  Bestandteil), 
ebenda  Tdioai  lies  äeioui.  Enklitika:  Pindar  Paeane  Oxy  V  841  dvimtos  ei/lu. 
Euripides  Hypsipyle,  Oxy  VI  852  Toldre,  also  abweichend  vom  heutigen  Ver- 
fahren. Äolische  Accentzurückziehung:  Sappho  Oxy  X  1231  ovvsrov,  Ttölv. 
Länge  und  Kürze  z.  B.  Pindar  Paeane  d^itTaiyaqaylaäQime^Tiavellaho's 
avT£St/.(fo>r.  Abbildungen  z.  B.  P.  Gr.  Berol.  19c  Homer.  29a  Korinna. 
Kenyon,  Palaeography;  Tafel  XIII  Bakchylides. 

Interpunktion:  Flock,  de  Graecorum  interpunctionibus.  Diss.  Greifswald 
1908.  Beispiele  sehr  zahlreich;  genannt  seien:  Euripides  Phaethon,  Berl.  Klass. 
Texte  V  (P.  Gr.  Berol.  4b).  Rhetor.  Übung,  Hibeh  I  15.  Bei  beiden  Para- 
graphos  mitten  in  der  Zeile.  Ilias  2  Oxy  I  21.  Uias  5  Oxy  II  223.  Pindar  Paeane 
Oxy  V  841.  Xenophon  Kyropaedie  Oxy  IV  697.  Zur  Koronis  vgl.  den  sog. 
,, Vogel"  im  Timotheospapyrus,  P.  Gr.  Berol.  1;  es  ist  sicher  ein  Zeichen  eines 
großen  Sinnabschnittes,  wahrscheinlich  ein  Monogramm,  das  absichtlich  einem 
Vogel  {y.oQiövt]'>)  ähnlich  gestaltet  ist.  Personenbezeichnung  im  Drama  z.  B. 
Sophokles,  AchäerversammUmg,  P.  Gr.  Berol.  30b.  Euripides,  Hypsipyle 
Oxy  VI  852.  Scenische  Bemerkungen  in  der  sog.  Posse  von  Oxyrh,  Oxy  III 
413. 

Korrekturen    sehr    häufig,    z.  B.   Aristoxenos.  ^Pvd-^uy.ä  ozoiieta  Oxy  I  9. 
Ilias  5   Oxy   II  223.      Isokrates  Panegyrikos   Oxy  V  844.      Piaton   Phaidros 
Oxy  VII  1017.      Abbildungen:  P.  Gr.  Berol.  13,  14  (Urkunden)  19c  (Homer) 
31  (Kommentar  zum  Theaitetos). 
Schollen:  z.B.  Korinna,  Berl.  Klass.  Texte  V,  78  äTiTiaoafisvoi,  dazu  Schol. 

avay.trfiäuEvoi.  Pindar,  Paeane,  Oxy  V  841  [ovo]i.iaylvTa  y^eveooi  JioqiEl  \  fi[e-] 
Seocou  [ttöJvto}  \  väoos  [o>]  -liöi^  'EX  j  }.aviov  (faswöv  aatQOV,  dazu  Scholion: 
lEodr  zlibi  ' E/.[}.]r^riov  [e]i'  Aifyjh'r;  ÖTiov  ovj'sXd'övrES  sa^a[v]TO  tieqI  tov  avxfiov. 

Sophokles,   Ichneutai,  Oxy   IX  1174,   18  rd  fd-iyfia  b'fi/niv  tov[&']  ö.te^  fiovEt 

(fQäaov,  dazu  Schol:   lovro  7xü>i  ifcoviX  fodaoi'  ov(tcos)  r/v  sv  {reo)   0E{covoe),  alSO 

Verbesserung  der  Lesart  mit  Berufung  auf  den  Grammatiker  Theon,  der  zur 
Zeit  des  Ausustus  lebte.  Varianten  auch  in  den  Epikedeia,  Berl.  Klass. 
Texte  V.  Ein  ausführliches  Scholion  über  das  Versmaß:  Kallimachos  (ed. 
v.  Wilamowitz,  Neues  von  Kall.  S.  B.  Berl.  Akad.  1912/14).  Andere  gute  Bei- 
spiele für  Papyrustexte  mit  Scholien  sind:  Kerkidas,  Oxy  VIII  1082.  Alkaios, 
Oxy  X  1234.  Ein  von  vornherein  mit  breiten  Rändern  auf  Scholien  ange- 
legtes Exemplar  ist  Pindar,  Paeane  Oxy  V  841.  Die  Kommentare  und  selb- 
ständigen Scholienrollen,  wie  Didymos  zu  Demosthenes  Berl.  Klass.  Texte  I; 
Scholien  zu  Ilias  21  Oxy  II  221;  Kommentar  zu  Thukydides  2  Oxy  VI  853,  und 
andere,  sind  eine  Sache  für  sich. 

Kritische   Zeichen:    z.B.   Ilias  2  Tebt.  I  4.     Ilias  5  Oxy  II  223.     Ilias  6 
Oxy    III    445.       Euripides,    Hypsipyle    Oxy    VI    852.      Pindar,   Paeane   Oxy 
V  841. 
Titel:  z.  B,  Didymos  zu  Demosthenes,  Berl.  Klass.  Texte  I  (P.  Gr.  Berol.  20) 

^ibvfxov  TiEo'i  ^r^/noa&Evovi  ni]  <P iXimny-cöv  y.  0"  nokX&v  oj  olvSqes  ^Ad'rjvaZoi  l 
y.ai  OTTOvSaia  vo^iitov  i[a]  ÖTc  ftsv  <b  ävS^Es  ^Ad'rjyuiot  4> [iJhiriTtos  iß  ns^'i  fiev  rov 

TTuoöiTo^.     Vgl.  Kapitel    9.       Piaton,    Symposion    Oxy    V    843    (Tafel   VI) 


QUELLEN.     EINZELHEITEX.  61 


nldroivo^  IvuTiöaiov.      Kerkidas    Oxy    V'lll    108:2     Kko-AÖa     Knd^    fntJ/.i<ai3oi. 

Julius  Afrikanus  Oxy  III  412  Uovliov  "Aifoiy.uvov  y.soTbs  ir;  (Tafel).  Satyros, 
Leben  des  Euripides  Oxy  IX  1176  luTvoo^■  ßiiav  uvay()a<fr;s  T  Aia/vlov 
Io(foyJJovs  EvoiTziÖov.  KalliiTiachos  Oxy  VII  1011,  nach  den  Aitia,  vor  den 
lamboi   Kfdhudyov  [Ahi](or  Ö  Ka)liud/_ov  "lau[ßoi].      Demosthenes,    de    cor. 

Ryl.    58    iiTif^    K[r]r^oi(fffivio$    Tteot    rov     oiecfdvov     [evjrv'/coi     ro)     yndv.avT [(] 

y.ai  [}M]i.ißdvov[Ti]  y.al  ärayivcbayovri;  es  ist  ein  Kodex,  was  aber  keinen 
grundsätzlichen  Unterschied  mit  sich  bringt.  Der  Schlußsatz,  im  Mittel- 
alter   häufig,    ist    in    dieser   Zeit,    5/6.  Jh.  p.  C,  noch   selten.     Herakleides 

LemboS  Oxy  XI  1367:  ['  HoJayJ.siSov  rov  [IJaoaTiicovos  tTifiJrour,  T(ov 
'EouiTtTiov   creoi   vouod'ETdjv  y.al   f/^Tr/rä   ootfojv  y.al  f/TJitfayöoov.      Anfangstitel: 

Hierokles,  Berl.  Klass.  Texte  IV,  auf  dem  Schutzblatte  Jeoox/Jovi  rj&iy?] 
oToixei(ooc=.  Wir  haben  aber  auch  RoUenschliisse  ohne  Titel,  z.  B.  die 
Timotheosrolle.  Bei  Ilias  und  Odyssee  pflegt  die  Buchzahl  "IhdÖo,-  ~  usw. 
am  Ende  des  Buches  zu  stehen.  Der  Sillybos  zu  Sophrons  Mimoi 
Oxy  II  301;  ein  Sillybos  noch  am  Papyrus  befestigt  Oxy  VIII  1091 
BaxxvliSov  Jid-v^afißoi.  Auch  Aktensillyboi  sind  erhalten.  Reste  des  vor- 
geklebten Pergamentstreifens  sind  noch  erhalten  bei  dem  alexandri- 
nischen  Osterbriefe,  Berl.  Klass.  Texte  VI;  ein  schmaler,  aber  vollständiger 
Streifen  an  dem  Originalschreiben  des  Statthalters  Subatianus  Aquila  ed.  Fr. 
Zucker,    S.  B.  Berl.  Ak.  d.  Wiss.  1910,    710ff.      Lukian,   Tttol  rav  IttI  uiod-oi 

ovvövTüJV  41:  dnavTss  yäo  dy.oißiös  öuoioi  eiaiv  roi^  y.aü.ioron  lovron  ßiß).ioi~, 
Siv  xovaol  fiEV  oi  ofi^faLoi,  noocfvoä  §e  ey.zoad'sv  ij  Siifd'ioa,  jä  Se  efbov  >; 
0veoTi]S  eoTi  reöv   Tey.vcov  earicöuero;    j-    OiSIttovs   tT  tirrol    ivvcdi-  f,    Tr/osv;    Sro 

dSslfäg  äfia  oTtviojv.  Dazu  Zahlreiche  andere  Erwähnungen  namentlich  bei 
Ovid,  Tibull  usw.  Der  Rollenstab,  umbilicus  =  hucfulo-,  womit  streng  ge- 
nommen nur  der  Endknopf  bezeichnet  werden  konnte,  lag  wohl  in.  der  Rege! 
lose  in  der  Rolle.  Natürlich  konnte  man  auch  das  Ende  der  Rolle  daran  fest- 
kleben. Die  gefundenen  Rollen,  auch  diejenigen,  deren  Ende  vollständig  er- 
halten ist,  sind  ohne  Stab  auf  uns  gekommen,  offenbar  weil  er  nicht  daran 
befestigt  war.  Viele  Rollen  sind  unzweifelhaft  überhaupt  ohne  Stab  gewickelt 
worden.  Der  loie  Rollenstab  ist  wahrscheinlich  gemeint  in  dem  ptolemäischen 
Postbuche  ca.  255  a.  C,  Hibeh  I  110  =  Wilcken  Chr.  435:  'Auii>(ovji 
y.x('uoxbv)  a  y.al  rö  äSiov  0aiiu[i].  Alle  bisherigen  Erklärungen  sind  unbe- 
friedigend; wahrscheinlich  ist  d^{öv)iov  zu  verbessern  und  an  den  Rollenstab 
zu  denken.  Die  ,, Hörner"  der  Rolle  scheinen,  wie  Gardthausen,  Gr.  Pal.-  1 
145  sagt,  die  gekriimmten  Enden  des  Rollenstabes  zu  sein,  der  entweder 
einen  Knopf,  <3_«f/rt/.ö.-,  oder  Hörner,  cornua,  oder  beides  haben  konnte.  Man 
sieht  die  cornua  auf  dem  Relief  einer  Stele  aus  Thyateira,  Wiegand,  Ath.  Mitt. 
1911,  291f  (Inschriften  aus  der  Levante).  Vgl.  sonst  Tibull  III  1,  llff.  Ovid, 
Tristia  I  1,  Iff.  u.  a.  Kleinere  Papyrusblätter  wurden  nicht  gerollt,  sondern 
gefaltet,  Urkunden  und  Briefe  öfters  ineinander  gelegt,  vgl.  z.  B.  BGU  III  891 
II  15ff.;  mehrere  der  griech.  Urkunden  aus  Elefantine  (Rubensohn,  Eleph.- 
Papyri)  waren  ineinander  gewickelt  und  erhielten  außen  die  gemeinsame  Auf- 
schrift "Eniaro'Kai.  Sonstige  Zutaten,  wie  das  Tränken  mit  Cedernöl  u.  a., 
findet  man  in  den  angeführten  Büchern  behandelt. 

Zu  den  illustrierten  Buchrollen  vgl.  insbesondere  Birt,  Die  Buch- 
rolle in  der  Kunst.   Ferner  de  Johnson,  A  botanical  Papyrus  with  illustrations 


62 QUELLEN.     EINZELHEITEN. 

(Archiv  f.  Gesch.  d.  Naturwiss.  u.  d.  Technik  4,  40.Sff.).  Die  Techne  des  Eudoxos 
mit  Fai<similie  in  der  Ausgabe  der  Pariser  Papyri  nebst  Tafelband  von  Döveria. 
Math.  Figuren  z.  B.  im  Theätetkommentar,  Berl.  Klass.  Texte  II  und  im  P. 
Ayer.  Webemuster:  hierher  gehören  die  Abb.  auf  Seite  127,  128  meines 
Buch  b.  d.  Gr.  u.  Rom.,  vgl.  Schubart,  Miniaturen  auf  Papyrus,  Amtl.  Ber. 
aus  d.  Kgl-  Kunstsammlungen  1908/9  Spalte  294ff.  Sicher  gab  es  viel  mehr 
illustrierte  Bücher,  als  man  nach  dem  Erhaltenen  erraten  könnte.  Die  farbigen 
Initialen  späterer  koptischer  Bücher  kommen  für  uns  nicht  mehr  in  Betracht; 
vgl.  jedoch  Oxy  V  840. 

Zur  Handhabung  der  Rolle  vgl.  auch  das  Vasenbild,  das  ich  im  Buch  b. 
d.  Gr.  u.  Rom.  Seite  140  wiedergegeben  habe.  Verkehrt  gerollt  war  der  Kom- 
mentar zu  Piatons  Theaitetos,  Berl.  Klass.  Texte  II;  der  letzte  Leser  hat  ihn 
also  sofort  nach  dem  Lesen  aus  der  Hand  gelegt. 

Bezeichnungen  derRollen:  tevxos  ist  eigentlich  Gerät  und  kann  der  Rollen- 
behälter  sein,  z.  B.  im  Epigramm  des  Krinagoras.  In  der  Inschrift  von  Priene 
No.  114,  11,  81  (ca.  84  a.  C.)  bedeutet  es  nicht  Kodex,  wie  ich  Buch  b.  d.  Gr.  u. 
Rom.  102  sagte,  sondern  Rolle,  wie  Wilcken,  Hermes  44,  150  richtig  dargetan 
hat;  er  zeigt,  daß  revxoi  noch  177  p.  C.  in  der  Urkundensprache  sicher  auf  die 

Rollen  geht:  BGU  III  970,  3  Eicy£yQä[(pd'ai]  xal  Tt^oaavTißeßXrjicsvai  ix  rei'xovs 
ßiß}.£iSi(ov     Tirov     nay.TOvidiov     Mdyvov     l7i[doyoi]    AiyvTiroi .       Neben    ßiß).os 

(ältere  Form  ßvßloi)  kommt  ßißliov=  Buch  vor;  in  der  Urkundensprache  be- 
zeichnet es  die  Eingabe,  dem  lat.  libellus  entsprechend.  Zu  xvIiotös  vgl. 
Hibeh  I  110  Verso  =  Wilcken,  Chrestomathie  435. 

Kodex:  Papyruskodex  aus  einer  einzigen  Lage  bestehend  z.  B.  llias  Morgan 
ed.  Wilamowitz  und  Plaumann,  S.  B.  Berl.  Akad.  1912, 1198ff. ;  ferner  C.  Schmidt, 
Der  erste  Clemensbrief  in  altkoptischer  Übersetzung  (Texte  u.  Untersuchungen 
zur  Gesch.  d.  altchristl.  Lit.,  herg.  von  Harnack  und  C.  Schmidt,  32,  1)  und  die 
hier  auf  Seite  7  genannten  Fälle.  Dann  Kallimachoskodex  Oxy  VII  1011.  Zur 
Geschichte  des  Kodex  im  Allg.  vgl.  außer  den  angeführten  Büchern  noch  Ger- 
hard und  Gradenwitz,  Ein  neuer  Jurist.  Papyrus  der  Heidelb.  Univ.  Bibl.  1903. 
Bucheinband:  sehr  alter,  aber  schlecht  erhaltener  Einband:  C.  Schmidt, 
Der  erste  Clemensbrief,^  siehe  oben.  Grobe  Papyrusstreifen  wurden  häufig  als 
Unterlage  für  Leder  benutzt.  Vgl.  H.  Ibscher,  Alte  koptische  Einbände,  Archiv 
für  Buchbinderei  1911,  113ff.  Gardthausen,  Pal.-  I  174ff.  Alte  Pergament- 
codices z.  B.  Euripides  Kreter,  Berl.  Klass.  Texte  V.  Odysseekodex,  Ryl.  53  u.  a. 
Wichtigkeit  des  Kodex  für  die  christliche  Literatur:  vgl.  u.  a.  Deissmann,  Licht 
vom  Osten^  leCff.    Bücher  in  äg.  Dorfkirchen:  P.  Grentell  II  111  (5/6.  Jh. 

p.  C.)  in  der  ävayQaffi]  riüv  äy'uov  'AeifiriXuoi'  y.al  irepfoy  oxeicöv  rtjs  ctyias  exy.Xrjaias 
'Ana    ^oiov  xcü^r^s  'Ißiwves    wird    verzeichnet,:    ßißAi<c    SeotiäTi(i'a)    Ha,     6fioi(cos) 

xaQxia  y.  Auch  die  Papyrusfunde  haben  auffällig  viel  christliche  Schriften 
auf  Kodexblättern  und  nur  wenig  auf  Rollenfragmenten  geliefert. 
Übergang  von  der  Rolle  zum  Kodex:  Bibliothek  in  Cäsarea, 
Hieronymus,  epist.  141:  quam  (sc.  bibliothecam)  ex  parte  corruptam  Acacius 
dehinc  et  Euzoius  eiusdem  ecclesiae  sacerdotes  in  membranis  instaurare  conati 
sunt. 

Literarische  Texte  auf  Verso:  steht  auf  Rekto  eine  amtliche  Ur- 
kunde, so  wird  man  nach  Preisigke,  P.  Straßburg  79ff.  die  Lagerfrist  der 
Urkunde  auf  50  bis  100  Jahre  schätzen  und  daher  den  lit.  Text  um  so  viel  später 


LITERATUR.  63 


datieren  dürfen,  ohne  daraus  ein  Gesetz  abzuleiten.  Private  Aufzeichnungen 
veralteten  wohl  schneller.  Stehen  auf  beiden  Seiten  der  Rolle  lit.  Texte,  so  fehlt 
jede  Handhabe,  um  ihren  Zeitabstand  zu  beurteilen.  Ob  billige  Ausgabe  oder 
Privatabschrift,  bleibt  auch  in  Fällen  wie  hei  der  Hypsipyle  Oxy  VI  852  oder 
Ilias  5  Oxy  II  223  durchaus  zweifelhaft.  Privatabschrift  vermute  ich  z.  B. 
im  Didymoskommentar  und  im  Hierokles,  Berl.  Klass.  Texte  I  und  IV,  ferner 
in  der  sog.  Posse  von  Oxyrhynchos,  Oxy  III  413  (vgl.  Kap.  8). 
Buchhandel  und  Vervielfältigung:  Buchhandel  beginnt  erst  da,, 
wo  ein  Unternehmer  die  Vervielfältigung  gewerbsmäßig  betreibt.  Über  die  ältere 
Zeit  wissen  wir  wenig,  Näheres  erst  über  Rom  etwa  von  Cicero  an.  Ciceros 
Verleger  Atticus,  Horazens  Sosii,  Martials  Tryphon  u.  a.  sind  bekannt.  Zu 
Cicero  vgl.  außer  den  Handbüchern  jetzt  auch  E.  Norden,  Aus  Ciceros  Werk- 
statt, S.  B.  Berl.  Ak.  1913,  2ff.  Mehrere  Abschreiber  an  einem  Texte  tätig 
z.  B.  Pindar,  Paeane  Oxy  V  841.  Hellenica  Oxyrhynchia  Oxy  V  842.  Alles 
Nähere  in  den  Handbüchern. 

Bibliotheken:  über  die  alexandrinischen  Bibliotheken  ist  viel  geschrieben 
worden,  wir  wissen  aber  fast  nichts  davon.  Aus  den  Pinakes  des  Kallimachos 
sind  nur  mehrere  Zitate  erhalten.  Bücherkataloge  aus  Ägypten:  Wilcken^ 
Chrestomathie  155  und  Vitelli,  Atene  e  Roma  VII,  vgl.  Arch.  f.  Pap.  III  492. 
Im  Allgemeinen  vgl.  Poland,  Öffentl.  Bibliotheken  in  Griechenland  und  Klein- 
asien (Histor.  Untersuchungen  f.  E.  Förstemann,  Leipzig  1894).  R.  Cagnat, 
Les  bibliotheques  municipales  dans  l'empire  romain  1906.  Wüßten  wir  Näheres 
über  die  Einrichtung  der  staatlichen  Archive,  z.  B.  der  kyy.rraeoif  ßiShod-rrAr 
oder  der  'AÖoiair,  3iß/.iod-r,y.r;  in  Alexandreia,  so  würden  wir  mancherlei  für 
die  großen  Büchereien  lernen  können;  aber  auch  die  Darstellung  bei  Preisigke, 
Girowesen  454ff.  steht  auf  unsicherem  Grunde.  Einige  versiegelte  Urkunden 
sind  auf  Elefantine  in  Krügen  «je^unden  worden  (Abb.  1'^).  Der  Rollenbehälter 
heißt  y.ioTT^,  capsa;  vgl.  Tebt.   II  414,  6  t«--  xioxa^  tiov  /aoTac/nof. 

Literatur. 

Th.  Birt,  Das  antike  Buchwesen.     Berlin  1882. 

Th.  Birt,  Die  Buchrolle  in  der  Kunst.     Leipzip  1907. 

Dziatzko,  Ausgewählte  Kapitel  aus  dem  antiken  Buchwesen. 

V.  Gardthausen,  Griechische  Palaeographie  -    Erster  Band:  Das  Buchwesen 

im  Altertum  und  im  byzantinischen  Mittelalter.    Leipzig  1911  (reich  an. 

Material,  aber  nicht  immer  klar  und  z.  T.  ohne  lebendige  Anschauung). 
E.  M.  Thompson,  An  introduction  to  Greek  and  Latin  Palaeography.  Oxford 

1912.    Kapitel  2—7  betreffen  Schreibmaterial,  Buchwesen  usw.    (Klare 

Darstellung  und  gute  Abbildungen). 
W.  Schubart,  Das  Buch  bei  den  Griechen  und  Römern.     Berlin  1907. 


IV.  ÜBERBLICK  ÜBER  DIE  LITERARISCHEN  PAPYRI. 

Die  literarischen  Papyri  stehen  an  Zahl  hinter  den  Urkunden 
und  Briefen  weit  zurück;  was  bisher  veröffentlicht  worden  ist, 
beläuft  sich  auf  mehr  als  1300  einzelne  Texte.  Darunter  be- 
finden sich  sowohl  Handschriften  bekannter  Werke,  als  auch 
solche,  die  bis  auf  die  neuen  Funde  verloren  waren.  Wenn  auch 
die  erhaltenen  Texte  in  gewisser  Weise  widerspiegeln,  was  in 
Ägypten  während  seines  griechischen  Zeitalters  gelesen  worden 
ist,  so  darf  man  doch  nur  mit  großer  Vorsicht  die  Zahlen  benutzen, 
die  sich  für  einzelne  Schriftsteller  oder  einzelne  Werke  ergeben, 
und  muß  sich  ständig  vor  Augen  halten,  wieviel  der  Zufall  bedeutet. 
Kein  Zufall  ist  es,  daß  die  homerischen  Gedichte  mit  annähernd 
300  Handschriften  weitaus  an  erster  Stelle  stehen,  und  daß  unter 
diesen  die  Ilias  weit  überwiegt;  Homer  war  das  allgemeine  Schul- 
buch. Ebenso  hat  es  seine  begreifliche  Ursache,  wenn  Demosthenes 
stark  vertreten  ist,  war  er  doch  das  Muster  im  rhetorischen  Unter- 
richt; auch  Euripides  verdankt  seine  hoheZahl  dem  Zeitgeschmacke. 
Was  die  Zeit  der  Handschriften  betrifft,  so  stammen  die  meisten 
wie  die  Mehrzahl  der  Papyri  überhaupt  aus  der  Kaiserzeit;  ganz 
anders  wird  das  Bild,  wenn  wir  nach  der  Entstehungszeit  der 
Werke  fragen,  denn  hierin  behauptet  die  vorchristliche  Zeit  weit- 
aus den  Vorrang.  Bevor  wir  die  Bedeutung  der  literarischen 
Papyrustexte  für  unsre  Kenntnis  der  Überlieferung,  für  den  Um- 
fang und  die  Geschichte  der  Literatur,  für  die  griechische  Kultur 
Ägyptens  näher  betrachten,  vergegenwärtigen  wir  uns  durch 
einen  Überblick,  was  uns  die  Papyrusfunde  erhalten  haben;  ob 
es  große  Rollen  oder  kleine  Bruchstücke  sind,  ist  hierfür  ohne 
entscheidende  Bedeutung.  Wir  verteilen  die  literarischen  Texte 
auf  die  drei  Perioden,  die  sich  von  selbst  ergeben,  die  klassische 
Zeit  etwa  in  der  Abgrenzung,  wie  sie  der  Klassizismus  der  Kaiser- 
zeit vornahm,  die  Zeit  des  Hellenismus,  die  sich  im  Wesentlichen 
mit  der  Ptolemäerzeit  deckt,  und  die  römische  Kaiserzeit,  wozu 
die    byzantinische    Periode    hinzugerechnet    werden    darf.       Aus 


KLASS.   EPIK   UND  L^•RIK.  65 


Gründen  äußerer  Zweckmäßigkeit  werden  die  ciiristliche  Lite- 
ratur und  die  lateinische  Literatur  gesondert  behandelt.  Während 
dieser  Überblick  nur  auf  das  Wesentliche  gerichtet  ist,  enthält 
das  Verzeichnis  in  Kap.  20  alle  literarischen  Papyri,  die  mir  be- 
kannt sind. 

KLASSISCHE  LITERATUR'). 

Am  Anfange  steht  der  Name  Homers,  der  ja  auch  der  Zahl  nach 
unter  den  Funden  den  ersten  Platz  einnimmt.  Man  las  zu  allen 
Zeiten  die  Ilias,  beträchtlich  seltener  die  Odyssee;  dazu  kommen 
Kommentare  und  Wörterbücher  zu  Homer.  Die  homerischen 
Hymnen,  die  doch  zum  Teile  alt  sind,  fehlen  bis  heute  unter  den 
Papyri  ganz.  Um  so  erfreulicher  ist  es,  unter  dem  Namen  des 
Hesiodos  nicht  wenig  Neues  zu  finden,  denn  neben  die  Theogonie, 
die  Werke  und  Tage,  den  Schild  treten  umfangreiche  Stücke  aus 
den  Katalogen.  Von  der  alten  Lyrik  hat  sich  mancherlei  bis  in 
die  Kaiserzeit,  ja  bis  in  die  byzantinische  Periode  erhalten,  Bruch- 
stücke aus  Are  hil  och  os  und  Alk  man,  ausAIkaios  und  Sappho; 
von  diesen  beiden  hat  uns  vor  Kurzem  das  reiche  Oxyrhynchos 
viel  Neues  beschert,  während  Archilochos,  den  man  am  meisten 
wünscht,  nicht  hoffnungslos  ist,  da  ihn  immerhin  die  Kaiserzeit 
noch  besaß.  Aber  vergeblich  sehen  wir  uns  bisher  nach  manchem 
andern  um,  nach  Semonides,  Theognis  und  Solon,  nach  Anakreon 
und  Mimnermos,  denn  was  in  der  Abhandlung  des  Chrysippos 
über  die  Negativsätze  an  Zitaten  aufbewahrt  ist,  bedeutet  keines- 
wegs ein  Zeugnis  für  die  hellenistische  Zeit,  der  die  Chrysippos- 
Handschrift  entstammt.  Hipponax  hat  nicht  viel  zu  sagen.  Um 
so  wichtiger  ist  es,  daß  die  Kaiserzeit  viel  von  Pin  dar  gelesen 
hat,  was  uns  fehlte,  Oden,  Päane  und  Jungfrauenchöre;  und  die 
schlichte  Anmut  der  Böoterin  Korinna  hat  uns  erst  ein  Papyrus- 
blatt kennen  lehren.  Der  gewandte  Erzähler  Bakchylides  ist 
völlig  ein  Geschenk  des  ägyptischen  Sandes,  und  in  einem  Grabe 
haben  die  Perser  des  Timotheos  geruht,  die  älteste  griechische 
Papyrushandschrift,  die  zu  den  Tagen  Alexanders,  des  Demo- 
sthenes  und  des  Aristoteles  hinaufreicht.  Nehmen  wir  die  Sprüche 
des  Simonides  hinzu  und  von  der  Grenze  der  Zeit,  die  wir  klassisch 


^)  Der  folgende  Überblick  bis  zum  Ende  des  Kapitels  deckt  sich,  abgesehen  von 
kleineren  Änderungen,  mit  meiner  Darstellung  desselben  Gegenstandes  in  dem 
Aufsatze  „Papyrusfunde  und  griechische  Literatur"  in  der  Internationalen 
Monatsschrift  für  Wissenschaft,   Kunst   und  Technik   1914. 

S  chub  art,  Papyrnskutide.  5 


66  KLASS.   DRAMA,  PHILOSOPHIE. 

nennen  wollen,  die  Choliamben  des  Phoinix  und  die  Gnomen  des 
Chares,  so  bliebe  auf  diesem  Gebiete  nichts  Wesentliches  uner- 
wähnt. 

Nur  zweifelnd  hat  man  zwei  kleine  Papyrusbruchstücke  dem 
Aischylos  zugeschoben;  im  übrigen  fehlt  er  unter  den  Funden. 
Reichlicher  ist  schon  Sophokles  vertreten:  Antigene,  Elektra  und 
Oidipus  Tyrannos,  dazu  manches  Neue,  die  Achäerversammlung, 
Eurypylos,  Tyro  und  besonders  das  berühmt  gewordene  Satyr- 
stück Ichneutai  sprechen  für  seine  Verbreitung.  Aber  sie  reicht 
nicht  von  ferne  an  Euripides  heran;  von  ihm  sehen  wir  in  der 
Hand  der  Leser  die  Phoinissai,  Medea,  Orestes,  Troades,  Hekabe, 
Hippolytos,  Andromache,  die  taurische  Iphigenie,  Elektra  wenig- 
stens in  einer  Inhaltsangabe,  und  Rhesos,  den  man  hier  nicht 
ausscheiden  darf;  über  den  alten  Bestand  hinaus  Melanippe, 
Hypsipyle,  die  Kreter,  Phaethon,  Archelaos,  Antiope,  Skiron, 
vertreten  durch  eine  Inhaltsangabe;  zweifelhaft  sind  die  dem  Oineus 
und  den  Temeniden  zugewiesenen  Bruchstücke.  Außerdem  ent- 
nehmen die  Florilegien  mit  Vorliebe  dem  Euripides  ihren  Stoff. 
Neben  ihm  verschwinden  die  geringen  Zeugnisse  für  Neophron 
und  Astydamas,  an  die  sich  ein  Satyrstück  eines  unbekannten 
Dichters  anreihen  mag.  So  bezeugen  denn  die  Papyri  in  Wirk- 
lichkeit fast  nur  Sophokles  und  Euripides.  Etwas  reicher  wird 
das  Bild,  wenn  wir  auf  die  Komödie  blicken.  Unzweifelhaft  las 
man  Epicharmos,  und  die  berühmten  Anfänger  der  attischen 
Komödie,  Kratinos,  Eupolis  tauchen  vor  uns  auf,  der  eine 
mit  einer  Inhaltsangabe  des  Dionysalexandros,  der  andere  mit  den 
Demen.  Aristophanes  begegnet  uns  in  den  Acharnern,  den 
Fröschen,  den  Wespen,  den  Vögeln,  den  Wolken,  den  Rittern, 
dem  Frieden  und  der  Lysistrata.  Ein  schmaler  Titelstreifen,  ein 
sogenannter  Sillybos,  hat  wenigstens  den  Titel  der  Weibermimoi 
des  Sophron  gerettet;  auch  was  sich  von  Antiphanes  erhalten 
hat,  ist  unbedeutend. 

Piatons  Schriften  erscheinen  in  den  Papyri  der  hellenistischen 
und  der  Kaiserzeit  verhältnismäßig  oft,  und  zwar  die  Apologie, 
Gorgias,  Laches,  Lysis,  Euthydemos,  Phaidon,  Phaidros,  Sym- 
posion, Politikos,  Politeia  und  Nomoi;  nur  durch  einen  Kommentar 
wird  der  Theaitetos  bezeugt.  Ein  Fragment  aus  der  älteren  Aka- 
demie, vielleicht  sogar  von  Herakleides  Pontikos,  reiht  sich  an. 
Um  so  spärlicher  ist  das,  was  von  Aristoteles  zutage  getreten 
ist,  denn  mit  einem  Fragmente  des  Protreptikos  und  der  Analytika, 


KLASS.   REDE,   GESCHICHTE.  67 


sowie  einem  Kommentare  zur  Topik  wäre  alles  erschöpft,  wenn 
nicht  die  Schrift  von  der  Verfassung  der  Athener  einen  frei- 
lich sehr  wertvollen  Ersatz  böte.  Theophrast  erscheint  mit  den 
Charakteres  und  vielleicht  einer  physikalischen  Schrift.  Was 
alle  diese  Funde  aufwiegen  würde,  Demokritos,  ist  bis  heute  nicht 
entdeckt  worden  und  wohl  kaum  zu  erwarten.  Dagegen  hat  sich 
ein  wertvolles  Stück  aus  der  Schrift  des  Sophisten  Antiphon 
,,Von  der  Wahrheit"  gefunden. 

Gehen  wir  zur  Rhetorik  und  den  Rednern,  so  mag  es  genügen, 
die  Namen  zu  nennen.  Neben  Alkidamas  sind  von  besonderem 
Werte  Antiphons  Apologie  und  des  Lysias  Rede  gegen  Theo- 
zotides; von  Isaios  gibt  es  ein  Stück  einer  unbekannten  Rede. 
Offenbar  am  beliebtesten  waren  die  großen  Muster  Isokrates 
und  Demosthenes,  die  mit  zahlreichen  Reden  in  den  Papyri 
begegnen  und  außerdem  durch  Kommentare  und  Wörterbücher 
bezeugt  werden;  obenan  steht  des  Demosthenes  Kranzrede.  Tritt 
Aischines  hinter  ihm  beträchtlich  zurück,  so  ist  es  ein  um  so 
größerer  Gewinn,  daß  uns  die  Papyri  den  Hypereides  wieder- 
gegeben haben.  Zur  Literatur  des  4.  Jh.  gehört  wohl  noch  eine 
namenlose  Rede  an  die  Athener,  eine  frühptolemäische  Hand- 
schrift der  Rhetorik  an  Alexander  und  das  merkwürdige 
Bruchstück  einer  Rhetorik  in  dorischem  Dialekte. 
Nur  ein  Bruchstück  ist  es,  das  an  die  Atlantika  des  Hellanikos 
erinnert,  dagegen  sind  mehrere  für  den  Text  wertvolle  Fragmente 
aus  dem  Werke  des  Herodotos  und  dem  des  Thukydides 
auf  uns  gekommen;  unter  den  Schriften  Xenophons  scheint 
mehr  als  Anabasis  und  Hellenika,  Poroi,  Oikonomikos,  Memora- 
bilien  und  Symposion  das  Buch  von  der  Erziehung  des  Kyros 
Beifall  gefunden  zu  haben,  wenn  man  auf  die  Zahlen  etwas  geben 
will.  Die  sog.  Hellenika  von  Oxyrhynchos,  sei  nun  Theo- 
pompos,  Ephoros  oder  ein  anderer  ihr  Verfasser,  bedeuten  für 
uns  einen  außerordentlichen  Gewinn.  In  einem  Bruchstücke  aus 
einer  Geschichte  Siziliens  dürfen  wir  vielleicht  die  Hand  des 
Timaios  erkennen,  und  Reste  einer  Geschichte  von  Sikyon  scheinen 
auf  Ephoros  oder  wenigstens  seine  Schule  zurückzugehen;  namen- 
los bleibt  ein  Werk,  worin  vom  Prozesse  des  Pheidias  erzählt 
wird. 

Nicht  ganz  bedingungslos  darf  hier  der  große  Name  des  Hippo- 
k  rat  es  erscheinen,   denn  wohl  nur  zwei  der  Papyri  zeugen  für 


Schriften   seiner  eigenen    Hand  oder  wenigstens  der  alten  Arzte 


68  HELLENISMUS. 


des  5.  und  4.  Jh.  a.  C;  die  Kaiserzeit  las  natürlich  die  falschen 
Briefe.  Ob  ein  anderes  medizinisches  Fragment  auf  Diokles  von 
Karystüs  zuri^ickgeht,  scheint  noch  unentschieden.  Endlich  mag 
der  klassischen  Zeit  noch  ein  Werk  über  Musiktheorie  ange- 
hören. 

So  wenig  ein  solcher  Überblick  in  die  Tiefe  gehen  kann,  er  wird 
immerhin  lehren,  daß  zwar  die  Funde  den  Begriff  der  klassischen 
Literatur  im  wesentlichen  bestätigen,  aber  doch  an  mehr  als  einem 
Punkte  erheblich  über  das  hinausgehen,  was  das  Mittelalter  uns 
überliefert  hat;  das  griechische  Ägypten  besaß  noch  Hesiods 
Kataloge,  las  noch  Sappho,  kannte  mehr  von  Pindar,  von  Sopho- 
kles und  Euripides  und  von  den  Vätern  der  attischen  Komödie 
um  nur  einiges  herauszugreifen.  Wir  dürfen  noch  viel  Neues  er- 
hoffen und  keineswegs  glauben,  ein  Schriftsteller  oder  ein  Buch 
sei  damals  vergessen  gewesen,  weil  bis  heute  kein  Papyrusblatt 
uns  sein  Dasein  unter  die  Augen  rückt. 

HELLENISMUS. 

Die  Griechen  haben  sich  selbst  schweren  Schaden  getan  und  uns 
fast  unmöglich  gemacht,  ein  reines  Bild  vom  Werdegang  ihrer 
Literatur  zu  zeichnen,  als  sie  zu  Beginn  der  Kaiserzeit  die  letzten 
drei  Jahrhunderte  verleugneten  und  auszulöschen  strebten.  Man 
lese,  was  Wilamowitz  in  seiner  Geschichte  der  griechischen  Lite- 
ratur darüber  geschrieben  hat,  um  die  Größe  des  Verlustes  zu 
ermessen.  Gerade  diese  Lücke  auszufüllen,  scheinen  die  Papyrus- 
funde vornehmlich  berufen,  haben  sie  doch  den  Vorteil,  in  beträcht- 
lichem Umfange  eben  aus  der  hellenistischen  Zeit  zu  stammen 
und  aus  einem  Lande,  dessen  Hauptstadt  Alexandreia  einer  der 
Mittelpunkte  geistigen  Lebens  war ;  überdies  hat  Ägyptens  Griechen- 
tum den  Klassizismus  der  Kaiserzeit  nicht  in  vollem  Umfange 
mitgemacht,  sodaß  auch  in  den  Papyri  der  Kaiserzeit  helleni- 
stisches Gut  gesucht  werden  darf  und  gefunden  worden  ist.  Aber 
bis  auf  den  heutigen  Tag  ist  das  Ergebnis  noch  bescheiden  ge- 
blieben, und  wenn  ich  versuche,  einige  Werke  zu  nennen,  die 
hellenistisch  sind  oder  wahrscheinlich  dem  Hellenismus  angehören, 
so  werden  es  längst  nicht  so  viel  Namen  sein  wie  bei  der  klassischen 
Literatur.  Vielleicht  nirgends  so  wie  hier  macht  es  sich  zu  unserm 
-Schaden  geltend,  daß  Alexandreia  unter  den  Fundstätten  fehlt 
und  wohl  immer  fehlen  wird. 
Die  Argonautika  des  Apollonios    Rh  odios  unter  den  Papyri 


HELL.   EPIK,   EPIGRAMME.  69 


anzutreffen,  ist  keine  Überraschung;  wenn  das  dritte  Buch,  das 
sich  mit  lascns  und  Medeas  Liebe  beschäftigt,  am  häufigsten 
v^ortcommt,  so  wird  das  nichts  als  Zufall  sein.  Von  dem,  was  sonst 
der  HtJlenismus  an  epischer  Dichtung  hervorgebracht  hat, 
erfahren  wir  nicht  viel;  Bruchstücke  nur  sind  es,  d'e  in  eine  Er- 
zählung der  Ledasage  und  ein  Telephosgedicht  hineinblicken 
lassen,  und  auch  von  dem  Epos,  dessen  erhaltener  Teil  von  einer 
Empörung  in  der  Heimat  des  Diomedes  während  seiner  Abwesen- 
heit berichtet,  ist  nur  ein  Blatt  vorhanden,  aber  es  lehrt  auf  jeden 
Fall,  daß  man  noch  im  4.  Jh.  p.  C.  solche  Werke  des  Hellenis- 
mus besaß.  Von  einem  Gedichte  über  den  Raub  der  Persephone 
erfahren  wir  nur  durch  eine  prosaische  Umschreibung  der  letzten 
Ptolemäerzeit.  Nahe  genug  liegt  es,  ein  offenbar  langes  Gedicht, 
das  unter  vielen  andern  Dingen  und  Sagen  von  der  Hochzeit 
der  Arsinoe  spricht,  eben  der  Zeit  der  großen  Königin  zuzu- 
schreiben; aber  vielleicht  ist  das,  was  wir  lesen,  nur  eine  spätere 
Verarbeitung  oder  Verwässerung.  Das  Epigramm,  das  gerade 
in  der  hellenistischen  Periode  blühte,  tritt  uns  wenigstens  in  einigen 
Proben  entgegen;  neben  mehreren,  die  genauer  Bestimmung 
widerstreben,  stehen  solche  auf  eine  geweihte  Statue,  auf  den 
Tod  des  Tragikers  Philikos,  also  ein  unmittelbares  Gelegenheits- 
gedicht aus  dem  alexandrinischen  Dichterkreise  um  Kallimachos, 
Epigramme  des  Poscidippos  und  aus  dem  Kranze  des  Meleagros, 
diese  in  einer  ungemein  kleinen,  zierlichen  Papyrusrolle,  während 
ein  Ostrakon  uns  ein  Epigramm  auf  Homers  Heimat  bewahrt  hat. 
Vielleicht  darf  man  auch  ein  kleines,  anspruchsloses  Hochzeits- 
gedicht, das  zwar  nicht  viel  sagt,  aber  als  Werk  des  Augenblicks 
wertvoll  ist,  in  die  hellenistische  Zeit  hinaufrücken.  Sicher  ist 
dagegen  der  frühe  Ursprung  bei  Skolien  mit  folgender  Elegie, 
die  auf  der  Inse!  Elefantine  zusammen  mit  frühptolemäischen 
Urkunden  ausgegraben  worden  sind;  der  Papyrus  hat  nie  einem 
Buche  angehört,  sondern  war  ein  einzelnes  Textblatt  für  den 
Vortrag  beim  Gelage.  Nach  Form  und  Inhalt  gehört  ein  ana- 
pästisches Gedicht  zwar  nicht  zu  den  erfreulichen  aber  zu 
den  merkwürdigen  Erzeugnissen  des  Hellenismus;  auf  dem  engen 
Räume  des  Erhaltenen  führt  es  uns  zuerst  eine  Verherrlichung 
Homers  und  dann  die  Prophetin  Kassandra  vor  Augen.  Auch  die 
Epoden  in  dorischem  Dialekt,  die  eine  Handschrift  der  Kaiser- 
zeit überliefert,  werden  hellenistischen  Ursprungs  sein. 
Auf  soviel  Namenlose  folgen  endlich  einige  der  großen  und  berühm- 


70 KALLIMACHOS.     MENANDER.     MIMOS. 

ten  Vertreter  hellenistischer  Dichtung.  Allen  voran  Theokritos, 
den  man  hier  erwartet  aber  nicht  so  gar  oft  antrifft;  jedoch  sind 
kürzlich  in  Antinoupolis  umfangreiche  Stücke  aus  seinen  Dich- 
tungen gefunden  worden.  Viel  reichere  Anschauung  hat  sich  bei 
Kalli machos  aufgetan,  der  ja  in  besonderer  Weise  mit  seiner 
Person  das  Alexandreia  des  Ptolemaios  und  der  Arsinoe  darstellt; 
wir  lesen  jetzt  beträchtliche  Stücke  aus  den  Aitia  mit  ihren  so 
schlicht  erscheinenden  und  so  fein  gefeilten  Erzählungen,  aus  den 
lamboi,  die  Hekale  beginnt  zu  erstehen,  und  unter  den  Liedern 
bedeutet  besonders  das  Gedicht  auf  den  Tod  der  Arsinoe  viel  für 
Art  und  Stil  des  Verfassers.  Daß  fast  alle  Papyri  Neues  geben, 
und  nur  ein  Stück  eines  Kommentars  sich  mit  den  Hymnen  be- 
faßt, ist  gerade  hier  ein  sehr  willkommener  Zufall.  Auch  Eupho- 
rion  reiht  sich  den  Dichtern  ein,  die  wir  ganz  oder  überwiegend 
neu  kennen  lernen;  freilich  rückt  ihn  der  Vergleich  weit  unter 
Kallimachos.  Eine  Überraschung  war  auch  die  Entdeckung  der 
Meliamben  des  Kynikers  Kerkidas.  Aber  weitaus  am  meisten 
Aufsehen  hat  Menander  erregt,  dessen  Name  ruhmvoll  aus  dem 
Altertum  herüberklang,  ohne  daß  seine  Kunst  anschaulich  geworden 
wäre.  Ihn,  der  um  die  Wende  des  4.  zum  3.  Jh.  a.  C.  die  neue 
Komödie  in  Athen  auf  die  Höhe  führte,  hat  man  in  Ägypten  bis 
in  späte  Zeit  in  Händen  gehabt,  entliält  doch  eine  Handschrift  des 
5.  Jh.  p.  C.  das  Meiste  von  dem,  was  wir  jetzt  lesen.  Zwar  ist 
kein  Stück  vollständig  erhalten,  aber  doch  viele  mehrfach  und  in 
beträchtlichem  Umfange,  und  es  will  etwas  sagen,  wenn  wir  in  der 
neuesten  Ausgabe  Heros,  Epitrepontes,  Samia,  Perikeiromene, 
Kolax,  Georgos,  Misumenos,  Perinthia,  Koneiazomenai,  Phasma 
und  Kitharistes  finden;  dazu  kommen  Inhaltsangaben  der  imbrioi 
und  der  Hiereia;  auch  noch  manche  anderen  Bruchstücke  mögen 
dem  Dichter  gehören.  Neben  ihm  verschwinden  die  Reste  aus 
Philemon  völlig.  Die  Papyrusfunde  haben  wohl  kaum  für  einen 
andern  der  schöpferischen  Geister  des  Hellenismus  so  viel  ge- 
leistet wie  für  Menander. 

Neben  das  Lustspiel  stellt  sich  schon  sehr  früh  der  Mi  mos,  erst 
ein  kurzes  Bild  bestimmter  Charaktere  in  bestimmter  Lage,  bald 
von  der  geschilderten  Szene  und  der  Einzelrede  übergreifend  auf 
das  Zwiegespräch,  halb  lyrisches  Stimmungsbild,  halb  drama- 
tischer Vorgang.  Die  Papyrusrolle,  der  wir  die  Mimen  des  Herodas 
verdanken,  blieb  nicht  allein;  Mimen  niederen  Ranges,  wie  die 
Liebesklage  derVerlassenen  und  der  ,, trunkene  Liebhaber" 


HELL.  PHILOSOPHIE,  RHETORIK.  71 

reihen  sich  an.  Recht  verbreitet  waren  damals  die  Florilegien, 
die  mit  Vorliebe  aus  Euripides  und  der  Komödie  scliöpften,  um 
allerlei  Sprüche  bald  allgemeiner  Lebensweisheit,  bald  —  und  dies 
besonders  gern  —  Sentenzen  über  die  Frauen,  mehr  tadelnd  als 
lobend,  zusammenzubringen;  einmal  aber  haben  sie  uns  in  der 
sogenannten  Monodie  der  Helena  und  einer  lyrischen  V'ersgruppe 
über  den  von  Vögeln  und  Bienen  durchschwirrten  Wald  sehr 
eigenartige  Stimmungsbilder  bewahrt.  Äulk^rlich  sind  sie  oft  un- 
scheinbar, auf  gebrauchte  und  abgewaschene  Blätter  oder  auf  die 
Rückseite  anderer  Texte  geschrieben,  nur  geringe  Beispiele  einer 
gewiß  zahlreichen  und  immer  neu  entstehenden  Literatur. 
Aus  einer  beträchtlichen  Anzahl  von  Bruchstücken,  deren  Inhalt 
man  im  weitesten  Sinne  philosophisch  nennen  darf,  heben 
sich  nur  wenige  einigermaßen  greifbare  Werke  heraus,  eine  Samm- 
lung von  Anekdoten  über  den  Kyniker  Diogenes  —  vielleicht 
war  es  besonders  auf  seine  Aussprüche  abgesehen  — ,  eine  Streit- 
schrift, die  sich  lebhaft  gegen  Hippokrates  wendet,  praktische 
Regeln  für  den  Umgang  mit  Königen,  daneben  Stücke,  die  bald 
stoischen,  bald  antistoischen  Ursprung  anzuzeigen  scheinen, 
epikuräisch  oder  kynisch  sich  geben,  kurz  eine  Schriftstellerei, 
die  nicht  so  sehr  wissenschaftlich  ist,  als  vielmehr  dem  gebildeten 
Mittelstande  eine  bequeme  Lebensweisheit  in  die  Hand  drückt. 
Und  Epikuros  selbst  fehlt  bis  heute;  die  Rollen  au?  Herkulanum 
kommen  hier  nicht  in  Betracht. 

Von  den  Reden,  die  uns  die  Papyri  erhalten  haben,  gehören  nicht 
allzu  viele  sicher  dem  Hellenismus  an,  und  wohl  so  gut  wie  alle 
sind  nicht  gehaltene  Reden,  sondern  rhetorische  Kompositionen, 
die  auch  abgesehen  von  ihrem  Werte  für  das  rhetorische  Studium 
manchmal  noch  eine  schätzbare  Kenntnis  des  attischen  Bodens 
verraten,  auf  den  sie  sich  natürlich  stellen.  Wenn  auch  jetzt  ein 
sicheres  Urteil  noch  nicht  möglich  ist,  so  scheint  doch  die  Rhe- 
torik in  Ägypten  mehr  Pflege  gefunden  zu  haben,  als  man  gewöhn- 
lich meint.  Einen  Platz  für  sich  beanspruchen  des  Satyros 
Charakteristiken  der  Tragiker,  wovon  der  Abschnitt  über  Euri- 
pides erhalten  ist;  sie  tragen  ihren  Gegenstand  in  der  Form  eines 
leichten  Gesprächs  vor.  Vielleicht  geht  auch  ein  Werk,  das  im 
erhaltenen  Fragmente  vom  Dithyrambos  zu  handeln  scheint, 
auf  die  hellenistische  Zeit  zurück.  Daß  die  gebildeten  Griechen 
Ägyptens,  die  sich  mit  Athen  durch  Euripides  und  Menander, 
durch   Demosthenes   und   Piaton   v'erbunden   fühlten,   auch   eine 


72  HELL.  GESCHICHTE,  MEDIZIN. 

Beschreibung  der  Stadt  lasen  —  man  nennt  sie  eine  Attische 
Periegese  — ,  daß  die  Geschichtswerke  des  Hellenismus,  die 
Athens  Geschichte  behandeln,  auch  hier  einen  Leserkreis  fanden, 
liegt  auf  der  Hand  und  wird  durch  die  Papyrusfunde  bestätigt.  Noch 
mehr  freilich  mußten  die  Ereignisse  der  Zeit  selbst  eine  Reihe 
historischer  Werke  anregen  und  ihnen  Verbreitung  schaffen; 
so  sehen  wir  die  Feldzüge  Alexanders  behandelt,  treffen  aber  den 
Alexanderroman  bisher  nur  einmal  an;  Briefe  an  makedonische 
Könige,  echt  oder  unecht,  tauchen  auf,  und  vor  allem  erweckt  es 
unsere  Hoffnungen,  wenn  wir  die  Spuren  der  Geschichtsschrei- 
bung recht  im  Mittelpunkte  der  Periode  finden:  weit  wichtiger 
als  Polybios,  der  nicht  häufig  vorkommt,  sind  das  alleinstehende 
Bruchstück  aus  dem  Buche  des  Sosylos  über  Hannibal  und  der 
Bericht  des  Königs  Ptolemaios  Euergetes  über  seinen  Feld- 
zug in  Syrien,  den  man  doch  wohl  nicht  zu  sehr  als  Aktenstück, 
sondern  eher  als  öffentliche  Darstellung  betrachten  sollte.  Der 
erweiterte  Gesichtskreis  zeigt  sich  in  den  Resten  einer  Schrift 
über  die  Sitten  fremder  Völker.  Aber  einer  der  größten,  Posei- 
donios,  ist  bisher  aus  dem  Sande  Ägyptens  nicht  auferstanden. 
Geschichtliche  und  geographische  Kenntnisse  verflacht  und  für 
den  bescheidensten  Gebrauch  des  Hauses  oder  der  Schule  verein- 
facht sehen  wir  in  einer  Sammelrolle  vor  uns,  die  an  ein  Stück 
aus  dem  Alexanderroman  eine  Liste  berühmter  Maler,  Bildhauer, 
Baumeister  und  Techniker  anschließt  und  die  Geographie  in  Ge- 
stalt von  Bergen,  Flüssen,  Inseln  folgen  läßt;  solche  Werke,  die 
aus  dem  Tage  für  den  Tag  entstehen,  hat  es  gewiß  in  Menge  ge- 
geben. Unlängst  hat  uns  Oxyrhynchos  ein  neues  Beispiel  dieser 
Gattung  geschenkt,  das  besonders  durch  die  Liste  der  alexandri- 
nischen  Bibliothekare  wertvoll  wird.  Vermittler  zwischen  solchen 
Auszügen  und  den  großen  Werken  der  alexandrinischen  Gelehrten 
waren  Bücher  wie  der  Auszug  des  Herakleides  Lembos  aus 
Hermippos. 

Aus  der  Reihe  der  Papyri  medizinischen  und  naturwissen- 
schaftlichen Inhalts  kann  man  nur  sehr  unsicher  die  Bücher 
hellenistischen  Ursprungs  aussondern,  so  daß  es  besser  scheint, 
ihnen  bei  der  Besprechung  der  Kaiserzeit  ein  Wort  zu  widmen. 
Nur  ein  physiologisches  Werk,  von  dem  nicht  wenig  erhalten 
ist,  gehört  sicher  dem  Hellenismus  an,  ob  auch  einem  Griechen 
aus  Ägypten,  muß  dahingestellt  bleiben. 
Die  Astronomie  hat  bei  den  Griechen  kaum  irgendwo  besseren 


HELL.  EXAKTE  WISSENSCHAFTEN.  GRAMMATIK.  73 

Boden  finden  können  als  in  Ägypten.  Zwar  die  Phainoniena  des 
Aratos,  die  wir  nni  des  Inhaltes  willen  hierher  ri^icken  dürfen, 
und  die  Techne  des  Eudoxos  kamen  von  außerhalb;  die  Papyrus- 
rolle, die  das  zweite  Werk  enthält,  ist  eines  der  wenigen  antiken 
Bücher  mit  Bildern,  die  wir  haben.  Aber  alle  die  Kalender, 
angefangen  von  dem  frühen  Kalender  von  Sais,  die  man  bald 
astronomisch,  bald  astrologisch  nennen  muß  oder  darf,  und  nicht 
minder  ein  meteorologisches  Handbuch,  das  sich  mit  Planeten, 
Wetterzeichen  und  ihrer  Deutung  befaßt,  sind  sicherlich  in  Ägypten 
entstanden,  lehrreiche,  aber  doch  nur  abgeleitete,  für  die  vielen 
zurecht  gemachte  Niederschläge  der  strengen  Forschung.  Gehen 
wir  zur  Mathematik  über,  so  wäre  Eukleides  zu  nennen,  und 
aus  der  sich  anfügenden  Musiktheorie  die  Werke  des  Aristo- 
xenos;  namentlich  aus  den  Rhythmika  Stoicheia  ist  ein  beträcht- 
liches Stück  erhalten.  Auch  die  Metrik  tritt  uns  in  einem  Werke 
hellenistischen  Ursprungs  vor  Augen,  das  mehrere  Versmaße  an 
Beispielen  aus  Dichtern  bis  herab  auf  Kallimachos  erläutert  und 
ein   Schema  in   unserer  Weise  hinzufügt. 

Während  für  uns  das  Bruchstück  aus  dem  Buche  des  Chrysippos 
oder  eines  Nachahmers  über  die  Negativsätze  wegen  der  einge- 
streuten Dichterstellen  eine  Schatzkammer  ist,  stellt  es  dem 
Verfasser  ein  übles  Zeugnis  aus,  daß  er  Sappho  mißbrauchte, 
um  ihren  Liedern  Beispiele  für  den  Negativsatz  zu  entnehmen. 
Das  Grundbuch  der  Grammatik,  die  Techne  des  Dionysios 
Thrax,  konnte  man  unter  den  Papyri  mit  Recht  erwarten. 
Es  ist  kein  Zweifel,  daß  der  Hellenismus  zahlreiche  Kommentare 
verschiedensten  Ranges  zu  der  älteren  Literatur  hervorgebracht 
hat,  ganz  abgesehen  von  den  berühmten  Werken  der  alexandri- 
nischen  Gelehrten.  Am  wertvollsten  unter  den  Funden  dieser 
Art  ist  ohne  Frage  des  Didymos  großer  Kommentar  zu  den 
philippischen  Reden  des  Demosthenes,  der  ganz  und 
gar  auf  der  alexandrinischen  Gelehrsamkeit  hellenistischer  Zeit 
aufgebaut  ist  und  deshalb  hierher  gehört,  wenn  auch  Didymos 
bis  in  die  Regierung  des  Augustus  hinein  gelebt  hat.  Sonst  können 
wir  nur  bei  wenigen  Papyrusfragmenten  des  hellenistischen  Ur- 
sprunges gewiß  sein,  wie  es  z.  B.  bei  ein  paar  lliaskommentaren 
und  dem  bedeutenden  Kommentare  des  Aristarchos  zu  Hero- 
dotos  der  Fall  ist. 

Nicht  wenig  haben  die  Papyrusfunde  zur  Kenntnis  der  hellenisti- 
sehen   Literatur  beigetragen;   aber  noch  ist  es  ein  weiter  Weg, 


74  KAISERZEIT:  EPIK. 


bis  man  mit  ihrer  Hilfe  ein  volles  Bild  der  Dichtung  und  der  Wissen- 
schaft jener  Periode  wird  zeichnen  können.  Was  wir  finden, 
sind  Ausläufer;  der  Mittelpunkt  Alexandreia  müßte  ganz  anders 
aussehen.  Greifbar  wird  uns  hier  und  da  die  niedere  Literatur, 
die  Wissen  oder  Kunst  aus  zweiter  und  dritter  Hand  empfängt 
und  dem  Volke  weitergibt,  die  nicht  für  die  Ewigkeit,  sondern 
für  den  Tag  Verse  macht  und  Aufsätze  schreibt;  wir  können  sehen, 
wie  das  Griechentum  Ägyptens  teilnimmt  nicht  nur  als  Leser, 
sondern  auch  als  Erzeuger  literarischer  Werke;  der  weite  Umfang 
der  hellenistischen  Literatur  ist  selbst  in  diesem  engen  und  zu- 
fälligen Ausschnitte  unverkennbar,  der  ständige  Zustrom  griechi- 
scher Literatur  von  außen  nach  Ägypten  hinein,  das  weltbürger- 
liche Wesen  des  Hellenismus  spiegelt  sich  auch  in  den  Funden, 
aber  alles  in  allem  ist  es  doch  nur  eine  Hoffnung,  noch  keine  Er- 
füllung, was  bis  heute  vor  unserm  Auge  liegt. 

KAISERZEIT. 

Bedenkt  man,  wie  stark  in  der  uns  überlieferten  griechischen 
Literatur  dem  Umfange  nach  die  Erzeugnisse  der  Kaiserzeit  ver- 
treten sind,  so  wird  man  es  als  eine  gute  Seite  der  Papyrusfunde 
anerkennen,  daß  sie  dies  Übergewicht  nicht  allzusehr  vermehren; 
immerhin  ergeben  sie  ein  recht  ausgedehntes  und  buntes  Bild. 
Für  unsere  Betrachtung  scheint  es  aus  praktischen  Gründen  not- 
wendig, die  byzantinische  Periode  hineinzuziehen,  obwohl  der 
Unterschiede  nicht  wenig  sind.  Die  christliche  Schriftstellerei, 
die  an  sich  zur  griechischen  Literatur  gehört,  wird  hier  nur  um  der 
Übersicht  willen  getrennt  behandelt. 

Unter  den  Werken  epischer  Form  Oppians  Halieutika  lediglich 
zu  nennen,  wird  genügen.  Wichtiger  ist  eine  ziemlich  umfangreiche 
und  wertvolle  Handschrift  der  Dionysiaka  des  Nonnos; 
vor  allem  aber  sehen  wir  jetzt  etwas  von  dem  literarischen  Um- 
kreise, aus  dem  der  ägyptische  Grieche  Nonnos  von  Panopolis 
sich  erhoben  hat.  Nicht  allein  Reste  eines  Gedichtes,  das  sich 
gleichfalls  mit  Dionysos  beschäftigt  und  vielleicht  aus  den  Bassa- 
rika  des  Dionysios  stammt,  gehören  hierher,  sondern  auch  andere 
Epen,  in  denen  die  Liebe  Achills  zu  Polyxena  besungen  wird  oder 
der  Schatten  Achills  die  Achäer  anredet.  Etwa  derselben  Zeit, 
dem  4.  jli.  p.  C,  darf  man  einige  der  epischen  Verherr- 
lichungen hoher  Herren  zurechnen,  Gedichte,  in  denen 
mit    mehr    oder    minder    gelungener   Nachahmung    homerischen 


KAISERZEIT:   EPIK.  75 


Stiles  die  Kämpfe  der  Thebais  mit  den  Blemyern  geschildert 
und  die  Helden  der  Griechen,  rhomäische  Offiziere  wie  Germanos 
und  andere,  gefeiert  werden.  Ein  Epos  über  die  Kriegstaten  Dio- 
kletians und  seiner  Mitkaiser  schließt  sich  dieser  Reihe  an,  und 
nehmen  wir  aus  demselben  Papyrusbuch  eine  epische  Darstellung 
der  Schöpfung  hinzu,  die  stoische  und  ägyptische  Vorstellungen 
vermengt  und  den  großen  Hermes  als  Weltbildner  in  die  Mitte 
rückt,  so  gewinnen  wir  wenigstens  eine  wenn  auch  begrenzte 
Anschauung  der  ägyptisch-griechischen  Epik  in  byzantinischer 
Zeit,  die  in  Nonnos  ihren  Höhepunkt  findet.  Man  wird  alle  diese 
Werke  nicht  überschätzen,  wenn  man  sie  beträchtlich  über  die 
Dichtungen  stellt,  die  uns  ,,Der  Dichter  von  Aphrodite" 
aus  den  späteren  Jahren  Justinians  hinterlassen  hat,  meistens 
Entwürfe  auf  der  Rückseite  von  Urkunden,  in  allen  möglichen 
Formen,  Hexametern,  iambischen  Trimetern  usw.,  auch  prosaische 
Deklamationen,  alle  gleich  furchtbar  in  Sprache  und  Inhalt, 
aber  überaus  merkwürdige  Proben  dessen,  was  damals  in  Ober- 
ägypten aus  griechischer  Sprache  und  Bildung  geworden  war. 
Derselbe  Dichter  von  Aphrodito  iiat  uns  ein  längeres  Preisgedicht 
auf  den  kaiserlichen  Statthalter  Johannes  geschenkt,  das  neben 
den  großen  Urkunden  derselben  Herkunft  die  schlimmen  Zeiten 
anschaulich  schildert. 

Älter,  etwa  aus  dem  3.  Jh.  p.  C,  ist  ein  Preisgedicht,  das  zwar 
als  Enkomion  auf  Hermes  bezeichnet  wird,  in  Wirklichkeit  aber 
einem  jugendlichen  Gymnasiarchen  gilt.  Und  für  die  lang- 
weiligen Verse  auf  die  Löwenjagd  des  Kaisers  Hadrian  und  seines 
Antinoos  kann  man  sogar  den  Verfasser  Pankrates  nennen. 
Beide'  sind  Erzeugnisse  ägyptischer  Griechen.  Dagegen  hat  ein 
merkwürdiger  Zufall  uns  Trauergedichte,  Epikedeia,  auf  ge- 
feierte Rhetoren  der  Schule  von  Berytos  erhalten,  Werke  des 
4.  Jh.,  die  vielleicht  durch  Studenten  ägyptischer  Herkunft  ins 
Niltal  geraten  sind.  Hymnen  auf  Hermes  in  Ägypten  zu  finden, 
wird  niemand  sich  wundern;  und  auch  einige  Verse  auf  die 
Tyche,  die  Anspruch  auf  Kunstwert  kaum  erhoben  haben,  werden 
ägyptischer  Herkunft  sein.  Für  die  Elegie  gibt  das  arg  ent- 
stellte Gedicht  eines  Poseidippos  aus  dem  böotischen  Theben  ein 
kümmerliches  und  kaum  verständliches  Beispiel.  Um  so  mehr 
Beachtung  verdient  ein  Epigramm  auf  die  Eroberung 
Ägyptens  durch  Oktavian,  ein  Blatt,  das  sonderbarerweise 
mitten   in   eine   Urkundenrolle    eingeklebt   worden   ist.    und   eine 


76  KAISERZEIT:  LIED,  MIMOS,  R(3MAN. 

Reihe  von  Entwürfen  zu  Grabepigramnien  auf  einen  Euprepios, 
die  im  Konzepte  des  Dichters,  wenn  wir  den  Verfasser  so  nennen 
wollen,  vor  uns  liegen.  Endlich  sei  nicht  vergessen,  daß  auch 
Stücke  aus  den  Sibyllinen  dem  ägyptischen  Sande  entstiegen 
sind. 

Nur  spärlich  ist  bisher  vertreten,  was  man,  etwa  Lyrik  nennen 
könnte,  und  kaum  etwas  fällt  genau  unter  diesen  Begriff;  dafür 
ist   alles   unverkennbare   Volksdichtung,   nämlich   in  Ägypten 
erwachsen  und  weder  auf  hohe  Ansprüche  noch  auf  die  Ewigkeit 
berechnet.     Skolienartige  Epigramme  in  ungewöhnlich  gebauten 
Hexametern  geben  sich  als  Flötenlieder  zu  erkennen;  aus  einer 
Reihe    wenig    verständlicher    Bruchstücke    tritt    die    weinerlich 
possenhafte  Klage  um  einen   entlaufenen  Hahn  heraus,  halb 
in  Versen,  halb  in  Prosa,  und  ihr  verwandt  eine  Liebesklage.  Weit 
erfreulicher  sind  zwei  kleine  vollständige  Schifferlieder,  deren 
eines  den  Meerschiffer  dem  Nilschiffer  gegenüberstellt,  während 
das  andere  eine  Fahrt  über  die  rhodische  See  voraussetzt.     Vor 
allem  aber  haben  wir  ein  treffliches  Beispiel  für  den  Mimos  der 
Kaiserzeit  in  einem  Papyrus  aus  Oxyrhynchos,  der  uns  mit  zweien 
dieser  Art  bekannt  macht:  in  dem  einen  will  eine  junge  Frau 
ihren  Sklaven  verführen  und,  da  er  nicht  gehorcht,  ihn  mit  seiner 
Geliebten  töten  lassen;  der  andere  führt  uns  in  zwei  Entwürfen 
eine  derbe  Posse  vor,  die  mit  einer  größeren  Anzahl  von  Personen 
und  nn"t  Musik  arbeitet;  es  handelt  sich  um  die  Befreiung  eines 
griechischen   Mädchens   durch   ihren    Bruder,    der   die   Barbaren, 
die  sie  in   einem   Tempel    Indiens  festhalten,   betrunken   macht; 
die  Barbaren  reden  in  kanaresischer  Sprache.     Das  ist  also  eine 
ins  Possenhafte  gezogene   Iphigenie.      Die   Handschrift  ist,   ganz 
abgesehen  von  ihrem    Inhalte,  auch  äußerlich  sehr  merkwürdig, 
weil  sie  nicht  nur  die  Personen  bezeichnet,  sondern  auch  Bühnen- 
anweisungen   gibt.       Solche    Stücke,    gewiß    Werke    ägyptischer 
Griechen,   nmß  man  sich  auf  den  Bühnen  der  Provinzstädte  in 
der  Kaiserzeit  vorstellen.    Ein  paar  Reste  von  Mimen,  unbestimm- 
bare  Komödienfragmente,   vielleicht   ein  paar   Florilegien  mögen 
hinzukommen;  damit  ist  im  wesentlichen  gesagt,  was  über  dichte- 
rische Werke  unter  den  Papyri  zu  bemerken  wäre;  in  der  Kaiser- 
zeit hat  ja  die  Rhetorik  alles  zurückgedrängt. 
Auch    an    Romanen,    die    unfraglich    einen    großen    Leserkreis 
hatten,  liegt  uns  nicht  gerade  viel  vor:  von  Chariton  hat  uns 
Ägypten  außer  Chaireas  und  Kallirhoe  noch  ein  Romanbruchstück 


KAISERZEIT:   PHILOSOPHIE.   RELIÜ.   LITERATLR.  77 


gegeben,  dessen  Heldin  Cliione  heißt.  Für  den  Roman  vom  Prinzen 
Ninos  können  wir  ebensowenig  einen  Verfasser  nennen  wie  für 
den  Roman  von  Metiochos  und  Parthenope.  Auch  aus  Kleitophon 
und  Leukippe  des  A.chilles  Tatius  ist  ein  beträchtliches  Stück 
ans  Licht  gekommen.  Dab  des  Babrios  Schulfabelbuch  in 
Ägypten  mit  lateinischer  Übersetzung  gelesen  wurde,  weist  auf 
den  Vorstoß  des  Lateinischen  im  4.  Jh.  p.  C.  hin,  der  freilich 
nicht  vorhielt.  Neben  Spuren  anderer  Fabeln  taucht  auch  das 
fabelhafte  Leben  des  Aisopos  auf.  Insgesamt  muß  man  fest- 
stellen, daß  höhere  dramatische  Dichtung  in  den  Papyrusfunden 
so  gut  me  ganz  fehlt,  dagegen  der  possenhafte  Mimos  und  das 
breite  Gelegenheitscarmen  in  epischer  Form  hervortreten. 
Auf  dem  Gebiete  der  Philosophie  verdanken  wir  den  Papyrus- 
funden immerhin  ein  wertvolles  Werk  nicht  geringen  Umfanges, 
die  Ethische  Elementarlehre  des  Stoikers  Hierokles;  die  ziem- 
lich gut  erhaltene  Einleitung  legt  die  physiologischen  Grundlagen 
der  stoischen  Ethik  dar.  Von  mancherlei  Schriften  ethischen 
Inhalts  zeugt  eine  Reihe  von  Bruchstücken,  daneben  stehen 
Sammlungen  von  Sentenzen  und  Anekdoten,  und  auch  die  soge- 
nannte Diatribe  fehlt  ebensowenig  wie  Lebensbeschreibungen 
von  Philosophen,  z.  B.  des  Secundus,  und  auf  die  immer  dauernde 
Beschäftigung  mit  Piaton  stoßen  wir  in  einem  umfänglichen, 
leider  innerHch  dürftigen  Kommentare  zumTheaitetos.  Mit  einigem 
Rechte  darf  hier  Philon  angereiht  werden,  aus  dessen  Schriften 
mehrere  Bruchstücke  zu  Tage  getreten  sind.  Die  bedeutenden 
Denker  der  Zeit  fehlen  bisher  in  den  Funden,  wohl  kaum  durch 
Zufall,  da  Ägypten  auch  für  den  religiös  gerichteten  Neuplatonis- 
mus  schwerlich  der  rechte  Boden  war,  obwohl  er  in  Alexandreia 
seinen  Ursprung  nahm.  Dagegen  hat  uns  neuerdings  auf  dem  Ge- 
biete der  religiösen  Literatur  Oxyrhynchos  mit  einem  umfang- 
reichen und  äußerst  wertvollen  Isishymnus  beschenkt,  der  aus 
dem  2.  Jh.  p.  C.  stammt  und  an  Bedeutung  den  Isishymnen 
von  Andros  und  los  gleichkommt.  Jedenfalls  übertrifft  er  die 
sonstigen  Überreste  religiöser  Literatur  weit,  z.  B.  ein  Bruch- 
stück, das  den  Horosmythus  erzählt  oder  die  sogenannten  Sara- 
pisaretalogien,  Berichte  über  Wunderheilungen  durch  den  Gott. 
Leider  nur  der  Anfang  ist  von  einem  Leben  des  Imhotep,  des 
ägyptischen  Weisen  und  Propheten,  erhalten. 
Daß  man  die  Rhetorik  gepflegt  hat,  lehren  zahlreiche  Übungs- 
reden  und  Schulübungen,  die  bald  allerlei  Sagenstoffe,  wie  Adrastos 


78  KAISERZEIT:  RHETORIK.  GESCHICHTE. 

und  seine  Töchter,  behandeln,  bald  es  darauf  absehen,  einen 
Gegner  des  Demosthenes  vorzustellen;  an  einem  Katechismus 
der  Rhetorik  sehen  wir,  wie  man  die  Grundbegriffe  mundgerecht 
machte  und  einprägte.  Natürlich  studierte  man  die  großen  atti- 
schen Muster,  schrieb  Kommentare  zu  Demosthenes,  z.  B.  zu  den 
Reden  gegen  Meidias  und  Androtion,  verfaßte  Wörterbücher, 
wie  sie  zur  Midiana  und  Aristocratea  noch  vorliegen,  und  las 
Lebensbeschreibungen  des  Demosthenes  und  des  Isokrates.  Eine 
Abhandlung  über  verschiedene  Literaturwerke  ist  nicht  gut  genug 
erhalten,  um  erheblichen  Ertrag  zu  bringen.  Aber  wirklich  be- 
deutende Erzeugnisse  der  Zeit  fehlen  noch;  selbst  von  Aristeides, 
dessen  Ansehen  bei  den  Griechen  Ägyptens  eine  Ehrentafel  be- 
zeugt, ist  noch  nichts  zutage  gekommen.  Und  auch  Lukian,  den 
man  vielleicht  hier  nennen  darf,  erscheint  nicht,  obwohl  er  als 
Bürodirektor  des  Statthalters  in  Ägypten  gewiß  eine  bekannte 
Person  geworden  ist.  Die  Rede  eines  Rechtsanwalts  gegen  einen 
hohen  Beamten  ist  wohl  wirklich  gehalten  worden  und  dann  erst 
als  Broschüre  erschienen;  auch  richterliche  Urteile,  die  wohl 
aus  dem  Gerichte  selbst  hervorgegangen  sind,  erscheinen  rheto- 
risch aufgeputzt  und  halbliterarisch. 

Der  Teilnahme  des  ägyptischen  Griechentums  an  geschichtlichen 
Studien  verdanken  wir  mehrere  wichtige  Werke,  besonders  ein 
umfangreiches  Stück  aus  einer  chronologischen  Übersicht, 
wovon  uns  die  Zeit  von  355—315  a.  C,  nach  Olympiaden  und 
athenischen  Archonten  datiert,  erhalten  ist;  daneben  eine  Liste 
olympischer  Sieger,  vielleicht  verfaßt  von  Hadrians  Zeit- 
genossen Phlegon  von  Tralles,  Sehr  kurz  zugeschnitten  ist  ein 
Leben  des  Alkibiades;  ein  Bruchstück  über  die  Belagerung  von 
Rhodos  durch  Demetrios  verdient  nur  deshalb  genannt  zu  werden,, 
weil  der  Verfasser  sich  gequält  hat,  ionisch  zu  schreiben,  was  da- 
mals für  solche  Gegenstände  fast  noch  feiner  erschien  als  attisch. 
Die  Nachahmung  des  Alten,  und  zwar  in  erster  Linie  der  Sprache 
und  des  Stils,  hat  uns  außer  Bruchstücken  aus  Herodot  und 
Thukydides  selbst  auch  wertvolle  und  umfangreiche  Kommentare 
erhalten,  die  damals  entstanden  sind.  Wie  weit  einige  Schriften 
über  fremde  Völker,  z.  B.  über  Sitten  der  Spartaner,  über  merk- 
würdige Bräuche  halbbarbarischer  Stämme,  Listen  von  Völker- 
namen, ihren  Ursprung  im  ägyptischen  Griechentume  haben,, 
bleibt  im  einzelnen  unentschieden;  dagegen  gehört  eine  Welt- 
chronik   mit    Bildern   sicher   in    den    alexandrinischen    Kreis 


KAISERZEIT:  NATURWISSENSCHAFTEN.  79 

hinein.  Auch  den  trojanischen  Krieg  des  Diktys,  den  wir  griechisch 
auf  einem  Papyrusblatte  finden,  wird  man  damals  als  Geschichts- 
werk gelesen  haben.  Aber  wir  vermissen,  um  nur  ein  paar  Namen 
herauszugreifen,  Diodoros  und  Strabon,  die  man  doch  in  Ägypten 
hätte  lesen  sollen;  und  auch  Plutarchos  ist  noch  nicht  aufgetaucht. 
Den  Josephus  schätzte  vielleicht  nur  die  alexandrinische  Juden- 
schaft, die  in  den  Papyri  wenig  zu  sagen  hat.  Um  so  mehr  haben 
ihre  Gegner  zu  sagen,  die  alexandrinischen  Antisemiten,  und  aus 
dem  Kreise  der  Griechen  Alexandreias  stammen  die  sogenannten 
Alexandrinischen  Märtyrerakten,  d.'e  auf  Dokumenten 
beruhend  zu  politischen  Schriften  ausgestaltet  worden  sind; 
sie  feiern  den  Mut  und  Stolz  alexandrinischer  Gymnasiarchen 
vor  dem  Kaiser  und  waren  gewiß  beliebte  Lesebücher  bei  den 
Griechen  Ägyptens. 

Beträchtlich  ist  die  Zahl  medizinischer  Bücher,  von  denen 
die  Papyri  uns  größere  oder  kleinere  Reste  erhalten  haben,  ein 
Kommentar  zu  Galen,  Werke  über  Frauenkrankheiten,  darunter 
ein  Stück  aus  den  Schriften  des  Soranos,  Schriften  über  Augen- 
heilkunde, z.  T.  Notizen,  die  unmittelbar  aus  der  Praxis  zu  er- 
wachsen scheinen,  eine  chirurgische  Abhandlung  und  ein  Kate-, 
chismus  der  Chirurgie  sowie  zahlreiche  Rezepte  für  Krankheiten 
und  einzelne  Fälle.  Andere  befassen  sich  mit  grundsätzlichen 
Fragen,  besonders  vom  empirischen  Standpunkte  aus  mit  der 
Spitze  gegen  die  Theoretiker,  die  ihre  Schüler,  wie  es  in  einem  dieser 
Texte  heißt,  zwar  den  Begriff  der  Chirurgie  bestimmen,  aber  nicht 
den  einfachsten  Verband  anlegen  lehrten.  Auch  mit  der  medi- 
zinischen Pflanzenkunde  hat  man  sich  beschäftigt,  wie  ein  Bruch- 
stück aus  Dioskorides  und  ein  anderes  von  ihm  unabhängiges 
dartun;  das  zweite  zeigt  noch  Reste  der  Pflanzenbilder.  Zu  einem 
erheblichen  Teile  wird  diese  medizinische  Literatur  aus  der  Praxis 
der  griechischen  Ärzte  in  Ägypten  selbst  hervorgegangen  sein. 
Ägyptischer  Einfluß  scheint  sich  mit  griechischer  Chemie  ver- 
bunden zu  haben,  um  ein  merkwürdiges  Buch  hervorzubringen, 
das  in  glänzender  Erhaltung  uns  mit  den  Geheimnissen  theba- 
nischer  Fälscher  bekannt  macht,  die  besonders  Silber,  Edelsteine 
und  Purpur  nachzuahmen  wußten. 

Auch  in  der  Kaiserzeit  oder  nun  erst  recht  blühte  die  Astrologie 
in  Versen  und  in  Prosa  und  überwucherte  gerade  in  Ägypten  die 
Astronomie,  denn  das  reine  Griechentum,  das  mitten  in  der  Thebais 
einen  Ptolemaios  hervorbrachte,  war  doch  nur  eine  Insel,  und  die 


80  KAISERZEIT:  MATHEMATIK,  GRAMMATIK. 

Papyri  geben  so  gut  wie  nichts  davon.  Was  man  überall  brauchte, 
war  eine  Anleitung,  Horoskope  zu  stellen,  wie  sie  schön  erhalten 
vor  uns  liegt,  oder  ein  Buch  über  Vorzeichen,  das  z.  B.  Blitzschläge, 
die  Statuen  treffen,  deutet;  dies  freilich  wird  schwerlich  ägyptischer 
Herkunft  sein,  da  Gewitter  dort  selten  vorkommen.  Die  Reste 
einiger  Schriften  über  Zuckungen  der  Körperteile  und  ihre 
Bedeutung  darf  man  hier  anreihen  als  Proben  der  sogenannten 
Zuckungsliteratur,  die  schon  an  die  ,, dunklen  Wissenschaften" 
grenzt.  Was  dahin  gehört,  entsprach  ägyptischem  Geiste  und  hat 
auch  das  Griechentum  stark  beeinflußt.  Scheiden  wir  auch  einen 
großen  Teil  der  Zaub  erpapy  ri  aus,  weil  man  bei  ihnen  meistens 
nicht  von  Büchern  sprechen  kann,  so  müssen  doch  Auszüge  aus 
den  apokryphen  Büchern  Mosis,  aus  den  hermetischen  Büchern 
und  eine  Abhandlung  über  Mantik  erwähnt  werden,  vor  allem 
aber  d'e  merkwürdigen  Kestoi  des  Julius  Africanus,  die 
tausenderlei  Dinge  behandelten  und  auf  dem  erhaltenen  Blatte 
eine  Totenbeschwörung,  die  in  die  Nekyia  eingeschoben  und  dem 
Odysseus  in  den  Mund  ge'egt  wird,  sehr  ernsthaft  mit  Berufung 
auf  Handschriften  in  Rom,  Jerusalem  und  Nysa  in  Karlen  als 
echt  und  wertvoll  verteidigen. 

Von  mathematischen  Studien  sehen  wir  nicht  viel,  in  dem 
schon  genannten  Kommentare  zum  Theaitetos  und  in  einer  Schrift 
über  ein  Brettspiel  sowie  über  die  Wasseruhr  fast  noch  mehr  als 
in  den  Papyrusblättern,  die  geometrische  Aufgaben  für 
Landmesser  enthalten.  Eine  Schrift  über  Hohl-  und  Längen- 
maße scheint  auch  in  die  Kaiserzeit  zu  gehören.  Mit  metrischen 
Studien  hat  man  sich  abgegeben,  und  vor  allem  hat  man  Gramma- 
tik getrieben,  wofür  es  neben  Tryphons  Techne  noch  eine 
Anzahl  Beispiele  gibt.  Hieran  reihen  sich  auch  die  Bücher,  die 
lediglich  der  Schule  gelten,  soweit  sie  nicht  dem  höheren  rheto- 
rischen Unterricht  bestimmt  sind;  Kommentare  und  Wörter- 
bücher zu  Homer,  namentlich  das  des  Apollonios,  die  Homer- 
glossen des  Apion  und  ein  mythologisches  Handbuch,  das  über 
die  Ereignisse,  die  sich  an  die  Ilias  anschließen,  unterrichtet.  Zu 
den  Hilfsmitteln  wollen  wir  auch  die  Bücherverzeichnisse  rechnen, 
deren  zwei  uns  in  kleinen  Bruchstücken  erhalten  geblieben  sind. 
Endlich  mögen  noch  ein  paar  Schriften  hier  Platz  finden,  die  be- 
stimmten Fertigkeiten  gelten,  ein  Buch  über  die  Ringkunst  und 
vielleicht  ein  anderes  über  die  Jagd. 
In  der  Kaiserzeit  lassen  die  Papyrusfunde  noch  weit  mehr  als 


CHRISTLICHE  LITERATUR.  81 


in  der  hellenistischen  die  Niederungen  der  Literatur  sichtbar  werden, 
bald  in  der  verwilderten  oder  sich  auflösenden  Gestalt,  die  ober- 
flächlich Gebildete  ihren  Eintagswerken  geben,  bald  in  der  Masse 
der  Schriften,  die  für  die  Durchschnittsbildung  des  Mittelstandes 
bestimmt  sind.  Hält  man  sich,  wie  billig,  vor  Augen,  daß  die 
meisten  Funde  klassischer  Schriftsteller  der  Kaiserzeit  entstammen, 
so  tritt  das  Bild  des  Klassizismus  hinzu,  aber  auch  dies  vornehm- 
lich in  seiner  Bedeutung  fijr  die  höhere  Schule  und  den  Bedarf 
der  mittleren  Bildungsschicht.  Von  den  bedeutenden  Schrift- 
stellern der  Kaiserzeit  ist  so  gut  wie  keiner  in  den  Papyri  anzu- 
treffen, und  dasselbe  gilt  für  d'e  byzantinische  Zeit.  Was  man 
findet,  ist  im  Wesentlichen  ägyptischer  Herkunft.  Während  die 
klassische  Literatur  stark  und  die  hellenistische  in  ireringerem 
Maße  den  Griechen  Ägyptens  lebendig  blieb,  haben  sie,  wie  es 
scheint,  die  Fühlung  mit  der  Literatur  ihrer  eigenen  Zeit  fast 
ganz  verloren. 

CHRISTLICHE   LITERATUR. 

Was  hier  geboten  wird,  kann  nur  unvollständig  sein,  weil  die 
koptischen  Schriften  ausscheiden,  die  in  der  christlichen  Literatur 
Ägyptens,  meistens  als  Übersetzungen  oder  Bearbeitungen  grie- 
chischer Vorlagen,  einen  breiten  Raum  einnehmen.  Handschriften 
der  biblischen  Bücher,  die  heute  zum  Kanon  gehören,  sind 
zahlreich  vertreten,  das  Alte  Testament  bisher  etwas  stärker  als 
das  Neue,  weil  ihm  die  sehr  verbreiteten  Psalmen  ein  Überge- 
wicht geben.  Besondere  Hervorhebung  verdienen  Fragmente  der 
Aquila-Übersetzung  und  Stücke  aus  dem  samaritanischen 
Pen  tat  euch.  Was  den  Bruchstücken  der  Septuaginta  und  des 
Neuen  Testaments  in  erster  Linie  Wert  verleiht,  ist  ihr  Alter; 
reichen  doch  nicht  wenige  beträchtlich  hoher  hinauf  als  die  be- 
rühmten großen  Handschriften  Sinaiticus,  Vaticanus  und  Alexan- 
drinus.  Die  lateinischen  Fragmente  werden  bei  der  lateinischen 
Literatur  genannt  werden. 

Vom  Studium  der  Heiligen  Schrift  erzählt  der  Rest  eines  bib- 
lischen Nr.menwörterbuches,  worin  die  Namen,  meistens  aus  dem 
Alten  Testament,  griechisch  erklärt  werden.  Ein  besonderer  Ge- 
winn ist  es  aber,  daß  die  Papyri  uns  nicht  wenig  von  dem  Kreise, 
aus  dem  die  kanonischen  Evangelien  hervorgegangen  sind,  wieder- 
gegeben haben,  mehrere  Reste  von  Evangelien,  die  man  bald 
dem  sogenannten  Ägypterevangelium  nahe  rückt,   bald  auf  ein 

Sch  ubart,  Papyrnskunde.  6 


82  EVANGELIEN.     KIRCHENVÄTER. 

Urevangelium  zurückführt  oder  nur  allgemeiner  bestimmen  kann, 
Midem  man  etwa  ihre  gnostische  Richtung  feststellt.  Am  meisten 
Aufsehen  haben  die  sogenannten  Logia  Jesu  erregt,  die  Aus- 
sprüche Jesu  zum  Teil  abweichend  von  dem  Bekannten  oder 
darüber  hinausgehend  enthalten  und  jedenfalls  in  die  Literatur 
gehören,  die  sich  an  ,,das  Evangelium"  anschließt,  mögen  sie 
aus  einer  Sammlung  von  Aussprüchen  des  Meisters  oder  aus 
einem  der  vielen  Evangelien  stammen.  Auch  den  Briefwechsel 
Jesu  mit  Abgar  hat  man  in  Ägypten  gelesen.  Recht  beliebt  waren 
offenbar  die  Apokalypsen  und  verwandte  Bücher,  die  sich  an 
die  Namen  des  Petrus  und  Elias,  Henoch,  Baruch  und  Ezra  knüpfen 
und  die  Himmelfahrt  des  Jesajas  zu  Hilfe  nehmen,  wertvolle 
Zeugen  für  die  Gedankenwelt  des  frühen  Christentums  und 
uns  durch  die  Papyri,  sei  es  zum  ersten  Male,  sei  es  zuerst  in  grie- 
chischem Texte  geschenkt.  Aber  kein  Buch  könnte  man  mit 
solchem  Rechte  das  Erbauungsbuch  der  christlichen  Ägypter 
nennen  wie  den  Hirten  des  Hermas,  der,  abgesehen  von  den 
koptischen  Übersetzungen,  vielfach  in  griechischem  Texte  unter 
den  Papyri  erscheint,  ein  Werk,  das  durch  alle  Wunder  und  Wunder- 
zeichen seine  Nüchternheit  nicht  verbergen  kann.  Von  einer 
im  strengen  Sinne  gnostischen  Literatur  ist  nur  hier  und  da  eine 
Spur  zutage  getreten. 

Schlecht  steht  es  bis  heute  mit  den  Kirchenvätern:  Eirenaios 
und  Ignatius  sind  aufgetaucht,  auch  Kyrillos  von  Alexandreia, 
und  zwei  ziemlich  umfangreiche  Anthologien  aus  Basileios  und 
Gregor  von  Nyssa  mochten  dem  ägyptischen  Christen  die^ 
Schriften  der  großen  Kappadoker  ersetzen;  aber  damit  haben 
wir  auch  ungefähr  alles  gesagt.  Denn  die  Osterfestbriefe 
alexandrinischer  Patriarchen,  deren  einer  so  gut  wie  vollständig, 
der  andere  in  einem  Reste  vor  uns  liegt,  dürfen  wir  nicht  zu  den 
Büchern  zählen,  obwohl  sie  dem  Inhalte  nach  theologische  Schriften 
sind,  Predigten  mindestens  ebenso  gut  wie  die  Homilien,  die  unter 
den  Papyri  nicht  fehlen.  Traut  man  auch  den  Funden  nicht  weit, 
so  scheint  doch  wirklich  der  ägyptisch-griechische  Christ,  soweit 
er  überhaupt  Bücher  las,  sich  nicht  hoch  verstiegen  zu  haben; 
daß  der  Einfluß  Alexandreias  nicht  weit  nilaufwärts  reichte,  daß 
man  in  derThebais  weder  Athanasios  noch  Johannes  Chrysostomos 
las,  geschweige  denn  Origenes,  wird  jeder,  der  von  den  Kultur- 
zuständen einen  Begriff  hat,  für  wahrscheinlich  halten.  Dagegen 
sagten  die  Märtyrerakten  dem  Geschmacke  der  lesenden  Christen 


LITURGISCHE  TEXTE.  83 


mehr  zu,  sodaß  wir  hier  Paulus  und  Thukla,  Petrus,  Johannes, 
Julianus,  Christina  und  Paphnutios  vor  uns  sehen,  dazu  das 
Leben  des  heiligen  Abraham  und  der  heiligen  Theodora. 
Recht  beträchtlichen  Wert  besitzen  die  Bruchstücke  litur- 
gischer Bücher,  mögen  sie  Lieder  oder  Gebete  enthalten. 
Hymnen  auf  die  Dreieinigkeit,  auf  Maria,  auf  die  Märtyrer  geben 
uns  eine  Vorstellung  davon  und  mögen  wohl  auch  in  Ägypten 
selbst  entstanden  sein.  Ob  dasselbe  von  den  akrostichischen 
Hymnen  gilt,  deren  einer,  gut  erhalten,  sogar  je  drei  Glieder  mit 
demselben  Buchstaben  beginnt,  ist  nicht  so  sicher;  wenigstens 
hat  die  akzentuierende  Dichtungsart,  der  sie  angehören,  anderswo 
ihren  Ursprung.  Und  daß  man  Gut  von  außen  übernahm,  beweist 
uns  der  Osterkanon  des  Johannes  Damaskenos.  Aus  einer  Reihe 
unbestimmter  liturgischer  Bruchstücke  seien  noch  eine  Abend- 
mahlsliturgie, Spuren  der  Doxologie  und  des  Nicänischen  Bekennt- 
nisses erwähnt;  viel  merkwürdiger  ist  neben  einer  Anrufung 
Jesu  gegen  Krankheiten  ein  Blatt  mit  Gebeten  aus  demjenigen 
Kreise,  der  christliche  Gedanken  mit  hermetischer  Mystik  ver- 
band und  in  eine  christliche  Umgebung  ein  Gebet  aus  dem  so- 
genannten Poimandres  ein  wob;  man  sieht,  wie  die  Wirkungen 
herüber  und  hinüber  gehen.  Auch  für  die  christli'che  Literatur 
stellt  sich  heraus,  daß  Ägypten  damals  allem  Anscheine  nach 
von  den  großen  griechischen  Schriftstellern,  die  außerhalb  lebten 
und  die  Theologie  bestimmend  beeinflußten,  sogar  von  den 
Alexandrinern,  nur  in  geringem  Maße  berührt  wurde.  Der  Zahl 
nach  betragen  die  christlichen  Texte  etwa  ein  Sechstel  aller  Funde 
literarischer  Papyri;  allerdings  hängt  das  Ergebnis  davon  ab,  wo 
man  die  untere  Zeitgrenze  zieht,  die  gerade  auf  diesem  Gebiete 
schwer  zu  treffen  ist  und  jedenfalls  nicht  auf  die  arabische  Er- 
oberung angesetzt  werden  darf. 

LATEINISCHE  LITERATUR. 

Ganz  anderes  Gebiet  betreten  wir  in  den  lateinischen  Papyri. 
Mußte  man  die  christliche  Literatur  sich  zu  ihrer  Zeit  weit  ver- 
breitet denken,  so  konnte  der  Bereich  der  lateinischen  Literatur 
in  Ägypten  immer  nur  eng  sein  (vgl.  Kapitel  13  und  15.).  Hier 
werden  wir  nicht  fragen,  was  fehle,  sondern  werden  mit  Erstaunen 
bemerken,  daß  es  denn  doch  mancherlei  gibt;  der  Menge  nach 
verhalten  sich  die  literarischen  Papyri  in  lateinischer  Sprache 
zu  den  griechischen  zur  Zeit  wie  1  zu  37.     Freilich,  Dichtung  in 

6* 


84  LATEINISCHE  PAPYRI. 

lateinischer  Sprache  finden  wir  fast  nur  durch  Vergils  An  eis 
vertreten,  diese  aber  mehrmals.  Man  las  den  Catilina  des  Sallust; 
in  einem  Exemplare  sind  griechische  Übersetzungen  zwischen 
die  Zeilen  geschrieben,  ein  Zeichen,  daß  das  Buch  von  einem 
lernenden  Griechen  benutzt  worden  ist.  Eine  griechische  Über- 
setzung hat  man  auch  neben  Ciceros  zweite  Rede  gegen  Catilina 
geschrieben,  während  die  übrigen  Bruchstücke  aus  Ciceros  Werken, 
in  Verrem  11,  de  imperio  Cn.  Pompei,  pro  Caelio  und  pro  Plancio 
nur  den  lateinischen  Text  enthalten.  Zeugen  diese  Beispiele  von 
der  Beschäftigung  mit  den  großen  Vorbildern  des  Stiles,  so  ist  es 
für  uns  ein  größerer  Gewinn,  daß  außer  dem  durch  ein  Bruchstück 
bezeugten  Werke  des  Livius  selbst  eine  umfangreiche  Epitome 
zu  Livius,  zwar  voller  Fehler,  aber  reich  an  Neuem,  in  Oxy- 
rhynchos  einen  Liebhaber  besessen  hat;  ein  anderes  Stück  ge- 
schichtlichen Inhalts  hat  man  bald  dem  Ennius,  bald  dem  Trogus 
Pompeius  zuschreiben  wollen.  Ob  eine  Erzählung  der  Arbeiten 
des  Herkules  nur  ein  Schüleraufsatz  ist,  wird  man  ebenso  wenig 
erraten  können  wie  die  Quelle  eines  Verzeichnisses  von  Sta- 
tuen, das  irgend  jemand  im  Fajum  auf  die  Rückseite  einer  Ur- 
kunde geschrieben  hat.  Und  mit  einigen  kleinen  Resten  in  Poesie 
und  Prosa  läßt  sich  vor  der  Hand  gar  nichts  anfangen. 
Um  so  klarer  umgrenzt  sich  die  römische  Rechtswissenschaft, 
deren  Spuren  wir  hier  treffen  müssen.  Allerdings,  so  gar  oft  zeigt 
sie  sich  in  literarischer  Form  nicht:  wir  finden  Papinian,  Ulpian 
und  Paulus,  die  sogenannte  Formula  Fabiana  und  einen  griechi- 
schen Kommentar  zu  den  Digesten,  den  wir  nicht  nur 
wegen  der  Fülle  lateinischer  technischer  Ausdrücke,  die  er  an- 
wendet, mit  aufzählen  dürfen,  wenn  wir  von  römischem  Recht 
und  seiner  literarischen  Behandlung  reden. 
Merkwürdiger  mutet  es  an,  aus  Oxyrhynchos  ein  Blatt  der  latei- 
nischen Bibel,  der  Vulgata,  aufsteigen  zu  sehen  und  damit  ein 
Zeugnis  für  lateinisch  sprechende  Christen  zu  besitzen.  Aber  der 
wunderlichste  aller  Funde  ist  doch  ein  kleiner  Pergamentfetzen 
aus  dem  Lukasevangelium  in  lateinischer  Sprache  mit 
gotischer  Übersetzung;  wer  kann  ahnen,  welches  Schicksal, 
welcher  Zufall  dies  Buch  nach  Ägypten  verschlagen  hat! 
Wie  eifrig  man  sich  bemüht  hat,  Latein  zu  lernen,  lassen  einige 
Wörterbücher  erkennen,  deren  eines  im  besonderen  Vergils 
Äneis  gilt;  manchmal  wird  auch  das  Latein  mit  griechischen 
Buchstaben    geschrieben,    damit   der   Grieche  ihm    leichter  nahe 


LATEINISCHE  PAPYRI.  85 

komme.  So  ist  es  auch  in  einem  lateinisch-griechisch-kop- 
tisciien  Gesprächbuche  geschehen,  das  dem  koptisch  sprechen- 
den Ägypter,  der  natürHch  griechisch  versteht,  den  Zugang  zum 
Latein  eröffnen  wiH,  nicht  durch  einzehie  Wörter,  sondern  durch 
eine  fortlaufende  Unterhaltung.  In  diese  Reihe  fügt  sich  die 
schon  erwähnte  lateinische  Übersetzung  der  Fabeln  des  Babrios, 
wohl  die  Übung  eines  Latein  lernenden  Griechen.  Blickt  man 
aufs  Ganze,  so  wird  man  die  Spuren  klassischer  lateinischer 
Literatur  ebenso  begreiflich  finden  wie  den  Mangel  lateinischer 
Volksliteratur  und  wird  manches  Neue  und  Merkwürdige  gern  als 
eine  Aussicht  auf  künftige  Funde  deuten  mögen. 


V.  HANDSCHRIFTEN  BEKANNTER  TEXTE. 

Wie  die  Übersicht  im  vorigen  Kapitel  gezeigt  hat,  enthalten  die 
gefundenen  Papyri  zum  großen  Teile  Handschriften  bekannter 
Texte,  namentlich  der  griechischen  Klassiker,  während  die  Werke 
der  hellenistischen  Periode  sowie  der  Kaiserzeit  einschließlich  der 
byzantinischen  Zeit  nur  'n  geringem  Maße,  daran  beteiligt  sind, 
jedoch  mit  Ausnahme  der  Texte  biblischer  Bücher.  Der  Wert 
dieser  Papyrushandschriften  liegt  demnach  nicht  in  einem  neuen 
Inhalte,  sondern  in  dem,  was  sie  uns  zur  Überlieferungsgeschichte, 
Textgeschichte  und  Textgestalt  der  bekannten  Schriften  lehren. 
Beginnen  wir  mit  dem  Äußerlichen,  so  ist  es  nichts  Geringes, 
daß  wir  eine  Vorstellung  vom  Aussehen  griechischer  Bücher  ge- 
winnen für  eine  Zeit,  die  im  Durchschnitt  um  nahezu  ein  Jahr- 
tausend über  das  Alter  der  früher  allein  vorhandenen  mittelalter- 
lichen Handschriften  hinaufreicht.  Von  den  Werken  der  Kaiser- 
zeit und  des  Hellenismus,  soweit  sie  hier  in  Betracht  kommen, 
besitzen  wir  jetzt  Handschriften,  die  der  Zeit  ihrer  Entstehung 
angehören  und  uns  unmittelbar  sehen  lassen,  wie  etwa  diese 
Bücher  in  die  Öffentlichkeit  getreten  sein  mögen.  Die  klassische 
Literatur,  gerechnet  bis  zum  Ausgange  des  4.  Jh.  a.  C,  wollen  wir 
uns  zwar  nach  dem,  was  ich  im  2.  und  3.  Kapitel  ausgeführt  habe, 
nicht  ohne  Einschränkung  nach  dem  Muster  der  ältesten,  ins  4.  Jh. 
a.  C.  aufragenden  Papyri  vorstellen;  aber  die  Papyrushandschriften 
des  B.  Jh.  a.  C.  stehen  doch,  z.  B.  bei  Piaton  und  selbst  bei 
Euripides,  der  Zeit  der  Verfasser  noch  recht  nahe.  Und  im  Ganzen 
führen  uns  die  Papyri  soweit  an  die  Zeit  heran,  in  der  die  ältere 
griechische  Literatur  zuerst  in  Buchform  erschien,  daß  wir  wirk- 
lich eine  lebendige  Vorstellung  davon  erreichen  und  die  Anfänge 
fast  schon  berühren  können.  Bei  einer  Anzahl  von  Werken,  die 
von  den  großen  alexandrinischen  Herausgebern  und  Kritikern  be- 
handelt worden  sind,  haben  wir  heute  Ausgaben  in  der  Hand, 
die  teils  vor  ihrer  Tätigkeit  liegen,  teils  die  Spuren  ihrer  Arbeit 
zeigen,  teils  aber  auch  unberührt  davon  geblieben  sind,  obwoh 
diese  Papyri  später  fallen. 


VIELHEIT  DER  AUSGABEN.  87 


Damit  kommen  wir  zu  einem  wesentlichen  Punkte,  der  \ielhe:t 
der  Ausgaben.  Die  Papyrusfunde  machen  es  gewiß,  dai5  in 
derjenigen  Zeit,  die  wir  jetzt  einigermaßen  überbhcken.  also 
vom  3.  Jh.  a.  C.  bis  ins  7.  Jh.  p.  C.  die  griechischen  Schrift- 
steller in  Ausgaben  sehr  verschiedener  Beschaffenheit  und  Güte 
gelesen  worden  sind,  und  zwar  ist  im  allgemeinen  die  Mannig- 
faltigkeit um  so  größer,  je  älter  die  Papyri  sind.  Hier  kommen 
die  Unterschiede  in  Betracht,  die  ich  im  3.  Kapitel  beieits  be- 
handelt habe:  sorgfältig  durchkorrigierte,  mit  Scholien  ausge- 
stattete gelehrte  Ausgaben  auf  der  einen  Seite,  vulgäre  Texte 
auf  der  anderen  Seite  und  zwischen  ihnen  zahlreiche  Übergangs- 
formen. Hin  und  wieder  kann  man  sogar  feststellen,  daß  der 
Papyrusschreiber  oder  der  Herausgeber  mehrere  Handschriften 
zu  Rate  gezogen  und  sich  bemüht  hat,  emen  kritisch  gesichteten 
Text  zu  bieten.  Die  Überlieferung  ist  keineswegs  so  gradlinig  ver- 
laufen, daß  man  von  einer  guten  mittelalterlichen  Handschrift 
aufwärts  einen  Text  bis  zur  Niederschrift  des  Verfassers  verfolgen 
könnte  oder  auch  nur  eine  solche  Folge  annehmen  dürfte.  Viel- 
mehr dürfen  wir  aus  der  schwankenden,  mannigfaltigen  Über- 
lieferung gerade  der  älteren,  vorchristlichen  Periode  den  Schluß 
ziehen,  daß  vor  ihr,  d.  h.  in  der  Zeit  der  Entstehung  der  klassischen 
griechischen  Literatur,  die  Textüberlieferung  genau  so  unsicher 
gewesen  sein  mag,  nicht  in  jedem,  aber  doch  in  vielen  Fällen. 
Anscheinend  sind  neben  die  Originalausgabe,  die  der  Verfasser 
selbst  veranstaltete,  sehr  früh,  man  darf  fast  sagen,  gleichzeitig 
andere,  von  ihm  unbeaufsichtigte  Ausgaben  getreten,  die  weiterhin 
sich  ebenso  fortgepflanzt  haben  wie  jene;  Kreuzungen,  d.  h.  Aus- 
gaben, die  beide  Quellen  berücksichtigen,  ergaben  sich  von  selbst, 
und  es  liegt  auf  der  Hand,  welche  Fülle  von  Möglichkeiten  sich 
daran  anschließen  kann.  Wie  ein  ,, moderner"  Autor  in  einer 
gleichzeitigen  Ausgabe  etwa  aussah,  zeigen  in  sehr  lehrreicher 
Weise  die  sogenannten  Epikedeia  im  5.  Hefte  der  Berliner  Klassiker- 
texte, denn  hier  stehen  Varianten  am  Rande,  die  augenscheinlich 
auf  einem  bis  zum  Verfasser  selbst  reichenden  Schwanken  des 
Textes  beruhen.  Zum  Vergleiche  denke  man  an  Goethe,  der  nicht 
nur  selbst  änderte,  sondern  auch  seinen  eigenen  Wortlaut  bis- 
weilen nach  schlechten  Nachdrucken  korrigierte.  Was  wir  in  den 
Papyri  der  Ptolemäerzeit  finden,  entspricht  denn  auch  diesem 
Bilde.  Es  ist  unberechtigt,  wenn  man  bisweilen  die  Papyri  be- 
schuldigt hat,  eine  schlechte  Textüberlieferung  zu  bringen;  gewiß 


88  PAPYRI  UND  MITTELALT.  TtXTE. 

bieten  sie,  namentlich  die  älteren,  in  der  Regel  nicht  kritisch 
gereinigte  Texte,  aber  man  hatte  keine  besseren,  und  die  Papyri 
geben  uns  eine  Vorstellung  von  dem  Überlieferungszustande,  der 
eine  kritische  Reinigung  dringend  nötig  machte.  Diese  Arbeit  haben 
die  Alexandriner  an  den  Hauptwerken  der  griechischen  Literatur 
geleistet,  ohne  daß  uns  die  gleichzeitigen  Papyri  unmittelbar 
hineinschauen  ließen.  Ausdrückliche  Hinweise  begegnen  allerdings 
bald  genug  in  den  kritischen  Zeichen  der  Homerpapyri,  die  auf 
Aristarchos,  Zenodotos  usw.  zurückgehen.  Aber  viel  deutlicher 
wird  diese  Arbeit  in  der  Tatsache,  daß  im  großen  und  ganzen  die 
Papyrustexte  der  Kaiserzeit  weit  geringere  Schwankungen  der 
Überlieferung  aufweisen.  Ohne  ganz  einheitlich  zu  sein,  enthalten 
sie  doch  im  allgemeinen  bereits  den  Text,  den  wir  heute  auf 
Grund  der  mittelalterlichen  Handschriften  lesen;  daß  die  Ver- 
hältnisse nicht  bei  jedem  Schriftsteller  und  jedem  Werke  gleich 
sind,  versteht  sich  von  selbst. 

Mißt  man  die  Papyrushandschriften  an  der  mittelalterlichen  Über- 
lieferung, d.  h.  stellt  man  die  geschichtliche  Entwicklung  auf  den 
Kopf,  so  ergibt  sich,  daß  fast  nie  ein  Papyrus  völlig  mit  einer  Hand- 
schrift des  Mittelalters  übereingeht,  sondern  beinahe  immer  Lesungen 
enthält,  die  in  verschiedenen  Handschriften  vorkommen;  man  hat 
im  Hinblick  darauf  gern  vom  Eklektizismus  der  Papyri  ge- 
sprochen, ein  Ausdruck,  der  im  Grunde  ein  falsches  Bild  gibt,  weil 
er  von  der  mittelalterlichen  Überlieferung  als  der  Norm  ausgeht. 
Die  Tatsache  aber  ist  richtig:  keine  mittelalterliche  Handschrift 
läßt  sich  auf  eine  Papyrushandschrift  zurückführen;  die  Ausgabe, 
die  ihr  zugrunde  liegt,  ist  oft  genug  erhaltenen  Papyrusblättern 
nahe  verwandt,  ohne  völlig  damit  übereinzustimmen.  Auch  dies 
leuchtet  ein,  denn  die  kritischen  Ausgaben  der  Alexandriner 
haben  zwar  eine  sichere  Grundlage  geschaffen,  aber  Abweichungen 
und  Zweifel  im  einzelnen  nicht  beseitigt.  Selbst  wenn  wir  von  nach- 
lässigen, fehlerhaften  Ausgaben,  an  denen  es  sicher  nicht  mangelte, 
absehen,  müssen  wir  damit  rechnen,  daß  auch,  in  der  Kaiserzeit 
noch  Ausgaben  veranstaltet  werden  konnten,  die  auf  ältere  Aus- 
gaben jener  mannigfaltigen  Art  zurückgingen.  Daß  trotz  alle- 
dem die  Texte  der  Klassiker  im  allgemeinen  von  hier  an  so 
fest  sind,  bestätigt  aufs  beste  die  mittelalterliche  Überlieferung 
und  zeigt,  daß  sie  im  Wesentlichen  auf  vortreffliche  Vorfahren 
zurückgeht.  Was  aus  ihnen  ohne  einseitige  Bevorzugung  einer 
Handschrift  mit  gesunder  Kritik  gewonnen  worden  ist  oder  ge- 


F^APYRI   UND  MITTELALT.  Tr-:XTK.  89' 

Wonnen  werden  kann,  bestellt  die  Probe,  die' wir  heute  an  den 
Papyri  machen  können.  Daraus  ergibt*  sich  das  Recht,  den  Papyri 
kritisch  gegeni:iberzutreten,  wenn  sie  von  der  mittelaltedichen 
Überlieferung  abweichen,  ohne  etwas  entscheidend  Besseres  zu 
bieten.  Bei  aller  Beachtung,  die  in  jedem  Falle  der  ältere  Text 
verdient,  ist  er  doch  keineswegs  schon  infolge  seines  Alters  auch  der 
bessere;  jeder  einzelne  Fall,  jede  einzelne  Stelle  fordert  in  dieser 
Beziehung  eine  sorgfältige  und  unbefangene  Untersuchung.  An  sich 
ist  es  ja  selbstverständlich,  daß  auch  unter  den  Papyri  eine  Hand- 
schrift um  so  mehr  Interesse  erweckt,  je  älter  sie  ist,  und  im  all- 
gemeinen finden  mit  Recht  die  Papyri  der  Ptolemäerzeit  mehr 
Beachtung  als  die  der  Kaiserzeit.  Aber  nicht  deshalb,  weil  ihre 
ältere  Überlieferung  ohne  weiteres  auch  besser  wäre,  sondern 
weil  sie  für  die  Textgeschichte  ungleich  höheren  Wert  besitzen  als 
die  verhältnismäßig  farblosen  Papyri  der  Kaiserzeit. 
Offenbar  ist  für  die  textkritisclie  Würdigung  der  Papyrushand- 
schriften  ihr  Umfang  keineswegs  gleichgültig.  Wenn  aucli  bisweilen 
ein  kleines  Bruchstück  eine  wichtige  Stelle  und  darin  eine  wichtige 
Lesung  enthält,  so  wird  im  allgemeinen  ein  Urteil  über  die  Stellung 
des  Papyrus  zur  sonstigen  Überlieferung  doch  nui  bei  größeren 
Stücken  möglich,  zumal  da  wie  oben  bemerkt,  die  Papyri  in 
der  Regel  eklektisch  sind  und  sich  kaum  jemals  völlig  auf  die 
Seite  einer  mittelalterlichen  Handscl.rift  oder  Handschriftenklasse 
stellen. 

Wollte  man  zusammenstellen,  wieviel  einzelne  Stellen  durch 
Neues,  was  wir  den  Papyri  verdanken,  schlagend  verbessert 
worden  sind,  so  würde  eine  stattliche  Reihe  herauskommen. 
Auch  eine  beträchtliche  Anzahl  neuerer  Besserungsvorschläge  ist 
durch  die  Papyri  bestätigt  worden;  aber  in  noch  viel  höherem 
Grade  tragen  sie  dazu  bei,  die  Güte  der  besten  mittelalterlichen 
Handschriften  zu  erhärten.  Wer  an  sie  herantritt  mit  der  Er- 
wartung, umstürzende  Neuerungen  zu  finden,  wird  enttäuscht  sein; 
die  Philologie  gewinnt  um  so  mehr  bei  der  Sachlage,  die  sich 
bisher  ergeben  hat  und  an  jedem  neuen  Papyrusfunde  bestätigt 
zeigt. 

Ein  paar  einzelne  Punkte  verlangen  noch  ein  Wort.  Die  Text- 
kritik besitzt  jetzt  eine  wertvolle  Unterlage  in  der  Schrift  der 
Papyri,  denn  unsere  mittelalterlichen  Handschriften  gehen  auf 
solche  Buchschrift  zurück,  wenn  es  auch  nicht  gerade  der  ägyp- 
tische Typus  ist.    Bei  der  Beurteilung  von  Schreibfehlern,  die  auf 


90  PAPYRUSSCHRIFT  UND  TEXTKRITIK- 

mi(5verstandener  Lesung  einer  früheren  Vorlage  beruhen,  muß  man 
jetzt  immer  die  Schrift  der  Papyri  zu  Rate  ziehen,  muß  untersuchen, 
welclie  Buchstaben  oder  Buchsiabengruppen  miteinander  ver- 
wechselt werden  konnten,  und  zwar  nicht  nur  in  der  kalligraphi- 
schen Buchschrift,  sondern  auch  in  der  Kursive,  die  vielfach  die 
Buchschrift  beeinflußt  hat,  wie  wir  zuvor  gesehen  haben;  hierzu 
kommen  die  Fälle,  wo  literarische  Texte  von  einer  halb  oder  ganz 
kursiven  Hand  geschrieben  sind,  und  außerdem  die  meistens 
kursiven  Hände,  denen  wir  Verbesserungen,  Nachträge,  Varianten 
und  Schollen  verdanken.  Hieraus  werden  Verwechslungen  und 
Irrtümer  begreiflich,  die  weder  in  der  byzantinischen  Minuskel 
noch  in  der  reinen  Unciale  eine  Erklärung  finden.  Freilich  muß 
man  auch  hier  mit  Vorsicht  zu  Werke  gehen  und  darf  nicht  wahllos 
beliebige  Formen  der  Papyrusschrift  zur  Erklärung  einer  Schwierig- 
keit heranziehen;  was  sich  aus  dem  Typus  des  3.  Jh.  p.  C.  nicht 
deuten  läßt,  darf  man  nicht  ohne  weiteres  aus  dem  des  3.  Jh.  a.  C. 
deuten  wollen. 

Bei  den  Homerhandschriften  verlangen  natürlich  die  kritischen 
Zeichen,  an  denen  es  ja  nicht  fehlt,  besondere  Beachtung;  über 
anderes  wird  sogleich  noch  zu  sprechen  sein.  Papyri  der  Tragödie 
oder  Komödie  können  in  zweifelhaften  Fällen  Aufschluß  geben 
über  die  Verteilung  des  Dialogs  auf  die  sprechenden  Personen, 
da  sie  fast  ausnahmslos  die  Gliederung  des  Dialogs  duich  be- 
sondere Interpunktion,  nämiich  Doppelpunkte,  kenntlich  machen 
und  häufig  die  Personenbezeichnung  auch  am  Rande  tragen. 
Dazu  kommt  in  den  Chorliedern  ebenso  wie  in  der  gesamten 
Lyrik  die  metrische  Schreibung.  Es  versteht  sich  von  selbst, 
daß  sie  unter  allen  Umständen  ernstliche  Beachtung  verdient,  aber 
so  wenig  wie  die  Lesarten  der  Papyri  allein  um  ihres  Alters  willen 
unbesehen  hingenommen  werden  dürfen,  ebenso  wenig  darf  man  in 
allen  anderen  Dingen  kritiklos  gelten  lassen,  was  die  Papyri  bieten. 
Gerade  hier,  wo  die  allgemeinen  Gesichtspunkte  eine  Besprechung 
verlangten,  muß  betont  werden,  daß  eine  Papyrushandschrift 
nichts  anderes  ist  als  eine  Handschrift  wie  alle  anderen,  die  genau 
geprüft  werden  will;  jede  einzelne  ist  für  sich  zu  untersuchen, 
ihre  äußere  Beschaffenheit,  der  Umfang  des  Erhaltenen,  die  Sorg- 
falt der  Schrift,  die  Korrekturen,  Lesezeichen,  Schollen  oder  das 
Fehlen  dieser  Zutaten,  die  Orthographie  des  Schreibers,  das  Maß 
des  Verständnisses,  das  er  dem  Texte  entgegengebracht  hat, 
alle  diese  Punkte  fordern  zusammen  mit  Alter  und  Herkunft  des 


HOMERPAPVRI  Qj 


Papyrus  eine  kritische  Betrachtung.  Man  glaube  nicht,  ein  Pa- 
pyrustext müsse  reiner  sein,  weil  er  dem  Ursprünge  so  viel  näher 
stehe,  und  man  lasse  sich  ebensowenig  durch  das  verbreitete  Urteile 
die  Papyri  hätten  bisher  nicht  viel  Wertvolles  ergeben,  irgendwi' 
beeinflussen.  Am  allerwenigsten  darf  man  versuchen,  Papyru-s 
handschriften  desselben  Werkes  miteinander  in  Beziehung  zu 
setzen  und  etwa  die  Abhängigkeit  einer  jüngeren  von  einer  älteren 
anzunehmen;  gerade  die  Mannigfaltigkeit  der  Texte  und  Buchaus- 
gaben ist  eine  der  wichtigsten  Lehren,  die  wir  den  Papyri  für  die 
Überlieferungsgeschichte  verdanken. 

Wie  sich  von  selbst  versteht,  kann  ich  es  hier  nicht  darauf  absehen, 
die  Bedeutung  der  Papyri  für  die  Texte  bekannter  Werke  im 
einzelnen  darzustellen;  nur  an  ein  paar  Beispielen  möchte  ich  das, 
was  ich  zuvor  allgemein  ausgesprochen  habe,  deutlicher  zu  machen 
suchen.  Die  Homerpapyri  haben  nicht  nur  durch  ihre  großeZahl, 
sondern  auch  durch  ihre  Eigenart  Anlaß  zu  mehreren  Unter- 
suchungen gegeben,  die  sich  vornehmlich  auf  die  Texte  der  pto- 
lemäischen  Zeit  erstrecken.  Unverkennbar  weichen  die  Papyri 
der  ältesten  Periode,  des  3.  Jh.  a.  C,  auffällig  von  der  Vulgata, 
dem  allgemein  verbreiteten  und  zur  Anerkennung  gelangten  Texte, 
ab  und  zwar  nicht  nur  in  einzelnen  Worten  oder  Formen,  sondern 
auch  in  der  Zahl  der  Verse;  sie  zeigen  häufig  ein  Mehr  an  Versen, 
Plusverse,  seltener  ein  Weniger,  Minusverse.  Etwa  seit  der  Mitte 
des  2.  Jh.  a.  C.  ändert  sich  das  Bild;  diese  „wilden"  Homertexte 
verschwinden,  und  die  Vulgata  setzt  sich  durch,  die  sich  von  da  an  in 
den  Papyri  der  Kaiserzeit  und  weiterhin  behauptet  hat.  Der 
Homertext  schwankt  also  im  3.  Jh.  a.  C.  noch  beträchtlich,  muß 
aber  in  diesem  Jahrhundert  selbst  oder  im  Beginn  des  nächsten 
im  Wesenthchen  fest  geworden  sein.  Das  bedeutet  nicht  ohne 
weiteres,  daß  die  alexandrinischen  Kritiker  den  Vulgärtext  ge- 
schaffen hätten,  sondern  nur,  daß  er  durch  ihre  Arbeiten  und 
ihren  Einfluß  allgemeine  Anerkennung  gewonnen  hat.  Im  übrigen 
läßt  die  frühptolemäische  Homerüberlieferung  ein  festes  Ver- 
hältnis zu  Zenodotos,  Aristophanes,  Aristarchos  n<'cht  erkennen. 
Der  Zustand  der  ältesten  Papyri  legt  die  Frage  nahe,  woher  diese 
„wilde"  Textgestalt  komme,  ob  ihre  Spuren  sich  in  frühere  Zeit 
hinauf  verfolgen  lassen.  Auf  Grund  der  Homerzitate,  die  sich  bei 
den  Schriftstellern  des  5.  und  4.  Jh.  a.  C.  finden,  nahm  A.  Ludwicii 
an,  daß  schon  damals  die  Vulgata  geherrscht  habe  und  damit  ihr 
voralexandrinischer    Ursprung    erwiesen    sei;    aber    Grenfell    und 


92  PLATOPAPYRI 


Hunt  haben  sich  mit  guten  Gründen  dagegen  gewendet,  und  G.  A. 
Gerhard  hat  gezeigt,  daß  sicher  ein  von  der  Vulgata  abweichendes 
Zitat  des  4.  Jh.  a.  C.  mit  einem  Papyrus  des  3.  Jh.  a.  C.  geht,  der 
frühptolemäische  Homertext  also  auch  im  4.  Jh.  verbreitet  war. 
Daher  dürfte  die  Vulgata,  wenn  auch  nicht  schlechthin  das  Werk 
der  Alexandriner,  so  doch  durch  sie  durchgesetzt  sein;  die  ältesten 
Homerpapyri  spiegeln  uns  den  ziemlich  regellosen  Zustand,  der 
dieser  Befestigung  des  Textes  vorausging.  Man  lese,  was  Wila- 
mowitz,  Die  llias  und  Homer  p.  5 ff.  und  p.  13  zusammenfassend 
hierüber  gesagt  hat.  Die  späteren  Homerhandschriften  geben 
im  Wesentlichen  die  Vulgata  witder,  gehen  aber,  entsprechend  dem, 
was  zuvor  sich  allgemein  ergab,  in  der  Regel  nicht  mit  einer  Hand- 
schrift, sondern  wechselnd  mit  verschiedenen.  Auch  manche 
Handschriften  der  Kaiserzeit  sind  textkritisch  recht  wertvoll, 
z.  B.  die  Stücke  aus  dem  6.  Buche  der  llias,  Oxy.  III  445,  und  der 
große  Odysseekodex,  Ryl.  53.  Vgl.  auch  Kap.  9  über  Homer- 
kommentare. 

Die  vorstellenden  Ergebnisse  verdanken  wir  den  Arbeiten  von  Grenfeil  und 
Hunt  im  1.  Bande  der  Hibehpapyri  p.  Ü7ff.  und  der  späteren  Behandlung 
durch  G.  A.  Gerhard,  Ptolemäische  Homerfrat'mente,  Veröffentlichungen  der 
Heidelberger  Papyrussammlung  IV  1,  Heidelberg  1911.  Vgl.  ferner  A.  Ludvvich, 
,,Die  Homervulgata  als  voralexandrinisch  erwiesen".  Ein  ganz  besonders 
lehrreiches  Beispiel  für  die  erweiterte  Fassung  des  Homertextes  bietet  ein  Bruch- 
stück aus  -,  das  Berl.  Klassikertexte  V  1,  Seite  18ff.  veröffentlicht  ist.  Denrt 
hier  sind  mehrere  Verse  eingefügt,  die  wir  bei  Hesiod  in  der  Aspis  lesen,  aber 
auch  sie  mit  beträchtlichen  Abweichungen.  Die  Flüssigkeit  des  Epos  wird 
hier  sinnfällig.  \'gl.  ferner  E.  Hefermehl,  Studien  zu  den  Homerpapyri,  Philo- 
logus  60  (N.  F.  20)  2  p.  192  ff.  über  einen  Florentiner  Papyrus,  der  die  Be- 
ziehungen der  Chryseisepisode  zum  Hymnus  auf  den  Pythischen  Apollo 
beleuchtet. 

Suchen  wir  ein  Beispiel,  das  uns  deutlich  machen  kann,  wie  die 
Papyri  sich  in  der  Regel  verhalten,  so  fassen  wir  die  Plato- 
fragmente  ins  Auge.  Ihrer  sind  viel,  und  darunter  Stücke 
von  beträchtlicher  Länge.  Nicht  nur  die  Papyri  aus  frühptole- 
niäischer  Zeit,  die  Stücke  aus  dem  Laches  und  Phaidon, 
sondern  auch  mehrere  der  Kaiserzeit,  z.  B.  aus  dem  Laches 
Oxy.  II  228,  2.  Jh.  p.  C,  aus  dem  Phaidros  Oxy.  Vll  1017, 
2.-3.  Jh.  p.  C,  und  das  kleine  Fragment  aus  dem  Lysis, 
Oxy.  VI  881,  3.  Jh.  p.  C,  bringen  reichlichen  Ertrag.  Daß  ein 
Text  wie  die  große  Handschrift  des  Symposion  aus  Oxyrhynchos, 
Oxy  V  843,  etwa  um  200  p.  C,  einen  sehr  erheblichen  Wert  hat, 
versteht  sich  von  selbst.  Der  Papyrus  ist  eklektisch  und  stimmt  bald 


PLAT^PAP^'R!    INH  ANDF.RFi.  93 

mit  der  einen,  bald  mit  der  anderen  Handschrift  überein,  öfters 
mit  dem  Vindobonensis;  er  enthält  einige  wirklich  gute  neue 
Lesungen,  daneben  eine  Reihe  von  Neuerungen,  die  man  nicht  als 
Verbesserungen  betrachten  wird,  und  bestätigt  außerdem  manche 
vielfach  angefochtenen  Lesungen,  während  er  an  anderen  Stellen 
für  moderne  Konjekturen  zeugt.  Somit  gibt  er  eine  gute  Vor- 
stellung von  dem,  was  man  im  allgemeinen  von  den  Papyri  der 
Kaiserzeit  erwarten  darf.  Augenscheinlich  hatte  damals  der 
Piatontext  im  Wesentlicher,  dieselbe  Gestalt  wie  heute.  Zu  diesem 
Ergebnisse  gelangt  man  auch,  wenn  man  den  Piatontext  prüft,  den 
die  auf  Papyrus  überlieferten  Kommentare  in  ihren  Zitaten  ver- 
treten, an  erster  Stelle  der  große  Berliner  Kommentar  zum  Theai- 
tetos.  Hier  wie  bei  den  Kommentaren  überhaupt  ist  von  vorn- 
herein ein  ziemlich  guter  T^xt  w^ahrscheinlich,  da  man  es  mit 
gelehrten  Arbeiten  zu  tun  hat,  selbst  dann,  wenn  sie  inhaltlich  so 
arm  sind  wie  der  Theätetkommentar.  Neben  einigen  Verbesserungen 
finden  wir  hier  bereits  zwei  schwere  Fehler  der  Handschriften  vor; 
sie  müssen  also  sehr  früh  eingedrungen  sein. 
Unzweifelhaft  gut  ist  auch  der  Demosthenestext,  dem  wir  im 
Kommentar  des  Didymos  begegnen.  Eine  besondere  Hervorhebung 
verdient  noch  dieausgezeichneteThukydides-Handschrift,  die  wir 
in  Oxy.  I  16  und  IV  696  besitzen;  sie  bietet  nicht  nur  viel  Neues, 
sondern  auch  mehrere  doppelte  Lesungen;  wie  wichtig  diese  werden 
können,  habe  ich  bereits  erwähnt.  Zu  den  sehr  ertragreichen  Papyri 
gehört  auch  der  Berliner  Nonnos,  ferner,  um  aus  den  Bibeltexten 
ein  paar  Beispiele  anzuführen,  das  Genesisfragment  Oxy.  IV  656 
und  das  Lukasfragment  Societä  Italiana  II  124,  wo  ein  Zusatz 
im  22.  Kapitel  fehlt,  der  sonst  nur  in  mehreren  Handschriften 
der  Itala  sich  nicht  findet;  beide  Papyri  sind  sehr  alt,  älter  als 
die  großen  Bibelhandschriften.  Es  versteht  sich  von  selbst,  daß 
man  diese  Reihe  verlängern  könnte,  indessen  kommt  es  nur  darauf 
an,  daß  die  Papyri  im  allgemeinen  die  Überlieferung  bestätigen, 
daneben  aber  vielfach  Neues  und  Gutes  bringen  und  deshalb  in 
jedem  Falle  sorgsam  geprüft  werden  müssen. 
Aber  der  Ertrag  liegt  nicht  allein  auf  dem  textkritischen  Gebiete. 
In  manchen  Fällen  haben  erst  die  Papyri  uns  Aufschluß  über 
Person  oder  Zeit  eines  Schriftstellers  gegeben,  von  dem 
wir  bisher  nur  Unbestimmtes  wußten.  So  hat  derfrühptolemäische 
Papyrus  der  Rhetorik  an  Alexander  es  so  gut  wie  sicher  gestellt, 
daß  der  Verfasser  nicht,  wie  Susemihl  annahm,  im  3.  Jh.  a.  C. 


94  ERGEBNIS  FÜR  DIE  AUTOREN. 

gelebt  haben  kann,  denn  die  Handschrift  gehört  in  die  erste  Hälfte 
dieses  Jahrhunderts.  Vielmehr  gewinnt  Spengels  Annahme, 
Anaximenes  von  Lampsakos  sei  der  Verfasser,  durch  die  neue  Ent- 
deckung stark  an  Wahrscheinlichkeit.  Der  Trojanische  Krieg 
des  Dictys  Cretensis  lag  früher  nur  in  lateinischer  Übersetzung 
vor;  jetzt  lesen  wir  in  Tebt.  II  268  ein  Stück  des  griechischen 
Originals  (vgl.  Noack,  Philologus  6.  Suppl.  Bd.  1893,  402ff.)  und 
sehen  überdies  aus  der  Zeit  des  Papyrus,  Anfang  des  3.  Jh.  p.  C, 
daß  die  Überlieferung,  die  das  Werk  in  Neros  Zeit  auftauchen  läßt, 
richtig  sein  kann.  Bei  den  Romanschriftstellern  Chariton  und 
Achilles  Tatius  hat  man  erst  aus  den  Papyri  einen  Anhaltspunkt 
für  ihre  Zeit  gewonnen;  nach  den  Chariton-Papyri,  Fay.  1  und 
Oxy.  VII  1019,  gehört  der  Verfasser  etwa  ins  zweite  Jh.  p.  C, 
und  Achilles  Tatius,  den  man  früher  ins  5.  oder  6.  Jh.  p.  C. 
setzte,  kann  spätestens  um  die  Wende  des  3.  zum  4.  Jh.  gelebt 
haben,  da  Oxy.  X  1250,  ein  Stück  aus  Kleitophon  und  Leukippe, 
im  Anfang  des  4.  Jh.,  wenn  nicht  noch  früher  geschrieben 
worden  ist.  Auch  für  die  Zeit  des  Babrios  sind  die  Papyrusfunde 
wichtig  geworden. 


VI.  PAPYRI  NEUEN  INHALTS.     KLASSISCHE  ZEIT. 

Wesentlich  anders  steht  es  mit  denjenigen  Papyri,  die  uns  sonst 
unbekannte  Schriften  wiedergegeben  haben,  wenn  auch  nur 
in  Bruchstücken,  denn  unbegrenzte  Vollständigkeit  darf  man  nicht 
erwarten.  Sie  stellen  zunächst,  um  dies  mit  ein  paar  Worten  zu 
streifen,  an  den  Herausgeber  besondere  Anforderungen.  Macht  es 
bisweilen  schon  Mühe  genug,  aus  einem  kleinen,  wohl  gar  noch 
schlecht  erhaltenen  Bruchstücke  einen  bekannten  Text  festzu- 
stellen, so  bereitet  das  Lesen  unbekannter  Stücke  erhebliche 
Schwierigkeiten,  wofern  nicht  der  Papyrus  ausgezeichnet  erhalten 
ist.  Denn  das  Lesen  muß  mit  dem  Eindringen  in  den  Inhalt  hier 
beständig  Hand  in  Hand  gehen;  nicht  die  Lücken  zu  ergänzen 
ist  die  Aufgabe,  sondern  alles,  was  man  liest,  mit  dem  Inhalte,  der 
aus  dem  sicher  Gelesenen  hervorgeht,  in  Einklang  zu  brmgen. 
Das  geschieht  freilich  am  schlagendsten  durch  eine  treffende  Er- 
gänzung; sie  verliert  aber  ihren  Wert,  sowie  sie  den  Boden  des 
inhaltlich  Gesicherten  verläßt  und  zum  Raten  übergeht.  Im  all- 
gemeinen muß  die  Lesung,  Deutung  und  Herstellung  eines  unbe- 
kannten literarischen  Textes  im  Vergleiche  mit  der  Herausgabe 
unbekannter  Urkunden  und  Briefe  als  die  schwerere  Aufgabe 
betrachtet  werden,  weil  ihr  nicht  von  Ferne  so  viel  Hilfe  durch 
Vergleichen  und  aus  Tatsachenmaterial  zur  Verfügung  steht; 
die  Hindernisse,  die  kursive  Urkunden  dem  Lesenden  in  den  Weg 
werfen,  gleichen  den  Unterschied  in  keiner  Weise  aus.  Im  übrigen 
hat  der  Herausgeber  eines  unbekannten  literarischen  Papyrus 
alles  zu  leisten,  was  eine  philologische  Ausgabe  sonst  erfordert; 
aber  es  liegt  auf  der  Hand,  daß  der  erste  Anlauf  so  gut  wie  nie 
zum  Ziele  führen  kann.  Es  gibt  kaum  einen  literarischen  Papyrus,, 
dessen  Text  als  endgültig  festgestellt  betrachtet  werden  dürfte; 
so  gut  wie  jeder  beansprucht  immer  erneute  Arbeit,  und  auch 
abgesehen  vom  Inhalte  wird  jeder  geübte  Papyrusleser  an  den 
Originalen  der  herausgegebenen  Texte  Neues  zutage  fördern 
können.     Wer  daran  gearbeitet  hat,  weiß  am  besten,  wie  wenig 


•96  KATALOGE  DES   HESIODOS. 

man   dem   ersten    Herausgeber  falsche   Lesungen   zum  Vorwurfe 
machen  darf. 

Wenn  nun  auch  kein  Papyrus  in  einem  völlig  gesicherten  Texte 
vorliegt,  so  wird  dadurch  die  Fülle  des  Neuen,  die  wir  den  Papyri 
verdanken,  nicht  im  geringsten  beeinträchtigt.  Eine  Reihe  der 
wichtigsten  Entdeckungen,  zuerst  auf  dem  Gebiete  der  klassischen 
Literatur,  wollen  wir  näher  ins  Auge  fassen. 
Mit  Papyrusfunden  besonders  reich  bedacht  sind  die  unter  dem 
Namen  des  Hesiodos  gehenden  Kataloge.  Man  braucht  nur  in 
Rzachs  Hesiodausgabe  die  Fragmente  der  Kataloge  zu  durchblättern, 
um  zu  sehen,  wieviel  an  Umfang  und  Inhalt  aus  den  Papyri  stammt; 
einige  Stücke,  die  Rzach  noch  nicht  aufnehmen  konnte,  treten 
hinzu.  Wir  finden  Bellerophontes  behandelt,  zwei  Stücke  befassen 
sich  mit  Atalante,  und  ein  drittes,  das  von  Meleagros  redet,  ge- 
hört vielleicht  in  die  Nähe,  eines  betrifft  die  Hochzeit  des  Peleus, 
und  in  einem  kleinen  Fragmente  ist  von  Tyro  die  Rede.  Auch 
die  Sagen  von  Telephos  und  Auge,  von  Europa,  Sarpedon  und  den 
Pygmäen  werden  nach  Ausweis  der  neuesten  Funde  von  den 
Katalogen  umfaßt.  Die  beiden  größten  Stücke  aber  gelten  den 
Freiern  der  Helena,  woran  sich  in  dem  einen  ein  ganz  anders  ge- 
arteter Abschnitt  anschließt.  Mehr  noch  als  die  Mannigfaltigkeit 
der  Gegenstände,  für  die  ja  die  Kataloge  eine  ziemlich  unbegrenzte 
Unterkunft  boten,  lehrt  uns  die  Verschiedenheit  des  Stiles  und 
Tones,  denn  gerade  die  größeren  neuen  Stücke  lassen  sie  deutlich 
erkennen.  Neben  altertümlichen,  kurz  gefaßten  Teilen  erscheinen 
verwilderte  Stücke,  denen  man  ihren  späten  Ursprung  deutlich 
ansieht,  ein  klares  Zeichen,  wie  diese  epische  Dichtung  immer 
weiter  gewachsen  ist  und  in  den  weiten  Rahmen,  den  der  Name 
der  Kataloge  und  der  Eoiai  spannte,  im  Laufe  von  Jahrhunderten 
Erzählungen  eingefügt  hat,  die  zu  Hesiodos  in  keiner  Beziehung 
mehr  stehen. 

Auf  einzelnes  einzugehen  ist  liier  nicht  möglich,  und  das  merkwürdigste  Stück, 
bei  Rzach«  i)H,  fiCff,,  das  mit  dem  Streite  unter  den  Göttern  beginnt,  zur  Schilde- 
rung eines  schlimmen  Jahres  übergeht,  und  endlich  von  einer  Schlange,  dem 
„Haarlosen"  {är^ixos),  erzählt,  widerstrebt  noch  sitherer  Deutung.  Die  Mehr- 
zahl der  Papyrusfragmente  ist  von  Rzach  in  die  2.  Auflage  der  Teubnerausgabe 
des  Hesiodos  aufgenommen  worden  und  zwar  in  die  Apospasmata  unter 
folgenden  Nummern:  7  B.  21.  81.  94.  96.  135.  245.  Die  neuesten  Publi- 
kationen findet  man  in  der  Gesamtliste  der  literarischen  Papyri,  Kap.  20, 
verzeichnet.  Crönerts  Nachprüfung  der  Berliner  Papyri  (Hermes  42,  608ff.) 
gibt  zwar  manches  Gute,  hat  aber  auch  einige  falschen  Lesungen  eingeführt. 
Zu  Fr.  7  B  und  245  bei  Rzach^  vgl.  d»n  Versuch  von  Evelyn  White  in  The 


ALKAIOS.  97 


Classical  Quarterly  VII  (Oktober  l'.tl8,  Nr.  4)  p.  217ff.,  beide  Fragmente,  die 
sich  auf  Bellerophontes  beziehen,  in  unmittelbare  Verbindung  zu  setzen;  daß 
die  Papyri  selbst  nicht  aneinander  passen  und  verschieden  sind,  spricht  nicht 
dagegen.  Derselbe  bringt  Vorschläge  zum  Meieagerfragment,  Rzach-  LS.'). 
Das  kleine  Tyrofragment,  Tebt.  II  271,  verdient  nur  deshalb  ein  Wort,  weil  es 
in  der  Ausgabe  nicht  richtig  gedeutet  worden  ist;  zieht  man  Odyssee  11.252 
heran,  so  ergibt  sich,  daß  es  sich  um  Poseidon  und  Tyro  handelt.  Vgl.  Crusius, 
Lit.  Zentralbl.  lüOT  Sp.  lM7(i.  Schubait,  G.  0.  A.  1908  p.  18ü.  A.  Körte,  Archiv 
f.  Pap.  V  58.-i.  Weit  bedeutender  sind  die  beiden  Fragmente,  die  in  den  Papiri 
Greci  e  Latini  der  Societä  Italiana  II  130  und  131  erschienen  sind.  Namentlich 
l.SO  ist  zu  beachten.  Es  erzahlt  vom  Wettlaufe  des  Hippomenes  mit  Atalante; 
Hippomenes  siegt  durch  Aphrodites  goldene  Apfel,  die  er  beim  Laufen  in  die 
Bahn  wirft,  um  seine  Gegnerin  aufzuhalten.  Die  Geschichte  von  der  Werbung 
um  Atalante  und  dem  Wettlaufe,  der  von  jedem  Freier  gefordert  wird,  erzählt 
Ovid,  Metam.  10,  560ff.,  aber  in  wesentlich  anderem  Tone.  Von  dem  PapyruS; 
setze  ich  das  Wesentliche  hierher,  ohne  für  die  z.  T.  nicht  sehr  einleuchtenden 
Ergänzungen  des  Herausgebers  Vitelli  einzutreten.     Zeile  12 //«i  Öi,  dy>;r  r^ata: 

—  /]oitti~  Öt  yeyioit  ßor^aus'  ,  [y.iy./.nt  iitc  nüvjts  i,fi]tr  t  lijoi  i]!it  yioot-'itx  ; 
[o<jo  tino)  TO.  fi£  t^vfid~-J  ivi  a7T}fh.(iai.  y.elsvei  j  15  ['  InTioftirr^s  ft ri.ortii-.tj  ifii,v 
fXiy.eoTtiSa  y.ovorjr.  /  ,[/iivd'o~  <3'  o.-  i^'  vyiijr  rvi'J  oi  tiorjitfio^  taro),  j  [o/ot  ()7 
uiit'sotiui,  Zeis  b^ätiju  inifiüorifJOi  earoj-  for'  i'ir  di'hior  ärto  xty.j ] ijOtrar  t't 
(Vf  y.ty  OTTOS  i  [viy.rinas  d'äiaiöi-  te  'fvyi,  y.(ü]  y.vcio^  doi'oi'f'ai  !  20  fd'l'd/aTOi  lüdxno  oi 
' >).vf.i]7iiu  äcuftm"  i/ovair,  j  [r]7oi  pooirjao;  Ji  (fiJXrjV  ii  TTriToiäa  yaiai  j  [TraTÖa 
(fi/.r;r  Öcöoco  ext  b* (by.vjTtdÖtor  a&itos  irc.rcov  j  fiovg  öa  ÖäuoP  S'  ü^ei  y.eijnrj.iu-  y.ai 
II  y.e  xYituoi  j  [reotfd'eh]  iiir  e^MV^  aie'ij  (V  dvirobi'  ätfy'/.ov  j  2b  [  ,ubuv£0)x'  tiuf  qo- 
ori^ijat.     Tiar/j^J  if  drSoäir  7t  tfecöv  iE.     VoD  d?r  zweiten  Kolumne:  30  alUov 

fy-tid"' .  Ti  utv  (ja  n[obfby.i]s  8  t  ^Az(().dfTrJ  l  'Itj"  diiarouh  i]  üviotL  ( /ovoErjsWffoo- 
biT/-sJ  I  tdii  8e  TiEo'i  ifvyf]-  :r£/.E[ro  Öoduo-,  ;'  iiöoor  tvotir]  /  [i'iji  (fvysZr.  tmi 
y.iii    Oft   So).[offQOvio>v  TTooiEEiTttJ-  j  (it    ih'yuiEo   l/oii'f^n-,   da [tiu/oi' JiTOQ  i/OTixi] 

35  [bjilo  rd8'dyht[d]  Öö>iia  0-E[äi  xQvotr]s'A</ ooöir/.s /  geringe  Reste  von  6  Zeilen 

42  nvrao  ö  [öifKfa  ttöJSeooi  iifeTE?.0'(oy  J^y.t  rö  :roMTOfJ  j  r;  d'  aia'  ojs  i?"'  donriiu 
utTfao7  0£(/d-ttaa  rö  fifjlovj  j  «^««(jy''  avxäQ  6  /Eifj'i  tö  SiVTtoof  r;fy.£  yaftä'ZtJ  j 
45  y.(d  dif  t/£v  Sio  firj'Ka  zioSwy.r^i  8l'  ^Är[n).drTr}]  j  h'yvi  8'^v  rthog'  6  St  tö 
T(jiTor  Tjy.E  [yniiätt],  oir  T('ji  (V  Etirfrytr  O'dirnor  yjii  yffjoH  iif/.fttiarj  tarrj 
d'  du7iV£io)v  y.n'i  .  .  . 

Sehr  Wesentliches  verdanken  wir  den  Papyri  für  die  lesbischen 
Dichter.  Von  Alkaios  sind  erhebUche  Bruchstücke  mehrerer 
Gedichte  zutage  getreten,  die  zur  Hoffnung  auf  mehr  und 
Größeres  berechtigen,  sieht  man  doch,  daß  die  Kaiserzeit  dm  noch 
gut  genug  kannte.  Leider  ist  es  noch  längst  nicht  gelungen, 
selbst  alle  besser  erhaltenen  Reste  zu  deuten,  wie  denn  gerade 
eines  dieser  Bruchstücke  ein  Beispiel  dafür  gibt,  daß  bisweilen 
auch  kurze  Ergänzungen  sich  nicht  einstellen  wollen.  Ziemlich 
mannigfaltig  sind  die  Versmaße,  die  in  den  Papyri  begegnen, 
darunter  häufig  die  sapphische  Strophe.  Auch  der  Inhalt  zeigt 
Vielseitigkeit.     Mehrere    Gedichte  gelten,   wie   zu   erwarten   war, 

äcbabart,  Papyraskunde.  ' 


98  ALKAIOS. 


den   politischen  Verhältnissen   seiner  Heimat;  eines  scheint  nach 
dem    Scholion    {/.aia  niv  cpvylv  rijv  TtQWTrjv)  in   der  Verbannung 
entstanden  zu  sein;  mehrmals  finden  sich  Hinweise  auf  Myrsilos 
und  Pittakos,  namentlich  auf  des  letzteren  geringe  Herkunft  und 
auf  seine  vornehme  Heirat.     Dagegen  haben  die  Verse,  die  das 
sturmmüde    Schiff  schildern,   keineswegs   den   Staat   unter   dem 
Bilde  des  Schiffes  im  Auge,  wie  v.  Wilamowitz  überzeugend  her- 
vorhebt. —  Aus  ganz  anderem  Tone  klingt  ein  Lied,  das  Ent- 
sagung   predigt:    wer   einmal    den   Acheron   überschritten    habe, 
dürfe  nicht  hoffen,  das  Licht  der  Sonne  wiederzusehen.    Besonders 
gut  erhalten  sind  ein  paar  sapphische  Strophen,  die  der  unglück- 
bringenden Helena   die   segenbringende  Thetis   gegenüberstellen; 
man   könnte   sich   dies  allenfalls   in   ein  Hochzeitslied   eingefügt 
denken.   Endlich  ein  Lied  an  die  Dioskuren,  die  Helfer  auf  der  See, 
das  in  den  letzten  Worten  auf  das  St.   Elmsfeuer  hinzuweisen 
scheint.    Dazu  kommt  eine  Reihe  von  Brüchstücken,  die  man  nur 
unsicher  oder  gar  nicht  verstehen  kann.    Daß  alle  diese  Papyrus- 
texte wirklich  Dichtungen  des  Alkaios  enthalten,  wird  z.  T.  durch 
Übereinstimmung  mit  bekannten  Fragmenten,  z.  T.  durch  Sprache, 
Versmaß  und  Inhalt  sicher  gestellt;  da  man  bei  äolischer  Lyrik  in 
der  Tat   nur  zwischen  Alkaios   und  Sappho  zu  wählen  hat,  läßt 
sich  die  Entscheidung  in  der  Regel  mit  Sicherheit  treffen.     Im 
ganzen  betrachtet  haben   die   Papyrusfunde  das  Bild,   das   man 
sich   von   Alkaios    machen    konnte,    erheblich    bereichert,    zumal 
da  man  von  seiner  Dichtung  bisher  herzlich  wenig  wußte.     Eine 
ausgezeichnete   Beurteilung   gibt   v.    Wilamowitz   in    den    Neuen 
Jahrbüchern  für  das  klassische  Altertum  XXXIII,  4.  Jahrgang 
1914,  1.  Abteilung  p.  225  ff.  unter  dem  Titel  Neue  Lesbische  Lyrik; 
seine  Ausführungen  ziehe  man  zum  Studium  der  neuen  Stücke 
beständig  heran.    Was  er  als  Hauptergebnis  für  Alkaios  betont, 
ist   abgesehen   von   den   Versmaßen   zweierlei:   Alkaios   offenbart 
hier   gegenüber  sapphischer   Schlichtheit   eine    durchaus   gereifte 
und  überlegte,  fast  schon  ans  Rhetorische  streifende  Kunst,  und 
zweitens  tritt   in  den  neuen  Zügen   noch  deutlicher  zutage,   wie 
sehr  Horaz  seinem  Vorbilde  gefolgt  ist. 

Die  zuerst  erschienenen  Papyri  findet  man  jetzt  bei  Diehl,  Supplementum  Lyri- 
cum^  (Kleine  Texte  33/34,  Bonn,  Marcus  u.  Weber);  sie  sind  dort  so  leicht  zugäng- 
lich, daß  ich  sie  hier  nicht  mitzuteilen  brauche.  Das  Fragment  4  bei  Diehl  ist  von 
Sitzler,  Berl.  Philol.  Wochenschrift  1908  Sp.  1070f.  und  von  Edmonds,  The 
Classical  Review  23,  72f.  ergänzt  worden,  aber  ihre  Lösungen  scheinen  noch  nicht 
gelungen.  Dem  Inhalte  nach  ist  es  ein  Trinklied;  die  Handschrift  ist  sehr  sorgsam 


ALKAIOS.  99 


und  der  Alkaioshandschrift  Oxy.  X  1233  sehr  ähnlich,  aber  nicht  gleich.  Viel 
Neues  bringen  die  beiden  Oxyrhynchos-Papyri  Oxy.  X  1233  und  1234,  beide  aus 
dem  2.  Jh.  p.  C  ,  der  zweite  mit  Scholien  ausgestattet.  Die  folgenden  Proben 
teile  ich  in  der  Herstellung  von  Wilamowitz  a.  a.  O.  mit.    1.  An  Melanippos: 

t/  ojv  sf .J  Me/.äi^iTTTz'  dft'  iuoi;  lif  .  .  .]      Siviäspr'  öra  fief  .  .  .]  "A/iootra 

fiEyf...J'  t,aßai[i  u]eki(o  xod'aoöv  fäoi  [vate^oi]  \  ötpead-'-  ä'f.V  ayi  firj  ueyd).o)v 
en [ ißdlXeo ]  j  y.at  yäo  Ziavfos  AloUSais  ßaaikeva  ['eya]  /  uvSqvjv  TclsloTa  vorjad- 
iisros  [d'dvaror  fvyfjv.]  ,  d}.[).]ä  y.'t[lj  TioXiiSois  ecbi-'  vtiu  xa^'i  [Si^J  /  fSirJ- 
rdfeJvT'  "ji/epotT  sTTeoaias,  ufäyug  äe  olj  /  [y.drjoj  u[6yJd'or  eyr^^'  KooiiÜcu^ 
Sa[Qvv    üoiae]      [uejlaivai    yß'ovöi.     aÜ^  äyi    /xi]   rdfS'  s7ie?.7teoJ.     Das   Folgende 

ist  noch  unverständlich.  Ob  Alkaios  Fr.  93,  das  den  Tantalos  erwähnt  und 
dasselbe  Versmaß  zeigt,  mit  dem  neuen  Gedichte  in  Beziehung  steht,  bleibt 
ganz  unsicher.     2.  Helena  und  Thetis:   (h-;  i.öyoi,  y.ay.iöi   a[vtxi]/:  dn'  eoywpj  j 

nsQ^d/iico  y.a'i  naiafi  Tskog  (fi/.oiaivJ'ey.aed'EV  TTix^ör,  7t[ioi  Ö'ui&dXoioas]  :'"lXi,ov 
lodv  II  O-ö  reavTav  Alay.iSfais  TiodTjbv]  I  rrdt-'m-  es  yduov  uäy.[acas  y.aleaaaii]  I 
äysr^  sx  Nrjfojfjos  ekcov  [fieXd&ocaf]  !  Tiaoü'evoi'  äß^dv  jj  'Es  86uov  Xeo^covos, 
eXfvae  S'  äyväej  j  ^eöfifia  Tiaod'ivco  (ftlöfras  dyavcö]  j  ni]}.ios  y-äi  NrjostSiov 
äoiar [as]  j  is  d'  sriavzöv  j  i  UaiSa  yei'var'  alfiift'soiv  [xodriOTOu]  /  ÖXßiov  tavd'äv 
e/.aTfj [ oa  7iu>/.o)i\]  /  ol  S'  aTiibXovx'   uu(f'  ^E[).£rui    <T>ovy(~  rij  /  y.ai   ttöXc?  airojv. 

Da  weder  Anfang  noch  Ende  des  Gedichts  erhalten  ist,  bleibt  der  Zusammen- 
hang im  Dunkel.  Ob  man  mit  Wilamowitz  vermuten  darf,  es  sei  dem  Dichter 
lediglich  auf  die  kunstvolle  Darstellung  angekommen,  bezweifle  ich,  wenn  ich 
auch  zugeben  muß,  daß  es  nicht  leicht  ist,  einen  Anlaß  für  diese  Gegenüber- 
stellung anzugeben.     3.  An  die   Dioskuren:    [Jtvr     Olvunov    daTso]o:xo[i] 

XiTTÖvrefi]  I  [rtalSss  \(f^]iuoi  J[ibi]  r^Se  Ar/Sas  /  ['ükacotj  ^vf/ujol  7Too[<fd] ir]TB 
Kdaroo  j  xal  IIo/.v8e[vJy.es  jl  o'i  y.ax  evofia[v  yß'övaj  y.ui  ifäXaoaav  j  Ttalaav 
ioyE[o\y ]  (b[y.v7iö](icov  stt'  cTtTteov,  /  ^f/a  Ö'  dvd'^töf.ioisj  S'afi-JdTCO  {ivsod'e  j  t,a- 
TtQvöei'TOi  jl  eiebfojMv  d'ocboy.ovT [es  dv' J  dy.oa  vawv  j  [t] r^/.ö&ev,  Lafinooi  ttoö- 
ro[v     dfitfißd]  vres         d^yaliai     S'iv     pvy.ri    (f[dos    ^eJoovTSi     '    vai     ,u[e]).aiicu. 

Auch  dies  Gedicht  ist  unvollständig.  4.  Die  nur  teilweise  erhaltenen  Strophen 
über  das  Schiff,  das  sich  dem  Sturme  nicht  mehr  aussetzen  will,  deutet  Wilamo- 
witz, wie  schon  bemerkt,  unzweifelhaft  richtig  auf  ein  Trinklied,  zu  dem  das 
Schiff  den  Eingang  bildet;  der  Herausgeber  Hunt  hielt  die  Beziehung  auf  das 
Staatsschiff  für  sicher,  weil  man  Alkaios  Fr.  18.  in  immer  so  verstanden  hat. 
Aber  wir  werden  Wilamowitz  zugeben  müssen,  daß  auch  in  dem  bekannten 
dovvsTriini  Twv  dituoiv  aidaif  nichts  Politisches  steht;  das  Schiff  und  das 
Meer  sind  für  den  Lesbier  die  am  nächsten  liegenden  Gegenstände,  die  seiner 
Dichtung  unerschöpflichen  Stoff  lieferten.  Wenn  Horaz  carm.  I  14  0  navis 
referent  an  die  res  publica  denkt,  so  beweist  las  für  sein  Vorbild  nicht  das  Ge- 
ringste. Nur  um  dieser  Beziehungen  willen  setze  ich  die  zertrümmerten  Strophen 

hierher:  tiüv  föoTifoJi^'  Öf  .  .  .  :  Ö^otii  /udhara  aao.  [.  .  .  //  y.al  xifiari  n/.ayelafa 
ßaovy.TVTtcp]  /  biißofo  uü/eod-(u  y£[ifiaTi  t'  dyQitp]  j  <fald'  oibsv  ifiioor][i;  d(fdvTOj]  / 
St^uart  TV7irofi[eya  öayf^nu]  //  y.r^va  fiep  er  TOvT[oiai  y.v/.ipSerai.J  j  tovtcov  }.e- 
lad-iov  3}    (f[ile  ßölloftai]  /   avv  z'  ^ufii.  Te^7i[eod-ai  w ]  j  y.ni  TieSä  Bvy.yßog 

aid:  [ 7  Man  sieht  das  Ziel:  ein  Trinkgelage,  an  dem  Bykchis,  bekannt  aus 

Fr,  35,  teilnimmt.  Im  ganzen  scheint  dies  Gedicht  dem  einen  der  Berliner  Stücke, 
DiehF  4,  ähnlich  zu  verlaufen.  .5.  An  den  Bruder  des  Alkaios  -kann  man  denken 
bei  den  Trümmern  eines  Gedichtes,  worin  Babylon  und  Askalon  vorkommen, 

7* 


100  SAPPHO. 


vgl.  Fr.  33,  aber  Alkaics  mag  auch  sonst  genug  Beziehungen  dorthin  gehabt  haben. 
6.  Die  politischen  Gedichte,  die  man  mit  dem  alten  Namen  etwa  oTnoioniy.ä 
nennen  mag,  wollen  noch  nicht  recht  greifbar  werden.  Die  Strophen,  in  denen 
der  Dichter  von  der  anrüchigen  Herkunft  des  Pittakos,  von  dem  Schlemmer- 
leben seines  Vaters  redet  und  ebenso  die  Verse  über  seine  Heirat  mit  einem 
Atridensprößling  gehören  der  Zeit  an,  als  Alkaios  seinen  Frieden  mit  dem  Herr- 
scher der  Heimat  machte:  >y.  f^i  yolco  Tojiit  /.aifoiusii'' äi'  (WWamowltz /.ret^fö- 
II t '>■<'.  weil  es  äv  nicht  gibt  und  /.a.d'outti-a  statt  la'&Mued'a  ein  leichter  Schreib- 
fehler ist)  ,  yakädooiitr  (WÜ.  y/i/MiioMfiev)  äe  ras  i^vuoßöoo)  St'ms  j  euifvh'i  re 
udyu-,     TOLi'    Tis    ^OLvuzriMV  j    iföioae     däituv    u'ff    eis    avdrav    uyiov   j    (Pmay.(ü    S. 

SiSo'i:;  y.vi)og  t-7ir2Q[ar]ov  Näher  auf  die  Übrigen  politischen  Stellen  einzugehen,  ist 
hier  nicht  am  Platze. 

Was  die  Papyri  für  Sappho  bedeuten,  zeigt  schon  ein  ober- 
flächlicher Blick  auf  den  Umfang  des  Neuen,  denn  während  man 
früher  nur  zwei  annähernd  vollständige  Lieder  besaß,  sind  jetzt 
fünf  hinzugekommen;  zwar  ist  keines  von  ihnen  vollständig, 
aber  es  liegt  doch  soviel  von  jedem  vor,  daß  man  Inhalt  und 
Ton  erfassen  kann.  Auch  die  Zahl  der  kleineren  Fragmente  hat 
sich   erheblich    vermehrt,    und    nicht    wenige    darunter    ergeben 


s 


trotz  geringen  Umfanges  einen  Inhalt.  Die  neuen  Gedichte 
und  Bruchstücke  verteilen  sich  auf  das  erste,  zweite  und  fünfte 
Buch  der  Sappho;  die  bereits  bekannte  Bucheinteilung  wird  durch 
die  Papyri  bestätigt.  Eine  der  neuen  Handschriften,  Oxy. 
X  1231,  hat  den  Schlußtitel  uücov  a  yjpp^öd;  es  war  also  das 
erste  Buch,  das  die  Gedichte  in  Form  der  sapphischen  Strophe 
enthielt,  und  umfaßte  1320  Verse,  d.  h.  330  Strophen.  Der  be- 
trächtliche Umfang  läßt  aber  keine  Schlüsse  auf  die  anderen  Bücher 
zu.  Im  zweiten  Buche  standen  die  Gedichte  im  vierzehnsilbigen 
sapphischen  Pentameter;  ein  Rest  liegt  in  Oxy.  X  1232  vor  unseren 
Augen;  hier  ist  vom  Titel  erhalten  Icapfojvg  iUh\  [  ]  ohne 
Buchzahl.  Ebenfalls  aus  Gründen  der  Metrik  ist  ein  Teil  der  Berliner 
Fragmente,  Berl.  Klass,  Texte  V  2,  p.  lOff.,  dem  fünften  Buche 
zuzuweisen. 

Eines  der  Gedichte  gilt  dem  nach  manchen  Irrwegen  heimkehrenden 
Bruder  der  Dichterin  Charaxos  (Diehl^  i);  gehen  auch  die 
Ergänzungen  der  Gelehrten  vielfach  auseinander,  so  besteht  doch 
über  die  Deutung  des  Ganzen  kaum  ein  Zweifel.  Ein  anderes  Bruch- 
stück spricht  wiederum  vom  Bruder,  den  von  Neuem  die  naukrati- 
t'sche  Hetäre  Doricha  umstrickt  habe  (Oxy.  X  1231  p.  23);  es 
hängt  aber  weder  mit  dem  ersten  zusammen  noch  läßt  es  sich 
herstellen.  Die  meisten  der  neuen  Gedichte  und  Fragmente  ver- 
setzen uns  in  den  Kreis  yon  Schülerinnen  und  Freundinnen,   der 


SAPPHO.  101 


sicli  um  Sapplio  scharte,  und  schildern  das  Verhältnis  der  Meisterin 
zu    den    jungen   Mädchen.      Besonders  Abschied   und    Sehnsuciit 
nach  der  Entfernten  finden  ihren  Ausdruck;  bald  tröstet  Sappho 
die    Scheidende    und    erinnert    sie   an    das   schöne    gemeinsame 
Leben  (Diehl'^  5),    bald    spricht  sie  selbst  ihr  Sehnen  aus,  ruhig 
im  Tone  in  den  Strophen  an  ihre  milesische  Schülerin  Anaktoria 
(Oxy.  X  1231   p.  23),   schmerzlicher    im   Gedichte  auf  Arignota, 
die  nach  Sardes  gegangen  ist  (Diehl-  7).    Die  Verse  auf  Gongyla, 
deren  Name  mehrmals  begegnet,  sind  zu  schlecht  erhalten,  um  ver- 
standen zu  werden,  nur  der  zärtliche  Scherz  über  Gongylas  Um- 
hang, den  sie  mit  Freude,  Aphrodite  aber  mit  Verdruß  sehe,  ist 
deutlich  (Oxy.  X  1231  p.  31).     Ein  andermal  sagt  sie  von  einem 
schönen   Mädchen,    man    könne   es  nur  der  blonden  Helena  ver- 
gleichen (Oxy.  X,  1231,  p.  31).    Von  den  Festen  in  ihrem  Kreise 
ist  mehrfach  die  Rede,  auch  von  nächtlichen  Feiern,  z.  B.  Oxy. 
X  1231   p.  39,    Berl.  Klass.  Texte  V  2   p.  12/3.      Schade   ist   es, 
daß  in  dem  Liede  auf  Anaktoria,  das  mit  dem  allgemeinen  Ge- 
danken von  der  Verschiedenheit  des  Geschmacks  und  der  wunder- 
lichen Macht  der  Neigung  beginnt,  gerade  die  Zusammenfassung 
in   der  vierten   Strophe  unheilbar  zerstört  ist;  noch  mehr  muß 
man   bedauern,   daß   auch   von   einem    Gedichte,   worin   sie   ihre 
eigenen  Erfahrungen   und  Enttäuschungen   ausspricht,   nur  lioff- 
nungslose  Trümmer   übrig  geblieben   sind   (Oxy.  X  1231  p.  32 '3). 
Im  allgemeinen  tritt  aufs  Neue  das  zärtlich  liebevolle  Verhältnis 
hervor,    das    Sappho    mit    dem    Kreise   ihrer   Mädchen   verband. 
Mit  diesem   Kreise  hängen  auch  die  Hochzeitslieder  zusammen; 
Reste  eines  solchen  aus  dem  zweiten  Buche  liegen  vor;  die  Mädchen 
wollen    nach    Hause    gehen:  .  .  .  ]    ^'^'t-'-    «7^^'  f-'   (f'iMi  .../  «;■/' 
yaq  duioa  (Oxy.  X  1232  p.  45).     Darauf  folgt  ein  größeres  Stück 
aus   einem    Hochzeitsliede:    Die   Dichterin   schildert,   wie   Hektor 
mit   seiner  jungen    Frau   Andromache   von    der    Hochzeit   in   die 
Heimat   zurückkehrt,    und    wie    ganz    Troja,    vom  Könige   an, 
sich  zum  Empfange  aufmacht.    Wilamowitz  freilich  hält  das  Ge- 
dicht  aus   sprachlichen    Gründen  für  unecht,   auch   der  Ton   sei 
nicht  sapphisch;   daß  in   Sapphos  Werke  sich  jüngere  lesbische 
Hochzeitslieder  eingeschlichen  hätten,  wäre  w^ohl  denkbar  (Oxy. 
X  1232  p.  47).     Endlich  sei   noch   das  Gedicht  an  die  Hera  von 
Mitylene  erwähnt,  das  nach  Wilamowitz' einleuchtender  Vermutung 
die   Gründungsgeschichte   des  Tempels    erzählte    (Oxy.   X    1231 
p.  25  =  Soc.   Ital.   H  123). 


102  SAPPHO. 


Im  ganzen  betrachtet  bringen  die  Papyri  metrisch  manches 
Neue  und  zeigen  bei  Sappho  einen  beträchtlichen  Formenreichtum. 
Außerdem  tritt  die  Anknüpfung  an  Homer  und  das  Epos  mehr 
als  bisher  zutage.  Im  übrigen  wird  das  Bild,  das  man  sich  von 
Sappho  und  ihrem  Kreise  machen  konnte,  nicht  geändert,  aber 
bereichert  und  vertieft.  In  der  Sprache  gewinnt  der  Reiz  ihrer 
völligen  Schlichtheit  noch  mehr  bestimmte  Prägung  gegenüber 
der  Wortkunst  des  Alkaios.  Man  lese,  was  Wilamowitz,  Neue 
lesbische  Lyrik  (vgl.  S.  98)  darüber  sagt.  Ferner  Wilamowitz, 
Sappho  und  Simonides,  und  Wilamowitz,  Textgeschichte  der 
griechischen  Lyriker. 

Die  schon  bei  Alkaios  genannte  Sammlung  von  Diehl,  Supplementum  Lyricum- 
enthält  1.  das  Gedicht  an  Charaxos  Oxy.  1  7,  mit  den  Ergänzungen  von  Blaß 
und  den  Vorschlägen  anderer,  2.  die  Berliner  Sapphofragmente,  die  Berl. 
Klass.  Texte  V  2  zusammen  veröffentlicht  sind,  nämlich  ein  kleines  Pergament- 
blatt etwa  des  6.  Jh.  p.  C.  und  die  größeren  Reste  eines  Pergamentkodex  aus 
dem  ().  oder  7.  Jh.  p.  C.  Darunter  befinden  sich  zwei  Lieder  an  scheidende 
Freundinnen  das  oben  zuerst  erwähnte  und  das  an  Arignota,  sowie  eines  der 
auf  Gongyla  sich  beziehenden  Stücke.  Diese  Handschriften  beweisen,  daß  man 
noch  in  später  Zeit  vollständige  Sapphoausgaben  hatte.  Die  Ausgabe  von  Diehl 
bietet  auch  alle  neueren  Vorschläge.  Ein  unbedeutendes  Fragment,  Hai.  3 
(Dikaiomata,  herausgegeben  von  der  Qraeca  Halensis,  Berlin  1913)  p.  182  ff., 
etwa  aus  dem  3.  Jh.  p.  C;  verdient  nicht  mehr  als  die  Erwähnung,  zumal 
da  hier  für  die  notwendige  Verbesserung  der  Ausgabe  kein  Raum  ist. 
Ein  kleines  lesbisches  Bruchstück,  das  wohl  Sappho  gehört,  ist  Oxy.  III  424 
veröffentlicht.  Sehr  Wertvolles  haben  zwei  Funde  von  Oxyrhynchos  ge- 
geben: Oxy.  X  1231,  2.  Jh.  p.  C.  und  1232,  3.  Jh.  p.  C.  Aus  dem  ersten 
wähle   ich  Folgendes  aus:   1.   Strophe  über  Charaxos  und  Doricha:  [Kv]tiqi, 

y.(i[i  n]t    7n[y.Q0TeQ]av  iTievofei']       [oi]  §s  y.avy^doan o  tÖ^'  hvyi[TiorTts'J  j   [-f^'j]- 

^i/n  Tö  §Ev[r]eQov  öjs  TTodsfivdiJ  /  [fig]  b^ov  rjld-E.  2.  An  Anaktoria  (nach 
Wilamowitz,   Neue  lesbische  Lyrik):    [0]l  fiev  l7tnt]cov  ot^otov  ol  Ss  TttoS&v  / 

Ol  Sh  vaMV  (pala'  iTtfl]  yäv  iie/.ai[rlav  j  [ej/ufisrai  y.dAliarov,  syct>  8s  y.fjv  br  /  t(o 
rt~  ioäTc.i  jj  [Ttäjyyv  S'e-d/ua^es  ovvstöp  Trofjoai  j  [Ttjafrl  ifolvr''  ä  yäo  rtoXv  neo- 
oy.ü7iet[a]a  j  [y.dXJXos  [a.vd'](id)7ta>v'FAEva  [rblv  är8(ja  j  [y.oivvev  äo'!ioTov  jj  /  o»  ib 
TtäVj  oeßai;  Too'iafs  bjlsaafepj  /  [ovSe  TtlaiSös  ovSe  (f[i]Xa)f  To['yf]i](ov  /  [ovShv] 
euvdad'r^,  d[}.Xäl  naqdyay    aiitäv  /   [Ktjtiqis  spaljaav.  j j  [ —  ^  —  ^  y.Ja/t:n:o>'  yäo 

[—  -^ ]  I  [^  ^  —  w  ^yovfais  t/"w  — f]o7'jaij  j  [  rijjls  vvv  'Avay.ro^ifrxg  ö]vB/uvd-  / 

[o&Jr]{v)  aTtecioae  //  [tüJs  y.s  ßoXXoifiav  socitöv  rt  ßäfia  j  y.äfid^vyfia  kaurrobv 
iSfii'  TiooocÖTico  I  f]  TU  AvSojv  äQfiaia  y.dv  onkoioi  j  [iTtnofiJdysvras.  jj  [ei  ttev 
i'Sjnsp    ov     Sviarb/'    yeitad'ai    /   [tovt' Jdf'   di'!f^M7T[oi~^    TiJsSiyr^t-'    S'   äfjäaff'ai  .  .  . 

In  der  vierten  Strophe,  die  von  dem  leicht  bewegten  Menschenherzen  sprach, 
ist  die  Lesung  unsicher,  namentlich  am  Ende.  3.  an  Hera;  dies  Gedicht  ist  fast 
genau  in  demselben  Erhaltungszustande  auch  durch  Soc.  Ital.  11  123,  2.-3.  Jh. 
p.  C,  auf    uns    gekommen.     Die  Herstellung    ist   von  Wilamowitz.     IDmoIov 

8t^  f([oi  y.az'  övao  Tin^eoral  j  Tiörri'  Hoa  ah  /laoieaon  iiot>(fd],  j  rdv  aoaidv 
\4To[ei8ai  )'8o)'  tt^oj-]  /  roi  ßaaikfjtc  /'  sy.rt/.iaaai'Tsg  f}'^?  ^'Aoeios  eoyov]  I  ttoiTitu 


I 


KORINNA.  103 


fur  7t[tto'  cby.vnoio  l'y.uuäräocoj  j  nid'  d7Toouu&ä[vrei  ei  "Aoyoi  t/.9T;v]  j  oi'y. 
iSviafTO  II  Ti^ir  ai  aal  JC  ävn[[6fievoi  y.äktaaav]  /  y.ai  ©imvu^  iitfsoöeija  natSu]  / 
t-i'f   t^t   xfa'i   oe^oiat   d-vt]   Tlohrai]  /   y.nr   tö   Ticdfaiöv]  //  äyrü  y.a't  y.a[).or  y.ardyoiiu 

TTtTtlov]  I  [7t]npd-[evo'. .  . .  Es  versteht  sich  von  selbst,  daß  die  den  Sinn  sicher 
treffende    Ergänzung   im   Wortlaute    unsicher    bleibt.     4.  An    Gongyla    (vgl. 

Diehi-   tj):    [Fojyyvka    [....Jvd-i    Kaßolaa    ua.[—]  I  [ylnjy.xivar     ae   di]vre  Tro'hoi 

T.   / 7   /   a/Lif/iTTÖTarai  II  xäi'  y.akdi-   a  yäo   y.araycoy'n  ai)xd  /  i7nö(ua'  iÖolom- 

iycj   Öi  /aiuoj       yiü  yuo   (liijd   Si,  T[6i)]e    iitiiffsTai  not]  /  [KlvTTooyii'fr/i].       AuS 

Oxy.  X  1232  (Buch  2)  folgen  die  am  besten  erhaltenen  Teile  des  zweiten  von 
Wilamowitz    angezweifelten    Hochzcitsliedes:      .5.   Hektors    Hochzeit:    'Ey.joio 

xal  ovi>ir(uii[o]i  äyoio'  f/.ixoJ7Ti8a  /  &r]ßag  i§  laQüs  niny.iai  r'  an'  d[i]i'  v)do)  I 
äßQay  "Ai'öoofid/av  sv'i  lavo'ir  in:'  äXuvQov  /  Tiövrov  Ttolld  Ö'  [e?.ijy/uara  yovaia 
y.äfiftnzu  j  7Coo(f  vo[ä  y.JaÄd  x'av  rf^öjra^  Tioiy.ik'  ä&VQftaTa  /  äoyv^fä  x' ]dvdo[id-] ua 
[TioTJjJpfiaJ  y.a/.iifuis.  /  wg  eItt' .  OToalicos  b'ävöoovaa  7taT:[r;o]  (filos  I  cfdtia  8'  r/Xd-e 
y.arä  mö/.ii'  evovy[ooo]  r  (filon.  avTrA^lXiädac  ouTiraiffl  vrt'  siroo/oii  j  5,y[o]v 
aifttoroii,  i7t[e]ßaive  Ss  ■jiuti  öykos I  yvvaiy.öip  t'  ä/na  :ra^9's/'iy.ä[vj ts  T[av]vo(fvQUiv.l 
ycoQis  S'ni)  niio6.i.ioio  '^vy[dJjoeg  [e7Tr>ioar '  /  'i7t7t[oii  ]   S'ävSoti  vTtäyoi^  i)7i'  do[/nara 

-7  es   folgt  eine  längere  zerstörte  Stelle;    der  Schluß  lautet:  yipatye[s] 

d'  [ijXe/.voSfoJr  öoai  rrooyereoreoHfi]  '  n'dvres  S'  äfStjfsJs  S7Tr]oa7  0v  i'ayoi-  öoi)'iov  j 
rrdai-'  ory.okcovTe-    ty.dßokoi'  tvkvoav  1  v/n')]f   Ö' "ExTooa   y.dt'doo/udyav    ')eot'y.eki>i[s]. 

Hierzu   ist   zu  bemerken:  difvdoj  ist  sehr  zweifelhaft.     tkiy/narH  nach  Hesych 

vyikia.  Tooi-d.  Vgl.  Hesych  ToöirC  dydkauTU  i)  ßduf.iUTu  ü.i'yLva,  vgl.  lliaS  XX  H  441. 
drdoi&it((  —  y.ä/.ecfnii  =;  Sappho     Fr.    67.     aariuri     Streitwagen.      Ttdova     1.    rräojia 

Päan.  Die  Papyri  geben  mit  den  ziemlich  reichlich  gesetzten  Akzenten  die 
äolische  Akzentzurückziehung  wieder;  ich  habe  aber,  Wilamowitz  folgend,  oben 
die  gewöhnlichen  Akzente  gesetzt,  um  die  Texte  bequem  lesbar  zu  machen. 

Obwohl  Korinna  nur  durch  einen  Papyrus  vertreten  wird,  so 
bedeutet  doch  dieser  für  unsere  Kenntnis  der  böotischen  Dichterin 
viel,  ja  fast  alles,  denn  an  Umfang  und  Wert  verschwinden  die 
kümmerlichen  bisher  bekannten  Zitate  neben  dem  Neuen.  Die 
schöne  gelehrte  Handschrift  des  2.  Jhs.  p,  C.  mit  Lesezeichen 
und  Schollen  hat  uns  von  zwei  Gedichten  mehrere  Strophen 
erhalten.  Alles  Zusammenhängende  findet  man  bei  Diehl,  Supple- 
mentum  Lyricum-  nebst  Hinweisen  auf  Nachträge  und  \'er- 
besserungen  mehrerer  Gelehrten  abgedruckt;  aber  gerade  bei  den 
Bruchstücken  aus  Korinnas  Dichtungen  muß  jeder,  der  sie  ernstlich 
kennen  lernen  will,  auf  die  erste  Ausgabe  von  Wilamowitz  in 
Heft  V  2  der  Berl.  Klass.  Texte  zurückgehen.  Der  überlieferte 
Text  ist  unbequem  zu  lesen,  da  er  den  böotischen  Wortlaut  in 
phonetische  Orthographie  umgeschrieben  zeigt;  Korinna  selbst 
schrieb  im  Wesentlichen  reines  Böotisch  und  unterschied  sich 
schon  dadurch  von  ihrem  Zeitgenossen  und  Landsmanne  Pindaros. 
Aber  auch  die  einfachen  Versmaße,  die  im  Volksliedtone  gehalten 
sind,  und  die  schlichte  Erzählungsweise  lassen  einen  großen  Ab- 


104  PINDAROS. 


stand  erkennen;  jedoch  ist  Korinnas  Schlichtheit  keineswegs 
kunstlos  und  jedenfalls  anmutig.  Sie  erzählt  nicht  den  Adligen, 
deren  Sportsiege  Pindar  verherrlichte,  sondern  den  Leuten  aus 
dem  Volke  die  Sagen  der  Heimat.  Das  erste  Gedicht  berichtet 
vom  Wettkampfe  der  heimischen  Berge  Helikon  und  Kithairon, 
die  als  Bergdämonen  gedacht  sind,  wie  der  Sieger  Kithairon  von 
den  Göttern  bekränzt  wird,  der  unterlegene  Helikon  aber  im  Zorne 
einen  Felsblock  auf  die  an  seinem  Fuße  hausenden  Menschen 
hinabwälzt.  Im  zweiten  Gedichte  beruhigt  der  einheimische  Pro- 
phet Akraiphen  den  böotischen  Flußgott  Asopos  über  das  Schicksal 
seiner  Töchter;  die  Götter  hätten  sie  entführt,  und  aus  ihnen 
werde  ein  Geschlecht  von  Halbgöttern  hervorgehen;  Asopos  möge 
sich  damit  trösten,  Schwiegervater  von  Göttern  zu  werden. 
Beide  Gedichte  sind  unvollständig  und  erlauben  nicht,  den  Fort- 
gang und  den  Umfang  der  Erzählungen  zu  erraten. 
Befremdlicher  Weise  haben  uns  die  Papyri  von  Pindaros  bisher 
nur  Neues  gebracht,  nichts  von  seinen  olympischen,  pythischen, 
nemeischen  und  isthmischen  Siegesliedern,  obwohl  diese  im  Alter- 
tum am  meisten  beliebt  und  verbreitet  waren.  Wenn  Ägypten, 
richtiger  Oxyrhynchos,  ein  anderes  Bild  zu  geben  scheint,  so  darf 
man  daraus  nicht  mehr  als  das  Walten  des  Zufalls  entnehmen, 
dem  wir  dankbar  sein  müssen,  da  er  uns  den  Dichter  in  neuem 
Lichte  zeigt.  Die  Pindarpapyri  sind  an  Zahl  bedeutend  und  teil- 
weise auch  von  erheblichem  Umfange.  Weitaus  der  wichtigste  ist 
die  schöne,  gelehrte  Handschrift  der  Päane,  Oxy.  V  841,  im  2.  Jh. 
p.  C.  geschrieben.  Sie  ist  mit  Lesezeichen  und  Schoben,  die  auch 
abweichende  Lesungen  und  Hinweise  auf  Grammatiker  enthalten, 
reichlich  ausgestattet.  Über  die  Benennung  Päane  kann  kein 
Zweifel  bestehen;  bezeichnend  ist  schon  das  häufig  wiederkehrende 
irfü  Ttaidv.  Abgesehen  von  einer  großen  Zahl  unbestimmbarer 
Bruchstücke  sind  Teile  von  neun  Gedichten  erhalten.  Nicht  sehr 
umfangreich  ist  das,  was  vom  ersten  Päan  vorliegt,  der  den  The- 
banern  für  das  alle  neun  Jahre  gefeierte  Fest  der  Daphnephoria 
gedichtet  wurde;  bei  Diehl,  Supplementum  Lyricum^  Nr.  1. 
Weit  mehr  bietet  der  zweite  Päan,  für  das  thrakische  Abdera 
verfaßt;  er  geht  aus  von  dem  Stadtgründer,  dem  Heros  Abderos, 
und  behandelt  dann  die  überwiegend  kriegerischen  Schicksale 
der  Stadt.  Ein  Hinweis  auf  die  Niederbrennung  Athens  durch 
die  Perser  (Z.  28 — 31)  beweist,  daß  das  Gedicht  nach  der  Schlacht 
bei  Salamis  geschrieben  worden  ist;  bei   Diehl  2.    Während  der 


I 


PINDAROS.  105 


dritte  Päan  völlig  zerstört  und  seine  Bestimmung  nicht  erkennbar 
ist,  bringt  der  vierte  wieder  Zusammenhängendes.  Er  ist  für 
die  Insel  Keos  gedichtet  und  erweist  sie  durch  Beispiele  aus  der 
Sage  als  das  Land  der  Genügsamkeit,  als  das  Felsenriff,  aus  dem 
Tüchtiges  hervorgehe,  glänzende  Leistungen  in  den  hellenischen 
Wettkämpfen  wie  in  der  Dichtung;  man  denkt  an  Bakchylides. 
Dieser  Päan  ist  es,  auf  den  Pindar  im  Anfange  des  ersten 
isthmischen  Siegesliedes  Bezug  nimmt:  er  dichte  erst  das  Lied 
auf  den  Sieg  seines  thebanischen  Landsmannes  Herodotos, 
daher  müsse  Delos  auf  das  für  Keos  bestimmte  Lied  warten. 
Unser  Päan  ist  also  ein  Lied  auf  den  delischen  Apollo,  das 
in  Keos  aufgeführt  wurde;  bei  Dithl  3.  Geringer  an  Be- 
deutung und  Umfang  ist  der  fünfte  Päan,  wieder  ein  Lied  auf 
den  delischen  Apollo  für  Athen  bestimmt;  bei  Diehl  4.  Da- 
gegen stellt  der  sechste  das  längste  und  wichtigste  Stück  der 
neuen  Funde  dar.  Hier  ist  auch  die  Überschrift  erhalten:  Jthfoi^ 
ii\:  nvdw.  Der  Anfang  war  bereits  bekannt,  Pindar  Fr.  90.  Das 
Gedicht,  verfaßt  für  die  Theoxenia,  eines  der  höchsten  delphischen 
Feste,  behandelt  den  Untergang  Trojas  und  das  Schicksal  des  Neo- 
ptolemos,  geht  aber  dann  ohne  äußere  Verbindung  auf  Aigina  über; 
eine  Beziehung  ergibt  sich  durch  Neoptolemos.  Hier  zeigt  sich 
der  pindarische  Stil  besonders  klar  ausgeprägt.  Bei  Diehl  5.  Ein 
merkwürdi'^er  Zufall  hat  es  gefügt,  daß  eine  zw^eite  Papyrus- 
handschrift, Soc.  Ital.  II  147,  2.  Jh.  p.  C,  unter  ihren  13  Frag- 
menten mehrere  allerdings  kleine  Stücke  aus  dem  sechsten  Päan 
enthält,  nämlich  für  die  Verse  61—70. 104—111. 125—146.  Die  Ab- 
weichungen sind  unbedeutend.  Vom  siebenten  Päan  ist  nicht  viel 
Zusammenhängendes  erhalten.  Die  beste  Stelle  hat  Diehl  unter 
8  aufgenommen.  Auch  für  dies  Gedicht  kommen  Fragmente 
aus  Soc.  Ital.  II  147  in  Betracht.  Geringfügig  sind  die  Reste 
des  achten  Päans,  bei  Diehl  6  a  und  b.  Länger  und  besser  erhalten 
ist  der  neunte,  für  die  Thebaner  bestimmt.  Seinen  Anfang  bildet 
Pindar  Fr.  107,  ü/.//c  aü.lor,  mit  der  Beziehung  auf  die  totale 
Sonnenfinsternis  vom  30.  April  463  a.  C.  Bei  Diehl  7. 
Während  bei  den  Päanen  Pindar  als  Dichter,  abgesehen  von  allen 
Merkmalen  der  Sprache  und  des  Stils,  durch  mehrere  Überein- 
stimmungen mit  bekannten  Stellen  erwiesen  wird,  geben  für  die 
Jungfrauenchöre,  die  liaoiHruc.  nur  Ausdrucksweise  und  Stil 
die  Entscheidung,  die  aber  als  sicher  betrachtet  werden  darf. 
Die  leider  nicht  sehr  umfangreichen   Bruchstücke,  die  wir  Oxy. 


106  BAKCHYLIDES. 


IV  659,,  aus  dem  1.  Jh.  a.  C,  verdanken,  bedeuten  besonders 
viel,  weil  sie  uns  Pindar  von  einer  neuen  Seite,  in  ungewohnter 
Einfachheit  und  Leichtigkeit  der  Versmaße  und  des  Stiles  zeigen. 
Wir  haben  den  Schluß  eines  Liedes  und  ein  größeres  Stück  aus 
einem  zweiten.  Das  erste  bezieht  sich  auf  Aioladas,  den  Vater  des 
Pagondas,  der  die  Thebaner  in  der  Schlacht  am  Delion  führte. 
Das  zweite,  das  sich  deutlich  als  Gesang  eines  Mädchenchores 
zu  erkennen  gibt,  feiert  dieselbe  Familie.  Bei  Diehl  10  und  11. 
Vgl.  Wilamowitz,  G.  G.  A.  1904  Nr.  8  p.  670ff. 
Endlich  haben  wir  zwei  Fragmente  in  Oxy.  III  408,  etwa  aus  dem 
Anfang  des  2.  Jh.  p.  C,  deren  pindarischer  Ursprung  durch  das 
Vorkommen  von  Fr.  235  sichergestellt  wird.  Das  eine  behandelt 
Herakles  und  Laomedon,  das  zweite  enthält  einen  Hinweis  auf  den 
Erfinder  der  lokrischen  Weise,  Xenokrates;  bei  Diehl  12a  und  b. 
Die  übrigen  Papyri  bedürfen  nur  der  Nennung,  da  sie  sämtlich 
nicht  völlig  sicher  Pindar  zugeschrieben  werden  können  und  an 
Umfang  wie  Bedeutung  unerheblich  sind:  Ryl.  14.  Oxy.  III  426. 
IV  674.  Soc.  Ital.  II  145.  146. 

Textproben  füge  ich  nicht  hinzu,  da  alles  Wesentliche  bei  Diehl 
steht;  ein  näheres  Studium  aber  ist  ohne  Benutzung  der  ersten 
Ausgabe  von  Grenfell  und  Hunt  nicht  möglich.  Nebenbei  sei 
bemerkt,  daß  in  der  Liste  olympischer  Sieger,  die  Oxy.  II  222  ent- 
hält, mehrere  der  von  Pindar  in  den  Epinikien  gefeierten  Sieger 
sich  finden  und  einige  neue  Daten  für  die  Gedichte  gewonnen 
werden. 

Was  wir  von  Bakchylides  wissen,  verdanken  wir  fast  alles  dem 
großen  Papyrus  des  Britischen  Museums,  neben  dem  sowohl  die 
neuerdings  in  Oxyrhynchos  gefundenen  Bruchstücke  als  auch  alle 
übrigen  Fragmente  nur  ergänzend  in  Betracht  kommen.  Die  sehr 
umfangreiche,  mit  Akzenten,  Interpunktion,  Korrekturen,  Be- 
merkungen und  Überschriften  reich  ausgestattete  Rolle  gehört 
zu  den  Mustern  der  Buchkalligraphie.  Während  der  Herausgeber 
Kenyon  sie  auf  die  Mitte  des  1.  Jh.  a.  C.  ansetzte,  haben  Grenfell 
und  Hunt  (Oxy.  I  p.  53  Anm.)  sich  für  das  1.  oder  2.  Jh. 
p.  C.  ausgesprochen,  und  ein  Überblick  über  das  seitdem  be- 
trächtlich vermehrte  Material  legt  es  sogar  nahe,  an  die  zweite 
Hälfte  des  2.  Jh.  p.  C  zu  denken.  Der  Papyrus  ist  herausgegeben 
worden  von  F.  G.  Kenyon,  The  Poems  of  Bacchylides,  from  a 
papyrus  in  the  British  Museum.  London  1897.  Eine  neue  Aus- 
gabe  hat   F.  Blaß  veranstaltet:    Bakchylidis  carmina  cum  frag- 


I 


BAKCHVLIDES.  107 


mentis.  4.  Aufl.  besorgt  von  W.  Sueß,  Leipzig,  Teubner  1912 
(enthält  auch  Oxy.  VIII  1091).  Ferner  R.  Jebb,  Cambridge  1905. 
Für  einen  größeren  Kreis  gibt  einen  allgemeinen  Überblick  sowie 
eine  Übersetzung  der  bedeutendsten  Gedichte  U.  v.  Wiiamowitz, 
Bakchylides,  Berlin  1898.  Oxy.  VIII  1091  bringt  einen  Teil  des 
17.  Gedichts,  nach  Kenyons  Zählung,  mit  einigen  Verbesserungen. 
Wichtiger  ist  der  an  der  Rolle  noch  befestigte  Sillybos  mit  der  Auf- 
schrift Bcc/.yy/.iöov  di&vQaußoi.  denn  er  gibt  uns  für  die  letzten  sechs 
Gedichte  des  großen  Papyrus  die  Bezeichnung  als  Dithyramben  und 
damit  zugleich  die  Wahrscheinlichkeit,  daß  sie  als  Teil  einer  zweiten 
Rolle  zu  betrachten  sind.  Außer  einer  Anzahl  kleinerer  Fragmente 
sind  20  Gedichte  erhalten,  davon  sechs  ganz  oder  fast  vollständig; 
vierzehn  sind  Siegeslieder,  Epinikien,  sechs  zeigen  einen  anderen 
Charakter  und  gehören  zu  den  Dithyramben. 
Vom  ersten  Gedichte  ist  nur  der  Schluß  erhalten,  der  allgemeine, 
nicht  gerade  tiefe  Betrachtungen  über  den  Wert  der  äocru  gibt. 
Das  zweite,  sehr  kurze  Gedicht,  einem  keischen  Landsmanne 
des  Dichters  gewidmet,  war  wohl  nicht  für  das  eigentliche  Sieges- 
fest in  der  Heimat  bestimmt,  sondern  nur  für  eine  kurze  Feier 
unmittelbar  nach  dem  in  Nemea  errungenen  Siege.  Lieder  dieser 
Art  finden  ^wir  bei  Bakchylides  mehrfach.  Umfangreich  und  be- 
deutungsvoll ist  das  dritte  Gedicht,  das  Hierons  Sieg  im  Wagen- 
rennen zu  Olympia  468  a.  C.  verherrlicht.  Nachdem  Pindar  und 
Bakchylides  mehrmals  im  Wettbewerbe  die  Siege  des  Tyrannen  ge- 
feiert hatten,  gewann  endlich  Bakchylides  die  Oberhand  und  erhielt 
hier  allein  den  Auftrag.  Vgl.  über  Hierons  Verhältnis  zu  Bakcliy- 
lides  den  angeführten  Aufsatz  von  Wiiamowitz.  Der  Dichter  beginnt 
mit  einer  Huldigung  an  den  mächtigsten  Herrscher  der  hellenischen 
Welt  und  erzählt  dann  von  dem  reichsten,  freigebigsten  Fürsten 
früherer  Zeit,  von  Kroisos,  wie  er  nach  der  Eroberung  von  Sardes 
sich  mit  Weib  und  Töchtern  verbrennen  wollte;  aber  eine  Wolke 
löscht  den  Scheiterhaufen,  und  Apollon  entführt  den  frommen 
Gönner  Delphis  zu  den  Hyperboreern.  Endlich  folgt  eine  allge- 
meine Betrachtung,  wieder  an  Hieron  gerichtet:  man  solle  leben, 
als  habe  man  nur  einen  Tag  vor  sich,  und  zugleich,  als  lebte  man 
noch  50  Jahre.  Den  Schluß  bildet  der  etw^as  selbstgefällige  Hinweis 
auf  die  Kriia  dr;d<<>v.  Man  beachte  die  Besonderheiten  der  Kroisos- 
legende  in  des  Dichters  Darstellung;  merkwürdig  ist  es,  wie  diese 
Vorgänge,  die  noch  kein  Jahrhundert  zurücklagen,  schon  ganz  sagen- 
haft geworden  sind.     Das  Gedicht  ist  von  Wiiamowitz  großenteils 


108  BAKCHYLIDES. 


Übersetzt.  Hierons  pythischeni  Siege,  470  a.  C,  gilt  die  kleinere 
vierte  Ode;  das  Hauptgedicht  verfaßte  Pindar,  Pyth.  I.  Das 
längste,  so  gut  wie  ganz  erhaltene  Gedicht,  das  fünfte,  feiert  Hierons 
Sieg  mit  dem  Rennpferde  Pherenikos  in  Olympia,  476  a.  C.  Das 
Datum  wird  jetzt  durch  Oxy.  II  222  festgelegt,  damit  auch  für 
Pindar  Ol.  I,  denn  diesen  Rennsieg  haben  beide  Dichter  in  großen 
Oden  verherrlicht.  Nach  dem  Preise  des  siegreichen  Pferdes 
und  einem  stolzen  Vergleiche  seiner  selbst  mit  dem  Adler  des 
Zeus  erzählt  Bakchylides  von  der  Begegnung  des  Herakles,  der 
den  Kerberos  holen  will,  mit  dem  Schatten  Meleagers  in  der 
Unterwelt;  aber,  wie  Wilamowitz  mit  Recht  sagt,  hat  er  die  er- 
greifende Szene  verdorben,  indem  er  den  Herakles  zuletzt  nach 
einer  Frau,  Meleagers  Schwester,  ausschauen  läßt.  Ob  der  hoch 
anerkennende  Hinweis  auf  Hesiodos,  der  am  Schlüsse  vorkommt, 
eine  Huldigung  vor  Pindar  darstellen  sollte,  wie  man  gemeint 
hat,  bezweifle  ich.  Der  Kern  des  Gedichts  ist  von  Wilamowitz 
übersetzt.  Das  6.,  7.  und  8.  Siegeslied  ist  kurz  oder  nur  spärlich 
erhalten,  von  dem  langen  9.  Gedichte  ist  ein  großer  Teil  zerstört; 
das  10.  enthält  keine  Sagenerzählung.  Im  11.  fast  vollständigen 
Gedichte  auf  den  Sieg  des  Metapontiers  Alexidamos  erzählt  Bak- 
chylides die  Sage  von  den  Töchtern  des  Proitos,  die  Hera  mit 
Irrsinn  schlug,  Artemis  aber  erlöste.  Nur  den  Anfang  haben 
wir  vom  12.  Liede,  auf  den  nemeischen  Sieg  des  Aigineten  Tisias; 
den  nemeischen  Sieg  des  Aigineten  Pytheas  feiern  Bakchylides  in 
der  13.  Ode  und  Pindar  in  Nem.  V.  Auf  ein  lokales  Kampfspiel 
bezieht  sich  die  14.  Ode,  die  derh  Thessaler  Kleoptolemos  gilt. 
Wie  schon  bemerkt,  sehen  die  folgenden  sechs  Gedichte  ganz 
anders  aus.  Sie  lassen  keinen  bestimmten  Anlaß  erkennen,  ent- 
halten nur  sehr  kurze  Hinweise  auf  einen  Gott  und  tragen  einen 
richtigen  Titel  wie  eine  Ballade;  so  darf  man  wenigstens  das 
Hauptstück  unter  ihnen  am  ehesten  nennen,  während  die  Be- 
zeichnung auf  manche  andere  nicht  paßt.  Daß  man  sie  nach  dem 
Sillybos  des  Oxyrhynchos-Papyrus  als  Dithyramben  betrachten 
soll,  ist  freilich  befremdlich,  wenngleich  Stücke  wie  15  und  18 
gerade  unter  diesem  Gesichtspunkte  besonderen  Wert  gewinnen. 
Vom  15.  Gedichte  mit  dem  Titel  'ivTr.roQiöca:  ''EUvrig  uTtaixroi^ 
ist  der  Eingang  verloren.  Dann  erscheint  Menelaos  auf  der  aynoa 
von  Troja  und  hält  eine  Rede  über  Dike  und  Hybris,  die  ganz 
plötzlich  abbricht,  ohne  von  der  Rückforderung  der  Helena  ein 
Wort  zu  sagen.     Der  Dichter  hat  es  nur  auf  die  einzelne  Szene 


BAKCHYLIDES.  109 


und  die  rhetorische  Einlage  abgesehen.  Nach'  unserem  Gefühle 
fehlt  das  Ziel.  Auch  16,  das  mit  einem  Preise  Apollons  beginnt 
und  dann  von  Herakles  und  Deianeira  erzählt,  bricht  kurz  ab. 
Vielleicht  am  re-zvoUsten  unter  allen  Dichtungen  des  Bakchylides 
ist  17  i]'i'0-toi  y.c.i  Hiatv^:,  wozu  der  Oxyrhynchospapyrus  zu 
vergleichen  ist.  Wie  der  Schluß  zeigt,  sollte  das  Lied  von 
einem  keischen  Chore  auf  Delos  dem  Apollo  gesungen  werden. 
Es  erzählt  von  Theseus  und  den  jungen  Athenern,  die  als 
Tribut  nach  Kreta  fahren,  wie  unterwegs  Minos  sich  an  einem 
der  Mädchen  vergreift,  wie  Theseus  ihm  entgegentritt;  beide 
pochen  auf  ihre  güttliche  Abkunft,  und  dem  Minos  bestätigt  sie 
Zeus  durch  den  Blitz,  Theseus  aber  springt  ins  Meer  und  bringt 
aus  dem  Hause  seines  Ahnherrn  Poseidon  Schätze  mit.  Erst  die 
Dichtung  hat  ganz  verständlich  gemacht,  was  Pausanias  I  17,  2,3 
über  ein  Gemälde  des  Mikon  im  Theseion  berichtet,  vgl.  auch 
Hyginus.  Einzelne  Szenen  daraus  finden  sich  dargestellt  auf 
einer  Vase  im  Louvre  und  der  Franv'ois-Vase  in  Florenz.  Wila- 
mowitz  hat  das  Gedicht  übersetzt.  In  der  Form  sehr  merkwürdig 
ist  18  mit  dem  Titel  Si^otv^,  ein  Dialog  über  die  Taten  des  The- 
seus; vgl.  Wilamowitz  a.  a.  0.  p.  30.  Die  beiden  letzten  Gedichte 
19  und  20,  die  von  lo  sowie  von  Idas  und  Marpessa  handeln, 
sind  unvollständig.  Auch  mit  den  Skolia  des  Bakchylides  hat 
uns  ein  Papyrus  (Oxy.  XI  1361)  näher  bekannt  gemacht;  das 
eine  ist  an  Alexandros,  des  Amyntas  Sohn,  das  andere  an  Hieron 
gerichtet.  (Vgl.  P.  Maas,  Jahresber.  d.  Philol.  Vereins  40,  81  ff.) 
Eine  Beurteilung  des  Bakchylides  bietet  Wilamowitz  in  dem 
genannten  Aufsatze  und  in  seiner  Literaturgeschichte.  Hier  sei 
nur  gesagt,  daß  der  Papyrus  die  wesentliche  Übereinstimnmng 
in  der  Sprache  mit  Pindar  dartut.  Die  Versmaße  sind  einfacher 
und  leichter;  besonders  beachtenswert  ist  das  der  i\'tl}-t()i  /.u) 
fhcjtv^.  Bakchylides  ist  ein  gewandter  und  anmutiger  Erzähler; 
daß  er  oft  unvermittelt  abbricht,  erklärt  sich  jedenfalls  aus  den 
Forderungen  der  Aufführung,  und  manche  uns  befremdende 
Wendung  wurde  sicherlich  durch  die  Musik  und  den  Tanzschrüt 
des  Chores  verständlich.  Ist  er  als  Darsteller  glatter  und  weit 
leichter  lesbar  als  Pindar,  so  erreicht  er  diesen  doch  nicht  von 
ferne  an  Selbständigkeit  der  Gedanken:  ,,der  Versuch,  tief  zu 
werden,  mißlingt  regelmäßig",  sagt  Wilamowitz,  und  man  kann 
dies  Urteil  nur  unterschreiben.  Bakchylides  ist  ein  gefälliges  und 
schätzbares   Talent;   ein   großer  Dichter  ist   er  nicht. 


1 10  TIMOTHEOS. 


Die  Perser  des  Timotheos  liegen  uns  vor  in  der  ältesten 
griechischen  Papyrusrolle,  deren  paläographische  Beschaffenheit 
ich  bereits  in  Kapitel  2  besprochen  habe.  Das  Gedicht  ist  ohne 
Strophengliederung  durchgeführt  in  Versmaßen,  deren  Grundlage 
ianibisch  ist,  aber  durch  viele  andere,  Dimeter  und  Tetrameter, 
Choriamben,  Glykoneen  usw.  bereichert  wird;  der  Versbau  ist 
außerordentlich  glatt  und  schön.  Die  im  Wesentlichen  attische 
Sprache  erscheint  auf  Tier  einen  Seite  eintönig  durch  den  sehr 
einfachen  Satzbau  und  die  gleichförmige  Satzverbindung,  denen 
fast  jede  Abwechslung  und  jede  feinere  Gliederung  fehlen;  auf 
der  anderen  Seite  wirkt  sie  schwülstig  infolge  des  überaus  prunk- 
vollen Ausdruckes,  der  durch  eine  Überfülle  von  Zutaten  und  die 
Vorliebe  für  Umschreibungen  das,  was  gemeint  ist,  mehr  ver- 
dunkelt als  bezeichnet.  Der  schlichte  Name  des  Gegenstandes 
wird  ängstlich  gemieden,  und  jedes  Bild  wird  so  reich  ausgemalt, 
daß  man  kaum  noch  findet,  W'as  es  bedeuten  soll.  Immerhin 
hat  der  Stil  des  Timotheos  trotz  aller  Gesuchtheit  und  aller 
Künstelei,  die  keine  Freude  am  Lesen  aufkommen  lassen,  etwas 
Eigenes  und  ist  keineswegs  Nachahmung,  Wir  besitzen  nicht  das 
ganze  Gedicht,  sondern  nur  einen  erheblichen  Teil  mit  dem 
Schlüsse;  wieviel  am  Anfang  fehlt,  bleibt  unsicher.  Daß  es  die 
,, Perser"  sind,  deren  ersten  Vers  wir  aus  Plutarch,  Philo- 
poimen  11  kennen,  erhebt  der  Inhalt  über  jeden  Zweifel.  Der 
Dichter  schildert  eine  Seeschlacht,  in  der  die  Perser  den  Griechen 
unterliegen,  ohne  bestimmte  Einzelzüge  und  ohne  Ort  oder  Per- 
sonen zu  nennen;  aber  obwohl  alles  nur  typisch  ist,  kann  man 
Salamis  nicht  verkennen.  Bezeichnend  sind  die  eingelegten  Reden, 
die  Weherufe  des  ertrinkenden  Persers,  die  Anrufung  der  asi- 
atischen Muttergöttin,  das  radebrechende  Flehen  der  Gefangenen 
und  die  Klage  des  besiegten  Königs.  Nicht  die  siegenden  Griechen, 
sondern  die  unterliegenden  Perser  bilden  den  Gegenstand  des 
Gedichts.  Nach  einer  kurzen  Erwähnung  des  Triumphs  der  Griechen 
geht  Timotheos  dazu  über,  seine  Neuerungen  in  der  Kunst  gegen 
den  Tadel  der  auch  hierin  konservativen  Spartaner  zu  verteidigen, 
die  damals,  um  400  a.  C,  die  griechische  Welt  beherrschten. 
Er  schließt  mit  einer  Anrufung  Apollons  und  einem  Segens- 
wunsche. Das  Gedicht  gibt  uns  zum  ersten  Male  einen  Begriff 
vom  Wesen  des  kitharodischen  Nomos  und  von  seiner  Gliederung; 
da  aber  die  Musik  fehlt,  die  bei  der  Aufführung  mindestens  die- 
selbe Rolle  spielte  wie   der  Text,   bleibt   unsere  Vorstellung  un- 


SOPHOKLES.  1  1 


vollständig.  Nicht  ein  Chor,  sondern  ein  einzelner  Sänger,  ur- 
sprünglich der  Dichter  und  Komponist  selbst,  trug  das  Lied  vor. 
Ausgabe:  U.  von  Wilamowitz-Moellendorff,  Timotheos,  Die  Perser.  Leipzig 
1903.  Vollständige  Lichtdruckausgabe  in  Heft  3  der  Wissenschaftlichen  Ver- 
öffentlichungen der  Deutschen  Orientgesellschaft  1903.  Wilamowitz  gibt  Text 
mit  Übertragung  in  Scholiengriechisch,  ausführlichen  Kommentar  auch  über 
Wesen  und  Geschichte  des  Nomos  sowie  über  Kunst  und  Person  des 
Timotheos.  Für  Nachträge  und  Vorschläge  zum  Texte  vgl.  Blass,  Archiv 
f.  Pap.  Forschung  III  26Sff.,  wo  die  sonstigen  Aufsätze  über  Timotheos 
bis  1905  angeführt  sind,  und  Keil,  Zu  den  Persern  des  Timotheos,  Hermes 
48,  99ff.,  wo  man  die  neuere  Literatur  findet.  Der  Schiußteil,  die  sogenannte 
a^ouyi,;  worin  Timotheos  von  sich  selbst  spricht,  bezeugt  nur  die  Kritik 
der  Spartaner  an  seinen  Neuerungen,  nicht  die  Legende,  daß  die  Ephoren 
ihm  die  überschüssigen  Saiten  seiner  Kithara  abgeschnitten  hätten,  vgl. 
Wilamowitz.  Die  letzten  Verse  mit  der  charakteristischen  Huldigung  vor  der 
aiiiofiia,  der  spartanischen  Normalverfassung,  klingen  an  den  Schluß  des  ersten 
pindarischen  Päans,  Oxy.  V  841,  so  stark  an,  daß  man  an  bewußte  Beziehung^ 

glauben  darf:  Pindar:  [ijfj  0],  vvv  6  TtavTelrjs  ennvibs  j  u>oa[i]je  d'sfiiyovoi  j 
l^(fiX]i7i7TOv  aaiv  Orjjicts  STlfjlü'oi'  j  f'An:6?.]?.coyi  SaZra  fikt/aiariffaior  äyorreg.  j 
[xä]p  8s  '/.aöjv  yevtäv  Saoöf  ipercroi  j  [oibjifoovoi  äyd'eair  eiiofiias.  TimothCOS' 
ä/.X'  axaraßöÄs  U-i&C  ayvav  /  e/.&oiä  rdvÖe  Ttölii'  avp  ö/.Jßcoi  7cif.i7TU)v  artrinovi 
).a\ü)L  TöJib'  elQrivav  &ä/.).ovoav  tvt-'ouiai  (sO  WilamOWitZ,  Pap.  tvionmi^.    AnfangS- 

vers  der  Perser  bei  Wilamowitz,  der  seiner  Ausgabe  des  Papyrus  die  Frag- 
mente   anhängt,    Nr.    13:    y.'/.Etiöv   i/.ei&tniai-    ttv/MV   ueyai>'E}J.abi  y.dauov.   Auch- 

Fr.  14  und  15  (das  bekannte  "A^rfi  rvoavioi'  yovaöp  d'  ^E)j.a.i  ov  Seöoiy.ti) 
stammen  aus  den  Persern.  Erste  Aufführung  um  400  a.  C.  durch  Timotheos 
selbst  in  Milet;  so  jetzt  Wilamowitz,  Sitz.  Ber.  Berl.  Ak.  lOOti,  p.  50  (Panionion) 
abweichend  von  seiner  Auseinandersetzung  in  der  Ausgabe.  Bekannt  ist  noch 
die  Aufführung  an  den  Nemeen  207/6  a.  C,  vgl.  Plutarch,  Philop.  11.  Von 
den  Beziehungen  des  Timotheos  zu  Euripides  spricht  Satyros  im  Bios  des 
Euripides,  Oxy.  IX  1176  Fr.  39  Kol.  XXII  (H.  v.  Arnim,  Supplementum  Euri- 
pideum.     Lietzmann,  Kleine  Texte  112):    tot  Tiuod-iov  Ttaoä  t[otJs  "EU.rJmJv 

Siä  [tJtjv  ev  rfj  uovfaiJy.Fj  xnivoTO/uiar  y.a'i  y.ad"'  v7ieoßo).f}i'  d&v/urjanfTOi,  üors 
■>ia[\l  idi  %t.lQa~  iavToJ  Sisyvfoyst^ui  rcposffOEiv,  uovos  £voirriÖrf~  diunaXiv  t(öv 
u'ev  d'sarcör  y.nrayeXdaai,  idf  (if  TiuöS'soi^'  a[lo]d'öu£i-os  f^kiy.og  earlv  sv  rcf  ytvtt 
TcaQafivS'rioaad'ai  re  köyois  Siai.iajf  ebs  oiöf  ts  Traoay.hrjTiy.Mxdrovs,  y-C-t  8r]  xal  tö 
Twv   Ueoocüv   Tioooiiuov  ovyy^di.'ni    r/(3)    re    yiy.fj[a]ai    7tavaaad'[ai]    y.aTa(f[Q]o- 

[roiajsiov  [uvriy.a  xbjv  Ti[ uöd-eoi-- ...  die  Angabe,  daß  Euripidcs  das  Prooimion 
der  Perser  verfaßt  habe,  ist,  wenn  zuverlässig,  für  die  Zeit  der  ersten  .Aufführung 
wichtig. 

Unter  dem,  was  die  Papyri  für  Sophokles  gebracht  haben, 
stehen  die  Ichneutai  obenan.  Die  Handschrift  stammt  aus 
Oxyrhynchos  und  gehört  etwa  ans  Ende  des  2.  Jh.  p.  C;  von  der- 
selben Hand  sind  die  umfangreichen  Bruchstücke  aus  dem  Eury- 
pylos  des  Sophokles  geschrieben,  die  Hunt  in  demselben  Bande 
veröffentlicht  hat.    Der  Papyrus  der  Ichneutai  ist  ziemlich  reich- 


112  SOPHOKLES. 


lieh  mit  Akzenten  und  Interpunktionen  versehen,  zeigt  teilweise 
Randbemerkungen,  in  denen  auch  abweichende  Lesarten,  oft  mit 
Berufung  auf  eine  Queüe,  notiert  werden;  einmal,  Kol.  V  2,  kommt 
eine  kurze  Bühnenanweisung  vor,  öfters  Personenbezeichnung. 
Mehrmals  findet  man  Zeilenziffern,  und  hier  sind  sie  wichtig,  weil 
sie  die  Ordnung  der  Bruchstücke  ermöglicht  haben.  Daß  wir  es 
mit  den  Ichneutai  des  Sophokles  zu  tun  haben,  wird  durch  zwei 
sonst  bekannte  Anführungen  erwiesen,  die  im  Papyrus  erscheinen. 
Erhalten  ist  ein  beträchtliches  Stück,  aber  der  ganze  Schluß  fehlt. 
Die  Versbehandlung  ist  etwas  lockrer  als  in  der  Tragödie,  läßt  aber 
längst  nicht  soviel  Auflösungen  zu  wie  die  Komödie.  Beachtenswert 
ist  der  mit  Kol.  XII  beginnende  Dialog  in  iambischen  Tetrametern. 
Auch  die  Sprache  ist  im  allgemeinen  tragisch  und  entlehnt  nur 
einzelnes  aus  der  Umgangssprache.  Sie  gibt  sich  fast  durchweg 
leicht  und  anmutig.  Die  große  Bedeutung  der  Ichneutai  beruht 
darauf,  daß  wir  nun  neben  den  Kyklops  des  Euripides  ein  zweites 
Satyrstück,  und  zwar  von  Sophokles,  vielleicht  sogar  aus  seiner 
Frühzeit,  stellen  können,  und  damit  von  der  Gattung  ein  Bild 
gewinnen,  ja  auch  von  ihrer  Entwicklung  etwas  zu  ahnen  beginnen. 
Die  Ichneutai  sind  z.  B.  in  der  Begrenzung  der  auftretenden 
Personen  noch  wesentlich  strenger  als  der  Kyklops.  Dem  Inhalte 
liegt  die  Erzählung  von  dem  jungen  Hermes,  der  Apollons  Rinder 
raubt  und  die  Lyra  erfindet,  etwa  in  der  Gestalt  zugrunde,  wie 
wir  sie  aus  dem  homerischen  Hermeshymnus  kennen.  Zu  Anfang 
tritt  Apoilon  auf,  erzählt  vom  Raube  der  Rinder  und  setzt  dem 
Finder  hohen  Lohn  aus.  Sogleich  naht  Silenos  und  erbietet 
sich,  mit  seinen  Söhnen,  den  Satyrn,  die  dem  Stücke  den  Namen 
der  ., Spürhunde"  geben,  auf  die  Suche  zu  gehen.  Der  Chor 
der  Satyrn,  der  schnüffelnd  über  den  Boden  schwärmt,  findet 
Spuren,  die  aus  einer  Berghöhle  zu  kommen  scheinen,  und 
ein  rätselhafter,  aus  dem  Berge  dringender  Ton  macht  den  Chor 
vollends  verwirrt.  Silenos  ermahnt  und  schilt  dazwischen  und 
rühmt  seine  Taten  gegenüber  der  Erbärmlichkeit  seiner  Satyrn, 
bis  auch  er  den  merkwürdigen  Ton  vernimmt.  Der  Lärm  lockt  die 
Berggöttin  Kyllene  hervor,  von  der  die  Satyrn  erfahren  wollen, 
woher  der  Ton  komme.  Und  nun  erzählt  Kyllene  vom  Kinde 
Hermes,  das  sie  im  Verborgenen  aufziehe,  damit  Hera  den  Spröß- 
ling des  Zeus  und  der  Maja  nicht  entdecke,  erzählt  von  dem  wunder- 
baren Wachstum  des  Knaben,  und  wie  er  die  Lyra  aus  einem  toten 
Tiere  gemacht  habe.     In  anmutiger  Wechselrede  des  Chors  mit 


FPICHARMOS.  113 


Kyllene  kommt  zutage,  welches  Tier  es  sei,  das  auch  im  Tode 
Musik  von  sich  gebe.  Als  aber  der  Chor  den  Vorwurf  erhebt,  der 
kleine  Hermes  sei  der  Rinderdieb,  weist  ihn  Kyllene  entrüstet  ab. 
Damit  hört  der  Zusammenhang  auf;  ein  Fragment  läßt  nocii 
erkennen,  daß  ApoUon  wieder  auftrat,  und  damit  ergibt  sich 
ungefähr  der  weitere  Verlauf. 

Der  Papyrus  ist  herausgegeben  von  Hunt,  Oxy.  IX  1174,  unter  wirksamer 
Mitarbeit  von  Wiiamowitz.  Vgl.  ferner  Wilamowitz,  Neue  Jahrbüclier  f.  d. 
Klass.  Altertum  I.  Abt.  Bd.  29,  449ft.  A.  Körte,  Archiv  für  Papyrusforschung 
V  558  ff.  Neue  Bearbeitung  bei  Hunt,  Tragicorum  Graecorum  Fragmenta 
Papyracea  nuper  reperta.  Oxford  1912  (Scriptorum  Classicorum  Bibliotheca 
Oxoniensis).  E.  Diehl,  Supplementum  Sophocleum  (Lietzmann,  Kleine 
Texte  113).  K-  Robert  hat  unter  dem  Titel  ,,Die  Spürhunde,  ein  Satyrspiel 
von  Sophokles"  Berlin  1912,  den  Text  frei  übersetzt  für  eine  Aufführung  im 
Goethetheater  zu  Lauchstedt  1913. 

Auf  die  übrigen  Papyrusbruchstücke  aus  den  Tragikern,  unter 
denen  Euripides  mit  Altem  und  Neuem  am  stärksten  vertreten 
ist,  gehe  ich  hier  nicht  ein,  sondern  verweise  neben  der  Gesamt- 
liste der  literarischen  Papyri  im  besonderen  auf  A.  Hunt,  Tragi- 
corum Graecorum  Fragmenta  Papyracea,  der  außer  den  Ichneutai 
folgende  Stücke  aufgenommen  hat:  Sophokles,  Eurypylos.  So- 
phokles, \iyauov  ovlloyog.  Euripides,  Hypsipyle.  Euripides, 
Kreter.  Euripides,  Melanippe  desmotis.  Satyrdrama  eines  Un- 
bekannten. Ferner  E.  Diehl,  Supplementum  Sophocleum,  wo 
Ichneutai,  Eurypylos,  Achaion  Syllogos  stehen,  und  H.  v.  Arnim, 
Supplementum  Euripideum  (Lietzmann,  Kleine  Texte  112)  mit 
Antiope,  Kretern,  Melanippe  desmotis,  Oineus,  Hypsipyle,  • 
Phaethon. 

Von  Epicharmos  haben  uns  die  Papyri  bisher  drei  Bruchstücke 
gegeben,  die  beweisen,  daß  man  ihn  sowohl  in  ptolemäischer  Zeit 
als  auch  in  der  Kaiserzeit  las;  man  darf  also  auf  mehr  hoffen. 
Zu  einer  Komödie  gehört  ein  Fragment  von  zehn  Zeilen  mit  Scho- 
llen, etwa  im  2.  Jh.  p.  C.  geschrieben;  der  trochäische  Tetrameter 
und  der  dorische  Dialekt  wie  auch  der  Inhalt  sprechen  sehr  stark 
für  die  Annahme  des  Herausgebers  Th.  Gomperz,  daß  Epicharm 
der  Verfasser  sei.  Odysseus  tritt  auf  und  setzt  den  auf  der  Bühne 
Anwesenden,  zugleich  aber  dem  Publikum  auseinander,  daß  er 
nur  so  tue,  als  wolle  er  sich  nach  Troja  einschleichen,  um  zu  kund- 
schaften, in  Wirklichkeit  aber  sich  fernhalte.  Da  unter  Epicharms 
Werken  ein  Xjövoaevg  avröuolog  genannt  wird,  ist  es  nicht  allzu 
kühn,  in  unserem  Fragmente  eine  Stelle  daraus  zu  sehen 

o 

S  c  h  u  b  a  r  t .  Papymskunde.  '-' 


114  EUPÜLIS.     KRATINOS. 


Zwei  andere  Stücke  verdanken  wir  Grenfell  und  Hunt,  beide  der 
Schrift  nach  aus  dem  3.  Jh.  a.  C,  beide  anscheinend  den  FvConai 
angehörig.  Das  erste,  größere  Stück  nennt  Epicharmos  selbst  als 
Verfasser,  und  falls  wirklich,  wie  Philochoros  behauptet  hat,  die 
Gnomai  ein  Werk  des  Axiopistos  sind,  dürfte  er  im  Wesentlichen 
epicharmische  Sprüche  gesammelt  haben.  Der  Dialekt  ist  dorisch, 
der  Vers  der  trochäische  Tetrameter.  Was  erhalten  ist,  stellt  eine 
Einleitung  zu  den  Gnomai  dar,  worin  ihr  Verfasser  ihren  Nutzen 
für  alle  Lebenslagen  betont  und  den  Vorwurf,  er  sei  weitschweifig, 
abweist.  Das  zweite  Stück,  das  wohl  auch  als  Werk  Epicharms 
anerkannt  werden  muß,  ergibt  nur  wenig  Greifbares. 
Ausgaben:  "OSvaae-bg  adröfiolos:  Th.  Gomperz,  Mitteilungan  aus  der  Samm- 
lung der  Papyri  Erzherzog  Rainer  V  1  ff.  Gnomai:  P.  Hibeh  1  und  2. 
Zu   den    Gnomai  vgl.  Crönert,   Hermes  47,  402  ff.;  auch  A.  Körte,  Archiv  f. 

Pap.  V  552.  Probe  aus  Hibeh  1:  retiV  ereon  ztolla  yat  nai'frjota  roli  XQt]- 
aato  xa  j  Ttori  wikop  tiot'  exd'oöv  it'  öixat  Xeyiov  ev  äXiäi  /  Ttorl  7tOt'i]odv  jioti. 
xaköv  re  xdya&öi'  tcotI  ^evoi'  j  rcorl  dvay^ir  norl  Ttd^oivov  tcotI  ßdvaiooi'  e'ire 
Tiä  I  (OJJ  sxei-  y.ay.öv  tu  y.al  TO-öroiai  y.tvr^a  rtlb^  evo  /  ev  8h  y.ai  yroj/uai  ao(pai  Ttibe, 
nloiv  e[i]  Tieid'onö  zts.-  /  Se^iwre^oi  T£  x'  eirj  ßskricov  t'  is"  .~rd[vjr'  avijo  j 
[xo](l  ri  Tioklä  Sei  Xiy[e]iv  d)X  i^i  fiövov  [t]ovt(ov  etzos  j  ttottö  Tioäyfia  nori- 
(ftQOvta  TcövS'  "£/'/  ^ö  avfifi^ov  j  airiav  yä^  f]xov  d>g  äXlfos  fiev  eit]v  [Sjt^ibg  j 
fiaxpoXoyoi  S'  ov  xa  Svvaiuav  sfi  ßiQ]a%el  yfd}ua[s  Xkyjeiv.  j  Tavra  Si]  ^ydav  elga 
xovaas  ovvriü'rjfii  tav  i:E%vav  j  rdrS'  ö[7tJcog  sim^i  Tt(s)'  ^E7iixa,of.iOs  ooyö^  rig 
syiPSTO   I   [tiöX}'   o»'   kl]7i'   doTSiit   x(u   Tiavrola  xad"'  ev  [ettos]  Xeyojv  USW. 

Durch  mehrere  Bruchstücke  einer  späteren  Handschrift,  die  dem 
gleichen  Funde  wie  der  große  Menanderkodex  angehört,  wird 
Eupolis  vertreten.  Sie  enthalten  Szenenreste  aus  den  Demoi. 
Demselben  Stücke  scheinen  ein  paar  sehr  kleine  Fragmente  zu 
entstammen,  die  in  Oxyrhynchos  gefunden  worden  sind.  Im 
übrigen  besitzen  wir  von  der  alten  Komödie  außer  Bruchstücken 
aus  Aristophanes  noch  die  Inhaltsangabe  des  Dionysalexandros 
des  Kratinos,  ebenfalls  aus  Oxyrhynchos.  Der  Papyrus  läßt 
den  Hauptinhalt  des  Stückes  erkennen:  Dionysos  in  der  Rolle  des 
Paris;  den  Chor  bilden  Satyrn.  Daß  des  Stückes  Spitze  gegen  Pe- 
rikles  gerichtet  sei,  sagt  die  Inhaltsangabe  ausdrücklich;  die  Auf- 
führung fällt  in  den  Anfang  des  peloponnesischen  Krieges. 
Eupolis:  Lefebvre,  Catalogue  General  des  antiquites  egyptiennes  du  Musee 
du  Caire,  Papyrus  de  Menandre  pl.  49— 53,  texte  p.  XXI ff.  Vgl.  vor  allem 
A.  Körte,  Hermes  47,  276  ff.  Kleine  Fragmente:  Oxy.  X  1240.  Kratinos: 
Oxy.  IV  663.  Vgl.  F.  Blaß,  Arch.  f.  Pap.  III  485  f.  v.  Wilamowitz,  G.  G.  A. 
1904  Nr.  8  p.  665.  A.  Körte,  Hermes  39,  483  ff.  Croiset,  Revue  des  etudes 
grecques  1904,  297ff.  Ich  schreibe  aus  Kratinos  das  Zusammenhängende  aus» 
ohne  die  selbstverständlichen  Auflösungen  des  in  Abkürzungen  geschriebenen 


HELLENICA  OXYRHYNCHIA.  115 


Textes  kenntlich  zu  machen.  Tiaoatfavivra  ibf  Jiov'vaov  eTttayw.iroi m  y.n'i 
X^evä^ovaii'  (die  Satyrn  des  Chors).  6  Se  rca^ayerofiiviov  airvji  naQÜ  fitv 
[H^aeJ  TiournSoi  uxiij]toi,  :ra[o]ä  S' 'A0-T]7ä^  eiiTi/iai  y.arä  :x6Xsuov,  (naoä) 
rffi  ö'  'A^^oSirr^s  xälXiaröv  re  y.ai  eTte^aaxov  aitbv  vTidQ/tii'  y.oUei  Tavrrjv  viy.äi . 
iisrä  Se  ravra  TtXevaag  eis  Aay.eSaifiova  y.ai  Trjv  'EXivr^v  i^ayayüff  snavcoytTat 
BIS  rijv  'iSt^v.  dxovaas  Se  fier'  öX.iyov  Tox)i  'Axcuoiis  7Tv^[:coX]elv  ttjv  /(äpav 
(f[oßETTai]  rot' 'AXJ^nv8(tov  y.ai  rijv  fihv  'EXivtjv  eis  läXa^ov  iöa7t[EQ  .  .  .]  xpiifu^, 
iavxbv  8'  th  y.oibv  /utraay.aväaas  vTroueyei  tb  fiiXXov.  Ttaoayevdfievoi  S'  AXi'^ar- 
8^0ä  xal  füfodaus  ty.djEQov  äysiv  STii  rag  vavs  TZ^ogrdrrei  wg  :raoaSü>aoji'  rolg 
Axaiolg.  6y.vovar,s  Se  zfjs  'EXevrjg  ravTTjv  fiev  oly.rsi^ag  ws  yvvaTx  i^ov  EJtucariyet 
rbv  Se  ^lövvaov  cjg  TtaoaSodTiOÖ/j^evov  aTtooreXXei.  avvaxoXovd'ovai  Ö'  ol  adrvoot 
TcaoaxaXoviTts  re  y.ai  oiy.  uv  TTooScöaetv  aiirbv  (fday.ovxes.  xtu/iKoSelTac  8'  er  rrS 
Sodfjiari  UtQiy.Xfls    fidXa    Ttid'arwg    Si    ififdaecog  (bg  tnayeio-/_djs  roig  Ad'i^vaioi^   ibv 

TlöXtflOl'. 

Der  Historiker  von  Oxyrhynchos,  dessen  Werk  man  am  besten 
mit  Hunt  als  Hellenica  Oxyrhynchia  bezeichnet,  hat  schon 
eine  ganze  Literatur  hervorgerufen  und  ist  noch  immer  ein 
Gegenstand  des  Streites.  Die  sehr  umfangreichen  Fragmente 
stehen  auf  dem  Verso  einer  landwirtschaftlichen  Liste,  die  sowohl 
für  die  Datierung  als  auch  für  die  Zusammensetzung  des  literari- 
schen Textes  wichtig  ist.  Darüber  haben  die  Herausgeber  Grenfell 
und  Hunt  ausführlich  gesprochen.  Der  Buchtext  läßt  zwei  Hände 
unterscheiden;  beide  gehören  etwa  der  Wende  des  2.  zum  3.  Jh. 
p.  C.  an.  Was  vorliegt,  ist  eine  über  große  Strecken  zusammen- 
hängende Darstellung  der  Jahre  396/395  a.  C,  geschrieben  von 
einem  Manne,  der  kaum  eine  ausgeprägte  politische  Neigung, 
weder  aristokratisch-spartanische  noch  demokratisch-athenische 
Richtung  zu  erkennen  gibt,  sondern  sich  einer  sachlichen  Haltung 
befleißigt,  wie  namentlich  die  Abschnitte  über  Agesilaos  zeigen. 
Seine  Darstellung  ist  frei  von  rhetorischen  Kunststücken,  aber 
klar  und  gefällig;  er  beweist  ein  gutes,  in  die  Tiefe  reichendes 
Urteil  und  erw^eckt  volles  Vertrauen  zu  seiner  Methode.  Unver- 
kennbar ist,  daß  er  sich  gern  Abschweifungen  gestattet,  die  mitunter 
durch  ihren  Umfang  den  Zusammenhang  der  Hauptdarstellung 
etwas  gefährden;  inhaltlich  sind  sie  wichtig,  vor  allem  das  höchst 
wertvolle  Kapitel  über  die  böotische  Verfassung.  Erkennbar  ist 
ferner  die  annalistische  Anordnung  des  Werkes,  und  deutliche  An- 
zeichen sprechen  dafür,  daß  der  Verfasser  an  Thukydides  an- 
schließen wollte  und  etwa  mit  dem  Archontat  des  Eukleides 
begann.  Auf  Xenophons  Hellenika  nimmt  er  keine  Rücksicht; 
von  den  Späteren  hat  sein  Werk  außer  anderen  sicher   Diodor 

benutzt. 

8* 


116  ARISTOTELES.  ATH.  VERFASSUNG. 

Auf  Grund  aller  Merkmale,  deren  bedeutendste  ich  kurz  zusammen- 
gefaßt habe,  hat  man  versucht,  den  Verfasser  zu  ermitteln,  in< 
dem  man  mit  Recht  annahm,  daß  ein  Werk  des  4.  Jh.  a.  C,  das 
noch  um  200  p.  C.  in  Ägypten  gelesen  wurde,  kein  Erzeugnis 
eines  namenlosen  Historikers  sein  könne.  Von  denjenigen,  die 
herangezogen  worden  sind,  scheidet  Kratippos  aus,  da  Meyer  und 
Schwartz  gezeigt  haben,  daß  er  der  hellenistischen  Zeit  angehört. 
Lassen  wir  Androtion  beiseite,  für  den  sich  einige  ohne  überzeugende 
Gründe  ausgesprochen  haben,  so  kommen  fast  nur  Ephoros  und 
Theopompos  in  Betracht,  Das  Für  und  Wider  ist  schon  in  der 
ersten  Ausgabe  von  Grenfell  und  Hunt  eingehend  erörtert  worden; 
sie  haben  sich  überwiegend  mit  Wilamowitz  und  Eduard  Meyer 
auf  Theopomps  Seite  gestellt,  dem  auch  Busolt,  Wilcken  u.  a. 
zugefallen  sind.  Eine  Probe  auf  den  Sprachrhythmus,  die  ich 
gemeinsam  mit  meiner  Frau  vorgenommen  habe,  ist  gegen  Ephoros 
und  für  Theopompos  ausgefallen.  Aber  auch  Ephoros  hat  seine 
Anhänger,  und  die  Frage  nach  dem  Verfasser  dieser  Hellenika  darf 
noch  nicht  als  gelöst  betrachtet  werden.  Auf  das  Nähere  einzugehen 
ist  hier  nicht  am  Platze,  weil  es  in  Kürze  nicht  geschehen  kann. 
Wer  sich  ein  Urteil  bilden  will,  muß  die  Darlegungen  besonders 
von  Grenfell  und  Hunt  und  von  Eduard  Meyer  am  griechischen 
Texte  nachprüfen.  Wesentlicher  aber  als  die  Frage  nach  dem  Ver- 
fasser ist  die  Tatsache,  daß  wir  eine  neue  Quelle  ersten  Ranges 
für  jene  Zeit  besitzen. 

Erste  Ausgabe:  Oxy.  V  842.  Dann:  Hellenica  Oxyrhynchia  cum  Theopompi 
et  Cratippi  fragmentis  reccgn.  Grenfell  et  Hunt.  Oxford  1909  (Scriptorum 
Classicorum  Bibliotheca  Oxoniensis).  Ed.  Meyer,  Theopomps  Hellenica,  Halle 
1909,  worin  die  ganze  Frage  eingehend  behandelt  und  der  Text,  abgesehen 
von  den  kleinen  Bruchstücken,  abgedruckt  ist.  Vgl.  Wilcken,  Hermes  43, 
475.  Judeich,  Rh.  Museum  66,  94  ff.  Laqueur,  Hermes  46,  353.  A.  Körte, 
Archiv  f.  Pap.  VI  242/3.  Eingehende  Besprechung  der  Frage  durch  C.  F.  Leh- 
mann-Haupt in  Gercke-Norden,  Einl.  in  die  Altertumswissenschaft  HI  118ff. 
E.  M.  Walker,  The  Hellenica  Oxyrhynchia,  Oxford  1913  (Kritik  der  bisher 
erschienenen  Literatur  und  der  verschiedenen  Ansichten  über  den  Verfasser.) 

Die  Schrift  des  Aristoteles  über  die  Athenische  Ver- 
fassung wird  durch  zwei  Papyri  vertreten.  Die  kleinen  und 
schlecht  erhaltenen  Berliner  Fragmente,  etwa  aus  dem  3.  Jh.  p.  C, 
verschwinden  neben  dem  großen  Londoner  Papyrus.  Es  sind  vici 
Rollen  mäßigen  Umfanges,  etwa  im  2.  Jh.  p.  C.  von  zwei  Schrei- 
bern geschrieben.  Die  erste  Hand  ist  im  Wesentlichen  kursiv 
und  verwendet  Kürzungen,  während  die  zweite  eine  gute  Buch- 


ANTIPHON.  117 


Schrift  ist.  Die  erste  Hand  begeht  nur  wenig  Fehler,  die  zweite 
ziemlich  viel;  daher  darf  man  bei  dieser  weit  eher  als  bei  jener 
an  unklaren  Stellen  eine  Entstellung  des  Textes  voraussetzen. 
Der  Anfang  der  Schrift  fehlt,  der  Schluß  weist  viele  Lücken  auf. 
Daß  es  sich  um  die  'Ad-rvcäiov  Ttohrda  des  Aristoteles  handelt, 
steht  fest,  obwohl  der  Titel  nicht  erhalten  ist.  Das  Werk  gliedert 
sich  in  zwei  Teile.  Der  historische  Teil  schildert  die  Entwicklung 
der  athenischen  Verfassung,  das  Erhaltene  beginnt  mit  der  Ver- 
fassung vor  Drakon,  die  der  Verfasser  die  jrqonri  ^loXirei«  nennt, 
und  reicht  bis  auf  Thrasybulos  (Archontat  des  Eukleides).  Daran 
schließt  sich  der  systematische  Teil,  der  die  seitdem  und  bis  auf 
des  Verfassers  Gegenwart  gi^Htige  Verfassung  darstellt.  Näher 
auf  dies  Werk  einzugehen,  kann  ich  mir  ersparen,  da  es  bereits 
in  allen  neuen  Darstellungen  der  griechischen  Geschichte  wie  der 
griechischen  Literatur  benutzt  ist  und  außerdem  von  jedem 
selbst  durchgearbeitet  werden  muß.  Es  gehört  zu  den  Papyrus- 
funden ersten  Ranges. 

Die  Berliner  Fragmente  findet  man  zusammenfassend  behandelt  bei  Diels, 
Abhandlungen  der  Berl.  Ak.  1885.  Die  Londoner  Rollen  hat  zuerst  Kenyon 
1891  mit  Faksimile  herausgegeben;  einen  verbesserten  Text  enthält  Kenyons 
zweite  Ausgabe:  Aristotelis  res  publica  Atheniensium.  Berlin  1903  (Suppl. 
Aristot.  111,2).  Außerdem  sind  zu  benutzen  -.iie  Ausgaben  von  Blaß,  4.  Aufl. 
Leipzig  1903  (5.  Aufl.  von  Thalheim,  Leipzig  1909)  und  von  Kaibel  und  Wilamo- 
witz,  3.  Aufl.  Berlin  1898.  Mit  ausführlichem  Kommentar  versehen  ist  Sandys. 
Aristotle's  Constitulion  of  Athens,  2.  Aufl.  London  1912.  Im  Allgemeinen 
vgl.  V.  Wilamowitz,  Aristoteles  und  Athen.   Berlin  1893. 

Wichtig  ist  es,  daß  ein  Genfer  Papyrus  uns  etwas  von  dem  Redner 
Antiphon  geschenkt  hat,  wenn  es  auch  nur  wenig  ist.  Auch  hier 
fehlt  der  Titel;  aber  der  Inhalt  zeigt  deutlich,  daß  die  berühmte 
Rede  vorliegt,  die  Antiphon  in  seinem  Hochverratsprozesse  ge- 
halten hat,  der  '/.6yog  ti^qI  rf^g,  ntTaotdoHjg.  Thukydides  hat 
sich  VIII  68  mit  hoher  Anerkennung  darüber  ausgesprochen. 
Angesichts  des  Papyrus  hat  man  dies  Urteil  nicht  recht  gelten 
lassen  wollen;  allein  mir  scheint  denn  doch  zu  wenig  erhalten  zu 
sein,  als  daß  man  sich  eine  feste  Meinung  bilden  könnte.  Die  gute 
Buchhandschrift  gehört  dem  2.-3.  Jh.  p.  C.  an. 
Der  Papyrus  ist  herausgegeben  von  Ju'es  Nicole,  L'apologie  d'Antiphon,  Geneve- 
Bäle  1907,  darf  aber  nur  mit  Berücksichtigung  kritischer  Aufsätze  benutzt 
werden,  von  denen  ich  anführe:  Crönert.  Lit.  Zentralblatt  1907  Sp.  1503.  Thal- 
heim, Berl.  Philo!.  Wochenschrift  1907  Sp.  1505.  v.  Wilamowitz,  Deutsche 
Lit.  Ztg.  1907  Sp.  2521.  A.  Körte,  Arch.  f.  Pap.  VI  235.  Der  Text  ist  abgedruckt 
bei  K.  Jander,    Oratorum  et  rhetorum  Graecorum  fragmenta  nuper  reperta 


118  HYPEREIDES. 


(Lietzmann,  Kleine  Texte  118).  Seine  Herstellungen  sind  aber  nicht  überall 
richtig.    Über  den  Sophisten  Antiphon  siehe  Kap.  20. 

Hy  per  ei  des  ist  uns,  abgesehen  von  einigen  Auszügen  bei  Sto- 
baeus,  erst  durch  die  Papyri  bekannt  geworden;  die  vier  Papyrus- 
rollen, denen  wir  seine  Reden  verdanken,  gehören  zu  den  glänzend- 
sten Funden.  Je  eine  ist  im  2.  Jh.  a.  C,  im  1.  Jh.  a.  C,  im  1.  Jh. 
p.  C.  und  im  2.  Jh.  p.  C.  geschrieben.  Erhalten  sind,  mehr  oder 
minder  vollständig,  sechs  Reden,  nämlich  änoloyia  vTihg  ^vy.6- 
(fQOVog,  /MTcc  <PLki7t7tidov,  YMT  \^^i]voy€POi\;,  VTifQ  Ev^evL7i7tov  €ig- 
ayyeXiag  UTToAoyia  ttqoc.  IIoXvev/.TOV  (vollständig),  /.ara  z/r]uooÖ^hovg 
r.r€Q  tOjv  i4Q7ra'/.ekor.  ^Eirncufiog  (für  die  Gefallenen  des  lamischen 
Krieges).  Dazu  einige  Fragmente.  Man  ist  jetzt  in  der  Lage, 
sich  von  der  Persönlichkeit  und  der  Kunst  des  Redners  ein 
Bild  zu  machen:  seine  Eleganz  und  fein  berechnete  Schlicht- 
heit treten  ebenso  deutlich  hervor  wie  seine  advokatische  Ge- 
wandtheit. 

Die  Reden  sind  bequem  zugänglich  in  zwei  Ausgaben:  Kenyon,  Hyperidis 
orationes  et  fragmenta.  Oxford  1906  (Scriptorum  Classicorum  Bibliotheca 
Oxoniensis),  worin  der  Text  lesbar,  ohne  Notierung  selbstverständlicher  Er- 
gänzungen, wiedergegeben  wird,  und  F.  Blaß,  Hyperidis  orationes  sex,  B.  G. 
Teubner  1894,  sehr  genau  bis  ins  Kleinste.  Die  Originale  findet  man  gut  ab- 
gebildet bei  Kenyon,  Classical  Texts  from  Papyri  in  the  British  Museum 
1891  (gegen  Philippides)  und  bei  Revillout,  Corpus  Papyrorum  Aegypti  111 
(gegen  Athenogenes). 

Endlich  sei  ein  Bruchstück  aus  einem  merkwürdigen  Handbuche 
der  Rhetorik  erwähnt,  das  aus  Oxyrhynchos  stammt.  Der  dem 
2.  Jh.  p.  C.  angehörige  Papyrus  enthält  praktische  Regeln  für  den 
Gerichtsredner,  wie  er  in  der  Einleitung,  in  der  Darlegung  des  Sach- 
verhalts, in  der  Widerlegung  des  Gegners  zu  Werke  gehen  solle; 
auf  den  letzten  Punkt  beziehen  sich  augenscheinlich  die  Dichter- 
zitate der  zweiten  Kolumne,  indem  sie  die  Ansprüche  der  Gegen- 
partei als  weit  übertrieben  beleuchten  sollen.  Auch  des  Schimpfens 
solle  man  sich  enthalten.  Was  diesen  praktischen  Regeln  einen 
besonderen  Wert  verleiht,  ist  der  dorische  Dialekt,  worin  sie  ge- 
schrieben sind,  und  ihre  Herkunft,  stammen  sie  doch  höchst  wahr- 
scheinlich aus  dem  Pythagoreerkreise;  sie  dürften  etwa  im  Anfange 
des  4.   Jh.  a.  C.  verfaßt  sein. 

Ausgabe:  Oxy.  III  410.  Zur  Probe  gebe  ich  zwei  Stellen,  A.  die  erkennbaren 
Dichterzitate  II.  9,  389.  404.  381.  385.  4,  443  und  B.  die  Warnung  vorm 
Schimpfen:  A.  Kai  ön  ■/  äii&in  (die  Gegner),    tovto  uiyn,    cilor  „foJvS'  ei 

X^vosf;^  'AifcoSiTT^  Eibos  eoi^oi,"  „fojvd'  oaa  Xäiros  ovSbf  utfTjroQOs"  ,,oiS'  oan 
ßrjßas  Ai-'fi'TTjrias''''  y.al    „oaa    ifcififa&Jös   le    y.öris   tc.''     Tra^aÖEiyttara  Se  oto[r 


DORISCHE  RHETORIK.  119 


„oijguriö  iartjfptSt  yd^rj.y.ul  snl  ■/&o[rl  ■■iaiiei]"  y.ai  l^ofox/.fjfs...  B.  tri]  (V^  iiiiih 
aloyubi-  [iiJf;Öf  ^oonsris  ä8e[cos]  /Jyt.  y.at  yäo  iiiy.y.[o]n[oje7i'ti  tö  Toiov[rot] 
x[ajl  dy.oXdarco  ijd'eos'  tö  8i  fevyeii-  ras  alo/^o).oyia^  uey[a}.  Jon^eTih  y.a'i  xöo/uos 
/.öyo).  tiBTa  S'i  Tuvra  TTdira  Ort  ^layf^  iifTu  riroi  vTTof-i^Jfaio';  yoiarä^  Siafyjto 
y.it'i    i^iaioin^    USW. 

Für  alle  übrigen  literarischen  Papyri  dieser  Periode  verweise  ich 
auf  das  Gesamtverzeichnis  am  Ende  des  Buches. 


VIL  PAPYRI  NEUEN  INHALTS.     HELLENISTISCHE 
ZEIT. 

Reich  ist  die  Ernte  bei  Kallimachos.  Man  durfte  das  freilich 
aus  Ägypten  erwarten,  aber  wie  die  Papyri  auch  sonst  uns 
bislier  kaum  Reste  aus  den  Werken  der  Dichter,  Schriftsteller  und 
Gelehrten  Alexandreias  gegeben  haben,  so  blieben  lange  Zeit  die 
Kallimachosfragmente  auf  die  Wiener  Stücke  der  Hekale  be- 
schränkt. Erst  das  letzte  Jahrzehnt  hat  uns  mehr,  und  zwar  eine 
Fülle  des  Wertvollen  beschert.  Von  den  Hymnen  nur  ein  gering- 
fügiges Fragment,  das  sich  in  Alexandrien  befindet,  und  Reste 
von  Scholien  zum  Artemishymnus,  Amh.  II  20,  wozu  man  Usener, 
Rheinisches  Museum  57,  141  vergleiche.  Vielleicht  der  wichtigste 
Kallimachospapyrus  ist  der  Oxforder  Text  der  Aitia  und  lam- 
boi,  umfangreiche,  wenn  auch  leider  nicht  überall  zusammen- 
hängende Blätter  eines  Papyruskodex  aus  dem  4.  Jh.  p.  C.  Die 
große,  unschöne  Handschrift  ist  von  zwei  anderen  Händen  mit 
Korrekturen  und  Anmerkungen  versehen  worden.  Hinzu  treten 
neuerdings  je  ein  Stück  der  Aitia  aus  dem  1.  Jh  p.  C,  und  der 
lamboi  aus  dem  2./3.  Jh.  p.  C,  beide  gleichfalls  aus  Oxyrhynchos. 
Aus  den  Aitia  lesen  wir  in  dem  großen  Papyruskodex  Stücke 
des  3.  und  4.  Buches  und  an  dessen  Ende  den  Schlußtitel  Kal- 
h(.iüyov  [Akljcüv  ö.  worauf  der  Kopftitel  der  lamben  folgt: 
KaXXtfidyov  "lau[ßo/J.  In  den  letzten  Worten  der  Aitia  erklärt  der 
Dichter,  er  wolle  sich  jetzt  nur  noch  der  Prosa  widmen:  x«?06,  ZeO, 
jiieya  ymI  ov  ocaa  d  [okojv  ol/.ov  dvcr/.Tiov  alrdo  lylo  Movoeiov  TtsChg 
[f]Tceii.ii  vouöv.  Man  denkt  an  sein  großes,  an  die  alexandrinische 
Bibliothek  anknüpfendes  Werk,  die  Pinakes.  Gut  erhalten  ist  der 
Schluß  der  Erzählung  von  Akontios  und  Kydippe,  die  man  bereits  aus 
Aristainetos  kannte.  Sie  offenbart  die  anmutige  und  zugleich  fein 
berechnete  Kunst  des  Kallimachos  von  ihrer  besten  Seite.  Wichtig 
ist,  daß  er  selbst  berichtet,  er  habe  die  Geschichte  von  dem  kei- 
schen  Chronisten  Xenomedes,  und  so  entnimmt  er  denn  in  kurzer 
Erwähnung  derselben  Quelle  einiges  andere  aus  Keos,  Aus  den 
lamboi,  die  in  schlechterem  Zustande  auf  uns  gekommen  sind,  ist 


KALLIMACHOS.  121 


neben  der  Einleitung,  die  die  ganze  Dichtung  dem  Hipponax  in  den 
Mund  legt,  einigermaßen  erkennbar  die  Erzählung  vom  Becher  des 
Bathykles,  der  dem  Weisesten  bestimmt  ist,  zweimal  in  die  Hand 
des  Thaies  gelangt  und  von  diesem  dem  Apollon  von  Didyma 
geweiht  wird;  deutlicher  noch  der  Streit  des  Loi'beers  mit  der 
Olive,  eine  ausführliche  Wechselrede,  worin  jeder  sich  seiner  Vor- 
züge rühmt.  Das  Versmaß  der  lamboi  ist  der  Choliambus.  Meh- 
rere andere  Geschichten  und  Betrachtungen  des  Dichters  übergehe 
ich,  weil  sie  infolge  schlechter  Erhaltung  des  Papyrus  schwer 
faßbar  sind.  Endlich  finden  sich  in  dem  Papyrusbuche  Reste 
trochäischer  Tetrametei,  die  einem  andern  Werke  des  Dichters 
angehören  mögen. 

Wie  das  Papyrusbuch  aus  Oxyrhynchos  verschiedene  Werke  des 
Kallimachos  umfaßte,  so  können  wir  aus  einem  zweiten  Papyrus- 
buche jetzt  Stücke  der  Lieder,  der  Hekale  und  der  Aitia 
nachweisen.  Der  Kodex  gehört  der  Schrift  nach  in  die  zweite 
Hälfte  des  3.  Jh.  p.  C.  und  ist  mit  Akzenten  und  Schollen  reichlich 
ausgestattet;  die  Reste  befinden  sich  zum  größeren  Teile  in  Berlin, 
zum  kleineren  in  Florenz.  Die  Fragmente  der  Aitia  sind  für  den 
Aufbau  der  Dichtung  wichtig,  an  Umfang  aber  gering;  das  eine 
scheint  Herakles  bei  Molorchos  zu  behandeln,  das  andere  erzählt 
die  Begegnung  des  Herakles  mit  Theodamas,  und  zwar  wird 
Herakles  vom  Erzähler  in  der  zweiten  Person  angeredet.  Unbe- 
deutender und  nur  teilweise  verständlich  sind  zwei  Fragmente 
der  Aitia  aus  anderen  Papyri,  das  eine,  ein  Rylands-Papyrus, 
in  einer  Handschrift  des  1.  Jh.  p.  C,  das  andere  aus  dem  5.  bis 
6.  Jh.  p.  C;  dies  beschäftigt  sich  mit  der  Argonautenfahrt.  Endlich 
gehört  hierher  ein  Berliner  Bruchstück  eines  Kommentars  zu  den 
Aitia,  2.  Jh.  p.  C;  auch  dies  bezieht  s-ch  auf  die  Argonauten  und 
erklärt  Worte,  die  eine  Magd  der  Medea  spricht. 
Der  schon  erwähnten  Berliner  Papyrushandschrift  verdanken  wir 
ein  beträchtliches  Stück  aus  den  Liedern,  vor  allem  ein  Gedicht 
auf  den  Tod  der  Arsinoe.  Der  Anfang  ist  leider  schlecht  erhalten; 
dann  aber  wird  einigermaßen  verständlich,  wie  Philotera,  die  ge- 
storbene und  vergöttlichte  Schwester,  Kunde  vom  Tode  der  Königin 
erhält:  von  Enna,  w^o  sie  bei  Demeter  weilte,  ist  sie  nach  Lemnos 
gereist  und  zu  Besuch  bei  Hephaistos  und  seiner  Gattin  Charis; 
da  sieht  sie  Rauch  von  Süden  übers  thrakische  Meer  kommen 
und  schickt  Charis  auf  den  Athos,  um  zu  erfahren,  was  geschehen 
sei.  Das  Gedicht  ist  wichtig  für  des  Kallimachos  persönliche  Stellung 


122  KALLIMACHOS. 


ZU  seiner  Königin,  wichtig  als  einzige  Parallele  zur  coma  Berenices 
und  auch  metrisch  beachtenswert,  zumal  da  ein  Scholion  das 
Versmaß,  Archebuleion,  erklärt.  Aus  demselben  Papyrus  stammt 
ein  kleiner  Fetzen,  den  Wilamowitz  mit  großem  Scharfsinn  als 
ein  Stück  der  Pannychis  des  Kallimachos  nachgewiesen  hat. 
Von  den  beiden  Bruchstücken  aus  der  Hekale  ist  das  bereits 
angeführte  Florentiner  nur  klein;  es  versetzt  uns  in  das  Gespräch 
des  Theseus  mit  Hekale,  als  er  zum  Kampfe  gegen  den  mara- 
thonischen Stier  auszieht.  Seine  siegreiche  Rückkehr  schildert 
die  Wiener  Holztafel  aus  dem  4.  Jh.  p.  C;  weiterhin  hebt  sich 
besonders  eine  Ausmalung  des  anbrechenden  Tages  heraus.  Für 
den  Aufbau  dieses  Gedichtes,  das  zu  den  berühmtesten  Werken 
des  Kallimachos  zählte,  bedeutet  der  ziemlich  umfangreiche  Text 
sehr  viel. 

Die  Bruchstücke  der  Aitia  sind  veröffentlicht:  1.  Oxy.  VII  1011.  XI  1362. 
2.  V.  Wilamowitz,  Neues  von  Kallimachos  II,  Sitz.-Ber.  Berl.  Akad.  1914, 
222ff.  3.  Ryl.  13.  4.  J.  Nicole,  Revue  des  etudes  grecques  XVII  (1904)  215 ff. 
Reste  eines  Kommentars  zu  den  Aitia:  v.  Wilamowitz,  Neues  von  Kalli- 
machos, Sitz.-Ber.  Berl.  Akad.  1912,  544  ff.  Zu  dem  Oxyrhynchospapyrus 
vgl.  Leo,  Gott.  Gel.  Nachrichten  1910,  56.  Housman,  Berl.  Philol.  Wochen- 
schrift 1910,  476.  V.  Arnim,  Sitz.-Ber.  Wiener  Akad.  1910.  164.  Bd.  4.  Abh. 
A.  Körte,  Arch.  f.  Pap.  V  543.  Zu  Ryl.  13  vgl.  v.  Wilamowitz,  Hermes  46, 
471.  Aus  den  lamboi:  Oxy.  VII  1011.  XI  1363.  Bruchstücke  der  Lieder: 
V.  Wilamowitz,  Neues  von  Kallimachos,  Sitz.-Ber.  Berl.  Akad.  1912,  524; 
ebenda  Pannychis.  Hekale:  Mitteilungen  aus  der  Sammlung  der  Pap.  Erz- 
herzog Rainer  VI,  ed.  Th.  Gomperz  und  W.  Weinberger.  Ein  kleines  Bruch- 
stück Soc.  Ital.  II  133.  Vgl.  Ida  Kapp,  Caliimachi  Hecalae  fragmenta. 
Berlin    1915.      Textproben:  Oxy.  VII  1011,    1—55   Akontios    und    Kydippe: 

rjSr]  yai  y.ovoo}  Traod'tros  tiii'uaaro  ;'  Ted'f.uor  co^  ty.eXevB  ti^ovv firj tov  vnvov 
iavoai  I  nvTiy.a  Trjr  Takw  TiuiS't  avv  äftvf id'akel.  /  "H^i]v  ydo  y.ors  <faai  —  y.i'ov, 
xvov,  iax,to,  huS(je  j  5  O'vfie,  ov  y^  deiar^  y.a'i  rd  Ttto  oiy^  baii],  j  oivao  y.ao{-d'') 
£Pfy.'  ov  ri  x)'t7]'i  i'dsi-  ie^ä  (f^iy.Tfjs,  j  sSereTtetf  y.ni  t(ov  rj^vyes  lorooirjv.  /  ^  tto- 
hriStysirj  %nKe7Tbi'  y.ay.öv,  oaris  dy.aorti  j  y'/.cöaaris'  cjs  ersov  Ttali  oSe  ^lav'kiv  sxei.  j 
10  rjqoi  /xev  sfiekhor  ev  vSari  &v/idi'  dfivieiv  j  ol  ßöes  ö^etnr  Ssoy.öfiEVOi  SoQiÖa  j 
d'eislivj]i',  TTji'  8'  elke  y.axb^  yß.öoi,  eile  de  lovaoi  j  alyai  ig  dyQidSui  ttji'  dno- 
TtEUTtöfiei^a  j  xf'Ev86fi.evoi  iT  hoi;/'  (fr]fiii^oiier,  i]  tot'  äi'iyo^  /  15  Tjyi'  xotliQrjv 
<t[vT]eio{p)  fiex^is  STi]^E  So/uwr.  /  SevTsoor  taröoi  vrTo  rd  y.Xiaftia,  SevTSQOt-  7/ 
7ta[i]s  I  tTtTa  TETaoTaici)  jufjrai  tyafus  ttvoi,  j  rö  toctov  siiP^oavTO  ydfiov  y.ori, 
TÖ  Tfjirov  avrfis]  j  KvÖittttt^i'  olobi  xovjitbi  escoy.iaaro.  j  20  TST^nror  [ojify.er' 
euEifE  nuTrjo  es  ^eXffiov  aQ[as]  /  <J'oi;io%'-  b  S'  h'vvyiov  rovr'  stios  /jiSdaaTO'  j 
'AoTSfiiSos  rfi  TiaiSl  yd^iov  ßa^vg  boyos;  sriy.Äü  j  AvySafiii''  ov  yuQ  Sfii]  Tfjrov 
'ey.rße  y.dais,  j  oi8'  ev^A^ivy.kaiu)  d'(){v)ov  tnkey.ev^  o-ö8' dnö  d'f']^/]^  j  25  exkv^ev 
Tiorafift)  Xvuara  Flnod'Evifo^  j  ^[i'jjlq>  S'ijv  E7ti8t]fios,  ^AyövTiov  ottttöte  otj  Ttats  j 
■difioaer,  ovy.  äklor,  Wf-Kfiov  i^i/uerai  ja...  t'|*  dlV  rjv  fc'  i3'£l(r])s  ovu(fQd8fiora 
S'ead'nt    j  [ndJvTa    TeXevT-naeis    öoy.ia    t^vyaTeoog.  j    30    äjjyvoov    oii   fwkißot    ydo. 


EUPHORION.  123 


"Ay.öiTior  ä/.Xä  (futivn  j  ijksyctQor  X^^cp  9"?/"  ^^  fit^efitKti.  KoSoeiör^g  ur  y'  äio> 
&n  11  Tteifd'eQds,  avTuo  6  Kelos  /  yafiß^bs  ^AqiotuLov  /.ij{ir)oi  auf'  Ieqüiv  /  'fy.uiov 
oiai  iiifi[r]]).sr  en'  oi'oeos  afiSwveaatv  j  35  norjvveiv  ya/.feJTifjv  MalQav  dreoyo- 
fityr^v,  I  aiTsZad'ai  rö  S'  äijfin  Txnoa)  ^ibs  o>  ts  d'a/nivoi  j  7T?.i^iaaot-'Tai  ).irents 
öffTtyS:;  SV  VEfiX-uii .  \  t\  d'toi-  aiiräti  o  Xä^ov  eßr^  Ttakiv,  eiono  b'  nvrrjr  j 
xororj;  rj  (V'  ävsrcös  Ttäv  iy.ä'f.vivsv  ercoi.  j  40  /')  ravs  iooot.  /.oiTTÖr,  'Axöme, 
otTo  ueiekd'elf  j  earai  xfiv  iSir^y  e»-  z/iovvaidSn.  j  yi]  O-eös  söooy.eTro  xal  rj/.iy.es 
ai-Ji/'  tTui^rjs  j  \i'j)Sov  v/urjvaiovs  oiiy.  dvußa/.Koiievovs.  /  oij  ae  Soy.ico  Tr^iiovTOi, 
"Ay.oviit,  rvy.TÖs  iaeii't^s  j  45  drri  ye  rrjs  niTot;^  ijtfjao  Tiaod'evii^i  j  oi  oifinbv 
''Iifiy.keiov  sTiiToiyor  döTayitaau-  j  avä'  u  KEX(ai)vi'Tr;g  ey.Tedrioro  Midr^s  j  Seiaoifni, 
U'r^ifoc  d'  äi'  e«^i  eTtiuaQXVQe?  eier  j  Otriven  ov  yal.ETXOv  rt^tSe^  eioi  d'sov,  j 
50  iy-  S^  ydfiov  y.süoio  uty  ovvofia  tiekke  veead'ru'  j  Sij  ydo  ed"'  v/uers^ov  (fvkot-' 
Ay.oiTtdoai  /  7tov/,v  Ti  y.al  TteoiTitiov  'fov/.iSi  t'aeerdovoiv,  j  Kalt,  rebv  S'  ^ueZg 
iue()Oi'  tyJ.vo/j.EV  TÖt'Se  Tino  doyaiov  ^tiou^dtoi  ög  {>!)ots  näaav  •  55  tiioof 
£vi    ufrjuii   y.dTd'EXO    itvfi'o/.öyio   USW. 

Ich  habe  durchweg  den  von  Hunt  und  Wilamowitz  hergestellten  Text  gegeben; 
nur  30—41  habe  ich  geändert:  39  schreibt  der  Pap.  «rerwj,  H-W.  ä>ew».    40  Pap. 

y.i.t-arncoaoT,     Wll.    yi,vava   -d").   cbo  «to    .       41     Pap.    eutui.    H-W.    iaT{a);.      In    39 

scheint  mir  drfiä>i  weit  besser  als  ävsco.-:  losgelassen  verbarg  sie  =  sie  ge- 
stand, indem  sie  zu  verbergen  suchte.  Daß  in  40  yj]  vav~  enthalten  ist, 
darf  man  vermuten;  dann  Moaiol  41  sehe  ich  keinen  zwingenden  Orund  zur 
Änderung.    45  ist  xf,i  Relativum. 

Oxy.  VII  1011,  2-28— 230,  262—270  aus  den  lamboi,  Streit  des  Lorbeers  und 
des  Ölbaums,  ein  uraltes  Motiv  der  Weltliteratur,  vgl.  z.  B.  assyrisch:  Mit- 
teilungen d.  Deutschen  Orientgesellschaft  No.  58,  32;  aramäisch:  Sachau,  Aram. 
Papyrus  und  Ostraka  p.  174  f.    Ich  gebe  nur  Proben  aus  den  Worten  beider.   Der 

Lorbeer:  [y.]i,yio  utp  t]  'tiI  balnu  i]  '»  yoctbr  <f[oiltE(o  j  rbv  JJid'aiaTt'/i;  yirou<u 
i)i  xi/.eÜ'/.oj.'  j  Ol  ^(OQifiä  Se  TauTiöd'Ev  ut  teuvovoip  •  ooecov  an"'  äy.ocor  xai  tfioovair 
Ei  ^Ekfovs  !  ETiTjv  td  TiöTtöV.ojvos  toä  yivTjTai.  /  difoior  Ekafijrj,  Tifjiia  ö'  ovyl  yt- 
vd)oy.(o,  j  ovo'  old'  by.[oii]lv  ovX(i.<fr,(fÖQOi  y.duniEi,  ;'  a[yv]i]  ydo  eIui,  y.oi  xajtiai  //' 
ävd'ocoTioi^  I  lOTj  yd^  Eiur  ao'i  (V/r  yo'jrrÖTaf  VEy.^bv  j  iiEXlcoat  y.aisiv  i)  ['^"■JfLV]  ^*" 
^lOTi/J.Etfp],  j  ai'Toi  t'  di^EOTEw[avxo  yJvTtb  rd  Ti/.Evod  rov  /n]  TTr^orrfos  y.i)- 
n'iTu'i  v7T[ia]i[o(oouv].  WtSXCh  ov'/.atfrjtfooEf  VE/.Qoifogkl.  Phot.  Bibl.  p.  532  ZU 
ETindt:  o  y.nx  ETtirayua  y.al  y.i'/.avaiv  TiodTTErai.  Der  Ölbaum:  xii  b'  evo 
ikau]''v);   Uallüi,    f/uos    ii[Q]i-t[t]   /    X(o    (fiy.Loiy.ci    y.>\biy.a:.EV    doyatos  j    äi'ijo    Öfi^ 

TU     t-EO&tl'     du<f\     TT\i    Ay.Tfja.      /      EV    TJ    SdfVf,     TtfTtTCOXE.    TMV     <V    dEltdiiOV      j      t/s    T/, /■ 

khurv  TIS  ba  [x]f]i.-  bdffvrjv  riuü;  /  bdfvt]V  AttöU.cov^  f;  bs  Fla'/j.di  t]v  Evotr.  / 
|r>o/  Tob'  airai-,  i^eovs  yuo  ov  biay.oirM.  /  T/'iV  /  T/jj  bd(/ir]s  b  yao:j^ög;  ig  ri 
yor^aojuui;   /   fiijr'  foß'E   ur^rs  Tttrt    uijr'  EJtiyoioi^g   USW. 

Aus  den  Liedern  und  der  Hekale  Proben  zu  geben,  unterlasse  ich  nur  mit  Rück- 
sicht auf  den  Raum;  sie  verdienen  nicht  geringere  Beachtung  als  Aitia  und 
lamboi.  Alle  diese  neuen  Stücke  sind  eine  Quelle  wichtiger  Aufgaben  und 
Probleme. 

Von  Euphorien  lernen  wir  durch  einen  Pergamentfetzen  zwei 
Versreihen  kennen,  die  vermutlich  zwei  Gedichten  angehören;  daß 
Euphorion  ihr  Verfasser  ist,  ergibt  sich  aus  einem  Zitate.  Die  Hand- 
schrift gehört  etwa  ins  5.  Jh.  p.  C.     Das  eine  Gedicht  behandelt 


124 SKOLIEN  MIT  ELEGIE. 

Herakles  und  Kerberos  und  malt  in  den  erhaltenen  Versen  das 
feuerspeiende  Ungetüm  aus.  Im  anderen  lesen  wir  Venvün- 
schungen,  die  sich  an  Beispiele  aus  der  Sage  knüpfen.  Da  von 
dem  Dichter  als  Titel  eines  Werkes  'jQc.i,  Verfluchungen,  bekannt 
ist,  hat  man  daran  gedacht,  das  neue  Fragment  hierhin  zu  stellen; 
allein  die  Gegengründe  des  Herausgebers  Wilamowitz  sind  noch 
nicht  widerlegt.  Beachtung  verdient  Roberts  Gedanke,  der 
Fluchende  sei  Eurystheus,  der  Verfluchte  Herakles,  womit  ein 
Zusammenhang  zwischen  beiden  Seiten  des  Pergamentblattes  her- 
gestellt würde;  man  hätte  es  also  nur  mit  einem  Gedichte  zu  tun. 
Im  Ganzen  offenbart  sich  Euphorion  als  ein  Nachahmer  des 
Kallimachos,  der  nur  die  Manier,  nicht  den  Geist  und  die  Anmut 
des  Vorbildes  hat. 

Ausgabe:  Berliner  Klassikertexte  V  1.  vpl.  Körte,  Arch.  f.  Pap.  V  536.  C.  Robert, 
Hermes  42,  509.  Die  neuen  Fragmente  sind  unter  Nr.  62  und  95  von  Scheid- 
weiler aufgenommen.    Probe:  Herakles  und  Kerberos,  5  ff.:  ol  d'  öTnd-er  /.nalr^t 

vTTÖ  yaoTtoi  7TE7i[TröjTes]  ,  ovoatoi  /.lyjitüvTO  ttso'i  Tt/.evQfjioi  §od[y.ovTei]  ;  tr  y.ai 
Ol  ß7.E<fäQ0ii  y.vävio  i)arod7neT0i'  [öaael.  j  -ij  ttov  ü'eoua.aroaig  ?/  tcov  Mef.iyovvibi 
ToZai  j  fiaoftaovyni,  ai^r^iaiv  öxe  o-^aaoiTO  aiSi]QOs,  /  i)e^  dpa&ocöay.ovai,  ßoäi 
o  Ev?]ÄaTog  a.y.fiior,  j  fj  AYivriv  ijJoXösaaav,  tvavlior  'AazsoÖTioto.  j  iy.sTO  fiijv 
Ti^vvd'a  TTahyy.ÖTcoi  Eiova&fjt  '^lobs  iiTte^  'AiSao  Svcodty.a  ).olad'Os  äe&lojv,  j 
y.ai  luv  cri  rotöSoiat  :ro).iy.ot9'oio  MiStir^i  I  ruo3a/Jru  avv  Ttaiolr  sdTftjoavTO 
yvfuiy.e^. 

In  Anbetracht  der  Schwierigkeit  füge  ich  eine  Übersetzung  hinzu,  die  der  von 
Wilamowitz  in  der  Ausgabe  im  Wesentlichen  folgt:  „Hinten  geduckt  unter  dem 
zottigen  Bauche  züngelten  die  Schwanzschlangen  um  seine  Seiten,  und  in  seinen 
Augenlidern  blitzten  die  blauen  Augen.  Wohl  springen  in  den  Schmieden, 
wohl  auch  in  Meligunis  solche  Funken  in  die  Luft,  wenn  Eisen  mit  Hämmern 
geschlagen  wird  —  es  dröhnt  der  getriebene  Amboß  —  oder  in  den  rußigen 
Ätna;  die  Behausung  des  Asteropos.  Er  kam  also  wirklich  nach  Tiryns,  lebendig 
aus  dem  Hades,  die  letzte  der  zwölf  Arbeiten  für  den  feindseligen  Eurystheus. 
Und  auf  den  Kreuzwegen  der  gerstereichen  Mideia  haben  ihn  erschrocken  die 
Weiber  und  Kinder  zu  sehen  bekommen". 

Der  Übergangszeit  zum  Hellenismus  gehören  die  Skolien  mit 
Elegie  an,  die  uns  ein  Papyrusblatt  von  der  Insel  Elefantine 
erhalten  hat.  Es  diente  als  Umhüllung  mehrerer  Urkunden,  deren 
späteste  aus  dem  2.  Jahre  des  Ptolemaios  Philadelphos  stammt. 
Daraus  sowie  aus  den  altertümlichen  Schriftzügen  darf  man  ent- 
nehmen, daß  das  Blatt  etwa  um  300  a.  C.  beschrieben  worden 
sein  mag.  Und  sehr  viel  älter  dürfte  auch  der  Inhalt  nicht  sein, 
denn  es  handelt  sich  um  lyrische  Sprüche  ohne  erheblichen  lite- 
rarischen Wert,  um  Erzeugnisse  bescheidener  Dichter,  die  aber 
für  uns  besonders  wichtig  sind  als  Beispiele  dessen,  was  damals 


I 


EPKIRAMMF  125 


gang  und  gäbe  war,  Sie  sind  bestimmt  zum  Vortrage  beim  Gelage, 
und  man  darf  sich  vorstellen,  daß  etwa  einer  der  Soldaten  des 
Ptolemaios  Soter  diese  Verse  auf  ein  loses  Papyrusblatt  aufge- 
zeichnet habe.  Die  frei  gebauten  Verse  sind  nicht  abgesetzt,  sondern 
in  unregelmäßigen  Langzeilcn  geschrieben.  Erkennbar  sind  zu- 
nächst zwei  Sprüche,  die  man  Skolien  nennen  darf;  wahrscheinlich 
wurden  sie  einzeln  zur  Flöte  vorgetragen.  Am  Rande  stehen  ihre 
Namen.  Der  erste  heißt  Euphoratis  ,,das  glijckliche  Ertappen 
und  Erschnappen"  (Wilamowitz)  und  fordert  auf,  einen  Rätsel- 
spruch {yQl(pG^)  aufzugeben,  dessen  Gegenstand  der  Preis  des 
Speeres  ist.  Der  zweite,  Mnemosyne  genannt,  ruft  die  Mutter 
der  Musen  an  und  gibt  dann  den  Rat,  das  Schiff  vor  dem  herauf- 
ziehenden Wetter  in  Sicherheit,  zu  bringen.  Das  Thema  bildet 
also  jedesmal  ein  Gedanke  aus  dem  Gesichtskreise  des  Soldaten 
und  des  Seemanns,  und  die  Beziehung  zum  Titel  ist  vorhanden. 
Rätsel  sind  die  Sprüche  nur  insofern,  als  sie  sehr  einfache,  prak- 
tische Gedanken  und  Bilder  in  einer  gekünstelten  Sprache  aus- 
drücken, wie  sie  untergeordneten  Dichtern  eigen  zu  sein  pflegt. 
Den  Beschluß  macht  eine  schlichte  Elegie  mit  der  Aufforderung, 
beim  Symposion  sich  angemessen  zu  benehmen;  auch  hier  nichts 
Geistvolles,  für  uns  aber  lehrreich,  weil  es  alltäglich  war. 
Ausgabe:  Berliner  Klassikertexte  V  2.  Abb.  Schubart,  P.  Gr.  Berol.  8.  Ich 
gebe  den  Text,  soweit  er  zusammenhängt,  mit  der  Versteilung  und  den  Ver- 
besserungen von  Wilamowitz:  am  Rande  E('(ftooaT[is].  ff.]ry.eQaaor  Xuoircoi 
y.odirj  ola  STTiarfe-]  j  (fta  y.o[v<fi6r  re  TT^oömfyJe  f).61yor.  /  oriftruye^  ori  ttuo- 
■d'ai'cov  I  äTtsiooai  Trle^ousv  vttrois  tkv  öoo'i  ao'juaTi  y.etouuivur  \  TQ[oi]ar  y.ai 
[r  Idy  7ta/)u  i-avalv  äeifivd-  /  [ajrots  ä/.öiTa  j  riy.rißdrav  oy.oTtöi .  Am  Rande 
Mrr^fioavrr;.  &  Movaäv  äyavöfiuart  /näreo  j  avvsTiianeo  aöiv-  rey.t'OJr  [äyv]a>i 
[yövjcoi.  l  äoTi  ßQvovaav  äoiSäv  j  TiQCOTOitayel  oofiai  SiaTtoiy.iXov  j  ey.cfeQoust.  j 
[vfjd  tIoi  tayhtv  'A/jZ-cöiov  öoöafocl.  j  [nave]  nioa  Ttnoiwv,  vcfiei  TtoSa,  ^  ).vt 
eavov  TiTtQvyai,  rd/os  ieoo  j  /.e7izo?.id'coT  [stt'  äywjr;  j  sv:  y.a&ÖQa  TTe/.ayOs,  / 
Tzaou  yäp  sxfevye  vötou  ya).s7tdr  /  cfoßeoär  [Siano] iTOTrlmii  uaiiar.  [ai  ent- 
weder Akklamation:  bravo,  wofür  die  Doppelpunkte  zu  sprechen  scheinen, 
oder  tö  y.ad-öQa    unter   Vernachlässigung    der    Interpunktion).      Die    Elegie: 

/aioaxE  avfiTiö-iai  ävboes  dfi[r,).iyei,  t]^  dyad-ov  yuQ  ,  doidue^'Oi  laXaui  ihr  i.öyov 
[s]ls  dylad-öj^'.  yor]  b'  ötav  sig  toiovto  ovvtld-coutv  fiXoi  avSoes  j  Ttoäyf/u, 
yel.är  nai^air  yoi^oautvovs  äQtTfji  j  ijSEa&ai  re  ovrövTUS  ai  dÜ.riXovs  ia  ([ iKjvaotir  / 
y.ai  axwTirsiv  toiuvtci^  oia  yälioru  (faoai.  I  r  Sk  aTTOiSi;  eTtaad'M  dy.ovioiiäv  [it 
).]ayöi.TCüv  I  e/u  uaoer  TqS'  doaii]  avurcooiov  Ttk'/.tTui.  /  rov  Si  TtoTao/oviro,-  ttei- 
&wusd-a-   lavxu  ydo   aoriv  j   soy'  dvboiöv  dyad'öjy  ailoyiar  ra  (fänii.     Hierbei  sind 

einige  Schreibfehler  des  Papyrus  verbessert. 

Unter  den  Epigrammen,  deren  die  Papyri  eine  ganze  Reihe 
bewahrt  haben,  mögen  zwei  besonders  genannt  werden,  obwohl 


126  KERKIDAS. 


manches  andere  ebensoviel  Beachtung  verdient.  Ein  Hamburger 
Papyrusblättchen,  aus  dem  3.  Jh.  a.C,  macht  uns  mit  einem  Epi- 
gramm auf  den  Tod  des  tragischen  Dichters  Philikos  (oder 
Philiskos)  bekannt,  der  zur  Zeit  des  Kallimachos  in  Alexandreia 
lebte  und  eine  Rolle  spielte;  ging  er  doch  bei  dem  Festzuge  275/4 
a.  C.  an  der  Spitze  der  dionysischen  Techniten  einher.  Sollte 
er  gar  der  eponyme  Alexanderpriester  sein,  der  Hibeh  30, 23 
erscheint?  Das  etwas  wortreiche  Gedicht  preist  ihn  als  Lebens- 
künstler nach  Art  des  Phaiaken  Alkinoos.  Können  wir  für  dies 
keineswegs  auf  der  Höhe  der  Kunst  stehende  Epigramm  den  Ver- 
fasser nicht  raten,  so  steht  bei  einem  Gedichte  auf  den  alexandri- 
nischen  Pharos  der  Name  des  Poseidippos  fest.  Erhalten  ist  es 
auf  einem  Papyrus  aus  der  ersten  Hälfte  des  2.  Jh.  a.  C,  der 
allerlei  Auszüge  bietet,  aus  Euripides  namentlich  und  aus  einer 
Komödie.  Der  Text  ist  durch  orthographische  Fehler  und  durch 
Mißverständnisse  verdorben,  aber  im  Wesentlichen  sicher  herstell- 
bar. Über  den  Pharos  und  seinen  Erbauer  Sostratos  findet  man 
bei  Dittenberger,  Or.  Gr.  1  66.  67.  68,  namentlich  zur  ersten  In- 
schrift mancherlei  bemerkt,  was  auch  für  das  Verständnis  des 
Epigramms  wesentlich  ist. 
Epigramm    auf   Philikos:    v.  Wiiamowitz,  Neues  von  Kallimaclios,  Sitz.-Ber. 

Berl.  Akad.  1912,  547  ff:  efjxeo  Si]  junxäpiaros  dd'oiTtö^os,  s^x^o  xalovg  /  yÜQOv^ 
eiioeßecov  oiföfievo';  0ihy<e  /  Ih  xior^Qsyios  y.F<fahfli  evv/ura  nv/.Uov  j  Q^fiara  xai 
vi^oovs  acbfin'Oov  eis  fiaxä^cor,  j  ev  fiey  yTi(>as  iSoji'  tviaziov  'AXatvöoto  j  (Pairjxoe 
t^ibeiv  dvS^be  e7iiorafi.evov  j  'Akxivöov  t[iJs  scbr  f|  ai/uarog  .  .  . 

Epigramm  auf  den  Pharos:  Weil,  Monuments  Grecs  1879:  un  papyrus  inedit. 
Vgl.  Blaß,  Rh.  Mus.  1880,  74.  Perdrizet,  Revue  des  Etudes  anciennes.  P.  Schott, 
Posidippi  epigrammata  coUecta  et  illustrata  1905  (Diss.  Berlin).  'EUrjvcor  om- 

Tfjon  <Pd^ov  ay.oTiöv,  6j  ära  IJ^ojtev  j  EcooToaros  eorrjoev  ^ e^Kfdvove  KviSios.  / 
ot  yä^  Bv  Alyönrcoi  oxonal  ov  ^iov  oi'  STil  vriatov  /  dXkd  %a^iai  X>1^V  vavXoxos 
exreratai.  /  rov  xÜQiv  evd'eiäv  re  xai  ö^O'iot'  aid'eQa  rtfiviov  j  Tiv^yos  ÖÖ'  dnXd- 
Tcov  (faivei^  aTiö  araSicov  /  ij/uarf  Ttavvvxtog  Se  &ea>p  avv  xvfiari  vavrrje  j  öy-'STai 
EX  xoQV(f^s  TCVQ  fieya  xruouevov  /  xai  xev  cti'  a-drö  S^dfioi  lavQOv  xeoae  oiS'  av 
äfid^xoi  I   acoifj^oe,  IIqmtev,  Zi]i'bs  b  TfjiSe  TiXewr. 

Etwas  ganz  Neues  lernen  wir  in  den  Meliamben  des  Kerkidas 
kennen.  Die  ziemlich  umfangreichen,  aber  leider  nicht  zusammen- 
hängenden Bruchstücke  aus  Oxyrhynchos  zeigen  eine  schöne 
Hand  des  2.  Jh.  p.  C,  der  zwei  andere  Hände  Akzente,  Be- 
merkungen und  Varianten  hinzugefügt  haben.  Der  Titel  des  Werkes 
K€Q/.ida  Kvvbg  [i.ie]liai.ißoL  ist  erhalten.  Die  Sprache  des  Dichters 
ist  dorisch,  aber  die  Schreibungen  des  Papyrus  sind  nicht  em- 
heitlich,   und   man   kann   schwer  entscheiden,  ob  der  gemilderte 


KERKIDAS.  127 


Dorismus,  den  wir  hier  finden,  in  dieser  Gestalt  auf  den  Ver- 
fasser zurückgeht.  Was  aber  seine  Sprache  besonders  kennthch 
macht,  sind  die  kühnen  Wortbildungen,  hauptsächlich  Zusammen- 
setzungen; neben  manchen  gelungenen  stehen  auch  übertriebene 
und  gesuchte,  immerhin  geben  sie  etwas  Eigenes,  Dagegen  ist 
Satzbau  und  Gedankenfolge  einfach,  fast  nachlässig.  Den  sorg- 
samen Versbau  des  Dichters  —  man  kann  ihn  daktyloepitritisch 
nennen  —  gibt  der  Papyrus  nicht  wieder,  sondern  schreibt  im 
allgemeinen  ziemlich  gleich  lange  Zeilen.  Blickt  man  auf  den 
Inhalt,  so  wird  man  mit  A.  Körte  sagen  dürfen,  es  seien  moralische 
Predigten  in  poetischer  Form,  wofern  man  unter  Moral  eine 
Lebensweisheit  versteht,  die  nicht  in  die  Tiefe  geht.  Die  nächsten 
Verwandten  finden  sich  in  der  kynischen  Diatribe;  aus  der  Dichtung 
zieht  P.  Maas  die  Satiren  des  Hcraz  zum  Vergleiche  heran.  Nur 
ein  Teil  der  erhaltenen  Bruchstücke  ermöglicht  es,  den  hihalt 
der  Gedichte  deutlich  zu  fassen.  Am  klarsten  tritt  das  erste 
heraus,  die  Frage,  ob  denn  Allmacht  und  Gerechtigkeit  der  Götter 
sich  im  Menschenleben  offenbaren.  Obgleich  der  Dichter  eine 
Antwort  ablehnt,  zeigt  er  doch,  daß  er  nichts  von  den  Olympiern 
hält,  sondern  an  die  irdischen  Götter  Merddcj^  und  Neutoii;  glaubt; 
Nächstenliebe  und  Vergeltung  sind  ihm  die  eigentlichen  Gesetze 
des  Lebens.  Seine  Gedanken  sind  nicht  selbständig,  aber  in  ihrer 
Ausführung  fesselnd  zu  lesen. 

Deutlich  ist  auch  der  Gegenstand  eines  zweiten  Gedichtes:  ein 
Vers  des  Euripides,  .öioaa  Tivevf^iaxu  nveU  "Egcog,  ist  das  Thema 
und  wird  weiter  ausgeführt;  die  ruhig  besonnene  Liebe,  womit 
wohl  die  bequeme  gemeint  ist,  verdient  den  Vorzug  vor  der  stür- 
mischen Leidenschaft.  Leider  können  wir  von  einem  dritten 
Gedichte,  worin  der  Dichter  von  sich  selbst  spricht,  nur  wenig 
verstehen;  trotz  seinen  grauen  Haaren  bleibt  sein  Herz  stark  und 
frei  von  den  Sorgen  der  ,, Fettfleischesser".  Darum  hat  es  auch 
das  Gute  nie  verfehlt,  und  immer  ist  es  voll  der  Musen:  rh 
d'  unu/MY.TOV  i'auj  j  ot6qvojv  kuI  uvi/mtov  y.iuq  io/.tv  /  TtiutKoaaQ/.n- 
(füyiov  jiaaag  itekedCuvag,  /  rib  rftjv  öucpev/t  /.aKtov  ordev  tto/m. 
Tcdvra  rtol-  /  olv  6'  vtio  Ott [l] äyyvoLa{iv)  eoy.{€v)  aßga  Movaüv  y.vw- 
öa'/.a  l  Uifoldtüv  ^^  uK[i]tvrag  tTt'Uo,  d^vue,  /.al  lyvetTccg  ägiOTfoJg. 
Kerkidas  war  kynischer  Philosoph,  zugleich  aber  praktischer 
Staatsmann  in  seiner  Vaterstadt  Megalopolis,  Freund  des  Aratos, 
lebte  also  in  der  2.  Hälfte  des  2.  Jh.  a.  C.  Auf  ihn,  nicht  auf 
den  älteren  Kerkidas,  den  Zeitgenossen  des  Demosthenes,  gehen 


128  HERODAS.    ANAPÄSTE. 

die  Dichtungen  zurück.  Richtig  sagt  von  ihm  Steph.  Byz,: 
liQiorog  vo^io^eTrjg  y.cu  luluatßiov  7tou]Trig.  Daß  seine  AleHamben 
in  Ägypten  gelesen  worden  sind,  ist  ein  Zeichen  für  das  Ansehen 
und  die  Verbreitung  seiner  Werke. 

Ausgabe:  Oxy.  VIII  1082;  die  sonst  bekannten  Fragmente  aus  Kerkidas  hat 
Hunt  angereiht.  Vg!.  besonders  P.  Maas,  Berl.  Philol.  Wochenschrift  1911, 
1214ff. ;  auch  A.  Körte,  Arch.  f.  Pap.  V  553.  Die  größeren  Stücke  hat  P.  Maas 
in  der  Berl.  Philol.  Wochenschrift  1911,  1011  ff.  abgedruckt.  Unter  Berück- 
sichtigung seiner  Vorschläge  lasse  ich  zur  Probe  den  gut  erhaltenen  Teil  des 
ersten  Gedichtes  folpen  (Fr.  I  Kol.  II  5ff.):  ^eiä  yä^  ian  d-eoj  ti&v  sxrs/.iani 

'/.^fjfi  I  Öy.x  tTii  lovf  i/;^  i]  ibv  övTToy.ißS ox öy.iora  j  y.al  t eü'vay.oy/i).xiSav  I  rj  T[b]v 
7taKivsy.yjv f.iEvixav  top  f'pap.  'llo^')  y.rsdvcov  öt.ed'oov  j  rovroi'  y.tvffiaai  ras  ovo- 
TilovToavi'ai^  Sö/U£i'  8'  f.TttraSeoTocöy.Tq  y.oiroy.^azT]^oay.v(f(p  /  räv  dXXvfisvav 
SuTTdvvX'Kav.  I  fifjTiOT'  oiv  b  läs  ^iy.a^  dqd'aX/ubs  dTreoTTaXdiccoTfu ;  '  ('schol.  t.(3ov 
■o  TVTiovs  fiiv  öfü'aXuiöv  f/f/,  6(/d'a/.fiov£  Ö'  o/s  oiiS(e)  ßl.tTXSi.)  ■/&  (Paed'coi^  iio- 
vdÖi  yXrirq  TtaoavyeT^  j  y.al  Qe/m;  d  X.iTtatjd  y.uTayXvMTai  ;■  j  Ttcög  srt  &ai/Liov£~  ovv 
TOI  ftijx'  dy.oväv  firix^  bjtdv  Tienafievoi ;  /  y.al  fiäv  rb  xdXavrov  6  os/uvbs  j  dareoo- 
Tiafyeojerag  ueaoor  ibv^'OXvimoi'  [ei'it,Bt]  j  o^&öp  [loycuv  y.Jal  vevevy.ev  aiSafifj. j 
y.al  rovd''  "0/ii]oos  siTtEf  iV  UXidSt'  j  bänet  b'  brav  atoifiov  äfiao  drSpdoi  y.vSa- 
Xiteots  l'  I  TiäJs  ovr  ifilf  ov  TTOieoei^^ev  dod'bi  cor  ^vyooTdras  /  Ta  S'  ao/ara 
.B<ji'yia  Mvoior;  j  ät,oitai  8e  d'rjr  Xsynr  öaov  [^  -^Jysiro  Tiao'  avrols  j  reo  ^ibi 
7iXu[oT]Lyyiov.  /  noiovs  sn'  dvdaxoQas  oiv  tis  /  fj  rivag  OvQaviSae  y.icav  av  evooi  j 
7110,-  Xdß(^oi)  räv  d^iar,  öd^  b  KooriÖas  b  (fvrtx'oas  /  Tidvcas  äf.ie  y.al  rty.cbv  / 
rwv  fiev  TiaTQiobs  twv  Ss  Tisyare  Ttarrj^ ;  j  Xaov  ued'eusv  Ttepl  jovrcov  TOts  ftersco- 
poyÖTtots  (SQho\.  uoTQoXöyoii),  /  lovrovs  ydo  toyov  oi'(Se)  sv  eX.TTOfi  syeir.  / 
äitu'  de  IJc.tccf  y.al  Marddois  fteXcTCO  fpap.  aya&aiteTatSco;^  Schol.  £.T£«  Scbs  dyai^i])  j 
d'ebg  yäo  ai-ra  y.al  Nsueais  y.ard  yäv  USW. 

Die  Gedichte  des  Herodas,  der  in  der  1.  Hälfte  des  3.  Jh.  a.  C. 
lebte,  verdanken  wir  einer  großen  Papyrusrolle  des  2.  Jh.  p.  C. 
Seine  berühmten  Mimen  schildern  in  Hinkiamben  kleine  Szenen 
und  Menschentypen  aus  dem  täglichen  Leben,  wie  es  sich  in  den 
Kreisen  der  Bürger  von  Kos  abspielte.  Die  Darstellung  in  ihrer 
Geschlossenheit  und  Beschränkung  auf  das  Einzelbild  ist  außer- 
ordentlich wichtig  für  das  Wesen  des  Mimus  überhaupt.  Herodas 
ist  zuerst  von  Kenyon  in  den  Classical  Texts  herausgegeben 
worden  und  liegt  jetzt  in  mehreren  Ausgaben,  besonders  der  von 
Crusius,  Herondas^,  Leipzig  1914,  bequem  zur  Hand. 
Ein  sehr  merkwürdiges,  wenn  auch  wenig  erfreuliches  Erzeugnis 
sind  die  sogenannten  Anapäste,  Reste  von  zwei  Kolumnen,  die 
wahrscheinlich  auch  zwei  Gedichten  angehören.  Das  Versmaß 
sind  anapästische  Monometer,  die  Katalexe  wird  durch  Doppel- 
punkt bezeichnet,  aber  nicht  immer  richtig.  Da  die  gezierte  Schrift 
sich  etwa  auf  die  Zeit  des  Augustus  datieren  läßt  (P.  Gr.  Berol.llb), 


DES  MÄDCHENS   KLAGE.  129 

SO  wird  man  den  Ursprung  der  Diclitung  in  ptolemäischer  Zeit 
und  wohl  in  Ägypten  suchen  dürfen.  Der  Schreiber  hat  im  übrigen 
keine  Rücksicht  auf  die  Verse  genommen  wie  so  oft  bei  lyrischen 
Texten.  In  der  ersten  Kolumne  finden  wir  einen  wortreichen 
Preis  Homers:  alle  griechischen  Landschaften  vereinigen  sich 
in  seinem  Lobe,  das  sich  auf  ein  überaus  geschmackloses  Bild 
zuspitzt.  Die  zweite  Kolumne  versetzt  uns  in  eine  Rede  der  Kas- 
sandra:  sie  redet  Priamos  an,  spricht  zuerst  von  Hekabes  Schicksal 
und  kündigt  dann  an,  da  sie  von  ApoUon,  dem  Erbauer  der  Stadt, 
die  Gabe  der  Weissagung  habe,  werde  sie  jetzt  den  Sinn  dunkler 
Orakel  deuten.  Und  sie  beginnt  mit  dem  trüben  Eingeständnis, 
bei  ihrem  Geschlechte  gelte  nur  der  Name  der  a(>6//,  nicht  die 
Tat.  Der  Stil  ist  gesucht  von  Anfang  bis  Ende  und  wird  geradezu 
unerträglich  durch  eine  beständige  Verdrehung  bildlicher  Aus- 
drücke. Wie  sehr  der  Dichter  Buchmensch  oder  Literat  war, 
verrät  er  an  mehr  als  einer  Stelle:  Pallas  schreibt  die  Athener 
mit  Auszeichnung  wegen  ihrer  Leistungen  in  Krieg  und  Frieden 
auf  (a  9),  und  Kassandra  sagt  //MijQog  avoiytiv  [rov  ijrro  a/.oTiaig 
rifvjßloim  löyov  y.ov.rlröv]  (b  18).  Aber  wichtig  bleibt  das  Werk 
als  Rest  einer  eigentümlichen  Gattung  und  als  Kennzeichen  des 
Geschmackes  jener  Zeit. 
Ausgabe:    Berliner  Klassikertexte  V  2.     Textprobe  aus  der  ersten  Kolumne: 

a  -lvur,~  le  y.XvÖoji-  y'/.avy.r]s  rs  7ieX[ns]  ÄoxQidei  dy.Toi  x6  it  hniordiov  ^dO'eov 
ToiTTÖdfOf  i[u  IvcoiSor  ooos  Ttv II raaidS [ es]  Tt  dveroi  ay.oTTiai  jö  t'  'Eoij^d'oriov 
ß/.daT[r]fi  J  dpÖTOjf^  ovi  IJal/.ds  äi^aaaa  e^oya  d'frjTcöfrl  äopl  y.dr  oo(fiaig  dis- 
ypaxpev;  [aiöjv  Tzdvrss  "O/urjoe  alff.TOv  vuvcov  (jvaiv  [ijQjwio)!'  Xoydoiv  iienÖTtcoi- 
rcnpaSt^dfiti'oi  ueyaXvvovaiv  tiqr  t'  anb  Movaiov  ätfd'iTov  aiiSriv^  ))r  av  ftepiunua 
TaZaiv  drQvrois  y.ad'vfrjvdftBvos  növros  ris  ottcos  STZTvaas  ä}.[).o]ts  [.Jv  [  —  —■  •_-  /« 

(/ojaif  In   «xT«--:    zum    Letzten    vergleicht  Wilamowitz  Älian,   V.  H.  13,  22: 

1  u/.UTiov  (Maler)  ö^  sypui/e  TÖv  ^(tf  "(>itr;Oor  avröv  BtiovvTa  roi'i  dt  ä/J.ovs  rroi- 
rrdf  rd  sur>uEaueva  dovTO/J.evovs. 

Unter  dem  Namen  Des  Mädchens  Klage  ist  ein  Gedicht  sehr 
bekannt  geworden,  das  der  Herausgeber  Grenfell  ein  Alexandrian 
Erotic  Fragment  nannte.  Es  trägt  keinen  Titel  und  vertritt  als 
ältestes  Beispiel  eine  Art  von  Liedern,  von  der  wir  später  aus  der 
Kaiserzeit  andere,  freilich  geringere  Proben  antreffen  werden.  Mit 
dem  Mimus  hat  es  gemein,  daß  es  einen  bestimmten  Charakter 
in  einer  bestimmten  Lage  vorführt,  und  unzweifelhaft  war  es  für 
den  Einzelvortrag  geschaffen.  Verse  sind  unverkennbar,  obwohl 
sie  der  Schreiber  nicht  abgesetzt  und  die  gliedernden  Doppel- 
punkte teilweise  falsch  angewendet  hat;  dochmischer  Rhythmus 

Schubart,  Papyruäkuode.  9 


130  DES   MÄDCHENS   KLAGE. 


tritt  in  manchen  Partien  geschlossen,  in  anderen  mehr  vereinzelt 
zutage.  Gewiß  ist  dies  Gedicht,  dessen  Anfang  leider  fehlt, 
nicht  Teil  eines  größeren  Werkes,  sondern  ganz  selbständig,  ein 
chanson,  den  man  sich  von  Yvette  Guilbert  vorgetragen  denken 
muß,  um  Art  und  Wirkung  mit  einem  Schlage  zu  erfassen, 
wie  denn  überhaupt  gerade  die  eigentijmlichen  Züge  helleni- 
stischer Dichtung  mehr  Licht  von  französischer  als  von  deutscher 
Seite  erhalten  können.  Es  ist  im  2.  Jh.  a.  C.  entstanden,  zwar 
Volkspoesie  insofern,  als  es,  namenlos  und  anspruchslos,  auf  den 
öffentlichen  Vortrag  und  seine  Wirkung  berechnet  ist,  aber  keines- 
wegs niederen  Ranges,  sondern  stark  im  Ausdrucke  der  Leiden- 
schaft. Das  vom  Liebhaber  verlassene  Mädchen  läuft  ihm  in  der 
Nacht  nach  oder  steht  vor  seiner  Tür,  und  ihre  Klage  wechselt 
mit  stürmischer  Leidenschaft,  Eifersucht  mit  sklavischer  Hin- 
gebung und  der  Hoffnung,  ihn  doch  wieder  zu  gewinnen.  Wir 
bekommen  hier,  wo  ionische  Elemente  deutlich  sind,  einen  Begriff 
von  den  ,,  Ionischen  Liedern".  Für  die  Beurteilung  des  Stückes 
vgl.  Wilamowitz,  Literaturgeschichte;  auch  Bethes  Bemerkungen 
bei  Gercke-Norden   I  172/3. 

Ausgabe:  Grenfell,  An  Alexandrian  Erotic  Fragment  and  other  Greek  Papyri 
chiefly  Ptolemaic.  Oxford  1896.  Der  Text  abgedruckt  bei  Crusius,  Herondas^, 
p,  117.  Vgl.  besonders  E.  Rhode,  Ber!.  Philol.  Wochenschrift  1896,  1045  ff. 
V.  Wilamowitz,  Gott.  Gel.  Nachr.  1896,  3.  Nachträge  bei  Grenfell  und  Hunt, 
New  Classical  Fragments  and  other  Greek  and  Latin  Papyri,  p.  211.  Ich 
lasse  die  gut  erhaltene  erste  Kolumne  folgen;  die  Doppelpunkte  setze  ich  da, 
wo  sie  im  Papyrus  stehen,  lasse  dagegen  die  Paragraphos,  die  sich  unter  den 
Anfängen  von  Zeile  3,  5,  10,  12,  20,  23  befindet,  fort,  um  den  Druck  nicht  zu 

erschweren.  e|  äufforeoioi'  ykyoi?  ai^sais,  SL.evyia/ne&a:  rfjs  fiÄirje  Kvtcqis  sot' 
didSo%Oi:  oSvvr]  fi  e%si,  örai-  dpafivrja&d}:  &s  jue  y.ajefi/.si,  tTtißovXcos  fiskXcov  ^e 
naTaXifindv[8i]v^  dxaTaaraaiTjs  svptT7]s:  tnl  6  it;v  filitjr  sktixms  eXaße  /Li""EQ(os'. 
oix  dTtavaivafiai  a-öror  sy^ovo'  ei  rfji  Siavoiai.  "AaxQn  cpila  y.ai;  avvep&aa  Tiörvta 
iVi'l  /iioi,  ciaodTit/.i^'ov  ETI  fis  vvv  ttqös  ov  fj  KvTtQis  sySorov  äyet  fi[e]  y.ai  b 
7ro?.i)s  ^pcas  Tiapalaßojv,  avroSr^ypv  syco  rb  noXv  nvp  tö  er  rf/i  ^pvyrji  fiov  xaiö- 
fiEvov,  ravrd  fi  dSixtl  -invrd  fi  oSvi'äi:  b  y^evandtris  b  Ttgö  rov  fieya  ^qov&v 
xal  ö  rfjv  KiJTtQiv  ov  (fd/iiEi'os  eirai  rov  e^äv  .  •  .  ruTiav  .  .  rjvsyxE  u  .  v  rrjv  rv/ovoar 
ddixiav:  fieklco  fiaivead'ai,  t,fjXos  ydo  /u'  eyei  xat  y.amxdofiai  xaraleXEifi/nevri'. 
ainö  Ss  Tovrö  fioi  tovs  arsfdrovs  ßdls  oig  fieuovfoiievr]  yoioTiad'riaofiui:  xt'(><£, 
/nrj  fi  dcfTjis  dTToxsxXeijiievrjP^  de^at  fi  ^  siSoxcö  t,i]XMt,  SovIeveip:  eTii/naväys  s^äv 
fieyav  syst  Ttovov,  l^rjlorvTtsly  yuQ  SsZ,  arsysiv,  xaQTSQslp:  sdv  5'  svi  Ti^osxad'ic 
(lövov^  äaocov  sasi,  b  yäo  ftoridts  Epo)s  ju.aivsad'ai  Ttoisl.  ybtoax  ort  ■d'vfibv  dvixijrov 
syio,  örav  sqis  Xdßrji  ue^  iiairou  ojap  dpafiiijacoti  ei  /uoroxoiTijaco ,  ov  S'e 
XocoTi^Eod^    dnoTosysis.     vvv,    äv    ooyiofl'cöusp,    Ei>S^i'    Sei    xal    SiaXvsad'ai,    ovyi   Siä 

Tovro    ifikovs   syo/jsp,    o"i   xQtvovat   Tii   dSiy.si;    Zeile    8    Würde   man  erwarten 
kn^vsyxs  fioi  oi>  Ttjv  rvyovaav  dSixiav  (nicht  das  erste  beste,   d.  h.  ein  schweres 


MONODIE  DER  HELENA.     ANTHOLOOIE.  ]3] 


Leid).     11  pap.    trciuarovoo^av  12     TiQOiXa&el  =  7TooiAuO-f,i    (Subjekt   ist   SöWs), 

Eosi  im  Sinne  von:  man  wird  sein. 

Mit  diesem  Texte  verwandt  ist  die  sogenannte  Monodie 
der  Helena,  die  innerhalb  einer  Anthologie,  richtiger  eines  Text- 
buches für  musikalische  Vorträge,  des  2.  Jh.  a.  C.  auf  uns  ge- 
kommen ist;  die  kretischen  Rhythmen  sind  in  langen  Prosazeilen 
geschrieben.  Helena,  die  mit  Menelaos  zurückgekehrt  ist,  klagt 
darüber,  daß  er  sie  verlasse;  also  wieder  die  Klage  eines  verratenen 
Weibes.  Nicht  nur  im  Inhalte,  sondern  auch  in  der  Form  ist 
die  Ähnlichkeit  mit  dem  Grenfellschen  Liede  vorhanden,  denn 
auch  diese  Worte  der  Helena  darf  man  als  selbständiges  kleines 
Lied  betrachten.  Derselbe  Papyrus  enthält  einige  Zeilen  in  ioni- 
schen Rhythmen,  worin  der  Gesang  der  Vögel  und  das  Schwirren 
der  Bienen  im  Bergw^alde  sehr  wortreich  geschildert  wird;  nament- 
lich bei  der  Beschreibung  der  Bienen  wirkt  die  Häufung  der 
Beiwörter  unschön.  Davon  abgesehen  haben  diese  Verse  etwas 
Eigenes  als  Stimmungsbild  aus  der  Natur,  deren  es  sonst  nicht 
viel  gibt.  Unzweifelhaft  sind  sie  nicht  in  Ägypten  entstanden, 
da  sie  eine  ganz  andere  Landschaft  voraussetzen.  Beide  Stücke 
sind  sehr  fehlerhaft  überliefert,  aber  im  Wesentlichen  hergestellt. 
Auf  sie  folgen  poetische  Sprüche  über  Liebe  und  Liebende.  Ein 
zweites  Papyrusblatt  gibt  von  derselben  Hand  im  Wesentlichen 
dieselben  Auszüge  wieder. 

Eine  waikliche  Anthologie  haben  wir  dagegen  in  einem  Papyrus 
etwa  derselben  Zeit,  der  ziemlich  umfangreich  und  gut  erhalten 
vorliegt.  Das  Thema  bilden  die  Frauen;  Stellen  aus  der  Komödie 
werden  aneinander  gereiht  mit  Nennung  der  Verfasser  Piaton, 
Pherekrates,  Menander,  Epicharm  u.  a.;  es  folgen  lange  Aus- 
züge aus  Euripides,  der  auch  sonst  den  Verfassern  der  Antho- 
logien viel  hergeben  mußte,  und  zwar  aus  der  Melanippe  und 
dem  Hippolytos,  auf  dem  Verso  eine  Stelle  aus  dem  Komiker 
ApoUodoros  von  Karystos.  Eine  zweite  Anthologie  von  anderer 
Hand  berührt  sich  nahe  mit  der  ersten.  Die  Kritik  der  Frauen 
scheint  ein  beliebter  Gegenstand  solcher  Sammlungen  gewesen 
zu  sein.  Wie  bunt  sie  mitunter  aussehen,  zeigt  ein  Frei- 
burger Papyrusblatt,  im  2.  oder  1.  Jh.  a.  C.  geschrieben:  auf 
.eine  Komödienstelle  folgt  ein  episches  Zitat,  daran  schließt  sich 
das  bekannte  Distichon  über  den  Sieg  Hesiods  über  Homer, 
(Rzach,  Hesiod2,  Agon  205),  endlich  ein  paar  Verse  aus  der  llias. 

(Freiburg  la.  b.) 

9* 


132  HELLENISTISCHES  EPOS. 

1)  Textbuch  Tebt.  I,  1.  2.  die  beiden  ersten  Stücke  abgedruckt  bei  Wilamowitz, 
Timotheos  p.  82.  83.    Ich  teile  sie  und  zwei  der  folgenden  Sprüche  mit.  Helena: 

vj   (favslä  yä^fta   aoi   (fikov,    ort  jx    fjyänas,   öte   SöQazi  TioXefiuo  lav  0Qvyö}y  nöXiv 
sTTÖod'eis^    flava    tauk    y.o/niaai    d'eKco)'    Xiyta    TtäXii'  eis   Ttätqav.     vvv   §£    uovvav  fi 
u(f£is  aloyor,  äaro^y  ,  utish,  r,i'  ^avaibäi'  löyos  e/ioXsv,   /;»   et'Sy.a  Ttalda  rar  äya- 

fiov  sW  "A^rs/uiä,  TÖv  offäyiov  'Äyafitiirovi.  (Wilamowitz  stellt  aus  metrischen 
Gründen  hinter  eaolev  eine  Auslassung  fest  und  ergänzt  "Ani^ios  ftära).     Vögel 

und  Bienen  im  Walde:  ^ovB'ä  Si  Xiyvfcov  ö^rea  Si  e^stüp  Forjfiov  Soiog  äy.qoig 
eTtl  y.[X]vjal  rrirvo-  i'jfiev'  sfiivvQi^  tTixrvßi^ev  xeXaSov  TtaPTOfiiyri,  xal  t«  fief 
ao%ETO  i[a  S'  ifi  JeXXsv  rä  S^  iaiya  tu  Ss  ßcooTQtvoi'T:^  di'"  öqt]  Äalevai  (fojvali, 
cfiXsQr^itoi  Si  vdTiaig  XdXos  ui'Ta/.isi8er'  dyM'  Ttii^aval  b'  s^yariSes  oifiOTC^öaionoi, 
^ov&ÖTZTsooi    fisXtooai,    d'ufuvai   d'tosos    i^id'oi,    XiTiöy.svT^oi  ßaqvayscg,    Ttrjlovqyol 

äi'seqcorsg,  day.eTtaTg  t6  yXvy.i'  vtyjao  /isXctöoovtoi'  dovfojvoiv.  .  (Mehrere  Ver- 
besserungen von  Wilamowitz;  derselbe  macht  auf  7T«.9•«*'ös=/rtot£/^■  (hellenistisch) 
aufmerksam). 

Sprüche:  a.  eoävra  }'ovd'troviTeg  dyvoEid''  ort  j  nvq  dvay.aiöfiEvoi'  iX.aicp  O'sXetb 
xfoil/uiaai.  b.  e^öjito^  U'vx't  y-al  ka/tnidSior  vTi  diifiov  j  jioTi-:  ftir  dvrjcfd't]  rrorh 
dt   TidXi  y.oiui'CfTai. 

2)  Anthologie  Berl.  Klass.  Texte  V  2  p.  123ff.     Ich  gebe  nur  Proben:  a:  [lUd- 

iliovog  [TtoXXcö  yvvaly.a  y.qjsioaöi'  bot'  er  oly.iai  j  [fj  (fuouaxirajg  tcöv  na;/  JEvcIrj- 
fiov  ncqetfEiv.  I  [0Eoe]y.odrovg  [drrjo  ydo   öong  dTtJo&ai'ovarjg  Övg^oqfsT]  j  [yvi'ut- 

xög,  ovTog  odx]  entoTai'  Eirv/sir.    (Ergänzungen  von  Wilamowitz,   nur  TtoXXo 

von  A.  Körte).      b:  fSv"   >;/iitoJai    ywaixög  tiaif  i]SioTai-   j   [ÖTUf  y<iuiji   rig  ydjy- 

tfioij  refhi.-Aiiai:  (Dies  bei  Stob.  Fl.  G8,  8  als  Zitat  aus  Hipponax,  dessen  Name 
aber  im  Papyrus  nicht  gestanden  hat). 

Ein  hellenistisches  Epos,  von  dem  leider  nur  Trümmer  auf 
einem  Kodexblatte  des  4.  Jh.  p.  C,  sorgfältig  geschrieben  und 
mit  Akzenten  und  Lesezeichen  ausgestattet,  erhalten  geblieben 
sind,  gehört  zu  denjenigen  Dichtungen  dieser  Periode,  die  einen 
selbständigen  Wert  besaßen.  Was  man  noch  liest,  zeigt  sich  klar 
und  anschaulich,  natürlich  in  Anlehnung  an  Homer,  aber  keines- 
wegs eine  sklavische  Nachahmung.  Wir  werden  mitten  in  eine  Szene 
auf  dem  Landgute  des  Diomedes  bei  Argos  versetzt;  in  Abwesen- 
heit des  Herrn  behütet  ein  treuer  Diener  Pheidon  das  Söhnchen 
und  den  Besitz  des  Gebieters,  als  ein  Vertrauter,  Sohn  eines 
Iphis,  erscheint  und  böse  Nachricht  bringt,  so  daß  der  alte  Wächter 
fürchten  muß,  die  Feinde  könnten  das  Gut  überfallen  und  den 
kleinen  Schutzbefohlenen  umbringen.  Das  alles  wird  breit  ausge- 
malt: der  Alte  mit  den  Hunden,  deren  Rassen  genannt  werden,  wie 
er  vor  der  Tür  sitzt  und  sich  einen  Winterpelz  näht,  wie  die  Hunde 
den  Boten  begrüßen,  wie  Pheidon  über  die  Unglücksbotschaft 
erschrickt,  den  Boten  ins  Haus  zieht  und  die  Türe  schließt,  wie 
er  jammert,  der  andere  aber  auf  Hilfe  zu  sinnen  beginnt.  Un- 
verkennbar ist  das  Vorbild  des  Eumaios  für  die  Schilderung  des 


MENANDER.  1 33 


treuen  Dieners  und  des  Lebens  auf  dem  Landgute.  A.  Körte 
macht  auf  die  Beziehungen  aufmerksam,  die  von  diesem  Epos 
zur  Alkmaionis,  einem  der  kykhschen  Epen,  hinübergehen,  weist 
aber  nach,  daß  unser  Text  kein  Fragment  der  Alkmaionis  sein 
kann.  Denn  abgesehen  von  anderem  ist  es  unzweifeliiaft  jünger, 
wie  das  auffäUige  Jlvt'Uviic,  Zeile  11  dartut,  wofür  Immiscli  (bei 
Körte)  Eusthatios  heranzieht,  der  zu  llvörcaqu  bei  Euripides 
Hek.  945  bemerkt,  daß  von  hier  ausgehend  ein  anderer  JirüJrt^^ 
gebildet  iiabe.  Dieser  andere,  dessen  Namen  Eusthatios  leider 
verschweigt,  ist  offenbar  der  Verfasser  unseres  Epos  und  hat 
unzweifelhaft  später  als  Euripides  gelebt.  Auch  von  hier  aus 
kommt  man  in  frühhellenistische  Zeit. 

Ausgabe.  Berl.  Klass.  Texte  V  1.  Den  Ergänzungen  von  Wilamowitz  in  der 
Ausgabe  fügt  A.  Ludwich,  Berl.  Philo!.  Wochenschrift  1907,  490ff..  eine  Reihe 
anderer  hinzu,  die  nur  teilweise  den  Sinn  zu  treffen  scheinen.  Da  l<eine 
einzige  Zeile  ganz  erhalten  ist  und  auch  die  einigermaßen  gesicherten  Ergan 
Zungen  sich  nirgends  über  eine  größere  Zahl  von  Versen  erstrecken,  muß  ich 
davon  absehen,  eine  Textprobe  zu  geben.  Im  allgemeinen  ist  A.  Körte,  Arch. 
f.  Pap.  V  537f.,  zu  vergleichen. 

Unter  allen  Papyrusfunden  steht  bisher  an  vornehmster  Stelle 
die  Entdeckung  Menanders.  Denn  obgleich  früher  schon  eine 
beträchtliche  Anzahl  von  Bruchstücken  bekannt  war,  haben  doch 
erst  die  Papyri  Zusammenhängendes  gebracht  und  es  uns  ermög- 
licht, den  Aufbau  mehrerer  Stücke  zu  erkennen.  Auch  dem  Um- 
fange nach  nehmen  die  Menanderfunde  einen  der  ersten  Plätze 
ein.  Eine  Reihe  von  Fragmenten  ist  aus  den  englischen  Grabungen 
in  Oxyrhynchos  hervorgegangen,  andere  befinden  sich  in  Florenz, 
Genf,  Heidelberg,  Leipzig,  Berlin,  Dorpat  und  Petersburg,  aber 
sie  alle  werden  weit  übertroffen  von  dem  großen  Kairener  Papyrus- 
kodex des  4.  oder  5.  Jh.  p.  C,  den  Lefebvre  in  Köm  Isqaw  ans 
Licht  gebracht  hat,  enthält  er  doch  allein  umfangreiche  Teile 
von  fünf  Stücken.  Auf  einzelnes  einzugehen,  Menanders  Kunst 
und  die  Beziehungen  von  Plautus  und  Terenz  zu  ilir  zu  erörtern 
oder  auch  nur  den  Inhalt  der  Stücke  anzugeben,  würde  hier 
viel  zu  weit  führen.  Ebenso  kann  ich  davon  absehen,  die  Menander- 
handschriften  näher  zu  beschreiben,  da  alles  Wesentliche  in  bequem 
zugänglichen  Ausgaben  jedem  bereit  steht.  Dagegen  führe  ich 
die  Stücke  an,  die  durch  diese  Handschriften  erhalten  sind:  1.  He- 
ros Pap. Kodex  Cairo,  2.  Epitrepontes  Pap. Kodex  Cairo,  Oxy. 
X  1236,  3.  Samia  Pap.Kodex  Cairo,  4.  Perikeiromene  Pap. Kodex 
Cairo,    Perg.  Leipzig,    Pap.   Heidelberg,    Oxy.   H  211,    5.  Kolax 


134  MENANDER. 


Oxy.  III  409,  X  1237,  Petrie  I,  4,  1  (zweifelhaft),  6.  Georgos 
Genf,  Soc.  Ital.  I  100,  7.  M'sumenos  Oxy.  VII  1013,  8.  Perinthia 
Oxy.  VI.  855,  9.  Koneiazomenai  Dorpat,  10.  Phasma  Petersburg, 
11.  Kitharistes  B(erl.)  K(lassiker)  T(exte)  V  2.  Unbestimmte, 
z.  T.  auch  zweifelhafte  Fragmente:  Pap. Kodex  Cairo,  Petersburg, 
Oxy.  I  11,  X  1238,  1239,  Soc.  Ital.  I  99,  II  126,  Melanges  Nicole. 
Schon  dieser  gedrängte  Überblick,  der  nicht  weniger  als  elf  be- 
stimmbare Schauspiele  vorführt,  gibt  ein  Bild  vom  Reichtum  der 
Funde. 

Unter  den  Publikationen  ist  an  erster  Stelle  2U  nennen  Fragments  d'unManuscrit 
de  Menancire  decouverts  et  pnbiies  par  M.  G.  Lefebvre,  Le  Caire  1907.  Neue 
Ausgabe  mit  Lichtdrucktafeln  der  ganzen  Kairener  Handschrift  publiziert 
von  i^efebvre  im  Catalogue  General  des  antiquites  egyptiennes  1911.  Hierin 
wird  ein  verbesserter  Text  gegeben.  Um  die  Herstellung  und  Verbesserung  des 
Textes  haben  sich  besonders  bemüht  A.  Körte  und  Chr.  Jensen,  die  bt;ide 
das  Original  mit  großem  Erfolge  nachgeprüft  haben.  A.  Körte  hat  seine  Ergeb- 
nisse V  ervvertet  in  seiner  Menanderausgabe:  Menandrea^,  B.  G.  Teubner  1912, 
die  alle  Papyrus-  und  Pergamenttexte  mit  Ausnahme  der  wenigen  erst  später 
entdeckten  enthält  und  über  die  Handschriften  sowie  über  die  Literatur  aus- 
führlich Auskunft  gibt.  Ältere  Sammelausgaben  sind:  Sudhaus,  Menandri 
reliquiao  nuper  repertae.  Bonn  1909.  (Lietzmann,  Kleine  Texte,  44—46). 
Robert,  Menandri  sex  fabularum  reliquiae,  Halle  190R  (für  seine  Vor- 
lesungen, nicht  im  Buchhandel).  Von  der  Perikeiromene  ist  das  Leipziger 
Fragment  zuerst  publiziert  von  A.  Körte,  Ber.  d.  Sachs.  Gesellschaft  der  Wiss. 
Bd.  6U,  145,  jetzt  verarbeitet  in  Kortes  Menandrea;  das  Heidelberger  Fragment 
publiziert  von  G.  A.  Gerhard,  Sitz.  Ber.  d.  Heid.  Akad.  u.  Wiss.  1911.  4.  Abh. 
zum  Georgosfragment  Soc.  Ital.  !  100,  vgl.  A.  Körte,  Arch.  f.  Pap.  VI  225.  — 
Daß  Petrie  i  4, 1  zum  Kohx  gehöre,  i'^t  eine  Vermutung  von  Blaß,  Hermes 
33.  654.  —  Jensens  sehr  erfolgreiche  Revision  des  Kairener  Papyrus  findet 
man  Rh.  Museum  65,  539ff.  Zu  Menanders  Wortschatz  '/gl  Bruhn,  Über  den 
Wortschatz  des  Menander,  Jena  1910  (Diss.);  Durham^  The  Vocabulary  of 
Menander.  Princeton  University  1913  (Diss.).  Für  die  sonstige  reiche  Menander- 
literatur  verweise  ich  auf  Körtes  Menandrea,  von  denen  man  durchweg  auszu- 
gehen hat. 

Kürzlich  hat  uns  ein  neuer  Papyrus  noch  mit  dem  Inhalte  von 
zwei  anderen  Stücken  bekannt  gemacht.  Es  ist  ein  Bruchstück 
eines  augenscheinlich  großen  Werkes,  das  wohl  Menanders  Werke 
in  alphabetischer  Reihenfolge  vollständig  behandelte;  ich  erinnere 
an  die  zuvor  besprochene  Inhaltsangabe  zum  Dionysalexandros 
des  Kratinos.  So  weit  man  sieht,  gab  der  Verfasser  den  Titel 
des  Stückes,  dann  die  Anfangszeilen,  teilte  das  Notwendige  über 
Zeit  der  Abfassung  und  Aufführung  mit,  beschrieb  den  Inhalt 
und  schloß  mit  einer  kritischen  Würdigung.  Wir  haben  also 
eine  Schrift  vor  uns,  die  m  der  Art  der  Pinakes  des  Kallimachos, 


I 


SATYROS.  135 


nur   ausführlicher,   zu   Werke   ging.      Erhalten   sind   im   Wesent- 
lichen die  Abschnitte  über  Menanders  Hiereia  und   Inibrioi. 
Ausgabe:  Oxy.  X  1235.   Ich  teile  als  Probe  mit.  was  über  die  Imbri'  1  erhalten  ist: 

103  ^'Ifißoioi  oiv  UQ/i]-  ^C  6aov  -^^övov  os  Jijtia  i[...l  ßskriai^  eyu)'  Taiirjr 
[iy^a-Jxjjsv  snl  Neiy.oy.Xso[vs  .  .  .]  Tt]v  y.al  ißiiofiTjy.oarfijv  y.a'ij  ÜScjy.ef  ei^  SQya- 
aiay  [eh  tu]  ^loviauc  o-öy.  eyevaro  S[e  Sla]  Aa/d^t]v  jor  TTjoarrofr.  tneijra 
vTiby.otivmo  Kä).j_).nij7ios  'Äd'rivuto~.  rj  Öi  vTiöd'eois'  (^vo  Tteviiisg  u,}J.ri?.co[v  (fij/.oi 
y.Oiföy  noiTjodfievloi  töv]  ßiov  ''Iuß()Ov  äiiy.i^oar  y.fa'ij  ÖiSv/uas  a.SeX(fn.s  £yr][/uavj 
xotfOTtoirjOÜftsvoi    7i[äocLvl    iiua    y.al     Tijf    vTZao^n',    wfü.olTiövo)?    St    y.a'i   y.ara.  yfjv 

[xat]  y.ma  fi-uhmav  soyaK[öut>'oi  der  Papyrus  bricht  hier  ab.  Für  die  übrigen 
Papyriisfragmente  der  neuen  Komödie  vgl.  O.  Schroeder,  Novae  comoediae 
fragmenta  in  papyris  reperta  exceptis  Menandreis  (Lietzmann,  Kl-  Texte  135. 
Bonn  1915). 

Wesentlich  größer  angelegt  war  ein  Werk,  von  dem  uns  kürzlich 
ein  Papyrus  beträchtliche  Bruchstücke  bekannt  gemacht  hat.  Aus 
den  Lebensbeschreibungen  des  Satyros  halten  wir  jetzt 
einen  großen  Teil  dessen,  was  er  über  Euripides  gesagt  hat,  in 
der  Hand.  Leider  ist  keine  der  sehr  schmalen  und  eng  aneinander 
gerückten  Kolumnen  vollständig  erhalten,  aber  man  kann  doch 
über  eine  größere  Strecke  hin  die  Darstellung  verfolgen.  Die 
unschöne  Handschrift  ist  ziemlich  fehlerhaft  und  durchaus  kein 
Muster  der  Genauigkeit;  sie  gehört  ins  2.  Jh.  p.  C.  Der  Verfasser 
Satyros  ist  vermutlich  kein  anderer  als  der  Urheber  des  Werkes 
über  die  Demoi  von  Alexandreia;  er  hat  unter  dieser  Voraus- 
setzung in  der  zweiten  Hälfte  des  3.  Jh.  a.  C.  gelebt.  Bekannt 
ist,  daß  sein  Hauptwerk,  die  Bioi,  Lebensbeschreibungen  von 
Königen  und  Staatsmännern,  Feldherren,  Rednern,  Philosophen  und 
Dichtern  umfaßte.  Unsere  Fragmente  stammen  aus  dem  6.  Buche, 
das  den  Dichtern  galt,  und  tragen  den  Titel  laxvqoi-  Bkov  ava- 
yQafpi]g  J  Jioyvlov  loffo/.uoic  El-qi^iIöoc:  wir  liaben  es  mit  dem 
Abschnitte  über  die  Tragiker,  insbesondere  über  Euripides,  zu 
tun.  Merkwürdiger  Weise  hat  Satyros  die  Form  des  Dialogs  ge- 
wählt; drei  Personen,  deren  Unterscheidung  nicht  immer  leicht 
ist.  unterhalten  sich  über  den  Dichter,  freilich  so,  daß  einer  das 
Gespräch  führt.  Man  mag  sich  vorstellen,  daß  es  etwa  im  Salon 
der  teilnehmenden  Dame,  Eukleia,  stattfindet.  Offenbar  strebt 
der  Verfasser  danach,  seinen  Stoff  durch  den  Ton  leichten  Ge- 
spräches unterhaltend  zu  machen,  und  man  wird  ihm  den  Erfolg 
nicht  bestreiten  können.  Denn  die  Wechselrede  ist  gewandt, 
vermeidet  Abschweifungen  nicht,  behält  aber  den  Gegenstand  im 
Auge.  Eine  Fülle  von  Zitaten  aus  Euripides  und  aus  der  Komödie, 


136  SOSYLOS.     PTOLEMAIOS    III. 

namentlich  aus  Aristophanes,  zeigt  das  Streben,  das  Wesen  des 
Dichters  oder  auch  Züge  seines  Lebens  aus  seiner  Dichtung  und 
der  der  Zeitgenossen  anschauHch  zu  machen;  daneben  geht  viel 
Klatsch  her,  aber  immer  in  anmutiger  Gestalt.  Was  wir  lesen, 
schildert  in  gefälligem  Wechsel  seinen  Lebensgang,  seine  poli- 
tischen und  religiösen  Anschauungen,  die  Grundzi^ige  seiner  Kunst; 
vieles  ist  bekannt,  aber  doch  auch  manches  neu.  So  spricht  Satyros 
über  das  Verhältnis  des  Euripides  zu  den  Gedanken  des  Anaxa- 
goras  und  des  Sokrates,  über  die  Unbeliebtheit  des  Dichters, 
seine  Bitterkeit  gegen  die  Frauen  und  deren  üble  Stimmung  gegen 
ihn.  Hier  ist  ein  langes  Zitat  aus  der  Melanippe  eingeschaltet, 
das  zum  großen  Teile  dieselbe  Stelle  enthält  wie  das  Berliner 
Florilegium,  Berl.  Klass.  Texte  V  2.  Seine  Übersiedlung  an  den 
makedonischen  Hof,  sein  Tod,  sein  weit  reichender  Ruhm  werden 
erörtert;  wie  er  sich  zu  Timotheos  von  Milet  stellte  und  inwie- 
fern die  Neue  Komödie  ihm  ihre  Grundzüge  verdankt,  wird  im 
Gespräche  berührt.  Als  Literaturwerk  ist  dieser  Papyrus  unge- 
wöhnlich lehrreich. 

Ausgabe:  Oxy.  IX  117('>,  abgedruckt  bei  v.  Arnim,  Supplementuni  Euripideum 
(I.ietzmann,  Kleine  Texte  112V  Man  beachte  u.  a.  Frg.  .^9  Kol.  VII  Euripides 
und  die  Neue  Komödie;  Frg.  39  Kol.  XVII— XVIII  des  Dichters  Absage  an 
Athen  und  seine  Hinwendung  zum  makedonischen  Hofe.  Vgl.  besonders  Leo, 
Nachr.  d.  Gott.  Ges.  d.  Wiss.  1912,  273.  P.  Maas,  Berl.  Philol.  Wochenschrift 
1912,  107 ff.    A.  Körte,  Arch.  f.  Pap.  VI  247. 

Von  den  Geschichtsw^erken  der  hellenistischen  Zeit  erwähne  ich 
kurz  das  leider  sehr  kleine  Fragment  aus  des  Sosylos  Geschichte 
Hannibals,  das  Wilcken,  Hermes  41,  veröffentlicht  hat.  Es  zeigt, 
daß  dies  Werk  in  Ägypten  gelesen  wurde;  man  darf  also  hoffen,  mehr 
von  dieser  unschätzbaren  Quelle  zu  entdecken.  Umfangreicher  sind 
die  Bruchstücke  aus  der  Darstellung  des  dritten  syrischen 
Krieges,  des  sog.  Jaoöi/.tioc  n:6ltuo<.  246  a.  C,  die  in  einer 
Papyrushandschrift  des  3.  Jh.  a.  C.  vorliegen.  Seit  der  Entdeckung 
ist  viel  über  den  Verfasser  gestritten  w'orden;  mir  scheinen  Ma- 
haffy,  Smyly,  Holleaux  und  Wilhelm  Recht  zu  haben,  wenn 
sie  den  König  Ptolemaios  111.  Euergetes  selbst  für  den  Schulderer 
seiner  eigenen  Taten  halten.  Wilckens  Einwände  schlagen  nicht 
durch,  was  ich  hier  nicht  näher  begründen  kann.  Amtliche  Auf- 
zeichnungen und  wohl  auch  das  offizielle  königliche  Tagebuch, 
die  Ephemeriden,  liegen  zugrunde;  die  Darstellung  selbst  aber 
ist  kein  Aktenstück,  sondern  erhebt  Anspruch  auf  literarische 
Geltung.    Daß  der  König  diesen  Krieg,  der  den  Höhepunkt  seiner 


I 


PTOLEMAIOS   III.  137 


Macht  und  der  p  tolemäischen  Macht  überhaupt  bezeichnete,  zu 
beschreiben  und  die  Beschreibung  als  Buch  zu  veröffenthchen 
unternimmt,  ist  nicht  befremdlich,  zumal  da  die  literarischen 
Neigungen  und  schriftstellerischen  Leistungen  mehrerer  Ptolemäer, 
von  Soter  angefangen,  bezeugt  sind.  Unter  diesem  Gesichts- 
punkte gewinnen  die  Fragmente  des  Werkes  neben  der  Wichtig- 
keit des  Inhaltes  einen  erheblichen  literarischen  Wert. 
.Ausgabe:  Zuerst  Mahaffy  in  Petrie  II,  dann  Mahaffy  und  Smyly  in  Petrie  111. 
Jetzt  ist  zugrunde  zu  legen  Holleaux,  Bull.  Corr.  Hell.  30,  .330ff.  und  Wilcken, 
ehrest.  Nr.  1,  wo  man  Literatur,  Einleitung  und  Text  findet.  Als  Probe 
gebe  ich  zwei  Stellen,  die  zeigen,  daß  der  König  selbst  erzahlt;  Text  nach  Wilcken. 
KoL    II   ITff.,  Ankunft    und    Empfang    in    Scleukeia:    rrowT/?»  (fv).ay.iis  u-ij/p- 

fi£i-'/]s  [sfijßaiiss  tii  ToaaviUi:  oou^  i^iitKKtr  ö  if  le}.f.vxei[ac  IJiuijv  äi^aod'ui, 
■naQETiXevaausv  eis  ^(iOVQiov  ib  'A(0.ov fitvor  [njoaiSsot'  ycal  •y.ad'u)()fiiod'r,iiiev  Tfjg 
Tjfiioae  7T£  (t'i  öySfÖTjv  &Jpav.  sirevd'ei-'  Sk  hco&ivrjs  [djvaxd'evre^  Tca^eyevöueS'a  eis 
TT]!'  Ee).ei}xEtav.  tcov  Ö'f  leQecov  y.a'i  do [ yö i'X ] on'  y.ai  [toj]v  äXXoiv  TtoXiToir  xal  rüiv 
riyeuövoiv  y.ul   tojv   OToaTuuron-   OTE(fai)(fOO)adt'io)r  y.ru  ri^r  f.n'i  tot'  ?.iiievu  ovruy- 

TTjadv[TOjr  SSöt  USW.  Ähnlich  wird  nachher  der  Empfang  in  Antiocheia  ge- 
schildert: diese  Fpierlichkeiten  konnten  nur  dem  Könige  gelten.  Kol.  IV  19ff. 
Der  König  besucht  seine  Schwester  Eerenike:  nach  dem  Opfer  t/^/;  i'jXiov  rreoi 

y.aTa(fOQäv  övtos  tiirjkifouef  evO'icofs]  Ttoöi  li^f  dÖelfrir  y.(ä  nsrä  ravTa  Ttoö^ 
rßft]  Ttodaa  tir  ti  twv  •/o^aif.icov  eyivoued'u,  tois[te]  iyysuöaiv  y.ai  toIs  aroarioj- 
lats  xa'i  r ol~  äl.l.on  frols]  y-urd  ri^t'  y/öoaj'  yotjuari^ovres  y.cü  neoi  iTcör  öj/.ior  ßov- 

i.{sv)6/itevoi.  Auch  hier  führt  alles  auf  den  König  als  Verfasser,  zumal  da 
yariuarittn  technischer  Ausdruck  für  Audienz  erteMen  ist. 


VIII.  PAPYRI  NEUEN  INHALTS.    KAISERZEIT  UND 
BYZANTINISCHE  PERIODE. 

Wir  beginnen  mit  der  Bühne.  Ein  Papyrus  aus  Oxyrhynchos, 
im  2.  Jh.  p.  C.  von  zwei  Händen  auf  beiden  Seiten  beschrieben, 
enthält  eine  Posse  und  zwei  halbdramatische  Stücke  derjenigen 
Gattung,  die  man  als  Mi  mos  bezeichnet;  die  Herausgeber  Gren- 
fell  und  Hunt  nennen  sie  Farce  and  Mime.  Die  dramatische 
Posse,  deren  eine  Szene  in  zwei  Fassungen  vorliegt,  scheint 
nicht  viel  länger  gewesen  zu  sein  als  die  vier  Kolumnen,  die  der 
Papyrus  bietet;  der  Schluß  ist  vorhanden,  aber  der  Anfang  fehlt. 
Sie  arbeitet  mit  einer  größeren  Anzahl  von  Personen,  die  meistens 
durch  Buchstaben,  A,  B  usw.  bezeichnet  werden,  obwohl  sie  im 
Stücke  Namen  haben,  daneben  steht  Charakterbezeichnung  wie 
ßao(ili-vg).  Bühnenanweisungen  fehlen  nicht;  besonders  häufig 
ist  TVf.i7Taviauog  und  entsprechend  dem  derben  Zuschnitte  des 
Ganzen  naoöt].  Eine  wesentliche  Rolle  spielt  der  Possenreißer, 
der  gleich  im  Anfange  seine  Göttin  /.vQia  Tloodri  anruft.  Mit 
y.oi[vfJ  werden  Stellen  kenntlich  gemacht,  die  von  allen  zu- 
sammen zu  sprechen  sind.  Rostrups  Vermutung,  wir  hätten 
ausgeschriebene  Rollen  für  den  Gebrauch  der  Schauspieler  vor 
uns,  erklärt  vieles,  was  sonst  an  Handschrift  und  Text  be- 
fremdlich erscheint.  Zum  größten  Teile  ist  es  Prosa,  aber  gegen 
Ende  treten  Sotadeen  auf,  und  den  Schluß  machen  trochäische 
Tetrameter.  Den  Inhalt  darf  man  etwa  eine  ins  Lächerliche  ge- 
zogene Iphigenie  nennen.  Ein  griechisches  Mädchen  ist  von 
indischen  Barbaren  geraubt  worden  und  wird  im  Tempel  der 
Selene  festgehalten.  Ihrem  Bruder  gelingt  es,  sie  zu  befreien, 
die  herbei  eilenden  Barbaren  samt  ihrem  Könige  betrunken  zu 
machen  und  zu  Schiffe  zu  entkommen.  Die  Barbaren  sprechen 
in  ihrer  eigenen  Sprache,  die  als  Kanaresisch  festgestellt  worden 
ist;  als  die  Posse  entstand,  in  spätptolemäischer  oder  frühchrist- 
licher Zeit,  muß  der  Verkehr  Alexandreias  mit  Indien  lebhaft 
genug  gewesen  sein,  um  ein  so  fernes  Volk  in  den  Gesichtskreis 
der  Griechen  zu  rücken.     Als  Beispiel  dessen,  was  auf   Bühnen 


POSSE  UND  MIMEN  VON  (^X\RH.  139 


niederen  Ranges,  in  Vorstadttheatern  gespielt  wurde,  ist  das 
Stück  unschätzbar. 

Auf  Versü  finden  wir  zwei  Mimen.  Est  ist  so  gut  wie  sicher, 
daß  in  beiden  alles  von  einer  Person  gesprochen  wird;  die  übrigen 
häufig  vorausgesetzten  und  angeredeten  Personen  können  entweder 
durch  das  Spiel  des  Darstellers  allein  ausgedrückt  worden  sein  — 
i.ch  erinnere  wie  bei  des  Mädchens  Klage  (Kap.  7)  an  Yvette 
Guilbert  —  oder  sie  waren  wirklich  anwesend,  spielten  aber  stumm; 
dies  letztere  hat  am  meisten  für  sich.  Der  erhaltene  Text  gibt 
an  einigen  Stellen  nicht  nur  die  Worte  des  Schauspielers,  sondern 
auch  etwas  wieder,  was  die  stummen  Personen  pantomimisch  aus- 
zudrücken hatten.  Auch  hierfür  bringt  die  erwähnte  Vermutung 
von  Rostrup  wertvollen  Aufschluß.  Beide  Mimen  stehen  künst- 
lerisch nicht  hoch,  sind  aber  äußerst  merkwürdige  Zeugnisse  für 
den  Geschmack  des  Variete  und  für  die  Lebhaftigkeit,  die  der 
mimische  Monolog  erreichen  konnte.  Die  Schauspielerin,  die 
beide  vortrug,  hatte  keine  geringe  Aufgabe  zu  bewältigen.  Im 
ersten  Mimos  beschließt  die  junge  Herrin,  einen  ihrer  Sklaven, 
der  sich  von  ihr  nicht  verführen  lassen  will,  samt  seiner  Geliebten 
zu  verderben.  Sie  entkommen  zwar,  doch  bald  wird  das  Mädchen, 
dann  auch  der  Geliebte  gefaßt  unf  getötet.  Beim  Anblick  seiner 
Leiche  schlägt  die  Stimmung  der  Herrin  um,  sie  wird  sentimental. 
Der  zweite  Mimos  behandelt  einen  Anschlag  der  jungen  Frau 
gegen  einen  alten  Mann,  vielleicht  iiiren  Gatten;  verschiedene 
Diener  und  andere  Personen  spielen  hinein. 

Ausgabe:  Oxy.  III  4ia.  Crusius,  Hprondas^  Deutung  der  Barbarensprache 
als  Kanaresisch:  Hu!t7sch,  Hermes  1904,  307ff.  Vgl.  ferner:  Sudhaus,  Hermes 
41,  :247ff.  Knoke,  de  Charitio  mimo  Oxyrh.  Diss.  Kiel  1908.  Egill  Rostrup, 
Oxyrh.  P.  III  413,  Kopenhagen  191.^.  Proben:  l.aus  der  Posse.  Kol.  I!  42-52, 
der  Bruder  will  das  Mädchen  aus  dem  Tempel  führen;  A  ist  das  Mädchen,  B  der 
Possenreißer,  2' der  Bruder:  B  y.ioia  XoMiiior,  tToii.iaC.oi  säi'  ärrrji')-r,~  ri.  -tmi^ 
äraS-rudTop  rfj-    ifeov    urddjuai,.   {fia/.i,   Achsel,    also  „achseln"  =  aufpacken). 

A  kvtfrifitL-  ov  Sti  roig  aojzi]oias  Öeotiiroi-  u£,'>'  isooavliui  Tuvii^r  rnujk  ifttou 
ahtlaS-ui.  nCbs  yciQ  inuy.ovovot  tuTs  sv/ats,  7Tort;oi((  töv  t/.tot'  uiD.ovTti  7iuo[t- 
■/Ejod-ai;  ta  t^=  ii'eov  lieZ  iiaven'  öouos.  B  av  ui]  utitov  tyio  äo(o.  A  ai]  TxalCt, 
d'fJ:  eäv    Ttaoa'/svoiVT^at,    Siay.övti    avrol-;    t'ov  olvov  ä[y.]oarov.     B  iäv  de  ut/  d'i- 

Kwaii     oi-Tco-    TtEiiEif;    f  innoi,    iv  [rjovrois    roZs    tö.toi,-  ohO:;  [oijy  oji-'tiloi]. 

Kcl.   II  58—69   die   Barbaren   mit   ihrem  Könige   sind  erschienen:    Bun(i).ev^) 

ß^ai)-is.  y.oi(^l)  ßoad-sis.  B  ri  Uyoviotl;  F  eis  rä  ns^iÖid  (f r,at  '/.u/jouer.  B  /.«- 
■/w[u]ei:  tlvuna-iiiofios).  Baa(devs)  arovyeTTruooueÜoy.oooy),.  B  ßday ,  d/.aore. 
Baa(i'uvs)  [ßloud-ie  i(vu7Taviou6-l  ßeor/  y.ovZef  Öauii-  TTeroey.uüTiuy.rei-  y.OQTuue-i' 
8eorr  ialeoco-  äeTtcouevti  Tzerpsy.ca)  SauvT  y.n^C,ri-  rtaler  'ießr,^-  lolotßia-  ßoaÖis' 
xoTTcos.  y.oi(vl)  y.oTTMi.     B  y.oTTcos  viiä-    '/.ay.rioaiTo.   Baa(ü.Evs)   '^otiit   r(,  urtaiio- 


140  MIMEN.     HOCHZEITSLIED. 

/lösj.  B  ji  kiyovoi;  1'  Titlv  Ödi  zuxttüi.  Ji  dy.vtZs  ovr  /MAtlr ;  y.uf,rjfitQt,  y/üttt. 
r(v/j.7iavi(Utös).  Baofikevi)  'C,staovxoQfioot]Öe.  t(  inrranauö^).  B  a,  itr^  ryiaifcor. 
J'  fSaoeg  £OTt,  ßdle  oiior.  7(va7iai-i.atibs)  '^ok(v^).  Kol.  III  96 — 106  die  Abfahrt 
(Schluß  des  Stückes)  />'  oItoi  ui-r  ijör]  zf]  /u.ad'r]  ßaoovvTai.  F  eTtnivüi-  ni)  Si, 
XaQi'iiov,  SevQO  t'ico.  A  (ievfo  aSjsXfe,  i)'äaaov  änav'i''  txoiiio.  Tvyx^di'[Ei ;] 
r  tävia  y[diJo'  tb  Til.olov  ooueI  TiXrjaiov  ri  fiekksre ;  aot  [kelyco^  Ttoto^ev,  Ttaod- 
ßal.e  dev(j'  ayiov  'iii[v  vavv  Ta%v].  /J  sar  7x[^]cötos  eyu>  ö  y.vßeQviqrrjs  y.s).evoo>, 
B  TCakikaKeli  y.atd.aroofev;  aTlofkJiTiMia-r  aiibv  e^co  y-tnacfikelv  f^ibv')  7tvr8[ay.al. 

I  evöoi'    iorh    Ttäfras;    y.oc(rfj^    sfSor.      A   S)    idkaii^'    [syio   w- /  —  •._, — J    roöfioi 

Ttokvs  ft£  tili'  Tiai'ud'kiar  y.oartl.  tvutnq^,  deonoii-a,  yeii'Of  aw^s  tjjv  otjv  Tt^öi- 
l  Tiokor.J 

2.  aus  dem  zweiten  Minius,  Verso  Kul.  III  15.3—172.  Außer  der  redenden  Herrin 
sind  als  stumme  Personen  zu  denken  die  Diener  Spinther  und  Malakos,  dann 
der  Parasit  und  noch  zwei  andere  Personen.     lytrO/iQ^  nöd-ev  aot  6  d^d-ak/iibs 

rjueocoTKi;.  (oSe  ävco  ovvsieekd'e  ftot.^  naanyia^  oiioii  oivoi'  i^ivkioo).  eisskd'a  tistk&t, 
/laariyiu'  loSt  ndoekd'e.  TToranä  Ttsomaztti,  u>dt  oroecfoi'.  ttov  aot:  to  ijftiov  tov 
/ij(oii(ovJ,  xb  >iftiav ;  sycb  ooi  Tidt-ra  Titoi  ttuptcov  aTiodcöacD.  ovxco  aoi  ötÖoy.Tui^ 
Mdkaxt'  Ttdfras  dvekovoa  y.cä  Ticokr'joaaa  rd  vTcdo/ovrd  Ttov  ttots  y/ooioeod'(u.  ivr 
TOV  ye^07'T(os)  erxoaxt)g  ü'ekc)  yei>kod'(ai)y  ttou'  ri  rovxfcar)  tTCiyiol'  y.al  ydo  £v- 
y.aioa»?  s/co  r/dQftay.or  d'atdaiuov,  ö  iiti'  olrofiiXixos  Siijd'ijoaoa  dcoaco  avrcö  7i£lt\ 
toare   TToosvif'eig  rr    rrkuxia   &v^u  y.dkeaov  Kvxbr   ü?   sTxl   Siakkaydg.      (Der  Alte  hat 

also  Streit   mit  ihr  gehabt,   jetzt  soll  ihm  Versöhnung  vorgespiegelt  werden.) 

uTiek-d'övrss     y.ni     rjuets     TrS     TtaoaaiTco     tu    rreoi    tov    yeoovxos    Tioogai'aü'üfitd'a, 

(Malakos  ist  hinausgegangen;  die  Schauspielerin  markiert  nur  das  Fort- 
gehen. Sie  ruft  den  Parasiten  und  beginnt  ihm  die  Sache  auseinanderzusetzen; 
durch   das  Erscheinen   eines   Mannes  und  einer  Frau  wird  sie  unterbrochen). 

TzaiÖiov,  .Trt? •  TO  ToiovTÖr  äarii\  TTaodaire.  —  uirog  ris  sari(v);  avrr]  §e-,  xi  ovr 
airf]  eysitxo ;  ä[  Troy.JdXvxpOv^  iva  iSco  tt'inrjv.  —  y^aiav  oov  tyio '  xb  roiovrov 
ioTiv,  Tiagdinxe-  fitxnvorjaaa(a)  d'Ek(to)  toj  yeQovx(i)  Siakkay(r]vat).  Tioosvd'Elg 
oi'V    iSs    avTov    y.al    dye    rrobg    tue,     sycb    Sh    sisek&ovaa    xd    ttoös  to  äoiaxor   iuif 

fxoifidofojT.  (Malakos  erscheint;  die  Schauspielerin  markiert  das  Eintreten  in 
ein  anderes  Zimmer,  wo  sie  ihn  findet).    t7t<aiM^  Mdi.ay.e,  xb  xd/og.    T[b]  fdo- 

itay.ov  e/£is    oviy.iy.onuevot'  y.al  xb  doiOTov  efrotjuöi'  ton;    to  Tioior:  (wohl  eine 

von  M.  durch  Gebärden  ausgedrückte  Fraget  Mdkay.e,  kaßh  iSov  oivöfisku 
Das  Folgende  entwickelt  sich  in  demselben  Stile  fort,  ohne  die  Handlung 
ganz   klar  zu   machen. 

Wie  schon  in  Kapitel  4  bemerkt  wurde,  ist  es  eine  Eigentüm- 
lichkeit der  Papyrusfunde  aus  der  Kaiserzeit,  daß  die  bekannten 
und  berühmten  Schriftsteller  so  gut  wie  gar  nicht  darin  vertreten 
sind.  Daher  bringt  auch  diese  Auswahl  fast  nur  Namenlose, 
Erzeugnisse  der  griechischen  Volksliteratur  in  Ägypten.  Aus  den 
Liedern  solcher  Art  hebe  ich  drei  heraus,  ein  kleines  Hoch- 
zeitslied, das  zwar  in  einer  Niederschrift  aus  dem  4.  Jh.  p.  C. 
vorliegt,  aber  etwas  älter  sein  dürfte,  in  der  Metrik  nachlässig, 
im  Gedanken  durchaus  nicht  eigenartig,  aber  wertvoll  als  Bei- 
spiel einer  Gattung,  die  so  alt  ist  wie  die  griechische  Lyrik.    Das 


i 


SCHIFFFRLIRD.      RPEN.  141 


zweite  ist  ein  Schiff erlied,  das  uns  noch  mehr  lehrt.  Es  ist 
eine  Aufforderung  an  die  Meerschiffer  und  die  Nilschiffer,  Meer 
und  Nil  miteinander  zu  vergleichen;  das  konnte,  wie  Wilamowitz 
sagt,  ins  Unendliche  ausgesponnen  werden.  Wir  haben  es  mit  einem 
echten  Volksliede  zu  tun;  in  Alexandreia,  wo  Seeleute  und  Nil- 
schiffer täglich  sich  begegneten,  wird  es  entstanden  sein,  und  man 
sang  es  gewiß  überall,  ebenso  wie  heute  die  Ruderer  auf  dem 
Nile  ihre  arabischen  Lieder  haben.  Wenn  das  Lied  wirklich  ins 
2.  oder  8.  Jh.  p.  C.  gehört,  so  stellt  es  ein  frühes  Beispiel  eines 
Rhythmus  dar,  den  wir  aus  christlichen  Liedern  der  byzantini- 
nischen  Zeit  kennen;  man  beachte  den  Verston  auf  kurzen  Silben 
und  die  beginnende  Lösung  von  der  Quantität.  Diesem  Liede 
an  die  Seite  tritt  das  rhodische  Schifferlied,  das  ebenfalls  aus 
Oxyrhynchos  stammt. 
1.  Hochzeitslied.     Rylands  17;  der  Text  lautet  mit  einigen  Verbesserungen 

des  Herausgebers  Hunt:  vvu(jt&,  ool  Xüoire^  yXvy.toal  y.al  y.vdos  ÖTTijÖfoJi  I  Ao- 
uoi'ui  ■/aoitaaa  yauois  ye^ng  Eyyva'/.iiai'  j  i'vuqa  ffiXr^,  ukyu  yalos  SinuTieoi^-  ä^iov 
efioes  j  vvfKfiov  a^ioi'  ev^eg,  öuo(fQoovi'i]v  Ö'  67idas[iev]  j  rjÖi^  ttov  if'tög  vfiftt  xai 
aixiica    rexra    yevefajd'ai    /     y.al    7Ta[il8wr    natSag    y.di  eg  ßu&v  yijoug  tyead'faij, 

(Pap.:  Ol-  statt  ooi.  —  fyyvahts  —  aaitt  statt  i'fiui.)  2.  Schif f er  1  i Cd.  Oxy. 
m  425;  vgl.  Crönert,  Rti.  Mus.  64,  444.  Wilamowitz,  GGA.  1904,  070.  P.  Maas, 
Philologus  68  (1909),  445  (besonders  zu  vSärrj).  Versmaß:  -  ^-^-r^  -t- 
^  w  -i  — ,  vgl.  die  christlichen  Lieder,  Amh.  I,  p.  23  (Kapitel  10)  und  B.  K.  T.  VI 

p.  125.  Text:  va-vrai  ßv&oxvuaroSoöfioi  j  äkicov  T^iroiveg  vÖdrwv,  1  y.u'i  Ntt- 
Kfäxai    y/.vy.vSoöuoi   j    rä    yeXoJvra   rct.iovTtg   vSarr^,   /   rfji-'   ai'yyoioiv   btTTcne   (filoi 

TTskäyoig  y.al  Neü-ov  yovifiov.    Rhodisches  Schifferlied,  Oxy.  XI  1383.  3.  Jh.  p.  C. 

PoSioig   Exikeiov   dve/ioig  j  xal   fiioeoi    aoTg   ^e/.ayioig  j  öre    n/.Eeit-'  fjd'e/.ov  iycb. 
exe   iisvsif  r^d'sXov  ky.tl  j  slsyov  fieo£(aiv)  7Tt?.ayio[iJg  /   «/;  TvTtf,  rä  Tteläyr].  /  ä^ 
iTTord^ars  rnvaißdfrjaig    j   ökog  äo    äreuog   eTTcyerat.  /   (iney.Xtie  xa.  TCvtv^nra  y.al 
rfv]^  Bog  rä  [v8]ara   tißara.     Am  rechten   Rande     Pohioig  dvf[uoig]. 

Auf  einer  Wachstafel  in  Kairo  finden  sich  ein  paar  merkwürdige 
Verse,  die  augenscheinlich  der  Schatten  Achills  an  die 
Achäer  richtet;  die  Griechen  rüsten  sich  nach  der  Einnahme 
Trojas  zur  Abfahrt,  da  erscheint  Achill  auf  seinem  Grabhügel 
und  fordert  seinen  Anteil  an  der  Beute.  Die  Verse  lassen  späteren 
Ursprung,  etwa  in  der  Zeit  des  Nonnos,  erkennen  und  dürften 
aus  einem  Epos  stammen,  das  sich  an  die  llias  anschließen  sollte; 
als  Beispiel  für  die  Erfindungen  solcher  Dichter  sind  sie  lehr- 
reich. 

Ein  glücklicher  Fund  gewährt  uns  einen  Einblick  in  das  Werk 
eines  alexandrinischen  Dichters  aus  dem  2.  Jh.  p.  C.  Von  Pan- 
k  rat  es  erzählt  Athenäus  XV,  677  d— f,  als  von  einem  Schmeichler 


142  FESTDICHTUNG.     ENKOMION. 

Hadriaiis  und  seines  Antinoos  und  führt  ein  paar  Verse  aus  seinem 
Gedichte  an,  dem  so  gut  wie  sicher  auch  die  in  unserem  Papyrus 
beschriebene  Löwenjagd  angehört.  Die  Anerkennung,  die  der 
Kaiser  dem  Dichter  erwies,  wird  man  angesichts  der  neuen  Verse 
schwerh'ch  berechtigt  finden.  Denn  die  Schilderung  bewegt  sich 
im  abgedroschenen  epischen  Stile  und  wird  geschmacklos,  wo 
Pankrates  auf  eigene  Hand  den  wütenden  Löwen  zu  beschreiben 
unternimmt.  Aber  wir  sehen  hier  einmal  genau,  was  damals, 
130  p.  C,  als  Hadrian  Ägypten  besuchte,  in  Alexandreia  erzeugt 
wurde.  Es  ist  dieselbe  Zeit,  in  der  Balbilla  ihre  nachgemachten 
sapphischen  Oden  verfasste,  die  den  Besuch  des  Kaisers  beim  sin- 
genden Memnon  in  der  Thebais  verherrlichten.  Und  ein  günstiger 
Zufall  hat  uns  ein  Bruchstück  aus  einer  Aufführung  gegeben, 
die  in  Apollinopolis-Heptakomia  (Mittelägypten)  bei  Hadrians 
Thronbesteigung  veranstaltet  wurde;  es  ist  rhythmische  Prosa^ 
und  das  Erhaltene  verteilt  sich  nach  Wilckens  einleuchtender  Ver- 
mutung auf  zwei  Sprecher,  Apollon  und  den  Demos.  Da  das 
Blatt  sich  unter  den  Akten  des  Strategen  Apollonios  befand, 
wird  es  sich  um  eine  amtliche  Feier  und  eine  offizielle  Festdichtung 
handeln.  Wir  haben  also  ein  Stück  Provinzliteratur  in  der 
Hand,  und  der  Vergleich  mit  Erzeugnissen  der  Gegenwart  drängt 
sich  auf. 

Ebenso  Gelegenheitsdichtung  ist  ein  Enkomion,  das  durch 
einen  Papyrus  des  3.  Jh,  p.  C.  erhalten  ist.  Es  zeigt  nicht  nur 
Akzente  und  Quantitätszeichen,  sondern  auch  Varianten,  die 
wohl  auf  den  Dichter  selbst  zurückgehen  und  deshalb  den  gleichen 
Wert  wie  der  Text  haben.  Die  Überschrift  bezeichnet  es  zunächst 
als  Enkomion  auf  Hermes,  dann  ist  aber  Hermes  getilgt  und 
an  anderer  Stelle  sig  rov  IcQyjjrra  geschrieben.  Dem  entspricht 
auch  der  Inhalt:  zuerst  wird  Hermes  angerufen,  darauf  aber  der 
jugendliche  Gymnasiarch  Theon  gefeiert  wegen  früherer  Spenden 
für  das  Gymnasium  von  Oxyrhynchos  und  besonders  wegen  einer 
neuen  nicht  materiellen,  sondern  musischen  Gabe.  Auch  dies 
vollständig  erhaltene  Gedicht  ist  ein  unmittelbares  Erzeugnis 
der  Gelegenheit,  ein  Beispiel  der  in  Ägypten  lebendigen  griechi- 
schen Tagesliteratur  und  dadurch  trotz  seiner  Dürftigkeit  für 
uns  wichtiger  als  ganze  Seiten  glatter  Homernachahmung,  Vgl. 
durchweg  Kap.  17  über  die  Entwicklung  der  Literatur  bei  den 
ägyptischen  Griechen,  insbesondere  über  Bühne  und  Festauf- 
führungen. 


EPIKEDEIA.  143 


1.  Der  Schatten  Achills  an  die  Achaer:  Jouguet-Lefebvre,  Bull.  Corr. 
Hell.  XXVIII  (1904)  p.  208/209:  Text  hergestellt  von  Weil:  ri  ß/.oovQov  yva- 

tioTtdv  iiScop  sTrißaivsTs  [ttövJtov  /  ßvaaifä  üolTtcöaavTEi  ey'  öly.doi  yiXia  laift]  j 
ri  TtXöov  iiTvvead'e  ra/eli  tTil  Ttdroin  rei/i]  '  iir^Se  ytoas  vsifiavres  sv  daniai  TTokXä 
■xa/uöfTOs  I  eis  äosrrjv ;  Tiolov  yäQ  äisi^äa  uö/^d'oi'  dvvaaag  j  oiiy.  irkr,i> ;  ttoTov  de 
Si    ä^eos    ärS^a    y.at^   afiyjuTjv]  /  [oji    vv/,[iav]    Ulovrcovos   es   üxoirof    [rjjkaaa- 

2.  Pankrates:  Oxy.  VIII  1085.    Zum  Texte  vgl.  Berl.  Philol.  Wochenschrift 

1916  Nr.  21  Sp.  'JTl.  Probe  1—14:  [ijztiovJ  Ö'  'AÖo[ri](noio  d-owreooy  ÖS 
ttot'  ävaxza  j  [.  .  .  .Jws  (fevyovja  y.arä  hXövov  s^eadcoae  j  [rol^ov  iue^öfieioi 
Sauaariv[o]ga  fiiuve  Xeovra  j  ['AJrrivoos  Xcufjt  uev  t/jov  dvrfjpa  %nXuvö%'^  j  Se^i- 
Teprjt  S'  eyxoi  icsxopv&fierofpj  e|  dSdiiatzos.  j  Tioütxoi  (5'  "^AbQiavbi  Tcqoieli  -/aX.- 
y.r,Qeov  ey/os  ,  oilraaev,  oide  Sdiiaoaey,  ixMv  yäo  dnrjfißooTe  t^/'j^OsJ,  [ejiaroxiris 
ydp  Tidfinav  eßovXero  Ttetprjd'iivru  j  pAloyti^oi'TidSao  fceyrj^drfov  'Avtijföoco.  j 
[^Jf]^  Se  rvTteis  sTi  fiäXX.ov  [ojqivexo,  ttoooI  S'  äuvaofe]  j  yatav  Tpr]yaX[6]q[vJ 
■d'vf.io'öfi[e]voe'  ex  de  xaviTj  j  tb[g  v]e<f[os]  \arafj.evrj  ^[dos  rjJ'/Xvev  ?]eXioio.  /  /uai- 
vero  S'  d)s  8rs  yvfi[a]  7toX.v)cX.varo[iJo  d'aX.doarjs  /  ~Tpv[/u  loviov  yfaJrÖTiiad'sv 
syEioo/iiivov   ZE(fvQ[oio   USW. 

3.  Aufführung  zu  Hadrians  Thronbesteigung:  Kornemann,  Giss.  3. 
Wilrken,  Chrestomathie  491   (vi-l.   Kap'tel  17).     Apollon:   aouan  XtixoTitbXwi 

äptt  Toaiav[ßi]  ovravareiXas  ijuaj  aoi,  cd  -/fj/u[ej,  oiy.  äyvcooros  0otßoi  O'ede 
äraxra  y.aivöp  ' ASoiaybi'  dyyeXöifvJ,  oji  Ttdi'iu  SovXa  [Si'J  dpeTrji'  x[a).J  TiaTQÖs 
rvxrjv  ■d'eov.  DemOS:  y/äpovres  loiyaoovv  d'voi^Teg  rüg  sarias  dtdTiTOfiev,  yiXcoai 
xal  ued'cus  rais  uttö  y.giqvrß  las  ipiyds  dt'erzes  yvuvaaiu)v  te  dXeiufiuai'  cov  nät'iwv 
yopriybv  ib  Tiobs  ibv  y.vQioi-  eiaeßes  tov  arparrjyov  ft/.öxi/uöv  xe  xb  Tipbi 
[f}fiäs  .  .   . 

4.  Enkomion,  Oxy.  VII  1015:  -tixös  fioi  xebv  deiom  vnoyriTOQa  TialSa  l'Ep- 
tieia  OTteracaas'  doiSoTröXto  S'  eTZaprjyois,  /  eTtrdxovov  yeipeaat  Xvor^p  noXvrixeu 
xpovcov,  (^pap.  XvSrjv)  j  xr]v  aiixbs  xd  Tipcöxa  y.dftss  Tiapä  ttoooI  xey.ovarjs  /  äort 
Tteowv,  XvxQov  8e  ßowv  nöoes  " AtiöXXcovi.  j  xovvexa  tiovaoTTÖX.ot^  fiit'  dvvfiveiov- 
aiv  doiSoi  ('Variante  fiovaoTtöXoi-  ae  veot  y.Xeiovaiv  doiSoi),  j  dyporöfioi  Öe  d'ebv 
vö/Aiov  xXsiovai  (VaX.  x/J^^ovoi)  ßoxfjpei,  /  'Epufjr  S'  ev  oraSiois  h'ayü)vior  dd'Xr,- 
Tfjpes,  I  yvfiyaoUov  de  n6Xr:ti  eiiiay.oTiov  ueiSovaiV  j  si'd'a  ae  y.al  Tiuls  ovxoi, 
ära^,  xicov  dvd  Öfjfior  ( Var.  a'/«|,  leoqi  svl  St]uf;>)  J  TTeiSay.'  ifXjaiöpvxov  Tipoyjcov 
äoxotat  yepaipei.  /  ov  yäo  oe  TtQcörioxa^  Oeior,  fiexä  Ttaiali'  exnipoiä  /  dp/evovTa 
veov  ytivcöay.Oftev,  dXV  exi  xr^Xov  j  ^/uev  iXaioyvxoiaiv  dX.eiföfietoi  y.oxvXr^atv  j 
TjSe  xal  aii^^iueioi.  Stbpiov  zJrifir,xepos  a;*'^».  /  xeZta  uiv  ead'X.ä  (fiXoi  Si^fiM 
TtÖQes,  ead'/.d  S'  eTi'  eaS'Xois  j  er&dSe  vvv  TiaiÖtoai  Siöols,  xal  äfieiroya  xavxa'  j 
rjroi  fiev  yäp  xeTva  xal  afveibs  Ttöooi  avriq,  /  TtXovxov  ydp  xeveoio  rctXti  fceiXiy- 
fiaxa  xeTva  (MdiV.  rrsX.ei  xsieavyia  Ö&na).  j  xavxa  Se  Movadiof  ao(firjS  Seöa?]- 
fievos  dvriQ.  /  xm  a'  sjcl  xoToi  fidXioxa  yepaipouev  rj  TTep  exehoi^,  j  ovyexa  xtlva 
Tiaxrip   ae   ÜiSd^axo,   xavxa   Se  Movoai. 

Trauergedichte  (Epikedeia)  auf  einen  Rhetor  von 
Berytos  liegen  uns  in  einigen  Blättern  eines  Papyruskodex  aus 
dem  4.  Jh.  p.  C.  vor  Augen.  Da  das  Gedicht  Konstantinopel  er- 
wähnt, ist  es  erst  im  4.  Jh.p.C.  entstanden.  Die  sorgfältige  Hand- 
schrift wird   durch   einige  Varianten  am   Rande  bemerkenswert^ 


144  EPIKEDEIA. 


die  jedenfalls  auf  den  Verfasser  zurückgehen.  Von  dem  einen 
Gedichte  ist  ein  erheblicher  Teil  erhalten,  vom  andern  so  viel, 
daß  man  seine  Übereinstimmung  mit  dem  ersten  eine  Strecke 
weit  feststellen  kann;  alsdann  weicht  es  ab.  Beide  rühren  sicher 
von  demselben  Verfasser  her,  wenn  sie  nicht  gar  Entwürfe  desselben 
Gedichts  sind.  Den  Anfang  bildet  ein  iambischer  Teil,  komische 
Jamben  nennt  sie  der  Dichter  selbst,  der  Hauptteil  besteht  aus 
epischen  Hexametern,  im  zweiten  Gedichte  aus  einer  Elegie,  Die 
Verstechnik  ist  sauber,  weder  von  Kallimachos  noch  von  nonni- 
schen  Grundsätzen  beeinflußt.  Der  Dichter  ist  durchaus  rhetorisch 
gebildet,  streng  attisch  gerichtet,  ebenso  wie  der  Mann,  dem  sein 
Werk  gilt.  Augenscheinlich  war  es  dazu  bestimmt,  bei  der  Trauer- 
feier im  Hörsaale  des  verstorbenen  Rhetors  und  Professors  vorge- 
tragen zu  werden.  Der  Betrauerte  lehrte  in  Berytos,  stammte 
aber  aus  Smyrna;  auf  einer  Reise  in  das  konstantinische  Neuroni, 
die  er  aus  persönlichen  Gründen  unternahm,  und  die  ihm  einen 
ehrenvollen  Ruf  in  die  Reichshauptstadt  eintrug,  ereilte  ihn  der 
Tod.  Die  Schüler  stiften  sein  Bild  in  den  Hörsaal,  und  der  Dichter 
schildert,  wie  die  Atthis  um  den  Attizisten  trauert,  wie  Smyrna 
seinen  dritten  großen  Sohn,  neben  Homer  und  dem  Rhetor  Aristi- 
des,  beklagt,  spricht  von  seinen  Studien,  seinem  Piatonismus  und 
erzählt  dann  seinen  Tod,  den  Konstantinopel  bejammere,  alles 
sehr  wortreich  und  zugleich  nüchtern.  Immerhin  muß  der  Mann 
eine  Berühmtheit  seiner  Zeit  gewesen  sein;  die  Dichtung  aber 
konnte  zunächst  nur  den  Kreis  der  Schüler  und  der  Hochschule 
von  Berytos  angehen,  und  wenn  sie  nach  Ägypten  verschlagen 
wurde,  so  mögen  griechische  Studenten  aus  Ägypten,  die  in  Be- 
rytos studierten,  sie  in  die  Heimat  gebracht  haben.  Die  wahr- 
scheinlich ausgedehnte  Literatur  der  Epikedeia  wird  uns  durch 
dies  Beispiel  gut  anschaulich  gemacht, 

Ausgabe:  Be'l.  Klas".  Texte  V  1.  Abb.  Pap.  Gr.  Berol.  432.  Textprobe  1.  aus 
dem  iambischen  Proömium,  Kol.  1  IG— 32:    tTiauereov   Se   rwv  jund-rjrcöp   tö»/ 

y^oobv  I  £-dyrcofioovp>^^  rij^  ".'"/'  ^"''  ^iSdoy.a/.ov.  j  äkkcng  yüo  aiiTOV  oin  s^ovres 
siso()äv  I  [Majrrjaai'  er  yoa<fatat.v  sly.övoiv  Ovo,  j  [(')]v  T[r]  Tv  uev  ■^^ydaavro  Tiai- 
Ses  t,(o[y](>d[cfMvJ,  j  [?)]  Ö'  [f/t-'J  ev  fxüotcoi  y-axa  (fvaiv  yey^afifisvtj  j  [sjv  rrji 
dftjavoiai.  vvv  S'  iyto  ravrrjv  t^ittji'  /  [sjfinrovv  dva&rjoo)  y.al  XaXovaar  eiy.övu,  j 
OÜTOi  §iaTi]^as  itrjoöf,  aX).'  efijTicbi'  sTTtj.  /  eäv  Se  Sö^io  rät  ^dd'ei  fixcb/nsvoi  j 
[TtJoXXaTg  enaivor  suTieoetv  vTieoßoXals  j  [rijfi&v  rbv  ävS^a,  /urjSe  eis  ßnay.aiverto.  j 
[fj&övos  yäo  oiSeii,  (ftja'i  ttov  -Jtjfioad'evrjs  /  [ey.l  rov  naXatov  avyyQacpscos  dno- 
andaas  j  [n^ös  rjots  d'avövrag  rois  sri  ^cöOiV  recog.  (Demosth.  18,  315. 
Thukyd.   2,  45)  /  [xal    rvjv    id[/Li]ßü)>'    yo)uty.i7)i'    Tzercaviihfoi    /    i)ocöi'   eTTrj    r]ö 

XoiTibv   eky.vyj.riaou[cu].     2.  aus   dem    epischeti    Hauptteile,    Kol.   III   80—94. 


DIOSKOROS   VON   APHRODITO.  145 


die  näheren  Umstände  des  Todes:  u/.Xd  i  ■/nkx[£i]r:  d-avdT[ovl  y.oift[tiatr  äi'd-- 

strj]  I  K[o}iaTlavru-idcioi  veo[0-t)]kt[o]^  [iv  /i'hui  '  Pcöur^s.]  j  röfvj  Se  Ttö/.ti 
ßrtod^os  euvo[n]T[o  rty.oöv  iSovoa]  j  dxitusri],  Tiäoin  Öh  yöon  rth'juvoor  äfvui'!- 
^[^J,  I  '^olov  inel  oLyriOE  hyv  ojöfin,  lov  yJJos  eiov  I  'ti]Iö^h'  nfljii'  äy.ovat 
X[iJ).fäeTO  S'  syy[i)g]  liycoveir  I  (/ifeyyo/iei'ov.  y.a'i  aiieU.ni'  äy.ovtfi[ev]  ij[/.,')-e  yäo 
«iirös]  I  Gor.iy.irjr  ttot'c  yta(([i'J,  för  yoio^  cög  y.s  [rsktoo/ji  ]  /  toi'  Öir  /terä  yoeiio 
t.ad'irj  TTÖ/ui  av[i%  xatna/tli]  j  TJ&fJe  TiaQTieTTid'ovoa,  vswv  i'/«  thov  [ roitsvarji^  1 
dvd-Qcörrtov  e-drjfyjefrjeor  uyat'öffojorrt-  vutfc,]  j  oi  luv  vaiExdovaiv,  d:Teii>eainii 
ivl  TifiaTs  I  TTolXovi  y.iöiöoivTts  dpi^/jkocai.  d'od)y.oii.  /  Al'/.ä  rd  y  oi)y.  ert[).kTlro' 
TÖ    y.a'i    riy.vv    äfSobs    tiiova[a]    /    rj    Trdoos    uiev    ädaxovg    söuy.ovaer    tot*  '  P(biir,. 

(Zu  Titöv,  89,  bemerkt  Wilamowitz,  es  sei  für  dyürj  g[ebraucht,  womit  damals 
die  Rhetoren  iiire  Schi'!lerl< lasse  bezeiciineten,  wie  sie  sich  auch  selbst  Ttoiueves 
nannten). 

Der  Zufall  hat  uns  von  einem  Dichter  Namen  und  beträchtliche 
Bruchstücke  seiner  Werke  geschenkt,  die  beide  nicht  verdient 
haben,  auf  die  Nachwelt  zu  kommen.  In  Köm  Isqaw,  wo  der 
große  Menanderkodex  zutage  kam,  hat  man  eine  Fülle  wertvoller 
Urkunden  des  6.  Jh.  p.  C.  entdeckt,  die  für  Ägyptens  damaligen 
Zustand  wie  für  byzantinische  Sprache  und  Stil  sehr  viel  Ertrag 
bringen.  Auf  die  Rückseiten  hat  vielfach  der  Dichter  Dioskoros 
von  Aphrodite  seine  Entwürfe  geschrieben,  in  denen  er  meistens 
den  hohen  Beamten  der  Thebais  seine  überschwänglichen  und 
geschmacklosen  Huldigungen  darbringt.  Die  Mehrzahl  seiner 
Dichtungen  ist  im  epischen  Hexameter  verfaßt,  den  er  nach  den 
Regeln  des  Nonnos  zu  handhaben  versucht,  aber  mit  geringem 
Erfolge,  da  er  von  den  Quantitäten  nichts  versteht,  sondern 
Längen  kürzt  und  Kürzen  unter  dem  Akzent  verlängert.  Am 
schlimmsten  offenbart  sich  das  in  seinen  iambischen  Versübungen. 
Dioskoros  hat  die  Durchschnittsbildung  der  Zeit,  kennt  den 
Homer,  auch  Claudian,  und  ist  im  übrigen  stark  rhetorisch; 
gelegentlich  macht  er  auch  Anleihen  bei  den  Anakreontea.  Daß 
er  Christ  ist,  hindert  ihn  nicht,  den  Olymp  oft  zu  bemühen.  Spie- 
lereien kommen  vor;  so  hat  er  ein  Enkomion  auf  einen  Märtyrer 
geschrieben,  worin  die  Buchstaben  jeder  Zeile,  nach  dem  Zaiilen- 
werte  berechnet,  5680  ergeben;  ein  andermal  gefällt  er  sich  in 
unförmlichen  Wortzusammensetzungen,  ohne  den  Geist  des  Ker- 
kidas  (Kap.  7)  zu  besitzen.  Enkomien,  Epithalamien,  Gebete, 
alles  geht  durcheinander;  Erwähnung  verdienen  noch  ein  paar 
Verse  über  die  vier  großen  hellenischen  Agone  und  ein  Huldigungs- 
gedicht an  den  Kaiser  Justin  11.  Bezeichnend  ist  für  Dioskoros, 
daß  er  gewisse  Verse  häufig  wiederholt,  froh,  sie  einmal  zustande 
gebracht  zu  haben.      Im  ganzen  zeigen  er  und  seine  Dichtung, 

Schubart,  Papyrusknnrle.  10 


146  DIOSKOROS  VON  APHRODITO. 

was  aus  dem  Griechentum  Ägyptens  im  6.  Jh.  geworden  war,  und 
dadurch  erlangen  sie  geschichtlich  einen  Wert,  der  ihnen  sonst 
nicht  zukäme.  Einige  lehren  überdies  mancherlei  über  die  Zu- 
stände der  Thebais  unter  Justinian  und  stehen  in  unmittelbarer 
Verbindung  mit  den  großen  Urkunden  desselben  Fundes.  Mit 
einem  Ausdrucke  dieser  Urkunden  kann  man  auch  Dioskoros  als 
ui^oßdQikcQog  /.cd  in^eAlr^v  treffend  bezeichnen. 

Publiziert  von  Jean  Masperc,  Papyrus  Grecques  d'epoque  byzantine  (Catalogue 
general  des  antiquites  egvptiennes  du  Musee  du  Caire)  Bd.  I  p.  35  unbedeutende 
Reste,  p.  57  sk  töv  uyiov  Ii,rüt.'  iaöii.'r](fa  syy.cöfua.  p.  85  Enkomion  auf  Johannes, 
dux  der  Thebais.  p.  145  Enkomion  auf  einen  dux  der  Thebais.  p.  152  iam- 
bisches  Enkomion.  p.  153  Anakreontische  Verse,  p.  189  s/xM/um  Öi  idfißcov  rjroi 
idfifßsiaj  eis  TU  yeveoia  luoiarai'Tii^ov  Sioiy.rjTov.  p.  191  mehrere  Enkomia. 
Bd.  II  14f1.  schlecht  erhaltene  lamben.  p.  152  Enkomion  auf  einen  Unbe- 
kannten, p.  15(3  Epithalamium  für  den  Komes  KaHinikos.  p.  161  unbestimm- 
bare Versreste,  p.  161  Gedicht  an  Justin  II.  p.  164,  166  mehrere  Enkomia. 
p.  169  Gebet,  p.  ]70  Verse  über  die  vier  hellenischen  Agone.  Ferner  ist  un- 
zweifelhaft ein  Werk  des  Dioskoros  das  Enkomion  auf  Johannes,  Berl.  Klass. 
Texte  V  1.  Auf  die  zahlreichen  Einzeltragen  kann  ich  nicht  eingehen;  man 
unterrichtet  sich  am  besten  bei  J.  Maspero,  Revue  des  £tudes  Grecque>  24, 
426,  (1911). 
Textproben:    1.  Cairo  Byz.  1  p.  146,  12—19  auf  den  dux  Athanasios:   te^neo 

vvv,  aroaiiao/^e,  reös  Xl^öioi  ovttox'  oKeTtui,  j  sy.  &eov  nafißaoiXflos  stcsI  ■d'eftiy 
ekXayes  dly.tjr,  /  sy.  0£ov  Tzufißaaikflos  doiSitioi'  o-üvoii  äsioss.  j  [ojvrcos  dtl  ^aJoi> 
x-ü  duoioatof  ii  -/oöiov  "eXd'ois  j  ovi^  Tey.esaoi  (fiKoioif^  £7i  wbxevi.  dvgfievhaaiv.  j 
d'dXle  uoi,  e)^tTi  i't'd/.lsis,  eios  ozs  ^pavar^ä^OXvuTtov^  I  '/V^  'Pfioi>]s  y-^otrecov  ri§'  'A^- 
xaSir]^   itsTÜ   6iißi]s  (die  Tei'e  Ägyptens)    /   otr  Ttöd-co  rjre  (fößto  T«  d-sfiiarta  ndvca 

vofieviof.     2.  Cairo  Byz.  I  p.  152,3,  91—94  lamben:  6riß>j  Ttäaa  xöoevaot^,  sl- 

Q'^fi.r  Öt/(OV  I  ov  yuo  d'fi'>(jrjatis  y.ay.oi'^yiyf]^'  srt,  '  od  ßa^ßdocuj'  Seos  (fiXoTtQay- 
jiiövtor  y.plai);  /  TtdrTij  yü()  £ioi]i'i-;  &£Ö7ivevarog  (/tst.  Dann  100 — 103:  ei  Tis  $vv7]~ 
oerat  doid'fieii'  dar t gm  j  rj  rois  y.vdd'ois  t^j  \JaXdrrt,s  ^eijfiaja  /  f(d  ttov  Tidvrcos 
y.dyoi  Svvrjaofiai  uetqsIv  /  t«s  dgeTdg  itov,  Seaitora.  3.  Cairo  Byz.  I  p.  154  Ana- 
kreontisch:    orai'  nivM  Tor  olroi'  I  evSovatr  cd   usQiupai-  j  iL  fiot  -^löviop,  xi  fiot 

yöior,  j  Ti  /.loi  (.lelei  iitE()ifu(u;  Vgl.  Anacreontea  ed.  Th.  Bergk,  Poetae  Lyrici 
Graeci  III  Nr.  43,  p.  323;  zuletzt  ües  fie^iuvcöi'.    Ferner  axQarriybv  veovl^ufiai  / 

Tiod'oßlmr^i'  'Hoaxltu  (\.  no&6ßlr]roi)  j   Sufidtovra  rois  XioiTue,  /   del  rag  TiöXeis 

oaäaai.  Darauf  folgen  die  erwähnten  zusammengesetzten  Wörter,  z.  B.  yar^e 
öloy.oTTiiorTEoiTTaTE  uyyelojioöaoiTTE  =  der,  dessen  Engelsgesicht  auf  den  Gold- 
stücken umläuft,  wohl  der  Kaiser,  oder  yovaagyvooTn^a^oofiaoaySofiaoyaoiro- 
ßelriior   oder   7taiah,io>txi]VOTiT )]vaazoo(f. (ooi i]ooyoa uoTioäas.   4.  Berl.  KlasS.  Texte  V 

Kol.  3,  72 ff.  Schilderung  der  schlimmen  Zustände,  aus  denen  Johannes  das  Land 

retten  solle:  ms  yäo  [yl-fjv  xad-'  eto~  rfts]  E/iidr  OTiÖQor  EQXErai  dcpiio  j  SvaaEßEcov 
i£o~  äU.o,  EniToonos  rjÖs  ßor/&dg  j  Bixrcog  ai'yovad-ä).[i]g  [ö]r'  vtoiös  f]Se  ye  Kvoos  j 
niroy.aniyt'/'iTog   räfs  djXcoäg  d(/ai()i]o[a]ax9ai     (alSO   erpresserische  Beamte).    /  fiTi 

fögo^'  Evaeßerjs  ßaoJdrjiSos  öfXco  EXEtioig  (Ägypten  spricht:  ich  möchte  nicht 
die   steuern,    die    meiner   Ergebenheit   gegen   den    Kaiser  entspringen,  jenen 

zahlen   müssen).  /    ö'^eu   röiÖ'   ididov   y.[a]y.oyEiToo[i] r,    o'irey.a   y.EUTaL  \  kf   <l>d'el(t^ 


HIEF^OKLES.  147 


y^Sia  [TcJuTocon  ttoö--  tioioar  tTtiartetr.  j  y.ai  t-v  y.ti-  avrii  fi-ftjör  01600$^'  olöiiiioi 
y-adsoi^eti  (gemeint  y.uTa&eoi^tir)  j  cöoTteo  [tö]  7i<)öxe[oov]  Siuo  Ivy.dßaiTus 
dSiy.MS,  ;  TOii'tixa  y]ovrd^Oft[a]i  [a]e  jtatüly.inot^  ' IIoay.Aria  j  ni^[fim'  uJrtomvEiy 
B/.aui'Cot^    yiron,     jjrot     ■^oi^d'wv    '   7C^U(i[r'    djTtorrrvtir    B/.etivojr   ytroig,    cö~   y.tf 

e<fEio(i)  I  i(oyvo[oi'  ejy.riasci;  ßao[i]/.t]ioi-  öv  iföoov  o'iaiu.  (Die  Blemyer  unter- 
nahmen damals  häutige  Raubzüge  in  die  Thebais. 

Eine  Sammlung  prosaischer  Sentenzen  macht  mit  einer 
Literatur  bekannt,  die  vermutlich  in  der  Kaiserzeit  weit  ver- 
breitet war.  Vieles  ist  altes  Gut  und  läßt  sich  wörtlich  oder  doch 
sinnverwandt  hoch  hinauf  verfolgen.  Daher  kommt  es,  daß  in 
einzelnen  Sprüchen  demokratische  Einrichtungen  vorausgesetzt 
werden,  mit  denen  der  Verfasser  der  Sammlung  ohne  Zweifel 
nichts  mehr  zu  tun  hatte.  Andererseits  fehlt  noch  jede  Spur 
christlicher  Gedanken.  Eine  Anordnung  nach  Sinngruppen  ist 
nicht  erkennbar.  Alle  erhaltenen  Sprüche  geben  Ratschläge  für 
das  Privatleben,  aber  nicht  allein  im  Hinblick  auf  den  Nutzen; 
auch  das  Wohlw^ollen  spielt  hinein, 

Ausgabe:  Soc.  Itai.  II  1_'0,  worin  z.  T.  Quellen  und  Parallelen  der  Spruch? 
nachgewiesen  werden.      Ich    teile   ein    paar  Proben   mit.     Kol.  :l  20ff:  t«<^/ 

fi£f  T«.'  ainvyuLs  töjv  (fiXcjr  [TxJuQaytifov  y^atomr,  eis  Öe  Tug  ()iorr/ias  a[i)re7i]- 
dyyeXros  ysiror^  y.ai  dötea  [trlal^og  tli'ai  riäi'  ocoiidTcai',  [oiij  iwi.'  yor^^iäzcov. 
TOli  (fi/.oig  nioTevE  y.ai  t«  [ä7i]io%a^  toi~  d'  kyß'QOli  dnioTei,  y.ai  rd  rrtoTd,  Tieot 
u)v  uri  [ojlad'as  ftg  tö  oy.iipaad'ai  dvaßdf./.ov,  y.ai  ov%  üuaf)TriaEtg.  Kol.  III  33: 
yduti  ey.TMi'  duoitof  oi  i(H'  ydo  iy.  luv  y.oeiauöiojr  yai/ovrres  SsiiTTÖias  y.oiy. 
oiy.tiovs  y.jüji-'rai..  Kol.  IV  46  ff:  Twfa'  doyalg  ur]  tTiniaa'  dy.oofiof  ydo.  nivr^s  d)r 
TtXovuiois  ftf]  oiii/.ei'  dö^sii  yäo  y.okay.svtif.  drd^iov  ät-'Öoa  afj  sTTaii-ei  oiä  röi' 
Tt/.ovror'  kviitrdßoKos  ydo  6  d'aös.  Tieiaai  t^rjrei,  nrj  ßtdaaoß'ai'  6  fier  ydo  ßiaod- 
fievos  iyß'oös,  b  Sh  Tteiaas  ao<f6s.  Kol.  V  5ö  ff . :  dtotih  oi~  ttrj  drrwd'ov  6raf 
Tiodaaii  dyad'ör,    d'eov~    oi   Xijrti. 

Nicht  nur  wiegen  ihres  Umfanges,  sondern  auch  nach  ihrem  In- 
halte gehört  die  Papyrusrolle,  die  uns  mit  der  Ethischen  Ele- 
mentarlehre des  Hieroki  es  bekannt  gemacht  hat,  zu  den 
wichtigsten  Funden.  Der  namentlich  in  den  ersten  Kolumnen  gut 
erhaltene  Text  steht  auf  der  Rückseite  des  Didymoskommentars  zu 
Demosthenes  (Kap.  9).  Die  Schrift  ist  gefällig;  die  sehr  zahlreichen 
Abkürzungen  legen  den  Gedanken  an  eine  Privatabschrift  nahe. 
Auch  die  große  Sorgfalt  des  Schreibers  und  die  daraus  folgende 
Güte  des  Textes  sprechen  eher  dafür  als  dagegen.  Die  Schrift 
weist  auf  das  Ende  des  2.  oder  den  Anfang  des  3.  Jh.  p.  C.  ebenso 
wie  die  Hand  des  Didymospapyrus.  Am  Anfange  steht  der  Titel 
%oo/./.6ovg  r^^r/.r.  oroLydvjGi^,  und  über  den  Kolumnen  folgen 
Kapitelüberschriften.      Verfasser  ist   der   Stoiker   Hierokles,    der 

10* 


148  HIEROKLES. 


ein  Zeitgenosse  Epiktets  war;  Praechter  liatte  bereits  vor  der 
Entdeckung  dieser  Papyrusrolle  erkannt,  daß  ihm  die  bei  Stobaeus 
erhaltenen  Auszüge  zuzuschreiben  seien,  und  seine  Darlegung  ist 
durch  den  Papyrusfund  glänzend  bestätigt  worden.  Während 
aber  die  genannten  Auszüge  einzelne  ethische  Fragen  behandeln, 
bringt  die  Stoicheiosis  die  allgemeine  theoretische  Grundlage  der 
stoischen  Ethik;  ob  sie  nur  das  Einleitungskapitel  des  ethischen 
Gesamtwerkes  oder  eine  besondere  kleine  Schrift  ist,  bleibe  dahin- 
gestellt. Hierokles  ist  kein  selbständiger  Denker.  Obwohl  er 
nur  einmal  Vorgänger,  nämlich  Chrysippos  und  Kleanthes,  an- 
führt, ist  er  doch  auf  Schritt  und  Tritt  von  den  früheren  stoischen 
Philosophen  abhängig  und  hat  sogar  durch  Mißverständnis  und 
Oberflächlichkeit  manchen  älteren  Gedanken  verdorben.  Je- 
doch ist  es  für  uns  von  hohem  Werte,  eine  systematische  Dar- 
stellung der  stoischen  Lehre  dieser  Zeit  zu  besitzen.  Hierokles 
schreibt  etwas  breit  und  professorenhaft,  aber  leicht  lesbar  und 
nicht  ohne  Anmut.  In  der  Stoicheiosis  handelt  es  sich  darum, 
aus  der  Selbstwahrnehmung,  die  dem  Lebewesen  von  vornherein 
eigentümlich  ist,  den  ursprünglichen  Naturtrieb  der  Selbst- 
liebe und  Selbsterhaltung  herzuleiten,  woraus  dann  durch  Erwei- 
terung auf  die  Kreise,  in  denen  der  Mensch  lebt,  bis  zur  gesamten 
Menschheit,  sein  Verhalten  zu  anderen,  d.  h.  die  praktische  Ethik 
sich  ergibt.  Hierokles  beginnt  mit  der  stoischen  Zeugungs'ehre, 
wonach  die  (fv<n^,  die  t'n  7tvsCua  ist,  erst  bei  der  Geburt 
zur  ipvY:\  wird.  Damit  aber  setzt  gleich  die  Selbstwahrnehmung 
ein.  Zur  Begründung  wird  ausführlich  dargetan,  daß  das  Tier 
Selbstwahrnehmung  besitze;  zahlreiche  Beweise  oder  richtiger  Bei- 
spiele schließen  sich  an.  Die  Selbstwahrnehmung  ist  aber  nicht 
nur  ursprünglich,  sondern  auch  ununterbrochen  vorhanden;  der 
Verfasser  geht  zum  Beweise  darauf  ein,  daß  die  Seele  ein  Wahr- 
nehmungsvermögen {dvvaing  cdolh]ir/J)  sei,  und  daß  Seele  und 
Körper  sich  vollständig  durchdringen.  Bestätigend  treten  Fälle 
hinzu,  wo  die  Selbstwahrnehmung  im  Schlafe  unverkennbar  ist. 
Das  Tier  hat  aber  auch  Wohlgefallen  an  der  Vorstellung  {(pav- 
rao/a)  seiner  selbst;  auch  hierfür  bringt  Hierokles  Beweise.  Fein 
ist  seine  Bemerkung  über  das  Gefühl  der  Selbstaufhebung,  das 
namentlich  Kinder  überkommt,  wenn  die  Wahrnehmung  äußerer 
Dinge  aufhört,  z.  B.  in  völliger  Dunkelheit  und  Stille.  Freilich 
scheint  er  auch  diese  Beobachtung  nicht  selbst  gemacht  zu  haben, 
sonst  hätte  er  sie  schwerlich  in  einen  Zusammenhang  gefügt,  dem 


HIHROKLES.  149 


sie  nicht  entspriciu.  Zusaimnenfassend  gelangt  er  zu  dem  Er- 
gebnisse: dib  (palvtiat  to  ^ötov  ii^iu  if^  ytviati  uiad-td'toOtä  et 
avTOv  '/XU  oiy.eioüoi}ui  mii(J)  -/.cd  rf]  iavToc  aroiäoei.  Die  Erweite- 
rung dieser  ol/.th'jaig  auf  die  Menschheit  bildet  den  Gegenstand 
der  letzten  schlecht  erhaltenen  Kolumnen.  Damit  ist  also  der 
Ausgangspunkt  fiar  die  praktische  Ethik,  die  y.ad^t]y.ovTa,  gewonnen. 
H.V.Arnim  hat  in  der  Einleitung  der  Ausgabe  die  Darstellung  des 
Hierokles  ausführlich  besprochen  und  kritisch  beurteilt;  manches 
wird  sich  durch  weitere  Bearbeitung  des  Papyrustextes  noch  ge- 
winnen lassen. 

Ausgabe:  B.  K-  T.  IV;  vgl.  die  Besprechungen  von  Blaß,  Lit.  Zentralblatt  1907, 
370.  Crönert,  Woch.  f.  Klass.  Phil.  1906,  1390.  Schenkl,  Berl.  Phil.  Wochen- 
schrift 19U9,  195.  Textproben  zu  geben,  die  den  Gedankengang  anschaulich 
machten,  würde  viel  zu  weit  führen;  ich  kann  daher  nur  versuchen,  durch  ein 
paar  Beispiele  den  Stil  des  Hierokles  zu  beleuchten,  ohne  auf  sachlich  besonders 
wichtige  Stellen  auszugehen.  Um  den  Text  nicht  schwer  lesbar  zu  machen, 
sehe  ich  davon   ab,   die   aufgelösten  Abkürzungen  besonders  zu  bezeichnen. 

Kol.  1,  37 — 40  ovy.  äyi'orjiof^  özi  rd  ['^Jwiov  tiid-vs  äua  [tüh  y]ev[iu]0'(U 
[aiJad'dfpltTai  [sajrrov'  y.cl  Ott  uiv  ivsy.a  frcövj  ßl^aÖJirepiov  /.eyf-d'Jrjvai  riva 
TtQOS  vTTÖufvrjair]  roirov  [7iag]eu7t[i7t]Tioi'  b'  trenoi  /.öyos  i<f  tavrbv  !;uäs 
ficjakei  [TtQjÖTEOov  ovrco  yäp  ai)  ßoa8e[i]3  xa'i  Tiöopco  avi'[e]oeuj[s]  evioi  rvy- 
yävovoiv  ü>[ajTe  y.ui  tols  o/.ois  dyfvjoj  sJZt^,  sl  ib  "Z^ünof  aiad'äv£T(u  eavzov.  So- 
y.ovai  yäp  TTjv  [uYad'rjJoiy  vttö  t^b  ifvosws  a-inüii  [SeJÖöad'ai  Ttobi  ttju  räii'  ey.rfbg 
a.]vTÜ.ri[\piv],  oiy.dfri  äe  y.al]  ttoö,  t[ti]v  [eajvrov.  Kol.  4,  3  ff.  über  das  Ver- 
hältnis von  Seele  und  Körper:  dtrrepof  Ss  eTzl  tcöiSs  Ttoossvd'vuririor,  ÖJS  oi'/i 
[y.Jaü'äTieQ  ev  dyyeitoi  räji  awf.iaii  TieoiaipysTui  i]  ^^'tyji  y.arä  ia  TtepuoyfiuEia  tats 
Tii&dy.vius  vyQÜ.  avfi[7c'JE(fvoaTai  Ök  daiuovicos  y.al  avyy.fy.ouiiu  y.fajü  Tijäv,  (bg 
firße  Toi^.dyiarov  tov  uiyfiaxo[s]  fiipos  t^S  otioteoov  aiirüv  dfioiptli^  /j.eroyflg' 
TiQonfEoeajdTr^  yäp  rj  y.päais  toTs  87tl  tov  ScuTZvpov  aidi'jpov  yivoutvoig'  [ejy.el  re 
ydp  oftouog  y.dvraüd'a  Si  ö/.cov  sarcr  77  Tiapdd'EOig,  zavTr^[iJ  y.(u  tu  Tfjs  av/ii- 
Tia&ias  toTiv  dfiifoli'  y.axay.oofi.  d'diEpov  yäp  t[üji  eTeJpcoi  ovuTiad'es  y.al  ovre 
Twi'    aiouaiiy.&i'  nad'öjv  dvrjy.oog   /'    [u>]vyrj   ovte   av   Te/.eof  iy.y.E<(b(ft.x[ai   nobgjiä 

Tfjg  u'vyfjs  Ssfii^Jä  rb  acöfia.  Kol.  7,  üff.  Selbstliebe  und  Selbsterhaltungstrieb 
sei  nicht  nur  bei  den  großen  und  schönen  Wesen  vorhanden,  bei  denen  die  Lust 
an  sich  selbst  leicht  begreiflich  wäre,  sondern  auch  bei  den  kleinen  und  häß- 
lichen. Als  Beispiel  führt  H.  die  folgende,  freilich  nicht  in  diesen  Zusammenhang 
passende  Beobachtung  an:  ravTr^i  ä[p]u  Soy.ti  uoi  y.al  lä  vEupä  7Tai[Sd]pia  fii, 

öaiSicog  ytptif  y.azafy.J/.Eiöuevic  ^o<fspol~  oiy.ois  y.al  TcdoTjg  (fcovf^g  dutioyoig.  iv- 
leivovta  yäo  t«  aiadT^xf^pia  y.al  ^ri^EV  ur^x  dy.ovaai  ut]r'  iS[£]lf  Svvd^ievn  (jav- 
Tuaiav  dyaiptOECos  avröji^  }.uußd[vEt  y.al]  Öiä  lovro  bvgata[o]yEitl.  bib  y.al 
if[iJXo[r]iyf(og  ai  Ti[rd-ai  TTaJpsyyvfoaii'  airntg  ETtiuvEiv  ro[  vjg  dfd-a/.fiovg. 
Ttupr^yopfEl  yäp  rbr]  fößof  t/'ö  sd-Jelovoiai  y.al  ufj  v7i'  di'd[y]y.ng  yt[i'ia9'ai]  iTjv 
d[vaipEaiv  lüJi'l   6paT(t)v. 

Für  die  Entwicklung  der  Rede  oder  richtiger  der  Rhetorik 
haben  wir  Zeugnisse  in  den  zahlreichen   Papyri,    die  Reden  der 


150 REDE. 

großen  attischen  Muster,  des  Demosthenes  vornehmlich,  ent- 
halten, nicht  minder  in  den  nachahmenden  Stilübungen  der 
späteren  Zeit.  (Zum  rhetorischen  Stile  vgl.  Kap.  11,  zur 
Wirkung  der  Rhetorik  in  Ägypten  vgl.  Kap.  17).  Aber  während 
wir  aus  ihnen  nur  das  Studium  der  attischen  Vorbilder  ableiten 
können,  führen  uns  die  überlieferten  Reden  der  Zeit  selbst  in  die 
praktische  Beredsamkeit  ein,  und  insofern  lehren  uns  die  Proto- 
kolle der  Gerichtsverhandlungen  oder  die  Bruchstücke  von  Ge- 
richtsreden noch  mehr;  die  politische  Rede  kommt  ja  nicht  in 
Betracht.  Es  gibt  solcher  Texte  aus  der  ptolemäischen  Zeit 
wie  aus  der  Kaiserzeit  eine  ganze  Anzahl,  aber  nur  ein  kleiner 
Teil  bietet  größere  Zusammenhänge.  Die  Zwischenreden  und 
Zwischenfragen  der  römischen  Prozeßprotokolle  sind  meistens 
kurz  und  daher  trotz  aller  sachlichen  Bedeutung  unter  dem  Ge- 
sichtspunkte der  Rhetorik  nicht  sehr  ergiebig.  Große  Reden  in 
bedeutenden  Sachen  sind  aber  auch  mit  dem  Ansprüche  auf  lite- 
rarische Geltung  veröffentlicht  worden,  vermutlich  überarbeitet, 
aber  doch  wohl  nicht  lange,  nachdem  sie  gehalten  worden  waren. 
Ein  Beispiel  dafür,  das  noch  dazu  ziemlich  genau  sich  datieren 
läßt,  hat  uns  ein  Papyrus  gegeben,  der  eine  Anklagerede  gegen 
einen  Statthalter  in  beträchtlichem  Umfange  bietet.  Schrift 
und  sonstige  Ausstattung,  Lesezeichen  und  Korrekturen,  sind 
ganz  wie  bei  Buchrollen;  die  Hand  weist  etwa  in  die  Mitte  des 
2.  Jh.  p.  C,  während  die  Rede  etwa  107  p.  C.  gehalten  sein  dürfte. 
Sie  ist  also  als  Buch  oder  Broschüre  auch  später  noch  gelesen 
worden.  Da  es  sich  um  einen  Prozeß  gegen  den  höchsten  Be- 
amten Ägyptens  handelt,  wird  der  Redner  einer  der  ersten  An- 
wälte und  Rhetoren  Alexandreias  gewesen  sein.  Der  Stil  ist  sehr 
lebhaft  und  wendet  sich  oft  in  direkter  Rede  an  den  Beklagten. 
Eine  Vergleichung  mit  attischen  Mustern  ist  m.  W.  noch  nicht 
gemacht  worden,  dürfte  aber  eine  lohnende  Aufgabe  sein.  Der  An- 
geklagte Maximus  ist,  wie  eine  Reihe  von  Anzeichen  mit  Sicherheit 
ergibt,  Präfekt;  man  hat  daher  allen  Grund,  an  Vibius  Maximus, 
Präfekt  von  103 — 107  p.  C,  zu  denken.  Daß  er  mit  Schande 
abgehen  mußte,  wird  wahrscheinlich,  wenn  man  nach  de  Riccis 
Beobachtung  bedenkt,  daß  sein  Name  im  Tarife  von  Koptos  und 
anderen  Inschriften  ausgemeißelt  worden  ist.  Der  Prozeß  wird 
offenbar  vor  dem  Kaiser,  wohl  in  Rom,  verhandelt.  Man  ver- 
gleiche weiter  unten  die  alexandrinischen  Märtyrerakten.  Der 
Redner  wirft   dem   Maximus   allerlei    Gewalttaten   vor;   er   habe 


RHETORIK.  151 


das  Vermögen  armer  Leute  konfisziert  und  Leute  mit  dem  Tode 
bestraft,  weil  sie  nicht  in  weißen  Kleidern  im  Theater  erschienen 
seien.  Hauptsächlich  aber  zielt  er  auf  sein  anstö(5iges  Verhältnis 
zu  einem  schönen  Knaben,  der  ihn  sogar  auf  seinen  Dienstreisen 
begleite  und  durch  seinen  Liebhaber  zu  völliger  Zuchtlosigkeit 
verführt  worden  sei.  Es  war  offenbar  ein  großer  alexandrinischer 
Skandal,  der  dem  Vibius  Maximus  sein  Amt  kostete. 

Ausgabe:  Oxy.  III  471.  Nachträge  Oxy.  V  p.  314.  Wilcken,  Archiv  f.  Pap.  111,117. 

IV  381.  Probe:  Kol.  III  4!t  t//J  ;■««  i-7nay.aibey.cuTr,£  [njalg  :iäaa^'  iifii^av  iSeiTirei 
TtaQo.  oo[i;]  rovjcov  iy.aoTos,  boäxn  i]iid)d'r  ^eitÜM-ittv  taitäoEoti  —  [o]ii8e  yäQ 
oaiSiMS  ixßaaü.ufd'tis  äna^  rn  joiavTa  syaoi^oi  —  ibr  TrafSa  tojoaxei'  iv  r(~)i 
[aTvvTtooicoi  xal  fieia  lov  TtfajT^ö^  y.al  f.iövov.  tcboaxE  Öe  y.ai  [ß),Ji/.if.ia  dfaiay^iriov 
y.al  SiaTCourräs  ai'niayyi'TOvs  eoaoTtör  (io[}.]eui)v  C^).  ti  8h  Ti&aav  ri/iti[oJav  ri[a]nd- 
^STO ;  fiaoTt'ooi'Tai,  y.i'fjia,  Ttji'  ar,v  riyriV  [eil  utjv  dfautvövTMV  uixiäv  tbv 
daTtaafiöf  y.al  i'f'voav/.oi'iror  ty.  r[ov]  y.oncovoi  i^iövra  rör  rralÖa  iowaxivat 
fiöv[ov]  Ol)  avpßohi  dsixiitza  ifjf  nobs  Tovror  bueiXius.  ÜTtn:  yu^  tv  e&et  if/i 
a[ia]xvri}s  yevö/neiop  tijfiOQfov  y.al  Ttlovotov  fieiody.cov  s&ovTtTSTo  y.al  iivßoifZJsv, 
(bare  ärtiyovs  ciTidvTwv  ovvTtai^eiv  y.nl  e[^] rjoifiad'ai  lüv  yeioiöv  [Evjrvyov  tov 
yoijojfeirov  y.al  yi/.ojza  7tp'/.vv  y.nl  dvtt/nfvov  sv  titooi~  tois  doTCal^ouitots  ys/.äi', 
ijt'  Öe  oiy.  davrerov,  looTt  y.al  eniÖtiSii  i]v  ainiöi  Tiobs  tovs  Savei^ofisvovs  d 
eu^arrev.  ri  ovv  b  yarr^ifi^s  ov  y.al  v7taoaij[o]Trjooi  ovy.  ty.w/.vEi;  dU.'  sdv  f^itv 
Ttevrjs  di'd'Qconoi  [iv]  eirthi-oir  iitujiois  tvxi'yr^i  ooi,  rrji'  ovaiat'  avrov  y.al  Ti], 
yvraty.bs  xal  imv  TCeol  ainbv  dia/.riffS'rjvai  xekevscg,  xal  ibv  ovx  iv  /.tvxals  tox^f^aiv 
[e]v  ü-tÜTOof   y.ad-iaafvra]   naoebioxa-   als   d-fdJrfaTor    USW.      (Zeile    5     So[?.]eioJV 

=  do?.iwf  sehr  zw.,  aber  Sa[a]aicor  --=  daoäcoi-  nicht  minder  bedenklich.  Eine 
Reihe  kleiner  Fehler  des  Papyrus  sind  ohne  besondere  Bemerkung  verbessert 
worden  im  Anschluß  an  die  Herausgeber). 

Aus  späterer  Zeit  stammen  einige  rhetorisch  stilisierte  Ur- 
teile, die  in  einem  Papyrusbuche  vom  Ende  des  4.  Jh.  p.  C. 
mit  kursiver  Schrift  unter  Eintragungen  anderen  Inhalts  einge- 
reiht sind.  Der  das  Urteil  fällende  Richter  wird  l//rii(,)v  genannt 
und  ist  vielleicht  der  Augustalis  byzantinischer  Zeit.  Die  Urteile 
werden  wohl  den  Akten  entnommen  sein,  aber  das  Werk,  das 
uns  vorliegt,  ist  doch  mehr  eine  Auslese  rhetorischer  Muster,  die 
literarisch  überarbeitet  sind,  freilich  keineswegs  geschmackvoll, 
sondern  mit  den  Übertreibungen  byzantinischen  Stiles.  Außerdem 
ist  die  Handschrift  voller  Fehler,  die  das  Verständnis  erschweren. 
Eine  Reihe  von  Fällen  wird  in  der  Art  behandelt,  daß  zuerst 
kurz  der  zugrunde  liegende  Kriminalfall  beschrieben  wird  und 
darauf  im   Wortlaute   der   Spruch   des    Richters  folgt. 

Ausgabe  BGU  IV  1024.  Nachträge  von  Wilcken,  Arch.  f.  Pap.  III  302f.  Probe: 
Seite  4:  es  handelt  sich  um  die  verbrecherische  Ausgrabung  einer  Leiche;  das 

Urteil  lautet:  [i^oocö]oiy/u~  .  .  .  [br  ff)-]uua  Ö,„aoaia  [.  .  .]v  f,  nöi.cs  iUrioav.  ov 
uoi  (toxeis  [roÖTiov  alyaiv  d-r]oiov   xal  [ojix  d,',9ocÖ7iov,    [uä'/.lor  Ö]e  oiSe  d-r]oiov. 


152  ALEXANDRIN.  MÄRTYRERAKTEN. 

xal  yäo  lä  'f'rj^na  [rjor-;  fiiv  ävd'QcbTioiä  TtQÖsiatv^  tcöv  Öe  [djTro^'rrjay.övTcov 
(/ i8o'i'ra[i.]  av  Ös  eneßovkevaa^  acbfi.it(^TL)  dkXoT^[iJa)d'£VTi  vTib  tov  [yjeiovs  tcöv 
dvd'owTCuii'.  TToiag  ö'i  toxsr  (].  soyee)  /  erS^'ftr^otii  toi^'  rjS/j  y.Xrjd'ei'Td  ([.  y.kid'evTa) 
y.ai  tfjs  saydiris  e/.Tribui  (\.  Öav)  djiourefojrjaid ;  r?)  yaQ  zJia,  fiv  id  xoofirjfiaTa 
T«  TCÖV  vöuor,  ijv  vnb  rfj^  TTÖXfejMg  rjp  (zU  tilgen)  SeSofteirt  rioi  vey.Qcö,  ^v 
xsxfad'ja^ic'ftirfc.     iy.Seti    lolivvpJ  ii]v  tog   x£(/'[nA7)jg  rfijiidipiai'.     Die    Erg.    der 

ersten  und  zweiten  Zeile  ist  zw.,  obwohl  der  Sinn  klar  ist;  der  Schreiber  meinte 
e^ooiöovysi,  die  vulj^äre   Form. 

In  den  praktischen  Unterricht  der  Rhetorik  läßt  uns  ein  Papyrus- 
blatt einen  Blick  tun,  dem  wir  ein  Stück  eines  Katechismus 
der  Rhetorik  verdanken.  Er  steht  auf  dem  Verso  einer  Ur- 
kunde, die  Schrift  weist  ins  3.  Jh.  p.  C.  Was  in  Frage  und  Antwort 
behandelt  wird,  ist  das  Wesen  der  Chria,  der  auf  einen  bestimmten 
Fall  bezogenen  allgemeinen  Aussage,  ein  von  Rhetoren  und  Gram- 
matikern gern  behandelter  Gegenstand. 
Ausgabe:  Soc.  Ital.   I  85.     Ich  teile  den  Text  mit,  soweit  er  gut  erhalten  ist: 

[ti]  eari{i')  >)  yoin ;  dnouiTif.iövs,vfj.a  avviofioi'  tTii  TiQoaöinov  Tiibg  tnev£{y,')T6v. 
Sid  Ti  d7louvi';uofev£T(U  r>  yoia;  öti  dTTOfifrj/uovereTni  iV«  kfyd'fj.  Öiä  ri  ovi'TOfiov; 
ort  nokXdxii  sy.rad'ei^  rj  ÖiTjyrjoig  yiverai  fi  äXlo  ri.  äid  li  sTil  7iQoa{<h)7iov ;  öti 
TtoXkdxig  äfi'Jev  n^ooMTtov  ai'ii'Touo[v]  drrofii^rifidvBvua  ij  yvöt/ni]  sar'i{v)  fj  clXko  rt. 

Damit  vergleiche  man  die  Definition  bei  Theon,  Progymn.  (Spengel,  Rhetores 

Graeci  II  p.  ^r):  yoeia  eotI  ai'VTo/iiog  drröffaaig  i]  TiQätii  utx  evaioylai  dvatpsoo- 
fievr]  £«»  T<  logiofiipov  TiQÖoioTioi'  i]  dvnXoyovv  zraoacuTico  Ttaody.Eirai  oe  aiiT?] 
yvcüfttj   y.iil   dnouri;iiöi-'£Vfxa'   näait  ydo  yithui]  ovi'Touog  eis  TTodocoTTov  dvnffeooftsvrj 

XQeinr  Troiei.  Man  lese  auch  Aphthonios  Progymn.  (ib.  p.  28)  mit  den  Bei- 
spielen für  die  drei  Arten  der  yoeia. 

Die  sogenannten  Alexandrinischen  Märtyrerakten  kennen 
wir  aus  einer  ganzen  Anzahl  von  Papyri  und  in  verschiedenen 
Stufen  ihrer  Entwicklung.  Ihre  Ähnlichkeit  mit  den  christlichen 
Märtyrerakten  hat  ihnen  den  Namen  verschafft.  Damit  ist  schon 
gesagt,  daß  es  nicht  im  engeren  Sinne  Akten  sind,  sondern  Lite- 
raturwerke. Ihren  Inhalt  macht  in  allen  Fällen  das  Verhör  vor- 
nehmer Alexandriner  vor  dem  Kaiser  und  die  daran  schließende 
Verurteilung  aus;  zum  Teil  lag  die  Ursache  in  dem  bekannten 
Antisemitismus  der  Hellenen  in  der  Kaiserzeit,  besonders  der 
Alexandriner;  es  kam  nicht  nur  zu  blutigen  Straßenkämpfen, 
sondern  auch  zum  Prozesse  vor  dem  Kaiser,  den  Juden  wie  Alexan- 
driner durch  ihre  Abgesandten  führten.  Zum  anderen  Teil  aber  kann 
man  eine  solche  Ursache  nicht  erkennen,  und  die  Abneigung  gerade 
der  Alexandriner  gegen  kaiserliche  Selbstherrlichkeit  konnte  ge- 
nug Anlässe  zu  Prozessen  und  Verurteilungen  bieten.  Es  liegt  auf 
der  Hand,  daß  die  Männer,  die  Hellenentum  und  Freiheit  vor 
dem  Throne  des  Cäsar  vertraten  und  ihr  Leben  dafür  hingaben, 


ALEXANDRIN.  MÄRTVRERAKTEN.  l53 


in  ihrer  Heimat  hoch  gefeiert  wurden;  man  begeisterte  sich  an 
dem  Freinuite,  womit  sie  dem  Tyrannen  gegenübertraten,  und 
suchte  ihr  Andenken  lebendig  zu  erhalten.  Über  den  Verlauf  der 
Verhandlungen  vor  dem  Kaiser  wußte  man  durch  den  Bericht 
der  heimkehrenden  Gesandten,  die  wiederum  auf  das  kaiserliche 
Verhandlungsprotokoll  sich  stützen  konnten,  hinreichend  Be- 
scheid; ein  geschickter  Literat  konnte  daraus  eine  Broschüre 
machen,  die  dem  alexandrinischen  Patriotismus  entsprach.  In 
den  erhaltenen  Stücken  ist  die  Überarbeitung  der  nüchternen 
Protokolle  und  Berichte  in  verschiedenen  Graden  erkennbar; 
manchmal  tr'tt  die  Quelle  noch  stark  hervor,  in  anderen  Fällen 
überwiegt  die  Ausschmückung.  Der  Freimut  der  Alexandriner 
wird  stark  betont  und  bisweilen  zu  geschmackloser  Frechheit  ge- 
steigert. Diese  Literatur  hat  sich,  wie  es  scheint,  längere  Zeit 
fortgepflanzt  und  aus  neuen  Vorfällen  immer  wieder  Nahrung^ 
gesogen.  Sie  ist  für  uns  ein  höchst  wertvolles  Beispiel  politischer 
Schriftstellerei;  will  man  sie  verstehen,  so  suche  man  nicht  bei 
den  Geschichtschreibern,  sondern  in  Broschüren  und  Zeitungen 
ihre  Verwandten.  (Vgl.  Kap.  12  und  15).  Erhalten  sind 
uns  folgende  Stücke:  1.  die  sogenannten  Isidoros-  und  Lampon- 
akten.  Sie  behandeln  einen  Streit  mit  den  Juden  vor  Kaiser 
Claudius  und  folgen  dem  amtlichen  Protokoll  am  genauesten. 
Eine  gewisse  Verwandtschaft  mit  ihnen  zeigt  ein  anderer  Text, 
der  eine  Szene  zwischen  Isidoros  nebst  anderen  und  dem  Präfekten 
Flaccus  im  Sarapistempel  schildert;  ob  er  aber  zur  Gattung  der 
alexandrinischen  Märtyrerakten  gehört,  ist  mindestens  fraglich. 
2.  die  Paulus-  und  Antoninusakten.  Ihr  Gegenstand  ist  eine 
Verhandlung  vor  Hadrian,  gleichfalls  aus  antisemitischen  Grün- 
den. Aus  einem  Prozeß,  der  wenige  Jahre  früher  die  Alexandriner, 
unter  ihnen  den  genannten  Paulus,  und  die  Juden  vor  Kaiser 
Trajan  führte,  haben  wir  neuerdings  durch  einen  Oxyrhynchos- 
Papyrus  wertvolle  Nachrichten  erhalten,  die  zugleich  zeigen,  wie 
die  Märtyrerakten  die  eigentliche  Verhandlung  durch  eine  schon 
tendenziös  gefärbte  Erzählung  einführten.  .3.  die  Appianosakten. 
Die  Verhandlung  findet  wohl  vor  Commodus  statt;  hier  ist  der 
alexandrinische  Männerstolz  vor  Fürstenthronen  stark  heraus- 
gearbeitet. 

Die  älteren  Stücke  sind  zuletzt  zusammenfassend  herausgegeben  und  erläutert 
von  Wilcken,  Zum  alexandrinischen  Antisemitismus  (Abh.  d.  Philol.-Hist. 
Kl  d.  Sachs.  Gescilsch.  d.  Wiss.  Bd.  XXVII  783  ff.,  19U0)  mit  Literatur- 
angaben.     Zu    den   Isidoros-   und  Lamponakten  ist  aber  die  neuere  Ausgabe 


154  ALEXANDRIN.  MÄRTYRERAKTEN, 

Wilckens,  Chrestomathie  14,  zu  den  Appianosakten  ebenda  20  zu  berück- 
sichtigen, weil  sie  ein  paar  Verbesserungen  des  Textes  enthält.  Die  Szene  zwischen 
Isidoros  und  Flaccus  im  Sarapistempel  enthält  Oxy.  VIII  1089,  die  Verhand- 
lung vor  Trajan  Oxy.  X  1242;  hierzu  W.  Weber,  Hermes  50,  47.  Äußerlich 
geben  sich  alle  Papyri  als  literarische  Texte  des  2.  und  3.  Jh.  p.  C.  Einzelnes 
und  Proben:  Oxy.  X  1242  nennt  zuerst  die  Namen  der  alexandrinischen  und 
jüdischen  Gesandten,  berichtet,  daß  sie  nach  Rom  gereist  seien,  txaaroi  ßaard- 
Zoirsi  Tovs  ibiovs  d-aov^,  und  fügt  hinzu,  die  Kaiserin  Plotina  habe  ihren 
Gemahl  von  vornherein  für  die  Juden  günstig  gestimmt.  Aus  der  Vernehmung 
des  Alexandriners  Hermaiskos:  Z.  41ff. :  'Eof.iaiay.os   siTtfevJ  äUä  Xvnoijfted'a, 

öri  rö  ovviBoiöv  oov  eTtXrjo-d'i]  löbv  ävooicov  ^lovSaian"  KaToaQ  tiTtev  Yoe  oeirsQÖv 
aoi  Xeyca,  'Eqiidio'/.e,  aid'dSms  djioy.oeh'r]  TtenoiOois  r(ö  oeavrov  yevei.  'Eofiäianos 
eiTCev'  li  uvd'dÖo)^  dTCoy.Qivoftni,  fiiyiaiE  Avroy.odriao;  ÖiSa^öi'  fis.  Kaloa^  elTiev 
OTi  TÖ  ovvtSoiöf  fiov  ^lovSaUof  iTToirjaas.  'Eo/ud'iaxos'  ovy.ovv  %a%s7i6v  e(ni  rö 
brotiu  Tcov  'JovS(uco)' ;  wqiJ^tis  ovv  TzdXi  Toti  oeainov  ßorj&slp  xrü  /tii]  rots  dvooi- 
ocs  'lovdniois  avvr^yoQeiv'  ravTu  /.iyovros  'EQfta'i'oyov  fj  rov  —oQdmSos  TTQorofiri^ 
fjt'  eßdaiaCor  ol  Tzoeoßets,  ai^riSiov  iS^cooev  ü'saadfispos  Se  T(jaiavöe  dntd'av- 
fiaa[E]r,  xal  fief^'  öliyov  avidooftcu  eyerovro  eis  [ttj]v  'PcöfiTiV  nQavyai  rs  Tiav- 
TtXrjd'Ets  e^eßoMirfo  yjal  TTdfrJrtg  e<fEvyav  eis  t«  vy.'rj/.ä  /ueQr]  xü>i'  l6[(ftov .  .  , 

Aus  den  Appianosakten,  Wilcken  Chr.  20  und  Lietzmann,  Gr.  Pap.-  Nr.  21 

(Kl.  Texte  14):  AvTox^drfoo  e^tieV  [vvjr  ovy.  oiÖas,  rivi  [InJÄeis;  "^Amiavös' 
£7tioTafi(U'  ^A7i[7tijai'bs  Tv(>dvi'q>.  Airoxodrcoo'  [oiyj,  dkXd  ßaoiKEl.  'Atttiiuvös' 
lovTo  fiT]  XeyE.  rö)  yä()  d'Efö  'ävtcoveivm  [t]o>  TTlmjQi  oov  ETioene  aiiT oyQat o- 
OEVEiv.  äyore,  rö  fiiv  ttoiT/tov  i'/l'i']  (jiXdaoffos,  tö  Seijzs^ov  d(fiXd^yvQos,  t[öJ 
TQiTOr  yildyn&os.  ooi  rovrcor  lä  erarria  Evy.si.Tai,  ncvQavvia  dfiXox.ayad'ia  diiai- 
S{Evo)in.  Kiüoao  iy.EKEvOEv  (tvibv  dTCax^fjveu,  ^'Amttavbs  ämtyöuEVOS  stTitr'  xal 
TOVTO  fjfisZv  ydofiajai,  yvois  Kalaao.  Avioy.fydrcoQ'  t'i;  ^'ÄTtTtiavös'  y.eKtvaöv  /tie 
iv  rfj  EiysvEiq  fiov  d'jia/ß'ffVru.  AiToy()dro>o-  eye.  'ÄTtTtiaibs  Xaßojv  tö  oioofElov 
sTii  rfjs  yEfftflJ^s  sd'TjyEV  y.a\  tö   (f myäo [ lo ] v  etti   rovs  TTöSas  O'eIs  (die  Abzcichen 

des  alex.  Gymnasiarchen)    dveßörjoE)'   [/ujearjs  'Pm/xtjs-    awS^/dfiere  'Pcoufajroij 

d'Eco^TjoazE  Eva  dn    alcöros  dnaydii [e>o]v  yvfivnainoyor  xa'i  7t(}e[aJ ßevTrjv  'Ale^av- 

S^Ecor.     6  rjßofy.ärojs  (evocatus,  der  römische  Polizist)  evSvs  Squ/licov  nu^id-ETo 

[tcö]  yv(>i(o  'keycov'  yv^te,  5<«i^/;,  'PcouaToi  yoyyi^'iiolvaji.  AvToycQdraiQ'  Tts^l  lii^os; 
6  vnaTos'  tteoI  xfjS  aTrd^ECus  rov  "Als^arS^ecos.  AdToyoÜTioo-  fitTa7t£fi(p&rirüi. 
ATiTTiarbs  tlsE/.xNov  e'ittev  tis  rjbrj  rbv  Seiirsoöi'  fioi'"Aibip'  TT^osy.wovfia  xai  rots 
rrob     Eiiov     TE?.6ni',aat'Tas    0tcoi'u    te    xal    UoiSconor    y.al  Ad/iTtojia    fiEXExaXaaaTO ; 

(Isidoros-  und  Lamponakten!)    «(>«  ??  ovvyh]Tos  fi  ov  b  lioTaoyos;  AvToy.Qdii»q- 

^AnTtmvE,  lü)d'((fiEv  ynl  ijfieis  fiaivofievovs  y.al  dTtovti'Otjfiti'Ovs  oco(f>qovit,eiv  Xaleis 
Etfl  baor  iyoj  oe  x^eIo)  XaleTf.  ATC.itavös-  i'i]  riyi'  ai]v  tvyr,v  q-üie  uairoftai  ovre 
dTtovErÖT^fiai,  dkl'  vjrio  ttJs  Eunvrov  evyeveias  y.<u  twv  t[itol  7Tqost]y.övrojv]  dnay- 
yiX/.<t). 

Ein  paar  merkwürdige  Bruchstücke  entziehen  sich  leider  näherer 
Besprechung,  weil  ihr  Text  ohne  genaue  Nachprüfung  des  Ori- 
ginals noch  allzu  unsicher  ist.  Sie  enthalten  Wechselgespräche 
des  Mnesippos,  Kallistratos,  Antipatros,  Kassandros  nach  dem 
Tode  Alexanders,  worin  des  Königs  behauptete  göttliche  Herkunft 
behandelt  wird.    Der  Herausgeber  reiht  diesen  historischen  Dialog 


GESCHICHTLICHE  WERKE.  155 


unter  den  Begriff  der  Diatribe  ein.  Ausgaiie:  Mitteilungen  aus 
der  Freiburger  Papyrussanimlung.  Lit.  Stücke  herausg.  v.  W.  Aly, 
p.  25ff.  (Sitz.-Ber.  d.  Heid.  Ak.  d.  Wiss.  1914,  2.  Abb.). 
Vom  geschichtlicben  Interesse  der  Kaiserzeit  zeugen  niebrere 
Werke,  aus  deren  Reihe  ich  zwei  herausheben  möchte.  Ein  Pa- 
pyrusblatt aus  Oxyrhynchos  hat  ein  Chronologisches  Werk 
teilweise  erhalten,  das  in  einer  Abschrift  des  3.  Jh.  p.  C.  vorliegt 
und  ziemlich  reich  an  Fehlern  wie  an  Korrekturen  ist.  Wahr- 
scheinlich bildet  es  nur  den  Auszug  aus  einem  größeren  Werke. 
Es  umfaßt  in  dem  erhaltenen  Stücke  die  Zeit  von  355 — 315  a.  C. 
und  ordnet  die  Ereignisse  nach  Olympiaden  und  athenischen 
Archonten,  die  jedesmal  vorangeschickt  werden.  In  synchro- 
nistischer Darstellung  stehen  griechische,  römische  und  orienta- 
lische Geschichte  neben  einander;  auch  wichtige  Daten  der  Lite- 
raturgeschichte werden  erwähnt,  aber  alles  sehr  kurz,  so  daß  es 
z.  B.  bei  der  113.  Olympiade  nur  heißt,  in  diesen  vier  Jahren 
habe  Alexander  seine  weiteren  Taten  getan  und  die  Völker  Asiens 
unterworfen.  Abweichungen  von  der  anerkannten  Chronologie 
begegnen  häufig,  besonders  bei  den  Regierungsdaten  der  Perser- 
könige Arses  und  Dareios  Kodomannos,  wo  eine  Verschiebung  um 
ein  Jahr  gegen  den  ptolemäischen  Kanon  und  gegen  Diodor  vor- 
liegt, ebenso  beim  ersten  Samnitenkriege  gegenüber  Livius,  ganz 
auffällig  aber  von  Alexanders  Tode  an.  Aber  das  ist  ohne  Belang 
im  Vergleiche  mit  dem  Werte,  den  der  Einblick  in  ein  kurzgefaßtes 
Handbuch  der  Weltgeschichte  aus  jener  Zeit  für  uns  haben  muß. 
Wissenschaftlich  viel  höher  steht  dieListe  olympischer  Sieger, 
die  wir  gleichfalls  Oxyrhynchos  verdanken,  auch  diese  auf  einem 
Papyrus  des  3.  Jh.  p.  C.  überliefert.  Die  große  Übereinstimmung 
der  Anlage  mit  dem,  was  man  von  dem  Werke  des  Phlegon  von 
Tralles  weiß,  der  unter  Hadrian  schrieb,  macht  es  nahezu  gewiß, 
daß  ein  Stück  aus  seinem  Buche  vor  uns  liegt.  Das  Verzeichnis 
umfaßt  die  Jahre  480— 4G.S,  456—448  a.  C.  und  liefert  eine  Reihe 
wichtiger  Daten  für  Pindar  und  Bakchylides  (vgl.  Kap.  6),  außerdem 
auch  für  die  Bildhauer  Polykletos,  Pythagoras  und  Myron,  da  die 
Siege  der  von  ihnen  dargestellten  Kämpfer  zeitlich  festgelegt  werden. 
Die  olympischen  Kämpfe  werden  bei  jeder  Olympiade  in  bestimmter 
Folge  aufgeführt,  nämlich  atäöiov,  dluclog,  ö(')hyj)^,  itevrud-lov, 
jfdlr^  7iv'^,  Ttayy.QcxTioVj  Ttceiöojv  OT(h)inv,  jcaidiov  7C(xh],  nuiÖwv  /ri^i, 
(mUrr^g,  Ted-oi7T7rov^  v.ih^c:  das  Rennen  mit  dem  Maultiergespann, 
«/njvjj,  fehlt.     Augenscheinlich  hat  der  X'erfasser  durchaus  zuver- 


156  ISISHYMNUS. 


lässig  gearbeitet,  und  wie  die  Herausgeber  treffend  sagen,  zeigt 
sich  gerac'.e  an  diesem  Beispiele,  daß  selbst  in  einer  entlegenen 
Provinzstadt  damals  noch  treffliche  Bücher  solcher  Art  vorhanden 
waren.  Damit  steigt  das  Ansehen  der  Kommentare  und  Schollen, 
die  aus  solchen   Quellen  schöpfen  konnten. 

Ausgabe:  des  chrono!.  Werkes:  Oxy.  I  12.  vgl.  v.  Wilamowitz,  G.  G.  A.  1898; 
673ff.     Textprobe  Kol.  II  18ff.  (340-337  a.  C):  'Olv^iTiidSt  dsy.ärrji  xal  ixa- 

TOOTTji  siiy.a  oTaSiof  Hi'frjixki^s  'AxJ'r]yaZos'  ^o/^ofrl  d'  ^A[ü'j7]Vf]ai  (::)e6[<fQaoTo]s 
[AvainaJx,iSt]s  Xai()ä>l  vöai  <PoJvrixog.  tovzüjv  y.a[Tä  röf  tiqJcötov  [l^ijvvslrat 
l'PcofiaJifoil^  TTlaoTsfraJ^ai^TO'  xfarä  8 Je  TÖi^  [8lev[ie]()ov  Aarsifvoi  sTii  rovjs 
'Pcoffijaiovs  (JvrfordpTsg  fj.-reß/jaat^'  xarä  dfe  rblv  [r^Jirov  <Pi[li7tj7i[o]s  6 
T(x)[v  MJaxeSörcof  [ßaailksve  't:i][v]  ev  Xaioojviai  tTTi^ai^aaTCCTr]!'  /udy^rjv  pAd"]/]- 
vaiovg  xcü  B{oi)(OTOvi  svi[y./]]oei'  avuftaxovvTOi  aii[n3  rlov  vflovj  'Als^dvSi^ov 
[xa'i  doJiorevafnJpTO^.      TÖze  [xru  U]aoy.()dr[TjJg  ö  piJTCoo  d[7ted'alvev  uSW. 

Die  olympische  Siegerliste:  Oxy.  II  222.  Vgl.  besonders  C.  Robert,  Hermes  35, 
141  ff.    H.  Diels,  Hermes  30,  72ff. 

Unter  den  Funden  aus  der  religiösen  Literatur  überragt  alle 
anderen  der  große  Isishymnus  von  Oxyrhynchos,  dem  nur  die 
Isishymnen  von  los  und  Andros  verglichen  werden  können.  Er 
wird  nicht  viel  älter  sein  als  die  Papyrushandschrift  und  rückt 
somit  nahe  an  Plutarch  heran,  so  daß  man  seine  Schrift  de  Iside 
et  Osiride  mit  besonderem  Rechte  heranziehen  darf,  jedoch  ohne 
daraus  allzuviel  für  die  Erklärung  zu  gewinnen.  Der  Hymnus 
ist  eine  Anrufung  der  Göttin  mit  ihren  zahllosen  Namen  und 
erweist  sie  in  der  Tat  als  die  ucoKofcuag,  wie  manche  Inschriften 
sie  nennen.  Glücklicher  Weise  stehen  vielfach  die  Orte  dabei, 
an  denen  sie  unter  diesem  oder  jenem  Namen  verehrt  wird;  es 
sind  viele  Kultstätten  aus  dem  Delta,  manche  aus  dem  übrigen 
Ägypten,  und  dazu  eine  Fülle  von  Städten  und  Ländern  außer- 
halb Ägyptens,  Orte  in  Syrien  und  Palästina,  in  Kleinasien  und 
auf  den  Kykladen,  nach  Osten  hin  bis  Arabien,  Persien  und  In- 
dien, nach  Westen  bis  Rom.  Die  gewaltige  Ausdehnung  der 
Isisreligion  (vgl.  Kap.  16)  tritt  uns  darin  entgegen,  zugleich  aber 
in  den  Kultnamen  die  Durchdringung  mit  fast  allen  Kulten  der 
damaligen  Welt:  Isis  ist  Aphrodite,  ist  Hera,  Athene,  Mala,  lo. 
Köre,  Leto,  Artemis,  Themis,  Selene  und  Hekate,  sie  ist  gleich 
der  kretischen  Diktynnis,  der  Atargate  von  Bambyke,  in  Susa 
heißt  sie  Nania,  in  Persien  merkwürdiger  Weise  Lateine  =  Latina, 
in  Sidon  Astarte  usw.  Natürlich  fehlt  es  nicht  an  ägyptischen 
Namen.  Besonders  beachtenswert  aber  sind  die  übrigen  Kult- 
namen, die  nicht  eine  Gleichung  mit  Göttinnen  darstellen,  sondern 
die    unendlichen   Seiten   ihres  Wesens  bezeichnen.     Denn  hierin 


I 


LEBFN   DES    IMUTHES.  157 


offenbart  sich,  wie  weit  Begriffe  sich  an  die  Stelle  der  Person 
gesetzt  haben,  wie  weit  Isis  nicht  nur  die  alle  Welt  und  alle  Göt- 
tinnen umfassende  AUeingöttin  geworden  ist,  sondern  vor  allem, 
wie  stark  die  Volksphilosophie  schon  die  Religion  umgewandelt 
hat.  Denn  die  meisten  dieser  Bezeichnungen  schildern  nicht  Isis, 
überhaupt  keine  bestimmte  Göttin,  sondern  driicken  aus,  was 
die  Zeit  in  den  Gottesbegriff  hineinlegte  oder  davon  glaubte. 
Isis  ist  Trägerin  des  Gottesgedankens  überhaupt  geworden, 
längst  hinausgewachsen  über  räumliche  Beschränkung  wie  über 
die  Religionen  des  damaligen  Kulturkreises.  Somit  besitzt  der 
Hymnus  eine  Bedeutung  für  die  Religion  der  antiken  Kulturwelt 
im  2.  Jh.,  die  nicht  leicht  überschätzt  werden  kann.  Die  Erklärung 
des  einzelnen  wird  auf  dem  von  Hunt  gelegten  Grunde  noch 
viel  Arbeit  zu  leisten  haben;,  hier  muß  ich  mich  mit  ein  paar 
Fingerzeigen  begnügen. 

Oxy.  XI  13«0.  Anf.  2.  Jh.  p.  C.  Die  Isishymnen  von  los  und  Andres  CIü  XII,  V 
Nr.  14  und  739,  vgl.  Diod.  I  27.  Einige  Proben:  Ä?.  Namen:  Movy_i^,  "EneoeiKfn, 
Oavfiortf,  Tayvfjüis.  Beinamen,  die  bestimmte  Beziehunsen  ausdrücken:  z.  B. 
ijiolciLQ/'is  in  AphroditopoHs  im  Delta,    y-ißem-firii.  aromiä  in  Rom.    tTriTomtov 

y.ai  dÖr~ydr  d'a/.aoaiuiv  y.ai  nomutov  inouaTorv  y.ioiav.  ttjv  y.ai  lov  y<ll.ov  enl 
Trfäojar  yofoai'  iTTaväyovoav.  Die  Weltherrin :  [y.vioia  ttüoi;^  -/cbom.  divdaris. 
ßaoikiaoa.  ryeuovii.  ai'Haaa  rtöKeiov.  üvaooa  rrj^  oly.ovuirt]i.  TTairuyoärttoa. 
Schöpferin:  av  Ttdi-'Tor  vyoiör  xal  ir^oojv  xai  ti'fvyjocöv,  e^  lOf  äTXfLVJU  ovt'iottjy.er, 
tvotioia  7i[d]v70)v  eyevi]d'T]~.  GottesbCgriff :  fjTTia.  (fi/.öoTooyos.  Ööreioa.  h^d. 
tixfooavvi].  /.oyiOTty.i].  dyaTTr..  rd  äio).  Ttoövoia.  (foörr^nii.  yonf.ifiaxiy.r].  noaii^iy.i]. 
Tv/rj.  dyad"-^.   eTtivoin.   dX}\S'Eir/.,   t/.evd'soia.  TTnvrö'^iis.  7T(U'ä(fd'oi'os.  (fiXia,  duiavras. 

fQoiifiTj.  Helferin:  dvboaoontLoa.  'leooiiy.oreXovoH  USW.  Auch  hier  kann  ich 
nicht  mehr  als  einen  dürftigen  Auszug  geben.  Studium  des  ganzen  Textes  ist 
für  jeden,  der  sich  mit  den  religiösen  Fragen  der  Kaiserzeit  beschäftigt,  un- 
erläßlicl'. 

Die  Lebensbeschreibung  des  Imutlies-Asklepios,  Oxy. 
XI  1381,  2.  Jh.  p.  C,  gehört  dem  Inhalte  nach  zur  religiösen 
Literatur,  während  sie  als  Literaturwerk  der  Gattung  der  ßioi 
eingereiht  werden  darf.  Imuthes  war  nach  Sethe  Baumeister 
und  Arzt  unter  König  Zoser  aus  der  3.  Dynastie;  als  der  große 
Arzt  lebte  er  in  der  Erinnerung  fort  und  nahtn  allmählich  göttliche 
Züge  an.  Leicht  verschmolz  er  in  griechischer  Zeit  mit  Asklepios; 
sein  Haupttempel  war  das  Asklepieion  am  Wüstenrande  von  Mem- 
phis, das  in  den  Sarapeumspapyri  oft  genannt  wird.  Seine 
Verehrung  breitete  sich  unter  den  Griechen  und  gräkoägyptischen 
Mischlingen  aus.  Dadurch  angeregt  mag  der  Verfasser  des  Bios 
sich  an  die  Schilderung  des  Menschen  Imuthes  gemacht  haben; 


158  SARAPISARETALOGIE. 

vielleicht  ]iat  er  ägyptische  Schriften,  etwa  Berichte  über  wunder- 
bare Heilungen  im  Tempel  des  Imuthes,  benutzt,  vielleicht  so- 
gar, wie  er  behauptet,  ein  altägyptisches  Buch  ins  Griechische 
übersetzt.  Was  ihn  dazu  bewogen  habe,  setzt  er  umständlich 
in  der  Einleitung  auseinander,  die  vor  uns  liegt ;  von  der  eigentlichen 
Darstellung  sind  nur  die  ersten  Sätze  erhalten.  Mag  der  Verfasser 
nun  lediglich  auf  eine  Sammlung  von  Heilwundern,  eine  sog.  Are- 
talogie,  ausgegangen  sein,  mag  er  ein  ägyptisches  Buch  über- 
setzt oder  mehr  sachlich  dem  geschichtlichen  Stammvater  der 
ägyptischen  Ärzte  nachgeforscht  haben,  in  jedem  Falle  beweist 
sein  Werk  die  lebhafte  Teilnahme  griechischer  Kreise  an  ägyp- 
tischer, überhaupt  orientalischer  Weisheit,  eine  Teilnahme,  die 
schon  Ptolemaios  Philadelphos  veranlaßte,  fremde  Literatur  zu 
sammeln  und  übertragen  zu  lassen,  die  etwas  später  die  Ent- 
stehung der  Septuaginta  begünstigte. 

Lediglich  Wundererzählungen  sind  die  sog.  Aretalogien,  von  denen 
uns  Bruchstücke  einiger  Sarapisaretalogien  eine  Vorstellung 
geben.  Ihrem  literarischen  Werte  nach  sind  sie  ungleich;  nicht 
einmal  das  ist  sicher,  ob  man  sie  im  engerne  Sinne  den  Büchern 
zuzählen  darf.  Einzelne  Heilungsgeschichten  können  sehr  wohl 
als  kurze  Traktate  oder  Flugblätter  von  Hand  zu  Hand  gegangen 
sein;  sie  trugen  dann  wohl  selbständige  Titel  wie  Oxy.  XI  1382, 
2.  Jh.  p.  C. :  Jioc.  'il'kiov  fisyd?.ov  laoaiadog  ägsri]  i)  jieqI  lugkova 
Tov  -/.vßeQvrjTriv.  Man  müßte  sie  mit  den  entsprechenden  Erzeug- 
nissen Griechenlands  auf  Inschriften  und  in  Büchern  vergleichen, 
um  ihr  Wesen  genauer  zu  bestimmen.  Vgl.  A.  Abt,  Ein  Bruch- 
stück einer  Sarapisaretalogie,  Archiv  für  Religionswissenschaft 
XVIII  257 ff. 


IX.  PAPYRI   NEUEN  INHALTS.     FAffI LITERATUR. 

In  diesem  Kapitel  sollen  einige  Papyrusfunde  näher  besprochen 
werden,  die  unsere  Kenntnis  griechischer  Fachliteratur  be- 
reichert haben,  also  Werke,  die  weniger  Anspruch  auf  literarische 
Kunst  erheben,  als  im  Wesentlichen  durch  den  Inhalt  wirken 
wollen.  Hierher  gehört  im  großen  und  ganzen  die  fachwissen- 
schaftliche Schriftstellerei  der  Griechen,  Wir  beginnen  mit  der 
Medizin.  Ziemlich  umfangreiche  Reste  einer  Papyrusrolle,  deren 
Schrift  ins  1.,  vielleicht  noch  ins  2.  Jh.  a.  C.  hinaufreicht, 
maclien  uns  mit  einem  physiologischen  Werke  des  Hel- 
lenismus bekannt.  Ausführlich  wird  darin  das  Nervensystem  be- 
handelt, zumal  die  vom  Rijckenmark  ausgehenden  Nerven;  auch 
die  Entwicklung  der  Nerven  beim  Embryo  findet  ihren  Platz. 
Der  Verfasser  kennt  und  unterscheidet  die  motorischen  und  die 
sensorischen  Nerven,  und  da  dieser  Unterschied  erst  von  dem 
Arzte  Herophilos,  der  in  der  ersten  Hälfte  des  3.  Jh.  a.  C.  lebte, 
entdeckt  worden  ist,  ergibt  sich  für  die  Entstehung  unseres  Buches 
eine  obere  Zeitgrenze.  Wellmann  denkt  an  Eudemos,  einen 
jüngeren  Zeitgenossen  des  Herophilos.  Leider  haben  wir  im  Pa- 
pyrus nirgends  einen  größeren  Zusammenhang  unzerstört  vor  uns; 
daher  liegt  der  Wert  mehr  in  dem,  was  man  als  Gegenstand  der 
Untersuchung  ermitteln  kann,  als  in  der  Untersuchung  selbst 
Aber  die  gründliche  Kenntnis  des  Nervensystems,  die  hier  zu- 
tage tritt,  ist  an  sich  schon  höchst  bemerkenswert.  Geschlos- 
sener sind  die  Fragmente  eines  Werkes  über  Augenheilkunde, 
die  ein  Papyrus  des  3.  Jh.  p.  C.  erhalten  hat.  Ilberg  macht  sehr 
wahrscheinlich,  daß  Heliodoros,  unter  Trajan,  der  Verfasser  sei; 
der  Stil  der  von  Oreibasios  aus  seinen  Werken  ausgeschriebenen 
Stellen  stimmt  durchaus  dazu.  Um  gewisse  schleimige  Flüsse 
vom  Kopfe  nach  den  Augen  zu  beseitigen,  griffen  die  griechischen 
Ärzte  zur  Operation;  entweder  wendete  man  den  Hypospathismos 
an  und  legte  drei  Schnitte  in  die  Stirnhaut,  oder  den  schwieri- 
geren aber  wirksameren  Periskythismos,  wobei  der  Kopf  rasiert 
und    ein   großer    Querschnitt   von    Schläfe   zu    Schläfe   gemacht 


160  MEDIZIN. 


wurde;  hierbei  heilte  man  die  Wunde  entweder  durch  ,, Berüh- 
rung", indem  man  sie  nähte,  oder  durch  ,, Fleischverwachsung", 
wobei  der  Arzt  fleischige  Wucherungen  beförderte.  Der  Verfasser 
unserer  Schrift  hat  im  Verlorenen  das  erste  Verfahren  und  auch 
den  ersten  Fall  des  zweiten  bereits  besprochen;  er  kommt  zum 
zweiten  und  gibt  noch  das  besondere  Verfahren  einiger  beri^ihmten 
Ärzte  an,  die  mondförmige,  d.  h.  sichelförmige  Schnitte  von  den 
Augenlidspalten  nach  den  Wangen  anlegten.  Die  Darstellung 
ist  offenbar  ausführlich;  auf  die  Praxis  nimmt  der  Verfasser  Rück- 
sicht, indem  er  dem  viel  umherfahrenden  Arzte  die  bequemeren, 
wenn  auch  nicht  so  wirksamen  Methoden  empfiehlt. 
Aus  der  ärztlichen  Praxis  haben  uns  die  Papyri  zahlreiche  Re- 
zepte gegeben;  manchmal  stehen  sie  allein  auf  einem  Blatte, 
meistens  aber  sind  es  Überreste  ganzer  Rezeptbücher,  die  oft  ein 
buntes  Durcheinander  verschiedener  Vorschriften  und  Mittel 
bieten,  wohl  unmittelbar  aus  der  Praxis  des  Arztes  hervorge- 
gangen. 

Die  Ausbildung  der  Ärzte,  der  medizinische  Unterricht, 
wird  uns  durch  einige  Papyrusblätter  anschaulich.  Der  Gegen- 
satz der  Empiriker  und  der  Theoretiker  spricht  aus  einem  Frag- 
mente, dessen  Schrift  ins  1.  oder  2.  Jh.  p.  C.  weist.  Der  Verfasser 
führt  das  Urteil  des  Archibios  an,  der  im  1.  Jh.  p.  C.  lebte  und 
sich  scharf  gegen  die  ,, philologische  Methode"  wendet:  diese 
behandele  zuerst  den  Begriff  der  Chirurgie  und  verwandte  Fragen, 
anstatt  den  Studenten  in  die  chirurgische  Praxis  einzuführen; 
jene  theoretischen  Erörterungen  seien  auf  eine  spätere  Stufe  des 
Studiums  zu  verschieben.  Beispiele  der  hier  bekämpften  Methode 
liegen  in  den  Schriften  der  alten  Ärzte  vor,  z.  B.  in  der  unter 
Galens  Namen  gehenden  Eisagoge  und  in  stärkster  Ausprägung 
in  einem  noch  unpublizierten  Berliner  Papyrus,  der  Galens  Pro- 
legomena  erläutern  will,  aber  sich  in  voller  Breite  bei  nutzlosen 
Definitionen  aufhält.  Wie  der  Student  sich  das  Notwendigste 
einprägte,  lehren  die  Reste  eines  Katechismus  der  Chirurgie, 
die  wir  einem  Papyrus  des  2.  oder  3.  Jh.  p.  C.  verdanken.  (Vgl. 
im  allgemeinen  Kap.  17  über  die  Ärzte  im  griechisch-römischen 

Ägypten). 

Physiologisches  Werl<:  Ryi.  21,  B.  K-  T.  III  p,  10  ff.  und  Reinach  2, 
alles  Stücke  derselben  Handschrift,  deren  Zusammenfiigung  noch  nicht  ge- 
lungen ist;  Näheres  saG;t  Hunt,  Ryl.  21.  Den  Unterschied  der  sensorischen 
und  motorischen    Nerven   spricht   Ryl.  21   Frg.  2  Kol.  II  8—10  so  aus:   i>[i' 

evJUov  uev  rö  aioS'äfi'eoO'tti  äf  ]ixvelra[i.],   Si    ereoeoi'  Sa  rö  [TioocuJ^eiad'ai  ei'd^- 


MEDIZIN.  161 


^ezfu.   Über  die  Nerven  im  Embryo:  B.  K.  T.  111  p.  Itj  B  II  9ff.:  TtoXlol  yäo 

^[f*J^t^£S  y.nl  [ä]7ib  7&V  oaxcör  t&i'  re  lotTtäiv  y.nc  twv  rijs  (»txfe  h»i  y.nl  d:iö 
Tivüiv  vsv^cov  icbv  T:[e]  /.oinü>v  y.al  i[(ö]v  ix  rov  vcoiiaiov  [xjal  t&v  uiiviyycav 
xa'i  änb  tcov  (fltßwv  y.a[i]  rwv  dgjqoitov,  oi  Si  y.al  dnö  rn'co[v]  ^iMäüii'  ef  rfjt 
fnqiQcu  Si[a'Tial(fvy.uai,  df'  ütv  7io).).ä  tvX6[y(oi]  hvcfvon  dv  str  tö  /6()iov^  s[yl  Se 
rov  yooiov   eii  tö   irdovot'. 

Augenheilkunde:  Nicole,  Fragment  d'un  Traite  de  Chirurgie,  Archiv  f.  Pap. 
IV  269ff.  Kommentar  von  liberg  ebenda  p.  271  ff.  Der  Verfasser  hat  von  den 
sichelförmigen  Schnitten  des  berühmten  Philoxenos  gesprochen  und  fährt  fort 

Kol.  II,  4ff. :  <y/a/,T£(>  aTib  tCJv  ävca  tov  fieicönov  öevfiari.i^ofiiia)v  d7io[xJw/.veTai 
Tj  v).r]  Siä  Tov  7ie(>iay.v[&iaJfiov  inl  rovg  Tidayorras  rÖTiovfs]  ffeqead'ai,  y.aia  -tainä 
Mal  vvv  s[fi7To8i]t,erai  ÖQfiäv  ettI  tovs  fivafs],  df  aiv  ö  ötvfiariafibs  tmv  6(f- 
■d'a}.fi[wv]  yii'ETai'  ov  yäo  oiör  rs  f;  -zovg  y.ooja(f [ilTas  iivus  renveiv  [f]  y.uisijv 
lile  [oJvfiTtad'ias  sv/.aßeiai.  tov  [0ijlo^[ejrov  yaQÜatfQov  evr]oyr^aav  fisj'  avrbp 
yevöfievot  oi  Tispl  ScboToaiov  "Hocova  ^ Hoay.XsiSriv  Mr]vöS[co]Qov'  oTnoi  yäo  rj^i- 
<ooav  Tag  fiT]voei8els  rofiäg  n^bg  roZg  [ 8 ] tiy.^olg  dva8c8övai  drtb  xCöv  oi^nyöjv  x&v 
■öffQvoiv  scog  Tcbr  firiXoiv  TEfivovTeg  6oT(bSr}  fiior/  xd  fisza^v  twv  y.ooTÜcfioi'  y.al 
Täv  d^S'nXfxcJv  a/r]/Liari^0VTeg  idir  fir^voetSöJv  SuuotaEwv  t«  fter  y.voTa  l£w,  t« 
8s    /U7]rofi8^    ev8ov       ainai    al    Totial    TOTiiyal    oioai     uäXX.ov    eyovTai    tov    djto- 

TsXiaiimog.  Zu  bemerken  ist,  daß  rr;»-  oi uTrad-iag  si'Xaßtiii  bedeutet:  ,.um  nichts 
anderes  in  Mitleidenschaft  zu  ziehen";  liberg:  ,,aus  Rücksicht  auf  die  patho- 
logischen Folgen".  yaoifOTtoor  ev^oyrjaaf  heißt:  ,,sie  Operierten  noch  ele- 
ganter". exopTfu  10V  drcoTeXeauaTog  heißt:  „sie  kommen  dem  Erfolge  noch 
näher".    Als  Probe  von  Rezepten  gebe  ich  einiges  aus  Oxy.  VIII  1088,  21ff.: 

alfta  djib  /.ivy.Triooji'  OTTJoat-  (Nasenbluten)  udvvav  (fvoaijov  '/lyXCbi  TTQdooji  y.al 
^väXiifov  TOV  yyX.bp  sr8öitti'.  tttuovixöv'  eXXtßöoov  Xevxov  7C<)ogifaT(b'itQOi.'  T^iApng 
kfiifvaa   eig  Tovg  fivy.Trjoag,  f;  aroovd'ricoi  öiaavTMi  r,  y.aazoQiqa)  d>aavTCüg.  (\.  Tcodaov. 

znapfiLxöv).    TtQoe  ö^aivag-    (stinkender  Nasenpolyp)  doasvixbv  r^iipov  Xfioi,  vn- 

tiov  xaTay.Xlvag  rbf  a.vd'Quinov  iftoänevt^  t)  sXXeßöotoi  fieXavt  ojaavrwg  '/ofjoov 
/!•  X?^^«*  oder  ^(tlaov).  nobg  TTvXiTTOvg  (\,  TioXvTtovg)  rovg  sfi  fivy.Trjpeaotf  yei- 
vofihovg-  dfoov  riToov  -omov  (TOicößoXovj,  xv/uivov  (Sonx/Ui]),  ipscog  (8paxfi>^)' 
roeixfiag  efifva{r]o)ov  als  Tovg  uvxTfjpag,  edv  8't  ^rjpörepoi  ihai,  avxrjiov  (aixvov'^) 
tov  cpXoibv  ^T]pbv  Toiivag  Xfjov  sfi^voa. 

Medizinischer  Unterricht:  Berl.  Klass.  Texte  III  p.  22ff.  Probe  Kol.  2,  7ff.: 

8el  8t  et'  TOlg  ßeXTtioaiv  8iaToeißatv  xal  rovg  viovg  e|  dp/iig  avvaaxtli'  rolg  dvafyj- 
xaiOTepoig  7i[pjdy^iaacv  rov  ßiov  ßpayiog  övT[o]g  xal  Tfj';  Tsyvrjg  fiaxpfjg,  &g  (frjaiv 
h  ''In.TioxpdTrfi.  Ttwg  yäo  ovx  aTorcov  dyvoovvTU  rbr  uavd'dvovTa,  ri  vTiöxvfia,  ri 
vSoMy;  xal  t«  Xomd  urj  tTiiOTäfitvöi'  te  tu  fiiTsXfj  sv  xtipovpyiq,  uötwv  Xeyw  8ia- 
tpopdg,  OTTÖvycJv  yo^^ots,  snl  rföjv  TzoX.vS'pvX.rjTfoJi'  rov  7ipio]ßX[r]u]aTix[b]i' 
xaTavTäv  Xö[yov]  y.al  i^r^rfeZlf,  rig  fj  yßipovpyla  y.al  :iü>g  tvoi^jai  xal  Öti  sutIv 
3tair7]g  ßeXTekoi'.  [rJaiJTa  oiv  f.ii]  sTieiyovTa  dXXd  etco&ev  xazd  rb  fiXöXofyoJv 
^tiroüfisva  tig  aiß-ie  vTiepfiid-Jead-ni   8er,   evyvfivd^eo&ai   8e  ei'  Tolg  l8ioii  Tfjg  xeip- 

ovpyiag  d-i;cop-^u[a]eiv.     Dem  gegenüber  sagt  der  unpubl.  Berliner  Galenkom- 

*  mentar:  oiixovv  xal  f;  iarpixi]  Tojy  öfToiv  oioa  (fiüiv  Tivd  xai  avTrj  oixiaf  exrif- 
[ajaxo,  fjv  dXöyiOTÖv  ioTiv  sTtixsipfiOai  uad'tlv  xal  x[a]Topd'ü>aai.,  Tiplv  fj  yviötai. 
rig  aiTfjg  [fj]  <fvaig-  dXXd  rnijrr]v  ^uZ*>  oi8stg  ertpog  napaoT^aai  SyrriaeTai  rj  fiövog 
Spfialfiög   (f.  olxiav  1.  olxeiai'). 

Schnbart,  PapyruskuDde.  11 


162  MATHEMATIK.     GRAMMATIK. 

Katechismus  der  Chirurgie:  Nicole,  un  questionnaire  de  Chirurgie,  Arch. 

i.  Pap.  II,  Ift.  Probe;  ri  eani'  y.foTt)]] ;  [fj  tä/'J  ooi/ndTmi'  to/xr].  ri  kariv 
dnoSo^d;  [fj  Sijd  tövcov  xai  vfusvcot'  [aotftJdTMv  Sidazaoii;.  ri  sorip  diaxepjrjoig ; 
[eaji]v  Tj  Siu  ßeXövrjs  itov  [a]o>udTcov  rofir^.  ri  eariv  Siaooa<frj;  [SjiaxevTTjOig 
oiu  ßtk6[v]r]s  xal  ödfLiitaTos  ij  fii[Tlov   SiaifEfJOfih'Ov  kutu  [tcJ okXdi  ETiißoXäe. 

Aus  den  Papyri  mathematischen  Inhalts  hebe  ich  den  sogenannten 
Pap.  Ayer  hervor,  der  mathematische  Aufgaben  enthält. 
Und  zwar  handelt  es  sich  um  die  Geometrie  in  ihrer  praktischen 
Anwendung,  die  gerade  in  Ägypten  wichtige  und  entwickelte  Feld- 
meßkunst, die  hier  in  ausgeführten  Beispielen  mit  Figuren  ge- 
lehrt wird.  Allerdings  sind  Text  und  Figuren  ziemlich  fehler- 
haft. Die  Handschrift  weist  ins  1.  oder  2.  Jh.  der  Kaiserzeit, 
der  Verfasser  mag  aber  älter  sein.  Nahe  verwandt  ist  ein  Berliner 
Papyrus,  der  aber  nicht  nur  für  Flächen,  sondern  auch  für  Körper 
Aufgaben  stellt.  Das  Verfahren  ist  in  beiden  Papyri  sehr  um- 
ständlich. Über  die  alexandrinischen  Studien  auf  dem  Gebiete 
der  Mathematik  vgl.  Kap.  17. 

Goodspeed,  Chicago  Literary  Papyri  HI  p.  19ff.  Kol  III  Berechnung  eines 
,, Parallelogramms",  dessen  längere  Seiten  aber  nicht  parallel  und  nicht  gleich 

sind:  eäv  dod'fj  7ia^akXr^}.öy(jafiuov  olov  ib  vnoyey^a/iifievov,  d>s  ätl  ra  ly  ifjs 
tiXevqüs  E(p'  av('tä)  j  (=  ylrsrnt)  ()^&  xa'i  rä  le  t:^s  TtXev^äg  ejr'  av(Tä)  j  oxs,  dnö 
10x1  Oll'  ia  p^S"  }.omu  ^[-1,  d(ftkt  tu  -.•  T^e  ßdaecos  utto  iüiv  i  rrje  y.opvyfjs  komd 
6,  /.aßt  ib  lEiuQiov  nov  fi  j  id,  aTcb  lovicov  ik  S  loiTtd  t,  mv  ib  fifitav  / 
s,  ir]kixavirj  r)  ßdaig  rov  ooi^oycofiov,  e^'  aviu  j  y.s  y.al  id  ly  ejr'  avid  j  p^d", 
d(f'sXe  id  y.e  XoiTcd  pfiS,  uif  Tiktvpd  iß,  irjXiaavir)  fj  y.ad'eibg  y.al  dcfeke  id  e  dnb 
iß>v  s  T^s  ßäaeoig  Xombv  a,  ib  sr  aTtb  nov  i  iT]g  yoQVfffjs  kotnd  d",  irjXiaavirj  fj 
Xoi-Tir]  ifjg  ävM  ßäaecm  rov  dp&oyojviov,  yai  id  iß  irje  yaS'siov  ejti  id  e  lijg  ßd- 
ascog  I  t,  u)v  ib  rjuiav  I  /,,  loaovTMv  dpov(pßv)  ib  ev  a-öij^iöji  dp{-d')oy(avioi', 
ya\  id  iß  £711  ib  u  j  iß,  loaovicov  dpov(pcöj^)  ib  sv  aiimi  iispöfiriy.sg  Hat  id  iß 
ettI  id  S"  ifii  ßdoEcoe  j  prj,  u)v  ib  i'jiiiov  j  j'S,  io[aoviJcov  dpovpiöv  ib  dXlo 
bpd'oycöviov,    eis    ib    avib    dpov(pai)  /  qs,    ib    8i    ayfifia    saiai  loiovfio    folgt   die 

Figur. 

Die  parallelen  Seiten  sind  6  und  10,  die  nicht  parallelen  13  und  15.  Die  Rech- 
nung verläuft  so:  13^  =  169.  152  =  225.  225-169  =  56.  10-6=4.  56:4 
=  14-4=10:2=5,52  =  25  132=169-25=144.  [/T44  =  12  (Kathete). 
6-5  =  1.  10-1  =  9.  12-5=60:2  =  30.  12  •  1  =  12  •  9  =  108  :  2  =  54 
+  12+30=96.  Über  das  Verhältnis  zu  Heron  vgl.  Amtl.  Berichte  aus  den 
Kgl.  Kunstsammlungen  1916,  161  ff. 

Auch  von  den  ziemlich  zahlreichen  Papyri  grammatischen  In- 
halts, dem  provinzialen  Niederschlage  alexandrinischer  Studien 
(vgl.  Kap  17),  kann  ich  nur  eine  Probe  geben,  die  ein  Papyrus- 
fragment des  3.  Jh.  p.  C.  bietet;  hier  werden  die  Verba  auf  aoj 
und  (HO  behandelt,  die  der  Verfasser  perispomena  nennt,  mit  Hin- 
weisen  auf  den   äolischen   Dialekt. 


1 


k'()m.mi:ntar  dl:s  didnmos.  i63 


Oxy.  III   469:    zweite    und   dritte   Pers.  Präs.  gebildet    Siä   t,]^  m  Sufd-öyyov, 

7iQOsyo(i</outvoi'  Se  tov  i  ut)  avtey.tfco^ovuivov  8i,  oiot^  yeXü>  ye?.(ts  yt/.ü.  oi 
fiivroiye  Aio/.ti::  -coo^yiorovai  yt'/.at^  y.a'i  Sot~  liyovTSS  (\.  yef,uii,  ßöats).  xarä  Sl 
TÖr  7tapu7((Tiy.ör  y.dTÜ  uii'  lö  Tiootrov  TiuöaioTroi'  Öiä  tov  nn'  iy.ffiosTui,  en'i  Öst- 
TEOov  y.al  ToiTfolv  rr^oocoTTOv  d'iä  lov  u,  o'tov  eytKmr  iyü.ai  fyehc.  /;  tH  Toirr^  iwr 
7i£oia7ico/nit-(Oiv  pj/^fidrof  av^iyia  ey.yeoaTai  y.arä  rot'  evearrvTa  yjj[ö^roi'  inl  Her- 
tipov  y.ni  roiror  TTooacÖTtor   diu   r/;--  oi   Si(f  d'öyyov   oioi'  /ovoo)   [yocaoTs  yoinoi 

Die  Papyri  iiaben  uns  eine  ganze  Reiiie  von  Kommentaren  zu 
den  Klassikern  geschenkt,  die  nacii  Inhalt  und  Form  wertvoll 
sind;  aber  noch  immer  übertrifft  sie  alle  an  Bedeutung  der  Kom- 
mentar des  Didymos  zu  Demosthenes.  Er  steht  auf  Rekto 
derselben  Rolle,  die  auf  Verso  den  Hierokles  trägt,  ist  aber  von 
anderer  Hand  geschrieben;  jedoch  auch  hier  gilt  im  Wesentlichen 
dasselbe  System  der  Abkürzungen,  die  in  großem  Umfange,  wenn 
auch  nicht  durchweg,  verwendet  werden;  da  überdies  die  halb- 
kursive Schrift  klein  ist  und  gedrängt  steht,  umfassen  die  15 
ungleich  erhaltenen  Kolumnen  ungewöhnlich  viel  Inhalt.  Die 
Schrift  wird  man  in  die  2.  Hälfte  des  2,,  wenn  nicht  gar  in  den  Be- 
ginn des  3.  Jh.  p.  C.  setzen  müssen,  also  rund  200  Jahre  nacli 
Didvmos.  Wie  beim  Hieroklestexte  finden  sich  über  den  Kolumnen 
Überschriften  für  einzelne  Abschnitte,  und  am  Ende  der  Rolle 
steht  der  volle  Titel:  JiÖuuoi-  ^reol  JijiooJ-tvor^  /.r^  (J^ü.untv/MV  y 
iy  7iokkGn'  ui  ävöoc^;  '^If-r^vcdoL  t  /.cü  GTToiöaia.  roaiZvjv  ic(  üri  utv  (h 
ärÖQsg  'AO'rjvuloL  <Pü.L7t;roQ  li  Ttfoi  uev  toc  naoövroc.  Die  Rolle 
umfaßte  also  den  Kommentar  zu  den  vier  Reden,  die  wir  unter 
folgenden  Titeln  kennen:  III.  Philipp.,  IV.  Philipp.,  rroog  t\v 
l:riOTo/J^v  Tijv  <lH/.iTc:roL\  vcsQi  avvrditojg;  im  Papyrus  werden  sie 
nach  der  antiken,  von  Kallimachos  in  den  Pinakes  befolgten  Sitte 
mit  den  Anfangsworten  angeführt.  Diese  Rolle  war  die  dritte  unter 
denjenigen,  worin  Didymos  die  philippischen  Reden  erläuterte; 
unter  ihnen  werden  die  behandelten  Reden  als  9 — 12  gezählt. 
Das  Gesamtwerk  umfaßte  28  Bücher  oder  Rollen  und  war  be- 
titelt Tiegl  Jr^Hood-evnvQ.  Es  war  demnach  nicht  im  engeren 
Sinne  ein  Kommentar,  der  nur  im  unmittelbaren  Anschlüsse  an 
die  kommentierte  Schrift  bestehen  kann  (vTröavrjua),  sondern  ein 
selbständiges  Werk  über  Demosthenes  {avy/oauna)  nach  Art  der- 
jenigen, die  von  den  peripatetischen  Literaturhistorikern  aus- 
gingen, und  wollte  für  sich  gelesen  sein.  Allerdings  wahrt  es  die 
Form  des  Kommentars  insofern,  als  es  einzelne  Stellen  aus  Demo- 
sthenes ausschreibt  und  seine  Erläuterungen  daran  anschließt;  die 
Auswahl   dieser   Stellen  befremdet   manchmal,   weil   man   gerade 

11* 


164  KOMMENTAR  DES   DIDYMOS. 

Hauptsachen  vermißt  und  Nebendinge  ausfijiirlich  besprochen 
findet.  Da  aber  Didymos  die  wichtigsten  Inhaltsfragen  ohne 
Zweifel  bei  den  ersten  philippischen  Reden  erledigt  hatte, 
konnte  er  in  der  uns  vorliegenden  Rolle  sich  auf  das  beschränken, 
was  dort  noch  nicht  erklärt  worden  war;  einmal  verweist  er  auf 
seine  Behandlung  der  Kranzrede:  er  tw  Tteg)  rov  orscpävov  de- 
drjho/Mutv.  Ebenso  hat  man  sich  anfänglich  gewundert,  daß 
Didymos,  den  man  als  einen  durchaus  philologisch  gerichteten 
Worterklärer  kannte,  hier  sich  ganz  historisch  gibt  und  fast  nur 
Material  zur  geschichtlichen  und  sachlichen  Erläuterung  der 
demosthenischen  Reden  zusammenträgt;  aber  auch  dies  begreift 
man,  wenn  man  sein  Werk  als  eine  selbständige  Arbeit  über  De- 
mosthenes  auffaßt.  Diese  Auffassung  hat  sich,  abweichend  von 
Diels,  der  in  der  ersten  Ausgabe  den  Papyrustext  nur  als  einen 
Auszug  aus  Didymos,  wenn  auch  unter  Wahrung  seiner  eigenen 
Worte,  gelten  lassen  wollte,  allmählich  durchgerungen,  vor  allem 
auf  Grund  der  Arbeiten  von  Blaß,  Foucart,  Leo  und  Wend- 
land. Wir  haben  in  der  Tat,  wie  der  Titel  besagt,  ein  Stück  aus 
dem  echten  Buche  des  Didymos  vor  Augen  und  dürfen  danach 
sowohl  die  Anlage,  als  auch  die  Arbeitsweise  und  den  Stil  des 
alexandrinischen  Gelehrten  beurteilen.  Sein  Arbeitsverfahren  hat 
Diels  in  der  Einleitung  der  ersten  Ausgabe  untersucht,  und 
Foucart  hat  das  Bild  weiter  ausgemalt.  Augenscheinlich  standen 
dem  Didymos  zahlreiche  Auszüge  aller  Art  aus  der  gelehrten 
alexandrinischen  Literatur  zu  Gebote,  so  daß  er  leicht  Belege 
finden  konnte;  unverkennbar  seine  Hauptquelle  aber  war  der 
Kallimachosschüler  Hermippos.  Durchaus  nicht  immer  scheint 
er  auf  die  Urquellen,  die  er  anführt,  selbst  zurückgegangen 
zu  sein,  sondern  hat  oft  aus  Hermippos  oder  noch  späteren  Hand- 
büchern geschöpft,  deren  eines  wir  soeben  in  der  Epitome  des 
Herakleides  Lembos  aus  Hermippos  kennen  gelernt  haben  (Oxy. 
XI  1367),  und  auch  daraus  erklärt  es  sich  zum  Teil,  daß  er  Dinge 
übergeht,  die  uns  wichtig  scheinen,  wenn  sein  Gewährsmann 
nichts  darüber  bot.  Besonders  auffällig  ist  es,  daß  er  die  Meinung 
anderer,  die  Rede  nohg.  tijv  ItugtoUji'  tj)j^  ^lUtttiov  stamme 
nicht  von  Demosthenes  sondern  von  Anaximenes,  weder  selbst 
nachprüft  noch  auch  nur  in  ihrer  Bedeutung  würdigt;  sie  ist 
ihm  nur  eine  Merkwürdigkeit  unter  anderen.  Für  uns  ist  der 
Didymospapyrus  dadurch  äußerst  wertvoll  geworden,  daß  wir 
jetzt  einen  großen  Abschnitt  im  Originaltexte  des  Verfassers  be- 


KOMMENTAR    DES   DID\MOS.  165 


sitzen,  danach  die  sonst  auf  ihn  zurückgehenden  SchoHen  besser 
beurteilen  können  und  vor  allem  ein  Bild  von  diesen  alexandri- 
nischen  Monographien  zur  Literaturgeschichte  gewinnen.  Dazu 
kommt  die  Fülle  wertvoller  Zitate,  die  er  einstreut,  aus  den  Dich- 
tern Homer,  Aischylos,  Sophokles,  aus  Aristopnanes  und  den 
späteren  Timokles  und  Philemon;  in  seiner  sehr  langen  Ab- 
schweifung über  den  Tyrannen  Hermias  von  Atarneus,  die  ganz 
sichtbar  auf  Hermippos  beruht,  führt  er  das  Gedicht  des  Aristo- 
teles auf  die  Areta  im  Wortlaute  an.  Kallimachos  fehlt  natürlich 
nicht;  besonders  wichtig  aber  sind  seine  Auszüge  aus  den  Histo- 
rikern des  4.  Jh.  a.  C,  Philochoros,  Theopompos,  Androtion, 
Duris  u.  a.  Entsprechend  der  Selbständigkeit  des  Werkes  ist 
auch  der  Stil  nicht  der  der  Schollen,  sondern  zusammenhängende 
Darlegung,  schlicht  und  leicht  lesbar,  dabei  gefällig  und  nicht 
ohne  Lebhaftigkeit,  wie  denn  auch  Äußerungen  des  eigenen  Ur- 
teils in  der  ersten  Person  hier  und  da  begegnen.  Die  Menge  und 
Ausführlichkeit  der  Zitate  macht  freilich,  so  unschätzbar  sie  für 
uns  ist,   die   Darstellung  wieder  schwerfällig. 

Erste  Ausgabe:  B.  K.  T.  I  mit  ausführlicher  Einleitunp.  von  H  Dicls,  die  nament- 
lich für  die  Quellen  des  Didymos  und  für  den  Demesthenesttxt,  den  er  benutzt, 
grundlegend  ist  (vgl.  auch  Kapitel  5).  Textausgabe  1904  bei  Teubner  erschienen: 
Didymi  de  Demosthene  commenta,  mit  vielfach  verbessertem  Texte.  Aber  der 
Text  ist  noch  längst  nicht  endgültig  hergestellt  und  kann  durch  erneute  Nach- 
prüfung des  Originals  weitergebracht  werden.  Da  diese  kleine  Ausgabe  jedem 
zugänglich  ist,  sehe  ich  davon  ab,  hier  eine  Textprobe  zu  geben.  Aus  der  zahl- 
reichen Literatur  über  Dicymos  nenne  ich  folgendes:  Crönert,  Neue  Lesungen 
des  Didymospapyrus,  Rh.  Mus.  G2,  .^SOff.  Einige  Verbesserungen  auch  bei  Hunt, 
Hellenica  Oxyrhynchia,  für  die  Theopompfragmente  bei  Didymos.  Stähtlin, 
die  griech.  Historikerfragmente  bei  Didymos,  Klio  V  .5.') ff.,  141  ff.  F.  Leo, 
Didymos  'yitoi  Ji^tiood-ivove,  Nachr.  d.  Gott.  Gts.  d.  Wiss.  phil.- bist.  Kl. 
1904,  254  ff.  Wendiand,  Rezension  über  B.  K-  T.  I  in  GGA  1906,  35ü  ff. 
A.  Körte,  Zu  Did>mcs'  Demostheneskommentar,  Rh.  Mus.  60,  .S88ff.  F.  Blaß, 
Archiv  f.  Pap.  3.  2^4ff.  P.  Foucart,  Etüde  sur  Didymos.  Extrait  des  Memoires 
de  l'Academie  des  Inscr.  et  Belles-Lettres  tome  3g,  Ire  partie.  Paris  1906.  Be- 
sonders die  Arbeiten  von  Leo,  Blaß,  Foucart  und  Wendland  sind  reich  an  neuen 
Ergebnissen.  Durch  den  Didymospapyrus  ist  auch  das  Interesse  an  Anaximenes 
belebt  worden;  die  Zuweisung  der  Rede  tt^.Ö:;  TTjf  fTtwro'/.Tjr  ri/r  f/'i/.i.T.-rov 
und  der  Rhetorik  an  Alexander  wirft  neue  Fragen  auf:  vgl.  Wendland,  Anaxi- 
menes von  Lampsakos.  Studien  zur  ältesten  Geschichte  der  Rhetorik.  Berlin 
190.Ö.  Besprochen  von  Crönert,  GGA  1907,  267ff.  W.  Nitsche,  Demosthenes 
und  Anaximenes,  Berlin  1906. 

Aus  der  beträchtlichen  Zahl  von  Kommentaren  zu  Dichtern 
und  Prosaikern,  die  wir  durch  die  Papyri  kennen  gelernt  haben, 
nenne  ich  hier  nur  zwei   Homerkommentare;  beide  stammen 


166  KOMMENTARE  ZU   HOMER. 

aus  Oxyrhynchos.  Der  eine  liegt  in  einer  Handschrift  des  1.  Jh. 
a.  C.  vor,  die  mit  Abkürzungen  arbeitet.  Den  Lemmata,  d.  h. 
den  besprochenen  Homerstellen,  sind  die  kritischen  Zeichen 
Aristarchs  vorangestellt;  es  handelt  sich  um  Ilias  2.  Was  von 
Aristarchs  kritischer  Arbeit  am  Homertexte  bekannt  ist,  geht 
im  Wesentlichen  auf  Aristonikos  und  Didymos  zurijck,  die  beide 
unter  Augustus  schrieben.  Der  Papyrus  aber  führt  uns  weiter 
hinauf,  wenn  auch  keineswegs  auf  Aristarchos  selbst;  sein  Ver- 
fasser war  augenscheinlich  ein  mittelbarer  Schüler  des  großen 
Homerkritikers,  vielleicht  einer  der  unbedeutenden,  den  zu  er- 
raten müßig  ist.  Besonders  lehrreich  ist  der  Vergleich  n^it  den 
Schollen  des  Venetus  A,  die  uns  Aristarchs  Kritik  mittelbar  über- 
liefert haben.  Es  versteht  sich  von  selbst,  daß  bei  so  alten  Scho- 
lien,  wie  sie  der  Papyrus  bietet,  alles  Beachtung  verdient,  auch 
wenn  man  es  nicht  mit  Sicherheit  auf  Aristarchos  zurückführen 
kann.  Die  Erläuterungen  sowohl  sachlicher  als  sprachlicher  Dinge 
sind  ausführlich;  den  höchsten  Wert  hat  aber  das,  was  der  Kom- 
mentar zur  Begründung  der  kritischen  Zeichen  Aristarchs  sagt. 
Den  Homertext,  der  zugrunde  liegt,  wird  man  nicht  ohne  Weiteres 
für  den  des  Aristarchos  erklären  dürfen  Vgl.  Kap.  5. 
Der  andere  Kommentar,  der  Ilias  21  behandelt,  ebenfalls  recht 
umfangreich,  gehört  der  Schrift  nach  ins  2.  Jh;.  p.  C,  sein  Verfasser 
aber  ins  1.  Jh.  p.  C,  da  er  außer  den  großen  Alexandrinern  Zeno- 
dotos,  Aristophanes,  Aristarchos  zwar  Aristonikos  und  Didymos 
anführt,  jedoch  Herodianos,  den  großen  Kritiker  des  2.  Jh.  p.  C, 
nicht  nennt.  Man  hat  diesen  Kommentar  aus  Gründen,  deren 
Darlegung  hier  zu  weit  führen  würde,  einem  Ammonios  zuschreiben 
wollen;  allein  von  Gewißheit  ist  keine  Rede,  und  so  wird  mit 
dem  Namen  nichts  gewonnen.  Wichtig  ist  dagegen,  daß  unser 
Papyrus  nicht  als  Quelle  oder  frühere  Stufe  der  Schollen  des 
Venetus  A,  auch  nicht  der  Vulgatscholien  D  zu  betrachten  ist, 
vielmehr  eine  beachtenswerte  Verwandtschaft  mit  der  Scholien- 
klasse  T  B  und  G  (Genf)  zeigt  und  ihr  damit  ein  gewisses  An- 
sehen verschafft.  Auch  dieser  Kommentar  gibt  sachliche  und 
sprachliche  Erklärungen,  die  sehr  reichhaltig  und  gelehrt  sind 
und  u.  a.  eine  Menge  von  Zitaten  namentlich  aus  Dichtern  bei- 
bringen. 

Kommentar  zu  Ilias  2:  Oxy.  VIII  1086.  Vgl.  A.  Körte,  Arch.  f.  Pap.  VI  252. 
Kommentar  zu  Ilias  21:  Oxy.  II  221.  Vgl.  v.  Wilamowitz,  GGA  1900,  28ff, 
Crönert,  Arch.  f.  Pap.  I  r)83ff.  Textprobe  des  ersten,  Oxy.  VIII  1086,  61ff.: 
Lemma  B  701—795  (794  fehlt  im  Pap.):    ti[a]ajo    d^    (fd-oyyi^r   vsi  Ufiiäfioio 


LATERCULI.     CHf^ESTOMATHIE.  167 


Tlokirt]  —  oc  Tqwiov  ay.OTibi  i'Zt,  ^o8coy.eir;ai  TTtrcoid^cu^  —  tvuj^o)  stt'  dx^OTÜTO) 
Aiovirjno  yioovTOS  —  rä  n<fir  tetoauevt]  f/ariy/;  noda-;  djy.ia  'I^ig-  Kommentar; 
d&tTtl  TovTovs  'ApioTdO'/oi^  ÖTi  TTOMTOf  u'ev  oiÖfTTOTe  VTtÖ  ^löi  TTtunOllil  1^  fj 
Vö«--  oito/ovrai  rivi,  d/.V  nisl  aironodacoTios  TTaoayivtTat.  sri  Se  y.ai  i]  vTtöxoion 
(so  Wilamowitz,  Pap.  dTröy.oiots)  dniO-aroi'  et  yäo  titya  tov  tfulüis  tlnttv  ort 
sp/avTai  Ttapfjy.Tfu  i]  J^tg,  tövto  y.a'i  6  noK'ni]i  rjSvrnro  nou]ocu,  ei  Öh  nodi  tovto 
iva  Ol  TtoÖTSoof  fiT]  r  o'/.fio)  IT  es  eteXf^elv  Bti'/.&oJOir,  [tjJ  'lots  %mM  /.syovau  öj~  y.ai 
TTftpu  TOV  -/id~  d7teOTa/.jt/tvf].  ort  Se  "Ofirjoo^-,  orav  Tirä  tly.d'Cl  Ttj't,  y.ai  TOVi  Tioi- 
TTOvras  Xöyovs  neonid'riaiv  8i]).ov.  f;  yovv  dayr^  oi  TToXirov  eari  dkX'  vneo  tov 
Tlo}.iTr,v  (frja'i  ydo'  (b  ytoor,  alel  toi  uvO'oi  qiiXoi  äy.oiToi  tlaiv  (IQQ).  tovto  ei 
fiev  »;  '/ots  Xeyovaa,  TtneTTÖvTüis  ey.ti,  ei  Se  6  viög  Ttarpi,  dTtpeTiöis'  eSai  yäo  Xiyeiv 
to  TTÜTef).  y.ai  tö  fiv&oi  (fiXoi  ay.oiroi  eiaiv,  ö  eoriv  dycÖQiOToi,  ycolvai  yno  rö  yo>- 
oiaai,  y.at  tovto  oi  JJoXitov  tioö^  Trareon,  dy.uvövTtog  (;'«(>)  Xiyeii'  eoixei;  dXld 
uäXX.Of  rfif  "IpiSos. 

Ebenfalls  einem  Niederschlag  alexandrinischer  Wissenschaft  be- 
gegnen wir  in  einigen  Schriften,  die  verschiedenen  Stoff  in  abge- 
kürzter Form  neben  einander  stellen,  bald  einem  gedrängten 
Handbuche,  bald  auch  nur  einem  mageren  Verzeichnisse  ver- 
gleichbar. Sucht  man  heute  etwas  Ähnliches,  so  kann  man  das 
Konversationslexikon  heranziehen,  nur  mit  dem  Unterschiede,  daß 
jedes  Konversationslexikon  systematischer  und  grijndlicher  ist. 
Auch  gewisse  Schulbijcher  kommen  zum  Vergleiche  in  Betracht. 
In  sehr  vereinfachter  Gestalt,  wohl  ohne  festen  Plan  und  viel- 
leicht gelegentlich  zusammengesucht  erscheint  ein  Beispiel  dieser 
Literatur  in  den  sogenannten  alexandrinischen  Laterculi;  es 
sind  die  Reste  einer  Papyrusrolle,  wohl  im  1.  Jh.  a.  C.  un- 
schön und  nicht  sehr  buchmäßig  beschrieben.  Den  Anfang  des 
erhaltenen  Stückes  nimmt  der  Alexanderroman  ein  und  zwar  die 
Erzählung  von  Alexanders  Begegnung  mit  den  Gynmosophisten 
Indiens;  darauf  folgen  Listen  berühmter  Männer,  Werke  und 
Naturgebilde  unter  folgenden  Überschriften:  vono^iTai.  CoyQdffoi. 
ayuKuaTOTiOLoL  uröoiuvKimuoL  a.Qy^LT€'/.rovh^.  iii]yaviy.oi.  rh  tma 
ihediiara.  v^ooi  luyioiui.  oqr^  ueyio-ra.  rroiauoi  aiyiOTOi.  /.oi^vca 
y.du.unai.  Uuvui.  Alles  äußerst  kurz  gefaßt  und  fast  ohne  Satzbau 
aneinander  gereiht.  Immerhin  wirft  eine  solche  Liste  einiges  Licht 
auf  die  überlieferten  Verzeichnisse  dieser  Art,  z.  B.  bei  Hyginus, 
und  obwohl  sie  selbst  nichts  Wissenschaftliches  mehr  hat,  sondern 
gewiß  ihren  Stoff  aus  zehnter  Hand  bezieht,  lehrt  sie  uns  ein 
paar  neue  Dinge.  In  der  Anlage  ganz  entsprechend,  aber  weit 
ausführlicher  ist  ein  Oxyrhynchospapyrus,  den  die  Herausgeber 
als  Chrestomathie  bezeichnen.  Er  ist  über  eine  längere  Strecke 
hin  gut  erhalten,  die  Schrift  gehört  dem  2.  Jh   p.  C,  der  Verfasser 


168  CHEMISCHE  REZEPTE. 


etwa  dem  Ende  der  Ptolemäerzeit  oder  dem  Beginn  der  Kaiserzeit 
an.  Das  Werk  untersciieidet  sich  von  den  Laterculi  sowohl  in  der 
Darstellung,  denn  es  ist  zum  größten  Teile  in  zusammenhängenden 
Sätzen  geschrieben,  als  auch  durch  eine  mehr  wissenschaftliche 
Haltung,  führt  es  doch  seine  Quellen  an.  Am  Anfang  erkennt 
man  noch  Listen  wie  in  den  Laterculi,  es  folgt  ein  Abschnitt 
über  die  Vorsteher  der  alexandrinisclien  Bibliotheken,  und  den 
größten  Teil  füllt  ein  Allerlei  über  Krieg  und  Kriegswaffen.  Wirk- 
lich wertvoll  ist  das,  was  der  Papyrus  über  die  alexandrinischen 
Bibliothekare  mitteilt,  denn  erst  jetzt  gewinnen  wir  sichere  An- 
gaben über  ihre  Reihenfolge.  Im  Besonderen  ergibt  sich,  daß 
Apollonios  Rhodios  ungefähr  ein  Zeitgenosse  des  Kallimachos  war, 
nicht  aber  Nachfolger  des  Eratosthenes. 
Laterculi  Alexandrini  ed.  H.  Diels.    Abh.  Berl.  Akad.  1904.    Textprobe:  Kol.  8 

f^iri%avMoi'  ' Emy.odTr^s  ^H^ayj.ecojt]^  (pap.  ros)  ö  ra  [e]>^  "PöäoJi  ö^yaia  noXsfiiy.a. 
7iotJ]Oag,  IToÄviSoi  6  tt^i'  tksTioktv  er  Bv^avTicoi  y.a't  tiji'  tv  ^Pöhcai  t et [ qö.] y.vxXov. 
" AoTcuXoi  [ö]  usrä  Ssoior-   ovTÖi  EOiir  6  tev^m  tov^ EXkrjOnovrov    (Der  Erbauer 

der  berühmten  Brücke  war  bisher  unbekannt.)     JidSr^s  b  ue-t'  \Alsidi'8oo[v] 

TofvJ  ßttfajilecoi  Tvofojv  xai  rag  '/.oiTia^  7Xö}.(E)ii  no/.iooxiov.  I^ttttttu^  ö  tt]*' 
sv^OkvuTtini  Imtd^eaiv.    "AßSc^u^cog    ö    rä  ei' A[X]etnv8^eiea  f.ir,xnriy.a  ovr7e[Xöi]v. 

Jiookov  6  ibi-  ).v[ai]7i6},Eftov  .  .  .  Alles  Nähere  bei  Diels.  Vgl.  auch  H.  Diels, 
Antike  Technik  26. 

Chrestomathie:  Oxy.  X  1241.  Tolkiehn,  Woch.  f.  klass.  Philol.  191.5,  1143  ff. 
vermutet  Diokles  als  Verfasser.   Textprobe  Kol.  II,  1—21:  "  A7coklu>]v[i]oi  Id- 

Xe(oi  'AXe^rtvS^ei'ä  6  [y.J-tXovfieros  ' PöSios  KaXXnJ/näxov  yrcboiuoi'  ovros  eyevsTO 
xnl  biSday.aXoi  lov  tiomtoc  (\,  TQtrov)  ßaotXsos'  rovror  Öfijedttaro  'E^ajoad'evrjg, 
tisi)''  or  Aotaio<fdiriS  ^ATiiXXoi  Bitdvrio^  y.a'i  ^A^ioratt/oä  (Aristarch  ist  hier  ZU 
streichen),  m'  'A7ioX?.cbiioj  AXtiard'oevs  o  iSoyQd(fos  y.aXovutro-i.  /ued"^  oi'  Api- 
OTaoyOs  'AQiaidoyov  'AXei((rd'oev^  äviod'sr  Ös  lauö&^ft^.  gvtos  y.oü  SiSfdJay.aXos 
[sJyers[Tol    rcöf   tov    <Pü.o7idjoooi    (gemeint    ist   ^ETitfavovs    oder   0iXofnqTOQos) 

Tey.vcov.  usd-''  öv  KvSui  iy.  T(ör  Xoyy[o](föocov  (man  erinnere  sich  des  Vorgehens 
Euergetes  II.  gegen  die  Alexandriner;  er  machte,  wie  es  scheint,  einen  Offizier 

zum  Oberbibliothekar),  trti  de  rwi  erdno  [ßalaiXel  ■i'iy.p.aoHv  'A/^fiio[ii]os  x«i 
Zt]i'6[§otos]  (oder  Zriv6[S(ooos  l)  xai  ^io[y.Xlfli  y.al  \-i7ToXX,ö[äJco^0s  ypa/u- 
[fiajrixoi. 

in  die  Chemie  lassen  uns  ein  paar  Papyri  einen  Blick  werfen. 
Sie  enthalten  Chemische  Rezepte  besonderer  Art,  nämlich  für 
Imitation  oder  Fälschung  von  Gold,  Silber,  Perlen,  Edelsteinen 
und  Purpurfarbe.  Der  wichtigste  Papyrus  dieser  Art,  der  sich 
in  Stockholm  befindet,  stellt  einen  Papyruskodex  von  28  be- 
zifferten Seiten  in  tadelloser  Erhaltung  dar;  der  Schrift  nach 
gehört  er  ins  4.  Jh.  p.  C.  Der  Leidener  Papyrus  X  ist  ihm  im 
Inhalt    und   der   Schrift  aufs  nächste  verwandt.      Der  Text  ist 


i 


ASTRONOMIE.  ]69 


Ziemlich  mangelhaft,  namentlich  in  der  Orthographie;  das  statt- 
liche Äußere  läßt  vermuten,  daß  dies  Papyrusbuch  als  Beigabe 
einem  Toten  ins  Grab  gelegt  sein  möge.  Denn  da  diese  Papyri 
eine  Anleitung  zu  Fälschungen  geben,  mußten  sie  von  ihren  Ur- 
hebern und  Benutzern  geheim  gehalten  werden:  .nan  darf  also 
nicht  an  eine  Publikation  in  Buchform  denken.  Der  Stockholmer 
wie  der  Leidener  Papyrus  scheinen  beide  aus  Theben  zu  stammen; 
vermutlich  befand  sich  dort  c-Jn  Nest  fälschender  Chemiker. 
Lagercrantz  hat  in  seiner  Ausgabe  die  Quellen  dieser  alchimisti- 
schen Literatur  ausführlich  behandelt;  die  Kenntnis  der  Fäl- 
schungsmittel mag  wohl  auf  ägyptische  Priester  zurückgehen, 
während  sie  sich  später  mit  dem  Namen  Demokrits  herauszu- 
putzen suchte.  Deutlich  ist  aber,  daß  wir  es  hier  nicht  mit  Zaube- 
rei, sondern  mit  ernsthafter  Chemie  zu  tun  haben,  die  gewiß 
ihren  Jüngern  schönen  Gewinn  eintrug. 

Ausgabe:  Papyrus  Oraecus  Holmiensis,  bearbeitet  von  O.  Lagercrantz,  Uppsala 
und  Leipzig  191.3  mit  ausführlichem  Kommentar  und  Übersetzung  des  Textes, 
grundlegend  für  diese  Literatur;  vgl.  H.  Diels,  Antike  Technik  108ff.  v.  Lipp- 
mann, Chemische  Papyri,  Chemikerzeitung  1913  Nr.  9.3.  96.  100.  101.  Probe 
p.  8,  Seite  J  des  Papyrus,  Zeile  27—42:  fiuoyaohoi  yioirjon.    t.aßwv  U&of  ei- 

ü'ovTiror,  öi  koriv  OTiay./.äoiOf^  roTii'Of  y.al  Kaßotv  yd).a  ßobs  y.rt'i  ■i()aydy.n(v)it'av 
ßoe^e  fjfi(e^a?)l..  otuv  ytiTiZcu  CLTinköv,  Sid/(,£oi',  tots  ykvr^tai  wi  yhoibi  n(f/i,  y.a'i 
y.r^()bv  TVQQr]viy.bv  Tfj^ov  y.al  coov  rb  kevy.bv  y.tu  vSoä{Q)yiQor  —  ifj-i  lüv  vÖpao- 
yvQOv  fiii^Qt])  ß  70V  ZE  Ud'ov  f.ie(ot;}  y,  T&i'  Öe  komöii'  Ttdfjcjf  ey.doTOv  ni(oos)  a 
—  y.al  tti^uä  ffvoaoov  fierä  vdoaoyvoov  y.al  t^b  T^ayay.urd'r.i  y.al  mv  o)ov  rov 
dQviS'(i)ov  TTj^of  y.al  fteicoi'  toT^  i'yooT~  näoiv  y.al  jöre  tov  hi&of,  ov  Tioists, 
TToiei  ely.daai,  aTzoXt-d'ovzat.  ydo  za/v.  y.al  7ioit]Ooi'  zvnov-i  ßad'eti  01  ooyyv?.ovs  y.al 
vyoovs  dvras  adzovg  zirou  y.al  f:a  Trayfjrac  yal  ttKiov  ^pao.  TiaXioi')  ddörTiiis  xai 
fiirai,    ysiQiod'ki-    ai^s>    Ott,    i-Tito   zbr  (fvoty.ör.     (oney./.aoior  =  specularium,    lapis 

specularis  =  Fensterglimmer;  vorher  I.  w^- statt  o=  ö^o/t/;:*«/  wohl:  mit  einem 
Zahne  glätten). 

Während  die  Papyri  uns  nur  wenige  im  engeren  Sinne  astrono- 
mische Werke  geschenkt  haben,  ist  die  Astrologie  in  allen 
ihren  Formen  zahlreich  vertreten.  Sehr  merkwürdig  ist  ein  Zwie- 
gespräch des  Piaton  mit  dem  Ägypter  Peteesis  über  die  Bedeutung 
der  Sterne  und  Sternbilder,  da  es  die  verbreiteten  Anschauungen 
vom  Einflüsse  ägyptischer  Weisheit  auf  griechische  Weise  spiegelt; 
leider  ist  nur  wenig  erhalten.  Frei  von  jedem  astrologischen  Zuge 
ist  der  Kalender  von  SaTs,  zugleich  der  älteste  seinei  Art; 
die  Schrift  führt  auf  die  erste  Hälfte  des  3.  Jh.  a.  C,  und  astro- 
nomische Nachprüfung  hat  ergeben,  daß  die  Angaben  des  Ka- 
lenders auf  die  Zeit  um  300  a.  C.  passen.    Voran  geht  eine  Ein- 


170  ASTROLOGIE. 


leitung  in  Briefform,  worin  der  Verfasser  sein  Wissen  auf  einen 
weisen  Mann  in  Sais  zurückführt;  da  aber  augenscheinlich  die 
Anschauungen  des  Eudoxos  dem  Kalender  zugrunde  liegen, 
scheint  der  erhaltene  Text  eine  in  Unterägypten  verfaßte  Ver- 
arbeitung eudoxischer  Astronomie  zu  sein  mit  dem  besonderen 
Zwecke,  als  Lehrbuch  zu  dienen.  Der  Kalender  setzt  das  ägypti- 
sche Wandeljahr  von  365  Tagen  voraus  und  führt  nur  solche 
Tage  an,  über  die  etwas  Wesentliches  zu  bemerken  ist;  er  be- 
rücksichtigt Tag-  und  Nachtgleiche  und  Sonnenwende,  also  den 
Wechsel  der  Jahreszeiten,  den  Lauf  der  Sonne  durch  den  Tierkreis, 
Aufgang  und  Untergang  einiger  Gestirne,  teilt  die  genaue  Länge 
von  Tag  und  Nacht  mit,  macht  Angaben  über  das  Wetter  und 
über  das  Steigen  des  Nils  und  nennt  endlich  eine  Anzahl  ägypti- 
scher Feste,  darunter  das  von  Herodot  II  62  beschriebene  Lampen- 
fest der  Athena-Neith  in  Sais. 

Ganz  anders  sieht  ein  gleichfalls  gut  erhaltener  astrologischer 
Kalender  aus  Oxyrhynchos  aus,  der  im  Inhalte  wohl  auf  ptole- 
mäische  Zeit  zurückreichen  mag,  während  die  Handschrift  ins 
2.  Jh.  p.  C.  gehört.  Nach  einer  Bemerkung  des  Porphyrios  bei 
Euseb.  Praepar.  evang.  III  4  über  den  berühmten  Chairemon 
und  die  sog.  Salmenichiaka,  die  zu  den  hermetischen  Schriften 
gehörten,  gewinnt  man  den  Eindruck,  daß  unser  Papyrus  mit 
seinem  durchaus  ägyptischen  Gepräge  den  wesentlichen  Zügen 
jener  Salmenichiaka  entspricht.  Er  teilt  das  Jahr  in  Wochen 
zu  je  fünf  Tagen,  gibt  zu  jeder  Woche  eine  kurze  astronomische 
Bemerkung  und  reiht  dann  den  vorstehenden  Gott  an,  wobei 
er  die  großen  Götter,  ^toi,  von  den  kleinen,  den  y-garaioi,  zu 
unterscheiden  scheint;  die  Beziehung  zu  den  ägyptischen  Dekanen 
liegt  auf  der  Hand.  Auf  eine  Beschreibung  des  Gottes  folgen 
allerlei  Zeichen  und  Wunder  sowie  die  günstigen  oder  ungünstigen 
Wirkungen  im  öffentlichen  und  privaten  Leben.  Solche  Ka- 
lender leiten  bereits  zu  den  Horoskopen  hinüber,  die  unter 
den  Papyri  zahlreich  sind;  auch  eine  Anleitung  zum  Horoskop- 
stellen  ist   erhalten. 

Kalender  von  Sais:  P.  Hibeh  1  27;  man  vergleiche  die  nach  Eudoxos  schlecht 
gearbeitete  EiSöiov  -rt/vi]  P.  Paris  1.  Textprobe  des  Kalenders  von  SaTs: 
Kol.    IV,  55  ff:    zum    1.  Choiak:     [f]J   vv^   mqmi-   lyi  Jfi't    (\.  i't    statt   iß"), 

fl  Se  fifiiQa  cß'ak'q-  (l3'/,5  ^45  =  13*/45  und  10^/,  V5  '/so '/90  =  10*V45)  N^  '^C"- 
Tovoos  äy^oiii)yos  E7ineX},ai,  [rjj  vv^  ojfiöiv  i-i;^' i  e  li e  ,  t)  S'  ij/uf^a  la&'i'X'  ('[2^*|^^ 
und  11'\'45)«  f^jS  Exifai'os  dyocövvxoa  sTTneXkti  [y.Jal  ßoQtui  TTveiovoii' öovid'iai^ 
7)  rv^  i'äfojcör  ißU.',  fj  di  rjfiEQa  layi'/.'  {\2^j^^  und  H'/iö)-     'Oot^tg  [Ttjepinkel  xai 


KESTUl   DES  AFRIKANUS.  171 

■/Qvaovv  TT/.otoi'  s^dfysjTHi  (Plut.  de  Iside  13).    Teil    e    tr  tüii  Koiwi  (nämüch 

die  Sonne),  y-  larjue^ia  [eajotnj,  [tj]  vv§  ojoütr  tV  y.at  fjutoa  t.i^  ["■]''■'■  ^oo[r]tj 
<Pito)ocöiO'i.  y.t  n'/.aiäÜtg  [dy.] odjt'vyjot]  Svrorfujii',  i;  ri'l  cjqüv  la/i'/q  [i]]  ä' 
f^uioa  [iJßi'X'fi'e  (ll'^/^g  und  IS'/^j).  ils/tio  i  er  toji  [TJaiocoi  laÖtg  dxocö- 
vv/fii  Svvovaiv,  [f]]  rvl  wQ&y  utLi'/.'e  (1.  ).'q  Statt  ^•'*'),  '/  ^'  r^fitoa  i-iy  u  t  (ll**/^^ 
und    12"*/^5),   y.ai    Iloa   y.dti    USW. 

Astrologischer  Kalender:  P.  Oxy.  III  465;  vgl.  bes.  Boll,  Arcli.  f.  Pap.  I  492ff. 
und  P.  Soc.  Ital.  111158.    Textprobe  Kol.  I  lOff. :    ffiaouovd-ft]   drco   n  ton  x. 

i'Öooyöqj  (1.  iS^o/öoi')  ö  sarir  uelg  <Pa(>uov[d'iJ  drcö  is  t(og  y..  ö  Sf  y.oaraidi  airov 
öroua  aircö  earii'  NeßiJ,  /urjvvsi  keyojv  ort  ovtös  ioTiv  ö  y.vocof^J  rcöv  7to/.e[/u]üji' 
y.a'i  Tov  Xöyov.  6  tvttos  airov  ärfSoJiäg  ötj&ög,  rö  rroöawTior  yinöi,  inafÜJrjov 
eyifiiv  inX  Tijg  y.B^aXf^s,  eis  Si  TMTiiaco  TToöacoTToy  s/cov  6(fe(Os,  me^vyag  eyiov  Svo, 
TTöSag  t.iovroi,   X/ovroi  (1.  eyoji)    uayaioa-    S,   t«   TCftöooirra  yoiaä.    (Dicser  wic   die 

anderen  Typen  ist  nicht  unter  den  alten  ägyptischen  Göttern,  sondern  unter  den 
Dämonen  spätester  Zeit  zu  suchen).  Srj.oi  oiv,  on  6  ijyovuevoi  usiiivrioEnoTtays 
(unverständlich)   y.uy.a   (Sinn   etwa:   er  sinnt  auf  Unheil),  torai  nölsfios  drjSia 

udy^r^  y.al  earai  TT^dg  rovg  öy'/.ovs  y.onoKoyovfievo(i)  ojg  (fÜ.o~.  earai  de  eni  rijs 
d^yfis  {ai)rov  d7ToardT>;s,  y.ai  :i[ö]'/.tuo[g  ejaiai  y.cü  dno'lovnai  7ioX}.ui  nöXeis 
rfja  [Aijyi'-Tifrojv  [ya'ij  Sc[ä  rjof  anooTarr^v,  xd.  ydo  arjtieizja  tov  [y.ai]o[ovj 
rrokeuofv)  sariv  y.ai   drSiag   y.a'i   [fidyqg  y.n'i   nJofXlJßr  d7Td}?.e{ i)a   iorai   USW. 

Eine  besondere  Stellung  nimmt  das  Bruchstijck  aus  den  Kestoi 
des  Africanus  ein;  erhalten  ist  der  Schluß  des  18.  Buches  mit 
dem  Titel  'lovUoi-  Uffoc/avoC-  y.eoih^  ir  in  einer  Handschrift 
aus  der  Mitte  des  3.  Jh.  p.  C,  die  daher  nur  wenig  jünger  als 
der  Verfasser  ist,  trotzdem  aber  ziemlich  viel  Fehler  enthält. 
Jetzt  erst  wird  sicher,  daß  der  Verfasser  der  Kestoi  und  der  mit 
Origenes  befreundete  christliche  Schiiftsteller  ein  und  dieselbe 
Person  smd.  Die  Kestoi  enthielten  ein  buntes  Allerlei,  das  sich 
mit  kurzen  Worten  nicht  umschreiben  läßt;  im  Papyrus  teilt 
Africanus  eine  in  die  Nekyia  eingeschobene,  ganz  im  Tone 
der  Zaubertexte  gehaltene  Totenbeschwörung  des  Odysseus  mit 
(Odyssee  11,  34 — 43)  und  verteidigt  sie  als  wertvoll  unter  Berufung 
auf  Handschriften  in  Jerusalem,  Nysa  in  Karlen  und  im  Pantheon 
zu  Rom.  Trotz  dem  Unsinn  ist  dies  für  seine  Methode  wichtig; 
er  gibt  sich  zwar  als  literarischen  Kritiker,  aber  der  Zauberspruch 
an  sich  interessiert  ihn  vor  allem.  Bemerkenswert  ist,  was  er 
über  sein  Verhältnis  zur  Pantheonsbibliothek  sagt,  und  vorher 
seine  Erwähnung  der  Pisistratiden  und  ihrer  Leistungen  für 
Homer. 

Oxy.  111  412.  Vgl.  Blaß,  Arch.  f.  Pap.  3,  297.  v.  Wüamowitz,  GOA.  1904, 
6.Ö9  Anm.  2.  Obwohl  der  Text  nicht  überall  feststeht,  gebe  ich  die  2.  Kolumne; 
vorausgegangen  ist  die  Odysseestelle  samt  der  Beschwörung,  «ir'  öi%-  ovrcog  tyov 

aiibi  6  7T0irjr,i  jö  Tttoitoyor  Tf,i  i:ru,pr;oto>i  tu  a'ü.a))  Öid  rö  rfjs  vno&ioeojs 
diiiofia     oaaia>7ir]y.tv,     ei»'    oi     ntioiOT^aiibai     lä    u/.ht     ovvodnTOvreg    tTtr,     Tavra 


172  ZAUBERTEXTE. 

d.Tieayiaav  dXXoTQin  tov  aroixov  rfj^  rcoirjoeMs  exeifvj  eniy.gsivavres  enr]^  bficog 
syvcav  (Grenfell-Hunt :  e:i[l]  7ioXko[l]s  syvo>v)  ärs  xvrjfta  [7to]).vTe[k]eaTSQOV 
eTteixfiiJs  (1.  t.rcxfjs,  aber  auch  sTrogy.fiaJi  Statt  ETtiooxias  scheint  möglich)  a-ördg 
kvTavd'oi  yMiära^a  (WÜ.  1.  >c«r«rä|««),  r/;*-  t'  ö[/.]r^i'  (Gf.-H.  ts[.Jt]v  WÜ.  tj^j^ 
yeffijfjv)  ovvnaoav  vTiöd'Ean'  dvay.tiuevrjv  s[i]gsaeie  (sic)  «*'  tc  toI^  aoyeiois  rrjs 
uoyaiag  TifaJzgiÖo^  yoAiorefiaJi  [AJi/.iag  KaTtiTtoXeivrjg  T?]ä  ITalaiaTsivrjfg]  xiif 
Nijor]  TTJs  Kaolas,  ueygi  8s  tov  rgigxaiSexdTov  sv  'Ptbfit]  TtQog  raZg  'AXs^dvSgov 
Oepualg  sv  rfj  sv  ITavd'suo  ßtßXtod'rjxri  itj  y.aXfi,  fif  airdg  rj^-ynsutövriaa  tcö 
—  SfSao'KÖ. 

Die  Zauberpapyri,  deren  viele  erhalten  sind,  gehören  nur  zum 
Teile  in  die  Literatur,  wenn  auch  die  meisten  Zaubertexte,  die 
auf  einzelnen  Blättern  für  bestimmte  Gelegenheiten  niederge- 
schrieben worden  sind,  einem  Zauberbuche  entnommen  sein  mö- 
gen. Hier  kann  ich  von  ihrer  Art  nur  ein  Beispiel  geben,  das 
besonders  geeignet  ist,  weil  es  sich  ausdrücklich  auf  ein  soge- 
nanntes hermetisches  Buch  beruft  (Vgl.  Kap.  16).  Es  ist  ein 
Buchstabenzauber  aus  dem  3.  Jh.  p.  C,  der  das  eigentümliche 
Gemisch  ägyptischer  und  griechischer  Elemente  zeigt,  wie  es  im 
Zauber wesen  blühte:  Hermes  hat  in  seiner  ägyptischen  Gestalt 
als  Thoth  mit  der  Schrift  zu  tun,  aber  das  griechische  Alphabet 
liegt  dem  Zauberspiel  zugrunde,  und  ebenso  steht  die  den  Osiris 
suchende  Isis  auf  der  Grenze  beider  Welten.  Sehr  beliebt  war 
auch  die  Deutung  gewisser  Vorgänge,  namentlich  der  unwill- 
kürlichen Zuckungen  des  Körpers  auf  das  Schicksal  des  Menschen, 
und  diese  Zuckungsliteratur  findet  sich  in  mehreren  Papyri 
vertreten,  die  das  aufs  beste  ergänzen,  was  aus  anderen  Quellen, 
z.  B.  dem  sogenannten  Traktate  des  Melampus,  darüber  bekannt 
ist.  H.  Diels  hat  den  Gegenstand  in  den  Abh.  d.  Berl.  Akad. 
1908  unter  dem  Titel  ,, Beiträge  zur  Zuckungsliteratur  des  Okzi- 
dents und  Orients"  grundlegend  behandelt.  Offenbar  hatte  sich 
diese  Wissenschaft  bis  ins  einzelne  entfaltet:  für  die  Zuckung 
jedes  Körperteiles  bis  zu  den  einzelnen  Zehen  hinab  wußte  man 
Deutungen,  die  besonders  häufig  auf  gewisse  Menschentypen  ein- 
gestellt sind,  den  Sklaven  und  den  Soldaten,  die  Witwe  und  das 
Mädchen,  vielleicht  weil  unter  ihnen  der  Aberglaube  seine  eifrig- 
sten Anhänger  besaß.  Wenn  die  Anrufung  bestimmter  Götter 
empfohlen  wird,  sind  es  griechische,  nicht  ägyptische.  Ein  sehr 
ausführliches  Beispiel  besitzen  wir  in  einem  Papyruskodex  des 
4.  Jh.  p.  C,  der  sich  durch  sein  ungewöhnlich  kleines  Format 
als  handliches  Taschenbuch  verrät. 

Zauber:  Oxy.  VI     886:    asydXr^    loig    fj   y.vpia,      dvTiyoaifov  isoäg  ßißXov  tfjg  svos- 
Tia>]i  (sie.)  £1'    ToTg    tov  'Eoirov    miiioig.      ö    St    TooTVog    iorlr  rd   Tcsofi]  t«   yodu- 


f 


ZAL'BERTEXTE.  173 


fidja    v.d-  (so,   nicht   24   oder  25)     Üi     wr    E^fi^e    y-f   ' i;  'Ion     ^rjjovaa     tav7f;i     TÖr 

dSe/.^df  y.h  arS^a  'Oai^eiv.  tniy.aXov  ((fte)}  (zu  tilgen,  der  Schreiber  dachte 
an  das  übliche  smy.aXovfuu,  das   aber  hier  nicht  paßt)    töj-  (tjXiov)  y.e  jovs  ev 

ßvd'cS  d'sovg  Tcdt'xag  ne^'t  wv  d'e/.ig  y././.doiia&fjrai.  Xaßwv  (fvvixos  (1.  (foiiinoi') 
ÜQOtvoi  (fv%).a  yd"  e7riy(f(aifoi')  sp  exdaro)  rcöv  tfvXXwv  rä  rcör  d'e&v  ovöuaiu  y.'t 
STtev^duevos  'ioe  (1.  aloe)  xrerä  Svo  Svo,  lo  de  v7io}.i.7iö[ft]evov  eayaror  dväyrojri 
(sie)  ye  ev^ijais  oov  ttjv  xXrjSöva  iv  oh  /uereoreiv  xal  xorj/ua&iad'^ar,  (sic.)  TrjXrivycJi. 

Zuckungsbuch:  Ryl.  28.    Textprobe  Fol.  7  Verse,  180  ff.:  noiis  de^ids  iäv  äX- 

XrjTai,  d£07iÖTt]S  soTai  7ioXXü>r  dyaS'öir  y.ai  xj-rjuäTiov,  SovXog  Ss  eXev&eoos  iorai. 
Tiovs  d^iaT£(>ds  säv  äXXrjac,  oiiuaivi  ainbv  knl  Xöyto  y.ai  nioTi  TiX.afr'd'fjrufiJ  y.ui 
SSöp  no^evofievq)  ivnodiad'firai.  ei'xov  'KofisZ,  201  ff:  eäv  ö  r^iros  (SdyrvXoä 
^e^iov  TToSdgJ  äXrjTac^  drjSiup  arjfiaivi  xai  fid^ns  e^ei  dtd  d'rjXvy.bv  iiQÖawTtov, 
sTtsira  eixf^av&fjVai,.  eij^ov  ^lovvaoy.  kdv  Se  6  fieyag  äXrj'cai,  orjfiairi,  dvjör 
äovXoi'  oi'T«   SeoTtorevadt  yal  Ttdarjs  XvTtr^i  dnaXXayfivai. 


X.  PAPYRI  NEUEN   INHALTS.     Ö=IRISTLIG=IE   UND 
LATEINISCHE  TEXTE. 

Unter  die  wichtigsten  aber  auch  schwierigsten  Papyrusfunde  ge- 
hören die  sogenannten  Logia  Jesu  und  die  Bruchstücke 
unkanonischer  Evangelien.  (Vgl.  im  Allgemeinen  Kap.  16.) 
Bei  den  Aussprüchen  Jesu,  von  denen  Grenfell  und  Hunt  zwei 
Fragmente,  beide  auf  Papyrus  und  in  Handschriften  des  3.  Jh. 
p.  C,  entdeckt  haben,  entsteht  sogleich  eine  ganze  Reihe  von 
Fragen,  die  den  beiden  Oxfordern  Gelegenheit  zu  ausführlicher 
Erörterung  in  Oxy.  IV  p.  10 — 22  gegeben  haben;  hier  kann  ich 
nur  ein  paar  Punkte  herausgreifen.  Es  scheint,  daß  die  beiden 
Logia-Stücke  derselben  Sammlung  angehören,  denn  die  äußere 
Form  ist  dieselbe,  da  alle  Aussprüche  durch  ein  'Kiyi.L  ''iriooCg 
eingeleitet  werden,  wenn  auch  das  zweite  Stück  in  einem  Falle 
eine  das  Wort  Jesu  vorbereitende  Bemerkung  bringt.  Der  Inhalt 
ergibt  für  den  Zusammenhang  keinen  unmittelbaren  Beweis,  da 
es  bisher  nicht  gelungen  ist,  eine  Gedankenfolge  zu  erkennen, 
jedoch  scheinen  beide  Stücke  zu  den  kanonischen  Evangelien  wie 
zu  dem,  was  man  von  unkanonischen  weiß,  ebenso  zu  gnostischen 
Anschauungen  in  demselben  Verhältnisse  zu  stehen.  Das  zweite 
Fragment  beginnt  mit  einem  einleitenden  Satze,  der  das  Folgende 
als  Reden  Jesu  bei  bestimmter  Gelegenheit  und  an  bestimmte 
Personen,  darunter  Thomas,  bezeichnet;  aber  es  folgt  nicht  daraus, 
daß  wir  es  mit  einer  Sammlung  der  Aussprüche  Jesu  zu  tun  hätten, 
wie  man  sich  etwa  die  auf  Matthäus  zurückgeführte  Sammlung 
der  Logia  vorstellen  darf.  Vielmehr  kann  es  sich  auch  um  eine 
Schrift  von  der  Art  handeln,  die  man  unkanonische  Evan- 
gelien nennt;  die  Papyri  haben  uns  mehrere  Beispiele  dafür 
geschenkt.  Auch  in  diesen  Bruchstücken  begegnen  wir  fast  immer 
dem  redenden  Jesus,  und  wenn  die  Rede  etwa  durch  ein  paar 
erzählende  Worte  eingerahmt  ist,  so  trifft  das  auch  auf  das  zweite 
Stück  der  sogenannten  Logia  zu.  Ein  grundsätzlicher  Unter- 
schied der  Logia  von  den  Fragmenten  unkanonischer  Evangelien 
hat  sich  bisher  nicht  beweisen  lassen,  und  ihre  von  Grenfell  und 


LOGIA  JE-SU.     FiVANCr-LIEN.  ]  75 


Hunt  verfochtene  Selbständigkeit  ist  nicht  mehr  als  eine  jMög- 
lichkeit.  Wie  die  Logia  sich  zu  den  kanonischen  Evangelien  und 
einigen  der  unkanonischen,  insbesondere  dem  Ägypterevangelium^ 
dem  Hebräerevangelium,  dem  Thomasevangelium  und  anderen 
oder  zu  den  löyoi  uTxüv.ovtfoi  nach  Matthäus  verhalten,  hat  die 
Theologen  stark  beschäftigt  und  zahlreiche  Arbeiten  von  Harnack, 
Zahn  u.  a.  hervorgebracht.  Sicher  ist  die  Anlehnung,  man  darf 
sagen  die  Übereinstimmung  des  einen  Logion  mit  einem  Zitate 
aus  dem  Hebräerevangelium;  ferner  schließen  sich  mehrere,  im 
ersten  wie  im  zweiten  Fragment,  an  Stellen  der  Synoptiker  an 
und  zwar  so,  daß  ein  hier  überlieferter  Ausspruch  Jesu  entweder 
durch  einen  Zusatz  verbreitert  wird,  ohne  am  Gedanken  zu  ändern, 
oder  weitergeführt  und  im  Gedanken  nach  emer  neuen  Richtung 
entwickelt  wird.  Gute  Beispiele  dafür  sind  das  5.  Logion  des 
ersten  Fragments  und  das  2.  Logion  des  zweiten  Fragments.  Die 
Erweiterung  verläuft  dann  in  gnostischer  Richtung,  die  auch 
sonst  mehrfach  zutage  tritt.  Abgesehen  von  dem  einen  Falle,  wo 
die  Berührung  mit  dem  Hebräerevangelium  deutlich  ist,  läßt  sich 
eine  volle  Übereinstimmung  mit  einem  der  unkanonischen  oder  der 
kanonischen  Evangelien  nicht  sicher  nachweisen,  denn  die  unver- 
kennbare Verwandtschaft  im  einzelnen  kann  ebenso  gut  darauf 
zurückgehen,  daß  unsere  Logia  durch  den  Gedankenkreis  und 
die  Literatur  der  apostolischen  und  nachapostolischen  Zeit  be- 
einflußt sind,  ohne  sich  von  einer  uns  bekannten  Quelle  unmittel- 
bar herzuleiten.  Um  über  Herkunft,  Zeit  der  Entstehung  und 
Beziehung  zu  gnostischen  Gedanken  sicher  urteilen  zu  können, 
müßte  mehr  erhalten  sein;  heute  wird  man  über  Vermutungen 
nicht  hinausgelangen,  die  im  einzelnen  hier  zu  besprechen  der 
Raum  verbietet.  Was  ich  soeben  über  die  Erweiterung  synop- 
tischer Aussprüche  in  den  Logia  sagte,  gilt  in  vollem  Umfange 
von  einem  anderen  Fragmente,  das  Grenfell  und  Hunt  als  Bruch- 
stück eines  unkanonischen  Evangeliums  veröffentlicht  haben, 
denn  hier  wird  eine  Stelle  der  Bergpredigt  in  anderer  Richtung 
weitergeführt,  zugleich  in  nahem  Anschlüsse  an  eine  erhaltene 
Stelle  des  Ägypterevangeliums  (Oxy.  IV  655).  Indem  ich  die  meisten 
Evangelien-Fragmente  solcher  Art  übergehe,  hebe  ich  nur  noch 
eines  hervor,  das  besonders  gut  erhalten  und  besonders  bezeich- 
nend ist;  ein  Pergamentblatt  aus  einem  kleinen  Buche  in  Taschen- 
format, etwa  aus  dem  4.,  spätestens  5.  Jh.  p.  C,  hat  es  uns  ge- 
rettet.    Es  enthält  eine  lebhafte  Auseinandersetzung    Jesu 


176  LOOIA  JESU.     EVANGELIEN. 

mit  einem  Hohenpriester  über  die  innere  Reinheit  gegenüber 
der  äußeren,  in  erkennbarem  Anschlüsse  an  Matth.  15,  Iff.  und 
Mark.  7,  Iff.,  aber  nicht  ohne  wesentliche  Änderungen.  Viele 
Angaben  über  den  Tempel  und  über  jüdische  Gebräuche  gehen 
sehr  ins  einzelne  und  offenbaren  eine  beachtenswerte  Sach- 
kenntnis, obgleich  nicht  alles  der  Kritik  Stand  hält,  sondern 
mancherlei  um  der  Wirkung  willen  ausgemalt  zu  sein  scheint. 
Soviel  nur  zum  Überblick;  wer  eindringen  will,  muß  ein  genaues 
Studium  an  diese  Dinge  wenden. 

Die  Logia  sind  publiziert:  Oxy.  I  1  und  IV  654,  das  erste  Stück  ist  ziemlich 
gut  erhalten,  obgleich  auch  hier  nicht  alle  Ergänzungen  feststehen.  Im  zweiten 
haben  die  Herausgeber  einen  Text  herzustellen  versucht,,  dem  ich  unten 
nur  teilweise  folge,  im  Allgemeinen  nehme  man  alles,  was  nicht  im  Papyrus 
steht,  sondern  ergänzt  ist,  kritisch  auf  und  bedenke,  daß  sehr  vieles  Vermutung 
ist-  Die  zahlreichen  Stellen  aus  apokryphen  Evangelien,  die  Grenfell  und  Hunt 
beibringen,  muß  ich  ebenso  weglassen,  wie  die  in  Betracht  kommenden  Stellen 
der  kanonischen  Evangelien,  die  im  übrigen  leicht  zu  finden  sind. 

Oxy.  II:  1)  x"*  TÖze  Sidßklu'eins  eaßaKslf  ib  y.doij oi  ib  Iv  tcö  dcfd'uX/niö  rov 
dSelffov  nov.  2)  ?J}'ei'Ji]novg  (pap.  Tc)'  tat'  fir]  vrjarevariTe  (pap.  Ta«)  rör  xöojuop, 
od  fiT]  EV^rjre  (pap.  Tai)  lijv  ßaaiXeiap  lov  6aov  (pap.  '^i ),  ?<««  ««'  fJ-rj  oaßßmlorii e 
TÖ  adßßarov,  ovy.  öipeod'e  ibv  nareoa  (pap.  ttoc^).  3)  Xkyei  ^Ir]Oovi;'  e[ajTT]v  kv 
fiäaco  Tov  yöofiov  y.al  sv  oa^xsl  dj^-d'/jv  avtoTs  y.a'i  evqov  Tidnas  fit&vovrwi  yal 
oiSeva  svoov  Stitföjvza  ev  aiioti,  y.al  Tiorel  17  '>j'vyji  fiov  sTil  rols  vioTi  idbv  di'd'ocb- 
Ttcov  (pap.  avcov),  ÖTi^  Tv<f).oi  stait^  t/^  y.a^Siu  <t.vr(ö[v  7  y.al  oii  ßXs[novoi,r  (größere 
Lücke)  4)  .  .  .  T]i]i'  ntcaytiav.  5)  [keyjet  ['Irjaovi-  bnjov  Idv  Siatv  [ß,  oi'<yJ  sflaijv 
äd'soi,  y.al  [äjTtov  s[h]  sotiv  iiövog,  [Xejyw  h/to  eifii  /äst'  avrfov]'  eyeif^Jov 
TOV  )ä9'ov,  y.dy.El  svor'jiisis  fie,  o/ioov  tö  ^i'?.oi\  y.dyöi  ky.tZ  sliti.  G)  Xiysi  'Irjaovs' 
oix  eariv  Sexrbs  7iou<j^'rr]g  er  rf^  TtaroiSi  (pap.  n^tÖi)  aitTfoJv  oii§£  iar^bi  rcoieZ 
d'BQaTteias  sig  rovs  yeivcboxoi  tu,  ninöv.  7)  Xiyei.  'Irjaovg'  nöXis  oly.o8o/ii]fievrj  in 
ay.oov  [b^oovi  vwr^Xov {{•;))  yal  enTr;Qiyfitir^  oi're  nsfajelv  Svvaiai  oi're  y.ovfßjrjvai. 
8)  läyei  'lr]aovg'  dy.oven  [s]h  tb  tp  ojtLov  oov^  rb  [Se  ere^or  avvey.laiaas  .  .. 
Oxy.  IV  6.54:  ol'Toi  Ol  köyoi  (pap.  onoioioikayoi)  ol[...  ove  sldjXr^aev 'Irjaovs 
(pap.  </;c)   ö   ^cöi'  yfarevdiTTior  Marß'iaffJJ   y.ni  Hioiiä  y.al  emev  [.  ,  ,  öorigl  av  tojv 

Xöyoiv  tovt[mv  dy.ovoTj,  &avdrovl  ov  firj  yevotjTai (Herstellungen  Z.T.  nach VVilamo- 

witz).     1)  Xeyti' Ir^aovs']  fii]  navadad'ü)   b  i^rjrfcöv ecos  av]  ev^rj,  y.al  drav 

svQli  [d'uftßrjd'rioeTni  y.al  ü'a/Li] ßrjd'sls  ßaaiXevaei  (pap.  ar)  ya[i  ßaatXevoai  dvarca-] 

rioEiai  (vgl.  Clemens   Alex.  Strgm.  V  14,  96,    aus    dem    Hebräerevangelium: 

oi  Tiavaerni  b  ^i.röir^  ecos  är  ei'or^,  ei'QOJV  de  xi'nußrd'i^oeTai.  d'nfißrjd'els  Se  ßaaiXevoei, 
ßaaiXevoag  de  sjtavaTtai^aejai.)  2)  Xeyei  'Ifriaovs'  Xeyovuiv]  ol  eXy.ovres  fjnäg  [ei-; 
rbp  y.öofiop,  orij  fj  ßaaiXein  et'  oiioafvcp  iariv.  tXeyyei  StJ  t«  Tieretvd  rov  oiofavov 
xal  Tcäi'  t,iöov  öJti  vnb  irjv  yfjv  sar [tv  ?]  sTil  r^g  yijg  yal]  ol  lyü'ijes  t^»  &aXd[aar,i 
ndvres  öS/jyovvJzes  vftäg'  y.nl  /;  ßaafiXeia  rßv  ov^ai'dn'J  evrbs  vud>v  [ejari  [xal 
dang  dv  kavibv]  yviö,  tavTrjv  ev^7][aei.  /ueXlorres  Se  Itavrovg  yvcbaead'at.  [eiSrjasje, 
ÖTi  vioil  eare  vfielg  tov  Ttarobg  tov  r[eXeiov.  oXatg  SeJ  yva>(ae)ad'e  iavrois  ev 
[rf]  Ttrcbai  tov  xöa/nov]  xal  v/iieTg  ioTe  fj  7tTö}[oig.  3)  Xeyti  ^Ii]aovs  ]  oix  dno- 
y.vTjoei.  ävd'[()ionog  Tceol  töjv  ,  ,  ,J  qmv  enegcoTfjaai,  (pap.  r/;a£)  Trd[vra  §e  rbv  Xöyov 


gebetp:.  177 


ev 


v]utbt  TZtQi  Tov  rönov  rfj[<  laoütUa  -/ftöjasrat  (pap!  rt),  öji  noU.oi  taotuu 
^/■(xSto*  enyaroi  y.aij  oi  ea/aioi  ttowtoi  xal  [oUyoi  ixi.ty.ioi  eihiiy.  4)  /Jvei 
■/r]00vf  [nur  tö  uij  fiiTTooaJfhfr  tz/s  oi/'eios  oov  y.ui  [ib  xexoi'iifihov]  anb  aov 
,i7ioxa/.ir/j^aer[ni  aoi.  ov  ycio  eajriv  xovnibv  ö  oi)  (favE[obv  yetTjoeTatl  xai 
■red^a/tuivov  Ö  o]ix  iytod-r'joeiut.J  5)  [i^jtiä^ovoiv  avrbi'  o[i  fiait^riini  nvrov  xal 
UJyovan'  uttbs  vr^axivloofiev  y.ul  ■nü/^ .  .  .  Jued-a  xal  ttö»»/",  .  .  x]ul  li  nnon- 
iriQTiaioiitp  .  .  .  ]>■;  '/.sysi  '//juovi-  f.  J  .  Jenni  fii,  Ttotenfe  .  .  .  Jrje  d/.r^x'hiecs 
ni-[.  .  .     Tr  (t[rr^oy.txo[v  .  .  .    un]xdot[6i]   iarir  [.  .  .   Jco   tar[i  .  .  .    ]i,'[. 

Meine  Herstelliing;  des  2.  und  3.  Logion  aus  Oxy.  IV  654  weicht  von  dem 
Versuche  von  Grenfell  und  Hunt  in  der  Ausgabe  wie  auch  von  Deissmanns 
Ergänzungen  im  Licht  vom  Osten2  327ff.  nach  Wortlaut  und  Gedankengang 
erheblich  ab.  Die  Begründung  hoffe  ich  an  anderer  Stelle  bieten  zu  können; 
hier  begnüge  ich  mich  mit  folgenden  Hinweisen.  Ich  gehe  gemäß  der  voraus- 
geschickten allgemeinen  Bemerkung  davon  aus,  daß  auch  in  diesen  Logia  ein 
Wort  aus  den  Synoptikern  erweitert  oder  fortentwickelt  wird.  Logion  2  be- 
ruht auf  Lukas  17,  2(i  ff .  und  baut  den  Gedanken  durch  das  yv<öd-i.  aeavibv 
aus.  Die  Deutung  der  Worte  rä  neTupä  ii.  geben  Matth.  6,25—33  und 
Apok.  5,  13  an  die  Hand,  den  Begriff  der  Tirmoii  Lukas  2,34.  Füi  Logion  3 
kommt  Matth.  19,  27  ff.  und  20  Anfang  in  Betracht  und  im  Hintergrunde 
vielleicht  noch  Matth.  13,1  —  23.  Für  meine  sonstigen  Erwägungen  des  In- 
halts und  der  Sprache  mangelt  hier  der  Raum;  daher  kann  ich  auch  nur  im 
Allgememen  sagen,  daß  ich  den  Darlegungen  von  Grenfell  und  Hunt  viel  ver- 
danke. Das  Unkanonische  Evangelium  Oxy.  V  840  ist  abgedruckt  bei  Swete, 
Zwei  neue  Evangelientragmente  (Lietzmann,  Kl.  Texte  31). 

Christliche  Gebete  sind  mehrfach  durch  die  Papyri  über- 
liefert. Besonders  merkwürdig  ist  es,  daß  in  eine  Sammlung 
solcher  Gebete  ein  Stück  aus  dem  nichtchristlichen  Poimandres 
eingedrungen  ist.  Reitzenstein,  der  es  feststellte,  glaubt  nicht, 
daß  die  Sammlung  liturgischen  Zwecken  diente,  sondern  denkt 
an  Gebete  für  den  Privatgebrauch;  vielleicht  waren  es  Stücke, 
denen  man  besondere  Wirkung  zutraute.  Da  nur  eine  ausführ- 
liche Besprechung  diese  religionsgeschichtlich  sehr  wichtige  Sache 
klar  stellen  könnte,  muß  ich  hier  davon  absehen  und  verweise 
auf  die  Publikation  des  Textes,  B.  K.  T.  VI  11  Off.,  vor  allem 
aber  auf  Reitzensteins  entscheidende  Berichtigung:  Nachrichten 
d.  Gott.  Ges.  d.  Wiss.  1910,  324 ff.  und  seine  die  Zusammenhänge 
darlegende  Kritik  GGA.  1911,  537 ff. 

Auf  einam  sorgfältig  geschriebenen  Blatte  eines  Papyruskodex 
aus  dem  4.  Jh.  p.  C.  sind  beträchtliche  Stücke  zweier  Gebete 
erhalten,  und  da  nur  wenige  liturgische  Gebete  der  ersten 
christlichen  Jahrhunderte  sonst  bekannt  sind,  besitzt  der  neue 
Fund  einen  erheblichen  Wert.  Das  zweite  trägt  die  Über- 
schrift ,, Sabbatsgebet"  und  zeigt  damit  seinen  Ursprung  in  der 
orientalischen  Kirche  an,  denn  diese  stellte  den  Sabbat  fast  dem 

Schnbart,  Papyrusknnde.  12 


178  GEBETE. 


Sonntage  gleich  und  veranstaltete  regelmäßige  Gottesdienste, 
wofi^ir  auch  die  Papyrusurkunden  ein  Beispiel  bringen,  Oxy.  VI 
903.  Der  Kirchenhistoriker  Sokrates  betont,  daß  der  Sabbat- 
gottesdienst in  Alexandreia  keinen  eucharistischen  Charakter 
habe,  und  auch  damit  stimmt  das  neue  Gebet  überein.  Das  erste 
Gebet,  von  dem  wir  nur  noch  den  Schluß  vorfinden,  scheint 
nach  manchen  Anzeichen  noch  älter  zu  sein.  Beide  gehören  in 
den  Gottesdienst  und  werden  von  der  Gemeinde  oder  in  ihrem 
Namen  gesprochen.  Wir  haben  also  den  Rest  eines  liturgischen 
Buches  vor  uns.  Während  dieser  Text  gut  überliefert  ist,  strotzt 
ein  christliches  Gebet  bei  der  Nilschwelle,  das  wir  aus  einer 
späten  Handschrift  kennen,  von  sprachlichen  und  orthographischen 
Fehlern.  Seine  Herkunft  offenbart  es  nicht  nur  durch  die  Bitte 
um  das  Steigen  des  Stromes,  von  dem  der  Ertrag  des  Landes 
abhängt,  sondern  gleich  im  Anfange  in  der  Anrufung  des  heiligen 
Senuthios,  des  großen  koptischen  Kirchenvaters  Schenute.  Und 
zwar  sind  es  augenscheinlich  Mönche  aus  dem  Kloster,  das  seinen 
Namen  trug,  die  im  Morgengottesdienste  die  Fürbitte  ihres  Schutz- 
patrons suchen;  auf  die  Eingangsbitte  folgt  aber  sogleich  das  an 
Gott  und  an  Christus  gerichtete  Gebet,  In  diesem  Falle  lassen  sich 
der  Ort  der  Herkunft,  die  Thebais,  im  besonderen  wahrscheinlich 
das  Weiße  Kloster  bei  Panopolis,  heute  Ahmim,  und  der  Anlaß 
genau  feststellen. 

Publikationen:  Zwei  altchristüche  Gebete,  ed.  C.  Sclimidt,  Festschrift  für 
Georg  Heinrici.  Leipzig  1014.  p.  66ff.  mit  Abb.  Icli  teile  den  erhaltenen 
Rest  des  ersten  und  etwa  die  Hälfte  des.  zweiten   Gebetes  mit:    [e]i^  difiaet 

TÖJV  TTuoam (o uär (in\  /'t  Tovi  ticyoovg  rcöv  6ovko)v  oov  f.ieTa[  i'jibi'  jLieyd/.fov. 
(fbi  äysn'  räi  irjOJti[<is  oojv  ev  y.nd'u^ä  y.aoSifx^  y.al  atvd'fjidi  [a.7ib]  7TÜ(jrj~  f.ikd'o- 
8iui  Tov  Siao'öiov  [y.al  TjiileicDß'fjrni  sv  %oiari>n'ioii(ö  [y.iü  vlTTOuei  eiv  oe  ä/oi 
eo/drr^S  dvafTtt'Jofj^  Öiä  rov  do/itofcns  Tcof  if<v/(ö[vj  i)uo)v  'Irjoov  X^iöjov 
(pap.  i-v  /r),  (St  ov  aoL  döiK  y.(ü  iiurj  y.[iu]  y.odios  £ia  tov."  (dtovnc.  divriv  —itß- 
ßuiiy.i]  t-ux^l-  STTiy.fü.ovithd'd  oov  (sic.)  Sia7To[ra,  d'Jte  [Tiärjaotj e  TiurtTTioy-OTre 
feöi'[rep/E  äyis]  d/.r][i')']tii'f^  6  y.riorr^i  tüv  7T[di^i  cai'J  y.al  ■Rooforiiixö::  Tidorji; 
^[votco^,  6  ]  /tiBiraloToftf  i'iv  tov~  tf  ofy.ÖTuc  y.al]  oy.fiä]  d'ai'diov  y.ia'^hjus/  [ovg 
eis  öSorJ  o[.  ,  y.Jal  p'siiiar  d/.r^!^ti.i'f?j/;  6  i^elofi^^  7i[dvr]n^  df9'ocö:zor^  (PSP- 
avovs)  Oü}i%~]iat  y.fal  e/s  t7TiJyvo)[oJip  dXrd'eia~  ekff'elv'  [si'l  aröiiajTi  afi'Jt'tnen; 
y.al  Öo^oXoys/a-;  [äi'njx/ [tojouei'  ooi  y.al  ev  taini]  rfj  [äoa  SohJd'Cofiä-  at  ei  ölqs 
xaoSiiti  y.al  ö).ov  oi öuaio,-,  Öii  y.art^^iajaaf  ruäi  Tfji  äyiag  y.kijuecös  oov  y.al  SiSa- 
OxaXias  y.a.1  di'ai'rjU'8o>s  fiai'^fjTfn  S'rjrai  st'  aoif  i<ji  y.al  avrioti,  tv  TTunei.  y.al  vrroiiovfi, 
SV  dÄr^O'tiq  y.al  Z<'>T  aitoi-'ito,  etayoodnaä  r/iiää  to)  riiiiip  y.al  diiTii).(p  aliiaii  rov 
/.lOvoyEvovs  001I  dzTÖ  dTTdrrji^  dno  7tkär[ rj^:] ,  drrb  Sovkiag  Tiixuä--^  y.al  /.i'jaiood- 
ft[eJiOs  dnb  jrjs  Itovoiae  tov  SiaßöflovJ  eis  Ödiar  i/.evß'euiag.  aTtb  ü'iivdT [ovj 
elfsj   dl  ayirvrjaif  TivevfiaTOi   (pap.  Tivg)   y.al    U'v/F],   ['''■'^t]   ocö[/uarogj,   dnb   </ d'o.päs 


HYMNEN.  179 


aii  &(fd-ao[ainy]  y.a'i  [xa'/.rji'  ä]i.uoTiJU(jr]f  usw.  Gebet  bei  dcr  Nilschwelle:  Wesselv, 
Studien  zur  Paiaeographie  und  Papyruskunde,  XV  No.  250.  Ich  gebe  den  Anfang 
mit  Verbesserung  der  sprachlichen  und  orthographischen  Fehler;  die  Schreibung 
des  Originals  füge  ich  nur  an  besonders  auffälligen  oder  zweifelhaiten  Steilen 

hinzu.  o.o/j]ye  xü>v  fioid//oi'  (pap.  ao/i]y.ai)  äyie  Ie^'o[v9-it],  fit]  tk  le/.o^  ini/.iüi-ov 
T^--  6iad-ri[y.r]s]  aov,  aü.ä  (pap.  /./,)  fiyriod-r,xi,  rrj^  avrayftojyfjs  aov,  i)i'  iy.riouj  äTt' 
o^Q'/Ji^  (PSp.  riaey.T r,atxi7ia.o/rii)  y.'i[i]  Tioeaßeve  ^(jös  tov  ocoifioa  y.voioi'  (pap.  xT') 
t[ov]  acod'iirnc  rot:;  tf-'v^äi:  rjucöy.  —  arnoidpres  th  öod'oov  öoio/.oyovitft>  oov  (pap. 
ot)  ir]v  dt'daiaaii'  y.voie  y.ai  trjv  (ffoirjf  zwv  dyyiXoit'  dpune/xTCoftev  /.eyofjts' 
8öia  iv  vifioTOii  d'eiö  (pap.  ^~i)  y-al  i,Ti  ^s  eloiji/j  (pap.  i^r^s)  et'  dvd'QcÖTiois 
fiiSoy.iai  oov.  äyiog  6  &iög^  d^/nyythy.T]  (Svratits  y.[aij  yoobs  ayiwf  ly.sreiovaiv  ae, 
(fü.dfd'ocoTis,  äytoi  ioyvoög^  yii'og  üf'^ocorcog,  fiij  dd'uraTCOorjs  urjre  rrö/ui  lortiog 
Öixaiog  dya&e,  äyiog  d&dvarog,  dvdynys,  Ssöfied'a,  rä  Tiorduia  väara,  ev'/.öyrjaov, 
Ssöutd'a,  Tovg  y.dOTiovg  lov  kviavrov,  öri  Tidvrfa]  TTobg  t^*'  (pap.  Tt^f]')  r(JOifrjr 
TC(iogSoi  ycöjfisp,  ö  OTaioot&tig  ^V  r^uäg,  aflerjaopj  f]fiäg.  ayiog  6  d'eög^  ov  v/uiel 
rd  XeQOvß[h'  y.atj  TtQogy.vvEi  td  —eoa(flr  [y.al  6J  yoobg  iö)v  dacoudxwv  [tivbv- 
fidTOJv],     äycog  dd'diaTog  o   E7iiß}.erto)[v  ö}.i,v]  ttjv  yf]p  y.al   uSW.     ^q  ud'apaTMOrjs 

,ur]re  TTo/ug  sor:uog  heißt  wahrscheinlich  dem  Sinne  nach  fiij  d-aiarioar^g  z^v 
TTölti'   com'  eipcu  eor^fiov ;    den  Wortlaut  kann  man  verschieden  herstellen;    in 

dem  Satze  '6xi  Tidv-ra   nobi  rf;v  Too(fjjr  TtooiSoycüutt.  ist  /;  VOr  rr;*'  vielleicht    Rcst 

eines  r.uöjr.  —  dacöuarog  auch  ohne  ziitviut.  bedeutet  Engel. 

Auch  von  christlichen  Liedern  ist  mancherlei  erhalten,  darunter 
Stücke  aus  Akrostichischen  Hymnen.  Der  umfangreichste 
Text  dieser  Art,  aus  dem  4.  Jh.  p.  C,  zeigt  immer  drei  mit  dem 
gleichen  Buchstaben  beginnende  Glieder,  während  andere  nur 
zweigliedrig  gebaut  sind  und  nur  beim  ersten  Gliede  den  Zwang 
des  Anfangsbuchstabens  gelten  lassen.  Metrisch  gehören  sie  in 
die  Reihe,  die  wir  bereits  in  Kap.  7  durch  das  Schifferlied  kennen 
gelernt  haben.  Bezeichnend  ist  der  regelmäßige  Akzent  auf  der 
vorletzten  Silbe;  im  übrigen  sind  die  alte  quantitiereiide  Vers- 
kunst und  die  spätere  der  Byzantiner  hier  noch  im  Streite 
begriffen,  wenn  auch  das  Neue  schon  stark  überwiegt  und  sich 
in  der  Betonung  kurzer  Silben  und  der  Tonlosigkeit  langer  zeigt. 
Als  Gedichte  stehen  diese  Hymnen,  die  man  mit  solchen  des 
Gregor  von  Nazianz  vergleiche,  ziemlich  tief.  Den  Text  findet 
man  bei  Lietzmann,  Griechische  Papyri^  Nr.  22  (Kleine  Texte, 
Heft  14). 

Ohne  inhaltlich  bedeutend  zu  sein,  verdient  doch  ein  nahezu  voll- 
ständig erhaltener  Osterfestbrief  eines  alexandrinischen 
Patriarchen  besondere  Aufmerksamkeit.  Schon  in  ziemlich 
früher  Zeit  war  es  Aufgabe  des  Bischof  von  Alexandreia,  der  ägyp- 
tischen Kirche  den  Termin  des  Osterfestes  mitzuteilen,  der  ja 
durch  Berechnung  festgestellt  werden  mußte.     Das  Konzil  von 

12* 


180  OSTERBRIEF. 


Nikaia  erweiterte  dann  diese  Pflicht  des  Alexandriners  auf  die 
ganze  Kirche  mit  der  Begründung,  astronomische  Studien  hätten 
seit  Alters  bei  den  Ägyptern  die  beste  Pflege  gefunden.  Schon 
früh  gingen  diese  Osterbriefe  über  ihren  nächsten  Zweck  hinaus 
und  gewährten  dem  Verfasser  Raum  für  Ausführungen,  die  man 
als  Predigt  bezeichnen  darf;  die  Fastenbriefe  der  heutigen  katho- 
lischen Bischöfe  sind  ihre  Nachfolger  und  geben  eine  Vorstellung 
von  ihrem  Wesen.  Es  versteht  sich  von  selbst,  daß  nicht  alle 
diese  IniOToKid  tooraaTixal  oder  ygaauata  :iaöydha  literarischen 
Wert  besaßen  und  auf  die  Nachwelt  kamen;  aber  Männer  wie 
Athanasios  und  Kyrillos  erhoben  die  Osterbriefe  zu  bedeutenden 
theologischen  Werken.  Im  Original  besitzen  wir  neben  einem 
kleinen  Bruchstücke  nur  einen  alexandrinischen  Osterbrief  und 
zwar  aus  später  Zeit.  Die  sehr  stattliche,  in  feierlicher  Kanzlei- 
hand geschriebene  Papyrusrolle  gehört  in  den  Anfang  des  8.  Jh. 
p.  C,  wie  sich  aus  dem  Osterdatum  ermitteln  läßt.  Ebenso  ergibt 
sich,  obwohl  der  Anfang  des  Textes,  der  den  Namen  des  Verfassers 
enthielt,  jetzt  fehlt,  mit  Sicherheit,  daß  dieser  Osterbrief  von 
dem  Patriarchen  Alexander  II.  ausgegangen  ist.  Unser  Exemplar 
war  an  des  Schenute-Kloster  bei  Sohag  gerichtet,  das  es  bis  auf 
die  Gegenwart  aufbewahrt  und  erst  vor  wenigen  Jahren  in  den 
Handel  gebracht  hat.  Auf  dem  der  großen  Rolle  vorgeklebten 
Schutzblatte,  dem  Protokolle  im  eigentlichen  Sinne,  steht  ara- 
bisch und  griechisch  das  Bekenntnis  des  Islam:  h  ovöiian  rov 
■d-eov  roD  Lke)](.iovoii  /xu  fpiXavO^QioTtov.  od/,  fotiv  ^tog  tl  /.iij  6 
,9^eog  i-iövog,  Mudutr  ditöornlog  ^toC.  Kurz  vor  der  Zeit  unseres 
Osterbriefes  hatte  der  auch  Ägypten  beherrschende  Kalif  den 
alten  christlich-byzantinischen  Papierstempel  durch  den  muham- 
medanisch-arabischen  ersetzt.  Unser  Osterbrief,  von  dem  über 
300  Zeilen  erhalten  sind,  ist  zum  weitaus  größten  Teile  eine 
Predigt  des  Patriarchen,  ganz  im  Sinne  seines  Meisters 
Severus  zur  Verteidigung  und  Einprägung  der  strengsten  mono- 
physitischen  Lehre  bestimmt,  (Vgl.  Kap.  16).  Selbständige 
Gedanken  zu  entwickeln  ist  nicht  seine  Sache,  er  arbeitet  lieber 
mit  heftigen  Angriffen  auf  die  Gegner  und  entnimmt  seine 
Gedanken,  abgesehen  von  neutestamentlichen  Stellen,  lediglich 
den  Vätern,  von  denen  er  Felix  Romanus,  Julius  Romanus,  Dio- 
nysios  Areopagita,  Athanasios  und  Kyrillos  ausführlich  zitiert,  ohne 
sich  streng  an  das  Thema  seiner  Predigt  Ev.  Joh.  1,  1  zu  halten. 
Auf    die   dogmatischen  Ausführungen   folgen  Ermahnungen,    mit 


I 


LATEIN ISCHH  PAPYf<l.  18! 


denen  er  nicht  ungeschickt  zum  eigentüchen  Zwecke,  der  Ankündi- 
gung des  4()tägigen  Fastens,  des  Osterfestes  und  der  Pentekoste 
überleitet;  ein  Gruß  und  Segenswunsch  schließt  den  Brief.  Der  Stil 
ist  sehr  wortreich,  aber  nicht  ohne  Gewandtheit,  im  allgemeinen 
durchsichtig,  auch  in  langen  Sätzen,  vielfach  lebhaft,  ja  drama- 
tisch. Der  Verfasser  kennt  rhetorische  Regeln,  befolgt  fast  immer 
die  daktylische  Kadenz  der  Satzklauscln,  liebt  rhythmische  Peri- 
oden und  poetische  Ausdrücke,  kurz  er  ist  noch  nicht  von  kop- 
tischer Barbarei  angesteckt,  sondern  besitzt  die  griechische 
Bildung   seiner  Zeit. 

B.  K-  '^'.  Vi  r.rjff.  Als  Probe  gebe  ich  1.  l)en  Beginn  der  Abrechnung  mit  den 
Oegnern  desMonophysitismus  und  -2.  ein  Stück  au«?  rjen  Ermahnungen. 

1)  14Gff. :  Ovy.ovv  a-dzoxmäxaitoi  dv  tit]aav  oi  i^-  ovo  tfvoeaiv  aiiTov  vnoßa'Ü.öfiavoi 
juera  Tjjr  a<fQaaxov  tviooLV.  rovro  yäo  xitnorov  äoid'fibv  tTj  äyia  TieoiTioitliui 
t^inöi  y.a'i  ib  auixf.^ior  Tidd'os,  orrto  Si'  fjfiäs  exiov  xaTsÖeiaro,  TTaonyaodrrti-  y.a'c, 
dkkoToiol  aiiTOV  tbv  aapy.co&evfrdj  O'feöjv  ).öyov  t&v  t[ic]ovoiu)v  y.al  di-'aftuQ'tri'twv 
atnofvj  ■nad'üji',  ti]  Se  uaoy.i  fiöv[7j  y.al  yjtktii  dvd'otoTzo)  [SiaajTidnfi  ^on;  ait'dn:[TetJ. 
ol  Se  Tfjf^  irejoafi  djd'eov  fioioafej  rf;  aifrfi  v]7ioy.t:luevoL  [y.m  Inöixij  y[<ii]  o>s 
iv  ak'kaoaofitvai,i  Xe^eaiv  irjf  Trkdvfrjr  eJyofTES  l(JÖ(>f>o[7TorJ  roludtai  ?Jyetv  [e]^ 
[njitfie  evtbaeiüi  d7ia&ee  tivai  tov  yvoioi'  rb  ii<~)ua  yni  y.nxd  TtdfTa  TOÖTiot'  &- 
«fd'n^rov,  Soxriaei  y.a'i  (favraaio  TtomoXoyovfjti  rb  rf]^  iuorrjoirtä  ijttJöv  tfoße.obv 
fivoxriniov.  x'ii  toirvi'  x(äv  siotßovriun'  ovy.  öSirätni  tt'ii'  dfufoiionn'  dy.oxUin- 
ib  dnrjiaxmov  böyfia,  lii  ovy.  rjytlTfU  tovto  tivai  ipvxtyfja  tvsoytaiu::  (offenbar 
Fehler)  iTitt.'qfJiov  rols  dßanai'ÜTroj^  TtaoaSexofiivois ;  Tj/tels  Sk  S'iafnrov  avzüH' 
dnobei^avies  Ttjv  vöaov  TiuT^ixof::  x^VOiöfisd'a  S'eaniafiaatv,  i^  ötr  ty.doroTt  Ttootto- 
^iKovree  td  xar'  txeivwi'  OToaroloyovt'ra  xal  xaTny.ovri^oria  y.ai  y.arafie.t:in.f^ovi 
aitovi  dno^ahovia,  T^/ii(l[ä]  Se  i'ijif af.iovi  Tie^i  tt]v  6o!}'ÖTr]ra  ert  f/äU.ov  *?rrt» 
7iaoniJX£vdZoi.'Ta   xal   xapTtoixcuTioufi   f.t'  avtfji  dnl   Öiitj rioovt'in. 

2)  244 ff. :  vfxefs  Öt  Ol  r/*--  uiwiurjior  rriaieio,;  epoutiui,  oi  rfji  d^Hüjr]i  molntias 
ovrrpofoi,  ra  yj]»  txx/.r.oiit^  hod  ti'ptu itaia,  anovodoaTe  /'t/pi  ßiov  navtbi  "tnvTt^v 
dTTKOrtTioiTjror  dutTrjofjOftt  t/ji/ovra  xexjrjiiivoi  tbv  f.oyKiubv  yor.yopovouf  tTjr 
ai'ttotr,  fiij  sfi.reoelr  «»•  Tai,'  dy.dvtfai  rvti-  xmä  xaipoit  aiixdi  i7iionei,p6vxwv  v.fu 
ov/tTi/.tiyrjvat  role  loßö/.uu  avtoir  To^evfiaoiv^  /läij.ov  Se  avvtrcöi  evvofjoat,  ncöe 
xmaTteapövfjvrut  xwv  kyxQiiwv  Ttaieouiv  rd  öplfd  Ööyuara  t:vn  eifat  rbr  XpniT&v 
xrjpvxrovxa,  fiiav  udiov  <fvaiv  aeoaQKO)fj.svr]v  6uo).oytlf  Tinoer ühov-tu  y.ni  uiav 
vTTÖmaoir   y.n'i    ninr    i'f'»<riSotXT]v  iripyaiav  y.nl  S'fi.r.aiv   uuir. 

Lateinische  Papyri  literarischen  Inhalts  gibt  es  jetzt  eine 
ganze  Anzahl;  da  aber  die  meisten  bereits  bekannten  Schrift- 
stellern angehören,  kommen  sie  hier  nicht  in  Betracht.  Über 
die  Verbreitung  des  Lateinischen  und  der  lateinischen  Literatur 
in  Ägypten  ist  Näheres  in  Kap.  13  und  15  zu  finden.  Neue  Texte 
«ind  noch  nicht  zahlreich,  und  unter  ihnen  befinden  sich  wiederum 
nur  wenige,  die  mehr  als  kleine  Bruchstücke  bieten.  An  Um- 
fang wie  an  Bedeutung  steht  wohl  an  erster  Stelle  die  Livius- 


182  LIVIUS-EPITOME. 


epitome  aus  Oxyrhynchos,  die  auf  eine  Papyrusrolle  spätestens 
im  4.,  eher  im  3.  Jh.  p.  C.  geschrieben  worden  ist.  Die 
Hand  sieht  sehr  stattHch  aus,  der  Text  ist  aber  sehr  verderbt, 
z.  T.  durch  die  Schuld  des  letzten  Abschreibers,  der  allem  An- 
scheine nach  nicht  viel  von  dem  verstand,  was  er  schrieb.  Ein 
gi^instiger  Zufall  hat  es  gefügt,  daß  diese  Epitome  z.  T.  erhaltene 
Bücher  des  Livius  betrifft,  nämlich  37^40,  zum  anderen  Teile 
die  Bücher  48 — 55,  für  die  wir  nur  auf  die  bekannten  Auszüge 
angewiesen  waren.  Man  kann  daher  die  neue  Epitome  zuerst 
an  Livius  selbst  prüfen  und  von  hier  aus  über  das  Neue,  was  sie 
für  die  späteren  Bücher  liefert,  sich  ein  Urteil  bilden.  Es  ergibt 
sich,  daß  der  Verfasser  nichts  Wesentliches  ausläßt,  sonst  aber 
in  der  Auslese  dessen,  was  er  der  Mitteilung  wert  hält,  etwas 
willkürlich  verfährt;  im  allgemeinen  bewährt  er  sich  als  zuver- 
lässig. Das  ist  wichtig  für  den  zweiten  Teil;  denn  er  behandelt 
den  Zeitabschnitt  von  150 — 137  a.  C,  über  den  die  bisherigen 
Quellen  so  Dürftiges  boten,  daß  selbst  dieser  kurze  Auszug  nicht 
wenig  Neues  lehren  kann.  Gerade  über  den  spanischen  Krieg, 
insbesondere  über  die  Feldzüge  gegen  Viriathus  lesen  wir  eine 
Reihe  wichtiger  Nachrichten;  aber  auch  innerpolitische  Vorgänge 
hat  der  Verfasser  der  Beachtung  wert  gehalten.  Sein  Verfahren 
ist  streng  chronologisch  und  stellt  eine  Anzahl  umstrittener 
Daten  fest;  auf  literarische  Ansprüche  und  kunstmäßige  Dar- 
stellung verzichtet  er  vollständig,  v/enn  auch  eine  gewisse  sprach- 
liche Anlehnung  an  Livius  nicht  ausbleiben  konnte.  Von  der 
bekannten  Epitome  unterscheidet  sich  die  neue  so  stark,  daß  an 
Entlehnungen  oder  eine  gemeinsame  Quelle,  abgesehen  von  Livius 
selbst,  nicht  zu  denken  ist. 

Oxy.  IV  66S  mit  ausführlichem  Kommentar  von  Grenfell  und  Hunt.  Neue  Aus^ 
gäbe  von  E.  Kornemann,  Die  neue  Liviusepitome  aus  Oxyrhynchos,  im  2.  Bei- 
heH  zu  KHo,  Leipzig  1904.  Sie  ist  auch  von  O.  Roßbach  in  seine  Ausgabe  der 
livianischen  Pcriochae,  Leipzig  1910,  aufgenommen  worden. 

Ein  '  lateinisch -griechisch -koptisches  Gesprächsbuch 
lernen  wir  in  einem  Papyrusblatte  kennen,  dessen  Schrift- 
wohl  noch  dem  5.  Jh.  p.  C.  angehören  mag.  Vermutlich  enthielt 
das  ganze  Buch  solche  Gespräche,  die  den  Kopten  durch  Ver- 
mittlung des  Griechischen  die  notwendigsten  Wendungen  der  la- 
teinischen Umgangssprache  bekannt  machen  sollten.  Wenn  auch 
das  Latein  in  Ägypten  niemals  zur  Heirschaft  gelangen  konnte, 
SO;  drang  es  doch,  besonders  im  4.  Jh.  p.  C,  weit  genug  vor,  ura 


OESPRÄCHSBUCH.  183 


solche  Hilfsmittel  wünschenswert  zu  machen.  Erhalten  sind 
Reste  zweier  Gespräche,  worin  Empfang  und  Bewirtung  von 
Gästen,  sowie  Ankunft  eines  Boten  und  der  von  ihm  überbrachte 
Brief  mitgeteilt  werden.  Neben  der  allgemeinen  Ähnlichkeit  mit 
anderen  griechischen  Mustergesprächen  finden  sich  besonders 
starke  Anklänge  an  das  Colloquium  Montepessulanum,  wie  G. 
Esau  erkannt  hat.  Der  Text  aller  drei  Sprachen  ist  mit  griechi- 
schen Buchstaben  geschrieben;  man  kann  daher  in  den  lateini- 
schen Wörtern  vielfach  die  Quantitäten  der  Vokale  ablesen  und 
manche  Schlüsse  auf  die  Aussprache  ziehen.  Latein  geht  voran, 
€&  folgt  Griechisch  und  meistens  auch  Koptisch.  Wahrschein- 
lich lag  dem  Schreiber  bereits  ein  latein'sch-griechischcs  Ge- 
sprächsbuch vor,  und  seine  Zutat  w^ar  nur  das  Koptische,  das 
aber  öfters  fehlt  und  manchmal  recht  mangelhaft  ist.  Besser 
als  w^eitere  Ausführungen  wird  eine  Textprobe  die  Anlage  zeigen. 

■Ausgabe:  Schubart,  K'io  Xlll,  27ff.  vgl.  C.  Ol.  L.  HI  655  (CoUonu.  MoiUcptss.). 
In  der  folgenden  Probe  lasse  ich  das  Koptische  weg,  um  den  Druck  zu  erleichtern, 
ebenso  die  Doppelpunkte,  durch  die  im  Papyrus  die  Sprachen  getrennt  werden. 
Die  sprechenden  Personen  sind  im  Papyrus  nicht  bezeichnet,  aber  die  Gliede- 
nihg  des  Gespräches  ergibt  sich  an  den'  meisten  Stellen  von  selbst. 

Das  2.  Gespräch,  Z.42iiJ:  oeouio  ö/ui/.ia  y.eofTidtaJvovs  y.ad'tTutQh'rj.  y<uidf/ay.i- 
f*ov<  ti  Tioioviier  (sie)  (f>ort[Te]o  nSeXq'e  [ki]^e[vT]so  rrj  Tjöeojg  ae  ßiSeo)  how  [ejT 
»yui  drj  y.Aycü  .pe  (iouiit  biartoTu  tj  vim  y.<u  'i,utU  fiiOi  rjiäs  (I.  i'fiäg).  ytiiy.fioij 
0ix  oidu  y.oi~  lii  ooiiooi  u  (ooTiovit)  rf^i'  d'voar  TTovkoar  y.poi'tt  tiieno  i'it/.'>'[ej 
xmo  ffoows  Jti.yio}^  t^o)  ti  Sioy.e  y.<ü  iiüif'e  [y.ojis  £ot  t/'»  [ealrtr  kleine  LÜCkc 
/«7/tf  AvQrj.i(i)  ctTt'  [Ai'orjliov  tirjur  ti'/.&ev  [roviriojvu  <fäan'  [rovhJT  ijieyxti' 
x[Xu]ua  yd/.eaot  cA/.ovti  ly.  uvTOV  h'[t  lavif'(t  y.ouS  (cn  ri  iaiiv  tzoveq  Ttai  yoitli  Ti 
vot{VTias  ävayy8l{X)eis  [ojuvui  Tidija  ßsvt  ya/.wi  Mn^ifiovs  Mdiinoe  t  r;  ßoi /.(s'ic) 
er  [ßoJvXsTUi  oaXonra^e  doTiäaaoß'ltuJ  ovßi  eoT  ttov  eaiii  </ oout;  f^co  mar  'lorurra 
ßtnar  ild-dro»  cvx^o  srd'oi-  ßtve  y.alwi  ßeviaiii  (sic)  Jjld'arS  oai.ovian  dorcd^otrai 
ti  fi]  ivfavir]ä  ae  tä  ß(ji(fri  st  7iaonTr;~  y.a'i  ol  yovtig  lOTOOovfc  icvrwv  uio7]qovvt 
insfirfar    rißt    avrfu     oo'l     (t7     avy.    [x]avTi,i'    s7ii[alTOv).au    ttjv    [enia]To}.T]y    rreo 

jfovsöovfi.  [liin  To]v  Ttrubög  aiypuTfifi  [toif^aytofievr,v]  (es  folgt  der  Brief,  dessen 

erste«  Wort  verloren  ist):  «r  ßalbr]  [y.Jal  Ttdvv  xoporr^oraTOvs  ooifi  £}.i7i7id-r]  (sie) 
f(juito  f/.dt/.(fk  xoiuö  Oll  fiov'/.TM  Tio/Mü  TfefiTioJ^t  Tip  X?öi(o  liTTtoas  yoduuaTu 
/a  tJ»;  dTib  oov  vor  axy.ini  (sic)  ovy.  f/.aßov  Ttoar  uov/.TOVfi  ftsTÜ  txo'/.vp  t(>yo 
rotya^fovvj  TsuTTOvg  [loövovj  /hitth  [aTidoJidöv  uot  [sTnOTOv/.a] ^  iTtiOTo^ijr 
[ovr  dja^iovs  (1.  hilaris)  iin  i/Moog  (finfii  yert]d-]M  äonnoni  (lat.  fehlt!)  oiiri^ 
Tt>-inoe   TldvTftS    Toi'g    oorg. 


XL  DIE  SPRAGiE  DER  PAPYRI. 


Ä 


ucli  wenn  wir  von   vornherein  uns  auf   die  griechischen  Pa- 


.pyri  beschränken  und  alle  anderen,  insbesondere  d'e  latei- 
nischen, beiseite  lassen,  dürfen  wir  doch  nur  mit  Vorbehalt  von 
einer  Sprache  der  Papyri  reden.  Denn  die  große  Mehrzahl  der 
literarischen  Texte  hat  ihre  eigene,  vom  Papyruszeitalter  unab- 
hängige Sprachgestalt  auch  in  den  Papyrusrollen  bewahrt  und 
verrät  höchstens  in  der  Orthographie  die  Zeit  der  Abschrift.  Auch 
unter  den  Literaturwerken,  die  in  der  hellenistischen  und  in  de» 
römischen  Periode  selbst  entstanden  sind,  stehen  viele  mit  der 
sprachlichen  Entwicklung  ihrer  Zeit  nur  lose  in  Verbindung, 
da  sowohl  die  Sprachformen  einzelner  Gattungen,  der  Epik, 
der  Lyrik  u.  a.,  als  auch,  am  meisten  in  der  Prosa,  das  attische 
Vorbild  entscheidend  eingewirkt  und  den  Einfluß  der  zeitgenössi- 
schen Sprachentwicklung  weit  überwogen  hat.  So  fallen  denn  au>> 
der  Reihe  der  literarischen  Papyri  nur  solche  Texte  in  unsere 
Betrachtung,  die  wir  als  Volksliteratur  bezeichnen,  weil  sie  von 
jenen  Einflüssen  weniger  als  von  der  Sprache  ihrer  Zeit  berühr! 
werden.  Dagegen  gehören  fast  ausnahmslos  Urkunden  und  Briefe 
jeder  Art  hierher  und  bilden  die  Hauptmasse  unseres  Materials. 
Nicht  minder  wichtig  ist  es,  sich  klar  zu  machen,  daß  es  im  strengen 
Sinne  eine  Sprache  der  Papyri  nicht  gibt,  denn  die  Papyri  bilden 
kein  Sondergebiet  eigenen  Rechts,  sondern  verlangen,  mit  allen 
Sprachzeugnissen  ihrer  Zeit  verglichen  und  ihnen  eingeordnet 
zu  werden,  in  erster  Linie  mit  den  Inschriften.  Jedoch  unter- 
scheiden sich  die  Privaturkunden  und  noch  mehr  die  Briefe  von 
den  öffentlichen  Dokumenten,  und  damit  von  der  Mehrzahl  der 
Inschriften,  durch  eine  größere  Unabhängigkeit  von  der  Literatur- 
sprache, und  da  wir  diese  am  wenigsten  eingezwängte  Sprachforni 
fast  nur  aus  den  Papyri  kennen,  darf  man  allerdings  von  einer 
Sprache  der  Papyri  reden. 

Im    Beginne   der  Zeit,   die   uns  angeht,    hat    sich    im    Bereiche 
der  griechischen  Sprache  die  sog.  Koine,  d.  h.  die  Gemeinsprache. 


HN'ISTHHUNO    DER    KOINK  185 


im  Wesentlichen  durchgesetzt.  Ihre  Wurzehi  Hegen  schon  im 
5.  Jh.  a.  C.  Der  erste  größere  pohtische  Verband,  der  griechische 
Gemeinwesen  verschiedener  Dialekte  vereinigte,  war  das  attische 
Reich,  das  seine  Angehörigen  weit  mehr  in  Berührung  brachte 
als  etwa  die  älteren  unpolitischen  Beziehungen,  z.  B.  die  Zusammen- 
künfte bei  den  olympischen  Spielen.  Denn  es  nötigte  Griechen 
aller  Mundarten,  mit  Athen  sich  geschäftlich  und  politisch  zu 
verständigen,  vor  athenischen  Gerichten  zu  sprechen,  athenische 
Gesetze  zu  verstehen,  mit  athenischen  Kaufleuten  zu  handeln. 
Die  herrschende  Stadt  drängte  naturgemäß  ihre  Sprache  den 
kleinen  Verbündeten  auf,  die  bald  genug  in  öffentlichen  Doku- 
menten das  Beispiel  Athens  nachzuahmen  suchten.  Der  Sturz 
des  attischen  Reiches  änderte  nichts  daran;  Spartas  Sprache 
gewann  keine  Verbreitung.  Als  nun  im  4.  Jh.  a.  C.  die  Verbindungen 
innerhalb  der  griechischen  Welt  sich  mehr  und  mehr  ausdehnten 
und  den  Hellenen  das  Gemeinsame  ihres  Volkstums  zum  Bewußt- 
sein brachten,  konnte  nur  das  Attische  Träger  dieses  allgemein 
hellenischen  Verkehrs  werden.  Auch  das  Schwergewicht  der 
attischen  Literatur  hat  in  dieser  Richtung  gewirkt  und  die  Griechen 
anderer  Mundart  allmählich  genötigt,  in  Prosa  attisch  zu  schreiben, 
aber  dieser  Vorgang  begleitet  doch  mehr  das  Vordringen  der 
attischen  Sprache,  als  daß  er  es  vorbereitet  oder  gar  verursacht 
hätte.  Auf  seinem  Siegeszuge  durch  die  hellenische  Wdt  blieb 
das  Attische  nicht  unberührt  von  anderen  Mundarten;  ins- 
besondere das  Ionische,  das  bis  weit  ins  5.  Jh.  a.  C.  hinein 
herrschende  Prosasprache  gewesen  war,  manche  Gebiete  auch 
weiterhin  selbständig  fortentwickelte  und  vor  allem  in  der  kultu- 
rellen und  wirtschaftlichen  Blüte  loniens  sich  zur  Verkehrssprache 
hatte  entfalten  können,  ergab  sich  nicht,  ohne  seinerseits  gegen- 
zuwirken.  Immerhin  trägt  die  griechische  Gemeinsprache,  die 
sich  im  4.  Jh.  a.  C.  herausbildete,  klar  den  attischen  Charakter, 
gemildert  durch  Einflüsse  anderer  Mundarten,  vor  allem  des 
Ionischen.  Diese  Koine  war  zunächst  eine  Sprache  der  Ge- 
bildeten, eine  Sprache  des  rechtlichen  und  geschäftlichen  Ver- 
kehrs; die  Masse  des  griechischen  Landvolkes  blieb  bei  den  Mund- 
arten, die  sich  noch  lange  behaupteten  und  erst  gegen  Ende 
des  2.  Jh.  p.  C.  völlig  abgestorben  zu  sein  scheinen.  Alexanders 
Siegeszug  trug  die  Koine  weit  hinaus,  und  die  Völker  des  Orients 
lernten  das  Griechische  nun  sogleich  in  dieser  Gestalt  kennen. 
Die  entstehenden  Großstädte,  Alexandreia  an  der  Spitze,  förderten 


186  ko!n£  und  attizismus. 

die  Verschmelzung  der  Griechen  aller  Mundarten  und  verbreiteten 
zugleich  die  Koine  über  die  neuen  Gebiete  griechischer  Einwande- 
rung und  griechischer  Kultur.  Während  die  Koine  den  Griechen 
des  Mutterlandes,  dem  man  hier  das  gesamte  Gebiet  der  älteren 
Kolonisation  zurechnen  muf5,  noch  auf  lange  hinaus  nur  Verkehrs- 
sprache blieb,  nicht  eigentlich  Volkssprache  wurde,  übernahm 
sie  in  den  Barbarenländern  von  vornherein  diese  Aufgabe.  Der 
Syrer  oder  Ägypter  bediente  sich  ihrer  in  allen  Fällen,  wo  er 
des  Griechischen  bedurfte,  mündlich  ebenso  wie  schriftlich,  und 
die  zahlreich  eingewanderten  Griechen  gaben  ihre  heimische 
Mundart  spätestens  in  der  zweiten  Generation  zugunsten  der 
Koine  auf. 

Es  konnte  nicht  ausbleiben,  daß  im  Laufe  der  Zeit  die  Koine 
auch  in  die  Literatur  eindrang,  zumal  da,  wo  griechische  Prosa 
außerhalb  Athens  geschrieben  wurde.  Wohl  die  wichtigsten  Zeugen 
dafür  sind  die  griechische  Übersetzung  des  Alten  Testaments, 
die  Septuaginta,  und  das  Neue  Testament,  das  auch, da,  wo  es 
nicht  eigentlich  Literatur  sondern  Brief  ist,  im  Wesentlichen 
die  Züge  der  literarischen  Koine  trägt.  Ist  es  doch  gerade  das, 
was  den  eigensten  Bereich  der  Koine  bilden  mußte,  nämlich 
Griechisch  aus  der  Feder  hellenistischer  Barbaren.  Auf  dem  Wege 
lel?;end  ger  Fortbildung  hätte  eine  gemeingriechische  Literatur- 
sprache voll  ausreifen  können,  wenn  nicht  im  1.  Jh.  a.  C.  litera- 
rische Krei.-e  die  Rückkehr  zum  Alten,  zum  strengsten  Attisch, 
in  .der  Prosa  gefordert  hätten.  Diese  Bewegung,  der  Attizismus, 
trug^  den  Sieg  davon  und  verdrängte  die  Koine  aus  der  Literatur, 
'die:^twas  auf  sich  hielt;  lortan  war  es  unerläßlich,  möglichst  reines 
Attisch  zu.  schreiben,  reiner  als  Demosthenes,  und  doch  brachte 
es  kaum. einer  dieser  Schriftsteller  der  Kaiserzeit  fertig,  weil  jeder 
in  der  Gemeinsprache  redete,  Briefe  schrieb  und  dachte.  Diese 
künstliche  Zurückbildung  riß  eine  Kluft  zwischen  Literatur  und 
gesprochener  Sprache,  zwischen  Gebi  deten  und  Volk,  die  zum 
großen  Schaden  für  die  Entwicklung  des  griechischen  Volkes 
und  der  griechischen  Sprache  in  ihren  Wirkungen  bis  auf  den 
heutigen  Tag  reicht. 

Die  Koine  hat  sich  den  griechischen  Dialekten  gegenüber  als 
Eipheit  durchgesetzt;  aber  bei  den  Barbaren,  zu  denen  sie  kam, 
löste  sie  sich  allmählich  wieder  in  Einzelformen  auf,  je  nach  der 
Eigenart  des  Volkes  und  nach  der  Besonderheit  der  griechischen 
Ejinwanderer.      Jedoch   haben   diese   Glieder  der   Gemeinsprache, 


ÄOVPTISCHF   KOINF.  187 


etwa  die  syrische  oder  die  ägyptische,  niemals  solche  Selbständisj;- 
keit  erlangt,  daß  man  sie  als  Mundarten  wie  die  altgriechischen 
Dialekte  bezeichnen  di^irfte;  an  der  allgemeinen  Geltung  und 
allgemeinen  Verständlichkeit  der  Koine  haben  sie  nichts  ändern 
können. 

Betrachten  wir  nun  die  ägyptische  Koine,  so  ist  zweierlei 
von  vornherein  wohl  zu  bedenken.  Erstens  werden  viele  Züge, 
■  denen  wir  hier  begegnen,  der  gesamten  Koine  gemeinsam  sein, 
ab-er  gerade  im  ägyptischen  Material  am  klarsten  hervortreten, 
w^il  wir  nirgends  sonst  auch  nur  annähernd  so  genau  hineinblicken 
können.  Und  zweitens  gilt  auch  für  die  ägyptische  Koine,  daß 
Literatursprache,  geschriebene  Sprache  und  gesprochene  Sprache 
keineswegs  übereinstimmen.  Die  für  literarische  Zwecke  be- 
nutzte Koine  lernen  wir  in  einer  Reihe  von  Stücken  der  Volks- 
Jiteratur  aus  Ägypten  kennen;  ihre  Verfasser  hängen  je  nach 
Bildung  und  Absicht  in  sehr  verschiedenem  Maße  von  der  hohen 
Literatur,  d.  h.  in  der  Kaiserzeit  vom  Attizismus,  ab,  so  daß 
man  die  Volksliteratur  in  gemeingriechischer  Sprache  nicht  genau 
abgrenzen  kann,  sondern  jeden  Fall  für  sich  beurteilen  muß. 
Di-e  geschriebene  Sprache  der  gebildeten  oder  auf  Bildung  An- 
sf^ruch  erhebenden  Kreise  steht  der  Literaturkoine  nahe,  aber 
auch  sie  stuft  sich  vielfältig  ab;  wir  begegnen  ihr  in  der  großen 
Masse  der  Urkunden  und  Briefe.  Die  wirklich  gesprochene  Sprache 
kennen  wir  so  gut  wie  gar  nicht;  daß  sie  aber  keineswegs  mit  der 
geschriebenen  zusammenfiel,  zeigen  ihre  geringen  Spuren.  Man 
darf  sie  nicht  mit  den  sprachlichen  und  orthographischen  Miß- 
bildungen verwechseln,  die  uns  in  Papyrusbriefen  erhalten  sind; 
denn  das  sind  Erzeugnisse  nicht  der  von  Griechen  gesprochenen 
sondern  der  von  Nichtgriechen  nur  dürftig  erlernten  Koine; 
man  redet  mit  Recht  von  Barbarengriechisch,  wofür  Ryl.  II 
ieO_160d  besonders  gute  Beispiele  bieten.  So  wichtig  auch 
dhse  Zeugnisse  für  die  Sprache  der  Papyri  sind,  so  gehören  sie 
'doch  nur  an  die  Grenzen  griechischen  Sprachbereichs.  Allerdings 
kann  man  diese  Grenzen  nur  grundsätzlich  aufstellen:  in  der 
Wirklichkeit  überwiegen  die  unzähligen  Übergänge  und  Misch- 
bildungen. 

Als  Sprache  der  Papyri  bestimmen  wir  also  die  ägyptische 
Koine  mit  Einschluß  ihrer  Grenzgebiete.  Daß  sie  sich 
im  Laufe  der  Jahrhunderte  beträchtlich  gewandelt  hat  und  zur 
2jdi\  Justinians  ein  ganz  anderes  Gesicht  zeigt  als  unter  den  ersten 


188  WORTSCHATZ. 


Ptolemäern,  bedarf  keiner  Begründung;  es  wird  aber  weiter 
unten,  wo  von  der  Entwicklung  des  Stiles  die  Rede  ist,  hand- 
greiflich werden. 

Der  Wortschatz  der  Papyri  ist  im  großen  und  ganzen  at- 
tisch, und  wenn  jeder,  der  sich  in  die  Urkunden  einzuarb'Ntetr. 
beginnt,  auch  im  Wortschatze  viel  Neuem  begegnet,  so  liegt  es 
daran,  daß  wir  mancherlei  Ausdrücke  des  täglichen  Lebens  und 
technische  Bezeichnungen  erst  aus  den  Papyri  kennen  lernen, 
denn  weder  die  Inschriften  noch  Aristophanes  erschöpfen  die 
Fülle  der  attischen  Verkehrssprache.  An  diesem  attischen  Charakter 
wird  durch  eine  Reihe  ionischer  Wörter  nichts  geändert; 
sehr  zahlreich  sind  sie  überdies  nicht.  Beispiele  sind  nach  Maysers 
Zusammenstellungen  aus  den  Ptolemäerpapyri  unter  anderem: 
,')^Qu)c(^,  y.uf.iü^u.  ndge^  statt  '/jogigj  GKent],  xtLQiCeiv,  xnqionoiy. 
Was  aus  anderen  Dialekten  eingedrungen  ist,  kommt  nicht  irr. 
Betracht.  Merkwürdig  aber  ist,  daß  die  ägyptische  Sprache 
so  gut  wie  nichts  beigesteuert  hat;  denn  die  wenigert 
Bezeichnungen  für  besondere  ägyptische  Erzeugnisse,  wie  ,iüQi.i, 
für  das  ägyptische  Boot,  Lviog.  für  das  ägyptische  Bier,  /.vllfiom; 
für  das  Durrabrot,  /um  für  eine  Ölsorte,  rta/rvQoii  für  die 
Papyrusbinse,  '/.towrig  für  ein  besonderes  ägyptisches  Priesteranit 
und  einige  andere,  bestätigen  nur,  daß  die  ägyptische  Koine  siclr 
der  einheimischen  Sprache  gegenüber  völlig  ablehnend  verhalten 
hat.  Viele  für  Ägypten  bezeichnende  Dinge  nennt  sie  mit  grie- 
chischen Namen;  gerade  auf  dem  Gebiete  der  Religion  und  des 
Kultus,  wo  man  ägyptische  Lehnwörter  erwarten  dürfte,  herrscht 
das  Griechische:  die  Totenpriester  heißen  Choachyten,  die  Ein- 
balsamierer Taricheuten,  die  Bekleider  der  Götterbilder  Sto- 
listen,  die  Kultprozession  Komasia,  die  Kapellenträger  Pasto- 
phoren,  die  Priesterklasse  der  Propheten  trägt  einen  griechischeff 
Namen,  der  ihr  eigentliches  Wesen  gar  nicht  bezeichnet  und  dergL 
mehr.  Die  ägyptischen  Monate  hat  man  zwar  in  ihren  heimische« 
Namensformen  übernommen,  dafür  aber  die  Götter  entweder 
griechisch  benannt  oder  doch  ihre  ägyptischen  Namen  griechisch 
eingekleidet.  Ebenso  die  Personen-  und  Ortsnamen,  unter  denen 
es  viel  ägyptische  gibt,  aber  nur  selten  ohne  griechische  Endung 
und  Deklination,  z.  B.  risteyjovg  nersxößvrog^  'OwCorpQig  'Ovvüt- 
(fQtcoi:.  Kurz,  von  ägyptischem  Einfluß  fehlt  so  gut  wie  jede  Spur. 
Im  3.  Jh.  a.  C.  haben  die  Griechen  als  Herren  gegenüber  deirr 
Eingeborenen  von  vornherein  eine  hohe  Schranke  gezogen,  und 


LEHNWÖRTER.  189 


als  Später  die  Grenze  nicht  mehr  so  streng  gewahrt  wurde,  hatte 
die  ägyptische  Koine  sich  schon  auf  eigene  Füße  gestellt  und 
bedurfte  keiner  Lehnwörter  mehr,  ganz  abgesehen  davon,  daß 
auch  in  der  Kaiserzeit  die  griechisch  schreibende  und  sprechende 
Bevölkerung  sich  keineswegs  mit  den  Fellachen  verbrüderte. 
Die  Ägypter,  die  etwas  höher  hinauf  wollten,  mußten  mindestens 
sprachlich  sich  hellenisieren;  und  die  ägyptische  Sprache  lebte 
nur  in  Kreisen  fort,  die  auf  die  griechische  Welt  des  Mittelstandes 
oder  gar  der  höheren  Schichten  keinen  Einfluß  hatten. 
Semitische  Lehnwörter,  auch  sie  nur  in  geringer  Zahl,  sind 
teils  schon  aus  dem  Attischen  herübergekommen,  wie  df/ao^, 
teils  aus  dem  Ionischen,  wie  //j-ö,  yncnv.  Meistens  sind  es  Namen 
solcher  Stoffe,  die  aus  dem  Osten  stammen,  wie  ßvöoo^,  U^uvo^^ 
juvoftv:  von  anderen  wäre  vor  allem  äoaßwv  gleich  ,, Anzahlung" 
zu  erwähnen,  das  sehr  geläufig  geworden  ist.  Das  Persische 
hat  ein  paar  häufige  Wörter  beigesteuert,  wie  uyyaQtvuv,  nuüd- 
öfioo^  und  besonders  die  agraßr^,  das  tausendfach  vorkommende 
Getreidemaß.  (Vgl.  Sethe,  Spuren  der  Perserherrschaft  in  der 
späteren  ägyptischen  Sprache  Nachr.  G.  G.  Wiss.  lOlG,  112 ff). 
Ist  so  die  ägyptische  Koine  fast  völlig  rein  von  fremden  Bestand- 
teilen, so  ändert  sich  das  Bild  im  Laufe  der  Kaiserzeit  etwas. 
Allerdings  erkannte  auch  die  römische  Regierung  das  Griechentum 
der  östlichen  Provinzen  an  und  gebrauchte  hier  amtlich  die  gr*e- 
chische  Sprache.  Obwohl  Römer  und  Italiker  ziemlich  zahlreich 
ins  Land  kamen,  begegnen  wir  zunächst  nur  selten  lateinischen 
Lehnwörtern,  weit  seltener  als  in  den  Evangelien.  Im  Bereiche 
des  römischen  Heeres,  das  ja  die  lateinische  Spraclie  überall 
wahrte,  und  in  der  Staatsverwaltung  treten  sie  auch  in  griechischen 
Schriftstücken  auf,  sonst  aber  fast  nur  für  emige  Geräte  und 
Kleidungsstücke,  offenbar  eine  Folge  römischer  Industrie  und 
römischen  Handels.  Was  römische  Veteranen,  in  deren  grie- 
chischen Briefen  das  Latein  noch  durchklingt  und  bisweilen 
sogar  in  der  Handschrift  sich  äußert,  an  lateinischen  Aus- 
drücken gebrauchen,  darf  man  dem  ägyptischen  Griechisch 
nicht  auf  die  Rechnung  setzen.  Etwa  im  3.  JIi.  p.  C.  bemerkt 
man  eine  langsame  Zunahme  lateinischer  Lehnwörter  und,  was 
fast  mehr  bedeutet,  lateinischer  Bildungen,  namentlich  auf  uom^; 
vielleicht  das  sonderbarste  Beispiel  dafür  ist  virooxtoüaioc  von 
vnöaytoiQ,  214  p.  C.  (Oxy.  Xll  1432).  Aber  erst  die  byzan- 
tinische   Periode    betonte    durchweg  den   lateinischen   Charakter 


190  LAUTVERHÄLTNISSE. 

des  Reiches,  dessen  Hauptstadt,  das  konstantinische  Neurom^ 
nun  mitten  im  Osten  lag,  und  damit  dringen  in  Scharen 
die  lateinischen  Amtsbezeichnungen  und  Titel,  juristische  Aus- 
drücke sowie  andere  lateinische  Lehnwörter  ein,  die  namentlich 
im  6.  Jh.  das  Griechisch  der  amtlichen  Urkunden  entstellen,  zu 
einer  Zeit,  wo  Konstantinopel  sein  Römertum  bereits  wieder 
ablegte.  Beispiele  könnte  man  in  Menge  häufen;  em  lebendigeres 
Bild  aber  gewinnt  der  Leser,  wenn  er  ein  paar  Urkunden  dieser 
Zeit  aufmerksam  durchliest.  Welche  Fülle  von  Material  für's 
Latein,  namentlich  für  die  Aussprache,  in  den  griechischen  Um- 
schreibungen enthalten  ist,  sei  nur  gestreift;  es  würde  eine  überaus 
lohnende  Aufgabe  sein,  d'e  lateinischen  Lehnwörter  in  der  Sprache 
der  Papyri  von  Anfang  an  zu  verfolgen,  ihre  Schreibung  festzu- 
stellen und  ihrer  Verbreitung  nachzugehen.  Nur  beispielshalber 
greife  ich  ein  paar  Wörter  heraus,  die  schon  früh  Eingang  gefunden 
haben:  nava^iov  der  Brotkorb,  bereits  im  1.  Jh.  p.  C,  ojrovödorov, 
xoutvrdgior,  Ktoßr/.doio}',  o/.utlrior  im  2.  Jh.  p,  C. ;  im  3.  finden  wir 
ihrer  eine  beträchtliche  Anzahl  wie  a/.otißa,  ■/.ovQdiwg,  itovrr/.doiv 
(zur  Endung  vergleiche  die  weiter  unten  folgenden  Bemerkungen), 
dc'/.uarr/.ouuffögririv  doyevnvin'  (260  p.  C),  dazu  griechische  Weiter- 
bildungen von  lateinischen  Wörtern  wie  7raT()w)«/o-rc  =  patronissa, 
einem  griechischen  Femininum  zu  patronus,  und  namentlich  das 
merkwürdige  Uorpovvyaroic,  das  von  expungere  abgeleitet  ist.  Die 
Juristensprache  brachte  später  Ausdrücke  wie  ycdooi,  =  casus 
=  Rechtsfälle  hinein.  Über  den  Einfluß  des  Römertums  und  die 
Verbreitung  der  Römer  in  Ägypten  wird  in  Kapitel  13  und  15 
mehr  gesagt  werden. 

Über  Lautverhältnisse,  Grammatik  und  Stilfoimen  der 
ägyptischen  Koine  kann  ich  hier  nur  ein  paar  Hinweise  geben. 
Zunächst  liegt  auf  der  Hand,  daß  innerhalb  der  Periode,  mit 
der  wir  es  zu  tun  haben,  sich  vieles  gewandelt  hat;  eine  byzan- 
tinische Urkunde  ausgeprägter  Art  unterscheidet  sich  von  einem 
ptolemäischen  Dokumente  weit  beträchtlicher  als  dieses  von  einer 
attischen  Urkunde  des  4.  oder  sogar  des  5.  Jh.  a.  C.  Denn  der  Zeit- 
raum, der  uns  angeht,  reicht  von  den  Anfängen  der  Koine  bis  ins 
Mitte' griechische  hinein,  das  bereits  die  Wurzeln  des  Neu- 
griechischen sehen  läßt.  Jede  Untersuchung  über  die  Sprache  der 
Papyri  muß  also  die  Zeit  der  Quellen  sorgfältig  beachten.  Sodann 
ist  der  Charakter  des  Schriftstückes  in  Betracht  zu  ziehen;  ein 
offizielles  Dokument  sieht  anders  aus  als  eine  private  Urkunde, 


LAUTVERHÄLTMSSH.  191 


und  diese  wieder  anders  als  der  Brief  eines  mangelhaft  Gebildeten. 
Auch  Abschrift  und  Original  stehen  durchaus  nicht  auf  gleicher 
Stufe,  Die  sprachliche  Bildung  des  Schreibers  trägt  viel  dazu  bei, 
einem  Schriftstücke  seine  lautlichen,  grammatischen  und  sti- 
listischen Merkmale  zu  geben,  und  was  bei  dem  einen  sich  findet, 
braucht  durchaus  nicht  ohne  weiteres  Gemeingut  seines  Zeit- 
alters zu  sein.  Darüber  hinaus  kommt  ungenügende  Kenntnis 
des  Griechischen,  wir  sprachen  von  Barbarengriechisch,  in  Be- 
tracht; es  ist  in  der  Wirklichkeit  oft  recht  schwer  zu  erkennen, 
wo  die  Entwicklung  der  ägyptischen  Koine  aufhört  und  das 
Ungriechische  anfängt.  Endlich  die  Orthographie.  .  Nicht  alles, 
was  wir  geschrieben  finden,  ist  vollgültiger  Zeuge  für  die  Sprach- 
form und  die  Aussprache,  denn  wenn  auch  die  Schreibweise  sich 
im  allgemeinen  be'den  anpaßt,  so  ble'bt  sie  einerseits  gern  etwas 
hinter  der  lebendigen  Entwicklung  zurück  und  kann  andererseits 
Lautverschiebungen  vortäuschen,  wo  die  gesprochene  Sprache 
keine  kennt.  Dies  verdient  um  so  vorsichtigere  Berücksichtigung, 
als  gerade  für  die  Lautverhältnisse  die  Schreibung  der  Wörter 
unser  einziger  Anhaltspunkt  ist;  wir  sind  also  tatsächlich  von 
der  Orthographie  der  Schreiber  abhängig.  Alle  diese  Erwägungen 
lehren,  daß  wir  uns  auf  unsicherem  Boden  bewegen  und  nur  mit 
großer  Zurückhaltung  urteilen  dürfen.  Ein  Gegengewicht  gibt 
es  allerdings:  auf  Grund  einer  Übersicht  über  das  gesamte  Material 
an  Urkunden  und  Briefen  darf  man  aussprechen,  daß  die  wirkhch 
barbarischen  Texte  eine  kleine  Minderzahl  ausmachen,  die  weit 
überwiegende  Mehrzahl  dagegen  sprachliche  Schulung  oder  le- 
bendiges Sprachgefühl  zeigt  und  deshalb  als  zuverlässiger  Weg- 
weiser betrachtet  werden  darf. 

Lautverhältnisse.  Ganz  allgemein  ist  der  ägyptischen  Koine 
die  Neigung  eigen,  die  Vielheit  der  Vokale  zu  vermindern,  be- 
sonders  in  der  Richtung  auf  die  hellen  Laute  e  und  i,  die  mehr 
und  mehr  sich  vordrängen.  Schon  in  ptolemäischer  Zeit  sehen 
wir  gelegentlich  «  in  t  übergehen  {luoä:a<;  —  itoüTtig,  reaoaoa  — 
Teoaeya,  ugatvi/.d  -  loatvr/.d).  Sämtliche  e-Laute  neigen  zum  Aus- 
gleich, nicht  nur  e  und  ei  beginnen  zu  wechseln  u'c'/.t'^^ea,  didu- 
ö/mUcc.  oi]uic(.  xoea,  häufig  in  Ortsnamen  wie  Htuöthfia,  anderer- 
seits ttuv  statt  Luv,  {iuoü.tia  statt  ßuai'Uu,  hoticji'  ganz  gewöhn- 
lich statt  hoeiov  usw.),  sondern  auch  e  und  u  mit  /;.  z.  B.  Ihh'tuog 
—  lU'cviuog  (makedonischer  Monat),  \^'ui('n'i)üi]a  UhSdröona, 
vgl.  lat.  Alexandrea,  'Iun]ov  —  'loulov,  düvt,ov  -  duvtiov  und  dergl. 


192  LAUTVERHÄLTNISSE 


mehr,  jedoch  nur  bis  etwa  100  p.  C.  Dieselbe  Erscheinung  führte 
in  der  Gruppe  der  dunklen  Vokale  o,  o  und  o(  zum  Wechsel,  der 
schon  in  ptolemäischer  Zeit  sich  anbahnt  und  in  der  Kaiserzeit 
ganz  gemein  ist  (r/c  statt  viov,  öCovui  statt  öodvai,  ßohin^vov 
statt  ßoL-hintroi  USW.),  nämlich  die  Neigung  zur  geschlossenen 
Aussprache  der  e-  und  o- Laute  und  das  schwindende  Gefühl 
für  den  Unterschied  der  Quantitäten.  In  der  Kaiserzeit 
beginnt  die  altgriechische  musikalische  Betonung,  die  betonte 
und  unbetonte  Silben  durch  die  Tonhöhe  unterschied,  der  so- 
genannten exspiratorischen  Betonung  zu  weichen,  die  auf  die 
betonte  Silbe  den  starken  Ton  legt,  wie  wir  es  im  Deutschen  tun. 
Sie  hat  im  byzantinischen  Griechisch  die  Herrschaft  erlangt 
und  bis  heute  behalten.  Dies  führte  von  selbst  dahin,  den  kurzen 
tontragenden  Vokal  zu  verlängern  und  umgekehrt  den  langen 
tonlosen  Vokal  zu  verkürzen,  d.  h.  die  altgriechischen  Quantitäten 
tatsächlich  aufzuheben.  Die  Papyri  sind  Zeugen  dieser  Entwicklung. 
Etwas  anderes  ist  der  Itazismus,  die  Verdrängung  der  Laute 
;/,  r,  OL  und  v  durcii  /.  Er  bahnt  sich  bereits  gegen  Ende  der  Pto- 
lemäerzeit  an,  aber  erst  nach  Christi  Geburt  greift  er  stärker 
um  sich.  Dies  bedeutet  nicht,  daß  allmählich  in  der  Schreibung 
alle  jene  Vokale  durch  /  ersetzt  worden  wären,  vielmehr  hat 
die  historische  Orthographie  sich  vielfach  behauptet,  wo  ein 
nur  leidlich  gebildeter  Schreiber  die  Feder  ansetzte.  Aber  wir 
begegnen  beständiger  Unsicherheit  in  der  Schreibung,  und  können 
nicht  zweifeln,  daß  schon  im  Anfange  der  byzantinischen  Periode 
der  Itazismus  die  Aussprache  beherrschte.  Beispiele  findet  jeder, 
der  aufs  Geratewohl  Papyri  der  römischen  und  byzantinischen 
Zeit  aufschlägt;  ich  schreibe  nur  einen  besonders  starken  Fall 
hierher,  der  aus  dem  Jahre  283  p.  C.  stammt:  (l'vcpwiioi]  statt 
ipi](fto^6iot:  man  sprach  offenbar  psifistisi.  Fast  ebenso  charakte- 
ristisch \w\e  der  Itazismus  ist  die  Aussprache  des  ai  wie  f,  die 
gleichfalls  in  spätptolemäischer  Zeit  sich  vorzubereiten  sciieint, 
aber  erst  in  der  Kaiserzeit  sich  überall  verbreitet;  Beispiele 
liegen  auch  hier  auf  der  Straße,  besonders  lehrreich  ist  der  Privat- 
brief Oxy.  I  120,  4.  Jh.  p.  C,  der  beinahe  regelmäßig  e  durch  ca 
ersetzt,  vgl.  auch  ai^foit  =  lifaiui  BGU  II  586.  Neben  diesen 
beiden  Erscheinungen  treten  alle  übrigen  Vokalverschiebungen 
der  Menge  nach  zurück. 

Auch  die  Konsonanten  wechseln  innerhalb  ihrer  Verwandt- 
schaft nicht  selten,   die  Kehllaute    /.,  y,  ■/,   besonders  häufig   zu- 


GRAMMATIK.  ]  93 


gunsten    des    ;'   {youTian^    statt    y-ouiiau^    283    p.  C;    regelmäßig 
yvcKfilg    gegenüber    dem    attisclien   y.vcaffrvg).      Aber    auch   ;■  er- 
weichte sich  zum  j-Laute  und  verflüchtigte  sich  so  sehr,  daß  es 
häufig    nicht    mehr    geschrieben    werden    konnte.      (Regelmäßig 
yirc'ja/.ew   und    yiveaü^ca;    häufig    zwischen   Vokalen:    oA/or    statt 
(Ykiyov,  TTQoaovar^^  statt  TtQoayovor^g.   Der  ägyptische  Name  He.ieus 
wird    umgekehrt    oft    'Egiyehg   gesclirieben,    schon    in    der    Zeit 
des  AugUStUS  //fpfc;  statt   hotlg;  vgl.  auch  ycöuonxr^g  =  idi(orr/.i]^). 
Auch    in    der    Gruppe    der    Lippenlaute    verdrängt    die    media 
gern  die  tenuis  {-/.aia  ßö'uv  statt  m'/uv).    Wenn  dagegen  Wechsel 
von   n  und  (p   vorkommt,    so   beweist    er,    daß   die    Ausspruche 
p  -f  h   noch   nicht    dem  späteren  f  gewichen  war  {(pevnr/.otnoig, 
aa.rcdioai).     Aber  das   eigentliche  Wahrzeichen   des   ägyptischen 
Griechisch  ist  bei  den   Zahnlauten  die  Verdrängung  des  /  durch 
0.  für  die  man  wie  für   den    Itazismus   und  den  Wechsel  ai-i 
beinahe    auf   jeder   Seite    der   Publikationen    ein   Beispiel  finden 
kann.     Auch  o  und  /wechseln  häufig  unter  einander,  aber  auch 
mit    r   und    sogar    mit   d.      Hier    wie    gewiß    in    vielen    FälltMi 
macht  sich  der  Einfluß  ägyptischer  Aussprache  geltend.     In  der 
Gruppe  der  s-Laute  endlich,  ist  der  ganzen  Koine  gegenüber  dem 
Attischen    gemeinsam   der   Ersatz  von   tt  durch   aif,  wenn  auch 
Ausnahmen    vorkommen,   die  wohl    nichts    mit    der  Aussprache 
zu  tun  haben,  sondern  sich  aus  bewußter  Nachahmung,  aus  Atti- 
zismus,   erklären   (vgl.   unten   bei   den    Briefformeln.)      Auch   die 
literarischen   Papyri   schreiben   überwiegend   d-dlaöau  usw.      Vor 
Konsonanten  wechseln  auch   <>  und   _',    offenbar  weil  o  sich  er- 
weicht    hatte:     ätuiviog,    uiKfuß^tür^    daneben    wjfa'/.nCoiKi'di, 
loyio'C.au€vr^g  (360  p.  C).     Endlich  nenne  ich  noch  als  ein  Merk- 
mal   der   ägyptischen    Koine    die    Neigung   zur   Aspiration,    ganz 
gang  und  gäbe  in  /.al}'  hog.   wo  man  also  auch  aog,  nicht   fiog 
zu  schreiben  hat,  abor  auch  in  anderen  Fällen.    Nicht  auf  Ägypten 
beschränkt    ist    Ifioo/Mv,    das    wohl    ausnahmslos   Iaioo/aiv  er- 
setzt. 

Flexion.  Auch  hier  zeigt  sich  das  Bestreben,  die  Vielheit 
der  Formen  auszugleichen  und  die  Sprache  abzuschleifen;  es  ist 
der  gesamten  Koine  eigen  und  hängt  mit  der  Verbreitung  der 
Sprache  über  die  Kulturwelt  zusammen.  Die  nicht  griechischen 
Völker  stellten  sich  naturgemäß  den  Feinheiten  und  Besonder- 
heiten des  Griechischen  ablehnend  gegenüber,weil  man  sie  nur 
schwer  lernen  und  in  ihr^m  Werte  gar  nicht  schätzen  konnte; 

8ckubart,  Papyrailcunde.  ' -J 


194  GRAMMATIK. 


aber  auch  im  jMunde  der  geborenen  Griechen  muI5te  sich  die 
internationale  Geschäfts-  und  Urkundensprache  ebenso  abschleifen 
und  gleichförmig  werden,  wie  es  heutzutage  das  Englische  bereits 
getan  hat  und  das  Deutsche  von  Tag  zu  Tag  mehr  tut.  Den  Dual 
hatte  das  Griechische  sowohl  beim  Hauptworte  wie  beim  Zeit- 
worte schon  vorher  über  Bord  geworfen;  jedoch  begegnet  er  ver- 
einzelt noch  in  den  Papyri  der  Kaiserzeit.  Andere  Erscheinungen 
folgten  wie  die  sogenannte  attische  Deklination,  die  nur  noch  in 
Resten  fortlebt  (z.  B.  Ichoi;  die  Tenne,  dagegen  Xabg  und  vabg 
ausnahmslos  statt  '/Mag  und  ve(üg).  Das  ionische  Femininum  auf 
lüoa  greift  von  rkaiihoaa  auf  ieQiooa  über  und  zeigt  sich  auch 
in  dem  noch  unerklärten  capwvTiaou.  ja  sogar  in  der  schon  er- 
wähnten Bildung  jcaTQioviGoa.  Die  Akkusative  von  Konsonanten- 
stämmen neigen  zur  a-Deklination  {m^rlQav^  -d-iyategav^  yvval/.av^ 
ynoav.  riaioiöav,  auch  im  mascul.  n\vav  USW.  schon  in  ptclemäischer 
Zeit).  Ebenso  gehen  die  Akkusative  auf  /^  von  konsonantischen 
Stämmen  gern  in  i]v  über  (in  Namen  wie  Jioyiviqv  usw.)  und  ihre 
Genitive  auf  ovg'm  die  o-Deklination  (.-ivTicpavov  statt  l^vrupdvovg)^ 
Schon  früh  treten  Nominative  auf  ig  und  iv  statt  log  and  lor  auf, 
breiten  sich  in  der  Kaiserz'^it  stark  aus,  auch  über  die  Namen, 
und  werden  im  Byzantinischen  ganz  gewöhnlich  {uQyÖQU',  ly-Aoi- 
firjZfiir,  ucccfÖQTiv^  uard/ur,  /.loöiv.LV,  o/Mffiv,  Xrj-AVxhv  U.  Si.;  Namen: 
^^f.il.iwvdQiv  =  '.■J^iitiovuQiov  [fem.],  ylov/.ig  usw.).  Zwischen  der  a- 
Deklination  und  der  konsonantischen  schwanken  die  häufigen 
Spitz-  und  Kurznamen  auf  ag,  wie  'Hoa-zläg,  die  gewöhnlich  ärog, 
icTi,  üv  bilden.  Bei  den  Pronomina  ist  wohl  am  meisten  der 
Beachtung  wert,  wie  mehr  und  mehr  das  Reflexivum  der  S.Person 
tacToC  USW.  auf  die  1.  und  2.  übergreift,  so  daß  allmählich  euav- 
Toc,  otaiTö),  i]iiäg  ahobg  verschwinden.  Durch  Angleichung  an 
li.tov  wird  oft  oov  in  loov  verwandelt.  Die  Zahlwörter  von  11 
bis  19  werden  fast  durchweg  durch  Voranstellung  des  Zehners  j 
gebildet   {dt/MÖvo  statt    dioöty.a,   öt/.urQug   statt  Toigy.aiöt'/xc)      Die  ^ 

Ordinalzahlen  lauten  rou/Midi/.arog  usw.     Jon  bildet  den  Genitiv  " 

()vo,  den  Dativ  dvai. 

In  der  Konjugation  herrscht  gleichfalls  das  Streben  nach 
Vereinfachung.  Der  2.  Aorist  stirbt  schon  in  der  Ptolemäerzeit 
ab  und  geht  m  den  ersten  über,  indem  die  mit  a  gebildeten  En- 
dungen eintreten,  teils  mit  a,  teils  direkt  an  den  Stamm:  ijX- 
^ooav  neben  ii'/.Oav,  sogar  der  Infinitiv  fitTfilO-ai,  ißr^oa,  tligr^aa 
neben   tlfjav^  tvQaolfo.i,   sehr  oft  ekaßa,   j}^«  statt  r\yayov;  umge- 


WORTBILDUNG.  ]95 


kehrt  yQ(iif.iea\s  imper.  aor.,  ü.eya^ah  impf.  Zu  den  Vereinfachungen 
dieser  Art  gehört  auch  die  3.  Person  Plur.  des  Pf,  Akt.  £//?//av  statt 
£'üi]<faai;  ebenso  oidag  statt  olaO-a.  Die  Verba  auf  tu  ue'^^en 
zur  thematischen  Konjugation,  namentlicii  im  Aktivum:  loidiu 
und  ioTdviOj  7Taoadttxvmo,  öftvüio,  didco;  auch  Övvouui  statt  övvauca. 
Ähnliche  Formen  in  Futurum  und  Aorist  beginnen  sich  zu 
nähern,  zumal  im  Infinitiv,  wo  der  Bedeutungsunterschied  auch 
von  der  Mehrzahl  der  Griechen  kaum  empfunden  wurde:  z.  B. 
e7televGuoi}ca;  häufig  inf.  aor.  med.  statt  fut.,  besonders  bei 
rd^aoS-ai:  aber  auch  umgekehrt:  /ot^  o'üv  iiotudoeiA',  duyvioxa 
iBoÖEvGtiv  u.  dgl.  Von  /Mußdvv)  lautet  das  fut.  h]inpoaaL  (vgl. 
das  subst.  urdlr^iniHo).  Eine  Eigentümlichkeit  bilden  auch  die 
kontrahierten  Futura  einiger  Verba  auf  aUo,  z.  B.  loyärca  von 
tQydi^eo^cci ,  dvay/.üre  von  avay/.d'Ctir.  Das  Augment  wird  in  ein- 
zelnen Fällen  verschleppt,  regelmäßig  bei  uvullo/.uv,  das  in  den 
Papyri  uvr^lio/.eiv  lautet  und  zur  Bildung  von  dv)]lojuu  geführt 
hat.  Die  attische  Reduplikation,  die  im  Absterben  war,  erhielt 
sich  in  hr^voya  und  trieb  einen  neuen  Schößling  in  uyrjoyu^ 
das  infolge  der  Erweichung  des  /  als  dyäoyu  oder  dy\]ayu  er- 
scheint und  die  allgemeine  Form  geworden  ist.  Sehr  selten  sind 
Dialektformen;  um  so  mehr  Beachtung  verdient  es,  daß  zweimal 
(Wi.  Chr.  100  und  BGU  II  602)  in  Briefen  loai  =  lini  begegnet. 
Neben  einigen  Wörtern  wie  yiodiog  der  Weber,  die  der  ägyptischen 
Koine  eigen  sind,  treffen  wir  in  der  Wortbildung  auf  eine  Neigung 
zu  bestimmten  Formen  und  Zusammensetzungen.  So  bevor- 
zugt man  bei  Neubildungen  die  Feminina  auf  ua  und  die  Neutra 
auf  eiov,  und  unter  den  Verba  die  auf  lZ^  und  uo.  Auch  hierin 
sehen  mx  wieder  das  Streben  nach  Gleichheit  der  Formen.  Im 
allgemeinen  liebt  die  Koine  und  die  ägyptische  nicht  zuletzt  zu- 
sammengesetzte Wörter,  in  ptolemäischer  Zeit  noch  mit  Maßen, 
später  aber  zügellos.  Besonders  beim  Verbum  werden  Zusammen- 
setzungen mit  zwei  Präpositionen  ganz  geläufig.  Die  Präpo- 
sitionen werden  farblos,  namentlich  /.«/«  und  nuod,  so  daß  die 
mit  ihnen  zusammengesetzten  Verba  zu  näherer  Bestimmung 
einer  neuen  Präposition  bedürfen.  Auch  in  den  Papyri  können 
wir  den  allmählichen  Verfall  der  Deklination  und  ihren  Ersatz 
durch  Präpositionen  beobachten,  am  meisten  beim  Genitiv  durch 

dreh  und   7taod. 

Aus    dem    Satzbau    endlich    möchte   ich  nur  ein  paar  Einzel- 
heiten   erwähnen,    da    der   folgende   Abschnitt    mit    seinen    Stil- 

13* 


196  SATZBAU 


proben  mancherlei  Beispiele  bringen  wird.  Der  gesamten  Koin^ 
gemeinsam  ist  tov  mit  dem  Infinitiv  als  Finalsatz.  Die  Beispiele 
begegnen  in  den  Papyri  wie  im  Neuen  Testamente  auf  Schritt 
und  Tritt.  Der  Optativ  und  mit  ihm  der  dem  Futurum  nahe- 
stehende Ausdruck  durch  den  Optativ  mit  äv  verschwindet  (vgl. 
aber  Oxy.  XII  1469);  dagegen  drängt  sich  od  ul  mit  dem  Kon- 
junktiv in  die  Rolle  des  Futurums  ein,  allerdings  weniger  in 
der  nüchternen  Urkundensprache  als  im  gehobenen  Stile  und 
im  Briefe.  Sehr  beliebt  ist  als  Ausdruck  des  Zweckes  auch  7CQog 
To  c.  inf.,  und  die  kausalen  Nebensätze  werden  fast  ganz  durch 
öiä  TO  c.  inf.  verdrängt.  Sodann  gewinnen  die  Nebensätze  an 
Stelle  der  Infinitivverbindungen  mehr  und  mehr  Raum,  vor  allem 
die  mit  Vm.  die  später  den  Infinitiv  ersetzt  haben;  wir  lesen 
z.  B.  in  einem  Briefe  des  5.  Jh.  p.  C.  -/.eXiviig  h-a  rteini'ovoiv, 
wobei  zugleich  die  Konstruktion  von  n«  mit  dem  Indic.  fut. 
beachtenswert  ist.  Eine  Sache  fijr  sich  sind  natürlich  die  syn- 
taktischen Unbeholfenheiten  ungebildeter  Leute,  von  denen  nur 
ein  paar  Beispiele  sich  anreihen  mögen.  In  einem  Briefe  aus 
dem  Jahre  104  p.  C.  heißt  es:  oil  eö^hg  hcLßeßlrf/xi  (•^'yJlt'^dvÖQrjav, 
6v&hg  euel'/.€  l^ioi  ttsq)  usw.  [e^ith/^t  statt  laekr^oe  oder  uiuiArjxt). 
Der  Schreiber  hat  einen  Satz:  ,, sobald  ich  in  Alexandreia  eintraf, 
kümmerte  ich  mich  um"  nicht  zu  gestalten  vermocht  und  hilft 
sich  mit  zwei  Hauptsätzen,  die  er  durch  ctO-i^  einführt.  Oder 
aus  einem  Briefe  des  4.  Jh.  p,  C. :  llaiov  äipcu  adrb  x6trat  =  0el, 
das  zum  Anzünden  bestimmt  ist;  einen  Relativsatz  brachte  der 
Mann  nicht  fertig.  Wer  von  diesen  Zügen  einen  lebendigen  Ein- 
druck gewinnen,  alle  lautlichen  und  grammatischen  Verschiebungen 
beobachten  und  die  Bedeutung  der  Orthographie  richtig  ein- 
schätzen will,  muß  dergleichen  vulgäre  Texte,  meistens  Briefe, 
selbst  zur  Hand  nehmen.  An  Briefen  wie  dem  des  Knaben  Theon 
Oxy.  I  119  =  Lietzmann,  Gr.  Pap.212  oder  Oxy.  VII  1067,  IX  1216, 
an  dem  Gebete  Oxy.  VII  1059  lernt  man  erstens  verstehen,  was 
Barbarengriechisch  ist,  zweitens  aber  auch,  wie  schwer  es  hält,  dies 
von  dem  vulgären  Griechisch  zu  scheiden,  von  denjenigen,  übrigens 
nicht  allzu  häufigen  Fällen,  wo  die  Leute  ohne  Zwang  und  ohne 
Streben  nach  Stil  so  schreiben,  wie  es  ihnen  in  die  Feder  kommt, 
wie  sie  zu  sprechen  pflegen,  vgl.  vor  allem  Oxy.  VI  903.  Von  hier 
aus  allein  öffnen  sich  Ausblicke  auf  die  gesprochene  Sprache, 
deren  wir  sonst  fast  nirgends  habhaft  werden. 
Diese  wenigen  Bemerkungen  mögen  dazu  dienen,  auf  die  wesent- 


F.NTWICKLLNÜ    DES   STILS.  197 


liehen  Punkte  aufmerksam  zu  machen  und  auf  ein  genaues 
Studium  solcher  Erscheinungen  an  der  Hand  der  später  genannten 
Werke  hinzuweisen;  auf  eine  wirkliche  Darstellung  des  Gegen- 
standes kann  ich  hier  nicht  ausgehen. 

Nicht  weniger  als  die  lautlichen  und  grammatischen  Er- 
scheinungen verdient  der  Stil  der  Papyrusdokumente  die  volle 
Aufmerksamkeit  aller,  die  sich  mit  griechischer  Sprache  und 
Sprachgeschichte  beschäftigen;  für  diejenigen,  die  an  den  Papyri 
selbst  arbeiten,  gehört  er  sogar  zu  den  allerwichtigsten  Merk- 
malen. Freilich  darf  man  auch  hier  nie  vergessen,  daß  die  Papvri 
keine  Welt  für  sich  sind,  sondern  mit  Inschriften  und  anderen 
Dokumenten  gleicher  Art  verglichen  werden  wollen,  zunächst 
denjenigen  ägyptischer  Herkunft.  Da  uns  aber  nirgends  sonst 
ein  so  zahlreicher  und  vielseitiger  Stoff  zur  Verfügung  steht, 
versprechen  die  Papyri  einen  Ertrag,  der  weit  über  die  Grenzen 
der  Papyruswelt  und  der  äg^'ptischen  Koine  hinausreichen  mul5. 
Untersuchungen  darüber  fehlen  noch  so  gut  wie  ganz,  und  doch 
liegt  eine  Fülle  von  Fragen  bereit,  die  eine  Antwort  nicht  nur 
dringend  fordern,  sondern  auch  ermöglichen.  Ich  kann  hier  nur 
einige  Gesichtspunkte  aufstellen  und  einige  Beispiele  vorführen, 
denn  jede  wirkliche  Erforschung  dieses  Gebietes  muß  mit  dem 
vollen  Material  arbeiten  und  an  den  Texten  selbst  einsetzen. 
Bedenkt  man,  daß  wir  es  mit  rund  einem  Jahrtausend  zu  tun 
haben,  so  liegt  auf  der  Hand,  daß  der  Stil  sich  in  dieser  Zeit  stark 
gewandelt  haben  muß.  Zunächst  springen  die  schärfsten  Gegen- 
sätze ins  Auge:  auf  der  einen  Seite  die  Schlichtheit  frühptole- 
mäischer  Texte,  auf  der  anderen  Seite  die  überladene  Wortfülle 
der  byzantinischen  Periode.  Wer  sich  nur  einigermaßen  hinein- 
gelesen hat,  wird  den  himmelweiten  Unterschied  niemals  ver- 
kennen. Im  Laufe  der  Jahrhunderte,  die  zwischen  diesen  beiden 
Polen  liegen,  entdecken  wir  zwar  keineswegs  eine  geradlinige 
Entwicklung,  denn  gerade  auf  diesem  Gebiete  haben  äußere 
Einflüsse,  die  nicht  aus  der  ägyptischen  Koine  stammen,  mäch- 
tig eingewirkt  ;  immerhin  aber  sind  Stufen  und  Übergänge 
erkennbar.  Sehr  schwer  ist  es  dagegen,  Gruppen  zu  bilden, 
obwohl  jeder  Kenner  der  Texte  deutlich  fühlt,  daß  trotz  allen 
Übergängen,  die  sich  tausendfach  und  unmerklich  vollziehen, 
solche  Zusammenfassungen  in  den  Tatsachen  begründet  sind. 
Mit  Vorsicht  wird  man  etwa  den  älteren  ptolemäischen 
Stil  vom  spätptole maischen   sondern  dürfen,  dem  sich  noch 


198  GATTUNGEN  DES  STILS. 

die  erste  Kaiserzeit  ohne  großen  Unterschied  anschließt.  Etwa 
mit  Hadrian  beginnen  Elemente  sich  zu  zeigen,  die  ganz  all- 
mählich den  byzantinischen  Typus  vorbereiten;  den  Stil  der 
Kaiserzeit  dürfen  wir  etwa  mit  Diokletian  oder  Constantin 
begrenzen.  Das  4.  und  5.  Jh.  bringt  den  sich  entwickelnden  By- 
zantinismus der  Sprache,  das  6.  und  7.  Jh.  seine  volle 
Entfaltung.  Man  nehme  diese  Begrenzungen  lediglich  als  Weg- 
weiser, die  einer  genaueren  Untersuchung  erleichtern  sollen,  das 
Material  vorläufig  zu  ordnen. 

Neben  die  zeitlichen  Entwicklungsstufen  treten  nicht  minder 
wirksam  die  Gattungen  des  Stils:  wir  haben  sorgfältig  den 
Stil  amtlicher  Dokumente  für  sich  zu  betrachten  und  in  ihm 
wieder  den  Stil  der  Erlasse,  die  von  der  höchsten  Regierungs- 
gewalt ausgehen,  zu  scheiden  von  den  Verfügungen  der  unter- 
geordneten Behörden,  den  Stil  der  Befehle  und  Anordnungen 
zu  sondern  von  dem  der  amtlichen  Bekanntmachungen;  auch 
Gerichtsprotokolle  und  dergleichen  objektive  Feststellungen  von 
amtlicher  Seite  verlangen  ein  Blatt  für  sich.  Ähnlich  liegt  es  mit 
dem  Stil  der  Privaturkunden,  bei  denen  wiederum  der  Unter- 
schied solcher,  die  behördliche  Anerkennung  beanspruchen  und 
finden,  von  mehr  persönlichen,  weniger  feierlichen  Abmachungen 
zu  beachten  ist.  Scharf  genug  hebt  sich  davon  wiederum  d^r 
Stil  des  Privatbriefes  ab,  der  als  Beispiel  besonders  l^h;- 
reich  ist,  weil  man  ihn  am  leichtesten  an  sein-^n  äußeren  Eigen- 
heiten herauskennt.  Diese  Gattungen  und  ihre  Arten  führen 
durch  die  Jahrhunderte  hindurch  ein  gewisses  Sonderleben, 
das  sich  aber  beständig  mit  der  allgemeinen  geschichtlichen  Stil- 
entwicklung kreuzt.  Man  fasse  ferner  Stand  und  Bildung  der 
Personen  irs  Auge,  von  denen  die  einzelnen  Schriftstücke  aus- 
gehen, und  stelle  vor  allem  bei  Privaturkunden  und  Privat- 
briefen die  große  Verbreitung  der  Berufsschreiber  in  Rech- 
nung. Denn  diese  Leute  wurden  durch  ihren  Beruf  genötigt, 
sich  mit  dem  Amtsstile,  aber  auch  mit  dem  rhetorischen  Schul- 
stile in  Beziehung  zu  setzen,  und  entwickelten  einen  eigenen 
Typus,  der  seinen  eigenen  Fortgang  nimmt.  Man  möchte  fast 
glauben,  daß  es  eine  gewisse  gleichmäßige  Vorschule  für  ihren 
Beruf  gegeben  habe,  so  einheith'ch  erscheint  ihre  Schreibweise. 
Örtliche  Unterschiede  sind  bisher  nur  in  einigen  Urkunden- 
formeln festgestellt  worden,  reichen  aber  wahrscheinlich  weiter; 
man  müßte  die  Papyri  aus  Oxyrhynchos  und  die  aus  dem  Fajum 


STIL  DER  PTOLL-MÄERZEIT.  199 


vei gleichen,  wenn  man  vorwärts  kommen  wollte.  Sodann  hat 
die  bewußte  Stilschulung,  die  in  der  Rhetorik  Gestalt  gewinnt 
und  sich  auf  eigner  Bahn  fortentwickelt,  dauernd  den  größten 
Einfluß  auf  amtliche  wie  private  Schriftstücke  ausgeübt;  das 
ist  in  allen  Jahrhunderten  zum  Greifen  deutlicn.  Weniger  der 
Attizismus,  der  in  Ägypten  überhaupt  nicht  so  tief  gedrungen 
ist  wie  anderswo  und  naturgemäß  der  amtlichen  und  geschäft- 
lichen Sprache  ziemlich  fern  blieb.  Daß  man  auch  die  Wirkung 
der  gesprochenen  Volkssprache,  selbst  auf  den  Stil  der 
Privatbriefe,  nicht  gar  so  hoch  veranschlagen  darf,  habe  ich 
schon  früher  bemerkt.  Immerhin  kommen  auch  diese  beiden  in 
Betracht. 

Indem  ich  versuche,  im  einzelnen  auf  ein  paar  wesentliche 
Merkmale  hinzuweisen,  kann  ich  nur  nach  den  großen  Zeit- 
perioden gliedern  und  innerhalb  ihrer  Grenzen  die  verschiedenen 
Gattungen  zur  Geltung  bringen;  die  Privatbriefe  jedoch  behalte 
ich  einer  gesonderten  Besprechung  vor.  Am  Schlüsse  folgen 
längere  St'lproben. 

Ptolemäerzeit.  Es  ist  kein  Zufall,  daß  die  Papyri  der  frü- 
heren Ptolemäerzeit  sich  durch  schlichte  Sachlichkeit  aus- 
zeichnen; ihre  Verwandtschaft  nu't  dem  attischen  Amtsstile 
ist  schon  früher  bemerkt  worden.  Sehr  deutlich  wird  es  jetzt 
im  Gesetzesstile  des  Halensis,  der  sicher  der  ersten  Hälfte 
des  3.  Jh.  a.  C.  angehört:  hier  ist  alles  glatt  und  klar  in  gleich- 
mäßig gebauten  imperativischen  Sätzen  ausgedrückt.  .Man 
strebt  nicht  nach  schmuckvollem,  sondern  nur  nach  übersicht- 
lichem und  deutlichem  Ausdrucke,  vermeidet  auch  alles  Feierliche 
und  Altertümliche,  abgesehen  von  ganz  vereinzelten  archa- 
istischen Wendungen,  z.  B.  iav  7caTa^r^L  b  tUv^toog  rj  i)  i'/.tc- 
^iou  xhv  ü.tij^6Q0v  fj  Ti^r  tXtvd-ioav  aoytov  yeiQün'  ä(V/.vjv.  Einen 
ebenso  gleichmäßigen  Stil  zeigt  noch  der  fast  200  Jahre  jüngere 
Gnadenerlaß  Tebt.  I  5,  wo  es  berichtend  von  König  und 
Königin  heißt:  difiüoi  oder  Tcgo^iercr/aoi,  wovon  dann  Infini- 
tive abhängen.  Trotz  sehr  bemerkbaren  Unterschieden  von  dem 
Halleschen  Papyrus  ist  doch  auch  hier  reine  Sachlichkeit  und 
eine  schlicht  verständliche  Sprache  nicht  zu  verkennen.  Ein 
glücklicher  Zufall  hat  uns  einige  Verfügungen  des  Ptolemaios 
Philadelphos  erhalten,  die  äußerlich  die  Briefform  tragen, 
aber  von  den  Privatbriefen  abgesondert  werden  müssen.  Mag 
nun  der  König  selbst  oder  sein  Sekretär  sie  verfaßt  haben,  jeden- 


200  STIL  DER  PTOLEMÄERZEIT. 

falls  geben  sie  uns  ein  höchst  lehrreiches  Beispiel  persönlichen 
Stiles,  wenn  man  sie  (Hai.  1,  Amh.  II  33,  26ff,  Wilcken  Chrest. 
450  col.  III,  Inschriften  von  Milet  III  Nr.  139  p.  300)  mit  anderen 
Königsbriefen  (Dittenberger  Or.  Gr.  I  59,  168,  221,  223,  224, 
227,  231,  257,  315,  331)  vergleicht.  Denn  während  in  diesen  haupt- 
sächlich drei  Typen,  bald  der  Stil  des  Privatbriefes,  bald  ein  lang- 
atmiger, mitunter  schlechter  Bürostil,  bald  klare,  nüchterne 
Sachlichkeit  vorliegen,  ähnlich  wie  in  behördlichen  Schreiben  des 
3.  Jh.  a.  C.  (z.  B.  Wilcken,  Chrest.  335),  sind  die  Verfügungen  des 
Philadelphos  zwar  auch  klar  und  schlicht,  aber  im  Ausdrucke 
lebhaft  und  wechselnd;  in  der  unten  folgenden  Probe  wird 
ov  Acq(ßav6riwr  ungescheut  neben  or/.nvoinvjr  gesetzt,  wozu  es  nicht 
gehört,  und  die  absoluten  Genitive  werden  mit  lyßaklovtag  aufge- 
nommen. Man  glaubt  den  König  sprechen,  diktieren  zu  hören; 
es  ist  ein  persönlicher,  nicht  immer  glatter,  aber  gewiß  kein  pa- 
pierner Stil.  Besonders  der  Brief  an  Müet  offenbart  dieselbe 
peisönliche  Lebhaftigkeit. 

Daneben  halte  man  nun  die  amtlichen  Schreiben  des  Herodes 
aus  der  ersten  Hä'fte  des  2.  Jh.  a.  C.  (P.  Paris.  63).  Der  Ver- 
fasser hat  den  ungeheuerlichsten  Bürostil  rhetorisch  auf- 
geputzt und  wohl  aus  persönlicher  Vorliebe  mit  ungewöhnlichen 
oder  poetischen  Ausdrücken  zu  zieren  sich  bemüht.  Obwohl 
ihm  darauf  ankam,  seinen  Untergebenen  das  richtige  Verständnis 
seiner  Verfügungen  zu  eröffnen,  gehen  doch  gerade  Sachlichkeit, 
Schlichtheit,  Verständlichkeit  diesem  langen  Erzeugnisse  völlig 
ab.  Auf  den  einleitenden  Satz  folgt  eine  ungeheure  Periode, 
die  nicht  weniger  als  60  Zeilen  einer  guten  Mittellänge  umfaßt; 
sie  beginnt  mit  Id-cwudCo^nv  oh  et  und  fährt  nach  42  Zeilen  fort 
TovTCüv  uer  ttccvtwv  ai.ivrioTictv  loyjfAaTt,  dazwischen  zahllose  absolute 
Genitive,  die  z.  T.  das  Subjekt  des  Hauptsatzes  aufnehmen, 
von  ihnen  abhängig  ebenso  zahllose  Nebensätze.  Weiterhin 
eine  echte  Blüte  des  Bürostils,  die  auch  heute  noch  beliebt  ist: 
(ki  yciQ  das  und  das  der  Fall  ist,  breit  und  mit  vielen  Neben- 
sätzen ausgedrückt,  /.ccl  twl  /xna  ßQCv/h  Aoyl'CeGO^ai  dwaueriut  ttqo- 
(paveg  foriv:  also  an  erster  Stelle  ein  breit  ausgebauter  abhängiger 
Satz,  an  zweiter  der  unverhältnismäßig  kurze  regierende  Satz. 
Aus  der  Zahl  ungewöhnlicher  Wendungen  führe  ich  an:  '/.öyw 
rivl  rauTa  ßQaßevihfjvui  (mit  Verstand  beurteilen);  n-atöaQiwdri  ti]v 
roü  TtQogrdyiiiaTog  lydoxijv  itoirioaasvovg;  itQogrcEcpvGLio-KOTiov,  ort 
(einblasen  =  einschärfen,    daß);    ni^io^vi.iaö6r    gleichmäßig,    ohne 


STIL   [^ER   PTOLEMÄERZHIT.  201 


Unterschied;  rhctorisJi  ^st:  loU  /.ulqoU  ji()t7t6rTi>jg  /.cd  lui^  tU'- 
i}^Q('o7toic.  aououovTwg  USW. 

Stilistisch  auf  ähnlicher  Stufe,  nur  ohne  den  Zierat  seltener 
Wörter,  steht  das  Protokoll  aus  dem  Hermiasprozesse, 
116  a.  C,  Theben  (Mitteis  Chr.  31);  auch  hier  der  verschränkte 
und  verschachtelte  Bürostil,  der  eine  Periode  von  nicht  weniger 
als  74  ziemlich  langen  Zeilen  zuwege  gebracht  hat.  Besonders 
gern  werden  die  Perioden  mit  absoluten  Genitiven  begonnen, 
oft  unglücklich  wie  in  iTreo  lov  uera'/iMßovTog  not-  TTUQtyevr^D^rjv, 
wo  der  absolute  Genitiv  ohne  Rijcksicht  auf  das  Subjekt  des 
Hauptsatzes  den  W3rt  eines  Nebensatzes  erhält.  Im  zweiten 
Teile  werden  die  Darlegungen  des  Rechtsanwalts  Dcinon  in  in- 
direkter Rede,  abhängig  von  mehrfach  eingestreuten  Ausdrücken 
wie  ,,er  legte  dar",  unendlich  gleichförmig  in  koordinierten  Sätzen 
ausgesponnen.  Ungefähr  dieselben  Kennzeichen  treffen  wir 
in  den  Eingaben  dieser  Zeit  (z.  B.  Amh.  II  35),  vor  allem  in  den 
Bittschi iften  dci  Zwillingspriesterinnen  des  Sarapeums  an  den 
König,  um  162  a.  C.  (Paris.  22,  26):  einen  ausgeprägten  Parti- 
zipialstil,  der  fast  jede  Periode  mit  einem  absoluten  Genitiv 
beginnt,  andere  koordiniert  folgen  läßt,  aber  auch  Participia 
ccmiuncta  oft  ohne  Verbindungspartikel  aneinander  reiht,  wobei 
natürlich  Mißgriffe  unterlaufen  {iuLvoi]oaowv  ö'  ))utov  .  .  .,  /.cd  ^roog 
ToüTov  dvußäouL  duTQecfoiitO-a).  Kommt  hier  Ungeschick  des 
Verfassers  hinzu,  so  ist  das  meiste  doch  der  echte  Bürostil 
der  Zeit,  wie  ihn  die  Berufsschreiber  handhabten.  Die  Wurzeln 
des  Partizipialstiles  liegen  schon  im  3.  Jh.  a.  C.  offen,  am  klarsten 
in  den  Eingaben  der  Magdolapapyri,  die  überaus  gleichmäßig, 
d.  h.  von  Berufsschreibern  im  Bürostile  abgefaßt  sind;  das 
unten  folgende  Beispiel  mit  seinen  absoluten  Genitiven  drei 
verschiedener  Subjekte  zeigt  aber  zugleich  doch  die  sachliche 
Klarheit,  die  dem  3.  Jh.  a.  C.  eigen  ist.  Im  allgemeinen  ver- 
gleiche man  die  Ehreninschriften  hellenistischer  Zeit,  die 
meistens  von  einer  einzigen  mit  f'rri/  eingeleiteten  Periode  aus- 
gefüllt werden. 

Wieder  ganz  anders  sieht  die  älteste  Privat  Urkunde,  der  Ehe- 
vertrag vom  Jahre  311  a.  C.  aus  (Mitteis  Chr.  283).  Auf  Datum  und 
Überschrift  folgt  im  Indikativ  der  Tatbestand,  darauf  die  sich 
ergebenden  Pflichten  im  Imperativ,  aber  nicht  ohne  Wechsel, 
einmal  im  Infinitiv.  Ganz  kurze  und  ganz  lange  Sätze  werden 
vermieden,     alles     ist     äußerlich    im     Gleichgewichte,     innerlich 


202  STIL  DER  KAISERZEIT. 

schlicht  und  klar  in  der  Sprache  des  4.  Jh.,  ohne  Feierlichkeit 
und  Rhetorik.  Dieselbe  Sachlichkeit  zeigen  300  Jahre  später 
noch  die  alexandrinischen  Eheverträge  (z.  B.  Mitteis  Chr.  286): 
zwar  ist  die  ganze  Urkunde  eine  Periode,  aber  die  gleichmäßig 
wiederkehrenden  Infinitive  gliedern  sie  übersichtlich.  Überhaupt 
bleibt  die  Privaturkunde  schlicht  und  frei  vom  Wortprunk  und 
von  den  verwickelten  Perioden  des  Bürostils. 
Kaiserzeit.  Wir  fassen  zunächst  amtliche  Schriftstücke  ins 
Auge,  da  sie  mehr  Gelegenheit  zur  Entfaltung  des  Stiles  bieten 
als  die  Privaturkunde.  Mehrere  kaiserliche  Erlasse,  die 
wir  aus  den  Papyri  kennen,  müssen  für  sich  betrachtet  werden, 
da  ihre  Merkmale  nicht  der  ägyptischen  Koine,  sondern  der  grie- 
chischen Kanzlei  des  Kaisers  in  Rom  gehören.  Freilich  die  Erlasse 
des  Germanicus,  19  p.  C.  (S.  B  Berl.  Akad.  1911,  794)  rühren  ver- 
mutlich von  dem  griechischen  Sekretär  des  Prinzen  her,  der 
die  Reise  nach  Ägypten  mitmachte,  vielleicht  auch  vom  Büro 
des  ägyptischen  Statthalters.  Der  Satzbau  vermeidet  lange 
Perioden  und  zeichnet  sich  durch  eine  mustergültige  schlichte 
Klarheit  aus;  von  Wort-  und  Stilprunk  findet  man  keine  Spur. 
Stellen  wir  die  200  Jahre  jüngere  Constitutio  Antonina  nebst 
ihren  Zusätzen  (Mitteis  Chr.  377,  378,  Wilcken  Chr.  22)  daneben, 
so  ist  der  Gegensatz  schlagend.  Die  Constitutio  selbst  und  die 
unten  mitgeteilte  Novelle  sind  wortreich  und  streben  sichtbar 
nach  schwungvollem  Ausdruck,  den  allerdings  der  außerordent- 
liche Inhalt  etwas  entschuldigen  mag.  Die  folgenden  Auszüge 
aus  dem  Briefe  Caracal'as  an  den  Statthalter  über  die  Vertreibung 
der  Ägypter  aus  Alexandreia  verraten  in  der  ungeschickten  Über- 
tragung ins  Griechische  das  lateinische  Original:  asyndetische 
Sätze,  fehlende  Artikel,  besonders  aber  die  dritte  Periode,  die 
mit  einem  mehrfach  erweiterten  acc.  c.  inf.  beginnt,  das  regierende 
Verbum  {.luvO^ctvto  nachklappen  läßt  und  einen  ganz  außer  Ver- 
hältnis stehenden  kurzen  Satz  anschließt,  beweisen,  daß  dem 
Verfasser  griechisches  Sprachgefühl  abging;  im  Ausdrucke  ist 
alles  breitspurig,  im  Inhalte  alles  unscharf.  Auch  dem  bekannten 
Briefe  Hadrians  an  den  Statthalter  Rammius  Martialis,  119  p.  C. 
(Mitteis  Chr.  373),  verleiht  das  Übersetzungsgriechisch  etwas 
Schwerfälliges;  wenn  eine  Periode  mit  ovtcbo  Toiyagovv  tqöjtov 
beginnt  und  mit  oiuog  fortfährt,  so  ist  dies  quemadmodum  igitur- 
tamen  durchaus  ungriechisch.  Im  ganzen  jedoch  spricht  der 
Kaiser    einfach    und    klar,    und   kleine  Verzierungen   wie   dC  wv 


STIL   DER  KAISERZEn.  203 


To  avOTrjQÖT€Q0}'  vTch  rCov  ;roo  Iikjc  Jiroy.oaiüuwv  aitclhtf  (fi/.o.p- 
d-QionoTEQov  tour^vtvio  wirken  nicht  unvorteilhaft. 
Vom  kaiserlichen  Stile  unterscheidet  sich  der  ziemlich  ein- 
heitliche Stil,  der  in  den  Erlassen  der  ägyptischen  Statthaitor 
zutage  tritt;  man  vergleiche  etwa  die  Edikte  des  Fl.  Titianus 
12  p.  C.  (Mitteis  Chr.  188),  des  Vergilius  Capito  49  p.  C.  (Or.  Gr. 
II  665),  des  Tib.  Jul.  Alexander  68  p.  C.  (Or.  Gr.  11  669),  des 
Mettius  Rufus  89  p.  C.  (Mi.  Chr.  192,  siehe  unten)  und  des  Mamerti- 
nus  134  p.  C.  (P.  Fay.  21).  Fre'licli  waltet  nicht  überall  die  gleiche 
sprachliche  Gewandtheit,  wie  denn  z.  B.  das  Edikt  des  Titianus 
sich  vorteilhaft  von  dem  des  Mamertinus  abhebt;  im  Edikte  des 
Mettius  Rufus  dürfte  manche  Härte  auf  fehlerhafter  Abschrift 
beruhen.  Auffällig  weicht  von  den  übrigen  die  stark  rhetorische 
Einleitung  zum  Edikte  des  Tib.  Julius  Alexander  ab;  vielleicht 
wurden  auch  andere  Edikte  durch  solche  Betrachtungen  ein- 
geführt, die  uns  nicht  erhalten  sind.  Um  so  mehr  Gewicht  hat 
aber  die  Übereinstimmung  des  sachlichen  Teiles  mit  den  übrigen 
Edikten.  Man  darf  geradezu  von  einer  Ediktsprache  reden: 
sie  vermeidet  große  Perioden  und  rhetorischen  Prunk,  erhebt  sich 
aber  im  gesamten  Ausdruck  ebenso  über  die  Sprache  der  amt- 
lichen Berichte  und  Protokolle  wie  über  die  Nüchternheit  der 
Privaturkunden.  Gewiß  war  der  Bürovorsteher  des  Statt- 
halters immer  ein  gebildeter  Rhetor;  hat  doch  Lukianos  diesen 
Posten  bekleidet.  Wäre  uns  von  einer  Begrüßungsadresse  des 
Rats  von  Hermupolis  an  den  kaiserlichen  Prokurator  Plution 
aus  der  Zeit  des  Gallienus  (Wilcken  Chr.  40)  mehr  als  der 
Anfang  erhalten,  so  hätten  wir  ein  prächtiges  Beispiel  für 
die  Rhetorik  einer  Stadtkanzlei  mit  starken  Vorklängen  byzan- 
tinischen Stiles.  (Vgl.  zur  Rhetorik  Kap.  17.)  In  den  Prozeß- 
protokollen der  Kaiserzeit  begegnet  man  demselben  Büro- 
stil, den  wir  schon  aus  den  Akten  des  Hermias  kennen 
gelernt  haben,  denselben  Partizipialkonstruktionen  mit  den 
verschränkten,  oft  mißbrauchten  absoluten  Genitiven,  im  übrigen 
aber  vollkommener  Sachlichkeit  (z.  B.  Mitteis  Chr.  84,  124  p.  C, 
ebenda  93,  250  p.  C).  Ähnlich  sehen  auch  andere  Amtsakten 
aus,  z.  B.  die  Auszüge  aus  Amtstagebüchern  (rn-ouviiuaiiouoi), 
die  in  der  Petition  of  Dionysia  erscheinen.  Wohl  nur  ein  Ent- 
wurf ist  die  Rede  eines  Rechtsanwalts  aus  hadiianischer  Zeit 
(Oxy.  III  472),  denn  sie  klingt  so  ungewandt  und  unscharf,  daß 
man   an   ein  ausgearbeitetes   Werk  eines   Rhetors  nicht   denken 


204  STIL  DER   KAISERZEIT. 

kann.  Die  Privaturkunden  erhalten  sich  im  Wesentlichen 
durch  die  Kaiserzeit  hindurch  ihre  unrhetorische  Schlichtheit; 
zwar  wird  gern  der  ganze  Text  oder  doch  die  Hauptsache  in  eine 
einzige  Periode  gegossen,  abei  diese  ist  fast  immer  klar  und  über- 
sichtlich gegliedert,  wie  das  unten  ausgeschriebene  Beispiel  von 
66  p.  C.  (WJlcken  Chr.  324)  zeigen  kann.  Noch  286  p.  C.  finden 
wir  einen  Eid  (Soc.  Ital.  lll  162)  mit  einer  tadellosen  Periode 
ausgedrückt. 

Daneben  bahnt  sich  freilich  hiei  und  da  schon  d^e  byzan- 
tinische Breite  und  Wortfülle  an,  z.  B.  P.  Hamburg  15,  209  p.  C. 
und  Mitteis  Chr.  318,  295  p.  C.  Vornehmlich  in  den  Eingaben 
an  Behörden  beginnt  zuerst  die  Sprachzucht  sich  zu  lockern, 
da  hier  Inhalt  und  Zweck  dazu  verführen  mußten,  breit  auszu- 
malen und  dick  aufzutragen.  Zwai  zeichnet  sich  noch  202  p.  C. 
eine  Eingabe  an  die  Kaiser  (Wilcken  Chr.  407)  durch  große  Schlicht- 
heit aus,  vielleicht  weil  sie  von  einem  gebildeten  Manne  höherer 
Stellung  ausging;  aber  in  den  Petitionen  der  kleinen  Leute,  vor- 
nehmlich dem  Statthalter  gegenüber,  beginnen  die  Berufsschreiber, 
die  sie  verfaßt  haben,  schon  ziemlich  früh  Phrasen  zu  dreschen. 
Selbst  wenn  die  Darlegung  der  Sache  schlicht  bleibt,  hält  man 
doch  eine  Eingangsphrase  für  nötig,  wie  ein  paar  Beispiele  zeigen 
mögen: 

Ti'i^  tls  (irrairas  evt^ysaiag^  f/ysucüf  atyioTt,  y.a)  aürrj  yvt'i;  dßorj&riroi  y.al  uti-Se- 
fdnu  ßot'jd'Eiav  exovoa  ei  fiij  <',tö  oov  tov  y.r^iui  (er&.  Ctwa  ösoiisvrj)  irjv  int  oe 
y.uTUfvy?jr  tTtourjadfirji',  (177  p.  C.  Mitteis  Chr.  242.)  Tiotnti,  p.ev  aoi^  etiitoöttcop 
jueyiore,  Tcäai  ärd'ocÖTToii  aTioyeluai  r«  'iöut,  eiuiosTcos  Se  rols  äreXeac  F/_ovai  r^v 
i^.iy.iav  (2  ^[h.  p.  C.  Mitteis  Chr.  121).  JT«««  y.voia  avyQctfOs  ovvalXayr,  Triaiiv  y.al 
dlr^d'Eiat'  eyei  {?>.  Jh.  p.  C.  OxV-  I  70).  toTs  y.ay.ovQynlv  Tipoxsi^cog  %yovaiv  Te%vi]  oii 
dtxaiag  tTTiroiag  .Toög  rif>  ftrjÖii'  öcftXo^  iysii'  eti  y.al  roig  sy.  x&v  vöfKor  djQiousvote 
sTiirsi/idotg  v7ioßä).).ei,  ^  oi]  tiiTOVOS  y.al  ntol  Trärra  äy.oi/urjTog  npövoia.  loiovrov  ovv 
y.at'  ifiov  £7iiytt,oov ^livov  STtl  rf]v  oip'  ätöpsiav  y.ara^svyo)  d'apocör  jtv^ead'ai  Twv 
TToogörTcn'   f.ioi    Siy.Huov,    f/yeiuoi'    y.voie.      tu  Se  tov  npayuaTos  roiavTTjr  syst  ttjv 

8n]ytjair  (lim  258  p.  C.Oxy.  XII 1468).  Ferner  das  unten  ausgeschriebene  Beispiel 
von  29;"^  p.  C.  Oxy.  VIII  1121.  Auch  die  Petition  of  Dionysia  186  p.  C.(Oxy.  II 
?37)   neigt   zur  Wortfülle   und  zu  gesuchten  Wendungen;  üUä  av  b  y.vQios  rij 

d'toyi'cbaxo)    oov    fii'rjut     y.al    rt.    djikai'rjTO}    TTooaiolaei    odcr   TToogey.vvtjaa    fisf   oov 

TU  y(jduftaTa  sind  schon  recht  byzantinisch  klingende  Ausdrücke,  und  in  einer 
Phrase  wie  Ityinv,  öti  öfj  wt«  Tiaoeyio  ävoa  nvTcS  verrät  sich  die  Sucht  des 
Phetors,  gewählt  zu  sprechen. 

In  der  Eingabe  und  in  dem  ihr  verwandten  Briefe  kommen  zu- 
erst die  Spuren  des  byzantinischen  Stils  ans  Tageslicht.  Hätten 
wir  mehr  Akten  und  namentlich  Verfügungen  griechischer  Stadt- 


BYZANTINISCHER  STIL.  205 


gemeinden    und  Vereine,    so  würden  wir   sie   darin    ohne  Zweifel 
noch  reichlicher  entdecken. 

Weitaus  am  merkwürdigsten  ist  die  Sprache  der  byzan- 
tinischen Periode,  fast  darf  man  sagen:  die  byzantinische 
Sprache.  Denn  ihrer  vollen  Ausprägung  gegenüber  erscheinen 
Ptolemäerzeit  und  Kaiserzeit  nahezu  wie  Eirs.  Obwohl  aber 
ihre  Eigenheiten  in  die  Augen  springen,  ist  es  doch  noch  nicht 
möglich,  ihre  Quellen  aufzudecken.  Ohne  Zweifel  hat  die  Um- 
gestaltung des  römischen  Reiches  in  eine  absolute  Monarchie 
eingewirkt,  indem  sie  die  Hellenen  um  den  letzten  Rest  des  poli- 
tischen Bewußtseins  brachte  und  die  Bürger  mehr  und  mehr  in 
Untertanen  verw-andelte;  Hand  in  Hand  damit  drang  das  latei- 
nische Element  auch  im  Osten  des  Reiches  vor,  d  t  dem  Ein- 
flüsse der  neuen  Hauptstadt  Byzanz,  des  konstantinischen  Neu- 
rom, stark  ausgesetzt  war.  Die  ungünstigen  wirtschaftlichen 
Verhältnisse  und  die  Entstehung  eines  vom  Staat  fast  unab- 
hängigen Großgrundbesitzes  feudaler  Baione  trugen  zur  Unter- 
drückung des  Bürge! s  und  Bauern  bei,  die  gleichzeitig  vor  der 
Willkür  der  hohen  Herren  sich  nur  durch  Unterwüiiigkeit 
retten  konnten,  weil  der  Staat  zu  schwach  w'ar,  um  zum  Rechten 
zu  sehen.  Noch  mehr  hat  die  christliche  Kirche  getan,  um 
dem  Hellenentume  das  Rückgrat  zu  brechen,  und  christliche 
Demut  trat  an  die  Stelle  hellenischen  Freimutes.  Diese  Mächte 
haben  wie  auf  Haltung  und  Charakter  der  Menschen  so  auch 
auf  ihre  Sprache  eingewirkt,  und  es  scheint,  als  sei  dadurch 
die  Neigung  zum  Wortprunk  entfesselt  worden,  die  seit  alters 
im  Griechischen  lag  und  durch  die  Rhetorik  genährt  worden 
war.  Eben  die  Rhetorik,  die  in  der  Kaiserzeit  die  gebildete  Sprache 
sich  mehr  und  mehr  unterwarf,  die  von  hier  aus  in  immer  tiefere 
Schichten  vordrang,  ist  ohne  Zweifel  eine  der  stärksten  Wurzeln 
des  byzantinischen  Sprachstiles.  Fremder  Einfluß  etwa  von 
Seiten  der  orientalischen  Sprachen  hat  eingewirkt,  aber  nicht 
entscheidend;  eher  das  Lateinische,  wenigstens  im  Anfange  der 
byzantinischen  Per''ode.  Da  aber  alle  diese  Kräfte  zur  Erk'ärung 
der  byzantinischen  Sprache  nicht  ausreichen,  müssen  wir  uns 
vor  der  Hand  damit  begnügen,  d''e  Tatsache  anzuerkennen,  daß 
damals  das  Griechische  in  kurzer  Zeit  eine  große  Wandlung  durch- 
gemacht hat.  Auch  das  Werden  dieser  byzantinischen  Sprache 
hegt  noch  im  Dunkel.  Privatbriefe  und  Eingaben  des  4.  Jh. 
führen  zwar  im  allgemeinen  den  Stil  der  Kaiserzeit  fort,  machen 


206  BYZANTINISCHER  STIL. 

aber  immer  noch  am  ehesten  kennthch,  wie  sich  allmählich  das 
eigentlich  Byzantinische  herausbildet.  Im  5.  Jh.  treffen  wir  es 
hier  und  da  schon  stark  ausgeprägt,  voll  entfaltet  aber  erst  in 
den  Dokumenten  des  6.  Jh.,  das  unter  den  Papyri  reichlich  ver- 
treten ist  und  vielleicht  nur  deshalb  als  die  Blüte  byzantinischen 
Stiles  erscheint.  Die  Schriftstücke  des  7.  Jh.,  der  arabischen 
Zeit,  verleugnen  zwar  den  Zusammenhang  nicht,  zeigen  aber 
mehrfach  einige  Besonderheiten.  Nebenbei  weise  ich  darauf 
hin,  wie  der  byzantinische  Sprachstil  sich  auch  im  Stile  der  Schrift 
spiegelt.  Zweierlei  ist  noch  zu  bemerken,  ehe  wir  ins  einzelne 
gehen:  im  Gegensatze  zur  Sprache  der  Urkunden,  mit  der  wir 
es  zu  tun  haben,  blieb  die  Literatursprache  im  Wesentlichen 
auf  der  Bahn  der  vom  Attizismus  beeinflußten  Koine;  zweitens 
offenbart  sich  der  byzantinische  Stil,  abweichend  von  den  früheren 
Perioden,  stärker  in  der  Privaturkunde  als  in  den  amtlichen 
Schriftstücken. 

Auch  beim  byzantinischen  Stile  kann  ich  nur  einige  Merkmale 
hervorheben.  Jedem  fällt  die  Art  der  Anrede  auf:  man  liebt 
es,  den  schlichtesten  Privatpersonen  Ehrenbezeichnungen  bei- 
zulegen, die  sich  zwar  von  den  Beamtentiteln  unterscheiden, 
aber  vielfach  vcn  ihnen  herrühren.  Und  zwar  setzt  man  schon 
früh  ein  Abstraktum  an  die  Stelle  der  Person,  wie  wir  es  z.  B. 
bei  Euer  Exzellenz  im  Anschlüsse  an  die  Byzantiner  noch  tun, 
redet  es  'm  Plural  an  und  spricht  von  ihm  in  der  dritten  Person. 
Ursprünglich  hatten  solche  Bezeichnungen  noch  eine  deutliche 
Beziehung  auf  die  Person  oder  den  vorliegenden  Fall,  z.  B.  wenn 
ein  hoher  Beamter,  dessen  Entscheidung  man  erbittet,  ange- 
redet wird  j^  %)]^  vustiQug  öt/iai07.oiöw^  vMdaQÖiiqq  (5.  Jh.),  oder 
der  Präf'ikt  v,  oij  ävÖQtia,  rh  oov  /.ttyalüoi'  (3./4.  Jh.),  wenn  ''S 
schon  in  der  Korrespondenz  des  Abinnejs  ^v-  dei  Miite  des  4.  Jh. 

heißt  deouai  oov  zi^g  cpüav^gwniag^  oder  wenn  wir  lesen  ij  vfiwv 
yv)]Oia  (fi/Ja,  i)  oij  ägtri],  i)  oi]  hnufkeia  u.  dgl.  Aber  bald 
verwandeln  sich  diese  Anreden  in  reine  Ehrentitel,  die  höchstens 
nach  Stand  und  Beruf  des  Angeiedeten  abgestuft  werden.  Eine 
kleine  Ausl,;se  wird  es  deutlich  machen: 

/;  viikifoa  (dStaiuöi  rjg,  v7ifQ(fvti<t  fitynioTt^tTTtta ,  /.n/irroa  yt'jjoid  dOi?.^ÖTrjs 
(christlich),    y.aloy.uynB^ui,    jniioii]e,   tvyivtia  (schoil   im  4.  Jh.),    kvSoxifxriais,   d'av- 

fiuoiöTj]^,  h'ÖoiöTr]^  (dies  atich  Amtstitel  des  Augustalis)^  loyiöTri^;  ff^r  Geistliche 

sind  besonders  beliebt  naToixi]  fieyaXonotTieia,  evkäßeia,  d'eo<jvXaxzo£  diSaoy.aXia, 
Htyal.oTcotTirii  y.nl  ^'kOff  vXnai os  TTni  oixf^  dtoTToieia.  d'eo(fi}.in,  d'soatßeia  USW.  Da- 
neben stehen  die  direkten  Anreden  m;t  adjektivischer  Titulatur  wie  albeaifios 


BYZANTINISCHER   STIL.  207 


y.i'^ioi,  tieya'AoTiQeTceaTaxoi  y.al  rcsoiß'ksTnos  y.oiia^  (comes),  tv).aßiaruTOi,  i^to- 
filiaTUTOS    äflßäs,    lafinoöraTOs    zoaTreZirr]^^    v:rso^vtaTaToi    yJ.rioov6f.ioi    tov    iv 

eiylssT  t/J  fivi^fir^  "ATiUoioi;  vom  dux  und  Augustalis  der  ThebaTs  heißt  es  im 

fi.  Jh. :  TOV  T«  TiäPTu  VTreor/vfOTÜrov  ozoarrj/.dTov  y.al  7i(ci-'tv(frjuov  TiuaKfty.rov 
^lovaiiimi&i.'  avv  S'ecö   Sovy.br;  y.a\  AvyovaTaXiov  rfjs  Orißaiojy  ywoui.    Dem  Kaiser 

vorbehalten  sind  Titel  wie  yalrivöiuTo-   (serenissimus)   neben  ya).rir6rr]c,  ,'hiö- 

TUTOs,   svasßeoTaros,   fityiOTOs  Oder   <f üard-ocoTioTaTos  oder  svTiyearaxos  eiieoyeTrjs 

und  andere.  Im  Zusammenhange  damit  stehen  alle  möglichen  Überschwenglich- 
keiten der  Anrede,  die  auch  anders  gestaltet  werden  konnten;  so  schon  in  der  Mitte 

des   4.  Jh.:    tw   öeorrÖT/.   uov  Tfjs  ^'vyf^s  y.fü  iiovaiaair  reo   s/U(S  TToeTioaehq). 

Auch  im  übrigen  schreibt  der  Byzantiner  unerträgUch  höflich 
und  trieft  von  Ergebenheit,  wie  die  unten  folgenden  Textproben 
lehren  können.  Die  alte  Neigung,  Eingaben  mit  einer  allgemeinen 
Phrase  einzuleiten,  zeigt  sich  in  ein  paar  Beispielen  aus  dem  An- 
fange des  4.  Jh.: 

Töjv  fisToicov  y.rjdsnöri  aol  övTi,  bioTioTa  lyysficbv,  ifjt.'  ly.srrj^iav  7Too~dyco  Evt/.Tiii 
&v  T^g  &7t6  tov  oov  ueyeS'ovs  Siy.cuoy.^iaiug  Tvysiv.  Oder  Ttäoi  uiv  ßorid'als,  fiye- 
/iwv  SeoTtorUj  y.al  Tiäoi  za  ^iSia  aTtoveuii^  fid'/.iora  Öe  ywaitlv  Öiä  rö  Tfjg  ^vasojg 
dad'evEg.  Oder  t«  Tiaoavöuiog  y.al  (tiiijoy.ii'Svvcog  ertl  tcöv  töticov  To/./j,cö/j.sva,  fjys- 
ficjv  SeoTtOTa,  v(p^  ovSeröj  ä/./.ov  uvaxÖTCTsrai  el  ut}  vnb  T^s  afjg  (iiaonoiri^ov 
dvb^iag. 

Dies  alles  ist  noch  sehr  maßvoll,  wie  denn  überhaupt  die  Ein- 
gaben und  Urkunden  des  4.  Jh.,  das  vornehmlich  durch  die 
umfangreiche  Abinneus-Korrespondenz  vertreten  wird,  von  by- 
zantinischem Schwulste  noch  ziemlich  frei  sind.  Viel  stärker 
tritt  er  schon  im  5.  Jh.  zutage,  wenn  Bischof  Appion  von  Syene 
seine  Bittschrift  anTheodosius  II.  und  Valentinian  (425—450  p. C.) 
mit  folgender  Phrase  beginnt:  iU'ji^ev  i)  v(.itieoa  rpilavO-owTtia  nCuuv 
rolg  öeoi-ievoig  xtioc-  da'iiuv  ooeytiv^  od-tv  y.uylo  tovto  oaffcjg  i.ieua- 
■dTf/.iüQ  Inl  Tccgdt  rag  öer^oug  ü.)\h:d-a  lov  TCociyi.uctog  oviog  Iv 
TovToig.  Gegen  die  Überfälle  der  Blemyer,  rag  7iao'  i/.tiwjv  öjg 
€§  arfüvoüg  y.aTadooiiäg,  bittet  er  um  Soldaten:  TToogrcijttvj  jroo- 
■Kvlivdouevog  töjv  {/eivjv  vuCov  v.o.i  uyoäviujv  iyvOjv  (Wilcken  Chr.  6). 
Ihre  Höhe  erreicht  die  Phrase  im  6.  Jh.,  wie  statt  aller  übrigen 
Beispiele  die  große  Bittschrift  des  Dorfes  Aphrodito  lehren  kann, 
deren  Anfang  in  den  Textproben  folgt. 

Lange  Betrachtungen  greifen  auch  auf  die  Privaturkunde 
über  und  führen  namentlich  im  Testamente  zu  einem  breiten 
Gerede  über  die  Vergänglichkeit  alles  Irdischen.  Die  Weit- 
schweifigkeit, eines  der  auffälligsten  Merkmale  byzantinischen 
Stils,  hat  s'ch  hier  fast  noch  mehr  als  in  der  Eingabe  entfalt^.t.  . 
Gern  setzt  man  in  der  Einleitung  auseinander,  weshalb  der  Vertrag 


208 BYZANTINISCHF.R  STIL. 

geschlossen  wird,  und  führt  dabei  schon  den  wesentHchen  Inhalt 
an,  so  daß  die  folgenden  Vertragsbestimmungen  sachlich  kaum 
etwas  Neues  bringen.  So  geht  in  einer  Ehescheidungsurkundc 
569  p.  C  (Mitteis  Chr.  297)  dem  eigentlichen  Inhalte  eine  breite 
Auseinandersetzung  über  die  frühere  Ehesch'ießung  voran;  vgl. 
die  Textprobe.  Schon  die  Beschreibung  der  beteiligten  Personen 
kostet  sehr  viel  Worte;  die  Parteien  werden  mit  h.  %ov  Ixhk 
ueQovg  und  l/.  de  d-aregov  ,u6Qovg  gegenüber  gestellt,  ihre  Her- 
kunft nicht  durch  u/ro  sondern  regelmäßig  durch  oQiuoutvog 
ano  angegeben.  Das  Testament  des  Phoibammon,  570  p.  C.  (Cairo 
Byz.  II  p.  88  ff.),  dessen  Anfang  unten  folgt,  gelangt  erst  nach 
74  Zeilen  zum  eigentlichen  Inhalt  und  umfaßt  nicht  weniger 
als  307  lange  Zeilen,  obwohl  es  sich  keineswegs  um  eine  verwickelte 
Sache  handelt.  Es  ist  eines  der  besten  Muster  byzantinischen 
Stiles,  sprachlich  trotz  allem  Schwulrte  nicht  ungewandt  und 
daher  auch  im  Wesentlichen  klar.  Dasselbe  gilt  von  den  Urkunden 
des  6.  Jh.  aus  Syene-Elephantine,  die  sich  jetzt  in  München  be- 
finden. Außerdem  vergleiche  man  etwa  die  Ehescheidungsurkunde 
M'tteis  Chr.  296,  6.  Jh.,  die  Erklärung  eines  christlichen  Diakons, 
daß  er  die  Steuereinziehung  auf  einem  Gute  der  Apionen  über- 
nehme, 583  p.  C,  (Wilcken  Chr.  383;  die  Apionen  gehören  zu  den 
großen  Gumdbes'tzern  und  Baronen  der  Thebais.)  Wie  der  byzan- 
tinische Wortschwall  den  Sinn  verdunkelt,  wenn  sprachliche 
Schulung  fehlt,  lehrt  das  lange  Testament  des  Abraham  von 
H^rmonthis,  dessen  Satzbau  verwildert  ist;  so  folgt  auf  den  Vorder- 
satz ti  de  T/c,  in  dem  übrigens  das  Verbum  finitum  durch  den 
Infinitiv  IravTnoihr^vai  ersetzt  wird,  der  Nachsatz  mit  kp'  fy  avrhv  . . . 
hax'»'  l'üfo^ai,  und  da  dieselbe  Konstruktion  wiederkehrt,  darf 
man  nicht  von  Zufall  reden.  Daneben  stehen  freilich  Urkunden, 
sogar  aus  dem  6.  Jh.,  die  schlicht  und  sachlich  geblieben  sind, 
z.  B.  einige  Pachtverträge. 

Fast  alle  amtlichen  Schriftstücke  bewahren  eine  gewisse 
sachliche  SchlichtheU,  nicht  nur  das  unten  angeführte  offizielle 
Schreiben  an  Abinneus,  346  p.  C.  (Wilcken  Chr.  179),  sondern 
ebenso  zur  Blütezeit  des  byzantinischen  Stiles  die  Reskripte 
Justinians,  z.  B.  Cairo  Byz.  I  54/5  und  58 ff.,  Mitteis  Chr.  382. 
Auch  sie  haben  ihren  festen  Stil,  der  z,  B.  die  kaiserliche  Ver- 
fügung mit  ^toniteiv,  ^tonioi-iaTa  bezeichnet  und  sie  fast  regel- 
mäßig durch  ^toTcitoi^itv  roivvv  einleitet;  man  vergleiche  das 
diöcoui   Tolvvv   der   Constitutio    Antonina.      Auch    das  Urteil  im 


BYZANTINISCHER   STIL.  209 


6.  xMünchener  Papyrus  (583  p.  C),  ist  zwar  etwas  w^ortreicher, 
aber  doch  ziemlich  einfach  gehalten,  und  augenscheinlich  von 
einem  sprachlich  gebildeten  Manne  verfaßt,  der  sogar  den  Optativ 
anwendet.  Allerdings  laufen  auch  ihm  vulgäre  Konstruktionen 
unter:  rctol  toC,  ötl  olölv  unE/.Qviiiuto  und  ebenso  noch  ein  ander- 
mal; oder  ovve&6To  ulv  tö),  otl  . . .  diiveluavTo;  das  zweite  Glied 
folgt  in  indirekter  Rede,  die  auch  sonst  herrscht:  evQivJvai  öf. 
Im  ganzen  aber  sehen  wir  an  diesem  Schriftsätze,  wie  stark  sich 
die  gebildete  und  geschulte  Sprache  vom  gewöhnlichen  Urkunden- 
stile der  Berufsschreiber  unterschied. 

Bezeichnend  für  den  byzantinischen  Stil  ist  sodann  die  Ent- 
wertung des  W'ortes.  Um  einen  Begriff  auszudrücken,  genügt 
das  Begriffswort  nicht  mehr,  es  muß  durch  verwandte  Ausdrücke 
nach  allen  Richtungen  ergänzt  werden.  Daher  in  R-^chtssachen 
das  ängstliche  Bemühen,  ja  keinen  denkbaren  Fall  außer  Acht 
zu  lassen;  daher  die  lächerliche  Verklausulierung  und  Verschanzung 
durch  Worte,  JV\an  darf  darin  keineswegs  juristische  Feinheiten 
suchen;  eher  taucht  dahinter  das  Bild  einer  ungeheuerlichen 
Rechtsunsicherheit  auf.  Weil  Begriffe  und  Worte  matt  und 
unscharf  gew^orden  sind,  muß  man  bis  ins  Unendliche  wieder- 
holen und  umschreiben.  Ein  paar  Proben,  außer  den  unten  fol- 
genden Textm,  mögen  das  zeigen: 

Eine  Urkunde  machen  heißt  fast  ausnahmslos  tid^ead-ai  x/d  Trouind-cu.  Am 
Schlüsse  faßt  man  zusammen:  ravß-'  ovro>i  y.iüco-  e/uv  Smoeiv  Ttoitiv  rpv'i.äTreiv 

OTBoyeiv  euueveiv  u>uo/.6yr^na  y.al  dTTÜAOit  Bürgen  heißt  eyyväad'ai  y.a'i  uiuiSe- 
Xeod'ai,    zahlen    d'iSovi'Tn   Tt/.rjQovvTn,   als   Sicherheit   Ivayvoov    Xöyco   y.al  vTtod'ryy.r^i 

Siy.aUp;  um  beim  Inhalte  eines  Erbes  ja  nichts  zu  übergehen,  sagt  man:  rregl 

oiovSj]7iors  TTodyfcuTOi  TCOo^ry/coi'TOS  ifi  rcmooto.  r^iiäif  yj.rjoofoi/iq  uiy.oov  fj  ueyäf.nv, 
voTjd'evTog  fj  /xi]  vorid'ii'tos,  Kt/ß'ävTOs  fj  ufj  '/.e/ß'eiTOi,  e'/.d'övros  eis  fikoov  t]  firj 
e/.&övros,  rnyevros  ravTT]  t^  Öialvaet  fj  ufj  rayairoi;  jeder  Abweichung  beugt 
man  vor  durch  urßk  lyy.aXtaoj/iev  firjSe  Ttaoaßaivouev  fj  Ttaoana/.evatoiuv  rai'TrjV 
TT/f  8iä).vair,   weiterhin  ymä  fir^Seva  roönov  17  &(foofif]v  f,  ued'oSof  fj  evgeai'/.oyiav. 

Oder  in  andern  Zusammenhängen:  tio'ü.öjv  Ss  yvuvaod-ivTcov  y.ul  yvuvmi  (sie, 
nicht  in  yvurbi  zu  ändern)  tw  adtuari  ey.uaroi  ETzfjKd'ev  tcö  ey.a-itoo},  Auch  zu- 
sammengesetzte Ausdrücke  an  Stelle  der  einfachen:  eiyfis  Iqyov  ruii'  ianr  fiy.rbi 

y.al  r^ufpaä  (statt  eiyö/.ied'a)  ä^uod'fjvai  rfjg  y.syaoiafiei't;,  vuöif  Ttaoovoia;,  orrwi 
*v  d.7io'/.av<jEi  yticbuetJa    (statt  aTtoXnicouev)   röjp   Siy.aio}v  viicor.      DieS    gemahnt 

stark  an  das  Zeitungsdeutsch. 

Ein  schwierigis  Gebiet  ist  der  Wandel  des  Wortsinnes, 
der  dem  Anfänger  das  Verständnis  byzantinischer  Urkunden 
auf  Schritt  und  Tritt  verdunkelt.  Obwohl  er  sicher  mit  der  Ent- 
wertung der  Worte  zusammenhängt,  wird  er  doch  nicht  verstand- 

Schubart    PapyrmskoDde.  J4 


210  BYZANTINISCHER   STIL. 

lieh,  wenn  man  nicht  Sprachentw'cklungen,  namentlich  im  4.  Jh., 
zu  Hilfe  ruft,  die  wir  bisher  nur  erschließen,  noch  nicht  sehen 
können.  Auch  auf  diesem  Gebiete  müßte  ein 3  gründliche  Arbeit 
über  das  reiche  Material  von  Constantin  an  die  schönsten  Er- 
gebnisse zutage  fördern.  Dsr  Wortschatz  selbst  hat  sich  be- 
trächtlich geändert,  denn  die  byzantinische  Sprache  nimmt  viele 
dichterische  Wörter  in  die  Prosa  auf,  bildet  neue  Wendungen, 
die  eigentlich  nur  zu  gehobener  Sprache  passen,  und  arbeitet 
anstelle  der  eigentlichen  viel  mit  übertragenen  Ausdrücken. 
Dahin  gehören  auch  neue  Zusammensetzungen,  die  meistens 
den  Smn  der  farblos  gewordenen  Wörter  verstärken  sollen.  Dies 
alles  sind  Vorgänge  innerhalb  des  Griechischen  s  Ibst,  d'e  man  nicht 
aus  fremder  Einwirkung  erklären  kann  oder  auch  nur  daif.  Die 
ziemlich  zahlreichen  lateinischen  Lehnwörter  und  die  griech'schen 
Neubildungen  von  latemischen  Stämmen  bleiben  äußere  Zutat. 
Endlich  zeigt  auch  der  Satzbau,  abgesehen  von  Unbeholfenheiten 
und  Fehlern  wie  von  Schwulst  und  Umständlichkeit,  einige  Be- 
sonderheiten, die  dem  byzantinischen  Stile  sein  Gepräge  geben. 
Der  alexandrinische  Osterbrief,  den  wir  in  Kapitel  10  betrachtet 
haben,  gehört  gerade  sprachlich  zu  den  besten  Beispielen  für 
alle  diese  Erscheinungen. 

Wortbedeutung  undWortwahl:  z.B.  h]fixpa7tö(ioois  =:  uTtödoais.  ävd-^cono: 
—  Höriger,  Untertan.  7i(>coroxv:tcos  erstens.  vTiöomaig  Vermögen  (früher 
Tiöoos).  ^i]fucö/iaTa  Unglücksfälle.  Sixaion^aysg  7tQ6ßlr]^a  Gerechtigkeitsliebe, 
Tendenz  zur  Gerechtigkeit.  Suufioeir  gehören  bildet  sich  schon  in  der  Kaiserzeit 
heraus  und  ist  in  byzantinischer  Sprache  stehender  Ausdruck,  dsanl^eir  be- 
zeichnet immer  die  Äußerungen  des  göttlichen  Kaisers,  ü-eiag  -»j/umv  noQiaaad-at 
ovllaßäg  sich  unsern  Ausspruch  verschaffen  (vom  Kaiser  gesagt),  yw^av  äjro- 
nlrjocooai  einen  Posten  ausfüllen,  einnehmen.  fisd-oSiav  t^äipai,  ein  Verfahren 
betreiben,     äjioovnßißdoiu  fy.ü'tou'  einen  Steuerrückstand  beseitigen.    ovfKftQo- 

Tzoitjaudd'td  für  sich  nutzbar  machen.  n^dg  jijv  ov/.i/ierQiav  tüv  xad"'  i]f.iäs  äv- 
d'qdmMV    im  Verhältnis   zu   unsern    Leuten,    vofiod'eaing  ßaovrdrrjg   ö^ii^ofiet^ris   da 

die  schwerste  Strafe  festgesetzt  wird  (der  Begriff  der  Gesetzgebung  scheint 
allerdings  noch  durch),  t«  ftsca^v  tjfiäjv  äficfißaUöfisva  unsere  Streitpunkte; 
/ifT«|v  wird  überhaupt  sehr  beliebt,  fisrä  7f]v  yivouevriv  na^  ifwv  oTTovSrjv  ge- 
mäß  meinem   Eifer,   ni]   exMi^  TtarTolai^  fteiovaiar  jutiä  rßv  xvpicov  tov  TT^ayfiaros 

ohne  irgendeine  Beziehung  zu  den  Besitzern  der  Sache  zu  haben,  ien^vacfalosatv 
y^uof  e:ioir,otv  er  nahm  uns  das  Vieh  weg.  Poetische  oder  gehobene 
Ausdrücke:  außer  d-eaniL^eiv  auch  yQdufiara  sxdon^ti.'  er  schrieb  einen  Brief. 
tlg  dy.oäi  s/ndg  JfA&sv  es  kam  mir  zu  Ohren.  nloyAiv  aw^d^Tu  ein  (Lügen)oewebe 
nähen,    eaßiad-ai  Tzäi'  aniona  Öixijg  (mit  falschem  Bilde!)  daß  jeder  Same  des 

Streits    erloschen    sei.      s^elß'srp    e|  dyü'^conor  sterben.       yard    fiifirjaiv    TOV    nQiy 

fjuov  TT^ovoriTov  wie  der  Verwalter  vor  mir  (mein  Vorgänger).  Von  den  zahl- 
reichen   lateinischen  Lehnwörtern,   die   man  vielfach   Fremdwörter  nennen 


ERIEFSTll..  21  1 


darf,  führe  ich  nur  ein  paar  Beispiele  an:  ^anovSioi'  Scheidebrief,  fiuioty.n 
Matrikel.  eTToaideroev  er  plünderte,  von  praeda  neu  gebildet,  reo  iSüp  (/oyärtp 
auf  eignes  Ersuchen,  schon  in  der  Mitte  des  4.  Jh.  n^oßaro^la  Bescheinigung 
über  nie  probatio  (ehemals  tniy.Qion).  Zum  Satz  bau  möchte  ich  besonders  auf 
die  Neigung  der  Byzantiner  zu  passiven  Konstruktionen  aufmerksam  machen, 
die  bisweilen  nicht  richtig  erkannt  worden  ist.     Schon  in  der  Mitte  des  4.  Jh. 

begegnet  TiooiiTuttv  .  .  .  ßorjd'lav  OTQaTiu>Tiy.riv  TtUQaay^ed'fivai ;  im  5.  Jh.  Tiaoe- 
axevaaev  fie  dSixMS  dvaÄrjfiqrd'fivai  reo  Staucorrj^iio ;  im  6.  Jh.  r^f  7ta^aye/.tvoftevr]v 
(sc.  TiQoßaTOQiai')  fj/xäs  y.aTarayfjrcu  rfii'  arjv  Tt^osT/yooiav  statt  Ttaoay.eXevovoav 
fjfiä^  xaTardiai.  OdCf  oi  Ssor  ioriv  ravTci  sy  yodiuftaaiv  evied'rlvac,  öder  xa/.ov 
r/yrjoduT]i'    rrjv     iitTdiv    oov    y.ai    avTffs    rijs    s/uiig    d'vyaTQÖi    Evfrjfiiag    Sia/.vd'fivcu 

avia(fiav.  Anderes  ist  schon  gelegentlich  gestreift  worden.  Das  unten  angeführte 
Schreiben  des  Statthalters  aus  arabischer  Zeit  (Wilcken  Chr.  25.ö)  bietet 
sprachlich  zu  vielen  Bemerkungen  Anlaß,  die  ich  lieber  zum  Texte  selbst 
schreibe;  hier  verweise  ich  nur  auf  die  Konstruktion  /.li]  Ser.ü-Ts  srioMv  f]ucöy 
yoauudriof  .  .  .  y.al  y.araläßi]  ae  dvianöSoais  =  laß  es  nicht  auf  weitere  Briefe 
von  uns  ankommen,  sonst  wird  dich  eine  Vergeltung  erreichen. 

Alles  in  allem  gewährt  der  byzantinische  Stil  da,  wo  nicht  Ver- 
wilderung und  Barbarei  eingerissen  sind,  das  Bild  einer  eigen- 
tümlichen Neubildung  im  Griechischen,  die  durchaus  ins  Breite 
geht  und  sich  von  der  alten  Begriffsschärfe  lossagt,  aber  keineswegs 
regellose  Willkür  wird,  sondern  eigenen  neuen  Gesetzen  folgt. 
Es  ist  innerhalb  der  Gesch.chte  des  Griechischen  die  merkwürdigste 
und  am  tiefsten  einschneidende  Wandlung. 
Der  griechische  Privatbrief  steht  zwar  nicht  außerhalb  der 
allgemeinen  Stilentwicklung,  führt  aber  doch  ein  Sonderleben. 
Seine  Geschichte  darzustellen,  ist  hier  nicht  unsere  Aufgabe; 
wir  beobachten  nur  seine  Wandlungen  innerhalb  des  Jahrtausends, 
das  uns  beschäftigt.  In  der  Regel  finden  wir  dasselbe  Gerippe: 
voran  steht  der  Name  des  Schreibenden,  darauf  im  Dativ  der 
Name  des  Empfängers  und  der  Gruß  ycdoeiv.  Es  folgt  der  Wunsch 
für  die  Gesundheit  des  Empfängers,  der  in  der  Kaiserzeit  häufig 
als  Gebet  erscheint,  dazu  eine  Bemerkung  über  das  eigene  Er- 
gehen. Dann  der  sachliche  Inhalt  des  Briefes,  endlich  die  oft 
sehr  zahlreichen  Grußaufträge,  ein  nochmaliger  Wunsch  für 
Gesundheit  oder  Wohlergehen  und  häufig,  aber  keineswegs  regel- 
mäßig, das  Datum.  Wer  seinen  Brief  schreiben  läßt,  ihn  aber 
eigenhändig  beglaubigen  will,  fügt  den  Schlußgruß  und  das  Datum 
selbst  hinzu.  Dies  Schema  wird  von  Anfang  an  bis  ins  5.  Jh. 
so  getreu  bewahrt,  daß  nur  die  Einübung  in  der  Schule,  die  ver- 
breiteten Briefsteller  und  die  Gewohnheiten  der  Berufsschreiber 
diese  Zähigkeit  erklären  können.    Jedoch  ist  es,  wie  sich  von  selbst 

14* 


212  BRIEFSTIL. 


versteht,  kein  unverbrüchliches  Gesetz;  die  Formeln  können  nach 
persönlichem  Gcschmacke  und  Spi  achvermögen  erweitert  und 
verändert  weiden,  aber  nur  selten  begegnen  wir  wirklichen  Ab- 
weichungen. Gewandelt  hat  sie  fr"'ilich  die  Zeit,  und  es  ist  leicht, 
an  der  Gestalt  der  Einleitung  und  des  Schlusses  ihre  Peroden 
zu  erkennen;  der  Bri.f  des  3.  Jh.  a.  C.  sieht  anders  aus  als  der 
des  2.,  die  spätptolemäische  und  die  erste  Kaiserzeit  haben  eine 
Eigenheit  der  Schlußformel  gemeinsam,  d<e  folgenden  drei  Jahr- 
hunderte etwa  sind  kenntlich  an  der  Fürbitte  für  die  Gesundheit 
des  Empfängers,  mit  dem  3.  Jh.  setzt  eine  erweiterte  Schlußformel 
ein,  und  im  4.  und  5.  Jh.  beobachten  wir,  wie  die  Form  und  die 
Formeln  des  Briefes  mehr  und  mehr  vernachlässigt  werden.  Der 
christliche  Brief,  obgleich  nur  ein  Kind  des  griechischen  Briefes, 
hat  doch  gewisse  Besonderheiten  entwickelt,  die  öfters  so  genau 
sich  wiederholen,  daß  man  auch  hier  feste  Vorlagen  annehmen 
muß.  Mit  dem  ausgebildeten  Byzantinismus  der  Sprache  im  6.  Jh. 
geht  der  griechische  Brief  unter,  denn  den  Privatbrief ^n  dieser 
Zeit  fehlen  so  gut  wie  alle  seine  w'esentlichen  Merkmale.  Der 
Stil  des  Privatbriefcs  und  der  seiner  nächsten  Nachbarn,  des 
amtlichen  Schreibens  und  der  Eingabe,  haben  sich  naturgemäß 
gegenseitig  in  den  Formeln  beeinflußt  und  lassen  sich  nicht  immer 
reinlich  sondern.  Aber  abgesehen  von  den  Formeln,  die  in  vielen 
Fällen  den  ganzen  Brief  einnehmen,  hat  der  Briefstil  einiges, 
was  ihn  von  anderen  schriftlichen  Aufzeichnungen  unterscheidet. 
Da  er  es  mit  den  tausend  verschiedenen  Angelegenheiten  des 
täglichen  Lebens  zu  tun  hat,  muß  er  freier  sein  als  die  Literatur, 
aber  auch  beweglicher  als  die  Privaturkunde  und  das  amtliche 
Schriftstück,  deren  Rechtsbedeutung  eine  größere  Strenge  des  Aus- 
drucks forderte.  Die  antike  Theorie  stellt  ihn  in  die  Mitte  zwischen 
uTTixLOfwg  und  ovvi]d^ucc  (Sprache  des  täglichen  Lebens).  Er 
folgt  natürlich  auch  dem  Stile  der  Zeit,  ja,  wir  werden  den  Stil 
der  Zeit  im  Privatbriefe  häufig  am  sichersten  und  am  frühesten 
erkennen,  wie  sich  denn  der  Byzantinismus  d^r  Sprache  hier 
früher  als  in  den  Urkunden  oder  gar  den  amtlichen  Schriftstücken 
bemerkbar  macht.  In  der  großen  Mehrzahl  der  Briefe  herrscht 
die  rhetorisch  angehauchte  Schulsprache,  wie  sie  eine 
mittelmäßige,  oberflächliche  Bildung  anwendet;  nur  selten  lesen 
wir  Briefe  aus  der  Feder  Hochgebildeter,  die  ihre  Sprache  mit 
freier  Kunst  zu  handhaben  wissen,  etwas  häufiger  die  Erzeugnisse 
der  Ungebildeten  mit  ihrer  ungelenken,  oft  fehlerhaften  Sprache. 


STILPROBEN.  213 


Aber  auch  diese  offenbaren  uns  mehr  das  qualvolle  Bemühen 
gebildet  zu  schreiben,  als  die  echte,  unbefangene,  gesprochene 
Sprache.  Es  gibt  Briefe,  die  sie  uns  zeigni,  abc  "nan  muß  erst 
sorgfältig  sieben,  ehe  man  sie  entdeckt.  Der  wenig  Gebildete 
bedarf  des  Musters,  des  festen  Stiles,  um  überhaupt  schreiben 
zu  können;  wie  ihm  der  Schnabel  gewachsen  ist,  wird  gerade  er 
am  seltensten  schreiben. 

Zum  Schlüsse  möchte  ich  nochmals  darauf  aufmerk^~am  machen, 
daß  Untersuchungen  über  den  Stil  der  Urkunden  und 
Briefe  ebenso  nötig  wie  lohnend  sind.  Es  müßten  nach  den 
anfangs  aufgestellten  Gesichtspunkten  die  einzelnen  Gattungen 
und  Gruppen  für  sich  betrachtet  und  durch  die  Jahrhunderte 
verfolgt  werden;  man  müßte  die  Inschriften,  die  Volksliteratur, 
die  in  der  Koine  verfaßten  Bücher  heranziehen,  ferner  die  Sprache 
der  Papyri  an  der  Theorie  der  Grammatiker  messen,  um  auf  Grund 
zahlreicher  Einzelstudien  an  das  Problem  der  Stilentwicklung, 
namentlich  das  Problem  der  byzantinischen  Sprache  heranzutreten. 
Für  diese  wäre  es  besonders  wichtig,  der  Entwertung  des  Wortes, 
dem  Wandel  des  Wortsinnes  und  der  Wortwahl  nachzugehen, 
zunächst  statistisch,  dann  diese  Erscheinungen  nach  aufwärts 
zu  verfolgen  und  so  ihrer  Entstehung  auf  die  Spur  zu  kommen. 
Ebenso  müßte  der  Satzbau  der  byzantinischen  Texte  untersucht 
werden. 

Stilproben.  (Lücken  und  Schreibfehler  des  Originals  v/erden  nicht  be- 
zeichnet.) Anordnung:  Ptolemäerzeit,  Kaiserzeit,  Byzantinerzeit;  inner- 
halb der  Perioden  nach  Gattungen.    Vgl.  S.  190 ff. 

Gesetz  3.  Jh.  a.  C.     Hai.  1,  203ff. 

7rA»j7)~c  ^/.(■vd-6Q0i^,    iav  TTaid^rji  6   iktv^egoQ  fj  f/  iXtv&SQa  tov  llev- 

dsQOv  ij  Ti^v  kkivd-egav  agy^iov  y^igCov  ädr/.wv^    o  h  uTTortLOccTiJ   citl- 

l^ijJTOig,    iav    dr/.t]i    lUKrj^f^i.    iav    Ö€    TiXeiovag  jrlr^yf^g  /'^«b"  ^T^cadtrji, 

Ti/ir^üdfitvog   rag   .rhjyag    di/.aadod^o'.    otiöoov    d^ äv  riinrior^i  rh  ör/.a- 

GT)']iji()V,    Tovro    öiTT/.ovv  u7roT€iadTOj. .  eäi'  öe  Jig  Tiva  rCov  uoyövrtov 

TTUTnir:!    rdoGovra,    wv    Tr]i    agyr^i   yeyQarttat    rdooeiv,    rgijrAddiu    rot 

irriTiuLa  chrortiodrcj,   Idv  dl/.r.t  vr/.r^i}r^i. 

Brief  des  Philadelphos,  3.  Jh.  a.  C.    Hai.  1,  166ff. 

BaoiKtvg  IlroXsualog  ^AvTiöytoi   yaigeiv.    Tttgi   Tf^g  OTulhioöoaiag   tGjv 

argariwrcüv  ä-/.ovofitv  nktiio  riva  ßiuv  yivtad-ai  rag  -Kara'/.votLg  naga 

Twv    nUovöiuov    od    '/Mußavövrioy,    dl).'  airCov   tig    rag    oi/.Lag   eigrcr]- 

diovriov  Toig  dvd-g(l)7tovg  lyßd'Alorrag  ßiai  Iroi/iv.  ocviaiav  ovv,  oittog 


214  STILPROBEN, 


voC    AoiTToD    fiTj  ylvrjrai   toüto,    ä'kka   fidkiora   i^ihv  avTo)   GTtyavo(.iei- 

od^waav.    ei   dh  aQcc  öti   avroig  (JTait-iiohg  Öldoo^ai   Ttaga  ribv  olnovö- 

fiLüV,  öiöfhioüuv  avTOlg  tovg  a.vayy.aLovQ,  y.al  orav  aTtolviovrai  fx  rCov 

OTad-i^tüj}'.    dvaitoiTjOavTeg    ärpierwoav    lovg    OTad-j-iohg    aui    in]    /.ara- 

XQTjoO-iooav  (?).  i.wg  äv  Ttdhv  TtaQayh'tovrai,  /.ad-drceg  vüv  dxovof.i€v 

yiveoS-ai^  (kar  aTTnTtOQtvcovTai,   dTtouLod-ovv  avTOvg  xai  drtOGcpqayiaa- 

(jL€vovg    rd    oixiiuava    aTtovQfxeiv.     iidXiora    dh    ttqovöyioov   ^yjQOivnr^g 

Ti~g    y.ard    ^AitöXkinvog    sroAtv,    ontog^    idv  rcctQayevojviai  (JTQariwraij 

liit]d-(:lg    l7tiGrad-u8vor]i,    dX'/.d    /.cd    tv   ^AitöXkiovog  nöku  öiarQißwoiv. 

ictv  de  TL  dvayy.cdov   i]i   Iv  'AQüiPorji  A.araf.ievovoiv  auTolgj  or/.iöia  dva- 

iT/MoaeTcoGav,    -/.aO-d/rtQ    /.ai    oi    jTQÖreoov    7ta.Qayev6f.ievoi    eTtoit^Gav. 

SQQcoGO.   (Einige  Abweichungen  in  Lesung  und  Ergänzung  hoffe  ich  an  anderer 
Stelle  begründen  zu  können,) 

Aus    dem   Hermiasprozeß,   116  a.  C.  Mitteis  Chr.  31,  col.  III 

18 ff.,  Anfang  der  großen  Periode. 

tovTOv  ovTog  /.cd  dr/a.ioXoyrjd-evTOJv  rCbv  GvvyMraoTdvTcov  avtalg,  rceQi 

f.iev   rov  '^Eq^iiov  (J>ilo/'/.iovg,   vttIq    öe   rwv  tceq)  tov  'Qqov  JeLvwvog, 

7tC(oc(vayivojGy.nn€vwv  avTolg  ii  wv  7raQ€/€iVT0  dt/auoudriov  wv  axd- 

T€Qog  fjOElTO,  /.cd  lov  ^uv  'PfXoxXeovg  TtaQaTrXi^GLa  rolg  did  xov  vtto- 

livrjiaTog  TiQoepeyyafievov,    rraQavayvöviog    öh    /.ai    e^  wv  TtagexeiTO 

öiKauoLidTOJV  dvjiyQtxcpov  Ivrev^ecog^    y.aS-^  i]v   ecpx]    ifißakovrog  avrov 

slg    To    7rqorei}lv    dyyeXov    vnh   rCov   ejiißaXövTwv   dg  JiögTtoXiv  tijv 

/iieydXrjv    %Qriii.ciTiGTCov ,    olg    elgrjev    JiovvGiog,    /ctrd    AoßdiTog    rfig 

^Egieiog   uiäg   dno   rCov   Tce7TQa/.(htov  rolg  tteq)  rov  ^S2qov  ti]v  or/iav, 

ovTCjg    tvv    Aoßdiv    GivavBVTqvoyJvai    avvCüi    Guvx(^Qr]Giv,    di'  ijg    k'cprj 

avri^v  jTQoevr^vixd-ai  ii)]te  iiQÖrtQov  iiijrs  vvv  ävTLnoulGd^ai,  rfjg  nixiag, 

yTQog  TO  c(7tQorpc(GiGTOvg  yaTceGTijGai  rovg  uvTLÖLy.ovg  j.irjd-evbg  dr/aiov 

dvT€xoi.i€vovg,   /.cd   /ard  iiev  rov  tqottov  toOtov  cpr^Gag  UTteXavveGd-ai 

ctvrovg  Trjg  yqatijGBiog  rrjg  or/iag,  ououog  öh  USW. 

Eingabe,   3.  Jh.  a.  C.   Magdola  2. 

BuGiXel  TlroXenauoi  yaiqtiv  'ÄGta.    döixovnai  vno  TlocoQiog  tov  GTa&- 

Liovyov.     TOV    yaQ   drÖQog  iiov    MaydTov    GTu^uodoTr]0-6i'Tog  kv  ytüfirii 

nr^XovGuoL   y.cd    dieXouhov   avTOv    jCQog   tov   UoCooiv  /ai   dvor/odoui]- 

aavTog  kv  tCoi  avxou  tÖttioi  ieqoi'  IvQiag  ^eoü  y.al  ^ArpoodiTr]g  Begs- 

v/x/yi,-,    vndqyovTog    de    xoiyov    Ttvog    fj^UTeXeGTOv  dvd  (.leGOv    tov    ts 

UowQiog   /al  tov  rov  dvÖQog  (.lov^  Ifiov  de  ßovXoüeviqg  ejtiGvvreXeGai 

r})v   rolyov,  'i'va   ui]   VTteQßarhv   i]i  eig  rd  fj^iereQu,  IIoCoQig  y.eywXv/ev 

oi/.odoueiv  ovO-ev   rrQogrf/ovTog   c(VTä)i   rov  roi'yov^  dXXd  yaracpQovCov^ 

ort  (I  dvro    uov    reieXevrrjyev.     deot-iai    ovv    gov,  ßccGcXeö^    TtqogTd^ctt 

JiO(pdvti   tCül  GTQarrjyößf   ygdipai  Mevdvöqwi   rwi  ejtiGrdrr^i^   edv  cpai- 


STILPROBEN.  215 


vrjTui    lov    o    TOlyßc    fj/.i€i6Qog,    uij    iTtixgercuv    ziui    IIowqbi    /.toKvf-iv 
fiuäg  oi/.odouelv,  'Iva  trcl  oh  -/.ar arfv^ovoa,  ßaotXev,  tov  öi/xiioi-  xiS/w. 

Ehevertrag  311  a.  C.  Mitteis  Chr.  283. 

^yJKt^ävöqov  roC  'AktS.ävdQOv  ßaoi'ktvovxoQ  etu  ißdöficoi,  TlTolefiaioü 
aaTQaTtevovTog  exei  TeooaQeg/Miöey.arioi,  f-irjvbg  zJiov.  ovy/Qacpi  ovvoi- 
■/.loiag  ^Bocr/.ksidov  y.a'i  Jr^ur^tQ/ag.  Xaußävti  '^HQaxlsidrjg  JtjurjtQiuv 
Kwiav  yLvaly.a  yvriolav  traget  tov  TcatQog  Ae7iTLVov  Ktoiov  ym)  r-fjg 
urjTQog  (Pü.oniöog  D.tv^egog  elev^egav  7Tgogrp£QOU€vi]v  tluariGitov 
/.cd  •/.('jüiiov  h  1000^  TTaQkyjTLo  de '^Hoa/JM6r]g  Jqi^UjTQiai  ooa  TTgogri'/.ki 
yvvaixi  ekev^soat  rcavia'  elvai  de  ijuSg  /.ara  tavtö,  ottov  av  do/S^i 
ägiOTOv  elvai  Sovkevouevoig  y.oiviji  ßovXfji  ylemivr^i  /.al  ^Hoa/j.tiörii 
(Verfügung  im  Infinitiv),  elav  de  ri  y.a/.oreyyovGa  aKio/.ri%ai  enl 
aiöyvvi.i  rov  dvdgog  ^Hoa/.keiöov  JrjurjTQia,  avegead-cü  u)i.i  ngog- 
r]V€yyMTO  Jiävrwv,  eniöei^aTio  de  '^Hguykeidrjg^  otl  av  eyxalfii,  Jr^urj- 
rglai,  evavriov  uvdgcop  rgiwv,  ovg  av  doyiiidtiooiv  di.irp6Teg()L.  urj 
e^fGTW  de  'HgayJ.eidr]i  yvval/.a  äXXtjv  eTteigdyeoihai  ecp*  vßgei  Ji]ui]- 
xgiag  in]d€  zexvcTtoieioit-ai  ei  äXXr^g  yvvai/.bg  urjde  /.u/.oxexvelv 
f-ir^dev  Ttagevgiaei  ur<deuiäi  'Hgu/.Xeid^jv  eig  Jrjurjtglav.  eidv  de  ri 
TioCüv  rovTOJV  dXlo/.rjraL  '^Hga/.Xeidrjg  yal  eTTidel^rji  Jr^urirgia  evavxiov 
dvdgvn'  rguov,  oi-g  dv  do/.iud'ZioGLV  dufpoxegoi,  dnodoxoj  "^ Hga/.XeLdr^g 
JrjUrjvgiai,  xrju  rpegvriv,  t]v  Ttgogrjvey/Mxo  h  1000,  yal  ^tgoganoxeiGdiu) 
dgyvgioi  'JXeiavdgeiov  h  1000.  i)  de  :rgä!^ig  eoxio  /Mx'}d7teg  ly  di/.\]g 
y.axa  vouov  reXog  eyovatjg  Jrjur]Tgfat  /.ai  lolg  uexcc  Jrjur^xgiag  rcgdG- 
aovüi.v  e'y.  re  avxoD  '^Hga/.Xeidov  yai  xwv  ' Hgay.Xeidov  Jidvxwv  xal 
lyyauov  xal  vavxL'/.cüV.  i)  de  ovyygafpii  ijde  y.vgia  eoio)  rrdvxrji  irdv- 
Tojg  (hg  t/.el  xov  GvvaXXdyi.iaxog  yeyevrj/iievoi:^  orcov  dv  eTteyrpegr^i 
'HguxXeidr]g  '/.axd  Jrjurixglag  f)  Jrjfirjxgia  re  yai  xoi  i^iexd  Jrjur^tgiag 
ngdooovxeg  eTteyrpegtoGiv  y.axd  'HgaxXeldov.  y.vgioi  de  eGxcoGav  'Hga- 
■xXeidrig  y.ai  Jtjur^xgia  /.ai  xdg  ovyygucpdg  avxol  xdg  avxCov  fpvXdoGovxeg 
■/ai  e7iey(pegovxeg  y.ax^  dXXijXojv.  udgxvgeg'  KXecov  FeXibiog,  'Avxr/gdxrjg 
Ttjuvixr^g,  AvGig  Trjuvixrjg,  JiovvGiog  Trj^ivixrjg,  ^AgLOxotiayog  Kvgt]- 
valog,  '.-/gioxodr/og  Kwtog. 
Erlaß  des  Germanicus  an  die  Alexandriner.    19p. C.  S.  B. 

Berl.  Akad.  1911,  794ff. 
regf.iavi7.hg  Kaioag  leßaoxov  viog  ^eoC-  leßaoxov  uituvbg  dvd-vnaxog 
Xeyei'  xr^v  f.i€v  evvoiav  vucjv,  fjv  aiel  eitidei/vvod-e,  oxav  ue  Idrjxe, 
unodeyouai'  xdg  de  eTtifpMvovg  euoi  /ai  iooO^eovg  e/(pii)vi]oeig  vficbv 
«£  aTtavxog  jtagaixovfiai.  Ttgenovoi  ydg  u6v(o  xCoi  ocüxf^gi  ovxiog  /al 
ivegyexi]    xov    ovvjtavxog    xwv   dv&gdncwv   yevovg  xqj  iufo  Jtaxgl  /at 


216  STILPROBEN. 


ffj   f^irjTQi    aörov    i/iifj    de   /.icc/ninj].     ca  de  fji.ii[€Qa eariv  vfji^ 

t.y.eiviüv   xJ-eiÖTrjTog^    cog    ed^i   iioi   /<?;    Trsioä-Tjn,   avay/cäre  f.te  ui]  jcok- 

}.dyiig  vj^ieiv  IvipaviCtoO^cxi. 

Aus  der  Novelle  zum  Amnestieerlaß  Caracallas.  215  p.C. 

Mitteis  Chr.  378. 
xa/  tl  (pavtQÖv  totiv,  nCog  nlrjQr]  ttjv  xaQird  i.iov  TtUQEvidrf/.a,  ofimg 
h'a  iLirj  Tig  (nevöriQOV  TcaQiQuiqvevoi]  tijv  xdqitä  f.iov  ix  twv  Qr^udrojv 
Tov  jCQOreQov  diardyftarog,  ev  oi  ovTcug  d7r£7.QLvd/.irjv'  „vjtooTQecpercooav 
TidvTtg  tig  rag  Ttargidag  rag  Idlag"  iktvO-egav  f.ie  rovroig  TtäOLV  ti]v 
Indvodov  dedio/.evaL  dg  aTtaoav  rr^v  yijv  xal  eig  ttjv  'Fct)f.ir^v  rijV  i/iirjv 
ÖrjAwrfOv  iöaxifiaoa,  'ivu  juij  7iaQ  avroig  ?)  deiAiag  ahia  fj.  Traoa  roig 
y.ay.(>r^i^toiv  iTir^QELug  arpogurj  vTrolsup^fj. 
Edikt   des   Statthalters   Mettius   Rufus.    89  p.  C.    Mitteis 

Chr.  192. 
MCtQxog  MeiTiog  'Pov(pog  t7taQ%og  ^JlyvTCTov  kiyti '  Kkuvöiog  'l^Jgeiog 
0  ToD  'OBvQvyxiirov  orQari]yog  Idrjlcoof'v  not  j-n^xi.  rd  iduorixa  (.nqTS 
td  di]i^i6oic(  JiQdyi^iaTci  tiji'  y.a^iy/.ovaav  /.a/iißdvsiv  dioiKrjOiv,  did  to 
m  TtoXkCov  xqövtov  ui^  /.«'j'  ov  fön  tqü/tov  (ir/.ovOf.LfiG^ui  rd  ev  rfj 
nov  h/.Ti]0€iüv  ßißkioü-rjy.rj  öiaOTQw(.icaa ,  -/.cäioi  ^colldAig  Y.qid^lv 
VTto  fcüv  TtQo  IfioD  fjrdgxiov  rt~jg  d£ovor]g  amd  xv^elv  IjtavoQd-i'oGewg' 
oneQ  od  -/.u'LGjg  Ivdixetai,  d  ui]  ävwOtv  yevoiTO  dviiyQarpa.  xelevo) 
ovv  ftdvxag  lovg  v.xT^TOQug  evrog  injvcov  e^  ü/royQdipaad-ai  Ty]v  löiav 
•/.xfiOiv  elg  rijv  rCov  tvy.TrjOfiiov  ßiß/uoO-ijxrjv  xai  rohg  öavsiardg  dg  dr  sxojol 
inro^rjxag  xai  rohg  a/.lovg  oaa  idv  fycooi  öi/Micr  rijV  de  dnoyqacpriv 
TtoieloSwaav  örfAovvreg,  nöi^^ev  eyiaorog  (Stellung!)  Tt()i>  vTragxövrcov 
xaraßeßrjAev  tig  avrobg  fj  -/.r^öLg.  TtagaxiO-eriooav  öe  '/.al  ai  yvvar/.eg 
ralg  VTCOOrdoeot  rCov  dvÖQÖJV,  idv  zard  riva  Ircixcoqiov  vöfiov  xgaxelrat 
xd  vndqx'^'^T^cc,  oiioiwg  de  y.ai  rd  rexva  xalg  rCbv  yovicov,  olg  fj  fxhv 
XQfjOtg  did  öri/.iooiwv  rexvjQrjxai  XQ^H-tf^^^'oawv,  rj  de  xrfjOig  f.ierd  ^d- 
vaxov  xolg  xe/.voig  y.ty.Qdrrirai,  'iva  oi  ovvaXldaaovxeg  /ui]  -/.ar  ayvoiav 
IveÖQtvovxui.  jxaqayyelXiü  de  xai  i  oig  ovva/.AayjLiaroygdfpoig  "/.ai  rolg 
liivt]fiooi  /.itiöev  diya  eTtiordkuarog  xov  ßißlLOCpv'kay.iov  [xeXeLCooui 
yvovOLV  (hg  om  ofpelog  xo]  xoioDxo,  dkkd  neu  avxol  wg  rcctqd  rd 
TCQOOxerayueva  /toirjoovxeg  Öixr]v  V7i0(.ievovoi  xrjv  TtQogrjxovoav.  edv 
d'  eiolv  ev  xf]  ßißhoS-rf/.rj  twv  lirdvco  XQOviov  aTToyqacpai^  juexd  Ttdorjg 
axgeißeiag  cpvkaooeoO-toouv,  öfioicog  de  /.al  xd  diaoxQwLiaxa,  %v  et  rig 
yevoixo  C^Ty]atg  eig  voxeqov  jcegl  xuw  /ui]  deövnog  dTtoygaxpai-ievtov, 
e^  exelvcov  eleyx^tooi,  'iva  d^  ovv  ßeßaia  xe  y.al  elg  ärtav  diafievr] 
rCüv  diaoxgwjLidxiov  })  xQ^^^i  ^Qog  xo  /nrj  Ttd'kLV  d7ioyga(f)fjg  derj-9-fjvai, 
aiagayyeXXio    xolg    ßißho(pvXa$L    did    TtevxaexLag    ertavaveovod-ai    xd 


STILPROBEN.  217 


öiaGTQwuuTU    f.UTa(peQ0fi6vijg   eig    rä   y.aivorcoLOvutvu    rfi^   xeKivTaLai^ 

exüoiov  öv6i.iaTog  vTtoordoetoc,  /mtu  '/.(üf.irjv  /.«/   /.ar'  udog. 

Aus  dem  Protokoll  über  einen  Erbschaftsprozeß,  124p. C. 

Mitteis  Chr.  84. 
'Ex  TOfiov  v7rotiivrjf.iaTiouCov  Bkaiaiov  Magiavoö  endQxov  ontiQr^g 
TtQfhrrig  (PKciovLag  KüJy.iüV  ycTCt/J^g.  ei,  ävaTtof-iTtf^q  ^y^TiQiov  NiTtcozog 
IOC  /.QuriöTOv  fjy€i.iövog,  erovg  oydönv  .^rro/.QaroQog  Kaiouqog  Tgaiavov 
^^dgiavoD  leßaorov  ^aguoid-L  6/.T(.o-/.aLÖey.dTr],  jiaqovxog  EXavdiov 
^^Qref.iid(üQov  vofuy.oC  ^^cfQoöiioiog  ^^TToXlwviov  jiQog  ^^uuioviov  ^^rci- 
lorog,  Tov  l^cpQoöeialou  did  IcuTr^Qiyov  qr.roQog  eiTVÖvTog  ovvekd-ovta 
iavrbv  dygäcpiog  laQCiTiovTi  nvi  iöyjf/.ivuL  k'E.  avTT]g  '^^oiyevr^v,  og 
lcsk6vri]oev^  y.al  äXlovg,  tov  vouov  y.a/.oüvrog  rovg  TiuriQag  Itti  rag 
yJ.rjQOvoj^iiag  rCov  li  dygärpiov  naidujv  tov  ävTidr/.ov  ö-eXeLV  /.uto. 
öia^rfArjv  y.lrjQOvof.iov  üvac  toC  '^ägiyivovg,  ovy.  iyovTog  ly.eivov  dno 
Tüjv  vöucüv  iBovoiav  neQwvzog  7raTQog  eig  a'k'kov  tlvo.  ygarpeiv  dia- 
^i]/.rjv,  nagatiov  Tragavoitov  ovorjg  xr^g  eig  tov  ävTidi/.ov  diad-)]y.rjg 
uvTiTtouioB^ai  Ttov  v7to  tov  viov  y.aTaleirpd-evrcoy.  y.cu  tov  ^At.iitwviov 
did  MaQXLUvov  gr^Togog  djroxgeivauevov  tov  tCov  ^-ilyvTtTuuv  vouov 
didövai  e^ovolav  ttccoi  Toig  ÖiaTiU-euevoig  yuTa'KeLTteiv  olg  ßovkovzai 
TU  lidia,  eavjov  uevroi  aveif.uov  ovtu  tov  T€TeAevrrf/.ÖTog  yMTa/.e/.eUpd-ai 
aiv  eTego)  viö>  tov  ävridi/.ov  y.krigov6fiov,  /.cd  ti^v  dia^rjxr^v  7r'Ar]grj 
eyeiv  toi^  twv  /nagTugiov  ugid-uöv^  Bkaiaiog  Magiavög'  ävayviooi^rjTio 
i]  TOV  "^Qgiyevovg  öiud-r/.r^  USW. 
Eingabe,   295  p.  C.     Oxy.  VIII   1121. 

^Enl  Tüll'  oviojv  vTCÜTiov.  yjvgr^'ki(i)  'y^uiiitovl(i)  ßsvecprAiagi(>>  enügyov 
AiyvTCxov  Tiagu  Avg>]/.iag  Teydioiog  Jiodwgov  /tir^Tgog  leyjoOiog  aTto 
xfjg  Mr/.gäg  'Odoewg  y.axayeivouevr^g  ev  Tf]  XauTCgü  yal  ka/HTTgoidTT] 
'OBvgvyyeiTwv  nöu.  ovy  oUyog  yivövvog  ovöe  fj  Tvyovou  ertLOTgecpeia 
ini^gTr^TaL  e/.eivoLg  Toig  evyegCog  avXr^oeL  y.al  dgrrayalg  tG)v  d'/J.OTguov 
eavTOvg  eTCLÖidovoi.  y.al  uvtx:  ydg  dvvTitgßkr^TOV  eTii^eoiv  yal  ag/rayijv 
Ttdöyovoa  Ttgögeun  ^^lagTvgouevr^  Ta  e'ig  ue  eTTiyeigri&tvTa.  fj  Tcgo- 
'/.euievr  iiov  uriTrjg  Teywoig  vöoo)  yaxaßkr^d-eloa  /.axd  tIjV  ijiiavTfjg 
ueTgiörr^Ta  TaÜTr^v  evoooyöur^oa  y.al  vTtr^geTr^oa  yal  ovy  eTravodurjV 
rd  TigertovTa  ytiveod-ai  vtio  Tev-viov  yovevoi  dvajth]govaa,  wörceg 
xavxrjg  Jtgo  ö/Uyojv  toutcov  fjiiiegwv  xov  ßiov  uva7tavoaf.uvrjg  ddia- 
d'exov  in  euol  xf]  d-vyaxgl  yKr^govöuio  y.aTa  Tovg  vöuoug  Tidkiv  xa 
Tcgog  xfjv  y.i]diav  avxf^g  Ttageayov  yal  xd  yad-i'f/.ovTa  hrl  tCo  ^avdTM 
eterfAeaa.  y.al  wg  iuov  negl  xr>v  ovf.i(poguv  ovorjg  ovy  oiÖu  xivi  /.oyoj 
T]  Tiod-ev  y.eivijitevxeg  Iioxäg  xig  y.al  Ilajtovxwg  /.axafievovxeg  ev  xf^ 
avxfj   oiyia.   ev&a   i]  Lirixr^g  iiov  töy.ei,  ev.  yiTovior  uov  eTtioxdvxeg  lolg 


218  STILPROBEN. 


y.aTaKi(pit-(:iöi  vii'  avif^^  /.tivov/iievoig  re  irXeioroig,  /^raf/7  ovy.  öklyo), 
Ivöofieveia  joiavri]^  aioO-i^Tt  7ioXvTeL{.iotdTi]  y.ca  äXlotg  aTtavra  ojg  Iv 
avofiiaig  aTreovlr^oav,  rivt  eTrayöj-ievoi  ovy.  l7TiGTaf.iai.  y.al  %va  efiov 
Tj)v  TTegl  Tovrnv  Iviöi/Jciv  aiielv  /.lelXovorjg  naqu  ro)  {.leitovi  obroi 
l^upäviav  kavxCov  Troirjoiovrai,  avay/.anog  eTtiöldiüfiL  rdöi  rd  ßißUa 
/.laQTVQOfievrj  fiev  ro  l7Ti''/_8iQri(^ia.  d^ioöoa  de  rovrovg  iTTavayxao^rjvai 
ixavd  evyqaipa  jTagaoxelv  fiovfjg  xal  lurpaveiag  l(.iov  i]dr]  rijv  TtQog 
Tov  f.iLL,ova  fpvyijv  Ttoiov^iivrjgj  rovriov  de  tu  Ifoa  did  rfjg  ofjg  t//- 
utUag  dvvo^ijvat  r?]  f]y€j.iovia. 
Lehrvertrag,   66  p.  C.  Wilcken  Chr.  324. 

'Of-ioloyoüaiv  ukh^loig  TQixpwv  Jiovvoiov  toD  TQvcpwvog  i^itjTQog  0a- 
j^iovvLog  xi^g  ^OvvmpQiog  y.al  Iho'kmalog  navoiQuovog  rov  IlToXeuaiov 
itrjTQog  ^ßrpeAnütog  Tf^g  Gitovog  ysQÖiog  äiurpÖTeQOi  rCbv  an  ^O^vQvyxcov 
noleiog,  o  j^ihv  Tovcptov  lydedooi/ai  rCo  nrolsf.ialq)  rov  iavrov  vlov 
ßoCüviv  ut]TQog  ZuQatvrog  rfjg  ^Arciiovog  ovdeixco  ovra  twv  IrCbv  ercl 
XqÖvüv  h'iavrhv  sva  cctto  Tf]g  iveorworjg  fji^UQag  diaKOvoüvra  Kai 
TtoLOvvTa  ndvra  cd  krctraoGoneva  avro  vnh  tov  UToXtuaiov  xar«  rryv 
yeQÖiay.ijV  T&yvrjv  näoav  oig  xal  avTog  i/rioTarai,  tov  Tiaidog  r^erpo- 
f.i€VOv  Y.al  It-iariaCoiiievov  Inl  tov  öXov  yqövov  vrco  tov  naTQog  Tqv- 
(piüvog,  ifQog  Ol'  /.al  tlvui  tu  örjuöoiu  /rdvTa  tov  Ttatdög,  ifp'  (]i  öcoaei 
avTCÖ  xara  iiijva  o  nroAe/iialog  tig  löyov  öiaTQO(pf]g  ÖQayjidg  TtevTS 
vx(t  STtl  awicXeiono)  tov  oXov  yoövov  elg  Xöyov  Ij^iaTiOf^iov  ÖQu/udg 
dey.advo,  ovx  l^ovTog  t(7>  Tqvcpiovi  ä7ZOG7idv  tov  Ttalda  dno  tov 
flToXeiiaiov  fieXQt  tov  tov  xqovov  nXriqiod-r^vui^  ooag  d'  kdv  ev  tovtm 
dTaxTrior]  fii.t€Qag,  kn)  Tag  )'oag  avTov  7taQ6§tTai  /ntTa  tov  yqövov  fj 
dTCOTeiodxLo  t/.doTrig  f]f^i€Qag  ugyvQiov  doaxnijV  fiiav,  tov  d'  drco- 
üTxaod-rjVai.  kvTog  tov  y^qovov  i7tiTtif.ioi'  ÖQaxudg  exaTOv  xal  elg  to 
Örjj^iöotov  Tag  \'oag.  Idv  Sh  xal  avTog  o  UToXe/iialog  fiij  iySiöd^r] 
TOV  rratda,  kroy/jg  eOTto  TOlg  uJOig  ifCiTeiuoig.  /.vqia  fj  öidaoxaXrAt]. 
Amtliches  Schreiben  anAbinneus.  346  p.  C.  Wilcken  Chr.  179. 
(pXdoviog  Maxdqiog  Siaot]/.! ÖTaTog  en.iTQorcog  dtunoTixCnv  xTriauov 
<PXaoviqt  '^uivvHo  (sie)  TCganroöLTOj  xdoTQtov  Jiovvoiddog  ^a/^tty.  i^ 
e^ovaia  tov  y.vq/ov  f.iov  (pXaoviov  ^rjXLxiooluov  tov  dtaGruioTdTOv 
xofUTÖg  Tf.  xal  öovxog  rrgövoiav  /toiovuiv)]  tov  dsGrcoTLXov  o'ixov 
7TQogsiaS,ev  tTj  f(.if]  kTtLiiaXia  ßot]^iav  OTqaTuuTixrjv  TraQaGxeO-ijvai  eig 
Tr]v  aTCaiTrjGLv  tCov  deGirotixcöv  xavöviov  ex  töjv  vtto  ti]v  Gtjv  ipqovTiÖa 
GTQaTUüTwv.  GTCOvöaGOv  ovv  xaTa  TU  yQacpevTa  ooi  vtio  tov  avTOv 
xvQiov  1.10V  TOV  diaorj/.iOTdTOv  öovxog  GTQaTiwTag  anoGTlXai  eig  ttjv 
avTiiV  aTtalrrjGiv  öid  tov  anoGTaXivTog  örpcpixiaXiov  vrto  te  tov  avvoD 
XVQIOV   fAOV   TOV    öiaoi](-iordTov    öovxog^    ov    uiiv   dXXd   xal  tov  xvqiov 


STILPROBEN.  219 


jiioi    TOI     diaot^uOTÜrov    /.aO^ohy.oC,    ysivc'joy.ojv    cog^    et    /.ir^    ßovkrjO-irj(; 
rovTOvg   arroovlXai,   ärevexO^rjaezai    eig   yvwoLv  tov  avroü  y.vQiov  uov 
6ov/.bg   tog  oov   ttjv   äTtaixi^oiv   tou   dtarcoTixov   or/.ov   hiöqEvaavrog. 
iQQ(')a^ai  0€,  y.vQit  udthfai^  TCoX'kolg  yoövoig  eHyouai. 
Aus  einer  Urkunde  über   Ehescheidung.     569  p.  C.  Mitteis 

Chr.    297.      Nach    dem    Datum    und    den    PersonaUen    der 

Vertragschließenden : 
TTQwr^v  orvr]Cfd^},f.iav  älXrj'/.oig  Ttgog  ydaov  /.ca  ßiov  xoivtovlav  licl 
XQrarau  t/jiioL  /.cu  Tiv.vwv  yw^akov  äyad-f]  ottoqcc,  oiöuevoi  iitra. 
fiKKr^kiov  IvatKeGut  f-iQT^vi/.ov  otiivov  ovvoL/.eoiov  itf  olov  tov  rf^g  t^ 
äfifpolv  Cwfjg  XQÖvov.  k'y.  t€  jCov  svavxiiov.  ovy.  'loutv  noO-ev^  rraoa 
TiQogdoy.iuv  b/,  oy.aioü  7rovrooc  daiuovog  TteTTÖvd-autv  iTreußgiouvrog 
f/l-iäg  TOV  ciTi  a.'kU]Kiov  yioqioiyT^vui.  /.axa  tovto  eig  %o  ttuqov  oenovdiov 
tLiXüS-autv  Toivrv  oiio'/.oyovvTfg  iußera  LÖyov  tyeiv  uxTi.  f'ifir  TTÖog 
SiAhyAovg  USW. 
Testament    des    Flavius    Phoibammon.      570   p.  C.    Cairn, 

Byz.  II  p.  88  ff. 
Bauiieiag  y.al  vrcaTticcg  toc  ifeiOTäxov  )]uCoi'  ÖfGirÖTov  (P/.uciov 
'lovoTivov  TOV  ahüviov  Avyovoxov  Avxoy.QaxoQog  exovg  Ttiurcrov  IJd^vo 
tov  liirjvbg  IvveayMideychfj  Ti~g  rcaoovoijg  r€TccoTr]g  iTtiveaijaecog,  Iv 
'AvTivöov  Tcöhei  T]]  'kauTTQOTarrj.  (P/.dviog  <PoLßauu(ov  6  vlbg  xov  Tfjg 
uaya^iag  f.ivr^ur^g  EvitosTteiov  tov  aTtoysvonivov  äoxüdroov,  boucb- 
fievog  UTCo  TctvTvg  rf^g  y.a'/JjTTÖAecog  ^AvTivoeiov,  e^f^g  VTtoygdfpcov  Idioig 
UVTOV  yoauitaoi,  ti^v  TtaoovGav  Tid^r^uL  y.al  ;C0L0Vf.iai  dixalav  y.al  f'r- 
V0I.10V  diad-rjy.iualav  ßovlr.OTv  iv  rd^it  Tslsvvaiag  iyyqdcpov  Öiütv- 
Tiiiioeiog  aOTqaavTQOv  ovoav  y.al  ävvTtoofpQaylda  öia  to  Tijg  /.liTQio- 
ovpt'Q  rjuwv  6§  dod-svoCg  ccTtoQiag  y.al  ilaxlonjg  fjuwv  7teQiovoLag  OTtavcb- 
TiQ(i)'  y.al  xl'ihhsQOv,  tov  (damit)  dvvaod-at  rovg  euohg  y.h]oov6uovg, 
ojt  6r^  TVOTt  ßovXcovrat  eufpavi^  7toit~oai  ti^v  avTf^g  övvauiv^  yvCovai 
Tt  dvaufpiGßrjTrTiog  y.al  duayCog  to  tL  jrtQiiyu  fy.  t£  y.erpaXalov  {.legovg 
avTvg  y.al  ipiXov  Xöyov  to  y.ad-drcaE,  l/il  rolg  t(pe^i'^g  Xöyoig.  f  Iligag 
(.liv  jtdvxiüv  y.al  ßQOxrjOiov  yevovg  b  d-dvaTog,  y.al  tovtov  ädvraTov 
koxiv  ty.fpvytlv  itavxtXöjg,  xolg  Se  y.aXwg  (pQovovGi  tovto  ngoua^üv 
y.al  ii/.aßüG^ai  ttüvtcov  tVTvyjGX€Qov.  tylo  xoiyaoovv  b  jXQOOvouaG^tlg 
^oißauiivjv  EvTcgeneiov  aQyi'iaxQog  dvayy.auog  xd  y.a^'  kavxbv  diavorj- 
xf^ilg  io/.Ö7trjoa  TtdvTa  to.  vmt  lue  TTgdyi^iaTa  ngo  l/avdTOv  öiutv- 
TCöjGai  y.aTcc  xb  TtQogffy.ov  bod-C)  y.al  uyaO-0)  ovreiÖoxi  (Bewußt- 
sein, Gewissen)  xai  diy.alo)  g/.otiCo  y.al  dy.gißel  XoyiGutl),  afp'  ooov 
Iv  xolg  tCüGi  xvyydvw,  dy.oXov^iog  xolg  ovyy.tyioQriuevoig  ajiaGL  djib 
^ciojy    (kaiserlich)   vÖuojv  xolg  xd  l'dia  cpgovovaiv  uax'  ddtiag  TtdGrjg 


220  STILPROBEN. 


y.ca  e^ovoiag  y.at  avd-evxeiag  dia-d-eoihai  rolg  tavrCov  cpikoig  ri/.voig 
■/.u)  ui]  tovroig  uera  d^avaiov  äiii(piGßi]Trjaiv  xaTaXeiTtsiv.  rovvov 
rov  TQOTtov,  y.aO-'  ooov  'Cw  /.al  vyiaivto  y.al  tn  äyogäg  ßadiCio  rot 
avvt]d-r.  TTQdttw}',  ouxpqovi  rt  loyiOj-Ui)  ^al  oxoTto)  diyaiii}  ytal  äyad-q 
OüvuöÖTi  y.al  dxQißtl  diavola  ymI  lQQioi.ievr]  diad-eoei  dg  ravTr^v  rfjv 
eyyqcupov  dia^rj'/.iiiiaiav  ßovlrjoir  flrilvd^a,  voCov  (pQOVwv  Loyiouovg 
yxä  ipQsvag  aitad-elg  diao(!)Otov  yxü  uyieg  excov  cog  JtQoelrcov  rb  ow/xd 
iior,  ohv  tu/ievfia  toD  Travy.QeiTTOvog  dtorcörov  twv  okcov  Geov  rcarro- 
/.QdiOQog,  evlaßovusvog  ur;  eBai'rpvr]g  vicavayioQfiGuL  ue  twv  rfjöe 
ddiad-eriog  nQUitudvtov  (sic),  7tQ)v  ovrco  TiQÖrtQOV  ÖLud-Cof.iai  /.al 
öuavjicoövj  rd  yaO''  ifiavcbv  7iuviold  ^lov  i'Kdyiora  JCQdj^i/^iara^  rd  xe 
er  uyqM  ovra  i.iot  Ix  dimpÖQtov  tÖttcov  yoviyäiv  xt  y'irjQOVoi^uaiiov 
/.lov  yal  iöioy.xr^Tiov  /.ul  id  iv  xf^öe  xf]  itöku  ^Avxlvöov  yai  dcp  exaoxa- 
yj)v  TOTtov.  dy.olovO-ioc  xolg  'hitodCug  oiyxwQ}]xaoig  artaoi  d^v)]xotg 
■rctüiovoi  TTQä^ai  xrjv  TtagouGar  yaxed^ei.u]v  6iad^riyi{.iciLav  ßovh]OiVj  a»g 
Tcooecpr^v.  Tro'/,iTr/.o7tQaixioQLav  ovouv  usw.  es  folgen  Angaben  über 
die  Zeugen,  die  Rechtswirkung  des  Testaments,  Kodizille  u.  dgl., 
dann  erst  der  sachliche  Inhalt. 
Eingabe  des   Dorfes  Aphrodito  an  den  Dux  der  Thebais 

Flavius  Marianus.  567  p.  C.  Cairo  Byz.  I  p.  7ff. 
ffpJMVüi)  TQiadi(i)  MaQLCivo)  MiyarfKuj  raßoirfkui)  KiovoxavxLvcj  8eo- 
d(!)QO)  MaQXiQÜi)  ^lovXiavu)  [-^d-avaoio)  xqj  tröo^oxdxc)  GXQaxrjldtr] 
d/io  vitdxtov  /.al  imsQrpvsGxdxfi)  7xaxQiy.i<i)  7tQUirp€y.xnv  ^lovoxlvov  dovni 
y.ui  avyovGxali(i)  xi^g  drßauov  yjoqug  xo  ß  fJar^Gig  y.a\  IxeGia  nagd 
xCüv  eAeivoxdxwv  dovAiüv  v^iG)v  yxu  d&'kuov  }.67Cxoy.Ti]xÖQiüv  xe  y.al 
olki]x6qcov  rf^g  Tiuvrad-kiag  v.wj.ir^g  '.^(pQoöixr^g  xrjg  ovGrjg  vrch  xov 
^eiov  oi/.ov  y.al  xi^r  V7tf.qcpvf^  i\uä)i'  t^ovGiav.  rc&Ga  ötxaioGvvi]  yal 
dr/.aio.rQayia  xdg  7CQoööovg  jrgoXdfijTovGiv  d(i  xfjg  Ttave^öxcog  ßsX' 
xLGxov  vTteQcpvovg  vficov  i^ovGiag,  Tr  kyöeyj)uty  ttqo  utoX'Kov  olov  ot 
ei  ZSoi-  y.aQaöoyovvxeg  xi^v  xöxs  xov  Xqigxov  devdov  Geov  TTagovoiav. 
uex'  aribv  ydg  xbv  deo7T(hrjv  6ebv  Gioxf^Qa  ßorj&bv  dXrjd-etvbv  xai 
rpiXdv&Qio/tov  eveQyexi]v  eyof.iev  utxd  rtdor^g  tKrcidog  owrrjQKodovg  xo 
ev  Ttäai  TtavevcprjiLiovjiierov  xal  diaßeßorjjLierov  vucöv  vipog  ev  Ttäoi  xolg 
dvayxaioig  xaigolg  l.rißorjd-fjGai  fif.ilv  xal  e^  ööwv  xCov  döixiov  fji.tag 
dTTOGTidGaoO^at  xal  QvouGd-ai  ex  xwv  dvixad-ev  Gvi.ißeßrixötiov  fjulv 
d(pdxcüv  Crj/LiuoiiidxiDV,  chv  od  ydgxrig  yiogel^  Ttagd  Mt^vä  xov  Xa/iiTtQO- 
xdxov  o/.Qiyiaqiov  xal  Ttaydgyov  xfjg  AvxaLonokixwv.  GuixQoi-ieQiog 
f.ihv  dvafiii^ivi]Gxof^iev  xb  7tdvGo(pov  v^tCjv  xal  eixleeoxaxov  xal  cpiXd- 
yaihov  ovveiöog^  TtdGrjg  de  (pQOvr]Geiog  xal  vovveyiag  VTiigxeQOv  xvy- 
ydrii  aTioxuxaXr^Tixov  xov  köyov   id  ovf.iTcavxa  xuxavofjGai  eig  äxoav 


STILPROBEN.  221 


uöt.üiv  xal  TitoLTtiihuiv^  od-tv  aöy.viü^  7iQoy.vUvöoi:(.uvoL  Yf/.autv  rraQa. 
TToÖa   Tüiv   uvtiracpcov   vuCdv    iyvü)v   öiödoxovTtg   rä  /.alh'  \nCcg  nqüy- 
f.iar(x  Iv  zovtoig  exovza.    f  ÖLÖday.of.iEv  rr^v  navEvrpr]f.iov  v^iöjv  i^ovaiav 
ojg  USW. 
Schreiben  des   Statthalters  an  den  Pagarchen.    709  p.  C. 

Wilcken  Chr.  255. 
De'  Anfang  fehlt,  utj  dvaiiinor  /.ara/Mße  td  7tQug  ly^wSt;  (komme 
zu  uns)  utra  rfjg  GiuirAr^ocoasiog  wg  eiQritat  rCov  yovoixwv  öiquoaiiov 
y.cü  h.OTQaoQÖLviov  /.cd  kOiTCGjv  otLytov  (Steuern)  Lti'CrjTOvusvojv  diu 
T?)g  dior/.r^oeiog,  ui^  voTtQCov  £§  avrwv  tl  to  ovvoXov^  yivcoG/.ti  ydg 
6  086g,  wg  od  /n)  dn'oxeivr^&fjg  l^  f]u(bv  y.aL  Icni  (wenn)  Öid  aov 
iv  /.oLTrddtL  (Rückstand)  'kog  ivbg  udiceotoiov  (Milliarense,  kleinste 
Geldeinheit)  y.cu  uövov  y.al  TciatocpoQed-rjti  eig  tovto  (verlasse  dich 
darauf).  Tidw  ydg  ißhog  f'youev  dvai  ro  egyov  aov  7tQoy.67iTOV 
(wir  sind  sehr  geneigt,  dich  zu  fördern)  y.u)  (na^tiQov  Truko  ov 
ioTi.  ycd  yuQ  o  ^JitiQuXovuviv  (Kalif)  ou  y.aiaötytTai  öid  ttoo- 
«pdoecüV  Tivcüv  vaitorjü^r^vccL  tl  t/.  zf^g  OLiutkr^owasiog  rün'  imZrirov- 
fievcov,  Log  XeXe/.Tai,  öid  xf^g  ötor/.r^aedjg  aoi\  y.al  u  dytg  (fo/ivag 
eQQOJuevag,  ovy.  üyeg  öerj^r^vat  (bedürftest  du  nicht)  ;r'/.eiGTojv  fjuCuv 
yQauudrojv  tovvcov  sre/M.  ävvoov  ovv  h're/.cüg,  u  li  lau  öid  aov, 
y.al  y.ardXaßt  (komme)  h  räyau  (pegiov  /.lerd  atcivroD  ovgitto  ovo- 
fiaTioafUv  aoi  dvdoag  Ti~g  dioi/.riotdjg  aov  Iv  roig  noh  iovtwv  r^iiwv 
yQduaaoiv,  ov  /n'-v  dD.d  y.u)  •/.ardyoaffov  (Liste)  y.urd  yojQioi'  cov 
ovTog  dvöoiauov  (Mannschaft)  ty  aviot  y.u)  tl  Ioti  öl'  uvrCuv  öid- 
yqmpov  (Kopfsteuer)  y.u)  ti  vitdQyti  h-darv)  h  yr^dioig  y.u)  tl  ly/jorj- 
yrjGSv  öl'  hvayicov  (Steuerzettel)  y.u)  dvev  evraylojv,  y.u)  urclCog 
eiTtelv  fii]  evQeO-f^g  naoaküipag  xL  rcore  iv  %fj  iTCtxQOTTfj  r]uwv  dg 
TOVTO,  f.ii]T€  t^irjv  öiö(7)v  y.u!)-'  luvrov  ti]V  oluvovv  TtQfUpaatv  i)  a/.dr- 
öalov  (ohne  gegen  dich  irgendeinen  Vorwand  oder  Anstoß  zu 
geben),  ui/j.oiuv  ydg  y.eksvoet  deov  yakoTtotf^aat  Tcp  y.aXvjg  öiarcQur- 
TOJuevco,  i^altlipui  öh  tov  yacorr^v  quötovqyöv  ze  y.al  äöt/.ov.  koirdjv 
^lij  öer]3f^g  treoiov  r)iu7)v  youu^dTOJv  (laß  es  nicht  ankommen  auf) 
Tteql  TOVTOv  {.itiu  TU  jiaQovTa  yodiiiiura  y.u)  y.azaldßrj  ae  (sonst 
kommt  über  dich)  ävzarcoöoaig  dirxD'Ü.ovau  z\^v  ifjvyj^v  yal  viTÖaia- 
aiv  aov  usw.  In  diesem  Texte  kreuzen  sich  byzantinischer  Stil 
und  die  Ungewandtheit  eines  arabischen  Sekretärs,  der  das 
Oriechische  nur  gelernt  hat.  So  beruht  z.  B.  die  mehrmalige 
Anreihung  des  Nachsatzes  mit  y.a)  entweder  auf  dem  Arabischen, 
oder  auf  dem  gesprochenen  Volksgriechisch,  dem  diese  Parataxen 
nicht  fremd  waren. 


222  STILPROBEN. 


Der  Privatbrief. 

Philostratos   (Epistologr.   Gr.)   sagt   vom    Briefstile:    dtt  yag  ri]v 
Ttjg    tniOTolf^g    (pQctoiv    Tf,g    i.ih'    (JtvrjO-slag    uTTiKiOTfQuv    thai,    tov 
öi    tmiALOaov    ovvrj-^-tazeQav    z«<    i^irjf-    h'av   viliril>iv   i.n]re  ra7tuv)]v 
ayav,    äl'ka   fieotjr    -nva.     Brinkmann,     Der    älteste    Briefsteller, 
Rh.  Mus.  64,  310ff.     Vgl.  auch  BGU    II   615.      Anfang:    noXv- 
y.Qcirrjg    tCol    /cai^)     yaigeiv.      et    fOQwoctL    xa/     la    loiTtd    ooi    /.ata 
yviof-iriv    loriv,    y.alcog    äv    tyoi,   lQowi.ied^a   de    /.al    avtoL    Witk.  2. 
3.  Jh.  a.  C.   oder:    d   iQocjoai    /mi    t«   koLircc   ool  xata  Xöyov  laiiv^ 
eu]    äv   tog  lyto    ^f/uo,    vyiatvor   öl   ym)    aurög  Witk.  25.  3.  Jh.  a.  C. 
Immer  vyiaivor,  das  praeter,  gedacht  vom  Zeitpunkte  des  Brief- 
empfanges.   Oder:   f-i  eooiooat  /mI  Cov  jiQÜvoLav  Tzoitl  y.al  rälla  ool 
■/xira  löyov  imiv,  tiTj  äv  wg  iyw  d-fUo,    /.al  rolg  d-eolg  nolli]  %äQig^ 
vyiaivov  de  y.al  avrög  Witk.  13.   3.  Jh.  a.  C.  ei  tQQwj^ievcoi  ool  rälla 
yarn  löyov  anavtäi,   efiq  av.   log  ßovlouai,   /.ul   uviog  d'  byiaLVOv  xal 
Evöaif.iov\g  USW.    Witk.  36.    2.  Jh.  a.  C.     yaloaiv    /al    öiä    Ttaviog 
vyudveiv  y.uÜ-careo  evyoi.iai  BGU  IV  1205.   28  a.  C.  'Attuov  'Ertmäxii} 
rCoi    itaxQl  yai   ycQio)  nleloia  yaioetv.     rrqh  t.ih>  Tcdvrwv  evxof.iai  ob 
vyiaiveiv  /.al  öiä  navrog  eggiüi^tevov  svrvyelv  (.lexa  Tijgadehpi'ig  f.iov  usw. 
Wilcken  Chr.  480.   2.  Jh.  p,  C.    itoo  uev  nävxiov  evyöf.ied'd  oe  ölo- 
ylr^oelv    /.lerä    tov    oi/ov    oov    olov    Oxy.  VIII  1158.     3.  Jh.  p.  C. 
Christlich:  yletov  noeoßvxeQog  tolg  yata  töttov  ovvlitovQyolg  itqeoßv- 
tiQoig  y.a)   Öiay.övoig  äyarttitolg  äöehpolg  ev  y.vQLV)  0eo>  XC(Qä  yaiqeiv. 
Oxy.VIII  1162. 4.Jh.p.  C.  vgl.diepaulinischen  Briefe.  Abweichungen 
Z.  B.  yaiQoig,  'Juiuoviare,  nagä  tov  Ttatgbg  yJTrollivaQiov  P.  Straßb.  37. 
3.Jh.p.'c.vgl.Oxy.VII1063.  VIII  1156.  Lond.  III  899.  yaiQoigKalö- 
yaiQe,  Kioälög  oa  ^CQogayoQevto  Oxy.  1 1 1  526.  2.  Jh.  p.  C.  vgl.  Oxy.  X 1 1 
1492.   1587.    Beginn  der  Auflösung:  rw  öeoycotrj  /al  dow/gitu)  -/al 
nagaf-ivd-ia   tCov  ffiltov  Toväti  ^'^-Juuiov  yaiqeiv.  Oxy.  X  1298.  4.  Jh. 
p.  C.    Aber  noch  Oxy.  X  1300,  5.  Jh.  p.  C,  hat  die  Einleitungs- 
formel.    Hochgestellte  Personen  treten  im  Dativ  voran,     ßaoiltl 
ntoleuaiojL    yalgeiv  '-Joia.    Magd.  2.     Schluß:     allgemein     eQQwoo. 
Vorher  Z.  B.    yaoiel  de  /al  tov  owi-iatog  hcifielouevog^   iV  vyiaivr^g 
Witk.  35.   2.  Jh.  a.  C.     evtvyei  an   höher   Stehende,     r«   Ö"  älla 
oeavtov  eitiidlov,  'iv  vytaivrig,  egowoo  Oxy.  IV  746.    16  p.  C.  und 
ähnlich    oft   um    diese   Zeit.      Im   1.  und  2.  Jh.  p.  C.  gewöhnlich 
eggCoG^ai  oe  evyoj.iai,  vom  3.  Jh.  p.  C.  an  eggvjo^ai  oe  evyoaai  itol- 
loig  yoövoig.    Etwa  vom  2.  Jh.  an  schleicht  sich  langsam  die  Sitte 
ein,  zum  Schlüsse  den  Empfänger  nochmals  anzureden,  z.  B.  eg- 
gwod-ai  oe  evyof.iai  Tiavoi/i,  yvgie  [lov    P.    Fay.    130.    3.  Jh.    p.  C. 


STILPROBEN.  223 


Dazu  kommen  persönliche  Erweiterungen.  Selten  begegnet  bv 
TTQarceiv^  das  Platon  statt  yalouv  gebiauchte,  und  zwar  in  der 
Schlußformel:  Iqq.  0€  liydutO-a  tvo'Ü.oI^  xq.  eiivxtlv  /.ai  av  nQaxieiv 
dia  TtavTüc,  P.  Genf.  59.  4.  Jh.  p.  C.  Iqo.  tvy.  tv  TTodirovra  Oxy. 
III  527.  2.  Jh.  p.  C.  tv  rcQcaTtra  Wilcken  Chr.  479.  2.  Jh.  (es 
ist  der  Trostbrief  der  Irene,  der  am  Anfang  edipvxelv  statt  yu^Q^i^v 
schreibt  und  auch  sonst  einen  besonderen  Ton  hat).  Man  beachte: 
durchweg  ^qocttuv,  nicht  yrgdooeiv;  es  ist  also  eine  literarisch. 
Feinheit.  Epikurs  eö  didyetv  kommt  auch  vor,  am  Schlüsse 
vyiaivovTa  y.ul  eö  didyovra  Oxy.  IX  1217.  3.  Jh.  p.  C.  Diese 
Bemerkungen  erschöpfen  die  Fülle  der  Verschiedenheiten  nicht 
von  Ferne. 

Polykrates  an  seinen  Vater  Kleon.  3.  Jh.a.C.  Witkowski^S. 
IIoXv/.odTr]g  tibi  Ttargl  xaLosiv.  y.aKCog  TCoelg  ei  egocouai  y.ai  rd  Koind 
ooL  /.cad  yvwf.ir^v  ioxlv,  egocoiiaO^a  da  y.al  t]uaig.  TCo'kLd/.ic.  uay  ya- 
ygcupd  oot  7Cuqayaväod-u.L  /.ql  oiGTf^oai  {.la,  omog  jf^g  an\  vov  rcaq- 
ovTog  oyoLr^g  dnokvd-Cu.  /.cd  vDv  da,  ai  dwaröy  Iotlv  y.ul  ^irj^äv  oe 
rCbv  aqycov  y.toXvai,  TtaigdU-rizL  al^aiv  alg  t«  ^Aooivöaia-  luv  ydq 
oh  Ttaoayävr^t,  TtaTtaiot^iai  Qcdöiwg  f.ia  twl  ßaotkal  avoraÜ-r^aaalf^ai. 
yivioo/.a  öä  fia  ayovra  naod  (Dt/.iovidov  ho'  drro  tovtov  rb  f.iav  f^uvav 
aig  TU  öaovxa  vna'kirvüur^v,  ro  da  Xotnov  aig  ro  ödvaLOv  y.arißaXov. 
rovTO  da  yivatai  diu  ih  ui^  ditoovv  i)(idg,  dLkd  y.urd  lu/.qbv  kaußd- 
vaiv.  yQd(ft  d^  fjf.ilv  /.a'i  ou,  %va  aidcuiiav,  av  olg  ai,  /.cd  (.iij  dyojviwuav. 
anuiäkov  da  y.al  oavToD,  oncog  vyiaivrjtg  y.al  ngog  f^uäg  aQQiot.iivüg 
akO-r^ig.     aöriyai. 

Herakleides   an  seinen   Sohn    Heras.    3.  Jh.  p.  C.    Wilcken 

Chr.  478. 
Hoa/.'kaidr^g  '^Hqü  vlo)  xciiqaiv.  Ttqo  rCov  o'kcov  uOTtdCouai  oa  Gcrycd- 
qiov  ajil  Tfi  VTiaqxO-aiof]  oot  dya^fj  avoaßal  y.cd  avzvxal  ovußu'ooi  y.urd 
zag  y.0Lvdg  fif.iCüV  avydg  y.cd  rtqogavydg,  afp'  cdg  ol  O-aol  xä'kiov  hru- 
Tiovouvrag  naqäoy/n'.  /.cd  f]ualg  da  d/.ofj  dnövxag  ojg  rcuqövtag  diui^äot 
i]ifpqdv0^rjuai'  y.utavyjniavoL  IttI  lolg  {.lakkovoi  /.cd  omog  yavöuavoi 
Ttaq  vulv  OLvdqc'Juav  diiT'ki~v  ai?M7rivr^v  rad-akvluv.  (Odyss.  11,  415.) 
y.ud-cog  ovv  6  udakcpög  oov  'yJiuuoväg  diaLkay.jui  uoc  7iaql  vf.iCov  y.ul 
rCov  vuCov  TCqayf-idtcov,  ojg  daov  aonv  yavr^oazaL,  y.ul  rcaql  toviov 
■Ü-aqovjv  daaki^  y.al  oi  da  ojtovduoov  f^j-idg  y.uTU^iGjouL  iCov  l'ocov 
yqauuchtov,  y.cd  Ttaql  wv  ßov'kSL,  aTtioralka  iioi  f^däiog  ayovri.  y.ul  ai 
OOL  ußuqag  aonv  yul  dvvarov,  owanooriköv  {.loi  oucrciov  (^oiinniov) 
rqvcpaqov  kiroag  dä/.u  j  (=  ylvovrui)  kirqca  T  y.ukiüg  y.axaiqioi.iavag 
T?]c  ovor^g  naqd  ool  rauir^g,  av  tovto)  ur<dav  ß'ku7Cröu6vog.    /rqoguyoqave 


224  STILPROBEN. 


an  eiiov  rcokka  r/jV  ooi  (fLktdTrjv  ovvtvvov,  /.isd^'  an'  (womit)  eQ- 
QMOÜ^al  G8  y.ca  flav^ovvra  tvyj)j[iaL,  y.vQie  uov  vH  (von  IqqCjoD-ul 
an  eigenhändig).  Auf  der  Rückseite  die  Adresse:  'OBvTtcvyiov 
(Spitzname)  ^Hoä  vhj). 

Kallimachos  an  Petros.  6/7.  Jh.  p.  C.  Grenfell  II  92. 
f£^avi.idoa/^i6v  Toaovrwv  uvthQwjnov  Trejuffi^fPTLov  rraoa  rfi^  '/.oivi'jii 
ayad-r^g  deorroivtjg  y.ca  fiij  d&BcqtevoL  ygccj-iuara  Tj]g  v(.itT€Qag  jitsyalo- 
jiQtTioüg  äöthpÖTr^rog.  y.aAojg  ovv  tiolü  (Subjekt  ist  i]  vf.i.  (.ity.  uötk- 
fportjg)  e/Tiorautvin,  ö/twg  ufkei  fiulv  rov  yvCovai  h(p  eyidocrjg  t?/v 
vuereqav  vyiaiar  /.ca  y.aTdotuoiv  öilt  jcavrbg  tt 8^.171  oiievov  jtaQcc  Tfjg 
y.oivr^g  dtojtoivr^g,  yodfpovoa  i)f.ilv  tijv  vuereQuv  vyieiav  /xd  'natdoraoiv, 
■/.eXtveiv  öe  v.m  neql  xCov  do-/.ovvTiüv^  örctog  /.ai  iji^ielg  tvQcof.iev  /.isiä 
7iaQQ)ioiag  oy'kiiaai  v/ilv  itagl  cor  yQEiu.  7caQa/.c(Xw  öe  vj.iäg  oXlya 
ü7t€Qi.iC(Ta  'kuydviov  öicapöocor  anoarükai  uoi  did  rivog  7t€u/ro(.i€vov 
Ivtavd^a,  "^ivu  '/.cd  Iv  tovTcp  ydQirag  vi^dv  6f-iokoyt]GCü.  dia  Ttavrhg  toD 
yQd/niiaiog  nküoia  -roogxvi'di  /mI  uajtdt.oiiai  r\v  lutTfoai'  ueyako- 
7roi7rii  ddek(p(krirccf.  Auf  der  Rückseite  die  Adresse:  f  öeo^röxt] 
tiKp  T(ö  7rdvTLov  /.ityakOjtqejreoTdKi)  7tdvTiov  riua^uoTdriri  Ttaitcpi- 
'kt()idi(;)   döüjpui  Iihqo)  y.ay/.€XXc(Qtot   Kakkiuayog, 

Vulgärer  Stil. 

Theon   an  seinen  Vater  Theon,     2/3.  Jh.  p.  C.    Lietzmann, 

Gr.  Pap.2  12.  (Kleine  Texte  14.) 
ßuov  (-Jiioi'i  TOI  TtUTQi  yaiQtiv.  y.a'/wg  hcoirjOsg,  ovy.  aicivrixeg  f.i8  f^itr 
800V  8ig  7i<')Xiv.  i]  od  ^äXig  a7t8V8y.y.8lv  f.iai'  laov  aig  l^ka^dvögiav,  ov 
f^iii  yQUipiü  08  l7CiaioX)]v  ovv8  Xakoj  oe  ovts  vyievcu  08  elra.  av  ök 
€ki}i]g  tig  'AktBdvÖQiav,  od  //?;  kdßcij  yalgar  Ttagd  ooü  ovt8  TtdXi 
XccfQco  oe  ki:t(')v.  du  uij  O-ikr^g  djX8V8yai  i.i8,  ravca  yeivsre.  y.ai  i) 
j.iyt>]Q  II ov  dTT8  yiQytkdoj,  ort  dvaoraTOl  ii8,  dqqov  avröv.  y.akCog  öe 
enoir^oeg,  öCuqd  /iioi  87T8f.np8g  iitydXa,  dod/ua.  rt87tXdvi]yav  fi(.iüg  1/81, 
zfj  rji.i8Qa  ip  ort  hvXevoeg.  Xv/tov  7C€inpov  8ig  fie,  TtaqayaXiij  oe.  dfi 
fiij  7te^iipi]g,  ov  /n)  (pdyto,  ov  fiij  7Teivto'  tavTa.  eqCüoi^t  oe  evyoiiai. 
Tvßi  Trj.  Auf  der  Rückseite  die  Adresse:  u7t6öog  detovi  dno  ßew- 
vüvog  vlG). 

Literatur. 

Eine  allgemeine  Übersicht:  A.  Thumb,  Die  Forschungen  über  die  hellenistische 

Sprache,  Archiv  f.  Pap,   II  396ff. 
K.  Dieterich,  Untersuchungen  zur  Geschichte  der  griechischen  Sprache  von 

der  hellenistischen  Zeit  bi^  zum  10.  Jh.  n.  C.   Leipzig  1898.   Teubner, 
P.  Kretschmer,  Die  Entstehung  der  ^own.   SB.  Wien.  Ak.  Bd.  143  No.  10.190Ü. 


LITERATUR.  225 


P.  Kretschmer,  in  üercke-Nordens  Ein!,  in  die  Altertumswissenschaft-  i  548{f. 

E.  Norden,  Die  antike  Kunstprosa  vom  G.  Jli.  \.  C.  bis  in  die  Zeit  der  Renais- 

sance.    2  Bände.  Leipzig  1898.     Teubner. 
A.  Thumb,  Die  grieciiisclie  Sprache  im  Zeitalter  des  Hellenismus.     Straßburg 

liiOl.     Triibner. 
J.  Wackernagel,  Die  griechische  Sprache  (Kultur  der  Gegenwart  I  8)    HI 

die  hellenistische  Gemeinsprache. 
Hatzidakis.    Einleitung  in   die   neugriechische   Grammatik.      Leipzig    1892. 
A.  Deissmann,  Bibelstudien,  Marburg  189.^.     Neue  Bibelstudien,  1897. 
J.  H.  Moulton,  A  grammar  of  New  Testament  Greek,  Edinburg  1906.  Derselbe, 

Characteristics  of  New  Testament  Greek.  The  Expositor  6  ser.  IX.  X. 

F.  Blaß,   Grammatik   des   neutcstamentlichen   GriechisclV^.      Göttingen   1902. 
W.  Crönert,  Memoria  Graeca  Herculanensis.  Leipzig  1904.     Teubner. 

E.  May  ser,  Granunatik  der  griechischen  Papyri  aus  der  Ptolemaerzeit.    Leipzig 

1906.     Teubner.     Besprochen  von  A.  Thumb,  Arch.  f.  Pap.  IV  487 ff. 
8t.    Witkowski,    prodromus    grammaticae    pa[)yrorum    craecarum    aetatis 

Lasr  darum.  Krakau  1897. 
C.  Wesscly,  Die  lateinischen  Elemente  in  der  Gräcit 't  der  Papyri.     Wiener 

Studien  24,  99 ff.  (1902).     25,  40ff.  (1903). 
E.  Nachmanson,  Laute  und  Formen  der  magnetischen  'nscbriften.  Upsala  1903. 
Zum   Briefe:    G.   A.    Gerhard.    Untersuchungen  zur   Geschichte   des  griech. 

Brieffcs,     PhÜologus  (M,  27ff.  (19(1.';). 
A.  Calderini    und    M.  Mondini,    Renerturio   per   lo  studio   delle   lettere 

private  deU'  Egitto  Greco-Romano  (Sludi  del'.a  Scuola  Papiroloi-jca  II 

lOOff.    Müano  1917). 
Ziem  an  n,  de  epistularum  Graec.  formulis. 
St.  Witkow'Ski,  F.pistulae  privatae  graecae-,  Leipzig  jDll.    Teubner.    (Briefe 

der  Ptolemaerzeit);   mit  ,,Observationes  grammaticae". 
W.  Schubart,     Ein  Jahrtausend   am   Nil.       Berlin  1912.     (Deutsche  LbtT- 

:-etzungen.) 
Wörterbücher:    H.    van     Htrwerden,    Lcxicon    G'-aecum    suppletorium    et 

diaiecticum.     I. cyden  (mit  bes.  Rücksicht  auf  Inschriften  und  Papyri). 
Passo WS  Wörterbuch  der  griech.  Sprache,  völlig  neu  bearbeitet  von  W.  Crönert, 

Göttingen.     Im  Erscheinen.    (Umfaßt  den  ganzen  griechischen  Sprach- 
schatz von  Homer  bis  zur  byzantinischen  Zeit,  deren  Literatur  im  allg. 

ausgeschlossen  wird;    jedoch  v.erden  die  Papyrusurkunden  bis  zu  'hrem 

Authören  berücksichtigt). 


Schubart,  I'apjTUskuode.  |5 


XII.  GESCHICHTE  ÄGYPTENS  VON  ALEXANDER  DEM 
GROSSEN  BIS  ZUR  ARABISCHEN  EROBERUNG. 

Ein  Abriß  der  Geschichte  Ägyptens  in  demjenigen  Zeitalter,  das 
uns  hier  angeht,  weil  es  das  Zeitalter  der  griechischen  Papyri 
ist,  muß  sich  auf  einige  Hauptpunkte  beschränken  und  soll  den 
folgenden  Kapiteln  nur  das  feste  Rückgrat  der  wichtigsten  Er- 
eignisse geben,  damit  der  Leser  den  systematisch  geordneten 
Stoff  der  nächsten  Abschnitte  leichter  einordnen  könne.  Um 
diesen  Einzeldarstellungen  der  Zustände  und  Entwicklungen 
auf  dem  Gebiete  des  Staates  und  des  Rechtes,  des  Volkstums 
und  der  Religion,  der  Bildung,  des  Wirtschaftslebens  und  der 
Sitte  nichts  vorweg  zu  nehmen,  werde  ich  mich  hier  auf  die 
politische  Geschichte  beschränken.  Alexander  der  Große 
eroberte  332  a.  C.  Ägypten  und  gründete  331  am  westlichsten 
Arme  des  Nildeltas  die  Stadt  Alexandreia.  Wenn  auch  Ägypten 
weniger  tief  als  andere  Länder  des  Ostens  von  hellenischem  Wesen 
durchdrungen  wurc'^  so  hat  doch  keine  andere  Gründung  Alexan- 
ders so  lange  und  s^  stark  auf  die  gesamte  Kulturwelt  des  Ostens 
gewirkt  wie  das  ägyptische  Alexandreia,  und  keiner  der  Staaten, 
die  aus  dem  Erbe  des  großen  Königs  hervorgingen,  hat  so  lange 
seine  Selbständigkeit  behauptet  wie  Ägypten;  erst  mit  seinem 
Falle  ging  das  Hellenentum  politisch  ganz  unter.  Wir  haben 
gerade  aus  den  Papyri  deutlich  sehen  gelernt,  daß  mit  Alexander 
und  nach  ihm  eine  große  Zahl  von  Griechen  und  griechisch  redenden 
Menschen  anderer  Herkunft  in  Ägypten  eingewandert  ist  und 
mindestens  ein  Jahrhundert  lang  durch  neuen  Zustrom  immer 
wieder  Verstärkung  erhalten  hat;  aber  nicht  dies,  sondern  die 
überaus  günstige  Lage  des  Landes,  verbunden  mit  seiner  Volks- 
menge und  seinem  Reichtum,  hat  ihm  eine  Festigkeit  verliehen, 
wie  sie  kein  anderer  hellenistischer  Staat  besessen  hat.  Ägypten 
konnte  nicht  nur  alles,  dessen  es  bedurfte,  aus  sich  selbst  decken, 
sondern  noch  Waren  ausführen  und  sich  dadurch  bereichern; 
es  lag  dem  ägäischen  Meere  und  dem  westlichen  Asien,  die  damals 
im  Mittelpunkte  aller  politischen  Kämpfe  standen,  nahe  genug. 


PTOLEMAIOS  1.  227 


um  überall  eingreifen  zu  können,  und  war  durch  seine  schmale 
Landgrenze  gegen  den  seleukidischen  Nachbar  vorzüglich  ge- 
schützt. Sein  Hinterland  nach  Süden  war  das  innere  Afrika, 
und  im  Osten  wies  das  Rote  Meer  auf  den  Handel  mit  Arabien, 
Ostafrika  und  Indien.  Diese  Gunst  der  Lage  gab  einer  Reihe 
kluger  Könige  die  Möglichkeit,  Ägypten  eine  besondere  Macht- 
stellung unter  den  Großmächten  ihrer  Zeit  zu  sichern. 
Als  nach  Alexanders  Tode,  323  a.  C,  seine  Heerführer  das 
Reich  teilten,  wußte  sich  der  Makedone  Ptolemaios  die  Satrapie 
von  Ägypten  zu  verschaffen  und  sie  sogar  gegen  den  Reichs- 
verweser Perdikkas  zu  behaupten.  Im  Namen  der  Erben  Alexanders, 
erst  des  Philippos  Arrhidaios,  dann  des  kleinen  Alexander  hat 
er,  so  lange  sie  lebten,  die  Provinz  tatsächlich  selbständig  ver- 
waltet; vom  Jahie  304  a.  C.  an  regierte  er  noch  bis  285/4  a.  C. 
mit  dem  Königstitel.  In  den  Königskult  ist  er  später  mit  dem  Bei- 
namen Soter  eingetreten.  Von  vornherein  hat  er  diejenige  Politik 
eingeleitet,  die  seine  Nachfolger  befolgt  haben,  solange  sie  über- 
haupt selbständig  handeln  konnten.  Ägypten  war  ihm  Grundlage 
und  Angelpunkt  seiner  Macht,  und  insofern  wendete  e/  ihm  alle 
mögliche  Pflege  zu.  Aber  sein  Streben  ging  darauf  aus,  unter  den 
übrigen  Reichen,  die  aus  Alexanders  Erbe  sich  herauslösten, 
womöglich  den  ersten  Platz  zu  gewinnen  und  zu  behaupten. 
Seine  und  seiner  Nachfolger  Politik  blickte  nach  Norden  auf 
das  Inselmeer,  auf  Griechenland,  Makedonien  und  die  klein- 
asiatische Küste,  sowie  nach  Osten  auf  das  westliche  Syrien. 
Das  lag  in  der  Natur  der  Sache;  denn  dort  berührten  sich  die 
drei  Großstaaten,  die  über  alle  anderen  aufstiegen,  Makedonien, 
Asien  und  Ägypten,  unmittelbar  oder  in  ihren  Interessengebieten. 
Daher  das  beständige  Streben,  Landbesitz  und  Einfluß  dort  zu 
behaupten,  daher  das  Schwergewicht,  das  der  erste  Ptolemaios  und 
seine  Nachfolger  auf  eine  starke  Flotte  legten.  In  mancherlei  Kämpfen 
hat  Ptolemaios  I.  Soter  seinem  Reiche  das  westlich  angrenzende  Ky- 
rene  angegliedert,  hat  Kypros  besetzt  und,  freilich  nicht  ohne 
Wechsel,  das  südliche  Syrien,  wahrscheinlich  samtTyros  und  Sidon, 
erobert;  die  Schlacht  von  Ipsos  301  a.  C.  sicherte  ihm,  obwohl  er 
nicht  mitgekämpft  hatte,  diesen  Besitz.  Auch  an  der  Südküste 
Kleinasiens  faßte  er  Fuß.  Vielleicht  am  wichtigsten  aber  war 
es,  daß  er  über  die  Mehrzahl  der  Inselgriechen  ein  Protektorat 
gewann,  das  sich  von  wirklicher  Beherrschung  nicht  viel  unter- 
schied.    Diese  Ausdehnung  des  Reiches  führte  von  selbst  in  einen 

15* 


228  PTOLEMAIOS    !1. 


Gegensatz  zu  den  beiden  anderen  Großmächten,  die  nacii  denselben 
Gebieten,  dem  Mittelpunkte  der  hellenistischen  Kultur,  strebten, 
Makedonien  und  dem  Seleukidenreiche.  Anderthalb  Jahrhunderte 
lang  geht  der  Kampf  mit  Unterbrechungen  und  Wechselfällen 
hin  und  her,  im  ersten  Jahrhundert  überwiegend  zum  Vorteile 
Ägyptens.  Erst  Roms  Übergewicht  änderte  die  Lage  vollständig. 
Die  Kleinstaaten  des  eigentlichen  Griechenland,  auch  die  Bünde, 
wie  der  ätolische  und  der  achäische,  konnten  nicht  viel  mehr 
als  ein  Spielball  jener  drei  Großmächte  sein,  Ptelemaios  L  Soter 
begründete  ein  Reich  und  eine  Dynastie,  die  sich  nahezu  300  Jahre 
behauptet  haben;  der  regierende  König  führte  immer  den  Thron- 
namen Ptolemaios. 

Der  zweite  dieses  Namens,  Ptolemaios  II.,  285/4 — 246,  gewöhnlich 
Philadelphos  genannt  von  einem  Knltnamen,  der  ursprünglich 
seiner  hochbedeutenden  Schwestei  und  Frau  Arsinoe  zukam, 
behauptete  im  Wesentlichen  die  auswärtigen  Besitzungen;  an 
der  Küste  Kleinasiens  gewann  er  Lykien,  karische  Küsten- 
plätze, Halikarnassos,  Ephesos  und  Milet,  die  allerdings  bald 
verloren  und  erst  von  seinem  Sohne  zurückgewonnen  wurden, 
dazu  einige  der  bedeutendsten  Inseln  wie  Kos,  Samos,  Lesbos, 
Samothrake.  Unter  seine  Regierung  fällt  wahrscheinlich  auch 
die  Besetzung  thrakischer  Seestädte  wie  Ainos  und  Maroneia, 
sowie  einiger  fester  Punkte  im  Peloponnes  und  auf  Kreta.  Die 
Herrschaft  der  Ptolemäcr  ebenso  wie  die  der  anderen  Diadochen 
über  griechische  Gemeinwesen  ließ  in  der  Regel  die  äußeren 
Formen  der  politischen  Selbständigkeit  fortbestehen  und  begnügte 
sich  mit  der  durch  eine  Garnison  oder  eine  Flottenstation  ge- 
sicherten tatsächlichen  Macht.  Unter  der  Regierung  des  Phila- 
delphos versuchten  Athen  und  Sparta  mit  einer  Anzahl  ver- 
bündeter Gemeinden,  sich  dem  drohenden  Übergewichte  Make- 
doniens zu  entziehen,  und  fanden  selbstverständlich  bei  Ägypten 
Unterstützung;  allein  dieser  sogenannte  chremonideische  Krieg 
schlug  zu  Ungunsten  der  Griechen  und  des  Philadelphos  aus, 
vielleicht  weil  er  ihn  zu  lau  betrieben  hatte.  Im  Gegensatz  zu 
seinem  Vater,  dem  kriegserprobten  Feldherrn,  der  mit  soldatischer 
Rauheit  eine  beträchtliche  diplomatische  Schlauheit  verband, 
war  Philadelphos  mehr  dem  prunkvollen  und  durch  Kultur  ver- 
feinerten Genüsse  der  Macht  geneigt.  Immerhin  hat  er  das  Reich 
hier  und  da  noch  erweitert  und  hat  vor  allem  seine  Südgrenze 
über   Syene  hinaus  vorgeschoben,   um  Ägypten  gegen  nubische 


ptüle-:maios  iii.  229 


Angriffe  zu  sichern.  Die  Städte,  die  er  am  Roten  Meere  und  bis 
hin  nach  Ostafrika  anlegte,  dienten  mehr  dem  Handel  und  der 
Elefantenjagd  als  der  Ausdehnung  politischer  Macht,  im  Innern 
hielt  auch  Philadelphos  die  Zügel  straff  und  wahrte  die  unbedingte 
Herrenstilung  der  Makedonen  und  Hellenen  gegenüber  den 
Ägyptern;  indem  er  griechische  Söldner  in  Massen  ansiedelte, 
verschaffte  er  sich  die  unerläßliche  Stütze  eines  ergebenen  und 
leistungsfähigen  Heeres.  Auch  die  Elefantenjagden  dienten  zur 
Verstärkung  des  Heeres,  da  die  Diadochen  auf  diese  Waffe  mit 
Recht  großen  Wert  legten.  Wenn  auch  nicht  für  den  Augenblick, 
so  doch  für  die  Folge  war  es  ein  Ereignis  von  größter  Bedeutung, 
als  Philadelphos  im  Jahre  273  mit  dem  römischen  Volke  Freund- 
schaft schloß.  Rom  hatte  in  den  Samnitenkriegen  seine  Stellung  in 
Italien  gefestigt  und  sie  soeben  im  Kampfe  gegen  Pyrrhos(280 — 275) 
behauptet,  es  begann  Großmacht  zu  werden,  und  Philadelphos 
bewies  seinen  weiten  Blick,  als  er  Beziehungen  anknüpfte,  die 
seinen  Nachfolgern  entscheidenden  Nutzen  brachten. 
Sein  Sohn  Ptolemaios  III.  Euergetes  I.,  246—222/1,  war  viel- 
leicht der  bedeutendste  Mann  des  Ptolemäerhauses.  Jedenfalls 
ist  seine  Regierung  der  Höhepunkt  der  ägyptischen  Macht,  die 
damals  in  der  Tat  den  ersten  Platz  unter  den  Diadochcnreichen 
einnahm.  Während  er  die  Besitzungen  in  der  Inselwelt,  in  Thrakien 
und  Kleinasien  teils  befestigte,  teils  wiedergewann,  führte  ihn 
ein  Feldzug  gegen  das  Seleukidenreich  weit  nach  Asien  hinein; 
er  erweiterte  seine  syrischen  Besitzungen  und  drängte  die  Se- 
leukiden  stark  zurück.  Vielleicht  wäre  es  ihm  gelungen,  einen 
großen  Teil  des  Alexanderreiches  in  seiner  Hand  zu  vereinigen, 
wenn  ihn  nicht  ein  Aufstand  in  Ägypten  zurückgerufen  hätte. 
Damals  begannen  die  Erhebungen  der  Ägypter  gegen  die  Fremd- 
herrschaft, die  zwar  im  Anfange  sicher  niedergeschlagen  wurden, 
später  aber  die  Macht  des  Reiches  unterhöhlt  haben.  Getreu  der 
Politik  seines  Hauses  unterstützte  er  in  Griechenland  den  achä- 
ischen  Bund,  der  unter  Führung  des  Aratos  stand,  und  später 
den  Spartanerkönig  Kleumenes  gegen  Makedonien,  ließ  ihn  freilich 
nachmals  fallen,  als  Antigonos  Doson  von  Makedonien  Teine 
Verständigung  suchte.  Wie  sehr  die  Ptolemäerkönige  sich  als 
Makedonen  und  im  weiteren  Sinne  als  Hellenen  fühlten,  zeigt, 
abgesehen  von  ihrer  Stellung  zu  hellenischer  Kunst  und  Wissen- 
schaft, die  später  zu  besprechen  ist,  ihre  rege  Teilnahme  an 
allen   Ereignissen  der  hellenischen  Welt;  so  sprang  Euergetes    I. 


230  PTOL  EMAIOS   IV,  UND  V. 

mit  einer  großartigen  Unterstützung  ein,  als  Rhodos  durch  ein 
Erdbeben  zerstört  wurde.  Auf  der  anderen  Seite  Heßen  sie  sich 
in  Ägypten  als  göttliche  Könige  verehren,  wie  wir  es  in  der  großen 
Inschrift  von  Kanopos  deutlich  vor  Augen  haben,  und  erfüllten 
ihre  Pflicht  als  Nachfolger  der  Pharaonen  durch  gewaltige  Tempel- 
bauten: unter  Euergetes  I.  wurde  der  Tempel  des  Horos  in  Edfu 
begonnen,  der  einzige  noch  heute  vollständig  erhaltene  ägyp- 
tische Tempel. 

Mag  es  zunächst  auch  befremdlich  klingen,  so  ist  doch  das  wich- 
tigste Ereignis  der  nächsten  Regierung,  der  des  Ptolemaios  IV. 
Philopator.  222/1—205/4,  der  hannibalische  Krieg  (218—201), 
denn  mit  seinem  siegreichen  Ausgange  begann  Rom  die  östliche 
Weltbühne  zu  betreten,  die  bisher  den  Diadochenreichen  vor- 
beiialten  geblieben  war.  Obwohl  die  ersten  Jahre  des  Krieges 
den  Römern  ungünstig  waren  und  die  auf  lange  Zeit  entscheidende 
Niederlage  bei  Cannae  216  a.  C  brachten,  setzte  Phücpator  die 
überlieferte  Freundschaft  mit  der  Republik  fort,  während  der 
alte  Gegner  der  Ptolemäer,  Makedonien,  sich  auf  karthagische 
Seite  schlug.  Wenn  wir  es  auch  bisher  noch  nicht  im  einzelnen 
greifen  können,  so  hat  doch  der  große  Krieg  im  Westen  schon 
stark  auf  den  Osten  eingewirkt.  Gegen  den  Seleukiden  Antiochos  III., 
der  ihm  Syrien  entreißen  wollte,  war  Philopator,  obgleich  an- 
fangs schlecht  gerüstet,  im  Felde  glücklich.  Aber  seinen  Sieg 
bei  Raphia  217  a.  C.  verdankte  er  z.  T.  der  Verwendung  ägyp- 
tischer Truppen,  und  dieser  Erfolg  stärkte  das  Selbstbewußtsein 
der  Einheimischen.  Gegen  Ende  seiner  Regierung  brachen  Auf- 
stände aus,  die  sich  in  die  nächste  Regierung  hineinzogen.  Sie 
sind  es  zu  erheblichem  Teile,  die  des  Reiches  innere  Kraft  ge- 
brochen und  seinen  äußeren  Niedergang  herbeigeführt  haben; 
freilich  konnten  sie  nur  deshalb  so  tief  wirken,  weil  das  reine 
Hellenentum  mehr  und  mehr  dem  Einflüsse  ägyptischer  Sitte 
und  Religion  erlag.  Ptolemaios  V.  Epiphanes,  205/4 — 181/0, 
mußte  die  Königskrönung  in  Memphis  nach  ägyptischer  Form 
über  sich  ergehen  lassen,  und  die  Inschrift  von  Rosette  ist  ein 
sprechender  Zeuge  dafür,  wie  mächtig  die  Ägypter  geworden  waren, 
zumal  wenn  man  sie  mit  der  Inschrift  von  Kanopos  vergleicht. 
Das  geschwächte  Reich  vermochte  dem  Angriffe  seiner  alten 
Feinde,  Makedoniens  und  der  Seleukiden,  nicht  die  Spitze  zu 
bieten  und  verlor  seine  Besitzungen  in  Thrakien  und  Kleinasien, 
sowie  einen  großen  Teil  von   Syrien.      Rom  griff  zwar  auf  den 


WIRREN   IM  2.  JAHRHUNDERT.  231 

Osten  hinüber  und  schlug  Philipp  von  Makedonien  197  bei  Kynos- 
kephalai,  den  Seleukiden  Antiochos  III.  190  bei  Magnesia,  stand 
aber  noch  nicht  fest  genug,  um  etwas  Entscheidendes  für  seinen 
Freund  in  Alexandreia  zu  tun.  Sein  Übergewicht  machte  sich  erst 
unter  der  nächsten  Regierung  geltend.  Die  dynastischen  W-'rren 
des  Ptolemäerhauses  müssen  hier  beiseite  bleiben:  zwei  Brüder 
regierten  lange  Zeit  gleichzeitig,  teilweise  gemeinsam  mit  ihren 
Gattinnen,  die  nun  eine  offizielle  Stellung  gewannen,  während  die 
großen  Frauen  des  3.  Jahrhunderts,  vor  allem  Arsinoe,  nur  durch  per- 
sönlichen Einfluß  geherrscht  hatten.  Die  Zeit  des  PtolemaiosVI. 
Philometor,  181/0 — 145,  seines  Bruders  Ptolemaios  VI II. 
Euergetes  11.,  170/69^ — 116,  und  der  Königinnen  Kleopatra  II. 
und  Kleopatra  III.  sah  im  Innern  eine  Kette  schwerer  Aufstände 
der  Ägypter  gegen  die  verhaßten  Griechen,  wozu  die  Familien- 
streitigkeiten des  Königshauses  erheblich  beitrugen;  in  dieser 
Zeit  errangen  die  Ägypter  im  Wesentlichen  die  Gleichberechtigung 
mit  den  Griechen  und  wußten  der  schwachen  Regierung  große 
Vorteile  zu  entwinden.  Infolge  der  Schwäche  des  Reiches  gingen 
die  letzten  Außenbesitzungen  auf  Kreta  und  im  ägäischen  Meere 
verloren;  nur  Kyrene  und  Kypros  blieben  noch  ptolemäisch. 
Ein  siegreicher  Feldzug  führte  den  Seleukiden  Antiochos  IV. 
nach  Memphis,  während  Alexandreia  sich  hielt;  aber  in  diesem 
Augenblicke  schritt  Rom  ein,  das  von  Philometor  durch  Getreide 
fürs  Heer  unterstützt,  soeben  den  Makedonen  Perseus  bei  Pydna 
besiegt  hatte,  168  a.C,  und  zwang  den  Feind  Ägyptens  zum  Rück- 
zuge. Die  Ptolemäer  waren  noch  einmal  gerettet,  nun  aber  ganz 
in  der  Hand  Roms,  das  auch  in  den  Zwist  der  Brüder  eingriff. 
Während  die  übrigen  Diadochenreiche  erlagen,  blieb  Ägypten, 
der  alte  Freund  des  Senats,  bestehen,  lebte  jedoch  nur  noch  von 
seiner  Gnade.  " 

Damals  vollzog  sich  die  entscheidende  Wendung,  die  Rom 
zur  Weltmacht  erhob.  Im  Jahre  146  wurde  Makedonien  zur 
Provinz  gemacht,  Griechenland  völlig  unterworfen,  Karthago 
zerstört;  Rhodos,  das  zuvor  als  Seemacht  etwas  bedeutet  hatte, 
mußte  seine  unsichere  Haltung  im  makedonischen  Kriege  büßen 
und  wurde  von  den  Römern  gedemütigt.  Die  Reste  des  Seleukiden- 
reiches  wurden  von  Aufständen,  wie  von  dem  der  Makkabäer, 
erschüttert,  und  Pergamon,  das  in  Vorderasien  groß  geworden 
war  und  römische  Gunst  genossen  hatte,  konnte  sich  nur  mühsam 
halten,  bis  es  133  a.C.  auch  römische  Provinz  wurde.   Zu  derselben 


232  ROMS  ÜBERMACHT   IM   1.  JAHRHUNDERT. 

Zeit  beendete  Rem  im  Wesentliclien  die  Unterwerfung  Spaniens, 
JVlacht  man  sich  diese  Weltlage  klar,  so  ergibt  sich  ohne  Weiteres, 
daß  das  Ptolemäerreich  nur  deshalb  noch  fortbestand,  weil  es 
dem  die  Mittelmeerländer  beherrschenden  Rom  noch  eine  Weile 
gefiel,  den  Freund,  der  sich  in  einen  Diener  verwandelt  hatte, 
am  Leben  zu  lassen.  Und  außer  dem  politischen  Übergewicht 
machte  sich  nun  auch  Roms  Handelsmacht  und  Geldmacht  geltend, 
die  nach  der  Vernichtung  der  Konkurrenz,  nach  Karthagos, 
Korinths  und  Rhodos  Falle,  freie  Hand  hatte.  Nach  dem  Tode 
Eueigetes  II.  regierten  in  den  Jahren  116 — 81/0  a.  C.  seine  Witwe 
Kleopatra  III.  und  ihre  Söhne,  Ptolemaios  X.  Soter  II. 
und  Ptolemaios  XI.  Alexander  I.  teils  allein,  teils  in  Samtherr- 
schaft zeitweilig  auch  in  den  einzigen  Außenbesitzungen,  die 
geblieben  waren,  in  Kyrene  und  Kypros.  Alles  andere  war  ver- 
loren gegangen,  auch  der  nördliche  Teil  Nubiens,  den  einst  Phila- 
delphos  erobert  hatte.  Obwohl  die  Ägypter  durch  den  Anmestie- 
erlaß  Euergetes  II.,  die  Folge  ihrer  Aufstände  und  des  Thron- 
zwistes, viel  erreicht  hatten,  hörten  die  Unruhen  noch  nicht  auf, 
und  im  Jahre  88  a.  C.  endete  ein  großer  Aufstand  Oberägyptens 
mit  der  völligen  Zerstörung  der  alten  Hauptstadt  Theben.  Aber 
dieser  Erfolg  der  Regierung  war  nur  Schein;  die  Herrenstellung 
der  Hellenen  war  dem  Ägyptertum  bereits  erlegen.  Daß  das 
Reich  äußerUch  weiterbestand,  verdankte  es  lediglich  der  großen 
Revolution,  die  seit  Tiberius  und  Caius  Grachus  die  römische 
Republik  erschütterte  und  ihre  äußere  Tätigkeit  lähmte.  Einen 
Augenblick  schien  es,  als  könne  der  Osten  das  römische  Joch 
abschütteln;  nachdem  aber  alle  Versuche  des  Mithradates  von 
Pontos  (87—64)  gescheitert  waren,  ging  jede  Hoffnung  verloren. 
Das  Ptolemäerreich  wurde  ein  Spielball  in  den  Händen  der  sich 
bekämpfenden  rönn'schen  Parteien;  seine  letzten  Könige  wie 
Ptolemaios  XIII.  Neos  Dionysos  oder  Auletes,  80—51  a.  C, 
und  die  z.  T.  energischen  Königinnen  vermochten  nicht  zu  hindern, 
daß  Rom  herrisch  in  Ägypten  selbst  auftrat.  Freilich  war  selbst 
damals  noch  das  Land  so  reich,  daß  die  letzte  Königin,  Kleo- 
patra VII.,  die  mit  ihren  Brüdern  und  ihrem  Sohne  in  mehrfachem 
Wechsel  von  51—30  a.  C.  regierte,  dem  Herrn  der  Welt  C.  Julius 
Caesar  mehr  als  den  Reiz  ihres  Körpers  bieten  konnte,  als  er 
auf  der  Verfolgung  des  Pompeius  48  a.  C.  nach  Ägypten  kam. 
Caesars  und  Kleopatras  Sohn  Caesarion  war  der  letzte,  der  als 
Ptolemaios  die  Krone  trug.  Nach  Cäsars  Tode  44  a.  C.  geriet  Ant®- 


LITERAIUR.     ZEITRECHNUNG         233 

nius  unter  den  Einfluß  der  Kleopatra,  und  noch  einmal  schien  die 
letzte  Ptolemäerin  durch  den  Gebieter  des  Ostens  Macht  zu 
gewinnen.  Aber  die  Niederlage  gegen  Octavian  bei  Aktion,  am 
2.  Sept.  31.  a.  C,  bereitete  der  Herrlichkeit  ein  Ende.  Octavian 
begab  sich  im  Jahre  30  nach  Ägypten  und  machte  es  zur  römischen 
Provinz. 

Literatur:  A.  Bouche-Lec'ercq,  Histoire  des  Lagides.  4  Bände.  Paris  1903—1007. 
J.  P.  Maliaffy,  The  Empire  of  tiie  Ptolemies.  London  1895.  J.  P.  .Mahaffy,  A 
History  of  Egypt  under  tiie  Pto'.emaic  Dynasty.  London  1899.  Straclc,  Die 
Dynastie  der  Ptolemäer.  Berlin  1897.  UA\'ilcken,  Grundziige,  Kapitel  1.  B.  Niete, 
Geschichte  der  griechischen  und  makedonischen  Staaten  J.  Beloch,  Griechische 
Geschichte  II L  J.  Beloch,  Die  auswärtigen  Besitzungen  der  PtolemSer.  .Arch. 
f.  Pap.  II  229ff.  Holkaux.  Decret  des  auxiiiaires  creteis,  .Arch.  f.  Pap.  VI 
9ff.  Fr.  Prcisijk?,  Die  Friedensku.idgebung  des  K' nigs  Fuergetes  IS. 
Arch.  f.  i^-no.  V  .^01  ff.  Zur  Chronologie  vergleiche  man  im  Besonderen: 
U.  Wilcken,  Grundzüge  p.  LIVff.  Grenfell  und  Hunt,  Hibeh  1  Appendix  i  The 
Macedonian  and  Egyptian  Calendars.  Appendix  II  'Ihe  Systems  of  dating  by 
the  years  of  the  king.  Smyly,  Hermathena  1905,  ]90r).  Die  .antiken  Quellen, 
besonders  die  Schriftsteller,  werden  bei  Mahaffy,  A  History  of  Egypt,  jedem 
Kapitel  vorangestellt.  Unter  ihnen  ist  an  erster  Stelle  Polybios  zu  nennen; 
ferner  der  Brief  des  Aristeas,  d^e  Makkabäerbücher,  Josephos  u.  a.  Sehr  v.ichtig 
sind  die  Inschriften  im  CIGr.  III,  die  bedeutsamsten  bei  Dittenberper  Or. 
Gr.  I  und  II.  Zahlreiche  neuere  Inschriiten,  namentlich  Inschrilten  von  Milet  III 
139.  Sodann  die  Münzen:  Svoronos,  tä  lo/uufw.Td  rov  youTovs  twi^  nro'/.euaUov. 
Die  Papyri  ergehen  ihrer  Natur  nach  für  die  nnlitische  Geschichte  wenig;  einige 
stehen  in  Wilckens  Chrestomathie.  Für  die  Regierungsjahre  der  Könige  sind  die 
Protokolle  der  Urkunden  eine  reiche  Quelle,  im  Zusammenhange  mit  der  Datierung 
nach  eponymen  Priestern;  vgl.  G.  Plaumann,  Hiereis  V  in  Pnuly-Wissowa. 
Grundlage-  man  datiert  nach  Regierungsjahren  des  Königs,  wobei  die  Zeit 
vom  Regierungsantritte  bis  zum  Beginn  des  Kalenderjahres  aN  Jahr  1  gezählt 
wird.  Daneben  rechnete  man  im  3.  jb.  a.  C.  nach  Finanzjahren  {wg  al  TTodioSoi), 
die  nicht  mit  demselben  Neujahrstaye  begannen  sondern  vielleicht  dem  äg. 
Wandeljahre  entsprachen.  Ptirlemaios  I.  setzte  als  König  die  Zählung  seiner 
Satrap.^njahre  fort.  Eine  ptolemäische  .Ära  gibt  es  nicht.  Allen  Fragen  der 
Ptolemäerchronologie  ist  das  oben  genannte  Werk  von  Strack  zugrunde  zu 
legen.  Das  ägyptische  Jahr  hat  365  Tage  und  besteht  aus  12  Monaten  zu  30  Tagen 
und  5  Ziisatztagen  (tnay6/itE7'ai);  ein  Versuch  im  Jahre  238  a.  C  (Inschrift 
von  Kanopos)  dieses  Wandeljahr  durch  einen  alle  4  Jahre  wiederkehrenden 
Schalttag  zu  fixieren,  blieb  erfolglos.  Neben  dem  äg.  Kalender  ist  der  make- 
donische im  Gebrauche,  und  zwar  mit  amtlichem  Charakter.  Etwa  Ende 
des  3.  Jh.  a.  C.  verdrängt  der  äg.  Kalender  den  makedonischen,  der  aber  noch 
häufig  hinzugefügt  wird;  die  Art,  ihn  mit  dem  ägyptischen  in  Einklang  zu 
bringen  hat  gewechselt.  Die  Namen  der  äg.  Monate  sind:  Thörh.  Phaöphi. 
Hathyr.  Choiäk.  Tybi.  Mechlr.  Phamenöth.  Pharmüthi.  Pachön.  Payni. 
Epiph.  Mesore.  5  Epagomenai;  die  Namen  der  maked.  Monate:  Dios.  Apellaios. 
Audnaios.  Peritios.  Dystros.  Xandikos.  Artemisios.  Daisios.  Panemos.  Leios. 
Gorpiaios      Hyperberetaios. 


234  EINZELNES. 


Einzelnes  aus  den  Papyri  zur  politischen  Geschichte. 

Ptolemaios  I.  als  Satrap    des  jungen  Königs  Alexander:   Mitteis    Chr.  283, 

311  a.  C:  '^A/.s^dvS^ov  rov  'Ale^ävS^ov  ßaailevoviog  er  et  kßSöfiaii  TlToXefiaiov 
oa-foanevovTOi     izsi     Teoaaoesxaidsy.nrcn     {vgl.     Seite     L'15).         PtolemaioS     Zählt 

seine   Königsjahre   weiter:    Mitteis  Chr.  311,  285/4  a.  C:  Baudsvovros  Uiols- 

iuaiov  Lfi  /ur;ydi  Fo^Tziaiov  s<f   /s(>etoe  Mtieldov  rov  Aaäyov  (Menelaos,.  der  Bruder 

des  Pt.,  ist  eponymer  Alexanderpriester).  Feldzug  des  Philadelphos  gegen 
Nubien:  Sachau,    Aram.  Pap.  und  Ostraka  Pap.  47,  Brief  über  einen  Überfall 

der  Äthiopen:    [Bajodel  n-tolsfJiaion    yaioEiv   I/eoTaTos.    Aorovf  .  .  ./    y.uTfßrjoav 

Ai,f-io7Tes  y.nfi  e]7To?uö()y.[r]oav . . .  USW.  Patroklos,  der  Admiral  des  Philadelphos 
im   chremonideischen   Kriege:   P.  Hibeh  I  99,  270/269  a.  C:  Baoilevotnos 

IlToke^iniov   tov  [Jjo).suni[oJv  Lis  tf    le^eios  nuToföJxlov  rov  JTdr^coi'og'A/.t^dv- 

dfjoL  aal  d-s&v'ASthfcöi'  firjvbs  Jnioiov  y..  (P.  war  also  damals  eponymer  Priester). 
Vgl  Or.  Gr. I  44.  45.  Der  Syrische  Krieg  Euergetes  I.:  Bericht  des  Königs: 
Wilcken  Chr.  1,  s.  S.  136.  Zur  Elefantenjagd  vgl.  Rostowzew,  Arch.  f.  Pap.  IV 
301ff.  Die  Besitzungen  in  Lykien,  Karlen,  Thrakien,  Lesbosum201 
a.  C. :  Wilcken,  Chr.  2;  es  handelt  sich  um  Steuern  und  Zölle,  formell  sind  es  Aus- 
züge aus  amtlichen  Schreiben,  Z.  B.  'A(/ooÖt.aUoi.  y^rmärtov  y.aX  oirov  xai  r&v 
aXkcov  (f6(o(ov)  %ä)v  vTia^^dir lo r  hv  roli  ■x.aroL  Aeaßov  nai  ß()diy.t]t'  rönois  Smaa(fi](oai), 
ti  utreiXr^fjef  yni  rov'Hoay.l.ürov  y.ni  rä>v  yQa(ii/iiarf(ot')  d7Toa(reTlru),  oncog  Sie^ay^d'fji. 

Kriegsgefahr  in  den  ersten  Jahren  des  Epiphanes  spiegelt  sich  in  einem  unveröff. 
Beri.   Pap.   11768,   wo  es  in  einem  Pachtverträge  über  einen  Soldaten-jc^^^joe 

heißt:    dyüSi'i'ov  [Trjdatjg  (pd'0(>äs  rzXijv  tzoIsuuop  xcolv/unrog ;  d,  h.    der    Kleruch 

muß  infolge  des  syrischen  Krieges  mit  seiner  Einberufung  rechnen.  Aufstände 
zur  Zeit  Philometors:  Wilcken  Chr.  9,  daiin  u.  a. :  öftoicos  y.al  KovSvlov  ivös  rü>v 

äliticor  noOsS/iin^rvosi  exaii'  rag  rov  itarQog  rov  Teaetovcpiog  ovvy^afdg  rfje  St]Iov- 
uevrje  oiy.ins  yal  „ev  ifii.  Ttö/.si  rjvayxdod'Tjv  vnb  rCov  Aiyvnricov  dnooraräiv  eveyxai 
ras  avry^afäg  y.nl  ravzag  aaraxavoai."     Zum  Aufstände   des  Jiovvaiog  6  xaloij- 

uaroi  ITeronaoän-ig  Vgl.  jetzt  auch  Spiegelberg,  Zschr.  f.  äg.  Sprache  50.  24ff. 
Aufstände  unter  Euergetes  II:  Wilcken  Chr.  10,  ein  Brief  131/0  a.  C.  über  einen 

Heereszug  gegen  Hermonthis:  TTOoeTZfTtrwy.ev  yäo  riaiöv  dvanXelv  iv  ribi  Ti'ßi 
u(ijil)  fisrä   SvrdfiEcov  )y.avöiv  Tioög   to   xaraorslani.  (sic)  roiig  ev  ^ EQf^icbvd'si.  öx^ovg, 

XQTioaod-cu  ä'aiiroig  fbg  aTtoordraig.  Der  König  im  Felde  127  a.  C,  Wilcken  Chr.  107 

Protokoll  einer  Urkunde:  BnatlsvovTog  nroleuaiov  S-eov  EvtQyerov  rov  riro- 
Äfiiniov  x(U  KleoTiäroag  &tü)v  ' Eni(f((.vcör  xai  äaoikioorjs  KXeojrdrQag  Tfjg  yvvambg 
d'E&i  Eie^yeriSog   srovs    r^irov    xal    rtaaa^anoarov    e<f    le^ecog    rov    ovrog    ev   rcöi 

rov.  ßaadecog  or^aTonsSoji  'Ale^dvS^ov  USW.      Lokale   Kämpfe    zwischen    Her- 
monthis und  Krokodilopolis  (in  der  Thebais)  123  a.  C.  Wilcken  Chr.  11.   Friedens 
amnestie  Euergetes  II  118  a.  C.    Tebt  I  5;    unter  anderem  wird  erlaubt,   die 
in  den  Bürgerkriegen  zerstörten  Häuser  wieder  autzubauen  x««  rä  leoä  äroi[yo]- 

bouelv  eu)[e  v]xi<o[vg  Tc(i]xij)t')  t,]  TtXrjv  rfojvj  tx  nav(o(i>)  n6X[e](og.     Man   wollte 

also  in  Panopolis,  augenscheinlich  einem  Herde  des  Aufstandes,  feste  Gebäude 
nicht  aufführen  lassen,  denn  ein  äg.  Tempel  konnte  als  Festung  dienen.  Besuch 
eines  römischen  Senators  im   Fajum  112  a.  C.  Wilcken  Chr.  3,  amtliches 

Schreiben,  darin:  Aevxios  Mefifuog  'Pcofialos  rö>v  dnb  avpxXrjrov  SV  /ui^ovi  d^ici)- 
/unrt  xa[l]  rtufji  xsifievog  rbv  ex  t^s  Ttößecog)  ävdTrlovv  ecog  rov  AQai(voirov) 
vo(fiov)  sTil  &so>oiav  Ttoiovfievoe  fieyaXon^sTiears^ov  eySey^'^vraii  xal  tpQÖvriaov, 
Mf   eTTi  rcöv  xu&rjxövTMV  röiiKV  ai  re  avXni  xaraaxevao[d']r]a[o]vrat-  USW.    HecrPS- 


AUGUSTUS.  235 


zug  gegen  die  aufständische  Thebais  88  a.  C,  Wilcken  Chr.  12,  Brief,  darin: 

7ie(>i    TOv    Tov    /nsyiOTOr    d'ebv    EanfiQa    ßaoiXta   ETTi.ßtßkr^yJiai   sh   Meu(fiv,  'leoay.a 
de    TTOoy.eysioiad'ni     usto.     Övräuecov    /hvoimv    etti    y.uTuaTOlrjv    rrjg    0r]ßaiSoi,      Der 

späteste  bisher  bekannte  Erlaß  der  Ptolemäer  bei  Lefebvre,  Le  dernier  decret 
des  Lagioe«!  (Melanies  Holleaux,  Paris  1913),    Klecpatra  VII.  unri  Caesarion: 

Bnai/.iooa  Ki.eoTcÜTou  &eä   (Pü.oTrdToo  yjü  ßaaikevi  Ifroi.suo.los  6  y.ai  KaToiio  ff'ebs 
^iXoTtdrcoQ   y.ai   <J>i}.oari'ttoo. 

Als  Provinz  des  Kaiserreiches,  von  Augiistus  bis  auf  die 
arabische  Eroberung,  erlebt  Ägypten  keine  eigene  politische 
Geschichte  mehr,  sondern  nimmt  nur  an  den  Schicksalen  des 
Reiches  teil.  Fast  darf  man  sagen,  die  Besuche  der  Kaiser  seien 
die  wesentlichsten  politischen  Ereignisse  im  Laufe  dieser  Jahr- 
hunderte. Daher  kann  ich  hier  nur  einige  Ereignisse  hervorheben, 
die  Ägypten  besonders  berührt  haben,  und  noch  schwerer  als  bei  der 
Darstellung  der  Ptolemäerzeit  ist  es,  die  innere  Entwicklung  bei- 
seite zu  lassen,  die  in  die  nächsten  Kapitel  gehört.  Der  folgende 
geschichtliche  Überblick  soll  nicht  viel  mehr  leisten,  als  dem  Leser 
einige  Namen  und  Zahlen  ins  Gedächtnis  zurückzurufen.  Kaiser 
Augustus,  30  a.  C.  bis  14  p.  C,  entzog  Ägypten  dem  Einflüsse  des 
Senats  und  gab  auch  unter  den  kaiserlichen  Provinzen  Ägypten 
eine  Sonderstellung.  In  seinem  Namen  regierte  ein  römischer 
Ritter  als  Statthalter  das  Land  mit  ausgedehnter  Gewalt;  nur 
einige  letzte  Entscheidungen  und  die  Besetzung  der  allerhöchsten 
Provinzialämter  behielt  der  Kaiser  sich  vor.  An  dieser  Ordnung 
ist  auch  weiterhin  nichts  geändert  worden.  Wenn  auch  die  Ägypter 
dem  Statthalter  mitunter  königliche  Ehren  erwiesen  haben,  so 
hielt  doch  Augustus  von  vornherein  darauf,  daß  sein  Vertreter 
nicht  zu  groß  wurde,  und  schritt  scharf  gegen  den  Übermut  des 
Cornelius  Gallus  ein.  Alexandreia  insbesondere  mußte  den  Ab- 
stand gegenüber  dem  früheren  königlichen  Hofhalte  lebhaft 
empfinden,  denn  der  neue  Herrscher  residierte  in  weiter  Ferne 
am  Tiber.  Freilich  erschien  er  an  den  ägyptischen  Tempelwänden 
als  Nachfolger  der  Ptolemäer  und  der  alten  Pharaonen,  und  im 
Bewußtsein  der  großen  Masse  mag  es  nur  ein  Wechsel  der  Dynastie 
gewesen  sein,  als  Ägypten  römische  Provinz  wurde.  Aber  der 
neue  König  war  unsichtbar  und  stand  zu  dem  Lande  etwa  so 
wie  einst  die  persischen  Großkönige.  Augustus  besetzte  Ägypten 
zunächst  mit  drei  Legionen,  einer  im  Verhältnisse  zu  anderen  Pro- 
vinzen sehr  starken  Kriegsmacht;  später  wurde  sie  vermindert, 
zeitweilig  sogar  bis  auf  eine  Legion.  Aber  alle  diese  Dinge 
gehören  eigentlich  schon  in  die  Darstellung  der  inneien  Landes- 


236  TIBERIUS    BIS  VESPASIAN. 

Verwaltung.      Oberägypten    mußte    erst   durch    den    Statthalter 
Cornelius  Gallus  unterworfen  werden,  und  das  im  Süden  mächtig 
gewordene   Äthiopenreich    machte   einen    Feldzug   des    Petronius 
notwendig,  bevor  seine  Königin,  die  den  hier  üblichen  Thronnamen 
Kandake   führte,    mit    den   Römern    Frieden   schloß.      Augustus 
begnügte  sich  aber  mit  der  Sicherung  Ägyptens  und  ging  nicht 
auf  Eroberungen  aus.     Mindestens  ebenso  wichtig  war  es,  daß 
er  die  östlichen  Seestraßen,    namentlich  das  Rote  Meer,  sicherte 
und    damit    dem    Handelsverkehre    wieder    erschloß. 
Schon    Tiberius,     14 — 37    p.   C,    verminderte    die    Besatzung 
Ägyptens  und  ließ  im  übrigen  dieser  Provinz  wie  allen  andere« 
den  Segen  seiner  strengen  und  gerechten  Verwaltung  zuteil  werden; 
als  der  Statthalter  Ägyptens  ihm  mehr  als  die  geforderten  .ab- 
gaben schickte,  gab  er  die  berühmte  Antwort,  seine  Schafe  sollten 
geschoren,  aber  nicht  rasiert  werden.   Fast  fünfzig  Jahre,  nachdem 
Augustus  als  Eroberer  in  Ägypten  eingedrungen  war,  betrat  wieder 
ein  Fürst  den  Boden  des  Landes:  im  Jahre  19.  p.  C.  bereiste  wider 
den  Willen  des  Tiberius  und  gegen  die  Vorschrift  des  Augustus, 
daß  kern  Senator  seinen  Fuß  dorthin  setzen  dürfe,  der  Kronprinz 
Germanicus    die    Provinz    und   zeigte   den    Untertanen   wieder 
einmal    den    Glanz    einer    Hofhaltung.'      Im   allgemeinen   erwies 
sich  die  kaisci liehe  Regierung  trotz  aller  Strenge  und  trotz  dem 
starken  wirtschaftlichen  Drucke,  den  sie  auf  Ägypten  ausübte,  als 
ein  Segen  gegenüber  dem  Verfall  un.l  der  Unordnung  des  letzten 
Ptolemäerjahrhunderts,  und  die  Einfügung  in  das  Weltreich  glich 
die  Lasten,  die  sie  ni't  s'ch  brachte,  durch  große  Vorteile  wieder 
aus.   Unruhen  scheinen  zwar  vorgekommen  zu  sein,  aber  die  Römer 
waren    damals   viel    zu    stark,   als   daß   es   den   Ägyptern   hätte 
gelingen  können,  ihre  Herrschaft  ernstlich  zu  gefährden.     Unter 
Caligula,  37^41,  brach  zuerst  der  alte  Gegensatz  der  Griechen 
und    der   Juden    Alexandrcias   in    hellen    Flammen   auf;    allein 
diese  erbitterten  und  blutigen  Kämpfe,  die  anderthalb  Jahrhunderte 
hindurch  immer  wieder  aufflackerten,  bedeuteten  für  Rom  und 
für  Ägyptens    Stellung   zum  Reiche   so  gut  wie  nichts.    Welche 
Bedeutung  aber  Ägypten  für  das  Reich  besaß,  trat  hell  ans  Licht, 
als  69  p.  C.  Vespasian  von  den  Legionen  in  Syrien  zum  Kaiser 
ausgerufen   wurde,   denn  sein   erster   Schritt  war,  sich  Ägyptens 
zu    bemächtigen.      Wer  Ägypten    hatte,    beherrschte    Rom,    wei 
die    Reichshauptstadt    ohne    die    regelmäßige    Zufuhr    des   ägyp- 
tischen   Getreides    nicht    leben  konnte.     Vespasians  Besuch  gab 


VHSPASIAN  BIS  SFA'ERUS.  237 

ebenso  der  kriechenden   Schmeichelei  der  ägyptisierten  Griechen 
Gelegenheit,   Wunderheilungen   von    des    Kaisers    Hand   zu   ver- 
herrlichen, wie  auch  der  unverwäistlichen  alexandrinischen  Spott- 
lust den  Anlaß  zu  boshaften  Bemerkungen  über  den  in  Geldsachen 
etwas  genauen  Herrn  der  Welt,  der  sich  freilich  durch  neue  Steuern 
empfindlich   zu   rächen   wußte.      Ein   Aufstand   der   zahlreichen 
und  mächtigen  Judenschaft  Ägyptens,  der  nach  der  Zerstörung 
Jerusalems    ausbrach,    wurde   niedergeworfen.      Die    Juden,    die 
früher  immer  mit  den  Römern  wie  zu  allen  Zeiten  mit  den  Herr- 
schenden auf  gutem  Fuße  gestanden  hatten,  konnten  die  grausame 
Vernichtung    ihrer    Heimat    nicht    vergessen    und    vergalten    sie 
durch  einen  lang  währenden  Haß.  Während  Kaiser  Trajan,  98 — 117, 
den  Krieg  gegen  die  Parther  führte,  brach  in  Ägypten,  Kyrene 
und  Kypros  ein  neuer  Judenaufstand  aus,  der  erst  nach  schweren 
Kämpfen  unter  Hadrian  im  Blute  erstickt  werden  konnte;  damals 
bauten  die  Römer  die  Festung  Babylon,  in  der  Gegend  des  heutigen 
Altkairo,  zu  ihrem  stärksten  Stützpunkte  aus.     Auch  die  letzte 
jüdische  Erhebung  in  Palästina,  132  p.  C,  scheint  nach  Ägypten 
hinüber  gegriffen  zu  haben. 

Hadrian,  117 — 138,  der  reisende  Kaiser,  schenkte  Ägypten  zwei- 
mal  die   Ehre   seines    Besuches   und   hinterließ  in  der  Gricchen- 
stadt   Antinoupolis,   die  er  seinem    Liebling  Antinoos   zu    Ehren 
gründete  und  nannte,   ein  bleibendes  Andenken.      Auch   Ka''ser 
Pius,  138 — 161  p.  C,  scheint  d'e  Provinz  besucht  und  einen  Auf- 
stand persönlich  besiegt  zu  haben.   Besonders  ernst  war  der  buko- 
lische   Aufstand   172  p.  C,  der  im  Delta  sich  unter  Führung 
eines  Priesters  erhob  un.d  allem  Anscheine  nach  weniger  von  den 
Griechen    als   von    den   eingeborenen   Ägyptern   ausging.      Aber 
diese  Erhebungen  und  die  häufigen   Straßenunruhen  in  Alexan- 
dreia  haben  weder  die  römische  Herrschaft  erschüttern  noch  die 
ruhige  Entwicklung  Ägyptens  antasten  können.    Das  Kaiserreich 
war  wirklich  durch  zwei  Jahrhunderte  der  Friede  und  sicherte  seinen 
Provinzen  und  seinen  X'ölkern  eine  so  lange  und  so  segensreiche 
Ruhe,  wie  sie  die  Mittelmeerländer  vorher  und  nachher  niemals 
genossen  haben.  Um  die  Wende  des  3.  Jh.  begannt  freilich  Ägyptcni 
etwas  von  seiner  Bedeutung  für  das  Reich  zu  verlieren,  da  es 
Rom  nicht  mehr  allein  mit  Getreide  versorgt,  sondern  die  Provinz 
Afrika  ebenfalls  Zufuhren,  bald  sogar  die  Melirzahl,  liefert.     Die 
Ursachen  seines  Niederganges  gehören  an  spätere  Stelle.    Kaiser 
Severus,  193 — 211  p.  C,  hat  es  wieder  besucht.    Verhängnisvoll 


238  CARACALLA  BIS  DIOKLETIAN. 

für  Alexandreia  wurde  Caracallas  (211 — 217  p.  C.)  Anwesenheit, 
denn  der  Kaiser  erstickte  einen  Aufstand  der  Stadt  geradezu 
in  ihrem  Blute.  Kurz  zuvor  hatte  auch  Ägypten  an  dem  Geschenke 
des  römischen  Bürgerrechts  durch  die  Constitutio  Antonina 
212  p.  C.  Anteil  erhalten,  vielleicht  sogar  in  besonders  reichem 
Maße,  da  die  Kaiser  b's  dahin  gerade  hier  mit  dem  Bürgeir  chte 
sehr  sparsam  umgegangen  waren.  Es  versteht  sich  von  selbst, 
daß  der  allgemeine  Niedergang  des  Reiches  im  3.  Jh.  auch  Ägypten 
berührte.  Die  wirtschaftlichen  Folgen  haben  wir  später  zu  be- 
trachten; politisch  wurde  es  in  die  Kämpfe  mit  den  Palmyrenern 
hineingezogen,  und  Zenobia  und  Vaballathus  wurden  erst  270 
p.  C.  in  schweren  Kämpfen  aus  Alexandreia  vertrieben,  während 
gleichzeitig  und  wohl  nicht  ohne  Zusammenhang  die  Blemyer, 
ein  wilder  Stamm  aus  der  Wüste  südlich  des  ersten  Katarakts, 
Oberägyplen  heimsuchten  und  Jahre  lang  beherrschten.  Erst  Probus, 
276^282  p.  C,  vermochte  sie  wieder  zu  verjagen. 
Diokletians  Regierung,  284 — 305  p.  C,  die  das  ganze  Reich 
umgestaltete,  brachte  gerade  für  Ägypten  weniger  Neues  als 
für  die  meisten  anderen  Provinzen.  Denn  die  absolute  Monarchie, 
die  Diokletian  auf  den  Trümmern  des  Prinzipats  aufbaute,  hatte 
in  Ägypten  immer  bestanden;  Selbstverwaltung  oder  gar  Einfluß 
auf  die  Reichsregierung  war  den  Bewohnern  Ägyptens  niemals 
eingeräumt  worden.  Immerhin  verlor  es  seinen  Pharao,  sein 
besonderes  Verhältnis  zum  ,, Fürsten  der  Fürsten".  Auch  die 
Teilung  des  Reiches  in  Diözesen  wird  sich  kaum  fühlbar  gemacht 
haben,  eher  mußten  die  Bew^ohner  es  merken,  daß  Ägypten  selbst 
in  drei  selbständige  Provinzen  gegliedert  wurde  gemäß  dem  Be- 
streben des  Kaisers,  die  Provinzen  zu  verkleinern.  Wenn  es  jetzt 
seine  von  Augustus  begründete  Sonderstellung  verlor,  so  glich 
es  sich  den  übrigen  Provinzen  an,  die  im  Wesentlichen  auf  die 
ägyptische  Stufe  hinabgedrückt  wurden.  Auch  Diokletian  war 
in  Ägypten  und  hatte  persönlich  einen  Aufstand  in  Alexandreia 
niederzuschlagen.  Den  Kampf  mit  den  Blemyern  beendete  er 
durch  Verzicht  auf  die  Dodekaschoinos,  den  Grenzstrich  südlich 
von  Philae,  und  durch  ein  friedliches  Abkommen  mit  dem  kriege- 
rischen Barbarenvolke,  das  nunmehr  eine  Art  von  Grenzwache 
vorstellen  sollte. 

Was  viel  mehr  als  alle  Verwaltungsmaßnahmen  Ägyptens  Sonder- 
stellung minderte  und  das  Land  in  die  großen  Ereignisse  der  Reichs- 
geschichte hineinzog,  war  das  internationale  Christentum.    Der 


CONSTANTINUS   BIS  JUSTINMAN.  239 

Kirchenstreit,  der  unter  Constantinus,  313 — 337  p.  C,  sich  an 
die  Namen  der  Alexandriner  Areios  und  Athanasios  knüpfte,  be- 
rührte Ägypten  unmittelbar,  und  seine  kirchlichen  Kämpfe  waren 
auch  die  der  ganzen  Osthälfte  des  Reiches.  Der  neue  Mittelpunkt 
Byzanz,  das  konstantinische  Neurom,  nahm  nicht  nur  anstelle 
der  Tiberstadt  die  ägyptischen  Getreideflotten  in  Anspruch, 
sondern  wirkte  näher  und  stärker,  gehörte  es  doch  demselben 
östlichen,  griechisch-orientalischen  Kulturkreise  an.  Nur  so  ist 
es  erklärlich,  daß  zu  der  Zeit,  wo  das  Kaisertum  sich  in  den  grie- 
chischen Osten  begibt,  der  lateinische  Einfluß  in  Ägypten  merklich 
zunimmt.  Hatte  das  Christentum  tatsächlich  schon  gesiegt, 
so  daß  auch  Julianus,  361—363  p.  C,  nichts  dagegen  ausrichten 
konnte,  so  setzte  doch  erst  Theodosius  1.,  379 — 395  p.  C;  es  mit 
Gewalt  gegen  die  Reste  des  Heidentums  durch.  Unter  ihm  wurden 
zum  letzten  Male  die  olympischen  Spiele  gefeiert.  Die  endgültige 
Teilung  des  Reiches  unter  seine  Nachfolger  Arkadius  und  Honorius 
brachte  für  Ägypten  nichts  Neues.  Daß  die  ägpytische  Garnison 
durch  Goten  verstärkt  wurde,  die  sich  nach  dem  Siege  bei  Adri- 
anopel 378  p.  C.  feste  Sitze  auf  der  Balkanhalbinsel  und  die  An- 
erkennung ihres  Besitzes  durch  das  Reich  errungen  hatten,  ist  uns 
nur  beachtenswert,  weil  ein  Papyrusfund  von  diesem  Eindringen 
germanischer  Söldner  ins  Niltal  zeugt.  Im  5.  Jh.  sanken  das 
Ansehen  und  die  Macht  der  Reichsregierung  mehr  und  mehr; 
die  alexandrinischen  Patriarchen  vereinigten  mit  ihrer  kirch- 
lichen eine  weitreichende  weltliche  Macht,  die  sich  freilich  mehr 
in  Gewalttaten  gegen  die  griechische  Bildung  als  in  der  Abwehr 
der  Blemyer  betätigte.  Gerade  in  dieser  Zeit  überfluteten  die 
Blemyer  von  Neuem  das  Land,  und  noch  einmal  gelang  es  den 
Römern  zu  siegen.  Eine  gewisse  Beruhigung  der  Welt  konnte 
erst  eintreten,  nachdem  die  Hunnengefahr  überwunden  war 
und  der  Ostgote  Theoderich  in  Westrom  Ordnung  geschaffen 
hatte.  Mit  neu  gesammelter  Kraft  suchte  das  Ostreich  unter 
Justinian  I.,  527 — 565  p.  C,  wieder  einzubringen,  was  verloren 
war,  die  Sassaniden  zurückzuschlagen  und  den  Vandalen,  ja 
sogar  den  Ostgoten  zu  entreißen,  was  sie  erobert  hatten.  Hand 
in  Hand  mit  der  äußeren  Kräftigung  des  Reiches  ging  eine  durch- 
greifende Änderung  im  Innern;  aber  auch  die  neugeordnete  Ver- 
waltung, die  wir  aus  Justinians  Edikten  und  aus  den  Papyri  kennen 
lernen,  konnte  die  Übermacht  der  im  vorhergehenden  Jahrhundert 
groß  gewordenen  Beamtenbarone  nicht  brechen  und  den  Blemyer- 


240  LITERATUR.     ZEH  RECHNUNG. 

einfallen  kein  Ende  bereiten.  Das  Reich  war  nacli  anderen  Seiten 
hin  zu  stark  beschäftigt.  Unter  Justinians  Nachfolgern  verlor 
die  Regierung  vollends  die  Zügel  aus  der  Hand,  und  das  Reich 
wurde  nach  außen  wehrlos.  Die  siegreich  vordringenden  Sas- 
saniden  eroberten  auch  Ägypten  und  beherrschten  es  etwa 
zehn  Jahre,  von  619—629  p.  C.  Endlich  machten  die  Araber 
dem  byzantinischen  Scheine  ein  Ende,  als  sie  639  ins  Delta  ein- 
marschierten. Freilich  leisteten  die  kaiserlichen  Truppen  noch 
hartnäckigen  Widerstand,  aber  ein  Teil  der  Ägypter  selbst,  der 
kirchlich  von  der  Reichsorthodoxie  abwich,  ergriff  die  Partei 
des  Eroberers,  und  641  p,  C.  fiel  Alexandreia.  Ägypten  wurde 
Provinz  des  Kalifats,  und  etwa  in  der  Gegend  der  alten  Festung 
Babylon    entstand    die    neue    Hauptstadt    Fostat,   später    Kairo. 

Literatur:  Milne,  A  History  of  Egypt  iindcr  Roman  Ru'.e.  London  1898.  Liebe- 
nam,  Fasli  Consulares  (Lietzmann,  Kl.  Texte  41—43.  Bonn  1909).  Momm- 
sen,  Römische  Geschichte  V.  Außerdem  die  Darstellungen  der  Geschichte  des 
Römischen  Reiches,  z.  B.  Schüler,  Gesch.  d.  röm.  Kaiserzeit;  v.  Domaszewski, 
Gesell,  d.  röm.  Kaiser.  Wilcken,  Grundzii_<;8,  Kapitell.  Inschriften  und  Papyri 
er{:;eben  fiir  die  politische  Geschichte  der  Kaiserzeit  noch  weniger  als  für  die 
ptoiemäische  Zeit;  daher  sind  wir  so  gut  wie  ganz  auf  die  Schriftste'.'er  ange- 
wiesen, unter  denen  Strabo,  Cossius  Dio,  Philo  besonders  hervorgehoben  werden 
miigen.  Chronologie:  Wilcken,  Grundüüge  LVIlIff.:  Aueustns  fixierte  das 
äg.  Wandcljahr,  indem  er  alle  vier  Jahre  einen  Sci^alttai;  einführte.  Von  nun  an 
fallt  der  1.  Thoth  ständig  auf  den  29.  August,  im  Schc':ltjahre  auf  den  .30.  August. 
Man  datiert  Vv'ie  in  ptcilemäischer  Zeit  nach  Regicrungsjahren,  v/obei  der  Rest 
des  Jahres  bis  znin  1.  Thoth  als  Jahr  1  r,ezählt  wird.  Nachc  eni  Diokletian 
Ägyptens  Sonderstellung  aufgehoben  hatte,  trat  auch  hier  die  Reichsdatie- 
rung  nacli  Konsuln  an  Stelle  der  Königsjahre,  die  unter  Diokletian  selbst 
noch  fortgczählt  wurden.  Erst  Justiuian  ließ  .ö37  p.  C.  das  Kaiserjahr 
wieder  vor  das  Konsuldatum  setzen,  aber  nun  das  IvCgierungsjahr,  vom 
Tage  des  Regierungsantrittes  an  gezählt.  Eine  Ära  von  der  Eroberung  Alexan- 
drcias  an  (Kaioaoos  y.odjr,aii)  einzuführen  versuclite  Augustus  ohne  nach- 
haltigen Erfolg.  Später  fand  die  sog.  diokletianische  Ära,  die  von  284  an  die 
Jahre  des  letzten  Königs  von  Ägypten  weiter  zählte,  mehr  Verbreitung,  nament- 
jich  in  arabischer  Zeit;  die  Christen  nannten  sie  gern  die  Märtyrerära.  Die  sieben 
Staütären  von  Oxyrhynchos,  die  einzi.gen,  die  man  bisher  aus  Ägypten  kennt, 
sind  sämtlich  im  4.  Jh.  entstanden,  vermutlich  im  Ansehhsse  an  örtliche  Er 
eignisse.  Man  hat  also  damals  in  wenigen  Jahrzehnten  immer  neue  Anläufe 
genommen,  um  zu  einer  besseren  Art  der  Datierung  zu  gelangen  (vgl.  Oxy. 
XII  1431).  Der  fünfzehnjährige  In-jiktionszyklus,  dem  wir  seit  Diokletian  be- 
gegnen, ergibt  für  absolute  Datierung  nichts;  seine  Bedeutung  liegt  auf  dem 
Gebiete  der  Stcucrordnung.  Die  Araber  endlich  zählten  ihre  Mcndjahrt  von 
Mohammeds  Flucht  an,  622  p.  C,  ohne  das  uralte  Sonnenjahr  der  Ägypter  zu 
beseitigen.  Die  Monate  haben  in  der  Kaiserzeit  öfters  Ehrennamen  nach  Namen 
oder  Ehrenbezeichnungen  der  Kaiser  erhalten;  Blumenthai,  Arch.  f.  Pap.V317ff. 


EINZELNES.  241 


\m  fixierten  Jahre  entsprechen  sie  berechenbaren  Daten  unseres  Zeitrechnungs- 
systems,, so  daß  wir  Tagesdaten  ermitteln  können.  Es  ist,  abgesehen  von 
der  Verschiebung  im  Schaltjahre,  der  1.  Thoth  =  29.  August,  1.  Phaöph 
=  28.  September,  1.  Hathyr  =  28.  Oktober,  1.  Choiäk  =  27.  November  1.  Tybi 
=  .27.  Dezember,  1.  Mechir  =  26.  Januar,  1.  Phamenöth  =  25.  Februar,  1.  Phar- 
müthi  =  27.  März,  1.  Pachön  =  26.  April,  1.  Payni  ^  26.  Mai,  1.  Epiph 
=  25.  Juni,  1.  Mesore  ^  25.  Juli,  1.  Epag.  =  24.  August. 
Einiges  zur  politischen  Geschichte  aus  den  Papyri:  Besuch  des  üermanicus 
in  Ägypten:  v.  Wilamowitz-Zucker,  Zwei  Edikte  des  Germanicus  auf  einem 
Papyrus  des  Berliner  Museums.  S.  B.  Berl.  Ak.  1911,  794ff.  Textprobe 
Seite  215.  Der  Papyrus  ist  einer  der  wenigen,  die  inhaltlich  über  Ägypten 
hinausgreifen,  denn  er  beleuchtet  in  der  Hauptsache  das  Verhältnis  des  Ger- 
manicus zu  Tiberius,  das  bisher  nur  in  der  Schilderung  des  Tacitus  bekannt 
war.  FürÄ£.ypten  ist  wichtig,  daß  üermanicus  alle,  die  wegen  der  ihm  zustehen- 
den Requisitionen  sich  beschweren  wollen,  an  seinen  Freund  und  Sekretär 
Baebius  verweist,  also  die  regelmäßige  Obrigkeit,  den  Präfekten,  auszuscha.ten 
scheint.  Zum  Verhältnis  der  Hellenen  und  Juden  vgl.  die  Alexandrinischen 
Märtyrerakten  diemit  Proben  in  Kap.Sbesprochen  worden  sind;  zum  jüdischen 
Aufstande  unter  Trajan  die  Gießener  Papyri  (Giss),  besonders  Wiicken 
Chr.  15—18.  Noch  2(i2  p.  C.  feierte  man  in  Oxyrhynchos  die  Erinnerung  an 
den  Sieg  über  die  Juden,  Wiicken  Chr.  153:  7i(/[6seJoT[i]  Ss  avToi=  (den  Oxyrhyn- 

Chiten)  y.ul  /)  nod^  ^Pcoaaiovi  tvi'[ot]d  ze  y.al  Ttiaris  xal  (pi).ia,  fji>  hsSei^avro 
y.alll   y.atä.    TÖr  -TOÖ3  Elocöaiovi   nö/.suov  av ft ua/j]ouyT ei  y.al  tri  y.rü  vvi'  rf^v  Tiör 

eTiivtixiütv  fjusttat'  iy.äuTov  ezois  TcavrjvoitovxEs-  Zu  Hadrians  Reisen  nach 
Ägypten  vgl.  die  thebanischen  Inschriften,  Lepsius  Denkmäler  VI.  Über  Anti- 
noupolis  im  nächsten  Kapitel.  Zum  bukolischen  Aufstande  vgl.  Hamburg 
39,  eine  Papyrusrolle  mit  Soldquittungen  von  Reitern  der  ala  Veterana  Gallica. 
179  p.  C,  worin  zahlreiche  Abkommandierungen  in  die  Bukolia  vorkommen; 
ferner  Wiicken  Chr.  21.  DieConstituti  0  Antonina  Mitteis  Chr.  377.  Caracalla 
in  Alexandreia,  Wiicken  Chr.  22,  ein  Erlaß  des  Kaisers  über  die  Austreibung  der 
Ägypter  aus  der  Stadt    Herrschaft  der  Palmyrener  in  Ägypten:  Wiicken  Chr.  5: 

Lß  xov  y.vQiov  7]uä}[v  Avjoi-liuvov  —aßfaJoTOv  y.al  k  L  zov  y.voiov  fjuäff  üan- 
zifiiov      Ovaßal.l.äd'ov     Ad'iii'oSiOQOv     rov     XauTiQordxov     ßaoi).eo)£     Airoy.oäxoooi 

oTQaxr,yov'P(ouui6}v.  Ferner  Or.  Gr.  I  129:  Erneuerung  einer  ptolemäischen 
Asylie  für  eine  Synagoge  durch  Zenobia  und  Vaballathos.  Von  der  An- 
wesenheit Gotischer  Soldaten  in  Ägypten  zeugt  jetzt  auch  ein  kleines  Bruch- 
stück einer  gotisch-lateinischen  Bibel:  Glaue-Helm,  Das  gotisch-lateinische 
Bibelfragment  der  Univ.-Bibl.  zu  Gießen  (Zeitschrift  für  neutestamentliche 
Wissenschaft  1910.  XI.  Jahrgang)  Für  die  Einfälle  der  Blemyer  gibt  es 
ziemlich  zahlreiche  Belege,  z.  B.  Wiicken  Chr.  6:  Bittschrift  des  Bischofs 
Appion  von  Svene  an  Theodosius  und  Valentinian,  später  die  Aphrodito-Papyri 
des  ü.  Jh.  (P.  Cairo  Byz.);  dazu  die  epischen  Gedichte  über  siegreiche  Kämpfe 
gegen  die  Blemyer.  z.  B.  Berliner  Klassikertexte  V  1,  homerischer  Stil,  aber  die 

Blemyer   werden    genannt    y.al    yjäo    Örj    BUfivcai^    7ivy.ival    y.).ove[ovxo    (päXayyes, 

ebenso  der  siegende  Feldherr  Germanos,  während  sonst  die  Kämpfer  epische 
Namen  tragen  (vgl.  Seite  147).  Die  Zeit  der  Sassanidenherrschaft  hat 
zahlreiche  Pehlevi-Papyri  hinterlassen  (spätaramäische  Kursive,  aber  persische 
Sprache).    Aus  der  arabische  n  Zeit  ist  eines  der  wichtigsten  Stücke  der  Er- 

Schabart  .  Papyroakunde.  ] ß 


242  GEOGRAPHISCHES. 


laß  des  Statthalters  Qorra,  der  Matrosen  für  den  Feldzug    zov    AfU(j(a)?.(uov 

jiipiv)    ti'   'A(f[Qi]y.[Ti    ov(v)  "A]3SeXl[a    vl(cö)]    M[o]va[ti]    vi(ov)   No[a]ae)Q  VOH 

Antinoupolis  stellen    läßt;    H.  I.  Bell,  Arch.  f.  Pap.  V  189,  vgl.  Becker  in  der 
Zeitschrift  f.  Assyriologie  22,  150. 

Wer   die  Geschichte    und   die  pohtische    Lage  Ägyptens  richtig 
beurteilen  will,  bedarf  einer  Vorstellung  von  der  geographischen 
Eigenart  des  Landes.     Dem  Mittelmeere  kehrt  es  eine  hafenarme 
Flachküste  zu;  nur  Alexandreia  bot  zwei  große  Häfen,  und  auch 
diese  nicht  ohne  Kunstbauten.    Nach  Osten  schützt  und  grenzt 
gegen  Syrien   die  Wüste.     Eine   breite    Landfläche   bietet  alleiiii 
das  Delta,  dessen  Bedeutung  viel  größer  war,  als  die  Papyri  er- 
kennen lassen.    Weiter  aufwärts  aber  ist  Ägypten  nichts  als  ein 
schmales  Stromtal  von  wechselnder  Breite,  das  sich  nach  Süden 
zu  allmählich  verengt;   von  Theben  an  tritt  die  Wüste  dem  Nil 
immer  näher,    und  südlich  von  Edfu  läßt  sie  für  Fruchtland  so 
gut  wie  keinen  Raum  mehr.    Dies  langgestreckte,  schmale  Gebiet 
zu  behaupten  war  nur  möglich,  weil  der  Nil  eine  große  Verkehrs- 
straße   gewährte.     Die  Wüste   auf   beiden   Seiten   stand   nur   in 
ihren  Randgebieten  unter  der  Macht  des  Staates;  jedoch  sicherte 
er    die  Wüstenstraßen,    nach  Osten   zu   den  Handelsplätzen   am 
Roten  Meere,  nach  Westen  zu  den  Oasen,  die  zum  Reichsgebiete 
gehörten;   die   nächste,   unmittelbar   benachbarte  ist  das  Fajum. 
Nubien  kann  nur  zeitweilig  als  sicherer  Besitz  des  Staates  gelten. 
Der  Umfang  Ägyptens  war  und   ist  groß,  wenn  man  diese  Vor- 
posten im  Osten,  Süden  und  Westen  hinein  zieht;  die  bewohnte, 
wirklich  vom   Staate  verwaltete  und  beherrschte  Fläche  ist  da- 
gegen im  Verhältnis  zur  Bevölkerung  außerordentlich  klein. 
Für  die  Geographie:  Strabon,   17.  Buch.     Bädeker,  Ägypten,   dessen  Karten 
besonders  wichtig   sind.     Papyri  aus  Alexandreia:    BGU   IV  u.  a.     Aus  dem 
Delta:  die  verkohlten  Stücke  aus  Thmuis,  vgl.  Ryl.  II;  Inschriften  z.  B.  Canop. 
O.  G.  I  56.    Rosett.  O.  Q.  I  90.    Aus  der  großen  Oase  (El  Chargeh)  z.  B.  In- 
schrift   des  Tib.  Jul.  Alex.  O.  G.   I!    669.  702;    Papyri   P.  Grenfell  II.     Ost- 
küste:  Inschr.  von  Adulis  O.  G.  I  54.  199.   Pap.:  Hamburg  7.   Vgl.  Rostowzew, 
Arch.  f.  Pap.  IV  298ff.      Wüstenstraßen:    O.  G.  II  674.  678.  701.      Nubien: 
Inschr.  von  Kertasse:  Zucker,  Von  Debod  bis  Kalabsche,  Cairo  1912.   O.  G.  I  201 
(vgl.  Wilcken,  Arch.  f.  P.  I  411  ff.).   Neuerdings  späte  nubische  Urkunden  auf 
Leder.     Wilcken  Chr.  73.     lai  allg.  vgl.  Sethe,  Ä.  Z.  41,  58.     Diese    Beispiele 
mögen  als  erster  Hinweis  genügen. 


XIII.  VERFASSUNG  UND  VERWALTUNG. 

Das  Königreich  des  Ptolemaiös  Soter  und  seiner  Nachfolger 
ist  wie  die  übrigen  Reiche,  die  aus  dem  Erbe  Alexanders 
hervorgegangen  sind,  eine  absolute  Monarchie;  das  Reichs- 
gebiet als  Ganzes  besitzt  keinerlei  Vertretung,  die  der  Gewalt 
des  Königs  Schranken  ziehen  könnte.  Dem  unterworfenen  Volke 
irgendwelchen  Einfluß  einzuräumen,  lag  zwar  im  Gesichtskreise 
Alexanders,  aber  nicht  in  dem  seiner  Diadochen;  wenn  später 
die  Ägypter  eine  erhebliche  Berücksichtigung  durchgesetzt  haben, 
so  war  damit  kein  Wechsel  der  staatsrechtlichen  Anschauung 
verbunden.  Die  Ptolemäer  haben  aber  auch  dem  Gedanken, 
daß  das  Herrenvolk  die  Gewalt  über  die  Unterworfenen  auszu- 
üben berufen  sei,  keinen  Raum  gegeben  und  ihren  Lands- 
leuten, den  Makedonen  oder  im  weiteren  Sinne  den  Griechen, 
keinen  staatsrechtlichen  Einfluß  auf  die  Verwaltung  des  Reiches 
zugestanden.  Dadurch  unterscheidet  sich  ihre  Monarchie  und 
ebenso  die  der  Seleukiden  scharf  vom  römischen  Kaisertume 
der  ersten  Jahrhunderte,  dem  mit  dem  Senate  zusammen 
regierenden  Prinzipate.  Daß  weder  eine  der  verschiedenen 
griechischen  Staatsformen  noch  das  makedonische  Königtum, 
sondern  die  Despotie  asiatischer  Königreiche  das  Vorbild  der 
Verfassung  wurde,  ist  für  ein  makedonisch-griechisches  Staats- 
wesen keineswegs  selbstverständlich.  Wenn  es  gelang,  sie 
auf  ein  Reich  zu  übertragen,  das  zwar  in  seiner  Masse  aus 
Ägyptern  bestand,  aber  doch  eine  starke  griechische  Bevölkerung 
und  namentlich  außerhalb  Ägyptens  auch  autonome  griechische 
Städte  sowie  den  selbstbewußten  makedonischen  Waffenadel 
umfaßte,  so  darf  man  die  Ursache  vornehmlich  in  Alexanders 
Person  und  in  seinen  Eroberungen  erblicken,  die  jene  Grundlagen 
aufs  stärkste  erschüttert  und  völlig  neue  Aufgaben  gestellt  hatten. 
Staatsrechtlich  steht  der  Ptolemäer  allen  Bewohnern  seines 
Reiches  als  unbeschränkter  Herr  gegenüber ;  da  erst  unter  Alexander 
und  unter  den  folgenden  Regierungen  Griechen  zu  Tausenden 
nach  Ägypten  strömten,  konnte  er  von  vornherein  darauf  halten,, 

16* 


244  ABSOLUTISMUS  UND  AUTONOMIE. 

städtische  Autonomie  niclit  mächtig  werden  zu  lassen,  während 
der  Seleukide  weite  Gebiete  semes  Reiches  schon  von  griechischen 
Gemeinwesen  durchsetzt  fand  und  sich  damit  abfinden  mußte. 
Trotzdem   haben   auch   die    Ptolemäer,    d'e   sich   als  Makedonen 
fühlten  und   als   Hellenen   gelten   wollten,   ihre  absolute   Gewalt 
zugunsten  ihrer  makedonischen  und  griechischen  Reichsbewohner 
eingeschränkt,  weil  diese  von  Hause  aus  nicht  gewohnt  waren, 
Untertanen  in   demselben   Sinne  wie  die  Ägypter  zu  sein,   und 
sich  überdies  als  Gründer  des  Reiches  betrachten  durften;  aber 
es   sind    Einschränkungen,    die   nur   gewisse  Teile   oder   Körper- 
schaften  der   Bevölkerung,   niemals  das   Ganze  des   Reiches  be- 
treff n.  Der  Einflußdermakedonischen  Heeresversammlung, 
den  wii   nur  bei  den  Thronwirren  nach  Philopators  Tode  kennen 
lernen,  als  sie  den  jungen  Epiphanes  zum  Könige  ausrief,  reichte 
vielleicht  weiter  und  wurde  von  den  Königen  staatsrechtlich  mehr 
anerkannt,  als  wir  bis  jetzt  sehen  können;  die  gesamte  Stellung 
der  Makedonen  im  3.  Jh.  a.  C.  spricht  dafür. 
Deutlicher   heben    sich    die    autonomen     Gemeinwesen    des 
Reiches,    die   griechischen    n-ohig,    heraus.      Lassen   wir  die  Be- 
sitzungen auf  den  griechischen   Inseln  und  an  der  Küste  Klein- 
asiens   beiseite,    wo  die    Ptolemäer  die    bestehenden    autonomen 
Gemeinden    zwar    ihrer    Macht    beraubt,     aber    staatsrechtlich 
nicht    angetastet    haben,    so    gab    es    in    Ägypten    selbst    drei 
griechische   Städte,   die   eine   Sonderstellung  dem  Könige  gegen- 
über  einnahmen.     Vom   alten    Naukratis,    das   im   7.  Jh.  a.  C. 
Milesier  gegründet  hatten,  wissen  wir,  daß  es  seine  Autonomie 
bis  weit  in  die  Kaiserzeit  bewahrt  hat;  viel  mehr  als  die  Tatsache 
ist  nicht  bekannt,  da  es  schon  unter  den  ersten  Ptolemäern  keine 
erhebliche   Bedeutung  mehr  hatte.     Alexandreia,   die  Reichs- 
hauptstadt,  überflügelte  es  weit.     Alexandreias  staatsrechtliche 
Stellung   ist    merkwürdigerweise    noch    immer    eine  Frage.     Die 
Überlieferung  des  Altertums  gibt  keine  klare  Auskunft  darüber,- 
ob  die  Stadt  das  eigentliche  Merkmal  der  Autonomie,  den  selb- 
ständig  beschließenden  Rat,    die  ßovh],  niemals  besaß  oder  eist 
durch  Augustus  verlor.     Die  zahlreichen  Einzelheiten,  die  bisher 
bekannt  geworden  sind,  bringen,  für  sich  betrachtet,  keine  Ent- 
scheidung.     Von  vornherein   müssen   wir  von   der   Gesamtstadt 
die  Bürgergemeinde  trennen.     Diese  wai   in  Phylen  und  Demen 
gegliedert;    indem    der   Bürger   semem    Namen    den    des    Demos 
hinzufügte,  drückte  er  seine  Herkunft  und  seine  staatsrechtliche 


ALEXANDREIA.  245 


Stellung  aus.  Die  Namen  der  Demen  hat  man  teils  der  grie- 
chischen Sage,  teils  den  Beziehungen  zum  griechischen  Muttcr- 
lande.  teils  dem  Königshause  entnommen.  Die  Bürger  bilden  in 
ihrer  Gesamtheit  als  WuiavÖQtl^  die  geschlossene  Bürgergemeinde 
gegenüber  den  sonstigen  Bewohnern  der  Stadt.  D-ese  Gemeinde 
hat  ihr  eigenes  alexandrinisches  Privatrecht,  ihre  eigenen  Ge- 
richte, ihre  eigenen  Beamten  und  ihren  eigenen  Kult  des  Stadt- 
gründers Alexandros;  sie  besitzt  ihr  eigenes  Landgebiet,  d-e  \fu%av- 
ö^ivn'  -/d)qci,  deren  Name  und  deren  Vorrechte  deutlich  machen, 
daß  sie  von  Hause  aus  nicht  der  Stadt  Alexandreia,  sondern 
der  Bürgergemeinde  der  Alexandriner  gehört.  Ist  es  auch  auf- 
fällig, daß  keine  Quelle  uns  die  ,j'oi7.j;  von  Alexandreia  oder 
in  irgendeiner  anderen  Gestalt  die  Autonomie  bezeugt,  dalj 
kein  sicheres  iPt/ftanc.  der  Alexandriner  bis  zur  Stunde  entdeckt 
worden  ist,  so  darf  man  doch  die  Gesamtheit  dessen,  was  wir 
wissen,  mit  Wahrscheinlichkeit  zugunsten  der  Autonomie  deuten, 
zumal  seitdem  wir  gelernt  haben,  daß  die  Bürgerschaft  ihre  eigenen 
Gerichtshöfe  besaß  (siehe  Kap.  14).  Alexandreia  war  eine  Grün- 
dung Alexanders,  der  in  seinem  Reiche  die  Autonomie  der  be- 
stehenden rrfV/.si^  nicht  aufgehoben  hat;  alle  Vorbilder  mußten 
ihn  dahin  führen,  seiner  neuen  Griechenstadt  die  Autonomie 
zu  verleihen.  Und  wenn  Ptolemaios  Soter  sie  vorfand,  wird  er 
schwerlich  etwas  daran  geändert  haben.  War  die  Bürgergemeinde 
Alexandreias  autonom,  so  wurde  sie  doch  durch  die  Anwesenheit 
des  Kön'gs  und  der  obersten  Reichsbehörden  sowie  durch  die 
starke  Garnison  mehr  als  andere  beschränkt,  vielleicht  nicht 
rechtlich,  aber  in  Wirklichkeit.  Eine  autonome  .lo'/.i.:  in  der 
Reichshauptstadt  war  zur  Bedeutungslosigkeit  verurteilt,  so  daß 
wir  uns  nicht  wundern  dürfen,  wenn  wir  ihren  unzweideutigen 
Äußerungen  nicht  begegnen.  Auch  ihre  Gemeinschaft  mit  anderen 
Gruppen  der  Stadtbevölkerung,  die  zum  Teil  ebenfalls  in  po- 
litischen Körperschaften  zusammengeschlossen  waren,  setzte  sie 
herab;  denn  die  Stadt  Alexandreia  umfaßte  neben  der  Bürger- 
gemeinde zahlreiche  Griechen,  die  nicht  Bürger  waren,  das  wohl 
geordnete  und  große  jüdische  Gemeinwesen  sowie  manche  andere 
Körperschaften  ähnlicher  Art,  ganz  abgesehen  von  der  ägyp- 
tischen Bevölkerung.  Es  liegt  auf  der  Hand,  daß  die  königliche 
Regierung  in  vielen  Beziehungen  diese  bunt  zusammengesetzte 
Stadt  nur  als  Reichshauptstadt  und  als  Königsstadt  behandeln 
konnte.     Der  königliche  Stadthauptmann,  den  wir  bereits  Ende 


246  PTOLEMAIS. 


des  3.  Jh.  a.  C.  hier  finden,  beaufsichtigte  das  ganze  Alexandreia; 
aber  für   die    Bürgergemeinde   ergab   sich   daraus,    mehr  als  für 
alle    anderen    Glieder    der    Stadt,    die    stärkste    Einschränkung. 
Geradezu  als  einen  Beweis  für  die  Autonomie  der  alexandrinischen 
Bürgergemeinde    kann    man    die    Gründung  von   PtolemaTs 
in   Oberägypten   ansehen,   denn   Ptolemaios  Soter  hat   hier  eine 
Griechenstadt  geschaffen,   deren  Autonomie  über  jedem  Zweifel 
steht,  und  kann  daiier  kein  grundsätzlicher  Gegner  griechischer 
Stadtfreiheit  gewesen  sein;  der  Gedanke  liegt  nahe,  er  habe  es 
in   jeder   Beziehung  der   Gründung  Alexanders    nachtun  wollen. 
Ptolemais  bezeugt  sein  autonomes  Leben  durch  ßoiki;  und  ö'r]/<oo 
durch  i'/./Ä/(jm  und    iiT/planara  sowie  durch    Bürgergerichte;  im 
3.  Jh.  a.  C.  verkehrt  der  König  mit  der  Stadt  durch  Abgesandte, 
die  genau  so  empfangen  werden  wie  königliche  Gesandte  in  den 
autonomen    Städten    der    griechischen    Welt;    später   scheint    er 
seine  Aufsicht  dadurch  ausgeübt  zu  haben,  daß  der  oberste  Beamte 
der  Thebais,  der  Epistratege,  häufig  zugleich  das  oberste  Stadtamt 
von   Ptolemais,   das  des  Archiprytanis,    bekleidete.     Aber  auch 
ohne  dies  gab  es  genug  Mittel  und  Wege,  den  königlichen  W'lleii 
der   autonomen    Stadt   gegenübei    zur    Geltung   zu   bringen;   die 
Autonomie  bedeutet  hier  wie  auf  den  griechischen  Inseln  und  in 
den  Küstenstädten  des  Ptolemäerreiches  nur  ein  Entgegenkommen 
gegen  die  politischen  Anschauungen  der  Griechen  ohne  Nachteil 
^für  die  starke  Königsgewalt.     Staatsrechtlich  ist  PtolemaTs  eine 
freie  Stadt,   die   mit  dem   Könige  im   Bunde  und  unter  seinem 
Schutze  steht;  in  Wirklichkeit  besitzt  es  nicht  viel  mehr  als  das, 
was   heute   etwa   städtische    Selbstverwaltung  bedeutet. 
Aber  nicht  nur  in  Naukratis,  Alexandreia  und  PtolemaTs  gab  es  An- 
siedlunge n  von  Griechen;  auch  an  anderen  Stellen  Ägyptens 
saßen  sie,  bald  mehr  verstreut,  bald  in  dichten  Gruppen,  namentlich 
die  vom  Könige  mit  Landgütern  ausgestatteten  Soldaten,  Make- 
donen  und  Griechen  aller  Länder  und  Städte  des  griechischen  Kultur- 
kreises, außerdem  Männer  nicht  griechischer  Herkunft,  die  durch  den 
Heeresdienst  sich  den  Griechen  näherten  und  von  den  eingeborenen 
Ägyptern  unterschieden.  Es  wird  mehr  und  mehr  deutlich,  daß  diese 
Ansiedler,  wenn   auch   nicht   nach  Art  der  autonomen  Tiölei^,  so 
doch  halbselbständige  Gemeinwesen  bildeten  und  als  solche  vom 
Könige  anerkannt  wurden.     Wenn  im  3.   Jh.  a.  C.  viele  dieser 
Soldatenbauern  zugleich  Alexandriner  sind  oder  werden,  so  war 
dies  nur  eine,  vielleicht  die  früheste  Art,  in  der  man  ihrem  poli- 


HALBAUTONOME   GEMEINWESEN.  247 

tischen  Selbständigkeitsbewußtseiii  Rechnung  trug;  später  finden 
wir  .ro'/.inv^iara  erwähnt,  unter  denen  wir  uns  nach  dem  Vor- 
bilde des  nolhkriii'.  der  alexandrinischen  Juden  politische 
Gemeinwesen  mit  eigenen  Gemeindebeamten,  wenn  auch  ohne 
eigentliche  Autonomie,  vorstellen  dürfen.  Spuren  zeigen  sich 
vom  7ioUTtvua  der  Kreter,  der  Idumäer,  der  Phryger,  der  Helleno- 
memphiten,  also  wohl  der  hellenischen  Kolonie  in  Memphis, 
und  mit  Einschränkung  darf  man  die  alten  nach  dem  Volkstume 
zusammengesetzten  Reiterregimenter  der  Thessaler,  Thraker, 
Myser  und  Perser  vergleichen.  Die  immer  neu  nach  Ägypten 
einwandernden  Griechen  brachten  ihr  heimisches  Bürgerrecht 
und  zugleich  das  politische  Bewußtsein  der  Heimatstadt  mit;  sie 
blieben  und  nannten  sich  weiter  'Jlhvtrio^,  '^Poöio^  u.  ä.  Die  politischen 
Gemeinden  in  Alexandreia  und  Ptolema'is  sowie  in  geringerem  Maße 
die  .ro'/jrivuaia  boten  ihnen  im  Barbarenlande  eine  entsprechende 
Möglichkeit  der  Einbürgerung.  Räumliches  Zusammenwohnen  war 
nicht  nötig,  zumal  da  die  griechischen  Ansiedler  eines  ägyptischen 
Gaues  oder  selbst  mehrerer  leicht  genug  zusammentreten  konnten. 
So  ist  es  kaum  eine  Frage,  daß  die  hr  \Juaiv6hi:  avögtc.  "El'/.rjva^, 
die  wir  aus  Papyri  der  Kaiserzeit  kennen,  nur  die  ptolemäische 
Gemeinde  der  Fajumgriechen  fortsetzen,  eine  Gemeinde,  deren 
Kern  augenscheinlich  d'e  angesiedelten  Soldaten  bildeten;  mit 
dem  hellenischen  Bewußtsein  hat  sie  auch  die  Reinheit  hellenischen 
Blutes  durch  die  Jahrhunderte,  ähnlich  wie  wir  es  von  Ptole- 
ma'is wissen,  bewahrt.  Demgemäß  wird  man  auch  die  ,, Hellenen 
im  Delta"  und  die  ,, Hellenen  in  der  Thebais"  zu  beurteilen  haben, 
die  ebenfalls  in  der  Kaiserzeit  vorkommen.  Der  staatsrechtliche 
Begriff  der  "Eüriveg,  der  als  Gesamtheit  in  der  Ptolemäerzeit 
nur  durch  Andeutungen  sich  zeigt  und  erst  in  Papyri  der  Kaiser- 
zeit klar  zu  Tage  tritt,  beruht  auf  solchen  und  ähnlichen  Ver* 
bänden  der  ptolemäischen  Periode. 

Die  absolute  Monarchie  der  Ptolemäer  erleidet  also  gewisse  Be- 
schränkungen dadurch,  daß  die  griechische  Bevölkerung,  ob  ganz 
ocfer  zum  Teil  wissen  wir  nicht,  sich  zu  politischen  Gemeinden 
zusammenschließt,  die  vom  Könige  anerkannt  werden:  ihre  Rechte 
sind  größer  bei  den  autonomen  Stadtrepubliken,  geringer  in  den 
roAirevitara  und  sonstigen  Verbänden,  am  weitesten  reichen  sie 
vielleicht  bei  den  Makedonen.  Trotz  aller  Mißgunst  der  Verhält- 
nisse, die  mehr  und  mehr  das  Ägyptertuni  in  die  Höhe  brachteiij 
hellen  sie  sich  staatsrechtlich  im  Wesentlichen  durch  die  Ptolemäer- 


248  ZENTRALVERWALTUNÜ. 

zeit  erhalten.  Aber  man  kann  es  nicht  genug  betonen,  daß  sie 
das  ungeheure  Übergewicht  der  i<önigHchen  Gewalt,  wie  es  die 
ersten  Könige  begründeten,  nur  in  der  Form  berührten  und  im 
Grunde  nui  eine  königliche  Schonung  hellenischer  Anschauungen 
bedeuteten,  und  daß  ihnen  ferner  nicht  die  geiingste  Einwirkung 
auf  die  streng  monarchische  Reichsleitung  und  Reichsverwaltung 
offen  stand. 

Wie  vom  Könige  alle  Befehle  für  die  Verwaltung  des  Landes 
ausgehen,  so  laufen  auch  alle  Fäden  in  seiner  Hand  zusammen. 
Seine  Anordnungen  erscheinen  in  verschiedener  Gestalt,  je  nach- 
dem sie  allgemeine  und  grundsätzliche  Ordnungen  oder  Ver- 
fügungen für  Einzelfälle  enthalten;  die  Namen  röuoi..  dur/odiiuara, 
7rQ0i^Tdyno.TC(  und  ivin'/xa  lassen  Unterschiede  erkennen,  ohne 
daß  ihre  Grenzen  für  uns  ganz  klar  oder  auch  nur  zu  ihrer 
Zeit  genau  innegehalten  wären.  Zahllose  Berichte  der  Behörden 
und  Anfragen  aller  Art  gehen  dem  Könige  zu,  der  seme  Ent- 
scheidungen entweder  in  jenen  Formen  oder  durch  Briefe  an 
hohe  Beamte  trifft,  wenn  er  nicht  eine  kurze  Verfügung  unter 
das  eingelaufene  Schreiben  selbst  setzt.  Um  den  gewaltigen 
schriftlichen  Verkehr  zu  bewältigen,  bedient  er  sich  eines  wahr- 
scheinlich sehr  umfangreichen  Büros,  an  dessen  Spitze  der  €7uoto- 
loyqcupog  und  der  v7Toi.iV)]uar<)yQd(foc  stehen.  Diese  königlichen 
Sekretäre  haben  die  befohlenen  Schreiben  zu  entwerfen,  die 
Reinschrift  zu  überw^achen  und  auch  die  Ephemeriden  zu  führen, 
das  Tagebuch,  das  nach  Alexanders  Vorbild  den  Tageslauf  des 
Königs,  insbesondere  seine  Regierungshandlungen,  seine  schrift- 
lichen und  mündlichen  Entscheidungen  aufnimmt.  Denn  neben 
den  schriftlichen  Verkehr  tritt  die  betiächtliche  Zahl  der  Audienzen 
im  xQ^juariorr/.oQ  tcvIiov  der  alexandrinischen  Königsburg.  Nicht 
nur  grundsätzlich,  sondern  auch  in  der  Ausführung  behält  der 
König  alle  wesentlichen  Entscheidungen  sich  selbst  vor,  wenn 
auch  selbstverständlich  viele  Dinge  niemals  bis  zum  Throne 
gelangen,  sondern  bei  den  Beamten  hängen  bleiben;  jedoch  hat 
er  die  Ernennung  niederer  Beamten  seinem  Finanzminister,  dem 
Dioiketen,  übertragen.  Reisen  durch  das  Land  geben  dem  Könige 
Gelegenheit,  sich  vom  Stande  befohlener  Arbeiten  zu  überzeugen, 
und  erlauben  dem  Untertanen,  dem  Herrscher  seine  Bitt- 
schrift selbst  zu  überreichen.  Der  königliche  Hof  umfaßt  eine 
zahlreiche  Beamtenschaft,  Leibwächter,  Truchseß,  Mundschenk, 
Hofmarschälle,  Leibärzte,  Prinzenerzieher,  Pagen  und  dergleichen 


GAUVERWALTUNG.  249 


mehr,  die  nach  Rangklassen  geordnet  und  mit  Titehi  begabt 
sind;  wir  kennen  die  Stufen  der  oiyyevug  (Vettern  des  Königs), 
(iiiÖTiuoi  Tolg  avyyevf.aiv,  ttoOitoi  (piKoi,,  laoTiuoi  rolg  .igdtroig  cfi/.oig, 
üoxiotouaTOffvlaxsg,  (piloi  und  dtädoyoi.  Will  man  eine  Anschau- 
ung von  der  ptolemäischen  Hofhaltung  gewinnen,  so  lese  man 
dtn  Empfang  der  jüdischen  Abgeordneten,  wie  ihn  der  Brief  des 
Aristeas  schildert. 

Das  Land  Ägypten  war  für  die  Zwecke  der  Verwaltung,  im 
Anschlüsse  an  seine  alte  Gliederung,  in  Gaue  {vonög)  ein- 
geteilt; von  der  Gaueinteilung  und  Gauverwaltung  waren  nur 
Alexandreia,  Naukratis  und  Ptolemais  ausgenommen.  weU  sie 
staatsrechtlich  nicht  zur  ägyptischen  yotoc.  gehörten.  Der  Gau 
bestand  aus  mehreren  Toparchien,  die  Toparchie  aus  den  Dörfern 
mit  ihrer  Gemarkung,  als  der  untersten  Verwaltungseinheit, 
Die  Hauptstadt  des  Gaus  heißt  nrrooTroUg.  ist  aber  staats- 
rechtlich keine  m'/ug.  sondern  unterscheidet  sich  nur  durch  Größe, 
altes  Ansehen,  als  religiöser  Mittelpunkt  und  als  Sitz  der  Gau- 
behörden von  einer  -/.oun;.  Nur  der  Fajumgau,  ursprünglich  Limne, 
erst  später  Gau  der  Arsinoe  genannt,  erhielt  drei  Unterabt?ilungen. 
die  von  der  Verwaltung  als  je  ein  Gau  behandelt,  aber  nicht  vouog, 
sondern  iif^olg  genannt  wurden.  Höhere  Einheiten  fehlen;  wenn 
im  2.  Jh.  a.  C.  die  Thebais  einem  Epistrategos  unterstellt  wurde, 
so  gaben  ohne  Zweifel  die  zahlreichen  Aufstände  den  Anlaß  zu 
diesem  zuerst  militärischen  Oberkommando.  Im  übrigen  ent- 
spricht die  Gliederung  des  Landes  ziemlich  der  hcLtigen.  Über 
die  Verwaltungsbehörden  wissen  wir  nur  mangelhaft  Bescheid. 
Die  Zertralbehörden  befanden  sich  in  Alexandreia,  jedoch  kennen 
wir  sie  kaum.  An  der  Spitze  des  Gaues  stand  ursprünglich 
der  Nomarch,  aber  der  militärische  Befehlshaber,  der  griechische 
Stratege,  drängte  ihn  früh  zurück  und  übernahm  auch  d-e  Zivil- 
vcrwaltung,  unterstützt  vom  königlichen  Schreiber  {ßaoih/Sog 
yoauuarevg);  die  Toparchie  leiteten  der  xo;iÜQyr^g  und  der  xojto- 
yoauLiarevg.  das  Dorf  der  /.touccQyj^g  und  der  y.ojiKjyoauuavfvg. 
al'e  wiederum  mit  Schreibern,  Dienern  und  Gehilfen  verschiedener 
Art  versehen.  Die  Aufgabe  dieser  Beamten  war  in  der  Hauptsache 
das,  was  wir  Verwaltung  nenntn. 

Neben  dieser  Reihe  stehen  die  eigentlichen  Finanzbeamten, 
In  Alexandreia  hatte  als  Oberhaupt  der  Dioiketes  seinen  Sitz, 
umgeben  von  großen  Büros,  von  der  Zentralkasse  für  die  Geld^ 
Wirtschaft  und   den   Zentralspeicherr.  für  das   Getreide,   die   man 


250  FINANZVERWALTUNG. 

beide  mit  dem  Namen  ro  ßaoi'uy.ov  zusanmienfaßte.  Von  dieser 
allgemeinen  königlichen  Kasse  wurde  die  Privatkasse  de«;  Königs, 
o  "iöuK  l6y(K,  unterschieden,  deren-  Leiter  aber  naturgemäß 
unter  dem  Dioiketes  stand;  denn  königlich  war  alles,  und  den 
Begriff  des  Staates  im  Unterschiede  vom  Könige  gibt  es  noch 
nicht.  Mehrere  Beamte,  teils  auch  Dioiketen,  teils  Hypodioiketen 
genannt,  leiteten  die  Finanzverwaltung  mehrerer  Gaue;  auf  diesem 
Felde  also  finden  sich  höhere  Verwaltungseinheiten.  Im  Gau 
stand  der  oiy.ovöiKK  mit  seinem  uvTiyowfel-^  an  der  Spitze  der 
Finanzverwaltung;  später  gliederte  sich  das  Amt  in  einen  Geld- 
und  einen  Naturaloikonomos  und  wurde  durch  den  Beam.ten  im 
lufv  TrQogödior  ergänzt,  dessen  Tätigkeit  oft  der  Stratege  versah. 
Eine  große  Zahl  anderer  Beamten  tritt  hinzu,  ganz  abgesehen  von 
allerlei  Verschiebungen,  die  wir  im  Laufe  der  Jahrhunderte  beob- 
achten können.  Dem  Basilikon  in  Alexandreia  entsprechen  im  Gau 
die  königliche  Kasse  {ßaath/.i]  TQdn:t'Ca)  und  das  Gaumagazin 
{ihi^uo.LQog),  die  Filialen  in  Dörfern  hatten;  zumal  bei  den  Getreide- 
magazinen ergab  sich  die  Anlage  der  d-rjoavQol  auf  den  Dörfern 
von  selbst.  Wie  der  Toayrs'Chrjg  der  Kasse  vorstand,  so  der  olto- 
Aöyog  dem  Speicher.  Außer  den  eigentlichen  Finanzbeamten, 
deren  Titel  nach  Wilckens  Beobachtung  deutlich  zeigen,  daß 
der  König  das  Land  wie  der  Gutsbesitzer  sein  Gut  betrachtet 
und  bewirtschaftet,  waren  auch  die  zuvor  genannten  Verwaltungs- 
beamten für  die  Finanzwirtschaft  tätig,  die  ja  den  wichtigsten 
Teil  der  Verwaltung  und  im  genauesten  Sinne  ihren  Zweck  bildete; 
denn  möglichst  viel  herauszuholen,  war  das  Absehen  der  Könige, 
und  die  geordnete  Landesverwaltung  war  nur  Mittel  zum  Zwecke. 
Wie  es  scheint,  hat  die  ursprünglich  getrennte  Finanzverwaltung 
allmählich  die  allgemeine  Staatsverwaltung  aufgesogen:  mindestens 
ihr  Vorsteher,  der  Dioiketes  in  Aloxandreia,  wurde  tatsächlich 
oberster  Reichsminister,  der  z.  B.  Verwaltungsbeamte  wie  den 
Dorfschreiber  selbständig  ernannte.  Soweit  die  ptclemäische 
Monarchie  den  Gedanken  zuläßt,  hat  abgesehen  von  gewissen 
Gerichten  er  allein  den  König  in  manchen  Dingen  ständig  ver- 
treten. Alle  diese  Beamten  der  Zivilverwaltung  haben  erst  im 
Anfange  des  2.  Jh.  a.  C,  vielleicht  um  sie  an  das  Königshaus 
ohne  Kosten  zu  binden,  Zutritt  zu  den  oben  besprochenen  Hof- 
rangklassen erhalten;  vorher  waren  sie  königliche  Gutsverwalter 
ohne  Rang  und  Stellung  nach  außen  hin. 
Soweit  man  bis  jetzt  urteilen  kann,  haben  wir  es  in  ptolemäischer 


BEAMTE.     STAATSAUSGABEN.  251 

Zeit  durchweg  mit  Be.'ufsbeamten  zu  tun,  die  qus  dem  Basilikon 
ein  Gehalt  in  Geld  und  in  natura  beziehen;  der  König  kann  zwar  als 
absoluter  Herr  den  Untertanen  zwingen,  ein  Amt  zu  übernehmen, 
tut  es  aber  nur  in  Notfällen.  Denn  im  allgemeinen  gilt  das  Amt  als 
begehrenswerte  Stellung,  die  man  gelegentlich  durch  Bakschisch 
zu  erlangen  und  zu  behalten  sucht.  Den  liturgischen  Beamten 
der  Kaiserzeit  kennen  die  ptolemäischen  Verwaltungsgrundsätze 
noch  nicht;  dagegen  scheint  er  in  den  griechischen  Gemeinden, 
wenigstens  bei  Leistungen  für  das  Gymnasien,  bereits  vorzu- 
kommen. Etwas  anderes  ist  es,  wenn  die  eingeborene  Bevölkerung 
durch  Zwang  zu  Arbeiten,  namentlich  für  die  Landwirtschaft, 
herangezogen  wird. 

Die  bis  ins  Kleinste  ausgebaute  Staatsverwaltung,  die  vom 
Könige  bis  ins  entlegenste  Dorf,  bis  zum  einzelnen  Bauern  reichte, 
Jiatte  den  Zweck,  aus  dem  Lande  diejenigen  Beträge  heraus- 
zuwirtschaften,  deren  der  König  für  sich  und  für  die  Macht  des 
Reiches  bedurfte.  Der  Gedanke,  darüber  hinaus  etwas  zum  Besten 
des  Volkes,  etwa  für  seine  Bildung  zu  tun,  lag  den  Ptolemäern 
ganz  fern.  Sehr  beträchtlichen  Aufwand  forderte  die  königliche 
Hofhaltung,  deren  Glanz  berühmt  war.  Dazu  gehörten  auch 
Einrichtungen  königlicher  Freigebigkeit  oder  Liebhaberei  wie 
die  große  Bibliothek  ii  Alexandreia  und  das  Museion.  Veran- 
staltungen wie  der  Festzug  des  Philadelphos,  Weihgeschenke 
an  alle  großen  hellenischen  Heiligtümer  Unterstützungen  hel- 
lenischer Städte,  z.  B.  des  vom  Erdbeben  heimgesuchten  Rhodos, 
müssen  große  Summen  verschlungen  haben.  Die  Mittelmeer- 
politik der  Ptolemäer,  die  ihnen  durchaus  Hauptsache  war,  kostete 
jedenfalls  weit  mehr  Geld  als  die  Besitzungen  an  der  Küste  Klein- 
asiens, auf  den  Inseln  und  in  Syrien  jemals  eintragen  konnten, 
ganz  abgesehen  von  Kriegen,  wie  etwa  dem  großen  Feldzuge,  der 
Euergetes  l.  bis  ins  Euphratland  führte.  Der  regelmäßige  Unterhalt 
des  Heeres  und  der  mächtigen  Flotte  mußte  aufgebracht  werden, 
die  Anwerbung  griechischer  Söldner  mußte  stets  im  Gange  bleiben, 
und  die  Unternehmungen,  um  dem  Heere  Kriegselefanten  zu 
verschaffen,  bedeuteten  sicherlich  eine  starke  Belastung  der 
königlichen  Kasse.  Aber  auch  Ägypten  selbst  beanspruchte 
erhebliche  Aufwendungen.  Der  König  bezahlte  das  große  Heer 
der  Beamten  und  die  daran  hängenden  Verwaltungskosten, 
die  man  nicht  gering  veranschlagen  darf,  obwohl  wir  sie  eigentlich 
nur   nach   dem    Papierverbrauche  schätzen   können.      Vor  allem 


252  STAATSEINNAHMEN. 


aber  brachte  das  Land  nur  dann  seinen  vollen  Ertrag,  wenn  seine 
Landwirtschaft  durch  Bewässerungsanlagen,  Dämme  und  Kanäle 
auf  ihrer  Höhe  gehalten  wurde;  gehörte  schon  im  gewöhnlichen 
Verlaufe  viel  Geld  dazu,  so  verlangten  außerordentliche  Fälle 
und  Aufgaben  w'e  die  Entwässerung  und  Bes'edelung  des  Fajüm 
erst  recht  große  Geldmittel.  Unter  den  öffentlichen  Bauten  standen 
jedenfalls  die  Bauten  Alexandreias,  z.  B.  die  Königsburg,  die  Büros 
und  Magazine  der  Staatsverwaltung,  die  Truppenlager  u.  dgl.  m., 
dazu  die  Hafenanlagen  mit  dem  Leuchtturme  auf  Pharosden  Kosten 
nach  obenan,  während  die  gewaltigen  Tempel,  die  die  Ptolemäer 
ägyptischen  Göttern  errichteten,  und  ihre  sonstigen  Aufwendungen 
für  den  Kultus,  z.  B.  für  die  Bestattung  der  heiligen  Tiere  Apis 
und  Mnevi?,  im  Wesentlichen  die  Götter,  d.h.  das  Tempelvermögen 
selbst  belasteten,  freilich  dadurch  w'ieder  den  königl'chen  Ein- 
nahmen   bedeutende    Summen    entzogen. 

Allen  diesen  und  ähnlichen  Ansprüchen  konnte  der  König 
nur  genügen,  indem  er  die  Ertragsfähigke't  des  Landes  nach 
jeder  Richtung  hin  anspannte.  Der  Grund  und  Boden  Ägyptens 
war  Eigentum  des  Königs  oder  der  Götter;  Privatbesitz  bildete 
sich  zuerst  an  Baugrund,  Wein-  und  Gartenland  heraus.  Der  König 
bewirtschaftete  seine  yi]  iaoüuy.i]  im  allgemeinen  auf  dem  Wege 
der  Verpachtung,  und  die  Pachterträge,  die  zum  größten  Teile 
in  natura  bei  den  Magazinen  aufgeliefert  und  dann  auf  dem  Wasser- 
wege nach  Alexandreia  befördert  wurden,  bildeten  einen  großen 
Teil  seiner  Einnahmen.  Auch  das  Land  der  Götter  wurde  in 
mehr  als  einer  Art  herangezogen,  wofür  die  Aufnahme  des  Königs 
als  eines  Mitgcttes  in  den  Kultus  die  Handhabe  bot.  Die  ägyp- 
tische Getreideernte  mußte  zwar  das  Land  selbst,  das  von  der 
y.<')QC(  unterhaltene  Alexandreia,  das  Heer  jnd  den  königlichen  Hof 
ernähren,  warf  aber  jedenfalls  einen  beträchtlichen  Überschuß  ab, 
der  einen  Gewinn  bringenden  Handel  über  See  erlaubte.  Auch 
sonst  betätigte  sich  der  König  als  geschäftlicher  Großunternehmer 
durch  eine  ganze  Re'he  von  Monopolen,  unter  denen  das  Öl- 
monopol  uns  am  besten  bekannt  ist.  Näheres  über  diese  Dinge 
enthält  Kap.  18.  Bei  den  eigentlichen  Steuern,  die  alles  Steuer- 
bare zu  erfassen  suchten,  haben  wir  direkte  und  indirekte  Abgaben 
vom  Besitze  und  vom  Ertrage  des  Besitzes  oder  der  Arbeit  zu 
unterscheiden.  Unter  verschiedenen  Namen  wurde  eine  Grund- 
steuer, teils  in  natura,  teils  in  Geld  erhoben,  eine  Viehsteuer, 
eine  Sklavensteuer,  eine  Gewerbesteuer,   dl-  sich  in  eine  Abgabe 


STEUERN.  253 


für  die  Betriebserlaiibnis  und  eine  Abgabe  vom  Gewinn  gliederte, 
sowie  manche  andere,  die  unsere  Zeugnisse  bisher  nur  andeuten. 
Auch   die  ptolemä'sche  Zeit   kennt   schon   die  allgemeine   Kopf- 
steuer, die  auf  der  unterworfenen  ägyptischen  Bevölkerung  lastet, 
während  die  bevorrechteten  Griechen  frei  sind.    Zu  den  indirekten 
Steuern   gehören    die  Verkehrssteuer  {iy/.vY.liov),    die  von   jedem 
Verkaufe  erhoben   wurde,  und  alle  Arten   von  Zöllen,   die   Ein- 
und  Ausfuhrzölle  der  alexandrini«chen  Häfen  wie  auch  die  ziemlich 
zahlreichen    Binnenzölle.      Auch   die   Monopole   wiikten    auf   die 
Bevölkerung   a's   indirekte    Steuern.      Endlich   hatte   das   Volk, 
wiederum    im  Wesentlichen    die   Ägypter,    in    großem    Umfange 
Zwangsbeiträge  zu  leisten,  dem  Könige  wie  den  hohjn  Beamten 
auf    Reisen    Lebensmittel,    Hand-    und    Spanndienste   zu   stellen 
und   mancherlei    Fronarbeiten,   vor  allem    an   den   Kanälen   und 
Dämmen,   auszuführen.      Über  den   Gesamtertrag  Ägyptens  be- 
sitzen   wir    zwei   Angaben:    Philadelphos   gewann   darau     1480(1 
Talente  Silbers  und  noch  Auletes,   200  Jahre  später,   im  tiefen 
Verfalle  des  Reiches,  12500  Talente  Silbers;  ein  wirkliches  Urteil 
erlauben  sie  nicht,  da  wir  sie  nicht  mit  den  Ausgaben  vergleichen 
können  und  wieder  wissen,  ob  diese  Zahlen  alles  oder  nur  die  Geld- 
eingänge umfassen,  noch  den  Geldwert  schätzen  können. 
Der  Steuererhebung  di  mte  eme  genaue  Übersicht  über  den 
Personenstand   der   Bevölkerung,   die   durch  jährliche   Se'bst- 
deklaration   erzielt   wurde;    dazu   kamen   auch    Deklarationen 
über  Mobilien  und  1  m  mobilien,  Vieh,  Hausgrundstücke  und 
dergleichen.  Am  wichtigsten  aber  war  der  aus  dem  alten  Ägypten 
übernommene    Kataster,     der    jede    Ackerparzelle    nach    Um- 
fang, Bodenbeschaffenheit,    Bebauungszustand  und   Besitzer  ver- 
zeichnete;  aus  den   Dorfkatastern  stellte  man  den    Gaukataster 
zusammen.      Durch  Nachprüfung  wurde  er  auf  dem   Laufenden 
erhalten;    besonders    die    Überschwemmung    machte    solche    Be- 
sichtigung   (iiiio/.eWig)    nötig,    da    sie    die    Ackergrenzen    leicht 
zerstörte.     Auf  diesen  Unterlagen  berechnete  man  den  Gesamt- 
ertrag und  verteilte  die  Einzelabgaben  auf  die  Steuerpflichtigen. 
Man  erhob  sie  z.  T.  unmittelbar,  insbesondere  die  Pachten  der 
Königspächter  (ßaaiAr/.ol  yeiooyoi);  aber  die  Mehrzahl  der  Steuern 
wurde  in  einem  fein  ausgebildeten  Verfahren  nach  griechischem 
Vorbilde  an  Unternehmer  verpachtet,  allerdings  unter  so  genauer 
Aufsicht  des  Staates,  daß  ein  unrechtmäßiger  Gewinn  der  Steuer- 
pächter kaum  möglich  erscheint.    Sein  eigener  Vorteil  gebot  dem 


254  DAS  HEER. 


Könige,  die  Untertanen  vor  Ausbeutung  zu  schützen  und  leistungs- 
fähig zu  erhalten. 

Obwohl  viele  unserer  Dokumente  das  Heerwesen  berühren,  ist 
unsere    Kenntnis    des    ptolemäischen    Heeres   noch   sehr   gering. 
Wie  in  manchen  anderen  Beziehungen  haben  auch  hier  die  ersten 
Ptolemäer   den    Gedanken   Aljxanders,    Hellenen   und    Barbaren 
zu  verschmelzen,  nicht  fortgesetzt,  sondern  zunächst  nur  Makedonen, 
Griechen  und  einige  als  kriegstüchtig  bewährte  nichtgriechische 
Völker  herangezogen.     Ägypten  selbst  enthielt  noch  keine  aus- 
reichende  waffenfähige   Bevölkerung.      Daher  gewann   man   das 
Heer  durch  Werbung,  wie  es  damals  allgemein  üblich  war.  Griechen- 
land, die   Inseln,   Kleinasien,  überhaupt  der  ganze  Bereich  grie- 
chischer   Siedlungen   lieferten    den    Großmächten    der    Zeit   ihre 
Soldaten,    auch    Perser,    Galater    und    Thraker   waren    begehrt. 
Die  Makedonen,  die  als  Welteroberer  den  höchsten  kriegerischen 
Ruf  besaßen,  standen  dem  Könige  als  Landsleute  und  Waffen- 
gefährten am  nächsten;  man  suchte  ihren  gewiß  nicht  zahlreichen 
Stamm   durch   neue   Werbungen   zu   erhalten,   aber   Makedonien 
konnte  nicht  alles  leisten.     Sammelte  man  ursprünglich  nur  für 
einen    Feldzug   ein    Söldnerheer,    so   begannen   schon   die   ersten 
Ptolemäer,  diese  Leute  an  ihr  Land  zu  fesseln,  indem  sie  ihnen 
Güter  verliehen   und  sie  namentlich  in   dem  der   Kultur  eigens 
hierfür  erschlossenen   Fajüm  ansiedelt'^n,     Makedonen,   Griechen 
und  die  eben  genannten  anderen  Völker  finden  wir  hier  in  der 
Mitte   des   3.    Jh.   a.   C.   als  Militäransiedler,   militärisch   ge- 
gliedert und  stets  kriegsbereit,  aber  in  friedlicher  Arbeit  als  Bauern; 
man   nannte  sie   Kleruchen,   später   Katoiken.      Das   Lehnsland, 
das   ihnen   der   König  gab,   verwandelte  sich   durch   mancherlei 
Zwischenstufen  im  Laufe  von  mehr  als  100  Jähren  in  erblichen 
Besitz,    und   ihre    Söhne   {n~g  hnyovf^g)  übernahmen  vom  Vater 
die  Kriegspflicht  wie  das  Landgut.     So  entstand  eine  ansässige, 
im    Wesentlichen     griechische    Bevölkerung,     die    zum    Waffen- 
dienste  verpflichtet    und    befähigt    war.      Außer    den   Truppen, 
die   dieser    Stamm   aufzustellen   gestattete,    lief   die   Anwerbung 
weiter,    teils  um  diesen  Grundstock  zu  verstärken,    teils  für  die 
augenblicklichen     Bedürfnisse     eines    Feldzuges.       Die    Ägypter 
haben  zwar  Soter  und  seine  Nachfolger  manchmal  zur  Aushilfe 
herangezogen,  aber  erst  Philopator  hat  für  seinen  syrischen  Krieg 
ein    wirkliches   Ägypterheer    in   griechisch-makedonischer    Be- 
waffnung aufgestellt.   Der  Name  des  altägyptischen  Kriegerstandes 


DAS  HEER.     LITERATUR.  255 

der  f.iäyuioi  lebte  wieder  auf,  auch  sie  wurden  z.  T.  mit  Äckern 
bedaciit  und  verschmolzen  gerade  dadurch  allmählich  mit  den 
griechischen  Soldatenbauern. 

Diese  Soldatensiedlungen,  deren  größte  das  Fajüm  war,  bildeten 
zugleich  militärische  Stützpunkte  neben  den  eigentlichen  Garni- 
sonen stehender  Truppen,  wie  sich  eine  solche  z,  B.  in  Mem- 
phis und  an  der  Südgrenze  befand.  Alexandreia  beherbergte 
naturgemäß  die  stärkste  Garnison,  vor  allem  die  make- 
donische Leibgarde;  neben  ihr  finden  wir  im  2.  Jh.  a.  C.  auch 
eine  ägyptische  Garde.  Die  Besitzungen  der  Ptolemäer  außer- 
halb Ägyptens  forderten  gleichfalls  starke  Besatzungen.  Das 
Heer  bestand  aus  Fußsoldaten  mit  schwerer  oder  leichter  Be- 
waffnung nebst  Bogenschützen  und  anderen  Sondertruppen, 
in  yäiafjyUa  gegliedert,  aus  leichter  und  schwerer  Reiterei, 
deren  iTXTtv.QyioiL  z.  T.  gezählt,  z.  T.  mit  Volksnamen  wie  Thraker, 
Thessaler  usw.  bezeichnet  wurden,  endlich  aus  den  Kriegselefanten, 
die  man  von  der  Küste  Ostafrikas  bezog.  D'e  Stärke  des  ptole- 
mäischen  Heeres  hat  sehr  geschwankt  und  h-ng  wesentlich  von 
der  Zahl  der  Söldner  ab,  die  man  für  einen  Feldzug  anzuwerben 
vermochte:  Philadelphos  soll  über  200000  iMann  unter  den  Waffen 
gehabt  haben,  während  das  Heer,  womit  Philopator  bei  Raphia 
siegte,  rund  75000  Mann  mit  Einschluß  der  ägyptischer  Phalangiten 
und  der  neu  geworbenen  Söldner  betrug.  Was  man  wissen  möchte, 
die  militärische  Stärke  der  angesiedelten  Griechen,  also  des 
landsässigen  waffenfähigen  Stammes,  bleibt  völlig  dunkel.  Die 
ptolemäische  Flotte,  die  groß  und  leistungsfähig  war,  wird  uns 
leider  auch  durch  die  Papyrusdokumente  nicht  anschaulich; 
daß  die  Ägypter  die  Ruderer  und  wohl  auch  Seesoldaten  stellten,. 
ist  alles,  was  wir  sagen  können. 

Meine  Darstellung  beruht  in  weitem  Umfange  auf  Wi'ckens  Grundzügen,  die 
für  genaueres  Studium  unerläßlicti  sind.  Da  Wilcken  hier  und  in  der  Chresto- 
mathie das  Urkundenmaterial  teils  nachweist,  teils  abdruckt,  kann  ich  mich 
in  den  folgenden  Bemerkungen  auf  eine  Auswahl  beschränken.  Auch  für  die: 
Literatur  verweise  ich  auf  die  Übersichten  am  Kopfe  der  Kapitel  bei  Wilcken. 
Besonders  hervorzuheben  sind  für  die  Ptolemäerzeit  folgende  Werke  und  Auf- 
sätze: E.  Breccia,  II  diritto  dinastico  nelle  monarchie  dei  successori  d'Alessandro 
Magno  (Studi  di  Storia  Antica  pubbl.  da  G.  Beioch  IV).  Roma  1903.  Lumbroso, 
Recherches  sur  l'economie  politique  de  l'Egypte  sous  les  Lagides.  1870.  Wilcken, 
Griech.  Ostraka,  Berlin-Leipzig  189';.  H.  Maspero,  Les  finances  de  l'Egypte 
sous  les  Lagides.  Paris  1905.  Rostowzew,  Geschichte  der  Staatspacht  1902. 
Studien  zur  Geschichte  des  römischen  Kolonats  1910.  Steiner,  Der  Fiskus  der 
Ptolemäer.  Teubner.  1914.     Dazu  kommen  die  im  vorigen  Kapitel  angeführten 


256  EINZELNES. 


Darstelkingen  der  Ptolemäergeschichte  und  von  Wüamouitz,  Staat  und  Ge- 
sellschaft der  Griechen. 

Absolute  Monarchie;  Von  Staatsverfassung  kann  nur  aus  Not  gesprochen 
werden,  denn  wo  der  Wille  des  Herrschers  allein  maßgebend  ist.  fehlt  die  Voraus 
Setzung  der  Verfassung,  das  Zusammensein  selbständiger  Rechte.  In  bezug 
auf  die  Ägypter  gibt  es  keine  Verfassung,  da  sie  rechtlos  sind.  Ihnen  gegenüber 
setzen  die  Ptolemäer  die  Reihe  der  Pharaonen  fort,  wie  es  in  Inschriften  und 
bildlichen  Darstellungen  zu  Tage  tritt.  Über  den  Königskult  vgl.  Kapitel  16. 
Ptolemäer  als  Makedonen:  sie  sprachen  maked.  Dialekt,  Plutarch,  Anton.  27. 
Für  ihre  hellenische  Gesinnung  vgl.  ihre  Weihgeschenke  und  ihre  Beteiligung 
an  den  hellenischen  Agoncn.  Maked.  Heeresversammlung:  Polybios  XV32. 
Autonome  Gemeinden:  Schubart,  Spuren  polit.  Autonomie  in Äg.  unter 
den  Ptol.  Klio  X41.  Zu  Naukratis  vgl.  bes.  Wilcken  Chr.  27.  Alexandreia: 
Auch  cer  Pap.  Hai.  1  (Dikaiomata,  herausg.  von  der  Graeca  Halensis,  Berlin  1913) 
entscheidet  noch  nicht.  Was  er  aus  dem  ttoXitixös  vöfios  mitteilt,  bezieht  sich  auf 
Pflanzungen,  Bauten  und  1  iefgrabungen.  Über  den  Begriff  des  rrolnixös  röfio^ 
vgl.  die  Ausführungen  der  Herausgeber  p.  37 ff.,  dazu  J.  Partsch,  Arch.  f.  Pap.  V 
454ff.,  VI  39 ff.  Ferner  enthält  er  umfängliche  Auszüge  aus  dem  alex.  Privat- 
rechte   und    den  Wortlaut    des    alexandrinischen    Eides:   ooy.oi  vöfiifios-  ?>ta.v 

TIS  6(}y.i'^rji,  Sfiriiro)  ö  öom^öfitros  et'  ttji  dyooäi  STtl  lols  ö^xiorrK/iois  y-ad'.  ib^&v 
oTiivScüv,  rä  St  ooxia  naof/EjM  6  sTiiya'f.öjr.  bfivvTco  Sh  ^iu  "IJ^ar  llookiSü).  äXXov 
S'ooy.ov   itrjSit'a   t^taToi    oui'vntt    itijSt    öny.iZei''  fir^Ss  yeTSur  TTc.oioTdod'nt.     Unklar 

bleibt  vor  allem^  ob  die  alexandrinischen  vöuoi  auf  selbständiger  Beschlußfassung 
der  Gemeinde  beruhen  und  durch  ^})r]fiafiaTa  fortgesetzt  werden,  oder  Ob  es 
Sondergesetze  sind,  die  der  König  der  Stadt  verleiht.  Eine  Verleihung  der 
Grundgesetze  durch  den  Stadtgründer  Alexander  wäre  mit  beiden  Möelich- 
keiten  vereinbar.  Für  die  Entstehung  der  alexandrinischen  Bürgergemeinde, 
aller  auch  für  Ptolemais,  sodann  für  ihre  weitere  Entwicklung  und  für  das 
Verhältnis  des  Königs  zur  Verfassung  kann  eine  genaue  Verarbeitung  der  po- 
litischen Zustände  im  Seleukidenreiche  und  in  Makedonien  viel  ergeben.  Be- 
sonders wichtig  sind  Beispiele  wie  der  owoty.ioubi  von  Teos  und  Lebedos, 
den  Antigonos  regelt  (Syll.^  344),  nam.entlich  für  die  Stellung  des  Königs 
zu  den  vöuoi;  spätere  Aufnahme  neuer  Bürger  zeigt  v.nschaulich  Larisa 
(Syll.^  543).  Zum  Kulte  des  "Ale^avS^os  xxiarrjs  vgl.  G.  Plaumann,  Probleme 
des  alexandrinischen  Alexanderkults,  Arch.  f.  Pap.  VI  77.  Phylen  und  Demen: 
Schubart,  Alex.  Urkunden  aus  der  Zeit  des  Augustus,  Arch.  f.  Pap.  V  35.  dazu 
Wilcken,  Kaiser  Nero  und  die  alex.  Phylen,  ibid.  182.  In  ptol.  Zeit  nennt  der 
Bürger  nur  den  Demos,  nicht  die  Phyle.  Ob  die  Phratrienordnung  Wilcken 
Chr.  25  (265  a.  C.)  sich  auf  Alexandreia  bezieht,  ist  fraglich.  Zur  'AXs^avSoecur 
XiöQu  vgl.  bes.  OG.  H  669  über  die  Privilegien  in  der  Kaiserzeit,  wo  sie  am  Boden 
zu  haften  scheinen.  Ein  Psephisma  der  Alexandriner  vielleicht  bei  Plaumann, 
Klio  XIII  485.  Zur  Beurteilung  der  Sachlage  ist  festzuhalten,  daß  es  sich  nicht 
um.  die  Autonomie  der  Stadt  Alexandreia,  sondern  nur  um  die  der  Bürger- 
gemeinde, die  einen  Teil  der  Stadtbevölkerung  bildete,  handeln  kann.  Der 
Stadthauptmann  fühlt  wie  in  den  auswärtigen  Besitzungen  der  Ptolemäer  den 
Titel  £7il  T77s  riöltcüs,  später  oToarrjyös  Tfjg  Tiölicoi.  Bei  allen  antiken  Be- 
richten über  alexandrinische  Verhältnisse  ist  zu  beachten,  daß  der  Name  Alexan- 
<1riner  selten  im  staatsrechtlichen  Sinne  gebraucht,  vielmehr  oft  für  alle  Be- 


EINZELNES.  257 


wchner  der  Stadt,  ja  sogar  für  die  Bewohner  Ägyptens  in  griechisch-römisclier 
Zeit  angewandt  wird.  Eine  umfassende  Darstellung  fehlt  noch;  ihr  müßte  eine 
Ivritische  Sammlung  alles  auf  Aie.xandreia  bezüglichen  Materials  vorausgehen 
(Inschriften  Grabsteine,  Grabanlagen  und  andere  Baurestc,  Papyri,  antike 
Berichte  und  Erwähnungen),  wie  sie  G.  Lumbroso  unternommen,  aber  nicht 
veröffentlicht  hat.  Zunächst  käme  es  auf  eine  Sammlung  der  Papyri  an  die  in 
Alcxandreia  geschrieben  sind  oder  die  Stadt  und  die  Alexandriner  erwähnen. 
Ptolemais-  G.  Plaumann,  Ptolemais  in  Oberägypten.  Leipzig  1910.  Das 
Verhältnis  autonomer  Städte  zum  Könige  findet  einen  besc^nders  klaren  Aus- 
druck in  dem  Briefe  des  Philadelphos  an  Milet,  Inschr.  \'.  Milet  III  No.  139, 

worin  es  U.  a.  heißt;  viicör  ttj^i  nöKir  y.ai  ri-ii  TTodi  ^'M«s'  (fi).iai  y.at  aviiaayint' 
oixeUos  öiaTtTripr^xÖTio f  .  .  .  yat  ainol  Trnony.o/.uvd'ov fjee  f-TTaiioviitr  (o^  'eri  iiaXinrn 
xai   nsi-paoö/uex^a   davrta'hxt   rnr   Sfjuor-   tvsQysTOvrres   USW. 

Griechische  Ansiedler:  einen  Überblick  geben  die  Listen  bei  Lesquier  s.  u. 
Schon  die  älteste  Urkunde,  P.  Eleph.l,  von  31 1  a.C.  nenntMänner  aus  Kos,Temnos, 
Kyrene  und  Gela.  Außer  den  Griechen  waren  es  namentlich  Thraker,  Myser,  Ga- 
iater,  Perser.  Viele  der  Scldatenansiedler  führen  alexandrinische  Demosbezeich- 
nungen, andere  sind  nocl!  nicht  eingetragene  Wu^arb^eTi  tiov  oiincn  inryi.iivo}v  ü^ 
i^fjuot'...  Vgl.  die  7is7tohroyQa(fr,uiioi  des  Ha!.  1.  Man  verstärkte  auf  diese  Weise 
zugleich  die  alex.  Bürgergemeinde.  Zum  noXirsviia  der  Kreter  vgl.  besonders 
1  ebt.  1  32,  wo  mit  der  Aufnahme  in  das  Regiment  der  Kreter  der  Eintritt  des 
Makedonen  Asklepiades  in  den  politischen  Verband  der  Kreter  Hand  in  Hand 
i^öht.  Im  Allgemeinen  sind  die  y.oirä  auf  Kypros  zum  Vergleiche  heranzuziehen. 
Ober  die  Hellenen  im  ArsinoVtes  Plaumann,  Arch.  f.  Pap.  V!  17').  P.  M. 
Meyer,  Gr.  Texte  aus  Äg.  No.  5—10.  Zu  den  Hellenen  im  Delta  und  in  der 
Thebais  vgl.  OG.  II  709.  Möglicher  Weise  haben  wir  auch  in  der  Stadt  Arsinoe 
bei  Apollinopolis  Magna  (Edfu)  eine  Griechengemeinde  vor  uns,  die  autonom 
oder  wenigstens  mit  ähnlicher  Verfassung  gegründet  wurde  (S.  214);  um  ihret- 
willen scheinen  die  Auszüge  au?  dem  alex.  Rechte  im  Pap.  Ha!.  1  zusammen- 
gestellt zu  sein;  vgl.  Schubart,  Gott.  Gel.  Anz.  1913,  621  Anm. 
Ai'ch  die  Makedonen  im  Ptolemäerreichc  verdienen  eine  besondere  Unter- 
suchung. Eine  zwar  rein  formale,  aber  als  Form  sehr  beträchtliche  Einschrän- 
kung des  Absolutismus  liegt  in  der  U'rkundendatierung  nach  eponymen 
Alexanderpriestern  (hierüber  Plaumann,  Pauly-Wissowa  'itoeu  V).  Zwar 
geht  der  König  voran,  aber  indem  wie  bei  sonstiger  Datierung  nach  Jahres- 
heamten  der  Alexanderpriester  eponym  steht,  tritt  er  neben  den  König,  ?agen 
wir  als  collega  minor.  Die  U'rsache  «st  ohne  Zweifel  das  hohe  Ansehen  des  Reichs- 
gotte«  Alexandros,  der  eigentlich  als  Gott  sein  Reich  weiter  regiert,  auf  Erden 
aber  durch  den  ßaaü.ets  Urolsfiatoe  und  seinen  eponymen  Priester  vertreten 
wird.  Der  erste  eponyme  Alexanderpriester  war  Menelaos,  der  Bruder  des  Pt. 
Soter.  —  Auch  Siayoäu naia  behandeln  große  Gebiete,  z.  B.  das  oft  ange- 
führte bidyoaiiua  über  das  Gerichtswesen.  Dem  schriftlichen  Verkehre  diente 
die  königliche  Post,  Wilcken  Chr.  435.    Zum  Stil  der  Erlasse  und  Briefe  siehe 

Kap.  11.  Ephemeridcn:  Aristeas  298  e&os  ydo  ^azi,  yafl-öj;  xal  ov  yuojay.eig, 
d(f'  TJg  av  &oag  b  ßaailsvi  äu^r^tm  xor]narit,eiv  (Audienz  erteilen)  fte/,QiS  o-ö  ycara- 
y.oiftrj&fi,  Ttdvra  drnyodfftad'at  t«  Xtyöuevn  yai  7ioaaaöufi''a,  ■x.a/.dii  yivo/nivov  y.ai 
nvfjffEOÖiTCüs.     T/y    yäo    eTiiovai,    td    rr   noÖTtoor  ntrtQayuti'a  y.at    Xtkakrj/neva    ttoo 

Tor  x^Tifcariaiiov  TiaQavayifcbay.tTat.     Über   die    an    den   K' v'g  gerichteten   «r- 

Sehnb.Trt,  Papyrnskunde.  |y 


258  EINZELNES. 


rsviets  siehe  Mitteis,  Grundzüge  12ff.  Jörs  Z.  d.  Sav.  St.  33,  230  ff.  Zahlreiche 
Eingaben  an  den  König  enthalten  die  Serapeumspapyri.  Reisen  des  Königs: 
Besichtigung  der  Arbeiten  im  Fajum  Witkowski  Epistulae  6.  Persönlich  über- 
reichte Bittschriften  werden  in  den  Serapeumspapyri  erwähnt.     Hof  am  t  er: 

«^;(«aw^aT09PvAa>«es,    aQxt^vvrjyög,    aQxsSearQOS,    äQxotvo/öos,    ekayysXels,  d^x'^a'CQoe, 

TQO(fevs  y.al  Tid-r]f6g,  ßaaihy.oi  TiazSei  u.  3.     Die   Hoftitel   wie  die  Ämter  sind 
wohl  persischen  Ursprungs.     Zur  Rangfolge  vgl.  P.  M.  Meyer,  Griech.  Texte 
aus  Äg.  p.  4  und  Ryl.  II  253.     Toparchie:  meistens  findet   man    eine   «>w 
und  eine  xäro?  roTTuo/ja,  die  der  Nil  durchschneidet,    manchmal  als  dritten 
Tei!   "ÄQaßia^    das    Gebiet    an    der    östlichen    Wüste.        Heutige    Einteilung: 
Mudirije  =  Gau,  Markaz  =  Toparchie,  Beled  =  Dorf.    Im  2.  Jh.  a.  C.  gewinnen 
rorcoy^af/fiarEvg  und    xcouoy^a/ufiaTei^  besondere  Wichtigkeit.      Zum    1  d  i  0  8 
Logos  vgl.  Plaun.ann  s.v.  bei  Pauly-Wissowa.      Von  demselben  steht  eine 
Neubearbeitung   bevor:    Der    Idios    Logos   des    Königs.     TuäTts^a:   Die   Ge- 
schäfte der  kgl.  Kasse  sind  zu  scheiden  von  denen  der  Privatbank,  die  auch 
T^dTce^a  heißt,  vgl.  Kap.  18.    Der  Dioiketes  ernennt  den  Dorf  Schreiber:  Wilcken 
Chr.  160;  vgl.  Tebt.  1  24.     Berufsbeamte;  Örtel,  Die  Liturgie,  Studien  zur 
ptol.  und  kais.  Verwaltung  Ägyptens.   Leipzig  1917.     Liturgie  fürs  Gymnasien 
setzt,  wie  E.  Lobel  erkannt  hat,  der  unverö^f.  Berl.  Papyrus  13431  voraus:  der 
Makedone  Hermon  beschwert  sich  über  seine  Heranziehung  zur  lufiTtnbaoxin 
äv8()wr,   da  er  doch  die  Mittel  dazu  nicht  habe.     Er  reicht  seine  Beschwerde 
dem  Dorfschreiber  von  Philadelphia  ein,  woraus  sich  schon  für  jene  Zeit,  etwa 
erste  Hälfte  des  2.  Jh.  a.  C,  der  Einfluß  ägyptischer  Lokalbehörden  selbst  auf 
rein  griechische  Einrichtungen  ergibt.    Bakschisch  z.  R.  Tebt.  I  112.     Epistra- 
tegie:  V.  Martin,  Les  Epistrateges.     Genf  1911.     Die  Lokalbeamten  sind  häufig 
Ägypter.     Steuern  der  Inselbesitzungen:  Wilcken  Chr.  2.     Die  Verwaltungs- 
küsten  lassen  sich  am  Papierverbrauche  nur  sehr  unsicher  messen,  da  unsere 
Funde  zufällig  sind.     Bisher  scheint  es  aber,  als  sei  in  römischer  Zeit  mehr 
geschrieben  worden  als  unter  den  Ptolemäern.      Diuch  Papierverschwendung 
fallen  demotische  Urkunden  auf.     Über  das  Fajüm  Näheres  bei  Besprechung 
der  Landwirtschaft.    Alexandreias  Häfen  schildert  Strabon.  Zum  Pharos  vgl.  die 
Epigramme  des  Poseidippos,  S.  126.  Ferner  Thiersch,  Pharos.  Teubner,  1909.  Aus 
ptolemäischer  Zeit  stammen  die  großen  Tempel  in  Dendera,  Edfu,  Kom  Ombo, 
Philae.   Steuern  und  Besteuerung  können  hier  nur  gestreift  werden;  alles  Nähere 
ist  in  Wilckens  Grundzügen  und  in  seinen  Ostraka  zu  finden.    Die  ptolemäische 
Kopfsteuer    heißt   noch    nicht    Xaoyi>ucjf la,   sondern    avpraii-.       Über  di2  Ver- 
pflegung und  Beförderung  des  reisenden  Königs  F.  Zucker,  Sitz.-Ber.  Berl.  Ak. 
1911  p.  SOOff.     Zur  sTtloy.syig  vgl.  die  aitäg.  Darstellung  bei  Wreszinski,  Atlas 
zur  altäg.  Kulturgesch.  Tafel  11.     Heerwesen:  J.  Lesquier,  Les  Institutions 
militaires  sous  les  Lagides.    Paris  1911.    Nachträge:  Schubart,  Gott.  Gel.  Anz. 
1913,  610ff.    Die  Ansiedlung  der  Soldaten,  außer  im  Fajum  auch  im  Oxyrhyn- 
chites  und  Herakleopolites  bezeugt,  hatte  außerdem  den  Zweck,  die  Bebauungs- 
fläche zu  erweitern  und  dem  Könige  etwas  einzutragen.  Hauptprobleme:  Die  Ent- 
wicklung der  xlr]()oi\'om  Lehen  zum  erblichen  Besitze;  mi'itärlsche  und  rechtliche 
Bedeutung  der  Quartiere  (oKuf/uoi).  vgl.  S.  213;  emyovri  und  iniyovoi;  Verhältnis 
der  ptolemäischen  fidxtftoi  zu  den  fiäxiuoi  der  älteren  Zeit.    Über  die  Truppen  in 
Alexandreia  ist  jetzt  der  Pap.  Hai.  zu  vergleichen.  Ein  stehendes  Heer  im  eigent- 
lichen Sinne  bilden  wohl  nur  die  Garnisonen  in  den  Städten  und  Lagern  {üTtaid-^a). 


KAISER  UND  STATTHALTER.  259 

Als  Provinz  des  Römischen  Kaiserreiches  wird  staats- 
rechtlich Ägypten  aus  einem  selbständigen  Staate  e'n  dienendes 
Glied  eines  großen  Staatswesens.  Daß  der  Kaiser  im  Be- 
wußtsein des  ägyptischen  Volkes  die  lange  Reihe  der  Phara- 
onen fortsetzte,  unter  denen  die  Ptolemäer  nicht  die  einzigen 
Fremdlinge  gewesen  waren,  oder  genauer  sich  an  die  persischen 
Großkönige  und  an  Alexander  anschloß,  die  als  auswärtige  Herr- 
scher Ägypten  regiert  hatten,  hat  staatsrechtlich  keine  Bedeutung. 
Augustus  nahm  sofort  Ägypten  allein  in  seine  Hand,  schaltete 
den  Senat  aus  und  verbot  sogar  den  Senatoren,  es  zu  betreten, 
weil  er  in  dieser  Kornkammer  Roms  eine  der  notwendigsten 
Stützen  seiner  persönlichen  Macht  erblickte.  Jedoch  betrachtete 
er  die  Provinz  nicht  als  seinen  Privatbesitz,  sondern  bezeich- 
nete sie  als  einen  Teil  des  imperium  populi  Romani  und 
ließ  es  zu,  daß  an  die  Stelle  des  ptolemäischen  ßaaüu/.bv  das 
römische  dr^ioacov  =  publicum  trat  und  Begriffe  wie  örjuoala  yrj 
=  ager  publicus  und  d)]u6oLot  rouTceZixui  sich  ausbildeten,  wenn 
auch  der  Begriff  des  jkcGikr/.ov  nicht  verschwand;  sogar  vom 
Geltungsbereiche  der  Senatsbeschlüsse  nahm  er  Ägypten  nicht 
aus.  Diese  Zugeständnisse  an  die  res  publica  Romana  hinderten 
aber  nicht,  daß  Augustus  und  seine  Nachfolger  ebenso  unum- 
schränkt mit  königlicher  Gewalt  regierten  wie  die  Ptolemäer. 
Sie  ließen  sich  durch  einen  Statthalter  vertreten,  der  seine 
allgemeinen  Anweisungen  und  in  wesentlichen  Fragen  auch  Einzel- 
entscheidungen von  ihnen  empfing,  im  übrigen  aber  Ägypten 
wie  ein  König  verwaltete.  Gemäß  dem  Ausschlüsse  der  Senatoren 
durfte  dieser  praefectus  Alexandreae  et  Aegypti,  griechisch  ercuoyog 
JiyvTctoi-,  oft  fjei.id)v  genannt,  nur  dem  römischen  Ritterstande 
angehören,  so  daß  Alexandreia  nicht  nur  den  königlichen  Hof 
verlor,  sondern  nicht  einmal  den  Ersatz  erhielt,  den  in  anderen 
Provinzen  ein  Mitglied  des  römischen  Hochadels  als  Statthalter 
bieten  konnte;  der  Präfekt  stieg  aber  im  Laufe  der  Zeit  wenigstens 
auf  der  amtlichen  Rangleiter  vom  egregius  (-/oarmroc)  zum 
clarissimus  {'/MiiiTTQoTctTog).  Gewisse  königliche  Ehren  wurden  ihm 
zu  Teil;  auch  durfte  er,  wie  einst  der  Pharao,  den  Nil  während  der 
Schwelle  nicht  befahren.  Wie  der  König  Besichtigungsreisen 
unternahm,  so  auch  der  Präfekt,  nur  daß  es  im  Rahmen  der  Kon- 
ventsordnung geschah,  die  in  den  Provinzen  des  Kaiserreichs  galt: 
Alexandreia,  Pelusion  und  Memphis  oder  Arsinoe  waren  in  der  Regel 
die  Orte,  wo  er  die  Landesverwaltung  prüfte  und  Gericht  hielt. 

17* 


260  RÖMER,  HELLENEN,  ÄGYPTER. 


Seine  Entscheidungen  waren  endgültig,  seine  Befehle  {diard^u^) 
hatten  in  Kraft  kaiserlicher  Autorität  unbedingte  Geltung.  So 
gelten  nun  in  Ägypten  kaiserliche  Erlasse,  Reskripte  und  Briefe 
und  in  zweiter  Reihe  die  Verfügungen  und  Briefe  des  Präfekten. 
Die  Zentralregierung  blieb  in  Alexandreia  gewiß  in  ähnlicher 
Einrichtung  wie  zur  Zeit  der  Ptolemäer;  nur  die  obersten  Gehilfen 
des  Statthalters  wie  der  Juridicus  und  der  Idiologus  waren  gleich 
ihm  römische  Ritter.  Der  Präfekt  führte  neben  der  Leitung  der 
Landesverwaltung  auch  den  Oberbefehl  über  das  römische  Be- 
satzungsheer. 

Es  versteht  sich  von  selbst,  daß  nunmehr  auch  in  Ägypten 
der  römische  Bürger  die  höchste  Klasse  der  Bevölkerung 
bildet,  schärfer  noch  ausgeprägt  als  ehemals  die  Makedonen, 
die  mit  der  Kaiserzeit  verschwinden.  Wie  es  scheint,  hat  sich, 
abgesehen  von  Beamten,  eine  nicht  geringe  Anzahl  römischer 
Bürger  in  Ägypten  niedergelassen;  sie  wurde  allmählich  durch 
solche  Provinzialen  verstärkt,  die  im  Heeresdienste  das  römische 
Bürgerrecht  erlangten.  Es  handelt  sich  hierbei  ohne  Zweifel  um 
viele  Tausende,  seitdem  die  Truppen  hauptsächlich  aus  Ägypten 
selbst  ergänzt  wurden.  Obwohl  aber  der  civis  Romanus,  schon 
durch  das  Vorrecht  des  ius  civile  (vgl.  Kap.  14),  weit  über  allen 
Provinzialen  stand,  blieb  er  doch  in  Verwaltungsangelegenheiten 
unter  den  Ortsbel»örden;  ak  einmal  römische  Bürger  sich  weigerten, 
den  Anordnungen  des  Strategen  nachzukommen,  entschied  der 
Präfekt  gegen  sie.  Den  Römern  zunächst  folgten  die  Alexan- 
driner, deren  Bürgerrecht  die  Vorbedingung  für  das  römische 
war;  ob  die  Bürger  der  drei  autonomen  Städte  in  dieser  Beziehung 
den  Alexandrinern  gleich  stehen,  ist  noch  unbekannt.  Vielleicht 
gehören  sie  alle  unter  den  Gesamtnamen  der  Hellenen,  deren  staats- 
rechtlichen Begriff,  wie  es  scheint,  erst  die  römische  Regierung  wieder 
belebt  und  genau  umgrenzt  hat.  Jedoch  müssen  neben  den  auto- 
nomen Städten  die  geschlossenen  Gruppen  hellenischer  Bevölkerung, 
die  Hellenen  im  Delta,  im  Arsinoites,  in  der  Thebais  und  vielleicht 
auch  in  andern  Landesteilen,  meistens  wohl  Honoratioren  in  den 
Metropolen  oder  Nachkommen  der  ptolemäischen  Katöken,  im 
Wesentlichen  unvermischt  mit  ausgeprägtem  Volksbewußtsein  m 
die  Kaiserzeit  hinübergetreten  sein,  wenn  sie  den  Römern  die 
Grundlage  einer  solchen  Abgrenzung  bieten  konnten.  Rom  hielt 
streng  darauf,  diese  staatsrechtlichen  Gruppen,  die  cives  Romani 
auf  der  einen  Seite,  die  peregrini  auf  der  andern  Seite,  zu  sondern, 


RC)MER,  HELLENEN,  ÄGYPTER.  261 

sowohl  untereinander  als  auch  vornehmlich  von  der  untersten 
Klasse  der  peregrin',  den  Ägyptern.  Diesen  werden  auch  die 
durch  X'ermischung  entstandenen  Gräkoägypter  zuzurechnen  sein, 
denen  wir  in  den  Papyri  so  oft  begegnen.  Als  dediticii  sind  die 
Ägypter  Provinzialen  schlechtesten  Rechts,  denen  jede  An- 
näherung an  die  höheren  Kre'se  verboten  ist,  selbstverstärdlich 
nur  staatsrechtlich,  nicht  im  Umgang  und  Geschäftsverkehr. 
Vielleicht  ist  es  nicht  überflüssig,  zu  betonen,  daß  alle  diese  staats- 
rechtlichen Abgrenzungen  keineswegs  mit  denjenigen  zusammen- 
fallen, die  durch  Besitz  oder  Bildung  gezogen  werden;  ehi  Ägypter 
konnte  gebildet,  reich  und  angesehen,  ein  römischer  Bürger  un- 
gebildet, arm  und  bedeutungslos  sein.  Das  äußere  Merkmal 
des  , .Ägypters"  war  die  Kopfsteuer  {}.aoyiju<fia),  dagegen  waren 
die  bevorrechteten  Hellenen  von  ihr  befreit  oder  zahlten  nur  einen 
geringeren  Betrag.  Während  in  den  übrigen  Provinzen  das  römische 
Bürgerrecht  sich  bald  ausbreitete,  über  einzelne  wie  über  ganze 
Gemeinden,  ging  man  in  Ägypten  äußerst  sparsam  damit  um. 
Hier  bedeutete  es  daher  viel,  als  Caracalla  212  p.  C.  den  Provinzi- 
alen das  römische  Bürgerrecht  verlieh,  denn  mit  einem 
Schlage  wurden  die  '  höheren  Klassen,  also  im  Wesentlichen 
die  Hellenen,  dazu  ein  Teil  der  ägyptischen  Priester,  cives 
Romani;  aber  die  Ägypter  blieben  als  dediticii  aucii  jetzt  aus- 
geschlossen. Blickt  man  aufs  Ganze,  so  haben  die  Römer  d'e 
Grenze  zwischen  Griechen  und  Ägyptern,  zwischen  Herrenvolk 
und  Unterworfenen,  die  seit  dem  2.  Jh.  a.  C.  stark  ins  Wanken 
geraten  war,  kräftiger  als  zuvor  aufgerichtet  und  dadurch  den 
Abstand  des  Römers  vom  Ägypter  noch  vergrößert.  Man  darf 
aber  nicht  vergessen,  daß  diese  staatsrechtliche  Scheidung  in 
eine  Zeit  fällt,  in  der  die  Kulturen  sich  mehr  als  je  zuvor  mischen, 
so  daß  von  hier  aiis  der  römischen  Politik  eine  beträchtliche  Gegen- 
wirkung erwuchs. 

Alexandreia  besaß  in  den  ersten  zwei  Jahrhunderten  der  Kaiser- 
zeit keine  ßovh[\  vielleicht  hat  Augustus  der  widerspenstigen  und 
politisch  reizbaren  Stadt  die  Autonomie  genommen.  Ihr  Prytanen- 
kollegium.  'hre  «städtischen  Beamten  wie  der  Exeget  und  der 
Gymnasiarch,  die  Ordnung  der  Phylen  und  Demen,  wenn  auch 
seit  Nero  sich  wandelnd,  blieben  bestehen.  Ihr  Bürgerrecht 
wurde  selten  verliehen  und  kostbar  erhalten,  weil  es  die  Vorstufe 
des  römischen  war;  aber  da  es  der  Kaiser  vergab,  ist  es  kein  Merk- 
mal politischer  Geltung.     Ebensowenig  besagt  es,  wenn  die  Vor- 


262  AUTONOME  STÄDTE. 


rechte  der  'yJ'/.f^ccvÖQeojv  yjoga  fortbestehen,  und  wenn  die  Stadt 
wie  früher  keinem  Gau  angehört,  sondern  ausdrücklich  von  der 
ägyptischen  chora  gesondert  bleibt.  Der  königliche  Stadthauptmann 
erscheint  als  kaiserlicher  Stratege  wieder.  Erst  202  erhielt  Alexan- 
dreia  eine  ßovXrj,  nunmehr  aber  mit  den  Metropolen  zusammen 
in  einer  Form,  die  es  nicht  hob,  sondern  zu  den  Provinzstädten 
hinabdrückte.  Die  neue  Autonomie  war  nichts  als  Schein. 
Naukratis  hat  seine  Autonomie  behalten;  ebenso  Ptolemal's, 
dessen  Bevölkerung  in  besonderem  Maße  rein  griechisches  Blut 
bewahrt  hatte.  Beide  Städte  waren  wohl  unbedeutend  genug, 
um  den  Römern  die  Autonomie  als  harmloses  Spiel  erscheinen 
zu  lassen.  Aber  die  Kaiserzeit  bringt  sogar  eine  neue  autonome 
Stadt:  130  p.  C.  gründete  Hadrian  Antinoupol's,  indem  er 
Ansiedler  aus  den  rein  griechischen  Kreisen  von  Ptolemais,  aus  den 
Hellenen  des  Fajüm  und  aus  den  Veteranen  heranzog;  Stadt  der 
,, Neuen  Hellenen"  nannte  er  sie  wohl  im  Hinblick  auf  den  staats- 
rechtlichen Hellenenbegriff.  Demen  und  Phylen,  deren  Namen  das 
Kaiserhaus  verherrlichen,  Prytanen  und  Stadtbeamte,  wie  in  den 
Metropolen  zu  einem  Kollegium  der  Archontes  zusammengefügt, 
vor  allem  aber  die  /iot-/?;, bezeichnen  die  Autonomie  der  neuen  Stadt, 
die  in  gewissem  Umfange  ihre  Grundgesetze  von  Naukratis  über- 
nommen zu  haben  scheint,  jedoch  in  d?r  iTttyaula  mit  den  Ägyptern 
davon  abwich  und  damit  von  vornherein  ihr  echt  hellenisches 
Wesen  aufgab.  Allerlei  Vorrechte  nach  dem  Vorbilde  Alexandreias 
kamen  hinzu.  Es  liegt  auf  der  Hand,  daß  diese  autonomen  Städte 
unter  der  straffen  römischen  Regierung  noch  weit  weniger  als 
unter  den  Ptolemäern  die  absolute  Gewalt  des  Kaisers  und  seines 
Statthalters  einschränken  konnten;  ein  Ratsprotokoll  von  Antinou- 
polis  spricht  ausdrücklich  aus,  daß  allem  und  jedem,  auch  den 
Beschlüssen  des  Rates,  die  Staatsgesetze  und  die  Verfügungen 
der  Regierung  vorgehen.  Neben  der  oben  dargelegten  staatsrecht- 
lichen Gliederung  der  Einwohner  spielen  diese  Autonomien  auch 
rechtlich  kaum  eine  Rolle. 

Die  Metropolen,  die  Hauptstädte  der  Gaue,  blieben  im  Grunde 
wie  in  ptolemäischer  Zeit  Dörfer,  die  sich  nur  durch  ihre  Größe  und 
durch  den  Amtssitz  der  Gaubehörden  auszeichneten;  jedoch  ver- 
liehen ihnen  die  Römer  eine  eigne  Verwaltung  unter  Aufsicht 
des  Gaustrategen,  nämh'ch  das  Kollegium  der  ägy/jm^,  städtischer 
Beamten  mit  fester  Rangordnung,  die  den  Honoratioren,  d.h.  den 
hellenischen    Kreisen    entnommen    wurden,    deren    Merkmal    die 


METROPOLEN.     VERWALTUNG.  263 

Schulung  durch  das  Gymnasion  war.  D'e  Bürger  der  Metro- 
polen, ^ir>roo7ro'klTca,  genossen  mancherlei  Vorrechte;  namintl'ch 
zahlte  ein  Teil  von  ihnen  geringere  Kopfsteuer.  Da  die  Kopfsteuer 
das  sichere  Kennzeichen  der  Ägypter  im  staatsrechtlichen  Sinne 
ist,  so  ergibt  s'ch,  daß  die  Metropohten  in  den  Augen  der  Römer 
eine  Übergangsstufe  von  den  JiyvTtTLoi  zu  den  "El'Arjvt^  bildeten: 
sie  gehörten  wohl  vielfach  der  ägyptisch -griechischen  Mischung 
an,  die  wir  Gräkoägypter  zu  nennen  pflegen.  Auch  hierin  offenbart 
sich  wieder;  wieviel  mehr  Gewicht  die  Römer  auf  hellenische  Ab- 
stammung legten  als  die  späteren  Ptolemäer.  Im  Jahre  202  p.  C. 
erlirelten  die  Metropolen  zusammen  mit  Alexandreia  die  ßov/.t^, 
die  nun  in  weitem  Umfange  Aufgaben  zu  übernehmen  hatte, 
die  bisher  den  Staatsbehörden  oblagen:  vor  allem  haftete  sie  dem 
Staate  für  die  Steuern.  Das  Kollegium  der  ciQyovrsQ  blieb  neben 
ihr  bestehen,  und  die  neu  geschaffenen  Prytanen  wurden  ihm  ein- 
gereiht. Die  Einwohnerschaft  wurde  öf^uog  und  in  Phylen  ge- 
gliedert, im  Anschlüsse  an  d'e  frühere  rein  polizeiliche  Einteilung 
der  Stadt  in  Quartie^-e  {äacpoda).  Jedoch  übte  nach  wie  vor  der 
Gaustratege  die  Aufsicht  auch  über  .die  ßovXrj  aus.  Hierin  unter- 
schieden sich  die  Metropolen  von  Ptolema'is  und  Antinoupolis, 
wo  zwar  auch  der  Stratege  des  thinitischen  und  des  antinoitischen 
Gaus  seinen  Sitz  hatte,  aber  ohne  Einfluß  auf  die  Stadt  selbst. 
Was  den  Metropolen  zu  Teil  ward,  bestand  in  den  äußeren  Formen 
der  Autonomie,  aber  nicht  einmal  in  dem  bescheidenen  Inhalte, 
den  die  alten  autonomen  Städte  bewahrt  hatten.  Es  war  im  Grunde 
weniger  ein  Schritt  zur  Autonomie  als  zur  civitas  römischen 
Sinnes,  und  die  constitutio  Caracallas  212  p.  C.  führte  in  derselben 
Richtung  weiter. 

An  der  allgemeinen  Verwaltung  Ägyptens  haben  die  Römer 
nicht  viel  geändert;  jedoch  vereinigten  sie  die  fortbestehenden 
Gaue  zu  drei  großen  Bezirken,  Delta,  Heptanomoi  mit  dem  Ar- 
sinoites,  Thebais,  an  deren  Spitze  je  ein  Epistratege  mit  dem  Range 
eines  procurator  trat,  mit  Ausnahme  der  Anfangszeit  immer  ein 
römischer  Ritter  wie  die  andern  höchsten  Provinzialbeamten. 
Den  Gau  verwaltete  wie  früher  der  Stratege  lediglich  als  Zivil- 
beamter, der  zwar,  wenn  es  nicht  ein  Römer  war,  aus  den  bevor- 
rechteten Hellenen  genommen  wurde,  aber  noch  tief  unter  jenen 
equites  Romani  stand.  Auch  die  übrigen  Gaubeamten  finden 
wir  wieder,  nur  trat  bald  neben  den  Dorfschreiber  das  Kollegium 
der  TroeaSvTeoot,   gemäß  der  Neigung  der  Römer,   kollegiale  Ver- 


264  LITURGIE. 


waltung  einzurichten.  Alle  Beamten  vom  Prät'ekten  an  führten 
jetzt  Amtstagebücher,  die  durch  Aushang  dem  Volke  zugänglich 
gemacht  wurden.  Neben  der  Öffentlichkeit  der  Verwaltung  ist 
ein  bezeichnendes  Merkmal  die  echt  römische  Instruktion  der 
Beamten  nach  Präzedenzfällen,  die  uns  jetzt  in  der  ausführlichen 
Amtsanweisung  für  den  Idiologus  und  seinen  gesamten  Bereich 
besonders  klar  vor  Augen  liegt.  Amtssprache  blieb  das  Grie- 
chische. 

Eine  entscheidende  Neuerung  war  es,  als  die  Regierung  im  I.  Jli. 
p.  C.  das  System  der  Liturgie  einführte,  und  zwar  nicht 
mit  einem  Schlage,  aber  in  steter  Zunahme  den  ptolemäischen 
Grundsatz,  die  Beamten  aus  Staatsmitteln  zu  besolden,  verlielj. 
Auch  der  Beamte  der  Ptolemäerzeit  haftete  dem  Könige  mit 
seinem  X'ermögen;  jetzt  aber  stellte  man  diejenigen,  die  nach 
Einkommen  (rtögog)  und  sonstigen  Eigenschaften  geeignet  schienen, 
Ämter  zu  übernehmen,  in  Listen  der  tvnoQoi  /.cd  e7Tt,Ti]dti.oi  zu- 
sammen, und  aus  ihnen  bestimmte  der  Epistratege  die  künftigen 
Beamten  durch  das  Los.  Die  Vorschläge  dafür  gingen  in  der 
Metropole  wohl  vom  /.mror  nhv  dgyovrojy.  im  Dorfe  von  der  Dorf- 
gemeinde unter  ihrer  Haftung  aus.  Erst  mit  dem  70.  Lebensjahre 
erlosch  die  Pflicht,  ein  zugewiesenes  Amt  zu  übernehmen.  Ein- 
spruch und  Berufung  waren  aber  auch  sonst  möglich;  durch  Pri- 
vileg wurden  Einzelne,  ja  sogar  ganze  Stände,  davon  befreit, 
wie  z.  B.  die  Ärzte,  und  die  Bürger  von  Alexandreia  und  An- 
tinoupolis  genossen  erleichternde  Beschränkungen  der  Liturgie- 
pflicht. Als  die  Metropolen  die  Sor'/.i^  erhalten  hatten,  fiel  ihnen 
mit  der  Haftung  auch  die  Auswahl  der  liturgischen  Beamten  zu, 
die  jetzt  in  regelmäloigem  Wechsel  von  den  Pliylen  der  Stadt 
gestellt  wurden.  War  in  ptolemäischer  Zeit  das  Staatsamt  be- 
gehrenswert gewesen,  so  wurde  es  jetzt  eine  Last,  die  der  Staat 
den  Wohlhabenden  aufbürdete,  denn  sie  hatten  die  Kosten  des  Amtes 
zu  tragen  und  dem  Staate  für  den  Ertrag,  z.B.  der  Steuern,  einzu- 
stehen; man  bot  jetzt  alles  auf,  um  von  der  Liste  der  Pflichtigen  ab- 
gesetzt zu  werden.  Je  mehr  Ämter  in  Liturgien  verwandelt  wurden, 
desto  mehr  mußten  die  besitzenden  Bürger  bluten,  und  die  Papyri 
zeugen  davon,  wie  man  sich  durch  allerlei  Mittel,  durch  Vermögens- 
verzicht, ja  durch  Flucht,  zu  entziehen  suchte.  Das  Urteil,  das 
System  der  Liturgie  habe  den  bürgerlichen  Wohlstand  unter- 
graben und  den  Bürgerstand  selbst  aufgelöst,  scheint  berechtigt 
angesichts  der  Zustände,  die  sich  im  3.  Jh.  p.  C.  enthüllen.    Durch 


FINANZVERWALTUNÜ  265 

d'e  Liturgie  wälzte  die  kaiserliche  Regierung  wesentliche  Aufgaben 
der  Staatsverwaltung  auf  Privatleute  ab,  deren  Befähigung  im 
Grunde  auf  ihrem  Geldbeutel  beruhte,  und  die  Haftung  der 
üturgen  konnte  in  keiner  Weise  eine  geordnete  Verwaltung  ge- 
währleisten. Damit  erklärte  Rom  sich  unfähig,  die  großen  Aufgaben 
des  Weltimperiums  zu  erfüllen:  denn  das  altrömische  Beamtentum 
vermochte  die  stadtrömische  Enge  nicht  zu  überwinden,  und 
seine  Formen,  die  gerade  unsere  Papyri  auf  den  Gebieten  der 
Verwaltung  und  der  Rechtspflege  als  unzulänglich  erweisen, 
den  neuen  Anforderungen  nicht  anzupassen.  Es  suchte  eine  Zeit 
lang  noch  den  erforderlichen  Ertrag  aus  der  Provinz  heraus- 
zuwirtschaften,  ohne  dafür  zu  sorgen,  daß  sie  leistungsfähig  blieb; 
die  Liturgie,  der  Notbehelf  einer  kurzsichtig  fiskalischen  \'er- 
waltung,  führte  zum  Zusammenbruche. 

Die    Finanz  wir  tschaft    trat    unter    den    Kaisern    fast    nocii 
mehr  in  den  Mittelpunkt  als  unter  den  Ptolemäern;  war  doch 
Ägypten  als  Kornkammer  für  Rom  von  unschätzbarer  Wichtigkeit. 
Man  suchte  womöglich  noch  mehr  herauszuholen  als  früher,  und 
anfangs  wenigstens  tat  die  Regierung  das  ihrige,  besonders  Au- 
gustus,  der  die  im  1.  Jh.  a.  C.  verfallene  Landwirtschaft  kräftig 
hob;  die  ersten  Kaiser  haben  nach  dem  Grundsatze  des  Tiberius 
gehandelt  und  das  Land,  dem  sie  viel  abverlangten,  so  verwaltet, 
daß  es  viel  leisten  konnte.      Den    aus    der   Ptolemäerzeit  über-' 
nommenen  Gedanken,  daß  der  Ägypter  an  seinem  Heimatswohn- 
sitze {Idia)  zu   bleiben  habe,  weil  nur  so  der  Landwirtschaft  über- 
all die  nötigen  Arme  gesichert  werden  könnten,  führten  die  Römer 
noch  viel  strenger  durch.     Die  Grundzüge  der  Finanzvervvaltung 
blieben  bestehen:  das  ßaoüiy.ov  verwandelte  sich  in  den  fiscus,  das 
Sonderkonto  des  iÖloq  Ädyoc  wurde  übernommen  und  als  Neuerung 
das  Patrimonium  {odoicc/.h^  löyoc)  ihm  angefügt.    Naturgemäß  be- 
hielt Alexandreia  die  Zentralbehörden,  Zentralkassen  und  Zentral- 
speicher, die  von  Prokuratoren  geleitet  wurden.    Unter  dem  Prä- 
fekten  standen  der  idiologus,  in  dessen  Bereich  die  bona  vacantia 
.  et  caduca  gehörten,  sowie  die  Untersuchung  alles  dessen,  woraus  de- 
Fiskus  außerordentliche  Einnahmen  ziehen  konnte,  für  das  Patri- 
monium der  dem  idiologus  untergebene  procurator  usiacus,  ferner 
als  Leiter  der  Getreidemagazine  der  procurator  Neaspoleos,  und  ein 
Dioiketes.     Im  Lande  arbeiteten  alle  Zivilbeamten  für  den  Fiskus 
und    neben    ihnen,    zumal  im  Anfange  der  Kaiserzeit,    besondere 
Külaauo^  (liv.ovöuoi.    meistens    kaiserliche    Sklaven;    die    Staats- 


266  STEUERN. 


Rassen,  jetzt  drjiiwoica  rgdcjuliai,  in  den  Metropolen,  wie  die 
&rioavQOf  auf  den  Dörfern  dauerten  fort.  Die  Verleihung  der 
ßovli]  an  die  Metropol-^n  gab  die  Möglichkeit,  die  Buleuten  kräftig 
zur  Steuer-  und  Finanzverwaltung  heranzuziehen,  und  vielleicht 
hat  gerade  dieser  Gedanke  jene  Scheinautonomie  dem  Kaiser 
besonders  empfohlen. 

In  der  Besteuerung  folgte  Augustus  dem  Vorgange  der 
Ptolemäer,  steigerte  aber  die  Anforderungen  noch  und  führte 
sie  strenger  durch.  Die  Kaiserzeit  bietet  uns  für  die  ein- 
zelnen Steuern  einen  reicheren  Stoff,  namentlich  für  die  Ge- 
werbesteuer {xtiQcovdtnjv)  und  die  mehrfach  abgestufte  Kopf- 
steuer {Auoyoacfia):  durch  die  Stcuerprüfung  {e7rr/.oioig)  wurden 
die  Bevorrechteten,  im  Wesentlicher»  die  Hellenen,  die  von  ihr 
befreit  waren,  festgestellt.  Es  fehlt  uns  aber  an  Dokumenten, 
die  ganze  Gebiete  so  beleuchten,  wie  es  der  Revenue-Papyrus 
für  das  3.  jh.  a.  C.  tut.  Daher  ist  auch  die  Ausdehnung  der  Mono- 
pole in  der  Kaiserze't  nur  in  ziemlich  undeutlichen  Spuren  er- 
kennbar. Im  Ganzen  bleibt  das  frühere  Steuersystem  in  Kraft; 
wirklich  neu  sind  die  Kommunalsteuern,  die  aus  der  Ent- 
wicklung der  Metropolen  hervorgehen.  Um  div;  steuerpflichtigen 
Personen  festzustellen,  führte,  wie  es  scheint,  schon  Augustus, 
der  mehr  und  mehr  als  Begründer  der  wichtigsten  römischen 
Ordnungen  kenntlich  wird,  die  vierzehnjährige  Periode  der  Steuer- 
erklärung ein:  da  die  Kopfsteuer  vom  vollendeten  14.  Lebens- 
jahre an  zu  zahlen  war,  verlangte  man  jetzt  alle  14  Jahre  die  xar 
oiyJuv  caroyQcafta  über  den  Personenstand,  mit  der  besonderen 
Absiclit,  die  Bevölkerung  nach  ihrem  Heimatssitze  festzustellen. 
Daher  forderte  jedesmal  vorher  der  Präfekt  die  Provinzialen  auf, 
sich  in  ihre  /diu  zu  begeben  und  dort  ihre  Erklärung  einzureichen; 
wahrscheinlich  mußte  man  sich  auch  persönlich  den  Ortsbehörden 
zeigen.  Veränderungen  im  Personenstande,  die  innerhalb  dieser 
Periode  vorfielen,  kamen  durch  die  Geburts-  und  Todesanzeigen 
der  Behörde  zur  Kenntnis.  Getrennt  davon  wurden  Mobilien 
und  Immobilien  durch  besondere  änoyQcupa)  angezeigt,  z.  T.  der 
Steuerbehörde,  z.  T.  der  tyy.t}]oeiov  ßißhn^i']xri.  die  im  nächsten. 
Kapitel  besprochen  werden  wird.  Auch  den  für  die  landwirt- 
schaftlichen Erträge  vor  allem  wichtigen  Kataster  übernahmen 
die  Römer  und  übertrugen  ihn  auf  das  Reich.  Die  unter  den  Pto- 
lemäern  überwiegende  Verpachtung  der  Steuern  ließen  sie  im  all- 
gemeinen  nur  bei  den  indirekten  Abgaben  fortbestehen  und  er- 


HEER.  267 

hoben  die  mei<:ten  Steuern  durch  liturgische  Beamte,  sobald  das 
System  der  Liturgie  Eingang  gefunden  hatte.  Auch  hierzu  ist 
Kapitel  18  zu  vergleichen. 

Dem  ptolemäischen  Heere  machte  Augustus,  wiv,  sich  von 
selbst  versteht,  ein  Ende.  Wenn  später  noch  einige  Ausdrücke 
der  ptolemäischen  Heeresverfassung  begegnen,  namentlich  die 
Katöken  und  die  Perser  der  Epigone,  so  bezeichnen  sie  nur  noch 
Klassen  der  Grundbesitzer  oder  der  Bevölkerung.  Die  Provinz 
Ägypten  erhielt  zunächst  die  starke  Besatzung  von  drei 
Legionen,  die  bald  auf  zwei  herabgesetzt,  dann  wieder  auf  drei 
erhöht  wurde,  bis  man  seit  Hadrian  sich  mit  einer  Legion 
begnügte,  deren  Standort  bei  Alexandreia  war.  Da  Augustus 
die  Senatoren  von  Ägypten  ausgeschlossen  hatte,  führten  nicht 
wie  sonst  senatorische  Legaten,  sondern  Legionspräf 3kten,  die 
aus  den  Primipili  hervorgingen,  das  Kommando.  Zu  den  Legionen 
kamen  drei  Reitergeschwader  (alae)  sowie  provinziale  auxilia. 
Endlich  war  Alexandreia  der  Hafen  der  classis  Augusta  Alexan- 
drina. Über  alle  Truppen  der  Provinz  führte  der  Präfekt  den 
Oberbefehl.  Der  Grundsatz,  daß  den  ehrenvollen  Di'^nst  in  der 
Legion  nur  römische  Bürger  leisten  dyrftv.n,  mußte  durch  die 
militärischen  Forderungen  des  Weltreiches  hinfallen;  man  sah 
sich  schon  früh  genötigt,  die  Legionen  aus  den  Provinzialen  zu 
ergänzen,  zog  aber  in  Ästypten  nur  die  bevorrechteten  Klassen 
heran,  denen  durch  die  Steuerprüfung  {l/iiÄQiaig)  völlige  oder 
teilweise  Befreiung  von  der  Kopfsteuer  zugebilligt  war,  also 
im  Wesentlichen  die  Hellenen.  Im  2.  Jh.  p.  C.  kam  es  dahin, 
daß  die  ägyptischen  Legionen  in  der  Hauptsache  dem  Lande 
selbst  entstammten.  Erleichtert  wurde  diese  Ergänzung  der 
Legionstruppen  durch  die  Söhne  der  Soldaten,  die  aus  illegitimer 
Ehe  im  Lager  hervorgingen,  Augustus  hatte  den  Soldaten  die 
Ehe  während  der  Dienstzeit  verboten.  Da  man  aber  Verhältnisse, 
denen  zur  Ehe  nur  die  Rechtsform  fehlte,  nicht  hindern  konnte, 
machte  man  gerade  in  Ägypten  aus  der  Not  eine  Tugend  und  gewann 
den  Nachwuchs  der  Legionen  aus  den  Lagerkindern,  die  mit  dem 
Eintritt  in  die  Legion  römische  Bürger  wurden  wie  auch  sonst 
die  peregrini.  Die  auxiüa  bestanden  von  vornherein  aus  peregrini, 
die  aber  erst  nach  Ablauf  der  Dienstzeit  das  Bürgerrecht  er- 
langten; jedoch  verlor  der  Unterschied  der  Legion  von  den  auxilia 
mit  der  Zeit  seine  Bedeutung.  In  jedem  Falle  hat  der  Dienst  im 
römischen     Heere     zahlreiche    Hellenen    und    Gräkoägypter    zu 


268  EINZELNES 


römischen  Bürgern  gemacht  und  eine  breite  Schicht  ronianisierter 
Griechen  geschaffen.  Hatte  der  Soldat  seire  Dienstzeit  beendet, 
die  in  der  Legion  20  Jahre,  m  den  auxiUa  25  Jahre  währte,  so  er- 
hielt er  mit  der  ehrenvollen  Entlassung  (honesta  niissio)  Namen 
und  Vorrechte  e'ne.,  veteranus,  durfte  seinen  bisherigen  Konku- 
binat in  e'ne  Ehe  verwandeln  und  siedelte  sicii  in  der  Regel 
als  Gutsbesitzer  an.  Zahlreiche  ägyptische  peregrini  dienten  auch 
außerhalb  der  Provinz  in  der  Flottenstation  Misenum. 

Unterscheidet  sich  die  römische  Heeresordnung  auch  scharf  von 
der  ptolemäischen,  so  sind  doch  ein  paar  verwandte  Züge  unver- 
kennbar. Für  das  ursprünglich  huidfrenide  Heer  gewinnt  man 
bald  im  Lande  selbst  ein  F^ekrutierungsgebiet  in  den  Einheimischen 
und  in  den  Söhnen  der  Soldaten;  aber  während  die  Ptolemäer 
die  Ägypter  heranziehen,  hält  Rom  nur  die  bevorrechteten  Hellenen 
und  die  ihnen  nahe  stehenden  Kreise  für  fähig  und  würdig  und 
grenzt  auch  hier  Hellenen  und  Ägypter  weit  strenger  ab.  Die 
Soldatensöhne  stammen  aus  der  Garnisondienstzeit  des  Vaters, 
der  erst  als  Veteran  zum  Bauern  wird;  die  Ptolemäer  dagegen 
siedelten  den  Soldaten  mit  weiter  dauernder  Dienstpflicht  an  und 
schufen  e'iien  grundsässigen  Kriegerstand.  Gerade  in  diesen 
Kreisen,  den  Nachkommen  der  Kleruchen  und  Katöken,  fanden 
die  Römer  die  Ergänzung  ihrer  Truppen,  und  insofern  wirkt  das 
ptolemäische  Heerwesen  noch  ins  römische  hinein. 

Für  die  Kaiserzeit  nenne  ich  im  Allgemeinen:  Mommsen  RG  V.  Ferner  wiederum 
Wiickens  ünmdzüge  und  seine  Ostral<a,  Rostowzews  Staatspacht  und  Kolonat. 
A.  Stein,  Untersuchungen  zur  Geschichte  und  Verwaltung  Ägyptens  imter 
römischer  Flerrschaft.  Stuttgart  IDl.').  Dazu:  Schuhart,  G.  G.  A.  Utic-,  S.Oö, 
wo  ich  einen  Überblick  über  die  römische  Politik  gab.  O.  Hirschfeld,  Die  kaiser- 
lichen Verwaltungsbeaniten  bis  auf  Diokletian'^.  Berlin  lOO.ö.  Ferner  die  aus 
tiihrliche  Besprechung  der  Beamten  bei  Örtel.  Die  Liturgie  14H  ff.  E.  Korne- 
niJMin  bei  Gercke-Norden,  Einl.  in  die  Alt-Wiss.  III  281ff. 
Für  die  staatsrechtliche  Auffassung  des  Augustus  und  seiner  Nacii- 
folger  ist  es  bezeichnend,  dali  sie  den  r(''mischen  Begriff  der  dediticii  auf  die  Ägypter 
anwenden,  sie  also  in  die  res  publica  Romana  einordnen  und  nicht  als  Untertanen 
des  Pharao  betrachten.  Augustus  sagt  im  Monum.  Ancyranum:  Aegyptum 
imperio  populi  Romani  adieci.  Daß  auch  Senatsbeschlüsse  in  Ägypten  Geltung 
haben,  lehrt  erst  der  noch  unpubl.  Berliner  Gnomon  des  'dios  Logos,  allerdings 
wohl  nur  in  bezug  auf  die  römischen  Bürger,  Latiner  usw.,  die  inÄgypten  wohnen: 
aber  da  die  Begriffe  Latini,  peregrini,  dediticii  auch  auf  Ägypten  angewendet 
werden,  ist  kaum  eine  Grenze  zu  ziehen.  Im  nächsten  Kapitel  wird  über  die  Gel- 
lung des  '''mischen  Privatrechts  in  Ägypten  zu  sprechen  sein.     Kais.  Autorität: 

Mitteis  Chr.  t^y  (Hadr'an):  :ii/o>>ivvtl[r]  otftikovit^  rag  druyiir)[ahfhioa^  Tov  d'bofi 
J [QJatavov   y.n'i    tov   >cvoioi    t^iiöjv  'Ad<}in[ro]v   Kc.inaoo^  l'f-ßaaTfovJ   äno(fi(A]9sis. 


EINZELNES.  269 


Prafekt:  Wieviel  der  Verlust  des  Hofes  und  der  Mangel  eines  senatorischeii 
Prokonsu^s  ausmachte,  führt  Wiiamcwitz  aus:  Zwei  Edikte  des  Germanicus, 
SB.  Berl.  Ak.  1911,  '^16.    Liste  der  Statthalter-  Cantarelli,  La  serie  dei  prefetti 
di   Egitto  liJOfi— 12.      Stellung    des  Präfekten:    man    begrüßte  ihn  morgens, 
aoTiaoftös;  eine  Einladung  zu  ihm  galt  als  Auszeichnung  Oxy.  III  471.     Sein 
Besuch  wurde  mit  Festlichkeiten  begangen,  Wilcken  Chr.  96.   Konvent:  Wilcken, 
L>fr  ägyptische  Konvent,  Arch.  f.  Pap.  IV,  366;  für  den  Konvent  der  Thebais 
vgl.  Ryi.   11  74.      Über    seine    Gerichtsbarkeit    siehe    das    folgende     Kapitel. 
Staatsrechtliche   Sonderung   der   Klassen:   Makedonen   kommen   noch 
unter  Augustus    vor,    später    anscheinend    nicht   mehr;    vielleicht   beseitigte 
man    den    Namen    ebenso    wie    sonstige    Erinnerungen    an    die    Ptolemäer. 
Über   die   Römer   in  Ägypten    fehlt  es  an   einer  Arbeit   trotz  dem  reichen 
Materiale;  schon  unter  Augustus  gab  es  ihrer  viele  in  Alexandreia,  Kaufleute 
und  dgl.;  die  Beamten  verschwinden  der  Zahl  nach  ganz.   Man  hat  zu  scheiden: 
geborene  cives  Romani,  Latiner,  romanisierte  Griechen,  Freigelassene,  Sklaven 
des    Kaisers.      Römer    unter    dem    Strategen:    Wilcken    Chr.  35.     Erst  der 
Gnomon  des   Idios  Logos  zeigt  die  staatsrechtliche  Stellung  der  Römer  ganz 
klar    der  Römer  darf  kein  hellenisches  Testament  schreiben;   Erbschaften,  die 
zwischen  Römern  und  Hellenen  bona  fide  eingetreten  sind,  hebt  Vespasian  auf. 
Die  Alexandriner  gelten   den  Römern  gegenüber  als  rjTToi'  yivos;  ein  Ägypter, 
der  seinen  verstorbenen  Vater  als  Römer  bezeichnet,  wird  mit  Konfiskation 
eines  Viertels  des  Vermögens  bestraft.    Durchgängig  wird  betont,  jeder  habe  in 
seinem  Stande  zu  bleiben-  Übergriffe  werden  hart  bestraft.  Alexandriner:  der 
Gnomon  des  Idios  Logos  scheint    Alt'E.fw^otii  und  d.axol  zu  unterscheiden;  wie 
sich  dieaözojzu  den''^/-l»7fes  verhalten,  ist  noch  unklar.  Der  Begriff  der  Hellenen 
hebt  sich  neuerdings  immer  klarer  heraus,  auch  in  dem  genannten  Gnomon.  Vgl. 
die  Hellenen  im  yXrsinoites  und  die  Inschrift  zu  Ehren  des  Aristides  00.  II  709; 
zu  den   Katöken   vgl.  Plaumann,  Arch.  f.  P.  VI.  182.     Eine  Untersuchung  ist 
nötig.    Ägypter-  sie  sind  dediticii,  wie  die  constitutio  Caracallas  sagt:  Mitteis 
Chr.  377  =  Giss.   4(!  mit   wichtigen    Erläuterungen   von   P.  M.  Meyer.       Der 
Gnomon  des  Idios  Logos  rückt  sie  an  unterste  Stelle:  ein  Ägypter,  der  seinen 
Sohn   als  ehemaligen    Epheben   (ifrjßsvy.öTo)   deklariert,    wird   mit   teilweiser 
Konfiskation  bestraft;  Freigelassene  von  Alexandrinern  dürfen  keine  Ägypterin 
heiraten;  der  Sohn  eines  Syrers  und  einer  äarri,  der  eine  Ägypterin  heiratete, 
wurde  bestraft  usw.     Die  oben  geforderte  Untersuchung  über  die  Römer  in 
Ägypten  würde  klar  machen,  wie  viel  die  constit.  Anton,  bedeutete.    Im  Ganzen 
stellen  sich  zwar  die  Römer  weit  über  die  Hellenen;  aber  gegenüber  den  Ägyptern 
und    Gräkoägyptern    bilden    Römer,  (Alexandriner)  und  Hellenen    die   bevor- 
rechtete Oberschicht.  Tatsächlich  aber  fanden  Mischungen  und  Bee'nflussunger« 
statt:   der   Gnomon  verbietet  ausdrücklich  den   Römern  die   Geschwisterehe. 
Alexandreia:    der  Gymnasiarch    ist   in  der   Kaiserzeit    eine  Art  offiziellen 
Vertreters  der  Stadtfreiheit,  wie  die  sog.  alex.  Märtyrerakten  zeigen,  vgl.  S.  152ff 
und    Kap.  15.      Zu   den    alexandrinischen   Stadtämtern   vgl.  Oxy.  XII    1412. 
Die   nohreia   scheint   vom    Kaiser,    ab^r  durch   den    Präfekten    verliehen   zu 
werden:    vgl.  den    Briefwechse'    des  Plinius   mit  Trajan   über  die  Verleihiwi 
an  seinen  ägyptischen  Arzt;  ferner  den  Gnomon  des  Idios  Logos:  rä  ne^l  rcöi 

tknyovTcov    ovi    /uf]     ÖeZ   sh    jrji'    'A/.e^aröoioJv    TToXiTsiai'    vvv    TjyefiovrxfjS    yeyovtv 

biayvibaecos;    Inschr.  aus  Sardes  (Denkschr.  d.  Kais,  Ak.  d.  Wiss.  Wien  1910:  Keil 


270  EINZELNES. 


und  Premerstein,  Bericht  über  eine  Reise  in  Lydien^:  iBifir^d-sls  vnb  d-eov  M&qkov 

y.a\  d'Eov  KofifiöSov  Ttolireia   fiev  'A/.e^avdl^ecou   id'ayevel  USW.      Die    Stadt   heißt 

amtlich:  'Ale^ävSQeia  fi  TiQöi:  AlyvTtrqj—  Alexandrea  ad  Aegyptum.  Wichtig 
ist  die  Frage,  ob  202  p.  C.  die  Bürgergemeinde  der  Alexandriner  dio  ßovlii 
erhielt,  womit  die  wahrschein'ich  ursprüngliche  Autonomie  wieder  hergestellt 
worden  wäre;  oder  ob  Severus  jetzt  der  Gesamtstadt  die  Autonomie  verlieh, 
selbstverständlich  unter  Ausschluß  der  Ägypter  und  Gräkoägypter.  In  diesem 
Falle  läge  die  völlige  Gleichstellung  m-.t  den  Metropo'en  auf  der  Hand.  Nau  - 
kratis:  Wilcken  Chr.  27.  Antinoupolis  jetzt  behandelt  von  E.  Kühn,  Anti- 
noupolis.  Diss.  Leipzig  1918.  W.  Weber,  Untersuchungen  zur  Geschichte  Kaiser 
Hadrians.  Das  connubium  mit  den  Ägyptern  erscheint  jetzt  im  Lichte  des 
Gnomon  als  ein  erheblicher  Mangel  an  hellenischer  Reinheit.  Autorität  Roms 
gegenüber   den    xfiifia/taTu   des    autonomen   Antinoupolis:    Wiicken   Chr.  27: 

TTQoy.QEivovTai  ya^  ovrivosovr  ol  v6f.ioi  y.at  SuiTd^siS' 

Metropolen:  Jouguet,  La  vie  municipale  dans  l'Egypte  Romaine.  Paris  1911. 
Preisigke,  Städtisches  Beamtenwesen  im  röm.  Äg.  Halle  1903,  vgl.  Oxy.  X 1 1 1412. 
Die  Kopfsteuer  der  Metropoliten  war  örtlich  verschieden;  wir  kennen  ur,TQ07roXixai 
öHTddouyjioi,  bcoöexäöonyiiot,  u.  a.  Bei  den  äoxorrei  beachte  man,  daß  ihr  Amt 
d(>xfi  heißt,  also  ein  Ehre  verleihendes  Amt  war.  Auch  in  den  Metropolen  spielt 
der  Gym.nasiarch  die  wichtigste  Rolle.  Zum  Öfifios  der  Metropolen  vgl.  Wilcken 
Chr.  33,  woraus  man  sieht,  daß  schon  früher,  wenn  auch  nicht  staatsrechtlich, 
so  doch  im  Sprachgebrauche  der  Demos  auftrat  und  sogar  Ehrenbeschlüsse 
faßte.  Ptolemais  und  Antinoupolis  waren  zugleich  Gaumetropolen.  Die  Ratsakte« 
von  Oxyrhynchos  zeigen,  daß  in  der  Bule  die  städtischen  Beamten,  ir^vTavig, 
ovi-Smos  u.  a.  das  Wort  führen,  während  die  Versammlung  fast  nur  zustimmt; 
sie  berät  über  die  Wahl  städtischer  Beamten,  über  den  goldnen  Kranz  für 
den  Kaiser  u.  dgl.  Vgl.  Oxy.  XII  1412.  1413.  Verwaltung:  V.  Martin, 
Strateges  et  basilicogrammates  du  nonie  ArsinoTte  a  l'^poque  Romaine,  Arch.  f. 
Pap.  VI  137  Paulus,  Prosopographie  der  Beamten  des  ArsinoTtes  Nomos. 
Diss.  Leipzig  1914.  Biedermann,  Der  Basilikos  Grammateus.  Berlin  1913. 
Fingers,  De  aegyptiarum  y.io^wv  administratione.  Groningen  1909.  Vor  allem: 
Örtel,  Die  Liturgie. 

Kollegiale  Verv/altung  dehnte  sich  sogar  auf  die  äg\'ptischen  Tempel  aus; 
auch  sie  erhielten  meistens  ihr  Kollegium  der  nQeaßvTe^oi,  wie  denn  überhaupt 
die  Römer  sie  viel  mehr  verstaatlicht  haben  als  die  Ptolemäer,  die  sich  mit 
ihren  Abgaben  und  einer  allgemeinen  Aufsicht  begnügten.  Öffentlichkeit 
der  Verwaltung:  ob  schon  die  ptol.  Beamten  Amtstagebücher  geführt  haben, 
ist  bisher  unbekannt.  Die  Öffentlichkeit  dürfte  jedenfalls  erst  römisch  sein. 
Etwas  ganz  anderes  ist  die  Publikation  amtlicher  Verfügungen,  Ausschreibung 
von  Steuerpachten  imd  dergl.  mehr,  die  teils  auf  Papyrusblättern,  teils  a^if 
Holztafeln,  /.tvy.Muma,  geschah.  Die  Stele  scheint  in  .Ägypten  im  Gebrauche 
beschränkt  zu  sein:  das  meiste,  was  wir  von  Ptolemais  wissen,  beruht  auf  In- 
schriften, ferner  mehrere  Inschriften  aus  Tempeln,  die  das  Vorrecht  der  Asylie 
betreffen,  usw.  Innerhalb  der  Beamtenschaft  wurden  Verfügungen  durchweg 
auf  Papyrusblättern  weiter  gegeben;  jeder  Vorgesetzte  schickte  sie  dem  Unter- 
gebenen mit  kurzem  Einführungsschreiben.  Die  Amtsanweisung  für  den  Idio- 
logus  ist  im  Berliner  Gnomonpapyrus  erhalten  und  besteht  zum  großen  Teile 
aus  Präzedenzfällen.     Amtssprache:  Latein  ist  Heeressprache  und  gilt  in 


EINZELNES.  '  271 


beschränktem  Umfange  für  den  Verkehr  der  Behörden  mit  cives  Romani. 
Liturgie:  Alles  Nähere  enthält  Örtels  grundlegendes  Buch.  Befreiung 
genossen  auch  siegreiche  Athleten.  Die  Alexandriner  und  Antinoiten 
scheinen  nur  zu  Liturgien  innerhalb  ihrer  Stadt  verpflichtet  gewesen  zu 
sein;  die  Veteranen  genossen  nach  der  honesta  missio  einer  Schonzeit.  Bei- 
spiele in  Wilckens  Chrestomathie.  Von  der  lenovQyia  =  munus  muß  man 
die  ä.(}/,r,  ~  honos,  also  die  städtischen  Ämter,  scheiden:  aber  auch  bei  ihnen 
ist  man  zum  Zwange  übergegangen,  Wilcken  Chr.  402.  Finanzwirtschaft: 
Tiberius  schreibt  an  den  Präfekten  Aemilius  Rectus:  y.siosodai  fiov  t«  rcoö- 
ßara,  all'  ovy.  dTto^v^ea&cu  ßovlofiai.  Cass,  Dio.  57,  10,  .5.  Über  die  iSic-  vgl. 
Wilckens  Grundzüge.  Geldwirtschaft  wird  in  Kap.  18  besprochen,  dort  auch 
über  die  Todne^a,  die  Finanzverwaltung  sucht  auch  das  Geringste  nutzbar 
zu  machen:  Oxy.  IX  1188.  Über  die  Geschäfte  des  Idics  Logos  siehe  Flau 
mann  bei  Pauly-Wissowa  und  seine  Neubearbeitung.  Monopole:  dasölmonopol 
scheint  auch  nach  dem  neuen  Gnomonpapyrus  fortbestanden  zu  haben.  Augustus 
als  Begründer  der  römischen  Ordnungen  tritt  in  demselben  Papyrus  hervor, 
aber  auch  sonst;  es  wäre  eine  schwierige,  aber  lohnende  Aufgabe,  dem  nach- 
zugehen. Ein  Zensusedikt  ist  Wilcken  Chr.  202,  wo  auch  auf  Lukas  2  ver 
wiesen  wird:  Maria  und  Joseph  begeben  sich  gemäß  dem  Edikte  des  Statthalters 
in  Josephs  iSia.  Heerwesen:  P.  M.  Meyer,  Das  Heerwesen  der  Ptolemäer 
und  Römer  ia Ägypten.  Leipzig  1900.  v.  Premerstein,  Die  Buchführung  e'ner 
äg.  Legionsabteilung.  Klio  Hl.  Iff.  Von  Lesquier  ist  eine  neuQ  Darstellung 
des  römischen  Heerwesens  zu  erwarten.  Einstweilen  vgl.  seinen  Aufsatz:  Le 
recrutement  de  l'armee  Romaine  d'Egypte,  Rev.  Philologie  1904.  Unter  den 
neuen,  von  Wilcken  in  den  Grundzügen  und  der  Chrestomathie  noch  nicht  be- 
nutzten Papyri  ist  besonders  Hamburg  39  zu  nennen,,  eine  Rolle  mit  Quittungen 
über  Heugeld  von  Soldaten  der  ala  veterana  Gallica,  179  p.  C.  Von  der  Steuer- 
sTtiy.oioii  (siehe  P.  M.  Meyer,  Gr.  Texte  p.  59)  ist  die  rein  militärische  zu  sondern; 
zu  dieser  vgl.  jetzt  P.  Hamburg  31,  103  p.  C.  Lefebvre-Jouguet,  Bull.  Soc. 
Arch.  Alex.  14.  Eheverbot  des  Augustus:  seine  Folgen  suchte  Hadrian  zu 
mildern  in  seinem.  Briefe  an  den  Statthalter  Rammius  Martialis,  Mitteis  Chr.  373. 
Über  die  Soldatenehe  belehrt  vor  allem  der  Pap.  Cattaoui,  Mitteis  Chr.  372. 
Veteranen:  sie  bildeten  später  coloniae,  Wilcken  Chr.  461.  3.  Jh.  p.  C.  Dienst 
in  der  classis  Misenensis:  Brief  des  Apion:  Wilcken  Chr.  480.  Daß  es  öfter 
vorkam,   lehrt  der  Gnomen  des  Idios  Logos:  läv  Aiyv:xTioi  lad-uiv  ar^aiEvariiat 

iv  Isyewi'ij  aTToXvd'sl-;  eis  tb  AlyvTiTiov  rayua  drcoxad'ioTaTai.  duoiais  Sk  y.al  oi 
ex   Tov   eoETiy.ov   dTto/.vd'evTSi  dTToxad'iaTai'Tnt.  7c).rjv  uövoiv  löiv  ix  Miar]i^ioi'  aröKov. 

Wenn  ein  Ägypter,  ohne  als  Ägypter  erkannt  zu  sein,  in  der  Legion  dient,  tritt 
er  bei  der  Entlassung  in  den  Ägypterstand  zurück  (er  durfte  ja  von  Rechts 
wegen  gar  nicht  in  der  Lägion  dienen);  ebenso  die  Rudermannschaften  mit 
alleiniger  Ausnahme  derjenigen,  die  der  classis  Misenensis  angehörten.  Da  die 
Flottensoldaten  seit  Hadrian  Latini  wurden  (Mommsen,  Hermes  16,463),  scheint 
hier  die  Latinität  auf  die  classis  Misenensis  beschränkt  zu  werden,  so  daß 
man  vermuten  darf,  der  Dienst  in  der  classis  Alexandrina  habe  nicht  dazu 
berechtigt. 

Obwohl  erst  Konstantin  den  Sitz  des  Kaisertums  nach  Byzanz 
verlegte,   beginnen  wir   die  byzantinische    Periode   mit   Dio- 


272 BYZANTINISCHE  VERWALTUNG. 

klc'tian,  da  seine  Regierung  einen  tiefen  Einschnitt  machte.  Wie  ich 
sclion  im  vorigen  Kapitel  gesagt  habe,  bedeutete  die  Errichtung 
dur  absohlten  Monarchie  durch  Diokletian  für  Ägypten  nichts 
Neues,  denn  hier  war  der  Kaiser  immer  Monarch  gewesen;  jedoch 
verlor  die  Provinz  ihre  Sonderstellung  und  wurde  dem  übrigen 
Reiche  angeglichen.  So  finden  wir  von  jetzt  an  auch  hier  die  Datie- 
rung nach  Konsuln  anstelle  der  Königsjahre,  so  daß  die  Ausdehnung 
des  Absolutismus  über  das  ganze  Reich  den  Ägyptern  gerade 
eine  republikanische  Einrichtung  brachte.  Justinian  führte  aber 
das  Kaiserjahr,  freilich  in  etwas  veränderter  Rechnungsweise, 
wieder  ein.  Das  römische  Bürgerrecht  breitete  sich  immer  weiter 
aus  und  drang  auch  in  die  unteren  Schichten  des  Volkes,  so  daß 
im  6.  Jli.  die  Masse  der  Ägypter  wohl  als  römische  Bürger  gelten 
darf.  Fraglich  ist  die  Stellung  der  autonomen  Städte;  hört  man 
auch  nichts  von  der  Beseitigung  der  Autonomie,  so  scheint  es 
doch,  daß  sie  sich  von  den  Metropolen  kaum  noch  unterschieden 
haben.  Die  Staatsverwaltung  wandelte  sich  wesentlich,  als 
Diokletian  in  den  Diözesen  große  Verwaltungseinheiten  schuf, 
die  mehrere  Provinzen  umfaßten;  Ägypten  wurde  der  Diözese 
Oriens  zugeteilt  und  damit  dem  praefectus  per  Orientem  unter- 
stellt. Gemäß  seinem  Bestreben,  die  Verwaltungsbezirke  zu  ver- 
kleinern, teilte  der  Kaiser  Ägypten  wi?derum  in  drei  Provinzen, 
Aegyptus  Herculia,  Aegyptus  Jovia  und  Theba'is;  die  Namen  der 
beiden  ersten  gehen  auf  die  göttlichen  Beinamen  Diokletians 
zurück.  Jeder  dieser  Teile,  die  etwa  den  alten  Epistrategien  ent- 
sprachen, wurde  von  ehiem  praeses  {i)yfii<^>v)  verwaltet,  während 
an  die  Spitze  der  Gesamtprovinz  Ägypten  der  praefectus  Aegypti 
(LrctQxog)  als  Zivilstatthalter  und  der  Dux  als  Militärbefehls- 
haber trat.  Zivil-  und  Militärgewalt  zu  trennen,  gehörte  zu  den 
Grundgedanken  der  diokletianischen  Reichsordnung.  Im  Laufe 
der  Zeit  blieb  diese  Regelung  n'cht  unverändert:  Ende  des  4.  Jh. 
wurde  Ägypten  eine  eigene  Diözese  unter  einem  Augustalis,  mehr- 
fach wechselten  die  Teilprovinzen  ihre  Namen  und  ihre  Grenzen, 
bis  endlich  nach  einigen  Reformen,  die  von  Theodosius  II.  aus- 
gingen, Kaiser  Justinian  538  p.  C.  die  Verhältnisse  Ägyptens  neu 
regelte,  die  Einheit  der  Gesamtprovinz  aufhob  und  die  Einzel- 
provinzen unmittelbar  dem  praefectus  praetorio  Orientis  unter- 
ordnete; an  ihre  Spitze  traten  Beamte  mit  Zivil-  und  Militär- 
gewalt, da  die  bedrohlichen  Zeiten  dazu  nötigten,  beides  wieder 
jn  einer  Hand  zu  vereinigen. 


BYZANT.  VERWALTUNG.  273 

Im  Innern  bringt  der  Anfang  des  4.  jli.  einen  tiefgreifenden 
Wandel;  die  römische  Munizipalordnung  wird  eingeführt, 
ditf  Metropolen  werden  civitates,  übernehmen  die  Verwaltung 
des  Gaus  als  ihres  Gebietes  und  treten  damit  an  seine  Stelle.  Denn 
während  bis  dahin  Ägypten  aus  Gauen  bestand  und  auch  der  Be- 
wohner der  Metropole  staatsrechtlich  dem  Gau  angehörte,  wie  er 
ja  nach  ihm  benannt  wurde,  so  setzt  sich  nunmehr  Ägypten,  ent- 
sprechend den  Verhältnissen  des  übrigen  Reiches,  aus  civitates 
uut  zugehörigem  Umlande  zusammen,  und  der  Landbewohner 
tritt  staatsrechtlich  in  die  civitas  ein.  Unter  den  städtischen 
Beamten  ragen  der  curator  civitatis  und  der  defensor  civitatis  her- 
vor. Ungefähr  gleichzeitig  zerschlägt  man  die  alten  Gaue  in  pagi, 
beseitigt  den  Strategen  und  ersetzt  ihn  namentlich  in  der  Steuer- 
verwaltung durch  den  exactor  der  civitas.  Dies  neue  System  be- 
stand etwa  ein  Jahrhundert  lang  ohne  wesentliche  Störung.  Allein 
im  Anfange  des  5.  Jh.  legten  die  mächtig  gewordenen  Großgrund- 
besitzer eine  Bresche  hinein,  als  sie  es  durchsetzten,  daß  ihnen 
die  Bauern  ihrer  Güter  als  Hörige  überlassen  und  in  diesem  Be- 
reiche die  Erhebung  und  Ablieferung  der  Steuern  ihnen  zuge- 
standen wurde,  denn  damit  hörte  die  c'vitas  auf,  die  einzige  Ver- 
waltungseinheit zu  sein.  Später  erlangten  auch  Dörfer  dies  eigne 
Steuerrecht  {avT(')7toay.vov  ()Xt]ua).  Neben  dieser  Entwicklung 
geht  der  Aufstieg  der  Pagarchen,  die  von  Hause  aus  die  Steuer- 
verwaltung der  weder  von  den  civitates  noch  von  den  Großgrund- 
besitzern abhängigen  Bauerschaften  unter  sich  hatten;  selbst 
Großgrundbesitzer,  überwuchern  sie  im  6.  Jh.  alle  anderen  Ge- 
walten und  erringen  eine  Stellung,  die  man  etwa  den  französischen 
Baronen  im  Mittelalter  vergleichen  kann.  Denn  diese  Zustände 
stehen  den  griechisch-römischen  Verwaltungsgedanken  bereits  ganz 
fern  und  greifen  in  «eues  Gebiet  hinüber.  Über  die  wirtschaft- 
lichen Grundlagen  dieser  Entwicklung  spricht  Kap.  18.  Bei  der 
Beamteischaft  blieb  zunächst  die  Liturgie  im  Gebrauche;  die 
Schwierigkeiten  mehrten  sich  aber,  wie  man  daran  erkennt,  daß 
der  Staat  immer  mehr  Bürgschaften,  namentlich  persönliche 
Bürgen  für  jeden  liturgischen  Beamten  forderte.  Wann  und  wie 
das  System  abstarb,  sehen  wir  noch  nicht  klar.  Verwaltungs- 
sprache war  auch  in  der  byzantinischen  Periode  das  Griechische, 
obgleich  das  Latein  bei  den  höheren  Behörden  amtlich  Eingang 
fand  im  Zusammenhange  mit  dem  starken  Vorstoße  römischen 
Wesens  im  4.  Jh.;  sich  durchzusetzen  hat  es  nicht  vermocht. 

SchnVjart,  Papyraskunde.  ^ö 


274  FINANZWESEN.     HEER. 


Auch  in  der  Finanzverwaltung  liat  die  Neuordnung  Dio- 
kletians auf  Ägypten  gewirkt;   die   Finanzbeamten  der  Provinz, 
unter    denim   besonders   die    yx(ü^oliy.ol   und  die  xQio(7)rat,    wahr^ 
scheinlich    die   Nachfolger  der  drjiöoioi  TgccntLirai,  hervortreten, 
arbeiten  jetzt  für  die  beiden  Reichshauptkassen,  die  sacrae  largi- 
tiones  und  die  res  privatae.     Der  Steuerertrag,  dsn  die  Provinz 
aufzubringen  hat,  wird  jährlich  von  der  Kaiserlichen  Regierung 
im    voraus    angesagt,    und   je    15   solcher  jährlichen  ,, Ansagen" 
werden    zu    dem    bekannten    15  jährigen    Indiktionszyklus    ver- 
einigt,   der    unter    Diokletian    seinen   Anfang   nimmt    und    sich 
seitdem  in  den   Datierungen  breit   macht.     Aus  der  Munizipal- 
ordnung folgt,  daß  nunmehr  die  civitates  die  Steuern  erheben 
und  zwar  unter  Leitung  des  erwähnten  exactor,  bis  dann  die  eben- 
falls schon  besprochene  Autopragie  sich  hineindrängt.  Im  einzelnen 
bleibt  für  die  byzantinische  Periode  vieles  im  Dunkeln;  in  den 
Steuern   und   der   Steuererhebung   ändert   sich    mancherlei,   aber 
die  Steuerpacht  scheint  neben  der  direkten  Erhebung  durch  litur- 
gische Beamte  fortzudauern.     Das  ägyptische  Getreide  ging  nun- 
mehr nach  Konstantinopel;  freilich  war  Ägypten  bereits  seit  dem 
3.  Jh.  nicht  mehr  die  einzige  Versorgungsquelle  der  Reichshaupt- 
stadt.    Es  war   heruntergekommen,   so  daß  Diokletian  verfügte, 
ein  Teil  der  Ernte  solle  in  Alcxandreia  verbleiben. 
Ohne  auf   die  neue   Heeresordnung  einzugehen,   die    sich    an 
Diokletians  Namen  anknüpft,  will  ich  nur  bemerken,  daß  er  die 
Besatzung   Ägyptens   bedeutend   verstärkte.      Den   alten  Grund- 
satz,   daß    der    Heeresdienst    eine   Ehrenpflicht   der   Bürger  sei, 
gab  man  auf,  um  so  mehr  als  das  römische  Bürgerrecht  sich  immer 
weiter  ausdehnte  und  damit  jede  Schranke  fiel.     Die  Rekruten 
zu  stellen,  lag  den  civitates  und  den  Grundbesitzern  ob. 
Ägypten    hat    in  Verfassung   und  Verwaltung   von    dem    ersten 
Ptolemäer  bis  auf  den  letzten  byzant'nischen  Kaiser  tiefgreifende 
Wandlungen  erlebt.    Die  absolute  Monarchie  freilich  ist  ihm  stets 
eigentümlich   gewesen;  aber  die   Betätigung  des  politischen  Be- 
wußtseins, wie  sie  unter  den  Ptolemäern  in  den  autonomen  Städten 
und  verwandten  Gebilden  den   Hellenen  gestattet  war,  verschob 
sich  im  Kaiserreiche,  als  die  Metropolen  eine  kommunale  Selbst- 
verwaltung  erhielten    und    dann   eine   schattenhafte   Autonomie 
bekamen;  die  civitas  der  byzantinischen  Zeit  hebt  zwar  das  uralte 
Wesen  Ägyptens,  das  in  y/oga  und  y.(b(.ir^  beschlossen  liegt,  zugunsten 
der  TTÖhg  auf.  bedeutet  aber  zugleich  den  Sieg  der  reichsrömiscJien 


RÜCKBLICK  275 


Auffassung  von  der  Stadt  über  die  griechische  Autonomie.  Schon 
der  Grundgedanke  der  römischen  Politik  in  Ägypten,  die  Hellenen 
als  Oberschicht  von  den  Ägyptern  als  den  dediticii  scharf  zu 
scheiden,  entzog  eigentlich  der  Autonomie  ihre  Voraussetzung,  da 
sie  doch  nur  in  geschlossenen  hellenischen  Gemeiiwesen  einen  Sinn 
hatte,  innerhalb  einer  gleichbevorrechtigten  Bevölkerungsklasse 
aber  ihre  Bedeutung  und  ihr  Wesen  verlieren  mußte.  Die  Ver- 
leihung des  römischen  Bürgerrechts  verstärkte  die  Wirkung  jenes 
Grundgedankens  nur  noch  meiir.  Es  ist  wohl  nicht  Zufall,  daß 
ungefähr  gleichzeitig  mit  dem  Ende  des  letzten  Schattens  grie- 
chischer Autonomie  in  den  Großgrundbesitzern  ein  mit  Amts- 
gewalt bekleideter  Adel  der  obersten  Staatsgewalt  mit  dem  An- 
sprüche auf  weitreichende  Selbständigkeit  gegenüber  tritt.  Diese 
Barone  sind  nicht  aus  dem  Lehnsverhältnisse  der  Kleruchen  und 
Katöken  hervorgegangen,  sondern  aus  dem  Zusammenbruche 
der  römisch-griechischen  Verwaltungsformen;  ihre  Berührung 
mit  dem  Beamtenadel  des  karolingischen  Reichs  ist  nicht  zu  ver- 
kennen, und  auf  der  andern  Seite  erinnern  sie  an  die  2^/2  Jahr- 
tausende zurück  liegenden  Gaufürsten  des  Mittleren  Reiches. 
In  der  eigentlichen  Staatsverwaltung  folgt  auf  das  rein  ausge- 
prägte und  leistungsfähige  Beamtentum  der  Ptolemäer  das  litur- 
gische System  der  Kaiserzeit  Hand  in  Hand  mit  dem  Bestreben, 
die  staatlichen  Aufgaben  den  Stadtgemeinden  zu  übertragen, 
das  im  Anfange  der  byzantinischen  Zeit  seine  Vollendung  er- 
reicht; aber  sehr  bald  übernimmt  der  feudale  Adel  Pflichten  und 
vor  allem  Rechte  des  Amts  und  leitet  zu  völlig  neuen  Verwaltungs- 
formen über.  Durch  allen  Wandel  der  Systeme  hindurch  ist  das 
Ziel  immer  das  gleiche  geblieben,  nämlich  das  reiche  Ägypten 
für  Zwecke  auszubeuten,  die  außerhalb  lagen,  zuerst  für  die  Mittel- 
meerpolitik der  Ptolemäer,  dann  für  Rom  und  Konstantinopel. 
Solange  die  Regierung  wie  ein  strenger  aber  sorgsamer  Haus- 
halter wirtschaftete,  leistete  Ägypten,  was  sie  verlangte;  aber 
der  Vernachlässigung  seit  dem  3.  Jh.  mußte  es  erliegen.  Es 
hat  immer  fremdes  Schicksal  teilen  und  ertragen  müssen;  um 
seiner  selbst  willen  zu  leben,  war  ihm  nicht  beschieden,  da  ihm 
die  Kraft  und  der  Wille  zur  Freiheit  mangelten  und  noch  heute 
mangeln. 

M.  Geizer,  Studien  zur  byz.  Verwaltung  Ägj'ptens.  Leipzig  lifO!'.  Derselbe, 
Altes  und  Neues  aus  der  byz.  Verwaltungsmisere,  Arcli.  f.  Pap.  V  34(;.  H.  J.  Bell, 
The  Byz.  Servile  State  in  Egypt  (Journ.  Eg.  Arch.  IV  86)  1917.  Unter 
den  Papvri  stehen  obenan  die  von  Jean  Maspero  herausgegebenen  Urkunden 

18* 


276  EINZELNES. 


von  Aphrodito  (Cairo  Byz.);  für  die  arabische  Periode  vor  allem  der  4.  Band 
der  Londoner  Pap.  Kein  Gebiet  ist  bisher  so  wenig  bearbeitet  worden  wie  die 
Urkunden   byzantinischer  Zeit. 

Römisches  Bürgerrecht:  wenn  in  byz.  Zeit  Personen  niedersten  Standes 
riimische  Bürger  sind,  so  darf  man  für  die  Verbreitung  der  civitas  R.  nicht  zu 
viel  daraus  folgern,  da  wir  in  der  vorhergehenden  Periode  alexandrinische 
Bürger  in  sehr  bescheidenen  Verhältnissen  antreffen  Wiicken  Chr.  148,  99  p.  C. 
Justinians  Neuordnung:  im  13.  Edikt,  dessen  Datum  Geizer  auf  538  p.  C. 
ermittelt  hat.  Munizipalordnung:  auch  nachher  hält  sich  ^o//ö^  noch  lange 
im  Sprachgebrauche,  aber  ohne  staatsrechtliche  Bedeutung.  Der  curator  ßoyi- 
orrj-;)  stammt  schon  aus  diokletianischer  Zeit  und  ist  eine  Art  Bürgermeister; 
der  defensor  {ixSiaos)  hat  ursprünglich  als  Gerichtsbeamter  die  humiliores 
gegen  die  potentiores  zu  schützen,  wird  aber  allmählich  der  wichtigste  Stadt- 
beamte. Großgrundbesitzer:  es  handelt  sich  um  das  mehr  und  mehr  wach- 
sende Patronatswesen,  das  die  Regierung  erst  bekämpft,  endlich  aber  aner- 
kennen muß;  sie  tut  es,  indem  sie  die  Patrone  für  die  Steuern  haftbar  macht. 
Von  jetzt  an  gibt  es  nach  M.  Geizer  im  Rechtssinne  Hörige  {evaTtöy^ufoi), 
während  die  tatsächliche  Abhängigkeit  der  Bauern  von  den  patroni  schon 
älter  ist,  sogar  schon  zur  Ptolemäerzeit  in  Ansätzen  begegnet.  Pagarchen: 
namentlich  die  Kairener  Papyri  zeigen  ihre  Macht  und  Willkür  (vgl.  S.  220); 
bekannt  ist  die  Beamtendynastie  der  Apionen.  vgl.  die  Oxyrhynchospapyri, 
z.  B.  Wiicken  Chr.  383.  Wie  dieser  Großgrundbesitz  sich  ausgebildet  hat,  ge- 
hört in  Kap.  18.  Zur  lat.  Amtssprache  vgl.  z.  B.  Mitteis  Chr.  9G.  97,  sowie 
A.  Stein,  .Ägypten  unter  römischer  Herrschaft.  Zum  Heerwesen:  J.  Maspero, 
Organisation  Militaire  de  l'Egypte  byzantine.     Paris  1^'12.     Vgl.  auch  S.  21^. 


I 


XIV.  REffIT,  GERICHT  UND  URKUNDEN. 

Was  die  Papyri  für  dies  Gebiet  ergeben,  ist  soviel  und  ist  durcli 
die  lebhafte  Tätigkeit  der  heutigen  Rechtsgelehrten  so  erfolg- 
reich ausgebeutet  worden,  dai5  es  auch  hier  nicht  fehlen  darf,  ob- 
wohl ich  mir  bewußt  bin,  der  nötigen  juristischen  Vorbildung  zu  er- 
mangeln. Ich  kann  daher  nur  versuchen,  auf  Grund  der  Ergebnisse, 
die  andere  gewonnen  haben,  den  Gegenstand  so  darzustellen,  wie  er 
einem  Laienauge  erscheint.  Die  im  vorigen  Kapitel  geschilderten 
staatsrechtlichen  Verhältnisse  Ägyptens  brachten  es  mit  sich,  daß 
die  Ptolemäer  es  von  vornherein  mit  verschiedenen  Rechts- 
kreisen in  ihrem  Lande  zu  tun  hatten.  Die  einheimische  ägyp- 
tische Bevölkerung  lebte  seit  alters  nach  ihrem  ägyptischen 
Rechte,  während  die  einwandernden  Gritchen  allerlei  ungleiche 
Rechtsanschauungen  und  Rechtsordnungen  mitbrachten,  die  ins^ 
gesamt  als  griechisches  Recht  dem  ägyptischen  gegenüber 
gestellt  werden  dürfen.  Die  Ptolemäer  haben  weder  versucht,  den 
Unterworfenen  ohne  weiteres  griechisches  Recht  aufzuzwingen, 
noch  auch  ein  einheitliches  Ptolemäerrecht  für  alle  Bew^ohner 
ihres  Reiches  zu  schaffen,  sondern  haben  sich  dem,  was  sie  vor- 
fanden, in  weitem  Umfange  angepaßt.  Es  versteht  sich  von  selbst, 
daß  sie  keineswegs  auf  eine  eigene  Gesetzgebung  verzichteten; 
aber  so  weit  wie  möglich  ließen  sie  die  vorhandenen  Rechtsord- 
nungen innerhalb  der  staatsrechtlich  geschiedenen  Bevölkerungs- 
gruppen bestehen.  Wahrscheinlich  bestätigten  sie  das  ägyptische 
Landrecht  in  griechischer  Übersetzung;  wenn  öfters  o  /i]g 
/(ooag  v(')f.iog  genannt  und  vor  Gericht  daraus  vorgelesen  wird, 
so  muß  es  eine  griechische  Fassung  in  Gestalt  eines  Rechtsbuches 
gegeben  haben,  das  natürlich  imr  Kraft  hatte,  weil  der  König  es 
anerkannte.  Dies  ägyptische  Recht  galt  vor  den  ägyptischen 
Gerichtshöfen  der  Laokriten  und  '^ipiegelt  sich  in  den  zahlreichen 
demotischen  Urkunden:  über  seine  Eigenheiten  kann  man  bisher 
nur  hier  und  da  etwas  einzelnes  ermitteln.  Umfaßte  auch  der 
Kreis  von  .Menschen,  die  es  betraf,  naturgemäß  die  .Wehrzahl  der 


278  RECHTSKREISE   IN  PTOL.  ZEIT. 

Reiclisbewohner,  so  blieb  es  eben  doch  nur  geduldet;  denn  es  liegt 
auf  der  Hand,  daß  die  Könige  und  ihre  Berater  mit  ihren  Anschau- 
ungen auf  Seiten  des  anderen  Rechtsgebietes  standen,  des  grie- 
chischen, das  wir  jenem  gegenüber  zunächst  als  Einheit  betrachten 
dürfen.  Wenn  es  nötig  wurde,  Lücken  der  Rechtsordnungen  aus- 
zufüllen oder  Widersprüche  zwischen  ägyptischem  und  griechi- 
schem Rechte  zu  lösen,  werden  die  Könige  in  der  Regel  vom 
griechischen  Rechte  ausgegangen  sein,  und  die  Urkunden 
der  Ptolemäerzeit  verraten  deutlich,  wie  es  sich  auf  Kosten  des 
ägyptischen  ausbreitete,  so  daß  schließlich  sogar  die  Regierung 
dem  Bestreben  griechischer  Gerichte,  die  Ägypter  vor  ihren  Stuhl 
zu  ziehen,  ein  wenig  entgegen  trat.  Das  Recht  des  Herrenvolkes 
genoß  nicht  nur  die  Unterstützung  der  Staatsgewalt,  sondern 
prägte  sich  auch  der  königlichen  Gesetzgebung  auf.  Diese 
äußerte  sich  durch  Gesetze  und  Erlasse  verschiedener  Art,  die 
bald  )'()uni,  bald  ÖiuyQÜf-uiaia  u.  a.  heißen,  ohne  daß  man  sie 
genau  abgrenzen  könnte.  Wir  dürfen  uns  vorstellen,  daß  sie  wohl 
nur  zum  Teil  als  einheitliches  Gesetzbuch  zu  Anfang  der  Ptolemäer- 
zeit erschienen,  weiterhin  aber  allmählich  von  Fall  zu  Fall  für  be- 
sondere Fragen  als  aushelfendes,  verbindendes  oder  entscheiden- 
des Recht  ins  Leben  getreten  sind. 

Auch  die  Ptolemäer  erkannten  das  sogenannte  Personalprinzip 
des  Rechts  an,  d.  h.  die  Anschauung  des  Altertums,  daß  nicht 
am  Orte,  sondern  am  Menschen  das  Recht  hafte,  der  Grieche  also 
nach  griechischem  Rechte  lebe,  der  Ägypter  nach  ägyptischem 
Rechte.  Aber  in  ihrem  wie  in  den  andern  Diadochenstaaten.  die 
mehrere  Völker-  und  Kulturgruppen  umfaßten,  ergab  sich  aus  dem 
Zusammenwohnen  sofort  die  Aufgabe,  di^  Rechtsverhältnisse 
zwischen  den  Angehörigen  verschiedener  Rechtskreise  zu  ordnen. 
Mau  ging  jedoch  nicht  zu  dem  uns  nahe  liegenden  Territorial- 
prinzip über,  das  für  jedes  räumliche  Staatsgebiet  einheitliches 
Recht  verlangt,  sondern  suchte  auszugleichen.  Aus  der  ältesten 
Zeit  des  Ptolemäerreiches  wissen  wir  hierüber  nichts  Näheres; 
aber  in  der  zweiten  Hälfte  des  3.  Jh.  a.  C.  begegnet  uns  ein  Ver- 
mittlungsgericht unter  dem  Namen  /.oivoöi/.wv,  und  obwohl 
wir  über  das  Recht,  das  es  seinen  Sprüchen  zu  Grunde  legte, 
kein  ausdrückliches  Zeugnis  besitzen,  dürfen  wir  doch  mit  Grund 
vermuten,  daß  es  für  Streitigkeiten  zwischen  Hellenen  und  Ägyp- 
tern errichtet  war  und  nach  bestimmten  Vorschriften  sowohl 
griechisches  wie  ägyptisches  Recht  anzuwenden  hatte;  jedenfalls 


(3R1ECHISCHE  GEMEINDERECHTE.  279 

konnte,  wie  uns  der  sogenannte  Hermiasprozcß  im  2.  Jh.  a.  C. 
zeigt,  sogar  vor  einem  griechischen  Gerichte  ägyptisches  Recht 
geltend  gemacht  werden.  Ende  des  2.  Jh.  a.  C.  verfügte  dann 
Euergetes  II.,  daß  über  die  Gerichtsbarkeit  der  Hellenen  und 
Ägypter  im  allgemeinen  ihr  Volkstum  und,  wenn  Angehörige  ver- 
schiedener Nationalität  im  Rechtsstreite  lägen,  die  Sprache  der 
Urkunde,  aus  der  geklagt  wurde,,  entscheiden  solle,  eine  Maßregel, 
die  vornehmlich  zum  Schutze  der  ägyptischen  Gerichtshöfe  und 
des  ägyptisch'-n  Rechts  bestimmt  war,  ihnen  aber  nur  roch  einen 
eng  begrenzten  Bereich  erhalten  konnte,  da  schon  damals  die 
demotischen  Urkunden  ägyptischen  Rechtes  mehr  und  mehr 
zurückgedrängt  wurden.  Unzweifelhaft  haben  beide  Rechte  ein- 
ander beeinflußt;  allein  schon  durch  das  Übergewicht  der  grie- 
chischen öffentlichen  Urkunde  über  die  demotische  und  durch  das 
griechische  Wesen  der  Regierung  mußte  das  ägyptische  Landrecht 
ins  Hintertreffen  geraten.  Wenn  es  den  Ptolemäern  nicht  gelang, 
es  völlig  zu  beseitigen,  so  lag  die  Ursache  in  der  Rücksicht,  die  sie 
vom  Ende  des  3.  Jh.  a.  C.  an  auf  die  Einheimischen  notgedrungen 
nehmen  mußten. 

Nur  dem  ägyptischen  Landrechte  gegenüber  durften  wir  vor- 
läufig das  griechische  Recht  als  Einheit  ansehen.  In  Wirklich- 
keit konnte  es  dies  schon  seiner  Herkunft  nach  nicht  sein,  stammten 
doch  die  griechischen  Ansiedler  aus  allen  Teilen  der  griechischen 
Welt  und  brachten  mannigfaltiges  Recht  mit.  Freilich  ging  die 
Rücksicht  auf  das  persönliche  Recht  des  einzelnen  nicht  so  weit, 
durch  Anerkennung  jeden  Rechtes  die  Rechtsordnung  aufzulösen; 
wohl  aber  bildete  sich  in  den  hellenischen  Gemeinden  Ägyptens, 
die  wir  im  vorigen  Kapitel  kennen  gelernt  haben,  ein  eigenes  Recht 
aus,  dessen  Wurzeln  zum  großen  Teile  in  altgriechischen  Stadt- 
rechten lagen.  Das  sehen  wir  jetzt  klar  im  alexandrinischen 
Rechte,  von  dem  der  große  Hallenser  Papyrus  uns  erhebliche 
Stücke  erhalten  hat.  Neben  Stellen,  die  sich  fast  wörtlich  mit 
.einem  solonischen  Gesetze  berühren,  stehen  andere,  die  unattisch 
sind  und  vielleicht  eher  aus  Kleinasien  stammen  mögen.  Aber 
diese  Frage  tritt  zurück  iiinter  der  anderen,  welche  Macht  denn 
dies  alexandrinische  Privatrecht  begründet  habe.  Wahrschein- 
lich hat  noch  der  Stadtgründer  Alexander  selbst  es  seiner  Stadt 
verliehen  oder  das  Recht  bestätigt,  das  ihre  Körperschaften  an- 
genommen hatten.  Ob  die  Gemeinde  in  der  Lage  und  berechtigt 
war,   es  auf  dem  Wege  der  Gesetzgebung  und  durch   xl'rfpiouata 


280 GRIECHISCHE   ÜHMHINDERHCHTE. 

weiter  zu  bilden,  hängt  von  der  noch  uiKiitschiedenen  Frage  der 
alexandrinischen  Autonomie  ab.  Jedenfalls  aber  hat  Alexandreia 
sein  eigenes  Privatrecht  gehabt,  und  was  davon  dem  Stadtgrand- 
gesetze,  was  späteren  j'o/ro/  oder  ipy(fi()uara  angehlh'te,  was  von 
den  Königen  verliehen  und  was  von  der  Gemeinde  selbständig 
festgesetzt  wurde,  ist  zur  Zeit  weder  zu  ermitteln  nocii  auch  gleich 
wichtig.  Daß  der  König  der  Gemeinde  einen  königlich'in  ruf-ioi; 
verleihen  konnte,  ist  nicht  zu  bezweifeln,  und  auf  seine  <)iayodi.utaTa 
nimmt  das  Alexandrinische  Privatrecht  ausdrücklich  Bezug. 
Ebenso  dürfen  wir  die  Rechtslage  von  Ptolemais  ansehen,  dessen 
Autonomie  ja  feststeht  und  dessen  Volksbeschlüsse  die  selbständige 
Gesetzgebung  im  Privatrecht  sehr  wahrsciieinlich  machen,  selbst 
wenn  die  vnuoifülcc/.tc.  des  Liller  Papyrus  nicht  auf  diese  Stadt 
zu  beziehen  sind.  Naukratis  ist  uns  unbekannt  bis  auf  die  Tat- 
sache, daß  es  noch  in  der  Kaiserzeit  seine  eigenen  voi^im  besitzt. 
Wenn  nun  im  Hallenser  Papyrus  ein  Kapitel  des  alexandrinischen 
Privatrechtes  die  Überschrift  trägt  U  tov  ro'/.irijiov  voiiov,  so 
wird  man  als  Geltungsbereich  dieses  Gesetzes  nicht  die  .i^öhg, 
sondern  die  rolirm  zu  verstehen  haben,  nicht  das  Raumgebiet 
Alexandreias  sondern  die  Bürgergemeinde,  obwohl  gerade  dieser 
Abschnitt  vom  Pflanzen,  Bauen  und  Tiefgraben  handelt.  Denn 
nach  allgemein  griechischer  Anschauung  haftet  das  Recht  an 
den  Personen,  nicht  am  Orte,  hier  also  an  der  Gemeinde  der 
\lltiarÖQtic.  Daß  ihr  Recht,  wo  erforderlich,  auf  die  nichtbürger- 
liclien  Mitbewohner  der  Stadt  übergreift,  steht  damit  in  keinem 
Widerspruche  und  findet  an  den  attischen  Metöken  und  Periöken 
ein  Beispiel.  Begegnen  wir  nun  mehrmals  in  Prozeßakten  der 
Ptolemäerzeit  dem  Hinweise  auf  .lut.LiiMn  youoi  und  daneben 
iiuicpioiiara.  so  dürfen  wir  nicht  an  ein  allgemeines  griechisches 
Recht  denken,  das  es  nicht  gab  und  nicht  geben  konnte,  sondern 
an  das  Recht  einer  der  griechischen  Gemeinden,  die  in  Ägypten 
bestanden.  Zweifelhaft  bleibt  freilich,  ob  alle  Verbände  solcher  Art 
ihr  eigenes  Recht  gehabt  haben;  ist  es  für  die  im  engeren  Sinne 
politischen  Gemeinden,  vor  allem  in  Alexandreia  und  Ptolemais. 
sicher,  so  doch  keineswegs  für  die  loseren  Verbände,  die  wir  zuvor 
als  jToXiiev^iaTCi  kennen  gelernt  haben.  Möglich  bleibt  es  aber 
auch  hier,  und  auch  die  nicht  griechischen  Gemeinden  können 
ihr  eigenes  Privatrecht  besessen  haben,  das  innerhalb  des  Ge- 
meindeverbandes galt ;  von  dem  jüdischen  .roUttvua  ist 
es    sogar    wahrscheinlich,    wenn    auch    das   jüdische    Privatrecht 


RECHTSKREISE    IN  DER   KAISERZEIT.  28! 

kaum  unter  den  Begriff  der  .ioIltl/mi  vöikh  fallen  dürfte.  Die 
Ptoiemäer  haben  also  die  Privatrechte  der  griechischen  Bürger- 
schaffen  nicht  nur  innerhalb  ihrer  Heimatgemeinden  anerkannt 
oder  begründet,  sondern  sie  auch  vor  den  Königsgerichten  be- 
stehen lassen,  und  zwar  wie  es  scheint  auch  da,  wo  es  sich  nicht 
um  Angehörige  dieser  Gemeinden  iiandelte.     Wo  das  ägyptische 

Landrecht  nicht  inbetraclit  kommt,  wo  ein  allgemeiner  königlicher 
vöuo^  oder  ein  didygauna  nichts  besagt,  scheinen  die  inhaltlich!  den» 
Königsrechte  wohl  verwandten  .io'/.iti/.oi  rö/noi  einzutreten. 
So  weit  man  sehen  kann,  setzt  sich  daher  das  ptolemäiscJK 
Privatrecht  in  Ägypten  aus  folgenden  Bestandteilen  zusammen: 
aus    dem    ägyptischen     Landrechte    für    die    Ägypter,    aus   den 

lokur/.o)  roiioi  für  die  hellenischen  Bürgergemeinden,  wahr- 
scheinlich mit  Erweiterung  auf  die  nicht  in  Bürgergemeinden 
zusammengeschlossenen  Hellenen,  und  aus  allgemeinem  Königs- 
rechte, das  für  das  Land  oder  Reich  galt  und  insofern  das  Territorial- 
prinzip gegenüber  dem  Personalprinzip  der  beiden  anderen  aus- 
drückte. Jene  waren  teils  vom  Könige  nur  anerkannt,  teils  ver- 
liehen, dies  aber  lediglich  königlichen  Ursprunges  und  deshalb 
beim  Königsgerichte  maßgebend,  sofern  nicht  das  Personalrecht 
auf  jene  anderen  Rechtsquellen  führte  oder  die  politischen  Ge- 
setze zur  Aushilfe  eintraten.  Im  Laufe  der  dreihundertjährigen 
Ptolemäerherrschaft  hat  sich  gewifS  mancherlei  geändert,  aber 
wir  können  lieute  nur  einen   Querschnitt  geben.  ■ 

Obwohl  wir  aus  der  Kaiserzeit  weit  mehr  Urkunden  besitzen, 
treten  die  Grenzen  der  Rechtsgebiete  nicht  klarer  hervor  als  in 
der  Ptolemäerzeit.  Wie  die  Römer  bei  der  Staatsverwaltung  zwar 
im  einzelnen  möglichst  viel  vom  Bestehenden  erhielten,  grundsätZT 
lieh  aber  alles  vom  römischen  Standpunkte  aus  ansahen  und  ein- 
ordneten, so  haben  sie  auch  im  Rechtswesen  mit  ihren  Begriffen 
vom  ius  civile  und  ius  gentium  auf  die  Provinz  Ägypten 
etwas  Neues  angewendet,  ohne  in  Wirklichkeit  viel  zu  ändern.  Das 
ägyptische  Landrecht  ließen  sie  fortbestehen,  wie  mehrfache 
Berufung  darauf  erweist,  jedenfalls  in  ähnlichen  Grenzen  wie  zur 
Zeit  der  Ptoiemäer;  ja  die  strengere  Absonderung  der  Ägypter 
im  staatsrechtlichen  Sinne  konnte  gerade  dazu  beitragen,  ihnen 
ihr  eigenes  Recht  zu  erhalten.  Freilich  ist  schwer  zu  sagen, 
wie  weit  das  ägyptische  Landreclit  der  Kaiserzeit  inhaltlich  noch 
ägyptisch  war,  denn  ohne  Zweifel  hatte  es  im  Laufe  der  Jahr- 
hunderte griechische  Einflüsse  aufgenommen.    Auch  das  Privat- 


282  HELLENISTISCHES  RECHT. 

recht  der  griechischen  Bürgergemeinden  hoben  die 
Römer  nicht  auf:  Hinweise  auf  alexandrinische  aGTf/.o'i  vöf^toi, 
die  Erwähnung  der  ruuoi  von  Naukratis,  die  Antinoupoh's  über- 
nahm, und  vielleicht  ein  Volksbeschluß  von  PtolemaTs  sprechen 
deutlich  für  sein  Bestehen.  Dagegen  ist  kaum  glaublicli,  daß  sie 
die  Gesamtheit  der  unmittelbar  königlichen  Gesetze  und  Ver- 
ordnungen über  das  Privatrecht  aus  den  Händen  der  Ptolemäer 
formell  übernommen  haben,  obwohl  sie  manche  ptolemäischen  Ord- 
nungen ausdrücklich  in  Kraft  ließen.  Da  jedoch  schon  im  späteren 
Verlaufe  der  Ptolemäerzeit  die  oben  geschilderten  Rechtskreise 
wohl  stark  miteinander  verschmolzen  sein  mochten,  konnte  ihre 
Gesamtheit  dem  Inhalte  nach  in  das  ius  gentium  der  Römer  über- 
gehen, das  eben  dadurch  in  Ägypten  sein  besonderes  Gepräge 
erhielt.  Überdies  hielten  die  Römer  am  Personalprinzip  eher 
noch  fester  als  die  Ptolemäer  und  prägten  die  Begriffe  des  Ale- 
xandriners und  des  Hellenen  noch  schärfer  aus  als  zuvor,  so  daß 
der  Bereich  des  griechischen  Rechts  und  innerhalb  seines  Kreises 
noch  die  besondere  Geltung  des  politischen  Gemeinderechts  der 
Alexandriner  deutlich  vor  Augen  liegen,  obgleich  es  sehr  schwer 
ist,  im  einzelnen  den  Nachweis  zu  führen.  Sogar  nach  der  Ver- 
leihung des  Bürgerrechts  durch  Caracalla,  die  streng  genommen 
die  nunmehrigen  Bürger  unter  das  ius  civile  hätte  stellen  müssen, 
ist  das  griechische  Recht  nicht  nur  tatsächlich  in  Geltung  ge- 
blieben, sondern  scheint  auch  weiter  in  beträchtlichem  Umfange 
amtlich  anerkannt  worden  zu  sein.  Beachtet  man  endlich  die 
gegenseitige  Einwirkung  griechischen  und  ägyptischen  Rechts, 
die  im  Laufe  der  Ptolemäerzeit  die  Grenzen  etwas  verwischt  haben 
dürfte,  so  wird  man  in  dem  sich  ergebenden  hellenistischen 
Rechte  der  Kaiserzeit  beide  Bestandteile,  wenn  auch  überwiegend 
den  griechischen,  suchen  dürfen. 

Nach  welchen  Grundsätzen  d-'e  römischen  Richter  dies  helleni- 
stische ius  gentium  oder  die  ihm  zu  Grunde  liegenden  National- 
rechte angewendet  haben,  vermag  man  noch  nicht  zu  sagen.  Fest 
steht  dagegen  eins:  auch  in  der  Provinz  Ägypten  lebt  der  römische 
Bürger  unter  dem  ius  civile.  Paßt  er  sich  im  Verkehr  mit 
Nichtbürgern  eben  durch  Anwendung  des  ius  gentium  fremdem 
Rechte  z.  T.  an,  so  kann  zwischen  römischen  Bürgern  nur  dac 
römische  Privatrecht  in  strengster  Form  gelten.  So  scharf  wie 
möglich  drückt  sich  hierin  das  Personalprinz'p  des  Rechts  aus. 
Das  ius  civile  scheidet  den  römischen  Bürger  von  Alexandrinern 


RÖMISCHES   RECHT.  283 


und  Hellenen,  um  vom  Ägypter  gar  nicht  zu  reden.  Wir  finden 
es  denn  auch  in  voller  Ausprägung  und  mit  dem  unerläßlichen 
Gebrauche  der  lateinischen  Sprache  durch  eine  Reihe  von  Ur- 
kunden vertreten.  Namentlich  im  Personenrechte  sind  Aus- 
nahmen unzulässig,  und  neben  den  bekannten  römischen  Testa- 
menten offenbart  neuerdings  der  Gnomon  des  Idios  Logos,  wie 
selbstverständlich  das  iur,  civile  auf  die  in  Ägypten  lebenden 
römischen  Bürger  angewendet  wird,  besonders  im  Erbrecht  und 
im  Eherecht.  Zugleich  lernen  wir  hier,  daß  die  römische  Regierung 
wenigstens  grundsätzlich  alle  ihre  römischen  Begriffe  auch  auf 
Ägypten  überträgt,  z.  B.  den  des  latinischen  Rechts,  ebenso  wie 
die  constitutio  Caracallas  den  Begriff  der  dediticii  auf  die  Ägypter 
anwendet.  Formell  kennt  Rom  nur  die  cives  romani  und  die 
Nichtbürger  in  ihren  römisch  geordneten  Abstufungen  und  behält 
sich  jeder  Zeit  vor,  die  entsprechenden  Grenzen  auch  im  Privat- 
rechte zu  ziehen.  Auf  der  andern  Seite  stellte  sich  nicht  allein  im 
Verkehr  mit  Nichtbürgern  der  Römer  unter  das  ius  gentium, 
sondern  auch  unter  römischen  Bürgern  griffen  Rechtsgeschäfte 
dieser  Art  um  sich,  je  mehr  Hellenen  das  römische  Bürgerrecht 
erlangten.  Viele,  die  durch  den  Heeresdienst  Bürger  wurden, 
blieben  nach  Sprache  und  Lebenskreis  durchaus  Griechen  oder 
gar  Gräkoägypter,  und  solchen  Leuten  mußte  man  mancherlei 
von  der  Strenge  des  ius  civile  nachlassen,  wie  wiederum  der  er- 
wähnte Gnomon  mehrfach  dartut.  Deshalb  kommt  die  constitutio 
von  212  p.  C.  auch  nicht  der  Ausbreitung  des  ius  civile  zugute, 
sondern  zieht  die  Erlaubnis  des  griechischen  Testaments  durch 
Severus  Alexander  nach  sich,  die  den  Soldaten  schon  früher  unter 
gewissen  Einschränkungen  zugestanden  worden  war.  Die  griechi- 
schen Papyri  sind  die  zahlreichsten  und  besten  Zeugen  der  Ent- 
wicklung, die  allmählich  bis  zum  Corpus  iuris  führt  und  den  Sieg 
des  ius  gentium  über  das  ius  civile  bedeutet. 
Allerdings  sehen  wir  das  Privatrecht  fast  immer  nur  in  seiner  An- 
wendung auf  den  einzelnen  Fall.  Was  uns  fehlt,  sind  Stücke  aus 
Gesetzen  oder  allgemeinen  Ordnungen.  Jedoch  treten  zu  den 
Resten,  die  Mitteis  am  Schlüsse  seiner  Chrestomathie  zusammen- 
gestellt hat,  jetzt  zwei  Texte  ersten  Ranges  hinzu:  aus  dem  3.  Jh. 
a.  C.  der  Hallenser  Papyrus  für  das  alexandrinische  Privatrecht 
und  aus  der  .Mitte  des  2.  Jh.  p.  C.  der  noch  unveröffentlichte 
Gnomon  des  Idios  Logos  für  das  ius  civile  uiid  das  ius  gentium  in 
Ägypten. 


284  EINZELNES. 


Literatur:  L.  Mitteis,  Grundziige  und  Chrestomatliie  der  Papyruskunde.  Der- 
selbe, Reichsrecht  und  Volksrecht.  Derselbe,  Römisches  Privatrecht.  R. 
Taubenschlag,  Die  ptol.  Schiedsrichter  und  ihre  Bedeutung  für  die  Rezeption 
des  griech.  Rechts  in  Äg.  Arch.  f.  I'.  IV  1.  Dikaiomata  her.  von  der  Graeca 
Halensis  1913;  dazu  die  Besprechungen  von  J.  Partsch,  Arch.  f.  Pap.  VI  .'^4. 
Gradenwitz,  Zum  Falscheid  des  Pap.  Hai.,  SB.  Heid.  Ak.  1913.  J.  Kohler, 
Z.  Vergl.  Rechtswiss.  XXX  31.s.  Koschaker,  Berl.  Phil.  Woch.  1914,  548. 
L.  Mitteis,  Z.  Sav.  Stift.  1914,  45ü.  L.  Wenger,  Über  Papyri  und  Gesetzesrecht, 
SB.  Bay.  Ak.  d.  Wiss.  1914,  .5.  Diese  Abhandlung  lese  man  zuerst,  um  sich 
über  die  besprochenen  Fragen  zu  unterrichten. 

Meine  Darstellung  schließt  sich  im  Allgemeinen  an  Mitteis  und  Partsch  an. 
Zu  ö  7fj~  /M(ja~  vouoi  vgl.  bes.  den  Hermiasprczeß  Mi.  Chr.  31  col.  WU.  jedenfalls 
legten  die  Laokriten  im  Alle,  das  ag.  Landrecht  zu  Grunde,  jedoch  ohne 
anderes  Recht  auszuschließen,  wenn  etwa  persönliche  Verhältnisse  in  [Jetracht 
kamen,  und  entsprechend  konnte  äg.  Recht  vor  griech.  Gerichten  angerufen 
werden.  Die  königliche  Gesetzgebung,  dfe  von  manchen  mit  der  Tätigkeit 
des  Demetrios  von  Phaleron  am  Hofe  Ptolemaios  Soters  in  Verbindung  gebracht 
wird,  ist  im  Einzelnen  nicht  greifbar,  wenn  auch  die  erhaltenen  königlichen 
Verfügungen  wenigstens  eine  Vorstellung  davon  geben,  daß  die  Formen  sehr 
mannigfaltig  sein  konnten.  Das  Person alprinzip  des  Rechts  hat  sich  in 
Kraft  erhalten,  obwohl  der  Verkehr  zwischen  den  griechischen  Gemeinden  schon 
im  4.  Jh.  a.  C.  lebhafter  wurde.  .Man  konnte  einer  Urkunde  außerhalb  der  Ge- 
meinde, in  der  sie  entstanden  war,  nicht  mehr  grundsätzlich  die  Geltung  ver- 
weigern; der  Ehevertrag  von  311  a.  C,  Mi.  Chr.  283,  bestimmt  daher:  //  <>*  ovy- 

yfjatpri  ij8t  y.ioia  eoTo)  7TdvTt]i  -rrdv-Tofä  tbs  fy.ti  rov  oivakXdyftnros  ysyet^t^fievov, 
ÖTZov  av  snEy<fe()i]i^ H()ay.lei8r]s  itarä  ^rjfirjTQias  -fj  ^r]fii]T^ia  rt  y.ai  rot  fterä  ^rjurjT()iae 

TTQdaoovTes  ineyc/ iotooir  y.mk  "HQuy.leidov.  Dies  besagt  allerdings  nur,  daß  die 
Vertragschließenden  auch  außerhalb  der  Heimatgemeinde  denVertrag  anerkennen 
wollen,  hat  aber  doch  nur  Sinn,  wenn  man  annahm,  daß  auch  ein  Gericht  einer 
anderen  Gemeinde  eine  solche  Urkunde  als  gültig  betrachte.  Hier  wird  also 
durchaus  am  Personalrecht  festgehalten  und  die  von  den  Verhältnissen  herbei- 
geführte Erweiterung  bedeutet  noch  keinen  Schritt  zum  Territorialrecht. 
Koinodikion  oder  ähnlich  lautet  der  Name  des  V  ermittlungsgerichts ;  er 
ist  immer  nur  abgekürzt  überliefert.  Der  Erlaß  Euergetes  1 1.  Mi.  Chr.  1  setzt  voraus, 
daß  Streitigkeiten  unter  Hellenen  nur  vor  die  griechischen  Gerichte  kommen, 
betont  aber,  daß  Streitigkeiten  unter  Ägyptern  vor  die  Laokriten  gehören  imd 
■Aura  xovi  ifjc  vcüom  röiior^  zu  behandeln  seien.  Zum  Einflüsse  ägyptischen 
Rechts  auf  das  griechische  vgl.  den  Abschnitt  über  die  Urkunde.  Griechisches 
Recht:  wie  oben  schon  bemerkt,  haftet  von  Hause  aus  das  Recht  zwar  an  der 
Person,  aber  nur  als  am  Mitgliede  der  politischen  Gemeinde  und  daher  nur  inner- 
halb der  Gememde;  infolgedessen  wächst  es  auch  in  Ägypten  aus  den  entsteh.enden 
politischen  Gemeinden  auf.  .Mexandreia:  hierzu,  ist  genaues  Studium  des 
Pap.  Hai.  und  des  eingehenden  Kommentars  unerläßlich.  Über  die  enge  Berührung 
mit  einem  solon.  Gesetze  Dikaiomata  60ff.  Die  Herausgeber  fassen  die  Stadt- 
grundgesetze unter  dem  Namen  rtolnda  zusammen  und  betonen  überdies 
den  Unterschied  von  i6fio>  und  ijrjtfiofia.  Außer  dem  Trolnry.o^  rö/uo~  führt 
der  Pap.  auch  den  dojwouiybi  rouoi  an.  Über  die  autonome  Fortbildung 
des    Rechts   besagt   auch   die  Flrvvähnung  von  raiiotj  vlav.ti  und  d'sauofvkay.es 


EINZELNES.  285 


noch  nichts.  Zu  Ftolcmafs  vgl.  Plaumann,  Ptolemais.  Der  Liller  Papyrus, 
Ml.  Chr.  .369,  S.  Jh.  a.  C,  scheint  nichts  mit  Alexandreia  zu  tun  zu  haben:  Dikaic 
mata  Ulif.;  also  darf  man  an  Ptolemais  oder  Naukratis  denken.  Die  Beziehung 
des  rtoXiT.  väuoi  auf  tcoIitui,  nicht  auf  nöXi^,  wird  mit  Recht  von  Partsch  (s.  oben) 
betont:  fraglich  ist,  ob  demgegenüber  etwa  üoti  und  die  /\b!eituncen  auf  daa 
räumliche  Stadtgebiet  gehen.  Hinweise  auf  ttoXit.  vöuoi  und  i^r^fiafiarn  im 
Prozesse  Dositheos- Herakleia  Mi.  Chr.  21,  vgl.  Dikaiomata  3f^/0;  ferner  Im 
Hermiasprozesse  Mi.  Chr.  31,  dort  allgemein,  hier  über  Erbrecht  Zur  Frage  des 
jüdischen  Sonderrechts  vgl.  F.  Zucker,  Beiträge  zur  Kenntnis  der  Gerichts- 
crganisation  im  ptol.  u.  röm.  Äg.  (Philologus  Suppl.  XII,  1)  und  die  soeben 
angeführte  Behandlung  m  den  Dikaiomata:  der  allgemeinen  Ablehnung  der 
Herausgeber  kann  ich  nicht  zustimmen,  obwohl  mit  Bezug  auf  Dositheos- 
Herakleia  ihre  Bemerkung  zutrifft.  Wenn  aber  für  die  Ägypter  das  äg.  Land- 
recht zugelassen  war,  kann  an  sich  auch  den  Juden  ihr  ji'dische?  Recht  zuge- 
billigt worden  sein. 

A%.  Recht  in  der  Kaiserzeit  z.  B.  Mi.  Chr.  81. 192;  noch  267  p.  C.  heißt  es 
Oxy.  XII  1588:  iQriaaod'at,  toii  t&v  Alyvntioiv  [röuois,  anscheinend  im  Gegen- 
satze zu  rlr  T&v  ^PmuaUor  TiohrEiq.  Vgl.  auch  S.  217.  Alexandreia  Mi.  Chr.  81: 
äoTiy.ol  röuoi.  Naukratis  Wi.  Chr.  27.  Ptolemais  Mi.  Chr.  291;  Dikaiomata  136 
widerspricht  meiner  \utfassung,  daß  es  sich  um  ein  yp](fiaua  von  Ptolemais 
handle,  ohne  entscheidenden  Grund.  Daß  die  Römer  nicht  alle  ptolemäischen 
7i(jo£TdyftaTa  aufgehoben,  sondern  manche  auch  formell  anerkannt  haben, 
zeigt  jetzt  der  Gnomen  des  Idios  Logos.  Der  römische  Bürger  und  das  ins 
civile  und  der  Gebrauch  der  lat.  Sprache:  vgl.  Stein,  Untersuchungen  zur 
Gesch.  u.  Verw.  Ägyptens  unter  römischer  Herrschaft,  Stuttgart  1915,  p.  132ff., 
der  das  ganz»  Material  bespricht.  Lat.  Urkunden  oder  Hinweise  darauf  z.  B. 
Mi.  Chr.ls9,  316,  324,  327,  362.  Milderung  zu  Gunsten  der  Soldaten  bedeutet 
§  34  des  Gnomon,  Mitte  des  2.  Jh.  n.  C,  der  den  aktiven  und  ausgedienten 
Soldaten  erlaubt,  römische  und  hellenische  Testamente  zu  machen  y.ni  Yo^o^ai 
oh  ßoilioptai  dvöuaai  -  uti  quibus  voluerint  verbis;  hiermit  werden  sie  von 
den  solennen  Testamentsformeln  entbunden.  Aus  den  Kreisen,  die  das  röm. 
Recht  in  Äg.  zu  handhaben  hatten,  stammen  auch  die  Reste  Jurist.  Schriften 
in  lat.  Sprache,  vgl.  Kap.  2U.  Besonderen  Hinweis  verdient  der  Digesten- 
kommentar  Soc.  It.  155  und  dazu  H.Peters,  Die  oström.  Digestenkommentare 
(Ber.  Verh.  Kgl.  Sachs.  Ges.  d.  Wiss.  phil.-hist.  Kl.  1913). 

Was  wir  für  die  Rechtskreise  den  Papyri  entnehmen  konnten, 
spiegelt  sich  wieder  in  den  Einrichtungen  des  Gerichtswesens, 
soweit  hierüber  zur  Stunde  ein  Überbhck  schon  mögüch  ist.  In 
ptolemäischer  Zeit  fand  das  ägyptische  Recht  seine  beru- 
fenen Hüter  m  den  Kollegien  der  Laokriten,  die  vermutlich 
über  das  ganze  Land  verteilt  waren;  schon  ihr  Name  drückt  ihre 
Zugehörigkeit  zum  Volke  d.  h.  zu  den  Ägyptern  aus.  Für  die  Fälle, 
in  denen  Ägypter  und  Griechen  einander  gegenüberstanden, 
trat  im  3.  Jh.  a.  C,  ein  ,, Gemeinsames  Gericht"  das  Koinodikion, 
ein,  dessen  Zusammensetzung  uns  unbekannt  ist.  Später  scheint 
es  verschwunden  zu  sein,  denn  der  Erlaß  Euergetes  II.  über  die 


286 GERICHTE    IN  PTOL.  ZEIT. 

Behandlung  solcher  Prozesse  nennt  nur  noch  die  Laokriten  und 
auf  der  anderen  Seite  die  Chrematisten;  ob  eine  Sache  vor  sie 
oder  die  Laokriten  kommt,  soll  nach  der  Sprache  der  Urkunde 
entschieden  werden,  aus  der  geklagt  wird.  Die  Gerichtshöfe  der 
Chrematisten  waren  griechisch,  bestanden  meistens  aus  drei 
Richtern,  die  keinen  Amtstitel  führten,  und  besaßen  einen  elg- 
ciywyevc,  den  man  kurz  als  ihren  Geschäftsführer  bezeichnen  kann, 
sowie  einen  yocaiuatd-Q  und  einen  i^rroeTr^g.  Jeder  Chrematisten- 
hof  hatte  in  einem  größeren,  aus  mehreren  Gauen  bestehenden 
Bezirke  seine  richterliche  Tätigkeit  umherreisend  auszuüben; 
wo  er  erschien,  stellte  er  seine  Urne  {äyyelov)  auf,  in  die  man  die 
Prozeßanträge  einwarf.  Wie  der  genannte  Erlaß  Euergetes  11. 
lehrt,  drängten  die  Chrematisten  die  Laokriten  mehr  und  mehr 
zurück,  indem  sie  die  Mehrzahl  der  Prozesse  ^n  sich  zogen.  Damals 
konnten  vor  allen  diesen  Gerichtshöfen  sowohl  Hellenen  wie 
Ägypter  Recht  suchen,  und  je  nach  den  Umständen  hatten  die 
Richter  griechisches  oder  ägyptisches  Recht  anzuwenden.  Im 
3.  Jh.  a.  C.  finden  wir  im  Fajüm  das  sogenannte  Zehnergericht 
tätig,  Kollegien  von  zehn  Richtern,  deren  einer  als  TTgoeögog  zum 
Vorsitz  erlost  wird;  auch  sie  haben  einen  tigaywyavg  und  führen 
keinen  Amtstitel.  Der  griechische  Charakter  des  Zehnergerichts 
scheint  noch  stärker  als  bei  den  Chrematisten  ausgeprägt  zu  sein; 
ob  auch  ihre  Kollegien  im  ganzen  Lande  arbeiteten  und  wie  lange 
sie  bestanden,  ist  noch  unbekannt.  In  der  Einrichtung  nahe  ver- 
wandt sind  ihnen  die  Gerichtshöfe  der  autonomen  Gemeinden, 
denen  wir  im  Hinblick  auf  die  Gerichtshoheit  Alexandreia  sicher 
zuzählen  dürfen.  In  Alexandreia  gab  es  drei  ordentliche,  von 
der  Bürgergemeinde  gewählte  oder  ernannte  Gerichte,  die  di/Marai, 
die  ebenso  wie  Zehnergericht  und  Chrematisten  einen  dgaywythg 
hatten,  die  dem  roiuxpv/.at  unterstehenden  öiaiTr.Tcä  und  die 
xQirai;  sie  nach  Wirkungskreis  und  Zusammensetzung  näher  zu 
bestimmen,  läßt  unsere  einzige  Quelle,  der  Hallenser  Papyrus, 
nicht  zu,  jedoch  wissen  wir,  daß  bei  den  di-moToi  ebenso  wie 
beim  Zehnergericht  jedesmal  der  Vorsitzende  durchs  Los  bestimmt 
wurde.  Außerdem  treffen  wir  hier  Fremdengerichte,  isvixa 
ÖLy.aorr^Qia.  deren  Aufgabe  es  vermutlich  war,  Prozesse  zwischen 
alexandrinischen  Bürgern  und  Fremden,  d.  h.  Ausländern,  sowie 
unter  Fremden  zu  verhandeln;  d''e  ständig  zuströmenden  Söldner 
und  Geschäftsleute  der  ganzen  griechischen  Welt  machten  hier 
eine  solche  Einrichtung  ebenso  nötig  wie  in  Ägypten  das  Koino- 


BEAMTE  ALS  RICHTER.  287 

dikion.  Ptolemais  besaß  seine  selbstgevvählten  Bürgergerichte, 
diy.aorrjQia,  von  deren  Tätigkeit  aber  nichts  weiter  bekannt  ist. 
Neben  diesen  Gerichtshöfen,  den  ägyptischen  Laokriten  und  den 
griechischen  Chrematisten,  Zehnergerichten  sowie  den  städtischen 
Gerichten  von  Alexandreia  und  Ptolemai's,  erscheinen  nun  recht 
häufig  Beamte  als  Richter,  vor  allem  der  Stratege.  Tritt  in 
manchen  Fällen  ein  ganzes  Kollegium  zusammen,  so  steht  vermutlich 
der  Spruch  nur  dem  obersten  Beamten  zu,  während  das  Kollegium 
zu  beraten,  in  einem  Falle  allerdings  auch  das  Urteil  zu  finden 
hat,  das  dann  der  Epistratege  verkündigt.  Wir  finden  ein  solches 
Beamtengericht  auch  einmal  bei  gemeinsamer  Arbeit  mit  den 
Chrematisten,  Nach  allem,  was  man  bisher  hat  ermitteln  können, 
darf  man  diese  richtenden  Beamten  nicht  als  eigentliche  Richter 
betrachten;  vielmeiir  haben  sie  entweder  die  Prozesse  für  die 
ordentlichen  Gerichte  vorzubereiten,  indem  sie  die  Vorunter- 
suchung führen,  oder  vorläufige  Entscheidungen  zu  treffen,  die 
zwar  zunächst  wirksam  werden,  da  der  Beamte  die  Polizeigewalt 
ausübt  und  hierdurch  seine  Verfügung  in  Wirklichkeit  umsetzen 
kann,  die  aber  nicht  die  Rechtskraft  eines  gerichtlichen  Urteils 
besitzen  und  daher  den  Parteien  den  Weg  zu  den  ordentlicher) 
Gerichten  offen  lassen.  Der  große  Amnestieerlaß  Euergetes  II. 
verrät  uns,  daß  die  Beamten  dazu  neigten,  ihre  richtende  Tätigkeit 
zum  Schaden  der  Gerichte  auszudehnen;  vergegenwärtigt  man 
sich  den  ptolemäischen  Beamtenstaat,  wie  ihn  das  vorige  Kapitel 
geschildert  hat,  so  wird  ihr  Übergewicht  begreiflich  genug,  zumal 
da  allem  Anscheine  nach  die  ordentlichen  Gerichte  nicht  sehr 
zahlreich  und  nicht  überall  waren.  Das  Volk  bedurfte  aber  in 
seinen  täglichen  kleinen  Rechtsstreitigkeiten  einer  sofort  erreich^ 
baren  und  sofort  wirksamen  richterlichen  Macht  und  konnte  sie 
nur  in  den  überall  sitzenden  Beamten  finden.  Die  Mehrzahl  dieser 
kleinen  Fälle  des  Alltags  fand  wahrscheinlich  hier  eine  ausreichende 
Regelung  und  gelangte  gar  nicht  vor  die  ordentlichen  Gerichtshöfe. 
Ob  man  nun  diese  Beamtenrichter  als  Schiedsrichter  und  Friedens- 
richter auffaßt,  die  nur  vermittelten,  und,  wenn  es  nicht  gelang, 
an  die  Gerichte  verwiesen,  oder  ob  man  in  der  Vorbereitung  des 
Prozesses  ihre  Amtsaufgabe  sieht  oder  ihren  Urteilen  eine  bedingte 
Rechtskraft  zuschreibt,  sicher  scheint  in  jedem  Falle  zu  sein, 
daß  die  Entscheidungen  des  richtenden  Beamten  sehr  oft  aus- 
geführt und  als  gültig  betrachtet  wurden,  niemals  aber  die  Rechts- 
kraft eines  eigentlichen  Urteils  erlangen  konnten. 


288  DER  RECHTSWEG. 


Endlich  waren  diejenigen,  die  im  Bereiche  der  staathchen 
Finanzverwaltung  standen,  der  gewöhnlichen  Gerichtsbarkeit, 
wenigstens  unter  gewissen  Umständen,  entrückt  und  der  Finanz- 
verwaltung, in  letzter  Entscheidung  dem  Dioiketes,  unterstellt. 
Sie  werden  verschieden  bezeichnet,  mit  besonderer  Begrenzung 
die  yewQyovvreg  rrv  i^aaikixijV  yi]r.  die  vTioieKtlQ,  z.  T.  ganz  all- 
gemein als  vTroreTayf.iivni  rfj  dioi/irjati  oder  tniTreTt'keyuevoi  ralg 
/iQogödtHc:  bei  Lichte  besehen  gehören  unter  diese  Begriffe 
in  Ägypten  Millionen,  wahrscheinlich  sogar  die  Mehrzahl  der  Be- 
völkerung, so  daß  schon  auf  diesem  Wege  die  Beamtenrichter 
einen  ungeheuren  Einfluß  gewinnen  mußten.  Durch  diese  Maß- 
regel wollte  sich  der  Staat  vor  jeder  Schädigung  bewahren,  die 
aus  dem  langsamen  Verfahren  der  ordentlichen  Gerichte  und 
aus  ihrer  Unabhängigkeit  entstehen  konnte.  Grundsätzlich  waren 
Verwaltung  und  Rechtsprechung  getrennt,  in  Wirklichkeit  aber 
vielfach  miteinander  verflochten  und  zwar  zugunsten  der  über- 
mächtigen Verwaltung.  Al'es  dies  gilt  lediglich  vom  Zivilrecht; 
über  Strafrecht  und  Strafprozeß  ist  heute  noch  kein  Urteil 
möglich. 

Quelle  des  Rechts  war  der  König;  aber  seine  Stellung  als 
Gerichtsherr  erlitt  eine  Einschränkung  in  den  autonomen  Ge- 
meinden, denn  weder  in  Alexandreia  noch  in  Ptolemais  weist 
irgendeine  Spur  auf  ihn  hin.  Im  übrigen  aber  gehen  die  Gesuche 
um  Rechtsschutz  an  ihn,  wenn  auch  nur  formell:  die  hrevBtg 
ist  das  an  ihn  gerichtete  Gesuch  {dg  rh  luv  ßaoilüog  ovo/^ia). 
Die  königlichen  Gerichte,  d.  h.  alle,  die  wir  kennen  gelernt  haben, 
mit  Ausnahme  der  autonomen  Gemeindegerichte,  arbeiten  in 
dauerndem  königlichem  Auftrage.  Ob  der  Rechtsuchende  die 
Möglichkeit  oder  auch  nur  das  Recht  hatte,  den  König  als  höchste 
Instanz  anzurufen,  wie  es  an  sich  aus  seiner  Stellung  abgeleitet 
werden  müßte,  wissen  wir  nicht,  wie  denn  überhaupt  von  einem 
Instanzenwege  bisher  nichts  Sicheres  zu  Tage  gekommen  ist. 
Berufung  war  bei  den  alexandrinischen  Gerichten  möglich,  aber 
an  wen?  schwerlich  an  den  König.  Ganz  im  Dunkel  schwebt 
auch  der  ptolemäische  Archidikastes,  der  selten  erwähnt  wird. 
Nicht  einmal  das  steht  fest,  ob  er  ein  alexandrinischer  städtischer 
eder  ein  königlicher  Oberrichter  war,  wenn  auch  das  zweite  mehr 
für  sich  hat.  Vielleicht  war  es  seine  Aufgabe,  die  Gerichtshöfe 
zu  bestellen,  ihnen  ihre  Bezirke  anzuweisen  und  ihre  Tätigkeit 
von   der   Seite   der   Verwaltung  zu   überwachen;   vielleicht   aber 


DAS  VERFAHREN    IN  PTOL.  ZEIT.  289 

stellte  er  auch,  wie  sein  Name  zu  besagen  scheint,  eine  höchste 
Instanz  dar. 

Über  das  Verfahren  mögen  ein  paar  Worte  genügen.  Dem 
Rechtsuchenden  stand  es  augenscheinlich  frei,  ob  er  sein  Gesuch 
an  ein  ordentliches  Gericht  oder  einen  Beamten  richten  wollte; 
er  konnte  dem  Gerichte  oder  dem  Beamten  entweder  eine  an  den 
König  adressierte  hrsviig  oder  dem  Beamten  ein  lediglich  an 
ihn  adressiertes  vttöuvijuu  überreichen;  wesentlich  war  aber  der 
schriftliche  Antrag.  Wie  die  Beamten  verfuhren,  habe  ich  bereits 
angedeutet:  vielleicht  legte  ihnen  die  evrev^tg  die  Pflicht  auf, 
falls  die  Parteien  sich  bei  der  vorläufigen  Verfügung  nicht  be- 
ruhigten, die  Sache  für  die  ordentlichen  Gerichte  vorzubereiten 
und  an  sie  zu  verwaisen,  während  für  das  V7c6{.ivriua  sie  allein  zu- 
ständig waren;  aber  weder  ihre  Pflichten  noch  auch  die  tatsächliche 
Behandlung  solcher  Dinge  sind  uns  hinreichend  klar.  Sicher  ist 
nur,  daß  auch  die  hvev^ig  nicht  an  den  König,  sondern  nur  bis 
zum  ordentlichen  Gerichte  gelangte.  Fiel  sie  in  die  Urne  der 
Chrematisten,  so  prüfte  zunächst  der  slgaymyevg,  ob  die  Sache 
zuzulassen  sei,  und  traf  die  sonst  nötigen  Verfügungen;  diese 
Prüfung  und  Sichtung  der  gewiß  zahlreichen  Anträge  heißt  dm- 
loyrj.  Es  war  Sache  des  Klägers,  dem  Beklagten  seine  Ladungs- 
schrift persönlich  in  Gegenwart  von  zwei  Zeugen  {/./.rjooeg) 
zuzustellen  und  ihn  auf  den  Termin  zu  laden;  im  2.  Jh.  a.  C.  freilich 
bittet  man  die  Chrematisten,  ihrerseits  durch  den  v:criQiTi]g  laden 
zu  lassen.  Auch  bei  den  alexandrinischen  Gerichten  und  beim 
Zehnergericht  spielte  sich  die  Ladung  in  den  Formen  ab,  die  im 
3.  Jh.  a.  C.  für  die  Chrematisten  galten;  der  Streitwert  wurde 
geschätzt  {tiurjua),  und  die  Parteien  brachten  Zeugen  und  Zeug- 
nisse bei  {auQTvolai).  Ablehnung  eines  Richters  war  beim  Zehner- 
gerichte zulässig.  So  weit  man  sehen  kann,  trägt  in  allen  Haupt- 
punkten das  Verfahren  bei  den  griechischen  Gerichten  die  gleichen 
rein  griechischen  Züge;  nur  daß  naturgemäß  die  schriftlichen  An- 
träge in  Alexandreia  und  PtolemaTs  an  die  Gerichte  selbst  oder 
an  ihren  slgaycoytvg  gerichtet  werden  mußten.  Der  Termin 
{•/MzdoTaotg)  selbst,  den  wir  nur  vor  den  Chrematisten  und  Be- 
amtenrichtern genauer  beobachten  können,  verlief  in  mündlicher 
Verhandlung;  die  Parteien  konnten  ihre  Sache  durch  Anwälte 
(or^tootg)  vertreten  lassen,  aber  man  hat  diese  Redner  von 
den  hinter  ihnen  stehenden  Rechtssachverständigen  {irgayau- 
xiKoi)  zu  scheiden.     Über  den  Gang  der  Verhandlung  wurde  in 

Schabart,  Papyruskunde.  ]9 


290 GERICHTE   DER   KAISERZEIT. 

festen  Formen,  besonders  mit  Hilfe  indirekter  Rede  ein  Bericht 
aufgesetzt,  den  man  nur  ungenau  Protokoll  nennen  kann;  am 
Schlüsse  folgt  deutlich  davon  geschieden  und  besonders  stilisiert 
das  Urteil.  Für  das  gesamte  Gerichtswesen  der  Ptolemäerzeit 
scheint  eine  frühe  königliche  Verordnung  maßgebend  zu  sein, 
die  oft  als  ro  öictyQaf.ma  angeführt  wird.  Wenn  ich  den  Wandel 
des  Gerichtswesens,  namentlich  den  vielleicht  beträchtlichen  Unter- 
schied des  3.  Jh.  vom  2.  Jh.,  mehr  gestreift  als  betont  habe,  so 
ist  es  geschehen,  weil  man  mehr  als  Vermutungen  noch  nicht 
äußern  kann. 

Nur  Reste  der  ptolemäischen  Gerichtsverfassung  haben  sich  in 
die  Kaiser  zeit  hinüber  retten  können.  Unter  Augustus  und  wie 
es  scheint  noch  etwas  länger  bestanden  in  Alexandreia 
einige  Gerichtshöfe  (/.Qiri^Qia)  unter  einem  Vorsteher  (o  sni 
tov  y.QiTr^Qiou),  die  sicher  aus  ptolemäischer  Zeit  stammten;  viel- 
leicht waren  sie  städtisch,  und  auch  das  Hofgericht  {vh  h  vj]  avXfi 
■/.Qixr^Qiov),  das  zu  ihnen  gehört,  muß  nicht  königlich  gewesen 
sein.  Ob  man  sie  mit  den  altalexandrinischen-  Gerichtshöfen 
unmittelbar  in  Verbindung  bringen  darf,  ist  nicht  sicher,  wenn 
auch  wahrscheinlich.  Länger  als  sie  hat,  wie  Jörs  kürzlich  nach- 
zuweisen vermochte,  das  Gericht  der  Chrematisten  fortge- 
dauert, freilich  nicht  mehr  als  Wandergericht,  sondern  mit  dem 
Sitze  in  Alexandreia,  und  was  ihm  früher  der  dgayioyevg  besorgte^ 
tut  jetzt  der  aQxidr/.uöTr^g,  der  vielleicht  erst  jetzt  die  ,, Fürsorge 
für  die  Chrematisten"  insbesondere  übernommen  hat,  die  sein 
Titel  ausdrückt.  Auch  das  Verfahren  verläuft  in  den  ptolemäischen 
Formen:  der  eingereichte  Schriftsatz  heißt  e'vTev'^ig  und  wird  viel- 
leicht dem  Namen  nach  an  den  Präfekten  gerichtet;  die  Sichtung 
und  Voruntersuchung  behält  ihren  alten  Namen  öudnyrj. 
Im  übrigen  baut  sich  die  Gerichtsverfassung  der  römischen 
Zeit  grundsätzlich  anders  auf.  Sie  kennt  nur  Einzelrichter,^ 
in  Ägypten  eigentlich  nur  einen  Richter,  den  Präfekten,  der 
in  allen  Zivil-  und  Strafsachen  nicht  oberste  Instanz,  sondern, 
allein  wirklicher  Richter  ist.  Neben  ihm  stehen  nur  der  iuridicus- 
und  der  idiologus,  beide  römische  Ritter  wie  er  mit  gewisser  be- 
schränkter Gerichtshoheit.  Da  nun  aber  der  Präfekt  außerstande 
ist,  in  allen  Sachen  selbst  zu  richten,  hilft  er  sich  durch  Über- 
tragung, die  sogenannte  Delegation.  In  seinem  dauernden  Auf- 
trage halten  vor  allem  der  iuridicus  und  der  Archidikastes  Gericht, 
der  neben  seiner  Tätigkeit  bei  den  Chrematisten  als  Delegierter 


DELEOATION  UND  KONVENT.  291 

des  Präfekten  eine  ausgedehnte  richterliche  Arbeit  besonders 
in  Sachen  freiwilliger  und  streitiger  Gerichtsbarkeit  zu  leisten 
hat.  Nicht  minder  aber  delegiert  der  Präfekt  die  Verwaltungs- 
beaniten  der  Provinz,  die  Epistrategen  und  die  Strategen.  Sieht 
die  römische  Gerichtsverfassung  von  oben  her  wie  ein  System 
der  Delegation  aus,  so  erscheint  sie  von  unten,  vom  Standpunkte 
des  Recht  suchenden  Untertanen  betrachtet,  wie  ein  Instanzenzug. 
Man  richtet  sehr  häufig  seine  Eingabe  um  Rechtsschutz  (libellus) 
an  die  nächste  Behörde,  die  freilich  nur  vorläufig  eingreifen  und 
Ordnung  schaffen  kann.  Auch  vom  Strategen  ruft  man,  falls 
seine  Entscheidung  nicht  genügt,  den  Epistrategen  an;  können 
auch  grundsätzliche  und  rechtskräftige  Urteile  von  ihm  nicht 
ausgehen,  so  werden  doch  offenbar  viele  Streitigkeiten  auf  diesem 
Wege  erledigt.  Unbenommen  bleibt  es  freilich  dem  Kläger,  beim 
Strategen  die  Ladung  des  Beklagten  vor  den  Präfekten  zu  be- 
antragen, oder  diesem  unmittelbar  tm6avi>uu  oder  i/rioToh)  ein- 
zureichen. Der  Präfekt  pflegt  dann  durch  einen  Vermerk  auf 
diesem  Schreiben,  durch  hroyoafpr^,  einen  Beamten,  in  der  Regel 
den  Epistrategen,  zu  delegieren.  Was  auf  diesem  Wege,  sei  es 
durch  Unterwerfung  unter  den  Spruch  des  zunächst  angerufenen 
Beamten,  sei  es  durch  Urteil  des  vom  Präfekten  delegierten  Richters 
nicht  erledigt  wird,  bleibt  für  die  richterliche  Entscheidung  des 
Präfekten  selbst  übrig,  der  als  Wanderrichter  auf  dem  Konvent 
in  den  Kap.  13  genannten  Städten  den  großen  Gerichtssprengeln 
der  Provinz  Recht  spricht,  umgeben  von  den  höchsten  Beamten, 
die  ihm  in  Kraft  ständiger  Delegation  zur  Seite  stehen.  Hat  ein 
Prozeß  auf  dem  Konvent  begonnen,  so  kann  der  Präfekt  in  seinem 
Verlaufe  noch  einen  iudex  pedaneus  {y.Qii[^  oder  utiiiT)^^  y.ac 
z^tTj.L,')  bestellen,  meistens  den  zuständigen  Bezirksstrategen» 
jedoch  nicht  den  Epistrategen.  Ohne  Zweifel  wurde  die  gesamte 
Rechtsprechung  dadurch  sehr  schwerfällig,  daß  eigentlich  nur 
dem  Präfekten  ein  rechtskräftiges  Urteil  zustand;  aber  das  ge- 
schilderte Verfahren  trug  doch  wesentlich  dazu  bei,  die  schlimmsten 
Folgen  abzuwenden  und  einer  allgemeinen  Unsicherheit  vor- 
zubeugen. Wenn  auch  gewiß  zum  Konvent  zahlreiche  Sachen 
sich  zusammendrängten,  so  konnte  sich  doch  der  Präfekt  auf 
die  allerwichtigsten  beschränken;  überdies  fragte  die  Regierung 
wenig  danach,  ob  der  Untertan  sein  Recht  bekam  und  wie  lange 
er  warten  mußte,  solange  nicht  der  Fiskus  irgendwie  berührt 
wurde. 

19* 


292  DAS  VERFAHREN    IN  DER   KAISERZEIT. 

Vergleicht  man  das  römische  System  mit  dem  der  Ptolemäer, 
so  kann  es  wie  ein  weiterer  Ausbau  der  Beamtengerichtsbarkeit 
erscheinen,  die  schon  in  ptolemäischer  Zeit  sich  vordrängte.  In 
der  Kaiserzeit  herrscht  sie  unbedingt,  denn  bis  auf  die  im  Anfange 
erwähnten  Reste  gibt  es  eigenthche  Gerichtshöfe  unter  der  Römer- 
herrschaft nicht  mehr.  Daher  mochte  die  neue  Gerichtsverfassung 
der  Masse  des  Volkes  leicht  eingehen,  da  sie  nicht  viel  zu  ändern 
schien.  Aber  im  Grunde  trat  etwas  völlig  anderes,  etwas  Rö- 
misches, an  die  Stelle  der  ptolemäischen  Kollegialgerichte,  wenn 
auch  sicherlich  Augustus  sich  den  Vorteil,  scheinbar  an  ptole- 
mäische  Einrichtungen  anzuknüpfen,  zu  Nutze  gemacht  haben 
wird.  In  byzantinischer  Zeit  bringt  die  Herausbildung  der  civitas 
römischen  Sinnes,  namentlich  seit  der  Munizipalverfassung,  eine 
gewisse  Gerichtsbarkeit  der  Stadtbehörden  mit  sich:  kleinere 
Sachen  werden  nun  dem  defensor  civitatis  überwiesen.  Daneben 
schafft  sich  aber  die  kirchliche  Gerichtsbarkeit  Raum  und  An- 
erkennung. 

Für  das  Prozeßverfahren  kommt  in  Ägypten  der  ordent- 
liche Zivilprozeß  nicht  in  Betracht,  vielmehr  das  sogenannte 
Kognitionsverfahren,  dessen  Einzelheiten  noch  recht  unbekannt 
sind  und  gerade  aus  den  Papyri  herausgelesen  werden  müssen. 
Die  Protokolle  geben,  stark  abweichend  von  den  ptolemäischen, 
nicht  einen  stilisierten  Bericht  über  die  Verhandlung,  sondern 
in  möglichst  getreuer  Nachschrift  den  Wortlaut  von  Rede  und 
Gegenrede,  der  Fragen  des  Richters  und  der  Antworten  der  Parteien 
oder  ihrer  Rhetoren.  Es  sind  genau  genommen  lediglich  Auszüge 
aus  den  Amtstagebüchern  {vTtouvrjfiaiKji^ioi)  der  Beamten,  da 
ja  das  Rechtsprechen  zu  den  Amtsgeschäften  des  römischen  Ver- 
waltungsbeamten gehört;  daher  fehlt  auch  die  feste  und  feierliche 
Stilisierung  des  Urteils,  das  vielmehr  in  einer  beliebig  gefaßten 
Äußerung  des  Beamten  enthalten  sein  kann.  In  der  Voll- 
streckung scheint  die  Personalexekution,  die  die  Ptolemäer 
in  Ägypten  eingeführt  hatten,  von  den  Römern  beibehalten 
zu  sein. 

Literatur:  außer  den  schon  angeführten  Werken:  0.  Gradenwitz,  Das  Gericht 
der  Chrematisten,  Arch.  f.  P.  11 1  22.  St.  Waszynski,  Die  Laokriten  und  tö  xoirdr 
Sixaarri^ior,  Arch.  f.  P.  V  1.  G.  Semeka,  Ptol.  Prozeßrecht  I,  München  1913. 
F.  Zucker,  Beiträge  zur  Kenntnis  der  Gerichtsorganisation  im  ptolemäischen 
und  römischen  Ägypten,  Philo!.  Suppl.  XIII.  Vgl.  v.  Druffel,  Krit.  Viertel- 
jahrsschrift für  Gesetzgebung  und  Rechtswissenschaft,  3.  Folge  XIV,  521. 
P.  Jörs,  Srjfioaicoaii  und  ex^aorv^rjon   Ztschr.  Sav.  St.  1916,  107  ff.     Derselbe, 


EINZELNES.  293 


Erzrichter  und  Chrematisten,  Ztschr.  Sav.  St.  1915,  230ii.  A.  Stein,  Die 
iuridici  Alexandreae,  Arch.  f.  P.  I  445.  U.  Wilcken,  Der  äg.  Konvent,  Arch.  f. 
P.  IV  366.  A.  Berger,  Die  Strafl<iauscln  in  den  Papyrusurknnden,  Teubner  1911. 
Lewald,  Zur  Personalexci<ution  im  Reciite  der  Papyri,  Leipzig  1910.  J.  Partsch, 
Juristische  Literaturübersicht,  Arch.  f.  P.  V  45.^.  Bruns,  Fontes  iuris  Roinani 
antiqui'  ed.  O.  Gradenwitz,  Tübingen  1909. 

Über  die  Laokriten  ist  bisher  nichts  Näheres  bekannt.  Koinodikion,  nur 
in  der  Abkürzung  y.ouoäi  belegt,  wird  durch  einige  Magdöiapapyri  bezeugt, 
Mi.  Chr.  9.  10.  Erlaß  Euergetes  IL  Mi.  Chr.  1:  7TooereTd;(nai  (die  Könige 
Euergetes  und  Kleopatra  II.  und  III.)  Se  y.al  tis^I  iwv  y.Qivofiivwv  AliJyvTtTicov 

Ti^bs  "EkXr^va^  y.al  TtsQi  tcöv  'Ef.).7}vcov  rüiv  [7i]gbi  tovs  AlyvTTziovg  r}  Aiyv(7tricov) 
Tiobi  "EXJ.rjras  ytvwv  ti&vtcoi'  Ttkr/i'  rwv  ysio(oyoiivT:tov)  ßa(aiXiy.rjv)  yfjv  y.al  töjv 
vTioreköjv  y.al  löjv  itkXcov  rCJv  eTtiTisTiXey /.livMv  rals  TtgoiöSois  rov^  fiev  y.ad"'  'E?.- 
Xrjvixa  avfißoka  avvi]XXa/^6Tas^E/,Xr]aiP  Aiyvrrriovg  vTtiy^tiv  yal  Äa/ufJäveii'  rö  Öiyaiov 
STil  Tcöv  ■iQriii.aTiatMr.  öooi  Se  "Ekktfi'es  Öptsu  owyga^öirefoi  v.ni'  Aiyv(TXTut) 
ovvakkdyfima  vTte%tiv  tb  Öixuiov  err/  löji'  /.aoxgiröiv  y.arä  rovg  rfjs  %iöoae  vöuovi. 
lag  dk  TOJi'  Aiyv(7truov)  Tcobi  roi'S  avrovi  {Al)yv(rTTiovi)  y.()Laeis  fifj  enioTiäod'cu 
Tovs  X()T]fia(TiaTcis),   aXV   iär   Sis^dytad'ai   STil  röii'  /.aoy.oniöi'  y.uTa   rovs  ffji  ywoag 

vöfiovi.  Der  wesentliche  Inhalt  ist  trotz  entstellenden  Fehlern  in  der  Abschrift 
klar.  Man  sieht,  daß  die  Chrematisten  das  Übergewicht  haben  und  die  Lao- 
kriten des  Schutzes  bedürfen.  Von  Koinodikion  ist  nicht  die  Rede.  Zur 
Auffassung  der  oiva/.'/.uyuaza  vgl.  Mitteis.  Chrematisten  bei  Aristeas  auf 
Philadelphos  zurückgeführt,  was  aber  wenig  besagen  will;  Wanderrichter  er- 
sparten den  Bauern  eine  Reise  und  verhüteten  die  Unterbrechung  der  Feldarbeit. 
Vgl.  S.  214.  Daß  vor  Laokriten  griechisches,  vor  Chrematisten  ägyptisches  Recht 
gelten  konnte,  ist  wahrscheinlich  für  alle  Personalsachen,  die  mit  jenen  awak- 
'/.dy/Aura  in  Verbindung  standen;  es  widerspricht  der  Verfügung  Euergetes  IL 
nicht. 

Über  Alexandreia  gibt  wieder  der  Hallesche  Papyrus  (Dikaiomata)  Auskunft. 
Die  Herausgeber  nehmen  an,  die  ^tviy.ä  Siy.uaTi]nca  sehen  in  der  äg.  y.cöfja  zu 
suchen,  wo  die  als  alexandrinische  Bürger  eingeschriebenen  Soldaten  btiI  ^e^i;?, 
d.  h.  ortsfremd  waren  (p.  95 ff.);  aber  der  Wortlaut  156ff.  r(öi>  di  «■  tcöi  oz^aTicony.on 

rtxayfiiviov  öaoi  dv  sr  'Ake^avSoeint  rr£7TokiToyoa(/ rjuspoi  evxakiöaiv  nsol  aixa()%i,üri' 
xal  anofxeTQiöJf  y.al  naoayqaffwv  imr  ix  oirao/Jag  f]  oiTOfisr^iag  yivofiei'oiv,  edv 
xnl  Ol  dpriSiy.oi  ei'  tüji  aToaricoiiy.coi  öi'Tsg  TteTtokiToyoafrjftevoi  Sioiv,  kajtriars- 
TUioav  TO  Siy.aioi'  xtcl  vn:6yjT(oaar  er  roig  ^eiiyolg  Siy.aairgioig  führt  auf  Gerichtshöfe 

in  Alexandreia,  zumal  da  der  Pap.  auch  sonst  nur  von  solchen  handelt.  Wahr- 
scheinlich ist  von  Soldaten  die  Rede,  die  zwar  schon  als  Bürger,  aber  noch 
nicht  in  einen  Demos  eingeschrieben  waren  und  daher  noch  nicht  den 
Bürgergerichten  unterstanden,  'iävoi  sind  hier  nicht  Ortsfremde,  sondern  Aus- 
länder; eine  Untersuchung  des  Begriffs  ist  nötig.  Zu  Ptolemais  vgl. 
Plaumann  und  OG.  1  48.  Beamte  als  Richter:  z.  B.  Mi.  Chr.  31,  H^rmias- 
prozeß.  Beratendes  Kollegium:  Ein  Erbstreit  aus  dem  ptol.  Äg.  ed.  Gradenwitz, 
Preisigke,  Spiegelberg.  (Wiss.  Ges.  Straßburg)  1912.  Der  leitende  Epistratege 
spricht  allein  das  Urteil.     Beamte  und  Chrematisten  Amh.  II  33  (ca.  157  a.  C): 

^Ei-earryy.viag  fjiiiv  yarnOTdoea)£  ercl  [Zo)]7tvqov  rov  sTTi^ekrjTOv  y.al  ITsreuo- 
^•fvrioioi  Tov  ßnadiy.ov  youft/tarscog  avveSgevöt'Tcoi  y.al  rmv  ev  rmi  nqoeiQi^itivcoc 
votiön    T«    ßaaikiy.u    y.al    TT^osoSixä    y.al     iSiforixd    y.oiiöijoir    yor^fiaTiarcör.         Die 


294  EINZELNES. 


richterliche  Vollmacht  der  Beamten  ist  umstritten;  vgl.  außer  Mitteis  bes. 
Taubenschlag,  Arch.  f.  P.  IV  1.  Zucker  a.  a.  O.  Semeka  a.  a.  O.  Übergriffe 
der  Beamten  Mi.  Chr. .'}()  B.  Wären  die  ordentlichen  Gerichte  zahlreich  gewesen, 
so  hätte  man  der  Wanderrichter  nicht  bedurft.  Über  die  Spezialkompe- 
tenzen  vgl.  Mitteis,  Grundzüge  11.  Der  angerufene  Stratege  verweist  an  das 
Gericht,  falls  die  Sidlvoig  nicht  gelingt,  z.  B.  Mi.  Chr.  9.  10  (Magdolapapyri). 
Zum  Archidikastes  vgl.  Jörs  a.  a.  ().  Verfahren:  auf  den  Unterschied  von 
si'Tsi'in;  und  vTTöfirrjua  darf  man  nicht  alles  aufbauen,  denn  der  Untertan 
wird  oft  nicht  Bescheid  gewußt  und  eine  falsche  Form  gewählt  haben,  ohne  daß 
damit  das  ganze  Verfahren  bestimmt  werden  konnte.  Ladung  durch  die  Chrema- 
tisten  P.  Gr.  Berol.  6a.  Alexandrinische  Ladung  P.  Hai.  222!^,  wo  allerdings 
nur  von  «»•  finQ-rvoiav  xlfjaig  die  Rede  ist;  man  darf  aber  unbedenklich 
dasselbe  für  die  Ladung  des  Gegners  annehmen.  Den  Unterschied  der  Rhetoren 
von  den  Rechtskundigen  betont  Partsch  a.  a.  O. ;  vielleicht  ist  der  inhaltlich 
sehr  bunte  P.  Hai.  1  eine  Materialzusammensteilung  eines  Tc^ayumiy.öi.  Vgl. 
auch  S.  217.  Verhandlungsbericht  Mi.  Chr.  .31,  Hermiasprr.zeß:  zum  Stile  vgl. 
Kap.  11.  Das  Üidy^mufca,  wie  erwähnt  auch  in  AI- xandreia  gültig,  scheint 
einen  sehr  umfassenden  Inhalt  gehabt  zu  haben.  Daß  es  die  Gerichtshoheit  des 
Königs  ausdrückte,  ist  nicht  anzunehmen.  Vgl.  das  SidvQafifia  des  Antigonos 
Syll."  344  §  6. 

Die  alexandrinischen  y.oiTt'iout.  begegnen  uns  nicht  in  richterlicher  Tätigkeit, 
sondern  als  Urkundenbehörde  für  die  av}'xcö^>]ati,  vgl.  den  nächsten  Abschnitt; 
daß  sie  aber  von  Hause  aus  Gerichte  waren,  ist  nicht  zweifelhaft.  Zahlreiche 
Zeugnisse  in  BGU.  IV.  Die  Fortdauer  der  Chrematisten  entdeckt  und 
ausführlich  besprochen  von  P.  Jörs  a.  a.  O.  In  der  Kaiserzeit  führt  der  Archi- 
dikastes   den    Titel    doxiSiyaurrjs    y.al    jT^ög     i  tj    ETTiitsltia    tü>1'    %(i)]fiaTi,oiö}v    aal 

rwr  äU.cüv  y.otTr;oi(r/r ;  meine  frühere  Annahme,  wegen  der  Nennung  der 
Chrematisten  müsse  dieser  Titel  ptolemäisch  sein,  verliert  jetzt  ihre  Stütze. 
Der  iuridicus  griechisch  d'ixcuoäöTrjs ;  zum  Idiologus  vgl.  das  vorige  Kapitel. 
Die  BTTioToliq^  der  Privatbrief,  an  den  Präfekten  war  streng  genommen  unzu- 
lässig, kam  aber  doch  öfter  vor.  Über  den  Konvent  hat  Wilcken,  Arch.  f.  P. 
IV  ?.{j1  grundlegend  geschrieben.  Natürlich  trug  das  römische  System  zur  Ver- 
schleppung der  Prozesse  bei:  ein  Beispiel  Mi.  Chr.  59.  Der  iudex  pedaneus  heißt 
yconrii,  wenn  er  nur  vom  Präfekten  bestellt  wird,  dagegen  usoIttjs  yai  yoiT/j'^, 
wenn  es  auf  Vorschlag  der  Parteien  geschieht.  Ob  der  yafia/Siy.aatiis  der 
byz.  Zeit  an  ihn  anknüpft,  ist  sehr  fraglich.  Kirchliche  Gerichtsbarkeit  z.  B. 
Mi.  Chr.  98,4.  Jh.  p.  C.  Protokolle  mehrlach  bei  Mitteis  Chr.  Änderungen 
innerhalb  der  Kaiserzeit,  die  gewiß  nicht  ausgeblieben  sind,  lassen  noch  keine 
Darstellung  zu;  die  byz.  Periode  ist  noch  kaum  bearbeitet. 

Auf  wenigen  Seiten  einen  Überblick  über  die  Fülle  der  er- 
haltenen Papyrusurkunden  und  ihren  Rechtsgehalt  zu  geben, 
ist  unmöglich.  Ich  kann  daher  nur  versuchen,  mit  kurzen  Worten 
ihre  wesentlichen  Formen  zu  besprechen.  Da  Ägypten  seit  alters 
das  Land  der  Schreiber  und  des  Papiers  war,  bildeten  scliriftlose 
Verträge  die  Ausnahme;  selbst  dem  sogenannten  äyQacpog  yd/nog, 
der  schriftlosen  Ehe,  war  die  geschriebene  Urkunde  nicht  fremd. 


DEMOTISCHE   URKUNDEN. 295 

Die  demotische  Urkunde,  die  die  Ptolemäer  vorfanden,  war 
«ine  öffentliciie  Urkunde,  da  sie  vor  öffentlichen  Urkundenbeamten 
errichtet  wurde,  vor  den  sogenannten  ägyptischen  Notaren,  welche 
die  Griechen  uovoyoaipoL  zu  nennen  pflegten.  Diese  gehörten 
zu  den  Priestern  und  wurden  in  ptolemäischer  Zeit  unter  staatlicher 
Aufsicht  ausgewählt;  sie  schrieben  die  Urkunden,  während  die 
gewöhnlich  zugezogenen  16  Zeugen  nur  ihre  Siegel  aufdrückten. 
Daneben  stehen  demotische  Urkunden,  in  denen  hinter  der 
Niederschrift  des  Notars  noch  mehrere  Zeugen  den  Text  eigen- 
händig wiederholen;  dieser  Typus  läßt  sich  bis  gegen  Ende  des 
3.  Jh.  a.  C.  verfolgen.  Überdies  wurden  namentlich  Kauf- 
verträge in  zwiefacher  nicht  völlig  gleicher  Fassung  als  ,, Schrift 
für  Silber"  {TtoctöL^)  und  als  ,, Abstandsschrift"  {äitooraolnv  ovy- 
yQct(pr)  ausgefertigt,  so  daß  in  einem  der  vorgenannten  Fälle  das- 
selbe Rechtsgeschäft  auf  einer  großen  Papyrusrolle  zehn  Mal 
geschrieben  vor  uns  liegt.  Die  Ptolemäer  gestatteten  den  ägyp- 
tischen Notaren,  auch  weiterhin  demotische  Urkunden  ,,nach 
dem  Gesetze  des  Landes"  aufzusetzen,  verlangten  aber,  daß  sie 
bei  einer  griechisch  en  Urkundenbehörde  eingetragen  und  zu  diesem 
Zwecke  in  griechischer  Übersetzung  eingereicht  würden;  denn  sie 
wollten  um  die  von  jedem  Besitzwechsel  zu  zahlende  Umsatzsteuer 
nicht  betrogen  werden  und  zugleich  die  Tätigkeit  der  uoroyodcpoi 
beaufsichtigen.  Der  gelegentlich  angeführte  Grundsatz,  die  nicht  ein- 
getragenen ägyptischen  Verträge  seien  ungültig,  bedeutete  wohl  nur, 
daß  sie  lediglich  als  Privatverträge  zu  betrachten  seien,  die  zwar  an 
sich  gültig  waren,  aber  hinter  den  öffentlichen  an  Beweiskraft 
zurückstanden;  so  stellte  man  sich  wenigstens  in  der  Kaiserzeit 
dazu,  indem  man  die  reinen  Privaturkunden,  wie  es  scheint,  vor 
Gericht  gar  nicht  oder  nur  an  zweiter  Stelle  als  Beweismittel  zu- 
ließ. Die  zahlreichen  demotischen  Urkunden  aus  der  Ptolemäer- 
zeit  zeugen  für  die  Vorliebe  die  das  Volk  trotz  Umständlichkeiten 
und  Kosten  für  sein  heimisches  Recht  bewahrte,  und  lassen  uns 
die  Tätigkeit  der  Laokriten  erst  im  richtigen  Lichte  erscheinen. 
In   der   Kaiserzeit  sterben  sie  bald  ab. 

Ihr  Gegenstück  war  die  ursprüngliche  griechische  Urkunde, 
deren  Wesen  rein  privat  ist.  Soweit  wir  zurückblicken  können, 
war  es  die  Regel,  daß  die  Vertragschließenden  einem  der  sechs 
üblichen  Zeugen  die  Urkunde  in  Verwahrung  gaben;  und  nach 
diesem  ovyyQce(po(pv'/.c(i,  dem  Urkundenhüter,  pflegt  man  sie  zu 
benennen.     Er   ist  nur  Privatperson   und   hat   nichts   mit   einem 


296       SYNGRAPHOPHYLAXURKUNDE.  AGORAN.  URKUNDE. 

Urkundenbeamten  gemein.  Wie  wir  an  gut  erhaltenen  Papyrf 
sehen,  schrieb  man  den  Text  zweimal,  verschnürte  die  erste,  die 
sogenannte  innere  Niederschrift,  und  ließ  sie  von  den  Vertrag- 
machenden und  den  Zeugen  mit  ihren  Siegeln  schließen,  während 
die  zweite,  den  unteren  Teil  des  Blattes  füllende  äußere  Nieder- 
schrift zusammengefaltet,  aber  nicht  versiegelt  wurde,  so  daß 
eine  kleine  Papyrusrolle  einen  verschlossenen,  gesicherten  und 
einen  für  den  Gebrauch  offenen  Text  enthielt.  Diese  Syngrapho- 
phylax-Urkunde  war  selbstverständlich  gültig,  obwohl  ihr 
die  Öffentlichkeit  fehlte,  und  im  3.  Jh.  a.  C.  hat  man,  wie  es  scheint, 
noch  nicht  daran  gedacht,  sie  durch  einen  Urkundenbeamten 
eintragen  zu  lassen.  Sie  hat  sich  in  alter  Gestalt  bis  in  den  Anfang 
der  Kaiserzeit  erhalten,  ist  aber  dann  bald  verschwunden. 
Im  Laufe  des  2.  Jh.  a.  C.  mußte  sie  allmählich  der  öffentlichen, 
der  sogenannten  agoranomischen  Urkunde  den  Platz  räumen, 
die  uns  erst  jetzt  begegnet,  obgleich  wir  von  äyogavöiwi  schon 
im  3.  Jh.  a.  C.  hören.  Sie  blieb  von  da  an  bis  ins  4.  Jh.  p.  C.  die  am 
meisten  verbreitete,  man  darf  sagen,  die  herrschende  Form  der  grie- 
chischen Verträge  Ägyptens.  Das  Urkundenamt  oder  Notariat  hatte 
seinen  Sitz  in  den  Gauhauptstädten ;  neben  dem  gewöhnlichen  Namen 
äyoQuvoi^ielov  ünden  wir  auch  (.ivi]^iovüov  VLndtiQ'/^tiov,  auf  den  Dörfern 
hier  und  da  ygacpsiov,  Namen,  die  vielleicht  örtliche  Geltung  hatten, 
aber  in  der  Sache  alle  einander  gleich  zu  achten  sind;  und  wenn 
die  Urkunden  aus  Oxyrhynchos  in  der  Kaiserzeit  öfters  auf  der 
Straße,  h  uyvux,  aufgesetzt  wurden,  so  besagt  dies  nur,  daß  der 
Urkundenbeamte,  der  äyogaroiiog,  im  Freien  sein  Amt  ausübte. 
Die  agoranomischen  Urkunden  der  Ptolemäerzeit  verraten  zum 
Teil  noch  die  Herkunft  von  der  Syngraphophylaxurkunde:  die 
Innenschrift  ist  geblieben,  wenn  auch  zu  einer  kurzen  Notiz  des 
Inhalts  zusammengeschrumpft,  die  nach  alter  Gewohnheit  noch 
versiegelt  wird,  obwohl  die  Errichtung  durch  den  Agoranomos 
der  Urkunde  öffentlichen  Charakter  verleiht  und  jeden  Siegel- 
verschluß überflüssig  macht.  Zeugen  wurden  in  der  Regel  nicht 
hinzugezogen,  ersetzte  doch  der  Urkundenbeamte  die  Gewähr, 
die  sie  ehemals  bieten  konnten.  Die  griechische  agoranomische 
Urkunde  ist  augenscheinlich  von  den  Ptolemäern  dem  ägyp- 
tischen Beispiele  nachgebildet  worden,  das  sich  umsomehr  empfaiil, 
als  der  Staat  hiermit  eine  sichere  Grundlage  dei  Umsatzsteuer 
gewann  und  seme  Hand  in  alle  privaten  Besitzverhältnisse  stecken 
konnte.     In  der  Kaiserzeit  klebte  das  ayogavoutlov  die  Originale 


SYNCHORESIS.     HANDSCHEIN.  297 

der  Urkunden  zu  Rollen  zusammen  und  bewahrte  diese  zöi-wi  ovy- 
xo?M]oii.iwv  auf;  eine  zweite  aus  amtlichen  Abschriften  bestehende 
Rolle  hatte  es  an  das  später  zu  besprechende  Besitzamt  zu  liefern. 
Eine  andere  Art  der  Urkunden,  die  von  vornherein  öffentlich 
war,  bildete  sich  unter  den  Ptolemäern  in  der  Synchoresis  ((717- 
YjüQt]oig)  aus.  Wahrscheinlich  ging  sie  aus  gerichtlichen  Ver- 
gleichen hervor,  die  in  Gestalt  eines  Antrages  beider  Parteien 
dem  Gerichtshofe  eingereicht  wurden;  aber  auch  später,  als  sie 
sich  vom  Gerichtsverfahren  gelöst  hatte,  behielt  sie  die  alten  Formen, 
wurde  als  Eingabe  beider  Vertragschließenden  stilisiert  und  einer 
Gerichtsbehörde  eingereicht  mit  einem  Antrage,  der  wohl  auf  die 
Anerkennung  ihres  öffentlichen  Charakters  zielte.  Zur  Zeit  des 
Augustus  finden  wir  die  alexandrinischen  y.oiTt]oia  mit  ihr  be- 
schäftigt, später  den  Archidikastes  und  insbesondere  sein  hierin 
tätiges  y.axaloytlov-hmo.  Ob  sie  nur  in  Alexandreia  gebräuchlich 
war,  kann  man  nicht  völlig  sicher  erkennen;  jedenfalls  stand  sie  an 
Verbreitung  weit  hinter  der  agoranomischen  Urkunde  zurück. 
Aber  auch  die  reine  Privaturkunde  hat  sich  trotz  aller  Ungunst, 
die  sie  von  Ptolemäern  und  Kaisern  erfuhr,  weiter  erhalten  in 
doppelter  Gestalt:  das  schlichte  Handschreiben,  yjiQÖyQarpor, 
im  Briefstil  abgefaßt,  sollte  zwar  seinem  Wesen  nach  eigenhändig 
geschrieben  werden,  wurde  aber  sehr  häufig  von  den  berufsmäßigen 
Urkundenschreibern  aufgesetzt,  die  im  Orient  auf  der  Straße 
arbeiteten  und  arbeiten;  es  ist  kaum  nötig,  vor  einer  Verwechslung 
dieser  Lohnschreiber  mit  den  Notaren  zu  warnen.  Zweitens  aber 
kam  namentlich  für  Pacht-  und  Mietverträge  die  Form  der  Ein- 
gabe, das  i7T6i.ivr^uu,  in  Gebrauch,  das  genau  genommen  einen 
Antrag  enthielt,  aber  alle  wesentlichen  Bestandteile  eines  Ver- 
trages aufnehmen  konnte.  Diese  beiden  Urkundentypen  haben 
schließlich  alle  anderen  Formen  überdauert  und,  ohne  daß  man 
bisher  die  Ursachen  und  den  Vorgang  selbst  verfolgen  könnte, 
im  byzantinischen  Zeitalter,  als  das  römische  Urkundenwesen 
sich  auflöste,  die  volle  Herrschaft  erlangt;  man  ließ  sie  damals 
in  der  Regel  durch  Privatnotare,  Giußo/.aioyQcUfoi,  d.  h.  rechts- 
kundige Schreiber  ohne  Amtscharakter,  aufsetzen. 
Während  alle  Urkundenformen,  die  wir  bisher  kennen  gelernt 
haben,  bereits  aus  ptolemäischer  Zeit  herrühren,  scheint  die  Bank- 
diagraphe,  diayocapl  TQctneLr^g,  soweit  man  bis  heute  zu  urteilen 
vermag,  ein  Gewächs  der  Kaiserzeit  zu  sein  und  mit  dem  raschen 
Aufschwünge    zusammenzuhängen,    den    die    Privatbanken    unter 


298 BANKURKUNDE.     RÖMISCHE   URKUNDE. 

römischer  Herrschaft  nahmen.  Da  viele  Personen  bei  einer  Bank 
ein  Konto  besaßen  und  Zahkingen  an  andere  durch  Überweisung 
bewirken  konnten,  so  wurde  die  Mitteihmg  des  Trapeziten  an 
den  Empfangsberechtigten,  daß  der  Betrag  angewiesen  sei. 
schon  früh  erweitert,  indem  man  den  Vertrag,  der  der  Zahlung 
zu  Grunde  lag,  hineinzog  und  so  die  Bankdiagraphe  zu  einer  Ver- 
tragsurkunde ausbaute.  Audi  diese  Urkundenform,  die  sich 
meistens  bei  Darlehen  und  Kauf  findet,  gilt  als  öffentliche  Urkunde, 
und  wie  der  Notar  ist  auch  der  Trapezit  verpflichtet,  Abschriften 
seiner  Urkundenregister  dem  Besitzamte  auszuhändigen. 
Endlich  brachte  die  römische  Herrschaft  etwas  Neues  auch  mit  der 
römischen  Urkunde  ins  Land,  die  unter  cives  Romani  uner- 
läßlich war,  sobald  es  sich  um  Geschäfte  des  ins  civile  handelte. 
Dann  mußten  alle  ihre  strengen  Formen  und  Formeln  in  lateinischer 
Sprache  angewendet  werden.  Ihr  natürlicher  Bereich  waren  per- 
sönliche Rechtsverhältnisse,  namentlich  Eherecht  und  Erbrecht; 
die  Papyri  haben  uns  einige  Beispiele,  meistens  in  griechischer 
Übersetzung  und  in  Hinweisen,  aufbewahrt.  Für  andere  Rechts- 
geschäfte konnten  sich  auch  Römer  der  beweglicheren  Formen 
bedienen,  die  das  ius  gentium  an  die  Hand  gab,  und  im  Verkehr 
mit  Nichtbürgern  verstand  es  sich  von  selbst. 
Neben  den  besonderen  Namen  der  einzelnen  Urkundenarten 
steht  als  allgemeine  Bezeichnung  ovyyQarfij  und  kann  jene 
im  gewöhnlichen  Sprachgebrauche  ersetzen;  oft' tritt  noch  im  Geni- 
tiv der  Inhalt  hinzu,  z.  B.  övyyQU(f\  yc^iov.  Nicht  minder  allgemein 
ist  oiioAoy/a,  ein  Ausdruck,  der  von  der  häufigen  Stilisierung 
der  Urkunden  mit  uuoAoyelv  herrührt,  aber  keinen  eigentlichen 
Typus  bezeichnet.  Ob  ein  Vertrag  objektiv  oder  subjektiv 
aufgesetzt  ist,  ob  eine  dritte  Person,  der  Notar,  berichtet,  daß 
N.  N.  dies  und  jenes  erklärt,  oder  ob  N.  N.  selbst  in  erster  Person 
spricht,  hat  zwar  formale  Bedeutung,  tritt  aber  hinter  dem  Unter- 
schiede privater  und  öffentlicher  Urkunden  weit  zurück.  Eben- 
sowenig bestimmt  die  häufige  Personalbeschreibung  der 
Vertragschließenden  das  Wesen  der  Urkunde,  denn  die  Persön- 
lichkeiten werden  damit  keineswegs  sicher  nachgewiesen,  wenn 
nicht  der  Notar  eine  Erklärung  darüber  abgibt.  Alle  diese  Züge, 
die  bald  erscheinen,  bald  fehlen,  dazu  die  örtlichen  Besonder- 
heiten des  Urkundenstiles  geben  den  erhaltenen  Urkunden 
ein  weit  bunteres  Ansehen,  als  die  vorausgehende  Darstellung 
ihrer  Typen  ahnen  läßt,  umsomehr  als  der  mannigfaltige    In- 


ÖFFENTLICHKEIT  DER  URKUNDEN.  299 

halt  auch  die  Stilisierung  beeinflußt.  Kauf-  und  Pachtverträge 
haben  ein  anderes  Gesicht  als  Urkunden  über  Empfang  oder 
Rückzahlung  eines  Darlehns,  Ehe-  und  Scheidungsurkunden  weichen 
von  Testamenten  ab,  und  die  unendlich  verschiedenen  Rechts- 
geschäfte, die  uns  die  Papyri  vorführen,  bringen  allerlei  Eigen- 
tümliches mit  sich.  Wenn  auch  manche  von  ihnen  gewisse  Ur- 
kundentypen bevorzugen,  wie  wir  es  oben  bei  Pacht-  und  Miet- 
verträgen bemerkt  haben,  so  kann  doch  jeder  Inhalt  in  jeder 
Urkundenform  seinen  Ausdruck  finden. 

Habe  ich  zuvor  versucht,  das  Aufkommen  der  Urkunden- 
formen im  Laufe  der  ptolemäischen  und  römischen  Zeit  dar- 
zustellen, so  bedarf  der  bereits  hervorgehobene  Unterschied 
der  Privaturkunde  von  der  öffentlichen  Urkunde  noch  eines 
Wortes.  Im  2.  Jh.  a.  C.  hat  die  Regierung,  wie  es  scheint, 
die  Öffentlichkeit  der  Urkunde  zum  allgemeinen  Grund- 
satze erhoben,  vermutlich  in  Anlehnung  an  das  ägyptische 
Notariat.  Während  die  Notariatsurkunden  ohne  weiteres  öffentlich 
waren,  sollten  die  Privaturkunden,  die  man  nicht  einfach  be- 
seitigen konnte,  wenigstens  bei  einer  Urkundenbehörde  nach- 
träglich gebucht  werden;  über  den  Zweck  dieser  ävayocapi^  habe 
ich  schon  zuvor  gesprochen.  Da  aber  die  Privaturkunde  an  sich 
nicht  ungültig  war,  schob  man  ihre  Buchung  häufig  hinaus,  bis 
ein  dringender  Anlaß,  etwa  ein  drohender  Prozeß,  dazu  trieb. 
Mit  besonderem  Nachdrucke  suchte  die  römische  Regierung  die 
öffentliche  Urkunde,  dr^unoto^  xQi]f.ic(Tiou6g,  durchzusetzen  und 
ließ  an  die  Stelle  der  bequemen  ävcr/Qa(pi]  die  sehr  unbequeme 
dr^liookom^  in  Alexandreia  treten:  um  einem  Handscheine,  denn 
um  diese  handelt  es  sich  fast  allein,  den  Charakter  der  öffentlichen 
Urkunde  zu  verschaffen,  mußte  man  jetzt  zwei  Exemplare  der 
Urkunde  in  Alexandreia  bei  den  beiden  amtlichen  Archiven, 
der  Hadriansbibliothek  und  der  Nanaionbibliothek,  niederlegen. 
Offenbar  sollte  auf  diese  Weise  der  Handschein  den  früheren  Vor- 
teil der  Bequemlichkeit  verlieren  und  der  daran  hängenden  Be- 
völkerung verleidet  werden. 

Für  einen  großen  Teil  der  Urkunden  und  damit  für  das  gesamte 
Urkundenwesen  hat  in  der  Kaiserzeit  das  sogenannte  Besitz- 
buch, die  ly/.rrjaewv  ßiii/uo&rjy.r^,  hervorragende  Bedeutung  er- 
langt und  bis  zu  seinem  Verschwinden  im  Anfange  des  4.  Jh.  p.  C. 
bewahrt;  in  der  Ptolemäcrzeit  ist  es  bisher  nicht  nachgewiesen. 
Sein  Name  besagt:   ,, Aktenniederlage  für  Besitz"  und  bezeichnet 


300  ENKTESEON  BIBLIOTHEKE. 

ein  amtliches  Archiv,  das  alle  auf  Besitz  bezüglichen  Schrift- 
stücke aufzubewahren  hat;  es  beschränkt  sich  aber  einerseits 
auf  Privatbesitz,  hat  also  mit  dem  Fiskus  nichts  zu  tun,  und  anderer- 
seits in  der  Hauptsache  auf  Grundbesitz.  Daraus  ergibt  sich, 
daß  die  Enkteseon  Bibliotheke  sowohl  als  Grundbuch  wie  auch 
als  Urkundenarchiv  aufgefaßt  werden  kann.  Ihre  Unterlagen 
erhielt  sie  aus  dem  Gaukatastcr,  dem  sie  entnahm,  was  er  über 
Grundbesitz  aussagte,  und  aus  den  amtlichen  Urkundenabschriften, 
die  Notare  wie  Trapeziten  ihr  liefern  mußten.  Auf  diese  Weise 
vereinigte  sie  alles,  was  sich  über  Besitz  und  Besitzveränderung 
eines  Grundstücks  amtlich  ermitteln  ließ.  Sie  hatte  ihren  Sitz 
in  jeder  Gaumetropole  unter  der  Leitung  von  zwei  Bibliophylakes 
und  ordnete  ihre  Akten  nach  Dörfern,  innerhalb  der  Dörfer  nach 
Namen,  also  nicht  nach  Grundstücken;  bei  jedem  Namen,  etwa 
in  einem  besonderen  Fache,  lagen  alle  die  Person  als  Besitzer 
betreffenden  Urkunden  zusammen.  Außerdem  führte  sie  Über- 
sichtsblätter, dic(0[Q(t)uara,  auf  denen  kurz  vermerkt  wurde,, 
was  an  Urkunden  und  Rechten  für  eine  Person  vorlag  und  sich 
änderte.  Auch  sie  waren  nach  Dörfern  gegliedert,  deren  Unter- 
abteilungen die  Buchstaben  des  Alphabets  bildeten.  Da  es  Papyrus- 
rollen waren,  die  man  aus  einzelnen  Bogen  zusammenklebte, 
ergab  sich  die  Zählung  der  geklebten  Blätter  von  selbst.  Daher 
wird  bei  Anführungen  aus  den  öiaaTQwuara  als  Kapitelüberschrift 
das  Dorf  genannt,  darauf  der  Buchstabe  und  endlich  das  Blatt 
(xo/A»;/<a)  mit  seiner  Ziffer.  Auf  diese  Weise  konnte  man  den  augen- 
blicklichen Stand  eines  Besitzers  rasch  ermitteln,  ohne  seine 
sämtlichen  Akten  hervorzuholen.  Die  Rechte  des  Besitzers  fanden 
aber  in  Urkunden  sehr  verschiedenen  Inhalts  ihren  Ausdruck^ 
so  daß  die  E.  B,  nicht  allein  Verträge  über  Kauf  und  Verkauf,, 
sondern  auch  alle  Urkunden  über  Hypotheken  und  zahlreiche 
andere  aufzunehmen  hatte,  die  in  irgend  einer  Weise  Rechte  an 
Grundstücken  berührten;  jeder  Vertrag,  z.  B.  Testament,  Ehe- 
vertrag, konnte  Rechte  des  Besitzers  beschränken  oder  Rechte 
eines  anderen  zur  Geltung  bringen.  Für  die  Veräußerung 
von  Grundstücken  war  ein  bestimmtes  Verfahren  vorgeschrieben: 
der  Veräußerer  meldete  durch  TTQogayysXia  der  E.  B.  an,  er  habe 
die  Absicht  zu  verkaufen;  die  E.  B.  prüfte  seine  Rechte  an  dem 
Grundstücke  und  erteilte  dann  der  Urkundenbehörde,  dem  Ago- 
ranomos,  durch  htioraliiu  die  Ermächtigung,  über  den  Verkauf 
eine   öffentliche    Urkunde    zu    vollziehen.      Endlich    meldete   der 


ENKTESEON  BIBLIOTHEKE.  301 

Erwerber  der  E.  B.  durch  ccroyocup]  seinen  Erwerb  an.  Da  trotz 
allen  diesen  Vorkehrungen  die  Übersicht  über  die  Besitzverhältnisse 
nicht  lückenlos  blieb,  teils  infolge  von  Nachlässigkeit  der  Beamten, 
teils  weil  die  Besitzer,  Erwerber  oder  sonst  Berechtigten  säumig 
waren,  und  gewiß  auch  durch  die  mangelnde  Buchung  der  Hand- 
scheine, durch  die  man  ja  ohne  Kenntnis  einer  Behörde  Abmachungen 
treffen  konnte,  so  mußten  die  Präfekten  von  Zeit  zu  Zeit  allgemeine 
Besitzerklärungen  anordnen,  wonach  jeder  der  E.  B.  über  seinen 
Grundbesitz  die  nötigen  urkundlichen  Nachweise  zu  liefern  hatte. 
Auch  diese  Erklärungen  heißen  aTcoy^mput,  sind  aber  von  jener 
regelmäßigen  des  Erwerbers  wohl  zu  unterscheiden. 
Mit  der  Einrichtung  der  E.  B.  gewann  der  Staat  einen  voll- 
ständigen Überblick  über  die  Grundbesitzer  und  über  die 
Rechte  an  Grundstücken,  und  zugleich  fand  der  Privatmann 
seine  Rechte  an  Grundstücken  hier  gebucht  und  stets  auf 
dem  Laufenden  erhalten.  Damit  diente  sie  in  hohem  Maße 
der  Sicherheit  privater  Rechte,  und  es  ist  möglich,  daß  die 
römische  Regierung  bei  ihrer  Begründung  auch  daran  gedacht 
hat,  weil  der  Grundbesitz  der  ganzen  Finanzwirtschaft  Ägyptens 
Halt  gab  und  für  Rom  entscheidende  Wichtigkeit  besaß;  min- 
destens eben  so  stark  dürfte  aber  der  Gedanke  mitgewirkt  haben, 
über  den  Besitz  und  die  Vermögenslage  der  Privatbesitzer  genau 
Bescheid  zu  erhalten,  weil  diese  Leute  in  erster  Reihe  für  die  litur- 
gischen Ämter  in  Betracht  kamen,  von  denen  im  vorigen  Kapitel 
gesprochen  worden  ist.  Je  mehr  die  Regierung  das  System  der 
Liturgie  ausbaute,  in  umso  weiterem  Umfange  mußte  sie  wissen, 
wer  evTTOQos  y-cd  kniTr^duoi  sei  und  ihr  die  nötige  Sicherheit 
biete.  Von  hier  aus  begreift  man,  weslialb  die  E.  B.  nur  den  Privat- 
besitz, nicht  den  des  Staates,  buchte,  und  weshalb  sie  nicht  nach 
Grundstücken,  sondern  nach  Personen  ordnete;  sie  leistete  zwar 
den  Dienst  eines  Grundbuches,  war  aber  nach  Zweck  und  Anlage  ein 
Personalbuch.  Wir  kennen  sie  bisher  nur  in  den  Gauen  Ägyptens, 
dürfen  aber  aus  allgemeinen  Gründen  und  gestützt  auf  Andeutungen 
auch  in  Alexandreia  ein  entsprechendes  Archiv  voraussetzen. 

Literatur:  außer  Mitteis,  Grundzüge  und  Chrestomathie  besonders:  O.Gradenvvitz, 
Einführung  in  die  Papyruskunde,  Leipzig  1900.  P.  Meyer,  Klio  V I  420.  B.  Schwarz, 
Homologie  und  Protoi<oli  in  den  Papyrusurkunden  der  Ptolemäerzeit,  Festschrift 
Ziteimann,  München  und  Leipzig  1913.  A.  Steinwenter,  Beiträge  zum  öffent- 
iichen  Urkundenwesen  der  Römer,  Graz  1915.  v.  Druffel,  Papyrologische  Studien 
zum  byz.  Urkundenwesen,  München  1915.  Über  die  demotischen  Urkunden 
vgl.   bes.   J.   Partsch  bei   Spiegelberg,   Die  demotischen  Papyrus  Hauswaldt, 


302  EINZELNES. 


Leipzig  1913,  p.  17  ff.  Literatur  zu  einzelnen  Rechtsgebieten  anzuführen,  ist 
hier  unmöglich.  Die  wichtigsten  Publikationen  Deniotischer  Urkunden  sind: 
Die  Berliner  demot.  Pap.  ed.  Spiegelberg,  Die  demot.  Pap.  Hauswaldt  ed. 
Spiegelberg,  Die  demot.  Pap.  in  Cairo  ed.  Spiegelberg,  The  Rylands  papyri 
ed.  Griffith  1909.  Demotisch  ist  die  aus  dem  Späthieratischen  hervorgehende 
sehr  kursive  Schriftf-rm  der  Ägypter,  schon  vor  der  Perserzeit;  es  ist  Träger 
der  spätäg.  Sprache.  Seine  Ausläufer  reichen  bis  ins  3.  Jh.  p.  C.  Der  Name 
ist  literarisch;  die  Griechen  nennen  sonst  die  Äcypter  nicht  Sijfioe  sondern  A«ds. 
Äg.  Notare:    Der  Berliner  Pap.  11706  (2.  Jh.  a.  C.)  besagt:  ÜToleuaiog  ai^a- 

Triyös  Tols  s7iiaTd[xan]  kov  ev  Tfjt.  ' H^axleibov  fitgiSi  y.couüjv  [%ai^eiv].  änö 
TMv  vTra^'/övTcov  :ia^'  vfiZv  AflJyvTiTicov  yQaf.ifiaiodiSnaxdXcov  röir  tlco&ÖTCov 
Y^d(feiv  lä  avpa).Xdy/iiara  y.atä  ibv  rfje  ycöoaä  vöfiov  avvxenQiiLievoi  tiaiv  oi  vno- 
yey^atifievoi  vnb  Udaixos  rov  eTttardrov  tcöi'  ev  r&i  vouG>l  leQwv  xal  tiöv  äXXatv 
xard  rd  vttö  IJfJcordQXOv  rcöv  (fü.cov  Si[aJaa(fT]ü'£VTa  /'jfilf  eTCirijSeioi  eivai  yiveaü'ai 
TCQOS  iii  y.tintvi    •/()t'uu,   tzuq    o  v  y.ai  Xaßöt'xes  ytiooylQ^acfiai'  öoy.ov  ßaaiXiKOV  USW. 

Hiernach  wählt  der  Vorsteher  der  Tempel  des  Bezirks  aus  den  äg.  Schreiblehrern 
(wohl  ie^oy^afifiarets)  geeignete  Personen  aus  gemäß  einer  behördlichen  An- 
ordnung, berichtet  dem  Strategen,  und  dieser  läßt  sie  durch  die  Dorfbeamten 
vereidigen.  Man  sieht  den  unmittelbaren  Zusammenhang  mit  den  Tempeln, 
zugleich  aber  die  staatliche  Aufsicht  und  Anerkennung  des  äg.  Notariats.  Fast 
scheint  damit  der  äg.  Notar  dem  griechischen  gleichgestellt  zu  werden.    Zum 

Üy^af  OS  yd/u0s  y/gh  S.  217.    Die  Doppel  ausfertigung  in  Tt^äaig  und  äTtoaraoiov- 

Urk.  hat  auch  auf  die  griech.  Urk.  eingewirkt.  Den  eigentümlichen  Stil  demo- 
tischer  Urkunden  machen  auch  die  griechischen  Übersetzungen  deutlich,  vgl. 
.Mi.  Chr.  129.  Tebt.IlG4.  BGU.  III 1002.  Sammelb.  5231  u.  a.  Die  Umsatzsteuer 
heißt  i/xioeXiov,  sie  beträgt  10  oder  5%.     Im  Hermiasprozesse,  Mi.  Chr.  31  IV, 

wird    ein    königl.   n^ösrayfia  angeführt  tcs^I   tov   xä  firj  dvaytyQa^^iva  aiyvnxicL 

avvfdldyfiaxa  äy.vQu  tlrai.  Man  könnte  annehmen,  daß  es  etwa  im  3.  Jh.  a.  C. 
im  vollen  Sinne  gegolten  habe,  dagegen  später,  als  man  den  Ägyptern  entgegen- 
kommen mußte,  nicht  so  streng  gehandhabt  worden  sei,  denn  mit  dem  ange- 
führten Berl.  Pap.  scheint  es  sich  nicht  gut  zu  vertragen. 
Griech,  Urkunden:  ein  Rest  der  altgriech.  Sitte,  Urkunden  in  Tempeln 
aufzubewahren,  begegnet  noch  im  2.  Jh.  p.  C,  BGU.  II  601:   äeäcoxa  IJxoh- 

uaiov     KuXufiioi    (?)     T<"<     doTtaXiofiaxa     xfjs    oiy.ias    eis    xb    zJjj/.tr]X^tov.       Spuren 

eines  makedonischen  Typus  sind  bis  jetzt  nicht  sicher  erkennbar.  Die 
älteste  Urkunde,  der  Ehevertrag  von  311  a.  C,  Mi.  Chr.  283  zeigt 
den  Charakter   der   Syngraphophyla  x- Urkunde   gerade   in    der   Art,   wie 

sie  den  ,, Hüter"  ausschließt:  yv^ioi  8e  eaxoyouy  'H^ayXeibr^i  xul  Ji]Hr]x^ia 
xcti    xdi   avyyQuifäs  avro'i   xäe   ni'xcöv    <f  vXdaoovree   >cal   ETieyfft^ovxei    y.ax'   dXXi]Xcar, 

Schilderung  des  technischen  Verfahrens  bei  Rubensohn,  Elephantine-Pap., 
Berlin  1907.  Vermutlich  hat  die  Syngr.-Urk.  im  3.  Jh.  a.  C,  obwohl  reine 
Privaturkunde,  mehr  gegolten  als  die  demotische,  weil  sie  griechischen  Wesens 
war.  Urkundenrollen  der  Agoranomen:  das  für  das  Besitzamt  gefertigte 
Exemplar  heißt  sl^öusvov.  Zur  Gleichheit  von  äyo^aioustov  und  uvq/noreiov 
siehe  Bell.  Arch.  f.  Pap.  VI  104 ff.  Zum  Alter  der  ag.  Urk.  vgl.  Dikaiom.  213. 
Sy ncho r esis-Stil:  Mi.  Chr.  106:   "Axaicöi  xü>t  sttI  xoC  iv  xfji  aiXfji  y.^txrj^ioi' 

Tiaqd  Untbaov  rov  Äijtttiov  xal  na^d  'A^aßkovoi  xov  ^iSvfiov  USW.  rre^i  xfjs  eaxa- 
fiivr^e    xtXeioid'rivni  da^aXslae  oivxco^ovair  oi  Ttepl  xbv  *A^aßicoia  dnoScbasiv  USW» 


EINZELNES.  303 


Daneben  auch  Tieol  twp  hitai(i.uivo)r  avy/m^ti  oder  oiy/iooovuti ,  worin  der  Ur- 
sprung aus  dem  Prozeßvergleiche  besonders  sichtbar  wird.  Vgl.  S.  214.  Der 
Schlußantrag  lautet  d^iovftei'  ohne  Zusatz.  Ihre  Verbreitung  zur  Kaiserzeit  hängt 
wahrscheinlich  eng  mit  dem  Fortbestande  der  alten  hoittjoiu  und  mit  dem  Archi- 
dikastes  zusammen;  daher  dürfte  sie,  wenn  auch  nicht  rechtlich  doch  praktisch 
auf  Alexandreia  beschränkt  geblieben  sein.    Cheirographon  z.  B.  Mi.  Chr.  141 

(112  a.  C.)   TlTof.euaToi  Mtyioy.ov  Mty/_tT  ynioen'.     oitoloyö)    uefuod'(oy.evat   aoi   USW. 

Vgl.  P.  Meyer,  Gr.  Texte  35.     H  y  p  o  m  n  e  m  a    z.  B.  Mi.  Chr.  150    (128  p.  C.) 

Einv/^ibr^  ZuQaTiUofOs  TTaoä  KdoTO^Oä  Ilavt^cÜTOV  xöjv  änb  x(bi.irii  "Ax.wqeo}^  y.nTa- 
ysiroiih'oji  ey  v.wui]i  Mväyei.  ßovLouai  uiod'cboaad'ai  Tiaoä  oov  USW.  Zum  Ver- 
gleiche ein  eigentliches  Pachtangebot  an  eine  Behörde,  das  kein  Vertrag  ist, 
ihm  aber  formell  ähnelt;  Eleph.  2Ü  (223/2  a.  C.)  Mü.oni  rrody-root  ^ra^ä  Sivcovos 

rov  ^lovvaiov.  ixfiaxauai  riäv  ITivvQiOi  tov  Uoerfßd'iOi  v7ia^x,övTcov ,  öiv  ro 
xad"'    Hv    vTTÖy.fiTfti^     TcaoaXaßüJv     rd^aaß'ai    USW.      (Dem    vTiö^itTi^ia    fehlt   immer 

xniQsiv,  und  der  Schreiber  nennt  sich  durch  naoä  c.  genit.).  Bankwesen  siehe 
Preisigke,  Girowesen  und  vgl.  Kap.  18.  Dazu  Partsch,  GGA.  1910,  740  ff.  Die 
normale  Diagraphe  trägt  den  Vermerk  8id  xrii  rov  (htia  roa:it^r}s  samt  Orts- 
namen, oder  drtb  statt  8id-,  dann  den  Namen  der  einen  Partei  im  Nominativ,  der 
andern  im  Dativ,  hierauf  ohne  regierendes  Verbuni  extir,  dut/tti'  o.  ä.  Über 
römische  Urkunden  Mi.  Chr.  31G.  317.  362.  Oxy.  IX  1205  u.a.,  vgl.  jetzt 
Stein.  Unters,  z.  Gesch.  u.  Verw.  Äg.  unter  röm.  Herrschaft.  Die  Personal- 
beschreibung gibt  das  Alter  und  körperliche  Merkmale  an,  z.  B.  ws  hiwv  l 

fiearj  uEkiyooos  /u,aicgo7rg6aiü7tos  ei&vgii'  (pay.oi  TigoocÖTtan  ftiaiot.  oder  ws  fKov  ue 
titai]  usli/go)i  7Tlnri-7Tg6aoj7to£  ei&igiy  ovlrj  /neTcb-xcoi  (Mi.  Chr.  156).  Zur 
Sr^fioalMoii  Vgl.  P.  Jörs,  Sr]fiooto)oit  und  syuaoTvgrjaia,  Zschr.  Sav.  St.  1915,  107  ff. 
Ferner  Mi.  Chr.  188,  die  Edikte  des  Fl.  Titianus.  Über  die  eie/iagrvgr]oii  und 
Oxy,  IX  1208  siehe  Jörs  a.  a.  O.  Um  die  trotz  allen  Erschwerungen  fort- 
dauernde Rücksicht  auf  die  Privaturkunde  zu  begreifen,  bedenke  man,  daß 
unser  Bürgerliches  Gesetzbuch  sogar  das  privatschriftliche  Testament,  ein 
x£igöyga(for  im  Wortsinne,  zuläßt.  Besitzbuch.  Außer  Mitteis,  der  zuerst 
sein  Wesen  erkannt  hat,  besonders:  Preisigke,  Girowesen.  Derselbe,  Das  Wesen 
der  ßißho»r,y.,]  syxrriaeüif  KHoXII  402.  Preisigkes  Auffassung  kritisiert  von 
J.  Partsch,  GGA.  1910,  725.  O.  Eger,  Zum  äg.  Grundbuchwesen  in  röm.  Zeit. 
H.  Lewald,  Beiträge  zur  Kenntnis  des  röm.  Grundbuchrechts.  Ein  wichtiger 
neuer  Beleg  ist  Ryl.  II  174,  wozu  man  Or.  Gr.  II  669,  21  ff.  vgl.  Wichtiges 
Material  für  den  Betrieb  bringt  Bell,  Arch.  f.  Pap.  VI  100-104,  durch  einen 
damit  zusammenhängenden,  noch  nicht  veröff  Berliner  Papyrus  bestätigt  und 
ergänzt.  Auf  die  verschiedenen  Ansichten  über  das  Wesen  der  E.  B.  kann 
ich  hier  nicht  eingehen;  Preisigkes  Auffassung  (Girowesen)  ist  in  den  Haupt- 
punkten fast  allgemein  abgelehnt  worden.  Die  E.  B.  scheint  von  der /^t/S-^.io-'^W 
Sijfioaicav  Uycov  abgezweigt  worden  zu  sein.  Auf  Grundbesitz  ist  auch  sonst 
meistens  das  Wort  e^xriyo«  zu  deuten.  Zum  Gaukataster  vgl.  das  vorige  Ka- 
pitel; seine  Angaben  über  Bebauungszustand  u.  dgl.  gingen  die  E.  B.  natürlich 
nichts  an.   Zu  den  Diastromata  vgl.  Mi,  Chr.  192 ff.   Man  zitiert  z.  B.  iy.  Siaargw- 

fiaxoe    loxroTiaiov    Nt^oov    OTOr/jiov   e    xo/J.r^fiarog  i^.   (Mi.  Chr.  194).      Ohne  £^i- 

araUfta  der  E.  B.  durften  die  Agoranomen  keine  Urkunde  ausfertigen.  General- 
apographe:  Edikt  des  Mettius  Rufus  Mi.  Chr.  192;  vgl.  S.  216.  Die  E.  B. 
gab  auch  schriftliche  Auskunft  über  die  Rechtslage  eines  Besitzers. 


XV.  DIE  BEVÖLKERUNG. 

Die  Geschichte  Ägyptens  in  unserer  Periode,  seine  staatsrecht- 
lichen Verhältnisse,  die  Landesverwaltung,  die  Rechtskreise, 
das  Gerichtswesen  und  die  Urkundenformen;  wie  ich  sie  in  den 
letzten  Kapiteln  dargestellt  habe,  werden  stark,  vielleicht  am 
meisten  bestimmt  durch  die  Zusammensetzung  der  Bevölkerung, 
vornehmlich  durch  die  Beziehungen  zwischen  den  Einheimischen 
und  den  fremdländischen  Herren.  Es  ist  daher  nötig,  auf  die 
Bevölkerung  und  die  sich  daran  knüpfenden  Fragen  besonders 
einzugehen  und  das,  was  wir  bisher  von  der  politischen  Seite 
betrachtet  haben,  nun  unter  dem  Gesichtspunkte  des  Volks- 
tums zu  prüfen.  An  Zeugnissen  durch  Inschriften  und  vor 
allem  durch  Papyri  fehlt  es  nicht;  schon  die  unmittelbaren 
Quellen  bieten  außerordentlich  viel,  bald  ausdrückliche  Erwäh- 
nungen des  Volkstums  oder  des  Gegensatzes  zweier  Völker,  bald 
ebenso  unzweideutige  Beweise  durch  schriftliche  Aufzeichnungen 
in  den  verschiedenen  Sprachen,  unter  d^nen  die  ägyptische  und 
die  griechische  an  Menge  und  Wichtigkeit  obenan  stehen.  Insofern 
gehören  alle  geschriebenen  Dokumente  in  den  Kreis  dieser  Be- 
trachtung, wenn  man  auch  sich  hüten  muß,  lediglich  ihre  Zahlen 
ins  Feld  zu  führen,  da  der  Zufall  hier  eine  allzu  große  Rolle 
spielt.  Vielmehr  wollen  sie  einzeln  gewogen  und  beurteilt  werden. 
Nicht  minder  ergiebig  sind  aber  die  mittelbaren  Zeugnisse, 
vornehmlich  die  Personennamen.  Jedoch  darf  man  sie  nur  mit 
großer  Vorsicht  verwerten  und  muß  auch  hier  die  Umstände 
jedes  einzelnen  Falles  prüfen,  da  die  Mischung  der  Bevölkerung 
auch  die  Personennamen  so  durcheinander  gewirbelt  hat,  daß 
es  nur  schwer  möglich  ist,  das  Volkstum  eines  Menschen  daran 
zu  erkennen.  Wer  indessen  die  Zeit  und  den  Ort  sowie  alle  Ver- 
hältnisse sorgsam  beobachtet,  braucht  keineswegs  darauf  zu  ver- 
zichten, zumal  da  gewisse  Namen  unzweifelhaft  ihr  völkisches 
Wesen  strenger  bewahrt  haben  als  die  große  Mehrzahl;  so  gibt 
€s    makedonische,   alexandrinische,    jüdische,    auch    jüdisch-grie- 


DIE  ÄGYPTER    IN  PTOLEMÄ  ISCHER  ZEIT.  305 

chische  und  nicht  minder  ägyptische  Namen,  auf  die  man  einiger- 
maßen bauen  kann.  Wo  aber  die  Namen  keine  Scheidung  nach 
demVolkstume  zulassen,  sprechen  sie  umso  lauter  für  die  Durch- 
dringung der  Bevölkerungsgruppen  und  werden  hierfür  unsere 
reichsten  und  lehrreichsten  Quellen.  Noch  ein  anderer  Punkt 
darf  nie  vergessen  werden:  weder  die  politische  noch  die  völkische 
Schichtung  fällt  ohne  Weiteres  mit  den  wirtschaftlichen  und  gesell- 
schaftlichen Stufen  zusammen.  Unter  den  politisch  bevorrechteten 
Kreisen,  innerhalb  des  Herrenvolkes,  kann  es  Leute  geben,  die 
an  Besitz,  Bildung  und  Ansehen  tief  unter  solchen  stehen,  die 
dem  unterworfenen  Volke  oder  einer  politisch  fast  rechtlosen 
Klasse  angehören;  ja  wir  haben  genug  Beispiele  dafür  in  den 
Händen.  Gewiß  ist  die  soziale  Stellung  keineswegs  von  jenen 
Mächten  und  Einflüssen  unabhängig,  aber  sie  haftet  doch  nicht 
ohne  Weiteres  an  ihnen,  und  umgekehrt  können  Besitz,  Bildung 
und  Ansehen  in  höhere  Klassen  hinaufführen;  wenn  nicht  den 
selbst,  der  sie  erwarb,  so  doch  seine  Kinder.  Wir  müssen  uns 
beständig  vor  Augen  halten,  daß  alle  Sonderungen,  die  wir  unter 
den  Gesicht  punkten  der  politischen  Stellung  oder  des  Volkstums 
vornehmen,  wichtige  Hilfsmittel  für  uns  sind,  deren  wir  zum  Ver- 
ständnisse bedürfen,  daß  sie  auch  damals  im  täglichen  Leben 
oft  eine  große  Bedeutung  besessen  haben,  ebenso  oft  aber 
durch  ganz  andere  Fragen  und  Interessen  verdrängt  worden 
sind.  So  entstanden  unter  den  Menschen  Verbindungen,  die  mit 
jenen  Kreisen  nichts  zu  tun  hatten.  Anschauliche  Beispiele  bietet 
die  Geschichte  überall,  und  wer  die  Gegenwart  mit  offenen  Augen 
betrachtet,  kann  sie  mit  Händen  greifen. 

Als  der  erste  Ptolemaios  Ägypten  gewann,  fand  er  eine  im  Wesent- 
lichen einheitliche  Bevölkerung  vor.  Ist  auch  eine  begründete 
Schätzung  der  Volkszahl  unmöglich,  so  bildeten  doch  sicher  die 
Ägypter  weitaus  die  Mehrzahl,  zumal  da  wir  hier  die  außerhalb 
gelegenen  Besitzungen  der  Ptolemäer  beiseite  lassen  müssen. 
Es  verstand  sich  von  selbst,  daß  der  König  mit  seinen  Makedonen 
und  den  zahlreich  einströmenden  Hellenen  den  Landeskindern 
als  Herr  gegenüber  trat,  und  wenn  einst  Alexander  die  unter- 
Avorfenen  Barbarenvölker  mit  den  Siegern  hatte  verschmelzen 
wollen,  so  kehrten  die  Diadochen  solchen  Absichten  bewußt  den 
Rücken;  es  ist  zudem  sehr  fraglich,  ob  selbst  Alexander  das,  was 
er  den  Persern  zudachte,  auf  die  Bewohner  des  Niltales  hätte 
anwenden  wollen  oder  können.     Jedenfalls  wurden  nunmehr  die 

Schubart,  Papyruskunde.  20 


306  DEMOTISCHE   SPRACHE  UND   SCHRIFT. 

Ägypter  in  die  Stellung  der  Unterworfenen  gedrängt  und  durch 
das  ganze  3.  Jh.  a.  C.  darin  erhalten;  einzelne  Aufstände  blieben 
erfolglos.  Die  Makedonen  und  die  Griechen  waren  die  Herren, 
denen  die  Landeskinder  überall  Platz  zu  machen  hatten.  Der 
König  und  seine  hohen  Beamten  verfuhren  vom  griechischen 
Standpunkte  aus,  und  wenn  anfänglich  die  altägyptischen  Gau- 
vorsteher, die  Nomarchen,  noch  im  Amte  blieben,  so  nahm  ihnen 
der  Stratege,  der  griechische  Militärbefehlshaber,  jede  Macht 
und  riß  bald  auch  die  Verwaltung  an  sich.  Nur  in  niederen  ört- 
lichen Ämtern,  vor  allem  auf  den  Dörfern,  bediente  man  sich  der 
Einheimischen.  Die  strenge  Scheidung  der  Völker  und  das  Gegen- 
über von  Herren  und  Unterworfenen  bedeutete  jedoch  nicht  eine 
rücksichtslose  Unterdrückung  der  Ägypter.  Die  Könige  wußten 
sehr  wohl,  daß  sie  nur  dann  dem  Lande  den  erstrebten  Ertrag 
abgewinnen  konnten,  wenn  sie  das  Volk  (Aadg),  vornehmlich  die 
Bauern,  und  das  sind  tatsächlich  die  Ägypter,  zwar  streng,  aber 
auch  mit  Verstand  behandelten.  Daher  nahmen  sie  von  vorn- 
herein in  weitem  Umfange  auf  die  Sitte  des  Volkes,  seine  Sprache, 
sein  Recht  und  seine  Religion  eine  Rücksicht,  die  ihrer  Herrschaft 
nicht  gefährlich  werden  konnte,  solange  sie  die  Zügel  festhielten 
und  die  Ägypter  vom  Herrenvolke  gesondert  blieben.  Soweit 
wir  sehen  können,  haben  sie  in  ägyptische  Lebensgewohnheiten- 
nicht  eingegriffen,  haben  vielmehr  das  altägyptische  Landrecht 
und  die  ägyptischen  Laokriten  fortbestehen  lassen;  sie  gestatteten 
den  Ägyptern  weiter,  ihre  Urkunden  von  einheimischen  Notaren 
in  einheimischer  Schrift  und  Sprache  schreiben  zu  lassen  und 
verlangten  später  nur,  daß  beim  griechischen  Urkundenamte  eine 
Übersetzung  vorgelegt  und  eingetragen  werde. 
Die  spätägyptische  Sprache  und  Schrift  dieser  Zeit  nennt  maa 
demotisch;  ihre  obere  Grenze,  die  sich  natürlich  nicht  genau 
ziehen  läßt,  pflegt  man  noch  vor  dem  Beginne  der  Perserzeit 
anzusetzen.  Es  bedarf  kaum  eines  Wortes,  daß  das  Demotische 
sich  aus  den  älteren  Stufen  des  Ägyptischen  allmählich  entwickelt 
hat,  wie  auch  die  demotische  Schrift  sich  an  die  späthieratische 
anschließt.  Während  in  der  Ptolemäerzeit  die  Inschriftea 
der  Tempel  sich  der  Hieroglyphen  und  einer  altertümelnden 
Sprache  bedienen,  die  nur  noch  die  Priester  zu  handhaben  wußten, 
war  demotisch  die  Sprache  und  die  Schrift  des  täglichen  Lebens. 
Zahlreiche  Urkunden,  Steininschriften,  Ostraka  und  vor  allem. 
Papyri  großen  Umfangs   machen   uns   immer  mehr  deutlich,  wiet 


ÄGYPTISCHES  WESEN.  307 

lebendig  sich  das  ägyptische  Wesen  des  Volkes  damals  betätigte; 
sogar  eine  weltliche  Volksliteratur  hat  sich  neben  der  zu  allen 
Zeiten  mächtigen  religiösen  erhalten  und  zum  Teil  noch  aus- 
bilden können.  Auch  die  Regierung  verschmähte  nicht,  in  ge- 
wissen Fällen,  zumal  wenn  es  sich  um  Finanzangelegenheiten 
handelte,  ihre  Erlasse  griechisch  und  demotisch  zu  veröffent- 
lichen ;  sie  setzte  also  bei  den  Ägyptern  die  Kenntnis  der  griechischen 
Verwaltungssprache  keineswegs  voraus  und  suchte  sie  auch  nicht 
zu  erzwingen.  Festen  Rückhalt  fand  das  einheimische  Wesen 
an  seiner  Religion  und  seiner  Priesterschaft.  Mochte  auch  der 
Ptolemäer  gerade  dieser  Eigenheit  seiner  Untertanen  innerlich 
noch  so  fern  stehen,  so  ließ  er  es  sich  doch  gern  gefallen,  in  den 
ägyptischen  Götterhimmel  aufgenommen  zu  werden  wie  seine 
Vorgänger,  die  unendliche  Reihe  der  Pharaonen;  er  ließ  sich  an 
den  Tempelwänden  opfernd  darstellen  und  bewies  auch  wirkliche 
Fürsorge  für  die  Götter  des  Volkes,  wie  uns  die  Inschriften  der 
Priester,  vor  allem  aber  die  heute  noch  stehenden  Bauten  be- 
zeugen; die  meisten  großen  Tempel  Ägyptens,  die  noch  erhalten 
sind,  verdanken  ihren  Bau  den  ersten  Ptolemäern,  so  vor  allem 
in  Dendera,  Edfu,  Kom  Ombo  und  auf  Philai.  Die  Könige 
verstanden  es  sehr  wohl,  bei  aller  Strenge  der  Herrschaft  den 
Ägyptern  doch  das  Königshaupt  mit  der  Doppelkrone  von  Ober- 
und  Unterägypten  zuzukehren.  Dazu  kam,  daß  man  gewisse 
Vorzüge  ägyptischer  Einrichtungen  nicht  verkennen  konnte: 
der  ägyptische  Kalender  war  dem  griechischen  wie  dem 
makedonischen  weit  überlegen,  und  seine  Reform  im  Jahre  238 
a.  C,  die  in  einem  Beschlüsse  einer  großen  ägyptischen  Priester- 
synode ihren  Ausdruck  fand,  wurde  von  der  Regierung  begünstigt, 
wenn  sie  auch  im  eigenen  Gebrauche  noch  lange  an  den  make- 
donischen Monatsnamen  festhielt,  um  dem  Herrenvolke  nichts 
zu  vergeben. 

Gegen  Ende  des  3.  Jh.  a.  C.  beginnt  die  unbedingte  Herrenstellung 
der  Makedonen  und  Griechen  ins  Wanken  zu  geraten.  An  der 
Schlacht  bei  Raphia  217  a.  C.  nahmen  Ägypter  in  griechischer 
Bewaffnung  teil  und  schrieben  vor  allem  sich  den  Sieg  zu;  zwar 
hatten  bisweilen  auch  die  früheren  Könige  ägyptische  Hilfstruppen 
herangezogen,  aber  nunmehr  belebte  sich  der  alte  Name  der 
fidxi^oL  von  Neuem.  Man  fühlte  sich  stark  genug,  das  verhaßte 
Joch  der  Fremden  abzuschütteln,  und  seit  der  Regierung  Philo- 
pators   zeugt    länger  als  ein   Jahrhundert    hindurch   eine   Kette 

20* 


308  AUFSTIEG   DER  ÄGYPTER^ 

von  Aufständen  von  dem  ungebrochenen  Nationalgefühl 
der  Ägypter,  ebenso  freilich  von  der  Schwäche  der  Regierung. 
Was  unter  Soter,  Philadelphos  und  dem  ersten  Euergetes  wohl 
versucht,  aber  nie  gelungen  war,  hatte  jetzt  Aussicht  auf  Erfolg, 
seitdem  das  Königshaus  selbst  von  Streitigkeiten  zerrissen  war 
und  in  seiner  äußeren  Politik  den  großen  Nachbarn  gegenüber 
allmählich  ins  Hintertreffen  geriet.  Epiphanes  hatte  fast  seine 
ganze  Regierungszeit  hindurch  mit  ägyptischen  Aufständen  zu 
kämpfen  und  mußte  um  der  Einheimischen  willen  sich  der  Königs- 
krönung nach  altägyptischer  Fo.m  in  Memphis  unterziehen. 
Als  unter  Euergetes  I.  die  Priestersynode  in  Kanopos  zusammen- 
trat, atmete  ihr  Beschluß,  den  sie  hieroglyphisch,  demotisch  und 
griechisch  in  Stein  grub,  in  erheblichem  Umfange  griechische 
Form  und  bezeugte  das  bedingungslose  Übergewicht  der 
griechischen  Regierung;  jetzt  schlagen  in  der  Inschrift  von 
Rosette  die  Priester  einen  ganz  anderen  Ton  an,  und  die 
Wohltaten,  für  die  sie  dem  Könige  danken,  sind  erhebliche  Ver- 
günstigungen für  die  Ägypter,  Kaum  etwas  anderes  lehrt  so 
deutlich  wie  ein  Vergleich  der  beiden  Inschriften,  daß  in  rund 
40  Jahren  das  Ägyptertum  viel  gewonnen  hatte.  Weitere  Auf- 
stände, z.  B,  der  des  Dionysios  Petosarapis,  der  sich  zum  ägyp- 
tischen Gegenkönig  aufgeworfen  zu  haben  scheint,  besonders 
Aufstände  der  Thebais,  deren  Herd  Panopolis  w^ar,  zwangen  die 
Regierung  zu  neuer  Nachgiebigkeit,  zumal  da  die  Mitglieder  des 
Ptolemäerhauses  sich  selbst  befehdeten;  der  große  Amnestie- 
erlaß Euergetes  11,  machte  den  Ägyptern  weitreichende  Zuge- 
ständnisse. Ägypter  drangen  in  hohe  Stellungen  ein,  wurden 
Epistrategen  der  Thebais  und  Anführer  griechischer  Heere,  Wie 
die  Stimmung  war,  offenbaren  die  Angriffe,  denen  der  Makedone 
Ptolemaios  im  Serapeum  zu  Memphis  sich  ausgesetzt  fand,  weil 
er  Hellene  war,  und  Stücke  der  Volksliteratur  wie  das  sogenannte 
Töpferorakel,  worin  der  Untergang  der  verhaßten  ,, Stadt  am 
Meere",  Alexandreias,  geweissagt  wird.  Aber  obwohl  griechische 
Richter  unbefangen  genug  urteilten,  um  den  alten  Offizier  Hermias 
zugunsten  der  thebanischen  Totenpriester  abzuweisen,  obwohl 
der  König  die  Bestattung  der  heiligen  Tiere  Apis  und  Mnevis  auf 
seine  Tasche  übernahm,  waren  die  Ägypter  auch  jetzt  noch  nicht 
zufrieden,  zumal  da  eine  ganze  Reihe  von  Anzeichen  andeutet, 
daß  trotz  aller  Nachgiebigkeit  die  Regierung  doch  griechisch 
blieb  und  auch  die  Scheidewand  zwischen  Ägyptern  und  Hellenen 


J 


AUSGLEICH   MIT  DEN    HELLENEN.  309 

nicht  völlig  niederlegen  wollte.  So  dauerten  die  Aufstände  fort 
und  zwangen  noch  88  a.  C.  den  König,  die  alte  Reichshauptstadt 
Theben  völlig  zu  zerstören. 

Aber  alle  Versuche  der  Ägypter,  den  Königen  Rechte  und  Einflu(5 
abzutrotzen,  wären  vergeblich  geblieben,  wenn  nicht  Herrenvolk 
und  Unterworfene  in  weitem  Umfange  ihre  schroffe  Sonderung 
aufgegeben  hätten.  Je  mehr  Hellenen  sich  unter  den  Ägyptern 
ansiedelten,  um  so  lebhafter  wurde  der  tägliche  Verkehr,  und  mit 
ihm  ergab  sich  ein  zum  Teil  wohl  unbewußter  Ausgleich. 
Namentlich  die  Griechen  haben,  sicherlich  ohne  es  zu  wollen  und 
recht  zu  merken,  im  Zusammenwohnen  allerlei  ägyptische  Ge- 
wohnheiten und  Anschauungen  übernommen,  während  bei  den 
Ägyptern  das  Streben,  dem  Herrenvolke  ähnlich  zu  werden  und 
dadurch  zu  ihm  aufzusteigen,  sehr  erklärlich  ist.  Als  der  früheste 
Vertreter  dieser  Richtung  steht  schon  zur  Zeit  Soters  der  grie- 
chisch gebildete  Priester  Manetho  vor  uns.  Wie  stark  der  Verkehr 
bereits  im  3.  Jh.  a.  C.  war,  lehrt  das  in  Kapitel  14  besprochene 
gemeinsame  Gericht,  das  Koinodikion.  Ende  des  2.  Jh.  a.  C. 
bedeutet  die  Ordnung  Euergetes  II.  zwar  den  Schutz  der  Ägypter 
gegen  die  Übergriffe  griechischer  Gerichte,  offenbart  aber  zugleich, 
daß  Griechen  vor  den  Laokritcn  erscheinen  mußten.  Im  Dorfe 
Philadelphia  scheint  der  ägyptische  Dorfschreiber  selbst  bei 
der  Veranstaltung  gymnasialer  Feste  der  Griechen  ein  Wort 
mitzureden.  Die  Heirat  zwischen  Griechen  und  Ägyptern  war 
die  unvermeidliche  Folge  gemeinsamer  Wohnsitze,  wie  wir  sie 
z.  B.  in  der  Militärsiedelung  des  Fajum  antreffen;  im  2.  Jh.  a.  C. 
sitzen  hier  unter  den  griechischen  Kleruchen  auch  ägyptische 
Machimoi,  ganz  abgesehen  von  den  zahlreichen  Pächtern,  Bauern 
und  Ortsbeamten.  Etwa  seit  200  a.  C.  macht  sich  die  Vermischung 
griechischer  und  ägyptischer  Volksteile  fühlbar  und  nimmt  im 
folgenden  Jahrhundert  immer  mehr  zu.  Die  Personennamen 
hören  auf.  Merkmal  des  Volkstums  zu  sein:  Griechen  geben  ihren 
Töchtern  neben  ihren  griechischen  noch  ägyptische  Namen, 
Ägypter  wollen  griechisch  heißen  und  sogar  ihren  Stammbaum 
griechisch  machen  wie  Mc'cqwv  Jtovvoiov  og  ^v  NexTadcp^ig  nerooigiog 
118/7  a.  C,  ein  junger  Grieche  lernt  demotisch,  um  Haus- 
lehrer in  der  Familie  eines  ägyptischen  Arztes  zu  werden,  der 
dadurch  seine  Kinder  dem  Herrenvolke  annähern  will.  Solche 
und  viele  andere  Züge  machen  uns  deutlich,  wie  eine  Volksmischung 
entsteht,  die  wir  Gräkoägypter  nennen.    Teils  sind  sie  wirkliche 


310  DIE  GRÄKOÄÜYPTER. 


Mischlinge  aus  griechischem  und  ägyptischem  Bkite,  teils  auch 
Griechen  und  Ägypter,  die  das  Bewußtsein  ihres  Volkstums  ver- 
loren haben;  beide  Bestandteile  lassen  sich  nicht  sondern  und 
gehören  gleichmäßig  zu  dieser  gräkoägyptischen  Schicht,  die 
nun  in  breitem  Strome  Ägypten  durchzieht  und  seit  dem  2.  Jh. 
a.  C.  einen  der  wesentlichsten  Teile  der  Bevölkerung  bildet.  Grie- 
chische und  ägyptische  Namen  sind  hier  wahllos  im  Schwange 
und  besagen  daher  nur  noch  wenig.  So  w€it  man  urteilen  kann, 
wirkt  ägyptisches  Wesen  am  meisten  auf  Sitte  und  religiöse  An- 
schauungen derGräkoägypter,  die  infolge  dessen  in  diesen  Punkten 
sehr  ägyptisch  aussehen;  dagegen  schreiben  und  sprechen  sie  grie- 
chisch, war  doch  Kenntnis  und  Gebrauch  der  Herrensprache, 
das  heißt  der  Sprache  des  Weltverkehrs,  für  alle  Ägypter  die 
empor  wollten,  unerläßlich.  Nicht  einmal  ägyptische  Lehnwörter 
hat  das  volkstümliche  Griechisch  dieser  Kreise  in  nennenswertem 
Umfange  aufgenommen;  so  unbedingt  war  das  Übergewicht 
der  griechischen  Sprache.  Nicht  überall  zeigte  die  Mischung 
dieselben  Züge  auf;  in  Alexandreia,  das  uns  Polybios  schildert, 
prägte  sie  sich  anders  aus  als  in  den  Siedlungen  des  Fajum  und 
wieder  anders  in  der  Theba'is,  die  wohl  niemals  stark  mit  Hellenen 
durchsetzt  war.  Die  Durchdringung  tritt  da,  wo  wir  sie  wie  im 
Fajum  verfolgen  können,  auch  in  den  Dorfnamen  zutage,  denn 
Dörfer  mit  griechischen  und  mit  ägyptischen  Namen  liegen  in 
buntem  Gewirr  zusammen,  wenn  es  auch  scheint,  daß  im  All- 
gemeinen die  neu  gegründeten  griechischen  Soldatendörfer  grie- 
chische Namen  tragen,  während  die  alten  ägyptischen  Ortschaften 
die  ihrigen  behalten. 

Ohne  Zweifel  hielt  sich  aber  unter  der  gräkoägyptischen  Misch- 
klasse noch  eine  breite  Masse  rein  ägyptischen  Volkes,  das  mit 
dem  Hellenentume  sich  wenig  berührte,  seine  Sprache  kaum  oder 
gar  nicht  verstand  und  auch  von  den  Gräkoägyptern  nicht  für 
voll  gezählt  wurde,  ähnlich  wie  heute  der  Fellache  sich  noch 
wesentlich  von  dem  der  Kultur  näherstehenden  Mittelstande 
der  Städte  und  vom  Effendi  unterscheidet.  Von  dieser  ägyptischen 
Schicht  wissen  wir  nur  deshalb  so  wenig,  weil  sie  nicht  schrieb, 
oder  wenn  sie  schreiben  mußte,  sich  einem  griechisch  verstehenden 
Lohnschreiber  anvertraute.  Und  ohne  Zweifel  haben  die  Priester 
das  rein  ägyptische  Wesen  nicht  nur  selbst  vertreten,  sondern 
auch  im  Volke  gepflegt.  Im  übrigen  brachte  die  Wirklichkeit 
zwischen   den   Gruppen,   die  wir  zu   erkennen   suchen,   zwischen 


DIE  ÄGYPTER    IN  DER   KAISERZEIT.  311 


Hellenen,  Gräkoägyptern  und  Ägyptern  viele  Übergänge  hervor, 
so  daß  es  oft  schwer  oder  unmöglich  ist,  einem  einzelnen  seinen 
Platz  bestimmt  anzuweisen. 

Unter  den  letzten  Ptolemäern  hatte  das  Ägyptertum  politische 
Berücksichtigung  erzwungen,  und  die  Mischung  ägyptischer  mit 
^griechischen  Elementen  war  auf  dem  Wege,  die  widerstrebenden 
Kreise  reinen  Volkstums  fortzureißen,  wenn  auch  noch  keineswegs 
diesem  Ziele  nahe,  zumal  da  die  Regierung  trotz  allen  Zugeständ- 
nissen ihr  griechisches  Wesen  noch  immer  wahrte.     Da  wurden 
alle  Hoffnungen,  die  das  ägyptische  Volk  hegen  konnte,  von  Rom 
zertreten.    Wie  Augustus  von  vornherein  die  Ägypter  wieder 
in    die   Stellung    der  Unterworfenen    zurückgeschleudert,    sie  als 
dediticii  von  den  bevorrechteten   Hellenen  schärfer  denn  je  ge- 
sondert und  die  Kopfsteuer  geradezu  zum  Merkmal  der  Knechtung 
geprägt  hat,  wie  seine  Nachfolger  diese  Politik  fortgesetzt  haben, 
bedarf  keiner  Wiederholung.    Der  echte  Hellene  steht  nun  wieder 
so  hoch  über  dem  Ägypter  wie  einst  zur  Zeit  der  ersten  Ptolemäer. 
Aufstände  blieben  erfolglos,  da  die  römische  Macht  viel  zu  fest 
gefügt  war,  wenn  sie  auch  gegen   den  Ausgang  des  2.  Jh.  p.  C. 
durch   den   nationalägyptischen   ,,Hirtenaufstand''"   im    Delta   er- 
heblich gefährdet  werden  konnte.      Immer  wieder  ließ   Rom  sie 
fühlen,   daß  sie  nichts  waren;   Caracalla  verjagte  sie  als  lästige 
Elemente    aus    Alexandreia,    und    am    römischen    Bürgerrechte, 
das  212  p.  C.  die  constitutio  Antonina  brachte,  hatten  nur  wenige 
bevorzugte    Kreise,    besonders   der   Priester,    Anteil.      Allerdings 
haben  die  Kaiser  der  beiden  ersten  Jahrhunderte  wie  einst  die 
frühen   Ptolemäer  mit  der  politischen   Unterdrückung  eine  ver- 
nünftige  Rücksicht   Hand  in   Hand  gehen  lassen:  Augustus  be- 
schnitt zwar  den   Priesterschaften  die   großen   Besitzungen  und 
Einnahmen,  die  sie  unter  den  letzten  Ptolemäern  hatten  zurück- 
gewinnen können,  und  stellte  Priester  und  Tempel  unter  die  strenge 
Aufsicht  eines  römischen  Ritters,  baute  aber  weiter  an  den  Tempeln 
der  ägyptischen  Götter;  seine  Nachfolger  taten  ebenso,  und  noch 
Hadrian  erweiterte  die  Heiligtümer  auf  Philai.     Die  Darstellung 
an  den  Tempelwänden  und  allen  heiligen  Formelkram  ließen  sie 
ruhig  auf  sich  anwenden,  obgleich  wenigstens  die  ersten  Kaiser 
eher  noch  kühler  dazu  standen  als  die  Ptolemäer  des  3.  Jh.  a.  C. 
Auch  das  ägyptische  Landrecht  durfte  fortbestehen,  aber  nur  noch 
die  niedrigsten  örtlichen  Ämter  blieben  den  Ägyptern  offen. 
Es  liegt  auf  der  Hand,  daß  diese  römische  Politik  nur  dahin  wirken 


312 DIE  ÄGYPTER    IN  DER   KAISERZEIT. 

konnte,  das  Ägyptertum,  soweit  es  noch  ungemischt  vorhanden 
war,  rein  zu  erhalten.  Und  so  zeigen  denn  auch  manche  Züge, 
wie  die  breite  ägyptische  Unterschicht,  die  griechisches  Wesen 
nicht  aufgenommen  hatte,  in  der  Kaiserzeit  fortdauert,  obwohl 
uns  leider  auch  jetzt  nur  hier  und  da  eine  Spur  dieser  schriftlosen 
Menschen  begegnet.  Um  die  Mitte  des  2.  Jh.  p.  C.  besitzt  das 
Fajumdorf  Karanis  einen  Dolmetscher,  der  nur  die  Aufgabe 
gehabt  haben  kann,  zwischen  der  rein  ägyptischen  Bevölkerung 
und  den  Behörden  zu  vermitteln,  und  noch  gegen  Ende  desselben 
Jahrhunderts  wird  eine  ägyptische  Frau  vor  Gericht  durch  einen 
Dolmetscher  vernommen.  Gab  es  demnach  Kreise,  die  nicht 
griechisch  sprechen  konnten,  so  lebte  auch  noch  das  Demotische 
eine  Weile  fort.  Demotische  Urkunden  freilich  sterben  bald  aus, 
da  die  römische  Regierung  ihnen  ein  Ende  gemacht  zu  haben 
scheint,  aber  noch  um  200  p.  C.  hängen  die  Ägypter  ihren  Toten 
die  sogenannten  Mumienetikette  mit  demotischer  Aufschrift  um 
den  Hals.  Im  3.  Jh.  erlischt  im  Wesentlichen  die  demotische 
Schrift,  denn  vermutlich  wußten  auch  die  Priesterkreise  mit 
demotisch  und  hieratisch,  dessen  Kenntnis  noch  im  2.  Jh.  p.  C. 
der  Priesterkandidat  nachzuweisen  hatte,  nichts  mehr  anzufangen, 
und  auch  die  Volksliteratur  religiösen  Inhalts,  von  der  die  Sprüche 
desSansnös  zeugen,  ging  unter  oder  richtiger  im  griechisch-ägyp- 
tischen Mischelemente  auf.  Die  lebendige  Sprache  verlor  im 
Laufe  der  Kaiserzeit  die  Stütze,  die  jede  Sprache  an  einer  eigenen 
Schrift  und  eigenen  Literatur  besitzt.  Wie  ausgeprägt  aber  trotz- 
dem der  Typus  des  echten  Ägypters  noch  im  Anfange  des  3.  Jh.  p.  C. 
gewesen  sein  muß,  verrät  uns  Caracallas  Brief  an  den  Statthalter 
über  die  Vertreibung  der  Ägypter  aus  Alexandreia:  sie  seien  an 
Sprache,  Aussehen  und  Haltung  leicht  zu  erkennen,  und  ihre 
Lebensweise  unterscheide  die  ungeschliffenen  Ägypter  von  den 
Gebildeten.  Solche  Verachtung  vergalten  die  echten  Ägypter  mit 
gründlicher  Geringschätzung  griechischer  Bildung  und  Sprache, 
wofür  uns  im  Poimandres  ein  deutliches  Zeugnis  vorliegt. 
Der  römischen  Politik  wirkte  jedoch  die  vorhandene  Schicht 
der  Gräkoägypter  entgegen;  sie  ließ  sich  nicht  unterdrücken 
und  hat  sich  eher  noch  weiter  ausgebreitet,  weil  die  alten  Ur- 
sachen, Zusammenwohnen  und  täglicher  Verkehr,  fortdauerten. 
Augenscheinlich  haben  die  Römer  sie  politisch  den  Ägyptern, 
den  dediticii,  zugerechnet  und  damit  von  den  Hellenen  geschieden; 
jedoch   mögen  auch  gewisse  Kreise  in  den  Metropolen,  die  eine 


DIE  GRÄKOÄGYPTER.  313 

ermäßigte  Kopfsteuer  zahlten,  gräkoägyptisch  sein.  Freilich 
wird  jeder,  der  die  Quellen  kennt,  nur  Vermutungen  wagen, 
obwohl  uns  eine  Fülle  von  Urkunden  und  zahllose  Namen  zu 
Gebote  stehen.  Das  Verhältnis  der  staatsrechtlichen  Klassen 
zu  den  nationalen  und  kulturellen  Schichten  klar  zu  bestimmen, 
ist  immer  noch  unmöglich.  Wie  in  ptolemäischer  Zeit  gehen 
griechische  und  ägyptische  Namen  in  den  Kreisen  der  Misch- 
bevölkerung durcheinander,  was  besonders  an  einigen  Familien, 
die  wir  aus  den  Urkunden  kennen,  anschaulich  wird.  Ein  Mann 
mit  dem  gut  griechischen  Namen  Parthenios,  dessen  Eltern  aber 
Paminis  und  Tapchois,  also  echt  ägyptisch  heißen,  wird  ,, Vor- 
steher der  Isis  von  Koptos";  auch  die  Liste  der  Hieroglyphoi 
von  Oxyrhynchos  aus  dem  Jahre  107  p.  C.  ist  lehrreich,  denn 
mehrere  dieser  5  Männer,  die  doch  sicher  Ägypter  waren,  tragen 
griechische  Namen.  Wie-  früher  sucht  der  Ägypter,  der  das 
Griechische  als  das  Höhere  und  Feinere  empfindet,  einen  grie- 
chischen Namen  zu  erlangen;  aber  jetzt  bedarf  er  der  Erlaubnis 
des  Idiologus,  denn  Rom  hält  streng  darauf,  daß  jeder  in  seiner 
Kaste  bleibe.  Dieser  Fall  ist  ein  merkwürdiger  Beweis  dafür, 
daß  trotz  aller  Namen mischung  die  griechischen  Namen,  die 
hier  ganz  gewöhnlich  sind,  und  andrerseits  die  ägyptischen  wenig- 
stens in  rein  hellenischen  Kreisen  als  Kennzeichen  des  Volkstums 
gelten.  Einen  sehr  großen,  vielleicht  den  größten  Teil  der  er- 
haltenen Papyri  werden  wir  diesen  Gräkoägyptern  zuschreiben 
dürfen;  in  der  Kaiserzeit  kam  eine  andere  Sprache  als  die  grie- 
chische auch  für  die  Mischbevölkerung  gar  nicht  mehr  in  Betracht. 
Aus  ihren  Kreisen  stammen  die  orthographisch  und  sprachlich 
entstellten  Schriftstücke  und  Briefe,  sie  sind  die  Heimat  des 
Vulgärgriechischen  der  Papyri,  das  uns  hundertfach  begegnet, 
aber  durchaus  nicht  für  eine  ägyptisch  beeinflußte  Mischsprache 
gehalten  werden  darf.  Wie  ich  in  Kapitel  11  ausgesprochen  habe, 
sind  griechische  Äußerungen  solcher  Leute,  deren  Muttersprache 
ägyptisch  war,  ziemlich  selten.  Die  große  Mehrzahl  der  so  ver- 
worren aussehenden  Schriftstücke  gehört  der  griechischen  Volks- 
sprache und  empfängt  ihre  Erklärung  nur  aus  dem  Griechischen. 
Zog  die  Kulturmischung,  abgesehen  von  der  Sprache,  im  all- 
gemeinen die  Griechen  ins  Ägyptertum  hinein  oder  hinab,  so 
stiegen  auch  umgekehrt  manche  Ägypter  zu  griechischer  Bildung 
empor;  ob  ein  Mann  wie  der  Priester  Chairemon  im  Anfange  der 
Kaiserzeit,    der   gleich   vielen   seiner  Kollegen  einen   griechischen 


314  DAS   KOPTISCHE. 


Namen  trägt,  der  Herkunft  nach  Ägypter  oder  Grieche  ist, 
können  wir  ihm  nicht  mehr  ansehen.  Wie  das  Gemisch  der  beiden 
Völker  und  Kulturen  sich  besonders  wirksam  und  besonders  sicht- 
bar in  der  Religion  ausprägte,  wird  das  nächste  Kapitel  dar- 
stellen. 

Etwa  um  die  Wende  des  2.  zum  3.  Jh.  p.  C,  um  dieselbe  Zeit, 
als  die  Verleihung  des  römischen  Bürgerrechts  an  die  bevorrechte- 
ten Klassen,  im  Wesentlichen  die  Hellenen,  von  Neuem  die  Ägypter 
als  niederste  Schicht  brandmarkte  und  von  Neuem  ihr  Volkstum 
abschloß,  bahnte  sich  im  Leben  dieses  Volkes  eine  entscheidende 
Wandlung  an.  Das  Christentum,  das  in  Alexandreia  früh  Fuß 
gefaßt  hatte,  aber  ins  Niltal  kaum  vorgedrungen  zu  sein  scheint, 
fand  jetzt  seinen  Weg  hinauf,  und  zwar  zunächst  weniger  zu  den 
Griechen,  die  es  im  allgemeinen  noch  ablehnten,  als  zu  den  Kindern 
des  Landes,  zur  niedersten  Bevölkerungsklasse,  Obwohl  es  aus  dem 
griechischen  Alexandreia  kam,  bediente  es  sich  der  ägyptischen 
Sprache;  nichts  anderes  vermag  so  wie  diese  Tatsache  zu  beweisen, 
daß  auch  damals  noch  ein  sehr  großer  Teil  der  Landesbewohner 
wenig  oder  gar  nicht  griechisch  verstand,  sondern  rein  ägyptisch 
geblieben  war.  Allein  die  erste  Aufgabe,  dem  Volke  die  Heiligen 
Schriften  nahe  zu  bringen,  ließ  sich  nicht  mehr  in  der  absterbenden 
demotischen  Schrift  erfüllen,  sondern  führte  zu  dem  wichtigen 
Schritte,  das  griechische  Alphabet,  um  einige  Zeichen  für  be- 
sondere ägyptische  Laute  vermehrt,  zum  Träger  ägyptischer 
Sprache  zu  machen.  Und  da  die  schon  seit  Langem  fast  nur  noch 
von  kleinen  Leuten  gesprochene  Sprache  Begriffe  und  geistige 
Vorgänge  schlecht  auszudrücken  vermochte,  entnahm  man  dem 
Griechischen  eine  überaus  große  Zahl  solcher  Lehnwörter;  andere 
zeugen  davon,  daß  auch  die  ägyptische  Umgangssprache  bereits 
mit  griechischen  Wörtern  durchsetzt  war.  Diese  späteste  Gestalt 
der  ägyptischen  Sprache,  in  griechischer  Schrift  wiedergegeben, 
ist  das  Koptische.  Seine  Anfänge,  wie  ich  sie  schilderte,  kann 
man  bis  jetzt  nur  erschließen,  da  wir  hierüber  so  gut  wie  keine 
urkundlichen  Zeugnisse  besitzen.  Von  der  Bibelübersetzung 
ausgehend,  zog  das  Koptische  bald  andere  christliche  Schriften 
namentlich  gnostischer  Richtung  in  seinen  Bereich  und  entfaltete 
sich  in  einer  ausgedehnten  religiösen,  freilich  fast  durchweg  über- 
setzten Literatur;  erst  später  wuchs  auch  ein  nationales  weltliches 
Schrifttum  auf.  Bis  auf  die  arabische  Eroberung  blieb  allerdings 
das   Griechische   die   Sprache   des    Staates   und   des   allgemeinen 


DIE    KOPTEN.  315 


Verkehrs;  aber  das  Christentum  gab  den  Ägyptern  und  dem 
Koptischen  einen  starken  Halt,  so  daß  ihre  Selbstständigkeit 
im  Laufe  der  byzantinischen  Periode  zunahm,  wie  auch  mehrere 
Zeugnisse  durchblicken  lassen.  Sogar  die  Regierung  sah  sich  hin 
und  wieder  genötigt,  ihre  Erlasse  zweisprachig  zu  veröffentlichen, 
was  seit  den  Zeiten  der  ersten  Ptolemäer  nicht  mehr  geschehen 
war.  Bedeutende  Männer  wie  der  koptische  Kirchenvater  Schenute, 
um  400  p.  C,  trugen  wesentlich  zur  Erstarkung  des  National- 
bewußtseins bei,  und  der  Gegensatz  der  Kopten,  der  Christen 
ägyptischen  Stammes  und  ägyptischer  Sprache,  zu  den  Hellenen, 
deren  Name  ihnen  geradezu  ,, Heiden"  bedeutete,  verstärkte  die 
Scheidewand.  Als  aber  später  auch  die  Masse  der  Hellenen  christlich 
wurde,  nahm  sie  die  byzantinische  Reichsorthodoxie  an,  während 
die  Kopten  Monophysiten  waren,  so  daß  die  Glaubensfeindschaft 
bestehen  blieb.  Dazu  kam  der  Haß  der  Kopten,  die  meist  Bauern 
und  kleine  Leute  waren,  gegen  die  überwiegend  hellenischen 
Großgrundbesitzer  der  byzantinischen  Zeit.  So  verschärft  sich 
in  rund  400  Jahren  die  Feindschaft  des  nationalen  Ägyptertums 
gegen  die  Hellenen  trotz  aller  Vermischung,  die  natürlich  nebenher 
geht,  und  die  byzantinische  Periode  bedeutet  einen  entschiedenen 
Aufschwung  ägyptischen  Volksbewußtseins,  den  es  zu  einem 
großen  Teile  dem  Christentume  verdankt.  Als  endlich  die  ara- 
bische Eroberung  der  griechischen  Kultur  und  dem  griechischen 
Volkstume  den  Todesstoß  versetzte,  nahm  Ägypten,  das  bis 
dahin  so  griechisch  ausgesehen  hatte,  sehr  rasch  koptische  Züge 
an.  Die  koptische  Urkunde  und  der  koptische  Brief  breiteten 
sich  aus,  während  die  griechischen  Schriftstücke  zurücktraten. 
Die  Kopten  hatten  den  Sieg  der  Araber  über  die  orthodoxen 
Byzantiner  auch  aus  kirchlichem  Parteihaß  begünstigt  und  zogen 
nun  zunächst  für  Volk  und  Sprache  den  Gewinn  daraus,  freilich 
nicht  für  immer;  denn  dies  Volk,  das  rund  ein  Jahrtausend  lang 
unter  dem  Drucke  der  übermächtigen  griechischen  Weltkultur 
und  Weltsprache  sein  Leben  im  Stillen  bewahrt  hatte,  erlag  in 
den  folgenden  tausend  Jahren  völlig  dem  Islam  und  der  ara- 
bischen Sprache.  Zwar  gibt  es  heute  noch  zahlreiche  ägyptische 
Christen,  die  aus  jenen  Zeiten  ihre  Religion  und  den  Namen  der 
Kopten  bewahrt  haben,  aber  auch  sie  sind  in  der  Sitte  vielfach 
und  in  der  Sprache  ganz  arabisch  geworden;  die  große  Masse 
der  Ägypter  hängt  dem  Islam  an,  spricht  arabisch,  nennt  sich 
Araber  und  hat  jeden  Zusammenhang  mit  ihrem  alten  Volkstum 


316 DIE  HELLENEN   IN  PTOLEMÄ  ISCHER  ZEIT. 

eingebüßt.  Nur  die  körperliche  Erscheinung  ist  zum  großen 
Teile  durch  alle  Jahrtausende,  durch  alle  Fremdherrschaft  hin- 
durch so  geblieben,  wie  sie  in  den  Reliefs  des  alten  Ägyptens 
vor  uns  steht. 

Wie  jeder  Leser  bemerkt  haben  wird,  ist  ganz  von  selbst  in  den 
Mittelpunkt  der  Darstellung  das  Verhältnis  der  Ägypter  zu  den 
Hellenen,  der  Landeskinder  zu  den  Eroberern  und  Herren  ge- 
treten. Die  Hellenen,  die  mit  und  nach  Alexander  als  Soldaten 
oder  Geschäftsleute  ins  Niltal  einzogen,  stammten  aus  allen 
Gebieten  der  griechischen  Welt.  Lange  Zeit  noch  pflegten  sie 
ihre  Herkunft  oder  ihr  heimisches  Bürgerrecht  anzuführen,  so 
daß  wir  verfolgen  können,  wie  vom  griechischen  Mutterlande, 
von  der  Balkanhalbinsel,  aus  Kleinasien  und  vom  Schwarzen 
Meere,  aus  den  griechischen  Städten  Syriens,  von  den  Inseln,  von 
Sizilien,  ja  auch  aus  den  Kolonien  Italiens  und  der  Westländer 
Griechen  hineinströmten,  bald  einzeln,  bald  in  größeren  Gruppen. 
Mindestens  das  3.  Jh.  a.  C.  hindurch  hat  besonders  der  Bedarf  des 
ptolemäischen  Heeres  immer  neue  Scharen  herbeigeführt  und  das 
griechische  Element  in  Ägypten  verstärkt.  Eine  überaus  bunt  zu- 
sammengewürfelte Gesellschaft  mit  verschiedenen  Dialekten, Kulten,, 
politischen  und  rechtlichen  Voraussetzungen  fand  sich  hier  zu- 
sammen und  wurde  durch  die  Politik  der  ersten  Könige  wie 
durch  das  hellenische  Gemeingefühl  gegenüber  den  unterworfenen 
Barbaren  vereinigt  und  verschmolzen.  Über  ihre  Sprache,  die 
Koine,  habe  ich  in  Kapitel  11  bereits  das  Nötige  gesagt.  Zum 
Teil  schlössen  diese  Hellenen  sich  zu  Stadtgemeinden  zusammen, 
zum  Teil  bildeten  sie  im  Heere  Landsmannschaften  und  als  an- 
gesiedelte Soldaten,  wie  wir  sie  besonders  im  Fajum  antreffen, 
losere  politische  Verbände,  die  sich  von  der  Vermischung  mit 
den  Ägyptern  fernhielten  und  in  ihren  Siedlungen  Horte  helle- 
nischen Wesens  darstellten,  zumal  da  ja  auch  der  Waffendienst 
im  ersten  Jahrhundert  der  Ptolemäerzeit  ihr  Vorrecht  war.  Wie 
das  durchaus  griechische  Wesen  des  Königtums  und  der  Staats- 
verwaltung den  Abstand  des  Herrenvolkes  von  den  Ägyptern 
wahrte  und  bewußt  pflegte,  wie  die  Hellenen  in  ihrem  Privatrecht, 
ihren  Gerichtsliöfen,  ihrer  griechischen  Privaturkunde  etwas 
Eigenes  besaßen  und  sich  erhielten,  habe  ich  in  den  vorausgehenden 
Kapiteln  erzählt.  Alles,  was  sie  politisch  und  privatrechtlich 
absonderte,  stützte  zugleich  ihre  Herrenstellung  gegenüber  den 
Ägyptern.     Die  Makedonen,  die  im  Anfange  der  Ptolemäerzeit 


DIE   HELLENEN    IN   DER   KAISERZEIT.  317 

noch  einen  immerhin  erkennbaren  Vorrang  vor  den  Hellenen 
besaßen,  gingen  allmähhch  in  ihnen  auf,  und  verschwanden  in 
der  ersten  Kaiserzeit  gänzUch.  Ihre  völkische  Eigenart  zu  be- 
obachten reichen  die  Zeugnisse  bisher  nicht  aus. 
Als  nun  um  200  a.  C.  die  unvermeidliche  Mischung  mit  den  Ägyp- 
tern größere  Wirkungen  nach  sich  zog  und  die  Schicht  der  Gräko- 
ägypter  sich  herausbildete,  blieb  die  griechische  Sprache  auch 
in  diesen  Kreisen  Herrscherin ;  war  sie  doch  die  Sprache  der  Bildung 
und  des  Verkehrs,  die  Sprache,  die  überhaupt  erst  den  Zugang  zur 
weiten  Welt  erschloß.  Wie  sehr  aber  trotzdem  Griechen  und 
Makedonen  in  ägyptische  Kreise,  in  ägyptische  Anschauungen 
versinken  konnten,  lesen  wir  in  den  lebensvollen  Zügen  der  Sara- 
peumspapyri  des  2.  Jh.  a,  C.  Selbst  in  die  alexandrinische  Bürger- 
gemeinde drangen  ägyptische  Namen  ein,  und  der  Einfluß  ägyp- 
tischer Religion  unter  den  Gräkoägyptern,  ja  wohl  auch  über 
die  Grenzen  der  Mischklasse  hinaus,  kann  nicht  leicht  überschätzt 
werden.  Trotzdem  haben  sich  rein  hellenische  Schichten 
und  Ansiedlungen  in  ihrer  Absonderung  vom  Ägyptertum  er- 
halten, sogar  in  den  Tagen  der  späteren  Ptolemäer,  als  die  Ägypter 
mächtig  emporkamen.  Auch  der  Amnestieerlaß  Euergetes  H. 
zeugt  nicht  allein  für  die  Begünstigungen,  die  der  König  den 
Ägyptern  einräumen  mußte,  sondern  ebenso  sehr  für  das  Selbst- 
bewußtsein und  die  Kraft  der  Hellenen,  deren  Begriff  auch  damals 
augenscheinlich  noch  scharf  umrissen  dastand.  Die  Kaiserzeit 
verstärkte,  wie  wir  gesehen  haben,  die  Sonderstellung  der  echten 
Hellenen.  Wenn  Hadrian  die  Bürger  seiner  neuen  Antinoosstadt 
„Neuhellenen"  nennt,  so  setzt  er  die  Althellenen  als  fest  bestimmt 
und  bestimmbar  voraus.  Noch  damals  lehnten  diese  Gemeinwese'n 
und  loseren  Körperschaften  der  Hellenen  die  Ehe  mit  den  Ägyptern 
ab,  wie  gerade  das  abweichende  Stadtgesetz  von  Antinoupolis  lehrt, 
und  die  römische  Regierung  setzte  Strafen  und  schwere  Nach- 
teile darauf.  Sie  gab  sich  selbst  in  der  Verwaltung  Ägyptens 
ganz  griechisch  und  erkannte  den  griechischen  Charakter  Ägyptens 
öffentlich  an.  Was  nach  außen  hin  dem  Hellenen  vielleicht  am 
stärksten  seine  Eigenart  aufprägte,  war  das  Gymnasion  mit 
der  körperlichen  Schulung,  die  es  verlieh;  denn  hier  herrschte 
ein  Geist,  der  dem  ägyptischen  völlig  entgegengesetzt  war.  Wir 
dürfen  annehmen,  daß  überall  da,  wo  das  Gymnasion  besteht, 
auch  echte  Hellenen  wohnen.  Mit  dem  Gymnasion  hängen  das 
griechische  Gemeingefühl  und  die  griechische  Bildung  zusammen. 


318  VERFALL  DES   HELLENENTUMS. 

deren  Spuren  wir  hier  und  da  begegnen.  So  ist  auch  die  Fülle  der 
griechischen  Bücher,  die  uns  die  Papyri  erhalten  haben,  ein  Zeugnis 
für  Ausbreitung  und  Lebenskraft  der  Hellenen.  Mögen  auch  manche 
Gattungen  der  Literatur  wie  Possen,  nachahmende  Gelegenheits- 
dichtungen und  Auszüge  aller  Art  in  den  Kreisen  der  Gräko-- 
ägypter  Anklang  gefunden  haben,  so  können  doch  die  Klassiker 
etwa  mit  Ausnahme  der  Schulbücher,  und  die  Werke  der  hel- 
lenistischen Dichter  und  Forscher  wohl  nur  in  der  Hand  und  in 
den  Bibliotheken  echter  Hellenen  gewesen  sein.  Und  wenn  die 
Hellenen  Ägyptens,  wie  die  literarischen  Papyri  erschließen  lassen,, 
vom  Klassizismus  der  Kaiserzeit  nicht  unberührt  geblieben  sind,^ 
so  spricht  dies  für  ihren  Zusammenhang  mit  der  gesamthelleni- 
schen Entwicklung.  Dazu  kommt  das  eigenartige  Gepräge  der 
alexandrinischen  Kultur  und  Literatur,  das  von  Kallimachos  bis  auf 
Origenes  seine  Besonderheit  und  seine  echt  griechischen  Züge 
niemals  verleugnet  hat.  Noch  in  der  byzantinischen  Periode  blüht 
griechische  Literatur  in  Ägypten;  selbst  in  der  ThebaTs  steht  ein 
hellenischer  Dichter  wie  Nonnos  auf,  und  der  Neuplatonismus 
wird  gerade  durch  ägyptische  Griechen  vertreten. 
Freilich  vollzieht  sich  in  derselben  Zeit  der  Verfall  des  Hel- 
lenentums,  das  mit  dem  Gymnasion  seinen  äußeren  Halt  ver- 
liert, während  es  im  Innern  schon  schwach  geworden  war.  Blieb 
es  auch  noch  mit  seiner  Sprache  maßgebend,  so  erlag  es  doch  dem 
Christentume,  das  gerade  in  Ägypten  trotz  den  großen  Kirchen- 
lehrern Alexandreias,  trotz  den  literarischen  Leistungen  alexan- 
drinischer  Theologen  schließlich  mehr  den  Einheimischen  als 
den  Hellenen  zugute  kam.  Wie  die  griechische  Sprache  sich 
damals  völlig  umgestaltete  und  byzantinisch  wurde,  so  auch  das 
Hellenentum  selbst.  Beiden  machte  die  arabische  Eroberung 
ein  Ende,  wenn  auch  eine  Zeitlang  noch  arabische  Beamte  mit 
den  Gemeinden  Ägyptens  griechische  Briefe  wechselten  und  unter 
den  orthodoxen  Christen  des  Landes,  ja  sogar  in  der  monophy- 
sitischen  Landeskirche  die  griechische  Kirchensprache  sich  einige 
Jahrhunderte  hielt.  So  reich  unsere  Quellen  sind,  so  vermögen 
wir  doch  für  keine  Periode  und  für  keinen  Zeitpunkt  des  ge- 
schilderten Jahrtausends  die  Zahl  der  Hellenen  oder  ihr  Stärke- 
verhältnis zu  den  Ägyptern  auch  nur  annähernd  zu  schätzen. 
Auf  ganz  allgemeine  und  persönliche  Eindrücke,  wie  sie  die  Doku- 
mente bieten  können,  darf  man  nur  allgemeine  und  unsichere 
Urteile    aufbauen;    unter   solchen    Einschränkungen    möchte    ich 


DIE    RÖMER   IN  ÄGYPTEN.  319 

vermuten,  daß  etwa  in  der  Kaiserzeit  nächst  den  reinen  Ägyptern 
die  Gräkoägypter  am  zahlreichsten  gewesen  sein  dürften,  während 
die  Zahl  der  echten  Hellenen,  wie  sie  die  römische  Regierung 
verstand,  kaum  groß  gewesen  sein  wird  und  jedenfalls  weit  hinter 
jenen  beiden  Gruppen  zurückblieb. 

Unter  dem  politischen  Gesichtspunkte  war  es  die  wichtigste 
Änderung  im  Bestände  der  Bevölkerung,  als  die  Römer  ihren 
Einzug  hielten.  Freilich  treffen  wir  schon  weit  früher,  im  2.  und 
sogar  im  3.  Jh.  a.  C,  vereinzelt  lateinische  Namen  an,  ohne  zu 
wissen,  ob  wir  es  mit  römischen  Bürgern  oder  auch  nur  Italikern 
zu  tun  haben,  die  als  Geschäftsleute  schon  damals  die  Länder 
des  Orients  aufsuchten.  Unter  Ptolemaios  Auletes  zogen 
römische  Truppen  in  Ägypten  ein,  und  seit  dieser  Zeit  wurde 
der  Römer  eine  ständige  Erscheinung  in  Alexandreia,  aber  wohl 
auch  weiter  nilaufwärts;  dann  führten  Cäsars  Aufenthalt  und 
vor  allem  die  Tage  des  Antonius  viele  Römer  nach  Ägypten. 
Wenn  wir  bereits  in  den  ersten  Jahren  nach  dem  Siege  Octavians 
eine  ganze  römische  Kolonie  in  Alexandreia  antreffen,  Bankiers 
und  Geschäftsleute  aller  Art,  so  mag  ein  guter  Teil  von  ihnen 
sich  schon  vorher  dort  seßhaft  gemacht  haben;  aber  mit  der 
Verwandlung  des  Ptolemäerreiches  in  eine  Provinz  wird  der 
Zustrom  noch  weit  stärker  geworden  sein.  Rechnet  man  die 
starke  militärische  Besatzung  unter  Augustus  hinzu,  so  gelangt 
man  zu  einer  beträchtlichen  Anzahl  von  Römern,  die  man  als 
dauernde  Bewohner  Ägyptens  zählen  darf.  Dagegen  waren  der 
Beamten  nur  v/enige;  anfangs  scheinen  hier  und  da  kaiserliche 
Sklaven  und  Freigelassene  tätig  gewesen  zu  sein,  später  aber 
saßen,  wie  ich  schon  ausgeführt  habe,  nur  in  den  höchsten  Stellen- 
römische Bürger.  Der  Hochadel  Roms,  die  senatorischen  Kreise, 
fehlte  völlig. 

Obwohl  die  römische  Politik  darauf  ausging,  Stellung  und  Vor- 
rechte des  civis  Romanus  kostbar  zu  erhalten  und  sie  den  Griechen 
nur  schwer,  den  Ägyptern  so  gut  wie  gar  nicht  zu  eröffnen,  so 
zwang  doch  der  Bedarf  des  Heeres  schon  früh  dazu,  den  Ersatz 
der  Provinz  zu  entnehmen.  Damit  aber  gewann  eine  große 
Zahl  von  Griechen,  denn  nur  die  bevorrechteten  Klassen 
der  Provinzialen  kamen  zunächst  in  Betracht,  das  römische 
Bürgerrecht  und  römische  Namen.  Sie  nehmen  die  volle- 
römische  Namensform  an,  lateinisches  praenomen  und  gentile 
und  ihren   griechischen  Namen  als  cognomen,  und  werden  einer 


320 ROMANISIERTE  GRIECHEN. 

römischen  Tribus  zugeschrieben.  Soweit  auch  ihre  Familien 
römisch  werden,  begründen  sie,  als  Veteranen  irgendwo  im 
Lande  sich  ansiedelnd,  einen  Stamm  römischer  Bürger,  der 
freilich  in  Wirklichkeit  nicht  viel  von  römischem  Wesen  an  sich 
hat.  Immerhin  darf  man  auch  sie  als  römisches  Element  nicht 
unterschätzen,  da  sie  sich  ihrer  Würde  bewußt  waren  und  sie 
sogar  gegen  die  griechischen  Beamten  herauskehrten.  Außer 
ihnen  dienten  aber  auch  in  der  Legion  geborene  Römer,  und  als 
Geschäftsleute  oder  Handwerker  saßen  sie  verstreut  durch  ganz 
Ägypten;  jedoch  können  wir  sie  nur  selten  von  jenen  römisch  ge- 
wordenen Griechen  scheiden,  da  im  gewöhnlichen  Verkehre  beide 
sich  nicht  ihrer  vollen  römischen  Namensform  zu  bedienen 
pflegen.  Wo  nicht  die  Dokumente  selbst,  z.  B.  durch  lateinische 
Wendungen  auch  im  griechischen  Gewände,  den  geborenen  Römer 
verraten,  bleiben  wir  meistens  im  Ungewissen.  Wie  wenig  bei 
den  römisch  gewordenen  Griechen  das  römische  Wesen  in  die 
Tiefe  ging,  sieht  man  an  den  Zugeständnissen  der  Kaiser  auf  dem 
Gebiete  des  Zivilrechts.  An  sich  gehörte  zum  civis  Romanus 
das  ius  civile,  und  kaum  etwas  anderes  schied  ihn,  das  Glied  des 
herrschenden  Volkes,  den  Mitbürger  des  Kaisers,  so  scharf  wie 
dies  von  allen  übrigen  Bewohnern  der  Provinz;  aber  den  Soldaten, 
das  heißt  einem  sehr  beträchtlichen  Teile  der  romanisierten  Grie- 
chen oder  griechischen  Römer,  gestattete  man  sogar  das  grie- 
chische Testament.  So  dürfen  wir  annehmen,  daß  der  Kreis 
der  stammesechten  Römer  in  Ägypten  niemals  weit  war,  während 
zu  den  römischen  Bürgern  griechischer  Herkunft  viele  Tausende 
gehörten;  die  Papyri  nennen  ihrer  eine  überraschend  große  Zahl. 
Von  ihren  Kreisen  aus  haben  sich  lateinische  Namen,  vor  allem 
Vornamen,  erstaunlich  verbreitet,  und  zwar  augenscheinlich  von 
ihrem  römischen  Wesen  gelöst  als  einfache  Rufnamen  griechischer 
Art.  Schon  im  2.  Jh.  begegnen  wir  häufig  in  einer  und  derselben 
Familie  ägyptischen,  griechischen  und  lateinischen  Namen  durch- 
einander, ein  Zeichen,  daß  römische  Einflüsse  doch  auch  ins  Volk 
dringen.  Daraus  auf  eine  wirkliche  Mischung  römischen  Blutes 
mit  Griechen  und  Ägyptern  oder  auch  nur  eine  Mischung  der 
Sprache  und  der  Kultur  zu  schließen,  wäre  mehr  als  gewagt. 
Wahrscheinlich  waren  vielmehr  die  Römer  der  Einwirkung  griechi- 
scher Kultur  und  sogar  ägyptischen  Wesens  ausgesetzt;  wenn  der 
Gnomon  des  Idiologus  ihnen  die  Geschwisterehe  verbietet,  so 
verrät  sich  darin  eine  bedenkliche  Annäherung  an  ägyptische  Sitte. 


EINFLUSS    RÖMISCHEN  WESENS.  321 


Auf  der  anderen   Seite  würde  man  den  römischen    Einschlag 
vielleicht   etwas   unterschätzen,   wenn   man   ihn   lediglich   an   der 
geringen  Zahl  der  erhaltenen  lateinischen  Papyri  messen  wollte, 
die  uns  nicht  einmal  ein  Bild  von  den  Geschäften  des  ius  civile 
im  Kreise  der  echten  Römer  geben  können,  da  diese  sich  in  der 
Mehrzahl  in  Alexandreia  beimPräfekten  abgespielt  haben  und  daher 
nicht  erhalten  sind.  DieWerkeder  römischen  Literatur,  die  inOxy- 
rhynchos    und    anderwärts  zutage  getreten   sind,    zeugen,    wenn 
auch  nicht  unbedingt  für  echte  Römer,  so  doch  für  eine  Beschäfti- 
gung mit  römischem  Geiste  und  für  seine  Wirkung  in  der  Provinz. 
Die  große  Masse  der  römischen  Bürger  Ägyptens  waren  einfache 
Leute,   Soldaten,  Veteranen  und  kleine  Geschäftsleute,  die  wohl 
:selbst  dann,  wenn  sie  von  Hause  aus  Latein  sprachen,  der  gräko- 
ägyptischen  Kulturmischung  erlagen.    Die  echten  Römer  dagegen, 
an  Zahl  gering,  hielten  sich  gesondert,  und  z.  T.  gerade  dadurch 
konnte  die  Regierung  mit  solchem  Nachdrucke  den  unbedingten 
Vorrang  des  römischen  Bürgers  durchsetzen.    Das  einzige  Gebiet, 
wo  ein  wirklicher  Einfluß   römischen   Wesens  sich  erkennen 
läßt,  ist  die  Sprache,  die  schon  im  2.,  noch  deutlicher  im  3.  Jh. 
p.  C.  eine  beträchtliche  Menge  lateinischer  Lehnwörter  aufweist, 
nicht  nur,  wie  im  Neuen  Testamente,   militärische  und  amtliche 
Ausdrücke,  sondern  auch  für  Gebrauchsgegenstände,   Kleidungs- 
stücke, Gewichte  u.  drgl.;  der  Handel  mit  dem  Westen  und  der 
Einfluß    seiner     Industrie    müssen    beträchtlich     gewesen    sein. 
Die    Ausdehnung    des    Bürgerrechts  212  p.  C.    vermehrte   nicht 
die    echten    Römer,    sondern    die    romanisierten    Griechen    und 
machte    das    römische    Wesen    eher    griechisch     als    umgekehrt. 
Die  neuen  Bürger  wurden  in  die  gens  des  Kaisers  aufgenommen 
und     damit     Aurelier,    nannten     sich     aber     nicht     immer    so; 
daher    können   wir    auch    im   3.  Jh.    p.   C.    den    Namen    nichts 
Sicheres  abgewinnen.      Dagegen   ist   der  Vorstoß    des    Latei- 
nischen    und    eine    gewisse    Romanisierung    seit    Constantin 
deutlich  sichtbar;   ich   erinnere  an   die  lateinisch   stilisierten   Ge- 
richtsprotokolle,   eine    Reihe   lateinischer    Urkunden   und    Bücher 
auf   Papyrus,    sowie   an   die   Gesprächsmuster,    die   damals   dem 
Griechen,  ja  auch   dem  Ägypter  die  gewöhnlichsten  lateinischen 
Redewendungen    beizubringen    suchten.       Und    im    griechischen 
Stile   der   Byzantinerzeit   prägt   sich   lateinischer   Einfluß   unver- 
kennbar aus.     Damals  schien  sich  eine  Romanisierung  Ägyptens 
anzubahnen,    aber   trotz    der   immer   weiteren    Ausdehnung    des 

■Bchnbart,  Papyrasknnde.  21 


322  DIE  JUDEN. 


Bürgerrechts  ist  sie  nicht  durchgedrungen,  zumal  da  die  späteren 
Kaiser  selbst  in  Byzanz  die  römische  Verkleidung  fallen  ließen 
und  sich  dem  Osten  des  Reiches  anpaßten,  der  ja  immer  griechisch 
gewesen  war. 

Neben  Ägyptern,  Griechen  und  Römern,  deren  Verhältnis  Wesett 
und  Mischung  der  Bevölkerung  bestimmt,  kommen  andere  Be- 
standteile erst  in  zweiter  Reihe  in  Betracht,  unter  diesen  aber 
weitaus  am  meisten  die  Juden;  betrug  doch  im  1.  Jh.  p.  C.  nach 
Philos  Schätzung  ihre  Zahl  in  Ägypten  etwa  eine  Million.  Seitdem 
auf  der  Insel  Elefantine,  gegenüber  Assuan,  an  der  Südgrenze 
des  Landes,  eine  erhebliche  Anzahl  von  Briefen,  Urkunden  amt- 
licher wie  privater  Art,  und  auch  Büchern  aus  der  dortigen 
jüdischen  Gemeinde  des  5.  Jh.  a.  C,  sämtlich  in  aramäischer 
Sprache,  entdeckt  worden  ist,  können  wir  jüdische  Siedlungen 
auf  ägyptischem  Boden  hoch  hinauf,  bis  ins  7.  Jh.  a.C.  verfolgen 
und  die  sonstigen  Andeutungen  darüber  erst  richtig  beurteilen. 
Und  nicht  nur  hier,  sondern  auch  an  anderen  Orten,  z.  B.  in  Mem- 
phis, haben  schon  früh  Israeliten  Fuß  gefaßt.  Jedoch  wird  es- 
zutreffen,  wenn  die  jüdischen  Schriftsteller  selbst  die  Bedeutung 
der  Juden  in  Ägypten  an  Alexander  und  die  ersten  Ptolemäer 
anknüpfen,  denn  die  Papyri  bringen  uns  für  jüdische  Einwohner 
immer^  neue  Zeugnisse  aus  ptolemäischer  Zeit,  gerade  aus  dem 
3.  Jh.  a.  C,  durch  Personennamen  wie  durch  Ortsnamen,  auch 
wenn  man  die  mehrfach  begegnenden  Syrerdörfer  ihnen  nicht 
ohne  Weiteres  zurechnet.  Wie  schon  die  Juden  auf  Elefantine 
ihren  eigenen  Tempel  besaßen,  so  wurde  im  2.  Jh.  a.  C.  der  Tempel 
in  Leontopolis  zum  Mittelpunkte  der  ägyptischen  Judenschaft; 
anderwärts  bestanden  Synagogen  {TtQogsvxai).  Die  religiöse 
Stellung  dieser  jüdischen  Gemeinden  war,  gemessen  an  dem  An- 
sprüche Jerusalems,  alleinige  Kultstätte  zu  sein,  nicht  immer 
einwandfrei;  die  Synagoge  zwar  entsprach  dieser  Anschauung,, 
aber  der  Tempel  in  Leontopolis  so  wenig  wie  einst  der  auf  Ele- 
fantine, wenn  auch  im  2.  Jh.  a.  C.  von  einer  Verehrung  syrischer 
Götter  neben  Jahu,  wie  sie  auf  Elefantine  stattfand,  keine  Rede 
mehr  war. 

Während  die  jüdische  Literatur  die  dauernde  Reinheit  und  Ab- 
sonderung des  Volkes  betont,  verraten  uns  die  unmittelbaren 
Zeugen  mancherlei  von  einer  Vermischung  mit  Ägyptern 
wie  mit  Griechen;  beides  läßt  sich  wohl  vereinigen,  wenn, 
wir  uns  erinnern,  daß  es  mit  Ägyptern  und  Griechen  nicht  viel 


I 


DIE  JUDEN.  323 


anders  stand,  und  bedenken,  wie  wenig  gerade  die  Beziehungen 
unter  einander  wohnender  Völker  sich  auf  eine  Formel  bringen 
lassen.  Zum  Ptolemäerhause  stellten  sich  die  ägyptischen  Juden 
ebenso  freundlich  und  ergeben,  wie  sie  es  meistens  den  Macht- 
habern  gegenüber  verstanden  haben,  und  was  von  der  Gunst  der 
Könige  berichtet  wird,  mag  daher  zum  großen  Teile  stimmen, 
um  so  mehr  als  auch  die  politischen  Beziehungen  des  Ptolemäer- 
reiches  zum  südlichen  Syrien  in  dieser  Richtung  wirkten.  Einzelne 
Juden  wie  Onias,  der  Hohepriester  von  Leontopolis,  und  gegen 
Ende  des  2.  Jh.  a.  C.  seine  Söhne  Chelkias  und  Ananias  als  Heer- 
führer, stiegen  im  Ptolemäerreiche  zu  Ansehen  und  Macht  empor. 
Weitaus  das  größte  Gewicht  aber  hatte  die  jüdische  Gemeinde 
in  Alexandreia.  Zwar  wissen  wir  jetzt,  daß  sie  nicht  am  alexan- 
drinischen  Bürgerrechte  teilhatte,  wie  Josephus  behauptet,  wenn 
auch  ohne  Zweifel  einzelne  dahin  gelangten;  aber  sie  besaß  ihre 
selbständige  Gemeindeverfassung  mit  einem  Rate  (ysQovaia)^ 
Gemeindebeamten  und  besonderen  Gesetzen,  die  natürlich  nur 
in  ihrer  Mitte  galten,  und  vertritt  in  deutlicher  Ausprägung  die- 
jenige Art  politischer  Verbände,  die  wir  als  7toU%tvf.at  kennen 
gelernt  haben.  Wahrscheinlich  war  die  große  Mehrzahl  der  ägyp- 
tischen Judenschaft  in  Alexandreia  ansässig,  so  daß  sie  im  Gesamt- 
bilde der  Stadt  wesentlich  hervortraten  und  ihre  Quartiere, 
die  man  vielleicht  als  Ghetto  bezeichnen  darf,  zweien  der  fünf 
alexandrinischen  Stadtteile  das  Gepräge  gaben.  Die  Juden 
Alexandreias  nahmen  zu  einer  Zeit,  wo  auch  Jerusalem  sich 
stark  hellenisierte,  viel  hellenisches  Wesen  an,  nicht  nur  griechische 
Namen,  unter  denen  manche  wie  Herodes,  Tryphon,  Dorotheos,. 
Dositheos  fast  ein  Merkmal  des  Juden  wurden,  sondern  auch  die 
griechische  Umgangssprache.  So  konnte  es  kommen,  daß  man 
daran  ging,  die  Heiligen  Schriften  ins  Griechische  zu  übersetzen, 
um  sie  der  ägyptischen  Diaspora  lebendig  zu  erhalten.  Dies  große 
Werk,  die  Septuaginta,  scheint  im  3.  Jh.  a.  C.  begonnen  und 
im  folgenden  Jahrhundert  vollendet  worden  zu  sein;  wie  man 
es  auf  Gunst  und  Wißbegier  des  Philadelphos  zurückführte  und 
die  Weisheit  der  jüdischen  Schriftgelehrten  ins  hellste  Licht 
setzte,  lese  jeder  im  Aristeas-Briefe  nach,  der  trotz  allen  Erfin- 
dungen einer  der  wertvollsten  Zeugen  für  die  Beziehungen  der 
Juden  zu  den  Ptolemäern  ist.  Im  übrigen  stehen  die  Septuaginta 
nicht  allein,  eine  jüdisch-griechische  Literatur  begleitet  sie,  aus 
der    hier    nur    Aristobulos    zur    Zeit    Philometors    genannt    sei. 

21* 


324  DIE  JUDEN. 


Ihren  Höhepunkt    erreichte    sie    in  dem   Alexandriner  Philon  im 
1.  Jh.  p.  C. 

Die  römische  Herrschaft  brachte  zunächst  den  Juden  keiner- 
lei Nachteil;  allerdings  waren  sie  kopfsteuerpflichtig  und  ge- 
hörten nicht  zu  den  privilegierten  „Hellenen".  Mancherlei  Nach- 
richten zeugen  von  ihrer  Ausbreitung,  z.  B.  die  Judenquartiere 
in  Oxyrhynchos  und  Hermupolis  oder  die  jüdischen  Namen  in 
Arsinoe  und  in  Fajumdörfern,  daneben  zahlreiche  Votivinschriften 
aller  Orten.  Ein  alexandrinischer  Jude  vermochte  sogar,  aller- 
dings um  den  Preis  seines  Glaubens,  römischer  Bürger,  Epistratege 
der  Thebafs,  Prokurator  Judäas  und  Präfekt  Ägyptens  zu  werden: 
Tiberius  Julius  Alexander  war  es,  der  endlich  unter  Titus  sein 
eigenes  Volk  zu  bekriegen  half.  Die  Zerstörung  Jerusalems  änderte 
viel;  der  Haß,  den  das  zertretene  Volk  den  Römern  bewahrte, 
flammte  auch  in  Ägypten  mehrmals  in  jüdischen  Aufständen 
empor,  besonders  unter  Trajan  und  Hadrian.  Eine  besondere 
Judensteuer  zwang  jetzt  die  Juden,  die  einst  dem  Tempel  in 
Jerusalem  entrichtete  Abgabe  dem  Jupiter  Capitolinus  zu  leisten. 
Während  in  der  Ptolemäerzeit  Spuren  antisemitischer  Ge- 
sinnung sich  nur  in  der  Literatur  finden,  setzte  sie  sich  im  1.  Jh. 
p.  C.  in  die  Tat  um,  zumal  in  Alexandreia,  wo  die  reichen  und 
mächtigen  Juden  den  alexandrinischen  Bürgern  sich  umsomehr 
verhaßt  machten,  als  sie  durch  einflußreiche  Personen  wie  den 
jüdischen  König  Agrippa  am  kaiserlichen  Hofe  etwas  galten. 
Durch  die  sogenannten  alexandrinischen  Märtyrerakten,  die  ich 
in  Kapitel  8  besprochen  habe,  wissen  wir  von  der  Stimmung, 
die  zu  diesen  blutigen  Kämpfen  führte  und  immer  von  Neuem 
durch  sie  genährt  wurde  bis  weit  ins  2.  Jh.  hinein.  Auch  das 
Geschäftstreiben  der  Juden  scheint  damals  Anstoß  und  Besorgnis 
erregt  zu  haben.  Wie  man  sich  neben  den  Straßenkämpfen  auch 
literarisch  zu  Leibe  ging,  zeigen  die  heftigen  Antworten  des  Jo- 
sephus  auf  die  groben  Angriffe  des  Alexandriners  Apion.  Im 
3.  Jh.  p.  C.  verlieren  wir  die  Juden  Ägyptens  aus  den  Augen; 
wie  weit  sie  in  christlichen  Gemeinden  aufgegangen  sind,  ist 
völlig  unbekannt.  Auch  Samaritaner  siedelten  sich  früh  in' 
Ägypten  an,  wie  unter  anderem  der  Ortsname  Samareia  und  ein 
Bruchstück  des  samaritanischen  Pentateuchs  beweisen. 
Das  ptolemäische  Heer  und  daneben  sonstige  Einwanderung 
führten  Angehörige  vieler  anderen  Völker  ins  Land;  wir  wissen 
von   Thrakern,     Galatern    und    Persern,    daß   sie   im    Heere 


ANDRE  FREMDVÖLKER.  325 


eine  Rolle  spielten  und  teilweise  Landsmannschaften  bildeten. 
Schon  dies  beweist,  wie  hoch  sie  damals  über  den  Ägyptern  und 
wie  nahe  sie  den  Griechen  standen.  Besonders  die  Perser  begegnen 
in  Alexandreia  wie  im  Fajum  und  der  Thebais  oft  und  scheinen 
eine  gewisse  Sonderstellung  eingenommen  zu  haben.  Daneben 
Idumäer  in  Memphis  und  Syrerdörfer  an  verschiedenen  Punkten, 
Araber  aus  der  östlichen  Wüste  und  dem  Sinailande,  diese  drei 
den  Juden  nahestehend;  Trogodyten  kommen  von  der  ost- 
afrikanischen  Küste,  und  schriftliche  Zeugnisse  sowie  die  Terra- 
kotten verraten  uns,  daß  damals  wie  heute  der  Nubier,  be- 
sonders als  Diener,  sich  in  den  Straßen  .Alexandreias  umhertrieb. 
Wenn  in  Arsinoe  nach  Kilikiern  und  Bithynern,  hier  und  in 
Oxyrhynchos  nach  den  Lykiern  ein  Quartier  benannt  wird, 
muß  ihre  Zahl  beträchtlich  gewesen  sein;  andere  Klei nasi  a  ten 
übten  in  Hermupolis  ihren  Kult  aus.  Die  benachbarten  Libyer 
fehlten  natürlich  nicht,  auch  Dalmatiner  begegnen, kurz, Elemente 
der  ganzen  Mittelmeerwelt,  besonders  des  Ostens,  saßen  verstreut 
in  Ägypten  und  bevölkerten  wohl  vor  allem  die  Straßen  der  Welt- 
stadt Alexandreia.  In  der  byzantinischen  Zeit  kamen  Blemyer 
hinzu,  endlich  sogar  Germanen  verschiedener  Stämme. 
Wie  weit  diese  Ausländer  sich  mit  den  Einheimischen  vemiischt 
oder  ihnen  angeschmiegt  haben,  ahnen  wir  nicht;  daß  sie  aber 
im  allggmeinen  in  der  hellenistischen  Kultur  aufgegangen  sind, 
die  griechische  Weltsprache  und  viel  von  ägyptischer  Sitte  über- 
nommen haben,  darf  man  mit  Grund  vermuten. 
Durchweg  zu  vergleichen  sind  die  grundlegenden  Kapitel  über  Bevölkerung 
und  Bevölkerungspolitik  in  Wilckens  Grundzügen.  Es  wäre  eine  überaus  lohnende 
Aufgabe,  aus  den  Quellen,  den  griechischen  Schriftstellern  wie  Polybios,  Diodor, 
Strabo,  Josephus  usw.,  aus  den  Papyri  und  Inschriften  alle  unmittelbaren 
Äußerungen  über  Griechen  und  Ägypter  und  ihre  Beziehungen  zu  sammeln 
und  zu  verarbeiten.  Über  die  Personennamen  siehe  unten.  Unterschied  der 
politisch-völkischen  von  der  sozialen  Schichtung:  man  stelle  den  Soldaten, 
der  durch  den  Dienst  civis  Romanus  wird,  ohne  schreiben  zu  können,  etwa 
neben  einen  ägyptischen  Propheten  und  Tempelvorsteher;  alexandrinische 
Bürger  begegnen  uns  im  Stande  der  Lohnschreiber  und  der  Nilfischer,  Wi. 
Chr.  148.  Die  Beziehungen  der  Griechen  und  Ägypter  vor  Alexander  kommen 
für  unsern  Gegenstand  nur  als  Vorstufe  in  Betracht,  verdienen  aber  eine 
Bearbeitung,  die  mit  einer  Sammlung  der  hingehörigen  Stellen  aus  der 
griechischen  Literatur  beginnen  müßte.  Über  die  Einwohnerzahl  in  der 
Ptolemäerzeit  und  im  1.  Jh.  p.  C.  vgl  Wilckcn,  Ostraka  I  487ff.,  wo  die 
Angaben  Diodors  und  des  josephus  besprochen  werden;  da  heute  Ägypten 
über  11  Millionen  Einwohner  hat,  kann  Josephus  mit  7V2  ohne  Alexandreia 
sehr  wohl  Recht  haben.     Alexanders  Politik:  .Arrian,  Anab.   11!  ."i:  neben 


326  EINZELNES. 


die  beiden  ägyptischen  Nomarchen  stellt  er  makedonische  und  griechische 
Militärkommandanten.  Die  Ptolemäer  wandten  dies  Verfahren  nicht  mehr 
auf  das  ganze  Land,  sondern  auf  die  einzelnen  Gaue  an.  Die  Ägypter 
häufig  '/.aol  genannt,  vgl.  die  kaäoyai^  Lesquier,  Inst.  Milit.  p.  98/9.  OG. 
II  731.  Demo  tisch,  von  der  Schrift  schon  bei  Herodot  II  36,  also  ein 
vor  Alexander  entstandener  literarischer  Ausdruck;  später  hätte  man 
nicht  an  Sf,uos,  sondern  an  /«o,-  angeknüpft.  Über  demotische  Urkunden  vgl. 
das  vorige  Kapitel.  Demot.  lit.  Texte:  vor  allem  der  sog.  Setna-Roman. Märchen 
und  Fabeln:  Spiegelberg,  Demot.  Texte  auf  Krügen,  Lpzg.  1912.  Amtliche 
Bekanntmachungen  zweisprachig:  Rev.  Laws  col.  9  =  Wi.  Chr.  258,  3.  Jh. 
a.  C.  Lefebvre,  Le  dernier  d6cret  des  Lagides.  Zum  Königskult  vgl.  Kap.  16. 
Für  die  priesteriiche  Auffassung  vom  Verhältnisse  des  Königs  zu  den  äg. 
Göttern  ist  die  sog.  Mendes-Stele  wichtig;  Erman,  Äg.  Rel.-,  227.  Über 
den  Bau  des  Horostempels  in  Edfu  (ApoUinopolis  Magna)  geben  auch  die 
Eleph.  Pap.  Auskunft.  Die  maked.  Monate  hat  man  mehrmals  in  ver- 
schiedener Weise  mit  dem  äg.  Jahre  in  Einklang  zu  bringen  gesucht, 
Wilcken,  Grundzüge  LV.  Die  Inschriften  von  Kanopos  und  Rosette 
OG.  I  56  und  90;  schon  die  Protokolle  sind  ganz  verschieden;  vgl.  auch 
Wi.  Chr.  109  aus  der  Zeit  Philopators.  Dionysios  Petosarapis,  vgl.  Spiegel- 
berg, ÄZ.  1912,  24  und  Wi.  Chr.  9.  Panopolis  als  Herd  von  Aufständen  ergibt 
sich  aus  Tebt.  I,  5,  138.  Ägypter  in  hohen  Stellungen:  vgl.  Martin,  Les 
Epistratfeges.  Zum  allg.  Verhältnis  zwischen  Griechen  und  Ägyptern: 
im  unpubl.  Berl.  Pap.  13431  richtet  der  Makedone  Hermon  seine  Beschwerde 
wegen  der  /.««tt«^«^//«  an  den  äg.  Darfschreiber.  Ferner  die  Sarapeumspapyri; 
Amh.  II  40  (das  beste  Land  bei  Soknopaiu  Nesos  haben  „gewisse  Hellenen" 
bekommen  anstatt  des  Tempels);  das  Töpferorakel:  Wilcken,  Zur  äg.  Profetie, 
Hermes  40,  544  u.  a.  Griechisch-äg.  Doppelnamen:  die  Töchter  des 
Offiziers  Dryton:   Plaumann,  Ptolemais  66.     Ferner  Tebt.    I  61a,    Wi.  Chr. 

136   usw.     TTroXefialos  og  xal    neTEaov'/os\  'ÄTToXlcotiov     tov    y.<ä   'ÄQvärov  Tebt. 

1  105.  Weiteres  siehe  unten.  Zur  Sprache:  vgl.  Kap.  11  über  die  gr. 
Ausdrücke  für  Gegenstände  und  Handlungen  des  äg.  Kultus.  Für  die 
Volksmischung  in  Alexandreia  ist  Polyb.  XV  24ff.  wichtig;  vgl.  Lumbroso, 
Arch.  f.  Pap.  V  398.  RömischeZeit:  Inschrift  des  1.  Präfekten  C.CorneHus 
Gallus  hieroglyphisch,  lat.,  griech.  aus  persönlichen  Gründen,  OG.  II  654  mit. 
Lit.  Aufstand  der  Bukolen,  vgl.  Wi.  Chr.  21.  Caracalla  treibt  die 
Äg.  aus  Alex.:  Wi.  Chr.  22.  Aufsicht  des  Idiologus  in  seiner  Eigenschaft  als 
äoxisQebs  über  die  Priester  jetzt  neu  beleuchtet  durch  den  Gnomonpapyrus;  vgl. 
auch  Wi.  Chr.  71.  Die  Hinneigung  mancher  Kaiser  zur  äg.  Religion,  z.  B. 
Domitians  und  Hadrians,  hat  ihre  Politik  kaum  beeinflußt.  Dolmetscher  BGU.  I 
227.  III  985.  Fay.  23.  Tcht.  II  450.  Oxy.  VII  1029.  XII  1517.  Spiegel- 
berg, Demot.  Inschr.  Cairo  p.  69/70  usw.  Dolmetscher  vor  Gericht  Oxy.  II 
237.  Thead.  14.  Über  das  Aussterben  des  Demotischen  Wilcken, 
Chr.  137:  am  längsten,  bis  ins  5.  Jh.  p.  C,  kommen  demotische  In- 
schriften auf  Philai  vor.  Mumienetikette:  Holztafeln  mit  dem  Namen  der 
Leiche  als  Kennzeichen  für  den  sie  befördernden  Schiffer  Wi.  Chr.  499.  Samm- 
lung solcher  Etikette:  G.  Möller,  Mumienschilder,  Leipzig  1913.  Hieratisch 
vom  Priesterkandidaten  gefordert:  Wi.  Chr.  137.  Sprüche  des  Sansnos:  Wi. 
Chr.  116.    Caracalla  sagt  über  die  Ägypter  (Wi.  Chr.  22):  eTziytuMiyxsod-ai  ya[^] 


EINZELNES.  327 


sls  Tovs  /.[iJrovffoJvg  ol  dkrjd-ivol  AlyvTiTiot    Svvavr['a]i    eifiaoa/-    <fcovr,p    äXloiv 
[aiirjoi    Mx^tv    Sifeis  ts   xai    ayjjua'  sri   rs   y.al  ^üj[t]]    Seiy.vvsL    ivavTla    r^d'rj  ärrö 

(xvaoT^otffi^  [TtoJJ.nTixfj;  shai  ayooiy.oi~  AiyvTtTiovs.  Ag.  Selbstbewußtsein.' 
Poimandres    (Reitzenstein)    p.   349:  o  Sh  Xöyos  (der   äg.  Mysterienbücher)  rfi 

TtatQcöa  SiaXey.Tcp  fOfiTjvsvöusvos  ^/ei  aa<ffj  ibv  twv  Xöycnv  vovV  vcai  yäo  aiiTÖ  rö 
Ttjs  cpcjvijs  Ttoibv  y.ai  r:  xü)v  AiyvTli'uov  dvofidrcor  (f^dms}  er  kavrl  e/^si  rrjv 
kveoyecuv  tü>v  Xeyouevojv.  6aov  oiv  SvvftTÖv  earl  aoi,  ßaaiXev,  —  Tiuvra  oe  ovvaaai  — 
ibv  köyoi-'  8iarr]Qr^aov  oLveQur^vevxov,  Iva  urirs  eis  "Eklr^vas  %Xü'r,  xncavra  uvuirioia 
■iiiJTe  f;  Töjv  ^EXXtjvcov  v7ieorj(faros  <fodaig  y.rtl  sy.XsXv fiivt]  xai  oyaiteo  xey.nXXioTtiouivrj 
s^IttjXov  TTOiTJar]  tö  aefivbv  xai  axißaqbv  xal  xijv  svs^yrjxixTjv  xütv  övoudxov  (podaiv. 
"EXXr]ves  yd^i  10  ßaotXev,  Xöyovs  ey^ovai  y.srovs  (oiSe)  aTCoSeitecov  evsoyijxr/covs, 
xal  avxT]  eaxlv  (^)  ' EXXrjVCOv  (fiXoaoffia,  Köyoiv  U'ö<fOs'    riieli  Sh  oi   Xöyois  yocbusS'a^ 

dXXh  (fcovaig  ueaxaig  xcov  i^nyior.  (Etwa  zur  Zeit  Diokletians.)  Gr.  u.  äg.  Namen 
durcheinander  in  einer  Familie:  OG.  II  698.  BGU.  I  302.  Oxy.  X  1282  usw. 
Parthenios:  Spiegelberg  ÄZ.  1914,  75.  Hieroglyphoi  von  Oxyrh.  Oxy.  VII  1029. 
Mischnamen:  Taax^dTtov  Oxy.  III  490.  Tay.dXXircTTos  Oxy.  VI  905.  Tsvdoxefus 
Möller  1.  c.  usw.  Namensänderung:  Wi.Chr.  52:  Eudaimon,  Sohn  des  PsoTs 
und  der  Tiathres,  will  sich  in  Zukunft  Eudaimon,  Sohn  des  Heron  und  der 
Didyme  nennen;  da  nach  Ausweis  der  Papyri  solche  Namen  im  allg.  keinen 
Volkston  mehr  besitzen.,  muß  Eudaimon  beabsichtigt  haben,  etwa  in  ein 
städtisches  Amt  oder  durch  Heirat  in  rein  hellenische  Kreise  aufzusteigen, 
die  allein  noch  feinhörig  in  solchen  Dingen  waren.  Hier  wird  auch  die  römi- 
sche Regierung,  die  ja  den  Begriff  der  „Hellenen"  betonte,  das  Volkstum  der 
Namen  geschützt  haben.  ÜbJigens  dürfte  auch  früher  staatliche  Genehmigung 
nötig  gewesen  sein.  Umnennen  =  uerovoud^eiv  BGU  IV  1139.  Eine  Sache 
für  sich  ist  die  Namensänderung  beim  Eintritt  in  Heer  oder  Flotte.  Der 
Gnomon  des  Idiologus  behandelt  auch  solche  Fälle.  Für  die  Unzuverlässigkeit 
der  Namen  vgl.  Tebt.  I  247  (ca.  112  a.  C),  wo  unter  der  Überschrift  'Eü.7]i'U)v 
yemQywv   5  äg.  Namen  folgen. 

Das  Christentum  bei  den  Ägyptern:  vgl.  Harnack,  Mission  u.  Ausbreitung  des 
Chr.  II  132ff.  (vgl.  Kap.  16).  Koptisch:  Steindorff,  Kopt.  Grammatik. 
Einige  ältere  Versuche,  dasÄgyptische  mit  griechischen  Buchstaben  zu  schreiben, 
waren  im  Sande  verlaufen.  Die  Übersetzung  gnostischer  Schriften  spricht 
für  eine  frühe  Entstehung  des  koptischen  Christentums  (Pistis  Sophia  u.  a.). 
Weltl.  Lit.  z.  B.  Kambyses-Erzählung  ed.  Möller,  Berl.  Kopt.  Urk.  I  31.  Die 
koptische  Literatur  erstreckt  sich  weit  ins  Mittelalter  hinein.  Der  Name  Kopten 
kommt  von  Aiyvnrioi  (heute  qobt,  qibt).  Die  ältesten  lit.  kopt.  Handschriften 
gehören  noch  ins  4.  Jh.  p.  C,  kopt.  Urkunden  erst  später.  Kopt.  Gruß  unter 
einem  gr.  Briefe  Wi.Chr.  53.  Das  Testament  des  Abraham  von  Hermonthis  (6.  Jh. 
p.  C.)  nach  mündlicher  Erklärung  des  Erblassers  in  koptischer  Sprache  griechisch 
aufgesetzt,  Mi.  Chr.  319.  Zur  Publ.  von  Erlassen  gr.  u.  kopt.  vgl.  Wilcken, 
Grundzüge  87/8.  Schenute:  vgl.  Leipoldt,  Schcnute  von  Atripe,  und  das  nächste 
Kap.  Zu  den  Großgrundbesitzern  der  byz.  Zeit  vgl.  Kap.  13.  Die  Kopten  nannten 
die  Hellenen  nach  altem  Sprachgebrauche,  der  weit  über  Alexander  hinauf- 
reicht, lonier,  und  diese  Bezeichnung  (junäni)  ist  noch  heute  für  das  ältere 
Griechisch  im  Gebrauche ;  dagegen  nennt  man  heute  in  Ägypten  das  byzantinische 
Griechisch  und  die  modernen  Griechen  rümi,  d.  h.  Rhomäer  =  'Pcouaioi,  weil 
die  Byzantiner  sich  so  nannten.   Das  Koptische  ist  etwa  im  17.  Jh.  ausgestorben. 


328  EINZELNES. 


Kopten  gibt  es  heute  vor  allem  in  den  Städten,  besonders  Assiut  in  Oberägypten; 
sie  sind  als  Beamte  und  Kaufleute  verbreitet.  Ihr  Christentum  (Kirchen  bes. 
in  Altkairo,  Klöster  bei  Ahmim  und  Suhäg)  ist  erstarrt. 
Griechen:  einen  Überblick  über  die  Herkunft  der  Einwanderer  gibt  die  Liste 
bei  Lesquier,  Les  Institutions  Militaires;  ferner  die  Indices  der  Ptol.  Pap. 
Über  die  polit.  Verbände  Kap.  IH.  Die  Soldatensiedlungen  im  Fajum  unter- 
scheiden sich  z.  T.  sogar  in  Anlage  und  Bauweise  von  den  Fellachendörfern. 
Für  die  Makedonen  fehlt  eine  Bearbeitung.  Vgl.  Plaumann,  Klio  XIII  1. 
Mischung  anschaulich  in  den  Sarapeumspapyri,  die  Wilcken  in  den  Urkunden 
der  Ptolemäerzeit  neu  herausgeben  und  erläutern  wird;  einstweilen  vgl.  P.  Torin, 
P.  Paris,  P.  Lond.  I,  ferner  Sethes  und  Wilckens  Arbeiten  über  die  KÜToxot 
{siehe  Kap.  IG).  Äg.  Namen  in  alex.  Bürgerfamilien:  Wi.  Chr.  144  (-Jacßä^iov, 
BOU.  IV  1109  OtoftovS-doior.  Amnestie  Euergetes  II:  Tebt.  I  5.  Ohne  eine 
deutliche  Abgrenzung  der  Hellenen  würde  die  Verordnung  Euerg.  II 
über  das  Gerichtswesen  in  der  Luft  schweben.  Connubium  mit  den  Ägyptern: 
Wi.  Chr.  '27:  Antinoupolis  hat  es  im  Gegensatze  zu  Naukratis  und  vergibt  damit 
seinem  Hellenentume  viel.  Strafen  auf  Mischehe  im  Gnomon  des  Idiologus. 
Größere  Hellenensiedlungen  in  Alexandreia,  Naukratis,  Delta,  Arsinoites, 
Antinoupolis,  Ptolemais,  Thebais;  die  Hellenen  in  der  Thebais  umfaßten 
außer  Ptolemais  auch  die  in  Apollinopolis  Magna  (?),  Ombos,  Syene;  die  im 
Delta  außer  Naukratis  auch  die  in  Tanis,  Paraitonion,  PeUision  (?)  usw.  Zum 
Gymnasien  vgl.  Kap.  17.  Griech.  Lit.  Papyri  Kap.  4— 10;  ihre  Beziehung 
zur  Bevölkerung  Kap.  17.  Wandlung  des  Griechischen,  ohne  ägyptischen  Ein- 
fluß, vgl.  Kap.  11,  namentlich  über  den  byzantinischen  Stil.  Zahl  derG  riechen: 
zur  Zeit  des  Augustus  hat  Alexandreia  .SOOÜÜO  Freie,  also  sicher  nicht  so  viel 
echte  Hellenen.  Die  647.5  Hellenen  im  Arsinoites  (Plaumann.  Arch.  f.  Pap.  VI  176) 
zeigen,  daß  man  streng  abgrenzte,  die  Zahl  aber  gering  war.  Greifen  wir  hoch, 
so  werden  die  echten  Hellenen  insgesamt  100000  schwerlich  überschritten  haben. 
Vgl.  -luch  meine  Schätzung  der  aLx.  Bürgerschaft  Are';,  f.  P.  V  126. 
Römer.  Ein  T^eßios  uovoyQdfo^  Petr.  II  82,  2a,  3  Jh.  a.  C;  freilich  ist  einr 
äg.  Notar  solchen  Namens  sehr  befremdlich.  Atiy.ioi  (-JoaavÄd/ov  tmv  'EvSiov 
Ende  3.  Jh.  a.  C.  'A:ioUo(/drrig  nonkiov  Tebt.  I  85  u.  a.  Die  Besuche  römi- 
scher Senatoren,  Wi.  Chr.  3,  spielen  keine  Rolle  hierfür.  Über  das  Eindringen 
der  Römer  vgl.  Stein,  Untersuch,  zur  Gesch.  u.  Verwaltung  Äg.  unter  röm. 
Herrschaft,  Stuttgart  1915.  Ferner  Plutarch,  Antonius.  Römer  in  Alexandreia: 
die  a'ex.  Urk.  in  BGU.  IV,  Zeit  des  Augustus.  Darüber  Schubart,  Arch.  f.  P. 
V  115;  derselbe,  Preuß-Jahrb.  1909,  498.  Über  die  Senatoren,  die  Ägypten  be- 
treten haben,  Stein,  1.  c.  Romanisierte  Griechen,  z.  B.  Füios  'lovhos 
Jioysvrjs  Wi.  Chr.  175  (201  p.  C).  Fdios  Mdnxios  'AttIcov  Oxy.  IV  727  (154  p.  C). 
Fdios  Uovlios   0ihos  BGU.  IV  passim  (Z.  d.  Aug,  Alex.),   l'dios  Aoyyiros  KdaratQ- 

Mi.  Chr.  316  (Ende  2.  Jh.  p.  C.)  usw.  Volle  Form:  Aovy.tos'Ofslhog  Aovaiov 
[OiJfeTeira  Ai^&[i]oTco^  Mi.  Chr.  221  (95  p.  C).  Frauen  'lovUa 
Eväaitiovii  BGU.  I  240  (167  p.  C.)  u.  a.  Daneben  Latiner  wie  der  Flotten- 
soldat \\7ticov,  der  'AvTwvn;  Md^i/uoj  heißt,  Wi.  Chr.  480.  Die  Formen  auf  is 
sind  in  Äg.  gang  und  gäbe.  Echte  Römer  z.  B.  Tta^ä  Afonciov  nofincorlojv 
Aovxiov  vio[v  Tovjfov  fvXfjg  IJol/.iu  Mi.  Chr.  169  (14  a.  C.  Alex.).  Grab- 
steine Arch.  f.  P.  II  564/5  usw.  Latein  klingt  durch  in  den  Briefen  des  Gemellus 
Fay.  Towns  llOff.   Die  Veteranen  scheinen  auf  dem  Lande  als  dörfliche  Grund- 


EINZELNES.  329 


besitzet  neben  den  Alexandrinern  eine  beträchtliche  Rolle  gespielt  zu  haben. 
Lateinische  Rufnamen,  deren  Träger  jedenfalls  nicht  cives  F^.  waren: 
z.   B.  <I>äßioi   Dorfschreiber    von    Soknopaiu    Nesos   212   p.  C.  BGU.   I  145. 

AibyyiDf     (sie)    >^"'      flruÄeffalO';      y.al     IJanti^iOs      yo(afifiateli)      aiio).(6yo)v)    von 

Neiiupolis,  179  p.  C.  BGU.  I  67.  Inifo  ßa(iuhy.(ö)  yoa(i.iuaxti)  86  p.  C.  Oxy. 
VII  1028.  'lovaroi  naßovtos  2/3.  Jh.  p.  C.  BGU.  1  145.  'lovhoi  HeD-tMg 
109  p.c.  Mi.  Chr.  163.  Owvc^  <P/.d}fjov  svzajiaaTijs  2.  Jh.  p.  C.  Oxy.  III  476. 
(pavoTOi  y.dViiooi  y.ai  Xiuota^  {'i  Eseltreiber)  322  p.  C.  Wi.  Chr.  437.  Kooiijhos 
naycvaioi  200  p.  C.  Wi.  Chr.  361.  Oxy.  II  249.  Wi.  Chr.  398.  Oxy.  MI  508. 
IV  728  u.  a.  Weiteres  siehe  unten.  Über  lat.  Papyri  Stein  1.  c,  lit.  Texte 
Kap.  4  und  10.  Lat.  Lehnwörter  im  Griechischen  siehe  Kap.  11.  Sie 
beweisen  den  Einfluß  römischer  Industrie  und  römischen  Handwerks.  Über 
den  Vorstoß  des  Lateins  im  4.  Jh.  p.  C.  siehe  Stein,  auch  Kap.  10  und  11. 
Die  Byzantiner  nannten  sich  Römer,  ebenso  jedenfalls  die  romanlsierten 
Griechen  Ägyptens,  daher  noch  heute  der  Grieche  in  Ägypten  rümi  heißt. 
Juden.  Im  allg.  Schürer,  Gesch.  d.  jüd. Volkes  im  Zeitalter  Jesu  Christi  4.  Aufl. 
Lpzg.  1909;  über  die  Juden  in  Äg.  bes.  Bd.  III,  24ff.  Die  jüdische  Kolonie 
auf  Elefantine:  zwei  große  Papyrusfunde,  publiziert  von  Ed.  Sachau,  Aram. 
Papyri  und  Ostraka,  Leipzig  1911  und  von  Sayce  Cuwiey,  Aramaic  Papyri, 
London  1906.  Kleine  Ausgabe:  Ungnad,  Aram. Pap.  aus  Elephantine  Lpzg.  1911. 
Geschichtl.  Würdigung:  Ed.  Meyer,  Der  Papyrusfund  von  Elefantine,  Lpzg.  1912. 
Amtl.  Urkunden,  vornehmlich  die  Beschwerde  der  Juden  über  die  Zerstörung 
ihres  Tempels  411  a.  C,  und  eine  große  Tempelsteuerliste,  dazu  eine  Menge 
Privaturkunden  lassen  eine  jüd.  Militärkolonie  erkennen,  deren  Begründung 
vor  das  Exil  fällt;  sie  hat  einen  Tempel  und  verehrt  neben  Jahn  die  Göttinnen 
Aschima  imd  Anat.  Juden  in  Memphis  und  anderwärts:  Ed.  Meyer,  1.  c.  33 
und  Lidzbarski,  Phöniz.  u.  aram.  Krugaufschrilten  aus  Eleph..  Abh.  Berl. 
Ak.  1912.  Von  Juden  und  Judentum  spricht  man  richtiger  Weise  erst  von  der 
Wiedergründung  der  Gemeinde  in  Jerusalem  an  (Ezra  und  Nehemia).  Über 
die  ägyptische  Judenschaft  in  griech.  Zeit  handelt  Wilcken  ausführlich 
in  den  Grundzügen.  Vgl.  die  entsprechenden  Texte  in  der  Chrest.,  ferner  Mi. 
Chr.  21,  Prozeß  Dositheos-Herakleia,  3.  Jh.  a.  C,  Magdola  35,  5.  Hibeh  96. 
Eigentümlich  ist  P.  Hamburg  2  (59  p.  C),  wo  die  Juden  sich  bezeichnen  als 

'JoiSiiloi   JJsoaai  rfjg  STttyopfjs  libv  [äjTTÖ  Üvqcov    -/.miii^,.       Vgl.    BGU.     IV    1134. 

Arch.  f.  Pap.  V  119  Anm.  2.  Demnach  scheint  ein  Jude  zugleich  Perser  sein 
zu  können  vermöge  der  Annahme  einer  zweiten  Nationalität,  die  bei  den 
Griechen  häufig  ist,  so  daß  man  Bürger  verschiedener  Gemeinden  gleichzeitig 
sein  kann.  Ob  etwa  unter  den  auffällig  zahlreichen  lltooai  ifjü  tTTiyoffß 
in  den  alex.  Urkunden  sich  Juden  befinden?  Die  Liste  der  Wein- und  Gartenland- 
besitzer von  Theadelphia  im  Fajum  (unpubl.  Berl.  Pap.)  nennt  zwischen  grie- 
chischen und  römischen  Namen  -auMd-ior  fj  y.ai  "Podov^  und  laußdd-iov 
Jioöcöoor,  also  wohl  zwei  Jüdinnen  (2.  Jh.  p.  C).  Zum  Verhältnis  der  Juden 
zu  den  Makedonen  siehe  Wilcken,  Grundzüge  63.  Zum  Tempel  in  Leonto- 
polis  vgl.  Ed.  Meyer  1.  c.  36  Anm.  1.  Synagogen  bekannt  in  Schedia,  Athribis, 
Arsinoe,  Alexandreia,  Xenephyris,  später  auch  Oxyrhynchos  vgl.  Oxy.  IX 
1205  (291  p.  C).  Zeugnisse  für  die  Verbreitung  der  Juden:  Schürer  1.  c; 
jüdische  Weihinschriften  z.  B.  de  Ricci,  Arch.  f.  P.  II  562.  OG.  I  73.  Lepsius, 
Denkm.  XIII  p.  81  usw.    Inschrift  von  Hermupolis,  Catalogue  General  du  Musee 


330  EINZELNES. 


du  Caire  XVIII  25  enthält  zahlr.  jüd.  Namen;  zu  ihrer  Erklärung:  Fränkel, 
Arch.  f.  P.  IV  169.  Ferner  Wilcken,  Ostr.  I  523.  P.  Magd.  3.  P.  Lond. 
II  p.  10.  Arch.  f.  P.  I  173  u.  a.  Mischung  mitÄgyptern  macht  der  unpubl. 
Berl.  P.  11641  (2.  Jh.  a.  C.)  wahrscheinlich:  Eaßßaraios  "L'pov  und  sein  Sohn 
röjv  änö  EvQiov  ncb^tjs  ^lovöaioi  (Abb.  2).  Verhältnis  zu  den  Ptole- 
mäern:  Weihungen  an  Synagogen  OG.  I  129,  wo  die  Verleihung  des  Asyirechts, 
die  von  Euergetes  I.  herrührt,  durch  Zenobia  und  Vaballathos  erneuert  wird; 
OG.  I  96.  101.  II  726.  742.  Gemeinde  in  Aiexandreia:  sie  sind  nicht 
Bürger,  Wi.  Chr.  58.  Es  gibt  ein  besonderes  'loiSaiy.dv  d^/ßZov  (Notariat) 
BGU.  IV  1151;  im  übrigen  Schürer.  Vgl.  auch  W.  Weber,  Hermes  50,  47ff., 
bes.  61  ff.  Die  Bedeutung  der  alex.  Gemeinde  spiegelt  sich  auch  in  der  Flucht 
Josephs  und  Marias  nach  Ägypten,  unbeschadet  andrer  Gründe  der  Legende. 
Ob  in  Alex,  ein  richtiges  Ghetto  bestand,  scheint  nach  den  alex.  Urkunden 
(Arch.  f.  Pap.  V)  etwas  zweifelhaft.  Jüdisch-hellenische  Namen  sollten 
gesammelt  und  bearbeitet  werden.  Übrigens  ist  der  Name  Jesus  mehrfach 
belegt:  Oxy.  IV  816.  Plaumann,  Arch.  f.  P.  VI  220.  Septuaginta:  Schürer. 
Brief  des  Aristeas  ed.  Wendland.  Die  Sprüche  des  Jesus  Sirach  erst  nach  116  a.  C. 
in  Übersetzung  abgeschlossen:  Wilcken,  Arch.  f.  P.  III  321.  Jüdisch-grie- 
chische Literatur:  Stearns,  Fragments  from  Graeco-Jewish  Writers,  Chicago 
1908.  Reiche  alex.  Juden  der  Kaiserzeit:  Joseph.  XX  100.  Zu  Tib.  Julius 
Alexandros  vgl.  OG.  II  669.  Judensteuer,  'lovSaieov  rüeafia  Wi.  Chr.  64. 
P.  M.  Meyer,  Griech,  Texte  aus  Äg.  149 ff.  Antisemitismus:  Wilcken, 
Zum  Alexandr.  Antisemitismus  (Kgl-  Sachs.  Ges.  d.  Wiss.  phil.-hist.  KL  XXVII 
783ff.  Leipzig  1909).  Die  Juden  dröaioi  Wi.  Chr.  16.  18.  Oxy.  X  1242. 
Jüdisches  Oeschäftstreiben  Wi.  Chr.  60.  Im  Allg.  vgl.  Josephus  contra  Apionem. 
Späte  Erwähnungen  der  Juden  z.  B.  Oxy.  IX  1205  (291  p.  C);  Synagoge  OG. 
I  129  Zenobia.  Ihr  Verhältnis  zum  Christentum:  Harnack,  Die  Mission 
u.  Ausbreitung  des  Chr.  II  133.  Samaritaner:  Schürer;  Glaue-Rahlfs,  Nachr. 
Gott.  Ges.  d.  Wiss.  1911,  167ff.  (Handschrift  des  6.  Jh.  p.  C.!). 
Thraker,  Galater,  Perser:  sowohl  Papyri  und  Inschriften  wie  Polybios. 
IIsQoai  Tfji  BTiiyovris  häufig  in  den  alex.  Urkunden,  vgl.  Arch.  f.  P.  V  112  und 
Mitteis,  Grundzüge  46.  Sie  begegnen  auch  noch  längere  Zeit  unter  den  Kaisern, 
während  die  übrigen  Völkernamen  verschwinden.  Die  Pehlevi-Urkunden  ge- 
hören nicht  ihnen,  sondern  den  Neupersern,  die  Ägypten  von  619—629  p.  C. 
beherrschten.    Zu  Idumäern,    Syrern,   Arabern  vgl.  Schürer.     In  Arsinoe 

gab   es    Quartiere  Bid'vviUv    akXcov    tönmv,    O^aYÖn;    'Agäßcov,    Kikixcov_   Ävxicov, 

in  Oxyrh.  eine  Avxhoi'  Ua^sfißol)].  Beduinen:  Mi.  Chr.  263:  am  Westrande 
des  Deltas  halten  sich  noch  heute  solche  Nomaden  auf,  ebenso  am  Rande 
des  Fajum.  Trogodyten  öfters  z.  B.  Theb.  Akt.  9.  Oxy.  VIII  1102.  Nubier 
BGU.  III  795ff.  Dalmatiner  Oxy.  XII  1513.  Kleinasiatischer  Kult: 
Giss.  99.  Man  vergleiche  die  Typen  bei  W.  Weber,  Die  ägyptisch-griechischen 
Terrakotten,  Berlin  1914.  Blemyer  und  Germanen  siehe  Kap  12,  ferner 
Amtl.  Ber.  aus  d.  Kg'.  Kunstslg.  1917,  328  (Balovßov^y).  Mischung  der 
Elemente  bezeugen  Ausdrücke  wie  UeQaaiyijTCTioi  Hibeh  I  70  b,  vgl.  als 
Beispiel  aus  Syrien  die  ywT]  'EXlrjvls  EvQOfoivrAaaa  Ev.  Marc.  7,  24ff. 
Alle  Nationalitätsbezeichnungen  sind  mit  Vorsicht  zu  behandeln,  ist  doch 
Wechsel  der  Nationalität  bezeugt:  der  Makedone  Asklepiades  wird  Kreter 
Wi.  Chr.  448,   2.  Jh.  a.  C;  hierzu   Kap.  13. 


DIE   PERSONENNAMEN. 331 

Anhang:  Die  Personennamen.  Obwohl  die  Namen  mehrfach  gestreift  worden 
sind,  scheint  eine  Zusammenfassung  nützlich.  Für  die  Abgrenzung  der  Be- 
völkerungsgruppen wie  für  ihre  Durchdringung  würde  eine  genaue  Untersuchung, 
an  der  es  noch  mangelt,  den  reichsten  Ertrag  liefern.  Sie  müßte  alles  Material 
aus  den  Papyri  und  den  Inschriften  verarbeiten  und  auch  die  literarisch  über- 
lieferten Namen  berücksichtigen.  Sowohl  Ortsnamen  und  Straßennamen  wie 
Personennamen  kommen  in  Betracht,  und  bei  beiden  ist  die  Zeit,  aus  der  sie 
belegt  sind,  genau  zu  beachten.  Ortsnamen  fordern  beständig  Rücksicht 
auf  die  altägyptisch  überlieferten,  freilich  längst  nicht  so  zahlreich  bekannten 
Namen,  wofür  die  Papyri  vor  allem  einen  großen  und  in  den  Registern  z.  T. 
schon  etwas  geordneten  Stoff  bieten.  Zusammenstellungen  wie  Grenfell  und 
Hunt  sie  Tebt.  II  für  die  Orte  des  Fajum  geben,  können  ein  Vorbild  sein.  Was 
die  Quellen  für  die  Bevölkerung  des  Ortes  im  Laufe  der  Jahrhunderte  lehren, 
müßte  außerdem  sorgsam  geprüft  werden.  Die  arabische  Zeit  könnte  zunächst 
bei  Seite  bleiben,  so  wertvolle  Ergebnisse  sie  auch  liefert,  da  die  große  Um- 
wandlung der  Namen,  die  sich  in  ihr  vollzieht,  über  die  Ergebnisse  der  Papyri 
weit  hinausreicht. 
Bei  den  Personennamen')   haben  wir  es  mit  folgenden   Gruppen  zu  tun: 

1.  Ägyptische  Namen,  der  Zahl  nach  den  griechischen  etwa  gleich,  belegt 
durch  Inschriften,  griechische  und  demotische  Papyri,  erscheinen  überwiegend 
in  griechischer  Schreibung,  die  aber  in  der  Regel  den  Lautbestand  getreu  und 
so  einheitlich  wiedergibt,  daß  man  eine  gewisse  amtliche  Regelung  in  ptol. 
Zeit  vermuten  darf.  Meistens  treten  sie  mit  griechischer  Endung  und  insofern 
hellenisiert  auf;  endungslos,  also  als  völlige  Fremdnamen,  in  ptol.  und  Kaiserzeit 
selten,  häufiger  erst  in  byz.  Zeit  und  in  kopt.  Papyri.  Die  sehr  zahlreichen  Ab- 
leitungen von  Götternamen  sind  für  die  Verbreitung  der  Kulte,  namentlich  der 
späten  Volksgötter,  von  hohem  Werte.  Griechisch-äg.  Mischbildungen,  besonders 
mit  dem  weiblichen  Präfix  ta  vor  griechischen  Männernamen,  z.  B.  Tastraton, 
Taepimachos,  Taektoris  (von  Hektor);  bei  gr.  Männer-  und  Weibernamen 
durch  then  und  sen  (Tochter)  z.  B.  Sensoter,  Senachillas,  Thenherakleia:  durch 
psen  (Sohn)  z.  B.  Psenartemis.  Der  ägyptische  Personenname  ist  männlich 
wie  weiblich  selbständiger  Einzelname,  nur  durch  den  Namen  des  Vaters,  der 
Mutter  oder  weiterer  Vorfahren  näher  bestimmbar. 

2.  Griechische  Namen,  (vgl.  Fick-Bechtel,  Griech.  Personennamen^)  gleich- 
falls bei  Männern  und  Weibern  selbständige  Einzelnamen.  Der  Namenschatz 
des  hellenistischen  Ägyptens  deckt  sich  nur  teilweise  mit  dem  gleichzeitiiren 
Bestände  in  andern  Gebieten  des  östlichen  Hellenismus;  er  ist  z.  T.  althelle- 
nisches Gut,  bemerkbar  besonders  in  echt  hellenischen  Gemeinden  wie  Alexan- 
dreia  und  Ptolemais,  z.  T.  hellenistischen  Ursprungs.  Ableitungen  von  Götter- 
namen, wichtig  für  den  Kult  sowohl  in  älterer  wie  in  hellenistischer  Zeit,  stehen 
im  Vordergrunde,  namentlich  von  Apollon,  Artemis,  Aphrodite,  Askicpios, 
Demeter,  Dionysos,  Herakles,  Hermes  und  den  Dioskuren.  Daneben  vom  Gottes- 
namen an  sich  wie  Theon,  Dositheos,  Theodotos  u.  a.  Zu  den  griechischen 
Namen  sind  auch  die  Ableitungen  von  den  aus  der  ägyptischen  Religion  über- 
nommenen Göttern  zu  rechnen,  sei  es  daß  sie  durch  Gleichung  mit  griechischen 


')  Vgl.  Spiegelberg,  Äg.  u.  Griech.  Eigennamen.     Leipzig  1901.     Crönert,  Stud. 
zur  Palaeogr.  u.  Papyruskunde   II,  3 ff. 


332  DIE    PERSONENNAMEN. 

Göttern  oder  als  Weltgötter  hellenisiert  worden  sind.  Daher  gehören  Isidoros, 
Sarapion,  Ammonios,  Apion  und  verwandte  nebst  den  Weiberformen  und  im 
allgemeinen  auch  Horos,  Horigenes,  Anubion  u.  a.  hierher.  In  gebildeten  Kreisen 
entnahm  man  der  Literatur,  zumal  dem  Homer,  aber  auch  dem  allgemeinen 
hellenischen  Bildungsstoffe  Namen  wie  Achilleus,  Hcktor,  Priamos,  Glaukos 
Memnon,  Helene,  Semele,  Musa,  Pindaros,  Aischylos,  Harmodios  usw.  Lite- 
rarische Namen  und  solche  besonderer  Bedeutung  wählte  man  mit  Vorliebe 
für  Sklavenkinder:  Euporos,  Philargyros,  Holokottinos,  Epitynchanon,  Elpi- 
dephoros,  Abaskantos,  Kosmos,  Nomimos,  Drapetion,  Syntrophos,  Threptos 
und  viele  andere.  Die  ./edenden"  weiblichen  Namen  wie  z.B.Plusia,Agalmation, 
Soteria,  Euphrosyne,  Philemation,  Thallusa,  Erotarion,  Melainis,  Chrysis, 
Stolis,  Paramone,  Apate  berühren  sich  mit  den  Kosenamen  für  kleine  Mädchen, 
die  wohl  allgemein  verbreitet  waren,  aber  nur  an  Sklavinnen,  Hetären  und  der- 
gleichen haften  blieben,  auch  wenn  sie  erwachsen  wurden.  Auf  die  Namen, 
die  dem  ptolemäischen  Königshause  entnommen  werden,  weit  überwiegend 
Ptolemaios  selbst,  sowie  die  aus  dem  Kreise  Alexanders  und  der  Diadochen, 
ferner  die  makedonischen  Namen  und  endlich  Namen  nach  Ländern,  Städten, 
Flüssen  (Asia,  Syros  Aigyptos,  Galates,  Sarmates,  Indike,  Kanopos,  lalyos, 
Elephantine,  Nilos.  Euphrates  u.  a.  m.)  kann  ich  nur  hinweisen.  Dialektische 
Formen  fehlen  beinahe  ganz. 

3.  Namen  anderen  Volkstums.  Semitische,  insbesondere  jüdische  Namen 
sind  häufig  und  scheinen  sich  über  die  Grenzen  der  zahlreichen  Judenschaft 
Ägyptens  hinaus  verbreitet  zu  haben.  Andrerseits  haben  sich  die  hellenistischen 
Juden  griechischer  Namen  bedient  und  sich  einige  so  angeeignet,  daß  z.  B. 
Dositheos,  Theodotos  und  manche  andre  fast  als  Kennzeichen  eines  Juden 
gelten  dürfen.  Die  arabischen  Namen  als  ein  geschichtlich  abgrenzbares 
Sondergebiet  lasse  ich  bei  Seite.  Splitter  aller  möglichen  Völker  Europas, 
Asiens  und  Afrikas  verraten  sich  durch  thrakische,  illyrische,  galatische,  ger- 
manische, dalmatinische,  persische,  nubische  Namen  und  viele  andre,  die  noch 
nicht  bestimmt  worden  sind. 

4.  Die  römischen  Namen,  vereinzelt  schon  in  ptol  Zeit,  in  Menge  erst  nach 
der  Eroberung  eindringend,  stehen  mit  ihrer  dreigliedrigen  Nomenklatur 
(praenomen,  gentile,  cognomen)  den  ägyptischen  und  griechischen  Einzelnamen 
gegenüber;  das  Weib  hat  keinen  Eigennamen,  nur  den  Familiennamen.  Mit 
der  Verbreitung  des  römischen  Bürgerrechts  unter  Griechen  ergab  sich,  daß  der 
griechische  Geburtsname  cognomen  wurde;  das  gentile  entnahm  man  etwa  dem 
Kaiser,  der  das  Bürgerrecht  verlieh,  in  Massen  seit  der  constitutio  Caracallas, 
die  zahllose  Aurelii  schuf,  oder  dem  Präfekten,  der  es  vermittelte  oder  anderen 
römischen  Gönnern;  auch  Freilassung  spielt  eine  beträchtliche  Rolle.  Beispiele 
sind  sehr  zahlreich,  namentlich  seitdem  im  2.  Jh.  p  C.  die  römische  Besatzung 
hauptsächlich  aus  Ägyptens  Hellenen  und  hellenisierten  Schichten  ergänzt 
wurde  (C.  Julius  Philios,  C.  Julius  Ammonios,  Ti.  Claudius  Eurythmos,  C. 
Petronius  Phiioxenos,  P.  Vettiu^  Diogenes  usw.);  volle  römi  che  Namensbe- 
zeichnung mit  der  Tribus  begegnet  selten  (^1.  nottrrüvio^  Aovniov  vid>:  'Povfos 

(pvXfjg  f[oXkia;  F.  'lovXios  'AXei,ai'5Qos  vibs  Faiov  ^lovXiov  Eovßov^di'a  Aöyyov 
fir]T<jös  Nixrjs;  A.  'Ofek/.ios  Aovxiov  Ov(ftzeiia  'Aid'taziog).  Die  Weiber  erhielten 
ein  römisches  gentile,  dem  sie  als  cognomen  ihren  griechischen  Geburlsnamen 
anfügten  (Julia  Kallinis,  Claudia  Isidora,  Aelia  Eirene),  so  daß  sie  abweichend 


DIE   PERSONENNAMEN.  333 

von  römischer  Strenge  von  vornherein  zwei  Namen  führten..  Aber  im  Laufe  der 
Kaiserzeit  löste  sich  die  feste  römische  Nomenklatur  auf,  besonders,  jedoch  nicht 
allein  im  hellenistischen  Orient;  die  griechischen  Träger  römischer  Bürger- 
namen und  die  griechischen  Schreiber  hatten  zu  wenig  Verständnis  dafür,  um 
sie  zu  wahren.  Der  Unterschied  von  praenomen,  gentile  und  cognomen  ver- 
wischt sich,  römische  und  griechische  Namen  gehen  neue,  zweigliedrige  Ver- 
bindungen ein,  bei  denen  man  allerdings  oft  zweifeln  kann,  ob  nur  Nachlässig- 
keit oder  wirklich  veränderte  Namengebung  vorliegt.  Aber  römische  Namen 
wie  C.  Lucius  üemellus,  Aurelius  Caius,  Vibius  Publius  lehren,  daß  Bildungen 
wie  Lucius  Hermias  nicht  zu  beanstanden  sind,  sogar  nicht  die  Umkehrung 
des  ursprünglichen  Verhältnisses  in  Heron  Aper,  Isidoros  Tiberinus  und  der- 
gleichen. Schon  früh  werden  im  Gebrauche  des  Volkes  die  römischen  Namen 
aller  drei  Stufen  samt  ihren  römischen  und  griechischen  Weiterbildungen  Einzel- 
namen wie  die  griechischen  und  ägyptischen  und  gehen  wohl  durch  Vermitt- 
lung der  zahlreichen  kleinen  italischen  Geschäftsleute  und  der  nur  ganz  ober- 
flächlich romanisierten  Veteranen  in  den  allgemeinen  Namenschatz  des  helle- 
nistischen Ägyptens  über. 

5.  Christliche  Namen  sind  im  Zusammenhange  mit  den  Namen  der  byzan- 
tinischen Zeit,  die  sich  nicht  unwesentlich  auch  hierin  von  der  Kaiserzeit  scheidet, 
zu  untersuchen.  Die  beliebten  Nam.en  der  Heiligen  und  Märtyrer  werden  als 
solche  oft  nicht  kenntlich,  weil  sie  gut  griechisch  oder  römisch  sind.     Erst  im 

5.  Jh.  p.  C.  etwa  häufen  sich  die  biblischen  Namen,  dazu  eine  Reihe  an  sich 
nicht  christlich  geprägter  Namen  byzantinischer  Zeit,  die  fast  durchweg  von 
Christen  getragen  geradezu  ih  Merkmal  werden  wie  Georgios,  Eulogios,  Menas, 
Gennadios  usw.;  zumal  Theodosios  scheint  christlicher  Ersatz  für  die  jüdisch 
gewordenen  Theodotos  und  Dositheos  zu  sein. 

6.  Doppelnamen  begegnen  in  ptol.  Zeit  noch  nicht  häufig  und  scheinen  hier 
aus  dem  noch  lebendigen  Bewußtsein  für  das  Volkstum  der  Namen  hervorzu- 
gehen: Ägypter  suchen  sich  durch  einen  griechischen  Namen  ein  griechisches 
Ansehen  zu  geben,  aber  auch  Griechen  verfahren  umgekehrt  {MäoMv ^lopvaiov 
-ÖS  fjv NsieraoKfd-is ITeToaiQios  Tebt.  I  (IIa.  118/7  a.  C);  vgl.  u  a.  die  Familie  des 
Paus  (Wiss.  Ges.  Straßb.  1.3).  Lehrrreich  ist  der  syrische  Sklave  Hermon, 
Bs  y.fü  IStiloi  xalkizai-^  er  hat  den  Namen  wohl  in  Ägypten  erhalten  (Paris  l<i)- 
In  der  Kaiserzeit  werden  die  Doppelnamen  eine  weit  verbreitete  griechische 
Sitte,  von  der  sich  die  echten  Ägypter  ziemlich  fern  halten.  Nur  selten  noch 
werden  Namen  verschiedener  Sprachen  bewußt  verbunden;  gewöhnlich  wählt 
man  aus  dem  Gute  ägyptischer,  griechischer  und  römischer  Namen  beliebig 
zwei  beziehungslose  Namen,  bei  Frauen  kaum  seltener  als  bei  Männern,  z.  B. 
Didymos-Tyrannos,  Vegetus-Sarapion,  Theoninos-Aphynchis,  Longinia- 
Thermutharion,  Taposiris-Amazonion,  Didyme-Matrona  usw.  Die  Sprachform: 
&Kav  o  y.ai  (-Jcävis,  Jioysvls  fj  y.ai  'Ifouy.leiu,  neben  welcher  uvx'y  ov  selten  ist, 
erweist  beide  Namen  als  gleichen  Gewichts  (vgl.  die  Demos-  und  Phylen- 
bezeichnung  in  Alexandreia  und  Antinoupolis);  wahrscheinlich  suchte  man, 
nicht  ohne  Einfluß  der  römischen  Mehrnamigkeit,  die  Person  genauer  zu  be- 
stimmen und  tat  damit  einen  Schritt  über  den  Einzelnamen  hinaus.  Die  Be- 
stimmung durch  die  Namen  des  Vaters,  Großvaters  und  der  Mutter  mochte 
schwerfällig  erscheinen. 

7.  Der  Beiname,  angeknüpft  durch  ejiiy.'/.r^v  oder  smy.aloij/isvos,  berührt  sich 


334 DIE   PERSONENNAMEN. 

mit  dem  Doppelnamen,  wenn  gewöhnliche  Namen  verbunden  werden  (Ptolemaios- 
Archelaos  u.  dgl.),  ohne  ihm  zu  gleichen,  wie  Ne/neouabs  ö  xal ' A^pnox^arion' 
eTtiy.aloiiutvoi  Jioiy.ooof  dartut;  dagegen  mit  dem  Spitznamen,  wo  er  sinnvoll 
ist,  gleichviel  ob  er  Herkunft,  Gewerbe,  körperliche  oder  geistige  Eigenheiten 
bezeichnet  (Petesuchos-Krambe,  Nemesäs-Luterion,  Satabus-Lachanopoles, 
Herakleides-Kerkesucheites  usw.).  Die  Verbreitung  der  Spitznamen  in 
Alexandreia  ist  bekannt,  vgl.  Lumbroso,  Arch.  f.  P.  IV,  (37.  Der  Beiname 
scheint  eine  der  Wurzeln  des  Familiennamens  geworden  zu  sein. 

8.  Kurznamen  und  Kosenamen  waren  sehr  beliebt;  häufig  sind  männliche 
Formen  auf  äs  (Asklepiades-Askläs),  weibliche  auf  us  (Aphrodisia-Aphrodfis)  und 
arion  (Ammonarion).  Auch  lateinische  Namen  werden  davon  ergriffen,  und  an 
die  Kurznamen  schließen  sich  Wucherungen  an  (Antonius-Antonäs,  Lukios- 
Lukäs,  Askläs-Asklatäs-Asklatarion,  Akusilaos-Aküs-Akusarion  und  Akusö, 
Lukillos-Lukilläs).  In  byzantinischen  Papyri  taucht  bereits  die  Endung  «»«» 
auf,  die  sich  bis  auf  den  heutigen  Tag  erhalten  hat.  Auch  diese  unendlich  oft 
begegnenden  Erscheinungen  verdienen  eine  Untersuchung. 

9.  Beispiele  für  die  allgemeine  Mischung  der  Namen:  eine  unveröffentlichte 
Liste  der  Kopfsteuerzahler  aus  Theadelphia,  etwa  um  die  Mitte  des  2.  Jh.  p.  C, 
gibt  über  400  Namen  mit  Angabe  von  Vater,  Großvater  und  Mutter,  darunter 
Orseus  V.  Petheus  Gr.  Aphrodisios  M.  Takoüäs  /  Herakles  V.  Chairäs  Gr.  Heron 
M.  Tamaron  /  Apoleius  V.  Akusilaos  Gr.  Apuleius  M.  Tapontös  /  Satabus 
V.  Anchorimphis  Gr.  Anchorimphis  M.  Heraklüs  /  Heräs  V.  Onnophris  Gr. 
Heras  M.  Soeris  /  Petheus  V.  Deios  Gr.  Herakleios  M.  Soteris  /  Heron  V.  Orsenu- 
phis  Gr.  Apollonios  M.  Heraklüs  /  Heron  V.  Heron  Gr.  Heron  M.  Tamelles  / 
Petesuchos  V.  Lykos  Gr.  Didymos  M.  Thaesis  /  Gaion  V.  Glaukias  Gr.  Mystes 
M.  Thenapynchis.  Zahlreiche  andre  Beispiele  völliger  Mischung  ägyptischer, 
griechischer  und  lateinischer  Einzelnamen  sind  in  den  Papyri  leicht  zu  finden. 


XVI.  DIE  RELIGION. 

Die  Beziehung  der  einheimischen  Ägypter  zu  den  einwandernden 
Hellenen  und  zu  dem  nunmehr  herrschenden  hellenischenKönig- 
tume  prägt  sich  besonders  wirksam  in  der  Religion  aus.  Freilich 
was  sich  berührt,  sind  nicht  Religionen  im  heutigen  Sinne,  sondern 
die  Menschen,  die  bestimmten  Göttern  dienen,  und  die  Götter, 
die  an  bestimmten  Orten  von  ihren  Gemeinden  verehrt  werden. 
Der  Gedanke  der  Weltreligion  liegt  noch  fern,  und  auch  die  Reli- 
gion des  einzelnen  Volkes  ist  nicht  so  einheitlich,  daß  sie  als  ein 
Ganzes  der  Religion  des  fremden  Volkes  gegenüber  träte.  Der 
Gott  haftet  an  einem  Orte,  den  er  beherrscht  und  beschützt, 
oder  an  einer  menschlichen  Gemeinschaft,  einer  Stadt,  einem 
Stamme;  beides  trifft  in  der  Wirklichkeit  meistens  zusammen. 
Diese  Grundanschauung  gilt  für  Hellenen  wie  Ägypter  und 
bringt  es  mit  sich,  daß  jeder  den  Gott  oder  die  Götter  fremden 
Ortes  und  fremden  Stammes  anerkennt.  In  allgemeinem  Aus- 
drucke begegnet  uns  diese  Vorstellung  öfters  in  Briefen,  wenn  man 
Fürbitte  tut  ,,bei  den  hiesigen  Göttern"  und  noch  deutlicher  ,,bei 
den  Göttern,  bei  denen  ich  in  der  Fremde  zu  Gaste  bin."  Keinem 
fällt  es  ein,  die  Wirklichkeit  oder  die  Gewalt  eines  Gottes  anzu- 
zweifeln, weil  er  ihn  noch  nicht  kennt,  sondern  jeder  gesteht  ihm 
seinen  Machtbereich  an  seinem  Orte  zu;  wo  Zweifel  auftauchen, 
greifen  sie  nicht  die  fremde  Religion  sondern  allgemein  den 
Götterglauben  an.  Daraus  ergibt  sich  von  vornherein  der  In- 
begriff von  Anerkennung  und  Duldung,  den  wir  Toleranz  zu  nennen 
pflegen.  Hellenen  und  Ägypter  konnten  sie  um  so  leichter  üben,, 
als  ihre  Religionen  zwar  in  ihren  Grundzügen  und  Grundstim- 
mungen sich  erheblich  unterschieden,  an  der  Oberfläche  aber 
einander  gar  nicht  so  unähnlich  waren.  Und  nur  auf  die  Ober- 
fläche kam  es  an,  da  sie  sich  hier  zuerst  berührten.  Überdies 
traten  sie  einander  nicht  mit  geschlossenen  Lehren  entgegen, 
denn  das  Dogma,  wie  wir  es  heute  verstehen,  lag  beiden  damals- 
noch  fern;  man  vermag  in  religiöse  Fragen  aus  dem  Altertume 
überhaupt  nur  dann  einzudringen,  wenn  man  sich  von  dem  Ge- 


336  VERHÄLTNIS   DER  GRIECHEN  ZUR  ÄG.  RELIGION. 

danken  frei  macht,  daß  jede  Religion  eine  einheitliche,  feste  Lehre 
besessen  habe.  Vielmehr  ist  sie,  unbeschadet  der  (»ft  sehr  deutlich 
ausgeprägten  Grundstimmungen,  nach  außen  hin  eine  Vielheit, 
höchstens  ein  System  von  Göttern  und  Kulten. 
So  wanderten  denn  die  Hellenen  in  Ägypten  ein  unter  dem  Schutze 
ihrer  heimischen  Götter,  deren  einige  allgemeine  Verehrung  bei 
ihnen  allen  genossen,  während  viele  noch  örtlich  oder  politisch 
gebunden  waren;  auch  die  Formen  der  Verehrung,  die  Kulte, 
brachten  sie  in  vielerlei  Gestalt  mit.  An  den  Ufern  des  Nils  fanden 
sie  fremde  Götter,  deren  manche  freilich  schon  seit  Langem  im 
hellenischen  Kulturkreise  bekannt  und  angesehen  waren,  und 
fanden  Menschen,  die  diesen  Göttern  in  besonderen,  oft  absonder- 
lichen Formen  dienten.  Solange  die  Hellenen  den  Landeskindern 
möglichst  fern  blieben  und  unbedingt  ihr  Herrenrecht  behaup- 
teten, werden  sie  sich  auch  mit  den  ägyptischen  Göttern  nicht 
allzu  tief  eingelassen  haben;  sie  hielten  sich  an  die  Götter,  die 
sie  übers  Meer  geleitet  hatten,  jedoch  ohne  etwa  dem  thebanischen 
Amnion  oder  dem  Horos  von  Edfu  seinen  Herrschbereich  irgendwie 
anzuzweifeln.  Die  Götter  der  Eroberer  hatten  sich  zwar  als 
stärker  erwiesen,  allein  nicht  immer  haben  die  siegreich  ein- 
dringenden Götter  die  Oberhand  über  die  ansässigen  gewonnen, 
und  hier  haben  sie  es  überhaupt  kaum  versucht.  Sobald  aber 
Griechen  und  Ägypter  sich  in  größerem  Umfange  zu  vermischen 
begannen,  setzte  auch  die  Mischung  griechischer  und  ägyp- 
tischer Religion  ein.  Ich  gebrauche  diesen  Ausdruck  nur, 
weil  er  allgemein  verbreitet  ist;  das  Richtige  trifft  er  keineswegs. 
Denn  in  Wirklichkeit  haben  die  Griechen,  die  sich  etwa  seit  dem 
Ausgange  des  3.  Jh.  a.  C.  mit  ägyptischem  Blute  und  Wesen  ver- 
mischten, also  wohl  ihre  Mehrzahl,  dem  Übergewichte  der  ägypti- 
schen Götter,  die  seit  Jahrtausenden  dies  Land  beherrschten,  ihrem 
geheimnisvollen  und  eindrucksvollen  Kultus  nichts  Entsprechendes 
entgegensetzen  können,  zumal  da  ja  die  Anerkennung  jeden 
Gottes  an  seinem  Orte  sich  ihnen  von  selbst  verstand.  Die  täg- 
liche Berührung  mit  dem  frömmsten  aller  Völker,  mit  einer  das 
ganze  Leben  umstrickenden  Gottesverehrung,  mit  einer  mäch- 
tigen, hoch  angesehenen  Priesterschaft  drängte  die  hellenischen 
Vorstellungen  von  den  Göttern  und  ihrem  Dienste,  die  bei  der 
Mehrzahl  der  Griechen  weit  weniger  ins  Tiefe  und  ins  Breitereichten, 
bei  den  Gebildeten  schon  zu  verblassen  begannen,  allmählich 
zurück,   obwohl   gerade   die   äußeren    Gestalten   der  ägyptischen 


GLEICHUNG   DER    GÖTTER.  337 

Götter  und  vor  allein  der  damals  blühende  Tierkult  den  Hellenen 
befremdlich,  wo  nicht  abstoßend  erscheinen  mußten;  doch  das 
Erdgewachsene  erwies  sich  als  stärker.  Zwar  gaben  die  Hellenen, 
die  in  die  gräkoägyptische  Mischkultur  eingingen,  ihre  eigenen 
Götter  nicht  preis;  aber  was  sie  festhielten,  waren  in  der  Haupt- 
sache nur   die   Namen. 

Wenn    man    schon    zu    Herodots    Zeiten    Ähnlichkeit    zwischen 
griechischen     und    ägyptischen    Göttern     entdeckte      und      die 
eigenen   an  die  uralten   des  weisen  Nilvolkes   anknüpfen   wollte, 
so    standen    solchem   Bestreben    jetzt   Tor    und  Tür    offen.     Die 
hellenischen  Götter  erschienen  ihren  ägyptisch  beeinflußten  Ver- 
ehrern bald  genug  nur  als  andere  Namen  für  die  Landesgötter.    Die 
Gleichung    griechischer   und    ägyptischer   Götter  ist   es, 
die    uns    im    Bereiche    der    Mischkultur    überall    entgegentritt; 
hellenisch  sind  nur  die  Namen  und  in  gewissem  Umfange    auch  die 
äußeren  Gestalten  der  Götter,  die  in  der  Hand  griechischer  und 
griechisch-ägyptischer  Kunsthandwerker  sich   griechischen  Typen 
näherten,     wie    uns     die    Werke    der     Kleinkunst,     Terrakotten 
und  Bronzen,  die  Götter  und  Heiligen  des  Hauses,  verraten;  von 
der  großen  Plastik  der  Tempel  wissen  wir  nur  allzu  wenig.    Diesen 
Kreisen,    die   selbst   griechische   und    ägyptische    Personennamen 
auseinanderzuhalten   verlernten    und   sich    an    Doppelnamen    ge- 
wöhnten,   war   nichts   natürlicher,    als   im   großen    Ammon   von 
Theben   den   Zeus  wiederzuerkennen;    Horos  in  seinen  verschie- 
denen  Gestalten   glich   dem  Apollon,   der  große   Sonnengott   Re 
dem  Helios,  der  Phtha  von  Memphis  wies  ähnliche  Züge  auf  wie 
der   griechische    Hephaistos,    Neith    und    Athena,    Bubastis    und 
Aphrodite,  Thoth  und   Hermes,    aber  auch  Anubis  und   Hermes 
stellte  man  neben  einander,  und  es  ergab  sich  eine  Fülle  von  Glei- 
chungen,   die   aufzuzählen   überflüssig   ist.      Bisweilen   begegnen 
uns    auch    griechische    Götternamen,    die    augenscheinlich    einen 
ägyptischen  Gott  verbergen,  ohne  daß  man  ihn  bisher  hätte  ent- 
decken können.    Die  Gleichungen  galten  nur  zum  Teil  allgemein; 
viele  erwarben  nur  örtliche  Anerkennung  und  traten  nicht  überall 
in  derselben  Gestalt  auf.     Nur  örtlich  sind  z.  B.  die  Götter  des 
Nilkataraktes  oberhalb  Assuan:  Satis  wird  hier  zur  Hera,  Anukis 
zur  Hestia;  in  Oxyrhynchos  verehrte  man  die  nilpferdgestaltige 
Thoeris  unter  dem  Namen  der  Athene,    im  Delta  den  Kriegsgott 
Onuris  als  Ares,  zu  Tebtynis  im  südlichen  Fajum  einen  Krokodil- 
gott als  Kronos  usw. 

Schub  art,  Papyruskunde.  22 


338 SIEG  DER  ÄGYPTISCHEN   GÖTTER. 

Dies  geschah  um  so  leichter,  als  die  spätägyptische  Religion  selbst 
dazu  neigte,  die  scharf  geprägten  Züge  der  alten  Götter  zu 
verwischen  und  in  ihrem  eigenen  Bereiche  die  Götter  zu  gleichen 
wie  Chnum  und  Amnion  im  Kataraktengebiete,  oder  sie  in  eine 
Reihe  einzelner  Erscheinungsformen  zu  spalten,  so  daß  z.  B.  aus 
dem  großen  Horos  sich  Sondergestalten  meistens  örtlicher  Geltung 
wie  Harkentechthai,  Harenchemis,  Haroeris,  Harpebekis,  Har- 
psenesis  entwickeln,  ein  Vorgang,  den  wir  am  klarsten  bei  dem 
Krokodilgotte  des  Fajum  verfolgen  können,  da  uns  eine  Fülle 
griechischer  Urkunden  von  Suchos,  Soknebtynis,  Soknopaios, 
Pnepheros  usw.  erzählt.  Die  Götterwelt  dieser  Zeit  trägt  häufig 
verschwommene  Züge,  die  von  der  beginnenden  Auflösung  zeugen, 
während  die  Spaltung  in  enge  Lokalgötter  Hand  in  Hand  damit 
geht.  Aber  all  dies  Gewirr,  mag  es  nun  rein  ägyptische  Namen 
tragen  oder  griechisch-ägyptische  Gleichungen  zulassen,  ist  seinem 
Inhalte  nach  ägyptisch  und  bedeutet  nicht  mehr  und  nicht  we- 
niger als  den  Sieg  der  ägyptischen  Götter  im  Bereiche  der 
Millionen,  die  der  gräkoägyptischen  Mischkultur  angehören; 
über  die  besondere  Stellung  der  reinen  Hellenen  wird  später  ein 
Wort  zu  sagen  sein.  Leider  können  wir  heute  diese  Entw-cklung" 
im  einzelnen  noch  nicht  verfolgen,  zumal  da  Vorarbeiten  fehlen, 
sondern  müssen  wohl  oder  übel  den  weiten  Zeitraum,  etwa  von 
200  a.  C.  bis  200  p.  C,  zum  Teil  noch  darüber  hinaus,  als  eine 
Einheit  fassen  und  darstellen. 

Vielleicht  die  bedeutendste  Gestalt  in  dieser  Mischreligion  und. 
diesem  Göttergemisch  ist  Sarapis.  Ein  Traum  hieß  Ptolemaios  L, 
das  Kultbild  des  Gottes  Pluton  aus  Sinope  nach  Alexandreia 
zu  bringen;  hier  erhielt  der  Gott  den  Namen  Sarapis,  eine  grie- 
chische Bildung,  die  aus  dem  Namen  des  großen  Totengottes 
von  Memphis,  des  Osiris-Apis,  hervorging.  Diesem  ägyptischen 
Unterweltsgotte  erstand  jetzt  außer  seiner  Heimat  Memphis, 
eine  zweite  Kultstätte  in  der  Reichshauptstadt.  Im  Sarapis 
prägt  sich  die  Göttermischung  des  hellenistischen  Ägypten  am. 
frühesten  und  am  sichtbarsten  aus;  seinem  Wesen  nach  ägyp- 
tisch, nimmt  er  im  griechischen  Alexandreia  an  Stelle  eines  Doppel- 
namens einen  den  Hellenen  und  Ägyptern  gemeinsamen  Namen 
und  äußerlich  griechische  Züge  an.  Wahrscheinlich  hat  der  alexan- 
drinische  Sarapis  hier  neben  seinem  ägyptischen  Kulte,  dem 
sogar  der  heilige  Stier  nicht  fehlte,  einen  griechischen  Kult  be- 
sessen  und  eine  gewisse  Anerkennung  als  hellenischer   Gott  ge- 


SARAPIS.  339 


funden,  während  derselbe  Sarapis  im  großen  Sarapeuni  zu  Memphis 
der  rein   ägyptische  Totengott  bheb.      Ich   kann  hier  nicht  dar- 
legen, weshalb  ich  die  verbreitete  Lösung  der  Sarapisfrage,  denn 
eine  solche  ist  es  in  der  Tat,  ablehne  und  nicht  glaube,  daß  der 
erste  Ptolemäer  den  Sarapis  geschaffen  habe,  um  auf  dem  Felde 
der   Religion   einen   Ausgleich   zwischen    Hellenen   und  Ägyptern 
herbeizuführen;   man   bedenke   nur  die    Stellung,   die  sowohl   die 
Ptolemäer  wie  die  Hellenen  überhaupt  etwa  ein  Jahrhundert  lang 
gegen  die  Ägypter  eingenommen  haben,  um  zu  sehen,  wie  unwahr- 
scheinlich  eine  solche   religiöse   Versöhnungspolitik  ist,   die  auch 
unsere    Quellen    nirgends   bezeugen.      Vielmehr    ist    Sarapis   der 
erste   Zeuge    des   gewaltigen    Übergewichts,    das    die    ägyptische 
Götterwelt  ohne  staatliche  Hilfe  gewann,  und  es  entspricht  nur 
den    oben  dargelegten   religiösen   Grundanschauungen,  wenn   der 
Hellene   Timotheos    und    der  Ägypter  Manetho   mitwirkten,   um 
unter    königlicher  Billigung    dem  memphitischen   Totengotte    in 
Alexandreia  Stätte  und  Dienst  zu  bereiten. 
Sarapis  hat  im   Laufe  der  Zeit  eine  große  Anziehungskraft  auf 
Götter  und  Menschen  ausgeübt.    Er  hat  sich  nicht  nur  mit  dem 
schlangengestaltigen     Ortsdämon     Alexandreias,     dem     Agathos 
Daimon,   verbunden,   sondern   auch    mit   Zeus,    Helios,    Dionysos 
usw.    In  der  Kaiserzeit  erscheint  er  uns  als  der  größte  Gott  Alexan- 
dreias,   der   religiöse   Vertreter   der    Stadt,    zwar   nicht   amtlich, 
aber  in  Wirklichkeit,  ja  mehr,  als  der  Hauptgott  Ägyptens  und 
schließlich  einer  der  größten   Götter,   die  ihren   Dienst  über  das 
römische  Reich  ausbreiteten  und  fast  die  Vv'elt  eroberten.     Wie 
diese   Entwicklung  sich   angebahnt   hat,   liegt  noch   im    Dunkel; 
erst  in  der  Kaiserzeit  sehen  wir  die  Leute  in  Scharen  beim  großen 
Sarapis  Alexandreias  beten,  sehen  die  alexandrinischen  Hellenen 
sein   Bild  mit  nach  Rom  nehmen,  sehen  ihn  den  jungen  Apion 
auf  der  Meerfahrt  schützen.    Als  sein  Kultbild  391  p.  C.  von  fana- 
tischen Christen  zertrümmert  wurde,  empfand  man  diesen  Schlag 
als  Entscheidung  gegen  Ägyptens  alte  Götter  überhaupt.    Sarapi? 
hat  aber  auch  auf  ägyptischem  Gebiete  selbst  den  alten  Totengott 
Osiris  fast  verdrängt   und  ist  an  seiner   Statt  der   Genosse  der 
Isis  geworden;  Sarapis  und   Isis,  neben  ihnen  noch  das  Isiskind 
Harpokrates,  sind  die  Götter,   die  in   der   Kaiserzeit  am  meisten 
Verehrung  innerhalb  und  außerhalb  Ägyptens  gefunden  haben. 
Vielleicht  am  meisten  Isis,  die  der  hellenischen  Welt  seit  Langem 
bekannt   war.      Ihre   Bilder   zeigen   die   Frauentracht   des   Neuen  ^ 

22* 


340  ISIS.       DÄMONEN. 


Reiches,  daneben  aber  starken  griechischen  Einfluß  in  Kleidung 
und  Haltung.  Allmählich  hat  sie  fast  alle  ägyptischen,  griechischen 
und  orientalischen  Göttinnen  in  sich  aufgenommen  und  ist  in 
mannigfaltiger  Erscheinung  unter  tausend  Namen  als  Isis-Aphro- 
dite, Isis-Tyche,  Isis-Soteira.  Isis-Athene,  Isis-Artemis,  Isis-Hekate, 
Isis-Astarte,  aber  auch  eng  örtl'ch  Isis-Nepherses  oder  Isis-Ne- 
phrommis  im  Fajum  usw.  die  große  Göttin  Ägyptens,  der  Welt, 
ja  fast  Alleingöttin  geworden.  Der  Isishymnus  von  Oxyrhynchos 
hat  nur  bestätigt,  wie  sehr  sie  die  Welt  umspannt  und  schlecht- 
hin ,,Gott''  geworden  ist  (Seite  156).  Sie  bietet  ein  neues  Beispiel, 
wie  unter  verschiedenen  Namen,  griechischen  und  ägyptischen, 
und  verschiedenen  Gestalten,  die  noch  so  stark  die  Isis  des 
alexandrinischen  Pharos  von  der  Isis  Philaes  unterscheiden 
mochten,  die  ägyptische  Göttin  selbst  im  Auslande  ihr  Wesen 
bewahrt  hat,  gleich  dem  Sarapis,  dessen  Name  und  griechische 
Statuen  nichts  an  seinem  Wesen  als  eines  ägyptischen  Totengottes 
ändern.  Alle  diese  Götter  der  Ägypter  blieben  mit  und  ohne 
ägyptischen  Namen  im  Grunde  was  sie  waren;  nur  so  versteht 
man  Lukians  Götterversammlung. 

Obwohl  die  ägyptische  Religion  dieserjahrhunderte  noch  wenig 
erforscht  ist,  lassen  sich  einige  besondere  Züge  herausfinden,  die 
wir  nunmehr  auf  den  Glauben  derGräkoägypter  ebenso  wie  auf  den 
der  reinen  Ägypter,  also  auf  die  weit  überwiegende  Mehrzahl  der 
Bevölkerung  anwenden  dürfen.  Der  Neigung,  die  Götter  mit- 
einander zu  verschmelzen,  jedem  alle  Eigenschaften  zuzuschreiben, 
jeden  Ortsgott  zum  Helfer  in  jeder  Not  zu  machen,  haben  wir 
schon  gedacht.  Wenn  uns  neben  den  alten  großen  Göttern  jetzt 
in  Fülle  neue  Namen  verbreiteter  und  viel  verehrter  Götter  ent- 
gegentreten, wie  Thoeris,  Thriphis,  Thermuthis,  Harpokrates  mit 
seinem  phallischen  Gefolge  und  vor  allem  der  Dämon  Bes,  so 
scheint  es  leicht,  als  habe  ihr  Kult  den  der  großen  Götter  zurück- 
gedrängt, die  weit  seltener  genannt  werden.  Aber  vielleicht 
bringt  es  die  Art  unserer  Zeugnisse,  der  Briefe  und  Urkunden 
aus  den  unteren  Schichten  des  Volkes,  mit  sich,  daß  die  Schar  der 
niederen  Dämonen  erst  jetzt  voll  in  die  Erscheinung  tritt, 
während  sie  schon  längst  neben  oder  unter  jenen  großen  Göttern 
bestanden  hatte.  Für  alle  diese  Fragen,  auch  für  die  allgemeine  wie 
örtliche  Verbreitung  der  Götter  enthalten  die  Namen  der  Menschen 
und  der  Dörfer  einen  reichen,  noch  nicht  ausgebeuteten  Stoff.  Der 
.Zeit  eigentümlich  ist  wohl  die  göttliche  Verehrung  berühmter 


TOTENGÖTTER.     TIERKULT.  341 

Männer  der  Vorzeit,  des  ersten  Königs  Mtnes  (Phranienis),  des 
Pramarres,  der  den  Erbauer  des  Labyrinths  Amenemhet  III., 
d.  h.  den  Moiris  der  Griechen,  verkörpert,  des  Petesuchos,  seines 
Baumeisters,  und  des  Vezirs  am  Hofe  Amenophis  III.,  Imhotep, 
den  man  gern  mit  Asklepios  gleichsetzt.  Wie  sehr  gerade  Imuthes- 
Asklepios  auch  in  griechische  Kreise  eindrang,  lehrt  die  griechische 
Fassung  seiner  Geschichte.  Die  Totengötter  treten  zu- 
gleich immer  mehr  in  den  Vordergrund,  und  neben  Osiris  ge- 
winnen manche  andere  eine  Beziehung  zum  Tode  und  zum  Jen- 
seits, wie  Anubis,  der  dem  Hermes  psychopompos  gleicht,  oder 
der  mit  Dionysos  verknüpfte  Unterweltsgott  Petempamentis, 
dessen  Name  künstliche  Erfindung  verrät,  und  um  Osiris-Apis, 
den  neuen  Sarapis  von  Memphis  und  Alexandrcia,  schließt  sich 
ein  Gefolge  von  Totengöttern,  unter  dem  Agathos  Daimon  und 
sein  Ebenbild  Osiris-Onnöfris  hervorragen.  Es  ist  die  Zeit,  die 
mehr  als  jemals  Pracht  und  Feierlichkeit  in  der  Bestattung  ent- 
faltet und  alle  Regeln  vom  Einbalsamieren  bis  zur  Mitgabe  des 
Totenbuches  aufs  peinlichste  beobachtet. 

Den  Fremden  fiel  damals  wohl  der  Tier  dienst  am  meisten  ins 
Auge;  er  erreichte  seinen  Höhepunkt  in  griechisch-römischer 
Zeit  und  beweist  wiederum,  wie  ägyptisch  die  Religion  dieser 
Gräkoägypter  durchweg  aussah.  Man  verehrte  an  vielen  Orten 
die  heiligen  Ibisse  des  Thoth  und  die  Falken  des  Horos,  die  Scha- 
kale des  Anubis  und  den  großen  Bock  von  Mendes,  mehr  als  alle 
anderen  aber  den  Stier  Apis,  der  seine  Hauptkultstätte  in  Memphis 
besaß.  Nach  ihrem  Tode  wurden  die  heiligen  Tiere  feierlich  zu 
Göttern  erklärt;  zur  Bestattung  des  Apis,  die  die  späteren  Ptole- 
mäer  selbst  bezahlten,  mußten  in  der  Kaiserzeit  alle  Tempel 
Ägyptens  feine  Leinwand  liefern.  Alle  Verehrung  hinderte  aber 
nicht,  den  heiligen  Stier  den  Fremden  wie  ein  Schaustück  gegen 
Entgelt  zu  zeigen.  Unter  mancherlei  verschiedenen  Formen 
wurde  der  Krokodilgott  des  Fajum  verehit;  er  besaß  solche  An- 
ziehungskraft, daß  sogar  Petesuchos,  der  vergöttlichte  Bau- 
meister des  Labyrinths,  als  Krokodil  angebetet  wurde.  Übrigens 
fehlte  auch  beim  Suchos  des  Fajum  die  Schaustellung  vor  fremden 
Besuchern  nicht.  Wenn  schon  diese  Züge  beweisen,  daß  die  ägyp- 
tischen Götter  damals  noch  lebenskräftig  und  wirksam  waren, 
so  zeigt  es  sich  auch  in  der  Fortbildung  der  Göttermythen, 
die  uns  in  Tempelinschriften  und  demotischen  Papyri  begegnet. 
In  mehrfacher  Gestalt  erscheint  z.  B.  die  Erzählung,  wie  Re  seine 


342 HELLENISCHE    GÖTTER. 

Tochter  Hathor-Tefnut,  die  wilde  Löwin,  durch  seine  Söhne  Sehn 
und  Thoth  aus  Nuhien  holen  läßt,  wie  sie  sich  auf  der  Reise  durch 
ihre  neuen  Kultstätten  im  Kulturlande  Ägypten  zur  sanften  und 
schönen  Göttin  verwandelt;  der  Mythus  vom  Sonnenauge  spinnt 
die  Legende  weiter  aus. 

Wie  über  der  großen  Masse  der  Gräkoägypter  sich  eine  an  Zahl 
nicht  große  rein  hellenische  Oberschicht  erhalten  hat,  so  auch  in 
ihr  rein  hellenische  Götter.  Allerdings  wissen  wir  nicht  viel 
davon,  da  sie  in  unseren  unmittelbaren  Zeugen,  den  Inschriften 
und  besonders  in  den  Papyri,  selten  zu  Worte  kommen.  Aber  die 
Schwurgötter  der  Alexandriner,  Zeus,  Hera,  Poseidon,  der  Dienst 
des  Dionysos  bei  den  Schauspielern  von  Ptolemais,  seine  besondere 
Verehrung  im  Ptolemäerhause,  die  schlagend  in  einem  Erlasse 
Philopators  zum  Schutze  der  einheitlichen  Lehre  in  den  Dionysos- 
mysterien zutage  tritt,  und  damit  im  Zusammenhange  die  Ver- 
breitung des  Namens  Dionysios,  der  Kult  der  ganz  unägyptischen 
Dioskuren,  der  Musen  im  alexandrinischen  Museion,  die  verbreitete 
Verehrung  des  Asklepios,  von  der  vor  allem  der  Asklepioshymnus 
von  Ptolemais  zeugt,  lehren  uns,  wo  in  griechischen  Kreisen  grie- 
chische Götter  ohne  Gleichung  mit  ägyptischen  genannt  werden, 
zunächst  auch  rein  griechische  Götter  anzunehmen.  Unzweifel- 
haft gehört  so  manche  Weihung  für  Ares,  Artemis,  Asklepios, 
Athena,  Demeter,  Dionysos,  Herakles,  Hermes,  auch  Pan,  für 
Poseidon  und  Zeus,  nun  gar  erst  für  Götter  wie  Tyche  und  Nemesis 
hierher,  und  jeder  Fall,  wo  griechische  Götternamen  begegnen, 
muß  nach  dem  Kreise  wie  nach  dem  Orte,  denen  er  entstammt, 
sorgsam  geprüft  werden,  ehe  man  sich  für  rein  hellenisches  oder 
ägyptisches  Wesen  des  Gottes  entscheidet.  Schon  die  Absonderung 
der  echten  Hellenen  und  ihre  Vorrechte  werden  ihren  Göttern 
und  ihrem  Kultus  eine  Stätte  bewahrt  haben,  auch  wenn  die  Ge- 
bildeten dem  Glauben  ferner  standen;  zumal  in  den  politischen 
Gemeinden  gehörten  die  hellenischen  Götter  zum  hellenischen 
Wesen.  Bei  den  Verbindungen  der  großen  Götter  Sarapis  und  Isis 
mit  griechischen  Göttern  wird  man  zwar  im  allgemeinen  das  Über- 
gewicht des  ägyptischen  Wesens  voraussetzen  dürfen,  aber  keineswegs 
immer  sicher  gehen;  mindestens  hebt  sie  die  ausdrückliche  Nennung 
im  staatlichen  Eide  aus  den  übrigen  ägyptischen  Göttern  heraus. 
Jedenfalls  sind  rein  griechische  Götter  bei  den  reinen  Hellenen 
lebendig  geblieben,  und  als  Hadrian  seiner  Stadt  der  Neuhellenen 
einen  Gott  gab,  war  es  der  griechische  Gott  Antinoos,  dem  sich 


ORIENTALISCHE  UND   RÖMISCHE  GÖTTER. 343 

freilich  sogleich  der  ägyptische  Totengott  Osiris-Antinoos  anschloß. 
Auch  die  Freilassung  „unter  Zeus,  Ge  und  Helios",  die  wir  in  der 
Kaiserzeit  finden,  ist  zu  den  Beispielen  zu  rechnen,  denen  jeder 
ägyptische  Beigeschmack  fehlt;  im  übrigen  mag  sie  damals  leere 
Formel  gewesen  sein.  Vom  griechischen  Kultus  in  Ägypten 
wissen  wir  außer  ein  paar  Priestertiteln  so  gut  wie  nichts,  haben 
aber  neuerdings  doch  gelernt,  daß  man  ausdrücklich  hellenische 
Tempel  von  ägyptischen  unterschied  und  gewisse  Abweichungen 
des  Gottesdienstes  kannte,  so  sehr  auch  im  allgemeinen  ägyptische 
Kultformen  sich  eingedrängt  zu  haben  scheinen.  Wie  man  in  rein 
hellenischen  Kreisen  über  die  ägyptischen  Götter  dachte,  erzählt 
uns  Lukian  in  der  ,, Götterversammlung":  die  echt  hellenischen 
Götter  betrachten  die  barbarischen  Mißgestalten  als  Eindring- 
linge, die  im  Olymp  nichts  zu  suchen  haben.  Wie  ihre  Götter 
werden  es  auch  in  Ägypten  die  echten  Hellenen  gehalten  haben; 
freilich  konnten  sie  das  Eindringen  der  ägyptischen  Götter  nicht 
ganz  liindern.  Die  Religionsgebiete  gegen  einander  abzugrenzen, 
ist  unmöglich,  und  wir  müssen  damit  rechnen,  daß  ägyptische  Ein- 
flüsse allmählicii  auch  auf  Kreise  übergegriffen  haben,  die  sich 
lange  Zeit  davon  freigehalten  hatten. 

Noch  mehr  waren  sie  aber  anderen  orientalischen  Kulten 
ausgesetzt.  Die  Dienste  des  Adonis,  der  großen  kleinasiatischen 
.Muttergöttin,  die  hier  unter  dem  Namen  Agdistis  erscheint, 
syrischer  Gottheiten,  besonders  der  Astarte,  der  samothrakischen 
Götter  und  endlich  des  Mithras  finden  sich  in  Ägypten  und  zwar 
allem  Anscheine  nach  in  den  hellenischen  oder  doch  mehr  den 
Hellenen  als  den  Ägyptern  nahe  stehenden  Kreisen.  Die  große 
Mutter  in  allen  ihren  Gestalten  ist  endlich  hier  in  Isis  aufgegangen; 
Mithras  scheint  auf  ägyptischem  Boden  niclit  so  mächtig  gewirkt 
zu  haben  wie  anderwärts,  wenn  auch  im  wilden  Gemisch  der 
Zauberliteratur  Spuren  seiner  Verehrung  auftauchen.  Das  Zauber- 
wesen wurde  zumal  nach  dem  Siege  des  Christentums  der  Zu- 
fluchtsort aller  dieser  Götter. 

Mit  den  römischen  Bürgern  kamen  auch  römische  Götter  ins 
Land;  da  aber  die  echten  Römer  sich  den  Ägyptern  fernhielten, 
beschränken  sich  die  Spuren  einer  Angleichung  an  ägyptische 
Götter  im  Wesentlichen  auf  Römer,  die  ins  Ägyptertum  gesunken 
waren,  oder  auf  romanisierte  Griechen,  die  sich  nur  oberflächlich. 
als  Römer  zu  gebärden  wußten.  Daß  man  in  römischen  Familien 
römische    Feste  wie   die   Saturnalien   feierte,   versteht    sich     von 


344  HERRSCHERKULT. 


selbst;  etwas  Genaueres  erfahren  wir  aber  nur  über  den  Tempel 
des  Jupiter  Capitolinus  in  Arsinoe,  wo  man  den  Geburtstag  der 
Roma  und  andere  Feste  römischer  Religion  beging,  während  der 
Kultus  Züge  aufweist,  die  dem  ägyptischen  Gottesdienste  ent- 
springen. Als  Caracalla  den  höheren  Ständen  das  Bürgerrecht  ver- 
lieh, wollte  er  den  römischen  Göttern  neue  Verehrer  gewinnen; 
aber  so  wenig  wie  sonst  echtes  Römertum  dadurch  verbreitet 
wurde,  so  wenig  gewannen  auch  Roms  Götter;  37  Jahre  später 
sah  sich  schon  Decius  genötigt,  die  schwindenden  Verehrer  der 
Staatsreligion  durch  die  Forderung  des  Opfers  etwas  gewaltsam 
zu  sammeln.  Nennenswerte  Macht  hat  die  römische  Reichsreligion 
in  Ägypten  niemals  gewonnen. 

Zu  dieser  Fülle  von  Göttern  des  griechisch-römischenÄgypten  treten 
die  lebenden  und  die  verstorbenen  Könige.  Den  Ägyptern  war  es 
seit  Alters  selbstverständlich,  den  König  als  einen  Gott  anzubeten 
und  bei  den  Ptolemäern  fortzusetzen,  was  sie  bei  den  einheimischen 
Pharaonen  getan  hatten.  Etwas  anderes  ist  der  hellenistische 
Herrscherkult,  dessen  Ursprünge  noch  nicht  völlig  klarliegen. 
In  Ägypten  begann  er  mit  Alexander,  der  sich  ja  selbst  göttliche 
Herkunft  hatte  zuschreiben  lassen.  Die  Bürgergemeinde  der 
Alexandriner  verehrte  in  ihm  den  Gründer  der  Stadt;  von  diesem 
städtischen  Kulteist  der  Reichskult  zu  scheiden,  den  Ptolemaios 
Soter  ihm  einrichtete.  Seitdem  ist  Alexander  der  eigentliche  amt- 
liche Reichsgott.  Wir  wissen  davon  hauptsächlich  durch  die 
Protokolle  der  Urkunden,  die  regelmäßig  nach  dem  Regierungs- 
jahre des  Königs  den  Namen  des  eponymen  Alexanderpriesters 
anführen.  Ptolemaios  Soter  wurde  zwar  nach  seinem  Tode  zum 
Gotte  erhoben,  aber  erst  durch  Philopator  dem  Alexanderkulte 
angegliedert,  und  erhielt  außerdem  als  Gründer  von  Ptolemais 
einen  städtischen  Dienst  in  seiner  Stadt  und  einen  dem  Vorbilde 
Alexanders  nachgeahmten  eponymen  Kult  in  der  Thebais.  Bald 
traten  auch  seine  Gattin  Berenike  und  des  Philadelphos  Schwester 
und  Gattin  Arsinoe  in  den  Alexanderkult  ein.  Endlich  tat 
Philadelphos  den  letzten  Schritt,  als  er  diesem  auch  den  Kult 
der  Geschwistergötter  einreihte  und  sich  bei  seinen  Lebzeiten 
als  Gott  mit  Arsinoe  verehren  ließ.  Von  nun  an  pflegten  die  Könige 
bald  nach  ihrem  Regierungsantritte  sich  und  ihre  Gemahlin  für 
Götter  zu  erklären,  so  daß  die  Reihe  der  göttlichen  Könige,  die 
im  Kulte  Alexanders  Aufnahme  fanden,  immer  länger  wurde. 
Dieser  Alexander-  und   Königskult  ist  eine  rein  griechische  Ei.n- 


J 


KAISERKULT.  345 


richtung  der  Regierung,  wie  aufs  deutlichste  die  Protokolle  demo- 
tischer  Urkunden  beweisen,  da  sie  sklavisch  und  daher  oft  unver- 
ständig den  griechischen  nachübersetzt  sind;  eine  eigene  ägyptische 
Fassung  hierfür  gab  es  nicht.  Daß  der  amtliche  Eid  bei  den  amt- 
lichen Göttern,  den  Königen,  geschworen  wurde,  versteht  sich  von 
selbst;  aber  auch  hier  folgen  Sarapis  und  Isis  als  die  beiden  Haupt- 
götter jener  Zeit. 

Die  eponymen  Priester  Alexanders  und  die  später  hinzutretenden 
Priesterinnen  der  Arsinoe  usw.  scheinen  durchweg  den  makedonisch- 
griechischen  Hofkreisen  anzugehören  und  offenbaren  wiederum  das 
höfische  und  amtliche  Wesen  dieses  hellenistischen  Herrscher- 
kultes. Was  er  zum  Ausdrucke  bringt,  ist  die  Einheit  des  Reiches 
unter  der  Hoheit  seiner  Gottkönige,  an  deren  Spitze  als  ältester, 
höchster  und  eigentlich  fortlebender  Herrscher  Alexander  zu  be- 
trachten ist.  Dieser  Herrscherkult  ist  allen  Untertanen,  Griechen 
wie  Ägyptern,  gemeinsam,  und  er  allein  darf  als  eine  vom  Königs- 
hause begründete  Vermittlungsreligion  angesehen  werden.  Je- 
doch mußte  er  den  Ägyptern  anders  erscheinen  als  den  Griechen. 
Jene  setzten  in  Inschriften  und  Weihungen  den  Pharaonendienst 
fort,  vergaßen  aber  keineswegs,  daß  diese  Götter  Fremdlinge  und 
Barbaren  waren;  diese  fügten  sich  je  nach  ihren  Beziehungen  zu 
Staat  und  Hof  mehr  oder  weniger  leicht  in  die  amtliche  Religion. 
Im  Leben  des  Volkes  aber  hat  der  Herrscherkult  nicht  Wurzel 
fassen  können,  und  alle  königstreuen  Weihungen  auf  Stelen  und 
an  Tempeln  täuschen  nicht  darüber  hinweg,  daß  man  diese  Gott- 
könige innerlich  den  echten  Göttern,  mochten  sie  griechische 
oder  ägyptische  Namen  tragen,  durchaus  nicht  gleichstellte,  ob- 
wohl man  sie  überall  dem  Kulte  als  Mitgötter  angliederte.  Helfer 
und  Schützer  waren  sie  dem  frommen  Bew'ußtsein  niemals. 
Daran  änderte  sich  auch  nichts,  als  die  römischen  Kaiser  die  Ptole- 
mäer  verdrängten.  Der  ägyptische  Kaiserkult,  der  sich  in 
manchem  von  dem  anderer  Provinzen  unterscheidet,  schließt  sich  für 
dieÄgypter  an  den  der  Pharaonen  ebenso  an  wie  der  derPtolemäer, 
ebenso  feierlich  und  heilig  in  allen  Formen  und  ebenso  gleich- 
gültig für  das  Volk;  die  Hellenen  waren  durch  den  hellenistischen 
Herrscherkult  darauf  vorbereitet.  Wie  es  scheint,  hat  er  sich  nur 
in  den  Städten  ausgeprägt,  wo  bisher  allein  Sebasteia  und  Kaisareia 
nachweisbar  sind;  am  häufigsten  trifft  man  auf  Tempel  Hadrians. 
Jedoch  drängte  sich  der  Kaiserkult,  der  im  amtlichen  Kaisereid 
seinen  gewöhnlichsten  Ausdruck  fand,  im  täglichen  Leben  weniger 


346  PRIESTER   UND  TEMPEL. 

auf,  da  man  ihn  in  den  Urkunden  nicht  erwähnte  und  nur  den  ver- 
storbenen Kaisern  die  Bezeichnung  als  Gott  zukommen  ließ, 
ohne  sich  über  den  genauen  Sinn  des  römischen  divus  und  die  dazu 
führenden  Senatshandlungen  den  Kopf  zu  zerbrechen.  Der  Kaiser- 
kult, der  wiederum  die  Einheit  des  Reiches  darstellte  und  gemein- 
same Religion  aller  Reichsangehörigen  war,  hatte  im  Glauben  des 
Volkes  ebensowenig  Wurzel  wie  einst  der  Kult  Alexanders  und  der 
Ptolemäer,  sondern  blieb  amtlich  und  vermutlich  dem  Volke  eher 
noch  ferner,  zumal  da  ihm  der  Gott  selbst  noch  ferner  stand.  Zu 
einer  lebendigen  Religion  fehlte  ihm  alles  und  jedes.  Einzelne 
Ansätze  dazu,  wie  besonders  die  Aufnahme  des  Augustus  als  eines 
wahrhaftigen  Nothelfers,  sollen  an  späterer  Stelle  besprochen 
werden. 

Die  Ptolemäer  hatten  es  in  Ägypten  mit  einer  zahlreichen,  wohl- 
geordneten und  mächtigen  Priesterschaft  zu  tun,  die  auf  dem 
Ruhme  und  der  Überlieferung  von  Jahrtausenden  fußte  und  auf 
ihr  den  Göttern  eifrig  ergebenes  Volk  großen  Einfluß  ausübte. 
Wollte  der  König  das  Volk  beherrschen,  so  durfte  er  die  Priester 
weder  übermächtig  werden  lassen  noch  auch  vernachlässigen. 
Daher  fanden  die  ersten  Ptolemäer  den  Ausweg,  den  Göttern  alle 
Sorgfalt  zu  erweisen,  aber  die  Priester  in  fester  Zucht  zu  halten. 
Es  gelang  umso  eher,  als  die  vorausliegende  persische  Regierung 
den  ägyptischen  Göttern  oft  zu  nahe  getreten  war,  so  daß  sie  jetzt 
den  Vorteil  hatten,  manches  gut  machen  zu  können.  Sie  bauten 
Tempel  mehr  als  seit  Jahrhunderten  geschehen  war,  und  stellten 
damit  ihre  Ehrerbietung  gegen  die  Götter  des  Landes  zur  Schau; 
die  aus  ptolemäischer  Zeit  stammenden  Tempel  in  Dendera,  Edfu, 
Kom  Ombo  und  Philai  sind  in  anderem  Zusammenhange  schon 
genannt  worden.  Auch  machten  sie  zugunsten  der  Götter  reiche 
Stiftungen  aller  Art,  und  die  großen  Priesterbeschlüsse  der  In- 
schriften von  Mendes,  von  Kanopos  u.  a.  fließen  von  Dank  über. 
Auf  der  anderen  Seite  ließ  der  König  keinen  Zweifel  darüber,  daß 
nicht  die  Priesterschaft,  sondern  er  der  Vertreter  der  Götter  auf 
Erden  sei,  und  beanspruchte  in  diesem  Namen  das  Obereigentum 
des  gesamten  Götterlandes  {isQcc  yrj),  das  ebenso  wie  das 
Kleruchenland  zum  Königslande,  wenn  auch  zum  ,, abgetretenen 
Lande"  (Iv  dcpeosi  yfj)  gerechnet  wurde.  Er  beaufsichtigte  die 
Bewirtschaftung  des  Götterlandes  ebenso  wie  die  alles  sonstigen 
Ackers  und  machte  dies  sehr  ausgedehnte  Gebiet  seinen  Zwecken 
dienstbar;  wo  Vorrechte  der  Tempel  seinem  Nutzen  zuwiderliefen, 


PRIESTER  UNO   TEMPEL.  347 

griff  er  scharf  ein,  wie  die  starke  Einschränkung  der  Oel-  und 
Leinenmonopole  und  die  Übertragung  der  Weinabgabe  {ärtöfwiQa) 
auf  die  Göttin  Arsinoe  beweisen.  Alle  Vorrechte,  deren  die  Priester 
sich  weiter  erfreuen  durften,  waren  in  Wirklichkeit  königliche 
Gnaden,  und  die  Inschriften  des  3.  Jh.  a.  C.  lassen  ihre  Ab- 
hängigkeit deutlich  durchblicken.  Am  sinnfälligsten  trat  sie  zu- 
tage in  der  Pflicht  der  ägyptischen  Priesterschaft,  sich  zum  Ge- 
burtstage des  Königs  in  Alexandreia  einzufinden;  die  Inschrift 
von  Kanopos,  die  einen  bei  solcher  Gelegenheit  von  der  Priester- 
synode gefaßten  Beschluß  enthält,  spricht  mit  jeder  Zeile  die 
überragende  Machtstellung  des  Königs  aus.  Aber  schon  dem 
Epiphanes  konnten  die  Priester  in  der  Inschrift  von  Rosette  für  die 
Befreiung  von  dieser  Pflicht  danken,  und  wie  auch  sonst  seit  dem 
Ende  des  3.  Jh.  a.  C.  die  Ptolemäer  die  Zügel  sciileifen  ließen,  so 
vor  allem  den  Priestern  zuliebe.  In  den  Erlassen  Euergetes  II. 
wurde  nicht  nur  den  Göttern,  sondern  unmittelbar  den  Priestern 
vielerlei  eingeräumt,  wenn  auch  den  Worten  nach  immer  noch  die 
königliche  Gnade  es  war,  der  sie  solche  Gunst  verdankten.  Wie 
es  scheint,  hat  die  Priesterschaft  dem  sinkenden  Königtume  mehr 
und  mehr  Selbständigkeit  abgerungen;  während  das  ja  auch 
politisch  wichtige  Asyl  rech  t  in  der  ersten  Ptolemäerzeit  auf  wenige 
Tempel  beschränkt  war,  breitete  es  sich  zuletzt  beträchtlich  aus, 
das  Götterland,  das  durch  fromme  Stiftungen  wuchs,  geriet  mehr 
und  mehr  unter  die  selbständige  Verwaltung  der  Priester,  und  die 
alte  Macht  der  Priester,  der  Staat  im  Staate,  war  auf  dem  besten 
Wege  wieder  aufzuleben. 

Da  brach  das  Ptolemäerreich  zusammen,  und  Augustus  machte 
wie  allen  anderen  Hoffnungen  der  Ägypter,  so  auch  den  Ansprüchen 
der  Priester  für  immer  ein  Ende.  So  weit  man  bis  jetzt  sehen  kann, 
beschnitt  er  den  übermäßig  angewachsenen  Landbesitz  der  Tempel 
und  nahm  den  meisten  das  Asylrecht.  Vor  allem  aber  stellte  er 
an  die  Spitze  der  Priesterschaft,  der  Tempelverwaltung  und  des 
Kultus  einen  römischen  Ritter,  der  ganz  anders  durchgriff,  als  es 
die  Ptolemäer  je  getan  hatten.  Auch  in  Dingen,  die  lediglich  in  den 
Bereich  der  ägyptischen  Religion  fielen,  galt  nun  seine  Entscheidung, 
und  wie  sehr  man  seine  Aufsicht  fürchtete,  verraten  die  Papyri 
deutlich  genug.  Daneben  ließen  es  aber  auch  die  Kaiser  nicht  an 
Aufmerksamkeit  gegen  die  Götter  fehlen,  bauten  weiter  an  den 
ägyptischen  Tempeln  und  schützten  den  ägyptischen  Kultus. 
Die   Macht   der  aus   ptolemäischer   Zeit   überkommenen   Tempel- 


348 PRIESTER  UND  TEMPEL. 

Vorsteher  {eTtiordrrjQ)  wurde  gebrochen,  indem  man  sie  mehr  und 
mehr  durch  Kollegien  von  Ältesten  {rcQeoßvteQOL)  ersetzte,  gemäß 
der  allgemeinen  Neigung  der  römischen  Regierung,  die  örtliche 
Verwaltung  kollegial  zu  gestalten.  Die  Verleihung  eines  städti- 
schen Rates  an  die  Metropolen  zog  auch  den  Übergang  der  Tempel- 
verwaltung in  die  Hand  der  Stadtbehörden  nach  sich. 
Man  kannte  in  ptolemäischer  Zeit  drei  Klassen  der  Tempel, 
aber  nur  die  Zweiteilung  in  groik  und  kleine,  Haupttempel  und 
geringe  Tempel,  behielt  dauernde  Bedeutung.  Wie  viele  es  gab, 
lehrt  ein  Beispiel  wie  das  Fajumdorf  Kerkeosiris,  das  um  115/4  a.  C. 
zwei  Haupttempel  und  15  geringere  Tempel  besaß,  für  einen  Ort 
von  vielleicht  ein  paar  Tausend  Einwohnern  gewiß  sehr  beträchtlich. 
Aber  auch  an  den  Haupttempeln  war  zur  Kaiserzeit  nur  eine  be- 
stimmte Zahl  der  zahlreichen  Priesterstellen  von  der  Kopfsteuer 
befreit  und  damit  den  bevorrechteten  Ständen  zugezählt.  Die 
Priesterschaft  gliederte  sich  in  zwei  Gruppen,  deren  höhere 
amtlich  allein  auf  den  Priesternamen  {isQtlg)  Anspruch  hatte, 
den  freilich  die  niedere,  die  mit  den  Pastophoren  an  der  Spitze  alle 
Arten  von  Hilfsdiensten  begriff,  im  gewöhnlichen  Leben  auch  zu 
führen  pflegte.  In  allgemeinen  bestanden  in  der  höheren  Priester- 
schaft die  alten  Klassen  der  Erzpriester,  Profeten,  Stolisten,  Feder- 
träger und  heiligen  Schreiber  weiter,  nur  fielen  in  der  Kaiserzeit 
die  Erzpriester  fort,  so  daß  die  Profeten  an  die  Spitze  rückten. 
In  vier,  seit  238  a.  C.  fünf  Phylen  gegliedert,  versahen  die  höheren 
Priester  wechselnd  ihren  Dienst,  der  z.  T.  mit  besonderen  Ein- 
künften für  gewisse  Kulthandlungen  verbunden  war.  Die  Re- 
gierung verkaufte  oder  verpachtete  diese  sogenannten  gewinn- 
bringenden Priesterstellen  und  hielt  damit  wiederum  Mittel  zur 
Beherrschung  der  Priester  in  der  Hand.  Im  übrigen  zahlte  sie 
auch  in  der  Kaiserzeit  den  Priestern  ein  staatliches  Gehalt  {ovvccc^ig). 
Den  Zutritt  zu  dem  im  allgemeinen  erblichen  Stande  erlangte  der 
Priestersohn  durch  die  Beschneidung,  deren  Voraussetzung 
priesterliche  Abkunft  und  Freiheit  von  körperlichen  Malen  war; 
daran  änderten  die  Kaiser  ebensowenig  wie  an  der  Vorschrift 
ältester  Zeit,  daß  der  Priester  den  Kopf  zu  rasieren  und  nur  Linnen- 
kleider zu  tragen  habe.  Von  den  griechischen  Tempeln  und 
griechischen  Priestern  wissen  wir  so  gut  wie  nichts.  Namen 
wie  der  der  laQOTCoiol  in  Alexandreia  und  Ptolemais,  des  veo}y.6Qog 
beim  alexandrinischen  Sarapis  zeugen  für  sie,  wo  man  sie  so  wie  so 
voraussetzen     muß,    in    den    geschlossenen     Hellenensiedlungen. 


KULTUS.  349 


Ebenso  wurde  sicher  der  amtliche  Herrscheri<ult  von  griechischen 
Priestern  ausgeübt.  Aber  im  übrigen  können  wir  noch  i<;ein  Bild 
gewinnen,  und  vermutlich  traten  griechische  Tempel  und  Priester 
stark  hinter  den  ägyptischen  zurück. 

Auch  im  Kultus,  wie  ihn  die  Dokumente  erkennen  lassen,  be- 
gegnet uns  eigentlich  nur  ägyptisches  Wesen,  und  wo  wir  grie- 
chischen Kult  sehen  oder  zu  sehen  glauben,  scheint  er  ägyptisch 
beeinflußt  zu  sein.  Wie  in  ältester  Zeit,  ja  vielleicht  mit  besonderer 
Peinlichkeit,  setzten  die  ägyptischen  Priester  alle  heiligen  Formen 
des  Gottesdienstes  fort.  Wir  wüßten  aber  wenig  davon,  wenn  sie 
nicht  jetzt  an  den  Wänden  der  Tempel  inschriftlich  alle  Gebräuche 
verewigt  hätten,  die  in  diesem  oder  jenem  Räume  zu  dieser  oder 
jener  Zeit  vollzogen  werden  mußten;  besonders  reichhaltig  ist 
der  Festkalender  des  Horostempels  von  Edfu.  Selbst  ein  viel 
kleinerer  Tempel  wie  der  des  Soknopaios  am  Nordwestrande  des 
Fajum  beging  zahlreiche  Feste,  unter  denen  auch  der  Geburtstag 
des  Herrschers  neben  dem  des  Gottes  eine  Rolle  spielte.  An  solchen 
Tagen  wurden  die  Statuen  im  Tempel  gesalbt  und  bekränzt,  die 
Kapelle,  die  das  Kultbild  barg,  der  Naos,  vergoldet,  Weihrauch 
verbrannt  und  Kultlieder  gesungen,  wie  denn  jeder  größere 
Tempel  seinen  Chormeister  besaß.  Wenn  die  Götter  einander 
besuchten,  bekleideten  die  Stolisten  für  diesen  Auszug  (l^odeia) 
das  Kultbild  mit  prächtigen  Stoffen,  und  in  feierlicher  Prozession 
(xio^aaia)  trugen  die  höheren  Priester  die  Götterbilder  in  ihren 
Armen,  die  niederen  aber  die  Kapellen  oder  die  Barken,  deren  sich 
die  Götter  des  Stromlandes  für  ihre  Reisen  bedienten.  Von  den 
Kultbildern  der  griechisch-römischen  Zeit  kann  man  sich  zum 
Teil  nach  den  Terrakotten  eine  Vorstellung  machen,  da  sie  oft 
großen  Tempelstatuen  nachgebildet  sind,  wie  es  besonders  für  die 
merkwürdige  Erscheinung  des  Osiris  von  Kanopos  anzunehmen 
ist;  aber  in  den  meisten  Tempeln  dürfen  wir  nicht  diese  griechisch 
beeinflußten,  sondern  rein  ägyptische  Kultbilder  voraussetzen. 
Heilige  Bräuche  wie  die  Untersuchung  der  Opferstiere  auf  Apis- 
merkmale, die  Bekleidung  des  verstorbenen  Apis  und  Mnevis 
durch  eine  Linnenbeisteuer  aller  Tempel  genossen  den  Schutz  des 
römischen  Oberpriesters,  und  in  der  Kommission,  die  mit  der  Be- 
stattung des  Apis  zu  tun  hatte,  wirkten  griechische  Stadtbeamte 
mit.  Wie  getreu  alle  Regeln  des  ägyptischen  Gottesdienstes  noch 
in  römischer  Zeit  beobachtet  wurden,  lehrt  das  Götterdekret  über 
die  geweihten  Stätten  auf  der    Insel    Bigge  bei  Philai  mit  seinen 


350  EINZELNES. 


Opfergebräuclien,  den  365  Opfertafeln,  den  Milchspenden,  dem 
Verbot  der  Musik  und  jeden  Geräusches  an  den  heiligen  Tagen; 
ebenso  wird  der  Kultus  an  den  übrigen  Orten  geübt  worden  sein, 
wo  Glieder  des  Osiris  lagen.  Der  griechische  Kult  nahm,  soweit 
wir  überhaupt  etwas  sehen  können,  gewisse  Züge  vom  ägyptischen 
an,  z.  B.  die  Götterprozession,  die  nach  dem  Gnomon  des  Idio- 
logus  hier  auch  von  Laien  ausgeführt  werden  durfte;  die  Abweichung 
im  einzelnen  bestätigt  nur  die  Übereinstimmung  im  allgemeinen. 
Ebenso  macht  auch  der  Kult  im  Tempel  des  Jupiter  Capitolinus 
zu  Arsinoe  den  Eindruck,  als  sei  er  stark  ägyptisch  gefärbt.  Der 
Tempelgottesdienst  wurde  durch  Stiftungen  der  Frommen,  Land- 
güter, Getreidespenden,  Weihgeschenke  aller  Art  unterstützt;  die 
reichen  Tempelschätze,  von  denen  wir  lesen,  legen  Zeugnis  davon 
ab.  Überdies  sammelten  die  Priester  im  Lande  Kollekten  ein. 
Auch  die  Frömmigkeit  der  zahlreichen  Kultvereine  wird  teilweise 
den  Tempeln  und  ihrem  Kultus,  den  wir  etwa  offiziell  oder  kirch- 
lich nennen  dürfen,  zugute  gekommen  sein. 

Literatur:  Zur  ägyptischen  Religion:  Ad.  Erman,  Die  äg.  Religion^.  H.  Ranke, 
Äg.  Texte  (in :  Altoriental.  Texte  und  Bilder  ed.  H.  Greßmann,  1 180ff).  G.  Roeder 
Urkunden  zur  äg.  Religion,  Jena  1916.  Für  die  Mischreligion  der  griech.-röm. 
Zeit:  W.  Weber,  Drei  Untersuchungen  zur  äg.-griech.  Rel.  Derselbe,  Die 
ägyptisch-griechischen  Terrakotten,  Berlin  1914.  Im  Allgemeinen:  Wilcken, 
Grundziige,  sowie  die  Auswahl  von  Texten  in  seiner  Chrestomathie.  Otto, 
Priester  und  Tempel  im  hell.  Äg. 

Anerkennung  der  Ortsgötter  P.  Fay  127:  tb  nQosycvvtjfid  oov  nouö  xad-' 
fxäoxTjv  fjfiifiar  naqa  roii  h&dSe  ü-eois.  Vgl.  BGU  II  632.  P.  Leipzig  110  Brief 
aus  Caesarea  in  Palästina:  tö  Tzoooxvrrj/nd  aoi  (sie)  ^ouo  Ttatjä  lois  (sie)  sTiiisvov/ue 
d-eois.  Auch  bei  Meyer,  Gr.  Texte  aus  Äg.,  Nr.  20:  na^ä  roes  srci^svofvjtiai  dsoig, 
vgl.  Meyers  Bemerkung  dazu.  Das  Verhältnis  des  5.  Jh.  a.  C.  zu  den  äg.  Göttern 
stellt  Herodot  dar.  Für  die  Typen  der  Götter  ist  Webers  großes  Werk  bahn- 
brechend, nicht  nur  durch  die  Behandlung  der  Terrakotten,  die  der  Verf.  zum 
großen  Teile  auf  die  großen  Kultbilder  zurückführt,  sondern  auch  für  die  Vor- 
stellungen jener  Zeit  von  den  einzelnen  Göttern.  Erman  a.  a.  O.  geht  leider 
auf  die  gr.-röm.  Periode  wenig  ein,  und  was  er  bietet,  besteht  in  beachtenswerten 
aber  nicht  verarbeiteten  Einzelheiten.  Für  die  Göttergleichungen  ergeben 
die  Inschriften  (OG.  1  und  II)  mehr  als  die  Papyri.  Für  den  Gott  Antaios 
von  Antaiopolis,  OG.  1  109,  fehlt  noch  der  ägyptische  Name  und  damit  das 
Wesentliche.  Kataraktengötter  OG.  I  130.  Athena-Thoeris  öfters  in  den  P.  Oxy. 
Kronos-Soknebtynis  in  Tebt.  II,  Kronos-Petensetis  OG.  I  130.  Ares-Onuris 
siehe  Weber.  Wohl  nur  lokal  ist  auch  Prometheus- Iphthimis  Hib.  I  27.  Äg. 
Gleichungen:  Chnum-Ammon  OG.  I  130.  Isis-Bubastis  u.  a.  Der  Krokodil- 
gott des  Fajum  heißt  äg.  Sobk.  Wie  sehr  auch  in  den  Mischgestalten  das  äg. 
Wesen  überwiegt,  zeigen  die  Darstellungen  der  alexandrinischen  Nekropole 
Kom  es  suqafa;  vgl.  die  Publikation  von  E.  v.  Sieglin,  Text  und  Tafeln.  Auf- 
gabe wäre:   die  äg.  und  die  gr.-äg.  Gleichungen  darzustellen,  ihren  Geltungs- 


EINZELNES.  351 


bereich  zu  ermitteln,  allgemeine  und  örtliche  zu  scheiden,  Kulte  und  Volkstum 
der  Weihenden  zu  untersuchen.    Vgl.  Fl.  Petrie,  The   Geography  of  the  Oods 
(Ancient  Egypt  1917  III  109).     Sarapis:  nach  Wilckens  Darstellung  in  den 
Grundzügen  ist  die  Frage  durch  Sethe  wieder  in  Fluß  gekommen:  Sethe,  Sarapis 
und  die  sog.  y.äio/oi  des  Sarapis.    .Abh.  Gott.  Ges.  d.  Wiss.  1913.      Dagegen 
Wilcken,  Arch.  f.  P.  VI  184,  hierauf  wieder  Sethe,  GGA.  1914,  385ff.     Ein- 
führungslegende, Traum  des  Ptolemaios:  Tacitus,   Hist.    IV  83ff.     Plutarch, 
de  Iside  28;  sollert.  anim.  3ü.   Wilcken  erklärt  den  Namen  Sarapis  aus  Osorapis, 
dem  verstorbenen,  seligen  Apis;  ich  folge  Sethes  Deutung.  Typus  des  Sarapis: 
ein  bärtiger  griech.  Kopf,  dem  Zeus  verwandt,  mit  dem  Modius.     Genaueres 
bei  Weber.    Das  ursprüngliche  Kultbild  galt  als  Werk  des  Bryaxis.    Fraglich 
ist  vieles,  z.  B.  gleich  Anfangs,  wie  es  möglich  war,  daß  Sinope  ein  Kultbild 
des  Pluton  hergab.     Eine  zusammenfassende  Erörterung  ist  von  Wilcken  in 
den  Urkunden  der  Ptolemäerzeit  zu  erwarten.     Die  griechische    Seite   des 
Sarapis  zeigt  sich  auch   im  alexandrinischen  Demotikon  l^uoanideioi ;  außer 
diesem  und   VoiÖeioi  kommen  äg.  Götternamen  hier  nicht  vor.     Die  Alexan- 
driner ließen  sie  also  als  griechische  Götter  gelten.    In  röm.  Zeit  ist  der  vewxöQos^ 
des  Sarapis  ein  vornehmer  Hellene,  hoher  Beamter  u.  dgl.    Agathos  Daimon 
vgl.  Weber;  er  heißt   Tutrdoeioi   Arch.  f.  P.  II  566  Nr.  125.    Häufig  ist  Zeus- 
Helios- Sarapis.      Vgl.    W.  Weber,     Drei     Untersuchungen.    Griechisch    sieht 
auch    Sarapis    Polieus    in    XoTs    und    in    Koptos    aus,  aber    der    Kult    war 
wohl   ägyptisch.    Sarapis   ist   der   Gott  Alexandreias,  während  die   politische 
Gemeinde   der  Alexandriner  im    y.riarr]i:  "AWiaiboo^    ihren   Schutzherrn    sieht 
und  das  Ptolemäerreich    amtlich    den    Reichsgott   Alexander    an    die    Spitze 
stellt.  Über   die    Weltbedeutung  des  Sarapis   vgl.  Erman.   In   der    Kaiser- 
zeit wird  das   TiQosy.vvrifia   beim  Sarapis  in  Briefen  häufig  erwähnt.    Die  alex. 
Hellenen  nehmen  sein  Bild  nach  Rom  Oxy.  X  1242  (Seite  153/4).    Brief  des 
Apion:  Wilcken  Chr.  480.    Kaiser  Commodus  war  cfdoodouTm.    Lampen,  Terra- 
kotten, Namen  wie  Sarapion  und  Sarapias  zeugen  von  der  Verbreitung  des 
Sarapis-Kultes.     Isis:    im    allg.    Weber.    'laig  uvoicowfio^   z.  B.  OG.   II  695. 
Der   große  Isishymnus  Oxy.  XI  1380,    Anf.  2. Jh.  p    C,    ist   Seite  156   kurz 
besprochen  worden.     Einige  Bezeichnungen  der  Göttin  gehen  deutlich  auf  äg. 
Vorstellungen  zurück,  z.  B.  /.(OTO(f6oos.  yi7töuoo(fOi.  fj'/.iov  övoua.    Merkwürdig 
ist  ihr  Name   uovnavaycoyb?  in  Kanobos.  also  eine  Verbindung  mit  den  rein 
griechischen  Musen.    Auf  andre  schwer  deutbare  kann  ich  hier  nicht  eingehen. 
Ihr  Kult  im  Auslande  ist  wesentlich  äg.,   wie  neben  Schilderungen   und  Dar- 
stellungen (z.  B.  V.  Bissing,  Notes  on  some  paintings  from  Pompei  recurring 
to  the  cult  of  Isis)  die  Versuche  der  Griechen,  sie  allegorisch  zu  deuten,  am 
besten  erweisen,  so  Plutarch,  de   Iside.     Verehrung  Sterblicher;  Imhotep 
öfters  genannt,  seine  Statuetten  sind  verbreitet.    Bios  des   Imuthes-Asklepios 
Oxy.  XI  1381  siehe  Seite  157/8.     Die  große  Bedeutung  des  Asklepios  in  jener 
Zeit  hat  wohl  seinem  äg.  Ebenbilde  Verbreitung  bei  den  Griechen  verschafft.. 
Phramenis  Wilcken,  Grundzüge    106.     Pramarres:  Rubensohn,    AZ.  42,    111. 
Petesuchos  Plin.  n.  h.  36,  84.    Wilcken  Chr.  3.  Tebt.  I  62  u.  öfters,  meistens 
mitPnepherös  zusammen  genannt.  Totengötter:  Anubis  siaeßris  fO-nöip  x-fjov^ 
Soc.  Ital.  I  28,  24.  Petempamentis  =  der  des  Totenreichs,  OG.  I  130.  Onnöfris 
sehr  beliebt    als  Personenname.     Tierkult:    überall  Gräber  von  Falken  und 
Ibissen;  Dokumente  über  ihre  Bestattung:  Prinz  Joachim  Ostraka.    Schakale:. 


352  EINZELNES. 


Wilcken,  Arch.  f.  P.  VI  222.  Bock  vgl.  Mendesstele.  Apis  vgl.  Wilcken 
Chr.  85.  86.  Tebt.  I  5  =  Wilcken  Chr.  65,  77.  OG.  I  56.  90  und  viele  andere 
Zeugnisse.  Andere  heilige  Stiere:  Mnevis  in  Heliopolis.  Buchis  in  Hermonthis: 
Spiegelberg,  Arch.  f.  P.  I  339.  Plaumann,  Arch.  f.  P.  VI  219;  Sarapeum  in 
Memphis  mit  Apisgräbern,  die  noch  erhalten  sind.  Totenklage  der  SiSvfiai. 
vgl.  die  Sarapeumspapyri,  bes.  Paris.  55^'^.  Schaustellung  heiliger 
Tiere:  Strabo,  Wilcken  Chr.  3.  Erst  nach  dem  Tode  wird  das  is^öi'  ^mov 
ein  Gott;  das  dem  Namen  vorgesetzte  Osor  zeigt  die  Apotheose  an 
(Wilcken),  der  Name  des  Osiris  ist  darin  enthalten.  Überall  pflegte  man 
die  heiligen  Tiere  in  ißuov  TQOfai,  bestattete  sie  in  ißioTatpeia,  leQayisza, 
"Avovßisia  usw.  Mythen  von  Hathor-Tefnut:  Junker,  Der  Auszug  der  Hathor- 
Tefnut,  Abh.Berl.  Akad.  1911.  Dazu  Spiegelberg,  Der  äg.  Mythus  vom  Sonnen- 
auge, S.  B.  Berl.  Ak.  1915.  Sethe,  Zur  altäg.  Sage  vom  Sonnenauge  (Unter- 
suchungen zur  Gesch.  u.  Altertumskunde  Ägyptens  V  3). 
Griech.  Götter.  Die  alex.  Schwurgötter:  P.  Hai.  I  214ff.  Die  dionysischen 
Techniten  in  Ptolemais  OG.  I  50.  51.  DiePtolemäer  führten  ihren  Stammbaum 
auf  Dionysos  zurück;  besonders  Philopator  war  Verehrer  des  D.  In  diesen 
Zusammenhang  gehört  auch  der  Vorrang  der  dionysischen  Phyle  in  Alexandreia. 
Perdrizet,  Bull.  Soc.  Arch.  Alex.  12,  53.  Vgl.  Arch.  f.  P.  V  86ff.  Hierzu  kommt 
als  wichtigstes  Zeugnis  der  Erlaß  Philopators  über  die  Mysterien  des  Dionysos: 
Amtl.    Berichte    aus    d.    Kgl.    Kunstsamml.    1916/17    p.    189 ff.:  Baa[d]i(os 

n^oord^aPTofsJ  tovs  aarä  rrjv  '/w^av  'ie%ovvT:a[s]  icöi  zJioviiacot  naiaTiXelv  eis 
AXef^  IdvS^eiav,  tovs  /hhv  eu>s  Navy^drefos]  d(f  rjs  fjfieQas  TÖ  ■n.QÖsTayua  e^yenai 
SV  TjfieQais  «,  rovi  Se  endvo)  jVavxodrscos  sv  t)fte^ai[sj  y,  xai  d7ioy()d(fEad' [ail  Tt^ds 
A()tOTÖßovXov  eis  rb  y.araXoysloP  [o.]ff^  vf^J  ^*^  rjfiEQas  nafjayivmvrat,  ev  r]fi[e(>]ais 
T^ftjaiv,  8iaaa<fstv  Se  eid'icos  xal  7i[a^d  Tilvcov  7ia^eiXri<faai  ta  lequ,  ecos  yevsfcäv 
r^ijwr  y.al  SiSörai  rov  ieQOt'  Xöyov  l[a(f  ]Qayia[fievo7'J  smyfidtpavra  exaar[ovJ  tö 

avfrojv  oi'oitn.  Versammlung  aller,  die  in  die  dion.  Mysterien  einführen; 
jeder  hat  nachzuweisen,  von  wem  er  die  Lehre  empfangen  hat  bis  zur  3,  Gene- 
ration aufwärts,  und  die  heilige  Lehre  selbst  versiegelt  einzureichen.  Zweck: 
Unbefugten  soll  das  Handwerk  gelegt,  eine  einheitliche  Mysterienlehre 
durchgeführt  werden.  Es  ist  ein  merkwürdiges  Beispiel  für  das  sonst 
ganz  ungriechische  Bestreben,  ein  Dogma  festzulegen,  erklärlich  aus  der 
Leidenschaft  Philopators  für  den  Dienst  seines  Gottes,  ein  Vorläufer  der 
später  sich  verstärkenden  dogmatischen  Richtung  in  den  Mysterien- 
religionen. Näheres  in  der  Publikation.  Reitzenstein,  Arch.  f.  Religions- 
wissenschaft 19,  191:  es  handle  sich  um  Überwachung  von  Geheimkulten 
außerhalb  Alexandreias.  Vgl.  auch  Wilamowitz,  Nordionische  Steine  14/5 
(Abh.  Berl.  Ak.  09).  Dioskuren  auf  alex.  Münzen.  Mitteis  Chr.  42. 
Wilcken  Chr.  94.  903  Oxy.  XI  1380.  BGU  1248.  Oxy.  II  254  usw.  Ares 
OG.  I  86.  Artemis  OG.  I  18.  53.  Asklepios  OG.  I  98.  Asklepioshymnus  von 
Ptolemais,  100  p.  C,  Revue  archeol.  1889,  70  und  Wilamowitz,  Nordionische 
Steine  43/4  (Abh.  Berl.  Ak.  09).  Athena  OG.  I  120.  Demeter  OG.  I  83.  Petr. 
III  97.  Giss.  18.  Hera  Oxy.  X  1265.  Herakles  OG.  I  53.  Hermes  Arch.  f.  P. 
II  548  Nr.  26.  Nemesis  Arch.  f.  P.  II  566.  Nr.  126.  Lefebvre,  Annales 
du  Service  des  Ant.  191.3,  96.  Leto  BGU  IV  1095,  7.  Poseidon  Arch.  f.  P. 
II  94.  Pan  OG.  I  70.  71.  72.  132.  Tyche  Oxy.  III  507  (vgl.  aber  Isis-Tyche). 
Zeus  OG.  I  05.  103.    Mitteis  Chr.  203.     Diese   Auswahl   muß    hier    genügen. 


EINZELNES.  353 


FreilassLin jsformel  z.  B.  Mitteis  Chr.  305:  klevd-eou  äfir]fu  vnb  J'm  Ffiv 
'Ehov,  wobei  die  Vorstellung  „Himmel,  Erde,  Sonne"  sehr  hervortritt;  vgl.  auch 
Oxy.  XII  1482.  Der  Gnomon  des  Idiologos  besagt,  daß  in  den  „hellenischen 
Tempeln"  auch  Laien  (tSiänui)  an  der  niofiaoia  Teil  nelimen  dürfen.  Es  gab  also 
einen  ausgeprägten  Unterschied  hellenischer  und  ägyptischer  Tempel,  ihr  Kultus 
war  nicht  gleich,  aber  die  hellenischen  Tempel  hatten  die  ägyptische  v.iouaaia^ 
die  Göttcrprozession,  übernommen,  die  ja  auch  der  Tempel  des  Jupiter  Capi- 
tolinus  in  Arsinoe  kennt.     Lukian,  deorum  concilium  10:  der  Redner  Momos 

sagt:  ov  Se,  2i  y.vvon^öaco7ie  y.ai  atvSöaw  iaiakfievB  AiyÖTizie,  ris  si,  di  ßelxiare^ 
T]  Tißs  d^iois  d'eös  eivai  vXuxTöiv;  ri  Ss  ßovlöfisvos  xal  6  Ttoiy.ü.oi  ovros  ravQos 
6  MeiKfixrjs  Tioosy-vt^Etrai  y.al  y^^ä  y.ai  ■7ii)o(frixai  eysi;  alax^fofiai  Se  YßiSus  y.oii 
Tii&Tjxovg  eiTTsZv  y.ac  rodyovg  y.ai  odXa  TtoXXcö  yeXoioiEoa  ovy.  alS'  öncog  £^  AiyvTTTOv 
Tta^aßvad'ivra  es  tÖv  ovpavöv,  a  vusli^  Si  d'eoi,  7iü)i  dve'/ead'B  öpcävTes  etc  'laTjg 
ij    y.al   fiäXXov    vfiüiv   TiQOinvvov/ieva;    ?/   öv,    d)    Zsv,     ncSg    cfkoeis,    eTisiSäf    y.Qiov 

xeQara  fvaioai  aoi;  Zeus  gibt  das  7u,  meint  aber,  das  meiste  daran  sei  rätsel- 
haft yal  o-i)  Tidiv  yoi]  xaTayelüv  duvrjroi'  ovza.  Er  will  die  Kritik  der  äg. 
Götter  auf  ein  andermal  vertagen. 

Andre  orientalische  Kulte:  Adonis  Petr.  III  142.  Theokrit  15.  Agdistis: 
Weber  a.  a.  O.  170.  OG.  I  28.  »ed  Iv^ia  bes.  Magd.  2  und  OG,  II  733;  es  scheint 
eine  Makedonenfamiiie  zu  sein,  die  diesen  Kult  besonders  pflegte.  Vgl.Atargatis 
Oxy.  XII  1449.  Syrische  Götter  Arch.  f.  P.  II  448  Nr.  82.  450  Nr.  87.  Astarte 
vgl.  das  Astartieion  im  memphitischen  Sarapeum..  Sarapeumspapyri.  Samo- 
thraken:  OG.  I  69.  Phrygische  Götter  OG.  II  658.  Kleinasiat.  Kult  Giss.  99. 
Mithras:  Darstellung  und  Weihung  auf  einem  Steine  des  Berl.  Museums. 
Ferner  Dieterich,  Eine  Mithrasliturgie  1903.  Nur  eine  schwache  Andeutung 
enthält  Oxy.  X  1278. 
Saturnalien  Oxy.  1122.  Fay.  119.  Jupiter  Capit.  in  Arsinoe  ;  Wilcken  Chr.  Jß. 

Constit.  Anton.  Mitteis  Chr.  377  roiyaoovv  voui^co  [oJütco  fie[yalonQe7icög  y.al 
EvasßJcDg  Sv[vajad'ai  tTj  fieya/.eiföJrrjTi  aiirmv  tb  iy.avbv  Ttoi[eTv^  si  rovs  ^h'ovg, 
oajdy.ig    sdv    vfTiJsiaeld'fcooJci^    eis  tovg  e/tiovg  dvfd'^JcoTiovs,    [eis    rag  d'pr^ay.eias 

Tc3]v  d-sav  avve7iEvsy[y.oi]fii.  Über  Decius  Vgl.  im  folgenden  die  Behandlung 
des  Christentums. 

Herrscherkult:  Wilcken,  Grundzüge  97ff.,  117ff.,  wo  auch  die  Lit.  angeführt 
wird.  Beachtenswert  ist,  daß  Makedonien  den  hellenistischen  Herrscherkult  nicht 
mitmacht.  Den  Unterschied  des  'Ale^ai'Soog  y.Tiarr^g  vom  Reichsgotte 
Alexander  hat  Plaumann,  Arch.  f.  P.  VI  77  entwickelt.  Urkundenprotokolle 
und  eponyme  Priester  Plaumann,  Hiereis  V  in  Pauly-Wissowa-KroU,  Real- 
Encycl.,  w'o  alles  einzelne,  auch  über  den  Herrscherkult  selbst,  eingehend  er- 
örtert wird.  Vielleicht  hat  Philadelphos  sich  schon  bei  Lebzeiten  der  Arsinoe 
mit  ihr  als  9't<n  'Adelifoi  verehren  lassen.  Die  Beinamen  der  Ptolemäef  sind 
als  Kultnamen  aufzufassen,  ^soi  E-öe^yerai,  d-eol  <t>i).ondToi)sg  usw.  Ver- 
hältnis der  demotischen  Protokolle  zu  den  griechischen:  Plaumann,  k'L.  50, 
19.  Beispiele  der  Protokolle  Wilcken  Chr.  lOSff.;  ferner  Plaumann,  Hiereis. 
Königseid  Wilcken  Chr.  110.     Plaumann,   Gr.   Pap.   der  Slg.  Gradenwitz  4 

(S.  B.  Freib.  Ak.  1914  Nr.  15):  Oj.ivvo)  ßaaü.fiaUxo'Uuatov  töv  ex  ßuailrjoJi  (lic) 
ÜToXe/J-aiov  xal  ßaaiXiaaav  Beperiy.r][vJ  xal  ü'eovi  'ASaXfOvi  xai  ü'sovs  Eispyerag 
rovg   rovTcov    yoveZi    y.al   ttjv  Elaif    xal    top    Eapämv    xal   rove   äXlovi    eyxcooiovs 

S-eovs  ndvras  xal  &ed[gj  Ttdaag  tj  ar]v  usw.    Priester  und  Priesterinnen  aus  den 

Schubart,  Papyruakunds.  23 


354  EINZELNES. 


Hof  kreisen:  Plaumann,  Hiereis  und  KHo  XHI  1.  Mitgötter  =  O'soi  avwaoi. 
Kaiserkult  in  den  Städten:  Blumenthal,  Der  äg.  Kaiserkult,  Arch.  f.  P.  V 
317.  Für  den  Kaiserkult  im  allg.  Stein,  Untersuch,  zur  Gesch.  u.  Verwaltung 
Ägyptens  unter  röm.  Herrschaft  Stuttgart  1915,,  p.  16—33.  Ryl.  II  135.  149. 
Kaisereid  vgl.  Oxy.  XII  1453  (30/29  a.  C.)   Kaianpa    d-ebr   ey.    d-eov.      Ferner 

Wilcken   Chr.  111.   113.      SOC.    Ital.    III   162    o/nvvco   ti^p  rc3v  -kvq'hov  f]/j.t3v  Faioi 
Ai)Qt]liov     OvaXe^iov    -lioxXrjriavov    xal  Mä^xov  A-ii^rjXiov    OvuXe^iov    Ma^i/uiavov 

Kaiodoioi'  SeßaoTi5[v]  rvxr]v  (=  genium).  Kaiserkultverein  Wilcken  Chr.  112. 
Priester  und  Tempel:  grundlegend  W.  Otto,  Priester  und  Tempel  imhellenist. 
Äg.  1905/08.  Wichtige  Berichtigungen  der  Auffassung  gibt  Rostowzew,  GGA. 
1909,  603  ff.  Erinnerung  an  die  Perserzeit  in  der  Inschrift  von  Kanopos. 
Über  die  ^>'  äfiaei  yfj  Wilcken,  Grundzüge  271;  vgl.  Kap.  18.  Über  die  Tempel- 
monopole und  die  anöfioi^iu  Wilcken,  Grundzüge  94/5.  Rostowzew  a.  a.  O. 
Das  Tempelland  der  großen  Heiligtümer  war  sehr  beträchtlich,  z.  B.  das  des 
Horos  von  Edfu,  während  die  it^ä  y^  des  Fajumdorfes  Tebtynis  nur  300  Aruren 
in  einer  Dorfgemarkung  von  4700  Aruren  betrug,  Tebt.  I  60  (118  a.  C).  Asyl- 
recht- Der  Altar  schützt  das  Haus:  Wilcken  Chr.  449.  Über  die  Verleihung 
OG.  II  761.  Wilcken  Chr.  65.  70.  Ferner  Bull.  de.  l'Inst.  Egyptien  1912,  p.  176: 
Asylinschrift  von  Euhemereia  im  Fajum,   1.  Jh.  a.  C:  övroi   äovXov   ^rjSsvdg 

eisßia^ofievov    fi,riTS    rovs    ev    icö    le^aJ    Is^eis    y-al    TtaarOfö^ovs   y-al    rovg   äXXovg 

Tta^evo/XovvTos.  Es  kommt  also  hier  nicht  an  auf  den  Schutz  solcher,  die  im 
Tempel  Zuflucht  suchen,  sondern  auf  die  Sicherung  der  Tempelangehörigen. 
Man  sieht,  wie  die  Asylie  sich  zu  einem  Ausnahmerechte  für  die  Priester  aus- 
wächst. Vielleicht  hat  Augustus  besonders  deswegen  so  scharf  eingegriffen. 
Ein  Erlaß  Philopators  gegen  Mißbrauch  des  Asylrechts  in  einem  unpubl.  Berl. 
Papyrus  scheint  sich  gegen  die  dort  Schutz  suchenden  Übeltäter  zu  richten; 
damals  hatte  das  Asyl  wohl  noch  seinen  eigentlichen  Sinn.  Vgl.  Paris.  42;  daß 
es  nicht  unbedingt  schützt,  zeigt  Paris.  10.  Häufig  wird  in  Bürgschaften 
darauf  hingewiesen:  Mitteis  Chr.  353,  vgl.  auch  Wilcken  Chr.  330.  Oxy. 
X    1258;    im    Königseide    P.    Gradenwitz    4     cd.  Plaumann     (siehe     oben): 

aaeod'ai  re  sfi^ai'ffjj  liXiTä^fxcoi  y.a'i  toisJ  Ttao'  [aiijTov  e^co  le^ov  y.ai  ßcofiov 
xal  isfievovs  yal  Ttdarjs  [ayJsTTrjs.        Das     Amt     des    äoxie^evs    'AXe^avö^eiag     xa'e 

AiyvTtTov  ndar}s  war  mit  dem  des  Idiologus  verbunden;  daher  enthält  der 
Gnomonpapyrus  auch  einen  Abschnitt  über  Priester  und  Tempel;  darin  auclv 
Bestimmungen  ohne  fiskalischen  Hintergrund,  lediglich  zum  Schutze  des  Kultus. 
Dem  Idiologus  unterstanden  ägyptische  wie  griechische  Tempel. 
Über  Organisation  der  Priesterschaft,  Klassen  der  Tempel  usw.  vgl. 
Otto  sowie  Wilckens  Grundzüge.  Wesentlich  ist  der  Unterschied  der  Xöytfia. 
ieod  von  den  eXäaaova  ts^d.  Tempel  von  Kerkeosiris:  Wilcken  Chr.  67.  Das 
leobf  Xöycfiov  des  Soknebtynis  =  Kronos  hatte  nach  Wilcken  Chr.  90  im  Jahre 
107/8  p.  C.  50  kopfsteuerfreie  Priester.  Der  Profet  sollte  wohl,  bes.  in  ptol. 
Zeit,  Grieche  sein  oder  scheinen:  Amh.  11  56.  BGU.  IV  1196.  Vgl.  den 
maked.  Lesonis  in  Euhemereia,  BuU.  Inst.  Eg,  1912,  .176.  Zu  den  niederen 
Priestern  gehören  auch  Choachyten,  die  unter  sich  Orden  bildeten  mit  Regeln, 
die  in  demot.  Papyri  erhalten  sind,  und  alle,  die  mit  den  Toten  zu  tun  hatten, 
auch  die  Wärter  und  Bestatter  der  heiligen  Tiere;  ebenso  die  Zwillinge  des 
Sarapeums,  die  Hierodulen  (z.  B.  Hibeh  1  35.  Paris.  30.  Wilcken  Chr.  332. 
492),  dazu  Tempeldiener  und  Handwerker,  z.  B.  XvyvdTtzai  Oxy.  1453.  1550  usw> 


EINZELNES.  355 


Der  Tempeldienst  heißt  letrov^yia,  ein  gewinnbringendes  Amt  /«'(>«=,  die 
Diensttage  rjfie^ai  kemov^ymai,  man  verkaufte  und  vererbte  sie;  vgK  Wilci<en 
Chr.  65.  Verkauf  der  gewinnbringenden  Stellen:  nach  dem  Gnomon  des 
Idiologus  handelt  es  sich  damals  (Mitte  des  2.  Jh.  p.  C.)  um  einen  Teil  der 
Profetien  und  alle  Stolistenstellen.  Vgl.  die  Urkunden  in  Wilckens  Chr.  Die 
Beschneidungserlaubnis  wird  durch  Hadrians  allg.  Verbot  der  Beschneidung 
in  besonderes  Licht  gesetzt;  Wilcken  Chr.  74ff.  Schürer  I  G77.  Tracht  der 
Priester  Wilcken  Chr.  114,  bestätigt  durch  den  Gnomon  des  Idiologus.  Ringe 
der  Priester  OG.  1  56.  Tracht  der  Priesterinnen  ebenda. 
Kultus.  Zum  Festkalender  von  Edfu:  Erman,  Äg.  Rel^.  Feste  in  Soknopaiu 
Nesos:  Wilcken  Chr.  92  und  Wessely,  Karanis  60:  Geburtstag  des  Soknopaios, 
Hochzeit  der  Isis  Nepherses  usw.  Für  ihren  Zuschnitt  vgl.  luvenal  Sat.  15,  38ff. 
Oxy.  m  525.  Daneben  die  offiziellen  Feste:  Wilcken  Chr.  9G.  Salbung  und 
Bekränzung  der  Statuen  Wilcken  Chr.  96.  OG.  I  90.  Vergoldung  des  Naos 
Wilcken  Chr.  93.  Weihrauch  Wilcken  Chr.  92.  93.  Kultlieder  OG.  II  737.  Chor- 
meister (o8o8i8äox(dos.  Bekleidung  (atolioftbi)  der  Götter  Mitteis  Chr.  36. 
Wilcken  Chr.  92.  s^oSeia  der  Götter  OG.  I  56.  Die  verschiedene  Stellung  der 
höheren  und  niederen  Priester  bei  der  y.couaaia  ergibt  sich  aus  dem  Vergleiche  der 
Inschrift  von  Kanopos,  wo  die  Priester  die  Götter  ev  rais  ayy.älan  tragen,  mit 
den  Bestimmungen  des  Gnomon  über  die  Pastophoren.  Vgl.  auch  Oxy.  X  1265. 
Bei  der  Beharrlichkeit  des  Kultus  darf  man  so  weit  auseinander  liegende  Zeug- 
nisse in  Verbindung  setzen.  Zur  Götterbarke  vgl.  Weber  a.  a.  O.  Ebenda 
über  den  kanopischen  Osiris.  Siegelung  der  Opferstiere,  vgl.  Wilcken  Chr. 
87.  88;  zur  Linnenbeisteuer  für  Apis  und  Mnevis:  ebenda  85.  86;  auch  der 
Gnomon  berührt  beide  Punkte.  Osiriskult:  Junker,  Das  Götterdekret  über 
dasAbaton,  Denkschr.  Wien.  Akad.  56  (1913).  Griechische  y.iofwoia:  Gnomon 
86:  Ei'  " El'i.r^riy.oii  itooii  slbv  l^ubian  y.wuüKeiv.  Jup.  Capit.  Wilcken  Chr.  96. 
Stark  ägyptisch  muß  auch  der  Kult  in  derNekropole  vonKom  es  suqafa(Alexan- 
dreia)  gewesen  sein,  wie  die  Darstellungen  zeigen:  E.  v.  Sieglin,  Ausgrabungen 
in  Alexandreia.  Stiftungen,.  Weihgeschenke  usw.  vgl.  Otto  a.  a.  O.  Große 
Liste  von  Weihgeschenken  Oxy.  XII  1449.  Wilcken  Chr.  65  Erlaß  Euergetes 
II,  auch  über  die  Stiftungen.  OG.  I  177.  179  --^  Wilcken  Chr.  168  u.  a.     Bull. 

Inst.  Eg.  1912  VI  176,     'ATroklojdvrji   Bitovo-;  'Avri0Z£v=    rcöv  ä   (7t(>ci)r(ov)    filcoy 

xal  xiKidQ%o)v  (ydiaQxos)  loyxoföQmv,  also  ein  hoher  griechischer  Offizier,  erbittet 
das  Asylrecht   für    den  Tempel    der   Krokodilgötter   in  Euhemereia,    t-daeßäjs 

diay.eifisvog  Ttoos  tÖ  d'etoi'  y.al  TiQoaiuovfievos  dvoiy.oSofifjaai  rovro  (^SC.  tö  h^bv) 
avf    Tol    TTsoißölcp,     äfc(&£iiru     §h    y.al    vfi&v     iwv     flSYia^:co^     ßaoilscof     stxoras. 

Man  sieht  das  nahe  Verhältnis  der  Griechen  zu  rein  äg.  Göttern.  Tempel- 
schätze siehe  Otto.  Die  Tempel  verdienten  auch  durch  gewerbliche  Unter- 
nehmungen. Kollekten:  Tebt  I  6.  Hibeh  I  77.  Kultvereine  aller  Art  bei 
San  Nicolö,  Äg.  Vereinswesen  I,  11  ff.     München  1913. 

Götter,  Tempel  und  Priester,  Kirche  und  Gottesdienst  fielen  damals 
ebenso  wenig  wie  zu  irgend  einer  anderen  Zeit  mit  dem  Glauben 
und  der  Frömmigkeit  zusammen.  Gerade  in  den  letzten  Jahr- 
hunderten vor  Christi  Geburt  und  den  ersten  der  Kaiserzeit,  etwa 
bis  zum  Jahre  200  p.  C,  ging  durch  die  Welt  eine  mächtige  religiöse 

23* 


356        KULTMAHL.  TEMPELSCHLAF.  ORAKEL. 

Bewegung,  die  sich  keineswegs  durch  diepriesterHche  und  staatUche 
Religion  befriedigt  fühlte.  Das  Verlangen  nach  einem  persönlichen 
Verhältnisse  zu  den  Mächten,  die  das  Leben  lenken,  entzieht  sich 
zwar  gern  der  Außenwelt,  so  daß  man  seiner  viel  schwerer  habhaft 
werden  kann  als  der  öffentlichen  Religion,  aber  es  fehlt  doch 
gerade  in  den  Tausenden  von  Urkunden  und  besonders  in  den 
Briefen  dieser  Zeit  nicht  an  Worten  oder  Andeutungen,  die  mit 
den  Hinweisen  der  Inschriften  und  den  Zeugen  der  Volkskunst 
zusammengehalten,  hier  und  da  etwas  Licht  verbreiten.  Daß 
eine  Schilderung  trotzdem  nicht  mehr  als  einzelne  Züge  bieten 
und  schwerlich  ein  Gesamtbild  entwerfen  kann,  liegt  auf  der  Hand. 
Diese  persönliche  Religion  ist  in  ihrem  Inhalte  und  besonders 
in  ihrem  Ausdrucke  je  nach  Volkstum,  gesellschaftlicher  Stellung 
und  Bildung  ungleich.  Die  Kreise,  die  wir  am  deutlichsten  sehen, 
sind  im  allgemeinen  die  Gräkoägypter,  deren  religiöse  Gedanken 
im  Wesentlichen  auf  ägyptischer  Religion  beruhen,  der  Mittel- 
stand auf  dem  Lande  und  in  der  Stadt,  mit  einer  oberflächlichen 
griechischen  Bildung.  Reife  religiöse  Gedanken  und  Tiefe  des  Ge- 
fühls werden  wir  von  ihnen  nicht  erwarten.  Von  der  Masse  der 
unvermischten  Ägypter  vermögen  wir  sie  in  dieser  Beziehung 
nicht  zu  scheiden. 

Manche  ihrer  frommen  Betätigungen  schließen  sich  an  die  Tempel 
und  ihren  Gottesdienst  an;  so  das  Kult  mahl,  das  vielleicht  sogar 
mit  den  vom  Tempel  selbst  veranstalteten  Kultmahlen  zusammen- 
hing, uns  aber  am  häufigsten  durch  private  Einladungen  bezeugt 
wird.  Sarapis  war  vornehmlich  der  Gott,  dem  man  es  veranstaltete, 
den  man  zum  Mahle  einlud,  als  Tischgenossen  oder  Gastgeber 
betrachtete,  so  daß  die  Teilnehmer  hierdurch  in  eine  persönliche 
Gemeinschaft  mit  ihrem  Gotte  traten.  Ebenso  unmittelbar  erwartete 
man  seine  Wirkung  beim  Tempelschlafe,  der  Inkubation,  die 
von  Krankheit  heilen  sollte;  es  scheint  eine  ganze  Literatur  über 
die  Wunderheilungen  des  Sarapis  gegeben  zu  haben.  Daß  neben  ihm 
und  Asklepios  auch  Isis  Heilgöttin  war,  versteht  sich  von  selbst; 
aber  wohl  jeder  Gott  vermochte  so  zu  heilen,  zumal  da  zu  jener 
Zeit  die  Unterschiede  der  Götter  sich  verwischten.  Alle  die  großen 
und  auch  seine  kleinen  Schicksale  fühlte  der  Mensch  von  den  Göttern 
gelenkt  und  suchte  ihnen  daher  Winke  für  die  Zukunft  abzu- 
lauschen. Orakel  befanden  sich  bei  vielen  Tempeln,  beim  Amnion 
in  der  Oase,  beim  großen  Sarapis  Alexandreias,  beim  Apis  in 
Memphis,  bei  den  Dioskuren  wie  beim  Bes  in  Abydos;  die  Papyri 


GEBET.     WALLFAHRT.  357 

haben  uns  mehrere  Zettel  erhalten,  die  man  beim  Soknopaios 
einwarf:  ,,Ist  es  mir  gewährt,  die  Tapetheus  zu  heiraten  und  wird 
sie  nicht  eines  anderen  Frau?  Zeige  es  mir  und  erfülle  mir  diese 
schriftliche  Bitte.  Früher  war  Tapetheus  die  Frau  des  Horion'". 
Oder  man  wollte  wissen,  ob  der  Dorfschreiber  eine  Kuh  verkaufte, 
ob  der  Nomarch  die  Akten  prüfen  werde,  ob  man  eine  Reise  machen, 
einen  Sklaven  kaufen  solle,  ob  man  eine  Krankheit  überstehen 
werde.  So  kindlich  die  Fragen  klingen,  so  offenbaren  sie  doch  ein 
persönliches  Vertrauen  zu  dem  Gotte,  der  alles  weiß  und  sich  um 
jeden  seiner  Verehrer  kümmert.  Wie  es  scheint,  kam  der  Zettel 
mit  einem  Antwortvermerk  wieder  heraus.  Dem  Unbeholfenen 
standen  Orakelbriefsteller  mit  Musterfragen  zu  Gebote,  ein  Zeichen, 
wie  sehr  man  die  Orakel  in  Anspruch  nahm. 
Die  schlichteste  Art,  dem  Gotte  nahe  zu  treten,  ist  das  Gebet. 
Für  uns  zum  Glücke  haben  die  Frommen  jener  Zeit  nicht  versäumt. 
an  heiligen  Stätten  ihre  Gebete  anzuschreiben,  einzukratzen  oder 
einzumeißeln,  zumal  an  den  beliebten  Mittelpunkten  der  Frömmig- 
keit, zu  denen  man  wallfahrtete.  Solcher  Gebete  (jrQo^y.vvrjua), 
die  man  vielleicht  besser  Fürbitten  nennen  sollte,  da  sie  nach  der 
Sitte  der  Alten  fast  immer  der  Angehörigen  und  Freunde,  nament- 
lich in  der  Ferne,  gedenken,  gibt  es  zu  Hunderten,  wo  nicht  zu 
Tausenden,  gerade  aus  der  römischen  Kaiserzeit,  meistens  kurz- 
gefaßt, daneben  auch  poetisclie  Gebete,  je  nach  Vermögen  und 
Bildung  der  Betenden.  Eine  besondere  Form  ist  das  Gebet  für 
den  Herrscher,  das  in  der  Regel  weniger  die  religiöse  Stimmung 
als  die  königstreue  Gesinnung  des  Beters  bezeugt.  Soweit  wir 
sehen  können,  hat  im  Briefe  erst  in  der  Kaiserzeit  die  Fürbitte 
Raum  gewonnen;  drückte  man  sie  früher  wohl  gelegentlich  aus, 
so  wurde  sie  erst  jetzt  eine  Regel,  die  man  besonders  befolgte, 
wenn  man  aus  Alexandreia  schrieb,  so  daß  Briefe  von  hier 
an  der  einleitenden  Fürbitte  beim  großen  Sarapis  fast  sicher  kennt- 
lich sind.  Wo  die  Frömmigkeit  aufhört  und  die  leere  Form  an- 
fängt, vermögen  wir  im  einzelnen  Falle  nicht  zu  entscheiden; 
jedoch  liegt  die  Wurzel  dieser  Fürbitten  auf  Stein  und  Papyrus  ge- 
wiß im  persönlichen  Verhältnisse  zum  Gotte.  Ihm  sich  zu  nähern, 
war  auch  der  Zweck  der  Wallfahrten.  Stätten  besonderer 
Heiligkeit  erblickte  man  da,  wo  die  Glieder  des  Osiris  bestattet 
lagen,  besonders  n  Abydos  und  auf  Philai,  wiederum  ein  Zeichen, 
daß  der  Inhalt  dieser  Mischreligion  wesentlich  ägyptisch  war. 
Hier    häufen    sich    denn    auch    die  Gebetsinschriften.     Ein   Ziel 


358  KULTVEREIN.     PRIVATKULT.     TRAUM. 

regelmäßiger  jährlicher  Wallfahrten  war  das  Sarapeum  in  Memphis, 
und  jeder  Tempel  konnte  Ziel  einer  Wallfahrt  werden;  wenn  man 
den  Tempel  von  Soknopaiu  Nesos  mit  seiner  Prozessionsstraße  sieht, 
so  kann  man  kaum  bezweifeln,  daß  auch  dieses  entlegenste  Heilig- 
tum des  Fajum  ein  Pilgerziel  gewesen  sei.  Wer  im  Auslande  reiste, 
betete  für  das  Wohl  der  Seinigen  bei  den  Göttern  des  Ortes;  und 
so  bedeckten  auch  die  Reisenden,  die  Ägyptens  Sehenswürdig- 
keiten besuchten,  die  Memnonssäulen  wie  die  Königsgräber  und 
die  Wände  von  Philai  mit  ihren  Proskynemata. 
Nicht  selten  verband  den  Frommen  ein  besonderes  Verhältnis 
mit  einem  bestimmten  Gotte  und  äußerte  sich  im  Beitritte  zu 
einem  der  zahlreichen  Kultvereine,  die  bald  ägyptische,  bald 
griechische  Götternamen  auf  ihr  Schild  schrieben  oder  durch  die 
Verehrung  des  Königs  als  Basilistai,  des  Augustus  als  Augustus- 
verein  ihre  monarchische  Gesinnung  zur  Schau  trugen.  Wer  es 
konnte,  errichtete  gern  einen  Einzelaltar  oder  erbaute  ein  Privat- 
heiligtum: vor  al'.em  der  Isis  weihten  die  Privatleute  solche 
Isieia,  die  man  durchaus  den  katholischen  Privatkapellen  ver- 
gleichen kann.  Die  Asklepieia  als  Heilstätten  scheinen  zugleich 
gewinnbringende  Unternehmungen  gewesen  zu  sein.  Hausaltäre 
waren  wohl  noch  mehr  verbreitet.  Da  wir  auch  private  Dios- 
kurenheiligtümer  antreffen,  lernen  wir,  daß  die  Griechen  ebenso 
taten.  Dem  Gotte  noch  näher  stehen  solche,  die  sich  besonderer 
Offenbarungen  rühmen,  denen  der  Gott  selbst  erscheint  oder  sich 
und  seinen  Willen  im  Traume  offenbart.  Eine  große  Rolle  spielt 
derTraum  im  Kreise  der  sogenannten  Katochoi  des  memphitischen 
Sarapeums,  die  wir  durch  mancherlei  Briefe  und  durch  die  Ein- 
gaben des  frommen  Ptolemaios  wie  der  , .Zwillinge"  genauer  als 
andre  Menschengruppen  kennen.  Da  in  letzter  Zeit  dieser  y.a%oi^ 
jede  religiöse  Bedeutung  abgesprochen  worden  ist  und  man  zu- 
geben muß,  daß  die  Einwände  der  Beachtung  wert  sind,  können 
wir  hier,  wo  eine  Erörterung  unmöglich  ist,  nur  an  der  Tatsache 
der  Traumoffenbarung  festhalten,  müssen  aber  alles,  was  man 
bisher  über  die  mystische  Gebundenheit  des  Ptolemaios  und  seiner 
Genossen  gesagt  hat,  als  zweifelhaft  bei  Seite  lassen.  An  sich  erregt 
eine  Gotteshaft,  wie  man  früher  sagen  durfte,  zu  einer  Zeit,  in 
der  Mysterienkulte  sich  bereits  entwickeln,  keinen  Anstoß. 
Die  eigentliche  Blüte  der  Mysteriendienste  fällt  unter  römische 
Herrschaft,  wenn  auch  schon  200  Jahre  früher,  wie  wir  sahen,  die 
Mysterien  des  Dionysos  viele  Verehrer  besaßen  und  von   Philo- 


MYSTERIEN-  UND  WELTRELIGIONEN.  359 

pator  eifrig  gefördert  wurden.  Um  den  Namen  des  Hermes 
(EQi-ifjg  TQigueyioTog)  sammelt  sich  eine  große  Gemeinde,  die  in 
den  hermetisciien  Büchern  ihre  „Heih'gen  Schriften"  besitzt.  Ihr 
ausgesprochener  Offenbarungsglaube  mit  ausgebildeter  Mystik 
steht  der  hellenistischen  ünosis  nahe  und  durch  sie  der  gnostischen 
Richtung  des  Christentums.  An  Osiris  und  Isis  knüpft  sich  ein 
Glaube,  den  man  ebenso  eine  Offenbarungsreligion  nennen  darf, 
nicht  allein  mit  bestimmten  Kultvorschriften,  sondern  mit 
Forderungen  an  die  religiöse  Überzeugung  und  ihr  Bekenntnis 
sowie  ans  sittliche  Leben,  die  den  Rahmen  der  früheren  ägypti- 
schen wie  griechischen  Begriffe  von  Religion  zu  überschreiten  be- 
ginnen. Zumal  der  Isisdienst  wird  eine  Weltreligi  on,  die  alle 
übrigen  Götter  in  den  Hintergrund  drängt  und  sich  vom  Mono- 
theismus kaum  noch  unterscheidet;  im  Hymnus  von  Oxy- 
rhynchos  erscheint  Isis  als  Trägerin  aller  Begriffe,  die  jene 
Zeit  sich  von  Gott  gebildet  hatte;  sie  ist  Gott  schlechthin  im  Sinne 
der  Popularphilosophie  und  damit  über  ihr  einstiges  Wesen  weit 
hinaus  gewachsen.  Wie  diese  Richtung  auf  den  einen  Gott,  auf 
das  mystische  Leben  in  ihm,  das  an  Reinheit  und  Innigkeit  von 
Stufe  zu  Stufe  steigt,  auf  den  persönlichen  Glauben  und  das  fromme 
Leben  sich  angebahnt  hat,  wie  ihre  Wurzeln  schon  Jahrhunderte 
zurückliegen,  wie  mancherlei  religiöse  Gedanken  orphischen  Ur- 
sprungs aus  den  Dionysosmysterien,  aber  auch  fremder,  z.  B. 
jüdischer  und  später  christlicher  Herkunft,  hineinspielen,  kann 
ich  hier  nicht  einmal  andeuten.  Es  ist  eine  Erscheinung,  die  die 
ägyptische  Religion  aufzulösen  beginnt,  obwohl  die  Isisreligion  in 
den  Formen  ägyptisch  bleibt.  Merkwürdiger  Weise  stammt  das 
meiste,  was  wir  von  ihr  wissen,  aus  griechischer  oder  römischer 
Feder  und  aus  dem  Auslande;  Rom  und  Pompei  lehren  uns  mehr 
als  Ägypten,  wo  doch  der  Mysteriendienst  der  Göttin  sicherlich 
nicht  weniger  verbreitet  war.  Er  hat  die  geschilderte  Richtung 
nicht  nur  bei  seinen  griechischen  und  abendländischen  Anhängern 
voll  entfaltet,  die  ja  die  geheimnisvollen  Götter  Ägyptens  durch 
Allegorie  und  Spekulation  zu  deuten  suchten,  sondern  hat  auch 
im  Nilthale  Wurzel  geschlagen,  wie  uns  gerade  der  Hymnus  von 
Oxyrhynchos  lehrt.  Jedoch  haftet  in  Ägypten  Isis  naturgemäß 
besonders  am  rein  ägyptischen  Osirismythus  und  wahrt  hier  am 
meisten  ihr  altes  ägyptisches  Wesen.  Aber  ihre  überragende 
Stellung  neben  Sarapis  ist  auch  hier  unverkennbar.  Sarapis 
war    damals   nicht    nur   der    Gott    Alexandreias,    der  Herr    und 


360  ZAUBER. 


Schützer  Ägyptens,  sondern  stieg  mit  Isis  gleichfalls  zum  Welt- 
gotte  empor.  Zu  den  großen  Weltgöttern  und  Heilanden  ge- 
hörte auch  Asklepios.  Wenn  in  manchem  Briefe  von  Gott  ohne 
Namen  die  Rede  ist,  wenn  sogar  die  Priester  des  Krokodilgottes 
schon  in  ptolemäischer  Zeit  von  der  Gottheit  (ro  ^slov)  sprechen, 
so  denkt  man  gewiß  mit  Recht  an  die  Richtung  zum  Monotheismus, 
die  auch  in  die  Kreise,  denen  wir  die  Papyrusbriefe  verdanken,, 
hinabgestiegen  sein  wird;  aber  mehr  als  Vorstufen  und  Anklänge 
darf  man  hier  nicht  suchen. 

Auf  tieferer  Stufe  verband  sich  der  Mysterienglaube  mit  allen 
Künsten  des  Zaubers,  die  seit  alters  in  Ägypten  gang  und  gäbe 
waren,  jetzt  aber  ihre  besondere  Färbung  durch  das  Gewirr  grie- 
chischer, ägyptischer  und  anderer  orientalischer  Götter  erhielten. 
Hermes,  der  ägyptische  Thoth,  wurde  der  Schutzpatron  einer  aus- 
gedehnten Geheimnisliteratur,  und  die  ,, hermetischen  Bücher" 
bildeten  die  Bibel  der  Zauberkunst.  Daß  wir  auch  hier  dem 
Namen  der  großen  Isis  und  dem  Osirismythus  begegnen,  ist 
bezeichnend  genug.  Da  sehr  umfangreiche  Zauberpapyri,  Blei- 
tafeln, die  man  an  Gräbern  mit  Nägeln  anheftete,  Amulette 
und  dergleichen  auf  uns  gekommen  sind,  so  erhalten  wir  über 
Zauberei,  Beschwörungen  und  alle  Gestalten  des  Aberglaubens 
ausführlichen  Aufschluß;  das  weite  Feld  der  Astrologie  mit  Horo- 
skopen und  Deutungen  der  Konstellationen,  die  Kunde  derWetter- 
zeichen  und  der  Körperzuckungen,  sie  alle  haben  in  der  Kaiser- 
zeit zahllose  Gläubige  besessen  und  ihnen  wohl  vielfach  die  wirk- 
liche Religion  ersetzt;  denn  die  Götter,  deren  Kraft  zauberisch 
wirken  sollte,  waren  ihnen  nur  Dämonen,  denen  sich  bald  Jahwe 
und  Christus  zugesellten.  Abgesehen  von  dem  Einblicke  in  den 
Volksglauben,  der  sich  uns  hier  eröffnet,  gewinnen  wir  auch  aus 
den  Zauberbüchern  mancherlei  Elemente  verschiedener  Religionen, 
wie  es  sich  z.  B.  für  den  Mithrasdienst  ergeben  hat.  Denselben 
Kreisen  des  Volkes  gehören  die  kleinen  Göttergestalten  an,  die 
man  sich  in  Bronze  oder  noch  häufiger  in  Terrakotta  als  Schutz- 
geister und  tägliche  Nothelfer  ins  Haus  stellte  und  auf  Hausgeräten, 
vor  allem  den  Lampen,  tausendfach  nachbildete.  Fehlen  auch 
die  großen  Götter  wie  Sarapis  und  Isis  nicht,  so  liebte  man  doch 
besonders  den  Knaben  Horos  und  die  phallischen  Dämonen,  die 
ihn  umgaben,  und  nirgends  tritt  so  deutlich  wie  hier  zutage, 
daß    Götter    und    Dämonen   die  festen  Umrisse    verloren   haben 


und  in  einander  übergehen. 


RELIGIÖSER  GLAUBE  361 

Diese  Erscheinungen  warnen  uns,  den  Zügen  einer  mehr  innerlichen 
Stellung  zu  Gott  oder  den  Göttern,  wie  sie  öfters  in  Briefen  aus- 
gesprochen werden,  viel  Gewicht  beizumessen.  Die  Ausdrücke  des 
Gottvertrauens  scheinen  oft  recht  abgenutzt,  wenn  auch  hin 
und  wieder  ein  reiner  Ton  durchklingt:  ,, dennoch  stelle  ich  es  den 
Göttern  anheim;  ohne  die  Götter  geschieht  nichts".  Unzweifel- 
haft gab  es  neben  der  großen  Menge,  die  ihr  ,,so  die  Götter  wollen" 
gedankenlos  hinschrieb,  auch  fromme  Gemüter,  die  in  der  Ge- 
sundung der  Schwester  die  Hand  der  Vatergötter  sahen,  ,,die  uns 
Gesundheit  und  Heil  geben".  Daneben  aber  tritt  wieder  die  Vor- 
stellung auf,  daß  der  Gott  zur  Leistung  verpflichtet  sei:  ,,wie  die 
Götter  sich  um  mich  niciit  kümmerten,  so  kümmere  auch  ich  mich 
nicht  um  sie".  Nun  gar  etwa  das  Gefühl  der  Sündhaftigkeit  scheint 
solchen  Menschen  ganz  fern  zu  liegen,  wenn  auch  jeden  Tag  ein 
neues  Papyrusblatt  uns  ein  Zeugnis  dafür  bringen  kann.  Geläufig 
ist  der  Gedanke,  daß  der  Tod  ein  Eingehen  zu  den  Göttern 
oder  in  die  Gefilde  der  Seligen  bedeute,  in  Inschriften  wie  in  Briefen, 
aber  selten  auf  den  Grabsteinen  der  kleinen  Leute;  soweit  ägyp- 
tischer Glaube  herrscht,  besteht  das  Gericht  vor  Osiris  fort,  je- 
doch abweichend  von  älterer  Zeit  richtet  sich  das  Urteil  jetzt 
ganz  nach  dem  moralischen  Verhalten.  Es  versteht  sich  von  selbst, 
daß  man  die  dargestellten  Gedankenkreise  nicht  mit  Sicherheit 
den  einen  zusprechen,  den  anderen  absprechen  kann.  Wir  haben 
Grund  zu  glauben,  daß  die  religiösen  Anschauungen  unter  den 
reinen  Hellenen  auch  in  Ägypten  nicht  unwesentlich  anders  aus- 
sahen, vermögen  aber  keine  Grenze  zu  ziehen;  es  gab  ohne  Zweifel 
zahllose  Übergänge  und  Berührungen.  Der  Zeugnisse  sind  nicht' 
eben  viel;  diesen  und  jenen  Brief  wie  etwa  den  des  Philonides  an 
seinen  Vater  Kleon  aus  frühptolemäischer  Zeit  oder  den  des  Hera- 
kleides an  seinen  eben  verheirateten  Sohn  aus  der  Mitte  der  Kaiser- 
zeit dürfen  wir  hierher  ziehen;  im  übrigen  müssen  wir  uns  klar 
machen,  daß  die  Papyri  bisher  für  die  religiöse  Vertiefung  im 
Bereiche  der  Offenbarungs-  und  Mysterienreligionen  kein  Zeugnis 
ablegen,  sondern  eher  für  die  Oberflächlichkeit  der  Durchschnitts- 
menschen sprechen.  Nur  abgeleitete  Erwägungen  können  weiter 
helfen.  Wenn  die  Isisreligion  in  Griechenland  und  Rom  so  starken 
Widerhall  fand,  so  sind  ihr  auch  die  Griechen  Ägyptens  nicht  fern 
geblieben;  die  Bedürfnisse  der  Frommen  nach  Aufklärung  über  die 
Rätsel  des  Lebens  und  des  Jenseits,  nach  Reinheit  desWandels  werden 
auch  bei  ihnen  Teilnahme  gefunden  haben.  Suchten  schon  die  Gräko- 


362 RELIGIÖSE  PHILOSOPHIE. 

ägypter  vielfach  ein  mehr  persönliches  Verhältnis  zu  Gott,  so  wird  es 
bei  den  höher  gebildeten  Griechen  ebenso  lebhaft  empfunden,  aber 
reiner  ausgedrückt  worden  sein.  Durch  die  griechisch-römische 
Welt  der  Kaiserzeit  ging  die  Sehnsucht  nach  einem  Halt,  den  die 
alten  Götter  nicht  mehr  recht  geben  wollten,  eine  Sehnsucht,  die 
den  Kaiser  Augustus,  den  Friedebringer,  als  den  Heiland 
der  Welt  begrüßte,  die  dann  sich  bald  den  Mysterien,  bald  mehr 
der  Philosophie  zukehrte.  Stoiker  und  Kyniker  waren  die  eigent- 
lichen Prediger  der  griechischen  Welt,  die  einen  feiner,  die  anderen 
gröber,  aber  in  der  sittlich  religiösen  Auffassung  der  Philosophie 
einander  nahe  verwandt.  Daß  solche  Strömungen  auch  die  Hellenen 
Ägyptens  berührt  haben,  lassen  uns  die  Reste  philosophischer 
Schriften  auf  Papyrus  zum  mindesten  ahnen,  und  Werke  wie  die 
Ethische  Elementarlehre  des  Stoikers  Hierokles  oder  Stücke  aus 
den  Schriften  Philons  führen  auf  Leserkreise,  die  gebildet  und  zu- 
gleich ernst  religiös  gerichtet  waren.  Wir  gehen  damit  nicht  in 
die  Irre,  denn  die  Entstehung  des  Neuplatonismus  in  Alexandreia 
und  die  philosophische  Richtung  der  ersten  christlichen  alexandri- 
nischen  Theologen  zeugen  für  solche  Gedanken  auch  unter  den 
Hellenen  Ägyptens. 

Die  religiöse  Stimmung  der  Zeit,  das  Streben  nach  einem  persön- 
lichen Verhältnisse  zu  Gott,  wie  es  sich  in  denMysterienkulten  offen- 
barte, der  geläuterte  Gottesbegriff,  der  mit  den  fast  monotheisti- 
schen Weltreligionen  aufwuchs,  der  sittliche  Ernst,  den  Stoiker 
wie  Kyniker  predigten,  bereiteten  dem  Christen  turne  den 
Boden.  War  es  auch  zunächst  jüdischen  Voraussetzungen  ent- 
sprungen, so  nahm  es  doch  schon  früh  Gedanken  aus  den  reli- 
giösen Strömungen  der  Umwelt  auf.  In  Ägypten  knüpfte  es  viel- 
leicht an  die  große  alexandrinische  Judengemeinde  und  ihre 
Propaganda  an;  begegnen  wir  doch  schon  in  den  Kreisen  des 
Apostels  Paulus  einem  alexandrinischen  Juden.  Spätestens  im 
2.  Jh.  p.  C.  hat  es  in  Alexandreia  Wurzel  gefaßt  und  sich  auch 
schon  im  Lande  verbreitet,  obwohl  befremdlicher  Weise  seine 
Lebensäußerungen  in  Urkunden  und  Briefen  fehlen,  ja  auch  noch 
im  3.  Jh.  ganz  spärlich  zutage  treten.  Aber  da  das  Hebräer-  und 
Ägypterevangelium  im  Lande  eine  Macht  waren,  da  gnostische 
und  andere  Sonderrichtungen  bereits  im  2.  Jh.  hier  Anhänger  be- 
saßen, da  die  ältesten  Bibeltexte  auf  Papyrus  sowie  einige  andere 
theologische  Bruchstücke  vielleicht  so  weit  hinaufreichen  und  die 
Ursprünge  des  Koptischen  ebendahin  weisen,  muß  das  Christen- 


AUSBREITUNG    DES    CHRISTENTUMS.  363 

tum  schon  damals  Anhänger  besessen  haben.  Die  um  das  Ende 
des  Jahrhunderts  blühende  alexandrinische  Katechetenschule  zeugt 
für  ein  reges  Leben  der  dortigen  Gemeinde,  die  vernmtlich  schon 
Bischöfe  vor  Demetrios  (188/9 — 231),  dem  ersten  bekannten  Namen, 
besessen  hatte.  Es  folgten  schwere  Verfolgungen  unter  Severus  und 
Decius;  diese  ist  uns  neuerdings  durch  eme  Reihe  von  Libelli 
solcher,  die  sich  das  von  allen  römischen  Bürgern  geforderte  Opfer 
bescheinigen  ließen,  anschaulich  geworden.  Aber  die  Funde 
christlicher  Bibelhandschriften  aus  dem  3.  Jh.,  sowie  unkanoni- 
scher Evangelien,  unter  denen  die  sogenannten  Logia  Jesu  den 
ersten  Platz  einnehmen,  die  Verbreitung  anderer  christlicher 
Literatur,  der  Briefe  des  Eirenaios  und  besonders  des  bei  den 
ägyptischen  Christen  hoch  angesehenen  Hirten  des  Hermas  lassen 
eine  ungebrochene  Kraft,  ja  einen  Fortschritt  der  christlichen 
Gemeinden  auch  in  dieser  Zeit  annehmen,  und  zwar  nicht  nur  in 
Alexandreia,  sondern  auch  im  Lande,  wo  ja  die  Libelli  und  die  christ- 
lichen Bücher  gefunden  worden  sind.  Die  oberägyptische  Wurzel 
des  koptischen  Christentums  zeigt  sich  im  saidischen  Dialekt  der 
Bibelübersetzung,  die  damals  bereits  eifrig  betrieben  worden 
sein  muß;  um  die  Mitte  des  4.  Jh.  lagen  auch  Übersetzungen 
im  fajumischen  und  boheirischen  Dialekte  vor.  Allerdings  spielten 
die  Kirche  und  die  Christen  im  öffentliclien  Leben  noch  keine 
Rolle,  abgesehen  etwa  von  Alexandreia,  und  es  ist  kein  Wunder, 
daß  bisher  nur  ein  Papyrusbrief  aus  ihren  Kreisen  entdeckt 
worden  ist.  Erst  nach  der  diokletimischen  Verfolgung,  die  am 
härtesten  war  und  durch  die  mit  Diokletian  beginnende  Märtyrer- 
ära Jahrhunderte  lang  im  Gedächtnisse  blieb,  konnte  auch  die 
ägyptische  Kirche  aufatmen.  Wie  sie  die  äußeren  Gefahren  über- 
standen hatte,  so  war  sie  nun  auch  endgültig  so  weit  erstarkt, 
um  nicht  mehr  in  der  Hermes-  oder  Isisreligion  aufzugehen. 
Eine  Reihe  bedeutender  Männer  schon  vor  Athanasios  verscliaffte 
dem  alexandrinischen  Bischofsstuhle  ein  hohes  Ansehen 
in  der  Gesamtkirche.  Vielleicht  seit  Demetrios  war  es  Aufgabe 
des  alexandrinischen  Bichsofs,  den  Ostertermin  zu  errechnen  und 
durch  einen  Osterbrief  der  Christenheit  mitzuteilen;  eine  Samm- 
lung solcher  Osterbriefe  ist  von  Athanasios  erhalten,  während 
uns  im  Original  nur  ein  später  Vertreter  aus  dem  8.  Jh.  p.  C.  vor 
Augen  liegt.  Die  ägyptische  Kirche  ging  erst  spät  dazu  über, 
die  einzelnen  Gemeinden  monarchischen  Bistümern  unterzu- 
ordnen,  die  im  Wesentlichen   mit  den  civitates,   d.  h.   den  alten 


364  DER  ALEXANDRINISCHE  BISCHOF. 

Metropolen  und  ihren  üauen,  zusammenfielen;  an  der  Spitze  der 
einzelnen  Gemeinden  blieben  in  der  Regel  die  den  Ägyptern  aus 
der  Staatsverwaltung  wohlbekannten  Presbyter.  Anerkanntes 
Oberhaupt  war  der  zum  Patriarchen  aufgestiegene  Bischof 
Alexandreias;  Athana^ios  erschien  auf  dem  Konzile  zu  Nikaia  mit 
einem  stattlichen  Gefolge  ägyptischer  Bischöfe.  Sie  tragen  fast 
durchweg  griechische  Namen,  vielleicht  ein  Beweis,  daß  nicht  nur 
die  eigentlichen  Ägypter,  sondern  auch  die  griechischen  Kreise 
sich  in  beträchtlichem  Umfange  dem  Christentume  zugewandt 
hatten.  Die  nunmehr  siegreiche  Kirche  führte  den  Kampf  gegen 
die  widerstrebenden  Hellenen  gerade  in  Ägypten  mit  landesüb- 
lichem Fanatismus,  der  bei  den  Kopten  durch  den  Gegensatz  des 
Volkstums  und  den  Haß  gegen  die  Reichen  noch  gesteigert  wurde, 
aber  auch  in  Alexandreia  Gewalttaten  wie  die  Zerstörung  des 
Sarapisbildes  und  die  Ermordung  der  Hypatia  unter  den  Augen, 
ja  unter  Mitwirkung  des  griechischen  Patriarchen,  auf  sich  lud. 
Der  gewaltige  Kyrillos,  412—444.  bezeichnet  in  Ägypten  den  voll- 
ständigen Sieg  über  die  Gegner,  die  sich  nur  noch  in  kleinen  Kreisen 
hellenischer  Bildung  verborgen  hielten  und  auf  der  ägyptischen 
Seite  die  letzte  Zuflucht  für  ihre  alten  Götter  auf  Philai  finden 
durften.  In  der  Gesamtkirche  nahm  er  eine  Stellung  ein,  die  der 
des  römischen  Bischofs  nahe  kam  und  den  Namen  eines  östlichen 
Papstes  verdient.  Aber  kurz  darauf  stürzte  das  Konzil  zu  Chalke- 
don  451  p.  C.  den  Alexandriner  von  seiner  Höhe,  denn  es  entschied 
zu  Gunsten  der  Lehre  von  den  zwei'  Naturen  Christi  gegen  den 
Monophysitismus  der  ägyptischen  Kirche.  Von  nun  an  zieht  sich 
der  Kampf  der  Reichsorthodoxie  gegen  die  monophysitische  Lehre, 
die  sich  vornehmlich  bei  den  Kopten  hielt,  durch  die  ägyptische 
Kirchengeschichte  bis  auf  die  arabische  Eroberung  und  darüber 
hinaus. 

Vielleicht  das  eigenste  Merkmal  des  ägyptischen  Christentums 
wurden  die  Klöster.  Schon  sehr  früh  zogen  sich  einzelne  Fromme 
als  Anachoreten  von  der  Welt  in  die  Wüste  zurück;  ihr  erster 
großer  Vertreter  war  Antonius  um  300  p.C.  Aber  sehr  bald  traten 
die  Weltflüchtigen  zu  gemeinsamem  Leben  zusammen,  und  Pacho- 
mius,  der  346  starb,  wurde  der  Begründer  des  Klosterlebens  im 
großen  Stile.  Zumal  die  Kopten  ergriffen  die  mönchische  Heilig- 
keit mit  Leidenschaft.  Die  Wüste  westlich  vom  Delta  und  die 
Wüste  der  Thebais  wurden  das  gelobte  Land  der  Klöster.  In 
keinem  hat  sich  der  Geist  dieses  Mönchtums  mit  seiner  Strenge. 


KLÖSTER.     GRIECHISCHES  CHRISTENTUM.  365 

aber  auch   seiner   Ordnung   und    Fürsorge  so   verkörpert    wie  in 
Schenute,  der  um  400  p.  C.  der  gewaltige  Beherrscher  des  Weißen 
Klosters   bei    Sohäg  in   Oberägypten   war;   es   trägt   noch   heute 
seinen  Namen.    Die  Tausende  von  Mönchen  und  Nonnen,  die  teils 
Frömmigkeit,  teils  auch  wirtschaftliche  Not  damals  ins  Kloster 
trieb,   hielt  er  unter   eiserner  Zucht    und  war   selbst   gegen   die 
Nonnen  mit  der  Prügelstrafe  rasch  bei  der  Hand;  aber  auch  an  der, 
christlichen  Mildtätigkeit  gegen  Notleidende  ließ  er  es  nicht  fehlen. 
Obwohl  von  griechischer  Bildung  berührt,  teilte  er  im  allgemeinen 
den  Standpunkt  des  koptischen  Christentums  und  wußte  mit  den 
theologischen   Fragen   der  Zeit   nichts  anzufangen.      Die   Ketzer 
durch    Grobheit  zu   bekämpfen,   war  seine   Sache;  scheuten  sich 
doch   sogar   die   griechisch    gebildeten    Patriarchen    Alexandreias 
nicht,  die  Fäuste  koptischer  Mönche  aufzubieten.   Schenute  schrieb 
koptisch  mit  persönlicher  Farbe  und  innerer  Kraft;  seine  Schriften 
unterscheiden  sich  zu  ihrem  Vorteile  von  der  übrigen  koptischen 
Mönchsliteratur,  die  den  Gipfel  geistloser  Erbaulichkeit  erreicht. 
Das  Mönchtum,  zumal  bei  den  Kopten,  war  um  Schenutes  Zeit 
und  fortan  eine  Großmacht  in  der  ägyptischen  Kirche  und  über- 
wucherte mehr  und  mehr  das  gebildete  griechische  Christen- 
tum.   Dies  hatte  200  Jahre  vor  Schenute  seine  Blüte  erlebt,  als 
der  Stoiker  Clemens  die  Katechetenschule  in  Alexandreia  gründete, 
die  eine  christliche  Akademie  wurde  mit  dem  Ziele,  den  neuen 
Glauben  mit  der  griechischen  Wissenschaft  zu  versöhnen.     Ganz 
ein  Gelehrter  im  griechischen  Sinne,  führte  Origenes  sie  fort  zu 
der  Zeit,   als   Ammonios    Sakkas    in   derselben    Stadt   den   Neu- 
platonismus  predigte.    Auch  die  allegorische  Deutung  der  Heiligen 
Schriften,   wie  Origenes  sie  übte,   entsprach  nur  der  Denkweise 
der  damaligen  griechischen  Gelehrten.   Noch  einmal  wurde  Alexan- 
dreia ein  Mittelpunkt  neuen  geistigen  Lebens;  freilich  nicht  lange, 
denn  die  Kirche,  zumal  in  Ägypten,  ertrug  solche  Männer  nicht. 
Immerhin  hielt  sich  das  griechische  Christentum  der  Gebildeten 
auch  weiter  auf  höherer  Stufe  als  das  koptische  Mönchtum,  und 
ein  Mann  wie  Kyrillos  mochte  Schenute  wohl  als  Glaubensstreiter 
schätzen,    als   Theologen   aber  belächeln.      Selbst   der   Osterbrief 
Alexanders   II.  aus  dem  Anfange  des  8.  Jh.  steht  bei  aller  Un- 
selbständigkeit auf  den  Schultern  alexandrinischer  Theologie. 
Wie  das  religiöse    Leben  im  christlichen  Volke  Ägyptens  sich 
auswirkte,  verraten  uns  die  Papyri  und   Inschriften  immer  noch 
spärlich  genug.     Fühlbar  wird  es  in  allerlei  Wendungen,  öfters 


366  RELIGIÖSES  LEBEN   DER  CHRISTEN. 

auch  im  gesamten  Tone  der  Briefe  etwa  jm  4.  Jii.  p.  C,  und  neben 
dem  gemeingriecliischen  Briefstile  tauchen  Züge  des  christlichen 
Briefes  auf,  die  man  z.  B.  am  Empfehlungsbriefe  beobachten  kann. 
In  die  Protokolle  der  Urkunden  dringt  die  heilige  Trias  und  die 
Qottesgebärerin  Maria  erst  später  ein;  besonders  das  Testament 
wird  ein  Tummelplatz  biblischer  Stellen  über  die  Nichtigkeit  des 
irdischen  Lebens.  Daß  der  byzantinische  Stil  nicht  ohne  christ- 
liche Einflüsse  sich  ausgebildet  hat,  ist  im  11.  Kapitel  berührt 
worden.  Die  Grabsteine  nehmen  christlichen  Ton  an,  im  Volke 
verbreiten  sich  biblische  Namen,  und  das  Kreuz  erhält  seinen 
Platz  am  Anfange  wie  am  Ende  der  Schriftstücke.  Aber  auch  ab- 
gesehen von  den  koptischen  Christen,  deren  ,  Literatur  über- 
wiegend Übersetzung  ist  und  außer  der  Bibel  nur  einige  Schriften 
gnostischen  Inhaltes  umfaßt,  zeugen  die  gefundenen  literarischen 
Papyri  nicht  für  lebhafte  Teilnahme  an  der  Theologie  der  Zeit. 
Vereinzelte  Bruchstücke  aus  Eirenaios  und  Justinus,  Auszüge  aus 
Basileios  und  Gregor  von  Nyssa  sind  so  ziemlich  alles;  um  so 
eifriger  las  man  den  Hirten  des  Hermas.  Die  für  uns  so  wertvollen 
Reste  unkanonischer  Evangelien  samt  den  Logia  bedeuten  für  die 
Bildung  der  ägyptischen  Christen  nicht  eben  viel.  Die  Schriften 
der  großen  Alexandriner,  des  Clemens  und  des  Origenes,  fehlen, 
und  es  ist  kaum  anzunehmen,  daß  die  Christen  des  mittleren  und 
oberen  Ägyptens,  denen  wir  die  Papyri  verdanken,  sich  mit  solchen 
Werken  abgegeben  haben.  Um  so  lieber  lasen  sie  Märtyrerge- 
schichten, wie  denn  gerade  der  Dienst  der  Märtyrer  und  die  Sucht, 
neue  Heilige  zu  finden,  als  Merkmale  ägyptischen  Christentums 
bekannt  sind;  auch  unter  den  liturgischen  Liedern  finden  sich 
solche  auf  die  Märtyrer.  Im  übrigen  ist  es  vielleicht  nur  Zufall, 
daß  bis  jetzt  die  Papyri  nur  wenig  liturgische  Stücke  geliefert 
haben,  deren  Inhalt  theologische  Bedeutung  besitzt. 
Wenn  das  Volk  sich  Gebete  oder  Sprüche  auf  Papyrus-  und  Perga- 
mentblätter, Ostraka  und  Holztafeln  schrieb,  so  dachte  es  wohl 
meistens  an  zauberhafte  Wirkung  der  heiligen  Formeln.  Denn 
der  ganze  Zauberspuk  ging  unvermindert  in  die  christliche  Zeit 
hinüber,  bereichert  um  jüdische  und  christliche  Namen.  Sabaoth 
und  Jao  und  Jesus  sollten  ebenso  helfen  wie  Hermes,  Anubis  oder 
irgendein  Totendämon.  Den  Kopten  ging  selbst  in  ihren  höherea 
Vertretern  wie  Schenute  jedes  Verständnis  Jesu  und  des  dogma- 
tischen Christus  ab;  ihnen  war  er  ein  Wundertäter  und  wurde  all- 
mählich ein  Dämon.     Fast  noch  wilder  als  früher  drängen  sich 


ZAUBER  UND  ORAKEL  BEI   DEN  CHRISTEN.  367 

jetzt  im  Zauber  Züge  aller  Religionen  durcii  einander,  ein  Zeichen, 
wie  diese  niederen  Schichten  des  Volkes  auch  als  Christen  auf  der 
alten  Stufe  rehgiöser  Dumpfheit  stehen  geblieben  waren  und  sich 
im  Grunde  von  ihren  heidnischen  Vorfahren  nicht  unterschieden. 
Hatte  man  früher  von. Sarapis  oder  Soknopaios  die  Zukunft  er- 
fahren wollen,  so  fragte  man  jetzt  Gott  durch  Vermittlung  eines 
Heiligen:  ,,Gott  unseres  Patrons,  des  heiligen  Philoxenos,  wenn 
du  befiehlst,  den  Anup  in  dein  Krankenhaus  (d.  h.  Krankenhaus 
der  Kirche)  zu  bringen,  so  zeige  deine  Macht,  und  es  komme  das 
Blättchen  heraus".  So  haben  denn  alle  Wandlungen  innerhalb  der 
dargestellten  Periode  das  religiöse  Leben  immer  nur  in  einem 
Teile  des  Volkes  beeinflußt,  der  nicht  gerade  nach  seiner  Bildung 
abgegrenzt  werden  darf,  denn  echte  Frömmigkeit  findet  sich  in 
jedem  Stande;  das  Christentum  hat  ja  besonders  die  geringen 
Leute  aufgesucht.  Weite  Kreise  sind  immer  bei  derselben  aber- 
gläubischen Dämonenfurcht  und  bei  dem  Glauben  an  die  rohen 
Künste  des  Zaubers  stehen  geblieben,  mochten  sie  nun  zu  Horos 
oder  Apollon  oder  Jesus  beten. 

Die  Schicksale  der  koptischen  Kirche  und  des  Christentums  unter 
arabischer  Herrschaft  gehören  nicht  mehr  in  den  Rahmen  dieses 
Buches.  Heute  sind  Kirche  und  Glaube  erstarrt,  die  koptische 
Kirchensprache  lebt  nur  noch  in  den  liturgischen  Büchern  fort, 
die  auch  den  Geistlichen  erst  durch  arabische  Übersetzung  ver- 
ständlich werden,  und  der  Widerwille  der  Mohammedaner  gegen 
die  oft  wucherischen,  auch  als  Beamte  das  Volk  drückenden  Nuzräni 
(Nazarencr)  ist  niclit  grundlos. 

Kultmahl:  Da  der  Gnomon  des  Idiologus  die  Anteile  der  Priester  an  der  ■■^Uvri 
festsetzt,  darf  man  sie  nicht  nur  als  private  Veranstaltung  ansehen;  außerdem, 
gab  es  offenbar  offizielle  Tempelklinen,  und  vielleicht  schlössen  sich  die  privaten 
Einladungen  sogar  an  diese  an.  So  ladet  Chairemon,  Wilcken  Chr.  99,  ins  Sara- 
peion  ein.  Kline  des  Sarapis  im  Thoeristempel  Oxy.  XII  1484.  Vgl.  Oxy. 
VIII  1144,  wo  in  einer  Tempelrechnung  der  Posten  ie^äs  yj.si[pr]i  vorkommt. 
Jedoch    fanden    auch  y./Mai  jn  Privathäusern  statt,    Oxy.  III  523.    Andere 

Ausdrücke:     tö     aivnöaiv     7ioir,aai,     [rov     xJvQiov     Ee<jä7tiSo£  Arch.  f.  P.    II  447 

Nr.  76.  %aTQtoaev  (vgl.  lectistemium)  Arch.  f.  P.  II  .?70  Nr.  150.  Vielleicht 
im  Zusammenhange  mit  Kultmahlen  steht  das  SeiTivqTrjQiov  OG.  II  671. 
Die  zugrunde   liegende  Auffassung  spricht  Aristeides  45,  27   (ed.  Keil)    aus: 

■/.cd  Toipvv  y.ai  d-voiojv  uövoj  Tovro)  &ecö  (Sarapis)  Sia(feoövTü)i  y.OLVCovovoiv 
dvd-Qcanoi  trjv  ay.Qißfi  y.oivwviav,  y.alovvris  re  ecf'  eatiav  y.ai  TtQoiordfiepoi.  8uiTv~ 
fiova  avrbv  xal  eOTiäro^a,  wate  äXliov  äXXovs  s^dyovg  TtlrjQovvTcov  y.oivbs 
ÖLTtävicav    iodvcav    oiirös    sariy   Ttlrjocoti^i    avfntoaidoyfiv    xd^iv  sycov  roig   dec  y.aiä 

raiTÖp  aillsyofiEvoii.  Vgl.  Das  Christliche  Abendmahl.  Inkubation; 
Sarapis:  Strabo  17,  7.     Abt,  Ein  Bruchstück  einer  Sarapisaretologie     (Arch.. 


368  EINZELNES. 


f.    Religionswissenschaft    18,    257ff.)    Oxy.    XI   1382:    -/idg   'HUov    fieyäXov 

Sa^äniSoG    d^er-rj    ?]    nstn    EvQiMi'a    rbv    >cvße^vi]Tt]v.        Vgl.     Seite    158.        IsiS". 

Wilcken  Chr.  118.  Davon  ist  die  Vorstellung  zu  trennen,  daß  der  Gott 
aus  Krankheit  helfe,  vgl.  Wilcken  Chr.  68  (Soknopaios),  119.  Orakel: 
Ammon  u.  a.  Wilcken  Chr.  117.  Sarapis  in  Alex.  OG.  II  699.  Sarapis-Helios 
in  Oxyrhynchos:  Oxy.  VIII  1148.  1149.  Oxy.  IX  121.3.  Apis:  Lukian, 
deorum  conc.  10.  Bes  in  Abydos:  Amm.  Marcell.  19,  12.  3.  Dioskuren: 
Wilcken  Chr.  94.  95.     Vgl.  ferner  Wilcken  Chr.  121.  122.    Tebt.  II  284.    Un- 

publiziert  Berlin  P.  13  300:  xv^iq>  ^oy.vo7taicp  d'ecöi  ^eyäXcoi  xal  "Afificovi  ü'soTs 
/^leyioTois.  d^iot  2^coräg  ei  od  ijlsIXl  b  vofidoy^rje  eivavTov  (eavxov^)  dyavay.%X  fj 
s^sTd^i    TU    xar'    sfie,    ori   ia    Ttirrd^ia   OdaXe^lov.    sycb  yQd(pio.     iovtu)    fj,oi   Sös. 

P.  13  304   an    Soknopaios    und  Ammon:  ■/ori^iä'naov  Zmdäii,    ei   fied-iarare    6 

y.cofioy^a(fifiaTevsJ    t^s    ßov    y.al  oj.    ea  rijs  eTtiarolfjs    tovtö    fioi    Sog.       Für   die 

Antwort  vgl.  das  im  folgenden  mitgeteilte  christliche  Orakel  und  BGU  I  229. 
230  mit  der  Schlußbitte  rovröv  (l.  tovto)  fioi  klivixov.  Wahrscheinlich  be- 
handelte man  die  Zettel  als  v7ioi.ivri/iima  (libelli)  und  gab  sie  mit  antwortender 
votoyQafi]  zurück  (vgl.  Kap.  14).  Sammlung  von  Musterfragen  Oxy.  XII 
1477.     Gebet:    Beispiel    des    Familien-Proskynema:    OG.   I  184  (74  a.  C), 

Philä:  IlToXe/nacoi  ^lovvoiov  6  avyyei'rjg  xal  oT(>arr]yds  lov  MixQov  ^lOTtokirov 
rjHio  y.al  Tc^omty.vvrjxa  ttjv  fieyiarrjv  d'euv  y.vfjiav  ^(breiQav  "laiv  to  Tt^ogKvv/jua 
T&v  ncEv.vcov  iiov  y.al  twv  (fiXövvrcov  f.is.  L  r]  0afie(vu>d')  tj.  Loyales  Prosky- 
nema:  OG.  I  191  Philä:  BaaiXecos  ÜToXe^alov  d'eov  Neov  ^lovvaov  0i,Xo7idroQOs 
xal  'PiXabeX(f>ov  xal  lüiv  Teavcov  to  7t^ogxvpr]fia  TtaQa  rr  xv^iq  "JaiSi  xal  rotg 
avrvdoig  B'eoig    OeöSoTog   'AyrjaifcSvros  ^Äyaibg  dnö  HatQcöv    Tte7ioi[r]xev].    Pros- 

kynema  beim  Sarapis  brieflich  mitgeteilt,  sehr  häufig,  besonders 
ausführlich    Oxy.    VII  1070.      Typus  z.  B.  Tebt.   II  418:  n()b   iwv  6Xcov  rö 

n^ogxvvTjfid   aov    noicö    Tta^d   reo    xv^ico  üa^dniSi   xal   Toig    avvvdoie   d'eolg.      Daß 

man  dem  Prosk.  beim  Sarapis  mit  hoher  Wahrscheinlichkeit  Herkunft 
des  Briefes  aus  Alex,  entnehmen  darf,  hat  Wilcken  erkannt.  Brief  mit 
Proskynema  bei  andern  Göttern:  Thoeris  Oxy.  111  528,  bei  den  eTzixcö^wi 
&eoi  Oxy.  VI  936,  bei  den  Ortsgöttern  Fay.  130,  Zeus  Kasios  BGU  III  827, 
bei  den  nax^cöoi  x^eoi  Lond.  III  p.  213,  bei  der  Tyche  von  Antiochia  BGU 
III  794  (der  Brief  ist  wohl  in  A.  geschrieben).  In  ptol.  Zeit  finden  wir  auch 
Fürbitte  im  Briefe  ausgedrückt,  aber  nicht  so  regelmäßig  und  so  formelhaft, 

vgl.   z.  B.  Paris,  63:   »<««  del  /lev  e-öxofiai  Toig  &eotg  8iaad)^ead'aL  os  xal  td  [rca^d] 

rov  ßaoiXecjg   si)/i,evfi    Scä  Tiairös   eivai  y.al  >vv.     Übergang  ins  Christliche  z.  B. 

Lips.    111:    Ttob    fiel'     Ttdviü^i'     Evyfif.iai     reo     v^iiarco     d'ecö    neijl     t^s     a^s    vyiag. 

Natürlich  gab  es  neben  diesen  festen  Prägungen  des  Briefstils  freiere  Formen, 
z.  B.  Wilcken  Chr.  478.    Wallfahrten:  zum  alex.  Sarapis:  Wilcken  Chr.  98 

Tebt.  II    416   eyevdfirjv    elg    'AXe^dvSoiav    7ioosxvri]oai.       Auch     daS    Edikt   Cara- 

callas,  Wilcken  Chr.  22,  setzt  sie  voraus.  Jährl.  Wallfahrt  zum  Sarapeum 
in  Memphis:  Paris.  12  (ca.  157  a.  C).  Die  Sprüche  des  Sansnös,  Wilcken 
Cbr.  116,  empfehlen  die  Wallfahrt.  Vgl.  den  Brief  des  Nearchos  Wilcken  Chr. 
117.  Proskynemata  der  Wallfahrer  in  Auswahl  in  OG.;  viele,  die  in  Lepsius 
Denkmälern  stehen,  sind  sonst  noch  ungedruckt.  Kultvereine  z.  B.  avvoSog 
Seofiovd-iaxr]  Arch.  f.  P.  II  432  Nr.  13.  'AnoXXcoviaxi^  Breccia,  Inschr.  Alex.  132. 
Vgl.  auch  die  Komegetai  und  Thiasotai  OG.  I  97,  Basilistai  OG.  I  130. 
ovvoSog  leßaarrj  Wilcken  Chr.  112.    Im  AUg.  Mariano  San  Nicolö,  Äg.  Vereins- 


1 

EINZELNES.  369 


Wesen  I,  llff.  München  1913.  Privatheiligtümer  der  Diosi<uren  Mitteis 
Chr.  42.  Wilcken  Chr.  94.  Lefebvrc,  Annales  du  Service  des  Ant.  191.S,  92. 
der  Isis:  Beispiele  zahlreich,  meistens  mit  Nennung  des  Besitzers  oder  Be- 
gründers: T^vfMvos'^/aiezop  Oxy.  IV  719  usw.  Oxy.  XII  p.  24G.  Schon  im 
3.  Jh.  a.C.  Petr,  II  39a,  III  1.  Die  Isieia  gehören  im  allg.  zu  den  eldoaova  ie^d 
Wilcken  Chr.  65;  ^e>«  'laietoi-  in  Kerkeosiris  Wilcken  Chr.  118.  Privattempel 
ist  wohl  auch  das  Heiligtum  der  Syrischen  Göttin  ÜG.  11  l'ii  vgl.  Magdola  2. 
Unveröffentl.  Berl.  Pap.  137.5:  Asklepieion  im  Besitze  zweier  Frauen, 
aber  im  Eigentum  des  Staates,  der  gegen  ihre  Ansprüche  die  Auktion 
verfügt.  Es  war  also,  als  Heilstätte  durch  Inkubation,  ein  gewinnbringendes 
Unternehmen.      Einzelaltar    OG.   197.       Hausaltäre  Wilcken    Chr.  449. 

£  p  i  p  h  a  n  i  e  :    OG.   I  187  (.58  a.C.)  L  y.y  <t>aouov9'i  iß  vn:'eQ    ßaaü.eioi   utydlov 
UroXe/iiaiov  d'eov  Neov^iovvaov  UttBoovyov  d'ebv  /ueyav  ibv  en'   airov  wavevra 

Uavvt  IT]  xä  L  ^ATtoXlojvios  ' ATtolXwviov  Taleacug.  Die  Erscheinung  des  Petesuchos 
ist  auf  den  Tag  datiert.  Traum:  Genaueres  ist  von  Wilckens  Bearbeitung;  der 
Sarapeumspapyri  in  den  Urkimden  der  Ptolemnerzeit  zu  erwarten.  Vgl.  Arch.  f. 
P.  VI  203.  Zu  den  sog.  Katochoi:  Sethe,  Sarapis  u.  die  sog.  Katochoi  des  S., 
Abh.  Gott.  Ges.  d.  Wiss.  1913.  Wilcken,  Arch.  f.  P.  VI  184.  Sethe,  GGA.  1914, 
385.  Sethe  weist  darauf  hin,  daß  die  -^aToyij  im  Sarapeion  unmittelbar  religiöser 
Züge  entbehre  und  als  gewöhnliche  Haft  gedeutet  werden  könne;  Tempelhaft 
sei  in  Ägypten  bekannt  und  durch  demotische  Papyri  der  Ptolemäerzeit  be- 
stätigt. Bevor  Wilcken  seine  verbesserten  Lesungen  der  Texte  vollständig 
mitteilt,  ist  ein  sicheres  Urteil  unmöglich.  Jedoch  sei  auf  Lond.  I  p.  34,  18  hin- 
gewiesen, wo  die  Wendung  d'KfiKov  St  nva  rcHv  na^anareyofieviov  vnö  tov 
laoüTtios  d-EQaTtsvtwv  eine  ,, Gotteshaft"  nahelegt. 

Zur  Isisreligion:  Oxy.  XI  1380  (Seite  156).    Plutarch,  de   Iside  et  Osiride. 
Erman,  Äg.  Rel.^     Rusch,    De   Sarapide    et    Iside    in  Graecia   cultis.      Dlss. 
Berlin  1906.     Der  Isis-  und  Sarapiskult    ist  bis  in  die    nördlichen  Provinzen 
des  röm.  Reiches  gedrungen;  es  gibt  Weihungen  aus  Köln  u.  a.     Ein  Zentrum 
war   das  Dolomitenland,  wo   heute   noch   der  Monte  Sorapis  daran  erinnert. 
Näheres    muß    hier    beiseite    bleiben.      Nächtliches    Isisfest    Oxy.   III    525. 
Über    die    Mysterienreligionen    im    allg.  vgl.   Reitzenstein,    Hellenistische 
Mysterienreligionen.     Der  sonst  so  mächtige  Asklepioskult  scheint  in  Ägypten 
eine  geringere  Rolle  zu  spielen.     Jedoch   beweisen  der  Asklepioshymnus  von 
Ptolemais,    die  Asklepios-Imhotep -Literatur    und    die  Asklepieia,    besonders 
das  große  von  Memphis,  daß  er  bei  Griechen  und  Ägyptern  zu  den  Göttern 
ersten  Ranges  gehört,   wenn   auch  namentlich   Isis   ihn  überflügelt.     Für  die 
Offenbarungslit.   sind  bes.  wichtig   die  Zauberpapyri;   eine  Gesamtausgabe 
wurde  von  Wünsch  vorbereitet.    Über  die  hermetischen   Bücher  vgl.  Reitzen- 
stein, Poimandres.   J.  Kroll,  Die  Lehren  des  Hermes  Trismegistos,  Münster  i.W. 
1914.  Oxy.  VI  886(3.  Jh.  p.C.)  wird  ein  Zaubermittel  eingeleitet  mit  den  Worten: 

fityäXt]  ^lais  fi  xvoin-  dvxiyoatfov  ieoäs  ßißlov  rfji  tvoeriar^s  (sic)  sv  rols  rov'E^uov 
Ta^ioK'  6  de  toötio:  sarlv  t«  neofl]  t«  y^dfi/iara  y.d'  (sic),  ^«'  ojv  ö  'EQfif^e  xe 
fi   ~Iais    Xf)Tovaa    eavr^s    röv    dbthföi'    y.e    uiSqu    "Oai^eiv.      Die    29   Buchstaben 

■führen  vielleicht  auf  das  koptische  Alphabet.  "Eouf^s  Tonusyioros  schon  früh; 
fiiyai  xcu  /niyai  OG.  I  90.  Zur  Astrologie  vgl.  Boll,  Sphaera,  und  Kap.  9.  Blei- 
tafel mit  Liebeszauber:  Plaumann,  Amtl.  Ber.  aus  d.  Kgl.  Kunstsammlungen 
1913/14,  203.    Zu  den  relig.  Ergebnissen  der  Zaubertexte  vgl.  außer  Reitzen- 

24 


Schubart,  Papyruaknnde. 


370  EINZELNES. 


stein    vor    allem  Dieterich,    Eine    Mithrasliturgie.     Amulette  z.  B.  Oxy.  XIl 
1478.     Götterstatuetten:    Weber,    Terrakotten.     G  o  1 1  he  i  t,  t6  i^'etoj,  z.  B. 
Wilcken  Chr.  70  (57/6  a.  C). 
Gottvertrauen:  Paris.  45  (153  a.  C).  alV    ö/ums    rois   d'eozs    r^f   sniT^onrjt' 

SiSfOfii'  ävev  täjv  ü'ewv  ovS'ev  yitsrai.  Vgl.  Wilcken  Chr.  119.  &eß>v  d'eXövTCov 
Amh.    II  131.      ^ecöv    Se  ßovXo/Liercov,    an  Späterer  Stelle  tfjs    Tijxrjs    eTrnQsnovar^^ 

BGU  1  248.  Ebenso  formelhaft  K^'s  rois  »soi^  z.  B.  BGU  III  843  und  schon 
im  3.  Jh.  a.  C.  Petr.  I  29.  Drohung  gegen  die  Götter  Wilcken  Chr.  120,  Grund- 
züge p.  125  (ioü'i  Se^  ÖTi  oi  /ueXlc)  d'tcö  o'/oXd^siv^  ei  fii]  TC^ö'tEfjof  äna^Tioot 
Tov  vlöv  Liov.    Atene   e    Roma    VII    124:    oi>r[E    lllovadfir^v  [oÜ'Jte  Tt^Oisxvvtjaa 

d-eoi)^  foßovfievT]  oov  ib  uetkioQov.  Im  allg.  Deissmann,  Licht  vom  Osten^, 
der  aber  dazu  neigt,  aus  den  Papyrusbriefen  zuviel  herauszulesen;  auch  der 
Brief  des  Antonis  Longus  BGU  111  846  gibt  kein  Beispiel  religiösen  Sünden- 
bewußtseins, und  der  Vergleich  mit  Lukas  15,  11  ff.  trifft  nur  z.  T.  zu.  Merk- 
würdig ist  die  Anrufung  der  göttlichen  Rache  durch  Ermordete  OG.  II  697. 
Leben   nach   dem   Tode:  OG.  I  56,  48  vom  Tode  der  Prinzessin  Berenike 

ovveßrj     Tavrrjv     ■TiaQ-d'evov     o-öaav    s^aitpvrjs    /Liejskd'ETv    eh     tbv    äevaov    KÖOfiov. 

Häufig  in  Grabepigrammen  aus  griechischen  Kreisen:  Bull.Corr.  Hell.  1902,  440: 

evfioiooti,  o8e  f.irixüi  MeXag  sne'/^EvaTo  ofi^iu,  >]  b'  le^oiig  yüoovi  oX'/iEtai  evaeßecav 
an  späterer    Stelle     TiE/Mipar  S'  d&dpaToi  fie  d'eol    uaycd^cof  eni  v^ioovs  eiiSerfS^Jov 

^'  ie^äi'W.voioio  yfvjas.  Vgl.  das  Epigramm  auf  Philikos  Seite  126.  Äg.Toten- 
gericht   Erman,  Äg.  Rel.^   251.    Auf  Grabsteinen    häufig   der  Wunsch:  dUcc 

xöviv   aoi    —    y.ovfrjv  y.ai     Soirj    xpvx^öv  "OoEi^ig    ftVw^,   z.    B.    Weißbrodt,   VorlCS. 

Verz.  Braunsberg  1913  Nr.  3.  Vgl.  auch  Kap.  19  über  Bestattungssitten. 
Rein  hellenisch  Philonides  an  Kleon,  Witkowski,  Epist.^  8.  Wilcken  Chr. 
478  usw.  Heiland:  Augustus  ocottiq^  Hadrian  acoai'tiooftios  u.dgl.  Harnack, 
Reden  u.  Aufsätze  1,  307.  Wendland,  Zschr.  f.  neutest.  Wiss.  5,  335.  Lietz- 
mann,  Der  Weltheiland.  Bonn  1909.  W.  Otto,  Hermes  45,  448. 
Christentum:  Harnack.  Geschichte  der  Mission  und  Ausbreitung  des  Chr.  11 
132ff.  Der  alexandrinische  Jude  Apollos  Apostelgesch.  18.  Die  alex.  Gemeinde 
führte  sich  später  auf  Marcus  zurück.  Sekten  z.  B.  im  Fajum;  Brief  des  Dionysios 
von  Alexandreia,  Euseb.  h.  e.  VII  24:  «''  ««'   otv   reo    'A^aevoeiTri  yepö/uevoi, 

ev&n,  ibs  oiöag^  ttoö  ttoXXov  rovro  e7Xe7iö%aZ,e  tö  Söy/ia  (Lehre  der  Ncpotiancr 
vom   tausendjährigen    Reiche)   <i>g  xctl  a/Ja/uara    y.al    dTroaraaiag    ö/.(ot'    exxXrjaicöv 

yeyoiEidi  usw.  Der  älteste  christl.  Papyrusbrief  zwischen  264  und  282  p.  C, 
Wilcken  Chr.  126.  Über  die  christl.  lit.  Papyri  siehe  Kap.  10  und  das  Ver- 
zeichnis der  lit.  Papyri.  Besonders  alt  sind  Oxy.  IV  656  (Genesis),  Oxy.  VIII 
1074  (Exodus),  einige  unkanon.  Evangelienstücke,  Eirenaios  Oxy.  III  405  u. 
Lietzmann.  Libelli  aus  der  decianischen  Verfolgung  P.  M.  Meyer,  Abh. 
Berl.  Ak.  1910,  dazu  Ryl.  I  12.  II  112.  Oxy.  XII  1464.  P.  M.  Meyer,  Griech. 
Texte  aus  Äg.  15—17  und  Plaumann,  Amtl.  Ber.  aus  d.  Kgl.  Kunstsammlungen 
1912/13,  p.  118.  Zur  „Opferkommission"  vgl.  die  heidnische  Kommission 
ETi'i  Tü>v  lEocdv  Oxy.  XII  1453.  Die  Mehrzahl  der  Libelli  stammt  aus  dem 
Fajumdorfe  Theadelphia;  andre  Zeugnisse  für  Chr.  auf  dem  Lande  bei 
Harnack.  Plaumann,  Ptolemais  117.  Unter  Diokletian  gehört  der  viel  um- 
strittene Psenosirisbrief,  Wilcken  Chr.  127,  der  mit  andern  aus  der  großen  Oase 
stammt.  Zur  diokletianischen  Ära  vgl.  Kap.  12;  sie  wird  entweder  Jtoxljjrtaroir 
oder    iia^Tv^cov  genannt.     Osterberechnung    und    Osterbriefe    vgl.    Kap-   10- 


EINZELNES.  371 


Zuflucht  des  Isiskultus  auf  Philai:  Wilcken,  Grundzüge  133.  Klöster:  man 
beachte  den  Sinnunterschied  von  /hovuoti^qiov  und  ycoivößiov.  Klöster  in 
altäg.  Tempeln  wie  in  Der  el  bahri.  Schenute:  sein  Leben  dargestellt 
von  Leipoldt,  Schenute  von  Atripe.  Lpzg.  1903.  Sein  Kloster  wird  heute 
der  el  abjad  oder  der  anba  Schenuda  genannt.  Gebet  an  den  heil.  Schenute 
siehe  Seite  178/9  (Gebet  bei  der  Nilschwelle).  Zu  Clemens  und  Origenes 
vgl.  Wilamowitz,  Literaturgeschichte.  Die  Katechetenschule  stellt 
Wilcken  in  Vergleich  mit  dem  Museion.  Origenes  bemühte  sich  um 
den  Text  des  AT.  (Hexapla).  Später  wurde  sein  Andenken  als  das  eines 
Ketzers  verflucht.  Für  die  Bildung  der  koptischen  Geistlichen  ist  Deiß- 
mann,  Licht  vom  Osten'^,  158ff.  bezeichnend:  ein  Diakonatskandidat  muß 
das  Ev.  Joh.  auswendig  lernen.  Relig.  Leben  unter  den  äg.  Christen:  im  allg. 
Deißmann,  L.  v.  O.  und  Wilcken,  Grundzüge  sowie  die  hergehörigen  Texte 
der  Chrestomathie.  Oxy.  XI  1357  Goftesdlenstkalender  von  Oxyrhynchos 
nennt  folgende  Kirchen  der  Stadt:  <t>oißdufia}voi,  Isqtiiov,  Ma^iiooiv,  "At'viavfjg, 

Koouä,  (PiloiEVOi,  vorivTj  sxxXrjaia^  Ei^cfrjfiias,  'leorjfiiav,  Za%aQiav,  (z.  T.  ägypti- 
sche Heilige,  z.  T.  allgemeine  Kirchenheilige  wie  Kosmas  und  Märtyrer,  z.  T. 
Profeten)  und  folgende  Gottesdienste:  y.voiax7j,  rjfie^a  fieravoias,  fjue^a'ETtiiLidxov^ 

eis  rbv  äytoi'  —sq7\vov,  Muoivqiov^  e\)ayyeXcaTT^v,  äycov  Mi%ari}.ä,  äyiov  Tovorov^ 
&yiov  Mrjväi',  ayiov  Biy.roQa,  rj/tis^a  'Jaicoros,  Ma^ia  yevva  tov  Xqiotov,  ayior 
ITetqov,  äytov  HavXov,   tritfäveia   tov  X^iazov,  ßaTtriarijv,  äyiov  'lovliavöy.  äyior 

Faß^ii^l,  "ÄTta  NovTi,  (:)sdSoToi',  OeöScooov.  Auch  hier  fällt  der  Heiligendienst  ins 
Auge.  Briefstil  z.B. Wilcken  Chr.128.  Oxy.  VIII  1162.  X  1298.  XII  1492-95. 
Soc.  Ital.  III  208.  Schubart,  Amtl. Her.  1914/5,  209.  Protokoll  z.B.BGU  1315: 

ev  ovöuaii  tov  xvoiov  y.al  Ssottötov  'Irjaov  Xqiotov  tov  d'eov  y.u'i  acoTfjQOi  fifiibv 
x«i  T^S  SsoTtoivTjs  fi(.L(bv  rfii  ayiai  d'eoTÖy.ov  y.al  TidvTcoi^  rcöv  aykov.  Mi. Chr.  290, 
6.  Jh.  p.  C. :  [ev  ovöfiUTi  TOV  y.v^iov  i]ficöv  'Irjoov  X^iorov  tov  d'eov  y.al 
a(OTfjoos  y.al  SeanÖTOv  tcjv  fjfiersQOJv]  ■fjyovfiefioi'  töjv  XaXovfievioi'  te  y.al 
Tt^azTOfievcov  xal  Tf/S  deaTToci'i]^  fjuiov  Tf]s  d'eoTÖxov  y.al  deina^d'et'ov  Marias  y.al 
tov  äyiov  ['Iu>dvvov]  tov  jiooH^öfiov  xal  [ßaTTTiJarov  huI  tov  ayiov  'Icadi>vov 
TOV  eiXöyov   y.al  eiayyeXtOTov   y.al   TtavTOi  tov  %o^ov  twv  dylcor   ts  y.al   dd'Xo(f  o^ori' 

fia^TVQOJv  (evXöyov  befremdlich  statt  S'eoXoyov).  Grabinschriften:  Lefebrve, 
Recueil  des  Inscr.  Grecques-Chret.  d'Egypte.  Cairo  1907.  Auf  die  neben- 
gemalten Kreuze  bezieht  sich  das  Gebet  Oxy.  VII 1058:  o  &^  töjv  Traoay.eifiivcov 
oTavocöv  ßorjfyrjoov  töv  SovXöv  aov  'ÄTtfoväv'  d/Lir}v.  Christi.  Lit.  in  .Ägypten 
siehe  Kap.  4,  10  u.  20.  Harnack,  Gesch.  d.  altchristl.  Lit.  I  2<Uff.  Martyro- 
logien:  Verzeichnis  der  lit.  Papyri.  Hymnus  auf  die  Märtyrer:  Berl.  Klass.  T. 
VI  122.  Unter  den  liturg.  Texten  verdient  bes.  Beachtung  das  Gebet  mit 
Stücken  aus  Poimandres;  vgl.  Reitzenstein  GGA.  1911,  537  und  Nachr.  Gott. 
Ges.Wiss.  1910,  324  zu  Berl.  Klass. T.  VI  110.  Ferner  das  Sabbatsgebet  Seite  178 
(zum  Sabbatsgottesdienste  vgl.  auch  Oxy.  VI  903  äneX&ovaa  [eijs  tö  xvqiay.bv  ev 
aafißdd-cp,  was  nicht  ein  Dorf,  sondern  der  Sabbath  ist).    Vulgäre  Gebete  z.  B. 

Oxy.  VII  1059:  y-'i  9-e  uov  y.al  h  eQJtii  fiov  (f]  elTtii),  ioi^e  CsiChC  d\\\)  <=)ey.Xa  y.al 
TOlg  Tey.voii  (sic)  aiiTfi(s),  äy.'e  "Ävvrja  y.al  Tfje  SovXrjs  aiTfjs,  äxpe  "ÄTtfov^,  &U'e 
Haxavcov,   äi/'e  .Juovi>aiov   y.al  tcöv  Tsy.vov  ainov,   äxpe  'EXXaSiov,   öjife  JTTO/uefieov, 

äxpe   -aut'  ovofia.   Amulette  Z.B.  Oxy.  VIII    1077,    1152:   cooioo  ifco^  'EXo>ei, 

^AScovdsi,  Uad),  laßacjü-,  Miyap.,   Ueaov  XotoTt,  ßorjd-i   fi^ir  xal  tovtoj  o'iy.fo'   d/i?])'. 

VIII  1151  ist  ein  bes.  ausführliches  Amulettgebet.    Orakel  Wilcken  Chr.  i;?2 

24* 


372  i;iNZELNCS. 


und  Oxy.  VI  11  1150:  ^  f^eds  rov  n^oordrov  rj/iäif  xov  kyiov  'PiXo^evov^  sav 
xsXeveis  slsersyxelp  eis  lö  voaoHO/utöp  aov  'Arovn,  Sel^op  rrjv  Bvpafj.l'iv  aov]  xal 
E^eXd'Tj  rö  Tiirrfd  JxfiopJ. 

Unter  arabischer  Herrschaft  hat  das  koptische  Christentum  nach  anfänglich 
milder  Behandlung  manche  Verfolgungen  erlitten,  sich  aber  zähe  behauptet. 
Der  griechische  Einschlag,  der  sich  noch  eine  Zeit  lang,  z.  B.  in  der  Kirchen- 
sprache, fühlbar  machte,  ist  später  ganz  verschwunden.  Zum  Verhältnisse 
des  Christentums  zum  äg.  Volkstume  vgl.  Kap.  l.ö 


XVII.  DIE  BILDUNG. 

Wälirend  in  der  Religion  die  ägyptischen  Züge  überwogen  und 
auch  dem  koptischen  Christentume  noch  ihre  Eigenart  auf- 
prägten, stand  die  geistige  Bildung  Ägyptens  seit  Alexander  unter 
dem  beherrschenden  Einflüsse  griechischen  Geistes,  dem  schon  die 
griechische  Sprache,  die  Amtssprache  der  Behörden,  die  Welt- 
sprache des  Verkehrs  und  der  Kultur,  eine  unentwindbare  Über- 
macht sicherte.  Zwar  erhielten  sich  auch  ägyptische  Wissenschaft 
und  Kunst  in  gewissen  Grenzen,  obwohl  Jahrhunderte  lang  das 
überlegene  Griechentum  auf  ihnen  lastete;  aber  ihr  Bereich  bleibt 
an  Ausdehnung  hinter  dem  der  griechischen  Bildung  weit  zurück, 
denn  diese  zog  fast  alles,  was  der  griechischen  Sprache  mächtig 
war,  in  ihren  Kreis  hinein.  Fragen  wir  daher  nach  dem  geistigen 
Leben  dieser  Zeit,  so  müssen  wir  uns  in  erster  Linie  der  griechi- 
schen Literatur,  Wissenschaft  und  Kunst  zuwenden,  um  ihren 
Entwicklungsgang  auf  dem  fremden  Boden  und  ihre  Verbreitung 
unter  der  hellenischen  wie  unter  der  Mischbevölkerung  zu  verfolgen; 
freilich  kann  es  sich  bis  heute  nur  um  einen  Versuch  handeln,  die 
literarische  Überlieferung  mit  den  unmittelbaren  Zeugnissen  der 
Papyri  in  Verbindung  zu  setzen  und  ein  paar  ordnende  Linien 
zu  ziehen. 

Alexanders  lebhafte  Teilnahme  an  der  Literatur  vererbte  sicii 
auf  seine  Diadochen,  da  sie  in  der  Zeit  lag.  Auch  Ptolemaios 
Soter,  der  selbst  Kriegsmann  und  Herrscher  war  und  der  litera- 
rischen Bildung  ferner  stand,  folgte  der  Zeitrichtung,  als  er  seine 
Erinnerungen  an  Alexanders  Feldzüge  in  einem  Buche  niederlegte. 
Weit  mehr  aber  bedeutete  es,  daß  er  es  als  königliche  Pflicht  er- 
kannte, in  der  Hauptstadt  seines  Reiches  dem  griechischen  Geiste 
ein  Heim  zu  gründen;  er  begründete  die  große  Bibliothek 
Alexandreias,  die  nach  mancherlei  Vorläufern  in  Griechenland 
mit  vollem  Erfolge  auf  die  Sammlung  der  griechischen  Literatur 
ausging.  Von  ihm  und  seinen  Nachfolgern  gepflegt,  überstand  sie 
auch  die  Beschädigungen  durch  den  Brand  zu  Cäsars  Zeit  und 
blieb  die  größte  Sammelstätte  griechischer  Bücher  bis  zum  Unter- 


374  ALEXANDRINISCHE   LITERATUR. 

gange  hellenisclier  Kultur;  noch  nieiir  leistete  sie  als  Anreger  und 
Mittelpunkt    einer    reichen    wissenschaftlichen    und    literarischen 
Tätigkeit,    denn   nirgends   sonst   fanden   griechische    Gelehrte   in 
solcher   Fülle    allen   Stoff,    dessen  sie  bedurften,  nirgends  sonst 
die  Schriftsteller  und  Dichter  einen  so  empfänglichen  Kreis  wie 
das  Alexandreia  der  Ptolemäer.   Neben  der  Bibliothek  erstand  das 
Museion,  ein  Tempel  der  Musen  mit  einem  Priester  an  der  Spitze, 
eine    Pflegestätte    der   Wissenschaft,    die    man    mit    Recht   einer 
Akademie  verglichen  hat.     Hohe   Gehälter,  die  die   Könige  den 
leitenden   Bibliothekaren  boten,  freier  Unterhalt  und  Steuerfrei- 
heit, deren  die  Gelehrten  des  Museion  genossen,  lockten  die  be- 
rühmtesten Geister  der  griechischen  Welt  an  den  Ptolemäerhof ; 
hier  versammelte  sich  ein  Kranz  bedeutender  Männer,  wie  er  sich 
nirgends  sonst  damals  vereinigen  konnte.    Florenz  unter  Lorenzo 
Medici  mag  einen   Begriff  davon  geben.     Blieb  auch  Athen  das 
Heim  der  Komödie  und  der  Philosophie,  so  zog  doch  Alexandreia 
die  Einzelwissenschaften  an    sich  und  bereitete  nicht  minder 
der  Dichtung  eine  Stätte.    Seine  Glanzzeit  erlebte  es  im  3.  Jh. 
a.  C,  als  Philadelphos   und  Arsinoe  den  Dichtern  und  Gelehrten 
ihre  Gunst  zuwandten.   Kalli machos  verarbeitete  in  den  Pinakes 
die  Bestände  der  Bibliothek  und  schuf  damit  die  Grundlage,  auf 
der  sich  die  gelehrte  Arbeit  späterer  Bibliothekare  aufbaute;  der- 
selbe Kallimachos  aber  war  der  eleganteste  Dichter  seiner  Zeit, 
ein  Meister  der  Sprache,  der  die  schlichte  und  doch  überaus  kunst- 
volle poetische  Erzählung  ebenso  beherrschte  wie  das  Epigramm; 
in    seinen    Liedern    huldigt    er    ebenso    frei    wie    vornehm    dem 
Königspaare,     das     die     Musen     pflegte.       Apollonios    Rhodios, 
Theokritos,  Euphorion  lebten  und  dichteten  zu  derselben  Zeit  in 
Alexandreia   und   trugen   dazu   bei,   dem   Hofe   des   Philadelphos 
einen   literarischen  Namen  zu  verschaffen,    wie  ihn  kein  anderer 
wieder  errungen  hat;  es  ist  nur  begreiflich,  daß  später  die  Juden 
die  Übersetzung  ihrer  heiligen   Schriften  ins  Griechische  auf  die 
Anregung    dieses    Königs    zurückzuführen   suchten,   dessen   Teil- 
nahme sich  auch  auf  nicht  griechische  Literatur  erstreckte.  Wie  uns 
die  Papyri  lehren,  blieb  Alexandreia  in  ständiger  Fühlung  mit  der 
gesamten  griechischen  Literatur,  denn  nur  auf  diesem  Wege  sind 
die  Werke  des  Herodas,  des  Kerkidas,  des  Menander,  den  man  an 
Alexandreia  zu  fesseln  suchte,  ins  Land  gekommen,  dazu  so  manche 
andere   hellenistische   Dichtung,   deren   Ursprung  oder   Verfasser 
wir  nicht  mehr  ermitteln  können. 


ALEXANDRINISCHE  WISSENSCHAFT.  375 

Gleichzeitig  regte  sich  die  literarische  Forschung  und  kehrte 
sich  zuerst  den  homerischen  Gedichten   zu;  die   kritische  Arbeit 
und    die    kritischen  Ausgaben    des  Zenodotos,  Aristophanes    von 
Byzanz   und   Aristarchos   bedürfen    nur   der  Erwähnung.      Aber 
auch    andere    Gebiete    der    älteren  Literatur   zogen   die    alexan- 
drinischen  Gelehrten  in  den  Kreis  ihrer  Forschungen,  und  welche 
Gelehrsamkeit  ein  Mann  wie   Hermippos  aufgehäuft  hat,    verrät 
uns    der    Demostheneskommentar    des    Alexandriners    Didvmos, 
der  in  Wahrheit   von   des    Hermippos    Schätzen   lebt.       Freilich 
vertritt  er  nicht    mehr  den    Höhepunkt  alexandrinischer  Gelehr- 
samkeit,   sondern   zeigt  mehr  ihre  Grenzen,    ihr  Buchwissen  und 
einen  Mangel   an   Vertiefung.     Die   philologischen    und   gramma- 
tischen Studien  der  ersten  alexandrinischen  Gelehrten  haben  den 
Ruf  der  Enge,  der  heute  noch  vielfach  alexandrinischer  Wissen- 
schaft anhaftet,  ebenso  wenig  verdient  wie  die  mathematischen, 
naturwissenschaftlichen   und   medizinischen  Forschungen 
Alexandreias,  die  zu  den  bedeutendsten   Leistungen  griechischer 
Wissenschaft      i^iberhaupt     gehören;     man     braucht     nur     den 
Namen  des  Eratosthenes  zu  nennen,  an  seine  Meridianmessung 
und   seine    chronologischen  Arbeiten  zu  erinnern,    um   von    der 
Weite  und  Gründlichkeit  alexandrinischer  Gelehrsamkeit  einen  Be- 
griff zu   geben.      Die   Könige    selbst    betätigten    sich    gern    mit 
der  Feder;  Euergetes   I.    beschrieb    seinen  Feldzug    nach  Asien, 
und  sogar  Euergetes  II.,  der  die  Alexandriner  schwer  heimsuchte, 
spielte  den  Gelehrten  und  Schriftsteller. 

Alexandreia  nimmt  unter  den  Ptolemäern  einen  besonderen,  auf 
vielen  Gebieten  den  ersten  Platz  in  der  Entwicklung  der  damaligen 
Literatur  und  Wissenschaft  ein;  es  ist  ganz  griechisch,  zugleich  aber 
durch  den  Hof  und  durch  die  von  allen  Enden  der  Welt  zusammen- 
geströmte griechische  Bevölkerung,  durch  ihre  Berührung  und  all- 
mählich durch  ihre  Mischung  mit  dem  fremdartigen  ägyptischen 
Wesen,  durch  den  gewaltigen  Verkehr  der  größten  Handels-  und 
Industriestadt  so  eigentümlich  beeinflußt,  daß  innerhalb  der 
hellenistischen  Gesamtliteratur  der  alexandrinische  Zweig  eine 
kenntliche,  großstädtische  und  weltweite  Sonderart  entfaltet. 
In  der  Berührung  von  Griechentum  und  Orient  tritt  am  sicht- 
barsten das  Wesen  des  Hellenismus,  die  Weltkultur  griechischer 
Prägung  zutage. 

Von  Alexandreia  aus  stieg  hellenische  Bildung  das  Niltal    auf- 
wärts  überall   dahin,   wo    Hellenen   sich   niederiießen,   und   fand 


376  GRIECHISCHE  BILDUNG    IN   ÄGYPTEN. 

um  SO  bereitwilliger  Pflege  und  Aufnahme,  je  reiner  sich  diese 
hellenischen  Siedlungen  zu  erhalten  vermochten.  Die  Funde 
literarischer  Papyri  zeugen  davon,  wie  Homer  und  die  alte  Lyrik^ 
die  Literatur  des  5.  und  4.  Jh.  a.  C,  vornehmlich  Euripides,  aber 
auch  Dichtungen  wie  die  Perser  des  Timothcos  Leser  fanden; 
Homer  zumal  war  ja  nicht  nur  das  Buch  der  Schule,  sondern  das 
geistige  Band  aller  Hellenen  in  der  Welt.  Aber  die  Hellenen 
Ägyptens  empfingen  nicht  allein  das  überlieferte  Gut  der  Literatur, 
sondern  standen  unter  der  lebendigen  Einwirkung  alles  dessen, 
was  der  Hellenismus  hervorbrachte.  Die  Werke  des  alexandrinischen 
Kreises,  aber  auch  solche  andrer  Herkunft  begegnen  uns  in  den 
Papyri,  die  ja  nicht  aus  Alexandreia,  sondern  aus  dem  mittleren 
und  oberen  Ägypten  stammen  und  uns  erzählen,  wie  weit  der  Ein- 
fluß des  großen  geistigen  Mittelpunktes  sich  ausdehnte.  Neben 
die  Verbreitung  dieser  Literatur  selbst  tritt  die  Vermittlung  durch 
allerlei  Verarbeitungen  zum  Handgebrauche:  Homerausgaben, 
die  auf  den  kritischen  Werken  der  Alexandriner  beruhen,  Aus- 
züge und  Sammelwerke  aller  Art,  die  man  bald  Anthologien,  bald 
Chrestomathien  nennt,  und  eine  Fülle  namenloser  Schriften,  die 
als  Tagesliteratur  aufsprossen.  Das  Epigramm  erlebte  damals 
seine  Blüte  und  verbreitete  sich  hundertfach  überall  da,  wo  Griechen 
wohnten,  jede  gesellige  Vereinigung  erzeugte  ihre  Trinklieder,  und 
die  volkstümlichen  mimischen  Aufführungen  riefen  Kabarett- 
dichtungen ins  Leben,  soweit  man  nicht  berühmte  Stücke  üb^r- 
na^m  oder  nachahmte.  Der  Zusammenhang  mit  der  ge- 
samten literarischen  Bewegung  des  Hellenismus  ist 
das  Merkmal  der  Hellenensiedlungen  Ägyptens  in  dieser  Zeit,  und 
wenn  manche  Lücke  in  den  Funden  literarischer  Papyri  auffällt, 
wenn  Epikuros  kaum  und  Poseidonios  noch  gar  nicht  zutage 
getreten  ist,  so  darf  man  doch  nicht  allzuviel  darauf  geben, 
sondern  muß  den  Zufall  der  Funde  berücksichtigen. 
Auch  die  Sprache  der  amtlichen  Schriftstücke,  der  Privat- 
urkunden und  der  Briefe  verrät  in  ptolemäischer  Zeit  noch  die 
ständige  Berührung  mit  dem  gesamthellenischen  Geistesleben, 
das  in  Alexandreia  gepflegt  und  von  hier  aus  verbreitet  wurde. 
Nicht  als  ob  Sprache  und  Stil  durchweg  auf  derselben  hohen 
Stufe  ständen;  wir  sehen  deutlich  genug  den  Unterschied  des  ge- 
bildeten Audsruckes  vom  mühseligen  Geschreibsel  des  wenig  Ge- 
bildeten, hier  und  da  auch  die  besondere  Art  der  gesprochenen 
Sprache;  aber  im  allgemeinen  reicht  der  Einfluß  der  Bildung  weit 


DIE  WISSENSCHAFT   IN   DER   KAISERZEIT.  377 

und  erhält  die  Schriftstücke  der  Ptolemäerzeit'auf  einer  beträcht- 
lichen Höhe.  Da  uns  Briefe  der  Könige  und  amtliche  Schreiben 
der  Reichsregierung  vorliegen,  so  vermögen  wir  die  Erzeugnisse  der 
übrigen  Hellenensiedlungen  hiermit  zu  vergleichen;  ist  auch  gewiß 
das  Feinste  von  AlexandreiaS  Bildung  weiter  oben  im  Niltale  ver- 
loren gegangen  oder  verwässert  worden,  so  hat  es  doch  eine  un- 
verkennbare Wirkung  ausüben  können.  Vielleicht  gerade  deshalb, 
weil  Alexandreia  damals  eine  so  lebendige  Macht  war,  sind  be- 
deutende Schriftsteller  aus  den  Hellenenkreisen  des  Fajum  und 
Oberägyptens  allem  Anscheine  nach  nicht  hervorgegangen,  wenn 
wir  auch  wissen,  daß  es  in  Ptolemais  dramatische  und  epische 
Dichter  gegeben  hat. 

Sei  es,  daß  schon  die  Verfolgung  unter  Euergetes  11.  die  Blüte 
alexandrinischer  Literatur  geknickt  hat,  oder  daß  die  Richtung 
der  Zeit  sie  allmählich  hat  absterben  lassen,  jedenfalls  tritt  in 
der  Kaiserzeit  die  frei  schaffende  Geistesarbeit,  vornehmlich 
die  Dichtung,  weit  hinter  der  wissenschaftlichen  zurück.  Freilich 
auch  die  Grammatiker  und  Philologen  reichen  an  ihre  großen 
Vorgänger  nicht  heran  und  beuten  im  allgemeinen  nur  aus, 
was  jene  gewiesen  und  gesammelt  hatten,  wenn  auch  noch  die  Be- 
mühung des  Origenes  um  einen  zuverlässigen  Text  des  griechischen 
Alten  Testaments  gute  Schule  voraussetzt  und  eine  wirkliche 
wissenschaftliche  Leistung  darstellt.  Aber  die  Mathematik,  die 
auf  den  Grundlagen  des  Eukleides  weiterbaute,  fand  im  3.  Jh.  p.  C. 
in  Diophantos  einen  ihrer  größten  Vertreter  und  hielt  sich  lebendig, 
solange  überhaupt  griechische  Wissenschaft  in  Alexandreia  be- 
stand. Bis  in  byzantinische  Zeit  blieb  hier  der  Hauptsitz  der 
Medizin.  In  der  ethisch-religiösen  Richtung,  die  der  Zeit  ent- 
sprach, pflanzte  sich  auch  die  Philosophie  fort;  ob  ihre  Ver- 
treter Christen  sind  wie  Clemens  und  Origenes  oder  Neuplatoniker 
wie  Plotinos,  ändert  nichts  an  ihrem  hellenischen  Wesen  und  an 
ihrer  gemeinsamen  alexandrinischen  Grundlage;  dürfen  wir  doch 
auch  den  spekulierenden  Juden  Philon  in  dieselbe  alexandrinische 
Entwicklungsreihe  einordnen.  Jetzt  aber  bringt  auch  die  Thebais 
einen  großen  Vertreter  der  Wissenschaft  hervor,  den  Geographen 
und  Astronomen  Ptolemaios,  und  um  400  p.  C.  schafft  der 
Grieche  Nonnos  aus  Panopolis  das  letzte  große  Epos  in  griechi- 
scher Sprache,  das  sich  weit  über  die  kümmerlichen  Verse  des 
Alexandriners  Pankrates  erhebt,  der  einst  Hadrian  und  Antinoos 
besang;  etwa  um  dieselbe  Zeit  lebt  das  alexandrinische  Epigramm 


// 


378  GRIECHISCHE  BILDUNG   IN  DER   KAISERZEIT. 

in  Palladas  nochmals  auf.  Die  Bibliothek  und  das  Museion  be- 
standen fort,  zeitweise  von  den  Kaisern  begünstigt,  jedenfalls 
dauernde  Stützpunkte  hellenischer  Bildung  bis  zum  Untergange, 
den  ihr  die  Kirche  bereitete. 

Blicken  wir  auf  das  geistige  Leben  der  Griechen  im  übrigen  Ägypten, 
so  scheinen  unsere  Zeugen,  vornehmlich  die  Papyri,  einen  eigen- 
tümlichen  Unterschied   von   den   vorausliegenden   Jahrhunderten 
zu  verraten,  der  sich  selbstverständlich  allmählich  angebahnt  hat. 
Dies    Merkmal    ist    eine    gewisse    Lösung    des      ägyptischen 
Griechentums   von   der  großen    hellenischen    Literatur, 
vom  gemeinsamen  Geistesleben,  und  damit  wenigstens  auf  manchen 
Gebieten  ein  Niedergang.  Während  Alexandreia  beständig  Fühlung 
damit  behält,  wirkt  zwar  die  Wissenschaft,  besonders  die  Medizin, 
im  Lande  weiter,  verbreitert  und  verwässert  sich  in  allerlei  ab- 
geleiteten Handbüchern,  die  philologische  Arbeit  pflanzt  sich  in 
kritischen  Ausgaben  und   Kommentaren  zu  den   Klassikern  wie 
zu  den  nunmehr  klassisch  gewordenen  Werken  der  Ptolemäerzeit 
fort,  aber  die  Berührung  mit  der  großen  zeitgenössischen  Literatur 
scheint  zu  erlahmen.    Es  ist  bei  der  Menge  der  gefundenen  litera- 
rischen Papyri  schwerlich  ein  Zufall,  daß  bis  jetzt  weder  Strabon 
noch  Diodoros,  weder  Plutarch  noch  Lukian  noch  der  seinerzeit 
weltberühmte  Aristeides  haben  erscheinen  wollen;  auch  die  großen 
Alexandriner  und  was  ihnen  zugehört,   Ptolemaios  wie  Clemens, 
Origenes   und  Plotinos,  suchen  wir  ebenso  vergebens  wie  später 
die  großen  Kirchenlehrer,  einen  Eusebios,  einen  Johannes  Chryso- 
stomos.    Dafür  finden  wir  in  Fülle  die  klassische  Literatur,  deren 
Verbreitung  wenigstens  teilweise  durch  den   Klassizismus  der 
Kaiserzeit  auch  hier  gefördert  worden  sein  mag;  ebenso  sehr  aber 
wirkte  die  Lösung  der  ägyptischen  Griechen  vom  Geistesleben  der 
Gesamtwelt,  die  wie  jedes  Stehenbleiben  sie  dazu  führen  mußte, 
sich  um  so  fester  ans  bewährte  Alte  zu  klammern. 
In  großem  Umfange  treten  uns  die  vermittelnden  und  vermittelten 
Werke  entgegen,  die  alexandrinisches  Geistesleben  dem  Mittelstande 
mundgerecht  zuführen,   außerdem  aber  die  niedere   Literatur 
der  Durchschnittsgebildeten,  die  Aufsätze,  Gedichte  und   Bücher 
schreiben,  weil  .die  Leserkreise,  die  Schule,  die  Bühne  und  andere 
Aufführungen  dergleichen  fordern.     Neben  vielen  Nachahmungen 
steht  auch   echte  Volksliteratur,  die  unbekümmert  um  Vor- 
bilder und  Stilregeln,  ohne  sich  durch  Rhetorik  und  Attizismus 
einschnüren  zu  lassen,  redet,  wie  ihr  der  Schnabel  gewachsen  ist. 


VOLKSLITERATUR.     RHETORIK  379 

Natürlicli  erwächst  dies  alles  nicht  uhiie  Zusaiiiiiiciihang  mit 
Alexandreia:  die  Epigrammdichtimg,  die  wir  in  den  Papyri  und 
vor  allem  in  zahllosen  Weihinschriften  antreffen,  wird  alexan- 
drinisch  oder  daher  abgeleitet  sein,  die  Epen  auf  allerlei  Helden- 
taten gegen  die  Blemyer,  auf  Diokletian  usw.  geben  uns  einen 
Begriff  von  dem  Kreise,  aus  dem  Nonnos  emporstieg,  und  ihre 
Ausläufer  im  6.  Jh.  p.  C.  zeigen,  was  endlich  in  der  verwilderten 
Thebais  halbbarbarische  Griechen  daraus  verunstalteten;  aber 
daneben  tauchen  hier  und  dort  Lieder,  größere  und  kleinere 
Mimen  auf,  die  schwerlich  etwas  mit  Bibliothek  oder  Museion  zu 
tun  haben  und  in  manchen  Fällen  ihre  rein  örtliche  Bedeutung 
an  der  Stirn  tragen,  wie  z.  B.  Reste  eines  Festspiels  zur  Feier  der 
Thronbesteigung  Hadrians  in  einem  Gau  Mittelägyptens.  Das 
Christentum  begünstigte  diese  volkstümliche  Richtung  der  Literatur, 
und  das  ägyptische  Griechentum  wurde  nun  ein  Nährboden  der 
unkanonischen  Evangelien,  der  Apokalypsen  und  der  Märtyrer- 
geschichten. 

Daß  auf  der  anderen  Seite  die  in  römischer  Zeit  mächtige  Rhetorik 
auch  Ägypten  beeinflußt  hat,  zeigt  neben  rhetorisch  gefärbten 
Erzeugnissen,  wie  es  die  alexandrinischen  Märtyrerakten  und  die 
amtlichen  Erlasse  der  Statthalter  sind,  vor  allem  das  eifrige 
Studium  der  klassischen  Muster;  wenn  die  zahlreichen  Demosthenes- 
papyri  mit  einer  einzigen  Ausnahme  aus  der  Kaiserzeit  stammen, 
so  ist  dies  gewiß  kein  Zufall.  Freilich,  da  wir  Demosthenes  allent- 
halben, aber  Aristeides  nirgends  finden,  scheint  auch  der  rhetori- 
schen Richtung  hier  etwas  an  der  lebendigen  Verbindung  mit 
der  Gesamtliteratur  der  Gegenwart  zu  fehlen.  Das  Verhältnis 
der  Rhetorik  zum  byzantinischen  Stile,  der  ihren  Gipfel  und  ihre 
Auflösung  bezeichnet,  brauche  ich  hier  nur  zu  erwähnen. 
Wie  weit  die  hellenische  Bildung  in  die  Kreise  der  Gräkoägypter 
hinabreichte,  können  wir  schwer  beurteilen;  Zitate  aus  Homer  oder 
Euripides  besagen  nicht  viel,  mehr  der  Briefstil,  und  dieser  läßt 
einen  recht  beträchtlichen  Abstand  der  seltenen  wirklich  gebildeten 
Briefe  von  der  großen  Masse  erkennen.  Ohne  Zweifel  gehören 
die  Gräkoägypter  auch  in  der  Kaiserzeit  zum  Bereiche  der  grie- 
chischen Bildung,  und  wie  sie  griechisch  schreiben  und  sprechen, 
so  ist  sicherlich  manche  Volksdichtung  auf  sie  berechnet  oder  gar 
aus  ihren  Kreisen  hervorgegangen.  Literarische  Papyri  sind  in 
entlegenen  Dörfern  des  Fajum,  sogar  im  entferntesten,  Soknopaiu 
Nesos,  gefunden  worden.  .Aber  die  reinen  Hellenen  nur  waren  es, 


/ 


380  NATIONALÄGYPTISCHE   BILDUNG. 

denen  wir  die  wahrhaft  gebildeten  Briefe  und  die  Fortpflanzung 
alexandrinischer  Wissenschaft  verdanken.  Während  die  römische 
Regierung  der  ersten  Jahrhunderte  ihre  Stellung  betonte  und 
schützte,  begannen  sie  im  3.  Jh.  p.  C.  zu  erliegen.  Das  Christentum 
zog  sonst  alle  wahrhaft  lebendigen  Geister  an  sich,  aber  in  der 
ägyptischen  Kirche  siegte  koptische  Bildungsfeindschaft  über  die 
hellenische  gebildete  Richtung.  Was  aus  hellenischer  Bildung  im 
6.  Jh.  p.  C.  geworden  war,  macht  niemand  anschaulicher  als  der 
Dichter  von  Aphrodito. 

Nur  sehr  wenig  wissen  wir  von  ägyptischer  Literatur  und  Bil- 
dung in  dieser  Zeit.  So  groß  war  das  Übergewicht  des  Griechischen, 
daß  auch  Ägypter,  die  emporstrebten,  sie  zu  erwerben  trachteten. 
Zwar  ist  namentlich  in  der  Kaiserzeit  unter  den  Griechen  die 
Meinung  verbreitet,  die  ägyptischen  Priester  seien  im  Besitze 
außerordentlicher  Kenntnisse.  Die  Anziehungskraft  der  geheimnis- 
vollen ägyptischen  Götter  und  Kulte  schuf  die  Neigung,  bei  den 
Priestern  tiefsinnige  Philosophie  und  Theologie  zu  suchen.  Eine 
Prüfung  ist  uns  unmöglich,  und  wenn  Männer  wie  Clemens  und 
Origenes  das  Wissen  der  ägyptischen  Priester  rühmen, 
dürfen  wir  ihr  Urteil  nicht  ohne  Weiteres  verwerfen.  Es  ist  wohl 
möglich,  daß  manche  unter  ihnen  mit  der  späten  griechischen 
Philosophie  und  ihren  religiösen  Spekulationen  vertraut  genug 
waren,  um  die  ägyptischen  Götter  mit  der  damals  beliebten,  ja 
wissenschaftlich  anerkannten  Allegorie  umzudeuten.  Gedanken, 
wie  Plutarch  sie  über  Isis  und  Osiris  entwickelt,  mögen  in  den 
Kreisen  ägyptischer  Priester  Anhänger  genug  besessen  haben. 
Aber  auch  wenn  wir  einem  Teile  solche  Anschauungen  oder  gar 
den  Ausbau  solcher  Systeme  zutrauen,  so  folgt  daraus  noch  keine 
Spur  selbständigen  Denkens  oder  wissenschaftlicher  Leistung; 
viel  eher  mögen  wir  glauben,  daß  aus  dieser  Richtung  die  herme- 
tischen Schriften  hervorgegangen  seien.  Auf  die  große  Masse  der 
Griechen  Ägyptens  mochten  Männer,  die  sich  mit  solchen  Be- 
trachtungen befaßten,  leicht  den  Eindruck  tiefer  Gelehrsamkeit 
machen.  Ob  ägyptische  Priester  ernste  wissenschaftliche  Lei- 
stungen aufzuweisen  hatten,  wissen  wir  nicht;  weder  Manethos 
noch  Chairemons  Werke  brauchen  wir  hoch  zu  schätzen,  um  so 
weniger,  als  sie  doch  nur  den  Versuch  darstellen,  hellenisch  zu  er- 
scheinen. Und  die  große  Mehrzahl  der  ägyptischen  Priester  ist 
sicherlich  hellenischer  Bildung  innerlich  fern  geblieben;  fern  frei- 
lich auch  der  überkommenen  ägyptischen.  DieTempelinschrif  ten 


DIE   SCHULE.  381 


der  Ptolemäerzeit  zeugen  mit  ihrem  archaisierenden  Stile  noch 
vom  Studium  der  altägyptischen  religiösen  Literatur,  können 
aber  nicht  als  wissenschaftliche  oder  literarische  Leistungen  gelten, 
und  wenn  im  2.  Jh.  p.  C.  der  Priesterkandidat  die  Kenntnis  der 
hieratischen  Schrift  nachweisen  muß,  so  gehört  das  zu  seinem 
Berufe.  Wie  weit  an  der  Kalenderbesserung  von  238  a.  C.  ägyp- 
tische Astronomen  teilhaben,  ahnen  wir  nicht;  nehmen  wir 
es  an,  so  zeugt  doch  nichts  von  einer  Fortpflanzung,  auch  nicht 
demotische  Sterntafeln,  und  die  Entwicklung  der  Astrologie 
deutet  auf  den  Weg,  den  die  einst  große  Astronomie  der  Ägypter 
ging.  Dagegen  hat  in  der  Ptolemäerzeit  noch  eine  demotische 
Volksliteratur  geblüht,  die  wohl  das  einzige  wirkliche  Lebens- 
zeichen ägyptischen  Geistes  darstellt;  ihrer  Reste  sind  nur  w^enige. 
Der  Sieg  des  Chiistentums  hat  die  Ägypter  in  gewissem  Grade 
vom  Drucke  der  übermächtigen  griechischen  Kultur  befreit;  aber 
die  koptische  Mönchsliteratur  hat  nur  offenbaren  können, 
wie  wenig  geistige  Regsamkeit  das  Ägyptertum  noch  besaß. 
Schule  und  Unterricht  sind  die  wichtigsten  Mittel,  der  geistigen 
Bildung  Boden  und  Verbreitung  zu  schaffen.  Bei  den  eigentlichen 
Ägyptern  beschränkte  sich  der  Unterricht  auf  die  Priesterkinder, 
die  von  den  Elementarlehrern  (yQauuaTQÖLÖda/,aXoi)  der  Tempel 
das  lernten,  was  ihr  künftiger  Beruf  forderte;  viel  mehr  als  die 
Schriftarten  hieroglyphisch,  hieratisch  und  demotisch  und  eine 
oberflächliche  Kenntnis  der  religiösen  Literatur  wird  es  schwer- 
lich gewesen  sein.  Die  griechische  Sprache  lernte  man  bisweilen 
durch  Privatlehrer,  meistens  wohl  aus  dem  Umgange,  aber  nicht 
immer  erfolgreich.  Ob  es  eigentliche  Tempelschulen  gab,  wissen 
wir  nicht.  Die  große  Masse  der  Ägypter  hat  nach  Diodors  Angabe 
überhaupt  keine  Schulbildung  genossen.  Vielleicht  darf  man 
sich  den  ägyptischen  Unterricht  an  dem  heutigen  arabischen  klar 
machen,  der  auch  auf  Lesen,  Schreiben,  Beherrschung  der  ge- 
hobenen Schriftsprache  und  Kenntnis  des  Korans  hinausläuft. 
Zahlreiche  Funde  eröffnen  uns  in  die  griechische  Schule 
Ägyptens  zu  jener  Zeit  einen  besseren  Einblick,  wenn  man  auch 
einen  Entwicklungsgang  noch  nicht  erkennen  kann,  so  daß  wir 
unsere  ganze  Periode  als  Einheit  behandeln  müssen.  Schulzwang 
bestand  ebensowenig  wie  öffentliche  Schulen;  man  schickte  die 
Kinder  entweder  in  die  Privatschule,  die  ein  Lehrer  eröffnete  und 
nach  seinem  Namen  nannte  {diöaa/.alsloy)  oder  hielt  einen  Haus- 
lehrer. Dieser  y.ad-riyrjvrig  wohlhabender  Familien  ist  vom  Tcaidaya)y6^ 


382  DIE  SCHULE. 


dem  Diener,  der  das  Kind  wie  überall  so  auch  zur  Schule 
begleitet  und  ihm  hilft,  wohl  zu  unterscheiden,  wenn  auch  der 
Pädagoge  etwas  gelernt  haben  mußte.  Da  auch  in  Dörfern  Schüler- 
arbeiten gefunden  worden  sind,  darf  man  auf  weite  Verbreitung 
der  Schulen  oder  wenigstens  des  Lernens  schließen;  aber  wie  viel 
Schüler  gemeinsam  unterrichtet  wurden,  wie  man  sie  in  Klassen 
teilte,  wie  weit  die  Schule  führte,  das  sind  alles  Fragen,  auf  die 
wir  nicht  antworten  können,  wenn  wir  auch  wissen,  daß  in  Alexan- 
dreia  siebzehnjährige  Knaben  noch  das  Didaskaleion  zu  besuchen 
pflegten.  Sicher  ist,  daß  auch  den  Mädchen  Unterricht  zuteil  werden 
konnte.  Allerlei  Schulübungen,  die  erhalten  sind,  verraten  immer- 
hin einiges  über  den  Lehrgang.  Man  begann  mit  dem  Schreiben 
einzelner  Buchstaben,  ging  zu  Silben  und  endlich  zu  ganzen  Wörtern 
über;  daran  schlössen  sich  Deklinieren  und  Konjugieren  sowie 
die  Abwandlung  kurzer  Sätze  durch  alle  Kasus  in  Singular,  Plural 
und  Dual,  den  die  Schule  einübte,  obwohl  ihn  kein  Mensch  mehr 
sprach;  der  Attizismus  der  Kaiserzeit  hielt  ihn  wie  den  Optativ 
am  Leben.  Hatte  der  Schüler  die  Grundformen  der  Sprache  inne, 
so -kam  der  Aufsatz,  kurze  Ausarbeitungen  über  eine  Erzählung 
aus  der  Sage,  über  einen  allgemeinen  Gedanken,  der  mit  Bei- 
spielen erläutert  werden  sollte,  und  dergleichen  mehr.  Nebenher 
gingen  Diktate  und  Übungen  in  Frage  und  Antwort.  Das  Lese- 
buch der  Schule  war  Homer,  der  vornehmlich  aus  diesem  Grunde 
so  häufig  gefunden  wird;  da  bei  den  fortlaufend  geschriebenen 
Handschriften  die  Worttrennung  nicht  in  die  Augen  fiel,  mußte 
sie,  zumal  bei  dichterischer  Sprache,  besonders  eingeübt  werden. 
Für  Homer  standen  dem  Schüler  Wörterbücher,  die  den  poetischen 
Ausdruck  durch  den  prosaischen  erklärten,  zu  Gebote,  und  er  selbst 
legte  sich  Vorbereitungshefte  an.  Ohne  Zweifel  benutzte  der 
Lehrer  auch  allerlei  Handbücher,  wie  sie  unter  den  Papyri  zu- 
tage getreten  sind,  besonders  Sammlungen  geographischen  und 
geschichtlichen  Stoffes;  vielleicht  waren  sie  auch  in  der  Hand  des 
Schülers.  In  christlicher  Zeit  übte  man  christliche  Sätze  und 
lernte,  wie  es  scheint,  besonders  die  Psalmen.  Neben  der  gewöhn- 
lichen Schul  Schrift,  die  wir  häufig  in  den  steifen  Zügen  Un- 
geübter wiedererkennen,  trieb  man  auch  Tachygraphie;  ob  die 
Buchkalligraphie  in  der  Schule  eine  Rolle  spielte,  wissen  wir  nicht. 
Im  Rechnen  begann  der  Schüler  gleichfalls  mit  dem  Schreiben 
der  Ziffern  und  mußte  das  Zahlwort  daneben  schreiben;  einfache 
Additionen  folgten,  bis  er  endlich  zur  Geometrie  gelangte,  Dreiecks- 


DIE  SCHULE.  383 


flächen  und  Körperinhalte  zu  berechnen  lernte.  Da  die  Mathe- 
matik in  Alexandreia  blühte,  werden  die  griechischen  Schulen 
dies  Gebiet  eifrig  gepflegt  haben.  Schwerlich  hat  die  gewöhnliche 
Schule  sich  mit  fremden  Sprachen  befaßt;  dagegen  werden  solche, 
die  nach  hohen  Stellen  strebten,  in  der  Kaiserzeit  Latein  viel- 
leicht schon  auf  der  Schulbank  gelernt  haben:  Vokabelhefte  zu 
Vergil  und  solche  anderer  Art,  die  Fabeln  des  Babrios  griechisch 
und  lateinisch,  Gesprächbücher  und  dergleichen  mögen  hierher 
gehören. 

Der  Zuschnitt  der  Schulen  war  gewiß  sehr  ungleich,  und  alexandri- 
nische  Schulen  werden  oft  beträchtlich  über  denen  der  Provinz 
gestanden  haben.     Der  Schüler  benutzte  für  seine  Übungen  die 
geweißte    Holztafel,    die   Wachstafel,   deren    mehrere   zusammen- 
gefügt wurden,  endlich  Papyrusblätter,  Rollen  und  Hefte;  nicht 
selten  lesen  wir  auch  Schulübungen  auf  Ostraka.    Die  zahlreichen 
Zeugen  solcher  Schülerarbeiten,  die  uns  bisweilen  noch  mit  Ver- 
besserung und  Beurteilung  des  Lehrers  vor  Augen  liegen,  geben 
ein  sehr  anschauliches  Bild  vom  Lehren  und  Lernen  jener  Zeit. 
Der  Beruf  des  Lehrers  wird  selten  erwähnt;  von  seiner  Vorbildung, 
seinem  Lohn  und  seinem  Ansehen  erfahren  wir  nichts.     Blicken 
wir  auf  die  Fülle  der  Urkunden  und  Briefe,  die  teils  von  Privat- 
personen,   teils   von    Berufsschreibern    geschrieben   worden    sind, 
so   werden    wir   eine   weite   Verbreitung    der    elementaren 
Schulbildung  und  auch  einen  angemessenen  Erfolg  anerkennen 
müssen,  denn  auch  noch  in  der  Kaiserzeit  halten  sich  Orthographie 
wie  Ausdruck  auf  leidlicher  Höhe.     Weniger  günstig  stimmt  die 
große  Zahl  derer,   die  gar  nicht  oder  nur  schwerfällig  schreiben, 
andere  für  sich  unterzeichnen  lassen  oder  ihren  Namen  mühselig 
hinmalen;  es  gab  viele,  die  nach  der  Schule  die  Feder  nur  selten 
in  die  Hand  nahmen.    Freilich  bei  einem  Oberpriester  von  Arsinoe 
sollte  es  nicht  vorkommen!     Kinderbriefe  wie    der   des  Knaben 
Theon  entsprechen  nur  dem,  was  zu  erwarten  ist.    Will  man  den 
Rechenunterricht  für  die  Rechnungen  der  Papyri  verantwortlich 
machen,  so  kann  er  nicht  viel  getaugt  haben,  denn  sie  stimmen  fast 
nie;  aber  das  griechische  Ziffernsystem  war  zumal  bei   Brüchen 
so  unhandlich,  daß  die  Menge  der  Fehler  begreiflich  wird.     Das 
unter   den    Hellenen   Ägyptens   verbreitete    Gymnasion    pflegte 
nicht  nur  die  körperliche  Ausbildung  und  das  hellenische  Bewußt- 
sein, sondern  ohne  Zweifel  auch  die  musische  Seite  der  Erziehung. 
Die  Blüte  und   die   Ausdehnung  der    musischen  Vereine   zeugen. 


384 DAS   STUDIUM.     DER    RHETOR. 

davon,    während    unmittelbare    Proben   in   den  Papyri   und    In- 
schriften noch  fehlen. 

Nur  mittelbar  können  wir  den  höheren    Unterricht  erkennen, 
der,  etwa  dem   Universitätsstudium  entsprechend,   den   Jüngling 
zum   Gelehrten  oder  zum  Rhetor  und  den   diesem  zugänglichen 
Berufen    vorbereitete.      Die  große    Zahl    der    Bruchstücke    aus 
Rednern,   zumal  aus   Demosthenes    und    Isokrates,   Kommentare 
und   Wörterbücher  dazu,   die   rhetorischen    Übungen   oft  großen 
Umfanges,   die  auf   Papyrus  erhalten  sind,   Handbücher  wie  die 
Rhetorik  an  Alexander,  die  dorische  Rhetorik,  die  grammatischen 
Schriften  des  Dionysios  Thrax,  des  Tryphon,  auch  das  Buch  des 
Chrysippos    und    dergleichen    mehr   deuten    auf    em    verbreitetes 
rhetorisches    Studium  hin,  zumal  wenn  man   die  stilisierten 
Prozeßprotokolle,   Urteile  und   die  amtlichen,   von   der   Rhetorik 
beherrschten  Schriftstücke  daneben  hält.    Sicherlich  gab  es  nicht 
nur  in   Alexandreia   Gelegenheit  zu  solchen   Studien,  wo  ja   die 
Katechetenschule  des  Clemens  uns  den  Umfang  der  Vorlesungen 
sehen  und  auf  das  Museion  schließen  läßt,  sondern  auch  in  be- 
deutenden  Metropolen;    ein   paar    Briefe   aus   Oxyrhynchos   darf 
man   auf  solche   Studenten   beziehen.      Sogar  auswärtige   Hoch- 
schulen, wie  die  berühmte  in   Berytos,  scheinen  ägyptische   Stu- 
denten angelockt  zu  haben.  Auch  für  das  Studium  des  Rechts, 
das  ja  ägyptische,  griechische  und  römische  Grundsätze  in  Ägypten 
anwandte,  muß  im  Lande  selbst,  sicher  in  Alexandreia,  wenn  nicht 
auch   anderwärts,   Gelegenheit  vorhanden  gewesen  sein. 
Wer  die  rhetorische  Ausbildung  erlangt  hatte,  fand  vielerlei  Ge- 
legenheit zur  Betätigung  im  Berufe.     Die  Behörden  bedurften 
der  sprach-  und  stilgewandten  Leute,  um  durch  sie  den  Text  amt- 
licher Verfügungen  aufsetzen  zu  lassen,  und  wenn  die  örtlichen 
Behörden,   vielleicht  auch   noch   die    Gauverwaltung,   mit  einem 
leidlich  gebildeten   Schreiber  auskam,   so    verlangte  die  Zentral- 
regierung  in   Alexandreia   Rhetoren,   die   im    Besitze   moderner 
Bildung  waren.    Erlasse  wie  die  des  Dioiketes  Herodes  im  2.  Jh. 
a.  C.  verraten  deutlich  die  Hand  des  geschulten  Rhet^rs,  und  nun 
gar  in  der  königlichen  Kanzlei  müssen  die  leitenden  Männer,  der 
vn:oi.ivi]f^iaToyQd(po^    und    der    trtioroloyqmpog     auf    der    Höhe    der 
Bildung  gestanden   haben,   während   man   bei   den   Verwaltungs- 
beamten   selbst    nur    praktische    Bewährung    voraussetzen    darf. 
Nicht  minder  forderte  die  Zeit  im  gerichtlichen  Urteil  eine  ge- 
bildete Sprache,  und  der  Papyrus  über  den  Hermiasprozeß  zeugt 


DER   RECHTSGELEHRTE. 385 

davon;  die  Richter  selbst  waren  schwerlich  in  der  Lage,  solche 
Schriftstücke  abzufassen.  Dazu  kommt  die  Tätigkeit  des  Rhetors 
im  Dienste  der  Parteien  vor  Gericht,  wo  er  ihre  Sache  mit  seiner 
stilistischen  Gewandtheit  ins  beste  Licht  zu  rücken  hat,  während 
er  sich  die  Rechtsgrundlagen  von  einem  Rechtskundigen  an  die 
Hand  geben  läßt.  In  demselben  Umfange  blühten  die  rhetorischen 
Berufe  auch  unter  römischer  Herrschaft.  Den  Erlassen  der  Prä- 
fekten  sähe  man  die  Hand  des  Rhetors  leicht  an,  auch  wenn  wir 
nicht  von  Lukianos,  der  selbst  eine  solche  Stelle  beim  ägyptischen 
Präfekten  bekleidete,  Genaueres  über  seine  Pflichten  läsen.  Wie 
sehr  man  im  gerichtlichen  Urteil  auf  den  Stil  Wert  legte,  tritt  in 
der  früher  besprochenen  halbliterarischen  Sammlung  klar  zutage. 
Je  mehr  die  Kommunalverwaltung  selbständig  wurde,  um  so^mehr 
bedurfte  auch  sie  eines  Mannes,  der  ihrem  schriftlichen  Verkehre 
die  nötige  Form  zu  geben  wußte.  Außerdem  fand  der  Rhetor 
Beschäftigung  bei  festlichen  Veranstaltungen  des  Staates  und  der 
Gemeinden,  bei  denen  eine  Rede  dazu  gehörte.  Alles  dies, 
im  Vereine  mit  der  erhaltenen  Redeliteratur,  erweckt  den 
Eindruck,  daß  auch  in  Ägypten  Rhetor  und  Rhetorik  eine  be- 
trächtliche Rolle  gespielt  haben,  und  macht  es  begreiflich,  daß 
auch  hier  die  Hellenen  einem  Manne  wie  Aelius  Aristeides  eine 
gemeinsame  Ehreninschrift  widmeten.  In  christlicher  Zeit  mußten 
wenigstens  die  hauptstädtischen  Prediger  rhetorisch  gebildet 
sein. 

Vom  Rhetor  ist  der  Rechtskundige  zu  scheiden,  der  im  all- 
gemeinen weniger  Ansehen  genoß;  nicht  selten  freilich  mochte 
"Wohl  auch  der  Rhetor  sich  solche  Kenntnisse  erwerben.  Der 
Staatsdienst  forderte  Rechtskenntnisse  besonders  im  Amte  des 
Notars,  und  sowohl  die  griechischen  Staatsnotare  als  auch  die 
ägyptischen  Notare  {/.wvoyQdcpoi)  der  Ptolemäerzeit  mußten  über 
griechisches  und  ägyptisches  Recht  einigermaßen  Bescheid  wissen, 
wenn  auch  der  Urkundenstil  an  sicli  mehr  Übung  als  Rechtskennt- 
nisse voraussetzte.  Wie  es  mit  den  Gerichten  der  Ptolemäerzeit 
stand,  entzieht  sich  noch  jedem  Urteil;  vermutlich  haben  weder 
die  Laien  noch  die  Beamten  besondere  Rechtskenntnisse  gehabt, 
sondern  sich  von  Sachverständigen  beraten  lassen.  Die  Beamten- 
richter der  Kaiserzeit  bedurften  ihrer  erst  recht  (voj-uyioi),  nicht 
minder  die  Rhetoren  der  Parteien,  zumal  da  es  Aufgabe  der  Parteien, 
d.  h.  ihrer  Rhetoren  war,  dem  Richter  die  in  Betracht  kommenden 
Rechtssätze  an   die   Hand  zu    geben.     Ja,   es    scheint  sogar    in 

Schubart,  Papymskunde.  25 


386  DER  FELDMESSER. 


Ägypten  Juristen  mit  dem  ins  respondendi  gegeben  zu  haben,  da 
die  bekannte  Dionysia  sich  auf  ein  schriftUches  Gutachten  des  vofimoc 
Ulpius  Dionysodoros  beruft.  Eine  besondere  Blüte  juristischer 
Studien  in  Ägypten  vorauszusetzen,  geben  weder  die  Andeutungen 
der  Uri<unden,  noch  die  spärhchen  Funde  lateinischer  Rechts- 
bücher einen  Anlaß;  jedoch  muß  der  Präfekt  einen  Stab  geschulter 
Juristen  gehabt  haben,  der  ihm  durch  die  Klippen  des  römischen 
Zivilrechts  und  Völkerrechts,  griechischer  und  ägyptischer  Rechts- 
sätze hindurch  half.  In  besonderen  Fällen  holte  man  sich  Rechts- 
berater von  den  berühmten  Rechtsscliulen  Syriens,  wie  es  die 
Alexandriner  und  die  Juden  taten,  als  sie  vor  Trajan  ihre  Sache 
führen  wollten.  Noch  im  4.  Jh.  p.  C.  scheinen  Studenten  aus 
Ägypten  die  Rechtsschule  zu  Berytos  besucht  zu  haben. 
Der  mathematische  Unterricht  wurde  in  Ägypten  ohne  Zweifel 
durch  die  besondere  Pflege  der  Astronomie  und  des  Kalenders, 
vor  allem  aber  durch  den  Bedarf  an  Feldmessern  befördert; 
führten  doch  alexandrinische  Mathematiker  die  wissenschaft- 
liche Geometrie  auf  die  Vermessung  der  Felder  zurück,  die  nach 
jeder  Nilüberschwemmung  nötig  wurde.  Die  Papyri  zeugen  viel- 
fach für  diese  Tätigkeit,  ohne  uns  Genaues  über  das  Verfahren 
der  Geometer  zu  sagen,  wenn  wir  auch  ein  paar  mal  ihre  Berech- 
nungen und  Zeichnungen  beobachten  können.  Die  geometrischen 
Aufgaben,  die  auf  Papyrusblättern  vorliegen,  befassen  sich  immer 
mit  Feldmessung  und  gehören  wohl  in  den  Lehrgang  des  künftigen 
Geometers  hinein.  Wenn  auch  viele  ihre  Arbeit  rein  auf  Grund 
der  Erfahrung  ausgeübt  haben,  so  fehlt  es  doch  nicht  an  Anzeichen 
für  ein  höheres  Studium.  Jedenfalls  gehörte  in  Ägypten  die  Geo- 
metrie zu  den  Wissensgebieten,  die  stark  ins  praktische  Leben 
hineingriffen  und  für  außerordentlich  viele  Grundlage  des  Berufs 
wurden. 

Kein  wissenschaftlicher  Beruf  begegnet  uns  im  Ägypten  der 
griechisch-römischen  Zeit  so  oft  wie  der  des  Arztes.  Die  Heil- 
kunde galt  seit  alters  als  bevorzugtes  Gebiet  der  ägyptischen 
Priesterschaft;  aber  ihre  Medizinbücher  und  Rezepte  erwecken 
nicht  den  Eindruck  wissenschaftlicherForschung.  Gewisse  schätzens- 
werte Kenntnisse  mußte  jedoch  das  Öffnen  und  Einbalsamieren 
der  Leichen  mit  sich  bringen.  Nebenher  ging  bunter  Zauberspuk, 
der  ungemindert  in  unsere  Periode  hinüberschritt;  die  Heilung 
durch  den  Tempelschlaf  brachten  vielleicht  erst  die  Griechen  ins 
Land,  und   Zauber  wie    Inkubation   ließen  sich  auch   durch   das- 


DER  ARZT.  387 


Christentum  nicht  stören.  Etwas  ganz  anderes  ist  die  wissen- 
schaftliche Medizin  der  Griechen,  die  in  Alexandreia  blühte 
und  von  hier  aus  das  Land  nn't  gebildeten  Ärzten  versorgte.  Es 
ist  kein  Wunder,  daß  auch  der  griechische  Arzt  durch  seinen 
Beruf  in  nahe  Berührung  mit  den  ägyptischen  Leichenbestattern 
kam  und  nicht  selten  ilire  Kunst  ausübte,  so  daß  die  Grenzen 
sich  verwischten;  aber  die  medizinischen  Papyri  sprechen  laut 
von  der  Verbreitung  ernster  Wissenschaft,  zumal  diejenigen,  die 
unmittelbar  aus  der  Praxis  hervorzugehen  scheinen  wie  etwa  die 
Aufzeichnungen  eines  Augenarztes  und  die  Rezeptsammlungen. 
Den  häufig  erwähnten  Ärzten  verdanken  wir  die  Erhaltung  jener 
Werke  über  Frauenkrankheiten  und  Augenleiden,  über  Chirurgie 
und  Nervensystem.  Wie  private  Rechnungen  zeigen,  rief  man  gern 
den  Arzt  herbei;  die  vermutlich  auch  damals  verbreiteten  Augen- 
krankheiten sowie  allerlei  Epidemien,  dazu  die  häufigen  Körper- 
verletzungen mochten  ihnen  viel  zu  tun  geben.  Der  Staat  zeichnete 
den  Arzt  durch  Liturgiefreiheit  aus  und  bediente  sich  außerdem 
der  Amtsärzte  {ör^uöoLOi  icaQoi),  um  in  allen  Fällen,  die  vor 
Gericht  zu  gehören  schienen,  Todesursache  oder  Verletzungen 
feststellen  zu  lassen.  Ob  alle  Ärzte  in  irgend  einer  Weise  vom  Staate 
beaufsichtigt  wurden,  ist  ungewiß;  die  Arztsteuer  {icnoixov) 
und  der  Oberarzt  (ctQyJaTQog),  der  aus  ptolemäischer  und  römischer 
Zeit,  wenn  auch  nicht  immer  mit  dem  gleichen  Titel,  bezeugt  ist, 
können  so  gedeutet  werden.  Am  Hofe  der  Ptolemäer  genossen 
die  Leibärzte,  die  woiil  meistens  zu  den  gelehrten  Medizinern 
des  Museion  gehörten,  ebenso  hohes  Ansehen  wie  am  Seleukiden- 
hofe.  Von  der  Behandlung  der  Krankheiten  und  der  Kranken 
können  wir  noch  kein  Bild  gewinnen;  jedoch  sind  Krankenhäuser 
{iatQüov)  sogar  in  Dörfern  zu  finden  und  vermutlich  als  Privat- 
kliniken einzelner  Ärzte  zu  denken.  In  christlicher  Zeit  hat  die 
Kirche  sich  ihrer  angenommen.  Auch  die  Tierheilkunde  wurde 
gepflegt,  und  besonders  der  Roßarzt  war  dem  Heere  unent- 
behrlich. 

Unsere  Papyrusurkunden  erzählen  uns  fast  allein  vom  täglichen 
Leben  des  Geschäfts  und  der  kleinen  Privatangelegenheiten;  so 
kommt  es,  daß  sie  uns  über  Erscheinungen,  die  zu  ihrer  Zeit  be- 
deutend waren,  ja  im  Vordergründe  standen,  nur  wenig  zu  sagen 
wissen.    Das  gilt  vornehmlich  vom  ganzen   Gebiete  der  Kunst. 


Das  Theater  begleitete  die  Griechen  ins  Niltal  hinüber,  und  über- 
all, wo  Hellenen  in  größerer  Anzahl  sich  ansiedelten,    erstanden 

25* 


388  THEATER. 


diese  Bauten,  deren  Reste  freilich  so  gut  wie  ganz  geschwunden' 
sind.  Alexandreia  besaß  sein  großes  Dionysisches  Theater,  aber 
auch  Ptolemais,  Oxyrhynchos  und  Antinoupohs,  Herniupolis  und 
Arsinoe  hatten  Theater  und  Aufführungen.  Die  Ptolemäer,  nanient- 
hch  Philadelphos,  begünstigten  die  Kunst  der  dramatischen 
Dichter  und  der  Schauspieler  durch  dramatische  Wettkämpfe 
und  zogen  Berühmtheiten  wie  Menander  an  ihren  Hof;  jedoch 
haben  die  Dichter,  die  im  engeren  Sinne.  Alexandreia  literarisch 
vertreten,  sich  auf  diesem  Felde  wenig  betätigt,  wenn  auch  ein 
Philikos  dort  lebte  und  starb.  Wie  rege  aber  das  Theaterleben 
Alexandreias  gewesen  sein  muß,  schließen  wir  mit  Sicherheit  aus 
dem,  was  wir  über  das  entlegene  und  viel  kleinere  Ptolemais 
wissen.  Hier  vereinigte  :m  3.  Jh.  a.  C.  der  Verein  der  diony- 
sischen Künstler  einen  erstaunlich  vielseitigen  Kreis  von 
Dichtern  der  Tragödie  und  Komödie,  Schauspielern  beider  Gat- 
tungen, Musikern,  sonstigen  Bühnenkünstlern  und  Kunstfreunden. 
Neben  den  Stücken  der  heimischen  Dichter  gingen  ohne  Zweifel 
auch  die  großen  Werke  der  griechischen  Meister  über  diese  Bühne, 
vor  allem  des  Euripides  und  Menanders,  deren  Stücke  unter  den 
Funden  dramatischer  Papyri  weitaus  an  erster  Stelle  stehen, während 
Sophokles  hinter  ihnen  zurückbleibt.  Von  der  Fortdauer  des 
Schauspiels  in  den  Mittelpunkten  hellenischen  Lebens  erzählen 
nicht  allein  mittelbar  die  Akten  und  Erwähnungen  des  großen 
musischenWeltverbandes  der  Kaiserzeit,  sondern  auch  unmittelbar 
die  gefundenen  Theatermarken  und  die  Terrakottafiguren  nament- 
lich komischer  Schauspieler  ebenso  wie  die  Reste  neuer  Stücke; 
die  bekannte  Posse  von  Oxyrhynchos  gibt  uns  einen  Begriff  von 
dem,  was  man  auf  solchen  Bühnen  in  der  Kaiserzeit  voraussetzen 
darf.  Sie  leitet  über  zu  dem  weiten  Felde  der  kleineren  dem  Drama 
verwandten  Dichtungen,  der  Mimen  und  Monologe,  der  Homer- 
rezitationen und  Brettlaufführungen,  wie  sie  zumal  an  Festen  statt- 
fanden: bei  der  Feier  zu  Hadrians  Thronbesteigung  treten  Phoibos 
und  Demos  in  Wechselrcde  auf,  am  Geburtstage  des  Kronos  wirken 
ein  Biologos  und  ein  Homeristes  mit,  hochbezahlte  Mimen  werden 
von  der  Stadtverwaltung  gewonnen,  und  mit  leidenschaftlichen 
Liebesszenen  werben  Chansonetten  um  den  Beifall  der  Menge. 
Sogar  die  ägyptische  Götterprozession  erscheint  im  Theater,  eines 
der  vielen  Zeichen,  wie  weit  der  Einfluß  des  griechischen  Bühnen- 
lebens reicht.  Nicht  alle  diese  Vorstellungen  haften  am  Theater; 
wo  es  keins  gab,  zumal  auf  dem  Dorfe,  fanden  sie  im  Freien  statt, 


MUSIK.  389 


und  man  kannte  ohne  Zweifel  nach  Inhalt  und  Aufführungsweise 
unzählige  Abstufungen  von  Menander  bis  zum  Possenreißer.  Den 
eigentlichen  Ägyptern  lag  das  für  die  Hellenen  bezeichnende 
Theater  fern,  wenn  auch  dem  ägyptischen  Gottesdienste  drama- 
tische Aufführungen  nicht  unbekannt  waren  und  ois  in  jene  späte 
Zeit  fortlebten. 

Die  Musik  spielte  damals  im  ägyptischen  Gottesdienste  eine 
Rolle:  Sänger  und  Sängerinnen  sollten  zu  Ehren  der  Prinzessin 
Berenike  Lieder  singen,  die  die  heiligen  Schreiber  verfassen  und 
der  Chormeister  einüben  würde;  so  bestimmt  der  Priesterbeschluß 
von  Kanopos.  Ganz  besonders  aber  wurde  das  griechische  Theater 
eine  Stätte  musikalischer  Aufführungen,  teils  zur  Begleitung  des 
Schauspiels,  teils  selbständig.  Zum  Verein  der  dionysischen 
Künstler  in  Ptolemais  gehörten  Zitherspieler  und  Zithersänger 
{■/u^aoiOTtig  und  /.id-aqcjöog),  tragische  Flötenbläser  und  Trom- 
peter; Stücke  wie  die  Perser  des  Timotheos  mögen  hier  von  Kitha- 
roden  vorgetragen  worden  sein,  und  zu  mancher  Dichtung  auf 
Papyrus,  die  wir  mimisch  oder  lyrisch  nennen,  werden  wir  uns 
Gesangsmelodie  und  Instrumentalbegleitung  denken  müssen, 
wie  sie  auf  zwei  Blättern  sich  in  der  Tat  gefunden  hat.  In  der 
Kaiserzeit  wairde  vor  allem  der  große  musische  Weltverein  neben 
dem  Gymnasion  Träger  der  griechischen  Musik;  auch  die  Griechen 
Ägyptens  nahmen  an  solchen  Wettbewerben  teil  und  wurden 
für  den  Sieg  in  der  Heimat  geehrt.  Der  Virtuose  herrscht  gerade 
in  der  Musik  schon  zur  hellenistischen  Zeit.  In  kleineren  Orten, 
auf  den  Dörfern,  üben  die  Musikbanden  (avucpiüvla)  ihre  Tätig- 
keit aus  und  lassen  sich  vom  Dorfschulzen  zu  Festen  oder  zur 
Kelter  bestellen.  Auch  dem  Familienfeste  darf  der  Musikant  nicht 
fehlen.  Der  Bettelmusikant  setzt  Syrinx  und  Dudelsack  gleich- 
zeitig in  Bewegung,  während  neben  ihm  ein  Zwerg  singt  und  die 
Becken  schlägt;  so  zeigt  es  eine  Terrakotte.  Der  Herr  läßt  den 
Sklaven  Begleitungen  und  selbständige  Stücke  auf  der  Zither 
und  der  phrygischen  Flöte  lernen,  um  daran  zu  verdienen.  Sänger 
und  Sängerinnen  finden  wir  überall,  Flöte,  Zither,  Trompete, 
Klappern  und  Kastagnetten  sind  gang  und  gäbe.  Später  scheint 
auch  die  von  dem  .-Alexandriner  Ktesibios  erfundene  Wasserorgel 
(vÖQavhg)  in  Gebrauch  gekommen  zu  sein. 
In  der  Baukunst  standen  ägyptisches  und  griechisches  Wesen 
so  weit  auseinander,  daß  der  gemischte  Stil,  wo  er  sich  aus- 
bildete,   nicht   das    Übergewicht   erlangen   konnte.    Die   offen t- 


390  BAUKUNST. 


liehen  Bauten  der  hellenischen  Städte  haben  durchaus 
griechischen  Stempel  getragen,  wie  aus  ihren  Erwähnungen  in 
den  Papyri  und  aus  den  Resten,  die  in  Antinoupolis  und  Hermu- 
polis  noch  zur  Zeit  Napoleons  1.  in  erheblichem  Umfange  standen, 
hervorgeht.  Ihr  Vorbild  war  Alexandreia,  von  dem  leider  so  gut 
wie  nichts  erhalten  ist.  Man  ahmte  die  Stadtanlage  mit  den  beiden 
sich  rechtwinklig  schneidenden  Hauptstraßen,  das  Sonnentor 
und  Mondtor  und  die  öffentlichen  Gebäude  nach.  Zwar  der  Königs- 
palast, das  Alexandergrab,  Museion  und  Bibliothek  waren  be- 
sondere Merkmale  Alexandreias;  aber  griechische  Tempel,  Theater, 
Gynmasion  und  Bäder  besaßen  Hermupolis  und  Antinoupolis, 
Oxyrhynchos,  Arsinoe  und  sicherlich  Ptolemais  ebenso,  wenn  auch 
kleiner  und  von  geringerer  Pracht.  Die  Hauptstraßen  wurden 
von  Säulenhallen  begleitet,  und  an  den  Kreuzpunkten  erhoben 
sich  Vierungen  höherer  Säulen.  Das  Gesamtbild  dieser  Städte 
darf  man  sich  ziemlich  griechisch  denken  und  mehr  an  Pompei 
als  etwa  an  einer  heutigen  ägyptischen  Stadt  klar  machen,  denn 
sie  gehören  durchaus  in  den  Bereich  der  griechisch-römischen 
Mittelmeerkultur,  wie  ja  auch  das  heutige  Alexandreia  seinem 
Aussehen  nach  überwiegend  Mittelmeerstadt  mit  den  Zügen  Neapels 
u.  a.,  und  nur  zum  kleineren  Teile  orientalisch  ist.  Ägyptische 
Besonderheiten  scheint  jedoch  vielfach  das  Privathaus  aufzu- 
weisen. Mitten  zwischen  den  griechischen  Rathäusern,  Tempeln, 
Hallen  und  Theatern  erhoben  sich  aber  auch  ägyptische  Tempel, 
die  nach  den  gefundenen  Trümmern  ihren  ägyptischen,  Stil 
wahrten  und  daher  fremdartig  gewirkt  haben  müssen.  Für  sich 
allein  stand  der  alexandrinische  Pharos,  den  unter  einem  der 
ersten  Ptolemäer  Sostratos  aus  Knidos  erbaute;  man  hat  nicht 
ohne  Erfolg  aus  den  Schilderungen  ein  Bild  von  ihm  zu  ge- 
winnen versucht.  Vielleicht  ist  es  kein  Zufall,  daß  die  einzigen 
wirklich  greifbaren  Spuren  einer  Stilmischung  in  Gräbern 
entdeckt  worden  sind.  Die  westliche  Totenstadt  Alexan- 
dreias, heute  Köm  es  suqäfa,  weist  in  ihren  ausgedehnten  Grab- 
anlagen zwar  mehrfach  die  Eigentümlichkeiten  des  make- 
donischen Grabbaues  auf,  ist  aber  in  der  Architektur,  den  Säulen, 
Kapitellen  und  Friesen  wesentlich  ägyptisch,  wenn  auch  grie- 
chische Züge  in  einzelnen  Giebeln  und  in  dem  beliebten  Muschel- 
motive auftreten  und  sich  eigentümlich  mit  dem  Uräenfriese  und 
der  geflügelten  Sonnenscheibe  verbinden.  Wie  der  Oberbau  dieser 
Grabkammern    aussah,    kann    man    etwa    einem   pompeianischen 


BAUKUNST.  391 


Wandbilde  entnehmen.  Dieselbe  Zwiespältigkeit  offenbaren  auch 
der  Reliefschmuck  der  Wände  und  die  Grabstatuen.  Damals, 
etwa  um  die  Wende  des  1.  zum  2.  Jh.  p.  C,  übte  auf  die  helle- 
nische Bevölkerung  die  ägyptische  Religion  gerade  mit  ilirem 
Unterweltsglauben  und  ihrem  Totenkult  große  Anziehungskraft 
aus,  so  daß  auch  Kreise,  die  sich  griechisch  fi^ihlten,  hier  am  ehesten 
dem  Ägyptischen  sich  anpassen  mochten.  In  den  Nekropolen  der 
griechischen  Städte  Ägyptens  dürfen  wir  Ähnliches  wie  in  Alexan- 
dreia  vermuten. 

Aus  der  griechischen  Bauweise  der  Kaiserzeit  ist  der  byzantini- 
sche Stil  hervorgegangen,  der  in  Ägypten  seine  koptischen  Be- 
sonderheiten aufweist;  sind  auch  im  einzelnen  ägyptische  Züge 
vorhanden,  so  folgt  er  doch  im  ganzen  der  Gesamtentwicklung 
der  Baukunst  im  Osten,  wie  seine  erhaltenen  Reste  und  die 
ältesten  koptischen  Kirchen  Ägyptens  zeigen.  So  etwa  mögen 
wir  uns  die  häufig  erwähnten  Kirchen  der  ersten  christlichen 
Jahrhunderte  denken.  Sicher  scheint  aber,  daß  die  koptische  Bau- 
kunst, so  sehr  auch  die  Kopten  sich  als  Ägypter  im  Gegensatze 
zu  den  Hellenen  fühlten,  keinen  Anschluß  an  altägyptische  Bauten 
gesucht  hat.  Und  doch  standen  damals  wie  heute,  ja  noch  w'eit 
mehr,  überall  im  Lande  ägyptische  Tempel  reinen  Stils.  Der 
ägyptische  Tempelbau,  der  unter  den  Ptolemäern  neue  große 
Aufgaben  fand  und  im  alten,  geheiligten  Stile  Vortreffliches 
leistete,  ja  noch  in  der  Kaiserzeit  fortblühte,  mochte  freilich  zu 
der  Zeit,  als  die  koptischen  Christen  an  große  Bauten  denken 
konnten,  keine  Baumeister  mehr  besitzen,  die  seiner  mächtig 
waren;  vor  allem  jedoch  werden  die  Christen  jede  Anknüpfung 
an  die  Wohnungen  der  heidnischen  Götter  vermieden  haben. 
Überdies  hatte  die  griechische  Kunst  wie  die  griechische  Kultur 
im  ganzen  das  Ägyptische  aus  dem  Leben  hinaus  ins  Vergangene, 
ins  Altertum  gedrängt.  Wir  aber  müssen  uns  gegenwärtig  halten, 
daß  neben  den  Bauwerken  des  ägyptischen  Altertums,  die  in  die 
griechisch-römische  Zeit  hineinragten,  ägyptische  Baumeister  noch 
in  dieser  Periode  gewaltige  Bauten  aufzuführen,  ja  Werke  von 
besonderer  Schönheit  wie  das  Portal  des  Euergetes  in  Karnak 
zu  gest?lten  wußten;  überall  erhoben  sich  diese  Tempel  aus 
einer  vielfach  ganz  griechischen  Umgebung  und  brachten  jedem 
zum  Bewußtsein,  daß  auch  der  Ägypter  etwas  Bewundernswertes 
zu  leisten  vermochte,  gewiß  eine  starke  Stütze  für  die  Zähigkeit, 
womit  die   Unterworfenen  ihre  Eigenart  festhielten. 


392  BILDHAUERKUNST. 


Der  alexandrinischen  Nekropole  Köm  es  suqäfa  verdanken  wir  auch 
besonders  gut  erhaltene  und  besonders  bezeichnende  Werke  der 
Bildhauerkunst.  Einige  Köpfe,  wie  der  eines  Sarapispriesters 
und  ein  schöner  Frauenkopf,  verraten  nichts  von  ägyptischem 
Einflüsse,  sondern  rein  griechische  Arbeit,  der  zweite  auch  die 
Wirkung  römischer  Porträtkunst;  ebendaher  aber  stammen  auch 
eine  männliche  und  eine  weibliche  Statue,  die  in  Haltung  und 
Tracht  ägyptisch  aussehen  und  nur  im  einzelnen,  in  der  Ausar- 
beitung des  Gesichts  und  der  Haare,  Griechisches  erkennen  lassen. 
Zu  diesen  beiden  Typen,  die  uns  auch  in  anderen  Vertretern  be- 
gegnen, tritt  als  dritter  der  rein  ägyptische,  der  einfach  die  alte 
Überlieferung  fortsetzt;  in  solcher  Gestalt  wird  man  sich  einen 
beträchtlichen  Teil  der  Götterstatuen  griechisch-römischer  Zeit 
vorstellen  dürfen,  soweit  nicht  bestimmte  Hinweise,  namentlich 
die  der  großen  Plastik  oft  nachgebildeten  Bronzen  und  Terra- 
kotten, auf  Erzeugnisse  der  Mischkunst  führen.  Von  der  großen 
Plastik  der  Zeit  ist  so  wenig  erhalten,  daß  man  jeden  Fingerzeig 
nutzbar  machen  muß  und  doch  im  einzelnen  unsicher  bleibt; 
auch  die  Auskunft,  die  wir  soeben  über  die  Tempelschätze  von 
Oxyrhynchos  erhalten  haben,  läßt  viele  Fragen  offen;  wie 
etwa  das  vergoldete  Standbild  der  Athena-Thoeris  zu  Oxy- 
rhynchos ausgesehen  haben  mag,  ist  schwer  zu  sagen.  Wo  wir  von 
Statuen  der  Kaiser  und  anderer  geehrter  Zeitgenossen  lesen, 
werden  wir  in  der  Regel  griechische  und  römische  Kunst  annehmen 
dürfen.  Die  zahlreichen  Statuetten  in  Bronze  und  Silbei,  in 
Terrakotta,  seltener  in  Fayence  und  Stuck  bestätigen  den  Unter- 
schied griechischer  und  ägyptischer  Arbeit  nach  Technik  und 
Stil,  wimmeln  aber  von  Kreuzungen;  die  Götterfiguren  sind  ge- 
wöhnlich etwas  freier  aufgefaßt  und  mehr  bewegt,  als  rein  ägyp- 
tischer Stil  es  zuläßt,  aber  in  vielem  noch  an  ihn  gebunden. 
Am  freiesten  gibt  sich  die  Kunst  da,  wo  die  Religion  nicht  mit- 
spricht, in  den  Gestalten  des  Zirkus  und  der  Bühne,  den 
Karrikaturen  und  Straßentypen,  die  oft  sehr  frisch  und  reizvoll 
angefaßt  sind,  wenn  auch  meistens  kräftiger  und  derber  als  Tanagra 
oder  Myrina  es  taten.  Man  darf  allerdings  nicht  vergessen,  daß 
die  erhaltenen  Stücke  die  Kunst  der  alexandrinischen  Vorbilder 
nur  ahnen  lassen.  Der  durchs  Gymnasion  gebildete  Körper  fehlt, 
und  damit  tun  wir  einen  Blick  in  die  Kreise,  deren  Häuser  diese 
Kleinplastik  schmückte:  es  waren  die  Gräkoägypter,  die  Schicht 
der  Mischkultur,  deren  griechische  Außenseite  auch  hier  wieder 


KUNSTGEWERBE.  393 


sichtbar  wird.  Schmuck  der  Zimmer,  Hausdämonen,  die  von  den 
Frauen  gehegten  Statuetten  der  Aphrodite,  Bubastis  und  ihrea 
Mischformen,  Weihungen  für  die  Tempel  stellten  dieser  Klein- 
plastik eine  Fülle  von  Aufgaben,  während  die  große  Plastik  an 
Kultbildern,  Königs-  und  Kaiserbildern  und  dergleichen  reichlich 
zu  tun  fand,  ganz  abgesehen  von  der  Lust  des  Künstlers  am  Bilden. 
Auch  im  Relief  überwiegt  in  der  Nekropole  Alexandreias  der 
ägyptische  Einfluß  weitaus;  Darstellungen  wie  die  der  Götter 
Horos,  Anubis  und  Thoth  neben  einer  Mumie  stehend,  sind  ägyp- 
tisch, freilich  äußerst  stillos.  Anubis  mit  dem  Schakalkopf,  in 
griechischer  oder  römischer  Kriegsrüstung  und  freier  unägyptischer 
Haltung,  im  Relief  ähnlich  wie  in  kleinen  Bronzen  gebildet,  ist 
geradezu  das  Wahrzeichen  dieser  Mischkunst.  Reste  rein  griechi- 
scher Arbeit,  etwa  ein  Medusenkopf  oder  Leda  mit  dem  Schwan  in 
Elfenbeinschnitzerei,  geben  einen  Begriff  von  dem,  was  die 
Wände  der  hellenischen  Bauten  zumal  in  Alexandreia  geschmückt 
haben  mag;  genauer  kennen  wir  dagegen  das  rein  ägyptische 
Relief  der  Tempel  aus  ptolemäischer  und  römischer  Zeit,  das  zwar 
innerhalb  der  ägyptischen  Kunst  seine  Sonderart  besitzt,  aber 
nicht  die  geringste  Berührung  mit  griechischer  Kunst  verrät. 
Es  blieb  wie  die  Tempel  selbst  der  Bereich  der  alten  Landes- 
kunst. 

In  Fülle  sind  Werke  des  Kunstgewerbes,  Geräte  in  Thon  und 
Metall,  auf  uns  gekommen;  bis  ins  letzte  Dorf  drang  griechische 
Arbeit  auf  kleinen  Vasen  und  besonders  auf  Thonlampen,  deren 
Schmuck  bald  eine  Heuschrecke,  bald  Eros  auf  dem  Kahne,  bald 
ein  dionysischer  Kopf  und  tausend  andere  Dinge  bildeten,  in 
christlicher  Zeit  Kreuze  und  Apostelköpfe,  auch  auf  den  soge- 
nannten Menasfläschchen.  Die  Tempel,  n'cht  nur  im  blühenden 
Oxyrhynchos,  sondern  selbst  so  entlegene  wie  der  von  Soknopaiu 
Nesos,  besaßen  große,  sorgfältig  bewahrte  und  von  der  Regierung 
beaufsiclitigte  Schätze  an  Tafelgerät,  Lampen  aus  Bronze, 
Schalen  aus  Silber  in  getriebener  Arbeit  mit  erhabenem  Götter- 
kopf in  der  Mitte,  Löffel,  Eierbecher,  kleine  Altäre  usw.  Die 
beste  Vorstellung  davon  gewinnt  man  am  berühmten  Hildes- 
heim er  Silberfunde,  dessen  künstlerische  Gestaltung  wohl 
ohne  Zweifel  auf  Alexandreia  zurückgeht;  wie  der  Athena- 
schale, wenn  auch  in  großem  Abstände,  die  Schale  mit  dem 
Bilde  des  Soknopaios  entsprechen  mag,  so  kehren  die  Formen 
der  Hildesheimer  Teller  und  Untersätze  in  ägyptischer  Thonware 


394  MALEREI. 


wieder.  Schalen  aus  Herniupolis  und  eine  Reihe  von  Gips- 
modellen führen  in  denselben  Kreis.  Ob  die  auffällige  Häufung 
lateinischer  Namen,  die  wir  in  den  Listen  heiligen  oder  privaten 
Tafelsilbers  beobachten,  auf  einen  Einfluß  westlicher  Kunst  hin- 
deutet, ist  noch  fraglich.  Was  in  Edelmetallen  geleistet  werden 
konnte,  zeigen  die  goldenen  und  silbernen  Kratere  und  Schalen 
mit  Schuppenmuster,  reichen  Kranzgewinden  und  eingesetzten 
Edelsteinen,  die  der  Brief  des  Aristeas  als  Geschenk  des  Phila- 
delphos  an  den  Tempel  in  Jerusalem  beschreibt.  Unter  den  Vasen 
ragen  die  sogenannten  Ptolemäervasen  mit  aufgesetzten  Orna- 
menten hervor,  ihnen  verwandt  glasierte  Thongefäße  mit  aufge- 
setzten Gestalten  der  Posse  oder  des  Zirkus,  von  großer  Lebendig- 
keit des  Ausdrucks.  Nimmt  man  die  Reste  der  blühenden  alexan- 
drinischen  Glastechnik,  die  Schmucksachen,  Ringe,  Arm- 
spangen in  Gold  und  Silber,  die  Münzen  und  geschnittenen  Siegel- 
steine hinzu,  so  ergibt  sich  ein  reiches  Bild  eines  im  wesentlichen 
griechischen  Kunstgewerbes,  das  Ägypten  durchdrungen  hat  und 
sich  in  der  byzantinisch-koptischen  Kunst  fortsetzt,  wenn  auch 
hier  auswärtiger  Einfluß  auf  der  einen  Seite  und  gelegentlich  ein 
einheimisch  ägyptischer  Zug  auf  der  anderen  Seite  nicht  fehlen. 
Es  liegt  in  der  Natur  der  Sache,  daß  von  der  Malerei  am  wenigsten 
übrig  geblieben  ist,  so  viel  sie  auch  geübt  wurde:  verdiente 
Bürger  ehrte  man  in  Ptolemais  durch  ein  Porträtbild  im  Pry- 
taneion,  und  die  öffentlichen  Gebäude  boten  reichlich  Raum  für 
Malerei,  wie  wir  denn  von  der  Ausmalung  der  Hadriansthermen 
in  Oxyrhynchos,  leider  aber  nur  die  Abrechnung  lesen.  Auch 
hier  müssen  wir  pompeianische  Wandbilder  zu  Hilfe  nehmen,  um 
uns  eine  Anschauung  zu  verschaffen;  was  alexandrinische  Maler 
vermochten,  sagt  das  Mosaik  der  Alexanderschlacht.  Ein  paar 
Tafelbilder,  die  man  an  den  Wänden  dörflicher  Wohnungen  des 
Fajum  gefunden  hat,  z.  B.  Soknebtynis  mit  einer  Göttin  auf  dem 
Sofa  sitzend,  spiegeln  dagegen  die  rohe  Dorfkunst,  die  allerdings 
wohl  nach  Vorbildern  arbeitete.  Aber  glücklicher  Weise  haben 
die  Gräber  von  Hawara  zahlreiche  Mumienporträts  auf  Holz 
und  Leinwand  bewahrt,  die  uns  Männer  und  Frauen  aus  Arsinoe, 
augenscheinlich  der  wohlhabenden  Stände,  vor  Augen  führen; 
neben  den  gemalten  stehen  auch  Stuckköpfe.  Haar-  und  Bart- 
tracht erlauben,  ihre  Zeit  etwa  auf  das  2.  Jh.  p.  C.  zu  bestimmen. 
Im  Stile  der  Darstellung,  den  großen  Augen  und  schmalen  Ge- 
sichtern,   in    der    Behandlung   des    Haares    ähneln   sie   durchaus 


EINZELNES.  395 


dem  Bilde  des  Paquius  Proculus  und  seiner  Frau  au?  Pompei; 
es  ist  rein  hellenisclie  Kunst,  ohne  ägyptischen  Anflug.  Neben 
geringeren  findet  sich  unter  ihnen  eine  beträchtliche  Anzahl  aus- 
gezeichneter Arbeiten,  die  ebenso  lebenswahr  aufgefaßt  wie  sicher 
durchgeführt  sind:  die  berühmte  Aline  steht  keineswegs  allein, 
sondern  ist  nicht  einmal  der  beste  Kopf.  (Abb.  20,  21.)  Auch 
unter  den  plastischen  Stuckköpfen  sind  vortreffliche  Werke  er- 
halten geblieben.  Wenn  schon  die  Maler  einer  Provinzstadt  wie 
Arsinoe  solches  vermochten,  so  kann  man  die  alexandrinischen 
Meister  nicht  leicht  überschätzen;  daß  ihre  Kunst  untergegangen 
ist,  bedeutet  einen  schweren  Verlust.  In  den  ägyptischen  Tempeln 
fuhr  man  natürlich  fort,  die  Wände  im  rein  ägyptischen  Stile  zu 
bemalen,  während  rings  umher  die  griechische  Malerei  ebenso 
siegreich  war  wie  die  griechische  Kunst  überhaupt. 
Für  die  Geschichte  der  griechischen  Literatur  dieser  Periode  ist  vor  allem 
Wilamowitz'  Literaturgeschichte  zu  vergleichen,  die  gerade  die  hellenistische 
Literatur,  in  ihr  den  alexandrinischen  Kreis  und  die  Ergebnisse  der  Papyn 
herausarbeitet  und  weiterhin  die  christliche  Literatur  in  die  Gesamtent- 
wicklung hineinzieht.  Ferner  gehören  die  Kapitel  4  —  10  dieses  Buches  aufs 
engste  hierher:  ich  gebe  hier  nur  Erinnerungen  und  Hinweise,  da  einzelnes 
dort  zu  finden  ist.  Über  die  alexandrinische  Bibliothek  (es  waren 
eigentlich  2)  habe  ich  im  Buch  bei  den  Griechen  und  Römern  39ff.  einiges 
zusammengestellt.  Später  trat  die  pergamenische  Bibliothek  in  Wettbewerb. 
Ein  Verzeichnis  der  Bibliothekare  Oxy.  X  1241  col.  II,  vgl.  Kap.  10;  ferner  OG. 
I  172,  ca.  88  a.  C.  ein  Bibliotheksvorsteher  Onesandros  {TeTuyuivov  Si  [knl 
TTjg  SV  'AJ'/.s^avSQeiai  (laydlrß  ßvß/.iod-^y.rii).  In  Äg>'pten  sind  sonst  Öffentliche 
Bibliotheken  nicht  bekannt,  dürften  aber  in  den  größeren  Metropolen  bestanden 
haben.  Die  Funde  lit.  Papyri  in  Oxyrhynchos,  Hermupolis  u.  a.  können  aus 
privaten  Bibliotheken  stammen:  wohl  auch  die  Bücherverzeichnisse 
Wücken  Chr.  155.  Flor.  II!  .371.  Tempelbibliotheken  in  äg.  Tempeln, 
aber  auch  beim  Jup.  Capit.  in  Arsinoe,  Wilcken  Chr.  96.  Museion: 
smardTTjs  und  Is^svs  des  Museion  z.  B.  OG.  I  104,  vielleicht  auch  OG.  1  147. 

Strabo  XVII  1,8  p.  794  C:  ean  Se  rfi  owöSm  ravTT]  v.ai  ■/or^f.iaTa  y.otvä  y.ui  Isotvs 
6   £Til   TM  Movaeico   tETayf.iEvos   röre    uev  vtto   rcöv  ßaoiXEoiv   ivv   o'   vttö  Ktdaaoos. 

In  der  Kaiserzeit  z.  B.  L.  Julius  Vestinus  OG.  II  679  (Hadrian).  Zum  Museion- 
priester vgl.  Otto,  Priester  und  Tempel  I  166ff.  Die  Gelehrten  des  Museion 
heißen  häufig:  töjv  ev  rät.  Movaeitoi  astrovfieviov  ä.rs).(öv  Mittels  Chr.  207  (135  p.  C), 
auch  T^öiv  £v  ro7  M.fosiTovJuEveov  äxEläv  filoadfcof  OG.  II  714.  712;  ähnlich 

Oxy.   III    471   (2.   Jh.    p.  C.)  Kal/.ifvjsiy.ög  t[is  tmv]  und  Movasiov   (fi).[oo6<fo}v. 

Der  Stratege  des  Fajum  Museumsmitglied:  Ryl.  II  143.  Die  kritische 
Homerforschung  äußert  sich  u.  a.  in  den  Homerpapyri,  vgl.  Kap.  5. 
Hermippos  und  Didymos  Kap.  7.  Euergetes  1  über  den  syrischen  Krieg: 
Kap.  7.  Euergetes  II:  Hist.  Graec  Fr.  III  186.  Epigramm,  Skolien,  Mimen, 
sonstige  namenlose  Literatur  Kap.  4  und  7.  Beachte  auch  Eukieides, 
Aristoxenos,  Satyros  Bioi    der  Tragiker   usw.     Die  Bruchstücke    epikurischer 


396  EINZELNES. 


Schriften  und  des  Epikureers  Philonides  aus  Herculanum  i<omiTien  hier  nicht 
in  Betracht.  Über  Sprache  und  Stil  der  Urkunden  und  Briefe,  Koine  usw. 
Kap.  11.  Euergetes  II  verfolgt  die  alex.  Gelehrten:  der  Bibliotheksv-isteher 
KvSiae  sx  rcov  loyxof[ö]ocüf  (Oxy.  X  1241)  ist  vielleicht  als  ein  zur  Bewachung 
eingesetzter  Offizier  zu  denken.  Betrieb  der  Kaiserzeit:  außer  den  ge- 
nannten etwa  noch  der  Grammatiker  Apion,  den  Josephus  bekämpft,  und 
besonders  Athenaios  aus  Naukratis,  dessen  Deipnosophisten  als  Literaturwerk 
dem  alex.  Kreise  kein  glänzendes  Zeugni«  ausstellen.    Der  genannte  J.Vei.tinus 

schrieb  nach  Suidas  tnLTO/iiijv  x&v  Tlafifilov  ylcooaöjv  ßißXovi  ö.  e^Xoyrji- 
ovofidTOiv  iv.  rcöv  -Iri/nood'ävovs  ßißXiaiv.  sxXoyriv  e>c  Tcbi'-0ovitvSidov,  'laaiov 
Uaon^drovs    xal    &^aovfidxov    rov    ^rjrooo^    y.al    jcöv  älXiov    uriTOQtov ;    er   War   alSO 

Attizist.  Mathematik  Kap.  9,  vgl.  die  sog.  Heronischen  Schriften  (cd. 
Heiberg  BGT).  Philosophie:  de  Johnson,  Antinoe  and  its  Papyri  1914 
teilt     eine     Ehreninschrift     mit     für    ^lofvoödiooov   -rmv   [kv  t&i]  Movatlcoi 

oirovfiefrcof  dreXwv]  IlXarMvixbv  <fiX6a[o(for     USW.       Vgl.    auch     den  Papyrus- 

kommentar  zum  Theaitetos,  die  fjd-iy.ri  aroixeicoais  des  Hierokles  usw.  Kap.  4 
und  8.  Pankrates  und  Hadrian  ebenda;  „homerische  Dichter"  z.  B.  ".loetos 
'OfirjQmbs  Tioirjrf]^  t/.  Movosiov  CIG.  III  4748.  Päan  auf  Asklepios  in  einer 
Inschrift  von  PtoIemaTs,  siehe  Kap.  16.  Über  die  Papyri  der  Kaiserzeit 
Kap.  4  und  8;  zahlreiche  Ausgaben  mit  Scholien,  vgl.  auch  Kap.  .3 
(Bakchylides,  Korinna  u.  a.).  Viele  von  ihnen  zeugen  dafür,  daß  die  alexan- 
drinische  Gelehrsamkeit  auch  in  den  Metropolen  Fuß  gefaßt  hat.  Sogar 
in  Soknonaiu  Nesos  las  man  Piatons  Apologie.  Christi.  Lit.  Kap.  4  und 
10.  Die  lat.  Literatur,  abgesehen  von  der  juristischen,  die  praktischen 
Wert  hatte,  fand  wohl  überwiegend  bei  den  Gelehrten  Teilnahme,  übte  aber 
keinen  großen  Einfluß,  vgl.  Kap.  10.  Demosthenespapyri  mit  einer  Aus- 
nahme, Isokratespapyri  sämtlich  aus  der  Kaiserzeit;  dagegen  Hypereidespapyri 
aus  ptol.  Zeit.  Sprache  und  Stil  der  Kaiserzeit  Kap.  11.  Homerzitate  z.  B. 
Wilcken  Chr.  478.  Flor.  II  259.  Euripideszitat  Wilcken  Chr.  40.  Über 
Briefstil  und  Bildungsstufen  Kap.  11.  Der  Dichter  von  Aphrodite  Kap.  8. 
Ägyptische  Bildung.  Bei  den  Priestern:  Otto,  Priester  u.  Tempel  II  209ff.; 
der  wenig  davon  hält.  Ebenda  über  Manetho  (Zeit  Soters)  und  Chairemoii 
(erste  Kaiserzeit).  Aus  Manethos  Geschichtswerk  ist  kürzlich  ein  Bruchstück 
auf  Papyrus  entdeckt  worden.  Chairemon  war  Grammatiker  und  Philosoph, 
schrieb  über  die  ägyptische  Religion.  Kenntnis  der  hieratischen  Schritt  Wilcken 
Chr.  137;  vgl.  auch  Kap.  16.  Demotische  Stcrntafeln,  bes.  Berl.  Demot.  Pap. 
8279.    Demotische  Volksbücher  Kap.  15. 

Schule  und  Unterricht.  Bei  den  Ägyptern  Diodor  I  81,  daß  die  Ägypter 
TtaXaiar^a  und  ."oiö^k^  ablehnen,  sagt  er  ausdrücklich;  von  eigentlichen Tempei- 
schulen  spricht  er  nicht.  Gebildete  hielten  sich  griechische  Privatlehrer: 
Wilcken  Chr.  136;  vgl.  auch  Wilckens  Bemerkungen  bei  Chr.  50  Gerade  der 
Vergleich  mit  dem  heutigen  arabischen  Unterrichte  zeigt,  daß  man  die  An- 
eignung der  Schriftarten  und  der  Schriftsprache  nicht  imterschätzen  darf; 
der  Unterschied  zwischen  der  Sprache  der  heiligen  Literatur  und  der  des 
Lebens  war  nicht  geringer  als  im  Arabischen  zwischen  Schriftsprache  und 
Umgangssprache  und  forderte  mehr  Zeit  und  Arbeit  als  Schreiben  und  Lesen 
bei  uns.  Für  den  griechischen  Unterricht  vgl.  Wilcken  Chr.  136ff.  und 
vor  allem  E.  Ziebarth,  Aus  der  antiken  Schule'-  1!)13  (kleine  Texte  ed   Lietz- 


EINZELNES  397 


mann  Nr.  65).  Hier  tindel  man  Proben  aller  Schuiübungen  auf  Papyri,  Holz- 
tafeln, Ostraka.  Didaskaleia  z  B.  Oxy.  III  471  in  Alexandreia.  Melavy.öftov 
Sidaay.aXeior  Amt!.  Berichte  aus  d.  kgl.  Kunstsamml.  1914/5,  205.  Kn&riyTjrijs 
z.  B.  Wilcken  Chr.  138.  Giss.  80;  hier  handelt  es  sich  um  den  Unterricht 
der  Heraidüs,  der  Tochter  des  Strategen  Apolionios  und  der  Aiine,  durchaus 
gebildeter  Hellenen.  Giss.  85  wird  ein  Lesebuch  für  H.  erbeten.  Paidagogos 
Wilcken  Chr.  138.  Zahlreiche  Ostraka  mit  Schulübungen,  sogar  Aufsätzen, 
stammen  aus  dem  Fajumdorfe  Philadelphia.  Siebzehnjährige  Schüler  Oxy. 
III  471.    Schulübung  ist  auch  Oxy.   IX  1185  (ca-  200  p.  C):  röv    rraiSa    rör 

fiiy.jjöv    Set    äoTov     ead'ietr   —   älui    STZirocoyetr^     öxiaoiov     ui]    S'ivydveiv  —   «r   8f 

xal  olt'ot'  uItT;,  y.ov§vlovs  airq>  SeiSi;  die  letzte  Zeile  wird  von  Suidas  u.  a. 
als  Sprüchwort  angeführt.  Zur  Homerlektüre  vgl.  auch  die  in  Kap.  20 
angeführten  Wörterbücher    zu    Homer;    Homerkatechismus   Soc.    Ital.    I   19: 

T/t'     Saoilevs    rü>v    Tniötov :    Uolauoi.    t'h    OToaTr^yös;  "Ey.rrot}     USW.       Ferner      die 

Ausarbeitung  über  die  Tage  der  Odyssee  (P.  Beriin  9571  R)  und  die  Epitome 
der  Odyssee  Ryl.  23  (bekannt  sind  außerhalb  Ägyptens  die  Tabulae  Iliacae). 
Handbücher  der  Schule  vgl.  Kap.  9;  auch  die  Paraphrase  des  Demeter- 
hymnus auf  der  Rückseite  der  Laterculi  Alex,  kann  hierher  gehören,  ferner  die 
Anthologien  und  Chrestomathien  (Kap.  20).  Wie  weit  der  Briefstil  in  der  Schule 
geübt  wurde,  wissen  wir  nicht;  es  ist  aber  wahrscheinlich,  daß  man  schon  hier 
die  Formen  auf  Grund  der  Musterbriefe  lernte.  Über  Schriftentwicklung  siehe 
Kap.  2;  auch  die  Schulschrift  wird  von  Moden  und  Typen  nicht  unberührt 
geblieben  sein.  Tachygraphie  Wilcken  Chr.  140;  nicht  wenige  tachygr.  Papyri 
sind  erhalten.  Rechnen  und  Mathematik:  außer  Ziebarth  vgl.  die  math. 
Papyri  (Kap.  20),  auch  Ryl.  II  p.  421  und  Oxy.  II I  470  über  ein  Brettspiel 
und  die  Berechnung  einer  Wasseruhr.  Ferner  den  Brief  Amtl.  Berichte  aus 
den  Kgl.  Kunstsamml.  1914/5,  205,  der  von  geometrischen  Aufgaben  handelt, 
und  die  Aufgaben  Amtl.  Berichte  1916,  161ff.  Soc.  Ital.  III  186.  Vgl.  Kap.  9. 
Zum  Lat.  Unterricht  vgl.  die  !at.  Papyri  (Kap.  4.  10.  20).  Lehrerberuf: 
die  äg.  yoau^iaToßiSuay.u'/'.oi  waren  z.  T.  auch  Notare  ägyptischen  Rechts.  Der 
Tachygraphielehrer,  arjuioy^dfos,  Wilcken  Chr.  140,  erhält  für  2  Jahre  120  Silber- 
drachmen; in  diesem  Falle  übt  der  Sohn  die  Kunst  desVaters  aus.  Prinzenerzieher 
ÜG.  1 141.  Urkunden  und  Briefe  müßten  unter  dem  Gesichtspunkte  der  Schul- 
bildung durchgearbeitet  weiden.  Zur  Verbreitung  der  Schreibkunst: 
Majer-Leonhard,  ^Äyodunuioi.,  Frankfurt  a.  M.  1913;  aber  diese  Material- 
Sammlung  verlangt  genauere  Verarbeitung;  ergebnisreich  würde  auch  eine 
Untersuchung  über  die  Berufsschreiber  sein,  die  freilich  nur  an  den  Originalen 
angestellt  werden  könnte.  Ein  äo/ieouTEvaas  von  Arsinoe  ist  äyodicfiaToe 
Mitteis  Chr.  62.  Brief  des  Theon  Kap.  11.  Um  ohne  Kyrios  handeln  zu 
können.,  muß  die  Römerin  außer  dem  ius  trium  liberoruni  schreibkundig 
sein:  Oxy.  XII  1467(263  p.  C).  Über  das  Gymnasion  Wilcken,  Grund- 
züge und  Chrestomathie.  Höherer  Unterricht:  eine  scharfe  Grenze  gegen 
den  Elementarunterricht  läßt  sich  nicht  ziehen,  auch  manche  Aufsätze 
bei  Ziebarth  gehören  wohl  schon  dem  Studium  der  Rhetorik  an.  Alexandreia 
wird  mehr  gelehrt  und  mehr  gefordert  haben  als  die  Metropolen,  die  rheto- 
rische Studien  trieben.  Obwohl  die  Papyri  der  Redner  usw.  mit  einiger 
Sicherheit  zeitlich  angesetzt  werden  können,  bieten  sie  noch  nicht  genug,  um 
die  Entwicklung  des  rhetorischen  Unterrichts  in  Ägypten  zu  verfolgen;  immer- 


398  EINZELNES. 


hin  beweisen  sie,  daß  er  auch  in  pto'.emäischer  Zeit  bestand.  Die  Prozeß- 
protokoile  der  Ptolemäerzeit  sind  stilisiert,  während  die  der  Kaiserzeit 
nüchtern  nachschreiben,  vgl.  Kap.  14.  Längere  Gerichtsreden  sind  nur 
wenig  erhalten,  z.  B.  Oxy.  III  471.  Den  Einfluß  der  Rhetorik  bezeugen  stark 
die  alexandrinischen  Märtyrerakten.  Für  die  Pflege  der  Rhetorik  im  Museion 
vgl.  u.  a.  die  schon  angeführte  Schriftsteilerei  des  Julius  Vestinus  und  die 
Bemerkungen  Dittenbergers  zu  OG.  il  712.  714.  Der  berühmte  Aelius 
Aristeides  hielt  sich  ungefähr  von  14'.i— 154  p.  C.  in  Ägypten  auf,  vgl.  OG. 
II  709.  Um  einen  Studenten  in  üxyrhynchos  handelt  es  sich  wohl  in  dem 
Briefe  Wilcken  Chr.  482  (2.  Jh.  p.  C);  der  ganze  Ton  und  die  Selbständigkeit 
des  Lernenden    paßt    nicht    auf    einen   Knaben:  ö()a  /nrjSeil  dtd-^ä>7icov  kv  tt] 

oixiq   Tt^oix^ofvja/is,   äkXcc  roii  ßiß}doii    aov   aird   fiövov  tt^ö^e'/Jh]   (fiXoXoyeäv  Kai 

an    aviwv  oirjaiv  e^sis  schreibt    der  Vater.      Oxy.   X  1296  (3.  Jh.  p.  C.)  der 

Sohn    an    den   Vater:   d/ne^ifivi]   ow,    ttoctso,    yäQiv    imr    und'ijudTmi'    fifio)!'   (fü.o- 

Tiovovfifv  y.ai  dyaipv/oust;  nalms  fiueiv  earai.  Au*  Beziehungen  zur  Hochschule 
in  Berytos  deuten  die  Epikedeia,  Seite  143 ff. 

Über  den  Stil  der  amtlichen  Erlasse,  Protokolle  u.  dgl.  Kap.  11.  Der 
Gerichtsredner,  den  man  vom  Rechtsbeirat  zu  scheiden  hat  (Partsch,  Arch. 
f.  P.  VI  37),  heißt  anvi]yoooi  oder  otitmo.    Lukian,  apol.  12  schildert  als  seine 

Aufgabe  ta^  äixas  Ei-:dyeti'  y.al  rd^tr  nirrug  ttjv  rcoosi^KOvoav  snizid'evai  y.nl  tcöi> 
■noaiioakiMv  y.al  layofiercoi'  dna^aTtdi'Tcoy  vnofivr'jfiara  y^äfeod'ai  xal  ras  T£ 
orjrooeiai  röjr  cSiyaioloyovvTmr  ovd'f^ii^eiv  y.al  ras  tov  a.^%ovTOi  yt'fboHis  TtQÖi  rö 
aacftoxaior  dua  y.al  dy.qißkaxaxoi'  avv  TtioTSi  tjj  fieyiarij  8iacfvXdTrsiv  vial  Ttaqa- 
(iiSorai   §r]fj,oaiu  tt^ös  tov  dhl  x^öpov  dTtoy.eiaofiet'as ;  sein  Gehalt  SCi  TtolvjdkavTOs- 

Wilcken  Chr.  40  zeigt  eine  Rhetorenarbeit  im  städtischen  Dienste;  der  Text 
ist  nicht  richtig  hergestellt:  hinter  "Pcb/nris  muß  ort  oder  otiov  folgen;  dann 
1.  TTu^ä  [tT:]  Tv/j,  usw.;  mit  fiic-  beginnt  der  Nachsatz,  statt  /)  evxf]  ist  auch 
fA.Tts  möglich.  Die  erste  Periode  reicht  bis  ylvxv.  Darauf  tov  [öh  Ttarocoov  usw. 
Der  Rhetor  bei  Festen:  Wilcken  Chr.  96,  die  Priesterschaft  des  Jup. 
Capit.  in  Arsinoe  begrüßt  den  Präfekten  durch  einen  Rh.  Ansehen  des 
Rhetors:  ein  eiSo^öxaroi  or^tioo  wird  612  p.  C.  eigens  von  Alexandreia  nach 
Oxyrhynchos  geholt  Oxy.  I  151.  Der  Osterbrief  aus  dem  8.  Jh.  p.  C.  ist  stark 
rhetorisch,  vgl.  Kap-  10,  ferner  Briefe  des  Athanasios.  Der  bekannteste 
christliche  Rhetor  ist  Johannes  Chrysostomos. 

Der  Rechtsberater,  vofuyö^,  z.  B.  Mitteis  Chr.  91,  Tc^ay/naTiHÖ^,  in  byz. 
Zeit  ayolaaiiyöi;  Leute  wie  der  Rhetor  Probatianus  Oxy.  11  237  werden 
Redner  und  Rechtsberater  zugleich  gewesen  sein.  Über  Notare  usw.  Kap.  14. 
Die  Parteien  verschaffen  dem  Richter  die  Rechtssätze,  vgl.  Partsch,  Arch.  f.  P. 
VI  36ff.  Zum  <'o/«xösUlpiusDionysodorfis  Oxy.  II  237,2.  Ausländische  Juristen 

Oxv.  X  1242  Uavkos  Tij^ios  rc3  ykvsi  ai^ai^erog  ovvriyoQos  vtce^  'AXe^avS^ecov  und 
Hci}7tar()og  ^AvTio/sve  tm  yirei   avvr]yoQog  vtcso   'JovSaicop ;    sie  Waren  zugleich  Rhe- 

toren  wie  der  in  den  Epikedeia  gefeierte  Professor  von  Berytos.  Vgl.  W.  Weber, 
Hermes  50,  47ff.  Ein  o/olaanxdg  Bov()ixiog  aus  Askalon  OG.  II  691;  ein  alex. 
oxoXaoTi-xdg  osrooiyos  (sic)  OG.  II  693.  Es  wäre  eine  wichtige  und  lohnende 
Aufgabe,  die  Rhetorik,  das  rhetorische  Studium  und  seine  praktische  Anwendung 
in  Ägypten  zu  bearbeiten:  die  lit.  Papyri  samt  den  Erlassen  der  Behörden, 
den  Protokollen,  den  Urkunden  und  Briefen  geben  reichen  Stoff,  wenn  man 
ihren  Stil  betrachtet;  dazu  zahlreiche  Einzelerwähnungen.    Die  außeräg.  Ent- 


EINZELNES.  399 


Wicklung  der  Rhetorik    müßte    beständig    herangezogen    werden,    bes.  in  der 

Kaiserzeit  Aristeides,  Lukianos,  Libanios,  Joh.  Chrysostonios,  sowie  die  Theorie. 

Geometrie    zurückgeführt    auf    die    äg.  Feldmessung,    z.  B.  bei  Heron    ed. 

Heiberg,  BOT.  1912,  Bd.   IV    p.  17G.    Polykrates    schreibt    an    seinen  Vater 

Kleon,   den  Wasserbaumeister  des  Fajum:  yinoayJ   fie    rfjr  le^onoiav   cbmoro- 

firifie[vov]  y.al  tls  yseofierpov  7ioQev6fiEvor>  Wücken    Chr.   223.      Auch    K'eon 

selbst,  der  äo/^ney.Tcov,  wird  von   solcher  Vorbildung   ausgegangen   sein.    Vgl. 

auch  Wilcken  Chr.  287.  Für  die  Rechnungsweise  derGeometer  vgl.  z.  B.  P.  Lond. 

II   p.  129  und  Tebt.  I  87;    hier    wird    die    Fläche    jeden   Vierecks    nach   der 

a  +  c       b  +  d 
Formel  -—-—  X      ^      berechnet,,  gleichviel  ob  es  ein  Rechteck  ist  oder  nicht. 

Ebenso  verfährt  der  hieroglyphische  Feldertext  von  Edfu.  Sehr  lehrreich  ist 
P.Lille  1,  mit  Zeichnung  {oyj^umoy(>(Ufiu).  Geometrische  Aufgaben  siehe 
oben.  Die  regelmäßige  tTtioy.eiiii  nach  der  Überschwemmung,  die  viele  Ur- 
kunden bezeugen,  der  Kataster,  :1ie  Siedlungen  z.  B.  der  Kleruchen  im  Fajum, 
die  Verkäufe  und  Verpachtungen  aus  dem  Staatslande  müssen  zahlreichen 
Feldmessern  Arbeit  gegeben  haben.  Anschaulich  ist  das  Bild  eines  altäg. 
Geometers  bei  Wreszinski,  Atlas  zur  altäg.  Kulturgeschichte  Taf.  11. 
Arzt:  Sudhoff,  Ärztliches  aus  griech.  Papyrusurkunden,  Leipzig  1909,  ist 
leider  kaum  mehr  als  eine  sehr  breite  Stoffsammlung,  beladen  mit  vielem, 
was  nicht  hingehört.  Eine  neue  Arbeit  ist  dringend  nötig,  die  1.  die 
iit.  Papyri  und  die  Rezepte  ausbeutet  und  mit  der  großen  mediz.  Lit.  in 
griech.  Sprache  in  Verbindung  setzt,  wie  es  Kalbfleisch,  Ilberg  u.  a.  für  ein- 
zelne Stücke  getan  haben  (vgl.  Kap.  9),  und  2.  aus  Urkunden  und  Briefen 
alles  sammelt,  was  sich  auf  Ärzte,  Krankenpflege,  Kinderpflege  (Amme),  Bäder, 
Epidemien  usw.  bezieht. 

Äg.  Medizin:  mehrere  umfangreiche  mediz.  Papyri  in  hieratischer  Schrift  sind 
erhalten.  Ein  äg.  Arzt  Wilcken  Chr.  136.  Im  allg.  vgl.  Diodor  I  82,3.  In- 
kubation Kap.  IG;  Asklepieion  im  Sarapeum  zu  Memphis,  Kultus  des 
Imhotep-Asklepios  in  Der  el  bahri,  vielleicht  eine  wirkliche  Heilstätte,  vgl. 
Milne,  Journal  of  Eg.  Archaeology  I  96 ff.  Christi.  Heüzauber  Oxy.  VII  1151. 
Arzt  und  Leichenbestatter:  Oxy.  III  476(2.  Jh.  p.  C.)  amtlicher  Bericht 
zweier  tircKfiaoTai,  wie  ihn  sonst  die  drjuöaioi  lar^ol  erstatten.  Alexandrini- 
scher  Spott  über  ihr  Verhältnis  Anthol.  Palat.  XI  125:  hjQöi  Koa-cius  y.aiJdiuou 

kfrafiaarris  —  y.oii'fji'  ä/./.rjkoi^  d'erio  oipmuoijirjv.  —  y.ai  ^' 6  iiev  oi's  xkenreay.ev 
an'  evTatficov  Tskuficovai;  —  eis  enLÖeausveiv  jiefiTis  (fiXoj  K^ariu  —  ror  ü'  d.7ta- 
uatßöjiievos  KguTsas    eh  sfrucfid^eii'  —   TchiTTui'  oXovs  adrcp  rovi  S'eoaTtEvouivovs. 

vgl.LumbrosoArch.f.  P.V  27.  Mediz.Papyri  Kap.  4.  9.  20.  Ein  Rezept  unserer 
Art,  Anweisung  des  Arztes  an  den  Apotheker,  scheint  Oxy .  V I  992  (413  p.  C.)  zu 

sein;  ^lovXiavbs  /Jcoqod'eoi'  TtUQaayov  Maoiq  yw-rj  (sic)  Iley.oka^Lü)  (sic)  otvo[v] 
St(7T).ovr)  a  ev  loylais  uHf^s  (bei  ihrer  Entbindung)  aaoru(euoiiai)  oi'rov   Sinlovv  n, 

mit  Datum.  In  den  Rechnungen  des  Dorfschreibers  Menches  von  Tebtynis  be- 
gegnen öfters  Ausgaben  wTpcöi/  oder  iaT^tö,  z.  B.Tebt.  1112.  Augenleiden  z.  B. 
Wilcken  Chr.  456;  vgl.  auch  die  lit.  Pap.  über  Augenkrankheiten.  Epidemien 

Z.  B.  Petr.  II  19  (2)  3,  Jh.  a.  C. :  ovte  e^yärriv  tariv  sv^alv  8iä  irjv  Bv[Ear]cöauv 
y.ay.iav  rov  fialay.i'^sad'ai   7T[dmail^   äU.u  y.aTSfpd'aoTai   nov  tö  spyaaTi]^tov  yoövov 

oiy.  oliov.  Pest  44/3  a.  C:  Appian  Civ.  IV  61.  OG.  I  194.  Befreiung 
der  Ärzte  von   Liturgien  z.  B.  Oxy.  I  40  (2.  Jh.  p.  C),  wo  ein  Ägypter,. 


400  EINZELNES. 


der  Arzt  und  raQixsvii^e  ist,  Befreiung  beansprucht,  aber  sich  erst  über  seine 
Kenntnisse  ausweisen  soll;  vgl.  auch  Wilcken  Chr.  395.  Die  Srjfiöoioi  lar^oi, 
reichen  amtliche  Berichte  (TiQosfwvrjai?)  ein,  z.  B.  Wilcken  Chr.  494.  Oxy.  I  51. 
52.  VI  983.  BGU  III  928  u.  ö.  Arztsteuer  Hibeh  1  102  (248  a.  C.)  hier  an  den 
Arzt  selbst  gezahlt,  sonst  an  den  Staat:  Hibeh  I  103  (231  a.  C.)  u.  ö.  Oberarzt 
OG.  I  104  (Philometor) Weihung  für  den  Alexandriner  Chrysermos,  der  l^rjyrj-f^s, 
sTtl  rwv  larqiöv  und  S7tiardrr]s  rov  Movasiov  ist.  Im  Seleukidenreiche  gab  es 
einen  doxiaT^jos  OG.  I  256.  In  der  Kaiserzeit  ein  äoyjarQos  in  Alexandreia:  Brief 
des  äox-  "-Ad-tjvayooai  an  die  Stolisten  des  Labyrinths  1.  Jh.  p.  C.  Lefebvre,  Bull. 
Arch.  Alex.  14,  6.  Die  byzantinischen  do/Unooi  dürfen  nicht  herangezogen  werden, 
da  es  damals  ein  Titel  wie  Sanitätsrat  zu  sein  scheint,  Wilcken  Chr.  180.  Oxy.  VIII 
1108.  Königl.  Leibarzt:  Breccia,  Inschr.  Alex.  16  Basis  einer  Statue,  die  Euer- 
getes  I.  seinem  Arzte  errichtet  hat.  Vgl.  den  seleukidischen  snl  tov  xotzcövog 
rfjg  ßaadiaat]^  OG.  I  256  USW.  Zur  Krankenbehandlung  und  Gesundheits- 
pflege siehe  Sudhoff.  Der  unpubl.  Berl.  P.  11712  (138  p.  C.)  erwähnt  ein 
■byiaar^^iov  kv  ri]  leßaorf]  Tta^s/ußoßü)^  also  eine  militärische  Sanitätsstation. 
lazQsTop  im  Dorfe  Karanis  130  p.  C.  BGU  II  647.  Roßarzt  Inniar^os  vgl. 
Petr.  II  25a.  Oxy.  IX  1222.  I  92  (4.  Jh.  p.  C.)  Christi,  roaoy.oitaov  z.  B.  Oxy. 
VIII  1150. 

Theater.  Dramatische  Wettkämpfe  unter  Philadelphos:  Theokrit  17,  112. 
Philikos  oder  Philiskos  führte  in  der  berühmten  Pompe  des  Philadelphos  den 
Zug  der  dionysischen  Künstler  Athen.  V  196ff.  Epigramm  auf  seinen  Tod 
Kap.  7.  Man  besuchte  das  Theater  in  weißer  Kleidung  Oxy.  III  471.  Der  In- 
halt eines  Theaters  als  math.  Aufgabe  Soc.  Ital.  III  186.  Über  Ptolemais 
OG.  I  49,  50,  51.  Plaumann,  Ptolemais  60ff.  Zur  Verbreitung  von  Euripides, 
Sophokles,  Menänder  vgl.  Kap.  4,  6,.  7.  Theatermarken  im  Berl.  äg.  Museum: 
auf  der  Vorderseite  1.  Männerkopf,  2.  Fisch,  auf  der  Rückseite  Platz- 
nummer gr  u.  lat.  Terrakotten  siehe  Weber,  Terrakotten.  Posse  von  Oxy- 
rhynchos  S.  138ff.,  Mimen  u.  dgl.  Kap.  7  und  8.  Aufführungen:  Wilcken 
Chr.  492  (2.  Jh.  p.  C.)  städtische  Rechnung  über  Festkosten:  der  Mime  erhält 
496  Dr.,  der  Homerist  448  Dr.,  sehr  viel  im  Vergleich  mit  der  Bezahlung  für  die 
übrigen  Mitwirkenden.  Wilcken  Chr.  493  (3.  Jh.  p.  C):  ein  ßiolöyo^  und  ein 
öfirjQioT7]£  sollen  am  Kronosfeste  mitwirken.  Der  Homerist  trägt  Homer  vor 
oder  dichtet  in  homerischer  Weise,  vgl.  den  Areios  ofttj^ixög  noirjrrjs  oben- 
der  ßiolöyos  ist  Charakterdarsteller    Feier  zu  Hadrians  Thronbesteigung  Wücken 

Chr.  491  vgl.  S.   I42f.    xcofiaaia  im  Theater  BGU   II  362:  e^ydzais  [xjco/udaaoi  TÖ 

^öarov  Ev  TfqJJ  d'Edr(Qq))  215  p.  C.  Arsinoe,  Rechnung  des  Jup.  Capit.  Äg.  Auf- 
führungen aus  der  Göttersage  Erman,  Äg.  Rel.^  Wiedemann,  Melanges  Nicole 
561  ff.  Musik:  Lieder  auf  BerenikeOG.  I  56,  69.  Die  Perser  des  Timotheos 
Kap.  6.  Ein  kleines  Bruchstück  aus  Euripides  Orestes  (ed.  Wessely,  Mitt. 
Rainer  V  65),  Zeit  des  Augustus,  ist  mit  Noten  versehen.  Mehr  ergibt  ein 
Berl.  Pap.,  der  in  den  S.  B.  der  Berl.  Ak.  erscheinen  wird,  namentlich  für 
den  Unterschied  von  Gesangs-  und  Instrumentalnoten.  Über  den  dionysischen 
Weltverein  der  Kaiserzeit,  der  einen  Verband  durch  das  ganze  Reich  bildete, 
vgl.  San Nicolo,Äg. Vereinswesen  I46ff.  Viereck,  KlioVIII413.  Musikbanden: Oxy. 
X  1275, 3.  Jh.  p.c.,  die  Dorfbehörden  mieten  Kottqbvs  nfjosara>s  avficfcovias  avlrjrcöv 
y.al  fiovaiKcov  und  verpflichten  sich,  sie  mit  10  Eseln  abzuholen;  Zahlung  in 
Geld   oder  Lebensmitteln.    Musik  zur  Kelter:  Wessely,  Studien  zur  Palaeogr, 


EINZELNES.  401 


u.  Papyruskunde  XIII  6:  ein  Flötenbläser  verpflichtet  sich  a^sixnxoji  vfnrj^err)- 

ujaad'at  rot»  Irjvoßdratg  xal  toZs  äXloie  ev  zfj  aili^aet  USW.      Familienfest    Wilcken 

Chr.  477  (ca.  245  a.  C).  Der  Bettelmusikant:  Weber,  Terrakotten;  der  musik- 
iernende  Sklave  BGU  IV  1125  Alexandreia.  Zur  Wasserorgel  Oxy.  I  93  (362 
p.  C).  Auch  Theater  und  Musik  verlangen  eine  Darstellung,  die  lit.  Papyri, 
Urkunden  auf  Papyrus  und  Stein,  Terrakotten  und  Berichte  der  Schriftsteller 
(Diodor,  Strabo  u.  a.)  heranziehen  muß. 

Baukunst:  Über  die  griech.  Ruinen  vgl.  die  Description  de  l'Egypte  (Jomard). 
Einen  knappen  Überblick  über  Alexandreia  gibt  Puchstein  bei  Pauly-Wissovva. 
Für  Antinoupolis  hat  E.  Kühn  (Antinoopolis,  Diss.  Leipzig  1913)  alles  ge- 
sammelt, für  Hermupolis  ist  bes.  Wessely,  Corpus  pap.  Hermupol.  ergiebig. 
Vgl.  die  Darstellung  Vierecks,  Deutsche  Rundschau  1908,  98ff.  Arsinoe  müßte 
nach  Wessely,  die  Stadt  Arsinoe,  neu  bearbeitet  werden;  für  Oxyrhynchos  fehlt 
noch  eine  Zusammenfassung.  VonPtolemnis  ist  fast  nichts  bekannt.  Pharos,  vgl. 
OG.  I  66.  Thiersch  hat  ihm  eine  wertvolle  Studie  gewidmet:  Pharos,  BOT.  1909. 
Prunkzelt  desPhiladelphos:  Studniczka,  Das  Symposion  Ptol.  II  (Abh.  Sachs. 
Ges.  d.  Wiss.  phil.-hist.  Kl.  30,  2.  1914).  Unter  den  alex.  Grabanlagen  steht 
an  erster  Stelle  Köm  es  suqafa,  glänzend  veröffentlicht  von  E.  v.  Sieglin, 
Ausgrabungen  in  Alexandrien,  3  Bände,  mit  ausgezeichneten  Bildern;  den  Ab- 
schnitt über  die  Baukunst  hat  F.  W.  v.  Bissing  geschrieben.  Die  Nekropole 
ist  durch  Jahrhunderte  benutzt  worden.  Zum  maked.  Klinegrabe  vgl.  O.  Ruben- 
sohn.  Bull.  Arch.  Alex.  12,  und  Kap.  19.  Neben  den  großen  Grabanlagen  gibt 
es  Gänge  mit  zahlreichen  loculi.  Kopt.  Kirchen  heute  noch  mehrfach  aus 
dem  Altertum  erhalten,  z.  B.  Abu  Serge  in  Altkairo.  In  einem  Teile  des  äg. 
Tempels  in  Luxor  ist  eine  christl.  Kirche  eingerichtet  worden,  die  aber  längst 
wieder  verfallen  ist.  Vgl.  Joh.  Georg,  Herzog  z.  Sachsen,  Streifzüge  durch  die 
Kirchen  und  Klöster  Ägyptens.  BGT.  1914.  Die  äg.  Tempel  aus  ptol.-röm. 
Zeit  sind  schon  mehrfach  genannt  worden.  Außer  diesen  großen  Bauten,  zu 
denen  Bädeker  Beschreibungen  und  Pläne  bietet,  gab  es  überall  kleinere,  wie 
sie  besonders  im  Fajum  (Soknopaiu  Nesos,  Kasr  Karun,  Darb  Girze)  noch  in 
Trümmern  erkennbar  sind.  Obelisken,  z.  B.  OG.  II  656. 
Plastik.  Vor  allem  beachte  man  die  Tafeln  bei  E.v.  Sieglin.  DiePorträtköpfe 
zu  beurteilen  helfen  die  guten  Tafeln  bei  R.  Delbrück,  Antike  Porträts,  Bonn 
1912  (Lietzmanns  Tafelhefte  6).  Ein  guter  Porträtkopf  der  Sammlung  Pelizäus 
im  Archäol.  Jahrbuch  1907,  159.  Über  das  Verhältnis  der  Terrakotten  zur 
großen  Plastik  siehe  Weber,  xqvoovv  ^öavov  'Ad-rjväs  rfjg  xal  @orjQi8oe  Oxy.  VIII 
1117  (ca.  178  p. C).  Kaiserstatuen  und  andre  oft  erwähnt,  z.  B.  Wilcken  Chr. 
33,  Oxy.  XII  1449;  eine  Anzahl  von  Köpfen  ist  erhalten. 
Kunstgewerbe.  Vgl. Weber,  Terrakotten.  Schreiber,  AlexandrinischeToreutik. 
C.M.Kaufmann,  Graeco-äg. Koroplastik^,  1915.  Reitzenstein,  Erosund  Psyche, 
S.  B,  Heid.  Akad.  1914,  12.  Eros  im  Kahne  auf  einer  Lampe  des  Berl.  äg. 
Museums,  ebenda  Lampe  mit  dem  Kopfe  des  Apostels  Paulus.  Über  die  Stile 
der  Kleinkunst  Weber,  Terrakotten.  Meduse,  Leda  mit  dem  Schwan  im  Berl. 
äg.  Museum.  Tempelschätze  z.B.  Wilcken  Chr.  91,  Oxy.  XII  1449.  Vgl.  auch 
Reil,  Beiträge  zur  Kenntnis  des  Gewerbes  im  heilenist. Äg.  Lpzg.  1913,  37ff.  über 
Töpferei,  Glastechnik  und  Metallarbeit.  Auf  einzelnes  einzugehen,  ist  hier  leider 
unmöglich.  Tafeisilber  BGU  III  781,  vgl.  Reil  52/3.  Drexel,  Alex.  Silbergefäße 
<ler  Kaiserzeit.    Bonn  1909.    Der  Hildesheimer  Silberschatz  und  die  Schalen  von 

Sohnbart,  Fapyraakande.  26 


402  EINZELNES. 


Hermupolis  befinden  sich  imAntiquarium  d.Berl. Museums.  Gipsmodelle.  Ruben- 
sohn,  Hellenistisches  Silbergerät  in  antiken  Gipsabgüssen.  Berlin  1912.  Lum- 
broso,  Recherches  119  stellt  die  in  der  Lit.  erwähnten  Gold-  und  Silberarbeiteir 
zusammen.  Vgl.  bes.  Aristeas  ed.  Wendland  73ff.  79.  Schmucksachen, 
Ringe  usw.  siehe  Reil  sowie  H.  Schäfer,  Äg.  Goldschmiedearbeiten,  Berlin  1910 
p.Slif.  (G.Möller).  Geschnittene  Siegelsteine  werden  sehr  häufig  in  den  Pa- 
pyri erwähnt,  meistens  Götterköpfe,  Hermes,  Sarapis,  Apollon,  Herakles,  Dionysos,. 
Helios-Ammon,  Harpokrates,  Isis,  Tyche,  Athena,  Zeus  auf  dem  Adler,  aber  auch 
Dionysoplaton,  n^oro^iri  ^doaöfov,  aedrjrov  u.  3.  Vgi.  z.  B.  Mittels  Chr.  303, 
304,  305,  306.  Oxy.  III  492,  490,  489  usw.  Ferner Rubensohn,  ElephantinePap. 
und  die  erhaltenen  Ringe.  Münzen  s.  Kap.  18.  Byz.  Goldschmuck :  Amtl.  Berichte 
aus  d.Kgl.  Kunstsammlungen  1913 /4,88ff.;  ebenda  über  koptischeKleinkunst 
234  ff .,  251ff.  Strzygowski,  Hellenistische  und  kopt.  Kunst  in  Alexandreia  (Bull. 
Arch.  Alex.  5).  Vasen:  R.Zahn,  Amtl.  Berichte  a.  d.Kgl.  Kunstsammlungen  1914, 
290ff.  Malerei:Porträts  erwähnt  z.  B.OG.  I  51.  Wilcken  Chr.33.   Wandbilder 

Arch.    f.    P.    II   449   ibr   xflTTor    sy.  \)'efie}.iov    dvojy.oSö/urjaev  xal  s^coyodfrjaei'    ai)v 

toii  (fr-ToTs.  Hadriansthermen  Wilcken  Chr. 48.  Alexandermosaik:  Winter,  Das 
Alexandermosaik  aus  Pompei,  Straßburg  1909,  dazu  R.  Schöne,  Neue  Jahrb. 
f.  d.  Kl.  Altertum  1912,  181.  Tafelbilder:  O.  Rubensohn.  Arch.  Jahrb.  1905 
(gute  Bilder!).  Breccia,  Rapport  sur  la  marche  du  Service  du  Musee  (Alex.) 
1913.  Malerei  in  der  Kirche  Abu  Girge:  Breccia,  Rapportl912  (Bilder!)  Hawara- 
Porträts  im  Berl.  Museum  und  in  anderen  Sammlungen.  Paquius  Proculus  bei 
Delbrück  a.  a.  0.  38.  Im  Allg.  vergleiche  F.  Winter  bei  Gercke-Norden  II  143f 
162ff.  Edgar,  On  the  datin:^  of  the  Fayum  Portraits,  Journ.  of  Hell.  Studies  25» 
225  ff.    A.  Reinach,  Rev.  Archcol.  1915,  Iff. 


XVm.  DAS  WIRTSCHAFTSLEBEN. 

Ägypten  ist  von  der  Natur  zur  Landwirtschaft  bestimmt; 
das  Ackerland,  das  auf  beiden  Seiten  den  Nil  begleitet,  bringt 
reichen  Ertrag,  wenn  das  befruchtende  Wasser  es  erreicht  und 
menschliche  Arbeit  die  Wasserläufe  in  Stand  erhält;  aber  sobald 
der  Mensch  in  seiner  Arbeit  nachläßt,  dringt  an  den  Rändern  die 
Wüste  vor.  So  ist  der  Gewinn  keineswegs  mühelos.  Ackerbauland 
und  bewohnbares  Gebiet  fallen  im  Wesentlichen  zusammen,  wenn 
auch  die  Ortschaften  meistens  auf  unfruchtbaren  Stellen  oder 
felsigem  Wüstenboden  angelegt  worden  sind,  um  das  Fruchtland 
voll  auszunützen.  Oberägypten  südlich  von  Luxor,  d.  h.  vom  alten 
Theben,  trägt  nur  wenig,  da  hier  die  Wüste  von  beiden  Seiten 
immer  näher  an  den  Nil  herantritt  und  schließlich,  etwa  von 
Kom  Ombo  an,  dem  Ackerlande  überhaupt  keinen  Raum  mehr 
läßt.  Um  so  wichtiger  für  die  Landwirtschft  ist  das  Delta,  im 
Altertume  ohne  Zweifel  ebenso  wie  heute.  Die  Papyri  erzählen  uns 
allerdings  bisher  nur  wenig  von  ihm,  aber  Herodot  und  andere 
Berichterstatter  lassen  seine  überwiegendeBedeutung  erkennen.  Die 
südwesthch  von  Kairo  in  dieWüste  vorgeschobene  Oase  des  Fajüm, 
die  ihr  Wasser  durch  den  Bahr  Jussuf  erhält,  einen  bei  Assiut  in 
Oberägypten  abzweigenden  Nilarm,  tritt  in  den  Zeugnissen  der 
griechisch-römischen  Zeit  so  stark  hervor,  daß  man  sie  für  die 
reichste  Provinz  des  Landes  halten  könnte,  wenn  nicht  die 
Gegenwart  lehrte,  daß  manche  andere  sie  übertrifft. 
Wie  die  Ptolemäer  auch  sonst  dem  Lande  gegenüber  die  Rolle 
der  Pharaonen  fortsetzten,  so  traten  sie  rechtlich  in  ihre  Stellung 
zu  Grund  und  Boden  ein.  Alles  Ackerland,  ja  vielleicht  alles  Land 
überhaupt,  war  grundsätzlich  Eigentum  des  Königs,  und  es 
kam  nur  darauf  an,  wie  er  sein  Recht  ausüben  oder  etwa  über- 
tragen wollte.  Einen  sehr  beträchtlichen  Teil,  das  Königsland 
im  engeren  Sinne  {ßaaÜL-K^  yf]),  bewirtschaftete  er  selbst,  indem 
er  es  in  Parzellen  verpachtete;  seine  Pächter  nannte  man  Königs- 
bauern {ßaodixol  y(ioQyoc),  ihre  Arbeit  wurde  von  der  Aussaat 
bis  zur  Ernte  durch  die  Beamten  genau  beaufsichtigt,  so  daß  ihnen 

26* 


404  RECHTSLAGE  DES  BODENS. 

weder  die  Fruchtarten  noch  sonst  irgend  etwas  freistand. 
Außerdem  waren  sie  an  die  Scholle  gebunden,  mindestens  zur 
Zeit  der  Saat  und  Ernte,  da  der  oberste  Regierungsgrundsatz, 
der  Vorteil  des  Königs,  es  so  forderte;  dafür  genossen  sie 
allerdings  in  der  Gerichtsbarkeit  einige  Vorrechte.  Nur  wenn  auf 
keine  Weise  Pächter  aufzutreiben  waren,  schritt  der  König  zur 
Zwangsverpachtung,  die  aber  damals  eine  Ausnahme  blieb. 
Das  Königsland  umfaßte  im  allgemeinen  den  fruchtbarsten,  am 
besten  bewässerten  Teil  des  ägyptischen  Ackerbodens,  jedenfalls 
vollwertiges  Nutzland  iyr,  iv  ccQSTf^i)]  ob  man  die  Verhältnisse  des 
Fajumdorfes  Kerkeosiris,  wo  reichlich  die  Hälfte  der  Dorfgemarkung 
zum  Königslande  gehörte,  auf  größere  Bezirke  oder  gar  auf 
ganz  Ägypten  übertragen  darf,  wissen  wir  nicht.  Um  die  Bewirt- 
schaftung des  Königslandes  und  die  Stellung  der  Königsbauern 
zu  verstehen,  muß  man  sich  klar  machen,  daß  die  Ptolemäer  nur 
fortführten,  was  seit  Jahrtausenden  eingewurzelt  war.  Der  Mehr- 
zahl der  ägyptischen  Bauern  war  es  ohne  Zweifel  etwas  Selbst- 
verständliches, ihr  Leben  auf  den  Feldern  des  Königs  zu  führen 
wie  ihre  Vorfahren;  etwas  anderes  lag  außerhalb  ihres  Gesichts- 
kreises, wie  ja  noch  heute  der  Fellach  über  sein  armseliges  Dasein 
kaum  hinausdenkt.  Was  der  König  nicht  selbst  bewirtschaftete, 
überließ  er  anderen  zur  Bebauung,  ohne  auf  sein  Eigentumsrecht 
im  geringsten  zu  verzichten.  Daher  umfaßte  dieser  zweite  Teil 
des  ägyptischen  Landes,  das  abgetretene  Land  (et'  äcpsoet  yfj), 
die  drei  großen  Gruppen,  die  neben  dem  Königslande  bestanden: 
das  heilige  Land,  das  Kleruchenland  und  das  Privatland. 
Das  heilige  Land  {isQcc  yf^)  gehörte  den  Göttern,  nicht  den  Tempeln 
noch  den  Priestern,  und  der  König,  selbst  Gott  und  als  Mitgott 
der  anderen  Götter  Teilhaber  ihres  Besitzes,  hatte  die  Aufgabe, 
ihn  zu  verwalten.  Er  bewirtschaftete  das  heilige  Land  ebenso 
wie  das  unmittelbare  Königsland  und  nahm  den  Gewinn  für 
sich,  soweit  er  nicht  durch  die  Fürsorge  für  die  Götter,  ihre 
Wohnungen  und  ihre  Diener,  beansprucht  wurde.  Dies  Verfahren 
bedeutete  die  vollständige  Unterwerfung  der  reichen  und  mächtigen 
Priesterschaften  unter  die  königliche  Gewalt,  die  gewiß  nicht 
weniger  drückte,  weil  sie  rechtlich  und  religiös  eingekleidet  wurde. 
Während  auch  das  heilige  Land  im  Wesentlichen  vollwertiger 
Boden  gewesen  zu  sein  scheint,  verlieh  der  König  den  Soldaten, 
die  er  ansiedelte,  wenn  auch  nicht  Anfangs,  so  doch  später  in 
der  Regel  geringeres   Land,  denn  indem  er  sie  ansässig  machen 


RECHTSLAGF.   DES  BODENS.  405 

und  einen  Soldatenstamm  begründen  wollte,  strebte  er  zugleich 
danach,  durch  ihre  Arbeit  geringeren  Boden  zum  vollen 
Ertrage  emporzuheben.  Dies  Kleruchenland  {ylr^Qovyr/.ii  yfj), 
im  3.  Jh.  a.  C.  nur  an  Griechen  und  Ausländer,  später  auch 
an  ägyptische  machimoi  und  Beamte  verliehen,  nahm  be- 
sonders im  Fajuni  einen  beträchtlichen  Raum  ein.  Würden- 
trägern und  Günstlingen  überließen  die  Könige  bisweilen  große 
Güter  unter  dem  Namen  des  Schenklandes  {Iv  öajgeäi  yrj), 
behielten  sich  aber  auch  hier  Eigentum  und  Aufsicht  vor.  Privat- 
land (idi6y.Ti]rog  yf^)  hat  sich  in  der  Ptolemäerzeit  nur  langsam 
und  zwar  zuerst  an  Hausgrundstücken,  Wein-  und  Gartenland 
herausgebildet;  am  Saatlande  konnte  es  da  entstehen,  wo  die 
durch  Geschlechter  sich  fortpflanzende  Stellung  der  Königsbauern 
allmählich  zur  Erbpacht  führte.  Aber  über  Anfänge  scheint  der 
Privatbesitz  damalr  nicht  iiinausgelangt  zu  sein,  und  auch  hier 
galt  über  dem  Besitzer  der  König  als  Eigentümer.  Endlich  be- 
saßen wahrscheinlich  die  autonomen  Griechenstädte  Alexandreia, 
Naukratis  und  Ptolemais  Gemeindeland,  und  dies  mag  die 
einzige  Ausnahme  von  dem  sonst  lückenlosen  Eigentume  des 
Königs  am  Grund  und  Boden  gewesen  sein. 
August  US  betrachtete  sich  zwar  als  Nachfolger  der  Ptolemäer, 
aber  auch  als  römischen  Beamten.  Zum  großen  Teile  verwandelte 
er  das  bisher  vom  Könige  bewirtschaftete  Land  in  ager  publicus 
(dr^uoola  yf^):  daneben  aber  blieb  auch  Königsland  bestehen 
(ßaodr/.ij  yf^),  so  daß  es  jetzt  zwei  Namen  und  Arten  des  Staats- 
landes gab,  die  wir  rechtlich  und  wirtschpftlich  noch  nicht  zu 
sondern  vermögen.  Auch  weiterhin  verpachtete  man  das  Staats- 
land an  die  Staatsbauern  (öriuöoioi  yaioQyoi).  aber  was  einst 
Ausnahme  gewesen  war,  mußte  jetzt  immer  häufiger  angewandt 
werden,  die  Zwangsverpachtung.  Diese  Auflage  {htißoli])  des 
Staatsackers  traf  bald  einzelne,  bald  die  Gesamtheit  einer  Dorf- 
gemeinde und  trug  mit  der  Liturgie,  der  sie  innerlich  verwandt 
ist,  dazu  bei,  die  wirtschaftliche  Kraft  des  Volkes  zu  schwächen. 
Wenn  Saat  oder  Ernte  es  forderten,  schob  die  Regierung  auch 
die  Bauern  von  einer  Flur  auf  die  andere,  ein  Zeichen,  wie  unfrei 
diese  Staatspächter  in  Wirklichkeit  waren.  Besonders  um  der 
Ackerbestellung  willen  hielt  die  römische  Regierung  streng  daran 
fest,  daß  jeder  in  seiner  Heimat  {löla)  zu  bleiben  habe.  Als  im 
L  Jh.  p.  C.  eine  Reihe  von  Gütern  hervorragender  Alexandriner, 
namentlich  aber  kaiserlicher  Prinzen  und  vornehmer  Römer,  des 


406  PRIVATLAND   UND  GROSSGRUNDBESITZ. 

GermanicLis,  der  Agrippina,  des  Maecenas,  des  Seneca  u.  a.,  in 
unmittelbaren  kaiserlichen  Besitz  übergingen,  entstanden  die  soge- 
nanntenPatrimonialgüter(o^(7mxr/  yfj),  die  ähnlich  wie  dasStaats- 
land  bewirtschaftet  wurden.  Kaiser  Severus  verwandelte  sie  inFiskal- 
land.  Auch  das  heilige  Land  blieb  ebenso  unter  Staatsverwaltung 
wie  zur  Zeit  der  Ptolemäer;  im  3.  Jh.  p.  C.  übernahmen  die  Metro- 
polen mit  der  Kommunalordnung  auch  die  Verwaltung  der  Tempel 
und  die  Bewirtschaftung  ihrer  Güter.  Für  einige  dieser  Städte 
mit  Selbstverwaltung,  Alexandreia,  Arsinoe,  Hermupolis,  ist 
Gemeindeland  ausdrücklich  bezeugt,  und  den  übrigen  wird  es 
nicht  gemangelt  haben.  Aber  das  eigentliche  Merkmal  der  römischen 
Zeit  ist  das  rasche  Wachstum  des  Privatbesitzes  {IdicoriA))  ;k>]), 
und  zwar  nicht  nur  im  natürlichen  Verlaufe  von  der  Erbpacht  aus, 
sondern  mit  Begünstigung  des  Staates:  August us  ließ  den  ange- 
siedelten Soldatenfamilien,  die  damals  teils  Kleruchen,  teils 
Katöken  hießen,  ihre  Güter  als  Privatbesitz,  soweit  er  sie  nicht 
ins  Staatsland  einzog.  Vielleicht  wollte  man  so  einen  wirtschaft- 
lich kräftigen  Stand  kleinerer  Gutsbesitzer  schaffen,  dem  man 
die  sich  immer  schwieriger  gestaltende  Bewirtschaftung  des  Staats- 
landes durch  Auflage  aufbürden  konnte;  und  zugleich  dachte  man 
wohl  daran,  das  hellenische  Element  zu  stärken,  das  in  den  Katöken 
ziemlich  rein  erhalten  war.  Jedenfalls  verschob  sich  in  der  Kaiser- 
zeit das  Verhältnis  von  Staatsland  und  Privatbesitz  sehr  er- 
heblich. 

Die  rein  fiskalische  Wirtschaftsweise,  die  den  Staat  durch  Litur- 
gien und  die  Landwirtschaft  durch  Zwangspacht  zu  halten  suchte, 
brach  im  3.  Jh.  p.  C.  zusammen.  Die  schwache  Regierung  ver- 
mochte die  ausreichende  Bewässerung  nicht  mehr  zu  sichern; 
die  Kanäle  versandeten,  die  Wüste  drang  vor,  Felder  wurden 
unbestellbar,  Dörfer  unbewohnbar,  und  die  wirtschaftlich  er- 
schöpften Einwohner  wußten  gegen  den  staatlichen  Zwang  zur 
Bestellung  der  Staatsäcker  keinen  anderen  Rat  als  die  Flucht 
{avaywQxioi^).  Im  4.  Jh.  suchten  und  fanden  sie  Schutz  beim 
Großgrundbesitze,  der  aus  der  römischen  Begünstigung  des 
Privatbesitzes  sich  naturgemäß  entwickelt  hatte  und  auf  Kosten 
des  Staatslandes  sowie  der  kleinen  Bauern  beständig  wuchs.  Die 
Bauern  wurden  Klienten  der  Barone,  und  so  sehr  der  byzantinische 
Staat  sich  dagegen  sträubte,  mußte  er  doch  aus  diesem  patrocinium 
die  Folgerungen  ziehen,  indem  er  415  p.  C.  den  Grundherren 
ihre  Klienten  als  hörige,  an  die  Scholle  gebundene  Kolonen  über- 


ERTRAG   DES   BODENS.  407 

wies;  die  politische  Seite  dieser  Maßregel  ist  in  Kapitel  13  be- 
sprochen worden.  Nur  so  war  es  möglich,  dem  Ackerbau  die  un- 
entbehrlichen Kräfte  einigermaßen  zusammenzuhalten.  Be- 
trachtet man  die  großartige  Wirtschaft,  wie  sie  im  6.  und  7.  Jh.  p.  C. 
etwa  auf  den  Gütern  der  Apionen  in  der  Gegend  von  Oxyrhynchos 
betrieben  wurde,  so  sieht  man  deutlich,  daß  diese  Feudalherren 
an  die  Stelle  des  Staates  getreten  waren.  Das  Staatsland  in  allen 
seinen  Gestalten  {ßaoi'/uy.^,  ör^uoaia,  ovour/.r]  yf^)  begegnet  nicht 
mehr,  das  heilige  Land  wird  allmählich  durch  den  Grund- 
besitz der  Kirchen  ersetzt,  alles  überwuchern  aber  die  Lati- 
fundien. Im  Laufe  der  sieben  Jahrhunderte  vom  ersten  Ptolemäer 
bis  auf  den  Sieg  der  Großgrundbesitzer  hat  die  ägyptische  Boden- 
wirtschaft ihre  Rechtsform  völlig  geändert,  denn  aus  reinem  und 
umfassendem  Eigentume  des  Königs  ist  privater  Großgrundbesitz 
geworden,  und  von  der  Blüte  der  ersten  Ptolemäerzeit,  die  unter 
den  ersten  Kaisern  neu  belebt  wurde,  ist  sie  tief  bis  zur  Verarmung 
des  Landes  gesunken.  1f 

Bei  der  großen  Ausdehnung  des  Getreidebodens  und  seinem  reichen 
Ertrage  war  es  nur  natürlich,  daß  die  Ptolemäer  auf  diese  wich- 
tigste Einnahmequelle  die  Hand  legten;  nur  so  vermochten  sie 
die  großen  Ausgaben  der  Staatsverwaltung  und  des  Hofes  zu  be- 
streiten. Daß  sie  darüber  hinaus  als  Großkaufleute  noch  einen 
wirklichen  Getreidehandel  ins  Ausland  getrieben  haben,  ist  sehr 
wahrscheinHch.  Hatten  sie  schon  durch  peinlichste  Aufsicht  und 
kräftigen  Druck  aus  den  ägyptischen  Bauern  herausgeholt,  was  sie 
herzugeben  vermochten,  so  stellte  d-er  Kaiser  noch  höhere  Forde- 
rungen; denn  außer  dem  Bedarfe  Ägyptens  selbst  mußte  nun  Roms 
Zufuhr  gedeckt  werden.  War  doch  gerade  das  ägyptische  Getreide 
Lebensbedingung  für  die  Reichshauptstadt  und  deshalb  Ägypten 
dem  Kaiser  wichtiger  als  irgend  eine  andere  Provinz.  Die  Kaiser 
der  beiden  ersten  Jahrhunderte  sicherten  freilich  den  Frieden  und 
ermöglichten  es  den  Ägyptern,  die  sehr  schwere  Last  für  das  Reich 
zu  tragen.  Ende  des  3.  Jh.  p.  C.  gelang  es  nicht  mehr  in  vollem 
Umfange;  aber  als  Konstantinopel  Hauptstadt  wurde,  mußte 
.Ägypten  sein  Getreide  dorthin  liefern,  und  je  weniger  seine  Land- 
wirtschaft leistete,  um  so  schwerer  lastete  diese  Pflicht.  Es  hat 
immer  für  andere  fronden  müssen. 

Über  den  Betrieb  der  Landwirtschaft  geben  die  Papyri 
zahlreiche  und  wertvolle  Nachrichten,  die  aber  erst  in  sachver- 
ständiger  Bearbeitung  ein   wirkliches   Bild   erzeugen   würden;   da 


408  BEWÄSSERUNG. 


eine  solche  fehlt,  kann  ich  nur  einiges  hervorzuheben  versuchen. 
Angelpunkt  des  Ackerbaues  war  die  jährliche  Überschwemmung, 
die  etwa  von  Juli  bis  Dezember  einen  sehr  großen, Teil  des  Landes, 
im  Verlaufe  mehrerer  Wochen  von  Süden  nach  Norden  vorschreitend 
und  dann  langsam  abfallend,  unter  Wasser  hielt.  Je  nach  ihrer 
Höhe  und  nach  der  Lage  der  Felder  reichte  das  Wasser  hin  oder 
versagte,  und  davon  hing  der  Ertrag  des  Bodens  ab.  Daher  wurde 
jedes  Jahr  durch  amtliche  Besichtigung  (tTtloxsipig)  ermittelt, 
in  welche  Bodenklasse  ein  Acker  auf  Grund  seiner  Bewässerung 
einzureihen  sei;  mancher  wurde  von  der  Überschwemmung  nicht 
erreicht  (aßgoxog),  anderer  stand  zu  lange  darunter  (ejißQoyng 
oder  y-ccO-^vöciTog),  dort  war  ein  Feld  der  Überschwemmung  über- 
haupt unzugänglich  (yjQoog)  oder  künstlich  bewässert  {IjrdvTlrjxog), 
während  das  normal  überschwemmte  Land  (ßeßQey^ievrj)  die 
Regel  bildete.  Unter  dem  Gesichtspunkte  des  Ertrages  ergaben 
sich  so  die  großen  Gruppen  des  vollwertigen  Landes  (yfj  h  ccQttfji) 
■*.  und  deswegen  mangelhafter  Ernte  abzuziehenden  Landes  (i^TroAoyo)^); 
für  den  Betrieb  aber  trat  der  Unterschied  der  von  der  Über- 
schwemmung erreichten  und  der  ilir  unzugänglichen  ,, Hochfelder", 
heute  Räi-  und  Scharäqifelder,  in  den  Vordergrund.  Zahllose 
Kanäle  verteilten  das  Wasser  über  das  Land  bis  zum  Rande 
der  Wüste,  und  die  Erhaltung  der  Kanäle  sowie  der  sie  be- 
gleitenden Dämme  gehörte  zu  den  notwendigsten  ständigen 
Arbeiten,  die  auf  den  Ägyptern  als  Frondienst  lasteten.  Das  ver- 
zweigte Netz  von  Dämmen  und  Kanälen  gliederte  das  Land  in 
Bezirke,  deren  Name  schon  (TTEQiycof^icaa)  ihre  Entstehung  kennt- 
lich macht.  Von  den  Kanälen  aus  hob  man  das  Wasser  durch 
die  großen  Schöpfräder,  die  von  Tieren  bewegt  wurden,  oder  durch 
die  über  einander  geordneten  Schöpfeimer,  an  denen  Menschen 
arbeiteten,  auf  die  Hochfelder;  beide  sind  noch  heute  in  der  Säkije 
und  im  Schadüf  erhalten;  hatte  das  Wasser  auf  einem  Felde  lange 
genug  gestanden,  so  ließ  man  es  auf  das  benachbarte  ab.  In  der 
späteren  Ptolemäerzeit  wurden  die  Kanäle  vernachlässigt,  so  daß 
Augustus  sie  durch  seine  Soldaten  wieder  reinigen  lassen  mußte, 
um  den  Ackerbau  zu  heben;  ihr  Verfall  im  3.  Jh.  p.  C.  beschleunigte 
den  Niedergang  der  ägyptischen  Landwirtschaft. 
Während  im  allgemeinen  die  ptolemäische  Verwaltung  nur  herzu- 
stellen und  fortzuführen  hatte,  was  vorhanden  war,  erwuchs  ihr 
eine  besondere  Aufgabe  durch  die  Ansiedelung  griechischer  Militär- 
kolonisten namentlich  unter  Philadelphos  und  Euergetes  1.     Das 


ANBAU  DER   FELDER.  409 


Fajum,  das  vom  Bahr  Jussuf  sein  Wasser  erhielt,  war  zwar  nicht 
mehr  wie  einst  zum  größten  Teile  ein  See,  wohl  aber  noch  ver- 
sumpftes und  daher  unergiebiges  Land;  auch  die  Griechen  nannten 
es  noch  Seeland  (Uuvr]).  Durch  eine  großartige  Entwässerung, 
der  ein  Oberingenieur  (aQxirey.Ttov)  vorstand,  gewann  der  König 
in  vieljähriger  Arbeit  anbaufähigen  Boden,  den  die  angesiedelten 
und  immer  wieder  nachrückenden  Kleruchen  zum  vollen  Ertrage 
emporwirtschaften  sollten,  während  er  ihnen  zugleich  eigene  Scholle 
und  Unterhalt  gewährte.  Die  Lage  und  die  Namen  der  neu  ent- 
stehenden Dörfer  zeugen  von  der  nach  Nordwesten  vorschreitenden 
Austrocknung,  die  schließlich  als  Rest  des  alten  Moirissees  den 
Karunsee  etwa  in  seinem  heutigen  Umfange  übrig  ließ.  Aus  dem 
Sumpfe  erstand  eine  reiche  Provinz,  der  Sitz  einer  starken 
griechischen  Bevölkerung,  die  durch  Jahrhunderte  ihre  Blüte 
bewahrt  hat. 

Trotz  seiner  großen  Fruchtbarkeit  verlangte  der  ägyptische  Boden 
Fruchtwechsel  und  angemessene  Brache,  vielfach  sogar  künst- 
liche Düngung,  namentlich  da,  wo  die  Überschwemmung  mangelte; 
man  düngte  mit  Taubenmist,  holte  aber  in  der  Kaiserzeit  schon 
ebenso  wie  heute  die  Schutterde  aus  den  Komen  und  verfallenen 
Ortschaften,  den  Sebbach.  der  die  zersetzten  Abfälle  der  Kultur 
enthält;  die  nötigen  Salze  lieferte,  wie  noch  heute,  die  Wüste. 
Weitaus  am  meisten  baute  man  den  Weizen  (fcvQog),  der  Ägyptens 
eigentlichen  Reichtum  bedeutete,  daneben  Durra  {dlvoa),  Gerste 
{■/.Qid-Ti)  und  zahlreiche  Gemüse,  Bohnen  (/.uafiog),  Schoten 
(ägay-og),  Linsen  ((pay.og)  u.  a.  sowie  die  verschiedenen  Ölpflanzen, 
die  für  die  Speisen  unentbehrlich  waren.  Aber  der  Weizen  be- 
herrschte alles,  und  auf  ihn  bezieht  sich  das  meiste,  was  wir  den 
Wirtschaftsbüchern,  Pachtverträgen  und  amtlichen  Aufstellungen 
entnehmen  können.  Die  Ernte  fiel  wie  heute  etwa  in  den  April; 
daher  lauten  die  Verträge  fast  immer  auf  Lieferung  der  Pacht  im 
Monat  Payni,  d.  h.  iMai-Juni.  Die  Feldarbeiten  selbst  werden 
am  besten  anschaulich,  wenn  man  die  Darstellungen  altägypti- 
scher Gräber  betrachtet  und  mit  dem  heutigen  Verfahren  der 
Fellachen  vergleicht;  ohne  Zweifel  ging  auch  in  griechisch-römischer 
Zeit  der  Bauer  ebenso,  mit  denselben  einfachen  Geräten  zu  Werke, 
wie  es  vor  Jahrtausenden  geschah  und  Heute  noch  geschieht. 
War  das  Getreide  auf  der  Dorftenne  ausgedroschen,  so  wurde 
es  in  die  staatlichen  Speicher  (S-r^aavQoi)  gebracht,  wo  die  Speicher- 
vorsteher {oiTolöyni)  vom  Ertrage  des  Königs-  oder  Staatslandes 


410 WEINBAU,  GÄRTEN,  BÄUME. 

die  Pacht,  von  anderem  die  Steuer  mit  Beschlag  belegten;  von 
hier  aus  beförderte  man  das  Staatsgetreide  zu  Wasser  oder  durch 
Lasttiere  je  nach  der  Lage  des  Dorfes  zum  nächsten  größeren 
Stapelplatz  und  dann  auf  dem  Nil  nach  Alexandreia,  wo  die 
großen  Speicher  dem  Hofe,  dem  Heere,  der  Reichshauptstadt  ihre 
Versorgung  gewährten  und  einen  großen  Teil  zu  weiterer  Ver- 
frachtung über  See  für  den  Außenhandel,  in  der  Kaiserzeit  nach 
Rom,  später  nach  Konstantinopel,  hergaben.  Im  Anschlüsse  an 
die  Bedeutung  der  Speicher  für  die  Sicherung  des  Staatsgetreides 
entwickelte  sich  das  merkwürdige  Korngiro  für  Privatleute:  der 
■^-rjoavQOQ  nahm  auch  private  Getreidevorräte  in  Verwahrung  und 
eröffnete  dem  Einlieferer  sogar  ein  Konto  in  Getreide,  woraus  er 
durch  Vermittlung  der  Sitologen  Getreidelieferungen  an  Ver- 
pächter oder  andere  Berechtigte  bewirken  konnte. 
An  verschiedenen  Stellen,  in  der  Thebais,  im  Fajum,  am  mareo- 
tischen  See  und  anderwärts  trieb  man  Weinbau;  z.  T.  zog  man 
die  Reben  an  Bäumen  hoch,  und  gern  legte  man  einen  Weingarten 
auf  schilfigem  Boden  an.  Wie  es  scheint,  benutzte  man  Wein- 
und  Gartenpflanzungen,  um  geringeren  Boden  für  vollen  Ertrag, 
nämlich  für  Weizenbau,  vorzubereiten.  Die  Weinernte  fiel  in 
den  Oktober.  Überall  gab  es  Nutzgärten;  man  darf  sie  sich 
wohl  so  vorstellen,  wie  sie  auch  heute  in  Ägypten  aussehen.  Außer 
dem  Weine  zog  man  in  ihnen  Kohl  und  allerhand  Gemüse,  ja 
die  großen  Gärten  der  reichen  Alexandriner  auf  der  kanobischen 
Landenge,  die  eigentlich  zum  Schmucke  der  Familiengräber  an- 
gelegt waren  {•/.t]7torafpla),  wurden  häufig  als  Gemüsegärten  ver- 
pachtet, zumal  da  der  Markt  der  Hauptstadt  guten  Absatz  sicherte. 
Obstbäume,  Äpfel  und  Nüsse  kamen  hinzu,  vor  allem  aber  die 
Dattelpalme  (f/)otyt^),  die  teils  in  Palmangärten  (cpotvtKwv),  teils 
einzeln  gehalten  wurde  und  eines  der  billigsten  Nahrungsmittel 
lieferte.  Ihre  Wichtigkeit  wird  nicht  geringer  gewesen  sein  als  heute. 
Die  Olive  verbreitete  sich  erst  allmählich,  und  die  Oliven- 
gärten (slauüv)  lieferten  jedenfalls  längst  nicht  so  viel  wie 
die  übrigen  auf  den  Feldern  gebauten  nicht  so  feinen  Öl- 
pflanzen. Weniger  um  der  Früchte  als  um  des  Holzes  willen 
schätzte  man  im  holzarmen  Ägypten  Akazien,  Tamarisken,  den 
Perseabaum  und  einige  andere,  deren  Pflege  in  den  Pacht- 
verträgen über  Gärten  öfters  eingeschärft  wird.  Aber  wenn 
auch  Gärten  (7iaodduoo^)  und  sogar  Haine  {äloog)  hier  und 
da    vorkommen    und  Alexandreias  Parkanlagen    berühmt    waren, 


VIEHZUCHT.  411 


SO  darf  man  doch  an  diclite  Baumbestände  oder  gar  Wälder 
nicht  denken,  wohl  noch  weniger  als  heute,  wo  immerhin  die 
Dattelpalme,  besonders  im  Fajum,  in  waldähnlicher  Geschlossen- 
heit vorkommt.  Alexandreia  war  die  Stadt  der  Blumen,  aber 
wenn  nicht  die  alexandrinische  Ornamentik  und  verstreute  Be- 
merkungen davon  zeugten,  die  Papyrusurkunden  würden  uns  nicht 
mehr  geben  als  vereinzelte  Hinweise  auf  Rosenpflanzungen 
(Qodsibv).  An  gewissen  Stellen,  namentlich  im  Delta,  hat  endlich 
die  Papyrusstaude,  die  ja  zu  vielerlei  Dingen  nützlich  war, 
vor  allem  aber  der  Kulturwelt  das  Papier  lieferte,  weite  Strecken 
sumpfigen  Geländes  bedeckt  und  ist  für  den  Großbetrieb  kunst- 
gerecht angebaut  worden.  Dem  heutigen  Reisenden  fällt  auf, 
daß  die  Wiese  in  Ägypten  fehlt;  alles  ist  Ackerland  oder  Wüste. 
Trotzdem  hat  der  Anbau  von  Klee  und  anderen  Futterkräutern 
nach  der  Ernte  eine  ausgedehnte  Viehzucht  zugelassen,  wie  man 
auch  heute  hier  die  ägyptischen  Rinder  weiden  sieht;  der  Büffel 
war  wohl  damals  noch  nicht  eingebürgert.  Schafe  und  Ziegen, 
die  uns  oft  in  großen  Herden  begegnen,  m.ochten  außerdem  auf 
den  spärlich  bewachsenen  Randgebieten  der  Wüste  Nahrung 
finden;  immerhin  weist  der  Wechsel  der  Weideplätze,  das  Wandern 
der  Herden  sogar  von  Gau  zu  Gau,  auf  eine  gewisse  Schwierig- 
keit der  V^iehzucht  hin.  Im  Haushalte  hielt  man  Schweine, 
Hühner  und  Tauben,  deren  Mist  namentlich  für  die  Weingärten 
wertvoll  war;  die  erste  Stelle  unter  dem  Geflügel  aber  nahmen 
wohl  die  Gänse  ein,  die  anscheinend  in  großen  Herden  gezogen 
wurden,  wie  man  schon  der  Häufigkeit  der  Gänsehirten  {xr]voßooy.oi) 
entnehmen  darf.  Auch  die  Imkerei  ist  offenbar  im  Großen  be- 
trieben worden;  dasselbe  gilt  von  der  Fischerer,  Genaue  Durch- 
forschung der  Papyri  könnte  für  die  Viehzucht  viel  Neues  lehren. 

Literatur:  Wilcken  , Grundzüge  270ff.,  dem  ich  im  Allgemeinen  folge.  Rostow- 
zew,  Geschichte  der  Staatspacht.  1902.  Rostowzew,  Studien  zur  Geschichte 
des  römischen  Kolonats  (Suppl.  des  Arch.  f.  Pap.)  1910  Waszyuski,  Die  Boden- 
pacht BGT.  1905.  Oertel,  Liturgie  94ff.  Über  die  heutige  Landwirtschaft 
Baedeker;  das  Staubecken,  das  durch  den  Damm  von  Assuan  geschaffen  worden 
ist,  und  die  Bewässerungsbezirke,  die  durch  die  Dämme  bei  Esne  (noch  nicht 
vollendet),  bei  Assiut  und  bei  Kairo  begrenzt  werden,  ändern  die  Landwirtschaft 
ebenso  einschneidend,  wie  es  durch  Einführung  der  Baumwolle  geschehen  ist; 
um  der  Baumwolle  willen  hat  man  die  regelmäßige  Bewässerung  an  Stelle  der 
zeitweiligen  Überschwemmung  einzuführen  begonnen.  Das  Delta  steht  noch 
bei  Strabon  im  Vordergrunde.  Vgl.  die  Papyri  aus  Thmüis:  Ryl.  II  213 ff. 
Martin,  Stud.  Pal.  17,  9ff.  Die  große  Bedeutung  des  Ackerbaus  zeigt  sich 
auch   in  der  Fülle  der  Urkunden,  die  sich  damit  beschäftigen,  sowie  in  Einzel- 


412  EINZELNES. 


heiten:  wenn  der  Erlaß  Huerg.  II  118  a.C.  (Tebt.  I  5)  gegen  die  Verfertiger  falscher 
Maße  die  Todesstrafe  ansetzt,  so  ist  das  eine  bäuerliche  Rechtsanschauung. 
Nach  Ps.  Aristeas  109  verbot  Philadelphos  den  Bewohnern  der  x<^?«>  sich  länger 
als  20  Tage  in  Alexandreia  aufzuhalten;  die  Behörden  sollten,  wenn  sie  Leute 
vor  sich  kommen  ließen,  ihre  Sache  binnen  5  Tagen  entscheiden.  Die  ßaathy.ol 
yscoQyol  gehörten  zu  den  sTciTTETilsyfievoirais  n^oaöSots,  Vgl.  Kap.  14.  Gemarkung 
von  Kerkeosiris Tebt.  I  60,  118  a.C.-  insgesamt  4700Aruren,  davon  y.wuri  atv 
7TsoinrdaEil[fU,  Götterland 29l'/s,  Kleruchenlandln8l"/32,  Gärten 24V4,  Weide- 
land am  Wüstenrande  IV'y'/s,  Königsland  2427^®/32,  ertraglos  (vTToloyov)  \{S9)^jyf,. 
Vgl.  dieÄcker  vonNaboo,  Wilcken  Chr.  341=  Flor.  III  331  und  Giss.  60.  Nach 
einem  unpubl.  Berl.Pap.  saßen  Mitte  des  2.  Jh.  p.C.  unter  denLandwirten  des 
Dorfes  Theadelphia  ca.  10%  Römer  und  Alexandriner,  die  aber  fast  die  Hälfte 
der  gesamten  Grundsteuer  zahlten,  also  Großbauern  waren.  Zur  Bewirtschaftung 
des  heiligen  Landes  vgl  Otto,  Priester  u.  Tempel  I  262ff.,  II  Slff.  Zum 
Kleruchenlande  vgl.  Kap.  13  über  die  militärische  Seite  der  Kleruchie.  An- 
fänglich scheinen  die  Soldaten  ertragfähiges  Land  erhalten  zu  haben,  weil  man 
sie  mehr  für  den  Krieg  als  für  den  Ackerbau  brauchte;  s.  Geizer,  P.  Freiburg  7. 
DieKleruchen  verpachteten  ihr  Gut  häufig,  z.B.  Petr.  II  38.  Der  König  zog  aber 
auch  öfters  Kleruchenland  ein,  ohne  daß  Tod  oder  Bestrafung  des  Inhabers 
vorlag,  vgl.  Petr.  III  105.  Die  Kleroi  haben  im  3.  Jh.  a.C.  100  Aruren  {exaiovr- 
dQovQoi)^  80,  70  usw. ;  im  2.  Jh.  kleine  Kleroi  besonders  der  fidxiftoi^  bis  zu  5  Aruren 
hinab.  Besonders  große  Kleroi  von  330,  400,  500  Aruren  Tebt.  I  99  (ca.  148  a.C.) 
742  Aruren  ?  Magd.  1.  Schenkland,  z.  B.  des  Chrysermos,  Wilcken  Chr.  338 
(218  a.C).  Vgl.  auch  die  1300  Aruren  desA'o.««'ö=^  \4laßar§si.:  Tebt.  I  79,  ca.  148 
a.C.  Privatland:  nur  Wein- u.  Gartenland,  nicht  Ackerland  wird  als  »«r^/^«  be- 
zeichnet. Zur  dTTöfioion,  der  Ahgahe  vom  Weinlande,  sieheWilcken  und  Rostowzew. 
Das  Gemeindeland  der  Alexandriner  ist  von  der 'Ale^arS^iojv  %wQa  zu  sondern. 
Für  die  Kaiserzeit  ist  besonders  wichtig  Wilcken  Chr.  341  mit  dem  Kommentare 
des  Herausgebers.  Patrimonialgüter:  hierüber  Rostowzew,  Kolonat  120ff., 
dessen  Verzeichnis  aber  namentlich  aus  Hamburger  und  Straßburger  Papyri  be- 
richtigt und  erweitert  werden  muß.  Zum  Privatlande  gehören  auch  die  großen 
privaten  o-boUa^  z.  B.  des  M.  Antonius  Pallas,  Wilcken  Chr.  370  (121  p.  C),  die 
Mitte  des  2.  Jh.  p.  C.  in  unpubl.  Berl.  Papyri  wiederkehren.  Ebenda  finden  wir 
im  Dorfe  Theadelphia  Römer  und  Alexandriner  als  die  größten  Landbesitzer. 
Vgl.  auch  Wilcken  Chr.  398  (169  p.  C).  Kleruchen  und  Katöken  noch  188  p.  C. 
unterschieden,  Wilcken  Chr.  371 ;  beide  sind  jetzt  unmilitärische  Grundbesitzer. 
Verfall  der  Landwirtschaft:  z.  B.  Thead.  17.  Byz.  Zeit:  Geizer,  Studien  zur 
byzantinischen  Verwaltung  Ägyptens.  Bell,  The  Byzantine  Servile  State  in 
Egypt  (Journ.  of  Eg.  Arch.  IV  86).  Vgl.  Kap.  13.  Gutsverwaltung  der 
Apionen  z.  B.  Wilcken  Chr.  383.  P.  Jand.  48.  Zur  Hörigkeit  der  Kolonen 
Wilcken  Chr.  384.  Die  Rechtslage  des  Ackerlandes  hat  zuerst  Rostowzew 
klar  gestellt.  Hier  konnte  nur  ein  Überblick  über  das  Allerwichtigste 
gegeben  werden.  Betrieb  der  Landwirtschaft:  Quellen  sind  die  zahl- 
reichen Pachtverträge,  Wirtschaftsbücher,  der  Briefwechsel  des  Heroninos 
im  2.  Bande  der  Florentiner  Papyri  u.  a.  Ferner  die  altäg.  Darstellungen, 
jetzt  bequem  zugänglich  bei  Wreszinski,  Atlas  zur  altägypt.  Kultur- 
geschichte. Leipzig  1914ff.  Hungersnot  infolge  m.angelhafter  Überschwem- 
mung unter  Euergetes  I.  OG.  I  56,  unter  Kleopatra  und  Caesarion  App.  civ. 


EINZELNES.  413 


IV  63.  Joseph  c.  Ap.  11  60.  OG.  I  194.  Schaden  durch  überhohe  Über- 
schwemmung Mittel?  Chr.  59  (131  p.  C).  eußoo-/,os  und  x«i'>"'  vSaro^  sind  nicht 
ganz  gleich,  Wilcken  Chr.  341.    Ais  Ursachen  für  vTiöloyov  nennt  Tebt.  I  61b 

(118/7  a.  C):  oiä  zöy  öußooi'  töjv  Jiaoay.eiuipMv  iiSdrayv^  §iä  rbv  Ötißoov  Ttöf  dnb 
rrjs  xoüfjs  ).eyo/Liiyr^£  Stcö^v/og  vSäicat-',  Öiä  rä  tTievtyß'efxa  vSaxa  dnö  Ttöv  Tieol  Ta/.l 
vSdTiofj  Ötd  TÖ  yevöfisvov  ey.7ir{Ofia  rov  xarä  &eoyoviSa  fcsydlov  .TeoLyM/iaros  u.  3. 

Besondere  Verhältnisse  Hegen  bei  der  yioaos  alyudiTn  von  Sol<nopaiu  Nesos  vor, 
(Wilcken  Chr.  353,  354),  dem  Lande  am  Ufer  des  Karunsees.  Kanäle: 
TioTuuöi^  vd'payo)yö£,  Simovs  mit  gewissen  Bedeutungsunterschieden.  Bau  eines 
Dammes    Petr.   111  43  Verso  IV  (246/5  a.  C.)    avinsUaiu  bidyo)fia  /ifjy.o^  tfot- 

fxaUay  (im  Durchschnitt)  «  7i(riyeajv)  nldros  y.dTU)  I  7i(riyEü>v)  ävco  ft  7t(iqyE(op)^ 
ä>az'  etvat  kfojunXiav  v  7t(iqxecov)  vipos  ts  7i(i^yecüv)  USW.  dann  y-ul  7i[a^]a(fovyiiviaat 

i6  y&^a  Ti'fjji  uvQiy.Lvrii  y.öfirii,  endlich  scheint  Bepflanzung  der  Böschungen 
vorgeschrieben  zu  werden.  Inspektion  Wilcken  Chr.  389.  Tebt.  I  13.  Anlage 
und  Wiederherstellung:  Lille  1  (259/8  a.  C).  Oxy.  XII  14U9  (278  p.  C). 
nspi'/^cb^aiu  Tebt.  I  84,  vgl.  die  Hieroglyphe  für  „Gau".  Säkje  Oxy.  IV  729. 
VI  938.  IX  1208.  Byz.  Cxy.  I  137.  147,  gewöhnlich  urjyainj  genannt.  Be- 
wässerung alexandrinischer  Gärten  BGü  IV  1120.  Schöpfwerke  außer 
Säkje  und  Schadüf  bei  Wilcken,  Grundzüge  327.  Zur  Bewässerungs- 
weise vgl.  Mitteis  Chr.  19  und  Wücken  Chr.  329.  Fajüm:  Oase,  vom 
Niltal  durch  einen  schmalen  Wüstenrand  getrennt,  den  der  Bahr  Jussuf 
durchbricht.  Das  Lana  fällt  nach  NW  bis  zu  44  m  unter  Meeresspiagel 
ab.  In  altäg.  Zeit,  besonders  unter  Amenemhet  III.,  war  der  höchste, 
östliche  Teil  bebaut.  Wichtig  Tebt.  I  App.  I.  Tebt.  II  App.  II.  Die  Dörfer 
vielfach  nach  Mitgliedern  des  Königshauses  benannt;  zwischen  den  neuen 
Dörfern  altägyptische  Namen.  Die  antiken  Nachrichten,  der  Moirissee  habe 
als  Staubecken  gedient,  sind  glaublich  für  frühe  Zeit;  jedoch  kann  er  nicht 
künstlich  angelegt  sein.  Im  3.  Jh.  a.  C.  war  der  See  nicht  viel  größer  als  heute. 
Karte  in  Tebt.  II.  Für  seine  Entwässerung  sind  besonders  wichtig  die  Petrie  P., 
P.  Lille  1.  Fruchtwechsel,  Dreifelderwirtschaft  u.  dgl.  Wilcken,  Arch.  f.  P. 
I  157.  Die  Pachtverträge  geben  darüber  genaue  Vorschriften,  z.  B.  Oxy.  I  101. 
VI  910.  III  499.  501.  Mitteis  Chr.  1.34  usw.  Düngung  mit  Sebbach  Wilcken 
Arch.  f.  P.  II  305 ff.  Fay.  102.  Vgl.  Lukas  14,  34.  Über  die  heutigen  Ver- 
hältnisse gibt  Baedeker  Auskunft.  Über  die  Bebauung,,  anscheinend  des 
ganzen  Fajum  (3.  Jh.  a.  C),  spricht  Petr.  III  75;  hiernach  waren  damals 
bestellt  Aruren  134315  mit  Weizen,  880  mit  Linsen,  26260  mit  Gerste,  3118  mit 
Durra,  4612  mit  Gras,  10119  mit  Schoten,  261  mit  Sesam,  55  mit  Kroton,  100 
mit  Mohn;  die  Zahl  für  Bohnen  ist  nicht  eingetragen,  und  bei  einigen  andern 
Zahlen  fehlt  die  Frucht.  Zum  Erntemonat  Payni  vgl.  auch  OG.  I  56,  58.  Ge- 
treidemaß ist  die  Artabe,  es  gab  mehrere  verschiedenen  Inhalts.  Feldmaß 
die  Arure  =  100  äg.  Ellen  im  Quadrat  =  2766  qm  (heute  rechnet  Ägypten  nach 
Feddän  von  4200qm.).  Näheres  Wilcken  GrundzügeLXVIIIff.  Über  den  natür- 
lich schwankenden  und  ungleichen  Ertrag  des  Bodens  liegen  viele  Angaben  vor, 
die  der  Bearbeitung  bedürfen,  ebenso  steht  es  mit  Weizen-  und  Ackerpreisen. 
Speicher:  Preisigke,  Girowesen,  Straßbg.  i.  E.  1910.  Aussehen  der  xi-rjoav^oi 
Wilcken  Ostr.  I  650.  Mitteis  Chr.  114.  Den  privaten  Korngiroverkehr  hat 
Preisigke  aufgehellt;  aber  viele  Zweifel  bleiben  noch  zu  lö'^en. 
Weinbau:  Euerg.  II.  gewährt  denen  Steuernachlaß,  die  auf  7^  y.araxExlvafievrj 


414  MONOPOLE. 


oder  xexe^ocofiitri  Wein  bauen  oder  Gärten  anlegen;  also  war  es  Vorstufe.  Wilcken 
Chr.  339.  Ryl.  11  216.  Schilf  im  dfinelcjv  z.  B.  Tebt.  I  120.  Oxy.  IV  729. 
Anweisung  zur  Pflege  BGU  I  33,  auch  in  P.  Flor.  II,  Briefwechsel  des 
Heroninos.  Hamb.  23.  Vgl.  Matth.  21,  33.  Wein  an  Bäumen  gezogen 
{dvaSsvSQä^)  Witkowski'^  18  (3.  Jh.  a.  C).  Gärten  rcaodSeiaos,  während 
xfiTtos  kleiner  zu  sein  scheint.  Vgl.  Petr.  III  26.  Meistens  sind  Wein-  und 
Olivenpflanzungen  sowie  Dattelpalmen  mit  Nutz-  und  Blumengarten  ver- 
bunden. Alexandr.  Gärten  BGU  IV  1118.  1119.  1120.  vgl.  Strabo  17,  749. 
Lumbroso,  Bull.  Alex.  X  196.  Obstgarten  7t o> fiäQ lo v  Oy.y.  IV  707,  vgl.  VI  11 
1133.  Olive  sehr  häufig  erwähnt,  uauoroTta^ädeioos  Mitteis  Chr.  205.  Die 
oberäg.  Dumpalme  hat  geringere  Bedeutung.  Bäume  anscheinend  seltener 
als  heute,  vgl.  Oxy.  IX  1188  u.  I  53.  AIsos  von  Arsinoe  BGU  I  81.  ^'»s 
7ra^oa<)«ao.- ebenda  Tebt.  I  86.  Rosengärten:  BGU  IV  1119.  Oxy.  IV  729,  heute 
besonders  im  Fajüm.  Papyruskultur  BGU  IV1121.  Tebt.  II  308.  vgl.  Kap.  3. 
Viehzucht:  x«Cto>  oft  erwähnt.  Heute  weiden  Schafe  und  Ziegen  gern  am 
Rande  der  Wüste.  Wechsel  der  Weide  Oxy.  II  245.  Taubenhäuser  (7r£?toT£(>£ft>»)^ 
wie  heute,  aus  äyytta  gebildet  Tebt.  I  84.  Große  Herden  Oxy.  II  244:  160 
Ziegen,  320  Schafe  auf  einem  Gute  der  Antonia  Drusi.  Hühner  Oxy.  IX  1207. 
Bienen  z.  B.  Dorfname  Mehaaiyvoyäir  Ryl.  II  72.  Tebt.  I  .5,  140.  Honig 
vertrat  den  Zucker.  Dringend  nötig  sind  Arbeiten  über  den  landwirtschaft- 
lichen Betrieb,  Kanäle  und  Dämme,  Bewässerung,  Weinbau,  Gartenbau  (vgl 
aber  M.  Gothein,  Der  griech.  Garten),  Viehzucht. 

Wie  die  Ptolemäer  als  die  größten  Landwirte  Ägyptens  die  Getreide- 
erzeugung  und    den    Getreidehandel    mittelbar   oder   unmittelbar 
in  der   Hand  hielten,  so  waren  sie  auch  die  größten   Gewerbe- 
treibenden und  Kaufleute.     Ihre  beherrschende  Stellung  in    Ge- 
werbe und    Industrie  prägte  sich  am  schärfsten  in  den  Mono- 
polen aus,   die  freilich  sehr  verschieden   eingerichtet  waren,  je 
nachdem  der  König  sich  die  Erzeugung  der  Ware  oder  den  Verkauf 
oder  beides  vorbehielt.    Man  darf  weder  in  dieser  Beziehung  noch 
sonst  die  innere  Einrichtung  aller  Monopole  nach  dem  beurteilen, 
was  wir  z.  B.  über  das  am  besten  bekannte  Ölmonopol  wissen. 
Diesem  ging,  wie  man  mit  gutem  Grunde  vermutet  hat,  ein  altes 
Tempelmonopol   voraus:   wie   der   König   den    Priestern   die   Ver- 
waltung des  heiligen  Landes  nahm,  so  auch  das  Vorrecht  der  Öl- 
erzeugung;  nur  für  den  erheblichen  Bedarf  der  Tempel  selbst  durften 
sie  noch  herstellen.     Über  die  Einzelheiten  und  die  allgemeinen 
Gesichtspunkte  werden  wir  durch   das  Monopolgebetz  des   Phila- 
delphos,   die  sogenannten  Revenue  Laws,   eingehend   unterrichtet. 
Der  König  bestimmte  den  Anbau  der  Ölpflanzen  Sesam,  Kroton, 
Kürbis,  Leinsam  undKnekos;  Oliven  fielen  nicht  unter  dasMonopoL. 
Die  Anbauer  arbeiteten  unter  strenger  Aufsicht  und  lieferten  den 
Ertrag   zu   festgesetzten    Preisen   an    den    König;   in    königlichen^ 


MONOPOLE.  415 


Fabriken  (Igyaanigia)  wurde  daraus  das  öl  hefgestellt  und  dann 
durch    Kleinhändler   (klaioTTw/Mi ,    y.aTirj'/.oi  u.   a.)    in    Stadt   und 
Land  zu  festen  Preisen  verkauft.     Der  Erlös  floß  an  den  könig- 
lichen Oikononios,  und  der   Gewinn  der  Händler  war  genau  ge- 
regelt.    Es  versteht  sich  von  seihst,  daß  der  König  seinen  Ölbau 
und  Ölvertrieb  schützte,  indem  er  die  Einfuhr  ausländischen  Öls 
verbot  und,  soweit  es  eingeführt  werden  durfte,  hohen  Zoll  darauf 
legte.    Die  Verwaltung  des  Monopols  im  einzelnen  lag  in  der  Hand 
von   Monopolpächtern,   die  je   einen    Gau   übernahmen;   auch   ihr 
Gewinn  muß  geregelt  gewesen  sein,  obwohl  man  sich  schwer  vor- 
stellen kann,   wie  sie  einen  solchen   überhaupt   erzielen  konnten. 
Sie  boten  dem   Könige  den   Vorteil,  für  den   Ertrag  einzustehen 
und  zugleich  die  Beamten  zu  entlasten.    Auch  in  der  Herstellung 
feiner  Leinenstoffe  {dd-öviu)  und  des  Schreibmaterials  aus  Papyrus 
besaßen  ursprünglich  die  Tempel  Monopole  oder  doch  tatsächlich 
ein   dem  Monopol   gleichwirkendes   Übergewicht;   aber  die   Ptole- 
mäer  entzogen  ts  ihnen  und  ließen  sie  Othonia  nur  für  eigenen 
Gebrauch,  für  die  Bekleidung  der  Götterbilder  und  für  erhebliche 
Stofflieferungen   an   den    Hof   herstellen,   wahrscheinlich   weil    die 
Tempelfabriken  gewisse  Arten  in  unerreichbarer  Güte  erzeugten. 
Je    mehr   aber   der    Papyrus    das    Schreibmaterial    der   gesamten 
Kulturwelt  wurde,  um  so  mehr  wuchs  seine  Erzeugung  und  der 
Handel  damit  über  die  ägyptischen  Tempel  hinaus,  die  von  Hause 
aus    Hauptverbraucher  gewesen   waren.     Wollweberei   und   Glas- 
fabrikation, beides  Industrien,  die  in  Ägypten  zahllose  Menschen 
beschäftigten    und    zu    den    allerwichtigsten    Erwerbszweigen    ge- 
hörten,   Bergwerke  und    Steinbrüche,  sowie   die   Herstellung  von 
Ziegeln,  Salz,  Bier  und  zahlreiche  andere  Betriebe  waren  in  ver- 
schiedener  Art   und   Abstufung  als  Monopole   eingerichtet;   dazu 
auch  die  Banken,  die  unter  den  Ptolemäern  lediglich  vom  Könige 
verpachtet  wurden. 

Aus  der  Kaiserzeit  erfahren  wir  nur  einzelnes;  daß  aber  im  Großen 
und  Ganzen  die  Monopole  fortgeführt  und  von  hier  au«?  in  die 
byzantinische  Zeit  übergegangen  sind,  ist  unzweifelhaft.  Jedoch 
hat  die  römische  Regierung,  wie  sie  das  Privateigentum  an  Grund 
und  Boden  begünstigte,  so  auch  im  Gewerbe  dem  Privatbetriebe 
allem  Anscheine  nach  mehr  Raum  gegönnt.  Blickt  man  auf  die 
Gesamtheit  der  Monopole,  so  hat  der  Staat,  die  Ptolemäer  wie 
die  Kaiser,  gerade  die  wichtigsten  Erzeugnisse  des  Landes  und  die 
unentbehrlichsten  Nahrungsmittel  mit  Beschlag  belegt  und  dafür 


416  GEWERBE. 


gesorgt,  daß  neben  dem  Getreide,  dem  Haupterzeugnisse  Ägyptens, 
auch   alle  anderen  Massenerzeugnisse  durch  seine   Hand  gingen, 
während  zugleich  die  Ernährung  des  Volkes  von  ihm  abhing  und 
ihm  ihren    Gewinn   abwarf.      Nächst  dem   Staate  betrieben   die 
Tempel  Gewerbe  in  beträchtlichem  Umfange,  nicht  nur  für  ihren 
vielfach  sehr  großen   Bedarf,  sondern   darüber  hinaus  zum  Ver- 
kaufe;  man   nehme   die  Tempeigüter  hinzu,   die  wenigstens  teil- 
weise von  ihnen  selbst  unter  staatlicher  Aufsicht  bewirtschaftet 
wurden,  um  einen  Begriff  von  dem  Großbetriebe  zu  bekommen, 
der  mit  den  hervorragenden  Heiligtümern  etwa  in  Memphis  und 
in  anderen  Mittelpunkten  verbunden  war.     Nur  in  beschränktem 
Maße   kann   man   die  Wirtschaft   der   byzantinischen  Großgrund- 
besitzer damit  vergleichen,  die  auf  ihren  Gütern  wenigstens  den 
eigenen  Bedarf  hervorgebracht  zu  haben  scheinen. 
Das  Merkmal  des  Einzelbetriebes,  gleichviel  ob  es  Arbeit  unter 
Staatsmonopol  oder  Privatgewerbe  ist,  bildet  von  vornherein  die 
Arbeitsteilung.     Es  bedarf  keines  Wortes,  daß  namentlich  auf 
dem  Lande  gewisse  Erfordernisse  des  täglichen  Lebens,   wie   das 
Brotbacken,    vom    Bauern   selbst    übernommen    werden,    obwohl 
man  bei  der  Dichtigkeit  der  Bevölkerung  und  der  Größe  der  Dörfer 
sich  vom  ,, Lande"  in  Ägypten  keineswegs  Vorstellungen  nach  dem 
östlichen  Deutschland  machen  darf.     Aber  im  allgemeinen   liegt 
das  Gewerbe  bei  Handwerkern,  die  eine  bestimmte  Kunst  aus- 
üben und  ihre  Ware  zum  Verkauf  an  andere  hervorbringen.   Schon 
die  eingeiienden  und  oft  auf  lange  Dauer  lautenden  Lehrverträge 
zeigen,  daß  wir  es  mit  ausgebildeten  Einzeltechniken  zu  tun  haben, 
und  der  Ruf  mancher  ägyptischen  Erzeugnisse  sowie  die  gefundenen 
Reste  bestätigen  es.    Da  die  Papyri  in  ihrer  großen  Mehrzahl  aus 
Dörfern  und   Provinzmetropolen  stammen,   machen  sie  fast  nur 
mit  kleinen  Betrieben  bekannt,  in  denen  der  Meister  allein  oder 
mit  wenigen  Gehilfen  arbeitet;  arme  Leute  gaben  oft  ihre  Kinder 
in  die  Lehre  und  zur  Hilfe,  um  durch  ihre  Arbeit  Schulden  ab- 
zutragen.    Wo  wir  in  eine  Werkstatt  hineinblicken  können,  ist 
es  fast  immer  ein  kleiner  Betrieb.     In  Alexandreia  und  im  Delta 
gab  es  ohne  Zweifel  große  Fabriken,  namentlich  für  die  Haupt- 
erzeugnisse, Leinwand,  Glas  und  Papyrus.     Alexandreia  war  die 
Stadt  des  Gewerbfleißes   schlechthin,    die  Stadt,  in  der  niemand 
müßig  ging.     Wenn  hier  vielleicht  zum  Teil   Sklaven  beschäftigt 
werden  mochten,  so  kommt  doch  Sklavenarbeit  für  das  ägyptische 
Gewerbe  sonst  nicht  in  Betracht ;  wir  haben  überall  freie  Lohnarbeit 


GEWERBE   UND  HANDWERK.  417 

vorauszusetzen,  wie  denn  gerade  in  der  Papyruskultur  bei  Alexaru 
dreia  die  Vereinbarung  der  Arbeitgeber  über  Höchstlöhne  laut 
von  einer  freien  Lohnarbeiterschaft  zeugt.  Sklaven  erscheinen 
in  der  Regel  als  häusliche  Dienerschaft  besonders  der  griechischen 
Kreise.  Handwerker  und  Gewerbetreibende  schlössen  sich  früh 
zu  Berufsvereinen  zusammen,  die  in  ptolemäischer  Zeit  als  Kult- 
vereine erscheinen;  unter  den  Kaisern  geraten  sie  mehr  und  mehr 
unter  staatliche  Aufsicht  und  werden  in  byzantinischer  Zeit 
Zwangsinnungen,  die  als  Gesamtheiten  Arbeit  übernehmen  und 
auf  ihre  Mitglieder  verteilen.  Wenn  auch  die  Handwerker  über- 
wiegend zu  den  kleinen  Leuten  gehören  mochten,  so  gelangte 
doch  mancher  zu  Wohlstand  und  in  den  Kreis  der  TcoEoßvreooi 
oder  evTtoQOL  seines  Dorfes.  Frauen  betätigten  sich  als  Bäckerinnen, 
Weberinnen,  Schneiderinnen  und  natürlich  im  Verkaufe. 
Ohne  eine  Aufzählung  der  Handwerke  und  Gewerbe  anzustreben, 
<lie  uns  in  den  Papyri  und  in  den  Resten  ihrer  Arbeit  begegnen, 
will  ich  doch  einige  der  wichtigsten  nennen.  Die  großen  Bauten, 
ägyptische  Tempel  wie  griechische  Rathäuser,  Hallen,  Theater  und 
Bäder  setzten  zahlreiche  Steinmetzen  in  Nahrung  und  hielten 
.auch  damals  noch  das  seit  Alters  blühende  Handwerk  mit  seinen 
Sonderbildungen  des  Steinpolierers,  Säulenhauers  usw.  auf  der 
Höhe.  Gerade  hier  gab  es  zahllose  Abstufungen  vom  leitenden 
Architekten  bis  zum  Maurer  und  Ziegelarbeiter,  zu  denen  noch 
die  ungelernten  Handlanger  kamen.  Mit  dem  Wohnhause  hatten 
Maurer  und  Ziegelarbeiter  zu  tun,  während  die  Steinhauer 
vielleicht  am  meisten  Arbeit  an  den  überall  gebrauchten  Mühl- 
steinen, Keltern  und  Ölpressen  fanden.  Die  Rohstoffe,  Granit, 
Sandstein  und  Kalkstein,  aus  dem  vielfach  verzweigten  und  aus- 
gedehnten Bergbau,  für  die  Ziegel  Nilschlamm  und  Gipserde, 
lieferte  Ägypten  reichlich.  Um  so  sparsamer  mußte  man  mit  dem 
Holze  umgehen,  aber  Fensterläden  und  Türen  brauchte  doch 
jedes  Haus,  abgesehen  von  der  Inneneinrichtung,  und  zahlreiche 
kleine  Holzgegenstände,  die  man  gefunden  hat,  zeugen  vom 
Handwerke  des  Tischlers  und  Zimmermanns.  Freilich  ist 
die  Arbeit  in  Dorfhäusern  oft  höchst  mangelhaft,  weil  man  sich 
mit  schlechten  Tamariskenästen  und  Palmstämmen  begnügen 
mußte.  Dazu  kamen  Wagen  und  die  überall  gebrauchten  Räder 
der  Säkje.  Besonders  viele  Hände  beanspruchte  der  Schiffsbau; 
spielte  sich  doch  der  Verkehr  Ägyptens  zu  einem  sehr  großen 
Teile  auf  dem  Nil  und  seinen  Kanälen  ab.     Hausbau  und  Haus- 

Schub  art,  Papyruskunde.  27 


418  GEWERBE  UND   HANDWERK. 

rat  bedurften  der  Metallarbeiter,  deren  Gewerbe  bis  ins  ein- 
zelne verzweigt  war;  wir  finden  Kupferschmiede,  Eisenarbeiter, 
Nagclschmiede,  Blei-  und  Zinnarbeiter,  Löter  und  dergleichen, 
mehr,  lesen  vielfach  von  ihren  Erzeugnissen,  Meißeln,  Äxten,. 
Schaufeln,  Gefäßen,  Waffen,  Spiegeln  und  kennen  sie  aus  zahl- 
reichen Funden.  Das  Schmiedehandwerk  war  außerordentlich 
verbreitet,  nicht  minder  aber  die  Bearbeiter  der  Edelmetalle, 
die  Goldgießer  und  Silberschmiede,  und  auch  hier  ergänzen  die 
Funde  das  Bild,  das  man  aus  den  Papyri  von  Tafelsilber  und  Weih- 
geschenken, Armbändern,  Ringen  und  vielfachem  Frauenschmucke 
gewinnt.  Vornehmlich  in  Alexandrcia  blühte  die  Glasindustrie 
und  lieferte  eine  berühmte  Ausfuhrware;  aber  auch  in  Ägypten 
findet  man  nicht  wenige  Reste  gläserner  Gefäße.  Vielleicht  kein 
Handwerk  beschäftigte  so  viele  Menschen  wie  das  des  Webers; 
nacli  der  Zahl  der  Erwähnungen  möchte  man  glauben,  die 
Hälfte  aller  Ägypter  hätte  am  Webstuhle  gestanden.  Die  Klei- 
dung des  zahlreichen  Volkes,  die  Bekleidung  der  Götterbilder 
und  die  Binden  der  Mumien  forderten  schon  viel,  dazu  die 
Lieferungen  an  den  Staat,  vor  allem  aber  die  große  Ausfuhr 
ägyptischer  Leinen-  und  Wollstoffe;  zu  den  Einzelarten  der 
Weber  kamen  noch  Walker,  Färber  und  dergleichen,  auch  die 
Schneiderei  wurde  wohl  meistens  vom  Weberhandwerke  mitbe- 
trieben. Schuster  und  Lederarbeiter,  Mattenflechter,  Korbflechter 
und  vor  allem  die  Töpfer  sorgten  für  den  übrigen  Bedarf  des 
Hauses  und  seiner  Bewohner;  gerade  irdene  Gefäße  und  Scherben 
begegnen  unter  den  Trümmern  des  Altertums  auf  Schritt  und  Tritt. 
Die  Papyrusfabrikation,  die  schon  mehrmals  erwähnt  worden 
ist,  haben  wir  am  deutlichsten  in  den  Büchern,  Briefen  und  Ur- 
kunden selbst  vor  Augen;  auch  sie  lieferte  eine  der  wichtigsten 
Ausfuhrwaren  Alexandreias.  Dagegen  arbeiteten  die  Sarg- 
fabrikanten, Einbalsamierer  und  die  übrigen  der  Bestattung 
dienenden  Gewerbe  im  Wesentlichen  nur  für  Ägypten.  Endlich 
mögen  noch  die  den  Lebensunterhalt  schaffenden  Gewerbe,  die 
Müllerei  und  Bäckerei,  die  vielfach  vereinigt  waren,  die 
Fleischer  und  Fischpökler,  Bierbrauer  und  Ölpresser 
erwähnt  werden;  die  Papyri  nennen  sie  oft.  Beständig  aber  muß. 
man  sich  vor  Augen  halten,  daß  mehr  als  alle  Gewerbe  die  Land- 
wirtschaft Ägypten  beherrschte  und  weitaus  die  meisten  Arme: 
in  Bewegung  setzte;  mancher  Handwerker  war  überdies  zugleick 
Bauer  oder  Feldarbeiter. 


HANDEL.  419 


Ackerbau  und  Gewerbe  waren  die  Grundlagen,  auf  denen  sich 
Ägyptens  Handel  aufbaute,  und  da  der  Staat  der  erste  Grund- 
besitzer und  der  erste  Industrielle  des  Landes  war,  spielte  der 
Handel  in  der  Politik  der  Ptolemäer  wie  der  Kaiser  eine  große, 
wenn  nicht  die  entscheidende  Rolle.  Zumal  der  Ptolenüierhof 
kann  hierin  ebenso  wie  in  seinen  literarischen  und  künstlerischen 
Neigungen  am  ehesten  den  Medici  a.i  die  S-^ite  treten.  Voran 
stand  die  Ausfuhr:  Weizen,  Webstoffe,  Glas  und  Papyrus  waren 
diejenigen  Erzeugnisse  Ägyptens,  die  von  der  ganzen  Mittelmeer- 
welt begehrt  wurden  und  das  Geld  des  Auslandes  eintrugen; 
dazu  kamen  etw'a  noch  die  wertvollen  Steine,  der  Granit  von 
Assuan  und  der  Alabaster  der  oberägyptischen  Wüstenberge. 
Namentlich  in  der  Kaiserzeit,  nachdem  die  Einfügung  ins  Reich 
den  Verkehr  erleichtert  und  die  starke  Hand  des  Augustus  der 
Welt  den  Frieden,  Ägypten  die  Ordnung  wiedergegeben  hatte, 
gewannen  Ägyptens  Waren,  auch  abgesehen  von  der  regelmäßigen 
Getreidelieferung  an  Rom,  vor  allem  den  westlichen  Markt,  den 
kaiserlichen  Hof,  den  reichen  römischen  Adel  und  die  Provinzen 
des  Reiches.  Damals  war  Alexandreia  die  größte  Handelsstadt 
der  Welt,  eine  Stadt  der  Industrie  und  der  Kaufleute  mit  einem 
gewaltigen  Schiffsverkehr  in  seinen  Seehäfen  wie  im  Binnen- 
hafen, der  am  mareotischen  See  lag,  mit  weiten  Stapelhäusern 
und  einem  durchaus  weltstädtischen  Treiben,  wie  es  Strabon  be- 
schreibt. Die  Ausfuhr  nach  Süden,  nach  Nubien,  nach  Meroe  bis 
in  den  Sudan  hinein  und  nach  Osten,  namentlich  an  der  Küste 
des  Roten  Meeres  entlang  bis  zum  Somalilande,  lieferte  den  halb- 
gebildeten oder  wilden  Völkern  Stoffe  und  Kleider,  Waffen  und 
Geräte;  ihrem  Geschmacke  paßte  sich  sogar  das  Gewerbe  Ägyptens 
an.  Aber  an  Bedeutung  blieb  sie  ohne  Zweifel  hinter  dem  Mittel- 
meerhandel weit  zurück.  Die  Einfuhr  fremder  Länder  war  viel 
geringer;  aus  dem  Auslande  bezog  man  etwa  einzelne  Luxusartikel, 
namentlich  aus  dem  Osten  Gewürze  und  Salben,  Edelsteine, 
auch  Seide,  aus  dem  Westen  allerlei  Geräte,  wie  denn  Puteolana 
ausdrücklich  genannt  werden,  und  westlicher  Einfluß  kommt  in 
den  lateinischen  Namen  von  Kleidungsstücken  und  Geräten  zur 
Geltung,  ohne  daß  eine  erhebliche  Einfuhr  daraus  erschlossen  werden 
müßte.  Ausnahme  blieb  es,  wenn  in  schlechten  Jahren  sogar  sizll:- 
sches  od^r  syrisches  Getreide  nach  Ägypten  verladen  wurde;  syri- 
sches Öl  scheint  mindestens  im  3.  Jh.  a.  C.  so  stark  begehrt  worden 
zu  sein,  daß  das  Monopolgesetz  einen  Riegel  vorschieben  mußte. 

27* 


420  HANDEL. 


Endlich    machten   schon    die    Ptolemäer  Ägypten,    insbesondere 
Alexandreia,  bewußt  und  planmäßig  zum  Durchgangspunkte 
des  ostwestlichen  Handels.    Ihr  Streben,  das  westliche  Syrien 
in  ihre   Gewalt  zu  bringen,  beruhte  zum  großen  Teile  auf  dem 
Wunsche,    die    Endpunkte    der    Karawanenstraßen    aus    Arabien 
und   Indien  zu  beherrschen  und  den  Osthandel  nach  Alexandreia 
zu  lenken,  wo  man  ihm  durch  Einfuhr-  und  Ausfuhrzölle  Gewinn 
entnehmen    konnte,    die    Belebung    des    Geschäfts    ungerechnet. 
Als  später  die  Ptolemäer  Syrien  aufgeben  mußten  und  die  Unsicher- 
heit des  Seleukidenreiches  den  Karawanenhandel  störte,  gewann 
der   Seeverkehr  nach    Indien  an   Bedeutung.      Erleichtert  wurde 
er  durch  den  Kanal  vom  Nil  zum  Roten  Meere,  den  Philadelphos 
vollendete;  aber  erst  als   Hippalos  den  Monsun  entdeckt  hatte, 
der  ungestörte  und  regelmäßige  Fahrten  nach   Indien  gestattete, 
als   Augustus   das    Rote   Meer  von    Seeräubern   gesäubert   hatte, 
blühte  der  Handel  mit  dem  Osten  voll  auf;  R<)m  bezog  die  Edel- 
steine,   Gewürze,   Wohlgerüche   und   kostbaren    Stoffe   nun    über 
Alexandreia   und   verschaffte  dem   Durchgangsplatze  einen   Um- 
satz von  Millionen.     Das  Schiffahrtsbuch  eines  alexandrinischen 
Großkaufmanns  aus  der  Zeit  Vespasians,  das  unter  dem  Namen 
Periplus  Maris  Erythraei   bekannt  ist,  zeugt  auf  jeder  Seite  von 
dem  lebhaften  Verkehre  der  alexandrinischen  Handelsschiffe  mit 
Indien  und  Arabien,  wo  Adana,  das  heutige  Aden,  ein  wichtiger 
Stapelplatz  war.     Auch  die  Unternehmung  des  Augustus  gegen 
das  südarabische  Nabatäerreich  zielte  wohl  darauf,  Alexandreia  vom 
Wettbewerbe  eines  entstehenden  Durchgangsplatzes  zu  befreien. 
Der  alexandrinische  Großhandel  lag,  wie  es  scheint,  im  Wesentlichen 
in  den  Händen  alexandrinischer  Kaufherren,  wenn  auch  römische 
Geschäftsleute  schon  unter  den  Ptolemäern  sich  hier  ansiedelten 
und  seit  Augustus  zunahmen. 

Vom  Binnenhandel  in  Ägypten  wissen  wir  sehr  wenig,  denn 
die  zahlreichen  Kaufverträge  über  Grundstücke,  Häuser,  Tiere  und 
anderes  geben  vom  Laden-  und  Markthandel  kein  Bild ;  was  man  ihnen 
bei  vorsichtiger  Behandlung  für  die  Preise  etwa  der  Wohnungen, 
der  Häuser  usw.  abgewinnen  könnte,  wird  sich  erst  durch  sorg- 
fältige Einzelforschungen  herausstellen.  In  den  Städten  darf  man 
Bazare  voraussetzen,  besonders  :'n  den  Säulenhallen  der  Metro- 
polen, und  in  Alexandreia  scheint  die  viereckige  Halle  {terQdycovos 
aroä)  ein  Bazarviertel  gewesen  zu  sein;  wenn  wir  vom  Bazar  im 
oberägyptischen  Koptos  etwas  hören,  so  mag  die  Wüstenstraße 


VERKEHR.  421 


zum  Roten  Meere  der  Stadt  in  der  Tat  einen  besonders  lebhaften 
Handel  verschafft  haben,  aber  manche  andere  Stadt  war  vielleicht 
ebenso  bedeutend.  Die  zahlreichen  Straßen  oder  Viertel,  die  nach 
Gewerben  genannt  sind,  lassen  auf  Geschäftsleben  schließen,  und 
im  übrigen  werden  alle  Sammelpunkte,  die  Bäder  und  Theater, 
der  Markt  {äyoQc'c)  und  der  gepflasterte  Vorplatz  des  Tempels 
iÖQÖuog)  die  täglichen  Stätten  des  Handels  gewesen  sein;  zumal 
die  Lebensmittel  verkaufte  man  im  Freien,  und  die  Markthändler, 
die  Fischträger  wie  das  hinter  seinen  Körben  sitzende  Hökerweib 
stehen  uns  in  Terrakotta  noch  vor  Augen.  Die  beste  Vorstellung  ge- 
währt ohne  Zweifel  der  heutige  Geschäftsverkehr  in  Ägypten,  zumal 
da  er  auch  jetzt  nicht  unerheblich  griechischen  Einfluß  zeigt:  die 
Muski  in  Kairo,  ihre  Seitenstraßen  und  Bazarc,  zusammengestellt 
mit  der  internationalen  Seestadt  Alexandrien,  spiegeln  das  alte 
Alexandreia.  Dagegen  gibt  eine  Provinzstadt  wie  Medinet  el 
Fajüm  in  ihrem  Verkehr  ein  Bild  des  alten  Arsinoe,  und  ähnlich 
anschaulich  wirken  die  heutigen  Dörfer. 

Der  gewaltige  Außenhandel  brachte  einen  lebhaften  Verkehr 
über  See  und  im  Lande  selbst  mit  sich.  Die  Bewohner  Indiens 
scheinen  in  Ägypten  keine  unbekannte  Erscheinung  gewesen  zu 
sein,  und  eine  indische  Sprache  brachte  man  sogar  auf  die  Bühne, 
wenn  auch  nur  um  der  komischen  Wirkung  willen.  Das  Völker- 
gemisch, das  sich  sonst  in  Ägypten  zusammendrängte  und  es  um 
der  Geschäfte  willen  bereiste,  zu  schildern  ist  unmöglich;  Griechen 
aus  allen  Enden  der  Welt,  Römer,  Syrer,  Nubier  und  viele  andere 
wogten  namentlich  in  Alexandreias  Straßen  durcheinander.  Außer 
dem  Handel  lockte  auch  die  Schaulust  viele  Reisende  ins  Nil- 
tal, denn  schon  vor  Alexander,  ganz  besonders  aber  in  der  Kaiser- 
zeit war  Ägypten  das  Wunderland  der  Pyramiden;  römische 
Senatoren,  vornehme  Damen,  Prinzen  und  mehrere  Kaiser  be- 
suchten die  Wunderwerke  der  Pyramiden,  des  Labyrinths,  der 
thebanischen  Tempel,  die  Memnonskolosse,  die  Königsgräber  und 
da»  heilige  Eiland  Philä,  mit  und  nach  ihnen  tausende  geringerer 
Reisender.  Umgekehrt  führte  das  Geschäft  viele  Kaufleute  und 
Kapitäne  Ägyptens  in  den  fernen  Osten  wie  nach  Westen ;  besonders 
die  regelmäßigen  Getreideflotten  von  Alexandreia  nach  Rom 
und  später  nach  Konstantinopel  unterhielten  eine  lebhafte  Ver- 
bindung mit  der  Reichshauptstadt,  ebenso  der  römische  Kriegs- 
dienst, und  auch  unter  den  Papyri  zeugt  ein  Brief  eines  ägyptischen 
Rheders  aus  Rom  und  der  eines  Flottensoldaten  aus  Neapel  davon. 


422  VERKEHR. 


In  der  Kaiserzeit  bedurfte  man  eines  Passes  vom  Statthalter, 
wenn  man  aus  dem  alexandrinischen  Hafen  ausfahren  wollte. 
Aber  auch  im  Lande  selbst  muß  der  Verkehr  beständig  rege  ge- 
wesen sein.  Schon  die  Beförderung  des  Getreides  vom  Dorfe  bis 
nach  Alexandreia  setzte  nach  der  Ernte  Tausende  in  Bewegung, 
ebenso  das  Bedürfnis  der  Industrie,  ihre  Erzeugnisse  dorthin  und 
in  den  Welthandel  zu  bringen;  gerade  die  Reise  in  die  Haupt- 
stadt spiegelt  sich  in  vielen  Briefen.  Und  obwohl  der  Staat  be- 
sonders während  der  Saat  und  der  Ernte  die  Landleute,  also 
einen  sehr  großen  Teil  der  Bevölkerung,  an  die  Scholle  fesselte, 
scheint  doch  die  Beweglichkeit  und  die  Reiselust  nicht  geringer 
gewesen  zu  sein  als  heute.  Wie  neben  den  Geschäften  und  der 
Hoffnung  auf  Arbeitsgelegenheit  auch  das  Vergnügen  und  die 
Möglichkeit,  höhere  Bildung  zu  finden,  viele  nach  Alexandreia 
lockte,  so  zog  in  geringerem  Maße  jede  Metropole  die  Bewohner 
des  Gaues  an.  Auch  der  Staatsdienst  veranlaßte  häufig  Reisen  der 
Beamten,  denen  die  Bevölkerung  Unterhalt  und  Beförderungsmittel 
stellen  mußte  {dyyaQeiic);  im  höchsten  Umfange,  wenn  der  König 
und  später  der  Statthalter  oder  gar  der  Kaiser  mit  großem  Gefolge 
reiste.  Für  die  Unterkunft  standen  solchen  Reisenden  die  staat- 
lichen Rasthäu-ser  (xardAvaig)  zur  Verfügung,  deren  es  auch  für 
Beamte  und  Soldaten  gab,  sofern  man  nicht  das  Zelt  vorzog,  das 
vielleicht  noch  mehr  Bequemlichkeit  bot.  Der  gewöhnliche  Reisende 
konnte  an  besuchten  Orten  wie  in  Memphis  in  Herbergen  absteigen 
und  fand  in  Alexandreia  gewiß  Gasthäuser,  war  aber  sonst  auf 
private  Gastfreundschaft  angewiesen;  im  übrigen  konnte  man 
unter  dem  warmen  Himmel  leicht  im  Freien  übernachten. 
Ägyptens  eigentlicher  Verkehrsweg  war  der  Nil,  neben  ihm  die 
größeren  Kanäle;  unter  ihnen  besaß  der  Vorläufer  des  Suezkanals, 
der  vom  Delta  durch  die  Bitterseen  zum  Roten  Meere  leitete,  be- 
sondere Wichtigkeit  für  den  Fernhandel.  Nach  älteren  Anläufen 
unter  Necho  und  Dareios  1.  vollendete  ihn  Philadelphos  und  gab 
ihm  seinen  Namen;  später  hieß  er  Augustus  aninis.  Dtm  Wasser- 
verkehre dienten  Schiffe,  die  wohl  in  der  Regel  durch  Segel,  selten 
nur  durch  Ruder  bewegt  wurden:  von  ihrer  Größe  gewinnen  wir 
eine  Vorstellung,  wenn  wir  Getreideschiffe  von  4000,  5000,  ja 
10000  Artaben  Laderaum  finden.  Der  Getreidetransport  allein 
forderte  eine  große  Flotte  solcher  Lastkähne  auf  dem  Nil  und  den 
Kanälen,  und  wie  der  Staat  sich  an  allen  ertragreichen  Unter- 
nehmungen beteiligte,  so  ließen  schon  die   Ptolemäcr  auf  eigene 


VERKEHRSMITTEL.  423 


Rechnung  zahlreiche  Transportschiffe  fahren,  ja  auch  die  Köni- 
ginnen legten  ihr  Geld  darin  an.  Daneben  gab  es  natürlich  private 
Rheder  und  Spediteure.  Den  rein  örtlichen  Verkehr  vermittelte 
die  Fähre  des  Dorfes  oder  der  Stadt,  die  ihrem  Pächter  oft  große 
Beträge  abwarf.  Wer  bequem  reisen  wollte,  konnte  schon  damals 
das  stattliche  Wohnboot  benutzen,  das  heute  noch  unter  dem 
Namen  der  Dahabije  den  Nil  befährt.  Die  weite  Ausdehnung  und 
Verzweigung  der  Wasserwege  bewirkte,  daß  der  Verkehr  zu  Lande 
großer  Straßen  kaum  bedurfte.  Zwar  werden  oft  königliche  Wege 
erwähnt,  aber  an  ausgebaute  Heerstraßen  darf  man  bei  ihnen 
nicht  denken,  auch  wenn  man  annimmt,  daß  sie  besser  waren  als 
die  Mehrzahl  der  Landwege  im  heutigen  Ägypten.  Wie  noch  heute 
jm  Orient  veranlaßte  gelegentlich  der  Besuch  des  Königs  die  An- 
lage oder  Herstellung  einer  Landstraße.  Die  den  Nil  und  die 
Kanäle  begleitenden  Dämme  dienten  jedenfalls  wie  heute  als  viel- 
henutzte  Verkehrswege.  Wirkliche  Kunststraßen  scheinen  Aus- 
nahme zu  sein.  Für  den  Handelsverkehr  hatten  die  Wüsten- 
straßen große  Bedeutung,  nach  Westen  zu  den  Oasen,  vor  allem 
aber  nach  Osten  die  alte  Straße  von  Koptos  nach  Berenike  am 
Roten  Meere  und  später  die  neue  von  Antinoupolis  ebendorthin; 
sie  waren  mit  Kastellen  der  Wachtmannschaften,  Rasthäusern 
und  Zisternen  ausgerüstet  und  verlangten  sorgfältige  Erhaltung, 
in  der  Ptolemäerzeit  war  der  Esel  das  eigentliche  Lasttier,  das 
auch  die  Getreidesäcke  vom  Speicher  des  Dorfes  bis  zum  nächsten 
Kanal  tragen  mußte;  namentlich  im  Fajum,  der  einzigen  Landschaft, 
der  die  große  Wasserstraße  des  Nils  fehlt,  und  die  allein  größere 
Entfernungen  auf  Landwegen  besitzt,  beanspruchte  der  Esel- 
verkehr viele  Tiere,  und  hier  mögen  sich  die  Transportgesellschaften 
der  Eseltreiber  und  Lasttierzüchter  am  stärksten  entwickelt  haben. 
Erst  in  der  Kaiserzeit  tritt  das  Kamel,  heute  Ägyptens  Lasttier, 
hervor,  sowohl  im  Getreidetransport  wie  bei  der  Beförderung  der 
Steine  und  im  Dienste  des  Heeres;  auf  der  Straße  von  Koptos 
nach  Berenike  sehen  wir  Esel,  Kamele  und  Wagen  verkehren, 
im  3.  Jh.  a.  C.  dienen  Pferde  und  Maultiere  dem  Wagen- 
verkehr; wenn  der  Fuhrherr  Kephalon  an  einem  Tage  nicht 
weniger  als  35  Tiere  mit  einer  Reihe  von  Wagen  beschäftigt,  so 
nmß  er  einen  großen  Stall  und  eine  ausgedehnte  Vermietung  be- 
trieben haben;  später  kommen  auch  Rinder  als  Zugtiere  vor. 
Jedenfalls  war  der  Landtransport  mit  Eseln,  Kamelen,  Pferden 
und  Wagen  ein  entwickeltes  Gewerbe.   Man  ritt  auf  Eseln.  Pferden 


424  POST.     GELD. 


und  Kamelen  wie  heute,  und  das  Gesamtbild  des  Verkehrs  zu 
Wasser  und  zu  Lande  dürfte  dem  heutigen  selbst  bis  in  die  Einzel- 
heiten sehr  ähnlich  gewesen  sein.  Über  die  Verbindungen,  die 
dem  Reisenden  zu  Gebote  standen,  erfahren  wir  nur  wenig;  sie 
können  aber  nicht  schlecht  gewesen  sein,  wenn  es  möglich  war^ 
von  einem  Dorfe  am  Westrande  des  Fajuni  in  vier  Tagen  bis  nach 
Alexandreia  zu  gelangen. 

Eine  Post  in  unserem  Sinne  gab  es  aber  nicht,  und  die  Beförderung; 
der  Privatbriefe  hing  von  Gelegenheit,  Reisen  Bekannter  oder 
sonstigen  Verbindungen  ab.  Denn  die  königliche  Post,  die 
wir  schon  früh  im  3.  Jh.  a.  C.  wohl  nach  persischem  Vorbilde 
eingerichtet  finden,  diente  mit  ihren  Stationen,  Stationsbeamten 
und  Streckenreitern  lediglich  dem  Verkehre  des  Königs  und  der 
Beamten.  Innerhalb  der  Gaue  arbeitete  die  Fußpost  der  Akten- 
boten, die  z.  B,  im  Gau  von  Oxyrhynchos  111  a.  C.  nicht 
weniger  als  einen  Stationsbeamten,  einen  Polizisten,  einen  Kamel- 
reiter und  44  Briefboten  beschäftigte.  Ohne  Zweifel  hat  die 
römische  Regierung, diese  beiden  Zweige  der  ptolemäischen  Staats- 
post übernommen  und  der  Reichspost  angegliedert,  wenn  auch 
unmittelbare  Zeugnisse  fast  ganz  fehlen.  Erst  in  byzantinischer 
Zeit  nennen  sie  die  Reichsschnellpost,  den  cursus  velox;  sie  kam 
aber  mehr  und  mehr  herunter  und  wurde  seit  Justinian  nur  noch 
mit  Eseln  betrieben.  Daneben  bestand  die  kaiserliche  Militärpost; 
ihre  Wirksamkeit  sehen  wir  z.  B.  an  dem  Briefe  des  Flottensoldaten 
Apion,  der  durch  sie  von  Misenum  bis  ins  Fajum  gelangte.  Dali 
die  Großgrundbesitzer  und  Barone  der  byzantinischen  Zeit  auf 
ihren  Gütern  schließlich  eigene  Privatpost  einrichteten,  entsprach 
nur  der  Gesamtentwicklung. 

Die  unerläßliche  Vorbedingung  des  Geschäftsverkehrs  waren  ge- 
ordnete Geldverhältnisse.  Das  Geld  spielt  in  den  Papyrus- 
urkunden und  Briefen  eine  große  Rolle,  und  zahlreiche  Münzfunde 
geben  uns  eine  Vorstellung  von  seiner  Beschaffenheit.  Im  An- 
schlüsse an  Alexander  begannen  die  Ptolemäer,  Münzen  mit  dem 
Königsbilde  schlagen  zu  lassen.  Der  Gründer  der  Dynastie,  Soter, 
ist  auch  nach  seinem  Tode  vielfach  weiter  den  Münzen  aufgeprägt 
worden;  außer  den  Königen  erscheinen  auch  die  Köpfe  der  könig- 
lichen Frauen,  zumal  der  großen  Arsinoe,  auf  den  Münzen,  ferner 
Sarapis,  alexandrinische  Bilder  wie  der  Isistempel  u.  a.,  auf  der 
Rückseite  in  der  Regel  der  Adler  mit  dem  Blitze  oder  ein  Füll- 
horn.   Münzstätte  des  Reichs  war  Alexandreia.    Man  prägte  Gold,. 


GELD. 425 

Silber  und  Kupier,  aber  in  den  Zahlungen,  die  die  Papyri  erwähnen, 
tritt  Gold  weit  hinter  Silber  und  Kupfer  zurück.  In  Gold  wurden 
Oktadrachmen,  Pentadrachmen,  Tetradrachmen,  Didrachmen, 
Drachmen,  ja  sogar  halbe  Drachmen  geprägt,  in  Silber  Deka- 
drachmen, Oktadrachmen,  Tetradrachmen,  Didrachmen,  Drach- 
men und  halbe  Drachmen,  worunter  die  silbernen  Tetradrachmen 
als  Hauptmünzen  zu  betrachten  sind;  das  Sechstel  der  Drachme 
dagegen,  der  Obolos,  in  Kupfer  und  ebenso  der  Chalkus,  der  achte 
Teil  des  Obolos.  Die  Mine  zu  100,  das  Talent  zu  6000  Drachmen 
waren  lediglich  Rechnungseinheiten.  Wie  sehr  aber  der  Ptolemäer- 
staat  auf  das  landesübliche  Kupfer  Rücksicht  nahm,  sieht  man 
an  der  Prägung  der  Kupferdrachme.  Das  Verhältnis  des  Silbers 
zum  Kupfer  war  ursprünglich  120/1,  stieg  aber  in  der  späteren 
Ptolemäerzeit  auf  500/1  und  blieb  auch  in  der  Kaiserzeit  hoch; 
so  finden  wir  z.  B.  Mitte  des  2.  Jh.  p.  C.  300/1.  Demnach  enthielt 
die  Silberdrachme  120,  später  etwa  500  Kupferdrachmen,  deren 
Wert  immer  beträchtlich  unter  einem  Chalkus  blieb.  Der  Staat 
verlangte  von  Hause  aus  Silberzahlung,  aber  schon  im  3.  Jh.  a.  C. 
iiielt  er  nur  z.  T.  daran  fest;  in  diesen  Fällen  mußte  man  ein  Auf- 
geld, ein  Agio,  geben,  wenn  man  in  Kupfermünzen  zahlte.  Ob 
Silber  oder  Kupfer  gemeint  ist,  geht  aus  dem  Worte  Drachme  in 
den  Papyri  nicht  hervor,  wenn  sie  nicht  näher  bezeichnet  wird 
{äqyvqiov  oder  xal/.ov)  oder  der  Zusammenhang  Aufschluß  gibt. 
Die  Ptolemäermünzen,  insbesondere  die  silbernen  Tetradrachmen, 
blieben  auch  unter  römischer  Herrschaft,  bis  gegen  Ende  des 
3.  Jh.  p.  C,  im  Umlaufe  {llTo'Ktf.iuiAov  vö^ioua)  und  wurden  sogar 
dem  schlechter  werdenden  Kaisergeide  vorgezogen,  das  260  p.  C. 
die  Banken  nicht  mehr  annehmen  wollten.  Allerdings  versuchte 
Augustus  zunächst  den  Reichsdenar  in  Ägypten  einzuführen, 
der  an  Gewicht  der  Silbertetradrachme  etwa  gleichkam;  er  ließ 
daher  keine  Tetradrachmen  mehr  prägen  und  paßte  den  Denar 
durch  die  Bezeichnung  als  Silberdrachme  den  Landesverhält- 
nissen an.  Aber  schon  Tiberius  gab  es  auf,  prägte  Billon-tetra- 
drachmen,  deren  Silbergehalt  dem  Denar  annähernd  entsprach, 
und  setzte  demgemäß  einen  Denar  gleich  4  Silberdrachmen;  nur 
insofern  erhielt  der  Denar  einen  Vorzug,  als  er  mit  28  bis  29  Obolen 
statt  mit  24  berechnet  wurde.  Auch  unter  römischer  Herrschaft 
blieb  Alexandreia  Münzstätte  der  Landesprägung;  seit  297  p.  C. 
iedoch  prägte  es  nur  noch  lateinische  Reichsmünze,  eine  Folge  der 
Umgestaltung  des   Reichs   durch    Diokletian.      Die   neue   Reichs- 


426  BANKEN. 


münze  Constantins,  der  solidus  zu  24  siliquae,  setzte  sich  erst  im 
5.  Jh.  p.  C.  in  Ägypten  durch;  bis  dahin  herrschte  das  griechische 
Münzsystem  mit  seinen  Drachmen  und  Obolen.  FreiHch  hatte 
es  sich  innerHch  verändert.  Soweit  man  an  den  Preisen  der  wich- 
tigsten Waren,  die  einer  Untersuchung  dringend  bedürfen,  die 
Kaufi<raft  des  Geldes  messen  kann,  ist  sein  Wert  seit  dem  3.  Jh.  a.  C. 
bis  auf  Diokletian  zwar  rasch  gesunken,  und  schon  260  p.  C. 
schlössen  die  Banken  in  Oxyrhynchos,  um  das  schlechte  Kaiser- 
geld nicht  annehmen  und  wechseln  zu  müssen;  aber  nun  erst  setzt 
der  ungeheure  Sturz  ein,  der  uns  in  den  Rechnungen  dieser  Zeit 
fast  unvermittelt  entgegentritt.  Was  früher  Drachmen  kostete, 
nmßte  nun  mit  Talenten,  ja  mit  Myriaden  von  Drachmen  bezahlt 
werden,  und  die  selten  werdenden  Münzen  aus  Edelmetall  er- 
reichten einen  märchenhaft  hohen,  noch  dazu  sehr  schwankenden 
Kurs.  Für  ein  Kamel  finden  wir  im  2.  Jh.  p.  C.  mehrmals  Preise 
von  7— 800  Silberdrachmen ;  schon  289  p.  C.  kostete  es  16^2  Talente, 
und  im  Jahre  444p.  C.  bezahlte  man  für  eine  Exedra,  also  einen  be- 
scheidenen Hausteil,  jährlich  2400  Myriaden  Silberdrachmen  Miete. 
Diese  Beispiele,  deren  gleichen  es  viele  gibt,  beleuchten  den  er- 
schreckenden Mangel  an  Silbermünzen  und  die  völlig  zerrütteten 
Wirtschaftsverhältnisse  der  byzantinischen  Zeit. 
Schon  lange  vorher,  spätestens  im  1.  Jh.  p.  C,  war  der  Geschäfts- 
verkehr über  den  baren  Münzbestand  hinausgewachsen  und  setzte 
Beträge  in  Umlauf,  denen  die  Münzprägung  nicht  nachkommen 
konnte.  Den  Beweis  dafür  liefert  uns  der  Überweisungsverkehr 
der  Privatbanken.  Die  Griechen  und  besonders  unsere  Ur- 
kunden bezeichnen  mit  igdsitCa  sowohl  die  Staatskasse  wie  die 
Privatbank  und  unterscheiden  sie  nur  durch  den  Zusatz  des  Bank- 
herrn, indem  sie  die  eine  ßaoüuyJ],  in  römischer  Zeit  drjfioola,  die 
andere  mit  dem  Namen  ihres  Besitzers,  z.  B.  JiDQUorog,  nennen. 
Zugrunde  liegt  der  Begriff  des  Wechslertisches,  wie  er  noch  heute 
in  jeder  orientalischen  Stadt  neben  dem  Lohnschreiber  auf  der 
Straße  fortbesteht.  Wenn  man  versucht,  Staatskasse  und  Privat- 
bank jener  Zeit  nach  dem  Vorbilde  der  Gegenwart  scharf  zu  scheiden, 
so  wird  man  weder  den  Zeugnissen  der  Papyri  noch  dem  Ursprünge 
beider  gerecht;  vielmehr  haben  allem  Anscheine  nach  nicht  wenige 
Banken  Privatgeschäfte  gemacht  und  zugleich  staatliche  Gelder 
verwaltet,  eingenommen  und  ausgegeben.  Ließe  sich  eine  strenge 
Grenze  ziehen,  so  hätte  die  bewegliche  hellenistische  Sprache 
ohne  Zweifel  eigene  Namen  für  beide  geprägt.     Am  ehesten  wird 


BANKEN.  427 


das  Verhältnis  staatlicher  und  privater  Geschäfte  deutlich  an 
heutigen  Banken,  die  beides  betreiben,  wie  es  die  Reichsbank  tut. 
Müssen  wir  auch  die  Geschäfte  für  den  Staat  und  für  Private 
sorgfältig  auseinander  halten,  so  waren  die  Geschäftstellen  durch- 
aus nicht  überall  getrennt,  und  der  Tisch  des  Trapeziten  ist  die 
gemeinsame  Stelle,  an  der  beides  sich  abspielen  kann.  Die  Ptole- 
mäer  übten  ein  Bankmonopol  aus,  so  daß  es  nur  vom  Könige  ver- 
pachtete Banken  gab,  und  ihre  Zahl  scheint  nicht  groß  gewesen 
zu  sein.  Um  so  rascher  wuchsen  sie  unter  römischer  Herrschaft, 
obgleich  mindestens  teilweise  das  Bankmonopo!  bestehen  blieb. 
Erst  jetzt  beginnt  in  erheblichem  Umfange  der  Überweisungs- 
verkehr: der  Privatmann  errichtet  bei  einer  Bank  ein  Konto  und 
zahlt  daraus  durch  Giroanweisung  seine  Verbindlichkeiten,  z.  B. 
seine  Miete;  besaß  der  Empfänger  ebenfalls  ein  Bankkonto,  so 
erledigte  sich  das  Geschäft  durch  Abschrift  und  Gutschrift,  ohne 
daß  bares  Geld  berührt  wurde.  Da  die  römischen  Steuererheber  und 
Steuerpächter  auf  eigene  Hand  vielfach  Konten  bei  einer  Bank 
eröffneten,  um  sich  die  Erhebung  zu  erleichtern,  konnte  der  steuer- 
pflichtige Kontoinhaber  auch  die  Steuern  auf  diesem  Wege  ent- 
richten. Sogar  ein  Fernverkehr  von  einem  Orte  zum  andern  durch 
zwei  Banken,  die  mit  einander  abrechneten,  läßt  sich  gelegentlich 
nachweisen.  Aus  den  Notizen,  die  über  Zahlungsanweisungen 
der  Kunden  in  die  Girobücher  der  Bank  aufgenommen  wurden, 
und  aus  den  Zahlungsbescheinigungen  der  Bank  entwickelte  sich 
die  früher  besprochene  Bankurkunde  der  Kaiserzeit.  Obgleich 
die  äußere  Form  nicht  ganz  gleich  ist,  darf  man  von  einem  Scheck- 
verkehr sprechen,  da  die  Giroanweisung  im  Grunde  nichts  anderes 
bedeutet.  Dagegen  hat  sich  bisher  von  Papiergeld  keine  Spur  ge- 
funden. Um  dem  Mangel  an  Kleingeld  (/-*(>."«)  abzuhelfen,  gab 
man  Jahrzehnte  lang  in  Oxyrhynchos  und  gewiß  auch  anderswo 
Bleistücke  als  städtisches  Notgeld  aus. 

Die  große  Zahl  der  Banken,  die  in  manchen  Städten,  z.  B. 
in  Arsinoe,  nachweisbar  ist,  zeugt  von  einem  regen  Überweisungs- 
verkehre, bei  dem  es  sich  bisweilen  um  große  Beträge  handelt. 
Man  übertreibt  nicht,  wenn  man  das  Bankwesen  Ägyptens  in 
der  Kaiserzeit  dem  heutigen  an  die  Seite  stellt,  zumal  da  unser 
Wissen  beinahe  ganz  aus  Arsinoe,  Oxyrhynchos  und  ein  paar 
anderen  Metropolen  stammt,  von  Alexandreias  viel  größeren  Ver- 
hältnissen aber  so  gut  wie  nichts  bekannt  ist.  Ob  die  Banken  sich 
. ediglich    jnit    dem    Depositengeschäft    und    dem    Überweisungs- 


428  GELD-  UND  NATURALWIRTSCHAFT 

verkehre  befaßt  haben,  sagen  unsere  Zeugen  nicht ;  eigene  Geschäfte, 
Beteiligung  an  landwirtschaftHchen  und  industriellen  Unter- 
nehmungen, sind  möglich,  aber  nicht  notwendig.  Mindestens  lag 
es  nahe,  das  4iier  zusammenfließende  Geld  zinstragend  auszu- 
leihen, zumal  da  wir  gewerbsmäßige  Geldverleiher  kennen  und 
übersehen  können,  wie  sehr  die  wirtschaftlichen  Verhältnisse  dazu 
nötigten,  Darlehen  zu  suchen.  Der  Zinssatz  war  hoch;  wenn 
auch  6%  und  8%  vorkommen,  so  doch  besonders  häufig  16%, 
ja  24%  und  sogar  50%  w^erden  gezahlt.  Hieraus  wie  aus  dem 
Überweisungsverkehr  ergibt  sich  das  Bild  eines  Mangels  an  Bar- 
geld und  zugleich  eines  sehr  lebhaften  Umsatzes,  den  man  nur 
durch  Ausschaltung  der  Münze  bewältigen  konnte.  In  einem  Ge- 
treidelande wie  Ägypten  behauptete  sich  neben  dem  Geldverkehr 
in  verhältnismäßig  großem  Umfange  die  Naturalwirtschaft, 
die  hier  sogar  zu  einer  so  merkwürdigen  Einrichtung  führte,  wie 
es  die  Giroanweisung  auf  Getreide  war;  jedoch  nahm  schon  in 
der  Ptolemäerzeit  die  Geldwirtschaft  einen  breiten  Raum  ein 
und  trat'unter  Roms  Herrschaft  stark  in  den  Vordergrund.  Seit 
dem  4.  Jh.  p.  C.  aber  leiteten  der  wirtschaftliche  Niedergang,  der 
Großgrundbesitz,  der  alles  selbst  erzeugte,  was  er  brauchte,  und 
seine  hörigen  Bauern  in  natura  löhnen  konnte,  endlich  die  uner- 
hörte Geldknappheit  wieder  zu  älteren,  rückständigen  V/irtschafts- 
formen,  zu  einer  ziemlich  rohen  Naturalwirtschaft  zurück.  Auf 
Einzelheiten  des  Wirtschaftslebens,  wie  Preise  der  Waren,  Arbeits- 
löhne und  dergleichen  kann  ich  nicht  eingehen,  da  sie  eine  be- 
sondere Bearbeitung  fordern. 

Monopole:  Wilcken,  Grundzüge  239 ff.  Tempelmonopole:  Rostowzew,  GGA. 
1909,  ü03ff.  Gewerbe:  Reil,  Beiträge  zur  Kenntnis  des  Gewerbes  im  heilenist. 
Ägypten.  Diss.  Leipzig  1913.  Für  das  Öimonopol  haben  wir  das  Gesetz  des 
Philadelphos  im  Revenue-Papyrus,  dessen  Hauptteil  Wilcken  Chr.  299  mit 
verbessertem  Texte  widergibt.  Die  Beseitigung  oder  Einschränkung  alter 
Tempelmonopole  hat  zuerst  Rostowzew  erkannt.  Alexandreia  genoß  gewisse 
Vorteile,  namentlich  bei  der  Einfuhr  syrischen  Öls;  wie  der  Gnomon  des  Idios 
Logos  zeigt,  durften  auch  in  der  Kaiserzeit  die  alex.  Gymnasiarchen  unter  ge- 
wissen Bedingungen  syrisches  Öl  beziehen.  Der  Verbrauch  der  Tempel  an 
Othonia  muß  sehr  groß  gewesen  sein;  vgl.  z.  B.  die  Lieferungen  für  die  Ein- 
wicklungdesApisundMnevis,  Wilcken  Chr.  85.  86.  OG.  I  90.  Der  Erlaß  Euerg.  II. 
Tebt.  I  5  =  Mitteis  Chr.  36  nennt  als  Zweck  der  Tempelfabrikation  ^Qöi  ri/i- 

arrrilttay    -ziör    ßa(oi).io)v)  y.a'i  rör   dto/uuiiÖi-    tmv    äD.air  ü'ecür.      Vgl.    Wilcken 

Chr.  305.  306.  307.  Die  Stolisten  gehören  zu  den  oberen  Priesterklassen. 
Papyrus  scheint  usrprünglich  Tempelerzeugnis  zu  sein,  vgl.  den  Namen  der 
hieratica  (Kap.  3).  Die  ältesten  hierat.  Papyri  zeichnen  sich  durch  besondere 
Güte  aus.    Zur  Frage  des  Monopols:  Zucker,  Phüologu;  70,  79.    Bergwerke: 


EINZELNES.  429 


vgl.  Fitzler,  Steinbrüche  und  Bergwerke  im  ptol.  und  röm.  Ägypten.  Leipzig 
iniO.  Für  die  Monopole  der  Kaiserzeit  fehlt  ein  den  Revenue  Laws  ent 
sprechender  Text.  Alles  Nähere  bei  Wilcken  und  Reil.  Die  landwirtschaftlicht 
und  gewerbliche  Tätigkeit  der  Tempel  hat  Otto  dargestellt;  aber  erst  Rostow- 
zew  hat  die  entscheidenden  Gesichtspunkte  erschlossen.  Arbeitsteilung. 
Das  entlegene  Dorf  Theadelphia  im  westlichen  Fajum  hat  Mitte  des  2.  Jh. 
p.  C.  rund  400  Kopfsteuerpflichtige,  also  sicherlich  2000  Einwohner,  und  auch 
heute  sind  Dörfer  mit  mehreren  Tausend  Einwohnern  häufig.  Hausweberei: 
Wilcken  Chr.  94.  BGU  111  948  Lehrverträge  z.  B.  Wilcken  Chr.  324  und 
be.sonders  Oxy.  IV  72.5  (183  p.  C):  Lehrzeit  5  Jahre;  nach  31  Monaten  beginnt 
der  Meister  dem  Lehrling  einen  mit  der  Zeit  steigenden  Lohn  zu  zahlen;  ferner 
liefert  er  jährlich  einen  y^iwv  immer  steigenden  Wertes;  20  Feiertage  im  Jahre. 
Durch  Dienstvertrag,  naoauovri,  vereinbart  man  Arbeit,  namentlich  der  Kinder, 
statt  Bezahlung;  vgl.  Tebt.  II  384.  BGU.  IV  1153  II.  1139,  auch  1126.  Eine 
Zusammenstellung  über  die  Sklaven  und  ihre  Arbeit  im  gr.-röm.  Äg.  wäre 
lohnend.  Schutzverband  der  Arbeitgeber:  BGU  IV  1121  Alexandreia, 
fii,    e^6vTo[s]   aiiTois  (den  Pächtern  der  Papyruskultur)  SiSöiac   ron   xareoya- 

^Ofiet'oi-e    TTjv    uia&ojaii'    sfoydcjais   [TzJ/.tlor    toti,'    [8i8o] uävcov    sv    rcöi   KöJ.Ttwt 

[y.ar]eoYO}v.  Die  Löhne  fordern  besondere  Bearbeitung  im  Zusammenhange 
mit  den  Preisen;  auch  der  Sold  der  Soldaten  wäre  heranzuziehen.  Miete  freier 
Arbeiter  setzt  auch  Matth.  20,  Iff.  voraus,  wie  denn  das  NT  in  vieler  Rich- 
tung die  Papyri  beleuchtet.  Der  Streik,  z.  B.  Wilcken  Chr.  3.30.  Petr.  III  43,  3. 
Hibeh  I  71  usw.  beweist  nichts.  Vereine:  San Nicolö,  Vereinswesen  I  München 
1913.  Wohlhabende  Handwerker:  BGU  I  6  (158/9  p.  C.)  ein  yioStos  mit  einem 
Einkomm.en  von  400  Dr.  gehört  zu  den    TtQsaßvTSQoi  des  Dorfes;  ebenda  ein 

fidysioog  mit  400   Dr.       Frauen:   ä^roxömaoa  Oxy.    VIII   1146.     ye^Siaiva    BGU 

I  148.  Tebt.  I  117.  Oxy.  XII  1414.  vTtrjoa  Tebt.  I  120.  y-ovoU  Oxy.  XII 
1489.  Bierverkäuferin  BGU  IV  1126.  Handwerke:  für  alles  Einzelne  ver- 
weise ich  auf  Reil.  Steinhauer,  Maurer  usw,  (Berührung  mit  der  Kunst) 
Xarofioe,  la^ös  (Polierer),  orvXoTtotög,  fia^ud^ios  USW.  Mühlsteine  macht  der 
uvloy.ÖTtos.  Maurer  olxoSöfiog.  Ziegler  Tthrd-onoiög.  Gebrannte  Ziegel  erst 
in  römischer  Zeit.    Tischler  und  Zimmermann  rsy.zcov.  Schiffszimmermann 

fuvnrjyös.  Schmied  '/nt.y.evi,  aibr,oo/_a).y.Evs,  r]ioy.67Tog,  fioXvßovoyög,  y.aaaiTEQüg, 
yaly.oy.ollr^rrig,    yovaoyöög,    äoyvooy.önos     USW.        Vgl.     beS.     Wilcken,     Chr.     326. 

Oxy.  XII  1413.  Glaswaren  z.  B.  Witk.2  5.  Qxy.  IV  741.  X  1294.  Weber, 
in  der  Regel  ye^diog,  auch  Iwövfog,  ßvoaovoyös  u.  a.,  byz.  TaoGiy.doiog  (nach 
den  berühmten  tarsischen  Stoffen).  Walker  yvacfevg,  Färber  ßMfeig.  Eine 
ganze  Weberfamilie  Oxy.  1,1  288  (22—25  p.  C).  Stofflieferungen  für  kaiser- 
liche Truppen  in  Kappadokien  bespricht  der  unpubl.  Berl.  P.  11712.  Sticker 
Tzoiy.drijs.      Schneider    ■^TtrjTjjg.     Schuster    ay.vrsvg.    Gerber  ßv^ao8eipr]g.     Seiler 

ayOit'ioTx't.öy.oi.       Korbflechter   y.aXad-OTxXöy.og.      Töpfer   y.Eoaftevg;    ein      y.toaiitiov 

Tebt.  II  342  beschrieben,  vgl.  Reil  39.  Särge  z.  T.  noch  in  Stein,  vielfach 
aus  Holz,  Papyrusgeflecht,  Papyruskartonnage  (vgl.  Kap.  3  u.  19).  Bäcker 
äoToy.öTiog.  Fleischer  gewöhnlich  adysi^ogi  byz.  fia-^eU.äoiog.  Eine  Bäckerei 
{y.hßdvcov)  beschrieben  Mitteis  Chr.  107.  FischpökJer  TnQiysvrrjg.  Bierbrauer 
i:vT07Toiöi.  Lateinische  Lehnwörter  in  der  Silberindustrie,  Gefäß-  und  Kleider- 
namen bekunden  einen  gewissen  Einfluß  des  Westens.  Zu  den  hohen  Lei- 
stungen alexandrinischer  Technik  vgl.  Heron  ed.  Heiberg.  Diels,  Antike  Technik, 


430  EINZELNES. 


B.G.T.  1914.  Zu  den  Innungen  vgl.  außer  Reil  bes  die  Verhandlung  des 
Rates  von  Oxyrh.  über  die  Weber  Oxy.  XII  1414,  auch  1428.  Ryl  II  189. 
Die  Stadt  lind  die  Bäcker:  Oxy.  XII  1454.  Die  Schuster  haben  in  den 
Memnoneia  gemeinsame  Gräber:  Paris.  5(114  a.  C).  Innungen  in  byz.  Zeit: 
Hamb.  56. 

Handel:  Wilcken,  Grundzüge  2ü2ff.  Rostowzew,  Arch.  f.  P.  IV  298.  Mommsen 
RG  V.  Eine  Bearbeitung  ist  nach  Wilcken,  Grundzüge  268  Anm.  2  zu  erwarten. 
Ferner  Strabo  17  und  der  Periplus  Maris  Erythraei.  Alexandreia  nach  Strabo 
17  p.  798  ueyiarov  iuTiöQiof  rfjs  oixoi!fiiri]ä.  Zu  seinen  Häfen  vgl.  Wilcken  Chr. 
260.  Kilo  12,  365.  Osthandel  Wilcken  Chr.  273,  2/3.  Jh.  p.  C:  Rest  eines 
Zollgesetzes  {vö/nos  rskcovixös).  OG.  I  132.  186  (62  a.  C),  damals  ein  bes. 
Stratege  des  Indischen  und  Roten  Meeres,  docöuma  wurden  in  Ägypten  ver- 
arbeitet, Puteolana  Tebt.  II  413  (2/3.  Jh.  p.  C);  vgl.  Wilcken  Chr.  326. 
Getreideeinfuhr  unter  Philadelphos:  Athen.  V209b,  unter  Euergetes  1:  OG.  I  56. 
Vom    alex.    Durchgangshandel    sagt    Strabon:   »'«*'  Sk  xal  aröloi  /ityälot 

urik/.onru  nixp^  "^'7=  'Jt'Sixijs  xal  x&v  (i.xQO)y  xwv  Al^i07iixS)v,  e^  S>v  6  nokvri/uö- 
jaros  xOfiit,t'tai  föoros  eis  lijv  A'iyvmov  xdvrevd'EV  eis  rov<;  äXXovs  exTrefiTreiat 
TOTiovs,    ö'}OTe  rä  re?,ri    Sinkdaiu    avvdyerni,    in  ftsv    eisnyofyixd,    rd    Ss    e^ayoiytxd. 

Römische  Geschäftsleute  127  a.  C.  in  Alex.  OG.  I  135.  Die  alex.  Ur- 
künden  aus  der  Zeit  des  Augustus  nenn.n  viel  Römer.  Vgl.  Kap.  13  und  lö. 
Binnenhandel:  viele  Bezeichnungen  wie  dloTxmlm,  ilaionalai,  i^vTOTt&Xai, 
if ay.noTiiüXui,  Ö7iiooo7i(bhu  usw.  offenbaren  die  reiche  Entfaltung  des  Klein- 
handels. Während  der  Kleinhändler  entweder  durch  Bildung  mit  raohfi  und 
7ti)axrfi  oder  als  y.dmjloi  bezeichnet  wird,  scheint  euTrooos  auf  den  Groß- 
händler zu  weisen;  z.  B.  oh'£ftno(>os  Oxy.  VII  1055.  eQÜfinoooe  Wilcken  Chr. 
288  usw.  Durchgangsverkehr  von  Sokn.  N.  Wilcken  Chr.  277.  Bazar  von 
Koptos  Wilcken  Chr.  326.  Die  alex.  leTodycovo^  moä  BGU  IV  1127.  1167  II. 
Markthandel  Wilcken  Chr.  430,  wo  ein  Eierhändler  sich  zum  Handel  auf 
der  dyooä  verpflichtet  und  den  Handel  im  Geheimen  oder  im  Hause  ausdrück- 
lich ablehnt.  Terrakotten  bei  Weber  325.  368.  In  einem  ■navxoTKbliov,  Oxy. 
III  520, finden  sich  gepökelte  Fische,  Weizenmehl,  Seile,  Fischreusen,  Matratzen, 
Stühle,  Bettfüße,  Matten,  Eisen,  Purpur  usw.,  ähnlich  wie  bei  uns  in  kleinen 
Städten.  Auch  für  den  Handel  würde  eine  Arbfeit  über  die  Preise  viel  er- 
geben. 

Verkehr.  Wilcken,  Grunuzi'ge  372ff.  Preisigke,  Kornfrachten  im  Fajum, 
Arch.  f.  P.  III  44.  Rostowzew,  Kornerhebung  un  i  Transport  im  gr.-röm.  Äg. 
Arch.  f.  P.  III  201.  Rostowzew,  KHo  6,  249.  Preisigke,  Die  pto!.  Staatspost, 
Klio  7,  241.  Inder:  Id^on-  Vv^o.- Wilcken,  Arch.  f.  P.  III  320.  'hSiy.h,  als  Name 
Oxy.  II  300.  Die  Posse  von  Oxyrhynchos  (vgl.  Kap.  8)  bringt  Stellen  in  kanare- 
sischer  Sprache.  Zur  Mischung  -ler  Bevölkerung  vgl.  Kap.  15.  Ägypten  als 
Reiseziel:  zahlreiche  Inschriften  in  Theben,  Philai,  Abydos  und  sonst.  Besuch 
des  Senators  L.  Memmius:  Wilcken  Chr.  3;  des  Germanicus:  Zucker,  S.  B.  Berl. 
Ak.  1911,  794,  Hadrians  und  anderer  Kaiser.  Vgl.  Schubart,  Internat.  Monats- 
schrift, 1913.  Brief  des  Rheders  Eirenaios  aus  Rom  Wilcken  Chr.  443,  des  See- 
soldaten Apion  aus  Misenum  Wilcken  Chr.  480.  Verkehr  mit  Konstantinopef 
Wilcken  Chr.  446.    Paß  Oxy.  X  1271  (246  p.  C),  Eingabe  an  den  Statthalter 

mit  Genehmigungsvermerk:  Oialt^Uo  <PiQuoj  end^/oy  AlyvTnov  na^ä  Ai^ry.iui 
MaQxiai'f^s  —iSriT(idos)'  ßoiXof.iat,  xvpie,   exTiktvaai  Sid  (pdfjov   diicö  y^dipai  oe   rcf 


EINZELNES.  431 


iTftT^ÖTtfp    T^s    (Pä^or    aTiof.vaui    iie    y.ajo.    rö    sd'oi-    UfuJ^Mt'    a-    Sievrvyai.      Von 

2.  Hand  lat.  Genehmigung.  Auch  der  Onomon  des  Idios  Logos  und  der  Tarif 
von  Koptos,  00.  II  674,  sehen  einen  f  at  vor.  Technischer  Ausdruck  ist 
d7Töaxo'/.o~,  ctTiooxö'iAor.  Reisen  nach  Aiexandreia  um  Arbeitsgelegenheit  üxy. 
IV  744,  dazu  Dei^'mann,  Licht  v.  Osten 2,  lH;  um  der  Bildung  willen  Wilcken 
Chr.  22.  Über  die  (iyyaoeia  Zucker,  S.  B.  Berl.  Ak.  1911,  804tf.  Rasthäuser: 
ßaadixT,  yjnälioii  Petr.  III  46(1).  P.  Hai.  1,  166,  beide  3.  Jh.  a.  C;  auch  die 
a-cad-uoi  der  Soldaten  hängen  ursprünglich  damit  zusammen.  Zelte  benutzen 
z.  B.  L.  Memmius  und  Germanicus,  s.  0.  y.a-tat.vaaxa  in  Memphis  Paris.  12  u. 
34.  |eWa  Wilcken  Chr.  496.  änavirjfioiov  6/7.  Jh.  p.  C.  P.  Jand.l7.  Vgl.  Lukas 
10,  34.  Schiffe:  ihr  Inhalt  nach  Artaben  berechnet,  auch  Oxy.  VII  1068,  wo 
es  sich  um  Beförderung  einer  Leiche  handelt.  Der  Getreidetransport  zu  Schiffe 
wird  sehr  oft  erwähnt.  Nur  wo  kein  schiffbarer  Kanal  vorhanden  war,  benutzte 
man  die  teureren  Lasttiere,  Wilcken  Chr.  166  (3.  Jh.  a.  C).  Beispiele  für  den 
Getreidetransport  Wilcken  Chr.  441.  Hibeh  I  110  R.  I  39.  Oxy.  VII  1048. 
IX  1197.  X  1259  und  viele  andere.  Die  Kähne  hießen  tt'/.oio^  (darunter 
' E/J.riiy.ü),  ydjjy.ovooi,  li/ußo-,  '/.oiacooia  (byz.),  hatten  Namen  und  Abzeichen. 
Beteiligung  des  Königs  und  der  Königin  am  Frachtverkehr  zu  Wasser:  Arch. 
f.  P.  V.  226.  298.  Vgl.  Petr.  III  107.  Rheder  und  Spediteure,  tavyl^oot 
und  eySoxecs.  OG.  I  140.  Strack,  Dynastie  d.  Ptol.  p.  258  Nr.  115.  Bes. 
Wilcken  Chr.  444.  Hamb.  17.  Vgl.  im  Allg.  Reil,  Gewerbe  86ff.  Schiff 
oder  Esel  werden  als  die  landesüblichen  Beförderungsmittel  betrachtet  Wilcken 
Chr.  488.  Segelboot  ist  meistens  vorauszusetzen,  ausdrücklich  bezeugt  z.  B. 
Oxy.  IX  1223.  Hibeh  I  38.  Magdola  11.  Ortsverkehr  durch  Fähre:  P.  M.  Meyer, 
Griech.  Texte  aus  Äg.  127ff.  Fähre  ^ood-uts  oder  7io(>d-ueioi'  z.  B.  Oxy.  IV 
732.  Dahabije  des  Königs  Athen.  V  203e.  Die  Verkehrsmittel  waren,  abge- 
sehen von  Dampfer  und  Eisenbahn,  ebenso  wie  noch  heute.  Kanal  von  Babylon 
zum  Golfe  von  Sues:  Oxy.  XII  1426.  Straßen:  .inaiuy.r,  dSös,  ßaa.  ovuri 
häufig.  Wegebesserung  für  den  Besuch  des  Königs  Petr.  II  13  (18a),  3.  Jh.  a.  C. 
So  wurde  in  der  Neuzeit  die  Straße  von  Kairo  nach  den  Pyramiden  für  den  Besuch 
der  Kaiserin  Eugenie  gebaut:  ähnlich  in  Palästina  für  den  Besuch  Kaiser 
Wilhelms  II.  Auf  eine  Kunststraße  weist  Wilcken  Chr.  196  (283  p.  C):  Ar- 
beiter aus  Kasion,  KaoiffjTia,  bauen  eine  Kunststraße  im  Oxyrhynchites;  Suidas 
bemerkt  zu  ihrer  besonderen  Technik  (Kaauojiy.ä  soyaj:  oi  </vacy.r  li/ii  äauaTa 
s7i?.sxov  Soy.ovs  sTti  Soy.oii  awuTtrovres.  Brückenbau  Wilcken  Chr.  387.  Wüsten- 
straße Koptos-Berenike  OG.  II  674  vgl.  I  132.  Antinoupolis-Berenike  OG. 
II  701;  sie  ist  iS^eviiaan-  df&öroii  y.al  arad'uoii  y.ai  (foovoion  versehen.  Last- 
tiere: 6vri).dTiu  und  y.rr-voTQö'foi  sind  nach  Rostowzew  richtige  Transportge- 
sellschaften, vgl.  BGU  I  15  II,  wonach  damals  (ca.  200  p.  C.)  die  oirldxai.  die 
Pflicht  haben,  jeder  3  Esel  zu  stellen  (xotovia).  Zu  den  Transportkosten  Oxy. 
VII  1049  (Ende  2.  Jh.  p.  C):  für  den  Esel  täglich  2  Dr.,  für  den  o/V-«^»?? 
1  Dr.  50b.  oder  2  Dr.  40b.  Tebt.  I  92  (Ende  2.  Jh.a.C.)  handelt  vom  Getreide- 
transporte von  Kerkeosiris  im  südl.  Fajum  zum  Bahr  Jussuf  durch  Esel> 
160  Stadien  weit.  Kamel,  beim  Heere  Oxy.  I  43,  Wilcken  Chr.  245;  für  Stein- 
lasten Oxy.  III  498.  Es  gab  wie  heute  Kamelzüchter,  die  einen  Stall  ('<«/</;/<»*') 
unterhielten  und  die  Tiere  vermieteten  BGU  I  354.  357.  Wilcken  Chr.  246,  alle 
aus  Soknopaiu  Nesos,  das  wegen  seiner  Entlegenheit  der  Kamele  besonders  be- 
durfte.   Den  Kamelen  wurden  Stempel  aufgebrannt,  z.  B.  d-evi]  (d-r^za  rv  ^ra) 


432  EINZELNES. 


und  >"i«  (y-äy.  lai  aXfn)  Mitteis  Chr.  261.  Auf  die  fremde  Herkunft  und  die 
Einfuhr  der  Kamele  weisen  die  häufigen  äoaßixä  ya^äy^aTa.  Pferde:  Die 
Papiere  des  Kephalon  Petr.  II  25.  Wagen  %<«,  owcoqU,  dua^a,  später 
xdo^or  (P.  Flor.  II).  Soldatenpferde  z.  B.  Petr.  11  35a  (3.  Jh.  a.  C).  Reit- 
esel z.  B.  Oxy.  X  1275.  Wi.  Chr.  411  {ßabion'ji).  Reitkamel  z.  B.  Wiicken 
Chr.  436.  Reiseverbindungen:  in  4  Tagen  von  Theadelphia  nach  Alexandreia, 
Jährt,  am  Nil  70.    Post:  private  Briefbestellung  wird   häufig  erwähnt,  z.   B. 

Oxy.  VIII  1153  (1.  Jh.  p.  C.)  iy^  Se  svqcov  tö  nlolor  naTaTiliov  dvayxaio)^ 
eSo^a  SrjlMOdi    ooi  Jtepi  riöv  npoyaypafifiEVcov.    Oxy.   II   293.    WilckeU   Chr.  119. 

Großstadt.  Briefadresse  (Alexanlreia)  Lond.  III  p.  286/7,  84  p.  C:  eäv  Se  fioi 

e7ttaxolä[s]  TieuTtrjs,  ns/tifsti  eis  ro  Oecovog  rpayrjuuTOTZcöliov  sie  rö  XapiSiqfiov 
ßaXavelov  y.ai    ev   rcäi    soyaart]oicoi    svQrjoet.    ^tXov    rov    rov    Siüpov  xal    airög  uoi 

dvaStboK  Vgl.  Kap.  11.  Über  die  Kgl-  Post  um  255  a.  C.  unterrichtet  ein 
Hibehpap.,  jetzt  Wiicken  Chr.  435;  es  ist  das  Tagebuch  einer  Poststation,  die 
etwa  vor  dem  Eingange  des  Fajum  gelegen  haben  muß  in  der  Gegend  des 
heutigen  Wasta.  Die  Postreiter  haben  bestimmte  Strecken,  teils  nördlich,  teils 
Südlich.   Näheres  bei  Preisigke.   Landpost:  Wiicken  Chr.  436  (111  a.  C.)  mit  44 

ßiß'/MUfÖQoi,  1  thQoypdfOf,   1  y.aiiqliTi]s^  1  sfoSoi.   Vgl.  P.  Hai.  7.    Staat!,    iniaro- 

Xaföpoi  der  Kaiserzeit  Oxy.  XII  1587.  Schnellpost  der  byz.  Zeit,  cursus 
velox  =  o^i-s  Spöfioi,  auch  sie  liturgisch  verwaltet,  Wiicken  Chr.  437.  Sie  ar- 
beitet mit  Eseln,  Maultieren  und  Pferden.    Privatpost  der  Großgrundbesitzer 

Z.  B.  Oxy.    I   138   (610/1   p.  C.)  rcay.i doioi    rov   o^ecos    Soouov  rov    svSö^av    v/ucör 

oiy.ov,  d.  h.  der  Apionen.  Wiicken  Chr.  438  (550  p.  C.)  ot.v5  S^öfiog  auf  dem 
Gute  des  Fl.  Serenus.  Oxy.  VIII  1164  (6/7.  Jh.  p.  C.)  ol y^afifiaxrjyö^oi ^Id-aj' 

TiQÖs  e/u£  fspovres  uoi  ypäfiuara  rfjs  vfiere^as  Jtar^txijs  jueyaXoTt^eTVsiag.     MiÜtär- 

post  Wiicken  Chr.  480. 

Geld:  Wiicken,   Grundzüge  LXIff.     Mommsen,  Zum  äg.  Münzwesen,  Arch. 

f.  P.  I  273.    Münzen:  SvoronoS,  rä  voidafiura  rov  y()drovs  rcöi^  flrolsfiaicov  1904; 

der  Textband  deutsch  1908.  Wiicken,  Ostr.  I  718ff.  Tebt.  I  App.  II.  Alexander- 
münzen blieben  unter  den  Ptolemäern  in  Umlauf.  Das  Füllhorn  meistens  auf 
dem  Revers  der  weiblichen  Köpfe,  aber  nicht  immer.  Die  goldenen  und  silbernen 
Ptolemäermünzen  sind  im  Allg.  gut  geprägt.    Goldzahlung  z.  B.  P.  Eleph.  20 

^223  2  a.  C.) :    xovoiov    fj    aoyvQiov    wuvov    rofiiofiaros   V   Siayooirtg    fßSofiyxovra. 

Nicht  alle  Münzen  wurden  von  vornherein  geprägt,  manche  erst  später.  Für  das 
Verhältnis  des  Silbers  zum  Kupfer  vgl.  z.  B.  Wiicken  Chr.  309  (111  a.  C.) 
40  Dr.  Silber  =  3  Tal.  2000  Dr.  Kupfer,  d.  i.  500:1.  Oxy.  II  242  (77  p.  C.) 
692  Silberdr.  =  51  Tal.  5400  Dr.  Kupfer,  d.  i.  450:1.  Der  unpubl.  Berl.  Pap. 
11651,  Mitte  des  2.  Jh.  p.  C,  rechnet  durchweg  mit  300:1.  Das  Agio  wurde  im 
3.  Jh.  a.  C.  bezeichnet  durch  %aly.ov  slg  xgC,  d.  h.  auf  die  Tetradrachme 
(=  Stater)  nicht  24,  sondern  26V2  Obolen,  im  2.  Jh.  a.  C.  xalxös  oi  ällayi], 
in  derselben  Höhe  von  10  Dr.  2V2  Obolen  auf  die  Mine.  Wo  Kupfer  pari 
genommen  wurde,  heißt  es  laörofioc,  z.  B.  Tebt.  I  99  (ca.  148  a.  C.)   yaQ.xov) 

ov  (äXhtyij)  ^raA.^   fi^    kor     (47    Tal.    5250    Dr.),      iao(vöuov)    rdXavra    äqS    'ßvi 

(1094  Tal.  2410  Dr.).  In  der  Kaiserzeit  finden  wir  Drachmen  zu  6  und  zu 
7  Obolen  neben  einander,  je  nachdem  die  Denardrachme  gemeint  ist  oder  die 
Billondrachme.  Die  Münzfragen  sind  auch  nach  der  Behandlung  durch  Mommsen 
noch  längst  nicht  geklärt,  so  daß  diese  kurze  Übersicht  nur  bedingt  gelten 
darf.   Römische  Münzen  begegnen  in  den  Papyri  selten;  der  Denar  wird  all- 


EINZELNES.  433 


mählich  häufiger  genannt,  Asse  sehr  selten,  z.  B.  Oxy.  IV  737.  Solidus  und 
siliquae  heißen  in  den  Papyri  vöiuaaa  und  y-sodria,  solidus  auch  =  blo/.orxwoi. 
Zur  Verschiebung  des  Geldwertes  Ende  des  3.  Jh.  p.  C:  Die  Banken 
lehnen    Kaisergeld    ab    (Oxy.   XII   1411,    260  p.  C):    Aio.  UTolefiaios  ö  xai 

Nsfisaiavös  OT^aTqyö-;  'O^v^vyxeirov.  rwv  Sr]uooicov  sig  ev  avvayd'ev'taiv  y.al 
■airiaoafisrctiv  roiis  Tcäv  y.oXXvßiGTiy.cJv  rgane^öjv  ToaTts^eiras  o)S  ravrag 
dTCoyJ.eiaavrfasJ  .r(3  ui]  ßov/.ead'ai  TToosisad'ai  tö  3'slof  imv  Eeßaarcöv 
vöfiia/tia,  ä[vdy]y.T]  yeyevrjrai  TTagayyeXfiaTi  TrfapayJyeXrjvat  Tiäaei  roTs  ras  rpa- 
sistas  xey.rfTjfieJvfoiJs  ravras  dvol^ai  y.ai  Ttäv  v6fii.a[in]a  TCQOsieod'at  tvXtjv 
fiäXia[ra]  naQaiiitov  y.ai  xißSijlov  xat  y.araxfsojuajri^eiv  USW.      Hierzu    Stimmt 

vortrefflich,  daß  bis  in  diese  Zeit  nicht  selten  für  Zahlungen  Ptolemäermünze 
ausbedungen  wird,  die  vollwichtig  war.  Für  die  byz.  Zeit  vgl.  bes.  die  wert- 
vollen Zusammenstellungen  bei  Wessely,  Ein  Altersindizium  im  Philogelos,  SB. 
Wien.  Ak.  149  (1904).  Kamelpreise  BGU  I  88(147  p.  C.)  800  Dr.  BGU  I  100 
<159  p.  C.)  780  Dr.  Mitteis  Chr.  265  (289  p.  C.)  I6V2  Tal.  doyv^iov  IsßaoT&v 
vofiiauaTos.      Kursschv. ankung   z.   B.    Oxy.    IX    1223   (Ende    4.   Jh.    p.  C.) 

o   öXoy.örrivos    rvv    fiv(oid8a>v)    ' ßy.    laxiv    (1    soliduS  =    2020    Myr.),   y.areßi]    ydg 

<er  ist  gefallen).  Vgl.  Oxy.  XII  1430  (1  solidus  =  ca.  3  Tal.)  Ähnliche 
Vorgänge  liegen  dem  Wandel  des  Goldsolidus  zum  ital,  soldo,  frz.  sous,  und 
<Jer  arab.  Silbermünze  fadda  zum  Vio  des  Piasters  zugrunde.  Bleipe'd  150—230 
p.  C.  in  Oxyrhynchos,  siehe  Milne,  the  leaden  token-coinage  of  Egypt  under 
the  Romans  (Numismatic  Chronicle  IV  Ser.  1908,  287). 
Bankwesen:  Preisigke,  Girowesen  im  griechische-!  Ägypten.  Straßburg  i.  E. 
1910.  Preiiigke,  Zur  Buchführung  der  Banken,  Arch.  f.  P.  IV  95.  Eine  neue 
Bearbeitung  des  großen  Stoffes  ist  nötig,  da  Preisigke  zu  sehr  von  modernen 
Voraussetzungen  ausgegangen  ist.    Man  nehme  nur  in  seiner  Li:te  p.  17  Fälle 

"Wie   Nr.    9  V    £*■    UroleuaiSi    Ei)Eoyeri8i    Srjuoaia   rouTte^a   JojqImvos    ToaTie^irov, 

um  zu  sehen,  daß  der  Unterschied  zwischen  Staatskasse  und  Privat- 
bank im  Grunde  hinfällig  ist.  Ziemlich  klar  liegt  es  bei  der  häufig  erwähnten 
Sarapeumsbank  in  Oxyrhynchos,  vgl.  Preisiö:ke  p.  20ft.  (auch  Oxy.  IX  1132): 
«s  '"st  eine  Privatbank,  durch  die  auch  der  Staat  seine  Geschäfte  besorgt. 
Natürlich  konnte  der  Staat,  wie  er  Banken  verpachtete,  auch  selbst  solche 
errichten  und  sie  im  Wesentlichen  als  Staatskasse  benutzen,  und  er  hat 
€s  allem  Anscheine  nach  getan ;  ob  er  an  seiner  rodTce^n  außerdem  das  Geschäft 
des  Geldwechslers  betrieb,  wissen  wir  nicht.  Die  Sache  liegt  ähnlich  wie  bei 
andern  Monopolen:  der  Staat  konnte  eigne  IgyaoTr^oia  unterhalten  oder  sie 
verpachten  oder  in  anderer  Weise  sich  nutzbar  machen.  Auch  Partsch,  GGA. 
1910,  725ff.,  zweifelt  an  Preisigkes  Auffassung  Zum  Bankmonopol  vgl. 
Wilcken  Chr.  181  ff.  Überweisung  Preisigke  185 ff.  Man  zahlt  ^^  rijs 
Tov  SsTva  rgaTte^rji  anstatt  Siä  yjigds  st  oiy.ov,  z.  B.  Mittels  Chr.  266  (54  p.  C.) 

Stu  rfjs  E711  TOV   7tods''0^vovy/ojv  nöXei  HugaTtieiov  HaoaTticavos  tov  Aö/ov  roaTCE^Tjs 

und  so  vielfach.  Wilcken  Chr.  175  (201  p.  C.)  Alexandreia:  Überweisung 
von  1498  Dr.  durch  die  Bank  der  AvgTqhot.  zliovvaios  xal  Ma^ifiivos.  Bank 
auf  dem  Dorfe :  Mitteis  Chr.  175  (131  p.  C.)  dTtö  rfjs  nalaiiriSovg  rov  'Owcbfoecos 
rganeXrii  JiovvaidSos.  Menge  der  Banken:  Hamb.  33  (2.  Jh.  p.  C.)  Konto- 
buch einer  Bank:  Tebt.  II  347  (2.  Jh.  p.  C.)  Steuerzahlung  durch  eine 
TQdTte^a  z.  B.  Oxy.  II  288.  289.  Lösungsgebühr  für  eine  Freilassung  Oxy.  I  50 
<100  p.  C).    Hinterlegung  von  Strafgeld  eines  Beamten  Oxy.  I  61  (221  p.  C). 

Schubart,  Papyruskande.  28 


^34  EINZELNES. 


Miete  BGU  III  981.  Fernverkehr  Fay.  87  (155  p.  C.)  Preisigke  p.  270,  wo 
die  Zahlung  erfolgt  (im  Dorfe  oder  in  der  Gauhauptstadt)  em  nö  tö  iaor  «* 

Alsi,avb^Bi(i    bodTjvat    t(ö    eTil    rcöv    arefifiäTMV    7iQo-iitxi(Qiöi.iEvco)'^    daß   die   Bank 

den  Betrag  in  bar  an  den  genannten  alexandrinischen  Stadtbeamten  habe 
befördern  lassen,  ist  schwer  glaublich.  BGU  IV  1064  (278  p.  C).  Die  andern 
Beispiele  bei  Preisigke  beweisen  nichts.  Den  Eindruck  eines  Schecks,  abge- 
sdien  von  der  Briefform,  macht  Genf  2  (3.  Jh.  p.  C),   Preisigke  209:  Svooi 

'Ale^dvS(>(p  ;(««(>£<*'•  xakcös  7ioti]oeis  Sovg  t(ö  ävaÖiSövri  ooi  rd  ni/crdxiuv  Jlftaioyvt 
v(7ieQ)  ftev  TÖicuv  ^  S  f  {4  Dr.  4  Ob.)  y-f^i  üttö  tov  y.e<paXaiov  s  S,  cbg  yevead'ai  ' 
rj  F'    äVka  /nrj  dfisKrjoiis,    snei  rag  Haag    eoxor   Tza^'  aiirov    svd'dSe    ejii  ifje  ttoIscos- 

Deutlicher  ist  P.  Meyer,  Gr.  Texte  ausÄg.  6, 14—20(121  p.C):  (Pihnnog ' Acp^o- 

Siaiov  ITTokfeJfiaiqj  ToaTtsf^Jsirr^  yaloeiy  ■/oi]f.idxn}ov  en\  t»/»  TOiaKäb[olg  to[v] 
riavvi  firjvos  töv  evsorcördg  srovs  "Ho[iovJi  ' [ayy^uovos  täi  caas  u>v  eiryQ'iqarriftai 
rftö.  L  'AS^iai'ov  rojv  xv^ifov]  dgyvQiov  S(>axfiäi  Siaxo[o]iag  [TeaaJagdy.ovTrc 
öxTcö,    yeivovrai    Soayjual    Siay.öaiai    Tsaaeodxövra    oytcb.      Datum.       Noch    unklar 

ist  BGU  IV  1167,  3ff.  Daß  die  Banken  sich  auf  Geldwechseln  und  Verwal- 
tung der  Depositen  beschränkt  haben,  ist  möglich;  denn  auch  heute  betreibea 
nicht  alle  Banken  zugleich  andere  Unternehmungen,  z.  B.  in  England.  Aber 
vgl.  Matth.  25,  27.  Auch  der  Giroverkehr  bedarf  erneuter  Untersuchung,, 
zumal  da  Preisigke  ihn  wohl  etwas  überschätzt  hat.  Die  Zinsen  werden 
monatlich  auf  die  Mine  berechnet,  daher  bedeutet  Töy.ov  Touodoleiov  6''o^ 
xsiQwßoleiöv  8'*'o'  ^V«/^."'^»'  ^^t)  24%.  Private  Geldleiher  z.  B.  Amh.  II  128. 
Wucher  Rvl.   II  119. 


XIX.  LEBENSWEISE  UND  SITTE. 

Obwohl  die  Stadt  vom  Dorfe  sich  staatsrechth'ch  von  Hause 
aus   nur  in  den   wenigen  autonomen  Hellenenstädten  unter- 
schied und  sonst  erst  mit  der  kommunalen  Autonomie  der  Metro- 
polen zu  ausgeprägter  Eigenart  gelangte,  wich  zu  allen  Zeiten  die 
Anlage  der  Stadt  von  der  des  Dorfes  ab.  Alexandreia  wurde  nach 
einem  Plane  gebaut,  der  auf  den  Milesier  Hippodamos  zurückging 
und  vorher  bereits  mehrfach  angewandt  worden  war;  gegenüber 
der  unregelmäßigen  Bauweise  der  alten  griechischen  Städte  führte 
Hippodamos    die   geraden    Straßen   gleicher  Breite    ein,    die   sich 
rechtwinklig  schneiden  und  die  Stadt  in  rechteckige  Häuserblöcke 
zerlegen.    Nur  beim  Ausbau  alter  Städte  oder  der  Gründung  neuer 
konnte  man  so  verfahren.     Thurioi  und  Rhodos  sind  die  b'ekann- 
testen  Beispiele  dieser  Anlage;  besonders  lehrreich  aber  ist  Priene. 
wo  man  sie  ohne  Rücksicht  auf  die  Bodengestaltung  gewaltsam 
durchgeführt  hat.      Einen   Eindruck  davon  gewährt   noch  heute 
auch    Pompei.     Zwei    der   sich    kreuzenden    Straßen   wurden   in 
Alexandreia  als  Hauptwege  durch  besondere  Breite  ausgezeichnet. 
Diesem  Vorbilde  folgten  die  Griechensiedlungen  Ägyptens,  gleich- 
viel ob  sie  Städte  im  Rechtssinne  waren  oder  nicht;  am  wenigsten 
naturgemäß  das  ältere  Naukratis.     In  Arsinoe,   Hermupolis,  Anti- 
noupolis,  Oxyrhynchos  begegnen  wir  einer  ähnHchen  Anlage  und 
z.  T.  sogar  alexandrinischen  Namen,  wie  sowohl  die  Papyri  als 
auch  die  Baureste  erkennen  lassen.    Die  jüngeren   Städte  haben 
Alexandreia  gelegentlich  an  Straßenbreite  übertroffen.    Wo  bereits 
ägyptische    Siedlungen    größeren    Umfanges   bestanden,   mag  der 
griechische  Bauplan  sich  nur  unvollkommen  und  allmählich  durch- 
gesetzt haben,   und   in  wesentlich  ägyptischen  Orten,  namentlich 
der  Thebais,  dürfte  er  kaum  durchgedrungen  sein.     Wie  Alexan- 
dreia sich  in  fünf  Stadtteile  gliederte,  die  man  ABT  JE  nannte, 
so  auch    die  ihm   nachgebildeten  Metropolen,   nur  daß  Zahl  und 
Namen  der  Stadtteile  selbstverständlich  verschieden  waren.    Die 
einzelnen   Häuserblöcke   nannte  man  hier  ^iliv^aa,  dort  a^icpoda. 
Im  übrigen   ist    von  der  Bauordnung  wenig   bekannt;   Gassen 

28* 


436  ■  ANLAGE  DER    STADT. 


{QVfirj,  laioa)  auch  Sackgassen  (rorpli]  Qvnr^)  schnitten  in  die  recht- 
eckigen Quartiere  ein  und  Heben  vermuthch  die  WiHkür  des  Be- 
bauers  trotz  dem  strengen  Schema  des  Stadtplanes  zur  Geltung 
kommen.     Das   alte  alexandrinische  Stadtgesetz  bestimmte,   daß 
der  Abstand  der  Häuser  in  der  Stadt  halb  so  viel  betragen  dürfe 
wie  außerhalb  der  Mauer,  nämlich  einen  Fuß;  wahrscheinlich  aber 
hat  sehr  bald   Alexandreias  Aufstieg  zur  Großstadt  über  diesen 
schon  sehr  geringen  Abstand  hinweg  zur  geschlossenen  Bauweise 
geführt.    Plätze  ergaben  sich  nur  an  den  Kreuzungen  der  Haupt- 
straßen und  da,  wo  sie  vor  Tempeln  oder  öffentlichen  Gebäuden 
besonders   ausgespart    wurden,    wie    man    wiederum    an    Pompei 
sehen  kann.    Da  nun  aber  neben  diesen  griechischen  Stadtanlagen 
wohl  überall  umfangreiche  Quartiere  der  Ägypter  bestanden,  wie 
es  Rakote  in  Alexandreia  war,  so  ist  der  Plan  schwerlich  irgend- 
wo ganz  rein  durchgeführt  worden,  am  ehesten  vielleicht  noch  in 
AntinoupoliS;  und  das  Gesamtbild  mag  dem  des  heutigen  Alexan- 
dreia oder  Kairo  ähnlich   gewesen  sein,   denn   auch   hier  berührt 
sich   eine   ziemlich   regelmäßig  gebaute   Europäerstadt  mit  einer 
unregelmäßigen,  winkligen,  krummgassigen  Araberstadt. 
Nicht  aus  den  Urkunden,  sondern  aus  den  Schriftstellern  kennen  wir 
einige  Straßennamen  Alexandreias  und  eine  beträchtliche  An- 
zahl seiner  Tempel  und  öffentlichen  Gebäude;  um  so  mehr  bieten 
die   Papyri  für  die   Metropolen,    namentlich   Arsinoe    und   Oxy- 
rhynchos.       Straßen,     Plätze    und     Quartiere     nach     Tempeln, 
Gymnasien,   Theatern   und   dergleichen  zu   benennen,   war  allen 
gemeinsam;  jedoch  tragen  in  Memphis  die  Quartiere  Nummern. 
Namen   von  Straßen    und    Quartieren    wie  3Iay.sdövtüv,   Bid-wCbv, 
'ElXrjvlov,  nalaicc  iJaQeußoli]   lassen   uns   einen    Blick   in   die   An- 
fänge   der    griechischen    Besiedlung  von   Arsinoe    tun,    während 
^axLVOTtwhov,    'AloTtwliov.    h    rolg  IAqtoy.Ötcoii^,  AivvcpLiov  auf  die 
Quartiere  der  Gewerbe,  die  der  Xrjvoßoaxol  auf  die  Vorstadt  und 
die  der  Araber  auf  Beduinensiedlung  hinweisen.    In  Oxyrhynchos 
heißt  ein  Quartier  nach  Kretern  und  Juden  {Kq}]tixov  xal  'lovdaiy.fjg), 
deren  es  also  einmal  viel  gegeben  haben  muß,  andere  wieder  nach 
Soldatenlagern  (iTtTiicov  naQe^ißolf^q  und  Av/Amv  naQsi.ißoXfig);  es 
gab    einen    Schustermarkt   (Jyoqa  ö-kvtüov)   und    einen    Kleider- 
markt   CAyoQcc  Ifiaruov)    und    nach    Alexandreias   Vorbilde    hier 
wie  in  Arsinoe  eine  Plateia,  wohl  die  Hauptstraße.   Nach  bekannten 
Mitbürgern  mögen  ^ArtollmvLov  ktlotov,  <Paviov  und  der  Pammenes- 
Park   {nafxf.i€vovg  llaQadstaov)  benannt  worden  sein,  Plätze  lagen 


HAUSBAU.  437 


vor  dem  Gyninasion  {doöf-iov  rct.ivaoiov  ^igbc  rfo  'Ooioeifi)  mi  rö) 
Tcmeio)),  vor  dem  Thoeristempel  {dQ6!.wv  doriQidog)  usw.;  und  der 
Schiffsverkehr  spielte  sich  am  Kai  (KQrjTvldog)  ab.  Diese  kleine 
Auswahl  aus  der  Fülle  bekannter  Namen  mag  ein  Bild  von 
Art  und  Entstehung  solcher  Bezeichnungen  geben;  nicht  alle, 
die  wir  finden,  waren  gleichzeitig,  und  besonders  in  christlicher 
Zeit  verdrängten  Kirchen  die  Tempel  und  damit  christliche 
Straßennamen  die  heidnischen,  wie  wir  es  bei  Arsinoe  und  Oxy- 
rhynchos  beobachten  können.  Denkt  man  sich  die  in  Kap.  17  ge- 
schilderten öffentlichen  Gebäude,  Theater,  Hallen,  Torbauten, 
griechische  und  ägyptische  Tempel  hinein,  hier  und  da  nach 
Alexandreias  Vorbilde  auch  Parkanlagen  und  städtische  Wasser- 
leitung, so  gewinnt  man  eine  Vorstellung  davon,  wie  etwa  die  be- 
deutenden Metropolen  in  ihrer  Blütezeit  unter  römischer  Herr- 
schaft ausgesehen  haben  mögen.  Ihre  Bauweise  hat  auch  auf  die 
Dörfer  übergegriffen;  insbesondere  scheinen  die  Soldatensied- 
lungen, die  im  3.  Jh.  a.  C.  im  Fajum  neu  entstanden,  nach  hippo- 
damischer  Art  angelegt  worden  zu  sein;  wo  schon  ein  ägyptisches 
Dorf  bestand,  mochten  sich  die  Kleruchen  wohl  bessere  Häuser 
bauen,  sich  aber  im  übrigen  einfügen.  So  weist  z.  B.  das  Fajum- 
dorf  Philadelphia  regelmäß'ge  Straßenzüge  auf,  während  Sokno- 
paiu  Nesos,  das  gewiß  immer  stark  ägyptisch  blieb,  den  Eindruck 
eines  unregelmäßigen,  winkligen  Fellachenortes  macht  trotz  der 
großen  Tempelstraße,  die  es  der  Länge  nach  durchzieht. 
Vom  Hausbau  erzählen  uns  die  Urkunden  und  die  Ruinen  mancher- 
lei, was  wenigstens  annähernd  ein  Bild  vermitteln  kann.  In  ptole- 
mäischer  Zeit  baute  man  mit  grauweißen  Nilschlammziegeln, 
erst  unter  den  Kaisern  mit  gebrannten  Ziegeln;  Haustein  kam  nur 
für  stattliche  Häuser,  Portale  und  dergleichen  in  Betracht,  während 
unbehauene  Steine  namentlich  in  den  Orten  am  Wüstenrande  gern 
benutzt  wurden.  Das  roheste  Verfahren  bestand  darin,  den  Nil- 
schlamm zwischen  Brettern  zu  formen  und  so  eine  Lehmwand 
herzustellen,  wie  es  noch  heute  in  ärmlichen  Siedlungen  zu  sehen 
ist;  jedoch  haben  wir  in  Städten  wie  Dörfern  als  Regel  die  Ziegel- 
mauer vorauszusetzen,  der  man  durch  eingelegte  Balken  mehr 
Festigkeit  zu  geben  suchte.  Da  man  leicht  und  schnell  bauen 
konnte,  baute  man  oft  leichtfertig  und  sorgte  nicht  für  die  Er- 
haltung des  Hauses;  wie  heute  in  ägyptischen  Orten  halb  oder  ganz 
verfallene  Häuser  noch  bewohnt  werden,  so  zeugen  auch  die 
Papyri   davon.      Das   Stadthaus  wurde,   wie  es  scheint,   häufig 


438  HAUSBAU. 


um  einen  Mittelhof  {cuO-qiov)  herum  angelegt,  auf  den  die  Zimmer 
mündeten;  ragte  das  Dach  nach  innen  über,  so  ergab  sich  aus 
stützenden  Säulen  leicht  ein  Säulenumgang;  ein  wohlhabender 
Mann  baute  etwa  an  der  Straße  einen  Torbau  {TtQOJtvlwv),  während 
im  übrigen  das  Haus  sich  gegen  die  Straße  so  abschloß,  wie  es 
der  Süden  forderte.  Zwei  bis  drei  Stockwerke  über  einander  {oiy.ia 
diorsyog,  TQioieyog)  scheinen  beliebt  gewesen  zu  sein,  wie  es 
auch  heute  in  Ägypten  der  Fall  ist;  im  Oberstock  (allgemein 
vtcsqCoov)  lagen  etwa  das  Herrenzimmer  {avdqeMv),  die  Frauen- 
wohnung {yvvaiyMvlxL^),  das  Speisezimmer  {oif-iTtöaiov)  und  das 
Schlafzimmer  {/mltmv),  wenn  man  nicht  vorzog,  unter  dem  Dach- 
zelte {■/.alvßij)  zu  schlafen.  Das  flache  Dach  (ö(J>/<a)  bot  und  bietet 
Raum  für  den  Aufenthalt  der  Menschen,  aber  auch  für  das  Tauben- 
haus. Der  Turm  (TtvQyog),  von  dem  wir  häufig  lesen,  scheint  sich  oft 
nur  über  einem  Teile  des  Hauses  erhoben  zu  haben,  und  die  Turm- 
stelen von  Aksum  mit  ein  paar  Thonmodellen  zusammen  können 
einen  Begriff  davon  geben,  wie  man  in  Großstädten,  Alexandreia 
und  später  auch  Hermupolis  oder  Arsinoe,  den  teuren  Baugrund 
durch  vielstöckige  Hochbauten  ausnutzte.  Zu  den  wesentlichen 
Teilen  des  Stadthauses  gehört  noch  die  e^sÖQa,  vielleicht  ein 
Empfangszimmer  im  Erdgeschosse  wie  die  arabische  Mandara. 
Jedes  Haus  hat  einen  Hof  {avXij),  der  sich  seitlich  anzuschließen 
scheint,  wie  es  auch  heute  vielfach  zu  sehen  ist.  Das  Bestreben, 
den  Raum  auszunutzen,  und  zugleich  die  Hitze  veranlaßten  Unter- 
kellerung. Darf  man  von  den  Dorfhäusern  des  Fajum  auf  die 
Stadthäuser  schließen,  so  waren  die  Keller  sehr  ausgedehnt,  denn 
in  Soknopaiu  Nesos  gibt  es  große  fensterlose  Räume,  die  nur  durch 
eine  Treppe  von  oben  zugänglich  sind,  und  unter  ihnen  noch 
kleine  spitzgewölbige  Keller,  die  man  durch  Einsteigelöcher  be- 
tritt, bisweilen  sogar  zwei  bis  drei  Keller  unter  einander.  Diese 
überwölbten  Keller  (xa/m^a)  waren  Vorratsräume  (x«ÄAa).  Es  ist 
zur  Zeit  noch  unmöglich  zu  sagen,  ob  das  Stadthaus  der  griechisch- 
römischen Zeit  mehr  altägyptischen  Vorbildern  oder  dem  helle- 
nistischen Hause  gefolgt  ist;  Ähnlichkeiten  mit  beiden  sind  un- 
verkennbar, aber  niemals  entscheidend;  auch  die  Andeutungen  rein 
griechischer  Bauteile,  wie  sie  gelegentlich  in  Alexandreia,  Ptolemais 
und  Hermupolis  vorkommen,  müssen  vorsichtig  beurteilt  werden. 
Das  heutige  Stadthaus  Ägyptens  kann  auch  nur  dann  etwas  lehren, 
wenn  es  weder  von  arabischem  noch  von  europäischem  Einflüsse 
berührt  ist;  vielleicht  sind  die  Neigung  zum  Hochbau   mehrerer 


EINRICHTUNG   DES  HAUSES. 439 

Stockwerke  auf  kleiner  Grundfläche,  das  Empfangszimmer  oft 
mit  kleiner  Vorhalle,  der  Hof  und  die  Abgeschlossenheit  nach 
außen  die  einzigen  Züge,  die  es  mit  dem  Altertum  verbinden,  weil 
sie  der  Natur  des  Landes  entsprechen.  Mit  ebenso  großer  Vor- 
sicht muß  man  die  namentlich  in  einigen  Fajumdörfern  ausge- 
grabenen Häuser  beurteilen;  immerhin  mögen  die  abgebildeten 
Grundrisse  (Abb.  22.  23)  mit  den  verhältnismäßig  großen  Zimmern, 
ihrer  bezeichnenden,  häufig  beobachteten  Treppenanlage,  ihren 
Wandnischen  und  Kellern  eine  Vorstellung  gewähren,  obwohl 
gerade  sie  wesentliche  Eigentümlichkeiten  des  Stadthauses  wie 
den  Innenhof  nicht  erkennen  lassen.  Von  den  Baukosten  wissen 
wir  nichts;  wenn  für  den  Neubau  der  Enkteseon  Bibliotheke  in 
Arsinoe  3282^2  Drachmen  ausgeworfen  werden,  so  müßten  wir  eine 
Ahnung  von  der  Größe  des  Gebäudes  haben,  um  zu  urteilen. 
Die  Inneneinrichtung  des  Hauses  umfaßte  außer  Türen  und 
Fensterläden  aus  Holz,  die  in  Kauf-  und  Mieturkunden  meistens 
besonders  genannt  werden  und  im  besseren  Stadthause  sicherlich 
nicht  nur  wie  oft  in  Soknopaiu  Nesos  in  krummen  Tamarisken- 
ästen bestanden,  Mühlsteine  und  Ölpressen  sowie  sonstige  Ge- 
räte, die  etwa  für  besondere  Gewerbe  und  gewerbliche  Räume 
{eQyaoTi]QLa,  yor^orriQLo)  nötig  waren.  Ein  ausgebauter  Brunnen 
{fpgmQ)  manchmal  im  Innenhofe,  oder  eine  Zisterne  auf  der  Straße 
oder  ein  Kanal  gewährten  das  Wasser,  das  mit  Hebearmen 
{y.rj'Uovei,ov)  oder  einer  Art  Flaschenzug  (tgoyiilUa)  ins  Haus  geführt 
wurde,  namentlich  in  Alexandreia  und  nach  seinem  Vorbilde 
in  den  großen  Metropolen.  Heute  befinden  sich  gewöhnlich  auf 
den  Treppenabsätzen  eingebaute  Thongefäße,  die  das  Wasser 
kühlen  (Zir),  und  im  Altertum  wird  es  ebenso  gewesen  sein. 
Stattliche  Häuser  besaßen  gemauerte  Kühlanlagen.  Sogar  die 
Klosettanlage  {laaavtrai  dupQol)  wird  bisweilen  erwähnt.  Im  ein- 
zelnen Zimmer  (oUog)  darf  man  sich  schwerlich  mehr  denken  als 
heute  der  Ägypter  um  sich  hat,  von  der  Ärmlichkeit  der  Fellachen- 
hütten ganz  zu  schweigen.  Im  Speisezimmer  etwa  einige  Divane 
mit  Kissen  oder  Polstern  (to/xA^vov),  im  Schlafzimmer  das  Ruhe- 
bett {y.llvin),  die  Kinderwiege  {ey/.oii.u]rqov),  ein  paar  Stühle 
{dupqög)  dürften  alles  gewesen  sein;  von  Tischen  ist  seltener  die 
Rede.  Aber  auch  mit  diesen  Dingen  konnte  Luxus  getrieben 
und  der  Eindruck  behaglichen  Wohlstandes  erweckt  werden. 
Allerlei  Gerät  und  Geschirr  aus  Thon  und  Metall,  in  reichen 
Häusern    Tafelsilber,    Kandelaber,    Teppiche,    Wandbilder   denke 


440  NAHRUNGSMITTEL. 


man  sich  hinzu,  um  die  Vorstelhmg  einer  solchen  Wohnung  zu  ge- 
winnen; einige  Matten  und  ein  paar  Thongefäße  genügten  in  der 
Hütte  des  Fellachen. 

Neben  dem  Privathause  des  besser  gestellten  Mannes  sehen  wir 
überall  das  Mietshaus,  auch  wo  es  nicht  ausdrücklich  mit  seinem 
Namen  owoiMa  genannt  wird.  Einzelne  Zimmer  und  Hausteile 
wurden  vermietet,  nicht  selten  aber  auch  verkauft;  das  tritt  uns 
in  den  Verträgen  wie  in  den  Steuererklärungen  der  Hausbesitzer 
überall  lebhaft  entgegen.  Man  nuiß  außerordentlich  dicht  und  eng 
gehaust  haben,  wenn  in  Arsinoe  189  p.  C.  nicht  weniger  als  27  Per- 
sonen den  zehnten  Teil  eines  Hauses  bewohnen.  Die  Großstädte, 
zu  denen  in  der  Kaiserzeit  Arsinoe  und  Hermupolis  sicher  zu  zählen 
sind,  vor  allem  aber  Alexandreia  waren  das  eigentliche  Feld  der 
Mietskasernen  mit  besonderem  Hausverwalter,  wie  wir  es  am 
deutlichsten  im  Hause  der  Freigelassenen  Antonia  Philemation 
zur  Zeit  des  Augustus  vor  uns  sehen.  Um  die  Mieten  beurteilen 
zu  können,  müßte  man  von  den  vermieteten  Räumen  mehr  wissen 
und  obendrein  andere  Preise  vergleichen;  ohne  dies  will  es  wenig 
besagen,  wenn  Antonia  Philemation  ihr  Haus  für  720  Drachmen 
jährlich  vermietet. 

Privatrechnungen  und  Privatbriefe  sind  es  vornehmlich,  die  uns 
über  die  Nahrungsmittel  unterrichten;  irgendwelche  Sonderung 
nach  der  Zeit  ist  noch  unmöglich,  so  daß  wir  alle  Zeugnisse  ge- 
meinsam verwerten  müssen  und  dürfen.  Die  große  Ausdehnung 
des  Ackerbaus  beweist  ohne  weiteres,  daß  wie  im  alten  Ägypten 
so  auch  in  griechisch-römischer  Zeit  das  Brot  die  wichtigste  Nahrung 
desVolkes  bildete;  da  öfters  von  ,, reinen  Broten", ,, Vollweizenbrot" 
und  dergleichen  die  Rede  ist,  hat  man  augenscheinlich  auch  ge- 
mischtes Mehl  verbacken.  Dazu  kommt  das  Durrabrot  Kyilestis, 
Dattelbrot  und  Besonderheiten  wie  Hermopolitische,  Kronosbrote 
und  Berenikebrote.  Die  Brotversorgung  war  die  erste  Aufgabe  der 
Regierung  und  später  in  den  Metropolen  der  Stadtbeamten;  so 
unterhielten  199  p.  C.  in  Oxyrhynchos  die  Eutheniarchen  jeder 
eine  Mühle  nebst  Bäckerei,  die  täglich  20  Artaben  Weizen  ver- 
arbeitete, ohne  für  den  Bedarf  der  Stadt  zu  genügen,  da  auf  diese 
Weise  nur  etwa  1800  Personen  ernährt  werden  konnten.  Brot^ 
Salz  und  Wasser  sind  zwar  die  dürftigste,  aber  auch  die  unent- 
behrliche Nahrung;  Brot  und  Salz  soll  man  dem  Kinde  geben, 
Fischbrühe  abschlagen,  und  wenn's  Wein  verlangt,  soll  es  eine 
Ohrfeige  bekommen,  sagt  ein  Vers.    Den  Beamten  zahlt  der  ptoie- 


NAHRUNGSMITTEL.  441 


maische  Staat  ihr  Gehalt  z.  T.  in  Weizen  und  Gerste.  Wer  nur  ein 
wenig  mehr  anwenden  konnte,  gönnte  sich  wenigstens  das  Öl,  das 
den  Alten  die  Butter  ersetzte  und  zu  den  am  meisten  verbreiteten 
Lebensmitteln  zählte;  auch  hier  gab  es  viele  Arten,  Sesamöl, 
Rafanosöl  und  andere,  während  Olivenöl  in  Ägypten  seltener 
blieb.  Indem  man  Wasser  mit  Essig  mischte,  erhielt  man  das 
einfachste  Getränk;  eine  Musikantengesellschaft  bekommt  außer 
Bargeld  noch  Brot,  Rafanosöl,  Essig  und  Wein  geliefert.  Denn 
auch  der  Wein,  der  ja  an  verschiedenen  Stellen  Ägyptens  gedieh, 
begegnet  uns  oft,  und  die  Weinhändler  erscheinen  in  den  Papyri 
mit  erheblichem  Umsätze;  der  Ruf  des  mareotischen  Weins  ging 
weit  über  Ägyptens  Grenzen  hinaus.  Allen  zugänglich  und  billig 
war  die  Fischnahrung,  die  heute  eine  ebenso  große  Rolle  spielt; 
die  Taricheuten  pökelten  sie  zur  Dauerware  ein.  Felder  und  Gärten 
lieferten  zur  Verbesserung  des  Tisches  eine  Fülle  von  Gemüsen, 
Kohl  aller  Art,  Bohnen,  Linsen,  Erbsen,  die  Lotosfrucht,  Rüben, 
Spargel,  Gurken,  Kürbisse,  Schnittlauch,  Lattich,  Knoblauch, 
Zwiebeln  und  vieles  andere;  die  Gartengräber  der  Alexandriner 
auf  der  kanobischen  Landenge  versorgten  damit  den  hauptstäd- 
tischen Markt.  Ebendort  und  sonst  in  den  Gärten  gab  es  Obst, 
Äpfel,  Granatäpfel,  Feigen,  die  man  frisch  oder  getrocknet  genoß, 
Nüsse  und  vor  allem  Datteln,  die  gewiß  überall  gegessen  wurden. 
Den  Zucker  ersetzte  der  Honig,  womit  man  allerhand  Gebäck 
süßte,  wie  denn  Kuchen  und  feines  Backwerk  in  der  Stadt  sehr 
beliebt  waren  und  durch  die  ausländischen  Gewürze  Abwechslung 
erhalten  konnten.  Wenn  auch  das  Fleisch  anscheinend  nicht  zur 
billigsten  Volksnahrung  gehörte,  so  spielte  doch  Schweinefleisch 
in  der  Versorgung  Alexandr'^ias  eine  Rolle,  und  in  den  Rechnungen 
treffen  wir  oft  auf  Geflügel,  Gänse,  Tauben,  Wachteln,  Ferkel  und 
Zicklein,  sehen,  daß  man  das  Fleisch  dörrte  und  einzelne  Teile, 
wie  Zunge,  Brust,  Bauch,  Leber,  Ohr  usw.  besonders  berechnete. 
Gartenschnecken  und  Austern  dürfen  wir  nicht  deswegen  als  Lecker- 
bissen betrachten,  weil  sie  zufällig  selten  vorkommen.  Nehmen 
wir  noch  die  beliebten  Käse,  Milch  und  Eier  hinzu,  endlich  als 
Getränk  das  alte  ägyptische  Zytosbier,  so  haben  wir  ungefähr  einen 
Überblick  über  alles,  was  der  Küche  zu  Gebote  stand.  Wessen 
der  einzelne  bedurfte,  war  so  ungleich  wie  heute;  neben  das 
Mindestmaß  von  Brot,  Salz  und  Wasser  stellen  wir  nur  als  Bei- 
spiel einen  Speisezettel  für  drei  Tage  aus  der  Zeit  von  Christi  Ge- 
burt:  ,,am   5.  kanopische  -Leber;    am    (l   zehn    Austern,    einmal 


442  KLEIDUNG. 


Lattich;  am  7.  zwei  Brötchen,  ein  gemästeter  Vogel  (Huhn?) 
aus  dem  Wasser  (in  Wasser  gekocht?),  zwei  Flügel".  Wenig  ge- 
winnen wir  aus  Preisangaben,  z.  B.  daß  einmal  im  1.  Jh.  a.  C. 
2  Eier  25  Kupferdrachmen  gekostet  haben.  In  der  Mitte  des  2.  Jh. 
p.  C.  finden  wir  den  Lebensbedarf  eines  jungen  Mannes  aus  guter 
Familie  mit  zwei  Artaben  Weizen  und  6ü  Drachmen  monatlich, 
ohne  Kleidung,  berechnet  und  wenig  später  den  Jahresunterhalt 
einer  Frau  auf  50  Artaben  Weizen,  55  Keramia  Wein  angesetzt. 
Von  den  Hauptmahlzeiten  nahm  man  das  aQiovov  früh,  das 
delnvov  des  Nachmittags  nicht  vor  3  Uhr  ein. 
Für  Tracht  und  Kleidung  steht  uns  eine  Fülle  von  Zeug- 
nissen zu  Gebote,  Briefe  und  Eheverträge  zumal,  aber  nur  sehr 
selten  eine  Beschreibung,  die  uns  mehr  erkennen  läßt,  als  die 
Namen  selbst  besagen.  Diese  deuten  nun  freilich  so  gut  wie  aus- 
nahmslos auf  griechische  Kleidung,  und  man  glaubt  ihnen  um 
so  eher,  als  daneben  ägyptische  Himatia  ausdrücklich  bezeichnet 
werden.  Überdies  stimmen  die  Mumienbilder,  Leichentücher 
und  Särge,  auf  denen  bisweilen  der  Tote  in  der  Tracht  des  Lebens 
erscheint,  damit  überein  (vgl.  Abb.  17,  18,  19).  Wir  dürfen  also 
annehmen,  daß  man  etwa  in  der  Kaiserzeit,  aus  der  wir  am  meisten 
hören,  allgemein  griechische  Kleidung  trug,  nicht  ohne  einen  merk- 
baren Einschlag  römisch-italischer  Tracht.  Was  aber  für  die 
Hellenen  und  wohl  auch  für  die  Gräkoägypter  gilt,  trifft  deshalb 
keineswegs  auf  die  Masse  der  eigentlichen  Ägypter  zu,  die  unter- 
halb der  griechischen  Kultur  geblieben  waren,  denn  die  Fellachen 
werden  ihre  alte  dürftige  Tracht  bewahrt  haben.  Auf  die  alt- 
ägyptische Tracht  der  Priester  hielt  sogar  die  römische  Regierung. 
Ob  die  Römer  in  Ägypten  wie  einst  der  Triumvir  M.  Antonius 
sich  griechisch  trugen,  wissen  wir  nicht. 

Soweit  wir  sehen  können,  trugen  die  Frauen,  die  hier  den  ersten 
Platz  beanspruchen,  ein  Unterkleid,  das  man  Chiton,  später  auch 
Sticharion  nannte,  darüber  aber  Überkleider  verschiedener  Art 
und  wechselnder  Mode,  von  den  einfachsten  Stücken  zu  8,  12  oder 
16  Drachmen  bis  zu  kostbaren  Gewändern  mit  gestickten  Silber- 
streifen oder  mit  Streifen  und  Troddeln,  für  die  man  100,  160  ja 
250  Drachmen  bezahlte.  Ganz  besonders  häufig  wird  die  seit  dem 
3.  Jh.  p.  C.  sich  verbreitende  dalmatica,  eine  Ärmeltunika,  erwähnt, 
daneben  auch  der  griechische  Überwurf,  das  Himation.  Der  ele- 
ganten Frau  standen  aber  viele  Abarten  zu  Gebote,  das  Kolobion, 
eine  Tunika,  Anaboladion  und  Peribpladion  als  Umschlagetücher, 


KLEIDUNG.  443 


das  italische  Hiination,  das  Pallion,  ebenfalls  eine  Art  Umhang, 
das  Maphortion,  eigentlich  ein  Schleier,  in  der  Regel  ein  Schleier- 
kleid, namentlich  in  Verbindung  mit  der  Dalmatica,  als  Delmati- 
komaphortes,  und  dergleichen  mehr.  Reiche  Abwechslung  er- 
laubten die  Stoffe,  vornehmlich  Wolle  und  Leinwand  verschiedener 
Feinheit,  dazu  die  Menge  der  Farben;  wir  lesen  von  weißen,  saphir- 
farbenen,  krokusfarbigen,  onyxfarbigen,  milchfarbigen,  rosen- 
farbigen, wasserfarbenen  Kleidern  und  besonders  oft  von  den  ver- 
schiedenen Arten  des  Purpurs,  des  kostbaren  echten  wie  des  unechten 
Pflanzenpurpurs.  Stickerei  und  aufgenähte  Streifen,  die  wir  an 
den  sogenannten  koptischen  Kleidern  noch  vor  uns  sehen,  waren 
sehr  beliebt,  wie  denn  silberne,  lakonische  und  andere  Streifen 
oft  erwähnt  werden.  Daß  es  Sommerkleider  und  Badekleider  gab, 
daß  die  Mode  bestimmte  Ortsformen,  etwa  die  Dalmatica  aus 
Xois  oder  die  Streifen  aus  Lakonien  oder  das  spanische  Weiß  ein- 
führte, ist  kein  Wunder.  Frauenschuhe  aus  Leder  und  Sandalen 
aus  Papyrusgeflecht  sind  noch  erhalten.  Im  allgemeinen  werden 
die  Kleider  besser  ausgesehen  haben,  als  sie  auf  den  Hüllen  der 
Toten  in  äußerst  roher  Malerei  erscheinen;  die  Mumienporträts 
lassen  nicht  viel  davon  sehen.  Wie  reich  manche  Dame  ausge- 
stattet war,  zeigt  die  Beschwerde  der  Herais  aus  dem  Dorfe  Thea- 
delphia;  hat  man  ihr  doch  nicht  weniger  als  13  vollständige  weiße 
Anzüge  (Gvv^EGig)  stehlen  können,  außerdem  noch  mehr  farbige 
Garnituren,  die  sie  genau  beschreibt. 

War  auch  die  Tracht  der  Männer  nicht  so  vielfältig,  so  fehlte  es 
doch  keineswegs  an  Prunk  und  Farben;  wenigstens  muß  der  junge 
Hierax,  der  in  Oxyrhynchos  studiert,  wohl  ausgestattet  sein,  wenn 
er  sowohl  für  seine  Purpurmäntel  wie  für  die  myrrhenfarbigen 
Mäntel  besonders  dazu  passende  weiße  Himatia,  dazu  noch  ein  paar 
Scharlachkleider  besitzt,  abgesehen  von  denen,  die  der  Brief  seines 
Vaters  nicht  erwähnt.  Ein  Stück  der  Männerkleidung  scheinen 
die  farbigen  Manschetten  zu  sein,  die  unter  dem  Namen  /.uQTTodioi.ua 
begegnen.  Im  allgemeinen  trägt  auch  der  Mann  das  Hemd,  den 
Chiton,  darüber  das  Himation,  als  Umwurf  etwa  noch  den  (paivolr^g 
und  für  kaltes  Wetter  einen  Flausrock  iavQi.a,  y.aaa6g);  im  Lehr- 
vertrage wird  ausbedungen,  der  Lehrling  solle  vom  Meister  Chitone 
mit  der  Zeit  in  steigendem  Werte  erhalten,  von  16  zu  20,  24,  28 
bis  32  Drachmen.  Der  vollständige  Anzug  eines  Mannes  scheint 
uns  einmal  beschrieben  zu  werden;  da  trägt  er  einen  Chiton,  zwei 
Himatia,   einen  Filzhut  (.t/A^ov)   und  seinen  Stock  (/.Qdrov).    Bei 


444 HAARTRACHT.     SCHMUCK. 

festlichen  Gelegenheiten  legte  man  wohl  die  Chlamys  an,  die  auch 
die  Ptolemäer  trugen,  und  das  Theater  besuchte  man  in  weißer 
Kleidung.     Die  Kosten    der  Kleidung  waren    natürlich  sehr  un- 
gleich; wenn   einem  jungen   Manne  156  p.   C.   durch  Testament 
jährlich  200  Drachmen  dafür  ausgesetzt  werden,  so  sieht  dieser 
Betrag  neben  den  24  Artaben  Weizen  und  den  720  Drachmen  bar, 
die  für  seinen  Lebensunterhalt  bestimmt  sind,  ziemlich  hoch  aus. 
Wenn  auch  nur  für  eine  beschränkte  Zeit,  so  kennen  wir  doch  in 
ihr  die  Haartracht  besser  als  die  Kleidung.    Die  Mumienporträts 
führen  uns  die  Frisuren  der  Damen  aus  Arsinoe  etwa  im  2.  Jh.  p.  C. 
vor  Augen,  die  meistens  wohl  geordnet  und  leidlich  geschmackvoll 
aussehen   (Abb.  20),   wenn   auch   die  freie   Natürlichkeit  der  be- 
kannten Aline  eine  Ausnahme  ist.    Römische  Moden  haben  stark 
bis  nach  Ägypten  gewirkt;  was  dort  in  außerordentlich  raschem 
Wechsel   bei   den    Damen   des    Kaiserhauses   und   des   römischen 
Hochadels  aufkam,  das  hohe  Lockengebäude  der  Julia,  des  Titus 
Tochter,  wie  die  steife  Künstlichkeit  der  Plotina,  verbreitete  sich 
durch  Modelle  in  der  Provinz,  und  eine  ganze  Reihe  kleiner  Terra- 
kottaköpfe aus  Ägypten  zeugt  von  dem  Eifer,  womit  die  ägyptischen 
Modedamen  sich   diese   Vorbilder  verschafften,   um  nicht  hinter 
Rom  zurückzubleiben.     Da  aber  Ägypten  vermutlich  der  Reichs- 
hauptstadt   doch   nachhinkte,    darf    man    die   Mumienbilder   von 
Hawara  immer  etwas  später  ansetzen  als  die  entsprechenden  wohl- 
bekannten römischen  Moden.     Bei  den  Männern  war  es  bis  zum 
Beginn  des  2.  Jh.  p.  C.  üblich,  den  Bart  völlig  zu  rasieren;  nur 
der  Philosoph  trug  als  Verächter  der  Eleganz  den  Bart.    Wie  die 
Ptolemäer  und  die  ersten   Kaiser  werden  auch  ihre   Untertanen 
bartlos  gegangen  sein.     Kaiser  Hadrian  aber  bekannte  sich  zum 
Philosophenbarte,   und   sogleich   folgte   ihm    die   Welt;    auch    die 
Mumienbilder  zeigen  uns  fast  durchweg  bärtige  Köpfe  (Abb.  21). 
Die  freien  Knaben  trugen  bis  zum  Ephebenalter  das  lange  Haar 
zurückgebunden  und  im  Nacken  einen  kleinen  Knoten. 
Schmucksachen   aller  Art,   goldene   und   silberne   Armbänder, 
Fingerringe    mit    Steinen,    namentlich    mit    geschnittenen    Siegel- 
ste'nen,  oft  in  Goldfassung,  Ohrringe,  Halsketten  nnt  Medaillons, 
große  Kolliers  nn't  Perlen,  Broschen   und   anderes  werden  zumal 
in    den    Eheverträgen    bei    der   Aufzählung    des   Frauengutes   oft 
angeführt,  und  auf  den  Mumienbildern  von  Frauen  sieht  man  fast 
immer  reichen   Schmuck.     Die   Goldschmiede  und   Silberarbeiter 
waren  ja  überall  ansässig  und  vermociiten  auch  künstlerisch  etwas 


SALBEN.     BÄDER  445 


ZU  leisten,  wie  so  manches  der  erhaltenen  Stücke  bezeugt;  in  den 
Papyri  wird   nur  selten   ein  Schmuckstück   genauer  beschrieben. 
Wie  die  heutigen  Orientalinnen    mögen  auch   damals  die  Frauen 
Ägyptens  ihren  Schmuck  beständig  getragen  haben. 
Der  Toilette  dienen  Salben  und   Parfüme,  Zedernöl,  Mandelöl, 
Lilienöl,   Myrrhenöl,    Rosenöl,   Öl   von   Mendes   und  wie  alle   die 
Aromata  heißen,  die  damals  teils  Ägypten  selbst,  teils  der  Osten 
lieferte;  wenn  der  Staat  die  Myrrhe  durch  Monopol  vertrieb,  muß 
der  Verbrauch  sehr  erheblich  gewesen  sein.     Sich  zu  salben  war 
allgemein  üblich,  auch  über  die  Kreise  des  griechischen  Gymnasion 
hinaus;  man  unterließ  es  zum  Zeichen  der  Trauer  um  einen  Toten. 
Ebenso  bedeutete  es  Trauer,  wenn  man  nicht  badete.    Das  Bad 
sehe  nt  durchweg  Sitte  gewesen  zu  sein.     In  Alexandreia  und  in 
den  Metropolen  gab  es  große  öffentliche  Warmbäder,  Thermen  mit 
Kuppelhallen,  Kühlhallen,  Gängen,  mit  reichem  Bilderschmucke, 
mit  ausgedehnten   Röhrenleitungen,  und  ihre   Erhaltung  kostete 
der  Stadt  viel   Geld;  aber  selbst   Dörfer  besaßen  vielfach  Bade- 
.anstalten  mit  besonderen  Abteilungen  für  Männer  und   Frauen; 
zum  Einzelbade  dienten  Wannen,  und  der  Badediener  hatte  die 
Badenden,  auch  die  Frauen,  wenn  sie  aus  dem  Bade  stiegen,  mit 
heißem  Wasser  aus  der  Leitung  abzuspülen.     Wie  verbreitet  das 
Bad  war,  ergibt  sich  schon  aus  den  Badesteuern, die  überall  erhoben 
wurden.    Ohne  Zweifel  war  der  Unterschied  zwischen  der  Dorf- 
badeanstalt  in    Trikomia    und    den    Hadriansthermen    in    Oxy- 
rhynchos  oder  etwa  gar  alexandrinischen  Bädern  sehr  groß;  aber 
daß  die  griechische  Badeanlage  Ägypten  durchdrungen  hat,  ob-, 
wohl  das  natürliche  Bad  im  Nil  und  in  den  Kanälen  jedem  bequem 
vor  der  Türe  lag,  geht  aus  dem  Reichtum  der  Zeugnisse  klar  hervor. 
Auch  hier  hat  sich  griechische  Lebensgewohnheit  in  allen  griechi- 
schen oder  halbgriechischen  Kreisen  durchgesetzt. 
Eür  die  Lebensweise  und  Sitte  ist  Clemens  Alexandrinus  sehr  ergiebig,  be- 
sonders der  Paedagogus.    Allgemeine   kulturgeschichtiiclie    Bilder:    Schubart, 
Neues  aus  dem  alten  Alexandrien,  Preuß.  Jahrbücher  1909,  498ff.     Viereck, 
Die  Papyrusurkunden  von  Hermupolis,  Deutsche  Rundschau  1908,  98ff.   Kühn, 
Antinoopolis,    Lpzg.    1915.     Plaumann,  Ptolemais,  Lpzg.  1910.     Wessely,  Die 
Stadt  Arsinoe,  Wien.  S.  B.  1902  (Bd.  145,  4).  Wessely,  Karanis  und  Soknopaiu 
Nesos,    Wien.  Denkschriften  1902   (Bd.  47,  4).     Hausanlage   und   Hausbau: 
Luckhard,  Das  Privathaus  im  ptol.  u.  röm.  Ägypten,  Diss.  Gießen  1914.    Vgl. 
auch  Rubensohn,  Aus  griech.-röm.  Häusern  des  Fajüm,  Arch.  Jahrb.  1905,  Iff. 
Zucker,  Arch.  Jahrb.  1909,  176ff.    Honroth-Rubensohn-Zucker,  ÄZ  46,  14ff. 
(alle  drei  Aufsätze  enthalten  gute  Bilder  zur  Bautechnik  sowie   Grundrisse), 
und  die  Einleitung   zu    Grenfell-Hunts  Fayoum   Towns.     Plan    des    alten 


446  EINZELNES. 


Alexandreia  z.  B.  bei  Mahaffy,  A  history  of  Egypt  under  the  Ptolemaic 
Dynasty.  London  1899.  Plan  von  Priene:  Th.  Wiegand,  Priene.  EGT.  1910; 
auch  bei  Diels,  Antike  Technik,  1914.  Über  Alexandreia  siehe  Puchsteins  Artikel 
in  Pauly-Wissowa.  Da  es  bis  heute  Großstadt  geblieben  ist,  stehen  der  Auf- 
deckung der  alten  Stadt  große  Schwierigkeiten  im  Wege.  Während  das  Wort 
Tihvd-eTov  selbst  auf  den  rechteckigen  Häuserblock  deutet,  besagt  ä/nfoSoi 
nur  das  von  Straßen  umgebene  Viertel,  und  man  braucht  keineswegs  überall 
eine    regelmäßige   Gestalt    vorauszusetzen.      Alex.   Bauordnung    P.    Hai.    l 

84ff. :  s[a.r  Sie  tsi-xior  j]  oix[7]fiaJ  s^co  rov  äor  [ejtofs]  (sC.  oiycodouf^i),  e[ä]fi  fier 
reivfio  Iv  TCöSa  fdTtoleiTtsTco,  lav  Ss  oXarjuaJ  ovo  Tcößag '  [kjäv  8h  eiTÖs  rov  äoteiOs 

oixoSfofifji Jd'M  [23  Bst.7    T'^*'    0Lt'uXiax[o] fifvcov  f>  dTioXeiTteTO)    rb    r//uvo[v 

coi'  yiyanjTai,  [änoleiTttt.i'  rovs  eSro  rov]  äarscos  oly.oSofiovvTu^.  Für  das  Neben- 
einander regelmäßiger  und  unregelmäßiger  Stadtteile  sind  die  Pläne  Alexan- 
driens  und  Kairos  bei  Bädeker  lehrreich.  Bei  den  Namen  der  Straßen  usw.  ist  zu 
beachten,  daß  in  der  Regel  das  äfifoSop  den  Namen  trägt,  seltener' die  Gasse. 
Über  Arsinoe  einzelnes  bei  Wessely;  für  Oxyrhynchos  fehlt  noch  eine 
Bearbeitung;  ich  füge  daher  einiges  bei,  ohne  irgendwie  nach  Vollständigkeit 

zu  streben:  Xavoa  Te.f.iytvovi^e(oi,  ov/iirj  i)  (fi^ovoa  sie  ffjv  libv  üoifievoiv  kayouevr,!- 
Xavoav  55  p.  C.,  ovftr]  Eevd'ov,  ^■ifii]  AovTidSos,  (>.  ^AnoXXcoviov  xxiazov  rjroi 
ücofia^iov,  Q.  WvXlov,  Q.  0aviov  Diokl.,  o.  'Js^axiov  283  p.  C  lav^a  MvQoßaldvov 
20  p.c.,  icivQa  Xrjvoßooxiov  6  —  35  p.  C,  lavQu  §(jö/uov  &o/j(>i8og,  XavQa  8q6^iov 
rvfiii(aioi'50  p.c.,  Invoa'  iTtTTscor  ITapefißolfjg  49/50  p.C  a«y .  ITafi/uivovs  IlaQaSeLaov 
80  — 212 p.c., ^'Ai'co  riaoeußoXiis^ ^f*^f-  Tefiysi'ovd'si'/i  160 p. C  dfif.  S^öfiov rvfivaaiov 

98 363  p.  C,  du(f.  'Eofiaiov\2&  p.c.,  d/iifp.  Mv^oßa?MVovQQ  p .  C„  d^f.  vÖTOv K^rj7izSo6 

und  ßo^^äK^riTilSos  81  p.  C,  dfi^.'ff^axleovs  rÖTtcov  94  p.  C,  df.if.'l7tne(ov  Ila^E/i- 

ßolfji^O  p.c.,  dficp.  TtQÖTSQov  ' Tniteoiv Ila^efißolfii  96  p.C  Plätze,  Gebäude  u.dgL 

Kaiodotioi',  —aQdTisiov,  ^loeXov,  OoiqQstoi'^  Ta/neToi^,  Fv/urdoior,  &iuT<Jor^  KunnutXior, 
'Eo/^ialof,    TexQaoTvXoi'^  ^Ortrafslor,    Xeif.o/ueroiov,   'IrCTioS^ö^ioi,    KafiTiog,    NoTivr^^ 

TtvXt],  AißixT]  TTvh]  usw.  Christlich:  in  Arsinoe  z.  B.  Xai'oa  rov  äyiov  Bixro^oi, 
rrjs  dyias  &eor6xov,  zahlreiche  Kirchen  usw.  Über  die  christlichen  Kirchen  in 
Oxyrhynchos  siehe  Seite  371.  An  diesen  Namen  die  Geschichte  der 
Städte,  namentlich  den  römischen  und  den  christlichen  Einfluß  zu  verfolgen, 
würde  lohnen.  Städtische  Wasserleitung  von  Arsinoe,  113  p.C.  Wilcken  Chr. 
193.  Zum  Hausbau  ist  durchweg  Luckhard  zu  vergleichen,  der  auch  ein 
paar  Anlagen  nach  den  Papyri  gezeichnet  hat.  Hausteine  z.  B.  Oxy.  HI  498. 
Bau  eines  Gymnasions  oder  Bades  Oxy.  XII  1450,  eines  großen  Privathauses 
Ryl.  11  233.  aid-oior  ist  der  Lichthof,  der  sprachlich  mit  atrium  nichts  zu 
tun  hat,  aber  ihm  in  der  Sache  nahe  steht.  Der  diS^scbr  dient  nicht  immer 
als  Männerraum,  sondern  ist  oft  nur  Name.  Zu  den  Turmhäusern  Weber,  Terra- 
kotten p.  252ff.,  der  auf  die  Turmstelen  von  Aksum  hinweist  und  daran  er- 
innert, daß  die  antiken  Maler  auf  Nillandschaften  gern  turmähnliche  Häuser 
darstellen.     Vgl.   auch   den  Traum  des  Ptolemaios,   neu  bearb.   von  Wilcken 

Arch.  f.   P.  VI   204 ff.:   rf:    iS    cöurjv    fie    sr   'AX£^af8^i](x     ue    tlvni    endvco    nvoyov 

ueydlov.  Das  Turmhaus  scheint  ägyptisch  und  besonders  alexandrinisch  zu 
sein.  Rein  griechische  Bauteile  z.  B.  für  Alexandreia  BGU  IV  111,5,  für  Ptole- 
maisOG.  I  51,  für  Hermupolis  CPH.  127.  Ich  möchte  nicht  wie  Luckhard  das- 
Haus  der  gr.-röm.  Zeit  entschieden  auf  altäg.  Bauweise  zurückführen,  sondern 
glaube,  daß  wir  mit  starkem  hellenistischem  Einflüsse  rechnen  müssen;  auch 


EINZELNES.  447 


wird  ein  entlegenes  Dorf  weit  ägyptischer  ausgesehen  haben  als  eine  große 
Metropole.  Aucb  heute  reicht  die  Wirkung  südeuropäischer  Bauweise  bis  in 
die  Städte  Oberägyptens.  Man  bezeichnete  das  Hausgrundstück  nach  den 
yslTovei,  teils  Nachbarhäusern,  teils  Straßen;  auch  Einzelwohnungen  nach  dem 
Namen  des  Hausbesitzers  oder  nach  einem   nahen  Merkmale,   z.  B.  Wilcken 

Chr.   293  ^ofösj  tcö  <Pvvi(y.i)  bei  der   Palme,    ^i[8]vfios  n^bi  tm  0ay.et.vono}licov 

(sie),  ilikm  ev  7(3  Itovi]Qov.  Baukosten  der  Enkteseon  Bibliotheke  in  Arsinoe: 
Bell,  Arch.  f.  Pap.  VI  102.  Im  Mietshause  scheinen  bisweilen  die  Teile 
Zeichen  gehabt  zu  haben:    Petr.  HI  73   rfjs   Xeyouevris  '"A^iauibchoov    awoinias 

lafiisTov     sigiövTCOt      er     St^iä     oySoor,     ov    [ejTtiarjfiov    N^     was     schwerlich     als 

Nummer  zu  deuten  ist.  Mancherlei  dafür  geben  dieAdressen  der  Briefe.  Innen- 
einrichtung. Außer  Luckhard  siehe  auch  bei  Reil,  Gewerbe,  die  Geräte 
aus  Thon,  Metall  und  Holz  und  das  reichhaltige  Verzeichnis  P.  Hamburg  10. 
Mitteis  Chr.  91.  Die  Fenster  waren  wie  noch  heute  hoch  angebracht.  Rück- 
gabe der  Türen  und  Fenster  wird  in  Mietsverträgen  ausbedungen.  Zur  Wasser- 
leitung bes.  BGU.  IV  1116  und  darüber  Luckhard,   auch  Oxy.  III  502  (164 

p.  C):  Tov  Tiooy.tiftitov  f^iuTOs  (in  einem  aid'pior  gelegen)  roo/s/JJar  avr 
oy^oiiio)   y.rxii'frj   y.al   jus   oüaas  /.rjvois  ud'ifai    Sio    vSotcöt/  y.tu   öl/itov.      Kühlanlage 

Ryl.  II  233.  T^iy.ltvov,  sonst  oft  für  das  Speisezimmer  gebraucht, 
z.  B.    Lond.     III    p.  269,    ist    Oxy.    X    1277    (255  p.  C.)    eine  Sofagarnitur: 

aiQoi^idTcov  /.ivüiv   Ttoiy.iXrcJv  Siä  ö/,[o]v   y.af'ij  TTaoixe^ci/.ata  Ttaaaoa  .  .  a  xal  Xivä 

rfjs  nvTTji  siSaias  (iSta?)  für  500  Drachmen.  Zum  Schmucke  der  Wohnung  vgl. 
Kap.  17.  Man  wird  im  allg.  das  heutige  oriental.  Haus  zum  Vergleiche 
heranziehen  dürfen.  Miete:  Ad.  Berger,  Wohnungsmiete  und  Verwandtes  in 
den  gräkoägypt.  Papyri,  Zeitschr.  f.  vergl.  Rechtswiss.  1913,  321  ff.  Die  Kon- 
trakte lauten  häufig  auf  2  Jahre,  die  Miete  ist  halbjährlich  zu  zahlen.  Kauf 
von  Hausteilen  kommt  auch  anderswo  vor;  mir  ist  es  z.  B.  aus  dem  Kanton 
Wallis  bekannt.  27  Menschen  in  Vio  Haus:  Wilcken  Chr.  203  (189  p.  C).  Hamb. 
15  erwähnt  ^/j  Vs  Vio  von  ^/g  Haus  =  ^12^;  die  Teile  entsprechen  vermutlich 
Zimmern.  Haus  der  Antonia  Philemation  BGU  IV  1116;  ihr  Hausverwalter 
ist  ihr  Sklave  Philargyros.  In  byz.  Zeit  Ivoiy.iolöyoi  z.  B.  BGU  I  3.  Oxy.  VII 
1038.  Mietspreise  z.  B.  164  p.  C.  ein  Haus  in  Oxyrh.  200  Dr.,  273  p.  C.  ebenda 
400  Dr.,  Oxy.   III  582.  VII  1036. 

Nahrungsmittel.  Sudhoff,  Ärztliches  aus  gr.  Papyrusurkunden.  Reil,  Ge- 
werbe,  136ff.    Brot:    uqtoi    y.a&uQoi,     airÖTivpot,     os/iiiÖdXcoroi,    y.vlkqaris,    äoro- 

fotvi^,  o/.oTriohrjs  u.  a.  Vgl.  auch  Giss.  26.  Paris.  55.  Brotversorgung  durch 
die  Eutheniarchen  Wilcken  Chr.  426;  ein  Vergleich  mit  Mitteis  Chr.  305  und  306 
ergibt,  daß  die  6  Beamten  damit  nur  1800  Personen  befriedigen  können.  VgL 
auch  Oxy.  X  1252.  Wichtig  ist  Oxy.  XII  1454  (116  p.  C),  auch  für  Größe 
und  Preis  der  Brote:  1  Artabe  gibt  30  zweipfündige  Brote.  Über  staatl. 
und  Stadt.  Fürsorge:  Preisigke,  Intern.  Monatsschr.  1916,  373  ff.  Be- 
scheidenste Kost:  in  einem  Briefe  BGU  I  246  (2/3.  Jh.  p.  C):  oi'  avrü  sy.Tii.E^ov, 

die    e(jya^o/n[i]yov    uov    rj    tbg    7toay/taTev[ofiJdroi>    äXti    xai    ä^Tco    y.al    voari   Sß)i- 

ixXe^si  (\.  exnlt^at)  avrä  Svvofiat  =  erledige  du  CS  selbst,  als  wenn  ich  bei  der 
Arbeit  oder  beim  Geschäft  von  Salz,  Brot  und  Wasser  lebend  es  erledigen  könnte! 
Kinderkost:  siehe  Seite  397,  Zeile  9.  Lieferung  an  die  Beamten  z.  B.  Hibeh 
I  83  (258/7  a.  C);  oiiouEioia  ist  Naturallieferung,  onao/ia  dagegen  Geldzahlung. 
Vgl.  auch  die  Löhnung  der  Soldaten.    Zum  Ö  1  vgl.    Kap.  18   über    das  Öl- 


448  EINZELNES. 


monopol.  Wasser  mit  Essig  ist  das  billigste  Getränk;  man  gab  es  auch  den 
Verbrechern,  daher  auch  Jesus  am  Kreuze.  Oxy.  X  1275(3.  Jh.  p.  C.).:  die 
Dorfbehörden  mieten  auf  5  Tage  eine  Musikantentruppe,  anscheinend  10  Per 
sonen,  und  zahlen  täglich  140  Dr.,  40  Paar  Brote,  8  Kotylen  Rafanosöl  und 
für  alle  Tage  zusammen  1  Keramion  Wein  und  1  Keramion  Essig.  Das  Geld 
wird  hauptsächlich  der  Tc^joeaTioi  eingesteckt  haben;  die  Lebensmittel  er- 
lauben eine  Schätzung  des  Bedarfs.  Zum  Weinbau  vgl.  Kap.  18;  ebenso  zu  Obst- 
und  Gartenbau.  Besonders  viel  für  beides  ergeben  die  alex.  Urkunden  BGU  IV 
1118—1120.    Gemüseladen  Oxy.  XII  1461.  Die  griech.  Namen  der  angeführten 

Gemüse  sind  y.QÖ.f.ißri,  xva/uoi^  ^ax6i,  e^eßivd'oe,  akixä}<xaßos,  yoyyvXis,  d.aJid^ayoi, 
oiy.vot;   >ioX6y.vvTos,   Tcqäaov,  d'ozSa^,   axöfiSot',   yscpaXcov;  Obst  ÖTtcb^a:  fifiXov,  ^öa, 

ovxoi',  getrocknet  loxds,  xdQvoi',  (fozvt^.    Honig,  vgl.  die  /ueliaaov^yol  Tebt.  I  5. 

Oxy.  VI  936  fteXiaq^iSa  xal  xvd'Qav  (\,  %vxQav)  nXaxovvrcov  i  xai  ^leXiriva  aTS<pdvia  y, 

TQayrifjaTa  vverdcn  Öfters  erwähnt,  in  Alexandreia  ein  T^ayrifiaToniölior.  Unter 
den  Fleischern  {/udysiijoe)  erscheint  besonders  oft  der  xoioofidyei^os;  Schweine- 
fleisch nach  Alex,  geliefert  Wilcken  Chr.  2  2.  Oboloskäse  rv^ol  oßohazoi  z.  B. 
Oxy.  IV  729  (137  p.  C).  Auch  die  Zytosfabrikation  war  Monopol.  Speise- 
zettel Oxy.  IV  738  SiTtvco  «•  Kaviomxbv  i}7taQ.  Sinvco  g*  öar^ea  i,  d'^lSa^  o- 
Sinvcp   L,-  ä^riSia  /?,   ö^tn  aiSvrrj  (\,  atrevrf])  e|  vSafros)-  «,      TTTspvyes  ß.      Ferner 

Wilcken  Chr.  477  (ca.  245  a.  C),  wo  zu  einem  Feste  bestellt  werden 
eQifOi,  TVQoi,  Idxnva  TramoSaTtd  und  öi/^'o/'.  Endlich  Preisigke,  Sammelbuch 
4630  (2.  Jh.  p.c.):  auf  eine  Person  werden  fürs  SeiTivov  gerechnet  fnnixöno) 
SeXfaxo^  xal  öovtioi  [Sjval  xai  Tte^iareoaii  SvaL  Ein  Monatsbedarf  er- 
gibt sich  aus  Mitteis  Chr.  306,  ein  Jahresbedarf  aus  Oxy.  XII  1473,  wozu 
man  Oxy.  XII  1454  vergleiche.  Die  Zwillinge  des  Sarapeums  erhalten  täglich 
4  Brote,  jährlich  1  Metr.  Sesamöl  u.  1  Metr.  Kikiöl.  Vgl.  West,  The  cost 
of  living  in  Roman  Egypt  (Class.  Philol.  1916,  293).  Was  wir  über  die  Lebens- 
mittel wissen,  beruht  hauptsächlich  auf  Privatrechnungen,  auf  den  Erwähnungen 
der  Gewerbetreibenden,  auf  den  amtlichen  Rechnungen  über  Lieferungen  für 
nnoovaia    der  Könige,  Beamten  usw. 

Kleidung.  Reil,  Gewerbe  116 ff.  Ifidita  Alyvmut  Petr.  II  32  (3.  Jh.  a.  C). 
Zur  Weberei  Ägyptens  vgl.  Kap.  18.  Italischer  Einfluß  zeigt  sich  in  den 
Namen.   Teure  Frauenkleider  Oxy.  X  1273  (260  p.  C.)   SelfiaTixofAaföQTrjv 

diQyevrivov  svarjfiov  ö().  260,  /jfTtwrto»'  Xevxbv  fjLOvayov  xQoaacoTOv  srarj/uor  So.  160, 
SeXfinri.xo/ua^öoTr]/^  y.aXXdirov  S^.  100,  ers^ot'  SeXfiarixo/tert^ö^ZTjr  Xevxbv  tiqotiöq- 
ifvQOV  S^.    100.       Oxy.   I   114    (2/3.   Jh.   p.  C.)    U.  a.    SeXfiaTixouafö^nv  Xtßdrior^ 

S.  opvyjror,  cpaxidoioi-  (faciale)  Xaxcüv6ar)/.iov.  Oxy.  VII  1051  (3.  Jh.  p.  C.) 
(fißXazdiQiv  (fibulatorium)  Spangenkleid.  VI  921  (3.  Jh.  p.  C.)  ßaXavä^iov, 
II  265  (1.  Jh.  p.  C.)  ßaXavivrjv  Trjv  xaX[T}]v  vöarivrjv  Badekleid.  Zu  Maphortes 
vgl.  P.  M.  Meyer,  Gr.  Texte  aus  Äg.  (Berlin  1916)  Nr.  23.  Echter  Purpur 
■dXrjd-iionö^qvQoi'  (Preis:  Wilcken  Chr.  326),  Pflanzenpurpur  rco^fv^as  öt^iov 
oder  ^evSoTtöQfvQov.  Frauenschuhe  vjtoSrjfiara  yvvaixeza  Petr.  12.  Zur  Aus- 
rüstung gehört  auch  der  Gürtel.    Die   Garderobe  der  HeraTs  (2.  Jh.  p.  C.)  P. 

Hamburg  10:  awd'iois  reXeiag  Xevxüi  Sexaroelg,  st'  aig  TtXarvorjfiofi  yjvvaixsla[c] 
Ssxa,  xal  Tiaidixds  d'vo  [xjal  exe^ai  yqcofxativui,  XevxöaTiav [ 07' J  a,  EnaPTiV  eri^av  ä, 
^od'i[t'i]rJ  ä  xal  ynXaxiivrjv  ü  >««i  ffaivöXqv  Xevxöonavoi'  reXeiov  Xaxaivfo  larjjuor 
«  xal  yvvaixeiag  avv&eois  iio^<fvQ(bv  /iiav  ß,  ev  als  ä  imb  t,ü)vrjs,  xal  ndXXiov  xal 
Tv^iaVTiVTjv  ä  xal    x^oxcoTivrjv    ä   xal    xoxxivrjv   cc    xal    ^fia^dySivov    vttÖ^covop   xal 


E1N7EI NFS  449 


nd/./.iOi'  y.iii  luaiior  uoiu/i>f  du rrtAtror  y.ui  trtnof  inäxiov  d[ödlivov  y.ai  7id).i.ta 
U€v    a/j.n   §,   /.Evy.d   iier  ß    y.ooy.tÖTtvov    «,    tvoiuvtuoi'  Tl   y.al uovayßv 

TTOfXf tonvr     y.ai    d^ö}.).a~     it/.eiors     t',     ir     oK'   ayirtfofs     7(    y.Jn'i   /.coSiy.ovs    Äevxä-    8 

€S  folgt  anderes;  vgl.  auch  Weber,  Terrakotten  p.  206ff.  und  Tafel  33,  34. 
Siehe  hierzu  und  zu  allem  Folgenden,  soweit  es  die  Frau  betrifft:  Schubart, 
Die  Frau  im  griechisch-römischen  Ägypten.  Internat.  Monatsschrift  1916, 
1503 ff.     Männerkleider:    Brief  an  Hierax  Wilcken  Chr.  482.     y.aonoöeauia 

uiy.Tu   ()i'!0,    £1'   tier   aarbvy.ifor   y.<u  irTTOoi/voovr   OXV.    VIII    1153    (1.    Jh.   p.   C). 

Bestimmungen  über  die  Kleidung  im  Lehrvertrage  Oxy.   IV  725  (183  p.  C). 

Vollst.  Männertracht  Tebt.  I  230  (2.  Jh.  a.  C.)  svy.^mei^  avrov  yevouEvoL  Tinge- 
odyyMfiev  'H^axlsiSei  rcü  sTtiOTdiei  y.al  doyiifv}.ay.iri]L  avv  ois  Tceoiaßäi/.qro  iiiaTiois 
T^ißayoZg   Sial  y.al  xirröv/,  y.ni     yodrcoi.   y.al   TtiXicoi.      ChlamyS  Oxy.    I  123  (3/4.  Jh. 

p.  C).  Sie  ist  Tracht  der  Könige:  Plut.  Anton.  54.  Vgl.  auch  Theokrit.  15. 
Soldatentracht  Magd.  13.  Sklaventracht  Paris.  10.  Weiße  Kleidung  im  Theater 
Oxy.  III  471.  Kleiderkoffer  iv  rr^i  luaTiofooiSi  Oxy.  I  116  (2.  Jh.  p.  C  ). 
Kosten  der  Kleidung:  Mitteis  Chr.  306. 

Frisuren:  Weber,  Terrakotten  215ff.  Tafel  34,  35.  Kaufmann,  Graeco-äg. 
Koroplastik-  Taf.  52.  Die  kleinen  Terrakottaköpfe  sind  nichts  als  Haarmodelle 
und  ersetzen  die  Modezeitung.  Zu  den  Frisuren  der  römischen  Damen  vgl. 
Delbrück,  Antike  Porträts:  Julia  Titi  39b.  40.  Plotina  42.  Faustina  47.  Auch 
das  Bild  der  Aline  aus  Hawara  bei  Delbrück.  Haartracht  der  Knaben:  Ed- 
gar, Bull.  Alex.  10.  161.  Schmucksachen:  Reil,  Gewerbe  50ff.  Äg.  Gold- 
schmiedearbeiten bei  H.  Schäfer,  Berlin  1910,  p.  83ff.  (G.  Möller)  Taf.  19,  20. 
Vgl.  auch  Kap.  17.  Armband  weliov.  Ring  bay.rvhov.  Ohrring  evcbnov.  Kette 
äkvaior.  Brosche  in  Mondform  urjviay.iov.  Kollier  TTSQixoayriltov,  y.ad'öofiiov. 
Ein  reicher  Schmuck  in  Gold  mit  Steinen  und  Perlen  wird  Oxy.  X  1273  be- 
schrieben. Salben:  Reil,  Gewerbe  144ff.  Myrrhenmonopol  Wilcken  Chr.  309. 
Bad:     Sudhoff  a.  a.  O.,  der  Gatte    schreibt  an  die  abwesende  Frau  «y'  ots 

-iXoi'odfiqv.  fteT'   eaov,    ovy.   e/.ovodiirjv  ovy.    iffufi/us  fieypsi  iß^Ad'vo   Oxy.    III    528. 

Hadriansthermen  in  Oxyrh.  mit  ü-6/.ot,  ywxgoföooc  usw.  Wilcken  Chr.  34.  48; 
auch  uei^ova  d-eoiid.  Ö/;iiö<Hor  ßalavtiov  erwähnt.  In  Dorf ern :  Bakchias  BGU  I 
181  (57  p.  C),  Busiris  Hibeh  I  116  (ca.  245  a.  C),  Euhemeria  Rvl.  II  124. 
Fay.  46,  Oxyrhyncha  im  Fajum  Magdola  42,  wo  ein  ywaiy.eios  d'ölo^-  mit 
ntjeloi  (Wanne)  erwähnt  wird,  ebenso  in  Trikomia:  Magdola  33  (3.  Jh.  a.  C): 

Äovofcei'T]s  ydo  uov  ev  roji  ßa/.avsicoi  i&i  hv  Ti]t  7iooeiQ[ri]usvrji  xcburji  La  Tvßt  C, 
Tcaoayio)!'  er  xujt  [y]vvaiy.E[i('u  S'öJ/.coi  kyßeßriy.vias  f-iov  toozB  'Curiaaa[9'ai  ellg- 
Eviyy.ai  ■d'touov  räi  dovraivu;  y.axeay.iÖaair  uov  y.al  y.aTey.avaev  ti]v  tb  y.oif.iar 
y.al   röv    doioTtobv    /tiripbv  icoi    tov    y6iUTu~,    üare    y.al    y.ci'Si>vevsiv    ue.      Flor.    III 

376,  5.  Giss.  50  betr.  Garderobierstellen  beim  städt.  Bade.  In  byz.  Zeit  Bäder 
auf  den  großen  Gütern  Oxy.  I  148.  Über  die  Badsteuern  jetzt  P.  M.  Meyer, 
Gr.  Texte  aus  Ägypten     (Berlin  1916)    p.  132ff. 

Wenn  wir  den  Papyri  glauben  diärfen,  so  pflegte  man  damals 
aller  Orten  und  in  allen  Schichten  der  Bevölkerung,  unter  Griechen 
wie  Ägyptern  und  Gräkoägyptern,  bei  Reich  und  Arm,  in  Stadt 
und  Dorf  eine. überaus  lebhafte  Geselligkeit.  Den  Anlaß  dazu 
boten  bald  häusliche  Feste,  bald  öffentliche  Feiern,  und  bei 
beiden  spielte  die  Religion  mit  ihren  Götterfesten  und  kultischen 

Schubart,  Papyraskunde.  29 


450  ÖFFENTLICHE  FESTE. 


Prozessionen  eine  große  Rolle,  ohne  jedoch  eine  nach  unseren 
Begriffen  religiöse,  d.  h.  ernste  Stimmung  zu  verbreiten.  Viel- 
mehr waren  die  Götterfeste  hier  wie  überall  in  südlichen  Ländern 
Tage  allgemeinen  Verkehrs  in  Handel  und  Wandel  und  zugleich 
Tage  rauschender  Belustigung.  Man  braucht  nur  an  das  Lichter- 
fest  der  Neith  in  Sais  zu  denken  oder  zu  lesen,  wie  Juvenal  ein 
ägyptisches  Fest  schildert,  um  sich  von  der  Lebhaftigkeit  oder 
gar  Wildheit  solchen  Treibens  eine  Vorstellung  zu  machen.  Viel- 
leicht gab  es  im  Altertume  kein  Land,  das  lauter  zu  feiern  wußte  als 
Ägypten.  Wie  es  auf  den  Lustfahrten  der  Alexandriner  nach 
Kanobos  zuging,  erzählt  Strabon  nicht  ohne  Entrüstung,  und 
Alexandreia  war  zwar  die  Stadt  unablässiger  Arbeit,  aber  auch 
Meisterin  in  allen  Festen;  vor  ihrem  Untergange  wußten  Antonius 
und  Kleopatra  nichts  Besseres  zu  tun,  als  sich  in  diesen  Taumel 
zu  stürzen.  Der  weltberühmte  Festzug  des  Philadelphos  mag  einen 
Begriff  davon  geben,  was  Alexandreia  an  Glanz  und  Prunk,  aber 
auch  an  Geschmack  leisten  konnte;  Philopator  beging  allerlei 
Feste  zu  Ehren  seines  Gottes  Dionysos,  die  nicht  nur  höfisch  waren,, 
sondern  die  ganze  Stadt  heranzogen  wie  die  bekannten  Lagyno- 
phoria.  Alle  die  religiösen  Prozessionen  (/Miiaoia)  und  griechischen 
Festzüge  (^ecoQi'a),  die  uns  in  den  Metropolen  oder  Dörfern  be- 
gegnen, mögen  weit  genug  dahinter  zurückgeblieben  sein.  Viel- 
fach sorgten  bei  solchen  Anlässen  die  Gemeindebehörden  für  die 
Belustigung  des  Volkes,  indem  sie  allerlei  Gaukler  und  Possen- 
reißer, Tänzer,  Tänzerinnen  und  Musikanten  kommen  ließen,  und 
wenn  wir  die  Vasenbilder  ansehen,  waren  die  Spaße  kräftig  genug. 
Schon  die  Dörfer  wandten  beträchtliche  Summen  dafür  auf,  erst 
recht  die  Stadtbehörden,  die  nach  Ausweis  erhaltener  Rechnungen 
an  Pankratiasten,  Faustkämpfer  und  Ballspieler,  an  Musikanten, 
Theaterwächter  und  Pferdeknechte  Tage  lang  zu  zahlen  hatten,  und 
vor  allem  durch  hohe  Honorare  für  mimische  Schauspieler,  Biologen, 
Homerrezitatoren  und  Rhetoren  stark  belastet  wurden.  Dazu  kamen 
die  Ehrengehälter  für  Mitbürger,  die  in  heimischen  oder  fremden 
Agonen  Siege  davon  trugen.  Denn  in  den  Städten,  wo  die 
Hellenen  den  Ton  angaben,  standen  im  Anschlüsse  an  das  Gym- 
nasion  die  gymnischen  und  die  musischen  Wettkämpfe  im 
Vordergrunde  des  öffentlichen  Lebens  und  unterhielten  den  Zu- 
sammenhang mit  der  gesamten  hellenischen  Welt.  Hier  trugen 
die  Feste  ein  rein  griechisches  Gepräge;  alles,  was  wir  vom  Gym- 
nasion  erfahren,  und  ebenso  die  Lieder  und  Mimen,  die  wir  bei  dea 


ÖFFENTLICHE  FESTE.  451 

literarischen  Papyri  kennen  gelernt  haben,  Vorträge  von  Chan- 
sonetten, Schauspielern  und  Sängern  gehören  hierher;  auch  an  das 
Theater  brauche  ich  nur  zu  erinnern.  Allmählich  verdrängte  der 
Gladiator  den  Athleten,  und  in  byzantinischerZeit  verbreitete  sich  der 
Zirkus;  Papyri  wie  Terrakotten  führen  uns  den  Starter  vor  Augen, 
der  neben  der  Wasseruhr  stehend  den  Ablauf  der  Rennpferde 
überwacht;  wir  lesen  mehrfach  von  Rennpferden  und  finden  nicht 
nur  in  Alexandreia,  sondern  auch  im  Zirkus  von  Oxyrhynchos 
die  Parteien  der  Blauen  und  Grünen  wieder,  die  in  Konstantinopel 
vom  Zirkus  ausgingen  und  eine  so  gefährliche  Macht  in  der  Reichs- 
hauptstadt gewannen.  Ägypten  war  selbst  bis  in  die  Provinz- 
städte hinein  durchaus  auf  der  Höhe  und  hatte  rege  Fühlung  mit 
dem  modernen  Leben  der  großen  Welt. 

Auch  die  Beziehung  zum  Herrscherhause  gab  mancherlei 
Anlaß 'zu  Festlichkeiten.  Man  feierte  die  Geburtstage  der  Ptole- 
mäer,  wie  es  scheint  sogar  monatlich,  ebenso  den  Tag  des  Re- 
gierungsantritts und  unter  Roms  Herrschaft  die  kaiserlichen  Ge- 
burtstage sowie  den  Geburtstag  Roms.  Bestieg  ein  neuer  Kaiser 
den  Thron,  so  forderte  der  Statthalter  durch  Proklamation  zur 
Feier  dieses  Ereignisses  auf,  und  die  Strategen  beeilten  sich,  dem 
entsprechend  an  ihre  Gaue  schwungvolle  Aufrufe  zu  richten;  wie 
man  solche  Feste  mit  dramatischen  Vorstellungen  ausstattete, 
in  denen  z.  B.  Phoibos  und  Demos  eine  Wechselrede  führten,, 
haben  wir  bereits  gesehen.  Nicht  ganz  klar  sind  die  zahlreichen 
f]f.i€oat  leßaoTuij  deren  Beispiele  fast  ausnahmslos  aus  Oxyrhyn- 
chos stammen;  vermutlich  handelt  es  sich  auch  hier  um  Gedenk- 
tage des  Kaiserhauses,  die  man  festlich  beging.  Auch  besondere 
Ereignisse  von  geschichtlicher  oder  örtlicher  Bedeutung  gaben  den 
Anlaß  zu  patriotischen  Festen;  so  feierte  Oxyrhynchos  noch 
202  p.  C.  seine  Teilnahme  an  dem  Kriege  gegen  die  Juden,  der  unter 
Trajan  und  Hadrian  stattgefunden  hatte.  Überschlägt  man  die 
Menge  der  patriotischen  Feste,  die  Zahl  der  allgemeinen  und  ört- 
lichen Kultfeiern,  so  scheint  es  noch  wenig  genug,  wenn  in  einem 
Lehrvertrag^  183  p.  C.  20  Feiertage  jährlich  als  Durchschnitt 
vorausgesetzt  werden;  wahrscheinlich  aber  waren  der  Feste  er- 
heblich mehr.  Freilich  fehlte  wohl  alles,  was  dem  regelmäßigen 
Sabbat  oder  Sonntag  verglichen  werden  könnte;  jedoch  sieht  es 
aus,  als  hätten  im  3.  Jh.  a.  C.  die  Dammarbeiter  alle  10  Tage  einen 
Feiertag  gehabt,  und  ein  merkwürdiges  Papyrusbruchstück  legt 
nahe,  eine  Gliederung  des  Jahres  in  36  Wochen  zu  10  Tagen  und 

29* 


452  VEREINE. 


in  3  Jahreszeiten  zu  4  Monaten  mit  Thoth,  Tybi  und  Pachons  be- 
ginnend, anzunehmen.  Dazu  A^üide  auch  die  häufige  Wiederkehr 
einer  fünftägigen  Frist,  also  einer  halben  Woche,  gut  stimmen. 
Erst  in  der  Kaiserzeit  kamen  die  Namen  der  Wochentage  all- 
mählich auf. 

Dem  Geselligkeitsb^dürfnisse  diente  die  Menge  der  Vereine.  Zum 
Teil  schloß  man  sich  um  einen  Gott  und  seinen  Dienst  zum  Kult- 
vereine zusammen,  und  namentlich  in  ptolemäischer  Zeit  tritt 
fast  in  allen  Verbänden  auch  weltlicher  Zwecke  der  leligiöse  Zug 
hervor.  Den  griechiochen  Kreisen  w^ren  besonders  die  Vereine 
der  Altersgenossen,  der  Epheben,  der  Jünglinge,  der  Alten,  eigen- 
tümlich, die  mit  dem  Gymnasien  zusammenhingen,  das  ja  den 
«stärksten  und  allgemeinsten  Verband  griechischer  Männer  bildete. 
Aus  ihm  gmgei  die  Vereine  der  Athleten  hervor,  die  in  der  Kaiser- 
zeit sich  zu  einem  Weltbunde  zusammenschlössen;  echt  griechisch 
warei  auch  die  musischen  Vereme  der  dionysischen  Techniten 
und  anderer,  deren  Verband  sich  ebenfalls  über  die  ganze  Welt 
erstreckte.  Viele  führte  der  Beruf  zusammen,  die  Landwirte 
wie  die  Kaufleute,  die  Handwerker,  deren  Vereine  allmählich 
Innungen  wurden,  wie  die  Soldaten,  die  Gelehrten  ebenso  wie  die 
Beamten.  Nirgends  mehr  als  in  Alexandreia  blühte  das  Vereins- 
wesen, und  hier  war  auch  die  eigentliche  Stätte  der  reinen  Ver- 
gnügungsvereine, der  Spaßmacher  {yeloiaotal)  und  in  d^n  lustigen 
Tagen  de.  Kleopatra  und  des  Antonius  der  Brüder  vom  unnach- 
ahmlichen Leben  {af.ui.irjr6ßLoi),  die  sich  später  Brüder  vom  ge- 
meinsamen Tode  {avva7tod-avovf.ievoi)  nannten,  als  ihre  königlichen 
Vorbilder  in  den  Tod  gingen.  Und  was  wir  davon  wissen,  bleibt 
ohne  Zweifel  weit  hinter  der  wirklichen  Veibreitung  solcher  Ver- 
eine zurück.  Aber  luch  die  Provinz  eiferte  nach;  im  Fajum  gab 
es  Vereine  der  Tischgenossen  {GvvdetTtvoC),  die  Festmahle  ver- 
anstalteten, und  wenn  wir  den  Namen  der  Leidensbrüder  (Ttd^Lvoi) 
lesen,  denken  wie  an  das  alexandrin^sche  Vorbild.  Alle  diese  Vereine 
und  gewiß  nicht  minder  die  Kreditvereine  {(qavoi)  pflegten  neben 
ihren  eigentlichen  Zwecken  ohne  Frage  d'e  Geselligkeit.  Aber 
auch  an  politischen  Zielen  fehlte  es  nicht;  wenn  Vereine  wie  die 
(pdoßaoilioTal  und  später  die  avvodog  leßaarr]  den  Patriotismus 
oder  die  Ergebenheit  gegen  den  Herrscher  zur  Schau  trugen,  so 
galten  demgegenüber  die  Klubs,  die  Alexandreia  durchsetzten, 
der  Regierung  als  gefährlich,  und  Rom  unterdrückte  sie  mit 
eiserner  Strenge. 


HÄUSLICHE  !  ESTE.  453 


In  Haus  und  Famiiie  beging  man  ebenso  religiöse  Feste  wie 
Gedenktage  des  eigenen  Kreises.  Jedes  private  Opfer  konnte  zu 
einem  kleinen  Feste  ausgestaltet  werden,  an  dem  man  es  sich  bei 
Musik  und  gutem  Es-^en  wohl  sein  ließ,  und  vom  religiösen  Kult- 
mahle, das  eine  Reihe-  von  Einladungen  bezeugt,  ist  schon  die 
Rede  gewesen.  Aber  "iuch  zur  Feier  des  ersten  Haarschneidens, 
zur  Epikrisis  des  v'erzehnjähr'gen  Knaben,  die  seinen  Eintritt 
unter  die  Erwachsenen  bedeutete,  zur  Hochzeit  der  Kinder  lud 
man  Freunde  ein,  odf^r  einfach  zum  Gastmahl  ohne  ausdrück- 
lichen Anlaß.  Die  G'-^burtstage  wurden  festlich  begangen,  hier 
und  d^.  sogar  der  Geburtstig  eines  Verstorbenen  weiter  gefeiert, 
zumal  wenn  dieser  dafür  etwas  ausgesetzt  hatte.  Man  lud  die 
Freunde  in  der  Regel  auf  die  9.  Stunde,  also  den  frühen  Nach- 
mittag ein,  meistens  ins  eigene,  mitunter  aber  auch  in  ein  anderes 
Haus,  vielleicht  das  eines  Verwandten,  wofern  nicht  etwa  mancher 
ein  Gewerbe  daraus  machte,  Festräume  zu  vermieten.  Das  Wirts- 
haus, das  wir  auf  dem  Dorfe  gelegentlich  antreffen,  kommt  t\'ohl 
hier  nicht  in  Betracht;  es  war  jedenfalls,  wie  schon  sein  Name 
■/MTirfUiov  besagt,  der  Laden  des  Krämers,  der  Getränke  und  Eß- 
warei  feilhielt.  Noch  heute  sieht  man  in  ägyptischen  Dörfern 
und  Städten  den  griechischen  Bakkäl  in  derselben  Weise  Laden 
und.  Kneipe  vereinigen.  Lud  man  Auswärtige  ein,  so  schrieb  man 
einen  richtigen  Brief  und  vergaß  auch  nicht,  die  Reisegelegenheit 
zu  besprechen;  am.  Orte  «selbst  dagegen  trug  ein  Bote  Einladungs- 
karten aus,  deren  gleichbleibende  Form  uns  aus  mehreren  erhaltenen 
Stücken  bekannt  ist.  Wie  es  in  der  Geselligkeit  vertrauter  Kreise 
zuging,  davon  können  uns  die  wen'gen  Beispiele  scherzhafter  oder 
witziger  Bemerkungen  in  Bnefen  nur  eine  schwache  Vorstellung 
vermitteln. 

So  wichtig  auch  die  staatsrechtlichen  Grenzen  waren,  die  in 
ptolemäischer  Zeit  die  Makedonen  und  Hellenen,  später. die  Römer 
und  Hellenen  von  den  Ägyptern  schieden,  so  waren  sie  es 
doch  nicht  allein,  die  das  Wesen  der  Gesellschaft  bestimmten. 
Schon  das  Voik^tum  deckte  sich  nicht  völlig  mit  ihnen,  wenn  man 
auch  annehmen  darf,  daß  Hellenen,  die  römische  Bürger  wurden, 
oder  Ägypter,  denen  es  gelang,  zu  ^.Qn  Bevorrechteten  aufzu- 
steigen, in  de"  Regel  sich  dem  höheren  Volke  anzuschmiegen 
suchten.  Vor  allem  aber  trugen  Religion  und  Bildung,  Beruf  und 
wirtschaftliche  Lage  neue  Züge  hinein,  die  jene  Gruppen  fort- 
während kreuzten  und  ganz  andere,  nicht  minder  starke  Zusammen- 


454  DIE   GESELLSCHAFT. 


hänge  schufen.  An  der  Landwirt<^chaft  waren  Römer,  Hellenen 
und  Ägypter  beteiligt,  und  ebenso  an  den  Gewerben;  im  Handel 
und  im  Geldgeschäfte  betätigten  sich  Angehörige  ganz  ver- 
schiedener Klassen,  nicht  zum  wenigsten  gerade  römische  Wucherer 
und  Geldleute.  Mögen  auch  unter  den  Reichen  in  Alexandreia 
nicht  wenig  Mitglieder  der  alten,  echten  Bürgerschaft  gewesen 
sein,  so  drangen  doch  immer  neue  Elemt^nte  von  unten  hinein, 
Leute  ohne  Ahnen  und  ohne  politische  Geltung,  namentlich 
Freigelassene;  denn  das  Geschäft  fragte  nicht  nach  Stand  und 
Herkunft.  In  den  Metropolen  und  auf  den  Dörfern  scheinen 
die  Gemeinderäte  und  Ältesten  im  allgemeinen  auch  die  Wohl- 
habenden zu  sein,  zumal  da  das  römische  Liturgiesystem  eben* 
diesen  Kreisen  die  Beamten  entnahm.  Aber  sogar  Mitglieder 
altalexandrinischer  Familien  sanken  zu  Nilfischern  und  Lohn- 
schreibern hinab,  während  anderwärts  wenige  Römer  und  Alexan- 
driner fast  den  ganzen  Grund  einer  Dorfgemarkung  in  Händen 
hielten.  Die  Menge  der  Darlehnsurkunden,  die  Zeugnisse  für  ge- 
werbsmäßige Gcldverleiher  und  nicht  zuletzt  die  Briefe  mit  ihren 
Klagen  über  Geldnot  sprechen  laut  von  dem  großen  Abstände, 
der  die  reichen  Grundbesitzer,  Gewerbetreibenden  und  Handels- 
herren von  der  Masse  der  Arbeiter,  der  Armen  und  Geringen 
trennte;  der  Bettler  war  auch  damals  eine  wohlbekannte  Erschei- 
nung. Aber  auch  das  Zusammenwohnen  schuf  Gemein-^ames.  Zwar 
können  wir  die  Besonderheiten  der  Gaue  oder  Landschaften  noch 
nicht  fassen,  obgleich  z.  B.  das  Fajum  sicherlich  eine  solche  Eigen- 
art entwickelt  hat;  aber  wenigstens  das  eigentümliche  Wesen  der 
Weltstadt  Alexandreia  ist  bereits  dem  Polybios  aufgefallen,  und 
wenn  man  den  Hof  und  die  literarischen  Kreise,  die  Industrie 
und  dei  Handel  mit  ihrem  Weltverkehre,  das  Durcheinander 
römischer,  hellenischer  und  ägyptischer  Bevölkerung  sowie  der 
Fremden  von  allen  Enden  der  Erde  ins  Auge  faßt,  so  ergibt 
sich  auch  uns  etwas  vom  eigenartigen  Bilde  dieser  Stadt. 
Weniger  als  in  anderen  Teilen  der  alten  Welt  traten  in  Ägypten  die 
Sklaven  hervor.  Denn  während  sonst  die  Industrie  mit  Sklaven- 
massen arbeitete,  standen  ihr  in  Ägypten  Scharen  billiger  Lohn- 
arbeiter zur  Verfügung,  und  wenn  auch  in  Alexandreia  noch  am 
ehesten  die  Sklavenarbeit  etwas  bedeutet  haben  mag,  sj  treffen 
wir  doch  in  der  Papyruskultur  bei  der  Stadt  freie  Arbeiter.  Je- 
doch hat  man  die  Steinbrüche  z.  T.  mit  Sklaven  ausgebeutet.  Im 
Allgemeinen   gehörte   der   Sklave   hier   nicht   zu   denjenigen    Ge- 


SKLAVEN.     FREIGELASSENE.  455 

Stalten,  die  im  Bilde  der  Gesellschaft  überall  so  hervortraten,  wie 
es  für  Athen  Menanders  Lustspiele  zeigen,  sondern  haftete  an 
den  eigentlich  hellenischen  Kreisen,  und  nur  in  rein  hellenischen 
Gesetzen  haben  sich  bisher  Sonderbestimmungen  für  Sklaven 
gefunden.  Ließ  dei  Herr  ihn  auch  gelegentlich  ein  Gewerbe  lernen, 
"Weberei,  Tachygraphie  oder  Musik,  um  daran  zu  verdienen, 
vermietete  er  ?uch  die  Sklavin  als  Amme,  so  war  doch  die 
Mehrzahl  mit  häuslichen  Diensten  beschäftigt.  Wohlhabende 
Leute  besaßen  ihrer  mehrere;  im  Hause  eines  Ratsherrn  von 
Oxyrhynchos  finden  wir  sechs,  ein  Alexandriner  verschenkt  nicht 
weniger  als  fünf;  aber  wenn  ein  Besitzer  mindestens  13  anmeldet, 
liegt  schon  der  Gedanke  an  gewerblichen  Betrieb  oder  an  Sklaven- 
handel nahe.  Man  konnte  Sklaven  auf  dem  Markte  kaufen,  und 
mehrere  V'^rträge  über  Sklavenkauf  sind  uns  erhalten;  die  Preise, 
die  naturgem.äß  sehr  ungleich  waren,  sagen  uns  erst  recht  wenig, 
solange  sie  vereinzelt  bleiben  und  nicht  mit  Arbeitslöhnen  ver- 
glichen werden.  Oft  begegnet  der  im  Hause  geborene  Sklave,  und 
gerade  bei  der  Hausdienerschaft  ist  es  nur  begreiflich,  daß  sie 
mit  der  Familie  durch  Geschlechter  verbunden  bleibt;  aber  auch 
aus  den  ausgesetzten  Findelkindern,  die  man  vom  Schutthaufen 
{y.oTZQut.  y.oTtQcbv)  aufhob,  holten  sich  viele  einen  Sklaven.  Die 
merkwürdige  Erscheinung  des  Teileigentums,  die  sich  bei  der 
Erbteilung  leicht  ergab,  muß  für  die  Person  des  Sklaven  zu  Folgen 
geführt  haben,  die  wir  noch  nicht  klar  durchschauen.  Mit  Vor- 
liebe gab  man  den  Sklavenkindern  schöne  und  bedeutungsvolle 
Namen,  deren  wir  schon  gedacht  haben.  Besonders  in  Alexandreia 
wird  der  Kreis  der  Sklaven  sehr  bunt  aus  Angehörigen  der  ver- 
schiedensten Völker  zusammengesetzt  gewesen  sein. 
Nicht  selten  sehen  wir  zwischenHerren  und  Sklaven  ein  freund- 
liches Verhältnis  bestehen:  dem  äthiopischen  Sklaven  setzt  sein 
Herr  einen  rühmende  i  Grrbstein,  ein  anderer  stiftet  seinen  Sklaven 
und  Freigelassenen  Geld  zu  jährlicher  Feier  seines  Geburtstages, 
ganz  besonders  häufig  aber  war  die  Freilassung  durch  Testament, 
oft  mit  der  Begründung,  daß  sie  zum  Dank  ,,für  den  guten  Willen 
und  die  Liebe"  der  Sklaven  geschehe;  ja  es  kommt  vor,  daß  ein 
Ehepaar  die  freigelassene  Sklavin  adoptiert  und  ein  römischer 
Soldat  seine  Sklavinnen  zu  Erben  einsetzt.  Daneben  haben  sicher- 
lich viele  die  Freilassung  durch  Geld  erkauft.  Auf  die  verschie- 
denen Freilassungsformen  des  römischen  und  griechischen  Rechts 
kann   ich    hier   nicht    eingehen;    manches   Altertümliche    wie   die 


456  FAMILIENLEBEN. 


Formel  „ich  lasse  frei  unt*^r  Zeus,  Ge  und  Helios"  hielt  sich  bis  in 
späte  Zeit.  Der  Freigelassene  trat  im  Wesentlichen  in  den  Stand 
seines  b'sherigei  Herrn  un1  nunmehrigen  Patrons  ein,  so  daß 
Freigelassene  römischer  oder  alexandrinischer  Bürger  auch  staats- 
rechtlich hoch  übei  die  Ägypt'^r  aufrückten;  in  der  Gesellschaft 
werden  Damen  wie  Antonio  Philemation,  die  Freigelassene  des 
Triumvirs  M.  Antonius,  eine  gioße  Rolle  gespie't  haben,  zumal 
wenn  sie  reich  waren.  Antonia  Philemation  hielt  sicn  selbst  wieder 
einen  Sklaven  als  Hausverwalter.  Aber  auch  schon  d'c  Sklaven 
hoher  uad  reicher  Herren  galten  etwas  und  bekleideten  wichtige 
Stellen  wie  etwa  Kerinthos,  der  Gutsverwalter  der  Antonia  Drusi, 
noch  viel  mehr  die  Sklaven  des  Kaisers.  Augustus  scheint  die 
Haussklaven  der  Kleopatra  übernommen  zu  haben;  im  übrigen 
treffen  wir  kaiserliche  Sklaven  namentlich  im  Anfange  dei  Kaiser- 
zeit  mehrfach  in  wichtigen  Stellungen  kaiserlichen  Vertrauens, 
vielleicht  sogar  unter  dem  alexandiinischen  Prytanenkollegium, 
Mehr  als  andere  Zeugen  des  Altertums  öffnen  uns  die  Papyri 
einen  Blick  ins  Leben  der  Familie  und  des  Einzelnen,  so  daß 
wir  den  Mensch-^n  auf  seinem  Lebenswege  von  der  Geburt  lurch 
Kindheit  und  Schule,  Ehe  und  Beruf  bis  zum  Grabe  begleiten 
können.  Zwar  nicht  gerad^  ein  einzelnes  Schicksal,  aber  doch 
genug  Erlebnisse  von  Menschen  ähnlicher  Lebenslage,  um  eine 
wohlbegründefp  Anschauung  zu  gewinnen.  Schon  die  Forderung 
des  Staates,  der  bei  vielen  Anlässen  Auskunft  über  den  Personen- 
stand und  die  Hv::rkunft  verlangte,  sorgte  dafür,  die  Namen  der 
Vorfahren  im  Bewußtsein  zu  erhalten;  in  Steuererklärungen  uai 
amtlichen  Aufstellungen,  aber  auch  in  Privatverträgen  sehen  wir 
sehr  häufig  die  Vorfahren  bis  zu  ien  Großvätern  sorgfältig  an- 
geführt, und  in  vielen  Fällen  lassen  sich  ziemlich  ausgedehnte 
Stammbäume  herstellen,  am  meisten  freilich  in  hellen'schen, 
besonders  alexandrinischen  Kreisen.  Gern  nannte  man  das  Kind 
nach  dem  Großvat-^i ;  aber  auch  an  die  Namen  von  Vater  und 
Mutter  schloß  man  oft  die  der  Töchter  und  Söhne  an.  Es  mag 
sein,  daß  gewisse  Namen  nach  Ort  und  Zeit  besonders  beliebt 
waren;  aber  im  allgemeinen  ist  der  Reichtum  ier  Namen  groß, 
wenn  auch  in  einzelnen  Familien  sogar  Geschwister  gleichen 
Namens  vorkomnifn.  Über  die  Mischung  der  Namen,  die  Kos.'- 
namen,  Doppel-  und  Beinamen  habe  ich  bereits  Seite  331  ff.  ge- 
sprochen. 
Den  Armen  wurde  es  schwer,  die  Kinder  aufzuziehen;  wenn  man 


ELTERN    UND   KINDER.  457 

die  Kinder  aussetzte,  wenn  der  Vater  selbst  bei  den  wenig- 
Nutzen  versprechenden  Mädchen  dazu  riet,  so  war  das  meiir  ein 
Zeichen  der  Not  als  besonderer  Roheit;  dieselben  Kreisf'  verdingten 
ihre  Kinder  zur  Arbeit,  um  Sc'iuk'.en  durch  ihre  Leistung  abzu- 
zahlen. Zumal  in  der  Großstadt  Alexandreia  wird  der  Arme  oft 
keinen  anderen  Ausweg  gewußt  haben.  Adoption  fremder  Kinaer 
kommt  vor,  auch  in  einer  echt  ägyptischen  Priesterfamilie,  aber 
doch  selten  im  Vergleiche  zu  Rom,  weil  im  kinderreichen  Ägypten 
alle  bei  "ier  römischen  Aristokratie  wirksamen  Ursachen  fehlten. 
Das  Kind  genoß  hier  wie  auch  sonst  im  Orient  lange  Zeit,  zwei 
bis  drei  Jah.e,  d'e  Mutterbrust;  die  Amme,  deren  Gewerbe  in 
Alexandreia  blühte,  diente  wohl  ebenso  in  re-chen  Familien  wie 
zur  Aufzucht  der  Findlinge,  die  Sklaven  wurden.  Allerlei  Spiel- 
zeug, das  sich  gefunden  hat,  zeugt  von  den  Freuden  des  Kindes, 
und  manche  Terrakotte  spricht  mit  ihrer  guten  Beobachtung 
kindlichen  Ausdruckes  von  der  Liebe,  womit  man  seine  Ent- 
wicklung verfolgte.  Die  niedere  und  die  höhere  Schu'e  ist  schon 
an  früher'^r  Stelle  geschildert  worden.  Blicken  wir  m  die  große 
Menge  der  Biiefe,  die  Eltern  und  Kindei  gewech<^elt  haben, 
so  schaut  fast  überall  ein  liebevolles  Verhältnis  heraus,  herzliche 
Fürsorge  des  erwachsenen  Sohnes  für  den  alten  Vater,  Dank  für 
die  gute  Erziehung  in  dem  bekannten  Briefe  des  jungen  Apion 
und  Sehnsucht  des  Sohnes  nach  einem  Lebenszeichen  von  der 
Mutter;  aus  dem  Gewühl  Alexandreias  schre-bt  Serenilla,  die 
sich  ganz  verlassen  fiih't,  an  ihren  Vater,  er  möge  ihrer  nicht  ver- 
gessen. UnJ  wenn  es  auch  niclU  vn  Beispielen  dafür  fehlt,  caß 
der  Vater  die  Kinder  schlecht  behandelt,  so  stehen  ihnen  weit  mehr 
Äußerungen  der  Teilnahme  gegenüber,  herzliche  Glückwünsche 
zur  Hochzeit  des  Sohnes  und  liebevolle  mütterliche  Briefe.  Das 
verzogene  und  eigenwillige  Kind  haben  wir  im  Buefe  des  kleinen 
Theon  vor  uns,  de  i  dei  Vater  nicht  mit  ?uf  die  Reise  genommen 
hat;  nun  will  tr  es  ertrotzen.  Auch  der  Staat  srkennt  die  Pflicht 
des  Sohn^^s  an,  di?  alten  Eltern  zu  erhalten,  und  erläßt  ihm  die 
Kopfsteuer;  wie  es  scheint,  bestimmen  die  Eltern,  welcher  Sohn 
diese  Aufgabe  übernehmen  solle. 

In  Bezug  auf  die  Ehe  standen  von  Hause  aus  ägyptisches  Recht 
und  ägyptische  Sitte  in  einem  gewissen  Gegensatze  zu  griechischen 
Ordnungen  und  Anschauungen.  Wie  d'imotische  und  griechische 
Eheverträge  lehren,  kannten  die  Ägypter  zwei  Formen  der  Ehe, 
die  Vollehe  und  die  Minderehe;  jene  hieß  d.e  schriftliche  {ayygacpog 


458 EHE. 

yd^iog),  diese  die  schriftlose  {äyqacpog),  ohne  jedoch  in  den  Fällen, 
wo  sie  begegnet,  ungeschrieben  zu  sein.  Die  Ehe  auf  Zeit,  die 
man  z.  B.  auf  fünf  Monate  einging,  gehört  vielleicht  unter  den 
Begriff  der  Minderehe.  Das  Wesen  dieser  beiden  Eheformen  ist 
noch  längst  nicht  geklärt.  Ihnen  beiden  stehen  die  älteren  grie- 
chischen Eheurkunden  gegenüber,  worin  der  griechische  Stand- 
punkt noch  unvermindert  zur  Geltung  kommt.  Hier  ist  es  der 
Vater,  der  seine  Tochter  dem  Manne  zur  Ehe  gibt,  und  der  Mann 
empfängt  sie  aus  des  Vaters  und  der  Mutter  Hand;  bisvveilen 
gibt  die  Mutter  allein  sie  aus.  Ob  ei.i  Fall,  worin  die  Frau  bei  Leb- 
zeiten ihres  Vaters  selbst  erklärt,  sich  zur  Ehe  zu  geben,  auf  beson- 
deren Voraussetzungen  ihres  makedonischen  Volkstums  beruht, 
steht  noch  iahin.  Die  strenge  Auffassung  hat  S'ch  zwar  bis  weit  in 
die  Kaiserzeit  erhalten,  aber  neben  ihr  ist  es  üblich  geworden,  die 
Ehe  enifach  durch  Übereinkommen  des  Mannes  mit  der  Frau,  ohne 
Erwähnung  der  Eltern,  zu  schließen;  wenn  in  den  alexandrinischen 
Eheverträgen  die  Frau  mit  dem  Weibervogte  auftritt,  so  bedeutet 
diese  Form  keine  Minderung  ihrer  wirklichen  Selbständigkeit. 
Augenscheinlich  hat  die  griechische  Sitte  sich  in  helleni>tischer 
Zeit  gemildert,  zumal  da  gerade  damals  die  Frau  sich  auch  sonst 
einen  Platz  in  der  Welt  gewann,  und  ägyptische  Gewohnheit  mag 
verstärkend  hinzugekommen  sein.  Der  Ehevertrag  enthielt  in 
jedem  Falle  eine  Abmachung  über  die  Mitgift,  die  teils  auch  dem 
Manne  zur  Verfügung  gestellt  wurde,  teils  aber  Vorbehaltsgut  der 
Frau  blieb;  gewöhnlich  handelt  es  sich  um  Kleider  und  Schmuck, 
-ilso  die  Ausstattung,  seltener  gehören  noch  Äcker  oder  Häuser 
dazu.  Der  Mann  hat  seiner  Frau  den  Unterhalt  nach  Vermögen 
zu  gewähren  und  sie  gut  zu  behandeln,  soll  sie  nicht  verstoßen, 
keine  Nebenfrau  einführen  und  von  keiner  anderen  Frau  Kinder 
erzeugen;  die  Frau  dagegen  soll  ihm  gehorchen,  darf  sein  Haus 
weder  bei  Tage  noch  bei  Nacht  ohne  seine  Zustimmung  verlassen, 
mit  keinem  anderen  Manne  umgehen  und  soll  den  Haushalt  nicht 
verderben  oder  etwas  tun,  was  dem  Manne  Schande  brächte. 
Nicht  in  jedem  Ehevertrage  erscheinen  alle  diese  Bestimmungen, 
aber  sie  bezeichnen  das  Wesen  der  älteren  griechischen  Eheform; 
später  verflüchtigt  sich  diese  Betonung  der  sittlichen  Pflichten 
mehr  und  mehr,  während  die  geschäftlichen  Abmachungen  über 
die  Mitgift  in  den  Vordergrund  treten,  und  zwar  richten  sich  die 
Strafbestimmungen  bei  Verletzung  des  Vertrages  überwiegend 
gegen  den  Mann,  der  daher  geschäftlich  als  der  gewinnende  Teil 


STELLUNG   DER   FRAU.  459 

ZU  betrachten  'st.  Die  Ehescheidung  war  entweder  Ent'assung 
der  Frau  (ävaTtouTTj])  oder  freiwiüige  Trennung  {iy.ovala  äTtaX'/.ayri), 
und  das  öffenthche  Recht  setzte  ihr  keine  Schwierigi<eiten  ent- 
gegen, so  daß  die  Entlassung  nur  von  den  Strafen  des  Vertrags- 
bruches getroffen  wurde;  der  schwangeren  Fr?u  hatte  der  Mann 
noch  Entbindung'Jkosten  zu  zahlen.  Nach  gräko-ägyptischem 
Rechte  durfte  die  Frau  ohne  Einwilligung  ihres  Vaters  sich  von 
ihrem  Manne  trennen,  und  die  römische  Regierung  scheint  diese 
Freiheit  anerkannt  zu  haben.  Mit  der  Trennung  gewannen  beide 
Teile  das  Recht,  eine  neue  Verbindung  einzugehen.  Das  Christen- 
tum brachte  zwar  wieder  strengere  Anschauungen  über  die  sitt- 
liche Seite  der  Ehe;  aber  was  die  Urkunden  byzantinischer  Zeit 
darüber  enthalten,  besagt  nicht  viel,  weil  man  auf  die  schönen 
Redensarten  dieses  Stiles  allein  kein  großes  Gewicht  legen  darf. 
Eingehend  kümmerte  sich  die  römische  Regierung  um  die  Ver- 
hältnisse der  Soldaten,  denen  sie  zwar  die  Ehe  verbot,  aber  aus 
praktischen  Gründen  weder  verwehren  konnte  noch  wollte;  im 
übrigen  sah  sie  nur  darauf,  Mischehen  zwischen  den  staatsrecht- 
lich getrennten  Klassen  zu  erschweren  und  namentlich  die  Ägypter 
den  bevorrechteten  Kreisen  fern  zu  halten. 
Mit  den  Ptolemäern  zog  die  griechische  Anschauung  ins  Land  ein, 
daß  das  Weib  geschäftsunfähig  sei  und  bei  allen  Rechtshandlungen 
eines  männlichen  Beistandes,  des  Weibervogtes  '{y.vQtog),  be- 
dürfe; der  Grundsatz  drang  völlig  durch  und  wurde  bei  den  Röme- 
rinnen in  der  Kaiserzeit  nur  insofern  anders  gehandhabt,  als  sie 
ihren  Kyrios  vom  Statthalter  erhielten.  Befreiung  davon  erlangte 
die  Römerin  durch  das  ins  trium  liberorum  unter  Nachweis  der 
elementaren  Schulbildung.  Davon  abgesehen  bedi.rf  jedes  Weib 
zu  jedem  Rechtsgeschäfte  des  Kyrio-,  der  ihr  Vater,  Gatte,  Sohn 
jder  sonst  jemand  sein  kann.  Aber  wenn  auch  damit  die  Unmün- 
digkeit des  Weibes  scharf  betont  wurde,  so  sah  es  in  Wirklichkeit 
offenbar  ganz  anders  aus,  denn  unsere  Urkunden  erwecken  fast 
überall  den  Eindruck,  als  sei  der  Weibervogt  nur  eme  Form. 
Allem  Anscheine  nach  nahm  das  Weib  in  ptolemäischer  wie  in 
römischer  Zeit  eine  recht  selbständige  Stellung  ein  und  glich 
keineswegs  dem  Bilde,  das  man  sich  oft  von  der  nilflosen,  abge- 
sperrten Haremsfrau  macht;  viele  Berufe  standen  ihm  offen,  und 
nichts  weist  auf  Beschränkung  im  öffentlichen  Verkehre  hin,  selbst 
wenn  man  nur  an  die  schlichte  Bürgersfrau  denkt,  denn  die  fürst- 
Jichep  Damen  der  Ptolemäerzeit,  die  Sängerinnen  und  Tänzerinnen 


460  HETÄREN. 


führten  natürlich  ein  viel  freieres  Leben.  Man  trat  gewöhnlich  jung 
in  die  Ehe;  bezeichnend  für  Ägypten  war  die  Geschwisterehe, 
nicht  nur  in  ägyptischen  Kreisen,  sondern  auch  unter  alexandrini- 
schen  Bürgern  und  bekanntlich  im  Ptolemäerhause  die  Regel.  Den 
Römern  mußte  sie  ausdrücklich  verboten  werden.  Daß  sie  der 
Fruchtbarkeit  geschadet  habe,  tritt  nirgends  zu  Tagd.  Über  das 
Verhältnis  der  Ehegatten  geben  vornehmlich  die  Briefe  Auskunft; 
herzliche  Zuneigung  und  zärtliche  Fürsorge  wechseln  mit  Vor- 
würfen und  Klagen.  Einmal  reicht  die  Frau  eine  Beschwerde 
über  den  Mann  ein  und  einmal  der  Mann  über  die  Frau;  einzig  in 
seiner  Art  ist  ein  Blatt,  worin  eine  Frau  ein  ganzes  Sündenregister 
ihres  Mannes  niedergeschrieben  hat,  von  der  Mißhandlung  ihrer 
Sklavinnen  bis  zu  Schimpfworten  und  zur  Verhinderung  ihres 
Kirchenbesuches. 

Schon  die  Eheverträge  verbergen  nicht,  daß  dem  Manne  zwar  die 
Nebenfrau  und  Kinder  von  einer  anderen  verboten  werden,  der 
außereheliche  Geschlechtsverkehr  aber  freisteht.  Gelegenheit  dazu 
boten  in  weitem  Umfange  die  Sklavinnen,  außer  ihnen  die  Hetären, 
die  in  Ägypten  wie  anderwärts  eine  Steuer  von  ihrem  Gewerbe 
entrichten  mußten;  ein  amtlicher  Erlaubnisschein  für  eine  Hetäre 
'st  noch  erhalten.  Wahrscheinlich  blühte  ihr  Weizen  am 
besten  in  den  Großstädten,  zumal  in  Alexandreia,  wo  die  Ptole- 
niäer  ihre  Geliebten  öffentlich  auszeichneten;  die  bisweilen  vor- 
kommende Bezeichnung  fioXiTiKij  deutet  auf  griechische  Kreise, 
und  auch  in  der  Provmzmetropole  sehen  wir  einen  jungen  Mann 
in  den  Stricken  einer  Hetäre,  die  sich  von  ihm  ein  erdichtetes 
Darlehn  bescheinigen  läßt.  Dagegen  mögen  es  arabische  oder 
afrikanische  Weiber  gewesen  sein,  die  vom  Roten  Meere  nach 
Koptos  eingeführt  wurden.  Einige  griechische  Eheverträge  unter- 
sagen dem  Manne  die  Knabenliebe,  die  demnach  anders  beurteilt 
wurde  als  ein  Verhältnis  mit  einer  Sklavin  oder  einer  Hetäre; 
da  sie  aber  bei  Griechen  wie  Orientalen  heimisch  war,  müssen 
wir  sie  auch  im  griechisch-römischen  Ägypten  voraussetzen,  und 
an  dem  päderastischen  Verhältnisse  des  Präfekten  Maximus  gab 
dem  Ankläger  und  der  Volksmeinung  wohl  nur  die  rücksichts- 
lose Öffentlichkeit  Anstoß,  die  beim  Vertreter  des  Kaisers  unge- 
hörig schien. 

Es  liegt  in  der  Natur  der  Sache,  daß  unsere  Papyri  mehr  von  den 
Lastern  als  von  den  Tugenden  der  Menschen  erzählen;  aber  wir 
dürfen   die  reiche  Ausbeute  der   Gerichtsverhandlungen  und   Be- 


GEWALTTAT.     ERPRESSUNG.  461 


schwerden  nicht  einseitig  beurteilen.  Sicher  ist  wohl,  daß  nament- 
lich die  einheimischen  Ägypter  eine  hitzige  Gesellschaft  waren 
und  zu  Messerstechereien  und  Gewalttaten  jeder  Art  neigten. 
Von  Überfällen  und  Körperverletzungen  lesen  wir  so  oft,  daß 
nur  noch  besondere  Fälle  wie  ein  Angriff  auf  eine  Frau  im  Bade, 
die  Räuberbande,  die  im  Sarapeion  zu  Memphis  haust,  oder 
die  Schreckensherrschaft  zweier  Griechen  im  Dorfe  Kerkeo- 
siris  Aufmerksamkeit  erregen.  Solange  die  Griechen  sich  a's 
Herren  fühlten,  lag  der  Reiz  nahe,  den  Ägyptern  den  Fuß  auf  den 
Nacken  zu  setzen;  wo  die  Ägypter  die  Übermacht  hatten,  vergalten 
sie  es,  wie  die  Sarapeumspriester  an  den  Zwillingen,  den  Schi^itz- 
lingen  des  Makedonen  Ptolemiios,  und  an  ihm  selbst  taten.  Kleine 
Anlässe  führten  zu  blutigen  Taten,  ja  zu  Kämpfen  ganzer  Städte, 
zumal  wenn  die  Religion  mitsprach;  bekannt  ist  Juvenal^  Er- 
zählung vom  Kriege  der  Hechtanbeter  mit  den  Hundeanbetern. 
Die  griechische  Bevölkerung  nahm,  auch  sofern  sie  von  Hause 
aus  mehr  Haltung  besaß,  schon  früh  ägyptischen  Fanatismus  an. 
Was  Polybios  von  den  Straßenkämpfen  in  Alexandreia  bei  der 
Thronbesteigung  des  Epiphanes  erzählt,  was  später  zwischen 
Juden  und  Alexandrinern  sich  blutig  abspielte,  abgesehen  von 
Krawallen  aus  nichtigen  Anlässen,  rechtfertigt  Roms  Strenge 
gegenüber  dem  ägyptischen  und  gri  ,chischen  Pöbel  der  Haupt- 
stadt. Als  die  Christen  den  Sarapistempel  niederbrannten,  als 
sie  Hypitia  ermordeten,  bewiesen  sie  sich  nur  als  echte  Bewohner 
Alexandreias. 

Nicht  nur  unter  der  schlaffen  Herrschaft  der  späteren  Ptolemäer, 
sondern  auch  unter  Roms  Hand  bildetenüb  ergriffe  derBeamten 
einen  unausrottbaren  Krebsschaden;  Euergetes  II.  trat  scharf 
dagegen  auf,  und  der  Präfekt  Vergilius  Capito  schritt  wiederum 
dagegen  ein;  zumal  die  Pflichtleistungen  des  Volkes  an  reisende 
Fürsten  und  Beamte  gaben  zu  allen  Zeiten  eine  Handhabe  für  Er- 
pressungen. Ganze  Dörfer  suchten  das  Patronat  höherer  Beamten, 
um  vor  den  niederen  sicher  zu  sein;  man  begreift  das,  wenn  man 
liest,  wie  vor  dem  Bezirksschreiber  die  Einwohner  flüchten  müssen. 
Wenn  selbst  die  eiserne  Hand  der  Römer  nicht  immer  durchgreifen 
konnte,  so  gewinnt  man  eine  Vorstellung  von  der  Macht  der  unteren 
Beamten,  der  Schreiber,  die  seit  Jahrtausenden  das  ägyptische 
Volk  knechteten.  Und  diese  Willkür  steckte  gelegentlich  die 
höchsten  Stellen,  sogar  den  römischen  Statthalter  selbst  an.  Auch 
vom  landesüblichen  Bakschisch  fehlen  uns  die  Spuren  nicht;    Be- 


462 BESTATTUNG  UND  GRAB. 

stechung,  Unterschlagung  amtlicher  Gelder  und  im  Privatleben 
der  Diebstahl  gehören  zu  den  gewöhnlichen  Erscheinungen,  zu- 
mal da  Geld  und  Geldeswert  bei  Millionen  wie  heute  so  auch  da- 
mals im  Mittelpunkte  aller  Gedanken  standen.  Verheerend  wirkte 
auch  die  Angeberei  der  Sykophanten,  gegen  die  Tiberius  Julius 
Alexander  sich  wandte,  zumal  in  Alexandreia;  aber  die  römische 
Regierung  selbst  bediente  sich  ihrer,  um  Steuerhinterziehungen 
aufzudecken,  und  die  Verwaltung  des  Idios  Logos,  die  überall  auf- 
zuspüren hatte,  was  etwa  der  Fiskus  beanspruchen  könne,  beruhte 
geradezu  auf  der  staatlich  gezüchteten  Angeberei.  Giftmischerei, 
Selbstmord  wegen  Schulden  und  viel  anderes  ließe  sich  noch  an- 
reihen, ohne  dem  Bilde  neue  Züge  hinzuzufügen.  Aber  es  bleibt 
einseitig,  wenn  man  nicht  die  Briefe  hinzunimmt,  in  denen  das- 
selbe Volk  sich  oft  so  harmlos  und  gutherzig  ausspricht.  Von 
Leben  und  Sitten  der  fein  gebildeten  Kreise  erfahren  wir  überdies 
so  gut  wie  nichts  Unmittelbares. 

Wie  im  Glauben  der  Ägypter  Tod  und  Jenseits  einen  breiten  Raum 
einnehmen,  so  auch  Bestattung  und  Grab  in  ihren  Gebräuchen; 
zugleich  hat  wohl  auf  keinem  anderen  Felde  das  ägyptische  Wesen 
so  vollständig  die  Herrschaft  auch  über  die  Griechen  gewonnen. 
Fast  ohne  Ausnahme  treffen  wir  hier  die  Sitten  der  ägyptischen 
Spätzeit;  auch  die  Griechen  der  höheren  Kreise,  die  im  Leben 
sich  über  die  Ägypter  erhaben  fühlten,  die  sich  niemals  anders 
als  griechisch  kleideten,  fügten  sich  dem  geheimnisvollen  Jense.ts- 
glauben  des  Landes  und  befolgten  seine  Sitten.  Überall  wurde 
auch  damals  der  Tote  einbalsamiert  und  die  Mumie  (racpi])  mit 
langen  Binden  feiner  Leinwand  umwickelt,  die  oftmals  einen  er- 
heblichen Aufwand  forderten;  überall,  in  der  Thebais  wie  in  der 
großen  Oase  und  in  Alexandreia,  arbeitete  die  Zunft  der 
Leichenbestatter  (vty.Qordrpoi)  mit  allen  ihren  Abteilungen,  Tari- 
cheuten,  Choachyten  usw.,  von  denen  uns  besonders  in  der  Ptole- 
mäerzeit  die  thebanischen  Papyri  und  später  die  demotischen 
Satzungen  ihrer  Genossenschaften  erzählen.  Unentbehrlich  waren 
auch  die  Weiber  oder  Männer,  denen  die  Totenklage  oblag.  Die 
Leichen  unbestattet  stehen  zu  lassen,  galt  als  Frevel;  aber  in  der 
Kaiserzeit  bewahrten  manche  den  verstorbenen  Angehörigen  lange 
im  Hause  auf,  indem  sie  die  Mumie  in  einen  Schranksarg  stellten, 
dessen  oberer  Teil  geöffnet  werden  konnte.  Die  Särge  pflegte  man 
der  Gestalt  des  Menschen  nachzubilden,  in  allgemeinen  Umrissen 
beim  kostbaren  Steinsarkophage,  getreuer  beim  Sarge  aus  Holz^ 


BESTATTUNG  UND  GRAB. 463 

Stuck  und  Papyruskartonnage,  denen  die  Gestalt  des  Toten  in 
der  Kleidung  des  Lebens  oder  religiöse  Bilder  aufgemalt  werden 
konnten;  über  den  Kopf  setzte  man  eine  möglichst  lebensähnliche 
Gesichtsmaske  oder  ein  Porträt,  auf  Holz  oder  Leinwand  gemalt. 
Wo  in  reichen  Gräbern  dem  Toten  ein  Standbild  errichtet  wird, 
trägt  es  oft  ägyptische  Kleidung,  wie  die  alexandrinische  Nekropole 
Kom  es  suqafa  gezeigt  hat.  Ihr  gesamter  Innenschmuck  ist  im 
wesentlichen  ägyptisch,  und  nur  vereinzelt  begegnen  griechische 
Züge.  Makedonisch  ist  das  Kammergrab  mit  dem  Ruhebette  aus 
Stein,  griechische  Formen  und  Teile  sieht  man  an  einzelnen  spitz- 
dachigen  Särgen  aus  Holz  in  Mittelägypten,  die  mit  dem  Eier- 
stabe  verziert  sind.  Griechisch  ist  zwar  oft  die  Tracht  auf  Mumien 
und  Leichentüchern  gemalt,  aber  ägyptische  Totendämonen  um- 
geben den  Griechen.  In  Kom  es  suqafa  hat  man  Wasserröhren 
bis  in  die  Einzelgräber  zu  den  Mumien  geführt,  um  ihnen  das 
kühle  Wasser  zuzuleiten,  das  der  Fromme  von  Osiris  erbat.  Die 
Anlage  der  Gräber  war  sehr  ungleich,  bald  großartige  Katakomben 
in  den  Felsen  wie  bei  Alexandreia,  bald  kleine  Kammern  in  den 
Kalkstein  der  Wüste  gebrochen.  Wie  die  Gartengräber  der  alexan- 
drinischen  Patriziei  aussahen,  können  vvir  uns  nicht  mehr  recht 
vorstellen;  vielleicht  überwog  hier  griechische  Bauweise.  Konnte 
oder  sollte  der  Tote  nicht  am  Orte  begraben  werden,  so  ließ  man 
die  Mumie  zu  Schiffe  auf  dem  Nil  befördern,  womöglich  zu  einer 
der  heiligen  Stätten  des  Osiris,  wie  es  Abydos  war;  eine  Holztafel 
mit  dem  Namen  des  Verstorbenen  gab  den  empfangenden  Leichen- 
bestattern die  nötige  Auskunft.  Denksteine,  Grabstelen,  sogar  kleine 
Pyramiden  wurden  gelegentlich  über  den  Gräbern  ermchtet.  Den 
Geburtstag  des  Toten  feierten  manche  noch  weiter  mit  eine/ 
Festlichkeit  an  sei  lem  Grabe,  wohl  in  der  Grabkammer,  und 
der  Tctcnkult  wurde  eifrig  ausgeübt.  Bis  tief  in  die  christliche 
Zeit  hinein  pflanzten  sich  die  ägyptischen  Bestattungssitten 
fort,  und  noch  am  Ende  des  6.  Jh.  p.  C.  bestimmte  Bischof 
Abraham  von  Hermonthis,  man  solle  seinen  Leichnam  nach  der 
heimischen  Ordnung  behandeln.  Allmählich  hat  jedocn  das 
Christentum  dem  Einbalsamieren  und  allem  ägyptischen  Wesen 
ein  Ende  bereitet.  Daß  aber  die  äußerliche  Sorge  um  den  Leichnam 
das  Gefülil  der  Trauer  und  der  herzlichen  Teilnahme  am  Schmerze 
der  Freunde  nicht  erstickt  hat,  bezeugt  uns  der  schlichte  Brief 
der  Eirene  dU  Taonnöphris  und  Philon:  ,, Eirene  der  Taonnöphris 
und  dem  Phibn  guten  Mut.    So  betrübte  ich  mich  und  weinte  ich 


464  EINZELNES. 


Über  den  Seligen,  wie  ich  über  Didymas  geweint  habe;  und  alles 
was  sich  ziemt,  hab'  ich  getan  mit  allen  den  Meinigen,  Epaphroditos, 
Thermuthion,  Philion,  ApoUonios  und  Piantas.  Aber  dennoch: 
man  vermag  nichts  gegen  solche  Dinge.  So  tröstet  denn  einander. 
Gehabt  euch  wohl". 

öffentliche  Feste.  Zu  den  religiösen  Festen  vgl.  Kap.  16,  auch  über  Satur- 
nalien. In  Italien  z.  B.  sind  die  Feste  der  Mutter  Gottes  und  der  großen  Heiligen 
allgemeine  Jahrmärkte;  auch  bei  uns  vereinigt  die  Kirmes  beides.  Lichterfest 
der  Neith  Herod.  II  62.  Hib;h  I  21.  Juvenal,  Sat.  XV  41ff.:  positis  ad  templa 
et  compita  mensis/pervigilique  toro,  quem  nocte  ac  luce  iacentem/septimus 
nterdum  sol  invenit.  horrida  sane/Aegyptus,  sed  luxuria,  quantum  ipse  notavi/ 
barbara  famoso  non  cedit  turbaCanopo.  Dann:  virorum/saltatus  nigro  tibicine 
qualiacumque/unguenta  et  flores  multaeque  in  fronte  coronae.  Über  die  Alexan- 
driner Strabo  17,  80).  Plutarch,  Antonius  29.  /7o /«tt//  des  Philadelphos 
Athen.  5,  11)6 ff.,  woran  sich  alle  5  Jahre  ein  Agon  anschloß;  vgl. 
Theokritos  15  über  das  Adonisfest  in  Alexandreia.  Lagynophoria,  eine  Art 
Piknik:    Athen.     7,     276a:    rov    JTTolsfiaiov    (Philopator)     xri^ovro^    eoorfji' 

xcii  d'vnicov  TTai'TobaTicoi'  yerr]  y.cu  fiäXiaxa  nt^'i  röi'  -/löi'raor  fj^fOTTjaev  'A^oii'ör 
jof  cfiiQOvra  robs  d'a/j.ovs,  rira  i'Vf  rjLfoar  äyei  xui  t/?  smir  fuorrj'  tov  o 
tiTiöi'TO^'  y.af.elT<ii  /iiit'  Air/t'io(/ öoitt.  y.id  tu  y.ofiiaß'iiTtc  avrol^  öti.-irovot  y.aid- 
yktifeiTt^  sTTi  1)71  Idiiior  y.ui  t^  itfirts  'iyaojOr  l.ayinov  nao  dhxwv  tfeoovjsi  nivovoir. 
cos  «V  uiiTOs  ä7itxü)ot]aei'  eufi/.iij'aaa  Ttobi  f^fiäs'  avfoixia  y'  efr]  rnvrn  ^vTiaoä, 
dvdyy.i]    yäp     riji^     avroöor    yiisad'at,    Tta/Hfityovs     byj^v.       Das   Fcst  war  alSO   der 

Königin  zu  plebeisch.  Die  Dorfbehörden  bestellen  Tänzer  usw.  Oxy.  IV 
731.  X  1275.  Flor.  I  74.  Wilcken  Chr.  494-497,  Grundzüge  Kap.  XII. 
Wessely,  Studien  XIII  p.  6.  Über  die  grotesken  Gestalten  der  Possenreißer 
R.  Zahn,  Amtl.  Berichte  a.  d.  Kgl.  Kunstsamml.  1913/4,  295  ff.  Tebt.  I  231 
erwähnt  einen  x<>«(")V<z/«/r^/^.  Städtische  Festrechnungen  Wilcken  Chr.  492.  493. 
Oxy.  VII  1050.  Vgl.  auch  die  hergehörigen  Darstellungen  bei  Weber,  Terrakotten. 
Gladiatoren  Lips.  57  (261  p.  C):  Kleiderlieferung  für  die  alex.  Gladiatoren- 
schule   {kovÖov  fioioud/,o)v).      Zirkus:  Oxy.   I  145  (552  p.  C.)  r(X>f'i7Tn(ioi)Tov 

briuooi(ov)  •Kioy.ov  f(to(ovi)  TTo<ioii(uv'  152  (618  p.  C.)  rois  ß  äfir(ais)  (=;  Starter) 
Tioo^y.i/oTtoovoi    ToTi    iTirrfoi^)     tov    iTrmy.ov     iifoovi    BevfToir' ;     Prasinoi    Sind    die 

Grünen,  Veneter  die  Blauen.     Rennpferde  zählt  Oxy.  VI  922  auf:  i7tndo(ior) 

^Ttaiia-,   i7i7Tdo(ior)    tov  'Aoiiiroiror,    (rcrr        Kciraricritruv   n:d/.i<'.»~;   Pferdenamen 

Ilazoiyio^  und  fl'/.eß  (plebs?).  Dio  Chrysost.  32, 1,  268  sagt  von  den  Alexandrinern: 

ulfioi  7'  ön/ij(jTai.  it  y^oooit  i'rrii^oif  (ioinroi  'IrrTtcDV  t"  (by.vTToi^iof  s7Tißi']Toosi, 
oi  TS  Td/uJTtc  I  TJyeipni/  lüya  t-F.iy.os  aTCaidevrotoc  'f'tarrüg  j  it]7Cia/^ot-,  ivröf  i)f  y.uy.br 
iioketoin    (fipovOLi'-     TovTO    ydp   de'i   dpüTs    y.ai   tieoI     TontvTd    iiirs.      Weber,  Terr. 

Tafel  31.  Kaufmann,  Koroplastik.  Patriotische  Feste:  Geburtstag  und 
Regierungsantritt  der  Ptolemäer  OG.  I  56.  90.  Geburtstage  der  Kaiser 
und  der  Roma  z.  B.  Wilcken  Chr.  92.  490.  Oxy.  IX  1185.  Feier  der 
Thronbesteigung  z.  B.  Wilcken'Chr.  113.  491,  vgl.  Seite  142/3.  Über  die 
rjfiegai  leßaoTul  Blumenthal,  Arch.  f.  P.  V  336.  Hohmann,  Chronologie  der 
Papyri  75.  Oxy.  XII  1446.  Ryl.  II 167.  Gedenkfeier  der  Oxyrhynchiten  Wilcken 
Chr.  153.  Der  Lehrvertrag  Oxy.  IV  725  sagt:  doy/^nec  Sk  6  nai^  eis  löyor  tooTär 
y.ax'  exoi  ii/uepa,;  siy.oai;  ähnlich  auch  sonst.    Aus  Petr.  II I  40  Scheint  sich  alle 


EINZELNES.  465 


10  Tage  ein  Feiertag  zu  ergeben.  Petr.  III  134  (3.  Jh.  a.  C.)  deutet  auf 
36  Wochen;  hier  liegen  wohl  die  altäg.  3  Jahreszeiten  zu  Grunde.  Einheit  von 
5  Tagen  z.  B.  in  der  Ttevd-Tjfie^ia  der  Fronarbeiten,  in  den  häufigen  5tägigen 
Fristen,  z.  B.  in  alex.  Eheverträgen,  im  Edikt  des  Fl.  Titianus  Mitteis  Chr. 
-188  u.  a.  Noch  unerklärt  ist  'Eoufji  als  Bezeichnung  eines  Tages  ohne  Ein- 
nahme in  manchen  Rechnungen,  z.  B.  Lond.  III  43,  BGU  III  812.  Tag 
der  Aphrodite  unpubl.  Berl.  P.  13301  (Einladung  zur  Hochzeit).  Vereine. 
San  Nicolö,  Äg.  Vereinsvvesen  zur  Zeit  der  Ptol.  u.  Römer  I,  München  1913. 
Zu  den  Kultvereinen  vgl.  Kap.  16.  Patriot.  Vereine:  (fdoßaodiorul  Amh.  II  39. 
Paris  15.  aivoSo:;  Isi^aorij  WÜcken  Chr.  112.  Vereine  der  Altersgenossen: 
^frjßoi,  rem.  veapiaxot.  yeoovaia.  Athletische  und  musische  Vereine: 
r;  iepä  ivarixi;  avvoSos  r&v  Tceoi  jov  ''HoaxXea  OG.  11  714,  der  allgemeine 
Reichsverein,  dessen  voller  Titel  um  200  p.  C.  lautet:  v  ««?«  ^itfnyfj  ne^iTtoh- 

■!7Tix7]   'Adoiat'ij    'AvTcoviavT}    HeTTTiucui'ri     ovroSoi    rcöi'    neol   töv  'Hoay.Xia    y.al    xöi' 
■dycüviov  y.ai  airoy.QdrogaKaiaaoaAovy.iovHeTiTi/iuov  Xsovfjoov  ütorivay.a  Esßaaröt, 

Vgl.  Viereck,  Klio  8,  413.   Der  dionys.  Verein  hieß  z.  Z.  Aurelians:  n  le^ä  fiovatxi) 

TTEQiTtoXtariy.i]    Ä-iiorjliai^ri     oiy.ov fievfxi]    jueydXri     avvoSog    rä>v    tisqI    töv   z/iöfvaoi 

zexvsiTcöv  isQovsiy.ü>i>  oztfaveiTcöv.  Die  erhaltenen  Vereinsdiplome  zeigen  mit 
ihrem  stattlichen  Aussehen,  wieviel  den  Hellenen  das  Vereinswesen  galt.  Zu 
den  Agonen  vgl  Amtl.  Berichte  aus  d.  Kgl.  Kunstsamnil.  1917/8,  141.  Diese 
Vereine  genossen  wichtige  Vorrechte,  abgesehen  von  Ehrenerweisungen  ihrer 
Mitbürger,  züchteten  aber  auch  Virtuosen  und  Berufsathleten,  die  alle  Agone 
an  der  Welt  besuchten,  wie  M.  Aurel.  Demostratos  (Inschr.  aus  Sardes, 
Wien.  Denkschr.  philos.-hist.  Kl.  1910,  Keil-Premerstein).  ßeamtenvereine  z.  B. 
der  onoiiixnui  Lefebvre,  Ann.  d.  Service  1910,  155.  ^Geloiastai  unter  Philo- 
pator. Amimetobioi  Plutarch,  Anton.  28,  vgl.  OG.  I  195.  awd'iao&rai 
Grenf.  I  31.  aivSeiTtiui  Tebt.  I  118  (2.  Jh.  a.  C).  Man  unterscheidet  von 
^en  Mitgliedern  die  Gäste,  |"'ot,  fast  sämtlich  äg.  Namen.  Vgl.  Tebt.  I  177. 
Udd^i^oi  Tebt.  I  234  (114  a.  C).  Die  Eranoi  sind  aus  Alexandreia  bekannt 
BGU  IV  1133  —  1136.  Offizielles  Festessen,  eiojxia,  im  nolixEvua  der  Idumäer 
OG.  II  737.  Der  Gnomon  des  Idios  Logos  111  sagt:  ol  avroSov  vifiovres  uare- 
y.Qid-r_aai>  ey.  s  'f ,  siiore  fiövoi  ol  Ttgoardrai;  die  verhältnismäßig  milde  Maßregel 
setzt  ein  allgemeines,  strenges  Verbot  aller  ovroöoi  voraus. 
Familienfeste.  Kultmahl  siehe  Kap-  16.  Opferfest  im  Familienkreise  Wilcken 
Chr.  477.  Fest  des  ersten  Haarschneidens  BGU.  I  38  (2/3.  Jh.  p.  C); 
Epikrisis:  Wilcken  Chr.  486.  Hochzeit:  Wilcken  Chr.  484  u.  a.  Beispiele 
bei  Wilcken;  ferner  Oxy.  III  524.  VI  927.  XII  1484-87.  1579.  1580  u.  a. 
Hochzeitsgeschenk:  Atene  e  Roma  VII  124.    Geburtstag  Wilcken  Chr.  489. 

■Oxy.  IX  1214  (5.  Jh.  p.  C):   (fiÖoviov  (\.  (faiS^woi)    ZTjf   Tcfujr^yion.-  zfli  ysve- 
ff'liov  t_  J  vtov  ftof  I'et'/'aSiov,  ytara^iojaof  ä/tia  fjulv  avvStTivfjaat  rfj  ts  dnb  &^(as)  5. 

Geburtstag  eines  Toten  Mitteis  Chr.  305  (156  p.  C).  Einladung  in  ein  fremdes 
Haus  Oxy.  III  524.  Wirtshaus  Mitteis  Chr.  46  (118  a.  C):  ov^ÖESEinvr.[y.ö]Tioi 
aizcöi'  ev  xui  y.anrj.rjcoi  sv  rfji  y.wuii.  auch  Tebt.  I  230.  Einladungsbriefe 
Wilcken  Chr.  488.  489.  BGU  II  596;  die  Form  der  Einladungskarte,  ohne 
Namen  des  Empfängers,  lautet  z.  B.  Wilcken  Chr.  484:  eoioxä  ae  'H^ale  Semvfjoai 

.sii  yd/novs    rexvcov    ainfjs  sv  rf.   oiy.iq    nijoiov,    fjTis    sarii'    nt^mxi],    dnb  utgai  &. 

Wilcken  nimmt  mit  Recht  an,  daß  sie  ausgetragen  wurden.  Scherz  in 
Briefen  z.  B.  Oxy.  II  294  (22  p.  C):  n-foi  S[i]   rov  (fa/.av.oov  vod-^ov  uoi,    ttöjs 

Schnbart,  Papyruskuude.  30 


466  EINZELNES. 


TTdhv  äp(o  Kalaievhiai  (z=  UldxvcoTai,).  Oxy.  VIII  1160  (3./4.  Jh.  p.  C):  der 
Sohn  an  den  Vater:  ^y^axpäs  fioi  Stä  r&r  atop  yoatiHdrcoi.^  Sn  xav/coiitioe  sx{(o) 
ÖPOfia  ^loStboov,    61 1   £71 1 und   noi  dnyvoia. 

Gesellschaft.  In  den  alex.  Urkunden  BGU  IV  erscheinen  die  alex.  Bürger 
überwiegend  als  Besitzer  von  Gärten,  y.r]7ioTa^eta,  Sklaven  usw.;  aber  Wilcken 
Chr.  148  (99  p.  C.)  finden  wir  unter  ihnen  Leute,  die  als  Beruf  äXievs  Ttoid/nio^^ 
yadufiarn,  d.  h.  Schreiber  oder  Elementarlehrer,  und  yoiooxollrj-rT]^  Goldlöther, 
angeben.  Das  große  wirtschaftliche  Übergewicht  der  Römer  und  Alexandriner 
im  Fajumdorfe  Theadelphia  ist  schon  erwähnt  worden.  Bettler  z.  B.  Petr. 
III  40.  Briefe  über  Geldnot  z.  B.  Wilcken  Chr.  60.  Oxy.  1  120.  Die 
Eigenart  einzelner  Landesteile  wird  vornehmlich  von  der  Stärke  der 
griechischen  Besiedlung  abgehangen  haben.  Über  die  Alexandriner  Polybios 
bei  Strabo  17,  797  vgl.  Lumbroso,  Arch.  f.  F.  V  398. 

Sklaven.  Zur  Industrie  vgl.  Seite  416.  Reil,  Gewerbe  171ff.  Da  in  den  Stein- 
brüchen elevd-s^oXuTöfioi  Petr.  II  13  (1)  genannt  werden,  sehe  nt  es,  daß  auch 
Sklaven  dort  arbeiteten.  Dagegen  ist  der  Ausdruck  ocbfiu-ta,  der  bei  Fronarbeiten 
vorkommt,  nicht  unbedingt  auf  Sklaven  zu  deuten.  Tempelsklaven  Otto, 
Priester  I  315;  ein  unpubl.  Berl.  Papyrus  erwähnt  einen  Sklaven  des  Sarapis. 
Hierodulen  S.3n4.  Hellenisches  Sonderrecht  für  Sklaven  im  Halensis  I,. 
Mitteis  Chr.  369  und  in  den  alex.  daxiy.oi  vöfioi,  Mitteis  Chr.  81.  Gewerb- 
liche Verwertung  des  Sklaven  z.  B.  Wilcken  Chr.  140.  BGU  IV  1125,  der 
Sklavin  als  Amme  BGU  IV  1109  und  öfter.  Mehrere  Sklaven  im  Besitze 
eines  Herrn  Mitteis  Chr.  317.  BGU  IV  1114.  Oxy.  VIII  1110  (188  p.C):  min- 
destens 13  Sklaven.  Mitteis  Chr.  372:  6  Sklaven.  Auch  Wilcken  Chr.  482  scheinen 
die  Diener  des  studierenden  Sohnes  Sklaven  zu  sein.  Steckbrief  des  entlaufenen 
Ski.  Paris.  10;  vgl.  auch  Oxy.  XII 1423.  Kauf  auf  dem  Markte  Ryl.  II  244. 
Mitteis  Chr.  344;  der  Sov/.os  dyooaoTös  wird  vornloiy.oyerije  unterschieden.  Über 
den  Begriff  der  oiy.oyireia  wird  im  Komm,  zum  Gnomon  des  Idios  Logos  zu 
sprechen  sein.  Preise  z.  B.  BGU  IV  1114  (Augustus)  1200  Dr.  Oxy.  II  26.3. 
(77  p.  C.)  eine  achtjährige  Sklavin  640  Dr.  Oxy.  II  336  (85/6  p.  C.)  Sklavin 
140  Dr.  Mitteis  Chr.  267  (95  p.  C.)  ein  25jähriger  Sklave  1200  Dr.  Mitteis 
Chr.  268  (136  p.  C.)  achtj.  Ski.  700  Dr.  Oxy.  IX  1209  (Decms)  Sklavin  mit 
Säugling  2000  Dr.  usw.  Über  Sklavenkauf  Mitteis,  Grundzüge  192.  Die  Auf- 
hebung des  Kindes  vom  y.oTi^ibr  setzt  auch  der  Gnomon  des  Idios  Logos 
voraus;  er  betrachtet  sie  als  Aneignung  eines  dSeaTtoror  und  erhebt  daher  25'),> 
vom  Vermögen  des  Aneigners.  Teileigentum  am  Sklaven  Mitteis  Grundzüge 
272ff.  Ein  Beispiel  Mitteis  Chr.  360  (186  p.  C),  Eingabe  der  Vormünder 
für  drei   unmündige  Kinder:  v7tdo/,ti  loi^   airon  df[t]l]iii  t/J  /.lev  EvSaiuoiiÖi 

EHTOP  fii^os,  Tc3  Se  iJiovvaiw  x«i  Qar\aei,  ij/uiav  fie^Oi  t6  btiI  tö  ainö  Si/uoi[(>]or 
fie^os  TVar^utov  a-bxwv  SovXov  Eaoa7iUo[vos]  d>s  L  )•,  ov  tö  loirtbv  Toirof  rn 
TOV   öjuoTTaxQiov   ai)T(öv  dSaX'fov   Jioyevo[v]s  fjXev&eOdirai   v.y'   aitov;  SIC   bitten, 

die  verbliebenen  2/3  zu  versteigern.  Ein  frühes  Beispiel  ist  P.  Eleph.  3  und  4 
(284/3  a.  C).  Weder  Rubensohns  Auffassung  (s.  auch  Berger,  Die  Strafklauseln 
in  den  Papyrusurk.  191)  noch  die  Deutung  von  Partsch  GrJech.  Bürgschafts- 
recht I  351,  scheint  mir  richtig;  ich  hoffe,  an  andrer  Steile  auf  die  Urkunden 
eingehen  zu  können.  Über  Sklavennamen  s.  Seite  332.  Verhältnis  von 
Herren  und  Sklaven:  Poetische  Grabschrift  auf  Epitynchanon  Arch.  f.  P. 
II  564  Nr.  116.   Stiftung  für  Sklaven  Mitteis  Chr.  305;   derselbe  Herr  läßt  frei 


EINZELNES.  467 


y.ai'   eivoiav  xal  fi).oaTO()yiav.     361  ävO"^   ojv   eveSsi^aad'e  uoi  scarä  yoövov   avioins 

xal  aro^yias  sri  te  ycü  v7rr]osaia~\  Adoption  der  Freigelassenen  Oxy.  III 
504  (2.  Jh.  p.  C).  C.  Longinus  Kastor  setzt  Marcella  und  Kleopatra  zu 
Erbinnen  ein  Wilcken  Chr.  316.  Vgl.  die  Kleruchentestamente  der  Petrie  P. 
Zuwendung  an  einen  Freigel.  Ryl.  II  153.  Freilassung:  daß  der  Freigelassene 
dem  Stande  des  Herrn  folgt,  bezeugt  auch  der  Gnomon  des  Idios  Logos.  All- 
gemein vgl.  Mitteis  Grundzüge  271  und  die  delph.  L'rk.  Bull.  Corr.  Hell.  1893, 
343  ff.  Loskauf  mit  Freilassungssteuer,  vor  dem  Agoranomos  Oxy.  I  48.  Die 
Synagoge  kauft  jüdische  Ski.  frei  Oxy.  IX  1205(291  p.  C).  Antonia  Philemation 
BGUIVlllG.  Kerinthos,  Ski.  der  Antonia  Drusi,  schreibt  an  den  Strategen 
Oxy.  11  244.  In  den  alex.  Urkun''en  BGU  IV  begegnen  viele  Namen  mit 
dem  Zusätze  KuiauQo?,  also  Sklaven  des  Augustus,  vermutlich  das  ehemalige 
Hausgesinde  der  Kleopatra.  Neben  oder  im  Prytanenkollegium  Alexandreias 
finden  W\x  Kuiaä^tioi^  Wilcken  Chr.  144(132  3  p.  C),  vielleicht  kais.  Sklaven. 
Familie.  Einzelne  Personen  werden  selten  greifbar,  etwa  der  Ptolemaios  der 
Sarapeumspapyri  (2.  Jh.  a.  C),  der  Stratege  Apcllonios  und  seine  Frau  (Z. 
Hadrians),  Fl.  Abinneus  (4.  Jh.  p.  C);  aber  mancher  Brief  enthält  doch  wesent- 
liche Charakterzüge. 

Stam.mbäume  herstellbar  z.  B.  Wilcken  Chr.  398.  Oxy.  II  249.  BGU. 
I  302.  Oxy.  IX  1209.  OG.  II  698,  besonders  lehrreich  Oxy.  X  1282  und 
Mitteis  Chr.  306  (156  p.  C).  Einen  sehr  ausgedehnten  alex.  Stammbaum 
enthält  die  Inschrift  Arch.  f.  P.  II  444  Nr.  66.  Tebt.  II  312  setzt  mindestens 
14  Generationen  einer  Priesterfamilie  voraus.  Von  127/8  p.  C.  bis  auf  die  Zeit 
des  Augustus  läßt  sich  eine  Familie  verfolgen  Oxy.  XII  1452.  Sehr  umfang- 
reich ist  der  Stammbaum  einer  Hellenenfamilie  aus  HermupoMs  Amh.  II  75. 
Vgl.  auch  die  Familie  des  Strat.  ApoHonios  Giss.  19  und  77.  Familiengräber 
Paris.  5,  Arch.  I  219.  Eine  Durcharbeitung  der  Namen  und  Stammbäume 
auf  örtliche  Verbreitung,  Wahl  nach  dem  Großvater  und  dgl.  würde  lohnen, 
am  meisten  im  Zusammenhange  mit  den  früher  hervorgehobenen  Aufgaben 
der  Namenforschung.  Zu  den  Namen  vgl.  Kap.  15.  Anhang. 
Aussetzung  der  Kinder:  Witk.'^  58  Brief  desHilarion  an  seineFrau:  eäv  nolka 
TzoU.&v  (eine  noch  nicht  erklärte  Redensart)  Tiy.qis,  säv  rjv  üqosiov  a<fes,  ihr' 
l]v  d-rilea  ey.rkde.  Vgl.  Deißmann,  Licht  vom  Osten^  109ff.  Zahlreiche  Bei- 
spiele Ryl.  II  439.  Mitteis  Chr.  79  u.  58.  BGU  IV  1058.  1104.  1106.  1107.  1110. 
Plaumann,  Ptolemai's  55.    Der  Gnomon  des  Idios  Logos  sagt  §  41:  kav  Alyvit-cios 

iy.  Konoiai  dveXrirai  TtalSa  y.al  tovtov  vloTzoiijariTai,  fxeTo.  d'dvarov  reraoToloytiTui. 

Verpfändung  des  Kindes  Oxy.  X  1295.  Vgl.  iie  früher  besprochenen  Verträge 
über  Dienste  an  Stelle  der  Zahlung  {:cuoaiuovr,).  Zur  Adoption  vgl.  Mitteis 
Grundzüge  274.  Chr.  263.  Oxy.  I  46.  III  502.  504.  Vlll  1123.  IX  1206. 
Amme  BGU  IV  1058.  1106-1112  alex.  Ammenverträge.  BGU  I  297.  Oxy. 
I  91.  Mitteis  Chr.  79.  Hebamme  iaroirr,  Oxy.  XII  1586.  Im  Allg.  Schubart, 
Die  Amme  im  alten  Alexandrien  (Jahrbuch  f.  Kinderheilkunde  70,  82)  und 
Sudhoff, Ärztliches  aus  gr.  Pap.-Urk.  Spielzeug,  naryiin.  erwähnt  Oxy.  IV  726. 
Weber,  Terrakotten  Tafel  38  —  40.  Zur  Kinderdarstellung  ebenda  die  Dar- 
stellungen des  Horos,  bes..  60  (Tafel  5)  109. 110  (Tafel  10)  und  Tafel  36.  Über 
dieSchuleKap. 17.  Briefe  von  Eltern  und  Kindern  Witk  ^  3.  8.  Wilcken 
Chr.  100.  138.  478.  480.  482.  BGU  II  380.  III  845.  Ups.  110.  Lietzmann,  Gr. 
Pap.  12.  Ryl.  II  116.   Oxy.  XU  1481    und    andre.    Vgl.    im  Allg.  Preisigke, 

30* 


468  EINZELNES. 


Familienbriefe  aus  alter  Zeit  (Preuß.  Jahrb.  190'2,  88).  Deißmann,  Licht  vom 
Osten^.  Schubart.  Jahrtausend  am  Nil.  Daß  die  Eltern  den  Sohn  bestimmen, 
der  sie  erhalten  soll,  zeigt  Oxy.  IX  1210  (Z.  d.  Augustus). 
Ehe:  Mitteis,  Grundzüge  199ff.,  wo  weitere  Literatur  zu  finden  ist.  Der  Unter- 
schied zwischen  eyyoafoi  und  äyoafos  yäfioi  beruhte  nach  Mitteis  vorsichtiger 
Vermutung  vielleicht  darauf,  daß  der  schriftlosen  Ehe  die  personenrechtlichen 
Bestimmungen  fehlten,  also  nur  die  Besitzverhältnisse  geregelt  wurden.  Zur 
Ehe  auf  Zeit  Spiegelberg  ÄZ.  46,  112.  Ferner  Spiegelberg,  P.  Libbey  (Wiss. 
Ges.  Straßburg  1).  Grundlegend  ist  jetzt:  Möller,  Zwei  äg.  Heiratsverträge 
aus  vorsait.  Zeit  (Abh.  Berl.  Ak.  1918).  Im  ältesten  griech.  Ehevertrage. 
311/0  a.  C.  (Seite  215),    Mitteis   Chr.  283:  ^Wfißävsi  'HoayleiSqe  JriftrjT^iav 

Kchiav  yivaly.a  yt't^aiav  TtaQo.  rov  Tiargös  ÄeTtrii-ov  Ko}iov  y.al  rijs  fH]TQbs  ^ü.otiiSo,; 

fleiids^o^  slevd-eoar.  Diese  Strenge  Auffassung  noch  Mitteis  Chr.  287  (127 
p.  C),  ja  sogar  260  p.  C  :  Oxy.  X  1273:  s^eSoro  AvorjUa  ('Jarjai^  EiSaifiovos  usw. 

TTjv  eavrfjs  d'vyareQur  (sic)  Ai)Q.  Tavatl^iv  nobi  ydfiov  dvS^l  USW.  Dagegen 
Qiss.  2  (173  a.  C):    e^eÖoro  tarri]/'  'OXvffijTtiäi  -JtovvoLor  Mafujera  /.iszä  y.vniov 

Tov  savTt'a  ,TrtT(?ö=  USW.  um  SO  auffälliger,  da  der  Vater  lebt  und  doch  nur  als 
nv^ios   mitwirkt.    Vgl.  BGU.  IV  1051,  alex.  Ehesynchoresis:  Tiaoä  Avy.ainis  rfje 

Aui().r]7itäSov    usTa   y.toiov    tol    Tiaxob^  ' Aay./.qTnäSov   tov   Avhov   y.al  Ttaoa  'le^axo^ 

usw.;  dann  avv/^coQ[ovoi  Avjy.aiva  y.ai  Iepa§.  Daß  auch  die  Mutter  allein  die 
Tochter  ausgeben  kann,  zeigt  außer  dem  angeführten  Oxy.  X  1273  auch  schon 
im  3.  Jh.  a.  C.  Petr.  III  19c,  wo  im  Testamente  ihr  übertragen  wird  h/^dad-m 
S[s  "Aoiejiiiddjfpa  Tus  S-vjyarfon?.  Ein  merkwürdiger  Ehevertrag  des  3.  Jh. 
a.  C.  auf   dem   unpubl.  Berl.  Ostrakon  P.  10774:  öfioloysr  (pdiorena  <t>ihovoi 

Kgriaoa  'Ayeadröpcoi  Nixardpo:;  (l.  NixävoQOs)  May.eSöi'i'  käv  stcTtrjSijOM  naoa  oov 
fj  y.arakkayd)  IJspcot^i,  änoreiasiv  'AxeifävSptot  \-  Teoaa^dy.ovTfaJ.  'AxeodvSoov  de  rd/ua 
tfQovovvros  y.aii'oo[vvjTOS  eisoioeiva-ÖTwi  TTdrrarä  iSiaöaa  v7tdo/e[i<Pi?.coJrepat.LXü' 
X.oid%t    yfi'    eiiTiOQevafTai     S'e    0[ikcorsQa]    ttoo-   ''Ay.e(ravS(7or    n    Tvßi.       Es    foIgt 

eine  zerstörte  Erklärung  des  Akesandros,  er  werde  Philotera  als  Frau  halten,  ihr 
Kleidung  und  Nahrung  geben.  Es  scheint  sich  um  Herstellung  der  Ehe  nach 
Ehebruch  zu  handeln.  Mitgift  fsovr,  und  Tta^dfenva.  Eheliche  Pflichten 
des  Mannes  z.  B.  Mitteis  Chr.  285  (92  a.  C):  rä  Sh  [Sjeoi'ra  7i[d]vTa  y.n'i  rbv 

[iajaiiaftbv  y.at  Tv.U.a  Öaa  TTjjoai^y.bi  yrvaiy.i  yafisrr^i  naoey^ead'a}  0iXiayog  ^AnoXXon'iav 
{sie)  erSrj/iccüp  y.at  dTtoSrj/nwv  xarä.  Svvafiiv  irnv  vTtnnydvxoJv  airols,  tedi  fif]  i^icrat 
4>i).iay.cüt  yvraixa  äXXrjV  srtfsijefdjysad'ai  l[7tl]  rrjv  'ATioXlioviav  firjSr  TtakXaxiji- 
fitjSe  TifaiSjtxby  sy^eip  /ur/Sfe  rey.t'ojTTOiBia&at  e|  äXXtjs  yvvatxbs  i,dja[r]]e^An[o]).hji)- 
vias  fiTjS'  älhjr  [oiy.ia]i'  oiy.atv  rjs  oi  y.viJiBvaet  'ATToV.ioviai  (sic)  (W?^'  lyßdXXsiv 
,uTjoe  vß[pit,]E[i]i'  fitjSt  y.uy.ovxeii'  airip'  fttjSi  xmv  vnaoyövTMi'  firi&ev  s^aXXo- 
rfpjiovr  sTt'  düixiat  tiji  ' ATtoXXcoiiai.  Ebenda  Pflichten  der  Frau  ['ejarco  Se 
lÄTtoXXcovicu  (sic)  7t[ajpd  'PiXiaxtoi.  Txeid'aQxovaa  a[vJrov  ms  7ioosi][yö]v  earir 
yvvalxa  dvSpög^  dann  /tirjSh  'ATtoXXcoviai  s^sotco  dTtöxotror  firi[Se]  dfi^fisQOi' 
yirsa-9'ai  ditb  rlis  0iXiay.ov  oiy.las  äi'ev  ri]^  <PiXioyov  yvcb[/i])]i  urjS'  ä.XXo}[iJ 
AvSpfiJ   ovvelvai   urjSe  (fd'F.[ijQsii'  rbi^    y.oivbv    oiyof    iirSe   aiayi'i'sad'ffuj   0iXiaxor 

Saa  fepsi  ävSpl  alaxvt»iv.  Eid   der    Frau:  Soc.   Ital.  I  64,    Schluß:  ><«t  oid-ev) 

■äXXeot  [kJvd'QcbTtcüv  afvJveoBod'ai  y.aid  yvvaixetov  tqötiov  7tXtj[vJ  aov,  firjoh 
7iot[i^Jasiv  sie  ah  fdofiaya  (fiXxQa  ftrjSe  xayoTioia,  fffire  Iv  Ttorote  fc'^rs  er  ßpcorots. 
firjSk  avviaroQrjaEir  ftrjSevl  ttoi^oovti    TTUQSVQeaei   fjiviovv.     Vgl.   meinen  Aufsatz 

Die  Frau  im  griech. -röm.  Ägypten,  Intern.  Monatsschr.  1910.  Scheidung  siehe 


EINZELNES.  469 


Mitteis;  beide  Teile  haben  das  Recht  owa^uöZto&ai  äXlco,  Oxy.X1273  ^avBhy.a, 

£7ii  rfjs  aTzaX/.ayfja  syy.vos  Ji  f]  Yaftovf.iivri,  Sotco  aiiTj]  6  ya/uüiv  eis  Köyov  SaTidvrjg  ?.oyjictc: 

<V-  f',  ähnlich  Mitteis  Chr.  287.  In  der  Petition  of  Dionysia  Oxy.  II  2.37  (186 
p.  C.)  behauptet  sie,  ihr  Vater  dürfe  sie  nicht  wider  ihren  Willen  aus  dem  Hause 
ihres  Mannes  reißen,    und  ferner  -läi   fjSr,    tslüas  ywatxus  yttouivas  eavrmv 

t'lvai  y.voias,  sire  ßovlovTdi  nacä  roTi  u^Squoiv  utvsiv  «Vc  fir,.     Darauf  foIgt  die 

im  Kerne  dazu  stimmende  Entscheidung  des  Präf.  Fl.  Titianus,  eine  andre  des 
EpiStrategen  Paconius  Felix,  die  aber  feststellt,  daß  der  AiyvTnUoy  vöuos  zu 
Gunsten  der  väterlichen  Gewalt  laute,  endlich  das  Gutachten  des  vouivM 
Ulpius  Dionysodoros,  die  zur  Ehe  ausgegebene  Tochter  stehe  nicht  mehr  in 
seiner  Gewalt.  Also  anscheinend  milde  Praxis.   Byz.  Phrasen  über  die  Ehe  z.  B, 

Mitteis  Chr.  297  (569  p.  C):  TtQcbriv  awrifd-r^uev  aÜ.rilois  Tipös  yduov  y.al  ßiov 
y.otviotiui'  ETil  xorjOTulg  t).7iiai  x«t  riy.vcov  yvrjaiiov  kyad'i}  anogä  otöfievoi  uerä 
ä3i?,r//.o}i-  iy.Te/.aani   tloi^i'iy.bf   atuvöi'   avioixäocor  i<f'   öJ.Of   zbv  riii  e^   UtiffOli'   ^o>fji 

xgövov.  Soldatenehe  Mitteis  Chr.  372,  vgl.  Kap.  13.  Über  die  Standesgrenzen 
unterrichtet  jetzt  der  Gnomon  des  Idios  Logos.  Weibervogt  Mitteis  Chr. 
320.  324  usw.  Wenger,  Stellvertretung  im  Rechte  der  Papyri  173ff.  Zum 
ius  trium  liberorum  vgl.  Oxy.  XII  1467  und  auch  1473.  Im  Übrigen 
zeigt  sich  die  Selbständigkeit  der  Frau  auch  darin,  daß  sie  häufig  Vor- 
mund ihrer  Kinder  ist.  Geschwisterehe  z.  B.  BGU  I  120.  232.  302. 
Wilcken  Chr.  203  (zwei  Fälle  in  einem  Hause).  144.  484;  in  3  Generationen 
Amh.  II  75.  Der  Gnomon  §  23  verbietet  sie  den  Römern.  Verhältnis  der 
Ehegatten  z.  B.  die  Briefe  der  Metrodora  an  Kleon  Witk.'^  6.  Hilarion  an 
.Alis  Witk.2  58.  Isias  an  Hephaistion  Wilcken  Chr.  97.  Mine  an  Apollonios 
Giss.  19.  Serenos  an  Isidora  Oxy.  III  528.  Demareus  an  Arsinoe  Oxy.  VII 
1070  Mehrere  übersetzt  bei  Schubart,  Jahrtausend  am  Nil.  Beschwerde 
über  den  Mann  z.  B.  Mitteis  Chr.  66,  über  die  Frau  ebenda  117.  Merk- 
würdig ist  das  Protokoll  über  die  Sünden  des  Mannes  Oxy.  VI  903  (4.  Jh. 
p.  C.)  mit  der  Überschrift  n-to«  TrävTcor  cor  tlTrer  y.ar'  e/iov  vßoecoy,  er  habe 
ihre  Sklaven  und  Sklavinnen  mißhandelt;  als  sie  zur  Kirche  ging,  habe  er  ihr 
das  Haus  verschlossen,  habe  sie  beschimpft  tto/Jm  äae/.ytjuaTn  Kfycop  eis  Trodacondv 

uov    y.fu    äiä    rfjs   uifö^-    u-ino[v],     er    habe     gesagt:     utTä     nfivav    (sie)    hciißü.rio 

Tto/.iTiy.rji  sttarr(ö.  Hetären.  Ob  ^ro/.iTiyi]  auch  im  Briefe  des  Psenosiris, 
Wilcken  Chr.  127,  die  Hetäre  bezeichnet,  ist  mehr  als  zweifelhaft;  eher  dürfte 
es  hier  ein  Deckname  sein,  der  die  Christin  schützen  soll.  Mitteis  Chr.  224  (3.  Jh. 
a.  C).  in  Krokodilonpolis  Demo,  v  xal  ftco,9a^rez.  Daß  Elef.  Pap.  3  und  4  nicht 
von  einer  Soldatendirne  handeln,  habe  ich  unter  Sklaverei  schon  gesagt.  In 
Christi.  Zeit  begegnet  Gaditana=^Hure  Wilcken  Chr.  13L  Hetärensteuer  in 
Rom:  Sueton,  Calig.  40.  In  Palmyra  OG.  II  629.  In  Ägypten:  Plaumann,  Arch. 
f.  P.  VI  219  Nr.  5.  Tarif  von  Koptos  OG.  H  674.  Hetären  am  Ptolemäerhofe 
z.  B.  Arch.  f.  P.  V  .30.  Polyb.  14,  11,2.  F.  H.  G  III  186  Päderastie  vgl.  die 
Eheverträge  und  die  Rede  gegen  den  Präfekten  Maximus  Oxy.  III  471. 
Frauenberufe:  im  Gewerbe  s.  Kap.  18.  Arbeiterin  in  der  Ölfabrik  Fay.  91, 
an  Dämmen  u.  Kanälen  Wilcken  Chr.  385.  Priesterin  häufig.  Gymnasiarchin 
Amh.  II  64.  Kalligraphin  (für  Origenes)  Euseb.  h.  e.  VI  23. 
Gewalttätigkeit.    Überfall  im  Bade  Magdola  42  (3.  Jh.  a.  C).    Auch  Magd. 

24  (3.  Jh.  a.  C.)  ^rzö  tov  vtceqühov  diajy.vipuaa  AiyvTtriu  rts,  rjt  /Jyarai  tlvai 
örofiu     'ri:joßäoTi[i],   y.afriyetr    rö    oi'oor,     caart    fit]    xmagovr^ini     (Erg.    durch 


470  EINZELNES. 


das  Folgende    gegeben)    usw.    Raubzüge   des    Pyrrhichos    und  Herakleios   in 
Kerkeosiris  113  a.  C:  Mitteis  Chr.  40.    Räuber   im   Sarapeum   Paris.   12.  35. 
Tebt.  I  46.   47.    Oxy.  XII  1408.    Juvenal  XV.    Übergriffe  der  Beamten 
vgl.  die  kgl.  Erlasse  Tebt.  I  5.  Edikt  des  Verg.  Capito  OG.  II  665.    Über   di^ 
amtliche  Erpressung  bei  den  Reisen    der  Beamten,    der  nagovaia   der  König 
usw.  vgl.  Zucker  zu  den  Edikten  des  Germanicus.  Oxy.  II  284.  285  (Steuer _ 
erheber).     Gewaltherrschaft  des  loiroyqai^i^arevs  Tebt.  I  41.    Das  Dorf  begibt 
sich  ins  Patronat  (oytTri;)  des  ßaadty.ds  youa/iaTsvi  Tebt.   I  40.  Vgl.  auch  das 
Verhältnis  der  Sarapeumszwillinge    zur    übelwollenden  Priesterschaft.      Über- 
griffe des  Präfekten  Oxy.  III  471.    Bakschisch  z.  B.  Tebt.  I  112.    Bestechung 
Wilcken  Chr.  287,   Unterschlagung    Oxy.    I  57.     Sykophantie:  Edikt    des 

Tib.  Jul.  Alexander  OG.  II  669  (68  p.  C):  ovöev  yäo  sarm  ne^as  rü)P  avy.0- 
(favrtj/LidrdJv,  eäi'  rä  ÜTto/.e/.vfiera  äytjjai,  eioi  Tis  avrä  xaTaxoeip/ji'  -^örj  8e  Tjjs 
7tö?.f:fog    o^eSöv   äoixijTov    ysvo/ievrjs    Siä    tö    TtXfjd'os   twv    ovxocpavrwv    *cai    Tiaarj> 

oly.ha;  ovvT:n()aaoofj.evt]s.  Vgl.  Plaumann,  Der  Idios  Logos  des  Königs.  Eine 
Untersuchung  über  das  Verhältnis  von  Beamten  und  Volk,  die  Behandlung 
der  Untertanen  durch  die  Regierung  usw.,'  mit  sorgfältiger  Rücksicht  auf 
Ort  und  Zeit,  würde  viel  ergeben.  Giftmischerei  <faouay.eia  z.  B.  Mitteis  Chr. 
59.  Selbstmord  z.  B.  Oxy.  III  472:  der  Gegner  behaupte,  vergiftet  zu  sein,- 
hätte  aber  selbst  Gründe  genug  gehabt  sich  zu  vergiften,  «^  xal   älloi  noklol 

TOP  ß'dfaroi'  rov  ^tjv  TiQoy.otivafTSi,  y.ai  yäo  vtiö  Savsioriöv  ^XXvto  xaX  rjTtÖQsi. 

Bestattung.  Über  die  religiösen  Vorstellungen  Kap.  16.  Wilcken,  Grundzüge 
421f.  Kosten  der  Bestattung  Wilcken  Chr.  498,  besonders  Giss.  68,  wo  mehr 
als  300  Drachmen  für  dx9örin  berechnet  werden.  Sonstige  Ausgaben  für  Öl, 
Spezereien  für  die  f«>«?oTa5fo<.  Über  die  rsy.Qordfoi  der  großen  Oase  geben  die 
Papyri  Grenfell  II  Näheres.  Totenklage,  in  Köm  es  suqafa  dargestellt.  Be- 
zahlung für  einen  d-gi^n^rijs  BGU  I  34  (4.  Jh.  p.  C);  meistens  sind  es  Weiber. 
Vgl.  Wreszinski,  Atlas  zur  altäg.  Kulturgesch.  Taf.8.  Regeln  der  Choachyten 
bei  Spiegelberg,  Demot.  Pap.  Berlin  und  sonst.  Verkauf  vorr  Gräbern  samt 
Leichenpflege  Paris,  5.  Ryl.  II  65.  Nephoris,  die  Mutter  der  Sarapeums- 
zwillinge, läßt  ihren  Mann  unbestattet:  Paris  22.  Schranksärge  Erman, 
Religion^  255.  ÄZ.  32,  56.  Diodor  I  91.  92.  Cicero,  Tusc.  I  45  condiunt 
Aegyptii  mortuos  et  eos  servant  domi.  Ein  solcher  Schranksarg  befindet 
sich  im  Berliner  äg.  Museum.  Abb.  18  gibt  den  Sarg  einer  Frau  wieder, 
dem  die  Tracht  der  Lebenden  aufgemalt  ist;  ebenda  Mumienbilder.  Über  solche 
Bilder  und  die  Nekropole  von  Köm  es  suqafa  s.  Kap.  17.  Zum  makedonischen 
Klinegrabe  O.  Rubensohn,  Bull.  Arch.  Alex.  12,83.  Sargformen:  neben 
den  Särgen  aus  Cartonnage  namentlich  Holzsärge  mit  Dach  und  Füßen  sowie 
längliche  Kasten  aus  Papyrusgeflecht.  In  Köm  es  suqafa  auch  Wandnischen, 
ioculi,  billige  Begräbnisplätze.  Wasserleitung,  vgl.  den  häufigen  Wunsch 
i^oir  aoi  ö  'OoTois  TÖ  xiwyobv  vSmo,  den  das  trockuc,  heiße  Klima  hervorgerufen 
hat.  Die  Gartengräber  werden  bei  v.  Sieglin,  Ausgrabungen  in  Alexandrien 
behandelt.  Alex.  y.i]7xora(fZa  BGU  IV  lllSff.,  vgl.  Kap.  18.  Begräbnissteuer, 
Telos  TUfüir,  Wilcken  0?tr.  I  304.  Spiegelberg  Arch.  f.  P.  I  340.  ÄZ.  53,120. 
Ryl.  II  95.     Beförderung    der  Mumien    auf    dem    Nile    Oxy.  VII    1068: 

fii^  fuTtoQrjOi'S  nXolov  ev  roj  'ApaivoeiSf]  eyQaxpa  ro  yvolnj  fiovK).i]uaTi(o  rc'  aqy{i)£Qt. 
tira  iioi  TT/.oToj'  SiaTtsiiyjiETai,  eira  bvvrjd'co'rb  ocofiäriv  y.arersvy.lr  ev  (sic)  ^A).e^Ar- 
i^oiar,    y.at    Siane/Lufiero   (sic)  fioi  axayiSiot'    äoraßcöi^    s^t'ixorra.      Lefcbvre,     Bull. 


EINZELNES.  471 


Arch.  Alex.  14,  4.  usw.  Vgl.  auch  den  Tarif  von  Koptös  OG.Il  674.  Mumien- 
etikett Wilcken  Chr.  499.  Möller,  Mumienschilder  (Demot.  Texte  a.  d.  Kgl. 
Mus.  zu  Berlin  I).  Leipzig  1913.  Kleine  Pyramide  Wilcken  Chr.  500. 
Geburtstag  des  Toten  Mitteis  Chr.  305.  306,  vgl.  auch  Wilcken  Chr.  500.  Toten- 
feier Ryl.  II  153.  Man  reist  zum  Begräbnisse  Angehöriger  Oxy.  IX  1218. 
Testament  des  Abraham  von  Hermonthis  Mitteis  Chr.  31&  (Ende  6.  Jh.  p.  C). 
Über  die  Fortdauer  der  Mumifizierung  siehe  Leipoldt,  Schenute.  Kondolenz- 
brief Wilcken  Chr.   479. 


XX.  VERZEKHNIS  DER  LITERARIS(HEN  PAPYRI. 


Das  folgende  Verzeichnis  der  literarischen  Papyri  stellt  alle  mir  bekannt  ge- 
wordenen veröffentlichten  Texte  zusammen,  denen  ich  einige  noch  unver- 
öffentlichte Berliner  Papyri  eingereiht  habe,  und  beschränkt  sich  auf  Angabc 
des  Verfassers,  des  Werktitels,  der  Zeit  der  Handschrift  und  der  Publikation: 
die  Zeit  des  Verfassers  oder  des  Werkes  wird  nur  dann  angeführt,  wenn  sie 
erst  durch  den  Papyrus  bestimmt  worden  ist  oder  nur  durch  Vermutung  ge- 
wonnen werden  kann.  Da  die  notwendige  Kürze  jede  Erörterung  ausschließt, 
sind  diese  Zeitangaben  im  Allgemeinen  nur  als  Schätzungen  zu  betrachten 
Aus  demselben  Grunde  kann  ich  nur  eine  Publikation  zu  jedem  Texte  an- 
führen, in  der  Regel  die  letzte,  und  muß  jeden  Hinweis  auf  Literatur  unter- 
lassen; daher  sei  nachdrücklich  auf  die  Berichte  von  Viereck  in  den  Jahres- 
berichten über  die  Fortschritte  der  klass.  Altertumswissenschaft,  von  Kenyon 
und  Bell  im  Archaeologica!  Report  und  im  Journal  of  Eg.  Aichaeology,  von 
Kenyon  in  der  Palaeography,  von  Hohlwein  imMus^e  BclgeVI—  IX,  vonWessely 
in  den  Studien  zur  Paläographie  und  Papyruskunde,  zuletzt  Heft  XHI,  von 
Crönert,  Blass  und  A.  Körte  im  Archiv  für  Papyrusforschung  verwiesen. 
Das  Verzeichnis  reicht  von  den  ältesten  Papyri  bis  etwa  zur  Mitte  des  7.  Jh. 
p.  C;  jedoch  habe  ich  bei  christlichen  Texten  die  Grenze  nicht  genau  ein- 
halten können  und  die  Zauberpapyri  ausgeschlossen.  Literarische  Texte,  die 
nur  durch  Schulübungen  oder  Anführungen  einzelner  Stellen  erhalten  oder 
bezeugt  sind,  habe  ich  mit  Auswahl  aufgenommen.  Wo  die  Überschrift  eines 
Stückes  in  diesem  Verzeichnis  von  der  in  der  angeführten  Publikation  ab- 
weicht, beruht  meine  Angabe  auf  späterer  Berichtigung. 
Bei  der  Benutzung  des  Verzeichnisses  beachte  man  Folgendes:  Der  Name  des 
Verfassers  ist  fett  gedruckt  und  ausgerückt;  Zeit  des  Verf.  oder  des  Werks  steht 
kursiv  in  Klammern.  Der  Titel  des  Werks  folgt  kursiv,  dann  die  Zeit  der  Hand- 
schrift kursiv,  zuletzt  die  Publikation  in  steilen  Typen.  Die  Bücher  der  Bibel 
und  die  lateinischen  Papyri  sind  zu  je  einer  Gruppe  zusammengefaßt. 
h=  hellenistische  Zeit  bis  Ende  des  1.  Jh.  v.  Chr.  r=  römische  Kaiserzeit 
bis  um  300  n.  Chr.  b  =  byzantinische  Zeit  bis  zum  Ende  der  Periode,  a  =  vor 
Christus  (3a  =  3.  Jh.  v.  Chr.  usw.).  p  =  n.  Chr.  (2p  =  2.  Jh.  n.  Chr.  usw.). 
a/p  =  Zeit  des  Augustus.  id  =  idem  bedeutet,  daß  der  vorher  genannte  Werk 
titel  weiter  gilt.  Ein  senkrechter  Strich  trennt  die  einzelnen  Handschriften. 
Paragraphen  und  Verszahlen  bedeuten  nur  die  Grenzen  des  Erhaltenen.  Zu 
den  Publikationstiteln  siehe  die  angeschlossene  Erklärung  der  Abkürzungen. 

Achilles  Tatius  {314p)  Kleitophon  u  Leukippe  II  4p  Oxy  X  1250. 

Afrieanus  (3p)  Kestoi  3p  Oxy  III  412. 

Aischines  Kies  94.  96  3p  Oxy  IV  703  \  id  167  2p  Oxy  III  457  |   id  178- 186  op 

Rainer  M.    |    Fals  leg  3p  Oxy  III  440  |   id  21-^30  3p  Oxy  III  458  | 

Tim  2p  Hai  6|  id  171-181  3p   Geneve  1. 


LITERARISCHE  PAPYRI.  473 

Aisehvios?  2a  Nauck«  99  |  l/2p  Oxy   11  213. 

Aisopos  Leben  b  Zeret  Pet  Ak  1905  |  Legende  4p  Soc  It  II  156  |  id  Fest- 
schr  Lamanski  1907. 

Alkaios  Ip  Diehl  Lyr )  2p  Diehl  Lyr  [  2p  Oxy  X  1233  |  2p  Oxy  X  1234  XI 1360. 

Alkidamas  Museion  3a  Pet  I  25. 

Alkman  2a  Par  71 1  l/2p  Oxy  I  8. 

Anthologie  3a  Hib  7  {  5a  Pet  I  3  |  3a  Pet  II  49  |  2a  BKT  V  2  \  2a  BKT 
V  2  (  211a  Tebt  I  1  |  2/la  Tebt  I  2  (  ia  Freib  la.  b  |  (h)  2p  Arch  II 
185  I  (2p)  3p  Hermes  35,  608  |  3p  Oxy  VI  864  |  4p  Soc  It  II  120  I 
(3 12a)  Laterculi  2/la  Abh  Berl  Ak  1904  |  (a/p)  Chrestomathie  2p 
Oxy  X  1241. 

Antiphanes  Anthropogonie  3p  Oxy   ill  427. 

Antiphon  Apologie  3p  Jander  or  rhet. 

Antiphon   soph.   Von  der  Wahrheit  3p  Oxy  XI  1364. 

Apollonios  Rhod  Arg  8 /9p  Hermes  35  605  [  2,  101-110  3p  Oxy  IX 
11791  3,  263-272  3p  Oxy  VI  874(3,  727-745  3p  Oxy  IV  690  f  3, 
908-914  2p  Oxy  IV  691  [  3,  1055-^1063  2p  Oxy  X  1243  j  4,  77-90  2p 
Oxy  IV  692. 

Aratos  Phain  Ip  BKT  V  1  \  Jd  4p  Cl  Quart  1907  |  Schol  BKT  V  1. 

Arehiloehos  2p  Oxy  VI  854  |  2p  Diehl  Lyr. 

Aristarchos  (3/2a)  Komm  Herodot  3p  Amh   II  12. 

Aristophanes  Ac/jorner,  Frösche,  Vögel  5 /6p  BKT  V  2  [  Frösche  5p  Oxy 
XI  1372  I  Vögel  Mel  Nie  211  |  Wolken  5p  BKT  V  2  |  irf  5p  Oxy  XI 
1371  1  id  b  BKT  V  2  |  id  5/7p  Hermes  35,  602  [  Ritter,  Lysistrata 
4/5p  Mel  Nie  212  |  Ritter  5p  Oxy  XI  1373  (  Wespen  5p  Oxy  XI 
1374  I  Friede  op  Oxy  XI  1373  j  Plutos  Oxy  XIII  |  1 /2p  Oxy  II 
212  I  2/3p  Amh  II  1  \  5p  Oxy  XI  1403  (  3p  Grenf  II  12  \  Komm 
Acharner  3p  Oxy^VI  856  [  Komm  2 /3p  Flor  II  112  |  Komm  5p 
Oxy  XI  1402. 

Aristoteles  Analyt  I  Ken  P  131  |  Ath  pol  Ip  Blass^  Thalheim  [  id  2 /3p  Abh 
Berl  Ak  1885  |  Protr  2p  Oxy  IV  666  l  Komm  Topik  II  l/2p  Fay  3. 

Aristoxenos  3p  Oxy  IV  667  |  3p  Oxy   I  9. 

Astrologisch  {2a)  Kai  2p  Oxy  III  465  (  Manetho  3p  Soc  It  III  157  |  Verse  3p 
Oxy  III  464  [  (3 /2a)  astr.-meteorol  Handbuch  2a  SB  Wien  Ak  (  über 
Vorzeichen  2 /3p  Oxy  VI  H8b  |  Dialog  3p  Ryl  II  63  |  Horoskop  l/2p 
Lond  1 132  I  id  4p  Soc  It  I  22  [  id  4p  Soc  It  I  23  ]  id  4p  Soc  It  I  24  | 
Mantik  3 /4p  Amh  II  14  (  r  Reinach  6  [  2p  Arch  I  500  f  2p  Jand  3  ] 
2 /3p  Tebt  II  276  [  3p  Soc  It  III  158  [  3p  Tebt  II  277  [  7p  Arch  \  492. 

Astronomisch  (3p)  Abhandlung  3p  Ryl  I  27  |  Gedicht  4p  Anal  Graeca  1901 1 
(4 /3a)  Kai  Sais  3a  Hib  27  l  Kai  2p  Tebt  II  449  [  id  2p  Tebt  II  274  | 
2p  Reinach  6  [  Phi!  Anz  XIV  477. 

Astydamas  Hektar  2a  Amh  II  10. 

Babrios  (2p)  2p   üxy  X  1249  (  lat  Übers  4p  Amh  II  26. 

Bakchylides  2/3p  Blass^  [  2p  Oxy  VIII  1091  |  Skolia  Ip  Oxy  XI  1361. 

Basileios  Anthol  5p  BKT  VI. 

Bibel  AT  Genesis  3p  Berl  Kgl  Bibl  f  1  3/4p  Amh  I  3  I  2.  3  (Aquila)  3p  Oxy 
VII  1007  f  5.  6  lat  4p  Oxy  VIII  1073  [  14.  15.  19.  20.  24.  27  2/3p  Oxy  IV 
656  j  16  3 /4p  Oxy  IX  1166  |  25.  26  5p  Arch  II  224  [  31  4p  Oxy  IX  1167  | 


474  LITERARISCHE  PAPYRI. 

37  samarit  5/6p  Nachr  Gott  1911  [  37.  38  4p  Nachr  Gott  1913  |  38-4(> 
415p  Wess  Stud  IX  [  Exodus  15  6p  Wess  Stud  IX  |  15  gr.  kopt  7p  Heid 
Sept  2[  19Öp  Amh  II  191  f  31.  32  2 /3p  Oxy  VIII  1074  f  40  5pOxy  VIII 
1075  f  Levitieus  1.  2  5p  Nachr  Gott  1913  |  16  4p  Oxy  X  1225  |  27  4p 
Oxy  XI  1351  I  Deutero  2.  3  4p  Ryl  1  [  24-29  samarit  6p  Nachr  Gott 
1911  [  32  6p  Amh  II  192  f  4 /5p  Freer  f  Josua  4 /5p  Frecr  f  4.  5  i^p  Oxy 
IX  1168  I  Richter  15p  Soc  It  II  127  f  5  7p  Nachr  Gott  1913  [  I  Sam-2 
gr.  kopt  7p  Sept  Heid  2  [  Köniye  (Aquila)  Mel  Chot  |  II  15.  16  4p  Arch 
II  227  1  Jesajas  6  3p  Oxy  111  40G  |  38  3p  Wess  Stud  IX  |  58  6p  Amh 
II  191  I  Jeremias  12  5p  Wes^  Stud  IX  |  E/echiel  5.  6  4p  Grenf  I  5  | 
Arnos  2  6'p  Oxy  VI  846  [  Zaoharias  12.  13  5p  Grenf  I  6|  4— Malachias 
4  7p  Heid  Sept  1  l  Hiob  1.  2  7p  Amh  I  4  [  1.  5.  6  6/7p  Ryl  2  |  Hohe- 
lied 1  718p  Grenf  I  7  |  VVeislieit  1  4/5p  Wess  Stud  IX  |  Elilil  Oxy 
XIII  I  Sprüclie  10  6p  Amh  II  193  |  Tobias  2  6p  Oxy  VIII  1076  1 
Psalm  1  7p  Grenf  H  112a  |  5  5 /6p  Amh  I  5  |  7.  8  3 /4p  Oxy  X  1226  | 
9  4p  Wess  Stud  XV  [  9-13.  21.  24.  32-34  8p  Wess  Stud  IX  |  11-19. 
21-35  7p  Tisch  Mon  Sacrl  217  [  12-15  3p  Lond  II*)  f  18-20 
4p  Wess  Stud  IX  [  22.  23  7p  Festschr  Heinrici  60  (  24  Crum  Coptic  Ostr 
512  !  26  6p  Rainer  F  [  30-55  4p  Heinrici  Lpz  P  f  33  6/7p  Wess  Stud  IX  | 
40-41  ÄZ  1881  [  49  8p  Wess  Stud  XV  |  50  Crtun  Coptic  Ostr  512  1 
58.  58  5p  Amh  I  7  (  68.  70  4 /5p  Oxy  VI  845  f  68.  80  (Aquila)  3 /4p  Mel 
Chat  I  72.  88.  89  5p  Wess  Stud  IX  [  82.  83  4p  Oxy  XI  1352  (  90  5 /6p 
Ryl  3  I  91  6p  Geneve  6  [  98  Wess  Stud  XI  j  101  Wess  Stud  XI  |  103 
Crum  Coptic  Ostr  513  [  105.  106  5 /6p  Wess  Stud  IX  [  108.  118.  135. 
138-140  7p  Amh  I  6.  200  f  109  Arch  II  385  [  117  Crum  Coptic  Ostr. 
514  I  118  3p  Heinrici  Lpz  P  |  4/5p  Freer  |  4p  Heinrici  Lpz  P  |  Heb  Gr 
Palimpsest  (Aquila)  Mel  Chat. 
NT  Evantjelien5/öp  Freer  I  Mattlil3pOxy  I  2  [  1-2  5/6*p  Oxy  III401 1  S-7 
5p  Wess  Stud  XII  j  4  6p  Oxy  VIII  1077  [  6  5 /6p  Oxy  IX  1169  [  ,10-11 
5p  Oxy  IX  1170  f  12  5p  Oxy  X  1227  j  15  6p  Tisch  Nov  Test  III  450  (  18 
4 /5p  Wess  Stud  XII  [  25  7p  Soc  It  I  1  [  Markus  6  5p  Wess  Stud  XII  | 
ü  6p  Heid  Sept  3  [  10.  11  5 /6p  Oxy  I  3  [  15  6p  Wess  Stud  XV  [  15  4p 
Wess  Stud  XII  [  Lulias  1  Crum  Copt  Ostr  514.  515  [  1  Wess  Stud  Xi  \ 
2  5p  Wess  Stud  XII  [  5-6  4p  Miss  Franc?  1893  (  7.  10  6p  Ken  P  132  [ 
9.  10  5p  Wess  Stud  XII  f  12  Wess  Stud  XII  |  16  Wess  Stud  XI  |  19 
5/6p  Wess  Stud  XII  |  21.  22  Wess  Stud  XI  )  22  3/4p  Soc  It  I  2. 
II  124  I  23.  24  (Got  Lat)  5p  NTWiss  1910  [  Joli  1.  20  3p  Oxy  II  208  | 
1  7p  Wess  Stud  XII I  2  4p  Oxy  VI  847  t  3  6p  Soc  It  1  3  |  7  Wess  Stud  XI  | 
7  (lat)  Arch  Rep  7/8  |  15.  16  3p  Oxy  X  1228  f  20  5p  Wess  Stud  XII  | 
Apostelfleseh  2  5 /6p  Amh  I  8  |  2  Wess  Stud  XI  \  6.  7-15  5p  Soc 
It  II  125  I  15  6/7p  Wess  Stud  XII  [  17-22  Wess  Stud  XV  |  28  5p 
Heid  Sept  4  |  5p  Freer  |  Römer  1  4p  Oxy  II  209  ]  1  6 /7p  Oxy  XI 1354  | 
1-2  5p  Soc  It  I  4  I  8.  9  3p  Oxy  XI  1355  [  12  6 /7p  Ryl  4  |  Korintlier 
I  1.  G.  7  5p  Ken  P  132  [  I  1.  2.  3  5p  Harris  1  I  2-3  4 /5p  Wess  Stud  XV  j 
1  7-8  4p  Oxy  VII  lOOS  (  I  16  6 /7p  Wess  Stud  XII  f  II  4  6p  Wess 
Stud  XV  I  (iaiafer  2  5p  Soc  It  II  IIS  [  3  5p  Soc  It  III  251  |  Phiiipper 

*)  Lond  I,  II  usw.  ohne  SeitenzJffern  =  Table  of  Papyri  des  Bandes. 


LITERARISCHE  PAPYRI.  475 

3.    4   4p  Oxy  VII  1009   |    Thessalon  I  3.    4  6 /7p  Wess  Stud  XII 
Hebräer  1  3 /4p  Amh  I  3  [  2-4.    10-12  4p  Oxy  IV  657  |  9  4p  Qxy 
VIII  1078  I   Titus  1.  2  3p  Ryl  5  [  Kathol  Br  5p  Freer  (   Petr  1  4p 
Oxy  XI  13531  2.  5  Wess  Stud  XI  |  Joh  1  4 /5p  Oxy  III  402  |  Jacobus 

I  5p  Heid  Sept  i  \  1  4p  Oxy  X  1229  [  1  5p  Soc  It  I  5  (  2-3  3p  Oxy  IX 
1171  I  Offenb  1  3/4p  Oxy  VIII  1079  f  3.  4  4p  Oxy  VIII  1080  f  5.  6  4p 
Oxy  X  1230  [  16  5p  Oxy  VI  848. 

Chares  i4a)  Gnomai  3a  SB   Heid  Ak  1912.  - 

Chariton  {l/2p)  2 /3p  Oxy  VII  1019  [  2p  Fay  1  |  ?p  Arch  I  227. 

Choirilos  2/3p  Oxy  XI  1399. 

Christlieh  Apoli^lypse  Baruch  5p  Oxy  III  403  |  Elias  4p  Soc  It  I  7  ] 
Ezra  4p  Oxy  VII  1010  ]  Jesaias  5 /6p  Amh  I  1  j  Hr.noch- Petrus 
5/ 6p  Klostermann  Apocr  |  Evangelium  Petrus  5:6p  Klostermann 
Apocr  I  Protev  Jakobus  4p  Soc  It  I  6  j  Protev  516p  Grenf  I  3  J 
Gnostisch  4p  Oxy  VIII  1081  j  Unkanonisch  3p  Oxy  IV  655  J  id  3p 
Rainer  M  l  \id  4p  Oxy  X  1224  |  id  4/5p  Swete  )  Logia  Jesu  3p  Oxy 

II  \id  3p  Oxy  IV  654  ]  Chr  Lit  Gnostisch  4p  Oxy  I  4  ]  Briefe 
Abgar  6 /7p  Cairo  GH  90  f  über  Profetie  3 /4p  Oxy  I  5  j  Sprüche  3 /4p 
Arch.  II  217  f  Nicaenuin  6p  Ryl  6  }  Osterbnef  7p  Grenf  II  112  | 
id  ca  720p  BKT  VI  \  Kirch!  Kai  Oxyrh  535 /6p  Oxy  XI  1357  ] 
(jiebete  altchristl  4p  Festschr  Heinrici  [  christl-herm  3p  BKT  VI  j 
gegen  Krankheit  4 /5p  Arch  I  540  |  bei  der  Nilschwelle  7  /8p  Wess 
Stud  XV  [  gr-kopt  Litanei  7 /8p  Wess  Stud  XV  [  3 /4p  O^y  III  407  | 
5 /6p  Cairo  GH  51  (  fc  BKT  VI  |  4/5p  Cairo  GH  34  j  ö  Arch  II  384  | 
Liturgisch  akrosl  Hymnus  4p  BKT  VI  |  Hymnus  auf  Märtyrer 
10p  BKT  VI   I  Hymnus  4p  Amh  l  2  \  id  6p  Ryl  7   |  id  6/ 7p  Lond 

III  \  id  b  BKT  VI  \  id  b  Crum  Copt  Ostr  |  Weihnachtslit  7p  BKT 
VI  J  Abeadmahlslit  b  BKT  VI  f  id  b  Crum  Copt  Ostr  |  Osterkanon 
Joh.  Damasc.  10p  BKT  VI  J  Doxologie  8p  Grenf  1  70  |  Kirchenlied 
b  Byz  Zschr  17,  307  ]  Liturg  4p  Rainer  M  \l  \  id  5p  Ryl  8  |  id  5/6p 
Ryl  9  t  id  6/7p  BKT  VI  \  id  7p  Schermann  |  id  7 /8p  Amh  I  9  ]  irf 
8/9p  Grenf  II  113  I  id  b  Crum  Copt  Ostr  \  id  b  Crum  Copt  Ostr  I  id  b 
BKT  VI  I  Unbestimmt  3p  Oxy  II  210  (  3p  Oxy  III  406  ]  3p  Lond  II  | 
4/5p  Soc  It  II  155  f  5p  Amh  II  195  |  5p  Amh  II  198  |  5p  Soc  It  I  54  | 
5 /6p  Ryl  11  I  5!6p  Cairo  OH  89  |  6p  Amh.  II  194  (  6p  Amh  II  197  [ 
6p  Lond  II  j  6p  Lond  III  ]  6p  Soc  It  I  65  |  6/7p  Amh  II  196  [  6/7p 
Amh  II  199  f  6/7p  Jand  7  f  6/7p  Cairo  GH.  90  J  6/7p  Lond  II  | 
6/7p  Lond  II  |  6/7p  Lond  I  |  6 /7p  Lond  I  |  6  7p  Lond  I  1  6/ 7p 
Lond  I  )  6/7p  Lond  I  J  vgl  Märtyrer. 

Chrysippos  3 /2a  Arnim  stoic  II  52. 

Demosthenes  Ol  II  10.  15  J /2p  Class  Rev  6,  430  |  zd  II  19  3p  P  8519  (  Phil  I 
26-29  5p  Geneve  3  [  id  U  1.  5  4p  Amh  II  24  [  irf  III 121.  122  2p  Fay  8  | 
id  in  Arch  Rep  1895  |  de  pace  2-9  4p  Soc  It  II  129  [  id  21.  23  2 /3p 
Oxy  II I  460  [  Hai  25  P  13235  [  id  84  2 /3p  P  8520  |  syinmRhod  Hb.  194. 
198  5 /6p  P  13274  |  Megal  8-10.  12.  13  P  13283  |  id  204  5lbp  P  13264  ( 
Cor  Auf  3p  Ryl  59  (  id  7.  8  3p  Oxy  III  461  (  id  25-28  3p  Oxy  III  462  [ 
id  40-47  2p  Oxy  II  230  [  id  163.  169  3p  Ryl  57  |  id  167-69  la  Oxy  XI 
1377  [   id  227-229  1 /2p  Oxy  II  231  [  id  230-231  2 /3p  Oxy   IV  700  | 


476 LITERARISCHE  PAPYRI. 

id  267—  294  516p  Ryl  58  [  id  308  3p  Oxy  I  25  |  Fals  leg  4.-1.  12-13  3p 
Lond  V  1814  I  id  10  112p  Grenf  II  9  l  fd  53-57  2p  Oxy  IX  1182  [  id 
274-280  5p  Oxy  VIII  1094  [  id  293-295  2p  Tebt  II  267  f  Lept  19> 
Arch  Rep  7/8  48  |  id  84-90  2p  Wilcken  Tafeln  )  Mid  41.  42  ijSp  Bibl. 
Arch  15,86  j  id  151-4  3p  Oxy  XI  1378  |  Aristocr  110-119  3p  Oxy  Ilt 
459  f  id  149.  150  3p  Oxy  VI  883  |  Timocr  53  —  58  2p  Oxy  II  232  |  id 
145.  146.  150  3p  Oxy  II  233  |  id  720-721  2/3p  Oxy  IV  701  [  Aristog  I 
47.  48  2p  Oxy  VI  882  |  Phorm  5-7  2p  Grenf  II  10  |  Boeot  1-23  2p 
Oxy  VIII  1093  j  id  50-53  2p  Oxy  IV  702  [  Prooem  26-29  2p  Oxy 
I  26  (  Brief  3  la  Ciass  T  56  |  Komm  Mid  Ip  Ken  Ath  pol  |  Komm 
.  Androt  lj2p  Hermes  42,  274  f  Wort  Mid  4J5p  Wess  Stud  IV  [  Wort 
Aristocr  415p  BKT  I  [  Leben  2p  Soc   It   11  144. 

Didymos  Komm  Demosth  2p  BKT  1. 

Diktys  (ip?)  213p  Tebt  II  268. 

Oiokles  V  Karystos  (?)  3a  SB  Heid  Ak  1913. 

Dionysios  Thrax  5p  Soc  It   I  18. 

Dioskorides  Leid  X  [  id  Arch  Rep  07/08. 

Dioskoros  v  Aphrodito  6p  Cairo  Byz  1.  II.  III.  BKT  V.  Lond  V  1817-1820 

Elegie  3a  Pet  II  49  [  2p  Oxy  I  14. 

Epicharmos  Komödie  2p  Rainer  M  V  |  Gnomai  3u  Hib  1  |  id  3a  Hib  2. 

Epigramm  (h)  la  Tebt  I  3  f  {3 /2a)  auf  Homer  la  BKT  V  1  [  (3a)  auf  Philiko^^ 
3a  SB  Berl  Ak  1912  [  (3a)  auf  eine  Statue  3a  BKT  V  1  |  iö  Freib  4  f. 
Meleagros  ip  BKT  V  1  |  a/p  Oxy  IV  662  |  (a/p)  Ip  Rev  Phil  XIX  177  J 
(r)  3p  Oxy  I  15  |  3p  Oxy  IV  671  |  Grabep  3p  Soc  It  I  17  j  5/6p 
Mel  Nie  615. 

Epikuros  3a   SB  Berl  Ak  1916  (Grenf  II  7.  Oxy  II  215). 

Episch  (3a)  Diomedes  3 /4p  BKT  V  1  |  (h)  Leda  r  Mel  H  Weil  290  |  Para- 
phrase über  den  Raub  der  Persephone  la  BKT  V  1  |  {3/4p} 
Schöpfungssage  4p  Reitz  2  rel  Fr  |  (3 /4p)  Geschichtl  4p  Reitz  2  rel  Frj 
(4p)  Epikedeia  4/5p  BKT  V  1  |  (/i)  Epithalamium  4p  Ryl  17  j  {3/4p) 
Panegyrisch  3 /4p  Soc  It  II  149  |  (3p)  Paneg  auf  einen  Gymnasi- 
archen 3p  Oxy  VII  1015  I  Zug  des  Dionysos  3/4p  Lond  II  [  (Sp) 
Panegyrisch  5p  Flor  II  114  |  (4p)  Blcmyersieg  des  Germanos  5p 
BKT  V  1  I  (5p)  auf  einen  Dux  der  Thebais  5 /6p  BKT  V  1  |  3a 
Hib  8  I  3a  Grenf  II  5  |  3 /2a  Hib  9  |  (h)  3p  Oxy  III  422  l  (h)  2p  Amh  H 
16  [  (h)  2 /3p  Journ  Phil  1915  [  (h)  4p  Hai  2  |  la  Ryl  32  |  1 /2p  Cairo  GH 
73  I  Ip  Oxy  IV  672  |  2p  BKT  V  2  |  2p  Ken  P  136  |  2p  Lond  II  |  2p 
Lond  V  1816  |  2/ 3p  Lond  11  |  2 /3p  Cat  Add  94  |  3p  Oxy  II  214  |  3p 
Oxy  VI  859  ]  3p  Oxy  IV  670  |  3p  Oxy  III  423  ]  3p  Oxy  III  434  |  3p 
Lond  III  I  4p  Hermathena  1885  [  4p  BKT  V  2  (  ÖBCH  28  |  (4/5p)4f5p' 
Flor  III  390  I  4 /5p  SB  Berl  Ak  87  |  5p  Soc  It  HI  253  |  b  BKT  V  2  |  7p 
BKT  V  2  [  7p  BKT  V  2  |  Phil  Anz  14,  477. 

Eudoxos  3/2a  Blass  Eud. 

Euklcides   I  2p  Fay  9  [    II  3 /4p  Oxy  I  29. 

Eupliorion  5p  BKT  V  1. 

Eupolis  Demen  4 /5p  Lefebvre  Menandre  XXI  |    ?  2p  Oxy  X  1240. 

Euripidcs  Schlußchor  der  Alkesiis  usw.  3a  Hib  25  [  Andromache  3p  Oxy 
III  449  I  Antiope  3a  Arnim  Eur  |  Archelaos  2 /3p  Arnim  Eur  |  Elektra- 


LITERARISCHE  PAPYRI.  477 


Inhalt  3p  Oxy  III  420  |  Hekuba  op  Oxy  VI  876  |  id  3p  Oxy  VI  877  1 
Hippolyfos  2a  BKT  V  2\  idßp  BKT  V  2  |  Hypsipyle  2/3p  Arnim  Eur  1 
id  3a  Pet  II  49  [  Iphig  in  Taiiris  3a  Hib  24  [  Kreter  2p  Arnim  Eur 
Medea  2a  Weil  Mon  Grecs  1879  |  id  5p  BKT  V  2\  id  3p  Oxy  III  450  I 
id  5p  Oxy  XI  1370  |  Melanippe  5p  Arnim  Eur  (  Oineus?  3a  Arnim 
Eur  [  Orestes  a/p  Rainer  M  V  |  trf  2p  Rev  Phil  19  |  id  la  Oxy  IX  1178  [ 
idSpOxy  XI 1370  ]  id  Oxy  XI 11  (  Phaethun  3a  Arnim  Eur]  Phoinissai 
2a  Class  Rev  18  1  id  Ip  Oxy  IX  1177  [  id  3p  Oxy  II  224  |  id  4/5p 
Rainer  M  V  |  Rhesos  4/5iJ  SB  Berl  Ak  87  |  Skiron  Inhalt  6p  Amh' 

II  17  I  Temenides?  2a  Weil  Mon  Grecs  1879  [  Troerinnen  Ip  BKT 
V  2. 

Fabel  2p  BCH  28. 

Galenos  Komm  Prolegomena  617p  P  11739. 

Geographie  Lexikon  6 /7p  Oxy  VI  870  |  über  merkwürdige  Bräuche  eines 

Volkes  3p  Oxy  II  218  |  über  Sitten  fremder  Völker  3a  Pet  I  9  (  2p 

Oxy  IV  681. 
rtesehichte  i4a)Helle.nicaOxijrh  2/5p Hell Oxyrh| Gesc/i  des  4.JhaC2p  Fest- 

schr  Hirschfeld  100  (  (/?)  polii  Abh  la  Ryl  20  [  Feldzüge  Alexanders  la 

Oxy  IV  679  [  (r) Leben  d  Alkibiades  5p  Oxy  III  411  [  Anekdoten  3p  Oxy 

III  441  I  il/2p)  Chronologisch  3p  Oxy  I  12  |  in  ionisch  Dialekt  3p  P 
11632  I  (2p)  Dialog  2p  Freib  2a  |  Brief  an  maked  König  2f3p  Oxy  1 
13  I  id  3p  Oxy  II  217  1  syr  Krieg  (Ptol  III?)  3a  Wilcken  Chr  1  1  Atti- 
sche Perigese  1  I2p  Att  P  [  Prozeß  Phidias  3p  Nicole  proces  Ph  1910  | 
Liste  Ol  Sieger  {Phlegon?)  3p  Oxy  II  222  [  Sikyon  3p  Oxy  XI  1366  [ 
SizGesch  (Epitome  Timaiosl)  2p  Oxy  IV  665  j  (op)  Alex  Weltchronik 
5p  Alex  Weltchr  [  2a  Ryl  18  |  (h)  la  Ryl  30  |  (h)  3p  Oxy  VII 1014  [  la 
Ryl  31  I  Ip  Oxy  11  302  |  Ip  Oxy  VI  866  1  Ip  Oxy  VI  868  [  2p  Rev 
Phil  21  I  213p  Oxy  III  435  (  3p  Oxy  III  436  [  3p  Oxv  IV  680  (  3p 
Oxy  VI  865  [  3p  Oxy  VI  867. 

Grammatik  Abh  213p  Ryl  35  (  Ip  Rainer  M  I  ]  213p  Tebt  II  270  f  3p  Oxy  III 
469  (  3f4p  Amh   II  21  [  617p  Jand  5. 

Gregor   v   \yssa  Anth  vita  Mosis  5p  BKT  VI. 

Hellanilios  Atlantika  2p  Oxy  VIII  1084. 

Herakleides  Lembos  Epil.  Hermippi  2p  Oxy  XI  1367. 

Hermas  Sim  4p  Oxy  IX  1172  [  id  3p  BKT  VI  [  id4l5p  SB  Berl  Ak  1909  [ 
id  6p  BKT  VI  [  id  3 /4p  Oxy  III  404  ]  Vis  Mand  Sim  6p  Amh  II  190  f 
Mand  3 /4p  Oxy  I  5  (  Oxy  XIII. 

Herodas  1 /2p  Crusius^. 

Berodot  1,76  2 /3p  Oxy  I  19  [  105-106  3p  Oxy  I  18  [  105-106  2p  Oxy  X 
1244  [  115-116  l/2p  Arch  I  471  |  2,96-108  2p  Ryl  55  [  154-175  2p 
Oxy  VIII  1092  [  3  Oxy  XIII  f  5,  104-105  3p  Oxy  IV  695  1  7,  166. 
167  2p  Oxy  XI  1375  [  Epitome  4p  Oxy  VI  857. 

flesiodos  Theogonie  75—145  4 /5p  SB  Berl  Ak  87  |  id  210—270  4l5p  Rev 
Phil  16  [  id  626—881  4p  Rainer  M  1  [  zd  643-656  Ip  Ryl  54  [  id 
930-1004  3p  Oxy  VI  «73  [  Erga  111-221  5p  Rev  Phil  12  f  id  199-246 
5/6p  BKT  V  1  I  id  210-828  4p  Rainer  M  l  [  id  257-289  Ip  Oxy 
Vill  1090  [  Aspis  1-470  4p  Rainer  M  I  [  /d  28-33  4/5p  Soc  It  I  15( 
id  209-213  la  BKT  V  [  id  466-480  2p  Oxy  IV  689  [  Kataloge  3a  Rzach 


478  LITERARISCHE  PAPYRI 


21  [  id  lj2p  Rzach  94  |  id  2p  Rzach  7b  [  id  2p  Rzach  81  i  id  2 /3p  Tebt 

II  271  1  id  213p  Soc  It  II  130  |  id  2;3p  Soc  It  II  131  |  id  3p  Rzach  96  | 
id  4p  Rzach  135  f  id  3p  Oxy  XI  13n8  \  id  3p  Oxy  XI  1359  |   ?  2p  Oxy 

III  421. 

Hierokles  i2p)  Ethike  Sloicheiosis  2/3p  BKT  IV. 

Hippokrates  Epidemien  213p  Soc  It  II 116  (  Peri  diaitts  2p  Ryl  56  [  Briefe 
Ip  Oxy  IX  11841  id  2!3p  BKT  III  ]  Aphorismen  R  Acad  Milano  1 1915 

Hipponax  2p  Rh  Mus  55. 

Homer  a)  Ilia'  1,  1-15,  3p  Oxy  III  534  |  37-229,  3p  Class  T  |  43-59,  3p 
Oxy  III  535  I  44-60,  2p  Rev  Phil  18  [  70-590,  l/2p  BKT  V  1  [  107 
bis  116,  3p  Oxy  IV  748  f  121-  284,  3p  Ryl  43  |  127-147,  3p  Oxy  IIl 
536  (  129-150,  2p  Lond  II  [  160-176,  2p  Oxy  IV  749  [  164-181, 
2 /3p  BKT  V  1  I  173-187,  2p  Freib  5  [  215-266,  3p  Oxy  III  537  | 
273-362  2p  Fay  141  [  273-342,  3p  Oxy  11 1  538  [  298-333,  1 /2p 
K.en  P  139  [  311-327,  2p  Tebt  II  425  [  370-476,  3p  Flor  II  106  | 
404-447,  2 /3p Fay  5  I  406-419,  4p BKT  VI  [  413-514,  5p  Soc  It  II  113| 
449-461  Ip  BKT  V  1  [  471-506,  la  Ryl  44  (  484-494  Philol  1904  | 
506-507,  2p  Hawara  1  575-583,  2 i3p  Oxy  III  539  |  Frg  Ken  P  1391 
2,  1-877,  2p  Hawara  |  1-20,  2p  Chic  Lit  5  |  33-60,  2p  Tebt  II  426  1 
50-58,  a/p  Oxy  IV  686  [  57-73,  3p  Oxy  IV  750  [  95-210,  2a  Tebt  I  4  | 
101-494,  4 /5p  Class  T  81  f  132-162,  5p  BKT  V  1  [  158-174,  3p  Soc 
It  II  137  I  174-830,  3a  Hib  19  |  220-223,  Ip  Arch  V  379  [  327-333, 
2p  Ryl  45  [  339-652,  2p  Tebt  II  265  |  381-392,  2p  Lefebvre  |  436-444, 
3p  Oxy  V I  944  f  444-  467  6p  Oxy  X I  1385  [  494-  678  6p  Cairo  Byz  1 1  141  [ 
534-  553  2  /3p  B  KT  V  1 1  61 1  -  683  2p  Fay  309  [  672-  683  3p  Oxy  1 1 1  540  | 
722-772  5p  Oxy  VI  945  [  730-828  2p  Oxy  I  20  (  745-764  1 /2p 
Oxy  I  21  I  836-877  2 /3p  Lond  III  [  855-867  Ip  Flor  II  1071  859-873 
3p  Oxy  III  541  I  861-867  213p  Oxy  VI  946  [  Frg  Ken  P  139  [  3,  4 /5p 
Class  T  81  [  30-35  2 /3p  Oxy  IV  751  [  174-194  3p  BKT  V  1  |  185-216 
a/p  Oxy  IV  687  (  214-224  Ip  Fay  209  (  277-371  3a  Hib  19  j  280-398 
-< /5p  BKT  V  1  I  317-372  3p  Class  T  93  [  338-397  2 /3p  Tebt  II  427  [ 
347-394  3a  Hib  20  [  361-377  2 /3p  Oxy  III  543  [  371-418  3p  Oxy  III 
542  I  397-422  3p  Flor  II  108  |  4,  1-39  2/3p  BKT  V  1  [  1-40  4i5p 
Class  T  81  I  1-544  3p  Class  T  93  {  19-113  3a  Hib  20  [  27- 238  3p  BKT 

V  1  I  50-66  4 /5p  Soc  It  I  11  [  82-95  1 /2p  Rev  Phil  f  87-96  3p  Oxy  IV 
752  1  109-113  3a  Grenf  II  3  [  182-198  3p  Oxy  11 1  544  f  191-219 
2p  Cairo  GH  p  56  [  257-271  3p  Oxy  XI  1386  |  357-364  Ip  Ryl  46  | 
364-398  3p  Oxy  IV  753  [  443-452  3p  Oxy  VI  947  [  454-488  la  Jand  1  j 
478-490  2 /3p  Oxy  III  545  |  532-539  Ip  Oxy  IV  754  |  Frg  Ken  P  139  | 
5,  1-705  3p  Oxy  II  223  [  52-55  2 /3p  Tebt  II  428  |  69-103  ]p  BKT 

V  1  I  130-173  3p  Oxy  IV  755  [  206-224  2p  Oxy  XI  1387  [  216-260 
2p  Ryl  471  265-317  3/4p  AB  19131  324- 390  3 /tfp  Oxy  IV  756]  481-495 
2p  Amh  1 1  22  [  525-803  3a  Hib  20  l  534-  610  3p  Wess  Stud  V  j  578-  586 
Ip  Oxy  IV  757  [  583-596  2 /3p  Oxy  IV  758  1  648-711  3p  Ryl  48  [ 
662-682  3p  Oxy  IV  759  1  715-729  Ip  Oxy  IV  760  1  731-850  3 /4p 
Class  T  98  l  824-841  2p  Chic  Lit  6  1  6,  1-39  Par  3  |  90-125  3 /4p 
Class  T  98  |  128-529  2 /3p  Oxy  HI  445  I  133-160  la  Oxy  XI  1388  [ 
147-149  la  Oxy  IV  761 1  327-353  l/2p  Rev  Phil  1  7,  1-35  3p  Oxy  IV 


LITERARISCHE  PAPYRI.  479 

762  [  68-134  3p  Oxy  IV  763  [  182-289  4p  Oxy  XI  1389  [  237-275 
2p  Oxy  III  546  [  324-363  2 i3p  Oxy  III  547  [  335-371  5p  Soc  It  II 
114  !  8, 1-192  2,/5p  Lond  III  |  1-68  2p  Chic  Lit  7  |  17-258  3a  Heid  Lit, 
Grenf  II  2,  Hib  21  [  41-186  2p  Fay  210  [  62-114  1 /2p  Flor  II  109  [ 
64-116  i/2p  Grenf  1  2  [  109- 122  5p  Oxy  IV  764  )  169-324  3/4p  BKT 

V  1  [  217-253  5a  Grenf  II  2  [  332-368  2/ia  Fay  4  f  433-447  Ip  BKT 

V  1  [  451-491  4p  Soc  It  I  10  f  Frg  2a  Arch  Rep  95/6  |  Frg  Ken  P  139  ! 
9,  1-7  r  BCH  28  l  181-190  112p  BKT  V  1  |  198-210  2p  BKT  V  1  i 
235-301  5p  Oxy  III  548  |  277-312  5 /4p  BKT  V  1]  287-331  op  Oxy  XI 
1390  I  320-333  3p  Oxy  IV  765  [  575-619  4p  Soc  It  112  [  10, 199-263 
5p  Soc  It  I13|  233- 255  5p Oxy  VI  9481  372-443  5p  BKT  V  1 1  437-452 
2J3p  Oxy  VI  949  l  542-547  3p  Oxy  IV  766  [  11,  39-52  2/3p  Oxy  III 
549  [  86-848  314p  Morg  |  123-356  5;6p  BKT  V  1  |  172-180  a/p  Oxy 
IV  688  [  322-402  3p  Oxy  VI  950  |  464-517  4p  Soc  It  II  138  |  502-537 
3a  Pet  I  3,  4  I  505-602  2p  Oxy  III  550  (  526-641  6p  Oxy  XI  1391  | 
555-561  2p  Oxy  IV  767  [  556-613  2p  Tebt  II  266  |  578-672  4p  Soc  It 
I  10  I  736-  764  3p  Oxy  IV  768  (  788-  848  2a  Rev  Phil  18  [  Frg  Ken  P  139  f 
12,  3 /4p  Morg  1  1-9  2a  Rev  Phil  18  |  3-17  4p  Soc  It  1  10  |  178-198- 
314p  Grenf  I  4  [  13,  3 /4p  Morg  [  2-775  Ip  Journ  Phil  51  [  26-173  Ip 
Par3[  58-99  2pOxy  III  446  (  184-367iaBKTV  1  [  308-347  2 /5p  Oxy 
IV  769  [  340- 375  2p  Tebt  II  429  [  372- 413  2p  Oxy  IV  770  (  751- 81S 
4p  Soc  It  I  10  [  14:,  5/4p  Morg  [  120-522  ip  Journ  Phil  51  |  227-283 
2p  Oxy  III  551  1  15,  3 /4p  Morg  [  303-324  5p  Oxy  XI  1392  [  383-430 

3i4p  BKT  V  1  [  425-648  5p  BKT  V  1  [  736-746  2 /5p  Oxy  IV  771  | 
16, 1-499  3 /4p  Morg  [  157- 203  5p  Oxy  XI  1393  [  401-430  l/2p  Tebt  11 
430  [  484-489  3a  Ryl  49  [  611-679  3 /4p  Flor  II  110  [  676-679  3 /4p 
Flor  II  111  [  17,  80-94  2p  Oxy  III  552  [  101-222  5p BKT  V  1[  102-152 
2p  Rainer  F  [  315-377  3 /4p  BKT  V  1  [  353-373  2/5  p  Oxy  IV  772  [ 
725-732  2p  Oxy.  IV  685  (  Frg  Ken  P  139  |  18,  1-617  3 /4p  Class  T 
98  [  1-617  la  Cat  Anc  Ms  1  [  76-135  4/5p  Soc  It  I  14  [  395-434  3p 
Ryl  50  [  475-561  2p  Par  3  [  574-617  4 /5p  Mel  Nie  222  [  596-608 
la  BKT  V  1  1  19,  41-51  Ip  Reinach  1  [  97-151  3p  Oxy  III  553  [ 
251-259  5p  Oxy  III  554  [  417-421  3p  Oxy  III  555  [  20,  36-110 
l/2p  Fay  160  [  241-250  2 /3p  Oxy  III  556  |  425-482  4p  Oxy  VI 
951  [  21,  26-41  Ip  Fay  6  [  302-611  3a  Grenf  II  Hib  22  Heid  Lit  | 
372-382  3p  Oxy  III  557  [  547-609  6p  BKT  V  1  [  608-22,  37  4p  Amh  11 
159  [  1-38  2/3p  Soc  It  II  139  [  1-57  2p  Oxy  III  559  [  27-515  5a 
Grenf  II  Hib  22  Heid  Lit  [  115-160  2 /3p  Oxy  III  558  1  253-365  1 /2p 
Fay  211  [  390-454  6p  BKT  V  1  [  449-474  Lond  V  1811  [  23,  1-281 
3a  Grenf  II  Hib  22  Heid  Lit  [  1-897  la  Class  T  100  [  22-447  3p  Sachs 
G  Wiss  1904  [  63-156  3p  Soc  It  II  140  [  81-91  2p  Oxy  III  447  [  485 
-  509  2/5p  Soc  It  II  141  [  490-552  5p  BKT  V  1   [   718-732  la  BKT 

V  1  [  775-847  3p  Oxy  III  560  [  24,  1-759  la  Class  T  100  [  74-90 
3p  Oxy  VI  952  |  127-804  2p  Cat  Anc  Ms  6  [  282-331  3 /4p  Oxy  III 
561  [  336-401  la  Ryl  51  [  698-747  BKT  V  1. 

b)  Odyssee  1,  131-145  5p  Oxy  III  562  [  266-307  5p  Oxy  XI  1394  [  432-444 

^2 /3p  Oxy  III  563  I  2,  304-410  2p  Oxy  IV  773  [  315-327  2/5p  Oxy  III 

564  [  3,  226-231  3p  Oxy  IV  774  [  267-497  Ip  Journ  Phil  22  [  364-402: 


480  LITERARISCHE  PAPYRI. 

Rev  Phil  18  [  435-449  Ip  Soc  It  II  122  [  4,  97-261  2p  Oxy  VI  953  [ 
292-302  2 /3p  Oxy  III  565  [  388-400  3p  Oxy  IV  775  [  520-529 
l/2p  Oxy  IV  776  |  685-708  3p  Oxy  III  566  [  757-765  3p  Oxy  III  567  l 
5,  7-44  4p  Oxy  IV  777  ]  106-113  Ip  Soc  It  I  8  |  346- 353  3p  Grenf  I 
3  I  6,  146-171  2p  Hai  5b  [  201-328  Ip  Fay  7  (  264-305  4p  Oxy  XI 
1395  [  7,  67-126  4p  Sachs  G  Wlss  1904  |  8,  348-350  2p  BKT  V  1  [ 
9,  75-92  Ip  BKT  V  1  |  358-412  5p  Oxy  XI  1396  |  10,  26-50  213p 
Oxy  IV  778  [  124-130  2/3p  Oxy  IV  779  |  366-402  i/2p  Fay  157  [ 
11,  1-20  3p  Oxy  III  568  (  195-208  2p  Oxy  III  569  (  428-440  i/2p 
Tebt  II  431 1  471-545  2p  Oxy  IV  780  [  492—511  2/3p  Ryl  52  |  557-610 
l/2p  Fay  310  f  12,275-440  3p  Ryl  53 1  344-352/1  Hai  5a|  13,3p  Ryl  53  t 
110-154  5/Öp  BKTV  1  |  U,  8-509  3p  Ryl  53  [  15-441  6 /7p  BKT  V  1  [ 
50-72  2p Oxy  III  570|  229-332  4/5pOxy  VI  954t  15,  2-400  3p  Ryl 53 1 
161-210  3 /4p  Amh  II  23  t  216-253  2p  Calro  Goodspeed  1  t  329-366 
4 /5p  Soc  It  191  Frg  Sayce  Ac  1894  l  16, 1-8 i /2p Oxy  III  571  j  243-301 
3p  Oxy  IV  781 1  17, 137-193  3p  Oxy  IV  782  l  410-428  la  Oxy  IV  783  ( 
601-606  3p  Oxy  VI  955  l  Frg  4p  Ac  B  Lettres  1905,  215  1  18,  1-93 
3p  Oxy  III  572  l  27-40  3p  Oxy  VI  955  I  67-70  5p  Oxy  XI  1397  [ 
103-401  3p  Ryl  53  l  19,  3p  Ryl  53  l  452-471  3p  Oxy  III  573  | 
534-599  4 /5p  BKT  V  1  t  20,  26-394  3p  Ryl  53  l  41-68  3a  Hib  23  l 
21,  3p  Ryl  53  t  356-367  3'p  Oxy  XI  1398  l  22,  3p  Ryl  53  I  31-317 
3p  Oxy  m  448  1  23,  3p  Ryl  53  |  185-242  3p  Oxy  III  448  I  309-356 
2 /3p  Oxy  VI  956  I  24,  3p  Ryl  53  I  421-445  2 /3p  Soc  It  II  115  t 
501-508  2p  Tebt  II  432. 
•c)  Wörterbücher:  Apollonios  Ip  Ken  P  1301  Apion  l/2p  Ryl  26  l  aiphabet 
la  Freib  Ic  I  Ilias  1,  338-350  BKT  V  1 1  id  1  5p  SB  Berl  Ak  1887  f 
id  1  3p  Hermes  35,  611  I  id  11,  159  2p  BKT  W  1  [  id  11,  581-601  7p 
Amh  II  19  I  id  13,  634  2p  BKT  V  1  \  id  14,  227  2p  BKT  V  1  |  id  15,  25 
2p  BKT  V  1  I  irf  18,  373-386  2p  Ryl  25  |  Komm  It  1 1 /2p  Oxy  III  418  | 
K  und  Paraphrase  II 1  3 /4p  SB  Berl  Ak  1887  [  Komm  II  2  la  Oxy  VIII 
1086  I  id  II  3,  59  =  6,333  i /2p  BKT  V  1  l  id  11  4  Ip  Ryl  24  |  id  II  5  2p 
Arch  II  196  I  id  It  7  Ip  Oxy  VIII 1087  |  id  II 11,  677-18,  219  lajand  2  t 
id  II  21  2p  Oxy  II  221 1  id  Odyssee  15  2p  Amh  II  18  l  id  Od  18,  67.  70 
5p  Oxy  XI  1397  1  id  Od  21,  218-234  l/2p  Fay  312  [  Paraphrase  II  4 
Phil  Anz  14  I  Katechismus  5p  Soc  It  I  19  |  Epitome  d  Odyssee  2p 
Ryl  23. 

Hypereides  Athenog  2a  Ken  Hyp  |  Philipp  la  Ken  Hyp  l  Demosth  Lycoph 
Euxen  Ip  Ken  Hyp  1  Grabrede  2p  Ken  Hyp. 

Iguatius  Smyrn  5p  BKT  VI. 

Irenaeus  c  haer  3p  Oxy  III  405.   IV  264  t  5  3p  Nachr  Gott  1912,  292. 

Isaios  2p  Jander  or  rhct. 

.Isokrates  Demon  l/2p  Amh  II  25  t  id  2 /3p  P  8935  t  id  3p  Hermes  35,  607  t 
id  4p  Oxy  VIII  1095  [  Nicocl  3 /4p  Mel  Graux  481  t  id  3p  Chic 
Lit  1  t  id  4p  Rainer  M  IV  l  id  5p  Soc  It  I  16  t  Paneg  2p  Oxy  V  844  \  id 
und  de  Pace  ^pOxy  VIII 1096  |  de Pace  i/2p  Journ  Phil  1906  l  Philippus 
l/2p  Rainer  M  II  |  Sophist  3p  Oxy  IV  704  I  Antidos  l/2p  Oxy  I  27  t 
Trapez  Ip  Oxy  IX  1183  |  Nicocl  Paraphrase  2p  P  7426  t  Euagoras 
{Kritik)  1 /2p  Jander  or  rhet  1  Leben  Cairo  Byz  II  146. 


LITERARISCHE  PAPYRI. 481 

Kallimachos  Lieder  3p  SB  Berl  Ak  1912  |  Aitia  Ip  Oxy  XI  1362  (  id  l/2p 
Ryl  13  I  idSp  SB  Berl  Ak  1914  [  id  5 /6p  Rev  Et  Gr  17  \  Aitia  ii  Jamboi 
4/5p  Oxy  VII  1011  [  Jamboi  ZjSp  Oxy  XI  1363  |  Hekale  3p  Soc  It  II 
133  I  id  4p  Rainer  M  VI  [  Hymnen  vgl  Oxy  VII  1011  Ein!  [  Schollen 
Arlemishijmnus  4p  Amh  II  20  [  Komm  Aitia  2p  SB  Berl  Ak  1912. 

Katalog  betr.  Bücher  3p  Wilcken  Chr  155  [  3p  Flor  III  371,15. 

Kerkidas  (5a)  Meliamben  2p  Oxy  VIII  1082. 

Komödie  (h)  3a  Hib  6  [  (h)  3a  Hib  12  [  (h)  3a  Hib  18  [  (/i)  3a  BCH  30,  103  [ 
{h)  3j2a  BCH  30,  123  [  2a  Weil  Mon  Grecs  1879  [  (Jk)  2p  Ryl  16  |  (h)  3p 
Oxy  VI  862  [  (/i)  3p  Oxy  VI  863  [  la  BKT  V  |  Ip  Oxy  IV  677  |  Ip 
Nachr  Gott  1899  |  2p  Oxy  IV  678  |  213p  Oxy  III  428  |  2/5p  Oxy  III 
430  1  213p  Oxy  III  431  [  213p  Oxy  I  10  |  5p  Oxy  III  429  |  3p  Oxy  III 
432  1  3p  Soc  It  II  143  [  2l3p  Oxy  XI  1400  [  Tebt  III. 

Korinna  2p  BKT  V  (Diehl  Lyr). 

Kratinos  Dionysalexandros  2/3p  Oxy  IV  663. 

Kyrillos  de  ador  6i7p  Rev  Phil  34,  101. 

Lateinisch  Cicero  Catil  II  5p  Ryl  61  [  Plane  öp  Mel  Chat  [Verr  II  6p  Soc 
It  I  20  [  Imp  Pomp  u  Yerr  1 1  u  Cael  5p  Oxy  VIII 1097  u  X  1251  [  Livius 

I  3p  Oxy  XI  1379  [  Livius  Epitome  3 14p  Kornemann  KHo  2.  Bei- 
heft [  SaUiist  Caiil  VI  5p  Oxy  VI  884  [  id  X.  XI  4p  Soc  It  1 110  [  Vergil 
Aen  I  457-507  5p  Oxy  I  31  [  id  II  16-46  415p  Oxy  VIII  1098  [  id  IV 
5p  Soc  Itl  21  [  Aen  Paraphrase  .3 j 4p  Soc  It  II  142  [  L-gr  Wörter- 
buch z  Aen  5p  Oxy  VIII  1099  [  Georg  IV  1.  2  2/3p  Tebt  II  686. 
Juristi-scli  Paulus  m  gr  Glossen  6 /Yp  Philol  62,  95  [  Paulus?  5p  Grenf 

II  107  [  Ulpian  5p  SB  Berl  Ak  1903.  04  [  3p  Fay  10  [  Cod  Justin  12 
Et  Girard  I  273  [  Digesten  Et  Girard  I  273  [  (öp)  gr  Komm  zu  Dig  6p 
Soc  It  I  55  [  jur  Komm  Rendic  Ist  Lomb  XLV  1912  [  3p  N  Held  Jahrb 
12  1  4/-5p  Amh  II  28  [  4/5p  Rainer  M  IV  [  Verschiedenes  Historiker 
3p  Oxy  I  30  I  Arb  d  Hercules  213p  Tebt  II  686  [  (i/2p)  Verzeichnis 
V  Statuen  2j3p  Nicole  Cat  d'oeuvres  d'art  |  Verse  6p  Oxy  VI  872  \ Philo- 
sophisch 415p  Oxy  VI  871  I  Prosa  4p  Ryl  42  |  Fabel  3p  Oxy  XI  1404  | 
vgl  Genesis,  Lukas,  Johannes,  Babrios. 

■Literatur  il/2p)  Abh  über  lii  Werke  3p  Oxy  VII  1012. 

Lyliurgos  Oxy  XIII. 

Lyrisch  {2/la)  Anapäste  ajp  BKT  V  [  Epinikion  Ac  B  Lettres  1877  [  (h) 
Epoden  dorisch  2p  Oxy  IV  661 1  (Ip)  Liebesklage  2p  Ryl  15  [  (h)  Paean 
112p  Oxy  IV  660  [  Schifferlied  2j3p  Oxy  lil  425  [  id  3p  Oxy  XI 1383  [  3a 
Grenf  II  8  [  (/i)  ip  Oxy  IV  675  [  lj2p  Oxy  VI  860  [  (i/2p)  2p  Fäy  2  | 
Ip  Oxy  II  219  I  Ip  Ryl  34  [  2p  Arch  Rep  1895  [  2p  Lond  II  l  3p 
Lond  II  [  5p  Oxy  IV  673  [  4p  Stud  it  fil  12.    Vgl.  Skolien 

Lysias   Theozot  3a  Jander  or  rhet  [  Hippoth  Oxy  XIII  \  Frg  Oxy  XIII. 

Märtyrerakteu  christI:  Abraham  u  TheodoraWien  Stud  1889  [  (r/b)  Christina 
5p  Soc  It  I  27  l  (2p)  Johannes  4p  Oxy  VI  850  |  Julianus  5 /6p  Cairo  GH 
p  93  I  {r!b)  Paphnutius  5p  Soc  It  I  26  [  Paulus  u  Thekla  5p  Oxy  I  6  ( 
Petrus  3 /4p  Oxy  VI  849  [  5 /6p  Oxy  VI  851  |  6p  Ryl  10  [  heidn:  (2p) 
Appianos  Wilcken  Chr  20  |  (Ip)  Isidoros  u  Lampon  3p  Oxy  VIII  1089  [ 
id  2p  Wilcken  Chr  14  [  {2p}  Paulus  3p  Oxy  X  1242  [  Paulus  uAntoninus 
2p  Sachs  G  Wiss  23,  783  [  2 /5p  Sachs  G  Wiss  23,  783  [  2f3p  Fay  217. 

•Schubart,  Papvraakunde.  31 


482  LITERARISCHE  PAPYRI. 


Mathematisch  Ayer-Pap  Ip  Chic  Lit  3  [  2p  AB  1916  |  4p  Soc  It  III  186  | 
6p  Cairo  GH  93. 

Medizinisch  Augenärztlich  2p  Argentor  |  {2p)  id  3p  Arch  IV  269  |  id  Wien 
StudXIII  312  I  Chirurgisch  i /2p  Kalbfleisch  Rostock  1  id  2 /3p Arch  II 1  \ 
Empirisch  1 12p  BKT  111 1  (r)  Fieber  2p  Argentor  [  {2p)  Gynäkologisch' 
3p  Arch  HI  158  I  {3a)  Nervenlehre  2a  BKT  III  -  Ryl  21  -  Reinach  21 
Rezepte  2/la  BKT  III  [  id  ip  Oxy  VIII  lOßS  [  id  2p  BKT  III  [  id  2p' 
Ryl  29a  |  id  2p  Ryl  29b  |  id  2 /3p  Tebt  II  273  {  id  2 /3p  Oxy  II  234  |  id 
3p  Ryl  29  [  id  5p  Oxy  X 1 1384  |  zd  5  /6p  B  KT  1 1 1  [  Unterricht  ip  B  KT  1 1 1  [ 
3a  Ryl  39  [  Ip  BKT  III  [  i/2p  Tebt  II  G89  [  2p  Tebt  II  272  (  2p  Tebt 
II  676  t    2p  Tebt  II  677    (    2p  Tebt  II  678  [  2p  Lond  II  (  2p  Cairo- 
Goodspeed   |    2p  Flor  II  117   j    2 /3p  Chic  Lit  4   [    3p  Soc  It  II  132  [ 
3p  Soc  It  III  252  1  3p  Oxy  III  437  [  5p  Oxy  III  468  |  Journal  Minist 
Volksaufkl  1909. 

Menander  Epitreponies  Heros  Samia  Perikeiromene  Fabula  incerla  4/5p> 
Körte  M  [  Epitreponies  4p  Oxy  X  1236  |  Georgos  4p  Soc  It  I  100  |  id  5p 
Körte  M  [  Kitharistes  a/p  Körte  M  |  Kolax  2p  Körte  M  [  id  3p  Oxy  X. 
1237  I  id  3a  Pet  I  4  |  Koneiazomenai  l/2p  Körte  M  |  Misumenos 
5 /6p  Oxy  VII  1013  |  Perikeiromene  l/2p  Körte  M  [  id  2p  SB  Heid 
Ak  1911,  4  I  id  3p  Körte  M  I  Perinthia  3p  Körte  M  [  Phasma  4p 
Körte  M  |  5p  Soc  It  II  126  |  l/2p  Oxy  I  11  |  ip  Oxy  X  1238  (  2p^ 
Soc  It  I  99  [  3p  Oxy  X  1239  [  3/4p  P  13281  |  4p  Mel  Nie  221  |  Abh 
über  Men  2p  Oxy  X  1235. 

Menon  Jatrika  l/2p  Diels  Aristot  III. 

Metrik  (/i)  l/2p  Oxy  II  220  |  3p  BKT  V. 

Metrologisch  Ip  Lond  II  257  |  (r)  2p  Kalbfleisch  Rost  [  3p  Oxy   IV  669  { 
4 /5p  Ryl  II  64  I  6p  Lond  V  1718. 

Minios  2a  Crusius^  |  2/la  Crusius*  [  2p  Arch  VI  1  |  (r)  2p  Crllsius^ 

Musilitheorie(5a).3ajanderor  rhet  I  2a  BKT  II-  Reinach  5  f  Afr/j  Tebt  III. 

\aturu'issenschaftlieli  A/(7jy;n/e  ip  Oxy  III  467  |  Botanisch  2p  Johnson  l 
Chemisch  3 /4p  Holm  [  id  3 /4p  Leid  X  ]  {2a)  2p  BKT  III  |  2p  Tebt  II  675.. 

Neophron  Medeia  2 /3p  Arch  III  1. 

Nonnos  Dionysiaka  14.  15.  16  6/7p  BKT  V. 

Oppian  Halieutika  4p  BKT  V. 

Palaiphatos  Arch  III  500. 

Pankrates  {2p)  Hadrian  u  Antinoos  2p  Oxy  VHI  1085. 

Pherekydes  Pentemychos  3p  Grenf  II  11. 

Philcmon  b  BCH  28  [  ?  3a  Grenf  II  8  —  Ryl  16  -  Hib  5. 

Philon  3p  Oxy  IX  1173  XI  1356  |  6p  Miss  Fran(.^  9. 

Philosophisch  Ästhetisch  Rainer  M  I  84  |  {4a)  ältere  Akademie  3a  Arch 
I  475  {  Diogenes  Anekdoten  la  Festschr  Gompertz  ]  id  Aussprüche  Bibl 
Arch  1912,  197  [  Ethik  2 /3p  Cat  Add  1894  l  id  {Apollonius  Syrus?)  3p 
Rh  Mus  62,  154  |  über  die  Götter  2p  Fay  337  [  {a/p)  Moralisch  2/3p 
Festschr  Gompertz  80  [  id  2 /3p  Lond  II  |  Secundus  Leben  2p  Tisch 
Sin  69  I  Sentenzensammlung  2 /3p  Fay  204  [  Sokrat  Dialog  Oxy  XIII  | 
3a  Hib  18  |  3a  Grenf  II  7b  [  {h)  1 /2p  Flor  II  115  [  {h)  Ip  Hai  4  [  {Ip) 
2p  Flor  II  113  [  2p  Tebt  II  269  (  2p  Fay  311  [  2p  Oxy  III  438  I  2p  Ken 
P  145  I  {3 /2a)  2p  Arch  III  151  l  2 /3p  Amh  II  15  [  2 /3p  Oxy  III  414  L 


LITERARISCHE  PAPYRI.  483 


2 /3p  Lond  II  [  3p  Lond  U  [  3p  Oxy  III  439  [  3p  Oxy  IV  664  (  3p 
Oxy  IV  684  [  3p  Oxy  VI  869  |  {h)  3p  Flor  II  115  [  (5 /4a)  3p  Rev  Phil  40  [ 
Ip  Lefebvre  [  Journ  Minist  Volksaufkl  1903. 

Phoinix  Choliamben  3 /2a  Gerhard  Ph  |  id  Gerhard  Ph  |   ?  3p  Gerhard  Ph. 

Pindar  Oden  2p  Diehi  Lyr  [  Paeane  2p  Diehl  Lyr  [  id  2p  Soc  It  II  147  [ 
Partheneion  u  Ode  a/p  Diehl  Lyr  j  Dithyr  Oxy  XIII  |  Olymp  Oxy 
XIII  [  2p  Oxy  IV  674  [  ?  2/3p  Ryl  14  l  ?  2/3p  Soc  It  II  145  |  ?  3p 
Soc  It  II  146  I  ?  3p  Oxy  III  426. 

Piaton  Apologie  40—41  2 /3p  P  13291  [  Euthydemos  301-302  2 /3p  Oxy  VI 
881  I  Gesetze  9  3p Oxy  I  23  [  id  2 /3p  BKT  II  |  Gorgias  504  505  3p  Rainer 
M  1 1  [  zd  507-  508  2p  Oxy  1 11  454  [  id  522-  526  2p  Soc  It  1 1 119 1  Laches 
181-182  2p  Lond  II  |  id  190  3a  Pet  II  50  [  id  197-198  2p  Oxy 
II  228  f  id  h  Hermathena  X  407  [  Lysis  208  3p  Oxy  VI  881  [  Phaidon 
67-84  3a  Pet  I  5  |  id  109  2p Oxy  II  229  (  Phaidros  227-230  3p  Oxy  VII 
1016  [  id  238-251  2 /3p  Oxy  VII  1017  (  Politikos  280-282  2p  Oxy  X 
1248  [  Republik  III  406  3p  Oxy  III  455  [  id  IV  422  2/3p  Oxy  III  456  [ 
id  X  3p  Oxy  I  24  |  Symposion  200  2p  Oxy  V  843  [  ?  de  virtute  2p  Arch 
V  379  I  Komm  Phaidros  2p  BKT  II  [  (2p)  Komm  Theaitetos  2p  BKT  1 1. 

Polybios  11  2p  Arch    1    388- Ryl   60. 

Poscidippos  l/2p  Schubart  Tafeln  17. 

Poseidippos  (3a)  2a  Rh  Mus  35,  90. 

Rede  (4a)  3a  Jander  or  rhet  [  2a  P  9781  (  (4a)  2a  Freib  3  |  2a  Freib  6  [  (h)  Ip 
Jander  or  rhet  |  2p  Arch  Rep  1895  [  (2p)  2p  Oxy  IIl  471  |  2 /3p  Soc 
It  II 153  [  (4a)  2 /3p  Jander  or  rhetf  2 /3p  Jander  or  rhet  [  (r)  2 /3p  Jander 
or  rhet  |  3p  Soc  It  II  148  [  3p  Oxy  XI  1366  |  4p  Lond  III. 

Rhetorik  (4a)  an  Alexander  3a  Hib  26  |  (4a)  dorisch  2p  Oxy  III  410  | 
Katechismus  3p  Soc  It  I  85. 

Rhetorisch  (4a)  3a  Jander  or  rhet  |  (h)  la  P  13045  |  Ip  Lond  II  [  ip  Jander 
or  rhet  [  Ip  Jander  or  rhet  |  l/2p  Soc  It  II  135  [  1 /2p  Soc  It  II  154  [ 
l/2p  Jander  or  rhet  [  1 /2p  Jander  or  rhet  [  2p  London  V  1814  [  2p 
Lond  V  1815  |  2p  Lond  V  1816  |  2p  Oxy  III  444  |  2p  Lond  IUI 
2 /3p  Soc  It  II  128  f  3p  Oxy  I  124  |  Jander  or  rhet  p  21  |  ?  Übers  aus 
dLaf  3p  Ryl  II  62  [  (4p)  stilisierte  Urteilssprüche  4 /5p  BGU  IV  1024. 

Religion  Hymnus  auf  Isis  2p  Oxy  XI  1380  [  H  auf  Hermes  2 /3p  Arch 
II  208  [  //  auf  Tyche  b  BKT  V  2  [  Mythus  Herakles  3a  Pet  II  49f  | 
M  Horus  3p  Nachr  Gott  1912,  320  |  Leben  d  Imuthes  2p  Oxy  XI 
1381  1  Götterbeinamen  2 /3p  Wilcken  T  II  |  Mythol  Ip  Ryl  22  \  id 
Ip  Reinach  3  [  id  2p  Ryl  40  |  id  ?  Oxy  XIII  |  Traum  d  Nektanebas 
2a  Mel  Nie  579  [  Heilung  durch  Sarapis  2p  Oxy  XI  1382  [  id  3p 
Arch  Relig  18,  257. 

Roman  Alexander  la  P  13044  1  Ninos  Ip  Hermes  28,  161  [  Metiochos 
u  Parthenope  2p  Hermes  30,  144  [  Herpyllis?  2p  Hermathena  XI  322  ^ 
2p  Lond  II  I  3p  Oxy  III  417  [  3p  Soc  It  II  151  |  3p  Oxy  XI 1368  |  3/4p 
Oxy  III  416. 

Sappho  2p  Oxy  X  1231  |  2 /3p  Soc  It  II  123  |  2 /3p  Hai  3  |  3p  Diehl  Lyr  f  3p 
Oxy  III  424  I  3p  Oxy  X  1232  |  6p  Diehl  Lyr  |  6 /7p  Diehl  Lyr. 

Satyrdrama  (5a)  2p  Hunt  trag 

Satyros  (3a)  Leben  Euripides  2p  Arnim  Eur. 

31* 


484  LITERARISCHE  PAPYRI. 

Sibyllinen  5,  498-523  3 /4p  Flor  III  389. 

Simonides  Aussprüche  3a  Hib  17. 

Skolien  u  Elegie  {4j3a)  3a  BKT  V. 

Sophokles  Achäerversammhing  2p  Diehl  Soph  [  Aias  Oxy  XIII  [  Antigone 
2p  VI  875  [  Eledra  3p  Oxy  IV  693  [  Eurypylos  2p  Diehl  Soph  | 
Jchneutai  2p  Diehl  Soph  |  Inachos  Tebt  III  [  Oidipiis  Tjjranno'; 
5p  Oxy  I  22  I   idöp  Oxy  XI  1369  f    Tijro  3a  Hib  3. 

Sopliron  Weibermimen  l/2p  Oxy  II  301. 

Sorauos  Gynaikeia  4p  Soc  It  II  117. 

Sosylos  Hannibal  2a  Hermes  41,  103. 

Theokritos  4.  5  5p  Rainer  M  II  [  11.  14  6 /7p  BKT  V  [  13  2p  Oxy  IV  694 
Scholien  5  l/2p  BKT  V. 

Tlieophrast  Charaktere  25—26  3p  Oxy  IV  699  |  de  aqua  3a  Hib  16. 

Theopompos  ?  2p  Festschr  Hirschfeld  100  |  Epit  Philippika  2p  Ryl  19  (  Hell 
Oxy  vgl  Geschichte. 

Tliukvdides  1,  139-141  4p  Oxy  X  1245  1  2,  2.  5.  13.  15  3p  Geneve  2  | 
2,  7-8  2/3p  Oxy  I  17  [  2,  22-25  Ip  Oxy  VI  878  |  2,  39.  60  Giessen  121 
2,  73-74  3p  Oxy  III  451  (  2,  90-91  Ip  Oxy  II  225  |  3,  58-59  5p  Oxy 
VI  879  [  4,  28-41  Ip  Oxy  IV  696- Oxy  I  16  j  4,  87  2 /3p  Oxy  III  452  | 
5,  32-111  2p  Oxy  VI  880  [  5,  60-63  3p  6xy  IX  1180  |  6,  32  l/2p 
Oxy  III  453  f  7,  38  2p  Oxy  X  1246  (  7,  54-82  2/5p  Oxy  XI  1376  | 
8,  8-11  2p  Oxy  X  1247  |  8,  92  7p  Wien  Stud  VII  |  Komm  II  Oxy  VI  853. 

Timotiieos  Perser  4a  Wilamowitz  Tim. 

Traflödie  3a  Pet  I  3  |  3a  Pet  I  4  [  3a  Grenf  II  6a.  6b.  6c  |  3a  Hib  10.  11  f  2a 
Weil  Mon  Grecs  [  Ip  Lefebvre  2  [  {4 /3a)  l/2p  Soc  It  II  134  |  2p  Soc 
It  13G  [  2p  Lond  U\2p  Lond  V  1813  [  2 /3p  Lond  II  |  3p  Soc  It  II  150  | 
3p  Oxy  IV  676  |  3p  Oxy  VI  8G1  f  3p  Lond  V  1812  [  5p  Oxy  XI  1401. 

Tryphoii   Techne  4j5p  Class  T  109. 

Tyrtaios  3a  P  11675  (erscheint  SB  Berl  Ak). 

UnbeslimiiU  3a  Cairo  GH  23  I  3a  Pet  II  49  e  [  3a  Lond  III  [  (h)  2a  Arch 

I I  373  I  2a  Reinach  4  [  /j  Ryl  33  |  Ip  Oxy  1 1  303  |  Ip  Lond  1 1  [  ip  Lond 

III  I  ionisch  1 /2p  Lond  III  (vgl  Geschichte)  [  l/2p  Tebt  II  683  \  2p 
Soc  It  II  152  I  2p  Oxy  IV  683  [  2p  Tebt  II  680.  681  |  2p  Lond  III  |  2 /3p 
Ryl  37  I  2 /3p  Tebt  II  684  |  3p  Ryl  36  [  3p  Ryl  38  |  3p  Tebt  II  682  | 
4p  Jand  4  |  6p  Amh  H  160  (  Arch  IV  379  [  2a  Ryl  II  246  (  2p  Lond 
V  1816  I   2 /3p  Oxy  III  539. 

Verschiedenes  Brettspiel  3p  Oxy  III  470  [  Jagd  3p  Fay  313  |  Ringkunst 
2p  Oxy  III  466. 

Wörterbuch  Namen  A  T  3 /4p  Heid  Sept  5  [  lat-gr  4p  Lond  II  [  lat-gr  5 /6p 
Paris  4  bis  |  gr-kopt  6p  Lond  V  1821  |  lal-gr-kopt  Gesprächbuch 
5/6p  KHo  13,1. 

Xenophon  Anabasis  VI  6  2 /3p  Oxy  III  463  [  id  VII  1  3p  Oxy  IX  1181  { 
Hellenika  X  1,  2-5  3p  Rainer  M  VI  f  id  3,  1  2p  Oxy  1  28  (  id  6,  5 
l/2p  Oxy  II  226  f  Kijrupaideia  1,  6  3p  Oxy  VII  1018  [  id  1,  6.  2,  1  • 
3p  Oxy  IV  697  [  id  1  3p  Oxy  IV  698  [  zrf  4,  5  2p  Arch  IV  378  |  id  5, 
2-3  2p  Rainer  M  VI  [  Memorabilia  1,  3.  15  3 /4p  Grenf  If  13  [  id  2,  1 
i/2p  Soc  It  II  121  (  id  4,2  2p  Lond  V  1814  [  Oeconomicus  8-9  i/2p 
Oxy  II  227  I  Poroi  1,  5-6  2p  Arch  I  473  f  Symposion  8  3p  Giss  1. 


ERKLÄRUNG  DER  ABKÜRZUNGEN. 


AB  =  Amtliche  Berichte  aus  den  Kgl.  Kunstsammlungen,  Berlin. 

Abb  Berl  Ak  =  Abhandlungen  der  Kgl.  Preuß.  Ai<ademie  der  Wissenschaften 

in  Berlin,  philos.-hist.  Klasse. 
Ac  B  Lettres  =  Comptes  Rendues  de  l'Academie  des  Inscriptions  et  des  Beiles 

Lettres  in  Paris, 
Alex     Weltchr  =  Bauer-Strzygowski,     Eine     alexandrinische     Weltchronik 

(Denkschriften    d.     Kais.   Akad.    d.   Wiss.    in   Wien,   philos.-hist.    Kl. 

Bd.  51)  1905. 
Amh    I  =  The  Amherst  Papyri  by  B.  P.  Grenfell  and  A.  S.  Hunt,  Part   I. 

London  1900. 
Am  J  Areh=  American  Journal  of  Archaeology. 

Arch  =  Archiv  für  Papyrusforschung,  ed.  U.  Wilcken.    B(jT(eubner)  1900 ff. 
Areh  Relig  =  Archiv  für  Religionswissenschaft,  ed.  Dieterich -Wünsch.  BOT. 
Areh  Rep  =  Archaeological  Report  (Egypt  Exploration  Fund)  London. 
Argeiitor  =  K-    Kalbfleisch,    Papyri    Argentoratenses    Graecae.    Vorlesungs- 
verzeichnis Rostock  1901. 
Arnim  Stoic  =  H.  v.  Arnim,  Fragmenta  Stoicorum  veterum. 
.\rnim  Eur  =  H.  v.  Arnim,   Supplementum  Euripideum  (Kleine  Texte  ed. 

Lietzmann  112), 
At  e  Roma  =  Atene  e  Roma,  Bulletino  della  Societ.-i  Italiana  per  la  diffusione 

e  l'incoraggiamento  degli  Studi  Classici.    Florenz. 
AU.  P.  =  Wilcken,  Die  attische  Periegese  von  Hawara  (Genethliakon  C.  Robert. 

Berlin  1910). 
ÄZ  =  Zeitschrift  für  ägyptische  Sprache  imd  Altertumskunde.     Leipzig. 
BCH  =  Bulletin  de  Correspondance  Hellenique. 
Berl  Bibl  =  Parthey,  Frammenti  di  papiri  greci  asservati  nella  Reale  Biblio- 

teca  di  Berlino  (Memorie  d.   Ist.  corresp.  archeol.   11  1865). 
BGü  siehe  Verzeichnis  d.  Papyruspubl. 

Bibl.  Areh.  =  Proceedings  of  the  Society  of  Biblical  Archaeology. 
BKT  =  Berliner   Klassikertexte,   herausgeg.   von  der   Generalverwaltung  der 

Kgl.  Museen  in  Berlin.  Berlin  1904ff. 
Blass*  =  Bakchylidis  carmina  ed.  Fr.  Blass*. 
Blass^  Thalhoim  =  Aristotelis    de  civitate  Atheniensium  ed.  Blass  (5.  Aufl 

ed.  Thalheim). 
Blass  Eud  =  Eudoxi  Techne  ed.  F.  Blass.     Kiel  1887. 
Cairo  Byz  siehe  Verzeichnis  d.  Pap.-Publ. 
Cairo  GII  siehe  Verzeichnis  d.  Pap.-Publ. 
Cairo  Goodspeed  siehe  Verzeichnis  d.  Pap.-Publ. 
Cat  Add  —  F.   G.   Kenyon,  Catalogue  of  Additions  to  the   Departement  of 

Manuscripts  in  the  British  Museun". 


486  ABKÜRZUNGEN. 


Cat  Anc  Ms  =  Thompson-Warner,  Catalogue  of  Anclent  Manuscripts  in  the 

British  Museum.     1881. 
Chic  Lit  =  E.  J.  Goodspeed,  Chicago  Literary  Papyri.    Chicago  1908. 
CI  Quart  =  Classical  Quarterly. 
Class  Rev  =  Classical  Revue.     London  1887ff. 
Class  T  =  Kenyon,  Classical  Texts  from  the  British  Museum.     1891. 
Crum  Copt  O.str  =  Crum,  Coptic  Ostraca  (Special  Extra  Publication  of  the 

Egypt  Explora"ion  Fund).     London  1902. 
Crusius^  =  Crusius,  Herondas^,  Leipzig  1914. 

Diehl  Lyr  =  E.  Diehl,  Supplementum  Lyricum^  (Lietzmann,  Kl.  Texte  33/4). 
Diehl    Sophocl  =  E.    Diehl,    Supplementum    Sophocleum   (Lietzmann,    Kl- 

Texte  11.3). 
Diels  Aristot  =  H.  Diels,  Supplementum  Aristotelicum. 
Et  Girard  =  Etüde  d'histoire  jurid.  offertes  ä  P.  F.  Girard,  Paris  1913. 
Fay  siehe  Verzeichnis  d.  Pap.-Publ. 

Festschr  Gompertz  =  Festschrift  für  Th.   Gompertz.      Wien  1902. 
Festschr  Ueinrici  =  Neutestamentliche  Studien,  Georg  Heinrici  zu  seinem 

70.  Geb.  dargebr.  von  Fachgenossen,  Freunden  und  Schülern,  Lpzg.  1914. 
Festschr  Hirschfeld  =  Festschrift    zu    Otto    Hirschfelds    sechzigstem    Ge- 
burtstage.    Beriin  1903. 
Festschr  Lamanski  =  Zereteli  in  der  Festschrift  Lamanski  1907  p.  41  (•"uss.). 
Flor  siehe  Verzeichnis  d.  Pap.-Publ. 

Freer  =  E.  J.  Goodspeed,  The  Freer  Gospels  Chicago  1914. 
Freib  siehe  Verzeichnis  d.  Pap.-Publ. 
Geneve  siehe  Verzeichnis  d.  Pap.-Publ. 
Gerhard  Ph  =  G.  A.  Gerhard,  Phoinix  von  Koiophon.  Habilitationsschrift 

Heidelberg.     BGT  1907. 
Giss  siehe  Verzeichnis  d.  Pap.-Publ. 
Grenl  I.  II  siehe  Verzeichnis  d.  Pap.  Pub!. 
Hai  siehe  Verzeichnis  d.  Pap.-Publ. 

Harris  =  R.  Harris,  Biblical  Fragments  from  Mt  Sinai.     1890. 
Hawara  =  Petrie,   Havvara  and  Biahmu.      London  1889. 
Heid   Lit  =  G.   A.    Gerhard.   Ptolemäische   Hoirerfragmente  (Griech.   Lit. 

Papyri  1)     Heidelberg  1911. 
Heid  Sept=  A.  Deissmann,  Die  Septuaginta-Papyri,  Heidelberg  1905. 
Heinrici  Lpz  =  G.  Heinrici,  Die  Leipziger  Papyrusfragmente  der  Psalmen. 

Leipzig  1903. 
Hell    Oxy  =  Grenfell-Hunt,    Hellenica    Oxyrhynchia    cum    Theopompi    et 

Cratippi  fragmentis.     Oxford  1909  (Biblioth.  Oxon.). 
Hell  Stud  =  Journal  of  HeMenic  Studies.     Lon'lon  1891ff. 
Hib  siehe  Verzeichnis  d.  Pap.-Publ. 

Holm  —  Lagercrantz,  Papyrus  Graecus  Holmiensis.    Uppsala  u.  Leipzig  1913. 
Hunt    trag  =  Hunt,   Tragicorum    Graecorum    Fragmenta   Papyracea   nuper 

reperta.    Oxford  1912  (Bibl.  Oxon.). 
Jand  =  E.    Schaefer,    Voluminum    codicumque    fragmenta    Gracea    (Papyri 

Jandanae  1)  BGT  1912. 
Jander  or  rhet  =  Jander,  oratorum  et  rhetorum  Graecorum  fragmenta  nuper 

reperta  (Lietzmann  Kl.  Texte  118). 


ABKÜRZUNGEN.  487 


-Fohnson  =  Johnson,  a  botanical  Papyrus  with  illustrations  (Archiv  für  die 

Gesch.  d.  Naturwiss.  u.  d.  Technik  4.  403)  1913. 
4oarn  Phil  =  Journal  of  Philology. 
Kalbfleisch  Rost  =  K-  Kalbfleisch,  Papyri  Graecae  Musei  Britannici  et  Musel 

Berolinensis.     Vorlesungsverzeichnis  Rostock  1902. 
Ken  Ath  Pol  =  Kenyon,  'Ad-rji^aicot'  UoliTsla  (3.  Aufl.)  Appendix  1. 
Ken  Hyp  =  F.  G.  Kenyon,  Hyperidis  Orationes  et  Fragmenta.    Oxford  1906 

(Bibl.  Oxon.)    Vgl.  jetzt  Blass -Jensen,.  Hyp.  or.  1917. 
Ken  P  =  F.  G.  Kenyon,  The  Palaeography  of  Greek  Papyri.    Oxford  1899. 
Klio  =  Klio,  Beiträge  zur  Alten  Geschichte,  herausg.  von  Lehmann-Haupt 

und  Kornemann.     Leipzig. 
Kiostermann  Apoer  =  Klostermann,  Apocrypha  I,  III  (Lietzmann,  K'.  T. 

3.  11). 
Körte  M  =  A.  Körte,  Menandrea,  ex  papyris  et  membranis  vetustissimis*. 
Lefebvre  =  Lefebvre,  Papyrus  du  Fayoum  (Bulletin  de  ia  Societe  Archeol. 

d'Alexandric  14). 
Lefebvre    Meuandre  =  Lefebrve,    Papyrus    de    Menandre    (Cat     Gen.    de» 

Antiqu.    Eg.  du  Musee  du  Caire.) 
Leid  siehe  Verzeichnis  d.  Pap.-Publ. 
Lond  siehe   Verzeichnis  d.  Pap.-Publ. 
Mel  Chat  =  S.  de  Ricci,  Un  fragment  en  onciale  du  ,,Pro  Plancio"  de  Ciceron 

(Melanges  Emile  Chatelain)  Paris  1910. 
Mel  Graux  =  Melanges  Graux. 
Mel  H  Weil  =  Melanges    H.  Weil. 
Mel  Nie  =  Melanges  Nicole.     Geneve  190.n. 
Miss  Franc  =  Memoires  pubiies  par  les  membres  de   la  Mission   Frangaise 

Arch.  du  Caire.    Paris  1884ft. 
Morg  —  U.  v.  Wilamowitz-Plaumann,      lliaspapyrus  P.  Morgan  (Sitz.  Ber. 

Berl.  Akad.  1912,  1198) 
Nachr  Gott  =  Nachrichten  von  der  k.  Gesellschaft  der  Wissenschaften  zu 

Göttingen,  philol.-hist.  Klasse. 
Nieole   Cat   d'ocuvres   d'art  r^  J    Nicole,   Un  Catalogue  d'oeuvres    d'art 

conserves  ä  Rome  a  I'epoaue  imperiale.     Geneve  1906. 
Nicole  Ph  =  J.  Nicole,  Le  Proces  de  Phidias.     Geneve  1910. 
N  Heid  Jahrb  =  Neue  Heidelberger  Jahrbücher. 
NTWiss  =  Glaue-Helm,  Das  gotisch-lat.  Bibelfragment  (Zeitschrift  für  Neutest. 

Wissenschaft  XI  1910). 
Oxy  siehe  Verzeichnis  d.  Pap.-Publ. 
P  =  unxeröftentlichte  Papyri  der  Kgl-  Museen  in  Berlin. 
Par  siehe  Verzeichnis  d.  Pap.-Publ. 
Pet  siehe  Verzeichnis  d.  Pap.-Publ. 
Phil  Anz  =  Philologischer  Anzeiger. 
Philol  =  Philologus. 

Rainer  F  siehe  Verzeichnis  d.  Pap.-Publ. 
Rainer  M  siehe  Verzeichnis  d.  Pap.-Publ. 
Reinach  siehe  Verzeichnis  d.  Pap.-Publ. 

Reitz  2  rel  Fr  =  Reitzenstein,  Zwei  religionsgeschichtl.  Fragen  nach  unge- 
druckten griech.  Texten  d.  Straßb.  Bibl.    Straßburg  1901. 


488  ABKÜRZUNGEN. 


Rendie    Ist    Lomb  =  Rendiconti   del    Reale    Istituto   Lombardo. 

Rev  Et  Gr  =  Revue  des  Ktudes  Grecaues. 

Rev  Phil  =  Revue  de  Philolopie. 

Rh  Mus  =  Rheinisches  Museum  für  Philologie. 

Ryl  siehe  Verzeichnis  d.  Pap.-Publ. 

Rzaeh^  =  Rzach,  Hesiodi  Carmina^.     BOT  1908. 

Sachs  G  Wiss  =  Abh.    d.  philol.-hist. Klasse    d.    K-  Sachs.  Gesellschaft    d 
Wissenschaften  XX III  783.  1909. 

Sayee  Ae  =  Sayce  in:  Academy  1894  May. 

SR  Herl  Ak  =  Sitzungsberichte  d.  Kgl-  Preuß.  Akad.  d.  Wissenschaften  in 
Berlin,  philos.-hist.  Kl. 

SB  Heid  Ak  =^  Sitzungsberichte  der  Heidelberger  Akad.  d.  Wissenschaften,, 
philos.-hist.  KI. 

SB  Wien  Ak  =  Sitzungsberichte  der  Kais.  Akad.  d.  Wissenschaften  in  Wien- 

Schermann  =  Schermann,  Der  liturg.  Pap.  von  Der  Balyzeh.    Leipzig  1910. 

Schubart  Tafeln  =  Papyri  Graecae  Berohnenses  coli.  W.  Schubart,  Bonn  1911. 

Soc  It  siehe  Verzeichnis  d.  Pap.-Publ. 

Stud  it  fil=  VitelH  in:  Studi  italiani  di  filologia  class.  XII  320. 

Swete  =  Swete,  Zwei  neue  Evangelienfragmente  (Lietzmann  Kl.  Texte  31), 

Tebt  siehe  Verzeichnis  d.  Pap.-Publ. 

Tisch  Mon  Sacr  =  Tischendorf,  Mon.  Sacra  Inedita,  nova  coli. 

Tisch  Sin  =  Tischendorf,  Notitia  Editionis  Codicis  Sinaitici  1860. 

Tisch  Nov  Test  =  Tischendorf,  Novum  Testamentum  Graece  1884. 

Weil  Mon  Grecs  =  Weil,  Monuments  Grecs.     1879. 

Wess  Stud  =  Studien  zur  Palaeographie  und  Papyruskunde,  herausg.  von 
C.  Wessely.     Lpzg.  1901  ff. 

Wien  Stud  =  Wiener  Studien. 

Wilamouitz  Tim  =  U.  v.  Wilamowitz,  Timotheos:  Die  Perser.   Leipzig  1903. 

Wilckcn  Chr  =  Mitteis-Wilcken,  Grundzüge  und  Chrestomathie  der  Papyrus- 
kunde I  2.     BGT  1912. 

AVileken   Tafeln  =  Wilcken,    Tafeln     zur    älteren    griech.     Paläographie. 
Leipzig  1891. 

Zeret  Pet  Ak  =  Zereteli  in.  Berichte  der  Akademie  zu  Petersburg  1905  Febr. 


VERZEICHNIS    DER  PAPYRUSPUBLIKATIONEN,    HILFS- 
MITTEL UND   DARSTELLUNGEN 

Nur  die  wichtigsten  Veröffentlichungen  und  Bücher  werden  angeführt.    Man 

vergleiche  das  bis  zum  Jahre  1912  reichende  umfangreichere  Verzeichnis  in 

Wilckens   Grundzügen   Seite  XXVff.     Jedem  Werke  wird  seine  Abkürzung 

vorangestellt. 

Amh.     Grenfell  and  Hunt,  The  Amherst  Papyri   II  London  1901. 

BGU  Berliner  Griechische  Urkunden  (Ägyptische  Urkunden  aus  den  Kgl. 

Museen  zu  Berlin,  herausg.  von  der  Generalverwaltung.     Griech.  Urk.) 

I-IV  1895ff. 
Cairo  Byz.     Jean  Maspero,  Papyrus   grecs    d'epoque    byzantine   I.  II.  III. 

(Catalogue  General    des  Antiquites  Egyptiennes    du  Musee   du  Caire). 

Cairo  1911  ff. 
Cairo  Goodspeed.   Goodspeed,  Greek  Papyri  from  the  Cairo  Museum  together 

with  papyri  of  Roman  Egypt  from  Amer.  collections.     Chicago  1902. 
Cairo  GH.    Grenfell-Hunt,  Greek  Papyri  (Catal.  Gen.  des  Ant.  eg.  du  Mus^e 

du  Caire).    Oxford  1903. 
Cairo  Preis.    Preisigke,  Griech.  Urkunden  des  äg.  Museums  zu  Kairo.    1911. 
Cattaoui.     Mitteis,  Chrestomathie  88  und  372. 
Chicago.    Goodspeed,  Papyri  from  Karanis.    (Stud.  in  class.  philol.)    Chicago 

1900. 
CPH.    Wessely,  Corpus  Papyrorum  Hermopolitanarum  I  (Studien  zur  Paläo- 

gr.  u.  Papyruskunde  5)  1905. 
CPR.   Corpus  Papyrorum  Raineri  I.    Wien  1895. 

Eleph.    O.  Rubensohn,  Elephantine  Papyri  (Sonderheft  zu  BGU)  Berlin  1907. 
Fay.    Grenfell,  Hunt,  Hogarth,  Fayüm  Towns  and  their  Papyri.    1900. 
Flor.    Papiri  Fiorentini,  documenti  publici  e  privati  dell'etä  Romana  e  Bizan- 

tina.    I  ed.  Vitelli  1906.     II  ed.  Comparetti  1908.    III  ed.  Vitelli  1915. 
Freib.    Aly  und  Geizer,  Mitteilungen  aus  der  Freiburger  Papyrussammlung. 

(S.  B.  Heid.  Ak.  d.  W.    1914,   2). 
Geneve.    J.  Nicole,  Textes   grecs  inedits   de  la  collection  papyrologique  de 

Geneve.    1908.    (vgl.  Sammelbuch.) 
Geneve  Lat.     J.  Nicole  et  Morel,  Archives  mili+aires  du  1er  siecle.     1900. 
Geneve  Urlc.     J.  Nicole,  Les  papyrus  de  Genäve   I  1896—1906. 
Germ*    v.  Wilamowitz  und  Zucker,  Zwei  Edikte  des  Germanicus  (S.  B.  Berl. 

Ak.  d.  Wiss.     191h-  794). 
Giss.    E.  Kornemann  und  P.  M.  Meyer,  Griechische  Papyri  im  Museum  des 

Oberhessischen  Geschichtsvereins  zu  Gießen.     BGT.  1910—1912. 
Gradenwitz,  G.  Plaumann,  Griechische  Papyri  der  Sammlung  Gradenwitz 

(S.  B.  Heid.  Ak.  d.  Wiss.  1914.  15). 


490  PUBLIKATIONEN. 


Grenf.  I.    Grenfell,  An  Alexandrian  Erotfc  Fragment  and  other  greek  papyri 

chiefly  ptolemaic  1896. 
Grenf.  II.    Grenfell  and  Hunt,  New  classical  fragments  and  other  greek  and 

latin  papyri  1897. 
Gr.  Texte.    P.  M.  Meyer,  Griech.  Texte  aus  Ägypten.    Berlin  1916. 
Hai.    Dikaiomata,  Auszüge  aus  alexandrinischen  Gesetzen  und  Verordnungen, 

herausg.  von  der  Graeca  Halensis.     BerUn  1913. 
Hamburg.  P.  M.  Meyer,  Griech.  Papyrusurkunden  der  Hamb.  Stadtbibliothek. 

2  Hefte  1911.  1913. 
Hawara.    Milne,  The  Hawara  Papyri,  Arch.  f.  P.  V  378  (enthält  mit  wenigen 

Ausnahmen  die  Texte  der  älteren  Ausgabe  von   Fl.   Petrie,   Hawara, 

Biahmu  and  Arsinoe). 
Hlb.     Grenfell-Hunt,  The  Hibeh  Papyri  I  1906. 
Jand.     Papyri  Jandanae:  I  voluminum  codicumque  fragmenta  Graeca  cum 

amuleto  Christiano  ed.  E.  Schaefer  BGT.  1912.     II  Epistulae  privatae 

ed.  L.  Eisner  BGT.  1912,     III  Instrumenta  Graeca   publica  et  privata 

1.  ed.  L.  Spohr.     BGT.  1913.    IV  Instrumenta  graeca  publica  et  privat* 

2.  ed.  G.  Spieß.     BGT.  1914. 

Klein.  Form.    Wessely,  Griech.  Papyrusurkunden  kleineren  Formats  (Stud. 

zur  Paläogr.  und  Papyruskunde  III  und  VIII). 
Kurdistan  E.  H.  Minns,  Parchments  of  the  Parthian  Period  from  Avroman 

in  Kurdistan  (Journal  of  Hellenic  Studies  XXXV,  22)  1915. 
Leid.    Leemans,  Papyri  graeci    musei   antiquarii    public!  Lugd.  Bat.  I  1843. 

II  1885. 
Lips.    L.  Mitteis,  Griech.  Urkunden  der  Papyrussammlung  zu  Leipzig  I  1906. 
Libelli.     P.  M.  Meyer,  Die  Libelli  aus  der  decianischen  Christenverfolgung. 

(Abh.  Beri.  Ak.  d.  Wiss.  1910). 
Lflle.    Jouguet  (-Collart-Lesquier-Xoua!)  Papyrus  Grecs  I  fasc.  1  et  2.  Paris 

1907/8. 
Lond.     Greek  Papyri  in  the  British  Museum,  Catalogue  with  texts.  I  189S. 

II  1898  ed.  Kenyon.  III  1907  ed.  Kenyon-Bell.  IV  1910  ed.  Bell.  V  1917 

ed.  Bell,  (dazu  3  Tafelbände). 
Magd.    J.  Lesquier,  Papyrus  de  Magdola  (Papvrus  Grecs  Lille  II)  Paris  1912. 
Mel.   Rev.     Re/illout,  Meianges  sur  la  metrologie  I'öconomie  politique  et 

l'histoire  de  l'ancienne  Egypte.    1895. 
München.      Heisenberg-Wenger,   Byzantinische   Papyri   (Veröffentlichungen 

aus  der  Papyrussammlung  der  K.  Hof-  und  Staatsbibliothek  zu  München). 

BGT.  1914  (dazu  Tafelband). 
Oxy.   The  Oxyrhynchos  Papyri,  I— VI  ed.  Grenfell-Hunt.   VII— IX  ed.  Hunt. 

X  XI  XII  ed.  Grenfell-Hunt.    Oxford  1898ff. 
Ostr.     U.  Wilcken.  Griech.  Ostraka  aus  Ägypten  und  Nubien  I.  II.    Lpzg.- 

Berlin  1899. 
Par.    Brunet  de  Presle,  Notices  et  extraits  des  manuscrits  grecs  de  la  biblio- 

th^que  imperiale  18.    Paris  1865  (dazu  Tafelband). 
Pet.   J.  P.  Mahaffy,  The  Flinders  Petrie  Papyri  I.  II.  III.  (III  von  Mahaffy  und 

Smyly).     Dubhn  1891-1905. 
Pr.-Sp.   Ostr.     Preisigke-Spiegelberg,    Die  Prinz  Joachim-Ostraka.     Straß- 
burg 1914. 


PUBLIKATIONEN.  491 


Rainer  F.  Führerdurchdie  Ausstellung  Papyrus  Erzherzog  Rainer.  Wien  1894. 
Rainer  M.    Mitteilungen  aus  der  Papyrussammlung  Erzherzog  Rainer  I— VI 

Wien  1887ff. 
Reinaeh.    Th.  Reinach,  Papyrus  grecs  et  demotiques.     Paris  1905. 
Rev.  Laws.     Grenfell,  Revenue-Laws  of  Ptolemy  Philadelphus.    1896. 
Ryl.     Hunt,  Catalogue  of  the  Greek  Papyri  in  the  John  Rylands  Library. 

Manchester  I  1911,  II  1915  (Johnson-Martin-Hunt). 
SB.    Preisigke,  Sammelbuch  griech.  Urkunden  aus.Ägypten.  I.  Straßburg  1915. 
Soe.  It.     Papiri  Greci  e  Latini  (Pubblicazioni  della  Societä  Italiana)  I— IV. 

Florenz  1912ff. 
Straßb.      Preisigke,   Griech.   Papyrus  der   Kais.   Universitäts-  und   Landes- 
bibliothek zu  Straßburg  i.  E.     I.    Leipzig  1912. 
Tebt.     Grenfell-Hunt-Smyly,  The  Tebtunis  Papyri  I  1902  II  1907  (Grenfell- 

Hunt). 
Thead.     Jouguet,  Papyrus  de  Theadelphie.     Paris  1911. 
Theb.  Bank.     Wilcken,  Aktenstücke  aus  der  Kgl.  Bank  zu  Theben  (Abh. 

Berl.  Akad.  d.  Wiss.  1886). 
Top.  Äg.     Wessely,  Griechische  Texte  zur  Topographie  Ägyptens  (Studien 

zur  Paläogr.  u.  Papyruskunde  X).     Leipzig  1910. 
Tor.     Peyron,  Papyri  graeci  R.  Taurinensis  Musei  Aegyptii  I.  II.  1826/7. 
Vat.  Angelo  Mai,  Classicorum  auctorum  e  Vaticanis  codicibus  editorum  IV.  V. 

Rom  1831  ff. 
Witk.  Witkowski,  Epistulaä  privatae  graecae,  quae  in  papyris  aetatis  Lagidarum 

servantur^.     BGT.  1911. 
Zols.    Wessely,  Die  ältesten  lat.  u.  griech.  Papyri  Wiens  II.  III  (Studien  zur 

Paläogr.  u.  Papyruskunde  XIV).    Leipzig  1914. 
Zaeker.     F.  Zucker,  Urkunde  aus  der  Kanzlei  eines  römischen  Statthalters 

von  Ägypten  (S.  B.  Beri.  Ak.  d.  Wiss.  1910,  710ff.). 
Für  alle  Publikationen  griechischer  Urkunden  kommt  in  Betracht- 
B.L.    Preisigke,  Berichtigungsliste  der  griech.  Papyrusurkunden  aus  Ägypten. 

Straßburg  1913ff. 

Im  Folgenden  werden  einige  besonders  wichtige  Publikationen  nichtgnechischer 
Urkunden  genannt: 

Aramäisch:  Sayce  and  Cowley,  Aramaic  Papyri  discovered  at  Assuan.  London 
1906  (dazu  ein  Tafelband).  Sachau,  Aramäische  Papyri  und  Ostraka  einer 
jüdischen  Militärkolonie  zu  Elephantine.  Leipzig  1911  (dazu  Tafeln). 
Vgl.  Ed.  Meyer,  Der  Papyrusfund  von  Elephantine.     Leipzig  1912. 

Demotisch:  W.  Spiegelberg,  Demot.  Papyrus  aus  den  Kgl-  Museen  zu  Beriin. 
Leipzig-Berlin  1902.  Spiegelberg,  Die  demot.  Papyri  der  Musees  Royaux 
du  Cinquantenaire.  Brüssel  1909.  Spiegelberg,  Die  Demot.  Papyrus 
(Catalogue  General  des  Antiquites  Egyptiennes  du  Musee  du  Caire.  Die 
demotischen  Denkmäler  II).  Straßburg  1908.  Spiegelberg.  Demot. 
Papyrus  von  der  Insel  Elephantine.  Leipzig  1908.  Spiegelberg,  Die 
demot.  Papyri  Hauswaldt.  Leipzig  1913.  Griffith,  Catalogue  of  the 
Demotic  Papyri  in  the  John  Rylands  Library  I.  II.  III.  Manchester- 
London  1909.  Möller,  Mumienschilder  (Demot.  Texte  aus  den  Kgl- 
Museen  zu  Berlin  I).    Leipzig  1913. 


492  PUBLIKATIONEN. 


Koptisch:  Kopt.  Urkunden  (Äg.  Urk.  aus  d.  Kgl-  Museen)  I  Berlin  1904. 
Crum-Steindorff,  Kopt.  Rechtsurkunden  des  8.  Jahrh.  aus  Djeme  1. 
Leipzig  1912.  Crum,  Cataiogue  of  the  Coptic  Manuscripts  in  the  British 
Museum.  London  1905.  Crum,  Catal.  of  the  Coptic  Manuscripts  in  the 
collection  of  the  John  Rylands  Library.  Manchester-London  1909.  Crum. 
Coptic  Ostraka  (Egypt  Exploration  Fund)  London  1902.  Hall,  Coptic 
and  Greek  Texts  of  the  Christian  Period  in  the  British  Museum.  London 
1905.     Crum  in  Lond.   IV. 

Arabisch:  C.  H.  Becker,  Papyri  Schott-Reinhardt  I  (Veröffentlichungen  aus 
der  Heidelberger  Papyrussammlung)  1906. 


HILFSMITTEL  UND   DARSTELLUNGEN. 

Die  Werke  über  Schriftkunde  sind  in  Kapitel  2.  über  Buchwesen  in  Kapitel  S, 

über  Grammatik  nebst  Wörterbüchern  in  Kapitel  11  zusammengestellt. 

Im   Folgenden   werden    nur  einige    besonders  wichtige    Schriften   angeführt. 

P.  Viereck.  Bericht  über  die  ältere  Papyrusliteratur  (Jahresber.  ü.  d.  Fort- 
schritte d.  kiass.  Altertumswissenschaft,  Bd.  98,  135ff.  und  Bd.  102. 
244ff.)  Derselbe,  Bericht  über  die  griech.  Papyrusurkunden  1899  bis 
1905  (in  derselben  Zeitschrift). 

A.  Erman  und  F.  Krebs,  Aus  den  Papyrus  der  Kgl-  Museen  1899  (Handbueh 

d.  Kgl.  Museen  in  Berlin;  (unterrichtet  über  hieroglyph.,  hieratische, 
demotische,  aramäische,  griech.,  lat.,  kopt.,  arabische  Papyri  mit  Über- 
setzungen). 

ü.  Wileken.  Archiv  für  Papyrusforschung,  BOT.  1901ff.,  bisher  sind  5  Bände 
und  die  ersten  Hefte  des  6.  erschienen. 

L.  .Mitteis  und  V.  Wilekeu,  Grundzüge  und  Chrestomathie  der  Papyrus- 
kunde. Histor.  Teil  von  Wileken,  Jurist.  Teil  von  Mitteis.  BGT.  1912. 
[Jeder  Teil  enthält  einen  Band  Darstellung  (Grundzüge)  und  einen  Band 
ausgewählter  Urkunden  (Chrestomathie)]. 

W.  Liebeiiam,  Fasti  Consulares  imp.  Romani  Bonn  1909  (Lietzmann,  Kleine 
Texte  41-43). 

L.  Cantarelli,  La  serie  dei  prefetti  da  Egitto  I— 111  (Reale  Accad.  dei  Lincei 
1906.     1910.     1912). 

Bouche-Leclereq.  Histoire  des  Lagides  I— IV.    Paris  1903—1907. 

M.   Strack,  Die  Dynastie  der  Ptolemäer.     Berlin  1897. 

J.  P.  Maliafi'y,  The  Empire  of  the  Ptolemies.    London  190.5. 

Derselbe.  -A  history  of  Egypt  under  the  Ptolemaic  dynasty.     London  1899. 

Belocli,    Griechische   Geschichte   III. 

B.  Niese,  Geschichte  der  griech.  und  makedonischen  Staaten. 
Th.  Mommsen,  Römische  Geschichte  V. 

J.  G.  Milne,  A  history  of  Egypt  under  the  Roman  rule.    London  1898, 

A.  Stein,  Ägypten  unter -römischer  Herrschaft.     Stuttgart  1915. 

M.  Geizer,  Studien  zur  byzantinischen  Verwaltung  .Äg\'ptens     (Leipz.  Histor. 

Abh.  XIII).     1909. 
V.  Martin,  Les  Epistrateges.    Genf  1911. 
J.  Lesquier,  Les  Institutions  Militaires  de  l'Kgypte  sous  les  Lagides.    Paris 

1911. 
P.  M.  Meyer,  Das  Heerwesen  der  Ptolemäer  und  Römer  im  Ägypten.    Leipzig 

1900.    (Kommt  besonders  für  die  Kaiserzeit  in  Betracht.) 
J.  Maspero,  Organisation  Militaire  de  l'Egypte  byzantine.     Paris. 
P.  Jouguet,  La  vie  municipale  dans  l'Egypte  Romaine.    Paris  1911. 

F.  Preisigke,  Städtisches  Beamtenwesen  im  römischen  Ägypten.    Diss.  Halle 

1903. 

G.  Plaumann,  Ptolemats  in  Oberägypten  (Leipzig  Hist.  Abh.  XVIII)  1910. 
M.  Kühn,  Antinoopolis.    Diss.  Leipzig  1915. 


494  HILFSMITTEL  UND  DARSTELLUNGEN. 

H.  Maspero,  Les  Finances  de  l'Egypte  sous  les  Lagides.    Paris  1905. 

U.  Wileken,  Griechische  Ostraka  aus  Ägypten  und  Nuljien.     I  Darstellung, 

II  Texte.     Leipzig-Berlin  1899. 
G.  Plaumann,  Der  Idios  Logos  des  Königs  (erscheint  demnächst). 
O.  Hirschfeld,  Die    kaiserlichen   Verwaltungsbeamten    bis    auf   Diocletian. 

Berlin  1905. 
W.  Örtel,  Die  Liturgie.     BOT  1917. 
F.  Preisigke,   Girowesen  im  griechischen  Ägypten.     Straßburg  i.  E.  1910. 

F.  Preisigke,    Fachwörter   des  öffentlichen   Verwaltungsdienstes  Ägyptens. 

Göttingen  1915. 
M.  Rostowzew,  Studien  zur  Geschichte  des  römischen  Kolonats.   BGT.  1910» 
St.  Waszynski,  Die  Bodenpacht.   I.     BGT.  1905. 
Th.  Reil,  Beiträge  zur  Kenntnis  des  Gewerbes  im  hellenistischen  Ägypten. 

Diss.  Leipzig  1913. 
W.  Otto,  Priester  und  Tempel  im  hellenistischen  Ägypten.    I  1905.    II  1908. 

BGT. 
K.  Sethe,  Sarapis  und  die  sog.  y.dzo/oi  des  Sarapis,    Berlin  1913. 
W.  Weber,  Die  ägyptisch-griechischen  Terrakotten.   Text  und  Tafeln.    Berlin 

1914  (Mitteilungen  aus  der  ägypt.  Sammlung,  Kgl.  Musseen  zu  Berlin, 

Band  11)  [der  Inhalt  ist  besonders  für  die  Religionsgeschichte  wichtig]. 
M.  San  Xieolö,  Ägyptisches  Vereinswesen  zur  Zeit  der  Ptolemäer  und  Römer. 

München  1913.  1915. 
O.   Gradeiuvitz,  Einführung  in  die  Papyruskunde.     Lpzg.  1900  [wesentlich 

juristisch]. 
V^  AraiHjio-ltuiz,  La  successione  testamentaria  secondo  i  papiri  greco-egizii. 

Neapel  1906. 
A.  Berger,  Die  Strafklauseln  in  den  Papyrusurkunden.     BGT.  1911. 
L.  W'enger,  Rechtshistorische  Papyrusstudien.     Graz  1902. 
L.  Mitteis,  Reichsrecht  und  Volksrecht.     BGT.  1891. 
().  Eger,  Zum  ägypt.  Grundbuchwesen  in  römischer  Zeit.    BGT.  1909. 
II.  Leuald,  Beiträge  zur  Kenntnis  des  röm.-äg.  Grundbuchrechts.  Leipzigl909. 
V.  B.  Sehvviirz,  Hypothek  und  Hypallagma.     BGT.  1911. 
J.  Partscli,  Griechisches  Bürgschaftsrecht  I.    BGT.  1909. 

G.  Semeka,  Ptolemäisches  Prozeßrecht.    München  1913. 

Bruns,  Fontes  iuris  romani  antiqui^  (ed.  Mommsen-Gradenwitz).     Tübingen 

1909.     [Unentbehrliches  Quellenwerk.] 
W.  Ditteiiberger,  Orientis  Graeci  Inscriptiones  Selectae.    2  Bände.    Leipzig 

1903-05.     [abgekürzt  OG.] 
Milue,   Greek   Inscriptions  (Catalogue  General   des  Antiquites  du  Musee  du 

Caire)  1905. 
G.  Lefebvre,  Recueil  des  Inscriptions  grecques-chretiennes  d'Egypte.    Cairo 

1907. 
E.  Breeeia,  Iscrizioni  Grecche  e  Latine  (Catal.  Gen.  des  Ant.  du  Musee  d'Ale- 

xandrie).     Cairo  1911. 
Letronne,  Recueil  des  Inscriptions  Grecques  et  Latines  de  l'Egypte.    Paris  I 

1842.     II  1848  [mit  wertvollen  Kommentaren]. 
Corpus  Inscriptionuni   Graecarum   III. 
R.  Lepsius,  Denkmäler  aus  Ägypten  und  Nubien  XII. 


NACHTRAG 

Zu  Seite  33:  Außer  den  angeführten  lateinischen  Texten  sind  noch  folgende- 
Abbildungen  erschienen: 

a)  Urkunden:  P.  Ryl.  II  79.  223  (Tafel  23)  2.  Jh.  p.  C.  P. 
Jand.  68  (Tafel  14)  2.  Jh.  p.  C.  P.  Flor.  II  278  (Tafel  6)  vgK 
S.  268.  273.  274.  um  200  p.  C. 

Zu  Seite  45:  Auf  eine  Rolle  ungewöhnlicher  Länge  deutet  P.  Ryl.  II  225, 
2/3  Jh.  p.  C.  Die  2.  Kolumne  einer  Privatrechnung  trägt  die 
Ziffer  177;  daß  man  die  Kolumnen  durch  mehrere  Rollen  hin- 
durch gezählt  habe,  ist  möglich,  aber  nicht  wahrscheinlich,  da 
die  Anführungsart  TÜuoi  a  y.ölhiua  b  nicht  dafür  spricht. 

Zu  Seite  62:  revyoi  als  höhere  Einheit  über  der  Rolle  erscheint  P.  Ryl.  II 
220,  134/5  p.  C.  (Thmüis  im  Delta):  «  Tsvy/ovi)  «  TÖ(ftov) 
y.o).(Xr,fiuros)^d  und  SO  Öfters. 

Zu  Seite  63:  Der  Bücherkatalog  Atene  e  Roma  VII  ist  abgedruckt  P.  Flor. 
III  371,15. 

Zu  Seite  64:  Vgl.  jetzt:  A.  Körte,  Was  verdankt  die  Klass.  Philologie  der^ 
literarischen  Papyrusfunden?  Neue  Jahrbücher  für  das  Klass, 
Altertum  20,  5.  6. 

Zu  Seite  146:  Weitere  Werke  des  Dioskoros  von  Aphrodite:  Enkomion  auf 
Romanos  P.  Lond.  V  1817.  Epithalamion  für  Kallinikos  ebenda 
1819  (gehört  zu  Cairo  Byz.  II  p.  156).  Hexameter  1820,  Jamben 
und  Hexameter  1818.  Griechisch-koptisches  Wörterbuch  1821, 
Vgl.  Kap.  20. 

Zu  Seite  241:    Die  Herrschaft  der  Sassaniden  wird  erwähnt  P.   Jand.  22. 

Zu  Seite  276:  Zur  arabischen  Zeit  vgl.  C.  H.  Becker,  Historische  Studien- 
über  das  Londoner  Aphroditowerk  (Der  Islam   II  359). 

Zu  Seite  353:    4.  Zeile  von  unten  1.  S.  B.  Heid.  Ak.  statt.  Freib.  Ak. 

Zu  Seite  354:  Zum  äo/_iso£v^  vgl.  G.  Plaumann,  Der  Idios  Logos  des  Königs, 
(erscheint  demnächst).  Hiernach  wäre  der  Idios  Logos  1.  Kaiser- 
priester =  äoyieotvi  ^sßaatfbr.  2.  e.Tt  röi/'  y.ax'  ^Äleidyboeiav 
y.ai  xrtT'  A^yvTiTOV  Ttäaav  örTCOv  aal  viuov  (?)  y.cu  reueicöv  y.al  leocöf. 

Vgl.  Blumenthai,  Arch.  f.  P.  V  325.  Das  2.  Amt  enthielte 
die  Aufsicht  über  den  gesamten  Kultus,  und  der  Titel  do^. 
'A).tlaibü6ias  y.ai  AlyvTiTov  ordor^s  wäre  eine  ungenaue,  ja  sogar 
irreführende  Bezeichnung. 
Zu  Seite  369:  Verpachtung  eines  Gewinn  abwerfenden  Isisheiligtums  bei 
Vitelli  Melanges  Chatelain  (1910):  die  beiden  Tempelvorsteher 
{leacövai)  der   (Isis)  Nephrommis  (wohl  in  Soknopaiu  Nesos), 

verpachten  df'  loi'  y.al  avzol  i/uta&cöoayro   avp   sri^ois  Tiaod  tü>v 


496  NACHTRAG 


Tfjs  N-^aoov  (sie)  IsQetov  rd  ev  NeLlov  rtölei  Tfjg  NefQÖfiftio^; 
'JoiSeioi  y.arä  ttjv  rö[v]  SieXrjlvd'öroi  ezovg  afvjvf^d'euiv  auf 
rund  1  Jahr,  fÖQOv  rov  7i[ajrrbs  äpyvoiov  Soaxfieöv  Ttsvraxoaicor 
xai  xeoafjioffv  xejrofidrcor  (sic)  TtsvTri[y.]ovTa  y.ai  aarä  /ufjva 
o^.  ,Jtovs  [ttsvJts  xui  fiuixor[v]XEiov  xai  tpayetv  sxd'erov  oÜfarjJg? 
XTJS  Ttpod'eascos,  rov  anoiSi^ov  rov  'Enlf  ätp"  mqas  oySörjg  rfjg 
ivdrrjs  AlyvTtriajv  ecos  cä^as  Sevre^as  t^s  Sexdrrjs  xal  rov  Xoyev- 
/n[a]Tog  Tfji  xcbjurja  Tfjs  SexdTtjS  Si'frjcoi'  rcöv  .ueuiad-ojxörfcojv  USW. 

Vitelli  deutet  die  letzten  Bestimmungen  mit  Reclit  dahin, 
daß  die  Priester  sicli  den  Ertrag  eines  bestimmten  Festes 
und  das  Ergebnis  der  Dorfliollekte  vorbehalten,  während  der 
übrige  Gewinn  aus  dem  Filialheiiigtum  der  Isis  dem  Pächter 
zufällt.     Zeit  65  p.  C. 


SAÖ^IREGISTER. 

(Was  die   Seitenüberschriften    ergeben,    ist  im  allgemeinen   hier  nicht   aufge- 
nommen worden.) 


Ä.  DEUTSffl  UND  LATEINISCH 

Achilles  Tatius  94.  j 

Adel  275. 

Adoption  457. 

Africanus  80.  171. 

Agoranomos  s.  ayoQavouetov  296.  300. 

Agoranomische  Urkunde  296.  302. 

Ägypten,  geogr.-klimat.  Verh.  10.  242. 

— ,    Gedicht   auf   die    Eroberung   75. 

Ägypter 

Aufstände  229ff.  308. 

Quartiere  435. 

staatsrechtliche  Stellung  243.  261. 
269.  325.  453. 

Truppen  230.  254. 

Verhältnis  zu  den  Griechen  305ff. 
Ägyptische  Aussprache  193. 
Ägypterevangelium  81.  175.  362. 
Ägyptische  Koine  187ff. 
Ägyptisches  Landrecht  277  ff. 
Ägyptische   Literatur  380. 
Äg>'ptische  Notare  295.  302. 
Ägyptische  Religion  335ff.  346ff.  391. 

401.  417.  428. 
Ägyptische  Sprache  188.  306.  312. 
Aischylos  66. 

Aktenbände  und   Rollen   50.   55.   56. 
Akzente  50.  59.  132.  142. 
Alexandreia  68.  74.  135.  226.  236.  252. 

259.  299.  301.  303.  308.  310.  311. 

312.  314.  319.  321.  325.  328.  334. 

.338.  339.  347.  348.  352.  355.  362. 

365.  374ff.  382.  384.  388.  390.  410. 

411.  416.  418.  419.  420.  421.  424. 

428.  430.  431.  435f.  438.  445.  450. 

^52.  454.  460.  461.  462.  464. 
Alexandreia,    Verfassung   244ff.    256. 

261.  269.  280.  284.  286.  290.  293. 

294.  297.  323.  406. 

Schnbart,  Papyrusknnd«. 


Alexandreia,  jüdische  Gemeinde  323. 

330.  362. 
Alexandriner     s.     'Ale^avSoeis      260. 

264.  269.  317.  325.  339.  342.  351. 

386.  405.  410.  412.  454.  466. 
Alexandrinische    Bibliothek    48.    58. 

63.    72.    168.    251.   373f.    395. 
Alexandrinische   Fabriken  39.   416. 
Alexandrinische  Kirche  178.  179f.  318. 

363. 
Alexandrinische  Kritiker  88.  91.  166. 
Alexandrinische    Kunst    390ff.    393f. 

401. 
Alexandrinische    Märtyrerakten    79. 
|r    152ff.  324.  379.  398. 
Alexandrinische  Patriarchen  239.  363. 
Alexandrinisches  Recht  279f.  289.  29.7. 
Alexandreia,  Schrifttypus  31. 
Alexander  der  Große  154.  226.   243. 

245.  248.  254.  256f.  279.  305.  322. 

325.  332.  344f.  351.  353.  373.  424. 
Alexanderpriester  126.  257.  344. 
Alexanderroman  72.  167. 
Alkaios  65.  97ff. 
Alkman  65. 
Amme  455. 

Anthologie  66.  71.  131.  376. 
Antinoupolis  237.  262.  264.  270.  282. 

317.  328.  342.  388.  390.  401.  423. 

431.  435. 
Antiphon,  Philosoph  67. 
Antiphon,  Redner  67.  117. 
Antisemitismus  324.  330. 
Antoninus  Plus  237. 
Aphrodito  14.  220. 
— ,  Dichter  von  A.  75.  145f. 
Apis    341.    349.    352.    355.    356.    368. 
Apollonios  von  Rhodos  168.  374. 

32 


498 


SACHREGISTER. 


Aquila-Übersetzung    des    A.  T.    81. 
Araber    s.   'Aoußia   240f.    315f.    325. 

.S.SO.  4.32.  435. 
Arabische  Lederhandschriften  40. 
Arabische  Ostraka  42. 
Arabisches  Papier  43. 
Arabische  Papyri  6. 
Aramäische   Papyri   6.   43.   123.   322. 
Archidikastes      S.      do/ßiy.aarr^g     288. 

290.  294.  297. 
Archilochos  65. 
Archiv  s.  d^ytior  63. 
Archonten  s.  äoyoinei  262. 
Areios  239. 
Aristarchos  73.  375. 
Aristophanes  66. 
Aristoteles  66.  116. 
Aristoxenos  73. 
Arsinoe,    Königin    69.   121.  228.  344. 

353.  374.  424. 

Arsinoe,  Stadt  259.  344.  350.  388.  390. 

394.  401.  406.  421.  427.  435.  438. 

444.  446. 
Arzt    s.  iaTQÖi  79.    158.    159ff.    264. 

386f.  399. 
Astrologie  79.  170.  360.  369.  381. 
Astronomie   72.    169.    180.    381.    386. 
Asylie  270.  330.  347.  3.54. 
Athanasios  2.39.  363. 
Äthiopen  236. 
Athleten  270.  452. 
Attizismus    s.     aTTixiauo-     144.    186. 

212.  382. 
Augustalis  272. 
Augustus   235.    259.   265.    267f.    271. 

290.  292.  297.  311.  319.  346.  347. 

354.  358.  362.  370.  405.  408.  419. 
420.  422.  425.  456. 

Ausgrabungen  12ff. 
Autonomie   244ff.    256.   261f.   272, 
—  Halbautonome  Gemeinden  246f. 
Babrios  77.  94. 
Babylon  237.  431. 
Bad  417.  421.  445.  449. 
Bakchylides  65.  106ff. 
Banken  s.  rodnel^a    415.   426ff.   433. 
Bankurkunde   s.  oiayoufj]   297  f.  303 
427. 


Barbarengriechisch  187.  191.  196. 

Baukunst  389ff. 

Bazar  420.  430. 

Beamte  als  Richter  287.  293.  385. 

Berufsschreiber  20.  198. 

Berytos  144.  386.  398. 

Beschneidung  348.  355. 

Betonung  192. 

Bevölkerung  305.  318. 

Bibel  81-  93.  314.  366. 

Bibliothek    (vgl.    Enkteseon    B.)    56. 

58.  63.  168.  171. 
Bilderbuch  .54. 
Bistum  363. 
Bithyner  325.  330. 
Bleitafel  42.  47. 

Blemyer   147.  238.   241.   325.   379. 
Brief  s.  sm<no/.7^,  Stil   198.  200.  211. 

222.  357.  371.  377.  424.  457. 
Bronzetafel  42.  47. 
Buchausgaben  87. 
Bucheinband  56.  62. 
Buchhandel  27.  57f.  63. 
Buchillustration  54.  61. 
Bücherkatalog  58.  63.  80. 
Buchrolle  48.  58. 
Buchschreiber  48. 
Buchschrift  27  f. 
Buchtitel  53.  55f.  60f.  100.  120.  126. 

147.  163. 
Bukolenaufstand  237.  241.  326. 
Bürostil  200ff. 

Byzanz   s.    Konstantinopel   239.   271. 
Byzantinische  Kursive  31. 
Byzantinischer  Stil  151.  205ff. 
Caesar,  C.    Julius   232.    319.   373. 
Caesarion  232.  412. 
Caracalla  216.  238.  241.  261.  282.  311. 

312.  326.  344. 
Chariton  77.  94. 
Chemie  79.  168f. 
Chirurgie  160. 
Chorlieder  49.  59. 
Chrematisten  286.  289f.  293.  294. 
Chrestomathie  167.  376. 
'   Christentum  145.  205.  238f.  314f.  333. 

362ff.    370f.    379.    382.    385.    391. 

398.  437.  459. 


SACHREGISTER. 


499 


Christliche  Literatur  56.  62.  81  ff.  174ff. 

366.  371. 
Chrysippos  73,  384. 
civitas  263.  273. 
Claudius  153. 

Clemens  Alex.  365.  371.  377.  384. 
Commodus  153.  351. 
Constitutio   Antonina   202.    208.    238. 

241.  261.  282f.  311. 
Corpus  iuris  283. 
Dalmatiner  325.  330. 
Dämonen  340.  360. 
Decius  344.  353.  363.  870. 
dediticii  261.  269.  312. 
Delegation  290. 

Delta   156.   242.   263.   311.   403.   411. 
Demosthenes  67.  93.   163f.  379.  384. 

396. 
Demotisch  6.  43.  295.  302.  306.  312. 

326.  353.  381.  396. 
Dialektformen  195.  332. 
Diatribe  77.  155. 
Didymos   73.   163ff.   375.   395. 
Digesten  285. 
Diktys  79.  94. 
Dioiketes  248ff.  258.  265. 
Diokletian    238.    272.    274.    363.    370. 

379.  425. 
Dionysios  Petosarapis  234.   308.   326. 
Dionysische  Techniten  126.  388. 
Diözesen  272.  " 
Diptycha  41.  46. 
Dodekaschoinos  238. 
Domitian  326. 
Dux  272. 
Edfu  =  Apollinopolis    Magna    7.    14. 

230.  307.  326.   346.  349.  355. 
Edikte,  Stil  203. 
Elegie  125. 
Elfenbeintafeln  47. 
Enkomion  142. 
Enktsseon  Bibliotheke    s.  syx-i.  ßißL 

300    .303.  439. 
Epheben  269. 

Ephemeriden  136.  248.  257. 
Ephoros  67.  116. 
Epicharmos  66.  113. 
Epigramm  69.  75.  125.  376. 


Epikedeia  143ff. 

Epiphanie  369. 

EpiStratege  246.   249.   263.  291.  308. 

Eponyme  Priester  257.  344.  354. 

Epos  69.  74f.  132.  141. 

Eudoxos  73. 

Euphorien  70.  123.  374. 

Eupolis  66.  114. 

Euripides  66.  131.  135.  376.  388.  396. 

Evangelien  81.  174ff. 

Fabriken  416. 

Fajum   13.   242.   249.   252.   254.   324. 

328.  341.  388.  403.  409.  410.  411. 

413.  423.  432.  437.  452.  454. 
Feldmesser  162.  386.  399. 
Festdichtungen  142. 
Fiskus  265.  406. 
Flotte  255. 

Frau  417.  442.  448.  458f.  468f. 
Freilassung  343.  455.  467. 
Galater  324.  330. 
Garnisonen  255.  258. 
Garten  410.  413. 
Gau  249.  273. 
Gaufürsten  275. 
Germanen  325.  330. 
Germanicus  202.  215.   236.  241.  406. 

430. 
Geschichtschreibung  72.  78. 
Gesprächsbuch  182. 
Gewerbe  414f.  435. 
Gnosis  174ff.  314.  359.  362. 
Gotische  Bibelübersetzung  4.  84. 
Goten  239.  241. 
Grab  392.  401.  462f.  470. 
Gräkoägypter  261.  263.  267.  309.  310. 

312f.  317.  338.  340.  356.  379.  392. 
Grammatik  73.  80.  162.  193ff. 
Griechisches  Recht  277f, 
Griechische  Urkunde   295ff.  3ü2f. 
Großgrundbesitzer  273.  276.  315.  406. 

416.  424. 
Gymnasion  142.   154.   258.   269.   317. 

328.  383.  389.  437.  450.  452. 
Hadrian  75.  142.  153.  202.  237.  241. 

262.  267.  271.  311.  317.  324.  326. 

342.  345.  355.  370.  379.  388.  394. 

430.  444. 

32* 


500 


SACHREGISTER. 


Handel  321.  407.  419ff.  430. 

Handschein  297.  301.  303. 

Handwerk  416ff. 

Hebräische  Papyri  6. 

Heiland  362.  370. 

Helianikos  67. 

Hellenen    s.  "EXXrjves   247.    257.    260. 

267.  281.  315.  316ff.  328.  342.  348. 

361.  376.  379.  387.  453. 
Hellenlka  Oxyrh.  67.  115. 
Hellenismus,  Literatur  68ff.  373ff. 
Hellenistisches  Recht  282. 
Herakleides  Lembos  72.  164. 
Herakleides  Pontikos  66. 
Herculan.  Rollen  6.  31.  58f. 
Hermas,  Hirte  82.  363.  366. 
Hermes  75.  80.  172.  359. 
Hermetische  Mystik  83.  170.  172.  359. 

363.  369. 
Hermippos  164.  375.  395. 
Hermupolis   13.   324.   388.    390.    401. 

402.  406.  435.  438. 
Herodas  70.  128.  374. 
Herodotos  67. 
Herrscherkult  227.  344ff. 
Hesiodos  65.  96f. 
Hetären  332.  460.  469. 
Hieratisch  6.  38f.  40.  42.  43.  45.  46. 

58.  381. 
Hierodulen  354. 
Hieroglyphen  6.  306.  381. 
Hierokles  77.  147ff.  362. 
Hippokrates  67. 
Hochzeitslied  140. 
Holztafel  41.  46.  383. 
Homer  50f.  53.  59.  64.  65.  88.  91  f.  166. 

375.  382.  388.  395.  400. 
Honoratioren  260.  262. 
Horoskop  80.  170.  360. 
Hymnen  179. 
Hypereidea  67.  118.  396. 
Idiologus    s.    'idios  köyoi    260.    268ff. 

290.  313.  320.  326.  328.  355.  428. 

462. 
Idumäer  325.  330. 
Jesus  330.  366. 
Imhotep-Imuthes  77.   157.   341.   351. 

399. 


Indiktion  240.  274 

Industrie  321.  414ff.  419. 

Initialen  62. 

Inkubation  356.  367.  386. 

lonier  327. 

Ionisch  78.  188. 

Isis  156.  339f.  351.  356.  358f.  363.  369. 

Isishymnus  77.  156.  340. 

Islam  180.  315. 

Isokrates  67.  384. 

Itazismus  192. 

Juden  152ff.  236f.  241.  245.  247.  280. 

285.  322ff.  329.  362.  374.  386.  435. 

461. 
Judensteuer  330. 
iudex  pedaneus  294. 
Jupiter    Capitolinus    344.    350.    353. 

355.  400. 
Juridicus  260.  290.  294. 
Juristen  384.  385.  398. 
ius  civile   281  ff.   298.  320.   321.   386. 
ius  gentium  281ff.  298. 
Justinian   I  146.  239.  272.  276.  424. 
Kairo  240.  421.  436. 
Kalamos  43. 
Kalender  73.  169.  233.  240.  307.  371. 

386. 
Kalligraphie  22ff. 
Kallimachos  70.  120ff.  374. 
Kamel  423.  426.  431. 
Kanal  408.  413.  420.  422. 
Kanzleischrift  26.  31.  180. 
Kataster  253.  266.  300. 
Katechismus  der  Chirurgie  160. 
Katechismus  der  Rhetorik  152. 
Katochoi  358.  369. 
Katöken  254.  260.  267f.  269.  406. 
Kerkidas  70.  126.  374. 
Kilikier  325.  330. 
Kirchensprache  318. 
Kirchenväter  82. 
Kirchliche  Gerichtsbarkeit  292. 
Klassizismus  68.  81.  318.  378. 
Kleruchen  254.  268.  406.  412. 
Klöster  178.  180.  364f.  371. 
Kodex  41.  46.  55f.  62. 
Koine  184ff. 
Kommentare  73.  80.  163ff. 


SACHREGISTER. 


501 


Konstantin  271.  321.  426. 
Konstantinopel  vgl.  Byzanz  143.  407. 

421.  430.  451. 
Konvent  259.  269.  291.  294. 
Konzil  von  Nikaia  180. 
Koptisch  6.  40.  42.  43.  81.  314f.  327. 

362.  364.  380.  391.  401. 
Korinna  65.  103f. 
Korngiro  410.  413. 
Koronis  51.  60. 
Kratinos  66.  114. 

Kritische  Zeichen  53.  60.  88.  90.  166. 
Kultbild  349.  350. 
Kultvereine  350.  358.  368. 
Kunstgewerbe  337.  393.  401. 
Kurdistan,  Urkunden  31. 
Kursive  22. 

Kürzungen  32.  147.  163.  166. 
Kypros  227. 
Kyrene  227. 

Landwirtschaft  403ff.  411ff. 
Laokriten  285.  293.  306.  309. 
Lateinische  Lehnwörter  189.  210.  321. 

419.  429. 
Lateinische  Papyri  83.  181ff.  321. 
Lateinische  Schrift  21.  31.  32.  33.  50. 
Lateinische   Sprache   182f.   205.   270. 

283.  298.  321. 
Latiner  268.  283.  328. 
Lautverhältnisse  190ff. 
Leder  40. 
Legionen  267. 
Leinwand  47.  347. 
libellus  62.  291.  363.  370. 
Libyer  325. 
Liturgie  s.  IsiTovQyia  251.  264.    271. 

273.  301.  405. 
Liturgische  Texte  83.  177  f. 
Liviusepitome  182. 
Logia  Jesu  82.  174ff.  366. 
Lukianos  203.  343.  353.  385.   398. 
Lykier  325.  330. 
Lyrische  Texte  49.  51.  59. 
Lysias  67. 
Makedonen  244.  254.  256f.  269.  302. 

316.  328.  345.  353.  354.  .398.  435. 

453. 
Maked.  Monate  326. 


Makedonien  227ff.  3.53. 

Malerei  394.  402. 

Manetho  309.  339.  380.  396. 

Märtyrerakten  82f.  152ff.  366. 

Mathematik    73.    80.    162.    375.    377. 

386.  396f. 
Maximalpreise  50.  59. 
Medizin  72.  79.   159ff.  375.  377.  387. 

399. 
Memphis  13.  259.  308.  322.  329.  338. 

340.  358.  368.  399.  416.  422.  435. 
Menandros  70.  133ff.  374.  388. 
Metrik  49.  59.  73.  90.  129.  131.  138. 

141.  144.  145.  179. 
Metropolen   s.  firjxQÖTtohs   260.    262f. 

264.  270.  272.  312.  348.  364.  406. 

420.  422.  445.  454. 
Mimos  70.   76.   128.   129.   138ff.  376. 

388. 
Mithras  343.  353. 
Mittelalt.   Handschriften  88. 
Monophysiten  180.  315.  364. 
Monopole   252.   266.   271.   347.   414ff. 

427.  428.  433.  445. 
Munizipalordnung  273.  276.  292. 
Münzen  424f.  432. 
Museion  251.  374.  395. 
Musen  351. 
Musik  73.  389.  400. 
Mysterien  342.  352.  358f.  369. 
Mythen  341.  352. 
Nahrung  440ff. 
Naukratis  244.  262.  270.  280.  282.  328. 

435. 
Neaspoleos,  procurator  265. 
Neue  Komödie  136. 
Neuplatonismus  77.  318.  362.  365.  377. 
Neues  Testament  7.  81.  186.  321.  429. 

431. 
Nilschwelle  178.  408. 
Nonnos  74.  93.  318.  377. 
Normalzeile  49f.  59. 
Notar  295.  296.  302.  385. 
Nubien  228f.  232.  234.  242.  419. 
Nubier  325.  330. 
Nubische  Texte  6.  40.  242. 
Olympische   Sieger,  Liste  1.56. 
Optativ  196.  209.  .382. 


fi02 


SACHREGISTER. 


Orakel  356.  368.  371. 

Origenes  171.  365.  371.  377. 

Orthographie  191.  383. 

Ortsgötter  338. 

Ortsnamen  310.  322.  331.  340. 

Osterbriefe  82.  179ff.  363.  370. 

Ostrakon  42.  47. 

Oxyrhynchos  13.   138.  156.   270.  313. 

324.  371.  388.  390.  394.  407.  426. 

433.  435ff.  440.  446.  451. 
Pagarchen  273.  276. 
pagus  273. 

Pankrates  75.  141f.  377. 
Papier  43. 

Papyri,  die  ältesten  griech.  29f.  43. 
Papyri,  arabische  6. 
Papyri,  aramäische  6.  43. 
Papyri,  außerhalb  Äg.  6.  31. 
Papyrusballen  37. 
Papyrusblatt  36f. 
Papyri,  demotische  6.  43. 
Papyri,  eklektisch  88. 
Papyri,  Entzifferung  33. 
Papyrusfabrikation     37ff.    411.    415. 

418. 
—  in  Tempeln  38.  45.  415.  428. 
Papyrus,  Formate  38f.  48.  55. 
Papyri,  Fundorte  11  f. 
Papyri,  hebräische  6. 
Papyri,  hieratische  6.  38.  45.  58. 
Papyruskartonnage  12.  429. 
Papyri,  koptische  6. 
Papyruskultur  44.  411.  413.  454. 
Papyri,  latein.  21.  31.  32.  38.  50.  181  ff. 
Papyrusmonopol  38 f.  415. 
Papyri,  Pehlevi  6. 
Papyruspflanze  36. 
Papyrus,  Preise  39. 
Papyrus,  Rekto  und  Verse  39.  45. 
Papyrusrolle  37.  47.  300. 
Papyrussammlungen  14f. 
Papyri,  Sprache  184ff.  376. 
Papyrussteuer  45. 
Papyri,  syrische  6. 
Papyri,  Wortschatz  188. 
Papyri,  Zahl  15. 
Paragraphos  51.  60. 
Paß  422. 


Patrimonium  265.  406. 

Patronat  276.  461. 

Pehlevi  6.  330. 

Pelusion  259.  328. 

peregrini  260.  267. 

Pergament  40f.  46. 

Perser  324.  330. 

Persische  Lehnwörter  189. 

Personalexekution  292. 

Personalrecht  278.  282.  284. 

Personennamen   304.    309.    313.    319. 

320.  322.  331ff.  340.  456. 
Pharos  126.  258.  340.  390.  401.  430. 
Philon  77.  324.  362.  377. 
Philosophie  71.  77.  157.  362.  377.  396. 
Physiologisches  Werk  72.  159. 
Pindaros  65.  104ff. 
Plastik  337.  39?.  401. 
Piaton  66.  169. 

Platopapyri  92f. 

Plinius  37. 

Poimandres   83.    177.   312.   327.    369. 

371. 
Politische  Schriften  153. 
Polybios  72. 
Poseidippos  126. 
Posse  von  Oxyrh.  138f.  388. 
Post  257.  424.  432. 
Prachtwerke  57.  59. 
Präfekt  s.  'sTiaoxos  259.  269.  272.  290 f. 

321.  332.  385.  422.  430.  460.  461. 
Presbyter  s.  n^eoßvre^oi  364. 
Priester  s.  leoeis  302.  307f.  310.  311. 

312.  313.  346ff.  354.  380.  386.  396. 

404.  416. 
Prinzipat  243. 
Privatbesitz  252.  405f. 
Privatabschrift  57.  63.  147. 
Privaturkunde,  Stil  201ff.  294ff. 
Protokoll  39.  45.  180.  371. 
Prozeßprotokolle  150.  290.   292.   294. 
Ptolemais    246.    257.    262.    270.    280. 

282.  285.  287.  293.  344.  348.  377. 

388.  390.  394.  401.  438. 
Ptolemäer 

Politik    227.    243ff.    277ff.    420. 

ausw.  Besitzungen  227ff. 

dynastische  Wirren  231. 


SACHREGISTER. 


503 


Stammbaum  352. 

Verhältnis  zu  Literatur  und  Kunst 
373  ff. 
Ptolemaios  I.  Soter  227.  245.  284.  308. 

338.  344.  373.  424. 
Ptolemaios  II.  Philadelphos  199f.  213. 

228.  251.  257.  293.  308.  323.  344. 
353.  374.  388.  394.  400.  408.  412. 
414.  420.  422.  450.  464. 

Ptolemaios  III.   Euergetes  I.  72.  136. 

229.  308.  330.  375.  391.  408.  412. 
Ptolemaios   IV.   Philopator   230.   244. 

307.  342.  344.  352.  354.  358.  450. 
Ptolemaios   V.    Epiphanes    230.    244. 

308.  347.  461. 

Ptolemaios  VI.   Philometor  231.  323. 
Ptolemaios   VIII.   Euergetes  II.   168. 

231.  279.  284.  285.  287.  293.  308. 

.309.  317.  328.  347.  375.  395.  412. 

413.  461. 
Ptolemaios  X.  Soter  II.  232. 
Ptolemaios  XI.  Alexandros  I.   232. 
Ptolemaios  XIII.  Neos  Dionysos   232. 

319. 
Puteolana  419. 
Rede  150. 

Rekto  und  Verso  39.  45. 
Religion  307.  335ff. 
Religiöse  Literatur  77.  156.  341.  369. 
Rezepte  160.  399. 

Rhetor  s.  örirco^  289.  294.  .384.385.  450. 
Rhetorik  71.  77f.  118.  144.  151.  181. 

203ff.  212.  379.  384.  .397. 
Rhodos  230f. 
Rom   171.  229ff.  301.  .359.  407.  421. 

430.  451.  464. 
Roman  76f. 
Römische  Bürger  260.  269.  282.  285. 

319f.  321.  325.  328.  343.  405.  412. 

430.  453.  459. 
Römische  Namen  3191  329.  332. 
Römisches  Recht  84.  260.  282  ff.  320. 

386. 
Römische  Urkunde  298.  303. 
Sabbat  177. 
Samaritaner  324.  .330. 
Samaritanischer  Pentateuch  81. 
Sappho  65.  lOOff. 


Sarapis  154.  .338ff.  .348.  351.  356.  359. 

364.  367.  368.  424. 
Sarapis-Aretalogie  77.  158.  356.  367. 
Sassaniden  240f. 
Saturnaiien  343.  353. 
Satyros  71.  111.  135. 
Scheck  427.  434. 

Schenute  178.  180.  315.  327.  365.  371. 
Schifferlieder  76.  141. 
Scholien  52f.  60. 
Schönschrift  22 ff. 
Schreibstuben  27.  58. 
Schrift  der  Bücher  22.  27.  89f.  382. 
Schrift,  Datierung  34. 
Schriftentwicklung  19f. 
Schrift,  Leitbuchstaben  34. 
Schrift,  Nationaltypen  31. 
Schrift  des  täglichen  Lebens  22ff. 
Schrift  der  Urkunden  22. 
Schriftvergleichung  34. 

Schule    S.    ScSaay.aleloi^   381ff.    396ff. 

Sebbach  12.  17.  409.  413. 

Seleukiden  228ff.  243. 

Semitische  Lehnwörter  189. 

Senat,  Senatoren  259.  268.  328.  421. 

Sentenzen  147. 

Septimius   Severus   237.   363.  406. 

Septuaginta  81.  186.  323.  371. 

Severus  Alexander  283. 

Sibyllinen  76. 

Sillybos  53.  61.'  107. 

Sklaven  265.  319.  332.  416.  417.  454. 

466.      . 
Skolien  69.  124. 
Sophokles  66.  lllff.  388. 
Sophron  66. 
Sosylos  72.  136. 

Soziale  Verhältnisse  305.  325.  453. 
Stempel  180. 
Stemjjelschrift  45. 
Stiftungen  346. 
Stil  der  Papyri  197  ff. 
Stilgattungen  198. 
Stil  der  Ptolemäerzeit  199ff. 
Stil  der  Kaiserzeit  202ff. 
Stil  der  byzantinischen  Periode  205ff. 
Stilproben  213ff. 
Stoische   Philosophie  148.   362. 


504 


SACHREGISTER. 


Stratege  249.   262f.  291.  306. 

Sykophanten  462.  470. 

Synagoge  322.  329. 

Syrer  325.  330. 

Syrien  227.  420. 

Syrische   Götter  322.   343.   353.   369. 

Syrische  Papyri  6. 

Tachygraphie  32.  397. 

Tempel  270.  346ff. 

Territorialrecht  278. 

Textkritik  89 f. 

Textüberlieferung  der  Klassiker  87. 

Theater  138f.   387f.  417.  421. 

Theben,  Thebais  169.  232.  309.  328. 

337.  344.  364.  377.  410. 
Theodosius  II.  272. 
Theokritos  70.  374. 
Theopompos  67.  116. 
Thraker  324.  330. 
Thukydides  67.  93. 
Tiberius   236.   241.   265.   271.   425. 
Tiberius  Julius  Alexandros  324. 
Timotheos   65.    11  Of.   376.   389.    400. 
Titus  324.  444. 
Totenbuch  12.  54. 
Trajan  153.  237.  269.  324.  386. 
Trogodyten  325.  330. 
Unziale  22. 

Vereine  388.  452.  466. 
Verkehr  1.38.  421  ff.   431. 


Verkehrssteuer  295.  296. 

Vespasian  236f.  269.  420. 

Veteranen    268.    271.    320.    321.    328. 

Viehzucht  411.  413. 

Volkskunst  356. 

Volksliteratur  76.  130.  184.  308.  312. 

378.  381. 
Volksphilosophie  157. 
Vorlagebuch  54. 
Vulgata  84. 

Wachstafel  41.  46.  383. 
Wandeljahr  170. 
Weinbau  410.  413. 
Woche  170.  452. 
Wort,  Entwertung  209. 
—  Wandel  des  Sinnes  209. 
Wortschatz  210. 

Wortbildung  in   der   äg.    Koine    195. 
Wörterbücher  80.  81.  84. 
Xenophon  67. 
Zauber  80.  172.  343.  360.  366.  369. 

386. 
Zehnergericht  286.  289 
Zeilenzählung  50.  59. 
Zeitrechnung  233.  240. 
Zenobia  330. 
Zensus  266.  271. 
Zinsen  428  434. 
Zirkus  392.  394.  451.  464. 
Zuckungsliteratur  172. 


B.  GRIECHISCH 

äyya(>£in  422.  431. 

dyeiox'i  195. 

äyo()avofieiov  s.  Agoranomos  296.  302. 

«»'  dyvtü  296. 

AiyvTCTioi  s.  Ägypttr  263. 

ai&^ior  488.   446. 

^Ah^arärjeii  s.  Alexandriner  24^   257. 

269.  280. 
'Äks^uvS^iwv  %ü}i)a  245,  256.  262.  412. 
aXoos  410,  413. 
äfifoSa  263.  435.  446. 
avay^m.fTfi   299. 
avaxcbpr]aii  406. 
&v9'(jw7ios  210. 
i.VTi,y^a(ftvs  250. 


ävcoy^acpai^  y.ar'   oixiar  266. 

—  Über  Erwerb  301. 
dTcöfioipa  347.  354.  412. 
dTToaraoiov  {avyy^afrj)   295.   302. 

"AQctßia  s.  Araber  258. 

d^X^^ov  S.  Archiv  296.   'lovSaCxör  d.  330- 

dpxv  270  f. 

doxiSiynoTijE  s.  Ardiidikastes  290.  294. 

d(rxie()eifg  354.   495. 

äpxo*yrie  s.  Ardionten  262  f.  264. 
ianaofiie  269. 
d<nix»l  vöuoi  282. 
ioTÖe  269. 
äatv  y85. 

dorvfOfitxig  vö/uog  284. 


SACHREGISTER. 


505 


d.Tiiy.iofiös  s.  Attizismus  212. 

aiiXri  438. 

TÖ   SV  rij  ailij  y.pir7]^iov  290. 

avTOTtQay.Tov  ayfjfia  273. 

ßaaiXiy.6v  250.  259.  265. 

SaaiXiy.bs  yQafifiarevs  249. 

ßißXiov  62. 

ßiolöyos  400. 

ßovXri  244.  246.  261  f.  264.  270. 

ß^ßXos,  ßißXoe  44.  55.  62. 

ydf/os  457  f. 

ys^as  355. 

ys^ovoia  323. 

ysco^yos  25.3. 

—  ßaoiXiy.ös  412. 

—  Srifiöoios  405. 

/^  £/•  doezfj  404.  408. 

—  i*'  dfeaei  346.  354.  404. 

—  ßaaiXixrj  252.  403.  405. 

—  Srjuoa'ia  405. 

—  £»'  Sco^eä  405.  412. 

—  iSiöy.rrjros,    iSicorty.rj  405.    406.    412. 

—  le^^e  346.  354.  404. 

—  oi)aLay,i^  406. 
y^afifiaroSiSday.aXot  397. 
yoa(fslov  296. 

SelTcvov  442. 

SeXroä  46. 

^^Mos  246.  263.  270. 

Srjfiöoiov  259. 

Srjfiöaios  '/orj/uariauös  299. 

Srfiooicoaii  299.   303. 

StdyQa/zfj.a  248.  257.  278.  280.  290.  294. 

SiayQafri  s.  Bankurkunde  297.  303. 

SiairT]Tai  286. 

J^aAo/Tj   289. 

SidXvots  294. 

diaaiQÖifiara  300.   303. 

Sidra^is  260. 

dia^s^siv  210. 

SidaaxaXsloi'  s.    SdlUle   381.   397. 

diynioSörr]^   294. 

Sixaarai  286. 

Sif&s^a  46.   61. 

syy.rrjaecov    ßißliod-rjyr!     s.      Enkt-    Bibl. 

266.  299  ff.  .803. 
syy.üxXiov  253.  302. 
elQÖfiEvor  302. 


sisaywysvs  286.  289. 
ey.xXrjaia  246. 

"EXXrjves    s.    Hellenen    247.    263.    269. 
293.  327. 

SflTlO^OS    430. 
svaTtöynacfoi  276. 
Ij^TevIts  257.  288.  289.  294. 
evToXrj   248. 

eitao/fii  s.  Präfekt  259.  272. 
eTiißoXi]  405. 
STtiyafiia  262. 
T»7s  sTtiyovfjs  254.  258. 
ETtiy.oiOis  266  f.  271. 
sTiioy.exius  253.  258.  399.  408. 
sTtLoTuXfia  300.  303. 
ETtiardrrjs  348. 

£.T:i(7To2?7  s.  Brief  291.  294. 

eTtiaroXoyQdfog  248.   384. 

eoavoi  452. 

sQyaatrjQiov  415.  439. 

rjyEncbv  259.   272. 

TÖ  i9-£?oi'  360.  370. 

d'eof^iotfiüXa^  284. 

,9-£a7r/$«7^  208.  210. 

^-r/öf/v^oös-  250.  266.  409.  413. 

iaroElov  .387. 

tar^ös,   8r]ft6aiog  s.  Arzt  387.  400. 

/a7«  265  f.  271.  405. 

«J^os  lo^os  s.  Idiologus  250.  265. 

leoß,   Xöyi/ua,   eXdaaot^'a  354.   369. 

t£Oi?£  s.  Priester  348. 

lEOOTlOloi   348. 

iTtTtaoyia  255. 

y.a&riyriri^s  381.   397. 

y.ad'oXiy.öe  274. 

v.avcbv  47. 

y.aTtrjXEiov  453. 

y.aTrriXos  430. 

y.uzaXoyEtov  297. 

y.atdXvfia^  y.ardlvois  422.   431. 

yaTaaraais  289. 

y-droxot  s.   KatOdlOi   328. 

xaTO'/rj   358. 

y.e^ua   427. 

yriTCoraffla  410. 

yid'aoiaTi]i  389. 

•Kid'aQcoSöi  389. 

y.ivi'dßa^is  47. 


506 


SACHREGISTER. 


y.).f}(/oi  258. 

yJ.^TOQEs  289. 

x?Jv/i  367. 

y.oii'ä  auf  Kypros  257. 

xoiroSiy.tov  278.  284.  293. 

y.6X).i]fia  45-   300. 

y.oiTiioio,   290.  294.  297. 

ETil   Tov   y.oiTjjoiov   290. 

■AQir^e  286.  291.  294. 

y.riartjg  256.   351. 

y.i<Xiv8^oe  55. 

j^iiltaTÖs  55.  62. 

xi;(>to~   459, 

y.oi^iaoia  349.  353.  355.  450. 

y.cburj  249. 

y.uiftdoyrji   249. 

y.(a fjioyQafifiarevi  249.  258. 

kau7iaSa^X,in  258. 

/.aoy^atpia  258.   261.   266. 

;.aoj  306.  326. 

KeiTovQyia  s.  Liturgie  355. 

Xevyco/iia  46.   270. 
fidxifioi  255.  258.  307.  309. 
akXav  47. 
aeairrfi  291.   294. 

/tfTCt     210. 

aera^v   210. 

/.iritQOTtohi  s   Metropolen  249. 

uTjT^ono/.tTai  263.  270. 

iivrifioveTov  296.  302. 

uovoyQäfos  295.  328.  385. 

vavyJ.rjQos  431. 

vecoy.öoos  348.   851. 

vofiixoi  385. 

;/ö^os  248.  256.  278.  280.  284. 

to^os  249.  276. 

fofiofpvlat  280.  284.  286. 

voaoy.o^Blov  400. 

otxt'of  438. 

oixos  439. 

oiy.ovöfios  250. 

—   Kalaa^os  265, 

(ifioXoyia   298. 

dfifaXös  61. 

oatQay.LOfiöi  47. 

oiaia  412. 

o-öaiaxös  Xöyos  265. 

tsvixä  dtKaarifj^ta  286.   293. 


li'/of  293. 
TtaiSaymyos  381.   397. 

7laVT07l(bXlOf    430. 

Tta^dSeiaoä  410.   413. 

TTa^Ufiovi]  429. 

TTsoi'/joiia  408. 

TTeoaaiyvTTTios  330. 

TceraXiofiös  47. 

TTtV«!  46.  58. 

TtXivd'eia  435.  446. 

jTölts  244.  280. 

sTri  T^g  ttöXeios  256. 

TtoXiTcu  280.  285. 

TToXiTsia  269.  284. 

TtoXiTsv/ua  247.  257.  280.  323. 

TCoXiriy.rj   460. 

TtoXiriicbs  röuog  256.  280.  284. 

TTÖQos  264. 

7r(>a7^aTt;<d»-  289.  294.  398. 

7r«äff/Ä  295.  302. 

TiQsaßvTSQoi  s.  Presbyter  263.  270,  348. 

7t<jöeSoos  286. 

TiQosayyeXid  300. 

Tt^oeevxf]  322. 

TT^osyvvtjfia  357.  368. 

e;rt  zw*'  ttqosöScov  250, 

n^ösrayfia  248. 

Ti^oiif  MvrjOis  400. 

nv^yos  438.  446. 

(i»?rwo  s.  Rhetor  289.  398. 

ae/lts  45.  59. 

or^uioyodcfoi  397. 

aixaqila  447. 

airoXöyos  250.  409. 

airofisr^ia  447. 

arad'uög  258. 

az^arr^yds  Tfjg  TtöXecos  256. 

avyy^afijita   163. 

ovyyQatprj  298. 

avyyQatfOfvXai,   295  f,   302. 

avyy.oXXrjaificov  (rofiog)  297, 

avyyw()t]ai,g  297. 

avfißoXuioyodifos  297. 

avfi^covia.  389.  400. 

avv^yoQOs  398. 

avvrid'Eia  212. 

avvoixia  440.   447. 

ffvvTal«  258.  348. 


ttl 


SACHREGISTER. 


507 


a-/^o).aoTiy.6i  398. 

Ta(fri  4:62. 

TiXeofia,  ' lovSaicov  330. 

Ttv/og  55.  62. 

Tiiir/ua  289. 

Torcd^XVS  249. 

Tonaqyla  258. 

ToiiöYQafi/narsvs  249. 

Tiidns^a^  TQane^iTr]i  s.   Bank  250.  258. 

266.  271.  297 f.  303.  426.  433. 
lyiaaxriQiov  400. 
iTTaid'QOf  258. 
vjioyQaifi-q   291. 
vTiöloyov  408,  413. 

,.To«i^.;/f«  163.  289.  291.  294.  297.  303. 
i7iojnvr,fiaTiafioi  203.   292. 
i7ioiivrif.iaroyqd(fos  248.   384. 


vnöaTcuHi  21 0-. 

vTCoze/.eii  288. 

(fQeaq  439.   447. 

■/auru8iyMOT7]i   294. 

yaoxr^Qä  45. 

yäoTrß  36. 

XtiQÖy(ja<fOf  297.   303. 

•/stqeovd^ior  266. 

XeQOos  408. 

■/iKiaoyia   255. 

yqr]uati'Z,et,v    137. 

yqrifiaTiauös  299. 

y^qrjuaTiaziy.bs  tiv^cov  248. 

yovacbvr^s  274. 

/wo«  249.  252. 

ur,cfiaua  245 f.  256.  279 f.  284. 


ERKLÄRUNG    DER    BILDER. 


Tafel       I  Abb.    1  Aus  einer  Papyrusrolle  (P.  llölü)  1.  Jahrh.  p.  C.   Ilias    13, 
545—559. 
II     „       2  Urkunde  (P.  11641)  1.  Jahrh.  a.  C.  Text:  laßßaraio^  Vqov 

aal  o  rovTov  vlda  zlwaäroi  |  y.aoufievoi  t:ü>v  dno  Evqwi'  y.wut]i 
^lov  I  Saloi  TIsTeaovyoji  y.a'i  roii  tovtov  vloig  |  Nefsqcbg  xcü 
Ney&arovTiig  yaioeiv.  \  5  öuoloyovfiev  avvuEXsyofiev  vuTv  \  xov 
vTtdqyovT 05  ITaovTi  Eaßßaraiov  ttsoI  |  Nei/.ov  ttö/.ci'  y,eqafieio~ 
dnb  Tvßt  ye  ;  rov  ^  Z.  satg  Mtaoor]  '/.  rov  avrov  L  \  y.ard  rb 
sTcißdlkov  uoc  jueqog  d  y.cü  10  tov  vlov  ftov  tö  a(i)'tb)  d  rov 
csrdqrov,  |  tö  8e  (föqov  sy.Teiaofiev  y.ocrfii  eaaaros  \  y.ara.  neb 
fieoos-  eäv  be  ri  yevrjrai  ßXdßos  \  i]  dxpeXicu  y.oct'r]  y.al  SiacqsTovs, 
UT]Ss  I  e^eorra  f]uXv  y.axal.tTtslP  xb  y.eqafietov  15  l'^'/.Qi  xov 
Ttooy.(EiuevOv)  L  '  firjSs  i^eaxai  vfiir  eyßalslv  fjuäs  ty.xbs  xov 
y.eqaueojs'  edv  |  Se  jui]  Ttoicöiiev  y.ad'd  yeyqaTtxai,  exxel  |  oofiev 
eig  zb  ßitoUty.bv  xi(fiTjv)  g  fi,  tj  Ss  fiiad'coaig  \  7]Ss  y.vQiai  saxco 
■Jidvrr-i.  eyqawev  vTthq  |  20  a-öxö)v  XaiQt]ficov  Ka}J.iy.Qd(xovg) 
d^icod'elg  8id  xb  |  (fdaxtv  aixovs  fii]  siSepru  yqduuaxa.  j  L  'C 
Tv(ßi)  ice.  I  2.   ff.  Iaß(äSo?r  Niycorog  uaqrvqcö  |  3.  H.JS'ry.öbgouog 

0i?.i7T7tov  uaqrvqcöi.  (Bemerkungen:  es  ist  ein  Vertrag  über 
die  Beteiligung  des  Juden  Sabbataios  und  seines  Sohnes 
an    einer  Töpferei.    1  lies  Jcuaäg  2  1.  -^eoufisis  4  1.  Necpeqcöxi, 

Ney&avovjti  5  1.  ovvfisxdystv  7  1.  y.sqaueiov  8  Z.  =  sxovg  9  d  =  V  4 

10  wahrsch.  ist  gemeint  y.al  6  vtog  fiov  xb  xsxuqxov^  möglich 

ist  aber  auch   xb  Ld=  '/.j  ^4  11    1.  Tbv  8e  13   1.  äffhea.    sotoj 

xoivTj  y.al  dStaiqexos  14  rö  Über  der  Zcilc  nachgetragen  16  1. 

y.eqafieiov  18  xc(firjv)  ZW.  (8qaxuäg)  fi  (40)  19  1.  y.vqia  21  I. 
(fdoy.Biv  24  1.    uaQXvow). 


508 


ERKLÄRUNG  DER  BILDER. 


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J>           J? 

j;           >J 

?»           J? 

IV 


V 


Tafel  III  Abb.  3  Holztafel  mit  Schulübung:  Ilias  2, 147-162.  Schrift  3.  Jahrh. 
p.  C.  Striche  zur  Worttrennung.  Am  Schlüsse  Tla/mv  fi 
Datum  der  Schularbeit. 

4  Mumienschild:    ^fiaovwTig  'Aofurjffio^    or^TQÖi    ItvaTTolkiovius. 

5  Wachstafel  mit  Versen:  Elegie  des  Poseidippos,  P.Gr.  Berol.  17. 

6  Wachstafelheft  mit  Schulübungen,  Plaumann  AB. 1913,  210ff. 

7  Broncetintenfaß  für  schwarze  und  rote  Tinte. 

8  Ostrakon:  Ö  ä/ii,(f6b(ov)  |  JioaaoUov^Ir^aov'tos  \'Iöv(i'.(aty.ov)TsA(tii- 
umos)  n  L    Tfiiuuiov    xov   y.voior-'    s  9"  p=i^E7Tei<f   Ö.     Quittung 

Über  9  Drachmen  2  Obolen  Judensteuer  vom  28.  6.  98  p.  C. 
Plaumann  AB  1913,  114. 
9.  10  Metallgriffel  zum  Ritzen  der  Wachstafel. 

11  Rohrfeder  (Kalamus),   Federbehälter  mit  Tintenfaß. 

12  Zum  Lesen  geöffnete  Aktenrolle,  um  150  p.  C. 

13  Versiegelte  Urkundenroile,  erste  Hälfte  des  3.  Jahrh.  a.  C. 

14  Versiegelter  Brief.       * 
15.  16  Ptolemäische  Tetradrachmen. 

17  Kinderkleid,  späte  Kaiserzeit  oder  byzantinisch,  in  der  Äg. 
Abt.  der  Kgl-  Museen  zu  Berlin. 

18  Frauenkleidung,  gemalt  auf  dem  Sarge  der  Tathriphis,  in 
der  Äg.  Abt.  der  Kgl.  Museen  zu  Berlin. 

19  Männerkleidung,  weiß,  vom  Leichentuche  des  Dion,  in  der 
Äg.  Abt.  der  Kgl-  Museen  zu  Berlin. 

20  Frauenkopf  aus  Hawara,  2.  Jahrh.  p.  C,  in  der.Äg.  Abt.  der 
Kgl-  Museen  zu  Berlin. 

21  Männerkopf  aus  Abusir  el  melek,  2.  Jahrh.  p.  G.,  in  der  Äg. 
Abt.  der  Kgl-  Museen  zu  Berlin. 

22.  23  Grundrisse  von  Häusern  in  Dime  =  Soknopaiu  Nesos  im 
Fajum,  ausgegraben  1909/10.  In  beiden  waren  die  gefundenen 
Räume  fensterlos  und  hatten  nur  Wandnischen.  Zu  22: 
unter  1,  2  und  4  befinden-  sich  Keller,  ob  auch  unter  3,  ist 
nicht  festgestellt.  Keller  6  hat  Verbindung  mit  dem  unter  4 
und  mit  Keller  5  (unter  Treppe  A)  und  von  hier  aus  mit  dem 
Keller  unter  2—1.  Über  dem  unteren  Teile  der  Treppe  C, 
die  überdeckt  ist,  befindet  sich  ein  kleiner  Raum,  der  durch 
eine  enge  Öffnung  mit  einem  ähnliehen  Räume  unter  dem 
oberen  Teile  der  Treppe  A  in  Verbindung  steht.  Von  Keller  5 
aus  geht  nochmals  ein  Keller  schräg  abwärts.  Die  dünne 
Mauer  zwischen  1  und  2  ist  ersichtlich  später  eingebaut. 
Zugang  zu  sämtlichen  Räumen  gewährt  nur  die  jetzt  im 
obersten  Teile  zerstörte  Treppe  A.  Zu  23:  die  Kellerwerden 
durch  punktierte  Linien  bezeichnet;  ABC  DE  sind  ihre 
Einsteiglöcher.  Die  Keller  sind  mit  spitzem  Tonnengewölbe 
gedeckt;  ihre  Höhe  beträgt  etwa  1,30  m.  Über  Keller  E  ist 
eine  Kammer,  die  bis  unter  den  obersten  Treppenabsatz  F 
reicht.     G  ist  der  zweite  Treppenabsatz. 


VI 


VII 


iJrnck  Ton  0.  bchuJze   <fc  Co.,  (i.  m.  b.  H.,  in  Gräfeahaiuichea. 


SCHUBART,  PAPYRUSKUNDE. 


TAFEL  I. 


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SCHUB  ART,  PAPYRUSKUNDE.  TAFEL  n. 


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SCHUBART,  PAPYRUSKUNDE. 


TAFEL  III. 


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SCHUBART.  PAPYRUSKUNDE. 


TAFEL  IV. 


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SCHUBÄRT,  PAPYRUSKUNDE. 


TAFEL  V. 


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SCHUBÄRT,  PAPYRUSKUNDE. 


TAFEL  VI. 


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SCHUBART,  PAPYRUSKUNDE 


PA 
^3 


Schufcart,  Wilhelm 

Einführung  in  die  paoy- 


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