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• TOHOHTO
ENCYKLOPAEDIE UND METHODOLOGIE
DER
ROMANISCHEN PHILOLOGIE.
DRITTEK THEIL.
ENCYIvLOPAEDIE UND METHODOLOGIE
DER
ROMANISCHEN PHILOLOGIE
MIT BESONDERER
BERÜCKSICHTIGUNG DES FRANZÖSISCHEN UND
ITALIENISCHEN
VON
GUSTAV KÖRTING.
DRITTER THEIL.
DIE ENCYKLÜP.\EDIE DER ROMANISCHEN
EINZELPHILOLOGIEN.
HEILBRONN,
VERLAG VON GEBR. HENNINGER.
1S86.
Druck von Breitkopf & Härtel in Leipzig.
SEINEM LIEBEN BRUDER UND COLLE(^tEN
HEINRICH KÖRTING
IN LEIPZIG
DER VERFASSER.
Vorwort.
Indem ich hiermit den dritten und letzten Theil
meiner Encyklopädie der OefFentlichkeit übergebe, thue
ich es mit dem Wunsche, dass derselbe die gleiche
wohlwollende Beurtheilung und freundliche Aufnahme
finden möge, wie sie den beiden früheren Theilen er-
wiesen worden sind. Es würde mir dies der schönste
Lohn für meine Arbeit sein, die wahrlich keine leichte
gewesen ist.
lieber die Anordnung und den Inhalt meines Bu-
ches zu sprechen, erachte ich für überflüssig. Ich be-
gnüge mich mit der Bemerkung, dass ich eine En-
cyklopädie der romanischen Einzelphilologien, nicht
aber eine Reihe von Compendien der Grammatik und
Litteraturgeschichte der romanischen Einzelsprachen
habe schreiben wollen. Daraus ergiebt sich, dass ich
mich auf die Zusammenfassung dessen beschränken
musste, was mir innerhalb der behandelten Gebiete
als das Wichtigste erschien.
Die bibliogTaphischen Angaben wollen und kön-
nen auf Vollständigkeit keinen Anspruch erheben, aber
ich hoffe, dass man in ihnen alles Nöthige in leidlich
YjII Vorwort.
Übersichtlicher Form zusammengestellt finden wird. ')
Dass ich nicht jedem und jeder der angeführten
Bücher und Schriften — ihre Gesammtzahl dürfte sich
auf mehrere Tausende belaufen — eine kritische Be-
merkung habe beifügen können, ist selbstverständlich,
doch wird eine solche Bemerkung oder der Hinweis
auf eine Recension in wichtigeren Fällen wol nur sel-
ten vermisst werden.
Die von mir bemerkten Druckfehler habe ich an
geeigneter Stelle verzeichnet.^)
Bei dem Sammeln und Ordnen des bibliographi-
schen Materiales haben mich zahlreiche frühere und
gegenwärtige Zuhörer, meist Mitglieder des hiesigen
romanisch-englischen Seminares oder des neuphilologi-
schen Vereines, freundlichst unterstützt, wofür ich ihnen
meinen herzlichsten Dank ausspreche.
Die von Herrn cand. phil. Bernkopf zusam-
mengestellten Indices über sämmtliche drei Theile der
Encyklopädie werden als besonderes Heft demnächst
erscheinen.
Münster i. W., den 22. April 1886.
G. Körtiiis:.
1) Mit der nach dem Inhaltsverzeichnisse gegebenen »Uebersicht über
die Litteraturangabcn" sind »Nachträge» zu denselben verbunden,
welche ich zu beachten bitte.
2 Einige seien gleich hier berichtigt, so vor Allem einer, der zur
Missdeutung Anlass geben könnte : S. 336 Z. 2 v. u. im Texte ist statt
G. KÖRTING zu lesen H. Körting. Ferner: S. 198 Z. 12 v. o. ist zu
lesen Neutr. Sg. c. r. ü und c. o. le\ S. 192 Z. 7 v. o. statt = majeur
lies major[em], ebenda Z. 14 v. u. statt (neben cieux] lies (neben cieh),
ebenda Z. 11 v. u. statt cJievau zu lesen cheveu; S. 472 Z. 8 v. o. statt
lloland zu lesen Girartz.
Inhaltsverzeichniss.
Erstes Buch.
Das Frnuzösische.
Einleitung. § 1. Der territoriale Umfang Frankreichs 1 — § 2. Die
territoriale " Eintheilung Frankreichs 4 — § 3. Die Bevölkerung Frank-
reichs 9 — § 4. Das Studium der Geschichte Frankreichs 23.
Erstes Kapitel. Das Sprachgebiet des Französischen.
§ 1. Die Bestandtheile des französischen Sprachgebietes 31 — § 2. Die
Begrenzimg des Französischen innerhalb Frankreichs 34 — § 3. Die Zahl
der französischen Redenden 39.
Zweites Kapitel. Geschichte der französischen Sprache.
§ 1. Die Perioden der französischen Sprachgeschichte 40 — § 2. Die Ent-
stehung des Französischen 42 — § 3. Das Altfranzösische 50 — § 4. Das
Mittelfranzösische 57 — § 5. Das Neufranzösische 61.
Drittes Kapitel. Geschiclite der französischen Philologie.
§ 1 . Die französische Philologie vor Raynouard und Diez 67 — § 2. Die
französische Philologie seit Raynouard und Diez 73 — § 3. Die französische
Philologie und der französische Unterricht auf den deutschen höheren
Schulen Sl .
Viertes Kapitel. Die Dialecte des Französischen. § 1. Die
altfranzösischen Dialecte 88 — § 2. Die neufranzösischen Dialekte 95.
Fünftes Kapitel. Die Laute. § I. Der Lautbestand des Neu-
französischen 104 — § 2. Der "Wortaccent inj Neufranzösischen 106 —
§ 3. Die Vocalquantität im Neufranzösischen 107 — § 4. Die phonetische
Wortverbindung (Liaison) 108 — § 5. Die gegenwärtige Aussprache des
Französischen 109 — § 6. Bemerkungen über das Verhältniss des neufran-
züsischen Lautsystems zu dem Lat. 111. I. Der Einfluss des "Wortaccentes
auf die Lautentwickelung 111. IL Die Entwickelung der einzelnen Laute.
A. Der Vocalismus 113. B. Die Liquidae 115. C. Die Explosivae und
Spiranten 116. D. Die Kehlkopfgeräusche 122. E. Schlussbemerkungen 123
— § 7. Bemerkungen über die Lautverhältnisse des Altfranzösischen 124
— § S. Verhältniss der französischen Schrift zu den Lauten 126 — § 9. Lit-
teraturangraben 134.
X Inhaltsverzeichniss.
Sechstes Kapitel. Die AVorte. § 1. Der AVortbestand 140 —
§ 2. Die Wortbildunof 150 — § 3. Die "Wortzusammensetzung Composita,
Juxtapositai 155 — § 4. Die Synonyme 161 — § 5. Litteraturangaben 163.
Siebentes Kapitel. Die Wortformen und die Wortform-
umschreibungen. § 1. Das Genus der Substantiva 172 — § 2. Die
l^eclination der Substantiva im Altfranzösischen 180 — § 3. Die Declination,
bzw. die Pluralbildung der Substantiva im Neufranzösischen 1111 — § 4. Die
Femininbildung der Adjectiva 194 — § 5. Declination und Pluralbildung
der Adjectiva 196 — § 7. Die Personalpronomina 197 — § 8. Das Reflexiv-
pronomen 199 — § 9. Die Possessivpronomina 199 — § 10. Die Demon-
strativpronomina 202 — § 11*. Die Kelativpronomina 203 — §11''. Die
Interrogativpronomina 204 — § 12. Die indefiniten Pronomina — § 13. Die
Numeralien 206 — § 14. Uebersicht der Formenkategorien des Verbs 207
— § 15. Die Hauptgesetze der Formenbildung des Verbs 208. A. Starke
und schwache Formen 208. B. Die Personalendungen 213. C. Die Be-
handlung des Stammvocals 214. D. Die Behandlung des Ableitungs-
vocales 216. E. Das Wirken der Analogiebildung 218. F. Verbale Satz-
doppelformen 219 — § 16. Die Bildung des Infinitivs, des Futurs und des
Conditionals 219 — § 17. Die Bildung des Particips Präsentis und des Ge-
rundiums 222 — § 18. Die Bildung des Präsens Indicativi 223. A. Die
Bildung der schwachen Formen 223. B. Die Bildung der starken Formen 225
— § 19. Die Bildung des Conjunctivs Präsentis 234 — § 20. Die Bildung
des Imperativs Präsentis 236 — § 21. Die Bildung des Indicativs Imper-
fecti 236 — § 22. Die Bildung des Perfects Indicativi 238. A. Die
schwache Perfectbildung 238. B. Die starke Perfectbildung 238. I. Ueber-
sicht über die starken Perfecta 238. II. Bemerkungen über die starke Per-
fectbildung 240. C. Unorganische Bildungen 243. 1). Bildung der Perfecte
der Composita von dare 243 — § 23. Die Bildung des Conjunctivs Plus-
quamperfecti (Imperfecti; 244 — § 24. Die Bildung des Particips Per-
fecti 244 — § 25. Die einförmigen Wortclassen 247. A. Die Adverbien 247.
B. Die Präpositionen 249. D. Die Conjunctionen 250. D. Die Interjec-
tionen 251 — § 26. Litteraturangaben 251.
Achtes Kapitel. Satzbau und Stylistik. § 1. Bemerkungen
über den Charakter des französischen Satzbaucs — § 2. Bemerkungen über
den syntaktischen Gebrauch der Wortkategorien 260 — § 3. Bemerkungen
über den syntaktischen Gebrauch der Wortformen 262 — § 4. Bemerkungen
über den Ausdruck der syntaktischen Verhältnisse 266 — § 5. Bemerkungen
über die Congruenz der Satztheile 268 — § 6. Bemerkungen über die Wort-
stellung 269 — § 7 Bemerkungen über die Satzverbindung 271 — § 8. Be-
merkungen über den Styl 272 — § 9. Litteraturangaben 273.
Neuntes Kapitel. Die Rhythmik. Vorbemerkung 278 — §l.Die
Sylbenzählung 279 — § 2. Der Hiatus 281 — § 3. Die Versstructur 281
— § 4. ])ie Structur des achtsylbigen Verses 283 — § 5. Die Structur des
zehnsylbigen Verses 284 — § 6. Die Structur des zwölfsylbigen Verses
(Alexandriners 286 — § 7. Der Reim 290 — § 8. Die rhythmischen Vers-
complexe 295 — § 9. Feste Dichtungsfomien oder Gedichte fester Form 296
Inhaltsverzeichniss. XI
— § lU. Bemerkungen über die poetische Sprache 207 — § 11. Litteratur-
nngaben 290.
Zehntes Kapitel. Litteraturgeschichte. § 1. Eintheilung der
frauzösischen Litteraturgeschichte 302 — § 2. 3, 4. Litteraturangaben s. die
l' ebersieht über dieselben ! 3u.i — § 5. Uebersicht über die Geschichte der
französischen Litteratur 3ii7.
Zweites lUich.
Erstes Kapitel.
Das Proveuzalische.
§ 1. Bemerkungen über das Gebiet und die Geschichte des Proven-
zalischen 422 — § 2. Bemerkungen über die Geschichte der provenzali-
schen Philologie ■VlG — § 3. Bemerkungen über die Dialekte des Proven-
zalischen 431 — § 4. Bemerkungen über die Laute des Provenzalischen
43S — § 5. Bemerkungen über den AVortschatz des Provenzalischen 441
— § 6. Bemerkungen über die Flexion und Syntax des Provenzalischen
443 — § 7. Bemerkungen über die altprovenzalische Rhythmik 449 —
§ S. Bemerkungen über die Geschichte der provenzalischen Litteratur 454
— § 9. Litteraturangaben zur provenzalischen Litteraturgeschichte 460.
Ziveites Kapitel.
Das CataLiuische.
§ 1. Das Gebiet des Catalanischen 479 — § 2. Bemerkungen über
die Geschichte des Catalanischen 4So — § 3. Bemerkungen über die Ge-
schichte der catalanischen Philologie 4*52 — § 4. Bemerkungen über die
Dialecte des Catalanischen 4S4 — § 5. Bemerkungen über den "Wortschatz
des Catalanischen 4S5 — § 6. Bemerkungen über die Laute des Catalani-
schen 4S5 — § 7. Bemerkungen über die AA'ortformen des Catalanischen
4S7 — § S. Bemerkungen über die Geschichte der catalanischen Litteratur
491 — § 9. Litteraturangaben 494.
Drittes Kapitel.
Das Spanische.
§ 1. Das Gebiet der spanischen Sprache 501 — § 2. Bemerkungen
über die Geschichte der spanischen Sprache 502 — § 3. Bemerkungen über
die Geschichte der spanischen Philologie 506 — § 4. Bemerkungen über
die Dialecte des Spanischen 509 — § 5. Bemerkungen über die Laute des
Spanischen 510 — § 6. Bemerkungen über den "Wortbestand des Spani-
schen 514 — § 7. Bemerkungen über den Formenbau und die Syntax des
Spanischen 516 — § 8. Bemerkungen über die spanische Rhythmik 527 —
§ 9. Bemerkungen über die Geschichte der spanischen Litteratur 530 —
§ 10. Litteraturangaben 539.
Vi ertes Kapitel.
Das Portugiesische.*
§ 1. Bemerkungen über das Sprachgebiet des Portugiesischen 564 —
§ 2. Bemerkungen über die Geschichte der portugiesischen Sprache 565 —
XII Inhaltsverzeichniss.
§ 3. Bemerkungen über die Geschichte der portugiesischen Philologie 56S
— § 4. Bemerkungen über die Dialecte des Portugiesischen 569 — § 5.
Bemerkungen über die Laute des Portugiesischen 569 — § 6. Bemerkun-
gen über den AVortbestand des Portugiesischen 575 — § 7. Bemerkungen
über den Formenbau und die Syntax des Portugiesischen 576 — § 8. Be-
merkungen über die Rhytlimik des Portugiesischen 583 — § 9. Bemerkun-
gen über die Geschichte der portugiesischen Litteratur 585 — § 10. Lit-
teraturangaben 589.
Fünftes Kapitel.
Das Italieuische.
§ 1. Bemerkungen über das Sprachgebiet des Italienischen 599 — § 2.
Bemerkungen über die Geschichte der italienischen Sprache 601 — § 3.
Bemerkungen über die Geschichte der italienischen Philologie 609 — § 4.
Bemerkungen über die Dialecte des Italienischer 622 — § 5. Bemerkun-
gen über die Laute des Schriftitalienischen 636 — § 6. Bemerkungen über
den "Wortbestand des Schriftitalienischen 642 — § 7. Bemerkungen über
den Formenbau und die Syntax des Schriftitalienischen 647 — § 8. Be-
merkungen über die Rhythmik des Italienischen 663 — § 9. Bemerkungen
über die Geschichte der italienischen Litteratur 676 — § 10. Litteratur-
angaben zur Litteraturgeschichte 694,
Sechstes Kapitel.
Das Itüto-Romauisclie.
§ 1. Bemerkungen über das Sprachgebiet des Räto-Romanischen 7 52
— § 2. Bemerkungen über die Geschichte des Räto-Romanischen 754 —
§ 3, Bemerkungen über die Geschichte der räto-romanischen Philologie 75b
— § 4. Bemerkungen über die Dialecte des Räto-Romanischen 761 —
§ 5. Bemerkungen über die Laute des Räto-Romanischen 764 — § 6. Be-
merkungen über den Wortbestand des Räto-Romanischen 767 — § 7. Be-
merkungen über den Formenbau des Räto-Romanischen 77ü — § S. Be-
merkungen über die Geschichte der räto-romanischen Litteratur 778.
Siebentes Kapitel.
Das Rumäuisclie.
§ 1. Bemerkungen über das Sprachgebiet des Rumänischen 784 —
§ 2. Bemerkungen über die Geschichte der rumänischen Sprache 786 —
§ 3. Bemerkungen über die Geschichte der rumänischen Philologie 796 —
§ 4. Bemerkungen über die Dialecte des Rumänischen 801 — § 5. Be-
merkungen über die Laute des Rumänischen Su7 ^ § 6. Bemerkungen
über den Wortschatz des Rumänischen 815 — § 7. Bemerkungen über
den Formenbau des Rumänischen S19 — § 8. Bemerkungen über die Ge-
schichte der rumänischen Litteratur 829.
Schi u SS wort 834.
üebersicht über die Litteraturangaben nebst Nachträgen zu
denselben. M
I. Französisch.
Geographie T — Keltische Sprache und Litteratur 12 — Historio-
graphische Werke, Quellemverke, Urkundensammlungen u. dgl. ; "Werke
über allgemeine und über ])rovinziale Geschichte Frankreichs 27 — Sprach-
gebiet 34 — Sprachgeschichte im Allgemeinen 41 N. I). Behrens, Bei-
träge zur Geschichte der frz. Sprache in England, in: Frz. Stud. V 101.
Sturmfels, Der altfrz. Vocalismus im Mittelenglischen, in: Anglia VIII
201). — Einfluss des Germanischen auf das Frz. (N. "Waltemath, die frän-
kischen Elemente in der frz. Spr. Paderborn 1S85, E.Mackel, die germ. Ele-
mente in der afz. u. aprov. Spr. Berlin 1S85' — Hülfsmittel f. das Studium
des Altfrz. 54 N. E. RlTTER, Reeueil de morceaux choisis en vieux frcs.
Basel 1SS5. Zu Constans' Chrestomathie ist 1886 ein Supplement, zu
Försters und KosCH^\^Tz', altfrz. Uebungsbuch ein Zusatzheft, »Rolands-
materialien« enthaltend erschienen) — Hülfsmittel f. das Studium des
Mittelfrz. 00 — Die Sprache des 17. Jahrhunderts 63 — Mittelalterliche
grammat. Tractate 68 — Grammat. Schriften des 16. Jahrhunderts 69, des
17. Jahrhunderts 71, des 18. Jahrhunderts 72 — Encyklopädien u. philo-
logische Zeitschriften 80 ''S, der »Courrier de Vaugelas« sollte von April 1886
ab -vneder erscheinen. Von Ebering's Anzeiger sind bis jetzt [21. April
1886] 2 Bde. und drei Hefte des 3. Bandes erschienen) — Altfrz. Dialecte
94 (N. Le Hericher, Glossaire etjTnologique anglo-normand ou l'anglais
ramene ä la langue frcse. P. 1885, wie schon der Titel zeigt, ein Avunder-
liches Buch. W. Meyer, Franco-ital. Studien, in: Ztschr. f. rom. Phil.
IX 597 , dazu ein Anhang über Folklore 95 (N. K. Bartsch, Französ.
Volkslieder des 16. Jahrhunderts, in: Ztschr. f. rom. Phil. V 521) —
Neufrz. Dialecte 98 X. H. Gaidoz et P. Sebillot, Bibliographie des tra-
ditions et de la litt, populaire du Poitou, in: Ztschr. f. rom. Phil. VH 554,
und: Bibliographie des traditions et de la litt. pop. des Francais d'outre-
mer. P. 1886. Fleltiy, Essai s. le patois normand de la Hague. P. 1885.
A. HoRXiN'G, Zur Kunde des Neuwallonischen , und: Zur Kunde der
roman. Dialecte der Vogesen und Lothringens, in : Ztschr. f. rom. Phil. IX
Ij Die beigesetzten Zahlen beziehen sich auf die Seiten.
XIV Uebersicht über die I>itteraturangaben nebst Nachträgen.
4S0 u. 411", CledaT, Le patois de Colligny et de Saint-Amour, in: Rom.
XIV 549. •Siede, Syntaktische Eigenthümlichkeiten weniger gebildeter
Pariser. Berlin 1S85 Diss. A. Odin, Phonulogie des Patois du Canton de
Vaud. Leipzig [Halle] ISSü Diss.; — Lautlehre 134 X. W. Meyek, Zu den
Auslautsgesetzen, in: Ztschr. f. rem. Phil. IX 143. O. Ürtenbl.'VD, Etüde
s. le developpement des voyelles labiales toniques du latin dans le vieux frcs.
du XII s. Upsala 18S5. Morgexkoth, Veränderungen der lingualen Vocal-
laute im Frz., in: Blätter f. bayer. Kealsch. IV [1865] 4. Xelmann, Die
Entwickelung von Cons. u. to im Französ., in den zum Andenken Caix' u.
Canello's herausgegebenen Miscellanea di filologia, p. IGT. *W. Kökitz,
Ueb. das s vor Cons. im Frz. Strassburg 1885 [vorzügliche Arbeit], vgl.
Literaturbl. f. germ. u. roni. Phil. VI Sp. 240. P. Kaufmann, Die Ge-
schichte des consonantischen Auslauts im Frz. Freiburg i. B. 1886. Diss,
MiKLüSicH, Ueb. die Ausspr. des altfrz. ch, in Sitzungsb. der "Wiener
Akad. d. Wissensch. Phil.-hist. Cl, Bd. 101, p. 45 f. De Saussure, Etu-
des s. la langue frcse. De lorthographe des noms propres et des mots
etrangers dans la langue, Paris 1885. Lincke, Die Accente im Oxf. u.
Cambr. Psalter etc. Erlangen 1886 Diss. [Zusatz und Berichtigung: Das
auf S. 136 citirte Buch von Thommerel erschien 1841. S. 139 Z. 8 v. u. bitte
statt Veiter zu lesen Vietor]; — Wörterbücher u. dgl. 164 (N. Von
GoDEFROYs Dict. sind bis jetzt, April 1886, vier Bände und Heft 1 des
5, Bandes erschienen, -welches bis »Maindegloire« reicht. Zu den S. 168
genannten etymologischen "Wörterbüchern ist hinzuzufügen : Stappers, Dict.
synoptique d'etjTnologie frcse, P. 1885, ein für praktische Zwecke unter
Umständen brauchbares Buch; — Grammatiken 'mit Ausschluss der Schul-
grammatiken, diese s. S. 82 und Schriften über Formenlehre 252 N. 'Ny-
ROP, Adjektivernes KonsbMJning i de Komanske Sprog. Med en inledning
om lydlov og analogi. Kobenhavn 1886. Rudenick, Latein, ego im Altfrz.
Halle 1885 Diss. "W. Meyer, Zum schwachen Perfectum, in: Ztschr. f.
rom. Phil. IX 223. A. Darmesteter, Note s. Thist. des prepos. en, eiiz,
dedans, dans. P. 1885). — Syntax und Stylistik 273. N. H. Nehry, Ueber
den Gebrauch des absoluten Gas. obl. des altfrz. Substantivs. . Berlin 1882
Diss,, vgl. Literaturbl. f. germ. und rom. Phil. VI Sp. 371. E. Wolff,
Zur Syntax des Verbs bei Adenes le Roi. Kiel 18S4. Procop, Snitakt.
Studien zu Robert Garnier. Erlangen lb!56 Diss. Die Schrift von Siede
v.ob. Z.2. H. Kay.seu, Zur Syntax Moliere's. Kiel 1885. H. Schmidt, Das
Pronomen bei Moliere. Kiel 18S5. H. Johannssen, Der Ausdruck des
Concessivverhältnisses im Altfrz. Kiel 1885. Rudolph, Die Tempora u.
Modi im agn. Hörn. Halle 1 885 Diss. Nauss, Der Styl des agn. Hörn.
Halle 1885 Diss. H. GÜNTHER, Ueber die Ausdrucksweise des altfrz. Kunst-
romanes. Halle 1886 Diss. — Rhythmik 299 — Litteraturgeschichte. 1,
Bibliographisches, bzw. Handschriftliches 303 ,N. P. Meyek, Notice dun
ms. de la bibl. Phillips , contenant une ancienne Version frcse des fables
d'Eude de Cherrington, in: Rom. XIV 381. 2. "Werke, welche die Ge-
schichte der ganzen frz. Litt, behandeln 3ü5. Gesch. des Dramas und
Theaters 307, vgl. auch 338 A. 3. Werke, welche die altfrz. Litteratur in
ihrer Gesammtheit behandeln 307. 4. Schriften über einzelne Gebiete der
Uebersicht über die Littcraturangabtn nebst Nachträjjen. xv
altfrz. Lit. und C'ultiir 3ÜS (N. Zu S. 308: von Nyrop's Heltedi^tning ist
l'^'^t'i zu Florenz eine ital. Uebers. erschienen. Zu S. 309: E. Mlntz, La
legende du Charlemagne dans Tart du moyen age, in: Kom. XIV 321.
E. Saveulaxd , Ganclon und sein Geschleciit im altfrz. Epos. Marburg
ISSi"). M. "WiNTKR, Kleidung und Putz der Frau nach den altfrz. Chan-
sons de geste, Marburg l^SO. G. Keutel, Die Anrufung der höheren We-
sen in den altfrz. Kitterroraanen. Marburg 18SG. A. Kadi.ek, Sprüchwörter
u. Sentenzen der altfrz. Artus- u. Abenteuerromane. Marburg 1^86 'diese
vier Schriften in Stengel's Ausg. u. Abh. Heft LX. XLV. XLVI u. XLIX].
E. Altxeh, Ueb. die Chastiements in den altfrz. Chansons de geste. Leip-
zig 1885. Diss. SxERXBEia;, Die 'NVatl'cn in den Karls-Epen, in: Sten-
gel's Ausg. u. Abh. XI- VIII. "M. Pfeffer, Die Formalitäten des got-
tesgerichtlichen Zweikampfes in der altfrz. Epik , in : Ztschr. f. rom. Phil.
IX 1. Ch. Krigk, Les donnces s. la vie sociale et privee des Francais
au Xlle s. contenus dans les romans de Chretien de Troyes. Kreuznach
1885. Progr. 5, Alphabetisches Verzeichniss der wichtigeren altfrz. Litte-
raturwerke mit Angabe einiger Erläuterungsschrifteu 312 N. Adenes li
Rois s. oben unter Syntax u. Stylistik. Aelteste Sprachdenkmäler.
Zu KosCHWiTz' Kommentar vgl. Literaturbl. f. germ. u. rom. Phil. VII Sp.
23 u. 164. Aiol. H. B.\rth, Charakteristik der Personen in der altfrz.
Chanson d'Aiol. Stuttg. 1885 [Züricher Diss.l. Alexanderfragment.
A. Schmidt, Ueb. das Alexanderlied des Alberic v. Besancon u. sein Ver-
hältniss zur antiken Ueberlieferung. Bonn 1886 Diss. Alexanderroman.
Das S. 313 erwähnte grosse AVerk P. Meyer's über den A. ist inzwischen
erschienen, vgl. Rom. XIV 621. Amis u. Amiles. Th. Link, Eine sprach-
liche Studie über die agn. Version der Amis-Sage. München 1885. Mo-
dersohn, Die Realien in A. et A. u. J. d. Bl. Münster 1886 Diss. An-
sei" s. Langlois, Un nouveau ms. de la chanson d'A., in: Rom. XIV 421.
d'Andeli, H. F. Acgl'STIN, Sprachliche Untersuchung über die Werke
H. d'A."s nebst Anhang enthaltend la Bataille des vins, diplomat. Abdruck
der Bemer Hds. Marburg 1885, in: Stengel's A. u. Abh. XLIV. Aye
dAvignon. R. Oesten , Die Verf. der altfrz. eh. de g. A. d'A. Mar-
burg 1885, in Stengel's A. u. A. XXXII. Barlaamu. Josaphat. E.
Braunholtz, Die erste nichtchristl. Parabel von B. u. J. Halle 18S4.
Berte aus grans pies. A. Feist, Zur Kritik der Bertasage. Marburg
1885 Habilitationsschrift, vgl. Rom. XIV 608. Mussafia, Berta e Milone
in Rom. XIV 177. Dit. Ueber das Dit de l'emp. Const. *' vgl. das aipha-
bet. Register zur ital. Litteraturgesch. unter c Legende. Dits. Les D. de
Hue, archevesque, trouvere normand du XIII s. p. p. Heron. Elie.
Maitre E.'s Ueberarbeitung der ältesten frz. Uebertragung von Ovid's Ars
Amatoria, herausg. v. H. Kühne u. E. Stengel, in des letzteren A. u.
1 Vgl. auch A. CoEN, Di una leggenda relativa alla nascita e alla gio-
ventü di Constantino Magno. Rom 1882, vgl. Rom. XIV 137. — Ferner
sei nachgetragen : A. ToBLER, Die Berliner Hds. des Huon d'Auvergne, in
den Sitzungsb. der Berliner Akad. d. Wissensch. Bd. 27 1884 , vgl. Giorn.
stör, in 460. — MÜLLER. Zur Geographie der alt. Ch.-de-g. Gott. 1886.
XVI Uebersicht über die Litteraturangaben nebst Nachträgen.
A. XLVIl. Fierabras. W.List, Bruchstück einer F.-Hds., in: Ztschr.
f. rom. Phil. IX 136. Ganelon s. oben zu S. 308. Jeu d'amour.
frz. AVahrsagebuch des 15. Jahrh.'s ed. Bobrixskoj. Petersburg 1886. Lai.
P. KlCHTER, Versuch einer Dialectbestimniung des Lai du Com und des
Fubliau du Mantel mautaillie. Marburg 1S85, in Stexgel's A. u. A. XXXVIIL
Mantel mautaillie s. Lai. Le conte du M. ed. WuLFF, in: Rom.
XIV 343. Miracles. H. Schnell, Untersuchungen üb. die Verfasser
der M. de Notre-J)ame par personnages. Marburg 1885, in Stengel's A.
u. A. XXXni. E. WiKTZ, Lautliche Untersuchung der Miracles de St.
Eloi. Marburg 1886, in Stengel's A. u. A. XXXV. l'oerae moral,
altfrz. Gedicht aus dem Anfang des 13. Jahrh.'s ed. W. Cloetta. Erlangen
1886. Roland. *A. Kelleu, Die Sprache des Venezianer Roland V"*.
Calw 1885 [der Verf. dieser in mancher Beziehung recht löblich, in mancher
anderen nicht so ganz musterhaft gearbeiteten Diss., über welche auch das
liiteraturbl. f. germ. u. rom. Phil. VI Sp. 329 verglichen werden kann, ge-
langt zu dem Ergebnisse, dass V* im Dialect von Roveredo geschrieben
sei; ich kann das unmöglich für richtig halten]. Roman de la Rose.
F. Heinkich, Ueb. den Styl von Guillaume de Lorris u. Jean de Meung.
Marburg 1885, in Stexgel's A. u. A. XXIX. Trojasage. H. Dinger,
De Dictye Septimio Vergilii imitatore. Dresden 1886. Progr. des Wettiner
Gymnas. Li Ver del Juise, en forfransk predikan. Akademisk afhandling
af H. VON Feilitzen. Upsala 1883, vgl. Rom. XIV 146. Noch sei hier,
weil eine andere Gelegenheit sich nicht bietet , aufmerksam gemacht auf
P. Meyer's interessante Untersuchung über: Les premieres compilations
frcses d'histoire ancienne I Les faits des Romains , II Hi.stoire ancienne
jusqu' ä Cesar, in: Rom. XIV 1. 6. Werke, welche einzelne Perioden oder
Gebiete der neufrz. I>itt. behandeln 336 ;N. E. F.\GrET, Les grands maitres
du XVII«- s., etudes litt, et dramatiques P. 1885. LiVET, Portraits du grand
siecle, P. 1885. Perry, Kist. de la litterature anglaise au XVIII s. Nancy
1885, vorher englisch erschienen). 7. Alphabetisches Verzeichniss der Ausgg.
einzelner mittel- u. neufrz. Autoren u. Litteraturwerke 341 ;S. Casaubon.
Mark Pattison, Isaac C. London 1875. Com eille, P. P. Langenscheidt,
Die Jugenddramen des P. C. Berlin 1885, vgl. Literaturbl. f. germ. u. rom.
Phil. VI Sp. 294. Garnier s. o. S. XIV Z. 13 v. u. Grevin, Jacques.
CollisCiionn , J. G.'s Tragödie »Cäsar« u. ihr Verhältniss zu Muret, Vol-
taire u. Shakespeare. Marburg 1886, in: Stengels Ausg. u. Abh. LII.
Hugo, Victor. J. Sarrazin, V. H.'s Lyrik u. ihr Entwickelungsgang.
Baden-Baden 1885, Marivaux. Blaze de Bury, Etudes s. M. Mont-
morency 1885. Moliere. K. Warburg, M. En Lefnadsteckning. Stock-
holm 1884. Flinige Schriften über M.'s Sprache s. oben in den Nach-
trägen zur Syntax und Stylistik. Montchrestien, Antoine, geb. zu
Falaise [Jahr unbekannt, gest. 1621, verfas.ste sechs Tragödien [Rouen
1601], eine »Bergerie« und einen Traite de TEconomie politique ;Rouen
1615;. G. Wenzel, Aesthetische u. sprachliche Studien über A. de M.
im Vergleich zu seinen Zeitgenossen. Jena 1885. Nivelle de la Chaus-
see, Pierre-Claude, geb. 1692 zu Paris, gest. ebenda 1754, Begründer
der Comedie larmoyante. (Euvres. P. 1762 u. 1775, 5 Bde.; vgl. über
Uebersicht über die Tättcruturanfiabfn nebst Nachträgen. XVII
ihn die treffliche Arbeit von J. Utiiokk, N. d. 1. Ch.'s Leben u. Werke,
in Franz. Stud. IV 1. D'Urfe. N. BoxaküUs, Etudes s. l'Astree et Ho-
nore dU. P. 1S46).
II. P r o V e n z a 1 i s c h .
Geschichte der Provence, der prov. Sprache u. der prov. Philologie 428.
N. Merlü, Suir autore del Donato prov., in Giorn. stör III 218 [gegen
einen ebenda II 1 veröflentlichten Aufsatz d'Ovidio's] und: Süll' etä di
Gaucelm Faidit, ebenda III 3SG. Groehek, Gaucelm Faidit o Uc de Sant
Circ? ebenda IV 203\ Schriften über das Prov. im AUj^em. 429 (N. Zu
S. 430 : Ueber M.^HN's Gramm, vgl. Literaturbl. f. germ. u. rom. Phil. VII
186) — Dialecte 434 ;N. Lyon. Piiilipün, La Bernarda Buyandiri, tragi-
comedie en patois lyonnais du XVII«^ s. Lyon 1885) — Lautlehre 440 —
Flexion u. S}Titax 448 (N. Ueb. die schwache Perfectbildung des Prov. vgl.
AV. Meyer in Ztschr. f. rom. Phil. IX 2381 — Khythmik (N. Die S. 454 ge-
nannte Schrift von Pleixes ist inzwischen als Heft L der A. u. A. er-
schienen — Litteraturgeschichte. 1. Bibliographisches 460, 2. Sammlungen,
Chrestomathien u. dgl. 462. 3- Litteraturgeschichtl. Werke 464 (N. zu S.
464 oben: Les biographies des troubadours en langue prov. p. p. C.
Chabaneau. Toulouse -1886. Ed. Montel, Hist. litt, des Vaudois de
Piemont. Paris 1885. Zu S. 466: *K. Nyrop, Romanske Mosaiker. Ko-
penhagen 1885 [behandelt das Felibrethum]). 4. Alphabetisches Verzeich-
niss einiger Autoren und Litteraturwerke etc. 467 (N. Bertolomeu Zorzi.
A. Rühleder, Zu Z.'s Gedichten. Halle 1886 Diss. Guillem de Ca-
bestaing. Balagver, G. de C, in: Revue du monde latin 1885. Gui-
raut de Borneill, 1175 bis ungefähr 1220. D. 110. G. (No. 242) 25 f.;
39. W. Meyer, G. d. B.'s Tagelied »Reis glorios«, in den Sitzungsb. der
bayr. Akad. d. Wissensch. Philos.-hist. Cl. 1885).
III. Catalanisch.
1. Urkundliches 494. 2. Sprachgeschichtliches u. Grammatisches 495.
3. Lexikalisches 496. 4. Litteraturgeschichtliches 496. 5. Sammelwerke
u. dgl. 497. 6. Volksdichtungen, Sagen, Räthsel u. dgl. 498. 7. Ausgaben
altcat. Litteraturwerke 499 (N. Lull, Obras ed. J. Rossello. Palma 1886).
8. Neucatalanisches 500 (N. Die Seite 500 erwähnte Diss. von E. Vogel
ist vollständig als Heft 5 der von G. Körting herausgegebenen »Neuphilo-
logischen Studien« erschienen [Paderborn 1886]).
IV. Spanisch.
1. Zur Geschichte der sp. Sprache u. Philologie 539. 2. Urgeschiclite
Spaniens 539. 3. Grammatisches 539. (N. zu S. 540: G. Baist, Der Ueber-
gang von st zu z im Span., in: Ztschr. f. rom. Phil. IX 146). G. Lilje-
GAIST, Infinitiven i det fornspanska Lagspräket. Lund 1886 Diss. 4. Lexi-
kalisches 540. 5. Dialektisches 541. 6. Zur Rhythmik 542. 7. Zur Littera-
turgeschichte ai Handscliriftliches u. Bibliographisches 542 (N. C. ClPOLLA,
Esplorazione delle biblioteche spagnuole, in : Giorn. stör, della lett. ital.
V 321. A. Morel-Fatio, Notice s. trois mss. de la Bibl. dOssuna, in:
Körting, Eucyklopädie d. rom. Phil. III. *
XVIII Uebersicht über die Litteraturangaben nebst Nachträgen.
Kom. XIV 94). b) Litterargeschichtl. Werke 542. c) Sammlungen, Chre-
stomathien u. dgl. 544. (N. Coleccion de Escritorea castellanos, in Madrid
bei Murillo erscheinend, bis jetzt 39 Bde., gute Sammlung meist classischer
Werke, enthält aber auch eine span. Uebers. des bekannten Buches von
ScHACK. Eine Sammlung span. Neudrucke des 15. u. 16. Jahrhunderts
hat C. V. Reinhardstöttxer herauszugeben begonnen. Bändchen 1 : Der
Amphitryon des Feman Perez de Oliva. München 1886). 8. Alphabeti-
sches Verzeichniss einiger Autoren und Schriftwerke 547. (N. Caballero.
[Anonym] , Lebenserinnerungen an Cäcilie Bohl v. Faber, in den Görres'-
schen hist.-polit. Blättern Bd. 97, Heft 1 u. 2;. Cancionero. Coleccion
de poesias de un cancionero inedito del siglo XV. Madrid 1885. Cer-
vantes. F. d'Ovidio, Manzoni e Cervantes. Neapel 1885. 9. Zur span.
Geschichte 564.
V. Portugiesisch.
1. Grammatisches u. Sprachgeschichtliches 589. (N. MoxACl e d'Ovi-
dio, Manualetti d'introduzione agli studi neolatini. II Portoghese. Imola
1881. H. Wernecke, Zur SjTitax des port. Verbs. Weimar 1885 Progr. .
2. Diabetisches (N. Schuchardt, Ueber das Negerport. v. Mangalore, in:
Sitzungsb. d. Wiener Akad. d. Wissensch. Philos. bist. Cl. Bd. 105 [1885]
590). 3. Lexikalisches 591. 4. Zur Rythmik 592. 5. Zur Litteraturge-
schichte a) Handschriftliches u. Bibliographisches 592 , b) Darstellende
Werke 593 , c) Chrestomathien 594 , d) Ausgaben u. Erläuterungsschrif-
ten 594. 6. Zur port. Geschichte 598.
VI. Italienisch.
Sprachgeschichte 608 — Aeltere Grammatiken 619 — Zum Sprachstreite
620 — Dialecte u. Folklore 627 (N. Poesie popolari sarde meridionali con
prefaz. del prof. Pischedda. Lanusei [?] 1885. Poesie veneziane ed. R.
Barbiera. Florenz 1886. Salvioni, Antiche scritture lombarde, in: Arch.
glott. it. IX 1). — Zur Lautlehre 642 — Lexikalisches 644 — Zur Formen-
lehre 661 (N. Ueber die Bildung des schwachen Perf.'s vgl. W. Mever in
Ztschr. f. rom. Phil. IX 250) — Zur Syntax 662 — Zur Rhythmik 675 —
Zur Litteraturgeschichte. a) Handschriftliches u. Bibliographisches 694,
(N. Mazzatinti, Inventario dei mss. ital. delle bibl. di Francia. Roma
1886, bis jetzt 1 Bd. P. Meyer, Notice de quelques mss. de la coU. Libri
a Florence, in: Rom. XIV 485). b) Werke über die gesammte ital. Lit-
teraturgeschichte 696, c) Werke über einzelne Perioden u. Gebiete der ital.
Litteraturgeschichte 698, d) Chrestomathien, Sammlungen u. dgl. 701.
e) Alphabetisches Verzeichniss einiger Autoren u. Litteraturwerke 703 (N.
Boccaccio. *V. Crescixi, Idalagos, in Ztschr. f. rom. Phil. IX 437 [be-
kämpft Körtings Aufstellungen über B.'s Geburtsort u. dgl. , scharfsin-
nige und gelehrte Arbeit, auf welche anderwärts näher einzugehen der An-
gegriffene sich vorbehält]. Eine Ausgabe des Zibaldone B.'s bereitet Kocken
vor. ZUMBINI, Le egloghe del B., in: Giorn. stör. VII 94). Caval-
canti. Ercole, G. C. e le sue rime. Turin 1885. Metastasio. H.
Heller, M.'s La Clemenza di Tito in Ztschr. f. rom. Phil. IX 278.
Uebersicht über die Litteraturangaben nebst Nachträgen. xiX
Petrarca. PiimaTI , La vita e le opere di Fr. P. Florenz [;?] 18S5.
Hand-List of Petrarch editions in the florentine public Libraries. Flrz. 1886.
Polizian. Opere volgari di A. P. a cura di T. Casini. Flrz. 1885.
Spagna. G. Osteruage, Ueb. die Spagna istoriata. Berlin 1885. Progr.
des Humboldt-Gymnas. A. Thomas , Notice sur deux mss. de la Spagna,
en vers, de la Bibl. Nat. de Paris, in Koni. XIV 207. Tassoni. Ni'X-
ziAXTE, II conte A. T. ed il seicento. Milano 1885. Theater. M.
ScHERiLLO, La Commedia dell' arte in Italia. Turin 18S4, vgl. Giom. stör.
V 276. f' Zur ital. Geschichte, Ethnographie u. Landeskunde 750.
Zu S. 617 werde hier bemerkt, dass unter den kritischen Zeitschriften
Italiens die, jetzt im 3. Jahrgange stehende, »Rivista critica della lett. ital.«
eine ehrenvolle Stellung einnimmt.
VII. Räto-Romanisch.
Sprachgebiet 757 — Sprachgeschichte 758 — Geschichte der räto-rom.
Philologie 761 — Dialecte 763 — Zur Lautlehre 767 — Zum Wortschatze
769 X. UxTER FORSCHER, Roman. Namenreste aus dem Pusterthale. Leit-
meritz 1S85. Progr. — Zur Formenlehre 777 — Zur Litteraturgeschichte
7S0. a Handschriftliches u. Bibliographisches 78Ü, b) Darstellende Schriften
781, c Sammlungen u. Chrestomathien, d) Ausgaben 782 N. C. Decurtins
Ilg Saltar dils Morts, in Ztschr. f. rom. Phil. VIII 586, imd: Eine altladin.
Reimchronik, ebenda IX 332. Chansons ladines p. p. J.Ulrich, in: Rom.
XIV 1(.9 .
Vni. Rumänisch.
Sprachgebiet 7S6 — Zur Urgeschichte der Rumänen u. zur Geschichte
der rumän. Sprache 793 — Zur Geschichte der rumän. Philologie 801 —
Dialecte 801 — Zur Lautlehre 807 — Zum Wortschatze 815 — Zur Formeu-
lehre 819 — Zur Litteraturgeschichte 829. a Handschriftliches, Inschrift-
liches. Bibliographisches, Zeitschriften 831, b, Chrestomathien und Com-
pendien 832, c Zur Folklore 832, d, Litterargeschichtl. Monographien 833,
f, Einigre Ausgraben 833.
Nachdem obiges Verzeichniss bereits zusammengestellt worden war,
sind noch folgende Sammelwerke erschienen:
1. Miscellanea di filologia e linguistica dedicata aUa memo-
ria di Nap.Caix e Ugo A. Canello. Florenz 1886 (Inhalt: Villari, Nap.
Caix. Rajxa, Gli scritti del Caix. Crescim, U. A. Canello. Miklosich, Ueb.
die Nationalität der Balgaren. Stexgel, Ueb. den lat. Ursprung der rom.
Fünfzehnsylbner und damit verwandter weiterer Versarten. Merlo , Pro-
blemi fonologici sull" articolazione e sull' accento. I. Tentativo di classi-
ficare in un sistema unica di articolazione le vocali e le consonanti. IL
Diverse gradazioni delle vocali toniche, e perdita o naturale rotazione
deUe atone. Gröber, EtjTnologien. Gaxüixo, Osservazioni sopra un
verso del poema provenzale su Boezio. Gaspary, Moliere's Don Juan.
Tobleb, Et)-mologisches. Paris, Les serments de Strasbourg (introduction
XX Uebersicht über die Litteraturangaben nebst Nachträgen.
ä un commentaire grammatical . Pauli, Notizia di un codicetto florentino
di Kicordi scritto in volgare nel secolo XIII. FuMi, Postille romanze.
I. Au romanzo per o atono latino. II. Greggio, Grezzo. Meyek, Der Ein-
fluss des Lateinischen auf die albanesische Formenlehre. Michaelis de
Vasconcellos, Studien zur hispanischen "Wortdeutung. Neumann, Die
Entwickelung von Consonant + tc im Französischen. Miola, ün testo
drammatico spagnuolo del XV secolo. Wiese, Einige Dichtungen Lio-
nardo Giustiniani's. Fleciiia, Etimologie Sarde. Obedenare, Une forme
de l'article roumain qui se met devant les substantifs et les adjectifs (Dia-
lecte du Danube). CoRNU, Kecherches sur la conjugaison espagnole au
XIIIp et XlVe siecle. Meyer, Complainte provencale et Complainte latine
sur la mort du patriarche d'Aquilee Gregoire de Montelongo. AvoLio,
La questione delle rinie nei poeti Siciliani del secolo XIII. Zing.\relli,
Un serventese di Ugo di San Circ. Ml'ssafia, Una particolaritä sintattica
della lingua italiana dei primi secoli. Leite de Vasconcellos, Etymo-
logias populäres portuguesas. Renier , Un mazzetto di poesie musicali
francesi. SvcHiER, Ueber die Tenzone Dante's mit Foresc Donati. D'An-
CONA, L'arte del dire in rima: Sonetti di Antonio Pucci. PlERi, II verbo
aretino e lucchese. MoROSi, L' odierno dialetto catalano di Alghero in
Sardegna. Gaster, Die rumänischen Miracles de Notre Dame. Salvioni,
Antichi testi dialettali chieresi. Biadene, La forma metrica del «Com-
miato« nella Canzone italiana dei secoli XIII e XIV. MiLÄ Y Fonta-
NALS, Un' alba catalana. Novati, II Ritmo Cassinese e le sue interpre-
tazioni. D'üviDio, Della quantitä per natura delle vocali in posizione.
MoNACl, II trattato di poetica Portoghese esistente nel Canzoniere Colocci-
Brancuti. AscoLI, Due lettere glottologiche : I. Di un filone italico, di-
verso dal romano, che si avverte nel campo neolatino. Lettera a Napo-
leone Caix. IL Dei Neogrammatici. Lettera al prof. Pietro Merlo. Ag-
giunte e Correzioni.
2. H. ScHUCHARDT, Romanisches und Keltisches. Berlin 18S0 Inhalt:
1. Pompei und seine Wandinschriften. 2. Virgil im Mittelalter. 3. Boc-
caccio'. 4. Die Geschichte von den drei Ringen. 5. Ariost. 6. Camöes.
7. Calderon's Jubelfeier. 8. Goethe und Calderon. 9. G. G. Belli u. die
römische Satire. 10. Eine portugies. Dorfgeschichte. 11. Lorenzo Stec-
chetti. 12. Reim u. Rhythmus im Deutschen u. Romanischen. 13. Lie-
besmetaphern. 14. Das Französische im neuen Deutschen Reich. 15. Eine
Diezstiftung. 16. Französisch u. Englisch. 17. Keltische Briefe.
Abschluss der Nachträge zu den Litteraturangaben
am 28. Mai 1886.
1 Zu Boccaccio vgl. auch: Zing.^relli, La fönte classica di un epi-
sodio di Filocolo, in: Rom. XIV 433.
Zusatz zu S. XVII, bzw. S. 361: Rotrou. Chardon, La Vie de
R. mieux connue. Paris lsb4, vgl. Literaturbl. f. germ. u. rom'. Phil. 1886,
Sp. 1-13.
Erstes Buch.
Einleitung.
§ 1. Der territoriale Umfang Frankreichs.
1 . Das alte Gallien nmfasstc ausser dem heutigen Frank-
reich den grössten Theil des heutigen Belgiens , den links-
rheinischen Theil des heutigen Hollands (mit Ausnahme des
Kiistengebietesl . die linksrheinischen Gebiete des heutigen
deutschen Reiches vgl. unten §2,1) und die westliche Hälfte
der heutigen Schweiz. (Auch das obere Italien bis herab zu
den Apenninen wurde, weil von gallischen Völkerschaften be-
wohnt, als zu Gallien gehörig betrachtet Gallia cisalpina]).
2. Die Frankenreiche der Merowinger und Karolinger
umfassten ausser dem eigentlichen Gallien (dessen südliche
und östliche Theile |^Aquitanien. Provence^ Eurgund etc.] je-
doch zeitweilig selbständige Reiche bildeten , bezw. dem Ost-
gothenreiche zugehörten) noch weite deutsche Gebiete auf dem
rechten Rheinufer, deren Begrenzung anzugeben hier zweck-
los wäre. Der Umfang des Reiches Karls d. Gr. ist bekannt.
3. Durch den Vertrag von Verdun 843) wurde die Mo-
narchie Karls d. Gr. in drei Reiche zerlegt: Ostfranken (Deutsch-
land), Mittelfranken (Lothringen), Westfranken (Frankreich).
Mittelfranken oder Lothringen wurde begrenzt [im Westen
von der Scheide , der Maas , der Saone und der Rhone , im
Osten von dem Rheine und den Alpen >). Die We.stgrenzen
Lothringens waren zugleich die östlichen Grenzen Westfran-
kens, dessen übrige Grenzen durch den atlantischen Ocean,
1 Unberücksichtigt kann hier bleiben, dass dem Herrscher von Loth-
ringen auch das fränkische Italien , Lombardei etc und die Kaiserwürde
zuertheilt wurde.
Körting, Encjklopädie d. rem. PUil, III. 1
2 Einleitung.
durch das Mittelmeer und (nach Verlust der spanischen Mark)
durch die Pyrenäen gebildet -wurden. Die llauptbestandtheile
Westfrankens waren: Neustrien, Aquitanien, der nordwestliche
Theil von Burgund und Septimanien. Ost franken unifasste
die Gebiete zwischen Rhein und Elbe und überdies auf dem
linken llheinufer die kirchlichen Sprengel von Mainz, Worms
und Speier.
4. Das mittelfränkische oder lothringische Reich war von
kurzem Bestände : durch den Vertrag von Mersen an der
Maas (870) wurde es zwischen Westfranken und Üstfranken
derart getheilt, dass fortan die Maas (Meuse) die Grenze bei-
der Reiche bilden sollte.
5, Von dem westfränkischen Reiche lösten sich bald nach
dem Vertrage von Mersen los :
a) Das cisjuranische Burgund (Provence, Dauphine. Theile
von Langucdoc und der Franche-Comtc% das Gebiet von Lyon)
im Jahre 879 (Königreich).
b) Das transj uranische Burgund (Theile der Franche Comte,
der Schweiz, Savoyens: im Jahre 888 (Königreich). [Beide
burgundische Reiche wurden später zu dem arelatischen Kö-
nigreiche vereinigt und dieses wieder nach dem Tode des kin-
derlos gestorbenen Königs Rudolf III. (1032) durch Kaiser
Konrad mit dem deutschen Reiche verbunden'.
Fast völliger Selbständigkeit genoss ausserdem das um das
Jahr 900 entstandene Herzogthum Burgund (ursprünglich be-
stehend aus der Bourgogne inid Theilen der Franche-Comte,
später durch die Hinzufügung nordwestfranzösischer und nie-
derländischer Gebiete beträchtlich erweitert).
[Das Herzogthum Burgund ging im 15. Jahrhundert in
den Besitz der habsburgischen Dynastie über und bildete in
Folge dessen einen Bestandtheil des spanischen, bezw. des
österreichisch-habsburgischen Ländercomplexes .
Auch im Westen erlitt das Avestfränkische Reichsgebiet
eine erhebliche Schmälerung. Im Beginn des 10. Jahrhun-
derts nahmen die Normannen (vgl. unten § 3, Nr. 4) das Ge-
biet der unteren Seine (Neustrien) dauernd in Besitz und grün-
deten dort das Herzogthum Normandie, dessen Herrscher zwar
dem Namen nach Vasallen des 'französischen Königs, that-
sächlich aber völlig unabhängig waren , besonders nachdem
Einleitung. 3
sie durch Wilhelms des Eroberers Sieg bei Hastings auch im
Besitz der englischen Krone sich befanden. Mit der Xor-
maudie vereinigten die anglo-normannischen Könige aus dem
Hause Anjou (die riantagenets) weiter westliche und südwest-
liche französische Gebiete , so dass ein sehr beträchtlicher
Theil Frankreichs dem französischen Staatsverbande nur noch
in der lockersten Form angehörte. Derselbe Zustand kehrte
in noch gesteigerter Form wieder, als im 14. und 15. Jahr-
lumdert die englischen Könige Eduard III. und Heinrich V.
abennals weite französische Provinzen ihrem Scepter unter-
warfen.
Somit war während des Mittelalters der Territorialbestand
Frankreichs ein sehr eingeschränkter und prekärer, zumal da
auch die Oberhoheit des Königs über die mächtigeren Kron-
vasallen vielfach nur eine schattenhafte war.
6. Die Ziele der territorialen Politik, welche die fran-
zösischen Könige capetingischen Geschlechtes sowie ihre Nach-
folger aus dem Hause Valois und aus dem Hause Bourbon
mit grösster Consequenz. vielem Geschicke und nicht gerin-
gerem Glücke verfolgten, waren die feste Verbindung der \a.-
sallenländer mit der Krone , Erwerbung der burgundischen
Länder, die Erlangung Navarras und die Gewinnung der
Rheingrenze. Das erste Ziel wurde am frühesten erreicht,
namentlich durch die ebenso gewandte wie rücksichtslose Po-
litik Philipp Augusts und Ludwigs XL Von den burgundi-
schen Landen gelangten die südlichen (Provence , Dauphine,
Lyonnais etc.) noch am Ausgange des Mittelalters an Frank-
reich : die Bourgogne, die Franche-Comte und einzelne Theile
der burgundischen Niederlande (das jetzige französische Flan-
dern etc. wurden im 16. und 17. Jahrhundert, besonders durch
Ludwig XIV., gewonnen, und im 18. Jahrhundert ging Loth-
ringen im engeren Sinne- . soweit es bis dahin noch beim
deutschen Reiche geblieben war, an Frankreich über. Na-
varra ward durch Heinrichs IV. Thronbesteigung dauernd mit
Frankreich verbunden. Die Revolutionskriege brachten end-
lich Frankreich auch in den vollen Besitz der Rheingrenze,
nachdem dieselbe theilweise bereits durch die im 17. Jahr-
hundert erfolgte Occupation des Elsasses hergestellt worden
war.
4 . Einleitung.
7. Napoleon I. dehnte das französische Staatsgebiet über
einen grossen Theil Nordwestdeutschlands (bis nach Lübeck)
aus. Die pariser Friedensschlüsse von 1814 und 1815 aber
drängten Frankreich ungefähr in diejenigen Grenzen zurück,
welche es vor der Revolution inne gehabt hatte. Der Friede
zu Frankfurt (1871) endlich erwarb das Elsass und einen Theil
Lothringens dem deutschen Reiche wieder , beliess dagegen
Savoyen und Nizza, die Erwerbungen Napoleons IIL, bei Frank-
reich.
Nicht zu berücksichtigen haben wir hier die Gewinnung
Corsica's (im 18. Jahrhundert erfolgt) sowie die allmälige Ent-
stehung und die wechselnden Schicksale des französischen Co-
lonialgebietes.
8. Gegenwärtig beträgt der Umfang des [französischen
Staatsgebietes in Europa
528572 Quadratkilometer,
mit Abzug Corsica's (8747 Quadratkilometer)
i.5 19825 Quadratkilometer.
Die im Jahre 1871 an Deutschland abgetretenen Gebiete
umfassen 14508 Quadratkilometer.
§ 2. Die territoriale Eintheilung Frankreichs.
1. »Gallia est omnis divisa in partes tres, quarum unam
incolunt Relgae , aliam Aquitani , tertiam qui ipsorum lingua
Celtae . nostra Galli appellantur. Hi omnes lingua , institu-
tis , legibus inter sc differunt. Gallos ab Aquitanis Garumna
flumen . a Rclgis Matrona et tSequana dividit. « Caes. de b.
g. I^ 1-
Darnach zerfiel das (von Italien aus betrachtet) jenseits der
Alpen gelegene Gallien (Gallia transalpina oder comata) zu Cä-
sars Zeit in : a) Aquitania, zwischen dem Meerbusen von Bis-
cayaj, den Pyrenäen und der Garonnc : b) Gallia celtica , be-
grenzt durch das Meer , die Garomie , die Seine , die Marne
und den Rhein : c) Gallia belgica , begrenzt durch das Meer,
die Seine, die Marne imd den Rhein. — Hierzu kam noch
d) das schon vor Caesars Zeit im römischen Besitz befindliche
südliche, bezw. südöstliche Küstengebiet, die l^rovinz (Gallia
bracata, später Narbonensis genannt).
2. Unter Augustus. bezw. miter Tiberius wurde das nun
völlig unterworfene Land in folgende Provinzen getheik :
Einleitung, 5
a' Gallia Narbonensis. die alte Proviiicia . in ihrem
Umfange unverändert.
Hauptorte und Völkerschaften dieser Provinz, deren Namen im Fran-
zösischen noch erhalten sind : Agathe — Agde, Antipolis — Antibes, Apta
Julia — Apt, Aquae Sextiae — Aix, Arausio — Orange, Arclate — Arles,
Avenio — Avignon. Bcterrae — Beziers, Brigantio — Briancon, Cabellio —
Cavaillon, Carcaso — Carcassonne, Carpentoraete — Carpcntras, Dea — Die,
Dinia — Digne, Eburodunum — Embrun. Forum Julii — Frejus, Forum
Neronis — Forcalquicr. Geneva — Genf, Gratianopolis — Grenoble, Luteva
— Lodeve, Narbo Martins — Narbonne, Nemausus — Nimes, Portus Veueris
— Port Vendres, Reji — Riez, Ruseino — Roussillon (Perpignan), Segustero
— Sisteron, Tarasco — Tarascon, Telo Martius — Toulon, Uretia — Uzes,
Valentia — Valence, Vapineum — Gap, Vasio — Vaison, Vienna — Vienne.
'b; Aquitania, das Gebiet zwischen den Pyrenäen und
der Loire, also einen Theil der früheren Gallia celtica mit um-
fassend.
Hauptorte und A'ölkerschaften dieser Provinz, deren Xamen im Fran-
zösischen als Ortsnamen noch erhalten sind: Aginnum — Agen, Albiga
— Albi, Aquae Bormonis — Bourbon les Bains, Argentomachus — Argen-
ton, Ausei — Auch, Bigerrones — Bagneres de Bigorre, Bituriges — Bour-
ges, Blavia — Blaye, Boji — Buch, Burdigala — Bordeaux, Cadurci — Ga-
bors, Clarimontium — Clermont, Consoraiini — Conserans, Elusa — Eauze,
Iculisma — Angouleme, Iluro — Oleron, Lemovices — Limoges ;Limou-
sin , Lactoria — Lectoure. Petrocorii — Perigord, Pictavi — Poitiers, Re-
tiatum — Retz, Ruteni — Rhodez, Sautones — Saintes Saintonge , Va-
sates — Bazas.
c) Gallia Lugdunensis, dem Umfange nach im All-
gemeinen der Gallia celtica Cäsars entsprechend, jedoch mit
folgenden Einschränkungen: u das Gebiet zwischen Loire
und Garonne wurde zu Aquitanien gezogen : /:?) mehrere öst-
liche Gebiete wurden mit G. belgica vereinigt: y] das von
germanischen Stämmen bewohnte linksrheinische Gebiet nebst
einem Theile des rechts vom Xiederrhein gelegenen Gebietes
(etwa von Strassburg ab bis nach Utrecht und Leyden hin
wurde unter dem Xamen Germania cisrhenana zu einer be-
sonderen Provinz erhoben , welche später wieder in Germania
superior Oberrhein, bezw. Mittelrhein) und Germania inferior
'Xiederrhein) getheilt ward. Vgl. unten e) und f) .
Hauptorte und Völkerschaften dieser Provinz , deren Namen als Orts-
namen im Französischen noch erhalten sind : Abrincatui — Avranches, Ar-
tiaca — Arcis, Augustodunum — Autun, Aureliani — Orleans, Autissio-
durum — Auxerre, Cabillonum — Chälons, Carnutes — Chartres , ;Aulerci
Cenomanni — le Mans, Constantia — Coutances, Decetia — Decize, Dia-
6 Einleitung.
blintes — Jublains, Durocasses — Droux, (Aulerci) Eburovices — Evreux,
Forum (Segusianorum; — Fceurs, Juliobona — I.illebonne, Lexovii — Li-
sieux, Lugduuum — Lyon, Matisco — Macon, Meldi — Meaux, Melodu-
num — Melun, Xamnetcs — Nantes, Nevirnum — Nevers, Parisii — Paris,
Ratuniagus — llouen , liedones — Rennes, Eodumna — Roanne, Saji —
Seez, Senones — Scns, Tricasses — Troyes, Turones — Tours, Yellauno-
dunum — Ladon, Viducasses — Vieux :b. Caen).
d) Gallia belgica, ausser dem Gebiete der Beiger noch
früher zu Gallia celtica ispätcr zu Burgund und zur Schweiz)
gehörige Gebiete umfassend.
Hauptorte und Völkerschaften dieser Provinz, deren Namen als Orts-
namen im Französischen, vereinzelt auch im Deutschen, noch erhalten sind :
Alesia — Alize , Ambiaui — Amiens, Argentovaria — Arzheim, Atrebates
— Arras, Augusta (Rauracorum, — Äugst, Aventicum — Avenches, Ba-
gacum — Bavay, Basilia — Basel Bale , Bellovaci — Bcauvais, Bononia
— Boulogne, Mens; Brisiacus — Breisach, Camaraeum — Cambray, Corto-
riacum — Courtray, Dibio — Dijon, Eburodunum — Yverdun, Epoissum
Ivoy, Helellum — Ell, Lausonia — Lausanne, Lingones — I-angres, Lu-
xovicum — Luxeil, Mediomatrici — Metz , Noviodunum — Nyon, Novio-
magus — Noyon, Noviomagus — Neumagen, Remi — Reims, Rigodulum
— Reol, Seduni — Sitten, Silvanectes — Senlis, Solodurum — Solothurn
^Soleurel, Suessiones — Soissons, Taruenna — Therouanne, Toxandri —
Tessender-Loo, Tullum — Toul, Turennum — Tournay, Urba — Orbe,
Verodunum — Verdun, Vcsontio — Besancon, Vindonissa — "Windisch,
Yitodurum — Winterthur, Yiviscum — Yevay.
e) Germania superior, vgl. oben c) .
Ortsnamen dieser Provinz, -welche im Deutschen noch erhalten sind:
Bingium — Bingen , Borbctomagus — "Worms , Brocomagus — Brumpt
(Brumati, Maguntiacum — Mainz, Saletio — Selz, Spira — Speier.
fi Germania inferior vgl. oben c).
Ortsnamen dieser Provinz , ■welche im Deutschen noch erhalten sind :
Antonacum — Andernach, Baudobrica — Boppard, Baruncum — "Worrin-
gen, Bonna — Bonn, Colonia (Agrippina, — Cöln, Colonia jTrajana; —
Kelln, Divitio — Deutz, Durnomagus — Dornmagen, Treviri — Trier,
Golduba — Gellep, Gesonia — Zons, Juliacum — Jülich, Lugdunum (Ba-
tavorumj — Leyden, Marcodurum — Düren, Novesium — Neuss, Novio-
magus — Nymegen, Ripomagus — Remagen, Tolbiacum — Zülpich,
Tungri — Tongern, Ultrajectum — Utrecht.
Jede der genannten Provinzen zerfiel -wieder in eine An-
zahl von Bezirken, für deren Abtheilung die Grenzen der ein-
zelnen Völkerschaften massgebend -waren. Im Ganzen zählte
man 60 Völkerschaften. ^)
1; Nämlich in Aquitanicn; 1. Convenac 'Cominges) , 2. Bigcrriones
(Bigorre), ;<. Benarnenses Bearn , 4. Iluroncnscs Oleran', 5. Tarbclli Dax),
6. Aturensos Aire , 7. Elusates i'Eauze), 8. Auscii (Auch , iL Lactorates
Einleitung. 7
Das beste AVcrk über die Geographie des alten Galliens ist abgeselien
von den KiKPKKT'schen und FoKBKiKu'schcn Lehrbüchern der alten Geo-
graphie) das gross angelegte und ungemein reichhaltige Buch von E. Desjar-
DIN'S, Geographie historique et administrative de la Gaule romainc. 2 Bde.
Paris 1875 TS; der 2. Band ist der für Philologen und Historiker wichtigere
und interessantere; zu bedauern ist, dass der Verfasser auf die Geschichte
Galliens während der Kaiserzeit nicht näher eingeht. Vgl. ferner A. Tx)N(jnon,
Geographie de la Gaule au VI" siecle. Paris 1SS2 ?: Karten des alten Gal-
liens findet man in jedem Atlas des Orbis antiquus und in jeder besseren
Cäsarausgabe.
3. Die Gebiete der einzelnen germanischen Völkerschaf-
ten, welche im 4. und 5. Jahrhundert n. Chr. Gallien besetz-
ten, werden später § 3, Nr. G) angegeben werden.
4. Das mittelalterliche Frankreich zerfiel — ganz ähnlich
wie das mittelalterliche Deutschland — in eine gi'osse Zahl
einzelner Territorien Herzogthümer, Grafschaften etc.), deren
Grenzen oft schwankend genug waren und von denen häutig
mehrere zu grösseren Complexen vereinigt wurden. Die Be-
nennungen dieser Gebiete waren theils die ererbten (keltisch-)
lateinischen, bezw. deren französische Gestaltung z. B. Poi-
tou = Pictavi, Guyenne = Aquitania, Anjou = Andegavi. Pro-
vence = Provincia etc.) , theils neu aufgekommene Xamen
[z. B. Bretagne, Normandie , Dauphine, Languedoc , Bour-
gogne etc.). Zum Theil gingen diese Benennungen auf die
Provinzen des Einheitsstaates über, vgl. Nr. 5.
(Lectoure) ; in Gallia celtica: 10, 1 Bituriges Vivisci iBordeaux), 11, 2
Vasates (Bazas , 12, 3 Nitiobroges Agen) , 13, 4 Cadurci Cahors , 14, 5
Rutoni 'Rodez\ 15, 6 Gabali Javouls , 16, 7 Helvii (Vivarais;, 17, 8 Vel-
lavii iVelay^, 18, 9 Arverni (Auvergne;, 19, 10 Lemovices (Limoges;, 20, 11
Petrocorii Perigueux), 21, 12 Santones Saintes^ 22, 13 Pictones (Poitiers,
23, 14 Bituriges Bourges , 24, 15 Helvetii 'Avenches!, 25, 16 Sequani (Be-
sancon), 26, 17 Lingones (Langres,, 27, 18 Aedui Bibracte = Mont Beu-
vray), 28, 19 Segusiani Forez', 29, 20 Senones iSens), 3l», 21 Parisii Pa-
ris;, 31, 22 Camutes (Chartres), 32, 23 Turoni (Tours^ 33, 24 Andegavi
^Angers , 34, 25 Namnetes Nantes , 35, 26 Veneti Vannes), 36, 27 Osismi
Kastell Ac'h , 37, 28 Curiosolitae (Corseul), 38, 29 Redones (Rennest, 39, 30
Ambivariti 'Avranches , 40, 31 Unelli Carentän) , 41, 32 Esuvii Vieux ,
42, 33 Lexovii Xisieux > 43, 34 Aulerci Eburovices Vieil-Evreux , 44, 35
Aulerci Cenomanni leMans), 45,36 Aulerci Diablintes Jublains) ; inBel-
gicum: 46, 1 Caletes Lillebonne, 47, 2 Velocasses (Ronen], 48, 3 Bel-
iovaci fBeauvais, 49, 4 Ambiani 'Amiens , 50, 5 Atrebates (Arras), 51, 6
Morini Therouanne), 52, 7 Menapii ^Cassell, 53, 8 Nervii (Bavay) , 54, 9
Viromandui (St.-Quentin , 55, 10 Suessiones (Soissons), 56, 11 Remi (Reims;,
57, 12 Eburones Tongern;, 58, 13 Treveri (Trier, 59, 14 Mediomatrici
Metz;, 60, 15 Leuci ;Toul . Die in Klammern beigesetzten Namen geben
den einstigen Hauptort bezw. Hauptsitz der betreffenden Völkerschaft an.
Vgl. Desjardixs, a. a. ü. t. II, p. 500 f.
g Einleitung.
Ein näheres Eingehen auf die territoriale Eintheilung des mittelalter-
lichen Frankreichs ist hier unstatthaft. Nicht dringend genug aber kann
dem Studierenden der französischen Philologie anempfohlen Averden, sich
von den Einzelgebieteu des mittelalterlichen J'rankreichs eine möglichst
klare Anschauung zu erwerben, -n-ozu das Studium der betreffenden Karten
des V. SPRlXEU'schen historischen Atlas, welche auch einzeln käuflicli sind,
das beste Hülfsniittel ist. Nicht minder dringend ist anzurathen, dass der
Studierende sich mit den lateinischen, bezw. altfranzösischen Formen der
französischen Landschafts- und Ortsnamen vertraut mache, ^^'er solche
Kenntniss nicht besitzt, läuft fortwährend Gefahr, in grobe Irrthümer zu
verfallen und Verwechslungen sich zu Schulden kommen zu lassen, welche
nicht selten verhängnissvoll werden können. Als Nachschlagewerk , mit-
telst dessen die moderne Form mittelalterlicher lat. Namen rasch festge-
stellt werden kann, ist zu empfehlen: Tll. GuÄSSE, Orbis latinus. Dresd. 1S61.
Einen recht brauchbaren mittelalterUch-geographischen Index enthält auch
der 5. Band der PiiEVOST'schen Ausgabe der Historia ecclesiastica des Or-
DERlcrs YlTALls Paris 1855).
5. Der französische Einheitsstaat, wie er im 15. und 10.
Jahrhundert sich ausbiklete, gliederte sich in eine Keihe mehr
oder weniger umfangreicher Provinzen, welche vielfach, wie
die Grenzen, so auch die Namen der früheren Herzogthümer
und Grafschaften beibehielten. Diese historische Eintheilung,
während deren Dauer den einzelnen Landestheilen Mcnigstens
noch einige Reste der früheren Autonomie bewahrt blieben.
Avurde im Jahre 1790 von der constituirenden Nationalver-
sammlung aufgehoben, und an ihre Stelle trat eine streng cen-
tralisirende Eintheilung des Landes in (zunächst S3) Departe-
ments, deren Namen von Gebirgen und Flüssen entlehnt wurden.
6. Im Folgenden möge eine Uebersicht der früheren fran-
zösischen Provinzen gegeben Averden, wobei dem Namen jeder
Provinz zugleich die Benennungen der Departements beige-
fügt werden sollen, in welche ihr Gebiet zerlegt wurde. Nicht
erst der Bemerkung bedarf es. dass die Provinz- und die De-
partementsgrenzen sich nur ungefähr decken. Als praktisch
erschien es, den französischen Territorialhestand vor dem Jahre
1871 zu Grunde zu legen; welche Veränderungen er durch
den Frankfurter Frieden erlitten hat. ist ja bekannt genug.
I Isle de France. 1 Seine, 2 Seine-et-Oise, 3 Seine -et -Marne, 4
Oise, 5 Aisne — II Champagne. G Ardennes, 7 Marne, 8 Haute-Marne,
9 Aube — III Lothringen. 10 Meuse, 11 Moselle, 12 Meurthe, 13 Vos-
ges — IV Flandern. 14 Nord — VArtois. 15 Pas de Calais — VI Pi-
cardie. IG Somme — VII Normandie. 17 Seine inferieure, IS Eure,
19 Calvados, 20 la Manche. 21 Orne — VIII Bretagne. 22 Finisterc,
Einleitung. 9
2;< Morbihan , 24 Cötes du Nord. 25 lUe- et- Villainc, 26 Loire inferieure.
— IX Poitou. 27 Vendee, 28 Deux-Scvres, 29 Vienne — X Anjou.
3üMainc-et-Loire — XI Maine. 31 Mayenne, 32 Sarthe — XIIAngou-
mais, Aunis u. Saintonge. 33 Charente, 34 Charente inferieure —
Xin Touraine. 35 Indre- et -Loire — XIV Orleannais. 36 Loir-et-
Cher, 37 Jura-et- Loir , 38 Loiret — XV Nivernais. 39 Nievre —
XVI Bourbonnais. 40 AUier — XVII Marclie. 41 Creuse — XVIII
Berry. 42 Cher, 43 Indre — XIX Limousin. 44 Haute-Vienne, 45 C'or-
rege. XX Auvergne. 46 Cantal, 47 Puy de Dome — XXI Lyonnais.
48 Loire, 49 Rhone — XXII Burgund. 50 Ain, 51 Saöne- et -Loire, 52
Cote d'Or, 53 Tonne — XXIII Franche-Comte. 54 Haute-Saöne, 55
Jura, 56 Doubs — XXIV Elsass. 57 Haut-Pvhin, 5S Bas-Rhin — XXV
Dauphine. 59 Isere, 60 Drome, 61 Hautes-Alpes — XXVI Langue-
doc. 62 Ardeche, 63 Haiite-Loire, 61 Tozere, 65 Gard, 66 Herault, 67
Tarn, 68 Haute-Garonnc, 69 Aude — XXVII Guyenne. 70 Avcyron, 7]
Lot, 72 Dordogne, 73 Tam-et-Garonne. 74 Lot-et-Garonne, 75 Gironde
— XXVIII Gascogne. 76 Landes, 77 Gers, 78 Hautes-Pyrenees —
XXIX Bearn und Navarra. 79 Basses-Pyrenees — XXX Foix. 80 Ariege
— XXXI RoussiUon. Sl Pyrenees-orientales — XXXII Avignon, Ve-
nais sin und Orange. 82 Vaucluse — XXXIII Provence. 83 Bouches
du Rhone, 84 Basses -Alpes, 85 Var — XXXIV Savoyen und Nizza.
86 Savoie, 87 Haute-Savoie, 88 Alpes-maritimes — XXXV 89 Corse.
Auch mit der Departementseintheilung muss der französische Philolog
sich möglichst bekannt machen, denn sie ist nun einmal die in Frankreich
allein und allgemein übliche, und es wird folglich von französischen Ge-
lehrten auch dann auf sie Bezug genommen, -wenn es sich z. B. um An-
gabe der Grenzen eines Dialektes u. dgl. handelt. Auch sonst gereicht
eine genauere Kenntniss der geographischen und topographischen Verhält-
nisse des modernen Frankreichs dem französischen Philologen zum grossen
Nutzen. Hülfsmittel, um dieselbe zu erlangen, sind ausser den besseren
geographischen C'ompendien i; namentlich Joaxxe'.s Itineraire general de
la France (CoUeetion des Gi'IDES-Jo.\nxe [Paris. Hachette') und für Pa-
ris speciell B.\deker'.s »Paris und seine Umgebungen".
§ 3. Die Bevölkerung Frankreichs.
Auf dem Boden des heutigen Frankreichs haben, ehe die
französische bezw. die proveuzalische Nationalität sich aus-
bildete, folgende Völkerschaften neben, bezw. nach einan-
der gewohnt: Kelten. Iberer. Ligurer, Griechen, Römer. Ger-
manen-. Vgl. auch unten Cap. 2.
1 Das gegenwärtig im Erscheinen begriffene illustrirte AA'erk : V. Hell-
WALD, Frankreich in AVort und Bild Leipzig, Günth>:r' ist ein im guten
Sinn des Wortes populärwissenschaftliches Buch und verdient, schon sei-
ner schönen Bilder wegen, auch von den Neuphilologen einmal durchblät-
tert, bezw. gelesen zu werden.
2i Diese Liste könnte durch Einreihung der Phönicier und Araber
vervollständist werden, denn die ersteren sind die Vorläufer der Griechen
l
]() .Einleitung.
1. Die Kelten. Unter den Völkerschaften, Avelche zu
Cäsars Zeit in den Besitz Galliens sieh theilten, waren die
Kelten die weitaus bedeutendste und zahlreichste : ihr Gebiet
erstreckte sich — da nach gewöhnlicher Annahme , deren
Kichtigkeit hier dahingestellt bleiben muss vgl. unten b),
nicht nur die Galli, sondern auch die Belgae keltischen Stam-
mes waren — bis nahe an den llhein, dessen linkes Uferge-
biet allerdings schon damals in seiner ganzen Ausdehnung von
germanischen Völkern besetzt gewesen zu sein scheint.
a Die Kelten gehören zu der grossen indogermanischen oder arischen
Vülkerfamilie und sind das am weitesten nach Westen vorgeschobene Glied
derselben. Zu Cäsars Zeit waren ausser Gallien und Oberitalien Gallia cis-
alpina noch die britischen Inseln von keltischen Völkern besetzt, und in
noch früherer Zeit hat sich aller "Wulirscheinlichkcit nach das Gebiet der
Kelten noch über das südliche Deutschland und dessen Grenzlandschaften
erstreckt. (Im 3. Jahrhundert vor Chr. weite Eroberungszüge keltischer
Schaaren nach Griechenland und Kleinasien ; Niederlassung von Kelten
in dem nach ihnen genannten Galatien). Die Kelten haben das eigene
Schicksal erlitten, dass sie im Laufe der Zeit immer mehr und mehr von
andern Völkern zurückgedrängt und absorbirt wurden, so in Gallien von
den Kömern und Germanen, in England und dem südlichen Schottland
durch die germanischen Angelsachsen. Behauptet hat sich der keltische
Stamm nur in Wales, im nördlichen Schottland und den umliegenden In-
seln, in Irland und in der nordwestlichen Bretagne, doch dürfte die sprach-
liche Anglisirung, bezw. Französisirung der betreffenden Völkerschaften
nur eine Frage der Zeit sein, schon jetzt wird in den meisten der genann-
ten Gebiete neben dem Keltischen auch schon das Englische, bezw, das
Französische gesprochen.
b, Ueber das Verhältniss der Belgae zu den Galli ist viel gestritten
worden, ohne dass doch die Frage bis jetzt völlig klar gestellt worden
wäre, und bei der Dürftigkeit und Unbestimmtheit der betreöenden An-
gaben bei Cäsar und andern antiken Autoren dürfte die Erlangung voUer
Klarheit überhaupt unmöglich sein. Das Wahrscheinlichste ist, dass die
unter dem Gesammtnamen Belgae begriffenen Völkerschaften theils dem
keltischen, theils aber dem germanischen Stamme angehörten , theils aber
vielleicht keltisch-germanische Mischvölker waren. Vgl. auch unten Nr. 6.
c Von Zeit zu Zeit ist neuerdings die Behauptung aufgestellt worden,
dass die alten Gallier nicht Kelten, sondern insgesammt Germanen gewe-
sen seien; zuletzt von A. v. Bfxker, Versuch einer Lösung der Kelten-
frage durch Unterscheidung der Kelten und der Gallier. 1. Hälfte. Karls-
ruhe 1S83, Diese Hypothese dürfte jedenfalls abzuweisen sein, andererseits
in der Kolonisation der gallischen Mittelmeerküste gewesen und die letz-
teren haben vorübergehend einzelne Gebiete Südfrankreichs occupirt. Ge-
legentlich wird auch weiter unten auf diese Thatsachen Bezug genommen
werden.
Kinlcitun}?. 1 1
aber dürfte doch vielleicht dem germanischen Elemente in dem altpalli-
schen Völkercomplcxe eine grössere Bedeutung beizumessen sein , als bis
jetzt zu geschehen pflegte.
d) Ueber die Cultur der gallischen Kelten niaclit Cäsar in seinen Com-
mentarien, namentlich VI, 11 — 20, interessante ujid vcrhiiltnissmässig aus-
führliche Angaben. Darnach war dieselbe eine ziemlicli primitive lialb-
cultur, ungefähr entsprechend der Cultur der germanischen Völker im
frühesten Mittelalter. Zu liöherer Cultur hat kein einziges keltisches Volk mit
Bewahrung seiner Nationalität sich zu erheben vermocht, selbst nicht die iri-
schen Kelten, welche doch bis in das spätere Mittelalter die äussere Möglich-
keit der Ausbildung einer Nationalcultur besassen ; darin ist gewiss auch die
Erscheinung begründet, dass die Kelten von den Germanen und Romanen
als den culturfähigcren Stämmen immer mehr zurückgedrängt worden sind.
e; Ueber die Eintheilung der keltischen Spraclien vgl. Theil 1 p. 47.
Unter allen indogermanischen Sprachen dürften die keltischen sich von dem
ursprünglichen Laut- und Formentypus am weitesten entfernt und die ab-
normsten Bildungen entwickelt haben. Besonders eigenartig und bizarr ist
das Lautsystem des Keltischen, namentlich in Bezug auf die Anlautgesetze.
In Folge dessen ist das Studium des Keltischen ebenso interessant als
schwierig.
f) Die Sprache der alten Gallier ist uns nur aus den in das Latein
übergegangenen Lehnworten z. B. leuca, rheda, cerevisia etc.), aus Eigen-
namen namentlich den zahlreichen Ortsnamen) und einer Anzahl (15 — 18)
wenig umfangreicher Inschriften bekai^nt (vgl. A. Pictet, Essai s. quelques
inscriptions en langue gauloise Genf. 1859, und Nouvel essai s. les inscr. g.
Paris 1SÜ7 . Besser vertraut sind wir dagegen mit den, zum Theil ja noch
lebenden keltischen Idiomen in der Bretagne, in "Wales, Schottland und
Irland Bretonisch oder Armoricanisch, Welsch, Gälisch , Irisch,, und von
diesen aus sind Rückschlüsse auf die Beschaffenheit des Gallischen möglich.
Ueber den etwaigen Einfluss des Gallischen auf das Französische vgl. unten
das Kapitel über Sprachgeschichte.
g; Die alten Gallier kannten die Schrift, verschmähten aber die An-
wendung derselben für litterarische Zwecke (vgl. C^lsar, b. g. VI, 14 ;
daher sind auch die jedenfalls vorhanden gewesenen gallischen Volksdich-
tungen völlig spurlos untergegangen. Die keltischen Stämme in der Bre-
tagne und in Britannien haben eine ansehnliche und eigenartige Litteratur,
namentlich auf epischem Gebiete, entwickelt, welche zum Theil bereits im
früheren Mittelalter schriftlich fixirt worden ist. Die mittelalterlich kel-
tische Litteratur hat auf die romanischen und germanischen Litteraturen
des Mittelalters, besonders durch die Ueberlieferung phantastischer Sagen-
stofFe Artus-, Iwein-, Lanzelotsage und dgl. , sehr erheblich eingewirkt.
h; Der französische (und ebenso der englische) Philolog darf, wenn er
höhere wissenschaftliche Ziele verfolgt, einiger Kenntniss der keltischen
Sprachen und Litteraturen nicht entbehren. Es ist dies eine Forderung,
deren Berechtigung gegenwärtig allerdings nur erst von Wenigen erkannt
wird, deren Nothwendigkeit sich aber immer gebieterischer geltend machen
dürfte. Je mehr ihr genügt werden wird , um so mehr steht zu hoffen.
1 2 Einleitung.
dass so manche Räthsel der französischen und englischen, überhaupt der
romanischen und germanischen Sprach- und Litteraturgeschichte ihre end-
gültige Lösung finden werden. Aber auch die allgemeine, bezw. die indo-
germanische vergleichende Sprachwissenschaft wird durch ein eindringen-
deres Studium des Keltischen mächtig gefördert werden. Sehr zu wünschen
wäre demnach, dass die Zahl der Professuren für keltische Philologie an
deutschen Universitäten vermehrt würde bis jetzt bestehen deren nur zwei:
in Berlin zur Zeit unbesetzt] und I-eipzig [E. "WiNDisciii ; der hervorra-
gende Keltist Zi.MMEU in Greifswald vertritt officiell das Fach des Sanskrit
lind der vergleichenden Sprachwissenschaft^ ; nicht minder aber wäre zu
wünschen, dass mehr, als bisher, für die akademische Laufbahn befähigte
junge Linguisten sich den keltischen Studien widmeten, um künftig An-
•deren als Lehrer dienen zu können.
i) Littcraturangaben; Allgemeines: F. RliYS, Lectures on
Welsh Philology. London 1877. — L. Dikfexbacii, Origines Europaeae,
die alten Völker Europa's mit ihren Sippen und Nachbarn. Frankfurt a. M.
1861 — A. HoLTZMANN, Kelten und Germanen. Stuttgart 1855 — L. DlE-
•FENBACn, Celtica. Sprachliche Documente zur Geschichte der Kelten. Stutt-
gart 1839/40.J 3 Bde. — Brandes, die ethnographischen Verhältnisse der
Kelten und Germanen. Leipzig 1857 — RoGi'ET et BELi.oarET, Ethno-
logie gauloise. Paris 1868/75 — LEMiiiRE, Etüde sur les Celtes et les Gau-
lois. Paris 1874/76 — E. MoRix, L'Armorique au V^ siecle. Kennes 1867
— Revue Celtique, p. p. H. Gaidoz. Paris seit 1870. — Sprachliches;
*E. "W INDISCH , Keltische Sprachen. S.-A. aus Ersch und Grvbers Real-
•encyklopädie. 2 Sect. Bd. 35, S. 132—180 — Desjardins, a. a. O. t. II,
p. 577 ff. — A. DE Jl'BAlNViLLE, Etudes grammaticales s. les langues cel-
tiques. Paris 1881 — W. F. Edwards, Reeherches sur les langues celti-
ques. Paris 1844 — E. GLÜCK, Die bei Cäsar vorkommenden keltischen
-Ortsnamen. München 1857 — *H. K. Zeiss, Grammatica Celtica, 2. Ausg.
besorgt durch H. Ebel. Berlin 1871 (besitzt für die keltische Philologie
eine ähnlich grundlegende Bedeutung , wie DiEz' Gramm, für die roma-
nische; vgl. die Recension von Nigra in der Rev. celt. Bd. I; — J. O'Do-
NOVAN, A Grammar of the Irish Language. Dublin 1S45 — E. "WiNDl.sCH,
Kurzgefasste irische Grammatik mit Lesestücken. Leipzig 1879 (ausgezeich-
netes altirisches Elementarbuch) — Canon BoiRKE, The College Irish
Grammar. Dublin 1879 — P. W. JOYCE, A Grammar of the Irisli Language
for the Use of Schools. Dublin 1879 (dieses und das vorhergenannte Werk
sind trefiliche und praktische Lehrbücher des Neu-Irischen . — J. GriLLOME,
Grammaire francaise-bretonne. Vannes 1836 — Th. Rowland, A Gram-
mar of the Welsh Language. A\'rexham o. J. — G. GÜTERBüGK, Bemerkungen
über die latein. Lehnworte im Irischen. Königsberg (Leipzig) 18'52. Diss.
— F. MoNE, Die gallische Sprache und ihre Brauchbarkeit für die Ge-
schichte. Karlsruhe 1857 — H. MoNlN, Monuments des anciens idiomes
gaulois. Paris 1872 (der Verf. versucht, den EinHuss des Keltischen auf
das gallische Latein zu constatiren) — LÜCKE, La grammaire des idiomes
celtiques en rapport avec la langue francaise. Programm des Gymnasiums zu
Schleswig 1876 — M. Grünewald, Ueber die keltischen Elemente im Fran-
Einleitung. ^ 13
zösischen. Braunschweig 1ST4 — A. Meyer, Vergleich verschiedener Rede-
theile im Keltischen und Französischen, in: IJlätter f. d. bayr. Gymnasial-
wesen. Bd. 12, Heft 1 und 8. — Litteratur gcschichte: AuBOls de
JrB.uxviLLE, Introduction h l'etude de lu litterature celtique. Paris 1883. —
Vgl. auch Theil II, S. 481. — Ueber die keltische Einwanderung in die
Bretagne vgl. J. Loth, L'emigration bretonne en Armorique du V« au VII«
siecle de notre ere. Paris 18S3, cf. Rom XIII, 4;Ui.
2. Die Iberer. Die Woliiisit7X' der Iherer erstreckten
sich von der Garonne ab südwärts über Aquitanien und über
die pyreniiische Halbinsel. In Gallien war demnach nur ein
verhältnissmiissig; kleines Gebiet von den Iberern besetzt. Da
dasselbe dem späteren provenzalischen Sprachgebiete, die Py-
renäenhalbinsel 'aber dem späteren spanisch -portugiesischen
Sprachgebiete zufiel, so bleiben nähere Angaben über die Ibe-
rer passend der Einleitung in die provenzalische und spanische
Philologie vorbehalten.
3. Die Ligurer. Die Ligurer bewohnten in vorhisto-
rischer Zeit einen Theil der gallischen Südwestküste vgl,
Desjardixs a. a. O. II p. 49 ff.', wurden aber durch die Kel-
ten aus diesen Sitzen verdrängt und auf das spätere genue-
sische Gebiet, das eigentliche Ligurien, beschränkt. Ein Ein-
fluss der Ligurer auf die Entwickelung der provenzalischen
Nationalität und Sprache — denn nur diese . und nicht die
französische kann hier in Betracht kommen — ist absolut nicht
nachweisbar. Die Zugehörigkeit der Ligurer zum arischen
Stamme dürfte mindestens wahrscheinlich sein.
4. Die Griechen. Phocäische Griechen gründeten
gegen 600 v. Chr. an der gallischen Südostküste die Colonie
Massilia . welche sich nicht nur bald zu einem Handelsplatze
von höchster Bedeutung entwickelte, sondern auch den Aus-
gangspunkt für zahlreiche weitere griechische Städtegründungen
abgab, in Folge deren die ganze Mittelmeerküste Galliens mehr
oder weniger hellenisirt wurde. Man muss sich indessen hü-
ten, diesen griechischen Colonien irgend welchen Einfluss auf
die Entwickelung der provenzalischen oder gar der französi-
schen Sprache und Nationalität zuzuschreiben, es ist vielmehr
durchaus anzunehmen , dass zwischen Provenzalisch , bezw.
Französisch einerseits und Griechisch andrerseits direkte Be-
ziehungen nicht bestehen. Was die französischen Humanisten
des IG. Jahrhunderts vorgebracht haben, um die unmittelbare
1 4 . Einleitung.
Verwandtschaft ihrer Sprache mit der griechischen zu beweisen,
kann vor einer wissenschaftHchen Prüfung schlechterdings nicht
bestehen. Richtig ist ja freilich, dass die französische Syntax
manche bemerkenswerthe Züge mit der griechischen gemein
hat (man denke z. B, an die Construction der hypothetischen
Periode der Irrealität : si favais, je donnerais = si sl/ov, ioi-
couv avi), aber derartige Parallelen, welche auch sonst zwi-
schen einander fremden Sprachen sich oft genug finden, be-
rechtigen noch nicht zur Annahme eines engeren Verwandt-
schaftsverhältnisses, nichtig ist auch , dass das Französische
(und das Komanische) überhaupt eine nicht unerhebliche An-
zahl von Worten griechischen Ursprunges, welche nur auf
volksthümlichem "Wege übernommen worden sein können, in
seinem Wortschatze besitzt ^man denke z, B. an parier , hlä-
mer, eglise, pretre^ coup etc), aber diese Worte sind zweifel-
los dem Griechischen nicht direkt, sondern nur indirekt (durch
das Medium des Lateins, namentlich des Kirchenlateins) ent-
lehnt worden.
5. Die Römer. Zum ersten Male betrat im Jahre 154
v, Chr. ein römisches Heer den gallischen Boden, um auf
Wunsch der mit Rom verbündeten Massilioten die griechischen
Küstenstädte Nicäa (Nizza) und Antipolis (Antibes) gegen räu-
berische Nachbarstämme zu vertheidigen. Landerwerbungen
wurden indessen damals noch nicht gemacht, sondern erst in
den Jahren 123 — 118 v. Chr. unterwarfen sich die Römer die
gallische Südküste , welche fortan als erste römische Provinz
jenseits der Alpen »Provincia« schlechtweg, später auch nach
ihrer Hauptstadt Narbo (Martins; »Gallia Narbonensis« genannt
wurde. Das politische Motiv zu dieser Erwerbung war die Noth-
wcndigkeit, eine sichere Landverbindung zwischen Italien und
dem bereits seit dem 2. punischen Kriege dauernd xmterworfenen
Spanien herzustellen. Die Eroberung des übrigen Galliens
wurde bekanntlich erst von J. Cäsar unternommen und in
acht Feldzügen (58 — 51 v. Chr.) siegreich durchgeführt. Der
glückliche Eroberer hat, wie ebenfalls bekannt ist, seine Tha-
ten selbst in einem mit Recht als classisch betrachteten Ge-
schichtswerke berichtet und dabei nicht verschwiegen, welcher
rücksichtslosen Mittel er zur Erreichung seiner Zwecke sich
bedient hat. Ganz wesentlich erleichtert wurde dem römischen
Einleitung. 15
Feldherni sein kühnes Unternehmen durch die Uneinigkeit der
gallischen Völkerschaften unter einander. Nicht persönlicher
Ehrgeiz allein bestimmte ührigons den IJcgründor des römi-
schen Kaiserreiches zur Unterjochung des weiten Landes, son-
dern gewiss ist für ihn auch die Erwägung massgebend ge-
wesen, dass nur der Besitz Galliens die Römer gegen die
Einbrüche germanischer ^'ölkcrstämme nach Italien schützen
konnte.
Das durch Cäsar bis zum Rheine hin unterworfene Gal-
lien erhielt durch Augustus und Tiberius eine feste admini-
strative Eintheilung (vgl. oben S. 5] und verblieb bis zur
Auflösung des römischen Reiches in dem Provinzialverbande
desselben. Der in den Jahren 69 — 70 n. Chr. von dem Ra-
taver Claudius Civilis und dem Lingonen Julius Sabinus un-
ternommene Versuch, Gallien von Rom loszureissen und zu
einem unabhängigen Staate zu gestalten . scheiterte trotz der
grossen Erfolge , welche die Aufständischen anfänglich erran-
gen (die sehr interessante Geschichte dieses Kampfes hat Ta-
ciTus im 4. Buche der Historien erzählt .
Ueber die Romanisirung Galliens, welche die Folge seiner
Unterwerfung unter die römische Herrschaft war, wird später
eingehender gehandelt werden. Hier genüge die Bemerkung,
dass die römische Einwanderung in Gallien eine sehr starke
gewesen zu sein und dass auch die gallische Bevölkerung selbst
sich römische Sprache und Sitte rasch und leicht angeeignet zu
haben scheint. Die grösseren Städte wurden zum Theil die
Sitze auch litterarischer Bildung und erlangten Ruhm durch
die in ilmen bestehenden Rhetorenschulen. Die Zahl der aus
Gallien hervorgegangenen namhaften lateinischen, besonders
christlich-lateinischen Dichter und Prosaisten ist nicht gering
iz. B. Ausonius stammte aus Burdigala, ebenso Paulinus Nola-
nus, Apollinaris Sidonius war aus Lugdunum gebürtig, die Hi-
storiker Prosper und Sulpicius Severus waren Aquitanier, der
berühmte Hymnendichter Ambrosius wurde wahrscheinlich in
Trier geboren etc.).
Da das Gebiet der Gallia Xarbonensis fast ein Jahrhun-
dert früher in römischen Besitz gelangt war, als das nördliche
Gallien , so war auch die Romanisirung des Südens eine in-
teusivere, als diejenige des Nordens, um so mehr als im
1 Q Einleitung.
Süden die griechische Cultur der römischen vorgearbeitet
hatte.
6. Die Germanen. Das Eindringen germanischer
Stämme in Gallien hatte schon vor Cäsars Zeit begonnen : Die
Cimbern und Teutonen hatten Gallien durchzogen . an den
Ufern des Rheines, namentlich im Gebiete des Niedenrheins,
hatten sich germanische Stämme sesshaft gemacht (ein Theil
der unter dem Namen Belgae zusammengefassten Völker war
germanischen Stammes) . Cäsar selbst hatte gegen den Germa-
nenkönig Ariovist zu kämpfen und sah sich veranlasst, zwei-
mal mit einem Heere den Rhein zu überschreiten , um die
Germanen von ferneren Einfällen in das nun römisch gewor-
dene", Nachbarland abzuhalten.
Mit dem Verfalle des römischen Reiches begann das Vor-
dringen der Germanen nach Gallien auf's Neue , und mehr
und mehr fingen die eingedrungenen Stämme an sich auf dem
eroberten Boden sesshaft zu machen und eigene Reiche zu
bilden. Vorbereitet worden war übrigens diese Invasion durch
die Aufnahme zahlreicher Germanen^ in das römische Heer,
womit schon Cäsar begonnen hatte, später durch den häufigen
Eintritt von Germanen auch in den römischen Staatsdienst
und durch die von der römischen Regierung selbst betriebene
und organisirte Ansiedelung germanischer Stämme in Gallien
(vgl. E. Leotard , Essai sur la condition des barbares ctablis
dans l'empire romain au quatricme siecle. Paris 1S74 .
So wiurde das römische Gebiet in Gallien mehr und mehr
beschränkt und umfasste schliesslich nur noch ungefähr die
spätere Isle de France und die zunächst angrenzenden Land-
schaften. Im Jahre 4S6 aber wurde der letzte römische Statt-
halter, Syagrius, in der Schlacht bei Soissons von dem Fran-
kenkönig Chlodwig besiegt und damit der letzte Rest der römi-
schen Herrschaft über Gallien vernichtet.
Die wichtigsten der germanischen Völkerschaften, welche
im 5. Jahrhundert in den Besitz Galliens sichtheilten, waren:
die Franken (Nordwest- und Mittelfrankreich^, die Burgunder
Ostfrankreich, d. h. das Flussgebiet der Rhone und Saöne
bis zur oberen Loirei und die Westgothen imd Sueven (Süd-
westfrankreich); ausserdem befanden sich einzelne Gebiete der
Südküste zeitweilig im Besitze der Ostgothen. — Das Gebiet
Einleitung. 1 7
von Annorica wurde durch aus England vor den Angelsachsen
flüchtige Briten besetzt und erhielt dadurch seinen nunnieh-
rigen Namen Bretagne sowie eine neue keltische Bevölkerung,
welche zu einem Theile ihre Sprache und ihren .Stammes-
charakter bis zur Gegenwart behauptet hat.
Den Königen des Frankenreiches gelang es in einer Reihe
von Kämpfen die Westgothen und Burgunder ihrer Herrschaft
zu unterwerfen und somit ganz Gallien wieder zu einer staat-
lichen Einheit zu vereinigen, welche allerdings in Folge häu-
figer Reichstheilungen bald wieder gelöst, aber unter den er-
sten Karolingern auf's Neue hergestellt wurde.
Die Franken zerfielen in zwei Stämme, die Salier und die Ripuarier,
von denen [nach der gewöhnlichen Annahme die ersteren zwischen Maas und
Scheide, die letzteren am Eheine bis zur Lahn hin, von wo ab das Gebiet
der Alemannen begann, sesshaft waren. Der salische Frankenkönig Chlod-
wig vereinigte um 500 n. Chr. das gesammte Frankengebiet unter seine
Herrschaft. — Nach der bis jetzt allgemein gültigen Ansicht waren die
Franken Germanenstämme, welche erst in verhältnissmässig später Zeit,
d. h. zur Zeit der beginnenden Auflösung des römischen Reiches , aus
Deutschland in die oben bezeichneten Gebiete Galliens, bezw. der römi-
schen Provinz Germania inferior, als Eroberer einrückten. Gegen diese
Anschauung hat in Bezug auf die salischen Franken neuerdings V. Gau-
tier in einer scharfsinnigen Untersuchung Renovation de l'histoire des
Franks. Brüssel 1SS3; vgl. darüber das Referat von H. Schiller im Jahres-
bericht über die Fortschr. d. class. Alterthumswiss. Bd. 36, p. 533 ff.)
Widerspruch erhoben und folgende Thesen aufgestellt: 1. Die salischen
Franken waren Beiger, welche an der Nordseeküste von Dünkirchen bis
Leyden wohnten. 2. Die Bataver, Moriner, Menapier, Nervier und Ton-
grer schüttelten 410 n. Chr. das römische Joch ab und bildeten die Gruppe
der salischen Franken. 3. Die Häupter der belgischen 'd. h. hier also sali-
schen Stämme eroberten Gallien. Damach waren also die salischen Franken
germanische Beiger, und die Gründung des (ursprünglichen) Frankenreiches
war nicht sowol die Folge einer Invasion und Eroberung als vielmehr nur
die "Wiedererlangung der Selbständigkeit von Seiten belgischer Stämme.
An "Widerspruch wird es den Hypothesen Gautier's gewiss nicht fehlen.
Jedenfalls aber ist ihm das Verdienst zuzuerkennen, die Forschung über
die Urgeschichte der Franken wieder in Fluss gebracht und neue Gesichts-
punkte für sie aufgestellt zu haben. Dass der im Mittelalter und bis in
das 17. Jahrhundert hinein geglaubten Mythe von dem trojanischen Ur-
sprünge der Franken [Litteraturangaben hierüber s. in Theil H , S. 486]
auch nicht ein Schatten geschichtlicher "Wahrheit zu Grunde liegt, bedarf
gar nicht erst der Bemerkung, nichtsdestoweniger darf die fränkische
Trojasage wegen der ihr zukommenden grossen litter arhistorischen Be-
deutung von den Philologen nicht ignorirt werden.
Körting, Encyklopäaie d. rom. Phil. III. 2
18 Einleitung.
Der Ursprung des Namens »Franken«, welcher zuerst im '.i. Jahrhun-
dert n. Chr. erscheint, ist noch nicht genügend aufgeklärt; gemeinhin wird
er mit dem Adjectiv «frank = frcin identificiert, wonach Franken soviel wie
»freie Männer« im Gegensatz zu den unterworfenen Galliern) bedeuten
würde.
Während anfänglich die germanischen Eroberer Galliens
(Franken etc.) den von ihnen unterworfenen Galloromanen als
Herren gegenüberstanden und eine Art abgeschlossener Krieger-
kaste bildeten, trat später (etwa im S. und 9. Jahrhundert
allmählich eine Mischung beider Völkerstämme ein, in Folge
deren die Germanen ihre Sprache mit der galloromanischen
vertauschten. Begründet war dieser Vorgang in dem grossen
Uebergewichte, welches hinsichtlich der Volkszahl und der
Kultur die Galloromanen über die eingedrungenen Germanen
besassen, und wesentlich befördert wurde er durch den Ueber-
tritt der Germanen zur christlichen, bezw. zur katholischen
Kirche.
8. Das Endergebniss der Mischung der Germanen mit
den Galloromanen war das Entstehen der französischen
Nationalität im Norden, der pro venzalischen Nationalität
im Süden Galliens. Die Spaltung der galloromanisch-germa-
nischen Bevölkerung in zwei Nationalitäten war darin begrün-
det, dass der Süden einerseits intensiver romanisirt und andrer-
seits weniger von germanischem Einfluss berührt worden war,
als der Norden.
9. Das orermanische Element im nördlichen Frankreich
wurde erheblich verstärkt durcR die im Beginn des 10. Jahr-
hunderts erfolgte Niederlassung der Normannen (Skandinavier)
in Neustrien (Gebiet der- unteren Seine), denn wenn dieselben
auch mit überraschender Schnelligkeit die französische Sprache
annahmen, so bewahrten sie sich doch noch lange die germa-
nische Thatkraft und geistige Frische und erlangten durch
diese Eigenschaften eine Art Hegemonie über die übrigen
Volksstämme Nordfrankreichs, und zwar nicht bloss in politi-
scher Beziehung , sondern auch auf geistigem Gebiete (rege
Betheiligting der Normannen an der Entwickelung der alt-
französischen Litteratur: l*flcge der Wissenschaften in den
normannischen Klosterschulen zu Bec [Lanfranc. Anselm^ uiul
Fecanip etc.). Es ist der Einfluss der Normannen auf die
Entwickelune: der mittelalterlichen französischen Cultur ein
Einleitung-. 19
sehr bedeutender gewesen, und es würde eine dankbare Auf-
gabe bilden, sein Wirken einmal im Einzelnen zu untersuchen.
Nicht unbemerkt darf hier bleiben , dass auch in der Neuzeit
der Antheil der Normandie an dem geistigen Leben und in
Sonderheit an der Littcratur Frankreichs ein sehr erheblicher
gewesen ist.
10. Aus dem Erörterten ergiebt sich, dass in der (nord -
französischen Nationalität drei Elemente mit einander verbun-
den sind : das gallische (keltische) , das romanische und das
germanische ^'j . Daraus erklärt sich die Vereinigung schein-
bar einander widersprechender Eigenschaften im französischen
Nationalcharakter. Das Mischungsverhältuiss der verschiede-
nen Elemente ist übrigens selbstverständlich weder in allen
Gebieten der französischen Nationalität das gleiche . noch ist
es zu allen Zeiten das gleiche gewesen. Namentlich ist zu
bemerken , dass im Mittelalter das germanische Element im
Franzosenthum ungleich stärker sich geltend machte . als in
der Neuzeit : die Franzosen des Mittelalters können als Halb-
germanen betrachtet werden, die Franzosen der Neuzeit sind
fast reine Keltoromanen. indem im Laufe der geschichtlichen
Entwickelung das germanische Element mehr und mehr von
dem keltischen und romanischen zurückgedrängt und aufge-
sogen worden ist. Das keltische Element dürfte vorwiegend
in der physischen Constitution und im Temperamente der
Franzosen zum Ausdruck gelangen, das romanische Element
dagegen in den höheren intellectuellen Eigenschaften. Im Ein-
zelnen dürfte etwa angegeben werden können, däss der Opti-
mismus der Franzosen und ihre Neigung zu einer leichten
und heiteren Auffassung des Lebens keltischen Ursprunges ist-j,
1 Die Franzosen sind also ein Mischvolk. Dasselbe gilt übrigens
auch von den andern Culturvölkern des modernen Europa's. Von den
Engländern ist es bekannt genug, aber auch in Bezug auf die Deutschen
darf man nicht vergesse«, dass die Bevölkerung weiter Gebiete des jetzi-
gen Ostdeutschlands ursprünglich slavischen Stammes war und dass in
gewissen Theilen Süd- und "Westdeutschlands in vorhistorischer Zeit Kel-
ten wohnten. Ueberhaupt dürfte sich die Behauptung aufstellen lassen,
dass jede bedeutende Nationalität verschiedene ethnische Elemente in sich
vereinigt.
2) In neuester Zeit liebt man es in Frankreich, von dem «esprit gau-
lois" als von einem werthvollen, aber mehr und mehr schwindenden Be-
standtheile des Nationalcharakters zu sprechen. Aber weder ist der Be-
gritf dieses esprit recht klar, noch ist ersichtlich, weshalb ihm gerade das
Epitheton »gaulois« zukommen soll, denn das, woran man bei «esprit
2*
20 Einleitung.
ebenso ihre leichte Erregbarkeit und lebhafte Phantasie, dass
dagegen ihre nüchterne Verständigkeit und ihre Neigung zu
logischer Consequenz im Denken und Handeln romanische
Charakterzüge sind. Indessen ist es sehr misslich, über solche
Dinge bestimmte Angaben zu machen : auf Völkercharaktere
ist die Methode der chemischen Analyse nicht anwendbar.
Die bekannte, nicht eben schmeichelhafte Schilderung,
welche Cäsar von dem gallischen Nationalcharakter entwirft
(de bell. gall. IV, 5), kann man in manchen Zügen auch noch
für den modern französischen Nationalcharakter für zutreffend
anerkennen. Aber man darf darauf keinen sonderlichen Werth
legen , denn , was Cäsar von den Galliern sagt und was man
oft auch von den heutigen Franzosen behauptet — z. B. dass
sie neugierig und veränderungssüchtig seien — . das würde
sich mit gleichem Rechte auch von manchem andern Volks-
stamme sagen lassen, und überdies ist es, auch wenn es im
vollsten Umfange wahr wäre, nicht von so schlimmer Art, dass
es irgendwie zu einem verächtlichen Urtheile über die Gallier,
bezw. über die Franzosen berechtigte. Cäsars Schilderung
trifft schliesslich doch nur die Aussenseite des gallischen We-
sens , lässt den innern Kern desselben unberührt ; dass aber
dieser ein tüchtiger gewesen sein muss, wird bewiesen durch
den mannhaften und intelligenten Widerstand , den die Gal-
lier , obwol durch "Uneinigkeit geschwächt , den Römern ent-
gegensetzten, und es wird ferner bewiesen durch die hohe
Culturstellung, welche Gallien bald nach seiner Unterwerfung
unter den riftnischen Provinzen einnahm.
1 1 . Der Nationalcharakter der heutigen Franzosen muss
von jedem unbefangenen Beurtheiler als ein im Wesentlichen
ehrenwerther und tüchtiger anerkannt werden. Leicht ist es
ja, einzelne Schwächen an ihm zu entdecken, aber man muss
sich dessen bewusst bleiben, dass eben jedes Volk, wie jedes
Individuum, mit irgend welchen Charakterschwächen behaftet
ist. Nichts ist verkehrter, als die Franzosen in ihrer Ge-
sammtheit des Leichtsinns , der Frivolität , der Unsittlichkeit
zu beschuldigen. Ein an solchen Fehlem krankendes Volk
gaulois« zuer.st denkt; Munterkeit, frühes und naives Behagen am Leben,
Freude an Witz und an Scherz, das ist keine specitisch gallische, sondern
eine allgemein menschliehe Eigenschaft.
Einleitung. 21
M'ürde \inmöglit'h die hohe Culturstelhmg' und den grossen
materiellen Wohlstand des heiitigen Frankreichs hahen erlan-
gen können, denn solche EiTiuigenschaften setzen nicht hloss
hohe geistige J5egabung, sondern auch sittliche Tüchtigkeit
voraxis.
IJei der Beurtheiliinsi; eines fremden Volkes muss man sich der gröss-
ten Objectivitiit und Unparteilichkeit befleissigen. Diesen Grundsatz muss
der Deutsche auch den Franzosen gegenüber festhalten und sich also, wenn
er ihnen gerecht werden will, von jeder nationalen Voreingenommenheit au
befreien suchen. Es ist ja wahr, dass in früheren Zeiten Deutschland
durch die französische Politik auf das Schwerste gescliädigt worden ist.
Aber ganz abgesehen davon, dass dies doch nur geschehen konnte, weil
die Deutschen unter einander zwieträchtig waren und die Einmischung
Frankreichs oft genug selbst herausforderten, so ist es doch schwerlicli statt-
haft, ein ganzes Volk in seiner gegenwärtigen Generation für das verant-
wortlich machen zu wollen, was in erster Linie die Kegenten desselben in
früheren Jahrhunderten verschuldet haben. Ueberdies aber haben die Fran-
zosen der Gegenwart die etwaige Schuld ihrer Vorfahren durch die im letz-
ten deutsch-französischen Kriege erlittenen schweren Niederlagen und De-
müthigungen so hart gebüsst, dass unedel handeln würde, wer als Deutscher
ihnen jetzt noch wegen einst an Deutschland verübter Unbill grollen wollte.
"Wir Deutsche sind gegenwärtig das siegreiche und das mächtigere Volk
geworden und mit berechtigtem Stolze dürfen wir uns dessen bewusst sein,
aber gerade weil wir die Sieger und die Mächtigeren sind, liegt die sitt-
liche Pflicht uns ob, den Besiegten die Hand zu aufrichtiger Versöhnung
zu bieten und nicht in kleinlicher Verbissenheit Stofl' zu immer neuem
Zwiste aufzusuchen. "Wir müssen auch hochherzig genug sein, um es ver-
stehen und verzeihen zu können , dass in Folge der Ereignisse der Jahre
1870/71 die Stimmung der Franzosen gegen Deutschland noch vielfach ge-
reizt und verbittert ist und dass aus dieser Stimmung heraus Manches ge-
sprochen, geschrieben und gethan wird, was, wenn es das Ergebniss ruhiger
Ueberlegung wäre, als schwere Beleidigung und Drohung aufgefasst wer-
den müsste.
Man beurtheile die Franzosen in ihrer Gesammtheit nicht nach den
Romanen eines Daudet , Zola und Anderer. Die in diesen gegebenen
Sittenschilderungen haben nur für Paris Gültigkeit und auch für dieses
nur in beschränktem Masse. Dass aber in einer grossen Weltstadt, wie
Paris, viel sittlicher Fäulnissstoff sich anhäufen muss (zum nicht geringen
Theile übrigens solcher , der aus dem Auslande herübergetragen worden
ist , das liegt in der Natur der Verhältnisse, indessen dürfte. Alles in Allem
genommen, die Moralität in Paris doch noch erheblich besser sein, als
z. B. diejenige Londons, vielleicht auch als diejenige Petersburgs: der
eigentliche pariser Bürgerstand, von dem in Romanen freilich wenig die
Rede zu sein pflegt V', darf wohl für sittlich so gesund gelten, als dies
1) Es ist ja bekannt, dass in den französischen Romanen der Schau-
22 Einleitung.
unter modernen Verhältnissen eben (lenkbar ist. Aber mag auch Paris
hinsichtlich der Sittlichkeit noch viel zu wünschen übrig lassen, so ist doch
Paris noch nicht Frankreich, und folglich darf das Urtheil über das erstere
nicht ohne Weiteres auch für das letztere als gültig betrachtet werden.
Nun mögen ja die sittlichen Zustände in den französischen Departements,
namentlich in den grossen Handels- und Fabrikstädten, auch keineswegs
überall musterhafte sein, aber im Allgemeinen dürften sie doch nicht unter
dem Niveau stehen , auf welchem die Moral in andern europäischen Cul-
turländern sich befindet. Dies Niveau ist, wie bekannt, kein sonderlich
hohes, aber es ist auch kein sonderlich niedriges, sondern kann immer
noch für leidlich befriedigend erachtet werden; jedenfalls hat es sowol im
Alterthum wie im Mittelalter Zeiten gegeben, in denen es mit der Sittlich-
keit noch weit schlimmer bestellt war, als in der Gegenwart.
Die Franzosen, wie überhaupt die Romanen, besprechen und behan-
deln gewisse Dinge mit grösserer Ungenirtheit , als die Deutschen (und
überhaupt die Germanen), Darin ist es begründet, dass das französische
Leben auf den Deutschen (und überhaupt auf den Germanen; häufig einen
unerquicklichen und abstossenden Eindruck macht. Schweres Unrecht aber
wäre es, in dieser Ungenirtheit Unsittlichkeit erblicken zu wollen, wenn
auch gern zuzugeben ist, dass der Schritt von jener zu dieser leicht ge-
than werden kann. Auch die dem Deutschen augenfällige Freiheit des
Franzosen von jeder Sentimentalität und unklarer Gefühlsduselei darf nicht
etwa als moralische Schwäche gedeutet, sondern muss vielmehr als ein
moralischer Vorzug betrachtet werden.
So sehr aber auch vor einer ungerechten Beurtheilung des Franzosen-
thums gewarnt werden muss, so ist doch andrerseits ebenso nachdrücklich
die Mahnung auszusprechen, dass man die französischen Sittenzustände ja
nicht für durchweg erfreulich halten darf. Man muss vielmehr ein oflenes
Auge haben auch für die schweren Schattenseiten des modernen französi-
schen Culturlebens (religiöser Indifferentismus; Ueberhandnehmen der Par-
teileidenschaften ; Umsichgreifen der Absinthtrunksucht ; Hang zur Gering-
schätzung der Ehe und des Familienlebens etc.). Immer aber ist dabei zu
beherzigen, dass diese Schattenseiten mehr oder weniger auch bei andern
Völkern sich finden , wenn auch vielleicht unter andern Erscheinungsfor-
men, und dass kein Volk des Privilegiums einer fleckenlosen Moralität sich
erfreut.
Für den französischen Philologen ist es Pflicht, sich nicht bloss mit
der Sprache und Litteratur Frankreichs, sondern auch mit der Eigenart
der französischen Nationalität möglichst vertraut zu machen. Am besten
wird dies natürlich erreicht durch einen längeren Aufenthalt in Frankreich
platz der Handlung mit Vorliebe in die Kreise der 'Geburts- oder Geld-)
Aristokratie — oder aber in diejenigen der demi-monde, wenn nicht gar
des Verbrecherthums verlegt wird. Wer Paris, bezw. Frankreich lediglich
aus Romanen kennt, sollte meinen, dass seine Bevölkerung nur einerseits
aus Ducs, Marquis und Barons mit ihrem weiblichen Zubehör, andrerseits
aus Cameliadamen mit ihren Verehrern und aus den ehrenwerthen Mit-
gliedern organisirter Gauner- und Dicbsbanden bestehe.
Einleitung. 23
und durch Verkehr mit Franzosen (dagegen verführt ein bloss flüchtiger
Besuch von Paris leicht zu schiefen Urtheilen . "Wem ein solcher Aufenthalt
gar nicht oder doch nur unter ungünstigen Bedingungen möglich war,
suche ihn durch die Lecture französischer Sittenromane und T-ustspiele zu
ersetzen, doch lese er immer mit Kritik (vgl. oben S. 21f.] und bleibe sich
dessen bewnsst, dass in solchen Dichtungen die Schattenfarben meist etwas
gar zu stark aufgetragen sind. Interessante Angaben über neufranzösische
Sitten tindet man auch in M.WEu's französischem Sprachführer Leipzig
ISS'2. Bibliographisches Institut und im 3. Theile des französischen »Xot-
wörterbuches« von Vill.\tte Berlin 1*^S4. Langenscheidt . Reioiiliches Ma-
terial für die Sittenkunde bieten ferner dar die von B.\l"MGAKTEN heraus-
gegebenen Sammlungen: La France comique et populaire (Stuttgart o. J.
[die Vorrede ist datirt: 29. September 1871]), Les Mysteres comiques de
la province Leipzig 1S7S und A travers la France nouvelle (Cassel 1880).
Ein ganz nützliches, zunächst freilich für Schulzwecke bestimmtes Buch
ist auch : "\A'EUsnovEX , La France. Historische und geographische Cha-
rakterbilder für die französische Lecture etc. Cöthen 1881. Das beste "Werk
über den Nationalcharakter und die Cultur der modernen Franzosen ist
K. HiLLEBR.^ND.s glänzend geschriebenes Buch: Frankreich und die Fran-
zosen in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts (Berlin, seit 1872).
12. Die Gesammtzahl der Bevölkerung Frankreichs be-
trägt nach der im Jahre ISSl abgehaltenen Volkszählung
37672048
Charakteristisch für die Bewegung der französischen Be-
völkerung ist der verhältnissmässig geringe Ueberschuss der
Gebturten über die Sterbefälle, d. h. das langsame Steigen der
Volkszahl : diese Erscheinung, dujrch welche Frankreich hinter
die andern europäischen Nationen, namentlich aber hinter die
Deutschen und die Engländer in Bezug auf Volksmenge und
damit auch auf die Leistungsfähigkeit immer mehr zurück-
tritt, ist begründet in den Unsitten des Zweikindersystems
und der ausserhäuslichen Ammenwirthschaft, denen in den
höheren und mittleren Ständen vielfach arehuldigt wird.
§ 4. Das Studium der Geschichte Frankreichs,
1. Für Denjenigen, welcher das Studium der französi-
schen Philologie als Fachwissenschaft betreibt, ist das Studium
der politischen Geschichte sowie der Culturgeschichte Frank-
reichs durchaus unerlässlich. Die Gründe hierfür sind zii
naheliegend, als dass sie einer näheren Ausführung bedürften,
und so mag denn eben nur bemerkt werden , dass , wer mit
der französischen Geschichte nicht hinreichend vertraut ist,
in der französischen Philologie über einen unbefriedigenden
24 ^Einleitung.
und zu ^vissenschaftlichen Leistungen unfähigen Dilettantis-
mus nie hinauszukommen vermag.
2. Ein allsremeiner Ueberblick über die französische Ge-
schichte, wie er für die Zwecke der allgemeinen Bildung hin-
reicht und wie er aus jedem besseren Compendium sich ge-
winnen liisst, kann dem französischen Philologen nicht genügen :
für diesen ist vielmehr erforderlich:
a) Dass er auch mit der französischen Provinzialgeschichte
(z. B. mit derjenigen der Normandie , der Champagne, Bur-
gunds, der Dauphine etc.) sich thunlichst vertraut mache;
b) dass er eine klare Einsicht in die Entwickelung der
französischen Gesammtcultur erlange.
In vollem Umfange wird diesen Forderungen allerdings
nur in besonderen Ausnahmefällen genügt werden können,
aber, wie bei jedem wissenschaftlichen Studium, so entbindet
auch hier die voraussichtliche Unmöglichkeit der Erreichung
des höchsten Zieles nicht von der Pflicht, diesem Ziele nach-
zustreben.
3. Ganz besonders aber muss der französische Philolog es
sich angelegen sein lassen , dann , wenn er die Behandlung
irgend welcher sprach- oder litterargeschichtlicher Einzelfragen
unternimmt, Alles zu berücksichtigen, was für die Lösung der
betreffenden Frage aus der politischen Geschichte und Cultur-
geschichte gewonnen werden kann. Es wird in solchen Fällen
oft selbst ein Eingehen auf minutiöse und anscheinend be-
deutungslose Einzelheiten unumgänglich sein . in der Regel
aber wird die aufgewandte Mühe sich auch durch ihr Er-
gebniss reichlich lohnen. Jedenfalls erhalten philologische
Arbeiten, welche auf Grund gewissenhafter historischer For-
sch vmg unternommen werden, stets eine gesicherte Grundlage,
während im gegentheiligen Falle die ganze Untersuchung sich
nur zu leicht auf trügerischem .Sande aufbaut und natürlich
der Kritik nicht Stand halten kann.
4. Das vorzüglichste Mittel zur Erwerbung geschichtli-
cher Kenntnisse ist stets das Studium der Quellen , und so-
mit ist der französische Philolog auf das Studium der franzö-
sischen Geschichtsquellen angewiesen. Freilich bedarf es nun
nicht erst der Bemerkung, dass selbst der Historiker von Fach,
auch wenn er sich ganz auf die französische Geschichte
Einleitung. 25
beschränken wollte, doch nicht entfernt im Stande sein würde,
die unabsehbare Masse aller französischen Geschichtsquellen
durch eig^enes Studium kennen zu lernen . und dass fol<^lich
der Philolüg, für den die Geschichte ja nur den Werth einer
Hülfswissenschaft besitzt, nothgedrungen sich sehr enge Gren-
zen wird ziehen müssen. Aber ganz auf Quollenstiulium darf
der riiilülog um desswillen nicht verzichten, er muss Aielmehr
wenigstens mit dem einen oder dem anderen Quellenwerke durch
eigene Lecture sich bekannt machen. Dies aber ist um so leich-
ter ausführbar, als ja bei passender Auswahl mit dieser Lecture
sich auch sprachliche Zwecke verbinden lassen, z. B. die Lec-
ture des Gregors v. Tours bietet Gelegenheit, die für die fran-
zösische Philologie so wichtige barbarische Latinität der Mero-
vingerzeit kennen zu lernen : die Lecture mittelalterlicher
Capitularien und Cartularien bietet ebenso interessante wie
reichliche sprachliche Ausbeute ; die Lecture der Werke Ville-
hardguin's, Joixville's, Frgissart's u. A. ist ein treffliches
Mittel, sich in das Altfranzösische einzulösen etc. Häufig sind
überdies wichtige Geschichtsquellen zugleich bedeutsame Litte-
raturwerke und fallen schon aus diesem Grunde in das Studien-
bereich des Philologen.
5. Der Studierende der französischen Philologie benutze,
soweit es ihm möglich, jede auf der Universität gebotene Ge-
legenheit zur Erwerbung geschichtlicher Kenntnisse. Er höre
also einschlägige Vorlesungen und betheilige sich an den im
historischen Seminar abgehaltenen Uebungen. Ausserdem aber
lese er, soviel seine Zeit ihm gestattet, gute Werke über fran-
zösische Geschichte . namentlich solche . welche hinsichtlich
ihrer Sprache und der Form ihrer Darstellung nach allgemei-
nem Urtheile den classischen Litteraturwerken beigezählt wer-
den. Allerdings sind manche dieser Bücher (z. B. die Werke
der beiden Thierry. Capefigüe's. Guizots, Thiers', Segur s;
in sachlicher Beziehung theilweise bereits veraltet und durch
die neuere , streng kritische Forschung überholt , aber man
kann doch immer noch viel aus ihnen lernen, namentlich aber
eine würdige und weite Auffassung der Geschichte.
Als eine Art vorbereitender Arbeit kann den Anfängern
Folgendes empfohlen werden : man entwerfe sich auf Grund
guter Lehrbücher (wie etwa Webers oder Beckers Welt-
26 Einleitung.
geschichte, Schmidt's Geschichte von Frankreich und dgl.)
eine möglichst ausführliche und übersichtliche chronologische
Tabelle der französischen Staats-. Provinzial- und Culturge-
schichte, und zwar schreibe man dieselbe auf halbgebrochenen
Bogen , auf denen je eine Seite zunächst immer frei gelassen
wird; auf diesen frei gebliebenen Seiten entwerfe man später
eine mit der erst gefertigten Tabelle correspondirende Ueber-
sicht der Li tt er at Urgeschichte ; man gewinnt dadurch nicht
nur ein sehr brauchbares Hülfsmittel für Kepetitionen und
dgl. , sondern auch wenigstens eine gewisse Einsicht in den
Zusammenhang der litterarischen Entwickelung mit der poli-
tischen und allgemeinen culturgeschichtlichen Entwickelung.
Vielleicht wäre es dankenswerth, eine derartige sorgfältig ge-
arbeitete Tabelle auch durch den Druck zu veröffentlichen;
wer aber dies beabsichtigen sollte , der halte nicht gleich die
erste Ausarbeitung für reif, sondern gönne sich die Zeit, um
sie zu vervollständigen und zu verbessern und ihre praktische
Brauchbarkeit durch eigene Erfahrung zu erproben.
6. Das Wesen der Geschichtskenntniss besteht natürlich
nicht in der , wenn auch an sich sehr nützlichen , Kenntniss
einer grossen Menge von Jahreszahlen. Wohl aber ist Vor-
bedingung für eine über das laienhafte Wissen hinausgehende
Geschichtskenntniss die Bekanntschaft mit der Chronologie.
Was speciell die französische Geschichte anlangt, so ist noth-
wendig, einerseits mit der mittelalterlichen Jahresrechnung, an-
dererseits mit der französischen Kevolutionsära bekannt zu sein
(Hülfsmittel für das Studium der Chronologie sind in Theil II,
p. XXVII f. aufgeführt).
[7. Wenn im Obigen die Wichtigkeit des Studiums der
Geschichte für den französischen Philologen hervorgehoben
worden ist, so muss andrerseits bemerkt werden, dass es sehr
wünschenswerth Aväre, wenn die Historiker von Fach, welche
mittelalterliche oder neuzeitliche Geschichte zu ihrem Special-
gebiet sich erwählt haben , ihrerseits sich auch mit der fran-
zösischen Philologie etwas näher bekannt machen wollten ;
gegenwärtig sind manche Studierende und Candidaten der
Geschichtswissenschaft schon in der Kenntniss des Neufranzö-
sischen nicht sonderlich stark, sondern zehren von den Itesten
dessen , was sie einst auf dem Gymnasium gelernt , in Bezug
Einleitung. 27
auf (las Altfranzösische aber sind sie völlige Laien und trösten
sich mit dem Gedanken , dass man ja altfranzösische Texte
dem Sinne nach allenfalls und ungefähr verstehen könne, ohne
Vorstudien gemacht zu haben ; es ist dies in der That auch
richtig; aber immerhin läuft, wer sich damit zufrieden giebt,
Gefahr, sich ab und zu gründlich zu »verhauen«, inid jeden-
falls -wird er -wirkliches Verständniss der französischen Ge-
schichte nicht erlangen].
Litteraturangaben. Bibliographische, bezw. historiogra-
phische Werke: *Potthast, Bibliotheca historica medii aevi. Wegwei-
ser durch die Geschichtswerke des Mittelalters von 375 — 1500. 2 Bde. Berlin
1S62 67 — J. Lelong, Bibliotheque historique de la France, contenant le
catalogue de tous les ouvrages tant impriraes que mss. qui traitent de
l'histoire de ce royaurae ou qui y ont rapport. Paris 1719, 2. Ausg. Paris
1768'78. 5 Bde. »Herrliches Werk«. Pottuast) — A. Dichesne, Biblio-
theque des auteurs qui ont ecrit l'histoire et la topographie de la France.
Paris 1618, und: Series auctorum omnium qui de Francorum historia et
rebus francicis cum ecclesiasticis tum saecularibus scripserunt, ab exordio
regni Franciae ad nostra usque tempora, quorum editionem poUicetur A. D.
Paris 16.'{3 — Catalogue de la bibliotheque imperiale de Paris. Histoire
de France. Paris, seit 1855 — * Chevalier, Repertoire des sources histo-
riques du moyen-age. Paris 1877 ff. (enthält in alphabetischer Ordnung alle
hervorragenden Persönlichkeiten von Christi Geburt bis 1500 mit kurzer
Lebensbeschreibung und Angabe der einschlägigen Speciallitteratur) —
Wattenbach, Deutschlands Geschichtsquellen. Berlin seit 1858 bespricht
viele mittelalterliche Autoren und Werke, welche auch für die französische
Geschichte wichtig sind ; leider fehlt für die französische Geschichtskunde
ein dem WATTENBACH'schen entsprechendes Specialwerk; — Materialien-,
Urkundensammlungen u. dgl.: Inventaire sommaire des archives de-
partementales anterieures ä 1790. Paris 1790 — Musee des archives natio-
nales. Documents originaux de l'histoire de France exposes dans l'Hotel
Soubise. Paris 1S72 (1200 Facsimile) — Musee des archives departemen-
tales. Recueil de facsimiles heliographiques de documents tires des archi-
ves des prefectures, mairies et hospices. Paris 1878 — Archives de l'em-
pire. Inventaires et documents p. p. ordre de l'Empereur sous la direction
de M. le marquis de Laborde. Paris — Ordonances des rois de France
de la troisieme race, p. p. M. de Lauriere. Paris 1723 — Lettres des rois,
reines et autres personnages des cours de France et d'Angleterre, p. p.
Ch.\mpollion-Figeac Paris 1839/42. 2 Bde. — Les Olim ou registres des
arrets rendus par la cour du roi, p. p. M. le comte Beugnot. Paris 1842
— Urkundensammlungen namentlich auch Sammlungen von in französi-
scher Sprache abgefassten Urkunden, grösseren und geringeren Umfanges
für einzelne Landschaften , Städte und sonstige Oertlichkeiten z. B,
Abteien, sind in reicher Zahl vorhanden; es seien hier wenigstens einige
derselben genannt: Chartas francaises du Ponthieu (aus den Jahren 1254
28 Einleitung.
bis 1333) p. p. G. RAYXArD in der Bibl. de l'Ecole des Charles t. 36, p. 193fF.
— N. DE Wailly, llecueil de chartes en langue vulgaire provenant des
archives de la collegiale de St. Pierre d'Aiue (Artois; , in der Bibl. de
l'Ecole des Chartes t. 31, p. 261 ff. — Chartes francaises du Vekmandois
de 1218 ä 1250, p. p. le Proux, in der Bibl. de l'Ec. des Chartes, t. 35,
p. 437 ff. — Reeueil d'actes des XII^ et XIII« siecles en langue romane
Wallone du Nord de la France (Artois und Flandern), p.p. Taillier.
Douai 1849 — A. Thierry, Reeueil des monuments inedits de l'histoire
du tiers etat; t. 1, contenant les piüces relatives h l'histoire de la ville
d'Amiens depuis l'an 1057 jusqu'au XV siecle, Paris 1850 — Documents
inedits relatifs h. l'histoire de la Belgique. Monuments pour servir ä l'hi-
stoire des provinces de Namur, de Hainaut et de Luxembourg,
recueillis p. M. le baron Reiffexberg. Brüssel 1844/74. 3 Bde. — Char-
tes francaises de Lorraine et de Metz, p. p. Bonxardot, in Archives
des missions scientifiques et litteraires. 3ieme Serie t. 1 (vgl. ausserdem
Boxxardot's Publicationen in der Romania t. I p. 327 ff., II 245 ff.) — Car-
tulaire de l'eveche d' Au tun, connu sous le nom de Cartulaire rouge, p.
d'apres un manuscrit du XIIP siecle p. A. de Charmasse. Autun 1880 —
Documents inedits pour servir ä l'histoire du Poitou, p. p. la Societe des
antiquaires de l'ouest. Poitiers 1876 — Cartulaires du Bas-Po ITOU. Les
Roches-Baritand 1877 — Ausserdem findet man zahlreiche Urkunden ab-
gedruckt in der Bibliotheque de l'Ecole des Chartes (über die 6 ersten
Serien dieser Publicationen sind systematische Register vorhanden) , im
Musee des Archives departementales sowie auch vielfach in den (ausser-
halb Frankreichs freilich schwer erreichbaren; Publicationen der gelehrten,
bezw. litterarischen Gesellschaften der einzelnen Departements und Städte
(z. B. in dem Bulletin der Societe archeologique et historique de la Cha-
rente), namentlich aber in der »Revue des societes savantes des departe-
ments, publice sous les auspices du minister« de l'instruction publique«,
und endlich in vielen auf Provincial- und Localgeschichte bezüglichen
AVerken, z. B. in: A. GiRY, Histoire de la ville de St. Um er et de ses
institutions jusqu'au XIV siecle. Paris 1877 — Coutumes du Beauvoisis
par Philippe de Beaumanoir, jurisconsulte francais du 13ieme siecle, p. p.
M. le comte Beugxot Paris 1842 — Franchises, lois et contumes de la ville
de Lille, p. p. Brun-Lavainne. Lille 1842 — Jeaxtin, Les chroniques
de l'Ardenne etc. ou Revue et examen des traditions locales anterieures
au Xlieme siecle. Paris 1852 — M.ARCHEGAY, Notices et pieces histori-
ques sur l'Anjou, l'Aunis et la Saintogne Angers et Niort 1852 — Beav-
temps-Beaupre , Coutumes et institutions de l'Anjou et du Maine ante-
rieure au XVIieme siecle etc. Paris 1877.
Quellenwerke (mitAusnahme von Urkundens ammlungen):
M. BouQUET, Reeueil des historiens des Gaules et de la France (Scripto-
res rerum gallicarum et francicarum) , Paris seit 1738; bis jetzt etwa 25
Bde. — L. d'Acuery, Sjjicilegium ,sive collectio veterum aliquot scripto-
rum, qui in Galliae bibliothecis, maxime Benedictinorum latuerunt. Pari'*
1655/77. 13 Bde. 4, Nova ed. Paris 1723. .{ Bde. fol. — Steph. Balize,
Capitularia regum Francorum Paris 1677, 2 Bde. fol. 2. Ausg. Venedig
Einleitung. 29
1772, 2 Bde. fol, 9. Ausg. Paris 17MI, 2 Hde. fol. — E. Mautenk und
U. UvuAND. Thesaurus aneedotorum novus seu colleetio monumentorum,
complectens regum ac ]uincipum aliorumque virorum illustrium epistolas
et diplomata bene multa. Paris 1717. 5 Bde. — A. Dlciiksne, Historiae
Francorum scriptores coaetanei ab ipsius gentis origine ad Philippi IV
tempora etc. Paris 1636,49 5 Bde. — A. Dichesne, Historiae Nornuinno-
rum scriptores antiqui Paris 1619. l'ol. — CoUection des documents inedits
sur riiistoire de France, p. p. ordre du roi et par les soins du ministre de
l'instruction publique. Paris, seit 1835 drei Serien: A. Histoire politique,
B. Histoire des lettres et des sciences, C. Archcologie) — CoUection d'ou-
vrages publies par la Societe de l'histoire de France. Paris 1835/52. 53
Bde. 8. — GuizoT, CoUection des memoires relatifs ä l'histoire de France
depuis la fondation de la monarchie francaise jusqu'au 13 siecle; avec une
introduction , des Supplements, des notices et des notes. Paris 1823/35.
31 Bde. Sammlung guter französischer Uebersetzungen mittelalterlicher
Geschichtswerke — Petitet. CoUection complete des memoires relatifs ä
l'histoire de France , depuis le regne de Philippe- Auguste jusqu'au com-
mencement du XVH siecle. Paris 1819/26. 52 Bde. — Michel et Pou-
JOl'LAT, NouveUe coUection des memoires pour servir ä l'histoire de France,
depuis le XHI siecle jusqu'ä la fin du XVIII. Paris 1836/39. 32 Bde. —
BucHOX, Choix de chroniques et memoires sur l'histoire de France avec
notices biographiques Paris 1S36J38. 17 Bde. — BuCHOX, Chroniques etran-
geres relatives aux expeditions francaises pendant le 13 siecle. Paris 1840
— BVCHOX, Recherches et materiaux pour servir ä une histoire de la do-
mination francaise aux XIH, XIV et XV siecles dans les provinces de-
membrees de l'empire grec Paris 1840 — F. Michel, Chroniques anglo-
normandes. Rouen 1836/40. 3 Bde. — Chroniques d'Anjou, recueilUes
et publiees pour la Societe de l'histoire de France par P. !\L\rchegay
et A. Salomon. Paris 1856. 2 Bde. — Bibliotheque historique de l'Yonne
ou CoUection de legendes, chroniques et documents divers pour servir
ä l'histoire des differentes contrees qui forment aujourd'hui ce depar-
tement. PubUee par la Societe des sciences historiques et naturelles
de l'Yonne sous la direction de M. l'abbe L. M. DuRU. Auxerre et Paris
1850,63. 2 Bde. — Inhaltsangaben der gesammten QueUenwerke nebst
bibliographischen und dgl. Bemerkungen findet man bei Potthast (s. oben
S. 27). Reiches Material für die französische Geschichte des Mittelalters
enthalten auch die auf die Nachbarländer Frankreichs bezüglichen QueUen-
sammlungen, namentlich Pertz' Monumenta Germaniae historica, die He-
rum britannicarum medii aevi scriptores (London seit 1858), die italienischen
Monumenta historiae patriae Turin, seit 1836), ganz besonders aber die
CoUection de chroniques beiges inedites, p. p. ordre du gouvemement et
par les soins de la commission royale d'histoire (Brüssel, seit 1836). End-
lich ist zu bemerken, dass die grossen Quellensammlungen für die Kirchen-
geschichte des Mittelalters die Acta Sanctorum der BoUandisten ; Mabil-
LON's Acta Sanctorum ordinis s. Benedict! ; Baronius' Annales ecclesiastici
a Christo nato usque ad annum 1198; Migne's Patrologiae cursus comple-
tus) auch für die Profangeschichte reichste Ausbeute gewähren. — Sämmt-
30 Einleitung.
liehe oben aufgezählte Quellenwerke beziehen sieh, einige wenige, welche
aueh die ersten neuzeitlichen Jahrhunderte mit umfassen, ausgenommen,
nur auf das Mittelalter. Für die Neuzeit fehlen entsprechende Sammlun-
gen fast ganz. Für die neueste Zeit sind die Zeitungen sowie die Be-
richte über die Kammerverhandlungen, ferner die Gesandtschaftsdepeschen
u. dgl. wichtige Quellen.
Werke über die Geschichte einzelner Provinzen: Bre-
tagne, Lobineau, Histoire de Bretagne. Burgund: A. J.^HX, Ge-
schichte des Königreichs Burgund 2 Bde. Baraxte, Histoire des ducs de
Bourgogne de la niaison de Valois lliOl — 14U1. Paris. 4. Ausg. 1826.
13 Bde. — Franche-Comte: GoLLUT, Les memoires historiques de la
republiqiie sequanoise et des princes de la Franche-Comte de Bourgogne.
Artois 1846 — Lothringen: A. Calmet, Histoire ecclesiastique et
civile de la Lorraine. Nancy 1728. 3 Bde.; 2. Ausgabe. Nancy 1745/57.
7 Bde. — Die Normannen und die Normandie: E. Freke, Manuel
du bibliographe normand. Ronen 1856/60. 2 Bde. — Memoires de la So-
ciete des antiquaires de Normandie — G. B. Depping, Histoire des expe-
ditions maritimes des Normands et de leur etablissement en France au X^
siecle. 2. Ausg. Paris 1845 — J. C. H. R. Steenstrup, Inledning i Nor-
mannertiden. Kopenhagen 1876, und Vikingetogene mod vest i det 9"^« aar-
hundrede. Kopenhagen 1878 — Strinxholm, Wikingszüge, Staatsverfassung
und Sitten der alten Skandinavier. Hamburg 1836 — H. van Bolhuis,
De Normannen in Nederland. Utrecht 1834/35, 2 Bde. — LiCQUET, Hi-
stoire de Normandie. Versailles 1854/55. 2 Bde. — C. Fallet, Histoire
des ducs de Normandie. Limoges o. J. — [AuG. Thierry, Histoire de la
conquete de l'Angleterre par les Normands. Paris 1836 42. 5 Bde. —
J. J. A. WoRSAAE, Den danske Erobring af England og Normandiet. Ko-
penhagen 1863 — Freeman, A History of the Norman Conquest of Eng-
land. London 1872/76. 5 Bde.].
Werke über die Provinzialgeschichte des südlichen Frank-
reichs siehe unten Buch II.
Werke über die Geschichte des französischen Staates und
Volkes: Am. Thierry, Histoire des Gaulois Paris 1828. 3 Bde., und:
Histoire de la Gaule sous l'administration romaine Paris 1840 '42 — *H.
Martin, Histoire de France Paris 1S33/36. 15 Bde., 4. Ausgabe 1855/60.
16 Bde. (ist die beste Gesammtdarstellung der französischen Geschichte) —
*GuizoT, Histoire de la civilisation generale en France. Paris 1845 — Gui-
ZOT, Histoire de France racontee ä mes petits-enfants. Paris 1870/75. 5 Bde.
— Henal'lt-Micuavd, Abrege chronologique de l'hist. de Fr. 5« ed. Ib55
— SlSMONDE DE SiSMONüi Histoire des Francais. Paris 1821/44. 31 Bde. —
A. Thierry, Lettres s. l'hist. de Fr. P., seit 1827 — Michelet, Hist. de
Fr. 2ieme 6d. P. 1845/67, 17 Bde., und Precis de l'hi,st. de Fr. P., seit
1833 — De Genonde, Histoire de Fr. P. Is44. 30 Bde. — Gouet, Hi-
stoire nationale de Fr. P. 1864/68. 6 Bde. — F. A. Schmidt, Geschichte
von Frankreich. Hamburg u. Gotha 183'J/48 (Theil der Heeren-Uckcrt'schen
Staatsgeschichte — K. Hillebrand, Geschichte Frankreichs seit der Re-
stauration. Hamburg u. Gotha 1875/78. 2 Bde. — Gfrürer, Geschichte
Das Französische. Das Sprachgebiet des Französischen. 31
der ost- und westfränkischen Karolinj;er. Freiburg 1S48. 2 Bde. —
V. Kalckstein, Geschichte des französ. Königthunis unter den Karolingern
Leipzig 1S77, bis jetzt nur Bd. I erschienen — O. Buöckeu, Frankreich
in den Kämpfen der Komanen, der Germanen und des Christenthums.
Hamburg 1872. Bd. I (mehr nicht erschienen; sehr geistvoll und anregend
geschrieben, als Prolegomena zu einer gross angelegten französ. Geschichte).
Weitere Angaben sind hier nicht thunlich, da sie zu viel Raum bean-
spruchen würden. Es sei verwiesen auf die Angaben in den besseren
Conversationslexicis , auf die historischen P'achbibliographien (z. B. MÜL-
DEXEr'.s Bibliotheca historica und auf die Anzeigen in V. Sybel's histo-
rischer Zeitschrift.
Ueber französ. Culturgeschichte giebt Guizot'.'^ oben genanntes Buch
wohl immer noch die beste und ausführlichste Belehrung. L.^CROlx' bekannte
"Werke s. Theil II, S. 378], neuerdings vervollständigt durch einen die
Zeit des Directoriums , des Consulats und des ersten Kaiserreichs behan-
delnden Band, sind dilettantisch. L. Gautier's Buch: La Chevalerie
P. 1884; ist ebenfalls nicht sonderlich wissenschaftlich. — Taine's bekann-
tes Werk über die französ. Revolution ist geistvoll und reich an Stoff,
aber durch und durch subjectiv.
Schliesslich sei als ein sehr praktisches und wissenschaftlich gediegenes
Nachschlagewerk empfohlen: Lalaxne, Dictionnaire historique et geogra-
phique de la France. Paris 1876. 2ieme ed. 25 frcs.j.
Erstes Kapitel.
Das Sprachge])iet des Französischen.
§ 1. Die B estandtheile des französischen Sprach-
gebietes. Die Bestandtheile des französischen Sprachgebie-
tes sind folgende:
1. Nordfrankfeich in der in § 2 anzugebenden Begrenzung.
2. Das südliche Belgien (Wallonisch".
3. Ein Bezirk. 2'-^^ Quadratmeilen mit ca. 10600 Bewoh-
nern umfassend, im Regierungsbezirke Aachen Theile der
Kreise Malmedy. Eupen. Aachen (Wallonisch).
4. Einzelne Grenzbezirke des Reichslandes Elsass- Loth-
ringen [namentlich die Stadt Metz mit ihrer nächsten Umge-
bung, in welcher ein eigenthümlicher lothringischer Dialect,
das sogenannte Messin, gesprochen wird .
(5. Die südwestliche Schweiz 'die Cantone Genf. Neuen-
burg, Wallis, Waadt, Freiburg, Bern"; es ist jedoch hierbei
32 Uas Französische.
zu bemerken erstlich, dass südlich von der Orhe und vom
Neuenburger See das Französische nur die Sprache der Gebil-
deten ist, während die Yolksmundarten dem Provenzalischen,
bezw. dem Franco-Provenzalischen (s. unten § 2 , Nr. 2 am
Schlüsse) zugehören , und sodann , dass in allen den genann-
ten Bezirken das Französische . bezw. das (Franco-) Proven-
zalische die Muttersprache nicht der gesammten Bevölke-
rung , sondern nur der mehr oder weniger grossen Majorität
derselben ist. [Genf 850, Neuenburg 749, Wallis 670, Waadt
888, Freiburg 686, Bern 147 pro mille]).
Dieses grosse und zusammenhängende, fast nirgends durch
fremdsprachliche Enclaven unterbrochene Sprachgebiet wird
begrenzt im N. imd O. durch das deutsche Sprachgebiet, und
zwar im Norden, bezw. im Nordosten durch das Gebiet des
Niederdeutschen, bezw. des Vlaemischen, im Osten durch das
Gebiet des Hochdeutschen. Im Süden wird das Gebiet des
Französischen durch dasjenige des Provenzalischen begrenzt
(vgl. § 2) ; im Westen, bezw. im Nordwesten bildet (abgese-
hen von dem keltischen Sprachgebiete in der Bretagne) das
Meer die natürliche Grenze.
Ausserdem wird das Französische noch gesprochen :
1. In der sogenannten »petite Gabacherie« und »grande
Gabacherie«, erstere ein im S.-O. von Bordeaux gelegener
Bezirk mit den Hauptorten Motte-Landeron und Monsegur,
letztere ein Landstreifen zwischen der Gironde und Coutras.
2. Auf den politisch zu England gehörigen normannischen
Inseln, von denen Guernesey und Jersey die bedeutendsten
sind.
3. In den gegenwärtigen und früheren französischen Co-
lonien, soweit deren Bevölkerung französischen Ursprunges ist,
bezw. ihre französische Nationalität sich bewahrt hat (beson-
ders kommen in Betracht Canada, Missouri, Louisiana, der
westliche Theil Haiti's, Guadeloupe, Martinique, die Maska-
renen [Isle de Bourbon oder Reunion und Mauritius] , das
französische Senegalgebiet, Algier, die ostasiatischen Besitzun-
gen Frankreichs).
Endlich wird, wie bekannt, das Französische auch ausser-
halb des französischen Staates und seiner Colonien und Grenz-
gebiete vielfach von den Angehörigen anderer Nationalitäten
Das Sprachgebiet des Französischen. 33
gesprochen, so namentlich in Luxunibiir«; , in Holland, in
Schweden nnd besonders in Polen und llussland , in welchen
letzteren Ländern die Gebildeten neben ihrer slavisclien Mut-
tersprache vielfach das Französische, oft auch das Deutsche
mit voller Geläufigkeit beherrschen und tadellos ausspre-
chen: Aehnliches gilt von Eumänien.
Im 17. Jahrhundert wurde das Französische, in Folge der
damaligen politischen und culturellen Bedeutung Frankreichs,
die Sprache der internationalen Diplomatie und hat diese (bis
dahin vom Latein eingenommene^ Stolhmg bis zur Gegenwart
behauptet, Avenn auch während der letzten Jahrzehnte man-
cherlei Einschränkungen eingetreten sind. Im Zusammenhange
damit stand imd steht die weite Verbreitung der Kenntniss
des Französischen unter den höher gebildeten Klassen der
europäischen Culturvölker. Den Höhepunkt seiner internatio-
nalen Bedeutung . namentlich auch hinsichtlich des litterari-
schen Einflusses , erreichte das Französische im 18. Jahrhun-
dert, namentlich in Bezug auf Deutschland , Italien und
Spanien. Seitdem ist das Nationalbewusstsein der Nachbar-
völker Frankreichs wieder erstarkt und dadurch ein Zurück-
drängen der französirenden Tendenzen in Sprache , Litteratur
und Sitte bewirkt worden.
Die Culturhegemonie , welche Frankreich während des
Mittelalters bis zum Emporkommen der Renaissancebildung
über Westeuropa ausübte, forderte mächtig die Kenntniss fran-
zösischer Sprache und Litteratur im Auslande. Daraus er-
klärt sich das Eindringen zahlreicher französischer Fremd-
worte z. B. in das Mittelhochdeutsche und Mittelniederländische ;
die Beliebtheit, Lebersetzung und Nachbildung französischer
Litteraturwerke (namentlich der Karls- und Abenteuerromane)
in Deutschland. Skandinavien, Italien, selbst auch in Byzanz ;
der Gebrauch des Französischen von Seiten nichtfranzösischer
Schriftsteller (z. B. Brunetto Latini).
Die Eroberung Englands durch die Normannen (1066)
trug das Französische über den Canal hinüber und hatte das
Entstehen eines eigenartigen, allerdings frühzeitig wieder ab-
gestorbenen französischen Dialectes inämlich des anglo- nor-
mannischen) auf englischem Boden und späterhin die Ver-
quickung des Angelsächsischen mit zahlreichen französischen
Körting. Encyklopädie d. rom. Bhil. III. 3
34 Das Französische.
Elementen, d. h. die Bildung der (im engeren Sinne so ge-
nannten) englischen Sprache, zur Folge.
Litteratu rangaben: Ueber den Umfang des französischen Sprach-
gebietes im Allgemeinen handelt A. FuCHs, die roman. Sprachen etc. Halle
184!>, S. 76 ft'. — Ueber die französisch- (bezw. wallonisch -vlaeniische Sprach-
grenze vgl. J. "WixKLKR, Allgemeen nederduitsch en friesch Dialektiken
II S. 381). 'SGravenhage 1874 — Ueber die französisch-deutsche Sprach-
grenze vgl. G. Nabeut's Karte bei Berghaus, Allgemeiner ethnographischer
Atlas oder Atlas der Völkerkunde 2. Aufl. Gotha 1852. K.. Ukknhaküi,
die Sprachgrenze zwischen Deutschland und Frankreich. Kassel 1871 .
*R. BÖCKH, Der Deutschen Volkszahl und Sprachgebiet in den europäi-
schen Staaten. Berlin 1869 (vgl. auch desselben Sprachkarte vom preussischen
Staate nach den Zählungsaufnahmen im J. 1861, zweites Blatt ; H. KlEPEKT,
Die Sprachgrenze in Elsass-Lothringen. Mit einer Karte, in der Ztschr.
der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Bd. IX [1874]. Eine Reduction
dieser Karte ist gegeben in Petermanns Mittheilungen etc. 1875; R. An-
DREE und O. Peschel, Physikalisch-statistischer Atlas des deutschen Rei-
ches. Text S. 21 ff. und Karte 20.
Ueber die Sprachgrenze in der Schweiz vgl. R. Böckh a. a. O. S. 256 fl".
und J. Gerster et "Weber, La Suisse. Atlas politique, historique etc.
Neufchatel 1871. Im Anschluss hieran sei bemerkt, dass hinsichtlich der
wissenschaftlichen Erforschung der französischen, bezw. provenz. Schweizer-
patois noch Vieles zu thun übrig ist ; brauchbar und l)edeuteud sind nur die
Arbeiten E. Häfelin's : Abhandlungen über die romanischen Mundarten der
Südwestschweiz. I. Die Mundarten des Cantons Neuenburg. Laut- und
Formenlehre, in: KunN's Ztschr. f. vgl. Sprachforschung. Bd. 21, N. F.
Bd. 1 (1873) S. 289 fi\ und 481 tl'., und: Les Patois romans du canton de
Fribourg. licipzig 1879 und die Abhandlung von E. RiTTER, Recherches
s. le patois de Geneve in den Publicationen der Societe d'hist. et d'arch.
de Geneve, t. 19 (vgl. Rom. IV 154). Dass die Gebildeten in der soge-
nannten französischen Schweiz , namentlich in Genf, Lausanne und ande-
ren grösseren Städten, ein gutes und reines Schriftfranzösisch sprechen, ist
selbstverständlich, aber es ist Avohl zu beachten, dass eben nur die Gebil-
deten dies thun und dass folglich , wer in der Schweiz das Französische
praktisch erlernen, liezw. in demselben sich vervollkommnen will, mögliclist
den Verkehr mit Gebildeten suchen muss und die Sprache und Aussprache
des Volkes keineswegs für massgebend erachten darf. Aehnliches gilt
übrigens auch von Belgien, wo der wallonische Dialect Landessprache des
romanischen Theiles der Bevölkerung ist. —
Ueber das Französische in England während des Mittelalters vgl. die
gediegene Abhandlung von ScHEIHNER , die Herrschaft des Französischen
in England vom 11. bis zum 14. Jahrh. Progr. der Realschule zu Anna-
berg i. S. 18S(J, welche kein Neui)hilolog ungelesen lassen sollte, wenn er
über die einsclilägigen Fragen sich ein richtiges Urtheil bilden will.
§ 2. Die Begrenzung des Französischen inner-
halb Frankreichs. 1. Nicht zum französischen Si)rach-
Das Sprachjjebiet des Französischen. 35
gebiete innerhalb des französischen (in Europa gelegenen,
Staatsgebietes gehören:
a] Ein vlaeniischer Uezirk im französischen Flandern Dep.
du Nord) mit den kStädten lielle, liazebroek, Cassel , Winoks
liergen und theilweise auch Diinkirchen. (Noch im vorigen
Jahrhunderte erstreckte sich das Maemische bis nach 8t. Omer
und Calais hin .
b) Einzelne deutschredende l^ezirke in Französisch-Loth-
ringen und in dem französischen Antheile des ehemaligen Her-
zogthxims Liixemburg. Näheres sehe man bei üöckh a. a. O.
S. 1S2 ff.
c Die ehemalige Provinz Bretagne . in welcher das —
freilich mehr und mehr durch das Französische verdrängt wer-
dende — keltisch Bretonische (Armoricanisch) die Landes-
sprache ist s. oben S. 17),
d) Das Departement iVlpes-Maritimes (Nizza^ .
e) Die Insel Corsica (italienisch).
f) Das unter Nr. 2 näher bezeichnete provenzalische Sprach-
gebiet.
g Ein kleiner zum Gebiet der baskischen oder euskari-
schen Sprache gehöriger Bezirk im äussersten Südwesten, be-
grenzt etwa durch eine Linie von Bian*itz bis Oloron (cf. Broca,
Sur l'origine et la r^partitiou de la langue basque. Paris 1875.
vgl. auch Desjardins a. a. O. II, p. 34 f . .
2. Die Grenze, welche das französische Sprachgebiet von
dem provenzalischen. scheidet, wird nach Diez Gramm. I* 102.
der sich wieder auf Sauvage' s Angabe (Dictionnaire langue-
docien P"* ed., p. 217) beruft, durch eine Linie gebildet,
welche sich durch Dauphine . Lyonnais. Auvergne. Limousin,
Perigord und Saintonge hinzieht. Genauere Angaben macht
Fuchs, wenn er die roman. Spr. etc. p. 78 f.) sagt: »Die
Grenze , soweit wir sie nach den uns vorliegenden Sprachproben
und Berichten bestimmen können, beginnt im Westen an der
Mündung der Gironde . fällt zuerst mit der Grenze zwischen
Saintonge und Guyenne zusammen und schneidet dann in
nordöstlicher Kichtung einen schmalen Landstrich vom östlichen
Angoumais ab. indem ein kleiner Theil des Bezirkes von la
Valette, nämlich die Ortschaften Gardes . Edon, Conchieres.
Rougnac, Dignac . Beaulieux. C'houtras , ^'ouzon und Cers,
36 Das Französische.
aber ohne den Hauptort la Valette, und ebenso ein Theil
des Bezirkes von Confolens , wiederum ohne den Hauptort,
also Chabanois und andere Ortschaften dem südfranzösischen
Sprachgebiete angehören; dann folgt die Sprachgrenze unge-
fähr der nördlichen Grenze von Limousin, Marche, Auveigne
und Lvonnais, geht durch den südlichen Theil von liurgund,
ungefähr die ehemalige Grafschaft liresse, d. h. den jetzigen
Bezirk Ain, für das südfranzösische Sprachgebiet abschneidend,
und durch den südlichsten Theil der Freigrafschaft. Ob das
ffanze AYaadtland und vielleicht auch der östliche Theil von
Neufchätel dem südfranzösischen Sprachgebiete angehört, ver-
mag ich nicht mit Bestimmtheit anzugeben, da es mir an hin-
reichenden Sprachproben fehlt ; wahrscheinlich folgt die Sprach-
grenze dem Laufe der Orbe und dem Ufer des Neuenburger
Seees, so dass also nur der französische Theil von Bern, Neuf-
chätel und der westlichste Theil des Waadtlandes dem nord-
französischen Sprachgebiete angehören.«
In den Jahren 1873|75 unternahmen die französischen Ge-
lehrten Ch. de Tourtoulon und O. Bringuier im Auftrage
des französischen Unterrichtsministers die Feststellung der
französisch-provenzalischen Sprachgrenze und veröfFentUchten
das Ergebniss ihrer mühsamen und gewissenhaften Untersu-
chungen, soweit diese bis zum November IS 75 abgeschlossen
waren, in einem Berichte, welcher zunächst in den Archives
des missions scientifiques et litteraires, 3ieme serie , t. HI,
und sodann in einem Sonderdrucke unter dem Titel »Etüde
sur la limite geographique de la langue d'oc et de la langue
d'oil« (Paris 1S76. Imprimerie nationale' erschien. Ueber diese
ebenso verdienstliche wie interessante Schrift hat Suchier in
in der Ztschr. f. rom. Phil. Bd. II, p. 325 ff. eingehend be-
richtet, und wir bedienen uns am füglichsten seiner Worte zur
Darlegung der von den französischen Forschem festgestellten
Sprachgrenze: »Drei Gemeinden auf dem linken Ufer der Gi-
ronde hart an der Mündung gehören noch zum französischen
Sprachgebiet. Dann bildet die Gironde selbst die Grenze bis
etwas südwärts von Blaye, wo sie ein wenig nördlich von der
Mündung der Dordogne nach Osten liegt und bis Libourne
die Dordogne in gleichem Abstände begleitet. Wenig östlich
von Libourne nimmt sie eine steil nordnordöstliche Richtung
Das Sprachgebiet des Französischen. 37
an. Da. wo sie die Dronue durchschneidet, tritt eine bemer-
kenswerthe Erschemiuig auf. Hier nämlich zeigt sich eine
Mischsprache, von denen, die sie reden, Anguunioisin genannt,
wek'he sich -weder dem französischen noch dem provenzalischen
Idiom mit Bestimmtheit zuweisen lässt; viehnehr gehört sie
mit einigen Zügen jenem, mit anderen diesem zu. Das Ge-
biet dieser Mischsprache urafasst zwölf Gemeinden, die grösste
heisst Aubeterre. Eine ähnliche Mischsprache besitzt weiter
nördlich das isolirt gelegene Juillaguet. Die Grenze führt uns
nun in nordnordöstlicher Richtung an Angouleme vorbei, wel-
ches links auf französischem Gebiete liegen bleibt, bis sie nord-
östlich von Angouleme plötzlich eine Veränderung erleidet. Von
hier nämlich wird die Grenze nicht mehr durch eine Linie
gebildet, sondern durch einen breiten Landstrich, welcher sich
zunächst bis an das Ufer der Vienne nach Nordnordosten, dann
aber so ziemlich die Südgrenze des Dep. de la A'ienne und des
Dep. de llndre entlang allmählig breiter werdend nach Osten
zieht. Noch ehe dies Grenzgebiet im Osten sein Ende erreicht,
bricht die Untersuchung und somit auch die ihr beigegebene
Karte ab. Dieses Gebiet bildet einen Theil der ehemaligen
Provinz la Marche, daher es gleich seiner merkwürdigen Mund-
art als das Marchois bezeichnet wird. Auf diesem Gebiete
wird gleichfalls eine Mischsprache geredet, die jedoch nicht
bald Französisch bald Provenzalisch . sondern vielmehr beides
zugleich ist«.
Es ist sehr zu beklagen, dass Tolrtoulox und Brixguier,
von denen der letztere übrigens inzwischen verstorben ist. ihr
Werk nicht zu Ende geführt haben und dass eine Wieder-
aufnahme der bis jetzt nur zum kleineren Theile erledigten
Untersuchung nicht beabsichtigt zu werden scheint.
Das Französische und das Provenzalische stossen theils
unmittelbar aneinander, theils bilden franco- provenzalische
Mischdialecte Uebergangs- und zugleich auch Scheideformen
zwischen der einen und der andern Sprache. Oft kann man
zweifelhaft sein . ob das Erstere oder das Letztere stattfindet,
wie denn überhaupt die Feststellung einer genauen Grenz-
linie zwischen zwei nah verwandten Sprachen eine höchst
schwierige und zuweilen unlösbare Aufgabe ist.
Nach G. F. Ascoli (Archivio glottologico Bd. III [1878],
38 Das Französische.
p. 61 ff.) bilden die Dialecte, welche im nördlichen Theile der
Dauphine (Dep. de l'Isere) , im grösseren Theile des Lyonnais,
im südlichen Theile der Boiirgogne 'Dep. de l'Ain) . in der
Franche-Comte, in Theilen der Departements du Jura, du
Doubs, Haute-Saone und des Vosges, im Bezirk von Beifort,
in den Schweizercantonen Genf, Waadt und Neuenburg , so-
wie in den zwischen dem Jura und dem Bienner See gelege-
nen Theile des Cantons Bern , im grösseren Theile des Can-
tons Freiburg und im westlichen Theile des Cantons Wallis,
in Savoyen und endlich in Valle d'Aosta und Val Soana
(Piemont) gesprochen werden i) , eine einheitliche franco-pro-
venzalische Gruppe mit bestimmt ausgeprägtem gemeinsamen
Lautcharakter. Gegen diese Annahme hat Widerspruch er-
hoben P. Meyer in der Romania Bd. IV [1875], p. 294 f.,
worauf AscoLi im Archivio Bd. II, p. 385 ff, 2) seine Ansicht
vertheidigt hat.
3) Aus praktischen Gründen mögen schon hier die wich-
tigsten Lautunterschiede zwischen Provenzalisch und Franzö-
sisch angegeben werden , wie sie von Tourtoulon und Brin-
GUiER a. a. O. p. 11 ff. formulirt^) und von Süchier a. a. O.
p. 326 resumirt worden sind:
a) Die vollen Vocale nach der Tonsylbe beharren im
Provenzalischen, während sie im Französischen zu e geschwächt
sind (prov. rosa, oli, venon = frz. rose^ huile, viennent). b) Die
Explosivae g, c, b, p und besonders d, t beharren im Prov.
zwischen zwei Vocalen , während sie im Französ, schwinden
(prov. sudä^ redoun = ixz. suer, rond). c) Hochtoniges a be-
harrt im Prov. da, wo es im Französ. zu e wurde (prov.
cantä = ix'L. chanter). d) Die Combinationen en in mi behar-
ren (abgesehen von vereinzelten Fällen) im Prov., während sie
im Französ. nasale Aussprache annehmen.
1) Es ist dies im Wesentlichen das Gebiet des Königreichs Burgund
bis zum Ende der ersten Dynastie, vgl. Böhmer in den Rom. Stud. Bd. I,
p. «29.
2 Die scheinbare Unmöglichkeit, dass ASCOLI im zweiten Bande des
Archivs eine Kechtfertigung seiner im dritten Bande dieser Zeitschrift
veröffentlichten Abhandlung erscheinen lassen konnte, erklärt sich daraus,
dass die einzelnen Hefte des Archivs ohne Rücksicht auf ihre Bandzuge-
hörigkeit ausgegeben werden.
■i Die betreffenden Angaben beziehen sich zunächst allerdings auf das
Neuprovenzalischc, haben jedoch auch für das Altprovenzalische Gültigkeit.
Das Sprachjrebiet des Französischen. 39
§ 3. Die Zahl dt-r f ranzös isc-li KtMlfuiUni. Die
Anzahl derer, welche das Französische als ihre ^Muttersprache
reden, lässt sich nur in sehr nnuefährer Weise berechnen, ein-
mal aus naheliegenden allgemeinen Gründen, sodann und be-
sonders aber, weil die officielle französische Statistik der inner-
halb des französischen Staatsgebietes bestehenden Spraehver-
schiedenheit nur geringe lieachtung Avidmet und nur allzu
geneigt ist. die Begriffe »französischer Staatsbürger« und
') Nationalfranzose ^' mit einander zu identificiren.
Die Gesammtbevölkerung des französischen Staates betrug
abgesehen von den Colonien) im Jahre 1S76:
36905788.
Unter dieser Gesammtzahl befanden sich :
34 510 naturalisirte Ausländer
801754 nicht naturalisirte Ausländer also Staatsfremde)
10 000 000 Provenzalen
l 100 000 Bretonen
400 000 Italiener (Corsica, Nizza)
200 000 Basken, Spanier xmd Vlaemen
10 000 Zigeuner
also 12 576 264 Individuen, welche das Französische überhaupt
nicht oder doch nicht als ihre Muttersprache sprechen. Es
verbleiben demnach
24 399 524 Nationalfranzosen,
von welcher Zahl noch die. vermuthlich einige Tausende be-
tragenden , Deutschredenden in Französisch - Lothringen und
Französisch-Luxemburg in Abzug zu bringen sind.
Wie hoch die Zahl der ausserhalb Frankreichs, nament-
lich in den früheren und gegenwärtigen französischen Colo-
nien . lebenden Nationalfranzosen sich beläuft , entzieht sich
jeder bestimmten Schätzung , keinesfalls aber dürfte sie 2 — 3
Millionen übersteigen. Mit Rücksicht jedoch auf die seit 1876
eingetretene Steigerung der Volkszahl darf man die gegen-
wärtige Gesammtsumme der Nationalfranzosen vielleicht auf
30 Millionen veranschlagen. Diese Zahl, obwohl an sich
ja sehr beträchtlich , steht doch weit hinter denjenigen zu-
rück, welche für das Englische, das Deutsche, das Spanische
und das Russische sich aufstellen lassen. Dieses Zahlen ver-
verhältniss bietet aber keineswej^s einen Grund dar, dem
40 iJas Französische.
Französischen den Charakter einer "Weltsprache abzuerkennen.
Wer dies thun wollte, -würde höchst einseitig und verkehrt
urth eilen.
Zweites Kapitel.
Die Geschichte der französisch eu Sprache.
§ 1. Die Perioden der französischen Sprach-
geschichte. Die französische Sprachgeschichte tlieilt sich
in folgende Perioden :
1. Die Periode der Entstehung der französi-
schen Sprache von der Eroberung (des nördlichen) Galliens
durch die Römer bis zur Abfassung der ältesten erhaltenen
französischen Sprachdenkmale, der Strassburger Eide. 842
n. Chr. Prälitterarische Periode:. Vgl. unten § 2.
2. Die alt französische Periode, vom Jahre S42
bis zum Untergange der altfranzösischen Declinationsregel und
bis zum Emporkommen der allgemein französischen Schrift-
sprache. (Dialektische Periode) . Eine genaue Abgrenzung
der altfranzösischen Periode von der ihr nachfolgenden mittel-
französischen ist unmöglich. Das streng Altfranzösische reicht
nur bis zum Ausgang des 13. Jahrhunderts. Das 14. Jahr-
hundert ist die Zeit der beginnenden Auflösung des specili-
schen und dialektischen Altfranzösisch, das 15. Jahrhundert
dagegen die Zeit der beginnenden sprachlichen Reconstruction,
die zur Bildung einer allgemein nationalen Schriftsprache hin-
führte. Am füglichsten wird man daher das 14. Jahrhundert
noch der altfranzösischen, das 15, Jahrhundert dagegen schon
der mittelfranzösischen Periode zuzählen. Vgl. unten § 3.
3. Die mittelfranzösische l'eriode, vom Ausgang
der altfranzösischen Periode bis zur Fixirung der neufranzö-
sischen Schriftsprache im Beginne des 17. Jahrhunderts. (Vor-
classische Periode, Periode der Renaissance). Vgl. unten
§ 4.
4. Die neu französische Periode, von der Fixirung
tler neufranzösischen Schriftsprache bis zur GegeuAvart (Aka-
Die Geschichte der französischen Spruche, 41
demische Periode). Im Einzelnen lassen sich hier wieder un-
terscheiden: a) die classische Zeit, vom lieginn des 17. Jahr-
hunderts his zum lieginn des IS. .Fahrhunderts : h) die nach-
c-lassische Zeit, vom IJeginne his zum Ausgange des 18.
Jahrhunderts; c' die romantische Zeit, vom Ausgange des 18.
Jahrhunderts his in die vierziger Jahre dieses Jahrhunderts:
d die realistische Zeit, von den vierziger Jahren dieses Jahr-
hunderts his zur Gegenwart. (Vgl. unten § 5.)
Litteraturanojaben Schriften über französische Sprach-
geschichte im Allgemeinen' : Ravnouard, Obscrvations philologi-
ques et grammaticales sur le Roman de Kou et sur quelques regles de
la langue des trouveres au XII^ siecle. Rouen 1829 in dieser Schrift
wurde zum ersten Male die altfranzösische Declinationsregel aufgestellt, —
G. FallüT, Recherches sur les formes grammaticales de la langue fran-
caise et de ses dialectes au XII^ siecle, p. p. P. Ackermaxx, Paris 1839
— J. J. Ampeke, Histoire de la forniatiun de la langue francaise. Paris
1841 — A. Chevallet, Origine et formation de la langue francaise.
2ieme ed. Paris 1S5S. 3 Bde. — F. Gemx, Recreations philologiques ou
recueil de notes pour servir ä l'histoire des mots de la langue francaise.
2ieme ed. Paris 1858 — E. du Meril, Essai philosophique sur la forma-
tion de la langue francaise. Paris 1852 — Pelissier, La langue francaise
depuis son origine jusqu'ä nos jours. Tableau historique de sa formation
et de ses progres. Paris 1866 — A. Gkaxier de Cassagxac, Histoire des
origines de la langue francaise. Paris 1872 'der Verf. behauptet, das Fran-
zösische sei nicht aus dem Latein, sondern aus dem Keltischen entstan-
den) — *E. Littre, Histoire de la langue francaise. Etudes sur l'ori-
gine, l'etj-mologie, la grammaire etc. au moyen age') 1862, 3ieme ed. Paris
1878 (keine zusammenhängende Darstellung der Sprachgeschichte, sondern
geistvolle Essays über Sprachgeschichte; — E. Littre, Etudes et glanures
pour servir ä l'histoire de la langue francaise. Paris 18S0 — H. Cocheris,
Eutretiens sur la langue francaise. Paris 1877 — L. Faa'RE, Formation
de la langue francaise, in: Rev. bist, de l'anc. lang, franc. 1877 —
Ch. Aibertix, Histoire de la langue et litterature francaise au moven age
1 Inhalt: t. I p. 1 De l'etymologie de la langue francaise, de la
grammaire francaise et de la correction des vieux textes (enthält in § 9
eine Analyse der Chansons de geste : le Couronnement de Louis, le Char-
roi de Nimes , la Prise d'Orange , le Vceu de Vivien und la Bataille d'Ale-
schaus,. p. 256 De la poesie epique dans la societe feodale. p. 3Ul La
poesie homerique et l'ancienne francaise (am Schlüsse dieses Essays eine
altfrz. Uebersetzung des 1. Gesanges der Ilias! . p. 394 Etüde sur Dante.
t. n p. 1 Etüde sur Patelin. p. 56 Etüde sur Adam Mystere;. p. 91 Des
Patois behandelt in § 2 das Patois von Berry und in § 3 das "\Vallonische).
p. 170 Legende sur le Pape Gregoire le Grand, p. 27U Le Chant d'Eu-
lalie et le fragment de Valenciennes. p. 365 Dictiounaire francais-latin.
p. 384 Girard de Rossillon. p. 423 Grammaires provencales. p. 442 Le
Livre des Psaumes , texte du XII siecle. p. 456 Lettres de Marguerite,
reine de Navarre, sceur de Francois I.
42 l)as Französische.
Paris 1878 79 2 Bde. — Ch. Aubertin, Origines et forraation de la langue
et de la metrique francaises. Paris 1882 — A. LoiSEAU, Histoire de la
langue francaise, ses oriorines et son developpement jusqu'ä la fin du XVI
siede. Paris 1881 (werthlos) — Programraahhandlungen u. dgl. :)
Ehlers, Geschichtliche Entwickelung der französischen Spr. Hanau 1874,77
Progr. — F. Andrzjewski, Apercu des principales hypotheses que la phi-
lologie a etablies quant ä l'origine et la formation des langues romanes.
Culm 1874 Progr. — C. L. Cathelaz , Apercu historique sur les origines
et la formation de la langue francaise. Dresden 1876 Progr. — SCHÖTEX-
SACK, Ueber Entstehung und Fortbildung der französischen Spr. Stendal
1878 Progr. — A. Grisser, Entwurf einer Geschichte der französischen
Spr. Regensburg 1881 Progr.
§2, Die Entstehung des Französischen 'j . 1. Das
Französische ist aiis dem (Volks-) Latein hervorgegangen . ist
eine Tochtersprache desselben und gehört als solche zu der
romanischen Sprachfamilie, hezw. zu dem indogermanischen
(oder arischen] Sprachstamme.
Der Ursprung des Französischen aus dem Vulgärlatein ist
fest bewiesene wissenschaftliche Thatsache, an welcher zu
zweifeln vernünftigerweise nicht mehr gestattet ist. G. de
Cassagnac's Hypothese von dem gallischen, bezw. keltischen
Ursprünge des Französischen (vgl, oben S. 41) ist schlecht-
weg Unsinn; dasselbe gilt von Isola's Hyjiothesen über den
Ursprung der romanischen Sprachen, wonach dieselben Schwe-
stersprachen des Lateins sein sollen vgl. Theil I, S. 145).
2. Das Latein wurde sowol in seiner schriftsprachlichen
als auch in seiner volkssprachlichen Gestaltung nach Gallien
übertragen. Die erstere blieb dort natürlich noch mehr, als
in Italien, ein reines Kunstproduct und in ihrer Anwendung
auf den amtlichen, bezw. gerichtlichen Verkehr und auf die
Litteratur beschränkt. Hemerkenswerth ist die rege Antheil-
nahme Galliens an der lateinischen Litteratur (Rhetorenschu-
len zu Massilia, Tolosa, Augustodinuim , liurdigala, jedenfalls
auch zu Narbo, Arelas, Vienna und an andern bedeutenderen
Städten , wie Durocorto'rum [Rheims] , Treviri etc. : der ge-
richtlichen Jieredtsamkeit Galliens gedenkt Jiivenal Sat. XV,
lll: Gallia causidicos docuit facunda liritannos, und VII 147
Uuis bene dicentem Basilum ferat? accipiat te Gallia, vel po-
tius nutricula causidicorum Africa : Martial erwähnt lib. VII
1) Zu diesem § vgl. §§ 1, 2 und '6 der Einleitung.
Die Geschichte der französischen Sprache. 43
ep. S7, dass seine Bücher in Vienno eifrig gelesen würden;
aus Gallien stammten Ausonius, ApoUinaris Sidoniiis, Trogus
rom])ejus. Snlpieius Sevenis. Paulinvis von Nola. Ililarius von
Toitiers. Ambrosius von Mailand, Salvianus, Prosper von Aqui-
tanien n. A.). Indessen ist nicht nachweisbar, dass sich in
Gallien eine idiomatische Nuancirung des Schriftlateins aus-
gebildet habe ^der heil, llieronymus spricht allerdings vou
einem »cothurnus gallicanus«. doch bezieht sich dies wohl nur
auf die Neigung gallischer Rhetoren zu schwülstigem Aus-
druck) .
Das Volkslatein wurde durch römische Einwanderer und
Soldaten nach Gallien verpflanzt. Die Einwanderung muss
eine sehr betrachtliche gewesen sein, namentlich nach dem
Süden. Schon Cicero, pro Fonteio V, 11 berichtet, dass
Gallien » plena civiura romanorum « sei und dass der gesammte
Handel in Gallien in römischen Händen liege. Diese Aussage
bezieht sich aber auf das Jahr 69 v. Chr. , also auf die Zeit
und das römische Herrschaftsgebiet vor Cäsars Eroberungen).
Jedenfalls erfolgte die Romanisirung Galliens, namentlich
des südlichen , sehr rasch *) , wenn auch das Keltische nicht
sofort von dem Lateinischen völlig verdrängt ward, sondern
sich bis in das 4. und 5. Jahrhundert, wenigstens in einzel-
nen Landestheilen, erhielt (vgl. unten Nr. 3).
Der Gang der Romanisirung im Einzelnen ist völlig un-
bekannt, da alle eingehenderen Zeugnisse darüber fehlen. Kei-
neswegs aber darf man in der sprachlichen Romanisirung
Galliens etwas Wunderbares oder Räthselhaftes erblicken. Die
Erscheinung, dass die Sprache des erobernden und höher ge-
bildeten Volkes diejenige des unterworfenen und weniger ge-
bildeten Volkes verdrängt , ist eben so begreiflich wie in der
Geschichte häufig eingetreten man denke z. B. nur an die
Verdrängung der slavischen Idiome in den Landschaften jen-
seits der Elbe durch das Deutsche I) ; auch in unserer Gegen-
wart vollziehen sich derartige Sprachwechselprocesse (so dringt
z. B. das Englische in Irland, in Nordschottland und in Wa-
1 Bezeugt ■wird dies auch durch die frühe Verleihung des römischen
Bürgerrechtes an Gallier, womit schon Cäsar \ind Augustus beginnen. Be-
zeichnend ist auch, dass schon im 1. Jahrhundert n. Chr. eine römische
Besatzung von nur 1200 Mann zur Aufrechterhaltung der Ordnung im gan-
zen Lande genügte. Vgl. Budinszky a. a. O.'S. 99 0".
44 Das Französische.
les immer mehr ^ or ; in Südtirol weicht das Deutsche vor dem
Italienischen zurück und dgl.). Wenn Grävell (die Charak-
teristik der Personen des Kolandsliedes p. 134) behauptet hat:
»In Gallien als Ganzes betrachtet, hat man sicherlich zu keiner Zeit
lateinisch gesprochen, die eigentliche Romanisirung begann erst mit der
christlichen Aera, als das alte gallische Idiom sich nicht mehr fähig zeigte,
dem von den Städten her eindringenden, von der Geistlichkeit unterstütz-
ten Romanismus Widerstand zu leisten. Ohne die Einführung des Chri-
stenthums, welches die Gallier auf Jahrhunderte an den Romanismus ket-
tete, wäre sicher die römische Civilisation in Gallien so gut von den
Eingeborenen in Verbindung mit den später eingewanderten Franken weg-
gewischt worden, wie am Rhein»,
SO ist dies sicherlich viel zu viel behauptet, namentlich in Bezug
auf Südgallieji : wäre das Gallische zur Zeit der Einführung des
Christenthums noch die ausserhalb der Städte allgemeine und
lebensfähige Landessi)rache gewesen, so hätte es sich trotz des
Christenthums (welches übrigens nie Landessprachen auszurotten
bestrebt gewesen ist) und trotz des »von der Geistlichkeit unter-
stützten Romanismus« ganz gewiss ebenso gut zu behaupten
und weiter zu entwickeln vermocht, wie etwa das Irische und
Wallisische noch lange Jahrhunderte nach Einführung des
Christenthums fortgelebt und sich weiter entwickelt haben und
auch später wahrlich nicht durch das Christenthum , sondern
durch ganz andere Dinge in ihrem Bestände bedroht worden
sind, nichtig aber dürfte es allerdings sein, dass die Chri-
stianisirung Galliens der Romanisirung ^'orschub leistete und
dazu beitrug, das Absterben des Gallischen zu beschleunigen.
Aus dem nach Gallien verpflanzten Volkslatein müssen
sich im Laufe der Zeit gallisch-lateinische Volksdialecte ent-
wickelt haben, welche die Keime der späteren französischen
bezw. provenzalischen Dialekte in sich trugen. Es fehlt uns
jedoch jede Kenntniss dieser lateinischen Mimdarten [xg\. un-
ten » Litteraturangaben « .
Dass zwischen dem Volkslatein in Südgallien und dem-
jenigen in Nordgallien frühzeitig eine Verschiedenheit und
damit der Ansatz zu der Spaltung in Provenzalisch und Fran-
zösisch sich ausbildete, ist schon aus geschichtlichen und ethno-
graphischen Gründen (frühere Romanisirung Südgalliens : im
Süden neben den Kelten Iberer und Ligurer. im Norden neben
den Kelten halbgermanische belgische Stämme und auch rein-
\
Die Geschichte der französischen Sprache. 45
germanische Völkerschaften) höchst wahrscheinlicli. Ein di-
rectes Zeugniss dafür würde vorliegen , wenn die bekannte
Stelle bei SrLricirs Skvkrus ca. 365 — 425 , Dial. I, 27, da-
hin gedentet werden dürfte, dass der Gallier sich scheut, vor
dem feiner gebildeten Aqiiitanier lateinisch zu reden »sed
dum cogito . me hominem Gallum inter Aquitanos verba fac-
tumm . vereor ne offendat vestras nimis nrbanas aures sermo
rusticior. Aiuliatis me tamen ut Gurdonicum hominem nihil
cum fuco aut cothurno loquentem«) , statthaft ist solche Deu-
tung gewiss.
Litteraturangaben : Ueber die Romanisinms: Galliens handeln na-
mentlich ÜESJARDINS im 2. Bd. seines oben citirten Werkes und Buüixszky,
Die Ausbreitung der lat. Spr. über ItaUen und die Provinzen Berlin 1S81),
S. 81 — IIb. Ueber das gallische Latein vgl. die spärlichen Angaben bei
SiTTL, die localen Verschiedenheiten der lat. Spr. Erlangen 1SS2 . Ueber
das gallische Latein wird Genaueres voraussichtlich sich erforschen las-
sen, wenn der die lat. Inschriften Galliens umfassende Bd. XII des Cor-
pus inscriptionum erschienen sein wird. Schmerzlich vermisst wird auch
von der franzüs. Philologie noch immer eine kritische und eingehende Ge-
schichte des römischen Galliens , wie überhaupt die Bearbeitung der römi-
schen Provinzialgeschichte geeignet sein würde, auf die Vorgeschichte der
romanischen Sprachen neues Licht zu werfen.
3. Das Keltische behauptete sich neben dem Latein bis
in die nachromische Zeit hinein. Zeugnisse dafür sind z. B. :
AuLus Gellius (125 — 175 n. Chr.] erwähnt Noct. Att. XI, 7, 4
des Kelt. als einer noch lebenden Sprache ; Ulpiax entschied
als praefectus praetorio (222 — 22S), dass Testamente auch in
lingua gallicana abgefasst werden dürften Digest. XXXII, 10);
Lampridius Alex. Sev. 60) erzählt, dass der Kaiser Alexander
Severus (222 — 235) von einer Druidin in gallischer Sprache
vor Verrath gewarnt worden sei; der heil. Hieroxymus be-
merkt Comm. in Epist. ad Galat. II 3), dass die keltischen
Galater in Kleinasien fast dieselbe Sprache redeten wie die
gallischen Trevirer (die Richtigkeit dieser Behauptung ist aller-
dings zu bezweifeln, vgl. Büdixszky, a. a. O. S. 245, Anm. 50);
SüLPicros Severus (365 — 425) lässt Dial. I, 27 einen Nord-
gallier von Aquitaniem aufgefordert werden, er möge keltisch
oder gallisch reden (»Tu vero, inquit Fostumianus, vel celtice
aut. si mavis, gallice loquere, dummodo iam Martinum loqua-
ris«: ') gallice« darf des vorheh enden aut wegen schwerlich für
synonym mit celtice betrachtet, sondern "muss wohl als »gallisch-
46 Das Französische.
lateinisch« erklärt werden) ; der Arzt Marcellus Empiricus
aus ßurdigala fca. 375) gibt in seinem Buche de medicamen-
tis für eine Anzahl Pflanzen die keltischen Namen an (vgl.
J. Grimm, l'eher Marcellus Burd, in den Abhandlungen der
Berl. Akad. d. Wissensch. 1849); Claudias (ca. 400) erwähnt
Epigr. 1, H). dass die Maulthiertreiber in Gallien ihre Thiere
mit gallischen Rufen lenken: Ausonius (310 — 390), Venan-
Tius FoRTUNATUs (ca. 535 — 600) und Gregor v. Tours (536
— 595) citiren und erklären gelegentlich keltische Worte
(Auson. Cl. Urb. XIV 32 »Divona«, Venant. Fort. Miscell. I 9
»Vernemetis« = fanum iugens; Greg. Tur. Hist. Eccl. Franc.
IV 31 corydalus = alauda; De vitis patr. XII 2 brachio =
ursicatulus) . Vgl. Budinszky a. a. O. S. 114 ff.
Zugestanden muss freilich werden . dass diese Zeugnisse
nicht eben reichlich und einzelne derselben überdies ziemlich
unklar sind : namentlich ist öfters fraglich , ob der Ausdruck
»gallicus« als »keltisch« oder nicht vielmehr als » gallisch -la-
teinisch« aufzufassen ist.
Ueber das 6. Jahrhundert hinaus fehlt jede Spur des
Fortlebens der keltischen Sprache in Gallien (ausserhalb der
Bretagne). Dieses plötzliche Abbrechen der Ueberlieferung
hat etwas Räthselliaftes an sich: nicht glaublich ist jedenfalls,
dass das Keltische schon damals völlig erloschen sei, wenn
es überhaupt bis dahin in irgend welchem Umfange sich be-
hauptet hatte.
Dass das Keltische auf die Entwickelung des Gallisch-
Lateinischen und folglich auch des Französischen einen Ein-
fluss ausgeübt hat. ist unzweifelhaft. Aber der Umfang dieser
Beeinflussung kann zur Zeit noch nicht festgestellt werden.
Gegenwärtig schätzt man ihn allgemein für sehr gering und
beschränkt ihn auf einige Lauterscheinungen, auf die Bildung
der mit vingt combinirten Zahlen i quatre-vingt und auf die
Herkunft einer nicht eben beträchtlichen Anzahl von Worten.
Bei dem dermaligen Stande der Forschung thut man sehr recht
daran, und es kann überhaupt nicht eindringlich genug davor
gewarnt werden, dass man. wie früher, als die Keltomanie gras-
sirte, üblich war. Alles, was innerhalb des Französischen nicht
auf den ersten Blick erklärbar ist . sofort aus dem Keltisclien
zu deuten suche ; festzuhalten ist vielmehr durchaus als Grund-
I
Die Geschichte der französischen Sprache. 47
Satz, bei der Erklärung französischer Spracherscheinungen zu-
nächsit nur das Latein heranzuziehen, Avenn aber mit dessen
Hülfe eine befriedigende Lösung nicht zu gewinnen ist . auf
das Genuanische zu reciu-rircn und erst, ■wenn auch dieses
versagt, sich an das Keltische zu wenden. Aber die Vermu-
thung darf ausgesprochen werden . dass , wenn einst die kel-
tische Philologie sich weiter ausgebildet haben und in innigeren
Contact mit der romanischen, bezw. französischen Philologie
gesetzt worden sein wird, man doch zur Erkenntniss gelangen
werde, dass zwischen Französisch und Keltisch vielfach entere
Beziehungen bestehen, als man gegenwärtig glauben darf.
Möglich auch , dass das zur Zeit noch kaum begonnene sy-
stematische und wissenschaftliche Studium der neufranzö-
sischen Dialekte zu werthvoUen Ergebnissen auch in dieser
Beziehung führen wird.
Litteraturangaben über die keltische Sprache u. dgl. sehe man oben
S. 12 f. Vgl. auch Thi'RNEYSEX, Keltoromanisches. Halle 18S4.
4. Die schon in der Zeit v o r Cäsar begonnene und durch
die Gründung des Frankenreiches sowie durch die Nieder-
lassung der Normannen in Neustrien zum Abschluss gebrachte
Besetzung des nördlichen Galliens durch germanische
Völkerstämme hatte zur nothwendigen Folge, dass auch die
betreffenden germanischen Sprachen, insbesondere die frän-
kische, auf die Entwickelung des gallischen Lateins, bezw.
des Französischen (und Provenzalischen Einfluss gewannen.
Die genauere Bestimmung des germanischen Einflusses auf
das Französische ist nicht ausführbar, denn derselbe niuss im
Wesentlichen — eine erhebliche Ausnahme bildet nur der nor-
mannische Antheil — vor dem 7. oder doch vor dem S. Jahr-
hundert erfolgt sein; wir besitzen aber jenseits dieser Zeit-
grenze nur von einer germanischen Sprache, der Sprache der
Westgothen im Norden der unteren Donau, in Llfilas' Bibel-
übersetzung ein umfangreicheres Litteraturdenkmal. welches
wirklichen Einblick in den Lautbestand, in den Formenbau.
in den ^yortscllatz und in die Satzfügamg gestattet. Erlaubt
ist es nun ja gewiss, von dem Gothischen aus Schlüsse auf die
Beschaffenheit der anderen frühgermanischen Sprachen zu
ziehen, aber man muss doch, wenn man dies tluit, immer das
48 I^as Französische.
Bewusstsein haben, dass die Gefahr des Irrens nahe liegt und
dass man über Hypothesen nicht hinauskommt.
Die sprachliche Scheidung zwischen Hochdeutsch und
Niederdeutsch trat erst um das Jahr 600 ein. »Der örtliche
Ausgangspunkt scheinen die Alpengebiete zu sein : Alemannen,
Baiem, Longobarden Averden zuerst von der Bewegung ergrif-
fen. Die Franken, Hessen, Thüringer sehen Avir nur allmäh-
lich hineingezogen. Den Rhein hinab wird der Anstoss schwä-
cher \ind schwächer, das niederländische Gebiet bleibt unberührt«.
(W. Scherer, Geschichte der deutschen Litt. 2. Ausg. [Ber-
lin 1884], S. 3 9 f., vgl. desselben Zur Geschichte der deutschen
Spr. 2. Ausg. [Berlin 1878], S. 168 ff.).
Daraus folgt, dass die germanischen Sprachen zur Zeit,
als die Germanen Gallien besiedelten, noch sämmtlich auf der-
jenigen Stufe der Lautverschiebung standen , auf welcher das
Niederdeutsch nebst seinen ausserdeutschen Schwestersprachen
(auch den skandinavischen) sich noch heute befindet. Worte
germanischen Ursprunges , welche in das Französische , bezw.
überhaupt in das Romanische übergegangen sind, stehen also
zu den entsprechenden niederdeutschen (bezw. holländischen,
skandinavischen, angelsächsischen etc.) in näherer lautlicher Be-
ziehung, als zu den entsprechenden hochdeutschen.
Unsere unzulängliche Kenntniss von den altgermanischen
Sprachen derjenigen Zeit und derjenigen Gebiete, welche hier
in l^etracht kommen (Fränkisch, Burgundisch etc. des 4., 5.,
6. und 7. Jahrhunderts), erschwert es ungemein und verbietet
es oft gänzlich, eine bestimmte im Französischen sich findende
Spracherscheinung, z. B. eine Lautaffection oder ein Wort,
unzweifelhaft germanischen Ursprunges auf eine bestimmte
germanische Einzelsprache zurückzuführen. Man wird aller-
dings mit Recht immer zunächst an das Fränkische als an die
wichtigste der bezüglichen Sprachen zu denken haben . aber
der Beweis, dass die betreffende Spracherscheinung wirklich
aus dem Fränkischen sich herleite, wird wohl nie zu erbringen
sein, zumal da »Fränkisch« ein sehr vager Begriff ist, indem
er zugleich auf die Sprache der salischen und der ripuarischen
Franken sich bezieht , also auf zwei gewiss verschiedene
Idiome (in noch weiterem Sinne wird bekanntlich unter
>> Fränkisch « auch das Altniederfränkische , Mittelniederfrän-
Die Geschichte der französischen Sprache. 49
kische etc. mit inbegrifteu. ■welclio Muiulaiteii jodocli /u dem
Französischen keine unmittelbare Beziehung haben).
Der Einfluss des Germanischen auf die Entwickelung und
Gestahung des Französischen ist ein verhältnissmässig selir
bedeutender gewesen; am erheblichsten ist der Wortschatz von
ihm berührt worden, aber auch Lautbestand und Satzfügung
sind nicht unberührt geblieben, vielleicht auch sogar der For-
menbau nicht. Namentlich stark tritt der germanische Einfluss
im Altfranzösischen hervor, während für die Entwickelung des-
selben zum Mittel- und Neufranzösischen die Thatsache cha-
rakteristisch ist. dass die Sprache sich mehr und mehr gleich-
sam entgermanisirt und zurückromanisirt , wie ja die analoge
Erscheinung auch in Bezug auf die französische Nationalität
zu beachten ist (vgl. oben S. 19). Indessen w^eist auch das
Neufranzösische noch zahlreiche inid deutliche Spuren germa-
nischer Beeinflussung auf. Auf alles Einzelne wird Aveiter
unten in den die Grammatik behandelnden Kapiteln hinzu-
weisen sein.
Für die Bedeutung des germanischen Einflusses auf die
Entwickelung der französischen Sprache und Nationalität ist
schon der Name » französisch « selbst , der von » Franke « sich
ableitet, beweisend (die mittellat. Form ist franciscus, woraus
sich das Masc. francois francais entwickelt hat [vgl. Francis-
cus = Fran9ois , während das Feminin der Analogie der
Adjectiva auf -ensis gefolgt ist und also zu francoise fran-
^aise sich gestaltet hat; francisca hätte fran^aiche ergeben
müssen [vgl, frais, fraiche aus friscus, friscaj). Ursprünglich
bezog sich jedoch die Bezeichnung »francais« nur auf die Be-
völkerung, Sprache etc. der Isle de France; erst später wurde
sie im allgemeinen Sinne gebraucht, vgl. unten § 3, Nr. 3 a;.
Litterat urangaben: J. Grimm, Geschichte der deutschen Sprache.
Leipzig 165S, 3. Ausgabe (herausg. von J. SCHMIDTJ 1874 — K. Zeuss,
Die Deutschen und ihre Nachbarstämme. München 1837 — [K. Müllen-
HOFF, Deutsche Alterthumskunde. Bd. 1. Berlin 1870, Bd. 5. Berlin 1883
(mehr nicht erschienen] — R. Usixger, Die Anfänge der deutschen Ge-
schichte. Hannover 1875 — W. Arxold, Deutsche Urzeit. 3. Ausgabe.
Gotha 1880 — F. D.\hn, Urgeschichte der german. und roman. Völker.
Berlin 1881. 2 Bde. bildet einen Bestandtheil des OxCKEN'schen Sammel-
werkes].
H. d'ARBOls DE JUBAINVILLE, La languc franque, le vieux-haut-alle-
mand et la langue francaise, in Rom. I 129 tf. — E. M. Olde, De l'in-
KOrting, Encyklopädie d. rom. Phil. III. 4
50 iJas Französische.
fluence des idioines gotho-germains et scandinaves sur la formation de la
langue francaise et des traces qu'ou en retrouve encore dans la langue
actuelle. Lund ISö'J — L. Schachx, De elementis germanicis potissimum
linguae francogallicae. Berlin 1S53 — K. ZANGE, lieber die germanischen
Elemente in der französischen Sprache. Sondershausen 1851. in das Fran-
zös. übersetzt von vax der Haeghex. Brüssel 1854 — W. Wendler.
Zusammenstellung der französ. Wörter german. Ursprungs nach sachlichen
Kategorien. Greiz 1874 — *F. Atzler, Die germanischen Elemente in
der französ. Sprache, Köthen 1867 — M. Scheck, 5U0 germanische AVör-
ter und 160(1 germanische Yocabeln in der frz. Spr. Stuttg. 1875 — HoT-
TENROT, Germanische Wörter im Französ. Köln 1876. Progr. — M. ScHULZE,
die german. Elemente der frz. Spr. Berlin 1S76 — F. Nei'Maxn, Die ger-
man. Elemente in der provenzal. und frz. Spr. ihren lautlichen Verhält-
nissen nach behandelt. 1. Die einfachen Vocale und Diphthonge. Berlin
1S76 {vgl. die Recension von Behaghel in der Ztschr. f. rom. Phil. I 466
— Schweisthal, Remarques sur le röle de l'element franc dans la for-
mation de la langue frcse. Paris 1883 vgl. Rom. XII iH) .
Obwol, "wie diese Uebersieht zeigt, der Einfluss des Ger-
manischen auf das Französische schon häufig behandelt wor-
den ist, so Avürde doch eine erneute Untersuchung keineswegs
unnütz sein, sondern könnte vielmehr noch zu sehr interes-
santen und wichtigen Ergebnissen führen, nur freilich ist hier-
für Voraussetzung, dass, wer sie unternimmt, mit der franzö-
sischen und germanischen Philologie gleich vertraut sei und
streng methodisch zu arbeiten verstehe.
Recht dankenswerth wäre es, einmal im besonderen den
Einfluss der Normannen auf die französische Sprache und
Nationalität zu untersuchen.
5. Das i Nordgallisch-Romanische, bezw. das; Französische
ist in seiner Entstehung nur durch das Keltische und durch
das Germanische nachhaltig beeinflusst worden und hat da-
durch seinen eigenartigen Charakter erhalten, soweit derselbe
nicht bereits durch die specifische Entwickelung des Volks-
lateins in Nordgallien gegeben worden war. In dem weiteren
Verlaufe seiner Geschichte ist aber das Französische auch mit
anderen Sprachen Arabisch, Italienisch . Spanisch etc.) in
Berührung gekommen, doch hat dies im Wesentlichen keine
andere Folge gehabt, als das Eindringen einer Anzahl fremd-
sprachlicher Elemente in den französischen Wortschatz. Hier-
über wird au geeigneter Stelle Näheres anzugeben sein.
§ 3. Das Altfranzösische. 1. Am 14. Februar S42
wurden die Strassburjjer Eide geschworen. Die französische
Die Geschichte der französischen Sprache. 51
Fassung derselben ist'dius älteste erhaltene französische Schrift-
denkmal'). Der geringe Umfang desselben macht es freilich
unmöglich, aus ihm mehr als einige wenige, immerhin aber
doch -wichtige Züge der damaligen Gestaltvmg des Französi-
schen zu erkennen ; als erschwerender Umstand tritt hinzu
die äusserst unbeholfene und offenbar latinisirende Schreib-
weise. Ueber die Beschaffenheit des Französischen vor dem
Jahre S42 sind nur Vermuthungen möglich, welche zum Theil
allerdings auf das in den Keichenauer iind Casseler Glossen
überlieferte Sprachmaterial sich stützen können.
2. Von der Abfassungszeit der Strassburger Eide ab er-
streckt sich bis gegen den Ausgang des 14. Jahrhunderts hin
die altfranzösische Sprach- und Litteraturperiode. Die nähere
Eintheilung derselben in einzelne Zeiträume wird bei weiterem
Fortschreiten der Wissenschaft zur Xothwendigkeit werden,
für jetzt und für unseren Zweck kann davon Abstand genom-
men werden : nur das Eine werde bemerkt . dass das Empor-
kommen des höfischen Romans nicht bloss in litterarischer,
sondern auch in sprachlicher Beziehung einen wichtigen Wende-
punkt bildet.
Ueber die altfranzösische Litteratur vgl. unten Capitel 10,
§ IfF.
3. Für das Altfranzösische sind namentlich folgende
Sprachthatsachen charakteristisch :
a) Das Nichtvorhandensein einer allgemein nationalen
Schriftsprache, in Folge dessen innerhalb eines jeden Dialektge-
bietes der betretende Dialekt als Schriftsprache angewandt wer-
den musste, sobald als eine volksthümliche Litteratur entstand.
Mit dem Begriffe fehlte selbstverständlich auch der Name
fÜT eine allgemein nationale Sprache : francais bezog sich
nur auf die Isle de France. Vgl. unten Cap. 4 § 1, 1.
b Eine im Vergleich zu dem Lautcharakter des Neufran-
zösischen grosse Klangfülle, indem vielfach damals Laute noch
gesprochen wurden, welche später verstummten und höchstens
in der Scbrift sich noch erhielten. Ferner das Vorhandensein
von Lauten, welche der heutigen Sprache fehlen (h: mouillirtes
1) Die Reichenauer und die Casseler Glossen können nicht als speci-
fisch französische Schriftdenkmale betrachtet werden. Vgl. unten Cap. 10,
§ 2.
♦
52 Das Französische.
1 ; linguopalatales 1 — später zu u vocalisirt — im Auslaut
und in gedeckter Stellung . Endlich ist hervorzuheben das
vielfach sich findende Nebeneinanderbestehen verschiedener
Lautgestaltungen auch innerhalb desselben Zeit- und Ortsdia-
lektes.
c) Die Beschaffenheit des Wortschatzes, indem a) in dem-
selben einerseits noch viele auf volksthümlichem Wege aus
dem Latein übernommene Worte vorhanden waren, welche
später geschwunden sind, andrerseits aber die im Neufranzö-
sischen so massenhaft vorhandenen mots savants lateinischen
und griechischen Ursprunges fehlten: ß) zahlreiche Worte ger-
manischer Herkunft gebraucht Avurden , welche später wieder
durch romanische verdrängt worden sind; y) viele Worte in
anderer Bedeutung üblich waren, als ihnen in der gfegenwär-
tigen Sprache zukommt.
d) Die im Vergleich zu dem Neufranzösischen grössere
Synthese des Formenbaues, indem namentlich bei den Sub-
stantiven (und Adjektiven) männlichen Geschlechtes meist noch
der Casus rectus von dem Casus obliquus unterschieden werden
konnte. Ferner ist in Bezug auf den altfranzösischen Fomien-
bau zu bemerken: a) die geschlechtliche Einförmigkeit der
Adjectiva, welche auf lat. Adjectiven zweier Endungen beru-
hen ; ß) das Vorhandensein einer Anzahl später geschwundener
organischer Comparationsformen ; y] der grosse Reichthum an
Pronominalformen, namentlich bei den Personalibus, Demon-
strativis und Relativis ; <5) die Doppelformigkeit der Cardinal-
zahlen 70, 80, 90 und das Vorhandensein der direkt aus dem
Latein übernommenen Formen der Ordinalzahlen 1 — 10; e) das
Vorhandensein einzelner, später ganz geschwundener, plusquam-
perfectischer , imperfectischer und futuraler Verbalformen ;
k) die in der Behandlung des Vocals der Stammsylbe sich be-
kundende scharfe Scheidung der stammbetonten und der fle-
xionsbetonten Formen innerhalb des Präsens ; /;) die im Ver-
gleich zu dem Neufranzösischen weite Ausdehnung der starken
Perfect- (bezw. Participial-) bildung.
e) Das Nichtvorhandensein vieler für das Neufranzösische
verbindlicher syntaktischer Gesetze. Im Einzelnen ist nament-
lich hervorzuheben: a) die Wortstellung innerhalb des Satzes
war in Bezug auf Subjekt , Prädikat und Objekt frei ; ß) die
Die Geschichte der französischen Sprache. 53
Anwendung der l'artitivform (Theilungsartikels) des Substan-
tivs war nicht obligatorisch ; y) die Anwendung des determi-
nirenden Artikels war eingeschränkter, als gegenwärtig: d) die
scharfe Scheidung zwischen absolut und conjunctiv, substan-
tivisch und adjektivisch gebrauchten Pronominalformen war
noch nicht durchgeführt : €^ der Gebrauch des Indicativs war
noch ausgedehnter und derjenige des Conjunktivs dem ent-
sprechend eingeschränkter, als in der heutigen Schriftsprache :
C) das Participium Präs. fungirte nicht nur schon in verbal-
adjektivischer, sondern auch noch in rein participialer Bedeu-
tung ; /;) die Kegel über die Congruenz des Part. Prät. war
noch nicht fest ausgebildet ; ^) die Satzverhindung war noch
vielfach eine ganz oder halb parataktische , während in der
späteren Sprache mehr und mehr die Neigung zu straffer Hy-
potaxe sich geltend gemacht hat.
f ) Die Naivetät des Styles , in Bezug auf welche freilich
je nach den einzelnen Litteraturgattungen und Litteraturepo-
chen vielfache Abstufungen zu beobachten sind.
4. Die viel verbreitete Meinung, dass das Altfranzösische
dem Latein ähnlicher sei, als das Neufranzösische, muss als
eine im Wesentlichen inige bezeichnet werden , namentlich
wenn man unter Latein das Schriftlatein versteht. Richtig
ist ja, dass das Altfranzösische noch Reste der lat. Declination
oder doch Analogien zu derselben besass ; dass die ihm eigene
Freiheit der Wortstellung an das Latein erinnert und dass im
Altfranzösischen noch zahlreiche später aufgegebene lat. Worte
sich linden. Aber der Sprachgeist — um so zu sagen — des
Altfranzösischen ist von demjenigen des (Schrift) latejiis durch-
aus verschieden : das Latein wurde von streng logischen Ten-
denzen beherrscht und geregelt, das Altfranzösische dagegen ,
war der strengen Logik abgeneigt und neigte sich zu einem
gemüthlichen Sichgehenlassen , zur behaglichen Ausnutzung
der möglichen sprachlichen Freiheit ; das Latein besass eine
Vorliebe für conventioneile Sprachgesetze , denen die Indivi-
dualitäten sich beugen müssen , das Altfranzösische dagegen
Avar der sprachlichen Nivellirung und Schablonisirung ab-
hold und liess die Eigenart der einzelnen Individualitäten zu
ihrem Rechte gelangen. Es ist also das Alt französische seinem
inneren Wesen nach von dem Latein duVch eine weite Kluft
54 Das Französische.
geschieden, dagegen zeigt es eine nahe Geistesverwandtschaft
mit dem Germanischen , wie ja überhaupt das Altfranzosen-
thum ein sehr starkes germanisches Element in sich enthält.
Erst durch die Einwirkung der Renaissancebildung wurde das
Französische dem Latein wieder innerlich näher gebracht, so
dass die neufranzösische Schriftsprache allerdings dem Schrift-
latein in vielen Charakterzügen gleicht.
5. Das Latein war während des Mittelalters die Sprache
der Kirche , der Wissenschaft , des internationalen Verkehrs,
vielfach auch der Rechtspflege. Die Folgen dieses Zustandes
waren für das Französische : a) das frühzeitige Eindringen latei-
nischer Worte gelehrten oder halb gelehrten Gepräges ; b) die
Anlehnung der französischen Orthographie an die lateinische;
ci die Uebertragung lateinischer Redewendungen und techni-
scher (z. B. jiu-istischer) Formeln in das Französische. — Die
Beeinflussung des mittelalterlichen Französisch durch das mit-
telalterliche Latein bedarf noch einer eingehenden Untersu-
chung, welche aber freilich, namentlich was die Orthographie
und die Lexikologie anlangt , mit grosser Umsicht geführt
werden muss, um Trugschlüsse zu vermeiden. [Besonders
stark zeigt sich selbstverständlich der lateinische Einfluss in
altfranzösischen Uebersetzungen lat. Werke ; man muss dem-
nach sich wohl hüten, den Beobachtungen, welche in derarti-
gen Litteraturdenkmälern bezüglich des Wortschatzes und der
Syntax gemacht w^erden können, ohne Weiteres Allgemeingül-
tigkeit für das Altfranzösische beizulegen; es gilt vielmehr,
die Latinismen herauszufinden und als solche zu behandeln.
Aehnlich ist zxi verfahren in Bezug auf solche altfranzösische
Werke,, •welche — wie z, B. Brünette Latini's Tresor — zwar
nicht Uebersetzungen sind, aber inhaltlich von lateinischen
Quellen abhängen].
6 . Fremde Sprachen haben auf das Altfranzösische schwer-
lich Einfluss ausgeübt ; höchstens ist zu bemerken, dass aus
dem Arabischen und aus dem byzantinischen Griechisch ein-
zelne Worte entlehnt wurden.
Littcraturangaben: Allgemeine Schriften über das Stu-
dium der altfrz. Spr. G. Pakis, Grammaire historique de la langue
fr9se. Paris 1868 — A. D armesteter, Cours de litterature fr9se. du moyen
äge et d'histoire de la langue frcse. Paris 1883 — Altfranzösische
Grammatiken: C. v. Orell, Altfranzüsische Grammatik, worin die Con-
Die Geschichte der französischen Sprache. 55
juo;ation vorzugsweise berücksichtigt ist. Nebst einem Anhange von alten
Fabliaiix und Contes und einigen Bruchstücken aus dem Koman du Re-
nard. Zürich ISLU) ;hat nur noch historisches Interesse* — G. F. üukguy,
Grammaire de la langue d'oil ou grammaire des dialectes fran9ais aux 12
et i;< siecles, suivie d'un glossaire. Berlin 1857/58, die 2. und 3. Ausg.,
letztere 1S79 erschienen, sind blosse Abdrücke der ersten. 3 Bde. (immer
noch die vollständigste und beste Grammatik des Altfrz. ; freilich keineswegs
dem gegenwärtigen Standpunkte der AN'issenschaft entsprechend und folglich
einer Neubearbeitung, welche allerdings kaum einen Stein auf dem andern
lassen dürfte, dringend bedürftig. Bd. 3 enthält ein sehr handliches Glossar)
— A. Boi'KGriGKON, Grammaire de la langue d'oil. Paris 1873 (werthlos)
— HlPPKAf, Grammaire de la langue d'oil, ia Rev. bist, de l'ancienne lan-
gue francaise 1^76 Juni, Juli, August (»au dessous de toute critique« P.
M. in Rom. VI 630) — Ckoi.s.sandeau , Grammaire romane du XII«' siecle
appliquee au Roman de la Rose. Orleans o. J. — O. Kn'aueh, Beiträge
zur Kenntniss der französischen Sprache des 14. Jahrhunderts, in EuEHT-
Lemcke's Jahrb. Bd. XII 155 tf., XIV 247 ff., 401 tf. — F. Neumann, Zur
Laut- und Flexionslehre des Altfranzösischen. Heilbronn 1878 — Kurze
Abrisse der altfranzösischen Grammatik geben Baktsch, Cledat und CoN-
STANS in ihren unten zu nennenden Chrestomathien — Darstellungen der
Grammatik einzelner altfranzösischer Litteraturwerke sind in vielen Ausgaben
derselben gegeben, so namentlich in den einzelnen Bänden von W. FüliSTEKS
altfranzös. Bibl. s. unten Kap. 3, § 2 Litteraturangaben , in G. Pakls' Ausg,
des Alexiusliedes, in Suchiek'.s Ausg. von Aucassin und Nicolete etc. etc.
(Vgl. Kap. 3, § 2) — Schriften, namentlich Dissertationen und Zeitschrift-
abhandlungen, über einzelne Punkte der altfranzösischen Laut-, Formen-,
Satz- nnd Wortlehre sind in grosser Fülle vorhanden, sie werden unten an
den geeigneten Stellen der Kap. 4 — 8 namhaft gemacht werden. Berück-
sichtigt wird das Altfranzösische mehr oder weniger natürlich auch in den
wissenschaftlichen Gesammtgrammatiken des Französischen von Brächet,
Chas.'sang, Ayer, Collmaxn, Lückixg, Körting u, a., vgl. unten Kap.
3, § 2 und 3. — Eine den gegenwärtigen Anforderungen der französischen
Philologie entsprechende Gesammtdarstellung der altfranzösischen Gram-
matik fehlt leider noch und wird voraussichtlich noch längere Zeit fehlen,
da zur Zeit die Forschung noch zu sehr im Flusse begriffen ist, als dass
selbst ein vorläufiges Zusammenfassen und Formuliren ihrer Ergebnisse
möglich wäre.
"Wörterbücher des Altfranzösischen: F. Godefroy, Diction-
naire de l'ancienne langue francaise et de tous ses dialectes du IX au XV«
siecle. Publie sous les auspices du Ministere de l'Instruction publique.
Paris, seit 1880, bis jetzt 3 Bde. erschienen und noch bei weitem nicht
vollendet. Das grossartig angelegte Werk ist leider mit sehr erheblichen,
auch principiellen Mängeln behaftet vgl. die ausführlichen Recensionen
von A. Darmesteter, in Rom. X 420 ff. und A. Tobler in Ztschr. f. rom.
Phil. V 147 ff.), nichtsdestoweniger wird es nach seiner Vollendung ein un-
schätzbares Hülfsmittel für das Studium des Altfranzösischen bilden. —
La Curne de Ste-Palaye, Dictionnaire historique de l'ancien langage fran-
56 Das Französische.
9ais ou glossaire de la languc francaise depuis son origine jusqu'au siecle
de I.ouis XIV. Publie par les soins de L. Favre avec le concours de M.
Pajot. Paris 1S75/S2. 9 Bde. unnütze Publication ; der Verf. des Wer-
kes . der um die französische Geschichtsforschung hochverdiente Ste-Pa-
LAYE, starb im Jahre 1787, es versteht sich demnach von selbst, dass seine
Leistung, so bedeutend sie für ihre Zeit auch war, den Anforderungen der
jetzigen Wissenschaft auch nicht entfernt genügen kann. Man hätte des-
halb das Manuscript, zu dessen Drucklegung der Verf. selbst in Folge
äusserer Verhältnisse nicht gelangt Avar, nicht beinahe ein Jalirhundert nach
des Verfassers Tode veröffentlichen sollen, mindestens aber nicht so kritik-
los, wie der Herausgeber gethan. Vgl. die Reeension von P. M. in Rom.
IV 278 ff. und H. MoiSY, Remarques s. le dictionnaire historique de I'anc.
lang. fr9. de La Cürne de Ste-Palaye. Niort 1883) — Der Schluss-
band von Ducaxge's mittellateinischera Glossarium (s. Theil I S. 133) ent-
hält ein ziemlich umfangreiches und recht brauchbares altfrz. Wörterbuch
(neue Ausg. desselben: Ducaxge, Glossaire fran9ais faisant suite au Glos-
sarium med. et inf. lat. avec additions de mots anciens extraits des glos-
saires de la Curne de Ste-Palaye, Roquefort, Rajnouard etc. par L. Fa-
vre. Niort 1879 3 Bde.) — Für den Handgebrauch sind immer noch am
geeignetesten das im 3. Bde. der BURGUY'schen Gramm, (s. oben S. 55)
enthaltene und das von Bartsch seiner bekannten altfranzösischen Chre-
stomathie beigegebene Glossar ; Vollständigkeit darf man, wie sehr erklär-
lich, freilich nicht von ihnen erwarten. Aehnliches gilt von dem Glossare
in MÄTZNERS Sammlung altfranzösischer Lieder (Berlin 1853; — Special-
glossare zu einzelnen altfranzösischen Litteraturwerken sind in ziemlicher
Zahl vorhanden, und es befinden sich darunter einzelne treflliche Arbeiten,
es seien genannt : Stengel's Wörterbuch zu den ältesten französischen
Sprachdenkmalen in Ausgaben und Abhandlungen I [Marburg I8S1]; kann
als Muster für ähnliche Arbeiten dienen, wenn auch die gleiche Ausführ-
lichkeit in den Citaten bei umfangreicheren Texten schwer durchführbar
ist und in der Regel auch zwecklos sein würde) ; die Glossare zum Rolands-
lied ed. L. Gaütier, zur Karlsreise ed. Koschwitz (Altfrz. Bibl. Bd. 2), zum
Lyoner Ysopet ed. W. Förster (Altfrz. Bibl. Bd. 5), zu Aiol und Mirabel ed.
W. Förster, zu Aucassin et Nicolete ed. H. Suchier, zu dem Roman de
Troie ed. Joly, zu den Chroniques rimees de Godefroi de Bouillon, du
Chevalier au Cygne et de Gilles de Chin ed. Gacuet (Nähere Angaben
sehe man unten in Kap. 10, § 10 \ Audi sonst giebt es manche, freilich
meist wenig bedeutende altfranzösische Wortzusammenstellungen , z. B.
Jensch, Beiträge zur Lexikographie des Altfrz. Magdeburg 1S5S Progr.,
und Goldbeck, Beiträge zur altfrz. Lexikographie. Berlin 1872 Progr.
(cf. G. P. in Rom. I 250. — Trotz alles dessen, was in der altfrz. Lexi-
kographie bereits geleistet worden ist, ist doch noch sehr Vieles zu thun
übrig, und gerade hier bietet sich ein äusserst ergiebiges Arbeitsfeld
dar , das , weil auf ihm schon durch bloss sorgfältiges und unverdrossenes
Sammeln sich Früchte erzielen lassen , auch von solchen bebaut werden
kann, denen zu sonstigen grösseren wissenschaftlichen Arbeiten die Müsse
fehlt. Namentlich sollte man sich die Anfertigung weiterer guter Special-
Die Geschichte der französischen Sprache. 57
Wörterbücher zu altfrz. Schriftstellern und Schriftwerken angelegen sein
lassen, wie z. B. zu Crestien de Troyes, zu Wace, zu Adenes le Rois,
zum Tresor des Brunetto Latini etc. etc. Auf andere Gesichtspunkte wird
unten in Kap. 6, § 5 aufmerksam gemacht werden.
Chrestomathien: K. Bartsch, Chrestomathie de Tancien frcs., ac-
compagne d'une grammaire et d'un glossaire 5. Aufl. Elberfeld ISSl ist
besonders geeignet, um durch die Lecture einen Ueberblick über die alt-
frz. Litteratur zu gewinnen und sich auf angenehme Weise in das Altfrz.
»einzulesen« ; also Anfängern sehr zu empfehlen, — P, Meyek, Recueil
d'anciens textes. 2ieme partie. Paris IST" leider fehlt noch immer das
dazu gehörige Glossar — "\V. FÖRSTER und E. KoscHwiTZ, Altfranzös,
Uebungsbuch. Theil I: Die ältesten Sprachdenkmäler. Heilbroi» 1^84
'den Texten ist der vollständige kritische Apparat beigegeben) — L. CoN-
ST.VNS, Chrestomathie de l'ancien francais, IX — XV, siecles ä l'usage des
classes. Paris 18S4, cf. Rom. XIII 492 — Lesestücke sind auch enthalten
in Avbertin's Buch ürigine et formation de la langue et de la metrique
frcses. Paris 1S84. — Einzelschriften über altfrz. Lautformen
und Satzlehre und dgl. sehe man in den betreffenden gram-
matischen Kapiteln; Untersuchungen über den Sprachge-
brauch einzelner Schriftsteller sind in dem litterargeschicht-
lichen Kapitel verzeichnet.
"Werke über altfrz. Litteraturgeschichte sowie die Ausgaben der altfrz.
Litteraturwerke sind unten Kap. 10 verzeichnet.
§ 4. Das Mittelfranzösische. (Vgl, oben § 1. S. 40 .
1. Das Mittelfranzösische nimmt, wie sein Name schon besagt,
eine Mittelstellung zwischen Altfranzösisch und Xeufranzösisch
ein. jedoch in der Art. dass es. namentlich in seiner späteren
Gestaltung, dem letzteren schon erheblich näher steht, als dem
ersteren. Die Charaktereigenschaften des Altfranzösischen sind
in dem Mittelfranzösischen noch in Spuren erkennbar , aber
dieselben werden immer schwächer, je mehr die Sprache sich
dem 17. Jahrhundert nähert. Im Wesentlichen trägt das
Mittelfranzösische bereits durchaus einen modernen Charakter,
und was in ihm noch an die Sprache des Mittelalters erinnert
— gelegentlich noch gebrauchte alterthümliche Worte, Fonnen
und Satzfü^ungen — . das ist nur nebensächlicher Art. Aber
in einem Punkte unterscheidet sich das Mittelfranzösische
doch scharf von dem Neufranzösischen : es war noch nicht aka-
demisch und conventionell geregelt, erfreute sich noch einer
natürlichen Freiheit und besass in Folge dessen noch natür-
liche Anmuth.
2. Das Mittelfranzösische war die Sprache derjenigen
58 Das Französische.
Ciilturperiode , in Avelcher die Renaissancebilduug auch in
Frankreich, wie früher in Italien, zur Herrschaft gelangte.
Wie begreiflich , machten die llenaissancebestrebungen auch
auf dem Gebiete der nationalen Sprache sich geltend. Die
humanistisch gebildeten Schriftsteller, Dichter und Grammati-
ker, erfüllt von dem Glauben, dass Lateinisch und Griechisch
die schönsten imd vollendetesten aller Sprachen seien, stellten
sich die Aufgabe , ihre französische ^Muttersprache in jeder
Weise den classischen Sprachen thunlichst ähnlich zu gestal-
ten. Die angewandten Mittel -waren die Aufnahme zahlreicher
lateinischer und griechischer Lehnworte (mots savants) in mög-
lichst unveränderter Form, der Versuch zur Neubelebung der
organischen Comparation, die Bildung massenhafter Wortcom-
posita nach griechischem Muster und die Uebertragung latei-
nischer Constructionen auf den französischen Satzbau. Dies
Unternehmen konnte, weil es dem Geiste des Französischen
zuwiderlief und den Gang der naturgemässen Sprachentwicke-
lung verkehren wollte, zu dem beabsichtigten Ziele nicht ge-
langen , hatte aber immerhin doch d e n Erfolg, dass die
Sprache, soweit sie litterarischen Zwecken diente, fortan in
gewissem Sinne latinisirt wurde und ein gelehrtes Colorit er-
hielt 1) .
Ihren energischsten Ausdruck fanden und zu ihrem Höhe-
punkte gelangten die sprachlichen llenaissancebestrebungen in
der ungestümen, aber doch auch wieder genialen sprachlich-
litterarischen Reformthätigkeit des Dichterbundes »Flejade«
(Pierre Ronsard, Joachim du Bellay, Etienne Jodelle,
Jean-Antoine de Baif, Remy Belleau, Jean Dorat, Pontus
DE Thyard) . Der begeisterte Wortführer derselben war J. du
Bellay, der in seiner Schrift »la deffence et illustration de la
langue francoyse« 1549) das Programm der neuen Schule ent-
warf. Ronsard aber , der von den Zeitgenossen als Dichter
ersten Ranges bewundert ward , übertrug du Bellay's Theo-
1) Die sprachliche Entwickelung steht stets im engsten Zusammen-
hange mit der Entwickelung der gesummten Nationalität und der nationa-
len Cultur. So war aueli die Zurüeklatinisirung des Französischen — um
diesen Ausdruck zu brauchen — nur die sprachliche Erscheinungsform der
im späteren Mittelalter sich vollzielienden und im 10. Jahrhundert zum
Abschluss gelangenden Zurückromanisirung des früher halbgermaniseh ge-
wesenen Franzosenthums.
Die Geschichte der französischen Sprache. 59
rien in dir ])oetische l*i;ixis und verschafl'te ihnen dadurch
wenigstens zeitweilig allgemeine Anerkennung. Die Nachwelt
hat. gründlich entnüchtert von dem Kegeisterungsrausche, wel-
cher Frankreich damals erfüllte, lange Zeit einseitig ungünstig
geurtheilt über das Streben und Schaffen der Plejadendichter und
dasselbe für lächerliche Ueberspanntheit erklärt, neuerdings aber
hat, namentlich durch Ste-J)Eitvb"s Verdienst, eine gereehtere
und sachlichere Anschauung sich liahn gebrochen , und man
versagt der Plejade nicht mehr die Anerkennung , dass ihr
Wirken. Avenn auch in vieler Hinsicht verfehlt und verkehrt,
doch des idealen Gehaltes und innerer Berechtigung nicht ent-
behrt hat.
3. War das 16. Jahrhundert das Jahrhundert des Humanis-
mus, so war es doch für Frankreich zugleich auch die Zeit des
Erwachens eines lebendigen Xationalgefühles , und so erklärt
es sich, dass zur selben Zeit, als das Latein in den gelehrten
Kreisen mehr als je nach classischem Muster gepflegt wurde,
doch seine Anwendung im amtlichen und öffentlichen Leben
mehr und mehr beschränkt ward. Franz I. verordnete durch
ein im Jahre 1539 zu Amboise erlassenes Edict, dass alle Acte
in der Landessprache abzufassen seien.
4. Während der mittelfranzösischen Periode trat Frank-
reich in nahe politische Beziehungen und in eine noch engere
Culturverbindung zu Italien : die ersteren hatten die zeitweise
L'nterwerfung italienischer Gebiete (Mailand , Genua, Neapel)
unter französische Herrschaft, die letztere aber hatte die gei-
stige Abhängigkeit Frankreichs von Italien zur Folge (Erobe-
rungszüge Karls VIII., Ludwigs XII.. Franz I. nach Italien;
Verschwägerung des französischen Königshauses mit den Medici ;
Beliebtheit italienischer Sprache und Sitten am französischen
Hofe ; Aufenthalt italienischer Künstler und Dichter [z. B.
LiONARDO DA ViNci, Tasso] in Frankreich: Nachahmung ita-
lienischer Poesie und Rhythmik von Seiten der Franzosen,
namentlich auch von Seiten der Plejadendichter) . Für die
französische Sprache ergab sich daraus das Eindringen einer
Fluth italienischer Fremdworte , von denen ein grosser Theil
dauerndes Bürgerrecht erlangte.
5. Die hohe politische Bedeutung, welche Spanien wäh-
rend des 16. Jahrhunderts und noch während der ersten Jahr-
60 Diis Französische.
zehende des 17. Jahrhunderts innerhalb des europäischen
Staatensystemes besass , verlieh auch der spanischen Sprache
und Litteratur ein weit über die Grenzen ihres eigenen Ge-
bietes hinausgehendes Ansehen. Auch Frankreich — damals
ja mehrfach von spanischen Gebieten (Niederlande, Franche-
Comte etc.) umgrenzt und unaufhörlich mit Spanien kämpfend
— konnte dem spanischen Einflüsse sich nicht entziehen, in-
dessen war derselbe , ganz wie der italienische . bedeutsamer
für die Litteratiir. als für die Sprache. Für die letztere be-
wirkte er kaum mehr, als die Aufnahme einer nicht erhebli-
chen Anzahl spanischer Fremd werte.
Litter atu rangaben. Die mittelfranzösische Sprachperiode besitzt
ein ganz eigenartiges Interesse : war sie doch das Zeitalter der Renaissance
und der Reformation, ein Zeitalter also, in welchem das regste und reichste
geistige Leben sich entfaltete und in welchem die Individualität bedeuten-
der Männer einen so weiten und freien Spielraum für ihre Entwickelung
und Wirksamkeit fand, wie weder jemals vorher noch jemals nachher.
Gleichwohl ist die Sprache und Litteratur dieser Periode von der wissen-
schaftlichen Forschung noch einigermassen vernachlässigt worden. Nament-
lich gilt dies von der Sprache, denn für die Litteraturgeschichte liegen
allerdings einige sehr verdienstliche Arbeiten vor, von denen hier aber
nur Ste-Beuve's Tableau historique et critique de la poesie frcse et du
theätre frcs au 16 siecle Paris 1828; genannt werden möge.
Ein vortreffliches Hülfsmittel für das Studium der Spr. und Litt, des
16. Jahrhunderts ist das (namentlich Studierenden dringend zu empfeh-
lende' "Werk von A. Darmestetek et A. H.\tzfeld, Le seizieme siecle en
France. Tableau de la litterature et de la langue, suivi de morceaux en
prose et en vers choisis dans les principaux ecrivains de cette epoque.
Paris 1878. Nützliche Chrestomathien sind ausserdem: Ch. Monnard,
Chrestomathie des prosateurs francais du XIV^ au XVJe siecle avee une
grammaire et un lexique etc. Geneve 1862 — G. Merlet, Les grands ecri-
vains du XVL'' siecle. Avec introduction, notes et notices litteraires, histo-
riques et philologiques. Paris seit 1875 (bildet einen Band der »Extraits des
classiques francais", d. i. einer für den Schulgebrauch bestimmten allgemei-
nen Anthologie) — A. Brächet, Morceaux choisis des grands ecrivains
francais du XYI»^ siecle, accompagnes d'une grammaire et d'un diction-
naire etc. 7^' ed. Paris 18S4.
Von einschlägigen Monographien seien hier folgende genannt: a all-
gemeinen Inhalts: O. Thüne, Die lautlichen Eigenthümlichkeiten der
frz. Spr. des 16. Jahrhunderts nach den Grammatiken jener Zeit mit Be-
rücksichtigung der Lautverhältnisse der Satyre Menippee. Marienburg
1SS3. Diss. — b; Ueber Marot, H. P^ckardt, Ueber Sprache und Gram-
matik Clement Marot's mit Berücksichtigung einiger anderer Schriftstel-
ler des 16. Jahrhunderts, in: Hekrig's Archiv Bd. 29, Heft 2 und 3 —
F. Glaining, Svntaktische Studien zu Marot. Erlangen 1873. Diss. —
Die Geschichte der französischen Spruche. (j 1
c; Ueber J. du liellay, G. Plütz, Etüde sur J. du Bellay et son role
dans les reformes de Ronsard. Berlin 1S74 ;sehr schwache Arbeit, —
Die Introduction zu E. Person's treflÜcher Ausg. der »deflence et Illu-
stration de la langue frcse«. Paris o. J. (etwa 18S0 erschienen; — d) Ueber
P. Ronsard: C. DoR, Ronsardus quam habuerit vim ad linguam franco-
gallicam excolendam. Bonn lb63. Diss. — H. Erkelenz, Ronsard und
seine Schule etc. Jena ISGs. Diss. — "\V. Scheffler, Essai sur Ronsard
et sa reforme litteraire. Rostock 1S73. Diss. — O. Stützer, Etüde sur
R. et son ecole. Bützow 1874 — *J. Berdez, Etüde litteraire sur P. de
R., sa vie, ses ecrits et son influence. Dessau 1875. Progr. — E. Meyer,
Studier i den Ronsardska skolans poesie. Upsala 1882. Diss. — (Beste
Ausg. der "Werke R.'s von P. Blanchemain in der Bibliotheque Elzevi-
rienne. Paris lSü2 — e; Ueber Baif: H. N.\gel, Die "Werke J. A.
de B.'s, in Herrigs Archiv LXI 63ff., und: die Bildung und die Einfüh-
rung neuer AVörter bei Boif, unter gleichzeitiger Berücksichtigung dersel-
ben Erscheinung bei Ronsard, du Bellay und Remy Belleau, in Herrig's
Archiv Bd. LXI, 201 ff. — f Ueber Rabelais, Beiträge zur Geschichte
der frz. Spr. aus R.'s Werken. Breslau 1S61, 1866, 1874. 3 Thle. Progr.
der höheren Töchterschule zu St. Maria Magdalena und auf der Taschen-
strasse — g, Ueber Montaigne: H. "Wendell, Etüde sur la langue
des essais de Michel Montaigne. Lund. Diss., in Stockholm ("wann? er-
schienen — F. Glavning, Versuch über die syntaktischen Archaismen bei
Montaigne, in: Herrigs .\Tchiv Bd. 49, S. 163ff'., 325ff., 415ff. — h) Ueber
Garnier: A. (Eaase, Zur Sjiitax R. Garniers, in: Franz. Stud. Bd. V.
§ 5. Das Neufranzösische. i. In Folge der oft allzu
kühnen Reformversiiche der Plejade. in Folge ferner der Auf-
nahme massenhafter mots savants aus dem Lateinischen und
Griechischen , sowie zahlreicher italienischer und spanischer
Fremd Worte und in Folge endlich der trübseligen, das geistige
Leben schwer beeinträchtigenden kirchlich-politischen Wirren
Hugenottenkriege) , von denen Frankreich während der letz-
ten Jahrzehende des 16. Jahrhunderts heimgesucht wurde, hatte
die französische Sprache schliesslich nicht bloss ein bunt-
scheckiges, krauses und bizarres Aussehen erhalten, sondern
war auch in eine gewisse Verwilderung und Verwahrlosung
verfallen; sie glich einem Garten, in welchem, weil die Pflege
des Gärtners fehlt, üppiges Unkraut emporwuchert, die geord-
neten Anlagen luid Wege allgemach zu einer Wildniss umge-
staltend. Es war also, sollte die Sprache wiedei-um ein brauch-
bares Organ des höheren geistigen Lebens werden, eine Neu-
gestaltung und Neuregelung derselben dringend geboten.
Diese nothwendige Reform wurde während der ersten
Hälfte des 17. Jahrhunderts durch FKA^'^olS Majlherbe, durch
62 l^as Französische.
die litterarische Gesellschaft des Hotels Rambouillet (ungefähr
von 1618 — 1648 bestehend) und durch die im Jahre 1635 ge-
gründete Academie francaise vollzogen.
Malhbkbk, der sich die anerkannte Stellung eines sprach-
lichen und metrischen Gesetzgebers zu erringen wusste, setzte
sich die Reinigung der Sprache von allen Auswüchsen und
fremdartigen Elementen zur Aufgabe, für deren Lösung ihm
übrigens bereits Andere , namentlich De.sportes vorgearbeitet
hatten. Malherbe war ein kritischer und nüchterner Kopf,
ein Feind jeder Ueberschwänglichkeit, stark hinneigend zu oft
kleinlichem Pedantismus, so recht berufen zur Rolle einer in
streng correktem und schulmeisterlichem Sinne unternomme-
nen Sprachbesserung.
War Malherbe bemüht, die auf wdlde Irrwege gerathene
Sprache wieder auf den Pfad der Regel zurückzuführen , so
war das Streben der Gesellschaft des Hotels Rambouillet , zu
deren Mitgliedern (den sogenannten Precieusen neben ernsten
Männern auch geistvolle und feingebildete Frauen zählten, vor
Allem darauf gerichtet, der Sprache wieder Anmuth und Zier-
lichkeit zu verleihen , wobei freilich die Grenzen des guten
Geschmackes zuweilen überschritten und die Zierlichkeit zur
Geziertheit gesteigert wurde. Indessen wurde in dieser Be-
ziehung doch weniger von den eigentlichen Precieusen , als
von deren geistlosen Nachahmern und Nachahmerinnen ge-
sündigt.
Die Academie brachte durch die systematisch, wenn auch
oft genug pedantisch auf die Fixirung des Sprachgebrauches ge-
richtete Thätigkeit ihrer Mitglieder die Sprachreform zum Ab-
schlüsse ; der von der Academie herausgegebene Dictionnaire
(1694, 1718, 1740, 1762, [1798], 1835. lS7Sj wurde fortan der
Codex der französischen Sprachrichtigkeit, dessen Angaben man
fast als über jede Hezweifelung erhabene Dogmen betrachtete
und vielfach noch betrachtet. Kainn geringere, vielleicht selbst
noch höhere Bedeutung, als der Dictionnaire in seiner ersten
Ausgabe, erlangten für die Fixirung der Sprache die »Remar-
ques grammaticales siir la langue francaise« des Akademikers
Vaugelas (1647).
Das Gesammtergebniss der durch die genannten Männer
und litterarischen Genossenschaften ausgeführten Sprachreform
Die Geschichte der franeösischen S])rache. (33
war die neufrauzösische {Schriftsprache. l)iesell>e ist clemuaeh
— in dieser Beziehung dem Sehrifthitein gleichend — eine
künstliche Schöpfung, soweit ehen eine Sprache dies sein
kann, und trägt alle Schwächen einer solchen an sich : sie ist
durch und durch conventionell und bis ins Kleinste hinein
fest geregelt und bestimmt, so dass. wer ihrer sich bedient, an
unverbrüchliche Gesetze sich gebunden sieht und nur beschränk-
testen Spielraum zur Geltendmachung seiner individuellen Denk-
eigenart besitzt. Mit diesen Schwächen sind aber auch glän-
zende Vorzüge verbimden : gerade weil die Sprache systematisch
geschaffen und conventioneil geregelt worden ist . soweit dies
irgend geschehen konnte . erfreut sie sich einer Klarheit . Si-
cherheit und Bestimmtheit des Ausdruckes. Avie wohl kein an-
deres Idiom sie besitzt, seitdem das Schriftlatein abgestorben.
Ein gerechtes zusammenfassendes Vrtheil über die neufranzö-
sische Schriftsprache wird überwiegend günstig lauten müssen,
wofern es von dem doch gewiss allein richtigen Standpunkt
aus abgegeben wird, dass eine Schriftsprache um so vollkom-
mener ist . je mehr sie sich den litterarischen Anforderungen
einer hoch entwickelten Cultur als ein geeignetes und fügsa-
mes Organ erweist.
Wichtig ist noch Eins zu bemerken. So scharf auch d^'
Gegensatz war . welcher zwischen der nüchternen und syste-
matischen Sprachform des 17. und der ungestümen Sprachre-
volution des 16. Jahrhunderts bestand, so verleugnete die erste
doch keinesAvegs Alles , was die letztere erstrebt hatte. Auch
die Spi-achreformatoren des 17. Jahrhunderts standen, wie ihre
Vorgänger des 16. Jahrhvmderts, auf dem Boden der durch die
Renaissance geschaffenen humanistischen Bildung, nur dass
diese letztere inzwischen aus der romantischen Gährungs-
periode in das Zeitalter einer sich für classisch haltenden Ab-
klär ungr eingetreten war.
Die in der ersten Hälfte des 1 7 . Jahrhunderts (bezw. durch
die 1694 erschienene erste Ausgabe des Dictionnaire) fixirte
französische Schriftsprache wurde sofort die Trägerin einer be-
deutenden Litteratur, jener von den Franzosen als classisch
betrachteten Litteratur des Zeitalters Ludwigs XI^^
Litteraturangaben: a, über Malherbs: E. Borel, Des reformes
litteraires operees p. Malherbe. Stuttg. 1S57 — E. B.\UR, M. Litterar-
g4 Das Französische.
historische Skizze. Heidelberg IST 9 (Habilitationsschr. — F. A. Beck-
mann, Etüde 8. la langue et la versification de M. Bonn 1872. Diss. —
A. MÜLLER, Ueber den französ. Dichter F. M. Görlitz 1873. Progr. —
Nauendorf, De l'influenee operee par M. sur la po^sie et sur la langue
fran9aises. Marburg 1871. Progr. — G. Görres, M. und seine Zeit. Inow-
raclaw 1872 — H. HoLFELD, Ueber die Spr. des F. de M. Göttingen 1875.
Diss. — L. B.\ssoT, Un reformateur de la poesie fr9se au debut du XMI
siecle. Etüde sur M. Paris 1881 — F. Johannesson, Die Bestrebungen
M.'s auf dem Gebiete dar poet. Technik in Frankreich. Halle 1881 —
F. Gröbedinkel, Der Versbau bei Philippe Desportes und F. de M., in
Franz. Stud. I 41 ff. — F. Kalpeky, In welchem Umfange wollte M. in der
poet. Technik Aenderungen herbeiführen? Berlin 1882 — b) Ueber die
Gesellschaft des Hotel de Rambouillet und das Precieusen-
thum: SoMAlZE, Dictionnaire des Precieuses, p. pur Livet. Paris 1856
(ein von einem dem precieusen Kreise nahestehenden Manne verfasstes
"Wörterbuch der precieusen Sprache) — Ch. L. Liyet, Precieux et Pre-
cieuses. Paris 1859 (Hauptwerk] — V. Cousin, La societe frcse au XVII
siecle d'apres le Grand Cyrus de Mlle de Seudery. Paris 1855 — Roede-
RER, Memoire pour servir ä l'histoire de la societe polie. Paris 1857 —
B. Kallsen, Die frz. Salonlitteratur im 17. Jahrh. Plo... 1862 — F. A.
Fischer, Das Hotel R. und die Pr. Jena 1868 — G. Tiburtius, Moliere
und das Precieusenthum. Jena 1873. Diss. — Weisser, L'hötel de R.
Essai d'hist. litt. Breslau 1873 — *Berblinger, Das H. R. und seine cul-
turgeschichtliche Bedeutung. Rendsburg 1875. Progr. — Ausserdem behan-
deln alle besseren Molierebiographien (s. unten Kap. 10; mehr oder weni-
ger ausführlich das Precieusenthum — c) Ueber die Academie: Pelis-
SOT et d'OLlVET , Histoire de l'Acad. fr9se, p. avec des notes par LiVET.
Paris 1858 — H. Lucas, De academiae quam vocant Francogallicam origi-
nibus. Rheine 1870, und Essai s. la litt. fr9se du 17 siecle par rapport aux
travaux des quarante Immorteis. Rh. 1879 — Vaugelas, Remarques sur la
langue fr9se. Nouv. ed. etc. p. p. A. Chassanü. Paris 1880. 2 Bde. (klas-
sische Ausg.) — d) Ueber die classische Sprache des 17. Jahr-
hunderts: F. GoDEFROY, Lexique compare de la langue de Corneille et
de la langue du XVH« sifecle en general. Paris 1864. 2 Bde. (vgl. ausser-
dem das Corneille-Lexicon von Marty-Laveaux in dessen Com. -Ausg.) —
Marty-Laveaix, De la langue de Corneille, im Journal de l'Ec. des
Chartes. Jan., Febr., Mai, Juni 1862 — F. Genin, Lexique compare de la
langue de Moliere etc. Paris 1846. — So.mmer, Lex. d. 1. langue de M™«
de Sevigne. Paris 1867 — *Chassang in der Einleitung zu seiner oben
erwähnten Ausg. von Vaugelas' Remarques — Robolsky, Moliere's Sprache,
in Herrig's Archiv, Bd. 24, S. 385 ff. — B. Pohlisch, Die Patoisformen in
Moliere's Lustspielen, in Herrig's Archis Bd. 72, S. 183 ff. — C. Schäfer, Die
wichtigsten syntaktischen Alterthünilichkeiten in der französ. Litteratur-
spr. des 17. Jahrhunderts. Jena 1882. Diss. — J. Müller, Remarques s.
la langue des classiques fran9ais au XVII« siecle. Leipzig 1871. Diss. —
Noch weitere Monographien könnten verzeichnet werden, z. B. "\V. List,
Syntaktische Studien über Voitura, in Franz. Stud. II — L. Wespy, Die
Die Geschichte der französischen Sprache. 65
historische Entwickehm^ der Inversion des Subjekts im Frz. und der Ge-
brauch derselben bei Lafontaine in Ztschr. f. nfrz. Spr. u. Litt. VI' 156 ff.,
aber ihre Angabe wird besser erst in den folgenden Kapiteln erfolgen ; we-
gen der Einzel-^ehriften über HoiLEAV, deren Nennung man hier vielleicht
vermisst, sehe man Kap. 10.
An eindringenden tnid methodischen Untersuchungen über
die Sprache des 17. Jahrhunderts fehlt es trotz der aufgezähl-
ten Schriften doch noch immer sehr , und es Hesse sich die-
sem Gehiete mehr als ein dankbares Thema entnehmen z. ]>.
syntaktische Studien über lialzac, über Lafontaine, über ]'er-
rault : eine zusammenfassende Darstellung der Aussprache des
Frz. im Munde der Gebildeten zur Zeit Liuhvigs XIV. [wo-
für in TiuKOTs grossem Werke, s. unten Kap. 4, § 5. viele
Materialien und Angaben z\i finden sind" : die italienischen
und spanischen Elemente im frz. Wortschatze des 17. Jahr-
hunderts .
Der Anfänger hüte sich vor dem naheliegenden Irrthume,
die Sprache des 17. Jahrhunderts und diejenige der Gegen-
wart für völlig identisch zu halten , sondern suche mehr und
mehr die zwischen beiden bestehenden nicht unerheblichen,
wenn auch nicht eben wesentlichen Differenzen in Aussprache,
Wortschatz, Syntax und Styl herauszufinden: in Bezug auf
die Aussprache ist namentlich lehrreich die Beobachtung der
Reime.
2. Die Gestaltung, welche die französische Schriftsprache
durch die Reformen des 17. Jahrhunderts erhalten hatte, ist
ihr im Wesentlichen — fr-eilich aber eben auch nur im We-
sentlichen — bis zur Gegenwart verblieben, selbst die grossen
politischen Revolutionen der Neuzeit konnten die Sprache nur
wenig beeinflussen. Das wichtigste sprachgeschichtliche Er-
eigniss seit dem 17. Jahrhundert ist das Emporkommen des
Romanticismus : durch dasselbe wurde die akademische Starr-
heit der Sprache wenigstens in etwas gelockert und wurden
die Wege gewiesen, auf denen eine organische Bereicherung
des Wortschatzes erreicht werden kann Zvirückgreifen in das
Altfranzösische, Verwerthung des Wortbestandes der Dialecte).
Freilich waren die Sprachbestrebungen der Romantiker viel-
fach excentrisch . schössen über das richtige Ziel hinaus und
würden, wenn sie erfolgreicher gewesen wären, die Sprache
Körting, Encyklopädie d. rom. Phil. UI. 5
6ß ]Jas Französische.
der subjectiven Willkür eines jeden Schriftstellers preisgegeben
haben. Immerhin aber hat auch in sprachlicher Beziehung
die Romantik belebend und auffrischend gewirkt.
Der mit und nach dem llomanticismus in der Litteratur
zur Herrschaft gelangende Realismus und mehr noch der die-
sem nachfolgende und ihn überbietende Naturalismus haben
ungünstig auf die Sprache eingewirkt, indem sie den Sinn für
die aesthetische Klarheit imd Schönheit der sprachlichen Dar-
stellung geschwächt und das Gefühl für die Reinheit des
Wortschatzes abgestumpft haben. Die Folgen davon sind das
Sinken des Styls und das Eindringen massenhafter Worte vm-
edlen Gepräges aus dem Argot gewesen. Es braucht hierbei
freilich wohl nicht erst bemerkt zu werden, dass auch unter
den französischen Autoren der Gegenwart solche zu finden
sind, welche die Bewahrung der classischen Eleganz des Sty-
les und der Reinheit des Ausdrucks sich angelegen sein las-
sen. Uebrigens ist das Eindringen von Argot -Elementen in
die Sprache der Litteratur nicht unbedingt für ein Lebel zu
erachten, denn einerseits ist dieser Proce^^s durch die seit der
grossen Revolution in den socialen ^Verhältnissen eingetretene
Aenderung (Verwischung der Standesunterschiede , Demokratisi-
rung der Staatsform und des Volkslebens. Emporkommen der an
das Gesammtpublicum sich wendenden Presse) hervorgegangen,
andrerseits bereichert er immerhin den Wortschatz mit manchen
brauchbaren und entwickeluugsfähigen Bestandtheilen. Noch
mag bemerkt werden, dass in der modern französischen Aus-
sprache die Tendenz sich geltend zu machen scheint, den con-
sonantischen Auslaut neuzubeleben und die Liaison in unor-
ganischer Weise auszudehnen.
3. Das moderne Frankreich ist in einen regen geistigen Ver-
kehr mit England und mit Deutschland getreten, der für die Ent-
wickelung der Litteratur und überhaupt der Cultur höchst folgen-
reich geworden ist. Für die Sprache hat sich daraus die Aufnahme
einer Anzahl deutscher und englischer Fremdworte ergeben.
Litteraturangaben : E. Londix, De l'influence des idees anglai-
ses et germaines sur l'csprit francais. Paris 1854 — Mme. de Stakl's be-
kanntes Buch de rAlleraagne — SÜPFLE, Ueber den Cultureinfluss Deutseh-
lands auf Frankreich. Metz 18S2. Progr. — In gewisser Beziehung ge-
hört hierher auch das so viel Aufseilen erregende Werk des Pcre Diuox,
Les AUemands. 18« ed. Paris lbb4. — Ueber die deutschen Fremdworte im
Geschichte der franziisisclien Philologie. 67
Französischen existireu meiirl'uche belletristisclie Essays (so z. ii. von P.
LiNDAV in dessen Buche: Aus dem modernen Frankreich. (Breslau 1881),
eine wissenschaftliche Untersuchung fehlt noch. (Ueber den Einfluss des
Französischen auf das Deutsche vgl. Brandstetter , Die Gallicismen in
der deutschen Sprache. Leipzig 1857 — AV. "NVkndler, Zusammenstellung
der Fremdwörter des Ahd. und Mhd. nach sachlichen Kategorien. Zwickau
1806. Progr. — *H. Liesche, Einfluss der französischen Sprache auf die
deutsche. Dresden 1871. Progr. der Neustädter Kealschulej .
4. Die Ausbreitung des französischen Handelsverkehres
und die l^egründung des französischen Coloniah-eiches hat die
Aufnahme ziemlich zahlreicher Fremdworte aus aussereuropäi-
schen Sprachen in das Neufranzösische zur Folge gehabt: ins-
besondere hat die Colonisation Algeriens dem Französischen
arabische Ausdrücke zugeführt.
Drittes Kapitel.
Geschichte der französischen Philologie.
§ 1. Die französische Philologie vor Ray nouard
u n d D i e z. l . Im ganzen Mittelalter ist die französische Sprache
nie Gegenstand wissenschaftlicher Behandlung, sondern nur Ob-
jekt einer rein praktischen Zwecken dienenden Darstellung
gewesen. Wir besitzen eine Reihe mittelalterlicher Aussprachs-
tractate und Conversationshandbücher (wenn dieser Ausdruck
erlaubt ist), meist für den Gebrauch von Seiten der Engländer
berechnet, denen ja wegen der Nachbarschaft und wegen der
vielfachen politischen Beziehungen Englands zu Frankreich
die praktische Erlernung des Französischen besonders nahe
lag. Der sprachliche Werth dieser ältesten Anleitungsschriften.
deren wichtigste unten verzeichnet sind, ist übrigens sehr ge-
ring, da die Form der Darstellung, namentlich auch die Aus-
spracheerklärung die denkbar unbeholfenste ist . dagegen ge-
währt ihre Lecture — und besonders gilt dies von den Con-
versationsbüchenx — ein sehr, grosses culturgeschichtliches
Interesse . indem sie einen l^lick in die von den modernen
ganz abweichenden Culturverhältnisse thun lässt man lese
z. B. die Gespräche, welche Reisende bei dem Weggange aus
der Herberge mit dem Wirthe führen : sie erkundigen sicli da
68 Das Französische.
zunächst, ob in dem nahen Wakle nicht vielleicht Räuber
seien; der Reisende der Gegenwart fragt dagegen bei der
Wegfahrt aus dem Hotel etwa, ob er noch rechtzeitig zum
Bahnzuge komme). Auch für die Kenntniss der altfranzösi-
schen Phraseologie , welche von der neufranzösischen in sehr
charakteristischer Weise abweicht , ist das Studium dieser
Schriften sehr belehrend. Nebenbei bemerkt, es würde eine
sehr dankbare , wenn auch mehr in das Gebiet der Sitten-
geschichte, als in das der Philologie fallende Arbeit sein, die
altfranzösische Phraseologie des Alltagslebens eingehender zu
untersuchen; Quellen dafür wären ausser den Conversations-
büchem nanientlich die Mysterien.
Litteraturan gaben. Die -wichtigsten der ältesten »Anleitungs-
schriften« sind (nach Stengel's verdienstlicher Zusammenstellung in der
Ztschr. f. nfrz. Spr. u. Lit. I 1 ff.) folgende: La maniere de langage, her-
ausgegeben von P. Meyer. Paris 1873 (nach der Hds. No. 3988 Brit. Mus.
Harl. ; die Varianten einer zweiten Hds., No. 128 des Oxf. All Souls
Coli., hat Stengel a. a. O. zusammengestellt) — Un petit livre pour en-
seigner les enfants de leur entreparier comun fran9ois, vgl, Stengel a. a.
O. p. 10 — Tractatus Orthographie gallicane per M. de Copfurelly cano-
nicum etc. (der übrigens wahrscheinlich auch Verfasser der beiden vorher
genannten Schriften ist), vgl. Stengel, a. a. O. p. 16 — Donait francois
pur briefment entroduyr les Anglois en la [sie!] droit language de Paris et
du pais la d'entour etc., vgl. Stengel a. a. O., p. 25 — Gautier's de Bi-
blesworth Tractatus pronuntiationis , vgl. darüber P. Meyer in der Intro-
duction zu seiner Ausg. der Maniere. — Orthographia gallica, ed. J. Stür-
ZINGER. Heilbronn 1884 (mit werthvoller Einleitung'.
2. Eine sehr eifrige Pflege fand die französische Gram-
matik während des 16. Jahrhunderts, welches, was Frankreich
anbetrifft, geradezu das Jahrhundert der Grammatiker und
Philologen genannt werden kann. Leider entsprach der Er-
folg den aufgewandten IJemühungen keineswegs in vollem
Masse , da die vorgefasste Meinung von der Verwandtschaft
des Französischen mit dem Griechischen oder gar mit dem
Hebräischen, in welcher selbst bedeutende Gelehrte befangen
waren, die richtige Erkenntniss erschwerte oder auch ganz
unmöglich machte. Indessen wiirden damals doch die Grund-
lagen der systematischen französischen Grammatik geschaffen,
namentlich aber eine Reihe von orthographischen Normen
einsichtig und dauernd festgestellt. Freilich hätte auch bezüg-
lich der Orthographie weit mehr erreicht werden können, wenn
Geschichte der französischen Philologie. 69
die betrefienden Gelehrten frei ge^\•(.'.s^'n wiiroii vun allerlei
Schrullen und wunderlichen Einfällen.
Litteratu rungaben. Die wichtigeren grammatisclieii Seluiften des
Ui. Jahrhunderts sind': Bauclet, Her beginncth the intruductorj- to
wryte and to pronounce Frenche 1521 , thcihvcise gedruckt bei El-Lis, On
Early English Pronunciation etc. Part III London ls70 p. >>U4f. — Toky,
Champ fleury auquel est contenu l'art et science de la deue et vraye pro-
portion des lettres Attiques etc. 1529 — *Palsc.rave, L'esclarcissement
de la langue francoyse. London 1530, neu herausgegeben in der CoUection
des documents inedits s. l'hist. de Fr. von Gkxin 1S52; die erste fran-
zösische Grammatik, sehr inhaltreich und lehrreich, auch in ihren Irrthü-
mern vgl. F. LÜTGENAT , Jean Palsgrave und seine Ausspr. des Französ.
Bonn ISSO. Diss.) — J. Sylvivs, In linguam gallicam isagwge, una cum
eiusdem grammatica latino-gallica, exHebraicis, Graecis etLatinis auctoribus
1531 von dieser Schrift wird ein Neudruck in der Vollmöller'schen Samm-
lung demnächst erscheinen — Du AVes, An introductorie for to lerne to
rede, to pronounce and to speke French truly 1532 labgedruckt in Gemn's
Palsgrave- Ausg.; — Dolet, Les accents de la langue francoyse. 1540 —
Meigket, Traite touchant le commun usage de l'escriture francoise 1542,
und Le trette de la grammere francoeze 1550 — GuiLLAUME des Autels,
Traite touchant l'ancien ortographe francois et ecriture de la langue fran-
coise, contre l'orthographe des Meigretistes. Lyon 1548 — R. Estienne,
Traite de la grammaire francoise. 1557, Dictionnaire Francois -latin 1549
— Du Bellay, La deÖ'ense et Illustration de la langue francoyse 1549
(neue Ausg. von Persox, s. oben S. 61, — Peletier, Dialogue de l'orto-
grafe e prononciation francoese. Lvon 1550 — PiLLOT , Gallicae linguae
institutio 1550 — Periox, Dialogorum de linguae gallicae origine eiusque
cum graeca cognitione libri IV 1555 — J. Garnier, Institutio gallicae
linguae in vsum iuventutis germanicae 155S — Matthieu, Denis de la
langue francoyse 1559 vgl. Lamprecht, Ueber Abel M. : Denis de la 1.
fr. Berlin 1875 Progr. G. z. gr. Kl.; — Ramu.s, Gramere 1562 — Ron.sard,
Abbrege de l'art poetique francois 1565 — Duviviek, Grammaire francoise
touchant la lecture, declinaisons des noms et coniugaisons des verbes. Le
tout mis en francois et allemang. Cöln 1566 — Cauchie, A. Caucii Gram-
matica gallica 157u — Pa.squier, Lettres ä Monsieur Ramus 1572 f?] (wich-
tig; behandeln die Orthographie und Aussprache, der Verf. steht gegen-
über Ramus auf einem conser\ativen, ja reactionären Standpunkt/ —
Thierry, Dictionnaire francois-latin 1572 ist ein erweiterter Abdruck des
Dict. von R.EsTiEXXE — Baif, Etrenes de poezie franzoeze an vers mezures
Les besonhes et jours d'Esiode. Les vers dores de Pitagoras. Ansenhemans
de Faukilides. Ansenhemans de Naumache aus iilhes a marier lo74 ist
wichtig wegen der consequent durchgeführten phonetischen Orthographie)
— Rambaud, La declaration des abus que l'on commet en escriuant et le
moyen de les euiter, et representer nayuement les paroles: ce que iamais
1 Eine vollständige Aufzählung giebt Cii. Thurot. De la prononcia-
tion frcse etc. Paris IsSl, t. I p. xxii ti'.
70 Das Französische.
homme n'a faict. Lyon 1578 — Saint-Liens (Claudiis a Saxcto Vinculo),
De pronuntiatione ling:iiae gallicae libri duo. London 1580 — H. Estienxe,
Trakte de la conformite du langage francais avec le grec 1565, (Neudruck
von L. Feugere. Paris 1853); Deux dialogues du nouueau langage fran-
cois italianize et autrement desguize, principalement entre les courtisans
de ce temps. Genf 1578; Proiet du Hure intitule de la Precellence du lan-
gage fran9ois 1579 Neudruck von L. Feigere. Paris 1850] und: Hypom-
neses de Gall. lingua peregrinis eam discentibus necessariae etc. 1582 —
Th. Beze, De Francicae linguae recta pronuntiatione Theodore Beza auc-
tore. Genf 1584 ^Neudruck von A. Tobler. Berlin 1868) — NicoT, Dic-
tionnaire francois-latin 'Neubearbeitung des Dict. von R. Etienne-Thierry)
1584 — Le Gaygxard, Promptuaire d'unisons. Poitiers 1585 — TABoruoT
(DES ACCORDS;, Dictionnaire des rimes francoises 1587 — Mellema, Dic-
tionnaire ou Promptuaire francois-flanieng 1592 — Delamothe, The french
Alphabet teaching in a very short time by a most easie way to pronounce
French naturally, to read it perfectly, to write it truly and to speak it ac-
cordingly. London 1592 2. Ausg. 1647 — Laxoue, Le dictionnaire des
rimes fran9oises. 1596 —
Das Hauptwerk über die grammatischen Bestrebungen des IP. Jahr-
hunderts ist : Ch. L. Livet, La grammaire frcse et les grammairiens au
16e siecle. Paris 1859 — Vgl. auch W. Gebekding, Ueber die grammati-
schen Reformversuche der ältesten frz. Grammatiker. Berlin 1868 — Eine
Geschichte der frz. Orthographie überhaupt ist F. Didot's bekanntes
AVerk: Observations sur l'orthographe on ortografie fr9se etc. 2ieme ed. Pa-
ris 1868 (das Buch steht freilich bei weitem nicht auf der Höhe der jetzi-
gen AVissenschaft und bedarf dringend einer bessernden und erweiternden
Neubearbeitung — Ziemlich werthlos ist: A. Loiseau, Progres de la gram-
maire en France depuis la renaissance jusqu'ä nos jours, in den Mem. de
Societe academique de Maine-et-Loire , t. 27, p. 205 — 312 und t. 29 30,
p. 63—171, vgl. Rom. III 504 und IV 509 — Ein «gehaltloses und ein-
fältiges« Buch ist, wie Breitinger (Stud. und Unterricht des Französischen,
p. 71; sehr richtig bemerkt, Tell, les Grammairiens fran9ais. Paris 1874
(nichts als eine schlechte Nomenclatur).
Ueber den Hellenismus in Frankreich und seinen Einfluss auf Sprache
und Litteratur handelt eingehend und gründlich das treflliche AVerk von
E. Eggek, l'hellenisme en France. Le9ons sur l'influence des etudes grecques
dans le developpement de la langue et de la litterature fr9ses. Paris 1S69.
3. Ueber die Tendenz der grammatischen Thätigkeit im
17. Jahrhundert, bezw. über die aiif Keiuigung und Normi-
rnng der Sprache gerichtete Wirksamkeit Malherbe's, der Ge-
sellschaft des Hotel Rambouillet, der Academie und Vaugelas
Avurde bereits oben S. 61 ff. gesprochen. Die Grammatik des
17. Jahrhunderts trägt im N'ergleich zu der des 16. einen
nüchternen, praktischen und oft pedantischen Charakter, aber
gerade um desswilleu hat sie ungleich grössere und dauerndere
Geschichte der französischen Philologie. 71
Erfolge erzielt, als der ZAvar oft geniale, aber oft auch excen-
trische und iiubesonnene stürmische Doctrinarismiis des vor-
angegangenen Jahrhunderts. Die Fixirung der französischen
Schriftsprache ist ihr Werk.
Litteraturangaben: Die bedeutenderen grammatischen, bezw. lexi-
kographischen Schriften des 17. Jahrhunderts sind: Dr Val, li'Eschole
francoyse pour apprendre a bien parier et escrire selon l'vsage de ce temps
et pratique des bons auteurs 1604 — NicOT, Thresor de la langue fran-
coyse. tant ancienne que moderne etc. Avec une grammaire francoyse et
latine et le recueil des vieux prouerbes de la France etc. 1606 — M.\sset,
Exact et tres-facile acheminement ä la langue francoyse ist dem Biet. Ni-
cot's beigegeben) 1606 — Malherbe, Anmerkungen zu den Poesien des
Desportes sie sind abgedruckt im 4. Bde. der Ausg. der "Werke Malh.'s
von L. Lalaxxe. Paris 1S62;. Die Monographien über Malh. s. oben S. 63 f.
— Ph. Garxier, Praecepta gallici sermonis ad pleniorem perfectioremque
eius linguae Cognitionen! necessaria tum brevissima tum facillima. Strass-
burg 1607 ausserdem mehrere spätere Ausgaben; Garnier lebte lange als
Sprachlehrer in Deutschland, besonders in Leipzig — Palliot, Le vray
orthographe francois 1608 — CoTGRAVE, A French-English Dictionary.
London 1611 (eine spätere Ausg. erschien 1650; — Le Gaygxard, L'Apren-
molire ') pour apprendre les ievnes enfans et les estrangers a lire en peu
de temps les mots des escritures francoizes 1609 — De la Faye, Institu-
tiones linguae gallicae oder gründliche Unterweisung der frantzosischen
Sprach. Jena 1613 — Godard, La langue francoise. Lyon 1620 — Brou-
TESAiGE, Les preceptes et briefues reigles tant de l'orthographe francois
que de la prononciation 1620 — B. VAX der Aa, Grammatica gallica etc.
Löwen 1622 — Axoxymus), Ecloge praecipuarum legum gallicae pronun-
ciationis etc. Montibus Mons' 1624 — ^L\ltas, Grammaire et syntaxe
francoise 1625 — Spalt, Grammaticae gallicae ostendentis summa, vera,
facilia linguae fundamenta etc. pars prima. Argentiuae 1626 — Martlx,
Grammatica gallica sententiosis exemplis ceu fragrantibus floribus referta.
Argentorati 1632 — CossARD, Methodes pour apprendre ä lire, ä escripre,
chanter le piain chant et compter 1633 — Oi'DIX, Grammaire francoise
rapportee au langage du temps 1633, und: Recherches italiennes et fran-
coises etc. ist ein franz.-ital. und ital.-franz. Wörterbuch) 1655 — Sher-
wooD, The French tutour by way of grammar exactly and fully teachiug
all the most necessan*' rules for the attaiuing of the French tongue. Lon-
don 1634 — LoxGCHAMPS, Trattato della lingua francese e italiana , ita-
liana e francese. Rom 163S — DuEZ, Le vray guidon de la langue fran-
coise. Leyden. Elzevier 1639 [eine 7. Ausg. erschien 1662 — Giffard,
The french schoole-master. London 1641 — Vavgelas-;, Remarques sur
la langue francoise 1647. In der neuen, von Chass.\xg veranstalteten
Ausgabe (Paris 1880, 2 Bde. sind die Observations Patru's. Th. Comeille's
1 D. h. Apprends-moi lire.
2 Claude Favre de Vaugelas, geb. um 1585 au Chamberi, gest. 1650
zu Paris.
72 l^as Französische.
und der Academie beigefügt — La Mothe le Vayer, Lettres touchant
Ica nouvelles remarques sur la langue francoise ltj47 — Von den nach
Vaugelas' grundlegenden llemarques im 1 T. Jahrhundert erschienenen gram-
matischen, bezw. lexikalischen Schriften seien, da eine vollständigere Auf-
zählung zwecklos wäre, nur noch folgende genannt: Grammaire generale
de Port-Royal 1660 — Menage'), Observations de Monsieur Menage sur
la langue francaise 1672 — Academie fran^aise, Cahiers de remar-
ques sur l'orthographe francoise pour estre examinez par chacun de Mes-
sieurs de l'Acad. 1673; herausg. von MARTY-LAVEArx. Paris 1S63 — Patru,
Remarques de M. Patru sur les remarques de Vaugelas, 1674 (vgl. Thu-
liOT a. a. O. I, p. Lxmj, s. oben unter Vaugelas — BorilouRS, Doutes
sur la langue francaise proposes ä Messieurs de l'Acad. frcse par un gen-
tilhomme de province 1674; Remarques nouvelles sur la langue francaise
1674, -Hieme ed. 1692; Suite des remarques nouv. s. la 1. fr. 1692 — Rl-
CHELET-;, Dictionnaire de rimes 1667; La versification francoise 1671;
Nouveau dictionnaire francois 1680, davon eine »derniere edition« Genf
169:i. 2 Bde. — Danet, Grand dictionnaire francais et latin etc. 16S4,
neue Ausg. Lyon 1713 — Th. Corneille 3, Remarques sur la langue
francoise 1687, s. oben unter Vaugelas; Dictionnaire universel, geographi-
que et historique 1708, 3 Bde. — FuRETli:RE, Dictionnaire francais 1690
— Academie francaise, Le dictionnaire de l'Acad. frcse 1691. 2 Bde.
— Tallemant, Remarques et decisions de TAcad. frcse, recueillies par
M. L. T. 1696.
Schriften über die Sprache des 17. Jahrhunderts sind oben
S. 63 ff. verzeichnet.
Während des 18. und während der ersten Decennien des
1 9 . Jahrhunderts ist auf dem Gebiete der französischen Sprache
und Lexicographie nichts geleistet worden, was irgendwie als
ein Fortschritt sich bezeichnen Hesse. Die grammatisch-lexiko-
logische Schriftstellerei bewegte sich in den einmal gebahnten
Gleisen ruhig weiter und begnügte sich mit ziemlich mecha-
nischer Wiederholung dessen , was die vorausgegangene Zeit
geschaffen hatte : höchstens bestrebte man sich, die Gramma-
tik mit philosophischem Beiwerke zu verbrämen und ilure
Thatsachen in das Schema künstlicher logischer Theorien ein-
zuzwängen.
Litter aturangaben: Von den grammatisch-lexikologischen Schrif-
ten des genannten Zeitraumes mögen hier nur folgende angeführt werden ;
1; Gilles Menage, geb. zu Angers 15. Aug. 1613, kam 1632 nach Pa-
ris, starb 1692; vgl. Menioires pour servir ä la vie de M. Menage in den
»Menagiana« 3. Ausg. Paris 1715. 4 Bde.
2 Pierre Richelet, geb. zu Cheminon bei Chälons-sur-Marne 1631,
gest. 169S.
3) Thomas Corneille, Bruder des berühmten Pierre Corneille, geb. zu
Rouen 1625, gest. 17u9.
Geschichte der französischen Philologie. 7li
Aeademie francaise, Observations de l'Ac. fr. sur les Kemarques de
Vaugelas 1704, wieder abgedruckt in Chassang's Vaugelas-Ausgabe — Aus-
gaben des Dict. de l'Acad. vom Jahre 171^, vom Jahre 171ti, vom Jahre 1762,
vom Jahre 1798 'diese ohne Autorisation der — damals aufgehobenen — Acad.
von Garrat bearbeitet und vom Jahre 1S35 — Regnier, Traite du la gram-
niaire francaise im Auftrage der Acad. verfasst, deren secretaire perpetuel
K. war 1705 — DlCLOS, Remarques sur la grammaire generale de Port-
Royal 17.54 — Fekaid, Dictionnaire grammatical de la langue francaise.
Avignon 1761 — Du W.AILLV, Principes generaux et particuliers de la
langue francaise 17.54 (den angegebenen Titel des Buches trägt er.st die
11., 1790 erschienene Ausgabe, die ursprüngliche Fassung lautete: Gram-
maire francaise etc. . — Lhomoxd, Grammaire frcse 17S0 — Girai'LT-
Dvvivier, Grammaire des grammaires ISU, neue Ausgabe von Delelee.
Brüssel 1851 ist noch immer die Grundlage der landläufigen nationalfran-
zösischen Grammatiken — Andere Werke, namentlich diejenigen über
Aussprache werden in den späteren Kapiteln an geeigneten Stellen ge-
nannt werden.
§ 2. Die französische Philologie seit Rayuouard
lind Diez. 1. Die grammatisch-lexikologische Thätigkeit auf
dem Gebiete des Französischen verfolgte vom Beginn des 17.
bis zum ersten Drittel des 19. Jahrhunderts eine ganz vor-
wiegend praktische Tendenz : ihr Ziel war die bis auf das
Kleinste sich erstreckende Xormirung und Schematisimng der
Schriftsprache . die Feststellung des conventioneilen Sprach-
gebrauches. Von der Erforschung des Wesens und der Ge-
schichte der Sprache abstrahirte man, dafür fehlt das Yer-
ständniss ebensowohl wie die Neigung. Ganz entsprechend
des auch sonst sich geltend machenden dogmatischen Sinnes
jener Zeit, nahmen selbst die scharfsinnigsten Grammatiker
des 17. Jahrhunderts trotz all der Spürkraft, die sie in Wort-
definitionen und im Haarspalten der Begriffe bewiesen, die
Sprache als etwas Gegebenes hin. betrachteten sie als ein
Ding, an dem man, sei es nach subjectivem Belieben . sei es
nach conventionellem Geschmacke, sei es endlich nach gelehr-
ten Grundsätzen herumzuarbeiten und feilen könne, um es
recht glatt, fein und zierlich zu gestalten, mit dessen Ge-
schichte aber man sich nicht weiter zu befassen habe, da die
Gegenwart doch viel zu gelehrt und gebildet sei, als dass sie
bei der Vergangenheit in die Schule zu gehen brauche. So
ignorirte man denn die alte Sprache und die alte Litteratur
und erlaubte sich von dem Richterstuhle^ zuerst der Roccoco-
bildungr und dann der » Aufkliiruns« herab das Urtheil über
74 Das Französische.
sie auszusprechen, dass sie barbarisch, roh und »gothisch«
gewesen sei. Das wahre Französische begann nach solcher
Anschauung erst mit Malherbe (»Enfin Malherbe vint« Boi-
LEAU) .
Dass ein genetischer Zusammenliang des Französischen
einerseits mit dem Latein , andrerseits mit dem Italienischen,
Spanischen, Portugiesischen etc. bestehe , das war , weil eben
diese Thatsache sich dem Bewusstsein jedes Sprachkundigen
nothwendigerweise aufdrängt, selbstverständlich auch den Gram-
matikern des 17. und 1&. .Jahrhunderts bekannt, aber weder
waren sie um die Erweiterung und Klärung dieser Erkennt-
niss bemüht, noch dachten sie an deren wissenschaftliche Ver-
werthung zur Erlangung von Einsicht in den lautlichen, mor-
phologischen und syntaktischen Bau des Französischen. Man
betrachtete eben in grammatischer Beziehung das Französische
als ein Ding an sich, das aus sich selbst voll verstanden und
erklärt Averden könne. Anders freilich, aber eher noch schlim-
mer, als besser, stand es in Bezug auf die Etymologie: da
man hier mit dem Französischen natürlich nicht ausreichte,
zog man nicht nur das Latein, sondern auch das Griechische,
das Hebräische und welche Sprachen man sonst etwa noch zur
Verfügung hatte, zur Hülfe herbei und stellte nun auf Grund
blosser Klangähnlichkeit oder aber einer ungefähren Bedeu-
tungsentsprechung Behauptungen auf über die Herkunft fran-
zösischer Worte. Im besten Falle waren die Einfälle geist-
voll, zumeist aber waren sie, wenigstens im Licht der heutigen
Wissenschaft betrachtet , bis zur Lächerlichkeit absurd . und
selbstverständlich war ein derartiges Etymologisiren nur ein
tumultuarisches Spiel mit Lauten, Worten und Begriffen, wel-
ches von ernsten Männern mit sehr berechtigtem Misstrauen
betrachtet wurde.
Die französische Philologie — letzteres Wort in seiner
vollen Bedeutung gefiisst — existirte nicht, so lange als Gram-
matik und Etymologie in entweder so einseitiger oder so un-
methodischer Weise betrieben wurden.
2. Im Jahre 1829 erschien zu Boueu Rayxouard's Schrift
» Observations philologiques et grammaticales sur le Roman de
Rou(. in ihr wurde zum ersten Male die altfranzösische De-
clinationsregel formulirt und damit wenijjstens ein Ansatz-
Geschichte der französischen Philologie. 75
imd Ausgangspunkt für die richtige Erkeuntniss des altfran-
zösischen Fornienbanes gegeben. Das Erscheinen der Schrift
Raynoiard's war zugleich an sich ein Zeichen des erwachen-
den Interesses fiir die altfranzösische Litteratur, nnd seitdem
dieses Interesse erwacht war, war auch die für das Entstehen
der französischen Philologie nothwendige Vorbedingung er-
füllt.
In den Jahren 1 830 44 erschien Diez" Grammatik der ro-
manischen Sprachen und im Jahre 1853 dessen Etymologisches
Wörterbuch der rem. Spr. in erster Auflage.
Durch diese Werke wurden die festen und sicheren Grund-
lagen der romanischen, also auch der französischen Philologie
geschaifen.
Wie seitdem die junge Wissenschaft sich in bewnnderns-
werther Weise weiter entwickelt hat , ist jedem romanischen
Philologen wenigstens im Allgemeinen bekannt und ist auch
bereits in Theil I S. 169 if.) dieser Encyklopädie in Kürze
dargelegt worden. Hier darf weder Allbekanntes oder bereits
früher Gesagtes wiederholt noch darf auf Einzelnheiten einge-
gangen werden : letzteres zu thun, wird an anderen Orten sich
Gelegenheit linden.
3. Die strenge Methode, deren jede Wissenschaft zur Er-
reichvmg ihrer Ziele bedarf, hat sich, wie natürlich, in der
französischen Philologie erst allmählich ausgebildet. Von
epochemachender Bedeutung war in dieser Beziehung das Er-
scheinen der G. PARisschen Ausgabe des Alexiusliedes (1S72),
in welcher zum ersten Male ein französischer Text in kriti-
scher Weise reconstruirt und dessen Sprache und Metrik in
allen Einzelheiten untersucht worden war. Der Bedeutung
dieses Werkes thut es keinen Eintrag . dass der geniale For-
scher vielleicht, weil mit allzu schneidiger Consequenz vorge-
hend , an sich richtige Grundsätze bis zu jenem äussersten
Punkte verfolgt hat, in welchem die Wahrheit wieder in
Irrthum umschlägt; nicht die Ergebnisse, zu denen G. Paris
gelangt, sind das Wesentliche an seinem Buche, sondern das
Verfahren, wie er zu ihnen gelangt. Neben G. Paris" Ale-
xius lassen manche andere Schriften sich nennen, welche ztir
Gründung und Festigung einer sicheren Methode beigetragen
haben, bezw, noch femer beitragen werden, so z. B. Tohlers
76 Das Französische.
Ausg. des Dis dou vrai aniel (1S69, 1884) und seine in der
Ztschr. f. rom. l^hil. erschienenen Beiträge zur frz. Gramma-
tik (seit 1S76), Malls Ausgabe des Cumpoz des Philipp v.
Thaün, Gröber's Untersuchung über die ältesten Gestaltungen
der Chanson de geste »Fierabras« (1869), Böhmer's Ausg. des
Rolandsliedes (1871), Sitchiers Ausg. der norm. Reimpredigt
(1878) luid seine Abhandlung über die Mundart des Leodegar-
liedes (1877), Koschwitz' Ausg. der Karlsreise (1879, 1883).
Förster' s Ausg. altfranzös. Texte, namentlich des Ysopet
(1883) und des Cliges (1S84 sowie desselben lautgeschicht-
liche Untersuchungen, theils in den Roman. Studien, theils
in der Ztschr. f. rom. Phil, erschienen ; Fotiis Abhandlung
über die Verschiebung der lat. Tempora in den roman. Spr.
(Rom. Stud. Ed. 2) ; Willenberg's Untersuchung über den
Conjunctiv Präs. (Rom. Stud. Bd. 3) : Ten Brink s Schrift
»Klang und Dauer« (IS 78); Görlich s Abhandlung über die
südwestlichen Dialecte der langue doi'l (Franz. Stud. Bd. 3):
Behrens' Diss. über die unorganische Lautvertretung inner-
halb der formalen Entwickelung des französ. Verbalstammes
(Franz. Stud. Bd. 3) ; B. Völker's Untersuchung über die
Wortstellung in den ältesten franz. Sprachdenkmälern (Franz.
Stud. Bd. 3) : Uthoef's Monographie über Nivelle de la
Chaussee (Franz. Stud. Bd. 4), Neumanns Abhandlung über
die Satzdoppelformen (Ztschr. f. roman. Phil. Bd. ^TII).
W. Meyers Schrift über das Neutrum in den rom. Spr. (1882)
u. a.
Durch die genannten Arbeiten, sowie durch Andere, de-
ren Aufzählung hier die Rücksicht auf Raumersparniss ver-
bietet, befindet sich die französische ]-'hilologie gegenwärtig
im Besitz einer sicheren Methode für die meisten ihrer Einzel-
disciplinen. .Ja, mitunter macht es neuerdings den Eindruck,
als wenn die Gefahr zwar nicht einer Ueberschätzung der
Methode — denn die Methode kann nicht hoch genug ge-
schätzt werden — , wohl aber einer einseitigen Werthschätzung
der Methode drohe, als wenn einzelne Forscher in der Mei-
nung befangen seien , dass mittelst methodischer Operationen
und Formeln sich Alles erklären lasse. Alles eingezwängt wer-
den könne in die Kategorien eines a priori construirten Sy-
stemes. Wer solcher Anschauung huldigt, verkennt, dass die
Geschichte der französischen Philologie. 77
IMiilologie eine Cxcisteswissenschaft ist und dass ihre beiden
Hau])tobjecte . die Sprache und Litteratur , in Al)hiin<;i<>keit
stehen von der Eio^enart zahlloser inenschlicher Individualitä-
ten, dass folglieh die Entwiekelung der Sprache und mehr
noch der Litteratur eine in allen Einzelheiten streng gesetz-
und regelniiissige gar nicht sein kann. Man darf eben in der
philologischen Eorschung das psychische und das ethische
Moment nicht ausser Acht lassen ; was aber in diesem enthal-
ten ist. das ist zu complexer Art, als dass es, wenigstens zur
Zeit, in Formeln ausgedrückt werden könnte. Es gilt das Ge-
sagte namentlich von der Lautlehre , auf deren Gebiete die
\'ersuchung zur formalistischen Uebertreibung der Methodik
allerdings am nächsten liegt : die physischen Lautgesetze wer-
den in ihrer Wirkung oft gehemmt, oft beschleunigt, oft mo-
dificirt, oft auch ganz aufgehoben durch psychische und selbst
auch durch ethische Factoren.
4. Die Einzelgebiete der französischen Philologie sind
nicht alle mit der gleichen Intensität bearbeitet worden. Zu-
nächst ist hervorzuheben, dass bislang das Altfranzösische ent-
schieden bevorzugt, das Neufranzösische dagegen etwas stief-
mütterlich behandelt und das Mittelfranzösische (s. oben Kap.
"2. § 4) sogar geradezu vernachlässigt worden ist; jedoch ist
hier einschränkend hinzuzufügen, dass seit einigen Jahren das
Neufranzösische unverkennbar eifriger und erfolgreicher betrie-
ben Avird, als bis dahin geschehen war; bezeichnend dafür ist,
dass die im Jahre 1878 gegründete Zeitschrift für nfrz. Spr.
und Lit. immer festereu Bestand gewinnt. Sodann muss be-
merkt werden, dass Grammatik (und zwar namentlich wieder
die Laut- und die Formenlehre, weit weniger die Syntax) und
Textkritik seit etwa zwei Jahrzehenden die meistbegünstigten
Fächer sind , durch welche die früher im Vordergrunde be-
findliche Litteraturgeschichte wesentlich zurückgedrängt wor-
den ist. Ferner kann noch darauf hingewiesen werden, dass
zwar auf dem Gebiete der Etymologie und der descriptiven
Lexikographie Hochbedeutendes geleistet worden ist — Sche-
LERS Dictionnaire detymologie frcse, Sachs-Villatte's grosses
Wörterbuch, Godefrgy's Lexikon des Altfranzös. , vor Allem
aber Littres nicht genug zu bewundernder Dictionnaire sind
Leistungen ersten Ranges — , dass dagegen das Feld der
78 Das Französische.
Wortbedeutungslehre noch auf weiten Strecken fast völlig
brach liegt, denn eine fruchtbare Pflege hat bis jetzt nur die
Synonymik gefunden (Lafaye. Schmitz) und selbst in Bezug
auf diese ist noch sehr Vieles, ja geradezu noch das Wichtigste
zu thun übrig 1). Endlich ist bemerkenswerth , dass die fran-
zösische Rhythmik, bezw. Metrik zwar neuerdings von Li-
HARscii, TüBLER, Becq DE FouQUiERES u. A. in erfolgreichster
Weise zum Gegenstand der Untersuchung, bezw. der Darstel-
lung gemacht worden ist, dass aber gleichwohl avich hier
dankbarer Arbeitsstoff noch in Fülle vorliegt.
5. Ihre Hauptpflege hat die französische Philologie bis
jetzt in Deutschland gefunden. In Frankreich hat sie noch
immer mit der Missachtung zu kämpfen, in welcher dort seit
Jahrhunderten altfranzösische Sprache und Litteratur stehen-^):
auch leidet sie unter der bekannten eigenartigen Verfassung
des französischen höheren Unterrichtswesens , vermöge deren
die Provinzen mit wissenschaftlichen Hochschulen und diese
wieder mit geeigneten Lehrkräften nur spärlich bedacht sind.
Nichtsdestoweniger ist . wie ja auch gar nicht anders voraus-
gesetzt werden kann, in Frankreich Hervorragendes auf dem
Gebiete der französischen Philologie geleistet worden, und na-
mentlich seit dem Kriege von 1870/ 71 ist ein sehr bemerkens-
werther Aufschwung dieser Wissenschaft erfolgt, der ohne Frage
eine Folge der sich doch wohl immer melu- unter den Franzosen
verbreitenden Einsicht ist . dass sie durch das wissenschaft-
liche Studium ihrer eigenen Sprache und Litteratur nicht nur
1 Bis jetzt nämlich haben die Synonymiker im "Wesentlichen sich da-
mit begnügt, die aus dem Sprachgebrauch sich ergebenden Bedeutungs-
ditferenzen zwischen den Spionymen einer Kategorie in dogmatischer Form
festzustellen, nicht aber haben sie es unternommen, Ursprung, Grund und
allmählige ]Mitwickelung der BedeutungsdiÖ'erenzirungen zu untersuchen,
es fehlt also noch die liistorisch-genetische Behandlung der SynonjTnik.
2) Erst vor wenigen Jahren hat der hei'vorragende Kritiker und Lit-
terarhistorikcr F. Biunetiekk das Studium des Altfranzösischen ebenso
heftig wie geistvoll angegriffen in dem Essay: »L'erudition contemporain
et la litterature francaise au moyen äge« in der Rev. d. deux Mondes vom
1. Juni 1879 [in's Deutsche übersetzt von E. Laur. Heidelberg ISS,'!]; vgl.
dazu G. Körting in der Ztschr. f. nfrz. Spr. und Litt. I 12S f. und III
178 ti'. sowie A. Bovchekie in der Rev. des lang. rom. t. XVII, p. 1 tf.,
auf letzteren Artikel antwortete Brvxetiere in sehr gewandter Weise in
derselben Revue t. XVII, p. 157. Der ganze Streit ist hochinteressant .
Geschichte der französischen Philologie. 79
eiiu' Ehreupriicht iles Patriotismus erfüllen, sondern iiuth ein
Mittel sich gewinnen, um das Nationalbe^nisstsein zu kräfti-
gen und zu l)ele1)en. Vm auf die Bedeutung dessen hinzu-
weisen , was von den Franzosen geleistet worden ist , genüge
es. die Namen F.u.lot , Michelakt, Michel. E. du Mekil.
Gemn aus älterer Zeit, aus der Gegenwart oder doch nur
jüngsten A'ergangenheit die Namen Littue. G. Paris. P. Meyer,
A. Darmesteter, A. Thomas, A. de Jubainville . Consians
etc. zu nennen, wobei noch hervorgehoben werden muss. dass
die Reihe der rühmlich bekannten Namen eine noch viel aus-
gedehntere wird, wenn man, wozu man ja alles Recht besitzt,
auch die speciellen Litterarhistoriker und Litteraturkritiker
den Philologen beizählt. Ausser in Deutschland und in Frank-
reich ist das Gebiet der französischen Philologie auch in Bel-
gien, in der Schweiz, in Italien . iu den skandinavischen
Ländern und sogar in Russland in weiterem oder geringerem
Umfange angebaut worden. Erwähnt sei noch, dass ganz
neuerdings (Herbst 1SS4 in Holland die erste der französi-
schen Philologie gewidmete Vniversitätsprofessur (zu Gronin-
gen) errichtet wurden ist V und dass man demnach hoffen darf,
es werde das bis jetzt in Holland arg vernachlässigte Studium
dieser Wissenschaft fortan auch dort erfreulich emporblühen.
Literatur angaben. Eine Geschichte der französischen Philologie
ist noch nicht vorhanden Schriften über einzelne Perioden und Gebiete
derselben sind am Schlüsse des vorigen § verzeichnet,. Materialien für
eine solche findet man in den Theil I, S. J99 f., genannten Schriften. Per-
sonalnotizen u. dgl. findet man am vollständigsten im Litteraturbl. f. germ.
u. rom. Phil. u. in der »Chronique« der Romania.
Die voraussichtlich noch im Jahre 1SS5 erseheinende »Geschichte der
romanischen Philologie« von G. KÖRTING wird selbstverständlich auch die
Geschichte der französischen Philologie thunlichst eingehend behandeln.
Hier seien noch folgende bibliographische Notizen beigefügt:
1. Eine Encyklopädie der französischen Philologie fehlt zur Zeit
noch. Einen gexvissen Ersatz dafür bieten die Bücher: A. L. Meissner,
The Philology of the French Language Sth ed. London 1SS3 vgl. die Rec.
in Herrigs Archiv Bd. 70, Heft 1 und namentlich H. Breitinger. Studium
und Unterricht des Französischen. Ein encyklopädischer Leitfaden. Zürich,
1 VgL La Chaire de Francais dans une universite neerlandaise. Dis-
cours prononce le 29 sept. 1884, ä l'occasion de son Installation comme
professeur ordinaire etc. par A. G. v.\n H.\mel. . Die kleine, in gutem
Französisch y:eschriebene Schrift ist sehr lesenswerth.
80 Das Französische.
seit 1877 (kann Anfängern als ein nützliches, wenn auch freUich keines-
wegs vollkommenes Hülfsmittel sehr empfohlen werden . Ueber Schmitz'
Encyklopädie des philolog. Studiums der neueren Sprachen vgl. Theil I,
S. 160 f.
Ueber Bibliographien des Französischen vgl. Theil II, S. 404 ff. ^j
Ueber die der französischen Philologie entweder zum Theil oder aus-
schliesslich gewidmeten Zeitschriften und periodischen Publicationen vgl.
Theil 1, S. 154. Hier werde nur bemerkt: a) Die Redaction der Ztschr.
f. nfrz. Spr. und Lit. geht von Bd. VII ab an H. Körting (Bruder G. KÖR-
TING's), Docent a. d. Universität Leipzig, und D. Behrens, Docent a. d.
Universität Greifswald, über, b) An Stelle der »Gallia« ist seit Januar 1884
die unter Kressner's Redaction erscheinende »Franco- Gallia« getreten
'monatlich wird ein Heft ausgegeben ; Verlag von Zwissler in ^^'olfenbüttel;.
C' Seit October 1868 wurde von E. Martin in Paris unter dem Titel
»Courier de Vaugelas« eine Zeitschrift herausgegeben, deren Hauptinhalt
durch die Beantwortung eingesandter Fragen über zweifelhafte Puncte der
Grammatik und des Sprachgebrauchs gfebildet wurde (vgl. darüber Böhmer
in den Roman. Stud. I 303, wo — gewiss ein interessanter Fall — der
deutsche Gelehrte dem französischen Sprachmeister nachweist, dass der Bei-
satz des Titels «Journal bi-mensuel« falsch sei und in «Journal semi-
mensuel« geändert werden müsse, weil das Blatt nicht aller zwei Monate,
sondern zweimal in einem Monate erscheine), d) Wie selbstverständlich,
erscheinen auch in zalilreichen belletristischen, politischen und sonstigen
Zeitschriften gelegentlich Aufsätze, bezw. Notizen, welche für den franzö-
sischen Philologen fachwissenschaftliches Interesse besitzen ; eine wenigstens
annähernd vollständige Uebersicht über diese sehr zerstreute Litteratur
giebt Ebering's Anzeiger (s. unten die Anm.) und die 'Zeitschriftenschau'
der Ztschr. f. nfrz. Spr. und Lit. e) Sehr viele für die Geschichte der
französischen Philologie wichtige Materialien sind enthalten in der »Biblio-
theque de l'Ecole des Chartas «, d. h. in den Publicationen der seit 1838
zu Paris bestehenden, der specieUen Ausbildung künftiger Archivare, Di-
plomaten (im eigentlichen Sinne des Wortes) etc. gewidmeten Urkundenschule,
bis jetzll sind 46 Bde erschienen, über jede der drei ersten Dekaden der-
selben ist je eine übersichtliche Table des matieres zusammengestellt und
als besonderes Heft veröffentlicht worden (Paris 1849, 1862 u. 1870. —
Von Wichtigkeit ist für den französischen Philologen eine gewisse
Kenntniss des modernen französischen Zeitungswesens, bezw. die Bekannt-
schaft mit wenigstens einigen der bedeutenderen politischen Zeitungen und
belletristischen Zeitschriften. Ein Verzeichniss der »hauptsächlichsten fran-
zösischen Zeitschriften« hat im Jahre 1883 das »Exportgeschäft für fran-
zösische Litteratur« von Hubert ^^'elter in Paris, 70 Rue Bonaparte,
1) Nachgetragen werde hier, dass auch die Ztschr. f. nfrz. Spr. und
Lit. regelmässige bibliographische Uebersichten und Novitätenverzeichnisse
bringt. — Das beste bibliographische Hülfsmittel ist Ehering's bibliogra-
phischer Anzeiger f. roman. Spr. und Lit. erscheint seit Herbst 1883,
zweimonatlich; bis jetzt — Anfang 1885 — liegen 8 Hefte vor .
Geschichte der französischen Philologie. §1
herausgegeben ' . Eine treffende Charakteristik der pariser politischen Jour-
nale hat C. ViLLATTE in seinem Sachwörterbuch 3. Theil des Langen-
scheidt'schen »Notwörterbuches«. Berlin 1S84', S. 261 ff., gegeben. Unter
den belletristischen Zeitschriften Frankreichs ist die Revue des deux Mondes,
•übwol mitunter an Symptomen von Altersschwäche leidend, doch immer noch
die bedeutendste; ihre Lecture ist für jeden unentbehrlich, der für das
moderne französische Culturleben sich interessirt.
§ 3. Die französische Philologie und der fran-
zösische Unterricht auf den deutschen höheren
Schulen Gymnasien. Kealgvmnasien . höhern Töch-
terschulen). 1. Seitdem wenigstens an der Mehrzahl der
höheren Schulen Deutschlands der französische Unterricht von
philologisch gebildeten Lehrern ertheilt wird, hat sich mehr und
mehr das Streben geltend gemacht, diesen Unterricht auf eine
höhere Stufe zu erheben und die Ergebnisse der wissenschaft-
lichen Forschung für ihn zu verwerthen. Die Berechtigung die-
ses Strebens ist unbedingt anzuerkennen, doch ist andrerseits
davor zii warnen, dass es zu einem den Zweck und das Wesen
des höheren Unterrichtes beeinträchtigenden Extreme gestei-
gert werde.
2. Die Wandelung, welche sich hinsichtlich des französi-
schen Unterrichtes an den höheren Schulen Deutschlands wäh-
rend der letzten Jahrzehende vollzogen hat, ist namentlich in den
Schulgrammatiken zum Ausdruck gelangt : waren früher fast
allenthalben Lehrbücher in Gebrauch . welche . wie z. B. die
vielverbreiteten PLÖxzschen . den Unterrichtsstoff nach rein
praktischen Gesichtspunkten behandelten , so sind dieselben
gegenwärtig an allen gut geleiteten Gymnasien und Eealgym-
nasien durch wissenschaftlich angelegte Grammatiken ver-
drängt: nur da. wo man aus Unwissenheit oder aus Bequem-
lichkeit am alten Schlendrian festhält . unterrichtet man noch
nach Plötz und stellt sich damit selbst ein geistiges Armuths-
zeugniss aus . welches das achselzuckende Mitleid der Sach-
verständigen herausfordert.
Die erste wissenschaftliche Schulgrammatik war die von E. KOLL-
M.\NN, Französische Grammatik für Gymnasien und Studierende. Marburg
und Leipzig 1849 [ein vortreffliches Uebungsbuch dazu erschien einige
Jahre später , ein ganz vorzügliches Werk, welches wohl verdiente, neu
1) Das genannte Geschäft nimmt Abonnements "iu den billigsten Prei-
sen an, liefert auch französische Bücher, Kunstsachen etc. überallhin franco
zum pariser Originalpreise oder mit 1<jö/o Rabatt.
Körting. Encyklopädie d. rom. Phil. III. Ö
g2 üas Französische.
bearbeitet zu werden, und in dieser neuen Gestalt leicht den Sieg über
alle concurrirenden Bücher davon tragen könnte. Von später erschiene-
nen Grammatiken seien folgende genannt: E. M.\TZXER, Französ. Gramm.
Berlin 185G [die späteren Auflagen sind blosse Abdrücke] (ist noch gegen-
wärtig die beste und vollständigste wissenschaftliche Specialgrammatik des
Französischen, wenn auch, wie begreiflich, in vielen Punkten veraltet : für
die Schule ist sie, schon ihres Umfanges wegen, nicht zu brauchen) —
G. KüRTixG, Französ. Gramm, f. Gymnas. Leipzig 1872 'das Buch wurde
seiner Zeit sehr günstig beurtheilt, namentlich hinsichtlich der Darstellung
der Syntax, und fand auch im Auslande Eingang, wurde z. B. in das
Ungarische übersetzt; gegenwärtig aber i.st es in wesentlichen Theilen ver-
altet, müsste also, um ferner brauchbar zu sein , eine Umarbeitung erfah-
ren, welche der Verf. jedoch, weil gegenwärtig dem praktischen Schulleben
entrückt, nicht selbst zu übernehmen wagt, selbstverständlich aber wird er
Jeden, der sich ihr etwa unterziehen will, mit seinem Kath nach Kräften
unterstützen). — G. I;ÜCKIXG, Französ. Schulgrammatik. Berlin ISSu eine
wissenschaftliche Leistung ersten Ranges, aber für Schulzwecke höchstens
in der Hand eines aussergewöhnlich tüchtigen Lehrers brauchbar : der Verf.
hat dies selbst erkannt und in Folge dessen eine kleinere Grammatik für
den Schulgebrauch herausgegeben (Berlin 1882], indessen auch diese lässt,
wie Schulmänner versichern, in pädagogischer Beziehung zu wünschen
übrig) — H. KxEBEL, Französ. Schulgrammatik. Neu bearbeitet von
H. Probst 16, Aufl. Essen 1883 verständig angelegt und praktisch recht
brauchbar, auch mit jeder Auflage immer mehr den Ansprüchen der "NA'is-
senschaft gerecht werdend) — Ph. Plattner, Französ. Schulgi-ammatik,
Karlsruhe 1883 ;ist mit grossem pädagogischen Geschick angelegt und ent-
hält höchst schätzbare und zahlreiche, sonst nirgendswo zu findende Be-
merkungen über den gegenwärtigen Sprachgebrauch. Das Buch ist somit
für jeden französisch Lernenden höchst interessant und wichtig und zeich-
net sich in der genannten Beziehung vortheilhaft vor allen anderen wissen-
schaftlichen Grammatiken aus, deren Verfasser den gegenwärtigen Sprach-
gebrauch, namentlich insofern als er in der Conversation zur Geltung
gelangt, meist nur sehr nebensächlich berücksichtigt haben. Dagegen
muss andrerseits aber auch bemerkt werden , dass die Anordnung des
Stoffes in mehrfacher Beziehung verfehlt ist, dass einzelne termini technici,
wie z. B. »abgezweigte Conjugationen«, unglücklich gewählt sind, dass end-
lich, und hierin besteht der wesentlichste Mangel des Buches, die Ergeb-
nisse der romanischen, bezw. der französischen Philologie bei weitem nicht
in ausreichender Weise verwerthet worden sind. Vgl. übrigens die .sehr
eingehende und gehaltreiche Recension von A. K.\MBEAr in der Ztschr. f.
nfrz. Spr. und Lit. V'-, p. 192 fl\ Indessen werden die bemerkten Mängel
in einer 2. Auflage zweifellos beseitigt werden, und überhaupt steht zu er-
warten, dass der Verf., der durch seine seltene Vertrautheit mit der leben-
den und seine gründliche Bekanntschaft auch mit der älteren Sprache zu
einer hervorragenden Leistung befähigt ist, seinem Buch mehr und mehr
eine mustergültige Form ge])en werde .
Wie aus dem Gesagten sich ergiebt, fehlt zur Zeit noch eine franzö-
Geschichte der fraiiztisisclien Philologie. S3
sische 8chulg:rammiitik, welche den bereehtifften Anfordeninfreu sowohl der
Wissenschaft wie der Praxis voll g:enün:t : voraussichtlieli wird dieser Zu-
stand auch nocli lautrere Zeit währen, da die Abfassun"; eines allseitijr «je-
nüg^enden Lehrbuches doeli wohl erst dann möglich sein dürfte, wenn die
gerade gegenwärtig in vollem Flusse begriffene philologische Forschung
wenigstens zu einem gewissen Abschlüsse gelangt und wenn das Problem,
wie die Ergebnisse der Lautphysiologie für die Schule nutzbar zu machen
seien, bezw. wie der Ausspracheunterricht auf wissenschaftliche Grundlage
gestellt werden könne, in einer Weise gelöst sein wird, welche auch dem
praktischen Pädagogen als annehmbar erscheint.
Aus dem angedeuteten Grunde sollte man aber vorläufig einmal ablassen
von dem zur Zeit eben noch verfrühten Versuche, die richtige Form für
die französische GjTiinasialgrammatik zu finden. Es taugt nichts, dass
Jahr aus Jahr ein eine Anzahl von Büchern erscheint, an denen nur deren
Verfasser Freude haben und selbst diese selten eine ungetrübte, jedenfalls
aber nie eine langdauernde.
Man darf übrigens nicht vergessen, dass auch die beste Grammatik
nur in den Händen des tüchtigen Lehrers brauchbar ist und dass andrer-
seits der tüchtige Lehrer auch ein weniger gutes Lehrbuch doch mit Er-
folg zu benutzen vermag, da er fähig ist, dessen Schwächen und Mängel
zu erkennen und ihre nachtheilige Einwirkung auf den Unterricht zu ver-
hindern.
3. Nicht nur hinsiclitlich der Behaudluno: des gramma-
tischen Lehrstoffes, sondern auch in Bezug auf die Auswahl
mid Behandlung der französischen Schullecture bekundet sich
das Streben nach Durchführung wissenschaftlicher Grundsätze.
Zeugniss davon legen die verschiedenen neuen Sammlungen
von Schulausgaben französischer ,und englischer Autoren ab.
Die bedeutendste unter diesen ist. wie bekannt, die AVeid-
mannsche. Es hat sich bis jetzt jedoch kein Kanon der Schul-
lecture allgemeine Anerkennung zu verschaffen vermocht (den
bis jetzt berechtigtesten Anspruch darauf würde der von
Hemme in den Verhandlungen der Direktorenversammlung der
Provinz Hannover vom Jahre 1879 aufgestellte besitzen . Auch
für die Interpretation der Schulautoren hat sich eine sichere Me-
thode noch nicht ausgebildet. Endlich sind unter den neueren
Schulausgaben neben einzelnen vortrefflichen Leistungen z. B.
Fritsches Moliere - Ausgaben . Strehlke's Cid- Ausg. leider
sehr viele arg misslungene zu verzeichnen, namentlich ver-
misst man an ihnen häufig die weise Kunst des Masshaltens
im Erklären.
Im Anschluss an das eben Erörterte seien hier eine Anzahl von Thesen
6»
84 Das Französische.
über Ziel und Methode des französischen Gymnasialunterrichtes aufge-
stellt ») :
1. Die Aufgabe des Gymnasiums ist die Vorbereitung für das wissen-
schaftliche Universitätsstudium im Allgemeinen. Nicht Aufgabe des
Gymnasiums ist also die specielle Vorbereitung für das Studium einer
Fachwissenschaft; ebensowenig ist seine Aufgabe die Ueberlieferung einer
encyklopädischen Bildung. Erfüllen kann das Gymnasium seine Aufgabe
selbstverständlich nur an denjenigen Schülern, welche seinen Unterrichts-
cursus absolviren. Folglich sollte das Gj'mnasium auch nur von solchen
Schülern besucht werden, welche einem gelehrten Berufe sich zu widmen
beabsichtigen 2,.
2. Hauptgegenstände des Gymnasialunterrichtes müssen sein, bezw.
bleiben Latein, Griechisch und Mathematik, diesen gegenüber müssen alle
übrigen Unterrichtsfächer zurücktreten.
1) Um seine Berechtigung zu diesem pädagogischen Excurse zu erwei-
sen, gestattet sich der Verf. die Bemerkung, dass er vor seiner im Herbst
1876 erfolgten Berufung zu einem akademischen Lehramte neun Jahre lang
als Gymnasiallehrer thätig gewesen ist und dass er auch in seiner gegen-
wärtigen Stellung sich für die Fragen der Gymnasial])ädagogik stets ein
lebhaftes Interesse bewahrt hat. Uebrigens besitzen ja diejenigen preussi-
schen Universitätsprofessoren , welche Mitglieder einer wissenschaftlichen
Prüfungscommission sind und als solche auch die Superrevision der Abi-
turientenarbeiten zu vollziehen haben , gCAvisse amtliche Beziehungen zu
den Gymnasien und werden dadurch vor der Gefahr bewahrt, pädagogische
Fragen von dem sehr falschen Standpunkte einer eingebildeten Vornehm-
heit herab zu betrachten.
2; Das Krebsübel unseres gegenwärtigen Gymnasialwesens ist die
UeberfüUung vieler Gymnasien, namentlich derjenigen in grossen Städten,
denn dieselbe hat — ganz abgesehen davon , dass sie die Schuldisciplin
erschwert und Director und Lehrer in nachtheiliger Weise mit Arbeit be-
lastet — namentlich die unheilvolle Folge, dass sie die Heranziehung
wissenschaftlich wenig befähigter Persönlichkeiten zum GATiinasiallehramte
nothwendig macht. Man bewegt sich in einem circulus vitiosus der schlimm-
sten Art ! Die immer steigende Schülerzahl der Gymnasien verlangt die
stete Vermehrung der Lehrkräfte, die dadurch gewährte Aussicht auf bal-
dige Anstellung u. dgl. aber verlockt Viele , die des inneren Berufes und
der erforderlichen Begabung entbehren, zum Eintritt in das Lehrfach, und
dies bringt wieder Schüler auf das Gymnasium und später auf die Uni-
versität, welche besser davon fern blieben. Bei jeder Prüfungscommission
melden sich Jahr aus Jahr ein nicht wenige Candidaten, die nur eine sehr
beschränkte Facultas zu erlangen vermögen, gleichwolil aber, weil die Nach-
frage nach Lehrkräften eine grosse ist, meist rasch eine Anstellung linden.
Man kann sich nun leicht vorstellen, welches Unheil Lehrer anrichten, die
nur über dürftige Kenntnisse verfügen und oft genug in ihrem Amte ledig-
lich eine \'ersorgung erblicken. Es gilt also vor Allem die UeberfüUung
der Gymnasien zu beseitigen und dadurch die Möglichkeit zu schaffen,
dass man ungeeignete F^lcmente von den Lehrercollegien fern halten kann.
Man wirke also nach Kräften dahin, dass Schüler, die nicht den Eintritt
in einen gelehrten Beruf beabsichtigen, in andere, für sie geeignetere Un-
terrichtsanstalten abgeleitet werden. Dringend wünschenswerth wäre es,
dass mehr und mehr höhere Bürgerschulen errichtet würden, welche eine
für die Bedürfnisse des l)ürgerlichen Lebens ausreichende und in sich ab-
geschlossene Bildung übermitteln und deren Absolvirung die Berechtigung
zum einjährigen Dienste gewährt.
Geschichte der französischen Philolofrie. 85
>. Der französische Unterricht hat für das Gymnasium eine an sich
zwar wichtige , aber im Vergleich mit dem lateinischen , griechischen und
mathematischen doch nur untergeordnete Bedeutung, es kann daher die
ihm gewidmete Stundenzahl nicht über das gegenwärtig festgesetzte Mass
ausgedehnt werden.
4. Die unmittelbaren Aufgaben des französischen Gymnasialunter-
richtes sind ; a) die Erlernung einer gewissen Fertigkeit im schriftlichen
Ausdruck; b die Erlangung möglichst grosser Fertigkeit im Uebersetzcn
aus dem Französischen in das Deutsche, bezw. die Erlangung möglichster
Sicherheit im Verständnisse neu französischer Texte : c die Erlangung
einer gewissen Einsicht in das Verhältniss des Französischen zum Latei-
nischen, bezw. in die Beschaöenheit und in die geschichtliche Entwicke-
lung des Baues der französischen Sprache.
Die mittelbaren Aufgaben des französischen GjTnnasialunterrichtes
sind : a Die Schüler zu befähigen , bei ihren späteren wissenschaftlichen
Studien auch die in französischer Sprache abgefassten einschlägigen Werke
heranziehen zu können; b) den Schülern die Möglichkeit zu gewähren,
mit den "Werken der französischen Dichtkunst und Beredtsamkeit durch
Lecture der Originale sich vertraut zu machen und dadurch einen Einblick
in und ein Verständniss für das eigenartige Geistesleben der Franzosen
und dessen Bedeutung für die moderne Gesammtcultur zu gewinnen;
c die Schüler mit dem Bau einer analytischen Sprache bekannt zu machen
und dadurch den Umfang ihres Verständnisses für Sprachbau und Sprach-
entAvicklung in fördernder "Weise zu erweitern.
5. Nicht Aufgabe des französischen Gymnasialunterrichtes kann die
Erlangung der Spr echfertigkeit sein. Der Versuch, auch diese — an
sich sehr berechtigte — Aufgabe zu lösen, kann nur unter ausnahmsweise
. günstigen Verhältnissen gelingen und ist daher als zwecklos und vergeb-
lich in der Regel zu unterlassen. Selbst die Ueberlieferung einer allseitig
correkten Aussprache kann, so wünschenswerth sie an sich auch ist, doch
auch nur in besonders günstigen Ausnahmefällen als erreichbar und folg-
lich auch als erstrebbar betrachtet werden. Unter gewöhnlichen Verhält-
nissen wird man gut thun, der Einübung der Aussprache nicht zu viel
Zeit und Mühe zu opfern, da eine gleichmässige Durchbildung der Schüler
in dieser Beziehung doch nicht erzielt werden kann. Man muss immer
nur das Mögliche wollen, und das Bessere darf nicht der Feind des Gu-
ten sein.
6. Der französische Gymnasialunterricht muss in systematischer "Weise,
also auf Grund einer systematischen Grammatik, ertheilt werden. Zu ver-
werfen sind Lehrbücher, welche den Lehrstoff zerstückeln und nach prak-
tischen Gesichtspunkten mundgerecht zu machen suchen. Derartige Lehr-
bücher begünstigen die Denkträgheit bei Lehrern und Schülern und ma-
chen den letzteren es unmöglich, die Sprachmaterie verstandesmässig zu
erfassen und Einsicht in die Eigenart des Sprachbaues zu erlangen.
An die Grammatik muss sich ein deutsch-französisches und französisch-
deutsches Uebungsbuch eng anschliessen ; die in demselben enthaltenen
Uebersetzungsaufgaben dürfen nicht aus zusammenhangslosen, trivialen
86 Das Französische.
Sätzen bestehen, sondern es muss mögliehst jeder Abschnitt einen zusam-
menhängenden und abgeschlossenen Inhalt haben, so einfach derselbe auch
sein mag.
7. Auf der unteren Stufe des Unterrichtes (Quinta, Quarta, Unter-
tertia ist der grammatische Lehrstoft' in rein dogmatischer Form zu über-
liefern ; zwar hingewiesen werden müssen die Schüler auf die Thatsache,
dass das Französische aus dem Lateinischen entstanden ist, aber es ist
von jedem "N'ersuche abzusehen, diesen Hinweis näher zu begründen und
die französischen Worte und Wortformen aus dem Latein zu erklären.
Erst auf der mittleren und oberen Unterrichtsstufe ist der organische Zu-
sammenhang zwischen Französisch und Lateinisch näher darzulegen, indem
eine gedrängte systematische Uebersicht über die geschichtliche Entwicke-
lung der französischen Laute, "Worte und Wortformen gegeben wird. Es
liegt jedoch in der Natur der Sache, dass diese Uebersicht auf das Ele-
mentare sich beschränken muss und dass namentlich die Herbeiziehung
des Altfranzösischen, bezw. der französischen Dialecte thunlichst zu ver-
meiden ist. Das in Br.\chet's Grammatik enthaltene Material dürfte als
das Maximum dessen zu bezeichnen sein , was im Schulunterrichte behan-
delt werden kann (keineswegs aber muss. Jedes Uebermaass ist sorg-
lich zu vermeiden, namentlich ist auch darauf zu achten, dass die sprach-
geschichtliche Einsicht das praktische Können nicht beeinträchtige, sondern
dass der auf der Unterstufe mechanisch erlernte Wort- und Formenschatz
festgehalten und mehr und mehr zu einem freien geistigen Besitze umge-
staltet werde.
8. Auf allen Stufen des Unterichtes sind die Schüler in schriftlichen
Uebersetzungsarbeitcn zu üben. Sogenannte »freie Aufsätze« dagegen dür-
fen auch auf der obersten Stufe nicht gefordert werden.
'J. Die Lecture ist in Untertertia zu beginnen. Der Gebrauch von
Chrestomathien ist dabei thunlichst einzuschränken ; höchstens darf in Un-
tertertia ein leichtere Prosastücke enthaltendes Lesebuch und in Prima eine
Anthologie lyrischer Gedichte benutzt werden. Im Uebrigen sind vollstän-
dige in sich abgeschlossene Werke , bezw. in sich abgeschlossene Theile
von solchen zu lesen. Wenn irgend möglich, muss die Lecture eines A^'er-
kes in einem Semester beendet werden. Die Prosa ist vor der Poesie zu
bevorzugen; innerhalb der Prosa wieder sind in erster Linie Schriften hi-
storischen, geographischen und naturwissenschaftlichen Inhaltes auszuwäh-
len, in zweiter Linie Novellen und in Prosa abgefasste Lustspiele. Auf
dem poetischen Gebiete wird man sich im AVesentlichen auf die hervor-
ragendesten Tragödien Corneillc's und Racine's und auf die Lecture aus-
gewählter lyrischer Gedichte beschränken müssen; die Molicre-Lecture ist
keineswegs aufzugeben, aber im Verhältnisse zu ihrem jetzigen Umfange
einzuengen, indem manche von den Komödien, welche jetzt noch gelesen
zu werden pflegen, für die SchuUecture sich nicht eignen, so namentlich
der Avare und der Misanthrope. — Die Schüler sind möglichst zur cur-
sorischen Privatlecture anzuregen und auf für diese geeignete Werke auf-
merksam zu machen.
lU. In der Prima ist eine gedrängte Uebersicht über die französische
Geschichte der französisclien Philoloijie. 87
Litteraturgeschichte, etwa mit Zufiruiulelefiunj;; von Hueitinger's bekann-
tem Leitfaden, zu geben, jedoch ist hierbei das (iedächtniss der Scliüler
möglichst wenig mit Jiüireszahlen und Büchertiteln zu belasten, vielmelir
darf als Aufgabe der betr. Vorträge nur betrachtet werden, die Schüler
über die Entwickelung und Bedeutung der französischen Litteratur zu
Orientiren und zu späterem Studium derselben anzuregen.
Das eben Gesagte hat natürlich auch für das Kealgymnasiuni Geltung,
insofern dasselbe seine Schüler auf die Universität vorbereitet ; da aber
das Realgymnasium auch für praktische Lebensberufe vorbildet, ist es frei-
lich genöthigt, den französischen Unterricht nach einer wesentlich anderen,
auf das Praktische hinzielenden Methode zu ertheilen. Für den künftigen
Studierenden ist dies uuzweifelliaft ein Nachtheil, wenn auch ein solcher,
der sich noch am ehesten ertragen lässt. Die Doppelstellung aber, welche
das Realgymnasium hinsichtlich seiner Aufgabe einnimmt, dürfte sich, je
häufiger Realabiturienten zur Universität übergehen, als immer unhaltbarer
erweisen und die Nothwendigkeit der endlichen Herstellung einer Einheits-
schule Combination des humanistischen mit dem realistischen Gymnasium
immer klarer und dringender sich erweisen.
Wahrhaft kläglich ist es mit dem französischen und überhaupt mit
dem neusprachlichen Unterricht in den sogenannten höheren Töchterschulen
oder doch in der grossen Mehrzahl derselben bestellt. Er ist nichts wei-
ter als eine elende Dressur zu einer gewissen — oft überdies sehr frag-
würdigen — Sprechfertigkeit, eine Anleitung zum Pariiren in conventio-
nellen Phrasen über triviale Dinge. Solcher Unterricht bringt selbstver-
ständlich der Verstandes- und Charakterbildung nicht nur keine Förderung,
sondern vielmehr schwere Schädigung; er richtet ab zu gedankenlosem
Plärren und verführt zu hochmüthiger Eingebildetheit auf vermeintliches
"\\'issen und Können. Hier, wie überhaupt im sogenannten höheren Mäd-
chenunterrichte, ist eine durchgreifende Reform dringend nothwendig, und
dieselbe wird namentlich eben dahin zu wirken haben, dass der Segen eines
methodischen, den Verstand und den Charakter bildenden Sprachunter-
richtes auch den nach höherer Bildung strebenden ^lädchen zu Theil
werde. Es wird , wenn dies «;eschieht , damit ein bedeutsamer Schritt zur
Förderung unserer nationalen Cultur gethan werden.
§S Das Französische.
Viertes Kapitel.
Die Dialecte des Französischeu.
§ 1. Die altfranzösischen Dialecte. I. Dass wäh-
rend der altfranzösischen Periode eine gemeinfranzösische
Schriftsprache noch nicht vorhanden war, sondern dass die ein-
zelnen Dialecte als Litteratursprachen gebraucht wurden, ist
bereits oben S. 51 bemerkt worden'). Es ergiebt sich dar-
aus die Wichtigkeit des Studiums der 'altfranzösischen Dia-
lecte.
2. »Nam et idiomata variantur eiusdem linguae apud di-
verses, sicut patet de lingua gallicana, quae apud Gallicos et
Normannos et Picardos et Burgundos multiplici variatur idio-
mate. Et quod proprio dicitur in idiomate Picardorum , hor-
rescit apud Burgundos, imo apud Gallicos viciniores«. Roger
Bacon (Op. Majus , part. III de utilitate grammaticae p. 44
ed. Lond. 1733). Darnach unterschied Bacux 1214 — 1294)
also vier Dialecte: a. den gallischen, d. h. den Dialect von
Isle de France, b. den normannischen, c. den picardischen,
d. den burgundischen.
3. Die von Bacon , vermuthlich auf Grund eigener Be-
obachtung angegebene Eintheilung der Dialecte wurde im
Wesentlichen von Fallot (1839 — dem ersten, der unter
den Neueren die Dialectfrage behandelte — anerkannt . in-
dem derselbe in seinen Recherches etc. (s. oben S. 41) p, 16 ff.
unterschied 2; :
a) den normannischen Dialect (Gebiet: Maine. Bre-
tagne, Perche, Poitou, Anjou) ;
b) den picardischen Dialect (Gebiet: Artois, [Flandern],
1) Jedoch begann die Entwickelung einer allgemeinen Schriftsi)rache
auf Grund der centralfranzösischen Mundart Verhaltnissniässig früh. Schon
zur Zeit Crestien's v. Troyes zweite Hälfte des 12. Jahrhunderts waren
die Ansätze zu einer solchen vorhanden. Vgl. die tretilichen Bemerkun-
gen SucniEU's in Ztschr. f. rom. Phil. II 153.
2) Fallot nahm bei seiner Eintheilung vorzugsweise auf das 13. Jahr-
hundert Bezug und bescliränkte sie auf das politische Gebiet Frankreichs.
BlKGUV dehnte sie auch auf das 12. Jahrhundert und auf das ausserhalb
Frankreichs gelegene französische (Sprachgebiet aus. In der obigen Ueber-
sicht setzen wir die von Birguy ninzugefügten Landschaften in eckige
Klammern.
Die Dialecte des Französischen. 89
lias-Maiiie, Champagne, Lothringen, [llennegaii, Naniur, Lüt-
tich. IJrabant]) ;
c den burgimdi sehen Dialeet .Gebiet: Nivernais,
l^erry, ürleanais, Touraine, lias-Hourbonnais , Anjou, Isle de
France, Champagne, Lothringen'), Franche-Comte, [Vaud,
NeufchateL Bern 2).
Als Grundlage der neulVanzösischen Schriftsprache betrach-
tete auch Fallot die Sondermundart von Isle de France.
Fallot's Eintheilung -wurde von Kukgi y in die Gram-
niaire de la langue doi'l übernommen.
4. Auch DiRz hat, Gr. I^ 121 fF., die Drei-, bezw. Vier-
theilung der Dialecte anerkannt, jedoch mit Recht darauf auf-
merksam gemacht, dass die lothringische »Nebenmundart« sich
— freilich nur »wenig« — von der burgundi^hen unter-
scheide.
Als die wichtigsten Kemizeichen der einzelnen Dialecte
stellt DiEZ folgende auf:
a Burgundisch. Frz. a = ai: jai=Ja, hrais =^ hras etc.; frz. e
und i\ = ei', veriteit = verite, ineir = mer; frz. e nach ^ und ch = ie : chief,
niangier, Jugier =^ che f etc.; frz. ei = oi: moiner, jrroier, noier = mener,
prier, nier\ frz. eau = iau, eaux = iaz, tax: biau, hiax, coutiax = beau etc.;
frz. eu = oic, oder o: soul, gloriouz, volt = seul, glorieux, veuU; frz. ou (aus
lat. 6) = 0: vos, jor, amor, tot = vous,jour etc.; frz. ai = oi: jierdoie, plai-
soit = perdats, plaisait, gedecktes, bezw. auslautendes ^widersteht noch
häufig der Auflösung in M «wenigstens graphisch" : oisel, altre, halt = oiseau
autre, haut. — Als charakteristisch für das Lothringische wird der
Uebergang von lat. o in ou (vous, Jour etc.) und der Ausdruck des deut-
schen ir durch tc [tcarder = garder, angeführt.
b Picardisch. Frz. e, entsprechend lat. c, i, a, tritt gern als ie,
auf: biel, nouviel, chief, prisier, mangier = bei, nouvel, chef, priser, man-
ger; frz. ou= o: jor u. dgl. ; frz. ai = oi: estoit, oseroie '^ etait, oserai,s:
für ieu findet sich iü: Hu = Heu; frz. c und ss (aus lat. ci, ti] = ch , frz.
ch = k: Franche, merchi, fache, cacher = France, jnerci , fasse, chasser.
1) Lothringen wird also von BuRGUY theils dem picardischen , theils
dem burgundischen Dialecte zugewiesen.
2) Fallot stellt zur Unterscheidung der Dialekte folgende Vocaltafel
auf:
1 . norm, u = pic. o, nu, eu = bürg, o
2. - et = - oi, ai = - oi, ei. ai
3. - e = - oi, ai, ie = - oi, ai, ei, ie
4. - ui = - i. oi, oui ==■ - Mt, oi, eui, oui
Zwischen den drei Hauptmundarten bestanden nach F.\llot's Ansicht
Grenzidiome.
90 l^as Französische.
cautcr, 2)ekie = chanter, i)iche; frz. ja = ya: (jayant, sergaus = (jea)tt, ser-
gent\ deutsches- «f = ?<' : warder, werpir = yarder, yuerpir.
c Normannisch. Liebt a vor n in au zu verwandeln: aunz, maim-
der = ans, mander ; sowol u wie o, ou und ew stellen sich am üblichsten
durch u dar : vertuz, unt, hunte, hume, reisun, jur, j)ur, viis, truver, düble,
ure = heurc, bufs, colur, doloruse; für ai stellt sich häufig ei ein: feit,
»leis, mei)t, seiiit, franceis, aveit, avereit; dieses ei ist der eigentliche, spe-
cifisch normannische Ausdruck für oi: fei, tei, rei, seit, saceir und saver,
meite = moitie ; ie lautet einfach e, in manchen Quellen auch ie: ben, cel,
ped, vent, dener, chevaler, amisted; die Attraction des i, welche im Fran-
zösischen leicht einen Diphthong ergiebt, wird hier gemieden: pecunie, te-
stimo>iie, ylorie, miserie. — »Die nach England verpflanzte Sprache hat
manche Unterschiede der Schreibung und Aussprache entwickelt, die ihr
endlich ein englisches Gepräge aufgedrückt haben«.
Die von Diez gegebene und im Obigen reproducirte Charakteristik der
Dialecte kann heute nicht mehr für ausreichend und noch weniger für in
allen Punkten richtig erachtet werden.
5. Eine neue Theorie über die Entstehung und Beschaf-
fenheit der altfranzösischen Dialecte wurde von G. Paris in
der Einleitung zu seiner Ausgabe des Alexiusliedes aufge-
stellt. Ihren wesentlichen Inhalt hat Lückixg (s. No. 6),
p. 8 f . , folgendcrmassen zusammengefasst : »Innerhalb der
ziemlich gleichartigen lateinischen ^^olkssprache , Avelche das
Keltische verdrängte , bildeten sich zunächst grosse Gruppen,
innerhalb dieser Gruppen sodann kleinere; in diesen kleinen
wieder kleinere u. s. w. Zunächst sonderten sich Proven-
zalisch und Französisch : sodann innerhalb des Französischen
zwei oder drei Hauptmundarten, eine westliche, eine östliche
und vielleicht frühzeitig eine nördliche, die picardische. Die
Mundart des Ostens umfasste JUirgund , Lothringen, Lüttich.
Namur, also die französisch redenden Gebietstheile des alten
Lothringens, die des Westens Neustrien, nämlich die Nor-
mandie, Francien, die Champagne und die Provinzen des
Centrums. Die Mundart des Ostens spaltete sich später in
die burgundische, die lothringische und die wallonische . die
des Westens seit dem 12. Jahrhundert in die normannische
und die französische. Das classische Denkmal der gegen den
Unterschied von Normannisch und Französisch noch indiffe-
renten Mundart ist das Alcxiuslied, welches um die Mitte des
M. Jahrhunderts verfasst worden ist. Von den älteren Denk-
mälern gehört keins dem Westen an.«
Aus G. Paris' Theorie folat. dass das Anjrlonormannische
Die Dialecte des FranzDsisehen. 91
nicht aus dem Normaunischeu. sondern aus dciu Ncustrischen
hervorgegangen ist. da ja eben das Xeustrisdie, d. h. die
Mundart des Westens, erst im 12. Jahrhundert in das Nor-
mannische inid Französische sich spaltete.
ü. Ct. Pakis' Theorie hat zunächst das allgemeine be-
denken gegen sich, dass die Bewahrung der Spracheinheit bis
zxmi 12. Jahrhundert innerhalb des -weit aiisgedehnten West-
gebietes (Neustrien) von vornherein unwahrscheinlich ist, wie
denn a\ieh schon Paris' Annahme von der ziemlichen Gleich-
heit der lateinischen A'olkssprache innerhalb Galliens schwer-
lich zugestanden werden darf. Im Einzelnen wurde G. Pa-
ris" Theorie bekämpft in dem, was streng methodische Forschung
und Kritik anlangt, meisterhaften Buche G. Lücking's »die
ältesten französischen Mundarten« (Berlin 1S77). Auf Grund
einer geradezu mikroskopischen Untersuchung der Sprache der
ältesten Denkmäler gelangt Lückixg zu folgendem Ergebnisse :
Innerhalb des französischen Sprachgebietes bildeten sich zu-
nächst zwei Dialekte, ein Dialekt des Westens und ein Dia-
lekt des Ostens; die Scheidung derselben reicht mindestens
bis in die erste Hälfte des 9. Jahrhunderts zurück. Um die
Mitte des 10. .Jahrhunderts hebt sich auch der Norden dia-
lektisch vom Osten ab. Der Gegensatz zwischen dem Westen
einerseits und dem Osten und Norden andrerseits ist sehr alt.
Die Trennung zwischen Norden und Osten hingegen kann
im 9. Jahrhundert erfolgt sein'). Inmitten dieser Gruppen
des Westens, des Ostens und des Nordens ist nun gegen das
Ende des 11. Jahrhunderts in den centralen Provinzen des
nördlichen Frankreichs, der nordöstlichen Zone von Neustrien,
eine vierte Mundart erkennbar. Nicht zu den ältesten, aber
zu den reinsten Denkmälern dieser centralfranzösischen Mund-
art gehören die Epen Christians von Troyes.
Die Gründlichkeit und bewundernswerthe Akribie der Un-
tersuchung Lückixg's sind allseitig mit gebührendem Lobe
anerkannt worden, dagegen hat seine Dialecttheorie vielfachen
und lebhaften Widerspruch gefunden, man vgl. namentlich die
1) So -wörtlich bei LÜCKING, S. 198. Der scharfsinnige Gelehrte hat
befrenidlicherWei.se übersehen, dass er wenige Zeilen vorher gesagt hatte:
»Um die Mitte des 10. Jahrhunderts hebt sich der Norden durch sein kose
deutlich vom Osten ab".
92 Uas Französische.
inhaltsreichen Kecensionen von G. Paris in der Romania MI
111 — 140 xind von H. Suchier in der Ztschr. f. rom. Phil.
II 152—159.
7. Die Frage nach der Entstehung und Gru])pirung der
altfranzösischen Dialecte muss demnach als eine zur Zeit noch
offene bezeichnet werden. Um sie zu lösen, dürfte erforder-
lich sein, dass einerseits die Eigenart des gallischen Volksla-
teins, bezw. der vorauszusetzenden landschaftlichen Differen-
zierimgen desselben, thunlichst genau festgestellt wird — was,
wenn überhaupt, freilich erst dann wird geschehen können,
wenn die lateinischen Inschriften Galliens in einer vollständi-
gen und kritischen Sammlung vorliegen werden — , und dass
andrerseits die modernen Dialecte mehr, als bisher geschehen,
zur Vergleichung herangezogen werden.
Nachdrücklichst muss ülirigens bemerkt werden, dass es in
altfranzösischen Texten immer scharf zu unterscheiden gilt
zwischen Schreibweisen , welche nur der Unbestimmtheit
und Unbeholfenheit der Orthographie ihr Dasein verdanken,
und solchen, welche consequent zum Ausdruck bestimmter
Laute und Lautcomplexe dienen. Aus den ersteren können
Schlüsse auf den Lautbestand nui* in bedingter Weise gezogen
werden.
8. Für praktische Zwecke dürfte vorläufig folgende Ein-
theilung der altfranzösischen Dialecte statthaft sein :
A. Westliche Dialekte:
a) das Normannische
a) das Franco-Normannische ') (Normandie etc.)
ß) das Anglo-Normannische (England)
b) das Picardische.
B. Oestliche Dialecte :
a) das Lothringische
b) das Burgundische
C. Der centrale Dialect (Isle de France luid ein Theil der
Champagne).
Zu bemerken ist hierbei: a) jeder Dialect theilte sich in
zahlreiche Untermundarten: b) es ist anzunehmen, dass in den
l! Die Mundart von Anjou nimmt innerhalb des Franco-Normannischen
eine Sonderstellung ein.
Die Dialecte des Französischen. 93
Gebieten, in denen zwei oder mehrere Dialecte sich berühr-
ten, Mischdialecte entstanden.
9. Der iStudierende der französischen Philologie mnss
sich bestreben, in die Ei<»enart der einzelnen altfranzösischen
Dialecte, soweit dieselben bis jetzt mit Sicherheit ermittelt
worden ist, thunlichst vollständige Einsicht zu erlangen, nicht
bloss, weil ohne genaue Kenntniss der Dialecte die richtige
Erkenntnis» der gesammten Sprachentwickelung unmöglich
ist. sondern auch, weil die kritische Reconstruction altfranzö-
sischer Texte meist nur dadurch möglich wird, dass die dem
Dialekte des Originales nicht zukommenden , sondern erst
durch dessen Ueberarbeiter , bezw. Abschreiber sei es syste-
matisch, sei es n\u- sporadisch in den Text eingeführten
Sprachformen als unberechtigt erkannt und durch die ursprüng-
lichen ersetzt werden (NB. bei dieser Operation ist. wenn sie
an Litteraturwerken rhythmischer Form geübt Avird, das Stu-
dium der Assonanzen und Reime von höchster Wichtigkeit
und grösstem Nutzen, da aus diesen, weil sie der dialectischen
Umsetzung am leichtesten und häufigsten entgingen, der ur-
spriingliche Dialect am sichersten zu erkennen ist) .
Das beste und den Studierenden der französischen Plii-
lologie angelegentlichst zu empfehlende Mittel, wenigstens
eine gewisse Vertrautheit mit jedem der altfranzösischen Haupt-
dialecte zu erlangen, ist die Lecture solcher Texte, welche
in einem wenigstens annähernd reinen und einheitlichen Dia-
lecte abgefasst sind: es lassen sich für diesen Zweck z. B. em-
pfehlen :
a Für das Franc o-Normannische: der von H. SrcHlER Biblio-
theca Normannica Bd. I. Halle 1879) auf Grund der Hds. A reconstruirte
Text der Reimpredigt Grant mal fist Adam ^vgl. dazu BokemÜller's Di3.s.
Zur Lautkritik der Reirapredigt. Halle 1883) ;
b; für das Anglo-Normannis che : Philippe de Thaün's Computus,
Ausg. von E. Mall. Strassburg 1872 oder »Brandans Seefahrt«, herausg.
von H. SucHiER in den Rom. Stud. I 553 ff.
c für das Picardische; Aucassin et Nicolete, herausg. von H. Su-
CHIER. Paderborn 1881 (2. Aufl.; ; ,
d) für das Lothringische: Der lothringische Psalter, herausg. von
F. Apfelstedt (W. Förster's Altfrz. Bibl. Bd. IV Heilbronu 1881; und
Die Predigten des hl. Bernhard, herausg. in einer Auswahl als Anhang zur
Ausg, der Quatre Livres des Rois von Le Roux de Lincy. Paris 1841 eine
kritische Ausg. von W. Förster ist in Vollmüller's Rom. Forschungen
94 Das Französische.
Bd. II erschienen), e) für das Burgundische: Der Lyoner Ysopet
(Mundart der Franche-Comte), herausgeg. von W. Förster (Altfrz. Bibl.
Bd. V Heilbr. 1&S2.
Für die Kenntiiiss derjenigen, auf die eng verwandten Mundarten der
Isle de France und der westlichen Chnmpagne sich gründenden Sprachform,
welche man als altfranzösische Litteratursprache bezeichnen kann, sind Cre-
stien's von Troyes Dichtungen die beste und zuverlässigste Quelle les kommt
insbesondere der Cliges in W. FöRSTER's Ausgabe [Halle 1884] in Betracht).
Ueber den "VVerth der Urkunden für die Dialektforschung
vgl. Theil II S. 370; Urkundensammlungen u. dgl. sind oben
S. 27 f. angeführt,
Litteraturan gaben: Die einschlägigen Werke von Fallot, Bur-
GVY, DiEZ, G. Paris und G. Lückixg sind oben im Texte des § genannt
worden. — Monographien: J. VisiXG, Etüde s. le dialecte anglo-nor-
mand du XII^ siecle. Upsala 1882 Diss. 'mangelhafte Arbeit, und: Etüde
s. le dialecte anglo-normand du XlVe siecle, in Rev. des lang. rom. Ser. 3,
t. 9, p. 180 ff. M. Strauch, Lat. o in der norm. Mundart. Halle ISSl.
Diss. — P. SCHILZKE, Betontes e + i und 6 + i in der norm. Mundart.
Halle 1879 Diss. — Kloppe, Recherches s. le dialecte de AVace, trouvere
anglo-normand. Magdeburg 18.53/54. — P. Thierkopf, Der stammhafte
Wechsel im Norm. Halle 1880 Diss. — Hotzel, Der norm. Dialekt und
die frz. Schriftsprache. Eisenach 1869 Progr., und: Die altfrz. Gesetze
Wilhelms des Eroberers. Eisenach 1859 Progr. — C. Roeth, Ueber den
Ausfall des intervocaleu d im Norm. Halle 1882 Diss. — C. Uhlem.\nx,
Ueber die anglonorm. Vie de Seint Auban in Bezug auf Quelle, Lautver-
hältnisse und Flexion. Strassburger Diss. 1880 (= Roman. Stud. Bd. IV
543 ff.) — H. Seeger, Ueber die Sprache des Guillaume le Clerc de Nor-
mandie etc. Halle 1881 Diss. (vgl. auch die Abhandlung von G. Schmidt
über G. 1. C. in Roman. Stud. IV 493 ff.). — G. Raynaud, Etüde s. le
dialecte picard dans le Ponthieu etc. in Bibl. de l'Ec. des Ch. 37 , p. 5 ff.
und 317 ff. cf. Rom. V 409 und VI 307 und 614). — H. Haase, das Ver-
halten der picardischen und wallonischen Denkmäler des Mittelalters in Be-
zug auf a und e vor gedecktem n. Halle IS80 Diss. — O. Siemt, Ueber
lat. c vor e und i im Pikardischen. Halle 1881 Diss. — J. Zemlix , Der
Nachlaut i in den Dialecten Nord- und Ostfrankreichs. Halle 1S81 Diss.
— A. Fleck, Der betonte Vocalismus einiger altostfranzös. Sprachdenk-
mäler etc. Marburg 1877 Diss. — C. Görlich, Die südwestlichen Dialekte
der langue d'oil. Poitou, Aunis. Saintonge, Angoumois, in Französ. Stud.
Ed. IV S. 250 ff. — d'Herhomez, Etüde s. le dialecte Tournaisis au XIIP
s. Tournay 1881 cf. Rom. XI 144; — N. DE Wailly, Observations gram-
maticales s. les chartes frcses d'Aire en x\rtois, in Bibl. de l'Ec. des Ch.
cf. Rom. I 266 . — Bouchekie, Le dialecte poitevin au 13e siecle. Mont-
pellier 1872, cf. A. TOBLER, Gott, gelehrt. Anz. 1874 No. 45 — P. LOREXZ,
Ueber die Sprache des Garnier von Pont-St.-Maxenoe. Halle 1881 Diss.
(der Verf. erklärt die betr. Sprache für francisch, obwohl dem Picard. nahe-
stehend) — C. Jexrich, Die Mundart des Münchener Brut. Halle 1881
Diss. der Verf. weist die betr. Dichtung dem Dialect von Namur zu) —
Die Dialcctc des Französischen. 95
C. FiKBiGER, Ucber die Sprache der C'hevalerie Ofrier von Raimbert de
Paris. Halle ISSI Diss. — C. Mktzke, Der Dialekt von Lsle de France
im i;i. und 14. Jahrhundert in Herri|;s Archiv Bd. Üö, S. 57 tl'. — — W.
Ske.\t, A rough list of english words found in anglo-french , especially
during the 13*1» and Hi^ centuries, with numerous references, in Trans-
actions of the Philological Society 1880/81, Part III, App. V, p. !tl — ics
cf. Rom. XII 415 .
Höchst wcrthvolle Beiträge zur altfrz. Dialektkunde enthalten die Kin-
leitungen, bezw. die Anmerkungen G. P.viiis', F. Mall's, A\'. FüKStku's,
F. Ko.THwiTZ, H. Siciiier's u. A. zu den von ihnen besorgten Ausgaben
altfrz. Texte. Vgl. auch unten die Litteraturang. über Lautlehre.
[Anhangsweise seien hier die auf die altfranzös. Volkspoesie "Folk-
lore« bezüglichen Sammlungen, Uebersetzungen und Schriften genannt:
Altfranzös. Volkslieder, gesammelt und mit Sprach- und Sacherklärungen
herausgegeben von O. L. B. "Wölk. Leipzig 1S31 — Ch. Nis.vrü. Des
chansons populaires chez les anciens et chez les Francais. Paris 1S6T, 2 Bde.
— Altfranzös. Romanzen und Pa.stourellen , herausg. von K. Bartsch.
Leipzig 1869 (vgl. dazu G. Gröber, Die altfrz. Romanzen und Pastourel-
len. Antrittsvorlesung. Zürich 1S72] — Französ. Volkslieder, aus M. Haipt's
Xachlass herausg. von A. ToBLER. Leipzig IST". — Alte französ. Volks-
lieder übersetzt von K. Bartsch. Heidelberg ISSl — AV. Scheffler, Die
französ. Volksdichtung und Sage. Leipzig 1SS3/S4 im 2. Kap. dieses trefi-
lichen "Werkes vrird eine reichhaltige Bibliographie gegeben, auf welche hier-
mit ver\riesen sei) — E. Rolland, Recueil des chansons populaires de la
France. Paris 18S3".
§ 2. Die neufranzösischen Dialecte. 1. Die Er-
forschimg der neufranzösischen Dialecte liegt noch sehr im
Argen. J. F, Schxackexburgs Tableau synoptique et com-
paratif des idiomes populaires ou patois de la France Kerlin
1840) hat, obwohl seiner Zeit ein verdienstliches "Werk, heute
höchstens noch als Materialiensammlung einen gewissen Werth.
J. Baumgartexs Glossar der Yolksmundarten von Nord- und
Mittelfrankreich ;Coblenz und Paris 1S70) ist leider über das
1 . Heft A-Aigi'efin' nicht hinausg'ekommen : sollte es . wie
sehr zu wünschen . wieder aufgenommen werden . so müsste
die Anlage, entsprechend den heutigen Anforderungen der
Wissenschaft, methodischer gestaltet und das inhaltsreiche
Avant-Propos durch eine Umarbeitung von manchen Irrthü-
mem und Unklarheiten befreit werden. L. Faakes Samm-
lung: Parabole de l'enfant prodigue en 8S patois divers de la
France. Avec une introduction s. la formation des dialectes
et patois de la France Niort 1S76J ist ein ganz kritiklos ge-
arbeitetes Sammelsurium von französischen und provenzalischen
96 Das Französische.
Dialektproben, welches für -wissenschaftliche Zwecke völlig
unbrauchbar ist. Es ist demnach dringend zu wünschen, dass
die neufranzüsische Dialectforschung endlich einmal in wis-
senschaftlicher Weise betrieben würde. Zunächst sind hierzu
selbstverständlich die Franzosen berufen, welche, wenn sie an
die Lösung dieser Aufgabe herantreten , damit zugleich eine
Ehrenpflicht gegen ihre eigene Sprache erfüllen werden').
Am erfolgreichsten ist innerhalb der neufranzösischen
Dialectologie noch die Lexicographie gepflegt worden, und es
liegen auf diesem Gebiete einige höchst achtungswerthe Lei-
stvmgen. z. B. von Grandgagnage, Jaubert u. A. vor (s. un-
ten »Litteraturangaben«). Neuerdings ist auch die Lautlehre
einzelner Dialekte in methodischer Weise bearbeitet worden
(so z. 13 . in Joket's Monographien über das Normannische).
Eine Musterarbeit in dieser Beziehung ist A. Thomas', frei-
lich eine Mundart der langue doc behandelnder, Rapport sur
une mission philologique dans le departement de la Creuse
(in: Archives des missions scientifiques etc. 3e serie , t. T.
p. 423 ff., cf. Rom. VIII 469 und X 451).
2. Die neufranzösischen Dialecte haben sich aus den alt-
französischen entwickelt , es ist aber . da seit dem Entstehen
der allgemeinen nationalen Schriftsprache die Dialecte zu der
niederen Stufe verachteter Patois herabgedrückt wurden, ihre
Entwicklung eine vielfach gestörte und unorganische gewe-
sen. In Folge dessen zeigen viele der modernen Dialecte
eine Verwahrlosung und Verwilderung ihres Laut- und For-
mensystemes , Avelche allen Grund zu der Vermuthung giebt,
dass ihre Lebensdauer keine allzu lange mehr sein werde.
Eine Eintheilung der neufranzösischen Dialecte nach wis-
senschaftlichen Principien kann zur Zeit noch nicht aufgestellt
werden . möglich ist vielmehr für jetzt nur eine geographische
Eintheilung nach Landschaften und Landschaftscomplexen.
[C. Sachs hat in Ilerrigs Archiv. Bd. 54, S. 26S ff"., folgende
Eintheilung aufgestellt: I. Burgumlisch , II. Lothringisch:
a) Metz, b) Nancy und Lunöville, c La Roche. III. Fran-
zösisch, d. h. Dialekt von Isle de France. IV. Picardisch.
li Die Schrift von G. de Rulle: Projet d'enquete sur les patoi.s
francais. Paris 186S, ist mir nur dem Titel nach bekannt geworden, ich
verma'' daher nicht über ihren "Werth zu urtheilen.
Geschichte der französischen Philologie. 97
V. Flandrisch : a^ Lüttich. b Brabant. c Henneg^au : «) Maas,
(i) lirabaut, tl) Namur: a, Dinant, jf La Fainenne naiuu-
roise, y) die Stadt Namur. VI. Normanuisch . VII. P<nteviu).
3) Zu dem ueufran/ösiscbcn Dialoctf^ebiete gehört auch
das frühere frauzösische Coloniallaud Canada. — In verschie-
denen jetzigen oder früheren französischen Colonien ist das
Französische von Negern und Kreolen in eigenartiger Weise
nach Massgabe der in den betreffenden Neger- und Kreolen-
idiomen gültigen Principien umgestaltet worden, wodurch Dia-
lekte entstanden sind, welche richtiger als hybride Sprachen
oder Mischsprachen im eigentlichen Sinne des Wortes be-
zeichnet werden müssen. (Die auf diese Idiome bezüglichen
Schriften sind unten in den » Litteraturangaben « unter der
Rubrik »Kreolisch« aufgeführt).
4. Die französische Nationallitteratur bedient sich seit
dem 15. Jahrhundert ausschliesslich der nationalen Schrift-
sprache. Die Dialekte dienen nur noch der Volkspoesie im
engeren Sinne des Wortes (»Folk-lore«) zum Organe. Es ist
aber der Schatz der dialektischen Volksdichtungen ein sehr
bedeutender, leider aber Avird er auch durch das immer wei-
tere Umsichgreifen der Schriftsprache und der sogenannten
allgemeinen Bildung in seinem Bestände mehr und mehr be-
droht. Ebenso nothwendig wie erfreulich ist es daher , dass
seit einigen Jahrzehenden in Frankreich ein lebhaftes Inter-
esse für das Studium der Volksdichtung und Volkssage er-
wacht ist und sich in zahlreichen mehr oder minder werth-
vollen Schriften, Sammlungen, Neubearbeitungen und dgl.
erfolgreich bethätigt hat. Leider freilich hat sich mit dem
Interesse für den sachlichen Inhalt der Erzeugnisse der Folk-
lore meist nicht das Interesse für die Sprache verbunden,
denn in der Regel zeigen die betreffenden Dichtungen im
Druck eine Sprachform, welche offenbar nicht die authentische
ist. sondern die Spuren einer künstlichen und willkürlichen
Zurechtstutzung unverkennbar an sich trägt.
Litteraturangaben. Vgl. oben im Texte des §, No. 1. Eine dan-
kenswerthe 'üebersicht« über den heutigen Stand der romanischen (also
auch der französischen Dialektforschung hat C. Sachs in Herrig's Archiv
Bd. 54 Iblöj, S. 241 ff. gegeben. Reichhaltige Litteraturangaben auch bei
SCHEFFLER, s. oben S. 95. Eine selten reichhaltige »Bibliotheque patoise«
(aus dem Besitze des M. Burgaud des Marets kam vom 5. — 17. Mai IbTIi
Körting, Encyklopädie d. rom. Phil. III. 7
9S l^as Französische.
in Paris zur Versteigerung; der darüber von der Verlagshandlung Maison-
neuve et Cie. ausgegebene Auctionskatalog dürfte noch jetzt die relativ
vollständigste Bibliographie der romanischen Dialectologie sein. Vgl. fer-
ner P. Meyeu , üuvrages sur les patois, in der Revue critique 1SÖ6,
Nu. 22, 24, 25.
Im Folgenden seien die wichtigsten "Werke über neufranzösische Dialekte
sowie eine Anzahl auf die nfrz. Folklore bezüglicher Schriften, Sammlun-
gen und dgl. nach Massgabe der alphabetischen Reihenfolge der betr. Land-
schaften angeführt. Vollständigkeit konnte nicht angestrebt werden.
Anjou [GÖRLiCH, die südwestl. Dialecte der langue d'oc etc. s. oben
S. 94], Mexiere, Glossaire angevin etj-mologique compare avec differents
dialectes. Angers ISSl — Berry, Vocabulaire de B. etc. par un amateur
du vieux language. Paris 1S42 — Besancon. Recueil de noels anciens
au patois de B. p. F. Gauthier. Besancon 1773, 3ieme ed. p. p. Th. Be-
LAMY. Bes. 1858 — Blaisois. E. Talbekt, Du dialecte blaisois et de
sa conformite avec l'ancienne langue. Paris 1874 — [Bretagne. ViLLE-
M.YKQUE. Barzaz-Breiz (d. i. Sammlung bretonischer Volkslieder;. Paris
1840. 2 Bde. P. Sebillot, Litterature orale de la Haute-Bretagne. Paris
18S1 ; Contes populaires de la H.-B. Paris 18S0/81, 2 Bde., cf. Rom. IX
328; Traditions, superstitions et legendes de la H.-B. Paris 1880] — Bur-
gund. F. Wollenberg, Sur le soi-disant idiome bourguignon, in Herrigs
Archiv, Bd. 28, Heft 2 und 3. La Monxoye, Noei Bourguignon de Gui
Barozai, Dioui 1728, 5. Ausg. mit AVörterbuch 177Ö, vgl. C. Sachs' Auf-
satz »Dialektisches« in Herrigs Archiv, Bd. 30. A. Pirox, L'evaireman
de lai Peste, 1721, Dijon 1832. Fertiallt, les Noels bourg. avec coup
d'ueil sur les Noels, Paris 1S42 — F. FERTL\rLT, Chansons de noces de la
Haute-B., in Rom. XH 595 ff. — E. Beauvois, Contes pop. de la Norvege,
de la Finlande et de la Bourgogne. Paris 1S62. — Mignard, Vocabulaire
raisonne du dialecte et du patois de la province de B. Paris 1862 — Tou-
BIN, Rccherches s. la langue Bellau, argot des peigneurs de chanvre de
Haut-Jura. Besancon lS(i'J. MiGNARD , Histoire de l'idiome bourguignon
et de sa litterature propre ou philologie comparee de cet idiome etc. Di-
jon 1850. Amantüx, Virgille virai au borgnignon. Choix des plus beaux
jivres de l'Eneide etc. Dijon 1831. P. Meyer, Notice s. un manuscrit
bourg., suivie de pieces inedites, in Rom. VI 1 ff. und 000 ff. — Ca na da.
ü. Dun , Glossaire franco-canadien et vocabulaire de locutions vicieuses
usitees au Canada, avec une preface de M. Frechette. Quebec (wann?
vermuthlich 1880j. E. Gagnon, Chants populaires du Canada etc.
Quebec 1M)5. E. Reveillal'D, La langue et litterature frcse au Canada,
in Bibliogr. univ. et Rcv. suisse. Nouv. ser. t. XIX. B. Sulte, La
langue iiqsc au C, in Bulletin de la societe norm, de geographie. Rouen
1879. Vgl. auch unten S. 104. — Cambrai. Recherches philologiques sur
le patois du Cambresis. Extrait des Mem. de la societe d'emulation de
Cambrai 1820 — C en trallandschaften. Jaubert, Glossaire du Centre
de la France 2^ ed. Paris lS(i4. 2 Bde. (»Der erste Bd. dieses vom Insti-
tut gekrönten "Werkes erschien in 1. Ausgabe 185(1, der 2. 1S58, Die De-
partements de rindre et du Cher sind das Centrum, von wo der Dialect
Geschichte der frunzösischen Philüloj^ie. 99
mit manchen localen Verschiedenheiten sich in die von la Creuse, TAllier
und la Nii'vre und den Süden von Loiret ausgebreitet hat. La Chätre,
Bourges, Saucerre und Nevers sind die Stiidte, wo er blühte. Alle Schrif-
ten, selbst Vom 12. Jahrhundert ab, sind als Quellen benutzt, nicht minder
aber hat der Verf. aus dem Volksmunde geschöpft.« A. EuEHT in der
Bibliographie seines Jahrbuches, Bd. 1, S. 474|f . Ein Supplement zu
diesem Werke erschien 1809 — Champagne (bezw. Reims, Troyes,
Lang res). E. G.^lehox, Varietes {remoises. Reims 1S55 (enthält eine
Causerie sur le dialecte remois;. E. S.wbinet, Vocabulaire du bas lan-
gage remois. Reims 1S45. P. J. Guossley, Ephemerides de J. P. Gr.
Paris ISIl. 2 Bde. Bd. 2 enthält ein Vocabulaire troyen, zu welchem
handschriftl. ein Supplement exi.stirt, vgl. No. 44U des Catalogs der Biblio-
theque patoise Burgaud's des Maretsj. P. Tarbe, Chansonniers de Cham-
pagne aus XII et XIU siecles. Reims 1850. Takbe, Romancero de
Champagne. Reims lSl)3 64. 5 Bde. (in seiner Cliges-Ausg. p. LIII citirt
AV. FöKSTER eine in den Mem. de l'Institut XXVIII 2SS erschienene Schrift
»Observations s. la langue de Reims«, beurtheilt sie aber ungünstig . —
C6tes-du-Nord. J. Tausserat, Rondes populaires recueillies au Portri-
eux-Saint-Quay, in Rom. XI 587 ff. — Creolisch (und Negerfranzö-
sischj. E. B.AISSAC, Etüde s. le patois creole-mauricien Nancy 1880, cf.
Rom. X 610 und Ztschr. f. rom. Phil. V 580. A. Bos, Note s. le creole
de Maurice, in Rom. IX 571 ff. H. Schuchardt, Sur le creole de la
Reunion, in Rom. XI 589 ff. (Ueber Negroportugiesisch u. dgl. hat
H. ScHVCH.ARDT in seinen »Kreolischen Studien«, Sitzungsberichte der
"Wiener Akad. d. Wissensch., Philos.-hist. Cl., 1883 gehandelt) — Elsass^)
(vgl. auch Vogesenlandschaft. H. Gaidoz et P. Sebillot, Biblio-
graphie des traditions et de la litterature populaire de l'Alsace. Strass-
burg 1882. A. Stöber, Elsässisches Volksbüchlein. 3. Aufl. 1859 (enthält
vorzugsweise deutsche Lieder, — Flandern s. Nordproviuzen, Lüttich,
Hennegau, Maas, Luxemburg, Namur, Wallonisch — Franche-Comte
Chants populaires de la Franche-Comte. Etüde par M. BvcHox in: Revue
litteraire de la Fr.-C. 1. Nov. 1863 (Besancon,. Dartois, Essai sur les patois
de la Fr.-C. Besancon 1850. J. TissoT, Les Patois de Fourgs, arrondisse-
ment de Pontarlier, dep. de Daubs. Besancon 1865. Cuvier, Notes s. le
patois de l'ancienne principaute de Montbeliard avec plusieurs echautiUons
de ce patois, Montbeliard 1860. Theuriet, Contes populaires franc-comtois
Paris 18Ü0. Vgl. auch Besancon und Burgund — La Roch eile. M***,
Glossaire du patois rochelais , suivi d'une liste des expressions vicieuses
usitees a. La Rochelle, recueillies en 17Sü. Montpellier 1862 — Lille.
P. Legrand, Dictionnaire du patois de Lille et de ses environs. Lille
1853. L. Vermesse, Vocabulaire du patois lillois. Lille 1860. L. Debeure
DU Buc, Nouveau glossaire liUois pour faire suite aus chansons en pa-
tois de Lille. Precede de quelques remarques sur l'origine et la pronon-
ciation de l'idiome populaire de Lille. Lille 1867. A. Danis, Chansons et
1 Es ist unnüthig zu bemerken, dass das Elsass nur deshalb hier auf-
gezählt wird, weil ein kleiner Bruchtheil seiner Bevölkerung dem franzö-
sischen Sprachgebiete angehört.
100 Das Französische.
pochades lilloises. Lille 1&49 — Lothringen. L. Adam, Les patois lor-
rains 1881, cf. Rom. X 117 und 543 ff., Ztschr. f. rom. Phil. V 443 ff. Die
französ. Mundarten in Lothringen und den Vogesen, in der Beilage zu der
(Münchener, früher Augsburger: Allg. Ztg. 1883, No. 130 und 132. E.
COSQL'IN, Contes populaires lorrains, Rom. V 83 und 133, VI 212 und
529, YII 527, VIII 545, IX 377. A. BoNNARDOT, Varietes lorraines, in
Rom. II 245 und Docunient en patois lorrain, in Rom. I 328. Michel,
Uictionnaire des expressions vicieuses usitees dans un grand nombre de dep.
et notamment dans la ci-devant provinee Lorraine. Nancy 1881. A. Terquem,
Etymologies des noms des villes et des villages du dep. de la Moselle. Metz
1S60. Heurlin, Le Pia Ermenek loürain, patoue et francais p. ChanHeurlin.
Strassburg 1883. Vgl. auch Metz u. unten S. IUI, Z. 2 v. u. — Lüttich.
L. Michaels, Grammaire elementaire liegeoise. Lüttich 1863. Forir, Dic-
tionnaire liegois-fr9S. Lüttich 1860/72. SiMONON, Poesies en patois de
Liege, precedees d'une dissertation gramm. sur ce patois et suivies d'un
glossaire. Lüttich 1844/45. Theatre liegeois. Lüttich 1827 und 1844. Hel-
BiG, Fleurs des vieux poetes liegeois 1550 — 1650) mit histor. Einltg. von
Peetermans (vgl. die Bibliogr. in Ebert's Jahrb. Bd. II 446) — Maine.
Chardon, Etudes s. les dialectes et les patois dans la langue frcse et spe-
cialement s. le dialecte et les patois du Maine. Le Mans 1869. — Metz.
E. Rolland, Vocabulaire du patois de Remilly pays messin), in Rom. II
437, dazu ein »complement« in Rom. V 189 ff. de Puy.m.\igre, Chants
populaires recueillis dans le pays messin. Paris 1865. Neree Quepat,
Chants populaires messins, recueillis dans le val de Metz. Metz (?) 1877.
FLirPE MiTOL'NO, Comedie niessine en vers. Metz 1848. Daras, Remar-
ques sur quelques valeurs phoniques du pays messin se rapportant au fran-
9ais. Metz 1861 (Extrait du Bulletin d'Archeologie de la Moselle . F. De-
VILLV, Du patois messin et de sa litterature (Extrait de la Revue d'Au-
strasie 1841). S. F. Fallot, Recherches s. le patois de Franche-Comte,
de Lorraine et d'Alsace. Montbeliard 1828. Die Sprache des Metzer Lan-
des, in: Im neuen Reiqh 1878, No. 3 — Nordprovinzen [und südli-
ches Belgien) A. DlXAUX, Trouveres, Jongleurs et menestrels du Nord
de la France et du midi de la Belgique. Brüssel 1863. 4 Bde. — Nor-
mannisch. E. Frere, Manuel du bibliographe normand. Ronen 1859.
2 Bde. A. und E. du Meril, Dict. du patois normand. Caen 1850. L. DU
Bois, Glossaire du patois normand, augmente par Travers. Caen 1850. De-
co rde, Dict. du patois de Bray (Haute-Norm.) Paris 1852. Vasnier, Petit
dictionnaire du patois normand en usage dans le pays de Pont-Audemer.
Rouen 1862. G. Metivier, Dict. franco-normand ou recueil des mots par-
ticuliers au dialecte de Guemesey, faisant voir leurs relations romancs,
celtiques et tudesques. London und Berlin 1870. A. RoMDAHL, Glossaire
du patois du Val de Saire Manche), suivi de remarques grammaticales.
Linkoeping 1881, cf. Rom. XII 125. Robin, le Prevo.st, A. Passy und
DE Blos.seville, Dict. du patois norm, en usage dans le dep. de l'Eure
(Erscheinungsort und -jähr? . E. le Hericiier, Histoire et glossaire du
normand de l'anglais et de la langue frcse etc. Avranches o. J. E. LiTTRE,
Histoire et glossaire du normand, in: Etudes et glanures etc. p. K'S — 135.
Geschichte der französischen Philologie. 101
Ch. Joret, Des caracteros et de l'extension du patois normand. Paris 18S3,
cf. Rom. XII 3*I3 ff. Cll. Joket, Le patois normand du Bcssin in: M6m.
de la soc. de ling. III '2U) ff. isTT . cf. Rom. VI 307 und: Essai s. le pa-
tois normand du Bessin. Paris issl. Cll. Joret und J. Gillieron, Le
patois normand, in Rom. XIII 114 ff. Gegenkritik in Bezug auf Rom. XII
393 und Antwort . Le Hericher, Normandie scandinave ou glossaire des
elements scandinaves du patois norm. Avranches l"^61. Hotzel, Der norm.
Dialekt und die französ. Schriftsprache. Eisenach 1869. Progr. NiLssoN,
De l'influence du Normand sur la litt, frcse. Kopenhagen 1S6I. A. Tov-
ronde, Les ecrivains havrais, etudes biogr. et litt. Le Havre 1864. J.
Fleury, Litterature orale de la Basse-Normandie (Hague et Val-de-Saire)
Paris 1SS3, cf. Rom. XIII 154. A. de Bourmont, Chansons populaires en
Normandie au XV siecle, in Rom. XI 584. E. Legran'D, Chansons popu-
laires recueillies ä Fontenay-le-Marmion Caen , in Rom. X 365. Pluquet,
Contes populaires, prejuges, patois de la pro^"ince de Bayeux. Reuen 1S34.
Canel, Blason populaire de la Norm., comprenant les proverbes, sobri-
quets et dictons relatifs ä cette province. Rouen 1859. A. Bcsquet , La
Normandie romanesque et merveilleuse. Rouen 1845. Du Bois, Recher-
ches archeologiques de la Normandie. Rouen 1843. — Paris vgl. auch
die Litteraturangaben zu dem folgenden Kapitel § 5;. E. Agxel, Obser-
vations s. la prononciation et le langage rustiques des environs de Paris.
P. 1855. Ch. Nisard, Etüde s. le langage populaire ou patois de Paris et
de sa banlieue. P. 18T2, und: De quelques parisianismes populaires et au-
tres locutions non encore ou plus ou moins imparfaitement expliquees des
XVIIe, XVIUe et XIX« siecles. P. 1876. L. BoTzo.v, Sur le langage ac-
tuel de Paris. Frankfurt a. O. 1873. Progr. Villatte, Parisismen. Alpha-
betisch geordnete Sammlung der eigenartigen Ausdrucksweisen des pariser
Argot. Berlin 1884, vgl. Ztschr. f. nfrz. Spr. u. Lit. VF 250 — Picardie.
Etudes pour servir ä un glossaire etjTnologique du patois picard. Amiens
1867. CoRBLET, Glossaire du patois picard. Paris 1851 «Excellent ouvrage.
precede d'une bonne bibliographie du dialect romano-picard et du patois
picard". Katalog der Bibl. pat. Nr. 358. E. Paris, Le saint Evangile selon
Saint Mathieu, traduit en picard amienois etc., precede de quelques observa-
tions s. la maniere d'ecrire le picard. London 1863 — Poitou. Drec'x dt
Radier, Essai s. le langage poitevin, precede d'une notice sur l'auteur. Fonte-
nay-Vendee 1867. H. BEArcHET-FiLLAl'T, Essai s. le patois poitevin ou petit
glossaire de quelques-uns des mots usites dans le canton de Chef-Boutonne
et les communes voisines P. 1864. G. Leatüer, Dict. et^inologique du pa-
tois poitevin. Niort 1878. L. Favre, Glossaire du Poitou, de la Saintonge
et de l'Aunis. Avec introd. s. l'origine, la grammaire, la bibliographie du
patois poitevin. Poitiers u. Paris 1868. Dreix du Radier, Essai s. le
langage poitevin. Vendee u. Paris 1S67. Gaithier, Les chants populaires
en frcs et en patois de la Bretagne et du Poitou. Nantes 1839. Poey
d'Avaxt, De l'influence du langage poitevin s. le st^'le de Rabelais. Paris
1855 — Remilly Lothringen. E. Rolland, Vocabulaire du patois de
R., in Rom. II 437. Nachgetragen werde hier zu Lothringen: Adam,
Les patois lorrains grammaire, glossaire, textes . Nancy 1881. — Sa in-
"102 ^^^^ Französische.
tonge. GöKLICH, Die südwestl. Dialecte etc. vgl. oben S. 94. A. Bouche-
RIE, Patois de la Saintonge, curiosites etymologiques et grammaticales.
Angouleme u. Paris 1865. P. Jonaix, Dictionnaire du patois saintongeoi?.
Royau 1869. Recueil de fables et contes en patois Saint., avec la traduc-
tion en regard par H. Burgaud des Marets. S'^me ed. Paris 1859. —
Savoj-en s. unten S. 103. — Schweiz s. unten S. 103. — Somme. H.
Caknoy, Contes, petites legendes, croyances populaires, coutumes, formu-
lettes, jeux d'enfants, recueillis a Warloy-Baillon Somme), in Rom. VIII
222. — Touraine. A. Brächet, Vocabulaire tourangeau, in Rom. I 88.
— Vendee. L. Aide, Du langage populaire en Vendee. Napoleon-Vendee
1858. Reveillere-Lepealx , Notice du patois vendeen. Niort u. Paris
1869. Vgl. auch La Roehelle. — Vogesenlandschaft. H. Lahvr,
Le Patois de la Baroche (Val d'Orbey), in Rom. Stud. II 61. N. Haillant,
Essai s. un patois vosgien. I'^^e partie: phonetique. Epinal 1883, und:
Concours de l'idiome ou patois vosgien ä la determination de l'origine des
noms de lieu des Vosges. Epinal 1883. L. JouvE, Coup d'oeil s. les patois
vosgiens. Epinal und Remiremont 1864 Abdruck mehrerer im Juli bis
December 1863 im »Echo des Vosges« erschienener Artikel), und: Noels
patois ancien et nouveaux chantes dans la Meurthe et dans les Vosges.
Epinal '?) 1864. — Wallonisch. F. Hexaux, Etudes historiques et litte-
raires s. le Wallon. Liege 1843. W. Altenburg, Versuch einer Darstel-
lung der wallonischen Mundart nach ihren wichtigsten Lautverhältnissen.
3 Thie. Eupen 1879 ff. Progr. d. h. B. Cli. Grandgagxage, Dict. etymo-
logique de la langue waUone. Brüssel seit 1845. L. Remade, Dict. wal-
lon-frcs. (avec les idiotismes et wallonismes) . 2^ ed. Liege 1853. 2 Bde.
Hubert, Dict. wallon-frcs, precede d'observations s. la prononciation des
lettres en wallon et de notions gr. Liege 1857. L. Vermesse, Dict. du
patois de la Flandre frcse ou waUone. Douai 1867. J. Ligard, Glossaire
etymologique Montois ou dict. du "NVallon, du Mons et de la plus grande
partie du Hainaut. Brüssel 1866. J. D. Meyer, Sur l'origine de la diffe-
rence relative a l'usage de la langue flamande ou wallone dans les Pays-
Bas. 1825. Lebrocq, Du flamand dans ses rapports avec les autres idi-
omes d'origine teutonique. Brüssel 1845. Chavai, Fran9ais et AVaUon.
Paris 1857. Dufortrie, Memoire s. les analogies des langues flam., alle-
mande et anglaise. Brüssel 1858. Ch. Grandgagnage, Wallonades. Lüt-
tich 1845; Vocabulaire des noms wallons d'animaux, de plantes et de
mincraux. Lüttich 1857; De l'origine des Wallons. Lüttich 1852; Voca-
bulaire des noms des lieux de la Belgique Orientale. Lüttich 1859. J. De-
JARDIX, Dict. des spots ou proverbes wallons. Lüttich 1863. Thedtre wal-
lon. Lüttich 1858.
Ueber die südfranzösischen Dialecte vgl. unten in Buch II
den § »Die neupro venzalischen Dialecte«.
Im Folgenden seien noch einige auf das belgische und auf das
schweizerische Französisch bezügliche Schriften genannt.
Belgien (vgl. auch oben Wallonisch). La langue beige comparee
a. la langue frcse. Paris l!?66 ohne Angabe des Verfassernamens erschie-
nen . A. v. Hasselt, Histoire de la poesie frcse en Belgique depuis son
Geschichte der französischen Philolofjic. 103
orig^ine jusqu'ä la fin du regne d'Albert et d'Isabelle. Hrüssel 1S37. E. La-
TAYE, La litterature en Bclgique, in Revue des deux Mondes. Juli lS5lt.
Schweiz vgl. oben S. 34; die meisten der in der «Suisse romande"
gesprochenen Mundarten gehören übrigens — abgesehen von den räto-
romanischen — der langue d'oil an; aus praktischem Grunde sollen auch
sie schon hier berücksichtigt werden^. Staldeu, Schweizer Idiotikon mit
et^inologischen Bemerkungen und einer Skizze der schweizer Dialektologie.
Aarau 1S12. 2 Bde, und: Die Landessprachen der Schweiz mit kritisch-
historischen Bemerkungen beleuchtet. Aarau 1S19 St. gibt das Gleichniss
vom verlorenen Sohne in allen Mundarten . H.XFEI.IN, Abhandlungen über
die romanischen Mundarten der Südschweiz, in Ztschr. f. vergl. Sprach-
forschung. Bd. 21 Neue Folge 1', S. 209 ff., vgl. Rom. II 375. J. GlL-
LIEEOX, Petit atlas phonetique du pays romand. Paris 1881. C. Ayer,
Introduction ä l'etude des dialectes du pays romand. Separatabdruck aus
dem Lectionskatalog der Neuenburger Akademie 1878/79, cf. Ztschr. f. rom.
Phil, in 459 und Rom. YIII 458. D. Biudel, Glossaire du Patois de la
Suisse romande. Lausanne 186G 'ed. Favrat. Basel 1867. E. RiTTER,
Recherches s. le patois de Geneve in den Mem. der Societe d'hist. et d'arch.
de Geneve t. 19, cf. Rom. IV 154 und Jahrb. f. rom. u. engl. Spr. u. Lit.
XV 130. Gäudy Lefort, Dict. genevois. Genf 1827. M. Moxxier, Ge-
neve et ses poetes. Paris 1874. F. H.Äfelis, Recherches s. las patois
romans du canton de Fribourg. Leipzig 1879 vorher im Jahrb. f. rom. u.
engl. Spr. u. Lit. Bd. XV erschienen' . L. Grangier, Glossaire fribourgeois.
Fribourg 1864/68. C.\LLET, Glossaire vaudois. Lausanne 1862. J. CoRXU,
Le ranz des vaches de la Gruyere et la chanson de Jean de la BoUieta.
Avec glossaire, in Rom. Stud. I 358; Chants et contes populaires de la
Gruyere, in Rom. TV 194; Note s. les chansons de la Gruyere, in Rom.
V 376, und Proverbes patois de la Gruyere, recueillis p. J. Chexeaux, in
Rom. Yl 76. Corbaz, Recueil de morceaux choisis en patois de la Suisse
frcse. Lausanne 1842. En pays romand. Anthologie des poetes de la Suisse
romande, p. p. les societes des belles-lettres de Lausanne, Geneve, Xeu-
chatel. 1882. Chants du pays, album h-rique de la Suisse romande, p, p.
A. Imer. Lausanne 1883.
Savoyen. La conspiration de Compesieres, poeme en patois savoyard
'1695\ p. p. Plan. Genf 1870. Chansons en patois de J. Fr. Ducros de
Sixe p. p. Tavernier. Annecy 1863. J. BArQUiER, Une particularite du
patois de Queige Savoie), in Rom. V 493. PoxT, Vocabulaire du Fer-
ratru de la Tarentaise. Chambery 1864, und: Origines du patois de la
Tarentaise, ancienne Kentronie, precis historique, proverbes, chansons,
paralleles avec le patois de la Suisse romande. Paris 1872.
Ueber Nizza und Mentone vgl. Buch 11 §4. — Zur Ergänzung der
oben S. 95 gemachten Angaben seien hier noch die Titel folgender auf die
frz. Patois im Allgemeinen bezüglicher Werke nachgetragen: Cocquebert
DE MoNTBRET , Melanges s. les langues, dialectes et patois, precede d'un
essai s. la geographie de la langue frcse. Paris 1831 ist eine Sammlung
von Abhandlungen verschiedener Verfasser ; Inhaltsübersicht in der Biblio-
theque patoise [s. oben S. 97] unter Xr. 307 . Pierquix de Gembloux,
1 04 Das Französische.
Histoire litteraire philologique et bibliographique des patois. Paris 1841.
— Ein trauriges historisches Interesse besitzt die Schrift Gregoire's :
Rapport s. la necessite et les moyens d'aneantir les patois et d'universaliser
l'usage de la langue irqse. Paris, an II.
lieber den Dialect von Canada erschien neuerdings ein interessanter
Aufsatz Elliott's, »On a Philological Expedition to Canada« in Hopkin's
University Circulars (Baltimore, Uec. 1884).
Fünftes Kapitel.
Die Laute.
Vorbemerkung. In dem nächstfolgenden Kapitel sowie
in den späteren, soweit sie die Grammatik behandeln , ist im
Wesentlichen nur das Hochfranzösische, d. h. das Schrift-
französische berücksichtigt, es ist also auf die Dialekte, nament-
lich auf die modernen, höchstens gelegentlich hin und wieder
Bezug genommen worden. Dies Verfahren ist principiell
falsch, praktisch aber ist es zur Zeit das einzig mögliche,
vgl. die darüber in Theil II, S. 8 ff. gemachten Bemerkungen.
§ 1. Der Lautbestand des Neufranzösischen ^j.
Der Lautbestand des Neufranzösischen ist folgender:
A. Sonore
a) Vocale
a] reine Mundraumvocale :
t e ^ a o 0 ti
ß) getrübte Mundraumvocale
in langer, mittlerer und
kurzer Quantität.
y] Nasalvocale :
ä q ö ö, vgl. auch ö a unten.
[eti — faim — baro?i — un)
ö) Diphthonge :
«') steigende Diphthonge:
ie 10 ig
— pzed — Jiole — il y aura —
iö iü
— Heu — il y eut)
ua iiq ui
[fouet ouest oui)
ta
[diahle
iq
— hier
iq
sieiü
1) Die auf die französische Lautlehre bezügliche Litte-
ratur ist unten in § 9 verzeichnet. Werke über moderne Aus-
sprache sind in § 5 angegeben.
Die Laute. 105
ua
[roi, also der graphisch mit oi bezeichnete Diphthong, welcher
sich zusammensetzt aus einem zwischen kurzem w und kurzem
0 schwebenden Laute -|- a
üi (in suivre). oq (in poete).
Hierzu treten die steigenden Nasaldiphthonge:
{rieft — hahouin — moins) .
ß') Fallende Diphthonge fehlen dem Neufranzösischen,
doch liegt der Ansatz zu einem solchen vor in der Combi-
nation Vocal + sogenanntes mouillirtes /. da dieselbe that-
sächlich besteht aus Vocal, einem flüchtig nachklingenden
/ und einem /-Laut. z. B. hataille = hatä ^ j" vgl. Lütgenau
in Herrigs Archiv Bd. 72, S. 80 f.).
Charakteristisch für den neufranzösischen Vocalisinus ist: 1. das Vor-
handensein und sehr häufige Vorkommen der angegebenen getrübten und
nasalen Vocale; 2. das dadurch bedingte seltnere und z. B. im Verhält-
nisse zum Italienischen auffallend seltene Erscheinen der reinen Mund-
raumvocale; 3. das Fehlen der fallenden Diphthonge; 4. das verhältniss-
mässig nur seltene Vorkommen der steigenden Diphthonge , von denen
allein ua relativ häufig erscheint.
b) Liquidae:
a] linguo-alveolares /:
ß] uvulares (oder velares oder Zäpfchen-) r ;
y der labiale Nasal i7i ;
6) der dentale Nasal w;
«) der palatalisirte dentale Nasal n [gri .
B. Sonanten (Geräuschlaute):
a) Spiranten (Fricativae) :
a) labiodental: tönend v. tonlos/":
ß) linguo-alveolar : tönend s, z. tonlos p. ss. s:
y) linguopalatal : tönend j. tonlos ch ;
6) linguodorsalpalatal : tönend y. z. B. in employer , ton-
los — .
b) Explosivae:
a) labial: tönend h, tonlos p\
ß) linguoalveolar : tönend d. tonlos t ;
y) linguodorsalpalatal: tönend g, z. B. in guerre , tonlos
k. z. B. in kilometre;
IQß Das Französische.
d) linguovelar: tönend y, z. B. in goiU, tonlos k /•). z. B.
in cadeau.
(c) Consonantischer graphischer Diphthong:
[x = k -\- s).
C. Kehlkopfgeräusche (Ä-Laute):
a) das Kehlkopfreibegeräusch (= h) fehlt dem Franzö-
sischen ;
b) das Kehlkopfverschlussgeräusch (= spiritus lenis) : h
aspiree.
§ 2. Der Wortaccent im Neufranzösischen. 1. In
Folge der unten in § 5 näher darzulegenden Lautentwickelung
der aus dem Latein in das Französische übergegangenen Worte
liegt der französische Wortaccent entweder (bei nicht auf
sog. tonloses e auslautenden Worten) auf der letzten oder
(bei auf tonloses e auslautenden Worten) auf der vorletzten Sylbe.
2. Die französischen Worte sind demnach hinsichtlich
ihres Accentes nur entweder Oxytona oder Paroxytona. Hier-
bei ist aber zu bemerken, dass, da auslautendes tonloses e in
der Sprache des gewöhnlichen Lebens stumm geworden ist,
auch die Paroxytona thatsächlich zu Oxytonis werden und dass
folglich in Wirklichkeit die Oxytonirung zur Regel gewor-
den ist.
3. Die Betonung der Endsylbe bringt es mit sich, dass
der französische Wortton vorwiegend Ableitxmgs-, bezw. Fle-
xionssylben, nicht Stammsylben trifft.
4. Der französische Wortton ist wenio:er energisch, als
z. B. im Deutschen, und folglich hebt, namentlich innerhalb
des Satzes , die Hochtonsylbe eines Wortes sich verhältniss-
mässig nur wenig von den Tieftonsylben desselben ab. Der
Satzaccent überwiegt bei weitem den Wortaccent.
5. In der gegenwärtigen französischen Umgangssprache
macht sich die Tendenz geltend, bei Eigennamen und gele-
gentlich auch sonst den Accent auf die Pänultima , zuweilen
selbst auf die Antepänultima zurückzuziehen, so dass man Be-
tonungen hören kann, wie Dübois, Pascal; Voltaire; höhereau,
hoürgemestre ; pürier, ahändonner, pläisanter ; Tho7nme prüpose,
Dieu dispose. Es darf jedoch bis jetzt eben nur von einer
derartigen Tendenz gesprochen und es muss wohl beherzigt
werden, dass solche Accentverschiebungen nur erst gelegent-
Die Laute. 107
lieh, wenn aueh mitinitor reeht oft, vorkommen, nielit aber
schon irgenchvo zur Kegel geworden sind. Innnerhin jedoch
darf man vielleicht in der Thatsache, dass sie überhaupt vor-
kommen, den ersten Ansatz zu einer Aenderung der französi-
schen Lltimabetonung erblicken. Sollte in der ferneren .Sprach-
entAviekelung dieser Ansatz zu weiterer Ausdehnmig und Aus-
bildung gelangen, so würde damit der erste Anstoss zu einer
noch gar nicht absehbaren Umbildung der französischen Laut-
verhältnisse gegeben werden : vermuthlich würde durch die-
selbe die Lautgestaltung der französischen Worte derjenigen
ähnlich werden, welche die romanischen Worte im Englischen
bereits erlangt haben , es würden namentlich auch viele jetzt
noch erhaltene Flexionsendungen (z. B. des Infinitivs und des
Part. Prät. der schwachen Conjugationen) schwinden oder doch
zu tonlosem e geschwächt werden. Kurz es eröffnet sich, wenn
man den angedeuteten Gedanken weiter verfolgt, ein inter-
essanter Phantasiefemblick in die sprachliche Zukunft.
§ 3. Die Vocalquantität im Neufranzösischen.
1. Das Neufrauzösische besitzt Vocalquantität, kennt Unter-
schiede in der Zeitdauer der Vocale. Aber die Vocalquantität
ist im Neutranzösischen von untergeordneterer Bedeutung, als
in andern (namentlich als in den classischen und als in den
germanischen) Sprachen, denn die durchgehende Tendenz der
Ultimabetonung hat zur Folge, dass alle der Hochtonsylbe des
Wortes vorangehenden Silben hinsichtlich ihrer Quantität ein-
ander nivellirt, d. h, dass ihre Vocale sämmtlich mehr oder
weniger als Kürzen gesprochen werden: die der Wortschluss-
sylbe zueilende Rede scheut die Mühe der quantitativen Aus-
einanderhaltung der Vortonsylben. Es ist demnach begreiflich,
dass die Vocalquantität im Xeufranzösischen den Charakter
einer gewissen Unbestimmtheit und Unklarheit au sich trügt
und vielfach controvers entweder wirklich ist oder doch dafür
gehalten wird.
2. Wirklich lang können im Neufranzösischen nur hoch-
ton ige Sylben sein, und auch diese sind Längen nur: a) wenn
sie auslauten auf Vocal -\- sog. stummes e, z, B. aimee; ß] wenn
sie einen Nasalvocal enthalten, z. B. gründ mehr noch stei-
gert die Länge des ä sich , wenn Cons. -[- sog. stummes e
nachfolgt, z. B. gründe] ; y] wenn sie einen Vocal enthalten,
108 I^^ä Französische.
der durch Contraction entstanden ist, z. B. miir = me-ur =
ma\turum\ 6) wenn nach ihrem Yocale ein gedecktes 5 ge-
schwunden ist. z. B. foret: e) wenn ihrem Yocale lautendes
r nachfolgt, z. B. mer\ l) wenn ihrem Yocale Consonant +
sogenanntes stummes e nachfolgt, z. B. rare, encore (hier je-
doch zahlreiche Ausnahmen, z. B. dame, glace^ die Worte auf
-ade^ alle etc.).
3. Halblang ist eine Sylbe: a) wenn sie hochtonig ist
imd ihr Yocal auslautet, z. B. ete. bonte; ß) wenn sie hoch-
tonig ist und auf verstummte (n) Consonanten auslautet, z. B.
etat, tih, herös, p5t{s] : y) wenn sie tieftonig ist und ihr Yocal
durch Contraction entstanden ist, z. B. snrete = se[c\uritat-em \
ö) wenn sie tieftonig ist und nach ihrem Yocale ein gedeck-
tes s geschwunden ist, z. B. entete = * intestat-um . mätelot
von mä[s)i.
4. Alle sonstige Sylben sind entweder entschieden kurz
oder neigen sich doch zur Kürze. Nähere Bestimmungen hier-
über anzugeben, würde zu weit führen.
5) Sylben, welche bei Betonung lang sind, werden, wenn
sie den Wortton verlieren, kurz, bezw. halblang, z. B. afßlgc
(nach 3 c). aber affiiger, prete (vgl. 2 ö), aber pretei' (vgl. 3 d.
§ 4. Die phonetische Wortverbindung (Liaison).
1. Durch die Satzconstruction und folglich durch den Sinn
eng verbundene Worte werden im Französischen, wenn mög-
lich, auch phonetisch mit einander verbunden (Hirt), indem,
wenn das erste consonantisch aus- und das zweite vocalisch
anlautet, der consonantische Auslaut des ersten zum Anlaut
des zweiten wird. Es geschieht dies auch dann , wenn im
isolirt gesprochenen Worte (z. B. grand) der consonantische
Auslaut bereits verstummt ist.
2 . Lautet das erste der sinn verbundenen Worte auf Yocal
-f- Nasal aus (z. B. en)j so entsteht kein Nasalvocal, sondern
der Nasal tritt als Anlaut zu dem zweiten Worte (z. B. en hivet-,
en ete). jedoch erhält der dem Nasal vorangehende Yocal die
Lautqualität, welche der entsprechende Nasalvocal besitzt (es
wird also z, B. das e in en wie a, das n in im wie ö ge-
sprochen) . *)
1) Die Beschaffenheit des Lautes des auslautenden n vor anlautendem
Vocal [xtn ami u. dgl.^ ist von den französischen Orthoepikern viel erörtert
Die Laute. 109
3. Die phonetische Wortverbindung ist eine der hervor-
stechendsten Lauteigenthiimlichkeiten des Französischen ; durch
sie werden sinnverhundene Worte zu einer ähnlichen Laut-
einheit zusammengefasst. wie dies im Sanskrit durch das so-
genannte Sandhi gcscliieht, nur freilich, dass das letztere eine
noch weit energischere und, weil auch zwischen consonantisch
auslautendem und consonantisch anlautendem Worte stattfin-
dend, eine ungleich umfangreichere Lautbindung darstellt.
4. Es ist ersichtlich, dass die phonetische Wortverbin-
dung die Tendenz erzeugt, sowohl den AVortton als auch die
Sylbenquantität der dem letzten gebundenen Worte voraus-
gehenden Worte* abzuschwächen.
5. In der Praxis sind bezüglich der Anwendung und
Nichtanwendung der Bindung mancherlei Schwankungen zu
beobachten, welche die grammatische Theorie mit wenig Erfolg
unter bestimmte Regeln zusammenzufassen sich bemüht hat.
6. ISemerkenswertli ist, dass die Volkssprache auch eine
analogische Bindung kennt, d. h. Bindung mit s dem häufig-
sten Bindungsconsonanten) auch da eintreten lässt, wo ein s
dem Auslaute des betreff'enden Wortes gar nicht zukommt
{»foire des cuirsa).
§ 5. Die gegenwärtige Aussprache des Französi-
schen. 1. Die gegenwärtige Aussprache des Französischen
ist selbstverständlich in den einzelnen Dialektgebieten eine
sehr verschiedene und variirt überdies, wie ebenfalls selbst-
verständlich, je nach der Individualität der Sprechenden.
2. Wissenschaftlich betrachtet, besitzt jede Aussprache
ihre Berechtigung, insofern als sie das Ergebniss einer orga-
nischen oder analogischen Lautentwickelung ist. Für prak-
tisch-orthoepische Zwecke dagegen darf lediglich die Aussprache
der gebildeten Pariser als massgebend betrachtet werden.
3. Die pariser Aussprache ist vielfach conventionell und
wird in Einzelheiten sogar von vorübergehenden Moden be-
worden, und nach der Ansicht Einiger würde allerdings die Nasalvocali-
sation einzutreten haben. Es mag in der That auch richtig sein, dass die
Tendenz zu solcher Aussprache vorhanden ist, vorläufig aber dürfte diese
letztere weder als herrschend noch als mustergültig anzusehen sein, höch-
stens kann man zugeben, dass ein Ansatz zur Nasalvocalisation auch in
der Bindung bereits vorhanden ist: es beruht derselbe auf lautlicher Ana-
logiebildung die Aussprache ausserhalb der Bindung beeinflusst diejenige
innerhalb der Bindung .
110 Das Französische.
herrscht, ist demnach auch in Einzelheiten verhältnissmässig:
raschem Wechsel unterworfen, so dass immer die jüngere
Generation gewisse Laute in gewissen Worten anders pronon-
cirt, als die ältere. Man darf demnach den Vorschriften der
Orthoepiker keinen dogmatischen Werth beimessen , um so
weniger, als Orthoepiker und Grammatiker oft genug ihren
individuellen Aussprachela-unen Allgemeingültigkeit beizulegen
versuchen oder auch, weil befangen in einem pedantischen
Conservativismus oder in vorgefassten Meinungen, alle Aus-
spracheerscheinungen, welche ihrem Kanon sich nicht fügen
wollen, einfach als fehlerhaft brandmarken. Mit besonderer
Vorsicht aber sind die Angaben der nicht nationalfranzösi-
schen Orthoepiker aufzunehmen, da ein Ausländer nur selten
die Eigenart einer fremdsprachlichen Aussprache allseitig rich-
tig zu erfassen vermag, sondern vielmehr sich leicht durch
seine eigenen Lautgewöhnungen zu irrigen Auffassungen und
Lrtheilen bestimmen lässt. Vgl. übrigens Theil II, S. 115 f.
Litteraturangaben: Dli5K0C.\, Traite de la prononciation des con-
sonnes et des voyelles finales des mots fran9ais, dans leurs rapports avec
les consonnes et les voyelles initiales des mots suivants, suivi de la pru-
sodie de la langue frcse. Paris lS2i (das von Theorie strotzende Buch
hat eigentlich nur noch historisches Interesscj — SoPHlE Dupuis, Traite
de prononciation ou nouvelle prosodie frcse. Paris 1836 — Malvix-Cazal,
Prononciation de la langue frcse au XIX^ siecle. Paris 1847 — JuLES
^Iaigne, Traite de prononciation frcse et manuel de lecture ä haute voix.
Paris 1871 — *Lesaint, Traite complet et methodique de prononciation
frcse dans la seconde moitie du XIX"^ siecle. 2'' ed. Hamburg lö71 (sehr
empfehlenswerthes, wenn auch lediglich nach Massgabe praktischer Ge-
sichtspunkte verfasstes Buch. Lesaint war Sprachlehrer in Hamburg und
als solcher des Deutschen kundig, es war ihm daher möglich, französische
mit deutschen Lauten zu vergleichen] — C. Plötz, Systematische Darstel-
lung der französischen Aussprache etc. Berlin (dies, in immer neuen Auf-
lagen erscheinende, Büchlein giebt eine sehr zuverlässige Anleitung zur
Kenntniss der wirklichen französischen Aussprache und besitzt den grossen
Vorzug, dass sein Verf. sich von allen künstlichen Abstractionen und
Theorien fern gehalten hat. Sehr lesenswerth, weil viel ?sützliches und
Kichtiges enthaltend, sind auch die »Vorbemerkungen^, — A. Benecke,
Darstellung der Lehre von der französ. Ausspr. Berlin, seit 1875 ^enthält
viele feine Beobachtungen;.
"\\'erthvoll , wenn auch zuweilen schrullenhaft und für die Gegenwart
durchaus unzutretiend, sind lilTTKE's Bemerkungen über die Aussprache
in seinem Dictionnaire vgl. MlKET, Orthoepische Betrachtungen in Bezug
auf L.'s "Wörterbuch, in: Herrig's Archiv Bd. 4ü S. 4u5fl'., Bd. 41 S. 377 ff.
Die Laute. 111
und IJd. 42 S. 1 ff.\ — Im Alljjemeiucn sehr zuverlässig sind die Aus-
spraclienaiif^aben im SACUS-ViLLATTK'scheii Wörterbuche.
Ausserdem seien nocli foljjende AVerke «jjenannt: A. Feline, Diction-
nuire de la prononciation. Paris 1851 — E. M.\UTIN, La lanf^ue frcse cn-
seignee aux etrangers. Paris 18ö'J — Fit. Michel, Cours methudiijue de
lecture et de prononciation. Paris 18(55 — MouiN, Traite de prononciation.
ö^ ed, Paris 1873 — A. Steffenhagen, Französ. Orthoepie. Parchier und
Ludwigslust 18-11 — "NValüüw, Handbuch der französ. Aussprache.
Ueber die Aussprache des sogenannten stummen e hat in einem be-
sonderen Buche gehandelt: L. Mende, Etüde s. la prononciation de l'e
muet ä Paris. London 18SÜ ivgl. darüber die Kecension von KuÄUTER in
Ztschr. f. nfr. Spr. u. Lit. III 583 ff.).
§ 6. Bemerkungen über das Verhältniss des neu-
französischen Lautsystemes zu dem Lateinischen.
Das neufranzösische Lautsystem hat sich von demjenigen des
Lateins ziemlich weit entfernt, weiter als die meisten übrigen
romanischen Sprachen — namentlich Provenzalisch, Italienisch
und Spanisch — dies gethan haben. Der Abstand, welcher
in dieser Beziehung zwischen Neufranzösisch und Lateinisch
besteht, beruht namentlich einerseits auf dem Einflüsse, wel-
chen der Wortton auf die Lautentwickelung ausgeübt hat,
andererseits auf den erheblichen Modificationen , welche die
Explosivlaute erfahren haben.
Im Folgenden seien die wichtigsten der zwischen Neu-
französisch und Lateinisch bestehenden lautlichen Differenzen
aufgeführt, mit gelegentlicher Beifügung kurzer Bemerkungen
über die stattorefundene lautliche Entwickelunff.
I. Der Einfluss des Wortaccentes auf die Lautent-
wickelung.
1. Der lateinische "Wortaccent behauptet sich auf der ihm in dem be-
treffenden Worte, bezw. in der betreffenden Wortform zukommenden Sylbe.
Ausgenommen sind lediglich:
a; Worte, in denen bereits im Vulgärlatein nachweislich oder vermuth-
lich eine Accentverschiebung stattgefunden hat, z. B. treße = trtfolJ]um
für trifoUum (NB. Ueber die Entwickeluug der Numeralia fingt, trente,
quarante vgl. F. D'OviDlo , / rißessi romanzi di vlg"t>tti etc. in Zeitschr. f.
rom. Phil. VIII 82 ff. und dagegen Seelmann, Ausspr. d. Lat. S. 592 ff.),
b, Worte gelehrter Herkunft , z. B. portique neben porche = pörticus.
c, Das proklitiäch als Artikel gebrauchte [il lum, -am, -os, -as = le,
la, les, wo also die Hochtonsylbe apokopirt ist.
2. Der Wortaccent bewirkt:
112 Das Französische.
a) Die lautliehe Veränderung der hochbetonten Vocale, namentlich
der in offener Sylbe stehenden; nämlich: «) vulgärlateinisches e (d. i.
geschlossenes e] und i werden zu ei diphthongirt, welches sich weiterhin
zu Ol {ai] entwickelt hat, z. B. habere : aveir, avoir, fid[em] .fei, foi; ß vul-
gärlateinisches ri geschlossenes o) und u werden zu oti diphthongirt, wel-
ches sich weiterhin, wenn aus o entstanden, zu eu entwickelt hat, z. B.
dolbr[em] : doulour, douleur (aber awiowr), cubo : couve\ y) vulgärlateinisches
jt ^offenes e) wird zu ie diphthongirt, z. B. ped[em] : pied; (f, vulgärlatei-
nisches o (offenes o) wird zu uo, tce diphthongirt, welches sich weiterhin zu
eu entwickelt, z. B. hov[em] : hceuf, novum : neuf\ e) vulgärlateinisches ü
wird zu ü getrübt, z. B. 7nur[u7n] : mur; die gleiche Trübung erleidet übri-
gens regelmässig auch tonloses ü; C) vulgärlateinisches ä und d werden
'in offener Sylbe) zu e, später meist zu c erhöht, z. B. amare : aimer, ama-
r[um] '. amer (statthaft ist auch die Annahme, dass ti ä zunächst zu ai diph-
thongirt wurden — analog der Diphthongirung von e, i : ei, b u : ou — und
dass sich aus ai zunächst (i, dann f entwickelte. Die von TEN Brixk,
Dauer und Klang, S. 16 ff., dagegen geäusserten Bedenken sind zwar ge-
wichtig, aber schwerlich entscheidend, namentlich dürfte die Berufung auf
sai ses set nicht zutreffend sein.
b) Die lautliche Veränderung der tieft onigen Vocale, indem die-
selben vielfach «) analog den hochtonigen behandelt werden, oder ß) zu e
geschwächt werden, oder y) völlig ausgestossen, bezw. abgestossen werden,
vgl. unten c).
c) Die lautliche Kürzung des Wortganzen, indem in Folge des Ueber-
gewichtes, welches die Tonsylbe über die sonstigen besitzt, die tieftonigen
Sylben in der Aussprache vernachlässigt und, wenn dies lautlich statthaft,
ganz unterdrückt werden. Im Einzelnen ist zu bemerken:
et) Die der Hochtonsylbe unmittelbar vorangehende Sylbe wird gern
syncopirt, z. B. coll[o]cäre : coucher.
ß Die Vocale sonstiger vortoniger Sylben werden gern zu dumpfem e
geschwächt, z. B. smaragdus : emeraud, prjmarius : premier , subcutare f.
subcutere : secouer.
Y Folgt der Hochtonsylbe nur eine tieftonige nach, so kommt die-
selbe in der Regel in Wegfall, wenn ihr Vocal ein anderer als a ist, z. B.
mont[em] : mont, servi : altfranzösisehes serf, servo[in] : serf, fructujn :
fruit; nur a bleibt, aber freilich als zu e geschwächt, erhalten, z. B. ro-
sa m] : rose, amas : ainies, vgl. altfranzösisch guardat : aiviet, dagegen
guardet : guarde]t = gart. (Schwund des nachtonigen a in aqua : eave : eau).
Die Erhaltung auch anderer Vocale als a in der Schwächungsgestalt e ist
nur möglich, wenn dem betreffenden Vocale eine zum Auslaut nicht ge-
eignete und deshalb vocalischer Stütze bedürftige Consonantencombination
vorausgeht, z. B. memhru[m] : mcmhre, ainab'tlejn] : aimable, *riccum :
riche. Einen besonderen Ausnahmefall bildet die Erhaltung des auslauten-
den i in aimai = ama[c]i, dormi s] =^ dnrmic i, eleu =^ cla[v]u[m] u. dgl.;
ursprünglich können diese Vocale nur vor folgendem vocalischen Anlaut
sieli erhalten haben vor Consonanz musste z. B. amatn werden zu *amef,
Die Laute. 113
vgl. chreni : clef^. vgl. hierüber F. Nevm.\nn in Ztschr. f. rom. Phil.
VIII ;((•.;< h;
cf Folgen der Hochtonsylbe zwei tieftonige nach, so wird der Vocal
der ersten in der Kegel syncopirt oder in einen Consonanten verhärtet,
während der Vocal der zweiten, weil die ihm nun vorausgehende Conso-
nantencombination seinen Abfall nicht gestattet, in der Schwächungsgestalt
<■ erhalten bleibt, z. B. siab' u]lum : etahh, vinc[e]re : vaincre, tit[u]lum : titre,
silvat[{' ciiin : saucage, porticiim : porcJie, Uiienni : linge, vgl. unten II C 2d).
3. Es ergiebt sich hieraus, dass im Französischen hinsichtlich der Be-
tonung nur zwei Wortausgänge möglich sind, nämlicli:
1. auf die Hochtonsylbe (männlicher Ausgang:, z. B. aitner, amoür ;
1. auf die Hochtonsylbe + eine tieftonige Sylbe, deren Vocal nur
e sein kann i weiblicher Ausgang), z. B. ahne, aimes.
Es besitzt also das Französische nur Oxji;one und Paroxytone. Da
jedoch das tieftonige e in der Auslautsylbe in der Sprache des gewöhn-
lichen Lebens verstummt ist, so sind thatsächlich die französischen Worte
sämmtlich Oxytona, vgl. jedoch oben §2.
Die oxytone Wortbetonung ist ein hervorragender Charakterzug des
Neufranzösischen .
4. Die durch das Uebergewicht der Hochtonsylbe veranlasste vielfache
Synkope, bezw. Apokope der tieftonigen Sylben hat bewirkt, dass die fran-
zösischen W'orte, soweit sie Erbworte sind, an Sylbenzahl, also an Umfang
ihren lateinischen Grundwerten nachstehen , oft um mehrere Sylben , vgl.
z. B. coucher mit coUocare, Jeune xmt juc.ejiem, vrai mit veracum (?* u. dgl.
Befördert wird die lautliche Kürzung der in das Französische überge-
gangenen lateinischen Worte noch dadurch, dass
a) Vocalcombinationen , welche durch Ausfall intervocalischer Explo-
siva entstanden (vgl. unten S. 116), durch Contraction einsylbig werden,
falls der zweite Vocal hochtonig war, z. B. *ca[dlere : che-oir : choir, maj,'ü-
rum : meür : mür, cat cna : cha'ine : chaine;
h tonloses i, bezw. e in Hiatusstellung nach der Hochtonsylbe <;eine
Sylbengeltung verliert, indem es entweder sich zu g verhärtet (z. B. idtieuni
: lange) oder mit dem vorangehenden Konsonanten zu einem Laute ver-
schmilzt z. B. älveus : alge . atige, vinea : eigne d. i. eine, vdliam : vaille) oder
endlich durch Epenthese (Vocalattraction) in die Vorsylbe eintritt (z. B, glöria
: gloire\ ein verwandter Vorgang ist es, wenn i selbst schwindet, aber Er-
höhung des vorangehenden Hochtonvocales, also eine Art Umlaut, bewirk ,
z. B. primaria : jirimaire und premiere).
II. Die Entwickelung der einzelnen Laute^).
A. Der Vocalismus.
Hochtonige Mundraumvocale : «) in offener Sylbe: a:e {ca-
rus : eher), e und t : ei, woraus oi, ai (habeham : aveie : avoie : ai'ais), ö und
1 ) Es bedarf wohl nicht erst der Bemerkung, dass im Folgenden keine
Lautlehre gegeben, sondern nur auf Hauptgesetze der Lautentwickelung
kurz hingewiesen werden soll.
Körting, Encyklopädie d. rom. Phil. III. 8
114 Das Französische.
ü: ou, eu = ö [coloretn : colour . couleur, cübo : couve], e [= e] : ie {pedem :
pted, ferum : ßer] , o [= ö,: uo, ue, eu = ö [novutn : ueufj , ü : ü [mürum :
mttr, , 'i bleibt erhalten 7-ts : 7-is,; ß) in geschlossener Sylbe d. h. in
lateinischer oder romanischer Position) : a bleibt a [carrwn : char, anjnia
: dme], e wird offenes e {terra : terre, fetiestra : fenetre, * essere : etre), i wird
zu (gegenwärtig offenem, e [littera : lettre, episcopum : eve'que], o bleibt o
ynordere : mordre, möllern : mol], u wird theils o (so vor Nasalen, z. B. mun-
dum : monde], theils ou [surdum : sourd . Nicht selten jedoch ist der Vocal
in geschlossener Sylbe gemäss seiner Qualität, bezw. Quantität behandelt,
z. B. 7toctem : nueit : nuit, integram : eutieire : eiitiere. Erhaltend auf den
Vocal wirkt namentlich nachfolgender Nasal.
2. Tieftonige Mundraumvocale. lieber die Entwickelung der
lateinischen tieftonigen Mundraumvocale im Französischen vgl. oben I 2
b und c .
3. Nasalvocale. Die lateinische Combination: •
(hochtoniger oder tieftoniger; Mundraumvocal + gedeckter oder auslau-
tender Nasal [m, n)
ergiebt, wo sie sich überhaupt erhalten hat, einen Nasalvocal , also a -\- n
und a + wi = ä, o -\- m und o -\- n =^ ö\ bei e, t, u erfolgt zugleich eine
Veränderung des Vocalklanges , denn c + m und e -\- n = ä, i -\- m und
i -\- n == e, u -\- m und u -{- n = ü (diese Veränderung des Vocalklanges
tritt auch dann ein , wenn dem auf m oder n auslautenden Worte ein vo-
calisch anlautendes nachfolgt, obwol dann m und n ihren liquiden Laut
beibehalten, z. B. un arbre) ; hierzu ai = p -\- m oder n : f [romain] , oi +
in oder 7i ^ of 'Jomdre, s. unten), ie + "» oder n = tf.
Die vollständige Ausbildung der Nasalvocale fällt erst in verhältniss-
mässig späte Zeit 16. und 17. Jahrhundert); Ansätze dazu aber sind be-
reits im Altfranzösischen zu beobachten (Bindung von -ait und -en in As-
sonanzen und Reimen u. dgl.).
Der Besitz der Nasalvocale ist eine der charakteristischsten Lauteigen-
heiten des Neufranzösischen, zu welcher auf romanischem Gebiete nur das
Portugiesische in weiterem Umfange Parallelen aufweist.
Die lateinische Combination )ic, ng ergiebt in der Regel palatalisirtes
n («) , woraus in , also 7t mit vorklingendem i sich entwickelt : jungunt :
joignent; auslautend und in gedeckter Stellung wird die Palatalisirung des
n aufgegeben und 71 bildet mit dem vorangehenden Vocal, bezw. Diphthong
Nasalvocal, bezw. Nasaldiphthong: sanct[u7n] : saht, saint, spi; jung[e]re,
Jungo : jotidre joihdre joindre jo}77dre, Jon join joiii's) jo}.
4. Diphthonge, a; Die )Monophthongirung ursprünglicher lateini-
scher Diphthonge war im Wesentlichen schon in vorromanischer Zeit voll-
zogen. Für das Französische kommen nur folgende Fälle in Betracht:
au : Q {aui^m : nr) , ae, oe : fi, seltner zu e [caeluin : col : ciel vgl. pudern :
pied, praeda : preda ; proie) ; die Vocalcombination eu in deus ist = ',' -j- "
und ergiebt folglich ieu [dteu\.
b; Die durch Vocalisation auslautender, bezw. gedeckter Consonanten
entstandenen Diphthonge namentlich du = al, du = ol, el = eau, ab, av :
Die Laute. 115
au, di = ac, ag, aj sind im Neufranzosischen monophthongirt, ebenso die
durch Ausfall intervocalischer Explosiven entstandenen ^'ocalcombinationen
z. B. filiere : veoir : voir , nur vereinielt ist zwischen die beiden Vocale
zur Tilgung des Hiatus ein Consonant eingetreten potere : pooir : povoir
: pouvoir].
c Durch Yocalisation eines Consonanten nach diphthongirtem Vocale
entstandene Triphthonge werden zu Diphthongen vereinfacht [^tioctem :
fiueit : nttit, wobei der Accentwechsel zu beachten).
B. Die Liquidae.
1. a, Auslautendes und gedecktes / nach a, o e wird regelmässig vo-
calisirt zu u [al : au, ol . ou\ in der Combination el l] wurde dem / zuvor
ein a vorgeschlagen, also eal : eau, altus : haut, Collum : cou; Gallia : Gaule;
spat u Ja : spalla : epaule; bellum : beau; casteUum : chdteau , doch erhielt
sich / nach a, wenn letzteres zu e erhöht wurde sal : sei, tnortaletn : mor-
tel . Das /, welches zu zt sich vocalisirte , muss einen dem des slavischen
f ähnlichen Klang besessen haben, kann also nicht, wie das anlautende
und intervocalische /, linguoalveolar gesprochen worden sein. — ßj Die
Combinationen / -f- tonloses t [e in Hiatusstellung und : (Vocal +) cl, gl. jl
ergeben mouillirtes l [consilium : conseil, palea : paille, gubernacu^lum :
gouvernail, vig i.lare : veiller, baj u]lare : bailler]. In der gegenwärtigen Aus-
sprache hat sich jedoch der Laut des mouillirten / zu einem flüchtigen
ji"-Laut verflüchtigt, vgl. oben S. 105.
2. Das im Lateinischen und jedenfalls auch noch im Altfranzösischen
lingual gesprochene r ist im Neufranzösischen uvular geAvorden.
3. }i und m haben nur anlautend und intervocalisch ihren Klang be-
wahrt ; auslautend und in gedeckter Stellung sind sie mit dem vorangehen-
den Consonanten zu Nasalvocalen verschmolzen vgl. oben A 3. Die Com-
bination 7ic und ng hat in intervocalischer Stellung ti ergeben, auslautend
und in gedeckter Stellung Nasalvocal vgl. oben A 3;. Die Combination :
Hochtonvocal + « [m] -\- i (e; in Hiatusstellung ergiebt a) n, z. B. Hispania :
Espagtie, b) ng, wo g linguopalatal lautet, z. B. laneus : lange, c, durch
Assimilation nn, z. B. veniam : vienne Jaltfranzösisch auch viegne, vienge).
In der Combination Vocal -\- gn -j- Vocal wird gn ebenfalls zu « , z. B.
dignum : digne, magnum : magne.
4. Sporadisch tritt Umsprung der Liquiden ein, z. B. tifujum :
titre, diac onum : diacre , Arveniia : Alvergne : Auvergne, fragrare : ßairer.
5. Metathesis einer Liquida, namentlich eines r, innerhalb eines Wor-
tes ist nicht ganz selten zu beobachten , z. B. fonnaticum : fromage , tem-
perare : temprer, ßmbria : frimhia : f ränge , turbulare : troubler , * tortiare :
trousser, vgl. auch altfranzösisch fremer, vregier, bergier = fermer, vergier,
berger. Hier sei auch ca th'edra : chaire ; chaise erwähnt, also ein Fall
des Wandels von r : s.
116 Das Französische.
C. Die Consonanten (Explosivae und Spiranten).
1. Anlaut. Anlauten kann ausser Vocal und Liquida a) einfacher
Consonant, und zwar ebensowohl Explosiva wie Spirans; bj Explosiva
+ l und + r \bl, gr u. dgl.); c) die Spirans f + l und / + r; d) selten
Spirans v + r, z. B. vrtlle; e) in gelehrten Worten c -\- s = x; f) in ge-
lehrten Worten s impurum {st, sp, sc] ; in volksthümlichen Worten dagegen
wird dem s impurum ein e vorgeschlagen, nach welchem Schwund des s
eintritt und durch Setzung des Acutes auf das e angezeigt wird, z. ß.
strictum : etroit, * studiare : etiidier ; abnorm ist die Erhaltung des s in
esprit, wie überhaupt dies Wort unregelmässig gebildet ist. g, In der Um-
gangssprache lautet häufig auch Explosiva + Explosiva an , indem das
zwischen ihnen stehende tonlose e verstummt, z. B. j) etit u. dgl.
2. Inlaut, a; Intervocalische Explosiva neigt zur Verschiebung, bezw.
zum Ausfall, es wird nämlich :
tonlose Explosiva zur tönenden Explosiva, z. B. }> ■ b apicula : abeille),
tönende Explosiva zur tönenden Spirans, z. B. i : y sapere : savoir],
tönende Spirans fällt aus ;also z. B. j) : b : v : — , wie Lupa [ein Fluss-
namej : * Loube : * Louve : Lotte .
Bei c, g, t, d ist völliger Ausfall Regel, namentlich in vortoniger
Sylbe, z. B. plicare : plier, latuca : laitue, locare : louer, ?tegare : nier, ligc-
men : lien, augustum : aoiit (als y-Laut ist c, g erhalten z. B. in payer aus
pacare, noyer aus necare, payen aus paganu7n] — atnata : aimee, cicuta :
eigne, nativum : naif , * crudalenx : cruel, pedonem : pion, audire : ou'ir, laii-
dare : louer. Vgl. aber über c auch unten 4 a J").
Bei p, b ist Verschiebung zu v die Regel, z. B. capiUum : cheveu, ca-
pitaneum : altfranzösisch chevetaigne (daneben das gelehrte capitaiue], htpam
: louve, cubo : couve, habere : avoir (vgl. dagegen * habutam mit eue], * sapere
: savoir (vgl. dagegen *saputam mit sue]. Verschiebung des p, b : v tritt
auch vor r und l ein, z. B. aurifabrum : orfhre, cupreum : cuivre, paup[e~
rem : pauvre; in gleicher Verbindung sinkt auch c oft zu g herab, z. B.
mac[e]rum : maigre, acerem : aigre , aquila = ak'i la : aigle. In der Com-
bination gr, jr wird g, j vocalisirt, z. B. fragrare .ßairer, frag[i lern :
fraile = freie, auch leg[e]re : lire, integrum : entier, tiigrum : neir, noir ge-
hören hierher. TJass gl mouillirtes / ergiebt, wurde bereits oben B 1 i)
bemerkt.
Worte, in denen intervocalische Explosiva sich erhalten hat, bezw.
nicht verschoben worden ist, verrathen sich eben dadurch als halb- oder
als rein gelehrte Worte, wie z. B. poete, matiere, nature, süperbe, epitre.
b Intervocalisches s und ebenso c in Perfect- und Plusquamperfect-
formen fällt scheinbar zuweilen aus, z. B. ?nisis[ti] : meis : mis, fecissent :
fesissent : feissent : Jisseut , in Wirklichkeit dürfte Anbildung an Formen
wie ve'is = vi[d]isti vorliegen; sonst ist s erhalten, z.B. phasiatmm . faisati.
c) Schwere Consonantencombinationen , wie sie namentlich aus dem
Schwunde tonloser interconsonantischcr Vocale sich ergeben , werden er-
leichtert: «; durch Ausfall des ersten Consonanten, z. B. animadme,
captivum : chetif daneben als mot savant captif , adcaptare : acheter, ad-
Die Laute. 117
vocatum : avou^, civ Ctatem : citt-, claud'e]re : clon-e : clore, auch die Ver-
einfachung von dt : t darf, obwohl streng genommen ein etwas anders-
artiger Vorgang, hierher gezogen werden, z. B. per(l\i ta : perte, t'eudi]ta :
reute. Eigenthümlich ist die Abneigung des Französischen gegen inlauten-
des st, sp, sc, sm, sti, sl, sr und überhaupt gegen s -\- Consonant, welche
C'ombination von anderen romanischen Sprachen beibehalten wird. Im
Französischen schwindet gedecktes s regelmässig, und sein Ausfall hat die,
oft durch den Circumflex angedeutete, Dehnung des vorausgehenden Con-
sonanten zur Folge, z. B. mäff[{]strum : maistre : tnaitre, crista : creste :
cre'te, laxwn : lascum : lasche : lache, baptisma : batesme : bapteme, t[7i]s[u]la :
isle : ile, pascere : *pasjere : *paisre : paistre : j)attre, (aber texere : tisre :
tistre], AVorte mit erhaltenem gedecktem s, wie triste, chaste, gaste, Juste
etc., charakterisiren sieh dadurch als halbgelehrte Worte. Die Combina-
tion ust wird theils zu nt, theils zu st vereinfacht, z. B. monstrare : mon-
trer, constare : couster : coilter\ ß] durch progressive Assimilation, z. B.
hed e]ra : \l]i&rre, quadratum : carr^, latronem : larron, it[e]rare : errer, de-
bita : dette, columna : colonne, Garumna : Garoune; y) durch regressive
Assimilation, z. B. hom[i]ne)n : komme, fe?n[i]nani : femme, auctumnum :
autonine, altfranzösisch auch z. B. volrai -.vorrai, parier : paller; d, durch
Vocalisirung des ersten Consonanten, namentlich gedecktes l : u, z. B.
talpa : taupe, c, g, j : t, z. B. tractare : traiter, mag'i\s : mais, 7naj[o]r :
maire; vgl. oben a) ; zuweilen entspricht lateinisch gedecktem g im Neu-
französischen M, z. B. smaragdum : emeraud, sagma : som[m]e und säume
,vgl. deutsch »Saumpfad, Saumthier«), möglicherweise (?) ist hier die
Entwickelung g : l . u anzunehmen, also sagma:. salma : säume : som[m]e;
seltener p, b . v : u, z. B. stip[u]la : eteule (daneben freilich unorganisch
eteuble,, tab'uja : tavle : taule : töle (daneben das halbgelehrte table]; e] durch
Ausfall eines zwischen zwei andern stehenden Consonanten, z. B. 7nisc[u]-
lare : mesler : vieler, comp[u]tare : compter, 2)ort_i\cum : porche, galb[i]num :
Jaufie; C; durch Einschub eines euphonischen Consonanten, namentlich
eines d zwischen n -\- r, z. B. cin[e]rem : cendre, zwischen ng = h -\- r,
z. B. jung[e]re : joindre, zwischen l -\- r , z. B. mol[e]re : molre : moldre :
moiidre; eines t zwischen n[c] + r, z. B. vin[ce]re : vaintre (erst neufran-
zösisch vaincre) , zwischen s -\- r, z. B. tex[e]re : tistre, cognosc[e]re : * cog-
iiosjere : * connoisre : connoistre : co7maitre; eines b zwischen?« -|- r, z.B.
cam[e]ra : chambre, cucum[e]rem : cocombre (dagegen in niarbre aus mar-
in 6\rem ist b aus m entstanden' , zwischen m -\- l, z. B. tremu]lare : trein-
bler, sim[u]lare : sembler.
dj Die C'ombination Consonant -{-j (entstanden aus i, e in Hiatusstel-
lung) wird vereinfacht: a l -{- j = mouillirtes /, vgl. oben B 1, S. 115;
ß n -\-j = h oder ng'ß:, vgl. oben a. a. 0.; nd -{-j = n, z. B. verecundia :
vergogne, Compendium : Comj}iegne\ y] m -\-r = iige, z. B. vindemxa : ven-
dange, frimbia (für ßmbria : frange, simia (bezw. simius : singe : d] k [c] -\-
j = c, SS, s, z. B. audacia = aiidakja = audatja : audace, faciem = fakje =
fatje .face, brach' iwn : bras , imbrac[h]iare : embrasser; f) g +j = franzö-
sisch y, z. B. * stagium : etage, *homagium : hommage; C) t -\-j = c, ss, s,
z. B. justitia = Justitja : justesse und (halbgelehrt) justice, vitium : vice.
118 Uas Französische.
spatium : espace, rationem : raison, redemptioneni : rancon (AVorte mit erhal-
tenem ti 4- Vocal, wie nation, sind halbgelehrt) ; [nicht hierher gehört bete,
weil nicht = bestia, sondern = * besta]; t]] d+J = g, z. B. ordeum : orge
(so auch im Anlaut, z. B. diurnum : jour) ; ein abnormer Fall ist gaudium
: joie, und ebenfalls abnorm ist etude ; *) s + i = s , z. B. ecclesia : eglise,
cer[e\visia : cervoise (ein singulärer Fall ist cerdsea : cerfsia : cerieise : cerise,
vgl. Thomson in Rom. V 67 und W. Förster in Zeitschr. f. rom. Phil.
III 512); i) p -\-J, b -\-j, V +J= ch, g, z. B. sapiam : sacke, 7-abiem : rage,
cavea : cage.
Nach r ist t (in Hiatusstellung stehend) in die vorangehende Hoch-
tonsylbe eingetreten (Epenthese, Vocalattraction), wenn deren Vocal o war,
z. B. corimn : cuir, glöria : gloire (auch nach anderen Consonanten, selbst
nach Doppelconsonanz hat Epenthese des i, e i\\ die Hochtonsylbe statt-
gefunden, wenn deren Vocal o war, z. B. oleum : huile, ostium : huis,
postea : puis, ähnlich auch puteus : puits; das Suffix -drium ergiebt durch
Vocalerhöhung etc. ier neben aire (früher ärie) , vgl. das Nähere bei W.
FÖRSTER in Zeitschr. f. rom. Phil. III 50S ff. Das Suffix -erium ergiebt
theils ifr [ministei'ium : mestip" : metier , ihm analog wird monasterium be-
handelt), theils i [imperium : empire).
d) Die Combination tc, de wird zu ch, g vereinfacht, z. B. pert[i]ca :
perche, silvat[i]cwn : sauvage, mand[u]care : manger, j)end[tcare : pencher
[de -{- i ergiebt c, z. B. med[{\cina : altfranzösisch mecine, rad[i]cina : ra-
cine, tind[e]ctm : onze).
e) Inlautende geminirte Consonanz wird ausserhalb des style soutenu
einfach gesprochen (z. B.ßamme), die Gemination ist also nur graphisch.
Zuweilen ist die Gemination auch nur scheinbar, indem der erste der bei-
den Laute von dem zweiten qualitativ verschieden ist, so z. B. in emme-
ner, ennoblir. — Im Inlaut Neigung zur Vereinfachung der Gemination.
3. Auslaut. Vorbemerkung. In Bezug auf den Auslaut sind drei
Hauptfälle zu unterscheiden: a) Auslaut auf hochtonigen Vocal, b) Aus-
laut auf eine dem hochtonigen Vocal nachfolgende lautende oder verstummte
Consonanz, c) Auslaut auf Consonanz + tonloses e; im letzteren Fall
wird der dem e vorausgehende Consonant durch dasselbe in seinem Be-
stände geschützt (Beispiele hierfür liefern die Feminina der Adjectiva, z. B.
honam : bon[n]e, aber bon{iim] : bon = bö, sinssam : epaisse, aber spis[sxim] ;
ipais, strictatn : etrotte, aber strict[u7)t] : etroi[t], novam : neuve, aber 7iov[iim]
: neuf, famosam : fameuse, ahcr fatnosum : fameu[x], falsam : faiisse , aber
faUum . fau[x], qu[{]ctam : coite, aber qii[i etum : cot, benignam : benigne,
aber benignum : benin]. — Im Einzelnen ist zu bemerken: a) Auslaut kann
im Neufranzösischen statthaben auf: «) Vocal, bezw. Nasalvocal; ,*) Diph-
thong, bezw. Nasaldiphthong; y] einfache Explosiva. Wenn einfache Ex-
plosiva auslautet, so wird sie voll gesprochen, so dass tonloses e nach-
zuklingen scheint, z. B. bec fast wie beqtie; (f) auf/,- f) auf s; über den
Auslaut auf s gilt, wenn s wirklich noch lautend, dasselbe, was über aus-
lautende Explosiva ; C) auf einfache Liquida , bezw. auf Liquida -|- ver-
stummte Explosiva, z. B. ord, sort; >;) auf einfache Explosiva -\- tonloses
e: *) auf einfache Spirans + tonloses e; 0 auf einfache Liquida -|- ton-
Die Laute. 1 1 9
loses e; x] avif Explosiva + Täquida + tonloses e, z. B. fahle; ).] auf Li-
quida -|- Explosiva + tonloses e, z. B. sotirde ; jn] auf Explosiva + Explo-
siva -i- tonloses e, z. B. inepte ; y) auf geminirte Consonanz -f- tonloses e,
z. B. sötte, foUe, vgl. oben 2 e).
Nicht gestattet ist Auslaut auf geminirte Consonanz ohne tunloses
e\ es wird in diesem Falle viehnelir ursprüngliche Gemination vereinfacht,
z, B. bellum : bei, camtm : char, f er nun ./er, paintum : pan, passum . pas,
lassttm : las, cattiim : chat.
Nur in gelehrten Worten findet sieh im Auslaut Explosiva + Explo-
siva, z. B. siupect, abject (vgl. dagegen stijet, trajet].
Da thatsächlich auslautendes tonloses e in der gewöhnliehen Sprache
verstummt ist, so stellen sich demgemäss die thatsächlichen Auslautver-
hältnisse entsprechend anders; namentlich ist zu beachten, dass in dem
thatsächlichen Auslaute Explosiva + Liquida (+ verstummtes e die Li-
quida Sylbengeltung erhält, z. B. table = tab-l. Beachtenswcrth ist auch
der thatsächliche häufige Auslaut auf ch, g, z. B. sach[e), sag[e).
b) Auslautende Consonanten haben die Tendenz zu verstummen und
diese Tendenz ist bereits erheblich weit durchgedrungen. Betroffen sind
davon: « suf fix auslautende Consonanten, z. B. das -s x, z; des nomi-
nalen Plurals, das -s der 2. Person Sing, und der 1. Person Plur. [aimes,
aimais etc., aimotis, aimerons etc.), sowie in sonstigen Verbalendungen, das
-nt in der 3. Person Plur. 'z. B. aiment) , das -r im Infinitiv der 1. schw.
Conjugation (z. B. aimer]. Zuweilen ist der verstummte Consonant auch
in der Schrift abgefallen und vermag dann auch in der Wortbindung nicht
mehr zur Geltung zu gelangen, so in der Endung -e=^at, z. B. ahne,
-a = avit, z. B. aiina (NB. das t in aime-t-ilf aima-t-W? u. dgl. beruht
lediglich auf Analogiebildung an amait-ilf aiment-ik? u.dgl., hat also mit
der Endung -t unmittelbar nichts zu schafi'en. .■?) Stammauslautende
Consonanten. Besonders häufig verstummen in Nominalstämmen d [nid,
tard), t [lit, vert), s [dos, sus), ebenso x (wenn entstanden aus kj, tj, z. B.
voix = vocem, prix = pretium , aber auch z (nez, chez) , p [drap, beaucoup),
b nach Nasal {plomb, Colomb); selten verstummen: c [estomac, tabac), g
'faubourg , x ' flux, afßux, reflux, crucißx), f [clef = de, oft auch cerf), l
[sourcil, ftisil u. dgl.\ Antretendes Pluralsuffix -s hebt die Verstummung
nicht auf und ist selbst stumm (also z. B. nid und nids werden gleich ge-
sprochen. Die erwähnten Consonanten sind ebenfalls stumm in Verbal-
formen, welche (scheinbar den reinen Stamm zeigen, z. ^. perd ^= perd[i\t;
angetretenes paragogisches s hindert die Verstummung nicht, z. B. je
perd's] = perdo].
Die im isolirten Worte stummen Endconsonanten, bezw. der letzte
Consonant einer stummen Consonantcombination z. B. 5 in <s in arts; , lau-
ten, wenn ein sinnverbundenes vocalisch anlautendes Wort nachfolgt (die
sogenannte Liaison, vgl. oben § 4).
Durch das Verstummtsein zahlreicher früher auslautender Consonanten
gestalten sich die französischen Auslautverhältnisse thatsächlich wesentlich
anders, als die in dieser wie in vielen andern Beziehungen conservative
Schrift andeutet.
120 Das Französische.
In der modernen Sprache macht sich übrigens hinsichtlich der Ebu-
consonanten, -wenigstens vereinzelt, eine rückläufige Tendenz geltend, in-
dem gegenwärtig mehrfach Endconsonanten wieder gesprochen werden,
welche bereits verstummt waren, so z. B. in ßls=Jiess, nicht mehr, wie
früher =Ji, ähnlich verhält es sich mit mceurs.
c Vocal -f- auslautender Nasal (?n, n, ng, nj = iii, ne, gn] ergiebt Na-
salvocal, bezw. Nasaldiphthong, z. B. fumem] : faim, man' um] : tnain,
Jung[o] -.Joins, signwn] : seing, stagnum : Hang. Dem Nasal nachfolgender
Consonant verstummt und hindert die Entstehung des Nasalvocales nicht,
z. B. plumh um\ : plomh, sanglu'inem] : sang, vgl. auch rang, hareng u. dgl.
d) Unter denselben Bedingungen, wie im Inlaute, wird auch im Aus-
laute / mouillirt, z. B. vet[u]l\um] : vecl : viecl : vieil, oc[u]lum : ceil; ein
vereinzelter Fall ist scopluj'ium] : ecueil. Vereinzelt ist auslautendes mouil-
lirtes l abgefallen, z. B. genuculum : genouil (vgl. agenoiiiller) : genou, ve-
ruculum : verrouil : verrou. Auslautendes n ist dagegen nicht möglich,
vgl. c;.
e) Auslautendes l wird vocalisirt, vgl. oben B 1 a).
f; Auslautendes p, h wird zu f verschoben, welches aber früh ver-
stummt ist, z. B. *recip[o[ : recoi[f][8), deb[eo] : </otl^](s .
g) Auslautendes v wird zu f verschoben, z. B. 7iav[em] : nef, grav[e7n]
: grief (daneben als gelehrtes "Wort gravei; zuweilen wird v in u vocali-
sirt, z. B. clav[iim] : clou, Pictav- : Poitou, Ande\gav- : Anjou. Vgl. S. 112 f.
h) Auslautendes c, g,j nach Vocal wird zu i vocalisirt, z. B. Spar-
naclum] : Epernay , Cam[e]rac mn] : Camhrai, reg em : rei (wo also das i
doppelt begründet ist), maj[um] : mai.
i) Auslautendes k/ = ci'[in] ergiebt s ^geschrieben x, , wobei zugleich
der vorausgehende Hochtonvocal zu einem t-haltigen Diphthongen wird,
z. B. vocem : voix, crucem : croix, nucem : noix hierher gehört auch pacem
: paix, wo ai natürlich = f).
k) Auslautendes t nach hochtonigem a, i, u fällt ab, z. B. amat[um\ :
ainii, punit[um] : puni, * vendut[uni] : vendu, hon i]tat[em] : honte, virtut[em]
: vertu, salut[ein] : salu[t]. Ausgenommen sind halbgelehrte "Worte, wie
etat, appetit, esprit, secret, brut; in den beiden letzteren (Adjectiven) wurde
t wohl, ebenso wie in petit, durch die Analogie des lautenden t in den
Femininis geschützt; tout ist nicht = tötum, sondern = *tottum, vgl. ital.
tutto. Ein ganz abnormer Fall ist sit[is] : soif, wo f übrigens ursprünglich
nur graphisch ist, vgl. Groebeu in Zeitschr. f. rom. Phil. II 459 ff.
4. Bemerkungen über einzelne Consonanten. aj k, bezw. c,
qu. «) k erhält sich vor Consonanten (crucem : croix), vor o [colorem :
couleur), und vor u [cuneus : coin] ; ß] k vor a wird in allen ererbten Wor-
ten zu ch [campum : chamj) , cantare : chanter, manica : manche , furca :
fourche, cahallum : cheval, camicia : chemise, caneni : einen, carum : eher);
"Worte mit erhaltenem c vor a verrathen sich dadurch als gelehrte, bezw.
als (dem Italienischen etc. entlehnte AA'orte, vgl. z. B. chvvalier mit cava-
lier, Champagne mit campagne, chivetaigne mit capitaine, chenal und chi-
neau mit canaL Ausnahmen sind sehr vereinzelt, z. B. c o]actare ; cacher,
und gewöhnlich aus besonderen Gründen zu erklären so beruht z. B.
Die Laute. 121
cacher für chacher auf dem Streben nach Dissimilation des Sylbenanlautes) ;
Y, k vor e yoe, oe] und i {i/] wird zu c, z. B. cera.iea : cerise, caeluin : cief,
coena : cene, cicuta : cif/tt^', ci/nium : ci/gne, cingere : ceindre. Ausnahmen
sind auch hier selten, z. 13. circare : chercher (Assimilation des Sylben-
anlautes). [Im alten Picardischen seltsam entgegengesetzte Entwickelung :
Ji vor a bleibt h, z. B. canter, kief, hier, kien ; k vor e und i wird ch, z. B.
Franche, merchi, cherf, cherkier etc.; ebenso wird ti vor Vocal nicht, wie
sonst, zu c, 5«, sondern zu ch, z. B. fache = fasse; also cachier = chasser
= capttare.] d] Intervocalisches k vor a, o, u wird entweder zu g ge-
schwächt, z. B. cicutam : cj'^we, oder zu j verflüchtigt, z. B. pacare : pa^er,
focaritim : foyer, implicare : employer (und ebenso zahlreiche andere Verba
auf -icare, nicht selten wird jedoch -icare : ier, z. B. dedicare : dedier,, oder
fällt ganz aus, z. B. locare : louer; intervocalisches k vor e und i wird c, s,
z. B. av'j\cellinn : oiseait, racemwu : raisiti, placere : j)laisir, Franciscum :
Francois (zuweilen wird c vor i, e : ch , z. B. ferocem : farouche, cicer :
chiche], e) Die Combination c'i, ce =^ kj + Vocal ergiebt c, z. B. glaciem :
glace, speciem : epice und espece, ecce hie : ici, ecce tstum : [icest : cet. 0 In
den Combinationen c -\- t, c -\- r, c -\- s ^ x wird c oft zu i vocalisirt, z. B.
lact : lait, lectum : lieit : lit, tectum : toit, strictum : estreit : etroit, sacra-
mentwn : sairment : sernient, fraxinum : fraisne : freue, coxa : cuisse, laxare
: laisser. Sonstige Möglichkeiten sind : et vereinfacht zu t, z. B. ßuctum :
Jlot, [ejectare : jeter; et : ch, z. B. *ßectire : fiechir , eoactare : cacher, et
erhalten in mots savants, z. B. dicter, facteur; x : ss, z. B. examen : essaini,
exire : issir, lixivia : lessive; x : sc, z. B. 7)iyxa : misea : meche, laxum : las-
cum : lache; xt : st, z. B. Juxtare : jouster -.Joitter, extraneum : estrange :
etrange [die Präposition ex entwickelt sich vor consonantisch anlautenden
Verben regelmässig zu e-, z. B. exligere : eslire : elire]. d-) Die Combina-
tion cl ergiebt mouillirtes /, z. B. soliculum : soleil, oculuin : ceil, apicula :
abeille.
b Lateinisch qu a, =k (geschrieben qu, q; vor a, o aber häufig c),
z. B. qualem : quel, quando : quand, *querella : quereile, quindeeim : quinze,
quadragesima : careme, quassare : casser, qufetum : cot, luqueus : lacs; ßj zu-
weilen vor t, e = f, z. B. quinque : cinq, qitinquaginta : cinquante, querque-
dula : cercelle, coquina : cuisine; y) intervocalisch zu g verschoben, z. B.
aequalem : egal, Aquitania : Guyetme; d qu -\- r : c -{- r : i + r, z. B. Se-
qu'a]na : Seine.
c, Lateinisch g a] vor Consonanten, sowie vor n, u = g, z. B. gran-
dem : grand, gohionem : goujon, gustum goitt, aiigustia : angoisse ; ,5, vor a,
e, i=J, z. B. galhi]num : jaune, gamha : jambe, gaudia joie, virga : verge,
purgare : jnirger, gemere : geindre, gigantem : geant, largitia : largesse, ar-
getttum : argent (ein abnormer Fall ist longam : loiigue, er beruht auf An-
bildung an das Masculinum, ; y, intervocalisches g schwindet, z. B. uegare
: nier, regina : reine, augurium : eür : [Keur in bonheur; ö\ in der inlauten-
den Combination g -\- Consonant wird g oft vocalisirt, z. B. ßagrare :
ßairer, fragilem . fraile .freie, digf\tum : doiig t, frig i-dum : froid, sagma :
säume vgl. oben S. 117 ; tgl = mouillirtes /, z. B. coag u lare : cailler;
C, gn entweder = n, z. B. digyium : digne, regyiare : regner, oder zu n ver-
122 Das Französische.
einfacht, z. B. henignum : henin aber benigne], cognoscere : cojioistre : co n-
fiaitre; ?]) ng inlautend = ti, vgl. oben S. 115, auslautend nasal, vgl. oben
S. 120.
d) Lateinisch j. et] j erhält den Lautwerth , den französisches g vor e
und i hat, z. ^. j'acere : gestr, j'ocus .jeu, judicare -.juger] ß) intervocali-
sches J vor der Tonsylbe schAvindet, z. ^. jejunum : jeün : jeun, nach der
Tonsvlbe wird es zu i vocalisirt, z. B. troja : tniie , ebenso wird j vor /•
und auslautendes j vocalisirt, z. B. maj[o]r : maire, maj[um] : mai. Ebenso
Vocalisation in adj[u]tare : dider : aider.
e) Lateinisch t ist erhalten, ausser in folgenden Fällen : «) intervoca-
lisches t schwindet, z, B. mutare : muer, rottindtmi : reond : rond, vita : vie;
ß) Consonant -{- t + 1 = tj -\- Vocal : c, ss, factionem : facon, d frectiare :
dresser, captiare : chasser, linteöhan : linceul, neptta : niece ; nach Vocal wird
tj:s, z. B. rationem ; raison, tra^cTitionetn : trahison , palatium] : palais,
puteare : puiser, jedoch tritt nach i wieder ss ein, z. B. nutr'itionem : voiir-
risson (die Worte auf -ation, -ition, wie nation, condition, sind mots sa-
vants) , jedoch 2)Iatea : place. Ein eigenartiger Fall ist putetis : puits. —
y) Die sonstigen Wandelungen von t, z. B. Abfall des auslautenden t nach
hochtonigem Vocal (ausser in halbgelehrten Worten, wie etat), Uebergang
von tc : ch etc., sind bereits in den allgemeinen Bemerkungen über Inlaut
und Auslaut angegeben, bezw. angedeutet worden. Als ein abnormer, weil
aus Suffixvertauschung beruhender, Fall sei hier erwähnt lacertum : Uzard
(Anbildung an renard u. dgl.) ; ähnlich verhält es sich mit marchand, hrtgand.
f) Lateinisch d ist meist erhalten, ausser in folgenden Fällen: «) in-
tervocalisches d schwindet, z. B. videre : veoir : voir, sudare : suer, *tradire
: träir : trahir, * invadire : enväir : envahir; zuweilen wechselt intervocali-
sches d mit l, z. B. [Ae)gidius : ffile : (HUes , cicada : cigale; ß) de =^ g,
s. oben 2 d) ; y) dv : v, z. B. adventum : avent; S) dr : [r)r, z. B. hed[e]ram
: [l\ierre, desiderare : desirer; s] (U, de -j- Vocal = dj : J, z. B. dixirnum :
j'ottr, ordeum : orge; ndi -\- Vocal = n, z. B. Compendiu7n : Compiegne;
0 dt : t, z. 'S. perd[t]ta : perte. rj) Auslautendes d wird zu t verschoben,
z. B. vir[i\d[eni\ : vert, frig[i^d[um] : froit neufranzösisch jedoch wieder
froid in Anlehnung an das Femininum .
g) Die Entwickelung des lateinischen p, b, v ist bereits in den Be-
merkungen über Inlaut und Auslaut angegeben, bezw, angedeutet worden.
Gleiches gilt von den übrigen Consonanten.
D. Die Kehlkopfgeräusche.
a) Das lateinische anlautende h ist in der Aussprache durchweg ge-
schwunden, obwohl es von der etymologisirenden Orthographie noch viel-
fach beibehalten worden ist, z. B. habere : avoir, homo . on, hordeiun : orge,
hora : [h]eure, hum'i]lem : [h wnble, hos'pi tale : [h]ötel.
b) Germanisches anlautendes h hat sich zum Kehlkopfverschluss-
geräusch Spiritus lenis abgeschwächt, z. B. hareng, hameau. Einzelnen
aus dem Lateinischen stammenden Worten vocalischen Anlautes ist ein
Die Laute. 123
derartiges h unorganisch vorgeschlagen worden, z. ü. u/tuin : /taut, octo :
huit, oleum : huile, ostrea : huitre, ostimn : huis, au[g]urium : {bon;heur.
c; Lateinisches intervocnlisches h ist nur in gelehrten Worten und auch
in diesen nur graphisch enthalten, z. B. coheroice; sonst ist es geschwun-
den, z. B. Johaiowni : Je Iran. In trahir, enraJiir u. dgl. fungirt /< nur als
Trennungszeichen der Vocale.
Aus den gemachten Bemerkungen ergiebt sich, dass das Französische
den eigentlichen H-Laut nicht mehr besitzt.
E. Schlussbemerkungen.
i. Die Wandelungen, welche die lateinischen Laute bei ihrem Ueber-
gange in das Französische, bezw. bei ihrer Entwickelung innerhalb des
Französischen erlitten haben, lassen sich sämmtlich auf drei Principien zu-
rückführen: a; Eintliiss des Hochtones, b Streben nach möglichster Er-
leichterung schwerer Consonantengruppen , c) Einfluss benachbarter Laute
auf einander (z. B. des y auf vorausgehendes k, t etc.). Hierzu tritt noch,
dass einzelne Laute ihrer Qualität nach zu bestimmten Wandelungen von
vornherein disponirt sind, in Folge dessen denn auch diese Wandelungen
eintreten.
Die in den genannten Ursachen begründeten Lautwandelungen sind
als organische und den Sprachgesetzen entsprechende zu bezeichnen. In
ihr Bereich fallen übrigens auch manche Erscheinungen, welche man bei
flüchtiger Betrachtung für anomal zu halten geneigt sein könnte, wie z. B.
der Wandel von t : a in lingita : langue, sine : sans, der in der Nasalirung
begründet ist, denn stwe : 'se>i :] sa7i\s] = in : en : ä.
Nicht organisch ist jedoch der zuweilen erfolgte Einschub eines a
nach einem Vocale und die dadurch bewirkte Entstehung eines Nasalvoca-
les, z. ^. Joe' ulatorem : Jongleur, doch lässt sich dieser Vorgang in der
Mehrzahl der Fälle erklären: peintre ist = pinctor, nicht = jiictor , rendre
= reddere ist an vendre, tendre, prendre u. dgl. angebildet, concombre =
cucunve rem ist wohl Analogiebildung zu den zahlreichen Compositis mit
C071. Die Ableitung von malingre aus male aeger dürfte zu bezweifeln und
eher an eine AVeiterbildung von malignus zu denken sein. Nicht hierher
gehört lanterne, denn in diesem Worte ist das n nach a etymologisch be-
rechtigt 'weil lanterna vom griechischen '/.(cu7ii?;o« .
2. Aufgehalten worden ist die regelmässige Lautentwickelung bei
einer nicht geringen Anzahl von Worten durch das Princip der gelehrten
Conservirung , sowie durch das volksetymologische Princip, vgl. hierüber
Theil II, S. 46 ff.
3. In weitem Umfange durchkreuzt und gestört, bezw. rückgängig ge-
macht wurde die regelmässige und organische Lautentwickelung durch die
analogische Tendenz, deren AVirksamkeit namentlich bei der Bildung
des Neufranzösischen eine sehr intensive gewesen ist und die gegenwärtige
Sprachgestaltung wesentlich mit hervorgebracht hat. Auf Analogiebildung
beruhen z. B. : die Endung -e in der 1 . Person Sing. Präs. Ind. der 1 .
schw. Conj. faltfranzösisch je gart, neufranzösisch /e jfßrrfe', die Endung
124 Das Französische.
-s in derselben Person der starken Präsentia (z. B. altfranzösisch ^'e j:>er^,
Je recoi, Je voi, neufranzösisch je perds, Je recois, Je vois, etc. etc.; lehr-
reiche Beispiele für das "Wirken der Analogiebildung bietet die Verglei-
chung der altfranzösischen Conjugation von Verben wie aimer, parier,
manger, aider, voir etc. etc. mit der neufranzösischen Conjugationsweise.
Es ist in Folge der massenhaft eingedrungenen Analogiebildungen das
Neufranzösische lautlich weit undurchsichtiger, als das Altfranzösische und,
vom lautliclien Gesichtspunkte aus betrachtet — freilich aber auch nur
von diesem aus — , kann es als eine Entstellung der alten Sprache er-
scheinen.
4. Die nichtlateinischen (griechischen, germanischen etc.) Laute in den auf
volksthümlichem Wege aus den betreffenden Sprachen übernommenen "Wor-
ten sind analog den lateinischen Lauten behandelt worden, denen sie völ-
lig oder annähernd entsprechen, also z. B. griechisches ih, ph, ch wurden
wie lateinisches t, f, A- behandelt. In Bezug auf die Behandlung germa-
nischer Laute ist jedoch manches Interessante und Eigenartige zu beob-
achten, und es würde die Entwickelung der germanischen Laute im Fran-
zösischen endlich einmal eine eindringende Untersuchung verdienen, welche
freilich eben keine leichte Arbeit sein und namentlich grosse Behutsamkeit
erfordern würde.
§ 7. Bemerkungen über die Lautverhältnisse des Altfran-
zösischen. 1. Ueber die Lautverhältnisse des »Altfranzösischen« im All-
gemeinen zu sprechen ist , streng genommen, wissenschaftlich unstatthaft,
da ja unter den Begriff »Altfranzösisch« eine ganze Reihe von unter ein-
ander, namentlich auch in Bezug auf den Lautstand, erheblich abweichen-
der Orts- (bezw. Landschafts-) und Zeitdialecte zusammengefasst Averden,
welche eine gemeinsame Betrachtung nicht wohl vertragen. "Wissenschaft-
lich richtig ist demnach nur die Feststellung des Lautstandes eines be-
stimmten Einzeldialectes zu einer bestimmten Zeit z. B. des franco-nor-
mannischen Dialectes im 12. Jahrhundert , bezw. die Darlegung des Laut-
standes in bestimmten datirbaren Litteraturwerken z. B. den Dichtungen
"Wace's, Crestien's de Troyes etc.^. Nur insofern mag es erlaubt sein, in
lautlichen Dingen von «Altfranzösisch« schlechtweg zu sprechen, als die
altfranzösischen Ort- und Zeitdialecte in ihrer Gesammtheit , weil sie alle
eine jüngere Stufe der Lautentwickelung darstellen, einen lautlichen Ge-
gensatz zu dem Neufranzösischen bilden und bestimmte Lauteigenthüm-
keiten des letzteren nocli nicht besessen haben.
2. Das Lautsystem des Altfranzösischen (in dem eben angedeuteten
allgemeinen Sinne des Wortes; ist von dem des Neufranzösischen nicht
unerheblich verschieden gewesen, woraus natürlich auch eine erhebliche
A'erschiedenheit der beiderseitigen Aussprache folgt. Als die wichtigsten
zwischen Alt- und Neufranzösisch in dieser Beziehung bestehenden Diffe-
renzpunkte dürften folgende hervorzuheben sein :
a) Das Altfranzösische besass Nasalvocale noch bei weitem nicht in
der vollen Ausbildung und in der Zahl, wie die heutige Sprache sie besitzt.
Die heute durchgeführte Nasalvocalisation lässt sich überhaupt erst vojn
Die Laute. 125
Ausgange des 17. Jahrhunderts ab mit Sicherheit nachweisen (vgl. TniROT.
De la prononciation frcse etc. t. II 421 ft'.'. Selbstverständlich ist jedoeli,
dass die endlich durchgeführte Nasalisation der vor gedecktem oder aus-
lautendem Nasal stehenden Vocale das Ergebniss einer jalirliundertlangen
Entwickelung war. welche also bereits in der altfranzösischen, ja höchst
wahrscheinlich schon in der gallisch-römischen Periode begann und deren
erste Wirkung die Moditication der Qualität des voniasalen Vocales war,
namentlich die "Wandelung des E-Lautes vor Nasal zu a, des I-Lautes vor
Nasal zunächst zu e, dann zu a 'z. B. in : eti : an [wie jetzt noch in der
Liaison, z. B. en Eitrope^ : <7, sin[e] : sen : san 'mit paragogischem s : sans]
: s(V. Mischung zwischen -en und -an in Assonanzen zeigt sich schon früh
und lässt also auf Moditication des E-Lautes in en schliessen. üeberhaupt
wurden a und e zuerst von der Nasalisation ergritfen, später o, Jahrhun-
derte darauf, nämlich erst nach Beza (1584), « (= ü) und i, vgl. Seel-
mann, Die Aussprache des Latein, S. 292.
b) Das Altfranzüsische besass noch eine grössere Anzahl von Diph-
thongen, indem — wenigstens im früheren, bezw. im frühesten Altfran-
zösisch — die aus einfachen Vocalen e : le, h : uo, ue, o : ou etc.) hervor-
gegangenen, sowie die durch Vocalisation von Consonanten (c, g,j : i, l : u,
entstandenen Diphthonge noch nicht monophthongirt worden waren ; frei-
lich scheint die Monophthongirung sehr früh begonnen und rasche Fort-
schritte gemacht zu haben. — Ueber ie vgl. No. 3.
d) Die durch den Schwund intervocalischer Explosiven entstandenen
Vocalverbindungen \vurden im Altfranzösischen noch zweisj'lbig gesprochen
(re-ond aus rotundum, re-ine aus regina u. dgl.,.
e) Auslautende Consonanten wurden noch gesprochen (beweisend hier-
für sind die Reime^.
f Gedecktes s z. B. in teste) wurde noch gesprochen, doch mag der
Schwund desselben verhältnissmässig früh begonnen haben.
g) Auslautendes und gedecktes 'später vocalisirtes l unterschied sich
im Klange von anlautendem und intervocalischem sich erhaltenden) l.
h Das r wurde noch lingual, nicht uvular, gesprochen.
i) Auslautende tönende Explosiva wurde zur tonlosen verschoben,
z. B. demand'o] : deniant, frigid um] : froit. Vgl. S. 122.
k Hiatus zwischen vocalischem Wortauslaut und vocalischem Wort-
laute war in manchen Fällen geduldet, wo er heute vermieden wird, z. B.
sera-ilf und ähnliche Verbindungen [im neufranzösischen sera-t-il? beruht
t auf Analogiebildung).
1) Die Hochtonsylbe hob sich schärfer, als jetzt, von den Tieftonsyl-
ben ab, die Wortbetonung wurde also nicht in dem Grade, wie jetzt, von
der Satzbetonung gedämpft.
3. Charakteristisch für das Altfranzösische ist ferner die unter be-
stimmten Bedingungen bezw. nach dem sogenannten »Bartsch'schen Ge-
setze) erfolgte Diphthongirung eines hochtonigen a zu ie. [Vgl. hierüber
Bartsch und Mussafia in Germania VII 178, VIII 51, 369; Jahrbuch f.
roman. u. engl. Litt. VII 115; DiEZ, Gramm. 11'' 231; G. P.\KIS in der
Ausg. des Alexiusliedes , S. 79; G. Lückixg, die ältesten franz. Mund-
12G I^äs Französische.
arten, S. 66 ff.; "VV. FÖRSTER im lautliehen Theile der Einleitungen zu sei-
nen Ausg. altfranzös. Schriftwerke . Vgl. auch Vising in Ztschr. f. rom.
Phil. VI 372 ff. und unten § 9, No. 5 a. Im Einzelnen ist zu bemerken:
o wird zu ie : «) wenn ihm ein t vorangellt, z. B. christianum : cre-
stiien in diesem Falle, sowie überhaupt bei dem Zusammentreffen zweier t
pflegt nur e i n i geschrieben zu werden, ; ß'; wenn ihm ein j-haltiger Con-
sonant vorausgeht, also nach mouillirtem l und n, nach ch, f, ss, g =
Consonant -\-j, z. B. consiliare [: consiljare] : conseilUer, rerecundiare [: vere-
cunjare : vergognier , approp[t]care [: appropjare] : approchier, nuntiare
[: nuntjare] : noncier, captiare [: captjare : chassier, coynmeatwn [: comjat] :
C07igi4; y] wenn die Vorsylbe ein i oder einen Diphthongen, dessen zwei-
ter Bestandtheil i ist, enthält, z. B. pi e tatem : pitie, impejorare ; empirer :
empirier , * hassare : haissier , laxare : laissier , precare : j)riier : jyroiier , ne-
gare : niier : notier (vgl. oben bei «) ; tTj nach einem k , bezw. nach einem
aus k entstandenen rh, z. B. cap[ut] : kief, chief, peccat'um] : j^ekie, pechie.
Im Neufranzösischen findet sich diese Diphthongirung nur noch sel-
ten: pitie, amitie, tnoitie, chien.
4. Im Altfranzösischen war die lautlich organische Entwickelung der
Flexionsformen noch nicht oder doch nur vereinzelt gestört durch das im
Neufranzösischen so mächtig sich geltend machende "Wirken der Analogie-
bildung, z. B. altfranzösisch noch je demant neben tu demandes, Je paroles
neben 7ious parlons, Je voi neben 7wus veons, aber neufranzösisch Je demande,
Je parle, nous voyons.
Vereinzelt finden sich jedoch auch im Altfranzösischen lautliche Ana-
logiebildungen, z. B. Antritt eines unorganischen t an n- (und m-; Stämme,
also Angleichung der letzteren an die -(ajW^-Stämme: ti/ratit, romant (da-
her noch neufranzösisch romantique,, faisant, Abrahant; Antritt eines un-
organischen -s an Adverbien und Präpositionen, also Angleichung dersel-
ben an die nominalen Plurale: sans, gueres.
5. Auf die höchst mannigfachen Lauteigenthümlichkeiten der Zeit-
und ürtsdialecte kann hier nicht eingegangen werden.
§ 8. Verhältniss der französischen Schrift (Or-
thographie) zu den Lauten.
1. Die neufranzösische Orthographie besitzt in der im
Dictionnaire de l'Acadcmie gebrauchten Schreibweise ihre feste
Norm, welche von allen französisch Sclu'eibenden für verbind-
lich erachtet und von allen Druckereien streng festgehalten
wird. Es besitzt somit die neufranzösische Orthographie min-
destens den Vorzug der Allgemeingültigkeit und Einheitlich-
keit. Die während einer Ausgabeperiode des Dictionnaire
(also z. B. von 1S7S bis zum Erscheinen der nächsten Aus-
gabe; im Druck veröffentlichte Litteratur besitzt immer ein
gleichmässiges orthographisches Gepräge. Mögen auch ein-
zelne Autoren sich individxielle Abweichungen von der Schreib-
Die Laute. 127
weise der Akademie consequent oder gelegentlich gestatten, so
bleibt dies doch für das Publicum belanglos . da solche Ab-
weichungen von den Druckern als Fehler angesehen und cor-
*' rigirt werden. Eine vereinzelte Erschein\mg ist es, dass die
Revue des deux Mondes an der früher einmal während einer
Periode von der Akademie beliebten Schreibung der Plural-
endung -NS statt -?if^ noch festhält (z. B. mommiens).
Anmerkung. Die letzte Ausgabe des Dict. de l'Acad. erschien 1878;
sie hat mancherlei, zum Theil freilich sehr unbegründete und launenhafte,
Abänderungen der Orthographie gebracht 'z. B. Streichung des trait d'union
nach tres, Ersatz des Acuts durch den Gravis in der Endung -ege, also
jetzt wieder coUege und nicht mehr College u. dgl.). Eine übersichtliche
Zusammenstellung derselben ist gegeben im Anhange zum ersten Theile
des Sachs-Villatte' sehen Wörterbuches (grosse Ausg.],
2. An sich betrachtet ist freilich die neufranzösische Or-
thographie mangelhaft genug, denn abgesehen davon, dass sie,
Avie jede auf die wenigen l^uchstaben des lateinischen Alpha-
betes beschränkte Orthographie , nur Hauptlauttypen , nicht
aber Lautnuancen zu unterscheiden vermag . haften ihr fol-
gende Schwächen an:
a) einzelne Lautzeichen besitzen mehrfachen Lautwerth,
z. B. c bezeichnet sowohl k als auch (vor e, /] q ;
b) melurfach werden einfache Laute durch zwei Schrift-
zeichen ausgedrückt, z. B. w durch ou (weil u den Werth von
ü hat) , g vor e und i durch gu ;
c) es werden vielfach Laute geschrieben, welche — we-
nigstens ausserhalb der Bindung — längst verstummt sind,
so z, B. das anlautende h muette . das a in taon, Saöne etc.,
das avislautende flexivische s etc. ;
d) in manchen Worten werden zwecklose und für die
Aussprache müssige Buchstaben aus vermeintlich etymologi-
schem Grunde geschrieben, so z. B. das cl in d in poids, weil
vermeintlich = pondus, während in Wirklichkeit = pe[n\sum.
Diese und sonstige Schwächen der neufranzösischen Or-
thographie sind die zum Theil nothwendigen und zum Theil
übrigens auch sehr erträglichen Folgen der Festhaltung des
etymologischen Principes.
Anmerkung 1. In seltsamem "Widerspruche mit der sonstigen An-
erkennung des etymologischen Principes steht es, dass im Neufranzösischen
eine nicht ganz geringe Anzahl von Worten etjTnologisch falsch geschrie-
128 I^äs Französische.
ben wird, z. B. tröne für throne, symetrie für Symmetrie, cavalerie für ca-
callerie, annuler für annulier. Selbstverständlich sind derartige "Worte in
der Praxis besonders zu beachten, namentlich diejenigen von ihnen, welche
auch im Deutschen als Fremdworte vorhanden sind, hier aber etymolo-
gisch richtig geschrieben werden, wie Cavallerie etc. [Ueberhaupt ist in
der Praxis auf die ziemlich zahlreichen Differenzen in der Schreibung sol-
cher Worte zu achten, welche im Französischen und im Deutschen unge-
fähr gleich lauten, z. B. bigoterie Bigotterie, caricature Carricatur, cadastre
Kataster, eyloc/ue Ecloge, cigare Cigarre etc. etc. Oft bestehen zwischen
den sowohl im Deutschen als auch im Französischen vorhandenen Worten
auch lautliche Differenzen, welche beachtet werden müssen, und das Gleiche
o-ilt von den häufig vorkommenden Genusdifferenzen, wie z. B. le chocohit
die Chokolade, la salade der Salat, le mayasin das Magazin etc. etc. Auch
darauf ist zu achten, dass einem deutschen Fremdworte im Französischen
oft nicht ein gleich gebildetes, sondern ein ähnlich gebildetes entspricht,
z. B. Differenz (im Sinne von »Streitpunkt«) = differend, Exponent = ex~
posant, deponiren = deposer, annectiren = annexer etc. etc. Dankenswerthe
Listen solcher Worte hat Ph. Plattner in seiner französischen Schul-
grammatik S. 21 ff. zusammengestellt, doch würden Nachträge nicht eben
schwer beizubringen sein. Ein nützliches Unternehmen wäre es, wenn Jemand
einmal ein »Noth- und Hülfsbüchlein für Deutsche beim schriftlichen Ge-
brauche des Französischen« schriebe, in welchem derartige, für die Pra-
xis wichtige Dinge in praktischer Weise zusammengestellt würden].
[Da hier einmal auf die Praxis Bezug genommen worden ist, so werde
auch auf eine Eigenheit der französischen Orthographie hingewiesen, wel-
che an sich unwesentlich genug ist, deren Nichtbeachtung aber doch von
jedem mit französischer Schreibweise Vertrauten als höchst störend em-
pfunden wird: es wird im Französischen |nicht oe, sondern stets ce
geschrieben , also le vceu und nicht le voeu u. dgl. So einfach die Sache
auch ist, so wird doch in Deutschland unglaublich viel dagegen gesündigt,
selbst in von Fachgelehrten verfassten oder herausgegebenen Büchern.]
Anmerkung 2. Dass die französische Orthographie einer Verbesse-
rung in phonetischer Richtung hin sehr fähig und selbst bedürftig ist,
liegt auf der Hand. Auch fehlt es keineswegs an darauf abzielenden Vor-
schlägen (vgl. hierüber die Diss. von H. Niemer, Die orthogr. Reform-
Versuche der französ. Phonetiker des 19. Jahrh. Greifswald 18S2 . Vor-
läufig jedoch sind alle derartigen Bestrebungen völlig aussichtslos, und
wenn man gerecht sein will, so wird man urtheilen müssen, dass die Sache
auch keineswegs dringlich ist.
3. Die Annahme liegt nahe, dass die Orthographie in
einzelnen Fällen die Aussprache beeinflusst hat, da die Ge-
wöhnung an ein bestimmtes Schriftbild dazn disponiren kann,
dasselbe auch dann lautlich zu reproduciren , wenn die bis-
herige Aussprache schon längst sich davon entfernt hatte. So
magr hierin z. B. die in den letzten Jahrzehnten erfolgte laut-
Die Laute. 129
liehe Neubclolning; des auslauteiulen s in ^7s mid anderen
Worten begi'ündet sein. Jedenfalls übt das Vorhandensein
einer fest normirten Orthographie, wenn es auch nur verein-
zelt bereits erstorbene Laute neuzubeleben vermag, einen con-
servirenden Eintluss auf die bestehende Aussprache aus.
4. Eine erhebliche Erschwerung der neufranzösischen Or-
thographie bringt der Gebrauch der fälschlich so genannten
Accente mit sich, da die für denselben im Allgemeinen mass-
gebenden phonetischen und etymologischen Grundsätze (An-
deutung der offenen Aussprache des e durch den Gravis, der
geschlossenen Aussprache des e durch den Acut; Andeutung
einer vollzogenen Vocalcontraction durch den Circumflex ; An-
deutung des vollzogenen Schwundes eines gedeckten s theils
durch den Circumflex, theils durch den Acut) nicht conse-
quent durchgeführt worden sind. Die moderne AnAvendung
der sogenannten Accentzeichen datirt erst aus dem 16. Jahr-
hundert und entsprang einer missverständlichen Nachahmung
des Griechischen.
5. Die Sylbenabtheilung in der neufranzösischen Orthogra-
phie zeigt manche zu beachtende Eigenheiten, z. B. die Un-
trennbarkeit zweier auf einander folgender Vocale, selbst w^enn
diese zwei Sylben bilden (so sind z. B. crier, fuer nicht
trennbar) , die Untrennbarkeit von Consonant + ^^ (z. B.
Fai-dherbe, Ber-nhardt; nur in Compositis w-ird h von Conso-
nant getrennt, z. B. tnal-heur), die Untrennbarkeit von gn
(z. B. PoIo-g)ie, a-gnat), die Untrennbarkeit von Explosiva +
Liquida (z. B. nom-hre, An-gleterre^ es-clace) etc. Vgl. Platt-
ner, a. a. O. S. 28 f. und den Anhang zu Sachs- Villatte's
Wörterbuch, Theil I.
6. Abkürzungen w^erden gegenwärtig nur spärlich ange-
wandt. Zu beachten ist, dass nach einigen kein Punkt ge-
setzt werden darf, z. B. J/'"* = madame , J/** = mesdames,
j^fUe _- mademoiselle , M^'' = mofiseigtieur, V^ = veuve, M'^ =
marchand ^ in Zusammensetzungen auch S^ = sainf, z. B.
S^-Petersbourg. Vgl. Plattner, a. a. O. p. 29 f. — Ueber die
Interpunktion wird in dem Kapitel über die Syntax das Nö-
thige bemerkt werden.
Ein für praktische Zwecke sehr empfehlenswerthes Hülfs-
mittel zur Erlernung der, in Einzelnheiten doch oft recht
Körting, Eneyklopädie d. röm. Phil. III. 9
130 I^iis Französische.
complicirten, französischen Orthographie ist: A. Tassis. Guide
du correcteur etc. Paris s. a., Firmin-Didot : ebenso nützlich
ist desselben Verfassers im gleichen Verlage erschienener Traite
pratique de la ponctuation.
Lehrern des Französischen kann nicht dringend genug
Aufmerksamkeit auf die französische Orthographie und Inter-
punktion anempfohlen werden. Jedes in französischer Sprache
abgefasste Schriftstück oder Druckwerk macht, mag es sonst
noch so correct geschrieben und inhaltlich vortrefflich sein,
auf den Kenner des Französischen einen peinlichen Eindruck,
Avenn es Verstösse gegen die Rechtschreibung, gegen die Syl-
bentheilung und gegen die Interpvmktion zeigt. Schon die
Anwendung des oe statt oß kann genügen, um einem kundi-
gen Leser einen französischen Text zu verleiden.
7. Das Alt französische entbehrte jeder einheitlichen Or-
thographie und musste ihrer, um von äusseren Gründen ganz
abzusehen, schon um desswillen entbehren, weil die Verschie-
denheit des Lautstandes in den einzelnen Dialecten die An-
wendung einer einheitlichen Schreibweise gar nicht gestattet
hätte. Nichtsdestoweniger ist es durchaus irrig, von einem
völligen orthographischen Wirrwarr in altfranzösischen Texten
zu sprechen, so wenig auch Unsicherheit imd Schwankung
und die Geltendmachung subjectiver Launen und individueller
Unwissenheit geleugnet werden können. Bei näherer Betrach-
tung erkennt man aber doch , dass in den einzelnen Zeiträu-
men vmd Dialectgebieten die Durchführung gewisser ortho-
graphischer Principien mindestens versucht worden ist und
dass man mitunter gar nicht ungeschickt darnach gestrebt hat,
die Schrift in besseren Einklang mit dem Lautstand zu setzen.
Man darf ja auch gar nicht übersehen, dass im Altfranzösi-
schen manche Lautbezeichnungen geschaffen worden sind, av ei-
che das Neufranzösische als brauchbar beibehalten hat . so
z. B. das ch, das f, das gn = w, das ü, bezw. /// für mouil-
lirtes /. Mag man diese Lautbezeichnungen auch mit Recht
unbeholfen nennen und wibischen, dass statt ihrer lieber ein-
fache Zeichen eingeführt worden wären, so war es doch sicher-
lich schon sehr verdienstlich , die verschiedenen Lautwerthe,
welche das lateinische c erhalten hatte, das einfiiche n und /,
Die Laute. 131
das inouillirto n und / etc. auch in der Schrift auseinander
zu halten. Zuweik'n kann man in der altfranzösischeu Schreib-
weise die Feinhörigkeit bewundern, mit welcher nahe ver-
wandte Laute unterschieden inid auch durch die Schrift ge-
sondert worden sind, man denke z. li. an die Scheidung von
-*■ und -z in dem Casus rectus des Singulars und dem Casus
obl. des Plurals [K murs , aber li monz = mundus] . Hervor-
gehoben zu werden verdient überhaupt die im Altfranzösischen
vielfach streng beobachtete graphische Auseinanderhaltung
tiexiN^seh zusammengehöriger . aber lautlich in irgend einer
Beziehimg geschiedener Fonnen. z. li. le cerf =^ cercion mit
lautendem /". aber les cers, weil /' vor s verstummte ; froide =
frigida , aber froit = frigid[urn , weil im Auslaute tönende
Explosiva zur tonlosen sich verschiebt.
"Will man gerecht urtheilen über die altfrauzösische Or-
thographie . so ist auch Folgendes zu erwägen. Diejenigen,
welche zuerst es unternahmen, Schriftwerke in französischer
Sprache abzufassen, waren vor das schwere Problem gestellt,
mit den Mittebi des lateinischen Alphabetes einen Lautbestand
wenigstens annähernd zum Ausdruck zu bringen, welcher von
dem lateinischen nicht bloss erheblich abwich , sondern um-
fangreicher war. als dieser. Es galt demnach, die Fälle, in
denen die lateinischen Lautzeichen in ihrer lateinischen Gel-
tung beibehalten werden konnten, von denen zu scheiden, in
welchen der übliche "Werth eines lateinischen Lautzeichens
(z. B. c = ^ mit der thatsächlichen Aussprache desselben
(z. B. des c in causa : cgse = chose) sich nicht mehr deckte,
und wenn Letzteres eingetreten war, das Lautzeichen entwe-
der diakritisch zu ändern (z. B. c : p oder es durch ein an-
deres zu ersetzen . bezw. mit einem anderen zu combiniren
(z. B. c mit Ä, 11 mit o zu ou = u). Die schon an sich schwie-
rige Aufgabe aber, bei dieser Reform die sachgemässen und
praktisch gangbaren Wege aufzufinden, musste gelöst werden
in dem Zeitalter frühmittelalterlicher Halbbarbarei , in einem
Zeitalter also, welchem zur Lösung wissenschaftlicher und spe-
ciell sprachwissenschaftlicher Probleme nur wenig Mittel und
Fähigkeiten zu Gebote standen. Als weiterer erschwerender
Umstand trat endlich noch hinzu, dass denen, welche franzö-
sisch zu schreiben unternahmen, fortwährend die lateinischen
132 Das Französische.
Etyma der französischen Worte vorschweben und unausbleib-
lich die Schreibung der letzteren in etymologisirender Weise
beeinflussen, also namentlich die häufige Beibehaltung unbe-
rechtigt gewordener Lautzeichen veranlassen mussten (so z, B.
das / in aultre , weil = alterum, obwohl ja selbstverständlich
/ : u geworden war) . Als ein weiteres verwirrendes Element
wirkte die analogische Schreibung von Lauten , wenn man
z. B. pasle = pale schrieb nach Analogie von Worten, welche
ein verstummtes gedecktes s enthielten [matire u. dgl.) , oder
peult nach Analogie von vetdt (vgl. englisch cotdd nach Ana-
logie von would] . Kein Wunder also , wenn Inconsequenzen
und Schwankxmgen in Masse vorkommen und wenn nur sehr
allmählich und immer nur für einzelne Gebiete (etwa durch
den Einfluss einer der französischen Wortschreibung Aufmerk-
samkeit zuwendenden Klosterschule oder Kanzlei) sich wenig-
stens einzelne orthographische Normen herausbildeten.
Nicht vergessen darf man endlich, dass die altfranzösi-
schen Litteratur werke meist nicht in den Originalen, sondern
in von den letzteren mehr oder weniger weit zeitlich entfern-
ten Abschriften erhalten sind und in Folge dessen , nament-
lich wenn mit der Abschrift die mehr oder weniger conse-
quente Umsetzung in einen andern Dialect verbunden ist,
einen Widerstreit der Orthographie des Verfassers mit der-
jenigen des Abschreibers, bezw. der verschiedenen Abschrei-
ber, zeigen.
Es ist nicht bloss wünschenswerth , sondern selbst ein
dringendes Bedürfniss der Wissenschaft, dass die Entwicke-
lungsgeschichte der altfranzösischen Orthographie zum Gegen-
stand eingehender Untersuchungen gemacht werde. Nament-
lich gilt es , die verschiedenen Theorien klarzulegen , w^elche
neben und nach einander für die Schreibung des Altfranzösi-
schen mehr oder weniger massgebend waren , und zugleich
nachzuweisen, wo und wann jede dieser Theorien entstanden
ist und über welchen örtlichen und zeitlichen l^ereich sie sich
erstreckt hat. Zu Grunde gelegt werden müssten solcher For-
schung vorzugsweise sicher datirbare Urkxmden , sowie Hand-
schriften, deren Ursprungsort und -zeit wenigstens annähernd
festgestellt werden kann und welche darnach zu bestimmten
Gruppen sich vereinigen lassen. Die Untersuchung müsste
Die Laute. 133
übrigens unter steter Berücksichtigung der Entwickelungs-
geschichte der mittelalterlichen lateinischen Orthographie geführt
werden, da tiefgreifende Wechselbeziehungen zwischen dieser
und der altfranzösischen a priori anzunehmen sind. Es liegt
in der Xatur der Sache . dass man nicht immer sichere Er-
gebnisse erreichen würde . aber dennoch dürfte ein verhiilt-
nissmiissig sehr günstiges Gesammtresultat sich gewinnen las-
sen. jedenfalls aber würde man zu klarerer Erkenntniss, als
man gegenwärtig sie besitzt . bezüglich des Verhältnisses der
Schrift zii den Lauten im Altfranzüsischen gelangen, und schon
dies wäre ein höchst bedeutsamer Fortschritt.
S. Reich an Versuchen zu einer Neugestaltung der fran-
zösischen Orthographie war das, in sprachlichen und litterari-
schen Dingen überhaupt so regsame, 10. Jahrhundert. Das
Ergebniss aber war doch nur eine Vielheit von Systemen, de-
ren keins sich praktische Allgemeingültigkeit zu erringen ver-
mochte. Dies Misslingen der unternommenen orthographischen
Reform entsprang daraus . dass die betreffenden Grammatiker
nur allzusehr von vorgefassten Meinungen sich beherrschen
Hessen und der Versuchung, subjective Einfälle und gelehrte
Schrullen zu realisiren. nicht zu widerstehen vermochten. So
■wurde der orthogi-aphische Wirrwarr zwar etwas gemindert,
aber nicht beseitigt : es geschah dies vielmelu* erst durch das
Wirken der Akademie und der ihr sich anschliessenden Gram-
matiker, ein Wirken, dessen Ergebniss. von wissenschaftlichem
Standpunkte aus betrachtet . mit bestem Rechte sehr ange-
fochten werden kann . in Bezug auf die Praxis aber doch als
sehr segensreich bezeichnet werden muss.
Eine Geschichte der französischen Orthographie fehlt zur
Zeit noch , hoffentlich nicht mehr- für lange. A. Firmin-
DrooTs vielgenanntes Buch »Observations sur l'orthographe ou
ortografie frcse suivies dune histoire de la reforme ortho-
graphique depuis le XV siecle jusquä nos jours«. 2"^™* ed.
Paris 1868 beschäftigt sich vorwiegend nur mit der Xeuzeit
und genügt auch in Bezug auf diese höheren Ansprüchen nur
in bescheidenem Masse. — Ueber die interessanten orthogra-
phischen Reformversuche des 16. Jahrhunderts findet man in
LivETS Werke : La grammaire et les grammairiens au XVP
siecle. Paris 1S59. viele Angaben. Vgl. auch unten § 9. X'^o. 7.
134 Das Französische.
§9. Litteraturangaben. 1. Allgemeines. DiEZ, Gramm. Bd. I
(reichhaltiges Material für die frz. Lautlehre enthält natürlich auch DiEz'
Etymol. Wörterbuch ;' — A. Scheler, Expose des lois qui regissent la
transformation francaise des mots latins. Brüssel 1878 (übersichtliche Dar-
stellung der thatsächlich eingetretenen Lautwandelungen, ohne dieselben
lautphysiologisch zu begründen ; vielfache Belehrung auch für die Laut-
lehre bietet desselben Verf.s trefiliches Dictionnaire d'etymologie frcse.
2i^nie ed. Paris 1873; — Ch. Ayer, Phonologie de la langue frcse. Neu-
chätel 1874 u. Paris 1875 — A. Brächet in der Grammaire historique de
la langue fr9se. Paris, seit 1867, und in der Introduction zum Dict. etjTn.
de la langue fr^se. Paris, seit 1870 — F. Lixdner, Grundriss der Laut- u.
Flexionsanalyse der nfrz. Schriftsprache. Oppeln 1880 mit einiger Vorsicht
zu benutzen) — Krügermanx , "Welche Veränderungen erfahren die lat.
Buchstaben im Französ.? Hirschberg 18.58. — Ausserdem nehmen die bes-
seren der allgemein lautphysiologischen "Werke auf das französ. Lautsystera
Rücksicht, vgl. Theil II, S. 24; zu den dort genannten "Werken ist inzwi-
schen hinzugetreten: *M. Trautmaxn, Die Sprachlaute im Allgemeinen
und die Laute des Englischen, Französ, u. Deutschen im Besondern. Leip-
zig 1884, bis jetzt [März 1885] sind nur Bogen 1,10 erschienen. —
Kurze Bemerkungen über das französ. Lautsystem und dessen geschichtl.
Entwickelung findet man in den besseren französ. Grammatiken, so na-
mentlich bei Mätzxer, LüCKJNG, Körting. — AVerthvoll ist, obwohl lei-
der zu aphoristisch gehalten, F. LÜTGENAU's Abhandlung: Physiologische
Untersuchungen über das neufranzös. Lautsystem , in Herrig's Archiv,
Bd. 72, p. 59 ff.
2.- Altfranzö sisch. Eine zusammenhängende Darstellung der altfrz.
Lautlehre fehlt noch ; manches nur freilich vielfach unkritisches Material
hierfür findet man in Burgi'y's Grammaire de la langue d'oil, weit reich-
haltiger aber in den werthvollen Einleitungen und Anmerkungen, welche
G. Paris ;*Alexiuslied', Leodegarlied, Passion etc.), A. Tobler (Li dis
dou vrai aniel etc.), "W. Förster (Richars li biaus, li Chevaliers as deus
espees, gallo-italische Predigten, Ysopet, Cliges etc.) , E. Mall der Com-
putus Philipp's von Thaün) , H. Svchier Ueber die Vie de St. Auban,
norm. Reimpredigt, Aucassin und Nicolete etc. , E. Koschwitz 'Karls-
reise;, K. Vollmöller fOctavian, Münchener Brut;, H. Axdresen Ro-
man du Rou , ArFELST.iDT Lothringischer Psalter) u. A. ihren Ausgaben
altfranzösischer Texte beigegeben haben.
Ueber die mittelalterlichen Aussprachetractate u. dgl. vgl. E. Sten-
gel, Ueber die ältesten Anleitungsschriften zur Erlernung des Französi-
schen, in Zeitschr. f. neufrz. Spr. u. Litt. I 1 fi'. , und J. Stürzinger in
der Einleitung zu seiner Ausgabe der ürthographia gallica, ältester Trac-
tat über franz. Aussprache und Orthographie Bd. VIII der altfrz. Bibl.
Heilbronn 1884). Herausgegeben ist von diesen Tractaten ausser dem eben
genannten die Maniere de langage, p. p. P. Meyer. Paris 1873 (ergänzt
von Stengel, a. a. O. p. 4 flf.).
Ein classisches Muster der für die Erkenntniss altfranz. Lautverhält-
nisse so wichtigen Assonanzuntersuchungen ist A. Rambeav's Buch : Ueber
Die Traute. 135
die als acht nachweisbaren Assonanzen des Üxforder Textes der Chanson
de Roland. Halle 1878. Eine ähnliche, nur freilich nicht so bedeutende
Arbeit ist J. Schoppe's Untersuchun«: der Assonanzen in Amis et Amiles
und Jourdains de Blaivies, in Franz. Studien III 1 ft".
Schriften über Einzelheiten der altfranzösischen Lautlehre sind ') : *G,
Ia'CKIN'G, Die ältesten französischen Mundarten. Berlin IS78 'ein in me-
thodischer Hinsicht meisterhaftes "Werk , dessen Studium nicht dringend
genug angerathen werden kann' — F. Neumaxn, Zur Laut- und Flexions-
lehre des Altfranzösischen, hauptsächlich aus pikardischen Urkunden von
Vermandois. Heilbronn 1S78 — NicoL, On the old french labial vowels,
in: Transactions of the Philological Society 1873,74, Part I, p. 77 ff., vgl.
Rom. II 273 — O. Fai'LDE, Ueber Gemination im Altfranzösischen, in
Zeitschr. f, rom. Phil. IV 542 ff. — CH.\BAXE.\r, Du z final en francais et
en langue d'oc, in Rev. des lang. rom. VI 94, vgl. Rom. III 499 — A.
HoRNiXG, Du z dans les mots mouilles en langue d'oil, in Rom, Stud.
IV 627 ff. — A. Mebes , Die Nasalität im Altfranzösischen , in : Jahrb. f.
rom. u. engl. Spr. u. Litt. XIV 385 ff. — Süpfle, De l'h initiale dans la
langue d'oil. Gotha 1867 — H. d'Arbois de Jubadjville , La plus an-
cienne phonetique fr^se (la phonetique latine de l'epoque merovingienne
et la phonetique frcse du XI s.', in Rom. I 318 ff. — H. Suchier. Zur
Lautlehre der Strassburger Eide, in Jahrb. f. rom. u. engl. Spr. u. Litt»
Xm 383 ff. ; G. Gröber , .Die Eide von Strassburg , ibid. XV 82 ff. ; J.
Storm, Etüde sur le vocalisme des sennents de 842, in Rom. III, 286 ff.;
P. M. , Le vocalisme des serments de Strasbourg, in Rom. III 371 ff.;
J. CoRXU, dift = debet dans les serments, in Rom. IV 454 ff. — J. CoRNU,
Valeur de ch dans Eulalie, Alexis, Roland et les Psautiers, in Rom. X 401
— L. Havet, Vv dans le St-Leger, in Rom. VII 416 ff. — W. Bihle,
Das c im Lambspringer Alexius, Oxforder Roland und Londoner Brandan.
Greifswald 1881 — H. V.\rxhagex, Das altnormannische c. I das c im Ox-
forder Psalter, in Zeitschr. f. rom. Phil. III 161 — F. Haarseim, Voca-
lismus und Consonantismus im Oxforder Psalter, in Rom. Stud. IV 273 —
E. BÖHMER, A, E, I im Oxforder Roland, in Rom. Stud. I 599 vgL auch
unten No. 5 a) — J. Ellexbeck, Die Vortonvocale in franzö.sischen Tex-
ten bis zum Ende des 12. Jahrhunderts. Bonn 1884 Schriften über [die
Nasalität im Altfranzösischen s. unten No. 5 a, S. 1S8 — F. Scholle,
Sur 1'« sonore et muette d'apres les chartes de Joinville, in Herrig's Ar-
chiv, Bd. 52, p. 177 — 'A. Fleck, Der betonte Vocalismus (sie!) einiger
altostfranzösischer Sprachdenkmäler etc. Marburg 1877 — F. CoRS.SEX,
Lautlehre der altfranzösischen Uebersetzung der Predigten Gregor's über
Ezechiel. Bonn 1883 — M. Strauch, Lateinisches o in der norm. Mund-
art. Halle 1881 ; P. ScHULZKE, Betontes v -\- i und 6 -\- i im Normanni-
schen. Halle 1879; C. ROTH, Ueber den Ausfall des intervocalen d im
Normannischen. Halle 1882; H. BoKEML'LLER, Zur Lautkritik der Reim-
predigt Grant mal fist Adam'. Halle 1883; A. SCHMIDT, Guillaume le
1) Vgl. auch oben die Litteraturangaben über die altfran-
zösischen Dialecte S. 94 f.) und ebenso vgl. unten No. 5.
136 Das Französische.
Clerc de Norinandie etc. Strassburg 1S80; H. Seeger, lieber die Sprache
des Guillaume le Clerc de Normandie etc. Halle 1881; F. Hotzel, Die
altfranzösischen Gesetze Wilhelm's des Eroberers. I. Lautlehre. Eisenach
1859 — Siemt, Ueber lateinisches c vor e und i im Picardischen. Halle
1880, vgl. Zeitschr. f. rem. Phil. VII lü3; H. Haase, Das Verhalten der
pikardischen und wallonischen Denkmäler des Mittelalters in Bezug auf
a und e vor gedecktem ?/. Halle 1880 — J. Zemlin, Der Nachlaut i in
den Dialecten Nord- und Ostfrankreichs. Halle 1881, vgl. Zeitschr. f. rom.
Phil. V 446 — ScHWAKE, Darstellung der Mundart von Tournay im Mit-
telalter. Halle 1881; d'Herbomez, Etüde sur le dialecte du.Tournaisis au
Xllle s. Tournai (sie!) 1881, vgl. Rom. XI 144 — K. Jenrich, Die Mund-
art des Münchener Brut. Halle 1881 — E. Fiebiger, Ueber die Sprache
der Chevalerie Ogier des Raimbert von Paris. Halle 1881 — O. Knai'ER,
Beiträge zur Kenntniss der französischen Sprache des 14. Jahrhunderts, in
Jahrb. f. rom. u. engl. Spr. u. Litt. Bd. XII u. XIV, und : llichars li biaus.
Zur altfranzösischen Lautlehre. Leipzig 1876, Progr. des Nicolai-GjTiinas.
— H. Stock , Die Phonetik des Roman de Troie und der Chronique des
Ducs de Normandie, in Rom. Stud. III 443 — E. Metzke , Der Dialect
von Islc de France im 13. und 14. Jahrhundert. Breslau 1881, auch in
Herrig's Archiv Bd. 64 u. 65 — Lencer, Versuch einer Parallele zwischen
der Entwickelung des Altfranzösischen und des Englischen. Schleiz 1867
— Thommerel, Recherches sur la fusion du franco-norman et de l'anglo-
saxon. Paris (Jahr?) — J. ViSING, Essai sur le dialecte anglo-normand au
Xllle s. Upsala 1881.
3. Mittelfranzösisch. A. Darmesteter et A. Hatzfeld, Le sei-
zieme siecle en France (Paris 1878), liere partie, p. 183 ff. »tableau de la
langue frcse au XVI« s.« — G. Wendel, Die Aussprache des Französi-
schen nach Angabe der Zeitgenossen Franz I. Plauen 1874, Programm —
Thoene, Die lautlichen Eigenthümlichkeiten der französischen Sprache des
16. Jahrhunderts. Diss. Göttingen (Druckort Marienburg) 1883 — Lange,
Der vocalische Lautstand in der französischen Sprache des 16. Jahrhun-
derts. Elbing 1883 — F. LCtgenau, Jean Palsgrave und seine Aussprache
des Französischen. Bonn 1879 — G. Lücking, Der consonantische Auslaut
im Französischen nach Th. Beza. Berlin 1874 — A. Talbert, De la pro-
nonciation de la lettre u au XVI^ s. Lettre ä M. Arsene Darmesteter.
Paris 1876, vgl. Rom. V 394, und: De la prononciation frcse depuis le
commencement du XVI^ s. d'apres les temoignages des grammairiens. Pa-
ris 1881 — Einzelschriften über die Sprache Ronsard's, Rabelais', Mon-
taigne's u. dgl. s. oben S. 60.
Ueber die Aussprachelehren und Aussprachetheorien der Grammatiker
des 16. Jahrhunderts vgl. Livet's oben (S. 133) genanntes Buch. Von den
betreffenden Aussprachetractatcn sind neu herausgegeben Palsgrave's
Grammatik von Genin, Paris 1S52, und Tu. Beza, De francicae linguae
recta pronuntiatione von . A. Tobler, Berlin 1868. Ein Verzeichniss der
grammatischen Schriften des 16. wie der späteren Jahrhunderte findet man
in Thurot's Einleitung zu Bd. I seiner Geschichte der französischen Aus-
sprache (s. unten No. 7;, vgl. auch oben S. 69 f.
Die Laute. 137
4. Neu f ranzösis eh. Schriften über die Aussprache, bezw. Aus-
sprachetheorien des 17. Jahrhunderts, sowie über die Sprache Moliere's etc.
siehe oben S. 6;<f. Keich an Bemerkungen über lautliche Dinjje sind auch
"NV. RiCKKX's Untersuchunijen über die metrische Technik Corneille'« etc.
Berlin 1884. — Werke über die moderne Aussprache des Französischen
sind oben § 5, S. 110 verzeichnet, vgl. auch unten No. 7; ebenso ist oben
No. 1 zu vergleichen.
5, Die einzelnen Laute (vgl. oben Nr. 1).
a) Die Vocale: C. Böhmku, Klang, nicht Dauer, in Kom. Stud. III
;H51. 600, IV 336: B.TEN BuiNK, Klang und Dauer. Strassburg 1879, vgl.
darüber Suchiek, Gkübeh und Sciiiciiaudt in Ztschr. f. rom. Phil. III
135, 146, IV 190 (s. Theil II S. 78 f.) — J. Storm, Om vokalernes kvan-
titet i de romanske sprag i sin udvikling fra latinen. I beretning om
forhandlingerne pä det forste nordiske filologmode. Kjovenhavn JahrPi
— G. LÜCKING, Die reinen Vocale des Französischen nach Malvin-Cazal,
in Herrig's Archiv Bd. 59, S. 403 — A. Brächet, Du role des voyelles
latines atones dans les langues romanes. Leipzig 1866 — J. Jäger, Die
Quantität der betonten Vocale im Neufranzösischen, in Französ. Stud.
Bd. IV S. 69 — H. Harth, Die Qualität der reinen Vocale im Neufran-
zösischen in Ztschr. f. nfrz. Spr. u. Lit. Bd. VI', 1 ff . — Cledat, Etudes
de Philologie fr9se. II Questions de prononciation. Voyelles longues et
breves, ouvertes et fermees, in: Annuaire de la faculte des lettres de Lyon,
l>«^re annee, p. 61 ff., cf. Rom. XII 629 — Dufriche-Desgenettes, Voy-
elles et semivoyelles de la langue frcse, in : Bulletin de la societe de lin-
guistique de Paris Nr. 12, p. 142 — J. CoRXU, Glanures phonologiques.
Voyelles toniques: a tonique maintenu, t = e, i atone protonique et i en
Position. Diphthongue: ao. Voyelles atones: suffixe-atorem ; de l'influence
.regressive de l'i sur les voj-elles ton. Consonnes: J = w, -turne = -tudi-
nem, sce, sei et sca dans la conjugaison, rr = t?; dr, in Rom. VII 353 ff.
— V. Thom.sex, Remarques s. la phonetique romane : i parasite et les con-
sonnes mouillees en frcs, in: Mem. de la soc. de ling. de Paris III, 106,
cf. Rom. V 507 — A. Darmesteter, Phonetique frcse : l'a protonique non
initiale, non en position, in Rom. V 140 — (Anonym;, Französisches ai
statt des früheren oi, in Zeitschr. f. Stenographie u. Orthographie, Jahr-
gang 19 (1871), Nr. 4, cf. Rom. II 144 — Edström, Fornfran.skans e-ljud
i betonad stafvelse. Upsala 1883, cf. Nordisk Revy 1883, Nr. 3 — V.
Thomsen, e + t en frcs, in Rom. V 64 — * W. Förster, Bestimmung der
lateinischen Quantität aus dem Romanischen, in: Rhein. Mus. Bd. 33;
Schicksale des lateinischen o im Französischen in Rom. Stud. III 174;
Beiträge zur romanischen Lautlehre. Umlaut eigentlich Vocalsteigerung)
im Romanischen, in: Zeitschr. f. rom. Phil. III 481 — J. Vising, Nägra
fall af umljud i franskan, in Nordisk Tidskrift for filologi. Ny Raekke
W 234 — *G. Paris, Phonetique frcse: I o ferme, in Rom. X 36 — E.
Stengel, Schwund von e, i im Nordwestromanischen, in Zeitschr. f. rom.
Phil. I 106 — O. Ulbrich, Zur Geschichte des französischen Diphthongen
01, in Zeitschr. f. rom. Phil. lEI 385 — Ph. Ros.smann, Französisches oi.
Heidelberg 1882. Diss., vgl. Rom. XI 604 — L. Havet, oi et ui en frcs.
138 l^as Französische.
in Rom. III 321 — H. Schvchardt, Phonetique fr9se: oi, ui, ch, h, tiz,
in Rom. III 279 — H. Schvchardt, Sur oi et ui, in Rom. IV 119 —
E. Böhmer, Die beiden u, in Rom. Stud. HI 167 ; Wie klang o u? in Rom.
Stud. III 597; »dous<' in Roman. Stud. III 603 — G. Paris, Ancien fr.
jV = fr. mod. e in Rom. IV 122 — L. Havet, La prononciation de ie en
frcs, in Rom. VI 2.54 und 327 — J. VisING, Über französisches ie für
lateinisches d, in Zeitschr. f. rom. Phil. VI 372 (vgl. auch die an dieser
Stelle angeführte Litteratur sowie oben § 7, Nr. 3) — A. Mebes, Die Na-
salität im Altfranzösischen, in Jahrb. f. rom. u. engl. Spr. u, Lit. Neue
Folge Bd. II 385 — A. Grabow, Ueber Nasalirung und Brechung der Vo-
cale im Französischen, in Herrig's Archiv Bd. 62, p. 93 — H. Engelmaxn,
Ueber die Entstehung der Nasalvocale im Altfranzösischen. Halle 1882 —
P.Meyer, Phonetique frcse: an et en toniques, in Mem. de la soc. de
ling. de Paris t. I — Lücking, Ueber den Lautwerth der französichen an,
in, on, un, in Zeitschr. f. Stenogr. u. Orthogr, Jahrg. 19 (1871), p. 138 —
J. CORNTJ, De l'influence regressive de l't atone s. les voyelles toniques, in
Rom. X 216. — Eine voraussichtlich sehr bedeutsame Schrift A. Zacher's
über die Entwickelung der lateinischen tonlosen Vocale im Französischen
soll demnächst erscheinen vgl. die der Doctordissertation dieses jungen
Gelehrten »Beiträge zum Lvoner Dialect [Bonn 1884] beigegebenen Thesen
1, 2, 3;.
b) Consonanten: Ch. Joret, Du C dans les langues romanes. Paris
1874, ef. Rom. III 379; A. Hornixg, Zur Geschichte des lateinischen c
vor e und i im Romanischen. Halle 1883 i Specialschriften über das c im
Altfranzösischen s. oben Nr. 2, S. 135) — O. Ulbrich, Ueber die vocali-
sirten Consonanten des Altfranzösischen, in Zeitschr. f. rom. Phil. II 522
— J. F. Kr.\vter, Stimmlose unterpalatale und mediopalatale Reibelaute
im Neufranzösischen, in Zeitschr. f. nfrz. Spr. u. Lit. II 23 — *G. Gröber,
/= dental, in Zeitschr. f. rom. Phil. II 459 — G. Paris, frcs r= d, in
Rom. VI 129 — L. Havet, fr9s r pour d, in Rom. VI 321 — Ch. Joret,
r bas-normand, in Rom. XII 591, und: De quelques modifications phone-
tiques particulieres au bas-normand, in Rom. XII 490 — P. M., r pour s,
z ä Beaucaire, in Rom, V 488 — J. CoRxr, Metathese de ts en st et de
dz en zd , in Rom. VI 447 desselben Glanures phonologiques s. oben
S. 137; — Ch. Joret, di=j, in Rom. XII 591, und: Changement de r en
s 's) et en dh dans les dialectes frcs, in Mem. de la soc. de ling. de Paris
III 154, cf. Rom. V 507 — L. Süpfle, De l'A initiale dans la langue d'oil.
Gotha 1867 — M. Breal, Une prosthese apparente en fran^ais, in Rom.
11 329.
c) Die Lautentwickelung innerhalb des Satzes. *F. Neu-
mann, Ueber einige Satzdoppelformen der französischen Sprache, in ; Zeit-
schr. f. rom. Phil. VIII 24;< tf. und 363 ff. höchst beachtenswerthe , neue
Gesichtspunkte aufstellende Abhandlung) .
6. Aussprache: *Ch, Thi'rot, De la prononciation fr98e depuis Ie
commencement du X\^* s. d'apres les temoignages des grammairiens. 2
Bände mit einem Indexheft. Paris 1881/83 dies AVerk hat hauptsächlich als
systematische Materialiensammlung "Werth: die wissenschaftliche Durch-
Die Laute. jljQ
arbeitung des Stoffes ist sehr mangelhaft, namentlich in lautphysiologischer
Hinsicht — P. Usteri, Zur Geschichte der französischen Aussprache.
Zürich ISSO. Progr. der Kantonsschule — * A. Mende, Ktude s. la pro-
nonciation de l'e muet ä Paris. London ISSO — Goldschmidt, Ueber die
Aussprache des französischen h mit ethnologischen Bemerkungen und An-
gaben sämmtlichcr hierher gehörender Wörter. Sondershausen 187t». Progr.
— J. A. Bki'nxeris, Observation sur l'aspiration frgse. Lund 1841.
Ueber die moderne französische Aussprache vgl. die Litteraturangaben
zu § 5 oben S. 110).
7. Betonung: *G. Paris, Etüde s. le role de l'accent latin dans la
langue frcse. Paris 1862 — HixE, Sur le röle de l'accent latin dans la
langue frcse. Braunsberg ISSn Progr. — Gvyakp, Une particularite de
l'accentuation fr9se. in Mem. de la soc. de ling. de Paris IV 30, cf. Rom.
Vni 302 — T. Merkel, Der französische AVortton. Freiburg 1880 Progr.
originelle Schrift — G. Reiche (E. Martin), Die Prosodie oder richtige
Silbenbetonung der französischen Sprache. Gegründet auf die Quantität
der Sylben nach Levizau und Dubroca. Eine unentbehrliche Zugabe für
alle französischen Grammatiken. Nebst einer Geschichte der Entstehung
der französischen Sprache, Bemerkungen über die französischen Gedichte
und Erklärung der Accente, des Apostrophs, der Cedille, des Trema,
Bindestrichs und der Interpunctionszeichen. Böhmisch -Leipa 1880 'das
Buch ist, wie schon der Titel zeigt, ein albernes Curiosum) — Streckler,
De la prosodie frcse. Erkelenz 1852 Progr.
8. Orthographie: A. FiRMix-DiDOT, observations sur l'orthographe
on ortografie frcse suivies d'une bist, de la reforme orthogr. depuis le XV
siede. 2'^'ne ed. Paris 1S68 — E.Ebers, Ueber die verschiedenen Systeme,
die Inconsequenzen und Schwierigkeiten der französischen Orthographie.
Osnabrück 1883. RealgATnnasialprogramm — W. Gerberdixg, Die ortho-
graphischen Refonnversuche der ältesten französischen Grammatiker. Berlin
1868 — £. R.^OL'x, La reforme de l'orthographe frcse, in Zeitschr. f. Or-
thogr. II — G. Berchere, La reforme de l'orthographe frcse. Paris
Jahr? Didot et Cie — "W. Veiter, Zur Geschichte der französischen
Orthographie, in: Reform. Zeitschr. f. vereinfachte deutsche Rechtschrei-
bung III 10 ff. und IV 1 — G. XlEMER, Ueber die orthographischen Re-
formversuche der französischen Phonetiker des 19. Jahrhunderts. Greifs-
wald 1S82 — A. Eichler, Ueber den Gebrauch der französischen Accente.
Stendal 1844 — K. Daniel, Sur l'accentuation des derives. Kassel Rostock.
Diss. 1874 Progr. — G. Schultz, Ueber die diakritischen Zeichen im
Französischen. Rostock 1872. — Vgl. oben § 8 Schluss.
140 Das Französische.
Sechstes Kapitel.
Die Worte.
§ 1. Der Wortbestand. 1, Deu Grundbestand des
Wortschatzes bilden im Französischen, -wie in allen romanischen
Sprachen, die auf volksthümlichem Wege aus dem Latein ent-
nommenen Worte. Zu diesem Grundbestande sind jedoch im
Laufe und in Folge der sprachgeschichtlichen Entwickelung
zahlreiche anderweitige Elemente getreten, nämlich:
a aus dem Lateinischen auf dem gelehrten Wege über-
nommene Worte [mofs sarcmfs).
b) Worte keltischen Ursprunges, z. B. bec. brate, bouleau,
lieiie etc. (es ist jedoch die Zahl der Worte keltischen Ur-
sprunges wenig beträchtlich , wenn sie auch vielleicht durch
spätere Forschung veraiehrt werden mag).
c) Worte (alt ' germanischen Ursprunges : die Zahl dersel-
ben ist sehr erheblich; Avas ihre Bedeutungssphären anbelangt,
so gehören zu ihnen besonders Ausdrücke des Kriegs- und
Seewesens, Thier- und Pflanzennamen, Benennungen von Kör-
pertheilen, einzelne Bezeichnungen von Wohnungsstätten und
Hausgeräthen, die Namen der Himmelsgegenden, ebenso die
Namen einzelner Farben, einige abstracte Begriff'e. z. B. guerre,
boulevard, anborge, butin, heaume. ßeche etc. — falaise, cingler,
bac, bord , ecume, esquif etc. — renard, ecrevisse , homard,
epervier etc. — saule, framboise. if. mousse etc. — echine,
rate etc. — bourg. echoppe, löge, etuve, canif, fauteuil etc. —
nord, sud, est, ouest — brun, gris, blanc — honte, orgueil,
haine , häte , galant etc. Litteraturangaben sehe man oben
S. 49 f.
d) Lehn- und Fremdworte, vgl. unten Nr. 2.
e) Im Französischen gebildete schallnachahmende Worte
(Onomatopoieta), z. B. croasser , fniauler, chucltoter, caqueter,
cliquetis etc., hierher gehören auch Interjectionen, wie chtit
u. dgl.
f; Worte historischen Ursprunges (meist zu Appellativen
gewordene Eigennamen, bezw. von Eigennamen abgeleitete
Appellativa), z. B. macadam, mansarde. quinquet, calicot, astra-
kau, berline, grere etc.
Die Worte. 141
g) Worte bis jetzt inibekannteu Ursprunges, wie z. B.
trourer 'welches scliwerlicli von t urbare oder *troparc abzu-
leiten ist), di/ter. das bis jetzt auch noch keine befriedigende
Erklärung gefunden hat. u. v. a. Die Zahl dieser "Worte wird
selbstverständlich durch die fortschreitende etymologische For-
schung immer mehr verringert, vorläufig aber ist sie noch weit
beträchtlicher, als man gewöhnlich glaubt.
2. Als eigentlich französisch können, streng genommen,
nur die aus dem Latein auf volksthümlichem Wege übernom-
menen und in normaler Lautentwickelung gestalteten Worte
und deren Ableitimgen) betrachtet werden, und alle übrigen
— auch die mots sacants lateinischen Ursprunges — sind als
Lehn-, bezw. als Fremdworte anzusehen. Da jedoch einerseits
die lateinischen fnots savants vermöge ihres Ursprunges den
tnots populaires nächstverwandt sind und da andrerseits die
Worte keltischen und, wenigstens zum Theile. auch diejenigen
altgermanischen Ursprunges entweder noch in vorfranzösischer
Periode in das Gallolatein oder in vorlitterarischer Zeit in das
Französische übergegangen sind, so ist man berechtigt, die-
selben als Bestandtheile des urfranzösischen Wortschatzes zu
betrachten, wobei, was die lateinischen mots savants anlangt,
die Bezeichnung »mr-K freilich nicht chronologisch, sondern
nur etymologisch zu verstehen ist. Von dem Bereiche des
genannten Wortschatzes auszuschliessen sind dagegen alle
Worte, welche die erwähnten Eigenschaften nicht besitzen, es
sind dieselben vielmehr Lehnworte, wenn sie, sei es diu'ch
organische Entwickelung. sei es durch volksetymologische An-
gliederung dem französischen Lautsysteme sich assimilirt haben,
Fremd Worte aber, wenn sie ihre ursprüngliche Lautgestalt
mehr oder weniger treu bewahrt haben, in welcher Beziehung
ja sehr verschiedene Abstufungen wahrgenommen werden kön-
nen. — Zu dem Lehn- und Fremdwörterschatze des Franzö-
sichen haben folgende Sprachen beigesteuert.
a) Das Griechische. Hierher gehören die massenhaf-
ten wissenschaftlichen und technologischen Kunstausdrücke
[zu einem grossen Theile Composita) , welche mehr oder weni-
ger internationale Geltung erlangt haben , z. B. die mit
anthropo-, auto-. bio-, chromo- etc. gebildeten Composita. Dass
dabei manche falsche Bildung mit untergrelaufen ist (wie z. B.
142 Das Französische.
kilometre). kann nicht befremden. Selbstverständlich sind alle
diese Worte motu savants.
Nicht dagegen gehören hierher diejenigen Worte grie-
chischen Ursprunges, welche, wie z. B. eglise. parier, pretre
u. dgl., dem Französischen durch das Latein, bezw. durch das
Kirchenlatein übermittelt worden sind und an der organischen
Lautentwickelung der volksthümlichen Worte theilgenommen
haben.
bj Die romanischen Sprachen, a) Das Proven-
zalische, z. B. mistral^ corsaire, forgat etc. Die Zahl der
aus dem Provenzalischen in das Französische übergegangeneu
Worte ist jedoch keineswegs so bedeutend, als man bei der
Nachbarschaft beider Sprachen erwarten sollte. Der Grund
davon ist wohl einerseits in der frühzeitigen Zurückdrängung
des provenzalischen Idiomes , andererseits aber in dem Um-
stände zu suchen, dass eine Culturnothwendigkeit zur Ein-
führung provenzalischer AVorte in das Französiche nicht vor-
lag, ß) Das Italienische, z. B. die Worte auf -ade
[barricade u. dgl.), auf -esque [grotesque u. dgl.), die Worte,
in denen c vor u erhalten ist [canaille u. dgl.). Die Zahl der
italienischen Fremdworte ist sehr erheblich, was sich aus der
Herrschaft der italienischen Renaissancecultur in Frankreich
wahrend des 16. und theilweise auch während des 17. Jahr-
hunderts, sowie aus den gleichzeitigen engen politischen Be-
ziehungen zwischen Frankreich und Italien (Verschwägerungen
der Valois mit den Sforza und Medici, Züge Karls VIII..
Ludwigs XII. und Franz I. nach Italien) hinreichend erklärt.
Häufig bilden die italienischen Fremdworte zu volksthümlichen
französischen Worten Doublets. vgl. z. B. cavalier mit cheva-
her, cavalcude mit chevauchee^ capitaine mit chevetaigne, ca-
dence mit chance, cantatrice mit chanteuse etc. y] Das Spa-
nische, z. B. hahler, duegne. emharcadere etc. Die Zahl der
spanischen Fremdworte ist nicht ganz gering, ihre Einbürge-
rung datirt meist aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts,
als zu welcher Zeit Fraukreich politisch und litterarisch stark
durch Spanien beeinflusst ward, ö) Das Portugiesische,
nur vereinzelte Worte wie auto-da-fe^ chamade etc.
c) Die (modern) germanischen Sprachen. Im
Wesentlichen kommen hier nur das Deutsche und das Engr-
Die Worte. 143
lische in lietracht. a] Das Ueutsclie. z. H. hlocus = Hlock-
haus. havresac. sabretache, hrandevin. hamater, trinquer, raher
etc. Die Worte deutschen Ursprunges sind meist . so gut es
eben ging, dem Französischen hiutlich angegUchen wurden,
nur vereinzelt sind sie, namentlich als Avissenschaftliche ter-
mini technici, unverändert geblieben, z. li. quartz. apath. an-
nähernd auch potaase. ß] Das Englische, z. li. hifteck.
houledogue, square etc. Meist sind diese erst in neuester Zeit
importirten Worte in Lautgestalt und Schreibung noch völlige
Fremdworte, nur einzelne haben. Aveil durch ihre Bedeutung:
populär gewurden, sich fester eingebürgert und die heimische
Schreibung abgelegt, z. 15. rosbtf, redingote.
d) Die slavischen Sprachen, a) Das Russische,
z. B. steppe, knout. cosaque etc. ß) Das Polnische, z. B.
caleche. polka. mazurka etc. Wie begreiflich , ist die Zahl
der slavischen Fremdworte im Französischen sehr gering.
e Die finnischen Sprachen. Aus den finnischen
Sprachen sind nur vereinzelte magyarische Worte [hussard.
dolman. ahako) und einige wenige türkische Ausdrücke, wie
z. B. hachibozouks. in das Französische übergegangen.
f Die semitischen Sprachen, a) Das Hebräische,
z. B. getie, gener. eden. päque, cheitibin, seraphin etc. etc. Der
Uebergang hebräischer Worte in das Französische ist meist
durch die Venuittelung des Kirchenlateins erfolgt : directe Be-
einflussung des Französischen durch das Hebräische, bezw.
durch das mittelalterliche Jüdisch, dürfte nur sehr selten statt-
gefunden haben, ß) Das Arabische. Die Herrschaft der
Araber in dem Frankreich benachbarten Spanien, die Blüthe
der arabischen Cultur im Mittelalter und die Berührungen
zwischen dieser und der abendländischen Cultur (namentlich
in der Kreuzzugsperiode), in neuerer Zeit aber die Eroberiing
Algiers und die vielfachen Beziehungen Frankreichs mit dem
Morgenlande haben das Eindringen einer verhältnissmässig
ansehnUchen Zahl arabischer Worte veranlasst, zum grossen
Theil allerdings solcher, welche specifisch orientalische Dinge
bezeichnen (wie z.B. sultan, bey. cadi. narg h ile. marubout etc.),
zu einem kleinen Theile aber doch auch solche, welche einen
allgemein wichtigen Begrift'sinhalt besitzen, wie algebre. chiffre^
zero etc. Vielfach mögen arabische Worte nicht unmittelbar.
144 Das Französische.
sondern durch das Medium anderer Sprachen, namenüich des
Spanischen, in das Französische übergegangen sein. Die ara-
bischen Elemente des französischen Wortschatzes würden übri-
gens nach mehrfachen Beziehungen hin Zeit und Weg ihres
Eindringens, Lautgestaltung, Bedeutungswandel) eine genauere
Untersuchung verdienen.
Was andere, noch entlegnere Sprachen, wie z. B. die
indischen, die amerikanischen und die afrikanischen, zu dem
französischen Wortschatze beigesteuert haben — meist übrigens
nicht direct, sondern durch Vermittelung des Spanischen oder
des Portugiesischen oder des Englischen — , ist zu unbedeu-
tend, als dass es hier betrachtet werden könnte. Bemerkt
aber sei , dass es von grossem culturhistorischen Interesse ist,
die Geschichte einzelner hierher gehöriger Worte (z. B. choco-
lat, quinine u. dgl.) zu verfolgen.
3. Der neufranzösische Wortschatz ist sonach ein ziemlich
gemischter, indessen ist seine Mischung doch bei weitem nicht
so buntscheckig, wie etwa die des englischen. Die lateinischen
Elemente bilden seine breite Grundschicht, welcher auch die
fremden Elemente zum grossen Theile sich lautlich so ange-
glichen haben, dass sie gar nicht mehr als fremde empfunden
werden, so namentlich die altgermanischen und die romani-
schen. Die praktische Gewöhnung überbrückt auch die Kluft,
welche bezüglich der Lautgestaltung zwischen den beiden un-
gefähr gleichgrossen Hauptbestandtheilen des Wortbestandes
lateinischen Ursprunges, den mots populaires und den mots
savanfs, besteht und welche für die wissenschaftliche l^etrach-
tung allerdings weit und bedeutend genug ist.
4. Der Umfang des neufranzösischen Wortschatzes lässt
sich zahlenmässig nicht feststellen, denn es ist dies noch bei
weitem nicht dadurch geschehen , dass man herausgerechnet
hat, wie der Dict. de l'Academie etwa 35 000, Littrks Dict.
etwa 80 000, Sachs-Villatte's Wörterbuch etwa 100 000 Ar-
tikel enthält. Alle diese Wörterbücher berücksichtigen im
Wesentlichen nur die Schriftsprache \ind die Umgangssprache
der gebildeten Stände, sind aber auch in diesen Beziehungen
durchaus nicht vollständig, wie überhaupt das Wörterbuch
einer lebenden, stets neue Worte theils erzeugenden , theils
von atiswärts aufnehmenden Sprache nie vollständig sein kann.
Die Wurte. 145
Die (loch ebenfalls zum französischen Wortschatze gehörigen
Worthestäutle der Dialecte sind noch nie systematisch zusam-
mengestellt worden . und ihr doch sicherlich sehr erheblicher
Umfang entzieht sich demnach selbst einer inigefähren
Schätzung.
Der Wortbestand des sogenannten classischen Französisch
ist, weil ein streng gesichteter, ein verhältnissmässig eng be-
grenzter, aber die moderne Litteratur hat sich — namentlich
soweit sie von romantischen, realistischen und naturalistischen
Tendenzen erfüllt war — über diese künstlich gezogenen
Schranken hinweggesetzt und hinwegsetzen müssen , um den
Bedürfnissen der Neuzeit gerecht werden zu können , sie hat
sich also die Herbeiziehung diabetischer Worte , die Nenbe-
lebung veralteter Worte , die Bildung neuer Worte und end-
lich die Aufnahme fremdländischer Worte bald in weiterem,
bald in .engerem Umfange gestattet.
Ans dem Gesagten folgt , dass . wer nur die Sprache der
französischen Classiker nnd ihrer Nachahmer kennt,' auch nur
einen kleinen Theil des wirklich vorhandenen Wortschatzes
überschaut: wer zu besserer Erkenntniss gelangen will, muss
daher auch die Erzeugnisse der modernen Litteratur, nament-
lich aiich der Tageslitteratur kennen lernen (besonders lehr-
reich sind in dieser Hinsicht die realistischen und naturalisti-
schen Komane etwa Flaubert's und Zolas , die modernen
Lustspiele, z. B. Labiche's, und endlich die Zeitungen). Wer
aber in dieser Hinsicht sich bemüht, wird den weiten Um-
fang des französischen Wortschatzes mit Staunen erkennen,
anfangs wohl auch mit einem gewissen Missbehagen, da er
zu beständigem und überdies nicht selten erfolglosem Nach-
schlagen im Wörterbuche sich" genöthigt sehen wird. Nicht
erst der Bemerkiuig bedarf es, dass der französische Wortschatz
der GegeuAvart viele nur ephemere Elemente enthält, d. h.
viele Worte , welche zur Deckung eines augenblicklichen Be-
dürfnisses geschaffen wurden nnd nach kurzem Gelirauche
wieder verschwinden , oft sammt dem durch sie bezeichneten
Begriffe. Namentlich die Zeitungssprache ist aus naheliegen-
den Gründen reich an derartigen Worten, unter denen natür-
lich auch monströse und sprachwidrige Bildungen nicht fehlen,
ö. Einen besonderen Bezirk innerhalb des französischen
Körting, Encyk!opädie d. rotn. Phil. III. lO
1^46 I^^8 Französische.
Worthereich es bildet der Wortschatz des »Argot«, wobei
freilich bemerkt werden inuss, dass der Begriff des Argot ein
sehr dehnbarer, ja vielleicht wissenschaftlich gar nicht einmal
haltbarer ist. Gemeinhin versteht man unter Argot die Ge-
sammtheit der (natürlich nicht allein den Wortschatz betref-
fenden) tSpracheigenthümlichkeiten der einzelnen Bevölkerungs-
und Berufsklassen, wobei besonders die litterarisch weniger
gebildeten und folglich mit der correcten Schrifts])rache we-
niger vertrauten in Frage kommen (obgleich man auch sehr
wohl von einem Argot z. B. der Studenten, der Advocaten,
der Aerzte etc. sprechen kann) . Der Wortbestand des Argot
weicht übrigens weniger dadurch von der Schriftsprache ab,
dass er viele Worte besässe, welche dieser fehlten , als viel-
mehr durch die eigenthümliche Verkürzung oder Verdrehung
oder endlich und zumeist durch die häufige Bedeutungsver-
engung und Bedeutvmgszuspitzung schriftsprachlicher Worte.
Der Argotwortbestand macht durch den ihm eigenen Reich-
thum an Bezeichnungen für schmutzige und obscöne Begriffe
in ästhetischer und ethischer Hinsicht einen durchaus uner-
freulichen Eindruck, und es ist folglich bedauerlich, dass die
französische Tageslitteratur der Gegenwart mehr und mehr
unsaubere Argotelemente aufnimmt und dadurch von Stall-,
Kneipen- und Bordelldüften sich durchziehen lässt : nichts-
destoweniger aber würde es verkehrt sein, über das Argot
schlechtweg den Stab zu brechen, denn abgesehen davon, dass
sein Vorhandensein eine geradezu in einer Cultumothwendig-
keit begründete Thatsache ist. so bildet die Existenz des Ar-
got eine Art Schutzwehr gegen die — in Frankreich ja be-
sonders drohende — Gefahr der Verknöcherung und Ver-
zopfung der Schriftsprache , bahnt einer gesunden Fortent-
wickelung derselben den Weg und dient ihr als Brunnen, aus
dem sie mancherlei brauchbares, wenn auch oft zunächst einer
Reinigung bedürftiges Wortmaterial schöpfen kann. Häufig
genug lässt der "N'organg sich beobachten , dass Worte und
AVortwendungen des Argot schliesslich von der Schriftsi)rache
recipirt wurden und derselben zur Bereicherung gereichten.
Man könnte das Argot die \'ersuchsstation der Schriftsprache
nennen, die Nützlichkeit einer solchen Station aber ist ebenso
unbestreitbar wie die Thatsache, dass bei weitem nicht Alles,
Die Worte. 147
was sie producirt, unter das nationale Sprachgeräth aufgenom-
men werden kann und darf.
Französisches Argot und "Parisismen« sind keineswegs sich
deckende liegriffe. denn, wie selbstverständlich, wird auch
ausserhalb Paris Argot gesprochen. Unstatthaft ist es daher,
aus dem Reichthum des französischen Argot an Worten für
schmutzige und inisittliche Begriffe ungünstige Schlüsse auf
die Moralität speciell und ausschliesslich von Paris zu ziehen,
wenn schon natürlich Paris von derartigen Schlüssen stark
mit betroffen wird. Berücksichtigt muss übrigens werden, dass
das Argot gerade in seinen niedrigsten und unsaubersten Schich-
ten viele internationale Elemente enthält, dass also die sitt-
liche Fäulniss . deren Product ein derartiges A'erbrecherjargon
ist. nicht in Frankreich allein angetroffen wird.
6. Der Wortbestand des Xeufranzösischen weicht erheb-
lich von demjenigen des Altfranzösischen und auch des Mit-
telfranzösischen ab . wie dies aus früher dargelegten allgemei-
nen Gründen (vgl. Theil II, S. 173 f.) sich ergiebt, und zwar
erstreckt sich die Differenz sowohl auf die Wortzahl als auch auf
die Wortbedeutung, denn es sind nicht bloss früher vorhanden
gewesene Worte abgestorben, bezw. neue Worte gebildet oder
entlehnt worden, sondern es sind auch vielfach Worte zwar
verblieben , aber mit irgend welcher Wandelung . sei es Er-
Aveiterimg oder Verengung oder Umspringung ihrer Bedeu-
tung. Der in der Entwickelung von Altfranzösisch zu Neu-
französisch vorgegangene lexikalische Wandel ist ein weit be-
deutenderer, als man vielleicht von vornherein glauben möchte.
Man nehme . um sich dessen bewusst zu werden, eine belie-
bige Tirade aus einer altfranzösischen chanson de geste. etwa
dem Rolandsliede , und unterstreiche alle in ihi' vorkommen-
den Worte , welche in der gegenwärtigen Sprache entweder
gar nicht mehr oder doch nicht mehr in der gleichen Bedeu-
tung vorhanden sind, z. B. Rolandslied, Tirade 9 [Y. 122 ff.):
Blancandrins ad tut premereins parlet,
e dist a 1' rei: »Saluez seiez de Deu,
le glorius, que devez aiirer!
Ico vus mandet reis Marsilies li bers;
enquis ad mult la lei de salvetet ;
de 9un aveir vus voelt asez duner,
urs e leuns e veltres caeigniez,
10*
148 I^^s Französische.
set senz cameilz e mil osturs muez,
d'or e d'argent quatre anz 7)mls trussez,
cinquante care que carier ferez ;
tant i avrat de hesanz esmerez
dunt bien purrez vos soldeiers hier.
En cest pais avez estet asez,
cn France ad Ais bien repairier devez ;
lä vus sivrat, co dit niis avnez etc.,
SO Avircl man von der verhältnissniässig bedeutenden Zahl der
betreffenden Worte überrascht werden ; im vorliegenden Jiei-
spiele sind es folgende : premerems, ganz geschwunden ; aürer,
ganz geschwunden . ersetzt durch das mot savant aäorer : lei
= loi, kann in der Bedeutung »Glaube« nicht mehr gebraucht
werden ; salvetet, ganz geschwunden ; celtres, ganz geschwun-
den, ersetzt durch levrier\ caeignier ^ ganz geschwunden, er-
setzt durch enchainer\ muls, ganz geschwunden und durch das
])eminutiv mulet ersetzt ; hesanz = byzantitms ganz geschwun-
den ; esmerez , ganz gesch^vunden und ohne eigentlichen Er-
satz geblieben; repairier^ in der Bedeutung »zurückkehrenu
ganz geschwunden und durch retourner ersetzt; atoez = avoue,
in der Bedeutung »Gebieter« ganz geschwunden. Ausserdem
aber würde noch zu bemerken sein : U hers ist von dem cas.
obl. le haron völlig verdrängt, die Bedeutung von baron aber
erheblich eingeschränkt worden; statt enquerir qlc. hat man
jetzt zu sagen s enquerir de qlc. ; avoir wird jetzt nicht leicht
mehr in der substantivischen Bedeutung ')Habe« gebraucht :
das Particip muez könnte heute nicht mehr in der Bedeutung
»die Mauser überstanden habend« angewandt Averden ; trussez
wird heute nicht mit frousses, sondern mit charges wiederzu-
geben sein; careis) ist nicht ^ a«vv', bezw. carros , sondern
* carra., entspricht also nicht dem neiifranzösischen r/ntrs: sol-
deiers ist allerdings in soudoyer \ingefähr erhalten , aber aus
dem gewöhnlichen Gebrauche ist es durch sohhtt verdrängt
worden; hier = louer wird in der Bedeutung "bezahlen« heute
nicht gebraucht. .Somit geben in diesen lä Versen, welche
ziisammen etwa lOO Worte zählen, 10 Worte zu der Bemer-
kung »geschwunden« oder »in der Bedoiitung verändert« An-
lass, und wollte man die geschwundenen Formen des Artikels
[li) und deg Possessivpronomens [mis] mitrechnen , so würde
die Zahl sich noch steigern.
Dil- Worte. 149
Es wurde eine sehr dankbare Aufgabe sein, die zwischen
Altfranzüsiseh und Neufranzösisch bestehende lexikalische Dif-
ferenz nach ihren verschiedenen Beziehungen hin zum Gegen-
stande eingehender Specialuntersuchungen zu machen. Für
manche Doctordissertation Hessen sich aus diesem Gebiete er-
giebige Themata entnehmen.
Auch zwischen Mittelfranzösisch und Neufranzösisch be-
steht noch eine erhebliche ^'erschiedenheit im Wortbestande,
selbst wenn man von den gelehrten Wortschöpfungen der
Plejadendichter ebenso absieht, wie von dem eigenartig bun-
ten Wortschatze l\al)elais'. Es besass das Mittelfranzösische
noch gar manches gute und bezeichnende Wort, welches seitdem
der immer nüchterner werdenden Sprache entschwunden ist.
Man vgl. das interessante Wortverzeichniss bei Dakmesteter
und Hatzfeld, Le XVP siecle en France (Paris 1S7S) , l^^'^
partie . p. IS3 ff. Aber auch bezüglich der Lexikologie des
Mittelfranzösischen sind Einzeluntersiichungen noch sehr wün-
schenswerth.
Nicht erst der Bemerkung bedarf es. dass der französische
Wortschatz in der Gegenwart ein umfangreicherer ist , als in
irgend einer der vorangehenden Perioden. Nichtsdestoweniger
darf man in dieser Hinsicht keine übertriebenen Vorstellungen
hegen. Besitzt das Neufranzösische Ausdrücke für zahlreiche
Begriffe, welche das Mittelalter nicht kannte und folglich auch
nicht bezeichnete . so besass seinerseits das Altfranzösische
zahlreiche Worte für Begriffe der specifisch mittelalterlichen
Cultur. welche jetzt geschwunden sind. So findet wenigstens
ein gewisser Ausgleich statt. Aber auch ein anderer Punkt
ist nicht zu übersehen. Benöthigt das Neufranzösische eines
neuen Wortes für einen neu aufkommenden Begriff, etwa eine
neue Erfindung oder ein neues chemisches Präparat, so deckt
es dies Bedürfniss vielfach durch' J^ildung eines lateinischen
oder griechischen oder auch lateinisch-griechischen Composi-
tums (man denke an Worte wie velocipede, telegraplie, centi-
metre u. dgl. , also auf einem unorganischen, weil rein ge-
lehrten Wege, dessen Befolgung dazu führt und führen muss,
die Sprache mehr und mehr mit mots savants zu überhäufen
und ihr ein rein conventionelles Gepräge zu verleihen. Das
Altfranzösische übte solche gelehrte Wortschöpfung wenigstens
150 Das Französische.
nicht mit griechischem Materiale und wahrte folglich seinem
Wortschatze einen mehr organischen und gleichartigen Zu-
sammenhang.
§ 2. Die Wortbildung.
1. Das Latein besass, wie alle indo-germanischen Spra-
chen, ein entwickeltes System der Wortbildung, bezw. der
Wortableitung und hat dasselbe auf seine romanischen Toch-
tersprachen, also auch auf das Französische vererbt.
2. Der lateinische Bestand an wortableitenden Suffixen
ist im Romanischen, bezw. im Französischen, nicht unerheb-
lich geschmälert worden, denn:
a) Tonlose Suffixe haben ihre suffigirende Kraft verloren
und sind lautlich zu scheinbaren Bestandtheilen des Stammes
geworden, so namentlich das Deminutivsuffix -culu[s. m, a),
-cellu{s, w, a) , vgl. z. B. aheille mit api-cula^ soleil mit soli-
culus, oiseau mit avi-cellus ; auch andere Suffixe sind derartig
mit dem Stamme verwachsen, vgl. z. B. cierge mit cer-eum,
Hinge mit sim-ius ^ paupiere mit palpe-bra , freie vcät frag-ilis,
froid mit frig-idus, net mit nit-idus. Die Wortbedeutung wird
durch das Verschmelzen des Suffixes mit dem Wortstamme
nicht beeinträchtigt, z. B. freie behält die Bedeutung von
fragilis bei. Der Verlust der Deminutivbedeutung bei den
Ableitungen auf -ellu, -cellu, -culu [taureau, oiseau, soleil) ist
unabhängig von der lautlichen Umgestaltung des Suffixes
erfolgt.
Dem Verluste eines tonlosen Suffixes ist in einzelnen
Fällen dadurch vorgebeugt worden, dass: a der Ilochton un-
organisch auf das Suffix verlegt und dieses damit lebensfähig
gemacht wurde, so z. B. bei dem Deminutivsuffix -olus, vgl.
z. \i. ßlleid mit ßliölus für filiolus, rhevreuil mit rapreölu-s für
capreolus\ ferner bei dem Suffix -Imis , vgl. z. B. crislallin
mit cristallinus für criställinus , bei dem Suffix -tcus (freilich
wird dasselbe meist nur bei mots savants angewandt) , vgl,
z. B. luique mit laicus für läicus (dagegen rlerc = clericus),
bei dem Suffix -/a, vgl. z. B. Jalousie mit *zelosia (it. gelosia)
für zelösia etc. etc. ; ß) der dem Suffix vorangehende hoch-
tonige Ableitungsvocal als zu demselben gehörig betrachtet
wurde, z. B. das tonlose Suffix -bilis) musste -ble ergeben
[affahilis : affahle) und also seine syllabische Geltung verlie-
Die Worte. 151
reu, es hat dieselbe aber dadurch wieder erhni^^t, dass der
ihm bei Derivaten von Verben der A-Conjugation (/. H. trac-
tare : traifahiUa : fraifable vorangehende Ableitungsvocal u mit
ihm verbunden -wurde , wodurch es die Gestalt -able erhielt
und in dieser sich auch mit Stämmen verband, welchem auf
ein ableitendes u gar keinen Anspruch besassen (vgl. unten
No. 3). Aehnlich verhält es sich mit - a)tör[em] = cur.
b) Mehrfach haben Suffixe sich zwar lautlich völlig oder
annähernd unversehrt erhalten, aber jeden Einfluss auf Nuan-
cirung der Wortbedeutung verloren, so z. B. das verbale In-
choativsuftix -sc, vielfach auch das verbale Frequentativsufiix
-t[are), -s{are), vgl. z. H. j'eter mit j'actare [y. j'acere), pousser
mit pulsare (v. pell er e] u. dgl.
3. Der Anwendungskreis der im Französischen erhalte-
nen wortableitenden lateinischen Suffixe ist sehr erheblich er-
weitert worden, indem nach dem Typus überlieferter lateini-
scher Ableitungen zahlreiche neue gebildet wurden, und zwar
vielfach ohne Rücksicht auf die für das Lateinische verbind-
lich geAvesene Beschaffenheit des Primitivs , nur nach Mass-
gabe der Analogie. So ist z. B. von equite , charite in ganz
unorganischer Weise equüabie , charitahle abgeleitet worden
nach Analogie von aimabh . louable u. dgl.), ebenso von dem
Verbalstamme fais- ein faisable; das participiale und eben
deshalb eigentlich nur für Ableitung von verbalen Stämmen
branchbare -{dnt Avird doch auch zu anderen Ableitungen be-
nutzt, so dass man z. B. selbst ein abracadabrant bildet: die
Suffixe -eur und -age werden im A;\'eitesten Umfange ange-
wandt, ohne Rücksicht darauf, dass das erstere, Aveil aus
a-torem entstanden, eigentlich nur zur Derivation von nomina
actoris aus verbalen A- Stämmen dienen kann (z. B. Impera-
tor] , und dass das letztere gleichfalls eigentlich nur zur Bil-
dung verbaler Nomina bestimmt ist (Avie z. B. lavage v. laver,
coulage v. couler etc. NB. Anders verhält es sich natürlich
mit äge = aetaticum , Avonach wieder zahlreiche Analogiebil-
dungen, wie z. B. * coraticum = courage).
4. Der durch die ErstaiTung einzelner lateinischer Suf-
fixe, bezw. durch deren VerAA-achsung mit dem Wortstamme
entstandene Verlust im Suffixbestande ist mehr als reichlich
Avieder ausgeglichen Avorden:
152 üas Franzosische. '
ai Durch die Anwendung nichtlateinischer Suffixe, so
z. B. der ursprünglich griechischen Suffixe -iser (= izare =
iZtiV ^ z. B. in haptiser) vmd -esse i= issa = taaa . z. B. in
princesse) . welche durch das A'olks-. bezAV. das Kirchenlatein
dem Romanischen zugeführt wurden; des ursprünglich ger-
manischen Suffixes -«rf/ (= hart) . z. B. in vieillard\ des ur-
sprünglich italienischen Suffixes -ade, z. B. va. fiisillade; der
bezüglich ihres Ursprunges noch nicht hinlänglich klaren Suf-
fixe -cä. -et{te), -of{te] , z. B. in verrat, coc/wt v. coq, potdette,
cachot, cidotte.
h] Durch die Bildung neuer Suffixe, wie z. B. des Suf-
fixes -{e)rie, dessen Entstehung darauf zurückzuführen ist, dass
in mit dem Suffix -ie = ia für ?« gebildeten Derivaten von
auf -r auslautenden Worten, wie z. B. chevaler-ie. der Stamm-
auslaut als zum Suffix gehörig betrachtet und folglich ein
Suffix -erie gewonnen wurde, demnach bildete man ein dia-
hl-erie neben altfranzösisch diahl-ie, ein infani-erie als Analogie
zu cavahr-ie (beide ^yorte übrigens. Avie schon ihre Laut-
gestalt zeigt, im Französischen Fremdworte .
c) Durch die Benutzung einer etwa vorhandenen Doppel-
form des Stammes für die Wortableitung. So ist z. B. der
lateinische Wortstamm cahallo- (cabalhis) zugleich in der po-
pulären Form cheral und in der savanten. bezw. italienischen
Form cava[l) im Französischen vorhanden und beide Formen
werden nun für die Ableitung verwerthet, z. B. cJievalier und
cavalier, chevalerie und cavalerie, chevauchee und cacalcade etc.
Die sich daraus ergebenden Doublets sind in ihrer Bedeutung
von einander dilferenziirt . und ihr A'orhandensein ist eine
reiche Quelle für das Entstehen von Synonymen.
5. Die Wortbildungsfähigkeit des Französischen ist eine
ungemein grosse, ja geradezu unbegrenzte; bewiesen wird
dies schon dadurch , dass die französische Sprache für jeden
neu aufkommenden Bogrifi" auch sofort ein bezeichnendes Wort
zu bilden, oft hierbei allerdings des ebenso bequemen wie be-
denklichen Weges der gelehrten Entlehnung aus dem Latei-
nischen oder Griechischen sich bedienend (vgl. oben S. 149),
oft aber doch auch auf organische Weise schattend, man denke
an Bildungen wie ro?)itminard, petroleur, -se.
Es ist in mehr als einer Beziehung nützlich und lehrreich,
Die Worte. 153
sich die Wortbildungsfiihigkeit des Französischen dadurch zu
veranschaulichen, dass man die zu einer Sippe gehörigen De-
rivate systematisch zusammenstelU . wie in folgenden zwei
Beispielen geschehen soll :
I. Die Derivate \ on face re =^ faire^,.
A. Derivate vom Präsensstamme fac + i = fakj = fais .-
1. faismit, gleichsam * faci-a»t[em],
2. faisance, » * faci-antia,
3. faistur, » * faci-ator[em],
4. faisahle, » * faci-ahU[em],
5. faisihle, » * faci-hU'em].
B. Derivate vom Participialstamme factus],
a; von der lautgesetzlich entwickelten Form des Stammes fait,
bezw. (aus fact + i -{- Vocal) fac .-
1 . fait = factum,
2. facoii ^ factio)ieiH,
3. faconner, gleichsam * factinnare,
4. facnrinement, » * factioname/itum,
5. faconuier, » * factionarius,
6. faconnerie, » * factionaria,
7. faconnage, » * factiotiatieum :
b) von dem auf gelehrtem Wege erhaltenen Stamme fact:
1. factum,
2. facture = factura,
3. facturer, gleichsam * facturare,
4. facturier, » * facturiarius,
5. factage, » * factaticum,
6. facteur ^ factorem und 7. factrice = factricem,
8. faction = factionem,
9. factionuairt ^ * factionarius,
lU. factieux = factiosus,
1 1 . factorat = *factoratu»i,
12. factorage, gleichsam * factoraticum,
13. factorerie, » ' factoraria,
14. factorielle, » * factoriella,
15. factice = facticius.
Als Gesammtsumme ergeben sich demnach 27 Derivate;
1 In Obigem sollen die im Sachs- Villatte'schen Dict. verzeichneten)
Derivate von facere einfach zusammengestellt werden, ohne alle Bemer-
kungen über Beschaffenheit und Entstehungszeit der betreffenden Bildun-
gen u.dgl. Als Muster für eine etymolo gisch e Untersuchung dieser Art
kann dienen die treffliche Abhandlung von J. He.xdrich, Die aus der
lateinischen Wurzel fac entstandenen französischen Worte. Programm der
Staatsoberrealschule zu Görz 1S79 vgl. die Recension von Genelix in
Zeitschr. f. das Realschulwesen IX 56 ff. .
1 54 üas Franaösische.
die Zahl derselben würde sich aber gewiss um das Doppelte
steigern, wenn man auch die Derivate der Composita defaire ^
confire^ sufßre etc., also z. B. defaite, conßaeur^ suffisance etc.,
berücksichtigen wollte ; und eine weitere sehr erhebliche Stei-
gerung würde sich ergeben, Avenn man nicht bloss die direc-
ten Derivate \on facere^ bezw. \oxi fakj =fais^ fag undi fact
= fait., fact^ sondern die Derivate der Wurzel fac^ zu denen
also lateinisch facies, facultas, facilis etc. gehören, zusammen-
stellen, ja vielleicht sogar die Zusammenstellung auch auf die
Derivate der unverstärkten Wurzel fa (wovon faber , fabrira
etc.) sich erstrecken lassen wollte, denn man bedenke, dass
allein lateinisch * fahrica im Französischen einerseits die mots
populaires forge, forgeahle, forgerie, forgeage, f orger, forgeur,
forgeron etc., andrerseits die mots savants fahrique, fabriquer,
fabricant, fabrication, fabricateur etc. ergeben hat.
II. Die Derivate von cah allus.
A. Derivate von dem populären Stamme checal.
1. chevalet, gleichsam * cabaUetttt»),
2. chevaline = cahalliita,
3. chevalis, gleichsam * cahallitium,
4. chevaler, » * cahallare,
5. chevalement, » * cahallamentum,
6. Chevalier und chevaliere =■ cahaUarius, a,
7. ehevalerie, gleichsam * cahallaria,
8. checaleresque, » * cabaUarescus,
9. chevalee, » * caballata,
10. chevaucher, » caballicare,
11. chevauchee, » * cabaUicata,
12. chevaucheur, » * caballicator'em],
1 3. chevauchement, » * eaballicavientum,
14. chevauchable, » * caballicabilis,
15. checaiichure, » * cabaUicatura,
16. checaiichnns, « * cabaUicone [?\
B. Derivate von dem savanten [italienischen] Stamme cacal h\
1. cavale, gleichsam * caballa,
2. cavaler, » * cahallare,
3. cavalin, e = caballinus,
4. cacalier = caballariiis,
5. cacalerie = * caballaria,
('). cavalcade, gleichsam ' caballicata,
7. caialcader, ■> * caballicatare,
8. cavalcadoitr, <• ' caballicator[em],
9. cavalquet, » * caballikettum.
])if AVorte. 155
Als CTesammtsumme ergeben sich demnach 25 Derivate,
mul anch hier würde die Zahl durch Hinzunahme der Com-
posita erheblich vermehrt werden.
Jedenfalls erhellt aus den gegebenen Beispielen, dass die
französische Wortbildung , wenn auch im Wesentlichen nur
mit den durch das Latein ihr überlieferten Mitteln arbeitend,
doch bedeutend über die im Latein innegehaltenen Schranken
hinausgeht.
6. Suffixvertauschung hat im Französischen vielfach statt-
gefunden, z. B. autel für auter = altare , cruel = crudalis für
crtidelis, lezard Anbildung an renard u. dgl. aus lacerta (vgl.
jedoch die Bemerkung Rothenberg's auf S. 27 seiner gleich
zu nennenden Schrift). Auf Suffixvertauschung, bezw. auf
analogischer Erweiterung der Endung beruht walirscheinlich
auch das d (früher t] in tisserand^ allemmid, normand, gewiss
aber das t in altfranzösisch tyrati\t] (so noch im Englischen),
faisan\t] , roman[t] (daher ro7yiantique etc.) u. a. Ein singu-
lärer Fall ist pluralis, welches, angezogen durch singularis, im
Altfranzösischen zu plurer , plurier wurde , später aber , Avohl
in Folge gelehrten Einflusses , sich wieder zu pluriel dissimi-
lirte und somit zur Urform zurückkehrte. Ueber den ganzen
Process der Suffixvertauschung vgl. J. Rothenkergs interes-
sante , obwol in vielen Einzelheiten ungenaue (übrigens trotz
des lateinischen Titels deutsch geschriebene) Dissertation: De
suffixarum mutatione in lingua francogallica. Göttingen Druck-
ort Berlin) ISSO.
7. Eine eigen thümliche , weil suffixlose Wortbildung des
Französischen, ist die Verwendung des Stammes von (meist
der A-Conjugation angehörigen) Serben in der Function eines
Verbalsubstantives, z. B. appel von appeler , encoi von en-
voyer, halai von halayer^ relief von relever, motdlle von mouil-
ler, repecJie von repecher ^ soutien von soutenir ^ maintien von
maintenir. Vgl. hierüber Egger's Abhandlung; Les substan-
tifs verbaux formes par l'apocope de l'infinitif, in der Revue
des langues romanes vom Jahre 1S74 Separatabdruck Mont-
pellier und Paris 1S75).
§ 3. Die Wortzusammensetzung Composita,
Juxtaposita . 1. An ächten Compositis besitzt das Fran-
zösische nur folgende:
156 I^^s Französische.
a eine xVuzahl aus dem Latein ül)enioinmener ächter
nominaler Composita. welche zum Theil als solche nicht mehr
empfunden werden, z. B. artißce , parricide . sangsiie = san-
guisuga.
Hierzu gehören auch viele gelehrte Bildungen, bezw. Ent-
lehnungen, namentlich adjectiver Composita. z. B. paci/ique,
so7yinifere, carmt:ore, ignicoJe etc.. desgleichen Composita. deren
erstes Glied ein Numerale ist. z. B. trident, trimestre etc. —
Andrerseits ist zu bemerken, dass vielfach lateinische Compo-
sita in Folge ihrer lautlichen Entwickelung den Chavacter von
Compositen völlig ^■erloren haben und zu scheinbaren Simpli-
cibus geworden sind. z. B. couche = col-loco . cousin = con-
sobri?m$.
'Anschliessen kann man hieran eine ziemlich beträchtliche
Zahl lateinischer Juxtaposita. welche im Französischen zu einer
lautlichen Einheit verschmolzen sind und folglich sclieinbar
wirkliche Composita bilden, freilich meist von dem ungelehr-
ten Sprachbewusstsein als einfache Worte aufgefasst werden,
z. B. limae dies, Martis dies etc. = honU . mardi etc.. avis
struthio = autruche, maris lucius = merkiche. auri faber = or-
fevre^ vinum acre = viyiaigre. res publica = republique, conies
stabuli = connetable , radix fortis = raifort etc. Namentlich
gehören hierher Ortsnamen, wie BinanviUe = Bxnandi villa,
Montmartre = Mons martyrum . Fontevraidt = Föns Evratdi.
Aber auch einzelne verbale Bildungen sind zu nennen, z. B.
colporter = collo portare. altfranzösisches fervestir =. ferro ve-
stire. Ferner sind dieser Kategorie beizuzählen die Adver-
bialbildungen, welche aus \i\]ecX\\ -\- meide bestehen, z. B.
vainement. — Ein einzelner hierher gehöriger Fall ist debon-
fiaire = de bon aire. — Hierher gehören endlich auch die
Future und Conditionale : donnerai = donare -\- habeo. donne-
rais = donare -f- //abebam.^
[Hieran schliessen sich weiter vereinzelte Fälle, in denen
zwei mit einander verbundene französische oder französirte
Worte zu einer scheinbaren Einheit verwachsen sind. z. B.
bl'junne = bec Juune , ban«jueroitte = banque route (== it. rotta
von rompere),. maimnorte. ähnlich C/iäteaurouz.]
b' Einige aus dem Germanischen übernommene nominale
Composita, z.B. haubert = hahperc. herberge = heriberga.
Die Worte. ]57
c) Verbinduugcu \on \'erbcii inul Nominibiis mit den
Adverbien bene^ male nnd miitus = mes me-), z. B. bcncdicere
= be/w'i'r, befiir. malcdiccrc = maudire . malmencr , mahnetre^
bie)wenu, bienseant etc. auch das Adverb bientCt gehört hier-
her), mesallter. meconnaitre . medire etc.
Dagegen sind als ursprüngliche Juxtaposita zu betrachten
Bildungen wie malhcur = nudum augurium , maugre = malo
grato\ ebenso sind als Juxtaposita aufzufassen die Combina-
tioneii mit mi- = medius und dejjii = dimidius^ wie midi^ mi-
nuit, milieu. mi-careme u. dgl.].
d) Die Verbindungen von Nominibus und Verbis mit der
Negationspartikel in-, wie inipudent^ mipudence, incomtnoder .
Verbindungen mit non sind selten, z. B. nonchalant.
e) Die Verbindungen von ßcare ' facere) =ßer mit No-
minal- und Verbalstämmen, z. B. edijier , Justißer , modifier,
signißer , liqueßer ^ stupefier ^ crucißer etc. etc. (Analogiebil-
dungen dieser Art sind sehr zahlreich). Es gehört hierlier
der Bildung nach auch chauffer = cale fare = calefacere.
Sonst sind Verbindungen von Verben mit Nominalstäm-
men selten und auf die gelehrte Sprache beschränkt, wie z. B.
belligerer [manifester ist Ableitung von tnanifestus) . Manche
Verben, die hierher zu gehören scheinen, sind in Wirklichkeit
Juxtaposita, wie colporter s. oben) , saupoudrer = sale "puhe-
rare, vermoidu = verme *molutus, maintenir = manu tenere.
f) Die Verbindungen von ecce -\- iste, ecce -H «7/e, ille 4-
qualis = eist, eil. liquels. neufranzösisches ce{t), cel{'ui] , lequel.
g) Die Verbindungen von Verben und Nominibus mit
Präpositionen imd sonstigen Partikeln. Diese häufigste Art
der Composition Partikelcomposition hat das Französische
aus dem Latein ererbt, hat sie aber auch auf germanische No-
mina imd Verben übertragen embrunir, abatidonner^ abandon
etc.). Einzelne lateinische Präpositionen, wie z. B. extra, pro
erscheinen nur in Compositis gelehrter Bildung 'in volksthüm-
lichen Worten erscheint pro als pour . — Neubildungen des
Französischen sind die Composita mit foras. foris = for, four.,
im ersten Gliede. wie forfait. fourcoyer, altfranzösisches for-
Jurer, formener etc. Ebenso sind Neubildungen die Composita
mit inde = en im ersten Gliede, wie emmener, empörter etc.
[h] Die Verbindungen mehrerer Partikeln (Adverbien, Prä-
1 58 1)^8 Französische.
Positionen) mit einander, z. B. de usque =jusque, de unde =
dont, de intus = dans . de ah ante = detant . de postea = de-
puis etc.
i) Die Verbindungen eines Substantivs mit einer Präpo-
sition , z.B. e/ijin . demain. Doppelartige Composition liegt
vor in Bildungen wie denormais = de ex Jtora magis, dorena-
vant = de hora in ab ante u. dgl.
Die unter h) und i erwähnten Bildungen" lassen sich
auch, und vielleicht mit besserem Rechte als Juxtaposita
auffassen.^
k Die auf gelehrtem ^^'ege aus dem Griechischen über-
nommenen, bezw. nach griechischem Muster gebildeten Com-
posita. wie geographie, synagogue. hippocentaure. hxjdrohromate
etc.: darunter auch manche monströse Bildung, wie kilometre.
— In die gleiche Kategorie lassen sich verweisen die auf rein
gelehrtem und künstlichem Wege aus lateinischen Bestand-
theilen gebildeten Composita. wie prestidigitateur.
[Die griechische Partikel archi- findet auch in volksthüm-
lichen Compositis Anwendung, wie archeveque. archifou.
2. Nicht Composita. sondern Juxtaposita sind diejeni-
gen Verbindungen, deren erster Bestandtheil scheinbar oder
wirklich eine Verbalform ist ; es gehören hierher :
a) Die Juxtaposita, deren erstes Glied scheinbar ein Im-
perativ eines Verbs der A-Conjugation ist. wie garde-bois
(Plur. gardes-bois). gagtie-pain (altfranzösischer Plur. gagnes-
pains, vgl. Meuniek's in § 5 zu nennendes Buch fS. 192). Es
ist hier anzunehmen, dass das erste Glied ursprünglich ein
Verbalnomen war (also garde in garde-bois = Ja garde . also
garde-bois eigentlich »die Wache des Waldes«, die Nichtsetzung
der Casuspräposition f/e ist ja im Altfranzösischen ganz üblich),
dass aber dies Verbalnomen, weil lautlich zusammenfallend
mit dem Imperativ, bezw. mit der 3 P. »Sing. Präs. Ind. und
auch mit dem \ erbalstamme, späterhin verbal gedeutet wurde,
und dass man nun nach Analogie solcher vermeintlich mit einer
^'e^balform, bezw. mit dem A'erbalstamme gebildeten Compo-
sita solche bildete, deren erstes Glied in der That verbal ist
und von dem Sprachbe^\iisstsein als Imperativ empfunden
wird, wie tire-bottes. passe-partout u. dgl. inicht selten wird
auch der pluralische Imperativ zur Juxtaposition verwandt.
Die "Worte 159
z. H. hii.^sez-pai>6C)\ rcndez-voui>\ auch einzelne Doppelimperative
finden sich, z. H. chassez-croinez . Derartige Bildungen sind
im Französischen ungemein holieht und für dasselbe in ihrem
häufigen Vorkommen geradezu charakteristisch. In der JSc-hrift
Averden öfters beide liestandtheile einheitlich verbunden -wie
in licou = lie cou. hegueule = bec gucnlc. portefemUe . portemon-
naie. garderobe. in der Regel jedoch wird die ^'erbiudung nur
durch den Bindestrich angedeutet: ein festes Princip der
Schreibung vermisst man.
b Juxtaposita . deren erstes Glied der Imperativ eines
nicht der A-Conjugation angehörigen Verbs ist, z. B.
Boilemi = boi{s Veau, Poincheval =^ poin{s) [le] cheval. Diese,
übrigens seltenen und wohl nur als Eigennamen vorkommenden,
\ erbindungen sind Analogiebildungen zu den scheinbar oder
wirklich imperativischen Bildungen, welche unter a] besprochen
wurden.
C; Juxtaposita. deren erstes Glied wirklich oder scheinbar
die 3 P. Sing. Präs. Ind. eines nicht der A-Conjugation an-
gehörigen Verbs ist. abat-jour. teini-vin. rompt-pierre. boit-
tout. perd-sa-queue. In den älteren solcher Bildungen ist der
erste Bestandtheil ein Verbalnomen, zu welchem das zweite in
genetivischem Abhängigkeitsverhältnisse steht [abat-jour = l
abat du jour «Niederschlag des Tageslichtes«, also ganz so wie
garde-bois eigentlich »Wache des Waldes« ; da dieses Nomen
aber lautlich mit der 3 P. Sing. Präs. Ind. des entsprechen-
den ^ erbs zusammenfiel . so A\"urde es vom Sprachgefühl
fälschlich als Verbalform aufgefasst. und es wurden nun nach
diesen vermeintlichen Typen Juxtaposita gebildet, deren erstes
Glied in der That die 3 P. Sing. Präs. Ind. war. wie in
rompt-pi&rre. Es ist diese Art der Juxtaposition specifisch
französich.
Vgl. über die im Vorstehenden besprochenen Juxtaposita
die in § 5 zu nennenden Werke von Darme steter. Meumer
und namentlich von Osthoff.
3. Ausser den unter Nr. 1. besonders h) und i). und 2
bereits besprochenenen besitzt das Französische noch folgende
Juxtaposita :
a Substantiv -^- Substantiv, deren zweites zu dem ersten
in oppositionellem Verhältnisse steht, z. B. chien-loup. pierre-
160 D^** Französische.
ponce^ poix-resine^ zuweilen graphisch verbunden, wie z. B.
betterave: eine besondere interessante Classe dieser Bildungen
sind diejenigen, deren einer Theil die französische Ueber-
setzung des anderen ursprünglich fremdsprachlichen ist, z. B.
gerfault = Geier -\-fulco, chanfrein = x»',««;," -\- frenum^ loup-
garou = lupus -\- wereivolf.
b) Substantiv + Substantiv, deren erstes zu dem zweiten
in einem genitivischem Abhängigkeitsverhältnisse steht, z. B.
chevre-feuille , merluche = maris lucius ('/), orfevre^ lundi etc.
vgl. Nr. l a).
c) Substantiv -|- Substantiv, deren zweites zu dem ersten
in einem genitivischen Abhängigkeitsverhältnisse steht und
zwar a) ohne Beifügung der Casuspräposition z. B. Hotel- Dieu
= hospitale Dei^ mappemonde = mappa mundi; porc-epic =
porcus spicariini (?) ; ß) mit Hinzufügung der Casuspräpositio-
nen, z. B. rhef-d Oeuvre^ corps-dc-gurde.
d) Substantiv + Substantiv , welches zu dem ersten in
einer durch eine Präposition angedeuteten Abhängigkeit steht
und zur begrifflichen Determinirung desselben dient, z. B.
ver-ä-soie ^ arc-en-ciel, maitre-es-arts etc., auch die unter c)
aufgeführten Juxtaposita können als zugleich hierher gehörig
betrachtet werden.
e) Substantiv + Adjectiv, bezw. Adjectiv + Substantiv,
z. B. cerf -Volant, eau-forte, pot-pourri^ basse-cour, chauce-sou-
ris ; in einigen Fällen sind beide Bestandtheile zu einer schein-
baren Einheit verwachsen, z. B. aubepine = alba spvia, prin-
temps, outarde = avis tarda etc.
f) Numerale 4- Substantiv, z. B. mille-pieds, cent-suisse.
g) Adjectiv -f- Adjectiv, z. }i. gris-brun, frais-cueilU und
dgl. [Hybride lÜldungen sind diejenigen , deren erster Be-
standtheil scheinbar einen Adjectivstamm darstellt, z. B. anglo-
saxon^ neo-grec u. dgl.]
[h) Die Verbindung ecce -\- iste. ilL ille -\- (jualis darf man
als eigentliche Composita betrachten, vgl. oben Nr. 2f).]
4. Das Französische ist nicht eben arm an Compositis, von
denen viele freilich nur scheinbar als solche auftreten und in
Wirklichkeit Juxtaposita sind: nichtsdestoweniger muss die
Compositionsfähigkeit des Französischen als eine geringe be-
zeichnet werden, namentlich liinsichtlioh der Nominalcompo-
Dil- AVorto. 161
sitioii. in deren Bereiche besonders die Halnivrihi-CIomposita
verraisst werden. Dieser Mangel ist in der ganzen analytischen
Tendenz der französischen Sprachentwickelnng begründet, ist
also ein organischer. Das Streben der Plejadendichter, der Spra-
che grössere Compositionsfähigkcit zu verleihen und Composita
nach Analogie der griechischen zu bilden, war mithin der
natürlichen S])rachcntwickelung zuwiderlaufend und musste
ebendesshalb erfolglos bleiben. Die statt der Composita ein-
tretenden Juxtaposita bieten begrifflich allerdings für die letz-
teren ausreichenden Ersatz . aber die Nothwendigkeit ihrer
häufigen Anwendung beeinträchtigt die syntaktische Gestaltung
der Rede und ist ein Erschwerniss des poetischen Ausdruckes.
§ 4. Die Synonyme.
1 . Das Französische hat den grossen Reichthum des I^a-
teins an Synonymen zu einem beträchtlichen Theilc ererbt
(vgl. auch Nr. 3 , zu einem andern ebenfalls erheblichen Theile
dagegen verloren, indem nicht wenige synonyme Worte aus
der Sprache geschAvunden sind, so z. B. interßcere, occidere,
oder durch Bedeutungswandel aus der Synonymenreihe , der
sie angehölten, ausgetreten sind, wie z. B. necare = tioyet\ das
seine Bedeutung, vermöge deren es mit ocridere und interßcere
snionym war, derartig verengt hat, dass es nicht mehr »tödten«
im Allgemeinen, sondern nur eine ganz specielle Art des
Tödtens, »ertränken«, bezeichnet.
2. Zu den aus dem Latein übernommenen sind aber zahl-
reiche neue Synonyme getreten und zwar :
a) Durch den Bedeutungswandel lateinischer, bezw. volks-
lateinischer Worte: so ist z. B. tutare ^= hier, indem es die
Bedeutung »tödten« annahm , in die betreffende Synonymen-
reihe eingetreten.
b Durch die Aufnahme germanischer Worte, so ist z. B.
hourg neben cille u. dgl., rohe neben Jiahit u. dgl., honte neben
ignominie u. dgl. getreten.
c) Durch die Aufnahme sonstiger fremdsprachlicher Worte,
so ist z. B. assassin neben meiirtrier und homicide. kahler neben
parier getreten, welches letztere [parier] übrigens, weil grie-
chischen Ursprunges, selbst wieder als ein Lehnwort betrachtet
werden kann.
d) Durch Wortableitung, indem durch dieselbe vielfach
Körting, Encyklopädie d. rom. Phil. HJ. 11
162 J^äs Französische.
neue Worte geschaffen ^vnrden, welche zu bereits vorhandenen
synonym waren, so z. B. tendresse (gleichsam * teneritia zu
amour , environner (gleichsam * in-gyronare von gynis) zu
ceindj'e etc.
3. Einen wesentlichen Bestandtheil des französischen Sy-
nonymenschatzes bilden die mots savants lateinischen Ur-
sprunges, z. B. agilite neben souplesse. hilarite neben Joie und
aise , delicat neben delicieux . irriter neben fachet' etc. etc.
Häufig bilden derartige mots savants mit entsprechenden mots
populaires synonymische Doublets, z. B. opprimer neben op-
presser, fragile neben frele^ rotondite neben rondeur etc.
4. Synonymische Paare, bezw. Reihen bilden auch die
Primitive mit ihren die ursprüngliche Bedeutung im Wesent-
lichen festhaltenden Derivaten, z. B. teinte und ieinture. seing
imd signature^ hourg und boiirgade, fort und forteresse, renom
und renommee. Ebenso ergeben sich synonymische Paare, bezw.
Reihen aus der Bedeutungsverwandtschaft von Worten, welche
mittelst verschiedener, bezw. verschieden gewordener Suffixe
von dem gleichen Stamm worte abgeleitet sind, z. B. charrette
inid chariot^ charlatumsme und charlatanerie^ cervelle und ce7'-
veau , christianisme und chretiente etc. Desgleichen stehen
häufig in synonymischem Verhältnisse zu einander das Sim-
plex und das Compositum, z. B. chaußer und cchauffer. sowie
zwei oder mehrere mit demselben Simplex gebildete Compo-
sita, z. B. depasser imd surpasser, deferer und conferer. End-
lich unterscheiden sich häufig zusammengehörige Wortformen
(z. B. Singular und Plural, Masculinum imd Femininum sy-
nonymisch von einander, z. B. tendresse und tendresses . re-
spect und respects, le foadre und la foudre etc.
Erweitern kann man das Bereich der Synonymen da-
durch, dass man einbezieht: a) die mit Einzelworten begriffs-
verwandten Wortverbindungen, z. B, komme sense und komme
de sens. ex perimental und d experience \ b) die verschiedenen be-
griffsverwandten Constructionen eines und desselben Verbums.
z. B. attenter ä, aitenter sur und attenter contre , parier af-
faires und parier d' affaires etc.
5. Die synonymischen \'erhältnisse waren im Altfranzösi-
schen wesentlich andere . als im Xeufrauzösischen . wie dies
schon aus der Verschiedenheit des beiderseitisren Wortbestan-
Die Worte. 103
lies als uotlnventlig sich ergiebt ivgl. oben § 1 No. l]. Aber
auch abgesehen von dieser Verschiedenheit bestehen zwischen
den beiden Spraclitbvmen nicht mierhebhche Difterenzen . da
häutig zwei Synonyme im Altfranzösischen in anderer Weise
sich unterscheiden, als dies im Neufranzösischen der Fall ist.
licider fehlt es hierüber noch sehr an Einzeluntersuchungen,
die einzigen vorhandenen Arbeiten sind die in § 5 zu nen-
nenden Dissertationen von L.\usberg und Lemberg.
§5. Litt erat u ran a:aben.
1. "Wörterbücher: a) Zur Geschichte der französischen be-
xicographie : R. Schvwutze , Die "Wörterbücher der französ. Sprache
vor dem Erscheinen des Dictionnaire de l'Academie. Ein Beitrag zur Ge-
schichte der französ. Lexikographie. Jena 1S75 — Pelisson, Histoire de
l'Acad. frcse depuis son etablissement jusqu'ä 1652. 2. Ausg. Paris \1'M.
und d'Olivet, Histoire de l'Acad. frcse (depuis 1652 jusqu'ä 1700;-. Paris
1730 — Kervilek, Essai d'une bibliographie raisonnee de l'Acad. frcse.
Paris 1877 — CoURTAT, Monographie du dictionnaire de l'Acad. frcse.
Paris 1880 — A. Fels, Das "Wörterbuch der französ. Akademie. L Die
erste Ausg. des "V^'^.s der frz. Ak. Hamburg 1884. Progr.
b Mittelalterliche Glossare (vgl. auch Littre in der Hist. litt.
de la France XXH 1 ff.} : Altromanische Glossare berichtigt und erklärt
von F. DlEZ. Bonn 1865 (Reichenauer und Casseler Glossen) — Altfran-
zösisches Uebungsbuch, herausgeg. von "W. Förster und E. Kosciiwitz
enthält auf S. 1 — 16 ausser den Reichenauer und Casseler Glossen die
Auszüge aus einer bis jetzt unbekannten Glossensammlung, — Vocabulaire
latin-frcs (angeblich von G. Briton gegen Mitte oder Ende des 14. Jahr-
hunderts verfasst, abgedruckt in Remarques sur le patois par E. A. E^scal-
lier". Douai 1851 u. 1S56, vgL Schavartz a. a. O, p. 12) — A. Scheler.
Lexicographie latine du XII et du XIII siecle. Trois traites de Jean Gar-
lande, Alexandre Neckam et Adam du Petit-Pont. Avec des glosses frcses.
Leipzig 1S67 — Ulla Patella. Vocabulaire latin versifie avec glosses fran-
caises, public d'apres un manuscrit de Lille par A. Scheleu. Brüssel
1879 — E. Stengel, Bruchstück eines lateinisch-französischen Glossars,
in : Zeitschr. f. rom. Phib IV 368 ff. — A. Chassaxt . Petit vocabulaire
latin-frcs du Xllle siecle. Extrait d'un ms. de la bibbotheque d'Evreux.
2e ed. Paris s. a. — Das bedeutendste mittelalterliche Glossar ist der (zwi-
schen 1420 und 1440 verfasste) lat.-französ. Dictionarius des Firmin le
Ver Firminus Vermis , Prior der Karthäuser zu St. Honore lez Abbeville,
VgL darüber Schwartz a. a. O. 13 f.
Un vocabulaire hebrai'co-francais , p. p. A. Neubauer in Rom. Stud.
I 763 ff. (cf. E. BÖHMER, De vocabulis francogallicis iudaice transscriptis,
in Rom. Stud. I 197 ff.) — A. Darmesteter, Glosses et glossaires hebreux-
francais du moyen-äge, in Rom. I 146 ff. vgl. desselben Gelehrten Ab-
handlung: Mots latins dans les textes talmudiques, in Rom. I 92 ff. —
11*
1(34 Pas Französische.
M. Grünewald, Zur romanischen l^ialektologie. Heft II : Das Altfranzö-
sische aus Raschi's Bibelcommentar. Belovar s. a.
c) Wörterbücher des Altfranzösischen: La Cuune de Ste-
Palaye, Dictionnaire historique de l'ancien langage fran9ais ou glossaire
de la langiie frcse depuis son origine jusqu'au siecle de Louis XIV, p. p.
L. Famie. Niort 1875/80. 8 Bde. (dies im 18, Jahrhundert verfasste Werk
entspricht selbstverständlich den Anforderungen der heutigen Wissenschaft
nicht im Mindesten und wäre besser ungedruckt geblieben!. — [J. B. B.
Roquefort, Glossaire de la langue romane, redig^ d'apres les mss. de la
bibliotheque imperiale. Paris 1808/20. 2 Bde. u. ein Supplementbd.j —
Hippeav, Dictionnaire de la langue frgse aux 12^ et 13« siecles. Paris
1866/72 — L. DE Laborde, Glossaire frcs du moyen-äge. Paris 1872 —
*Fr. Godefroy, Dictionnaire de l'ancienne langue frcse et de tous ses
dialectes du IX^ au XV^ siecle, compose d'apres le depouillement de tous
les importants documents manuscrits ou iraprimes qui se trouvent dans les
bibliotheques de la France et de l'Europe etc. Paris seit 1S79, bis jetzt
sind 3 Bde. erschienen (vgl. die Recensionen von A. Darmesteter in Rom.
IX 346 f., X 426 ff., und von A. Tobler in Zeitschr. f. rom. Phil. V 147 ff.,
— Jensch, Beiträge zur Lexikographie des Altfranzösischen. Progr. der
Gewerbeschule zu Magdeburg 1858 — Ein altfranzösisches Glossar, das
seiner compendiösen Form wegen für praktische Zwecke sehr brauchbar
ist, enthält Bd. 3 von Burguy's Grammaire de la langue d'oil. — Wem
die grösseren altfranzösischen Lexika nicht zugänglich sind, findet in Bur-
guy's oben genanntem Glossare und ebenso in dem Glossar in Bartsch'«
altfranzösischer Chrestomathie einigen Ersatz. Specialglossare, oft freilich
sehr unvollkommener Art, sind zu einer ganzen Anzahl altfranzösischer
Texte vorhanden, besonders verdienen genannt zu werden E. Gachet's
Glossar zu den Chroniques rimees de Godefroy de Bouillon etc. Brüssel
1859], G.\utiek's u. Cledat's Glossare zu ihren Ausgaben des Rolandsliedes,
Joly's Glossar zu seiner Ausgabe des Roman de Troie, Sciieler's Glossar
zu seiner Ausgabe der Dits de Condet, die Glossare zu den einzelnen
Bänden der von W. Förster herausgegebenen altfranzösischen Bibliothek.
d) AYörterbücher des Neufranzösischen a) vor dem Dict.
de l'Academie (vgl. Schwartz a. a. O. p. 6 ff. u. 18 ff. , Thvrot. De
la prononciation frcse etc. I p. XXII ff.). L. Garrin, Dictionnaire latin-
francois. Genf 1487 — Catholicon abbreviatum. Paris 1506 — Vocabularium
latinis, gallicis et theutonicis verbis scriptum. Lyon 1507, Cöln 1568 —
Vocabularius (sie!) latinis, gallicis et theutonicis verbis scriptum. Strass-
burg 1515 — Bovelles (Bovillus), Liber de differentia vulgarium lingua-
rum et gallici sermonis varietate. Quae voces apud Gallos sint factitiae et
arbitrariac vel barbariae (sie!): quae item ab origine latina manarint. De
hallucinatlone gallicorum nominum. 1533 Paris?) — R. EsTIEN'NE, Diction-
naire francois-latin. Paris 1539, eine spätere Ausgabe erschien Paris 1549
(enthält 20 000 nach »racines« geordnete Worte) — J. Nkot, Dictionnaire
fran^ois-latin. Paris 1564, 1573, 1614, Genf 1625, Ronen 1625, Paris 1692,
1752 — J. NicoT, Thresor de la langue irqse tant ancienne que moderne
auquel entre aiitres choses sont les mots propres de Marine, Venerie et
J)ie Worte. 165
Fauconneric. cy-devant ramasscz par Aimart de Kaucunnct. Paris KiUG —
Dietionnairc francais-allemand et allemand-francais. Norimberfj^ae 1590, 4te,
bezw. 5te Ausg;. Frankfurt a. M. 1614 u. l(il(j — Pii, Monet, Inventaire
des deux langues fran9aise et latine assorti des plus utiles curiositez de
Tun et de l'autre idiome. lijon 1635 — F. Moukl, Petit thresor des mots
francois selon l'ordre des lettres qu'il les faut escrire toumez en latin.
Kouen 1636 — A. Ol'DIN. Curiositez francoises, pour Supplement aux dic-
tionnaires ou recucil de plusieurs belles proprietez avec une infinite de
proverbes et quolibets pour l'explication de toutes les sortes de livres.
Paris 1640 — A Dictionary of the French and English tongues compiled
by Raxdle Cotgrave. London 1612, 1632 u. 1660 — P. Borel, Tresor de
recherches et antiquitez gauloises et fran9oises reduites en ordre alpha-
betique. Paris 1655 — C.-P. Richelet, Dictionnaire francois, contenant
les mots et les choses, plusieurs nouvelles remarques etc. Genf 1680, Cöln
1694, Lyon 1728, Amsterdam 1732, Lyon 1759 — C. DU Fresne, Etymo-
logicon linguae gallieae. Paris 1682 — C. de Ro.chefort, Dictionnaire
general et curieux. Lyon 1685 — A. Furetiere, Dictionnaire universel.
Rotterdam 1690, 1701, 1708, im Haag 1727.
b' Seit dem Erscheinen des Dict. de l'Academie. Das Dict.
de l'Acad. ist bis jetzt in sieben Ausgaben erschienen: 1694, 1718, 1740,
1762, 1798 ohne die Autorität der damals aufgehobenen Akademie), 1835
und 187S (über diese vgl. oben S. 129. In der ersten Ausgabe waren die
Worte etymologisch geordnet, doch war jedem der 2 Bände, aus denen
sie bestand, ein alphabetisches Register beigegeben. Die allgemeine Auto-
rität, deren das Dictionnaire sich seit etwa einem und einem halben Jahr-
hundert erfreut, hat es sich aber doch erst allmählich erringen müssen:
im Anfange fehlte es ihm nicht an Anfeindungen. Die wissenschaftliche
Bedeutung des Dictionnaire ist übrigens gering genug oder ist vielmehr
gleich Null, dagegen ist ihm der Ruhm nicht abzusprechen, eine im guten
Sinne des Wortes kritische iwenn auch nicht selten et^was engherzige) Zu-
sammenfassung des Wortschatzes der Litteratursprache zu sein. Dass das
Dictionnaire der' lebendigen Sprache immer nur nachhinkt und folglich
kein vollkommen treues Abbild derselben zu geben vermag, ist zu sehr in der
Natur der Sache begründet, als dass es ihm zum Vorwurf gereichen könnte;
auch dass die Vorbereitung jeder neuen Ausgabe lange Zeit erfordert und
dadurch der einheitliche Charakter des AVerkes beeinträchtigt wird, ist be-
greiflich genug, zumal da der Mitarbeiter so viele sind. Schlimm aber
und nicht zu rechtfertigen ist, dass die Akademie starr an dem, so za sa-
gen, sprachästhetischen Standpunkte festhält und sich nicht zu entschlies-
sen vermag, den Anforderungen der historischen Sprachwissenschaft Ge-
nüge zu leisten. (Ueber die im Dict. de l'Acad. vorkommenden Irrthümer
vgl. Pautex, Errata de TAcad. fr^se. Paris 1862, und Terzlolo, Etudes
sur le Dict. de l'Acad. Paris 1864). — E. Littre, Dictionnaire de la lan-
gue frcse. Paris 1863/72, 2 vols. en 4 parts ; dazu Supplement au Diction-
naire de la langue frcse, redige par E. Ijttre. Suivi d'un dictionnaire
etymologique de tous les mots d'origine Orientale par Marcel Dea'IC. 1877
(Littre's Dictionnaire ist eine bewundernswerthe und in ihrer Art bis jetzt
1(36 ^^^^ Französische.
unübertroß'ene Schöpfung sprachlicher Gelehrsamkeit, ein AVerk, welches
in wissenschaftlicher Hinsicht das Dictionnaire de l'Acad. in tiefe Schat-
ten stellt. Indessen seine kleinen Schwächen und Mängel hat auch LlT-
trk's Dictionnaire, so muss namentlich bemerkt werden, dass die darin
gegebenen Aussprachvorschriften vielfacli nur auf gelehrter Grille beruhen
und durchaus nicht für massgebend erachtet werden dürfen. [Vgl. MiRET,
Orthoepische Betrachtungen in Bezug auf Littre's Wörterbuch, in : Hek-
RlG's Archiv Bd. 40 S. 405 ff., Bd. 41 S. :i7T ff. u. Bd. 42 S. 1 ff] — Die
interessante Geschichte seines Dictionnaires hat Littre selbst anmuthig und
spannend erzählt in dem Essay »Comment j'ai fait mon dictionnaire de la
langue francaise«, das zuerst in den »Etudes et Glanures«, später auch se-
parat erschien und — sehr unnöthigerweise, da ja gewiss Alle, die sich
dafür interessiren, des Französischen kundig sind — in das Deutsche über-
setzt worden ist'. Nachträge zu Littre's Dictionnaire gab A. BoiCHERIE
in der Schrift : Additions au dictionnaire de Littre d'apres le 'De compo-
sitione medicamentorum de Bernard Dessen'. Paris 1881. Eine Studie über
Littre's Werk veröffentlichte J. E. Petrequin, Etüde litteraire et lexico-
logique sur le dictionnaire de la langue frcse de M. E. L. Lyon 1875. —
Einen Auszug aus L.'s Wörterbuch hat veranstaltet L.'s hervorragendster
Mitarbeiter A. Beauje.\n, Dictionnaire de la langue frcse, abrege du dic-
tionnaire de E. Littre. Paris 1875 ivgl. die Recension von C. Sachs in
Zeitschr. f. rom. Phil. I 474 ff.;. Derselbe Beaujeax gab im Jahre 1876
.auch ein Petit dictionnaire universel heraus. — *C. Sachs und C. ViL-
LATTE, Encyklopädisches französisch-deutsches und deutsch-französisches
Wörterbuch. Berlin 1881. 2 Bde. Nachträge zu dem S.-V.'schen Wörter-
buche sind in der Zeitschr. f. neufranz. Sprache u. Litteratur und in Her-
rig's Archiv mehrfach erschienen.
Neben den Riesenwerken der Akademie, Littre's und Sachs- VlL-
latte's erscheinen alle übrigen Dictionnaires als von nur untergeord-
neter Bedeutung, und dieser Eindruck ist um so richtiger, als die betref-
fenden Bücher in der That mehr oder weniger auf Grund des Dictionnaire
de l'Acad., neuerdings auch auf Grund von L. und S.-V. gearbeitet sind,
wirkliche Originalität also nicht besitzen ^womit übrigens, wie jeder Sacli-
kundige einsehen wird, nicht im Mindesten ein Vorwurf ausgesprochen
oder gar die Anklage des Plagiats erhoben werden soll; ebenso darf als
selbstverständlicli bemerkt werden, dass manche der betreffenden "Werke
in praktischer Beziehung ihre grossen Verdienste besitzen und für den
Nichtgelehrtcn jedenfalls bequemer zu benutzen sind, als die Riesenwerke
der Academie etc.. Die besseren hierher gehörigen Wörterbücher sind:
Gattel, Dictionnaire universel de la langue fran9aise. 6^ ed. Paris 1841
— N. Laxdais, Dictionnaire general. U« ed. Paris 1852 — PoiTEVix,
Nouvelle dictionnaire universel. Paris 1854 — Bescherelle, Dictionnaire
national. Paris 1858.
Auf eine Besprechung der deutsch - französischen Wörterbücher hier
näher einzugehen, liegt kein Anlass vor, da die Bemerkung genügen kann,
dass weitaus das beste von allen das SACil.s-VlLLATl'K'sche ist, von wel-
Die AVorte. 1(i7
chem bekanntlich auch eine für den Sehul- und liandj;cbraueli bestimmte
billige Ausgabe existirt. An sich ganz empfelüenswertli sind neben dem
S.-V. "sehen die AVörterbücher von ScmsTKU-KKGMEU, Mozin-Pkschiku,
Molk und Tuibait.)
Dem praktische» Bedürfnisse eines Reisewörterbuches genügen in vor-
trefflicher AVeise: E. Pollak und G. A. Appihn, Französischer Sprach-
führer, in der Meyer'schen Sammlung von »Sprachführern«. Leipzig 18">1.
liibliogr. Inst., und C. Vill,\tte, Nothwörterbuch der französischen und
deutschen Sprache. Thl. I : Französisch-Deutsch, Thl. II : Deutsch-Franzö-
sisch, Thl. III: Land und Leute in Frankreich über diesen letzten sehr
interessanten Theil vgl. oben S. 23). Berlin 18S4. Langenscheidt'sche Ver-
lagsbuchliandlung.
c) Special Wort er buch er für einzelne neufranzösische Au-
toren sind erst in sehr beschränkter Anzahl vorhanden; es seien ge-
nannt: GoDEFROY, Lexique compare de la langue de Corneille. Paris 1S62
— Makty-Laveaix, Lexique de la langue de Corneille. Paris 1S68 —
Gexix, Lexique compare de la langue de Moliere. Paris 1846 — E. Som-
mer, Lexique de la langue de Mme de Sevigne. Paris 1867 — Lorin, Vo-
cabulaire pour les ceuvres de Lafontaine. Paris 1852.
SoMAlZE, Dictionnaire des pretieuses, p. p. Ch. Livet. Paris 1860
(vgl. BrcHMAXX, Ueber Somaize, in Herrig's Archiv Bd. 29, S. 51 ff.).
d Dialectwörterbücher : S. oben S. 98 ff.
2. Argot, Neologismen und Aehnliches: 'Anonym, Diction-
naire du bas-langage ou des manieres de parier usitees parmi le peuple
etc. Paris 1S08. 2 Bde. (vgl. F. Zverina, Beiträge zur französischen Le-
xikographie, in Zeitschrift f. neufranz. Spr. u. Litt. V^ 256 ff'.; — L. Lar-
CHEY, Les excentricites du langage francais Dictionnaire de l'argot pari-
sien'. 6^ ed. Paris 1872, vgl. Darmesteter in: De la creation aetuelle de
mots nouveaux etc. p. 39 — L. Rigai'D, Dictionnaire de l'argot moderne.
Paris 1881 — A. Delvav , Dictionnaire de la langue verte. Nouv. ed.
Paris 1883 — Gl:illot, Le dit des rues de Paris, avec notes, preface et
glossaire par E. Marexse. Paris 1S75 — C. Villatte, Parisismen. Al-
phabetisch geordnete Sammlung von eigenartigen Ausdrucksweisen des
Pariser Ai-got. Berlin 1S84 vgl. die Besprechungen von Sarrazin, Kosch-
wiTZ, Bertrand und Gauthier-Villars in Zeitschr. f. nfrz. Spr. u. Lit.
\i 209 ff. u. VI 2 36 ff", u. 183 ff.:.
Desfontaines, Dictionnaire neologique ä l'usage des beaux-esprits du
siecle. Paris 1712 — Dictionnaire neologique. Amsterdam 1756 — Ano-
n}"m , Dictionnaire des richesses de la langue frcse et du neologisme qui
s'y est introduit. Paris 1770 — Nouveau dictionnaire pour servir ii l'in-
telligence des termes mis en vogue par la Revolution. Paris 1792 — Meu-
ciER, Neologie ou vocabulaire des mots nouveaux. Paris 1801 — Ch.
Pougens, Archeologie frcse ou Vocabulaire des mots anciens tombes en
desaetude et propres k etre restitues au langage moderne. Paris 1821,25.
2 Bde. — R. DE RADONVILLIER.S , Dictionnaire de mots nouveaux. Paris
1845 — A. Weil, Cinq mille mots logiquement inherents ä la langue
168 Das Französische.
francaise, oiuis par tous les dictionnaires et restitues par A. Weil. Paris
1873. »)
BouiLLET, Dictionnaire des sciences, des lettres et des arts. 9« ed.
Paris 1861 — Dictionnaire du commerce et de la navigation. Paris 1859
— Encyclopedie technologique. Paris 18(i0 — SAUvnioN, Dictionnaire des
termes techniques. Paris 1868 — ToLHAU.SEN et Gardissal , Dictionnaire
technologique francais-anglais-allemand. Paris 1854 — Laboulayk, Dic-
tionnaire des arts et manufactures. Paris 1861 — Ramee, Dictionnaire ge-
neral des termes d'architecture. Paris 1868 — Pakmexti)ER, Vocabulaire
de la fortification. Paris 1849 — De Crssy, Dictionnaire du diplomate.
Leipzig 1846 — Meisel, Cours de style diplomatique. Dresden 1823 —
J.-J. Rousseau, Dictionnaire de musique. Paris 17G8.
Noch sei hier erwähnt Boissier's in immer neuen Auflagen erschei-
nendes, praktisch sehr brauchbares Dictionnaire analogique, eine Art Sach-
■wörterbuch (Näheres hierüber sehe man bei Breitinger, Studium und Un-
terricht des Französischen, S. 72 f. .
3. Etymologie. Bovelles, Liber de difFerentia vulgarium lingua-
rum etc. (s. oben S. 164), 1533 — Menage, Dictionnaire etymologique ou
origines de la langue frcse. Nouv. ed. Paris 1694 u. 1750 — B. de Roque-
fort, Dictionnaire etymologique de la langue frcse. Paris 1829. 2 Bde.
F. Diez, Grammatik der roman, Sprachen. Bd. 1 (Lautlehre, wobei viel
Etymologisches erörtert wird;, und Etymolog. Wörterbuch der romanischen
Sprachen, besonders Abschnitt II ^ — A. Brächet, Dictionnaire des dou-
blets ou doubles formes de la langue frcse. Paris, seit 1868 (dazu Supple-
ment, Paris 1883) — A. Scheler, Expose des lois qui regissent la trans-
formation frcse des mots latins. Brüssel u. Paris 1876 (vgl. die Recension
von O. Knauer in Zeitschr. f. rom. Phil. I 479) — *A. Scheler, Dic-
tionnaire d'etymologie frcse. 2« ed. Brüssel 1873 — *A. Brächet, Dic-
tionnaire etymologique de la langue frcse. Paris, seit 1S6S — H. Stappers,
Dictionnaire synoptique d'etymologie frcse. Paris 1884 — Dictionnaire ety-
mologique des mots frcs qui viennent du grec ancien. Paris 1843 — Lou-
BENS, Rccucil de mots frcs derives de la langue grecque. Pari.s 1880 —
J, Malinowski, Des mots .slaves adoptes dans la langue frcse, in dem
Bull, de la Soc. scient. et litt. d'Alais. Annee 1876, VIII 134 ff. — PfflAX,
Glossaire des mots frcs tires de l'arabe, du persan et du turc. Paris lb47
— Dictionnaire etymologique des mots de la langue francaise derives de
l'arabe, du persan ou du turc, avec leurs analogues grecs, latins, cspagnols,
portugais et italiens. Paris 1S66 — Devtc, Dictionnaire etymologique des
mots frcs d'origine Orientale. Paris 1876 — LouHEXS, Recueil des mots
frcs tirees des langues etrangeres. Paris 1883. — Ueber die germani-
schen Elemente im Französischen vgl. oben S. 49 f. — Thurx-
EYSSEN, Keltoromanisches. Die keltischen Etymologien in Diez' EtjTnolo-
\ Ueber die Neologismen im Französischen vgl. auch F. Sciioi.le's
Schrift. Ueber den Begriff Tochtersprache Berlin 1869, sowie dessen Be-
merkungen in Herrig's Archiv Bd. 39, S. 425 ff., u. Bd. 42. S. 163 ff.
Die Worte. 1G9
gischem Wörterbucli. Hallo 1884 — M. SniAriKo, Revclations etymolo-
giques. Origine des mots dits liistoriques. 1. Armes trancliantes. Paris
1880, cf. Rom. IX 351.
E. J. Hauschild, Etymologisches ^^'örterbllch der französischen Spra-
che. Leipzig 1843 — »J. Weiss-Hans, Französisch-deutsches etymologisches
"Wörterbuch. Genf 1864 — Jüsupeit, Ueber französische Etymologie in
der Schule, in Herrig's Archiv Bd. 70, S. 317 tf.
F. Gkm.n , Rccreations jihilologiques ou recueil de notes pour servir
ä l'histoire des mots de la langue fr9se. 2^ ed. Paris 1858 — Ni.sauü, Ou-
riosites d'etymologie frcse. Paris 1863 — Mahn, Etymologische Untersu-
chungen auf dem Gebiete der romanischen Sprachen. Spec. 1/24. Berlin
1853/76 — H. A. Schötensack, Etymologische Untersuchungen auf dem
Gebiete der französischen Sprache. Stendal 1870, und: Beitrag zu einer
wissenschaftlichen Grundlage für etymologische Untersuchungen auf dem
Gebiete der französischen Sprache. Bonn 1884 (absolut wcrtliloses A^'erk
eines ^vüsten Dilettantismus .
F. Leiffholdt , Ethnologische Figuren im Romanischen, Erlangen
1884 ;der erste, freilich auch nur sehr unvollkommen gelungene Versuch
auf diesem mit der Stylistik sich berührenden Gebiete).
Etymologische Untersuchungen sind in grosser Anzahl in den Fach-
zeitschriften für romanische Philologie enthalten, namentlich in der Ro-
mania und in der Zeitschr. f. rom. Phil. , in der zur letzteren gehörigen
Bibliogi'aphie , sowie in Ebering's Anzeiger findet man die betreffenden
Angaben verzeichnet.
4. Synonymik. ;Einen,.Ueberbliek über die Geschichte der französi-
schen SjTionjTnik giebt Lafate in der Einleitung zu seinem Dictionnaire,
ebenso Schmitz in der Vorrede zu seiner SynonjTiiik.j Girard, Synony-
mes francais. Amsterdam 1762 — LivoY, Dictionnaire des synonjmes frcs.
Paris 1767 — RouBAUD, Synonymes francais. Nouv. ed. Paris 1785 —
J. Lang , Dictionnaire universel des synonymes de la langue francaise.
Ulm 1S07 — Levizac, Dictionnaire des sjTionymes. Paris 1809 — Laveai'x,
Dictionnaire synonymique de la langue frcse. Paris 1826 — GülzoT, Dic-
tionnaire universel des synonymes de la langue fr9se. Paris 1809. 5^ ed.
Paris 1859 — *Lafaye, Dictionnaire des synonymes de la langue frcse.
4e ed. Paris 1878 (klassisches Werk) — BouRGUiGXOX und E. Bergerol,
Dictionnaire des synonjines de la langue frcse, comprenant et resumant
tous les travaux faits jusqu'ä ce jour etc. Paris 1884 — A. L. Sardov,
Nouveau dictionnaire des synonymes frcs. 6^ ed. Paris 1884 — H. Wex-
DELL, Franska synonymer. Lund. 1879, Diss. — J. Herz, Französische
Synonyma. Heilbronn 1879 — H. ScHULZE, Französische SjTionymen. Eine
Zusammenstellung für den Unterricht. Zittau 1879, Progr. (vgl. Zeitschr, f.
nfrz. Spr. u. Litt. I 477,i.
Laüsberg, Die verbalen Synonyma in den altfranzösischen chansons
de geste Amis et Amiles und Jourdains de Blaivies. Münster 1884. Diss,
— Lemberg , Die SynonjTiia im Rolandsliede (Oxforder Text . Münster.
Diss. soll im Sommersemester 1886 erscheinen).
A. Waldow, Die SjTionyma der französischen Sprache. Leipzig 1847
170 l^as Französische.
— *B. Schmitz, Französische Synonymik. Greifswald 186S. 3. Ausg. Leip-
zig 1883 — BUEKB.\UM, Proben aus einem "Wörterbuche französischer Sy-
nonyma. Coesfeld 1875/70. Progr. — K. Klöpper, Französische Synony-
mik für höhere Schulen und Studirende. Leipzig 1881 — F. Koldewey,
Französische Synonymik für Schulen. Wolfenbüttel 1881 — K. Mevker,
Französ. Synonymik für die oberen Klassen höherer Schulen. Köln 1881.
Kurze synonymische Angaben findet man auch in den grösseren "Wör-
terbüchern.
5. Homonyme u. d'gl. Ackermann, Dictionnaire des homonymes.
Berlin 1842, und Dictionnaire des antonj-mes et contremots. Paris 1S42 —
J. B. Levee, Dictionnaire des epithetes frcses. Nouv, ed. Paris 1817 —
P. PoiTEVlN, Etüde methodique et raisonnee des homonjTnes et des par-
onymes frcs. Paris 1878.
6. AVortbildung und "Wortzusammensetzung. E. Eggek, Ob-
servations sur un procede de derivation tres frequente dans la langue fran-
caise et dans les autres idiomes neo-latins. Paris 1864, und: Les substan-
tifs verbaux form6s par apocope de l'infinitif. Montpellier 1S75 — A. D.\R-
mestetee, De la creation actuelle de mots nouveaux dans la langue fran-
caise et des lois qui la regissent. Paris 1877 — E. Etiexne, De diminu-
tivis, intensivis, collectivis et in malam partem abcuntibus in francogallico
sermone disputavit E. E. Nancy 1883 — Lespy, D'oü viennent quelques
diminutifs frcs 'seil, die auf -et' , in Rev. de la Soc. des scienc, des lett.
et arts de Pau. 2® serie, t. II (vgl. Rom. II 316j — J. CoRXU, Les noms
propres latins en -ittiis, -a et les diminutifs romans en -ett, in Rom, VI 247 —
Le Hericiiier, Histoire et glossaire de deijx prefixes dans le patois, le
vieux frcs et le frcs, in Rev. de ling. et de phil. comp. t. XVI 177 ff. —
J. RoTiiENBERG, De suffixarum mutatione in lingua francogallica. Auch
u. d. T. : Die Vertauschung der Suffixe in der französ. Sprache. Göttingen
(Druckort Berlinj 1880 fvgl. die Recension von G. "Willexuerg in Ztschr.
f. nfrz. Spr. u. Lit. III 558 fi'.. — M. MiRiscH, Geschichte des Suffixes
-oltis in den romanischen Sprachen etc. Bonn 1882. Diss.
G. A. Kloppe, Wortbildung der französ. Sprache in ihrem Verhält-
nisse zum Latein. Magdeburg 1850 — Jon. Schmidt, Ueber die französ.
Nominalzusammcnsetzung. Berlin 1872 (vgl. die Recension von A. ]).\R-
mesteter in Rom. I 387 ft'.).
A. D.armesteter, Traite de la formation des mots composes dans la
langue frcsc comparee aux autres langues romanes et au latin. Paris 1874
fvgl. die Recension von E. KoscilwiTZ in Jahrb. f. rom. u. engl. Spr. u.
Lit. XV 229 ff.) — L. F. Meunier, Les composes qui contiennent un verbe
ä un mode personnel en francais, en Italien et en espagnol. Paris 1875 —
*H. Osthoff, Das Verbum in der Nominalcomposition im Deutschen,
Griechischen, Slavischen und Romanischen. Jena 1878.
7. Orts- und Familiennamen. E. Glück, Die bei Cäsar vorkom-
menden keltischen Ortsnamen. München 1857 — Q. EssER, Ueber gallische
Ortsnamen in der Rheinprovinz. Andernach 1874 — J. Qcicherat, De la
formation frcse des anciens noms de lieux, traite pratique, suivi de re-
marques sur de noms de lieux foumis par divers documents. Paris 1867 —
Die Worte. 171
COCHERIS, Originc et formation des noms de lieii. P;iris ISl'S '?] — E.
LiTTRK, Noms de lieu de France, in Etudes et j;lanures p. 1*)7 ff. — H.
MoisY, Etudes philolojjiques d'onomatologie normande. Paris 1875 — De
Chabax, Essais sur Torigine des noms locaux dans la Touraine et le Ven-
domois. Vendome ISSl — E. Mainikh, Etudes etymologiques, historiques
et comparatives sur les noms des villes, bourgs et villages du departement
du Nord. Paris 1S62 — E. Rittek, Les noms de famille. Paris 1S75 —
H. MoisY. Noms de famille normands. Paris 1S75 vgl. die llecension von
A. Darmesteter in Rom. V 251 f.] — E. Freyberc;. Französische Per-
sonennamen aus Guiman's Urkundenbuch von AiTas. Halle ISS'2, Diss. —
F. Seiffert, Ein Namenbuch zu den altiranzösischen Artusepen. Greifs-
wald 1&6S. Diss. — Rigollot, Essai d'onomastique. Les Noms de famille
de Vendome en 16 siecle. Extr. du BulL de la Societe archeol. etc. de
Vendömois ISSO — L. Larchey, Dictionnaire des noms, contenant la re-
cherche etATuologique des formes anciennes de 20 20U noms releves sur les
annuaires de Paris. Nancy u. Paris ISSO — Almanaque des noms, expli-
quant 2S00 noms de personnes. Paris ISSO.
8. Phraseologie u. dgl. H. Barbiei'X, Antibarbarus der französi-
schen Sprache. Frankfurt a. M. 1862 — *B. Schmitz, Deutsch-französische
Phraseologie in systematischer Ordnung. Greifswald 1872, 4. Ausg. Berlin
1S82 — *'K. Plötz, Vocabulaire systematique et guide de conversation
frcse. Berlin, in immer neuen Auflagen erscheinend auch der grösste Geg-
ner der Plötz'schen Lehrbücher wird nicht umhin können, das Vocabulaire
als ein in seiner Art vortreffliches, weil ungemein reichhaltiges und gut
geordnetes Hülfsmittel für den Unterricht, namentlich aber für den Selbst-
unterricht, anzuerkennen — H. HroE, Frauzös. Vocabular unter Berück-
sichtigung der EtjTnologie und Phraseologie auf der Basis des "Wort-
schatzes der Plötz'schen Lehrbücher. Rostock 1882 — A, Holtermanx,
Deutsch-französ. phraseologisches Wörterbuch. Dortmund 1882 — A. E.
BE.AUVAIS, Grosse deutsch-französ. Phraseologie. Nach den besten Quellen
und den neuesten französ. Schriftstellern bearbeitet und mit synonymischen
etc. Noten versehen. Wolfenbüttel 1SS4. 2 Bde.
K. W. Kolbe, Ueber den AA'ortreichthum der deutschen und franzö-
sischen Sprache und beider Anlage zur Poesie. Berlin 1818 — 20. 3 Bde. —
F. Brakdst.\ter , Die Gallicismen in der deutschen Schriftsprache. Leip-
zig 1874.
9. Bedeutungswandel. Ueber den Bedeutungswandel innerhalb
des Französischen bezw. zwischen Lateinisch und Französisch, Germanisch
und Französisch etc.l findet mau in den etjTnologischen "NA'örterbüchern,
besonders in denen von DiEZ und Scheler, viele treffliche und reichhaltige
Angaben und Bemerkungen; auch Littre hat bei der Geschichte der ein-
zelnen Worte den eingetretenen Bedeutungswandel berücksichtigt. Dagegen
fehlt es noch sehr an Specialuntersuchungen, was freilich um so weniger
befremden kann, als die Vorfrage, ob der Bedeutungswandel in der Spra-
che nach bestimmten psychologischen Gesetzen, bezw. nach welchen der-
artigen Gesetzen erfolgt ist, noch der Beantwortung harrt und folglich
vorläufig noch kein System vorhanden ist, nach welchem die massenhaften
172 1^'^''' Französische.
Einzelerscheinungen methodisch sich ordnen liesseu. H. I-ehmanx's Schrift:
Der Bedeutungswandel im Französischen (Erlangen 1884) enthält ein ziem-
lich reichhaltiges, freilich nicht immer kritisch gesichtetes Material, und
viele schätzbare Beobachtungen, doch kann von ihr nicht behauptet wer-
den, dass durch sie die Grundlagen der französischen Sematologie ge-
schafi'eu worden seien.
10. Schlussbemerkung. Die französische "Wortforschung ist —
mit Ausnahme der eigentlichen Lexicographie , der Etymologie und der
neufranzösischen Synonymik — noch ein sehr wenig wissenschaftlich an-
gebautes Gebiet der französischen Philologie, imd es wäre zu wünschen,
dass ihm in Zukunft grössere Berücksichtigung geschenkt würde. Nament-
lich Aväre es eine dankbare Aufgabe, die Wortgeschichte in ihren ver-
schiedenen Beziehungen klar zu legen. Andeutungen über die dabei fest-
zuhaltenden Gesichtspunkte sind bereits Theil II, S. ISti f , gegeben worden.
Siebentes Kapitel.
Die Wortfornien uud die Wortformumsclireibuugeu.
§ l. Das Genus der Suhstantiva.
1. Die etymologischen Hauptregeln über das Genus der
französischen Substantiva sind:
a) Lateinische Masculina bleiben Masculina. z. B. focus :
le feu. frucüis : le fruit, ordo : un ordre, mons : Je mont etc.
b) Lateinische Feminina bleiben Feminina, z. B. rosa :
la rose, virtus : la vertu, matms : Ja inain, r/Jacies : Ja gJare etc.
c) Lateinische Neutra in Singularform werden Masculina,
z. B. caeJum : Je cieJ, piper : Je jioicrc, cornu : Je cor etc.
d) Lateinische Neutra in Pluralform werden Feminina,
z. B. arma : une arme, paria : Ja paire, muraJia : Ja murailJe etc.
2. Von a) imd b) giebt es mehrfache Ausnahmen, die bei
weitem wichtigste derselben ist der Uebergang der Substan-
tiva auf -or (z. B. doJor, coJor, caJor etc.) zu den Femininis,
ein Uebergang, dem sich nur die Nomina actoris auf -ior [im-
perator etc.) vermöge ihrer Bedeutung entzogen haben [Je Ja-
beur, un honneur , un amour verdanken ihr Genus gelehrtem
Einflüsse, welcher im IG. Jahrhundert auch douJeur etc. dem
Masculinum zurückzugeben versucht hat). Der gleiche Ge-
Die AVortfornun und die Wortformumschreibungen. 173
schlechtswechsel hat im Provenzalischen uml Kumänischen
stattfjefunden. wälirend die übrigen romanischen Sprachen ihn
nicht kennen oder doch nnr, Avie das Altspanische und das
Portugiesische. Ansätze dazu aufweisen. Die Erklärung der
merkwürdigen Thatsache ist schwierig genug. Litthe nahm
an ^Preface zu Bka(het"s Gramm, p. xvi), dass ursprünglich,
wie hei den Nominibus actoris. so auch bei den Abstractis
auf -or sowol der Nominativ als Casus rectus . als auch der
Accusativ als Casus obl, in das Französische übergregangen
sei. wobei an den Nominativ aus phonetischem Grunde ein
(■ angehängt worden sei und dieses nun, weil sonst fast nur
die Endung weiblicher Substantive . den Uebergang zum Fe-
mininum veranlasst habe, also :
cälor : cah\ chalre. chaure^
ralörem : chaJeur.
Aber Littre s Hypothese stützt sich nur auf das verein-
zelt vorkommende chaure. welches keineswegs aus cälor ent-
standen zu sein braucht, sondern vielmehr jedenfalls ein sub-
stantivirtes Infinitiv cäVere für calere ist, dessen weibliches
Geschlecht sich als Anbildung an la chaleur erklären lässt.
Es kommt hinzu, dass Littres Annahme der Erhaltung des
Nominativs bei den Abstractis auf -or sehr gewagt und von
vornherein unwahrscheinlich ist. A. Hormxg giebt (Zeitschr.
f. rom. Phil. VI 443 f.; folgende Erklärung:
»Es muss auffallen, dass neben der langen Reihe der Wörter auf -or,
-örts, die Personen bezeichnen und die im Altfranzösischen und Altpro-
venzalischen einen (ursprünglich lateinischen Nominativ und Accusativ
hatten, eine ebenso lange Reihe von Wörtern auf -or steht, die keine
Person bezeichnen und jener Hexion entbehren; nur diese letzteren haben
das weibliche Genus angenommen. Da beide Reihen, was das Genus und
die Endung -orem betraf, mit einander übereinstimmten, aber der Flexion
nach eine durchaus verschiedene Behandlung erfuhren , so empfand man
diese Verschiedenheit der Behandlung als eine Inconsequenz. Man suchte
diesen Widerspruch zu beseitigen durch Herstellung eines durchgreifen-
den äusserlichen Unterschiedes zwischen beiden Klassen, und unter der
Wirkung dieses Gefüliles nahmen die Wörter der zweiten Klasse das weib-
liche Genus an. Dieser Wechsel war um so leichter möglich, als bereits
zahlreiche Abstracta weiblichen Geschlechtes in der dritten Declination
vorhanden -waren, z. B. die Wörter auf -te, wie i-en'te, und auf -o?i , wie
chanson. Dass die Veränderung im Genus nicht schon im Vulgärlatein vor
sich ging, beweisen diejenigen romanischen Sprachen, die in der älteren
Periode ein Schwanken des Genus der Abstracta auf -or zeigen .DlEZ, Gr.
174 I^^s Französische.
II 20 und in der jüngeren das männliche Genus aufweisen, dies ist der
Fall im Italienischen, im Spanischen und im Portugiesischen, in letzterem
jedoch mit Ausnahme von a cor, a clor, a flor (Ph. Anstett, Portugies.
Sprachlehre p. 460,. Man darf annehmen, dass einst auch im Italienischen
und Spanischen die Sub.stantiva auf -or , die Personen bezeichnen, einen
Nominativ liatten und dass aus dem angegebenen Grunde die Abstracta
auf -or bereits anfingen, das Genus zu wechseln. Da jedoch in diesen
Sprachen die Declination bald völlig schwand, so konnte das weibliche
Geschlecht sich nicht behaupten. Anders war es im Französischen, Pro-
venzalischen, Rätoromanischen und AValachischen in diesen Sprachen sind
die Abstracta auf -or Feminina geworden).«
HoRNiKG erblickt also den Hauptgrund des Genuswech-
sels in dem sprachlichen Triebe nach einer formalen Unter-
scheidung der einförmigen Abstracta auf -or (z. B. chaleur)
von den zweiformigen Nominibus actoris gleicher Nominativ-
endung (z. IJ. cmpererv . vmpereor). Gewiss mit Unrecht,
denn formal Avaren diese Substantiva ja schon hinreichend
durch das Vorhandensein, bezw. Nichtvorhandensein einer
Nominativform geschieden. Auch wäre die Unterscheidung
durch das Genus eine sehr mangelhafte gewesen, da sie ja
bloss durch den in der ältesten Zeit nur erst wenig gebrauch-
ten Artikel und durch die (hei Abstractis nur selten mögliche)
Vorsetzung eines Adjectivs zweier Endungen zum Ausdruck
gelangen konnte. Es dürfte vielmehr für den Genuswechsel
bestimmend gewesen sein nur das Vorhandensein der so massen-
haften weiblichen Abstracta auf -te und -07i auch die auf -tu.
wie Justitia, verdienen Berücksichtigung . welche das Bewusst-
sein erzeugen konnten . dass ein abstracter Begriff weibliches
Geschlecht haben müsse, und in Folge dessen auch die Ab-
stracta auf -or in die Sphäre des Femininums hinüberzogen.
Von Einfluss mag auch gewesen sein , dass das Germanische
und 'was vielleicht für das Kumänische von Wichtigkeit) das
Slavische fi,ir abstracte Begriffe das Femininum bevorzugen.
3, Die sonstigen Uebergänge von Masculineu zu Femi-
ninen, sowie von Femininen zu Masculinen lassen sich auf
folgende Gründe zurückführen : a) Schriftlateinische Genus-
ausnahmen sind in die Ihuiptregel zurückgetreten, z. B. die
schriftlateinischen Masculina ^m«, pulvis, cinis etc. bilden be-
kanntlich eine Ausnahme von der Kegel, dass die »Substantiva
auf -/*• F'eminina sein müssen, das französische Jajin, Ja pouclre.
Dil' A\ ortfuniH'u und die Wortforinumschreibungen. ITT)
la vendrc etc. bedeutet ilie wohl sc-hou im «jjallisclien ^'()lks-
latoiii vollzogene Rückkehr v.w dieser Regel : ähnlidi verhält
es sich mit ttn atome. le diahrtv. le synoilc w. dgl.. deren \ir-
sprünglich Aveihliches. der Endung -//,s -widerstreitendes Cienus
zwar vom Schriftlatein, aber nicht von der \'olkssprache ge-
achtet Avard. jedoch hat die im Französischen für das Femi-
ninum prädisponirende -e bei einigen Substantiva . wie hi
diphthongue . la methode etc. . die Erhaltung des weiblichen
Genus begünstigt, b Die französische Endung -e veranlasste
den Uebertritt ursprünglicher Masculina zu Femininen . die
französische Endvmg -e oder -Consonant den Uebertritt ur-
sprünglicher Feminina zu Masculina. z. \\. cortex . pumex.
pulex. aber ecorce f.. la pouce. la pure, spica. aestaa. ars. kber
epi, ett . art etc. . auch le Uzard (Analogiebildung an renard
etc.. le poison. le salut. le soff u. a. dürften hierher gehören.
c) Veränderte Auffassung des liegriifes hatte ^'eränderung des
Genus zur Folge, z. B. : nach lateinischer Auffassung sind
die Flüsse Masculina (weshalb auch die Mythologie nur Fluss-
götter kennt . im Französischen hat diese Auffassung sich
allerdings zum Theil erhalten (vgl. ie Rhone , le Doubs . le
Bhin etc. . daneben aber hat auch eine andere Auffassung
sich geltend gemacht . wonach die Flüsse als Feminina be-
trachtet werden vgl. la Loire] : den Anlass zu diesem ^^ an-
del gab jedenfalls die bei Flussnamen so häufige Endung
-d z= -e z. H. Matrona = la Marne. Seqv.ana = la Seine).
Das Latein legt den Bäumen weibliches Geschlecht bei . das
Französische dagegen neigt sich zur masculinen Auffassung
derselben, daher z. B. nicht bloss le pin . wo die Endung
massgebend gewesen sein könnte, sondern auch un arhre. uv
uune. tin platane u. dgl. ^'ielfach kann man zweifelhaft sein,
ob die Endung oder ein eingetretener Begriffs wandel den Ge-
nuswechsel veranlasst hat. Nicht selten auch dürfte dem fran-
zösischen Worte ein im Genus übereinstimmendes volkslatei-
nisches Wort zu Grunde liegen, während das Schriftlatein ein
im Genus abweichendes aufweist, so ist z. B. le singe =
simius und nicht = simia.
4. Der Uebertritt der singularen Neutren auf -um (()-
Stämme zu den Masculinen war schon durch die Gleichheit
der Flexion . welche beim ^'erstunnnen des auslautenden -7n
176 ^^^^ Französische.
und -s auch im Nom. Acc. und Voc, Sing, keinen Unter-
schied mehr kannte, nahe genug gelegt. Für die Neutra auf
-US S- Stämme war durch ihre scheinbare Endung, -welche
mit derjenigen der masculinen 0-Stämme übereinstimmte, ein
Anstoss zum Genuswechsel gegeben. Die übrigen neutralen
Stämme R-, N-, I-Stämme) mögen theils durch Analogie,
theils durch ihren consonantischen Auslaut zum Masculinum
hinübergezogen worden sein.
An Fällen, dass lateinische Neutra Sing, im Französischen
als Feminina erscheinen, fehlt es nicht; einige derselben
erklären sich leicht aus der statthaften Annahme, dass dem
französischen Worte nicht der lateinische Singular, sondern
der' Plural zu Grunde liegt [tme etahle = stabula, nicht =
stahulum) oder dass aualogische Beeinflussung gleich auslau-
tender Worte stattgefunden hat (z. B. dürfte etude nach Ana-
logie von solitude u. dgl. zum Feminin herübergezogen wor-
den sein : freilich muss erwogen werden , dass etude auch
lautlich eine abnorme Bildung ist und nicht recht klare Ent-
wickelungswege verfolgt hat). Andere Fälle dagegen sind
räthselhaft, falls man sich nicht mit dem Glauben an irgend
welche eingetretene Aenderung der begrifilichen Auffassung
begnügen will; so ist z. B. la mer ^ la cuiller nicht recht er-
klärlich (möglicherweise ist mer von seinem Antonym tcrre.
cuiller aber von den Femininen auf -iere^ welche zum Theil
ja Behälter und Gefässe bezeichnen, also mit cuiller begriffs-
verwandt sind, angezogen worden). — Sehr inconsequent sind
die griechischen Neutra auf -ma{t) behandelt worden: in der
Regel erscheinen sie, zweifelsohne in Folge ihrer scheinbar
weiblichen Endung -a = -e ^ als Feminina, z. B. sonime =
sagma , creme .= chrisma , selbst auch mots savants , wie epi-
gramme, epitap/ie, epifhete, e?iigme, andere dagegen als Mascu-
lina, so emhleme. idiome^ asthme^ apophthegme etc.
5. Der Uebertritt der pluralen Neutra auf -a zu den Fe-
mininis wurde durch die mit den weiblichen A-Stämmen zu-
sammentreffende Endung herbeigeführt; von Einfluss kann
auch der Umstand gewesen sein, dass sowohl viele A-Stämme
(z. H. jusHtia, avariiia, elegantia^ sapientia) , als auch viele
neutrale Pluralbildungen (z. B. ^sperantia, *nubantia = nuance]
zur Bezeichnung abstracter Begrifl'e dienten und überdies
Die "Worttormcn und die Wortlomiumschreibungen. |77
Avenigstens scheinbar mit dem gleichen Suffixe abgeleitet wa-
ren, folglich sowol begrifflich wie formal einander verwandt
waren oder doch zu sein schienen.
Indem die plnralen Neutra 'in Mascnlinen wurden. \(dl-
zoff sieh nicht bloss ein Genus-, sondern auch ein Numerus-
Wechsel, in Folge dessen von den ursprünglichen Plnralen neue
Phu-ale mittelst des nur den persönlichen Geschleclitern zu-
kommenden Suffixes -t> [= -eis. -OS -es' gebildet wurden, z. J}.
la Joie ^=: gaudia und les Joies gleichsam c/audia-n.
6. Die Aufgabe des Neutrums bei dem französischen und
überhaupt bei dem romanischen Substantiv betreffend, hat et-
was sein* Befremdliches an sich, wenn man bedenkt, dass
einerseits das Komanische keineswegs den Begriff des Neu-
trums an sich verloren . sondern vielmehr denselben bei dem
Adjectiv und bei dem Pronomen festgehalten hat, ziun Theil
auch in der Form z. B. ce . quoi] . und dass andrerseits die
meisten der indogermanischen . also den romanischen nahe
verwandten Sprachen besonders die germanischen und slavi-
schen das substantivische Neutrum durchaus voll bewahrt, ja
zum Theil sogar seine Sphäre bedeutend erweitert haben, wie
dies namentlich im Englischen geschehen ist. Will man den
romanischen Schwund der substantivischen Neutra nicht auf
den rein äusserlichen Umstand zurückführen, dass die Flexion
der Masculina und der Neutra (namentlich der O- Stämme'
eine ziemlich identische war und dass diese Identität aiicli den
Zusammenfall im Genus zur Folge hatte woravif schon inner-
halb des vulgaren Lateins häufige Formen, wie membrus. ant-
maleni. pecoras. vestimentas u. dgl. . sowie Verbindungen wie
Jiiüic theatrum u. dgl. hinzudeuten scheinen , so bleibt kaum
etwas Anderes übrig , als zu glauben . dass die Romanen von
dem phantastischen Drange beseelt gewesen seien, auch die
unbelebten Dinge und abstracten Begriffe in weitestem Um-
fange als persönlich aufzufassen und ihnen folglich ein per-
sönliches Geschlecht beizulegen. Ein solcher Glaube aber hat,
schon aus allgemeinen Gründen , nicht eben die Wahrschein-
lichkeit für sich, und somit wird die erstgegebene Erklärung
vorzuziehen sein, bis einmal eine bessere gefunden wird. Recht
glaublich ist übrigens , dass der Uebertritt der Substantiven
Neutra zu den Mascnlinen oder Femininen im ^'olkslatein be-
KOrting, Encyklopädie d. rom. Phil. HI. 12
1 78 ^^^^ Französische.
fördert wurde durch eine Schwächung- des Bewusstseins von
der Geschlechtsunterscheidung überhaupt, vermöge deren eine
auf Vereinfachung des ganzen Genussystems gerichtete Ten-
denz Platz greifen und nicht nur die Existenz des Substanti-
ven Neutrums beseitigen, sondern auch vielfacli die durch
geschlechtige Endungen -os, -a.s etc.' gezogenen Scheidelinien
zwischen Masculina und Feminina bis zur Unkenntlichkeit
verwischen konnte. Zu solcher Ansicht kann wenigstens die
Thatsache berechtigen, dass im Neufranz()sischen die Plurale
der Substantiva, Avenn sie ohne Epitheton stehen , jedes Zei-
chens der Geschlechtsunterscheidung entbehren, was doch ge-
wiss als ein Zeugniss dafür aufgefasst werden darf, dass die
Sprache auf Geschlechtsunterscheidung besonderen Werth nicht
mehr legt, wie dies ja auch sonst in secundären , bezw. ter-
tiären Sprachen häufig genug beobachtet werden kann.
Einen Rest neutraler Pluralbildung zeigt das Altfranzösi-
sche noch in den 6-losen Formen des Gas. obl. Plur., welche
lateinischen Neutris Plur. entsprechen, z. H. carre , Ch. d.
Rol. O. V. 31 = carra , doie Chev. as deus esp. ed. Förster
V. 9312 = cligita für digitos, vgl. ital. le dita.
Dagegen ist Meister's Annahme (Die Flexion im Oxfor-
der Psalter. Halle 1877. S. 8S ff. . dass das Fehlen des flexi-
vischen f> bei aiif lateinischen Nevitra auf -um zurückgehenden
Worten ein Zeichen der Erhaltung der neutralen Form sei,
unbegründet, vgl. hierüber die eingehenden Bemerkungen von
KoscHAviTZ in Zeitschr. f. rom. Phil. II 4S(j tf.
7. Im Allgemeinen trifft für das Französische bezüg-
lich der Unterscheidung des Geschlechtes nach dem Wortaus-
laute die Regel zu:
»Auf -e auslautende Worte sind Feminina . alle übrigen
Worte sind Masculina.«
Im Einzelnen aber wird diese Regel von so zahlreichen,
meist etymologisch begründeten Ausnahmen durchkreuzt, dass
ihr praktischer Werth dadurch nahezu auf Null herabgedrückt
wird. Nichtsdestoweniger wird man sich der Annahme nicht
verschliessen dürfen, dass oft genug durch die französische
Endung Geschlechtswandel veranlasst worden ist.
8. In Bezug auf das Genus der Substantiva bestehen
zwischen dem Neufranzösischen und dem Alt-, bezw. Mittel-
Die "NVortfurmen und die ^^'<l^tt'ornulmschreibungen. 1 7'.>
fran/ösischen AUwcirhungeu . •welche zwar nicht erheblich,
immerhin aber beachtenswerth sind. Für das Altfranzösisdie
fehlt es leider noch an ausreichenden Znsammenstelhni;;en :
für das Mittelfranzösische aber findet man das Wichtigste und
Interessanteste verzeichnet bei Dahmestetkr und IIat/.kfld
a. a. O. S. 245 ff.
9. An Mitteln zur Ableitimg der entsprechenden Femi-
nina von Masculinen Thiernamen. Titel. Standesbezeichnun-
gen etc.) ist das Französische ziemlich reich, da es nicht
bloss die hierher gehörigen Suffixe des Lateins ererbt hat.
sondern auch über Siifftxe verfügt, welche das Schriftlatein
entweder gar nicht kannte so z. B. das aus dem Griechischen
in das Spätlatein übernommene Suffix -issa] oder doch nicht
zu solchem Zwecke verwandte wie z. B. das Suffix -osa =
-euse, welches im Französischen als Femininum neben -eur =
-atore)?i getreten ist. z. B. porteur und porteuse) . dennoch
aber scheut die Sprache die Feminin bildung in vielen Fällen,
wo sie formal sehr wohl möglich wäre (z, B. auteiir. docteur.
ecricain. temoin etc.) und wo andere Sprachen sich dieselbe
unbedenklich gestatten . sondern braucht da das Masculinum
auch für das Femininum ; es ist dies ein gerade im Franzö-
sischen sehi" auffälliges unlogisches Verfaliren. Nicht befrem-
den kann es dagegen . dass für solche Thiere . welche dem
menschlichen Gemüthsleben fem stehen oder welche zur aus-
serfranzösischen Fauna gehören, nur je eine, sei es männ-
liche sei es weibliche. Namensform vorhanden ist (z. B. le
chameau. le chacal. Je reqidn. Je hanneton. Ja giraffe. Ja gazeJle.
Ja grue . Ja moudie etc.), wie ja auch andere Sprachen im
gleichen Falle sich mit nur einem Worte begnügen.
10. An Specialuntersuchungen über das Genus der Sub-
stantiva im Französischen fehlt es leider noch fast völlig, luid
doch liegen auf diesem Gebiete zahlreiche interessante Aiif-
gaben vor, z. B. Nachweis der im Laufe der Sprachentwicke-
lung vollzogenen Genus Wandelungen (wobei der gelehrte Ein-
fluss besonders zu berücksichtigen wäre) . Darlegung der für
die Genusbestimmung germanischer und sonstiger fremdsprach-
licher Worte massgebend gewesenen Principien. Untersuchung
über den Umfang der Genusmotion d. h. der Ableitimg von
Femininis aus Masculinisy und über die Anwendung der ein-
12*
180 l^as Französische.
zeliien dafür verfügbaren Suffixe etc. Freilich aber können
gerade derartige Untersuchungen erst dann recht fruchtbar
sein . wenn sie einerseits auf Grund tüchtiger Kenntniss des
Lateins, andrerseits mit Berücksichtigung der übrigen roma-
nischen Sjuachen geführt Averden. ja wünschenswerth -würde
es sein , sie von allgemein sprachwissenschaftlichen , bezw.
sprachvergleichenden Gesichtspunkten aus zu unternehmen.
Als Muster für derartige Arbeiten kann . wenigstens in der
Hauptsache . dienen W. IVIeyer 's gelehrte Monographie : Die
Schicksale des lateinischen Neutrums im Romanischen. Halle
1S83.
§ 2. Die D.eclination der Substantiva im Alt-
französischen.
1. Die substantivische Declination im Altfranzösischen
besteht :
a) in der Unterscheidung des Singulars und Plurals bei
allen Substantiven, deren Auslaut den Antritt eines -*• ge-
stattet ;
b) in der Unterscheidung eines Casus rectus und eines
Casus obliquus Sing, und Plur. bei einer grossen Anzahl von
Substantiven (vgl. No. 2) ; bei diesen kommt in Betracht, ob
ihi- Wortaccent fest oder beweglich ist.
Ueber den Vocativ vgl. unten Bemerkung Xo. (i.
2. Darnach lässt sich für das Altfranzösische folgendes
Declinationsschema entwerfen :
A. Substantiva, welche jeder Flexion entbeh-
ren, also für Sing, und Plur., Cas. rect. und Cas.
obl. überhaupt nur eine Form besitzen.
Es gehören hierher die auf stammhaftes s, z 't^Xj auslau-
tenden Substantiva, z. B. cors = corpus, nes = tiasus. priiv =
pretium, welche eben dieses Auslauts wegen ein flexivisches -s
nicht annehmen können.
B. Substantiva, welche nur Singular und Plu-
ral, nicht aber Cas, rect. und Cas. obl. unterschei-
den, z. B. :
sg. c. r. und c. o. rose, pl. c. r. und c. o. rose-s.
Es gehören hierher die Substantiva der lateinischen Isten
(A-) Declination , soAvie die Feminina der Adjectiva zweier
Dil- ^^'(»rtfo^men und die ■\Vortformumschreibungen. Isl
Endungen, z. B. bofie. — Leber die anomale Bildung des cas.
cid. sg. auf -ain (z. B. Evain^ vgl. unten Bemerkung Nr. 4,
C. Substantiva. welche sowol Singular und Plu-
ral, als auch Cas. rect. und Cas. obl. unterscheiden.
a. Substantiva mit festem Accente.
u Masculina (Casusunterscheidung im 8g. u. PI.', z. B.:
sg. c. r. [U] mur-s, pl. c. r. {li) mur,
sg. c. o. /e) mur. pl. c, o. (/es) ?nur-s.
Es gehören hierher mit Ausnahme der in die Kategorie
A. fallenden Worte) die Substantiva der lateinischen 2. und 1.
Declination (O- und U-Stämme, . die Masculina und Neutra
der lateinischen 3. Declination , consonantische Stämme, I-
Stiimme). die substantivirten Infinitive, die Adjectiva einer
Endung, z. B. grunz, und die Masculina der Adjectiva ZAveier
Endung, z. B. bons.
L eher das Nominativ-5 vgl. unten Bemerkung 1 , über
die Behandlung des Stammauslautes vor dem fiexivischen -cS
vorl. Bemerkung 2 und über die anomale Bildung des cas.
obl. sg. auf -öw [z. B. Charlön) vgl. Bemerkung 4.
Leber den Cas. obl. Sing, auf e vgl, unten Bemerkung 3.
Der Besitz dieser relativ vollständigen.^ auf eine sehr be-
trächtliche Anzahl von Substantiven sich erstreckenden De-
clination ist für das Altfranzösische in hervorragender AVeise
kennzeichnend und unterscheidet dasselbe scharf einerseits
von dem Neufranzösischen, andrerseits von den übrigen roma-
nischen Sprachen mit Ausnahme des Provenzalischen . Das
Verdienst, die Existenz dieser Declination entdeckt zu haben,
gebührt Rayis'Guard. der in seinen Observations grammaticales
sur le Roman de Rou Ronen 1S29 die betreffende Regel
zuerst formulirt hat.
ß) Feminina (Casusunterscheidung nur im Sg.). z. B. :
sg. c. r. Ja ßor-s. pl. c. r. les ßor-s,
sg. c. o. laflor. pl. c. o. les ßor-s.
Es gehören hierher die Feminina der lateinischen 3. De-
clination. — Ueber Formen, wie cit. poverte u. dgl. vgl. un-
ten Bemerkung No. 5.
b. Substantiva mit beweglichem Acceut.
u) Substantiva. welche sich gründen auf lateini-
182 ^^^^ Französische.
sehe Nomina actoris auf —tor. -törem (ausschliesslich
Masculina), z.B.:
sg. c. r. emperere[s\ = imperätor^
sg. c. o. empereör = impera[t\ör[e7n\,
1)1. c. r. empereör[s\ \ . .^.
^ . ^ , '^ ^ > = impera\t\or€S .
pl. c. o. empereör s ) / . j
ß) Siibstantiva, welche sich gründen auf lateini-
sche Nomina persönlicher liedentung auf — o. -onem
(ausschliesslich Masculina] , z. B. :
sg. c. r. her[s\ = bäro^
sg. c. o. harön = harön\erri\^
pl. c. r. harön s^ = barönes,
pl. c. o. haröns = barönes;
ebenso z. B. compains = rompänio, compagnön = companiönem.
y] Eine Reihe einzelner Suhstantiva, welche sich
gründen auf lateinische Imparisyllaba der 3. Decli-
nation: äbhes — abbet, enfes — enfant^ gars — garcon. serpe
— aerpent, suer — seror dies das einzige Femininum mit be-
weglichem Accent) .
Bemerkungen zu den Paradigmen.
1. Das Nomiua*tiv-s. Uer eas. r. sg. li »»?<;•« wird seit Kavnüuard
und DiEZ immer als aus lateinisch )nur[ii]s entstanden erklärt.. Das fran-
zösische (und provenzalische) Nominativ-.^ ist nach dieser Erklärung also
direct aus dem Lateinischen übernommen , allerdings nur bei den mascu-
linen O- und U-Stämmen und zwar mit Ausnahme von Substantiven und
Adjectiven, wie agro, lihro, llhro, tenero etc., denn bekanntlich bilden diese
den Nominativ asigniatisch. Die französisch -provenzalischen Nominative
licre-s u. dgl. können demnach nur auf Analogiebildung beruhen; ebenso
lassen sich, bei Annahme lateinischen Ursprunges des Nominativ-s, nur
durch Analogiebildung erklären die französisch - provenzalischen sigma-
tischen Nominative der ursprünglich neutralen O- und U- Stämme [li
mcmbres ^ memhruui , // com = corim] und sämmtlicher im Lateinischen
nach der 3. Declination flcctirten Stämme, soweit sie nicht selbst auf -v
auslauten (wie c'o/-^;;^ = französisch cors, corps], ienn ßors , verlies etc.
können nicht = ßos, rvritas, sondern nur = ßorem] -f- *■, ceritat em] + s
sein, ebenso lassen sich j)arz, monz u. dgl., weil ihr z ^ t -\- s, nicht aus
pars, moiis , sondern nur aus j)art[em] -\- s , mo}it[em] -\- s erklären, und
sicherlich muss auch vois , crois u. dgl. nicht aus cox, crux etc. gedeutet
werden (wozu die neufranzösische falsch etymologisirende Schreibweise
voix, croix etc. verleiten könnte], sondern nur aus coZy' + .v, cridj -^ s
etc., d. i. voce[m], cruce[vi] etc. ; endlich sind auch reis, leis etc. nicht als
aus rex, lex etc. entstanden anzusehen, sondern =^ reg[em] + s, leg[em] -\- s
l>ir AVortformen und die Wurtforiminischreibiingcn. IS'i
anzusetzen ; dass in Xoniinativon, Nvie jicrcs, f'rercs t'tc. etc., das -.v, wenn
lattinisehen L rsprunjjcs, nur ein analogisehes sein kann, versteht sicli an-
gesiclus der lateinischen Nominative jmür, frater etc. von selbst, und das
fjleiche gilt von Nominativen, wie enijjerere.s = impcrator , lerres = latro
u. d^l. Demnach hätte der Nom. Siiifr. der lateinischen masculinen O-
(und U-) Stämme den Anstoss zu einer weitgreifenden Aiialogiebilduu":
gegeben.
Die Annahme von der Erhaltung des lateinischen Nominativs Sing.
der 2. Declination Masc. im alten Französischen und Provenzalischen und
im sardischen Dialect ist in der That sehr nahe liegend und darf für von
vornherein gut berechtigt gelten. Nichtsdestoweniger lassen sich docli Be-
denken gegen sie erheben, welche nachstehend den Sachkundigen zur Prü-
fung vorgelegt werden mögen.
Wie schon bemerkt, kennen nur das Französische und das Proven-
zalische und das Sardische) den Nom. Sing, auf -.v und haben folglich,
wenn dieser identisch mit dem lateinischen Nominativ der masculinen ()-
Declination ist, allein von allen romanischen Sprachen die genannte latei-
nische Casusform erhalten. An sich ist das nun recht wohl denkbar, denn
auch sonst ist, namentlich auf dem Gebiete der Coujugation, die Erschei-
nung nicht eben selten, dass eine lateinische Formenbildung, bezw. For-
menkategorie nur in einzelnen romanischen Sprachen sich erhalten hat,
während sie von allen übrigen aufgegeben worden ist. Befremdlich frei-
lich kann es scheinen , dass im Französischen und Provenzalischen der
lateinische Nom. Sing, fast nur bei den masculinen O- und U-, Stämmen
sich erhalten haben sollte, nicht aber bei den parisyllaben Stämmen, sowie
bei den imparisyllaben Stämmen mit festem Accente der 3. Declination,
indessen hierfür würde sich leicht eine befriedigende Erklärung auffinden
lassen, und da überdies i^A^ zweifellos Nominative, wie imperatnr und
latro, sich erhalten haben, so muss man gewiss die theoretische Möglich-
keit zugeben, dass auch Nominative, wie murus, an)i[u]s etc., sich erhal-
ten konnten. Als Stütze für solche Annahme lässt sich überdies die zwei-
fellose Erhaltung" des Nom. Plur. i)mr[{] u, dgl. anführen.
Nun aber hat Cors.sen a. a, O. t. I, p. 291 ff. die Sätze aufgestellt
und durch aus Inschriften entnommene Belege gestützt:
«iJa das auslauteitde s der Formen des Nom. Sin ff. von Ü-Stiimmeu im
Volksmunde auch im Zeitalter des Cäsar, des Aiigustus tmd der älteren
Kaiser ein sehr schwacher, kauvi hörbarer Laut icar , so finden sich auch
aus dei' Zeit von Cäsar bis Titus . inschriftliche Beispiele, dass derselbe
nicht durch die Schrift ausgedrückt .wurde« (vgl. hiermit ibid. p, 286 : "Das
auslautende -.s- ist im Nom. Sing, .von 0-Stämmen in Inschriften der älte-
sten Zeit vor dem zweiten punischen Kriege häufiger weggelassen als ge-
schrieben« — und ;ibid, p. 293):
»Als in der spätlateinischen Volkssjirache das auslautende s nicht mehr
gehört und gesprochen wurde, fiickten ungebildete Steinmetzen, die lediglich
aus ihrer Schriftkenniniss noch icussten , dass der Buchstabe s gewissen
Wortformen zukomme, denselben auch an Casusformen an, wo er nicht hin-
184 3^'is Französische.
geJtöri«. (Also ein Zeu^niss dafür, dass dem lebendigen Sprachbewusstsein
und der gesprochenen Sprache das s völlig entschwunden war.)
Vgl. hierzu Cicero's Aussage (Orat. 48, 161/ : »Quin vtiam, qund iam
subrusticum videtur, olim autem politius, eormn verhorum , quorum eaedem
erant postremae duae litterut, quae sunt in optumus . poatreniam litterani
detrahehant, nisi vocalin insequebatur. Ita non erat ojfen.sin in cemihus.
quam nunc fiKjiuid pnetat noci. Ita enim loqiwhantur : 'Qui tut omnibu
princeps\ non 'nmnibus princej)s\ et: ''Vita illa difpiu' locoque, non Ulic/-
nus\ (Hieraus folgt, dass zu Cicero's Zeit das auslautende .s- in der künst-
lich reconstruirten Schriftsprache allerdings wiederhergestellt worden war,
in der Volkssprache aber fortdauernd unterdrückt wurde; möglich aller-
dings, dass hierin später eine Aenderung eintrat und dass durch den Einfluss
der Schriftsprache das auslautende -s auch in der Volkssprache wieder zur
Geltung gelangte, aber weder ist dies an sich recht wahrscheinlich, noch
auch wird es überliefert, vielmehr zeigen die von Corssen angezogenen
Inschriften den Ausfall des .v; wenig fällt dagegen ins Gewicht, dass zahl-
reiche andere Insclirifteu und selbst noch spätester Zeit auslautendes s
schrieben, denn die Verfasser der Inschriften besassen doch in der Regel
wenigstens eine gewisse Kenntniss der Schriftsprache und wurden durch
diese zur richtigen, oft auch [a. oben!] zur unrichtigen Setzung des s ver-
anlasst).'j
Anders allerdings als Coussen äussert sich über das auslautende s
Seelmann, wenn er in seinem trettlichen "Werke über die Aussprache des
Lateinischen, p. 355 f, (vgl. auch S. 361 f.), sagt:
»Auslautendes s war in der rorlitter arischen Periode sehr schivach und
verßiichtigunf/sfiihiff, besoiiders tcenn es, tvie in Nominal- und Verbalfor-
men, einem kurzen ü oder i folgte ; vielfach uird es dort gar nicht geschrie-
ben. Ennius und seine Nachfolger bis Catull haben sich die FreiJieit ge-
nommen, es in der Metrik ror nachfolgendem Consonanten ganz zu ignm-i-
ren. Dass es, wenn auch in der ältesten Periode fast verßiichtigt, doch dem
Sprachbeicusstsein nicht entfallen war, zeigt seine allmähliche Jf'ieder-
einfiihrung, bezic. Stärkung; nur iti der Vulgärsprache geivisser Landstriche
ist es, und zwar ohne Unterschied der etymologischen Vorstufe, dejinitir
aufgegeben. Cicero theilt uns im Orator direct mit , dass s in der Vorzeit
speciell in der Endung -rs ausser vor folgendem Vocal einfach abgestossen
ward! In classischer Periode und, irie die Inschriften zeigen , in der allge-
meinen Volkssprache der Kaiserzeit ist es allenthalben gewahrt." Die letzte
Behauptung wird eingeschränkt durch die einige Zeilen zuvor ausgespro-
chene, dass s in der "Vulgärsprache gewisser Landstriche« definitiv aufge-
1) Zu vergleichen ist auch Quintil. Inst. IX 4, 37 f.: Ceterum conso-
nantes quoque, earumque praecii)uc quae sint asperiores, in commissura
verborum rixantur, ut si .v ultinui cum x proxima eonttigat, quaruui tristior
etiam, si binae coUidantur, Stridor est, ut 'ars studiorum'. Quae fuit causa
et Servio, ut dixi, subtrahendae .v litterae, quotiens ultima esset aliaque
consonante susciperetur ; quod rejjrehendit Luranius, Mcssala defendit. Nam
neqiio Lucilium putant uti eadeiu ultima, cum dicit 'Aeserniiuis fuil' et
'dignus lücocjue', et Cicero in Oraturt- pluri's antiquorum tradit sie locutos.
Die Wortformcn und die W'ortt'ormumschrcibungen. 1S5
geben worden sei, leider sagt Skki.mann niclit, an welclie Landstriche er
denkt. AVenn Seelmann annimmt, dass in der »allgemeinen" Vülkssj)rache
der Kaiserzeit .v allenthalben gewalirt worden sei, so bleibt er den Beweis
dafür schuldig, denn die Berufung auf die Inschriften — in denen üV)ri-
gens doch nach Cokssen's nicht anzufechtendem Zeugnisse s. oben!j .v oft
ücnug fehlt oder, was nicht minder bemerkenswerth, falsch gesetzt wird —
kann für sich allein nicht für ausreichend gelten, da ja, wie leicht be-
greiflich, die Verfasser und Vcrfortiger von Inschriften nach schriftsprach-
licher Correctheit strebten und da gerade bezüglich des -,s- dies Streben
bei der Einfachheit seines Objcctes sehr erfolgreicli sein konnte: für die
Aussprache könnte die Setzung des -s nur dann beweisend sein, wenn
die Orthographie der bezüglichen Inschriften für phonetisch erachtet wer-
den dürfte, was selbstverständlich nicht der Fall ist. Seel5L\xn's an sich
ja recht interessante Beobachtung, dass die sonst von Vulgarismen strotzen-
den pompejanischen "VN'andkritzeleien kaum erst Spuren des S-Schwundes
aufweisen und dass auch Gallien und namentlich Spanien dasselbe hart-
näckig festhalten, kann daher nicht für entscheidend gelten. — Bedauer-
lich ist, dass Seelmann sich darüber ausschweigt, wodurch die Wiederein-
führung des 6- in die allgemeine Vulgärsprache veranlasst und wie sie er-
folgt sein soll: nimmt er eine rückläufige Sprachentwickelung oder Be-
einflussung der A'ulgärsprache durch die Schriftsprache, bezw. durch
das Schriftbild an?
In F. BÜCHELER's Grundriss der lateinischen Declination. 2. Ausg.
S. 23 f., § 47 wird über den »Schwund des s des Masculinums' Folgendes
bemerkt :
'>In 'ßlius' tönte das s auch iciihrend des (J. und 7. Jahrhunderts so
schtcach, dass es unterdrückt werden konnte, 'ßliu wie früher 'ßlio", 'Nul-
hi's" bei den Scenikern, 'nulhc sum, iussu sum, auctu sif im letzten Fuss
bei Terenz, 'cedit citu cehu tolutitn bei Varro und ähnliches bei allen Dich-
tern der alten Schule. Des Protogenes (irabsehrift verkürzt sogar 'heicei
situst minius\ eine Verflüchtigung des Auslautes, welche sich in der Litte-
ratur zuletzt Plautus erlaubt hat; zu Lucilius'' Zeit tcar nur noch 'hie situs
Metrophanes" gültig. In der Schrift zeigt sich Reaction gegen die Abwer-
fung des s schon seit dem 6. Jahrhundert: im siebenten steht 'vocitatusf auf
der Genueser Tafel sehr vereinzelt, man schrieb 'Liicius Mihnmius dönwn,
während die Aussprache alter Gewohnheit folgte : der Verfasser der Sci-
2)ionengrabschrift no. 34 zog 'is hie situs quei nunquam victus est virtutei
einem 'situst' vor. Plebejer oder Kleinstädter, welche auch nach Cicero hier
und da 'lectu\für 'lectus' und dergleichen schreiben, bezeugen eben dadurch
ihre Rusticitäf.» Hiernach wird also zugestanden, dass, während in der
Schrift seit dem 6. Jahrhundert das s wieder zur Geltung gelangte, die
Aussprache ihrer alten Gewohnheit, das s zu unterdrücken, folgte, eine
Gewohnheit, die nun freilich vom schriftsprachlichen Standpunkte als eine
Rusticität betrachtet wurde.;
Nach den Angaben CoRi5SEN''s und Bücheler's scheint es höchst
glaubhaft, dass das. in der Schriftsprache wiederhergestellte, Nominativ-.?
in der Volkssprache — und zwar in der allgemeinen . nicht bloss in der-
Igß Das Französische.
jenigen gewisser Landstriche — definitiv aufgegeben blieb. Es ist dies
auch von vornherein wahrscheinlich, da eine rückläufige Lautentwickelung
innerhalb der gesprochenen Sprache mit der Conventionellen Schrift-
sprache verhält es sich freilich anders allerdings hin und" wieder beob-
achtet wird, aber doch nur in sehr vereinzelten Fällen, und folglich ihr
Vorkommen ohne zwingende Noth nicht angenommen werden darf. Mit
der Annahme des vulgärsprachlichen Schwundes des .s- stimmt denn auch
gut die Thatsache überein, dass alle romanischen Sprachen, mit einziger
Ausnahme des Französischen und Provenzalischen und des sardischen
Dialects), den sigmatischen Nominativ der masculinen O- und U-; Stämme
völlig aufgegeben haben. Freilich erhebt sich dann sofort die Frage, wie
der sigmatische Nominativ des Französischen und Provenzalischen zu er-
klären sei, wenn er nicht als aus dem Lateinischen ererbt angesehen wer-
den darf. Ein Versuch zur Beantwortung dieser Frage soll weiter unten
geAvagt werden. Zunächst ist noch etwas Anderes hervorzuheben, was ge-
gen den lateinischen Ursprung des franzcisisch-provenzalischen Nominativ-.«
spricht.
Thatsache ist, dass das alte Latein das Nominativ -s auch in der
Schrift aufgegeben hatte. Sollte es nun später auch in der allgemeinen
Volkssprache lautlich wiederhergestellt worden sein, so sind bezüglich des
Italienischen, Spanischen, Portugiesischen, Rätoromanischen und Iluniäni-
schen, welche sämmtlich den sigmatischen Nominativ nicht kennen, nur
zwei Annahmen möglich: entweder dass im italienischen, spanisclien,
lusitanischen etc. Provinziallatein das -« doch wieder noch in vorromani-
scher Zeit wegfiel, oder aber dass in demselben Provinziallatein ebenfalls
in noch vorromanischer Zeit der Nominativ der O- u. U-; Stämme durch
den wi-losen) Accusativ verdrängt wurde. Die erstere Annahme läuft, wie
man sieht, wieder darauf hinaus, dass das Volkslatein, aus welchem die
l)etreft'enden romanischen Sprachen hervorgingen, bereits das Nominativ-«
aufgegeben hatte , und mithin ist durch sie nichts zu beweisen. Die letz-
tere Annahme ist an sich recht wohl statthaft, obwol sie durch keine po-
sitiven Zeugnisse gestützt werden kann. "Wer aber ihr huldigen will, dem
liegt die Pflicht ob, zu erklären, warum der gleiche Process der \'erdrän-
gung des Nominativs Sing, der O- (U-) Stämme durch den Accusativ nicht
auch im gallischen Latein erfolgt ist. Diese Erscheinung wäre in der
That sehr befremdlicli. Denn die in Gallien sich niederlassenden römischen
Colonisten, unter denen ohne Zweifel viele Veteranen, Handwerker, Kauf-
leute u. dgl. sich befanden, waren doch -gewiss nicht durcliwcg litterarisch
gebildete Leute, welche vermöge des genossenen Schulunterrichtes inurun
und »luni/n auseinanderzuhalten sich gewöhnt hatten , sondern sie Averden
vermuthlich ebenso schriftspraclilich uncorreet gesprochen haben, wie die
Colonisten in Spanien etc.; wenn also überall sonst schon in vorromani-
scher Zeit statt populus gesagt worden sein soll pnpulu[m] , bezw. poptilo,
so muss man glauben, dass es auch in Gallien nicht anders gewesen sei.
Und überdies ist auch Folgendes noch zu erwägen. Es kann keinem
ZAveifel unterliegen, dass die römische Uolonisation Galliens in der Haupt-
sache einerseits vorzugsweise von Italien aus und andrerseits in der letzten
Die Wortformen und tlif \\ orttomuimscrireibungcn. 1^7
Zeit der Republik erfolgt ist. Für diese Zeit aber bezeugt Cicero an der
üben jS. 1S4) angeführten Stelle, dass die Volkssprache das Noniinativ-s
abwarf. Folglich auch werden die ungefähr gleichzeitig oder etwas später
aus Italien nach Gallien einwandernden römischen Colonisten die asigma-
tischen Nominative dortliin verpflanzt und dieselben schwerlieh sobald mit
den scluiftsprachlichen sigmatischen vertauscht liaben , wahrsclieinlicli so-
gar niemals, da dies höchstens durch den Eintluss der Schriftsprache hätte
geschehen können, dieser aber trotz aller Rhetorenschulen etc., deren Un-
terricht doch nur einem kleinen Bruchtheil der Bevölkerung zu gute kam,
schwerlich ein so bedeutender gewesen sein wird, um die Kraft zur Be-
lebung einer abgestorbenen Bildung zu besitzen. Eins allerdings lässt
sich einwenden: da Nominative, wie imperatov u. dgl. , latro u. dgl. , im
Provenzalischen und Französischen sich erhalten liabcn Avährend sie im
Italienischen, Spanischen etc. durch den Accusativ verdrängt worden sind),
so könnte man daraus folgern wollen, dass ebenso die Erhaltung der sig-
matischen Nominative der 0- (u. Ü-) Stämme möglich gewesen sei. Aber
ein solcher Schluss wäre dennoch unberechtigt , denn erstlich sind derar-
tige Nominative nicht sigmatisch, zweitens wurde ihrer Erhaltung durch
den Accentwandel in den obliquen Casus Vorschub geleistet, und endlieh
ist wohl zu beachten, dass die betreffenden Substantiva durchweg Perso-
nenbegriffe bezeichnen und zum TheU als Titel in lebendigem Gebrauch
waren, ebenfalls ein Umstand, der die Erhaltung des Nominativs begün-
stigen musste. Ja, vielleicht lässt sich behaupten, dass nicht die Nomi-
native imperator etc. und haro etc. , sondern die als Titulaturen so viel-
gebrauchten, gleichlautenden Vocative im Französischen und Provenza-
lischen sich erhalten haben oder doch, dass der häutige Gebrauch von
Vocativen. wie imperator, haro etc., die Erhaltung der gleichlautenden
.Nominative sowie der Nominative anderer Substantive derselben Flexiini
(also auch solcher, welche, wie peccatar u. dgl., als Titulaturen nicht ver-
wendbar waren, begünstigte.
Man könnte nun zwar, um den lateinischen Ursprung des französisch-
provenzalischen Nominativ-.« zu begründen, darauf hinweisen, dass das .^'
der neutralen S-Stämme corpus im Französischen und Provenzalischen
und das .v der Verbalendung -inus wenigstens im Französischen sich er-
halten habe und dass ebenso folglich auch das s des Nominativs beharrt
haben könne. Aber stammhaftes s kann sehr wohl anders behandelt wor-
den sein, als flexivisches ; das .v der französischen Verbalendung -oj?w aber
kann auf Anbildung an die Endung der 2. Person Plur. -ts = z beruhen,
wie sich ja denn auch asigmatische Formen -am, -um] oft genug finden
^freilich auch die Form -ommes, -ommez, deren s allerdings nur organisch
sein kann .
AUes in Allem erwogen, dürfte der lateinische Ursprung des franzö-
sisch-provenzalischen Nominativ-.s- mindestens zweifelhaft sein. Im P'alle,
dass der Zweifel begründet erscheint, ist jenes -s für eine den nordwest-
lichen Sprachen eigenthümliche Neubildung zu halten ' . Für die Beant-
1) Ob die gleiche Annahme für das Sardische aufgestellt werden
ISS Das Französische.
wurtung der Frage nach der Entstehung derselben giebt vielleicht einen
Fingerzeig der Umstand ab, dass eben nur die nordwestlichen Idiome
sie aufweisen, diejenigen Sprachen also, welche germanischem Einflüsse
am zugänglichsten gewesen sind. Im Germanischen wird der Nominativ
Sing, der masculinen und femininen Stämme der starken Declination mit-
telst des Suffixes -.v gebildet und eben durch dieses Suffix von dem gleich-
lautenden i\.ccusativ unterschieden iV/ac/s — dag, halgs — halcj, ansU — miitt,
sunus — sunu). Der enge Contact nun, in welchen — zum Theil schon
vor, weit mehr noch aber natürlicli nach der germanischen Occupation —
die GaUoromanen mit den Germanen gesetzt wurden, konnte für die erste-
ren ein Anstoss sein, die asigmatische Nominativform der O- (und U-)
Stämme mit der nach germanischem Muster gebildeten sigmatischen zu
vertauschen. Eine derartige Beeinflussung der romanischen Flexion durch
die germanische anzunehmen, darf wohl gestattet sein, wenn auch analoge
Fälle nur vereinzelt sind. Erwarten könnte man nun allerdings, dass auch
die Pluralflexion nach germanischem Muster neugestaltet worden wäre,
aber hier lag, da sich der asigmatische Nominativ und der sigmatische
Accusativ [mur — »nwrs) neben einander erhalten hatten, einerseits kein
Anlass dazu vor, und andrerseits wäre die Uebertragung der betreffenden
germanischen Suffixe auf die romanischen Stämme den grössten lautlichen
Schwierigkeiten begegnet.
Es erübrigt, das Gesagte in einem Schlussworte zusammenzufassen.
Gegen den lateinischen Ursprung des französisch-provenzalischcn Nomina-
tiv-« spricht der von Cicero bezeugte ScliAVund des -.v der Endung -tis,
denn Cicero's Aussage gilt gerade für die Zeit, innerhalb welcher die rö-
mische Colonisation Galliens in vollem Zuge war. Brachten aber die römi-
schen Colonisten das -s nicht nach Gallien, so ist nicht wahrscheinlich,
dass es durch den Einfluss der Litteratursprache wieder aufgelebt sei. Die
Setzung des -s in gallisch-lateinischen Inschriften ist kein Beweis für die
Aussprache, denn die Verfasser und Verfertiger der Inschriften haben
wahrscheinlich eine gewisse Kenntniss des Schriftlateins besessen und
nahmen folglich aus diesem das s hinüber'.
könnte, bleibe dahingestellt. Das dichte Dunkel, welches über der alten
Geschichte Sardiniens, über seiner Urbevölkerung und über dem Verlaufe
seiner Besiedelung durch die Kömer scliwebt, wirft auch bis jetzt undurch-
dringliche Schatten über die sardische Sprachgeschichte.
1) Ueberhaupt dürfte einmal zu erwägen sein, ob sich niclit der Satz
aufstellen liesse : die in den Provinzen gefertigten privaten Inschriften
entsprechen im Allgemeinen den Nonnen der schriftlateinischen Ortho-
graphie besser, als die in Italien bezw. in der Nähe von Rom entstan-
denen. Denn denkbar ist es, dass z. B. der Steinmetz in Gallien, eben
weil er Provinziale war, der ihm drohenden Gefahr, Feliler gegen den
Schriftgebrauch zu begehen, sich lebhafter bewusst war, folglicli aber auch
mit grösserer Vorsicht verfahr, als sein italischer Berufsgenosse, der nur
gar zu leicht wähnen mochte, als geborner Italer ohne Weiteres auch des
scliriftmässigen Lateins kundig zu sein. .Man denke daran, dass, wer als
Ausländer eine Sprache scln-eibt , in der Kegel auch die conventionellc
Ortliographie derselben mehr aclitet, aber deslialb aucli ihren Anforderun-
gen genauer naclikommt, als oft der Nationale es tluit . Meli dieser el)en,
l^ic Wortformen und die Wortformumschreibiinpen. 180,
Sind diese 15edenken fregen den lateinischen L'rsjjrung des -.v nicht
grundlos, so gilt es eben eine andere Erklärung des NominativsufHxes zu
suchen. Die oben gegebene soll nur als Vermuthung hingestellt werden —
erweist sie sich als nicht stichhaltig, so soll sie gern preisgegeben werden.
2. Die Behandlung des Stammauslautes vor dem flexivi-
schen s. In folgenden Fällen wird der consonantische Stammauslaut vor
dem flexivischen .s- moditicirt : a Dentale Explosiva -j- s =^ z, z. B. inont-s
= niOHZ, monil miDtdufi) -\- s = mo/iz 'c. o. sg. vionde, mond und mont],
ost hostein) -\- s = onz, oft vereinfacht zu oz ; nur scheinbare Ausnahme
ist com[i]t[etn] = cuen^s, queus, c. o. sg. coute nach Schwund des t wurde
das "Wort behandelt wie ein auf -m auslautender Stamm, vgl. c). b) Nach
n tritt statt s gern z ein, z. B. ans : aiiz. c] Auslautendes m wird vor s
zu u. z. B. fions = nomen, /uns = fumus 'nur tritt in diesem Falle z ein) .
d Explosiva fällt vor s gern aus, z. B. ^^jVs i\xr pieds, frans iüi francs,
Sans für sancs, cols [cous, cox für eolps u. dgl. e^ f vor .-* fällt aus, z. B.
nes für nefs, hries für hriefs. f, Nach / tritt gern :: ein, z. B. vassalz,
conseilz; bei Autlösung des / in u beharrt s: cassaus, conseus , auch. Jius
= ßli, teus = tels u. dgl., statt tis wird gern x geschrieben, welches x also
nur als Ligatur aufzufassen ist: vassax, consex, ßx, tex, auch diex und
dex = dieus, deus. üeber das z nach mouillirtem l, wie in conseilz, vgl.
HORXIXG in Roman. Stud. IV 627 ff. und Chahaneau in Rev. des lang.
rom. V. 330 ff. — e vor auslautendem -h unterliegt der bekannten Erwei-
terung zu ea ibek, heah, heaus, bezw. bials, hiaus). Ebenso erscheint für
e vor ursprünglich palatalisirtem l häufig a, z. B. solax, solaux u. dgl,
gl homo = hons, huens ; dominus = dans, danz ; comes = cuens, quens ; die
entsprechenden Casus obl. lauten : hom[m]e, dame und dant vgl. No. 3; ,
conte.
3. Der Casus obl. sing, der .v-Declination. Der Casus obl.
sing, zeigt den um e = o gekürzten Stamm, z. B. mur (= mur[e\) = mu-
rum, ausgenommen sind monde, komme, dame, conte. — An auslautendes n
■wird gern ein unorganisches , auf Anbildung an die ^-Stämme beruhendes
t angefügt, z. B. romant ^daher romantisme , tyrant (so noch im Engli-
schen) u. dgl. , hierher gehört auch dant = domimcm. — Ueber die For-
men auf -ön vgl. No. 4.
4. Die Casus obl. sing, der a- und s-Declination auf -ain
und -ön. Von Personcnnamen, welche im Nominativ Sing, auf -a und -s
auslauten, erscheinen nicht selten Casus obl. auf -ain und -ön, z. B. Eie
— Evain, Cliarles — Charlön, ebenso bei den Appellativen ante — antain,
jmte — putain. Diese Bildungen beruhen auf der falschen 'aber in Frank-
reich noch jetzt üblichen} Ultimabetonung der entsprechenden lateinischen
Accusative, welche zum Theil, wie z. B. Petrum, in der Kirchensprache
sehr üblich waren : Ecüm , (Jar\o\lüm u, dgl. ; bei den Masculinen mag
überdies die Analogie der Substantive auf -o mit beweglichem Accent mit-
faUs er nicht litterarisch gebildet ist, dem Grundsatze 'schreib Avie du
.sprichst' in unbefangenster Weise zu huldigen pflegt.
190 I^'^" Französische.
■gewirkt haben, also Clmrlnn nach har<'tn. "N'gl. FÖRSTER in Ztschr. f. rom.
Pliil. III 566 und HouMNG u. GrüBEK ebenda VI 442 f.
5. Nominative, \s\c i)odesie , jtoverte, sind xvwXxt = -poteHtan, yaiiiiertas,
sondern = ^pntenta, * jtauperta, welche ihrerseits wieder Analogiebildungen
zu jui-enta sind. — cit ist überhaupt kein Nominativ, sondern Casus obl.,
eine befriedigende Erklärung der Form ist aber noch nicht gegeben. Vgl.
G. Paris, Vie de St. Alexis, p, 113, Anm. 3. — Die Form des Casus rect.
der Feminina, wie clartez, hontez u. dgl., verräth sich schon durch ihr
z =: -t -\- .s als unorganisch. Sie wird allgemein für eine spätere Anbildung
an das Masculinum gehalten. Anderer Ansicht ist jedoch "\V. Förster.
welcher in seiner Cliges-Ausgabe, p. TiXXV, bemerkt; »Ich stelle mich der
lierrschenden Ansicht (nur Tobler widersprach Gott. Gel. Anz. 1S72, SSi»
entgegen, dass das -s später im Französischen durch Analogie des Mas-
culinums angehängt sei.« So G. Paris im Alexis S. 113 f. auf Grund der
Schreibung der Hildesheimer Handschrift und des Oxforder Psalters, Le-
BINSKI S. 89 ff. aus den Reimen in Ikandan , Phil, von Thaon und der
Sehreibung der QLDli. Sich auf in England geschriebene Texte zu be-
ziehen, um den continentalen Sprachgebrauch zu erfahren, scheint mir
wenig methodisch und die spätere Analogie mit dem masculinen -s oben-
drein unglücklich zu sein. Für mich ist bei dem thatsächlichen ursprüng-
lichen Verhältniss zwischen Provenzalisch und Altfranzösisch das Zusam-
mentreffen des provenzalischen Zustandes (Fem. der ;}. Decl. mit -s schon
im Boeci; schon allein massgebend und die sorgfältigen Keime Christians
beweisen noch das Fortbestehen derselben, während die Reimer nach
ihm bereits zu schwanken beginnen. Die Angleichung aber ging aus von
den Adjectiven, wie (/ranz, tels, quels u. a., die, häutig im Gebrauch, von
Einfluss auf die sie begleitenden Nomina mit ähnlicher Endung waren«.
0. Als Vocativ fungirt der Casus rectus; der Eintritt des Casus
obl. in diese Function ist ein Symptom des Verfalls der Declination über-
haupt. Vgl. KosciiwiTZ in Roman. Stud. III 4!t3 ff. und namentlicli A.
Beyer in Ztschr. f. rom. Phil. VII 23 ff.
3. Das Genitivverhältniss Avird schon iu der illtesteu Spru-
che durch die Präposition de und das Dativverhaltniss durch
die Präposition a in ^'erbindun<>■ mit dem Casus obl. zum
Ausdruck gebracht. Der Casus obl. kann jedoch bei persön-
lichen JiegiifFen auch ohne Casuspräposition als possessiver
Genitiv fungiren. auch kann das Possessivverhältniss durch u
ausgedrückt Averden Jlliut> regia = U ßh ilel rei oder U Jlh h
rel oder li fils (d rei .
Vereinzelt besitzt das Altfranzösische genitivische Formen,
welche lateinischen Genitiven Plur. entsprechen: Fraurnr =
Francorum. paienor = pagunorum.
1. Die l'nterscheidiuig des Casus rectus vom C'as. <>bl.
mittelst des Üexivischen -a erhielt sich nur bis zum .Vusgang
Die "Wortformon und dii- AVc)rtt'()rnuinischreihun»cn. 191
(U'S 13. .lahrhumlcits : von ila nh übernimmt mehr und mehr
der Casus ohl. die Function auch des Casus rect. Bereits im
L'k Jahrhundert ist die Deelinatiun derarti«;' "estört. dass. als
der Dichter Vtllon (1431 — 1500) in einer liallade die alte
Casusregel beobachten wollte . er Fehler über Fehler beging,
namentlich bezüglich der liildnng des Casus rect. Plur. Vgl.
Uaynouakp . Observations philologiques et grammaticales siir
le Koman de Ron ]). 32.
Angesichts der Thatsache übrigens , dass schwerlich auch
nur eine einzige altfranzösische Handschrift grösseren Umfan-
ues existirt. in Avelcher die Declinationsregel mit voller Strenge
durchgeführt und jede Casusvermischung unterblieben wäre,
ist es erlaubt daran zu zweifeln . dass die Declination jemals
in litterarischer Zeit voll lebenskräftig gewesen sei : es macht
dieselbe vielmehr von vornherein den Eindruck einer Formcn-
bildunsr. welche entweder schon in lan^rsamem Absterben bc-
griffen war oder aber, weil jüngeren Ursprungs, erst nach und
nach Fuss zu fassen und sich auszubreiten begann , ohne zu
wirklicher iind dauernder Festigkeit gelangen zu können. Es
ist die altfranzüsische Declination nur ein Versuch gewesen,
sei es zur Festhaltung der lateinischen Scheidung zwischen
Casus rect. und Casus obl. , sei es was den Singular anbe-
langt zur Neubildung einer derartigen Scheidung, ein Ver-
such, der im Widerspruch stand mit der die Sprachentwicke-
lung: beherrschenden analytischen Tendenz und deshalb dauern-
den Erfolg nicht haben konnte.
§ 3. Die Declination. bezw. die Fluralbildung
der Substantive im Neufranzösischen.
1. Im Neufranzösischen fungirt der ursprüngliche Casus
obliquus — abgesehen von ganz vereinzelten Ausnahmen (s.
No. 2 — zxijjleich als Casus rectus. Es besteht demnach nur
je eine Casusform für Singular und Plural, und folglich be-
sitzt das Neufranzösische keine Declination mehr, sondern nur
noch eine Pluralbildung.
2. In vereinzelten F'ällen hat der ursprüngliche ('asus
rect. Sing, den Casus obl. verdrängt und ist folglich zum ein-
zigen Casus Sing, geworden: Jih ^= ßlhis . fonds = fundus.
lars = laqneus . legs = hgattis für hgatum . lis = lilius für
nimm, pirifs = puteus, rets = relis. queux = coquus. peintre =
192 Das Französische.
pi[n\ctor. traltre = iraditor, sceur = soror, pejor = pire. Dazu
mehrere Eigennamen. Avie Charles = Carolus, Louis = Liido-
virus. — Der Casus rect. und der Casus obl. haben sich er-
halten in pätre = pastor und pasteur = pastorem , chantre =
cantor und clianteur = rhantoreni , sire = senior und seigneur.
moindre = minor und mineur mot sav.) = minorem , maire =
major und majeur (mot sav.) = maj'eur. Es hat jedoch hier
die Sprache, da sie das Bewusstsein für die Casusscheidunj^^
verloren hatte, durch BedeutungsdifFerenziirung einer jeden der
beiden Formen Wortgeltung verliehen. — code, ein mot sa-
vant, ist keine organische Entwickelung aus codex ^ ebenso-
wenig darf saule = salez angesetzt werden.
3. Indem, wie im Singular, so auch im Plural der Casus
obl. durchweg die Function des Casus rect. übernommen hat.
so unterscheidet sich die Pluralform der neufranzösischen Sub-
stantive und Adjective von der Singularform durch den Besitz
eines auslautenden s, bezw. x. Bei schon im Singular auf ^.
X, z auslautenden Substantiven und Adjectiven fallen Singu-
lar und Plural in der Form zusammen.
Substantive , welche im Singular auf / mit vorausgehen-
dem a auslauten, nehmen im Plural x an und vocalisiren A'or
diesem l zu u^ z. B. yeneral — (jeneraux\ ebenso bilden die
auf mouillirtes / auslautenden Substantive den Plural auf x
mit Vocalisirung des mouillirten / zu w , z. B. travail — ira-
vaux, oeil — yeux, genou = genouil — genoux' hieran schliesst
sich das vereinzelte ciel — cieux (neben cieux) . Femer neh-
men pluralisches x an die im Singular auf u = /(/) auslau-
tenden Substantive, z. B. noyau [nucal-em] — noyaiix, chateau
castell-um) — chäteaux , chevau [rapiU-um) — rheceux . chon
[raid-em] — choux. An Avisnahmen von diesen Kegeln fehlt
es nicht, namentlich nehmen cS an mehrere mots savants auf
-al (bal, cal. rarnaval, chucal. rhoral, regal, meist auch ideal .
Vermuthlich n\u- auf orthographischer Analogiebildimg beruht
das i)luralische x in bij'ou-x, caillou-x, hiboii-x, Joujou-x.
Im späteren Altfranzösisch und im Mittelfranzösischen
waren graphische Pluralbildungen auf -aulx beliebt, z. B.
fhevaidx^ in deneit also das zu u vocalisirte / in der Schrift
wiederhergestellt wurde da das phiralische x selbst wieder
Abbreviatur für -us — vgl. altfranzösisch dex . diex = dens.
Die Wortformen und die Wortformumschreibungen, 193
diens — . so wird schon in der Schreibung checaiix das aus /
entstandene u doppeh gesetzt : chevaux = chevamis , altfranzö-
sisch richtig che Vax = chevaus = rahal'Jo^s; die Schreibung
chevaul.r war demnach vollends sinnlos).
Zeitweise war es orthographische Sitte, vor dem Plurai-.s>
auslautendes stammhaftes f aiiszustossen {atnans für amanfs] .
eine Sitte, welche, freilich mit manchen Einschränkungen, von
der Revue des Deux Mondes noch jetzt festgehalten wird:
allgemein üblich ist die Schreibweise les gens für les genfs
= gentes.
Die Pluralbildung mit -z der auf mouillirtes / auslauten-
den Substantive erhielt sich als orthographische Sitte vielfach
bis in das 17. Jahrhundert hinein, wurde oft auch auf andere
Substantiva ausgedehnt . namentlich auf die vocalisch aus-
lautenden.
3. Mancherlei Inconsequenzen und Bizarrerien zeigen die
für die neufranzösische Grammatik verbindlich gewordenen
Regeln über die Bildung des Plurals der Eigennamen und der
zusammengesetzten Substantiva Composita, Juxtaposita . Ein
näheres Eingehen auf diese Dinge würde hier jedoch zu weit
führen ^ .
4. Pluralia tantum sind ziemlich zahlreich, zu einem gu-
ten Theile freilich sind es mots savants (z. B. archives. cata-
combes, premices u. dgl. . Im Verhältniss zu dem Lateinischen
ist im Französischen der Gebrauch der Pluralia tantum, sowie
der emphatische Gebrauch des Plurals für den Singular sehr
eingeschränkt. "
5. Zahkeiche Substantiva haben im Plural eine dem Singu-
lar unbekannte Nebenbedeutung angenommen, zuweilen schon
aus dem Latein übernommen, z. B. lettre, enfer. ciseau, de-
fense etc. Nicht hierher gehört les etres, »die innere Ein-
richtung (eines Hauses «, welches Wort mit etre = esse re,
nichts zu schaffen hat . sondern vermuthlich auf exteras (seil.
parteS] oder auf extra zurückzuführen ist, vgl. F. Neumann
in Zeitschr. f. rom. Phil. V 3S5 f.
\. Eine durch Klarheit und Präeision sich auszeichnende Darstellung
der complicirten Materie hat Plattner in seiner Schulgrammatik § 112
und 116 gegeben.
Körting, Encyklopidie d. rom. Phil. HI. 13
194 Das Französische.
§ 4. Die Femininbildimg der Adjectiva.
1. Die lateinische Feminiiiform des Adjectivs ist nur Lei
denjenigen Adjectiven in das Französische übergegangen, -svel-
che lateinischen Adjectiven auf -us, -«, -um) entsprechen.
Die feminine Endung hat sich hei diesen als -e erhalten,
Avährend die masculine Endung überall da, wo es lautlich
raöfflich war, abgefallen ist. Im Einzelnen ist namentlich zu
bemerken :
ai Das feminine -e schützte den auslautenden Consonan-
ten des Stammes, während derselbe im Masculinum den für
den Auslaut massgebenden Lautgesetzen unterworfen war, z. ]>. :
fieuve = nov-a, aber neiif = non-us.
nulle = null-aj aber nul = null-us,
coite = qiijMa^ aber coi = qu[vM-us,
helle = bella, aber heati = hell-us (vor folgendem vocalischen
Anlaut jedoch hei ^ ,
epaisse = spiss-a, aber epais = spiss-ns,
complete = complet-a , aber complet (mit verstummtem t) =
complet-us,
legere = leviari-a . aber leger ^mit verstummtem r = le-
mari-us.
henigne = henign-a , aber henin (mit auslautendem Nasal-
vocal) = henign-us.
hon\ti\e = hona^ aber hon (mit Nasalvocal = hon-\is,
froide = frigid-a, aber altfranzösisch y>-02V =yr?<7«V/-?<5 (neu-
französisch froid ist etymologisirende llückbildung),
fausse ■= falsa, aber ya?/.r =fals-us {x. weil u = l .
Falsche Analogiebildung ist roux = russns, Fem. rousse.
Das Masculinum der auf lateinischen Adjectiven aiif -osus,
-osa beruhenden Adjectiva nimmt im Auslaut x statt 5 an
(als wenn das vorausgehende u aus / entstanden wäre) . das
Femininum dagegen bewahrt s, z. B. :
famos-us ■= fameux^ aber famos-a ■= fameuse .
b) Vor der Femininendung -e = -a geht c = k regel-
recht in rh über, z. li. :
sec/te = sirr-a, aber ser = sirr-us.
Mots savants bewahren aucli im Fem, den iv-Laut (ge-
schrieben qu : pnhlir — publique, grec — greqiie xmd grecque^
franc (fränkisch) — frunque [Ahev frone frei — franche).
Die Worformen und die "NN'ortfomiumschreibunpen. IJ)')
c) Lautet der Stamm des Adj. a\it' <j aus, so miiss zur
Bezeichnung' des Lautwerthes desselben der Fciuininendung
ein H vorgeschoben werden: z. 15. Ioikjuc = hnKj-a , lotn/ =
long-us.
d In der Femininform der Adjectiva auf -e7i = -anns
Avird das auslautende stammhafte n verdoppelt, um den offe-
nen Klang des c zu bezeichnen, z. J{. europeen — europeenne
(ebenso das / bei den Fem. der Adj. auf -el = -«//«, z. W. mortel
— mortelh, vgl. unten No. 2 : Verdopi)elung des n hat, ohne
ersichtlichen Grund, ebenfalls statt bei houne (altfrz. ho7ie ne-
ben boti'), dagegen scliAvankt der Gebrauch in wallon — v:al-
}on\ii\e und hourguignon — hourgiiignon[n]e, bei letzterem Adj.
ist doppeltes, bei ersterem einfaches n üblicher. Rein gi-a-
phisch ist die Verdoppelung des / im Fem. der Adj., deren
JStamm auf mouillirtes / auslautet, z. B. pareil = pariculus —
pareille. denn mouillirtes / "svird im Auslaute durch //, im In-
laute durch /// bezeichnet . vgl. traruil mit travailler. — In
den mittelst der Suffixe -ot uiul -et abgeleiteten Adjectiven
(z. B. vieiUot — vieillotte, miiet — muette) ist nicht im Fem.
Verdoppelung des t, sondern im Masc. Vereinfachung eines
ursprünglichen doppelten t eingetreten, denn die betr. Suffixe
haben geminirte Consonanz.
e) Die Adj. helhis. [gemeUus], notellus. vetulus. [moUis und
*follis] bewahren im Masc. vor folgendem vocalischen Anlaut
das (vereinfachte! auslautende / des Stammes, während vor con-
sonantischem Anlaut / zu u vocalisirt wird, also bei neben
heau. Das Fem. hat regelrecht //. Ueber vieux vgl. § 5, 1.
Die Masculinform hat nicht selten ein auf Analogie-
bildung an das Fem. beruhendes unorganisches e angenommen,
z. B. raide = altfrz. roit = rigidum.
2. Die lat. Adj. (zweier und einer Endiuig). welche für
Masc. und Fem. nur eine Form haben, sind auch nur in
dieser einen Form in das Französische übergegangen, also
z. B. niortalis = mortel{s . Es wurden jedoch die französ.
Adj. einer Endimg frühzeitig von der Analogie der Adj. zweier
Endungen angezogen \nid bildeten in Folge dessen ein un-
* Das nn in homie darf nicht etwa als Zeichen der Kürze des o an-
gesehen werden, denn »das o ist nicht kürzer in bo/ate als in Verone u. a.«
PhATTXEii a. a. O. p. 108 Anm. 1.
13»
196 Diis Französische.
organisches Fem. auf -e, also z. B. mortele. gleichsam *mortal-a
für mortalis (die A'erdoppeliing des / im nfrz. mortelle ist gra-
phische Bezeichnung der Lautqualität des vorangehenden e.
vgl. oben 1 d). Eine Anomalie ist das Fem. verte . dessen f
aus der ursi)rünglich communen Form vert = ririd-em, in
welcher, weil d im Auslaute stand, die tonlose für die tönende
Explosiva eintreten musste. herübergenommen ist.
3. Die Femininbildung des Adj. wird oft auch auf Suli-
stantiva übertragen, vgl. z. B. haron — harorme mit hon —
bonne, chanteur — chanteusv mit fameux — famevse : dass sub-
stantivirte Adjectiva. wie z. B. citoyen. ein regelmässiges Fem,
bilden, ist selbstverständlich.
§ 5 . D e c 1 i n a t i o n und P 1 u r a 1 b i 1 d u n g der Ad-
jectiva.
1. Im Altfrz. gelten für das Adj. dieselben Declinations-
regeln. wie für das Subst.. vgl. § 2.
2. Das Neufrz. hat, wie bei dem Subst.. so auch bei dem
Adj. die Declination völlig aufgegeben und n\ir die l'lural-
bildung bewahrt. Der Gas. obl. hat überall die Function aucl\
des Gas. rect. übernommen. Die einzige erhaltene Nominativ-
form ist vieux = rieiis = viels = vielhs = verls = *vecnlus
= vetulus.
3. Die Pluralbildung des nfrz. Adjectivs ist völlig der
substantivischen gleich. — "S^eimieden wird die l^ildung des
Flur, bei einzelnen Adj. auf -r// (fatal, final, glacial. initial,
matinah natal. naval ., theätrali. Der Pluralbildung unfähig
sind zusammengesetzte Farbenadjectiva, wie hlond ardent. so-
wie in adjectivischer Weise zur Farbenbezeichnung gebrauchte
Substantiva, Avie z. B. paille. Über diese und sonstige Ein-
zelheiten vgl. die Angaben bei Plattner a. a. O. § 139 ft".
§ 6. Die Comparation der Adjectiva. 1. Das Altfrz.
besitzt folgende, zum Theil freilich nur sehr vereinzelt vor-
kommende organische Gomparati^ formen :
helkzour =^ *heUatiorv)n vg;!. E. Stknokl im "Wörterbuch zu den äl-
testen Denkmälern und Hammesfahk, Zur Comp, im Altfrz., p. 15 f.. for-
ceu7- = fortinretn, (jensor =: *(/enj]tiorem, graitidren = grmidior und graignur
= grandiorem, hal^or = altiorem, maire = maior und major = majorem,
mieldres mialdren ^ melior und meillor = meliorem, meiidre = minor und
menor = minorem, merur = *meriorem. pire = pej'or und pejor = pejo-
rem, phi.sor = 'j)iusiores. sordeior = .snrdidinrem. \s:\. auch unten d'.
Die AVortformen und die Wortformumschreibungen. 197
Im Mitttl- uiul Ntnifrz. haben sich von diesen Formen
nur erhalten :
a Die Noniinativformen sg. inaire n\ir als Subst.', moindre, pire; b)
der c. o. meilktir dazu treten als mots savants 7ni/ietn\ majeur, sowie an-
ierieiir, exterieur und dgl., in denen die Comparativbedeutung völlig ver-
dunkelt ist ; c die Pluralform plusietirs.
Hierzu treten d die zu Adverbien gewordenen Neutra sg. mietix ^
Dieh'uü, »loins = minus, j^is = P^J'ts, plus = plus.
2. Organische Siiperlativformen auf -isme finden sich im
Altfrz. noch vereinzelt, z. K. altis?ne [hautisme] . grandmne, sain-
tisme, pesme. honisme, ausserdem merme = minimus. Im wei-
teren Verlauf der Sprachentwicklung sind sie völlig beseitigt
worden. Der Versuch zur Wiedereinführung der organischen
Comparation z. B. docte, doctieur, docfist)ie), welcher im lü.
Jahrh. uuternommen wurde , scheiterte völlig ; ebensowenig
vermochten die damals nach italienischem Muster gebildeten
Superlative, wie grandissime, honissime u. dgl,, Boden in der
Sprache zti gewimien; nur generalissime u. dgl. haben sich als
Titel behauptet.
3. Der fast gänzliche Mangel an organischen Comparations-
formen im Französ. beweist, dass der Sprache die Fähigkeit
zur organischen Comparation nahezu völlig entschwunden ist.
Daraus ergiebt sich, dass die Comparation im Französ. auf
analytischem Wege vollzogen wird. Es geschieht dies dujch
Combination des Positivs mit dem Adverb plus zur Umschrei-
bung des Comparativs und durch Detemiinirimg dieses ana-
lytischen Comparativs mittelst des Artikels zur Umschreibung
des Superlativs. (Ausserdem Verstärkung des Positivs dtirch
hien, fort u. dgl.).
§ 7. Die Personalpronomina.
1, Die Pronomina der 1, und 2. Person,
sg, c. r, Jeo, Jo, Je = ego\ tu = tu
c. 0, mi, rne \ _ ti, te ]
. } = tne \ = te.
mei , mot j tei, tot }
pl. c. r. \
, 0. /
Die Casus recti ye und tu werden seit dem 15. Jahrh. nur
in proklitischer Verbindung mit dem Prädicatsverb gebraucht.
Die Casus obl. ?noi toi können seit dem i;^. Jahrh. proklitisch
mit dem Verbum nicht mehr verbunden werden, sondern es ist
nos. nous = nos] vos, vous = vos.
c.
r.
c.
0.
c.
0.
c.
r.
198 Das Franssösische.
für diesen Fall die Anwendung der leichten Formen tne und
ie obligatorisch geworden.
2. Die Pronomina der 3, Person.
Masc. Fem.
il = nie e^le, eile = illa
d. lui. li = *illui lei. U = *illei
a, lo, le = illmn la = illam
pl. c. r. il. ils = Uli e^l]es, elles = illas
c. o. d. lo7'. leur = illonim lor^ leur = illoru7n
\els, eus, ei(x = illos el[l]es. elles = illas
' f les = illos les = illas
Nentr. sg. c. r. und o. il = ilhmi (nicht illud. vgl. Hor-
NiNG in Eöhmer's Roman. Stud. Bd. IV. p. 22!» fF. : vgl. je-
doch auch die Gegenbemerkungen GrÖBERS in Ztschr. f. rom.
Phil. Jid. IV. p. 463).
Völlig aufgegeben \on der neueren Sprache ist die Form
lei, wofür das masculine lui eingetreten ist. Ebenso ist auf-
gegeben und durch lui verdrängt das proklitische //.
il, le, la, les können von jeher nur in proklitischer Ver-
bindung mit dem Verb . dagegen kann eux in der neueren
Sprache nur ausserhalb solcher Verbindung gebraucht werden.
Die ursprünglichen Casus obliqui lui und eux haben aus-
serhalb der Verbindung mit dem Verb auch die Function des
Cas. rect. übernommen, und das eigentlich dati^■ische lui fun-
girt überdies auch als absoluter Accusativ.
Der neutrale Gebrauch von il hat sich nachweislich im
Altfrz. erst verhältnissmässig spät entwickelt, vgl. IIorxing's
oben genannte Abhandlung.
Im Altfrz. üuden sich folgende enklitische Verschmelzun-
gen von Pronominalformeu mit vorangehenden Präpositionen,
Pronominibus und Adverbien :
de -\- le = (lel, du — Je, me, te, se -f- le, les, = j'el, Jes etc. — si -|-
jtie = s»wj, st -|- se = sis, qui -f- se -{^ quis, ne -\- le = uel, nu , )>e -{-
les = lies. Vgl. auch unten S. !!)<,).
Anm. 1. Die proklitischen Personalformeu [lo] le, la, les
haben in Folge der Abschwächung ihrer ursprünglichen De-
monstrativbedeutung zugleicli die Function des C"as. obl. des
bestimmten Artikels erhalten. Als Casus recti des bestimm-
ten Artikels fungiren, bezw. fungirten die Formen // = ille
Die "Wortformen und die Wortfomiumschreibungen. 199
^später verdriingt ihirch den Ca:», obl. Je], la = iJhi. U = HU
(später verdrängt durch deu Cas. obl. les , les = ilhis. Das
Schema des hestimmten Artikels ist demnach :
Muse. Fem.
sg. c. r. // = ///('. le = ilhon la = ///(/
c. o. lo. h = Ulum hl = illam
pl. c. r. // = ////. les = illos Ics = Ulas
c. o. les = illos les = i'llas.
Die auffällige Erscheiniuig. dass iu den Formen des Ar-
tikels die Hochtonsylbe des lat. ille geschwunden, die Tief-
tonsylbe dagegen erhalten ist . erklärt sich aus dem prokliti-
schen Gebrauche dieser Formen.
Die im älteren Altfrz. (z. B. im Rolandslied^ vor ursprüng-
lichen Neutren (z. B. cunseil = consilium) sich findende Form le
des Cas. r. sg. ist möglicherweise aus Ulum für illud entstanden.
Mit den Präpositionen de , ä. en verschmilzt der Artikel
in folgender Weise :
• de -\- le = del, dou, du — ä -\- le = aJ, au, ou — e)i -\- le = el,
ou — de -\- les = dels, des — ü -f- les — als, as, aus, aux — en -\- les
= eis, es, es.
§ S. Das Reflexivpronomen. Die Formen dieses
Pronomens sind :
, , ] proklitisch se \
sg. und pi. c. 0. }■ , , . . ( = se.
^ J absolut sei, soi J
In absolutem Gebrauche ist bezüglich auf persönliche oder
persönlich aufgefasste Begriöe das Reflexiv in der neueren
Sprache diu-ch das Personale verdrängt worden.
§ 9. Die Possessivpronomina.
1. Pronomen der 1. Pers. sg.
a) Masc. Fem.
sg. c. r. 7)ies, mis = me u s ina = m[e\a
c. 0. nion = m e]um ma = mW.am
pl. c. r. mei, mi = mei mes = m,e]as
c. 0. mes = m e os mes = ?n\e]as
b) Masse. Fem.
sg. c. r. 77iie/is meie, moie = mea
c. 0. mieti = me\u\m n\eie, moie = yneam
pl. c. r. mien meies. 7noies = 77ieas
c. o. mie7is meies. 77ioies = meas
200
Das Französische.
Bemerkungen. 1. Die Nominative imes) mis, mei, mi^
miens, mien sind im Laufe der Sprach entwicklung durch die
Casus obliqui mon, mes^ mien, mietis verdrängt worden.
2. Das Fem. ma -wird im Altfrz. vor vocalischem Anlaute
apostrophirt, z. B. mamie (hieraus entstand durch falsche Wort-
trennung ma mie) \ im Nfrz. tritt in diesem Falle das Masc.
ein, z. B. mon amie.
3. Das Fem. meie moie (= *mea9) ist im Nfrz. durch die
Analogiebildung mienne verdrängt worden.
4. miens ist Anbildung an mien.
5. Die Formen nies, mis)^ mon, [mei, mi), mes, ma, mes
sind A'on jeher nur proklitisch und attributiv gebraucht wor-
den. mie?is), [moie] mietme sind in der neueren Sprache von
attribiitiver Verwendung ausgeschlossen , während im Altfrz.
dieselbe statthaft war, freilich nur in A-'erbindimg mit dem
Artikel oder dem Demonstrativpronomen [U miens amis. uns
miens amis, eist miens amis) , Verbindung mit dem unbestimm-
ten Artikel ist auch im Nfrz. noch erlaubt un mien atfii] .
2) Die Pronomina der 2
a) Masc.
sg. c. r. ies, tis
ses, sis
c. 0. ton
son
pl. c. r. tei, ti
sei, si
c. 0. tes
ses
und 3. Fers. sg.
Fem.
1^ ^
5 S S
'/
Masc.
Sg. c. r. tiens
siens
c. 0. iien
sien -c 2
pl. c. r. tien
sien
c. 0. tiens
siens
et
fct =^
'S s
ta
sa
ta
sa
tes
ses
tes
ses
= ^[M]a[?n] 4^1 a[m].
= t u]as s[u]as.
Fem.
teie, toie
seie, soie
teie, toie
seie, soie
teies, totes
seies, soies
teies, toies
seies, soies
'S s
c ^
Die "Wortfornien und die Wortformumschreibungen. 2(ll
Daneben, aber selten die auf lat. tuum^ auum. tua[m ,
sua[tn] beruhenden Formen:
tuen. sue//. tue. toe, sue, soe.
Die über Entwickelung und Gebrauch der Pronomina der
1. Person sg. oben gemachten ]Jemerkimgen gelten auch für
die Pronomina der 1 . und 2. Person, sg.
3. Die Pronomina der l. imd 2. Person, pl.
Masc. Fem.
sg. c. r. tiostre[s] = noster nostre = nostra
vostre s = voster vosti'e = costra
c. 0. nostre = nostrum costre = costram
L'ostre = vosirum costre = costram
pl. c. r. nostre = nostri nostres = nostra^
costre = costri vostres = vostras
c. r. nostres = tiostros nostres = nostras
costres = costros costres = costras.
Daneben durch Kürzung aus nostres^ bezw. vostres ent-
standen :
(sg. c. r. Masc. nos, cos Fem. wo, vo
c.
0.
»
tio,
CO
i>
no, vo
pl.
c.
r.
»
no.
CO
)'V
nos, cos)
pl.
c.
0.
))
nos,
vo s
»
nos, vos
Die gekürzten Formen nos, cos haben im Laufe der Sprach-
entwickelung die Pluralformen fiostres. vostres aus dem attri-
butiven Gebrauche verdrängt.
Die neuere Sprache unterscheidet notre und nötre, votre
und cötre und verwendet die ersteren Formen nur attributiv,
die letzteren nur absolut.
4. Das Pronomen der 3. Person, pl.
leur = illor um , also ursprünglich ein Genetiv (vgl. die
Possessivpronomina im Germanischen und als solcher inflexi-
bel, nahm jedoch frühzeitig nach Analogie der übrigen Pro-
nomina ein Plural-iT an.
202 iJas Französische.
§ 10. Die Demonstrativpron oniina.
A. Die Demonstrativpronomina für die persön-
lichen Geschlechter,
1. Die Conibination ecce -\- iste.
Masc. Fem.
sg. c. r. icist, eist, eis = eceiste iceste, ceste, cette = eceista
CO. icest, cest . eet, ce = ieeste. ceste. cette = eccistam
eccistum
ausserdem : ausserdem :
icestui, cestui, eesfi = icestei, eestei, eesti = *eecistei
*eccistui
pl. c. r. icist^ eist = eccisti ieestes. cestes, cez, ees = ec-
cistas
CO. ieez, cez, ces = eccistos ieestes, cestes, cez, ces = ec-
eista s.
Von diesen altfrz. Formen sind im Laufe der .Sprachent-
wickelung geschwunden: a) die Casus recti des Masc, welche
durch die Casus obliqui cet, ce, ces verdrängt wurden : b die
Casus obl. sg. eestui und eestei; c) die Femininform PI. [i)cestes,
verdrängt durch die kürzere Form ces: d sämmtliche mit i-
anlautenden Formen. Erhalten sind also nur:
sg. Masc. cet (vor Voc), ce vor Cons.)
Fem . cette
pl. Masc. und Fem. ees.
2. Die Conibination ecce -\- ille.
Masc. Fem.
sg. c r. icil, eil = eeeiUe icelle, cele, celle = eccilla
CO. icel, cel ■= eccillum icelle, cele, celle = ecdllam
ausserdem :
icelui, celui, eeli ieelei, celei, cell = *ecciUei
= *eeeillui
pl. c. r. icil, eil = eccilli iceles, celes, Celles = eccillas
CO. icels, cels, ceus. ceux iceles, celes, cell es = eccillas.
= eccillos
Von diesem altfrz. Formenbestande haben sich ini'Neufrz.
nur erhalten :
sg. Masc celui Fem. celle
pl. » ceux » Celles.
Im Altfrz. konnten {i)cisf, [iceste etc. und [i)eil. {i)celle
Die Wortformcn und die \\'ortformumachreibiingen. 203
etc. sowohl attributiv als auch absolut au;i;e\vaiult werden, im
Nfrz. ist ce{f), ceffe ausschliesslich attributives Denioustrativ :
cehii . Celle fiuigirt nur vor Kelativis und Genetivunischrei-
bung;en. ausserdem in ^'erbiuduug mit den enklitischen Ad-
verbien -ci = ecce -f- Mc] und -lä (= ecce -\- illac) in abso-
lutem Gebrauche.
B. Die neutralen Demonstrativa.
1. ecce -f- illum = ceL schon im Altfrz. wenig gebraucht,
im Neufrz. völlig geschwunden.
2. ecce -f- hoc = iceo, ceo, fo, ce, c'.
3. ce -\- lä (= illac) = cela, gekürzt ra. ce + ci (= ecce
hie) = ceci, ce : cela und ceci sind die im Neufrz. allein vor-
handenen neutralen Demonstrativa: ce wird im Wesentlichen
nur in Verbindung mit dem ^'erbum substantivum gebraucht
[c'esf etc.). eine Beschränkung, welche das Altfrz. nicht kannte.
§ II. Die llelativpronomina.
A. Die Kelati vpr onomina für die persönlichen
Geschlechter.
1. sg. und pl. c. r. qiu = qui
c. o. (als Accus.) que = quem
c. o. ursprünglicher Dativ) cui. qui = cui.
Obige Formen gründen sich ausschliesslich auf lat. Mascu-
linformen des Sing., welche also auch für das Fem. und für den
Plural eingetreten sind. — Die ursprüngliche Dativform cui
fungirte im Altfrz. als Cas. obl. überhaupt, also auch als Ge-
netiv: im Neufrz. ist der Gebrauch der fälschlich qui geschrie-
benen) Form auf die ^"erbindung mit Präpositionen beschränkt
[avec qui u. dgl.).
2. nie -f- cjiialis = li quels. Cas. obl. lequel ; im Laufe
der Sprachentwickelung hat der Cas. obl. den Cas. rect. ver-
drängt (auch im PI.) . und ist das analogische Fem. laquelle
(vgl. mortelle u. a.i gebildet worden.
Die syntaktische Anwendung des combinirten Relativ-
pronomens war von jeher und ist noch auf bestimmte Fälle
beschränkt A'ermeidung von Zweideutigkeit. Verbindung mit
Präpositionen in Beziehung auf unpersönliche Begrifle. Ab-
hängigkeit des relativen Genetivbegriffes von einem mit einer
Präposition verbundenen Substantiv .
204 Däs Französische.
Attributiver \'erbiuclung mit einem Subst. ^var im Altfrz.
lequel fähig, im Neufrz. ist dieser Gebrauch aber verahet.
B. Die neutralen Relativpronomina.
1. Cas. rect. und Gas. obl. que = quod. Als Gas. rect.
ist que in der neueren Sprache völlig geschwunden lausgenom-
men in vereinzelten Phrasen, z. B. [fais ce que dois] admen7ie
que pourra) und wird durch das persönliche qjfi ersetzt.
2. Cas. obl. quoi = quid, fungirt nur in Verbindung mit
Präpositionen [apres quoi und dgl.). im Altfrz. oft auch in
Bezug auf Substantiva, ein Gebrauch, für welchen sich auch
im älteren Neufrz. noch Beispiele finden z. B. pliisieurs di-
ners ä quoi on tie s'etait pas attendu. Mme de Sevigne, citirt
von MÄTZNER, Frz. Gramm, p. 176).
C. Relative Pronominaladverbien.
1. dont = de unde vollzieht die Funktion eines von dem
Subject oder Object oder Prädicat des Relativsatzes abhängigen
Genetivs des Relativs.
2. oü = uhi vertritt häuhg das mit dann ^ bezw. mit en
verbundene Relativ.
§ 11. Die Interrogativpronomina.
A. Die Interrogativpronomina für die persön-
lichen Geschlechter.
1. Sg. und Flur. Gas. rect. und Gas. obl. qui = qui, ist
auf den substantivischen Gebrauch beschränkt.
2. quelsj quel dazu analogisches Fem. quelle) = qualis,
ist auf den adjectivischen Gebrauch beschränkt. Mit dem Ar-
tikel verbunden [liquels, lequel, laquelle] erhält quels determi-
nirende Bedeutung.
3. quanz, quaute= quuntus, quanta, aus der neueren Sprache
geschwunden und durch das Adv. comhien ersetzt.
B. Die neutralen Interrogativpronomina.
1. Sg. Gas. rect. und Gas. obl. que = quod.
Die Anwendungsfähigkeit des qtie als Gas. rect. ist in der
neueren Sprache sehr beschränkt ibei etre, devenir. bei unper-
sönlichen Verben u. dgl.), meist vielmehr fungirt für den Gas.
rect. des Neutrums das persönliche qui. Die neuere Sprache
vermeidet auch die isolirte Anwendung des que als Gas. obl.
in der indirecten Frage , sondern fordert dafür die Gombina-
Die Wortformen und die M'ortformumschreibungen. 2f*5
tion VC que. Auc-h in der directeii l*'rau:e wird das einfache
qui und^ que gern durch die Combinationen quesf-re qni, qu'esf-
ce qifc ersetzt. Diese umstiindliche Art der Frage ist für das
Neufrz. charakteristisch.
2. Sg. Cas. obl. qifoi = qin'd. beschränkt auf die \ erbin-
dung mit Präpositionen.
§ 12. Die indefiniten Pronomina.
A. Indefinite Pronomina einfacher Bildung.
1 . ai(frc = alfer. — Nach Analogie von rui, hd ist zu
autre der Cas. obl. autrui gebildet, welcher im Altfrz. gern
präpositionslos im Sinne eines Geuetivs possess. gebraucht wurde
(z. B. rautrin hien oder auch schlechtweg lautrui = h hien
d'aidi'ui . Im Nfrz. kann autrui nur substantivisch in ^'erbin-
dung mit Präpositionen gebraucht werden.
2. el = a1 kidi , nur neutral, von der neueren Sprache
aufgegeben.
3. nuh, mis. nulle = nullus. a: dazu nach Analogie von
cui etc. der Cas. obl. md[l]ui. den die neuere Sprache aufge-
geben hat.
4. fouf. e = 'tottus. a. hat neben der eigentlichen Be-
deutung = fofus auch diejenige von omnis angenommen. In
der neueren Sprache ist nach fout im Sinne von tofus die Ver-
bindung des betr. Substantivs mit dem Artikel erforderlich
[tout Tanimal = totum animal, aber tout animal = 07nne ani-
mal . während im Altfrz. dies nicht der Fall war (Reste der
Artikellosigkeit sind im Neufrz. toi([s Jours und Toussaijit .
B. Zusammengesetzte Pronomina indefinita.
1 . aucun = aliquis unus : altfrz. PI. li auciin mit der Be-
deutung von quelqties-uns (so noch les aucuns bei Lafontaine .
2 . cha\s\cun = quisque -\- unus (?; , in der neueren Sprache
nur substantivisch, im Altfrz. dagegen substantivisch und ad-
jectivisch gebraucht.
3 . meme = *metipsimus ; mit dem Artikel verbunden be-
sitzt meme in der neueren Sprache nur die Bedeutung von
idetn. während im Altfrz. nur der Sinn des ganzen Satzes be-
stinunte. ob meine = idem oder = ipse axifzufassen sei.
4. Diu'ch die Verbindung der Interrogativpronomina qui,
quoi. quel mit que entstehen die verallgemeinernden Pronomina
qui que, quoi que. quel que. quelque u. dgl.
206 3^^s I^ranzösische.
5. Direct aus dem Lat. üoernommen sind die Combina-
tionen ehaque = qiiisque (?) , sowie quiconque und quelconque
= qiiicunque und qaalucimque .
6. quelque verbindet sich mit un zu quelqu'tm.
C. Indefinite Pronominaladj ectiva.
1 . moult = multus^ -um, von der neueren Sprache aufgege-
ben (dafür heaucoüp). — - 1. plusienrs =^ plusiores. — 3. quant,
von der neueren Sprache aufgegeben (dafür combien . — 4. tcmt^
in der neueren Sprache nur als adverbiales Neutrum erhalten.
— 5. u. 6. Auch tel, nul vmd tout können hierher gezählt werden.
1). Indefinite Pronominalsubstantiva.
1. 071 = homo. — 2. personne = persona, in der Bedeu-
tung = nemo mit negirtem Prädicate). — 3. rien = rem, in
der Bedeiitung = niltil mit negirtem Prädicate . — 4. quel-
que chose^ in der Bedeutung = aliquid vgl. h petit chose).
§ 13. Die Numeralien. 1. Die Cardinalzahlen. Die
lautliche Entwickelung der frz. Cardinalien aus den lat. Grund-
formen bietet der Erklärung manche noch nicht besiegte
Schwierigkeit dar, namentlich bezüglich der Formen vin[g t,
trenie. quaranie etc.. welche aus viginti. trigmfa, quaihaginta
etc. nicht entstanden sein können, sondern vielleicht eher ein
*crnti, *trmta, quadranta voraussetzen vgl. F. d'Ovidio, riflessi
romanzi di viginti etc. in Ztschr. f. rom. Phil. VIII. 82 ff. .
Eigenthümlich dem Französ. und wohl keltischen Ursprunges
ist die Umschreibxmg des Zahlbegriffes SO durch Multiplication
mit 4 X 20, soAvie der Ausdruck der Zahlen 7 0 und 9o durch
Addition 60-1-10, 4X20-1-10. Das Altfrz. hat einerseits
die multiplicative Umschreibung mit 20 gelegentlich weiter
ausgedehnt [onze vint, quatorze vini, quinze vint), andrerseits
aber auch für 70, 50, 90 noch die den lateinischen entsprechen-
den Formen angewandt [settante^ huitante, bezw. oitante, no-
nante] .
Die drei ersten Zahlen waren im Altfrz. der Declination
fähig:
1 . Sg. Cas, rect. m. uns f. une, Cas, obl. m. un f. une,
PI. Cas. rect. m. un f. tmes. Cas. obl. m. uns f. unes. — 2. PI.
Cas. rect. m. dui doi [f. does, deues], Cas. obl. m. dous, deus,
deuz [f. does, deues]. — 3. PI. Cas. rect. m. frei troi\ f. freis
trois, Cas. obl. m. ireis trois, f. ü'eis trois.
Die Wortfurmen und die ^^'ortfo^mlmlschreibung;en. 207
Das Altfrz. \iiiterschied mil = milk- und 7nUle = mil fia.
J)as Altfrz. besass endlich noch das Zahhidjectiv atnbes =
amboa jjewöhnlich verhnnden mit (/oi : amhedoi. andoi. andui .
2. Die Ordinalzahlen. 1. primus = prime, frühzeitig
durch Primarius = premicr verdrängt (jedoch noch erhalten in
einzelnen Verbindungen : de prime abord. de prime . sauf), neben
premier auch jyremerai/t = 'primera/fun.
3. fertius = fiers. -z
2
secundus = serofiz.
-t
4.
quartus = quarz.
-t
6.
sextus = siste-s
5. quintus = quinz^ -t
7. septimus = sedme-s
S. *octimus = oidme-s 9. *novimus = noefme-s
lu. decimus = disme-s.
Diese Formen mit Ausnahme von secofid sind in der neue-
ren Sprache aus dem gewöhnlichen Gebrauche geschwunden luid
durch mittelst des Suffixes -ieme gebildete Ableitungen aus
den Cardinalzahlen ersetzt worden : deux-ieme, frnis-ieme etc. ;
auf dieselbe Weise werden auch die über 10 hinausliegenden
Ordinalia [onzieme etc. gebildet. Die lautliche Entwickelung
des Suffixes -ieme ist noch nicht hinreichend aufgeklärt, mit
lat. -esimtts kann es nicht ohne Weiteres gleichgesetzt werden.
§ 14. Uebersicht der Formenkategorien des
Verbs. 1. Von den Formenkategorien des lat. Activums hat
das Französische folgende bewahrt:
a Indicativ Präsentis. b) Conjunctiv Präsentis. c Impe-
rativ Präsentis nur theilweise). d Infinitiv Präsentis. e) Par-
ticipium Präsentis. f) Gerundium. — g Indicativ Imperfecti.
— h) Indicativ Perfecti (nur in der Function des Perf. hist.).
— i Conjunctiv Plusquamperfecti verschoben in die Function
des Conj. Imperf. , vgl. auch unten No. 2.
2. In der ältesten Sprache finden sich überdies erhalten
vereinzelte Formen des Indicativs Plusquamperfecti (coldret ==
völuerat. pouret = potuerat. füret = fuerat, roceret = roga-
terat u. a.. mehrfach ist die lautliche Entwickelung der hier-
her gehörigen Foraien nicht völlig klar) ; ausserdem besitzt das
Altfrz. das organische Futurum Ind. von esse: ier = ero, iers
= eris. iert, ert = erit, [ermes = erimus, ertes = eritis], ierent
= erunt. daneben jedoch auch schon die periphrastischen For-
men estrai, esterai und serai etc. = stare -\- haheo und *essere
-|- habeo.
208 iJäs Französische.
3. A 011 den Formenkateo^orien des lat. Passivums ist nur
das Part. Perf. (in seiner Bedeutung auch als Part. Prät. fun-
girend) erhalten.
4. Die nicht erhaltenen Formenkategorien des lat. A er-
bums ersetzt das Französ. durch periphrastische Verbindungen
von Modalverben mit dem Inf., bezw. mit dem Part. Perf..
seltner mit dem Part. Präs. und mit dem Gerundium. Vgl.
hierüber Theil II, S. 252 ff.
Die zur Umschreibung des Futurs und des Imperf. Fut.
(Conditionalis) dienenden Verbindungen Infinitiv -f- hal)eo und
Infinitiv -f- haheham sind zu lautlichen Einheiten verschmol-
zen und haben in Folge dessen den Anschein organischer Bil-
dungen.
§ 15. Die Hauptgesetze der Formenbildung des
Verbs.
A. Starke und schwache Formen, bezw. Conju-
gationen vgl. Theil II. S. 226 ff. . Die Formen des A'er-
bimis werden gebildet :
1. Ohne Hülfe eines Ableitun'gsvocales . indem die Per-
sonalendungen, bezw. die Tempus- und Modussuffixe unmit-
telbar an den Verbalstamm antreten starke Formen .
Die starke Formenbilduug ist nur möglich a) im Präsens
Ind. und Conj. (über die 1 und 2 P. PI. s. unten B.). b im
Inf. Präs., c) im Perfect, d im Plusqpf. Impf. Conj.), e; im
Part. Perf. — Näheres s. unten in den die Bildung der ein-
zelnen Formenkategorien speciell behandelnden Paragi'aphen.
Die starken Formen sind stamm betont.
2. Mit Hülfe eines Ableitungsvocales (schwache For-
men). Der x\bleitungsvocal kann sein:
a) lat. a = frz. a, e. e. tonloses e (A-Conj. .
ß) lat. 1 = frz. i (I-Conjugation) .
y) lat. e = frz. ei, oi.
[d] lat. ü = frz. ii , nur in der Bildung des Part. Perf.
vorkommend, z. B. *sa[p]-ü-[tus] = seil = su.)
Die schwachen Formen sind — mit einziger Ausnahme
des JSg. und der 3 P. PI. Präs. Ind. und Conj. der (/-A'erla
[parier und dgl.) M — flexionsbetont.
1) Ebenfalls als Ausnahmen, ja geradezu als starke Formen müssen
Die Wortformen und die Wortforniumschreibungen. 209
Da kein Verbum ' seine Formen durclnveg stark bil-
det, sti sind IJeiiritt' und Bezeichnung »starke Coujugation«
wissensehaftlieh unberechtigt, weil unter »Conjugation" nur die
nach einem einheitlichen Principe erfolgende Verbalflexion
verstanden werden kann. Ist aber der Ausdruck ^starke Cou-
jugation« unberechtigt, so verliert auch der Ausdruck );scli wa-
ch« Conjugationa . weil des Gegensatzes entbehrend, seine
Berechtigung.
Nach DiEz" Vorgang pflegt man indessen die Gesammt-
heit derjenigen Verben, welche das Perfect stark bilden, un-
ter den Namen der starken Coujugation. und die Gesammt-
heit derjenigen Verben, welche das Perfect schwach l)ilden,
unter den Namen der schwachen Coujugation zusammenzu-
fassen und innerhalb einer jeden dieser Hauptconjugationen
wieder je drei Classen. bezw. Einzelconjugationen zu unter-
scheiden, so dass sich folgende Eintheilung ergiebt:
a. Die starke Conjugation.
a Erste Classe. umfassend diejenigen Verben, welche im
Lat. ihr Perf. auf (an den Stamm antretendes -i bilden, bzw.
dieser Bildung sich angeschlossen haben, z. B. cld-i = t"/[.s],
Jec-i = Jis. cen-i = vin\_s\ *tefii f. ienui = ti?is.
fj Zweite Classe. umfassend diejenigen Verba, welche im
Lat. ihr Perfect auf -5/ bilden, bezw. dieser Bildung sich an-
geschlossen haben, z. B. ar d]-si = a7's, cing-si [cinxi) = ceins,
*presi f. prehendi = />m, ^occi[d\-si f. occidi = ocis [ars, ceins,
ocis u. V. a. sind nur altfranzösische, von der neueren Sprache
aufgegebene Formen).
y] Dritte Classe . umfassend diejenigen Verba, welche im
Lat. ihr Perfect auf -ui bilden, bzw. dieser Bildung sich an-
geschlossen haben, z. B. valui = cahis], debt<i=dm. dus,
^recipui = reQu[s\. Die hierher gehörigen Perfecta haben, ob-
wohl auf starker Bildung beruhend, doch die flexivische Be-
tonung der schwachen Perfecta, vgl. unten § 21.
die 1. 2. 3 sg. u. 3 "pl. praes. der inchoativen 7-Verba z. B.ß/iis, ßnis,
finit, ßnissent, betrachtet werden, da das hochtonige i nicht mehr als Ab-
leitungsTocal, sondern, als Bestandtheil des erweiterten Stammes fungirt,
Tgl. unten § 18 A 3 ß .
1 Als einzige Ausnahme kann etre gelten, wenn man die auf stare
zurückgehenden Formen aussehliesst.
Körting, Encyklopädie d. rom. Phil. HI. 14
210 Das Französische.
b. Die schwache Conjugatiou.
a) Erste Classe 'erste schwache Conjugation. ^1-Conjiiga-
tion), umfassend diejenigen Verba . welche im Lat. ihre For-
men mittelst des Ableitungsvocales -a bilden, bzw. dieser
]>ildung sich angeschlossen haben, z. ]i. am-a-re = aim-e-i\
Perf. am-u-[v]i = ahn-a-i.
ß', ZAveite Classe zweite schwache Conjugation) , umfas-
send diejenigen im Lat. starken Verba, welche im Französi-
schen ein schwaches 'also flexionsbetontes) Perfect auf -i[s]
bilden, z. B. veticl-S-re = vencl-re. Perf. vend-i[s].
y) Dritte Classe (dritte schwache Conjugation, /-Conjuga-
tion) , umfassend diejenigen Yerba , welche im Lat. ihre For-
men mittelst des Ableitungsvocales -i bilden, bzw. dieser Bil-
dung sich angeschlossen haben, z. B. dorm-i-re = dorm-i-r,
Perf. dorm-i-\p\i = dorm-i s\.
Die meisten der hierher gehörigen Verben haben im Prä-
sensstamm mit Ausnahme des Infinitivs (also im Ind., Conj.,
Imp. und Part. Präs. , im Gerund, und im Ind. Impf.) die
ursprünglich inchoative Verstärkung -sc = [sj] = s , ss ange-
nommen, z. B. [fin-i-o] ßn-i-8c-o = [ßmsj{e) =Jimsj ^:=ßmis
=\fin-i-s^).
Die Gesammtzahl der französischen Verba wird — natürlich
nur ganz annäherungsweise — auf 4000 berechnet, davon gehören :
etwa 3400 zu der ersten Cl. der sog. scliw. Conj. (^4-Conj.),
)) 300 zu der Inchoativabtheilung der dritten Cl. der
sog. scliw. Conj. (/-Conj.).
» 300 zu den übrigen Conjugationsklassen , also zur
sog. starken Conj., zur sog. zweiten schw. Conj,
und zur nicht verstärkten Abtheilung der sog.
dritten schw. Conj. (/-Conj.) 2).
Aus diesem Zahlenverhältnisse ergiebt sich , dass die so-
genannte erste schwache Conjugation (^-Conj.) numerisch bei
1) Vgl, nais = *)ia.scn, cnmiois = cognosco, hois = husc.
2) Nach Brächet, Grumm. hist. p. 198, enthält der Dict. de VAcad
vom J. 1835 :
3620 Verba mit dem Inf. auf -er,
350 » » » » » -ir,
30 » » >' » )' -oir,
60_ .. .. .. .. » -/v.
Sa, 4060.
Die Wortformen und die Wortformumschreibungen. 21 1
weitem überwiegt und als die herrschende Konjugation be-
trachtet werden muss : es gehören ihr an : a) die aus der lat.
-■i-C'onj. in das Französ. übernommenen Verba, z. H. portare
=^ porter. laudiire = louer u. v. a. : b einzehie im Lat. zur
i'-Conj. gehörige Verben meist mots savants) , z. B. exercere
= exercer. persuadere = persuader u. a. : c) ein im Lat. zur
/-Conj. gehöriges Verb : tussire = tousser. altfrz. toussir, ^/lire
= a\thz. Ji/ier nehen ^nir: andere aus der /- in die ^-Conj.
übergetretene Verba haben den Ableitungsvocal i mit dem
Stamme verwachsen lassen, z. B. moUire = mouiller , d. i.
*moUi-are, catuUre = chalouiller, d. i. *catulli-are: d' einzelne
im Lat. zur starken Conj. gehörige Verba (meist mots sa-
vants. z. B. cedere = ceder, afflig^re = affliger, altfrz. afßire,
tex^re = f isser, altfrz. tistre und tüsir. imprimdre = imprvjier,
altfrz. empreindre: e einzelne lat. Inchoativa (mots savants),
z. B. acquiescer = acquiescere: f zahbeiche aus dem Germa-
nischen in das Französ. übergegangene Verba, z. B. danser
= ahd. dansOn . garder = ahd. tc arten ^ tirer = goth. tairan.
gagner = ahd. iceidanön u. v. a. : g) aus modernen Sprachen
übernommene Fremdworte, z. B. luncher = fo hmc/i, lyncher
= to hjnch. knouter. trinquor u. v. a. ; h) die erst im Französ.^
von Subst. abgeleiteten Verba, Avie z. B. lancer v. lance, lam-
per V. lampe u. v. a.: i) moderne gelehrte Neubildungen, z. B.
ph 0 tograph ie r . telegraph ier .
Die /-Conjugation zählt, obwohl der ^4-Conjugation sehr
erheblich nachstehend, doch immerhin eine nicht unbe-
trächtliche Anzahl von Verben : es gehören ihr an : a) viele
schon im Lat. der /-Conj. zugehörige Verba. z. B. punir ^=
punire. Jinir =z ßnire u. a. ; b einzelne im Lat. zur jE'-Conj.
gehörige Verba. z. Y>. ßeurir ^= ßorere. abolir ^= abolere, etn-
plir = implere u. a. : c) einzelne im Lat. zur starken Conj.
gehörige Verba (zum Theil mots savants, , z. B. ßectere =
ßechir. agere = agir. colligere = cueillir, convertere = conver-
tir. applaudere = ajyplaudir u. a. : d) einzelne aus dem Ger-
manischen in das Französische übergegangene Verba, z. B.
fournir = ahd. frumjan . honnir ^ ahd. hötijan, garnir =
ahd. xrarnOn u. a. , vgl. auch nächste Xummer: e) von Ad-
jectiven abgeleitete Verba. z. B. rougir v. rouge, pälir y. pale,
noircir v. noir., mehrere der betr. Adj. sind germanischen Ur-
14*
212 Das Französische.
Sprunges, z. B. hlanc , blanche, wovon hlanchir , hrun^ wovon
hrunir, franc, franche^ wovon franrhir.
Die nicTit inchoativ flectirenden Verba der 7-Conj. sind
gering an Zahl gegen 20). zum Theil sind es solche, welche
Lat. stark flectirt wurden, z. B. souffrir = sujferre, offrir =
offerre, die übrigen [mentir. dorjnir, servir etc.) gehörten be-
reits im Lat. der /-Conj. an.
Die sogenannte zweite schwache Conj. besteht lediglich
aus den wenigen Verben, welche im Lat. der starken Conj.
— sei es diirchweg 'wie z. B. vend-S-re) oder doch theilweise
(wie z. B. respo7id-e-re , aber respoJid-i] — ziigehörten, im
Französ. aber ein ilexionsbetontes Perf. auf -/ sj bilden.
Die starke Conjugation endlich umfasst im Xeufrz. nur
etwa 30 Verba, Melche auf lat. starken Verben beruhen. Die
numerische Ungleichheit zwischen der so wenig umfangreichen
französischen und der im Verhältniss dazu weit umfangreicheren
lateinischen starken Conjugation erklärt sich daraus, dass viele
starke Verben überhaupt nicht in da» Französ. übergegangen
sind (z. B. nuhere, scidpere . carpere , serpere u. a.) , andere
aber in die schwache Conjugation eingetreten sind [z. B.
yCig^re : agir^ ßecUre .ßechir, ced^re : ceder u. a. : der letztere
Process hat sich auch noch in der Entwickelung von Altfran-
zösisch zu Neufranzösisch fortgesetzt (so bildeten z. B. die
Verba auf -ndre = lat. -rujere im Altfrz. noch ein starkes
Perf., vgl. altfrz. ceins = cinxi mit nfrz. ceigni\s\].
Aus dem Obigen ergiebt sich, dass im Neufrz. nur die
sogenannte erste schwache Conj. '.^I-Conj.) und die Inchoativ-
klasse der dritten schwachen Conj. /-Conj. noch wirklich
lebenskräftige und zur Aufnahme von Neubildungen fähige
Conjugationen sind, während die übrigen Conjugationen, bzw.
Conjugationsclassen veraltete und voraussichtlich zu allmäh-
lichem Absterben verurtheilte Flexionsarten darstellen. Mit
Hecht darf man daher die beiden genannten Hauptkategorien als
»conjugaisons Vivantes« u. «conjugaisons archaiques« bezeichnen.
Vom praktischen Standpunkte aus ist man berechtigt,
die zur ^-Conj., zur Inchoativciasse der /-Conj. und zur dritten
sog. schwach en^t?onj. gehörigen ^'erba als »regelmässige«, alle
übrigerf* aber als »unregelmässige« zu betrachten. Wissenschaft-
lich dagegen ist eine solche Unterscheidung einfach sinnlos.
Die "Wortformen und die Wortformumschreibungen. 213
B Die Personalendungon. Die Personalendimgen
des frz. Verbs sind folgende:
Sg. 1 P. — (vgl. Bemerkung l). 2 P. -*-. 3 P. -t vgl.
Bern. 2^ ; PL l P -mcs, -ns (vgl. Keni. 3 . 2 P. -tefi, -z (vgl.
Bern. 4), 3 P. -i\i.
Bemerkungen. 1. Die ursprüngliche allgemeine Endung der 1 V.
Sg. -m{\ ist schon im Lat. auf bestimmte Tempora und Modi Präs. Conj.,
Impf. Ind. und Conj., Perf. Conj., Plusqpf. Ind. und Conj., Fut. Ind. der
starken und der /-Conj.) und einzelne Formen [sum, possum] beschränkt,
im Französ., wie überhaupt im Romanischen, ist sie völlig geschwunden.
Die lat. ersten Personen, welche die Endung -m verloren haben, lauteten
aus auf -0 (Präs. Ind., Fut. der A- und E-Con'j.^ oder -i Perf. Ind.). Das
auslautende -o musste im Französ. schwinden, wenn die vorausgehende
Consonanz es gestattete, sonst zu e geschwächt werden, vgl. altfrz. j^ort
mit port-o, perds mit perd-o, ßnis vait ßnisc-o, dor's] mit dor mio, altfrz.
ier mit ero, aber troithh = *turb[ulo, recouvre = recupejo. In der 1 P.
Sg. Präs. Ind. der -:f-Conj. ist durch Anbildung an die 2 und 3 P. im
Neufranzösischen durchweg e angetreten [je porte [f. altfrz. port] angebil-
det an tu partes, tl parte). Das neufranzös. -s, bzw. -x der starken ersten
Personen Präs. Ind. 'z. B Je perd<, Je rais, Je vaiix beruht ebenfalls auf
Analogiebildung. — Der Ausgang -i des Perf. Ind. ist erhalten in der
A-, I- und vielleicht; in der dritten schwachen Conj., vgl. parta-i mit por-
ta[v'i, dormi s] mit darmi[v]i [ü = i , über perdi[s] u. dgl. vgl. den Pa-
ragraphen über die Perfectbildung. Geschwunden ist -i in den starken
Perfecten, vgl. Je Jts mit feci, Je ri[$] mit vid-i, Je ris mit ris-i, Je duW
\aber altfrz. noch dui mit dehui. Das unorganische -s in den Perfecten
der /-Conj., der sog. dritten schwachen Conj. und der /- und t'"j-Clas.se
der sog. starken Conj. gründet sich auf AnalogiebUduug.
2. Die Endung -t der 3 P. Sg. ist abgefallen : a) im nfrz. Präs. Ind. der
ersten schw. Conj. il parte =^portat; das t in porte-t-il u. dgl. ist junge
Analogiebildung an die Formen mit erhaltenem t und erklärt sich aus dem
Streben nach Vermeidung des Hiatus, ; b) im Perf. der sog. ersten schw. Conj.
{il porta = porta'ci t; ; im Präs. Conj. sämmtlicher Conjugationen [il parte,
il ßnisse, il perde, il recoive =^ portet, ßniscat, perdat, recipiatr, d im Fut.
sämmtlicher Conjugationen il partera u. dgl. = partare -f- habet] ; e im
Präs. Ind. von vaincre Jl vainc = vincit . — Im Präs. Ind. der auf dentale
Explosiva auslautenden Verben der sog. dritten schw. Conj. ist t -\- t,
bzw. d -\- t zu t neufrz. d -\- t zu d) vereinfacht [il hat = hatt iii t, il pert,
perd = perd i\t, aber il rompt = rump[i]f].
3. Die lat. Endung -mus der 1 P. PI. hat im Frangös. zunächst -mes
ergeben; diese Endung, im Altfrz. nicht auf bestimmte Formen be-
schränkt, ist im Neufrz. nur erhalten in naus sommes = sumus und im
Perf. aller Conjugationen 'naus partumes etc. = partavimus . In weiterir
Entwickelxmg ergab -mes frühzeitig -ns, und diese Form ist die allgemein
herrschende geworden. Das dem -ns im Neufrz. durchweg vorangehende
o {also die scheinbare Personalendung -ans erklärt sich wahrscheinlich
214 Das Französische.
daraus, dass die 1 P. PI. durchweg der Analogie von smwjms = sommes ge-
folgt ist (also für j)ortainus, ßtiiscimics, dehemus , recipimus etc. trat ein
"porti'omts, *ß)nscümuH, *(lehiimus, *recijnimus , daraus zunächst portotnmes
etc., dann jjortons etc.). Es liegt hier also vermuthlich eine sehr eigen-
artige, weitgreifende Analogiebildung vor. Sehr wohl lässt sich übrigens
annehmen, dass dieser Process erst im Französischen, nicht schon im gal-
lischen Volk.slatein, begann, dass also Formen, wie poHümus, nie existirt
haben, sondern dass erst sommes, nicht schon stimus, analogisch wirkte
und die AVandelung von *portames, *devemes, bzw. *porta'i,ms, *deve{V,irts
etc. zu portommes, devomtnes etc. veranlasste.
4. Die lat. Endung der 2 P. PI. -tis hat im Französ. zunächst -tes er-
geben; diese Endung ist aber nur in vereinzelten Präsensformen Ind. 'etes,
f altes, dites) und im Perfect [portätes etc.) erhalten, sonst ist sie durch
Synkope des e stets zu -t[e]s = s geworden. Das dem z durchweg vor-
angehende e (also die scheinbare Personalendung -ez entspricht dem Ab-
leitungsvocal a der sog. ersten schw. Conj. pnrt-e-z = port-d-tis) und
beruht folglich ausserhalb dieser Conj. auf Analogiebildung (also ptinissez,
])erdez, devez etc. gleichsam *pimiscätis, *perddtiti, ^debütis), denkbar ist
auch Mitwirkung des e aus dem a des Conj. Präs. der lat. E-, I- und
starken Conjugation.
C. Die Behandlung des Stammvocales. Differenz
zwischen den s t a m m b e t o n t e n und den f 1 e x i o n s -
betonten Formen.
Der Stammvocal (einsylbiger) Verbalstämme trägt den
Hochton a) im Sg. und in der 3 P. PI. der stark gebildeten
Präsentia; b) im Sg. imd in der 3 P. PI. des Präsens der
A-Qon] . ; c) in den stark gebildeten Perfecten : d) in den auf
-re ausgehenden stark gebildeten Infinitiven ; e, in stark ge-
bildeten Participien Perf. (zu denen die Participien auf -u
nicht gehören. — Im Einzelnen ist zu bemerken:
1. Der in den angegebenen Präsensformen hochbetonte
Stammvocal erleidet, wenn in lateinischer offener Sylbe stehend,
die durch die Lautgesetze bedingten Wandelungen, wodurch
eine lautliche Differenz zwischen diesen stammbetonten und
den flexionsbetonten Formen veranlasst wird : denn :
a) hochtoniges a wird e (geschrieben cd] , tieftoniges a bleibt
a, daher z. 13. :
ämo = aim[e], aber n7näre = qmer (erst neufrz. aimer) ;
b) hochtoniges e und ae wird ?e, tieftoniges e (ae) bleibt e,
daher z. B. :
assed[eo\ = assieds, aber asse[d\ere = asse-oir.
Uvo = liev[e\, aber leväre = lever,
Die "Wortformen und die AVortforniumschreibungcn. 215
te/>[e]o = tiens, aber ' tcnire = tcnir,
'*arquocro = acquiers, aber *acquae7'ire = arquenr;
c hochtouigos i- und / \vir(l ci, o?", tieftoniges 5 bleibt e,
tieftoniges i wird /u f geschwächt, daher z. 15. :
credo = cre?, croi, aber ^creilätis = fr«?e^;
^(^[«]5o = />m'e, poise. aber pi'[n]sä7'e = peser,
* mino = 7/?<'m[e], wo/;/[('l, aber minäre = mqner,
vid.eo == vei. foi[s^ , aber fV[f(?]ere = veoir. rotr,
d) hochtoniges ö wird ou, eu, tieftoniges ö wird ou. daher z. B. :
pJöro = ploure) pleure ^ aber pldräre = plourer (neufrz.
pleurer] :
e' hochtoniges ö wird ue, ö (geschrieben eu) , tieftoniges o
wird ou. daher z. B.:
*tröpo = tTuef.! treuf, aber *tropäre = troucer,
volo = vuel, veuls, veux, aber *vblere = voidoir.
*mör[ro = nuter. meiir[ii\, aber *morlre =; mourir.
Diese VocaldifFerenz war im Altfranzös. annähernd streng
durchgeführt, im Xeufranzös. ist sie durch analogische An-
bildung der stamrabctonten Formen an die flexionsbetonten
oder 'aber seltener der flexionsbetonten Formen an die stamm-
betonten z\im Theil aufgehoben worden und folglich Unifor-
mirung der Vocalisation eingetreten, z. B. in trouver, prouver
u. dgl. ist das ursprünglich nur den flexionsbetonten Formen
zukommende ou auch in die stammbetonten eino:edruno:en,
daher Je trou've, Je prouve f. altfrz. Je treuf ^ treuve., preuf,
preuve: umgekehrt hat in aimer das eigentlich nur in den
stammbetonten Formen berechtigte e [ai] auch in die flexions-
betonten Eingang gefunden, daher aimons f. altfrz. amons\
ebenso verhält es sich mit dem oi in neufrz. toyons f. altfrz.
veons etc.
Immerhin aber ist die Vocaldiff"erenz auch im Neufranzös.
in ziemlich beträchtlichem Umfange noch vorhanden und spielt
namentlich in der starken Präsensbildung eine bedeutsame
Rolle mens — 7nouvotis., peux — pouvotis , veux — voulons, re-
Qois — rececons etc.). Im Präs. der ersten schw. Conj. ist die
Vocaldiff"erenz wenigstens bei den Verben mit stammhaften e
216 Das Französische.
(= c und e) bewahrt, wenn aucli in entarteter Gestalt: die
stammbetonten Formen haben e, die flexionsbetonten e, z. B.
leve, aber levö/is, jjese , aber pesöns. appelles , aber appelöns\
graphisch wird der offene E-Laut der stammtonigen Formen
entweder durch Setzung des accent grave oder durch Verdop-
pelung des auslautenden Stammconsonanten zum Ausdruck
gebracht (z. B. gele^ crochete, aber etincelle von eti7iceler, Jette
von jeter) .
Anm. Bei mehreren Verben der sog. ersten schw. Conj.,
deren Stamm mehrsylbig ist. wird im Altfrz. in allen flexions-
betonten Formen die letzte Stammsylbe als tieftonig synko-
pirt, während sie in den stammbetonten Formen des Präs. als
hochtonig sich behauptet; die vorkommenden Fälle sind:
a) mandH[c\o , 'mandü[c^as ^ ma7idü[c]at, mandti[c]ant = manju[e],
manjues, manjue^ munjuent. aber mand\ii\cämus, mand[u]-
cätis = manjöns^ manjez ;
b) adjü[t]o , adju[t]as , adjY([t]at , adjü[t]ant = aju[e] , aj'ues,
ajue, ajuent, aber adj[t/f]äm((s, adjut]dtis = aidöns, aidez;
ci pa9-äh[o]lo, paräb[o]las, paräb[oyat, paräb[o]lant = pa7'6I[e\
paröles, ^Jarö/e, parölent, aber paraholämus , paraholätis
= parlöns, parJez.
Im Laufe der Sprachentwickelung sind die stammbeton-
ten Formen der- Analogie der viel zahlreicheren flexionsbeton-
ten gefolgt, daher neufranz. je mange etc., j'aide etc., Je
parle etc.
2. Die Behandlung des hochtonigen Stammvocales in den
starken Perfecten wird in dem der Perfectbildung gewidmeten
Paragraphen besprochen werden.
3. In den Infinitiven auf -re ist der hochtonige Stamm-
vocal durch Position geschützt , daher verharren a und e
[hättre, perdi'c); in den Verben, deren Stamm im Lat. auf -ng
auslautet (z.B. pla?ig-^re, cing-^re , Jung-ere , entwickelt sich
nicht nur im Inf , sondern in allen Formen durch Einwir-
kung des g [■= J das a : ai, das e : ei mid das u : oi.
4. Die Behandlung des hochtonigen Stamm vocals in den
starken Part. Perf. wird in dem der Bildung des Part. Perf.
gewidmeten Paragraphen besprochen werden.
D. Die Behandlung des Ableitungsvocales.
1. Der Ableitun gs vocal ü. Der Ableitungsvocal a
T>ic Wortformen und die AVortfonmimschreibungen. 217
ist in der Flexion der hetr. Verba u) erhalten im Perf. mit
Ausnahme der 3 V. V\. und im Phjpf. (Impf.) Conj., im Part.
Präs. und im Gerund. ; do7in(ii. iJonnas etc.. aber donnh'etit,
don flösse, do/uiasses etc. , donnqnt etc. ; ß) zu ? geworden in der
W P. PI. Perf.: ;" zu (betontem) e geworden im Inf., im Part.
Präs. und in der 2 P. PI. Präs. Ind. und Imp. : donnn'^
donfie^, don)irz\ ö) zu dumpfem, bzw. stummem e geschwächt
in der 2 und 3 P. Sg. und 3 P. PI. Präs. Ind.: donnes, donne
(3 P. Sg. Ind. u. 2 8g. Imp.l, dowtmt (wenn = donqnt und
nicht, was sehr denkbar. =^ *donimt nach Analogie der star-
ken Verba . wie pei'dunt etc.) , sowie im Fut. und Cond. :
donner-ai . do/uier-ais; f geschwunden in der 1 P. 8g. Präs.
Ind.: altfrz. je porf , je gart ;im Neufrz. ist in Folge von
Analogiebildung -e angetreten: je porte , vgl. oben S. 213);
1* durch 0 verdrängt in der 1 P. PI. Präs. Ind.: porfons,
s. oben 8. 213 f.
2. Der Ableitungsvocal e. In flexi vischer Verwen-
dung hat sich der Ableitungsvocal e nur im Inf. einzelner
Verba erhalten, z.B. veoi?' {voir) = vi[d]ere , seoir ^=^ se[(l\ere \
mehrere der hierher gehörigen Verba gehören im Lat. der
starken Conj. an, z. B. savoir = saper e f. sapöf'e, c/i[e]oi7' =
ca d]ere f. cadöre, recevoir = recipT're f. recip^re.
Der dem lat. -^-tis entsprechende Ausgang -eiz der 2 P.
PI. Präs. Ind. und Fut. ist im Altfrz. dialectisch noch vor-
handen aveh, sereiz , im Neufrz. aber durch -ez = -litis völlig
verdrängt worden.
In vereinzelten Fällen hat in Präsensformen der Ab-
leituno^svocal -e auf den vorangehenden Stammconsonanten
lautlich eingewirkt, indem er dessen Palatalisirung, bzw. As-
sibilirung veranlasst hat, z. B. vaille =^ valeam ^ plaise. taise
= placcam , taceam ; öfters ist es zweifelhaft, ob ein e oder i
wirksam gewesen ist, z. B. altfrz. voil lässt sich ebensowohl
auf *voleo als auf volw f. ro/o, altfrz. tlenge ebensowohl auf
teneam als auf '^tenkwi (nach venia?)}) zurückführen.
Die mittelst des Ableitungsvocales e gebildeten Imperfect-
ausgänge -ebatn = -eie, -oie, -oi. -ai s) etc. haben sich erhalten
und sind sogar die alleinherrschenden geworden : das Nähere
sehe man § 21.
Aus dem Obigen ergiebt sich . dass die (schon im Lat.
218 rJas Französische.
absterbende) ^-Conj. im Französischen als solche völlig unter-
gegangen ist.
3. D er Ableitiings vocal 7. In den im Französ. vor-
handenen nicht inchoativen Verben der /-Conj. ist der Ab-
leitungsvocal -i nur erhalten: a) im Inf. [dormir); ß) im Part.
Perf. {dorfni) ; ;') im Perf. [dormi[s] etc.) , hier verschmolzen
mit dem Tempusvocal ^: dormivi , dormii\ ö) in der l und
2 P. PI, Präs. Conj. und vielleicht in der 1 und 2 PI. Impf.
Ind. [dormions , dormiez). — Im Präs. Ind. Sg. ist der Ab-
leitungsvocal sammt dem ihm vorausgehenden Stammconso-
nanten geschwunden [dors , dort , ebenso meurs , meurt^ viens^
vient etc.) , so dass die betr. Formen starke Bildung zeigen.
— Alle übrigen Formen folgen der Analogie der ^-Conj.
[dormez , dorme , dormais) . — Vereinzelt hat das Ableitungs-i
den vorausgehenden Stammconsonanten palatalisirt oder assibi-
lirt, z. B. saillir = salire^ altfrz. fuz = fac-i-o\ ebenfalls nur
vereinzelt hat sich das Ableituugs-i zu palatalem g verconso-
nantirt: ?i\\hz. ßerge, vienge^ moerge =^ feriam , veniam , *mo-
riam\ hin und wieder findet sich dieser Vorgang auch in In-
dicativformen , z. B. altfrz. siench = senfw, mencli = venio u.
dgl., eine verwandte Erscheinung sind die Formen mit -c, wie
se7ic = sentio, menc = *mentio^ sierc = servio.
In den inchoativen Verben der /-Conj. ist der Ableitungs-
vocal i durchweg erhalten.
E. Das Wirken der Analog^iebilduno:.
Innerhalb der verbalen Formenbildnng des Französischen
hat in sehr weitem Umfange die Wirksamkeit der Analogie-
bildung stattgefunden , namentlich auch in der Entwickelung
des altfranz. Formenbcstandes zu seiner neufrz. Gestaltung.
Auf Analogiebildung beruht z. B. die Verdrängung des ur-
sprünglichen Ausganges der 1 P. PI. durch -ons . die Ueber-
tragung des Ausganges -ez von der ^4-Conj. auf alle übrigen
Conjugationen , die Angleichung der stammbetonten an die
flexionsbetonten Formen oder umgekehrt (vgl. oben 8. 215 f.).
Weitere Beispiele für das Wirken der Analogiebildung werden
unten in den die Einzelheiten der Verbalflexion behandelnden
Paragraphen in reicher Fülle anzuführen sein. Durch die
Wirksamkeit der Analogiebildung ist die oi'ganische Entwicke-
lung der französ. Conjugation in erheblichem Masse tlieils von
Die "NA'ortformcn und die AVortformumschrcibunpen. 219
vornherein geliemmt, tlifils späterhin \interbrochen, nicht sel-
ten sogar rüc-k<T;iu<>i«; (ji-niatht worden.
[E. Verbale »Satzdoppel formen.
Unter »Satzdoppelformen« versteht man zwei verschiedene
lautliche Entwickelnng^en eines und desselben (lat.) Wortes,
bzw. einer und derselben (lat.) "NVortform. welche aiis der ver-
schiedenen Stellung des betr. Wortes, bzw. der betr. Wort-
form innerhalb des Satzes — namentlich ob vor Consonant
oder vor Vocal — sich ergeben mussten. Selten jedoch haben
diese Satzdoppelformen sich neben einander erhalten , in der
Kegel hat vielmehr nur die eine von beiden sich behauptet.
Für die Yerbalflexion sei dies an einem Beispiele erläutert:
lat. amävi musste isolirt und vor Consonanten (z. B.
amav[i] patrem) ergeben *amef, wie clavem : clef^ navem : nef,
vor Vocalen (z. B. ama[v]i cmiiciwi) dagegen amai: letztere
Form ist. gestützt durch die Analogie mit amaa etc., die allein-
herrschende geworden (so Neumaxn in Ztschr. f. rom. Phil.
Vm, 364), ebenso dormivi vor Cons. = 'dormif (vgl. vivum :
vif], aber dormiv]i -j- Vocal = dor7yiii dormi^y\.
§ 16. Die Bildung des Infinitivs und der durch
Verbindung des Infinitivs mit dem Modalverb ha-
bere entstandenen periphrastischen Tempora Fut.
und Cond.).
1 . Sämmtliche vier lat. Infinitivausgänge sind im Fran-
zösischen erhalten: -a-re als -e-r"^ (in der hevttigen Sprache
mit verstummtem r und geschlossenem e , aber noch im
17. Jahrh. wiu'de, wie namentlich Reime bei Corneille be-
zeugen, -€?• = er gesprochen, daher im Reime z. B. c/wt' mit
aime}' gebunden 'normannischer Reim] ) ; e-re als -oi-r. -i-7'e als
-i-r und -[if'-re als -re (die Erhaltxing des auslautenden e in -re
ist meist in der vorausgehenden Doppelconsonanz begründet).
Von diesen Ausgängen ist -er und nächst ihm -ir der häufig-
ste, -oir und -re sind auf wenige Verba beschränkt (vgl. oben
S. 210). Der Inf. auf -er ist charakteristisch für die zur sog.
i; Nicht verschwiegen bleibe jedoch, dass gegen Neumaxn's Theorie,
so scharfsinnig und geistvoll sie auch ist, sich doch lautliche und auch
andere Bedenken geltend machen lassen.
2; Im Altfrz. statt -er in den durch das BARTScn'schc Gesetz s. oben
S. 125 f.) bestimmten Fällen -ier.
220 I^^s Französische.
ersten schwachen (^-)Conj. gehörigen Verben. Der Ausgang
-ir kommt meistens den der sog. dritten schAA'achen (/-)Conj.
angehörenden Verben zu . findet sich jedoch aiich bei einzel-
nen Verben, welche starke Präsens- und Perfectformen bilden
(z. B. venir , mounr , acquei'ir). Der Ausgang -oir eignet nur
Verben mit (ursprünglich) starker Perfectbildung. Ebenso ist
der Ausgang re nur Verben eigen, welche im Lat. stark flec-
tirten und auch im Französischen noch mindestens starke
Präsensformen besitzen.
Im Gegensatze zu den schwachen Ausgängen -er, -oir, -ir
ist -re der einzige starke , unmittelbar an den Stamm antre-
tende Infinitivausgang. Zwischen diese Endung und stamm-
auslautendes /, m, 7ig^ s tritt euphonisches f/, z. B. mouclre =
mol\ß\re, geindre = <7ew^[^]re, ceindre = cing[<P\re , coudre =
co\n\s\ue\re\ zwischen -re und ihm vorausgehendes Inchoativ-
suffix sc tritt euphonisches t, z. B. nattre = nais-t-re = '^nas-
c^re , connaitre = comioistre = cognoscere\ lat. vincere ergab
zunächst vain-t-re mit euphonischem i. erst daraus entstand
durch etymologisirende Schreibung neufrz. vaincre.
Nicht selten ist der ursprüngliche Infinitivausgang mit
einem andern vertauscht worden, vgl. z. B. ceder mit ced^re,
altfrz. ßner mit ßnir , agir mit agdrc , savoir mit sapere , re-
pondre mit respondlre. In der Hegel ist solcher Tausch das
Ergebniss des Uebertrittes des betr. Verbs in eine andere Fle-
xionsclasse (so stets bei der Vertauschung von -«•<?, -Ire, -<^re
mit-äre = er, vgl. ezercer, Jiner. ceder, und bei der Vertau-
schung von -ere mit -[^]re, vgl. repondre] , indessen fehlt es
nicht an Abweichungen, z. B. courir , mourir , savoir (und
überhaupt alle Verba auf -oir) bilden trotz des angenommenen
schwachen Infinitivausganges doch starke Präsens- und Per-
fectformen.
Colligere imd henedicere sind durch Einfluss des stamm-
haften i in die schwache Form übergetreten : cueillir f. cueil-
lire (vgl. legere : lire) und benir f. henire (vgl. dicere : dire).
Im Altfranzösischen bestehen mehrfach Infinitivdoppelfor-
men neben einander, z. H. ardoir und ardre, courre und cou-
rir, tistre (== texere] und tissir, querre und querir. In der Ke-
gel entspricht eine der beiden Formen der schriftlat. Form
(s. die Beispiele), doch finden sich aucli Fälle, in denen beide
Die Wortformeii und die "NA'ortfornuimsehreibungen. 221
Formen auf volksthümlicher Umbildung beruhen, z. li. plaisir
== ^plaeirv und plaire =■■ *plac^n' . während ein *plaii>oir =
placere entweder im gallischen A'olkslatein nie cxistirt hat
oder doch sehr früh geschwunden ist.
2. Durch Verbindung von ai etc. = haheu und [av ais -=
Jiah i-bam mit dem Infinitiv entstehen die periphrastischcn
Tempora Futunnn und Imperfectum Futuri (Conditional).
Das hochtonige e luid / der Infinitive auf -er und -ir
wird in den futurischen Temporibus tonlos: chanterui^ dor-
mirai. Im Altfrz. wird e öfters völlig ausgestossen und der
auslautende Stammconsonant dem r assimilirt, z. E. donerai
[: donrai] : dorrai ^ lahserai j. laissrai] : lairrai. Das Fut. en-
verrai von encoyer ist w'ohl Analogiebildung an verrat v. voir.
Der Infinitivausgang -re verliert , wie selbstverständlich,
im Fut. und Cond. sein e.
Bei denjenigen Verben, deren Inf. auf -oir = -ere für
-äre ausgeht, sowie bei einzelnen Verben, deren Inf. den Aus-
gang -ir für -^re hat, beruht die Futurbildung auf der ur-
sprünglichen starken Infinitivform auf -re , z. B. recevrai =
recipere -f- Jiaheo nicht -\- ^recipere -\- haheo), saurai = sapere
-\- haheo {nicht * sapere -f- haheo) ^ acquerrai = acquaer^re (nicht
itcquaerire -^ haheo, mourrai = "^mor^re (nicht *morire) + haheo
u. a. Mehrfach wird auch von Verben , welche den ihnen
schon im Lat. eigenen schwachen Inf. im Französ. bewahrten,
das Futur dennoch ableitungsvocallos gebildet: taudrai v. va-
loir, aurai v. avoir, viendrai v. venir. üendrai v. tenir ^ nicht
wohl zu entscheiden ist , ob in diesen Fällen Synkope des
Stamnivocales oder, was wahrscheinlicher, A^erbindung des
Modalverbs mit sonst unüblichen starken Infinitiven {*valere
etc.; vorliegt; viendrai, üendrai sind vielleicht auch Anbildun-
gen an Futura, wie rend-rai. vend-rai. Ferner: altfrz. harrai
zu ha'ir, istrai isterai) zu issir, orrai zu o'ir, faurrai zu faillir,
saudrai zu saillir. Dass diese Bildungen der Analogie ihr Da-
sein verdanken, ist leicht ersichtlich.
Zwischen stammauslaxitendes / und den Anlaut der vor-
auszusetzenden starken Infinitivendung- tritt euphonisches d:
vaudrai, voudrai = val-r-ai. fo/-r-a/ (vgl. oben k?. 117 , ebenso
222 ^^^ Französische.
zwischen n und r in Dien-d-r—ai, tie?i-d-rai, -wenn diese For-
men nicht Analogiebildungen sind, vgl. S. 221.
Das Fvitur von cueillir und dessen Compositis folgt der
Analogie der sog. ersten schwachen Conj.: cuciUerai.
Die Diphthongirung des stammhaften tonlosen t* zu ie in
viendrai, tiefidrai beruht auf Analogiebildung au die stamm-
betouten Präsensformen, zugleich wurden dadurch die Futura
von ve?iir und tenir von denen von vendre und -tendre unter-
schieden.
Das stammhafte ai in faire sinkt im Fut. regelrecht zu
tonlosem e herab : ferai (dagegen behauptet sich ai in der
Schrift in plairai^ tairai).
Mehrformig ist das Fut. zu etre: serai = *[eÄ]«er[e] -f-
habeo und esfrai = "ei>[se]r[e]-\-habeo, letztere Form ist im Neu-
französischen geschwunden ; im Altfranzös. fungirt ausserdem
als Fut. von etre das Fut. von ester = stare : esterai.
§ 17. Die ]>ildung des Particips Präs. und des
Gerundiums.
Die liildung des Part. Präs. und des Gerundiums ist
diirchweg schwach, indem der Ableitungsvocal a durch Ana-
logiebildung auch auf alle nicht zur ^-Conj. gehörigen Verba
übertragen worden ist; sonach ist -a-nt = (/nf[em] und =
-a7id[o] der einzige Ausgang sämmtlicher Participien Präs. und
Gerundien geworden, die sonstigen im Lat. vorhanden ge-
wiesenen Ausgänge -efii und -endo, -ient und -iendo^ -^nt und
-dndo [doc-e-ntem , dorm-i-entem^ reg-6-ntem) sind sämmtlich
völlig geschwunden ; lautliche Nachwirkung des einstigen Ab-
leitungsvocales e zeigen jedoch noch das zum Adj. gewordene
Particip vaillant = *val-e-untem, *val-e-anfeni, *val-i-an(em (da-
neben als Part, valant =^ *cal-a-ntem) und das Part, sachant.
Das Part. Präs. wurde im Altfrz. naturgemäss als Adjec-
tiv behandelt und folglich (wie schon im Lat.) Hectirt, erhielt
auch durch Analogiebildung ein Fem. ; das Gerundium , ent-
sprechend seinem Ursprünge aus dem Ablativ des lat. Gerun-
dium, war flexionslos, konnte übrigens nur in Verbindung mit
Präpositionen, namentlich mit ew, in absoluten Verbindungen
mit Possessivpronominibus (z. li. rostre veiant^ dem Sinne
nach = sous ros yevz) und bisweilen in der Function eines
Objectsinlinitivs [z. B. li ßrent entendant que etc. ^ ih lui
Die Wortforuieu und die W'ortformumschreibungeu. 223
ßreitt cjitemlre quv etc. gebraucht werden, vgl. Cledat.
Cirannn. tlem. de la vieille laugue fraucaise p. 2u2f. ' .
Im Nexifrz. ist das Part. Präs. nur noch in der Function
als ^ erhaladjectiv llexionsfiihig , dagegen in der Function als
eigentliches Particip flexionslos (Heschluss der Academie vom
J. IG79: )^la regle est fiiite. on ne declinera plus les participes
presents«. wo unter 'participesx eben die Participien in parti-
cipialer Function zu verstehen sind). Das Gerundium ist auf
die Verbindung mit der Präposition en ^das sog. Gerondif]
und auf einzelne Kedewendungen [de ??ion viccmt, du vicant
de . . . u. dgl. beschränkt.
§ IS. Die liildung des Präsens Indicativi.
A. Die Bildung der schwachen Formen,
l . Mit Hülfe des Ableitungsvocales a werden gebildet :
y^ «^ Die 2 und 3 P. Sg. und die 2 und 3 P. PI. der sog.
^ ersten schwachen Conj . :
2 sg. porf-e-s = port-U-s. 3 sg. port-e{-t, == po7'i-ä-t,
2 pl. port-e-z = port-Zi-tis. 3 pl. port-e-nt ^= port-Zi-nt viel-
leicht jedoch = *port-u-nt\ .
[In der 1 p. sg. ist das auslautende o =^ a -\- o lautgesetz-
lich abgefallen, also port-o : port^ später jedoch wurde analo-
gisches -e auo^efiist vo;l. oben S. 213. — Ueber den Ausojang
-ons der 1 p. pl. und seine allgemeine Verbreitung vgl. oben
S. 213.J
Ueber die Verschiedenheit des Vocalismus der stammbe-
tonten und der flexionsbetonten Formen [z. B. treue e — troii-
vons. peise — peso?is] vgl. oben S. 214.
1) Obige Angaben haben -wenigstens die praktische Richtigkeit für sich,
thatsächlich jedoch verhält die Sache sich anders: schon im Lat. fungirte
der Abi. des Gerund, in einer dem Part. Präs. sehr nahe kommenden
"Weise z. B. in dem Ausspruche CiCERo's, Caec IS. {ujurias f er endo
majorem laudem, quam ulciscendo mereheris würde der Sinn des Satzes
nur unwesentlich geändert werden, wenn man statt ferendo und ulcisce/ido
einsetzte fereim und ulciscens , und in Folge dessen hat das Gerund, im
Rom. die participiale Function des Part. Präs. mit übernommen, wobei die
formale Identität des Gerund, und des Part, gewiss fördernd mitwirkte.
Dass das Gerund, in participialer Function auch flectirt und überhaupt
eine Scheidung zwischen Gerund, und Part, nicht mehr empfunden wurde,
war nur natürlich. Der Beschluss der Academie vom J. 1679, das partici-
piale Part. Präs. nicht mehr zu flectiren s. oben , hat auf künstlichem
Wege den ursprünglichen Zustand wiederhergestellt.
224 1^'^s Französische.
Ueber starke Bildungen der 1 p. sg. truis , pruis , doins
u. dgl.) vgl. unten Ba).
ß) Die 2 p. pl. auch der nicht zur sog. ^-Conj. gehö-
rigen Verben: dormez, devez^ perdez gleichsam "^dormatis^ *de-
batis, ^perdatis für dormitis^ debetis, perditis. vgl. aber No. 2.
y) Theils Sg. und PI., theils nur der PI. mehrerer im
Lat. zur /-Conj. gehöriger, nicht inchoativ verstärkter Verba
[cueille, cueillo?is, dormons etc.), vgl. No. 3a).
2. Der Ableitungsvocal -e zeigt sich als ei im Altfranzös.
noch dialectisch in der 2 p. pl. der im Lat. zur jE'-Conj. ge-
hörigen Verben, wie z. B. aveiz , deceiz\ vgl. No. 3 a;.
3. Der Ableitungsvocal -7 ist aus der Flexion des Präs.
Ind. völlig geschwunden, denn:
a) Die nicht inchoativen Verba der sog. /-Conj. bilden
den Sg. theils nach Analogie der ^-Conj. (z. B. cueille^ couvre
etc.) , theils stark mit Abwerfung des Ableitungsvocales und
des ihm vorausgehenden Stammconsonanten (z. B. dors ^ sers
etc.), den PI. aber stets nach Analogie 'der ^-Conj. cueillotis,
dormons etc.). In einzelnen ersten Personen Sg. zeigt sich
(namentlich im Altfrz.) noch lautliche Nachwirkung des im
Lat. vorhanden gewesenen Ableitungs-^ [e] , z. B. altfrz. faz
= fakj[o\ facio, ganz ähnlich plaz ^ taz = p1akJ\o]. placeo^
takJ[o\ taceo^ vienc, vieng^ vieign ^= venj\o\ venio u. dgl.
[ß] Die inchoativen Verba der sog. i-Conj. haben das Ab-
leitungs-« zwar erhalten, aber dasselbe wirkt, weil in den In-
laut getreten, nicht mehr flexivisch. Der verstärkte Präsens-
stamm dieser Verba lautet consonantisch aus , und dadurch
wird eine Flexion bedingt, welche — da der ursprüngliche
Ableitungsvocal Bestandtheil des erweiterten Stammes gewor-
den ist — als stark bezeichnet werden muss:
sg. i ß?iisc-\o\ = ßnis[s\ 2. ßnisc-\i\-s =ßnis, ^ . ßnisc-[i\-t
= ßni\s\t (NB. sc = sk ^ sj\ das J wirkte erhaltend
auf das i] ;
pl. ^1. *ßnisc-ümus =ßnissons, 2. *ßnisc-ä-tis = ßniss-e-z\^
3. ßnisc-u-nt =ßniss-e-nt.
Die Präsensflexion der inchoativen Verba auf -tscere stimmt
völlig mit derjenigen der übrigen Inchoativa (z. B. geniiscere
= gemir, pascere = pcii/re, cognoscere = connaitre) überein.]
Die AVortformen und die Wortformumschreibungen. 225
li. Die liilihing der starken Formen.
Stark werden folgende Präsensformen dos Ind. gebildet:
«) Die l p. sg- mehrerer zur sog. ersten schwachen Conj.
gehörigen A'erha : fruis neben treuce v. trouver, ebenso p7-uü v.
prouver . ruis v. roucer = rof/are (Analogiebildungen an suis
und pin's] : duMS, doi/is (= *donio] neben done v. don[)i\er. —
Als stark sind, weil ableitungsvocallos, auch Formen, wie port,
porz=porto, aitn, ainz ^ amo u. dgl., zu betrachten.
ß) Die 1 p. pl. von etre : sotyimes = s-ü-m?is (die nach
Analogie von sotyimes gebildeten Pluralformen portommes por-
fofis, devommes devons etc. müssen, da in ihnen ommes , o)is
durchaus den "Werth von Flexionsendungen haben, als schwach
betrachtet werden).
y) Die 2 p. pl. von efre, dire und faire : et es = estis,
dites = dic[i]tis und faites :^fac\i\tis. (Alle sonstige 2 p. pl.
werden nach Analogie der sog. ersten schwachen Conj. mittelst
des Ableitungsvocales a, bzw. des Ausganges -ez = a-tis ge-
bildet, sind also schwach.)
6] Die 1, 2, 3 sg. der nicht inchoativen Verba der sog.
/-Conj., z. B. dors. dort^ vgl. oben A 3 a). In diese Kate-
gorie gehören auch venir^ tenir, mourir. acquerir etc.
e) Die 1, 2, 3 sg. und 3 pl. der inchoativen Verba der
sog. /-Conj., vgl. oben A 3 ß).
t) Die 1, 2, 3 sg. und 3 pl. derjenigen Verba, deren In-
finitiv auf -oir oder -re ausgeht.
Ueber die Bildung der starken Präsensformen ist im Ein-
zelnen namentlich Folgendes zu bemerken:
1. Für die lautliche Entwickelung des Stammvocales ist
wesentlich, ob er in lateinisch geschlossener oder offener Sylbe
steht, und in letzterem Falle wieder, ob die Stammsylbe hoch-
betont oder tieftonig ist, vgl. oben S. 214.
2. Die lautliche Entwickelung eines einfachen auslau-
tenden Stammconsonanten ist verschieden, je nachdem er im
Auslaut steht (1 p. sg.; oder im Inlaut sich befindet; im letz-
teren Falle kann es wieder einen Unterschied der Entwicke-
lung begründen, ob der Cons. vor Vocal oder vor Cons. zu
stehen kommt ersteres geschieht in der 1, 2 und 3 pl.. letz-
teres in der 2 und 3 sg.j .
3. In nicht ganz wenigen Fällen hat der im Lat. vor-
Kürting, Encyklopädie d. rom. Phil. III. 15
226 I^^s Französische.
hauden gewesene Ableitungsvocal -e oder -i auf die Lautent-
wickelung des ihm vorangehenden Stammconsonanten einge-
wirkt, vgl. oben 8. 2 IS.
4. Die organische Entwickelung der Präsensformen ist
vielfach durch Analogiebildungen durchkreuzt worden.
Uebersicht der starken Formen des Fräs. Ind.
Die folgende Uebersicht der starken Formen des Präs. Ind. soll und
kann, entsprechend dem Zwecke dieses Buches, nur eine summarische
sein. Es werden demnach in ihr weder lautliche Begründungen der For-
menentwickelung gegeben, noch auch wird auf dialectische Einzelheiten
u. dgl. eingegangen werden. (Eine ausführlichere Darstellung wird des
Verf.'s »Französische Formenlehre" bringen.)
j?Tr Der Verbalstamm lautet auf complicirte Consonanz aus.'^
1. Der Verbalstamm lautet aus auf ml: vend-ere = vendre, r ed-
der e = *rend-ere = remlre, j^rc hejid-cre =: 2*>'e?idre, ßnd-ere = fe)id-re, *re-
spond-ere f. resj)0}idere = repoudre.
Beispiele: sg. 1. rend[o] = rend, retids^), 2. rend[is = renz, rens, 3.
rend[i]t = rent, rend^
1. prend[o] = pre)td (pren) prends^), 2. prendjs =
2)rends, 3. prend[i\t = prent, pretid,
pl. 1. *rendümus = rendons, 2. *reudatis = reiidez, 3.
rendunt = rendent ; so alle anderen Verba, ausser :
1. *prendümus = i^renons-], 2. *prendatis = 2)renez^],
3. prendunt = pre7ident, lyreiient, jir ennent.
Anm. 1; Neben re)td[s) und pre)id[s] altfrz. auch renc, pretig, preiny,
gleichsam rendi-o, prendi-o. — 2] Neben prenons , ^;/*e«es altfrz.
auch ^;e/v/o«.s, perncz.
2. Der Verbalstamm lautet aus auf nt: sent-irc =■ sentir, *ment-
ire = meiitir, * repoen\i\t-ire = repentir.
Beispiel: sg. 1. ment[o] = ment , jneii^, , tnens, 2. ment[is = mens,
3. ment[i\t = ment;
pl. 1. *me>itiimus = m e n 1 0 n a , 2. *mentatis = mentez, 3.
*menta)d = mentent.
Anm. 1) Neben me)tt altfrz. menc, mench = *metiti-o.
3. Der Verbalstamm lautet aus auf rd : *ard-ere = ardre (dane-
ben ardere = ardoiri^, perd-ere = ^Jerc/re. Die Flexion ganz wie bei
Classe 1. Ueber tordre vgl. No. 7.
Anm. 1) ardre und ardoir sind im iSeufrz. geschwunden.
4. Der Verbalstamm lautet aus auf rt: *part-ire = j^artir,
*sort-ire = sortir.
1) Die Stämme auf II sind, weil sie in der Flexion mit denen auf l
zusammenfallen, zu Abtheilung II gezogen.
Die "Wortformen und die "NVortforraumschreibungen. 227
Beispiel: sg. I. *part'o = pari, pars, 2. pari /.s = parz, pars, 3.
pari i f = pari,
\)l. 1. 'partüinus = parto/is, 2. 'partatis = 2>artez, i.'par-
(tnit = partent.
ö. Der Verbalstamm lautet aus auf st: vest-ire = vetir.
sg. 1. "cest o] = fest, vets, 2. restis = vets, 3. vestit = vet,
pl. 1. 'lestumus = cesto/is, vetons etc.
G. Der Verbalstamm lautet aus auf tt: batt-[u]ere = battre,
mUt-ere ^ mettre^ .
sg. 1. mitt[o] = inet, metz, mets, 2. mittj]s ^ metz, mets,
mitt i t = viet;
pL 1. *niitttimu^ = mettons'^,, 2. *mittatis =^ mettez-), 3. mit-
tunt = tnettent^;.
Anm. 1; Neben tnettre altfrz. auch matre. — 2 Daneben altfrz.
Formen mit einfachem t. — 3 Daneben altfrz. metent, maitent.
7. Der Verbalstamni lautet aus auf rc- torqu-ere =; *torc- d.i.
iork-ere = tordre, flectirt nach Classe 3, indem das ursprünglich eupho-
nische d die Function des auslautenden Stammconsonanten übernommen hat.
S. Der Verbalstamm lautet aus auf rg: terg-e]re = terdre,
surg-[e]re = sordre, sourdre.
Beide Verba sind im Neufranzös. völlig geschwunden ; von terdre
finden sich auch schon altfrz. kaum Präsensformen des Ind., und von
sordre sind nur die dritten Personen sort, sourt und sordent zu belegen.
9. Der Verbalstamm lautet aus auf nc: vinc-ere = vaintre,
taincre s. oben S. 220) .
Beispiel: sg. 1. vinc[o] = venc, vencs, vains , vaincs, 2. vi/icjiS =
vencs, vains, vaincs; 3. vincft = vaint, vainc.
pl. 1. *vincilfnus = venquons, v ainquons, 2. *vincatis =
venquez, vainquez, 3. vincunt = venquent, cain-
que n t.
lU. Der Verbalstamm lautet aus auf ng: a der Stammvocal
ist a : plang-ere = plaindre, frang-ere = fraindre ; b, der Stammvocal ist
i: cing-ere = ceindre, ß)ig-ere = feindre, ping-ere = peindre , tinguere =
teindre; cj der Stammvocal ist u: ung-ere ^ oindre, Jung-ere = joindrCf
jpiing-ere = poindre.
Beispiel: sg. \. plang'o' ==■ i)laing , p>lains, 2. plang[is = plainz,
plains, i. plang[i.t = plai nt:
pl. 1. *pla)igümus = plagnons, p lai gnons , 2. *plangatis =
plagnez, plaignez, 3. plangttnt = plaignent.
11. Der Verbalstamm lautet aus auf mp: rump-ere = rom})re.
sg. 1. rump[o] = romp, romps, 2. rump[ts=^romps, 3. rum-
p[i]t = ro7npt; jj!. 1. rompons etc.
12. Der Verbalstamm lautet aus auf cv = kv [qu : sequ-ere =■
suivre \c6qu-ere = cok-ere ^ cuire s. S. 231 e ,.
sg. ]. *sequ'o\ = 'sei-, seu sieu, siu, suis; pL 1. *sequümus =
'*sevons suions, suivons, 3. *sequunt = sievent, suient,
suicent.
15*
228 Das Französische.
13. Der Verbalstamm lautet aus auf lo: solv-ere = soldre,sorre,
saurre, soudre, saudre.
sg. 1. solv'o] = sol, soll (= *sol[v]io] , sous, 2. solv[is = sols,
sous, 3. solc'it = solt, 80Ut\
pl. 1. *solcümus = solv ons , solons, 2. *solvatis = solvez , solez,
3. solvunt = solvent, sollent.
[14. Der Verbalstamm lautet aus auf lg: coll[i,go = cueille, s, B, No. 4.]
15. Der Verbalstamm lautet aus auf rv: serc-ire = servir, vgl.
oben No. 2 und 4.
16. Der Verbalstamm lautet aus auf rr.- ciirr-ere = courre,
und *curr-ire = courir.
sg. 1. cur[ro] = cottrs, 2. cur[rCs = coiirs, 3. cur[ri f =: court;
pl. 1. *cwrümics = courons etc.
17. Der Verbalstamm lautet aus auf sc 'Verba inchoativa :
a) der Stammvocal ist a: *na-scere = naitre, nestre, pa-scere = i)attre,
*ira-scere = altfrz. iraistre; b) der Stammvocal ist e: cre-scere, = croiire;
c der Stammvocal ist o: cogno-scere = connoitre, connaitre; d) die inchoa-
tiven Verba der /-Conj., z. "&. ßn-i-sc[o] =ßtns,-vgl. oben S. 224.
Beispiel: a) sg. 1. *nasc[o], *tiasJ[o] = «ats, 2. *tmsc[i]>> = tiais, 3.
*)iasc[i]t = 7iaist, nest, nait, pl. 1. *tiasciimtis = tiassons, naissons,
2. *yiascatis = nassez, naissez, 3. *nascunt =^ naissent, nessent.
b) sg. creis, crois, creist, croist, croit, pl. cressons ':!], croissons etc.
cVsg. con{n)ots , connais, con[n]oist, connait, pl. connessons , connis-
sons, connoissons, connaissons etc.
d) sg. ßnis, ßnist, finit, pl. finissons etc.
18. Der Verbalstamm lautet aus auf x = cs: tex-ere = tistre
(daneben *texire = tissir), [exire = issir und) *ex-ere = i«^;-e.
Von <js^re werden schon im Altfrz. keine Präsensformen mehr gebildet ;
issir (eissir, oissir], istre flectirt: sg. 1. is, eis, 2. is, eis, 3. ist, eist^
pl. 1. issons, eissom, 2. issez, eissez, 3. issent, eissent. Im Neufranz,
sind beide Verba mit Ausnahme des Part. Perf. tissu, issu) ge-
schwunden.
B. Der Verbalstamm lautet auf einfache Consonauz aus.
1, Der Verbalstamm lautet aus auf b oderjj oder v:
a) Der Stammvoal ist a: a, Jtub-ere^, = avoir, .i 'sap-ere c= sa-
voir (daneben altfrz. savir).
«) sg. 1. habe'o] = ai , ay, ey, 2. ha[be]s = as, 3. habet = at, ad, a
(über das t in a-t-ilß u. dgl. s. oben S. 213) ; pl. 1, *habiimus =^ avons,
2. 'habaiis = avez, 3. *habunt (?) = unt, ont (wahrscheinlicher ist ont An-
bildung an sont).
ß) sg. 1. sapi[o] = sai, scay, 2. sa'jn]s = ses, seis, sais, 3. sa[pij =
1) Das Compositum ' re]-ad-met>i[em]- habere = {r amentevoir [nur alt-
französ.) folgt der Analogie von devoir , rececoir u. dgl , der Inf. -evoir
= habere wird folglich als Endung empfunden.
Die Wortformen und die "NVortformumschreibungen. 229
set, seit, stet, satt. pl. 1. 'fiapiimiis =^ sai'ous, 2. 'sajuäis = savez, 3.
'sapunt = sevent, sai'ent.
h Der Stammvocal ist c : deb-ere = devoir.
sg. 1. *debo] = doi\ dois, 2. deb[es = dois, 3. dcbet^dott, pl. 1.
*debtimus = derous, 2. debetis, *debatis = devetz, devez, 3. debent =
doii'ent, doient, tleent (neben rfot etc. im Altfrz. , wie selbstverständlich,
auch deii.
c DerStammvoeal ist ^: «) *recip-ere = recevotr (daneben rectp-ere
= recoivre, rechoiire) und andere derartige Composita von *capere f. ca-
j9^r«; ,i) bib-ere = boivre, boire.
a sg. 1. *rccfj:>[o] = recoif, recoi, recois, 2. recip i s = recois, 3. J'e-
^fpft = ref oi<; pl. 1. *reciptimus = recevons, 2. *recipatis = rccevez,
3. *recipu»t = recoif ent. (Neben den Formen mit oi im Altfrz. Formen
mit ei'.
i sg. 1. iii o" = ieiy, Sot/", ioi", bois, 2. bib i s = iej':, io^:, bois,
3. bib'tt^beit, boit\ pl. 1. *bibiimtis = beions, neufrz. buvons, 2. i/-
Äaiis = i^ffs, neufrz. buvez, 3. bibiait = beivent, boivent.
d Der Stammvocal ist I: «) scr'ib-ere = escrivre, escrire, ecrire,
ßi vlv-ere = riVre.
«^ sg. 1. scrlbo = escrif [?), escri'ß), ecris, 2. scr'ib'i]s = escris, ecris,
3. srrj6[t]^ = e^crtV [escn'pt, ecrit; pl. 1. 'scnbümus = escrivons, ecri-
vons, 2. scrlbatis = escrivez, ecrivez, 3. scrtbunt = escrivent, ecriv ent.
ß) sg. 1. fTi-[o] = ri/", ft/s, ft«, 2. t•^[^•lJs = uts, 3. vi\vvt = ri< etc.
e) Der Stammvocal ist o: a] *st6p-ere=^ estovoir, ß) mov-ere =
mouvoir, daneben mov-ere = muevre, y) *pl6v-ere f. pluere, s. No. 9.
ff, sg. 3. *st6pei = estuet unpersönlich; ; das Verb ist im Neufrz. ge-
schwunden.
ß, sg. 1. *m6v[o\ = muef unbelegt), meuf, mens, 2. in6v'e]s = mues,
meus, 3. inov'ej =: muet, meut\ pl. 1. *moviimus ^= mouvons etc.
2. Der Verbalstamm lautet aus auf d oder t:
a; Der Stammvocal ist o: a] vad-ere = [*vadare, : *vandaref : an-
dare : an[n]er :] alVer; ß; cud-ere f. cad-ere = cadeir, chaeir, cheoir, choir.
(c] sg. 1. vad'o] = vai, vais, 2. vad[i]s = vais, vas, 3. vad[ft = vait,
i-a; pl. 1. alons, allons, 2. alez, allez, 3. va[dlunt {?] = t'owi (wahr-
scheinlicher ist vont als Anbildung an sow< zu betrachten, ebenso o»/,yo«^.
ß sg. 1 unbelegt, 2. cad[i s ;behandelt wie *kedis] = chiez, chtes, 3.
cäd[i]t kidttj = chiet, chet; pL 1. *cadümus = chaotts, 3. *cadunt [kidunt,
= chedent, cheent, chieent die Formen mit i'e vielleicht Analogiebildungen
nach s»es, sie< von seoir).
Anm. *decadere = nenitz. decheoir: sg. 1 und 2. dechois, 3. dtchoit;
pl. 1. decJioyons, 2. dechoyez , 3. dechoient. — * e{x] cadere = niiz. echeoir .
sg. 3. ec/(t< und echoit; pl. 3. echoient die Formen mit o?', o!/ beider Com-
posita beruhen auf durch den Infinitiv veranlasste Analogiebildung, im
Sing, an Verba wie decevoir, im PI. an Verba wie emplot/er;.
b) Der Stammvocal ist e: sed-ere = sedeir , seeir, seoir (dane-
ben seer und seir.
sg. 1. sedo' = sied, sies, as'sieds, 2. sed[e's = sieds, sies, siez, [as',-
230 ^^^ Französische.
sieds, 3. sed[e]t = stet, {as)sied; pl. 1. * sedümus = seoits, 'as" seyojiSy
[as^ soyons, 2. *sedatis = seez, sees, ias)seyez, {as)soyez, 3. *sidunt =
siedent, sieent, sieiit, <as)seyent, [as)soient.
c) Der Stammvocal ist e: cred-ere =^ ereire, croire.
sg. 1. cred[o\ = crei[d), croi, crois, 2. cred'is=^creis, crots, 3.
cred[Vt = creit, croit; pL 1. *credümus = ereotts, croyons (Analogiebil-
dung), 2. *credatis = creez; croyez (Analogiebildung), 3. credunt = creient,
croi 671 1,
d Der Stammvocal ist t: vtd-ere = veoir, voir,
sg. 1. *v'id[6\ = rej, rot, vois, 2. ftrf[e^s = re<*s, vois . 3. vid'et = veify
vet, voit; pl. 1. *v{dtimus = veons, voyons (Analogiebildung), 2. *vidatis
=! ueez, voyez (Analogiebildung), 3. *vidu»t = veient, voient.
e) Der Stammvocal ist l: a) *rid-ere = rire ; ,3) occld-rre = occire.
cc) sg. 1. ri<Z[o] = n, rt«, 2. n£/[e]s = ri's, 3. rid[e]t = rit; pl. 1. *ri-
dümus = rions, 2. *ridatis = rtez, 3. *rldunt = rient.
ß) sg. 1. om<:?[o] = oci, 2. occtd[i]s = ocjs, 3. occidi = ociY, ochit;
pl. 1. *occidthnus = ocions, ochions, 2. *occidatis, *occidetis = ociez, ocieiz^
3. occidunt = ocient, ochient. — Das Verbum ist im Neufrz. geschwunden.
f) Der Stammvocal ist au 'ö) : claud-ere, clöd-ere = dorre, clore.
sg. 1. clöd[o] = c/o, c/os, 2. clödlfs = dos, 3. clöd[it = clot, dot;
pl. 1. *clodmnus = cloons, 2. *clodatis = c/oes, 3. *clodunt = cloent, do-
sen t. Im Neufrz. nur im Sg. und (zuweilen) 3 pl. gebräuchlich.
Anm. cot}cIud-ere = neuhz. conclure: sg. 1 und 2. conclus, 3. conchä;
pl. 1. concluons, 2. concluez, 3. coticluent.
g) Der Stammvocal ist o: *j!)o^-ere :=^^oe«r, jjoojV, ^JoroiV, ;jo?<roir.
sg. 1. *poi[o] = fjjj«;] j5?<es, j3e?<x, [wenn nicht letzteres Analogiebildung
an die 2 p.], puis (wahrscheinlich Anbildung an suis], 2. p6t[e]s = jnieSy
peus, peux, ^.*pot[e]t = puet, poet, peut; pl. 1. *p6ttimus ^ pootis, pumis,
povons, pouvons, 2. *2>otatis = poez, povez, pouvez, 3. *potu)it = pueeut,
poeent, peuvent.
h) Der Stammvocal ist u: excut-ere = escorre; von diesem nur im
Altfrz. noch vorhandenen Verbum sind Formen des Präs. Ind. nicht zu
belegen.
3. Der Verbalstamm lautet aus auf c oder g (oder h) :
a) Der Stammvocal ist ä: a] fäc-ere = faire; ß) *plac-ere =^ plaire
(daneben *pläc-ire = plasir, plaisir) ; y) *tcic-ere = taire (daneben "tiic-ire =
tasir, taisir); &} *jäc-ire = gesir ; e) tralt-ere ^= traire; 0 hrag-ire = braire.
a) sg. 1. faci[o] = fäkj = faz, fas, fach, fai, fais, 2. fac[i]8=: fais,
faiz, fes, fez, 3. fäc[i]t =■ fait, fet; pl. 1. facimiis = faimes und fai-
sojis (Analogiebildung , fesoits, 2. facitis = faites, fetes, 3. *facxatt =
fönt, fitnt (wahrscheinlicher als Anbildung an sont zu betrachten).
ß) sg. 1. place' o] = plakj = plaz, plas, plais, 2. plac'e]s = plais, 3.
placet = piaist, plait; pl. 1. plasons, plaisons, 2. plasez, plaisez, 3.
plais ent (Analogiebildungen).
y) taire itaisir] flectirt ganz wie plaire (aber 3 sg. neufrz. tait, nicht
tait, obwohl altfrz. taist).
(f) sg. 1, gis, 2. gis, 3. gist, git; pl. 1. gisons, 2. gisez, 3. gisent (die
Die Wortfonnen und die Wortformumschreibungen. 231
lautliche Entwickelung dieser Formen ist eine aufl'iilli<ie hinsichtlich des
Stammvocales, dessen abnorme Wandelung durch den Einfluss sowohl des
anlautenden wie des auslautenden Stammconsonanten bewirkt worden zu
sein scheint^ Neufrz. vom Präs. nur .1 sg. (jit gebräuchlich.
f) sg. 1. trah[o' = *tragt"o = traz, tres, trat, trei, trais, 2. 'trag i's
= trais, treis, (res, ;?. "trag i t = trait, treit, tret; pl. 1. 'tragümus =
traons, trat/nns, 2. 'tragatis = (raez, trayez, ,3. *tragu)it = traieiit,
freieiit.
0 Ueber braire s. unten f) 6).
b) Der Stammvocal ist c: leg-ere = lire.
sg. 1. /<\(7 /) = [Uei] lei, It, lis, 2. li-g'fs = leü, fis, 3. Itg'i t = leit,
lit, /i's<: pl. 1. leiso)is, ltso?i.<i, 2. leisez, lisez, 3. leient, lient, Hsent das
s in den Pluralformen ist unorganisch und beruht jedenfalls auf Anbildung
an Formen wie gisons, plmsoxs, taisons u. dgl. .
c DerStammvocalist»: «) *ltc-lre = leisir, loisir 'unpersönlich),
daneben *nc-ere = l^ire, loire; ß) despic-ere = despire (nur altfrz.,.
ff) sg. 3. licet = leist, loist, list Im Neufrz. gesch^imden).
,?) sg. 1. despici o] = despis, 3. despic'it = despit; pl. 3. despiciunt
= despisent.
dj Der Stammvocal ist i: dic-ere = dire.
sg. 1. dic{o] = dt, dis, 2. dic[i\s = dis, 3. dicit = dit, dist; pl. 1.
disons Analogiebildg. , 2. dic\ites = dites, distes, 3. dicunt =^ dient, disent.
Anm. Eigenthümlich entwickelt hat sich das (in seinem ersten Theile
gelehrte Compositum benedicere: d fiel, weil intervocalisch , aus, also be-
ne d]ic[e\re, *beneir[e], woraus, weil -ir irrthümlich als Endung aufgefasst
wurde, bene-ir , benir (nach Analogie von Jinir etc.) entstand daneben
altfrz. beneistre aus bene'd'ic'e]re). Dieser in die 7-Conj. übergetretene
Inf. veranlasste auch den Uebertritt des Präs. in diese Conj. — Analog
dem beiieir entwickelte sich aus maledicere ein male-ir, doch behauptete
sich daneben und wurde schliesslich alleinherrschend maudire, welches in-
dess ebenfalls im Präs. der /-Conj. folgt hnaudissez). — redire bildet die
2 p. pl. redites, sonstige Composita coutredire etc.) haben schwache Bil-
dung : contredüez.
e] Der Stammvocal ist u: a] *noc-ire = nuire daneben altfranz.
*nocire = nuisir]\ ß, cuqu f= cök) -ere = eoire, cuire, qiiire.
ß) sg. 1. nuls, 2. nuts, 3. 7iuist, nuit; pl. 1. nuisons, 2. nuisez,
3. nuisent die Entwickelung des Stammvocales beruht wohl auf Einwir-
kung des nachfolgenden Sibilanten: 7i6ce'o] = noJcj = nuei^. vgl. plais aus
plakjo = jilaceo .
ß] cuire flectirt ganz wie nuire; im Altfrz. findet sich neben cuisons,
cuisez auch coisotis, coisez; das zuweilen vorkommende altfrz. Impf, coeie
(= co'k'ebam lässt das einstige Vorhandensein der Präsensformen coons,
coez vermuthen.
f) Der Stammvocal ist ü: a] düc-ere = duire im Neufrz. nur in
Compositis erhalten; ; ß *strüg-ere = strutre 'nur in Compositis vorkom-
mend ; /) *Iüc-e)-e = lutre; J) rug-lre = bruire die Richtigkeit dieser Ety-
mologie ist fraglich'.
232 3Das Französische.
«) sg. 1. clüc[o] = dui, duis, 2. düc[i\s = duis, 3. düc[i]t = (/?<t<; pl.
(Analogiebildungen) 1. duisons, 2. duisez, 3. duisent.
ß] {de-, con)struire flectirt wie duire.
y) luire flectirt wie duire (3 sg. altfrz. luist].
6) Von hruire ist im Neufrz. — und wohl auch schon im Altfrz. —
nur der sg, gebräuchlich: 1. und 2. bruis, 3. bruit (von dem mit bruire
begriffsverwandten und vielleicht auch stammverwandten braire = bragire
werden nur die dritten t'ersonen gebildet; brait, braietit).
4. Der Verbalstamm lautet aus auf / oder //: •
a) Der Stammvocal ist a: «) val-ere = valeir, valoir, ßi cal-ere
= chaloir, y) *fall-ere = falloir und *faU-ire = faillir, S] salio = saille.
u) sg. 1. vale[o] = vail, daneben *val[6\ = val, vals, vaux, 2. val[e]s
= vals, vaux, 3. val[e]t = valt, vaut; pl. 1. *valümus = valons, 2. "valatis
= rai^es, 3. *valunt = valetit.
ß) nur sg. 3 careji = ehalt, cJiaut, daneben ehielt (neufrz. ist das Verb
geschwunden bis auf das Part. Präs. in iionehala'nt].
y] sg. \. fal[lo\ = fal, fals, faux und *falli[o] = fail, faill, 2. fal[lils
= fals, faux, 'd. falllijt = falt, faut; pl. 1. [*fallümus) = faill ons, 2.
[*fallatis = faillez), 3. [*fallunt] = faillent (die Mouillirung des Stamm-
auslautes der Pluralformen beruht auf Anbildung an den Inf., welcher sei-
nerseits sein mouillirtes l dem Einflüsse des Präsens *fallio verdankt).
b) Der Stammvocal ist o: «) *v6l-ere = voloir, vouloir, ß) dol-cre
= doloir, y) ol-cre=-oloir, d] sol-ere = soloir, souloir, e) toll-ere = toldre und
*toll-ire = tollir (beide im Neufrz. geschwunden, ebenso die drei vorher
aufgeführten Verba), 0 mol-ere = moldre, moudre, morre, mourre, inieurre.
a) sg. 1. vol[o] = vuel, veul, veuls, veux und *voli\o] = voil, vueil,
voeil, 2. *volis = vuels, vues, veus, veulx (das l nur grapliisch), vetix, vials,
viaus, viax, 3. *vol[i]t = vuelt, voelt, tuet, voet, veut, vet, vialt, viaut;
pl. 1. *volümus = volons, voulons, 2. *volatis = volez, voulez, 3. voluitt
= vuelent, voclent, veulent. (Im Altfrz. wird statt des anlautenden v häufig
w geschrieben.)
ß) sg. 1. dole[o] z= doil, duil, dueil und *dol^o] = ducl, doel, 2. dol e]s
= duels, dels, deus, douls, 3. dol[e]t = duelt, doelt, doli, dout, delt, deut,
diolt, dialt, diaut, dient; pl. 1. *dolümus = dolous, 2. *dolutis = dolcz, du-
lez, 3. doleitt = duelent, doleiit. — Im Neufrz. geschwunden.
y) 3 sg. ol[e]t = iolt, aut, pl. 3. *olunt = olent. — ImNfrz. geschwunden.
(T) soloir flectirt ganz wie doloir. — Im Neufrz. geschwunden.
c) sg. 1. tol[lo] = toi und *toll{[o] = toil, 2. tol[li\s = tols, tos, tous,
taus, toitls, 3. tol[li]t = tolt, tot, tout, taut, toult; pl. 1. *tolltimus = tolons,
2. *tollatis = tolez, 3. tollunt = tolent. — Im Neufrz. geschwunden.
C] sg. 1. mouds, 2. mouds, 3. moud (das ou f. we nach Analogie des
PI., d nach Analogie von vejtds u. dgl.) ; PI. /nnulons, moidez, mouleitt.
c) Der Stammvocal ist u: buU-ire = bouillir.
8g. 1. *büllo = bol, boh, bous, 2. bullijs = bols, bous, 3. bid'lVt =
bolt, bout] pl. 1. bouillons, 2. bouillez, 3. bouillent (die Mouillirung
ist wie hei faillir zu erklären, s. oben a) y]).
Die Wortformen und die Wortformumschreibungen. 233
5. Der Verbalstamm lautet aus auf m:
Der Stamm vocal ist e: «) trhn-ere == criemhre, crendre, criendre,
creindre, craindre (daneben *trem-ere = cremeir, cremoir , *trvm-ire =
cremir, *trhn-are = cremer):, ß) prem-ere = jiriendre, prehidre.
et) sg. 1. trem[o] = criem, criens, ci'eim, creins, crains, 2. trem[i]s =
criens, creins, crains, 3. trem[i]t = crient, crent, creint, craint; pl. 1.
'trcmumus = cremons, creimoiis, creicjuous , craignons, 2. "trematis = cre-
mez, creimez, creignez, craignez, 3. tränunt = criemeid, creimeiit, creignent,
craignent (die Formen mit ei, bzw. ai und gn sind Analogicbildun<?en
an die Verba auf -eindre, bzw. -aindre = -ingere, -angere; Anstoss zu sol-
chen Bildungen gaben der Inf. und die 2 und 3 sg.).
ß) priendre, preindre folgt der Analogie der Verba auf -eindre =
-ingere (im Neufrz. ist das Verbum nur noch in dem Coniposituna em-
pr eindre erhalten ) .
Anm. Von re-adim-cre = [redemhre] raembre sind Formen des Präs.
Ind. nicht zu belegen.
6. Der Verbalstamm lautet aus auf n:
a) Der Stammvocal ist u: män-ere = maneir, manoir, daneben
*man-lre = manir und *man-ere = maindre, meindre (im Neufrz. ist das
Verb gesch-wunden].
sg. 1. main, mains, 2. mains, 3. maints; pl. 1. manons, 2. maneiz, 3.
mainent.
b) Der Stammvocal ist e: a) ven-lre = venir, ß) *ten-tre = tenir.
cc) sg. 1. ve7ii[o] = vienc, vieng, ve7ig, viench, daneben Anbildung an
die zweite Person viens, 2. ven[i\s = viens, 3. ven[i]t = vient\ pl. 1.
'leimnius = venons, 2. *vcnatis = venez, 3, *venunt = vieneni, vienne7it.
ß] tenir flectirt ganz wie venir.
c Der Stammvocal ist 6: u) suhnon-ere = semondre, ß) repön-ere
= repondre.
a] sg. 1. *submo7te[o] = semoing , andere Präsensformen dürften nicht
zu belegen sein (im Neufrz. ist das Verbum geschwunden),
ß) sg. 3. repönit = repont, andere Präsensformen dürften nicht zu be-
legen sein iim Neufrz. ist das Verbum geschwunden; neufrz. pondre =
ponere flectirt wie rendre, das ursprünglich nur euphonische d ist also
stammhaft geworden).
7. Der Verbalstamm lautet aus auf r:
a) Der Stammvocal ist a: jiar-ere (Simplex zu apparcre] = pareir,
paroir (unpersönlich).
sg. 3. par[e]t = part, pert, piert, p)eirt; pl. 3. *parunt =^ parent, j)erent,
jteirent 'im Neufrz. ist das Verbum geschwunden).
b) Der Stammvocal ist offenes e (lat. e, ae): a) fer-ire = firir,
daneben "^fer-ere =: ferre; ß] *quaer-ire = querir, daneben quaer-ere =
querre, quierre, quirre; y] öff\c\ro, süff^e]ro folgen der ^-Conj.
ß) sg, l. ßer[s), 1. fiers, "6. fiert; pl. \. ferons, 1. ferez, '.'>. fierent (im
Neufrz. ist das Verbum geschwunden mit Ausnahme des Infinitivs).
ß] sg. 1. quier{s), 2. quiers, 3. quiert; pl. 1. querons, 2. querez, 3. quie-
rent im Neufrz. ist das Verbum nur noch in Compositis gebräuchlich).
234 Das Französische.
c) Der Stammvoeal ist o: *mor-'ire = mourir.
gg. 1. *mori o] = moerc, muir, und *morn =: muer, inner, meur, meurs,
2. *mor[{\s = muers , moers, meurs, 3. *mor[iM = muert, meurt; pl. 1.
*monimus = moroyis, mourons, 2. *moratis = morez, mourez, ^.*7yiorunt
= muerent, moerent, meurent.
8. Der Verbalstamm lautet aus auf *■: esse = ess-i-re = estre,
etre. Ueber cons[u]-ere s. No. 9.
sg. 1. s-ii-m = sin, suis 'die lautliche Entwickelung dieser Form harrt
noch immer einer befriedigenden Erklärung % 2. es = ies, iez, es, .{. est =
est\ pl. 1. s-ii-imts = sonimes, 2. es-tis = etes, 3. s-u-nt = sont.
9. Der Verbalstamm lautet scheinbar auf einfachen Vocal
(m) aus: «) {*plu-ere} plÖv-ere = ploveir, j}hvoir, jjlouvnir, pletir oir; ß)
eons[u]-[e]re = cousdre, coudre, keudre.
a) sg. 3. *plo[vi]t = pluet , pleut; pl. 3. *pl6vimt = plueent, pluevent,
pletivent.
ß) sg. 1. co\n]s[uo] = cous, couds 'das d nur graphisch nach Analogie
des euphonischen d im Inf.', 2. co[n]s[tas = co?«, couds, 3. co n]sutt ^
eojf^Z (für oo2<< nach Analogie von vend u. dgl.) ; pl. 1. *co[>i]stimus = cou-
sons, 2. *co[w]s«^i« = co?<ses, 3. *cons[u]ufit =' cotis e/it, keuseyit.
§ 19. Die Bildung des Conjimctivs Präsentis.
Vorbemerkungen. 1. Bezüglich der Behandlung der
Stammsylbe gelten für den Conj. Fräs, dieselben Gesetze über
den Wandel des Stammvocals und das Schicksal des Stamm-
auslautes, welche für die Bildung der Indicativformen mass-
orebend sind. vg^l. oben S. 214 ff.
2. Die 1 und 2 P. PI. des Conj. Präs. haben die Aus-
gänge -ons und -ez des Ind. angenommen, die ursprünglichen
Ausgänge -emtis (= -eins) und -etis (= -eiz) in der ^-Conjug.
sind also dadurch verdrängt worden. In den genannten Per-
sonen ist der ursprünglich nur den nicht inchoativen Verben
der /-Conj. zukommende Ableitungsvocal / durch Analogie
auf alle Verba übertragen worden und hat dadurch die Func-
tion eines Modusvocales erhalten.
A. Die Bildung der schwachen Formen.
1. In der lat. .^-Conjugation verschmilzt der Ableitungs-
vocal a im Conj. (eigentlich Opt.) Präs. mit dem Modusvocal
i zu e, also z. B. port-a-i-m ^= portem.
Im Französischen muss dieses c, avcü in nachtoniger Sylbe
stehend, lautgesetzlich überall da ausfallen, avo nicht aus eupho-
nischen Gründen sein Verbleiben erforderlich ist (so stets in der
3 P. PI., so auch nach muta cum li(|uida, z. B. in trouhle^ livre).
Die Wortformen und die ^\'ortformunlschreibungen. 2!>5
Demnach Avcrden die stammbetonten Formen des Conj.
Präs. der sog. ersten schwachen Conj. in folgender Weise ge-
hihlet: sg. 1. port[em] = port , 2. port[e]s = j>orz ^ 3. port[t\t
= port, pl. 3. portent = jiortent.
Es haben jedoch in der neueren Sprache die Formen des
Singulars nach Analogie der entsprechenden Indicativformen
ein tonloses e im Auslaut angenommen, so dass im Neufrz.
flectirt wird: sg. 1. porte, 2. portes, 3. porte.
Die Bildung der flexionsbetonten Formen (1 u. 2 P, PI.)
erfolgt nach Massgabe dessen , was in Vorbemerkung 2 ange-
geben worden ist: portions^ porüez (gleichsam * port-i-ümus ^
*porti-a-th).
2. Der Ableitungsvocal e ist im Conj. Präs, als flexivi-
sches Mittel durchweg geschwunden, hat jedoch in den stamm-
betonten Formen nicht selten auf die lautliche Gestaltung des
Stammauslautes eingewirkt, vgl. unten Xo. 3.
3. Der Ableitungsvocal ^ hat sich in der 1 und 2 P. PI.
nicht nur da. wo er vorhanden war, vor den Ausgängen -ons^
-ez behauptet . sondern ist auch durch Analogie auf alle an-
deren Verba übertragen worden, vgl. oben Vorbemerkung 2.
In den stammbetonten Formen namentlich in der 1 P.
Sg.) hat der Ableitungsvocal e, bzw. e, sich öfters zu palata-
lem g verhärtet, z. B. altfrz. vienge, tienge. moerge^ [alge]auge
= veniam^ teneam, *7noriam^ "alUam v. aller, oder aber er hat
Mouillirung, bzw. Assibilirung des auslautenden Stammconso-
nanten bewirkt, z. B. vaille = valeam. veiiille = *voliam, aille
= ^alliam v. aller, altfrz. viegne = veniam, tiegne ■= *tetnam
neufrz. vienne. tienne {?■% = *cenam, *tenain], sache = sapiam^
face, fasse ^= faciam. plaise r= placeam^ taise = taceam u. v. a.
Im Neufrz. sind viele dieser Formen geschwunden.
Zuweilen ist der assibilirte Stammauslaut auch auf die
l u. 2 P. PI. übertragen worden so z. B. in jjlaisions. taisions).
B. Die Bildung der starken Formen.
1. Sämmtliche nicht zur sog. ersten schwachen Conjug.
gehörigen Verba bilden den Sg. und die 3 P. PI. stark, die
1 und 2 P. PI, mittelst der Ausgräno^e -ions, -iez.
OD "
2. Die lat. Ausgänge der stammbetonten starken Con-
junctivformen sind -am. -as. -af, -ant, im Französischen wer-
den dieselben regelrecht zu -e, -es, -e, -eni, z. B. :
236 Das Französische.
sg. 1. viend-am = vende, 2. vend-as = ve?ides, 3. vend-at =
vende, pl. 3. vend-anf = vendent, dagegen {nsLch part-i-
ons u. dgl. analogisch gebildet) pl. 1. vendions (gleich-
sam '^ vend-i-ümus\, 2. vendiez (gleichsam *ve)id-i-atis].
§ 20. Die Bildung des Imperativs Präsentis.
1. Die einzige in das Französische übergegangene latein.
Imperativform ist die 2 P. Sg.
2. Die 2 sg. wird
a) schwach gebildet von den zur sog. ersten schwachen
Conj. gehörigen Verben, z. B. port-a = ^iorte (schwach gebil-
det mit Hülfe des Ableitungsvocales i sind ausserdem die un-
ter b) und 3) und 4) zu nennenden conj uncti vischen Formen) :
b) stark gebildet von allen übrigen Verben. Die star-
ken Formen nehmen nach Analogie der 2 p. sg. ind. ein s
an, z. B. vend[e] = tend-s ^ deb[e] = doi-s, *part[{] = pa7'[t]s,
^msc[e] =ßnis. Conjunctivische Bildungen sind veuille, suche.
3. Als erste Pers. PI. des Imperativs fungirt die erste
Pers. PI. des Indicativs , bei einzelnen Verben des Conjunc-
tivs [ayonSj soyons, veuillons, sachons).
4. Als zweite Pers. PI. des Imperativs fungirt die zweite
Pers. PI. des Indicativs , bei einzelnen Verben des Conjunc-
tivs [ayez^ soyez, veuillez^ sachez) .
§ 21. Die Bildung des Indicativs Imperfecti.
Das Imperf. Ind. wird, wie schon im Lat. , so auch im
Französ. durchweg schwach gebildet. Hinsichtlich ihrer Bil-
dung zerfallen die Formen des Impf. Ind. in zwei Gruppen :
a) die Personen des Sg. und die 3 P. PI.,
b) die 1 und 2 P. PI.
A. Die Bildung der Singularformen und der
3 P. PI.
1. Imperfect auf -Ztham. Das im Lat. mit Hülfe des
Ableitungsvocales ö gebildete Impf. Ind. hat im Altfrz. sich
in doppelter Weise entwickelt , indem U entweder lautgesetz-
lich in e übergegangen oder aber durch Einfluss des nachfol-
genden, J = V = u zu 0 vcrdumpft worden ist, nämlich:
sg. 1. po7't-äbam ^ porteve oder [portove porio[u)e,
2. port-ühas = porteves oder (portoces) porio{u]es,
3. port-äbat = 2>orteve[t] oder [po7'tovet] portou[e)t\
pl. 3. port-äha7it = portcvcnt oder [portovetit] porfoiu)enf.
Die "Wortformen und die AVortfurmumschreibungen. 237
Beide iJilduiigen siud jedoch schon im AUfrz. durch die
Bildung auf -eham = ete = o{{e) = at[s) verdrängt worden (vgl.
unten No. 2 , so dass also für porteve oder porto{zi)e eintrat
porteie, portoie] und endlieh, mit Anfügung eines analogi-
schen 5, po7'to{s, portal s.
2. Imperfect auf -eham. Die Ausgänge des mit
Jlülfe des Ableitungsvocales c gebildeten Impf. Ind. entwickel-
ten sich im Französ. in lautgesetzlicher Weise, z. B. :
sg. 1. vend-eham = v endete ^ vetidoie, vendoi und (mit An-
fügung eines s nach Analogie der 2 P.) vendois,
cetidais ,
2. vend-ebas = vendeies, vendoi{e]s^ vendais,
3. vend-ebat = vetideit, vendoit, vendait;
pl. 3. vend-ebant = vendeient. vefidoiefit, vendaient.
Die Bildung auf -ebam^ schon im Lat. der Mehrzahl der
Verba eigenthümlich [deUbam, regeham^ dorm[i\ebani) ^ hat im
Französischen die Bildungen auf -übam und -ibam verdrängt
und ist alleinherrschend geworden.
3. Imperfect auf -Ibam. Die mit Hülfe des Ablei-
tungsvocales i gebildeten Imperfectausgänge -ibam, etc. ergeben
im Französischen regelrecht -ite etc. Es ist jedoch diese Im-
perfectbildung nur dialektisch erhalten, im Gemeinfranzösi-
schen ist sie früh durch diejenige auf -ebam verdrängt wor-
den. — Vgl. auch B und Anm. 2.
B. Die Bildung der 1 und 2 P. PI.
Die 1 und 2 P. PI. zeigen bei allen Verben frühzeitig
die Ausgänge -ions (altfrz, daneben -ieiis) und -iez. Das i
dieser Ausgänge beruht wahrscheinlich auf dem Ableitungs-
vocal i, ist also, wenn diese Annahme richtig, von den nicht
inchoativen Verben der /-Conj. durch Analogiebildung auf
alle übrige Verba übertragen worden, ein Vorgang, der ein
Seitenstück zu dem Eindringen des i in die 1 und 2 P. PI.
Präs. Conj. (s. § 19, Vorbemerkung 2) bilden würde.
Bei den nicht zur reinen /-Conj. gehörigen Verben ist i
vielleicht als aus e entstanden zu betrachten: vendions =
*vend-e-[btimus, chantions = *cant-e-[b]ümus .]
Anm. 1. In Bezug auf die lautliche Gestaltung des Ver-
balstanimes folgt die Imperfectbildung der Analogie der stamm-
238 l^as Französische.
betonten Formen des Präsens, daher z. B. altfrz. cremeie. cre-
moie = trem-ebum , aber neufrz. craignais nach Analogie von
craignons etc., lisais [= legebam) nach Analogie von lisons etc.
Anm. 2. Verba mit Inchoativverstärkung im Präs. haben
dieselbe auch im Impf.
§ 22. Die Bildung des Perfects Ind.
A. Die sch^vache Perfectbildung.
1. Perfectbildung mittelst des Ableitungsvoca-
les a:
sg. 1. po7'ta[v\i = portal (vgl. aber oben S. 219 ,
2. porta[vi\s[ti\ = purtas^
3. porta\vi\t = porta[t\ (in porta-t-il beruht das t auf
Analogiebildung) ;
pl. 1 . porta\v%\mus = portämes (der Circumflex beruht auf
Angleichung an die 2 P.),
2. portä\vi\stis = portastes, portales,
3. portä[ve]runt = pört^rent.
2. Die Perfectbildung mittelst des Ableitungs-
vocales i:
sg. 1. dormi[v]i = dormi ^ clormis (das 6 nach Analogie der
2 P. angefügt),
2. dormi[v]is[ti] = doy'tms,
3. domi[v]it = dormit:
pl. 1. donni[c]imus = dormimes (Angleichung an die 2 P.),
2. dormi[v]isiis = dormites,
3. dor7ni\ye\runt = dormireiit.
Ueber Perfecta wie perdis u. dgl, vgl, unten D.
(3. Perfectbildung mittelst des Ableitungsvoca-
les e. Von den schon im Lat. -wenig zahlreichen Perfecten
auf -eci sind keine in das Französische übergegangen , auch
sind Neubildungen nach ihrem Typus nicht erfolgt. Es ist
also diese Perfectbildung völlig abgestorben.)
4. Ueber Perfectbildungen wie ecrivin — {con)dimis —
plaig/m — tiaquis — [ceaquis]^ vecus vgl, unten C.
B. Die starke Perfectbildung.
I. L'ebersicht über die starken Perfecta.
1, Die Perfecta der -/-Classe:
a) bereits im Lat. zur -/-Classe gehörige Per-
Die Wortformen und die ^^'o^tformumsch^eibungen. 239
ieci^.: fu-i = fu\s\ fec-i =Jiz. fis\ rc/i-i = riuc. cing, vi/m
— nd-i = iu\ vis;
b) ans der -MJ-Classe in die -/-Classe übergetre-
nes Perfect: *ten-i (nach Analogie von ren-i = tinc. ting.
tin. tins.
Anm. Der Veborgung des e in i ist bei xeni, *te/ii dem
Einflüsse des nachtonigen i^ hei feci eben diesem Einflüsse
lind zugleich der Einwirkung des assibilirten c zuzuschreiben.
— Das c, bzw. g in vinc, ving erklärt sich aus Consonan-
tiflcirung des auslautenden / in ceni^ cenj.
2. Die Perfecta der -5?'-Classe:
a) bereits im Lat. zur -6«-Classe gehörige Per-
fecta (die nur im Altfrz. vorkommenden Perf. sind durch
vorgesetztes 7 bezeichnet) : ar[(I -si = -ai's, cing-si = -ceins
(vgl. C , claud-si = ~clos {conclu[d]-si = conclus)^ despexi
= -despeis, despis, destrug-si = ~ destruis (ebenso die übrigen
Composita von struere,\^. unten C) , dic-si= dis^ duc-si= ~duis
[conduis u. dgl. vgl. C), excussi = -excous^ ßng-si = -feins (vgl.
C) , Jung-si = -joins (vgl. C), mansi = ~f7ies, misi = mis,
pifig-si = -^ peius (vgl. C . plang-si = -plains, pleins (vgl. C) ,
risi = ris, sc7-ip-si = -escris (vgl. C), *siirg-si f. surrexi =
~sors. ting-si = -teins [vgl. C), ung-si = ~ oins (vgl. C).
b) im Lat. nicht zur -6e-Classe gehörige Perfecta:
a] aus der -e-Classe in die -6t-Classe übergetretene Perfecta:
leg-i = ~Us (vgl. No. 3), occid-i = 70m, pre[hen]di, prens-i,
pj-es-i = pris ^ red-emi = -redejis , sed-i = sis, solv-i=~sols
(vgl. No. 3; ; ß) aus der -M2-Classe in die -6e-Classe über-
getretene Perfecta: trem-ui = -creifis (vgl, C), val-ui = ~vals
(vgl. No. 3), voJr-ui = -vols (vgl. No. 3); y) aus der schwachen
/-Conj. ist in die -ii-Classe übergetreten: quaes-l-vi = quis
(neufrz. nur in Comp.),
3. Die Perfecta der -«e'-Classe:
a^ bereits im Lat. zur -«^«-Classe gehörige Per-
fecta: cal-uit = -chalutj hab-ui = oi , neufrz. eus (vgl. II 5),
deh-ui = dui {dus), dol-ui = -dolui, Jac-ui = -^jui^ lic-uit =
hd. *mor-ui = mo7'us, mour'us, par-ui = parus (neufrz. nur
in Comp.) . plac-tn = ploi {plui, plu, plus, . pot-ui = poi,
[pus , sap-ui = soi [sus] ^ *siopuit = estut, tac-ui = toi[T\
240 Das Französische.
[tus) , val-ui = valui , valus (vgl. No. 2 b)), vol-ui = voti-
lus (vgl. No. 2b)).
b) Aus der -e'-Classe in die -?<z-Classe überge-
tretene Perfecta: bihi = hui {bus), cecidit , ceciderunt (von
cacUre) = geheut ^ -cheurent (gewöhnlicher ist das sch-svache
Perf. -j-cAae, chei etc.), cepi = -Qui, -gus (nur in Comp.),
coffnovi = co7i[ti]ui, connus, cucurri = corui^ courus^ credidi
= crui^ crus^ legi = lui, lus, moti = mui, mus, paci =
poi, pzis, pluit = plout, plut ^ steti = -jestui, [crevi = crui) .
II. Bemerkungen über die -starke Perfectbil-
dung.
1. Die starken Perfecta des Französischen beruhen auf
volkslateinischen Perfecten , in denen — abweichend vom
Schriftlatein — die 1 P. PI. flexionsbetont, die 3 P. PI. da-
gegen stammbetont war. (Ueber die Perfecta auf -ui vgl. aus-
serdem unten No. 5.) Sonach sind im Altfranzösischen ZAvei
Gruppen von Perfectformen zu unterscheiden ^) :
a) stamnibetont : 1 und 3 sg., 3 pL,
b) flexionsbetont: 2 sg., 1 und 2 pl.
Als Beispiele für die Flexion mögen dienen :
a) sg. 1. vtd-i = vi [vis], 2. vid-isti = veis, vis, 3. vid-it
= vit, pl. 1. vid-imus = cetmes, [veismes) , [vismes],
vimes, 2. vid-istis :=: v eiste s, vistes, vttes, 3. vid-ärtoit
= vire7it;
b) sg. 1. *prest = pris, 2. presisti = presis [pris., 'i.pre-
sit = prist {prit), pl. 1. presimus = presimes [primes),
2. presistis = presistes [prites], 3. presSrunt = pri-
strent, prirent]
c) sg. 1. vülui = valui, 2. valuisti = valus, 3. vdluif =
valut, pl. 1. valüimus = valumes, valumes, 2. valüistis
= valustes, v a lii tes , 3 . valüerunt = valur en t.
Da die Flexion der wi-Perfecta eine besondere Betrach-
tung erfordert (vgl. unten No. 4) , so beziehen sich die zu-
nächst folgenden Bemerkungen unmittelbar nur auf die -i-
und -Äi-Perfecta.
2. Die flexionsbetonten Farmen unterscheiden sich von
1) Durchweg stammbetont sind die P'ormeu des Perf. fui = fus.
Die "Wortformen und die "WortlVirnnimschrcibunpcn. 241
den stanimhctonten durch die Sclnviichung; des tonlosen Stamm-
vocals. vgl. ft'Ys mit vis, rcYmcs mit circ/i/.
;^. Ist der auslautende Stammconsonant eine einfuche Ex-
plosiva, wie in rid-i , so muss derselbe in den flexionsbeton-
ten Formen, weil in intervocalisclier Stellung beündlich, aus-
fallen, also z. li. cidistis : ceiates; in Folge dessen entsteht ein
steigender Diphthong (et), welcher in der weiteren Entwicke-
lung; der Sprache, wahrscheinlich unter angleichender Einwir-
kung der stammbetonten monophthongischen Formen [vi, vit,
vi_retit), sich zu i vereinfacht hat, z. B. ve-is : vis. Durch die-
sen Vorgang entstehen die neufranz. Formen, wie vis, vimes,
vifes, welche also nur scheinbar stammbetont sind.
4. Das anlautende s des Suffixes -si beharrt lautgesetz-
lich auch in intervocalischer Stellung [presimes etc.), es wer-
den jedoch die betr. Formen von der Analogie derjenigen,
in welchen intervocalischer Consonant elidirt wird [ve-imes^,
angezogen und somit entstehen Formen, wie pre[s]imes, me[s]i-
mes, d€[s]im.es , deren Diphthong in weiterer Entwickelung zu
i monophthongirt wird. — Die flexionsbetonten Formen von
venir : venis, venimes, venistes weichen in der späteren Sprache
den analogisch gebildeten stammbetonten vins, vinmes. vintes.
5. Die heiTschende Flexion der e«-Perfecta ist im Alt-
französischen folgende :
a) /labui = sg. 1.^ o^, 2. oüs, 3. out, of,
pl. 1. oümes, 2. oiistes, 3. ourent, orent.
Ebenso gehen: pavi = poi , placui = ploi, potui=poi,
sapiii = soi, tacui = toi.
Durch Schwächung des o zu e und spätere Monophthon-
girung des e -\- u entstehen eils = eus = iis, eilmes = eiimes
= ihnes, eiistes =!= eiites = ütes. Diesen Formen haben sich
später die stammbetonten angebildet: oi : eu[s^, out : eut, oxirent
: eurent. Ganz analog ist die Entwickelung von poi etc.
b) dehd = <ig. 1. dui, 2. doüs, 3. dut,
pl. 1. doiimes, 2. doüstes, 3. durent.
Ebenso gehen: hihi = hui , [re)cepi = [re^ t^iii , credidi =
crni, crevi = rrui, Jacui ^=Jui, legi = lui, licuit = lut, movi =
?md, nocui = tiui, cognovi = conui, phd = plui, steti = estui.
Die weitere Entwickelung dieser Pormen ist derjenigen
Körting, Encyklopädie d. rom. Phil. HI. \Q
242 Das Französische.
der ersten Classe ganz analog, z. B. doiis : deüs : chis etc.,
darnach (lu{s) f. dui etc.
c) valui = sg. 1. valüi [nfrz. talus), 2. vahis, 3. valüt,
pl. 1. vahcmes, 2. vcdiistes, 3. valürent.
Ebenso gehen : cahiit = chalut, cecidi = chaUi, cuctirri =
corui. dolui = dolui, fefellit =fallut, mansi = ma?im, suhmo^mi
= semonui, mortuus sum = mo7'ui, parui = parui^ reposui = re-
ponui, söhn = solui, tetiui = tenui, tremui = cremui, tuli = tolui.
Wie das Paradigma zeigt , sind die stammbetonten For-
men durch analogisohe Einwirkung der flexionsbetonten eben-
falls flexionsbetont geworden , so dass folglich, wenn die l?e-
tonung als massgebend gelten sollte, die betr. Perfecta als
schwache zu bezeichnen sein würden.
d) vohii tritt im Altfrz. entweder zur -w-Classe über [coh,
vohis etc.) oder aber zur -«-Classe , in letzterem Falle flectirt
es: sg. 1. voil, 2. volis, 3. rolt, pl. 1. volimes , 2. roUstes.
3. voldrent.
In der späteren Sprache folgt tolui der Analogie von
valui, also volüi, voulu[s).
Neben den angegebenen Flexionsweisen finden sich für
nachstehende Verba im Altfrz. auch folgende seltenere :
a) habui = sg. 1. au. 2. aicis, 3. aut,
pl. 1. atüimes, 2. amstes, 3. aurent.
(Ebenso ^;at;z, placui, sapui., tacui.)
ß) potui = sg. 1. pou, 2. poi'Sj 3. jjout,
pl. 1. po'imes, 2. poistes, 3. pourent.
y) deb ui = sg. 1. diu, 2. dewis, 3. diut,
pl. 1. deivimes, 2. detvistes, 3. diurent.
(Ebenso hibi, cepi, credidi, crevi, legi, licuit, steti.)
d) cognovi = sg. 1. co?m, 2. coniäs, 3. conut,
pl. 1. coitu'ünes, 2. conu'istes, 3. cohurent.
(Ebenso moci, 9iocui, plui)^).
6. Zur Vermeidung harter Consonantenverbindungen wird
in der 3. P. PI. ein euphonisches t, bzw. d eingeschoben
(z. M. p7'istrent, voldrent)', im Neufrz. sind diese Bildungen
meist analogisch umgestaltet worden (z. li. prirent, voidurent),
behauptet haben sich jedoch vi/idrent und tindrent.
1) Die angeführten Paradigmata sind nach SUCHIER, Ztschr. f. rom.
Phil. II. 255 ff. aufgesteUt.
Die Wortfornien und die AVürtt'ormumschreibungen. 243
C. Unorganische liildiingen.
Bei folgenden Verben hat die scheinbar schwache Bildung
der flexionsbetonten Formen den Uebertritt des ganzen Per-
fects zur sog. dritten schwachen Conj. (/-Conj.) herbeigeführt:
a) ]^ei diiire = duccre und sfruirc = $tru'g)ere^ bzw. deren
Compositis, z. B.
du.ri = düis struxi = struis
(lu.n'sti = dia'sh etc., sfruxisfi = struisis etc.,
nach Analogie der auf dem flexivischen i betonten Formen
trat später con duifiifi, 'conjdidsit, [con)struisis, {co7i)stritisit für
düis = duxi, didsf f. duxit, struis f. struxi, struist f. struxit ein.
b) Bei den Verben a.nf -ndre = -uffdre , z. B. ursprüng-
lich: j'unxi ^j'oins, j'unxisti =joifisis, junxit = joinst, junxi-
mus = Joinsimes, Jmixistis =joinsistes, jünx^runt ^:=joinstrent,
dafür später: Joinsis ^ joinsis, j'oinsit, joinsi?nes, Joinsistes
Joinsirent , und endlich durch Anlehnung an die flexions-
betonten Formen des Präsensstammes [joignons, joignez u. dgl.)
Joignis, joig?iis, joignit etc.
c) Bei nattre = ""nascere und vivre = vive7'e: 2 sg. *nas-
cuisti : naskuis[ti\ : uasquis : naquis (darnach auch 1 sg. naquis,
3 sg. naquit etc.); 2 sg. vixisti : ^viskisti : veskis : vesquis (dar-
nach auch 1 sg. vesquis, 3 sg. vesquit etc., da aber qui in der
Aussprache leicht zu cu ward, so trat vesquis in die ?</-Classe
ein, also neufrz. vecus etc.). [vesquis Anbildung an nasquis.)
d) Bei ecrire = scrthere : scripsi= escris, scripsisti = escre-
^is, durch Anlehnung an die flexionsbetonten Formen des
Präsensstammes [ecrivotis u. dgl.; escrevis, ecrivis, und darnach
dann durchweg ecrivis, ecrivis, ecrivit etc.
D. Bildung der Perfecta der Composita von dare
[perdre = per-dere. vendre = ven-dere, re[n]dre =
red-ddre).
Die Perfecta ^^erdis und rendis lassen eine doppelte Er-
klärung zu:
a) Mit Zugrundelegung eines volkslat. *perdedi i. schrift-
lat. perdidi: sg. 1. perde[d?\i : perdiet : per die, 2. perde\d\isti :
perdeis : perdis, 3. perdSdit : perdiet, pl. 1. perdedimus : per-
deimes : pe7-dimes, 2. perde\dMstis : perdeistes : perdistes. 3. per-
dederunt : perdierent. Hiemach würden je j)erdi s] , il pcrdit,
il per dir eilt Anbildungen an die flexionsbetonten Formen sein.
16*
244 Das Französische.
b] Mit Zugrundelegung eines anzunehmenden volkslatein.
^perdivi, perdii (nach Analogie von audi[v\i) : perdii = perdi{s),
perdiis[ti) = perdia etc.
Die zweite Erklärung hat den Vorzug der Einfachheit für
sich, die erste dagegen ist die einzige, durch -welche das Pro-
blem der Entstehung altfrz. Formen wie perdie, perdiet gelöst
wird, vielleicht dürften beide Erklärungen neben einander
statthaft sein.
Die -e'-Perfecta der sonstigen Verba auf -;e (z. ]>. rom-
pi[s\) folgen der Analogie von ^^crdis etc.
§ 23. Die Bildung des Conjunctivs Plusquam-
perfecti (Imperfecti).
Die Bildung des Conjunctivs Plusquamperfecti ist — wie
schon im Lat. — derjenigen des Perfects ganz analog und
bedarf folglich hier keiner ausführlicheren Darlegung, es mö-
gen vielmehr Beispiele genügen :
po7'tassem = 2iortasse,
ßm[i\ssem =ßmsse,
fecissem ^=fesisse^ feisse, ßsse,
*pre[hen]sissem = presisse, preisse, prisse,
debuissem = deüsse. dusse^
saj}mssc?7i = seüsse, süsse.
Das tonlose e im Auslaut der 1 und 2 p. sg. beruht auf
Analogiebildung , denn lautgesetzlich mussten porfassef)i, por-
tasses ergeben portas, vgl. portasset mit portast , portal. Die
Ausgänge -ions, -iez der 1 und 2 p. pl. sind ^Unbildungen an
das Impf. Ind. , in dessen Conjunctivfunction der Conjunctiv
Plusqpf. verschoben ist.
§ 24. Die Bildung des Particips Perfecti.
A. Schwache Bildung.
1. -ä> -\- /[wwi, ü -f- ta[m] ergiebt:
-e (-h t), e -h [d]e,
■/.. B. port-ä-t[um] = po7'te[i\ porte^
port-ä-t\arn\ if= portede, portee.
e = a war ursprünglich offen, erhielt aber in späterer
Entwickelung geschlossenen Laut,
Das Part, ne = iiü-tum ist, weil ü stammhaft, starke Bil-
dung, ebenso ete = sta-tum.
Die M'ortformcn und die ^^'ü^tlurmunl.schreibungen. 2-45
2. Mit Hülfe des Ableituiijjsvocalcs c gebildete Partiei])ieii
[deleUis \\. dgl.} waren schon im Latein, selten, im Französ.
sind sie völlig geschwunden. Altfrz. coUeit ist = coUectum (s.
Xo. 3 : chaeit w. dgl., übrigens wenig gebräuchlich gewesene,
altfrz. Formen sind vermuthlicli Analogiebildungen nach col-
Icit: es entspricht demnach der altfrz. Participialausgang -eit
wohl nie dem lat. -et um.
3. -I + f\um\ -1 + ta[m] ergiebt:
-i [4- t\ -i[d]e,
z. B. ßnlfum' =Jintt , /j?i-l-ta[m] = finide. finie.
Zii dieser Bildung sind, meist der Analogie des Infinitivs
folgend, mehrere ursprünglich starke Participien übergetreten,
nämlich: cucilli [für ciieilleit = colhctus. altfrz. colleit. vgl. la
cueilhtte) . failli [K\x faiis = falsus. vgl. das K^]. faux), fui
{rür fidt = fug1,tHS , vgl. la fuite), lui (für luit = ^luc-tus? ,
nui (v. nuire = nocere. welches im Lat. ein Part, nicht bildet),
7-i (für ris = ri'sus, vgl. 7e ris), sailli (für saut = saltus . vgl.
le sauf), suffi ;für suffeit = suffectus' . suici (für *sü^ "^seu =
secütus) . Andrerseits sind mehrere Participien auf -Itus zur
Bildung auf -ütus (s. No. 4) übergetreten, z. B. ferltus ■.fem,
ci'stltus : vetu.
4. Die auf u^ bzw. auf c ausgehenden Yerbalstämme bil-
den im Lat. das Part, durch das Suffix -fus . fügen dasselbe
aber mittelst des Bindevocales i an den Stamm, z. B. stafu-
i-tus = statiitus, soh-i-tus = solu-i-tus = solutus (bindevocallos
ist nur rii-tus. _ Der sich sonach ergebende Participialausgang
-ütus ist als schwache Bildung zu betrachten, da das Bewusst-
sein der Zugehörigkeit des u zum Stamme verloren ging.
Von den ursprünglich hierher gehörigen Participien haben
sich im Französischen nur erhalten : sohl (neben anderen Bil-
dungen, vgl. Bj = solutum, hattu = ""hattiäum , cousu = con-
sütum, [aigu = acutum, menu = mimdimi , imhu = ityilT/tum.
ausserdem altfrz. treut = tribütum: rein gelehrte Bildungen
sind Statut u. dgl.).
Es sind aber zur Participialbildung auf -ütus zahlreiche
ursprünglich starke Participien. sowie einige schwache Partici-
pien auf -itus übergetreten, nämlich z. B. : *bibütus f. ^bibitus =
heu, hu, *[re)cipütus f. receptus = {re)ceu, [re)^u, *calüttis =
jchahi, *cadütus f. casus = c/tcu. chu [ecJm. dechu). *cognovü-
246 Das Französische.
ins f. cognifns = cow[w]ew, connu, *currütus = corru, couru,
*credütus f. creditus = crm , cru^ *crevütus f. cre^e« = crdu,
crü^ *debutus = diiu^ da, *dolütus = ^dolu, *exütus f. ea:^Y^^s =
«5SW, *fallütus f. falstis = fa/lu (daneben mit differenziirter
"Bedeutung die schwache Bildung /««V/«) , *ferütus f. ferJtus =
feru, *]iahTdus f. hahitus = eu, eu, *jacütus = j-jeü, *legTitus f.
lectus = l'eu, lu, *molütus f. moUtus = moidu, *movUtus f. /nö-
^W6' = W2ew, mii, *nocütus = neu (verdrängt durch die schwache
Bildung nui], *pandütus f. j'Jawsz^s, jjussus = [re]pandu, *jjarU-
fus V. [ap]parere = paru, *pavfäus \ . pascere = p'eu, pu, *per~
dütus f. perditus = pe7'du, *plactitus f. pJacitus = pleu, phi^
*potütus = pcu, pu, *rendütus f. redditus = re?idu, *rumpTitus f.
ruptus = rompu, *sapütus v. sapere = seu, su, *tacutus f. tacitus
= teu, tu, *tenütus f. tentus = ^em^, *tollTdus v. tollere = -jtolu,
*valüttis V. valere = va/e^, *vendütus f. vetiditus = vendu, *ve7iü-
tus f. *vetitus V. venire = vefm, vestütus f. vestitus = »e^w, *fV-
<i?«7^M6' f. «J«6W6' = fe<<, «JM, *DolTitus V. *toUre f. «e/Ze = voulu,
*vixutus : viscUtus v. vivere = vesctt, vecu.
Hierzu zwei im Lat. mittelst des Suffixes -sms gebildete
Participien : *remansTdus = -remasit (daneben Y^'ewze«) und *re-
spondüfus f. i'espo?isus ^=^ repondu ; *rei7iasu ist, wie ersichtlich,
eine Doppelbildung.
B. Starke Bildung.
1. Participien mit dem Suffix -<:
apertus = ouvert, cinctus = cm«<, *trei7iitus = craint (An-
bildung an plaint u. dgl.), despectus = jdespit (vgl. /e depit],
{con-, se-) ductus = [con- , se-)duit , (cow-', f/e-) structus = con-,
de)trint, dictus = c?«V [henedictus = ■jhe7ieoit [vgl. den Eigen-
namen Be7ioit], beneeit, benit; daneben schwache Bildung Jtv«',
altfrz. überdies auch benist, Anbildung an den Inf. be7iistre
aus be72\ed\iQ7-e; maledicius = maudit. altfrz. auch 77mleeit, ma-
leoit), factus =fait (über suffi s. oben S. 245), *finctus i.ßctus
= fei7it, fractus = '\fi-ait (daneben *fra7ictus = -j frei7it) , f7ic-
ttis = frit, jwictus = Joint , mort[u\us = mo7't, 7iatus = ne (s.
oben S. 244), *pinctus f. pictus = pei7it, pla?ictus = plaitity
jitincius = point, repositus = -^repost (vgl. depöt u. dgl.), scriptus
= ecrit , co7i)strincti(s f. [co7i)strictus = co7itrtti7it {strictus =
etroit^ destrictus = detroit), ti/ictun = teint, tortus = -[-tort (vgl.
le tort), tractus = trait, tmcfus = oint. — Hierzu treten die
Die Wortformcn und die AVortformumschreibungen. 217
nach Analogie von ouvcrt^ coucert geschaffenen Neuhildungen
sot(ffert^ ojfert. Vgl. ausserdem Suhst. wie ccnte, retite, teilte,
at teufe etc.
2. Participien mit dem Suffix-s:
arsiis = ^(trs, clausus = ■jclos [conclusus = conclus, nfrz.
conclu mit Uebertritt zu der ?<-Classe), excussus = ■jescos^ man-
sus = ^mes, missus = mis (das i beruht auf Anlehnung an das
Perf. Ind. mis = mlsi, denn missus musste mes ergeben, vgl.
das altfrz. Subst. // mes , der liote), orcisus = -J-om, *prensus
z= pris (das i beruht auf Anbildung an den Ind. Perf.), sessus
= sis (das s beruht auf Anbildung an den Ind. Perf.)., sparsus
= epars. — Hierzu treten die im Lat. anderer Bildung folgen-
den Participien : *soIsus f. solutus = ■\-sols , sous [absozts, aber
fem. absoute = *ahsol-ta] , *sur[c]tus f. surrecttis ^ sors^ *quae-
sus f. quaesitus ^ quis (Anbildung an den Ind. Perf.).
3. Ueber die ursprünglich starke Participialbildung auf
-ütus = u vgl. üben A 4.
§ 25. Die einförmigen Wortclassen.
A. Die Adverbien.
1. Aus dem Lateinischen übernommene Adver-
bien: a) einfache Adverbien, z. B. hei'i ^= liier, ibi = i,
y, tibi = Oll, qvando = quand, non = non\ b) zusammenge-
setzte Adverbien: z.B. siibinde ^ souvent, aliorsum ^ ail-
leurs; c) von Adjectiven abgeleitete Adverbien, z. B.
bene = bien, male = mal, tarde = tard, certe = certes (s. Anm.),
lo7ige = loi?i, vohmtarie =^ volontiers (s. Anm.). Vgl. auch No. 5.
Die Zahl der aus dem Latein übernommenen Adverbien
ist im Ganzen eine verhältnissmässig sehr geringe ; namentlich
ist zu bemerken, dass ganze Adverbienclassen des Lateinischen
dem Französischen (und meist überhaupt dem Romanischen)
fehlen, so z. B. die Adv. auf -m [wie partim), die Adv. a.uf -tus
{wiepe?iitus), die mittelst des Suffixes -ter von Adj. abgeleiteten
Adv. (wie celeriter u. dgl.) , alle Ablativadverbien (wie rare)
u. s. w. — Die aufgegebenen lat. Adverbien werden zumeist
durch adverbiale Composita ersetzt, z. B. hodie durch aujour-
d'kui, er US durch demain (= de mane) , semper durch tou[s]-
jours , denique durch enfin etc. Das Französische, bzw. das
Komanische, besitzt überhaupt eine characteristische Vorliebe
248 I^'^^ Französische.
für adverbiale Composita, -welche oft aus einer ganzen Reihe
ungleichartiger Glieder sich zusammensetzen, wie z. B. ch-
renavant = de ha[r'\ Jiora in ah ante.
Anm. Das auslautende (paragogischels) in Adverbien Avie
alors, certes, volontiers, jusque[s], guere\s\ etc. beruht grössten-
theils wohl auf Anbildung an Pluralformen, in einzelnen Fäl-
len scheint es darin begründet zu sein, dass die betr. Adver-
bien ursprünglich Accusativ-, bzw. Ablativformen sind [certes
vielleicht = certas, volontiers = volimtariis etc.].
2. Adverbiale Composita. a) Adverb -j- Adverb, z. li.
ecce -{- hie = ici\ b) Präposition 4- Adverb, z. V>. de -\- postea
= depuis , in -\- simul = ensemhle , de -f- retro = derriere ; c)
Präposition -}- Präposition (-1- Präposition), z. B. ah -\- ante =
avaut, de -\- ah -\- ante = devatit; d) Adjectiv -|- Substantiv,
z. 13. longuni tempus = longtemps^ toujours = tous Jows , vgl.
auch unten No. 3; e) Pronomen -|- Substantiv, z. B. ha[c]hora
= or ^ lianc (?) horam = encorc] f) Präposition -|- Substantiv,
z. B. in fine ^^ enßn\ vgl. auch unten No. 4; g) Substantiv
mit Artikel und attributiver Bestimmung, z. ]). aujourdliui =
au j'oicr d'/nd (= hodie] ; h) Substantiv verbunden mit voran-
gehender Präposition und nachfolgenden Adverbien, z. B. do-
renavant = de hac liora in ah ante ; i) Pronomen -{- Pronomen,
z.B. ]ioc-\-ille=oil, oui; kj Präposition -\- Pronomen, z. }i. 2>er
totum = partoiit] 1) substantivirtes Adverb, bzw. substantivirte
adverbiale Verbindung mit Präposition und Artikel, z. B. au-
paravant^ alentour\ m) zu einer begrifflichen Einheit verwach-
sene Sätze, z. B. peut-etre, naguere (= [il] na guere), piegä =
2)iece a.
3. Adjectivadverbien. Die von Adjectiven abgeleite-
ten Adverbien auf -e und -ter des Lateinischen sind mit we-
nigen Ausnahmen [hien, mal etc., s. oben 1 c) ) im Französi-
schen völlig geschwunden, ersetzt werden sie durch die Com-
bination des Ablativs meni[e] mit dem Ablativ des Adjectivs,
z. B. lat. severe wird ersetzt durch severa mente = severe?netit,
lat. hreciter Avird ersetzt durch hrevi mente = hriecement. Nach
A'ocal schwindet das Feminin-c, z. B. assidua mente = assi-
duement = assidüment, in einzelnen Fällen schwankt die Sclirei-
bung, z. B. gaicmeni neben gatment. Adjectiva imd Participia
auf -a7it^ -ent erleiden nach Schwund des Ablativ-e Assiniila-
Die "Wortformcn und die ^^'ürtf^Jnm^nschreibungcn. 249
tiüu des Auslautes au das aulautoude m des Substautivs, z. ]i.
elegante mente = elegantment = elegamment (Ausuahnieu sind
presentenxefit uud vehemente7ne))t . dagegeu ist hntement . weil
/tv^/c = /^v//^/. regekeeht gebildet) : in gc/itiment = gentUimcnie
ist nebst dem auslautenden Vocal auch der diesem voran-
gehende Consonant getilgt; uveuglement ^ conformement , com-
modement , oj)if/idfreme?it, expresseynent , caormement etc. be-
ruhen in ihrem ersten Theile auf Participien ahociila[t\a^ con-
for)na[f\a etc. = frz. aveuglee . conformee etc. , deren ee zu e
vereinfacht ward; in confusetnonf, diffusement. profusemvnt. im-
punement sind gelelirte Missbildungen zu erkennen, deren er-
sten Bestandthcil die lat. Adverbien confuse etc., impune bil-
den; communement ist = communelment = co?7imimalime)ite .
Vgl. ToBLER in Ztschr. f. rom. Phil. II 550 ff. — Das Be-
Avusstsein der ursprünglichen Beschaffenheit der Adjectivadver-
bien auf -ment ist der Sprache so sehr entschwunden . dass
sogar zu Substantiven derartige Adverbien gebildet werden.
z. B. diablement , hetement, traUreusement u. dgl. . das Sub-
stantiv ment hat demnach die Function eines adverbialen Suf-
fixes übernommen.
4. Adverbiale Combinationen. Vielfach fungireu
mit Präpositionen, oft auch ausserdem mit Adjectiven verbvni-
dene Substantiva, bzw. substantivirte Adjectiva in rein adver-
bialer Bedeutung, z. B. die reste^ ä la fin^ de honne heitre, de
ptJein gre, ä Vamiahle. ä Tordinmre. du tout, du moins etc.
5. Adverbiale Adj ectivneutra. Die neutralen Com-
parative plus, riioins, mieux, pis fungiren als Adverbien, ebenso,
aber nur in bestimmten Verbindungen, eine Reihe neutraler
Positiva [parier haut, parier has, tenir fort etc., \ endlich fun-
giren mehrere ursprünglich adjectivische Neutra als Quanti-
tätsadverbien, z. li. 2^eu = paucu?}i. tant ^= taiitum.
B. Die Präpositionen.
1. Aus dem Latein übernommene Präpositionen :
ad = ff, apud = -jot, od, o, contra = contre, de = de, en =
in, intra = entre, Juxta = -Jouste, per = ^;a?', pro = i^our,
sine = Sans, super = sur, versus = vers.
2. Präpositional gebrauchte Adverbien, Parti-
cipien und Substantiva: a.) Adverbien: antea = ~ains
(daneben jaifi^ois , foras =fors, hors, intus = ~e7is, postea =
250 Das Französische.
puis (jetzt nur Adv.), suhtus = sous] ß] Participien: pres-
sum = pres — duranf, joignant^ moyennant, pendant. suivant,
auch co7icernanf, touchant u. dgl. werden oft in präpositionaler
Weise gebraucht; y) Substantiva: casa = c//ec, latus =
j-lez (jetzt nur noch in Ortsnamen).
3. Präpositionale Composita: a) Präposition -|-
P-rä Position: atant = ah + ante, devant = de-\- ab -\- ante,
des = de -\- ex^ encontre = in -\- contra , j-devers, envers, tra-
vers = de, bzw. in^ trans A- versus] ß) Präposition + Ad-
verb: ^aprof = ad + prope, dans = de -\- intus, defors =
de -\-foras, delä = de + ilJac , derriere = de -\- retro [arriere
= ad retro) , dessous = de + suhtus , dessus = de -\- sursum,
ensemhle (jetzt nur Adv.) = in + simul, jusque z= de -\- usque ;
hierzu die Doppelcombinationen : d' apres, dedans = de -\- de
+ intus, deQci = de + ecce + illac; y) Präposition + Ad-
jectiv: --enmi = in -f- medio , parmi ^= per -\- medium, selon
= suh -\- longuni] 6) Präposition + Particip : apres = ad
-\-pressum, -empres = in -\- pressum\ s) Präposition + Pro-
nomen: avec = apud + hoc, \atout = W-j- totum; C) Ad-
verb + Adverb: -^tresque = intro -j- usque\ r]) Adverb -f-
Particip: hormis = foras missum ; i9^) Pr ä p o s i t i o n + »^ u b-
stantiv: etitour, environ\ i) Adjectiv + Substantiv: mal-
gre = malo grato.
4. Substantivirte präpositionale Composita:
aupres, au-dedans, au-dehors', au-delä, au-dessous, au-devanfy
ä und au travers^ en dehors.
5. Präpositional gebrauchte Combinationen, z. B.
au milieu de, au moyen de, au Heu de, ä cause de, a cote de,
vis-ä-vis de u. dgl. — Eine eigenartige altfrz. Combination
ist fie mais que »ausser«.
C. Die Conjunctionen.
1. Aus dem Latein übernommene Conjunctio-
nen: et = et, ni = nee, ou = aut, quand = quando, si — si
fbemerkenswerth ist, dass zahlreiche und darunter selir übliche
lat. Conjunctionen — z. H. natyi, etiim, cum, ut, sed u. v. a.
— vom Französischen, bzw. vom Romanischen völlig aufge-
geben Avorden sind, ersetzt werden sie theils durch in die
Function von Conjunctionen eingetretene Adverbien u. dgl.,
Die AVortformcn und die AVortfornuimschreibungen. 251
theils durch conjunctionale Combinationen, tlieils hauptsächlich
aber dadurch, dass que = quod die Fuuctiou von uf übernom-
men hat und zahhoiche Verbindungen eingeht, s. Xo. 4).
2. Conjuuctional gebrauchte Adverbien, z. B.
mais = nioffis, donc = tunc (".').
3. Conjunctionale Composita, z. B. car = quare^
comme vielleicht = quomodo ^ foutefois = toute voie = totani
n'am.
4. Conjunctionale Combinationen. Die so viel
gebrauchte, die Functionen von lat. quod, quia, ut etc. ver-
sehende Conjunction que verbindet sich mit Adverbien, Pro-
nominibus und Präpositionen zu zahlreichen conjunctionalen
Combinationen , -welche zum Theil graphisch als einheitliche
Worte aufgefasst Averden, z. B. u) Pronomen -\- que: quoi-
qtie, parce que u. a.; /!?) Adverb -|- que: lorsque, hien que^
encore que u. a. ; y) Präposition + que^ z. B. sans que,
depuis que, des que ^ opres que u. a. ; 6) Präposition -}-
Substantiv -}- que, z. B. aßn que.
D. Interjectionen.
1. Onomatopoietische Interjectionen, z. B. o.
ah, ß. pouah, zesf, ba/t, lie etc.
2. Interj ectional gebrauchte Substantiva, z. B.
peste^ paix. motus. courage, bougre u. a.
3. Interjectionale Composita (zum Theil in euphe-
mistischer Tendenz verstümmelt) : a) Subst. -}- Subst., z. B.
morbleu. d. i. mort [de] dieu, corbleu = cor^is [de) dieu; ß] Prä-
position-}- Subst. , z. B. parbleu, d. i. jiar dtetr, y) Interjec-
tion -\- Adjectiv : he + las [altfranz. auch fem. he + ^asse] =
helas.
4. Interj ectional gebrauchte Verbalformen, z.B.
va, allojis^ halte.
§ 26. Litteraturangaben.
1. Geschichte der französischen Grammatik. Eine Geschichte
der französischen Grammatik fehlt zur Zeit noch, was bei der AVichtigkeit
und dem Interesse der Sache befremdlich genug erscheinen muss. Das
Buch von J. Tell, Les grammairiens frcs depuis l'origine de la grammaire
en France jusqu'aux dernieres oeuvres connues. Paris 1S74 ist ein ebenso
unwissenschaftliches -wie unpraktisches Machwerk. H. Bkkitixger's Schrift
»Zur Geschichte der frz. Gramm.« (Progr. der Kantonsschule in Frauenfeld
1867) ist verdienstlich, aber leider nur skizzenhaft.
252 Das Französische.
2. Die französische Grammatik im Allgemeinen. Die erste
wirkliche franz. Grammatik, verfasst von dem Engländer Palsgrave, er-
schien unter dem Titel »L'esclaircissement de la langue frcse« im J. 1530
(Xeudruck besorgt von Gexix, Paris 1852). Ueber die vielseitige und in
gewisser Beziehung auch erfolgreiche Pflege, welche die franz. Grammatik
im 16. Jahrh. fand, vgl. das Werk von LiVET, La grammaire frcse et les
grammairiens au 16^ siecle. P. 1859, sowie die oben S. 68 bis 72 gemach-
ten näheren Angaben. Im 17. Jahrh. wurde die moderne franz. Grammatik
geschaffen, bzw. wurden die Normen aufgestellt, welche für die schulmäs-
sige Darstellung der franz. Grammatik bis heute massgebend geblieben
sind. Zum Abschluss gelangten die diesbezüglichen Bestrebungen durch
Vaugelas' Remarques sur la langue frcse i) (1647; neue Ausg. von Chas-
SAXG, Paris 1880, s. oben S. 71 j , sowie durch das Erscheinen des Dict.
de l'Acad. (1691 ; vgl. oben S. 62 und 165). — Die wissenschaftliche, bzw.
historische Behandlung der franz. Grammatik ist erst durch Rayxoi'AUD
und DiEZ begründet worden. Näheres, namentlich auch bibliographische
Angaben sehe man oben in Kap. 2 »Geschichte der franz. Sprache« und
Kap. 3 »Geschichte der franz. Philologie«.
3. "Wissenschaftliche Grammatiken des Französischen^ :
a) in deutscher Sprache: G. L. Stadler, Wissenschaftl. Gramm, d.
frz. Spr. Berlin 1843 (völlig veraltet) — E. Kollmann, Frz. Gramm, f. GjTn-
nasien u.Studirende. Marburg u. Leipzig 1849 u. 1862 (sehr empfehlenswer-
thes Schulbuch) — *E. Mätzner, Frz. Gr. mit besonderer Berücksichtigung
des Lat. Berlin 1856 (sehr reichhaltig, aber hinsichtlich der Disposition
des Stoffes mangelhaft; vgl. übrigens oben S. 82) — G.Körting, Frz. Gr.
f. Gymn. Leipzig 1872 (vgl. oben S. 82) — B. Schmitz, Frz. Gr. 3. Aufl.
Berlin 1876 — *G. LÜcking, Frz. Schulgramm. Berlin 1880, kleinere Ausg.
Berlin 1882 (vgl. oben S. 82) — F. Lindner, Grundriss der Laut- u. Fle-
xionsanalyse der neufrz. Schriftspr. Oppeln 1880 (das Buch bedarf gründ-
licher Umarbeitung, kann aber dann recht brauchbar werden, — Ph. Platt-
ner, Frz. Schulgramm. Karlsruhe 1883 (vgl. oben S. 82).
b) in französischer Sprache: * Brächet, Gramm, hist. de la
langue frcse. Paris seit 1874 — Marty-Laveaux, Gramm, hist. de la lan-
gue frcse. Paris 1875 — *C. Ayrer, Gramm, comparee de la langue frcse.
Paris u. Neuchätel 1876, iiiime ^d. 1S85 (vorzügliches "Werk, namentl. hin-
1) Vgl. H. "WÜLLENVVEBER, Vaugelas und seine Commentatoren. Ber-
lin 1877. Progr. der Sophien-Realschule.
2) Die speciell auf das Altfranzösische und auf das Mit-
telfranzösische bezüglichen grammat. Schriften sehe man oben
S. 54 ff. Nachgetragen werde hier: L. Cledat, Gramm, elemen-
taire de la vieiUe langue frcse. Paris 1885 (gutes Buch, auch
die Syntax behandelnd).
Ausdrücklich werde liier noch darauf aufmerksam ge-
macht, dass die Einleitungen der von G. Paris, A. Tobler, W.
Fürster, H. Suchier, E. Mall, E. Küscuwitz u. A. veranstalteten
Ausgaben altfrz. Texte meist auch die Grammatik des betr.
Sprachdenkmales in zwar meist knapper, aber immer lehrrei-
cher "Weise behandeln.
Die "Wortformen und die A\'ortformumschreibungen, 253
sichtlich der Sjiitax — J. Bastix, Etüde philosophique de hi langue frcse
ou gramm. comparee et basee sur le h\tiu. I'^t'? partie. Bruxelles (St.-Pe-
tersbourg lS"i>, vgl. Revue crit. ISbO I 315 ff. — A. Ch.\ssaxü, Nouv.
gramm. frcse. Cours superieur, avec des notions s. l'hist. de la langue et
en particulier sur les variations de la syntaxe du XVI« au XIX^ siecle.
Paris. ;<i«;uie ed. 1SS2.
c' in englischer Sprache: Buaciiet's Historical Grammar of the
French Language. Translated by Kitchin. 4th ed. Oxford. Clarendon Press
Series — H. Bueym.\xn, A French Grammar, based on Philological Prin-
ciples. London IST-).
4. Vielfach auch Fragen der Formenlehre behandeln Tobler's gehalt-
reiche »Vermischte Beiträge zur Gramm, des Französ.« in der Ztschr. f. rom.
Phil. Es werde im Folgenden eine Uebersicht des Inhaltes gegeben: I 1
Form der altfrz. Verneinungspartikel ^in Anschluss an DiEZ, Gr. IIP 319;;
I 3 altfrz. de vor dem Prädicatssubst. z. B. povre cose est de viortel vie) ;
I 1 1 Verwendung von faire mit einem Inf. zur Umsehreibung des Verbum
finitum, z. B. faites moi escouter = ecoutez-moi ; I 12 die Form des zwei-
ten Gliedes in dilemmatischen Aufforderungen und Fragen, deren zwei
Glieder durch ou verbunden sind, im Altfrz.; I 14 der im Altfrz. vorkom-
mende Uebergang eines von einem Verbum des "NVollens abhängigen Ob-
jectsatzes in die Form der directen Aufforderung; I 14 die Verwendung
von cors, char. persone u. dgl. im Altfrz. zur Bezeichnung der Person, in
Anschluss an DiEZ. Gr. III^ 66; I 17 u. V 1S4 die Verwendung des Part.
Präs. in passiver Bedeutung, wie z. B. ville passante, ecole payante u. dgl.;
II 3S9 die Verbindung der sog. Füllwörter der Verneinung, z. B. mie, mit
de und einem Subst. ; II 392 über die Anreihung eines mit que eingeleite-
ten Nebensatzes an einen unvollständigen, d. h. des Verbums entbehrenden
Häuptsatz, z. B. apparamment que je fais exception u la regle; II 394
Nachstellung des Frageworts hinter das Subject oder auch Object im Alt-
französ. vgl. DiEZ, Gr. IIP 466 , z. B. ce que puet estref; II 395 über
den Artikel bei Voranstellung des possessiven Cas. obl. von Subst., wel-
che Personen bezeichnen, vor das regierende Subst. im Altfrz. (im An-
schluss an DiEZ, Gr. 1113 499,; 11 399 die Verbindung von Adjectiven
(statt Adverbien) mit einem attributiven oder prädicativen oder substanti-
vischen Part. Perf. im Altfrz., z. B. la meson otit faite si bele etc. ; II 404
Bemerkungen über die Syntax des altfrz. Infinitivs; II 549 über abnorme
Adverbialbildungen, vgl. oben S. 249 ; II 552 Ergänzungen zu dem Kapi-
tel von Stellvertretung und Auslassung bei DiEZ, Gr. IIP 415; II 557 Ver-
bindung absoluter Participialconstructionen mit Präpositionen, z. B. avant
ce jour ßni etc. CoRX., Hör. HI 6, vgl. DiEZ, Gr. IHS 270; II 560 Ge-
brauch des »beziehungslosen« Relativums im Altfrz. ; II 562 über den Ge-
brauch des relativen Adverbs que: II 566 über eine eigenartige Satzellipse
im Altfrz. ; II 5öS über Verbindungen wie le fripon de valet im Altfrz.,
vgl. DiEZ IH'^ 144; II 570 die Redeweise a/rua ano y.oivov im Altfrz.;
V ISl der Gebrauch der Verbindung mit de zur Einführung eines Aus-
drucks, der das Mass des Unterschiedes angiebt, z. B. fortune est conime
une vern'ere, qui de ta/it comme eile est plus ehre et plus res2}le>idissani, de
254 Das Französische.
tant est eile lilus tost brisee ; V 1 SG über Part. Perf. transitiver und intran-
sitiver Verba, die den bezeichnen, welcher die Thätigkeit vollzogen hat
oder gew'ohnheitsmässig vollzieht, z. B. deceu »trügerisch«, vgl. hierüber
auch RiGAL in der llev. des lang. rom. 3e ser. XII (1884) 257; V 192 der
Gebrauch von altfrz. dont und de quoi ini Sinne von neufrz. de ce que;
\ 195 über altfrz. "Wendungen, welche neufranzösischen wie un homme
qui ri'a pas son pai'eil entsprechen; V 198 über den Gebrauch des Compa-
rativs im Sinne des Superlativs in determinirenden Umstands- und relativen
Sätzen, vgl. DiEZ, Gr. IIP 12; V 201 über den Ersatz der lat. Multipli-
cativa und Proportionalia ; VI 507 das logische Verhältniss französ. Aus-
drucksweisen wie tout ce qui reliiit, n'est 2}as or zu den entsprechenden
deutschen wie «nicht Alles, was glänzt, ist Gold«; VI 511 über das Ein-
treten des Dativs statt des zu erwartenden Accusativs bei den Verben des
Veranlassens , Zulassens, Sehens, Hörens, wenn dieselben einen Inf. (mit
Objectsaccus.) bei sich haben, z. B. in je hii ai rec/arde manger son potage;
VI 516 über Entwickelung der Bedeutung und Construction von neufrz. il
faut; VIII 481 über Fälle der Nichtcongruenz des Prädicatsverbum mit
dem Subjecte hinsichtlich des Numerus; VIII 487 über rückgreifende syn-
taktische Assimilation; VIII 492 über Anwendung des Fut. exact. in Fäl-
len, wo man das Perf. präs. angemessener finden könnte, vgl. DiEZ, IIP
283 ; VIII 496 über das Auftreten der altfrz. Form ous (os] f. vous [vos).
5. Einzelschriften über Genus, Flexion etc. der Nomina:
A. Merciee, De neutrali genere quid factum sit in gallica lingua. Paris
1879 — W. Meyer, Die Schicksale des lat. Neutrums im Roman. Halle
1883 — E. Apel, De genere neutro intereunte in lingua latiua. Erlangen
18S3 — Du neutre en frcs, in: Taalstudie I 339 — P. J.viix, Uebcr das
Geschlecht der Subst. b. Froissart. Halle 1SS2 — J. SPELTn.\nx, das Ge-
nus der franz. Subst. Eine neue Anleitung, das Genus aller franz. Subst.
zu bestimmen, nebst einem Anhang über die Geschlechtswandlung der No-
mina auf -eur. Amberg 1883 — L. M. Ba.\le, Remarques sur le genre des
subst., in : Taalstudie I 244 u. IV 257.
D'Arboir DE JuBAlNViLLE, De la declinaison latine en Gaule ä l'epo-
que merovingienne. Paris 1878, und: Influence de la declinaison gauloise
s. la decl. latine dans les documents latins de l'epoque merovingienne, in
Rev. celt. I 320, vgl. Rom. II 149 — C. v. Lebinsky, Die Declinat. der
Subst. in der Oil-Sprache bis auf Crestiens v. Troyes. Breslau 1878 Diss.
— B. Schneider, Die Flexion des Subst. in den ältesten metrischen Denk-
mälern des Französ. und im Charlemagne. Marburg 1883 Diss. — M. Si-
mon, Ueber den flexivischen Verfall des Subst. im Rolandsliede. Bonn
1867 Diss. — E. Duoi'lN, Sur l'ancienne decl. et les origines du pluriel
dans les substantifs frcs. ]Meaux 1878, Extr. du Bulletin de la Soc. d'arch.
du dep. de Seine-et-Marne — E. Koschwitz, Der Vocativ in den ältesten
franz. Sprachdenkmälern, in: Rom. Stud. III 493 — A. Beyer, Die Fle-
xion des Vocativs im Altfrz. und Prov. , in: Ztschr. f. rom. Phil. VII 23
— A. Tobler, Ueber die scheinbare Verwechslung zwischen Nominativ u.
Accusativ, in: Ztschr. f. deutsche Phil. IV 375, cf. Rom. II 273 — A. LÖFF-
LER, Untersuchungen über die Anzalil der Casus im Neufrz., in : Central-
Die "Wortformen und die Wortt'orimimschreibungen. 205
orjjan f. d. Interessen des Realschuhvesens VII 150, und: Untersucluingen
über den Article partitif, ebenda VII 105 — Ph. Plattneu, Form u. Ge-
brauch des Plurals im Neufrz., in; Ztschr. f. neufrz. Spr. u. Litt. III 424.
— Vgl. auch No. 6. Vgl. ferner oben S. 190 Z. 1 f. v. o.
L. EiCHELMAXX, Ueber Flexion u. attributive Stellung des Adj. in
den ältesten franz. Sprachdenkmalern. Ilcilbronn IST!) Diss. — E. W(')Lri'-
LIN. I,atcin. u. rem. Comparation. Erlangen 1870 (vgl. dazu Archiv f. lat.
Lexikographie I 93) — A. Hammesi'aiir, Zur Comparation im Altfranzös.
Strassburg 1S81 Diss. — AV. Steierwald, "Wie kam das franz. Adj. zu
seiner jetzigen Comp.? in: Bl. f. bayer. Realschulen 11- 81 — C. M. Ro-
bert, Las degres de comparaison et les locutions comparatives, in : Taal-
studie 1882, S. 141.
*E. Gessner, Zur Lehre vom franz. Pron. Berlin 1873/74, Progr. des
Frz. Gymn.; 2. Aufl. Berlin 1885 — P. Nl.s.SKX, Der Nominativ der ver-
bundenen Personalnomina in den ältesten franz. Sprachdenkmälern. Kiel
1882 Diss. — E. Beyer, Die Pronomina im Rolandsliede. Halle 1875 Diss.
— A. HoRNiNG, Le pronom neutre »Um en langue d'oYl, in: Rom. Stud.
rV 229 — A. Thomas, Lui et lei, in : Rom. XII 332 — W. För.ster, Das
altfrz. Pron. poss. abs. fem., in : Ztschr. f. rom. Phil. II 91 — J. CoRNU,
mien = meum, in: Rom. VII 593, vgl. Ztschr. f. rom. Phil. III 267 —
J. Flevhy, no, noz en normand, in: Rom. X 402 u. XII 342 — Ch. Jo-
RET, non et on, in: Rom. VIII 102, vgl. XII 589 — K. Gengxagel, Die
Kürzung der Pronomina hinter vocalischem Auslaut im Altfrz. Halle 1882
Diss. — C. Cledat, Les cas regimes du pronom p'ersonnel et du pronom
relatif, in: Rev. des lang. rom. 3 Ser. III 47 (1882) — Brauxe, Ein Ka-
pitel der franz. Schulgramm. Das Fürwort. Harburg 1882 Progr. — Steix,
Essai sur la formation et Temploi syntaxique des pronoms pretendus in-
definis etc. Rheinbach 1885 Progr. — A. Giesecke, Die Pr. demonstrativa
im Altfrz. mit Einschluss des 16. Jahrh. Rostock (Sondershausen) 1880 —
O. Schulze, Zur Entwickelung des franz. Demonstrativpronomens. Vege-
sack 1876 Progr. — A. Vallström, Om bruket af de relativa pronomina
i Ny-Franskan. Upsala 1875 Diss. — Radisch, Die Pronomina bei Rabe-
lais. Leipzig 1878 Diss.
E. Böhmer, dous, in: Rom. Stud. HI 603 — F. d'Ovidio, I riflessi
romanzi di v'icßntl, tr'igintä etc. , in : Ztschr. f. rom. Phil. VIII 82 — K.
KxösEL, Das altfrz. Zahlwort. Erlangen 1884 Diss.
6. Einzelschriften über die Verbalflexion: A. ScHELEK, Me-
moire sur la conjugaison frcse consideree sous le rapport etymologique.
Brüssel 1845 — *A. Tobler, Darstellung der lat. Conjugation und ihrer
romanischen Gestaltung. Zürich 1857 — *C. Chabaxeau, Hist. et theorie
de la conjugaison frcse. Paris 1868, 2^^^^ ed. 1878, vgl. Ztschr. f. neufrz.
Spr. u. Lit. I 80 — Trier, Sur la Classification des verbes dans les lan-
gues romanes, in: Nordisk Tidskrift for Filologi, Neuo Reihe IV 151, vgl.
Rom. IX 169 (wichtig) — G. Lückixg, Analyse der franz. Verbalformen
f. d. Zweck des Unterrichts. Berlin 1871 — Q. Steixbart, Das franz. Ver-
bum zum Gebrauch f. Schulen. Berlin 1873, vgl. \V. Förster in Ztschr.
f. neufrz. Spr. u. Lit. IV 29 — H. Breymaxx, Die Lehre vom franz. Verb
256 Das Französische.
auf Grundlage der hist. Gramm. Leipzig u. München 1S82 — A. Wigan'D,
Formation et flexion du verbe frcs basees s. le latin d'apres les resultats
de la science moderne. Hermannstadt 18S2 — G. Laxgexscheidt, Conju-
gationsmuster für alle A'erba der franz. Sprache. Berlin 1881 — F. Zveuina,
Uie Lehre vom franz. Verb in der Schule etc. , in : Ztschr. f. Realschul-
wesen YIII 641.
P. Thierkopf, Der stammhafte "Wechsel im Norm. Halle 1880. Diss.
— *D. Behrens, Unorganische Vertretung innerhalb der formalen Ent-
vrickelung des franz. Verbalstammes, in: Franz. Stud. HI 420 — A. Risop,
Die analogische Wirksamkeit in der Ent'wickelung der franz. Conj., in:
Ztschr. f. rom. Phil. VH 45 — K. Klostermaxx, Ueber die stetig fort-
Avirkende Tendenz der frz. Spr. , starke Verba in schwache zu verwandeln
oder ganz ausfallen zu lassen. 1878. Progr. d. Realschule zu Pilsen — H.
Frevxd, Ueber die Verbalflexion der ältesten franz. Sprachdenkmäler bis
zum Rolandslied einschliesslich. Heilbronn 1879. Diss. — J. H. Meister,
Die Flexion im Oxforder Psalter. Halle 1877 — E. Fichte, Die Flexion
im Cambridger Psalter. Halle 1879 — Lexaxder, Formes du verbe dans
la chanson de Gui de Bourgogne. Malmö 1875. Diss. — Brekke, La fle-
xion dans le Voyage de St. Brandan. Paris 1885, vgl. Ztschr. f. rom. Phil.
IX 158 — L. Cledat, La flexion dans la traduction frcse des sermons de
Saint Bernard. Paris 1885 — Merwert, Die Verbalflexion in den Quatre
livres des rois. Wien 1880, Progr. der Unterrealsch. in Leopoldstadt — E.
Gessxer, Esse als Hülfsverb des reflexiven Zeitwortes im Franz., in:
Jahrb. f. rom. u. engl. Spr. u. Lit. XV 201 — K. Foth, Die Hülfsverba
in der franz. Tempusbildung, in : Ztschr. f. rom. Phil. IV 249 — E. TnuRX-
EYSEX, Das Verbum etre und die franz. Conjugtftion. Halle 1882, vgl. Rom.
XII 365 — *G. WiLLEXBERG, Hist. Untersuchung über den Conj. Präs.
der ersten schw. Conj. im Franz., in: Rom. Stud. III 373 (trefiliche Ar-
beit) — *A. Mcssafia, Zur Präsensbildung im Romanischen, in: Berichte
der Akad. d. AViss. zu Wien. Philos.-hist. Cl. 1883, 4. April — A. HoRXixc,
i' s ä la premiere personne du singulier en frcs, in : Rom. Stud. V 707 —
J. RoTHEXiJKRG, Die Endung -ons, in: Herrig's Archiv LXII 462 — G.
Hextschke, Die lothringische Perfectbildung -ont, in: Ztschr. f. rom. Phil.
VIH 122 — G. Paris, Ti, signe d'interrogation, in: Rom. VI 438, vgl.
ebenda VI 133 (Joret), VII 599 (Rollaxd) — J. CoRXü, Conjugaison des
verbes aidier, araisnier et mangter, in : Rom. VII 420, und : Remarque sur
l'ancienne conjugaison du verbe ^ar/<?/-, in: Rom. IV 457, vgl. Rom. XIII
215 — P. M., maujar, in: Rom. VII 432 — H. d'A. de J., Les parfaits
en -didi, in: Rom. II 477 — H. ScHUCIIARDT, Parfaits frcs. en te, in:
Rom. IV 122 — H. Woltersdorff, Das Perfect der zweiten schw. Conj.
im Altfrz. Halle 1882. — Vgl. auch oben S. 242 Anm.
J. Ulrich, Die formelle Entwickelung des Part. Prät. in den roman.
Spr. Winterthur (Halle) 1879 — J. Boxxard, Le participe passe en vieux
frcs. Lausanne 1877 — A. Mercier, Hist. des participes fr9S. Paris 1880,
vgl. Rom. IX 614 — Ba.stix, Le participe passe frcs et son hist. Peters-
burg 1S80, vgl. Rom. IX 614 — A. Missafia, Concordanz des Part. Prät.
im Rolandslicd, in: Ztschr. f. rom. Phil. IV 104 — E. L. Eu.stküm, Etüde
Satzbau und Stylistik. 257
sur remplui du participe passe cn frcs. Götebor«; IST*.). ])iss. — J. IJissE,
Die Congruenz des Part. Prät. in activer Verbalconstruetion im Altfrz.
Göttingen 1SS2. Diss. — Xykoi', llemarques sur le part. passe en ancien
frcs. in: Nordisk Tidskrift for filologi, Nouv. ser. IV 1 ff., vgl. Kom. IX
l(>i) — DoMKK, Ueber die franz. Participien. Greifenberg 1S75. Progr, —
U. Caxello, Storia di aleuni participi nelV italiano c in altre lingue ro-
manze, in: Kiv. di til. rom. I 9, vgl. ebenda I ISS — A. MisSAiiA, Zu
den Part. Perf. auf -ect und -est, in: Ztschr. f. rom. Phil. III, 267 — A^'.
FöKSTER, Die altfrz. Part. Perf. auf -eit {-oitj , in: Ztschr. f. rom. Phil.
III 105.
T. Einzelschriften über die einförmigen "NVortclass en :
C M. Ro«EUT, Les adjcctifs-adverbes, in : Taalstudie Jahrg. 18S2, S. 65 —
^^'. Zeitlix, Die altfrz. Adverbien der Zeit, in: Ztschr. f. rom. Phil. VI
250 u. VII I — G. Raithel, Die altfrz. Präpositionen 1. Abth. od, jiar,
e)i, e)tz, (lenz, dedenz, parmi, enmi. (Göttingen] Berlin 1875. Diss. — AV.
DiCKUlTH, Form u. Gebrauch d. Präpos. in den ältesten frz. Sprachdenk-
mälern. Münster 1SS3. Diss. — K. Dziatzko, Die Entstehung der Parti-
cipialpräpositionen, in: Ztschr. f. rom. Phil. VII 125.
E. Gessn'er, Altfrz. »«j: = bis, bevor«, in: Ztschr. f. rom. Phil. II 572
— J. CoRXU, oil = iUic hoc, in: Rom. IX 117, vgl. Tobler in Ztschr. f.
vgl. Sprachf. III 423 — J. CornU, ure = utrum, in: Rom. XI 109, und:
cumeitt, comment = qua mente, in: Rom. X 216.
Einzelschriften über die Flexion in altfrz. Texten (wie z. B. Traut-
mann's Diss. über die Tempora und Modi im Rolandsliede) sind ausser
den bereits oben S. 256 genannten unten in den bibliographischen Anga-
ben zu Kap. 10 verzeichnet.
Achtes Kapitel.
Satzbau und Stylistik.
§ 1. Bemerkungen über den Charakter des fran-
zösischen Satzbaues.
1. Durch den analytischen Charakter des französischen
Formenbaues wird es bedingt, dass Casus-, Tempus- und Mo-
dusverhältnisse in weitem Umfange nur periphrastisch mittelst
Anwendung von Präpositionen, bzw. von Modalverben zum
Ausdruck gebracht werden können. Hierdurch erhält der fran-
zösische Satzbau, entsprechend dem Formenbau, nothwendig
einen analytischen Charakter. Freilich aber besteht in dieser
Beziehung ein nicht unerheblicher Unterschied zwischen Alt-
und Neufranzösisch, vgl. unten Xo. 4.
Körting, Encjklopädie d. rom. Phil. III. 17
258 I^äs Französische.
2. Verschärft wird das analytische Gepräge des französi-
schen Satzbaues dnrch die geringe Fähigkeit der Sprache zur
Nominalcomposition und durch iliren Maugel an Adjectiven
zur Bezeichnung der Quantität und des Stoffes ; als Avcitere den
analytischen Charakter des französischen Satzbaues fordernde
Momente treten hinzu : die Nothwendigkeit der Anwendung der
Personalpronomina beim Yerbum finitum; die Verstärkung der
verbalen Negation [ne] durch ein Füllwort (^^«s, lioint u. dgl.);
die Nothwendigkeit, das neutrale Relativ stets mit dem De-
monstrativ zu verbinden [ce qui, ce que, donf ; die dvirch die
logische Satzconstruction veranlasste Neigung zur Hervorhebung
eines satzhochbetonten Begriffes durch 6 est ... qui^ cest ....
que u. dgl. ; die Nothwendigkeit, ein substantivisches Subject
im directen Fragesatze mittelst des Personalpronomens zu wie-
derholen (z.B. to7i pere^ ■ciendi'a-t-il?) oder die Frage in zwei
Sätze zu zerdehnen (z. B. est-ce que ton per e viendra?].
3. In ästhetischer Beziehung wirken die hervorgehobenen
Thatsachen ungünstig auf den französischen Satzbau ein, in-
dem sie die künstlerische Gruppirung der Satzglieder erschwe-
ren, wenn nicht unmögrlich machen, und die Gedrungrenhcit
und, was damit zusammenhängt, die plastische Anschaulich-
keit des Ausdruckes beeinträchtigen. Man wird sich dessen
namentlich dann recht bewusst, wenn man die französische
Lebersetzung eines lateinischen oder griechischen Textes, und
besonders wieder eines poetischen Textes, liest; dieselbe er-
scheint , mag sie auch an sich noch so vortrefflich sein , im
Vergleich zum Originale immer nüchtern , frostig und unbe-
lebt, zeigt in Folge der analytischen Wiedergabe der synthe-
tischen Wortformen des Originals eine gewisse Umständlich-
keit und Weitschweifigkeit, die leicht ermüdend wdrkt, und
geht, indem sie die Kraft des synthetischen Sprachausdruckes
durch analytische Zersetzung schwächt, des eigenartigen Peizes
verlustig, welchen das Original durch eben jene Eigenschaft
besitzt. Zu ähnlichen ]Jeobachtuugen giebt auch die Verglei-
cliung französischer Uebersetzungen aus dem Deutschen mit
den betr. Originalen Anlass, nur freilich ist die syntaktische,
bzw. stylistische Differenz zwischen Deutsch und Französisch
nicht so beträchtlich, wie zwischen diesem und den alten
Sprachen .
Satzbixii und Styli^itik. 'iöO
Andererseits aber besitzt der fnuizösischo JSatzbau gerade
vermöge seines analytischen Charakters den nicht hoch genug
zu schätzenden Vorzug logischer Folgerichtigkeit und daraus
sich ergebender Durchsichtigkeit und Klarheit. Der franzö-
sisch Sprechende oder Schreibende Avird durch die Sprache
selbst zur Deutlichkeit und Präcision des Ausdruckes genöthigt,
kann nicht, wie dies in synthetischen Sprachen möglich, halb-
fertige Gedanken in sprachlich correcte Form kleiden, nicht
die Unklarheit der Gedanken verhüllen, sei es mit reich ge-
gliederten und bauschigen, sei es mit geheimnissvoU straff ge-
zogenen Stylfalten. Zum Mindesten ist derartiger Missbrauch
der Syntax und Stylistik im Französischen schwerer möglich,
als in synthetischen Sprachen.
1. Obige ]3emerkungen beziehen sich im Wesentlichen
nur auf den neu französischen Satzbau. Für das Alt franzö-
sische bedürfen sie bedeutender Einschränkung. Denn in Folge
dessen , dass der Formenbestand des Altfranzösischen ein et-
was reicherer als der des Neufranzösischen ist, und nament-
lich noch vielfach die Möglichkeit der formalen Scheidung
zwischen Cas. rect. und Cas. obl. bietet, ist auch eine ver-
hältnissmässige Synthese der Satzstructur noch möglich. Weit
wichtiger aber ist, dass das Altfranzösische noch nicht, wie
das Neufranzösische , von dem Streben nach streng logischem
und schematischem Ausdrucke beherrscht Avar. sondern dem
Sprechenden und Schreibenden eine ausgedeluite Geltend-
machung seiner Individualität und ein behaglich naives Sich-
gehenlassen in stylistischer Hinsicht gestattete. Zu einem
Theile ist dies begründet in der begreiflichen Thatsache, dass
auf niederen Culturstufen die logische Denkfähigkeit stets we-
niger, als auf hohen, entwickelt ist und dass auf ersteren die
Naivität das Vebergewicht über die Reflexion besitzt ; zu einem
anderen Theile aber ist man wohl berechtigt, darin eine
Aeusserung des germanischen Geistes zu erblicken, dessen
Hauch und Wirksamkeit ja im Altfranzosenthum so vielfach
noch wahrnehmbar ist. Zweifellos zeigen der altfranzösische
und der germanische Satzbau innere Verwantltschaft . denn
beide gewähren dem Gemüthe und der individualen Subjec-
tivität eine l^ethätigung, wie sie der lateinischen, bzw. roma-
17*
260 Das Französische.
nischen von der Logik beherrschten und autoritativ gebieten-
den -Stylistik fremd ist.
Die modern französische Syntax ist die Schöpfung des
10. und mehr noch des 17. Jahrhunderts, jenes Zeitalters also,
in welchem das fraiizösische \'olksthuni den seitdem ihm eige-
nen scharf ausgeprägten romanischen Charakter annahm, in
welchem die Franzosen aus Ilalbgermanen, was sie bis dahin
gewesen, zu Vollromanen Avurden. (Vgl. oben S. 19 u. 49.)
§ 2. Bemerkungen über den syntaktischen Ge-
brauch der Wortkategorien.
1. Das Französische hat die ira Latein vorhandenen Wort-
kategorien nicht nur silmmtlich übernommen, sondern auch
durch Bedeutungsschwächung des Demonstrativs ille, bzw. der
Cardinalzahl unus die neue Kategorie des Artikels sich ge-
schaffen: freilich ist die AnAvendung desselben noch nicht
völlig durchgedrungen, da in einer nicht geringen Anzahl von
Fällen das Substantiv den Artikel entweder nie oder doch
nur unter bestimmten" Bedingungen zu sich nimmt (kein Ar-
tikel — abgesehen von wenigen Ausnahmen, welche zum Theil
ursprüngliche Appellativa betreffen — bei Städtenamen ; bei
Personennamen; in einer Reihe von Verbindungen, in denen
das Substantiv als Object mit dem Verbum oder mit einer
Präposition sich fest verbunden hat, z. B. acoir hesoin = «be-
dürfen« , ä (jenoux = »knieend« u. dgl. ; bei der Apposition ;
bei dem mit einer Quantitätsbestimmung verbundenen Sub-
stantiv; bei dem ZAveiten Gliede substantivischer .Juxtaposita,
z. B. Iwtel de lille, moulin ä cent l^hinsichtlich der mit ä ge-
bildeten Juxtaposita giebt es jedoch manche Ausnahmefälle] ;
bei dem explicativ gebrauchten Substantiv, z. B. Ja rille de
Paris, nie d'Elbe^ la profince de Normandie jedoch kommen
manche Ausnahmefälle vor] etc. etc. — Nicht völlig durch-
gedrungen ist die Anwendung des Artikels bei Ländernamen^ .
Wie leicht erklärlich war die Anwendung des Artikels im
Altfrz. noch nicht so weit durchgedrungen wie im Neufrz..
so z. B. nicht in Bezug auf die Ländernamen.
Im Altfrz. wird häufig auch das Demonstrativ eist artikel-
haft verwandt; vereinzelt ist solcher Gebrauch auch im Neufrz.
noch üblich (z. B. ces dames oder doch gelegentlich v.w beob-
achten.
Satzbau und Stylistik. 2(il
Fcbcr den ;fiilsclilicli) sogenannten Theilungsartikel vgl.
nuten § 4.
2. Uebeitritt eines Wortes aus einer Wortkategorie in
(He andere ist im Verhältniss von Lateinisch zu Französisch
nicht ganz selten zu beobachten , so werden z. li. die Subst.
r</vS« . latus zu den Präpositionen chez , lez , die Subst. pas.
potnf u. dgl. in bestimmten Fällen zii Negationspartikeln, die
Subst. pcrso7me. rien. quclque chose zu Pronominibus. das Ad-
verb intus [de intut>' zur Präposition e?iz [dans] , das Adjectiv
las verbunden mit der Intcrjection he zur Interjcction helas
u. dgl. Auch die an sich befremdliclie Erscheinung, dass
ganze Sätze die Function einzelner Worte übernehmen , ist
nicht ganz selten, z. B. peut-etre. naguere. pieeä. — Wie in
allen roman. Sprachen, so ist auch im Französischen die Sub-
stantivirung nichtsubstantivischer Worte (namentlich Adjectiva,
Adverbien, Infinitive durchaus erlaubt und üblich: zu bemer-
ken ist aber , dass die Substantivirung von Infinitiven dem
Altfrz. geläufiger als dem Neufrz. ist; zuweilen bestehen für
den verbalen und für den substantivirten Infinitiv Scheidefor-
men (z. B. phtire und pkiisi?-] , zuweilen auch ist von einem
Yerbum im Neufrz. nur noch der substantivirte Infinitiv er-
halten, z. B. loisir.
3. Gegen die Verwendung der Kategorie der Adjectiva
besteht im Französischen eine gewisse Abneigung. Mehrere
-wichtige Adjectivklassen fehlen ihm fast ganz, so namentlich
die Adjectiva der Quantität und des Stoffes, andere Klassen,
wie z. B. die auf Länder- und Städtenamen bezüglichen Ad-
jectiva, sind zwar vorhanden, aber ihre Gebrauchssphäre ist
beschränkter, als z. B. im Lateinischen. Statt der negativen
Adjectiva [nid u. dgl.) wird die Verneinung des Prädicats
Aorgezogen. Zur adjecti vischen Composition ist das Französi-
sche fast gänzlich unfähig.
4. In Bezug auf die Kategorie des Numerale ist die Ver-
wendung der Cardinalia statt der Ordinalia bei bestimmten
fortlaufenden Zählungen (Datum u. dgl.) bemerkenswerth.
5. Die Kategorie des Pronomens ist formal reich ent-
wickelt vgl. unten § 3, No. 2) und gelangt zu vielseitigerer
Verwendung, als im Lateinischen. Nichtsdestoweniger müssen
262 Das Französische.
oder doch pflegen bestimmte pronominale Beziehungen durch
Adverbien zum Ausdruck gebracht werden (ew, y, dont. oü).
6. Die Kategorie der Adverbien ist im Französischen ver-
hältnissmässig wenig entwickelt. Die im Latein, vorhandene
Ableitung der Adverbien von Adjectiven ist im Französischen
aufgegeben , und die Composition des Adjectivs mit me7it[e]
bietet keinen ausreichenden Ersatz , da sie oft schwerfällige
Bildungen erzeugt und überdies nicht bei allen Adjectiven
anwendbar ist. Eine sehr beträchtliche Anzahl adverbialer Be-
griffe muss, weil die betr. Adverbien fehlen oder doch unbe-
liebt sind, durch Verbalconstructionen zum Ausdruck gebracht
werden (man denke z. B. an venir de mit Inf, = »eben«, aller
mit Inf. = »gleich«, aimer a mit Inf. = »gern«, acher er de mit
Inf. = »vollends« u. v. a.), und die Vorliebe für derartige Um-
schreibung ist geradezu ein stylistischer Charakterzug des Fran-
zösischen. Vielfach fungiren ursprüngliche adjectivische Neutra
als Adverbien (vgl. oben S. 249) , andererseits fungirt nach
etre , wenn es die Bedeutung »sich befinden« besitzt, das Ad-
verb an Stelle des Adjectivs.
7. Die Kategorie der Conjunctionen ist hinsichtlich der
Zahl der ihr angehörigen Worte sehr umfangreich, jedoch ein-
förmig hinsichtlich der Wortbildung, da die Combination von
Präpos. , bzw. Adv. -}- que bis zur Monotonie ausgedehnt ist.
8. Die syntaktisch vorherrschenden W^ortkategorien sind
im Französischen das Substantiv, das Verbum und die Präpo-
sition. Die Häufigkeit und Vielseitigkeit ihrer Verwendung
verleiht dem französischen Style ein eigen thümliches Gepräge.
Uebrigeus besitzt das Substantiv ein beträchtliches Ueberge-
wicht über das Verb, das sich namentlich in dem Vorhanden-
sein der massenhaften Verbalsubstantiva bekundet, durch wel-
che die lat. Gerundiv- und Gerundialconstructionen ersetzt
werden.
§ 3. Bemerkungen über den syntaktischen Ge-
brauch der Wortformen.
1. Die Wortformen des Substantivs sind im Altfrz. auf
die Unterscheidung zwischen Cas. rect. und Cas. obl. des Sin-
giilars und des Plurals beschränkt, im Neufrz. werden nur
noch Singular und Plural formal unterschieden, und auch dies
Satzbau und Stylistik. 203
nicht immer z. U. niclit bei Personennamen in Fällen, wie
les dcur üacine, hs Fonrc/ta?nbai(/f , h\s ll^asa , ces Miraheau
(h carrcfour , des liaphai'-J u. dgl. ; nicht bei Substantiven,
Avelcho zur Mezoichnnnp^ der ganzen betr. Gattimg verwandt
werden, z. !>. Je sohlaf svra »ourri par Thahitant »die Soldaten
werden durch die JJürger verptteot werden«). Namentlich be-
schrankt ist die formale Pluralbildung bei Compositis. Nicht
unbeachtet darf übrigens bleiben, dass die Scheidung zwischen
Singular und Plural auch, wo sie stattfindet, meist nur in der
Schrift zum Ausdruck gelangt, Avährend in der gesprochenen
Kede beide Numeri gleich lauten, z. H. homm\e\ und }iomm\es\^
und dass demnach die Numerusdifferenz ausser in Liaison
lediglich durch den Artikel, also analytisch, angedeutet wird.
Was vom Substantiv , das gilt auch vom Adjectiv ; die
Numerusscheidung ist hier ebenso unvollkommen, ganz unter-
bleibt sie bei Farbencompositis , z. 1>. des chercux blond ar-
deyit , vermieden wird sie bei den Adjectiva auf -«/, minde-
stens im Masculinum.
2. Den reichsten Formenbestand hat das Pronomen, na-
mentlich das Personale, bewahrt, indem es vielfach noch No-
minativ und Accusativ , bei der 3 P. auch den Dativ in bei-
den Numeris unterscheidet. Ausserdem bestehen beim Perso-
nale sowie beim Possessivum. besondere Formen für den con-
junetiven und für den absoluten Gebrauch. Beim Demonstra-
tiv und Interrogativ werden adjectivisch und substantivisch
gebrauchte Bildungen unterschieden. Auch das Kelativ ver-
fügt über zwei Formen, von denen aber freilich die eine [lequel)
nur subsidiär verwandt Avird. Die indefiniten Pronominalbe-
griffe endlich finden in einer ausgedehnten Formenreihe all-
seitigen Ausdruck.
Demungeachtet zeigt der pronominale Formenbestand
empfindliche Lücken, welche einerseits durch Localadverbien
(ew, y, donti ^^i andererseits durch die pronominale Verwen-
dung von Substantiven [personne ^ quelque chose^ rien] ausge-
füllt werden.
3. Die Formen des Verbum finitum gelangen im Fran-
zösischen, welches die Construction des Nom. c. inf. völlig
und diejenige des Acc. c. inf. fast völlig aufgegeben hat, zu
weit häufigerer Verwendung, als im Latein, freilich aber sind
"26 1 Das Französische.
sie, wenn ein substantivisches Subject fehlt, meist der Ver-
bindung mit dem Personalpronomen bedürftig. Andererseits
ist doch auch die Anwendung des Infinitivs im Französischen
ausgedehnter, als im Lateinischen, da er in weitem Umfange
als präpositionales Object sowie, ebenfalls in Verbindung mit
Präpositionen, als Ergänzung eines Substantiv- oder Adjectiv-
beo-riffcs fungiren kann, eine Möglichkeit, welche die Gerun-
dialconstructionen des Lateinischen zum grossen Theile ent-
behrlich gemacht hat und welche übrigens in der analytischen
Allgemeinentwickelung der Sprache begründet ist. In leben-
diger Erzähhnig vermag auch noch im Französischen — und
zwar nicht so selten, wie die üblichen Schulgrammatiken es
angeben — der Inf. an Stelle des Perf. hist. zu fungiren. Zu
bemerken ist endlich, dass der franz. Infinitiv, obwohl seinem
Ursprünge nach ein Inf. act., doch auch in bestimmten Ver-
bindungen (z. B. il Je fit hier) als Inf. Pass. fungiren kann.
Die Anwendungssphäre der Participien, deren Zahl durch
periphrastische Verbindungen nicht unerheblich vermehrt wor-
den ist (man denke z. 1». an Combinationen, wie mjanf porte.
w'ozu im Latein, ein Analogen nur bei den Deponentien sich
findet), ist im Französischen ungefähr dieselbe wie im Latei-
nischen. Bemerkenswerth ist. dass das Französ. durch Besei-
tigung der Flexion des verbal gebrauchten Particip- Gerun-
diums (s. oben S. 223) sich ein wirkliches Part. Präs. ge-
schaffen hat , während die entsprechende lateinische immer
zugleich auch Verbaladjectiv ist.
Die organischen Formen des französischen Verbums sind,
mit einziger Ausnahme des Part. Prät. (= Perf.) , sämmtlich
Activformen und haben nur activische Bedeutung (über den
Inf. s. oben). Daraus folgt, dass das Passiv durch Umschrei-
bung gebildet werden muss , die Umschreibung erfolgt meist
durch etre -\- Part. Prät. , häufig aber auch durch das Kcflexiv.
4. Die Formenmittel zum Ausdruck der Modusverhältnisse
sind im Französischen dieselben wie im Latein, (jedoch ist der
Conj. Plusqpf. zum Conj. Impf, verschoben), aber, wie über-
haupt im Komanischen , so ist auch im Französischen ihre
Anwendungsweise eine verschiedene: der Ind. hat den Conj.
aus weiten Gebieten völlig oder doch nahezu verdrängt völlig
z. B. aus dem Folgesatz, der indirecten Kode und Frage;
Satzbiiu und Stylistik. 265
nahezu völlig z. 15. aus der hypothetischen Periode' und hat,
besonders in der l ingangssprache, eine Vorherrschaft erlangt,
•welche fast an Alleinherrschaft gr<Mizt. Die Verwendungs-
sphäre des Imperativs ist durch den iniperativischen Geluauch
des Futui-s. welcher die Folge einer ^'orstellungsverschiebung
ist, -svesentlich eingeschränkt worden. Vebrigens sind von den
drei gemeinhin als )^lmperativc( bezeichneten Formen die 1 und
2 p. pl. thatsächlich Indicativ- (in vereinzelten Fällen Con-
junctiv-) formen ohne Vorsetzung des Personalpronomens, so
dass also auch hier eine Vorstellungverschiebung sich voll-
zogen hat.
5. Zum Ausdruck der Tempusverhältnisse verfügt das
Französische über zahlreiche, feine Schattirungen gestattende
Formenkategorien, von denen viele freilich zusammengesetzte
Bildungen sind. Durch den Besitz eines Imperfects Futuri
(ConditionaV . eines historischen Plusquamperfects {feus porfe)
und der — freilich selten gebrauchten — doppelzusammen-
gesetzten Zeiten (der sog. temps surcomposes. z. B, favais eu
porte) ist das Französische dem Latein überlegen. Im Einzel-
nen lässt sich bemerken , dass Präsens und Imperfect in der-
selben Weise wie im Lat. fungiren, dass das Perfect auf seine
histoiische i= aoristische] Function beschränkt worden ist.
während in diejenige des Perf. Präs. die Combination j'ai +
Part. Prät. eingetreten ist, und dass die neugebildeten Tem-
pora, das Fut. und das sog. erste Plusqpf. . ganz nach Art der
entsprechenden lateinischen gebraucht werden. Von den im
Latein, nicht vorhandenen Temporibus entspricht das histori-
sche Plusqpf. dem lat. Perf. in mit postquam. antequam u. dgl.
eingeleiteten Temporalsätzen ; das Impf. Fut. aber gelangt zur
Verwendung vorwiegend im Vordersatze der hypothetischen
Periode und in der auf die Zukunft bezüglichen indirecten
Rede, seltener im Hauptsatze zum Ausdrucke der vom .Staud-
punkte der Vergangenheit aus vorgestellten Zukunft.
Mancherlei feine Tsuancirungen der Tempusverhältnisse
(wie z. B. die unmittelbar bevorstehende Ziikunft. die unmit-
telbare Vergangenheit, die allmähliche Entwickelung der Hand-
lung) können durch die Verbindung von modal gebrauchten
Verben, wie all er , venir. deroir, mit dem Inf. (vereinzelt
auch mit dem Gerondif zum Ausdruck gebracht werden.
266 Das Französische.
§ 4, Bemerkungen über den Ausdruck der syn-
taktischen Verhältnisse.
1. Zum Ausdruck des Subj ectsverhähnisses dient bei
dem Substantiv im Neufrz. die Normalform desselben, bzw\
die Theilungsform (s. unten No. 2) ; da aber die Normalform
zugleich auch zum Ausdruck des Objectsverhältnisses gebraucht
wird, so hat die Wortstellung zu entscheiden, welche von bei-
den Functionen in jedem Einzelfalle vorliegt (vor dem Prä-
dicat Subject, nach dem Prädicat Object). Im Altfranzösi-
schen -waren , wenigstens bei der Mehrzahl der Substantiva,
Subjects- und Objectsform noch unterschieden.
Nichtsubstantiva können ebenfalls als Subject fungiren,
die Personalpronomina nur in ihrer conjunctiven Form, aus-
genommen bei der 3 P. den Fall besonderer Nachdrücklichkeit.
Zum Ausdruck des unpersönlichen Subjects dient das
neutrale ü (iirsprünglich jedoch wahrscheinlich = ille, nicht
= illud) . dessen Gebrauch sich übrigens erst allmählich in
der Sprache entwickelt hat. Das Französische liebt es, das
Subject grammatisch häufig auch da unpersönlich auszudrücken,
wo logisch und thatsächlich ein nominales Subject vorhanden
ist (z. B. ü y a des gens, wo il grammatisches oder formales
Subject , des gens grammatisches Object, aber logisches Sub-
ject) ; der Subjectsinfinitiv nimmt in solchem Falle die Präpo-
sition de vor sich (ausgenommen nach il faut, il semhle , il
parait, il vaut mieux u. dgl.).
2. Zum Ausdruck des directen Objectsverhältnisses')
dient beim Substantiv ebenfalls dessen Normalform (im Altfrz.
der Cas. obl.), vgl. oben No. 1. Wird jedoch das Substantiv im
schlechthinnigen Sinne aufgefasst »Brot«, »Menschenif u. dgl.).
so wird es mit der Präp. de imd, falls es kein Adj. vor sich
hat, mit dem bestimmten Artikel verbunden [y>du painv, nies
/totfitnesv). Diese Verbindung — sehr unpassend »Theihings-
artikel« benannt, während sie höchstens »Theilunosform«, bes-
1) In der Auffassung; des Objectsverhältnisses weicht das Französische
öfters vom I^ateinisclien ab. IJcmerkenswerth ist namentlich der Fall, dass
das persönliche Object der Verba des Veranlasscns, Zulassens, Sehens,
Hörens, wenn sie mit einem (von einem directen Object begleiteten; Infi-
nitiv verbunden sind, als ein indirectes, nicht als ein directes aufgefasst
wird. z. B. je lui ai fait lire cette lettre. Vgl. TüBLEli in Ztschr. f. rom.
Phil. VI 5l'l.
Satzbau und Stylistik. 207
ser noch »Partitivsabstantiv« genannt Averden kann — Ixiulit
auf einer \\ntauschun<>- der Objectsvorstellung mit einer sinn-
liehen Loealvürstelhm«;- [Duwger du pai/i bedeutet nicht eigent-
lich «Hrot essen«, sondern «von dem IJrotc [etwas ab]essenw,
welche letztere Ausdrueksweise den realen Vorgang veran-
schaulicht, dass der Essende von dem lirote ein .Stück loslöst].
Die Theilungsform ist in der Sprache so festgewurzelt, dass
sie," obwohl logisch nur in Verbindung mit dem Verbum be-
rechtigt, auch im Subjectsverhältniss und sogar in Verbindung
mit Präpositionen zum Ausdruck des schlechthinnigen' Sub-
stantivbegriftes gebraucht wird. Diese weitausgedehnte An-
wendung der Theilungsform ist charakteristisch für das neuere
Französisch, denn die ältere Sprache zeigt hierzu nur Ansätze,
wie überhaupt die Theilungsform nur allmählich aufgekommen
ist (ältestes Beispiel in dem Satze il liristrent de Veioe in der
altfrz, Uebersetzung der vier Bücher der Könige). Eine frei-
lich nicht ganz gleiche, aber doch ähnliche Anwendung der
Präposition de zeigt indessen schon das Vulgärlatein, z. B.
Vulg. 1 Cor. 9, 7: (luis plantat vineam et de fructu eius non
edit? Nebenbei werde bemerkt, dass eine eindringende Unter-
suchung über die Entwickelung der Theilungsform im Fran-
zösischen und überhaupt im Romanischen zur Zeit noch fehlt.
Das Personalpronomen und das Eelativum qui besitzen,
ersteres w'enigstens in conjunctivem Gebrauche, noch beson-
dere Accnsativformen.
Der Infinitiv kann nur bei bestimmten Verbalkategorien
(bei den verbis dicendi, sentiendi, volendi und Modalverben)
als directes Object fungiren, sonst muss er stets die Form des
präpositionalen Objectes annehmen.
3. Die im Lateinischen durch den Genetiv, Dativ und
Ablativ ausgedrückten Casusverhältnisse müssen sämmtlich
analytisch, bzw. präpositional zum Ausdruck gebracht werden
(im Altfrz. konnte in bestimmten Fällen der Cas. obl. als pos-
sessiver Genetiv fungiren, ein Rest dieses Gebrauches ist noch
die neufrz. Verbindung Hötel-Dieu u. dgl.). Die einzige Aus-
nahme bilden die wenigen pronominalen Dative und die in
genetivischem , bzw. in localem Sinne fungirenden Adverbien
en. dont, y, oü. Der Ausdruck des Genetivverhältnisses er-
folgt in der Regel durch de (im Altfrz. zuweilen durch </, aber
268 Das Französische.
nur in possessivem Sinne^ . derjenige des Dativverliältnisses
in der Eegcl durch ä. es werden demnach die (-asusheziehun-
gen local aufgefasst. Der Ablativ des Latein ■\^^rd je nach den
verschiedenen Functionen, Avelche er vollzog, durch verschie-
dene Präpositionen ersetzt.
4. Das Prädicatsverhältniss -wird zum Ausdruck gebracht
a) am häufigsten durch die Formen des Verbum finitum ; b)
seltener durch die Composition eines Yerbums des Seins, Wer-
dens oder Scheinens (z. B. etre ^ devenir, semhler) mit einem
Substantiv, bzw. Adjectiv [etre »sich befinden« wird mit dem
Adverb verbunden, vgl. oben S. 262) ; c) bisweilen durch den
Infinitiv als Inf. bist, oder in der Construction des Accusa-
tivs c. Inf.
§ 5. Bemerkungen über dieCongruenz der Satz-
theile.
1 . Die Congruenz des Prädicats mit dem Subject erleidet
namentlich folgende Ausnahmen: a) ist das Subject ein CoUec-
tivbegriff", so steht das Prädicat oft im Plural ; b) ist das Sub-
ject ein Collectiv, welches durch ein nachfolgendes Substantiv
im Plural näher bestimmt wird, so tritt das Prädicat in den
I'lural, wenn das Substantiv logisches Subject ist, z. B. wie
nuee de harbares desolerent h pays^ dagegen une nuee de traits
ohscurcit lair; c) ist das Subject ein Quantitätsadverb, welches
durch ein Substantiv im Plural näher bestimmt wird, so steht
das Prädicat im Plural, wenn das Substantiv logisches Subject
ist, z. B. peu de gens necßigent hurs int er et s ^ dagegen heau-
coup denfants est une charge pour les j^auvres, weil hier beau-
coup d'enfants einen einheitlichen Singularbegriff bildet (»Kin-
derreichthum«) ; d) das Prädicat des auf ein Personalpronomen
bezüglichen Relativsatzes congruirt mit dem Personalpronomen,
z. ]i, cest toi seul qni las fait.
2. Das Part. Prät. congruirt im Neufrz. nur mit dem ihm
vorausgehenden Objecte, während es im Altfrz. auch mit
dem ihm nachfolgenden Objecte congruiren konnte.
3. Das Part. l*räs. in verbaler Function ist im Neiifrz.
flexionslos, kann folglich mit dem von ihm detcrminirten Sub-
stantiv nicht congruiren, vgl. oben S. 223.
Satzbau und Stylistik. 269
§ G. IJeiuerkun j;c'n über diL' N\' urt «t ellung.
1 . Im Neufianzösischen ist bezüglich der llaiiptsatztheile
die Wortstellung" streng geregelt : das Subject steht voran, ihm
folgt das Prädicat und diesem, wenn es ein transitives \'er-
bum ist, das Object. Die Festsetzung dieses logischen Wort-
folgegesetzes ist nicht bedingt, wohl aber begünstigt worden
durch den Wegfall des Formenunterschiedes zwischen Gas.
rect. und Cas. obl., bzw. durch die ^'erdrängung des ersteren
von Seiten des letzteren (vgl. No. 2).
2. Dem Altfranzösischen war das logische Wortfolgegesetz
noch fremd und grosse Freiheit in der Wortstellung eigen-
thümlich , namentlich bezüglich der Voranstellung des Prädi-
cates vor das Subject bei adverbialem Satzeingange. Einige
wenige Keste dieser Freiheit sind als sogenannte Inversionen
noch im Neufrz. vorhanden Inversion des Subjectes nach be-
stimmten satzeinleitenden Adverbien, wie petd-etre etc.'. Der
Uebergang von Freiheit zur Gebundenheit der Wortstellung
war eine Wirkung der im Beginn der neufrz. Periode mehr
und mehr zur Herrschaft gelangenden Tendenz nach logischer
und schematischer Durchbildung der Sprache, eine Tendenz,
welche ihrerseits wieder begründet ist in der damals zum Ab-
schluss gelangenden Rückromanisirung, bzw. Entgermanisirung
des französischen Volksthums. Vgl. oben S. 2G0.
3. Auf dem Gesetze der logischen Wortfolge beruht die
Nothwendigkeit, das Object , wenn es den Satzhochton trägt,
entweder dem Satze voranzustellen und dann innerhalb des
Satzes durch das Personalpronomen anzudeuten z. B. la vertu ^
Je Vaime] oder aber es durch das deiktische dest . . . que her-
vorzuheben, wodurch der einheitliche Satz in zwei Sätze zer-
legt wird iz. B. c'est la vertu que fuitne ivix faime la vertu).
Namentlich die letztere Hervorhebungsweise, welche übrigens
auch auf andere hochbetonte Satztheile, selbst auf das Sub-
ject, angewandt wird, verleiht dem französischen Ausdrucke
eine stark rhetorische Färbung und giebt zugleich dem Satz-
gefüge einen noch zerdehnteren und analytischeren Charakter,
als ihm vermöge des analytischen Formenbaues ohnehin
eigen ist.
4. Die Accusativformen der conjunctiven Personalprono-
mina, sowie der Accusativ des Relativs treten in Objectsfunc-
270 l^as Französische.
tioii dem Prädicate voran, so dass in diesen Fällen also das
logische Wortfolgegesetz eine , übrigens sehr erklärliche Aus-
nahme erleidet.
5. Das syntaktische Mittel zum Ausdruck der dirccten
Frao-e besteht in der Voranstellung des Prädicates vor das
Subject. Diese dem logischen Wortfolgegesetze zuwiderlaufende
Satzstructur Avird jedoch in Sätzen , deren Subject ein Sub-
stantiv oder ein nichtpersonales Pronomen (ausschliesslich ce
und oti) ist , der logischen Construction dadurch angepasst.
dass das Subject seine gesetzmässige Stellung beibehält, aber
nach dem Prädicate durch das Personalpronomen wiederholt
wird. Auf diese Weise findet ein Ausgleich oder richtiger
eine Combination beider Satzstructuren statt, aber freilich er-
hält der Ausdruck dadurch einen etwas schwerfälligen und
iimständlichen Charakter. Man zieht deshalb es häufig vor,
den eigentlichen Fragesatz als Aussagesatz zu constituiren und
ihm als Einleitung den Frageformsatz csf-ce [quo voranzu-
schicken, also eine der unter No. 3 erwähnten analoge Satz-
zerdehnung vorzunehmen.
lluht auf dem Objecto des Fragesatzes der Satzhoch ton,
so tritt es an die Spitze des Satzes, Melcher im Lebrigen ganz
wie die sonstigen Fragesätze construirt wird.
6. In der Schrift gelangt das logische Wortfolgegesetz
durch die Interpunction dadurch zum Ausdruck, dass ein dem
Subject etwa vorangestellter Satztheil (emphatisches Object,
absolutes Particip u. dgl.) durch ein Komma von dem eigent-
lichen, eben erst mit dem Subjecte anhebenden Satze abge-
trennt wird und dass längere adverbiale Bestimmungen durch
zwei Kommata wie durch zwei Klammern eingeschlossen, also
gleichsam ausserhalb des Satzes gestellt werden.
7. Die Stellung des attributiven Adjectivs ist nicht fest
geregelt, sondern abhängig von den Rücksichten auf Wohl-
klang und auf rhetorische Wirkung , indessen ist die Nach-
stellung doch ü\)licher. jedenfalls ist sie nothwendig, wenn
das Adjectiv eine nähere Bestimmung bei sich hat. Die attri-
butive Bestimmung tritt dem determinirten Nomen nach ; sie
diesem voranstellen zu dürfen , ist eine der wenigen syntak-
tischen Freiheiten der poetischen Rede. — Die Stellung der
adverbialen Bestimmun«; ist verhältnissmässiff frei. \iud es ist
Satzbau und Stylistik. 271
eine der -wichtigsten Aiifoiben der stvlistisclieu Kunst, in die-
ser liezielum«^ die richtige Wahl zu treÜ'en, namentlich aber,
^\enn mehrere derartige Bestimmungen vorhanden sind, für
jede derselben den angemessensten Platz zu finden und dem
iSatze dadurch plastische Gestaltung zu verleihen. Auch die
Schönheit und Wirksamkeit des poetischen Ausdrucks ist zum
guten Tlieile abhiingig von der sachgemässen und geschmack-
vollen Gruppirung der adverbialen liestimmungeu.
§ 7. Bemerkungen über die Satzverbindung.
1 . Hauptsätze pflegen durch Conjunctionen syndetisch
mit einander in grammatische Beziehung gesetzt zu werden.
Asyndetische Aneinanderreihung hat in künstlerisch behan-
delter Rede nur dann statt, wenn damit eine rhetorische Wir-
kung erzielt wird.
2. Der Nebensatz wird mit dem durch ihn determinirten
Hauptsatz stets wenigstens äusserlich, d. h. mittelst einer
Conjunction verbunden: in bestimmten Fällen, deren Zahl
ziemlich erheblich ist, tritt hierzu die in der Modus-, bezw.
Tempusform des Prädicats zum Ausdruck gelangende innere Ver-
bindung, so namentlich in der indirecten Rede und Frage, in
Finalsätzen, in von negirten Verben, welche eine geistige Thä-
tigkeit oder gemüthliche Aft!ection ausdrücken , und in von
unpersönlichen Verben modaler Bedeutung abhängigen Sätzen
etc. : in der hypothetischen Periode bedingen sich Vorder- und
Nachsatz gegenseitig hinsichtlich der Form ilu-es beiderseiti-
gen Prädicats.
3. Für einen Nebensatz tritt häufig, wenn es logisch zu-
lässig ist. eine Infinitiv- oder eine Participialconstruction ein,
erstere namentlich an Stelle von Objects- und Causalsätzen.
letztere namentlich an Stelle von Attributiv- und Adverbial-
sätzen. Duix-h Benutzung dieser Möglichkeit gewinnt die Rede
an Kürze und wird die symmetrische Gliederung des Satz-
gefüges begünstigt.
4. Aufgabe der stylistischen Kunst ist es, die einzelnen
■Sätze und satzvertretenden Constructionen, aus denen ein Satz-
gefüge besteht, derartig mit einander zu verbinden und zu
gruppiren, dass ein einheitliches, übersichtliches und ästhetisch
wirkungsvolles Ganze entsteht.
272 Das Französische.
§ 8. Bemerkungen über den Styl.
1. Ueber den Begriff", die Kategorien und die Nuancen
des Styles überhaupt vgl. die in Theil II, S. 296 ff", gegebe-
nen Bemerkungen.
2. Haupteigenschaft und Hauptvorzug des neufranzösi-
schen Styles ist seine Klarheit, begründet ist dieselbe sprach-
lich einerseits in dem Gesetze der logischen Wortfolge, ande-
rerseits in der scharfen begriff'lichen Bestimmtheit der franzö-
sischen Nomina und Verba, ^velche letztere Eigenschaft wieder
auf der systematischen Durcharbeitung und Ausfeilung be-
ruht, die dem französischen Wortschatze von Seiten der Gram-
matiker und, was noch wichtiger ist, von Seiten einer auf
Eleganz der Rede Werth legenden Gesellschaft zu Theil ge-
worden ist. In letztem Grunde freilich ist die Klarheit des
französischen Styles eine Aeusserungsform des streng logisches
Denken oft bis zur Uebertreibung liebenden neufranzösischen
A^olkscharakters und eine Folge des Uebergewichtes . welches
in demselben der A^erstand über das Gemütli besitzt.
3. Aus dieser Eigenart des französischen Styles erklärt
sich zum grossen Theile die Schwierigkeit, welche Ausländer
zu überwinden haben, um einen idiomatischen französischen
Ausdruck sich anzueignen, eine Schwierigkeit, welche beson-
ders gross für den Deutschen ist. dessen Muttersprache in
stylistischer Beziehung von dem Französischen grundverschie-
den, weil erfüllt von einem ganz anderen Geiste ist. Sein
eigenes Selbst muss der Deutsche überwinden . soll es ihm
gelingen, des französischen Styles wirklich mächtig zu wer-
den. Nur lange Uebung und unermüdliche Aufmerksamkeit
können hierzu verhelfen. Mit schulmässigem Lernen ist nur
verhältnissmässig Weniges zu erreichen , so förderlich auch
allerdings das Studium namentlich der Synonymik ist. Wem
es versagt ist, durch längeren Aufenthalt in Frankreich und
durch das nur auf diese Weise zu ermöglichende Sichhinein-
leben in französisches Denken die Herrschaft über die Spra-
che zu erringen, und wer doch darauf hingewiesen ist, des
schriftlichen französischen Ausdrucks mindestens bis zu einem
gewii-sen Grade mächtig zu werden, dem kann nicht dringend
genug die Uebung des Kückübersetzens, bzw. die genaue Ver-
gleichung der V(ni ihm nach deutscher Vorlage gefertigten
Siitzbau und Stylistik. 27Ii
Vehersetzimo; mit dem französischen Oripnaltexte anempfoh-
len werden : /um Ziek^ freiHeh fiihrt aiieh dieser AVeg nicht,
aber es ist ein Weg , der . wenn beharrlich verfolgt , wenig-
stens naher an das Ziel heranführt nnd reichste Gelegenheit
zu stylistiseher und überhaupt zu sprachlicher Erkenntniss
darbietet.
4. Die Differenz zwischen dem Style der Prosa und dem
der Poesie ist im Neufranzösischen eine verhältnissmässiff ge-
ringe, was sprachlich aus der Gebundenheit auch der Poesie
an das Gesetz der logischen Wortfolge und aus der relativen
Armuth des conventionellen AVortschatzes sich erklärt. Na-
mentlich gilt dies von der Sprache der pseudoclassischen Dich-
tung, denn diejenige der romantischen Poesie bewegt sich
freier \ind entfernt sich weiter von den traditionellen Bahnen
des Ausdrucks. Vgl. unten Kap. 9 § 10.
§ 9. Litteraturangaben.
1. Vgl. die Litteraturangaben in § 26 des siebenten Kapitels loben
S. 251 ff.). Dort sind namentlich auch die vollständigen Grammatiken ver-
zeichnet (besonders hingewiesen werde auf die Cledat's altfrz. Gramm, be-
treffende Anmerkung auf S. 252\
2. Allgemeine Syntax. Ph. Schifflin, Wissenschaftl. Syntax der
frz. Spr. Essen 1840 ein immer noch brauchbares Buch, namentlich wegen
seiner reichhaltigen Beispiele — *JE. MÄTZNER, Syntax der neufrz. Spr.
Berlin 1843 45. 2 Bde. (grundlegendes Werk, das aber freilich den heuti-
gen Anforderungen nicht mehr voU zu entsprechen vermag) — G. Seeger,
Lehrb. der frz. Sj-ntax. Thl. I Wismar 1884, Thl. U Halle 1878 (fleissige
Arbeit, aber mit verfehlter Methode^ — F. Brinkmann, Syntax des Fran-
zösischen u. Englischen in vergl. Darstellung. Braunschweig 1884 f. 2 Bde.
(unmethodisch) — C. Brunnemann, S}iit. d. nfrz. Spr. 3. Aufl. Berlin 1878.
3. Geschichte der Syntax und Alt- und Mittelfranzösische
Syntax (die Monographien über Conjunctiv, Infinitiv und Wortstellung
s. unten No. 5 u. 6). E. BouRClEZ , Syntaxe de l'ancien frcs. Bordeaux
1885 (blosse Skizze) — E. Engel, De pristinae linguae francicae sj-ntaxi.
Rostock 1874 Diss. ganz unzulänglich — K. GORGES, Ueber Styl u. Aus-
druck einiger altfrz. Prosaübersetzungen. Halle 1882 Diss. — L. Kl.\tt,
Zur Syntax des Altfrz. ; die Wiederholung und Auslassung gewisser Form-
oder Bestimmungswörter in der frz. Prosa des 13. Jahrh. Oldenburg 1878
Progr. — H. HlRSCHBERG, Auslassung u. Stellvertretung im Altfrz. Göt-
tingen 1880 Diss. — J. K.LAPPERICH, Historische Entwickelung der Be-
dingungssätze im Altfrz., in : Französ. Studien I 300 — E. Wolff , Zur
Syntax des Verbs bei Adenet le Roi. Kiel 18S4 Diss. — Carlberg,
Etüde s. l'usage sjTitaxique dans la chanson de Roland. Thl. I. Lund 1 875
Diss. — E. Bastin, La s^•ntaxe de Villehardouin, in : Rev. de l'instr. pubL
Körting, Encyklopädie d. rom. PhiL III. 18
274 ^^^ Französische.
cn Belg. XXVI 210 — A. Haase, Syntakt. Untersuchungen zu Villehar-
douin u. Joinville. Oppeln 1884 — Euerixg, Syntakt. Studien zu Frois-
sart. Halle 1881 — J. Riese, Recherches s. l'usage sj-ntaxique de Frois-
sart. Halle 1880 Diss. — Raumair, Ueber die Syntax des Robert v. Clary.
Erlangen 1885 Diss. — P. Toenxies, La syntaxe de Commines. Berlin
1876 — A. Stimmixg, Die Syntax des Commines, in: Ztschr. f. rom. Phil.
I 191 u. 489 — W. E. LiDFOKS.s, Observations s. l'usage syntaxique de
Ronsard et de ses contemporains etc. Lund 1865 — S. Gräfenberg, Bei-
träge zur französ. Syntax des 16. Jahrhunderts. Göttingen 1884 — ■ K.
Grosse, Sj-ntaktische Studien zu Jean Calvin , in : Herrig's Archiv LXI
(1879;, 243 — Glauxes'G, Versuch über die syntaktischen Archaismen bei
Montaigne, in: Herrig's Archiv 49, p. 163, 325 u. 415 ' — M. Wagner,
Etüde s. l'usage syntaxique dans »la Semaine«', poeme epique de du Bartas.
Königsberg 1876 — A. Haase, Zur Syntax Robert Garniers, in: Französ.
Stud. V Heft 1 — A. Jensen, Syntakt. Stud. zu R. G. Kiel 1885.
*A. Benoist, De la syntaxe frcse entre Palsgrave et Vaugelas. Paris
1876 (-wichtiges Werk, vgl. Ztschr. f. rom. Phil. I 579 .
C. SCH.\FER, Die wichtigsten syntaktischen Alterthümlichkeiten in der
franz. Litteraturspr. des 17. Jahrh. Jena 1882 Diss. — AV. List, Syntakti-
sche Studien über Voiture, in: Französ. Stud. I 1.
A. Haase, Bemerkungen zur Spatax Pascals, in : Ztschr. f. nfrz. Si)r.
u. Lit. IV 95 — L. AVespy, Die bist. Entwickelung der Inversion des
Subjects im Franz. u. der Gebrauch derselben bei Lafontaine, in: Ztschr.
f. nfrz. Spr. u. Lit. VI^ 100 u. 161 Separatabdruck Oppeln 1884) — Zander,
Grammat. Bemerkungen zu Lafontaine. Grimma 1884 Progr. — C. Sie-
gert, Die Sprache Lafontaine's mit besonderer Berücksichtigung der Ar-
chaismen. Leipzig (?;.
4. Syntax des No mens. J. A. Savels, Ueber die vergl. Lehre vom
Gebrauch der Casus in der deutsch., französ., lat. u. griech. Spr. 4 Abth.
Essen 1838/40 — *Clairin, Du genitif latin et de la preposition de, etude
de syntaxe historique s. la decomposition du latin et de la forniation du
frcs. Paris 1880 — PÖTZSCHKE , Ueber den lat. Genetiv u. Ablativ u. den
frz. Genetiv. Würzen 1879 Progr. — Fleck, Untersuchung üb. d. Gebrauch
des Artikels im Frz. Dortmund 1885 Progr. — P. Gellrich, Sur l'emploi
de l'article en vieux frcs. Langenbielau 1881 — A. Hemme, Ueber die An-
wendung des Artikels in der frz. Spr. Göttingen 1869 Diss. — Keding,
Syntax des frz. Theilungsartikels. Guhrau 1870 Pr. — A. LÖFFLER, Unter-
suchungen üb. d. article partitif , in : Centralorgan f. d. Interess. d. Real-
schulw. VII 705 — *A. Schneider, Die elliptische Verwendung des par-
titiven Ausdrucks im Altfrz. Breslau 1883 Diss. — Heller, De la sup-
pression de Tarticle devant les subst. joints aux verbes. Berlin 1856. Progr.
d. k. R. — H. Nehry, Ueb. d. Gebrauch des absoluten Cas. obl. des alt-
franz. Subst. Berlin 1S82 Diss. — A. Ai'BEKT, Des emplois sjTitaxiques du
genre neutre en fr9S. Marseille 1885.
L. Eichelmann, Ueber Hexion u. attributive Stellung des Adj. in
den ältesten franz. Sprachdenkmälern bis zum Rolandslied einschliesslich.
Marburg 1879 Diss. — L. Berkenbusch, Ueb. d. Stellung d. Adj. im Frz.
I
Satzbau und Stylistik. 275
Göttingen 1S63 Progr. — Hellku, De la place de l'adjeetif. Berlin 1848.
Protrr. d. kgl. R. — Bkeusing, Ueb. d. Stellung des attr. Adj. im Franz.
Crcfeld 1ST3 Progr. — A. Bekgaignk, La place de l'adjeetif epithete en
vieux frcs et en latin, in: Melanges Graux, p. 53:5 — *E. Gkssxkh, Zur
Lehre vom frz. Pron. Berlin 1873,74. Progr. des frz. Gynin. 2. Autl. l&Sö
— O. KxiTH, Süll' uso del ))ronome personale uelle lingue francese ed
italiana etc. Mülhausen i. E. 1S80 Progr. — Cii. Jouet, Emploi du pro-
nom possessif ä la place de l'adjeetif demonstratif en nomiand, in: Rom.
VI 134 — A. GlESECKE, Die Demoustrativa im Altfrz. mit Einschluss des
IG. Jahrb. Rostock Sondershausen ISSl — A. M. "Wallström, Om bru-
ket af de relativa prononiina i Ny-Franskan. Upsala. Diss. 1875 — H. Su-
ciiiER , Ausrufe mit quel im Altfrz. , in : Ztschr. f. rom. Phil. VI 445 —
"W. ScH.\FEU, Die altfrz. Doppelrelativsätze. Marburg 1884 Diss. — An-
dere Schriften über den Gebrauch der Pronomina s. oben S.255.
5. Syntax des Verbums. F. G. Erhardt, Die frz. Temps des In-
dicativs vergl. mit den lat. u. griech. Temps. Stuttgart 1840 — J. A. Sa-
VELS, Grundriss der vergl. Lehre vom Gebrauche der Modi in d. deutsch.,
franz., lat. u. griech. Spr. Essen 1837 — A. Haa.se, Abhandlungen üb. d.
Gebrauch der Tempora u. Modi, in: Ztschr. f. nfrz. Spr. u. Lit. VI- 52
zusammenfassende Recension der seit 1877 erschienenen einschlägigen Mo-
nographien! — L. Cledat, Lecons de syntaxe bist.: s. les modes et les
temps des verbes frcs. Paris 18S1 , und: Etudes de philologie frcse. I.
Question de SATitaxe : emploi et accord des temps, in : Annuaire de la fa-
faculte des lettres de Lyon. li^re annee, p. 61, vgl. Rom. XII 629 — H.
Bockhoff, Der synt. Gebrauch der Tempp. im Oxf. Texte des Rolandslie-
des. Münster 1880 — F. Körnig, Der syntakt. Gebrauch des Impf. u. des
hist. Perf. im Altfrz. Breslau 1883 .Diss. — Engwer, Ueb. d. Anvrendung
der Tempora perfectae statt der Tempora imperfectae actionis im Altfrz.
Berlin lbS4 Diss. — H. Schlutter, Beitrag zur Geschichte des synt. Ge-
brauchs des passe def. u. des impf, im Frz. Jena 1884 — *J. Vogels, Der
svntakt. Gebrauch der Tempp. u. Modi b. Pierre de Larivey im Zusam-
menhange der hist. Syntax, in : Rom. Stud. V 445 — R. Pape, Essai s. la
formation et l'emploi syntaxique du passe def. Hagen i. W. 1881. Progr.
d. Realsch. I. O. — Jäger, Notiz betr. eine Eigenthümlichkeit in der An-
wendung des frz. Futurs, in: Herrig's Archiv 72, p.235. Siehe auch S.278.
Spohn, Ueb. d. Conj. im Altfrz. Schrimm 1882 — A. HoRXlXG, Ueb-
d. Conj. in Comparativsätzen im Altfrz., in: Ztschr. f. rom. Phil. V 386,
vgL F. Bischoff, ebenda VI 123 f. — K. Quiehl, Der Gebrauch des Conj.
in den ältesten frz. Sprachdenkmälern bis zum Rolandsliede einschliess-
lich. Kiel 1881 — *G. Willexberg, Hist. Untersuchung üb. d. Conj. Präs.
der 1 schw. Conj. im Frz., in; Rom. Stud. III 373 (behandelt vorwiegend
die Flexion — H. Krollick, Ueb. d. Conj. b. Villehardouin, Greifswald
1877 Diss. — R. Nebling, Der Subjonctif b. Joinville. Kiel 1879 Diss. —
A. HA.A.SE, Ueb. d. Gebrauch des Conj. b. Joinville. Küstrin 1881/82 Progr.
— R. Kowalski, Der Conj. bei Wace. Göttingen 1882 Diss. — *F. Bi-
schoff, Der Conj. b. Crestien v. Troyes. Halle 1881 — Schulze- Veltrcp, Der
synt. Gebrauch des Conj. in »li Chevaliers as 2 espees«. Münster 1885 Diss.
18*
276 l^as Französische.
E. W. Pettersün, Om de franska Hjelpverben. Gefle 1882 Progr. —
E. Weber, Ueb. d. Gebrauch von devoir, laissier, pooir, sacoir, soloir, vo-
loir im Altfrz. Berlin 1879 Diss., vgl. Ztschr. f. rom. Phil. IV 420.
F. A. Wulff, L'emploi de l'intinitif dans les plus anciens textes frc.s.
Leipzig 1878, vgl. Ztschr. f. rom. Phil. I 575 — A. Lachmund, Ueb. den
Gebrauch des reinen u. präpositionalen Inf. im Altfrz. Rostock (Schwerin)
1877, vgl. Ztschr f. rom. Phil. IV 422 — H. Schillek, Der Inf. b. Cre-
stien. Breslau 1883 Diss. — Soltmaxn, Der Inf. mit der Präposition a im
Altfrz. bis zum 12. Jahrb., in: Französ. Stud. I 3(jl — C. V. Modin, um
bruket af intinitiven i Ny-Franskan. Upsala 1875 Diss.
H. Dreseu, die active frz. Participialconstr. mit Berücksichtigung des
Lat. u. im Vergl. m. d. Engl. Leipzig 1875 — C. Klöpper, Traite s. l'em-
ploi du part. frcs dans la langue ancienne et moderne. Rostock 1873 Diss.
— P. Clemenz, Der sjTit. Gebrauch des Part. Präs. u. des Gerundiums
im Altfrz. Breslau 1885 — A. AuBERT, De usu participiorum praesentis
in sermone gallico. Marseille 1885. — Weitere Schriften über die
Participien s. oben S. 256.
6. Wortstellung u. dgl. : F. Habicht, Beitr. z. Begründung der
Stellung von Subj. u. Präd. im Neufrz. Jena 1882 — C. Humbert, Die frz.
Wortstellung auf eine Hauptregel zurückgeführt oder die Betonung frz.
Wörter und ihr Einfluss auf Wortbildung, Formenlehre, Sj-ntax, Metrik
der frz. Spr., in: Centralorg. f. d. Interess. d. Realschulw. VI Heft 8,10
— B. VÖLCKER, Die "Wortstellung in den ältesten frz. Sprachdenkm., in:
Franz. Stud. IH 449 — H. Morf, Die Wortstellung im altfrz. Rolands-
lied, in: Rom. Stud. III 199 — P. KrÜger, Ueb. d. Wortstellung in der
frz. Prosalitteratur des 13. Jahrh. Berlin 1876 Diss., vgl. Ztschr. f. rom.
Phil. 1 577 — G. Marx, Die Wortstellung bei Joinville, in: Frz. Stud. I
315 — Le Coultre, L'ordre des mots dans Crestien de Troyes. Leipzig
1875 Diss., Dresden 1875 Progr. — J. Schlickum, Wortstellung in der
altfrz. Dichtung Aucassin et Nicolete, in: Franz. Stud. lU 177 — E. Hüpf-
NER, Die Wortstellung b. Alain Chartier u. Gerson. Leipzig lSb3 Diss. —
A. Bechtel, Bemerkungen zum Gebrauch der Inversion nach aussi , en
vain etc., in: Herrig's Archiv 67, 453 — A. Schulze, Die Wortstellung
im altfrz. directen Fragesatz, in: Herrig's Archiv 71, 185.
J. Klapperich, Hist. Entwickelung der syntakt. Verhältnisse der Be-
dingungssätze im Altfrz., in: Franz. Stud. III 223 — P. MÜLLER, Die lat.
u. frz. consecutio tempp. Bruchsal 1874 Progr. — E. Frodin, Um tempus-
följden i Franskan. Upsala 1875 Diss. — G. Willenberg, Zur Constr. von
falloir, in: Ztschr. f. neufrz. Spr. u. Lit. V 117 — Riecke, Die Constr. der
Nebensätze im altfrz. Rolandsliede. Münster 1883 Diss. Siehe auch S. 278.
7. Syntax der Partikeln: E. Gessner, Sur l'origine des preposi-
tions fr9ses. Berlin 1858 — G. Raithel, Die altfrz. Präp. Berlin 1875, s.
oben S. 257 — E. Engel, Ueb. d. Gebrauch d. Präpos. b. Joinville. Hei-
delberg 1884 Progr. — R. Sculenner, Ueb. d. adnorainalen Gebrauch der
Präp. de im Altfrz. Halle 1881 Diss, — C. Wehrmann, Beiträge z. Lehre
v. d. Partikeln der Beiordnung im Franz. , in : Rom. Stud. III 383 — F.
Perle, Die Negation im Altfrz., in; Ztschr. f. rom. Phil. II 1 u. 407 —
Satz1)aii und Stylistik. 277
H. LÜnECKIXG, Zur Geschichte der Negation in der frz. Spr. Wiesbaden
1S61 Progr. — R. Kkichknbach, Der Gebraucli des frz. Verbums zum
Ausdruck des Adverbiums. Ein sprachvergl. Versuch. Colberg ls()5 Progr.
J. Siede, Syntaktische Eigenthümiiclikeiten der Umgangssprache we-
niger gebildeter Pariser, beobachtet an den Scenes populaires von Henri
Monnier. IJerlin 1885 Diss.
S. Stylistik. Die französische Stylistik ist ein noch fast völlig ver-
nachlässigtes Gebiet: nicht nur fehlt es durchaus an einer wissenschaft-
liclien Darstellung derselben, sondern auch an einem guten praktischen
I.ehrbuche. Das relativ beste Compendium: A. RocHK, Du style et de la
composition litt^raire. Paris o. J. (Librairie Ch. Delagrave) enthält manche
schätzbare Bemerkungen, ist aber doch nur dilettantisch und unmethodisch
abgefasst.
Auch an Einzeluntcrsuchungen über stylistische Dinge besteht noch
ein fühlbarer Mangel und, genau genommen, ist nur eine bedeutende Ar-
beit zu verzeichnen : A. Tobler, Verblümter Ausdruck und A\'ortspiel in
altfrz. Rede (Sitzungsberichte der Berl. Akad. d. Wissensch. XXVI 1882],
p. 531 ff.). Die Bemerkungen, welche in litterargeschichtlichen Werken
über den Styl gewisser Litteraturgattungen , z. B. der chansons de geste,
einzelner Litteraturwerke und einzelner Autoren gegeben werden, sind
vielfach geistvoll und zutreffend, gehen aber, wie natürlich, nicht auf das
Einzelne ein. Neuerdings ist die Untersuchung des »Styls« und der »Poe-
tik« irgend eines Werkes oder eines Autors ein beliebtes Thema für Doctor-
dissertatiouen geworden, und an sich ist dagegen höchstens das Bedenken
zu erheben, dass derartige Arbeiten eigentlich mit wirklichem Erfolge erst
dann werden unternommen werden können, wenn die Theorie des Styles die
wissenschaftliche Neugestaltung, deren sie dringend bedarf (vgl. Theil II
S. 305), erhalten haben wird. Jedenfalls aber ist an vielen der betr. Disserta-
tionen zu rügen, dass ihre Verfasser das Thema zu äusserlich und mecha-
nisch behandelt haben, indem sie sich damit zufrieden gaben, die ihnen
aufstossenden stylistischen Thatsachen nach den herkömmlichen Rubriken
schematisch aufzuführen. Solches Verfahren kann nur den Werth einer, unter
Umständen allerdings verdienstlichen, Vorarbeit besitzen. Die eigentliche
Aufgabe bei derartigen Untersuchungen muss sein, festzustellen, welche der
vorkommenden stj^listischen Wendungen originell, bzw. für das betr. Werk
oder für den betr. Autor charakteristisch sind, welche Stellung dies Werk
oder dieser Autor in stj'listischer Beziehung innerhalb der zeitgenössischen
und gegenüber der vorausgegangenen Litteratur einnimmt und welchen sty-
listischen Einfluss dasselbe , bzw. derselbe auf die Folgezeit ausgeübt hat.
Aber es wäre zu wünschen, dass stylistische Untersuchungen auch auf an-
dere, umfassendere Objecte gerichtet würden, z. B. auf die Beeinflussung,
die der französische Styl bestimmter Zeiträume und bestimmter Litteratur-
gattungen durch das Lateinische, das Italienische, das Spanische erfahren
hat; auf den inneren Zusammenhang, in welchem der Styl bestimmter Zeit-
räume zu der bildenden Kunst steht; auf das Verhältniss einer bestimm-
ten Stylform zur Gesammtcultur u. dgl.
K. ZuTAVEUX, Ueber die altfrz. epische Sprache. Heidelberg 1885 —
278 Das Französische.
Fr. Ziller, Der epische Styl des altfrz. Rolandsliedes. Magdeburg 1S83
— H. Drees, Der Gebrauch der Epitheta omantia im altfrz. Rolandsliede.
Münster 1883 — J. Bekker, Gegenüberstellung homerischer u. altfranzös.
Sitte und Ausdrueksweise, in : Monatsberichte d. Berl. Akad. d. A^'issen-
schaften 1866 — K. Tolle, Das Betheuern u. Beschwüren in der altroman.
Poesie mit besonderer Berücksichtigung der französ. Erlangen 1883 — J.
Altona, Gebete und Anrufungen in den altfrz. Chansons de geste, in:
Stexgel's Ausg. u. Abh. IX — E. Ebert, Die Sprichwörter der altfranz.
Karlsepen, in : Stengel's Ausg. u. Abh. XXIII — Hüllen, Ueber Styl u.
Composition der altfrz. chansons de geste Amis u. Amites und Jourdains de
Blaivies. Münster 1883 Diss. — Grosse, Der Styl Crestiens v. Troyes,
in: Französ. Studien I 127 — G. Felgxer, Ueber Eigenthümlichkeiten
der Ronsard'schen Phraseologie. Gotha 1880 Progr. — AV. Heidkami", Re-
marques s. la langue de Moliere. Münstereifel 1882 Progr. — E. Kaulen,
Die Poetik Boileau's. Münster 1881 Diss. — Fritzsche, Rousseau's Styl
und Lehre in seinen Briefen. Zwickau 1884 Progr. — C. M. Robert, No-
tes et remarques s. la langue des romans champetres de G. Sand, in:
Taahstudie Bd. V u. VI.
Nachtrag zu S. 275 f. : G. RiDOLPH, Der Gebrauch der Tempora u.
Modi im agn. Hörn, in : Herrig's Archiv LXXIV 257 — H. Johannsen,
Der Ausdruck des Concessivverhältnisses im Altfrz. Kiel 1885.
Neuntes Kapitel.
Die Rhythiuili.
Vorbemerkung. Hauptgesetze der französ. Rhythmik
sind: 1. Der französ. Vers ist nach dem accentuirenden
Principe gebaut und an eine bestimmte Sylbenzahl gebunden.
2. Die (tönende) Schhisssylbe jedes Verses ist stets rhythmisch
hochbetont. 3. Verse grösseren Umfanges sind durch die Cäsur
in zwei , gleiche oder ungleiche , Theile zerlegt ; die vor der
Cäsur stehende (tönende) Sylbe ist rhythmisch hochbetont.
4. Neben den festen rhythmischen Hochtonstellen (am Vers-
schlusse und vor der Cäsur haben Verse grösseren Umfanges
noch eine oder mehrere bewegliche rhythmische Hochtonstel-
len. 5. Jede rhytlmiische Hochtonstelle bildet mit den ihr
vorausgehenden tieftonigen Sylben (wenn solche fehlen, für
sich allein) ein sogenanntes rhythmisches Element (Tonfuss) ;
die zu einem Verse verbundenen rhythmischen Elemente kön-
nen gleichen oder ungleichen Umfang (Sylbenzahl) haben : das
Die Rhythmik. 270
Letztere ist die Kegel. 0. Auf einander folgende Verse haben
in der Regel verschiedene rhythmische Stnictur. 7. Die zu
einer Dichtung, hzw. zu einer Strophe vereinten Verse müssen
mindestens paarweise durch (die Assonanz, bzw. den Keim
verbunden sein.
Für das Neufranzösische insbesondere treten noch folgende
Gesetze hinzu- 1. Die Ciisur kann nur männlich sein, Worte
weiblicher Endung können folglich nur im Falle der Elisions-
möglichkeit in der Cäsur stehen. 2. Männliche und weibliche
Reime müssen regelmässig mit einander wechseln. 3. Das
Enjambement ist verpönt.
§ 1. Die S ylbenzählung.
1 . Jede geschriebene Sylbe besitzt in der Kunstpoesie
rhythmische Geltung. Daraus folgt, dass auch das dumi^fe,
bzw. das sog. stumme e derartige Geltung besitzt, jedoch sind
hier folgende Ausnahmen zu bemerken ^) : a; dumpfes e vor
vocalischem Anlaut wird im Neufrz. stets elidirt im. Altfrz.
ist die Elision nur facultativ bei qtie, w^eil ursprünglich quod
[im frühen Altfrz. auch qued'\. se = si und se = sie, ne = nee,
je. ee [ob in qo est das o elidirt oder das e apokopirt wird,
ist streitig], ferner bei enclitischen ^nicht aber bei prokli-
tischen] me. te , se. le). b) Die Wortausgänge auf Hochton-
vocal + e (z. Vi. Jalousie, j'ournee u. dgl.' gelten am Vers-
schlusse als weibliche Endungen , im Versinnern sind sie im
Neufrz. nur im Falle der Elision zvilässig. c) Die Wortaus-
gänge auf Hochtonvocal -\- e -\- s oder nt (z. B. Journees^
voient) gelten am Versschlusse als weibliche Endungen, im
Versinnern sind sie im Neufrz. unzulässig (Ausnahmefälle noch
bei Corneille. Meliere und anderen Dichtern des 17. Jahrh.).
Die Verbalformen aient und soieiit, sowie der Verbalausgang
-aietit (3 P. PI. Impf, und Impf. Fut.) gelten im Neufrz., zu-
weilen auch schon im Altfrz., als einsylbig, bzw. als männ-
lich, d) In der Combination Vocal -\- e -^ Hochtonsylbe (z. B.
tuerai ., gaiement u. dgl.) besitzt e im Neufrz. nie mehr Syl-
bengeltung, daher auch die Schreibweisen: iurai, gaimenf etc.
1) Nicht als Ausnahmefall ist es zu betrachten, wenn in altfranzösi-
schen Schreibungen wie aneme u. dgl. das lediglich graphische e der Mit-
telsylbe für den Vers als nicht vorhanden gilt.
280 ^^^ Französische.
Die Aussprache des Sylbengeltung besitzenden tonlosen e
im Auslaut ist Object lebhafter Controversen, auf welche hier
nicht näher eingegangen werden kann. Bemerkt werde nur,
dass mehr und mehr die Tendenz sich geltend macht , die
Aussprache bei der Recitation und Declamation poetischer
Stücke ganz nach den für die Prosa gültigen Grundsätzen zu
behandeln.
2. /(/. fna, fa, sa verlieren vor vocalischem Anlaut ihre
Sylbengeltung. im Neu frz. tritt für ma etc. vor Vocal die
Masculinform ein [mon epee, altfrz. ni'espee).
8. Vocalcombinationen sind a) zweisylbig, a) wenn sie
auf lat. Doppel vocal beruhen, z. B. religi\on , consc%\ence^
eiudier etc. Hierher gehören namentlich die durch Schwund
einer intervocalischen Explosiva entstandenen Combinationen,
z. B. crw[c?je/, /e[^]e?', mendi\c\er etc. — Ausgenommen z. B.
diahle und diantre , ßacre , hreviaire (altfrz. hrevi\ai\re) , liard
(v. lie = laefum'l), die Endung -ien (altfrz. -i\ie?i, auch im
älteren Neufrz. häufig noch -i\en) in ancien^ gardien^ chretien
u. dgl., familier = ^famil-arius: ferner: miette v, mi\c\a, moelle
= altfrz. me\oIe = medulla. fouet v. fagus^ fuir v. *fu\(f]ire,
poele \. pa[i\ella, ecuelle v. scu[t]eUa , pietre v. pe\d^\estreni ,
j'uif V. *judwus (durch SuffixvertaTischung f. judaeus) , oui =
Oll == /to[c]ille.; über -ions, -iez vgl. C; ; zweisylbig ist pags.
b) einsylbig a) wenn sie zum graphischen Ausdruck eines
einheitlichen Lautes dienen, wie ou = ic, au = o. ai=^e, eu und
cßuz=z ö; ß) wenn sie auf einem lat. Vocal beruhen, wie z. B.
ie in hien = hine. pied=pedem, soir = se^-twi, bois = biho.
Ausgenommen sind hi\er (seit dem 16. Jahrh., doch findet sich
noch im 17. Jahrh. hier) , die Endung -ier nach muta cum
liquida, daher t7ieurtri\er , aber polier, ebenso ie in den Ordi-
nalzahlen, daher quatri\eme, aber troisieme. ebenso erklärt sich
gri\ef\ y) wenn sie entstanden sind durch Vocalattraction, wie
z. B. Ol in gloire. über -ier = arius s. oben ; 6] wenn sie ent-
standen sind durch Vocalisirung eines Cons. , daher ist z. B.
ieu in cieux = cael[o'\s einsylbig, ebenso eau in heau = hel}\iirn\.
c) Die Verbalausgänge -iona , -iez sind im Neufrz. nach
muta cum liquida zweisylbig, also z. B. voudrio?is, sonst ein-
sylbig, also z. B. voidions. Im Altfrz. Avaren -ions, iez im
Impf. Ind. und im Cond. zweisylbig, sonst einsylbig.
Die Rlinhmik. 281
4. In Versen weibliehen Ausganges (auf -e] sowie in (alt-
französischen) Versen mit weiblicher Cäsur besitzt die der letz-
ten Ilüchtonsylbe des betr. Halbverses zwar lautliche Sylben-
geltung , wird aber nicht mitgezählt . es endet vielmehr die
Zählung mit der Hochtonsylbe, also z. H. ein altfrz. Alexan-
driner mit weiblichem Ausgange und weiblicher Cäsur zählt
thatsächlich 14 Sylben, gilt aber nichtsdestoweniger als I2syl-
biger Vers.
Im Xeufrz. sind Verse weiblichen Ausganges im Falle der
A'erstummung des auslautenden tonlosen e thatsächlich männ-
liche Verse.
§ 2. Der Hiatus.
1 . Der Hiatus im "NVortinnem war stets und ist noch
jetzt durchaus gestattet, vgl. § 1, No. 3.
2 . Ueber den Hiatus . der durch das Zusammentreffen
vocalischen Auslautes und vocalischen Anlautes erzeugt wird,
ist zu bemerken :
a] er wird durch Elision beseitigt zwischen auslautendem
dumpfen, bzw. sog. stummem e -\- anlautendem Vocal. vgl.
§ l. No. 1 a):
b' er ist gestattet zwischen auslautendem Nasalvocal +
anlautendem Vocal, z. B. tm autre. im hahit-,
c) er ist gestattet zwischen Vocal + auslautendem stum-
men Cons. -(- anlautendem Vocal. z. B. zwischen den Verbal-
formen auf -er, -ez und folgendem vocalischen Anlaut; ei je-
doch wird nach Kegel d) behandelt :
d) er ist sonst gestattet im Altfrz., verboten im Neufrz.,
so dass also im letzteren Verbindungen, wie tu as, a efe, et eile
u. dgl. unzulässig sind, jedoch dürfen luterjectionen [ah, eh,
oll etc.) im Hiatus stehen und oui wird oft als consonantisch
anlautend betrachtet.
Aus dem Gesagten ergiebt sich, dass auch das Neufrz.
den Hiatus noch in weitem Umfange zulässt.
§ 3. Die Versstructur.
1. Das rhythmisch zulässige Minimum der Sylbenzahl
eines Verses ist 4, das rhythmisch zulässige Maximum ist 12.
Allerdings sind gelegentlich auch einerseits drei-, zwei- und
selbst einsylbige Verse und andererseits solche von 13, 14 etc.,
282 Däs Französische.
ja selbst von 24 Sylben gebildet worden, es sind dies aber
nur rhythmische Monstrositäten, die höchstens den Werth
künstlicher Spielereien, nicht aber irgendwelches Daseinsrecht
besitzen.
2. Die innere Structur des Verses beruht auf dem rhyth-
mischen Accente. Jeder Vers besitzt mindestens eine rhyth-
mische Hochtonstelle, welche von der letzten in der Zählung
berechneten Sylbe gebildet wird. Verse von mehr als vier
Sylben besitzen in der Regel zwei, bzw. mehrere rhythmische
Hochtonstellen (vgl. No. 3). Eine rhythmische Hochtonstelle
mit den ihr vorangehenden tieftonigen Sylben bildet ein rhyth-
misches Element, bzw. einen Tonfuss, welcher je nach der Zahl
der tieftonigen Sylben als Tonjambus, Tonanapäst oder Tonpäon
bezeichnet werden kann. Die Combinationen von vier und selbst
von fünf tieftonigen Sylben mit einer rhythmisch hochbeton-
ten Sylbe sind möglich und kommen nicht selten zur Ver-
Avendung; man kann sie, wenn sie als selbständige Verse auf-
treten, (nach Lubarsch) als »rhythmische Wirbel« bezeichnen.
Eine rhythmische Hochtonstelle, welche den Vers beginnt
oder einer rhythmischen Hochtonsylbe unmittelbar nachfolgt,
also Tieftonsylben nicht vor sich hat, bildet für sich allein
ein rhythmisches Element *) .
Die zu einem Verse verbundenen rhythmischen Elemente
können bezüglich ihres Umfanges und also auch bezüglich
ihrer Beschaffenheit einander gleich oder ungleich sein, Letz-
teres ist der häufigere Fall. Als Beispiel diene folgende
Strophe (nach Luuarsch):
La ßeiir \ des vi\gnes pousse (drei Tonjamben)
Et Jai I vingt ans \ ce soir (drei Tonjamben)
Oh ! (jtte la vi\e est douce ! (Tonpäon -1- Tonjambus)
C'est comme en vin \ qui mousse (Tonp. -|- Tonj.)
En sortant \ du pressoir (zwei Tonanapästei .
3. Verse von mehr als acht Sylben werden in der Regel
durch die Cäsur in zwei Hälften oder Hemistiche zerlegt'^).
Die vor der Cäsur stehende Sylbe trägt stets einen rhythmi-
1) Obiger Satz kann allerdings mit guten rhythmischen Gründen an-
gefochten, aber auch mit ebensolchen vertlieidigt werden.
2) Im ältesten AUfrz. Leodegar, l^ission^ finden sich auch achtsylbige
Verse mit Cäsur, vgl. unten § 4, No. ."i.
Die Rhythmik. 283
sehen Ilochton, so dass also Verse mit Cilsuv stets mindestens
zwei rhythmische Ilochtonstellen besitzen.
4. Seit He^inu des 16. Jahrhunderts darf die Ciisur nur
dann noch (und also nur scheinbar) weiblich sein, wenn das
auslautende tonlose e elidirt wirtl ; sie ist also thatsächlich
immer männlich. ;l)as Streben, nur männliche Cäsur zu brau-
chen, zeigt sich zuerst im Abenteuerromane »lirun de la Mon-
tagne«, 14. Jahrh., annähernd durchgeführt; theoretisch scheint
die Regel zuerst von Jean Lemaire des IJelges, geb. 1473,
aufgestellt worden zu sein, vgl. Tobler a. a. O., p. 70.)
5. Enklitische und proklitische Worte (die conjunctiven
Pronomina u. dgl.) dürfen nicht vor der Cäsur stehen.
G. Rhythmisch durch Assonanz oder Reim mit einander
verbundene Verse gleicher Sylbenzahl haben zwar die Cäsur
an derselben Stelle, können aber in Bezug auf die Beschaffen-
heit der rhythmischen Elemente verschieden sein und sind es
in der Regel. Mit einander verbundene Verse gleichen Um-
fanges sind also meist ungleichtaktig , vgl. Theil II, S. 417
u. 423 f.
7. Die Vocalquantität bildet kein constituirendes Ele-
ment des französischen Verses, kann jedoch für rhythmische
Zwecke wirkungsvoll benutzt werden.
S. Gelegentlich findet s-ich innerhalb des Verses die Al-
literation als rhythmisch wirksames Mittel gebraucht, es darf
jedoch bezweifelt werden, ob dies von Seiten des betr. Dich-
ters mit Bewusstsein geschehen ist.
§ 4. Die Structur des ach tsylb igen Verses.
1. Der achtsylbige Vers ist im Altfrz. der übliche Vers
des Abenteuerromans und der damit zusammenhängenden no-
vellistischen Reimdichtung '(Conte , Fabliau , Laij , der allego-
rischen und der didac tischen Dichtung sowie des Dramas.
2. Der achtsylbige Vers des Altfrz. ist cäsurlos (vgl. je-
doch No. 3^ und besitzt zwei oder drei rhythmische Hochton-
stellen, von denen nur diejenige am Versschlusse fixirt ist;
seine Structur möge durch folgendes Beispiel aus Crestiens'
Chev. au lyon, v. 12 ff. , veranschaulicht werden:
Li an recontoient noveles.
li autre parloient d'amörs.
284 I^as Französische.
des angoisses et des dolörs
et des granz Mens qiiörent soväni
li deciple de so?i covänt,
qui lors estoit molt dölz et buens.
3. In dem achtsylbigen Verse des Leodegar und der Pas-
sion ist fast regelmässig die vierte Sylhe rhythmisch hochbe-
tont und scheint nach derselben Cäsur angenommen werden
zu müssen vgl. G. Paris in Rom. I 295), z. B. :
Domine deü \ deuemps lauder.
et a SOS Si'mcz \ honör porter.
in suamör \ cantömps del sänz.
quae por lui aügrent \ gränz aänz.
et or es temjys \ et si est Mens,
quae nos cantümps \ de sänt lethgier.
4. Im Neufranzösischen, welches den achtsylbigen Vers
nur in der Lyrik verwendet, kann die Structur desselben sehr
mannigfach sein, wie folgendes Beispiel veranschaulichen mag
(nach LuBARSCH, S. 197):
J^ai Jete ma vie aux delices.
Je souris ä la volupte;
Et les insenses, mes complices,
Admirent ma felicite.
3Ioi-t)ieme, crednle ä ma joie.
J^enivre mon ccßlir^ Je me noie
Aux torrents dun rinnt orgiieil ;
Mais le Malheur devant ma face
A passe; le rire s'efface.
Et mon front a repris son de\iil.
§ 5. IMe Structur des zehn sylb igen Verses.
1. Der zchnsylbige Vers ist der übliche Vers in den äl-
teren chansons de geste ; als solcher hat er die (männliche oder
weibliche) Cäsur nach der vierten Sylbe , Cäsurstelle und
Schlussstelle sind stets rhythmisch hochbetont , ausserdem
kann das erste Hemistich noch eine, das zweite Ilemistich
m u s s mindestens noch eine , kann aber auch zwei rhythmi-
sche Hochtonstellen haben, so dass deren Gesammtzahl im
Minimum 3, im Maximum 5 beträgt, z. B. der Anfang des
Rolandsliedes (O) :
Die Rhythmik. 285
Carh's li reis. \ nostre emperere mugnes^
set am tuz pleins \ ad est et en Espaigne.
tresqii en la mer \ cunquht Ja tere altnigne.
yi ad castel \ qui devaut lui rcmaigne,
murs ne citet \ ni est remes a fraindre
fors SaiTaguce, \ Jc'est en une montaigne.
2. Im Xeufranzösischen wird der zehnsylbige Vers nur
noch in der Lyrik iiud in der Ipisch-epischen Dichtung (Ro-
manze n. dgl. gebraucht und auf doppelte Weise — entweder
mit der Ciisur nach der vierten oder mit der Ciisur nach der
fünften Sylbe — gebildet : eine dritte Art mit der Cäsur nach
der sechsten Sylbe ist nur gelegentlich gebraucht worden.
3. Als Beispiel für die Stfuctur zehnsylbiger Verse der
ersten Art (Cäsur nach der vierten Sylbe) diene die Strophe
DuRA>'D's (bei Lubarsch. S. 162 :
Des hiancs torrents \ ecoutant le murmiire
Sur les gazons \ Je me suis arrete ;
Jamals le soir, | ö naftire. nattire!
^eut plus declat \ ni plus de majeste.
Feux dans Vazur^ \ neige d'or \ revetue!
Hymne des bois, \ echos des monts en ßeurs !
Dans cet accord \ ma, voix seule s'est tue,
C'est que mon ccBur | et alt aillenrs.
4. Der zehnsylbige Vers mit der Cäsur nach der fünften
Sylbe (nach einem Gedichte des Bo>'avexture des Periers
1544] scherzhaft »vers en taratantara« benannt wurde zuerst
im Roman de la Violette des Girbert de Montreuil (13. Jahrb.)
gebraucht, erlangte im 16. Jahrh. einige Beliebtheit, gerieth
aber bald wieder in Vergessenheit und wurde erst am Ende
des 17. Jahrh. von Regnier Desmarais wieder aufgenommen
und späterhin von mehreren romantischen Dichtem, z. B. von
V. [Hugo und Bti. de Banville, gebraucht vgl. LirBARSCH,
S. 170). Als Beispiel für die Structur mögen folgende Verse
dienen (nach Luharsch. S. 173):
Entre deitx seigneurs, \ un Frank, im Breton,
S^apprete un combat, \ combat de renom.
Du paijs breton \ Lez-Breiz est Vappui,
Que Dien le soutienne \ et marche avec lui
286 ^^^ Französische.
Le seigneur Lez-Breiz \ le hon chevalier.
Eveille iin matin \ son Jeune ecuyer etc.
§ 6. Die Structur des zwölfsylhigen Verses (Ale-
xandriners, vgl. No. 5).
1. Der zwölfsylbige Vers Avird durch die (im Altfrz. männ-
liche oder weibliche, im Neufrz. nur männliche) Cäsur in zwei
Hemistiche gleichen Vmfanges getheilt. Jedes Hemistich be-
sitzt je eine feste rhythmische Hochtonstelle am Schlüsse also
in der 6., bzw. in der 12. Sylbe) und ausserdem noch je eine
nicht iixirte Hoch tonstelle. Die Gesammtzahl der rhythmi-
schen Hochtonstellen ist somit 4 , jedoch linden sich nicht
ganz selten Verse . welche 5 und selbst 6 Hochtonstellen be-
sitzen, wie z. B. nach Lubarsch) :
Ne ministre du Dieu \ qu!en ce iemjile oti adore [Racine,
Ath. 3, 31.
Peuple mgrat? Quoi? toujours \ les j^ius grandes mer-
veilhs . . . I Racine, Ath. 1, 1"|.
2. In der modernen französischen Poesie unterscheidet
man zwei Formen des Alexandriners, die classische und die
romantische. Unterscheidungsmerkmal zwischen ihnen ist die
grössere oder geringere Bedeutung der Cäsur vgl. No. 4).
3. Die classische Form ist die bei weitem vorherr-
schende und übliche. Die zu ihr gehörigen Verse gliedern
sich nach den vier rhythmischen Hochtonstellen in vier ein-
ander im Umfange gleiche oder ungleiche rhythmische Ele-
mente (Tonfüsse). Hiernach sind mannigfache Variationen des
classischen Alexandriners möglich und thatsächlich üblich. Im
folgenden werde (nach Becq de Fouqiekes, S. bS ff. eine ta-
bellarische Uebersicht über dieselben gegeben, wobei die Syl-
benzahl der rhythmischen Elemente durch die entsprechende
Ziffer bezeichnet und jeder Formel ein Beispiel aus Racine
beigefügt werden soll :
1) 3 -f- 3 I 3 -|- 3 : voua m'avez de Cesar | conße la jeu-
nesse.
2) 2 -}- 4 I 2 -|- 4 : aux pieds de lEternel \je viens inJtu-
milier.
3) 4 -}- 2 I 4 -[- 2 : qiiest dcvenu ce cwur \ qtii me juraif
toujours . . .
Die Khvthmik.
287
-1)
2 + 4 1
^^)
-1+2 1
«)
3 H- 3 1
7)
3 4-3 1
8)
2 + 4 1
9)
4 + 2 1
10^
1 +5 1
11]
1 + 5 1
12)
1 + 5 1
13
1 + 5 1
14
1 +5 1
15]
2 + 4 1
16]
3 + 3 1
17^
2 + 4 1
18
3 + 3 1
19
4 + 2 I
20
4 + 2 1
21
5 + 1 1
22
5 + 1 1
23
) 5 + 1 1
4 + 2: hthts! puh-Je esper er \ ih voun revoir
encore '!
2 + 4 : j'ai declare mu hont \ e aux yeux de
mon rainqiieiir.
2 + 4 : et lui-memc a Ja mort \ i1 s'esf prcn-
pite.
4 + 2 : Je ne puis aeparer \ tcs inUreis des
miens.
3 + 3 : voiJa , comme Je crns \ etouffer ma ten-
dresse.
3 + 3 : reunissons trois coetirs | gut nont pu
saccorder.
1 + 5 : Dien ■ quels imisseaux de sang \ con-
leiit aiitour de itioi-
2 + 4 ; loin de le mepriser \ J^admire son cou-
ragc.
3 + 3 : Olli , resf Agamemnon. | c'esf ton rot
qui feveille.
4 + 2 : Ro7ne en ejfet friom \phe et Mifhri-
dafe est mort.
5 + 1 : Juge saus interet^ \ vous les convaincrez
mienx.
1 + 5 : vos Jours toujours sereins | coulent dans
les plaisirs.
1 + 5: im desordre eternel \ regne dans sori
esprit.
5 + 1 : soumis avec respect \ ä sa volonte sainte
5 + 1 : des lotigt emps eile halt j cette fermete
rare.
1 + 5: notre ennemi seigneiir \ cherche ses avan-
tages.
5 + 1 : dhiji incident tous frais \ qui coiis sur-
preiidra fort (Mol. .
1 + 5 : ne vienne attaquer Dien | Jnsquen son
sanctuaire.
2 + 4: ils Tatt aquer ont me\me au sein de la
victoire.
4 + 2 : 7ie seraietit-ih point ceiix \ qui parlent
mal de nons?
288 I^^s Französische.
24) 5 + 1 j 5 + 1 : ye vons licürais trop. \ Voiis men aime-
riez plus
25) 5 -j- 1 I 3 + 3 : /e sa/iff de vos rois cri\e et n'est point
ecoute.
Es ist selbstverständlich, dass nicht alle diese Variationen
gleich häufig zur Verwendung gelangen . und leicht hegreif-
lich, dass namentlich diejenigen, in denen zwei rhythmische
Hochtonstellen unmittelbar auf einander folgen, nur selten ge-
braucht werden. Ebenso bedarf es nicht erst des ausdrück-
lichen Hinweises darauf, dass jede dieser Combinationen rhyth-
misch anders wirkt und dass auf ihrer passenden und mit dem
ausgesprochenen Gedankeninhalte zusammenstimmenden Ver-
wendung und Verbindvmg die Schönheit des poetischen Aus-
druckes zu einem grossen Theile beruht.
Zu den angeführten Combinationen treten noch ferner :
a) solche Combinationen, in denen das eine oder das an-
dere Hemistich nur eine rhythmische Hochtonstelle besitzt,
nämlich :
26) l-|-5|0-|-6: mttis, de vos allies \ ne vous separez pas.
27) 2-f-4 I 0-|-6: brüle de plus de feux \ que Je n'en
allumai.
28) 3 -|- 3 I 0 4" 6 • y^ fncihhorre encor plus \ que tu ne me
de teste s.
29) 4 + 2 j 0 -|- 6 : eher Zacharie, allez, \ ne vous arretez
pas.
30) 5 -f- 1 I 0 4- 6 : vous perdez le sens. Point. \ Vous vous
declarerez (Mol.)
31) 0 -|- 6 I 2 -}- 1 : ne vous souvient-il plus, \ seigneur, quel
fut Hector?
32) 0 -f- 6 I 3 -f- 3 : ne vous informez point \ de Tetat de
mon Cime.
33) 0-|-6|4-f-2: et vous avez motiti'e \ par une heureuse
audcice.
34) 0 -{- 6 J 5 -j- 1 : ye ne vous parle pas \ de nous aj outer
foi (Mol.)
35) 0 4- 6 I 1 4- 5 : ^6' inen retournerai \ seille et desesperee.
Hierüber noch :
?>Q) 0 -\- ^ \ ü •\- ^ : ne ?fiavez-votts pas dit \ que vous le
haissiez /
Die Rhythmik. 289
Es lieo:t in der rhythmischen Structiir dieser Combinatio-
nen begründet, dass von ihnen nur selten Gebrauch gemacht
werden kann.
bi Solche Combinationen, in denen der Vers mehr als
vier rhythmische Hochtonstellen besitzt, vgl. oben No. 1 .
i. In der romantischen Form des Alexandriners wird
die rhythmische Bedeutung (der Hochtonstelle am Schlüsse
des ersten Hemistichs und damit) der Cäsur derart abge-
schwächt, dass sie zwar formal noch erhalten bleibt, aber eine
wirkliche rhythmische Trennung der beiden Hemistiche , bzw.
des zweiten und dritten rhythmischen Elementes nicht mehr
zu bewirken vermag. In Folge dessen verbinden sich das
zweite und dritte rhythmische Element zu einer rhythmischen
Einheit, d. h. an Stelle der Viertheiligkeit des Verses tritt
die Dreitheiligkeit.
Auch in der romantischen Form des Alexandriners sind
zahlreiche Variationen möglich, von denen hier ebenfalls eine
tabellarische Uebersicht (nach Becq de Fouquieres, S. 136 if.)
gegeben werden soll:
1) 4 + -4 + ^ • cherchaient ses pieds atec leurs leeres demi-
closes.
. 2) 3 + 5 + 4 : il se battent, combat terribh, corps ä corps.
3) 3 + 4 -[- 5 : une reine n'est pas reine sans la beaute.
4) 4 + 3 -j- '"^ : J^ duel reprend. La mort plane , le sang
ruisselle.
5) 5 + 4 + 3 : le ßot qui murmure , est-ce une coix qui
raisonne ?
6) 5 + 3 + 4: da7is Tuzur des cieiix , hors de Tombre et
de Toubli.
1] 4 + 5 + 3 : le vent Jouait avec cette gerbe d'eclairs.
8) 2 + 5 + 5 : son reve avec un bruit d eitles . vague et
farouche.
9) 5 + 5 + 2 : Tapparition prit un brin de paille et clit.
10) 5 + 2 + 5: et sans vous traiter ^ vous , princes, et tos
compagnes .
11) 2 + 6 + 4: leurs tetes en ayant crete la large coute.
12) 4 + 6 + 2 : la melodie encor quelques instants se tralne.
13) 3 + 6 + 3: il elevait au-dessus de la mer son cimier.
Körting, Encyklopädie d. rom. Phil. 111. 19
290 iJäs Französische.
Man sieht leicht, dass. -nenn man in derartigen Versen
nach der sechsten Sylbe die Cäsur zur Geltung bringen wollte,
grammatisch eng verbundene Worte, z. B. Präposition und
Substantiv, auseinandergerissen werden würden, was ebenso-
wohl logisch wie rhythmisch unstatthaft ist.
Alexandriner romantischer Form kommen gelegentlich
schon bei den Classikern des 17. Jahrh. vor. einen ausgiebi-
geren und zielbewussten Gebrauch von dieser Versform haben
jedoch erst die Romantiker gemacht. Indessen ist auch bei
den Romantikern der Alexandriner classischer Form der bei
weitem häufigere Vers.
Der classische und der romantische Alexandriner sind
thatsächlich ganz verschiedene Versformen, welche nur bezüg-
lich der Sylbenzahl äusserlich übereinstimmen . in ihrer inne-
ren Structur aber geradezu gegensätzlich von einander ab-
weichen.
Durch die häufigere Verwendung des romantischen Alexan-
driners wird die poetische Rede der l*rosarede erheblich an-
genähert und der ersteren somit ein realistischer Charakter
verliehen, wie ja überhaupt der romantischen Dichtung eine
stark realistische Tendenz innewohnt.
5. Im Altfrz. war die Anwendung des Alexandriners auf
die Epik einschliesslich der reimchronistischen Dichtung be-
schränkt. Im Neufrz. dagegen ist er der fast alleinherrschende
Vers auch im Drama (selbst in der Komödie) und in allen
höheren Dichtungsgattungen , mit Ausnahme der Ode , ge-
worden.
Die älteste in Alexandrinern verfasste Dichtung ist die
Karlsreise (Voyage de Charlemagne ä Jei-usalem et ä Constan-
tinople). Dass der Vers von dem Alexanderromane des Lam-
bert li Cors oder li Tors (7 11S4) und des Alexandre Beruay
seinen Namen erhalten habe, ist althergebrachter Glaube, be-
wiesen aber dürfte die Sache noch keineswegs sein.
§ 7. Der Reim.
1 . Durch den Gcdankeuinhalt verbundene Verse müssen
im Französ. in irgend einer Form durch den Reim mit einan-
der grebunden sein. Reimlose Verse oder Blankverse kennt
die franz. Litteratur nur als eine hin und wieder versuchte
Die Rhythmik. 2'.)1
und stets verunglückte rhytlnnische Spielerei' . vgl. Theil II,
S. 417. Die lieimnotlnvendigkeit des Frz. ist begründet in
der Ungleichtaktigkeit der franz. "N'erse . in Folge dessen die
rhvthniische Einheit derselben dureh die innere Structiu- nicht
uenüuend für das Ohr gekennzeichnet Avird.
2. Die älteste französ. Dichtung bediente sich zur Hin-
dung der Verse des Vocalreimes oder der Assonanz, be-
ffnügrte sich also mit dem Gleichklange des letzten hochbeton-
ten Vocales. stellte aber an denselben auch die strengsten
Anfordenmgen. so dass namentlich offene Laute nur mit offe-
nen, geschlossene nur mit geschlossenen gebunden -werden
konnten.
3. Vom 12. Jahrh. ab -wurde die Assonanz allmählich
mehr und mehr durch den ^'ollreinl verdrängt, bis derselbe im
14. Jahrh. die Alleinherrschaft innerhalb der Kunstpoesie er-
langte und bis jetzt behauptet hat. In der Volkspoesie erhielt
sich, aber freilich in sehr zurückgedrängter Stellung, die Asso-
nanz neben dem Vollreime bis zur Gegen-wart.
Die Ver-wendung der Assonanz setzt eine grössere rhyth-
mische Feinfühligkeit und musikalische Bildung des Ohres
voraus, als diejenige des Reimes: es ist demnach begreiflich,
dass die Assonanz nur so lange als rhythmisches Mittel sich
' brauchbar erwies, als durch die mündliche Recitation der Dich-
tungen das Ohr rhythmisch geschult und in Uebung erhalten
-wurde, dass dagegen mit dem Emporkommen der vorzugs-
-weise an ein lesendes Publicum sich wendenden Poesie Aben-
teuerroman etc.) der vermöge seines Lautumfanges nachdrucks-
voller wirkende und sogar für das Auge wahrnehmbare Reim
mehr und mehr bevorzugt Avurde.
3. "Worte, welche auslauten auf Ilochtonvocal oder auf
Hochtonvocal -\- Consonanz. bilden sogenannte männliche,
Worte daoreo:en. welche auslauten auf Hochtonvocal -f- tonloses
€ oder auf Hochtonvocal -j- Consonanz + tonloses e . bilden
sogenannte weibliche Reime. Beispiele für erstere sind etwa:
atme, verite. amoiir. autour, aitnant, diammit, für letztere etwa
aimee, fee, bravoure. laboure, abnante. soi.rante.
1; Reimlos ist auch die älteste erhaltene franz. Dichtun»;, das Eulalia-
lied, -welches überhaupt, -weil auf gelehrter Anbildung an die lat. Sequen-
zenform beruhend, eine abnorme rhythmische Structur zeigt.
19'
292 I^^s Französische.
In Betreff des Umfanges des Keimes sind folgende Arten,
bezw. Stufen zu unterscheiden (vgl. Lubarsch, S. 249):
Genügende Reime.
I. Es reimen nur die auslautenden Hochtonvocale (+ ton-
loses e), z. IJ.
männlich cloii : choit, hon : aOH, weiblich secone : joue^) .
II. Es reimen Hochtonvocal -f- Consonanz (+ tonloses e),
z. B.
männlich chev : amer. weiblich tet't'e : mere.
Während männliche Reime dieser Art meist nur einfache
hörbare Consonanz im Auslaute zeigen können , da ja in ge-
schriebener mehrfacher Consonanz. wie z. B. ?no)'t, corps,
fevs u. dgl., fast stets nur der erste Laut die Hörbarkeit be-
wahrt hat, so können in weiblichen Reimen complicirte Conso-
nanten, weil im Inlaut stehend, Reimfähigkeit besitzen, z. B.
e.vem2yle ; temjyle, //erbe : gevhe, marbre : arbre.
Reiche Reime.
III. Es reimen Consonant -f- Hochtonvocal -j- tonloses
e), z. B.
männlich bijou: acajou, weiblich doiie : PadOiie.
IV. Es reimen Consonant -|- Hochtonvocal + Consonanz
(-}- tonloses e), z. B.
männlich cUslr ; plaisir, weibl. ?iature: aventiire.
ü e b e r r e i c h e Reime.
V. Es reimen tonloser Vocal -|" Consonanz + Hochton-
vocal (4- tonloses e), z. B.
männlich double: tronble, weiblich doiiblee : troublee.
VI. Es reimen tonloser Vocal -j- Consonanz + Hochton-
vocal -\- Consonanz -|- tonloses e , eine nur bei weibliehen
Reimen mögliche, bei diesen aber ziemlich häufige Combina-
tion, z. B. marines: narines. quenouiUe : agenoulUe.
4. Die französ. Sprache besitzt, namentlich in Folge ihres
Betonungsprincipes, vermöge dessen ganz vorwiegend Flexious-
und Suffixsylben den Ilochton tragen, einen grossen Reich-
1) Die theoretisch denkbare Combination des weibliehen Keimes : Con-
sonanz + Nasalvocal -\- tonloses e, ist iihysiologisch unmöglich, folglich
jliebt es keine weiblichen Keime, welche männlichen wie hon, so/i u. dgl.
entsprechen.
Die Rhythmik. 29:5
thum, ja selbst einen Ueberfluss an Reimen' . Das Finden des
Keimes ist demnach an sich für den Dichtenden nidit nur
UMcht. sondern sojjar U'ichter, als zur Wahrung der Würde
der Dichtung und zur Fcrnhaltung von Trivialitäten erforder-
lich ist. Dieser Uebelstand wird indessen zu einem gi-ossen
Theile durch nachstehende Mittel, ^venn nicht beseitigt, so
doch gemildert:
a) Sehr gewöhnliche Wortausgänge, namentlich diejenigen
auf Cons. -f- e{s), Cons. + ee{s) , Cons. + <?''(«)) Cons. +
iei\s), Cons. + ie[s), Cons. -f- iee(s), -ment, -mant dürfen nur
dann, wenn sie reiche Reime bilden, zugelassen werden, also
darf z. Vi. porte nicht etwa mit parle, sondern nur etwa mit
medite reimen, altier nicht etwa mit ynanier, sondern nur
etwa mit metier, ainier nicht mit trouver. sondern nur etwa
mit procJaitier etc.
b) Für ausserhalb der Liaison gleichlautende Worte ist
die Aussprache in der Liaison massgebend, und sie können
folglich nicht mit einander reimen. Im Einzelnen ergeben sich
hieraus namentlich folgende Regeln : a) Worte auf auslauten-
den llochtonvocal reimen nicht mit solchen auf auslautenden
Hochtonvocal -f- (ausserhalb der Liaison) stummem Cons., also
z. B, nicht clou mit voiis, nicht abri mit nid. ß Worte auf
auslautenden Hochtonvocal ' -}- hörbarem Cons. reimen nicht
mit solchen, welche den gleichen, aber um einen (ausserhalb
der Liaison] stummen Cons. umfangreicheren Ausgang haben.
z. B. Joiü' nicht mit discoms, essor nicht mit ressort u. dgl,
y) Worte auf auslautenden Hochtonvocal -|- (ausserhalb der
Liaison) stummem Cons. reimen nicht mit gleichartigen Wor-
ten, wenn der stumme Cons. ein verschiedener ist, z. B. reimt
apres nicht mit appret (jedoch reimen mit einander Worte auf
1 Nichtsdestoweniger giebt es eine nicht unerhebliche Anzahl von
"Worten, auf -welche ein Reim nicht zu finden ist; nach Gramont, S. 43f.,
sind es folgende : naphte, caincre, a/gue, pampre, camphre, relaps, epargne,
Mars, ordre, chaitffe, gaufre, sauf — greffe, legs , quelque, enße , genre,
Upre, L'epres, sceptre, perdre, tertre, i)euple, meurtre, dextre — aigle, silphe.
simple, trinque, quinze,ßsc, isthme — docte , giroße, dogme, ogre, froide,
soif, coiffe, poil, poicre, solde, comhle, triomphe, motistre, porc, orle, propre,
quatorze, radouh, fenouil, fourche, sourdre, ourle, pourpre, hourque — tuf,
le huh , sepulcre, liumhle, turbe, ttirc, hurle, usurpe, nmsele. Auf andere
Worte giebt es nur wenige und überdies selten verwendbare Reime, z. B.
paucre : Hanovre,, golfe (: Hodolphe,, truffe r. Tartuffe] u. a.
294 I^^s Französische.
stummes * mit solchen auf stummes x oder z und umgekehrt,
also reimt z. 1>. sehr wohl assez rait passes, vous mit courroux
u. dgl. ; auch stummes d und stummes t werden im Reime als
einander gleiclnverthig behandelt, so dass z. B. ?noit und bord,
nid und benit mit einander reimen können) . d) Worte auf
Hochtonvocal -f * reimen nicht mit Worten auf Ilochtonvocal
+ stummem r + ^ , z. }>. reimt clmnges nicht mit dimgevs.
e) Worte auf -e reimen nicht mit Worten auf -ent, also z. li.
nicht porfe mit sorfent.
Alle diese Eeimbeschränkungen sind, wie leicht ersicht-
lich , in der früheren — gegenwärtig nur noch im Falle der
Liaison erhaltenen — Aussprache begründet und besitzen so-
mit eine geschichtliche Daseinsberechtigung, ausserdem aber
gewähren sie den nicht zu unterschätzenden praktischen
Nutzen, dass durch sie Massen von trivialen Heimen fernge-
halten werden,
c) Ein Wort darf nicht mit sich selbst reimen, es sei denn
in ganz verschiedener Bedeutung, wie etwa point »Punct« und
point »nicht«. Ebenso dürfen Simplex und Compositum (z. B.
j'our \ind sejoti?'), zwei mit demselben Simplex gebildete Com-
posita (z. B. prqjet und sujet) oder endlich ZAvei verschiedenen
Wortkategorien angehörige gleichlautende Worte (z. B. tu ar-
mes und les armes, Ja chasse und // cJtasse u. dgl.) mit einan-
der reimen, ausser im Falle eines solchen Auseinander fallen s
der beiderseitigen Bedeutung, dass der etymologische Zusam-
menhang nicht mehr empfunden wird, so z. B. in front und
affront, pas \ind trepas, soucenir und acenir u. dgl.
Vgl. auch No. 0 0.
ä. Der französ. Reim ist für das Ohr, nicht für das
Auge berechnet. Daraus folgt: a verschieden geschriebene
Worte, bezw. Wortausgänge reimen mit einander, Avenn ihre
Aussprache die gleiche ist, also z. B. comte mit honte, nom
mit non, air mit mer, chere mit terre, cause mit chose, coups
mit mouds ^vgl. aber No. 4 b u. dgl. ^) : b) einsylbige Vo-
calverbindungen reimen mit gleichlautenden zweisylbigen, z. B.
1) Hierher gehört auch der in den Dichtungen des 17. Jahrh. häufige
Keim eines oi [oi mit e, ai, c , wie paroltn-, cotmoitre : naitre, i'tre oder
jaiinois ijetzt faimain . Ju»iais, denn in den betr. Fällen konnte in dama-
liger Zeit oi = e gesprochen werden.
Die Rhythmik. 295
hiv/t mit Ulli; auch kann der z\veite Tlicil der \'ocalverl)in-
(Inngen ie und ai mit einfachem e nnd / reimen, z. W. sikje
mit sacrUeye , suice mit arrice ; c) gleich geschriebene , aber
verschieden ausgesprochene Wortansgänge reimen n i c h t mit
einander, z. B. reimt r///e nicht mit (/eiitüle. Nur scheinbare
Ausnahme ist der in den Dichtungen des 17. Jahrh. sehr
lüiufig und in denen des IS. Jahrh. noch vereinzelt erschei-
nende sogenannte normannische Reim von er = e (z. B.
aimer] mit -er = ere (z. B. eher], da in der betreffenden Zeit
in gehobener Rede -er immer = ere gesprochen -wurde, d] Of-
fener E- u. 0-Laut kann nur mit offenem, geschlossener nur
mit geschlossenem reimen.
(j. Die Vocalquantität ist für den Reim indifferent, nur
der Reim von entschieden langem mit entschieden kvirzem a
(wie z. 1^. einerseits in idolätre und andrerseits in abattre] wird
vermieden.
7. In der neufranzös. Poesie müssen seit dem 16. Jahrh.
(Bouchet, Ronsard, Pasquier) männliche und weibliche Reime
derartig mit einander wechseln , dass entweder einem Vers-
paare mit männlichen immer ein solches mit weiblichen Rei-
men folgt mjyi wtv oder lav mm etc.) oder dass zwischen zwei
nicht mit einander reimende Verse desselben Ausganges min-
destens ein Vers anderen Aufganges tritt (m tc m oder lo m xo\.
Daraus folgt, dass Strophen, bez. Dichtungen mit ausschliess-
lich männlichen oder ausschliesslich weiblichen Reimen un-
statthaft sind, ausgenommen den seltenen Fall der durchge-
führten Einreimigkeit.
Thatsächlich ist das Gesetz der Reimfolge für die Mehr-
zahl der Fälle ein rein formales, da ja das auslautende -e der
weiblichen Reime vielfach völlig verstummt ist.
§ S. Die rhythmischen Verscomplexe.
1. Die Zahl der durch den iVocal- oder Voll-) Reim zu
einem rhythmischen Complexe zusammengefassten A'erse kann
unbestimmt oder bestimmt sein.
2. Verscomplexe mit unbestimmter, bezw. mit wechseln-
der Verszahl — sogenannte einreimige Tiraden oder Laissen
— waren in der altfrz. Chanson-de-geste-Dichtung üblich und
sind seit dem Absterben derselben völlig ausser Gebrauch ge-
296 I^as Französische.
kommen. Der Umfang derartiger Tiraden ist ein sehr unglei-
cher: es finden sich solche, die aus nur wenigen, und wieder
solche, die aus Gü und mehr Versen bestehen.
3. Verscomplexe mit bestimmter Verszahl können sehr
verschiedenen Umfang haben : im Minimum beträgt die Vers-
zahl 2 (das Couplet, vgl. § 7, No. 7) im Maximum, von ver-
einzelten Ausnahmefällen abgesehen, 12. A'erscomplexe von
3 und mehr Versen heissen Stephen, oft wird jedoch diese
Benennung auf die fünf- und mehrzeiligen Complexe einge-
schränkt.
4. Die Structur der Strophen kann eine sehr verschieden-
artige sein, indem Verse gleichen oder ungleichen Umfanges
mit einander verbunden werden und zwei oder mehrere Reime
zur Verwendung kommen können. Ueber Keimfolge und Ein-
reimigkeit vgl. oben § 7, No. 7.
Auf die specielle Structur der verschiedenen Strophenfor-
men kann hier nicht näher eingegangen werden.
5. "N'on mehreren zu einem Gedichte verbundenen Stro-
phen bildet in der Regel eine jede ein in sich abgeschlossenes
Reimsystem. Bindung mehrerer oder aller Gedichtstrophen
durch den Reim ist selten, abgesehen von der sehr beliebten
Bindung durch den Kehrreim oder Refrain.
Im Altfrz. wurden lyrische Lieder gern mit einer Geleit-
strophe (envoi) geschlossen, in welcher der Dichter sein Lied
anzureden und ihm Aufträge zu ertheilen fingirte.
§ !». Feste Dichtungsformen oder Gedichte fes-
ter Form.
1. Die neu französische Poesie verfügt über nur wenige
und nur der Lyrik angehörige feste Dichtungsformen : die in
der Kunstpoesie üblichen sind zum grössten fremden Littera-
t\iren, namentlich der italienischen, entlehnt worden so z. B.
das Sonett, die Sestine etc.) ; ganz exotischen, nämlich malaii-
schen Ursprunges ist das sogenannte "Pantoun«, eine Dich-
tungsform, deren Eigenart darin besteht, dass zwei Themata
parallel behandelt und gleichsam in einander verschlungen
Averden.
2. Die altfranzös. Lyrik besass zahlreiche feste Dichtungs-
formen, von denen einige, wie z. B. das Rondeau, auch volks-
Die Rhythmik. 207
tlüimlich Avarcu. Die romantische Dichtung der Neuzeit hat
einige dieser Formen mit gutem Erfolge wieder aufgegriften.
Ein näheres Eingehen auf die Ueschaffenheit der einzelnen
festen Dichtungsformen ist hier unthunlich. da hierzu die An-
führung von Beispielen erforderlich sein und diese allzuviel
Kaum in Anspruch nehmen würde.
§ 10. Bemerkungen üher die poetische .Sprache.
1. Da die altfrauzös. Litteratur ehenso reich an poetischen
wie arm an prosaischen Werken ist, so lassen sich in Bezug
auf sie kaum irgend welche wichtigere Beohachtungen über
das Verhältniss des poetischen Sprachgehrauches zu demjenigen
der Prosa machen.
2. Eine allgemeine Charakteristik des altfrz. poetischen
Sprachgebrauches zu geben, ist unmöglich, da derselbe nach
den einzelnen Dichtungsgattungen und Zeiträumen überdies
(obwohl in verhältnissmässig geringem Grade) nach der Indi-
vidualität der einzelnen Autoren ein zu erheblich verschiedener
ist. als dass man von einem einheitlichen Gepräge reden
dürfte. Anders ist die Sprache der C'hansons de geste und
auch hier finden wieder zahlreiche und bedeutende Unterschiede
zwischen den einzelnen Dichtungen statte , anders die Sprache
der Abenteuerromane , wieder anders die Sprache der lehr-
liaften Dichtung, noch anders die Sprache der Lyrik, abermals
anders die Sprache des Drama's etc. Geradezu unübersehbar
ist die Zahl der vorhandenen Variationen und Nuancen . und
nur sehr bedingungsweise darf man das Vorhandensein irgend
eines durchgehenden Charakterzugs in der Gesammtheit dieser
Einzelformen poetischen Ausdrucks behaupten. "Wer z. B.
den Styl der altfrz. Poesie schlechtweg als »naiv« bezeichnen
Avollte. dem würde allerdings wohl im Wesentlichen beizustim-
men sein, aber doch würde sich bemerken lassen, dass im Aben-
teuerromane und in den allegorischen Dichtungen sich wenig
naive Elemente vorfinden, dass in ihnen vielmehr starke Nei-
gung zui; Reflexion und selbst zu schulmässiger Argumentation
sich ausspricht. Ebenso ist es nur unter dem Vorbehalte nicht
unerhelilicher Ausnahmen statthaft, die poetische Sprache der
altfrz. Litteratur als gemüthvoll zu bezeichnen. Und so wür-
den auch andere Bezeichnungen eben nur als theihveise oder
annähernd richtisr anerkannt werden können.
298 1^'is Französische.
Was Einzelheiten der altfiz. poetischen Sprache anbelangt,
so dürfte man zu dem Urtheile berechtigt sein , dass dieselbe
Vergleichungen und Gleichnisse verhältnissmässig Avenig an-
wendet, dass sie dagegen von der Allegorie und der Annomi-
nation, namentlich aber von dem Epitheton ornans einen sehr
ausgedehnten Gebravich macht und dass sie einen grossen
Keichthum an formelhaften Phrasen besitzt, welche oft genug
an unpassenden Stellen erscheinen. Der Satzbau in den alt-
frz. Dichtungen ist ungezwungen und einfach, oft bis zur Nach-
lässigkeit bequem , so dass die Stnu-turen einen fast schlotte-
rigen Eindruck machen, oft auch dunkel in Folge von Vnbe-
liolfenheit, oft endlich kühn und dem Streben nach Deutlichkeit
jede Kücksicht auf grammatische Correktheit opfernd. Der
Wortschatz der altfrz. Poesie ist luigemein reich und enthält zahl-
reiche IJestandtheile, namentlich germanischer Herkunft, Avelche
später ausgeschieden worden sind , beachtenswerth und noch
nicht genügend gewürdigt ist das frühzeitige Eindringen mas-
senhafter mots savants selbst in die volksthümliche Dichtung
(beispielsweise enthält das Rolandslied O zahlreiche derartige
Worte). In wie weit hinsichtlich des Wortschatzes Austausch
zwischen den einzelnen Dialecten stattfand, bedarf noch der
Untersuchung.
:^. Im N e u französischen unterscheidet sich die Sprache
der Poesie nur wenig von derjenigen der gehobenen Pi'osa,
eine Erscheiniuig, welche ebenso charakteristisch für das Neti-
frz. wie in dessen Geschichte tiefbegTÜndet ist. Die verhältniss-
mässig grösste Differenz zwischen Poesie \uu\ Prosa besteht
liinsichtlich der Syntax, da hier die Poesie einerseits mehr-
fache in Prosa durchaus unstatthafte Inversionen (nämlich des
prädicativen Adjectivs, der präpositionalen näheren Bestimmun-
gen, der Versetzung von Satztheilen des Nebensatzes in den
Hauptsatz) zulässt, andrerseits aber durch das ^'erbot des En-
jambement die Ausdehnung des Satzes zu beschränken bestrebt
ist. Licenzen in der Formenbildung sind nur wenige vorhanden,
die wichtigsten sind der Gebrauch mehrerer in Prosa veralte-
ter Verbalformen (namentlich starker erster Personen Sg. l^äs.
Ind. ohne *-, z. U. Je doi, voi, croi), die Mögliclikeit. gewissen
Worten ein paragogisches s anzufügen, z. IJ. juaque-a. und an-
deren Worten ein organisches auslautendes -s zu entziehen,
Die Ivhythmik. 299
z. 1>. C/torle[s), Athene{s) w. dg:!., endlicli die ]Mö<iliclikeit e7i-
core tuul zt'p/itfre in cncor \un\ zcpJnjr zu kürzen. ])or poetische
Wortschatz ist ein verhültnissniässij:: dürftiger und conventio-
nell eingeschränkter, doch hat die Koniantik die traditionellen
Schranken mit Erfolg diirchhroclien und der Sprache Avirkungs-
Yolle archaische und dialectische Elemente zugeführt, soAvie
zahlreiche Neubildungen gewagt. Die Sprache der neuesten
Poesie wird in lexikalischer Hinsicht oft durch zu weit ge-
triebenen Naturalismus verunziert.
4. Einen ganz eigenartigen Charakter trägt die poetische
Sprache der Renaissanceromantik des 16. Jahrh., vgl. hierüber
oben S. ö7 ff.
§ II. Litteraturangaben (vgl. auch Theil II S. 425 u. S. 436 ff.).
1. Allgemeines, H. d'Arbois de Jubaixville, Des rapports de la
versifieation du vieil-irlandais avec la versification romane, in: Kom. VIII
145, vgl. ibid. VIII 422 u. IX 177 — K. Bartsch, Ein keltisches Yers-
mass im Provenz. u. Französ., in: Ztschr. f. rom. Phil. II 195, vgl. ebenda
II 458, III 359, IV 470, vgl. auch Jahrb. f. rom. u. engl. Spr. u. Lit. XII
— "\V. AVackerxagel , Die Anfänge lat. profaner Rhythmen des Mittel-
alters, in: Ztschr. f. deutsches Alterth. N. F. III 469, vgl. Rom. I 266
über "NVackerxagel's Altfrz. Lieder u. Leiche vgl. Th. II 436 — L. Bex-
LÖw, Precis d'une theorie des rhythmes. Paris 1S62/63, und: Rhythmes
frcs et rhythmes latins. P. 1862) — B. TEX Brixk, Coniectanea in histo-
riam rei metricae francogallicae. Bonn 1865. Diss. — *G. Paris, Lettre ä
M." Leon Gautier s. la versification latine rhythmique. Paris 1866. — K. Ed.
Mt'LLER, Ueber accentuirend-metrische Verse in der frz. Spr. d. 16. bis 19.
Jahrh. Rostock 18S2, vgl. Theil II 417 — Boisjoslix, Esquisse d'une hi-
stoire de la versification frese, in : Rev. de la societe des etudes histori-
ques- Nov.-Dec. 18S4 auch in Separatdruck zu Amiens erschienen) — R.
SoxxEXBüRG, AVie sind die frz. Verse zu lesen? Berlin 18S5.
2. Lehrbücher. L. M. Quicherat, Traite de versification frcse. Paris
1828, 5. ed. 1858, u. Petit traite de versif. frcse. Paris seit 1838 — G.
"Weigaxd, Traite de versif. frcse. Bromberg 1871 — F. de Grajioxt, Les
vers frcs et leur prosodie. Paris 1876 — Th. de Baxville, Traite de poe-
sie frcse. Paris o. J. — *E. ü. Lubar.sch, Französ. Verslehre mit neuen
Ent-wickelungen f. d. theoret. Begründung der frz. Rh}-thmik. Berlin 1879
bestes Handbuch), vgl. Ztschr. f. rom. Phil. IV 424. und: Abriss der frz.
Verslehre. BerL 1880 — *A. Tobler, Vom frz. Versbau alter u. neuer Zeit.
Leipzig 1880. 2. Aufl. 1883, Frz. Uebers. Paris 1885 — *Becq de For-
auiEREs, Traite general de versification frcse. Paris 1879 (hochbedeutendes
geistvolles Buch, das in vieler Beziehung grundlegend geworden ist, in
■welchem aber freilich auch manche unmögliche Theorie aufgestellt ist. Man
könnte das Buch als eine Metaphysik der Rh}-thmik bezeichnen — K. Foth,
Zur frz. Metrik. Ludwigslust 1879. Progr., und: Die frz. Metrik f. Lehrer
300 ^^^^ Französische.
u, Studierende. Berl. IbSO — A. Kkessser, Leitfaden der frz. Metrik mit
einem Anhange über den altfrz. Styl. Leipzig 1880 — E. Sommer, Petit
dictionnaire des rimes frcses etc. Paris 1882.
3. Monographien über die Rhythmik einz einer Verse, ein-
zelner Litteraturwerk c und einzelner Autoren (vgl. No. 4 : H.
SuCHiER, Zur Metrik der pAilaliasequenz, in: Jahrb. f. rem. u. engl. Spr. u.
Lit. XIII 385 — P. Meyer, Notice s. la metrique du chant de S. Eulalie.
in: Bibl. de l'Ec. des Ch. V 2, S. 237 — Wenzel, Observations metriques
et linguistiqucs s. la cantilene de S. Eulalie. Oberstein-Idar (Jahr?i Progr.
(Ueb. die Rhythmik des Eulalialiedes vgl. ferner : DiEZ, Altrom. Sprachdeuk.
S. 45ff. F.Wolf, Ueber die Lais etc. S. 115 u. 117. E. Littre im Journ.
des Savants 1858, S. 725 und Hist. de la langue fr^se II 287, 305. TEN
Brink, Conjectanea etc. K. B.^RTSCH, Die lat. Sequenzen etc. S. 1G6.
G. LÜCKING im Jahrb. f. rom. u. engl. Spr. u. Lit. XV 323 — G. Paris,
Ueber die Rhythmik des Leodegar und der Passion, in: Rom. I 292 u. II
295. — E. Stengel, Ueber d. lat. Ursprung des roman. Fünfzehnsilbner
und damit verwandter weiterer Versarten in den Miscellanea di filologia,
dedicata alla memoria dei professori Caix e Canello — *G. Andresen,
Ueber den Einfluss von Metrum, Assonanz und Reim auf die Sprache der
altfrz. Dichter. Bonn 1874 Diss. — A. Rocii.\T, Etüde s. le vers decasyl-
labe dans la poesie frcse au m -a., in: Ebert-Lemcke's Jahrb. XI 65 —
Sepet, De la laisse monorime des chansons de geste, in : Bibl. de l'Ec. des
Chart. XL S. 563, vgl. Rom. IX 336 (Ueber die Versification des Chans,
d. g. vgl. namentlich auch die Angaben L. Gautier's in seinen Epopees
frcses Bd. II und in den Einleitungen seiner Ausg. des Rolandsliedes) —
O. Reissert, Die syntactische Behandlung des zehnsylbigen Verses in der
frz. Dichtung, in: Stengel's Ausg. u. Abh. XIII — F. Hill, Ueber das
Metrum in der Chanson de Roland. Strassburg. 1873. Diss. — A. Ram-
BEAU, Ueber die als acht nachweisbaren Assonanzen des Oxforder Textes
der Ch. d. R. Halle 1878, vgl. Ztschr. f. rom. Phil. III 439 — E. Stengel,
Ein Fall der Binnenassonanz in einer Chans, d. geste, in : Ztschr. f. rom.
Phil. IV 101 — H. Klein, Sage, Metrik und Grammatik des altfrz. Epos
Amis und Amiles. Borm 1875. Diss. — J. Schöpfe, Ueber Metrum und
Assonanz der Ch. de g. Amis et Amiles, in: Französ. Stud. III 1 — H.
SucHlER, Die Versbildung der Anglonormannen, in: Anglia 1S79, S. 226
(vgl. auch SiciiiEK, Ueber die Matthäus Paris zugeschriebenen Vie de
St. Auban. Halle 1877; — J. ViSiNG, Sur la versification anglo-normande.
Upsala 1884 — R. Bikkeniioff, Die altfrz. Brandanlegende in metrischer
und sprachlicher Hinsicht untersucht, in Stengel's Ausg. u. Abh. XIX —
H. Rose, Ueber die Metrik der Chronik des J. Fantosme, in : Rom. Stud.
V 301 — G. Haase, Untersuchung über die Reime in der Image du Monde
des Walther v. Metz. Halle 1882. Diss. — Hannappel, Die Poetik Alain
Charticrs, in: Französ. Stud. I 261 — J. Spies, Untersuchungen über
A. Scheler's Trouveres beiges, in: Stengel's Ausg. u. Abh. XVII.
Ausserdem vgl. über altfrz. Rhythmik die Einleitungen, bezw. die An-
merkungen zu den Ausgaben der altfrz. Litteraturwcrke von Mall, För-
ster, SrciliER, Koscuwitz, Mätzner (Altfrz. Lieder, Berlin 1851; u. A.
Die llhythmik. 30l
BÜSCHEU, La versification de Ronsard. Weimar ISGT. Progr. Andere
Schriften über Ronsard sehe man oben S. 61) — H. Nagel, Die
metrischen Verse J. A. de Baifs. Ein Beitrag zur Kenntniss der frz. Me-
trik im 16. Jahrh. Leipzig 1S77. Diss., und: Die Strophenbildung Baifs
im Vergleich mit der Ronsard's etc., in: Herkig's Archiv LXI AM); vgl.
auch üben S. 61 — H. Feiise, Etienne Jodelle's Lyrik. Leipzig IS&ü.
Diss. auch in: Ztschr. f. nfrz. Sprache und Litteratur. Bd. II S. lb'6 —
A. Hektlng, Der Versbau Etienne Jodelle's. Kiel lb^54. Diss. — ZsciiA-
LIG, Die Verslehren von Fabri, du Pont u. Sibilet. Ein Beitrag zur älte-
ren Geschichte der frz. Poetik. Heidelberg 18S4. Diss.
Schriften über Malherbe sehe man oben S. 63 f. fnachgetragen
werde hier : J. A. Bu.\.\M, Maleherbe's Hiatusverbot und der Hiatus in der
nfrz. Metrik. Leipzig 18S5. Diss.} — F. Borxges.sek, L'Art poetique de
Boileau. Bayreuth 1SS3. Progr. ^Andere Schriften über Boile.w sehe
man unten Kap. 10, letzter §.: — M. Lierau, Die metrische Technik
der drei Sonettisten Maynard, Gombault und MeUeviUe, verglichen mit der-
jenigen Malherbe's. Greifswald 1882. Diss. — *W. Ricken, Untersuchun-
gen über die metrische Technik Comeille's und ihr Verhältniss zu den
Regeln der frz. Verskunst. Theil I. Sylbenzählung und Hiatus. Halle 1884.
Schriften über poetischen Styl u. dgl. sehe man oben S. 278.
4. Schriften über Reim u. dgl. über Assonanzen s. oben
No. 3 : "\V. Masixg, Ueber Ursprung und Verbreitung des Reimes. Dorpat
1866 — H. ScHiCHARDT, Reim und Rhythmus im Deutschen und im Ro-
manischen, im : Xeuen Reich 1873. No. 1, vgl. Rom. II. 149. — E. Wülff-
LIN, Der Reim im Lat., in: Archiv f. lat. Lexikographie. Bd. I. S. 350.
Ueber andere Schriften allgemeinen Charakters sehe man Theil II. 436.}
— *L. Bellanger, Etudes historiques et philologiques s. la rime frcse.
Essai s. l'hist. de la rime, principalement depuis le XV^ siecle jusqu'k nos
jours. Paris 1876, vgl. : Rom. VI. 622 — M. Banner, Ueber den regel-
mässigen "Wechsel männlicher und weiblicher Reime in der frz. Dichtung,
in: Stengels Ausg. u. Abh. XIV — F. Orth, Ueber Reime und Stro-
phenbau in der altfrz. Lyrik. Cassel 1882 — L. Fenge, Sprachl. Untersu-
chung der Reime de Computus, und : H. Polster, Die Reime der Miracles
de N. Dame de Chartres sprachl. untersucht, sollen in Stengels Ausg. u.
u. Abh. erscheinen — Th. Pohl, Untersuchung der Reime in AVace's Ro-
man de Rou, in: Rom. Forsch. II 321 — E. Freymond, Ueber den reichen
Reim bei den altfrz. Dichtem bis zum Anfang des 14. Jahrb., in: Ztschr. f.
rom. Phil. VI. 1 u. 177 — E. Stengel, Einige Fälle der Wiederkehr gleicher
Reime etc., in: Ztschr. f. rom. Phil. IV 120 — K. Bart.sch, Ein fran-
zös. Kinderreim des 11. u. 12. Jahrb., in: Ztschr. f. rom. Phil. \T^I 94 —
L. Müller, Das Rondel in den frz. Mirakelspielen und Mysterien des 15.
u. 16. Jahrb., in: Stengels Ausg. u. Abh. XXIV — G. Haase, Unter-
suchung über die Reime in der Image du monde des Walther v. Metz.
Halle 1SS2. Diss. — B. Krause, Die Bedeutung des Accents im frz. Verse
für dessen begrifll. Inhalt, in : Ztschr. f. rom. Phil. IX 268.
302
Das Französische.
Zehntes Kapitel.
Litteniturgeschichte.
§ 1. Eintheilung der französischen Litteratur-
sre schichte. Chronolog-isch lässt die französische Litteratur-
geschichte sich in folgender Weise eintheilen:
A. Altfranzösische Zeit
von dem Entstehen der Litteratur bis etwa zum Ausgange des
14. Jahrhunderts.
1. Die prälitterarische Periode, von dem Entstehen
der franz. Sprache bis zur Abfassung der ältesten erhaltenen
Sprachdenkmäler.
2. Die Periode der ältesten Sprachdenkmäler,
von der Abfassung der Strassburger Eide (S42) bis zum Aus-
gange des elften Jahrhunderts (muthmassliche Abfassungszeit
des in der Hds. O überlieferten Rolandsliedes).
3. Die Periode der
volksthümlichen Epik
(Chanson-de-geste- Dichtung),
4. Die Periode der
höfischen Dichtung (Aben-
tevierromandichtung) ,
5. Die Periode der
allegorischen und mora-
lisirenden Dichtung (alle-
gorischer Roman , religiöses
und moralisircndes Drama).
vom Ausgange des 1 1 . bis
etwa zimi Ausgange des 14.
Jahrhunderts. Eine zeitliche
Abgrenzung der einzelnen Pe-
rioden ist nicht thunlich. da
die aufgezählten Dichtungs-
kategrorien zwar ungefähr
einander sich ablösten, aber
vielfach auch neben einander
herffingen.
H. Mittelfranzösische Zeit
etwa vom Ausgang des 14. bis etwa zum Beginne des 17.
Jahrhunderts.
1. Die Periode des Zerfalles der mittelalterli-
chen und des allmählichen Entstehens der moder-
nen Verhältnisse (Uebergangsperiode), etwa vom Ausgange
des 14. bis zur Mitte des lü. Jahrhunderts.
2. Die Periode der Renaissance und ilcr Uefor-
Litteraturgeschichte. 303
niation. etwa von Mitte des 16. bis zum Heginne des 17.
.Jalirhuuderts (Malherbe .
C. Neiifranzösisehe Zeit.
1 . D i e P e r i o d e d e s P s e u d o c 1 a s s i c i s m u s . etwa vom
Beffiune des 17. bis zum liesinne des IS. Jahrhunderts.
2. Die Periode der sogenannten Aufklärung,
etwa vom Beginne bis etwa zum Ende des 18. Jahrhunderts
(A. Chenier, Mme de Stael, Chateaubriand .
3. Die Periode des Rouianticismus , etwa vom Ende
des IS. Jahrhunderts bis etwa zum Ende der di'eissiger Jahre
des 19. Jahrhunderts (neben dem entstehenden Romanticismus
herrscht während des Consulates und des ersten Kaiserreiches
ein enieuter Pseudoclassicismus).
4. Die Periode des Realismus und des Natura-
lismus, etwa vom Ende der dreissiger Jahre des 19. Jahr-
hunderts bis zur Gegenwart.
Ausdrücklich werde bemerkt, dass die zeitliche Abgren-
zung der einzelnen Perioden nur eine ganz ungefähre sein
kann, da vielfach die verschiedenen Litteraturströmungen neben
einander herlaufen.
§ 2 — 4. Litteratur angaben ('§ 2. Bibliographische und
gesammtlitterargeschichtliche Werke: § 3. Angaben ziu' altfrz.
Litteratur; § 4. Angaben ziu- neufrz. Litteratur .
§ 2. Bibliographische "Werke und Werke, ■welche die ge-
sammte französ. Litteratur behandeln.
1. Bibliographische Werke.
a; Handschriftencataloge, Beschreibungen von Hand-
schriften, Mittheilungen aus Handschriften: Catalogue de la
Bibliotheque Nationale. Paris, seit 1S6S — Cat. des manuscr. frcs de la
Bibl. nat. Paris 18S1, Didot — Notices et extraits des luanuscrits de la
Bibl. nat. et autres bibliotheques, p. p. l'Institut national de France —
P. Paris, Les mss. frcs de la Bibl. du roi. Paris 1 8.36,48. 7 Bde. — MoK-
TREUiL, La Bibl. nat., son origine et ses accroissements jusqu'ä nos jours.
Paris 1878 — G. Gröber, Bibl. Nat. f. frcs 24429 u. Ste-Genevieve fr.
fol. 386, in: Ztschr. f. rom. Phil. IV 351 — Catalogue gencral des mss.
des bibliotheques publiques des departemens, p. sous les auspices du min.
de l'instr. publ. Paris, Impr. nat. — Catalogue des livres precieux, manu-
scrits et imprimes faisant partie de la bibl. de M. A-F. Didot. 1878 — ü.
Robert, Inventaire sommaire des mss. des bibliotheques de France. Paris,
seit 1879, vgl. Ztschr. f. rom. Phil. IV 459 u. VII 165 — A. Fraxklix,
Les anciennes bibliotheques de Paris. Paris 1867 — E. Rielle, Biblio-
304 Das Französische.
graphie generale des Gaules. Paris, seit 1880 — L. Delisle, Melanges de
paleographie et de bibliographie. Paris 1880, und: Note s. le ms. de Tours
renfermant des drames liturgiques et des legendes pieuses en vers frcs, in:
Rom. II 91 — P. Meyek, Les mss. frcs. de Cambridge. I. Saint John's
College, in : Rom. VIII 305 vgl. auch Theil II S. 407, -\vo eine andere auf
englische Bibl. bezügliche Schrift Meyeu's genannt ist; — E. Stengel,
Codicem Digby 86 bibl. Bodl. descripsit etc. Halle 1871, und: Die Chan-
son-de-geste-Hdschr. der üxforder Bibl., in : Rom. Stud. I 380, vgl. auch
Ztschr. f. rom. Phil. VI 390 — R.Reinsch, Mittheilungen aus einer frz. Hds.
des Lambeth Palace in London, in: Herrig's Arch. 63 S. 51 — H. Varn-
HAGEN, Die handschriftl. Erwerbungen des Brit. Museums auf dem Gebiet
des Altromanischen in den Jahren 1865 bis Mitte 1877, in: Ztschr. f. rom.
Phil. I 541 — P. Hevse, (Studia Romanensia I. Berlin 1852, und:) Roman.
Inedita auf ital. Bibl. gesammelt. Berlin 1856 — A. Keller, Romvart.
Beiträge zur Kunde mittelalterl. Dichtung aus ital. Bibl. Mannheim 1844
— J. Bekker, Die altfrz. Romane der St. Marcus-Bibl. Proben u. Aus-
züge. Abh. d. K. Akad. d. "Wissensch. zu Berlin 1839, vgl. auch A. Mus-
SAEL\ unten § 3, No. 3 — P. Rajna, Ricordi di codici francesi posseduti
dagli Estensi nel secolo XV, in: Rom. II 49 — AV. Bkaghlrolli, P.
Meyer, G. Paris, Les mss. frcs des Gonzaga,- in : Rom. IX 497, vgl. auch
A. Thomas, in: Rom. X 406 — A. Bartoli, I codici francesi della Bibl.
Marciana di Venezia. Florenz 1873 — E. Stengel, Die vaticanische Hds.
Fonds Königin Christine 1682, in: Ztschr. f. rom. Phil. V 381 — A. To-
BLER, Mittheilungen aus altfrz. Hdss. I. Aus der Ch. d. g. Auberi nach
einer vatican. Hds. Leipzig 1870 — A. Thomas, Extraits des archives du
Vatican pour servir ä l'hist. litt., in: Rom. X 321 und XI 177 — E. STEN-
GEL, Mittheilungen aus frz. Hdss. der Turiner Univ.-Bibl. Marburg 1873
— W. FÖRSTER, Der Turiner Gliglois, in : Ztschr. f. rom. Phil. U 77 — A.
MussAi'lA, Ueber eine altfrz. Hds. der Univ.-Bibl. zu Pavia. AVien 1870.
Sitzungsb. d. Akad. d. ^Y. Phil.-hist. Cl. Bd. 64, und: Handschriftl. Stu-
dien (altfrz. Psalter in Oxford, altfrz. Hdss. der Marcusbibl., Breviari d'a-
mor in AVien, altfrz. Hds. in Pavia, Rom. de Troilus). AVien 1862/71 —
Geffroy , Notices et extraits des mss. concernant l'hist. et la litt, de la
Fr. qui sont conserves en Suede, Danemark et Norvege Extrait des Arch.
des Miss, li-^re ser. t. III, lA', A'j — A. AVeuer, Handschriftl. Studien auf
dem Gebiete rom. Lit. des M. A. I. Untersuchungen über die Vie des an-
ciens Peres. Frauenfeld 1876, vgl. Rom. V 494 — AV. A'ietor, Die Hdss.
der Geste des Loherains mit Texten u. Varianten. Halle 1876 — A. Kress-
ner, Mittheilungen aus Hdss. (zur Alexandersage u. zum Rom. de la Rose),
in : Herrig's Archiv Bd. 68 S. 29 ff. — P. Meyer, Les mss. du connetable
de Lesdiguieres, in: Rom. XII 336 — C. Sachs, Beiträge zur Kunde
altfrz., engl. u. prov. Lit. Berlin 1857. — \'gl. unten tj 3.
Gedruckte neuere Kataloge existiren von den Bibl. z. B. folgender
französ. Provinzialstädte : Caen (G. La Valley 1880), Lille (1879), Mont-
pellier ^L. Gaudin 1876), Toulouse (Desb.\rreau-Bernard 1879), Tours
A. Dou.\nge 1875), Vienne (J. Leblanc 1876), A'itry-le-Francois (G. H6-
RELLE 1S70 . A'gl. ausserdem: M.uiSY, Bibliographie compiegnoise. Com-
Littcraturgeschichte. 305
piegne 1ST4; Niepce, Les bibl. anciennes et modernes de Lyon. Lyon
1876, und: Les mauuscrits de Lyon, liasel IbT!».
• b Buchcataloge u. dgl.: Bibliographie de la France. Journal ge-
neral de rimprimerie et de la librairie. Steht im "4. Jahrgang und er-,
scheint wöchentlich. Preis 20 frcs pro Jalir — ^O. Lorenz, Catalogue ge-
nerale de la librairie frcse 1840/75. Paris 18(i7/SO. 8 Bde. — *J. M. Qn':-
RARD, La France litteraire etc., vgl. die ausführliche Angabe in Theil II
404 — G. Brvnet, La France litteraire au XV s., catalogue raisonne des
ouvrages imprimes en langue frcse jusqu'ä l'an 1500. Paris 1865. (Ueber
Brvxet's Manuel vgl. Theil II 405 — E. Frere, Manuel du bibliogra-
phe normand. Ronen 1S60. 2 Bde. — A. Bernahu, Hist. de l'imprimerie
royale du Louvre. Paris ISO" — E. H.vriN, Hist. politique et litteraire de
la Presse en France. Paris 1860.
Ueber Hülfsmittel zur Enträthselung von Pseudonymen u. dgl. vgl.
Theil n 376.
Ueber Vapereau's und Jal's Dictionnaire vgl. Theil II 406 u. 407.
Bibliographien, .Avelche sich auf einzelne Litteraturgattungen (z. B. die
Chanson-de-geste-I)ichtung) , einzelne Litteraturwerke (z. B. das Rolands-
lied' oder einzelne Autoren z. B. Moliere) beziehen, werden in den in § 3
und 4 zu gebenden alphabetischen Uebersichten namhaft gemacht werden.
2. Werke, welche die Geschichte der ganzen französ. Lit-
teratur behandeln. Die Zahl der hierher gehörigen Werke ist, wie be-
greiflich, eine sehr beträchtliche, aber dennoch fehlt es noch immer nicht
nur an einer wirklich wissenschaftlichen und kritischen Darstellung der
französ. Gesammtlitteraturgeschichte, sondern selbst auch an einem allen
berechtigten Ansprüchen genügenden Handbuche. Im Folgenden werden
eine Anzahl Werke angeführt, welche, solange bessere fehlen, relativ gute
Dienste leisten können und deren Benutzung eben nicht zu umgehen ist.
Hinsichtlich der französischen Werke sei im Allgemeinen bemerkt, dass sie
meist glänzend geschrieben und reich an geistvollen Urtheilen, überhaupt
in ästhetischer Beziehung hoch interessant und zum Theil selbst sehr
werthvoll sind, dass sie dagegen in Bezug auf Quellenforschung und Bei-
bringung wissenschaftlichen Apparates sehr viel zu wünschen übrig lassen.
(Da hei den bedeutenderen dieser Werke fortwährend neue Auflagen er-
scheinen^ so ist von der Angabe des Erscheinungsjahres der neuesten Auflage
in der Regel Abstand genrnnmen worden, auch der Erscheinungsort nur dann
angegeben, tvenn er nicht Paris ist.)
ViLLEMAlx, Cours de litt, frcse. 6 Bde. 'schon älteres Buch — die
erste Ausgabe erschien um die Mitte der zwanziger Jahre — , aber noch
immer lesenswerth und brauchbar) — D. Nisard, Hist. de la litt, frcse
(die erste Ausg. erschien 1844 49; über das Buch lässt sich ähnlich Avie
über das Villemain'sche urtheilen, nur enthält es mehr ästhetisirendes Rai-
sonnement als dieses — E Geruzez, Hist, de la litt, frcse depuis ses
origines jusqu'ä la revolution (erste Ausg. 1861) i) — E. Taleot, Hist. de
1 Sowohl Nisard als auch Geruzez hat ausser dem genannten gros-
sen \N erke auch ein Compendium erscheinen lassen, ersterer u. d. T. »Pre-
Körting, Eneyklopädie d. rom. Phil. III. 20
306 1^^^ Französische.
la litt, frcse depuis ses origines jusqu'ä no.s jours, avec un coup d'ueil s.
les litt, etrangei-es ISlUi — J.-F. de Laharpe, Lycee ou cours de littera-
ture ancienne et moderne (beste Ausgaben l'>25/26. IS Bde. u. 184(i. 3 Bde.
— BvRON, Hist. de la litt, en France depuis la conquete des Gaules par
J.-Cesar jusqu'ä nos jours. 1851 — Demogeot, Hist; de la litt, frcse de-
puis ses origines jusqu'ä nos jours, seit 1S52 (vielgelobtes, aber dennoch
sehr unzulängliches Buch; — A. Koche, Hist. des principaux ecrivains
frcs. etc., London, seit 1858.
G. Merlet, Etudes litt. s. Chanson de lloland, Joinville, Montaigne,
Pascal, Lafontaine, Boileau , Bossuet, Fenelon, Labruyere, Montesquieu,
Voltaire, Buffon, 1852 — *Ch.-A. Sainte-Beive, Critique et portraits litt.
1832 39 5 Bde., Portraits litt. 1844. 2 Bde.; Causeries du lundi 1851 62
15 Bde., Nouveaux lundis 1863/72. 10 Bde. (diese sämmtlichen Werke ent-
halten höchst werthvollc, glänzend geschriebene Essays über die verschie-
denartigsten litt. Themata) — F. Bkunetiere, Etüde crit. s. l'hist. de la
litt, frcse. 1880 (behandelt meist Fragen der neueren Litt., der Verf. steht
auf dem »classischen« Standpunkte und weiss denselben geistvoll zu ver-
theidigen .
*Ideler u. Noi.TE, Handb. d. frz. Spr. u. Lit. Berlin 1804 36. 4 Bde.
(für seine Zeit vortreöliches Buch, das einer Neubearbeitung würdig wäre,
— Mager, Die frz. Litt, vom Anfange des 12. bis gegen Ende des 18.
Jahrh. Wismar 1834, und: Versuch einer Gesch. u. Charakteristik der frz.
Nationallitt, von 1789 ab. 1837. 2 Bde. — F. Kreys.sig, Gesch. d. frz.
Nationallitt. 5. Aufl. besorgt v. Lamprecht. Berlin 1871) (leidliches Hand-
buch), und; Studien zur frz. Cultur- u. Tiitteraturgesch. Berlin 1S6.") —
H. Brettinger, Die Grundzüge der frz. liitteratur- u. Sprachgesch. Zü-
rich. 3. Ausg. ISSO (ein für ])raktische Studienzwecke sehr brauchbares
Büchlein trotz mancher Lücken und Unebenheiten), und; Die frz. Classi-
ker. Charakteristiken u. Inhaltsangaben. 2. Ausg. Zürich 1879 — E. En-
gel, Gesch. d. frz. Litt. Leipzig 1882 (feuilletonistisch gehalten), und: Psy-
chologie der frz. Litt. Teschen 1885 — A. Kressner, Grundriss der frz.
liitt. u. Metrik. Frankf. a. O. 1879 — AV. König, Studien zur frz. Litte-
raturgesch. Halle 1877 — C. Sachs, Synchronistische Tabelle der polit.
u. Litterärgeschichte Frankreichs u. Englands. Berlin. Langenscheidt.
H. VAN liAUN, Hist. of French Lit. London 1876/77 (werthlos —
Saintsukry, A Short history of French Lit. Oxford 1883, vgl. Kom. XII 602.
Brauchbare litterargeschichtliche Notizen findet man auch in den bes-
seren Chrestomathien, z. B. in Staaff, La litt, fr^se dep. ses orig. jusqu'ä
nos jours. 1876. 6 Bde., Burguy u. Herbig, La France litt. Braunschw.,
seit 1856, PlüTZ, Manuel de litt, frcse. Berlin, immer neu erscheinend.
Anhang; Geschichte des franz. Dramas und Theaters vgl.
auch die Artikel Adam de la Halle, Mystere, Miracle, Theä-
tre in dem aiphabet. Verzeichnisse des § 3 und die Artikel
Corneille, Meliere u, dgl. in ij 4, sowie einzelne Anm. zu § 5.
eis de riiist. dl' la litt, frcse«, letzterer u. d. T. »Hist. abregee de la litt,
frcse."
Litteraturgoschichte. 307
'Fkax^OIs et Claude Pakfaict, Hist. gen. du TheAtre fr^s. 1734/49,
15 Bde., Mcm. ]>. servir a l'hist. des spectaclcs de la foire 1743. 2 Bde.,
Hist. de l'anc. th. it. 1753, diet. des thodtres de Paris 1756/07. 7 Bde. —
R. Prölss, Geschichte des neueren Dramas. Leipzig 1881 — V. ForuxKi,,
Curiosites theatrales anciennes et modernes, frcses et etrangeres, iSS'.t —
E. nr Mkrii., Origines ktines du thcatre moderne. 1849, und: Hi-stoire
de la comedie 1864 ti9 — Sepet, lie drame chretien au moyen-äge 1878 —
L. Petit de Julleville, Hist. du th. en France. Les Mysteres 1880.
2 Bde. (trotz mancher Mängel bedeutendes und grundlegendes Buch) —
L. P. Beuger, Framställning af det franska nicdeltids draniats utveck-
lingsgäng frän äldste tider tili iir 14ü2. Stockholm 1875 (gute und über-
sichtliche Zusammenstellung) — J,. Delisle, le Mystere des rois mages
dans la cathedrale de Nevers, in: Rom. IV 1 — H. Tivier, Hist. de la
litt, dramatique en Fr. depuis ses orig. jusqu'au Cid 1873. (lesbares Com-
pendium) — B. PiFTEAU und J. Gorjox, Hist. du th. en Fr. des origines
au Cid. 1880 (ziemlich werthlos) — Foi'RXlER, Le Theätre frcs avant la
renaissance. Paris ISSO — E. PicoT, La Sottie en Fr., in: Rom. VH 236
— R. "Werner, Drei Farcen des 15. Jahrh. Göttingen 1S80. Diss. — P.
Goldschmidt, das politische Schauspiel in Frankreich unter König I-ud-
wig XII. in: Herrig's Archiv Bd. 41 — *A. Ebert, EntMickelungsge-
schichte der frz. Tragödie, vornehmlich im 10. Jahrh. Gotha 1856 — E.
Faguet, la tragedie frcse au XVI s. 1883 — E. Fourxier, Th. frcs au
X\T et au XVII s., 1550 ä 1650, ou choix de comedies anterieures ä Mo-
liere, avec introduct. et notice. (Ueber die 'Contemporains de Mol.' s. un-
ten § 4 aiphabet. Register.) — Du Tralage, Notes et documents s. l'hist.
des th. de Paris au XVII s. 1881 — *E. Despols, Le th. frcs sous Louis
XIV. 1875 vorzügliches Buch, das Jeder, der mit dem Drama des 17. Jahrh.
sich beschäftigt, gelesen haben sollte — F. LemaiTRE, La comedie apres
Moliere et le theatre de Dancourt 1883 — G. Weinberg, Das frz. Schä-
ferspiel in der ersten Hälfte des 17. Jahrh. Frankf. a. M. 1884 — Saint-
VlCTOR, Deux Masques 1883 84. 3 Bde. (behandelt namentl. Moliere und
Beaumarchais) — A. B. Cochrane, Th. frcs in the reign of Louis XV.
London 1879 — Wetz, Die Anfänge des bürgerl. Dramas in Frankreich.
Worms 1885. — E. Campardon, Les comediens de la troupe frcse pen-
dant les deux derniers siecles. Documents recueillis aux archives nationa-
les. Paris o. J. — Vgl. auch § 4 und einzelne Anm. zu § 5.
§ 3. Angaben zur altfranzös. Litteratur.
1. Werke, welche die altfrz. Litteratur in ihrer Gesammt-
heit behandeln. Histoire litteraire de la France (begonnen nach fünf
Jahre zuvor erfolgter Ankündigung im J. 1733 von den Benedictinern der
Congregation des h. Maurus, welche das Werk bis zum 12. Bande ein-
schliesslich il763] fortsetzten; vom 13. Bande ab übernahm, und zwar seit
dem J. 1808. eine Commission des Institutes die Arbeit. Bis jetzt liegen
30 Bde. vor, in denen die Litteraturen Frankreichs — die lateinische, fran-
zösische und provenzalische — bis zum 14. Jahrh. in gelehrtester und ge-
diegenster AVeise behandelt werden. Dass ein so umfangreiches und von
2it*
308 ^^^ Französische.
so verschiedenen Verfassern gearbeitetes AV'erk viele Ungleichheiten und
Mängel, namentlich auch Breiten und Wiederholungen zeigt und dass es
in seinen älteren Theilen den Anforderungen der heutigen "Wissenschaft
nicht entspricht, das ist selbstverständlich, nichtsdestoweniger ist die Hist.
litt, eine staunenswerthe Schöpfung, wie auf litterargeschichtlichem Gebiete
kein anderes Volk sich einer solchen rühmen darf. — Eine kurze Ge-
schichte der Hist. litt, nebst einer gedrängten Analyse der einzelnen Bände
hat Schmitz in Suppl. 2. S. 27 ff. seiner Encyklopädie gegeben .
L. MoL.\ND, Origines litt, de la France 1S62 — J. Ampere. Hist. litt.
de la Fr. avant le XH s. 1S39. 3 Bde., und: De la litt, frcse dans ses
rapports avec les litt, etrangeres au m.-age 1833 — B. Roquefort, De
l'etat de la poesie frcse dans les XH et XHI s. 1815 — Villemain, Ta-
bleau de la litt, du m.-äge en Fr., en Italie, en Espagne etc. 1863. — L.
MoLAND, Origines litt, de la Fr. 1864 — *Ch. Aubertin, Hist. de klang.
et de la litt, frcses au m.-äge 187(3 78, 2. Ausg. 1885 das verhältnissmäs-
sig beste Werk, vgl. : Rom. IX 306) — P. Albert, la litt, frcse dep. les
orig. jusqu'ä la fin du 16 s. 1879 — Ch. Gidel, Hist. de la litt, frcse
dep. son orig. jusqu'ä la renaissance. 1875 — H. Prat, Etudes litt, du m.-
äge XIV et XV s. 1877 — J. Condamix, Cours complementaire de lang,
et litt, romanes (Langue d'oYl . Lecon d'ouv. Lyon 1880 — A. D.uimeste-
TER, Cours de litt, frcse du m.-age et d'hist. de lang, frcse. Le9on d'ouv.,
in: Rev. de l'Enseign. 15 Dec. 1883 — O. Richter. Die frz. Litt, am Hofe
der Herzöge von Burgund. Diss. Halle 1882 — G. Paris, Les contes orien-
taux dans la litt, frcse du m.-äge 1875.
F, Ideler, Gesch. d. altfrz. Nationallitt. v. d. ersten Anfängen bis
auf Franz I. Berlin 1S42 vgl. oben S. 306) — K. Semmig, Gesch. d. frz.
Litt, im Mittelalter. Leipzig 1862 (hat nur als Curiosum Interesse).
2. Schriften über einzelne Gebiete der altfrz. Litteratur:
F. DiDOT, Essai de Classification methodique et synoptique des romans de
chevalerie inedits et publies. 1870 — Uhlaxd, Ueber das altfrz. Epos
'Gesammelte Schriften zur Geschichte der Dichtung und Sage, herausg.
von Holland, Bd. IV 327) — Wirth, Ueber die nordfrz. Heldengedichte
des karoling. Sagenkreises. Elberfeld 1836. Progr. — F. AVolf, Ueber die
neuesten Leistungen der Franzosen in der Herausgabe ihrer Nationalhel-
dengedichte. Wien 1833 — A. ToBLER, Ueber das volksthüml. Epos der
Franzosen, in: Zeitschr. f. Völkerpsych. u. Sprachvgl. VI 139 — 'P. Rajxa,
Le origini dell' epopea francese. Florenz 1884 hochbedeutendes geniales
Werk) — *K. Nvrop, Den oldfranske heltedigtning. Kopenhagen 1883
ausgezeichnetes übersichtliches Werk, das namentlich auch eine trefl'liche
Bibliographie der altfrz. Epik, besond. der Chanson- de -geste- Dichtung
enthält — *L. Gaitier, Les Epopees frcses. 2e ed. vol. I. HI. IV 1878/80
ausgezeichnetes Werk über die altfrz. Chansons de geste mit allem wissen-
schaftl., namentl. auch bibliographischem Apparate; der ästhetische Stand-
punkt des Verfassers ist ein zu einseitig bewundernden , vgl. Böumek,
in: Rom. Stud. III 367. Ferner desselben Verfassers Essays: La cheva-
lerie d'apres les textes poetiques du m.-äge, in: Rev. des quest. hist. III
345; l'id^e religieuse dans la poösie ep. du m.-äge. 1868, l'idee polit. dans
Litteraturgeschichtc. 309
les chans. d. g., iu ; Kev. des quest. hist. VIIjjTH. le style des cluuis. d. sj. ,
in: Kev. du monde cath. 1S7T. 10 u. 25 Mai — A. Guaf, Dell epica fran-
cese nel medio evo, in. Nuova Ant. ISTti Oct. — E. I.ittke, De la poesie
epique dans la societe feodale, in : Hist. de la lang. fr9se I 256 u. R. d.
d. M. 1S54, 1. Juli. — *G. Paris, Hist. poetique de Charlemagne 1S65
(grundlegendes Werk, das jeder Studierende der altfrz. Phil, lesen muss)
— G. Paris, De Pseudo-Turpino IStiö — P. Pari.«!, I.es chansons de geste.
Diseours d'ouv., in; Bulletin du bibliograph. et du bibliotli. März 1859, und
Etüde s. les eh. d. g. et s. le Garin le Loherain de Jean Flagy 1863 —
G. Paris, Paulin Paris et la litt, au m.-äge, in: Rom. XI 1 — Ch. d'He-
RiCAlLT, Essai s. Vorig, de Tepopee frcse et s. son hist. au m.-dge. 1860
— P. Meyer, Recherches s. Tepopee frcse etc. (Kritik der oben genannten
AVerke Gautier's u. G. Paris') 1867 — F. Hexaix, Charlemagne d'apres les
traditions liegeoises. Liege ISTS — E. Quinet, Des epopees frcses inedites
du Xn s., in: Ovuvr. completes t. IX — DiEHL, Die Rolandssage in der
altfrz. Poesie, namentl. im Heldengedicht. Marienwerder 1S67 — *G. Grü-
ber, Die handschriftl. Gestaltung der ch. de g. Fierabras. Leipzig 1S6'>
(eine durch ihre scharfsinnige Methode in der Textkritik epochemachende
Schrift — P. Berton, De l'epopee frcse au m.-age. Besancon 1S79 — O.
Dietrich, Die "Wiederholungen in der altfrz. ch. d. g. Erlangen 1881.
Diss., auch in: Rom. Forsch. Bd. 1 — Histoire du Mont-St-Michel etc.
(ohne Angabe des Verfassers . Coutances 1876 — Karlamagnus-Saga og
kappa hans. Udgivet af C. R. UxGER. Christiania 1860 — G. Storm, Sagn-
kredsene om Karl den Store og Didrik af Bern etc. Christiania 1S74 —
A. Feist, Zur Kritik der Bertasage. Marburg 1885. — Vgl. auch unten
in No. 4 die die einzelnen Chansons de geste, namentl. das Ro-
landslied betr. Artikel, vgl. auch oben Kap. 8, §9 am Schlüsse.
A. BiRCH-HiRSCHFELD , Ueber die den prov. Troubadours des 12. u.
13. Jahrb. bekannten einsehen Stofie. Halle 1S78, vgl. Ztschr. f. roman. Phil.
II 318 — F. DiDOT, Essai de Classification etc. (s. S. 308) — de la Ville-
MARQUE, Les Romans de la Table ronde et les contes des anciens Bretons.
3e ed. 1860 — A. Birch-Hirschfeld, Die Sage vom Gral. Leipzig 1877,
vgl. Ztschr. f. rom. Phil. H 617 — *A. La Borderie, L'Historia Brito-
num attribuee ä Nemiius et l'Historia britannica avant Geoffroi de Mon-
mouth 1880, und Les veritables propheties de Merlin. 1880, vgl. Rom.
Xn 367 — *G. Paris, Etudes s. les romans de la Table ronde, in : Rom.
X 465 u. xn 459 — F. Loliee, La femme dans la ch. d. g., N. R. XV
382 — Th. Krabbes, Die Frau im altfrz. Karlsepos, in : Stengel's Ausg.
und Abh. XVHI — Fr. Bangert. Die Thiere im altfrz. Epos, in: Stex-
GEL's Ausg. u. Abh. XXXIV — P. Zellfr, Die tägl. Lebensgewohn-
heiten im Karls-Epos, ebenda XLII — R. Schröder, Glaube u. Aberglaube
in der altfrz. Dichtung. Erlangen 1886.
J. Bekker, Vergleichung homerischer u. altfrz. Sitten, in: Monats-
berichte d. Berl. Akad. d. "Wissensch. 1866, und homer. Ansichten u. Aus-
drucksweisen mit altfrz. zusammengestellt, ebenda 1867 — E. LiTTRE, La
poesie homerique et l'ancienne poesie frcse, in: R. d. d. M. 1847, 1. Juli,
vgl.: Hist. de la lang, frcse I 301 — J. Auox , Einiges zu den Charak-
310 Däs Französische.
teren der Artussage. Wien 1&S:3 — F. Seiffert, Ein Romanbuch zu den
Artusepen. Theil I. Greifswald 1883. Diss. — W. Heidsiek, Die ritterl.
Gesellschaft in den Dichtungen des Crestien de Troyes. Greifsw. 1883.
Diss. — L. Gautier, La chevalerie 1884 — Vgl. auch unten in No. 4
die die einzelnen Abenteuerromane, sowie den »Gral«, Gottfr.
V. Monmouth, Artussage u. dgl. betr. Artikel.
B. Beuxiiardt, Kecherches s. l'hist. de la Corporation des menetriers
QU joueurs d'instruments de la ville de Paris, in : Bibl. de l'Ec. des Ch.
III 377, IV 525, V 254 u. 339 — A. ToBLEK, Spielmannsleben im alten
Frankreich, in: »Im Neuen Keich« 1875, No. 9 — F. Fkeymond, Jong-
leurs u. Menestrels. Halle 1883 — E. Lexiext, La satire en Fr. au m.-
äge. 1883.
3. Sammelausgaben, Sammelwerke: Altfrz. Chrestomathien u.
dgl. s. oben S. 57 — Gesammtausgaben der "ältesten Denkmäler« s. unten
No. 4 — Sammlungen altfrz. Dramen Mysterien etc.) s. unten No. 4 un-
ter «Mysterien« u. »Theater«, vgl. auch oben § 2, Anhang.
Anciens poetes de la France, p. p. F. Guessakd, 1859/70, 10 Bde.,
enthalten folgende chansons de geste: Gui de Bourgogne — Otinel, Floo-
vant — Doon de Mayence — Gaufrey — Fierabras — Parise de la Du-
chesse — Huon de Bordeaux — Aye d'Avignon — Gui de Nanteuil —
Gaydon — Hugues Capet — Macaire — Aliscans (vgl. unten No. 4,,.
Publications de la Societe des anciens textes seit 1875, bis
jetzt 23 Bde., enthalten u. A. : Chansons fr^ses du 15 s. p. p. G. Parls, avec
la musique en notation moderne p. A. Gevaerts — Les plus anciens mo-
numents de la langue frcse. (Album photograph. Facsimile) , p. p. G. Paris —
Brun de la Montagne, rom. d' v., p. p. P. Meyer — Miracles de Nostre
Dame par personnagcs, p. p. G. Pari.s u. U. Kohert — Guillaume de
Palerme, rom. d'av. p. p. H. MiCHELAXT — Deux redactions du rom. des
Sept Sages de Kerne, p. p. G. Paris — Aiol, ch. d. g., p. p. F. NoR-
MANi) u. G. Raynaud — Le Debat des Herauts de France et d'Angle-
terre, p. p. L. Pannier u. P. Meyer — CEuvres completes d'Eustache
Deschamps, p^ p. QuEUX de St-Hilaire — Le saint voyage de Jerusalem
du seigneur d'Angluse, p. p. Boxxardot — Chronique du Mont-Saint-
Michel, p. p. S. LuCE — Elie de St-Gille, ch. d. g., p. p. G. Kayxaud
— Daurel et Beton, ch. d. g. prov. , p. p. P. Meyer — Le Mistero du
Vieil Testament, p. p. J. de Rothschild — La Vie de St. Gilles p. Guil-
laume de Berneville, poeme du 12 s. p. p. G. Paris et A. Bos.
Altfranzös. Gedichte aus venezianischen Hdss., herausg. v.
A. MussAFlA. I. La Prise de Pampelune. II. Macaire. AVien 1864, vgl. :
Bibl. de l'Ec. des Ch. 1864, S. 573.
Altfranzös. Bibli othek, herausg. von W. Förster. Heilbronn,
seit 1879; die bis jetzt erschienenen Bände enthalten : Bd. 1 Chardry's Jo-
saphaz, Set Dormanz u. Petit Plet, cd. J. Kocn 1879 — Bd. 2 Karls
d. G. Reise etc., ed. F. KoscinviTZ, 2. Ausg. 1883 — Bd. 3 üctavian,
altfrz. Roman, ed. K. Vollmüller 1883 — Bd. 4 Lothringischer Psalter
des 14. Jahrb., ed. F. Apfelstedt. 1881 — Bd. 5 Lyoner Yzopet (13.
Jahrb., ed. W. Förster. 1882 — Bd. 6 Das altfrz. Rolandslied. Text von
I.itteraturfiesfliichtt'. 311
Chateauroux u. Venedig!; VII, ed. W. Föusikk ISS.i — lid. 7 Das altfrz.
Kolandslicd. Text vou Paris, Lyon, Cambiid}i;e ii. I.othr. Fra}i;ni., ed. W.
F()itsTEK, noch nicht erschienen.) — bd. s Orthof^raphia t.allica. Aeltester
Tractat über frz. Ausspr. u. Ürthogr., ed. J. SxüiiZlXGEU. 1884 — Bd. 9
Adojars Marien-Legenden, ed. C. Neuhals 1885 — ■ Bd. 10 Commentar zu
den alt. frz. Sprachdenkm., ed. E. Koscuwixz (weitere Bände sollen brin-
gen : Garnier's von Pont-Sainte-Maxence «Thomas Becket« — Jehan de Lan-
son — Jaufre — poitevinisches Kathorinalcben — prov. Planctus Mariae
— Mystere d'Adam — lloman de Cristal — Nat de Mons — Koman de
Hörn — Koman du Castelain de Couci).
G. Raynaud. Bibliographie des Chansonniers frcs des XIII et XIV s.
1884. 2 Bde. — A. Jubixal , Jongleurs et trouveres ou choix de saluts,
epitres, reveries et autres pieces legeres des XIII« et XIV« siecles. 1835 —
Chants historiques et populaires du temps de Charles VII et Louis XI p. p,
Le Roux de Lincy 1857 — Chansons du XV« s. etc. p. p. G. Paris, s.
üben in den Publ. de la Soe. des anc. text. — llecueil de motets frc». des
Xn et XUI s. , p. p. G. Raynaud, suivis d'une etude s. la musique au
siecle de St- Louis p. H, Lacroix, 1882 — Recueil de poesies frcses des
XV et XVI siecles, morales, facetieuses, historiques reunies et annotees p.
A. de Montaiglon et James de Roth.schild, 1855/78. 13 Bde., vgl. Ztschr.
f. rom. Phil. I 462 u. II 344 • — Recueil de chants historiques frcs. depuis
le 12 jusqu'au 16 s., p. p. Leroux de Lincy, 1841/42 — Cent cinq ron-
deaulx d'amour, p. p. E. Tross, 1863 — Poesies des XIV et XV s., d'a-
pres le ms. de la bibl. de Geneve, p. p. E. Ritter. Basel 188Ü — P. Meyer,
Melanges de poesie anglo-normande, in : Rom. IV 370, und : Mel. de poesie
frcse, in : Rom. VI 4SI — A. Dinaux, Trouveres, Jongleurs et menestrels
du Nord de la France et du midi de la Belgique, t. I trouveres cambre-
siens. Brüssel 1837, t. II trouv. de la Flandre 1839, t. III trouv. artesiens
1843, t. IV trouv. brabancons 1863 — Trouveres beiges du XII au XIV
siecle. Chansons d'amour, jeux-partis, pastaurelles , dits et fabliaux, p. p.
A. Scheler. Brüssel 1876, vgl. Ztschr. f. rom. Phil. II 476 1,. — VgL
auch No. 4 den Artikel »Lieder«.
Fabliaux ou contes du XU et du XIII siecles, p. p. Legrand 1779/81.
4 Bde. — Fabliaux et contes, p. p. Barbazan, nouv. ed. augmentee p. M.
Meon 180S — Nouveau recueil de fabliaux et contes inedits des poetes
frcs des XU, XIH, XIV et XV siecles, p. p. Meon 1823. 2 Bde. — A.
JuBlNAL, Nouveau recueil de contes, dits, fabliaux et autres pieces inedites
des XIII, XIV et XV siecles. 1839/42. 2 Bde. — Recueil general des fa-
bliaux des XIII et XIV siecles, p. p. A. de Montaiglon et Raynaud
1872/78. 4 Bde. — Varietes historiques et litteraires. Recueil de pieces
rares et curieuses annotees p. Fournier. 1855/63. 10 Bde. — E. DU Me-
RIL, Poesies inedites du m.-a, preced. d'une hist. de la fable esopique 1854.
Ch. Louandre, Chefs-d'ceuvre des conteurs frcs avant Lafontaine ;1050
— 1650) 1875 — A. V. Keller, Altfrz. Sagen. 2. Ausg. Heilbronn 1875.
1 Vgl. hierzu die Diss. von J. Spie.s, Untersuchungen üb. die belg.
Trouveres des 12,14. Jahrh., in: Stengel's Ausg. u. Abh. XVH.
312 I^as Französische.
4. Alphabetisches Verzeichniss der Ausgaben der wichti-
geren altfranzös. Litteraturwerke nebst Angabe einiger Er-
läuterungsschriften (ein beigefügtes N. verweist auf die Nachträge .
Abbregie de Troyes nach Dictj's u. Dares sowie nach einer Hds.
der Breslauer Stadtbibl. etc.;, herausg. von Birger. Breslau 1878, Progr. d.
Kealsch. am Zwinger — Adam, s. Mystere d'A. — Adam de la Halle,
QSuvres completes, p. pour la premiere fois par Coi'SSEM.\KER 1872 G. Kay-
NAUD, Deux jeux-partis inedits d'A. d. 1. H., in : Rom. VI 590. L. Bahlsen,
A. d. 1. H.'s Dramen u. das Jus du pelerin, in: Stengel's Ausg. u. Abh.
XXVII) — Adenes li Rois. 1) Li Roumans de Berte aus grans pies ed.
A. SCHELER. Brüssel 1874, vgl. Rom. V 115 u. IH 339 (Hist litt. XX 7(il;
Gautier, Ep. III 7; Fr. Michel, Examen crit. du R. d. B. etc. 1832. S. ob.
S. 309). 2) Bueves de Commarchis, ed. A. .Schei.eh. Brüssel 1874. vgl. Rom.
V 115. 3; Enfances Ogier, ed. A. Scueler. Brüssel 1874, vgl. Rom. V 115.
(Gautier III 52, Hist. litt. XX 6S8^ 4) Li Roumans de Cleomades.
p. p. A. VAN Hasselt. Brüssel 1865/66. (J. H. Bormaxs, Observations
philologiques et critiques s. le texte du r. d. Cl., p. p. v. H. Liege 1867.;
— Aelteste Sprachdenkmäler. Unter den »ältesten Sprachdenk-
mälern« versteht man im engeren Sinne folgende Schriftwerke: 1. die
Stras.sburger Eide, 2. das Eulalialied, 3. das Fragment von Valenciennes
oder das Jonasfragment, 4. das Leodegarlied , 5. die Passion, 6. das Ale-
xiusUed des 12. Jahrhunderts (s. unter »Alexius«); im weiteren Sinne
rechnet man ferner hinzu: 7. das hohe Lied, 8. das Alexanderfraginent des
Alberic v. Besancon (oder Briäncon?;, 9. die Epistel vom heil. Stephanus,
10. der Sponsus; im weitesten Sinne kann man endlich noch hinzuzählen
die (abgesehen von den Eiden und dem Jonasfragment ältesten Prosadenk-
mäler: 11. Uebersetzung der vier Bücher der Könige 's. unter »Quatre
livres«), 12. Oxforder Psalmenübersetzuug s. unter »Psalter«], 13. Cam-
bridger Psalmenübersetzung (s. unter »Psalter«). Von No. 1, 2, 3, 4, 5 hat
G. Paris im Album der Soc. des anc. text. photographische Facsimile
veröffentlicht, bezüglich der Lambspringer Hds. des Alexius hat E. Sten-
gel ein Gleiches gethan, jedoch ist das Facsimile nicht in den Buchhan-
del gekommen; No. 1, 2, 3, 4, 5 u. 10 sind von Koschavitz in diploma-
tischem Abdruck herausgegeben worden Xes plus anciens monuments de
la langue fr9se. 3. Ausg. Heilbronn 18S4 , dieselben Stücke u. ausserdem
No. 6, 7, 8 u. 9 auch von Stexgel in Ausg. u. Abh. Heft I mit vollstän-
digem Wortverzeichnisse u. Uebersichtstabellen über A^'ortklassen , Asso-
nanzen u. Reime u. XI. Mit Abfassung eines ausführlichen Commentars
ist KoscH^\^TZ beschäftigt, Bd. 1 desselben ist Ende 1885 erschienen.
Die reichhaltige Litteratur zu den ältesten Sprachdenkmälern ist in den
angeführten diplomatisclien Abdrücken verzeichnet, Meshalb hier und unten
von ihrer Angabe Abstand genommen werden darf. — Aime, moine du
Mont-Cassin, L'ystoire de li Normant et la clironique de Rob. Viscart, p. j).
Champollion-Figeac 1835 — Aimeri de Narbonne, eh. d. g., Ausg.
V. L. Demaisox, für die Soc. des anc. text. vorbereitet (vgl. Hist. litt.
XXII 460; Gautier, Ep. III 774; G. Paris in Rom. IX 515; Stengel
in Ztschr. f. rom. Phil. VI 397: A. Kres.^ner in Herrig's Archiv LVI 11)
Litteraturgeschichte. 3 1 3
— Aiol et Mirabel, herausg:. v. W. Föustkk. lleilbroun ISTli S2, von
J. NoRMAND u. G. Raynaid f. d. Soc. des anc. t. 1878 (vgl. A. Mvssafia
in Ztschr. f. roni. Phil. III 257) — Aiquin s. Aquin — Alberic v,
Besan^on s. Alexanderfragment — Alexanderfragment s. ob.
Ae It est e Sprachdenkmäler, vgl. auch AV. FöUsteu, in: Ztschr. f. rom.
Phil. II 79 u. VI 422 ^H. Flkcutneu, Die Spr. des A. Strassburg 18^2 Diss.,
vgl. Rev. crit. 1SS3 I 207, Ztschr. f. nfrz. Spr. u. Lit. IV^ 94 — Ale-
X ander roman Li rom. d'Al. par Lambert li Tors u. Alexandre de Ber-
nay, herausg. 1 v. H. Michelaxt. Stuttgart 1846, 2) p. F. le Court de
LA Villethassp:tz et E. Talbot, 1861. 3) Eine krit. Ausg. sämmtl. alt-
franz. Alexandcrdiehtungen bereitet P. Meyer vor, vgl. Rom. XI 213 u.
XII 139. (Uebcr die Alexandersage vgl. Theil II 495 f., nachgetragen werde
hier: F. BlümeR, Alex. d. G. in Jerusalem. Büdingen 1872 Progr. ; RöM-
HELD. Beiträge zur Gesch. u. Kritik der Alexandersage. Auszug aus der
SAT. Uebers. des Pseudokallisthenes. 1873. Hersfeld. Progr.; — Alexius.
Ueber das Alexiuslied des 12. Jahrh. vgl. bezüglich der diplomat. Ab^
drücke und des photogr. Facsimiles oben »Aelteste Sprachdenkmäler« : son-
stige Ausgaben veranstalteten "SV. Müller in Haupt's Ztschr. f. deutsche.«
Alterth. V 299; G. Paris 1872 mit hochbedeutender Einleitung; Neudruck
des Textes 1884,; der Paris'schen Ausg. des ältesten, ca. 10.50 entstandenen
Alexiusliedes ist die Ausg. dreier späterer Reproductionen (des 12., 13. u.
14. Jahrh. beigefügt, die dritte derselben von L. Paxxier edirt. Ein Ale-
xiuslied in achtsylbigen Versen hat G. Pajiis in Rom. VIII 163, ein noch
anderes hat J. Herz im Progr. der israel. Realsch. zu Frankfurt a. M. 1879
veröffentlicht (J. Bracxs, Ueb. Quelle u. Entwickelung der altfrz. Cancun
de Saint Alexis vergl. mit der prov. Vida sowie den altengl. u. mhd. Dar-
stellungen. Kiel 18">4 — Aliscaus, eh. d. g., Ausg. 1 v. F. Gvessard
u. A. DE MoxTAiGLOX 1870. A. P. F. X; 2; von Joxckbloet im Guil-
laume dOrange (s. d.) I 215 Hist. litt. XXII 511; Gautier, Ep. IV 465 ;
Rom. n 335, YL 257) — Amis et Amiles, eh. d. g., Ausg. von K. HoF-
MAXX. Erlangen 1852, 2. Aufl. 1882 Hist. litt. XXH 258; G.^utier, Ep.
I 479; Rev. celt. IV 203, 479; KÖLBIXG in Paul u. Braune's Beiträgen
etc. IV 271, Germania XIX 1S4, Engl. Stud. II 295, V 465, ausserdem in
seiner Ausg. des altengl. Amis and Amiloun. Heilbronn 1884; H. Kleix,
Sage, Metrik u. Gramm, des altfrz. Epos A. et A. Bonn 1875 Diss.: J.
Schöpfe, Ueb. Metr. u. Ass. der eh. d. g. A. et A., in : Franz. Stud. HI 1 ;
J. Hüllex, Ueber Stil u. Compos. der altfrz. eh. d. g. A. et A. u. Jourd.
d. Blaivies. Münster 1885 Diss.; — d'Andeli, H., Ausg. v. Herox. Rouen
1S81, vgl. Rom. XI 137. N. — d'Andeli, R., Chanson p. p. Herox, vgl.
Rom. I 190 — Ansei's de Carthage, eh. d. g., nicht edirt Hist. litt.
XIX 648; G.\UTn-R, Ep. HI 637; P. Paris Manuscrits IH 172, VI, 218
— Anse'is fils de Girbert, nicht edirt Hist. litt. XXII 633; P. Paris,
Garin le Loherains, p. 354) — Antioche, eh. d. g., Ausg. v. P. Paris
1848. 2 Bde. in das Neufrz. übers, v. Mme de Saixte-Aulaire 1848 u.
18t)2; Hist. litt. XXH 353; P. Paris. Manuscrits VI, 195, und: Nouvelle
etude s. la eh. dA. 1874: Roman. Stud. I 390) — Aquilon. Prosaro-
man, nicht edirt. vgl. A. Thomas in Rom. XI 538 — Aquin, eh. d. g.,
314 l^^as Französische.
Austr. V. JoüON DES LoNGKAls. Nantes 18S0, vgl. Rom. IX 445 Hist. litt.
XXII 4(i2; G.\LTIEK, Ep. III .153) — Art d'Amors, s. Echecs amou-
reux, Jacques d'Aniiens, Jehan le Bei — Aspremont, eh. d. g.,
Ausg. V. F. GiESsAUi) u. L. Gaitiek 1855; Bruchstücke bei J. Bekker
im Fierabras 's. d.), p. LIII, Rom. IX 344, Ztschr. f. rom. Phil. IV 364
;Hist. litt. XXII 300; G.\LTiEK, Ep. III 70; A. Keller, Romv. 1: A.
Mls.SAFiA, Handschriftl. Stud. II 278) — A'this et Prophilias, Ausg.
V. A. AVeber. Berlin 18S1 — Auberi, eh. d. g., Ausg. 1 v. P. Tarbe,
Rheims 1849; 2 von A. Tobler, Leipzig 187U Hist. litt. XXII 318; G.\u-
TIER, Ep. I 490; P. Parls, Manuscrits VII 24 u. 30; A. Keller, Romv.
203; J. Bekker im Fierabras LXVI; — Auberon s. Huon — Aucas-
sin etNicolete, chante-fable, Ausg. v. H. Suchier. Paderborn 1 878,
2. Ausg. 1883 Ztschr. f. rom. Phil. 11 624 ; frz. Uebers. von A. BlUA mit
dem Originaltext herausg. v. G. Paris, 1878; H. Bruxner, Ueb. A. et N.
Halle 1880 Diss.; ScHLiCKUM, Wortstellung in A. etN., in: Franz. Stud.
in 177. Deutsche Uebers. des Gedichtes von W. Hertz. Wien 1865) —
Aye d'Avignon, eh. d. g., Ausg. v. F. Glessard u. P. Meyer 1861
A. P. F. VI Hist. litt. XXII 334; Mem. de la Soc. des antiqu. de Fr. XV
398 ; Ztschr. f. rom. Phil. IV 101 ; A. Mussael^, Handschriftl. Stud. II 323 .
Balladen. Livre des cent ballades, p. p. QvElx de St-Hilaire
1668 — Barbastre s. Siege de B. — Barlaam et Josaphat s. Gui
de Cambrai — Basselin, Olivier, Le livre des chants nouveaux de
Vau-de-Vire. Ausg. vom J. 1811, 1821, 1823, 1859 (A. Gaste, Etüde s. O.
B. et les compagnons du V.-d.-V. etc. Caen 1866 — Bastars de Bouil-
lon Fortsetzung des Baudouin de Sebourc . Ausg. v. A. ScHELER. Brüs-
sel 1877, vgl. Rom. VII 460 (Hist litt. XXV 593] — Bataille Loqui-
fer, nicht edirt Hist. litt. XXII 532; P. Parl-*, Manuscrits UI 157) —
Baudouin de Sebourc, Ausg. v. BoccA 1841 (Hist. litt. XXV 537) —
Baudri de Bourgeuil s. Croisade — Bei Inconnu s. Inconnu —
Benoit, Chronique des ducs de Norm., p. p. Fr. Michel 1837 44. 3 Bde.
;H. Ani)RE.sex, Ueb. die Quellen der Chr. d. d. d. N. in Roman. Forschun-
gen, hrsg. V. Vollmüller, Bd. i; — Benoit de Ste-More, Roman de
Troie, Ausg. v. JoLY 1870/71. 2 Bde. ;Giorn. di fil. rom. VI 103; Journ.
des Sav. 1876, Jan. u. Febr.; F. Settega.st, B. de Ste-M., sprachl. Unter-
such, üb. die Identität der Verf. des R». d. T. u. Chr. d. d. d. N. Bres-
lau 1876 Diss.; H. Stock, Die Phonetik des R. d. Tr. u. der Chr. d. d. d.
N., in: Roman. Stud. III 443). Ueber die Trojasage vgl. Theil II 496 —
Bernay s. Alexanderroman — Berner Liedercodex No. 389, hrsg.
V. J. Brakelman.n in Herrig's Archiv XLI ff. K. Hoemann in Sitzungsb.
d. Münch. Akad. d. Wissensch. 1867, Bd. 2; Gröber u. Lebixsky in
Ztschr. f. rom. Phil. III 39' — Berte aus grans pies, Ausg. 1) von
P. P.\Rls 1832; 2) von A. Mis.saeia venezianische Redaction' in Rom. lU
339, IV 91; vgL oben Adenes li Rois (Hist. litt. XX 7Ul ; Gaitier, Ep.
HI 7 ; Wolf, Ueb. d. Leistungen etc. 37 ; Fr. Michel, Examen crit. du
R. d. B. aus gr. p. 1832) — Besant de Dieu s. Guillaume le Clerc
— :Besti aire s. Guillaume le Clerc u. Ph ilippe de Thaün — Beu-
von de Commarcis s. Adenes li Rois — Beuvon d' Hans tone,
Litttraturgcschichte. 3 1 5
noch nicht edirt; vgl. llist. litt. X\lll T4s; K. Stkxgkl, Mittheilun^cn
etc. .51; A. Kellkk, Komv. 404; E. Kölbinu in den Engl. Stud. II 317;
P. K.viNA in den Reali di Francia I 491 — Bibelübersetzung. S. Bek-
CiER, La bible fr9se au moyen-age. Etüde s. les plus anciennes ver.sions
de la Bible ecrites en prose de langue d'oil, 1^84; J. BoNNAUD, I.es tra-
ductions de la Bible en vers frcs au moyen-age, 1SS4, vgl. Ztschr. f. rem.
Phil. VIII 312 — Blandin de C ornou a illes, vgl. P. Meyeh in Rom.
II 170 — Bodel, Jean, Chanson desSaisnes, p. p. Fu. MiciiEl. l&.Ji»,
in: Rom. des douze pairs. Bd. 5 u. tj Hist. litt. XX 605; H. Meyeu,
Die Chanson des S. J. B.'s in ihrem Verhaltnisse zum Rolandsliede und
Karlusmagnussage, in: Stexgel's Ausg. u. Abh. IV,; Jeu de Saint-Nicola.s,
Ausg. V. Monraerque f. die Soc. des biblioph. frcs IS'M , v. Monmerque
u. Michel im Theatre francais du moyen-age 1839 F. Heitheckek, J. B.'s
J. d. S.-N. Ein Beitrag zur Geschichte des altfranz. Dramas. Münster
1>85; Journ. des Sav. 1846, p. 456; DlXAVX in Trouveres etc. III 260;
Petit de Jilleville in Mysteres I 95, 11 221; A. Kressner in Her-
rig's Archiv LIX 33*; Conges, Ausg. v. Barbazan-Meon , Fabliaux etc.
I 135; G. Rayxaid in Rom. IX 216; 4 Pastourellen, herausgeg. von
Bakt-SCH, Altfrz. Romanzen u. Past. Leipzig 1870, p. 2fe7 ^0. Schulz, Zu
J. B-, in: Ztschr. f. rom. Phil. VI 387 — Bkäxd.\x, Ausg. 1) v. H. Suchieh
in Rom. Stud. I 553 ; 2i v. Fr. Michel 1878 Th. Airacher, Der Br. in der
.\rsenalhds. B. L. F. 283 ; K. Brekke, Etüde s. la flexion dans le Voyage de
S. Br. 1885; W.Hammer, Die Sprache der agn. Brandanlegende, in: Ztschr.
f. rom. Phil. IX 75). S. oben S. 300 u. — Breviarium, ein frz. des
15. Jahrb., herausg. v. F. Lixdxer, in: Ztschr. f. nfrz. Spr. I 41 — Brun
de la Montagne, rom. d'av., Ausg. v. P. Meyer 1876. Soc. des anc.
text. MussAFiA in Ztschr. f. rom. Phil. I 98) — Brunetto Latini, Li
livres dou Tresor, p. p. P. Chabaille 1863 Thor Suxdby, Br. L.'s Lev-
net og skrifter. Kopenhagen 1869 ; ital. Uebers. dieses "Werkes von R. Re-
xiER. Florenz 1884; KÖRTIXG, Gesch. d. ital. Litt. etc. 111) — Brut (P.
Meyer, De quelques chroniques anglo-normandes qui ont porte le nom de
Brut, in: Bull, de la Soc. des anc. text. frcs 1878, p. 104, vgl. Rom. VIII
466). Vgl. AVace. Der Münchener Brut, Ausg. v. K. Hofmaxx u.
K. Vollmöller. Halle 1S77, v^L Rom. VII 144, vgl. auch K. Jexrich»
Die Mundart des M. B. Halle 18S1 Diss. A. Mussafia, Zum altfranzös-
Gottfr. V. Monm., in: Ztschr. f. rom. Phil. I 402 .
Calendarium. Altfrz. C, herausg. v. F. Lixdxer, in: Ztschr. f.
rom. Phil. IH 352 — Calendre. Settegast, C. u. seine Kaiserchronik,
in: Rom. Stud. HI 93 — Capet s. Hugues Capet — Carite. Li Ro-
mans de C. et de Miserere de Renclus de Moiliens, p. p. A. G. vax Ha-
MEL. 1S85. 2 Bde., vgl.: Ztschr. f. rom. Phil. IX 413 (A. Meyer, Li Mi-
serere, picard. Gedicht aus dem 12. Jahrh. v. R. d. M. Landshut 1882
Progr.; — Carl Mar teil, A. Graf, Di un poema inedito di C. M. e
di Ugo conte d'Alvernia in Giom. di iil. rom. H 92 — Carmen. G. Pa-
ris, Le Carmen de prodicione Guenonis et la legende de Roncevaux , in :
Rom. XI 465 — Castres s. Siege de C. — Chanson. La chanson du
316 Das Französische.
ehevreau , in : Rom. I 218. — Sonstige mit Chanson beginnende
Titel, wie z. B. Chanson de Roland, sehe man unter dem betr.
Eigennamen. — Chansonniers. J. Bkakelmanx, Die 23 altfrz. Chan-
sonniers in den Bibl. Frankreichs, Italiens und der Schweiz, in : Herrig's
Archiv XLII; G. Raynaud, Bibliographie des chansonniers frcs. 1884.
2 Bde. Vgl. oben S. 311. — Chardry's Josaphaz. Set Dormanz und
Petit Plet, Ausg. von Koch. Heilbr. 1879. Altfrz. Bibl. I, vgl.: Ztschr.
f. rom. Phil. III 591 (Reinbkeciit, Die Legende von den Siebenschläfeni.
Göttingen 1881. Diss., vgl.: Ztschr. f. rom. Phil. V 1162) — Charle-
magne s. Girard d'Amiens. (The English Charlemagne Romances I Sir
Ferumbras, ed. by S. J. Herutage, II The Sege of Melayne and The Ro-
mance of Duke Rouland and Sir Otuell of Spayne etc. ed. by J. Herr-
tage. III u. IV. The Lyf of Charles the Grate etc. ed. by J. Herktage,
V The Romance of the Sowdone of Babylone, ed. by E. HAr.SKXECHT.
London 1879/81, vgl.: Rom. XI 149) — Charles d'Orleans, Poesies,
Ausg. v. d'Hericault. 1874/75. 2 Bde. (Staehle, Ueb. d. Spr. des Her-
zogs C. V. O. Parchim 1868) — Charroi de Nismes, Ausg. v. Jonck-
BLOET, Guill. d'Orange I 73. II 234 'Hist. litt. XXII 488; Gaitier. Ep.
IV 370; P. Paris, Manuscr. III 130. VI 139 — Chartier, Alain. Ausg.
v. A. DucHESNE. 1617 (Hannappel, Die Poetik A. Ch., in: Franz. Stud.
I 261; E. HöPFNER, Die Wortstellung bei A. Ch. u. Gerson. Leipzig 1883.
Diss.) — Chatelain de Coucy, L'hist. du Ch. d. C. p. p. G. A. Crape-
LET 1829 (G. Paris, in: Rom. VIII 343, 633, XU 359) — Chevalier as
^ deus espees, rom. d'av., Ausg. v. W. Förster. Halle 1877. Ztschr.
f. rom. Phil. I 91. II 142; Schulze-Veltrup, Der syntakt. Gebrauch des
Conj. im Ch. as 2 esp. Münster 1885. Diss.) — Chevalier au cygne et
Godefroid de Bouillon, Ausg. 1 v. Reiffenberg (mit Glossar v.
Gachet). Brüssel 1846 48. 3 Bde.; 2 v. C. Hippeav. 1874 77. 2 Bde.
(Hist. litt. XXn 350, P. Paris, Manuscr. VI 168) — Chevalier de la
Charette s. Crestiens de Troyes. — Le Chevalier, la dame et le
clerc, fabliau anglo-normand, hrsg. v. P. Meyek, in: Rom. I 69 —
Chevalier au lyon s. Crestiens de Troyes — Christine de Pi-
zan, le Livre du chemin de long estude, Ausg. v, R. Püschel. Berl.
1881 — Chronique ascendante s. Wace — Chronique ascen-
dante du Mont-Saint-Michel, Ausg. v. S. Luce — Chroniques
de France (oder ehr. de St. Denys), Ausg. v. P. Paris. 1836 39. 6 Bde.
— Chroniques de Normandie, Ausg. v. Fr. Michel. Reuen 1839 —
Chroniques anglo-normandes, Ausg. v. Fr. MlCilEL. Ronen 1836 40.
3 Bde. — Chronique de Reims, K. Nytrop, Notice s. un nouveau
ms. de la Chr. de R., in: Rom. VIII 429 — Ciaire Fontaine, F. GlL-
LIERON, la Cl. F., examen crit. de diverses versions de cette chanson, in;
Rom. XII 307 — Claris et Laris s. Romans de C. et L. — Clef
d'amour, Ausg. v. E. Tross. 1866 — Clotilde de Surville angeb-
liche Ausg. v. Ch. Vanderbourg. 1824/27 (W. König. Etüde s. l'authen-
ticite des poesies de Cl. de S. Halle 1875) — Commines, Philippe
de, Ausg. v. Mlle Dupont. 1840 47. 3 Bde.; .v. Kervvn DE Letten-
iiovE. Brüssel 1867/74. 3 Bde.; v. Ciiantelauze. 1881 Fierville. Docu-
I,itter;itur<reschichte. ;{ | 7
ments inedits s. Ph. de C. IStsl ; W. AuxoLU . J)io ethisch-polit. Grund-
anschauung des Ph. V. C. Nebst Nachträgen zu Geisers Glossar. Dresden
li>T3; TöxxiES . La syntaxe de C. Berl. 1876; A. STDrMixo, Die Syntax
des C, in: Ztschr. f. roni. Pliil. I KU, 489 — Conde. Baudouin, Dits
et eontes de B. d. C. et de son tils Jean de C. etc. p. p. A. Schklek.
Brüssel 1866 — Conde, Jehan. Die Gedichte des J. d. C. nach der ca-
sanatensischen Hds. herausg. v. A. ToHLEii. Stuttgart 1860. Bibl. des litt.
Vereins. Bd. 54. Vgl. den vorigen Artikel — La Conquete de J6rusa-
leni, faisant suite ä la chanson dAntioche, Ausg. v. C. HirPEAU. 1868 —
La Conquete de la Petite Bretagne s. Aquin — Constant s.
Bit de l'emp. C. — Conte. R. Köuleu, Le conte de la reine qui tua
son senechal, in: Rom. XI 581; L. Roll.xxd, Les trois saints de Pale-
stine, conte, in: Rom. XI 119; E. Roll.\nd, Vernissez vos femmes, conte
de Vals, in: Rom. XI 416. VgL auch oben S. all. — Couronne-
ment Looys, Ausg. b. Joxckbloet, in: Guill. d'Orange I 1 , II 229
(Hist. Utt. XXn 4SI; Gautier, Ep. III 774, IV 334; P. Pauis, Manuscr.
m 123, VI 138; G.Paris, in: Rom. I 177) — Covenant Vivien, Ausg.
b. Joxckbloet, Guill. d'Orange I 163, II 239 (Hist. litt. XXII 507 ; Gau-
TIEK. Ep. IV 437) — Crestiens de Troyes. PoT\ax, Bibliographie de
Cr. de Troyes etc. Brüssel 1863; AV. L. Hollaxd, Ueber Cr. de Tr. und
zwei seiner "Werke. Tübingen 1847, und: Cr. v. Tr., eine litterargeschichtl.
Untersuchung. Tübingen 1854. "Werke Cr.'s d. Tr. : 1 Li Chevaliers au lyon,
ed. W. HoLL.^^D. Hannover 1862 u. 1880 (Bruchstück aus d. Ch. au L,
naph der Vatikan. Hands. mitgetheilt und erläutert von A. Tobler. Solo-
thum 1862). VgL Theil H 4SI u. 496 f. 2 Erec et Eneide, herausg. v.
Imm. Bekker. in: Ztschr. f. deutsch. Alterth. X 373 (P. Paris, Manuscr.
m 219; Germania VII 141, Vlll 51, 363, XVI 381). 3 Cliges, ed. "W.
Förster. Halle 1884 (soll Bd. 1 einer Gesammtausg. Cr.'s bilden). 4. Par-
ceval le Gallois p. p. Ch. PoT^^N. Mons 1865/72. 6 Bde. (A. Rochat,
Ueber einen bisher unbekannten Percheval le Gall. Zürich 1865; Riv. di
til. rom. I 192; G. Bötticher, Zur Frage nach den Quellen des Parzival,
in: Ztschr. f. deutsche Phil. XHI 420; G. A. Heinrich, Le P. de Wolfr.
d'Esch. et la legende du St-Graal. 1855; Sax-Marte, Parcival-Studien.
Halle 1861; A. Rochat, Wolf. v. Esch. u. Cr. d. Tr., in: Germ. III 81;
G. Paris, Perceval et la legende du St-Graal. in: Bull, de la Soc. hist.
No. 2, 1883; E. XÖLBING, .Die nord. Parcevalsage und ihre Quelle, in:
Germ. XIV 129, XV 89). 4 li Chevaliers de la Charfette. p. p. Tarbe.
Reims 1849, p. p. Joxckbloet. La Haye 1850 (P. Märtexs, Zur Lance-
lotsage, in: Rom. Stud. V 557; G. Paris, Etudes s. les rom. de la Table
ronde. Lancelot du Lac, in: Rom. X 465; Hist. litt. XXII 212 ; Keller,
Romv. 453; Jahrb. f. rom. u. engl. Litt. IX 43). 6 li romans du roi Guil-
laume d'Angl. p. p. Fr. Michel, in: Chroniques anglo-norm. III 39. 7.
Bruchstücke einer Uebers. der Metamorphosen Ovids, vgl. G. Paris, in:
Rom. Xm 399 (R. Grosse, Der Stil des Cr. d. Tr., in: Franz. Stud. I
100: Le Coultre, De Tordre des mots dans Cr. d. Tr. Leipzig u. Dres-
den 1875; F. BiscHOFFj Der Conj. b. Cr. Berl. 1881; G. Schiller, Der
Inf. b. Cr. Oppeln 1SS3) — Croisade. P. Meyer, Un recit en vers de
318 l*!^*» Französische.
la preniiere croisade fonde sur T5audri de Bourgueil, in: Rom. V. 1. vgl.
llom. I 2;^ VI 4S9 .
Delivrance Ogier, Ausg. v. A. DE LoxOPEKIER, in: Journ, des
Sav. 1876, p. 219. vgl. llom. V 410 — Delivrance d'Orleans, chro-
nique anonyme du XV s., p. p. B. DE Mol.\M)OX. Orleans 188;i — Des-
champs, Eustache, G5uvres p. p. le marquis de Ql'EUX de St-Hil.\IRE.
1880. 2 Bde. Soc. des anc. text. (A. Sarradix, E. D., sa vie et ses Oeu-
vres. 1S80' — Desputeison entre l'ame et le Corps, ein anglo-nor-
mann. Gedicht, hcrausg. v. E. Stexgel, in: Ztschr. f. rom. Phil. IV 74.
Vgl. Streit — Destruction de Jerusalem, Ausg. v. A. Graf, in:
Koma nella memoria etc. del medio evo II 429. Turin 1882 (Hist. litt.
XXII 412; Stexgel, Mittheilungen etc. 13, — Destruction de Rome,
Ausg. v. G. Gröber, in: Rom. II 1, vgl.: Gröber, Ueber eine bisher un-
bekannte Branche der chanson de geste Fierabras . in den Verhandlungen
der 28. Philologenversamml. Leipzig 1873 — Destruction de Troye s.
Milet — Dialog US animae conqucrentis et rationis consolantis, traduc-
tion en dialecte lorrain du XII s., ed. F. Boxx.\RDOT, in: Rom. V 269,
VI 141 Ztschr. f. rom. Phil. I 556, 558. IV 585) — li Dis dou vrai
aniel, Ausg. v. A. Tobler. I,eipzig 1871. 2. Aufl. 1884 — le Dit de
l'empereur Constant. A. "\Ves,selow.sky, in: Rom. VI 161, vgl. Th.
Sundby, in: Rom. VII 3.S] — le Dit de Jehan le Rigole, p. p. G.
Rayxald, in : Rom. VII 596 — Dit de runicorneet del serpentp. p.
J. "Wollenberg. Berl. 1859 — Dolopathos. Johannis de Alta Silva
Dol.. herausg. v. H. Oesterley. Strassburg 1873. vgl.: Jahrb. f. rom.
u. engl. Spr. u. Litt. XIII 328 (A. Mvs.'^afia, Ueber die Quellen des alt-
frz. Dol. "Wien 1865). Vgl. auch Romans des Sept Sages — Doon de
Maience, eh. d. g., Ausg. von A. Pey. 1859. A. P. F. II (Hist. litt.
XXVI 149; Gautier, Ep. III 775; Keller, Romv. 42; A. Pey, im Jahrb.
f. rom. u. engl. Litt. I 320; Bormaxs im Bull, de l'Acad. Roy. de Belg.
2>" Serie, t. 37, mars 1874, vgl. Rom. IV 298; — Doon de Nanteuil.
P. Meyer, in: Rom. XIII 1; G. Paris Hist. poet. de Charl. 299 — Dra-
mes liturgiques du m.-age, p. p. Coi'.s.'^EMAKER. Rennes 1860 — Dur-
mars li Gallois, Ausg. v. E. Stexgel. Tübingen 1873, in: der Bibl.
des Stuttg. litt. Vereins. Bd. 116. vgl.: W. Förster im Jahrb. f. rom. u.
engl. Spr. u. Litt. XIII 65, 181.
Echecs amoureux, Altfrz. Uebers. der Remedia amoris des Ovid.
Ein Bruchstück des allegor.-didact. P'pos les E. a.. herausg. v. G. KÖR-
tixg. Leipzig 1871 — Eide. Strassburger s. Aelteste Sprach-
denkmäler — Elic, maitre. Altfrz. Bearbeitung der Ars amatoria des
Ovid. noch nicht edirt (G. KÜIIXE, Prolegomcna zu Maitre Elio's altfrz.
Bearbeitung der A. am. des Ovid. Marburg 1883; G. Pari.'^, in: La Poe-
sie du m.-4ge. 1885. S. 189; eine Ausg. des Gedichtes will H. KüliXE in
Stexgel's Ausg. u. Abh. erscheinen lassen* — Elia de Saint- Gilles,
eh. d. g., Ausg. v. Raynai'D. 1879. Soc. des anc. text., v. W. För.stek,
s. oben Aiol. Elissaga ok Rosamunda, herausg. v. E. KöLBl.\(i. Heilbr.
1>^81; E. KÖLBIX(;. Die norJ. l''.liss;\ga ok Rosamunde und ihre Quelle,
in seinen Beiträgen zur Geschichte etc. 92; Hi^t. litt. XXII 416 — les
Litteraturgeschichte. 3 1 9
Enseignement s etc. Viallet. les Kns. de saint l-ouis ä sun Hls, in;
Bibl. de TKc. des Ch. t. XXXV 1. vgl.; Koni. III 429 — Enee, ro-
raans d'E.. noch nicht edirt A Pey, Essai s. li rom. d'E. 1856, vgl.:
Jahrb. f rom u. engl. Litt. II 1 ; Hist. litt. XIX 071 ; P. Pauis, Manuscr.
I 71 . VI 1ü:{; P. Heyse. Koman. Inedita 2it; Heinrichs v. Veldeckc
Eneidc. hrsg. von O. BeH-Uüiel. Heilbr. 1SS2; — Enfances Doon de
Maience, vgl. lli^t. litt. XXVI 17u — Enfances Garin de Mout-
glane, vgl. Hist. litt. XXII 4;i8; G.\rTlER. Ep. IV 106 — Enfances
Godefroy, vgl. Hist. litt. XXII ;i!)2. XXV 517; P. Vxuiii. Manuscr.
VI IS.J — Enfances Guillaume. vgl. Hist. litt. XXII 47u ; Galtier,
Ep. IV 276; P. Parls. Manuscr. VI 135 — Enfances Hector, vgl.
JoLY, in: Benoit de Ste-More etc. 1410 — Enfances Ogier s. Adenes
li Rois — Enfances Vivien. noch nicht edirt Hist. litt. XXII 503;
Gaitieu. Ep. IV 410: P. Paris. Manuscr. III 137. VI 139 — Entree en
Espagne. noch nicht edirt Hist. litt. XXVI 350; Gautier. Ep. III 404.
und: l'E. en E. etc. Notice, analyse et extraits. in: Bibl. de l'Ec. des Ch.
4^ Serie, t. IV. 1S5S ; A. Thomas, Nouvelles recherches s. l'E. de Sp.. in:
Bibl. des Ec. frcses d'Athenes et de Rome. Heft 25. 1882, vgl.: Rom. XI
147: E. Stexgel. in: Ztschr. f. rom. Phil. V 379, vgl. Rom. X 456; —
Eraclius. Roman d'Eraclius, mit der gleichnamigen mhd. Dichtung hrsg.
v. Massmann. Quedlinburg 1S41 — Eulalialied s. o. »Aelteste Sprach-
denkmäler», vgl. auch die Litteraturangaben zu Kap. 9 Rhythmik.
Fabliaux. vgl. oben S. 311, ferner: Z-vvei Fabliaux aus einer Neuenbur-
ger Hds. lirsg. v. A. Keller. Stuttg. 1840; Gautier d'Aupais, le Chevalier
ä ia corbeille. fabliaux du 13 s., p. p. Fr. Michel. 1835 — Fantosme.
Chronique de F.. hrsg. v. Fr. Michel. in den Publications der Surtees
Society 1S40 u. in Bd. HI der Ausg. von Benoit's Chronique des ducs de
Norm. 1S44 s. Benoit H. Rose, Ueber die Metrik Jordan F.s, in: Ro-
man. Stud. V 301) — jFarces. Recueil de farces, moralites et sermons
joyeux etc. p. p. Leroux de LrxcY et Fr. Michel. 1837; Recueil de far-
ces et moralites du XV s. p. p. P. L. Jacob. 1S59 u. 1876; Nouveau re-
cueil de farces frcses des XVe et XVI« siecles, p. p. PiCOT et Nyrop.
Kopenhagen 18S0, vgl.: Rom. X 281: Kr. Nyrop, La farce du cuvier et
un proverbe norvegien, in: Rom. XI 413. Vgl. oben S. 311. — Fergus
s. Guillaume le Clerc — Fierabras, ch. d. g., Ausg. v. A. Krö-
BER u. G. Servols. 1860. A. P. F. IV :Hist. litt. XXII 291 ; Gautier,
Ep. ni 3S1 : G. Gröber, Zu den F.-Hdss. , in: Jahrb. f. rom. u. engl.
Litt. Xni 111, und: die handschriftl. Gestaltungen der Ch. d. g. d. F. u.
ihre Vorstufen. Leipzig 1869; P. Hey.se, Roman. Inedita 128; Kölbing,
in: Engl. Stud. HI 200; der prov. F., herausg. v. J. Bekker. Berl. 1829;
K. Hofmann u. G. Baist, Zum prov. F., in: Roman. Forsch. I 117; C.
Sachs, in: Herrigs Archiv XXVI 141; El cantare di Fierabraccia et Uli-
vieri, herausg. v. E. Stengel u. C. Bihlm.ann, Die Gestaltung der ch.
d. g. F. im Ital., in: Stengel's Ausg. u. Abh. IL Marburg 1881; Sir Fe-
rumbras ed. by S. J. Hehrtage. London 1879. E. E. T. S. Extra Ser. 34;
Kölbing, Das Neapler Fragment des Sir Isumbras lU 200; The romance
of the Sowdone of Babvlone and of Ferumbras bis sone etc. ed. bv E.
320 l^«s Französische.
Hausknecht. London J8SJ. E. E. T. S. Extra Ser. 36, vgl. Ztschr. f.
rem. Phil. IV 163 f., Vgl. DestructiondeRome — Flagys. Je-
han de Fl. — Floovant, eh. d. g., p. p. H. Michelant et F. GuES-
SARü. 1858. A. P. F. I (Hist. litt. XXVI 1; A. Dakmesteter, De Fl. ve-
tustiore gallico poemate et de merovingo cyclo etc. IST", vgl.: Rom. VI
005, Ztschr. f. rom. Phil. II 332 ; F. Bangert, Beitrag zur Gesch. d. Fl.-
.sage. Heibronn 1879; P. Rajna, Le origini etc. 131j — Flore et Blan-
cheflore, Ausg. v. I. Bekker. Berl. 1844; v. E. DU Meril. 185B. Vgl.
Theil II 497 — Florence de Rome, vgl. Hist. litt. XXVI 335; Bull, de
la süc. des anc. text. 1882, p. 55 u. 66 — Florent et Octavian s. Oc-
tavian — Forest. F. Settkgast , Jacos de Forest e la sua fönte, in:
Giorn. di filolog. rom. H 172, vgl. Jules Cesar u. Jehan de Tuim —
Foucon de Candie, Ausg. v. Tarbe. Reims 1860 (Hist. litt. XXII 544;
P. Parls, Manuscr. VI 139; Rom. VIH 301) — Fragment vom Haag,
abgedruckt b. Pertz, Monum. Script. III 708 und b. G. Paris, Hist. poet.
etc. 465 — Fragment v. Valenciennes s. oben Aelteste Sprach-
denkmäler und die in den Ausg. derselben verzeichnete Litteratur —
Froissart, Jean, Chroniques, Ausg. v. BuCHOX. 1824,26 (eine neue
krit. Ausg. wird von Luce vorbereitet) ; Ed. abregee avec texte rapproche
du frcs moderne p. Mme de Witt. 1881 ; Le premier livre des Chroni-
ques, texte inedit. p. p. I\j;hvyn de Lettenhove. Brüssel 1863. 2 Bde.
(Litteraturangaben über die Chron. sehe man in: Wattenbach's Bibl.
med. aevi), Poesies p. p. A. Scheler. Brüssel 1870/72. 3 Bde. (P. Paris,
Nouv. recherches s. la vie de Fr. etc., in : Bull, du biblioph. et du biblioth.
1860; J. Riese, Recherches s. Tusage syntaxique de Fr. Halle 1880. Diss.;
E. Eberixg, Syntakt. Stud. z. Fr., in: Ztschr. f. rom. Phil. V 324; P.
Jahn, lieber das Geschlecht der Subst. b. Froissart. Halle 1882. Diss.)
— Fünfzehn Zeichen s. Legende v. d. 15. Z.
Gaimar, Geoffroy, Estoire des Engles, Ausg. des 1. Theiles in:
Monum. hist. Brit. 1848. I 764, des 2. Theiles b. Michel, Chroniques
anglo-norm. I 1 ; des Gesammtwerkes v. Tn. Wright. London 1850. Cax-
ton Soc. — Galfridus s. Gottfried — Galien, Prosaroman, oftmals
gedruckt, aber bis jetzt noch nicht kritisch herausgegeben, vgl. : Hist. litt.
XXVIH 221, Gautier, Ep. in315 — Ganelon. Les legendes de Gande-
lon ou Ganelon, in: Rom. XI 410 — Garins de Montglane, eine Ausg.
wird für die 2. Serie der A. P. F. vorbereitet (Hist. litt. XXH 440 ; Gau-
tier, Ep. III 774; Keller, Romv. 338; Stengel, in: Roman. Stud. I
400 u. Ztschr. f. rom. Phil. VI 403; Sachs, Beiträge 10] — Garins li
Loherains s. Jehan de Flagy — Garnier de Pont-St-Maxence
s. Saint-Thomas — Gaufrey, eh. d. g. , Ausg. v. F. Guessard et
P. Chabaille. 1859. A. P. F. III (Hist. litt. XXVI 191; Gautier. Flp.
IV 130) — Gautier de Coincy. Dichtungen, herausg. v. R. Reinsch,
in: Herrigs Archiv, Bd. 67, S. 73 u. 233; J. Ulrich, Drei Wunder G.'s
d. C, in: Zcitschr. f. rom. Phil. VI 325 — Gauvain. Messire G. ou Ja
vengeance de Raguidel, poeme de la Table Ronde p. le trouvere liaoul,
p. p. C. HiPPEAU. 1862, vgl.: Germ. VII 217 — Gaydon, eh. d. g.,
p. p. F. Guessard. 1862. A. P. F. Hist. litt. XXII 425; G.utieh. Ep. IH
Litteraturgeschichte. ;i21
t>'i5 : V. Paris, Manuscr. VII 27 ; S. Lvce, De Giiidone ete. disquisitio
critica. IStiO; AV. Kkimann, Die Chanson de G., ihre Quellen und die an-
gevinische Thierry-Gaydon-Sage, in: Stexgel's Ausg. u. Ahh. ITI 41» —
Gesetze. Die Gesetze \A"ilhelms des Eroberers, herausg. v. ]i. Scii.Mii),
in: Gesetze der Angelsachsen. Thcil I. Leipzig 1S32 (Die altfrz. Gesetze
Wilhelms des Eroberers, granimat. Abhandlung von F. Hotzel. Eisenach
1859. Progr.) — Geste. G. Pakts, Le ronian de la »Geste de Monglane«,
in: Rom. XII 1 — Girart de Roussillon s. die Littcraturangaben
zur provenzal. Litteraturgeschichte — Girart de Viane, Ausg. v. P.
Tarbe. Rheims 1S50 (Hist. litt. XXII 448; Gautier, Ep. III 95, IV 172,
218; G. Paris, La mythologie allemande dans G. de V., in: Rom. I Uli;
E. H. Meyer, L'eb. G. v. V. Ein Beitrag zur Rolandssage, in : Ztschr. f.
deutsche Phil. III 422) — Girbers de Metz s. Jean de Flagy —
Godefroy.de Bouillon s. Le Chevalier au cygne — Gormont et
Isembart, Ausg. v. Reiffexberg in seiner Ausg. der Chronique rim6e
des Phil. Mousket; von A. Scheler, in: Bibliophile beige X. Brüssel
1876 [auch in Separatabzug erschienen); von R. Heiligbrodt, in Roman.
Stud. III 501 (Heiligbrodt, Zur Sage von G. u. I. , in: Roman. Stud.
IV 119; G. Storm, Kritiske Bidrag til Vikingetidens Historie I. Kristiania
1878. S.193) — Gottfried v. Monmouth. Historia regum Britanniae etc.
Ausg. V. J. A. Giles. Lond. 1844; von San-Marte. Halle 1855 (O. Wen-
DEBURG, Ueb. d. altfrz. Bearbeitung von G. v. M. Hist. reg. Brit. in der
Hds. Brit. Mus. Harl. 1605. Braunschweig (Erlangen) 1881. Diss.) Vgl.
Wace — Gral. Roman du St-Graal p. p. Fr. Michel. Bordeaux 1841.
Le Saint-Graal ou le Josephe d'Arimathie, p. p. E. HuCHER. Le Mans
1875/78. 3 Bde. Der Prosarom. v. Joseph v. Arimathia, herausg. v. G.
Weidner, Oppeln ISSl. Der Prosaroman Borron's ist gedruckt auch in
der Ausg. des altengl. Seynt Graal, ed. by Fr. J. Furnivall. London
1861 63. Roxburghe Club [Zarxcke, Zur Gesch. der Gralsage, in: Beitr.
zur Geschichte der deutsch. Spr. u. Litt. HI 304; A. Birch-Hirschfeld,
Die Sage vom Gral etc. Leipzig 1877; E. Martix, Zur Gralsage, in: Quel-
len u. Forsch, zur Sprach- u. Culturgesch. d. germ. Völker. Heft 42. Strassb.
1880, vgl.: Rom. IX 631; P. PARIS, De l'origine et du developpement des
Romans de la Table Ronde. Le saint Graal, in: Rom. I 457; F. G. Berg-
mann, Sur l'origine et la signification des Romans du Saint-Graal. Strassb.
1842) — Greban, Arnoul, s. Mystere de la Passion — Gregoire
le Grand. Vie du pape G. le G., legende frcse p. p. V. Luzarche. Tours
1857, vgl. Rom. XII 145 [H. Bieling, Ein Beitrag zur Ueberlieferung der
Gregorlegende. Berl. 1874. vgl.: Jahrb. f. rom. u. engl. Spr. u. Litt. XIV
245 ; LlPPOLD, Ueb. die Quelle des Gregors Hartmanns v. Aue. Leipzig
1869. Diss. . VgL S. 334 — Gregoire loPape, li dialogue, altfrz.
Uebers. d. 12. Jahrh. mit d. lat. Original, herausg. v. W.Förster. Halle
1876; K. HoFMAXX, Altburgundische Uebers. d. Predigten Gregors über
Ezechiel aus der Bemer Hds. herausg. München 1881 — Guerre en
Espagne s. Prise de Pampelune • — GuideBourgogne, eh. d. g.,
Ausg. V. Fr. GuESSARD et H. Michel.\xt. 1858. A. P. F. I (Hist. litt.
XXVI 278; Gautier, Ep. HI 4SI; F. Mavss, Charakteristik der in der
Körting, Encyklopüdie d. rom. PhLL 111. 21
322 Uas Französische.
eh. d. g. G. d. B. auftretenden Personen. Münster 1883. Diss.) — Gui de
Cambrai, Barlaam et Josaphat. herausg. v. H. Zotenberg u. P. Meyeu.
Stuttg. 18ü4; G. d. C. B. et J.. fragments dune traduct. fr9se faite s. le
texte grec au commencement du l'i s. p. p. P. Meyek 18üt» — Gui de
Nanteuil, eh. d. g., Ausg. v. P. Meyer. 1861. A. P. F. VI Hist. litt.
XXVI 212, Gautiek, Ep. III 776; Keller, Romv. 38) — Guillaume
le Giere. Fergus, Ausg. v. E. Martin. Halle 1872; le Besant de Dieu,
Ausgabe von E. Martin. Halle 1869 (E. Martin, Zu G. le Gl., in:
Ztschr. für roman. Phil. IX 85; A. Schmidt, G. le Gl. de Norm., ins-
besondere seine Magdalenenlegende, in: Rom. Stud. IV 493; H. Seegeu.
Ueber d. Spr. d. G. le Ol. de Norm. u. üb. d. Verf. u. die Quellen des
Tobias. Halle 1881. Diss.) ; Bestiaire, herausg. v. Cahier-Martin, in: Me-
langes d'Archcologie etc. II 85, HI 203, IV 55 u. v. Hippeau, in: Meni.
des Antiquaires de la Norm. t. XIX 1851, p. 423; Vie de Madeleine, her-
ausg. V. Reinscii, in: Herrig's Archiv LXIV 87 u. v. Schmidt in R. St.
IV 523 — Guillaume de Lorris s. Roman de la Rose — Guillaume
le Marechal s. Histoire de G. de M. — Guillaume de Muchaut, La
Prise d'Alexandrie ou chronique du roi Pierre I de Lusignan, p. p. L. de
Mas-Latrie. Genf. 1877 — Guillaume d'Orange. Chansons de geste
des 11 et 12 s. p. p W. J. A Jonckbloet. La Haje 1854. 2 Bde. [Nähere
Angaben sehe man unter den Titeln (Enfances Guillaume etc.] der Einzel-
epen des Cyclus." G. d'O. le marquis au court nez, eh. d. g. du 12 s., mis
en nouveau langage p. AV. J. A. Jonckbloet. Amsterdam 1S67 (H. Sr-
CHIER, in: Rom. II 335; P. Rajna, in: Rom. \I 257; G. d'O., fragments
inedits du 13 s. p. p. St. Bormann. Brüssel 1879) — Guillaume de
Ste-Paix g. Mont- St-Mich el — Guillaume de Palerne, Ausg.
V. H. Michelant. Soc. des anc. text. 1876 [A. Mussafl\, in: Ztschr. f.
rem. Phil, m 244) — Guillaume de Tyr, p. p. P. Paris. 1879. 2 Bde.
Haimonskinder s. Renaus de Montauban — Haveloc. I>ai
d'H. Ausg. V. Fr. Michel, 1833; v. Th. AVri(;ut, in seiner Ausg. des
Gaimar s. ob. M. Kvpierschmidt, in: Rom. Stud. IV 411 — llector.
Vgl. : A. Bartoli, I codici franceai della biblioteca Marciana di Venezia I
Poemi del ciclo Trojano. Venedig 1872 — Helias. Vgl.: Hist. litt. XXII
388; P. Paris, Manuscr. VI 183 — Heiin and. Les vers de la mort d'H..
in: Rom. I 364 — Hernaut de Beau lande, Prosaroman, nicht edirt,
vgl.: Gaitier, Ep. IV 203 — Hervis de Metz, eh. d. g. , noch nicht
edirt (Hist. litt. XXII 587; H. Hub, Inhalt u. Hdss.-Classitication der Ch.
d. g. H. d. M. Heilbr. 1879; B. Schädel, Bruchst. der Ch. d. H., in:
Jahrb. f. rom. u. engl. Spr. u. Litt. XV 445; A. Rhode, Ueber d. Be-
ziehungen zw. d. Ch. d. g. H. d. M. und Garin le Loherain, in: Stengel's
Ausg. u. Abh. III 221 — Histoire de Guillaume le Marechal. aus-
zugsweise herausg. v. P. Meyer, in: Rom. XI 22 (K. Hofmann, Zur Text-
kritik des G. le M. , in den Sitzungsberichten der Kgl. bayr. Akad. der
AVissensch., Philos.-hist. Cl. 1882. II 234 — Histoire de Jules Cesar
s. Tuim — H onorat s. d. Litteraturangaben zur provenzal. Litteratur-
geschichte — Hörn. Ausg. v. Fr. Michel zugleich mit den engl. Tex-
ten; 1845, V. K. Brede u. E. Stengel, in des letzteren .\usg. u. Abh.
Litteraturgeschiclite. 323
Vm Hist. litt. XXII 551: K. Biu'.ni;, Ueb. d. Hdss. der Ch. d. H.. in:
Stengels Aus«;, u. Abh. IV 175. King Hörn, heravisg. v. F. Wissmann.
Strassb. ISSl, vgl. desselben King Hörn, Untersuchungen zur mittelengl.
Sprach- u. Littcraturgesch., in: Quellen u. Forsch, etc. XVI. Strassb. 1876,
und Studien z. K. H., in: Anglia IV 342 — Houdenc, llaoul de, Me-
raugis de Portlesguez, roni. de la table ronde, p. p. H. Miciielant. 18()9;
F. Wolf, Ueb. R. d. IL, insbesondere seinen Roman M. d. V., in:
Denkschr. d. phil.-hist. Kl. der K. K. Akad. d. Wiss. Wien 1S65; A.
Kressner, Sur le M. de P. de R. de H., in: Herrigs Archiv 59, S. 301,
vgl. : Rom. VII t)33 ; ZiNGERLE, Ueb. R. d. H. u. seine Werke. Erlangen
1880) - Hugues Capet, ch. d. g., p. p. DE LA Guaxge. 1804. A. P. F.
VIII iHist. litt. XXVI 125; A. Mussaeia, im Jahrb. f. rom. u. engl. Si)r.
u. Litt. VI 230; LiTTRE, in: Etudes et glanures, p. 154; Rev. d. d. M.
15. Oct. 1864) — Huon de Bordeaux ch. d. g., p. p. Granümalson.
1860. A. P. F. V (Hist. litt. XXVI 41; F. Wolf, in den Denkschr. d.
philos.- hist. Cl. der K. K. Akad. d. Wissensch. Wien 1857 ; Gaitiek,
Ep. III 719; Hummel, Das Verhältniss des Ortnit zum H. v. B., in:
Herrigs Arcbiv 00, S. 295, vgl.: Rom. VIII 301 ; F. Lindner, Ueb. d. Be-
ziehungen des Ortnit z. H. d. B. Rostock 1873, vgl.: Rom. III 4'.i4 ;
F. Neimann, Die Entwicklung der Ortnitdichtung u. der Ortnitsage, in:
Germ. XXVII 191; G. Paris, H. d. B. et O., in: Rev. germanique XVI
376; J. SeemCller, Die Zwergensage im Ortnit, in: Ztschr. f. dtsch. Al-
terth. XXVI 2ol ; A. LoNGNON, L'element hist. de H. d. B., in: Rom.
VIII 1; A. Graf. I complementi della ch. d'H. d. B. Halle 1878, vgl.:
Ztschr. f. rom. Phil. II 609: M. Koch, Das Quellenverhältniss in Wielands
Oberon. Marburg 1880;.
Image du Monde, noch nicht kritisch herausgegeben ;die vorhande-
nen Ausg. geben einen jungen, überarbeiteten Text; längere Stellen ge-
druckt, z. B. bei: Le Roux de Lincy, Livre des legendes 1836, S. 207:
E. du Meril, Melanges archeologiques etc. 1850. S. 427; vgl.: Hist. litt.
XXni 296 (F. Fritsche, Ueb. d. Quellen der L d. M. Halle 1880; A.
Neubauer, Les traductions hebraiques de l'I. du M., in: Rom. V 129:
Haase, Ueb. d. Reime in der I. du M. Halle 1879. Diss.) — Inconnu,
le Bei, s. Renaud de Beaujeu — Isidor. Zur altfrz. Uebersetzung
der Isidor'schen Synon}Tnen (W. Förster), in: Ztschr. f. rom. Phil. I 397
— Jacques d'Amiens, L'art d'amors et li remedes d'amors, herausg. v.
G. Körting. Leipzig 1S6S — Jacques Milet s. Milet — Jehan le
Bei, Li ars d'amour, de vertu et de boneurte, p. p. J. Petit. Brüssel
1867. 2 Bde. — Jehan de Flagj-, Li Romans de Garin le Loherain p. p.
P. Paris. 1835/37. 2 Bde., neufrz. Uebers. v. P. Paris. 1862 (Hist. litt.
XVni 738; Gautier, Ep. I 489; Leroux de Lincy, Analyse crit. et litt,
du rom. G. 1. L. 1853; P. Meyer, in: Rom. VI 481; C. HOFMANN, in:
d. Sitzungsberichten d. K. bayer. Akad. d. Wiss., hist.-phil. Cl. 1861. H
59; Rhode, in: Stengels Ausg. u. Abh. III 121; A. Fleck, Der betonte
Vocalismus in einigen altostfrz. Sprachdenkmälern u. die Assonanzen d. Ch.
des L. Marburg 1877). Vgl. auch: la Mort de G. 1. L. — Jehan de
Flagy, Girbers de Mes (Metz), theilsweis abgedruckt von SuCHlER, in:
21*
324 Das Französische.
Roman. Stud. I 376; von Stengel, ebenda I 441 (Hist. litt. XXII 62:5;
F. BONiVARDOT, Essai de classement des mss. des Loherains, suivi d'un
nouveau fragment de G. d. M., in: Rom. m 195; Bartsch, in: Ztschr.
f. rom. Phil. IV 575, und: Stengel, ebenda V 88 — Jehan de Journi
8. Journi — Jehan de Lanson, eh. d. g., noch nicht edirt. vgl.: Hist.
litt. XXII 566; G.WTIER, Ep. III 257 — Jehan de Meung s. Roman
de la Rose — Jehan de la Mort s. Regret — Jehan de Paris. Le
Rom. de J. d. P. p. p. E. Mabille 1867 — Jean Renaud. G. Pauls,
Les versions inedites de la chanson de J. R., in: Rom. XI 97, vgl.: XII
114 — Jeru salem s. La conquete de J. — Joinville, Hist. de Saint-
Louis, p. p. Natalls de Wailly. 1874, vgl. : Rom. III 401 u. 487 (N. DE
Wailly, Sur la langue d. J. 1868, und: Mem. s. le roman ou chronique
en langue vulgaire, dont J. a reproduit plusieurs passages, in: Bibl. de
l'Ec. des Ch. XXXV 217, vgl.: Rom. IH 502; M. Sepet, Jean, sire de J.
Analyse hist. et litt. 1874; R. Nebling, Der Subjonctif b. J. Kiel 1881.
Diss. ; C. Pfav, Gebrauch u. Bildungsweise der Adverbien b. J. mit Aus-
schluss der Adv. der Verneinung. Jena 1885. Diss.) — Jonasfragment
s. Fragment v. Valenciennes — Jongleurs et trouveres ou choix
de Saluts, epitres, reveries et autres pieces legeres des XIII et XIV s. p. p.
JvBiNAL, 1S35 — Joseph V. Arimathia s. Graal — Joufrois, ein
altfrz. Rittergedicht , herausg. v. K. Vollmüller u. F. Mvncker. Halle
1880. vgl. Rom. X 411, Rom. Forsch. I 436 (W. Förster, J. d. P., in:
Zeitschr. f. rom. Phil. V 574} — Joi'RDains de Blaivies, herausg. inebst
Amis et Amiles v. C. Hofmann. Erlangen 1852 u. 1882 [C. Hofmann,
Ueb. J. d. B. etc. in : d. Sitzungsber. d. K. bayer. Akad. d. "Wissensch.,
philos.-hist. Cl. 1871, S. 415, wieder abgedruckt in der 2. Ausg. des Ge-
dichtes; J. Koch, Ueb. J. d. B. Königsberg 1875. Diss.; Hist. litt. XXII
583). Vgl. Amis et Am,iles — Journal d'un bourgeois de Paris p. p.
TiETEY. 1881, vgl.: Rom. X 419 — Journi, Jehan de, la Dime de
penitance, altfrz. Gedicht vom J. 1288 etc., herausg. v. H. Breymann.
1874. in der Bibl. des Stuttg. litt. Vereins — Judenknabe. Der J., 5
griech. , 14 lat. u. 8 frz. Texte, herausg. v. E. AVolter, in: Suchier's
Bibl. Norm. Bd. IL Halle 1879, vgl. Tobler, in: Ztschr. f. rom. Phil.
IX 412 — Jules Cesar s. Tuim.
Karlsreise. Voyage de Charlemagne ä Jerusalem et ä Constanti-
nople, herausg. v. Fr. Michel. London 1836, von E. Ko.scnwiTZ. in: Fou-
v^ ster's Altfrz. Bibl. II. Heilbr. 1879 u. 1883 E. KoscnwiTZ, Ueb. die Ch.
d. V. de Ch. etc., in; Rom. Stud. II 1, Ueberlieferung u. Spr. der Ch. etc.
Heilbr. 1876, und Sechs Bearbeitungen des altfrz. Gedichts von Karl d.
Gr. Reise etc. Heilbr. 1879; G. Paris, La Ch. du pelerinage de Ch. , in:
Rom. IX 1 (auch in: La Poesie du m.-äge 119 ; H. Morf, Etüde s. la
date, le caractere et l'origine de la chanson du pel. de Ch., in: Rom. XHI
185; K. Vollmöller, in: Zeitschr. f. rom. Phil. V 385j.
Lais inedits des XII« et XIII^ siecles, p. p. Fr. Michel 1836; le
lai d'Ignaures, par Renaut, suivi des lais de Melion et du Trot, p. p. L.
J. N. Monmerque et Fr. Michel 1832; G. Paris, Lais inedits de Tyolet,
de Guingamor, de Doon, du Lecheor et de Tvdorel, in : Rom. VIII 29 ; le
Litteraturgeschichte. 325
lai de rEpervicr, in: Rom. VII 1; \V. Horak, Lai von Melion, Ln: Ztschr.
f. rem. Phil. VI 94; M. Haipt, Ein altfrz. u. ein lat. Leich aus einer Er-
furter Hds. Leipzig 184G. Vgl. auch Marie de France — Lambert li
Tors (od. Cors) s. Alexanderroman — Lancelot s. Crestiens de
Troyes — Lapidarius s. Marbod — Les Lapidaires francais du
moyen-age des XII, XIII et XIV siecles, p. p. L. Pannier 1883 — Alt-
französ. Lebensregeln, herausg. v. H. Sl'CillER in Rom. Stud. I M'.i —
Legenden. Die altfrz. Heiligenlegenden s. theils unter den betr. lleiligen-
naraen iSaint-Auban etc.), theils unter »Vie«. Vgl. auch Marienlegenden
(G. NöLLE, Die L. von den fünfzehn Zeichen vor dem jüngsten Gerichte.
Halle 1879 Diss.) — Leodegarlied s. Aelteste Sprachdenkmäler —
Lieder. Altfrz. L. u. Leiche, herausg. v. "\V. Wackerxaoel. Basel 1840;
Altfrz. Lieder, herausg. v. E. Mätzner. Berlin 185.3; Altfrz. Volkslieder,
herausg. v. O. L. B. AVolff. Leipzig 1831; Altfrz. Lieder, herausg. v. J.
Scuirmer in Herrig's Archiv Bd. 41; Franzüs. Volkslieder, aus M. Haupt's
Nachlasse herausg. von A. Tobler. Leipzig 1877; Alte französ. Volkslieder,
übers, von K. Bartsch. Heidelberg 1682; B. Dixter, Altfrz. Liebeslied,
in: Ztschr.- f. rom. Phil. II 588; Poesies des XIV« et XVe s., p. p. E. Rit-
ter. Genf 1879; Boucherie, Fragment dune anthologie picarde XIII s.).
1872; L. Panxier, Sur le livre des ceut ballades, in: Rom. I 367 ; A. Stick-
NEY, Chansons frcses tirees d'un ms. de Florence, in: Rom. VIII 7:5;
. Smith, La Chanson de Barbe-Bleue, dite Romance de Clotilde, in:
Kom. VI 428 ; F. "WoLF, Üeb. einige altfrz. Doctrinen u. Allegorien von der
Minne. Wien 1864. Vgl. auch oben »Berner Codex« soMie oben S. 311
— Livre. Li livres de justice et de plet, p. p. Rapetti, avec un glossaire p.
Chabaille, 1840. Le livre des mestiers. Dialogues frcs-flamands composes
au XIV s., p. p. H. Michelaxt, 1875, vgl, Jahrb. f. rom. u. engl. Spr. u.
Litt. XIV 436. Livre des Manieres, p. p. Talbert. Angers 1877 'J. Kehr,
Ueb. die Spr. des L. d. M. von Estienne de Fougieres. Köln 1S84 Bonner
Diss.) Le livre de raison d'Etienne Benoist, p. p. L. Guibert. Limoges
1S82, vgl. Rom. XH 123 — Livres des Rois s. les Quatre 1. d. R. —
Les Loherains 3. Jehan de Flagy (W. Vietor, Die Hdss. der Geste
des L. Halle 1878; Rom. III 78 u. 195; Ztschr. f. rom. Phil. HI 143 u.
IV 575, V 88; Roman. Stud. I 383; A. Prost, Etudes s. l'hist. de Metz.
Les legendes. Metz 1S65; A. Feist, Die Geste des Loherains in der Prosa-
bearbeitung der Arsenal-Hds. Marburg 1884 Diss. — Lorris, Guillaume
de, s. Roman de la Rose.
Macaire, eh. d. g., herausg. v. A. Mussafia in Altfrz. Gedichte aus
Venez. Hdss. Wien 1864, von F. Guessard 1866 A. P. F. IX (Hist. litt.
XXVI 373; Gautier, Ep. HI 684; Gcessard in Bibl. de l'Ec. des Ch.
4« ser. III 392) — Maccabäer. E. Stexgel, Frammenti di una traduzione
libera dei libri dei Maccabei, in: Riv. di fil. rom. II 82. H. Brevmaxx,
Die frz. Uebers. der Beiden Bücher der Maccabäer, in: Herrig's Archiv,
Bd. 47 auch separat als Göttinger Diss. erschienen' — Main et, frag-
ments dune ch. d. g. du XIII s., p. p. G. Paris, in : Rom. IV 304 Gau-
tier, Ep. ni 37; P. Rajna in Rivista tilologico-lett. II 65; G. Paris in
Rom. VI 437; K. Bartsch, Ueb. Karl Meinet. Nürnberg 1861 und in Ger-
326 Das Französische.
mania VI 28; — Machaut s. Guillaunie de M. — Magdalena. H. Si-
CHiER, Bruchstück einer agn. M., in : Ztschr. f. rom. Phil. IV 362. Vgl. auch
oben Guillaume le Clerc — Mahomet. Le roman de M., p. p. Yn.
MicilEl. u. Keixald 1831 'li. Peters, der R. de M. von Alexandre du Pont,
eine sprachliche Untersuchung. Erlangen 18S5I)iss." — Manekine. Koman
de la M. par Philippe de Kheims, p. p. Fr. Michel 184ü, vgl. Philippe
de Ilheims — Le Mantel niautaillie. Versions nordiques du Fabliau
irqs Le M. m. Textes et notes p. G. Cederschiöld et F. A. "Wulff. Lund
1873, vgl. Ztschr. f. rom. Phil. IV 173. N. — Marbod. P. Neumaxx, Ueb.
die älteste frz. Version des dem Bischof M. zugeschriebenen Lapidarius.
Breslau 1881 Diss., vgl. R. F. II 363 — Marco Polo. Le livre de
M. P., p. p. A. E. NORDEXSKIÖLU. Stockholm 1882, vgl. Rom. XI, 429
(E. Dellsle in Bibl. de lEc. des Ch. t. XLIII ;i882i 226 — Margue-
rite d'Oyngt, CEuvres p. p. E. Philifox, vgl. Ztschr. f. rom. Phil. II
605, Rom. VII 142 — Marie de Compiegne. M. de C. d'apres lEvan-
gile aux femmes. Texte publie p. la premiere fois etc. p. CoxsTAXS 1876
(E. Mall in Ztschr. f. rom. Phil. I 337 — Marie de France. Poesies
ou recueil de fables et autres productions de ce poete anglo-normand du
Xni s. p. p. B. de Roquefort 181!» 20. 2 Bde. Die Lais der M. d. Fr.
herausg. v. K. "W.uixke in Bd. III v. Suciiiers Bibl. Norm. Halle 1885.
(E. Mall, De aetate rebusque Mariae Francicae nova quaestio. Halle 1867
Diss.; F. Liebrecht, Zu M. de Fr., in: Ztschr. f. rom. Phil. I 90; H.
Warxke, Ueb. d. Zeit der M. d. Fr., in: Ztschr. f. rom. Phil. IV 223;
E. Mall, Zur Geschichte der mittelalterl. Fabellitteratur u. insbesondere
des Esope der M. d. Fr., in: Ztschr. f. rom. Phil. IX 101; Hervieux,
Les fabulistes latins etc. Paris 1884, bezieht sich nur indirect auf M. d.
F.; L. Erlixg, Li Lais de Lauval, altfrz. Gedicht der M. d. Fr. nebst
Th. Chestre's Launfal. Kempten 1883 Progr. ; "W. Hertz, M. de Fr. Poe-
tische Erzählungen nach altbretonischen Liebessagen.'' Stuttgart 1864 —
Marienlegenden. Adgars Marienlcgenden, herausg. von L. Neuhaus,
in: AV. Försters Altfrz. Bibl. Bd. 10. Heilbronn 1885 (W. Rolfs, Die
Adgarlegenden , in: K. Vollmöller's Roman. Forsch. I 179' — Mat-
thäus Paris s. Vie de St-Auban — Maugis d'Aigremont, vgl.
Hist. litt. XXII 700; P. Paris, Manuscr. VI 101; H. SucuiER, Die Quel-
len der Magussage, in: Germania XX 273; R. KÖHLER, Zur Magussage,
in: Germ. XXI 18; P". AVuLFF in Acta Universitatis Lundensis t. X. Lund
1873/74) — Meung, Jean de, s. Roman de la Rose — Milet, Jac-
ques, L'istoire de Troye la grant, autographisch herausg. v. E. Stexgel.
Marburg 1883 C. AVuxder, Ueb. J. M. s Destr. de Tr. Leipzig 1868 —
Mira des de Nos^re Dame, p. p. G. Paris u. U. Robert, s. Publ. de
la Soc. des anc. text. — Miserere s. Carite — Moiliens s. Carite —
Moniage, Guillaume, vgl. Hist. litt. XXII 519; G. Paris, Manuscr.
VI 101; Gautier, Ep. I 488; K. Hofmaxx in d. Äbhdlgg. der K. bayer.
Akad. d. AVissensch. Philos.-hist. Cl. 1852, S. 565 — Moniage Rai-
nouart, vgl. Hist. litt. XXII 538; P.Paris, Manuscr. III 166 — Mont-
St- Michel. Guillaume de Sainte-Paix. poetc anglo-norm. du 12 s., Le Rom.
du Mont-Saint-Michel, p. p. Fr. Muhei.. C'aen 1856. S. ob. S. 310 Z. 16 v. u.
Litteraturgeschichte. ;{27
— Monuments, Ics plus ancicns de la lanfiue frcse, s. Aclteste Sprach-
denkmäler — Mort d'Aimeri de Narbonne. Bruchst. der Ch. d. 1. M.
d'Ai. de N., herausg. v. K. Stexgl, in: Ztschr. f. rom. Phil. VI 397; llist.
litt. XXII 501 —Mort Garin le Loherain, p. p. E. DU Mkkil 1846 u.
18l)2 [u. d. T. : I-i Komans de G. le L. t. III) — Motets. Kecucil de M.
frcs. des XIII et XIV siecles, p. p. G. Kaynaiu 1881/82 (Bd. 1 u. 2 der
Bibliothöque francaise du moyen-age) ■ — Mouskes, Philippe, Chro-
nique rimee, p. p. DE llKlFi-EUSCUKIDT. Brüssel 183G/3S. 2 Bde. (Hist. litt.
XIX *^01 : Th. Link, Ueb. d. Spr. der Ch. r. des Ph. M. Erlangen 1882
Diss.; — Mysteres inedits du 15*8., p. p. A. JlBiXAL 1837. Vgl. auch
oben S. 307 und unten »Theätre« — Mystere d'Adam, p. p. Li-
ZARCHE. Tours 1856, p. L. Palistre 1877 — Mystere de Jesus, le
grand, passion et resurrection. Drame breton du m.-ä., p. p. Heksart de
LA VlLLEMARQlE 1865 — Mvstere de la Passion de A. Greban, p. p.
G. Paris et G. Raynaud 1S78, vgl. Ztschr. f. rom. Phil. III 454 (Sorel,
Notice s. Arnoul et Simon de Greban, in: Bull, de la Soc. hist. de Com-
piegne t. II, vgl. Rom. IV 297 ; A. Tobler, Die Corsini'sche Hds. des M.
d. 1, P., in: Ztschr. f. rom. Phil, II 589) — Mystere de Saint-Louis,
p. p. Fr. Michel. "Westminster 1871 — Mystere de Robert leDiable,
p. p. E. Fournier 1879 — Mystere du Siege d'Orleans, p. p. F.
Guessard et E. DE Certain 1864 H. Tivier, Etüde s. le mystere du s.
d'Orl. et s. Jacques Milet, auteur presume de ce mystere, 1868) — My-
stere des vierges sages et des vierges foUes loder Sponsus) s. »Ael-
teste Sprachdenkmäler« — Mystere du Vieil Testament, p. p. J. DE
Rothschild 1879/82. 3 Bde. Soc. des anc. text. — Monglane. G. Paris,
Le roman de la »geste de M.«, in: Rom. XII 1.
Nouvelles francaises en prose du Xllle s., p. p. L. Moland et
d'Hericault 1856 — Nouvelles francaises en prose du XIV s., p. p.
L. Moland et d'Hericault 1858.
Octavian, altfrz. Roman, herausg. v, K Vollmöller in Fürster's
altfrz. Bibl Bd. III. Heilbronn 1883, vgl. Rom. XI 609 (Baist, Zum Oct,
in: Rom. Forsch. I 441) — (Edipe. Constans, La legende d'CE., etudiee
dans l'antiquite, au moyen-age et dans les temps modernes, en particulier
dans le Roman de Thebes, texte frcs du XII s. 1881, vgl. Ztschr. f. rom.
Phil. VI 462; Rom. X 270 — Ogier le Danois s. Adenes li Rois u.
Raimbert de Paris — Orange s. Guül. d'O. — Ortnit s. Huon —
Otinel, ch. d. g., p. p. F. Guessard et H. Michelant 1858 A. P. F. I
(Hist. litt. XXVI 269; Gautier, Ep. IH 397; H. Treutler, Die ütinel-
sage im Mittelalter, in: Engl. Stud. V 97, vgl. Ztschr. f. rom. Phil. V
582 ; E. Langlois, Deux fragments epiques : Otinel, Aspremont, in ; Rom.
XII 433; der altengl. Sir Otuell ist herausg. in den Publ. der Early Engl.
Text Soc. Extra Series 35) — Ovid s. Art d'amors, Crestiens de
Troyes, Echecs am., Elie, Jacques d'Amiens G. Paris, Les an-
ciennes versions frcses de l'Art d aimer et des Remedes d amour d'Ovide, in :
La Poesie du moyen-äge, 18S5, S. 189).
Paris s. Vie de St.-Auban — Paris la Duchesse, li romans
de, p. p. G. F. DE Martonne 1836; p. p. F. Gues.sard et L. Larchey
4
328 1^*3 Französische.
1860. A. P. F. IV Hist. litt. XXII 659; Gautier, Ep. I 495) — Parte-
nopeus de Blois, p. p. Cr.^pelet 1834; Part. u. Melior, altfrz.. Ge-
dicht etc., herausg. v. H. F. Massmaxn. Berlin 1847 (E. Pfeiffer, Ueb.
d. Hdss. des altfrz. Romans P. de B. Marburg 1884 Diss.; E. Kölbixg,
Ueb. die verschiedenen Gestaltungen der Partenopeussage, in: Germani-
stische Studien, Bd. II 55, vgl Rom. IV 148; — Passion s. »Aelteste
Sprachdenkmäler« — Pastourelle. Altfrz. P. aus der Berner Hds.
mitgetheilt von 0. Hofmann. München 1865. Vgl. Bu.\kelmann, Die
PastoureUe in der nord- u. südfrz. Poesie, in: Jahrb. f. rom. u. engl. Lit.
IX. Vgl. auch Romanzen. — Maistre Pierre Pathelin, la farce de,
p. p. P. L. Jacob le bibliophile. 1859 u. 1876 (A. Dickmann, Maistre P. P.
Hamburg 1875, Progr. des Johanneum; "VV. ST.illLE, La farce de P. in
litterar., grammat. u. sprachl. Hinsicht. Marburg 1864 Diss.; — Peleri-
nage Charlemagne s. Karlsreise — Perceval s. Crestiens de
Troyes — Philippe s. C omni in es, Mouskes, Reims, Remi,
Thaün — Predigten. Galloital. Pr. etc., herausg. v. \V. Förster in
Roman. Stud. IV 1. Vgl. auch St. Bernard — Prise de Cordres,
noch nicht edirt — Prise de Damiette s. Angaben zur provenzal.
Litteraturge schichte — Pri.se de Giro ne s. Fragment vom Haag
— Prise dOrange, eh. d. g., herausg. von Jonckbloet in Guill. d'Or.
I 113, II 237 (Hist. litt. XXII 495: Gavtier, Ep. IV 392; H. Sichier,
Ueb. die Quelle Ulrichs von dem Türlin u. die älteste Gestalt der P. d'O.
Paderborn 1873, vgl. Rom. II 111) — Prise de Pampelune, eh. d. g.,
Altfrz. Gedichte aus venez. Hdss. herausg. v. A. Mus.safia. Wien 1864
(Hist. litt. XXVI 360; Gautier, Ep. III 455; Mussafu, Handschriftl. Stud.
II, 291) — Proditio Guenonis s. Carmen — Psalter. Cambridger
Psalter, herausg. v. Fr. Michel 1876 in der CoUection de documents in-
edits etc., vgl. Ztschr. f. rom. Phil. I 568 (E. Fichte, Die Flexion im C.
Ps. Halle 1879; Schümann, Vocalismus u. Consonantismus des C. Ps., in:
Frz. Stud. IV 282) ; Lothringischer Ps., herausg. v. F. Apfelstedt in För-
ster's Altfrz. Bibl. Bd. IV. Heilbronn 1879; Oxforder Psalter, herausg. v.
Fr. Michel. Oxford 1860 (J. H. Meister, Die Flexion im Oxf. Ps. Halle
1877, vgl. Ztschr. f. rom. Phil. II 480; F. Haarseim, Vocalismus u. Con-
sonantismus im Oxf. Ps., in: Rom. Stud. IV 273: ; Le P.sautier de Metz,
texte du XIV^ s., ed. critique, p. p. F. Bonnarüot 1885 (ergänzt Apfel-
.stedt's oben genannte Ausg. des lothringischen Ps.).
Les Quatre livres des Rois, p. p. Leuoux de Lincy 1842 (W.
Förster, Zu Qu. 1. d. R., in: Ztschr. f. rom. Phil. I 106: K. Merwart,
Grammat. Untersuchung üb. die Qu. 1. d. R. Marburg i. Steiermark 1881
Progr.)
Rairabart de Paris, La chevalerie Ogier de Danemarche, p. p. F.
Barrois. 1842. 2 Bde. Hist. litt. XXII 643; Gaitier, Ep. 111 240; P.Pa-
ris, Recherches s. O. 1. 1)., in: Bibl. de VEc. des Ch. 111 521; P. Rajna,
Uggeri il Danese nella letteratura romanzesca degli Italiani, in: Rom. II
153, III 31, IV 398: J. C. Matthes, De nederlandsche O. Groningen 1876,
vgl. G. Paris , in : Rom. V 383 ; E. Fiebiger, Ueb. d. Spr. der Ch. O. d.
D. Halle ISSl. Diss.) — Raoul de Cambrai, li romans de, p. p. E. I.K
Litteraturgeschichtu. 329
Glay. 184h Hist. litt. XXU TOS; J. Dklioxe. Analyse des ronuins de R.
d. C. et de Bernier. Lille 1:500; deutsche Hebers, von 1.. Settk(;ast, in.
Herrigs Archiv. Bd. 70, S. 172 — Kcclus de Moiliens s. Ca rite —
Regret, li R. Guillaume comte de Hainaut, poeme inedit du XIV s., p.
Jehan de la Mote , p. ji. A. Schelek. Louvain 1882 — Reims Renii;,
Philippe de, The romance of Blonde of Oxford and Jeliau of Dammar-
tin, cd. by Le RolX de Lincy. London 1S5S. C'amden »Soc. : Roman de
la Manekine p. p. Fr. Michel. 1840. Bannatyne Club (H. L. Büudikk, Ph.
de R. sire de Beaumanoir etc. 1869. vgl.: Rev. crit. 1874. S. 2S0 ; E.
Schwan. Ph. d. R.. Sire de B. u. seine Werke, in: Roman. Stud. IV 351)
— Reimpredigt «Grant mal Kst Adam«, herausg. v. H. Suchieu, in:
Bd. I der Bibl. Norm. Halle 1878, vgl: Ztschr. f. rom. Phil. IV 159 (H.
BoKEMÜLi.Eii, Zur Lautkritik der Reimpr. Halle 1882 Diss. — Reine
Sebile, Fragments uniques d'un roman du l.'J s., restitues, comjjletes et
anuotes. in: Bull, de lAcad. roy. de Belg. 2^ serie, t. H9, No. 4, vgl.:
Rom. IV 298 — Remedia Amoris s. Echecs amoureux — Reuces-
val s. Roland — Renard. Roman de Renard, p. p. Meon et Chabaille.
1826/35. 5. Bde.; p. p. E. M.\KTIN, Strassburg 1881/83. 2 Bde.; P. P.aris,
les aventures du maitre Renard et d Ysengrin son compere, mises en nou-
veau langage etc. 1862: C. Potvin, le R. d. R., mis en vers etc., precede
d'une introduction et d'une bibliographie. Brüssel 1860 'E. Martin, Exa-
men crit. des mss. du R. d. R. Basel 1872, und: Le pelerinage R., in:
Rom. Stud. I 409 ; RoTHE, Les romans du R. examines, analyses et com-
pares d'apres les mss. les plus anciens 1845 ; K. Müllenhoff, Ueb. Rein-
hart Fuchs, in: Ztschr. f. deutsches Alterth. N. F. VI 1, vgl.: Rom. IH
503; W. J. A. JoNCKBLOET, Etüde s. le R. d. R. Groningen 186.1; G. Pa-
ri.*;, Nouv. etude s. le R. d. R. 1860, und: Ün fragraent de R., in: Rom.
III 35;i : E. Martin, Eine Renartfabel, in : Ztschr. f. rom. Phil. VI :{47 — Re-
na ud de Beaujeu. Le Bei Inconnu ou Giglain, fils de messire Gauvain
et de la fee aux blauches mains, p. p. C. HlprEAU 1S60 Mebks, Der "SVi-
galois V. Wimt v. Gravenberg u. seine altfrz. Quelle. Neuraünster 1879.
Progr. — Renaus de Montauban. Le Rom. des quatre fils Aymon,
p. p. P. Tarbe. Reims 1S61 ; Renaus de Montauban oder die Haimou.s-
kinder, herausg. v. H. Miciielant. Stuttg. 1862. Bibl. des litt. Ver. 67
(Hist. litt. XXU 667; Gaitier, Ep. III 100; P. Pari-s Manuscr. VI 114;
A. LoNGNoN, Les quatre fils Aymon, in: Rev. des questions hist. XXV 173,
Tgl. : Rom. VIII 468 ; P. Rajna , Rinaldo da Montalbano , in : Propu-
gnatore III' 213 u. IIP 58; E. Stengel, in: Roman. Stud. I 381; J. C.
Matthes, Die Oxf. Renaus-Hds. Ms. Hatten. 42 Bodl. 59 u. ihre Bedeu-
tung f. d. Renaussage etc., in: Jahrb. f. rom. u. engl. Spr. u. Litt. XV 1,
vgl.: Rom. V 254; — Rene d'Anjou, roi, (Euvres completes, p. p. le
comte de Quatrebarbes. Angers 1845/46 — Richars li Biaus, herausg-
V. W. Für.steu. AVien 1874, vgl.: Ztschr. f. rom. Phil. I 92, III 242
R. li B., analyse et fragments p. p. C. C. Casati 1868; — Richard du
Fournival, Bestiaire d'amour, suivi de la reponse de la dame, p. p.
C. Hippeau 1860 — Robert le Diable s. Mystere de R. 1. 1). —
Reis s. Les Quatre livres des R — Roland. Chanson de R. I. Bl-
330 Das Französische.
BLIOGRAPHIE: J. Bauquier, Bibliographie de la Ch. d. K. Heilbr. 1877;
GArTiER, Ep, ni 493; Nyrop, a. a. O. 464. IL Diplomatische Ab-
drücke: Des Cod. O., Digby 23 v. E. Stengel. Heilbr. 1878 (von der-
selben Hds. liess Stengel auch eine vollständige photographische liepro-
duction anfertigen. Heilbr. 1878); des Cod. V* v. E. Kölblvg. Heilbr.
1877; der Hdss. v. Chäteauroux u. V^ von W. Förster, in: Altfrz. Bibl.
Bd. 6. Heilbr. 188:5; der Hdss. von Paris, Lyon u. Cambridge von W,
Förster, in: Altfrz. Bibl. Bd. VII (war im J. 1885 noch nicht erschienen .
IlJa Ausg.*.ben; von Fr. Michel. 1837 u. 1869, von F. Genin, 1850, von
Th. Müller. Göttingen 1851, 1863 u. 1878, vgl: Ztschr. f. rom. Phil. II
162 (der Ausg. wollte Müller einen 2. Bd., enthaltend A\'örterbuch und
Commcntar, folgen lassen, ist aber darüber gestorben. M.'s Ausg. ist die
in wissenschaftl. Hinsicht relativ beste), von E. Böhmer. Halle 1872,
vgl. Rom. II 97 (B. hat in dieser Ausg., in welcher er das Gedicht «Ren-
ccsval" betitelte, die graphische Bezeichnung der Vocalqualität durchge-
führt), von L. Galtier, Tours seit 1872 (sehr praktische Handausg. mit
neufrz. Uebers., Wörterb. u. Commentar), von L. Cledat. 1885 (gute Hand-
ausg. mit Glossar).!) njb Uebersetzingen : a) neufranzösische in Prosa
von F. Genin u. L. Gautier (s. d. Ausg.;, in Versen von P. Jönain (Bor-
deaux 1862;, P, DE Julleville (1871) und von A. d'AvRiL ;4e ed. 1880 ;
b,i deutsche von "W. Hertz. Stuttgart 1861. IV. Textkritisciies : M.
Hartmann, E. Böhmer, E. Koschwitz, Zum Oxf. R., in: Rom. Stud.
III 169; F. Scholle, Das Verhältniss der verschiedenen Ueberlieferungen
des neufrz. R. zu einander, in : Ztschr. f. rom. Phil. IV 7 ; zur Kritik des
R., in: Ztschr. f. rom. Phil. IV 195, und: Die Baligantepisode, ein Ein-
schub in das Oxf. R., in : Ztschr. f. rom. Phil. I 26 ; E. Dunges. Die Ba-
ligantepisode im R. Heilbronn 18S0 (Marburger Diss.); H. Persciimann,
Die Stellung v. ü. in der Ueberlieferung des altfrz. R. Marburg ISSO Diss.,
in Stengels Ausg. u. Abh. III; H. Ottmann, Die Stellung von V* in
der Ueberlieferung des altfrz. R. Marburg 1879; G. Laurentiis, Zur Kri-
tik der Ch. d. R. Leipzig 1876; E. Böhmer, Anmerkung über die ange-
nommene Abhängigkeit des Böhmer'schen Rolandstextes von dem Hof-
mann'sehen und dem Gautier'schen, in : Rom. Stud. I 621 ; R. Pakscheb,
Zur Composition u. Kritik des R. Strassburg 1885; J. CORNU, Trois pas-
sages de la Ch. d. R. corriges h tort, in: Rom. IX 118; A. !Mussafia, Zu
Rol. V. 240, 465, 3860, in: Ztschr. f. rom. Phil. III 256, und: Zum RoL,
ebenda IV 104; A. Rambeau s. unten VH). V. Grammatisches: E.Böh-
mer, A, E, J im Oxf. R., in: Rom. Stud. I 599; H. LöscHHORN, Zum
norm. Rol. Göttingen 1873 Diss.; M. Simon; Ueb. d. flexiv. Verfall des
Subst. im R. Bonn 1867 Diss.; M. Trautmann, Bildung u. Gebrauch der
Tempp. im Rol. Halle 1871 Diss.; H. Bockhoff, Der syntakt. Gebrauch
der Tempp. im R. Münster ISSO Diss., E. Beyer, Die Pronomina im Rol.
Halle 1875 Diss.; Carlberg, Etüde s. l'usage syntaxique dans la Ch. de
R. Lund 1875 ; H. MoRF, Die Wortstellung im altfrz. Rol, in ; Rom. Stud.
1) Eine von C. Hofmann bearbeitete Ausg. ist zwar in den sechziger
Jahren gedruckt worden, aber nicht in den Buchhandel gekommen.
Littcraturgcschichtc. 331
III l;i;t. v<rl. Ztsehr. f. roni. Phil. III 144; O. Kiekk. Die Construetion der
Nebensatze im Üxf. Texte des R. Münster 1S^3 Diss. VI. I.kxik.\lisches :
Gutes Glossar in Galtikr's u. in Cledat s Ausg.; Scumilix.sky, Probe
eines Glossars zur Ch. d. R. Halle 1S76 Progr. ; H. Flascuel, Die ge-
lehrten "Wörter in der Ch. d. R. Göttingen 1881 Diss. VII. Rhythmlsches :
A. Ramheai', Ueb. d. als acht nachweisbaren Assonanzen des Oxf. Textes
der Ch. d. R. Halle 18TS: F. Scholle. Die a-, ai-, an-, t'»-Ass. in der
Ch. d. R.. in: Jahrb. f. rom. u. engl. Spr. u. Lit. XV 65; G. Raynaud,
Tableau rectiticatif des assonances du R. . in: Rom. III 2'JO, vgl. II 263;
F. Hill, Ueb. das Metrum der Ch. d. R. vgl. Rom. III 398. VIII. Poetik:
F. ZiLLEK. Der epische Styl des altfrz. R. Magdeburg 1863. Progr. des
Realgymn. ; A. Ritschel, Remarques s. les epithetes dans la Ch. d. R. ;
H. Dkees, Der Gebrauch der Epitheta ornantia im altfrz. R. Münster 1883
Diss. IX. Exegetisches: Hist. litt. XXII 727; C. Rosenbekg, Rolands-
kvadet, et normannisk Heltedigt, dets Üprindelse og historiske Betydning
etc. Kopenhagen 1860; Gr.\vell, Die Charakteristik der Personen im R.
Heilbronn ISSO, vgl. Ztsehr. f. rom. Phil. VI 127; G. Paris, Sur la date
et la patrie de la Ch. d. R., in: Rom. XI 400; L'epitaphe de R., in: Rom.
XI 570; la Ch. d. R. et les Nibelungen, in: Revue germanique XXV 292;
La geographie de la Ch. d. R., in: Rev. crit. 1869 II 173; Noms des
peuples paiens dans la Ch. d. R., in: Rom. II 329 u. 480; La legende du
saut Roland, in: Rom. XII 113; P.Meyer, Butentrot etc., in: Rom. VII
435, Le Hericher, Des mots de fantaisie et des rapports du R. avec la
Normandie, in: Bull, de la Soc. des Antiqu. de Norm. IX 410, vgl. Rom.
X 632; H. Meyer, Abhandig. üb. R. Bremen 1868 Progr., vgl. Rev. crit.
1870 I 98; CoEVRET, Documents historiques relatifs ä la Ch. d. R. , in:
ITnvestigateur 1875 Sept. Oct. ; Bresslau, Rechtsalterthümer aus dem R.,
:n: Herrigs Archiv Bd. 48 S. 291; F. Settegast, Der Ehrbegriff im alt-
frz. R., in: Ztsehr. f. rom. Phil. IX 204; H. SvCHIER, Josqu' as Seinz =
Xanten, in: Ztsehr. f. rom. Phil. IV 583; F. Liebrecht, Zur Ch. d. R.,
in: Ztsehr. f. rom. PhiL IV 371; Axdresex u. Baist in Rom. Forsch. I
452, K. HoFMAXX, ebenda 429 ff. ; vgl. ausserdem: H. Carxoy, Les le-
gendes de Gandelon ou Ganelon, in: Rom. XI 410, XII 139, und: G. Pa-
ri.«, Le Carmen de proditione Guenonis etc., in : Rom. XI 465, vgl. Sten-
gel in Ztsehr. f. rom. Phil. VIII 499. X. Altnordischer u. Alteng-
lischer Roland: E. Koschwitz, Der altnord. R. ins Deutsche übers.,
in: Rom. Stud. III 295; H. Schleich, Prolegomena ad Carmen de Ro-
lando anglicum. Burg 1879 Berliner Diss. , und: Beiträge zum mittelengl.
R., in: Anglia IV 307. Vgl. auch den Artikel Turpin. — Roman.
Mit Ausnahme der im Folgenden angeführten Romane sind die so be-
zeichneten Dichtungen unter dem zweiten Theile ihres Titels oder auch
unter dem Namen ihrer Verfasser verzeichnet. — Roman de Claris et
Laris, herausg. v. J. Altox in Bd. 169 der Bibl. des litt. Vereins. Stutt-
gart 18S4 — Roman de la Resurrection de Jesus Christ, ver-
fasst von Andre de Constance, herausg. v. R. Reixsch in Herrig's Archiv
LXIV 161, vgl. Ztsehr. f. rom.tPhil. VI 154 — Roman de la Rose.
Le R. d. 1. R., imprime ä Paris. Reimpression de Ted. donnee par Jean
-/
332 Das Französische.
Dupre (vers 1490; 1S78; le R. d. 1. R., p. p. Fii. Miciikl 186-1 2 Bde.:
le R. d. 1. R., texte orig. avec traduet., introduct., notices bist, et crit. et
gloss., p. p. P. Marteau. Orleans 1878/79. .5 Bde.; le R. d. 1. R. , avec
notes gramm. et gloss., p. p. J. Croissaxdeau. Orleans 1881. 5 Bde.; Li
Romans de la Rose, I'^'^e partie, herausg. v. R. Püschel. Berlin 1872
Progr. des Friedrichstädt. Gymn. , vgl. Rom. I 391 (J. Bekker, Ueb. d.
Hdss. des R. d. 1. R. in d. K. Bibl. Berlin 1852; P. Mever, Un extrait
du R. d. 1. R., in: Rom. VI 449; L. Jarry, Guill. de L. et le testament
d'Alphonse de Poitiers. Orleans 1881) — Le Romancero francais.
Histoire de quelques anciens trouveres et cboix de leurs cbansons. Le tout
nouvellement recueilli p. Pai'lin. Paris 1833 — Romanzen. Altfrz. R.
u. Pastourelle, herausg. v. K. Bartsch. Leipzig 1870, vgl. G. Gröber,
Die altfrz. R. u. P. Zürich 1872 — Ron de. A. Orain, Le grand loup,
ronde bretonne, in: Rom. XI 121; J. Flevry, Le prisonnier de Rennes,
ronde bretonne, in: Rom. X 245 — Rosier des Guerres, vgl. Kaulek,
Louis XI est-il l'auteur du R. d. g.? in: Rev. bist. März April 1883, vgl.
Rom. XII 416 — Rutebeuf, CEuvres completes, p. p. Jubixal, nouv. ed.
1874, 3 Bde., vgl. Rom. III 401; R.'s Gedichte, nach d. Hdss. der Pariser
Nat.-Bibl. herausg. v. A. Kressner. "VVolfenbüttel 1885; Lc Miracle de
Theophile de R. , revu sur les mss. , traduit et accompagne de notes p.
A. H. Klient. Upsala 1869. Vgl. Theophile.
Saint-Bernart, Li sermon de St-B., p. p. Le Roux de lincy in
seiner Ausg. der Quatre Livres des Rois 1842; herausg. v. W. FÖRSTER
in Bd. 2 von Vollmöller's Roman. Forsch. Erlangen 1885 (W. FÖR.STER,
Zu den altfrz. Predigten des h. B., in : Rom. Stud. IV 93 ; O. Kctschera,
Le ms. des sermons fr9S de St.-B. traduits du latin date-t-il de 1207. Halle
1878 Diss., vgl. Ztschr. f. rom. Phil. III 452; Cledat, La flexion dans les
serm. de S. P. P. 1884) — Saint-George. L, "Weber, Ueb. die Spr. u.
Quelle des altfrz. Hg. Georg. Halle 1882 Diss. (auch in Ztschr. f. rom. Phil.
V 498 — Saint-Gille s. Elie — Saint-Nicolas. JoLY, Quatre mi-
racles inedits de St-N., in : Bull, de la Soc. des Ant. de Norm. t. VIII 632,
IX 202. Vgl. auch die Artikel Bodel u. Wace. — Sa inte-Marguerite
s. Vie de Ste-M. — Saint- Thomas. Garnier de Pont-Sainte-Maxence, la
Vie et la Mort de St-Th. de Canterbury , herausg. v. J. Bekker. Berlin
1839 'dazu Ergänzung Berlin 1845, beide Ausg. in den Abb. d. Berl. Akad.
d. Wissensch.); [Vgl. Fr. Michel in Bd. III seiner Ausg. der Chronique
des ducs de Norm. 1843]; p.p. C. Hippeau 1859; (Etienne, La Vie de s.
Th., Eti^de etc. Nancy 1883, vgl. Rev. crit. 1883, No. 35; A. Mebes, Ueb. G.
von P.-Ste-M. Breslau 1876 Diss.; P. Lorenz, Ueb. d. Spr. des G. de P.-
Ste-M. Halle 1881 Diss.) — Sept Sages, roman des, herausg. v. A. Kel-
ler. Tübingen 1836; p. p. Ch. Brunet et A. de Montaiglon 1856; Deux
redactions du R. des sept sages de Rome, p. p. G. Paris 1876 Soc. des
anc. text. frcs, vgl. Rom. I 555 — Sermo. H. Suchier, Die Quelle des
sermo de sapientia, in: Ztschr. f. rom. Phil. 191 — Sermons s. Pre-
digten u. St-Bernart — Sibille s. Reine Sebile u. Macaire (vgl.
auch R. Köhler, Zu der altspan. Erzählung von Karl d. G. u. seiner Ge-
mahlin Sibille, in: Jahrb. f. rom. u. engl. Spr. u. I-it. XII 280^ — Siege
Litteraturgcschichte. 333
de Barbastre, vgl. Hist. litt. XX TOü; Gaitiku, Ep. 1 24:f; AV. Kkl-
i.KR, Le Siege de B. u. die Bearbeitung des Adeiiet le Roi. Marburg 1875;
A. GvXDLACH, Das Handsehriftenverhältniss des S. du B., in: Stkngel's
Ausg. u. Abb. IV KiO — Siege de Castres. H. SrcuiEU, Le S. de C,
in: Koman. Stud. I 589 — Siege de Milan, »poenie perdu dans sa
forme frcse, mais conserve dans un poemc anglais : Sege of Melayne. 11
parait avoir ete compose pour servir d'introduction d'Otuel, cf. ]{om. XI
151«, Nykop a. a. Ü. 470 — Siege de Narbonne, noch nicht edirt, vgl
Gautier, Ep. IV 320 — Simon de Pouille, Bruchstücke gedruckt in
Miciiel's Introduct. zu seiner Ausg. des Charlemagne, vgl. Gautier, Ep.
III, .(46 — Sponsus s. Aelteste Sprachdenkmäler — Streit. G^
Klkineht, Ueb. d. Str. von Leib u. Seele. Ein Beitrag zur Entwickelungs-
gcschichte der A'isio Fulberti. Halle 1880 13iss., vgl. Korn. IX 311 —
SuUy. P. Meyer, Les mss. des sermons frfs de Maurice Sullv, in: Rom.
V 46t) — Syracons, nicht edirt, Ms. Coli. Corp. Christ. Oxf. 135, vgl.
E. Stengel in Rom. Stud. I 399.
Table ronde. Les romans de la T. r. , mis en nouveau langage et
accompagnes de recherches s. lorig. et le caractere de ces grandes com-
positions , p. P. Paris 1868/77. 5 Bde.; Table ronde ou le Joseph d'Ari-
mathc, premier des romans de la T. r., p. p. E. Hucher 1872/79. 3 Bde.
— Thaün, Philippe de, Bestiaire ed. by Th. AVright. London 1842 (?);
liCumpoz, herausg. v. E. Mall. Strassburg 1873 — Theätre. Th. fr.
du moyen-äge, p. p. Monmerque et Michel 1839; Th. fr. ancien, ou col-
lection des ouvrages dramatiques depuis les mysteres jusquä Corneille, p.
p. ViOLLET LE Duc. 1854 57. 10 Bde. Bibl. elzev. ; Th. fr. avant la renais-
.sance 1450 — 1550', mysteres, moralites et farces, p. p. E. Fourmer —
Thebes s. (Edipe — Theophile, miracle de, s. Rutebeuf u.
Theätre ;E. Kölbing, Beiträge zur vergl. Geschichte der romant. Prosa
u. Poesie im Mittelalter. Breslau 1876, S. 1 fl". ; A. AVeber, Zwei unge-
druckte Versionen der Theophilussage, in : Ztschr. f. rom. Phil. I 523 ; A.
ScHELER, Li priere Theophilus, in: Ztschr. f. rom. Phil. I 247, vgl. ebenda
II 81 u. Rom. VII 343) — Thibaut. Li romanz de la poire, herausg. v.
F. Stehlich. Halle 1881 (K. Bartsch, Zum R. d. 1. p., in: Ztschr. f. rom.
Phil. V 571) — Thuim s. Tuim — Tristan. Recueil de ce qui raste
des poemes relatifs ä ses aventures, composes en frcs, en anglo-normand
et en grec dans les 12 et 13 s., p. p. Fr. Michel. London 1835/39. 2 Bde.
(L. Estläxder, Pieces inedites du rom. de Tr., precedees de recherches
s. son origine et son developpement. Helsingfors 1866, vgl. Rev. crit. 1867
I 127; A. Bossert, Tr. et Iseult, poeme de Gotfrit de Strassburg, com-
pare ä d'autres poemes s. le meme sujet. 1865; R. Heinzel, Gottfr.'s v.
Strassb. Tr. u. seine Quelle, in: Ztschr. f. dtsch. Alterth. XIV 272; O.
Behaghel, Gottfr.s v. Strassb. Tr. u. seine Quelle, in: Germania XXIII
223; LoBEDANZ, Das französ. Element in Gottfr.'s v. Strassb. Tr. Schwerin
1878 Diss. ; E. KÖLBIXG, Die nordische u. die engl. Version der Tristan-
sage, mit litterarhist. Einltg. , deutscher Uebers. u. Anm. herausg. Heil-
bronn 1878 83, 2 Bde.; F. Vetter, La legende de Tristran, d'apres le
poeme frcs de Thomas et les versions principales qui sy rattachent. Mar-
334 I^^ä Französische.
bürg 1882 Diss. ; H. SucniER, Untersuchungen üb. d. altfrz. Prosaroni. von
Tr. u. I., in: Ztschr. f. dtsche Phil. XVIII Sl : Bryxjulfson, Saga af
Tristram ok Isond samt Möttulssaga, udgivne etc. Kopenhagen 1S7S, vgl.
Rom. VIII 276: "W. RöTTGER. Der Tr. des Thomas, ein Beitrag zur Kri-
tik u. Spr. desselben. Göttingen 1883 Diss. — Troie, roman de, .s. Be-
noit de Ste-More, vgl. auch Theil II 497 'L. Flscher, Der altfrz. R. de
Tr. des B. de Ste-M. als Vorbild f. d. mhd. Trojadichtungen etc. Münster
1883 Diss.: AV. Greif, Die mittelalterl. Bearbeitungen der Trojanersage
etc. I. Benoit de Ste-More. Marburg 1885 Diss. — La Destruction de
Troye la grant s. Destruction — Trouveres. Tr. beiges du XII au
XIV 8. etc., p. p. A. ScHELER. Brüssel 1876. Vgl. oben S. 311 — Tu im,
Jehan de, Hystore de Julius Cesar, herausg. v. F. Settegast. Halle 1S81.
vgl. Ztschr. f. rom. Phil. VI 386 — Tuin s. Tuim — Tumbeor. Wli.H.
Förster, Del T. Nostre Dame, in: Rom. II 315, vgl. Ztschr. f. rom. Phil.
IV 88 — Turpin. Turpini Hist. Caroli Magni et Rotholandi ed. S. Ciampi.
Florenz 1822; p. p. F. Castets, Montpellier ISSÜ, vgl. Ztschr. f. rom. Phil.
V 422; La chronique dite de T. publice d'apres les mss. Bibl. Nat. 18-iO
et 2137 p. F. Wulff. Lund 1881 (G. P.\Ris, De Pseudo-Turpino. 1865
Diss. ; DoZY in Recherches s. l'hist. et la litt, de 1 Esp. 3« ed. II 372, vgl.
Rom. XI 421; der Ps.-T. in altfrz. Uebers. , nach einer Hds. der Münche-
ner Staatsbibl. herausg. v. Th. Auracher, München 1876, Progr. des Ma-
ximil.-Gymn. ; Th. AuRACHER. Der sog. poitevinische T., in: Ztschr. f. rom.
Phil. I 259; Ps.-T., traduction poitevine du 13. s., p. p. A. Boucherie in
Rev. des lang. rom. II 126 .
Veland le Forgero n. G. B. Depping et Fr. Michel. V. 1. F.,
Diss. s. une tradition du moyen-äge, avec les textes islandais. anglo— saxons,
anglais et francais-romans qui la concernent 1833 — Vengeance Fro-
mondin. A. Rudolph, üeber die V. F., in Stengels Ausg. u. Abh. XXXI
— Venus la Deesse, altfrz. Minnegedicht aus d. 13. Jahrh. , herausg.
von "VV. Förster. Bonn 1880 — Vie des anciens peres, vgl. Hist.
litt. XIX 858 ; A. Tobler in : Jahrb. f. rom. u. engl. Litt. MI 400 ; A. ^A'e-
ber, Handschriftl. Studien auf dem Gebiete der roman. Litt, des Mittel-
alters. Frauenfeld 1876 u. Ztschr. f. rom. Phil. I 357: E. Schwan, la Vie
des anciens peres, in: Rom. XIII 233. Vgl. Judenknabe. — Vie de
Saint Auban, ed. by R. Atkin-SON. London 1874 (H. SucniER, Ueb. d-
dem Matthäus Paris zugeschriebene V. d. s. A. Halle 1876: E. Uiilemann,
Ueb. die anglonorm. Vie de s. A. in Bezug auf Quellen, Lautverhältnisse
und Flexion, in: Roman. Stud. IV 543) — Vie de Saint Gilles, p. p.
G. Parls et A. Bo.s in den Publicationen der Soc. des anc. text. frcs. 1881,
vgl. Mu.ssafia in Rom. XI 594 — Vie de saint Gregoire Ic Grand
en vers, p. p. A. de Montaiglon in Rom. VIII 509. (P. Meyer, La
vie de saint Gregoire par fröre Angier, in: Rom. XII 145; H. Bieling,
Ein Beitrag zur Ueberlieferung der Gregorlegende. Berlin 1874. Vgl.
oben S. 321 u. — Vie de saint Guillaume. Revillant, Etüde s.
la vie de s. G. , Extrait des Publ. de la Soc. archeol. de Montpellier No.
35/36. 1876, vgl. Rom. VI 467 — Vie de sainte Marguerite, en
vers romans prov. , p. p. Noulet. Toulouse 1875, vgl. Rom. IV 4yl;
I-itteraturgeschichtc. 335
Legende de s. Marg. , deux redactious eu vors frcs, p. etc., p. A. Sche-
LEK. Antwerpen IST", vgl. Rom. VII 339 (G. Wülpeut, Eine bisher un-
bekannte Hds. des Lebens der heil. Margaretha, in; Ztschr. f. roni. Phil.
V 51 ; Legende von der heil. Marg.. altfrz. u. deut.sch . hcrausg. v. W. L.
H<)LL.\M). Hannover 16G3 . Vgl. ^Vace — Villehar douin, Geoffroy
de, I^a Conquete de Constantinople, avcc la continuation de Henri de Va-
lenciennes, texte, traduct. , vocabulaire et notes p. Nat.a.lis de AV.mi.lv.
Sf ed. 1SS2 A. Kressnek, l'eb. den epischen Charakter der Spr. V.'s, in
Herrig's Archiv Bd. 57. S. 1, vgl. Rom. VII 147; E. B.\.STIX, La sjTitaxe
de V., in; Rev. de l'Instruct. publ. en Beige 24, S. 217 u. 26, S. 240; A.
H.VASE, SjTitakt. Untersuchungen zu V. u. Joinville. Oppeln 1884; sonstige
Litteratur über V. sehe man in Pottiiast's Biblioth. med. aevi; — Vil-
lon, Francois, (Euvres completes. p. p. P. Jaxxet 1866; p. p. P. La-
CKOix 1ST7; p. p. L. Moi.AXD 1S79 ;A. Stimming, Fr. V. Berlin 1869;
Nagel, Fr. V., Darstellung seines Lebens nach seinen Gedichten. Berlin
1877; A. LoxGXOX, Etüde biograph. s. Fr. V. 1877, vgl. Ztschr. f. rom.
Phil. I 572; A. LoxGXOX, Fr. V. et ses legataires, in: Rom. II 203; Bü-
.SCHER, Erklärung eines Reimes bei V. "Weimar 1874 Progr. ; R. Tamm,
Bemerkungen z. Metrik u. Spr. V.'s. Freiberg i. Schi. 1879 Progr.; W. G.
C. BiJVAXCK, Essai crit. s. les oeuvres de Fr. V. I le Petit Testament. Ley-
den 1883 — Violette, Rom. de la V. ou de Girard de Nevers, p. ]>.
Fi;. Michel 1834 — Voyage de Charlemagne s. Karlsreise —
Vrai aniel s. Dis du V. A.
AVace, Roman de Rou, p. p. Fr. Pliqvet. Ronen 1827. 2 Bde.;
herausg. v. H. Axdresex. Heilbronn 1876/79. 2 Bde., vgl. Ztschr. f. rom.
Phil. I 144, Rom. IX 592 ^G. Körtixg, Ueb. die Quellen des R. d. R.
Leipzig 1867, und; Ueb. die Aechtheit der einzelnen Theile des R. d. R.
im Jahrb. f. rom. u. engl. Lit. VI 192; Tn. Pohl, Untersuchung der Reime
im R. d. R. Erlangen 1885. ;R. F. I 321; ; Rayxouard, Observations phi-
lologiques et grammaticales s. le R. d. R. etc. Rouen 1829; Deutsche, sehr
poetische Uebersetzung des R. d. R. von Frz. Gaudy. Glogau 1835 . Le
Roman de Brut, p. p. LERorx DE LlxcY. Rouen 1836 '38. 2 Bde. fL. Abra-
HAM.S, De Rob. AVacii carmine Brutus. Hafniae 1838; K. Bartsch, Eine
Hds. V. AA'ace's B., in ; Ztschr. f. rom. Phil. "VI 390) ; Chronique ascen-
dante, herausg. v. Axdresex in Bd. II der Ausg. des R. d. R. Hokmel,
Untersuchung üb. die Chr. asc. Marburg 1880 Diss. , vgl. Rom. X 258;;
St. Nicolas, nach der Oxf. Hds. herausg. v. R. Deltis. Bonn 1850; La
vie de sainte Marguerite, precedee de Ihistoire de ses transformations et
suivie de divers textes inedits etc., p. p. A. Joly. Caen 1879, vgl. Rom.
A'III 275 F. Uhlemaxx, Grammat. u. krit. Studien über AV.'s La concept.
Nostre Dame u. St. Nicolas. Jenenser Diss. Bremen 1878;.; L'Etablisse-
ment de la fete de la conception de Notre Dame, p. p. Maxcel et Tre-
BLTIEX. Caen 1842, dasselbe u. d. T. ; la Vie de la viergc Marie, p. p. V.
LrzARCHE. Tours 1859, vgl P. Meyer in Rom. VI 10 u. VIII 309 'Kloppe,
Recherches s. le dialecte de "\V. etc. Magdeburg 1853 u. 1854 Progr. —
Walther v. Metz s. Image du Monde.
Y Zop et, Lyon er. herausg. von AV. Föu.'tTER in Bd. 5 seiner altfrz.
336 L)äs Französische.
Bibl. Heilbronn 1S82 'A. Tobler, Zum L. Y. , in: Ztschr. f. rom. Phil.
VI 411); M. Stkixsciixeidku, Y, hebräisch, ein Beitrag z. Geschichte der
Fabeln im Mittelalter, in: Jahrb. f. rom. u. engl. Spr. u. Litt. XIII 351).
§4', Litteratu rangaben zur Geschichte der neufranzösi-
schen Litteratur.'
1. AVerke, welche einzelne Perioden oder Gebiete der neu-
französ. Litteratur behandeln: *A. Darmesteter et A. Hatzfeld,
Le 16« siecle en France, I Tableau de la litterature et de la langue, II.
Morceaux choisis des ecrivains du XVI« s. (vortreffliches "Werk, jedem Neu-
philologen unentbehrlich) — Sainte-Beuve, Tableau de la poesie frcse
au XVIe s., ed. def., preced. de la vie de Ste-B. p. J; Trobat 1S76. 2 Bde.
— Pil. CiiASLES, Etudes s. le XVI« s. en Fr. etc. 184S — L. Feugere,
Caracteres et portraits litt, du lue g. iS59. 2 Bde. — J.-E. Alaix, La
langue et la litt, frcse du XV«" au XVII« s. Paris o. J. ;in der bei A. De-
gorce-Cadot erscheinenden Bibliotheque de Vulgarisationj — 1). Nisard,
Renaissance et reforme. 1S76 77. 2 Bde. — Ch. Gidel, Hist. de la litt,
frcse dep. la renaissance jusqu'ä la fin du XVII s. 1877 — A. Tilley,
The Literature of the French Renaissance. Cambridge 1885 — F. Gode-
FROY, Hist. de la litt, frcse dep. le XVI« s. jusqu'ä nos jours. 1S80.
C. Lexient, La satire en Fr. au XVI s. Nouv. ed. 187S. 2 Bde. —
ScHLEPKOWSKY, Esquissc de la poesie satirique en Fr. du temps de la
renais-sance. Hamburg 1881. Progr. d. höh. Bürgersch.
E. Arnd, Gesch. d. frz. Nationallitt. v. d. Renaissance bis zu d. Re-
volution. Berlin 1856. 2 Bde. f gedankenreiches u. geistvolles "Werk, das
aber freilich die biographische Seite der Litteraturgeschichte gar zu wenig
berücksichtigt).
M. Philiit.sox, Das Zeitalter Ludwigs XIV, in: »Allgem. Geschichte
in Einzeldarstellungen," hersg. v. "W. Oxcken. 10 Abth. Berlin 1S81.
Ein immerhin schätzenswerthes und jedenfalls für das Studium der
Litteraturgeschichte des 17. Jahrh. unentbehrliches Buch ist Voltaire's
Siecle de Louis XIV, welches auch in der "Weidmann'schen Sammlung in
einer gut commentirten Ausg. v. Pfundiieller erschienen ist.)
J. Demogeot, Tableau de la litt, frcse au H"^ s. avant Corneille et
Descartes. 1859 — P. Se.vechaute , Sur letat des lettres en France au
XVII s. Düren 1S6S — S. Follioley, Hist. de la litt, frcse. au XVII s.
2« ed. Tours 1880. 2 Bde. — Hippeau , Les ecrivains normands au 17 s.
[Du Perron, Malherbe, Boisrobert, Sarasin, P. du Bosc, Saint-E^^:emont]
;Paris bei Didot erschienen) — P. Albert, La litt, frcse au XVII s. 1880
— *F. I-0THEISSE.\, Gesch. d. frz. Litt, im 17. Jahrh. AVien 1S77 84. 4 Bde.
(schön geschriebenes u. geistvolles Buch .
L. DE LoMENiE, La litt, romanesque. Le Roman sous Louis XUI, in
R. d. d. M. 1864. Febr. — E. Neiber, Etüde s. le roman frcs du 17« et
du 18e s. Laibach 1879 — *G. Körting, Gesch. des frz. Romans im 17.
Jahrh. Oppeln 1885/86. 2 Bde.
1) Mit Ausnahme der die Geschichte des Dramas u. des Theaters betr.
"Werke, welche bereits oben S. 307 verzeichnet sind,. \gl. auch S. 338 A.
Litteraturgeschichte. 3o7
J. DUCHESNK, llist. des poemes öpiques frcs du 17 s. 1870.
""V. Fül'HNEl-, liti litt, independante et les öcrivains oublies, cssai Je
eritique et d'erudition siir le XVII s., ISÜ4 — K. Descuanel, Lo roman-
tisme des classiqucs. 1881 !>3. 2 Bde. (sehr interessantes AA'erk .
H.-A. lllGAULT, Hist. de la quereile des anciens et des muderncs. 1856
— LiPPOLD, Ueberblick über die Haupterscheinungen der Querelle des
anc. et des mod. Zwickau 1870 Progr.
Sainte-Beuve, Ilistoire de Port-Koyal. 1840/Ü2. 4 Bde. /öfters neu
aufgelegt;.
H. PuAT, Etudes litteraircs. Le XVII«" s. 1858.
V. CoL'six, La societe frcse au XVII s. 1S66 etc.
PviBUSQlE, Hist. comparee des litt, espagnole et fr9se. 1844. 2 Bde.
— Ratiiery, Infiuence de l'Italie s. les lettres frcses dep. le 13« s. jusqu'au
regne de Louis XIV. 1853.
C. I. Barante, Tableau de la litt, frcse au XVHIe s. 1808 — Jay,
Tableau litt, de la Fr. pendant le XVIII^ s. 1810 (unter dem gleichen Ti-
tel erschienen ungefähr gleichzeitig litterargeschichtl. (Monographien von
Fabre u. Salyerte) — ViXET, Hist. de la litt, frcse au 18«? s. 1853 u.
1876. 2 Bde. — F. Godefroy, Hist. de la litt, frcse au XVHI s. 1851
(giebt im AVesentl. nur eine schematisehe Uebersicht ; die Anschauung des
Verf.'s ist eine sehr engherzige) — P. Albert, La litt, frcse. au 18^ s.
3<^ ed. 1879 — H. Prat, Etudes litt. Le XYIH«- s. 1860 — *E. Caro, La
fin du XVIIIe s. 1878. 2 Bde. (geistvolle Essays;.
*H. Hettxer, Gesch. d. frz. Litt, des 18. Jahrh. Braunschweig, seit
1856 (classisches Werk in Bezug auf ästhetische Kritik u. auf Darstellung).
M. Kawczyxski. Studien zur Litteraturgesch. des 18. Jahrh. Die mo-
ralischen Zeitschriften. Leipzig 1879.
•Desxoiresterres , Voltaire et la societe frcse au XVIII^ s. 1867/76.
S Bde. — L. de Lomexie, Les (Mirabeau. Nouvelles etudes s. la societe
frcse au XV!!!*^ s. 2 Bde.
H. Taixe, Les Origines de la France contemporaine. t. I 1 Ancien Re-
gime 1876, t. II la Revolution 1878.
E. Gerizez, Hist. de la litt, frcse pendant la revolution. 7« ed. 1881
— Schmidt-"VVeissenfels, Gesch. d. frz. Revolutionslitteratur. Prag 1859.
2 Bde. — F. Lotheissex, Litteratur u. Gesellschaft in Frankreich zur
Zeit der Revolution 1789/94. Wien 1872 — J. DE Chenier, Tableau hist.
de l'etat et des progres de la litt, depuis 1789. 1821 — Juliax Schmidt,
Gesch. d. frz. Litt, seit Ludwig XVI. Leipzig 1857/58 u. 1874.
Charpextier, La litt, frcse au XIX^ s. 1875 (ins Deutsche übersetzt
von E. Otto. Stuttgart 1877J — P. AxTOINE, Aper9u s. la litt, frcse
du XIXe siecle. Dresden 1882 (nur für praktische Zwecke brauchbar) —
G, Merlet, Hist. de la litt, frcse de 1800 ä 1875. 1878 — P. Albert,
La litt, frcse au XIX^ s. 1882—85 — G. Braxdes, Die Litteratur des
19. Jahrhunderts in ihren Hauptströmungen dargestellt. Bd. 5: die ro-
mantische Schule in Frankreich. Leipzig 18S1 (das Buch ist unendlich
phrasenreich u. subjectiv, kein wissenschaftliches AVerk) — HuBER, Die
neuromantischen Poesie in Frankreich u. ihr Verhältniss zu der geistigen
Körting, Encyklopädie d. rom. Phil. III. 22
338 I^^s Französische.
Entwickelung des französischen Volkes. Leipzig 1933 — Th. Gautieu,
Hist. du romantisme, suivie de notices romantiques et d'une etude sur la
poesie fr9se 1830/68, avec im index alphab. 3« ed. 1877 — LÜDECKING,
Die neuromant. Poesie d. Franzosen. "Wiesbaden 1853 — A. Nettement,
Hist. de la litt, frcse sous la restauration et sous le gouvernement de
juiUet. 1853/54. 4 Bde. — M. de Beaumont-Vassy, Les salons de Paris
et la soc. parisienne sous Louis-Philippe I. 1866 — W. Reymond, Etudes
s. la litt, du Second Empire frcs. Berlin 1861 — E. Scherer, Etudes cri-
tiques s. la litt, contemporaine. 1863 — Stapfer, Etudes s. la litt, frcse
moderne et contemporaine. 1S82 — (A. Borchardt), Litt, frcse pendant
la guerre 1870/71 par un Berlinois. Berlin 1871 — J. SCHLÜTER, Die frz.
Kriegs- u. Revanchedichtung. Heilbronn 1878.
*Maxime du Camp, Souvenirs litteraires. 1883 (ursprünglich in der R.
d. d. M. veröffentlichte, höchst interessante Mittheilungen üb. litterarische
Persönlichkeiten u. Zustände. Ein nicht minder interessantes Buch dessel-
ben Verf.'s ist seine u. d. T. »les Convulsions de Paris« erschienene Ge-
schichte der Commune, 1878; endlich werde bei dieser Gelegenheit auf
M. du C.'s klassisches Werk: »Paris, ses organes, ses fonctions, sa vie
dans la seconde moitie du XIX»" siecle«, 1869/75, 6 Bde., als auf eine
ebenso lehrreiche wie spannende Lecture hingeAviesen, — *L. Spach, Zur
Geschichte der mod. frz. Litt. Strassburg 1877.
F. Kreyssig, Ueb. frz. Geistesbe-n egung im 19. Jahrb. Berlin 1873 —
E. Engel, Psychologie der frz. Litteratur. Tcschen 1885 — M. G. Con-
rad, Parisiana. Plaudereien üb. die neueste Litt. u. Kunst der Franzosen.
Breslau 1880 — M. NoRDAU, Paris. Studien u. Bilder aus dem wahren
Milliardenlande. Leipzig 1882, und : Paris unter der dritten Republik. Leip-
zig 1881 — J. Baumgarten, La France contemporaine. Etudes de mosurs
et de litt. Cassel 1878.
A. Strodtmann, Die Arbeiterdichtung in Frankreich. Hamburg 1863
— W. Ulrich, Essai s. la chanson frcse de notre siecle. Progr. d. höheren
Bürgerschule zu Langensalza 1879 — *W. Scheffler, Gesch. d. frz. Volks-
dichtung u. Sage. Leipzig 1S83/85.
E. CoLOMBEY, Ruelles, salons et cabarets. 1858 (enthält u. A. : Chez
Conrart — Un caprice de l'abbe de Boisrobert — l'Hotel Rambouillet —
Richelieu et ses collaborateurs — Mezerai et le cabaretier le Faucheur) —
Ch. Nisard, Hist. des livres populaires ou de la litt, du colportage dep.
le XV s. 1854.
Einen vorwiegend belletristischen, bzw. essayistischen Charakter tra-
gen folgende Bücher: A. Büchner. Frz. Litteraturbilder aus dem Bereiche
der Aesthetik seit der Renaissance bis auf unsere Zeit. Frankfurt a. M.
1858 — W. König, Studien zur frz. Litteraturgeschichte. Halle 1877 —
H. Breitinger, Aus neueren Litteraturcn. Zürich 1S78 — S. Samosch,
Ital. u. frz. Satiriker. 1878 — F. Brunetiere, Etudes critiques s. l'hist.
de la litt. fr98e. 1881.
Ueber die Geschichte des frz. Drama's u. Theaters vgl. oben S. 307. ')
1) Nachgetragen werde hier: Faguet, La tragedie fr98e au XVI« s.
Litteraturgeschichtc. 339
— Ueber die Geschichte der frz. IJeredtsamkeit vp;l. Geri'ZKZ, Hist. de
l'Eloquence politique et reli^ieuse en Fr. 18;<7/.'{S — TiMON iPseudon}Tii
für Cormkmn; , Etudea a. les orateurs parlementaires. 1S32 (?). 2 Bde. —
Ch. AviiEKTiN, L'eloquence politique et parlenientaire avant 1789. Les
orateurs des Etats generaux, in: 11. d. d. M. XLIX, 3« serie XXXVI 4.
Ueber die frz. Litteratur im Auslande vgl. Sayous, Hist. de la litt,
frcse a l'etranger. 1S53. 2 Bde., und: Le XVIII«^ s. ii l'etranger. 18G1. 2 Bde.
Ueber die frz. liitteratur speciell in Belgien und in der Schweiz vgl.
A. A'AN' Hasselt, Essai s. l'hist. de la poesie fr9se en Belg. Brüssel 1838,
und: Hist. de la poesie fr^se en Belg. jusqu'ä la fin du regne d' Albert et
disabelle. Brüssel IStil — F. Faheu, Hist. du theatre fr9S en Belg. de-
puis son orig. jusqu'ä nos jours. Brüssel ISSO — Ch. Potvin, Essai de la
litt, dramat. en Belg. Brüssel 1880, und: Cinquante ans de liberte, hist.
des lettres en Belg. Brüssel 1882 — H. Semmig, Kultur- u. Litteraturge-
schichtc der frz. Schweiz u. Savoyens. Zürich 1882 — Makc-Monnier,
Geneve et ses poetes. 1874, vgl. Breitinger in Ztschr. f. nfrz. Spr. u.
Litt. H 345; C. RiTTER, Litt, de la Suisse fr^se, ebenda I 389, sowie die in
derselben Zeitschr. von Secretan gegebenen Litteraturberichte. Vgl. auch
oben S. 99.
Auskunft über Daten etc. der frz. Litteraturgeschichtc geben nament-
lich die trefflichen Dictionnaires Vapereaü's : Dict. univ. des Contempo-
rains, seit 1858, 5^ ed. 1880, und Dict. univ. des Litteratures 1876, sowie
dessen i'Annee litteraire et dramatique. 1859/69. 11 Bde.
Mit der franz. Litteratur der Gegenwart beschäftigen sich sämmtliche
nennenswerthe litterarische und belletristische Zeitschriften Frankreichs und
des Auslandes, so namentlich die Revue des deux Mondes (bringt beson-
ders interessante Artikel von F. Brunetiere) , die Nouvelle Revue etc.,
in Deutschland z. B. das »Magazin f. d. Litt, des In- u. Auslandes« (bietet
freilich oft recht seichte Waare) , die Münchener »Allgemeine Zeitung«
(bringt besonders gute »Pariser Briefe-), vorzüglich aber die »Zeitschrift f.
nfrz. Spr. u. Litt.« (bringt ausser Abhandlungen auch Litteraturbriefe und
bibliographische Jahresübersichten).
2. Sammlungen, Chrestomathien u. dgl. Vgl. oben S. 306.-
Chrestomathien zur Litter. des 16. Jahrb. s. oben S. 60. Ausserdem seien
— abgesehen von den bekannten Handbüchern von Herrig u. Burguy,
PlöTZ u. A. — namentlich genannt; J. Demogeot, Textes classiques de
la litt, frcse etc., Moyen äge, renaissance, XVIl^ siecle — F. GoDEFROY,
Morceaux choisis des prosateurs et poetes frcs des XVII«-", XVEI« et XIX «
siecles etc. 3^ ed. 1877 — Ch. Louandre, Chefs d'oeuvre des conteurs
frcs contemporains de Lafontaine. 1874 — F. M. Trautmann, Hist. et
1S83 — J. WiSNiEWSKi, Etudes s. les poetes dramatiques de la France au
XIX«" s. 1860 — Hawkins, Annais of the French Stage from its origin to
the death of Racine. London \^Hö. 2 Bde. — A. Parodi, Le Theatre en
France. 1885 — A. PoUGix, Dictionnaire historique et pittoresque du thea-
tre et des arts qui s y rattachent. 18S5 — G. Desnoiresterres, La come-
die satirique au XVIII«^ s. 1885 — ScHLETTERER, Vorgeschichte u. erste
Versuche der frz. Oper. Berlin 1885.
22*
340 Das Französische.
Chrestomathie de la litt. fr9su dep. le moyen-äge jusqu'ä nos jours. Leip-
zig 1880 — H. Bkeitinger, Die frz. Classiker. Charakteristiken u. Aus-
züge. 2. Aufl. Zürich.
Von Sammlungen französischer Litteraturwerke ist an erster Stelle die-
jenige zu nennen, welche unter dem Titel »les Grands Ecrivains de la
France« bei Hachette in Paris erscheint ; die in ihr enthaltenen Ausgaben der
frz. Classiker des 17. Jahrh. (Corneille von Marty-Laveaux , Racine von
Mesnard, Moliere von Despois u. Mesxard etc.) sind mit kritischer Me-
thode bearbeitet und folglich die für wissenschaftliche Zwecke geeignetsten.
Gute Sammlungen, deren einzelne Bände übrigens zu billigen Preisen
käuflich sind, sind »les classiques frcs« (Didot) und »les principaux ecri-
vains frcs« (Hachette). — Sammlungen moderner Romane erscheinen in
mehreren bedeutenden Pariser Verlagshandlungen Hachette, Didier, Didot,
Calmann Levy, Garnier Freres etc.), deren Kataloge durch jeden Buch-
händler leicht zu erlangen sind.
In Deutschland werden für Schulzwecke, bzw. für Privatlecture be-
stimmte Sammlungen frz. Litteraturwerke, meist mit Einleitungen u. Com-
mentaren ausgestattet, von den nachstehenden Verlagsbuchhandlungen her-
ausgegeben: Weidmann'sche Buchhandlung in Berlin Sammlung frz. u.
engl. Schriftsteller mit deutschen Anmerkungen ; vgl. oben S. 83) , van
Muyden u. Rudolph in Berlin (CoUection d'auteurs frcs , Velhagen u. Kla-
sing in Bielefeld u. Leipzig ; Sammlung der besten klassischen u. moder-
nen frz. Schriftsteller mit Einleitungen u. Anmerkungen : Theätre frcs, p.
p. C, Schütz, Textausgaben, u. Theätre fr9S, Schulausgaben mit Commen-
tar u. Wörterbuch; Prosateur frcs. Das Unternehmen wird gegenwärtig
von Benecke in Berlin geleitet), Th. Kay in Cassel (Bibl. interessanter u.
gediegener Abhandlungen aus der polytechnischen u. naturwissenschaftl.
Litt, Frankreichs, herausg. von J. Baumgarten , Hallberger in Stuttgart
(Bibl. frcse, p. p. K. Zoller , Theissing in Münster iBibl. gediegener u.
interessanter Werke , herausg. von Göbel: , Rengersche Buchhandlung in
Leipzig (Frz. u. engl. Schulbibliothek). Auch in der Teubner'schen Buch-
handlung in Leipzig sind einige Schulausgaben erschienen.
Sammlung frz. Neudrucke, herausg. v. K. Vollmü^ler. Heil-
bronn, seit 1881; Bd. ] De Villiers, Le Festin de Pierre, ed. W. Knö-
Ricii 1881; Bd. 2 Armand de Bourbon, Traite de la comedie, ed. K.
Vollmöller 1881; Bd. 3/6 R, Garnier, Les Tragedies, ed. W. Förster
1882/83.
3. Alphabetisches Verzeichniss der Ausgaben einzelner
mittel- und neufrz. Autoren und Litteraturwerke, mit An-
gabe einiger Erlä u ter«ungssehriften. *)
Vorbemerkung. Das nachstehende Verzeichniss kann und darf auf
Vollständigkeit auch nicht entfernt Anspruch erheben, es soll viebnehr
1) Ein sehr umfassendes Verzeichniss der im J. lS7ü lebenden, also
überhaupt der zeitgenössischen französ. Schriftsteller und Dichter findet
man im Appendice zu dem Sixieme cours ^Sclllussband) von Staaff, la
Litt. fr9se. Paris 1871.
Litteraturpreschichte. 341
nichts weiter sein, als ein für praktische Zwecke brauchbares llegister.
berücksichtigt sind vorwiegend nur einerseits die cUissischen Litteratur-
werke, andererseits solche Autoren, welche, ohne zu den Classikern zu
gehören, doch in irgend welcher Beziehung AVichtigkeit oder Interesse für
die Litteraturgeschichte besitzen. Bei Autoren, deren "Werke in Gesammt-
ausgabcn CE. c. = tEuvres eorapletesi erschienen sind, wurden in der
Hegel nur die neuesten oder die anerkannt besten derselben angegeben. '
About, Edniond, geb. zu Dieuze Meurthe) l'^'iS, vielseitiger Schrift-
steller u. Novellist, gest. 17. 1. 85 — Ackermann, Louise Victoire
Choquet, Mnie, geb. 1813. Contes et poesies 1861 — Adam, Fr. Et.,
geb. zu Lombree (Maine-et-Loire) 1836. Lyriker, zur Schule der sog.
«naturistes« gehörig — d'Alembert, Jean leRond, geb. zu Paris 1717,
gest. 1773. (E.c. 1805 ff. 18 Bde., 1821 5 Bde. — Amadis des Gaules,
aus dem Spanischen des Garcia Ordonez Montalvo übersetzt von Herberay
des Essartz 1540/48. (L. Bravxfels, krit. Versuch üb. d. Roman A. v.
Gallien. Leipzig 1876, vgl. Ztschr. f. rom. Phil. I. 131) — Ampere, J.-J.,
geb. zu Lyon 1800, - 1S64, seine sprach- u. litterargeschichtl. Schriften
wurden in den betr. Capiteln angeführt — Amyot, J., geb. 1513 zu Melun,
gest. 1593, Uebers. des Diodor Siculus 1554, des Longus (Pastoralia) 1559,
der Vitae des Plutarch 1559, der Moralia desselben 1574 — Andrieux,
F. -G.-J. -St. , geb. 1759 zu Strassburg, gest. 1838 zu Paris, Lustspiel-
dichter; gesammelte "Werke 1817/23. 4 Bde. — Anquetil, L.-P., geb. zu
Paris 1723, gest. 1806, Geschichtsschreiber — Arago, Dominique-
Francois, geb. zu Estagel (Pyr.-Or.j 1786, gest. zu Paris 1853, Physiker
— d' Arlincourt, Victor, geb. 1789 zu Merantais b. Versailles, gest.
zu Paris 1856. Romandichter — Arnauld d'Andilly, Antoine, geb.
zu Paris 1612, - Brüssel 1694, Mitglied v. Port-Royal — Arnault, A.-V.,
geb. zu Paris 1766, gest. 1834, dramat. Dichter. CE. 1818/19. 4 Bde. Sou-
venir dun sexagenaire 1833. 4 Bde. — d'Aubigne, Theod. Agrippa,
geb. 1550 zu Sainte-Maury (Charente-Inferieure), gest. 1630 zu Genf. CE.
c. p. p. Reaume et La Caissade 1872 ff. vgl. Reaume, Etüde bist, et
litt. s. A. d'A. 1883, vgL Rev. crit. 1883 No. 28)— Augier, G.-V.E., geb.
zu Valence fDröme , 17. Sept. 1820. CE. c. 1877/78. 6 Bde. (noch nicht
abgeschlossen .
De Bai'f, J.-A., geb. 1532 zu Venedig, gest. 1589. Poesies choisies,
p. p. Becq de Fouqieres 1874 (vgl. oben S. 61j — Balzac, Jean-Louis
Guez de, geb. zu Angouleme 1597, gest. ebenda 1654. CE. c. 1665. 2 Bde.
fol., CE. inedites p. p. Tamizey de Lahroqve 1S73 — Balzac, Honore
de, geb. zu Tours 20. 5. 1799, gest. zu Paris 20. 8. 1850, (Pseudom-m
Horace de Saint- Albin) , Comedie humaine (Romancyclus^ — Banvillc,
Theod. FauUain de, geb. 1823 zu Moulins, gest. 1885. Lyriker und
Romanautor. (Euvres 1873/78. 8 Bde. — de Barante, A.-G.-P., geb. zu
Riom 1782, gest. 1866. Geschichtsschreiber; Hauptwerk: Hist. des ducs
1 Die Daten wurden meist nach Vapereai's und I-aLANNE's Dic-
tionnaires gegeben.
342 Das Französische.
Barbier, H.-A., geb. zu Paris 1805. Satiriker. »Jambes« 1830/31, 29« ed.
1878 — Baron (Boyron), Michel, geb. 1653 zu Paris, gest. ebenda
1729; Moliere's Schüler, Schauspieler, Lustspieldichter. Gesammtausgabe
seiner Comedies 1759 — Eartas, G. de Saluste seigneur de, geb.
bei Auch 1544, gest. 1590. La Muse chretienne 1574; La Semaine 1578;
La seconde semaine 1584. CE. 1579, beste Gesammtausg. Kill (1614, 1615)
Wagner. Etüde s. l'usage syntaxique dans la Semaine de B. Königsberg
1876 Diss.) — Barth e, N.-Th., geb. zu Marseille 1734, gest. zu Paris
1785. Lustspieldichter. CE. choisies 1811 — Barthelemy, J.-J., geb. zu
Cassis (Bouches-du-E,h6ne) 1716, gest. zu Paris 1795. Voyages du jeune
Anarchasis en Grece 1788. CE. c. p. p. Villexave 1821. 4 Bde — Bayle, P.,
geb. 1647 zu Carlat (Ariege), gest. 1706. Dictionnaire historique et critique
1699 u. 1702 (beste Ausg. 1740, 4 Bde.) (E. diverses 1727 u. 1731. 4 Bde.
Lettres choisies. 1714.1729. 3 Bde. — Beaumarchais, P.-A. Caron de,
geb. zu Paris 24. 1. 1732, gest. ebenda 19. 5. 1799. Barbier de Seville
1775, Mariage de Figaro 1784, (E. c. p. p. GuDlN de la Brennellerie
1869. 7 Bde., p. Furne 1827. 6 Bde., p. L. Moland 1880 (H. Cordier,
Bibliographie des ceuvr. de B. 1883; G. Nemecek, B. -Figaro, eine kultur-
u. litterarhistor. Skizze. Marburg i. R. 1881. Progr. ; DE LOMENIE, B. et
son temps 1856, 2 Bde.; Bettelheim, B., eine Biogr. Frankf a. M. 1886;
Stapfer, Les industries de B., in Melanges S. 1 ff.) — du Bella y,
Joachim, geb. zu Lire b. Angers 1525, gest. 1560. (E. c. p. p. Marty-
Laveaux 1866/67. 2 Bde.; (E. choisies p. p. Becq de Fouqieres 1876.
Deffence et illustration de la langue free 1549, Neudruck besorgt v.
E. Person 1882 (vgl. oben S. 61) — Belle au, Remy, geb. zu Nogent-
le-Rotrou 1528, gest. zu Paris 1577. Beste Originalausg. seiner Poesien
1578. 2 Bde. CE. c. p. p. Gouverneur 1867. 3 Bde. Bibl. elzev. — Belloy,
P.-L. Buy rette de, geb. 1727 zu Saint-Flour, gest. zu Paris 1775. Tra-
gödiendichter, ffi. c. 1779 u. 1787. 6 Bde. — Benserade, J. de, geb.
1613 zu Paris, gest. ebenda 1691. CE. c. 1797/98. 2 Bde. — Beranger,
P.-J. de, geb. zu Paris 19. 8. 1780, gest. ebenda 17. 7. 1857. Recueils
seiner Chansons erschienen 1815, 1821, 1825, 1828, 1833. Ma Biographie
1837. Dernieres Chansons 1857. (A. Arnould, B., ses amis, ses ennemis
et ses critiques. 1864. 2 Bde.) — Bergerac, Cyrano de, geb. zu Paris
1620, gest. ebenda 1655. Agrippine 1653. Le Pedant joue. Histoires co-
miques des Etats et Empires de la Lune 1656. CE. c. 1677, 1699. 2 Bde.,
1741 3 Bde ; CE. comiques, galantes et litteraires de C. d. B. p. p. P. L. Jacob
1858 — Bergier, N.-S., geb. zu Damey (Vosges) 1708, gest. zu Paris
1790; Certitude des preuves du Christianisme 1768, 2 Bde., Uict. theo-
logique. 1789. 3 Bde. — Bertaut, Jean, geb. zu Caeu 1552, gest. 1611.
Poesies 1620, 2« ed. 1023 — Beyle, Marie-Henri, (Stendhal), geb.
zu Grenoble 1783, gest. zu Paris 1842, Romanautor, Essayist, Litterar-
historiker. CE. c. 1853y68. 17 Bde. — Bfeze, The od. de, geb. zuVezelay
(Yonne) 24. 6. 1519, gest. zu Genf 13. 10 1605. Poemata 1548. Abraham
sacritiant, tragedie 1550, üebers. des neuen Test. 1556. Psalmenübers. 1553.
De francicae linguae recta pronuntiatione 1584 (Neudruck besorgt v.
A. TüBLER, Berlin 1868]. (Vgl. den B. gewidmeten Artikel von Haag in
Litteraturgeschichte. 343
der Encyklopädie »la France protestante«). — Blanc, Louis, geb. zu
Madrid ISll. Hist. de la Rev. fr?8e 1847/(12. 12 Bde., neue Ausg. 18Ü8
i. 1872. Hist. de la Kev. de 1848. 1870. 2 Bde. — de la Boetie,
Etienne, geb.^u Serlat iPörigordi 1530, gest. löti:*. (E. c. p. p. FiackiiE
1S4G; Kemarques et correctiüus s. l'Eroticus deriutarque, p.p. R. Dkzeimeui.s.
Bordeaux 18GS — Boilcau-Despr^aux, Nicolas, geb. 1. 11. 1036
zu Paris, nicht zu Crosne bei Paris, gest. 13. 3. 1711 zu Paris. Art poetique
1074. Lutrin 1074. Epitres. Satires. Gesammtausg. von Brossette, Genf 1716,
von Plc.\RD. Amsterdam 1718, 1722, 1729. Beste neuere Ausg. von Berriat-
S.\ixt-Prix 1830,34. 4 Bde. Handausgaben von Am.\r (Didot), Sainte-Beuve
(Garnier freres), v.Lüuandre Charpentier , v. Gervzez (Hachette). »Editions
classiques» von DiBOl.s u. Fevgkrk 18S3. Gute Schulausg. der A. p. von
F. ScHWALB.\CH in der"\Veidmann"schen Sammlung, ebenda die Epitres herausg.
v. F. Thümen. CE. inedites p. p. L. Men.\rd 1883 fl". Die Correspondenz
B.'s mit Brossette gab Laverdet 1858 heraus (F. Kaulen, die Poetik B.'s
Münster 1SS2 Diss. ; W. Bornemann, B.-D. im Urtheile seines Zeitgenossen
Jean Desmarets de St.-Sorliu in Französ. Stud. IV.) — Boisrobert,
Francois Le Metel de, geb. zu Caen 1592, gest. 1062. Dramat. Dichter.
Keine Gesammtausg. — Bonald L.-G.-A., geb. 1754, gest. 1840; Poli-
tiker. 02. c. 1859. 3 Bde. — Bornier, Henri de, geb. zu Lunel (Gerault)
25. 12. 1825. Dramat. Dichter. Dante et Beatrix 1853. Agamemnon 1808.
La Fille de Roland 1875 — Bossuet, Jacques-Benigne, geb. 28. 9.
1027 zu Dijon, gest. 12. 4. 1704 zu Paris. Gesammtausg. erschienen Vene-
dig 1736, Paris 1743/53, 20 Bde., Versailles 1815 fF. 43 Bde., von F. Lachat
1S64 ff. 30 Bde., enthält auch (E. ined. E. Chasles, les biographes de B.,
in Rev.contemp. 1856 ; Laurant, Vie de B. Limoges 1880j — Bourdaloue,
Louis, geb. zu Bourges 20 8. 1032, gest. zu Paris 13. 5. 1704. Gesammt-
ausg. V. P. Bretonneau 1707/34; 1709/34 18 Bde.; 1822/26 17Bde; 1840
(Didot) 3 Bde.; von Guill.\ume, Bar-le-Duc, seit 1878 — Boursault,
Edme, geb. zu Mussy-l'Eveque (Aube) 1638, gest. zu Montlucon 1701.
Dramat. Dichter. CE. c. 1725 u. (beste Ausg.) 1746, Neudruck von Berriat-
Saint-Prix (Le Portrait du Peintre neugedruckt im Moliere- Museum
Heft V 15, vgl. ebenda 95 ff.; Saint-Rene-Taillandier, Etudes litteraires
1881, vgl. R. d. d. M. 15. 12. 81. Bull.! — Brantöme, Pierre, geb.
um 154U in Perigord, gest. 1614; beste Ausg. seiner CE. c. von Lalanne
in den Publicationen der Soc. de l'hist. de Fr.; ausserdem von Merimee
et Lacovr 1858/79 7 Bde.; ältere Ausg. von Monmerque 1823. 7 Bde.,
von Bl'CHON 1838 2 Bde. — Brebeuf, Guill. de, geb. zu Thorigny
(Manche) 1618, gest. zu Venoix b. Caen 1061. Uebers. v. Lucans Pharsalia
1655. CE. 1664. 2 Bde. — Brifaut, Charles, geb. zu Dijon 17S1, gest.
1857. Dramat. Dichter. CE. 1858. 6 Bde. — Bude (Budaeus;, Guill.,
geb. zu Paris 1467, ge.st. 1540. Humanist. Opera. Basel 1557. 4 Bde. —
Buffon, J.-L. Ledere comte de, geb. zu Montbard fCote d'Or) am
7. 9. 1707, gest. zu Paris 16. 4. 1788. Histoire naturelle 1804. 44 Bde.
(Die ersten Bände des Werkes erschienen 1749) ; spätere Ausg. v. CuviER
1825/26. 36 Bde., v. Richard 1824 ff. 30 Bde.; eine neue Ausg. in 14
Bänden ist gegenwärtig im Erscheinen begriffen Paris. Le Vasseur.)
344 Das Französische.
Cabanis, P.-J.-G., geb. zu Cosnac (Charente-Inf.) 1757, gest. zu
llueil (Seine-et-Oise) 1808. (E. c. p. p. Tuvrot 1823/25. 5 Bde. — Calvin.
Jean, geb. 1509 zu Noyon, gest. zu Genf 1564. Institutio christ. religionis
1536 ffrz. Uebers. 1540. (E. c. Amsterdam 1671. 9 Bde. fol., Paris 1859.
2 Bde. Choix des ceuvr. frcs. de C. p. p. P. Lacroix 1842 — Campenon.
Vincent, geb. zu Guadeloupe 1772, gest. 1843. Poesies et Opuscules
1823. 2 Bde. — Campistrou, J. G. de, geb. zu Toulouse 1656, gest.
1713. Dramat. Dichter. (E. 1750. 3 Bde. — Camus, Jean Pierre de
Pontcarre, geb. 1582 zu Paris, gest. ebenda 1653. Romanautor, ver-
fasste u. a. »Palombe«. Keine Gesammtausg. — Capefigue, Jean-Bap-
tiste, geb. zu Marseille 1802, gest. zu Paris 1872, Verfasser zahlreicher
historischer Werke — Casaubon, Isaac, geb. zu Genf 1559, gest. zu
London 1614. Humanist. Keine Gesammtausg. — Castel, R.-L.-R., geb.
zu Vire 1758, gest. zu Reims 1832. Les plantes, poeme 1797 — Cham-
fort, P.-R.-N., geb. bei Clermont 1741, gest. 1794. Dramat. Dichter.
Philosoph. GE. 1824/25. 5 Bde. (A. Reissig in Ztschr. f. nfr. Spr. u.
Litt. V. 244) — Chapelain, Jean, geb. zu Paris 1595, gest. ebenda
1674. Pucelle 1656. — Chappuzeau, Samuel, geb. zu Paris 1625,
gest. zu Celle in Hannover 1701. Le Theatre francais. Lyon 1674, Neu-
drucke 1867 u. 1876) — Charron, Pierre, geb. zu Paris 1541, gest.
1603. Traite de la sagesse 1601; p. p. d'Aumasy Duval 1828. 3 Bde. —
Chateaubriand, Fr ancois-Auguste, geb. zu St.-Malo, 14. 9. 1768,
gest. zu Paris 4. 7. 1848. Essai bist. s. les revolutions. Lond. 1797.
Atala 1801. Genie du Christianisme 1802, 5 Bde. Les Martyrs 1809, 2 Bde.
Itiueraire de Paris ä Jerusalem 1811. 3 Bde. (E. c. 1826/31, 31 Bde. (ent-
hält zum 1. Male Les Natchez u. Les Aventures du dernier des Abencer-
rages). Voyage cn Amerique 1834. Essai s. 1. litt, anglaise 1836. Le Con-
gres de Verone 1838. 2 Bde. Memoires d'outre-tombe 1848/50. 12 Bde.
CE. c. p. p. Saixte-Beuve 1859/61. 12 Bde. (vgl. Saixte-Beuve, Ch. et
son groupe litteraire sous l'empire 1860. 2 Bde.) — Chaulieu, G. A. de,
geb. zu Fontenay 1639, gest. 1720. Dichter. CE. 1724, 1733 2 Bde., 1744 2 Bde.
— Chenier, Andre Mar ie de , geb. zu Constantinopel 29. 10. 1762, gest.
(hingerichtet) 25. 7. 1794. CE. 1819. CE. posthumes p. p. Latouche 1826;
CE. p. p. Becq de FoUQUliaiEs 1872; derselbe gab 1872 die CE. en prose
heraus u. veröffentlichte 1S75 Documents nouv. s. A. Ch. (vgl. Annales
de la faculte des lettres de Bordeaux 1879. Comm. No. 2 u. 3). CE. p. p.
L. moland 1882; p. p. Jaubert 1883 (Seidel, A. Ch. Regen-sburg 1883
Progr.) — Chönier, Marie Joseph de, (Bruder Andre's, geb. 28. 8.
1764 zu Constantinopel, gest. zu Paris 10. 1. 1811. Charles IX 1789. Henri
Vm 1791. Calas 1791. Caius Gracchus 1792. Fenelon 1793. Timoleon 1794
etc. Tableau bist, de la litt, frcse dep. 1789, 1808. CE. 1824/26. 5 Bde.
CE. posth. 1824. 3 Bde. — Cherbuliez, Victor, geb. 1828 zu Genf.
A propos d\in cheval, causeries atheniennes (aesthetisches Essay in no-
vellistischer Form, zuerst 1860, dann 1864 u. d. T. Un cheval de Phidias
erschienen). Romane u. Nouvellen (meist zuerst in der Rev. d. d. M. er-
schienen) z. B. : le comte Kostia 1863; le Prince Vitale 1864; le Roman
d'une honnete femme 1866; le Grand Q'^uvre 1867; Prosper Randoce 1868;
Litteraturgeschiclitc. 345
rAventvire de Ladislas liolski ISGl); Möta Holdensis 1875; Miss Rovel
IS""); le Fiaiicö de MUc. Saint-Meur ISTti; Samuel Brohl et Cie 1877;
ridee de Jean Teterol 1878 — Colle, Charles, »jeb. zu Paris 17U'J, gest.
1783. Lyriker u. Dramatiker. Tlieatre de societe 17()8, 2 Ikle. ; 1777, ;j Bde.;
Chanson 1S07, 2 Bde.; Journal historiquc 18U5/7, 3 Bde.; — Colletet,
Guill., geb. zu Paris 1598, gest. 1059. Le Banquet des Poetes 1G4G. Art
poetique 1658 — Collin d'Harle ville , J.-Fr., geb. zu Maintenon
Eure-et-Loir) 1755, gest. 1806. Lustspieldichter. Keine Gesammtausg. —
Condillac, Etienne Bonnot de, geb. 1715 zu Grenoble, gest. zu Flux
(Loiret! 1780. Philosoph. (E. c. 179S. 23 Bde., 1803. 32 Bde. — Con-
dorcet, Jean-Antoine Nicolas de Caritat, geb. zu Kibemont
(Aisne) 1743, gest. zu Bourg-la-Reine (Seine) 1794. Philosoph. 02. c. 1804,
22 Bde.; 1847/49, 12 Bde. — Conrart, Valentin, geb. zu Paris 1603,
gest. 1675. Mitbegründer der Acad. frcse — Constant de llebccque,
Henri Benjamin, geb. 1767 zu Lausanne, gest. zu Paris 1830. Adolphe,
roman 1S16. De la Religion 1824/31. 5 Bde. — Coppee, Francois,
geb. 12. 1. 1842. Le Reliquaire 1866. Le Passant, comedie 1869. Deux
douleurs 1870. Poesies 1871. Les Humbles 1871. Theatre 1872. Les Bijoux
de la delivrance 1872. La greve des forgerons 1873. Le Cahier rouge 1874.
Olivier 1875. Une Idylle pendant le Siege 1875. L'Exilee 1876. Le Luthier
de Cremone 1877 — Corneille, Pierre, geb. zu Ronen 6. 6. 1606, gest.
zu Paris 1. 10. 1684. 1. Komödien. Melite 1629. La Veuve 1633. La Ga-
lerie du Palais 1634. La place royale 1635. La Comedie des Tuileries
1635. L'ülusion 1636. Le Menteur 1642. La Suite du :Mcntcur 1643. Don
Sanche d' Aragon 1650. Tite et Berenice 1670. Pulcherie 1672 die drei
letzteren tragen die Bezeichnung »Comedie heroi'que«). Tr.\gödien : Clitandre
1632. Medee 1635. Le Cid (tragicomedie) 1636. Horace 1640. Cinna 1640.
Polyeucte i^tragedie chretienne) 1640. Pompee 1641. Rodogiine 1644.
Theodore tragedie chretienne) 1645. Heraclius 1647. Andromede 1650.
Nicomede 1651. Pertharite 1658. (Edipe 1659. La Toison d'or 1660. Ser-
torius 1662. Sophonisbe 1663. Othon 1664. Agesilas 1666. Attila 1667
Psyche tragedie-ballet 1671. Surena 1674. Rhytmlsche Uebersetzuxgen:
Imitation de Jesus-Christ 1650/56. Louange de la Sainte-Vierge aus dem
Lat. des Bonaventura 1665. L'o£Fice de la Sainte-Vierge, les sept psaumes
penltentiaux etc. 1670. Version des HjTmies de St.-Victor u. Hymnes de
Sainte-Genevieve 1680. Ausserdem Poesies diverses (92 Nummern).') Beste
Gesammtausg. von !NL\rty-L.\veaux in den Gr. Ecr. de la Fr. 1S62/70. 12 Bde.
;GrizoT, Com. et son temps 1S52 ; T.^schereav, Hist. dela vie et des ouvrages
de P. C. 2<" ed. 1 S55 ; K. Foth, Ueb. C.'s Anschauung vom Wesen der Tragödie,
in Herrigs Archiv Bd. 58. S. 277 ; Heixe, C.'s Medee in ihrem Verhält-
nissie zu denen des Euripides und Seneca, in Frz. Stud. I. 430 ; H. Körting,
Ueb. zwei religiöse Paraphrasen P. C.'s Leipzig 1S82 Diss. ; A. Ch.\vaux,
Com., la critique ideale et catholique. Lille 1880 — Wörterbücher zu Com.
s. ob. S. 641 — Corneille, Thomas, (Bruder Pierre's , geb. zu Ronen
1 Obige Liste nach F. Strehlke, Ausgabe des Cid, Berlin 1877,
S. XXVlll f.
346 I^*s Franeösische.
1625, gest. in les Andelys 1709. Dramat. Dichter; Verf. eines Dict. des
Arts et des Sciences 1694, 2 Bde, und eines Dict. universel 170S, 3 Bde.
— Göttin, Marie-Sophie Kisteau Mme, geb. zu Paris 1770 '■?), gest.
zu Paris 1807. Dramat. Dichterin — Courier de Mere, Paul-Louis,
geb. zu Paris 1772, ermordet in der Touraine 1825. Politiker, Essayist,
Hellenist. CE. c. 1828, 1834, 1837 etc. 4 Bde. — Cournand, Antoine
de, geb. zu Grasse 1747, gest. zu Paris 1814. Poeme sur les Styles —
Cousin, Victor, geb. zu Paris 28. 11. 1792, gest. zu Cannes 14. 1. 1867,
verfasste ausser zahlreichen und bedeutenden philosophischen "Werken, z. B.
La Societe fr9se au 17. s. 1855, la Jeunesse de Mme de Longueville 1853,
Mme de Sable 1854, Mme de Chevreuse et Mme de Hautefort 1856, la
Jeunesse de Mazarin 1865 etc. — Crebillon, Prosper Jolyot de,
geb. zu Dijon 1674, gest. zu Paris 1762. Tragödien: Idomenee 1705, Atree
1707, Electre 1709, Rhadamiste 1711, Xerxes 1714, Semiramis 1717,
Pyrrhus 1726, Catilina 1749, Triumvirat 1755. CE. 1785 3 Bde., 1812 3
Bde., 1818 u. 1828. 2 Bde. — Crebillon, Claude-Prosper Jolyot de,
Sohn des Vorigen, geb. zu Paris 1707, gest. ebenda 1777. Romane: Tan-
zai et Niadarne 1734, les Egarements du cceur et de Tesprit 1736, le Sopha
1745 etc. — Cuvier, G.-Ch.-L.-D., geb. zu Montbeliard 1769, gest zu
Paris 1832. Naturforscher.
Dacier, Anne-Lefevre Mme, geb. zu Saumur 1654, gest 1720.
Philologin u. Uebersetzerin — Damiron, Jean-Phil ibert, geb. zu
Belleville (Rhone) 1794, gest. zu Paris 1862. Philosoph — Dancourt,
Florent Carton, geb. zu Fontainebleau 1661, gest. zu Courcelles-le-Roi
1725. Lustspieldichter. CE. c. 1760. 12 Bde. Vgl S. 307 — Daudet, Al-
phonse, geb. zu Nimes 13. 5. 1840. Romandichter. Le Petit Chose 1868,
Lettres de mon moulin 1869. Lettres ä un absent 1871. Contes du Lundi
1873. Robert Helmont 1874. Fromont jeune et Risler aine 1874. Jack 1876.
Le Nabab 1878. Les Rois en exile 1881. Sapho 1884. ;A. Geustemaxn,
A. D., Sein Leben und seine "Werke bis zum J. 1883. Berl. 1883. 2 Bde.)
— Daudet, Ernest, Bruder des Vorigen, geb. zu Nimes 1837. Roman-
dichter — Daurat, Jean, geb. '?, gest. 1588 zu Paris. Poematia 1586 —
Delavigne, J.-Fr.- Casimir, geb. zu le Hävre 4. 4. 1793, gest. zu Lyon
11. 12. 1843. Dramat u. lyr. Dichter. Les Vepres siciliennes 1819. Les
Comediens 1820. Messeniennes lElegien) 1827. La princesse Aurelie 1828.
Marino Falieri 1829. Louis XI 1832. Les Enfants d'Edouard 1833. Don
Juan d' Antriebe 1835. Une famille au temps de Luther 1836. La Popu-
larite 1838. La Fille du Cid 1840. Le Conseiller rapporteur 1841. D. ist
auch Verf. der Parisienne — Delille, Jacques, geb. zu Aigues-Perse
(Auvergne) 1738, gest. zu Paris 1813. Lehrgedichte: Jardins 1780, l'Imagi-
nation 1806. CE. c. 10 Bde. — DerouUde, Paul, geb. zu Paris 1«46.
Lyriker. Les Chants d'un soldat 1872. Nouveaux chants d'un Soldat 1875.
Dramen: Juan Strenner 1869, THetman 1877 — Desaugiers, Marc-
Antoine, geb. zu Frejus 1772, gest. zu Paris 1827. liUstspiel-, Operetten-,
Vaudevilledichter, Chansonnier — Desbordes-Valmore, Mme, geb.
1785 zu Douai, gest 1859, lyrische Dichterin — Descartes, Rene,
geb. zu La Haye (Indre-et-Loire) 30. 3. 1596, gest zu Stockholm 11. 2.
Litteraturgeschichtc. 317
1650. Discours de la Methode 1(>37 (Litteraturangaben über 1). sehe nuin
bei Ueuerwkc;, Gesch. d. Philos. Bd. 3) — Deschamps, Fr.-M.-Chr.,
geb. bei Troyes 1653, gest. zu Paris 1747. Tragischer Dichter — Des-
mahis, J.-F.-E., geb. zu Sully-sur-Loire 1722, gest. zu Paris 1761. (E.
c. 1772 u. 1778. 2 Bde. — Desmarets, Jean de St. Sorlin, geb. zu
Paris 1595, gest. 1676. Lustspiel »les Visionnaires«, Epos »Clovis« (vgl.
Boileau) — Desperiers, Bona venture, geb. um 1490 zu Arnay-le-Duc
iCoted'Or), gest. 1544. C\Tnbalum mundi (Dialoge irreligiöser Tendenz; 1537,
Nouvelles recreations et joyeux devis 1558. (E. c. p. p. Lacouk ISGü.
Bibl. elzev. ; Cynib. mundi p p. F. FitAXCK 1874 — Desportes, Philippe,
geb. zu Chartres 1546, gest. 1606. (E. p. p. A. Michiels 1S58. P. Gröhe-
DINKEL, Der Versbau b. D. u. Fr. de Malherbe in Frz. Stud. I 41) —
Destouches, Philippe Nericault, geb. zu Tours 1680, gest. zu For-
toiseau b. Melun 1754. Lustspiele: le Curieux Impertinent 1710, l'Ingrat
1712, rirresolu 1732, le Medisant 1715, le Philosophe marie 1727, le
Glorieux 1732, le Dissipateur 1736, la Fausse Agnes, le Tambour nocturne,
die beiden letztgenannten Stücke erst nach des Verf.'s Tode 1754 u. 1762
aufgeführt.- (Vgl. "NA'etz, die Anfänge des bürgerl. Schauspieles in Frankr.
Worms lSS5j — Diderot, Denis, geb. zu Langres 1713, gest. zu Paris
30. 7. 1780. Encyclopedie seit 1751 bis 1772. 28 Bde. (Preface von
d'Alembert'. Lustspiele; le Fils naturel 1757 u. le Pere de famille 1758;
Romane: Jacques le fataliste u. la Religieuse. CE. c. 1798, 15 Bde.; 1821,
22 Bde. enthält den Neveu de Rameau) ; Memoires, correspondance et ouv-
rages inedits p. p. Mme de Vandvel 1830/31. 4 Bde. Neueste Gesarmntausg.
von AssEZAT et TovRXEUX 1875 ff. 20 Bde. (E. Caro, Diderot inedit,
d'apres des mss. de l'Ermitage R. d. d. M. 15. Oct, 1. Nov , 1. Dec.
1879. F. V. Raumer, D. u. seine Werke. Berlin 1843; K. Rosexkr.\ntz,
D.s Leben und Werke. Leipzig 1866. 2 Bde. ; J. Morley, D. and the
Encyclopaedists London 1880, vgl. the Quarterly Review 1880 Oct.) —
Ducange, Charles duFresne, sieur du, geb. zu Amiens 1610,
gest. zu Paris 1688, Verf. des berühmten Glossarium ad script. med. et
inf. latinitatis 1678. 3 Bde. (neue Ausg. von Henschel 1844 ff. 7 Bde.)
u. anderer gelehrter AA^erke — Duchesne (Quercetanus,, Andre, geb.
1584 zu risles-Bouchard (Indre-et-Loire) , gest. 1640, berühmter Geschichts-
forscher — Duche de A'ancy, geb. zu Paris 1668, gest. ebenda 1704,
dramat. Dichter — Ducis, Jean-Francois, geb. zu Versailles 1733,
gest. ebenda 1816. Bearbeiter von Shakespeare's Hamlet 1769, Romeo et Ju-
liette 1772, le roi Lear 1783, Macbeth 17S4, Othello 1792. Originaltragödie
Abufar ou la famille arabe 1795 — Duclos, Charles Pinot, geb. zu
Dinan (Cötes-du-Nord; 1704, gest. zu Paris 1772. Considerations s. les
mceurs de ce siecle 1751. CE. c. 1806, 10 Bde; 4821, 3 Bde. — Dufresny,
Charles, geb. ca. 1654, gest. zu Paris 1724, Lustspieldichter, bedeutendstes
Werk »le Chevalier joueur«. 1697 — Dumas, Alexandre, pere, geb.
24. 1. 1803 zu Villers-Cotterets. gest. 5. 12. 1870 zu Puys bei Dieppe.
Dramen : Henri HI 1S29; Stockholm, Fontainebleau et Rome 1830;
Charles VH 1831; Antony 1831; La Tour de Nesle 1S32; Angele 1833;
Le Mari de la veuve, comedie 1832; Don Juan de Marana, mystere 1836;
348 ^^^^ Französische.
Kean, comedie lS;i6; Caligula, trag. 1S37; Mademoiselle de Belle-Isle,
dranie 1839; rAlchimiste, drame en ver.s 1839; Un mariage sous LouLs XV,
comedie 1841; Les Demoiselles de St.-Cyr, comedie 1843; Louise Ber-
nard, drame 1843; La Conscience, drame 1854; l'Orestie, trilogie antique
cn vers 1855. Romane vnd Novellen: Isabelle de Baviere; Souvenirs
d'Antony 1835; La Salle d'armes 1838; Jacques Ortis 1839; Le Maitre
d'armes 1840; Le Chevalier d'Hannental 1 843 ; Histoire d'un casse-noisette
1S44; Les Trois Mousquetaires 1844 (dazu die Fortsetzungen: Vingt ans
apres 1845, Le Vicomte de Bragelonne 1847); Le Comte de Monte-Cristo
1844/45; La Bouillie de la princesse Berthe 1844; La Reine Margot 1845;
Le Chevalier de Maison-Rouge 1846; La Dame de Mont-Soreau 1846; Le
Collier de la Reine 1848 etc. Ausserdem Memoiren und eine Reihe von
Reisebeschreibungen — Dumas, Alexandre, fils, geb. 28.7. 1824 zu
Paris. Romane : Les Aventures de quatre femmes et d'un perroquet 1846/
47; La Dame aux camelias 1848 (dramatisirt 1852 ; Le Roman dune femme
1848; Cesarine 1848; Le Docteur Servens 1849; Diane de Lys 1851; La
Dame aux perles 1854; La Vie ä vingt ans 1856; L'Affaire Clemenceau
1867; Therese 1876 etc. Dramen (abgesehen von den dramatisirten Ro-
manen) ; La Question d'argent 1857, Le Fils naturel 1858, Le Pere prodigue
1859, L'Ami des Femmes 1864; (mit de Girardin) Le Supplice dune
femme 1865; Les Idees de Mme Aubray 1867; Une visite de noces 1871;
La Princesse Georges 1871 ; La Femme de Claude 1873; Monsieur Alphonse
1873; l'Etrangere 1876 etc. Sammlung der Dramen u. d. T. Theatre com-
plet 1868 — Durmy, Victor, geb. 1811 zu Paris. Historiker, verfasste
u. A. eine Hist. des Romains depuis les temps les plus recules jusqu' ä
la fin du regne des Antonius. Nouv. ed. 1870/76. 5 Bde. — Duval,
A.-V. Pineu, geb. zu Rennes 1767, gest. 1842. Dramat. Dichter. (E. c.
1822/23. 9 Bde.
Erckm ann-Chatrian, Emil Erckmann, geb. zu Pfalzburg i. E.
20. 5. 1822, u. Philipp Chatrian, geb. 18. 12. 1826 in Soldatenthal i. E.,
verfassten gemeinsam eine lange Reihe von Novellen. — Esmenard,
J.-A., geb. zu Pelissanne i Bouches-du-Rhöne) 1769, gest. in Neapel 1811.
Lehrgedicht »la Navigation« 1805 — Estienne, Henri, geb. zu Paris
1528, gest. zu Lyon 1598. Verf. des Thesaurus linguae graecae 1572, seine
granimat. Schriften s. oben S. 70 — Estienne, Robert, geb. zu Paris
1503, gest. zu Genf 1559 — Etienne, Ch.-G., geb. 1778 zu Chamouilley
(Haute-Marne , gest. 1S45. Lustspieldichter. (E. c. 1846, 4 Bde.
Fahre d'Egl'antinc, Ph.-Fr.-N., geb. zu Carcassonne 1755, gest.
(hingerichtet) 1794. Lustspieldichter. Keine Gesammtausg. — Fauriel,
Claude, geb. zu Sainte-Etienne 1772, gest. zu Paris 1844. Chants popu-
laires de la Grece moderne 1824. Hist. de la Gaule meridionale sous les
conquerants Gcrmains 1836. 4 Bde. Hist de la litterature provcncale 1846.
Dante et les origines de la langue et de la litterature italienne 1S54 —
Feletz, Ch.-M.-D., geb. zu Grimont 1767. gest. 1850. Kritiker. Melanges
de Philosophie et de litterature 1*>28 — Fenelon, Francoisde Salignac
de la Mothe, geb. 6. 8. 1651 im Schloss Fenelon (Dordogne;, gest 7. 1.
1715 zu Cambrai. Telemaque 1699. Dialogues des morts 1711. Beste
Litteraturgeschichtc. 349
Gesamnitausg. 1820/30. 34 Bde. ; neuere gute Ausg. von Ann: Mautin 1865/
70. 3 Bde. — Feuillet, üctave, geb. den 11. S. 1812 zu .Saint-Lo
Manche'. Komanautor auch dramat. Dichter). Histoire de Sibylle 1802.
Julia de Trecoeur 1S72, Un Mariage dans le monde 1875, Las Amoura de
Philippe 1877, Lc Journal dune femme 1878, La Morte 1886 — Feval,
P.-H.-C, geb. 27. 9. 1817 7,u Rennes. Romanautor — Feydeau, Ernest-
Ainie, geb. 16. 3. 1821 zu Paris, gest. ebenda 29. 10. 1873, fruchtbarer Ro-
manautor— Fiev^e, Joseph, geb. zu Paris 1767, gest ebenda 1839. Ro-
manautor— Flaubert. Gustave, geb. 12. 12. 1821 zu Rouen, gest. ebenda
7. 5. 1880. Madame Bovary 1857. Salammbo 1802. LKducation sentimentale
1869. La Tentation de St.-Antoine 1874. Trois contes 1877. Le Candidat,
comedie 1874. Bouvard et Pecuchet, Romanfragment, nach des Verf.'s Tode
in der Nouv. Rev. vom 15. 2. 81 ab erschienen — Flechier, Esprit,
geb. zu Pemes (Vaucluse) 1632, gest. zu Montpellier 1710. CE. c. 1782
u. 1825, 10 Bde., dazu: Memoires s. les grands jours d'Auvergne, erst
1844 und 1850 veröft'entlicht' — Florian, Jean Pierre Claris de,
geb. auf Schloss Florian b. Sauve (Gord) 0. 3. 1755, gest. zu Sceaux 13.
9. 1794. Galatee, roman 1783, Numa Pompilius 1787, Fahles 1792 —
Fontanes, L.-M. de, geb. 'zu Niort (l)eux-Sevres) 1757, gest. zu Paris
1821. Essayist. Kritiker. (E. p. p. Sainte-Beuve 1837. 2 Bde. — Fon-
tenelle, Bernard le Bouyer de, geb. zu Rouen 1657, gest. zu Paris
1757. Dialogues des morts 1683. Entretiens s. la pluralite des mondes
1686.. Histoire des oracles 1687. Eloges des academiciens — Francois
de Sales s. Sales — Freron, Elie-Catherine, geb. zu Quimper
1719, gest. zu Paris 1771. Herausgeber der Annee litteraire. Feind Vol-
taire's — Friedrich der Grosse, geb. 24. Januar 1712 zu Berlin,
gest. 17. August 1786 zu Sanssouci. Poesies. Anti-Macchiavelli. Histoire
de mon temps. Hist de la maison de Brandenbourg etc. (Die Litteratur
über F. d. G. als Schriftsteller ist zusammengestellt von Wiegand in
Quellen u. Forsch. Heft 5. Strassburg 1874, vgl. "NV. Scherek, Gesch. d.
deutschen Litt. 2. Ausg. 1884, S. 756) — Furetiere, Antoine, geb. zu
Paris 1619, gest. 1688. Roman bourgeois 1686 (Neudruck in der Bibl. elzev.'.
Factums contre l'Academie 1066 (Neudruck, veranstaltet von A.'^selixeau
1859. 2 Bde. Dictionnaire s. oben S. 165.
Gaboriau, Emile, geb. zu Saujon (Charente-Inferieure) 1838, frucht-
barer Romanautor, gest. zu Paris 28. 9. 1873 — Garat, D.-J. , geb. zu
Ustaritz (Basses-Pyr.) 1749, gest. zu Urdains b. Ustaritz 1833. Memoires s.
la Revolution 1795 — Garnier, Robert, geb. zu Ferte-Bernard Maine)
1545, gest. 1601. Tragödien: Porcie, Hippolyte 1573, Cornelie 1574, Marc-
Antoine, la Troade 1578, Antigone 1579, Sedecie, Bradamante 1580. Y.rste
Gesammtausg. 1585; treuer Abdruck derselben mit kritischem Apparat u.
Glossar herausg. v. W. För.ster. Heilbronn 1882/83. Vgl. oben S. 61.
■A. Haa.se, Zur Syntax R. G.'s, in: Frz. Stud. V 1 ; A. Jensen, Syntact.
Studien zu R. G. Kiel 1885 Diss.) — Gautier, Theophile, geb. zu Tar-
bes 31. 8. 1811, gest. zu Neuilly-sur-Seine 23. 10. 1872. Poesies 1830, Les
1) Fabre, Flechier orateur. Paris 1885, vgl. R. d. d. M. 1. 11. 1885.
350 ^*8 Französische.
Jeune-France 1831, Mlle de Maupin 1835, La Comedie de la Mort 1838,
Emaux et Camees 1852, Poesies completes 1875/76. 2 Bde. Litterarge-
scmcHTLiCHE WERKE: les Grotesques 1844, Honore de Balzac 1858, L'Hist.
du romantisme 1874 — Gay, Marie-Fran9oise, geb. zu Paris 1776,
gest. 1852, verfasste Romane u. Dramen, sowie Souvenirs d'une vieille
femme 1834 — Genin, Francois, geb. 1S03 zu Amiens, gest. 1856 zu
Paris, seine auf die frz. Philologie bezügl. Schriften wurden an geeigneten
Stellen bereits angeführt — Genlis, Felicite Mme de, geb. bei Autun
1746, gest. 1830 zu Paris. Komanautorin — Geruzez, Eugene, geb. zu
Reims 1799, gest. zu Paris 1865. Hist. de lEloquence politique et reli-
gieuse en Fr. 1837/38. 2 Bde.; Essais d'hist. litt. 1853. 2 Bde.; Hist. de
la litt, frcse 1861 — Gilbert, N.-J.-L., geb. zu Fontenay-le-Chäteau (Vos-
ges) 1751, gest. zu Paris 1780. Satiriker. CE. 1788 — Gingu ene, Pierre-
Louis, geb. zu Rennes 1748, gest. zu Paris 1S16. Hist. litteraire de l'Ita-
lie 1811/24. 9 Bde. — Godeau, Antoine, geb. zu Dreux 1605, gest. zu
Vence 1672. Hist. de l'Eglise 1753/78. 5 Bde. — Gomberville, Marin
Leroy de, geb. zu Paris 1600, gest. ebenda 1674. Romanautor. Caritie
1622. Polj'xandre 1632. Alcidiane 1651 — Goncourt, Edmond de, geb.
zu Nancy 1822, u. Goncourt, Jules de, geb. zu Paris 1830, gest. zu
Auteuil 187U, verfassten gemeinsam eine lange Reihe cultur- und kunstge-
schichtlicher Essays u. Feuilletons — Gresset, Jean-Baptiste-Louis,
geb. zu Amiens 1709, gest. 1777. Das komische Epos Vert-Vert. Dramen
(vgl. St. A. Berville, G., sa vie et ses oeuvres 1863 ; Schulze in Ztschr.
f. nfrz. Spr. u. Lit. V^ 222) — Grevin, Jacques, geb. um 1540 in Cler-
mont, gest. zu Turin 1570. Lust- u. Trauerspieldichter (die Komödie les
Esbahis neugedruckt in Ancien Theätre frcs t. IV, Bibl. elzev.) — Grimm,
Frederic-Melehior baron de, geb. zu Regensburg 26. 12. 1723, gest
zu Gotha 19. 12. 1807. Correspondance litteraire (verfasst 1753 bis 1790),
1812/14 17 Bde., 1829/31 15 Bde., neueste u. beste Ausg. von Maurice
TouKNEUX 1877/82, 16 Bde. Lettres de Catherine H ä Grimm, p. p. Grot.
Petersburg 1878; Lettres de Grimm ä l'imperatrice Cath. II, sind gegen-
wärtig (1885) im Erscheinen begriffen (E. Scherer, Melchior Grimm, in:
R. d. d. M. 15. 10, 1. 11, 85) — Gringo(i)re, Pierre, geb. um 1475 zu
Caen, gest. 1534, dichtete Mysterien, Sotties, Farcen, Moralitäten; theil-
weise neu herausg. von Cii. d'Hericault u. A. de Montaiülox in der
Bibl. elzev. 1872 tf. 2 Bde. — Gudin, Paul-Philippe, geb. zu Paris
1738, gest. ebenda 1812. Dramat. Dichter — Guenee, Antoine, geb. zu
Etampes 1717, gest. zu Fontaincbleau 1803. Lettres de quelques juifs por-
tugais, allemands et polonais ä M. de Voltaire 1769 — Guiraud, Ale-
xandre, geb. zu Limoux (Aude) 1788, gest. zu Paris 1847. Dramat. Dich-
ter. CE. 1845. 4 Bde. — Guizot, Fran9.-Pierre-Guill., geb. 4. 10.
1787, gest. zu Val-Richer b. Lisieux 12. 10. 1874. CoUectiou de Mem. re-
latifs ä Ihist. de France 1823/35. 31 Bde. Hist. de la revolution d'Angle-
terre 1826/54. 4 Bde. Cours d'IIist. moderne 1828/30. 6 Bde. etc. etc. His-
toire de France racontee ä mes petits-enfants 1870/75. 5 Bde. (Fortsetzung
v. Mme de Witt 1871/79. 2 Bde.;. Nouveau dict. des synonymes frcs 1809.
2 Bde. — Guy de Tours, Michel, geb. zu Tours 1551, gest. 1600. Lyriker.
Litteraturgeschichtc. 351
Hardy. Alexandre, geb. zu Paris um 15()0, gest. um 1631. Tragi-
scher Dichter. Neudruck des Theatre d'H. 1626), veranstaltet von E. STEN-
GEL. Marburg 1883 Ö". (E. T-omhard, Etüde s. A. H. Leipzig 188U Diss.,
auch in Ztschr. f. ufrz. Spr. u. Litt. I 161, 348. II 63; C. N.\gel, A. H.'s
Einfluss auf Corneille, in Stengel's Ausg. u. Abh. XXVIII) — Helve-
tius, Claudc-Adrien, geb. zu Paris 17J5, gest. 1771. Traite de l'Esprit.
1758. CE. 1818. 3 Bde. — Heptameron s. Marguerite de Navarre
— Hesnault, Jean, geb. zu Paris (Jahr nicht bekannt), gest. ebenda
1682. CE. diverses 1670 — Holbach, Paul, geb. 1723 zu Heideisheim in
Baden, gest. zu Paris 1789. Le Systeme de la Nature 1770 — Houx, Jean
le, lebte in der zweiten Hälfte des 16. Jahrb., dichtete Chansons des Vaux
de Vire. ^Les V. d. V. de Jean le H., p. p. A. G.\ste. 1865) — Hugo,
Victor-Marie, geb. zu Besancon 26. 2. 1802, gest. 22. 5. 1885 zu Paris
(erste Dichtungen: die Oden les Vierges de Verdun, le Retablissement de
la Statue de Henri IV, MoVse s. le Nil 1819/221. Lyrische Dichtungen:
Ödes et Ballades 1822/26. Orientales 1829. Feuilles d'automne 1S31. Chants
du crepuscule 1835. Voix interieures 1837. Les Rayons et les Ombres 1840.
Contemplations 1856. Chansons des rues et des bois 1865. L'Annee terrible
1872, lArt d'etre grand-pere 1877, le Pape 1878, la Pitie supreme 1879, Reli-
gions et religion 1880, L'äne 1880, Les quatre vents de l'esprit 1881. Satire:
Les Chatiments 1852. Epos : La Legende des siecles 1S59. Romane: Han
d'Islande 1823, Bug-Jargal 1826, Notre-Dame-de-Paris 1831, les Miserables
18'i2, les Travailleurs de la mer 1S66, l'Homme qui rit 1S69, Quatre-vingt-
treize 1874. Dramen: CromweU 1S27, Hernani 1829, Marion Delorme 1S31,
Le Roi samuse 1832, Lucrece Borgia 1833, Marie Tudor 1833, Augelo 1835.
Esmeralda(Oper 1836, Ruy-Blas 1838, les Burggraves 1843, Torquemada 1871.
Psychologisches Essay: Le dernier jour d'un condamne 1829. Geschichte:
Napoleon le Petit. Brüssel 1852. Histoire d'un crime 1851. Litteratur-
GESCHICHTE: William Shakespeare 1864, Etüde s. Mirabeau, Litterature
et Philosophie melees 1834. Reiseschilderung: le Rhin 1S42. Biogra-
phisches: Avant l'exil, Pendant l'exil, Depuis lexil 1875/76, Mes fils 1874
(Victor Hugo raconte par un temoin de sa vie 1863, 2 Bde., vermuthlich
Selbstbiographie . Eine «Edition definitive« der CE. completes V. H.'s ist
im Erscheinen begriffen, sie wird ca. 45 Bde. umfassen (Barbou, V. Hugo
et son temps ISSl, zu panegyrisch; A. AssELINE, V. H. intime, memoires,
correspondances, documents inedits 1885) — Hurault, Philippe, geb.
auf Schloss Cheverny 1528, gest. 1599. Memoires 1636.
Jamyn, Amadis, geb. um 1530 zu Chaource (Aube) , gest. 1593.
L^-riker. CE. poetiques 1575 84 — Jodelle, Etienne, geb. zu Paris 1532,
gest. ebenda 1573. La Cleopätre captive 1552. Eugenie, comedie 1552, Di-
don se sacrifiant 1558. LjTrische Dichtungen. CE. p. p. Marty-Laveaux
1868/70. 2 Bde. (H. Fehse, E. J.s LjTik, in: Ztschr. f. nfrz. Spr. u. Lit.
1883; A. Hertes-g, Der Versbau E. J.'s. Kiel 18S4 Diss.; P Kahnt, Ge-
dankenkreis der Sentenzen in Jodelle's u. Garnier's Tragödien u. Seneca's
Einfluss auf denselben. Marburg 1885 Diss.) — Jouy, Etienne, geb. um
1764 zu Jouy bei Versailles, gest. 1846. Dramat. Dichter u. Feuilletonist.
(E. c. 1823/28. 27 Bde.
352 ^^^s Französische.
Karr, Alphonsc, geb. 1808 zu Paris, Verf. zahlreicher Romane u
Journalist — Kock, Charles-Paul de, geb. 1795 zu Passy, gest. 1871
zu Paris, sehr fruchtbarer Romanautor.
Labe, Louise (la belle Cordiere), geb. zu Lyon 1526, gest. ebenda
1506, lyrische Dichterin, ffi. 1555; neuere Ausg. Lyon 1824, 1862; (Euvres
de L. L., p. p. E. Tkoss 1871, p. p. Blanchemain 1875 (E. Lauk, L. L.
Zur Geschichte der frz. Litt. Strassburg 1873 — Labiche, Eugene-
Martin, geb. 5. 5. 1815 zu Paris, Verf. zahlreicher Lustspiele, Possen,
Vaudevilles u. dgl. (E. c. 1878 tf. — LaBruyere, Jean de, geb. zu
Paris 1645, gest. zu Versailles 1696. Les Caracteres 1688. Beste Ausg. in
der Collect, des Grands Ecr. (H. Rastede, L. B. u. seine Charaktere. Op-
peln 1886; E. FouRNlER, La comedie de L. B. 1866) — La Calprenede,
Gautier de Costes de, geb. zu Tolgou (Dordogne) , Jahr unbekannt,
gest. zu Grand- Andely 1663, Verf. zahlreicher Romane (z. B. Faramond
1667. 7 Bde.; u. Dramen (z. B. le Comte d'Essex 1639) — Lafayette,
Marie-Madeleine, geb. zu Paris 1634, gest. ebenda 1693, Verf. zahl-
reicher Romane, z. B. la Princesse de Cleves — Lafontaine, Jean de,
geb. zu Chateau-Thierry 8. 7. 1621, gest. zu Paris 13. 4. 1695. Uebers. des
Eunuchus des Terenz 1654. Contes 1665 u. 1685. Psyche, roman, 1669. Fa-
hles (Buch 1/6 erschienen 1668, Buch 7/11 im J. 1678 u. 79, B. 12 1694).
Beste Gesammtausg. von Walkenaeu 162627. 6 Bde. (E. c. p. p. Makty-
Laveaux 1860/63. 4 Bde. L.'s Fabeln, herausg. v. A. Laun. Heilbronn
1877/78. ("NValkenaek, Hist. de la vie et des ouvrages de J. de L. 1858;
Taine, Lafontaine et ses fables 1860; Saixt-Makc-Giuardin, Lafont. et les
fabulistes 1866; KuLPE, Laf., seine Fabeln u. ihre Gegner. Leipzig 1880, vgl.
Ztschr. f. nfrz. Spr. u. Lit. IV 169) — La Fosse, Antoine, geb. 1653 zu
Paris, gest. ebenda 1708, verfasste vier Tragödien, darunter »Manlius Capi-
tolinus« 1698. CE. 1811. 2 Bde. — Lagrangc-Chancel, Fr.-J., geb.
1677 auf Schloss Antoniat (Dordogne), gest. ebenda 1758. Dramatiker u.
Satiriker (»les Philippiques« 1720, p. p. Lescuke 1858). CE. 1734/35 — La-
harpe, Jean-Francois de, geb. zu Paris 1739, gest. ebenda 1803. Cours
de litterature ancienne et moderne (beste Ausgg. 1825,26, 18 Bde., u. 1840,
3 Bde.) — Lamartine, Alphonse-Marie-Louis Prat de, geb. zu
Mäcon 21. 10. 1790, gest. zu Paris 28. 2. 1869. Meditations poetiques 1820.
Nouvelles medit. poet. 1823. La Mort de Socrate 1823. Dernier Chant du
pelerinage de Child-Harold 1825. Harmonies poetiques et religieuses 1830.
2 Bde. Voyage en Orient 1835. 4 Bde. Jocelyn 1836. 2 Bde. Chute d'un
ange 1838. 2 Bde. Recueillements poetiques 1839. Melanges poetiques 1S39.
Histoire des Girondins 1847. Trois mois au pouvoir 1848. Raphaöl 1849.
Hist. de la Revolution de 1848. 1849. Toussaint Louverture, tragedie 1850.
Histoire de la Restauration 1851/52. 6 Bde. Cours familier de litterature
1856 ff. u. V. A. — Lamennais, Robert de, geb. zu Saint-Malo 1782,
gest. zu Paris 1854. Essai s. rindiftercnce en matierc de religion 1817.
Paroles dun croyant 1834 u. Anderes — I^a Mothe le Vayer, Fran-
cois de, geb. zu Paris 15SS, gest. 1672. Philosoph u. Philolog. (E. e.
1756/59. 14 Bde. — La Motte, Antoine Houdard de, geb. 1672 zu
Paris, gest. ebenda 1731. Dramatiker. Parteiführer der Modernen in der
Lilteraturgeschichte. 353
Querelle des anciens et modernes. (E. 1754. 11 llde. — Laneelot. Dom
Claude, geb. zu Paris um 1615, gest. zu Quimperle 1095. Grammatiker
von Port-Koyal — Lanfrey, Pierre, geb. zu C'bambery 20. 10. 1828,
gest. zu Pau 15. 11. 1S77. Histoire de Napoleon I 1807/75. 5 Bde. — La
Noue, Fran9ois de, geb. 1531 bei Nantes, gest. vor Lamballe 1591.
Diseours politiques et militaires 15S7 — Laprade, Kichard de, geb.
1812 zu Montbrison (Loire'. TiVriker. (E. poetiques 1878. 2 Bde. — La
Kochefüucauld , Francois duc de la, geb. 1013, gest. zu Paris 1680.
Memoires 1002. Maximes 1005; neuere Ausgabe der Max. von Aime Mar-
tin 1822 u. Gratet-Duplessis 1853 in der Bibl. elzev. (E. p. p. E. de Bak-
THELEMY — Larivey, Pierre de, geb. zu Troyes um 1540, gest. gegen
1612. Lustspieldichter. Neueste Ausg. seiner Komödien von P. Janxet in
Bd. V, VI, VII des Ancien thedtre frcs der Bibl. elzev. J. Vogel.s, Der
syntakt. Gebrauch der Tempp. u. Modi b. P. d. L., in : Böiimer's Rom.
Stud. V 445) — Lebrun, Ecouchard, geb. zu Paris 11. 4. 1729, gest.
2. 9. 1807. L>Tiker :Oden). CE. p. p. Gixguene 1811. 4 Bde. — Lebrun,
Pierre-Antoine, geb. zu Paris 1825, gest. 1873. lAriker u. Dramatiker
Tragödie Marie Stuart 1820). (E. 1844/63. 5 Bde. — Le Maire des Bei-
ges, geb. 1473 zu Beiges (Bavai) im Hennegau, gest. 1524 (1548?). Illu-
stration des Gaules 1509/12. CE. 1513 — Lemercier, L.-J.-N., geb. zu
Paris 1771, gest. 1840. Dramatiker — Lemierre, A.-M. , geb. zu Paris
1723, gest. zu Saint-Germain-en-Laye 1793. Dramatiker u. Didaktik er —
Lemoyne, Pierre, geb. zu Chaumont (Haute-Marne 1002, gest. zu Pa-
ris 1672. Epos »Saint-Louis« 1051 — Lesage, Alain-Rene, geb. zu
Sarzeau (Morbihan) 8. 5. 1668, gest. zu Boulogne-sur-Mer 17. 11. 1747.
Diabie boiteux 1707 (Schelmenroman). Turcaret, comedie 1709. Gil Blas
1715. Les Aventures de Guzman d'Alfarache 1732 etc. (Wershovex, Smol-
let et Lesage. Berlin 1883) — Le Tourneur, Pierre, geb. zu Valognes
1736, gest. zu Paris 1788. Uebersetzung des Shakespeare 1776/82. 20 Bde.,
neu herausg. v. GvizoT 1824. 13 Bde, — Littre, Maxirailien-Paul-
Emile, geb. 1. 2. 1801 zu Paris, gest. ebenda 2. 0. 1881, Verf. des be-
rühmten Dictionnaire de la langue frcse 1863/72. 4 Bde. u. Suppl. 1877^
der Hist. de la langue frcse 1862, 2 Bde., u. vieler anderer gelehrter (me-
dicinischer, philosophischer etc.) Schriften — Loret, Jean, geb. zu Ca-
rentan (Manche,, Jahr unbekannt, gest. zu Paris 1665. Muse historique
1850 55. 3 Bde. (neu herausg. v. R.wenel, de la Peloüze, Livet 1857/78.'
4 Bde.; Les Continuateurs de Loret, p. p. J. de Rothschild. 1882 ff.
0 Bde.).
Mabillon, Dom Jean, geb. 1632 zuSaint-Pierremont (Ardennes), gest.
1 707 zu Paris. Begründer der wissenschaftlichen Diplomatik, Verf. zahl-
reicher gelehrter "Werke — Magnin, Charles, geb. zu Paris 1793, gest.
ebenda 1862. I.itterarhistoriker. Causeries 1S42. 2 Bde. Histoire des mari-
onnettes 1S54 — Magny, Olivier de, geb. zu Cahors, Jahr unbekannt,
gest. gegen 1560. L^Tiker. Sonnets inedits. p. p. T. DE Laukoque 1880.
Dernieres poesies, p. p. E. CoiRBET 1S81. Schxütgex, O. d. M., ein
Beitr. zur Gesch. d. lyr. Dichtung Frankreichs im 16. Jahrh. Cöln 1884.
Progr. d. Oberrealsch.; — Mairet, Jean de, j:eb. 1004 zu Besancon,
Körting, Encyklopädio d. rom. Phü. IIL 23
354 Das Französische.
gest. ebenda 1686. Tragödien Sophonisbe 1629. Dichter. Keine neuere
Gesammtausg. (A. Gasp-^ky, zur Chronologie von J. de M.'s Dramen, in
Ztschr. f. rom. Phil. V. 70) — Maistre, le eomte Joseph de, geb. zu
Chambery 1754, gest. zu Turin 1821. Politiker. Publicist. Mera. politique
et correspondance diplomatique, p. p. A. Blanc 1858. CE. c. Lyon lb82 ft'.
— Maistre, Xavier de, geb. zu Chambery 1763, gest. zu Petersburg
1852. Voyage autour de ma chambre 1794. Le Lepreux de la cite d'Aoste
1812. Expedition nocturne autour de ma chambre; les Prisouniers du
Caucase; la jeune Siberienne etc. etc. — Malebranche, Nicolas, geb.
zu Paris 1638, gest. 1715. Verf. religionsphilos. Schriften — Malherbe,
Francois de, geb. zu Caen 1555, gest. zu Paris 162S. Poesies 1630. Beste
Ausg. in den Grands Ecrivains etc., sonstige neuere Ausg. v. L. Lalan>k
1862/65 4 Bde. u. Pr. Blanchemain 1877. iLitteraturangaben s. oben S.
63 f., vgl. femer: E. Lai'R, M., eine litterarhist. Skizze. Heidelberg 1869.
— Marchangy, L.-A.-F. de, geb. zu Clamecy iNievre 1782, gest. zu
Paris 1826. La Gaule poetique 1813/17. Tristan le voyageur ou la France
au XlVe s. 1825/26 — Marguerite, reine de Navarre, geb. 11. 4.
1492 zu Angouleme, gest. zu Udos (Bigorre; 21. 12. 1549. Heptameron
(heran sg. zum ersten INIale von P. Boaistiau u. d. T. Histoires des amants
fortunez 1558, beste neuere Ausg. von Le Roix de Lincy 1S53 54 3 Bde.;
Marguerites de la marguerite des princesses lyrische Gedichte , p. p.
Simon Sylviu.s dit la Haye 1547 (beste neuere Ausg. v. F. Frank 1873'
74, 4 BdeT). Lettres p. p. Genin 1841/42, 2 Bde. Deux farces inedites p. p.
Lacour 1856 (Aechtheit sehr fraglich). Xotheissen, M. v. V., ein Lebens-
bild. Wien 1885) — Marguerite de Valois, geb. 1552, gest. zu Paris
1615. Memoires, p. p. Auger de Mauleon 1628, neue Ausg. v. Gvessaru
in den Publicationen der Soc. de l'hist. de France 1842 u. in der Bibl.
elzev. 1858 — > Marivaux, Pierre Charlet de Chamblain de, geb.
zu Paris 4. 2. 1688, gest. ebenda 17. 2. 1763. Dramatiker u. Komanautor.
Marianne, Roman. Fausses confidences, Epreuves etc., Lustspiele. Fleury,
Marivaux et le Marivaudage 1881. .G. Larroi'met, M., sa vie et ses oeuvres
1882. E. Gas.sot, M. moraliste 1881. C. Printzen, M.'s Leben u. AVerke.
Münster 1885 Diss.) — Marmontel, Jean-Fr an cois, geb. zu Bort
(Correze) 11. 7. 1723, gest. zu Abloviville Eure) 31. 12. 1799. Belisaire,
roman 1767. Les Incas, roman 1777 — Marot, Clement, geb. 1497 zu
Cahors, gest. zu Turin 1544. Poesie 1544, neuere Ausgg. von de Rapilly
1824, Jannet 1868/72, 4 Bde. iKEUTER, CL M.'s Metrik in Herrigs Archiv
Bd. 68, S. 331. Vgl. auch oben S. 6U) — Martelliere, Jean-Henri-
Ferd. La, geb. 1761 zu Ferrette (Haut-Rhin), gest. 1830 zu Paris.
Bearbeiter Schiller'scher Dramen fH. DoBERENZ, L. M. u. seine Bearbei-
tungen Schiller scher Dramen auf dem Theater der frz. Revolution. Löbau
i. S. 1883. Progr.) — Martin, Louis-Aime, geb. zu Lyon 1781, gest. zu
Paris 1847. Litterarhistoriker. Lettres ä Sophie 1810. 2 Bde. — Massillou,
Jean-Baptiste, geb. zu Hieres (Var) 24. 6. 1663, gest. zu Clermont
(Puy-de-Döme) 28. 9. 1742. Petit Car^me 1719 — Mazarinades, in-
connues, p. p. Tamizey de Larro(UE Bordeaux 1879. Mazarinades nor-
mandes. Neudruck. Rüuenl8bO — Menage, Gilles, geb. zu Angers 1603,
Litteraturgeschichtc. 355
gest. 1692. Origines delalanguefrcse 1G50. Observationss.lalanguefr^selßTS/
7t). 2 Bde. u. andere gelelirte Werke. »Menapana« IW^, 3. Aus}!:. 1715. 3 Bde.,
vgl. MAiiKK.MiOLTzinZtschr. f. nfr. Spr. u. Lit. II 292— -Merimee, Prosper,
geb. zu Paris 2S. 9. 1S03. gest. zu Cannes 23. 9. 1870. Kunst- u. Litterar-
historiker, Essayist, Novellist, lyr. Dichter, Epistolograph. (O. d'H.\us.süx-
VILLE, P. M. ä propos de lettres inedites in R. d. d. M. 15. 8. 1879) —
Micha ud, Joseph -Fran9ois, geb. zu Albens (Savoyen) 1767, gest. zu
Passy 1839. Histoire des Croisades 1S12 22, 6^ ed. 1840/-1S. 6 Bde. —
Michelant, Henri- Victor, geb. zu Lüttich S. S. ISU. Herausgeber
zahlreicher altfrz. Texte — Michelet, Jules, geb. zu Paris 21. 8. 179S,
gest. 1874. Hist. de France 1837/67. 16 Bde. u. viele andere geschichtliche
Werke — Mignet,Fran9ois-Augustc-Marie, geb. zu Aix 8. 5. 1796,
gest. 1884. Histoire de la Revolution frcse 1824. 2 Bde. Hist. de Marie Stuart
1851. Charles-Quint, son abdication etc. 1854 — Millevoye, Charles-
Hubert, geb. zu Abbeville (Somme) 1782, gest. zu Paris 1S16. Elegischer
Dichter. (E. C.1S22, 4Bde.; 1823, 6 Bde. — Mirabeau, Honore-Gabriel-
Roquetti, conite de, geb. zu Bignon Seine-et-Marne) 9. 3. 1749, gest! zu
Paris 2. 4. 1791. Ausgaben seiner Schriften erschienen 1820/21 in 8 Bden,
182.5,27 in 9 Bden, beide nicht vollständig. Menioires biographiques p. p. L.
DE MoNTlGXY 1834. 8 Bde. Lettres d'amour, p. p. ISLvRlo Proth 1880 (L.
DE LOMEXIE, Les Mirabeau, nouvelles etudes s. la societe frcse 1879.
A. Mezieres in R. d. d. M. 1. 6. 1879. — Moliere, Jean-Baptiste
(Poquelin , geb. zu Paris 15. 1. 1622, gest. ebenda 17. 2. 1673. Farcex:
le Medecin volant, la Jalousie du Barbouille nur diese beiden erhalten,
andere nur dem Titel nach bekannt;. Lustspiele : l'Etourdi, aufgeführt
1655 :erste Ausg. 1663;; Depit amoureux, aufgeführt 1656 ferste Ausg.
1663); les Precieuses ridicules 18. 11. 1659 il(]60) ; Sganarelle ou le Cocu
imaginaire 28.-5. 1660 (Raubausgabe von Ribou 1661, rechtmässige Ausg.
1662 : Dom Garcie de Navarre 4. 2. 1661 (zuerst gedruckt in der Ge-
sammtausg. von 1682 ; l'Ecole des Maris 24. 6. 1661 (gedruckt in demselben
Jahre ; les Fächeux 17. 8. 1661 gedruckt 1662,; l'Ecole des Femmes 26.
12. 1662 gedr. 1665 ; Critique de l'Ecole des Femmes 1. 6. 1663 'ge-
druckt ebenfalls 1663); l'Impromptu de Versailles 14. 10. 1663 (gedruckt
1682;; Tartuffe, zuerst theil-weise '3 Acte) aufgeführt 12. 5. 1664, öffentlich
u. vollständig unter dem Titel »ITmposteur« aufgeführt 5. 8. 1667, d. 4. 3.
u. 20. 9. 1667 vor dem Könige gespielt, am 5. 2. 1668 zum zweiten Male
auf das öffentliche Theater gebracht und dauernd dem Repertoire desselben
eingefügt gedruckt im März 1660 ; Don Juan 15. 2. 1665; le Mariage
force 29. 1. 1664 gedruckt 166S, der Ballettext 1664 ; la Priacesse d'Elide
8. 5. 1664 gedruckt in demselben Jahre( ; TAmour medecin 14. 9. 1665
gedr. 1666); le Medecin malgre lui 3. 9. 1666 (gedr. 1667); Melicerte 2.
12. 1666 gedr. 1682); Pastorale comique 5. 1. 1667 (nicht gedr.) ; le Sicilien,
Febr. 1667 ;le Misanthrope 4. 6. 1664 gedr. 1667j; Amphitryon 13. 1.1668
gedr. März 1668,; l'Avare 9. 9. 1668 gedr. 1669); George Dandin 18. 7.
166S gedr. 1669 ; Monsieur de Pourceaugnac 6. 10. 1669 gedr. März
1670 ; le Bourgeois geutilhomme 13. 10. 1670 gedr. 1670 ; les Fourberies
de Scapin 24. 5. 1671 (gedr. 1671;; les Amants magnifiques 4. 2. 1670 das
23*
356 I^^s Französische.
Ballet gedr. 1670); Psyche (in Gemeinschaft mit P. Corneille, Quinault u.
LuUi verfasst) 17. 1. 1671 (gedr. Oct. 1671j; la Comtesse d'Escarbagnas
2. 12. 1671 (der Ballettext gedr. 1671;; les Femmes savantes 11. 3. 1672
(gedr. 1673); le Malade imaginaire 10. 2. 1673 (gedr. 1673. Ausgaben:
älteste Gesammtausgg. P. 1074/75, 7 Bde.; Amsterdam 1675, 5 Bde.; par
VixoT et LA GiiANGE P. 1682, 8 Bde. etc. etc., neuere Gesammtausgg.
von AlME Martin 1824/26, 8 Bde. 'öfters neu aufgelegt ; von Cii. Lüiandhe
1852 ;u. 1869,, 3 Bde.; v. L. MoLANü 1863/64, 7 Bde. während der letzten
Jahre in neuer Auflage erschienen,; beste Ausg. v. Despois-Mesnard in
der Coli, des Gr. Ecr. fr. 1873 ö'; 7 Bde. Molierebibliogrphie :
P. Lacroix, Bibliographie Molieresque 2ieine ^d. 1875; R. Mahrenholtz
in seiner Molierebiogr. 's. u.; S. 362 fi"., sowie in Ztschr. f. nfrz. Spr. u.
Lit. III 31 u. 42. Zeitschriften für Moliekistik : Le Molieriste. Revue
mensueUe p. p. Geor(;e Monval, Paris, seit 1879; Moliere-Museum, heraus-
geg. V. Dr. H. Schweizer, Heft 1 Leipzig 1879, Heft 2 6 Wiesbaden 1880
{f. im Selbstverlag des Herausgebers. Einige Schriften zvr Moliere-
»iographie: LA Grange, liegistre, p p. les soins de la Comedie frcse
1&76 ; la Fameuse Comedienne, Francfort. s. a., Francfort 1697 (in ver-
schiedenen Neudrucken herausg., z. B. von Bonassies 1870, von Livet
1876 u. 1878, vgl. über diese Schmähschrift Mahrenholtz in Herrigs
Archiv Bd. 43, S. 335) ; Tallemant des Reai'X, Historiettes, p. p. Mon-
merque et Taschereau 1883 ^spätere Ausgg. Brüssel 1840 u. Paris 1874/
60, 9 Bde.j ; Bovlanger ue Chalu.ssay, Elomire hypocondre 1670 Neu-
drucke von Lacroix Genf 1867, von Livet 1875, von R. ÄL^hrenholtz
im Mol.-Mus. IV, 90.) Grimarest, Vie de Meliere 1705; Beffak4, Disser-
tation s. M. 1821 ; E. Soulie, Reeherches s. la vie de M. et s. sa famille
1863; MoULiN, M. et l'etat du registre civil. 1879; Campardon, Docu-
ments inedits s. la vie de M. 1871, und: Nouvelles pieces s. la vie de M.
1876; LoisELEUR, Les points obscurs de la vie de M. 1877 ;. J. Taschereav,
Hist. de la vie et des ouvrages de M. 1825, 1844, 1851, 1863; P. LiNDAV,
M. Eine Ergänzung der Biographie des Dichters. Leipzig 1862: F. Loth-
eissen , M., sein Leben und seine ^^'erke. Frankfurt a. M. 1880;
R. Mailrenholtz. M.'s Leben u. Werke, Heilbronn 1881 (Frz. Stud. Bd. 11;;
"W. Mangold, M.'s AVanderungen in der Provinz in Ztschr. f. nfrz. Spr.
II. Lit. II 26 u. 166 u. M.'s Streit mit dem Hotel de Bourgogne, ebenda
I 186 u. 305. FoVRNiER, Le Roman de Molierc 1S63. Einige aif M.s
Werke bezügliche Monographien ind ERLÄiTERUNGssciiRiKrEN :
!•'. Genin, Lexique compare de la langue de M. et des ecrivains du XVII''
s. 1846; Pritsche, Moliere-Studien. Ein Namenbuch zu seinen Werken.
Danzig 1868; W. Mangold, MoL's Tartuöe, Geschichte u. Kritik, üppeln
1881, u. : M.'s Misanthrop in Ztschr. f. nfrz. Spr. u. Lit. IV 1. A. Wese-
LOFSKl, Tartjuff. Istorija tipa i jyesni. Moskau 1879, und: Misantrop.
Opuit nowago analisa pjesni i obsor cossdannoi jeju schkolni. Moskau
1881 (leider sind diese beiden gehaltvollen u. hochbedeutenden Monogra-
phien noch immer nicht übersetzt . Weitere Angaben über die ausserordent-
lich reiche, aber auch ungemein zersplitterte Moliere-Litteratur sehe man
bei Mahrenholtz a. a. O., in den bibliograpliischen Registern der Ztschr.
Litteraturgcschichtc. 357
f. nt'rz. Öpr. u. Lit., in den Sujiplemcntcn d. Ztschr. f. rom. l*hil. u. im
Molieriste. Wichtig für die nähere Kenntniss Mül.'s ist das Studium der
ihm gleichzcitiiren frz. Lustspieldichter, ein treffliches Hülfsmittcl hier-
für ist FoiKNELs Sammlung ; Les Contemporains de M., recueil de co-
medies rares ou peu connues, jouees de ItiSO ä 16S0 etc. 1863 If. 3 Bde.
Nicht von Moliere verfasst ist das an sich interessante Schmähgedicht auf
Colbert, das unter dem Namen »le Livre abominable« bekannt ist und
neuerdings von L.-A. Mexakd herausgegeben wurde 18*^3, 2 Bde. —
Montaigne, Michel Eyquem de, geb. 1533 auf dem Schlosse Mont-
aigne in Perigord, gest. 1592. Essais 15S0 u. 15SS letztere Ausg. neu-
gedruckt von MoTHEAV et Joi'avst 1S73 ff.), Ausg. v. Mlle de Goir.nay
1595. Beste neuere Ausg. von J.-V. Leclerc 1865/66. 4 Bde. (R. Dezei-
MERIES, Rccherches s. la recension du texte posthume des Essais de M.
Bordeaux 1S66. F. Bigokie de Laschamps, M. de M., sa vie, ses ceu^Tes
et son temps etc. 2" ed. 1860. H. "Wexdell, Etüde s. la lang, des Essais
de M. M. Lund Diss. [Jahr?' ; F. Glaining, Versuch üb. d. sjTitakt.
Archaismen b. Mont. in Herrigs Archiv Bd. 49, S. 163 ff.) — Montesquieu,
Charles de Secondat, baron de la Brede et de, geb. 18. 1. 1689
auf Schloss Brede bei Bordeaux, gest. zu Paris 10. 2, 1755. Lettres Pcr-
sanes 1721. Le Temple de Gnide 1725. Considerations s. les causes de la
grandeur et de la decadence des Romains 1734. Esprit des lois 1748 etc.
Neueste Gesammtausg. v. Laboul.we 1874/79, 7 Bde. (L. Viax, Hist. de
Montesquieu, sa vie et ses ceuvres etc. 1878, vgl. R. d. d. M. 1. 5. 1879
u. Ztschr. f. nfrz. Spr. u. Lit. I 104) — Montjoie, Chr.-F.-L., geb.
1746 zu Aix, gest. 1816 zu Paris. Romanautor — Montluc, Blaise de
geb. zu Sainte-Gemme (Gers) 1501, gest. 1577 auf Schloss Estillac 'Agenois).
Commentaires 1592 (neu herausg. von de Ruble 1854/72. 5 Bde. in den
Publ. der Soc. de l'hist. de Fr.) — Montolieu, baronne de, geb. 1751
zu Lausanne, gest. 1832 zu Vennes b. Lausanne. Romanautorin. Caroline
de Lichtfield, roman 1786. Robinson suisse — Montpensier, duchesse
de, Mlle, geb. 1627 zu Paris, gest. ebenda 1693. Memoires 1729 (spätere
Ausg. V. Cheriel 1758. 4 Bde . La Relation de l'Isle invisible. L'Histoire
de la princesse de Paphlagonie 1659 — Motteville, Mme de, geb. um
1621, gest. 1689, Memoires p. servir ä l'hist. d'Anne d'Autriche 1723, 5 Bde.
(neue Ansg. v. Rioux 1855. 4 Bde.) — Mutet, Marc-Autoine, geb.
zu Muret b. Limoges 12. 4. 1526, gest. zu Rom 4. 6. 1585, berühmter
Humanist. Opera omnia 1789. 4 Bde. — Murger, Henri, geb. zu Paris
1822, gest. ebenda 1861. Scenes de la vie de Boheme 1851. Le Bonhomme
jadis 1852 — Musset, Lo uis-Charles-Alfred de, geb. zu Paris 11.
11. 1810, gest. ebenda 1. 5. 1857. Contes dEspagne et ditalie 1830; Un
spectacle dans un fauteuil 1832/34; Rolla in R. d. d. M. 15. 8. 1833;
Nuits in R. d. d. M. 15. 6. 1835, 1. 12. 1835, 15. 8. 1836, 15. 10. 1837;
La Confession d'un enfant de siecle (Selbstbiographie, 1836. 2 Bde.; ausser-
dem zahlreiche Lustspiele, Proverbes etc. Mehrere Gesammtausgg., eine
der besten die vom Jahre 1880. 10 Bde. (G. Saxd, Elle et Lui, P. de
Misset, Lui et EUe, Mme de Colet, Lui; Clou.vrd, Bibliographie des
oeuATCS d'A. de M. et des ouvrages etc. 1883; E. v. Üjfalfy, A. de M.,
358 ^^^ Französische.
eine Studie Leipzig 1870; P. Lindau, A. de M. Berlin 1874, Wehrmanx,
Beiträge zur Rhythmik u. Poetik M.'s. Münster 1S84 Diss.).
Napoleon I, geb. 15. S. 1769 zu Ajaccio, gest. 5. 5. 1821 auf St. Helena. CE.
Leipzig 1808/13, 2 Bde., 1822, 0 Bde, 1822 23, 5Bde. Correspondance 1853/69,
32 Bde., (nach N.'s Dictaten sind verfasst : Mem. p. servir ä l'hist. de Fr.
sous Nap., p. GoURGAUD et Moxtholon 1823, 8 Bde.; Precis des guerres
de Jules-Cesar, p. Makciiand 1836, Campagnes d'Egypte et de Syrie, p. p.
les fils du general Bertrand 1847. 2 Bde.) — Napoleon III, Louis,
geb. zu Paris 20. 4. 1808, gest. zu Chislehurst 9. 1. 1873. CE. 1854/57, 4
Bde. CE. militaires 1856. Hist. de Jules-Cesar 1865/66. 2 Bde. — Nicole.
Pierre, geb. zu Chartres 1625, gest. zu Paris 1695. Les Imaginaires et
les Visionnaires 1667. 2 Bde. Essais de morale et Instructions theologiques
1671 ff. 25 Bde. — Nisard, Desire, geb. 20. 3. 1806 zu Chätillon-sur-
Seine (Cote d'Or), Literarhistoriker, verfasste u. A. die Hist. de la litt,
frcse 1844/49. 2 Bde. — Nisard, Mar ie-Ed.- Charles, geb. 10. 1. 1808.
Litterarhistoriker u. Philolog, verfasste u. A. Etüde s. le langage popu-
laire ou patois de Paris et de sa banlieue 1873. — Nodier , Charles, geb.
zu Besancon um 1780, gest. zu Paris 1844. Homanautor. CE. 1832/34. 12 Bde.
Palissot de Montenoy, geb. 1730 zu Nancy, gest. 1814 zu Paris.
Le Cercle, comedie; les Philosophes, comedie 1760; Petites lettres contre
les grands philosophes 1756 etc. — Panard, (Vorname?) geb. um 1694
zu Courville (Eure-et-Loir], gest. zu Paris 1765, Chansonnier u. Vaude-
villist. CE. 1803. 3 Bde. — Paris, Gaston, geb. zu Avenay (Marne) d.
9. 8. 1839. Die Klarheit und Schönheit der Darstellung verleihen den
Werken des berühmten Romanisten einen hervorragenden Platz auch inner-
halb der Litteratur im engeren Sinne — Paris, Paul in, geb. 25. März
1800 zu Avenay (Marne), gest. 13. Febr. 1881 zu Paris, vgl. über Leben
und Werke des trefflichen Gelehrten den Nekrolog, welchen sein berühmter
Sohn Gaston ihm in der Rom. XI, 1 gewidmet hat — Pascal, Blaise,
geb. 19. 6. 1623 zu Clermoni-Ferrand, gest. zu Paris 19. 8. 1662. Lettres
Provinciales 23. 1. 1656 bis 24. 3. 1657. Pensees (unvollendet, vgl. Cousin,
Des Pensees de P. 1843 : kritische Ausgaben von Faugere 1844 u. Havet
1852). CE. c. p. p. BossuT 1779, 5 Bde., 1819, 5 Bde., 1861, 2 Bde.
(Cou.siN, Jacqueline Pascal 1845. Sainte-Beuve , Port-Royal 1840/62;
ViNET, Etüde s. Bl. P. 3^ ed. 1876; TULLOCH, Pascal. Edinburg u. London
1878; W. CnuRCH, Companions for the Devout Life. Lecture H : The
Pensees of Pascal London 1875; Beard, Port-Royal ISSI; The Quarterly
Preview 1879 Oct. ; J.-G. Dreydorff, P., sein Leben und seine Kämpfe.
Leipzig 1870; G. Reuciilin, P.'s Werke und der Geist seiner Schriften.
Stuttgart 1840; Tu. W. EcKi.EiN, B. P., ein Zeuge der Wahrheit. Basel
1870; Th. Sundby, Bl. P. og hans kamp mod Jesuiterne. Kopenhagen 1883,
ins Deutsche übersetzt von H. Junker in Ztschr. f. nfrz. Spr. u. Lit. Bd.
V, Heft 5 ff., auch als Buch erschienen. Oppeln 1885) — Passerat,
Jean, geb. 1534 zu Troyes, gest. zu Paris 16U2. Dichter. Mitverfasser der
Satire Menippee — Patin, Gui, geb. zu Hodenc-en-Brage Oise; 1602,
gest. zu Paris 1672. I^ettres, p. p. Rkveille-Paki.se 1846. 3 Bde. — Patin,
Henri-Joseph-Guillaume, geb. zu Paris 1793, gest. ebenda 1876.
Litteraturgeschichte. 359
Philolog, Litterarhistoriker, Kritiker etc. Melanies de litt, ancienne et
moderne 1S40. Etudes s. les tragiques grecs 1841 '43. 3 Bde. etc. —
Pellisson-Fontanier, Paul, geb. zu Beziers 1624, gest. zu Paris 1693.
Lcttres historiques et opuscules 16S6; Hist. de Louis XI\', 1749 —
Perrault, Charles, geb. zu Paris 12. 1. 1628, gest. ebenda Ki. ".. 17(»3.
Parallele des anciens et des modernes 1658, 3 Bde.; Eloges des hommes
illustres du XVIIe siecle 1696/1701; Contes de fees (contes de ma mere
rOye! 1697, gute Ausgabe des letzteren "Werkes »avec deux essais s. la
vie et les oeuvres de P. et sur la mj-thologie dans ses contes, des notes
et Variante et une notice bibliographique« von A. Lefeatie. 1875. — Pibrac,
Gui du Foure de, geb. zu Toulouse 1529, gest. 15S4. Lyrischer Dichter.
Quatrains moraux, p. p. J. Claretie 1874 — Picard, Philippe le,
geb. in der Xormandie Jahr unbekannt , Ort und Zeit des Todes unsicher.
Novellist. La nouvelle Fabrique des excellents traits en verite (veröffent-
licht unter dem Pseudonym Philippe d'Alcripe, sieur de Neri en Verbos,
d. i. Philippe le Picard, sieur de rien en bourse) 1579, Neudruck in der
Bibl. elzev. 1S53 — Picard, Loui s-Benoit, geb. zu Paris 1769, gest.
ebenda 1828. Lustspieldichter — Pigault-Lebrun, Ch.-Antoine, geb.
zu Calais 1753, gest. zu Celle-Saint-Cloud Seine-et-Oise 1S35. Roman-
autor — Piron, Alexis, geb. 9. 7. 1689 zu Dijon, gest. 21. 1. 1773 zu
Paris. Dramat. Dichter. Metromanie, comedie 1738. Gesammtausgg. be-
sorgt von RiGOLEY de Juvigxy 1776, 7 Bde., p. p. E. FoiEXlER 1862;
(E. inedites p. p. H. Boxhomme 1859 — Pitaval, Francois Gayot
de, geb. zu Lyon 1673, gest. zu Paris 1743. Causes celebres 1734/-13.
20 Bde. — Poinsinet, Antoine-Alexandre-Henri, geb. zu Fon-
tainebleau 1735, gest. bei Cordova 1769. Dramatiker — Pompignan,
Jean-Jacques le Franc, geb. zu Montauban 1709. gest. Pompignan
Tam-et-Garonne, 1784. Didon, tragedie 1734. — Ponsard, Francois,
geb. 1. 6. 1814 zu Vienne 'Isere,, gest. zu Passy 7. 7. 1867. Tragödiex:
Lucrece 1843; Agnes de Meranie 1846; Charlotte Corday 1850; Ulysse
1852 etc.; KoMÖDiEX: Horace et Lydie 1850; l'Honueur et TArgent 1853;
La Bourse 1856: Ce qui plait aux femmes 1860 etc. OE. c. 1866. 2 Bde.
— Ponthus de Thyard, geb. 1521 zu Bissy (Saone-et-Loire , gest. zu
Bragny-sur-Saöne 1605. CEuvres poetiques 1573 — Prevost dExiles,
Antoine-Francois, geb. zu Hesdin ;Pas-de-Calais 1. 4. 1697, gest. 23.
11. 1763. Memoire« d'un homme de qualite 1729. Cleveland 1732. Histoire
du Chevalier Desgrieux et de Manon Lescaut 1732; Herausgeber der
Zeitschr. : Le Pour et leContre; Uebersetzer der Richardson'schen Romane
etc. Manon Lescaut ist oft neu edirt, z. B. von A. DiMAS fils 1875 .
Quinault, Philippe, geb. zu Paris 1635, gest. ebenda 1688. Dra-
matiker u. Componist. CE. 1739 u. 1778. 5 Bde. — Quinet, Edgar, geb.
zu Bourg 'Ain 1803, gest. zu Versailles 1875, vielseitiger Litterarhistoriker,
Kritiker, Essapst, Dichter. GE. c. 1856 70. 11 Bde. Ch.-L. Chassix, E.
Qu., sa vie et son oeuvre 1859 .
Rabelais, Francois, geb. um 1495 zu Chinon, gest. zu Paris um
1553. Pantagruel Buch I 1533, Gargantua 1535, Pantagruel Buch II 1546,
Buch ni 1552, Buch IV posthum 1564. Ausgaben von Jaixet, 1868/72.
300 l^as Französische.
2 Bde. in der Bibl. elzev., von Boirgaud Desmarets et Rathery 1857,
2'' ed. 1S73. 2 Bde. 'gute Ausg. Marty-Laveaux 1868 73. 3 Bde., von
A. DE Moxtaiglon et L. Lacour 1808/73. 3 Bde., von L. Moland 18(5(1
(K. NOEL, R. et son oeuvre l&SO ; P. Sebillüt, Gargantua dans les tra-
ditions populaires; G. Vallet, Le genie de 11. 1860; H. Ligier, La
politique de R. 1880; G. ü'Albenas, Les Portraits de R. Montpellier
1S80; A. Maysargues, R., etude s. le XVI«' s. 1869; J. Gelbcke, Joh.
Fischart u. R.'s Gargantua. , Petersburg 1874; L. Ganghüfer, J. Fischart
und seine Verdeutschung des R.München 1881; deutsche Uebersetzungen
von G. Regis Leipzig 1832/41. 2 Bde., von Gelbcke Leipzig 1880. 2 Bde.
— Racan, Honorat de Bueil, geb. auf Schloss Roche-Racan Touraine)
1589, gest. 1670. Bergeries 1628. Poesies chretiennes 1660. CE. c. p. p.
Texaxt de la Tour 1857, 2 Bde. in der Bibl. elzev. — Racine, Jean,
geb. zu la Ferte-Milon 21. 12. 1639, gest. zu Paris 26. 4. 1699. Oden:
la Nymphe de la Seine 1659, la Renommee aux Muses 1663. Dramex:
Thebaide ou les freres ennemis 1663 (?), Alexandre 1665, Andromaque 1667,
Plaideurs, comedie 1668, Britanniens 1669, Berenice 1670, Bajazet 1672, Mi-
thridate 1673, Iphigenie 1674, Phedre 1677, Esther 1689, Athalie 1690. Re-
ligiöse Lyrik ; Cantiques spirituels 1694 ; Pko.sa : Abrege de l'hist. de Port-
Royal 1693, Precis des campagnes de 1672 a. 1678; Discours academiques;
Lettres ä l'auteur des heresies imaginaires ; Briefe. Beste Gesammtausg. der
"Werke R.'s von P. Mesxard 1865/71 in den Grands Ecr. de la Fr. (F. Del-
TOUR, Les ennemis de R. au)XVIIe s. 1859) — Racine, Louis, geb. 1692
zu Paris, gest. ebenda 1763. Lyrische Gedichte. Traite de la poesie dramatique
uncienne et moderne 1753. Memoires s. la vie de J. Racine — Ramus
Ramee), Pierre, geb. fürt unbekannt: 1515, ermordet in der Bartholo-
mäusnacht 1572. Philosoph, Mathematiker und Grammatiker — Raynal,
Guill.-Thom.-Francois, geb. zu Saint-Geniez (Aveyronj 1713, gest. zu
Paris 1796. Hist. philosophique et politique des etablissements des Europeens
dans les deux Indes 1778 — Raynouard, Francois- Juste-Marie,
geb. zu Brignoles (Var; 8. 9. 1761, gest. zu Pas.sy 27. 10.1836. Tragödiex:
les Templiers 1S05, les Etats de Blois. Ueber seine Bedeutung f. d. Ge-
schichte der roman. Philologie vgl. Theil 1163 — Regnard, Jean-
Fran9ois, geb. im Februar 1655 zu Paris, gest. 4. 9. 1709 auf dem
Schlosse Grillon Seine-et-Öise;. Listspiele; le Joueur 1696, le Distrait
1697, le Retour imprevu 1700, les Menechmes 1705, le Legataire universel
1708. Gesammtausg. von A. Mi( niEL.s 1754. 2 Bde., von E. Fourxier
1875, 2 Bde. — Regnier, Mathurin, geb. zu Chartres 21. 12. 1573.
gest. zu Rouen 22. 10. 1613, verfasste Satiren, drei I^pistcln, 5 Elegien,
ausserdem Oden, Stanzen, Epigramme etc. Gesammtausg. von Viollet-
Lkdic 1822 iwiederlujlt 1S53 in der Bibl. jelzev. u. E. CoiRBET 1875,
letztere Ausg. die beste. G. Felgxer, Untersuchungen über das Leben M.
R.'s und die Abfassung.szeit seiner Satiren, in Herrigs Archiv Bd. LXII
53; Lai's, Analyse et critique des satires de M. R. Königsberg 1880 Progr.i
— Remusat, Charles-Francois-Ma rie de, geb. 14. 3. 1797 zu
Paris, gest. 6. 1. 1875. Philoso])h, Essayist, verfasste unter Anderem
Abelard 1845 2 Bde., De la pliilosopljie allemande 1S45, l'Angleterre au
Litteraturf^cschiclite. i}(3 1
XMI*' s. 1S5Ü u. 1SG5 — llL'musat, Clai re-Elisabeth- J eannu, geb.
ITsO zu Paris, gest. ebenda 1S21. Memoires 1802/Ü8, p. ]). Paul-Louis-
Eticnne K. 1S79. 3 Bde. — Renan, Jos cph-Erncst, geb. zu Tröguier
(Cötes-du-Nord, 27. 2. 1823. Hist. generale et Systeme comi)arös des langues
semitiques 1S45 u. 1858. 2 Bde. L'Etude de la langue grecque au moyen
äge 1847. Averroes et laverroisme 1852. Vie de Jesus 1803. Les Apotres
1860. Saint-Paul et sa mission 1867. L' Anti-Christ 1873. L'Eglise chre-
tienne 1S79. Dialogues philosophiques 1876. Caliban, suite de la Temp(5te
1878 — Retz, Jean- Francois-Paul de Gondi, cardinal de, geb.
zu ^lontmirail (Marne im Oet. 161-i, gest. zu Paris 24. 8. 1679. Memoires
1719. 3 Bde. Beste neuere Ausg. in den Grands Ecrivains de la Fr. —
Rivarol, Antoine de, geb. 1753 zu Bagnols Gard,, gest. 1801 zu
Berlin, politischer Schi-iftsteller, Dante-Uebersetzer vgl. de Lescuke, R.
et la societe frcse pendant la revolution et l'emigration. 1883y — Rollin,
Charles, geb. 30. 1. 1661 zu Paris, gest. 14. 9. 1741. Traite des Etudes
1728. Histoire ancienne 1730/38. 13 Bde. — Ronsard, Pierre, geb. 11.
9. 1524 zu Vendöme, gest. zu Paris 37. 12. 1585. CE. c. p. p. Prosper
Bl.\N"CHEMaix in der Bibl. elzev. 1S5S/60. 7 Bde. QE. choisies, p. p. Sainte-
Beive, Nouv. ed. p. L. Moland. 1879 fLitteraturangaben s. oben S. 61,
— Rotrou, Jean de, geb. 21. 8. 1609 zu Dreux, gest. ebenda 28. 6.
1650. Tragödien: Hercule mourant 1632, Iphigenie 1640, le veritable
Saint-Genest 1646, Venceslas 1647, Cosroes 1649 ; Komödien : les Menechmes
1632, les Sosies 1636, les Captifs 1638. (E. c. p. p. Viollet-Ledlc 1620/
22. 5 Bde. J. Jarry, Essai s. les oeuvres dramatiques de J. R. Douai
1868. Diss.; C. Sölter, Grammat. u. lexikolog. Studie über J. R. Jena
1882 Diss.; L. Person, Notices biographiques et critiques s. R. 1882, und:
Hist. du veritable Saint-Genest de R. 1882; — Rousseau, Jean-Bap-
tiste, geb. zu Paris 6. 4. 1671, gest. zu Brüssel 17. 3. 1741. Lyriker u.
Dramatiker — Rousseau, Jean- Jacques, geb. zu Genf 28. 6. 1712,
gest. zu Ermenonville (Oisc; 2. 7. 1778. Beantwortung der von der Aka-
demie zu Dijon gestellten Preisfrage »Le progres des sciences et des
lettres a-t-il contribue ä corrompre ou ä epurer les nioeurs?« 1750. Le
Devin du village 1752. L'Origine de linegalite parmi les hommes 1753.
La Nouvelle Heloi'se 1759. Le Contrat social 1762. Emile 1762. Lettres
de la Montagne 1764. Confessions. Gesammtausgg. von Peyron, Genf
1782. 17 Bde., v. Petitalv 1819/20. 22 Bde., von Musset-Pathey mit
Hist. de la Vie et des Ouvrages de J.-J. R. 1823/27. 26 Bde. Correspon-
dance inedite de J.-J. R. avec Mars-Michel-Ray, p. p. Bo.scha 1858.
ffiuvr. ined., p. p. Streckeisen-Moulton 1861/64. 2 Bde. (Moreau, J.-J.
R. et le siecle ])hilosophique 1870; Saint-Marc-Girardin, J.-J. R., sa vie
ttses oeuvres 1875 ; Morley, J.-J. Rousseau London 1873 ; F. Brockerhoff,
J.-J. R. Sein Leben und seine "Werke. Leipzig 1863 74, und desselben
Rousseaubiographie im »Neuen Plutarch« V, 1877; L. Mohr, Les cente-
naires de Voltaire et de J.-J. R. Apercu bibliographique 1879. E'Ritter,
Nouvelles recherches s. les confessions etlacorrespondencede R. Üppelnl880;
A. Jansen, J.-J. R. Fragm. inedits. Recherches biograph. et litt. Berlin 1882;
A. BovüEAVT, Etüde s. letat mental de J.-J, R. et sa mort k Ermenonville;
362 rjas Französische.
E. RiTTEK, la faraille de J.-J. E. Extrait du t. XXIII du BulL de l'Inst.
"genevois. Genf 1878 ;A. ÜElssiG, J.-J. R.'.s Leben und Werke. Leipzig 1878 .
Saint-Amant, Marc- Antoine-Gerard de, geb. zu Rouen 1594,
gest. zu Paris 1661. Das Epos »Moise sauve«. (E. p. p. Ch. Livet in der
Bibl. elzev. 1855. 2 Bde. — Sainte-Beu ve, Charles-Augustin, geb.
zu Boulogne-sur-Mer 23. 12. 1804, gest. zu Paris 13. 10. 1869. Litterar-
historiker u. Kritiker; die wichtigsten seiner Werke sind oben S. 336 und
358 genannt — Saint-E vremont, Charles de, geb. zu St-Denis du
Guast (Manche) 1616, gest. zu J^ondon 1703. Kritiker. Essayist — Saint-
Gelais, Meli) in de, geb. 1486 od. 1491 zu Angouleme, gest. zu Paris
1558. Lyrischer Dichter, ffi. p. p. Blaxchemaix in der Bibl. elzev. 1873.
3 Bde. — Saint-Lambert, Jean-Francois de, geb. zu Nancy 1716,
gest. zu Paris 1802. Les Saisons, poeme; Principe» des mceurs chez toutes
les nations 1798. 3 Bde.; CEuvres philosophiques 1801. 5 Bde. — Saint-
Marc-Girardin, geb. zu Paris 1801, gest. zu Morsang-sur-Seine (Seine-
et-Oise) 1873. Cours de litterature dramatique 1843, 7« ed. 1868. 5 Bde.
etc. etc. — Saint-Pavin, Denis Sanguin de, geb. zu Paris im An-
fang des 17. Jahrb., gest. 1670. Poesies, p. p. S.\int-M.vrc 1759 u. in Bd. 9
der Historiettes des Tallemant des Reaux, p. p. P. Paris — Saint-
Pierre, Bernardin de, geb. 19. 1. 1737 zu le Havre, gest. 20. 1. 1814
zu Eragny-sur-Oise (Seine-et-Üise> Etudes de la nature 1784. Paul et Vir-
ginie 1787. La Chaumiere indienne 1790. Harmonies de la nature 18l5.
3 Bde. OE. posthumes 1833 — 37. 2 Bde. — Sales, saint Francois de,
geb. zu Annecy 1567, gest. zu Lyon 1622. CE. c. Lyon 1669 etc., beste
Gesammtausg. Lyon 1855 — Sand, George (Amantine-Lucile-Aurore
Dupin, dame Dudevant), geb. zu Paris 5. 7. 1804, gest. zu Nohant 7. 6.
1876. Wichtigere Werke (meist Romane) : Rose et Blanche (mit Jules
Sandeau verfasst) 1831. Indiana 1832. Valentine 1S32. Lelia 1833. Lettres
d'un voyageur 1834 ff. Jacques 1834. Andre ls35. Leon Leoni 1835. Simon
1836. (1833 bis 1838 erschienen von ihr zunächst in der R. d. d. M. : le
Secretaire intime, Lavinia, Metella, Mattea, la Marquise, Mauprat, la Der-
niere Aldini, les Maitres mosaistes, Uscoque.) Contes venitiens 1838. Co-
sima, drame 1840. Le Compagnon du Tour de France 1840. Consuelo
1842/43. La Comtesse de Rudoistadt 1843/45. La Marc au Diable 1846.
La Petite Fadette 1848. Francois le Champy 1848. Claudic, drame 1851.
Histoire de ma Vie 1854. MUe de la Quintine 1863. Le Marquis de Vil-
lemer, drame 1864. Laura 1864. La Confession d'une jeune fiUe 1865. Mon-
sieur Sylvestre 1866. Le Dernier Amour 1867. Cadio 1868. MUe Merquem
1868. Pierre qui roule 1869. Malgre tout 1870. Le Beau Laurence 1870.
Francia 1872. Nanon 1872. Contes d'une grand' mere 1873. Ma soeur Jeanne
1874. Les ])eux freres 1875. Flamarande 1876 [nach ihrem Tode erschie-
nen: Nouvelles Lettres dun voyageur 1877. Dernieres pages 1877). Theä-
tre de G. S. 1860. 3 Bde. Theatre de Nohant 1864 — Sandeau, L6o-
nard-Sylvain-Jules, geb. zu Aubusson 19. 2. 1811, gest. 21. 4. 1883
zu Paris. Wichtigere Rom.\ne: Rose et Blanche (mit G. Sand verfasst)
1831; Mme de Sommerville 1834; Marianna 1839; le Docteur Herbeau
1841; Mlle de Kerouare 1842; Vaillance et Richard 1843; Fernand 1844;
Litteraturfreschichte. ',i(33
Catherine 1845: A'alereuse 184G; MUe de In Seigliere 1S48; Madeleine
1S4S; la Chasse au roman 1849; Un Heritage 1850; Sacs et parchemins
1851; le Chateau de Montsabrey 1853. ülivier 1854; la Maison de Penar-
van 1858; Un Debüt dans la Magistrature 1862; la Roche aux Mouettes
1871; le Colonel Ewrard 1873 etc. Dkamex (Li '.st-SPIELe; : Mlle de la
Seiffliere ^ursprünglich Roman 1851, la Maison de Penarvan (ursprünglich
Roman) 1863, Jean de Thommeray (ursprünglich Roman) 1873, la Pierre
de touche 1854, la Ceinture doree 1855 etc. — Sarirlasin, Jean-Fran-
cois, geb. 16U5 zu Hermanville Calvados), gest. zu Pezenas 1654. Dulot
vaincu, ou la defaite des bouts rimes, poeme heroi-comique; Geschichts-
werke: Histoire du siege de Dunkerque; La conspiration de Walstein —
Satyre Menippee, verfasst 15',i3: über die Verfasser sehe man die gleich
zu nennenden Schriften. Neuere Ausgaben von Ch. Read 1876, von J.
Frank, Oppeln 1884 (J. Frank, Zur S. M., eine krit. Studie. Nikolsburg
1880 Progr. [vgl. Ztschr. f. nfrz. Spr. u. Lit. HI 4541, und; Zur S. M., in;
Ztschr. f. nfrz. Spr. u. Lit. IV 199, vgl. auch die Artikel von Frank und
ZvERiNA in Bd. V der eben genannten Ztschr. — Saurin, Bernard-
Joseph, geb. zu Paris 1706, gest. 17. Nov. 1781. Dramat. Dichter —
Scaliger, Julius Caesar, geb. zu Padua ? 1484, gest. zu Agen 1558,
und dessen Sohn Scaliger, Joseph Justus, geb. zu Agen 1540, gest.
zu Leyden 1609, berühmte Philologen — Scarron, Paul, geb. zu Paris
1610, gest. ebenda 1660. Typhon 1644. Virgile travesti 1648/52. Le Roman
comique 1651. Nouvelles tragicomiques. Verschiedene Lustspiele, z. B. Don
. Japhet dArmenie, le Marquis ridicule etc. Gesammtausgg. 1737, 10 Bde.;
1786, 7 Bde. Der Roman comique neu herausg. von V. Fourxel 1857.
2 Bde. H. Ch.\RDON, La troupe du Roman comique. Le Mans 1876; H.
Junker, Scarron- Studien, in: Ztschr. f. nfrz. Spr. u. Litt. III 1 u. 201,
und: P. Sc.'s Virgile travesti. Oppeln 1883. Münsteraner Diss. — Scribe,
Augustin-Eugene, geb. 24. 12. 1791 zu Paris, gest. 20. 2. 1861 ebenda.
Verfasser zahlreicher Lustspiele, z. B. Bertrand et Raton 1833, la Cama-
raderie 1837, le Verre d'eau 1842, Adrienne Lecouvreur 18^9, les Contes
de la Reine de Navarre 1851, Bataille de Dames 1851, les Doigts de fee
1858 etc.; dichtete ausserdem Opemtexte u. dgl. — Scudery, Georges
de, geb. zu le Havre 1601, gest. zu Paris 1667. L'illustre Bassa 1642; Armi-
niusl643; Poesies diverses 1649; Alaric 1654 — Scudery, Madeleine
Mlle de, geb. zu le Hävre 1607, gest. zu Paris 1701. Ibrahim 1641. Arta-
mene, ou le Grand Cyrus 1649 53. 10 Bde. Clelie mit der Karte des Pays de
tendre) 1656. 10 Bde. Almahide 1660. Femmes illustres 1665. Mathilde d'A-
guilar 1669. Celanire 1609. Conversations s. divers sujets 1680/92. 10 Bde. (V.
Cousin, La Societe frcse au XVII«" s. d'apres le Grand CHttus de Mlle Sc.
1855; Rathery et BouTBON, Mlle de Scudery, sa vie et sa correspon-
dance, avec un choix de ses poesies 1873) — Sedaine, Michel -Jean,
geb. zu Paris 1719, gest. ebenda 1797, dichtete Dramen und Opemtexte,
z. B. Blaise le savetier 1759, le Jardinier et son seigneur 1761, Rose et
Colas 1764, le Philosophe sans le savoir 1765, la Gageure imprevue 1768,
le Deserteur 1769, Aucassin et Nicolette 1780 etc. !Gl.si, S., sein Leben
und seine Werke, mit besonderer Bezugnahme auf le Philos. sans le sa-
364 IJas Französische.
voir. Berlin 1881) — Segrais, Jean Kegnaud de, geb. 1624 zu Caen.
gest. ebenda 1701. Poesies. Uebersetzung der Aeneide u. der Eklogen Vir-
gil's etc. — Segur, Louis-Philippe comte de, geb. zu Paris 1753,
gest. ebenda 1830. Geschichtsschreiber — Sevigne, Marie de Rabutin
Chantal marquisc de, geb. 6. 2. 1626 zu Paris, gest. zu Grignan
(Dromej 18. 4. 1696. Briefsammlung. Erste Ausgaben von de Büssy, im
Haag 1726, von Perrix 1734. 4 Bde.; neuere Ausgaben von Monmerque
1818/19. 20 Bde. u. A. Regxier 1862/64. 12 Bde., in den Grands Ecriv.
de la Fr. (Sommer, Lexique de la langue de Mme de S. 1867. 2 Bde.) —
Sorel, Charles, geb. zu Paris um 1602, gest. ebenda 1674. Histoire co-
mique de Francion 1622. Le Berger extravagant 1627. Polyandre 164*^
vgl. F. BoBERTAG in Ztschr. f. nfrz. Spr. u. Lit. III 228) — Soulie,
Melchior-Frederic, geb. 1800 zu Foix (Ariege), gest. 1847 zu Bievre
bei Paris. Romane: Les deux cadavres 1832. Le magnetiseur 1834. Le
vicomte de Beziers 1834. Le comte de Toulouse 1835. Les memoires du
diable 1837/38. Dramex: Romeo et Juliette 1828. Christine ä Fontaine-
bleau 1829. Diane de Chivry 1839. La closerie des gcnets 1846 — Sou-
met, Alexandre, geb. 1788 zu Castelnaudari Aude,, gest. 1845 zu Pa-
ris. Dramatiker. Diciituxgex: Le fanatisme 1808. L'incredulite 1810. La
decouverte de la Vaccine 1815. Les derniers moments de Bayard 1815.
Jeanne d'Arc 1845. Dramen: Clytemnestre, Saül 1822; Cleopätre 1824;
Jeanne d'Arc 1825 ; Les Machabees 1827; Emilia 1827; Elisabeth de France
1828; Üne fete de Neron 1S29; Norma 1831; Le Gladiateur 1841; Le
ebene du roi 1841; Jane Gray 1843 — Souvestre, Emile, geb. 1806
zu Morlaix, gest. 1854 zu Paris. Les derniers Bretons 1838. 4 Bde., u. a.
Romane — Souza-Botelho, Adelaide-Marie-Emilie, geb. zu Pa-
ris 1761, gest. ebenda 1836. Romane: Adele de Senanges 1794; Charles
et Marie 1802; Eugene de Rothelin 1808 — Stael-Holstein , Anne-
Louise-Germaine Necker, baroiine de, geb. 22. 4. 1766 zu Paris,
gest. ebenda 14. 7. 1817. Dramen (Essais dramatiques 1821). Romane:
Delphine 1802. 4 Bde.: Corinne 1807. 3 Bde. LITTERARGESCHICUTLICHE
u. i'HiLOSOPHiscuE ScHRiFTEX : Lcttres s. J.-J. Rousseau 1788; De l'in-
fluence des passions 1796; Sur la litterature consideree dans ses rapports
avec l'etat morale et politique des nations 1800; De l'AUemagne 1810;
Considerations s. la Revolution frcse 1818. Dix annees d'exil 1821. CE. in-
edites 1836. (E. c. 1820/21. 17 Bde. (Steven.s, Mme de Stael, her life
and her times. London 1882. 2 Bde.; O. DE Haussoxyille, Le salon
de Mme de Necker etc., in der R. d. d. M. vom 1. 1. 1880 ab; Graeter,
Charles de Villiers et Mme de Stael. Rasteburg 1881 Progr. Auch sonst
sind über Mme de St. mancherlei Specialsehriften vorhanden , aber doch
fehlt es noch immer an einer abschliessenden Biograjjhie der merkwürdi-
gen Frau, eine solche ist jedoch in Bälde zu erwarten von Natalie Rü-
melin) — Sue, Marie-Josephe-Eugene, geb. zu Paris 10. 12. 1804,
gest. zu Annecy (Savoyen) 3. 7. 1857. Romane: Kernock le Pirate 1830.
Plick et Plock 1831. Atar-Gull 1831. La Salamandre 1832. La Coiicaratcha
1832/34. La Vigie de Koat-Ven 1833. Latreaumont 1837. Arthur 1N38.
Le Marquis de Letorieres 1839. Mathilde 1841. Le Morne au Diable 1842.
I.itteruturgeschichte. 3G5
Les Mysteres de Paris lb42 43. Le Juif errant 1^44/45. Martin, Tenfant
trouve 1847. Les Sept peches capitaux 1847 — 4;i. Histoire de la Marine
frcse au \~^ sieele li>34 37. 5 Bde.
Taine, Hippolyte- Adolphe, geb. 21. 4. ls2S zu Vouziers (Ar-
dennes). Essai s. Tite-Live. 1S54. Les Philosophes frcs du XIX*^ sieele
1S56. Essais de critique et d'histoire 1S57. Lafontaine et ses fables 1868.
Hist. de la litterature anglaise 1864. Les Origines de la France contem-
poraine, L l'Ancien regime 1876, II. la Revolution 1878 — Tallemant
des Reaux, Gedeon, geb. 1619 zu La Kochelle, gest. zu Paris 1692.
Historiettes, neueste u. beste Ausg. von Moxmerqik u. P. P.\ris 1S52/5^.
9 Bde. — Tastu, Mme, geb. 1798 zu Metz. Dichterin. Jugendschriftstel-
lerin — Theuriet, Andre, geb. zu Marly-le-Roi (Seine-et-Oise 1833.
Chemin des bois lyrische Gedichte; 1S67; le Bleu et le Noii* (Gedicht)
1873. RoM.\XE: Mlle Guignon 1874; le Mariage de Gerard (ins Deutsche
übersetzt von N.\T.\lie Rümelix. Stuttgart 1884; und Une Ondine 187.5;
la Fortune d Angele 1S76; RajTnonde 1S77; le Filleul d'un marquis 1878;
le Fils Maugars 1S79; la Maison des deux Barbeaux 1S79 etc. Reizende
KlNDEKfiRZ.^HLUXGEX ; La Princessc verte u. l'Ecureuil 1882 (ins Deutsche
übersetzt von Nat. Rümelix. Oppeln 1S83J — Thiers, Louis- Adol-
phe, geb. 16. 4. 1797 zu Marseille, gest. zu Paris 3. 9. 1877. Histoire de
la Revolution frcse 1823/27. 10 Bde. ; Hist. du Consulat et de TEmpire
1845/62. 20 Bde. A. Lay.\, Etudes historiques s. la vie privee, politique
et litteraire de M. A. Thiers 1846. 2 Bde.; J. Sliiox, le Gouvernement de
M. Thiers 1878. 2 Bde.; — Thierry, Augustin, geb. zu Blois 10. 5.
1795, gest. zu Paris 22. 5. 1856. Hist. de la conquete de lAngleterre par
les Xormands 1825. 3 Bde.; Lettres s. l'hist. de France 1S27; Dix uns
d'etudes historiques 1S34. Recits des temps merovingiens 1840. 2 Bde.
Recueil des monuments de l'histoire du Tiers-Etat 1849/56. 2 Bde. CE. c.
1846/47 8 Bde., 1856/60 10 Bde. — Thierry, Amedee, geb. zu Blois
2. 8. 1797, gest. zu Paris 27. 3. 1ST3. Histoire de la Gaule sous ladmi-
nistration romaine 184042. Saint-Jerome , la societe chretienne ä Rome
etc. 1867. Hist. d'Attila et de ses successeurs. 4e ed. 1873 u. Anderes —
Thomas, Antoine-Leonard, geb. 1732 zu Clermont-Ferrand , gest.
1785 zu Oullins bei Lyon. LjTiker; Verfasser von »Eloges«. CE. c. 1822/23
u. 1825. 6 Bde. — Thou (Thuanus , Jacques-Auguste de, geb. 1553
zu Paris, gest. ebenda 1617. Thuani historiarum sui temporis pars prima
1604, p. secunda 1606, p. tertia 1607, p. quarta 1608, die letzten Bücher
wurden von DuPUY xi. RlG.\LLT 1620 veröffentlicht. Beste Gesammtausg.
von BucKLEV. London 1730 — Tillier, Claude, geb. zu Clamecy 1802,
gest. zu Nevers 1844. Mon Oncle Benjamin 1846 ins Deutsche übersetzt
von L. Pfav 1866 — Tocqueville, Alexis-Charles-Henri, geb.
1805 zu Paris, gest. 1859 zu Cannes. La Demoeratie en Amerique 1S35 40.
L'ancien regime et la Revolution 1856 (Euvres et correspondance inedite
1861 — Tressan, Louis-Elisabeth, geb. zu le Mans 1705, gest. zu
Paris 1783. CE. e. 1822 23. 10 Bde. Tr. modernisirte mittelalterliche Aben-
teuerromane — Tristan THermite, geb. 1601 auf dem Schlosse Soliers
Marche , gest. 1655 zu Paris. Dramatischer Dichter. Marianne, tragedie 1637.
366 Das Französische.
Urfe, Honore d', geb. zu La Batie bei Marseille 15(i7, gest. zu
Villefranche (Piemont 1G25. Epistres morales 1598. Astree 1610 fl'. 'H.
"Welti, H. d'U.'s Astree etc., in: Ztschr. f. nfrz. Spr. u. Lit. V 107).
Vanderbourg, Martin -Marie-Charles, vicomte de, geb. zu
Saintes ITtJS, gest. 1827, veröffentlichte 1803 die apokryphen Poesien der
Clotilde V. Surville — Vauvenargues, Luc de Ciapiers, marquis
de, geb. zu Aix 1715, gest. zu Paris 1747. Introduction ä la connaissance
de l'esprit humain 1746, beste neuere Ausg. von Gilbeut 1862 — Velly,
Paul-Francois, geb. zu Crugny (Aisne) 1709, gest. zu Paris 1759. Hi-
stoire de France ^fortgesetzt von Villaret, Garmeh u. Fa.vtin-Desodo-
ARDs; 1808/12 20 Bde., 1819 21 43 Bde. — Yertot, Rene Auber, geb.
1655 auf dem Schlosse Benetot Seine-Inferieure) , gest. 1735 zu Paris.
Hist. des Chevaliers de Saint-Jean de Jerusalem 1726, u. andere Geschichts-
•\verke — Viau(dj, Theophile de, geb. zu Bousseres (Lot-et-Gar.) 1590,
gest. zu Paris 1626. Satiriker. CE. 1621 u. 1656 — Vigny, Alfred-
Victor de, geb. zu Loches (Indre-et-Loire) 1797, gest. zu Paris 1863.
Poemes 1822. Eloa, ou la soeur des Anges 1824. Poemes antiques et mo-
dernes 1826. Les Destinees, poesies posthumes, p. p. L. Ratishonne 1864.
HlSTORLscHER RoMAN : Ciuq-Mars 1826. Dhamex ; la Marechale d'Ancre
1831, Chatterton 1835, Uebersetzung von Shakespeare's Othello 1829 —
Villemain, Abel-Franco is , geb. 1790 zu Paris, gest. ebenda 1870,
Verfasser des bekannten »Cours de litterature frcse« (s. oben S. 305i u. an-
derer litterargeschichtlicher u. geschichtlicher Werke — Voiture, Vin-
cent, geb. zu Amiens 1598, gest. zu Paris 1648. Poesien^ iSonett Urania).
Briefe. Neuere Ausg. von Ubicim 1855. 2 Bde., u. von Rorx 1856 :W.
List, Syntakt. Studien über V., in: Franz. Stud. I Ij — Voltaire, Fran-
coi s-Marie- Aro uet de, geb. zu Chiitenay bei Sceaux 20. 2. 16!t4, gest.
zu Paris 30. 5. 1778. Dr.\men : (Edipe 1718. Marianne 1724. Brutus 1730.
Eriphyle 1732. Zaire 1732. Adelaide du Guesclin 1734. La Mort de Ceaar
1735. Alzire 1736 (?). L Enfant prodigue, comedie 1736. Mahomet 1741.
Merope 1743. Semiramis 1748. Nanie, comedie 1749. Oreste 1750. Ecos-
saise, comedie 1760. L'Orjjhelin de la Chine 1755. Tancrede 1760. Irene
1798. Epische UicnTiNOEN: la Henriade 1728. La Pucelle 1754. La
Guerre civile de Geneve 1768. Romane u. Novellen: Zadig 174*^. Can-
dide 1759. Ges( hicutswerke : Hist. de Charles XII 1731. Siecle de
Louis XIV 1752. Hist. de Russie 1759 63. Histoire du parlement de Paris
1769. Einige der rniLosoPHiscHEN Schriften: Lettres anglaises 1733.
Diatribe du docteur Akakia 1752. Essai sur les mceurs 1756. Dictionnaire
philosophique 1764. Questions sur les rairacles 1765. La Bible enfin ex-
pliquee 1776. Ausserdem viele andere Prosawerke, darunter auch "Com-
mentaires sur Corneille«. Umfangreiclie Correspondenz. Ueber den gesamm-
ten Umfang der schriftstellerischen Thätigkeit V.'s vgl. QrKUAUD, Biblio-
graphie voltairienne 1S41. Gesamnitausgaben erschienen zu Kehl 17^5/89
70 Bde., zu Paris, besorgt von Bei'CHOT, 1829/34 70 Bde., zu Paris, be-
sorgt von MoLAND, 1878 tf. (Uesnoiresterres, Voltaire et la societe frcse
au XVnie s. 1867/76. 8 Bde.; U. Str.vuss, V., sechs Vorträge. 2. Aufl.
Leipzig 1870: J. PoRTON , Life of V. London 1881; 11. Maurenuoltz,
Litteraturgcschichle. 367
Voltaire-Studien. Beiträge zur Kritik des Historikers u. Dichters. Oppeln
1882; V. im Urtheile der Zeitgenossen. Üppeln 1SS3; V.s Leben u. Werke.
2 Bde. Oppeln 1 '^SS ; Zur Korrespodenz V.'s, in : Ztschr. f. nfrz. Spr. u.
Lit. IV 248. und: Voltaire- Analekten, in: Ztschr. f. nfrz. Spr. u. Lit.
V 53; E. FiEKUxr.ER, V. als Tragiker. Olmütz 1882 Progr. ; JCrgens,
Die dramatischen Theorien V.'s. Münster l>>8ö Diss. ; K. Auülph, V. et le
the&tre de Shakespeare. Sorau 1883 Progr. ; Broglie, L'ambassade de V. ä
BerUu, in: R. d. d. M. 18S4 LXU 481; J. G. Hagema.nn, Ueber V.'s
Essai s. les mo-urs. Leipzig 1S85 Diss.; W. Kreitex, V., ein Charak-
terbild. 2. Aufl. Freiburg i. B. 18S.5; E. Stengel, Der Briefwechsel V.s
mit Landgraf Friedrich IL von Hessen, in: Ztschr. f. nfrz. Spr. u. Lit.
I 231, vgl. VII 71 u. 173; G. Bexgesco, V., bibliographie de ses oeuvres
1885. 3 Bde.; L. Mohr, Les Centenaires de V. et de J.-J. Rousseau.
Apercu bibliographique 1882).
Zola, Emile, geb. zu Paris 2. 4. 1840. Contes ä Ninon 1864. La
Confession de Claude 1865. Therese Raquin 1867. Madeleine Ferat 1868.
Les Rougon-Macquart. histoire naturelle d'une famille sous le second em-
pire 1871 ff. i davon die einzelnen Theile unter den Sondertiteln: la For-
tune des Rougou, la Curee, le Ventre de Paris, la Conquete de Plassans.
la Faute de labbe Mouret, Son Excellenee Eugene Rougon, 1 Assommoir,
Une Page d'amour, Nana etc.). Einzelne der Romane Z.'s sind von ihm
selbst dramatisirt -worden. Ausserdem hat Z.- kritische u. litterargeschicht-
liche Schriften verfasst, in denen er den »naturalisme« theoretisch zu ver-
theidigen versucht hat 0. Weltex, Zola- Abende bei Frau von S. Eine
kritische Studie in Gesprächen. Berlin 18S3 .
§ 5. Uebersicht über die Geschichte der fran-
zösischen Litteratur.
1. Die ältesten geschichtlich nachweisbaren l^ewohuer
Nordfrankreichs , die Kelten , besassen Dichtungen rhythmi-
scher Form, welche jedoch nicht schriftlich fixirt, sondern nur
gedächtuissmässig überliefert wurden (vgl. Caes., B. G. VI 14;.
Bezüglich des Inhaltes und der Beschaffenheit dieser Dichtun-
gen ist man lediglich auf A'ermiithungen angewiesen, da nichts
von ihnen erhalten ist und bestimmte Angaben über sie feh-
len. Es muss demnach auch ganz dahingestellt bleiben, ob
und bzw. in welcher Weise das gallische Keltenthum auf die
entstehende französische Litteratur eingewirkt und deren spä-
tere Entwickelung beeinflusst hat. Hervorgehoben aber muss
werden, dass keltische Sage und Mythe i Artussage u. dgl. i
erst von England Wales), vielleicht auch von der durch bri-
tische Kelten besiedelten Bretagne aus Eingang in die fran-
zösische Litteratur des Mittelalters (etwa von Mitte des 12.
Jahrh. ab) gefunden hat und vorwiegend nur von der höfi-
368 i^as Französische.
sehen Kunstepik, nicht aber von der volksthümlichen Dich-
tung, als Stoffquelle benutzt worden ist.
Ilülfsmittel für das Studium keltischer" Sprache und Lit-
teratur sind oben S. 12 angegeben worden.
2. Aus dem zur römischen Provinz gewordenen Gallien
sind zahlreiche namhafte lateinische Dichter und Prosaisten
hervorgegangen (vgl. oben S. 15 u. S. 42 f. , wie denn über-
haupt in dem römischen Gallien ein sehr reges litterarisches
Leben sich entfaltete und eine lateinische Litteratur sich ent-
wickelte , welche in mancher Beziehung ein eigenartiges Ge-
präge trug und Ansätze zu einer Art von nationaler Indivi-
dualisirung erkennen lässt. Diese gallisch-lateinische Littera-
tur, welche übrigens etwa vom 3. Jahrh. n. Chr. ab vorwie-
gend auch eine christliche war , besitzt für den französischen
Philologen hohes Interesse, indem in ihr mehrfach Tendenzen
und Erscheinungsformen hervortreten , welche später für die
französische Litteratur charakteristisch geworden sind. Man
ist selbst berechtigt, die gallisch-lateinische Litteratur als zur
französischen Litteratur im weiteren Sinne des Wortes gehörig
zu betrachten, wie dies denn auch in der Histoire litteraire
de France geschehen ist.
3. Da das Latein, wenn auch in mehr oder weniger ent-
arteter Gestalt, bis in das späte Mittelalter hinein die fast
ausschliessliche Sprache der Wissenschaft und der Kirche blieb
und da es auch bis etwa zur Mitte des 12. Jahrh. vielfach
das Organ der an die hölieren Stände sich wendenden Poesie
war, so fand die sich allmählich entwickelnde französische
Sprache zunächst und auf Jahrhunderte hinaus nur innerhalb
der volksthümlichen Dichtung Verwendung. Ueber den (-ha-
rakter des Altfranzösischen vgl. oben S. ä2 ff.
4. Die Anfänge der französischen Litteratur (Poesie) lie-
gen im Dunkel. Höchst wahrscheinlich ist jedoch , dass be-
reits in der Merovingerzeit eine unter germanischem Einflüsse
stehende und an die germanische Heldensage sich anlehnende
epische Volksdichtung in französischer Sprache entstand ; so
scheinen z. B. die Kriege Chlotars I gegen die Sachsen (554
u. 555) Gegenstand epischen \'olksgesanges geworden zu sein
(das »Faro-Lied« : De Chlofhario ent canere rege Francorum, \
qui icit pur/nare in gentem Saxonum. \ Quam graritcr prore-
I
Litteraturjjescliichte. 309
nissef 7}iisin's Saxo/iuPK \ si iion fuisscf iitclufiis Furo de gente
Burgundionum! , überliefert mit der vorausgeschickten lienier-
kiing »cannen publicum juxta rusticitatem per omnium volita-
bat ora ita canentium. feminaeque choros inde plaudeiulo com-
ponebaut« von dem heil, llildegar ^"1" S75 als Bischof von
Meaux] in der Vita s. Faronis [b. Mabillon, Acta S.S. Ord.
S. Jiened. II 616 f.]; Hildegars Quelle war wiederum eine
Vita des heil. Kilian , vgl. Rajna , Le origini dell' epopea
francese p. 120 fF. u. 279 ff., nach Rajxa's Angaben sind die-
jenigen Nyrop's . Den oldfranske Heltedigtning , p. S f. . zu
berichtigen 1 .
Spuren und Nachklänge des merovingischen Epos sind,
wenigstens sehr wahrscheinlich, noch in den späteren Chan-
sons de geste Floovent etc.. s. oben S. 320 zu erkennen,
Bemerkenswerth ist jedenfalls, dass in der Chansons-de-geste-
Dichtung die Gestalt Karls d. Gr. häufig Züge zeigt, welche
zweifellos ursprünglich seinen Vorfahren Karl Martell und
Pipin zukamen.
5. Das älteste erhaltene französische Sprachdenkmal sind
die Eidschwüre von Strassburg 542 . das älteste umfänglichere
französische Gedicht, welchem ein ästhetischer Werth zukommt
und von dessen Entstehungszeit vermuthlich zwischen 1066
und 1099. vgl. G. Paris in Eom. XI 400] ab die französische
Litteratur im eigentlichen Sinne des Wortes datirt werden
kann, ist das Rolandslied in der Oxforder Redaction s. oben
S. 330 f . .
In dem Zeiträume zwischen der Abfassung der Eidschwüre
und derjenigen des Oxforder Rolandsliedes sind folgende
Sprachdenkmale entstanden: a) das Eulalialied, b) das Jonas-
fragment oder das Fragment von Valenciennes, c) das Leode-
garlied. d die Passion, e der Sponsus, f) das Fragment einer
Paraphrase des Hohen Liedes , g) die Stephansepistel epitre
farcie . fh) das Alexanderfragment des Alberich von Eesaucon],
i) das Alexiuslied L) .
Der ästhetische Werth der sämmtlichen ältesten Sprach-
denkmäler ist entweder gleich Xull oder doch ein äusserst
geringer, dagegen besitzt ein jedes von ihnen in anderer Be-
ziehung ein hohes und eigenartiges philologisches Interesse :
die Eidschwüre durch den Umstand . dass ihr Text von Nit-
Körting, Encyklüpüdie d. rom. Phil. 111. 24
370 ^^^ Französische.
hard sowohl in französischer als auch in althochdeutscher Fas-
sung überliefert ist ; das Eulalialied durch seine merkwürdige
rhythmische Composition: das Jonasfragment durch das ihm
eigene wunderliche Gemisch von Latein und Französisch, von
Currentschrift und tironischen Noten ; das Leodegarlied und
die Passion durch ihre , starke Mischung zwischen Provenza-
lisch und Französisch zeigende, Sprache; der Sponsus durch
seine dramatische Form ; das Hohe Lied durch seine eigen-
artige Orthographie ; das (wahrscheinlich hesser der proven-
zalischen Litteratnr beizuzählende Alexanderfragment durch
seine dialektische Sprachform; das Alexiuslied (in der Lamb-
springer Redaction) durch die Naivetät seiner Erzählung und
durch die verhältnissmässige Reichhaltigkeit des in ihm ent-
haltenen sprachlichen Materiales.
Die ältesten Prosawerke der französischen Litteratur sind
der Cambridger und der Oxforder Psalter, die Uebersetzung
der vier Bücher der Könige, der französische Text der Pre-
digten des heil. iJernhard , die Uebersetzung der Dialoge des
Papstes Gregor d. Gr., das Geschichtswerk äes A'illehardouin
und dasjenige Joinville's.
Leber Ausgaben der ältesten Sprachdenkmäler u. dgl. s.
oben S. 312 u. ;U9.
6. Innerhalb der französischen Litteratur des Mittelalters
nimmt, sehr im Gegensatze zu derjenigen der Neuzeit, das
Epos die hervorragendste und bedeutsamste Stellung ein.
Die altfranzösische Epik entlehnt ihre Stoffe vorwiegend :
a) der nationalen Sage (Karlssage im weiteren und enge-
ren Sinne, mit welcher die Rolandssage aufs innigste verbun-
den ist) ; b) der keltischen Sage (Sage von König Artus
und seiner Tafelrunde, lAvein-, Gawain-, Lancelotsage etc..
Tristansage), mit welcher die Sage vom Graal in Verbindung
gesetzt wurde , ohne dass sie jedoch keltischen Ursprunges
wäre; c) der antiken Sage (Troja-, Aeneas-, Oedipus-, Cä-
sarsagre etc.). M
1) Vgl. BooEL im Eingange seiner Chanson des Saisnes :
Ne sollt qite trois matteres a titil home evteudmtt :
de Fra)ice et de lirtfiiüjne et de liiitne la r/riint.
Et de ces trois matieres it'i a iiule semhlaut :
li conte de Bretaicpie snnt si vahi et jilaisatit,
eil de lioitie sont saqe et de sa» aprevmä,
eil de France de voir cliascii» jnr apparant.
Litteraturgeschichte. 371
7. Die nationale Sagfenstoffe heluindelnden Epen, die
sogenannten c h a n s o n s de ge s t e , sind Erzeugnisse der
volksth um liehen Dichtimg, wie dies schon durch ihre
hald kernig gedrungene, hald inihehülflich breite, immer aber
naive und schlichte Sprache bekundet wird ; ihre rhythmische
Form ist ursprünglich der Zehnsylbner (mit der Cilsur nach
der vierten Sylbe , neben welchem aber schon früh, z. ]i. in
der Karlsreise , der Alexandriner erscheint und im Laufe der
Zeit mehr und mehr zur Alleinherrschaft gelangt. Die Vers-
bindung wird in älteren Dichtungen durch den Yocalreim
(Assonanz), in jüngeren durch den Vollreim bewirkt; die
Verszahl der einzelnen Assonanz- oder Reimcomplexe (Tira-
den, laisses monorimes) ist sehr schwankend. In Compo-
sition, Styl und llhythmus war das volksthümliche Epos be-
rechnet' für den mündlichen Vortrag , unter Musikbegleitung
durch gewerbsmässige Sänger (Trouveres) , welche keineswegs
immer zugleich auch Dichter waren; darauf deuten schon
mancherlei Aeusserlichkeiten hin (Anreden des vortragenden
Sängers an sein Publicum, Bitten um Ruhe und um Bezah-
lung, häufige Wiederholungen, um wichtige Stellen nach-
drucksvoll hervorzuheben und zum Bewusstsein auch der weni-
ger aufmerksamen Hörer zu bringen u. dgl.) . Die Zuhörerschaft,
an welche der fahrende Sänger sich wandte , war keineswegs
eine exclusive , die minder gebildeten Elemente scheinen
vielmehr in ihr das üebergewicht gehabt zu haben, und oft
genug mag eine Chanson de geste selbst auf Jahrmarktplätzen
oder im bewegten Getümmel fröhlicher Volksfeste zum ^ or-
trage gelangt sein. Charakteristisch für die volksthümliche
Epik ist die Tendenz, die ursprünglich gegebene Einzelsage
cyclisch zu erweitern, indem nicht nur die Schicksale eines
bestimmten Helden (z. B. Wilhelm's von Orange) von einer
bestimmten einzelnen Begebenheit aus (z. B, der Eroberung
einer Stadt) einerseits bis zu seiner Geburt und andererseits
bis zu seinem Tode verfolgt, sondern auch die Thaten sowohl
seiner Vorfahren als auch seiner Nachkommen in den Kreis
der poetischen Erzählung einbezogen wurden. Die Wirkung
dieser Tendenz war das Entstehen mehrerer grosser epischer
Cyclen, welche die Gesammtgeschichte eines Helden- oder
Verräthergeschlechtes (Geschlecht := geste, daher Chansons de
24*
372 l^^s Französische.
geste) in einer Keilie von mehr oder weniger, oft nur sehr
lose, inhaltlich zusammenhängenden, einander voraussetzen-
den , fortsetzenden und ergänzenden Einzelepen behandelten .
80 entstanden die Cyclen von Guillaume d'Orange und von
Doon de Mayence ; so schlössen sich die Karls- und Kolands-
epen zu einer Art von Einheit zusammen und bildeten in
ihrer Gesammtheit einen grossen Cyclus, der Alles umfasste.
was Volkssage und frei schaffende Dichtung über die Schick-
sale und Thaten der Helden zu berichten wussten. Die cykli-
schc Einheit blieb aber stets nur eine sehr lockere , zu einer
künstlerischen und harmonischen Verbindung der einzelnen
Theile, durch welche die zwischen den letzteren bestehenden
Widersprüche und Lngleichmässigkeiten aufgehoben worden
wären, gelangte die volksthümliche Epik nicht. So verharrte
das cyklische Heldengedicht der Altfranzosen auf einer ver-
hältnissmässig niederen Entwickelungsstufe , die künstlerische
Durchbildung inid A ollendung wurde ihm nicht zu Theil, es
verblieb vielmehr eine ungegliederte Materialienmasse, in wel-
cher die Adern poetischen Goldes oft genug verdeckt und
überschüttet sind von wüsten Haufen werthlosen Gesteins.
Und was von dem epischen Cyclus gilt, das gilt im Wesent-
lichen auch von dem epischen Einzelgedicht: auch in ihm ist
die Coniposition oft genug unbeholfen roh . höchstens in den
Grundzügen einigermassen durchgeführt , im Einzelnen aber
jeder Ausfeilung und Durcharbeitung entbehrend ; auch in ihm
ist das dichterische Edelmetall oft verhüllt von den massigen
Schlacken trivialer Gedanken und breitspurigen Wortschwalls.
Alles in Allem genommen wird man den Erzeugnissen der
Chansons-de-geste-Dichtung nur einen relativen , nicht einen
absolut ästhetischen Werth zuzuerkennen vermögen, wird ein-
gestehen müssen, dass sie sich nicht als ebenbürtig etwa den
griechischen Epen zur Seite stellen , sondern weit eher mit
den formlosen epischen Dichtungscoraplexen der Inder ver-
gleichen lassen. Der Aesthetiker also wird oft genug ein im
Wesentlichen abfälliges Urtheil über die einzelnen Chansons
de geste und deren cyklischen Complexe auszusprechen sich
für berechtigt erachten. Für den Litterar- und den Cultur-
historiker dagegen werden eben diese, ästhetisch so fragwür-
digen Dichtungen Gegenstand höchsten Interesses sein, denn
Littcraturgeschiclite. ;^ 7 '.)
der erstere wird in ilineu eine kamn irj;eiuhvo andorwürts
wieder geboteue Gelegenheit für das Stiidiuin der Kntwicki'-
hiugsgesetze des Epos, der letztere aher ein geradezu uner-
schö])flic'lies Material für die Erkenntiüss der Culturzustände
des Mittelalters tinden.
Die Anfänge, bzw. die ersten (freilich nicht erhaltenen)
Erzeugnisse der nationale Stoffe behandelnden Epik gehören
zweifelsohne bereits der Merovingerzeit an (vgl. oben No. 4;,
aber freilich entbehren wir bezüglich ihres Inhaltes und ihrer
formalen Beschaffenheit der positiven Erkenntniss und sind des-
halb auf das Ergebniss combinatorischer Schlüsse angewiesen,
welche indessen (Dank namentlich der genialen Forschung
Kajna's^ einen ziemlich hohen Grad von Sicherheit besitzen.
Das sogenannte Haager Fragment überliefert uns das Bruch-
stück einer vermuthlich im 10. Jahrh. (aus dem Französi-
schen, vielleicht allerdings auch aus dem Provenzalischen) in
das Lateinische übersetzten Chanson (vgl. G. Paris, Histoire
poet. de Charlem., p. 50 f. u. 465 ff.). Die ältesten vollstän-
dig erhaltenen Chansons sind das Oxforder Rolandslied und
die Karlsreise, Avelche höchstwahrscheinlich beide im letzten
Viertel des 11. Jahrh. entstanden sind ;vgl. G. Paris in Rom.
XI 400 und H. Morf in Rom. XIII li. Auf ein relativ hohes
Alter darf auch das Fragment von Gormond et. Isembart An-
spruch erheben . schon wegen der Achtsylbigkeit seiner asso-
nirenden Verse.
Keine einzige Chanson de geste ist in ihrer ursprüngli-
chen Abfassungsform, sondern nur in (einer) mehr oder weni-
ger späten Redaction(en) überliefert, z. B. das Oxforder Ro-
landslied setzt ein ziemlich weit zurückliegendes Original X
voraus,- der überlieferte Text der Karlsreise ist anglo-norman-
nisch , während das Original francisch gewesen sein muss.
Aufgabe der höheren Textkritik ist es, aus der (den) erhalte-
nen Redaction(en( das verlorene Original zu reconstruiren,
eine Aufgabe , welche freilich in vollem Umfange und mit
voller Sicherheit nie gelöst werden kami. Häufig liegt die-
selbe Dichtung in mehreren, zeitlich von einander getrennten
Redactionen vor so z. B. das Rolandslied, das in älterer Fas-
sung von den Hdss. O und V* [bis v. 3S61], in jüngerer Fas-
sung [Roman de Roncevall von den übrigen Hdss. überliefert
374 üas Französische.
ist). In solchem Falle gilt es, auf kritischem Wege die älteste,
bzw. die beste Fassung herauszufinden und das Filiationsver-
hältniss der einzelnen Redactionen festzustellen. Ueberdies
aber gewährt ein derartiger Fall Gelegenheit zu interessanten
und lehrreichen Beobachtungen über die Entwickelung des
betr. Sagenstoffes und über den Fort- oder Kückschritt der
epischen Kunst. Im Allgemeinen wird man urtheilen müssen,
dass die späteren Bearbeitungen Verbreiterungen und Ver-
schlechterungen der früheren sind.
Die spätere Chansons-de-geste-Dichtung hat nicht selten
auch Stoffe behandelt. Avelche (wie z. B. die Huon-Sage, die
Jourdains-SagCi ursprünglich der nationalen Karlssage durch-
aus fem standen und erst künstlich in einen äusserlichen Zu-
sammenhang mit ihr gesetzt werden mussten: derartige Dich-
tungen charakterisiren sich schon dadurch, dass in ihnen Karl
d. Gr. als eine rein nebensächliche, nur gelegentlich auftre-
tende, fast müssige Gestalt erscheint. Ueberhaupt nähert sich
in ihren späteren Ausläufern die Chansön-de-geste-Epik mehr
und mehr dem Abenteuerromane, und dadurch wird es er-
klärlich, dass sie, nach Italien verpflanzt, dort jener roman-
tischen und phantastischen Kolandsdichtung, die in Ariost's
Orlando furioso ihren Höhepunkt erreichte, das Leben zu ge-
ben vermochte.
Die Dichter der Chansons de geste lieben es, sich in
nachdrucksvoller Weise auf irgend welche geschichtliche Quelle
(Chronik von Saint -Denis u. dgl.) zu berufen, um dadurch
ihrem Sänge grössere Glaubwürdigkeit zu verleihen. Solche
Berufungen sind aber als blosse conventionelle Formeln auf-
zufassen. In Wirklichkeit ist die Chansons-de-geste-Dichtung
unabhängig von der geschriebenen Geschichte und " beruht
— abgesehen von den willkürliclieu Erfindungen einzelner
Dichter — lediglich auf der volksthümlichen Ueberlieferung ;
wie sehr dieselbe aber die geschiclitliche Wahrheit in hyper-
bolischer Weise und oft mit ganz bestimmter Tendenz umzu-
gestalten vermocht hat, kann z. B. das Rolandslied beweisen,
in welchem der von der Geschichte kaum genannte »comes
limitis britanniciw zum Neffen des Kaisers, zum gewaltigen
Heerführer und siegreichen P]roberer, zum glaubensfrohen \ot-
kämpfer der Christenheit erhoben worden ist und der Veber-
Litteraturgeschichte. 37.')
fall, von ■welchem die fränkische Nachhut Seitens haskischer
Käiiberhoiden heimgesucht wurde, sich in einen gewaltigen,
durch tückischen Verrath heraufbeschworenen Kampf zwischen
Christen und Heiden umgewandelt hat.
Die Chansons-de-geste-Dichtung wurzelt so sehr in der
\'olkssage , dass die Persönlichkeit des Dichters meist völlig
zurücktritt und dass derselbe nur als das aussasrende Orgran
des volksthümlichen Denkens und Empfindens erscheint. Dar-
aus erklärt sich auch zu einem Theile die grosse Gleichför-
migkeit und Fonnelhaftigkeit der Darstellung, die vielfach sich
zeigende Schablonenmässigkeit der Anlage und was derartiger
Mängel mehr sind. Namentlich ist noch hervorzuheben , dass
der Mangel an dichterischer Individualität eine grosse Man-
gelhaftigkeit in der Zeichnung der individualen Charaktere
zur nothwendigen Folge hat: die handelnden Personen sind
ganz einseitig aufgefasst und haben, weil ihr Thun nicht hin-
reichend psychologisch begründet ist, etwas Marionnettenhaftes
an sich; bestimmten Gestalten, wie z. B. derjenigen Karls
d. Gr.. pflegen ganz formelhaft bestimmte physische oder ethi-
sche Eigenschaften beigelegt zu werden, selbst da oft. wo der
innere Zusammenhang der Erzählung das Gegentheil erfordert
hätte. Am übelsten ergeht es den weiblichen Charakteren,
da sie überhaupt nur schattenhaft skizzirt werden und meist
mit einer nahezu Statistenhaften Rolle sich begnügen müssen.
Daraus folgt wieder, dass das erotische Element oder, was
hier dasselbe, das Motiv der Liebe auch nicht entfernt zu der
Geltung gelangt, welche nach moderner Anschauung ihm gebührt.
S. Etwa von Mitte des 12. Jahrh. ab entwickelte sich
neben der allmählich verfallenden Chansons-de-geste-Dichtung
eine an die ritterliche Gesellschaft sich wendende höfische
Kunstepik. Diese entlehnte ihre Stoffe mit Vorliebe der kel-
tischen . bzw. wallisischen Artussage , welche durch Gott-
fried's V. MoxMOUTH 7 1154) Pseudogeschichtswerk /Historia
regum Britonum« auch in Frankreich bekannt geworden war
xmd in Wace's »Brut« die erste poetische Bearbeitung gefun-
den hatte: möglich, dass auch aus der keltischen Bretagne
keltische Sagenstoff'e in das romanische Frankreich eingeführt
wurden. Mit der Artussage verwob sich die Sage vom heil.
Graal. dessen erster Hüter. Joseph v. Arimathia. der Legende
376 I^fis Französische.
nach der Apostel Britanniens gewesen war und folglich Be-
ziehung zur britischen Geschichte zu haben schien. Die Ar-
tussage Avie die Graalsage hatten den Reiz der vollsten Ro-
mantik und anziehender Vielgestaltigkeit für sich und lockten
überdies durch ihres Inhaltes wirkliche oder doch vermeintliche
Tiefsinnigkeit, welche der Mystik weiten Raum gewährte zu
geistvollem Spiele mit religiösen und sittlichen Ideen. So be-
sassen diese Sagen die erforderlichen Eigenschaften, ixm in
poetischen Bearbeitungen die romantisch gestimmte und reli-
giös erreffte Gesellschaft des auf der Höhe seiner Cultur
stehenden Mittelalters fesseln und ebensowohl ihrer reizbaren,
immer nach Neuem trachtenden Phantasie als auch ihrer Nei-
gung zu mystischer Reflexion Befriedigung bieten zu können.
Die Gefahr freilich , in eine entweder sinnlich angehauchte
oder auch matt sentimentale und triviale Novellistik auszuar-
ten, drohte der Artus- und Graaldichtung von Anfang an und
verwirklichte sich rasch. Spuren des Verfalles sind schon in
den Abenteuerromanen des Ckestiexs von Tboyes zu erken-
nen, also bei demjenigen Dichter, welcher mit Recht als der
geistvollste und gewandteste Vertreter der Kunstepik gilt.
Der übliche Rhythmus der höfischen Dichtung ist der
paarweis gereimte Achtsylbler. Entsprechend der grossen Be-
weglichkeit und Flüssigkeit, Avelche dieser Vers in dieser Bin-
dung verglichen mit dem assonirenden Zehnsylbler oder Ale-
xandriner besitzt, ist auch die Darstellung verhältnissmässig
lebhaft und rasch vorschreitend. Indessen ist die Compositiou,
selbst bei Crestiens J)E Tkoyes, nicht frei von Mängeln : die-
selben Motive und Situationen erscheinen zu häufig gebraucht,
zuweilen (wie z. B. im Cliges) fällt die Dichtung in zwei Tlieile
auseinander, deren Helden zwar verschiedene sind, deren Ent-
wickelung aber im AVesentlichen die gleiche ist. Die Charak-
terzeichnung zeigt , ganz besonders hinsichtlich der Frauen-
charaktere, einen erheblichen Fortschritt über die in den
CÜiansons de geste sich findende hinaus, ist aber doch auch
noch sehr mangelhaft und einseitig, wobei überdies zu beach-
ten , dass in Dichtungen , Avelche dem Uebernatürlicheu und
Wunderbaren einen so weiten Spielraum vergönnen , wie die
Abenteuerromane dies thun, die psychologische Darstellung
der Charaktere nothwendigerweise zu kiirz kommt . da das
latteraturjjcschichte. 377
Eingreifen irgendwelcher Zaubermäehte in den Gang der Hand-
hing diese letztere mehr oder weniger von dem menschlichen
Wollen nnabhängig macht und folglich das menschliche Thun
den Gesetzen psychologischer und selbst logischer Entwicke-
lung überhebt.
Ganz entgegengesetzt den Chansons de geste, machen die
Abenteuerromane von dem Motive der Liebe* den ausgedehn-
testen Gebrauch und erheben es häufig zu dem treibenden
Eactor der ganzen Handlung. Aber auch in dieser Beziehung
offenbart sich in ihnen der Mangel an psychologischer Kunst,
oder aber man muss annehmen, dass das Gefühlsleben der
damaligen Menschen ein wesentlich anderes war. als bei de-
nen der Gegenwart. Die Liebe erscheint in den Abenteuer-
romanen als eine Art elementarer Macht, ja als eine Art von
Krankheit, welche das von ihr ergriffene Individuum in einen
Zustand von Geistesabwesenheit versetzt , es seiner Willens-
freiheit beraubt und zu ganz bestimmtem Handeln , das eher
ein Dulden zu nennen ist, es nöthigt. Mag man noch so ge-
neigt sein , hierin eine gewisse Wahrheit zu erkennen . so
wird man doch mindestens eingestehen müssen, dass die Wahr-
heit zur Unwahrheit gesteigert worden ist. Und daneben ist
zu bemerken, dass die Auffassung der Liebe in den Aben-
teuerromanen in Extremen sich bewegt, bald eine hyperideale,
bald eine geradezu gemeinsinnliche ist; in letzterer Hinsicht
erscheint namentlich bezeichnend, dass häufig die Frauen in
offenster Weise die Initiative ergreifen, den Männern sich an-
bieten, ja sich aufdrängen, und zwar nicht etwa in leiden-
schaftlicher Neigung, der mau Alles verzeihen kann, sondern
in rein sinnlicher Erregung. Endlich wirkt verletzend und
muss auch als ein Mangel an künstlerischer Composition an-
gesehen werden, dass die Liebe so oft zum Gegenstande spitz-
findiger und sophistischer Eeflexionen und Argumentationen
gemacht wird ^so z. B. im Cliges , eine Erscheinung, welche
zu dem Schlüsse berechtigt, dass das Gefühlsleben der dama-
ligen Zeit des Raffinements ebensowenig entbehrte wie der
sinnlichen Kohheit.
Zieht man zu alledem in Betracht, dass in den Aben-
teuerromanen vielfach eine entsetzliche Oede der Gedanken,
ein geistloses Witzeln mit Begriffen und Worten und ein
378 l^^** Französische.
Spielen mit conventionellen Phrasen zu beobachten ist, so wird
man weder über diese Dichtungen, noch auch über die Ge-
sellschaft , w eiche an ihnen sich erfreute , sonderlich günstig
zu urtheilen vermögen.
Noch wenig aufgehellt ist bezüglich der Abenteuerromane
die Quellenfrage. Freilich dass sie in letzter Instanz, wenig-
stens was die Artus- und Tristandichtungen anbelangt , auf
keltischen Mythen beruhen, ist zweifellos, aber, da die fran-
zösischen Trouveres gewiss nicht unmittelbar nach keltischen
Vorlagen gearbeitet haben , so müssen vermittelnde Texte,
wahrscheinlich lateinische, vorhanden gewesen sein, und eben
über diese fehlt jede nähere Kenntniss. In einzelnen Roma-
nen (wie z. B. wieder im Cliges) sind keltische Stoffe selt-
sam gemischt mit solchen, die nxir griechischen, bzw. byzan-
tinischen Ursprunges sein können , ohne dass doch eine be-
stimmte Quelle nachweisbar wäre. Man könnte versucht sein,
überall da, wo der Quellennachweis nicht zu erbringen ist, an
die freischaffende Phantasie des Dichters äu glauben, aber eine
solche Annahme würde mit der sonst zu machenden allgemei-
nen Erfahrung im Widerspruche stehen, dass die mittelalter-
liche Poesie im Wesentlichen nur eine reproductive hinsicht-
lich ihrer Stoffe ist.
Die Abenteuerromane mögen oft genug noch Gegenstand
mündlichen Vortrages durch berufsmässige llecitatoren — denn
von Sängern wird man hier nicht mehr sprechen dürfen —
gewesen sein, jedoch sind sie aller Wahrscheinlichkeit nach
vorwiegend schon für die Lccture berechnet gewesen und bil-
den somit die Vorstufe zu dem modernen Prosaromane . der
sich nur noch an Leser, nicht mehr an Hörer wendet.
Wie die Prosanovelle zum Prosaromane verhält sich in
Bezug auf Umfang und Composition zum Versromane die
Versnovellc, das sogenannte Lai, Avelches überdies dem Vers-
romane auch hinsichtlich des Stoffes nahesteht, indem es, wie
jener, denselben der keltischen Sage entlehnt, jedoch trägt
das Lai einen volksthümlicheren Charakter , als der Roman.
Unter den nicht eben zahlreichen erhaltenen Lais sind dieje-
nigen, welche auf Marik de Franck als Verfasserin zurück-
geführt werden, die inhaltlich und ästhetisch Averth vollsten.
Litteraturangaben über den Abenteuerroman s. oben S. liuü
T.itteraturgcschichte. 379
sowie in dem § 3 we^ebenen Verzeichnisse unter Artussage.
Ciottfr. V. Münmonth , Crestiens v. Troyes . Tristiin n. dgl.
Vgl. auch Theil II. S. 49 4 tf.
9. Die Epen, in denen antike SagenstofFe. Trojasage,
Oedipussage xi. dgl. bearbeitet worden sind, stehen in JJe/Aig
auf Tendenz, Anlage und rhythmische Form den Abenteuer-
romanen nahe, wenden sicli auch, wie diese, nur an die höher
»ebildeten Stünde, an die ritterliche Gesellschaft. Jedoch ha-
beu wenigstens einige wichtigere «classisehe« Romane (Troja-
roman , Enfanees Hector) auch mit den Chansons de geste
eine gewisse Beziehung, da im Mittelalter die vermeintliche
Abstammung der Franken von den Trojanern (sowie der drit-
ten von Brutus, der Normannen, bzw. der Dänen von den
Danaem als geschichtliche Thatsache geglaubt und folglich
auch die Geschichte Troja's als Vorgeschichte der Franken
betrachtet ward. Die betr. classischen Komane erhoben dem-
nach den Anspruch, als Bearbeitungen der nationalen Stamm-
sage zu gelten.
Die classischen Romane beruhen auf romanhaften latei-
nischen Ursprünglich theils nachweislich theils vermuthlich
griechischen) Prosaerzählungen des späten Alterthums, von
denen, wie es scheint, einige (so namentlich die Trojadich-
tungen des Dares und Dictys im Mittelalter in ausführlicheren
Redactionen, als die jetzt vorliegenden es sind, vorhanden
waren. Wer dieser Annahme beizustimmen Bedenken trägt,
muss namentlich dem Dichter des Roman de Troie. Bexeoit
DE Ste-More , eine sehr schöpferische Phantasie zutrauen,
vermöge deren er beispielsweise zur selbstständigen Abfassung
der Troilus-Briseida-Episode befähigt gewesen sein könnte;
gegen eine solche Voraussetzung aber lässt sich gewiss mit
gutem Grunde geltend machen, dass derselbe Beneoit aller
Wahrscheinlichkeit nach auch der Verfasser der Chronique des
ducs de Normandie gewesen ist und in diesem Werke sich im
Wesentlichen eng an seine lateinische Quellen (Dudo v. St.-
Quentin, Wilhelm v. Jumieges etc.) angeschlossen hat, dass
es also schwer glaubhaft erscheint, er habe in dem einen
Werke so wenig, in dem andern so viel Phantasie und Ori-
ginalität entfaltet.
Die Dichter der classischen Romane, namentlich auch der
380 1^'is Französische.
des Trojaromanes, fassen das classische Alteithum mit unbe-
fangenster NaiActät auf und sind sich des inneren Abstandes
zwischen diesem und ihrer eigenen Zeit nicht im mindesten
bewusst, übertragen vielmehr ganz rückhaltlos die Cultur-
zustände und Anschauungen des Mittelalters auf die griechische
und römische lleldenzeit. So wunderlich dies Verfahren in
seinen Ergebnissen vom wissenschaftlichen Standpunkte a\is
betrachtet auch erscheinen mag, war es doch in aesthetischer
Beziehung gewiss das einzig Richtige: die betreffenden Dich-
tungen erhielten dadurch das ihnen gebührende heroische Colorit
und überdies die Möglichkeit einer poetischen Einwirkung auf
die Menschen ihrer Zeit.
Litteraturangaben über den classischen Roman s. oben S.
309, sowie in dem § 3 gegebenen Verzeichnisse unter l^eneoit
de Ste-More, Enee, Thebes, Troie.
10, Die nationale Sage, die keltische Sage und die
antike Sage waren Avohl die hauptsächlichsten, keineswegs aber
die einzigen Stoffquellen der altfranzösichen Epik , manche
andere sind vielmehr, noch daneben zu nennen, so nament-
lich die Heiligenlegende , die spätgriechische . bzw. die
byzantinische Sage, welche die Stoffe z. B. für Amis et Amiles,
Jourdains de Blaivies, wahrscheinlich auch für Flor et Blanche-
lior und Aucassin et Nicolete geliefert hat vgl. auch oben
No. 8 Seite 374) ; die Kreuzzugssage, Avelche sich namentlich
mit Gottfried v. ]5ouillon und seinem Geschlechte beschäftigt,
die Lothringische Sage, aus welcher die hochinteressante Geste
des Loherains hervorgegangen ist. die Sagen von Elie de St.-
Gilles, von Kaoul de Cambrai und die nordische Sage, auf
welche, ausser einzelnen Episoden der normannischen Reim-
chroniken, vermuthlich die Dichtimgen von llorn und Ilaveloc
zurückgehen, wenn auch deren Qviellenverhältniss noch nicht
hinreichend klargelegt worden ist.
Neben der Epik im engeren Sinne gewinnt im \'erlaiife
des Mittelalters auch die didaktische Dichtung immer mehr
und mehr Hoden. Anfangs sich mit einer sehr bescheidenen
Rolle begnügend und im Wesentlichen über die Erzeugung
von Reimpredigten, von moralisirenden Gedichten in dialogischer
Form (Streit zwischen Leib und Seele u. dgl.i, von Reim-
chroniken und von lehrhaften Verstractaten. deren Themata
1 ätteraturgoschichte. 38 1
Kalenderlt'hro und fabulöso Naturjiesc-hiclito sind so im Cumpoz
u. im lU'stiaiiv dos I'uiui'ri; de Tuaün, in den Lapidaires u.
dij;!. niilit hinausgehend, erweitert sie im i;^. und mehr noch
im 11. Jahrhundert erheblich ihren Kreis und bezielit in den-
selben die moralisirenden Novellcncyclcn orientalischen Ur-
sprunges ein. nachdem dieselben bereits in lateinischen Aver-
sionen A'erbreitnng und Heliebtheit gefunden hatten. So
werden die Dolopathos- und 8ieben-weise-Meister-l)iclitungen
geschaffen. Von der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts ab
verbindet sich die didaktische Epik gern einerseits mit der
üppig emporwuchernden Allegorik, andrerseits mit der theo-
retischen "Wissenschaft und stellt sich hierbei öfters in den
Dienst bestimmter politischer und religiöser Doctrinen, sich
zu deren Verfechtung der Waffe der Satire bedienend. Die
Hauptschöpfung dieser so vielartige Elemente in sich fassen-
den Zwitterdichtung ist der Roman de la Rose des
GüiLLAUME DE LoRRis (7 ca. 1260 Und Jeax de Meüng (ca.
1260 — 1320). ein Werk, dessen poetische Bedeutung ebenso
gering, wie seine kulturgeschichtliche gross ist. Neben dem
allegorisch-satirischen Epos grossen Styles wird aber auch die
Pflege der ältesten didaktischen Dichtungsgattung, der Fabel,
nicht vergessen : Aesop und Phädrus werden in französischen
Versen bearbeitet ;der Lyoner Yzopet u. dgl., und die germa-
nische (?j , bzw. niederländische (?i Thiersage wird ziim Gegen-
stande eines grossen satirischen Thierepos (Roman du Renardl
gemacht, dessen cyklische Gliederung in zahlreiche »Brauches«
lebhaft an die Cyclen der Chansons- de -geste- Dichtung er-
innert.
Endlich bemächtigte sich die Epik auch der anekdoten-
haften Erzählungen, der volksthümlichen Schwanke und der
geflügelten Witzworte und versificirte sie in pikanten, oft selbst
recht derben »Fabliaux«.
So zeigt die altfranzösische Epik eine erstaunliche Viel-
seitigkeit und Fruchtbarkeit und bekundet sich so recht als
die während des Mittelalters herrschende Litteraturgattung,
womit Voltaires bekannter Ausspruch, dass der französische
\ olksgeist für das Epos nicht beanlagt sei, hinreichend als
nur für das Ncufranzosenthum gültig gekennzeichnet wird
I übrigens würde auch in Bezus; auf dieses eine sehr erhebliche
3S2 I^^s Französische.
Einschränkung zu machen sein in Anbetracht des Umfanges
und der Bedeutung der Prosaromaudichtung .
Das nationale Heldengedicht, der Abenteuerroman (nebst
dem classischen Romane und der allegorisch-didaktische Ro-
man lösen ungefähr, aber eben auch nur ungefähr einander
zeitlich in der Vorherrschaft ab, so dass also die allegorisch-
didaktische Dichtung als die letzte bedeutsame Erscheinungs-
form der mittelalterlichen Epik betrachtet werden darf, um so
mehr, als die in ihr sehr beliebte Verwendung von Figuren
der antiken Mythologie und die häufige Bezugnahme auf an-
tike Autoren bereits als Symptome der entstehenden Renaissance-
bildung angesehen werden müssen. Mit Avisgang des Mittel-
alters stirbt aber endlich auch das allegorische Epos ab. freilich
nur, lim bald im Schäferromane eine Art von Auferstehung
zu feiern. Auch das nationale Heldengedicht und der Aben-
teuerroman erstarben nicht völlig, sondern nahmen, mindestens
in nicht ganz wenigen Fällen, die Prosaform an, in Avelcher
sie sich zum Theil bis in die Neuzeit hinein erhalten haben,
allerdings meist auf die bescheidene Rolle sogenannter A'olks-
bücher angewiesen und verachtet von den seit der Renaissance
der eigenen nationalen A'crgangenheit entfremdeten »höheren«
Ständen.
1 1 . Nächst dem Epos nimmt innerhalb der altfranzösischen
Litteratur das Drama den hervorragendsten Platz ein. Sich
entwickelnd avis liturgischen Wechselgesängen und ursprüng-
lich auf das Engste mit dem Gottesdienste verbunden, löste
es zwar späterhin den äusseren Zusammenhang mit der
Kirche, bewahrte aber, soweit es ernstes Schauspiel war, den
geistlichen Charakter. Die biblische Geschichte und die
Heiligenlegende lieferten den Stoff einerseits für die »Mysterien«,
andererseits für die »Mirakelspiele«. Die ursprünglich höchst
einfache, um nicht zu sagen unbeholfene Composition des
geistlichen Dramas wie sie in den ältesten Dichtungen, dem
»Sponsus« (Mystcre von den thörichten und klugen Jungfrauen)
und im »Adam« > Sündenfall sich in fast rührend naiver Weise
zeigt, gelangt später zwar zu grö.sserer Ausbildung, ohne jedoch
auch nur entfernt künstlerische Einheitlichkeit und Vollendung
zu erreichen, Aehnlich der Chanson-de-geste-Dichtung. mit
welcher es überhaupt viele Herülu-ungspunkte gemein hat und
Litteraturpcschichtc. 38li
in lohrreit'listcr Weise verglichen ueiden kann, ist auch die
dramatische Dichtung nie über eine Art von chaotischem Ent-
Avickelungsstadimn hinausgekommen, liat im Einzehien zwar
viel Schönes geschaffen, aber weder im Sonderdrama noch im
Dramencyclus (Collectivmysterium) weise Masshaltung zu üben
und zu den Höhen wahrer Kunst emporzudringen gelernt, ja
nicht einmal das Gesetz von der Einheit der Handlung auf-
zufinden vermocht. In roh romantischer Weise wechseln Ort
und Zeit, Personen und Situationen, Tragik und Komik,
Erhabenheit und Trivialität in der langen Folge von lose an
einander gereihten tableauartigen Scenen. welche nur durch
den inneren Zusammenhang der ihnen zu Grunde liegenden
biblischen Geschichte wenigstens zu einer gewissen, schlichter
Grösse nicht entbehrenden Einheitlichkeit verbtniden werden.
Koh romantisch, wie die Composition, war auch die theatra-
lische Inscenirung dieser Dramen. Dieselbe Avar Sache be-
stimmter aus zünftigen Handwerkern etc. bestehender Ver-
einigungen oder ]]ruderschaften , von denen die Pariser
Confrerie de la Passion die bekannteste ist, und war erfüllt
von naivster, mitunter auch derbkomischer Realistik. Stehende
Schauspielhäuser fehlten bis zum lieginn des 15. Jahrhunderts,
wo die eben genannte Confrerie sich im Hopital de la Trinite
ein (später mit dem Hotel de Bourgogne vertauschtes) Local
einrichtete. Die Aufführungen fanden in der Regel nur an
gewissen kirchlichen Festen, namentlich am Frohnleichnams-
tage, statt; die Bühne war meist dreifach in einen Ober-.
Mittel- und Unterraum. Himmel, Erde inid Hölle darstellend,
getheilt, der auf ihr zur Verwendung kommende scenische
Apparat war theils kindlich primitiv, theils aber doch auch
wieder verhältnissmässig complicirt, da mancherlei Maschinerien
benutzt wurden.
Der Versuch, auch profane Stoffe, namentlich auch solche
der Nationalgeschichte. dramatisch zu behandeln und auf die
Bühne zu bringen, wurde im Ausgange des Mittelalters wieder-
holt und nicht ohne Erfolg gemacht (Mystere de la Destruction
de Troie la grant; M. du Siege d" Orleans; M. de Saint-Louis' .
Wie neben die Chansons de geste und die Abenteuer-
romane in späterer Zeit das allegorisch-didaktische Epos sich
stellte, so trat und ebenfalls im Ausgange des Mittelalters
384 Das Französische.
neben das geistliche, bzw. das nationale Drama das allegorisch-
moralisirende Schauspiel, die sogenannte Moralite, eine
Gattung, welche ganz entsprechend ihrem gelehrteren Charakter
auch vorwiegend innerhalb der litterarisch gebildeten Kreise
und besonders wieder innerhalb der Juristengesellschaft der
sogenannten »Hazochiens« (von hazoche = basiHca [f\, gestiftet
ca. 1303) gepflegt wurde.
Bereits in den Mysterien und Mirakelspielen war trotz
ihres religiösen und ernsten Charakters ein nicht unverächt-
liches komisches Element enthalten, dessen Einmischung durch
den ihnen eigenen realistischen Zug begünstigt wurde. Die
Teufel fungirten oft als eine Art von Clowns. Die auf-
tretenden Kaufleute, Kriegs knechte , Henker etc. redeten
die ihnen zukommende , oft an das Komische streifende
Sprache und belustigten gelegentlich das Publikum durch
mehr oder weniger derbe Witze. Ebenso wenig fehlte in den
Moralitäten die Komik, da die Entfaltinig derselben durch
das Auftreten der allegorisirten menschlichen Laster und
Schwächen nahe gelegt werden musste und mit der moralisiren-
den Tendenz sich leicht, ja fast naturgcmäss die Satire verband.
So Avaren die Ausgangspunkte für die Entwickelung eines
Lustspieles gegeben. Dasselbe entstand denn auch thatsäch-
lich imd zwar sogar in doppelter Form, einmal als sogenannte
Sot(t)ie (gepflegt hauptsächlich von der Gesellschaft der
»Enfants sans souci« , welche als eine Abzweigung von den
Moralitäten zu betrachten ist, und sodann als sogenannte
Farce, die mit der modernen Posse verglichen werden darf
und die in dem lustigen dramatischen Schwanke von dem ab-
gefeimten Advocaten Maistre Pat(h)elin vielleicht ihren Höhe-
punkt erreichte.
Litteraturangaben über die Geschichte des. altfranzösischen
und überhaupt des französischen Drama's s. oben S. 307 und
Seite 308 Anm.
12. Im Vergleich zu dem Epos und zu dem Drama tritt
die altfranzösische Lyrik in sehr ungünstige Schatten zurück,
recht im Gegensatz zu der alti)rovenzalischen Litteratur, deren
Ruhm und Werth bekanntlich ganz vorwiegend auf der Lyrik
beruht. Allerdings ist dies vielleicht nur durch die mangelhafte
Ueberlieferung verschuldet, denn allem \'erniuthcii nach sind von
* Litteraturgeschichte. 385
den Erzeugnissen der volksthümlichen Lyrik nur verhältniss-
mässig wenige erhalten. Was aber davon noch vorliegt
(namentlich in der berühmten Jierner Liederhandschrift S9).
zeichnet sich zum grossen Theil aus durch köstliche, echt
volksthümliche Xaivetät und anmuthige Schalkheit, so nament-
lich die erotischen llirtenlieder Pas toure lies), die durch
ihre oft dialogische Form den Ansatz zur Entstehung eines
bukolischen Drama's zeigen. Die lialladen- und Komanzen-
poesie ist vielfach von einem Hauche der Schwermuth erfüllt,
welcher ebenfalls acht volksthümlich genannt werden muss. —
Die altfranzösische Kunsth-rik wandelte auf dem von den
Provenzalen vorgezeichneten Bahnen und hat besonders iie-
merkenswerthes aicht geschaffen. Erst im ausgehenden Mittel-
alter treten Dichter auf, welche wie Eustache Deschaivips,
Charles d" Orleans, Froissart und Vellon 's. unten No. 14).
auf Originalität Anspruch erheben dürfen. Ob auch die
Dichterin Clotilde de Surville dazu berechtigt war, muss
dahin gestellt bleiben, da die ihren Namen tragenden Poesien
das Product einer modernen Fälschung sind.
Litteraturangaben über die altfranzösische Lyrik s. oben
Seite 311.
13. Wie in allen sich organisch entwickelnden Li tteraturen,
so ist auch in der altfranzösischen die Prosaschreibung erst
dann zu höherer Bedeutung gelangt, als in der rhythmisch
gebundenen Redeform bereits Grosses geleistet worden war.
Die ersten französischen Prosawerke sind — abgesehen von den
Eiden, die nur Rechtsformeln sind, und dem Jonasfragment,
welches ein lediglich für den Privatgebrauch des Verfassers
bestimmtes Predigtconcept ist. — Uebersetzungen einzelner
Theile der Bibel (Psalter, vier Bücher der Könige. Buch
Hiob etc.( und lateinischer Erbauungsschriften Predigten des
hl. Bernhard, da höchst wahrscheinlich deren lateinischer Text
der originale ist. vgl. W. Förster in der Vorrede zu seiner Aus-
gabe der ^Sermon Saint Bemart« in Rom. Forsch. II 1.)
Vom dreizehnten Jahrhundert ab aber entstehen auch
Geschichtswerke in französischer Sprache : Viele ha rdouin
(1155 — 1213) erzählt den Kreuzzug gegen Constantinopel,
Joenville (1224 — 1317, das Leben des heiligen Ludwig, Frois-
sart (1337 bis nach 1400) und Commines (1445—1509) die
Körting, Encyklopädie d. rom. Phil. III. 25
386 I^as Französische.
Geschichte ihrer Zeit. Die Entwickelung des Prosastyles lässt
sich in diesen Werken dexitlich verfolgen. In den Geschichten
Villehardouin's und Joinville's ist er noch ungelenk und
kxmstlos, aber auch gerade durch diese Kunstlosigkeit mit dem
Reize naiver Anmuth bekleidet ; bei Fhoissart dagegen und
mehr noch bei Commixes ist zu bemerken, wie der Autor die
Sprache weit gewandter beherrscht und diese seinen Inten-
tionen sich viel gefügiger erweist, wie Reflexion den naiven
Fluss der Rede zügelt und denselben nach bestimmten Zielen
lenkt.
Einen sehr achtbaren und nicht erfolglosen Versuch, die
junge französische Prosa für die Behandlung auch streng
wissenschaftlicher Gegenstände an Stelle des bis dahin allein-
herrschenden Latein zu gebrauchen, unternahm der Italiener
Bruxetto Latini bei Abfassung seiner grossen Encyklopädie
«li Tresors.«
Ihre eigentliche Ausbildung uiid Vollendung hat indessen
die französische Prosa doch erst in n a c h mittelalterlicher Zeit
gewonnen.
14. Die altfranzösische Litteratur nimmt, namentlich ver-
möge der Vielgestaltigkeit und Fruchtbarkeit ihres Epos hin-
sichtlich des Umfanges und der aesthetischen wie cultur-
geschichtlichen Bedeutung unter den Nationallitteraturen des
westeuropäischen Mittelalters'; unbestritten die erste Stelle
ein. wie denn überhaupt während des Mittelalters Frankreich
an Culturbedeutung alle seine Nachbarländer weit überragte
und eine geistige Hegemonie über dieselben ausübte. Die
französischen Chansons de geste und Abenteuerromane wurden
in Deutschland, in Italien, in Spanien, in England, selbst im
fernen Skandinavien und im entlegenen Island theils einfach
übersetzt theils in mehr oder weniger freier Weise überarbeitet,
so dass also das französische Epos internationale Bedeutung
gewann. Die Kenntniss der französichen Sprache war weit
ausserhalb der Grenzen Frankreichs verbreitet, ja von den
Kreuzfahrern wurde sie bis nach Grieclienland, bis nach
Byzanz und sogar bis nach Syrien getragen. Selbst im 17.
1) In culturg;e,'ichichtlichem Sinne endet das Mittelalter mit dem Em-
porkommen der Kenaissancebildun^. ^
Litteraturgeschichte. 387
und IS. Jahrluindert hat Frankreich eine so bedeutsame
Stelhmg in Cultur und Litteratur. Avie damals, nicht -wieder
erlangt.
Die altfranzösische Litteratur war, wie selbstverständlich,
a\if das Engste inid Innigste verbunden mit der niittolaltcr-
lichen Gesammtcultur. war von dieser abhängig in IJeziehung
auf alle Anschauungen und Geschmacksrichtungen, war geradezu
ein integrirender Hestandtheil dieser Cultur. Als daher aus
Gründen, die hier nicht zu erörtern sind, etwa vom Ausgange
des 13. Jahrhunderts ab die Cultur des Mittelalters mehr und
mehr verfiel und abstarb, war damit die Nothwendigkeit ge-
geben, dass auch die französische Litteratur in ihrer bis dahin
zur Ausbildung gelangten Erscheinungsform sich nicht weiter
zu entwickeln vermochte, sondern, wie die gesammte National-
cultur, in neue Bahnen einlenken musste. Und noch etwas
Anderes trat hinzu. In dem Altfraiizosenthume war in natür-
licher Folge der Besitznahme des romanisirten Galliens durch
germanische Volksstämme ein starkes germanisches Element
enthalten, welches in der Litteratur bedeutsamen Ausdruck
gefunden hat. Die altfranzösische Dichtung, in Sonderheit
aber die nationale Heldendichtung ist voll von Aeusserungen
germanischen Geistes, ja die Chansons de geste darf man
germanische Heldenlieder in französischer Sprache nennen.
Mehr und mehr aber wurde im Laufe der geschichtlichen
Entwickelung das germanische Element zurückgedrängt und
aufgesogen von dem aus leicht begreiflichen Gründen weit
stärkeren romanischen, bzw. keltisch-romanischen. Schon im
14. Jahrhundert, selbst bereits in der zweiten Hälfte des 13.,
ist dieser Process ziemlich weit vorgeschritten, noch mehr
natürlich im 15., und zu seinem Abschlüsse gelangt er im
16. Jahrhunderte. Von da ab sind die Franzosen, welche bis
dahin Halbgermanen gewesen waren, Vollromanen oder, wenn
man es noch genauer bezeichnen will, Keltoromanen. Dieser
Wandel des Volksthums wirkte auch auf Sprache und Litteratur
mächtig und geradezu umgestaltend ein. verlieh ihnen diejenigen
Eigenschaften, welche seitdem für sie charakteristisch geworden
sind : was insbesondere die Litteratur anbelangt, so streifte
sie mehr und mehr die phantastische Ueberschwänglichkeit
und gemüthvolle Naivetät ab. welche ihr im Mittelalter eigen
25*
388 Das Französische.
gewesen waren, strebte mehr und mehr nach logischer Klar-
heit und verständiger Nüchternheit, die Naivetät wich der
kritischen Reflexion, die Harmlosigkeit gemüthlichen Sich-
gehenlassens der Neigung zvir zersetzenden Satire.
Der Dichter, in welchem der neufranzösische Geist zuerst,
man möchte sagen vorahnend, sich off"enbart, ist Francois
^'ILLO^■ 1431 — 1500), der freilich innerhalb seiner Zeit noch
als eine seltsame Anomalie erscheint — ähnlich wie sein
Zeitgenosse Ludwig XI — und vielleicht dadurch, dass er
selbst sich dessen bewusst war. auch auf anomale Lebens-
bahnen gedrängt wurde'). Noch geraume Zeit sollte es währen,
ehe er wirklich Nachfolger fand, als deren erster, wenn auch
auf ganz anderem Gebiete der Dichtung, Rabelais zu nennen
sein dürfte.
Begreiflich ist , dass die angedeutete Wandelung der
Litteratur nicht vor sich gehen konnte, ohne dass zunächst
eine Periode verhältnissmässiger Unfruchtbarkeit und sodann
eine Periode unklaren Strebens eintrat. Die Periode der
Unfruchtbarkeit ist das 15., die Periode des unklaren Strebens
ist das 16. Jahrhundert, namentlich in seiner zweiten Hälfte.
1 5 . Die Renaissancebildung, obwohl in einzelnen Ansätzen
bereits frühzeitig aus Italien nach Frankreich übertragen, ge-
langte dort doch erst um die Mitte des IG. Jalirhunderts zum
vollen Durchbruch und zur vollen Entwickelung, zum Theil
in Folge der von Karl VIII begonnenen französischen
Eroberungszüge nach Mailand und Neapel. Ungefähr gleich-
zeitig mit dem Emporkommen der Renaissance drangen die
reformatorischen Ideen aus der Schweiz und aus Deutschland
in Frankreich ein und trugen, indem sie in gefährdender
Weise die katholische Kirche bedrohten, wesentlich bei zur
Zerstörung der noch vorhandenen Reste mittelalterlicher Cultur.
Die Renaissancecultur stellte die Antike als das absolute
liildungsideal hin. Für die Litteratur ergab sich daraus die
Anschauung, dass aus den classischeu Werken der griechischen
und römischen Litteratur die unverbrüchlichen und jedem
Zweifel entrückten Normen für die litterarische Cümj)osition
und Form zu entnehmen seien. Hinsichtlich der Sprache
1) Bekanntlich führte V. einen verbrecherischen Lehenswandel und
entrann nur mit genauer Noth dem Galgen.
Litteraturgeschichte. 389
rniisste fortan deren möglichste Annäherung an das Lateinische
und Griechische, hinsichtlich der Wort- und Formenbildung
und der Syntax als orstrebcnswerthes Ziel gelten. lu der
Rhythmik endlich lag es nahe, die quantitirenden Metra und
die Strophenformen der antiken Poesie auf das Französische
mindestens annähernd zu übertragen, sei es dadurch, dass man
wirklich die Quantität zum rhythmischen Grundprincipe zu
erheben versuchte, oder dass man sich damit begnügte, durch
regelmässige Aufeinanderfolge von hochtonigen und tieftonigen
Sylben einen Tonfall zu erzeugen, welcher vermeintlich dem
durch regelmässigen Wechsel zwischen langen und kurzen
Sylben erzeugten Tonfalle rhythmisch entsprach.
Einen bleibenden Erfolg errang dieses antikisirende Streben
nur auf dem litterarischen Gebiete. Die geplante sprachliche
xuid rhythmische Reform scheiterte. Indessen hinterliess die
erstere sehr merkbare Spuren in der Aufnahme zahlreicher
mots savants in der Sprache, in dem Eindringen s}ti taktischer
Latinismen und in der seitdem hervortretenden Vorliebe für
rhetorische Stylmittel. Nicht auf Einwirkung der Renaissance,
sondern auf volkspsychologischer Ursache beruht die allmähliche
Alisbildung des Gesetzes der logischen Wortfolge und über-
haupt der neufranzösischen Syntax.
Die vielfachen politischen und geistigen Beziehungen
zwischen Frankreich und Italien im 16. Jahrhundert begünstigte
das Eindringen italianisirender Tendenzen in die französische
Sprache. Litteratur und Rhythmik ; dauernde Nachwirkung
dieses Verhältnisses war die Einbürgerung zahkeicher italie-
nischer Lehnworte und italienischer Strophenformen, endlich
die Nachbildung des italienischen Lustspiels.
Auch durch das Spanische erlitt, in Folge der damaligen
Macht- und Culturstellung Spaniens, das Französische während
des 16. und mehr noch während des 17. Jahrhunderts manche
Beeinflussung, 'namentlich auf dem Gebiete der Litteratur
ibesonders wieder bezüglich des Romanes und des Dramas).
Die begeisterteste und energischste Förderung und Pflege
wurde den litterarischen Renaissancebestrebungen von Seiten
des aus sieben Mitgliedern ^ bestehenden Dichterbundes der
1 Nämlich: Ronsard, du Bellay , Baif, Jodelle, Belleau, Pontus de
390 I^äS Französische.
»Plejade« zu Theil. Das Haupt desselben war Pierre de
KoxsARi) (1524 — 1585), der als Lyriker und Epiker (»la Fran-
ciade«) sich auszeichnete; der theoretische Wortführer war
Joachim du Kellay (1524 — 1560), der in der Schrift »V Illustra-
tion et la Defense de la langue francoyse« (1548) das Programm
der neuen Richtung entwarf. Am bedeutendsten aber für die
Folgezeit wurde die Begründung des Renaissancedrama' s durch
Etienne Jodelle (1532 — 1573), Verfasser der Tragödien »Cleo-
pätre captive« (1552) und »Didon se sacrifiant« (1558) und der
Komödie »Eugene« oder »la Rencontre« (1552).
Dass die hervorragenderen Mitglieder der Plejade hoch
begabte und idealer Erhebung fähige Männer waren, ist ebenso
anzuerkennen wie die andere Thatsache, dass ihr Streben
durch die damalige Culturlage nicht nur principiell gerecht-
fertigt wurde, sondern auch sich als höchst förderlich erwies,
um die Litteratur vor der drohenden Gefahr der Stagnation
zu bewahren und ihr die Möglichkeit einer ferneren Ent-
wickelung zu sichern, wenn auch einer Entwickelung auf
Bahnen, die nicht von gesundem Geschmacke vorgezeichnet
wurden. Yerhängni ssvoll aber war, dass die Plej adendichter
die weise Mässigung nicht zu üben verstanden, mit welcher
jede Reform, wenn sie lauteren Segen bringen soll, unter-
nommen werden muss, dass sie mit gänzlicher Verkennung
und Missachtung der realen Verhältnisse dem Wahne sich
hingaben, dass Sprache und Litteratur nach der subjectiven
Willkür einzelner Individuen umgestaltet werden könnten.
In ähnlicher Selbsttäuschung waren übrigens auch viele der
Grammatiker des 16. Jahrhunderts befangen, wenn sie ortho-
graphische Systeme aufstellten, welche von der Sprachgeschichte
völlig abstrahirten, und wenn sie es unternahmen, das Fran-
zösische aus dem Griechischen oder Hebräischen abzuleiten
oder al)er auch dasselbe sei es nach griechischem sei es nach
einem anderen fremden Muster umzustülpen.
Die Masslosigkeit und Uebertreibung der Renaissancebe-
strebungen, verbunden freilich mit einer ganzen Reihe anderer
Ursachen, hat es verschuldet, dass vom 16. Jahrhundert ab
Thyard und A. Jamyn (statt seiner wird an siebenter Stelle auch Dorat
genannt, doch mit weniger Recht .
Litteraturgcschichte. 301
die französische Litteratur ihre eigene nationale Vergangenheit
verleugnete, in schrüffer Weise mit ihren bisherigen Ueber-
liefernngen brach und neue Ideale mit blinder Gläubigkeit -wie
Idole verehrte. \ie\ A'erwüstung ist hierdurch angerichtet,
viele gewiss entwickelungsfähige Keime sind zerstört worden').
Niu" auf Eins werde hingewiesen. Im Ausgang des Mittelalters
war nicht ohne Glück der A'ersuch zur Schöpfung eines histo-
rischen Nationaldramas gemacht worden, indem man die
Belagerung von Orleans u. dgl. in Mysterienform zu behandeln
unternommen hatte. Unter normalen Verhältnissen hätten
solche Versuche wohl zur Bildung eines ebenso volksthümlichen
wie aesthetisch gehaltvollen Schauspiels führen können. We-
nigstens ist nicht abzusehen, warum das, was in England und
in Spanien möglich war, nicht auch in Frankreich hätte mög-
lich sein können. Dass es aber dennoch nicht geschehen ist.
muss dem einseitigen und engherzigen Renaissancefanatismus
zur Last gelegt werden, der alles Volksthümliche und Natür-
liche mit Peclantenhochmuth verachtete und nur das schön
fand, was die Griechen imd Römer erschaffen. Sobald die
sklavische Nachahmung des Sophokles, des Euripides und des
Seneca einerseits und des Plautus und des Terenz (nebst deren
italienischen Nachahmern) andrerseits als die alleinige dramatische
Kunst betrachtet wurde, war es, mindestens in der Tragödie,
vorbei mit der ächten und wahren Kunst und konnten fortan
nur noch mehr oder weniger gelungene Abklatsche antiker
Dramen, allerhöchstens aber halb classische halb romantische
Zwitterdramen gezeugt werden.
1) Aber nicht bloss dies, sondern noch Schlimmeres geschah: der lit-
terarische Bruch mit der Vergangenheit bewirkte, dass diese letztere all-
gemach nicht nur der Vergessenheit, sondern auch der Verachtung anheim-
üel. Die landläufige Litteraturgcschichte lässt die französische Litteratur
mit Malherbe beginnen, ignorirt also das Mittelalter sammt dem 16. Jahr-
hundert. Leider darf sie sich auf Boileau's Autorität berufen, der be-
kanntlich im Art poetique I 113 ff. Malherbe als den eigentlichen Begrün-
der der französischen Litteratur, Villon und Marot aber als dessen Vor-
läufer gefeiert und das Mittelalter als eine Zeit barbarischen Ungeschmacks
bezeichnet hat. Selbst in der Gegenwart werden in Frankreich derartige
Anschauungen, wenn auch in gemässigter Form, hin und wieder sogar von
Litterarhistorikern ausgesprochen, man lese z. B. des geistvollen Bruxe-
tiere's Aufsatz in der Rev. d. d. Mondes vom 1. 6. 1879 vgl. Ztschr. f.
nfrz. Spr. u. Litt. III 178 ff.). Wie ungünstig der litterarische Bruch mit
der Vergangenheit auch auf das politische und sociale Volksleben hat ein-
wirken müssen, bedarf nicht erst der Darlegung.
392 I^^s Französische.
Die erfreulichste litteraturgeschichtliche Erscheinung im
16. Jahrhundert ist die Entstehung der neufranzösischen Prosa,
und nicht ohne hohe Bewunderung kann man beobachten,
wie dies neugescliaffene Werkzeug des Gedankenausdruckes
sofort den verschiedenartigsten Bedürfnissen in vollkommenster
Weise zu genügen vermag, sich eben so sicher und erfolgreich
handhaben lässt im Dienste der Wissenschaft wie in dem der
unterhaltenden Dichtung oder auch für die Zwecke der po-
litischen und religiösen Satire i).
16. Das Gesammtergebniss der littcrarischen Entwickelung
des von neuen Ideen gährenden, nach neuen Idealen vorwärts
stürmenden und drängenden, nach Classicismus ringenden
und doch romantisch erregten 16. Jahrhunderts war ein
chaotischer Zustand, ein seltsames Gemisch von einerseits
gesunden und lebensfähigen, andrerseits krankhaften und bis
zur Verwilderung entarteten Elementen. Dringend machte
sich das liedürfniss einer Läuterung der Sprache und Littera-
tur durch Aufstellung bestimmter Normen geltend. Dieses
nothwendige Werk wurde vollzogen durch die Bemühungen
theils einzelner Männer Francois Malherbe 1555 — 1628; Ni-
colas Boileau 1636—1711; Claude Vaugelas 1585—1650) theils
tranzer litterarischer oder grelehrter Genossenschaften (Gesell-
Schaft des Hotel de Kambouillet, ungefähr von 1618 — 164S;
Academie fran^aise, gegründet 1635). In Folge dessen Avurden
die neufranzösische Schriftsprache und Rhythmik fixirt und
wurde ein System der Poetik aufgestellt, welches sich als die
Verkörperung eines nüchternen und verstandesmässigen, von
jeder Ueberschwänglichkeit (aber freilich nicht von Manierirt-
heit) freien Classicismus bezeichnen lässt, eines Classicismus,
der mit Kococoelementen durchsetzt ist und, kritisch betrachtet.
1) Die wichtigsten Prosaiker des 16. Jalirhunderts : Jean Calvin (1509
— 1564; Institution chrestienne 1540); der heil. Franz v. Sales 1567 — 1622;
l'Ktendard de la Croix de nostre Sauveur Jesus-Christ 15Ü7 ; Introduction
ä la vie devote 1608); Michel Eyquem de Montai{?ne ,1533 — 1592; Essai»
15S0 — 1588); Pierre de Brantome (1540? — 1614; Vies des <i;rands capitaines
francois; Memoires etc.); Agripna d'Aubigne 1550 — 163(1; Memoires; Hi-
stüire universelle etc.); Margarethe (v. Valois oder) v. Navarra (1492 — 1549;
Heptameron) ; Francois Rabelais (1495? — 1553; Gargantua et Pantagruel
1534 — 1564); Jacques Amyot ,1513 — 159:5; Uebersetzung der Vitae des
Plutarch 1559). Nochmals werde bezüglich der Litteraturgeschichte des
16. Jahrhunderts auf Dakmkstktkk's und H.VTZFKLDs vortretfliches Com-
pendium : Le seizierae siecle en France (Paris 1878) verwiesen.
Litteraturgeschichte. 393
»Pscucloclassicismiis« genannt -werden muss. Völlig freilich ge-
lang es nicht, die Romantik aus der Litteratur und insbesondere
aus dem Drama zu verhannen. romantische Tendenzen zeigen
sich vielmehr vereinzelt selbst bei den Dichtern, welche im
Uebrigen als die Hauptvertreter der classischen Hichtung
selten müssen Rotrou's »Saint-Genest^«, Corneille's »Cid«,
Racines biblische und orientalische Dramen. Moliere's »Festin
de Pierre« u. s. w.) Gegen Ende des Jahrhunderts aber ent-
brannte die »Querelle des anciens et des modenies«, in welcher
die »Modernen i die einseitige Bewunderung der Antike kritisch
bekämpften und mindestens indirect, freilich oft mit sehr frag-
würdigen Waffen, gegen den Pseudoclassicismus fochten.
Ungefähr gleichzeitig liess Charles Perrault (162S — 1703) die
»Contes de ma mere lOye« erscheinen, ein ganz aus roman-
tischem Geiste hervorgegangenes Buch.
Die Litteratur des 17. Jahrhunderts trägt einen ausgeprägt
aristokratischen und höfischen Charakter, sie ist erfüllt vonAchtung
gegen die nach langen Schwankungen und Wirren wieder-
hersrestellte) Autorität des Staates und der Kirche, namentlich
aber erfüllt von Bewunderung für die Persönlichkeit Ludwig
XIV, in welcher die Idee des absoluten Königthums sich
glanzvoll verkörperte. Solche Bewunderung w^ar um so natür-
licher, als der Herrscher, dem sie galt, in der ersten und
besseren Hälfte seiner Regierung lebhafte Antheilnahme an
den litterarischen Bestrebungen bekundete und thatsächliche
Verdienste um die Förderung der geistigen Interessen sich
erwarb .
Eine Litteratiu-. welche, wie die hier in Rede stehende,
in den Kreisen des Hofes und der Aristokratie emporblüht,
bestrahlt von dem Sonnenglanze der Fürstengunst und viel-
fach unter weiblichem Einflüsse stehend, trägt stets einen
treibhausartigen Character an sich, entbehrt der natürlichen
Frische und Anmuth und nicht minder der genialen schöpfe-
rischen Kraft, erhebt sich in ihren Leistungen nur selten über
das Niveau einer anständigen Mittelmässigkeit, begnügt sich,
weil unfähig zu originalen Hervorbringungen, gern mit der
geschmackvollen Nachahmung schon vorhandener Muster. Die
besseren französischen Dichter des 17. Jahrhunderts haben
redlich geleistet, was sie innerhalb der Verhältnisse, in welche
394 l^äs Französische.
sie gestellt wareu, eben leisten konnten : sie haben mit ge-
wissenhafter Ausnutzung ihres meist nicht allzu reichlich
bemessenen Talentes und mit fleissiger Arbeit Werke geschaffen,
die den Beifall der Zeitgenossen und die Achtung der Nach-
welt sich erwarben ; sie haben sich als gelelirige, wenn auch
geistig etwas beschränkte Schüler der Alten erwiesen, haben
dieselben oft recht gut verstanden, mitunter freilich auch
gröblich missverstanden. Mehr aber haben nur Wenige gethan :
diese Wenigen sind Pascal, der aber freilich mehr der Wissen-
schaft als der Litteratur angehört, jedenfalls nicht Dichter in
des Wortes eigentlichem Sinne ist, Lafontaine in seinen
Fabeln und Moliere in seinen bedeutenderen Lustspielen ; nur
bedingungsweise darf noch V. Cokneille als Vierter genannt
werden.
Innerhalb der Litteratur des 17. Jahrhunderts sind der
Prosaroman und das Drama am eifrigsten und mit dem ver-
hältnissmässig grössten Erfolge gepflegt werden. Die Erzeug-
nisse der Romandichtung zeichnen sich aus durch Verschieden-
artigkeit der in ihnen zum Ausdruck gelangenden Tendenzen,
entbehren aber der absoluten poetischen Bedeutung und besitzen
gegenwärtig im Wesentlichen nur noch ein culturhistorisclies
Interesse. Die beliebtesten Gattungen des Romanes waren der
Schäferroman (Honore d'Urfe's [15ü& — 1625] »Astree«, eine
Nachbildung der »Diana« des Spaniers Jorge de Montemayor,
7 1562), der galant-chevalereske Roman [Mlle Mvdeleine de
Scudery's [1607 — 1701] »Grand Cyrus« und »Clelie«) , der
religiös -moralisirende Roman (Jean-Pierre Camus' [1582 —
1653] »Palombe«), der satirische Roman (Charles Sorkl's [1602?
— 1674] »Francionu und »le Berger extravagante«; Cyrano de
Bergerac's [1620 — 1655] »Histoires comiques des Etats et des
Empires de la Lune« und »des Etats et des Empires du Soleil«) ,
der burleske Roman (Paul Scarrons [1610 — 1660] »Roman
comique«) und der bürgerliche Roman (Antoine Furetiere's
[1619 — 168S] »Roman bourgeois«) . Von diesen Gattungen
vertreten die drei erstgenannten (bukolischer, galanter und
religiöser Roman) die idealistische Richtung, während die
übrigen, namentlich aber der burleske und der bürgerliche
Roman, dem Realismus huldigten. Die Geschmacksrichtung
der Zeit war übriaens durchaus dem Idealismus zugeneigt.
Litteraturgeschichte. 395
und UV Folge dessen konnte der realistische lioniun über be-
scheidene Anfänge nicht hinausgelangen. Hemerkenswerth ist,
dass der Koman des 17. Jahrhunderts, sehr im Gegensatze
zum Drama, sich verhältnissmässig frei erhielt von der mecha-
nischen Nachahmung antiker Muster und dass überhaupt iu
ihm eine relativ grosse Originalität in der Erfindung sich be-
kundete; eine wesentliche Einschränkung ist in dieser
Beziehung nur hinsichtlich des Schäferromanes zu machen,
der spanischem und italienischem Einflüsse seine Entstehung
verdankte und sich ihm auch späterhin nicht zu entziehen
vermochte.
Unter den dramatischen Dichtungsgattungen erreichte nur
das Lustspiel die höchsten Ziele, und auch dieses nur in
Moliere's Schöpfungen. Aber selbst MoLiiiRE ist keineswegs
in Allem . was er geschaffen , bedeutend ; seine Jugenddich-
tungen und auch diejenigen seiner späteren Komödien, die
nur auf Bestellung des Königs oder aber im finanziellen In-
teresse des vom Dichter selbst geleiteten Theaters (Hotel Bour-
bon , später Palais Royal) verfasst waren , erheben sich nur
durch ihre technisch meisterhafte Composition. ihren zünden-
den Witz und ihre gewandte Sprache über das Niveau der
altfranzösischen Farce oder der auf Nachahmung des Plautus
und Terenz beruhenden italienischen Renaissancecomödie. wel-
che bereits im 16. Jahrhundert durch Jodelle und P. Lari-
VEY (1550 — 1612) nach Frankreich übertragen worden war.
Wirklich gross und seinen zeitgenössischen Mitbewerbern (z. B.
Boisrobert. Boursault u. A.) an Dichterbegabung unendlich über-
legen war Moliere nur dann, wenn er das Lustspiel mit ethi-
schem Gedankeninhalte erfüllte, zu einem Werkzeuge sittlicher
Läuterung es erhob und allgemein menschliche Bedeutung
ihm verlieh (so in den »Precieuses ridicules«, in den »Femmes
savantes« , im «Tartuffe«, im »Avare«, im »Misanthrope«. im
»Bourgeois gentilhomme«, im »Malade imaginairea, im »Festin
de Pierre«). Wo aber Moliere wirklich gross ist, da ist er
auch so gross, dass er, die gesammte französische National-
litteratur überragend, den wenigen Dichtern beigezählt werden
muss, deren Werke für alle Völker und für alle Zeiten ge-
schaffen sind. Moliere's Grösse lässt sich recht ermessen, wenn
man ihn mit Regnard (1655 — 1709^ vergleicht als mit demje-
396 Das Französische.
nigen Lustspieldichter, der ihm zeitlich am nächsten steht und
doch durch eine weite innerliche Kluft von ihm getrennt ist.
Auch P, Corneille reicht als Komiker , obwohl auch als
solcher nicht ohne Bedeutung und Verdienst, doch an den
grossen Moliere nicht heran, noch Aveniger Racine in seinen
»Plaideurs«.
Die Tragödie überwand in der ersten Hälfte des 1 7 . Jahr-
hunderts die letzten romantischen Anfechtungen und damit auch
den bis dahin sehr merkbar gewesenen spanischen Einlluss.
Der zu Gunsten des Pseudoclassicismus endende Streit um
Comeille's »Cid« hat zum Ergebniss, dass fortan das vermeint-
lich aristotelische Gesetz von den drei Einheiten der Hand-
lung , der Zeit und des Ortes als unbedingt verbindlich er-
achtet') und damit die formale Antikisirung des Dramas, we-
nigstens scheinbar, vollendet wird. Auch bezüglich der StofT-
wahl wird die bis dahin bestandene verhältnissmässige Freiheit
des Dramas erheblich eingeschränkt, zwar werden neben den
antiken auch fernerhin noch biblische (auch legendarische)
und orientalische Stoffe zur Behandlung zugelassen , aber als
verboten gilt es fortan, Begebenheiten der mittelalterlichen
oder der neueren Geschichte zu dramatisiren , selbst zu Gun-
sten der Nationalgeschichte Avird keine Ausnahme gemacht.
So wird die schöpferische Thätigkeit des dramatischen Dich-
ters an Theorien und Kegeln gebunden , die innere Berech-
tigung entweder gar nicht oder doch nur bedingungsweise
besitzen und folglich weit mehr hindernd, als fordernd wirken
können. Aber auch in der scenischen Darstellung sieht das
Drama in seiner Entwickelung sich behemmt : die Bühne des
Theaters dient zugleich als Zuschauen-aum imd gestattet folg-
lich den Schauspielern keine freie Entfaltung ihrer Kiuist ;
alle Stellen, Avelche in politischer oder kirchlicher Hinsicht
irgendwie verfänglich erscheinen können, müssen bei der Auf-
führung ausgemerzt werden; lästige Rücksichten auf Decora-
tion und Costumirung sind zu nehmen , und was dergleichen
Behinderungen mehr sind.
Es zeufft für die hohe dramatische Begabung eines Rotrou
1) Ueber die Geschichte des Gesetzes der drei Einheiten vgl. H. Bkei-
TIXGEU, Les Unites d'Aristote avant le Cid de Corneille. Genf 1879 (vgl.
dazu Revue crit. 1S79 No. 52, p. 478 .
Litteraturpeschichte. 397
(1609 — 1650), eines P. Corneille (1606— 16S4) und eines
Jean Kacixe (1639 — 1699 , dass sie trotz aller dieser beengen-
den Verhältnisse doch Bedeutendes zu leisten und ihre un-
mittelbaren Vorgänger, die zum Theil noch ihre Zeitgenossen
waren, namentlich A. Hardy '1560 — 1631) und ÄLviket (1604
— 16S6i^), nicht bloss zu erreichen, sondern auch weit zu
übertreffen vermochten. Insbesondere haben Corneille und
IxAciNE die pseudoclassische Tragödie zu der höchsten ihr er-
reichbaren Höhe emporgefiihrt . zu einer Höhe, auf welcher
die Schwächen und Mängel des pseudoclassischen Dramas als
bedeutungslose Aeusserlichkeiten erscheinen, die wahrer Kunst
nicht Eintrag zu thun vermögen. Beide Dichter wandelten
auf verschiedenen Wegen diesem Ziele zu: Corneille legt das
Schwergewicht auf die Tragik der Handlung und auf deren
ethischen Gedankeninhalt, Racine dagegen auf die psycholo-
gische Motivirung der Handlung und auf die künstlerische
Composition ; des ersteren Dramen sind gewaltiger und pathe-
tischer: die des letzteren harmonischer und stimmungsvoller.
Zwischen beiden Dichtem besteht ein Gegensatz, der sich dem
zwischen Aeschylus und Sophokles vergleichen lässt. nur frei-
lich muss man sich dessen bewusst bleiben, dass derartige
Vergleichuugen stets hinken.
Neben dem Prosaromane und dem Drama erscheinen die
übrigen Litteraturgattungen im 17. Jahrhundert nur kümmer-
lich entwickelt, mit einziger Ausnahme der Fabel, die durch
Lafgntaln'e (1621 — 1695 zur höchsten Vollendung gefühi-t
w\u-de. Die epische Dichtung kam über frostige Nachahmun-
gen des Virgil und des Tasso man denke z. B. an G. de
Scudert's »Alaric«', über läppische burleske Possen in Epen-
form in der Manier des Tassoni (man denke z. B. an Boileau s
»Lutrin«] , über frivole Parodien (man denke z. B. an Scar-
ron's »Virgile travesti«) und über nüchterne Lehrgedichte (man
denke z. B. an Boileau's »Art poetique«) nicht hinaus. Ein-
zige Ausnahme ist Fenelons »Telemaque«. c; Die Lyrik aber
artete aus in galante Reimerei und bombastischen Odensang.
Die Prosalitteratur des 17. .Jahrhunderts dürfte, abge-
sehen von dem Prosaromane, derjenigen des 16. Jahrhunderts
1; Mairet's »Sophonisbe« [1629, war die erste »regelmässige«, d. h.
das Gesetz der drei Einheiten beobachtende französische Tragödie.
398 I^^s Französische.
an Bedeutung nachstehen, doch wurde immerhin auf einzel-
nen ihrer Gebiete Hervorragendes geleistet. Der Briefstyl
empfing eine classische Ausbildung (Voiture 1598 — l(i48;
Mme DE Sevigne 1626 — 1696) ; das Essay wurde gepflegt z. B.
durch Jean-Louis Giez de Balzac 1597 — 1654), ebenso die
sich in Aphorismen bewegende Moralistik (z. B. La Bruye;re'8
[1645 — 1696] »Caracteres«, La Rgchefoucauld's [1613 — 1680]
»Maximes«) ; die Kanzelberedtsamkeit wurde durch Bossuet
(1627— 17Ü4), BouRDALOLE (1632—1704) und Flechier i1632
— 1710) zu hoher Vollkommenheit entwickelt: und endlich
wurde durch Descartes' (1596 — 1650) »Discours s. la methode«
und dmch Blaise Pascal's (1623 — 1662) »Pensces« erwiesen,
was die junge französische Schriftsprache im Dienste der Wis-
senschaft und der metaphysischen Speculation zu leisten ver-
möge; derselbe Pascal erprobte dieselbe Sprache in den
»Lettres provinciales« auch als , Werkzeug der schneidigen
Satire.
Bemerkenswerth ist, dass in der darstellenden Geschichts-
schreibung — abgesehen von der Memoirenlitteratur, in wel-
cher z. B. Paul de Gondi, Cardinal von Retz '1604 — 1679)
sich auszeichnete — während des 17. Jahrhunderts Nichts ge-
schaffen worden ist, was bleibenden Werth besessen hätte, ob-
wohl die gelehrte Geschichtsforschung damals eifrig gepflegt
ward (man denke z. B. an Duchesne's fruchtbringende Thä-
tigkeit als Herausgeber mittelalterlicher Quellenwerke) .
Man ist vollauf berechtigt, über die französische Littera-
tur des 17. Jahrhunderts ein nur bedingungsweise günstiges,
vielfache Einschränkungen und Vorbehalte machendes Ge-
sammturtheil abzugeben, zweifellos aber ist doch, dass im da-
maligen pAiro])a die französische Litteratur hinsichtlich des
Gedankeninhaltes inid der Formenschönheit den weitaus ersten
Hang einnahm und dass es demnach erklärlich war, wenn
deren Erzeugnisse in allen europäischen Ländern als muster-
gültig angesehen wurden und bestimmenden Einfluss auf die
Entwickelung der betreffenden Nationallitteratxiren ausübten.
Im 17. Jahrhundert befand sich Frankreich zum zweiten Male
im Besitze der Culturhegemonie über Europa, nachdem es
zum ersten Male bereits im Mittelalter diese ehrende Stellung
eingenommen hatte.
Litteraturgeschichte. 399
Biblioffraphische Angaben zur Litteraturgeschichte des 17.
Jalirhunderts sehe man oben S. 330 f. und in dem § 4 gegebe-
nen Register unter den betr. Automamen. Vgl. auch S. 63 f.
17. Das IS. Jahrhundert bildet in litterarischer Beziehung
zunächst die logische Fortsetzung des vorangegangenen. Die
nüchterne Verständigkeit und die Neigung zu schematischen
Theorien, welche schon für das 17. Jahrhundert charakteris-
tisch waren, sind es noch mehr für das IS. Jahrhundert. Ja,
es wird in ihm die nüchterne Verständigkeit oder , wie viel-
leicht besser zu sagen ist. die verständige Nüchternheit so
weit gesteigert . dass die Phantasie fast aus der Poesie ver-
bannt und die letztere dadurch nahezu ertödtet wird. Da-
her überwiegen auch in sehr auffälliger Weise die Prosa-
gattungen der Litteratur und namentlich wieder diejenigen,
welche der Wissenschaft nahestehen und aus dieser ihre Stoffe
entnehmen , so die philosophische Essayistik, die litterarische
Kritik, die darstellende Geschichtsschreibung, die Naturschil-
derung u. dgl. Die Wissenschaft nimmt eine schöngeistige,
die schöngeistige Litteratur eine wissenschaftliche Färbung an.
Damit im Zusammenhange steht die erwachende Vorliebe zu
encyklopädischer Zusammenfassung der gesammten Wissens-
raaterie.
Das 17. Jahrhundert war in Frankreich ein Zeitalter der
Herrschaft der kirchlichen und staatlichen Autorität gewesen;
das IS. Jahrhundert stellt sich dieser doppelten Autorität op-
positionell gegenüber, bekämpft sie litterarisch mit den Waffen
der negirenden Kritik. Man urtheilt, dass die religiösen Dog-
men mit der Vernunft nicht verträglich seien und dass diese
höchstens einen allgemeinen Gottesglauben (Deismus) zulassen
könne: so wird das Emporkommen sensualistischer und ma-
terialistischer Anschauungen begünstigt. Man überredet sich,
dass die fürstliche Gewalt nur einem Gesellschaftsvertrage
ihr Dasein verdanke xmd dass sie nur berechtigt sei . wenn
der Wille des Volkes, welchem letzteren allein die Souveräni-
tät zukomme, ihre Ausübung gestatte, regele und überwache.
Man gelangt endlich zu dem Glauben, dass die ganze Ver-
gangenheit , mindestens vom Untergange der antiken Cul-
tur ab , eine Zeit der Finsterniss , der Barbarei und der
Tyrannei gewesen sei und dass nun das IS. Jahrhundert den
400 Das Französische.
Beruf habe, den Individuen wie den Völkern Aufklärung, Bil-
dung und Freiheit zu bringen. So ist man erfüllt von phi-
lanthropischen Ideen und reforraatorischen Theorien, welche
letzteren Alles umfassen: die Ersetzung der Religion durch
die Philosophie und Moral, die Neugestaltung des Staates, die
Begründung einer neuen "S'olkswirthschaft nach wissenschaft-
lichen Grundsätzen, die Erziehung des Kindes nach den Ge-
boten der Vernunft und der Humanität. Die Logik der Ge-
schichte musste dazu führen, dass die reformatorischen Theo-
rien sich endlich praktisch in revolutionäre Thaten umsetzten,
dass in der grossen Revolution wirklich der Versuch zur Zer-
störung der bestehenden Institutionen und zur Aufrichtung
eines neuen, vermeintlich idealen Zustandes gemacht ward.
In engem Zusammenhange hiermit steht die Aenderung
des socialen Charakters der Litteratur, eine Aenderung. wel-
che , was die Vertreter der Litteratur anbelangt , bereits im
17. Jahrhundert begonnen hatte, wie die vielen bürgerlichen
Autorennamen jener Zeit bekunden.
Im 17. Jalirhundert war die französische Litteratur aristo-
kratisch und exclusiv gewesen, im 18. Jahrhundert wird sie
— entsprechend dem in der Gesammtcultur sich vollziehenden
Wechsel — demokratisch, wendet sich mit Vorliebe an die
breite Masse des emporstrebenden Bürgerthums, zeigt eine den
bisher privilegirten Ständen feindliche Tendenz. Besonders
fühlbar macht sich dieser Umschwung auf dem Gebiete des
Romancs und des Dramas. Der bürgerhche Roman, im 17.
Jahrhundert nur gleichsam versuchsweise sich hervorwagend,
gelangt mehr und mehr zur Herrschaft, desgleichen die philo-
sophirende und moralisirende Novelle, deren Aufkommen durch
das Entstehen von rasch sich mehrenden Wochenschriften und
sonstigen halb oder ganz belletristischen periodischen Blättern
befördert wird. Neben den bürgerlichen Roman und die bür-
gerliche Novelle stellt sich liald das von Nivelle de la
Chaussee (1G93 — 17r^4) begründete bürgerliche Schauspiel, die
sogenannte »comedie larmoyante' 'RührdnunaM).
Die Litteratur des 17. Jahrhunderts war, weil eben eine
Litteratur exclusiv aristokratischen Gepräges, vielfach mit con-
ventionellen Elementen belastet, verfiel häufig in Unnatur,
Gespreiztheit und Affeetation ^man denke z. B. an das Pre-
Litteraturgeschichte. 401
cieuseiithum ! V Ganz im Gegensatze hier, aber doch auch nur
in Folge einer nothwencligen Reaction, Avurde im IS. Jahr-
hundert die Rückkehr zur Natur gepredigt und Naturschwär-
merei, die oft genxig freilich nur anempfunden war. kam in
die Mode. Damit war der Ansatz zu jener litterarischen Um-
wälzung gegeben, welche zur Ausbildung der Romantik ge-
führt hat.
So negativ und kritisch sich aber auch die französische
Litteratur des IS. Jahrhunderts gegenüber der unmittelbaren
Vergangenheit verhielt, so tastete es doch die von dieser ge-
schaffenen litterarischen Formen nicht an, sondern zeigte sich
hinsichtlich ihrer auffällig conservativ. Die Gesetze der poeti-
schen Technik, wie sie von Malherbe und Boileau formulirt
worden waren, blieben in Kraft. Selbst das Drama wurde
nicht befreit von dem drückenden Joche der drei Einheiten.
Wohl gestattete sich Voltaire in einzelnen seiner Tragödien,
z. B. in der »Zaire«, die Beimischung einiger romantischer
Elemente, wohl entlehnte er Shakespeare einige Bühneneffecte,
aber gegen die Grundprincipien des romantischen Dramas ver-
hielt er sich entschieden ablehnend und bekämpfte als Theo-
retiker Shakespeare mit verblendeter Leidenschaftlichkeit.
Dies ist um so befremdlicher, aber auch um so bemer-
kenswerther, als im Uebrigen die französische Litteratur des
18. Jahrhunderts, auch hierin in schroffem Gegensatze zu der-
jenigen des 17. Jahrhunderts stehend, unter der Herrschaft
des englischen Einflusses ihre Eigenart entwickelte, von Eng-
land die leitenden philosophischen und politischen Ideen
empfing.
Die hervorragendsten Vertreter der Litteratur des 1 S . Jahr-
hunderts sind Fraxcois- Marie (Arouet) de Voltaite (1694
— 177S) und Jeax-Jacques Rgisseau (1712 — 1778). Die Be-
deutung des ersteren liegt vorwiegend, diejenige des letzteren
ausschliesslich in seinen Prosaschriften.
Voltaire hat. getrieben von ruhelosem Ehrgeize und un-
terstützt von einer vielseitigen Begabung, sich auf fast allen
Gebieten der Litteratur versucht , aber freilich mit sehr un-
gleichem Erfolge. Seine epischen Dichtungen (Henriade, la
Pucelle) sind luifreiwillige Carricaturen auf das wahre Epos
und bekunden recht deutlich, wie wenig ihr Verfasser und
Körting, Encyklopädie d. rom. Phil. HI. 20
402 I^'^^ Französische.
seine Zeitgenossen Verständiss für die epische Dichtung be-
sassen. Als Lyriker ist Vohaire kaum mittelmässig, und nicht
viel günstiger kann über den didaktischen Dichter (Discours
en vers, la Loi naturelle, Poeme sur le desastre de Lisbonne
etc.i geurtheilt werden, doch bietet dieser wenigstens durch
Gedanken Ersatz für die mangelnde poetische Kunst. Die
Romane und Novellen Voltaire's (Candide, l'Ingenu, Micro-
megas etc.) sind ausgezeichnet durch Witz und Eleganz des
Styles und interessiren durch scharf hervortretende philosophi-
sche Tendenz, welche freilich auf widerwärtige Excentricitäten
hinausläuft, aber poetische Meisterwerke sind sie so wenig,
dass man sie eher poetische Monstrositäten nennen kann. Nicht
so einfach lässt über Voltaire's Dramen (s. oben S. 366), un-
ter denen die Tragödien bei weitem überwiegen , ein Urtheil
sich abgeben. Dramatische Begabung, einschliesslich des mit
derselben keineswegs immer verbundenen Verständnisses für
die bühnengerechte Technik des Drama's, besass Voltaire un-
streitig in nicht geringem Grade und ebenso unstreitig hat
er diese Begabung in entsprechender Weise zu verwerthen ge-
wusst , auch Ueberlegung und Fleiss nicht gespart, um mög-
lichst Vollkommenes zu leisten ; ja . er hat auch den Muth
besessen, mit mancher zum Dogma gewordenen Ueberlieferung
zu brechen und hat, wenn auch sehr vorsichtigen Fusses, neue
Bahnen betreten, Avelche zu einer erfreulichen Verjüngung der
pseudoclassischen Tragödie hätten führen können. Nichts-
destoweniger erheben sich Voltaire's Dramen höchstens um
ein Geringes über das Niveau einer achtbaren Mittelmässig-
keit, zum Theil erreichen sie nicht einmal diesen bescheide-
nen Grad ästhetischen Werthes. keinesfalls aber lassen sie
sich mit C'orneille's oder Racinc's besseren Werken verglei-
chen, geschweige denn mit den Dramen Shakespeare's, Goe-
the's oder anderer der Weltlitteratur angehöriger Dichter. Der
Grund ist ein doppelter. Erstlich besass Voltaire eben nur
dramatische Begabung, aber nicht dramatische Genialität, und,
was noch nachtheiliger wirkte , er war weit mehr Verstandes-
mensch und Kritiker, als Dichter : in Folge dessen sind seine
Dramen erfüllt von philosophischen Tendenzen und KeHexio-
uen , entbehren des höheren ])üetischen Schwunges und ma-
chen häufig mehr den Eindruck dialogisirter philosophischer
Litteraturgeschichte. 403
Essays . als wirkliclicr Dramen. Die trafrischc Musf Avvirde
von A'ültaire znr Magd der Anfklärungsphilosophio erniedrigt,
sehr begreiflich , dass sie in dieser untergeordneten Stelhmg
unfähig -war zu hervorragender Leistung. Sodann aher hesass
A'oltaire nicht die Selbstentsagung, um. verziclitend auf jeden
Kefonnversuch , ruhig auf der Strasse zu wandeln , welche
durch die poetische Theorie des 17. Jahrhunderts vorgeschrie-
ben worden war: noch weit weniger jedoch besass er die
Kühnheit, voll und ganz mit Eewusstsein und mit Entschie-
denheit sich loszusagen von dem Pseudoclassicismus und an
die Neuschöpfung des Drama's sich zu wagen. Er kam viel-
mehr über ein ängstliches und verlegenes Schwanken nicht
hinaus. Im Princip verharrte er aus sehr begreiflichen , hier
aber nicht zu erörternden Gründen durchaus auf dem l^oden des
Pseudoclassicismus, in der Praxis aber gestattete er sich gern
manche kleine romantische Verirrung. Dadurch aber und nicht
minder durch ihre oben bereits hervorgehobene philosophisch-
tendenziöse Zuspitzung erhalten seine Dramen einen ZAviespäl-
tigen und zwieschlächtigen Charakter, der mit wahrer Poesie
unverträglich ist.
Und überhaupt der Dichter Voltaire hat kaum einen An-
spruch auf besonderen Ruhm, denn er hat zwar Vieles und
darunter auch manches relativ Bedeutendes geleistet, aber
nichts wirklich und absolut Grosses , nichts , woran man sich
allseitig zu erfreuen vermöchte. Des Ruhmes würdig ist nur
der Philosoph, der Kritiker, der Geschichtsschreiber Voltaire.
In den genannten Eigenschaften aber muss ihm jede objective
und gerechte Beurtheilung den Ruhm zuerkennen , dass er
der Grösste seines Zeitalters gewesen ist. Damit ist weder
ein Einverständniss mit dem Inhalte der philosophischen An-
schauungen Voltaires verbunden, noch eine Billigung der Art.
wie er Kritik übte , und der Tendenzen , die er damit ver-
folgte , noch endlich eine Gutheissung der Methode , wie er
Geschichte schrieb, und der letzten Ziele, die ihm dabei vor-
schwebten. Ueber alle diese Dinge kann man gewiss sehr ver-
schiedener Ansicht sein, und sicherlich darf man Niemandem
das Recht bestreiten, auch sehr ungünstig darüber zu denken.
Aber Ruhm gebührt jedenfalls dem Manne, der ein ganzes
langes Leben hindurch in unermüdlicher Thätigkeit , nicht
20*
404 D^s Französische.
selten auch mit muthiger Einsetzung seiner Person — öfters
freilich leider mit vorsichtiger und selbst feiger Sicherstellung
derselben — f ü r wirkliche oder vermeintliche Aufklärung und
gegen Avirklichen oder vermeintlichen Aberglauben kämpfte.
Wahrlich, der Mann, der einem ganzen Zeitalter das Gepräge
seines Geistes aufgedrückt hat, kann kein unbedeutender
Mensch gewesen sein. Nur freilich kann man auch dem Phi-
losophen, Kritiker und Geschichtsschreiber Voltaire keine un-
gemischte Bewunderung zollen : die Persönlichkeit des Mannes
zeigt neben grossen und edlen Zügen doch auch so hässliche
Charakterschwächen und so sichtbare moralische Plössen, dass
dadurch das Urtheil auch über sein geistiges Schaffen ungün-
stig beeinflusst werden muss. Indessen auch wer seine Ab-
neigimg gegen den Menschen Voltaire so wenig überwinden
könnte, dass er durch sie zu einer abfälligen Schätzung auch
des Schriftstellers Voltaire sich gedrängt fühlte, sollte
doch wenigstens das anerkennen, dass dieser Mann in der
Vielseitigkeit des Denkens und in der Fähigkeit, die verschie-
denartiffsten Themata mit Gewandtheit und Klarheit zu be-
handeln, wohl noch von keinem andern übertroffen worden
ist. Uebrigens aber dürfte Voltaire zu denjenigen litterarischen
Persönlichkeiten gehören, die bei flüchtiger Petrachtung aller-
dings abstossend erscheinen, bei näherer Betrachtung indessen
mehr und mehr zu ihren Gunsten einnehmen, indem man er-
kennt , dass sie in Wirklichkeit so schlimm nicht sind , als
man sich einbildete, dass vielmehr doch manches recht Löb-
liche und Liebenswürdige an ihnen zu finden ist. Es gilt dies
ebenso von dem Menschen wie von dem Schriftsteller Vol-
taire : auch er gewinnt bei näherer Kenntniss. So war es bei-
spielsweise landläufige , allgemein verbreitete Meinung , Vol-
taire's Geschichtswerke seien durch und durch oberfiächlich
imd kritiklos; die neuere Forschung dagegen hat nachgewie-
sen, dass eben diese Werke auf mindestens relativ gründlichen
Quellenstudien beruhen und durchaus nicht ohne wissenschaft-
liches Verdienst und inneren Werth sind, ganz abgesehen da-
von, dass in ihnen eine Kunst geschmackvoller Darstellung
sich zeigt, wie sie damals auf diesem Gebiete weder in Frank-
reich noch anderwärts gekannt wurde. So sind namentlich
die »Histoire de Charles XII«, die »Histoire du siecle de
Litteraturgescliichte. 405
Louis XIVu und der »Essai sur les manirsic neuerdings wieder
zu Ehren gekommen . freilieh ohne dass man sie gerade als
ideale Erzeugnisse der Geschichtsschreibung betrachtet.
Leichter, als über Voltaire, vermag man über J.-J. Kous-
seau ein klares Urtheil sich zu bilden. Denn einerseits ist
Rousseau 's litterarische Thätigkeit, obwohl auf manchen recht
verschiedenen Gebieten sich bewegend, doch keineswegs so
vielseitig gewesen, wie diejenige Voltaire's, und andererseits
hat Kousseau selbst durch seine in den »Confessions« gegebene
Autobiographie uns einen sehr erwünschten und brauchbaren
Schlüssel zum Verständnisse seines Wesens und Wirkens über-
liefert, wenn auch dieser Schlüssel, da die Eitelkeit des Autors
an seiner Herstellung stark betheiligt war, mit einiger kriti-
scher Vorsicht gehandhabt werden muss. In Rousseau prägt
sich die Eigenart des IS. Jahrhunderts noch weit stärker aus.
als in Voltaire. Der letztere trägt bei aller seiner Lust an
der negirenden Kritik doch immer noch einen conservativen
Zug an sich, und es klingt in seiner Persönlichkeit noch etwas
von der exclusiven Vornehmheit nach, welche dem höheren
Litteratenthume des 17. Jahrhunders eigen war. Voltaire war
eine agitatorische, aber keine revolutionäre Natur, höchstens
kann man ihn einen Salonrevolutionär im Galarock nennen,
und selbst das wäre noch zu viel behauptet. Ganz anders
Rousseau, Dieser war durch und durch radical , und es war
ganz folgerichtig, dass die Führer der grossen Revohition weit
mehr in ihm , als in Voltaire . ihren geistigen Erzeuger er-
blickten, seine, nicht Voltaire's, Schriften als Evangelium des
neuen Heiles verehi'ten. Und was besonders zu beachten, er
war radical nicht bloss im Negiren, sondern auch im Con-
struiren. er riss nicht bloss nieder, sondern baute auch wieder
auf, freilich einen Bau, wie nur ein in einseitigsten Anscliau-
ungen befangener Fanatiker der Aufklärungsphilosophie, der
aber nebenbei noch ein gemüthvoUer Schwärmer war. ihn auf-
führen konnte. Er verwarf den bestehenden Staat und setzte
an seine Stelle einen neuen, auf die Fiction des Gesellschafts-
vertrages und der Volkssouveränität gegründeten ; er verwarf
die bestehende Religion, ersetzte sie aber durch einen neuen
Glauben , dem es an Dogmen oder doch an Axiomen nicht
fehlte (marr denke z. B. an das Axiom von der natürlichen
4
406 ^^^ Französische.
Unverdorbenheit des Menschen!); er verwarf das bestehende
Erziehungssystem und brachte dafür ein neues in Vorschlag,
das mindestens in Bezug auf Detaillirung nichts zu wünschen
übrig Hess: er verwarf endlich die ganze bestehende Cultur
inid behauptete alles Ernstes die Möglichkeit der Rückkehr
in den von ihm geträiimten Zustand eines idyllischen Ur-
fflückes. Im Zerstören wie im Aufbauen überschi'itt er um
ein Weites die richtigen Grenzen. Man empfängt von seinen
Schriften mitunter den Eindruck , als ob beredter Wahnsinn
aiis ihnen spreche, aber nicht eigentlicher Wahnsinn ist es,
eher vielmehr, wenn man den anscheinend widerspruchsvollen
Ausdruck brauchen darf, ein tollgewordener Verstand, der er-
barmungslos und mit absoluter Verachtung der gewordenen
und seienden Wirklichkeit die letzten Consequenzen seines an
sich ganz logischen Denkens zieht. Die Hauptschriften Rous-
seau's sind: der »Contrat social« (Theorie des Staates), der »Emile«
Theorie der Erziehung) nebst der »Profession de foi du vicaire
savoyard« (eine Art Vernunftskatechismus) und der Roman
»Julie ou la nouvelle HcloVse«.
Rousseau überragt als Schriftsteller, beziehentlich als Dich-
ter Voltaire bedeutend , denn , was diesem fehlt , Wärme der
Emphndung und Kraft der Phantasie, das besitzt er in hohem
Grade und braucht es in wirksamster Weise. Nicht bloss mit
dem Verstände schreibt er , sondern auch mit dem Herzen ,
und deshalb hat auch , was er geschrieben , den Weg zu den
Herzen gefunden.
Rousseau's Radicalismus hat viel Unheil über die Welt
gebracht, aber auch viel Segen. Es kann hier nicht ausführ-
licher darüber gehandelt werden, und es ist auch um so we-
niger erforderlich , als der Reweis für beide Theile der Re-
hauptung in der Geschichte hinreichend vorliegt : das Unheil
in den Uebertreibungen der französischen Revolution, der Se-
gen in der unter dem Einflüsse des »Emile« vollzogenen Rc-
fonn des Erzichungswesens.
Hinter Voltaire und Rousseau treten alle übrigen Schrift-
steller des IS. Jahrhunderts in den Schatten verhältnissmässi-
ger Unbedeutendheit zurück. Und doch fehlt es unter ihnen
nicht an Persönlichkeiten, welche der Beachtung Avohl Avürdig
sind. Da ist vor allen der edle Montesquieu (1681) — 1755)
Litteraturgeschichte. .J()7
zu nennen, der \ertusser des gedankenreichen politischen Wer-
kes »Esprit des lois« nnd des geistvollen Essays »Considerations
sur les causes de la grandeur et de la decadence des Komainsif,
letzteres ein Muster pragmatischer Geschichtsbetrachtung und
selbst heute wohl in vielen sachlichen Einzelheiten , aber
nicht als Ganzes veraltet. Da ist ferner Diderot (1713 — 1784)
zu nennen, der Voltaire nahezu gleichkommt an Vielseitigkeit
des Wissens und des JSchaflens, ihm jedenfalls zunächst steht
in seinen Bestrebungen, aber ihn weit übertrifft an Tüchtig-
keit des Charakters und Redlichkeit des Wollens. Da können
weiter etwa Dkstülciies (IGSO — 1754:, Marivaux (1688 — 1703)
und Prevost (1697 — 1763) genannt werden, welche im Lust-
spiele und im Romane neue, bis dahin nur von Engländern
begangene Bahnen betraten. Und noch manchen anderen hätte
die Litteraturgeschichte hervorzuheben, so z. B. Lesage (1668
— 174 7) als den Dichter des vielgenannten Schelmenromans
»Gil Blas«, in welchem wohl zum letzten Male die französische
Dichtung nach spanischem Muster gearbeitet hat ; ebenso Gres-
SET als den Verfasser der schalkhaften Versnovelle «Vert-Vert«,
und so könnten noch viele Namen weiter aufgezählt werden.
Mehrfache litterarische Erscheinungen sind für das 18.
Jahrhundert recht charakteristisch. Vor Allem die Zunahme
des litterarischen Interesses auch in den nicht privilegirten
Gesellschaftsclassen. Die Beschäftigung mit litterarischen Din-
gen wird zur Tagesmode , gehört zum guten Tone ; in den
Salons, und zwar nicht mehr bloss in denen des Adels , son-
dern fast mehr noch in denen der Finanz weit und der Beam-
tenkreise, werden ästhetische und philosophische Fragen mit
Eifer, oft auch mit Geist und Geschmack erörtert, wobei die
Damen nicht nur zuhörend an der Debatte sich betheiligen,
sondern oft auch thätig in dieselbe eingreifen, ja deren Lei-
tung übernehmen. Allerdings schon Mme de Rambouillet und
Mlle de Scudery hatten einst Aehnliches gethan , ja vor die-
sen bereits Margarethe von Navarra. Aber was im 15. und
auch noch im 16. Jahrhundert doch nur Ausnahme gewesen
war, das wird jetzt mehr und mehr gesellschaftliche Sitte, iind
damit gewinnen die Frauen einen bestimmenden Einfluss auf
die Litteratur, der einerseits fordernd, andererseits aber frei-
lich auch verflachend wirkt. Im Verhältnisse zu der so un-
40S l^i^s Französische.
gemein Avaclisenden gesellschaftlichen liedeutimg der Litteratiir
steigt auch die politische Wichtigkeit der letzteren, sie ent-
wickelt sich zu einer Macht, ja zu einer Grossmacht, mit wel-
cher Staatsminister und Könige rechnen müssen, zumal da die
Litteratur mehr und mehr die Journalistik als Waffe gebrau-
chen lernt. Die Schriftsteller Averden jetzt zu massgebenden
Factoren im öffentlichen Leben, um so mehr, als sie, obwohl
vielfach unter einander persönlich verfeindet und sich heftig
bekämpfend, doch eine Art von Geheimbund bilden und ihre
Interessen mit vereinten Kräften zu vertheidigen wissen, mit
vereinigten Kräften auch Werke zu schaffen verstehen, welche
die Leistungsfähigkeit eines Einzelnen überstiegen hätten, so
namentlich die Abfassung einer grossen Encyklopädie ') , in
welcher die Aufklärungsphilosophie die Summe ihres Wissens
und ihrer Anschauungen zusammengefasst hat.
Und weit über Frankreichs Grenzen hinaus reichte im
IS. Jahrhundert die Macht der französischen Litteratur, sie
erstreckte sich über das ganze gebildete Europa, sie war in-
ternational. Schon im 17. Jahrhundert hatte ein ähnlicher
Zustand bestanden, aber er war doch anderer Art gewesen,
hatte andere Ursache gehabt. Damals war die litterarische
Culturhegemonie Frankreichs innerlich begründet gewesen
durch die Ueberlegenheit , welche Frankreich über das übrige
Europa in wichtigen Culturbeziehungen thatsächlich besass.
Im 18. Jahrhundert aber waren die Verhältnisse verändert, das
geistig productive, das neue Ideen zeugende, das der in einer
Krisis begriffenen Cultur die neuen Pfade anweisende Land
war England. Wenn gleichwohl die litterarische Vorherrschaft
Frankreichs iU)er den Continent, welche im 17. Jahrhundert
erklärlich und berechtigt gewesen war, auch im IS. Jahrhun-
dert noch, obgleich nunmehr Frankreich von England aus
geistig genährt wurde, nicht nur erhalten blieb, sondern auch
sich noch schärferen und sichtlicheren Ausdruck verschaffte,
so ist dies nur aus der Stellung begreiflich, welche Litteratur
und Litteratenthum inzwischen in Frankreich erlangt hatten.
Diese Stellung war eben auch eine äussere Machtstellung, Avie
1) Encyclopedie, ou dictionnaire raisonne des sciehces, des arts et des
metiers, par une socictc de gens de lettre«, mis en ordre et public par M.
DlDKUOT, quant ix la partie mathematique par M. D'ALli.MHEHT ^der aucli
die Vorrede schrieb. 28 Bde. IT.M 60.
liitteraturgeschichtc. 409
ja immer die inncrhulh einer geschichtlichen Periode jedes-
malig massgebenden geistigen Mächte schliesslich auch irgend
eine Form der Verköii)erlichung ünden, in welcher sie. um
so zu sagen, zum Eintritt in den diplomatischen Verkehr mit
den realen Mächten befähigt av erden. Nur so erklärt es sich,
dass im 18. Jahrhundert die Beherrscher der Staaten, darun-
ter selbst eine Katharina II. . sich zur vertraulichen Korre-
spondenz mit französischen Litterateu. und zwar nicht etwa
bloss mit Voltaire, sondern beispielsweise auch mit Diderot,
herbeiliessen. Das persönliche Interesse, welches die betref-
fenden fürstlichen Persönlichkeiten an der Litteratur nahmen,
hätte dazu zwar etwa bei dem genialen Preussenkönig Fried-
rich II. d. Gr. ausgereicht, der selbst eine der Grössen der
französischen Litteratur jener Zeit war. aber nicht bei Ande-
ren. Kecht bezeichnend ist, dass selbst kleine Potentaten, wie
etwa der Herzog von Gotha . sich damals ihren litterarischen
Correspondenten oder Agenten in Paris hielten , der ihnen
über alle neue Vorkommnisse und Erscheinungen genauen Be-
richt erstatten musste. Dem Herzog von Gotha diente in die-
ser Eigenschaft bekanntlich der Baron von Grimm , dessen
Correspondenz mit seinem Auftraggeber jetzt eine der reich-
haltigsten und interessantesten Quellen für die intimere Kennt-
niss jener interessanten Zeit ist.
Die grosse französische Revolution, in welcher die Ideale
des IS. Jahrhunderts aus der Theorie der Speculation in die
Praxis der Wirklichkeit überführt werden sollten, hatte auch
eine litterarische Umwälzung zur mindestens mittelbaren Folge.
Zwar einen directen und endgültigen Bruch mit der litterari-
scheu Ueberlieferung vermochte selbst die Revolution nicht
zu bewirken . selbst sie konnte den conservativen Sinn . der
den Franzosen in litterarischen Dingen eigen ist. nicht be-
siegen. Aber sie unterbrach doch den Zusammenhang der
Entwickelung. und namentlich zersprengte sie das litterarische
Coterienwesen. machte der Herrschaft des nur mit der Feder
gewaltigen Litteratenthums ein Ende. Zunächst die Männer
der Rede, dann die Männer der schwertgewaltigen That wur-
den zur führenden Rolle berufen. Und der politische Riss,
den die beginnende Revolution zwischen Frankreich und dem
übrigen Europa vollzog, brachte auch der internationalen Hege-
410 Das Französische.
monie der französischen Litteratur zum jähen Abschluss, Die
deutsche und italienische Litteratur fanden nun ihre Freiheit
wieder, andere Litteratiiren wenigstens die Möglichkeit freier
oder doch minder einseitiger Entwickelimg. Andererseits er-
öffnete die Kevolution durch ilire kosmopolitische Tendenz,
vermöge deren sie das Ausland geistig und politisch für sich
zu gewinnen strebte, den fremden Litteraturen des Continents,
namentlich der devitschen , die Möglichkeit , einen gewissen
Einfluss auf die Entwickelung der fran/ösischen Litteratur
auszuüben.
Zwei Dichter von seltener Begabiing erheben sich in der
Zeit der besinnenden Revolution zu ihren höchsten Leistungen :
das Brüdei-paar Marie-Joseph Chenier (1764 — 1811) und
Anuke Chexier (1762 — 1794), der erstere ein A'erherrlicher,
der letztere ein Gegner und zugleich ein Opfer der grossen
Umwälzung, beide aber, nur freilich ein jeder in anderer Weise,
die Vorläufer einer neuen Geistesrichtung, die bald zur Herr-
schaft gelangen sollte. Joseph Chenier hat das romantische
Drama vorbereitet, Andre Chenier der Lyrik die lang ent-
behrte Innigkeit imd Wärme des Gefühls Aviedergegeben.
Die specifische lievolutionspocsie hat Vieles erzeugt, was
vorübergehend interessirte und gefiel, aber Nichts was durch
seinen aesthetischen Werth sich eine bleibende Stellung in der
Litteratur errungen hätte ; die zum Nationalgesang erhobene
sogenannte »Marseillaise« (gedichtet als Marschgesang für die
Rheinarmee im April 1792 zu Strassburg von Rouget de lIsie)
verdankt ihr glänzendes Schicksal wohl mehr historischen Zu-
fälligkeiten, als ihrer poetischen Bedeutung.
18. Schon vor der Revolution war das 18. Jahrhundert
von der Sehnsucht nach der Flucht vor sich selbst erfüllt
gewesen, war seiner selbst und seiner Cultur müde geworden,
hatte geschwärmt von dem vermeintlichen Glücke einer er-
träumten idyllischen Urzeit, in der es noch keine Tyrannen und
Pfaffen gegeben habe, hatte mit Neid auf die \'ölkerstämme
geblickt, die in fernen Zonen, etwa in Nordamerika" s Ur-
wäldern oder auf den Inseln der Südsec ein kindlich sorgen-
loses Dasein führen inid Europas übertünchte Cultur nicht
kennen. Die Schrecken der Revolution und die Unbehaglich-
keit der durch sie geschaffenen Zustände musste die schon
Litteraturgeschichto. 1 1 I
vorhaiulene Vnzufriedeiihcit mit der Gcficmvart noch steigern,
den inneren Drang, wenigstens in der Phantasie sieh dem
Drucke der realen Verhältnisse zu entziehen, noch gewaltiger
werden lassen. Und dazu trat noch ein Anderes. Die
stolze Zufriedenheit, von welcher das IS. Jahrhundert beseelt
gewesen war. jene Zuversicht, dass die Religion, dass das
C'hristenthum entbehrt werden könne, dass die Vernunft aus-
reichend sei für die Leitung des Lebens, sie war gründlich
geschwunden. In den gewaltigen Stürmen der Zeit hatten die
Menschen sich wieder klein und bescheiden fühlen gelernt.
Man empfand Avieder das Bedürfniss des Glaubens, und mit
diesem Gefühle verband bei Vielen sich das Bewusstsein, dass
die frühere Glaubenslosigkeit nun gesühnt werden müsse
durch um so unbedingtere Gläubigkeit. Und in dieser Stimmung
wandte man sich gern in der Phantasie den mittelalterlichen
Zeiten zu, die, aus der Ferne der Geschichte betrachtet, als
die Zeiten erhabener Kirchlichkeit und beglückender Frömmig-
keit erschienen. Wer aber das Bedürfniss nach Erneuerung
des Glaubens nicht so lebhaft empfand, der flüchtete wenigstens
mit seinem Denken aus der bedrückenden Luft der Gegen-
wart in andere Weiten der Geschichte, etwa in das indische
oder sonstige orientalische Alterthum.
Zwar so lange der betäubende Lärm der Kriege des Con-
sulats uud des Kaiserreiches erscholl, konnten nur Wenige
voll und ganz sich der Gegenwartsflucht erfreuen, da die Gegen-
wart eben allzu geräuschvoll sich vernehmbar machte. Aber
als nach Napoleons zweifachem Sturze ungewohnte Stille über
Europa sich niedersenkte und doch die mehr nur scheinbare,
als wirkliche Wiederherstellung des früheren Zustandes Nie-
mand wahrhaft zu befriedigen vermochte, da ergriff das Un-
behagen an der Gegenwart auch die Massen des Volkes und
selbst die jüngste Vergangenheit, die napoleonische Periode,
erschien nun den Missvergnügten als gross und herrlich im
Vergleiche zu der, wie man urtheilte. kleinlichen und erbärm-
lichen Gegenwart. Sich selbst entfliehen um jeden Preis,
hinauseilen mit den Gedanken aus der Misere des Tages in
irgend welche glückliche zeitliche oder räumliche Ferne, das
wurde jetzt allgemeine Losung.
Aus den angedeuteten Stimmungen heraus wurde die
412 Das Französische.
Romantik geboren, nachdem ihr im 18. Jahrhundert die
NatursdiAvärmerei den Boden vorbereitet hatte.
Vorläufer der französischen Romantik sind die beiden
Cheniers (s. oben) , ihre eigentlichen Begiünder aber Mme
DE StAEL (1766 1817] imd FkAXCOIS-ReXE CfiATEAUBRIANl)
(176S — 1848). Die erstere führte durch den Roman »Corinne«
(dem früher »Delphine« vorausgegangen war) ihre Leser in das
mit allen Reizen der Natiu- geschmückte Sonnenland Italien,
die Heimath der Kunst vmd Poesie, und liess sie dort sclnv eigen
im Vergessen der platten Alltäglichkeit und im Genuss des
idealen Schönen. Doch ungleich Grösseres noch that die geist-
volle Frau: in dem Jiuche ))De TAUemagne« erschloss sie den
Franzosen die Tiefen deutschen Gemüthslebens und Denkens,
entdeckte das geistige Deutscliland für Frankreich und eröffnete
dadurch für dieses neue Quellen der Bildung, führte in Sonder-
heit auch der französischen, Poesie neue Anschauungen und
Motive zu.
In ganz anderer Art wirkte Chateaubriand, durcn dessen
litterarisches Schaffen — in seltsamer Verkehi-ung des sonstigen
Verhältnisses zwischen den beiden Geschlechtem — ebenso
ein weiblicher Zug hindurchgeht, wie durch das der Mme de
Stael ein männlicher. Er umgab (in seinem Werke »Genie du
Christianisme«, in seiner Prosadichtung »Les Martyrs ou le
triomphe de la religion chretienne« und in seiner poetischen
Reisebeschreibung «Itiueraire de Paris ä Jörusalemu) das
Christenthum und insbesondere den Katholicismus mit jenem
romantischen Schimmer, der soviel beizutragen vermochte zur
Bekehrung eines aus dem Unglauben sich emporraffenden Ge-
schlechts; er versetzte in seinen Novellen »Atala«, »les Natchez«
und »Le dernier des Abencerra"res « seine Zeitorenossen bald
(in den beiden erstgenannten) in die Grossartigkeit der nord-
amerikanischen Naturwelt und in die naive Lncultur der
Indianer, bald wieder in das sonnige Granada und in die tra-
gische Geschichte der Mauren. In dem »Rene« endlich schuf
er eine oft mit Goethes »Werther« verglichene Dichtung, in
deren Helden die weltschmerzliche Stimmung der beginnen-
den romantischen Periode ergreifenden Ausdruck gefunden hat.
In der Romantik vereinigten sich in seltener Mischimg
gesunde und krankhafte Elemente. Dass die letzteren, wenn
Litteraturpeschichte. 41;^
zu vollov Entwickolung; crelangeiul, niu-lithcilig \virke!i mussten,
ist selbstverständlich ; aber auch die gesunden Elemente waren
einer für die Folgezeit verhängnissvoll werdenden Steigerung
fähig.
Krankhaft, wenn auch freilich sehr erklärlicli und. von
poetischem Standpunkte aus beurtheilt, nicht unbedingt tadelns-
werth, Avar die Abwendung der Romantik von der gegenwär-
tigen realen Wirklichkeit. Böse Früchte zeugte diese Stim-
mung. Mit logischer Nothwendigkeit ging aus ihr der an
Gott und Menschen verzweifelnde Weltschmerz hervor, der in
der Aufhebung des Daseins das einzige Rettungsmittel erblickt,
ferner der mit dem Weltschmerz innigst verwandte Skepticis-
mus . der Alles bezweifelt. Alles negirt, für Alles nur das
bitterste Lächehi der Ironie hat: endlich aber auch und zwar
•ebenso logisch, der ganz entgegensetzte Gemüthszustand, der
Mysticismus, der, weil doch einmal nichts wirklich vernunft-
gemäss begriffen werden könne, der Vernunft überhaupt ent-
sagt, Alles, was ihm gut dünkt oder von irgend einer Autorität
empfohlen wird, mit blindem Glaviben inbrünstig erfasst und
in dieser bedingungslosen Gläubigkeit eine exaltirte Befrie-
digung ündet. Aber auch abgesehen von diesen principiell
verkehrten Richtungen, zu denen die Abwendung der Roman-
tik von der Wirklichkeit verführte, mussten daraus noch
andere nachtheilige Folgen sich ergeben. Diese Abwendung
war weit mehr das Product eines dunklen Gefühles und halb
luibewussten Dranges, als verständiger Einsicht und bestimm-
ten Wollens. Xothwendiger Weise verband sich also damit
eine Unklarheit des Denkens, welche ihrerseits wieder die
Klarheit des Ausdruckes empfindlich beeinträchtigen musste.
So verliert die romantische Poesie sich oft sachlich und sprach-
lich in das Nebelhafte, wird traumhaft verschwommen und
ungestaltig, hört schliesslich auf Poesie zu sein und w^andelt
sich um zu einer Art von höchstens halbverständlichem dithy-
rambischen Lallen.
Gesund an sich war das Streben des Romanticismus nach
Beseitigung jenes falschen Idealismus, dem die pseudo-
classische Dichtung gehuldigt hatte, und nach Wahrung der
Natürlichkeit. Schon im 18. Jahrhunderte hatte sich, wenn
auch in etwas anderer Form und nicht frei von Affeetation
414 Das Französische.
und Veberschwänglicbkeit, solches Streben geltend gemacht.
Aber der Romanticismus trieb Missbranch mit der Realistik,
indem er auch das Hässliche und Groteske nicht bloss als
Gegenstand der poetischen Darstellung zuliess, sondern auch
eine gewisse Vorliebe dafür bekundete. So führte die Realistik
in rascher Entwickelung zum platten Realismus und von da
weiter zum Naturalismus. Die Erreichung des letzten Zieles
aber war gleichbedeutend mit Selbstvernichtung der Poesie,
indem diese sich umwandelte zu einem litterarischen Photo-
graphiegewerbe, das nur zu oft zugleich eine stark porno-
graphische Beimischung angenommen hat.
Gesund und berechtigt war auf dem sprachlichen und
rhythmischen Gebiete gewiss die Opposition der Romantik gegen
das Conventionelle Regeljoch des Pseudoclassicismus. gegen
jene litterarische Engherzigkeit, die immer ängstlich an Mal-
herbe" s Vorschriften und an xlie ^'erordnungen der Academie
sich band. Aber die Romantik kannte nicht Mass und nicht
Ziel in ihren rhythmischen und sprachlichen Reformversuchen,
in dieser Hinsicht dem Plejadenthume (s. oben S. 3S9 f. zu
vergleichen, welches seinerseits der Romanticismus des IG.
Jahrhunderts genannt werden kann. Die romantische Sprache
wurde zu einer Art Musterkarte von Archaismen, Neologismen,
Dialectworten, Fremdworten; in weiterer Entwickelung bil-
deten sich auch ein sprachlicher Realismus und Naturalismus
aus, von denen der erstere allenfalls noch erträglich war. der
letztere aber unerträglich geworden ist durch die Einführung
des widerlichsten Argot in die Litteratur. Dazu trat oft \ev-
nnstaltung des Satzes und des Satzgefüges, indem in dessen
Structur bald ungeheuerliche Fülle . bald mysteriöse Kürze
beliebt ward. Der romantische "S'ers. bzw. der romantische
Alexandriner, um auch von ihm noch ein Wort zu sagen,
war allerdings beweglicher, als der pseudoclassische. schmiegte
sich leichter den wechselnden Gedanken, leichter den verschie-
denen Seelenstimmungen an. aber er näherte sich in bedenk-
licher Weise der Prosarede, da die mögliche Vernachlässigung
der Cäsur den rhythmischen Bau inid der öftere Gebrauch des
Enjambements die Wirkung des Reimes beeinträchtigte. —
Vebertreibung, selbst Verzerrung an sich richtiger Ideen
und Bestrebungen, das war der Fluch, mit welchem die Ro-
lätteraturgeschichte . 415
niantik behaftet war und (hucli den ihr die Fähigkeit zur
heilbringenden Durehführuug des von ihr angestrebten Keforni-
Averkes geraubt Avurde.
Aber dennoch hat in dreifaclier Beziehung die Romantik
Grosses für Frankreich gekostet : sie hat die fast erstorbene
Lyrik wieder erstehen lassen, sie hat dem Drama eine neue
Bahn der Entwickelung eröffnet, sie hat den Sinn für die
nationale Vergangenheit neu belebt.
Der Hauptvertreter des französischen Komanticismus ist
Victor Hugo (1801 — 1885). Will man diesen Mann gerecht
würdigen, so muss man ihn nicht nach dem beurtheilen. was
er als halb kindisch gewordener und in Selbstvergötterung
bis zum Wahnsinn befangener Greis gethan, gesprochen und
geschrieben hat. Dieser Victor Hugo war nur die in ihrer
grotesken Erscheinung bemitleidenswerthe Ruine des wahren
Victor ^'ugo, dessen reiches poetisches Schaffen sich etwa vom
Anfang der zwanziger Jahre (Ödes et poesies diverses 1S22)
bis in den Beginn der sechsziger Jahre Xes Miserables 1S62)
erstreckt"). Der Avahre Victor Hugo aber darf mit Fug und
Recht den grössten Dichtern des Jahrhunderts und den grossen
Dichtern aller Zeiten beigezählt werden.
Victor Hugo ist auf nahezu allen Gebieten der Poesie
thätig gewesen. Auf keinem mit grösserem Erfolge, als in der
Lyrik, in dieser steht er innerhalb Frankreichs unerreicht da.
Die zahlreichen Dramen Victor Hugo's sind einander an Werth
sehr ungleich: die Jugenddramen, (namentlich »Cromwell«
1S27 [in der berühmten Preface zu diesem Stücke wird das
Progi'amm des Romanticismus entworfen^ und »Hernani«) zeigen
alle Vorzüge, aber auch schon einige Verirrungen der Roman-
tik : in den späteren Dramen treten die VeriiTungen immer
greller hervor und erreichen nicht selten einen mit wahrer
Poesie unvereinbaren Höhegfrad. Wenig erfreulich sind Victor
Hugos Romane (von denen »les Miserables« der bedeutendste
und lesbarste ist. relativ bedeutend ist auch »Notre-Dame de
Paris« : denn in ihnen ist die Composition mangelhaft, die
Charakterzeichnung schwach, der Ausdruck im L'ebermasse
1) ludessen auch nach dieser Zeit hat V. Hugo noch einzelnes wirk-
lich Bedeutendes geschaffen, so namentlich die Liedersammlung «rAnuee
terrible« ISTO'Tl).
416 l^as Französische.
manierirt, die ganze Darstellung aber durch und durch sub-
jeetiv und tendenziös.
Nächst Victor Hvigo hat Alphonse Lamartine (1790 —
1869) in der romantischen Dichtung das Höchste geleistet,
aber auf anderen Wegen. Lamartine's Dichtungen (»Les Medi-
tations«, »Nouvelles meditations« , »Harmonies poctiques et re-
ligieusesc, »Jocelyn« iJEpos], »La chute d'un ange« [Epos] u. a.)
durchweht ein Hauch religiöser Mystik vnid elegischer Schwer-
muth.
Ein dritter hervorragender Vertreter der Romantik ist
Alfred de Vigny (1797 — 1863-, der als Romandichter den
historischen Roman neubelebte (»Cinq Mars(vj und als Drama-
tiker sowohl durch eigne Dichtungen (»La marechale dAncre«,
»Chatterton«) als auch namentlich durch seine Uebersetzung
des ))Othello«, deren erste Auffülu-mig (1S29), ähnlich wie die-
jenige des »Hemani«, geradezu ein litterargeschichtliches Ereig-
niss war, das romantische Drama mitbegründete.
In gewissem Zusammenhange mit und doch auch wieder
in gewissem Gegensatze zu der romantischen Schule stehen
der originale, phantasiereiche Alfred de Musset (1810 — 1857)
und Jeax-Pierre Beranger (1780 — 1857); ersterer sich aus-
zeichnend in der Lyrik, in der Novelle und in dem, so zu
sagen, epigrammatischen Drama (Proverbe) ; letzterer ein Volks-
dichter in des Wortes bestem Sinne, der dem französischen
Nationjilcharakter poetischen Ausdruck verlieh und in selt-
samer Vereinigung zugleich ein Sänger der Freiheit und der
napoleonischen Legende war.
Eine Verjüngung des pseudoclassischen Drama s versuchte
mit Talent und Erfolg Fraxcois Pünsard (1S14— 1867, der
Dichter der Tragödie »Lucrece« und der Komödien »Lhonneur
et Targentx und la Bourse«.
Die Blüthezeit der Romantik fällt in die zwanziger Jalire.
Mit der Errichtung des Juli-Königthums beginnt eine neue,
nüchterne, aber eben deshalb vielleicht gehaltreichere Periode,
welche in mancher Beziehung als ein goldenes Zeitalter be-
zeichnet werden kann, wenn auch freilich dieser Ausdruck
in nicht allzu anspruchsvollem Sinne aufzufassen ist. Die
Gebiete der Litteratur, welche von nun ab hauptsächliche
Pflege finden, sind der Roman, das Lustspiel und die Geschichts-
Litteraturge3chichte. 417
Schreibung (und zwar sowohl die politische wie die littera-
rische .
Im Romane machen sich die verschiedenartigsten Rich-
tungen geltend. So wird beispielsweise der sociale Roman
von Aurora Dupin. genannt Gbukge Sand (1804 — 1876, s. oben
S. 362), EuGiiNK SuE (1S04 — 1857, s. oben S. 364) und
HüNüKE DE Balzac (1799—1850, s. oben S. 341) angebaut,
freilich in sehr verschiedener Weise. George Sand brauchte
den Roman als Mittel zur Verfechtung radicaler Tendenzen
(Emancipation der Frauen, freie Liebe u. dgl.), gelangte
jedoch in späteren Jahren zur Klärung ihres leidenschaftlich
eiTegten Wesens und lernte die Kunst des harmlosen und
gemüthvollen Erzählens, die sie namentlich in ihren Dorf-
geschichten (»la ])etite Fadetteu, »la mare au diable« etc.) be-
währte. Sue war ausgezeichnet durch geniale Phantasie und
Grossartigkeit der Conception, womit er die Begabung für
merkwürdig spannende Erzählung verband. Balzac endlich
strebte dem kühnen Gedanken nach, in dem cyklisch ge^lie-
derten Romane (»la Comedie humaine«) ein Spiegelbild des
gesammten menschlichen Lebens zu geben. Neben dieser
höchsten Zielen zustrebenden Dichtung gedieh üppig der im
Wesentlichen nur unterhaltende Roman , in welchem häufig
genug der Erreichung des Zweckes nicht bloss künstlerische,
sondern auch sittliche Rücksichten geopfert wurden. Haupt-
vertreter dieser Richtung waren Alexa>.dhe Du^sias pere
^1803 — 1871, s. oben Seite 347), ein Autor von geradezu im-
heimlicher Fruchtbarkeit, und Paul de Kock (1794 — 1871. s.
oben S. 352), dessen Erzählungen ebenso inhaltlich nichtig
wie amüsant sind und eine seltsame Mischung von Harmlosig-
keit und Frivolität zeigen.
Einsame Pfade abseits von den vielbetretenen Litteratur-
strassen wandelten die gemüthreichen Novellisten Tüepffer
(1799— 1S46), SüuVESTRE (1806—1856) und Tillier ilSOl —
1844), Verfasser der satyrischen Novelle »Mon oncle Benjamin:*.
Ebenfalls ein eigenartiger Autor war Henri Murger (1822 —
1861), der in seineu «Scenes de la vie de Boheme« das pariser
litterarische und künstlerische Zigeunerthum und das Grisetten-
thum in meisterhafter Realistik und mit köstlichem Humor
geschildert hat.
Körting, Encyklopädie d. rom. Phil. UI. 27
418 Das Französische.
Das Lustspiel der Zeit des Juliköiiigthums erreichte iu
des fruchtbaren Sckibe's 1791 — 1 SGI) zahlreichen Werken den
Höhepunkt der technischen Vollendung, namentlich was die
Anlage der Intrigue und die Feinheit des Dialoges betrifft ^in
diesen Beziehungen kann das bekannte »Verre d"eau'< als
Muster gelten , erhob sich dagegen hinsichtlich seines geistigen
und sittlichen Gehaltes nicht sonderlich hoch und diente im
Wesentlichen nur Unterhaltungszwecken, nur hin und wieder
wagte es den Kampf gegen sociale Schäden, z. H. das Cliquen-
Avesen (Scribe's «la Camaraderie«), aufzunehmen.
Die Geschichtsschreibung wird in der genannten Zeit
durch eine lange Reihe glänzender Namen vertreten (Thiers,
Guizot, die beiden Thierry, Segur, Mignet; die Litterarhistoriker
Ampere, Fauriel, Nisard, Villemain Sainte-Beuve u. v. a. ; die
Werke der angeführten Autoren s. in dem § 4 gegebenen Re-
gister). Freilich ist in den- betreffenden Werken häufig mehr
die glänzende Darstellung als die Gediegenheit der Forschung
zu loben, so namentlich z. B. an Thiers Geschichte der Re-
volution, des Consulats und des Kaiserreichs. Aber es fehlt
doch durchaus nicht an Werken, die ebenso in wissenschaft-
licher Avie in künstlerischer Hinsicht bedeutend sind , als
solche können z. B. Guizots Geschichte der englischen Re-
volution und Augustin Thierry' s Geschichte der Eroberung
Englands durch die Normannen genannt werden. Unter den
Litterarhistorikern gebührt dem feinsinnigen und geistvollen
Sainte-Beuve die erste Stelle.
Die Zeit seit dem Sturze des Julikönigtlnmies bis zu dem
des zweiten Kaiserreiches ist in litterarischer Hinsicht eine
Zeit des Niederganges, welche auch in ihren besten Leistungen
höchstens das Niveau einer anständigen Mittelmässigkeit
erreicht hat. Der Roman sank in dieser Zeit mehr und mehr
zum platten Realismus hernieder, das Lustspiel ward mehr
und mehr von der Posse verdrängt, die lyrische Dichtung
kam, wenn nicht etwa der alternde Victor Hugo ab und zu
sich wieder vernehmeu Hess, über formengewandte Reimerei
nicht hinaus. Nur vereinzelte Autoren erhoben sich zu we-
nigstens relativ bedeutenden Schöpfungen, so z. B. die Novel-
listen Erckmann (geb. 1820) und Cilatrian (geb. 1S26),
die Romanautoren Gustave Flaubert (1S21 — IS&O), der be-
Litteraturgeschichtf. 419
deutendste Vertreter der realistischen Richtung (s. oben S.
349) lind Victor Chekbuliez (geb. 182S, s. oben S 344), ein
geistvoller und gewandter Erzähler ; die Lustspieldichter Augier
(geb. 1S20 und Saxdeau geb. ISll): die letzteren haben in
gemeinsamer Arbeit Aviederholt und nicht ohne Erfolg danach
gestrebt, der Komödie sittliche Bedeutung zurückzugeben und
sie als Waffe im Kampfe gegen sociale Gebrechen zu ver-
werthen. Innerhalb der wissenschaftlichen Utteratur des Zeit-
raumes ist besonders das Auftreten E. Renan's (geb. 1823, s.
oben S. 36 T bemerkenswerth.
Die litterarische Folge des deutsch-französischen Krieges
ist das Emporblühen einer Kampf- und Revanchelyrik gewesen,
Avelche neben sehr vielem Unreifen und Kindischen doch auch
manche poetisch werthvoUe und bedeutende Leistungen auf-
zuweisen hat. Im Uebrigen ist, wie leicht begreiflich, die seit
dem Jahre 1S70 in Frankreich eingetretene Entwickelung der
politischen Verhältnisse der Litteratur sehr wenig günstig ge-
wesen und hat selbst auch auf die Sprache schädigend ein-
gewirkt, indem sie das Eindringen von Argotelementen
begünstigte. Im Roman ist die realistische Richtung, deren
gegenwärtig hervorragendster Vertreter Alphonse Daudet ;geb,
1843, s. oben Seite 346), ist, bis zum widerlichsten Natura-
lismus gesteigert worden, namentlich durch E. Zola, (geb.
1840, s. oben S. 367), dessen geniale Begabung einer besseren
Verwendung würdig gewesen wäre. Gesunde Natürlichkeit
und Anmuth dagegen zeigen trotz ihres Realismus A. Theu-
riet's geb. 1833) Romane und Novellen (s. oben S. 365).
In der wissenschaftlichen Litteratur des gegenwärtigen
Frankreichs dürfte A. Taine (geb. 1828, s. oben S. 365) die
erste Stelle einnehmen, so sehr auch seine cultur- und litterar-
geschichtlichen Schriften unter einseitigem Subjectivismus
und unter der HeiTschaft der philosophirenden Phrase leiden. —
Bibliographische Angaben über die Litteraturgeschichte
des 19. Jahrhunderts s. oben Seite 336 0". und unter den Namen
der betreffenden Autoren in dem § 4 gegebenen Register.
Methodologische Bemerkung, Die im Vorstehenden gegebene lit-
terargeschichtliche Skizze, so unvollkommen und lückenhaft sie auch immer
sein mag, wird jedenfalls doch ersehen lassen, wie umfänglich und inhalts-
reich das Gebiet der französischen Litteraturgeschichte ist.. Umfasst das-
27*
420 -D^^ Französische.
selbe doch einen Zeitraum von mehr als einem Jahrtausende, innerhalb
dessen die verschiedensten Culturströmungen und geistigen Tendenzen,
vertreten durch immer wechselnde, in Beanlagung und Leistungsfälligkeit
höchst ungleiche Individualitäten, in der Litteratur Ausdruck gesucht und
gefunden haben.
Schon hieraus ergiebt sich, wie schwierig es ist, eine auch nur un-
gefähre wissenschaftliche Uebersicht über dies ungeheure Gebiet zu erlangen,
ihm ein fruchtbringendes Studium zu widmen. Diese Schwierigkeit wird
noch dadurch erheblich gesteigert, dass zur Zeit leider noch immer kein
allen berechtigten Anforderungen genügendes Handbuch der französischen
Litteratur vorhanden ist. Die Compendien von Kreyssig, von BuEITINGEli
und andere [s. oben S. 305 f.) sind wohl praktisch brauchbare Bücher,
reichen aber für das wissenschaftliche Studium bei "Weitem nicht aus.
Das wirksamste Mittel zur Erwerbung litterargeschichtlicher Kennt-
nisse ist die eigene Lecture der Litteraturwerke. Selbstverständlich wird
nun zwar die Lecture stets innerhalb verhältnissmässig sehr enger Grenzen
sich halten müssen, denn auch ein langes Menschenleben würde nicht entfernt
die Zeit zur Lecture selbst nur aller bedeutenderen Schriften gewähren,
und ebenso selbstverständlich wird die Lecture stets in gewissem Masse
von Zufälligkeiten abhängig sein*, da Niemand sich in der Lage befinden
dürfte, alle Werke, deren Lecture ihm aus wissenschaftlichen Gründen
wünschenswerth erscheint, sich auch wirklich verschaffen zu können. Selbst
die grössten Bibliotheken zeigen empfindliche Lücken und ergänzen sich
gegenseitig zwar oft, aber keineswegs immer. Uebrigens ist auch ziemlich
lange Erfahrung erforderlich, um zu wissen, an welche Bibliothek man
sich in einem bestimmten Falle mit einiger Aussicht auf Erfolg zu wen-
den habe.
Nichtsdestoweniger wird der Philolog an dem Grundsätze festhalten
müssen, sich, soweit nur irgend thunlich, auf Grund eigener Lecture der
Ijitteraturwerke selbst, nicht also oder doch nicht allein durch die Lecture
litteraturgeschichtlicher Compendien, eine klare Anschauung der litterari-
schen Gesammtentwickelung zu erwerben. Er lese also, soviel er nur ir-
gend kann, und das Mass des Möglichen ist in dieser Beziehung, wenn
nur die Zeit methodisch ausgenutzt wird, doch immerhin ein verhältniss-
mässig weites. Freilich wird die Lecture in den meisten Fällen nur eine
cursorische sein können, doch auch diese kann, wenn verständig betrieben,
sehr wohl fruchtbringend sein. Allerdings aber ist vor jenem gedankenlosen,
sportmässig betriebenen Lesen zu warnen, bei welchem der Lesende in der
blossen Zahl der binnen einer Stunde oder eines Tages bewältigten Seiten
seine Befriedigung findet. Nein, auch das cursorische Lesen werde, wenn-
gleich unter Umständen rasch, so doch mit einer gewissen Bedachtsamkeit
vollzogen. Man gönne sich die Zeit, über das Gelesene auch nachzuden-
ken und zu einem Urtheile über seinen inneren Gehalt zu gelangen. Na-
mentlich aber suche man es zu ermöglichen, immer nach beendeter Lecture
eines Buches ein Kesume, sei es auch noch so kurz und knapp, über des-
sen wesentlichen Inhalt niederzuschreiben und den Eindruck, den derselbe
hinterlassen hat, schriftlich zu fixiren. Man gewinnt dadurch einen festen
Litteraturgeschichte. 4 2 1
Auhaltspunkt für die Erinnerung und damit, wenigstens in vielen Fällen,
die Möglichkeit, einer etwaigen "Wiederholung der Lecture überhoben
zu sein.
Durch Lecture allein wird aber freilich wissenschaftliche Kenntniss
und wissenschaftliches Verständniss der Litteraturgeschichte nicht gewon-
nen, dazu ist vielmehr noch ein Anderes und Wiclitigeres erforderlich:
selbständige Forschung.
Man wähle sieh, sei es nach eigener Neigung, sei es nach dem Rathe
eines Sachkundigen, irgend ein litterargeschichtliches Thema zu streng
philologischer Bearbeitung und lasse sich keine Mühe verdriessen, dasselbe
nach allen durch die wissenschaftliche Betrachtung gegebenen Gesichts-
punkten zu behandeln und zwar unter eingehender Benutzung der vorhan-
denen einschlägigen Litteratur , über welche ausreichend orientirt zu sein
unerlässliche Vorbedingung ist. Allerdings aber kann es unter Umstän-
den rathsam sein, bei der ersten Bearbeitung eines Themas von der Be-
nutzung der Specialliteratur zunächst einmal abzusehen, um sich die volle
Unbefangenheit des Urtheils und die Freude des selbständigen Findens
zu sichern, und erst dann, wenn man eine bestimmte Ansicht sich gebildet
hat und zu greifbaren Ergebnissen der Forschung gelangt zu sein glaubt,
sich darüber zu vergewissern, was Andere über die einschlägigen Einzel-
fragen gedacht und entschieden haben ; man ist dann auch besser in der
Lage, die Richtigkeit der von den Vorgängern aufgestellten Hypothesen
und Ansichten prüfen zu können.
Des innigen Zusammenhanges der Litteraturgeschichte mit der politi-
schen und Culturgeschichte sei man sich stets bewusst. Nur wer dieser
Pflicht eingedenk bleibt, wird zur wahren Erkenntniss der litterargeschicht-
lichen Entwickelung zu grelansen vermögen.
Zweites Buch.
Erstes Kapitel.
Das Proveuzalische.
§ 1. Bemerkungen über das Gebiet und die Ge-
schichte des Provenzalischen.
1 . Das Gebiet der provenzalischen Sprache (langue d'oc
umfasst : a) das südliche Frankreich (über die Abgrenzung der
langue d'oc von der langue d'oil vgl. oben S. 35) ; b) die
oben S. 37 f. näher bezeichneten Bezirke der Schweiz. Sa-
voyens und Piemonts sowie die frühere Grafschaft Nizza (Alpes-
Maritimes) . In engster Beziehung zu dem Provenzalischen
steht [und stand namentlich im Mittelalter) das Catalanische
(vgl. unten Kap. 2), so dass es statthaft ist, die beiderseitigen
Sprachgebiete als ein einheitliches zu betrachten, wenn auch
streng wissenschaftlich ihre Auseinanderhaltung sich empfiehlt,
2. Die Zahl der provenzalisch lledenden beträgt inner-
halb Frankreich etwa 10 Millionen, ausserhalb Frankreichs
(jedoch mit Ausschluss der Catalanen- etwa 1 Million. Eine
genaue Abschätzung ist jedoch ganz unmöglich, da es an sta-
tistischen Unterlagen fehlt und da die Zahl der Bilinguen eine
sehr erhebliche sein dürfte,
Ueber den Begriff und das Gebiet des sogenannten Franco-
Provenzalischen vgl. oben S, 37 f.
3. Aus Frankreich vertriebene Waldenser. bzw. Huge-
notten gründeten am Ende des 17. Jahrhunderts mehrere pro-
veuzalische Ansiedelungen in Württemberg (Neu-llengstett
etc.) , in denen das Proveuzalische zmn Theil bis in dieses
Jahrhundert hinein sich als Volkssprache erhielt, jetzt aber,
Dag Provenznlische. 423
abgesehen von wenigen xnid küinnicilichen Spuren , völlig
durch das Deutsche verdrängt worden ist.
i. Die geschichtlich nachweisbaren ältesten Bewohner des
heutigen provenzalischen 8])rachgebietes waren Kelten (s. oben
8. 10 ff.), Iberer (s. unten Kap. 3, § 2) und Ligurer (vgl. das
S. 7 citirteWerk von Desjaudins II 49). Ueber die griechischen
Colonien an der gallischen Mittelmeerküste vgl. oben S. 13,
5. Das südgallische Küstengebiet (einschliesslich des süd-
westlichen Ilelvetiens^ wurde bereits in den Jahren 123. bis
118 V. Chr. der römischen Herrschaft unterworfen (Provinz
«Gallia Xarbonensisa' , während das übrige Gallien bekanntlich
erst durch Cäsar's Eroberungskriege in den römischen Reichs-
verband eingefügt wurde.
Ueber die Komanisiruug Galliens vgl. oben S. 15 u. 42 ff.
6. Wie das übrige Gallien, so wurde auch das Gebiet
der Provincia Xarbonensis im 4, und 5. Jahrhundert n. Chr.
von germanischen Volksstämmen (Burgunder, Sueven, West-
und Ostgothen besetzt, vgl. oben S. 16 f. Indessen war die
germanische Occupation im Süden Galliens bei weitem keine
so intensive und nachhaltige wie im Norden, und folglich er-
hielt sich im Süden auch das romanische Volksthum reiner,
wurde weniger von germanischem Einflüsse durchdrungen. Von
besonderer Bedeutung ist hierbei, dass der Norden, nachdem
die Festsetzung und sprachliche Komanisirung der Franken
längst vollzogen war. im 9. und 10. Jahrhundert nochmals
eine sehr einflussreiche germanische Occupation, die norman-
nische (vgl. oben S. IS, erfuhr, während der Süden zwar
vorübergehend von den Nonnannen durchzogen, aber nicht
dauernd besetzt wurde.
7. Die politischen Verhältnisse des südlichen Frankreichs
waren während des Mittelalters bis zum Ausgange des 13. Jahr-
hunderts sehr wechselnde. Nach dem Untergange des altbur-
gundischen, des westgothischen und des ostgothischen Reiches
wurde das gesammte südliche Gallien zunächst mit dem Fran-
kenreiche vereinigt. Die im 8. Jahrhundert drohende Gefahr
einer Festsetzung der Araber ward durch Karl Martell's Siege
beseitigt 732;. Gegen Ende des 9. Jahrhunderts (879, bzw\
8 SS) lösten sich die östlichen Gebiete als »cisj uranisches« und
»transj uranisches Burgund« von Frankreich ab. Beide burgun-
424 l^^s Provenzalische.
dische Reiche wurden im Jahre 933 zu dem »arelatischen(f
Königreiche vereinigt und dieses wieder im Jahre 1032 mit
dem deutschen Reiche verbunden, dessen Grenzen sich nun-
mehr bis an die Rhone erstreckten, dessen Autorität aber frei-
lich in diesen Gebieten fast immer nur eine nominelle war,
da die einzelnen Landschaften und Städte entweder thatsäch-
lich nahezu unabhängig Avaren oder unter französische l^ot-
mässigkeit geriethen.
Die westlichen und südlichen Gebiete zerfielen in eine
grosse Anzahl mehr oder weniger umfangreiche Herzogthümer
und Grafschaften [Toulouse, Roussillon, Provence, Limousin,
Languedoc, Dauphine, Guyenne etc.), über welche der fran-
zösische König eine, freilich oft bestrittene und noch öfter
nur schattenhafte Oberhoheit ausübte. Einzelne Landschaften
waren politisch zeitweise mit Aragonien, andere ebenfalls zeit-
weise (so unter den Plantagenets; mit England vereinigt.
Von Mitte des 13. Jahrhunderts ab gelangten in ziemlich
rascher Aufeinanderfolge sümmtliche südfranzösische Land-
schaften theils durch Eroberung ( Albigenserkriege ' , theils
durch Erbschaft (z. B. die Provence und die Dauphine' unter
die Botmässigkeit der französischen Krone und theilten fortan
die politischen Schicksale des französischen Staates. Nur Avig-
non und Venaissin, die im Beginn des 14. Jahrhunderts (Papst
Clemens V.] päpstlicher Besitz geworden waren, wurden erst
durch die französische Revolution mit Frankreich vereinigt.
Die grosse politische Selbständigkeit, deren sich Südfrankreich
während des früheren Mittelalters erfreute, hatte die eigenartige
Entwickelung der C'ultur, Sprache und Litteratur begünstigt.
Der Verlust dieser Selbständigkeit (von welchem übrigens auch
die savoyischen und piemontesischen Gebiete betroffen wur-
den) war eine der Ursachen (freilich keineswegs die einzige],
weshalb das Provenzalische aus seiner Stellung als Litteratur-
sprache mehr und mehr durch das Franziisische verdrängt
wurde und einer dialektischen Verwilderung anheimfiel, wel-
cher es erst neuerdings . wenigstens in gewissem Masse , wie-
der entrissen worden ist.
S. Die Geschichte der provenzalischen Sprache lässt sich
in folgende Perioden eintheilen :
a) Die präli tterarische Periode , von der Entstehung
Das Provcnznlische. 425
der Sprache aus dem südgallisiluii Vulgiirlateiii bis zur Ab-
fassung der ältesten Spraebdenkmälev Mitte des 10., Anfong
des 1 1. Jahrhunderts), von denen das Hoetliiuslied entstanden
vermuthlich gegen Mitte des 1 (J . Jahrhunderts , also ungefähr
gleichzeitig mit dem Leodegarliede und der Passioni das wieli-
tigste ist.
b^ Die alti)ro venzalisc he Periode, etwa von Beginn
des 11. bis Mitte des 15. Jahrhimderts ; in litterargeschicht-
licher Hinsicht heben sich in dieser Periode zwei sich scharf
unterscheidende Zeiträume von einander ab, von denen der eine
Zeitraum der classischen Litteratur) etwa das 12. und 13. Jahr-
hundert, der andere (Zeitraum des litterarischen Verfalles) etwa
das 14. und 15. Jahrhundert umfasst.
c) Die neuprovenzalische Periode, etwa von der
Mitte des 15. Jahrhunderts bis zur Gegenwart.
Zwischen die alt- und die neuprovenzalische Periode eine
mi ttelprovenzalische einzuschieben (analog der mittelfranzösi-
schen . ist an sich zwar statthaft, aber mindestens gegenwärtig
ziemlich zwecklos, da die nachclassische Litteratur der Pro-
venzalen (namentlich des Ui. und 17. Jahrhunderts) noch we-
nig zum Gegenstande wissenschaftlicher Forschung gemacht
worden ist.
Innerhalb der neuprovenzalischen Periode bildet das Jahr
1825, in welchem Jaxsemix's »Papillotos < erschienen, einen
höchst bemerkenswerthen Abschnitt, weil von da ab die Wie-
dergeburt der provenzalischen Litteratur und die Neubildung
einer provenzalischen Schriftsprache anhebt. Vgl. auch unten
§ 7 den letzten Abschnitt im Texte.
9. Charakteristisch für die Geschichte des Provenzalischen
ist einerseits die frühzeitige Ausbildung einer Schriftsprache
und einer classischen Litteratur, andererseits der mit Ausgang
des Mittelalters eintretende gänzliche Verfall dieser Sprache
und Litteratur, dem erst in diesem Jahrhundert (s. oben eine
Wiedergeburt gefolgt ist, von welcher übrigens sehr fraglich
erscheinen muss. ob sie bleibende Ergebnisse haben und zu
einer organischen Neuentwickelung des provenzalischen Volks-
thums führen wird. Das Französische hat. unterstützt durch die
politischen Verhältnisse, in dem provenzalischen Sprachgebiete
als Schriftsprache und als Umgangssprache der höheren Stände
426 I^as Provenzalische.
zu tiefe und feste Wurzeln geschlagen, als dass eine Aenderung
dieses Zustandes für möglich gehalten werden könnte, minde-
stens nicht, so lange die Gebiete der langue doil und der
langue d'oe eine staatliche Einheit bilden, deren Schwerpunkt
in Paris ruht.
Natürliche Folge der Stellung, welche seit dem Ausgang
des Mittelalters das Französische im provenzalischen Sprach-
gebiete einnimmt, ist das Eindringen französischer Elemente
und französirender Tendenzen auch in das Provenzalische
selbst gewesen.
Litteraturan gaben sehe man am Schlüsse des § 2.
§ 2. Bemerkungen über die Geschichte der pro-
venzalischen Philologie.
1 . Die grammatische Seite der provenzalischen Philologie
hat bereits im Mittelalter «eine verhältnissmässifj eifri<?e und
einsichtige Pflege gefunden. Veranlassung dazu bot einerseits
das Bedürfniss der Aufstellung bestimmter Sprachregeln z. B.
hinsichtlich der Beobachtung der Vocalqualität) für die poeti-
sche Technik, andererseits der Umstand, dass die Verbreitung
der provenzalischen Sprache im Auslande z. B. in Italien den
Gedanken an Abfassung von Lehrl.üchern zu deren Studium
schon früh nahe legen musste (ähnlich wie die Verbreitung
des Französischen in England mehrere der ältesten Anleitungs-
schriften entstehen Hess).
2. Die wichtigsten grammatischen Schriften sind: a) Der
sogenannte Donatus provincialis des Uc Faidit (oder Uc de
Saint-Circ?), eine im Anfang des 13. Jahrhunderts entstandene,
vermuthlich für den Gebrauch Provenzalisch lernender Italie-
ner bestimmte Grammatik mit Beimlexicon. b) Die sog. Ka-
sos de trobar des Raimon Vidal aus Besaudun, ebenfiills eine
Art Grammatik, c) Die sog. Leys damors, ein die Gramma-
tik , Metrik und Poetik behandelndes umfangreiches Werk,
welches Guillem Moliuier, erster Kanzler des im Jahre 1324
gegründeten Consistori de la gaya sciensa, verfassto. ^ gl. über
diese Schriften Bautscii, Grundriss zur Gesell, d. ])rov. Litt.
(Elberfeld 1872), S. f. 5 f. u. 90.
Als erste Versuche der Litteraturgeschichtsschreibung las-
sen sich die noch im Mittelalter entstandenen zahlreichen
Das Provenzulische. 427
Troubadourl)io<T^rai)liien bezoichueu, deren Verfasser freilich von
kritisclier Methode keine Ahnung besessen, sondern mit gläu-
biffster Naivetät auch aus den trübsten Quellen allerlei wun-
derlich anekdotenhaftes Material zusammengetragen haben.
3. Im l(i. Jahrhundert verfasste der im Jahre 1590 ge-
storbene Jean de Notredame (Bruder des als vermeintlicher
Prophet und Zauberer bekannten Michael Nostradamus) die
erste provenzalische Litteraturgeschichte, wenn man eine Samm-
lung höchst unglaubwürdiger Biographien so nennen darf.
Nostradamus' Buch wurde im Anfonge des IS. Jahrhunderts
von Crescimbeni in das Italienische übersetzt und mit Nach-
trägen versehen.
Ein grosses pro^■enzalisches Wörterbuch beabsichtigte, eben-
falls im Beginne des IS. Jahrhunderts, der Spanier ]iastero
abzufassen, es erschien jedoch nur ein erster Band, welcher
die Einleitung zu dem Gesammtwerke zu bilden bestimmt war.
Um die Mitte desselben Jahrhunderts sammelte der auch
durch seine sonstigen gelehrten Arbeiten bekannte La Curne
de Sainte-Palaye massenhafte Materialien, auf Grund deren er
eine provenzalische Litteraturgeschichte schreiben und wohl
auch die Dichtungen herausgeben wollte. An der Ausführung
seines Unternehmens wurde er jedoch durch sein vorgeschritte-
nes Alter verhindert, er überliess aber seine Sammlungen dem
Abbe ^Millot, der dadurch in den Stand gesetzt wurde, eine
»Histoire litteraire des troubadours« herauszugeben, obwohl er
selbst kein "Wort Provenzalisch verstand. Vgl. hierüber Die/.
in der Einleitung zu der »Poesie der Troubadours« (Zwickau
1S26 .
4. Zu dem Range einer Wissenschaft ist die provenzali-
sche , wie überhaupt die romanische , Philologie erst durch
Eaynouard und F. Diez erhoben worden, vgl. hierüber Theil I,
S. 103 ff. Trotzdem aber, dass gerade Eaynouard und Diez
von dem Provenzalischen aus ihr grundlegendes Wirken be-
gannen und für dasselbe eine besondere Vorliebe besassen (na-
mentlich Eaynouard der dadurch zu schlimmer Ueberschätzung
der Stellung des Provenzalischen innerhalb der romanischen
Sprachfamilie verleitet wurde), und obwohl durch die roman-
tische Geistesrichtung der ersten Jahrzehnte des Jahrhunderts
auch in weiteren Kreisen ein lebhaftes Interesse für die Trou-
42S 1^'^s Provenzalische.
badourpoesie erweckt wurde besonders durch A. \V. v. Sciilk-
gel's, an sich freilich herzlich unbedeutende Schrift: Obser-
vations sur la langue et la litterature proven^ales. ISIS), so
ist doch in der weiteren Entwickelung der romanischen Phi-
lologie das Provenzalische gegen das Französische in den Hin-
tersrrund »etreten und hat selbst unter einer ziemlichen Ver-
nachlässigung zu leiden gehabt. Es hat sich dieselbe nament-
lich auf dem grammatischen Gebiete geltend gemacht, auf
welchem noch zahlreiche wichtige Probleme der Lösung har-
ren. Insbesondere ist das Neuprovenzalische Avissenschaftlich
bis jetzt — abgesehen von einzelnen glänzenden Ausnahmen,
wie z. H. Chabaneaus Grammaire limousine — wissenschaft-
lich nur sehr stiefmütterlich behandelt worden.
Die bedeutendsten Vertreter der provenzalischen Philologie
sind gegenwärtig: Paul Meyer, Caraille Chabaneau, A. Tho-
mas, K. Bartsch, A. Mahn, A. Tobler, G. Groeber, W. För-
ster, H. Suchier, W. Mushacke, und unter diesen nehmen
wieder P. Meyer und K. Bartsch durch die Vielseitigkeit ihrer
ergebnissreichen Forschungen die ersten Stellen ein.
I.itteraturangaben zu § 1 und 2: Einfluss des Baskischen
auf das Gascognische etc.: A. Lichaire, De lingua aquitanica Pari-
ser Doctordiss. 1876), und: Les origincs linguistiques de l'Aquitaine. Pa-
ris 1877, vgl. Rom. VII 140.
Ethnologisches: Berengek-Fkrand , La race provengale 1883 —
E. Blanc, Les Ligures et leur role dans les Alpes-Maritimes. Nizza 1879,
vgl. II. d. 1. r. 15. 7. 1881 — BuUN, P^tude s. l'origine des habitants des
Alpes-Maritimes. Nizza 187U, vgl. R. d. 1. r. 15. 7. 1881 — J. Gillierox,
Petit atlas phonotique du pays roman (sud du Rhone;. Paris ISSl.
Zeitschriften: Die der romanischen Philologie gewidmeten Zeit-
schriften (s. Theil I 154) berücksichtigen, wie selbstverständlich, auch das
Provenzalische; in besonderem Masse aber thut dies die seit 1870 von der
(in demselben Jahre durch Cambouliu gestifteten) Societe pour Tetude des
langues romanes herausgegebene, seit 1873 in Monatsheften erscheinende
»Revue des langues romanes«, in welcher zugleich auch neuprovenzalische
Poesien zum Abdruck gelangen.
Geschichtliches; Cl. Devic et J. Valssette, Histoirc generale
du Languedoc etc. (umfangreiches, mit allerlei gelehrtem Apparate ausge-
stattetes, zuerst 1730/45 erschienenes Werk). Toulouse 1875/77. 14 Bde.
(Redieu ue LA Vilatte, Etüde litteraire s. les historiens du Languedoc,
en particulier sur D. Devic et D. Vaissette, Toulouse 1879, und eine
gk'iehbetitelte , im selben Jahre und am selben Orte erschienene Schrift
H. Benezet's) — L.-X. DE Ricard, Ilist. populaire du Languedoc. Puy
en-Velay 1876 — >L Bastie, T-e Languedoc. Description complete etc.
Das rroveuzuliscliL'. 429
Albi 1S77 — A. MoLINIEK, Etüde s, radministration f^odule dans le I.an-
guedoc ^900 a 1250. Toulouse 1879 — C. DK NosTRADAMUs, llist. et Cliro-
nique de Provence U)24 ; DK Gaidifky, llist. de Provence lt)'J4; Pai'ON,
Hist. f>;enerale de la Provence 1777, 1 Ikle. ; BoucHE, E.ssai s. l'llist. de
la Prov. 17S5; A. Fabue, Hist. de k Prov. 1834, 4 Bde.; AcuAiiD, l)ic-
tionnaire hiat. de la Prov. 1785; D. Roheut, Etat de la Prov. 1693, 3 Bde.;
B. DE Mayxiek, Hist. de la principale noblesse de la Prov. 1719; Aute-
FEllL, Hist. de la noblesse de la Prov. 1857/59, 2 Bde.; Pithon-Cukt,
Hi-^t. de la noblesse du Comte-Venaissin 1743/50, 4 Bde. — PliollET, Hist.
d'Auvergne 1595 — G. M. CllAHKOL, llecherches et memoires sur l'histoiire
d'Auvergne 1761 — Baluze, Hist. de la maison d'Auvergne 1708, 2 Bde.
— BouiLLET, Dict. heraldique de l'Auvergne 1857 u. Uescription hist. et
scientif. de la Haute-Au. 34 — Hanriot, L'Auvergne antique (Litterature
gallo-romaine. Le tcraple du Puy-de-Döme. Sidoine Apollinaire, Gregoire
de Tours.) Clermont-Ferrand 1875 ■ — Chevalier, Choix de documcnts
historiques inedits s. le Dauphine etc. liyon 1S75 — Tardiei', Grand die-
tionnaire historique du Puy-de-Dome, dounant l'histoire complete des vil-
les etc. (Erscheinungsort u. -jähr?; — GuiGNE, Cartulaire municipale de
la ville de Lyon etc. Rccueil forme au XV^ s. par Etienne de Villeneuve.
Lyon 1877 — A. Leroux, Documents hist. bas-latins, provencaux et fran-
9ais concernant la Marche et le Limousin. Limoges 1884 — B. Benezet,
Les comtes de Toulouse aux croisades. Toulouse 1870 — Gatien-Arnoult,
Histoire de l'universite de Toulouse (betrifft nur die Jahre 1229 bis 1271).
Toulouse 1878 — La Faille, Annales de Toulouse 17ül, 2 Bde. — Du-
RüSOl, Annales de Toulouse 1771, 5 Bde. — MARTViiK, Hist. des comtes
de Toulouse 1828 — B. Bovsset, Memoires, concernant ce qui est arrive
de plus remarquable particulierement ä Arles et en Provence de 1372 jus-
qu'en 1413, p. p. Laurent Bonnement, in Le Musee, Revue arlesienne
1876 — Loubens, Hist. de l'ancienne province de Gascogne, Bigorre et
Beam 1839, 3 Bde. — Menard, Hist. civile, ecclesiast. et litteraire de la
ville de Nismes. Paris 1750 — Castillon (d'aspet), Hist. du comte de
Foix. Toulouse 1852.
Ch. Aigrefeuille, Hist. de la ville de Montpellier depuis son origine
jusqu'ä notre temps. Montpellier 1876 — Duval-Jouve, Les noms des rues
de Montpellier. Montpellier 1877 — V. Beauville, Hist. de la ville de
Mondidier. 2«" ed. Paris 1875 — V. Lespy, Varietes concernant la ville de
Pau et le Bearn. Pau 1877 — Recueil des usages locaux de Bergerac.
Bergerac 1S76 — De Berluc-Perussis, Forcalquier et ses Souvenirs lit-
teraires. Forcalquier 1878 — R. Perie, Hist. politique, relig. et litt, du
Quercy. Cahors 1866 — CoVRTET, Dict. geogr. , geolog. , hist. et biogr.
des communes de Vaucluse. Avignon 1877 — A. Maire, Essai d'un dict.
philologique des noms de lieux du departement de Vaucluse. Tours 18S2.
Hahn, Geschichte der Waldenser im Mittelalter 1847; Dieckhoff,
Die "Waldenser im Mittelalter 1851 ; Herzog, Die romanischen Waldenser
1853; Bradsuaw, Communications made to the Cambridge antiquaries' So-
ciety 1862; Zeschwitz, Die Katechismen der "Waldenser und böhmischen
Brüder 1863; ToDD , The books of the Vaudois 1865; Jolibols, Hist. du
430 -Das Provenzalische.
pays d'Albigeois, in: Rev. bist., sciertif. et litt, du depart. du Tarn. Nov.
1875 bis Dec. 1876; C. DoUALS, Les AlbigeoLs, leur origine et Taction
de l'Eglise au XII^ s. Paris 1879; M. AViTCHE, Les Albigeois devant l'hi-
stoire. Paris 1879; F. Germanet, Les Vaudois du Piemont, ou les pro-
testants avant la reforme. Paris 1879. (Aeltere Werke: Perrix, Hist. des
Vaudois 1618; MoHLAND, History of the churehes in the Valleys of Pie-
mont 1658 ; Leger, Hist. generale des eglises evangeliques des vallees de
Piemont ou vaudoises 1669. Vgl. ausserdem unten § 10 die bibliographi-
schen Angaben zur Litteraturgeschiehte) ].
Die Grammatiken des Provenzalischen : Hugues Faidit et
Kaymond Vidal de Besaudun (Xin^ s.), grammaires provencales. 2^ ed.
corr. et augm. p. F. Guessard. Paris 1858. — Die beiden ältesten prov.
Grammatiken, lo Donatz proensal und las rasos de trobar, nebst einem
prov.-ital. Glossar herausg. v. E. Stexgel. Marburg 1S78 (vgl. Ztschr. f.
rom. Phil. II 83 u. 133; Kajna, Nota pel Donat proensal, in: Giorn. di
fil. rom. 1878, p. 23^1' ; G. Gröber, Der Verfasser des Donat proensal, in :
Ztschr. f. rom. Phil. VIII 112, vgl. dagegen P. Meyer in Kom. XIII 630;
P. Merlo, Suir autore del Donato provenzale, in: Giorn. stör, della lett.
ital. in 18; J. Bauquier, Sur le D. pr., in: Rom. VI 450; Chabaxeau,
Sur les glossaires proven^aux de Hugues Faidit, in: Rom. VI 136; A.
ToBLER et P. Meyer, Sur quelques passages des grammaires provencales,
in : Rom. H 337 ; L. Bi.\dexe, Las razos de trobar e lo Donats proensals
secondo la lezione di un antico ms. finora non conosciuto , soll in Mo-
XACl's Studi di filologia romanza erscheinen ; WiLEURMUTH, Ueber die drei
ältesten süd- u. nordfrz. Gramm. Tübingen 1857, Progr. des Gymn.) —
Les fleurs du gay savoir ou les lois d'amour, p. p. Gatiex-Arxoult. Tou-
louse 1841. 3 Bde. (vgl. F. Wolf, Studien etc. 235, Tobler, in Jahrb.
Vin 353, Bartsch, Grundriss etc. § 56) — P. Rajna, Un vocabulario e
un trattatello di fonetica provenzale del sec. XVI , in : Giorn. di fil. rom.
III 34- — Rayxouard, Grammaire romane. ou gramm. de la langue des
troubadours. Paris 1816 (in Bd. I des Choix des poesies des troub.) —
Adriax, Grundzüge zu einer prov. Gramm, u. Chrestomathie. Frankfurt
a. M. 1825 — F. DiEZ, Gramm, d. rom, Spr. etc. (namentl. Bd. 1 u. 2
— K. Bartsch, Tableau sommaire des flexions provencales als Anhang
zur Chrestomathie pr. (Couture, Tableau sommaire de la gramm. de la
langue d'oc d'aprcs K. B., in: Revue de Gascogne XXI ^1880; 49, vgl.
Rom. IX 339) — F. Demattio, Grammatica della lingua provenzale. Inns-
bruck 1880 — A. Mahx, Gramm, u. Wörterb. der altprov. Spr. Erste
Abth. : Lautlehre und Wortbiegungslehre. Köthen 1SS5.
J. DuxCAN Craig, A Handbook to the Modern Proven9al Language,
spoken in the South of France, Piedmont etc. London 1863.
"C. Chabaxeau, Grammaire limousine. Paris 1876 — V. Lespy, Gram-
maire bearnaise. 2"^ ed. Paris 1878.
*R. A\'eisse, Die Sprachformen Matfre Ermengau's, in : Ztschr. f. rom.
Phil. Vn 390 (auch als Diss. Halle 1883 erschienen) — Savi.nian. Gram-
maire provencale (sous-dialccte rhodanien). Precis historique de la langue
d'oc ; partiee du discours pour les dialectes marseillais, cevenol et mont-
Das Provenzalischc. 4;}|
pellierain. Avignon u. Paris 1882 — Hofmeisteu, Die Sprache Bernart's
V. Ventadoru aus seinen Keimen festgestellt. Marburg ISS.'J Diss.
Schriften über provenzalischc Sprache un d Litter atu r im
Allgemeinen: A. W. v. Schlegel, Observations s. la langue et la lit-
terature proven9ales 1818 — E. Layaleye, Hist. de la langue et de la
poesie prov. Gand 1844 — E. yan Bemmel, De la langue et de la poesie
prov. Brüssel 1846 — L. Bertraxd, Quaestiones provinciales. Bonn lS(i4
Diss. — A. Maun, Ueb. das Stud. d. prov. Spr. u. Litt. 2. Ausg. Berlin
1874, und: Ueb. d. prov. Spr. u. ihr Verhältniss zu d. übrigen rom. Spr.,
in: Herrig's Archiv Bd. LV, 83 — C. Chabaneau, La langue et la litt,
prov. Lecon d'ouverture etc. Paris 1871).
Die ältesten litterargeschichtlichen Werke: Die Biogra-
phien der Troubadours, in prov. Spr. herausg. v. C. A. F. Mahn. Berlin
1853 — J. NosTRADAMis , Les vies des plus celebres et anciens poetes
provensaux, qui ont floury du temps des contes de Provence. Recueillies
des ceuvres de divers autheurs nommez en la page suj'vante, qui les ont
escrites et redigees premierement en langue provensale, et depuis mises
en langue francoyse par Jehan de Nostre Dame. A Lyon 1575 (eine neue
Ausg., besorgt von C. Chabaxeau, ist schon seit Jahren für die Publica-
tions de la Societe pour l'etude des langues romanes angekündigt. K.
B.\RTSCH, Ueb. d. Quellen des J. N., in: Jahrb. f. rom. u. engl. Spr. u.
Litt. XO 1, — G. M. Cuescimbem, Commentarj intorno alla sua istoria
della volgar poesia. Vol. U, parte 1. Roma 1710 — A. Basteko, La
crusca provenzale ovvero le voci , frasi , forme e maniere di dire , che la
gentilissima e celebre lingaa toscana ha preso della provenzale, arrichite
e illustrate e difese con motivi, con autoritä e con esempj. Aggiuntevi al-
cune memorie e notizie istoriche intorno agli antichi poeti provenzali, pa-
dri della poesia volgare etc. Vol. I. La Roma 1724 — Millot, Hist. lit-
teraire des Troubadours, contenant leurs vies, les extraits de leurs pieces
etc. Paris 1774. 3 Bde. (Weitere Angaben über litterargeschichtl. Werke
s. unten § 10, .
Zur Geschichte der provenzalischen Philologie: Bauquier,
Les proven9alistes du XVIII s. Lettres inedites de Sainte-Palaye, Mazan-
gues, Caumont, la Bastie etc., in: R. d. 1. r. 1S80 Januar bis März.
§ 3. Bemerkungen über die Dialecte des Pro-
venzali sehen. >)
1. L'nter dem Gesammtnamen »Provenzalisch« begreift
man eine grosse Anzahl landschaftlicher fsüdfranzösischer und
alpiner) Einzeldialecte , welche einerseits durch die Gemein-
samkeit bestimmter lautlicher und flexivischer Eigenarten zu
1) Die Bezeichnung »Provenzalisch« sollte, da sie doch nur für die
Mundart der Landschaft Provence, keineswegs aber für die Gesammtheit
der die Langue d'oc bildenden Mundarten zutreffend ist. aus dem wissen-
schaftlichen Gebrauche verbannt und etwa mit »Occitanisch« (das freilich
eine etwas monströse Bildung ist vertauscht werden.
432 D''^s Provenzalische.
einer Spracheinheit gegenüber dem Französischen , Italieni-
schen etc. verbunden werden, andererseits mehr oder minder
erheblich von einander abweichen.
2. Während der altprovenzalisclien Litteraturperiode nahm
der Dialect der Landschaft Limousin annähernd die Stellung
einer Schriftsprache (»dreita parladura«) ein, namentlich inner-
halb der Lyrik, also der Troubadoui^wesie im engeren Sinne
des Wortes. In Folge dieses Umstaudns gelangten die Land-
schaftsdialecte nur in beschränktem Umfange zur litterarischen
Verwendung (am meisten noch in Urkunden u. dgl.), zumal
da während der Blüthezeit der Litteratur die volksthümliche.
an die nicht höfisch gebildeten Gesellschaftsclassen sich wen-
dende Dichtung nur geringe Pflege fand. Die Thatsache aber,
dass in altprovenzalischer Zeit eine Art von Schriftsprache be-
stand, hat .wieder zur Folge , dass wir über die altprovenzali-
sclien Einzeldialecte, mit Ausnahme eben desjenigen, welcher
annähernd schriftsprachliche Geltung besass, nur sehr unge-
nügend unterrichtet sind, wenigstens gegenwärtig noch, denn
die Möglichkeit ist nicht ausgeschlossen, dass eindringende
Forschung noch zu sicheren Ergebnissen führen werde.
Im Allgemeinen lässt sich annehmen, dass die landschaft-
liche Abgrenzung der altprovenzalischen Dialecte im Grossen
und Ganzen dieselbe war , wie diejenige der neueren , und
dass die Eigenarten der letzteren in den ersteren bereits an-
satzweise vorhanden waren. Freilich ist zu erwägen, dass
die organische Entwickelung der alten Dialecte zu ihren mo-
dernen Gestaltungen durch die Verwahrlosung , welcher das
Provenzalische seit Ausgang des Mittelalters in litterarischer
Hinsicht anheimfiel, und durch den Einfluss, den das Fran-
zösische erlangte, in sehr beträchtlichem Masse gestört wor-
den ist.
3. Mit dem Verfalle der altprovenzalischen Litteratur en-
dete auch die litterarische Vorherrschaft der limousinischcu
Mundart, und es trat mehr und mehr ein Zustand diulectischer
Anarchie ein, indem jeder landschaftliche Dialect gelegent-
lich zu litterarischer Production, übrigens meist recht unter-
geordneter Art, verwandt wurde. Gesteigert wurde diese An-
archie noch durch die Schwierigkeit , welche die schriftliclie
l'ixirun"- der litterarisch bisher nicht «rebrauchteu Mundarten
l^as Provenzalische. 433
mit sich brachte, eine Schwierigkeit, welche sieh um so we-
niger erfolgreich überwinden Hess, als die schiiftstellemden
Persönlichkeiten vielfach der höheren Bildung entbehrten. So
entstand ein orthographischer Wirrwarr, nicht bloss im \cv-
hältniss von Dialect zu Dialect, sondern oft auch innerhalb
eines und desselben Dialectes. indem die Laute desselben bald
so bald so wiedergegeben wurden.
Seit der Wiedererhebung der provenzalischen Litteratur
haben namentlich der im engeren Sinne )provenzalisch« zu
nennende Dialect der Ehunemündung durch Mistral's und der
Dialect von Montpellier durch O. Hringuier's dichterische Thä-
tigkeit höhere litterarische Bedeutung und festere Form erlangt.
4. Die neu provenzalischen Dialecte lassen sich in fol-
gende Gruppen theilen'): I. Neupro venzal isch (im enge-
ren Sinne) in den Departements Drume . Vaucluse , Bouches
du Rhone , Var . Hautes- und Basses-Alpes , mit den Haupt-
orten Aix , Arles , Avignon . Marseille. II. Der Dialect von
Dauphine mit den Unterdialecten von Grenoble, Oisan und
Trieves. III. Der Dialect von Lyon. IV. Der Dialect von
Languedoc (mit zahlreichen Untermundarten, namentlich
denen von Aude und Herault, von Nimes, der Cevennen, von
Aveyron und Lot, von Montpellier, von Yelay. von Narbonne,
von Toulouse'. [V. Der Dialect von Eoussillon wird besser
dem Catalanischen beigezählt\ VI. Der Dialect von Limou-
sin inOber- u. Xiederlimousinisch zerfallend, in den Departe-
ments Correze. Haute- Vienne, Grenze. Indre, Cher, einem Theile
von Indre- et-Loire , Vienne . Dordogne . Charente , Charente-
Inferieure. VII. Der Dialect der Auvergne, vielfach stark
französirt. VIH. Der Dialect der Gascogne mit mehreren
Untermundarten, von denen diejenige von Beam die wich-
tigste ist. Zu diesen Gruppen treten noch die Dialecte der
Schweiz. Savoyens und. aber nur sehr theilweise, Piemonts.
Wissenschaftlich untersucht sind bis jetzt erst wenige der
so zahlreichen neuprovenzalischen Dialecte (die betr. Schriften
sind in den jUitteraturangaben« durch ein vorgesetztes Stern-
chen hervorgehoben.
1; Nach C. Sachs, Ueber den heutigen Stand der romun. Dialeetfor-
schung , in ; Herrigs Archiv LIV 256 fl'. DiEZ giebt in seiner Grammatik
fBd. 1 der älteren Ausg., einp kurze Charakteristik der neuprov. Dialecte.
Körting, Eneyklopädie d. rom. Phil. HI. 28
434 I^äs Provenzalische.
Litteraturangaben (Verzeichniss einiger auf die proven-
zalischen Dialecte bezüglicher AVerke, sowie einiger Dia-
lectdichtungen u. dgl.). 'j
1. Allgemeines: Carte des dialectes et des sous-dialectes proven-
9aux (befand sich in der Sammlung , mit welcher die Societe anthropolo-
gique de France die Pariser AA'eltausstellung 1878 beschickte; wo sie dann
verblieben, konnte der Verf. der Encykl. nicht in Erfahrung bringen; —
DE Berluc-Perüssis , Reponse ä la question »Faire connaitre les divers
dialectes provencaux , leurs caracteres distinetifs et leur perimetre« , in :
Congres scientifique de France, 44«" session. Nizza 1879, vgl. 11. d. 1. 1. r.
15. 7. 1881, p. 42 — J. B. NOULET, Essai s. l'hist. litteraire des patois
du midi de la France aux 16^ et 17« siecles. Toulouse 1879 — G. AzAis,
Dict. des idiomes romans du midi de la France — F. Mistral, I.ou Tre-
sor dou Felebrige, on Dict. prov.-frcs cmbrassant les divers dialectes de la
langue d'oc moderne. Aix u. Paris 1877/82 — Honnouat , s. § 5 — C.
BoucoiRAN, Dict. analogique et etymologique des idiomes meridionaux
qui sont parles depuis Nice jusqu'ä Bayonne et depuis les Pyrenees jus-
qu'au centre de la France. Nimes 1878 — Du Peyrat, Memoire s. les
idiomes du midi de la France en general et s. celui du centre de la Guienne
an particulier. Grammaire et glossaire. Bordeaux 1805.
2. Besonderes: [Aquitanion. A. Luchaire, Etudes s. les idio-
mes pyreneens de la France. Paris 1879. Andere Schriften desselben Ver-
fassers s. oben S. 428. J. H. Lacoumbo , Las lambruscos de la lengo
d'Aquitanio. Avec glossaire. Montauban 1879. Vgl. auch Gascogne.] —
Ar de che (Auvergne). L. Clugnet, Glossaire du patois de Gilhoc Ar-
deche), suivi d'un essai grammatical. Paris 1883 — Arles. Eine Anzahl
von Dichtungen im Dialecte von Arles ist verzeichnet von Sachs in Her-
rig's Archiv LIV 258. P. Meyer, Tersin. Tradition arlesienne, in : Rom.
I 51 — Armagnac u. Agenais, Proverbes et devinettes populaires
recueillies dans l'A et l'A. 1880. Poesies frcses populaires recueillies
dans le Bas-Armagnac , in: Revue de Gascogne XX (1879) 512 — Au-
vergne. Fr. Mi':GE, Souvenirs de la langue d'Au. , essai s. les idiotis-
mes du depart. de Puy-de-Dome. Paris 18(11. F. Malval, Etüde des dia-
lectes romans ou patois de la Basse-Au. Clcrmont-Ferrand (JahrPj II. Do-
NIOL, Les patois de la Basse-Au., leur grammaire et leur litterature. Mont-
pellier 1877. (4«' publ. spec. de la Soc. p. let. des lang, rom.' , vgl. Rom.
VIII VW. M. CoHEXDY et A. Thomas, Strophes au Saint-Esprit, suivies
des Statuts d'une confrerie du St-Esprit en dialecte auvergnat, in: Rom.
VIII 211. P. Le Blaxc, Devinettes de la Basse-d'Au., in: Almanac des
traditions populaires II. Paris 1883 — Aveyron. Vayssier, Dict. patois-
frcs du dep. de l'A. Rodez 1879. J. P. Dl'RANU, Etudes de philologie et
liuguistique aveyronnaises. {Les noms de famille et les noms de lieux.
Notes s. l'idiome rouergat.) Paris 1879. Firmixhac, Poenies aveyronnais.
1) VoUstiindigkeit konnte auch nicht entfernt angestrebt werden Hin
und wieder .sind Scliriftcn angefülirt, welche sich auf fran/ös i sehe Dia-
lecte beziehen, so dass dieses Verzeichniss zugleich eine Art Ergänzung
zu dem oben S. 98 tt". gegebenen bildet.
Das Provcnzalischc. 435
Küdez 11875?; — Bearn. V. Lesi'y, Gramm, beiirnuisc, suivie dun vo-
cabulaire b.-fr98. 2^ ed. Paris 18S0. V, Lespy, Dictions du pays de B.
Pau 1875. J. Hatovlet et E. PicoT, Proverbes b. Paris 1862. Tu. de
PiYM.^iGKE, Chants populaires recueillis dans la vallee d'Ossau (Bearn),
in: Rum. III S9. Gköbeu, Bearnische Todtenklage. in: Ztschr. f. rom.
Phil. III 390. C. Schröder. "Weihnachtslicder aus B., in: Jahrb. f. rom.
u. engl. Litt. XI 109. Chansons et airs popul. de B. reo. p. F. Kivari'.s.
2« ed. Paris 1SG8 — Bigorre. Dejeaxne, Contes de la Bigorre, in: Rom.
XII 566 — Bordeaux. Lucn.\iRE, Une Charte bordelaise de 1244, in
den Annales de la faculte des lettres de B. G. Colletet, Vies des poetes
bordelais et perigordins, p. p. Tamizey de Larroque. Bordeaux 1873.
G. DeleiN'GIT, Essai grammatical s. le gascon de B. Bordeaux 1S67 —
Bourgogne. Migx.\rd, Vocabulaire raisonne et compare du dialecte et
du patois de la province de B. ou l'^tude de l'hist. et des moeurs de cette
province d'apres son langage, Paris 1809 — Colognac ;Gard). P. Fe.s-
QUET, Enigmes populaires reo. ä C. , in: R. d. 1. r. 3e serie I 175 —
Creuse. *A. Thomas, Rapport s. une mission philologique dans le dep.
de la Creuse, in : Archives des missions seientifiques et litteraires, 3^ serie
t. V, p. 423, vgl. Rom. VIII 469 u. X 451. F. Vi.nxext, Etudes s. le
patois de la Cr., in: Mem. de la soc. d. sciences nat. et arch. de la Cr.
IV 426, vgl. Rom. XI 451 — Dauphine. CoLOMB DE Batines, Biblio-
graphie du patois de D. Grenoble 1835. L. Montier, Gramm, dauphi-
noise. Dialecte de la vallee de la Dröme. Paris 1882. J. Lapaume, Re-
ieueil de poesies en patois du D. Grenoble 1S78. J. A. PiLOT, Proverbes
dauphinois etc. Grenoble 1884 — Forez. L. P. Gras. Dict. du patois
forezien. Paris 1864. M. Noelas, Dict. du pat. for. Lyon 18H5. A. Th.,
Babochi ;P. Philippon), etude litteraire et biographique sur le poete fore-
zien, in: Mem. de la Loire, 13. u. 14. Dec. 1877. R. Köhler, Volks-
mährchen aus der Landschaft Forez , in : Jahrb. f. rom. u. engl. Litt. IX
353. V. Smith, Chants pop du F. Trois retours de guerre , in: Rom.
IX 2SS. Vgl. auch unten Velay — Fourgs. J. TissOT, Le patois de F.,
arrondissement de Pontarlier, dep. du Doubs. Besancon 18t; 6 — Gas-
cogne. P. Meyer, The Gascon Dialects, in: The Academy Nov. 1879.
A. LiCH.URE, Recueil de textes de l'ancien dialecte gascon d'apres des
documents anterieurs au 14 s., suivi d'un glossaire. Paris ISSl, vgl. Rom.
XI 135 u. R. d. 1. r. 15. 5. 1882. Glossaire gascon, in: DuBUlssox, Hi-
storiae monasteriensis S. Severi in Vasconia libri X. Villeneuve 1878. G.
Colletet, Vies des poetes gascons, publiees avec introduction, notes et
appendices. Paris 1S66. Cexac-Moncaut, Essai s. la langue et la littera-
ture gasconnes, in des Verfassers Voyage archeologique et historique dans
Tancien comte de Bigorre. Tarbes 185S, und: Litterature populaire de la
Gascogne. Contes. mysteres, chansons historiques etc., recueillis dans
l'Astruc , le Pardiac, le Bearn et la Bigorre 1868 Tarbes?;. Poesies gas-
connes recueillies et publiees p. E..T. Nouvelle ed. p. Taillade. Paris
1867 69. 2 Bde. Blade, Poesies populaires de la Gascogne. Paris 1882.
3 Bde. Verdie, CEuvres completes de Meste Verdier, poete gascon. 16^
ed. p. p. Ch. Bal. Bordeaux 1S79. J. ViNsoN et E. Dicere, Specimens
28*
436 l^^ä Provenzalische.
de patois gascons (enthält eine Uebersetzung des Hohen Liedes im Dialect
von Bayonne , in: Rev. de linguistique XII 162. La Rabagassade. poeme
satirique en langiie gaseonne, avec traduction en regard. Bordeaux 1879
— Gard. Fesquet, Monographie du sous-dialecte languedocien du canton
de la Salle-Saint-Pierre (Gard), in: R. d. 1. r. 3" serie XI 53 — G re-
noble. Lapaume, Recueil de poesies en patois du Dauphine, comprenant
notamment Grenoblo malherou etc. Grenoble 1879 — Hautes-Alpes.
P. GuiLLAUME, Specialen de langage parle dans le dep. des H.-A. vers
la fin du XIIo s. , in: R. d. 1. r. 15. 2. 1881. Speeimen du langage de
Savines (H.-A.) en 1442, document inedit p. p. P. GuiLLAlME. Forcalquier
1880 — Ha Ute- Saune. V. Paulet, Essai d'un vocabulaire etym. du pa-
tois de Pknches-les-Mines (H -S.), in: Rev. crit. 1879 II 33'J — Landes.
P. Meyek, Etüde s. une charte landaise de 1268 ou 1269, in: Rom. IH
433, vgl. Rom. IV 462 — Languedoc. G. AzAis , Dict. des idiomes
languedociens etym., comparatif et technologique. Beziers 1867. M. d'Hom-
HHES, Dict. languedocien-frcs. Alais 1872 u. Aix 1879, vgl. R. d. 1. r.
3e Serie ll 294. Fesquet, Monographie du sous-dialecte languedocien du
canton de la Salle-Saint-Pierre (Gard), in: R. d. 1. r. 15. 2. u. 15. 5. 1884.
Devic, Variations phonetiques de la sifflante s dans le dialecte langue-
docien parle en Quercy, in: Mem. de la Soc. de Ling. de Paris t. IH 165,
vgl. Rom. V 507. MoNTEL et Lambert, Chants populaires du Langue-
doc, in: R. d. 1. r. VII 236 (als Buch erschienen Paris IS'^O). A. Alger,
Poesies populaires en langue d'oc recueillies p. A. A. Montpellier 1875.
A. Mir, La Cansou de la Lauseto, poesies languedociennes. Avec une pre-
face de F. Mistral et des notes s. rorthographe et la prunonciation lan-
guedociennes par M. CaxtaGREL. Montpellier 1876. Oontes languedociens,
texte patois avec trad. frcse, p. p. A. RoQVE. Paris 1878. Mazel, Les
proverbes du Languedoc, in: R. d. 1. r. 1880 Januar bis Mai. J. R. Favre,
CEuvres completes languedociennes et frgses. Montpellier 1878 ff. — Li-
mousin. *Cu. Chabaneau, Gramm, limousine. Paris 1876. P. Meyer, in:
Jahrb. f. rom. u. engl. Litt. VII 74. G. Cl. Si.mon, Proverbes recueillis
dans le Bas-Limousin, in: R. d. 1. r. 15. 2. 1880. FOUCALD, Poesies en
patois lim. Paris 1S66 — Lyon. Monin, P^tude s. la genese des patois
et en particulier du roman ou patois lyonnais. Paris 1873. Onofrio, Es-
sai d'un glossaire du patois de Lyonnais, Forez et Beaujolais. Lyon 1861.
PuiTSPELU, Sur quelques particularites du patois lyonnais, in: Rev. lyon-
naise VI 1 , Tres humble essai de phonctique lyon. , in : Rev. lyon. VII
140, und: Des verbes dans notre bon patois lyonnais, in: Revue Lyon-
naise 15. 9. 1883, vgl. Rom. XH 62*^. Le plus ancien document lyon-
nais en langue vulgaire , p. p. G. GuiGE. Lyon 1883, vgl. Rev. lyonnaise
t. V. E. PuiLiroN, Phonetique lyonnaise au 14 s., in: Rom. XIH 542.
A. Zacher, Beiträge zum Lyoner iJialect. Bonn 1884 l)iss. — Mar-
seille. Un testament marseillais en 1316, p. p. G. Raynaud, in: Rom.
VIH 103, vgl. Ztschr. f. rom. Phil. III 306, R. d. 1. r. 3« s^rie H 78.
Eine Anzahl Dichtungen in der Mundart von Marseille werden von Sach.s
in Herrig's Archiv LIV 258 namhaft gemacht. — Mentone. J. B. Ax-
1)REW.><, Phonetique mentonaise, in; Rom. XII 354; Vocabulaire du patois
l)aa Provenzalische. 437
mentonais. Nizza 1^77, vgl. llom. VI t)2() , Chanson recucillie a Mentone,
in: Rom. IX 590. und: L'Enigme, conte mentonais, in: llom. X 2J4 —
Montpellier. *^V. Mu.su.vcke, Gesciiiclitl. Entwickelung der Mundart
von Montpellier, in: Französ. Stud. IV 323 lin der Einleitung dieser treti-
liehen Arbeit wird eine Uebersicht über die Litteratur des Dialectes ge-
geben). F. Martin, Les loisirs d'un Languedocien (mit »Essai s. le lan-
gage de Montp.«;. Montpellier 1827 — Narbonne. H. Berat, Po^sies
narbonnaises en frcs et en patois, auivis d'entretiens s. l'histoire, les tra-
ditions, les legendes, les nuvurs etc. du pays narbonnais. Narbonne lSti4.
2 Bde. — Nim es. Fresqvet, Le provencal de Nimes et le Languedocien
de Colognac compares, in: R. d. 1. r. S^ serie I 250. Dupoun, Li Cas-
cavel, fablo traducto libromeu en vers patois. Nimes 1S80. J. Gaidan,
Leu Carret de Nimes, dialecte des bords du Rhone et les felibres d'Avig-
non, in: Mem. de l'Acad. de N. 1880, vgl. R. d. 1. r. 3'' serie t. VI iny
— Nizza. A.-L. S.\RDor, L'idiome nicois. Paris 1878, vgl. Rom. VIII 456.
Sardou et Calvino, Gramm, de l'idiome nicois. Nizza 18S3. Expose d'un
Systeme ratiounel d'orthographe nicoise, termine par une application ä ce
Systeme ä une fable inedite de Boncharet par une declaration approbative
de feu Eugene Emmanuel, poete nicois. Publ. de l'Escola felibreria de
Bellanda. Paris 1881. G. GuizoL, Poesia nissardi offerti al mieu souscri-
tour. Nizza 1875 — Perigord. Fovrgeaud-Lagreze, Le Perigord litte-
raire. Riberac 1875. Dichtungen im Dialect von P. findet man z.B. in
der R. d. 1. r. 2^ serie t. V 91, VI 192 — Provence (im engeren Sinne).
SaVINIAN, Gramm, provencale (sous- dialecte rhodanien). Avignon 1882,
Chants populaires de la Prov., recueillis et annotes p. D. Arbaud. Aix
1862,64. 2 Bde. — Rodez (Aveyron). Affre, Documents s. le langage
de Rodez et le langage de MiUau du XII« au XVI^ s. , in: R. d. 1. r.
3e serie I 1, vgl. Rom. VIII 295 — Rouergue. *L. Constans, Essai s.
rhist. du sous-dialecte du Rouergue, in : Mem. de la Soc. des lettres, des
sciences et arts de TAve^Ton, t. 12 als Buch erschienen Paris 1880), vgl.
Litteraturbl. f. germ. u. rom. Phil. 1881, p. 209. *J. Aymeric, Le dia-
lecte rouergat, in: Ztschr. f. rom. Phil. III 321. J. P. Durand, Notes
s. Philologie rouergate , in: R. d. 1. r. Mai 18b2, Juli 18S2, Oct. 1883,
Febr. u. April 1884. Copies de pieces de la fin du 14e s. faites et coUa-
tionnees s. les titres originaux par M. Vezy, suivies de quelques notes phi-
lologiques s. la prononciation du dialecte rouergat. Rathery-Vireque 1879,
vgl. R. d. 1. r. 3e serie III 290 — Savoyen. F. Br.vchet, Dict. du pa-
tois savoyard tel qu'il est parle dans le canton d'Albertville avec des re-
marques s. la prononciation. Albertville 1883. A. Constantix , Etüde s.
le patois savoyard. I. Projet d'alphabet ä l'usage de notre patois. Annecy
1877. J. Bauqcier, Une particularite du patois de Queige (Savoie) , in:
Rom. V 493. Andere Schriften sind oben S. 103 genannt. — Vaucluse.
Lou Galoi vauclusien, recuei de cansoun, cansounnetto et declamatien per
Reboül dei Champs-Elisee. Toulon 1876 — Velay. V. Smith, Chants
du Velay et du Forez , in: Rom. UI 365, IV 108 u. 437, VH 52, VIU
121 u. 410, X 194 u. 5S1, vgl. ausserdem Rom. II 59 u. 455, IX 547
(V. Smith, Vieilles chansons recueillies en Velay et en Forez. Paris 1878)
438 l^äs Provenzalische.
— Vienne. Charivari, La chanson en patois de V. Vienne 1S78 —
Vionnez. J. Gillieron, Patois de la commune de V. Paris 18SÜ — Vi-
varais fArdeche). H. Vaschalde, Hist. des poetes du V. Paris 1877,
und: Anthologie patoise du V. Montpellier 1875 — "VValdensische
Mundart. W. GrÜzmacher, Die waldensische Sprache, in: Herrig's Ar-
chiv XVI 369 u. im Jahrb. f. rom. u. engl. Spr. u. Lit. V 424. A. Ro-
siger, Neu-Heng-stett (Burset;, Geschichte u. Sprache einer waldenser Co-
lonie in Württemberg. Greifswald 1883 Diss. (auch in den Franz. Stud.
Bd. in erschienen). Ueber die Litteratur der AValdenser s. die Angaben
unten in § 9, über die Geschichte der W. s. die Angaben oben in § 2.
Nachgetragen werde: *J. CoRXL', Phonologie du Bagnard, in: Rom.
VI 369.
Nochmals sei hervorgehoben, dass trotz der hochverdienstlichen Ar-
beiten von CoNSTANS, Aymeric, Mushacke, Thomas u. A. für die wis-
senschaftliche Erforschung der neuprovenzalischen Mundarten doch noch
sehr Vieles, ja nahezu Alles zu thun übrig bleibt. Dringend zu wünschen
ist, dass dieses noch so wenig bestellte Arbeitsfeld recht bald energische
und einsichtige Pflege finden möge. In erster Reihe sind zu solchem
Werke die Romanisten des südlichen Frankreich in Montpellier, Toulouse
etc. berufen. Das, was sie bis jc'zt geleistet, berechtigt zu der Iloöhung,
dass die Zeit nicht mehr fein sein werde, in welcher die provenzalische
Diabetologie die ihr innerhalb der romanischen Gesammtwissenschaft ge-
bührende Stellung einnehmen wird. Diese Hofl'nung erscheint um so be-
rechtigter, als die zu Montpellier bestehende »Socicte pour l'etude des
langues romanes« geeignet ist, mehr und mehr einen festen Mittelpunkt
für die auf die M'issenschaftliche Erforschung des Neuprovenzalischen ge-
richteten Bestrebungen abzugeben.
Auch für die Kenntniss des Altprovenzalischen wird das dem Neu-
provenzalischen zu widmende Studium erhebliche und erfreuliche Förde-
rung bringen.
Bibliographische Angaben über neuprovenzalische Litteratur siehe in § 9.
§ 4. Bemerkungen über die Laute des Provenza-
lischen.
l . Der Vocalismus der altprovenzalischen Litteratursprache
zeichnet sich durch Reinheit und Khmgfülle im Vergleich zu
dem Französischen sehr vortheilhaft aus. Nasalvocale waren
noch nicht vorhanden ') (im Neuprov. linden sie sich zwar,
aber in beschränkterem Umfange, als im Französ.). Der Ueber-
gang von lat. ü zu ü ist in der neueren Sprache ziemlich con-
sequent vollzogen, jedoch finden sich mancherlei Ausnahmen,
andererseits aber auch Fälle, in denen lat. u zu ü geworden,
1) Entgegengesetzter Ansicht ist Guoeher in Ztschr. f. rom. Phil. \l
487 Anm.
Das Provenznlisehe. 439
vgl. Chabaneau a. a. Ü. p. 42 ff. lieber den Lautwerth des
altprov. u = lat. Ti ist eine abschliessende Untersuchung noch
nicht gotuhrt . doch dürfte auch er bereits meist = ä gewesen
sein ; jedenfalls war die alte Sprache von sonstigen getrübten
Vocalen frei. Das Altprov. unterschied bei o und e scharf den
geschlossenen Klang estreit, semisonant' von dem offenen (larg,
plenisouant, und kannte auch bei a eine analoge Unterschei-
dung. Auslautendes tonloses « blieb im Altprov. erhalten (wäh-
rend es schon im Altfrz. zu e geschwächt war). An Diphthon-
gen , die vielfach durch Consonantenausfall und durch \'ocali-
sation gedeckter Consonanten [l, h : u\ c, ff, j '■ i) entstanden
waren, besass schon das Altprov. einen grossen Reich tlnmi, der
im Neuprov. bis zur Ueberfülle gemehrt worden ist. Auch
Triphthonge kannte bereits die alte und kennt noch mehr die
neuere Sprache.
2. Bezüglich des Consonantismus ist für die alte Sprache
hervorzuheben a] das Vorhandensein der palatalen Laute ch 'aus
et, pt, pj\ z, B. drec/ia = directa, escrich = script\uin\, sapcha
= sapiam : auch c vor a wird häufig, aber keineswegs immer,
zu ch = ital. c vor i und e. g : j = ital. g vor e und i) ; ^. die
Verschiebung der tönenden Explosiva und Spirans im Auslaut
zur tonlosen trohar. ahev frop, sercir, ahev se?-/ u. dgl. ) ; y) die
Verschiebung intervocalischer Explosiva (z. B. *sapere : saber,
caballus : cavuh ^ pacare : pagar ^ payar , locare : logar , loyar,
*potere : podcr , mutare : mudar ; besonders bemerkenswerth ist
die Verschiebung von d : z . z. B. videre : vezer^ audire : auzii',
*cadere : cazer] ; d) die weite Ausdehnung des palatalisirten l [Ih]
und n [nh] , von denen ersteres auch anlautend für / stehen
kann (z. B. lliivrar f. lürar] ; t) die Duldung auch härterer
Consonantencombinationen im Inlaute (wie z. B. tl in crotlar^
pt in doptar neben dotur , ffr in Matfre, pch in apropchar
u. 8. w. ; besonders hervorzuheben ist die Erhaltimg des ge-
deckten 5, z. B. in hlasmar, isla etc.; war jedoch der erste Con-
sonant ein Guttural oder Labial, so trat häufig Vocalisirung
oder Ausfall ein, z. B. deutor f. debtor, faire ?i\isfac[ö]re, sotils
f. sobtih, sacha f. sapcha ; stz konnte zu tz vereinfacht werden,
z. B. Critz f. Cristz); L) die Vocalisirung des auslautenden o
zu u z. B. 7ieu f. fiev = tiivem, blau neben hlava) ; »;) die eigen-
artige Behandlung des auslautend gewordenen 7i (ein derartiges
440 Das Provenzalische.
n ist fest, wenn ihm xirsprünglich ein anderer Consonant folgte,
z. B. man = mando, ven = ventum, gran = grandem ^ beweg-
lich aber, wenn dies nicht der Fall war, z. V>. man und i7ia =
manum^ ven und ve = xenit, gran und gra = granum\ beweg-
lich ist n auch in der Verbalendung -on = -ant, -unt, z. B.
canton und canto = cantant , son und so = sunt : öfters tritt
unorganisches ?^ an yocalisch auslautende Formen, z. B. fofi
neben fo = fuit) ; ^ die Erhaltung des auslautenden t nach
A'ocal (auch wenn 2 = ä nachfolgt und Wegfall desselben nach
Consonant [amat und amat-z = atnatum , amafus , aber a}7ian
= amant; die Substantiva auf -tat-em bewahren also t im Aus-
laut, z. B. vertat-z, ebenso auch vertut-z u. a.).
Der neuprov. Consonantismus zeigt im Vergleich zu dem
altprovenzalischen manche bemerkenswerthe Weiterentwicke-
lung, z. B. Schwund des auslautenden r im Infinitiv [mesura
= mesurar^ naisse = naisser . segui = segiiir) , häufige Ver-
flüchtigung des palatalisirten intervocalisehen / zu i z. B. ba-
taio f. hatalha) etc. Im Allgemeinen dürfte der neuprov. Con-
sonantismus weicher und, um so zu sagen, zerquetschter sein,
als derjenige der alten Sprache, aber fi-eilich bestehen in dieser
Beziehung zwischen den einzelnen Dialecten erhebliche Grad-
unterschiede.
Litteraturangaben. (Die Schriften von Chabaneau, Thomas,
Aymeric, ;^Iushacke s. oben S. 434 ff.) — DiEZ, Gramm. I — Ueber die
Vocalqualität enthalten werthvolle Angaben die alti)rov. Grammatiken, vgl.
oben S. 430 (dazu Enriqve de Villexa's um 1433 abgefasstes Werk über
die Dichtkunst, im Auszuge gedruckt bei Mayans y Siscau, Origenes de la
lengua esp., Bd. II 1737. neue Ausg. v. Hartzexbuscu 1S73) — J. ZrriTZA,
Die nordwestromanischen Auslautgesetze, in: Jahrb. f. rom. u. engl. Litt.
Xn 187 — *P. Meyer, Phonetique provencale I O, in: Mem. de la See.
de Ling. I 145, und: L'imparfait du subjonctif en es, in: Rom. VIII 155
— E. BÖHMER, Plenisonant, Semisonant, in: Roman. Stud. IV 339 u. 187
— J. Storm, Om vokalernes kvantitet i de romanake sprog i sin udvik-
ling fra Latinen, in : Beretning om forhaudlingerne pä det forste noriliske
filologmad. Kopenhagen 1S7',) — Fu. Neumamn, Die german. Kiemente in
der prov. u. germ. Spr. ihren lautl. Verhältnissen nach behandelt. I. Die
einfachen Vocale u. Diphthonge. Heidelberg 1876 Diss. — F. PfüTZXER,
Ueb. d. Au3.qpr. des prov. a. Halle 1S84 Diss. — E. WiECHMANN, Ueb.
die Ausspr. des prov. e. Halle 1881 Diss. — O. NiGOLES, Etüde de / me-
diale dans quelques pays de langue d'oc , in: Rom. YHI 392. vgl. R. d.
1. r. 3« Serie III 130, Ztschr. f. rom. Phil. III tilO — K. Nyrop. Une
question de phonetique romane ; t -^ r en provencal, in: Det filologisk-
Das Provenzalische. 441
historiske Samfunds Miiideskrift i Anl. af dets 2')aarige Virksonihcd. Ko-
penhagen 1879, vgl. Ztschr. f. rom. Phil. III 476 — A. Devic, Variations
phonetiques de la sifflante s dans le dialecte languedocien parle en Qucrey,
in : Mi-m. de la Soc. de Ling. III 105 — J. Baiuiikk, Changement de ts
tinal en es et en ich, in: Rom. VIII 114 — V. Meyek, Du passage d' sz
ä /• et d' r ä « s en provenciü, in: Rom. IV 184, und: D'un emploi non
etymologique du t final en prov. , in: Rom. VII 107. vgl. auch über uz
: r, r : s z] A. Thom.^s in Rom. VI 261 und desselben Bemerkungen in
Giorn. di filol. rom. 1S80, p. 205; vgl. Rom. IX 622 — C. Ch.\baneau,
t final non etymologique en langue d'oe, in: Rom. VIII 110, und: ti in-
terrogatif en provencal moderne, in : Rom. VI 442 — Aymekic, Epenthe-
tisches r in grouinero grmnmatica) , in: Ztschr. f. rom. Pliil. IV 475 —
Michel, Le : euphonique et son equivalent 1' s douce en provencal et en
francais. Toulon Jahr?) — A. MoxTEL, De l'Orthographe, in: R. d. 1. r.
I 40 (kurze Darlegung des von der Societe pour l'etude des langues ro-
manes angenommenen orthographischen Systemes, das die Mitte hält zwi-
schen dem etjTuologischen und phonetischen Principe) — ü. Arbaud, De
Torthographie provencale. Aix 1805 — H. Bartlixg, Die Mundarten des
südlichen Frankreichs in ihrem doppelten Verhältnisse der Schreibweise
und der materiellen Zusammensetzung der "Worte, in : Jahrb. f. rom. u.
engl. Litt. XII 269.
§ 5. Bemerkungen über den Wortschatz des
Pi'ovenzali sehen. Der Wortschatz des Provenzalischen, der
bis jetzt nur in sehr unzureichender Weise zum Gegenstande
wissenschaftlicher Untersuchung gemacht worden ist. unter-
scheidet sich mehrfach charakteristisch ^on dem französischen,
wie dies schon aus den geschichtlichen A'erhältnissen leicht
sich erklärt. Weil nicht in so nachhaltiger Weise, wie das
nördliche Gallien, betroffen von der Invasion der Germanen,
hat das südliche Gallien auch nicht so zahlreiche germanische
Elemente in seine Sprache aufgenommen (man beachte na-
mentlich, dass das provenzalische Gebiet nicht, wie das
französische, noch im 10. Jahrhundert, theilweise durch Nor-
mannen besetzt wurde und dass folglich der Anlass zum Ein-
dringen nordischer Worte fehlte). Andererseits ist von vorn-
herein anzunehmen, dass das Provenzalische Worte iberischen
Ursprunges in sich schliesst und dass es dem Arabischen, Spa-
nischen und Italienischen als den Sprachen , mit welchen es
in naher räumlicher Beziehung stand, bzw. noch steht, zahl-
reiche Worte entlehnt hat. Das neuere Provenzalisch ist aus
naheliegenden Gründen reich an französischen Lehnworten,
freilich aber bestehen in dieser Hinsicht zwischen den einzel-
442 Das Provenzalische.
neu Dialecten erhebliche Gradunterschiede. An Einzelunter-
suchungen über alle diese Dinge fehlt es leider noch voll-
ständig. Ebenso fehlen noch gänzlich Untersuchungen über
Wortbildung und Wortzusammensetzung im Provenzalischen.
LitteraturangaKen: Kayxolard, Lexique roman ou dictioimaire
de la langue des troubadours. Paris 183V44. 6 Bde. — J. B. Roquefort,
Glossaire de la langue romane. Paris 1808/20. 2 Bde. u. Suppl. — RoCHE-
GUDE, Essai d'un glossaire oecitanien poiir servir ä l'iutelligence des po6-
sies des troubadours. Toulouse IS 19 — A. Pellas, Dict. prov. et frcs.
Avignon 1723 — J. HoNNORAT, Biet, prov.-frcs ou dict. de la langue d'oe
aneienne et moderne. Digne 1846/47. 2 Bde. — G. AzAis, Dict. des idio-
mes romans du midi de France, comprenant les dialectes du haut et du
bas Languedoc, de la Provence, de la Gascogne, du Bearn, du Quercy,
du Rouergue, du Limousln, du Dauphine etc. Paris 1877 ff. 3 Bde. —
F. Mistral, Lou tresor dou felibrige ou dictionnaire prov.-frcs, embras-
sant les divers dialectes de la langue d'oc moderne. Aix 1877/82.
S. Salfelu, Das Hohelied Salomos bei den jüdischen Erklärern des
Mittelalters. Nebst einem Anhange: Erklärungsproben aus Hdss. Berlin
1879, in: Magaz. f. d. AVissensch. d. Judenth. (enthält occitanische "Wör-
ter in alter Transcription mit hebräischen Buchstaben .
F. Neumann, Die german. Elemente in der prov. u. frz. Spr. I. Die
einfachen Vocale und Diphthonge. Berlin 1876.
E. Alexis, Etüde etym. s. la signification des noms des communs de
Provence. Aix 1876 — P. A^chard?), Des denominations des quartiere,
clos et domaines du territoire d' Avignon , in : Bull. bist, et archeol. de
Vaucluse I (1879', 30, vgl. R. d. 1. r. 3« ser. IV 37 — O. Schultz, Häu-
fige Bildung der Ortsnamen mit dem Suffix -ana in dem Landstrich zwi-
schen der Durance u. dem Eygues-Flusse, in: Ztschr. f. rom. Phil. VII 183.
Maiix, Etymologische Untersuchungen auf dem Gebiete der roman. Spr.
Berlin 1854 u. 58 (von prov. Worten werden behandelt: ahric 8, aib, aip
41, alaudeta, alauzeta, alauza 22, alkimia 81, amiralh, amirau, amiratz 7,
azar 6, bastart 17, baue 88, bis 87, biso 88, blat 31, blezo 40, blialt, bliaut,
blizaitd 40, bresca 57, bres, bret 64, brusc 56, Caim 39, catnisa 21, coart
76, dec, deck 43, deca, decha 43, dinar, dirnar, disnar 19, enchar, enquar
44, esquer 75, gava, gave 51, lega, legna 37, regredar 37, revit 40, rua 50,
sabata, sabato 16, sabotar 16, saorra 21, .säur, saure, snr 16].
Etymologie einzelner AVorte: Settegast, aib, andare, baro/te,
gens, ges, in: Rom. Forsch. I 237 — Gasparv, aiga = *acqua, in: Ztschr.
f. rom. Phil. IV 611 — Chabaneau, an'fara=ßamme, in: R. d. 1. r.
3c ser. IV 18, vgl. Rom. IX 620 — P. M., aut an langue d'oc, in: Rom.
Vn 594 — G. Hentsciike, prov. äul, dcols, avohza , in : Ztschr. f. rom.
Phil. VIII 152 — Baist, arj>a = änTir;, in: Ztschr. f. rom. Phil. V 234 —
GaspaRY, benenatisa und malenunsa v. aiiar, in: Ztschr. f. rom. Phil. IV
611 — Liebreciit, be7-teil — dtsch. AVirtel, in: Ztschr. f. rom. Phil. VI 449
— ScHUCHARDT, bru »Haidekraut" , in: Ztschr. f. rom. Phil. IV 148 —
Das Provenzalische. 443
ScuicilAKDT . Jenc/uu dissiniilirt aus iietiguit, in: Ztschr. f. roni. Phü. V
305 — Thomas, En und na, in: Rom. XII 585 — Bartsch, eissaiabetar,
estalvar, in: Ztschr. f. rom. Phil. II 306, vgl. Rom. VII 029 — Fükstek,
esfredar, esfreidar = exfridare, in: Ztschr. f. rom. Phil. VI 109 — AscoLI,
ücla = insula, in: Arch. glott. it. III [1879, punt. 3 — Baktsch, hnde-
ma/i, nicht rendtinan, dagegen Fautrier, in: Ztschr. f. rom. Phil. IV 441
— ScHiCHARDT, melt'ti = 'meUi/ius, in: Ztschr. f. rom. Phil. IV 154 —
FoRESTlE, Montauban, in : Bull, archeol. et hist. de la soc. arch. de Tarn-
et-Garonne VII JlbSl) 97 — HoRXiXG, noirissa = nutricia, in: Ztschr. f,
rom. Phil. VI 436 — ChabaneaU, ornne que an = chaqtie annee, in : R. d.
1. r. 3e ser. HI 277, vgl. Rom. IX 619 — ASCOLI. peslou = j^ensile , in:
Arch. glott. it. HI punt. 3 — Gasparv, j)lais = *plaxutn, nicht v. plextis,
in: Ztschr. f. rom. Phil. V 99 — J.^ux, pros, proz, in: Herrig s Archiv
Bd. 67. Heft 1 — Alart, Etudes s. l'hist. de quelques mots romans :
rana, ran. ranar, randa, randar, in: R. d. 1. r. 3^ ser. II 15, vgl. Rom.
IX 155, Herrig's Archiv LXni 444 — För-STER , sofanar = 'subfanare,
nicht = subsannare, in: Ztschr. f. rom. Phil. VI 110 — HoRNING, sospeisso
= suspectio, nicht su^picio, in: Ztschr. f. rom. Phil. VI 435 — ScHUCH.vRDT,
trieu = altir. tratg, nicht = trivium — SvCHlER, Genus des Subst. vetz (ist
masc. , in: Ztschr. f. rom. Phil. IV 410 — ToBLER, voiit »Heiligenbild« =
vultus, in: Ztschr. f. rom. Phil. IV ISi.
§ 6. Bemerkungen über die Flexion und die
Syntax des Pro venzalischen.
1. Die Declination des Subst. und Adj. erfolgt im Alt-
provenzalisclien im Wesentlichen durchaus nach den für das
Altfranzüsische gültigen Kegeln . so dass in dieser Hinsicht
beide Sprachen ein grammatisch einheitliches Gebiet darstellen.
Die altprov. Litteratursprache beobachtet bis zum Ende
des 14. Jahrhunderts die Declinationsregeln streng und ge-
stattet auch zu Gunsten des Picimes keine Ausnahmen. Einem
Schwanken in der Form des Gas. rect. Sing, sind in diesem
Zeiträume nur die Nomina auf lat. -er (prov. -re), die Subst.
auf -at^e und die Tnünitive auf -ir und -re unterworfen. Die
paroxytonen Masc. auf -a treten im Plur. stets, im Sing,
häufig zur Declination der parasyllabischen Masculina über.
Von den Dialecten des Altprov. handhaben die östlichen die
Nominalflexion so wie die Litteratursprache. Nach Westen hin
(in den Departements Aveyron, Tarn, Garonne, Tarn-et-Ga-
ronne tind in Foix treten Schwankungen ein zwischen der
Anwendung der Nom.- und Acc.-Form für den Casus rect.
Diese Schwankung besteht im östlichen und nordwestlichen
Theile der Gascogne Comminges und Landes ebenfalls, je-
444 Das Provenzalische.
doch so, dass die Form des C'as. obl. für den Cas. rect. sogar
gewöhnlich gebraucht wird. Im westlichen Theile der Gas-
cogne wird die Form des Cas. obl. für den Cas. rect., von
einigen wenigen Ausnahmen abgesehen, regelmässig gebraucht
(so Reimaxn s. u.], S. 80 f., vgl. auch Leos 's. u.], S. 56).
üas Neuprov. kennt für Sing, und Plur. nur je eine
Form (für das Limousinische stellt Chabaneau folgende Ty-
pen auf: I. sg. röso = altpr. rosa, pl. rosa = altpr. rosas;
IL sg. tourtre = altpr. tortre, pl. tourtrei ^= altpr. tortres; III.
sg. vicärt = altpr. vicari, pl. vicärl = altpr. vicaris). Die auf
Ultima betonten Subst. , welche ursprünglich consonantisch
auslauteten, im Neuprov. aber den auslautenden Cons. verlo-
ren oder vocalisirt haben (z. B. hrä = bratz, hergie = bergier,
]ei= legem, manteü = mantel , bim = bovem. cham d. i. chä
= camims, ami = amic, sa = sac etc.^ . besitzen nur eine
Form für Sing, und Plur.
2. Die Femininbildung des Adj. erfolgt im Provenzali-
schen in derselben Weise, wie im Französischen. Das Fem.
der doppelformigen Adj. zeigt den Stammauslaut erhalten,
während er im Masc. vor -s häufig lautgesetzlich geschwunden
oder umgewandelt ist, vgl. bo7}a mit hos. preonda mit preons,
larga mit larrs, nuda mit nutz, bravo mit braifs; schärfer noch
tritt diese Differenz im Neuprov. hervor, vgl. ger7näno mit
gcrmö, pleno mit j)Ie . tonto mit ton, grosso mit grä, rico
mit vL
Die Comparation des Adj. erfolgt auf analytischem Wege
dwr ch pizis {pifs. neupr. piV ; die wenigen Reste organischer
Comparation, welche das Altprov. in ungefähr gleichem Um-
fange ^vie das Altfrz.) noch besass, sind von der neueren Spra-
che fast völlig aufgegeben worden erhalten sind melhour,
miei = tyieUus. piei = pejus, mindrc = minor).
3. In Bildung und Gebrauch der Pronomina stimmt das
Altprov. im Wesentlichen mit dem Altfranzös. überein. Be-
merkenswerth ist, dass die leichten Pronominalformen mi. ti.
si, nos, vos, lo, los sich als -m. -t. -s, -ns. -rs, -/, -/*• enkli-
tisch au ein vorausgehendes vocalisch auslautendes Wort an-
lehnen [ebenso li als Ih . Neben der Combination ecce -{- iste
ist auch das einfache iste = est erhalten, ebenso hoc = o »es«.
Die Abweichungen des Neuprov. von der alten Sprache
Das Proveuzalischc. 445
sind liiusichtlich der Pronomina mehr lautlicher, als sachlicher
Art. Die Inclinationsfähigkeit der leichten Pronomina ist er-
lieblit'h eingeschriiukr. Die Nominative ieu, tu etc. können
sich mit Präpositionen verbinden. Als Demonstrativ wird (we-
nigstens im Limousinischen) nur noch a)queü , [a] quelo ge-
braucht; die Function des neufrz. cehii ^ edle hat der Artikel
lou (pl. loü). 1a ipl. hi) übernommen.
4. Bezüglich des Numerale ist zu bemerken, dass das Alt-
provenzalische für die Cardinalzahlen 70 und 90 die organi-
schen Formen seteufa und nonanta besass und die Ordinalzah-
len 2 bis 15 von den betr. lat. Formen ableitete {segon^ ters,
quart etc.', dass dagegen das Neuprov. in beiden Beziehungen
sich dem Französ. angeglichen hat seissatif-e-die. quatre-viyi-die,
trouasieme. quatrieme etc.), ebenso hinsichtlich des Gebrauchs
der Cardinalia statt der Ordmalia bei Monatsdaten und fort-
laufender Zählung von Personennamen.
5. Das System der altprov. Conjugation stimmt im We-
sentlichen mit demjenigen der altfrz. überein; als Abweichun-
gen sind namentlich hervorzuheben: a) Der Ind. Plusqpf. ist
durchweg in der Function eines Cond. erhalten, z. B. partira
= *partiveram neben partiria = *partire -\- haheham. b] Der
Ableitungsvocal -a erleidet nicht die Schwächung in e, z. B.
cantatz , cantan , canfa, cantar neben frz. chantez, cliantent^
chonte, chanter: jedoch ist im bist. Perf., Conj. Impf, (urspr.
Plusqpf. und Ind. Plusqpf. Cond. I der Ableitungsvocal -a
durch den Ableitungsvocal -e verdrängt worden, z. B. cantei,
cantes. ca?itera, gleichsam *cante[v]ij *cante[v{\ssem, *cante[ve\-
ram^ aber frz. chantai = cantä[v]i etc. In der 3. P. PI. kann
statt a der ursprünglich nur den starken Verben zukommende
Binde vocal u = 0 eintreten [canton neben cantan] . c) Der
Ableitungsvocal -e hat sich behauptet im Inf. und in der 1.
und 2. P. PI. Präs. Ind. der nicht zu anderen Conjugationen
übergetretenen ursprünglichen JS-Verba (z. B. acer, aveni,
avetz = frz. avoir = habere, avo?is = *habümus\ avez = *haba-
tis\ florem, ßoretz = frz. ßeurissons, ßeurissez) , ausserdem ist
er herrschend geworden in der 1. und 2. P. PI. Präs. Ind.
der starken und der /-\'erba (z. B. vendem, vendetz, partem,
partetz und in dem Perf. und Plusqpf. der ursprünglichen
^4-Conj., s. oben, d. Der Ableitungsvocal -i ist auch in den
446 1^'='*' Provenzalische.
nicht inchoativ gewordenen Verben der ursprünglichen /-Conj.
aus der 2. P. Sg. Präs. Ind. 'partes, partz = *parfis , aus der
1., 2. und 3. P. PI. Präs. Ind. [partcm, partetz s. oben, par-
ton = *partunt und aus dem Part. Präs., sowie aus dem Gerun-
dium verdrängt [parten[t\ nach tenden t\. Auch ist der Ab-
leitungsvocal i nicht nur nicht Modusvocal in der 1. und 2. P.
PI. Conj. Präs. und Plusqpf. (Impf.) geworden [cantem, can-
ietz, cantessem^ -etz = frz. chcmtions. chantiez, chayitassions etc. ;
vendam^ cendatz, vendessem, vetidessetz = ve?id{ons, vendiez etc.),
sondern es bilden auch die nicht inchoativen ursprünglichen
/-Verba die l;etr. Formen ohne i [partum, partatz. partissem,
partissetz = hz. partionn., partiez , partissiofis, -iez). Dagegen
wird das Impf. Ind. der ursprünglich starken und £- Verba
nach Analogie der 7-Verba gebildet [uvia, rendia). e) Die in-
choativ gewordenen ursprünglichen /-Verba nebst den zu
ihnen übergetretenen, wießorir) nehmen die inchoative Stamm-
erweiterung -t'sc, bzw. -ISS, -is nur an im Sing. u. 3. P. PI.
Präs. Ind., im Conj. Pr. und 2. P. Sg. Imp. Pr. (ßorisr, ßo-
risses, ßoris, ?•. ]A. ßoriscofi, 2. sg. imp. ^om. cony : ßorisca,
-as, -a, -am, -atz, -an; vereinzelt finden sich auch inchoative
Participial- , bzw. Gerundialbildungen ; im Uebrigen folgen
sie der Conj . der nicht inchoativen Verben [ßorem . ßoretz,
ßoria , ßorir , dagegen frz. ßeurissons , ßeurissez , ßeurissais) .
f Die l. P. Sg. entbehrt jeder Personalendung (während sie
im Französ. gern ein analogisches e oder *• annimmt, z. K. Je
port-e , je vend-s. Je vendai-s etc.), doch tritt im Präs. Ind.
gern ein / an (z. B. atni, vendi , welches wohl als Analogie-
bildung zu dem Perf. amei, vendei) zu betrachten ist g Die
Endung -/ der 3. P. Sg. ist erhalten im Perf. cwiet = frz.
aima, r endet, partit), sonst überall gescliAvunden. h' Die En-
dung der l. P. PI. -mus ist durchweg als -m erhalten, der
Ableitungsvocal -a und -e 'nicht aber -?, s. oben' hat sich
davor behauptet, die Ausgänge -ü-mus. -e-mt(s sind also nicht
durch -ümus verdrängt worden, i) Die Endung -tis der 2. P.
PI. hat sich als -tz 'seltener ts] erhalten : die Ableitungsvocale
-a und -(' haben sich davor behauptet, k) Die Endung -nf
der 3. P. PI. hat durchweg ihr / verloren {rendun, rendan,
rendian etc.), das n wird im Präs. Ind. häufig als bewegliches
n behandelt [cunfo neben (HVüon f. rantati), 1) Der Inf. zeigt
Das l'rovonzulischo. 447
häutig starke und schwache Form, z. B. vreire = credere
neben crezer = ^n'edere, tazer = tacere neben taii'e = *fücöre,
se(jre= 'scquf're neben seguir \ das ^ des starken Infinitivausgan-
ges -Ire hat sich behauptet, wenn durch seinen Ausfall schwie-
rige Consonantenverbindungen entstanden sein würden, so z. B.
in teisser = texire^ venccr = vinch'e^ cozer = coquere (daneben
cocir = *coqiiire\ sonst wird -^'e zu -re, z. B. defendre, rom-
pre etc. m) Die Diphthongirung des hochtonigen Stamm voca-
les ist nur facultativ, z. B. frop neben fruop, fruep, prec ne-
ben pn'cc. n Die zur ?^i'-Classe gehörigen Perfecta werden,
mit gleich zu erwähnenden Ausnahmen , in eigenthümlicher
Weise guttural gebildet, z. B. :
Jiabui = \. ac [aic), 2. aguisf, 3. ac. pl. 1. aguem, 2. aguefz,
3. agr&i (dazu Conj. Plusqpf. ogues, Ind. l*lusqpf.
= Cond. I. agra].
dehui =^ l. der, 2. degut'sf, 3. dec. pl. l. deguem, 2. deguefz,
3. degroii (dazu Conj. Plusqpf. degues^ Ind. Plusqpf.
^ Cond. I. degra] ;
ebenso z. B. rf/Z^:- = caluit. dolc = dolui, talc = ralui, rolr. =
rolui, plac =■ placui, conoc = cognovi^ bec = *bibui etc., auch
ca^^ec = cecidi , correc = cucurri. Daneben für die 1 . P. Bil-
dungen wie «<72^?" flexionsbetont). Eine befriedigende Erklä-
rung dieser Bildungen ist noch nicht gegeben. Vermuthlich
ging der Anstoss zu ihnen von. Verben aus, deren Stamm auf
gutturale Explosiva auslautete, wie plac-\u%\ ^ und sind die
übrigen deren Analogie gefolgt, so dass also ac ^ dec etc.
gleichsam *Aac-[^^^], *dec-\ui\ f. habui, debui sein würden; agui
u. dgl. sind jedenfalls analogische Anbildungen an aguist etc. ;
cazec u. dgl. aber sind als Umbildungen ursprünglich schwa-
cher Formen [cazei = *cadevi) nach Muster der c-Perfecta zu
betrachten. iDas perfectische c aus A'erhärtung des auslauten-
den i zu erklären — wie dies Ri.sop, Ztschr. f. rom. Phil.
VII 49, für altfrz. voc = vohii, poc = potui vorschlägt — ,
dürfte auf unübei-windliche lautliche Schwierigkeiten stossen).
— Mehrere zur m'-Classe gehörige Verba , deren Stamm auf
Labial auslautet, attrahiren das zi in die Stammsylbe, so sujmi
: naup, *recipui : receup , eripui : ereup. o) Die Gutturalbil-
dung des Perf.'s wird häufig auch auf das Particip übertragen,
z. B. volgut. conogut. mogitf. beguf. vazegut etc.
448 Das Provenzalische.
Die neuprov. Conjugation, obwohl im Allgemeinen dem
Systeme der altprov. sehr treu geblieben, zeigt doch manche
bemerkenswerthe Abweichung, z. B. Schwund des auslauten-
den r im Inf. der A- und /-Verba, z. B. chantä, ßuri] die
Uebertragung der Inchoativbildung auch auf das Impf. Ind.
[ßurissio = a\X.^x. ßoria] und auf die 1. und 2. P. PI. Präs.
Ind. {ßourissem, ßurisse = a\t\)T. ßorem^ ßoretz) ; eine eigen-
thümliche (vielleicht auf dem lat. Conj. Perf. beruhende ^ Bil-
dung der 2. Sg. und der 1. u. 2. PI. des Perf. bist., z. B.
chanterei, cha/iterem, chanterei = altpr. cantest, cantem, canfefz ;
ein w'eites Umsichgreifen der gutturalen Perfectbildung auch
in die schw^ache Conjugation hinein (so ward z. B. zu ßnir
das Perf. ßniguei gebildet) etc.
7. Die prov. Syntax stimmt in den Grundzügen mit der
französischen überein. Im Einzelnen finden sich mancherlei
Verschiedenheiten, z. B. hinsichtlich des Gebrauches der Thei-
lungsform, in der Wortstellung etc. etc. Namentlich aber ist
Eins hervorzuheben. In der altprov. wie auch in der neu-
prov. Litteratur ist ganz vorwiegend nur die rhythmische
Form gepflegt, die Prosa dagegen sehr vernachlässigt Avorden.
Auf die Syntax hat dies nachtheilig einwirken, deren Festigung
und feinere Ausbildung auflialten müssen, und so ist es er-
klärlich, dass insbesondere die neuprov. Syntax verglichen mit
der neufranzösischen den Charakter einer gemssen Schwer-
fälligkeit und Verschwommenheit an sich trägt.
LitteraturangabenJ): Volkmann, Beiträge zur prov. Gramm., in:
Herrig's Archiv XIV 322 (Artikel, Subst., Adj.) — Tourtoulon, De quel-
ques formes de l'ancienne langue d'oe, in: R. d. 1. r. IV 522 u. V 354,
vgl. lioni. m 115 u. 420 P. Reim.xnx, Die Decl. der Subst. u. Adj.
in der langue d'oe bis zum J. 1300. Danzig 18S2, Strassburger Diss. vgl.
R. d. 1. r. 1884 Januarheft, S. 3S — Th. Logs, Die Nominaltlexion im Prov.
Marburg 1883 Diss. — A. Bevkk, Die Flexion des Vocaiivs im .-Utfrz. u.
Prov. Halle 1883 Diss. (abgedruckt in Ztschr. f. rom. Phil. VII 23) — C.Ch.\-
HANEAU, Notes s. quelques pronoms provencaux in: Rom. IV 338, V 232;
sur lo, pronom neutre en prov., in: Rom. VII 329; sur li employe pour
lor en prov., in: Rom. V 372 — Baiqiiek, A travers la langue d'oe. No-
tes diverses. De la double forme de quelques pronoms. Montpellier 1879
— L. C'LEU.vr, Le pronom jjersonnel neutre dans le Forez, le Lyonnais et
la Bresse, in: Rom. XU 34G, und: Etudes s. quelques pronoms prov., in:
1) Die vollständigen Grammatiken sind oben S. 430 angeführt.
Das Provenzalische 449
K. d. 1. r. 2p Serie VI 23ii — J. Hengesbach, Beitrag zur Lehre von der
Inclination im Prov. (soll in Stexgei.'s Ausg. 11. Abh. erscheinen) —
J. CoKNV, Declinaison de l'artiele maintenuc jusqu' k ee jour dans le Va-
lais, in: Korn. VI 253 — A. Koijie-Feuiuek, Vestiges d'un article archai-
que roman conserves dans les dialectes du midi de la France, in: R. d.
1. r. 3p Serie II 114, vgl. Kom. IX 156 — A. Koqie-Fekkiek, L'artiele
archaique dans la vallee de Larboust (Haute-Garonne) , in : K. d. 1. r.
ISSO Januar bis März; und: Les formes de Tarticlc et des pronoms en
langue d'oc. Montpellier 1876 — L. L. Bonaparte, Sur le caractere pro-
nominal du monosyllabe bearnais que. London 1878 — E. MoxACl, di un
articolo pleonastico nell' antico provenzale, in: Kiv. di filol. rom. I 55 —
P. Meyeu, Les troisiemes personnes du pluriel en prov. in Kom. IX 192
— F. Akmitage, au, fau, vaii, in: Rom. IX 128, vgl. ibid. 193 u. Ztschr.
f. rom. Phil. IV 477 — C. Chabaneau, Ti interrogatif en prov. moderne,
in: Rom. VI 442 — A. MrssAFiA, Zur Präsensbildung im Rom., s. oben
S. 256 — *P. Meyer, Limparfait du subjonctif en -es, in: Rom. VTTT 155,
vgL R. d. 1. r. 3e serie 11 82 (hierzu vgl. wieder Rom. IX 156' u. Ztsch.
f. rom. Phil. III 308 — F. Sciiexker, Ueb. d. Perfectbildung im Prov.
Zürich 1883 Diss., vgl. Literaturbl. f.germ. u. rem. Phil. V 72 — K. Meyer,
Die prov. Gestaltung der vom Perfectstamme gebildeten Tempora des Lat.
Marburg 1883 Diss. (Stengel's Ausg. u. Abh. XII) — A. Harnisch, Die
altprov. Präsens- u. Imperfectbildung mit Ausschluss der A-Konj. (soll in
Stengel's Ausg. u. Abh. erscheinen) — P. Mann, Das Particip Präteriti
im Altprov. (soll in Stengel's Ausg. u. Abh. erscheinen] — A. Fischer,
Der Infinitiv im Prov. nach den Reimen der Trobadors. Marburg 1883.
Diss. in Stengels Ausg. u. Abh. VI) — A. Roque-Ferrier , L' r des
infinitifs en langue d'oc, in: R. d. 1. r. 2e serie V 180 — C. F. Wolff,
Futur u. Conditional II im Altprov. Marburg 1884 (Stengel's Ausg. u.
Abh. XXX) — Hentschke, Die Verbalflexion im Oxforder Girard de Ross.
Halle 1883 Breslau er Diss.
Pape, Die "Wortstellung in der prov. Prosalitteratur. Jena 1884 Diss.
R. Hofmeister, Sprachliclie Untersuchung der Reime Bernart's v. Ven-
tadorn, in Stengel's Ausg. u. Abh. X — F. Belsch, Die S\ntax des
Bemart v. Ventadorn (Subst., Adj., Art., Pron.), in: Symbolae Joachimicae,
Festschrift zum Jubiläum des Joachimsthaler Gymn. Berlin 1880,
§ 7. Bemerkungen über die (alt) pro venzalische
Rhythmik.
1. Die Principien der prov. Rhythmik stimmen mit de-
nen der französischen überein.
2. Vocalverbindungen, welche lat. einfachem Vocale, hzv,\
lat. Vocale + vocalisirter Consonant entsprechen, sind einsyl-
big, ebenso au = lat. au. Vocalverbindungen dagegen, welche
lat. Doppelvocale entsprechen, sind zweisylbig. Das enklitische
US = vos besitzt nie Sylbengeltung.
Köiting, Encyklopädie d. rom. Phil. III. 29
450 ^^^ Provenzalische.
3. Auslautendes tonloses a und e werden vor folgendem
vocalischen Anlaut in der Regel elidirt ; im Uebrigen wird
der Hiatus zwar sichtlich gemieden, findet sich aber doch in
nicht ganz wenigen Fällen (vgl. Reimann, a. a. O., p. 4 fF.).
4. Das Maximum der Sylbenzahl eines Verses ist 12, das
(selbstverständlich nur vereinzelt sich findende; Minimum ist
1. Nicht gezählt wird bei M'eiblichem Reime die der letzten
Hochtonsylbe nachfolgende Sylbe, es gilt also z. B. ein tliat-
sächlich neunsylbiger Vers doch als achtsylbig, wenn die achte
Sylbe rhythmisch hochbetont, die neunte dagegen tonlos ist.
Längere Verse werden durch die Cäsur, welche männlich oder
weiblich sein kann, in zwei Hälften zerlegt. Besonders häufig
angewandt erscheinen der Sechssylbler (in der didactischen
Poesie beliebt), der Achtsylbler (namentlich in der nichtstro-
phischen Poesie), der Zehnsylbler mit der Cäsur entweder nach
der vierten oder, wie im Girart de Rossilho, nach der sechs-
ten Sylbe (Vers des nationalen Epos) , der Elfsylbler mit der
Cäsur nach der siebenten Sylbe (in der Lyrik gebraucht) . Der
Alexandriner ist verhältnissmässig wenig beliebt. Vgl. Bartsch,
Grundriss etc. § 13 u. 44.
5. Verbindung der Verse durch Assonanz findet sich nur
in den ältesten erhaltenen prov. Gedichten , dem Bocthius-
liede (vgl. Hündgen in seiner Ausg. dieses Textes, p. 214 fF.)
und dem Girartz, in Bezug auf ersteres ist die Sache nicht
einmal zweifellos (vgl. Böhmer, Rom. Stud. HI 133 tf.), im
Girartz aber ist gleichfalls die Assonanz schon in weitem Um-
fange dem Vollreime gewichen. In der späteren Litteratur ist
die Bindung durch den Vollreim obligatorisch. Einreimige
Tiradcn kennt nur die nationale Epik. Die Aneinanderreihung
von paarweise gereimten Versen Couplets ist charakteristisch
für die Versnovelle und verwandte Dichtungsgattungen. Die
Lyrik braucht in der Regel nur die mehrreimige Strophe.
Häufig sind sämnitliche oder doch je zwei zu einem Liede
gehörige Strophen durch die gleichen Reime gebunden. Auf
Correctheit des Reimes wird streng geachtet. Reimkünsteleien
(Anwendung des grammatischen, rührenden, gebrochenen und
Binnenreimes) sind sehr beliebt, namentlich im 13. Jahrhun-
dert; die Anwendung schwieriger Reime (riiiias caras) wurde
von manchem Dichter wie eine Art Sport betrieben.
Das Provcuzalische. 451
G. Das lyrisfhe Gedicht gliedert sich iu Strophen i'coblas).
Umfang und Structur der Strophe können sehr verschieden-
artig sein, besonders da gern ungleichartige, d. h. längere
und kürzere , Verse strophisch gebunden und mehrere Reime
durchgeiülirt werden. Nicht erst der liemerkuug aber bedarf
es, dass die besseren Dichter im Strophenbau die gebührende
Kücksicht auf künstlerische und rhythmisch wirksame Grup-
pirung der Verse und Keime nehmen und namentlich über
ein gewisses Mass hinausgehende Strophen vermeiden. Das
mehrstrophige Lied pHegt mit einer kürzeren Strophe , dem
Geleite tornada) , abgeschlossen zu werden, in welcher der
Dichter entweder sein Lied oder die Persönlichkeit, der es
gewidmet ist, anredet und dadurch gleichsam die Adresse des
Liedes bestimmt.
7 . Die wichtigsten lyrischen Dichtungsarten sind ') : a) Der
Vers, die einfachste und volksthümlichste Liedform, für wel-
che mit Vorliebe der Achtsylbler und männliche Reime ver-
Avendet werden und deren Strophenformen wenig kunstvoll
sind, b) Die Canzone, »die eigentliche Form der höfischen
Kunstlyrik : sie zeigt reicheren Wechsel zwischen männlichen
und weiblichen Reimen, grössere Mannigfaltigkeit der Vers-
masse, unter denen namentlich der zehnsylbige Vers eine wich-
tige Stelle einnimmt: die Melodie war rascher und gedrunge-
ner.« Die Zahl der Strophen steigt selten über fünf oder sechs.
Hinsichtlich ihres Inhaltes lässt die Canzone sich als Liebes-
lied bezeichnen, jedoch konnte sie auch für religiöse und für
panegyrische Zwecke (Verherrlichung eines Gönners u. dgl.)
gebraucht werden, c] Das Sirventes, »Rügelied«, 2 > > behan-
delt politische Ereignisse, sittliche und religiöse Zustände, per-
sönliche Verhältnisse des Dichters. Der Freimuth, mit wel-
chem die Troubadours reden, machte das Sirventes zu einer
gefährlichen und gefürchteten Waffe. Die Leidenschaft und
persönlicher Hass drücken sich darin oft in schärfster und
verletzendester Weise aus.« Das Sirventes ist ebensowenig wie
1) Das Obige nach Bartsch, a. a. O. S. '62 ff.
2) Besser »Dienstgedieht, insofern es von einem andern Gedichte ab-
hängig, in seinem Dienste stehend betrachtet wird«, so ToBLER nach Gisi,
Der Troubadour Guill. Anelier v. Toulouse. Solothurn 1S77 . S. 24, vgl.
Ztschr. f. rom. Phil. II 132 u. V. Raj.va, Giom. di ülol. rom. I S9 u. 2U(»
u. II 73 f. ; anderer Ansicht freilich ist P. Meyer, s. Rom. VII 626.
29*
452 l^^s Provenzalische,
die Canzone an eine bestimmte Form gebunden, nur strophi-
sche Gliederung ist unerlässlich. Besondere Arten des Sir-
ventes sind das Kreualied und das Klagelied (planh, com-
Ijlancha). d) Die Tenzone (tensos, contensos , jocs partitz,
partimens, partida). »Ein Dichter legt einem anderen zwei
Sätze vor, die in der Regel sich -widerstreiten, und fordert ihn
auf, sich für einen zu entscheiden. Der Angeredete verlieht
seine Meinung, worauf der erste widerlegend antwortet, so
streiten sie Strophe um Strophe, bis sie zuletzt einen oder
mehrere Scliiedsrichter bestimmen, die entscheiden sollen, wer
Hecht habe. Die aufgestellten Streitfragen selbst beweisen,
dass man die Tenzone mehr als ein Spiel des Witzes betrach-
tete, als dass man ernstliche Fragen damit hätte lösen wollen«
(vgl. DiEZ, Poesie der Troub., S. 192 f.). e) Die Komanze,
»von erzählendem Inhalte , aber in lyrischer Form , führt den
Dichter in erster Person redend und erzählend ein ; gewöhn-
lich berichtet er ein Liebesabenteuer, das ihm begegnet«.
f) Das Tanzlied [halada v. halar = mhd. reien, dansa v.
dansar = mhd. tanzen)^ besteht »meistens aus drei Strophen,
denen ein Thema voraufgeht, welches am Schlüsse jeder Stro-
phe refrainartig in Form und Melodie aufgenommen wurde«.
g) Das Morgen- oder Wächterlied (alba). »Die alba schil-
dert, gewöhnlich in dramatischer Form, das Scheiden der Lie-
benden beim anbrechenden Morgen und hat davon ihren Na-
men. Die Liebenden werden von einem Freunde, der Wache
gehalten, damit sie nicht überrascht werden, oder von dem
ins Geheimniss gezogenen Burgwächter geweckt, der durch
seinen ßuf das Nahen des Morgens verkündigt. In dem Ke-
frain , der auch dieser Gattung ständig eigen ist, kehrt das
Wort alba fast immer wieder und bildet den Schluss.« Eine
Abart der alba ist die serena, das Abendlied, welches »die
Sehnsucht des Liebenden nach der verheissenen Liebesnacht
schildert«, h) Die Pastourelle (pastorela, pastoreta . «Den
Inhalt der Pastourelle bildet ein von dem Dichter mit einer
Schäferin , pastora , angeknüpftes Liebesgespräch , daher ver-
läuft sie in dramatischer Form . während sie erzählend, den
Dichter redend einführend, anhebt.« (Spielarten der P. sind,
»je nachdem die betheiligte Schöne Schweine, Enten, Ziegen
hütet oder eine Gärtnerin oder Nonne ist«, porquiera, auquiera,
Das Provenzalische. 453
oabriera. vergiera. nionja. — Guiraut Riquier hat sechs Pas-
tourellen cyklisch zu einem kleinen Schäferroman verbunden.)
Seltnere und künstliche Diclitimgsformen sind: i) Das Des-
cort, d. h. »ein Gedicht in abweichenden, nicht liarmonie-
renden rhythmischen Absätzen, welches zum Ausdruck dishar-
monischer Stimmung, namentlich unerwiderter Liebe dient«,
k Die Sextine, »eine besondere Art der Canzone . in wel-
cher sechs Keimwörter in bestimmter Folge durch sechs Stro-
phen sich ablösen und eine Runde bilden«. 1) Das lireu-
doble )^Doppelkurz(( . >ein Gedicht in drei vierzeiligen Stro-
phen und mit einem Geleit«.
Keine provenzalische, sondern eine national italienische
Dichtuugsform ist das Sonett.
8. Die provenzalische Lyrik stand in innigster Verbin-
dung mit der Musik. Die Lieder waren stets für den Vor-
trag mit Musikbegleitung berechnet. «In den meisten Fällen
Avaren die Dichter auch die Componisten ihrer Lieder : sie
verfassten Text und Melodie : von der Musik war damals jedes
Lied unzertrennlich. Der Text hiess mot . die Melodie so,
entsprechend den deutschen Ausdrücken »wort« und »^^-ise«
(Bartsch, a. a. O. § 21); trohar eigentlich = »componiren«.
9. Die provenzalische Lyrik hat in formaler Beziehung
das Höchste geleistet , was poetischer Kunst möglich ist , ein
Ruhm, welcher auf romanischem Gebiete nur noch der ita-
lienischen Lyrik, jedoch nicht in gleich unbedingter Weise
zugesprochen werden darf. Die hohe Vollendung der Form
aber hat schädigend eingewirkt auf den geistigen Gehalt so-
wohl der provenzalischen wie der italienischen Lyrik und ist
mithin eher ein Xachtheil als ein Vortheil für die litterari-
sche Gesammtentwickelung gewesen.
Litteraturangaben; F. DiEZ. Die Poesie der Troubadours. Leip-
zig 1S26, S. 84 flP. — K. Bartsch, Die Reimkunst der Troubadours, im
Jahrb. f. rom. u. engl. Lit. I 171; Der Strophenbau in der deutschen Lyrik,
in: Germania LE 257: Ein keltisches Versmass im Prov. u. Französ. , in:
Ztschr. f. rom. PhiL II 195, vgl. Rom. VII 628; Kehische u. rom. Metrik,
in : Ztschr. f. rem. Phil. III 359 ; Zu den prov. Lais, in : Ztschr. f. rom. Phil,
II 7ü ; Ueber die roman. u. deutschen Tagelieder, in ; Album des lit. Vereins
in Nürnberg für 1S65, S. 1 ff. ; vgl. auch Jahrbuch der Daniegesellschaft III
335. Eine kurze zusammenfassende Darstellung der prov. Rhythmik hat B. in
seinem Grundriss § 21. § 25 bis 29 u. § 44 gegeben, vgl. oben — A. Ka-
454 I^^s Provenzalische.
LISCHER, Observationes in poesim Romanensem proviucialibus inprimia
respectis. Berlin 1860 — E. Stengel, Einif^e Fälle der Wiederkehr glei-
cher Reime u. Reimworte in der altprov. Lyrik, in der Ztsehr. f. rom.
Phil. IV 102 — C. G. HöGELsnERGEK, Ueber das Sonett. "Wien 1866. Progr.
der Oberrealsch. a. d. I.andstrasse — Reimann, Die Deel. etc. (s. oben
S.448), S. 4fl"., behandelt das Vorkommen des Hiatus im Prov. — A. Plei-
NES, Hiat u. Elision im Prov. (wird in Stengel's Ausg. u. Abh. erscheinen)
— F. "W. Maus, Peire Cardenals Strophenbau in seinem Verhältniss zu
dem anderer Trobadors. Marburg 1S82 Diss. (Stengel's Ausg. u. Abh.
Heft 5) — A. Thomas, La versification de la Chirurgie proven^ale de Rai-
mon d'Avignon, in : Rom. XI 203 — R. Weisse, Die Sprachformen Matfre
Ermengau's, in: Ztsch. f. rom. Phil. VII 390.
Vgl. ausserdem die bibliographischen Angaben zu § 1, § 8 u. § 10.
Ueber die neuprovenzalische Ilbj-thmik fehlt es noch gänzlich an
wissenschaftlichen Untersuchungen, für welche übrigens auch wenig Stoflf
vorhanden zu sein scheint.
§ 8. Bemerkungen über die Geschichte der pro-
venzalischen Litteratiir.
1 . Die ältesten Zeugnisse für die Existenz der proven-
zalischen Sprache bieten lateinische Urkunden des 9. und 10.
Jahrhunderts, in denen provenzalische Wendungen und Sätze
sich finden (vgl. Eaynouard. Choix etc. II 40 fF.), sowie die
sog. Wiener Glossen (herausg. von F. Diez im Jahrb. f. rom,
u. engl. Lit. YIII 1). Ueber die älteste Alba vgl. Theil II 438.
Die ältesten provenzalischen Litteraturdenkmale sind : a^
Das Eoethiuslied (entstanden um 950; 258 zehnsyll)ige in
assonirende oder vollreimige Tiraden [s. oben § 7 , No. 5]
geordnete Verse) , das Bruchstück einer wunderlichen legen-
darischen Erzählung vom Sturze und Tode des Philosophen
l^oethius. b] Der Anfang der Alexanderdichtung des Alberich
von Besannen (Brian^on ?) , vgl. oben S. 370. c) Bruchstücke
verschiedener versificirter Legenden, vgl. Bartsch, Grundriss
§ 7. d) Einige geistliche Lieder, vgl. Bartsch, a. a. O. § 10.
e) Prosaübersetzung des 13. bis 17. Kapitels des Evangeliums
Johannis, vgl. Bartsch, a. a. O. § 12, C. Hofmann in: Ge-
lehrte Anzeigen der kgl. bayr. Akademie 1858, Juli, S. 73,
und P. Meyer in: Bibl. de l'Ec. des eh. 5* scrie. II p. 540.
Theilweise provenzalisch ist die Sprache des altfranzösi-
sehen Leodegarliedes und der Passion, vgl. oben S. :^70.
Irgendwelchen ästhetischen Werth besitzen die ältesten
Sprachdenkmäler nicht.
Das Provi'nzallsclie. 455
2. Die classischc Periode der altprovenzalischen Littera-
tiir hctrinnt mit Anfang des 12. .lahrlumderts. erreicht ihren
Ilöhepnnkt \im 1200, um dann alhnählich in die Periode des
^'erfalles iiherzugehen.
Uie classisehe provenzalische Litteratur trägt durchaus den
Charakter einer Kunstpoesie, welche vorzugsweise an die hö-
üsch gebildeten Gesellschaftsclassen (Adel und Geistlichkeit)
sich wendet und folglich nach wahrer ^'olksthümlichkeit nicht
nur nicht strebt , sondern dieselbe sogar geflissentlich ver-
schmäht. Selbst die zahlreichen aus dem bürgerlichen Stande
hervorgegangenen Dichter nehmen in dieser Beziehung keine
Ausnahmestellung ein. Im Zusammenhange hiermit steht die
Thatsache, dass die altprovenzalische Litteratur vielfach nur
den Zwecken gesellschaftlicher Unterhaltung und ephemeren
Interessen diente und gar zu sehr eines tieferen Gedanken-
gehaltes und ernster Tendenzen entbehrte. Aeusserlich ge-
langte dieser Sachverhalt in der übertriebenen Werthschätzung
der rhythmischen Form zum Ausdnick : über der Reinheit und
Gewähltheit der Keime und über der Zierlichkeit des Stro-
phenbaues wurde der Inhalt vernachlässigt und allzu oft als
etwas nur Nebensächliches behandelt. Das Interesse am Klange
und an der conventionellen Phrase war in nachtheiligster
Weise das vorherrschende.
Auch die Sprache der Litteratur war eine conventionelle
Kunstsprache mit allen Vorzügen , aber auch mit allen Nach-
theilen einer solchen, unter welchen letzteren namentlich der
hervorzuheben ist, dass die dialectisch redende Masse des Vol-
kes ihr mehr oder weniger fremd gegenüber stand und dem-
nach auch schon hierdurch von dem Verständnisse und dem Ge-
nüsse der Litteratur mehr oder weniger ausgeschlossen wurde.
Der Schwerpunkt der classischen altprovenzalischen Lit-
teratur liegt ganz einseitig in der Lyrik, und dennoch kann,
was in dieser geschaffen worden ist, keineswegs als durchweg
und in jeder Beziehung bedeutend bezeichnet werden oder
doch höchstens nur hinsichtlich der rhythmischen Form. Die
lyrischen. Dichtungen der Provenzalen sind vielfach schablo-
nenhaft und gedankenleer, bewegen sich immer in demselben
engbegrenzten Kreis der Anschauungen und Empfindungen,
und dies hat wieder auch eine grosse Eintönigkeit des Aus-
456 I^^" Provenzalische.
druckes^ einen Mangel an Originalität in Vergleichungen, Bil-
dern, Metaphern und sonstigen poetischen Figuren zur noth-
wendigen Folge. Oft genug erhält man bei der Lecture pro-
venzalischer Lieder den Eindruck, dass sie blosse Reimspiele
sind, bei deren Abfassung das Herz des Dichters wenig be-
theiligt und noch weniger seine Phantasie sonderlich in An-
spruch genommen war. Unter der grossen Zahl der Trouba-
dours begegnet man nur Avenigen scharf ausgeprägten Indivi-
dualitäten , nur wenigen Persönlichkeiten , welche durch das.
was sie waren und thaten . unser Interesse zu fesseln vermö-
gen. Daher auch die Erscheinung, dass, wenn, wie so häufig,
ein und dasselbe Lied in verschiedenen Handschriften oder
Biographien verschiedenen Dichtern zugeschrieben wird, meist
sachliche und sprachliche Kriterien sich für die Bestimmung
des wirklichen ^'erfassers als unzulänglich erweisen. Die Masse
der provenzalischen Lyrik zeigt ein so einförmiges Gepräge,
dass sie an sich sehr wohl für das Werk eines Dichters oder
doch einer Dichterschule gelten könnte. Ausnahmen sind
allerdings vorhanden, aber ihre Zahl ist nicht gross.
Dies herbe Lrtheil, welches allerdings mit der landläufi-
gen Meinung von dem ästhetischen Werthe der provenzalischen
Litter atur in schroffem Widerspruche steht, gilt besonders von
der Minnedichtung. Diese vermochte zu wahrem Gehalte und
innerer Vertiefung schon deshalb nicht zu gelangen, weil sie
mit dem Fluche der Unnatur und oft auch der Unwahrheit
behaftet war, indem sie vorwiegend die Liebe zur vermähl-
ten Frau zu ihrem Gegenstande hatte. Zwar ist gewiss in
der grossen Mehrzahl der Fälle das Verhältniss des Minne-
sängers zu seiner Dame kein strafbares gewesen und nicht
über eine conventioneile Huldigung und tändelnde Galanterie
hinausgegangen, aber gerade dann, wenn dem so gewesen
ist, war Wahrheit und Natürlichkeit des Empfindens von vorn-
herein unmöglich , wurde ein lügnerisches Spielen mit anem-
pfundenen Gefühlen zur verhängnissvollcn Nothwcndigkeit.
Das beredteste Zeugniss für die entsetzliche Oede und Hohl-
heit der provenzalischen Durchschnittslyrik, soweit diese ero-
tischen Inhaltes ist, legen die Tenzonen ab (s. oben S 4fi2 .
in denen nichtige oder selbst frivole FriTgen . wie z. B. »Ein
Ehemann erfährt, dass seine Gattin sich einen Liebhaber hält ;
Das Provenzalische. 457
beide letztere bemerken dies : wer von den Dreien ist am
meisten in der Enge?« (Uiez, Poesie etc. 193), ebenso ernst-
haft -wie spit/findig erörtert werden. Wahrlich, eine Poesie,
die in solcher \Veise sich in Fadheit nnd Abgeschmacktheit
verlieren konnte, beraubte sich selbst der Möglichkeit einer
gesnnden und normalen Entwickelung.
Erfreiilicher , als die Liebeslyrik es im Allgemeinen ist,
ist die Sirventesdichtung , denn in ihr erklingen festere, be-
stimmtere und klarere Töne, in ihr spricht sich Mannes-
sinn , Mannesmuth und selbst Mannestrotz aus , in ihr weht
und athmet ein kriegerischer und ritterlicher Geist . dessen
schneidige Entschiedenheit in wohlthuendem Gegensatze steht
zu der verschwommenen Weichlichkeit des Minnesanges.
Das Sirventes (vgl. oben S. 451 A.) ist vorwiegend Verstan-
desdichtung, entbehrt aber freilich als solche oft auch der
poetischen Vertiefung und ähnelt mitunter gar zu sehr einem
politischen Pamphlete, das nur zufällig in Versen abgefasst ist.
Was die Provenzalen in der Epik geleistet . ist , Alles in
Allem genommen, wenig bedeutend. Weder eine nationale
Heldendichtung hat sich in der Provence zu wahrer Blüthe
zu entfalten vermocht — es scheinen vielmehr die Ansätze zu
einer solchen von der überwuchernden Kunstlyrik ertödtet
worden zu sein — . noch auch ist der Abenteuerroman zu ir-
gend welchem Gedeihen gelangt. Die einzige Dichtung, wel-
che den chansons de geste ebenbürtig genannt werden darf,
ist der Girartz de Rossilho. welcher in seinem Inhalte bis auf
die Zeit Karls des Kahlen und mittelbar bis in diejenige Karl
Martell's zurückgreift. Unter den Abenteuerromanen bean-
sprucht der Jaufre ein gewisses poetisches, der Roman Fla-
menca aber ein grosses culturgeschichtliches Interesse.
Mit grösserem Erfolge, als das eigentliche Heldengedicht,
wurden die leichteren Gattungen der Epik . namentlich die
Versnovelle und die didactische Dichtung gepflegt, und doch
ist auch auf diesen Gebieten Nichts geleistet worden, was ab-
solute l^edeutung hätte.
Das Drama, übrigens ausschliesslich geistlichen Charak-
ters, kam über dürftige Anfänge nicht hinaus. Das Gleiche
lässt sich im Wesentlichen auch von der Prosa sagen, indes-
sen doch mit dem Zusätze, dass in ziemlich weitem Umfange
458 Das Provenzalische.
und nicht ohne Erfolg versucht wurde, dieselbe für Abfassung
Avissenschaftlicher Werke zu gebrauchen. Zu einer höheren
stylistischen Entfaltung vermochte jedoch die Prosa nicht zu
gelangen.
3. Die Litteratur des 13. und 14. Jahrhunderts kann nur
als eine matte und künstlich gezüchtete Nachblüthe der vor-
angegangenen classischen bezeichnet werden. Denn diese
letztere . ohnehin die Keime des Verfalls von vornherein in
sich tragend imd auf abschüssigen Bahnen sich bewegend, war
von ihrer mehr scheinbaren als wirklichen Höhe rasch herab-
gesunken , als die politischen und socialen Verhältnisse . in
denen sie wurzelte , sich zu wandeln , als die specifisch mit-
telalterliche Cultur allgemach zusammenzubrechen begann.
Aus den Händen des Adels ging die Pflege der Litteratur
über in diejenigen des Bürgerstandes , der ritterliche Minne-
sang wurde zum Meistersang und als solcher nach allen Re-
geln der Kunst und der Pedanterie schulgerecht geübt. Ge-
sellschaften bildeten sich zum organisirten Massenbetriebe des
poetischen Handwerkes und verfehlten nicht, sich verwickelte
Statuten und Reglements auszuarbeiten und bei festlichen Ge-
legenheiten die correctesten Reimereien mit Preisen, bestehend
aus einem goldenen Veilchen oder einem sonstigen Blümlein,
zu belohnen. Geschäftig genug ging es her in diesen littera-
rischen Clubs, aber dem nichtigen Geschäfte fehlte die Seele,
xmd diesen Mangel konnte kein noch so pompöses Ceremo-
niell ersetzen. So hat denn auch die bedeutsamste Dichter-
akademie, das im Jahre 1324 gegründete und im Jahre 14S4
(durch Clemence Isaiire?) erneuerte »Consistori de la gaya
sciensa« zu Toulouse, nicht viel mehr zu leisten vermocht, als
sich selbst und mit sich eine mumienhafte Dichtung durch
alle Wechsel der Zeiten zu erhalten.
4. Vom Ausgang des 14. Jahrhunderts bis zu den zwan-
ziger Jahren des gegenwärtigen lebte die provenzalische Lit-
teratur ausserhalb der Dichterzünfte nur als verwilderte imd
verachtete Patoisdichtimg fort, in welcher nur hin und wieder
eine bedeutendere Persönlichkeit etwas zu leisten wagte und
wusste , was wenigstens relative Bedeutung besass und von
litterarhistorischem Interesse ist. So vor Allen Pierre Gou-
delin oder Goiulouli aus Toulouse (1579 — 1649).
Pias rrovenzalischc. 459
Eine Wiedergehiivt und zwar, was besonders wichtig, eine
Wiedergeburt aus dem Volke heraus wurde der ])rovenzahschen
Poesie erst vor wenig mehr als einem halben Jahrhunderte zu
Theil. Die Hauj)tvertreter der neu erstandenen Litteratur
sind der Coiffeur Jacques Jansemin oder Jasmin (geb. 6. 3.
179S zu Agen in der Gascogne , gest. ebenda 4. 10. 1S64:
»Papillotos«. lyrische Gedichte 1825), der frühere Lehrer und
spätere lUichdrucker Jose Roumanille (geb. 8. 8. ISIS zu
Saint-l\emy ri>ouches-du Ivhöne] . Verf. zahlreicher lyrischer
Gedichte und Prosasehriften. gesammt als Lis oubreto en vers,
Avignon 1864. und Lis oubreto en proso ebenda in demsel-
ben Jahre erschienen: seit 1859 Herausgeber des Armana pro-
ven^au' und Frederic Mistral (geb. zu Maillane [Bouches-du
l\höne : Verf. der Epen Mireio 1859 und Calendau 1867, der
Novelle Nerto 1881, sowie lyrischer Dichtungen, gesammelt
u. d. T. lis Isclo d'or 1875). Diese Führer der jnngproven-
zalischen Poesie haben zahlreiche Nachfolger gefunden, so dass
gegenwärtig die Schaar der »felibres« — so nennen sich die
neuprov. Litteraten — bereits eine sehr beträchtliche und
noch immer im Wachsen begriffene ist. Dichtervereine haben
sich gebildet . Zeitschriften jungprovenzalischer Tendenz er-
s':*heinen , litterarische Feste werden gefeiert, und auch sonst
wird Nichts verabsäumt, was dazu beitragen kann, der in
Fluss gebrachten Pewegung Stärke luid Nachhaltigkeit zu ver-
leihen. Ob freilich alle diese Pest!el)ungen dauernden Erfolg
haben werden und ob die vorläufig noch etwas künstliche
Neubelebung der provenzalischen Poesie zu einer wirklich na-
türlichen Entwickelung führen wird, muss sehr fraglich er-
scheinen, denn selbst denkbar ist es nur unter der Voraus-
setzung, dass das politische Band, welches gegenwärtig den
Süden mit dem Norden Frankreichs fest verbindet, wenn nicht
gelöst, so doch gelockert werde. So lange dies nicht ge-
schehen , wird der Süden sich der Herrschaft französischer
Sprache und Litteratur nicht zu entziehen und seine eigene
Poesie über das Niveau einer zwar anmuthigen und interes-
santen , aber doch immer zu einer untergeordneten Stellung
verurtheilten Dialectdichtung nicht zu erheben vermögen.
Wie in dem provenzalischen Frankreich, so hat auch in
dem benachbarten und sprach verwandten Catalonien seit einigen
460 Das Provenzalische.
Jahrzehnten ein Streben nach Neubelehung- der altnationalen
Dichtung sich bekundet, dessen schliessliches Ergebniss eben-
falls der Zukunft anheimgestellt werden muss. Die neuerdings
öfters nicht ohne eine gewisse imklare und träumerische Sclnvär-
merei gefeierten Yerbrüderungsfeste jungprovenzalischer und
jungcatalanischer Dichter haben praktische Folgen bisher nicht
gehabt und werden solche wohl auch in absehbarer Zukunft
nicht haben. Möglich ist aber doch, dass in der Provence
und in Catalonien die Keime zu einer Entwickelung gelegt
worden sind, Avelche später einmal für die Geschichte der ro-
manischen Völker bedeutungsvoll werden kann.
§ 9. Litteraturangab en zur prov enzalischen Litteratur-
geschichte.
1. Bibliographisches: Rohert, Inventaire sommaire des mss. des
bibliotheques de France, dont les catalogues n'ont pas 6te imprimes. P.,
seit 188U — *K. Bautsch, Aufzählung ii. Beschreibung der prov. Liederhdss.,
in: Grundriss etc. S. 27 ff., man vgl. auch die dort in den Noten angegebenen
Littcraturangaben — P. Meveu, Notice du ms. de la Bibl. nat. fonds
frcs 25415, contenant divers ouvrages en prov., in Bull, de la soc, des
anc. textes 1875, No 3 u. 4 — K. Baktsch, Die prov. Liederhd.s. f. (Bibl.
nat. fonds fr98 12472i, in Ztschr. f. rom. Phil. IV 353 — Aluanes, Inven-
taires de diverses eglises de Prov., in: Rev. des .societes sav. 7«' ser. I 148;
und Invent. du chäteau de Cornillon (Gard] , ebenda I 197 — P. Meyer,
Les manuscrits du connetable de Lesdiguieres, in : Rom. XII .'536 — Magen
et TnoLiN, Archives municipales d'Agen. Chartes, liere serie (1189 — 132S ,
publ. aux frais du conseil general de Lot-et-Garonne. Villeneuve-sur-Lot 18""
— G. Brunet, Notice s. la bibliotheque de la ville de Bordeaux, in : Bull.
du biblioph. et du biblioth. P. 186G, p. 122 — GlUARDOT, Catalogue des
manuscrits de la bibl. de Bourges. Texte et dessins. Nantes 1859 — S. Le-
OTARD, Notice s. la bibl. de Montpellier, in: Bull, du biblioph. et du
biblioth. P. 1866, p. 542 — G. Jacobstiial, Die Texte d. Liedcrhds. H. 196
von Montpellier. Diplomatischer Abdruck, in : Ztschr. f. rom. Phil. III 526
u. IV 35, 278 — Chabane.W, Sur quelques mss. prov. perdus ou egaies,
in: R. d. l. r. 1882, Mai, p. 209 — Grüzmacher , Bericht a. d. Gesell-
schaft f. das Studium der neueren Sprachen über die in Italien befind-
lichen prov. Hdss., in: Herrig's Archiv XXXIII 288 u. 407, XXXIV 141
u. 368. XXXV S4 — Abdruck der prov. Liederlids. Plut XLI cod. 93 der
Laurcntiana zu Florenz (U b. Bartsch) , besorgt von Grüzmacher in
Herrig's Archiv XXXV 363, vgl. Jahrb. f. rom. u. engl. Lit. XI 5 —
(Nicht ganz vollständiger) Abdruck der prov. Liederhds. der St-Marcus-
Bibl. zu Venedig App. cod. XI [\ b. Bartsch) , besorgt von Grüzmacuer
in Herrig's Archiv XXXVI 379 — E. Stengel, Studi sopra i canzonieril
provenzali di Firenze e di Roma, in: Riv. di filol. rom. I 20 — Abdruck j
der prov. Liederhds. Plut XLI cod. 42 der Laurenziana zu Florenz (P b.
Das Provenzalische. 4ßl
Bartsch nach der von Stengel genommenen Abschrift, in: Herrig's Ar-
chiv XLIX u. L — Die prov. Blumenlese der Chigiana. Erster u. getreuer
Abdruck, nach dem gegenwärtig verstümmelten Originale u. der vollstän-
digen Copie der Riccardiana besorgt von K. Stengel. Marburg 187S, vgl.
Ztschr. f. rom. Phil. II 12h — K. B.\kt.sch, Die prov. I.iederhds. Q fRic-
cardiana 29ü;i;, in: Ztschr. f. rom Phil. IV 502, vgl. Gröbeu ebenda V 89
— H. SccniER, Der papieme Theil der Modenaer Troubadour -Hds., in:
Ztschr. f. rom. Phil. IV 72 — A. Mussafla , Del codice Estense di rime
provenzali. Relazione. "Wien 1867 [Sitzungsberichte der K. K. Akad. d.
"Wissensch. Philos.-hist. Cl. Bd. 55), und: Ueb. die prov. Liederhdss. des
Giovanni Maria Barbieri. "Wien 1876 — A. Ebekt, Die Hdss. der Kscorial-
Bibl. aus dem Gebiete der roman. Litteraturen sowie der englischen, im
Jahrb. f. rom. u. engl. Lit. IV -46 — Fr. Michel, Rapport s. une mission
en Espagne, in: Archives des missions scientifiques et litteraires. 3^ serie
VI 3, 269, vgl. Rom. X 448 — Abdruck einer im Besitz des Prof. D. Pablo
Gil y Gil zu Saragossa befindl. prov. Liederhds. , besorgt v. MiL.4 \ FoN-
T.\N.4L.s, in: R. d. 1. r. 1876 II 225, vgl. Ztschr. f. rom. Phil I 389 —
H. SlcuiEK, n canzoniere provenzale di Cheltenham, in Riv. di filol.
rom. n 49 — Coxstans, Les mss. prov. de Cheltenham. I Un nouveau
Chansonnier prov., in: R. d. 1. r. ISSl Juni, Nov., Dec. , 1S82 Febr. (als
Buch erschienen P. 1882) — E. Stengel, Studien über die prov. Liederhdss. I.
Die Kopenhagener Sammlung prov. Lieder, in : Ztschr. f. rom. Phil. I 387
— A. MussAFL\, Handschriftl. Studien. Heft 3. Mittheilungen aus zwei
"Wiener Hdss. des Breviari damor. "Wien 1S64.
*G. Gröber, Ueber die Liedersammlungen der Troubadours, in: Böli-
mer's Rom. Studien II 337, vgl. Ztschr. f. rom. Phil. II 125.
*K. B.VRT.scH, Alphabetisches Verzeichniss der Ij-rischen Dichter des
12 u. 13 Jahrh.'s, in: Grundriss etc. S. 97, vgl. dazu Suchier, in: Jahrb.
f. rom. u. engl. Spr. u. Lit. XV (N. F. IH 90 — K. Bartsch, Beiträge
zu den roman. Litteraturen, in: Jahrb. f. rom. u. engl. Litt. XI 1 —
C. Chabaneal' , Xotes critiques s. quelques textes prov. I. Les derniers
troubadours de la Provence, in: R. d. 1. r. 1875, p. 72 —
Leroux, Molinier et Thomas, Documents historiques bas-latins, pro-
vencaus et fran9ais concemant la Marche et le Limousin. T. I Limoges 1884,
vgl. Rev. crit. XVHI (1884; No. 17, p. 328.
R. Rebocl, Bibliographie des ouvrages imprimes en patois du Midi
de la France et des travaux s. la langue romano-provencale . in: Bull, du
biblioph. 1877 Juni bis Sept.i, p. 241 u. 390, vgl. Rom. VII 347 —
R. Rebol'L, Anon}'mes, Pseudonymes et supercheries litteraires de la Prov.
ancienne et moderne, in : Bull, du bouquiniste, 22® annee, Xo. 485 bis 488
— A. Roqle-Ferrier, Travaux s. la langue d'oc ancienne et moderne.
Publications catalanes. provencales et languedociennes, in: R. d. 1. r. 2^
serie V 1878; 307, VI 158 u. 213 — P. Meyer, Ouvrages s. les patois,
in: Rev. crit. 1866, No. 22 ff. — Leot.\rd, Bulletin bibliographique de la
langue d'oc pendant les annees 1872/74, in: R. d. 1. r. VII 428, u. Bull,
bibliogr. de la langue d'oc, annee 1875, in: R. d. 1. r. 2« serie VI 126 —
Desbarreaux-Bernard , Note bibliographique concemant les ouvrages de
402 I^^ä Provenzalische.
M. Vendages de Malpeire, Tun des fondateurs de l'Academie des lanternistes.
Toulouse 1880 — A. CUAIX, BuUaire de l'Auvergne depuis les origines de
la diplomatique pontificale dans cette province jusqu'ä la fin du XVUIe s.,
in: M^m. de l'Aead. des sciences, belles-lettres et arts de Clermont-Fer-
rand , t. XIX 23, 275, 447 — E. de Mallevillk, Bibliographie du Peri-
gord. 16e s. P. 1861 — R. Uesbarreaux, Etablissement de l'imprimerie
dans la province de Languedoc. Toulouse 1877 — Gatien-Arnoult, Hist.
de l'universite de Toulouse. Toulouse 1879 — Desbarreaux- Bern ARD,
L'imprimerie ä Toulouse aux XV^, XVI^ et XYII« s., in: Bull, du biblioph.
et du biblioth. 1865 — R. Noulet, Hist. litt, des patois du midi de la
France, in: R. d. 1. r. 2e serie IH (1877) 57, IV 62.
Liber instrumentorum memoralium. Cartulaire des Guillems de Mont-
pellier, p. p. la Societe archeologique de Montpellier 1884, vgl. Rom.
XIV J67.
2. Sammlungen, Chrestomathien u. dgl.: Fabre d'Olivet, Le
Troubadour. Poesies occitaniques du XIII s., trad. et publ. (en partie avec
le texte orig.) et avec un glossaire p. F. d'O. P. 18(3. 2 Bde. — Ray-
nouard, Choix des poesies originales des troubadours. P. 1816/21 6 Bde.
— RocHEGUDE, Le Parnasse occitanien ou choix des poesies originales des
troubadours, tirees des mss. nationaux. Toulouse 1819 — G.\LVANI, Osser-
vazioni suUa poesia de' trovatori. Modena 1829 — *A. Mahn, Die "Werke
der Troubadours. Berlin 1846/85. 4 Bde; Gedichte der Troub. Berlin 1856/73.
4 Bde.; Commentar u. Glossar zu den Werken der Troub. Berlin 1871/78
— Brinckmeier, Blumenlese aus den "Werken der Tr. in den Originalen,
nebst prov. Grammatik u. Glossar. Halle 1849 — Prov. geistliche Lieder
des 13. Jahrh.'s aus einer "Wolfenbüttler Hds. herausg. v. J. Bekker.
Berlin 1843 — Ungedruckte prov. Lieder von Peire Vidal, Bernhard v.
Ventadorn, Foulquet v. Marseille u. Peirol v. Auvergne herausg. v. N. De-
Liüs. Bonn 1853 — K. Bartsch, Prov. Lesebuch. Elberfeld 1855, 2. Ausg.
u. d. T. Chrestomathie prov. 1868, 4. Ausg. 1880, vgl. Roman. Forschung I
450; Denkmäler der prov. Litt. Stuttgart 1856 Pubi. des litt. Vereins No. 39;
Zur prov. Litt; in: Jahrb. f. rom. u. engl. Litt. XH 1 — P. Meyer, Me-
langes de litterature prov., in: Rom. I 401 — A. Bayle, Anthologie pro-
ven9ale. Poesies choisies des troub. du 10^ au 15^ s. avec traduction lit-
teraire en regard, precedees d'un abrege de gramm. prov. Aix u. Leipzig
1879 — Fiorita di lirichi provenzali da U. Canello', con prefazione di
G. Carducci. Bologna 1881 — H. Suchier, Denkmäler prov. Litt. u. Spr.
Bd. I*). Mit einer Untersuchung von P. Rohde über die Quellen der
1) Inhalt: 1) Vorwort über die betr. Hdsclir. l — xv. 2) Das Evange-
lium Nicodemi (kritisch. Text 1 — 84. 3 Die sieben Freuden Maria's kri-
tisch. Text) 85 — 97. 4) Beichtformel 98 — 106. 5) Kalender mit Beigaben
lü7 — 124. 6 Das Leben des heil. Alexius 125 — 155. 7 Uebersetzung des
altfranz. Get'iichtes von C.en fünfzehn Zeichen des jüngsten Gerichtes 156
— 161. 8; Zwei Uebersetzungen der Kreuzlegende : Post peccatum Ade
nebst dem lateinischen Originale 165—200. 9; Diätetik 2(»1 — 213. 10 Des
Sünders Reue 214 — 255. 111 Lehrgedicht über den Werth der Frauen 256
— 271. 12) Die sieben Freuden Maria's von Gui Folqueys 272 — 2b3. I3j
Das Provenzalische. 463
roman. Weltchronik Halle 1SS3, vgl. Ztschr. f. rom. Phil. VII 157 —
Chabaneau, Poesies inedites des troub. du Perigord, in: R, d. 1. r. 1884
(Mai — Lanfkaxchi. Poesie prov. cd italiane raceolte e illustrate dal
conte Carlo Baudi di Vesrne. Cagliari 1S75 — P. Meyer, Ancicnnes ])oesies
religieuses, in: Bibl. de l'Ec. des Ch. ISÜO Juli u. Augu.'^t'.
F. Apfelstedt, Religiöse Dichtungen der Waldenser, herausg. in
Herrig's Archiv LXH 273 u. Ztschr. f. rom. Phil. IV 330, 521 — Gnüz-
MACHER, Die waldensische Bibel sprachl. Untersuchungen), in: Jahrb. f.
rem. u. engl. Litt. IV 372, und: Die waldensische Sprache, in: Herrig's
Archiv XVI 369 — J. H. ToDD, The books of the Vaudois. The "VValdeusian
manuseripts preserved in the library of Trinity College, Dublin, with an
appendix containing a correspondance on the poems of the Poor of Lyons,
the antiquity and genuinpness of the Morland Mss. at Cambridge etc.
London 1865 — F. Germaket, Les Vaudois du Piemont ou les protestants
avant la reforme, esquisse hist. P. 1879 — C. Douais, Les Albigeois, leurs
origines, action de l'Eglise au XH^ s. P. 1879 — A. MusTOX, Llsrail des
Alpes. Hist. des Vaudois et de leurs colouies etc. (enthält auch eine Unter-
suchung über die Abfassungszeit der Nobla Leyczon P. 1880. 4 Bde. —
R. Trox, Pietro Valdo e i poveri di Lione. Florenz 1880 — E. Comba.
Valdo ed i Valdesi avanti la riforma. Cenno storico. Florenz 1880, vgl.
Rev. crit. 1880, 11 323 — J. A. Wylie, Historj- of the Waldenses. Lon-
don 1880 — A. Mayer, Waldensia, in den Sitzungsberichten der K. ba}T.
Akad. d. Wissensch. Philos.-hist. Cl. 1880. p. 556, vgl. Rom. X 311 —
Mari'^ngebete 284 — 2S9. 14' Vier gereimte Stücke: a) los X mandameus de
la ley ; b La oration del pater noster ; c; Letania de sant Pierre de Luxen-
borc; d] Marienlied, 290 — 296. 15 Tenzone von Avcard und Girard 297
— 29S. 16 Dansa 299— 300. 17 Gedichte der Cheltenhamer Hds. : a; No. 3.
Bruchstück aus dem Roman Jaufre 280 Verse , med. in res ; b No. 9.
Bruchstücke eines Liebesbriefes von Alegret : c No. lu. Bruchstücke eines
Romans; d, No. 11. Liebesbrief: e No. 15. Descort; f No. SS. Namen-
lose Strophe; g No. S9. Strophe aus einem Liede des Mönches von Mon-
taudon ; h No. 93. Namenlose Strophe ; i No. 94. Strophe aus einer Alba :
k No. 95. Namenlose Strophe: 1 No. 110. Bruchstück einer Canzone:
Chant e deport, joi, domnei et solatz , von Gaucelm Faidit; m) No. 124.
Räthsel; n No. 144. Namenlose Strophe; o No. 151. Gelegenheitsgedicht
von Hugo V. Saint Circ und Albric : p No. 324. Canzone von Guillem
Ademar: q No. 341. Namenloses Gedicht; r No. 3S6 : La treva von "Wil-
helm von la Tor; s No. 412. Canzone von Aimeric von Belenoi: t No.
434 : Tenzone von dem Grafen von Bretagne und Gaucelm ; u No. 439.
Tenzone von Gui 'von Uisel, und Ebles von Uisel ; v No. 458. Tenzone
zwischen R ain au t und Guillems; w No. 459. Tenzone von Raimbaut
und Gaucelm Faidit; x No. 461. Tenzone von einem Grafen und Giral-
don ; y No. 462. Tenzoue von Bernart u. Blacaz. z, No. 46-1. Tenzone
zwischen Rostaing und dem Herrgott. « No. 465. Tenzone zwischen Guio-
net und Pomairol. p. 301 — 341. 18; Brief des Priesters Johannes an Kai-
ser Friedrich 341 — 3SG. 19; Prosaauflösung des poetischen Evangeliums
Nicodemi 3S7 — 461 zwei Texte,. 20 Sibyllen-Weissagung 462 — 469. 21;
Libre dels yssamples 470 — 471. — Anhang: Epistola Aristotelis ad Ale-
xandrum cum Prologo Johannis Hispaniensis 473 — -180. — Erläuterungen
zu vorstehenden Gedichten 4SI — 572. — Italienische Version der Prosa-
auflösung des Evang. Nicodemi 573 — 5S8. — Die Quellen d. romanischen
"Weltchronik von Paul Rohde 599—638. — Glossar 639—645.
464 ■D''^s Provenzalische.
— Aeltere Litteratur über die Waldenser : Perrin, Hist. des Vaudois
1818; MoRLAND, History of the churches in the Valleys of Piemont
1858; Leger, Hist. generale des eglises evangeliques ou vaudoises des
vallees de Piemont 1669; Moxastier, Hist. de l'eglise vaudoise 1847;
Hahn, Geschichte der Ketzer im Mittelalter 1847 Bd. 2; Dieckhoff, Die
Waldenser im Mittelalter 1851; Herzoo, Die roman. "Waldenser 1853;
Bradshaw, Communications made to the Cambridge Antiquarian Society
1862; Zeschwitz, Die Katechismen der Waldenser u. böhm. Brüder 186;i.
Vgl. Bartsch, Grundriss S. 84 — C. Arxauld, Essai 8. la condition
des Juifs en Prov. au moyen-age. Forcalquier 18S0 — L. Bardinet, Les
Juifs du Comtat Venaissin au moyen-age ; leur röle economique et intel-
lectuel. Nogent-le-Rotrou 1880.
J. Canouge, Legendes proven9ales. Marseille 1862.
Bibliotheque provencale. Aix 1859/79 9 Bde. — F. T. Gros, Recueil
de pouesies prouvencalos. Marseille 1763 — J. Desanat, Lou troubadour
nationaou, lou chantre tarascounou. Recueil de, pouesiou poulitiquou,
bachiquou, pastouralou etc. en vers proven9aou p. p. I. D. Marseille 1881,
2 Bde. — A. BoUDix, Li set garbetto. Poesies prov. avec trad. fr^se, p. et
annotees par Deloye. Avignon 1*^79 — Recueil de versions prov. pour
l'enseignement du fr9S en Provence par un professeur. Avignon 1876.
Brinckmeier, Blumenlese aus den Werken der Troubadours. Göt-
tingen 1845 — L. KANNEGIESSER, Gedichte der Troub. im Versmass der
Urschrift übersetzt. Tübingen 1855.
3. Litterargeschichtliche Werke: Die Biographien der Trou-
badours in prov. Sprache herausg. v. A. Mahn. 2 Ausg. Berlin 1878 —
J. NosTKADAMi's, s. oben S. 431 (vgl. E. Buget, Etüde s. Nostradamus, in :
Bull, du biblioph. et du biblioth. 1860 u. 1861 und *K. Bartsch, in:
Jahrb. f. rom. u. engl. Spr. u. Lit. XIII, N. F. I, 1 u. 121) — De la
CuRNE DE Sainte-Palaye u. Millot s. oben S. 427 u. 431 — *F.Du:z, Die
Poesie der Troub. Zwickau 1826, 2. Ausg. besorgt v. K. Bartsch. Leip-
zig 1883 und: Leben u. Werke der Troub. Zwickau 1829, 2. Ausg. besorgt
v. K. B.ARTSCH. Leipzig 1882 — O. Schultz, Zu den Lebensverhältnissen
einiger Troubadours, in: Ztschr. f. rom. Phil. IX 110, vgl. auch ebenda YII
177 und IX 406 — Galvani s. oben Nr. 2 — C. Fauriel, Hist. de la
po6sie prov. Paris 1846 48 3 Bde. (vgl. GriGNL\lT, Notice historique
s. la vie et les travaux de C. Fauriel, lue dans la seance publique
de l'Acad. des inscriptions et belles-lettres le 9 aoüt 1861) — E. Brinck-
MEYER, Die prov. Troubadours nach ihrer Sprache, bürgerl. Stellung,
ihrem Leben u. Wirken dargestellt. Halle 1844, und: Die prov. Troub.
als lyrische u. polit. Dichter. Göttingen 1S82 — *K. Bartsch, Grund-
riss zur Geschichte der prov. Litt. Elberfeld 1S72 (grundlegendes Werk)
— Mary-Lafon, Hist. politique, religieuse et litteraire du midi de la
France depuis les temps les plus recules jusqu'ä nos jours. Paris 1845.
4 Bde., neue Ausg. Paris 1882 — A. Bayle, La poesie prov. au moyen-äge.
Aix 1876 — *P. Meyer, Les demiers troubadours de la Provence d'apres
le Chansonnier donn6 a la bibl. imper. par M. C. Giraud. Paris 1872, und
die Artikel »Provencal Language« u. »Proven9al Literature» in : Bd. XIX
Das Provenzalische. 4(J5
der Eucyclopsedia britannica — C. G. Estlaxder, Bidrag til den pro-
ven^aliska litteraturens historia. Helsingl'ors 180S.
ToKiBio DEL C'ampillo y Casamos, Sobrc los poemas provenzales de
los siglos XII y XIU. Madrid ISöH — Mila y Füxtaxals, De los trova-
dores en Espana. Estudio de lengua y poesia provenzal. Barcelona 18G1,
vgl. Jahrb. f rom. u. engl. Lit. IV 331 — V. Balaguer, De la poesia
provenzal en .Castilla y en Leon. Madrid 1S77; Historia politica v literaria
de los trovadores. Madrid 1879 80 0 Bde; Etudes s. les troubadours : Eleo-
nore d" Aquitaine, in; Kevue du Monde latin 1884, II — P. M., Al-
phonse X a-t-il coneede une ville libre aux troubadours, in: Kom. X 405.
A. Roqve-Ferrier, De lidee latiue dans quelques poesies en langue
d'oc, en espagnol et en catalan. Montpellier 1S77 Abdruck aus der R. d.
1. r. desselben Jahresj — Birch-Hirschfeld , Ueber die den Troubadours
bekannten epischen Stoffe. Leipzig 1878, vgl. Rom. VII 448 u. Ztschr. f.
rom. Phil. II 318 — A. M.\nN, Ueb. die epische Poesie der Provenzalen,
besonders über die beiden vorzüglichsten Epen Jaufre u. Girartz de Ros-
silho sowie üb. die Ausg. u. Hdss., ^Yo^in sich dieselben befinden. Berlin
1^79 — A. Mahn, Die epische Poesie der Troubadours. Heft 1 Girartz de
Rossilho. Berlin 1883 — Sachs, Provenz. Epos, in: Herrigs Archiv XXVI
Heft 2 — E. Brixckmeier, Die IjTische u. polit. Poesie der Troub. Göt-
tingen 1882, imd: Rügelieder der Troub. Halle 1847 — Sirventes, prov.
Streit- u. Rügelieder, in: Grenzboten 1809. No. 15 i — Jose Coll Y" Vehi,
La satira provenzal. Madrid 1861 — K. Bartsch, Ueb. die roman. u.
deutschen Tagelieder, in: Album des litt. Vereins in Nürnberg 1865, S. 1 ^j
— J. Brakelmanx, Die Pastourelle in der nord- u. südfranzös. Poesie, in :
Jahrb. f. rom. u. engl. Lit. IX 155 u. 307 — O. Schultz, Das Verhältniss
der prov. P. zur altfrz., in: Ztseh. f. rom. Phil. \'in 106 — L. Römer,
Die volksthüml. Dichtungsarten der altprov. Lyrik, in: Stexgel's Ausg.
u. Abh. Heft XXVI, vgl. Ztschr. f. rom. Phil. IX 156 — P. Meyer, Le
salut d'amour dans les litteratures provencale et frcse, in: Bibl. de lEc.
des Ch. 6e serie HI 1867 — Roxcoxi, Lamore in Bernardo di Venta-
dom ed in Guido Cavalcanti. Bologna 1881, vgl. Rom. XI 427.
J. RvTHERFORD, The Troubadours, their lives and their h-rics with
remarks on their influence social and literary. London 1873 — F. Huef-
FER, The Troubadours, a history of provencal life and literature in the
middle ages. London 1878, vgl. Rom. VU 445 — J. A. M.\xiTil's, Die
Provence u. ihre Sänger im Mittelalter mit Hinblick auf den Eiufluss der
prov. Dichter in Spanien. Dresden 1872 — A. Meray, La vie aux temps
des cours d'amour et des trouveres, croyances, usages et moeurs intimes des
lle, 12e et 13e siecles. Paris 1873, vgl. Rev. crit. 1876, H 329 — F. DiEZ,
Beiträge zur romant. Poesie. Berlin 1825 (widerlegt die Hj-pothese der sog.
Minnehöfe — F. R. Cambouliu, Renaissance de la poesie prov. ä Tou-
louse au 14 s. in: Jahrb. f. rom. u. engl. Lit. III 125, vgl. Bibl. de l'Ec.
des Ch. 5e Serie V 51 — Simox de la Loubeue, Traite de lorigine des
1 Ueber die Bedeutung der Bezeiclmung "Sirventes« s. oben S. 451
Anmerkung. — 2 Vgl. auch E. Stengel in Ztschr. f. rom. Phil. IX 407.
Körting, Encyklopädie d. rom. Phil. III. 30
466 I^äs Provenzalische.
jeux floraux Toulouse 1715 — PoiTEViN Peitavi, Memoires pour sen-ir ä
l'histoire des jeux Üoraux. Toulouse 1815 — J. Kiino, Sobre los juegos
florales, in Arte, Mai 1857, vgl. MiLÄ, Trovadores S. 4S2i — E. Scuwan,
Die Entstehung der Blumenspiele von Toulouse, in; Preussische Jahrbücher
Bd. 54, S. 457.
E. Freymond, Jongleurs u. Menestrels. Halle 1S83 Heidelberger
Habilitationsschrift, vgl. Literaturbl. f. germ. u. rom. Phil. V 115 —
J. BuuN'ET, Etüde des moeurs proven^ales, in; R. d. 1. r. 1882 Sept.
C. Sachs, In Avelchem Zusammenhange steht die Kunstpoesie der Pro-
venzalen mit der mittelalterl. Kunstpoesie der Franzosen, Italiener, Spanier,
Portugiesen u. Deutschen? Berlin 1854. Progr. der Louisenstädtischen
Realsch. — E. Baret, Les troubadours et leur influence s. la litterature
du midi de l'Europe. 2e ed. Paris 1867 — P. Meyer, De l'influenee des
troubadours s. la poesie des peuples romans, in; Rom. V 257 — A. Graf,
Provenza e Italia. Turin 1877 (Vortrag) — A. Thomas, Francesco Barberino
et la litterature provencalc au moyen-äg9. Paris 18S3, vgl. Giorn. stör, della
lett. ital. ^1884), III 91 — O. Schultz, Die Leben.sverhältnisse der ital.
Troubadours, in: Ztschr. f. rom. Phil. VII 177, vgl. auch ebenda IX 406
— K. Bartsch, Nachahmung prov. Poesie im Deutschen, in: Germ. I 480
— F. Michel, Heinrich v. Morungen u. die Troubadours. Ein Beitrag zur
Betrachtung des Verhältnisses zwischen deutschem u. prov. Minnesang.
Strassburg 1S80 ;Qu eilen u. Forschungen Heft '.iS].
L. de Laincel, Des troubadours aux felibres. Etüde s. la poesie prov.
Aix 1862 - B. Benezet, Etüde s. la renaissance des lettres, des sciences
et des arts ä Toulouse. Toulouse 1875 — B. Noulet, Essai s. l'hist. litt,
des patois du midi de la France au XVHI" s. Montpellier 1877 — Gün-
ther, Ueb. die südfrz. Volks])oesie. Bernburg 1874 — Reichlin-Meldegg,
Ueber neuprov. Litt. Oflenbach 1867 Progr. d. Realseh. — Saint -Rene
Taillandier, La nouvelle poesie prov., in; R. d. d. M. 1. u. 15. 10. 1859;
les destinees de la nouv. poesie prov., in: R. d. d. M. 1. 12. 1875; Etudes
litteraires. Paris 1S82 (enthält ein 1852 geschriebenes Essay: Les premiers
sym])t6mes d'une renaissance poetique en Provence) — J.-T. Bory', De la
poesie prov. depuis les Troubadours, in: L'Abeilho prouven9alo de 1858.
Marseille u. Paris 1858 — *E, Böhmer, Die prov. Poesie der Gegenwart.
Halle 1870 — G. DoRlEUX , De la renovation litteraire en Provence.
Paris 1880 — Sachs, Zur neuprov. Litteratur, in; Herrig's Archiv LXI 427
— A. Mahn, Die neuprov. Poesie, in: Magaz. f. d. Lit. des In- u. Aus-
landes 1880 No. 21 — Roqie-Fekriek, Le Felibrigc h Aix et ä Mont-
pellier. Montpellier 1877 (Abdruck aus der R. d. 1. r. Febr. bis April 1877;
— Kreiten, Felibres u. Felibrige. Studien üb. d. prov. Poesie der Gegen-
wart, in: Stimmen aus Maria-Laach VIII 53, 143, 442, 530, IX 161, 284,
392, 502; AVeihnachten in der Provence, ebenda XXIII 492, XXIV 2ii8 ;
die Frohnleichnamsspiele des Königs Rene, ebenda VII 84, 217 u. 325 —
D. Craig, Miejour, or Proven9al legend, life, language and literature in
1; Die drei letztgenannten AVerke sind nach Bartsch, Grundriss etc.
S. 76 Anm. citirt.
Das Provenzalische. 4(37
the laiid of the Felibres. Lüudoii 1^77 — A\'v.sK-Eo.\Ai'.\UTE, l.a poesie
prov. dehors de la Provence, Plyniouth 1870 — F. Hemon, Poetes pro-
veiifaux contemporains. Koumanille et Aubanel, in: Rev. polit. et litt. IS**."*,
No. G, und: Le felibripe et l'avenir du fclibrige etc., ebenda No. 7 —
L. Raiuin. Jasmin, sa vie et ses ctuvres. Limoges 18G7 — "NV. Wkndlkk,
Jacques Jasmin. Zwickau 1^70 Proj;r. — MoxTKOND, Jasmin, poete d'Agen.
Etüde biograpliique et litteraire. 2e ed. Lille 1875 — "Westkniiöffeh,
Etüde s. mistral. Thun ^Elsass} 1882 Progr. — F. CllAroT, Jean Keboul,
sa vie, ses ceuvres etc. Nimes 1876 — A. du Saussois, Jean Reboul,
ouvrier poete ,171)G 1864). Lyon 1S7S — Donnadieu, Les pofetes de la
langue d'oc. I "NVilliani-Charles Bunaparte-Wyse, in: R. d. 1. r. 1884 Januar.
4. Alphabetisches Verzeichniss einiger provenzalischer
Autoren u. Litteraturwerke mit Angabe der betr. Ausgaben u.
Erläuterungsschriften*). Agnes (geistliches Schauspiel), Anfang des
14. Jahrh.'s. G. 80. II mistero prov. di S. A. Facsimile in eliotipia delV
unico ms. Chigiano con prefazione d' E. Monaci. Rom. 1880, vgl. Ztschr.
f. rom. Phil. IV 615. Sancta A., prov. geistliches Schaus])iel, herausg. v.
K. Bartsch. Berlin 1S69, vgl. Jahrb. f. rom. u. engl. Lit. XI 335 u. Rev.
crit. 1S09 n 1S3. L. Cledat, Le Mystere de S.-A., examen du ms. de la
bibl. Chigi et de l'edit. de M. Bartsch. Extr. de la bibl. de l'Ec. d'A-
thenes I 273. Le Martyre de saiute Agnes, mystere en vieille langue prov.
Texte revu s. l'unique ms. original, accompagne d'une traduction litterale
eu regard et de nombreuses notes p. A. L. SARDor. Paris 1877, vgl.
Rom. VI 295 ; dazu von demselben Verf. Supplement ä ledit. du martyre
de s. A. Rectifications et notes nouvelles, d'apres la recensiou faite p.
L. Cledat et les observations de C. Chabaneav. Nizza 1878 (wie die Ausg.
selbst erschienen in den Publicationen der Societe des lettres, sciences et
arts des Alpes-Maritimes). V. Balaguer, Un drame lyrique au XIII«^ siecle,
trad. de l'espagnol p. Ch. BOY. Lyon 1880, vgl. Rom. IX 176 — Albin-
genserkreuzzu g s. Croisade — Albingenserkrieg s. Guerre des
Albigeois. — Alexanderfragment des Alberich v. Besancon
ßriancon?' s. die Angaben b. Sten'GEL, Ausg. u. Abh. I72ff. ; ausserdem
Chahaxeau, Corrections. Fragment du poeme s. Alexandre d'A. de B.,
in: R. d. 1. r. 3«? serie t. III 1880 Aprilheft u. ff.; H. Flechtxer, Die
Sprache des Alexanderfragmentes. Strassburg 1882 Diss. — l'Ange et
lErmite. Un texte roman de la legende l'A. et l'E., in: R. d. 1. r. 3e
Serie IV 261, vgl. Rom. X 297 — Arles. Loa Rouman d'Arles, p. p.
V. LlEUTAl'D, in: Revue de Marseille et de Provence 1873, p. 109, vgl.
Rom. II 379 — Armana provencau, adouba et publica de la man di
Felibre. Avignon, seit 1859 (erscheint jährlich, bringt u. A. neuprov. Poesien)
— Arnaut de Carcasses ?. Novas del Papagay — Arnaut Da-
niel, ungefähr 11 SO bis 1200; G (No. 29) 18, 38, 43, 60 D 279. U. Ca-
1) Die altprov. Autoren sind nach ihren Vornamen geordnet. Auf
Bartsch's Grundriss ist durch einfaches G mit nachgesetzter Seitenzahl,
auf DiEZ' Leben und "Werke der Troubadours durch einfaches D ebenfalls
mit nachgesetzter Seitenzahl nach der 2. Ausg. verwieser.
30*
468 Das Provenzalische.
XELLO, La vita e le opere del trovatore A. 1). Halle 18S3, vgl. Kom. XII
428, Ztschr. f. rom. Phil. VII 582 — Arnaut Vidal de Castel-
noudari, Anfang des 14. Jahrh.'s. G 72, 77 ff. Guillem de la Barra,
roraan d'aventure. Notice aceompagnee d'un glossaire p. p. P. M. Paris 1868,
vgl. Tit. Centralb. 1868. Spalte 1386 — Azais, La Roso de Margarido,
in: R. d. 1. r. 3^ serie I 114 — Bernart deVentadorn, ungefähr 1148
bis 1195, D 16. G No. 70: 32, 42, 61. J. Bischoff, Biographie des Troub.
B. V. V. Berlin 1873, Göttinger Diss. ; B. v. V. u. A., prov. Lieder, herausg.
V. N. Delius. Bonn 1853; A. Tobler, Ein Lied B.'s v. V. lanquan fuel-
hon bosc e garric herausg. u. erklärt, in: Sitzungsberichte der Berl. Akad.
d. Wissensch. Philos.-hist. Cl. 18S5 XLI; R. Hofmeister, Sprachl. Unter-
suchung der Reime B.'s v. V. Marburg 1883 (Stengel's Ausg. u. Abh.
Heft lOj; Belsch, Die Syntax des B. v. V. Berlin 1880. s. oben S. 449;
RoxcoNi, L'amore in B. d. V. ed in Guido Cavalcanti. Bologna 1881, vgl.
Rom. XI 427; G. Carducci, ün poeta d'amore del sec. XII 'B. d. V.),
in: Nuova Antologia, 2» ser., t. 25, p. 201 u. t. 26, p. 3, vgl. Rom. X 309
— Bertolomeu Zorgi oder Zorzi, ungefähr 1250 bis 1270. D. 398;
G. (No. 74) 61. E. Leyy, Der Troub. B. Z. Halle 1883. Freiburger Habili-
tationsschr. , vgl. R. d. 1. r. 1884 Aprilheft, p. 195; Elliott in American
Journal of Phil. Y 17 — Bertran de Born, ungefähre Blüthezeit 1180
bis 1195; D. 148. G. (No. 81) 61. A. Stimming, B. d. B., Leben u. Werke,
mit Anm. u. Gloss. herausg. \. A. St. Halle 1879, vgl. Ztschr. f. rom. Phil.
III 409, Rev. crit. 1879 No. 26; L. Cledat, Du röle historique de B. d.
B. Paris 1878, vgl. Ztschr. f. rom. Phil. IV 430; M.\ry-Lafox, B. d: B.
Tableau historique militaire et litteraire du 12« s. P. (Jahr?; V. Laürens, Le
Tyrtee du moyen-age ou bist, de B. d. B. Paris 1863, 2e ed. 1875; C. Sachs,
Zwei prov. Lieder sprachlich u. sachlich erklärt, in: Herrig's Archiv XVII
387; L. Cled.\t, Le sirventes Bem plai lo gais temps de pascor, in: Rom.
VIII 268, und : Sur la date de deus pieces de B. de B., in : Bibl. de l'Ec.
des Ch. XL; O. Weddigex, Metrische Uebersetzung eines I^iedes von B.
d. B., in Herrig's Archiv LXVI 440 — Bertran v. Marseille s. Sainte-
Enimie — Bestiaire. Kressner, Ueb. die Thierbücher des Mittelalters
nebst einem Bruchstücke aus einer prov. Hds. 12. Buch des Elucidari de
las proprietatz de totas res naturals' in: Herrig's Archiv LV 241 B 91 — Bi-
bel. H. DE laCombe, Fragments dune traduction de la B. en langue romane.
Montpellier 1883 — Bland in. Le roman de lUandin de Cornouailles et
de Guillot Ardit de Miramar p. p. la premiere fois p. P. Meyer in Rom.
II 170. C. (Jhabaxeau, Notes critiques s. quelques textes provencaux II Bl.
de C, in: R. d. 1. r. VHI (Oct. 1875) 31 B 19 — Boethiuslied. Ausgaben:
Raynou.vrd, Choix etc. II 4; DiEZ, Altrom. Sprachdenk. 39; Bartsch,
ehrest, prov. *, 1 ; P. Meyer, Recueil d'anciens textes etc. I 23; F. HÜXD-
GEX, Das altprov. Boethiuslied unter Beifügung einer Uebersetzung, eines
Glossars, erklärender Anmerkungen sowie grammat. u. metrischer Unter-
suchungen. Oppeln 1884 ij. P. Meyer, Le poeme de Boece revu sur le ms.,
1) Diese Ausgabe ist in der Novembernummer 1884 des Litteraturbl.
f. serman. u. roman. Phil, von AV. Meyer einer höchst herben und abfäl-
Das Provenzalische. 4(39
in: Rom. I 22ti; E. Böiimek, Zum Boeci , in: Kom. Stud. III i;<3 vgl.
Ztschr. f. rom. Phil. II 504 ; Delius, in: Neue Jen. Litteraturztg. 1S47,
p. 744; E. Stengel, in: Jen. Litteraturztg. 1875, p. 6U; Setteoast, in:
Roman. Forsch. I 456; K. Hofmanx, Ueb. die Quellen des ältesten prov.
Gedichtes, in: Sitzungsberichte der bajT. Akad. d. "Wissensch. Philos.-
philolog. Cl. Sitzung vom 2. 7. 1S70 — K. Boxaparte-'NVyse, La Cabela-
duro d'or, pouesio provencalo. Montpellier 1S77; La cansoun capouliero
döu felibrige seguido dun brinde pourta loo jour de Santo-Estello. Ply-
mouth 1S77; La Soulitudo, in: R. d. 1. r. 2« serieIV2SU; La Villo d'Aigo
morto, in: R. d. 1. r., ebenda 272 — Breviari damor s. Ermengaud
— Bringuier, Octavian, geb. 1829, gest. 1875, vgl. Mushacke, Die
Mundart v. Montpellier, in: Französ. Stud. IV 331, Prouvenca, in: R. d.
1. r. I 126; Un michant reve, in: R. d. 1. r. II 282; Lou Roumieu , in:
R. d. 1. r. III 191, IV 95; A Perpaus de Petrarca, in: R. d. 1. r. VI
270 — Brünier, vgl. Mi'shacke, a. a. O. 331. Imitacioun anacreountique
(Amour mouille herausg. v. L. Gaidix, in: R. d. 1. r. XVI 2'J — la
Calanco, Recuei de literaturo prouvencalo, per lei felibre de la mar es-
colo de Marsiho;. Eme la traducion franceso vis-ä-vis. Marseille 1879 —
J. Casaix, Recueil de poesies patoises. 2^ ed. Tarbes 1879 — I. Castel.a,
Mous cinquanta ans, poueme sieguit d'un aoutre pugnat de farinals. Mon-
tauban 1878 — Cercamon, blühte ungefähr 1120 bis 1136; D 3S. G
No. 112), 36, 61. A. Mahx, Der Troub. C, in: Jahrb. f. rom. u. engl.
Lit. I 83, vgl. I 212 u. XII 239; P. Eajxa, Cercalmon, car vei fenir a
tot dia, in: Rom. VI 115, vgl. VIH 126, vgL Ztschr. f. rom. PhU. III 308
— Chansons. Sabatier, Chansons hebraico-provencales des Juifs conta-
dins. Nimes 1874. vgl. Rom.III 498 — Chirurgie s. Roger de Parme —
Compte. Galabert, Compte pour une representation du mystere ä Cay-
lus au XVe et XVI^ s., in: Bull. arch. et bist, de la Soc. arch. de Tarne-
et-Garonne VHI 1880; 209, vgl. R. d. 1. r. VI ;18S0 49 — Croisade
albigeoise. G. 16. Ausgaben: Fauriel in der CoUection de documents
inedits s. Ihist. de France, lere serie G. Paris 1837; ed. avec traduction
p. P. Meyer, Paris 187579, 2 Bde. dazu Notes additioneUes in Annuaire-
Bull. de la Societe de Ihist. de France XVI 286, vgl. Rom. IX 341,. Fran-
zös. Uebersetzung : P. Meyer, in seiner Ausg., Mary-Lafox, La croisade
contre les Albigeois, epopee nationale (traduction'. Paris 1868; Unter-
suchungen: P. Meyer, Recherches s. les auteurs de la eh. de la er. albi-
ligen Kritik unterzogen worden. Ich lasse hier ganz dahingestellt, in wie
•weit dasLrtheil des Recensenten sachlich begründet war, kann aber die
Bemerkung mir nicht versagen, dass der Ton der Receusion ein nicht an-
gemessener war. Ein Anfänger, der mit einer Erstlingsarbeit hervortritt,
wie dies bei H. der Fall war und dass dem so war, wusste gewiss Herr
M. sehr wohl , hat Anrecht auf eine zwar sachlich strenge, zugleich aber
doch auch wohlwollende Beurtheilung, vorausgesetzt, dass er diesen An-
spruch nicht selbst durch anmasseudes Auftreten verscherzt hat , was von
H. sicherlich nicht behauptet werden kann. Mochte H.'s Arbeit noch so
viele Schwächen haben, den Hohn verdient sie nicht, mit welchem M.
sie überschüttet hat, und mochte man sie noch so sehr tadebi, so war ihr
doch auch das Lob ehrlichen Fleisses und ernsten Strebens zu gönnen.
470 Das Provenz ilische.
geoise, in: Bibl. de l'Ec. des Ch. 6« serie I 401 ;1SC5 ; Cexac-Moncait,
De la veritable origine de l'auteur de la cansos de la croxada, im l'In-
vestigateur 1868, und: Lettre ä M. Paul Meyer s. l'auteur de la chanson
de la croisade albigeoise en particulier et s. quelques proced.-s de eritique
en general. Paris 1869; P. Meyer, Questions s. le poenie de la Croisade
des Albigeois, in: Rom. IV 267; L. Kraack, Ueb. die Entstehung u. die
Dichter der Chanson de la Cr. eontre les Alb., in; Stexgel's Ausg. u.
Abh. Heft XV, vgl. P. Meyer, in: Rom. XIII 63G u. dagegen Stengel
in der Nachschrift zu Heft XXXVI der Ausg. u. Abh. G. Guibal, Le
poeme de la Croisade eontre les Albigeois ou Tepopee nationale de la
France du sud au 13^ s. Etüde bist, et litt. Toulouse 1S63, vgl. Heidelberger
Jahrbücher 1865 Mai. Vgl. auch u. Dorimunda u. Guerre des Albi-
geois — Daude de Pradas, Anfang des 13. Jahrh.'s, D. 436. G (No. 124)
■15, 52, 61. Li auzel cassador, p. p. C. Sachs. Brandenburg 1865 Progr.
(nur der erste Theil erschienen) , vgl. Jahrb. f. rom. u. engl. Lit. VI 343.
The romance of D. d. P. on the four cardinal vertues, ed. ■with brief no-
tes by A. Stickxey. Florenz 1879, vgl. Rom. VIII 476, Ztschr. f. rom.
Phil. III 427, R. d. l. r. 3e serie II 67, Litteraturbl. f. germ. u. rom. Phil.
1881. p. 405 — Daurel et Beton, chanson de geste provencale, p. p.
P. Meyer in den Publ. der Soc. des anc. textes frcs 1881 — Debat
d'Izarn etc. s. Izajrn — Dorimunda (soll Verfasserin der Chanson de
la croisade des Albigeois sein'. J. Malixowski, D. , dame quercynoi^e,
poete du XIL" s., im Bull, de la Soc. des Etudes du Lot VI (1*^80 574,
vgl. R. d. l. r. 1880 April, p. 35 — Epitre f arcie. G. 11. Epistel auf
den Evangelisten Johannes, Bruchstück herausg. in den Publicationen der
Societe agricole et litteraire des Pyrenees- Orientales. Perpignan 1866,
P. Meyer, in der Revue des societes savantes des departements , 4« serie
V 300. Vgl. auch Planch de Saint-Etienne — Epitre de saint Paul
aux Ephesiens et Histoire de sainte Susanne en provencal, p. p. J. Wollen-
berg, in: Herrig's Archiv XXVIII Heft 1 — Ermengau s. Matfre —
Esther. E. Sabatier, La reine E., trage Jie proven;ale. Reproduction de
l'edition de 1774 avec introduction et notes. Nimes 1877, vgl. Rom. VI
300 — Evangelium Johannis. G. 12. Prov. Uebers. des 13. bis 17. Kap.
des |Ev. Job. herausg. v. K. Hofmann, in: Gelehrte Anzeigen d. KgL bayr.
Akad. d. AVissensch. 1858 Juli, p. 73 u. 81 ; L'ev. selon s. Jean en vieux
prov. p. p. J. "Wollenberg. Berlin 1868 Progr. des frz. Gymn. ; l'ev. selon
s. Jean en prov. du XIII i" s. p. p. W. Förster in : R. d. l. r. 2^ serie V
105 u. 157. Ueber die Kindheitsevan<?elien s. Kindheit — Fabel. P.
Rajna, Frammento di una raccolta di favole in prov., in: Rom. III 291.
La Mouche et la Fourmi, conte prov., in: Rom. I 107. H. Laidet, Les fa-
hles de Lafontaine traduites librement ou imitees en vers provencaux et
mises ä la portee de toutes les intelligences. Marseille 1S79. Ueber
Peire Cardenal's Fabel (sennos vgl. G. 47 — Favre, l'abbc, geb. 1727»
gest. 1782 zu Celleneuve, Dichter in der Mundart von Montpellier, vgl-
Mushacke, die M. v. M., in: Frz. Stud. IV 3'iO. Die Quivres completes des
Abbe F. erscheinen gegenwärtig (1885) in 3 Bänden im Verlag von Coulet
zu Montpellier — Fierabras. G 15. Ausg. des prov. F. von J. Bekker in:
Das Provenzalische. 471
AbluUjrg. dir Bcrl. Akad. d. AViss. Is2*t. F. Sai iis, l'rov. Epos (Fierabras),
in: Herrijj's Archiv 20 Heft '1. K. HoK.MANN u. G. Raist, Zum prov. F., in:
Komau. Forsch. I IIT. Vgl. oben S. 317 — Flamenca. G 10. Kaynoiard,
Notice d'un poeme prov. Fl. Paris 1835 (Extr.). Hist. litt. XIX TTli. Le
roman. de Fl. publie d'apres le ms. unique de Carcasconne trad. et acconi-
pagne d'un glossaire p. P. Meyer. Paris 1805, vgl. Jahrb. f. rom. u. engl.
Lit. VII lOS u. VIII 113, Gott. Gel. Anz. 1866 S. 176. Cii. Keyillüut, de
la date possible du rom. de Fl., in: li. d. 1. r. VIII (Üctober 1875) 5, vgl.
Kom. V 122. F. "\V. Hekmaxni, die culturgeschichtl. Momente des prov.
Komans Fl., in: Stexüel's Ausg. u. Abb. Heft IV — Folquet v. Lunel,
geb. 1244, lebte noch 1284. D 478. G iNo. 154) 48. Eichelkravt , der
Troub. F. V. L. (Ausgabe Göttingen (Berlin) 1872 — Folquet v. Mar-
seille, dichtete 1180 bis 1195, starb 1231. J) 193. G (No. 155) 32, 36, 42,
Ol. S. Pratsch, Biogr. des Troub. F. v. M. Göttingen 1879 Diss. Ueber
die Nachahmung F. 's v. M. durch lludolph v. Fenis, vgl. Bartsch, in:
Ztschr. f. dtsches. Alterth. XI u. Pfalz ebenda XVIII — Francesco da
Barberino. A. Thomas, F. da B. et la litterature prov. en Italic au
moyen age. Paris 1S83 — Garins li Bruns. G (No. 163) 50, 61, Bartsch,
G. d. B., im Jahrb. f. rom. u. engl. Lit. III 399 — Gaucelm Faidit,
ungefähr 1190 bis 1240. D 293, 328. G (No. 167) 32, 34, 61. P. Meyer,
das Leben des Troub. G. F. Heidelberg 1S79 Diss. A. Tobler, Ein Minne-
sänger der Provence, iii: Neues SchAveizerisches Museum V (18Ö5) 1. Vgl.
Giorn. stör. III 38'). IV 2ü3 — Geoffroy s. Jaufre — Girartz de Ros-
silho. G 4, 14 f. Hist. litt. XXII 107. Hdss. u. Ausgg.: 1) Hds. der Bod-
leiana in Oxford, Canon, misc. 63; diplomat. Abdruck mit Bemerkungen v.
"W.FÖRSTER, in: Rom. Stud.Vl; Abdruck der ersten 3190 Verse bei Mahn,
Gedichte d. Troub. No. 300 u. 401. 2; Pariser Hds. Bibl. nat. fonds fran-
cais 2180, anc. 7991. Ausg. von C. Hofmaxn. Berlin 1855 57 diese Ausg.
mit der Hds. neu verglichen v. F. Apfelstedt, in: Rom. Stud. V 283, u. v.
Fr. Michel. Paris 1856. 3, Londoner Hds. Bibl. Harleiana 4334. Diplomat.
Abdruck von J. Stürzixger, in: Rom. Stud. V 203 vorher auch in Michels
Ausg. S. 285 abgedruckt . 4 Fragment v. Passy, im Besitze von P. Meyer,
Abdruck eines Stückes davon im Jahrb. f. rom. u. engl. Litt. XI 120.
Eine kritische Ausgabe der Dichtung fehlt leider noch immer. Ueber-
setzung: G. d. R., chanson de geste, traduite p. la premiere fois p.
P. Meyer. Paris 1884. Erläuterungsschriften: R. Heiligbrodt, Synopsis
der Tiradenfolge in den Hdss. des G. d. R., in: Rom. Stud. IV 121;
K. Müller, Die Assonanzen in G. d. R., nach allen erreichbaren Hdss.
bearbeitet, in: Französ. Stud. IH 289; P. Meyer, Etudes s. la chanson
G. de R., in: Bibl. de l'Ec. des Ch. 1860 Sept. u. Oct., vgl. Jahrb. f.
rom. u. engl. Litt. XII 110; P. Meyer, La legende de Girart de R. Texte
latin et ancienne traduction bourguignonne, in: R. VII 101; P. Meyer,
»dia« dans G. de R., rectification ä Diez, in: Rom. V 113; K. Hofmaxn,
Zur Erklärung u. Chronologie des G. de R., in: Rom. Forsch. I 137;
A. LONGNüN, G. de R. dans l'histoire, in: Revue historique 1878, p. 242,
vgl. Rom. Vin 138; R. Köhler, Die Beispiele aus Geschichte u. Dich-
tung in dem altfrz. Romane von G. de R., in: Jahrb. f. rom. u. engl. Spr.
472 Das Provenzalische.
u. Lit. XIV 1; E. Clekc, G. de 11., recit du IX s. , d'apres les textes
originaux et les dernieres decouvertes faites en Franche-Conite , avec les
plans des champs de bataille de Chäteau-Chalons et de Portalier. Paris
1869; Kaxxegiesser, Ueb. G. de R., in: Herrig's Archiv XXIV 369; K.
ScHWEPPE, Etudes s. G. de R., suivies de la partie inedite du ms. d'Ox-
ford. Stettin 1878 Diss. , vgl. Rom. VIII 128; De Guberxatis, G. de R.,
in: Rev. internationale II 6; Hent.'^CHKE, Die Verbalflexion im Oxforder
Roland. Halle 18S3. Breslauer Diss. Altfranzösischer Versroman von G. de
R. , herausg. von Migxard. Dijon 185S, vgl. Journal des Savants 1860
April. G. M. Breuer, Sprachl. Untersuchung zu G. de R., herausg. v.
Mignard. Bonn 1884 Diss. Chroniques des falz de feurent Monseigneur
G. de R., ä son vivant duc de Bourgoigne et de dame Berthe, sa femme etc.,
que ISIartin Besancon fist escripre en l'an MCCCCLXIX p. p. la premiere
fois etc. p. L. DE Moxtille. Paris 1880, vgl Rom. IX 314) — Goudelin
oder Goudouli, Pierre, geb. zu Toulouse 1579, gest. ebenda 1649. Aus-
gaben seiner lyrischen Dichtungen in prov. Sprache erschienen 1648, 167S,
1693. Kannegiesser. Ueb. d. prov. Dichter G. nebst Uebersetzungsproben
seiner Gedichte, in: Herrig's Archiv XXVII Heft 1; E. Marzials, Chant
royal, translated from the Provencal of P. G. , in: The Academy 1880,
Juli 30 — Ch. Gro.s, l'Aoutouna de la vida, l'Oumbra de Charles Martel,
lou cant daou latin. Montpellier 1S79, la Maire e l'Enfant, in: R. d. 1. r.
3e Serie I 130 — Guerre des Albigeois Prosaauflösung der Chanson
de la Croisade des A.; G. 64. Ausgaben: Vaissette, Hist. de Languedoc
t. III, Preuves, p. 1; BoUQrET, Recueil des historicns des Gaules XIX 114:
Histoire anonyme de la guerre des Albigeois. Nouv. ed. revue et corrigee
s. l'edit. des benedictins etc. Avec vm glossaire etc. par un indigene. Tou-
louse 1863. Uebersetzung von Gl'izOT, in der Colleotion des memoires XV 1
— Guerre de Navarre s. Guillem Anelier — Guillem Anelier
G No. 204 17. Glsi, G. A. v. Toulouse, vier prov. Gedichte »Rügeliederj
herausg. von A. Gisi. Solothurn 1877, vgl. Ztschr. f. roni. Phil. II 130.
Histoire de la guerre de Navarre, p. avec une traduction et des notes. p.
F. Michel. Paris 1856 'in der Collection de documents inedits sur l'hist.
de Fr. Serie I Ji.) R. Diehl, G. A. v. Toulouse, der Dichter des zweiten
Theiles der Albigenser Chronik. Marburg 1S85 (in Stengels Ausg. u.
Abb. Heft XXXVL — Guillem de la Barra s. Arnaut Vidal — Gu-
illem del Baus. D 219. G No. 2o9 62. Ein Facsimile der Biographie
G.'s d. B. ist in der Sammlung Monaci's gegeben — Guillem de Ber-
guedan. D 182, 343. G No. 210) 41, 62. G. de B., Lieder, herausg. v.
A. Keller. Mitau 1849. K. Sacils, Beiträge zur prov. Poesie idrei Lieder
G.'s de B. übersetzt u. commentirt , in: Herrig's Archiv XV 245. Bart.sch,
G. V. B., in: Jahrb. f. rom. u. engl. Lit. VI 236 u. VIII 126 — Guillem
de Cabcstaing, starb zwischen 1181 u. 1196. D 67. G iNo. 213) 62.
F. Hüefer, Der Trob. G. de C, sein Leben und seine "Werke, nebst Ausg.
seiner Lieder. Berlin 1869 Diss. E. Besciinidt, Die Biographie des Trob.
G. de C. u. ihr historischer Werth. Marburg 1879 Diss., vgl. Litteraturbl.
f. germ. u. rom. Phil. I 65, Giorn. di filol. rom. II 75. V. Balagver, G.
de C, in: Rev. du Monde latin V 228 — Guillem Figueira. 1) 454.
Das Provenzalischc. -J7;{
G No. 217 3;<, l)-2. E. Lew, G. F.. ein prov. Troub. 'entliiilt aucli eine
Ausg. der Lieder. Berlin 18S0 Diss. , vgl. Ztschr. f. rom. Phil. IV 43S,
Rom. X 2()1. P. Rajna, Un serventese contro Koma ed un canto alla
vergine, in: Giorn. di fUol. rem. I 84 u. II 73 — Guill em IX v. Poito,
reg. 1087 bis 1127. 1) 3. G No. 1S3) 15, 35, 61. Die Lieder G.'s IX,
Grafen v. Peitieu, herausg. v. Holl.wd u. Kelleu. Tübingen 1S5U.
K. Bartsch, l'eb. das Leben u. die "Werke Wilhelms IX, Grafen v.
Poitiers. Hildesheim 1S79, vgl. Litteraturbl. f. germ u. rom. Phil. 188u,
S. Iü9; M. Sachse, üeb. das Leben u. die Lieder des Troub. Wilh. IX,
Graf V. Poitou. Leipzig 1880 Diss. K. Bartsch, Der älteste Troub., in:
Magaz. f. Lit. des In- und Auslandes 1883; L. Palustre, Histoire de
Guill. IX dit le troubadour, duc d' Aquitaine. Paris 1882 ,'Extr. des Mem.
de la Soc. des antiqu. dd'Ouest;: P. Ra.ixa, La Badia di Niort, in: Kom.
VI 249 — Guiot V. Provins«. G. 19. G. v. P., altfrz. u. deutsch nebst
AVörterb. herausg. v. "SVolfart u. San Marte. Halle 1861. L. Eisentraut,
Grammatik zu G. v. P. Kassel 1872 — Guiraldenc, gest. 1869, vgl_
Mushacke. Die Mundart v. Montpellier in Franz. Stud. IV 331, Poesies
languedociennes, p. p. Koque-Ferrier, in : R. d. 1. r. (bei Mushacke fehlt
die Angabe; XVII 220, XVIII 90, XXII 80, 89, 2S1 , 283, 285, 289 —
A. Guiraud, geb. 1778, gest. 1849 (ob identisch mit dem französ. Dra-
matiker gleichen Namens?', vgl. Mushacke a. a. O. 330, verfasste zwei
Dramen »La Font-Putanella«, aufgeführt 1S08 zu Montpellier, u. »Que i'a
de nöu«, beide herausg. von A. Glaize, in: R. d. 1. r. IV 142, 321, 634 —
Güiraut Riquier, ungefähr von 1250 bis 1294. D 408. G (No. 248) 35,
30, 37, 39, 48, 49. Bartsch, Ueb. d. prov. Dichter G. R., in: Herrig's
Archiv XMI 137 — Honorat. G 23 u. 88. P. Meyer, La vie latine de
s. H. et Raimon Feraud, in: Rom. VIH 481 u. 633, vgL Ztschr. f. rom.
Phil. III 611. S. Hosch, Ueb. die Quellen u. das Verhältniss der prov. u.
der lat. Leben.sbeschreibung des hl. H. Berlin 1877 Diss., vgl. Ztschr. f. rom.
Phil, n 136; E. STENGEL, Die wieder aufgefundene Quelle von Raimon Fe-
rauts prov. Gedicht auf d. hl. H. u. der 1501 gedruckten lat. Vita. s. Hono-
rati, in : Ztschr. f. rom. Phil. II 584 ; Roque-Ferrier, Sur un miracle de la
»vida de sant Honorat" et sur la data probable de la composition du »Sant
Hermentari«, in: R. d. 1. r. 1881 Nov.; Raimon Feraud, La vida de sant
Honorat, legende en vers provencaux p. p. la premiere fois en son entier
par les soins et aux frais de la Societe des lettres, sciences et arts des
Alpes-Maritimes avec de nombreuses notes explicatives par A. L. Sakdou.
Nizza 1S75, vgl. Rom. V 237; E. Stengel, La leggenda die San Porcario
secondo il cod. 1102 della bibl. municipale di Lyon, rifacimento del libro V
della Vida di Sant Honorat di Raimon Feraut, in: Giorn. di filol. rom.
I 216 — Izarn. G 16. Las novas del heretge, zum Theil gedruckt b. Ray-
NOUARD, Choix etc. V 228 u. b. Bartsch, Chrest. * 187. Le debat d'Izarn
et de Sicart de Figueiras, p. p. P. Meyer, in: Annuaire-BuUetin de la
Soc. de l'hist. de France XVI (1879), 233, vgl. Rom. IX 340, Litteraturbl.
f. germ. u. rom. Phil. 18S0, S. 260 u. 320, Ztschr. f. rom. Phil. IV 582 —
Jaufre de Pons. G No. 261. C. Chabaneau, Les troubadours Renaud et
Geoffrov de Pons. Paris 1881 (Extr. du Courrier litteraire de lOuest 1880
474 I^äs Provenzalische.
Nov. u. Dec.) — Jaufre. Le roman de J. Hist. litt. XXII 224. Bartsch,
Grundriss 17 f.; gedruckt mit zahlreichen Lücken b. Kaynouard, Lexique I
4S, vgl. C. HüFMANN, Sitzungsberichte der Münchener Akad. d. AVissensch.
Philos.-hist. Cl. 18G8 II 167 u, 343; ein Stück kritisch edirt b. Bartsch,
ehrest. 4. Ausg. 247. O. Petry, Le r. d. J. Beiträge zur altprov. Lit. Rem-
scheid 1873 Progr. — Jaufre Rudel 1140 bis 1170. D 46. G (No. 262)
62. A. Stimmino, J. R., sein Leben u. seine "Werke. Kiel 1873 — Kind-
heit. Reinsch, Die Pseudo-Evangelien von Jesu u. Maria's Kindheit in
der roman. u. germ. Litt. Halle 1879. Kressner, Die prov. Bearbeitung
der Kindheit Jesu, in: Herrig's Archiv 58, 291 u. 59, 33. E. Slchier,
Ueb. prov. Bearbeitungen der Kindheit Jesu in: Ztschr. f. rom. Phil. VIII
522 (Liber de infantia Mariae et Christi salvatoris ed. O. Schade. Halle
1S69; — Lais. G 38. K. Bartsch, Zwei prov. Lais, in: Ztschr. f. rom.
Phil. I 58 ; Zu den prov. L., ebenda II 75 — Lambert. Bethlehem, aus
den neuprov. Liedern des Pfarrers Lambert ausgewählt u. frei übertragen
von Kreitex. Freiburg 1882 — Lapidaire, P. Meyer, Fragments inedits
d'un lap. prov., in: Jahrb. f. rom. u. engl. Lit. IV 78 — Legende. Graf,
Un testo prov. della legenda della croce , in : Giom. di filol. rom. IV 99.
G §§ 7. 20. 37. 47. 54, vgl. Ztschr. f. rom. Phil. VII 168 — Leys d'a-
mors. G 90. Ausg. v. Gatien Arnoult. Toulouse 1841, 3 Bde., vgl.
F. Wolf, Studien etc. 235. Toblek, Die L. d'a., in: Jahrb. f. rom. u.
engl. Lit. VIII 353 — Leudaire. F. Pasquier, Leudaire de Saverdun
(14. dec. 1327) in: R. d. 1. r. 3e serie II 105, vgl. Rom. IX 156 — Lu-
dus sancti Jacobi. G 86. Arnaud, L. s. J., fragment de poeme prov.
p. p. A. Marseille 1S5S, vgl. Jahrb. f. rom. u. engl. Lit. III 196 — Lu-
quet Gatelus (Luchetto Gattilusio, G No. 290. T. Casixi, Un trovatore
ignoto del secolo XIH, in: Rassegna settimanale 1880, Juni 6, vgl. Rom.
IX 489 u. X 324 — Marcabrun, 1140 bis 1185. D 37. G (No. 293) 35,
62. SucHiER, Der Troub. M. in Jahrb. f. rom. u. engl. Spr. u. Lit. N. F.
II 119 u. 273, vgl. Rom. VI 119 u. Ztschr. f. rom. Phil. 1479. P.Meyer,
M., in: Rom. VI 119, vgl. Ztschr. f. rom. Phil. 11 186. C. Chaha.xeav, in:
Rom. VIII 125 — Marguerite d'Oyngt. CEuvres de M. d'O., prieure de
Poleteins, p. p. E. Philipox. Lyon 1877, vgl. Rom. VII 142 — Matfre
Ermengau. G (No. 297,i, 45, 53. Le Breviari d'amor de M. E. p. p.
G. AZAIS. Paris 1862/81 2 Bde., vgl. Jahrb. f. rom. u. engl. Lit. IV 421
u. C. Sachs, Das prov. Gedicht Br. d'a. des M. E. , in: Herrig's Archiv
XXV 413, XXVI 40, XXXIII 247; R. AVeisse, Die Sprachformen M. E.'s,
in: Ztschr. f. rom. Phil. VII 390 — A. Mathieu, I-a Farandoulo, poesie
proven9ale avec trad. frcse et avant-])ropos de F. Mistral. 2*^^ cd. Avignon
1868 — Merlin. CnAB.^XEAT, Traductiou i)roven9ale du roman de M.,
in: R. d. 1. r. 1882 Se])t. — MiRACLE. ULRICH, Miracles de Notre-Damc
en prov., in: Rom. VIII 12; CHILI), Sur le m. de Jesus-Christ, in: Rom.
VUI 428; Mi's.-^AFIA, Sui »Miracles de Notrc-Dame en prov.«, in: Rom. IX
300 — Mistral, Frederic, s. oben S. 459. Französ. Uebers. der Mireio
(Mireille) in Versen von E. RiGAvn, 3«^ ed. Paris 18s2 u. von C. Hexxion.
Tours 1879. Deutsche Uebers. v. Frau B. M. Dorieix-Brotheck. Heil-
bronn 1880, vgl. Magaz. f. Lit. des In- u. Auslandes 1S81. Üriginalaus-
Das Provenzalische. 475
gaben der Mireio sind (mit frz. Vrosaübersetzungl in Paris bei Charjuntier
erschienen. F. Mistrals Calendau. Aus dem Prov. von J. "Wkstknuökfek.
1. Gesang. Mülhausen i. E. ISS«. J. Saint-Kkmy, Mi.stral. Gap 1883. W.
Gi.AiZK, Mistral ä Toulouse, in: K. d. 1. r. 3»' scrie 11 194. Lina Schneider,
F. M., in: Magaz. f. Litt, des In- u. Ausl. 1879 — Mönch v. Montau-
don, 1180 bis 12Ü0. 1) 270. G (No. 30.-)) 33, 40, 62. Hist. litt. XVIII 5(15.
G. M. Baubieui, Deir origine^della pocsi:\ rimata. Modena 1790, S. lol.
F. PiiiLirrsoiiN, Der M. v. M., ein prov. Troub., sein I-eben u. seine Ge-
dichte, bearbeitet u. erläutert mit Benutzung uncdirter Texte etc. Halle
1873 Diss., vgl. Gott. Gel. Anz. 1871, I 278. SrcuiER im Jahrb. f. rom. u.
engl. Spr. u. Lit. XIII, N. F. I 339. O. Klein, Die Dichtungen des M. v. M.,
neu herausg. v. O. K. Marburg 1885. (Stengel's Ausg. u. Abh. VII);
E. Sabatieu, Le Moine de Montaudon. Nimes 1879 — Mysterien. Cha-
EANEAl", Fragments d'un mystere provencal decouverts ä Perigueux, in:
Bull, de la Soc. hist. et arch. du Perigord , vgl. Korn. IV 152. P. Rajna,
In nuovo mistero provenzale in Giorn. di filol. rom. III lUü, vgl. R. d.
1. r. '6^ Serie IV 199 u. llevue des Soc. sav. des dep. 6^ serie III (1876)
429. A. Thomas, Le m. de la Passion ä Martel (Lot) en 1526 et 1536, in:
Rom. Xni411. Vgl. auch Agnes, Ludus Jacobi u. Saint Eustache.
— Nobla Leyczon. G 84. E. M.\TZNER, La n. 1. mit Einleitung, Uebers.
u. Anni. herausg. Berlin 1845. Progr. ; C. DÜHR, La n. 1., Text u. Uebers.
nebst meist etymolog. Noten Friedland 1869 Progr.; Ebrard, Ueb. das
Alter der n. 1., in: Ztschr. f. hist. Theol. 1864, S. 316, vgl. ebenda 1865,
S. 160 u. 506 (vgl. auch oben S. 438 u. 463 die Litteraturangaben üb. die "NVal-
denser) — NovasdelPapagai, Novelle des Arnaut de Carcasses, herausg.
v. Bartsch, Chrest.* 259; G 21. A. Weseloffsky , Un nouveau texte des
Novas del p., in: Rom. Vn327, vgl. Riv. di fil. rom. I 36 — Passion. G"
u. 22. La Passion du Christ, poeme prov., p. p. Edström. Götaborg 1877,
vgl. Rom. VI 613. Marius Sepet, La Passion du Sauveur, mystere prov. du
Xm«" s. in L'Union 1880, März 2<), vgl. R. d. 1. r. 18S0 April bis Juni, vgl.
Mysterien — Pastourellen. G 36. Lew, Une past. prov., in: R. d. 1. r.
3«^ Serie t. A'II Febr. J. Bkakelmann, Die Past. in der nord- u. südfrz.
Poesie, in: Jahrb. f. Vom. u. engl. Lit. IX 155 u. 307. O. Schultz, Das Ver-
hältniss der prov. P. zur altfrz., s. ob. S.465 — Paulet deMarseilla, um
1260. D 471. G (No. 319) 37. E. Levy, Le troubadour P. de M., in: R.
d. 1. r. 18S2 Juni — Peire Cardinal, 121(i bis ungefähr 1231. I) 359.
G (No. 335; 33, 47, 62. Chabaneau, Sur un vers de P. C, in : R. d. 1. r.
3« Serie II 108, vgl. Rom. IX 159 (Cll. will atre v. agrum ableiten . F. W.
Maus, P. C.'s Strophenbau in seinem Verhältnisse zu dem anderer Trou-
badours etc., in Stengel's Ausg. u. Abh. Heft V — Peire de Corbiac.
G (No. 338) 37, 52. C. Sachs, Le tresor de P. de C. en vers prov. p. p.
C. S. Brandenburg 1859. Progr. d. Realsch. — Peire Regier, \\''(\ bis
1180. D 79. G (No. 356 62. C. Appel, Das Leben u. die Lieder des Troub.
P. R. Berlin 1882 Diss. — Peire Vidal, 1175 bis ungefähr 1215. D 125.
G (No. 364, 32, 34, 42, 62. P. V.^s Lieder herausg. von K. Bartsch. Berlin
1857. P. Mey'ER, Explication de la piece de P. V. »Drogoman seiner, s'agues
bon destrier", in: Rom. II 423 — J. Petit, Flors y espines, cansous novas.
476 l^as Provenzalische.
Perpignan 18T9 — Plainte. Ch. Bemont et P. Meyer, Plainte du vi-
comte de Soule contre Simon, comte de Leicester. Texte vulgaire du pays
de Soule in Rom. V 367 — Pons de Capdoill, 1150 bis ll'JO. I) 207.
G (No. 375) 34, 41, 63. M. v. Napolsky, Leben u. Werke des Troub.
P. de C. Marburg (Halle) 1880 Diss., vgl. Rom. X 261. Vgl. oben Guillem
de Figueira — Prise. La P. de Damiette en 1219, relation inedite prov.,
publ. et commentee p. P. Meyer. Paris 1877, Abdruck aus Bibl. de lEe.
des Ch. t. 37 (1877j 497. P. Meyer, De captione Damiatae fragm. provin-
ciale. Ed. et versione gallica ornavit. Accedit prophetiae cuiusdam ara-
bicae in Latinorum castris ante Dam. vulg. versio quadruplex. Genf 1879,
vgl. R. d. 1. r. 3e Serie III 289, Lit. Centralbl. 1880 No. 30 — loa Franc
Provencau, Almanac de la Provence. Droguignan, seit 1876 — Psalmen.
Chabaneau, Traduction des psaumes de la penitence en vers prov. in:
R. d. 1. r. 1881 (Mai), 209 — Raimbaut de Vaqueiras, 1180 bis 1207.
D 216. G (No. 392) 34, 38, 39, 41, 63. K. Hopf, Bonifaz v. Montferrat,
der Eroberer v. Konstantinopel, u. der Troub. R. de V., herausg. v.
L. Streit. Berlin 1877. Facsimile der Biographie des R. de V. nebst einer
Canzone desselben in Monaci's Sammlung. Rom 1881. Las frevols venson
le plus fort etc. Nach Paris. Bibl. nat. F. frc. 850 fol. etc. herausg. v.
A. Tobler). Berlin 1882 (als Mnnuscript gedruckt gelegentlich eines Vor-
trags in der Gesellschaft f. neuere Sprachen). G. Cerrato, II »bei cavaliere«
di R. de V., in: Giornale storico IV 81. Chabaneau, Sur deux vers de
R. de V., in: R. d. 1. r., 3e serie VII (1882 Mai) 240 — Raimon de
Castelnou. G No. 396, vgl. Bartsch, in: Ztschr. f. rom. Phil. VII 160
— Raimon Feraut. G 22, 23, 52, s. oben Honorat — Raimon Vidal.
[G (No. 411) 21, 66], lebte in der ersten Hälfte des 13. Jahrh.'s; didactische
Eizählung vom Verfalle der Poesie, abgedruckt b. B.VRTScn, Denkmäler 144
— Rainaut de Pons. G (No. 414) 63. Chabaneau, Les troubadours Re-
naud et Gcoffroy de Pons. Paris 1881 — Rambertino Buvalelli. T. Ca-
siNi, La vita e le poesie di R. B. , trovatore del sec. XIII. Bologna 1880.
(Aus dem Propugnatore t. XII [1879], p. II , S. 82) Le rime provenzali di
R. B., trovatore bolognese del sec. XIII (ohne Namen des Herausgebers).
Florenz 1885. Per nozze Venturi-Casini — Recettes, E. Bondurand,
Fragment de recettes medicales, in: Rom. XH 100 — Renard. Lou R.
prov., rouman en douge cant acampa, adouba e publica per lou felibre
d'Entre-Mount. Aix 1878 — Richard de Berbezill (Barbezieux ).
G (No. 421) 63. A. Thomas, R. de B. et le Novellino, in: Giorn. di filol.
rom. t. III (Juli l&80j 12, vgl. Ztschr. f. rom. Phil. VII 163 — Roger
de Parme. G 68. A. Thomas, La Chirurgie de R. de P. en vers prov.,
in: Rom. X 63, vgl. Häser, Geschichte der Medicin. 2 Ausg. Jena 1853,
1341 — Roumanille, Joseph, s. oben S. 459. Li Margarideto 1847.
Le Campano mountado 1857. Lis oubreto en vers 1859, 2^' ed. 1864. Lou
Mege de Cucugnan 1863. Lis entarro chin galejado boulegarello 1874. Con-
tes provencaux. Avignon 18S3. Begründer des felibristischen Organes Ar-
mana proven9au, seit 1S59. J. Saint-Remy, Joseph Roumanille. Gap 1883
— Roumieux, Louis, aus Nimes, Dichtungen in der R. d.i. r. 2« serie
111(1877) 144, IV 83, 283; ausserdem: I-a Cigalo, cansour. Avignon 1877.
Das Provenzalische. 477
La Toumo. Arles 1^77. A. Jean Keboul. Nimes Ib'l. Uno tistu de fanüho.
Avignon 1S77 u. a. m. — Rouviere, L6on, geb. 1810, gest. 184S,
Dichter in der Mundart von Montpellier, vgl. Mi'SIIACKe a. a. O. p. '.VSl.
Travestie des ersten Buches der Aeneide in R. d. 1. r. XIX 183, 242; »La
Couqueta daou Inlache la coquettc du village« u. »Lou Poutou lebaiscr«,
in: R. d. 1. r. XIX 251 — Saboly, Nicolas, geb. zu Monteux (Vaucluse)
1614, gest. zu Avignon 1675. P. Faurv, Saboly, etude litteraire et histo-
rique, avec un examen du ms. conserve ä la bibl. dlnguimbert. Carpen-
tras 1S76. Biaxcey, Centenaire de S. Discours prononce ä la seance so-
lennelle de la soc. litt. d'Apt, tenu ä Monteux le 31 aoüt 1875. Avignon
1S78 — Saint-Amador , V. Lieutavd, La vida de S.-A., texte prov.
inedit du 14 s. , p. p. V. L. Marseille 1S78, siehe auch unten S. önO —
Saint-Andre. J. Fazy. Le mystere de St.-A. par Marcellin Riehard, 1512,
decouvert en lb7S et publie avec une introduction etc. p. J. F. Aix 1SS3,
vgl. Rom. XIII 134 — Saint-Ben ezet. La vie de St-B., texte prov. du
13 s., accompagne des actes en latin, d'une traduct. et de notes bist, par
J. H. Albaxes. Marseille 1S76. F. Lefort, La legende de s. Benezet etc.
Le Mans 1S7S 'Abdruck aus der Rev. des quest. bist. 1878 April I) —
Sainte-Douzeline. G 5S. La vie de s. D., composee au 13«?s. en langue
prov., publ. p. la premiere fois avec la trad. frcse et une introduct. crit.
et bist, par J. H. Albanes. Marseille 1879, vgl. R. d. 1. r. 3^ serie IV 20
— Sainte-Enimie. G 23. La vie de s. E. p. p. C. Sachs. Berlin 1857,
vgl. Germania III 383. Cox.stans, Quelques mots s. la topographie du
pöeme prov. intitule: Vie de s. E. , in: R. d. 1. r. 3^ serie II No. 11 12 —
Saint-Etienne, GIO. Planch de Sant Esteve, abgedruckt b. Raynouard,
Choix etc. II 146, Bartsch, Chrest.^ 21, vgl. P. Meyer in Rev. des so-
cietes sav. des dep. 4« serie V 299. L. Galdin, Epitres farcies de s.
Et. en langue romane, in: R. d. 1. r. 11 133. G. Paris, Une epitre frcse
de s. E. provencalisee, in: Rom. I 363, vgl. X 218 — Sainte-Euphro-
syne (Castissima;. A. Boucherie, La vie de s. E. Paris 1872 (Extr.
de la R. d. 1. r.j, vgl. Rom. I 238 — Sainte-Fides v. Agen u. v. Ro-
vergue) , vgL Bartsch, Grundriss S. S — Saint-Eu stäche. P. GuiL-
LAVME. Le mystere de s. E., in: R. d. 1. r. 3'" serie VII 105 März 1SS2 u.
folgende Monate — Sainte-Marguerite. Vie de s. M. en vers romans
p. p. XoULET. Toulouse 1S75 Extr. des Mem. de TAcad. des scienc, in-
script. et belles-lettres de Toulouse, 7^ serie t. VII, — Sainte-Marie.
Vie des saintes M. Jacobe et M. Salome, suivies d'une novaine et de quel-
ques cantiques populaires, p. p. Tabbe Moreau. Montpellier 1ST9 —
Sainte-Marie-Madeleine. Chabaxeau, S.-M.-M. dans la litt. prov. I. Vie
de s. M.-M. extraite d'une traduct. prov. de la Legenda aurea, in: R. d.
1. r. 3e Serie IX 105 1883 März u. folgende Monate — Secretum.
ReDvSCH, Ueb. das secretum seoretorum des Pseudo- Aristoteles ah Quelle
eines noch unveröffentlichten prov. Gedichtes, in: Herrig's Archiv LXVIII 9
— Sermons. P. Meyer, Sermons limousins, in: Jahrb. f. rom. u. engl.
Lit. VII 74. Chabaneau, Sermons et preceptes religieux en langue doc,
in: R. d. \. r. XVIII 105 Sept. 1880; u. XXII 155 (Oct. 1882) P. Meyer,
Une homelie prov. du XV s., in: Bull, de la soc. des anc. text. 1883 II 61.
478
Das Provenzalische.
Armitage, Sermons du 12 s., en vieux prov. p. p. F. A. Heilbronn 1884
— Sibylle. G ^3. MiLÄ Y Fontanals, El canto de la Sibila en lengua
de oc, in: Rom. IX 353 — Sorts. CHABAXEAr, Les sorts des apötres, p. p.
B. DusAN 1866 (wo? s. R. d. 1. r. t. XIX 63); par Jolibois in den Noten
zu N. Peyuat's Histoire des Albigeois t. lH; par Chabaxeau. Paris 1881,
dazu Addition in: R. d. 1. r. XIX 63 (Febr. 1882) — Tenzone. K. HoF-
MAXN, Ein prov. Ineditum ^Tenzone von Aycard u. Girard) in: Roman.
Forsch. I 135 — Virgil. A. BouciiERiE, Fragment dun commentaire s.
Virgile, tire d'un ms. de Montpellier du lU« s., in: R. d. 1. r. VI 415, vgl.
Rom. IV 145.
Schlussbemerkung. So begreiflich es auch ist, class
die Studierenden der neueren Philologie sich vorwiegend mit
dem Französischen beschäftigen, und so gewichtige praktische
Gründe sich auch hierfür geltend machen lassen , so ist es
doch eine beklagen swerthe vmd gerade auch auf das Studium
des Französischen höchst nachtheilig zurückwirkende Einseitig-
keit, wenn, wie häufig geschieht, der Studierende die Beschäf-
tigung mit den übrigen romanischen Sprachen völlig vernach-
lässigt, denn er versperrt sich dadurch den Weg zur wirklichen
wissenschaftlichen Erkenntniss gerade des Französischen. Zum
Mindesten sollte , wer französische Philologie studiert , das
Provenzalische als die dem Französischen nächstverwaudte und
mit ihm in engsten und vielseitigsten Beziehungen stehende
Sprache in den Kreis seines Studiums einbeziehen. Sehr wün-
schenswerth wäre, dass dies durch das Prüfungsreglement ge-
radezu gefordert würde , da eben das Studium des Provenza-
lischen eine iiotliAvendige Ergänzung z\i demjenigen des Fran-
zösischen bildet. Freilich wird hierbei vorausgesetzt , dass
zuvor die unnatürliche Verkoppelung des Französischen mit
dem Englischen im akademischen Studium gelöst werde, denn
so lange, wer die volle LehrbefUhigung im Französischen er-
strebt, diese auch im Englischen zu erlangen sich zu bemühen
pflegt , wird man es dem Studirenden der neueren Philologie
nicht verargen können , wenn er nach Möglichkeit auf Fran-
zösisch und Englisch sich beschränkt : hat er doch auch in
dieser Beschränkung, weil sie zugleich eine Zersplitterung in
sich schliesst, noch wahrlich Arleit genug! Und auch von
denjenigen der akademischen Professoren der Neuphilologie,
Avelche noch immer das llomanische und das Englische zu
vertreten haben, kann, da sie doch eb.n auch nur Menschen
Da3 Catalanische. 479
sind lind nur über eine menschlich begrenzte J^eistungsfähig-
keit verfügen, billigerweise nicht erwartet werden, dass sie in
ihren Vorlesungen und Uebungen neben dem Französischen
und dem Englischen auch noch dem Provenzalischen eine
eingehendere Berücksichtigung zu Theil werden lassen. Dazu
langen Kraft und Zeit nicht aus. In Zukunft wird es gewiss
sich als nothweudig herausstellen, an den Universitäten neben
der jetzt schon bestehenden einen Professur für rom. liiilo-
logie uoch eine zweite zu errichten, um die erforderliche Ge-
sammt vertretiini? dieser Wissenschaft zu erreichen.
Zweites Kapitel.')
Das Catalauische.
§ 1. Das Gebiet des Catalanischen.
1. Das Gebiet des Catalanischen umfasst: a; die frühere
Grafschaft Catalonien [die jetzigen spanischen Provinzen: Tar-
ragona, Barcelona, Gerona, Lerida): b das frühere Königreich
Valencia 'die jetzigen spanischen Provinzen: Alicante, Valen-
cia, Castellon); c die balearischen Inseln; d die Pityusen :
e) die frühere Grafschaft Roussillon ungefähr jetziges Departe-
ment des Pyrenees-Orientales; : [f) einen kleinen Bezirk (Al-
ghero auf der Insel Sardinien]. Vgl. Xo. 3.
2. Die Zahl der Einwohner der genannten Gebiete be-
trägt nach der Zählungr von ISS 3:
Catalonien:
Tarragona
Barcelona
Gerona
Lerida
339 904
S53 5S6
301 536
2S6 041
Valencia :
Alicante
Valencia
Castellon
423 445
703 260
299 352
Balearen u.
Pitv
usen
302 152
Dep. des Pyrenees-Orienta
les:
2uS S55
Sa.
3 71S 131
1, Die zu diesem Kapitel gehörigen Litteraturangaben sind in deoi
letzten Paragraphen desselben zusammengestellt.
480 -Dä^ Catalanische.
Die Gesamratzahl der catalanisch Redenden ist mithin
eine verhältnissmässig beträchtliche, aber freilich ist zu lieach-
ten. dass das Catalanische nirgends die alleinherrschende Spra-
che ist, sondern in seinem Hauptgebiete das Spanische als
Umgangssprache neben sich und als Amtssprache über sich hat.
3. Im Mittelalter gehörte auch Aragonien dem catalani-
schen Sprachgebiete an, oder vielmehr bildete das Aragone-
sische ein zwischen dem Catalanischen und dem Castiliani-
schen liegendes Mittelidiom. Vermuthlich hat im Mittelalter
das Catalanische auch jenseits der Pyrenäen sich beträchtlich
weiter als gegenwärtig erstreckt.
§ 2. Bemerkungen über die Geschichte des Ca-
talanischen (vgl. auch unten § 7).
1. Auch die wenigen ältesten erhaltenen catalanischen
Sprachdenkmäler ^ein Planctus S. Mariae virginis \ind ein
Planctus Sancti Stephani] reichen nur in das 13., bezw. in
das 12. Jahrhundert hinauf: die darüber hinausliegende Sprach-
geschichte ist, M'enigstens noch gegenwärtig, in vollständiges
Dunkel gehüllt. Es scheint , dass in prälitterarischer Zeit
Provenzalisch und Catalanisch eine Spracheinheit gebildet ha-
ben , welche durch Weiterentwickelung von mundartlichen
Verschiedenheiten erst später in eine Zweiheit sich spaltete.
Jedenfalls aber steht seit Beginn der litterarischen Zeit das
Catalanische dem Provenzalischen als zwar nah verwandte,
aber doch selbständige Schwestersprache gegenüber , ist ihm
nicht als Dialect untergeordnet. Von dem Spanischen aber
scheidet sich das Catalanische ebenso scharf wie das Proven-
zalische, so dass von einem Dialectverhältnisse zwischen Ca-
talanisch und Spanisch gar nicht die Rede sein kann.
2. Die Sprache, welche der (vom 13. bis zum Ki. Jahr-
hundert blühenden) altcatalanischen Littcratur als Organ diente,
zeigt ungefähr den gleichen Grad der Ausbildung wie die
provenzalische und ist von der letzteren in ihrer Entwickelung
zweifellos beeinflusst worden. Wie das Altprovenzalische, so
scheint auch das Altcatalanische eine schriftsprachliche, über
die Dialecte sich erhebende Gestaltung besessen zu haben.
3. Schon die frühzeitig 1137) erfolgte politische Verbin-
dung Catalonions, bzw. der Grafschaft Barcelona mit dem
Das Catalanischc. 4gl
Königreiche Aragonien -vvar der selhstiiudigeu Entwickelung
der eatalanischeu Sprache insofern nachtheilig, als dadurch,
weil Aragonien von jeher castilianischem Spracheinfiusse zu-
gänglich war, diesem auch Zugang in das eigentlich catala-
nischc Gehiet eröftnet wurde. Indessen ward doch die Selb-
ständigkeit des Catalanischen noch nicht direct bedroht. Dies
geschah vielmehr erst durch die im Jahre 1479 vollzoffene
^'ereinigung der Königreiche Aragonien und Castilien zur
spanischen Monarchie, indem deren Schwerpunkt von Anfang
an nach Castilien fiel mid dadurch das Castilianische bald zu-
nächst amtlich , dann auch litterarisch zur herrschenden Stel-
lung gelaugte. Wiederholte Versuche der Catalonier, inner-
halb des spanischen Staates sich eine provinciale Autonomie
und damit die Möglichkeit einer nationalen Entwickeluna" zu
gewinnen, scheiterten und hatten nur die immer wachsende
Steigerung castilianischen Druckes und Einflusses ziu- Folge;
namentlich seit dem spanischen Erbfolgekriege , in welchem
Catalonien sich für den habsburgischen Prätendenten erklärt
hatte , wurde von den siegreich gebliebenen Bourbonen das
Land fast wie eine eroberte Provinz behandelt. Der politische
Niedergang Cataloniens zog denjenigen der Sprache nothwen-
dig nach sich , es wurde dieselbe aus den höheren Sphären
des Gebrauches mehr und mehr durch das Castilianische ver-
drängt und folglich in die bescheidene , oft auch verachtete
Stellung eines Provinzialdialectes verwiesen.
4. Die mit dem Beginne des Jahrhunderts eintretende
Wandelung der politischen Verhältnisse Spaniens und deren
bis zur Gegenwart herabreichende wechselvolle Weiterentwicke-
lung verlieh den Cataloniern die Möglichkeit , ihrer Nationa-
lität sich wieder bewusst zu werden und nationale Eigenart
auch auf dem sprachlichen xuid litterarischen Gebiete wieder
mit Erfolg zu pflegen. So war dem Catalanischen, ganz ähn-
lich wie dem Provenzalischen, von den zwanziger Jahren des
Jahrhunderts ab eine Renaissance beschieden, welche gegen-
wärtig noch in voller Entfaltung begriö'en ist und eben des-
halb zu einem endgültigen Ergebnisse noch nicht geführt hat.
Wie dasselbe einst ausfallen werde, muss ganz dahingestellt
bleiben. Nur das Eine dürfte jetzt schon mit Bestimmtheit
vorauszusagen sein, dass der Sieg des Catalanismus über das
Körting, Encyklopädie d. rom. Phil. III. 31
482 Das Catalanische.
Castilianische nur dann errungen werden wird, wenn Catalo-
nien auch die politische Selbständigkeit erlangt, denn so lange
der spanische Staat als eine Einheit besteht , wird die castili-
sche Sprache auch in Catalonien die Sprache der Verwaltung
und aller über die provinzialen Interessen hinausgehenden Be-
strebungen in Wissenschaft und Litteratur bleiben und blei-
ben müssen.
Das nächste und sehr wohl erreichbare Ziel des Catala-
nismus sollte die bislang noch vermisste Fixirung einer all-
gemeinen Schriftsprache sein, da bis jetzt in der neucatalani-
schen Litteratur noch allzu sehr dialectische Sonderbestrebungen
und individuelle Einfälle sich geltend machen und folglich
der Zustand der Litteratursprache noch ein schwankender und
unfertiger ist.
§ 3. Bemerkungen über die Geschichte der ca-
talanischen Philologie.
1. Wie das Provenzalische , so ist auch das Catalanische
bereits im späteren Mittelalter Gegenstand von für damalige
Zeit wissenschaftlich zu nennenden Untersuchungen und Dar-
stellungen gewesen, wovon eine Reihe noch jetzt erhaltener
grammatischer und poetischer Tractate Zeugniss ablegt, vgl.
die Litteraturangaben in § 9, No. 2.
2. Die neuere catalanische Philologie hebt, soweit Cata-
lonien selbst in Betracht kommt, an mit des Jose Ballot y
ToRRES »Gramätica y apologia de la lengua cathalana« (1815),
des D. Felix Amat »Memorias para ayudar ä formar un Dic-
cionario critico de los escritores catalanes^) y dar alguna idea
de la antigua y moderna literatura de CataluSa» (Barcelona
1835). Sowohl Ballot y Torres als auch Amat waren befangen
in einseitiger Ueberschätzung des Catalanischen und in einer,
freilich auch von Raynouard vertretenen, inigen Anschauung
von dem Verhältnisse zwischen Catalanisch vmd Provenzalisch.
Ueberhaupt litt, wie begreiflich, die beginnende neucatalanische
Philologie, ebenso wie der ganze entstehende Jungcatalanis-
mus , an einer grossen Ueberschwänglichkeit , und liat auch
1) Als »escritores catalunes« betrachtet Amat alle aus der Grafschaft
Catalonien , nicht aber aus dem Königreich Valencia gebürtigen Schrift-
steller, gleichgültig welcher Sprache sich dieselben bedienten.
Das Catalanischc. 4g3
später sich nicht immer völlig- davon frei zu halten vermocht.
Nicht übersehen darf aber werden, dass einerseits die verhält-
nissmässig grosse politische Bedeutung , welche (das mit Ara-
gonien vereinigte) Catalonien während des späteren Mittelal-
ters besass, die Gefahr der Ueberschätzung catalanischer .Spra-
che und Litteratur sehr nahe legte , und dass andererseits
die zwischen Catalanisch und Provenzalisch bestehenden ensren
Beziehungen zu der Meinung verführen konnten , dass beide
Sprachen , bzw. beide Litteraturen eine Einheit bilden und
als solche eine führende Stelhmg innerhalb des Romanischen
besitzen. Und ausserdem ist nicht zu vergessen, dass ein neu
erwachendes Nationalbewusstsein nie die Befähigung zu kriti-
scher Abschätzung der nationalen Vergangenheit und nationa-
len Bedeutsamkeit besitzt.
In die Bahnen einer wenigstens einigermassen nüchter-
nen und rein wissenschaftlichen Forschung wurde die catala-
nischc Philologie durch Antomo de Bofarull geleitet, ob-
wohl auch dieser Gelehrte keineswegs frei war von nationalen
Illusionen und überdies nie auch einen gewissen Dilettantis-
mus verleugnete ; seine bedeutsamsten Leistungen sind die
akademische Rede »la lengua catalana considerada historica-
mente« (1857) und das Compendium »Estudios, sistema gra-
matical y crestomatia de la lengua catalana« (1864). Der Werth
beider Schriften Avürde ein weit erheblicherer sein, wenn der
Verfasser mit den Ergebnissen der deutschen Wissenschaft,
namentlich aber mit Diez' Grammatik, vertraut gewesen wäre.
Mit grösserem Erfolge , als die Grammatik , wurde die
Litteraturgeschichte des Catalanischen gepflegt. In dieser Hin-
sicht haben sich namentlich F. R. Cambouliu durch seinen
»Essai s. Ihistoire de la litterature catalanecf (1858) und Mila
Y FoNTANALS duTch Sein grosses und nicht bloss für das Ca-
talanischc bedeutende Werk »Los trovadores en Espana« (1861)
grosse und bleibende Verdienste erworben. *)
Unter deA noch gegenwärtig thätigen catalanischen Phi-
lologen catalanischer Nationalität dürfte IVLvriang Aguilo y
FusTFR, der rührige und einsichtige Herausgeber älterer Lit-
1 MiL.v Y FoNTAXALS ist auch Verfa.sser werthvoUer, weil besonnener
"Estudios de lengua catalana« 'vlS75,.
31*
484 Das Catalanische.
teraturdenkmäler in der »Biblioteca catalana« seit 1S71) der
bedeutendste sein.
3. Ausserhalb Cataloniens ist für catalanische Philologie
bis jetzt verhältnissmässig nur wenig gethan worden. Am
meisten noch in ])eutschland. Diez hat in seiner Grammatik
von der zweiten Auflage ab auch das Catalanische berücksich-
tigt, freilich nur sehr nebensächlich in Bemerkungen, welche
den Abschnitten über das Provenzalische angefügt sind.
A. MrssAFiA, K. HoFMANN, W. FÖRSTER u. A. haben altcata-
lanische Texte herausgegeben, und der erstgenannte von ihnen
hat dem von ihm edirten Texte (die catal. metrische Version
der sieben weisen Meister) eine höchst werthvolle grammati-
sche Einleitung vorausgeschickt. Um die Geschichte der ca-
talanischen Litteratur haben sich insbesondere A. Helfferich,
A. Ebert und K. Bartsch durch inhaltsreiche Monographien,
Essays und Recensionen verdient gemacht. Noch immer aber
fehlen soAvohl in sprachlicher wie in litterargeschichtlicher
Hinsicht zusammenfassende grössere Arbeiten.
In Frankreich hat namentlich P. Meyer dem Catalani-
schen seine Aufmerksamkeit gewidmet und die Kenntniss des-
selben durch manche schätzbare Publication in der Romania
und anderen Zeitschriften gefördert. Neben P. Meyer ist un-
ter den französisch schreibenden Romanisten namentlich A.
Morel-Fatio auch für das Catalanische thätig, leider aber in
einer etwas zersplitterten Weise, welche ihn zu einer wirklich
bedeutenden Arbeit noch nicht hat gelangen lassen.
Die ausserhalb Cataloniens der catalanischen Philologie
gewidmeten Arbeiten haben bis jetzt ausschliesslich das Alt-
catalanische zum Gegenstande; das Neu catalanische ist trotz
des grossen Interesses, welches es darbietet, noch völlig ver-
nachlässigt, harrt also noch — hoffentlich nicht mehr lange —
der wissenschaftlichen Erforschung vgl. die Anmerkung zu
§ 9). Aber auch auf dem Gebiete des Altcatalanischen warten
noch wichtige und dankbare Aufgaben der Bearbeitung.
§ 4. Bemerkungen über die Dialecte des Cata-
lanischen.
Das gegenwärtige Catalanische umfasst drei Hauptdia-
lecte: 1. das Ostca t alanische Ostcatalonien), 2. das West-
catalanische (West- und Südwestcatalonien und Valencia),
Das Catalanische. 495
3. das IJaleariseh e. Die beiden continentalen Dialecte un-
terscheiden sich namentlich dadurch, dass der östliche ira Ge-
gensatze zu dem westlichen tonloses o mit c \ind tonloses it
mit 0 mischt vgl. Eom. IV 2S9 .
Jeder der Hauptdialecte zerfällt wieder in Vnternuuul-
arten. von denen diejenige Barcelonas die wichtigste ist und
die berechtigtste Anwartschaft auf die Erhebung zur allgemei-
nen nationalen Schriftsprache besitzen dürfte.
Innerhalb des l^alearischen sind die Mundarten der bei-
den grössten Inseln. Mallorca und Minorca. die bedeutsamsten.
§ 5. Bemerkung über den "Wortschatz des Ca-
talanischen.
Mit dem Castilianischen theilt das Catalanische den Besitz
zahlreicher arabischer Worte. Das Altcatalanische ist, wie in
anderen Beziehungen, so auch in seinem Wortschatze durch
das Provenzalische. weit mehr aber noch das Neucatalanische
in dem seinigen durch das Castilianische beeinflusst worden.
Namentlich die Sprache des gewöhnlichen Lebens, einschliess-
lich der in den Zeitungen gebrauchten Sprache, ist durchsetzt
mit Castilianismen. Indessen haben die besseren Autoren mit
Erfolg auf eine Reinigung der Sprache hingearbeitet, und es
darf gehofft werden, dass die einst zu voller Ausbildung ge-
langte catalanische Schriftsprache auch in lexicalischer Hin-
sicht die geziemende nationale Selbständigkeit besitzen werde.
§ G. Bemerkungen über die Laute des Catala-
nischen. .
In lautlicher Beziehung nimmt das Catalanische eine Mit-
telstellung zwischen dem Provenzalischen und dem Castilia-
nischen ein. Als charakteristische Eigenarten des Catalani-
schen mögen folgende hervorgehoben werden: 1. Lat. (^ und o
werden nicht diphthongirt *; , z. B. caeluni = cel , föcion =
foch. Ebenso bleiben lat. e. ö. l erhalten, während lat. *
gern zu e wird , falls es nicht durch besondere Bedingungen
oder durch den gelehrten Charakter der betr. Worte geschützt
wird. 2. Zwischen geschlossenem und offenem e. bzw. o, wird
in der Aussprache unterschieden, es können jedoch beide
1, Indessen können Bildungen wie llit = lectum und nit = noctem
nur aus lieit und nueit entstanden sein vgl. das Französische! . setzen
also Diphthongirung voraus.
486 Däis Catalanische.
Laute unbedenklich in Reime gebunden werden. Vielfach
steht die neucatalanische Lautqualität des e und o im Gegen-
satze zu der lateinischen, so hat z. B. te^ ve = vi^nit ^ t^net
geschlossenes, ^^es = pr-nstim dagegen offenes e. 3. Lat. au
ist in der Regel zu o monophthongirt , z. B. dos = chmsum,
ronch = raucum , pohre = paiqierem. 4. Eine weite Ausdeh-
nung haben die w-haltigen Diphthonge erlangt, sie erscheinen
nicht nur an Stelle von Vocal -\- Labial, wie in prou = jtrohe^
roure ■= rohur , neu = nive7n, hreii = hrevem, heu = bibt't, den
= debet, faula ^fabula^ llaurar = laborare u. dgl. , sondern
auch an Stelle von Vocal + Dental und Vocal -j- Guttural,
z. B. grau = gradtim , dau = datimi (frz. de) ^ trau = tradit^
palau = palatium, pau ^=pacem^ plau = placet^ jau z^jacet,
creu = crucem, veu = vocem, peu = pedem, seu = sedet, eura
= hedera, pou = puteum u. dgl. Dagegen ist Vocalisirung
des gedeckten und auslautenden / zu u nicht beliebt. 5. In-
tervocalische (Explosiva und) Spirans schwindet häufig , der
dadurch entstehende Hiatus wird oft durch Einfügung eines
7/ angedeutet, z. B. plaher (neben />/er) = placere, rahö = ra-
tionem, prear = *pretiare. 6. Anlautendes lat. / wird mit
Ausnahme gelehrter Worte) palatalisirt (geschrieben //, inter-
vocalisch oft tll)^ z. B. Hoch = locwn, llit = lectum ; inlautend
und auslautend entsteht // aus / -|- nachtonigem i {e) in Hia-
tusstellung, aus l -\- g^ aus c -\- 1., g -\- h ^ + ^j d -\- l, p -{- l.
z. 1^. füll = folium, cidl = coll[{\go, espill = spec[u]lum ^ vet-
llar = vig[t\lare. rotllar = rot\ii^are^ motllo ^=mod\ii^um^ escoll
= scop[u]lum; ein vereinzelter Fall ist illa = i[ti]i>[u]la. In
gelehrten Worten behält inlautendes II seinen Laut und wird
zur Unterscheidung von 11^ Ij, l-l oder / geschrieben, z. ]i.
intel-ligent neben inteligent. 7. Anlautendes />/ und/? erhält
sich meistens (während es spanisch zu // wird;, z. B. plorar^
ßama = B,^. llorar, llama, aber doch llana = plana. 8. Lat.,
bzw. germ. geminirtes 7i ergiebt auslautend palatalisirtes n
(geschrieben ny), z. B. any = annum., seny = Sinn. Im Ueb-
rigen entsteht n aus n -f- nachtonigem i [e) in Hiatusstellung
(z. B. menys = *minms f. mimis ^ cuny = ctmeum) , aus inter-
vocalischem gn (z. B. llenya ■= ligna ., imny = pugnuni>i und
aus intervocalischem ng (z. V». planyer = plangere^ junyir =
jüngere). 9) c vor e und / hat assibilirten Laut (^ frz. ss) ;
Das Catalanische. 487
vor cUiiikeln Vocalen sowie vor C'onsonanteii bleibt c guttu-
ral . ebenso im Auslaut , im letzteren Falle wird ch geschrie-
ben. 10. g und J vor e und i haben palatalen Laut = frz. y).
l 1 . Eine weite Ausdehnung besitzt im Inlaute die tonlose Pa-
latalis mit dem Laute des frz. cä, catalanisch x geschrieben,
sie beruht auf lat. es (.r), sc, 55, cc {-\- Vocal), /?s, z. V>. teixir
■= texer e . naixer = *naseere , haixar = hassare , aixö = ecce
hoc, caixa = capsa. Durch x Avird im Catalanischen nicht nur
frz. ch und y, sondern axicli spau. ch und y wiedergegeben. 12.
Mit vorgeschlagenem t erscheint die Palatalis x (also ein dem
span. ch entsprechender combinirter Laut) zuweilen an Stelle
des lat. J (z. B. pitxor, gewöhnlicher wird für tx geschrieben
tj\ also : pifjor) sowie an Stelle von lat. c mit vorausgehender
Dentalis z. B. viatje oder viatge = viat[i cum, jutje =^ jud\i\-
ceni,] auslautend wird statt tx^ bzw. tj\ tg geschrieben?^, z.B.
maig = majus, faig =facio^ puig = postea. 13. Auslautendes
r neigt zur Verstummung, so namentlich in den Infinitiven.
11. Auslautendes n fällt gern ab, vgl. § 7, No. 1.
Im Uebrigen lässt als ein eigenartiger Zug des catalani-
schen Lautstandes sich noch hervorheben, dass für vortoniges
e gern a eintritt z. B. arrar f. errar], ohne dass jedoch hier-
bei irgend welche Consequenz stattfände.
Hinsichtlich des Worthochtones bewahrt das Catalanische
die lat. Accentstelle weit treuer, als dies im Castilianischen
der Fall ist.
Der Lautcharakter des Catalanischen lässt sich als ein
volltönender und kräftiger, zuweilen selbst rauher bezeichnen,
ein wesentlicher Factor desselben ist die Vorliebe für conso-
nantischen Wortauslaut.
§ 7. Bemerkungen über die Wortformen des Ca-
talanischen.
1. Das Catalanische unterscheidet bei dem Subst. und
Adj. nur zwischen Sing, und Plur. , die prov. und frz. Un-
terscheidung zwischen Cas. rect. und Cas. obl. ist ihm also
fremd. Die Pluralbildung erfolgt durch Anfügung eines s an
den Singular , gründet sich also auf den lat. Accusativ. Der
Stammauslaut a (erste lat. Deck) wird im Plur. zu e ge-
schwächt, z. B. carta : cartes (neucatal. aber häufig auch c«r-
488 ^^^ Catalanische.
tas). Stammauslautendes «, welches im Sing, zu schwinden
pflegt (vgl. oben § 6, No. 14), behauptet sich nach Hochton-
vocal im Plur., z. B. Sg. joa =panem. aber Plur. ^>rt;/s. Nomina,
welche auf ä, x auslauten, nehmen im Plural den Ausgang os
an , d.h. bilden den Plural nach Analogie der Nomina auf
-0, z. B. cos = corpus^ PI. cossos (gleichsam lat. *corj)sos, Avie
von einem "^corpsus , i), peix = 2iiscem, PI. peixos (gleichsam
lat. *piscos). 2. Genus Verschiebungen der Siibst. kommen im
Catalanischen in ungefähr dem gleichen Umfange, wie im
Französ. und Prov. vor; interessant ist die Erhaltung zahl-
reicher lat. Neutra PL als Fem. Sing., z. B. penyora = pig-
nora^ Jura, llenya = ligna , senya = signa u. dgl. 3. Zahl-
reiche Adj., welche im Lat. für Masc. und Fem. nur eine
Form besitzen, folgen im Catalanischen der Analogie der Adj.
zweier Endungen, bilden also ein Fem. auf -a, z. B. alegra,
trista, forta u. v. a. , so dass das Catalanische in dieser Be-
ziehung nahezu den Standpunkt des Französischen erreicht.
4. Die Adjectivcomjjaration wird analytisch mittelst Vorsetzung
von mes = magis vollzogen ; die einzigen organischen Compa-
rative sind (abgesehen von gelehrten Worten, wie inferior u.
dgl.) millor , pitjor, major und menor: organische Superlative
auf -im (z. B, mäxim) und -issim (z. B. finissim] sind im Neu-
catalanischen häufig aus dem Castilianischen entlehnt. 5. Die
Pronomina geben zu nur wenigen Bemerkungen Anlass. Für
einfaches nos und tos wird im Neucatalanischen öfters nos-
altres und vosaltres [naltres, valtres) gebraucht. Zu den Pos-
sessiven Masc. meu, teu, seu (nur in Verbindung mit dem Ar-
tikel , sonst mo7i , ton , soJi] werden im Neucatalanischen die
Fem. meva , teva, seva gebildet. Lat. hoc ist also ]io »es« er-
halten [ecce -\- hoc als aix(j]. Lat. ille lebt als Artikel (Masc.
lo, los, Fem. la, las und les], als Pron. der 3. P. und in der
Combination ecctim -\- ille = aquelL -a fort ; lat. iste ist so-
wohl isolirt als est (artikelhaft auch es , Fem. sa im Dialect
von Mallorca, vgl. Bofarull, Estudios p. 78) als auch in der
Combination aquest erhalten. Lat. ipse ist zu [aqu- und mat)eix
geworden (vielleicht ist auch es, Fem. sa = ipse, a und nicht
= iste, -a anzusetzen). Das aus lat. qtietn entstandene Inter-
rogativ quin bildet Fem. und Plur. : quina, quins, quinas. Das
Adverb ne = inde wird sehr A'ielfach pronominal gebraucht.
Das Catalnnische. 4S9
selten ist dagegen die ])rononiinale \'erwendung von d'Jiont =
de unde. 6. Die C'ardinakahlen entsprechen den lateinischen,
doch ist von vhit = vifiinti ab Accentverschielning anzuneh-
men. Die Ordinalzahlen werden von 6 ah auf -e, -na gebil-
det, z. B. sise , Fem. sisena. 7. Die Infinitivausgänge -äre
und -Ire sind als -m- und -ir erhalten (vgl. § 0, No. 14). Die
Infinitive auf -vre haben Accentverschiebung erlitten, z. B.
ferne)' (ausgenommen einige starke Verba, wie haver , saher).
Der Tnfinitivausgang -(^re ist entweder als -re erhalten (wo-
ran häufig noch ein unorganisches r angefügt wird, z. K.
romprer f. rompre nach Analogie von temer u. dgl.) oder zu
-r verkürzt, z. B. pler = *plachre. 7. Die Pcrsonalendungen
sind nur für die 2. P. Sg., 1. und 3. P. PI. erhalten als -s,
m. 11, verloren für die 3. P. PI. und (abgesehen von der 1. P.
Präs. Ind., welche, wenigstens facultativ, auf o ausgeht) für
die 1. P. Sg. . die Endung der 2. P. PI. -tis^ altcat. (bis in
das 15. Jahrh.) noch -ts. wird neiicat. vertreten durch -u ;also
wird z. B. das Präs. Ind. flectirt: Sg. 1. amo, temo, cumplo;
2. amas, terns, cumples: 3. ama. tem, cumple\ PI. 1. amam,
temem , complim : 2 . amau , temeu , cumpliu ; 3 . aman , temen,
cumplen). S. Die zur lat. ^-Conj. gehörigen Verba bewahren
den Ableitungsvocal a durchgängig, nur die 1 . P. Sg. Perf. wird
neucat. mit i. altcat. öfters mit e gebildet: am% altcat. ame (auch
3. P. Sg. öfters ainet, wie im Prov.). 9. Die £- Verba bilden
den Sg. Präs. Ind. und den ganzen Conj. Präs. sowie den Imp.
stark [teiyio, tetns, tem: tema etc.), das Impf. Ind. und die 1. P.
Sg. Perf. aber mit -i [femia^ femi). das Part. Perf. mit -ut (temuf).
10. Die nicht inchoativen /-Verba bilden den Sg. und die 3. P.
PI. Präs. Ind. sowie den Conj. Präs. stark {dormo, dorms. dorm,
dormen; dormo). Die inchoativen /-Verba nehmen in allen
finiten Formen Präs. mit Ausnahme der 1. u. 2. P. PI. die
Stammverstärkung an, z.B. v. llegir: Ind. Sg. 1. lUx. llejesch,
llejexo, 2. llegexes, 3. llejex, PI. 1. llejim, 2. Uejiu, 3. lleje-
xen, Conj. llejesca etc., vgl. Farre y Carrio , Gram, catal.
S. 53. 11. Im Impf. Ind. haben die ^-Verba das v bewahrt
[amava , die E- und /-Verba es aufgegeben [temia. dormia).
12. Die 2. P. Sg. und 1. und 2. P. PI. des Perfects werden
nach Analogie der 3. P. PL. also mit Einschub eines r gebildet,
z. B. 1. P. Sg. cani, 3. P. Sg. amä, aber 2. P. Sg. amares, 1. P.
490 -DäS Catalanische.
PI. amarem^ 2. P. PI. amareu, 3. P. PI. amaren^ ebenso temi
temeres etc., dormi dormires etc., mogui (v. mourer = movere)
mogueres etc. 13. Die 1. P. Sg. Präs. Ind. der ursprünglich
ein starkes Perfect bildenden Verba zeigt in der Regel den
Ausgang -cA, z. P. dich = dico, duch = duco^ Jaich = Jaceo,
vench = venio , moch = moveo ; ursprünglich nur bei solchen
Verben berechtigt, deren Stamm bereits im Lat. auf Guttural
auslautete oder durch Ableit\nigs-e, bzw . -e , welches zu / : ^
sich verhärten konnte, erweitert war, ist der Ausgang ch durch
Analogie auch auf andere übertragen worden, z. V>. hech =
bibo, entench = intendo, prench = *prendo (vielleicht beruht
selbst in dich ^ duch u. dgl. das ch auf Anbildung, da dic[o],
diic[o\ lautgesetzlich wohl diu, du ergeben hätten, so dass die
1, u. 3. Sg. zusammengefallen wären); ebenso z. B. puch v.
poder = *potere f. posse, crech = credo von ci'eurer = credere^
caych v. cäurer = cadere u. a. , sogar estich v. estar = stare,
soch neben so v. ser = *essere. Abweichende Bildungen sind
faig=facio, vaig = vado. reig== video^ vidi = volo. 14. Wirk-
lich starke Perfectformen bilden im Neucat. nur noch fer =
facere [fiti feres feu ferem fereu fere7i) und ser = *essere
[fuy [daneben y«M, s. Farre y Carriö p. \\\foresfou fo-
rem foreu foren). Alle übrigen Verba bilden gegenwärtig
das Perf. schwach auf -giii, z. P. hagui. Jtagueres etc. v. ha-
ver^ cregui^ cregueres etc. v. creurer = credöre, dugtii, dugueres
Y. dur = duc^re (ausgenommen sind nur veji v. teurer = vi-
d^re f. videre, cresqui v, creixer = crescere^ pesqui v. peixer =
pascere, nasqui v. 7iäixer = *nascere^ visqui v. vhirer = rivere).
Ausgegangen ist diese Perfectbildung von den Perfecten auf
-ui. welche bereits im Altcat. (wie im Prov., s. oben S. 447)
die gutturale Verstärkung zeigen, aber doch wenigstens in
der 1. und 3. P. Sg. und 3. P. PI. noch stammbetonte, also
starke Bildungen aufweisen, z. B. tolc = volui und voluif,
volgren = *völnermif . dagegen auch schon altcat. voignist (wo
die Erhaltung der Endung zu beachten) = voluisH. Von den
«/t-Perfecten drang dann durch Analogiewirkung die gutturale
]^ildung in die i- und «/-Perfecta ein, von welchen letzteren
die alte Sprache in der 1. und 3. P. Sg. und 3. P. PI. noch
sigmatische Formen besass, z. B. ocis ^ *occisi, dix = dixit
in der ersten 1'. Sg. mit verschobenem Accent dixi). 15. Ganz
Pas Catalani^^chc. 491
eigenthümlich ist dem Catalanischen die Möglichkeit einer
Umsclueibiing des Perf. durch das Präsens ^!) von anur mit
folgendem Infinitive, z. ]>. jo vaig venir = vingni = veni.
§ 8. Bemerkungen zur Geschichte der catalani-
schen Litteratur.
1 . Achnlich wie die Geschichte der provenzalischen Lit-
teratur und doch wieder in anderer Weise zerfällt die Ge-
schichte der catalanischen Litteratur in zwei Hauptperioden,
von denen die eine das Mittelalter, die andere die Neuzeit um-
fasst. Während aber im Provenzalischen beide Perioden mit
einander wenigstens äusserlich durch mancherlei litterarische
Einrichtungen und Traditionen verbunden sind , so dass eine
gewisse littcrarische Continuität gewahrt blieb, liegt zwischen
der alt- und neu catalanischen Litteraturperiode , d.h. etwa
von der Mitte des 1 7. Jahrhunderts bis zu den zAvanziger Jah-
ren dieses Jahrhunderts, eine nahezu litteraturlose Zeit, min-
destens eine Zeit , deren litterarische Hervorbringungen nur
den Werth von Sprachdenkmälern besitzen,
2. Die Geschichte der altcatalanischen Litteratur lässt
sich ungezwungen in drei Zeiträume zerlegen, von denen der
erste bis etwa zxim letzten Drittel des 14. Jahrhunderts, der
zweite bis etwa zur Mitte des 15. Jahrhunderts und der dritte
bis zum Anfange des 17. Jahrhunderts sich erstreckt, also tief
in die Neuzeit hineinreicht.
Die poetische Litteratur des ersten Zeitraumes ist vor-
wiegend lyrisch und didaktisch. Die Lyrik steht in inniger
Beziehung zu und vielfach auch in Abhängigkeit von der
provenzalischen Lyrik, obwohl vielleicht auch umgekehrt mit-
unter diese von catalanischem Einflüsse berührt worden ist.
Innige politische Beziehungen Cataloniens mit Südfrankreich,
wie sie seit der Vermählung Berengars HL , Grafen von ]iar-
celona, mit Dulce, Erbin der Grafschaft Provence (1112), bis
zu dem Vertrage von Corbeil 1258)') bestanden hatten, zogen
eben auch die innigsten Wechselbeziehungen zwischen den
beiden Litteraturen und Sprachen nach sich. Ein bedeutsamer
Unterschied zwischen der altcatalanischen und der altprovenza-
lischen Litteratur besteht jedoch darin , dass die erstere an
1 Durch denselben verzichtete Jacob, König von Aragonien und Graf
von Barcelona, auf den grössten Theil seiner südfranzösischen Gebiete.
492 I^^s Catalanischc.
sachlich und ästhetisch werthvollen Prosawerken ungleich rei-
cher ist, als die letztere. Namentlich wurden die Geschichts-
schreibung und die der Prosaforni sich bedienende Sagen-
und Legendendichtung von den Catalanen gepflegt. Die Ge-
schichtsschreibung hat so glänzende Namen , wie diejenigen
Kernart Desclots und Eamon Muntaner's aufzuweisen, neben
diesen auch Namen hervorragender Fürsten, welche, wie Kö-
nig Jacob und König Pedro IV. , die von ihnen vollbrachten
Grossthaten selbst auch erzählten. Der grösste Vertreter der
catalanischen Litteratur aber war in diesem ersten Zeiträume
der als Philosoph und Theolog hochberühmte, zu den hervor-
ragendsten Vertretern mittelalterlicher Wissenschaft gehörige
Kamon Lull, welcher ausser zahlreichen gelehrten lateinischen
Werken in catalanischer Sprache unter Anderem namentlich
einen geistlichen Roman und ein didactisches Thierepos ver-
fasste.
In dem zweiten Zeiträume überragt die allegorische, theils
an nordfranzösische, theils an italienische Muster sich anleh-
nende Epik die übrigen Dichtungsgattungen an Bedeutung
(rhythmische Uebertragung von Dantes Divina Commedia
durch Andrea Febrer 142S; Fra Roccaberti's »Comedia de la
gloria d'amor«, eine interessante Nachahmung des Dante'schen
Werkes, um 1460 bis 1465). Die Lyrik blieb im Wesentlichen
in der Nachbildung gleichzeitiger provenzalischer Vorbilder
befangen , wie denn auch die Einrichtung von Dichterakade-
mien nach Art des consistori de la gaya sciensa von Toulouse
aus der Provence nach Catalonien verpflanzt wurde : indessen
trat doch wenigstens sprachlich in der Lyrik eine grössere
nationale Selbständigkeit, als der erste Zeitraum sie besessen
hatte, hervor, indem die Erscheinung seltener wurde, dass
catalanischc Troubadours sich der provenzalischen Sprache be-
dienten. Auch das Drama begann in diesem Zeiträume auf-
zublühen und wagte sich selbst schon zuweilen an die Be-
handlung weltlicher Stoff'e, wenn es auch freilich im Wesent-
lichen durchaus noch den religiösen Charakter bewahrte, der
ihm im Mittelalter überhaupt eigen war. Durch Aufführung
geistlicher Schauspiele von Seiten der Zünfte wurde . wie in
England , so aiu-h in Catalonien namentlich der Frohnleich-
namstag verherrlicht.
Das Catalanischc. 493
Der dritte Zeitraum trügt Vürwiegeiul schon einen moder-
nen Charakter, der sich namentlich auch darin bekundete,
dass die engen lieziehungeu der catalanischen Litteratur zu
der provenzalischen Litteratur sich nach und nach völlig lösten,
daaejjen aber solche zu der italienischen \ind zu der castilia-
nischen sich bildeten. Pflege fanden in diesem dritten Zeit-
räume besonders die Lyrik (z. li, durch Ausias March > , die
Satire ;z. 15. durch Jaume Eaigi , und auf dem Gebiete der
Prosadichtung der Ritterroman (z. B. durch Martorell). Poli-
tische Verhältnisse führten, wie bereits bemerkt, im 17. Jahr-
hundert das allmähliche Absterben der catalanischen Litteratur
herbei; befordert -wurde dasselbe durch den Umstand, dass
die catalanischc Sprache wenig befähigt war, sich den durch
die Kenaissancebildung herrschend werdenden rhythmischen
Formen der italienischen Poesie anzupassen, ein Maugel, der
dem Renaissancegeschmack huldigende Dichter leicht bestim-
men konnte , sich für ihre poetische Production des Castilia-
nischen zu bedienen, Avie dies z. B. Boscan that.
3. Das Wiederaufleben der catalanischen Litteratur, das
etwa von dem dritten Jahrzehnte dieses Jahrhunderts an da-
tirt werden kann, steht im Zusammenhange einerseits mit
politischen Vorgängen (Unabhängigkeitskampf der Spanier ge-
gen Frankreich , Einführung des Constitutionalismus in Spa-
nien, die Kämpfe zwischen Christinos und Carlisten etc.),
welche zur Erweckung des catalanischen Nationalbewusstseins
beitrugen , andererseits mit der romantischen Geistesrichtung,
welche in der genannten Zeit die europäischen Litteraturen
beherrschte und allenthalben die scheinbar erstorbene volks-
thümliche Dichtung neu erstehen Hess. Die litterarische Re-
naissance Cataloniens vollzog sich in fieberhafter Hast und
nicht selten selbst wie in einem Fiebertraume, denn oft genug
verbanden sich mit den litterarischen Bestrebungen politische,
welche nicht nur auf das berechtigte Ziel der Herstellung
einer Autonomie Cataloniens, sondern mitunter auch in ganz
phantastischer Weise auf En-ichtung eines lateinischen Völ-
kerbundes oder doch auf eine Verbrüderung von Catalanen
und Provenzalen gerichtet waren (bezeichnend hierfür sind
namentlich die bei Gelegenheit des Petrarcajubiläums. Avelches
catalanischc und provenzalische Felibres am 18. Juli 1874 zu
494 1^*8 Catalanische.
Avignon in seltsamer Seil sttäuschung feierten , gehaltenen
Reden). Abgeschlossen ist übrigens die eigenartige Bewe-
gung, welche offenbar in engstem inneren Zusammenhange
mit der Renaissance der provenzalischen Poesie steht, noch
keineswegs, und ihr fernerer Verlauf ist , weil er jedenfalls
von der politischen Entwickelung Spaniens und Südfrank-
reichs abhängig ist, unmöglich vorauszusagen. Schwer auch ist
es, über die bisherigen litterarischen Leistungen des Neucata-
lanismus zu urtheilen. Staunenswerth ist ohne Zweifel ihre
Massenhaftigkeit und Vielseitigkeit, denn nahezu alle Gattun-
gen der rhythmisch gebundenen und ungebundenen Dichtung
haben eifrige Pflege gefunden , die Zahl der Dichter und
Schriftsteller ist Legion, die periodische Presse rührsam, das
litterarische Vereinsleben fast allzu entwickelt. Aber ob die
Qualität des Geleisteten auch nur einigermassen im richtigen
Verhältnisse zur Quantität steht, ob die begreifliche Bewun-
derimor . welche die Catalanen selbst einer ganzen Zahl von
zum Theil noch recht jugendlichen Dichtern zollen, auch eine
absolut berechtigte ist, das muss doch als sehr fraglich er-
scheinen, und die Vermutlunig dürfte erlaubt sein, dass gar
manche der heute in Catalonien gefeierten Dichtergrössen der
Nachwelt recht klein erscheinen werden. Jedenfalls enthält die
neucatalanische Litteratur neben gesunden auch recht unge-
sunde Elemente in sich und neigt in bedenklicher Weise zur
Aff"ectation und Manierirtheit, eine Tendenz, welcher die Spie-
lerei mit den »Jochs florals« nur allzuviel Vorschub leistet.
Wie dem aber auch sein mag, wenigstens einer hochbedeut-
samen Leistung darf die neucatalanische Poesie mit vollem
Rechte sich rühmen : der grossen und gedankenreichen epischen
Dichtimg des Jascinto Verdaguer »Atlantida« (1S7S \
§ 9. Littcraturangaben. Wo kein Verlagsort angegeben, ist der-
selbe Barcelona; die Hauptverlagsgesehäfte für eatal. Litteratur sind da-
selbst die Verdaguer'sche Buchhandlung und der Verlag der Zeitschrift
»Kenaixensa«.)
1. Urkundliches u. dgl. Documentos literarios en antigua lengua
catalana [siglos XIV y XV) publicados por P. de Bof.^rill v Mascaho.
Barcelona 1&57 (bildet den 13. Bd. der Coleccion de documentos ineditos
del archivo general de la Corona de Aragon — Aulestu y Pijoan , De
la imjjortancia de los archivos, bibliotecas y museos cn Cataluna, in : Bo-
letiu del Ateneo Barceloncs. Juli bis Sept. IST',) — Documenta s. la langue
Das Catalanische. 495
cat. des anciens comtcs de Roussillon et de Cerdagno, p. p. Alakt , in :
K. d. I. r. III 2l)5 , IV 353 (als Buch erschienen Paris 1852) , vgl. Koni.
II 13S — J. PiiGGARl, Documents litteraris , in: La Renaixensa 188U,
Nu. S, 30. April, vgl. K. d. 1. r. 3. ser. II 1)4 — Akmkngol y Cüunkt,
Document notable. Conclusio del 142u sobre lo carceller de la preso de
Barcelona, in: lo Gay Saber. Any I (18SÜ) No. 13, 193 — MlL.\ y Fon-
TAXALS, Un maniiscrit del arxiu capitular, in: Lo Gay Saber 15. 12. 1879,
vgl. Rom. IX 168 — Balaguer y Meuixo, Ordinacions y bans del com-
tat d'Empurias, text catala inedit, precedit duna noticia histörica etc.,
in: R. d. 1. r. 3. ser. I 18 (als Buch erschienen Montpellier 1879], vgl.
Rom. VIII 295 — Alaut, Trois fonnules de conjuration en catalan 1397),
in: R. d. L r. 2. ser. III 9.
2. Sprachgeschichtliches und Grammatisches. A. DE Bo-
FARl'LL, La lengua catalana considerada historicamente (Rede, gehalten am
8. Nov. 1857 in der Academia de Buenas Letras zu Barcelona, gedruckt im
Anhange zu desselben Verf.'s Estudios, sistema gramatical y crestomatia
de la leng. cat. Barcelona 1864) — F. R. Camboiliu, Recherches s. les
origines etymologiques de l'idiome catalan. Montpellier 1863 — *MlLÄ Y
FoxTAXALS, Estudios de leng. cat. Barcelona 1875, vgl. Rom. IV 288 —
A. DE BoFARULL, La unitat de la Uengua cat. en Catalufia, Mallorca y
Valencia, in: Renaixensa 31. März 1878 — Alart , Etudes historiques
s. quelques particularites de la lang, cat., in: R. d. 1. r. 2. ser. IV 109
(1. diphthongaison de la 2^ p. du pl. des verbes; 2. de la formation des
diphthongues au, eu, ni, ou en cat.) — *P. Meyer, Traites catalans de
grammaire et de poetique (I. Raimox Vidal , las Reglas de trobar. II.
Doctrina de compondre dictats. III, Terramagxixo de Pise, Doctrina de
Cort. IV. Jaui-re de Foxa, Regles), in: Rom. VI 341, VIII 181, IX 51, vgl.
Ztschr. f. rom. Phil. III 310, R. d. 1. r. 3. ser. 11 83. (lieber Jaufre de
Foxa vgl. A. Thomas in Rom. X 322) — "ShhÄ Y Foxtaxals, Melanges
de langue cat. (behandelt den Diphthong ue, den aus ipse entstandenen
Artikel, die Endung der 1. P. PL, das auslautende r des Infinitivs, s = r
und r = s, die Pluralbildung auf -as), in: R. d. 1. r. 2. ser. III 225, und:
Phonetique catalane. ö?, in: R. d. 1. r. 15. 9. 1876 — J. CoRxr, L' a
prosthetique devant rr en portugais et en catalan, in: Rom. XI 70, vgl.
Ztschr. f. rom. Phil. VII 631 — Alart, Le son catalan «y, in: R. d. 1. r.
VII 446 — P. Meyer, L'imparfait du subjonctif en -es, in: Rom. VIII
155; Les troisiemes du pluriel en prov., in: Rom. IX 192; Quisque et cata
dans les langues romanes, in: Rom. II 80. Sämmtliche drei Abhandlungen
berücksichtigen auch das Cat.).
MlL.\ Y' Foxtaxals , Quatre mots sobre l'ortografia catalana, in : la
Renaixensa V 1, vgl. Rom. FV' 155 — A. de Boearull, El proyecto de
ortografia catalana por la Real Academia de Buenas Letras , in : Rev. de
ciencias hist. Any I 1880) — Ortografia de la leng. cat. por la Real
Acad. de Buenas Letras. Barcelona 1884, vgl. Rom. XIII 487.
*A. MussAFL\, Einleitung zu seiner Ausg. der catal. metr. Version der
sieben -weisen Meister [Wien 1876, Separatabdruck aus Bd. XXV der
Denkschr. der philos.-hist. Cl. der K. K. Akad. d. Wissensch.], giebt eine
496 I^*^s Catalanische.
vortreflliche Skizze von der Sprache dieser altcat. Dichtung u. ist überhaupt
das Beste, was bis jetzt über altcat. Sprache geschrieben. DiEz' Bemerkun-
gen über das Altcat. in seiner Grammatik sind werthvoll, aber allzu apho-
ristisch.
Josi; Pablo B.^llot, Gramatica y apologia de la leng. cat. Bare. 1814
— Pers y Ramoxa. Gram, cat.-castellana 1S47 — J. F.vrre y Carriö,
Gram. hist. de la lenguas cast. y cat. Madrid 1SS4 u. Gram. cat. Estudis
sobre la matexa. Barcelona 1S74 frecht brauchbares Büchlein, das auf 86
Seiten eine praktische Uebersicht über das heutige Catal. giebt) — A. DE
BoFARVLL, Estudios etc., s. oben S. 495 — J. J. Amexgial, Gram, de la
lengua mellorquina. Palma ;?) 1835 — J. SoLEll, Gram, menorquina.
Mahon 1858.
3. Lexikalisches. A. de Lebrija, Lex. latino-catalanum. Barcelona
15Ü7 — A. Roca, Lex. lat.-cat. Barcelona 1561 — Diccionario catalan-
castellano-latino par JoAQUiN Esteve y Jo.seph Belvitges etc. Barcelona
1803 »Sehr schätzenswerth, da es viele alte Formen u. Ausdrücke enthält.«
Muss.AFL\ in der Einltg. z. d. 7 w. M. , p. 4) — Diccionari catalä-castelld-
llati-frances-italiä por una societat de Catalans. Barcelona 1839 — P. L.\-
BERNIA, Diccionario catalan-castellano-latino. Barcelona 1848 u. 1865 —
P. Ferrek, Dicc. cat.-castell. Barcelona 1836,39, 2 Ausg. 1847 — *J. A.
Saijra, Novissim dicc. manual de las lenguas catalana-castellana. Barcelona
1883 — S. Saxpere y Miquel, ün estudi de toponomastica catalana.
Barcelona 1880, vgl. Rom. XI 430.
4. Litteraturgeschichtliches. Felix Torres Amat, Memorias
para ayudar a formar un Diccionario critico de los escritores catalanes y
dar alguna idea de la antigua y modema literatura de Cataluiia. Barcelona
1836, hierzu ein »Suplemento« v. J. Corminas. Burgos 1849 — V. XlMENEO,
Escritores de Valencia. Valencia 1747/49, fortgesetzt von J. P. Fuster, u.
d. T. : Biblioteca Valenciana de los escritores que florecieron hasta nuestros
dias. Valencia 1827/30 — Joaquin Marl\ Bover, Biblioteca de escritores
baleares. Palma 1860 — Pers y Ramoxa, Bosquejo historico de la leng.
y de la lit. cat. Barcelona 1S50, und: Hist. de la leng. y de la lit. cat.
desde sa origen hasta nuestros dias. Barcelona 1857 ganz unmethodische
u. phantastische Schriften) — E. Baret, E.spagne et Provence. Etüde s. la
litt, du midi de l'Europe etc. 1857 (enthält S. 103 ff. einen Abschnitt: L'ecole
prov. en Catalogne, — 'F. R. Cambouliu, Essai s. l'hist. de la litt, cat.,
2e ed. augmentee de la Comedia de la Gloria d'amor de fra Roccaberti etc.
Paris 1858 — *A. Helfferich, Raymond Lull u. die Anfänge der catal.
Litt. Berlin 1858 — *A. Ehert, Zur Geschichte der catal. Litt., in: Jahrb.
f. roni. u. engl. Lit. II 241 diese treffliche Abhandig. giebt ein kritisches
Referat über die oben genannten "Werke Cambouliu's u. Helfferich's mit
vielen schätzbaren Zusätzen u. methodischen Bemerkungen ; sie dürfte das
Beste sein, was bis jetzt über altcat. Litt, geschrieben worden ist —
*MiLÄ Y Fontanals, De los trovadores en Espaiia. Barcelona 1861 vgl.
Jahrb. f. rom. u. engl. Lit. IV331j und: Catal. Dichter, in: Jahrb. f. rom.
u. engl. Lit. V 137 — R. Ferreu y Bigxe, Estudio histörico-critico sobre
los poetas Valencianos de los siglos XIII, XIV y XV, in: Boletin de la
Das Catalanische. 497
Sociedad de los amigos del pais de Valencia. Juni 1S75, \g\. Rom. VI 309
— V. B.\l.\gi"i:r, De la lit. eat. Diseursos leidos ante la Keal Aeadeniia
de la Historia etc. el dia 10 de octobre iS'ö. Madrid 1875 — E. C.\udon.\,
Della antica lett. catal. Neapel 1S80, vgl. R. d. 1. r. 3 ser. VII 251 u. The
Academy vom 7. Aug. 1880 — Mil.Ä y Font.\xals, De algunas represen-
taciones catalanas antiguas y vulgares. Barcelona 1SG4.
MiL.* V FoNT.\NALS, Notas sobre la influencia de la lit. italiana en la
catalana. Barcelona 1877 — G. Vid.\l Y Valexciaxo, Lo mon invisible en
la lit. cat. y lo viatje fet al infern per Pere Porter. Barcelona 1S77, u.
Consideracions sobre la lit populär cat. Barcelona 1879.
Aragox, Un poete catalan du XVII s. Vicens Garcia, rector de Vall-
fogona ne en 15S2, mort 1623). Montpellier 1880. Extr. des Mem. de
l'Acad. des scienc. et lettres de Montp. vgl. A. Savixe in Rev. lyon. VI
[Sept. 1883; 274.
*F. M. Tl'BiN'O, Historia del renacimiento literario contemporaneo en
Cataluna, Baleares y Valencia. Madrid l'^80 vorzügliches Werk üb. die Ent-
wickelung der neucat. Lit.;, vgl. Litteraturbl. f. germ. u. rom. Phil. 1881,
p. 299 — J. L. Feu , Datos y apuntes para la bist, de la moderna lit.
cat. Barcelona 1865 — Caxalejas, Del renacimiento de la poesfa catalana.
Estiidios criticos de filosofia y literatura. Madrid 1872 — J. Ri'Bio Y Ors,
Breve resena del actual renacimiento de la lengua y lit. cat. ^Debese ä la
influencia de los modernos trovadores provenzales? Bare. 1877 in das Fran-
zös. übersetzt von Ch. Boy. Lyon 1879; — C. Llomeart, Los fiUs de la
morta viva, apunts biogräfichs per la historia del renaixement lliterari. Val.
1879 — SardÄ, El catalanismo y la lit. catalana, in: Boletin del Ateneo
Barcelones. 1S79 Oct. bis Dec. — A. Savixe, La litterature catalane en
1880, in: Polybiblion, Revue bibliographique Sept. u. Oct. 1881 — P. För-
ster, Der Catalanismus in Spanien, in: Mag. f. d. Lit. des Ausl. 1880,
No. 17 — E. LiDFORSS, Xykatalansk Vitterhet, in: Framtiden 1S7S, p.
544, übersetzt in Lo Gay Saber, 15. Aug. 1S8U u. folgende Nummern i,.
M. VlDALOT, Teatre catalä, estudi historich-critich etc. Barcelona 1 878.
5. Sammelwerke u. dgl. A. Morel-Fatio, Melanges de litterature
catalane I l'Amant, la femme et le confesseur, conte en vers; IE Le livre
des trois ehoses, in: Rom. X 497 u. XII 230 — P. M., Melanges catalans
(I Plainte de la Vierge. II La predication de Vincent Ferrer en France ,
in; Rom. X 223 — P. Meyer, Nouvelles catalanes inedites, in: Rom.
XIII 264 — [K. Bartsch, Der catal. Canconer d'amor der Pariser Bibl.,
in: Jahrb. f. rom. u. engl. Lit. II 2S0 — MiLÄ Y Foxtaxals, Poetes ly-
riques catalans, in: R. d. 1. R. 2 ser. V 53, als Buch Montpellier 1878]
— F. Pelay y Briz, Lo libre dels poetas, cansoner d'obras rimadas dels
segles XII XVUI. Barcelona 1868 — *Biblioteca catalana de les mes prin-
cipals y eletes obres en nostra llengua materna escrites axi en est Principat
1, Ueber die neucatal. Renaissance vgl. ferner: Jochs florals de Bar-
celona de 1859— 1SS3. Taula general de les composicions premiades etc.
Barcelona 1SS3. Eine gute Uebersicht über die Geschichte der neucatal.
Litteratur hat auch Savixe in seiner Uebersetzung der Atlantida Verda-
guers is. unten S. 500; gegeben.
Körting, Encyklopädie d. rom. Pbil. III. 32
498 I^äS Catalanische.
com en los antichs realmes de Mallorca y Valencia, fetes estampar ab gran
estrent per amadors de les Uetres de la terra sots direccio d'en Marian
Aguilc y Fuster, seit 1871 Barcelona b. A. Verdaguer, Paris b. Maison-
neuve), erscheint in monatlichen Lieferungen zu je 4 Bogen; die Ausgraben
sind gut, leider aber fehlen Einleitungen u. sonstige Beigaben, ein Uebel-
stand ist auch, dass in den Lieferungen die Ausgaben verschiedener Teste
durcheinandergehen. Immerhin ist das Unternehmen sehr verdienstlich;. —
Canconer de les obrctes mes divulgades en nostra llengua materna durant
los segles XIV, XV y XVI. Barcelona lb75 — MiLÄ y Foxtaxals, Poetes
catalans (les noves rimades, la codolada;. Montpellier 1876, vgl. Kom. V
502 — Matheu y Fontanells, Llibre del amor, coleccio de poesias del
modern renaixment. Barcelona 1882, und: Llibre de la Patria, coleccio de
poesias del mod. re-naix. Barcelona 1882 — Llibre d'or de la moderna
poesi'a catalana. Barcelona 1S7S.
6. Volksdichtungen, Sagen, lläthsel u. dgl. Recull de exim-
plis e miracles', gestes e faules c altres ligendes ordenades per A B C
tretes de un manuscrit en pergami del comencament del siglo XV ara per
primera volta estampadas. Barcelona 1880, vgl. Kom. X 277 — Balagier
Y Meuixo, Lo Carnestoltes a Barcelona en lo segle XVII. Romansos popul.
catal. reproduhits d'impresos contemponineos e ilustrats ab notas e docu-
ments inedits. Barcelona 1878 — Pelay y Briz, Cansons de la Terra.
Cants pop. cat. Barcelona 186ti 77. 5 Bde. — Romancerillo catalan, can-
ciones tradicionales. 2* ed. refundida y augmentada por Dox M. MlL.\ Y
Fontanals. Bare. 1882 — Puymaigre, Petit Romanceiro cat., vgl. Lo Gay
Saber 15. Juni 1878 — Ulbrech y Vixyeta, Romancer catala historich, tra-
dicionaly de costums. Barcelona 1S77 — F. Pelay y Briz, Endevinallas
populars catalanas acompanyadas de [variants y confrontamens ab ende-
vinallas francesas, lituanas, vascas, gallegas, italianas, ribagorzanas, pro-
venzales, alamanyas, anglesas etc. Barcelona 1882 — F. P. Y B., Algunas
endevinallas pop. cat., in: Lo Gay Saber, Any 5, No. XIII — .MiLÄ Y
Foxtaxals, Enigmes pop. cat., in: R, d. 1. r. vom 15. 7. 1876 u. 1. 1.
1877, vgl. auch R. d. 1. r. 2 ser. III 5 — E. Girbal, Refrans y modismes
locals, in: Lo Gay saber vom 1. 5. u. 1. 6. 1878 u. in Revista de Gerona
1877, No. 12 f. — LlagüSTERA y Sala, Aforistica catalana ösia coleccio
de refranis pop. cat. Barcelona 18S3 — Delboste, Noels cat. Perpignan
1866 — Pepr.^TX, Comi)araisons popul. les plus usitees en catalan rous-
sillonais, in: R. d. I. r. 18S1 Dccember, und: Ramellets de proverbis,
maximas, refrans etc. Perpinyii 1880, vgl. R. d. 1. r. 3 ser. IV 25 — Mattia
DI M.\RTlxo, Tradizioni popolari catalane. Noto iin Sicilien) 1882 — Poesias
religiosas catalanas, in: Revista historica latina No. III 61 u. IV 102, vgl.
Rom. IV 508 — Pix y Soler, Poesies pop. religieuses de la Catalogne.
in: R. d. 1. r. VII 217 — MiLÄ y Foxtaxals. Estudios de poesia populär.
Romancerillo catalan. Canciones tradicionales. 2 ed. Barcelona 1882 —
Masi'OXs y Labrc's, Lo Rondallayre. Cuentos pupulars catalans. Barce-
lona 1871 75.
F. "Wölk, Proben portugiesischer u. catal. Volksromanzin. Wien 1^56,
vgl. Jahrb. f. rom. u. engl. Lit. III 56.
Das Catalanischo. 499
7. Ausgaben altcatal. Litt erat u r wer ke. JIamon Ia'LI,, Obras
rimadas de K. li., escritas en idioma catalan, piiblicadas etc. por Gkkonimo
KüSSKLLO. Palma 1S59. Libre del orde de Cavayleria compost a Miramar
de Mallorca L. p. p. AcilLÖ Y Fi'STKU. Barcelona 1S79, vgl. Rom. XII
t>05 u, R. d. 1. r. 3 ser. IX 25»), vgl. auch Hist. litt, de la Fr. t. 29. Ro-
man de Bla[n'querna, herausg. zu Valencia 1521, vgl. Moukl-Fatio, in:
Rom. VI 504, G. Baist, in. Ztschr. f. rom. Phil. III ilO (vgl. dazu Rom.
VIII 402} . I.ibre de mili proverbis", herausg. zu Palma 174(>. Proverbis
d'ensenyament , herausg. v. Morel-Fatio, in: Rom. XI 188. Libre de
maravellcs, herausg. v. J. RossellÖ in der Bibl. catal. Ein katal. Thier-
epos des R. L.. herausg. von K. Hof.maxn. München 1872 (Denkschr. d.
K. b. Akad. d. "Wissensch. , vgl. Rom. III 111, Jahrb. f. rom. u. engl.
Spr. u. Lit. Xin 368 — König Jacob. Libre dels feyts esdevenguts en
la vida del rey»en Jacme lo conqueridor acabat a 17 del nies de setembre
1343, herausg. v. AgiiU) y Fuster in der Bibl. catal. 1873/8Ü iBALAGlEK
Y Merino, Un document inedit relatif ä la chronique cat. du roi J. I, in :
R. d. 1. r. 2 ser. IV 161;. The Chronicle of James I, king of Aragon, trans-
lated by the late J. Forster, with historical introduction etc. by P. de
Gay.\ngos. London 1S83, 2 Bde. — König Peter IV. Cronica del rey
de Aragon D. Pedro IV el ceremonioso, escrita por el mismo monarca ed,
A. DE BOFARILL. Barcelona 1S5Ü — B. Desclot. Cronica, herausg. v.
Bl'CHON in : Chroniques etrangeres relatives aux expeditions frcses pendant
le 13 s. Paris 1840 [Orleans 1876), vgl. S. S.\npere y Miquel in der Re-
vista de ciencias 18S0, p. 45 u. Morel-F.\tio in: Rom. X 233 (eine neue
Ausg. d. Historia de Pedro III por Desclot soll in der Biblioteca de
Escritores Aragoneses erscheinen, ebenso in der Biblioteca catalana, —
Ranion Muntaner. Cronica 6 descripcio dels fets e hazanayes del inclyt
rey Don Jaume I etc., zuerst gedruckt Valencia 1558, dann Barcelona 1562,
herausg. v. K. Laxz. Stuttg. 1844 Bibl. des litt. Vereins Publ. VIII , von
C. Bl'CHON in den Chroniques etrangeres etc. (s oben), von A. DE Bofarfel.
Barcelona 1S60. Eine krit. Ausg. hat G. Baist in Aussicht gestellt. Deut-
sche Uebers. v. K. Lanz. Leipzig 1842, 2 Bde., französ. Uebers. v. C. Br-
CHON in der Collection des chroniques nationales fr9ses etc. Bd. 5 u. 6.
Par's 1S27, span. Uebers. von A. de Bof.arull in seiner Ausg. (Fragmente
inedito de la Cr. de R. M. in: Revista de ciencias hist. 1880, No. 2. Lo
sermo den Muntaner [= Kap. 272 der Chronik] herausg. v. MiLÄ Y FoN-
TANALS in: R. d. 1. r. 3 ser. II 218 u. III 3S, vgl. Rom. IX 476 — [Zahl-
reiche andere altcatal. Chroniken sowie Urkunden u. dgl. sind gedrückt in
der Coleccion de documentos ineditos del Archivo de la Corona de Aragon]
— A. Turme da. Llibre compost por fra A. T. ab la oracio de S. Miquel,
lo jorn del judici y la oracio de S. Roch y de S. Sebastia. Cervera 1881
— Arnaldo de Vilanova. Menendez Pelay'O, A. de V., medico catalan
del siglo XIII. Ensayo historico seguido de tres opüsculos ineditos de
A. etc. Madrid 1S79 — Mulet. Obres festives compostes segons antiga,
general y molt rahonable tradisio del Pare Francesch M. p. p. C. Llom-
BART. Madrid 1S76 — Carbonell. Opüsculos ineditos de cronista cat.
C. ed. M. DE BoF.^RULL. Barcelona 1864, vgl. Rom. I 250 — A. Ferrer,
32*
500 I^äs Catalanische.
La Comedia de DantAlligjhier traslatada por A.F. de rims vulgars toscans en
riras vulgars catalans, ed. 0. ViDAL Y Valexciaxo. Barcelona ISSl, vgl.
Rom. VIII 454 — Auslas March. ObrAS, ed. F. Pelavo-Briz. Barcelona
1864 — Die catal. metrische Version der sieben weisen Meister, herausg.
V. A. MussAFlA, 8. oben S. 495, vgl. Rom. VI 297 'i — Ein catal. Streit-
gedicht ZAvischen En Buc u. seinem Pferde, herausg. v. AV. P'ÖR.STEU, in:
Ztschr. f. rom. Phil. I 79 — La Vida de S. Amador, text catalä inedit
del segle XIV p. p. V. Lieutaud. Marseille 1879, vgl. Lo Gay Saber vom
15. 8. 1878 u. La Renaixensa vom 31. Mai 1S78 — Eine catal. Version
der Visio Tundali, herausg. v. G. Baist , in: Ztschr. f. rom. Phil. IV 318
— Extrait dune traduction catalune de la legende doree p. p. C. Chaha-
neau, in: R. d. 1. r. 2 ser. V 210, vgl. Ztschr. f. rom. Phil. III 316] —
Fragment d'un conte catalan, traduit du fr9s, p. p. Morel-Fatio, in:
Rom. V 453, vgl. \1 143 — El canto de la Sibila, ed. MiL.^ Y Fontaxals,
in: Rom. IX 353 — Poeme barcelonais (Souhaits de bienvenue adresses
ä Ferdinand le Catholiquc par un poete barcelonais en 1473; p. p. A. Mo-
rel-Fatio, in : Rom. XI 333 das Gedicht zeigt eine interessante Mischung
von Catalanisch u. Castilisch^ — Traites catalans de grammaire etc. p. p.
P. Meyer, s. oben S. 495. — Vgl. noch S. 501, Nachtrag.
9. Neucatalanisehes. Unter den zahlreichen Erzeugnissen der
neucatal. Litteratur sind etwa folgende als beachtenswerth hervorzuheben :
Jascixto Verdaguer's »La Atlantida« (vgl. oben S. 494). Barcelona 1S78
(mit Span. Uebers. ; französ. Uebers. von A. Sayixe. Paris 1SS3)2, V. Ba-
laguer's Tragödien (mit span. Uebers. herausg. Madrid 1878] u. C. Llom-
BART, Niu d'abelles, epigrams llemosins. 2 ed. Valencia 1876, ausserdem
die Prosaschriften Felix Y' Codixa, Lo rector de Vallfogona, novela histo-
rica. Barcelona 1877, Careta y Vidal, Brosta, aplech de quentos, esce-
nas de costums, tradicions, novelas y fantasias. Barcelona 1878, Riera y
Bertrax, Escenas de la vida pagesa. Novcletas y Narraciones varias de
costumbres catal. Barcelona 1878. Von den litterarischen Zeitschriften Cata-
loniens sind die bedeutendsten Lo Gay Saber (seit 1. März 1868 erschienen,
doch nicht ohne Unterbrechungen' u. La Renaixensa seit 1. Februar 1871 ;
zweimal täglich erscheinende grosse Zeitung, welche ausser mit Littcrajur
auch hauptsächlich mit Politik sich beschäftigt u. zwar in specifisch cata-
lanistischem Sinne, .
Eine Uebersicht über die neucatal. Litteratur hat, auf Grund des
"Werkes von Tubino, gegeben E. ^'oGEL in seiner trefflichen Dissertation
»Neucatalanische Studien« (Münster 1886; , welche ausserdem auch eine
1) Vgl. hierzu Morel-Fatio, Corrections aux textes publies du ms.
de Carpcntras, in: Rom. XI 123, vgl. Ztschr. f. rom. Phil. VII 637. —
Ebenfalls Berichtigungen zur cat. Litt, hat BöiniEH in Korn. Stud. III l;i2
gegeben betrifft das Libre de vicis y virtuts und das Libre de la me-
nescalia).
2) j. Verdaguer hat ausser der Atlantida auch »Idilis v cants mi-
stichs« 12. Ausg. Barcelona 18S2> veröffentlicht, vgl. Polybiblion 2. ser.
XVIII 448 ; ganz neuerdings endlich Poesien u. d. T. «Caritat«. Barcelona
1885, vgl. Rev. du Monde lat. V 4o6.
Das Spanische. 50 t
Skizze der Grammatik u. eine Einleitung über Geschiclite der catal. Sprache
u. der catal. Philol. überhaupt nebst reichhaltiger Bibliographie enthalt.
lü. Geschichtliches. A. E. DK Molins, Bibliografia historica de
Cataluiia. Epigratia, in Kevista de ciencias bist, isso I — Maiaqieu
VlL.\U0T, Aborigens catalans, ensaig historich sobre'ls primers pobladors
de Catalunya. Barcelona ISSÜ — S. Sanpeue y Miquel, Origens y fonts
de la naciö catalana. Barcelona 1879, vgl. Magaz. f. d. Lit. des Ausl. 1880
No. 4 — BoFARULL Y Bkoca, Historia critica civil y eclesiastica de Cataluiia.
Bare. 1S70, 9 Bde. — Fiter e Ingles, Invasio dels Alarbs en la Cerdanya
y reconquista d'aquesta comarca per los Cristians. Barcelona 1878 — San-
pere y Mkhel, Los Alarbs y la Cerdanya. Pirona 1879 — A. Ruuio Y
Llvch, La expedicion y dominacion de los Catalanes en Oriente juzgadas
por los Griegos. Barcelona lbS3 — Saxpere y Miquel, Lag costumbres
catalanas en temps de Juan L Gerona u. Madrid 1879 — J. Corolen,
Claris y son temps, quadros de costums politicag del siele XIII etc. Bar-
celona ISSO — AlLESTlA Y Pijoan, Barcelona, ressenya historica. Bar-
celona 1S78 — Saxpere y Miquel, Barcelona. Su pasado, presente y
porvenir. Memoria historica, filosöfica y social. Barcelona '?) 1879 — Na-
xot-Rexart, Costumbres de Barcelona, in : Boletin del Ateneo Barcelones
1879 Oct. bis Dec. — V. Balaguer, Montserrat, su historia, sus tradiciones
y leyendas. 2 Ausg. Madrid 1880.
Nachtrag zu No. 8. GülLL. Serra, Genesi de scriptura, trelladat
del provencal a la llengua catalana, en l'any 1451 , ed. Miquel Victoria
Amer. Barcelona 1873, vgl. Rom. IV 4SI.
Drittes Kapitel, i)
Das Spanische (Castilianische).
§ 1. Das Gebiet der spanischen Sprache.
1. Der Umfang des spanischen Sprachgebietes in Europa
deckt sich keineswegs mit dem Umfange des Königreichs Spa-
nien, sondern ist ein erheblich geringerer. In Abzug zu brin-
gen sind nämlich: a) das catalanische Sprachgebiet [s. oben
S. 479) ; b) die baskischen Landschaften Guipuzcoa, Viscaya
und Alava; [c) die Provinz Galicien, deren Dialect mit grös-
serem Rechte dem Portugiesischen als dem Spanischen beizu-
rechnen sein dürfte, indessen benöthigt wohl diese Frage noch
einer eingehenden Untersuchung'.
2. Ausserhalb Spaniens ist das Spanische die Sprache der
1; Die Litteraturangaben sehe man im Schlussparagraphen des Kapitels.
502 Das Spanische.
Regierung und der gebildeten Bevölkerungsclassen in den ge-
genwärtigen xmd früheren spanischen Colonien (Canarische
Inseln , Philippinen , Carolinen etc. , Cuba , die mittel- und
südamerikanischen Republiken). Das aussereuropäische Gebiet
des Spanischen ist mithin ein sehr ausgedehntes.
3. Die Bevölkerung des Königreichs Spanien 'Festland,
Küsteninseln und Balearen) beträgt nach der Zählung von
1883: 16 711565 Seelen; bringt man von dieser Summe in
Abzug :
3 718 131 Catalanen (s. oben S. 479),
469 791 Basken,
1 881 008 Galicier,
5 868 930,
so ergiebt sich als Zahl der Bevölkeining spanischer Zunge :
10 842 635.
4. Die Zahl der Spanischredenden ausserhalb Europa's
ist unbestimmbar , da die hierfür erforderlichen statistischen
Unterlagen fehlen. Keineswegs aber darf die Gesammtbe-
völkerung namentlich des ehemaligen spanischen Mittel- und
Südamerika als spanischredend betrachtet werden , da sich in
den betreffenden Ländern vielfach neben dem Spanischen noch
die Sprachen der eingebornen Indianerstämme etc. erhalten
haben. Immerhin jedoch ist das Spanische eine der verbrei-
tetesten Sprachen der Erde und steht in dieser Eigenschaft
nur dem Englischen , dem Deutschen und dem Russischen
nach.
5. Zur Zeit der politischen Machtstellung der spanisch-
habsburgischen Monarchie wälirend des 15. und 17. Jahrhun-
derts besass das Spanische eine ähnliche internationale Ver-
breitung und Geltimg, wie vom Ende des 17. Jahrhunderts
ab sie das Französische, nur freilich in noch höherem Grade,
erlangte.
§ 2. Bemerkungen üb|er die G eschich te der spa-
nischen Sprache.
1. Die ältesten geschichtlich nachweisbaren Einwohner
der pyrenäischen Halbinsel sind die Iberer, ein A'olk . des-
sen Stammesangehörigkeit und Herkunft noch nicht aufge-
klärt ist. Zweifellos indessen ist , dass die Iberer der indo-
gennanischen Sprachfamilie nicht angehörten , und mit ziem-
Das Spanische 503
Hell grosser Hestiinintht'it kann veriiiuthet werden , tlass in
prähistorischer Zeit auch weite Theile des südlichen Frank-
reich, einzelne Gehiete der Polandschaft und vielleicht die
Inseln des tyrrhenischen Meeres von einer iberischen Bevöl-
kerung besetzt waren. Aller Wahrscheinlichkeit nach sind die
Basken Nachkommen der Iberer inid ist folglich auch die
baskische Sprache, das sog. Euskara. aus der iberischen her-
vorgegangen. Aber auch wenn Letzteres als zweifellose That-
sache betrachtet werden dürfte, wäre damit doch die Mög-
lichkeit der sicheren Einreihung der Iberer in eine der be-
kannten grossni Völkerfaniilien noch nicht gewonnen, da es
bis jetzt nicht gelungen ist, verwandtschaftliche Beziehungen
der ganz eigenartig gebauten baskischen Sprache . deren Ge-
biet übrigens auch nach Frankreich hinübergreift s. oben
S. 13), zu anderen Sprachen überzeugend nachzuweisen.
Die nordwestliche Hälfte des alten Hispaniens wurde
schon in vorhistorischer Zeit von aus Gallien über die Pyre-
näen dringenden Kelten besetzt, welche mit den bereits an-
sässigen Iberern zu dem Misch volke der Keltiberer verschmolzen.
Iberer und Keltiberer befanden sich, als sie von den Kar-
thagern und später von den Römern unterworfen wurden, im
Besitze einer Halbcultur. über welche nähere Nachrichten al-
lerdings fehlen, welche aber mit der frühmittelalterlichen sich
vergleichen lassen dürfte.
2. Phönicische und griechische Colonien . welche früh-
zeitig an den spanischen Küsten entstanden . scheinen , weil
lediglich Hau delszwecken dienend, einflusslos auf Sprache und
Cultur des Landes geblieben zu sein. Bedeutsamer dagegen
war die ungefähr ein halbes Jahrhundert etwa von 260 bis
2lü V. Ch.) währende Herrschaft der ('arthager (Gründung
von Neu-Carthago 230).
Diu'ch den Ausgang des zweiten punischen Krieges, zu
welchem die Eifersucht der Römer auf das Anwachsen der
carthaginiensischen Macht in Spanien den Anlass gegeben hatte,
kam Hispanien unter römische Herrschaft; dieselbe erstreckte
sich zunächst allerdings nur über die östlichen und südlichen
Küstengebiete, wurde allmählig aber auch auf das Innere des
Landes sowie endlich auch auf die westlichen und nördlichen
Gebiete ausgredehnt. Unter Aug-ustus war die Unterwerfung
504 ^^^ Spanische.
der gesammten Halbinsel (mit Ausnahme einiger schwer zu-
gänglicher Gebirgslandschaften vollendet. Schon vor vollende-
ter Eroberung aber war Ilispanien in zwei grosse Provinzen,
Hispania citerior und Hispania ulterior, getheilt worden, deren
ursprüngliche Grenze von dem Ebro gebildet ward. An Stelle
der Zweitheilung trat später eine Dreitheilung : Hispania Tarra-
conensis oder citerior (Hauptstadt Tarraco), Hispania Bätica
oder ulterior (Hauptstadt Corduba) und Lusitania (Hauptstadt
Augusta Emerita, das heutige Merida).
Die Romanisirung des Landes wurde durch geschickte
Yerwaltungsmassregeln , durch eine zahlreiche römische Ein-
wanderung und die damit verbundene Gründung römischer
Colonien i) in verhältnissmässig rascher und intensiver AVeise
durchgeführt. Schon im ersten nachchristlichen Jahrhundert
hatten römische Sprache und Cultur in Spanien so feste Wur-
zeln gefasst, dass dieses Land an der lateinischen Littoratiir
einen bedeutsamen Antheil nahm, indem aus Spanien gebürtige
Schriftsteller und Dichter 2) die Hauptvertreter des silbernen
oder nachclassischen lateinischen Schriftthums wurden. Auch
mehrere römische Kaiser waren entweder aus Spanien gebürtig
(so Trajan) oder hatten doch zu diesem Lande nahe persönliche
Beziehungen (so Hadrian).
3. Mit dem Verfall des römischen lleiches endete auch
die römische Herrschaft über Spanien. Germanische Stämme
(Alanen, Sueven, Vandalen) durchzogen, verheerten und be-
setzten am Ausgange des 4. und zu Beginn des 5. Jahrhunderts
die Halbinsel, jedoch nur den AVestgothen gelang die Auf-
richtung eines Reiches, welches längeren Bestand hatte und
allmählich über den grössten Theil des Landes sich ausdehnte.
Der Umstand, dass die Wcstgothen bei ihrer Festsetzung in
I ) Von den Römern wurden z. B. folgende Städte gegründet ; Valentia
(Valencia), Caesaraugusta (Saragossa , Legio VII Gcniina Leon', Asturica
Augusta Astorga) , Lucus Augusti ;Lugo;, Fax Augusta (Badajoz' u. a.
Die schon bestehenden Städte, Avie Tarraco (Tarragona;, Neu-Carthago
(Cartagena), Toletum (Toledo), Ilerda (Lerida; u. a., Avurden mit römischen
Colonisten besetzt.
2 Aus Corduba stammten Annaeus Seneca, der Rhctor, dessen Sohn der
Philosoph L. Annaeus Seneca, und M. Annaeus liUcanus; aus Calagurris M.
Fabius Quintilianus ; aus Bilbilis M. Valerius Martialis; aus üades L. Junius
Moderator C'uluniella ; aus Tingontcra l'omponiusMehi. Spanier war auch der
Mythügrajth Hyginus; Spanier endlich waren die cliristlicli-lateinischen Dich-
ter, bzw. ScliriftsteUer Juvencus, Prudentius, Idatius, ürosius, Isidor u. A.
Das Spanische. 505
Spanien bereits im Hesit/e einer <2^ewissen Cultur sich befanden,
besünstiiite die Erhaltuny; zahlreicher römischer Culturelemente.
zngleich aber auch die rasche sprachliche Romanisirung des
eermanischen A'olkes . Avoraits sich erklärt . dass die west-
güthische Sprache in Spanien für litterarische Zwecke nie
gebraucht -worden zu sein scheint, obwohl sie ja hierfür, wie
Vlülas' Bibelübersetzung beweist, recht wohl fähig gewesen
wäre. Die Vermischimg der ^^'estgothen mit den unterworfenen
Hispano-Komanen fand zunächst in der Glaubensverschieden-
heit beider Völker ein Hinderniss. indem die ersteren zum
Arianismus. die letzteren zum Katholicismus sich bekannten.
Als jedoch durch König Eeccareds (586 bis 601) und seines
Volkes U ebertritt zur katholischen Kirche jenes Hinderniss
hinweggeräumt worden war. begann der Verschmelzungsprocess
der beiden Völker, welcher, als er etwa im Beginne des 13. Jahr-
hunderts seinen Abschluss fand, die Bildung einer neuen, der
spanischen, Nationalität zum Ergebnisse hatte. Ein eigen-
artiff fremdes Element wurde in die sich bildende Nationalität
eingeführt durch die im Jahre 711 beginnende Festsetzung der
Araber Mauren' auf der Halbinsel, welche zur Begründung
eines mächtigen und blühenden Reiches . des Chalifates von
Cordova 755). führte. Nur in dem gebirgigen Norden des
Landes vermochte die christliche Bevölkerung ihre Selbständig-
keit zu behaupten, ohne doch dem Einflüsse der überlegenen
arabischen Cultur und der arabischen Sprache sich völlig ent-
ziehen zu können, ein Einfluss. der auf die im Chalifate ver-
bliebenen Christen natürlich in voller Stärke sich geltend
machte, namentlich auch in sprachlicher Beziehung. Nur sehr
allmählig: gelano^ es von Mitte des 11. Jahrhunderts ab den
Herrschern der kleinen christlichen Reiche des Nordens das
Gebiet ihrer Staaten nach Süden zu erweitern: in schweren,
langwierigen und wechselvollen Kämpfen ward das Werk der
Rückeroberung vollzogen, erst am Ausgange des Mittelalters
(1492 ward es durch die Eroberung Granada's beendet. Gleich-
zeitig mit der Zurückdrängung der Araber vollzog sich ein
anderer wichtiger politischer Process. die allmählige Bildung
des spanischen Einheitsstaates durch Vereinigimg der ursprüng-
lich vorhandenen kleinen Einzelreiche Asturien oder Leon,
Castilien, Navarra. Aragon. Grafschaft Barcelona: 1137 wurde
506 I^^s Spanische.
IJarcelona mit Aragon, 1230 Leon mit Castilien vereinigt;
cUirch die Vermählung Isahella's von Castilien mit Ferdinand
von Aragon [1469J -wurde die Vereinigung beider Reiche vor-
bereitet und zehn Jahre später [1479] vollzogen^
Von den späteren politischen Geschicken Spaniens haben
höchstens die Ausbreitung der spanischen Herrschaft über einen
Theil Italiens und die Thronbesteigiing der französischen Bour-
bons einen gcAvissen. aber mar geringen Einfiuss auf die Ent-
■\vickelung der Sprache ausgeübt.
4. Für die Sprachgeschichte ergeben sich aus obigen Be-
merkungen folgende Thatsachen : a) das durch die römische
Besitznahme nach Spanien verpflanzte Latein verdrängte dort
eine nicht indogermanische Sprache, die iberische (während
sonst fast überall das Latein anderen indogermanischen Spra-
chen nachgefolgt ist), b) Die germanische, bzw. die west-
gothische Occupation ist für die Entwickelung des Hispano-
Romanischen von verhältnissmässig geringer ]iedeutung ge-
wesen, jedenfalls von weit geringerer, als dies in Frankreich,
imd besonders wieder in Nordfrankreich, der Fall war. c) Schon
durch die phönicische und die carthaginiensische Colonisation,
in Avoit ausgedehnterem Umfange und intensiverer Weise aber
durch die arabische Invasion wurden semitische Sprachen nach
Spanien übertragen und folglich die Einführung semitischer
Elemente in das Spanische (sowie in das Catalanische und
Portiigiesische) ermöglicht, ein A'organg, welcher für die Idiome
der Pyrenäenhalbinscl charakteristisch ist. —
Als weitere wichtige sprachgeschichtliche Thatsachen sind
hervorziiheben : a) das Spanische ist in flexivischer Hinsicht
dem Latein verhältnissmässig nahe geblieben, in einzelnen
l'inikten sogar näher als das Gemeinitalienische, b) Die spa-
nische Litteratur hat sich erst spät (etwa von Mitte des
12. Jahrhunderts ab) zu entwickeln begonnen, c) Die ein-
zelnen Dialecte besitzen für die Entwickelung des Spanischen
weit geringere Bedeutung, als beis])ielsweise im Französischen,
vgl. unten § 4.
§ 3. Bemerkungen über die Geschichte der spa-
nischen rhilologic.
Unter allen romanischen Einzelphilologien ist, befremdlich
genug, die spanische die vernachlässigteste und wenigst an-
Das Spanische. 507
gelaunte, namentlich was ihren s})rachlichen Thcil anbelangt.
Mittelalterliche grannnatisclie luul lexikalische Tractate. wie
sie z. 1>. für das Französische \ind Provenzalische überliefert
sind, scheinen für das Spanische gänzlich zn fehlen, so sehr
anch zu erwarten wäre, dass solche ahgefasst worden seien.
da doch das Nebeneinanderbestehen von Arabisch nnd Spanisch
schon ans praktischen Gründen die Aufmerksamkeit auf sprach-
liche Dinge lenken musste. Erst mit Ende des 15. Jahrhun-
derts beginnen die grammatischen und lexicalischen Schriften
(1490 Aloxso de Palencia, El universal vocabulario en latiu
y romance; 1492 Antonio de Lebrija [Xehrissensis], Lexicon
lat.-hisp. et hisp.-lat. und Tratado de grammatica sobre la
lengua castellana' . Indessen scheint selbst während des 16. Jahr-
hunderts jene Rührigkeit und Vielgeschäftigkeit auf national-
sprachlichem Gebiete, wie sie in Italien und in Frankreich
sich kundgab , in Spanien gefehlt zu haben ; bemerkenswerth
ist jedoch die vermuthlich vor 1536 von Juax Yaldes ver-
fasste? Schrift >^Diälogo de las lenguas« ^zuerst veröffentlicht
von Mayaxs 1737, s. u ).
Die nach dem ^Muster der Academie francaise begründete
Real Academia espanola gab , auch hierin ihrem französischen
Vorbilde folgend, 1726/39 ein Wörterbuch und 1771 eine
Grammatik heraus, ohne doch hierdurch den gleichen mass-
gebenden Einfluss erlangen zu können, dessen die französische
Akademie sich erfreut. Die bedeutendeste philologische Lei-
stmig des IS. Jahrhunderts war ^NLyyans' Sammlung »Origenes
de la lengua espaüola, compuestos por varios autores, recogidos
por Gregorio M. y Siscar« Madrid 1737. 2 Bde ).
Die wissenschaftliche Geschichtsschreibung der spanischen
Litteratur wurde durch F. Eouterwek geb. 1766, gest. 1S2S)
begiündet, welcher im dritten Bande (1804) seiner »Geschichte
der Poesie und Beredtsamkeit« die Geschichte der spanischen
Litteratur behandelte (der erste Band einer mit vielen Zu-
sätzen versehenen spanischen Uebersetzung dieses Werkes er-
schien 1S29). Verdienstlich und anregend wirkten auch die
der span. Litteratur gewidmeten Alschnitte in des Genfers
Simon de Sismondi »Histoire des litteratures du midi de l'Eu-
rope« (ISIS). Mancherlei Förderung erfuhr die spanische Lit-
teraturgeschichtsschreibung auch durch das Interesse, welches.
508 I^^s Spanische.
zumal in Deutschland, die romantischen Dichter der spanischen
Litteratiir und insbesondere dem spanischen Drama zuwandten
und namentlich durch zahlreiche, zum Theil auch meisterhafte
Uebersetzungen bethätigten^). Die wissenschaftliehe Arbeit wurde
dann besonders von dem Amerikaner Georg Ticknor (geb. zu
Boston 1791; und von dem Deutschen Fe;rdinand Wolf (gest.
1866) wieder aufgenommen. Der ersterc ist der Verfasser einer
umfangreichen und gelehrten Gesammtgeschichte der spanischen
Litteratur, der letztere hat in zahlreichen Einzelschriften werth-
vollste lieiträge zur Kenntniss namentlich der älteren spanischen
Litteratur geliefert, auch einen Supplementband zu dem Werke
Ticknor s bevorwortet und mit Zusätzen ausgestattet. In Spa-
nien selbst hat sich neuerdings namentlich Jose Amador de
LOS Rios durch seine «Historia critica de la litcratura espanola«
Verdienste erworben; andere Gelehrte, wie besonders Hartzex-
BUSCH , haben das Studium der spanischen Litteratur durch
die methodische Herausgabe älterer Litteraturwerke und Au-
toren erfreulich gefördert.
Die durch Diez begründete romanische Philologie hat in
Spanien noch keine Pflege gefunden, eine schwer erklärliche
und für Spanien jedenfalls beschämende Thatsache, da doch
selbst Portugal und Rumänien eine so traurige Vernachlässigung
einer nationalen Ehrenpflicht sich nicht haben zu Schulden
kommen lassen, obwohl es bei ihnen Aveit eher begreiflich und
verzeihlich gewesen sein würde. Aber auch in Deutschland
und Frankreich ist das spanische Gebiet der romanischen
Philologie bisher nur sehr stiefmütterlich und fast ausschliess-
lich nach der litterarischen Seite hin behandelt worden.
A. Ficiis aus älterer. P. Meyer, C. A'ollmöller, P. Förster,
Caroline Michaelis (verehelichte Marquise de Vasconcellos ,
G. Baist und namentlich A. Morel-Fatio aus neuerer Zeit
dürften als diejenigen zu nennen sein, denen die spanische
1) Nicht vergessen darf liier -werden der Name des Johann Nicolai'S
BÖHL V. Fabek geb. ITTü zu Hamburg, gest. IS^iO zu Puerto Santa Ma-
ria) als der eines Mannes , der ungemein anregend auf dem Gebiete der
altspan. litteratur gewirkt und der überdies in seiner Tochter Ciicilie Fer-
nan Caballero^ dem modernen Spanien seine grösste Dicliterin gegeben
hat. Vgl. über ihn die biographische Skizze, welche ihm N. H. Jrurs
im zweiten Bande S. 641 ff., seiner Uebersetzung des Ticknor'schen AVer-
kes gewidmet hat.
Das Spanische. 509
riiilologie manche Anregung und Förderung zu danken hat,
und doch haben auch von den Cienannten Einzehie nur ver-
hältnissmässig unbedeutende, mitunter sogar recht fragwürdige
l^eistungen aufzuweisen. Immerhin ist trotz ihrer verdicnst-
Hchen und jedenfalls wohlgemeinten liemühungen auf dem
Gebiete der spanischen Philologie noch nahezu Alles z\i thun
übriir. und dringend wäre, auch im Interesse der romanischen
Gesammtphilologie, zu wünschen, dass die hier also noch der
Bewältigung harrende Arbeit recht bald von rüstigen Kräften
mit Energie und Verständniss in Angriff genommen würde.
Vor Allem aber wäre es Sache der Spanier selbst, Sorge dafür
zu tragen, dass sie hinsichtlich des Interesses und Eifers für
die wissenschaftliche Erforschung ihrer eigenen Sprache und
Litteratur nicht länger den übrigen Romanen nachstehen.
§ 4. Bemerkungen über die Dialecte des Spa-
nischen.
1 . Die dialectischen Scheidungen sind — so scheint man
wenigstens nach den bis jetzt vorliegenden , freilich vielfach
sehr ungenügenden Angaben urtheilen zu dürfen — im Spa-
nischen weit weniger bedeutend und scharf, als in den mei-
sten anderen romanischen Sprachen namentlich besteht in
dieser Hinsicht zwischen Spanisch und Italienisch ein star-
ker Gegensatz). Begründet mag dies sein einerseits in dem
verhältnissmässig kleinen Umfange des spanischen Sprach-
gebietes — es dürfte dasselbe nur etwa nicht ganz zwei Drit-
tel der Halbinsel in sich begreifen') — , andererseits in dem
Vmstande, dass die Litteratur von Anfang an unter den ver-
schiedenen Dialecten mit grosser Bestimmtheit den castiliani-
schen bevorzugte und dadurch die Erhebung desselben zur
allgemeinen Schriftsprache veranlasste, die übrigen Mundarten
aber zu keiner höheren Entwickelung gelangen Hess.
2. Der wichtigste der spanischen Dialecte ist der. wie
bereits bemerkt, zur Schriftsprache erhobene castilianische,
von dem man früher glaubte , dass er am reinsten und edel-
1; Die AVestküste der P-VTenäenhalbinsel gehört dem portugiesisch-
galizischen. die Ostküste dem' catalauischen, ein Theil der Nordküste dem
baskischen Sprachgebiete an. folglich verbleiben für das Spanische nur das
Binnenland, die Südküste und ein Theil der Nordküste; im Mittelalter
kam davon noch das damals catalanisch redende Aragon in Abzug.
51 0 Das Spanische.
Steil zu Toledo gesprochen -werde . AvUhrend gegenwärtig wohl
die Hauptstadt Madrid auch in dieser J>eziehung tonangebend
ist. Innerhalb des Castilianischen unterscheidet man wieder
die Mundarten von Alt- und von Neucastilien. der letzteren
scheint diejenige von Estremadura nahe zvi stehen. Das Ge-
biet des Castilisch - Estremadurensischen wird im Osten von
dem Aragonesischen . im Süden von dem Andalusischen , im
Norden von dem Leonesischen begrenzt ; den Abschluss nach
Norden zu bildet der Dialect der Küstenlandschaft Asturien.
Unter allen nichtcastilischen Dialecten hat nur. und auch nur
im Mittelalter, der leonesische eine gewisse litterarische Aus-
bildung erhalten, doch ist in den übrigen (so namentlich im
Andalusischen) eine mehr oder weniger reiche Volkspoesie
erblüht.
Die wissenschaftliche Erforschung der spanischen Dialecte
ist noch kaum begonnen, nur für diejenige des Altleonesischen
ist Einiges geschehen.
3. Dass das über die weiten Gebiete Mittel- und Süd-
amerika's ausgebreitete Spanische, mindestens im volksthüm-
lichen Gebrauche, von dem europäischen Spanisch irgendwel-
che Verschiedenheiten zeige (wie dies ja bezüglich des Ver-
hältnisses zwischen Yankee-Englisch und Europäisch-Englisch
bekannt ist) und wenigstens Ansätze zu dialectischeu Spaltun-
gen aufweise, darf als gewiss angenommen werden, doch feh-
len darüber noch nicht nur L'ntersuchungen , sondern selbst
auch Angaben sind nur für einzelne Kreolen- Dialecte vor-
handen.
§ 5. liemerkungen über die Laute des Spani-
schen.
1. Als charakteristisch fiir den spanischen Vocalismus
sind besonders etwa folgende Züge hervorzuheben: a Lat. d
ist rein erhalten (z. B. tnatio] , die einzige bemerkenswerthe
Ausnahme bildet der Uebergang von d zu f in dem Suftix
ari[us], z. 11. caballero, vgl. auch beso aus hanium; lat. ^ stellt
sich als ie (im Anlaut t/e), lat. o als ue dar [z. li. cieh, öueno),
während lat. ö und o monophthongisch geblieben sind; lat. ü
ist bewahrt (der w-Laut ist dem Spanischen unbekannt} , lat.
H und n in Pos. ist zu o geworden (z. 15. hbo = lupiis, plomo
Das Spanische. 511
= plumhiim ; jedoth tiiulen sich zahlreiche Fälle , in denen ü
beharrt, so namentlich in betonter Antepenultima, z. li. dudo
= dübito, Ihtcia = plücia). Dem ic analog wird / behandelt:
lat. 7 bleibt durchweg (z. \\. feliz= felicem) . lat. i und i in
Position wird gern zu e (z. H. fe ^^ f\dem. pez = piscem; je-
doch sind Fälle des Beharrens von i in Pos. zahlreich, z. \^.
triste; i in offener Sylbe erscheint zuweilen als ie, z. B. nieve,
pliego \ lat. uu erscheint in populären Worten als o, z. B.
pobre. toro. h] Stammhaftes und flexi visches a und o im ton-
losen Auslaut beharrt, z. B. corona , oro = aurum (Stamm
auro] . auch w in espiritu ; auslautendes tonloses e beharrt in
Nominalstämmen [ausser nach den Liquiden mit Ausnalime
des m . nach Sibilanten und nach dem Kehllaut j sowie nach
d =t). z. B. maL ?iacio}i, mayo7\ paz. reloj ^[ho\rologium,
salud. dagegen] noche = noctem . pnente, siierte ^ nave , nomhre
= nomen. Jumhre = lumen. Fremdworten wird häufig ein un-
organisches e angefügt, z. B. j'efe = frz. c/ief. c) Die Aus-
sprache unterscheidet zwischen offenem und geschlossenem o
und e. jedoch nicht mit der Consequenz, wie z. B. das Alt-
französische oder auch nur das Italienische, d Tonloses i e)
in Hiatusstellung bewirkt Palatalisirung oder Assibilirung, zu-
weilen auch Schwund des vorangehenden Consonanten: l -\- j
= // mouillirtes /), gewöhnlicher j (über dessen Lautwerth
vgl. unten,, z. B. hatalla . Mjo ^=fiUum. muj er ^= midierem \
n -f- y = '^ (mouillirtes w), z. B. huiio , Eapana\ r -\- j und
s -|- y s. oben die Bemerkung über lat. ä\ f -\-j = z, z. B.
avestruz = ai'is struthio. plaza = platea; d -\- j anlautend = j,
inlautend ^ y, z. ^.Jornada, rayo = vadium \ g -\-j = y, z. }^.
e7isayo = exagium; h -\- j = y, z. B. haya = haheam\ v -\-j
= y. z. B. lijero = leviariimi: p + / = eh. z. B. piclion =
pipioneyn.
2. In Bezug auf den Consonantismus ist vor Allem be-
merkenswerth der Besitz einer rauhen Kehlaspirata, deren
Aussprache etwa der des hebräischen Cheth oder des deut-
schen ch in auch gleichkommt und zu deren Bezeichnung die
neuere Orthographie durchgängig / anwendet , während die
ältere nach etymologischem Principe bald j bald x bald g
brauchte. Dieser Laut, welcher übrigens erst, in allerdings
noch nicht aufgeklärter Weise, gegen Ende des 16. Jahrhun-
512 r)as Spanische.
derts ans ursprünglicher Palatalis sich entwickelt hat* nnd
folglich durchaus nicht auf semitischen (arabischen) Einlluss
zurückgeführt werden darf, beruht: a) auf lat. j, z. B. j'amas.
justo\ ß) auf lat. </ vor e und i, z. B. ge?ite, regir\ y) auf
lat. .r, z.B. ej'emplo, Jerj'es = Xerxes, Alejandro, dije= dioci,
duje = duxi\ b) auf lat. g -\- j •, z. B. reloj ^ s. oben; s) auf
lat. SS, z. B. haj'o = bassus\ t) auf lat. l-\-j\ z. B. ajeno =
aliemim, vgl. oben S. 5 1 1 . — Im Uebrigen können als Eigenthüm-
lichkeiten des span. Consonantismus folgende Lautwandlungen
angeführt werden : a) Lat. c vor e und i ist assibilirt worden ;
sein heutiger Lautwerth entspricht ungefähr dem der engli-
schen und neugriechischen Dentalsj^irans th iß-), b) Anlau-
tendes lat. f Avird etwa seit der zweiten Hälfte des 15. Jahr-
hunderts consequent durch h vertreten (z. B. hermano = ger-
manus, hierro = ferrum) ^ Avelches noch im 16. Jahrhundert,
wie die Rhythmik beweist (indem auslautender Vocal vor h
Sylbengeltung bewahrt), vollen Lautwerth besessen haben muss,
in der neueren Sprache aber denselben nahezu gänzlich ver-
loren hat; es gilt dies von h auch in dem Falle, dass es ursprüng-
lichem lat. h entspricht, wie z, B. in Jutber (nur vor iie lautet h
noch schwach, z. B. in huesped). Oefters ist vocalisch anlauten-
den Worten gi-aphisch ein h vorgesetzt, z.B. henchir = implere.
c) Lat. II wandelt sich in palatalisirtes /, für welches aber
II graphisches Zeichen bleibt, d) Anlautendes lat. c -\- J,
g -{- l, p -\- l, b -\- l, f -\- l wird , wahrscheinlich durch Ein-
fluss eines nachgeschlagenen parasitischen i = J , zu palatali-
sirtem /, z. B. Hämo = clamo, llego = plico, llama =■ ßamma\
auch inlautend ist dieser Wandel zu beobachten, z. B. escollo
= scoptdus, trillar = tribulare. Dagegen wird, abweichend
vom Catalanischen, anlautendes lat. / nicht palatalisirt. e) Ne-
ben dem Wandel der unter d angeführten Consonantencom-
binationen zu // findet auch ein solcher zu dem palatalen Dop-
pellaute ch = tsch statt, z. B. chabasca v. clava , liacha v.
fac[u\Ia. Im Uebrigen gründet sich ch auf lat. et und //, z. B.
dicho = dictum^ hecho = factum , mnc//o = fnultutn , vereinzelt
1) Zuerst wird sein Dasein von dem Grammatiker Vklasco (I5S2) be-
zeugt, während noch SüTOMAYüU (1.5GS) das damalige spanische x dem
französischen c/i jrleichsetzt. Vgl. MONLAl', iJel origen y la forraacion del
romance castellaiio. Madrid 1S59.
Das Spanische. 513
auf lat. anlautendes s, z. 1?. cJtuf l)ar = aujyiart: axich dient es
zur Vertretung des ital. palatalen c und des franz. eh. f) In-
lautende tonlose lat. Explosiva wird tönend, /.. \\. loho = Jupus
(s. nächste Zeile), pagar = pararc: auch anlautend sinkt r oft zu
^ herab, z. li. <7/'rtÄ0 = crassus. Intervocalisches ursprüngliches
oder aus p geschwächtes h wird in der Aussprache zur Spi-
rans V , dessen Laute es sich auch anlautend vor Vocal zu-
neigt. Vor Dental wird b durch v zu u vocalisirt, z. \^. deuda
= *deL'da = deh t\ta. g) Auslautendes t wird d isalud = sa-
hdem , welches den Lautwerth einer dentalen Spirans erhält,
so dass es in phonetischer Schreibweise auch durch s und z
ausgedrückt wird; dialectisch wechselt auslautendes d auch
mit / 'also Madris, Madi'iz, Madril = Madrid] . h) Anlauten-
dem s + Cons. wird e vorgeschlagen, z. B. escaJa. esfera^
espada. i Vor Dentalen und Sibilanten erscheint häufig ein
eingeschobenes unorganisches u, z. B. retidir = reddere. en-
sayo = exagiunh zuweilen auch vor Gutturalen, z. B. ninguno
= necunus^ langoata = locusta, si/tglar = dtsch. segeln, k, Lat.
complicirte Consonanz wird durch Schw und oder Vocalisiriuig
des ersten Bestandtheiles erleichtert, z. B. fruto. retar = re-
putare. auto = actum: über den möglichen Wandel von cl
u. dgl. zu // oder ch , sowie über den Wandel von et und It
zu ch s. oben. Sc vor e und i wird zu sibilirtem c verein-
facht, auch in der Schläft, z. B. cetro., conocer, Cipion. 1 Lat.
geminirte Consonanz wird stets vereinfacht, z. B. ilustre. co-
meter: in gelehrten Worten wird lyim zu nm, z. B. inmortal.
Scheinbare Ausnahme ist cc = gutturales c -\- assibilirtes c,
z. B. acceder. wirkliche rr.
3. Neben dem Grundgesetze, dass der lateinische Accent
beharrt, hat sich im Spanischen, das erwähnte Grundgesetz
durchkreuzend, die Tonregel entwickelt, dass consonantisch
auslautende Worte auf der Ultima , vocalisch auslautende auf
der Pänultima betont sind, daher ist z. B. determino und su-
plico zu betonen. In weitem Umfange aber hat sich das ety-
mologische Betonungsprincip gegenüber dem mechanischen
behauptet, so z. B. bei den consonantischen Stämmen der lat.
dritten Declination, also z. B. huesped ., ärhoL wiägen, fäcil;
femer bei den auf Vocalcombination auslautenden Worten
ciencia, especie, antiguo^ propincuo, und so überhaupt bei Wor-
Körting, Encyklopädie d. rom. Phil. 111. 30
514 Das Spanische.
teil, welche auf lat. tonlosen Doppelvocal auslauten und mehr
als zwei Sylben umfassen vgl. dagegen vacio, (janzüa . Auf
Diphthonge , deren zweiter Bestandtheil xj ist . auslautende
Worte werden auf der Ultima betont, also z. V>. estoy. Die
ausnahmsweise Betonung der drittletzten oder einer noch wei-
ter zurückliegenden Sylbe wird orthographi.sch durch Setzung
des Acuts bezeichnet, dies findet (abgesehen von gelehrten
Worten) namentlich statt bei Combinationen von "N^erbalfor-
men mit enklitischen Pcrsonalpronominibus , z. B. dieronselo^
büscamelo^ und bei den adverbialen Compositis Kwi -mente, z. B.
dificilmen te. ü Itim am ente.
4. Die Reinheit und Klarheit seiner Vocale, namentlich das
Fehlen aller getrübten und nasalen Vocale, verleiht dem Spani-
schen Klangfülle, der häufige consonantische Auslaut Energie,
der vorwiegend auf Ultima oder Pän ultima fallende Wortton Ge-
messenheit und Würde, der häufige Kehllaut j Rauhheit, der
verhältnissmässig oft erscheinende Palatallaut ch Schrofflieit.
Vielleicht dürfte unter allen romanischen Sprachen das Spa-
nische hinsichtlich des Lautcharakters dem Latein am ähn-
lichsten geblieben sein, am meisten dessen Kraft sich bewahrt
haben.
5. Die früher ziemlich schwankende und etymologisch
schwerfällige spanische Orthographie ist im Jahre 1815 durch
die Akademie einheitlich und consequent nach gemässigt pho-
netischem Principe geregelt worden und die dadurch üblich
gewordene Schreibweise genügt dem praktischen Bedürfnisse
in treff'licher Weise, ohne doch die etymologische Durchsich-
tigkeit der Worte allzusehr zu beeinträchtigen.
§ 6. Bemerkungen über den Wortbestand des
Spanischen.
1. Zu dem lateinischen Grundstocke des spanischen Wort-
schatzes sind, entsprechend dem \ erlaufe der Sprachgeschichte,
zahlreiche fremde Elemente hinzugetreten, und der spanische
Wortschatz zeigt demnach ein etwas buntscheckiges Aussehen,
um so mehr, als nicht wenige seiner fremden Bestandtheile
aus nicht indogermanischen Sprachen eingeführt worden sind.
2 . Wie in allen romanischen Sprachen , so zerfallt auch
im Spanischen der lateinische Grundstock des Wortbestandes
Das Spanische. 515
in einen volksthiinilichen und in einen gelehrten Theil: der
letztere ist im Spanischen sehr nmfangreich. Zu dem volks-
tliiimlichen Theile gehören auch nicht ganz wenige Worte
griechischen Ursprunges (z. 15. ho/.sa , f/olfo, pcjt^, cahir =
Xu/.üy etc.) , ^velche bereits im N'olkslatein Aiifnahme gefun-
den hatten.
3. Dass der si)anische AVortbestand Worte iberischen Ur-
sprunges in sich scnliesst, darf aus geschichtlichen Gründen von
vornherein als zweifellos erachtet werden. Nichtsdestoweniger
ist es, da wir über das Iberische und über seine Beziehungen
zu dem Kaskischen nur sehr unzureichend unterrichtet sind,
ungemein schwierig, derartige Worte mit Sicherheit zu er-
kennen und namentlich ihre direete Herkunft aus dem Ibe-
rischen nachzuweisen ; in der Regel wird Durchgang durch
das Lateinische oder das Baskische anzunehmen sein, ersterer
z. B. bei baluz = lat. ballux , ffordo = \a.t. ffurdus, canto =
lat. canf/ius, letzterer z. B. bei c/mtnarasca = bask. chatnarasco,
zamarro = bask. echamarra [/], mamlria = bask. emayidrea.
4, Zahlreich sind die germanischen Elemente im Spani-
schen, deren Eindringen zumeist auf die lange Herrschaft der
Westgothen zurückzuführen ist. Zumeist sind es SuVstantiva
(z. B. hrida = ahd. hrittil ^ guisa = ahd. ivin) , doch fehlen
auch Adjectiva und Verba nicht (z. B. franco,. haldo = goth.
balfhs, estampai' = ahd. staf?ip/iun, gy'citar = ahd. chrazön . Zum
gössen Theile sind diese germanischen Worte auch in ande-
ren romanischen Sprachen, namentlich im Italienischen und
Französischen, wiederzufinden z. B. aba?idonar, guardar, tirar
etc.) , einzelne aber dürften dem Spanischen eigenthümlich
sein, z. B. melsa = 31ilz, ^e^a = nhd. Zifze, ganso ^^ Gcma.
An Weiterbildungen germanischer Wortstämme mittelst roma-
nischer Suffixe ist kein Mangel, z. B. senado v. Sinn^ ardido
V. hart. Beachtenswerth ist die Zahl und Verbreitung ur-
sprünglich germanischer Personennamen , unter denen wieder
die Fatronymica mit dem ursprünglich genetivischem Suffixe
-ez '= goth. -?6), wie z. B. Fernandez = goth. Frithanantis,
Rodriguez = goth. Ilrötliareikis, bemerkenswerth sind, zumal
nach ihrer Analogie auch Fatronymica von lateinischen Namen
gebildet sind, wie Perez v. Petrus, Sanchez v. Sunctius. Eine
-eingehende Untersuchimg der germanischen Wortelemente im
33*
516 Daß Spanische.
Spanischen nach Form und Bedeutung würde eine ebenso in-
lialtreiche wie dankbare Aufgabe sein.
5. In Folge der jahrhundertlangen Herrschaft der Araber
über den grössten Theil der Halbinsel hat eine sehr ansehn-
liche Anzahl ') arabischer Worte (von denen vielleicht man-
ches bereits in punischer Form von der Volkssprache aufge-
nommen worden war) im Spanischen das Bürgerrecht erlangt,
lind namentlich diese semitischen Fremdlinge verleihen nebst
den Worten iberischer Herkunft dem spanischen Wortbestande
ein eigenartiges, fast exotisches Gepräge. Entsprechend der
hohen Culturüberlegenheit , welche die Araber (Mauren) über
die christlichen Spanier besasseu, beziehen sich die arabischen
Worte (vorwiegend Substantiva mit vorgesetztem Artikel al)
zu einem grossen Theile auf wissenschaftliche Begriffe (z. B.
algthra^ cifi'ci, elijir etc.) soAvie auf Staats- und Kriegswesen
(z, B. alcalde , aduana^ alcäzar, arsenal, tahali etc.); anderer-
seits sind aus naheliegenden Gründen arabische Worte für
Dinge des alltäglichen Lebens in Gebrauch gekommen (z. B.
almohada^ almojabana^ almuerzo etc.), namentlich auch für Er-
zeugnisse und Werkzeuge künstlerischer und industrieller Thä-
tigkeit (z. B. alherca^ alcaduz^ cdcarraza, cendal^ Jarra, rahel,
sabana) .
6. Endlich ist zu erwähnen, dass in Folge der spanischen
Colonialherrschaft über einen grossen Theil des mittleren und
südlichen Amerikas vereinzelte Worte aus amerikanischen
Sprachen in das Spanische (und von diesem aus in andere
europäische Sprachen) übertragen worden, so z. B. caciihual
»Kakaobaumplantage« vom mejicanischen kakahiiatl , chocolate
vom mej. choco »Kakao« xmd lattle «Wasser«, ananas (aus der
brasilianischen Tuxis- Sprache entlehnt , qidna oder quinquina
(deutsch durch Volksetymologie zu «China« geworden) vom
peruanischen kinakina »Rinde«.
§ 7. Bemerkungen über den Formenbau und die
Syntax des Spanischen.
I. 1. Einzelne lat. substantivische f7-Stämme haben ihren
Staramauslaut gewahrt, z. B. espiriiu, impetu. 2. Einzelne lat.
1) Nach Engelmann's Glossaire (s. unten § 10 beläuft sich dieselbe
auf 650.
Das Spanische. 51 7
0-Stiimme sind durch Schwund des .Stammauslautes zu den
consonantischen Stammen übergetreten, z. B. maI[o \ apöstol o ;
dasselbe ist , aber auf andere Weise, geschehen mit deus , s,
nächste Nummer. 3. Nur Sing, und Plur. . nicht aber Cas.
rect. und Cas. obl. werden unterschieden; die Declination ist
demnach völlig aufgegeben. Die Singularform gründet sich
auf den lat. Accus., der lat. Nom. ist nur erhalten in dios =
deus wo also Accentverschiebung eingetreten, vermöge deren
das Wort das Aussehen eines consonantisch auslautenden Stam-
mes erhalten hat , Carlos und altspanisch res. wozu Accus, ren.
Die Pluralform beniht ebenfalls durchweg auf dem lat. Accusativ.
Demnach wird der l^lural bei Worten auf -«, -o, -ti. -e durch
Anfügung eines einfachen s. bei consonantisch auslautenden
Worten, denen sich diejenigen auf Hochtonvocal anschliessen,
durch Anfügung von -es gebildet, z. B. corona-s ^ poeta-s,
ano-s. espiritu-s, corte-s. rey-es, ciudad-es. diös-es {idts]). dio-s ,
Jabali-es. albalä-es, ausg. pie-s\ für auslautendes z tritt inlautend
c ein. z. B. voz : voces. für auslautendes x ■= j (besser auch
j geschrieben wird inlautend y gebraucht (z. B. reJox : relojes).
4. Die Umschreibung des Genetivs und Dativs erfolgt mittelst
der Präpositionen de und ä. 5. Persönliche Begriffe nehmen
auch im directen Objectsverhältnisse die Präpos. ä vor sich,
z. B. el padre ama al hijo. 6. Als best, Artikel fungirt für das
Masc. Sg. el = il[lum], PI. los = [iülos. für das Fem. Sg. la =
[ir\la[ni\ und el =■ iVJam\^ letzteres nur bei zweisylbigen mit a
anlautenden Subst. , z. B. el alma aber z. B. la amiga) , PI.
las = \irias. Von den Formen des Artikelpronomens kann
nur el mit de und « durch Enklisis zu del und al verschmel-
zen; Elision des a in la findet nicht statt, also z. B. la amiga
mit Hiatus. 7. Der Plural des als unbestimmter Artikel fun-
girenden Numerale iino kann zum Ausdruck des Partitivbe-
griffes verwandt werden, z. B. unos soldados = frz. des soldats.
II. 1. Die adjeeti vischen 0-Stämme hue7w und wa/o ver-
lieren ihr o: buen. mal\ santo wird (im Masc.) meist zu san
gekürzt. 2. Bezüglich der Declination und der Pluralbildung
gelten für die Adj. dieselben Regeln wie für die Subst. 3.
Der Comparativ wird analytisch durch Vorsetzung von mas
gebildet; organische Formen sind nur mejor zu hueno . peor
zu jnalo. mayor zu grande und menor zu pequeno [für parco ,
518 ^^^ Spanische.
4. Der relative Superlativ wird stets durch Verbindung des
analytischen Comparativs mit dem Artikel ausgedrückt : für
den absoluten Superlativ dagegen sind vielfach die den latei-
nischen entsprechenden organischen Formen in Gebrauch, z. li.
hueno : hotiisimo , fuerte : fortisimo , cierto : certisimo (man be-
achte die lautgesetzlich begründete Erhaltung des Stammvoca-
les; , ßel : ßdelisimo^ feliz : feUci$imo^ nohle : nohUisimo^ rico :
riqiiisimo^ aspero : «spemw^o neben asperisimo, fäcil •.facilimo^
magnißco : magnificenüsimo ^ hueno : öptimo^ malo : pesimo^ gründe
: mäximo, \pequeno :] minimo. 5. Das neutral gebrauchte Ad-
jectiv hat eine besondere Form des best. Artikels : lo.
III. 1. Die Personalpronomina besitzen zum Ausdruck
des Subjectverhältnisses in Sg. und PL nur je eine , für die
obliquen Casus dagegen absolute \md conjunctivo Formen,
"welche in folgender Vebersicht sich darstellen lassen :
a) als Subject fungiren in allen Fällen:
Sg. \. yo 1. tu 3. m. e/ f. ella n. ello
PI. [nos vos] » cllos » el/as
nosotros vosotros
b) als directes Object fungiren in Verbindung mit dem
^'erb :
Sg. \. me 2. te 3. m. le f. hi n. lo
PI. nos OS )) los » las
c) als indirectes Object fungiren in ^'erbindung mit dem
Verbum :
Sg. l. me 2. te 3. m. le f. le
PI. nos OS f) h'S » les
d) als absolutes Obj. und in A'erbindung mit Präpositio-
nen fungiren:
Sg. 1. fni 2. ti 3. m. ei f. ella n. ello
nosotros vosotros » cllos » ellas.
Bemerkenswerth ist der Sclnvund des anlautenden v in os =
vos. die Verwendung von Ics für beide Geschlechter inid der
Gebrauch des dativischen le = ^illae oder *illei für Uli auch
für das Masc. : überhaupt zeigt die Sprache die Neigung, die
conjunctiven Formen des Pron. der 3. Pers. zu vereinfachen,
Aveshalb auch häufier Ic für la sich ffebraucht findet. Den Im-
Das Spanische. 519
perativeu, Intiuitiven, Participicn ^auch denen des Prilteriti) ')
und Gerundien werden die conjunctiven Pronomina enklitisch
augefügt, z. 1). dimelo »sage mir es«, während sie sonst vor
das \'erlmni treten, z. P. me lo ha cUcJto »er hat es mir ge-
sagt«. In der älteren Sprache Avird in der ^'crl)indung 2. P.
PI. Imp. + Pron. der 3. P. dl gern in Id umgestellt, z. P.
iomalda f. tomadla , dccildo f. decidlo ; auch wird das auslau-
tende / des Infinitivs gern dem anlautenden l des Pronomens
assimilirt, z. P. escuchallos f. escucharlos . — Die höfliche An-
rede an eine einzelne Person erfolgt im Spanischen durch die
3. P. Sg. verbunden mit dem Subject Usted = Vuestra Mer-
ced »Euer Gnaden«. 2. Das Reflexivpronomen [se , si] folgt
der Analogie des Personalpronomens. 3. Die Possessivprono-
mina haben für die Singularkategorie absolute und conjunc-
tive Formen, erstere sind zwei-, letztere eingeschlechtig (abs.
mio, tidjo . suijo . conj. wi, tu^ su, welches letztere sowohl auf
einen wie auf mehrere Besitzer sich beziehen kann, da ein
dem frz. leur entsprechendes Pron. fehlt) ; für die Pluralkate-
gorie der 1. und 2. P. ist nur je eine Form nuestro und
vuestro [mit Ausfall des t: nueso^ vueso] vorhanden. 4. In Be-
zug auf die Demonstrativpronomina ist zu bemerken, dass von
lat. Pronominibus sich erhalten haben: ille in el , la, lo^ los,
las (vgl. oben I 6 und III 1 , jedoch ist neben dem artikelhaften
und dem personalpronominalen auch der demonstrativische
Gebrauch etwa in dem Umfange, wie bei dem deutschen »der,
die, das«, noch durchaus lebendig) , iste in este, esta »dieser«
und ipse in ese, esa »jener^« ;• mit ecce gebildete Combinationen
sind aquel , aqiieste , aquese , von denen nur die erste in der
neueren Sprache noch üblich ist. 5. Das gewöhnlichste Re-
lativ ist das inflexible que ^ welches als Sing, und PI., als
Masc. und Fem. , als Subj. und Obj. fungiren und auch mit
Präpositionen verbunden werden kann. Seltener wird cual
(= qualis] in Verbindung mit dem Artikel als Relativ ge-
1; Als Beispiel für diese bemerkenswerthe Eigenheit diene der Satz :
hallö ä SU enemigo, y veticidole en hataUa singuIar, y deapues perdoitädole
generosamente Je diö fa lihertad «nachdem er ihn besiegt . . . und dann ihm
verziehen hatte«. Gleichzeitig kann dies 'der Grammatik von Fraxceson
entnommene Beispiel veranschaulichen , wie das lat. Part. Perf. Pass. im
Spanischen vollständig in die syntaktische Function eines Part. Prät. ein-
treten kann.
520 ^^^ Spanische.
braucht. Nur auf Personen bezieht sich quieti PI. quienes) =
quem. Zu diesen Pronominil)us tritt noch das aus dem lat.
Genetiv cujus^] entstandene possessive Relativadjectiv cuyo
(z. B. este ärhol cuyas hojas ^ ista arhor cuitis folia . 6. Als
persönliches und absolutes Interrogativ fungirt quien . als ad-
jectivisches und conjunctives ctial. als possessivisches cityo. als
neutrales qtie . welches überdies auch in der Bedeutung des
deutschen »was für ein« sich adjectivisch mit Substantiven
verbinden kann. 7. Unter den Indefinitis finden sich einzelne
in etymologischer Hinsicht liemerkenswerthe . so namentlich
cada »jeder« (mit griech. y.aTc'e identisch ? es würde dann ein
Bedeutungswandel vorliegen , der sith etwa an dem vulgären
Gebrauche des lat. pro oder des frz. ä in der deutschen Um-
gangssprache veranschaulichen Hesse, wie z. B. »Er bekommt
1000 M. pro Jahr [= jedes Jahr «, »der Eintritt kostet 3 M.
ä Person [= für jede Person]«] . nada »nichts« (entstanden durch
Kürzung aus res fiata im Sinne von »etwas« . bei negirtem
Prädicate »nichts« , vgl. altfrz. riens nee. ital. ?iidla f. Jiulh/
cosa, s. DiEz. Etym. Wörterb. IP s. v.), fidano »ein gewisser«
(arabischer Herkunft) und ziitano »ein gewisser« (Etymologie
noch dunkel .
IV. Die Formen des Numerale geben . da sie sich eng
an die lateinischen anschliessen vgl. 30 treirda. 40 ciiarenta
= lat. triginta. quadrag'inta etc.. dagegen frz. trente, quarante
etc.), zu besonderen Bemerkungen keinen Anlass. Die Ordi-
nalzahlen zeigen noch den vollen Ausgang -esimo, z. B. vige-
simo; neben primo, das meist nur noch in zusammengesetzten
Zahlen (z. B. rigesimo primo] üblich ist. ist primero getreten,
neben tercio tercero . neben octaco . nono, decimo finden sich
oche7io, noveno, deceno.
V. 1. Von den lat. Temporibus und Modis sind im
Spanischen erhalten: Präs. Ind., Conj., Imp., Inf.. [Part.] und
Gerund., Impf. Ind., Perf. Ind.. Plusqpf. Ind. syntaktisch
in die Function des Conditionals verschoben), Plusqpf. C'onj.
(fungirt als Conj. des Impf.), das Fut. exact. fungirt als Conj .
1; Ansätze zum Uebcrpange von cujus in adjectivische Form und Func-
tion finden sich schon selbst im Sehriftlatein. C'uium ;;<?cm«? an Meli-
boeif ViRG. Ecl. III 1.)
Das Spanische 521
Fut.l^). das Part. Perf. Pass. (fung:irt auch als Part. Piät/ .
Hierzu treten noch die Combinationen Inf. + Präs. Ind. v.
Juiher = Futur und Inf. + Impf. Ind. v. Jmher = Conditional.
Das spanische Verbum besitzt demnach (ebenso wie das por-
tugiesische) einen sehr umfiingreichen Formenbestand, in wel-
chem besonders der doppelte Conditional und das Fut. Couj.
bemerkenswert!! ist.
2 . P e r s 0 n a 1 e n d u n g e n : Sg. 1 . -m durchweg geschwun-
den, z. 1>. soy = siou (darnach analogisch doij = do. estoij =
sfo, foy ^= vado . cante = cantejn, ca/itase = cantassetn ; -o ist
geblieben (z. B. canto] ausser im Conj. Fut.. wo es mit e ver-
tauscht ist [catitare f. cantaro^ wohl Analogiebildung zu Präs.
Conj. cante). Isolirte Bildungen sind Jte = habeo und se =
sapio. vgl. frz. ai und sai: e ist zweifellos aus a -\- i entstan-
den: sa\pi^\. *Äa[6]i"[o]. Im Peirf. ist ebenfalls -a -\- i zu e
contrahirt cawYa[e']«' : cante (vielleicht liegt Anbildung an das
Fut. cantare vor): ii zu i [parti\v]i : parti). Die l. P. Sg. der
starken Perfecta lautet auf unbetontes -e aus, z. B. supe,
quise etc. (s. unten No, 5). Sg. 2. -s ist durchgängig erhal-
ten, z. B. canfas. partes, vendes , caniahas etc. In der 2. P.
Sg. Perf. ist lat. -sü als -ste bewahrt. Sg. 3. -t ist durch-
weg abgefallen, z. B. cania. parte, vetide. cantaha etc. Ueber
den Ausgang der 3. P. Sg. Perf. s. unten No. 5. PI. 1. Lat.
-mus erhalten als -nios. PI. 2. Lat. -tis = des. woraus durch
Ausfall des d und Lebergang des e in i die Endung -is ent-
steht. z. B. cantatis : cantades : cantais. "^vendetis : tendedes :
vendeis. *par(itis : partides : partiis : partis. Lat. -te in der 2.
P. PI. Imp. erhält sich als d [cantate : cantad). Der Ausgang der
2. P. PI. des Perf. -stis wird zu stets, z. B. amastis : amasfeis.
*parti\vi]stis : partisteis. PI. 3. Lat. -nt durchweg = -n. z. B.
cantan. venden, parten, cantaban etc.
3. In Bezug auf die Betonung ist zu bemerken: stets
auf der Lltima betont ist die 2. P. PI. Präs. Ind. der Verba.
deren Inf. auf -ir ausgeht, z. B. 2:)a}'tis. dccis. die erste Pers.
1 cantcn-e, altsp. cantaro = lat. cantavero, parliere, altsp. jiartiero ==
lat. *partn-ern. Die Formen des lat. Fut. exact. fallen zum grossen Theil
mit denen des Perf. Conj. zusammen und berühren sich auch sjTitaktisch
nahe mit ihnen. In Folge dessen wird die Annahme gestattet sein, im
span. Fut. Conj., abgesehen von seiner 1. Pers. Sg., die Verschmelzung
der beiden eenannten lat. Formenkatesorien zu erblicken.
522 • Das Spanische.
Fut. [cantare etc.), die 1. P. Sg. Perf. der sch\^•achen Verba
[cante , vendi, parti etc., 'während in starken Perfecten die
Pänultima betont ist, z. B. hice^ dije u. dgl.), die 3. P. Sg.
Perf. der schwachen Verba (z. B. cantö, vendiö , partiö etc.,
während in starken Perfecten die Pänultima betont ist, z. B.
hizOj dijo u. dgl.) ; die Antepänultima ist betont in der 1. und
2. P. PI. Impf, [cantäbamos ^ cantdbais, partiamos etc.), im Fut.
Conj. [cantäremos. cantäreis^ vcndieremos etc.), im Cond. I =
Phisqpf. Ind. [cantäramos, cantärais, partieramos etc.) und im
Cond. n [cantariamos^ cantariais, partiriamos etc.), ausserdem
die 2, P. PI. Perf. [ccmtäsfeis. wo freilich ei, weil Diphthong,
besser als einsylbig aufzufassen ist) ; im Uebrigen pflegt die
Pänultima den Ton zu tragen: so namentlich auch die 3. P.
PI. Perf. [cantäron . partieroyc, dijeron etc.). Der Pänultima-
Betonung ordnen sich auch die im Lat. auf der Antepänultima
betonten Verba unter, daher span. imagino^ determino, suplico
u. dgl. für lat. hnägino , determino. süppUco, falls nicht Syn-
kope eingetreten ist , wie in colgo = col^oYo ; nur die A'erba
auf -iare bewahren theilweise den lateinischen Accent, z. B.
agrävio, precio, Jimpio, aber incto, desafio.
4. Der Infinitiv hat durchweg sein auslautendes e verloren
[cantar^ partir, hacer u. dgl.) , dagegen haben das Part. Präs.
und das Gerundium das auslautende e, bzAV. o bewahrt, z. B.
cantante, cantando. Ueber das Part. Prät. vgl. unten No. 8.
5. Der Ableitungsvocal a hat sich überall erhalten, wo
er im Lat. vorhanden war : in 1 . P. Sg. Perf. ist a + <;" zu e
und in 3. P. Sg. Perf. a -\- u (aus v) zu 6 monophthongirt
worden {canta[v\i : cante, cantav[it\ : cantö) ; von den y^-Verben
ist der Ausgang -o der 3. P. Sg. Perf. auf alle Verben, auch auf
die starken (bei denen jedoch die Stammsylbe den Ton festhält),
übertragen Avorden, also z. B. partiö, vendiö, hizo, dijo.
Der Ableitungsvocal i bleibt, wo er im Lat. vorhanden
Avar, erhalten mit Ausnahme des Sg. und der 3. P. PI. Ind.
und des ganzen Conj. Präs. , welche stark gebildet werden
[parto, partes, parte, parten, parta, partas etc. , dagegen par-
timos, partis, Impf, partia, Pf. partt etc.). In sepa = mpiatn,
(juepo, quepa mit stummem u\ = capio, capiam ist das Ab-
leitungs-t zwar geschwunden, hat aber vorher den Vocal der
Vorsylbe beeinflusst, denn sapiam : aaipa : sepa. ^'gl. auch
Das Spanische. 523
unten. Durch Analorjie ist der Ableituno^svocal / auf das Impf,
und die flexionsbetonten Formen des l'erfects sowie auf die
vom Perfeet abgeleiteten Tempora der ursprünglichen £-Verba
und starken Verba übertragen worden (z. B. terda = fenebam,
vetiiUa = ve)ideham. hicimos. hicisteis, /tin'eron, l.iciera, hiciese,
hiciere =/'ecmius, fecistis^ fecerunt, feceram, fecissem, fecero).
Zu g consonantificirt hat sich Ableitungs-/ sowie Ablei-
tungs-e) in einigen ersten Personen Präs. Ind. sowie in ein-
zelnen Conj. Präs. erhalten, z. B. salgo (Conj. salga] = «aUo^
vengo (Conj. tenga = venio. hago |Conj. haga z=facio. tengo
Conj. te)iga =teneo, valgo (Conj. calga) = caleo etc.; Ana-
logiebildungen sind pongo = pono, caigo = cado u. a.
Der Ableitmigsvocal -e hat sich im Inf. und in der 1 . und
2. P. PI. Präs. Ind. sowie in der 2. P. PL Imp. erhalten
{teuer, tenemos. teneis . tened; und ist ausserdem in den ge-
nannten Formen auch auf die ursprünglich starken A'erba
übertragen worden [cender, vendemos, cendeis, vended = ven-
dere. vendifnus, vefiditis, vendife ; über den Inf. siehe nächsten
Absatz). Im Uebrigen folgen die ursprünglichen £-Verba und
die ursprünglich starken Verba, soweit die letzteren nicht die
starke Flexion bewahrt haben, der Analogie der /-Verba , es
wird also z. B. cende?- gerade so flectirt wie partir.
Die lat. starken Inf. auf -e-re sind im Spanischen aus-
nahmslos entweder zur E- oder zur /- Classe übergetreten
vend^re : vendh; *mörere : monr, concipire : concehir). Folglich
sind alle span. Infinitive auf der Lltima betont. Lat. esse ist
durch se d er e verdrängt: ser (vgl. tider e : rer].
5. Als einzigen Eest der inchoativen Präsensbildung des
Lateinischen hat das Spanische in der 1. P. Sg. Präs. Ind.
und im Präs. Conj. also vor dunkelm Vocale; zc = sc be-
wahrt [nazco, ?iazca: parezco. parezra: conozco, couozca; der
Analogie dieser Verben folgen auch die Composita von ducere^
z. B. conduzco. conduzca): sonst ist sc durchweg zu c verein-
facht nacemos, naceis, nacia etc.. Die Inchoativbildung
auf -iscere fehlt dem Spanischen völlig.
6. In den stammbetonten Formen des Präsens wird ^,
bzw. ae zu ie . o. zuweilen auch ti aus b. zu ue diphthongirt
{acierfo^ aber acerfämos; sienfo, aber sendmos: g utero , aber
gueremos; aeuesto . aber acostämos: dtiermo, aber dormimos]
524 l^äs Spanische.
puedo, aher po(Iemos\ jueffo, ahex Jugcmios] . In tengo, vengo ist
der Vocal durch die romanische Position geschützt. Zahh-eiche
Verba, welche hochtoniges stammhaftes e in ie spalten, wan-
deln in den flexionsbetonten Formen des Präs. Conj. und Imp.
im Gerund., in der 3. P. Sg. und PI. Perf. und in allen von
dem Perfect abgeleiteten Zeiten stammhaftes e in i (z.B. sentir :
sinfamoSj iintiendo, kintiö, sintier on. sintiene etc., ebenso ad-
vertir. herir u. a.). In denselben Formen wandeln dormir und
morir ihr stammhaftes o zu u. Demnach zeigen die betr.
Verba [sentir etc. einerseits, dormir etc. andererseits) eine sehr
wechselnde Vocalisation der Stammsylbe: p, bzw. o in der 1.
und 2. P. PI. Präs. Ind., im Impf. Ind., in der 1. und
2. P. Sg. und PI. Perf. und im Inf.: ie ^ bzw. ne in den
stammbetonten Formen des Präs., i. bzw. u in allen übrigen
Formen. Es kann dies an die bewegliche Vocalisation des
semitischen Verbums erinnern, und doch würde es höchst ver-
kehrt sein, etwa an arabischen Einflviss denken zu wollen, da
die betr. Vorgänge sich sehr wohl aus romanischen Lautnei-
gungen erklären lassen. In einer Keihe von Verben wird
stammhaftes e durchweg in i gewandelt mit Ausnahme des
Inf. 's, der 1. und 2. P. PI. Präs. Ind. , des Impf.'s Ind. luid
der l. und 2. P. Sg. und PI. Perf., z. B. pedir : pido, pides,
pide etc., pedia etc., pedi, pediste, pidiö, pedimos ^ pedisteis,
2ndiero7i etc. (hierher gehören z. B. cenir, getnir, regir, seguir,
■vestir , die Composita von legere , wie colegir , während das
Simplex leer nach render flectirt).
7. Die starke Perfectbildung ist durch den Vebertritt vie-
ler ursprünglich starker Perfecta zur schwachen Bildung (so
z. B. bei nacer = *nasc^re , leer = legere, ver = videre und
durch den Schwund einzelner Verben sehr erheblich einge-
schränkt und macht um so mehr einen nur trümmerhaften
Eindruck, als starke, d. h. stammbetonte Bildung nur in der
1. und 3. P. Sg. stattfindet, von denen die letztere aber ihre
Endung der -4-Conj. entlehnt (z. B. /üce =feci, 2. Meiste =
fecisii, hizo [nach canto, freilich mit anderer Betonung =
feeit, hicimos = fecimus ^ hicisteis = fecistis , liicieron = fece-
runt] .
In den erhaltenen starken Perfecten ist das -/ der I. P,
Sg. zu e geschwächt.
Das Spanische. 525
In den Avenigen zur j-Classe gehörigen Perfeoten, welche
stark gebheben sind , ist in der neueren Sprache stammhaftes
(' zu / gewandelt, also feci : hice, ve/ii : vine *tetii f. tenui ist
aufgegeben und dafür die Analogiebildung füre eingetreten,
s. unten) : vidi ist nach Ausfall des il zur /-IJildung gezogen
worden: r/, viste, viö etc. (altsp. noch vidi und 3. P. Sg.
cido\ — Veber pudc, cupe u. dgl. s. unten.
Die Perfecta der si-Classe sind meist zur schwachen Bil-
dung auf -/ übergetreten , so z. B. presi : prendi, cinxi : ceni,
scripsi : escribi , vixi : vivi u. a. (im Altsp. finden sich noch
mehrfach starke Formen, wie z. B. prisi. cinxo, visco = vixit,
auch fuxo , fitsso = *fuxit f. fugit] ■ Erhalten sind nur : qtiise
= quaesii f. quaeslvi, [puse (s. u.) = posut], dixi : dije, duxi :
duje, traxi : traje.
Eigenartig ist die Entwickelung der wenigen stark ver-
bliebenen ^/-Perfecta (es sind, abgesehen von Analogiebildun-
gen, sämmtlich nur solche, deren Stamm auf Labial auslautet) :
das u wurde in die Stanimsylbe attrahirt und bildete mit de-
ren Stamm vocal a den Diphthong mi. dieser wurde in o mo-
nophthongirt , welches wieder zu u verdumpfte, also hahui[:
hauhe : ho})e\ : Inihe . sapui [: saupe : sope] : st<pe, ^ciquii : caupe
: cope] : c\ipe\ analog gebildet scheint j^osm' [: pouse : pose] : puse
und potui [: poude : pode\ : pude. Anbildungen an liuhe sind
estuve V. estar. anduve v. andar und luve v. teuer im Spani-
schen trennen sich also venir und teuer in der Perfectbildung .
Im Altspanischen finden sich vereinzelt noch andere derartige
Bildungen, z. B. cruvo v. creer = credere, plugo v. placer[e]^
conuvo V. conocer.
8. Die vorherrschenden Ausgänge des Part. Prät. sind
-ado und -ido -udo fehlt gänzlich) , letzterer -idö] ist auch
für die grosse Mehrzahl der im Lat. starken Participien üblich
geworden, z. B. sabido v. saber, conocido v. cotiocer, leido v.
leer u. v. a. , sogar nacido v. nacer und sido v. ser\ starke
Bildungen sind etwa abierto = apertus . morto = mort[u\us,
escrifo = scriptus , puesto = positus . hec/to =f actus , dicho =
dir t US. Häufig bestehen starke und schwache Formen neben
einander , und zwar entweder ohne Bedeutungsdifferenz yäe
z. B. preso und pre7idido^ provisto und proveido, roto und rom-
pido. opreso und oprimidd oder aber in der Art von einander
526 ^^^ Spanische.
syntaktisch geschieden, dass die starken Formen nur als Ad-
jectiva, die schwachen nur als Participien (in Verbindung mit
haher) fungiren, z. B. estotj confuso, aber he confundido] estds
convicfo, aber /uis convencido. — Von mehreren starken Ver-
ben haben sich überhaupt nur noch die Participien Frät. 'als
Verbaladjectiva) erhalten, so z. B. Junto v. lat. Jüngere, wofür
juntar eingetreten ist, fijo =^ fxus x.ßgere. welches durch
ßxare = fijar verdrängt worden ist, vgl. auch harto »satt» =
*farc\x\tus f. farcHus »gestopft«.
9. Kürzung des Infinitivs in der Combination mit [Jt]e
und [hah]ia zum Ausdruck des Fut. und Cond. findet nur
statt in dire v. decir und hare v. hacer. dagegen cantare, ven-
dere^i partire und so alle anderen. Im Altspan, ist die Ver-
bindiing der beiden Bestandtheile dieser Formen noch eine so
lockere, dass Personalpronomina zwischen sie treten können,
z. B. decir te han = te d[ec]irän.
10. Die periphrastischen Tempora werden bei allen Ver-
ben durch Combination von haher (nie ser) mit dem Part.
Prät. gebildet, also z. B. he sido ich bin gewesen, he llegado
ich bin angekommen. 7ne he alegrado ich habe mich gefreut.
VI. l. In Folge des Vorhandenseins zweier Conditionale
und eines Fut. Conj. ist die spanische Tempus- und Modus-
lehre complicirter . als diejenige der dieser Kategorien ganz
oder theil weise entbehrenden Sprachen. Im Uebrigen zeigt
die spanische Syntax wenig Auffälliges , bemerkenswerth ist
etwa nur der Gebrauch der Präp. ä vor dem persönlichen
Object (s. oben S. 517), die Neigung zur Inversion des Sub-
jectes und die sehr ausgedehnte Verwendung von Infinitiv-
und Participialconstructionen zinn Ausihucke syntaktischer
^'erhältnisse , für welche andere Sprachen den Gebrauch von
Nebensätzen bevorzugen .
2. Der spanische Styl besitzt eine sichtliche Vorliebe für
den Bau umfangreicher und kunstvoll (mitunter auch schwer-
fällig) construirtcr Perioden und bekundet hierdurch sowie
auch durch aiulcre Züge eine Neigung zu stark rhetorischer
und pathetischer Färbung der Pede.
3. Eine Eigenheit der spanischen Interpunction ist. dass
Frage- und Ausrufesätzen ein unitjekehrtes Fragfe-, bzw.
Ausrufezeichen (^j) vorgesetzt wird, so dass derartige Sätze
Das Spanische. 527
am !Si-hluss und am Eingang als solclu' kenntlich goniacht
werden.
§ S. liemerkungen über die spanische Khythniik.
I. 1. Der spanische Vers ist nach dem accentuirenden
Principe gebaut. 2. Hhythmisch mit einander gebundene A'erse
müssen in der Hegel die gleiche Sylbenzahl haben. 3. Diph-
thonge gelten als eine Sylbe; nicht diphthongische Combi-
nationen zweier ^'ocale dagegen gelten als zwei Sylben: es
sind folgende (nach Försters Gramm., p. 35 f.) : ae, z. B.
in saeta. atraei' zuweilen aber atraer), caenios etc. ; CIO, z. B.
in paön . Faradn . alwra (zuweilen jedoch ahora zweisylbig) ;
ed, z. B. in idea , aldva, dea . sea, vea , crea etc. (zuweilen
finden sich derartige Verbalformen in zweisylbiger Messung);
ai . z. \\. in rctiz, pais, caida, traita, ainde etc.; au. z. B.
in saüz. bai'd^ laüd, aün (dies jedoch zuweilen einsylbig : t«,
z. B. in dia, alegria. ßlosofia. fria, envia, Jiahia, seria, ten-
drki etc. (in Imperfect- und Conditionalformen wird jedoch ia
öfters einsylbig gemessen); uu, z, B. in ganzüa, fluctüa\ ei,
z. B. in lei. lehnos, creido etc.; ie. z. B. in rubies, ries, va-
ries: uo, z. B. in di'io, ßuctüo; eü, z. B. in Creiisa, reüno;
ue, z. B. in. fluctüe: oi, z. B. in oii', heroina: io . z. B. in
rio, brio. pio, sombrio, envio, glorio etc. Es ist hierbei zu be-
merken, dass alle diese zweisylbigen Vocalcombinationen auf
einem ihrer Bestandtheile hochbetont sind. Unbetonte Vocal-
combinationen sind, gleichviel welcher Art, in der Regel ein-
sylbig. z. B. piedad^ crneldad . persuadido etc. {selten piedad
u. dgl.'. Triphthonge. deren mittlerer Bestandtheil ein y ist,
sind einsylbig, z. B. oyö, huyö . reyes etc. 4. Auslautender
Vocal, wenn er nicht hochbetont ist und nicht ein Wort
für sich bildet wie z. B. y , verschmilzt mit folgendem an-
lautendem Vocal zu einer Sylbe, z. B. de estarme, no of en-
der os . que OS . tomando efi mi. Anlautendes h hindert , weil
stumm, in der Regel die Sylbensynizese nicht (vgl. oben S. 512 .
Zur ^'eransc•haulichung der Sylbenzählung seien hier die
Eingangsverse aus Calderon's Principe constante angeführt,
von denen die weiblich ausgehenden je S. die männlich aus-
gehenden je 7 Sylben zählen-
528 I^äs Spanische.
12 3 4 .J-^ 0 7 S
Zara. Cantad aqui, que ha gustado
X 2 3 4 5 6 7
mientras toma de vestir
12 3 4 5 Jl 7
Fenix hermosa de o\ir
1 2^-1 -— ^ 6 7 8
las canciones, que ha escuchado
1 2 3 4 5 6 7 8
tal vez en los hanos, llenas
1 234 5 6^^8
de dolor y sentimiento.
12 3 4 ^_ 6 7 8
Cautivo 1. Müsica^ cuyo i7istrumento
l 2 Jl 4 5 6 7 S
son los hierros y cadenas
12 3 4^6 Z 8
que nos aprisionati, ^puede
1 2 Jt 4 5 6 7
haherla alegrado? Zara. Si:
1 1 3 4 5 i. 7^
ella escucha desde aqui etc.
IL 1 . Der üblichste Vers der Spanier ist der, in welchem
die siebente Sylbe die letzte hochbetonte ist und welcher folg-
lich bei weiblichem Ausgange acht Sylben umfasst. Ausser
der siebenten Sylbe trägt noch eine zweite innerhalb des Ver-
ses den rhythmischen Hochton, ohne dass deren Stelle fixirt
wäre, z. B. :
musica, cuyo instrumento
son los hierros y cadenas
que nos aprisionati, i^piiede
haherla alegrado? Si.
Die Structur des A'^erses ist demnach grosser Mannigfal-
tigkeit fähig , Avelche noch dadurch erhöht wird . dass neben
den beiden rhythmischen Hochtonstellen in den Senkungen
doch auch der Wortton (im Folgenden durch ' bezeichnet) zur
Geltung kommt, z. 13.:
son los hierros y cadenas
que nos aprisionan, i^puede
Itaherla alegrado ? Si etc.
Das Spunisclic. 529
Der Vers erhält hierdurch hncht eine Art von tontrochäi-
schem oder tonjunihischoni Khythnnis, ohne dass dies jedoch
berechtigte, von trochäischem o(Un- jambischem Metrum im
Spanischen zu sprechen. Nur soviel ist zuzugeben , dass das
Spanische dem regelmässigen Wechsel zwischen Uochton und
Tiefton sich mehr zuneigt, als z. H. das Französische oder
Provenzalische.
2. Neben dem Acht-, bzw. Siebensylbler sind, wie be-
greiflich, Verse sowohl geringeren als auch grösseren Umfan-
ges in Gebrauch, letztere namentlich in den aus dem Italie-
nischen übernommenen Strophenformen.
III. 1. Die rhythmische Bindung der Verse ist im Spa-
nischen unbedingt erforderlich, sie erfolgt entweder durch die
Assonanz oder durch den Vollreim. Der rhythmisch unge-
bundene Vers (Blankvers] hat sich im Spanischen nicht ein-
zubürgern vermocht. 2. Die Assonanz ist die eigentlich natio-
nale Versbindungs weise ; sie kann männlich oder weiblich sein,
in ersterem Falle bilden die assonirenden Hochtouvocale den
Auslaut der betr. Worte, in letzterem Falle assoniren die Vo-
cale der hochbetonten vorletzten und die unbetonten Vocale
der letzten Sylben, z. B. razones : traidores, usdclo : ancidnos^
cahdUo : aguarddndo .
rV. 1. Unter den festen Dichtungsformen der Spanier ist
die volksthümlichste und zugleich litterargeschichtlich bedeut-
samste die »Romanze«. Die »Romanze«, über deren poetischen
Charakter unten zu handeln sein wird, besteht aus achtsylbigen
Versen, von denen immer die an geraden Stellen also an der
2. und 4., 6. und S., 10. und 12. etc.; stehenden durch Asso-
nanz oder, aber seltener, durch \ ollreim rhythmisch mit ein-
ander gebunden sind, während die Verse in ungeraden Stellen
also an der 1. und 3., 5. und 7., 9. und 11. etc.) jeder Bin-
dung entbehren 1), z. B. :
\) Theoretisch möglich ist es, die Kurzzeilcn der Romanze als Hemi-
stiche sechzehnsylbiger, durch die Assonanz oder Heim verbundener Lang-
zeilen zu betrachten und demnach die S. 530 angeführten Verse zu schreiben:
A (Jalatrava la Vieja \ la comhaten castellanos ;
por cima de G'uadiana | derribaron tres i^edazos etc.
Indessen ist es schon in Anbetracht des halblyrischen Charakters der Ro-
manzendichtung ■wenig glaubhaft, dass sje derartiger Langzeilen sich be-
dient haben sollte.
Körting, Eneyklopüdie d. rom. Phil. m. 34
530 ^'^^ Spanische.
A Calairava la Viej'a
2 la comhaten castclIanOs ;
por cima de Guadiana
4 derriharon tres pedazos;
por los dos salen los moros.
6 por el uno entran cristianos.
Allä dentro de la plaza
7 fueron d armar un tahlado,
qua aquel que lo derrihara
8 ganarä de oro un escano.
Oft läuft eine und dieselbe Assonanz durch alle oder doch
durch einen grossen 'Iheil der geraden Verse. Zuweilen ist die
Romanze in Strophen von je vier Versen abgetheilt, eine Fomi,
welche jedoch erst in späterer Zeit, und zwar namentlich für
Romanzen von mehr lyrischem Charakter, üblich wurde (so
Lemcke. Handbuch d. span. Lit. II, p. 6).
2. National und in der Lyrik vielgebraucht ist die »re-
dondillm benannte Strophenform. Vgl. Kap. 4 (Portugiesisch)
§8. 3. Aus dem Italienischen sind die Strophen, bzw. die
Dichtungsformen des Sonettes , der Terzine , der Ottava rima
in das Spanische mit Glück und Erfolg übertragen worden.
4. Aus dem Französischen ist der Alexandriner übernommen;
er erscheint, freilich in rohester Form, schon in den ältesten
spanischen Kunstdichtungen s. § 9, No. 3).
§ 9. Bemerkungen über die Geschichte der spa-
nischen Litteratur.
1. Die Geschichte der spanischen Litteratur lässt sich in
drei grosse Perioden einthcilen :
a) Die altspanische Periode, von den Anfängen bis zum
Ausgange des 15. Jahrhunderts, d. h. bis zur Gründung der
spanischen Monarchie und bis zum Aufkommen der Renais-
sancebildung.
b) Die classische Periode, deren erstes bedeutendes Er-
zeugniss Rojas' dramatischer Roman »Celestinax( (1 199) ist und
als deren Endpunkt etwa Caldcron's Tod (1681) oder auch das
Aussterben des habsburgischen Königshauses (1700) betrachtet
werden kann.
c) Die neuere Periode, welche etwa von Ausgang des
Das Spanische. 531
17. Jahrhuiulerti< lüs zur Gegemvart .sieh erstreckt uiul meh-
rere hinsichtlieh der Beschaffenheit und des Werthes ihrer Er-
zeugnisse sehr ungleichartige Epochen in sich schliesst.
2. Wie in allen sich normal entwickelnden Litteraturen,
so ist auch ki der spanischen zunächst die volkstliümliche
epische Poesie zur Entfaltung gekommen. Ihre Stoffe schöpfte
die epische A'olksdichtung der Spanier naturgemäss aus dem
wechselvollen und ahenteuerreichen Verlaufe der jahrhundert-
langen Kämpfe gegen die Mauren, in Sonderheit feierte sie
die von der Sage hochverklärten Grossthaten einzelner natio-
naler Helden (IJernardo del Carpio, Graf Fernan Gonzalez von
Castilien . die sieben Infanten von Lara , vor allem aber Cid
Ruy Diaz el Campeador). Die Form, deren die alte nationale
Epik sich bediente, war die Romanze [s. oben S. 529) , wel-
che in Form und Darstellung einen halblyrischen Charakter
zeigt und dadurch die Entstehung der Epik aus der Lyrik
bekundet. Zur Schöpfung eines eigentlichen, in einzelne Theile
sich künstlerisch gliedernden Epos gelangte die Volkspoesie
auch in späterer Zeit nicht, sondern das höchste, was sie er-
reichte . war die lose innere Verbindung einer Anzahl einzel-
ner Romanzen, welche die Thaten desselben Helden nament-
lich des Cid besangen, zu einer Art von epischem Cyclus.
Um die Mitte des 13. Jahrhunderts ging die Pflege der
Romanzendichtung, nachdem sie, wie es scheint, bereits ein
und ein halbes Jahrhundert geblüht hatte, in die Hände berufs-
mässiger Dichter (Juglares) über und erhielt nun, ohne je-
doch den volksthümlichen Charakter zu verlieren, mehr und
mehr eine kunstmässige Ausbildung. In noch höherem Grade,
aber immer mit Bewahning des volksthümlichen Charakters,
war dies der Fall, als mit Beginn des 15. Jahrhunderts auch
eine höfische Dichterschule die Romanzenpoesie pflegte und
dieselbe durch die neue Gattung der romances moriscos, d. h.
Romanzen . in denen mavirisches Leben Gegenstand der Dar-
stellung ^yar, bereicherte.
Die altspanischen Volksromanzen sind uns in Folge des-
sen, dass sie Jahrhunderte lang im Wesentlichen nur münd-
lich überliefert wurden, nicht in ihrer ursprünglichen Fassung,
sondern nur in späteren Ueberarbeitungen erhalten, doch lässt
34*
532 1^*8 Spanische.
sich aus mehreren derselben die ursprüngliche P'orm noch mit
ziemlicher Deutlichkeit erkennen.
Von nicht spanischen Sagenstoffen ist in älterer Zeit nur
die Karlssage (Schlacht von Roncesvalles) Gegenstand der Ko-
manzendichtung geworden. Die Sage von Bernardo del Carpio
bildet das Bindeglied zwischen der spanischen Nationalsage
und der Karlssage.
3. Die ältesten Erzeugnisse der spanischen Kunstpoesie
sind: a) Das Epos »Poema del Cid«'], gedichtet nach 1135,
vermuthlich um 1150, bestehend aus 3744 Langzeilen 2), ca.
300 weitere sind verloren, b) Die religiösen Dichtungen des
Gonzalo de Berceo (gest. um 1270). c) Die Dichtungen des
Juan Ruiz, Erzpriesters von Hita (um 1300 bis ca. 1350).
4. Die ältesten Denkmäler der span. Prosa sind — abge-
sehen von einzelnen, wohl unächten Urkunden (Freibrief [fuero]
der Stadt Oviedo vom J. 1145, Bestätigung der Privilegien der
Stadt Aviles durch Alfons VII. vom J. 1155) — die folgenden:
a) Die Werke des Königs Alfons X. von Castilien (geb. 1221,
gest. 1284), besonders: die Gesetzbücher Fuero juzgo = forum
judicum [1241]) und Setenario oder Las Siete Partidas [1256] und
das Geschichtswerk Crönica general de Espana [bis 1252 reichend] ;
nicht von Alfons, aber von einem seiner Zeitgenossen verfasst
ist die Gran Conquista de Ultramar ^Geschichte der Kreuz-
züge bis zum Jahre 1270). c) Die Werke des Don Juan Ma-
nuel, Infanten von Castilien (geb. um 1273, gest. 1347), miter
denen der Novellencyclus »El conde de Lucanor« das bedeu-
tendeste ist. d) Die in den Jahren 1425 bis 1454 geschriebe-
nen Briefe des Fernan Gomez de Cibdareal.
5. Unter den west- und nordeuropäischen Litteraturen
des Mittelalters nimmt die spanische eine eigenartig isolirte
Stellung ein, indem sie kaum berührt worden ist von dem
anderwärts so mächtigen Einflüsse der altfranzösischen Epik
und von der provenzalischen Lyrik eine nur ganz äusserliche
Einwirkung erfahren hat. Das Karlsepos , der Artusroman,
1) Der eigentliche Name des Helden ist Ruy oder Rodrigo Diaz ; Cid
und Campeador sind ehrende Beinamen , von denen der erstere (arabisch)
»Herr«, der letztere »Kämpfer» bedeutet. Geboren wurde der Cid ca. 1040
im nordwestlichen Spanien, gestorben ist er lo9l) zu Valencia.
2) Gewöhnlicli als "Alexandriner" bezeichnet, obwohl dies nur für einen
Theil der Verse als richtig gelten kann.
Das Spanische. 533
die Graaldichtung , die antikisirende Dichtung, der moralisi-
rende und allegorische Versronian. sie alle sind im Spanischen
zu keiner rechten Entwickelung gelangt , ebensowenig das
Minnelied nach ])rovenzalischem Muster. So zeigt die altspa-
nische Litteratur ein streng nationales, eben darum aber auch
etwas eintöniges Gepräge, eine gewisse Absonderlichkeit und
Herbigkeit ist ihr eigen , welche ebensowohl abzustossen wie
anzuziehen vermag.
G. Die classische Periode der spanischen Litteratur fällt
zusammen mit der das Nationalgefühl gewaltig hebenden po-
litischen Machtstellung Spaniens, mit der lilüthe der Eenais-
sancebildung und mit der A'ollkraft des im Kampfe gegen die
Reste des Maurenthums und gegen die Reformation erstarkten
katholischen Glaubensbewusstseins. Auf dem Zusammenwir-
ken der genannten drei Factoren beruht die Grosse und die
Eigenart der classischen Litteratur. Von besonderer Bedeu-
tung dabei war, dass die Renaissancebildung in dem stolzen
Selbstbewusstsein und in der religiösen l^egeisterung des Vol-
kes feste Schranken fand. In Folge dessen ward der spani-
schen Litteratur. ähnlich wie der englischen, das hohe Glück
zu Theil, dass sie zwar die ästhetisch werthvollen Elemente
der Renaissancebildung in sich avifnahm . dass sie aber den-
noch ihre nationale Eigenart und ihre Volksthümlichkeit be-
wahrte und also jenen verhängnissvollen Bruch mit der Ver-
gangenheit vermied, der in Frankreich so nachtheilig gewirkt
hat. Es gilt dies insbesondere vom Drama und vom Romane.
In beiden Gattungen wurden allerdings Versuche gemacht,
die Renaissanceformen, namentlich diejenigen der antikisiren-
den Tragödie und des Novellencyclus (nach dem Muster des
Decamerone u. dgl.), zu übernehmen, und mitunter waren
diese Versuche nicht ohne Verdienst und Erfolg, aber es ge-
lang dem Einflüsse der Renaissance doch nicht, das nationale
und. was damit innigst verbunden, das religiöse Element zu
ersticken und die Litteratur zu einem gelehrten humanisti-
schen Spiele nach pseudoclassischen Regeln herabzuwürdigen.
Das Drama blieb in seinen bedeutenden Hervorbringun-
gen durch und durch national . religiös und romantisch , un-
terwarf sich nie dem vermeintlichen Gesetze der drei Einhei-
ten. Wohl ist zuzugeben, dass die Freiheit der Composition,
534 l^äs Spanische.
welche es sich wahrte, in einem gewissen Grade seine künst-
lerische Klärung beeinträchtigt hat , aber dem gegenüber ist
andererseits zuzugestehen, dass eben nur vermöge dieser Frei-
heit das spanische Drama seine weltlitterarische Bedeutung zu
erlangen befähigt gewesen ist. Nicht bloss dem Schwünge
der Phantasie , sondern auch dem oft bis zu den Höhen der
Mystik steigenden Fluge der Gedanken konnten die spani-
schen Dramatiker volle Entfaltung gönnen, und sie haben von
dieser Möglichkeit reichlichsten Gebrauch gemacht, mitunter
selbst einen zu reichlichen.
Die hervorragenden Schöpfungen der spanischen drama-
tischen Poesie zeichnen sich aus durch Tiefe der Gedanken,
Wärme der Empfindung , Adel der Sprache und , zum Theil
wenigstens , auch durch kunstvolle Anlage der Intrigue ; da-
gegen leidet die Komposition oft an Unklarheit, und die Cha-
rakterzeichnung entbehrt vielfach der psychologischen Vertie-
fung, ist zu typisch vmd schablonenhaft, zu wenig individua-
lisirend. Eigenartig ist dem spanischen Drama, dass in ihm
— ähnlich wie im englischen — das Tragische und das Ko-
mische sich häufig mengen , dass insbesondere das Lustspiel
oft tragische Elemente in sich aufgenommen hat. Ueberhaupt
lassen die in der Renaissancedramatik üblichen Kategorien
sich nicht ohne Weiteres auf die Hervorbringungen des spa-
nischen Theaters anwenden. Namentlich aber ist ausserdem
hervorzTiheben , dass das spanische Drama Gattungen in sich
schliefst, welche dem pseudoclassischen Drama völlig fehlen *),
so die autos sacramentales (Dramen, welche das Altarsacra-
ment verherrlichen, FrohnleichnamsdramenK autos del naci-
miento (Weihnachtsdramen), vidas de santos (Heiligendramen) ,
loas (Vorspiele, oft in monologischer Form), entremeses ^Zwi-
1) Nur auf die scenische Ausstattung bezieht sich der in Litteratur-
geschichten vielgebrauchte und oft missverstandene Ausdruck »Coniedia de
capa y espada (Mantel- und Degcnstüek ». Es ist darunter ein Schauspiel
zu verstehen, in welchem auch die Hauptpersonen in der zur betr. Zeit
übliclien Kleidung der höheren Stünde traje de capa y espada auftreten.
Den Gegensatz zur com. de c. y c. bildet die comediä de ruido oder de
teatro oder de cuerjio, d. h. das Scluuispiel, dessen Ausstattung eine kost-
barere ist, weil auch Könige u. dgl. in ihm auftreten. Keineswegs also be-
deutet comedia de capa y espada »Intriguenlustspiel«. Vgl- v. Schack,
Gesch. der draniat. Lit. u. Kunst in Spanien, II 96 f.
Das Spanisclie. 535
schenspiele) , saynetes (dramatisirte Scenen des Alltagslel)ens;
eine allerdings erst später aufgekommene Gattung).
Staiinenswerth ist die Fruchtbarkeit auf dem Gebiete des
Drama's in der spanischen Litteratur namentlich des 17. Jahr-
liunderts. Nicht nur ist die Zahl der Dichter derselben eine
sehr beträchtliche , selbst auch wenn man nur die wirklich
bedeutenden berücksichtigt ') , sondern viele derselben so na-
mentlich Lope de Yega waren auch in einem solchen Grade
productiv, dass die Zahl ihrer Dichtungen weiter über das in
anderen Litteraturen übliche Mass hinausgeht. Am ehesten
noch lässt hinsichtlich seiner Fruchtbarkeit das spanische
Theater sich mit dem englischen des elisabethanischen Zeit-
alters vergleichen, mit welchem es überhaupt trotz bedeutsam-
ster principieller Gegensätze doch eine zum Vergleiche her-
ausfordernde principielle Verwandtschaft besitzt.
Auf dem Gebiete des Romans ist von den Spaniern be-
sonders der satirische Roman !Cervantes' »Don Quijote«, Gue-
vara's »El Diable cojuelo«) , der Schelmenroman Mendoza's
»Lazarillo de Tormes« und Aleman's »Aventuras y vida de
Guzman de Alfarache«) und der Schäferroman (Montemayor s
»Diana«) gepflegt, zum Tlieil auch begründet worden (Letzte-
res gilt namentlich von dem satirischen und dem Schelmen-
romane, während der Schäferroman aus Italien importirt Avmxle).
Reicher Gedankeninhalt , der mit anmuthiger und fesselnder
Darstellung sich verbindet, ist der Hauptschmuck des spani-
schen Romanes . diirch welchen derselbe sich glänzend aus-
zeichnet vor dem — in seiner Art ja aiich bedeutenden —
französischen Romane des 17. Jahrhunderts. Mehr nur den
untergeordneten Zweck angenehmer Unterhaltung und behag-
licher Plauderei verfolgte die neben dem Romane erblühende
Novellendichtung (Cervantes' »Novelas ejemplares«) .
Nicht in gleichem Masse selbständig gegenüber dem Ein-
flüsse der Renaissance , wie Drama und Roman dies thaten,
verhielt sich die Lyrik. Aber einerseits war die Uebertragung
und Nachahmung italienischer rhythmischer Formen an sich
1 Die bedeutendesten sind: Pedro Calderon de la Barca, Felix Lope
de Vega, Tirso de ^lolina und Agustin Moreto : andere, wie Guillen de
Castro, Ruiz de Alarcon und Franciseo de Rojas besitzen eine mindestens
relativ hohe Bedeutung.
536 -D^ä Spanische.
für die Lyrik eher eine Förderung als eine Schädigung, und
andererseits behauptete doch trotz der hereinbrechenden Fluth
des Sonetten- und Madrigalensingsangs die nationale Roman-
zendichtung unerschütterlich ihre hervorragende Stellung und
erlangte sogar erst jetzt ihre volle künstlerische Ausbildung.
Innerhalb der wissenschaftlichen Litteratur wurden be-
sonders die Geschichtsschreibung, die Moraltheologie und die
Kanzelberedtsamkeit auch mit ästhetischem Erfolge gepflegt
(Herrera's »Historia de las Indias« , Mariana s »Historia de
Espaiia«, Granada's »Guia de Pecadores« etc.). —
So frei sich aber auch, wie bereits oben bemerkt ward,
die spanische Litteratur in ihren Hauptgebieten von den nach-
theiligen Einflüssen der Renaissancebildimg erhielt, in einer
Beziehung war sie dessen doch nicht fähig, vielleicht weniger,
weil der betreffende Einfluss ein unwiderstehlicher gewesen
wäre, als weil die Neigung, ihm nachzugeben, ohnehin im
Spanischen vorhanden war. Liebe zu rhetorischem Prunke
und Schwulste der Rede ist bereits bei den lateinischen Auto-
ren hispanischer Abkunft (Seneca etc.) sehr bemerkbar, und
die spanische Litteratur hat diese Eigenschaft ererbt und ge-
steigert. Selbst Schriftsteller, die, wie Cervantes, durch ge-
schmackvolle Einfachheit des Styles sich auszeichnen, besitzen
doch eine ersichtliche Vorliebe für lange und volltönende Pe-
rioden und lassen dieser Neigung Avohl allzu oft freien Lauf.
Es ist aber begreiflich, dass damit dem Eindringen des ma-
nierirten italienischen Concetti-Styles Thür und Thor geöffnet
war, und so ward denn die spanische Litteratur, namentlich
in der Prosa, frühzeitig von der Pest der verkünstelten Schreib-
weise befallen : Don Antonio de Giievara begründete durch
sein Libro aureo de Marco Aurelio emperador ,1529) den «alto
estilo« , der dann durch Luis de Gongara's (um 1600) »estilo
culto« noch überboten wurde. So litt Spanien an derselben
unheilvollen Krankheit, die in Italien Marinismus, in Frank-
reich langagc precieux , in England Euphuismus genannt
wurde, in Spanien aber den Namen des Cultorismus oder
Gongarismus führt.
Der Einfluss, den die spanische Litteratur des Ui. und
mehr noch des 17. Jahrhunderts auf das Ausland ausübte,
war ein sehr bedeutender, während der ersten Hälfte des 17.
Das Spanische. 537
Jahrluiuderts seihst ein leitender. Namentlich aher wurde die
französische Litteratur von ihm heiührt. welche der spanischen
die Gattungen des Schäfer- inid des Schelmenromanes und
zahlreiche dramatische Stoffe entlehnte ' .
7. Der classischen Periode folgte eine Zeit der Erschöpfung
und der Unselbständigkeit. Der politische Niedergang Spa-
niens zog den litterarischen nach sich. Mit der Herrschaft
der liourhonen begann auch die Herrschaft des französischen
Pseudoclassicismus. welche eine um so unbedingtere war. als
der spanische Geist nicht, wie der englische im Zeitalter der
Königin Anna, die Kraft besass. die ihm von aussen aufge-
driuigene fremde Litteraturströmung einigemiassen zu natio-
nalisiren und einen erträglichen Compromiss mit ihr einzu-
gehen. So bietet die spanische Litteratur des IS. und des
begrinnenden 19. Jahrhunderts den wenis: erfreulichen Anblick
des Verfalles und der Ohnmacht dar. Nur vereinzelte ihrer
Erscheinungen besitzen noch ein wenigstens relatives Inter-
esse, so z. B. die Prosaschriften Feijoo's und de Isla's. die
Komödien des Fernandez de Moratin. die Tragödien des Al-
varez de Cienfuegos. die Saynetes des Ramon de la Cruz und
Anderes. Hervorzuheben ist auch das in diese Zeit fallende
allmähliche Entstehen einer belleti'istischen mid moralisiren-
den Presse.
S. Die Erhebung Spaniens gegen die von Napoleon ihm
aufsedrunffene französische Fremdherrschaft und das in dieser
politischen Bewegung erfolgende Erstarken des nationalen
Selbstbewusstseins bereitete die Abschüttelung des französi-
schen Joches auch in der Litteratur vor. Wirklich erfolgreich
aber war dies Streben erst, seitdem der schwere Druck, unter
welchem das spanische Geistesleben während der reactionären
Regierung Ferdinands VIL seufzte, von ihm hinweggenom-
men war: auch bedurfte es zuvor der Feberwindung einer
sentimental romantischen Strömung, welche in Folge des Ein-
flusses der ]>yron" sehen Dichtungen die spanische Poesie eine
1 Honore d'Urfe bearbeitete in seiner "Astree« Montemayors »Diana«,
Lesage im "Diable boiteux" Guevara's "Diable cojuelo-, Corneille in seinem
«Cid« die »Mocedades del Cid« des Guillen de Castro, in seinem »Menteur«
Alarcons 4a Verdad sospechosa«, Rotrous »Saint-Genest < beruht auf einem
spanischen Originale, Scarron dichtete spanische Novellen und Komödien
um, und so könnten noch -weitere Beispiele angeführt werden.
538 I^^s Spanische.
Zeit lang nachtheilig beherrschte. Die endlich erfolgende na-
tionale Wiedergeburt der spanischen Litteratur ist namentlich
für das Drama und für die Novellistik bedeutsam geworden,
denn auf beiden Gebieten hat man mit Erfolg wieder in die
Bahnen eingelenkt, welche von der classischen Litteratur des
16. und 17. Jahrhunderts vorge/eichnet worden waren. Unter
den Dramatikern hat besonders Juan Eugenio Ilartzenbusch,
unter den Novellisten Fernan Caballero erfolgreich gCAvirkt
und Grosses geschaffen , ersterer ein Sohn deutscher Aeltern,
letztere die Tochter des um die spanische Litteratur ebenfalls
verdienten Hamburger Kaufmanns Kohl von Faber. Neben
beiden ist eine stattliche Keihe begabter und fruchtbarer Dich-
ter zu nennen , so z. H. der Dramatiker und Lyriker Jose
Zorrilla , der Novellist und Lyriker Antonio de Trueba . der
Lyriker Jose de Espronceda, der Elegiker Henrique Gil . der
Satiriker Sebastiane de Miiiano u. a. Auf dem Gebiete der
wissenschaftlichen Litteratur hat namentlich die Geschichts-
schreibung ergebnissreicher Pflege sich erfreut, insbesondere
auch die Litteraturgeschichte .
Die erfreuliche Neublüthe der spanischen Litteratur be-
rechtigt zu der Hoffnung auf ein naliendcs zweites goldenes
Zeitalter derselben, vorausgesetzt freilich, dass die politischen
Verhältnisse dem vielgeprüften spanischen \'olke die ruhige
Fortentwickelung seines geistigen Lebens gestatten.
9. Ueber die Geschichte der spanischen Litteratur in Süd-
amerika fehlt es an genügenden Darstellungen. Nach dem We-
nigen, was davon zu erfahren ist, scheint es. als ob diese Litte-
ratur zwar quantitativ recht ansehnlich, aber qualitativ bis jetzt
wenig bedeutend sei, doch muss dahingestellt bleiben, ob dieser
Anschein der Wahrheit entspricht. Sollte dem so sein, so ist
doch die Erwartung berechtigt , dass bei weiterer günstiger
Entwickelung seiner staatlichen und ökonomischen Verhält-
nisse auch das spanische Südamerika bald auch in litteravi-
scher Hinsicht eine so selbständige und ehrenvolle Bedeutung
erlangen werde, wie das englische Nordamerika sie schon seit
mehreren Jahrzehnten besitzt. Diese Erwartung eröffnet einen
Blick in die Zukunft der Weltlitteratur, welcher der sj)ani-
schen Sprache eine noch hervorragendere Stellung unter den
Cultursprachen verheisst, als ihr bereits gegenwärtig zukommt.
Das Spanische. 539
g 10. Littera turaiifrabon.
1. Zur Geschichte der spanischen Spraclie u. IMiilologie :
A. Saxchez MoGVEi, Espaiia y k filologi'a principalniente neolatina. Carta
al excelenti'sinio Don Jose de Cardenas, director general de instruccion
publica por A. S. M., in: Kevista conteniporanea t. XXV, vol. 2, p. 18^.
B. PE Ali>RETE, Del ori'gen y principio de la len|?ua castellana ([ue oi
se usa en Espana. llom. 1(100 — Mayans, Oritcenes de la lengua espanola
compuestos por varios autores. Madrid 1737. 2 Bde. — Monlau, Del
ori'gen y la formacion del romance castellano. Madrid 1850,
2. Urgeschichto Spaniens'), Baskisches: AV. v. Hi'MBOLDT,
Prüfung der Untersuchungen über die Urbewohner Hispaniens vermittelst
der vaskischen Sprache. Berlin 1821 — Fligier, Zur prähistorischen Eth-
nologie der span. Halbinsel, in: Gaea, 14. Jahrgang, Heft 11 — Broca,
Sur l'origine et la rcpartition de la langue basque, Basques francais et
Basques espagnols. Paris 1875 — J. Vixsox, J/a question ibcrienne. Extr.
de Meni. du Cougres scientifique de France, session de 1873, t. II 357 —
Blade, Etudes s. l'origine des Basques. Paris 1869, vgl. K.ev. crit. 19 et
26 mars 1S70 — LrcHAiRE, Remarques s. les noms de lieux du pays bas-
que, Extr. du Compte rendu des trav. du Congres scient. de France, 39e Ses-
sion, Pau 1874, und : Du mot basque tri et son emploi dans la composition
des noms de lieux de l'Espagne et de l'Aquitaine antique, extr. du Bulle-
tin de la Soc. des sc, lettres et arts de Pau 1875 (Li'CHAIRE's Schriften
über die »aquitanische« Sprache, s. oben S. 428 u. 434) — Desjardixs,
Geographie hist. etc. de la Gaule romaine, t. II (Paris 1878), 30 ff. — 'A.
Grimm, Ueb. die bask. Sprache u. Sprachforschung. Breslau 1884 (auf
S. 72 ff. dieser Schrift wird ein kurzer Abriss der Geschichte der bask.
Philologie gegeben — C. A. F. Mahx, Denkmäler der bask. Sprache, mit
einer Einleitung, welche von dem Studium der bask. Spr. handelt u. zu-
gleich eine Beschreibung u. Charakteristik derselben enthält. Berlin 1857
— L. Geze, Elements de grammaire basque (dialecte souletin . Bayonne
1875 — J. W. VAX Eys, Outlines of Basque grammar. London 18S3- .
3. Grammatisches. A. de Lebrija (Axtoxius Nebrissexsis , Tra-
tado de grammatica sobre la lengua castellana. Salamanca (?) 1492 — Dia-
logo de las lenguas, s. ob. S. 507 — Gramatica de la Lengua Vulgär en
Espana. Impresso en Lovaina por Bartholome Gravio 1559 — Util y breve
institution para aprender los princijios y fundamentos de la lengua hes-
panola auch mit lat. Titel. Lovauii ex ofticina B. Gravii 1555 — JUAX
DE LA CuESTA, Libro y tratado para ensefiar leer y escribir 1580 — Gra-
matica de la lengua castellana compuesta por la Real Academia. Madrid
1771 einen Tratado de ortografia hat die Akademie im J. 1815 heraus-
gegeben).
1) Litteraturangaben zur politischen Geschichte Spaniens sehe man
unter Xo. 9.
2; Nachgetragen werde, dass auch G. Philipps in mehreren in den
Sitzungsberichten der "Wiener Akad. d. AVissensch. Bd. 64 bis 07 erschie-
nenen; Abhandlungen die iberische, bzw. die baskische Frage erörtert hat.
540 I^*s Spanische.
Spanische Grammatiken f. Deutsche: J. B. Fromm, Vollstän-
dige sp. Sprachlehre. Dresden u. licipzig; 1826 enthält viel Material; —
C. F. Franceson, Gramm, d. sp. Spr. Leipzig 1822 (wiederholt in neuen
Auflagen erschienen, zuletzt Berlin 1882, recht brauchbar für Anfänger;
derselbe Verf. hat einen kurzen Leitfaden der sp. Gr. herausg. , welcher
zur ersten Einführung in die Sprache ganz nützlich ist) — E. Brixck-
MEIER, Gramm, d. sp. Spr. Braunschweig 1844 — J. WiGGKRS, Gramm, d.
sp. Spr 2. Ausg. Leipzig 1884 (enthält eine gute SjTitax) — A. Kotzen-
berg, Gramm, d. sp. Spr. 2. Ausg. Bremen 1862 — J. Fesenmaier, Lehr-
buch d. sp. Spr. 2, Ausg. München 1S80 — P. Förster, Span. Sprach-
lehre. Berlin 1880 (das Buch ist nach wissenschaftlichen Grundsätzen
angelegt, leider aber nicht so gut gearbeitet, wie es von dem Verf. hätte
erwartet werden können, vgl. Ztschr. f. rom. Phil. VI 459).
SOBRINO, Grammaire espagnole. Nouv. ed. p. A. Galban. Paris 1872.
Lautliches: J. CoRNU, Etudes de phonologie espagnole et portugaise :
grey, ley et rey disyllabes daus Berceo, l'Apolonio et l'Alexandre; la 3«=
personne pl. du parfait en -ioron dans l'Alexandre; l'enclitique nos dans
le poeme du Cid; encore -turne ^ tudinem, in: Rom. IX 71 — J. Cornu,
j espagnol =j portugais, in: Rom. X &88 — L. Havet, x espagnol, e et o
toscans, in: Rom. IV 461 — Maspero, Sur quelques singularites phone-
tiques de l'espagnol parle dans la campagne de Buenos Ayres et de Mon-
tevideo, in Mem. de la Soc. le Ling. de Paris II 51, vgl. Rom. II 151 —
M. Balschan, Ueb. den jüdisch-span. Dialect als Beitrag zur Aufhellung
der Aussp. im Altspan. Belovar 18S2, vgl. Lit. Centralbl. 18S2, Sp. 1626, G.
Baist, Die hochdeutsche Lautverschiebung im Span., in: Rom. Forsch. I 106.
Zur Flexionslehre: A. Bello, Analisis ideolögica de los tiempos
de la conjugacion castellana, obra publicada con algunas notas por J. V.
Gonzalez. Madrid 1883.
4. Lexicalisches: Antonii Nebrissensis (Lebrua,, Lexicon latino-
hisp. et hisp.-lat. Salamanca 1492 — Diccionario de la lengua castellana
por la Academia espanola. Madrid 1726/;:;9, 11. Ausg. 1869 — Dicc. en-
ciclopedico de la lengua espanola con todas las voces, frases, refranes y
locuciones usadas en Espana y las Americas espaiioles etc. Madrid 1869.
(Spanisch -deutsche u. deutsch -spanische Wörterbücher von Secken-
DORFF, Hamburg 1823, *Franceson, 3 Aufl. Leipzig 1S63, Kotzenberg,
Bremen 1875 u. a.).
*CrERV0, Dicc. de construcciones y regimen de la leng. castell. Paris 1884,
vgl. Rev. crit. 1884, No. 43, p. 330 u. Rom. XIV 176 (wichtig f. d. Syntax).
*W. H. Engelmann , Glossaire des mots espagnols et portugais deri-
ves de l'arabe Leyden 1862, 2. Ausg. Paris 1869, vgl. Marcus J, Müller
in den Sitzungsberichten der philos.-hist. Cl. der Bayr. Acad. d. "Wiss. 1861,
II, 95 — v. Hammer-Pirgstall, Die arab. Wörter in Spanien. Die arab.
Geographie von Sp., in: Dcnkschr. d. Wiener Akad. d. Wissensch. Philos.-
hist. Cl. 1 854 — De lingua liispane romanica ex glossario arabico et latino
illustranda E. BoiaiMERl adnotatio, in: Rom. Stud. I 221 — J. F. Lopez,
Filologia etimologica y fllosofica de las palabras griegas de la leng. cast.
3« ed. Paris 1884.
Das Spanische. 541
G. BoRAO, Dicc. de voces aragonesas preeedido de una iutroduccion
filologico-historica. Saragossa 1859.
C'ov,\RRi VIAS, Tesoro de la lengua cast. Madrid 1874 etymologisch)
— Barcia, Primero dicc. general etimologieo de la lengua esp. ; Müxlau,
Dicc. etim. de la leng. cast. ; Dock, Dicc. ortogratico etim. esp. (diese drei
neueren "Werke in Commission b. Brockhaus in Leipzig; — C. Michaelis,
Studien zur roman. "Wortschöpfung. Leipzig ISTS berücksichtigt namentl.
auch das Span.) — N. Caix, Süll' etimologia spagnuola, in: Giern, di
filol. rom. II 60 — M. de Mello, Notas lexilogicas dormindinho u. dgl,,
saudade, tangro-mangro, paria, polea, ambos de dous, purpureo , vgl. Korn.
XII 423; aus der dort gegebenen kurzen Notiz ist nicht zu ersehen, ob
diese ursprünglich in der Revista Brazileira veröffentlichten Etymologien sich
auf Spanisch oder Portugiesisch beziehen — J. Schuchardt, Span.-port.
Et)Tn., in: Ztschr. f. rom. Phil. VI 423 — G. Tailh.\x, lexar et dexar,
in: Rom. IV 262 — J. CoRxu , Etymologies espagnoles et portugaises
corazon , escada , escupir, espedir, despedir, fazilado, halagar. lexar et
dexar, llevar, mienna, palancada, prendar, quexar, sencillo , in : Rom IX
129, vgl. X 404 u. 589 — G. Batst, Span. Etymologien, in: Ztschr. f. rom.
Phil. V 550 u. Rom. Forsch. I 130 — A. Morel-Fatio, AI buen callar
Uaman Sancho, in: Rom. XI 114 — Clervo, Tentativas etimologicas, in:
Rom. XII 105 aguantar, amagar, arrojar, atril, lobrego, lubricanj — J. A.
Schmeller, Ueb. d. Endung -ez (-es) span. u. port. Familiennamen. Mün-
chen IbJO, vgl. The Academy 18S2, XXI 121, 165 — Godoy, Ensayo histo-
rico-etimologico-iilolögico sobre los apellidos castellanos, in: Bibliographia
critica, fasc. 4 6, vgl. Rom. II 278.
HuERTA, Examen de los sinonimos de la lengua castellana. Madrid
1799 u. Valencia 1S07.
5. Dialektisches';: J. Tailhan, Notes s. la langue vulgaire d'Es-
pagne et de Portugal au haut moyen äge, in: Rom. VIII 609, IX 294 u.
429 — Gessxer, Das Altleonesische. Ein Beitrag zur Kenntniss des Alt-
span. Berlin 1S67 — A. Saco Arce, Gramatica gallega. Lugo 1868, vgl
Rom. I 243 — Man. Marguia, Dicc. de escritores gallegas. Con un apen-
dice que contiene la antologia gallega etc. Vigo 1864 — G. Borao, Dicc.
de voces aragonesas etc. Saragossa 1859 — Coleccion de poesias en dia-
lecto asturiano. Oviedo 1839 — N. JuLlxs, Ueb. die asturische Mundart,
in der deutschen Uebers. von Ticknür's Litteraturgeschichte (s. u.,, Bd. 2,
S. 457 ff. — Cuentas, mentiras y exageraciones andaluzas, escritas en verso
por D. Ramon Franqlelo. Madrid 1853, 2 Bde. — Poesias andaluzas de
D. Th. Rodriquez Rubi. Paris 1853 — Cuervo, Apuntaciones criticas sobre
el lenguage bogotano. Bogota 1876, 3^ ed. 1881, vgl. Rom. VIII 620 — H.
ScHrcHARDT, Creolische Studien. IV. Ueb. das Malaiospanische der Philip-
1) Der Erforschung der Volkspoesie und Dialecte sind folgende Zeit-
schriften gewidmet: El Folk-Lore Andaluz. Sevilla begründet März 1882,
El F.-L. Frexnense, Fregenal begründet Januar 1883, später mit Ell.-L.
Ard. vereinigt,, El F.-L. Betico-Extremeno, Fregenal begründet April
1883,. Die F.-L.-Sociedad von Sevilla veröffentlicht seit Juni 1883 eine
Biblioteca.
542 I^^''' Spanische.
pinen, in den Sitzungsber. der "Wiener Aead. d. Wissensch. Plül.-hist. Cl.
Bd. CV, 111 — Machado y Alvarez, Folk-Lore Chilcno, in La America
XXIV 11 — G. Brinton, The Güegüence, a Comedy Ballet of the Nal-
matl-Spanish dialect of Nicaragua translated. Together with the original
text, notes, introduction etc. Philadelphia 1S83, vgl. Academj- 26. 7. 18S4,
American Journal of Phil. V 54 u. IUI*).
6. Zur Rhythmik: Mavry, Versificacion y elocucion. Paris 1^35 —
Tracia, Diccionario de la rima. Bare. 1858 — MliÄ v Fontanals, Historia
literaria del decasilabo y endecasilabo anapesticos, in. Revista historica
latina, No. 7, 182, vgl. Rom. IV 508 — CoRTÖZA, ü.^iervaeiones sobre
versificacion, in; Rev. de Esp. Bd. 93 S. 100.
7. Zur Litteraturgeschichte: a) Handschriftliches, Biblio-
graphisches u. dgl.: A. EisERT, Die Hdss. der Escorial-Bibl., in: Jahrb.
f. Rom. u. engl. Lit. IV 46 — J. KxrsT, Mittheilungen aus dem Escurial.
Stuttgart 1880 — A. Morel-Fatio , Catalogue des mss. espagnols de la
bibliotheque nationale. Paris 1882 — P. Gayangos, Catalogue of the mss.
in the Spanish language in the British Museum. London 1875/81, 3 Bde.,
vgl. Ztschr. f. rom. Phil. IV 617 — D. Jose Maria de Eguren, Memoria
descriptiva de los Codices notables conservados en los archivos ecclesiasticos
de Espafia. Madrid 1S59 — Fondos de la Biblioteca nacional. Catälogo
provisional de los mss. de la libreria que fue de Don J. N. Bohl de Faber.
in: Revista de Archivos, August 1883 — K. Vollmüller, Mittheilungen
aus span. Hdss., in: Ztschr. f. rom. Phil. 111 SO u. 237; zur Bibliographie
der Romanceros, ebenda II 586 — F. Wolf, Ueb. eine Sammlung span
Romanzen in fliegenden Blättern auf c^er Univ.-Bibl. zu Prag, in : Dcnkschr.
der Wiener Akad. d. Wissensch. 1850, u. F. Wolf u. A. Mcssafia. Drei
Abhdlgg. zur Bibliographie der Cancioneros u. Romanceros, ebenda 1853/6'j
— (Anonym), Die span. Bibliotheken, in N. Anz. f. Bibliogr. u. Biblioth.
1884, S. 61 ff.
Franc. Mendez , Tipograffa espanola 6 historia de la introduccion.
propagacion y progresos del arte de la imprenta en Espaiia. 2" ed. por Dio-
Nisio Hidalgo. Madrid 1866 — Dion. Hidalgo, Dicc. general de biblio-
grafia esp. Madrid 1862 — G. Brunet, Etüde bibliographique s. les romans
de chevalerie esp. Paris 1862 — C. A. de Baruera y Leirado, Catälogo
bibliogräficü y biografico del teatro antiguo espaiiol desde sus origines
hasta media del siglo XVIII. Madrid ISOO.
Catalogue of the Spanish Library and of the Portuguese books bequeathed
by George Ticknor to the Boston Public Library etc. Boston. Murillo.
Bolctin de la libreria, erscheint seit Juli ls73 zu Madrid in monat-
lichen Heften.
b) Litterargeschichtliche Werke: *G. TiCKNOR, Geschichte der
schönen Litteratur in Spanien, deutsch mit Zusätzen herausg. von N. J. Ju-
lius. Leipzig 1852, 2 Bde., dazu ein Supplementbd., enthaltend die wesent-
lichen Berichtigungen u. Zusätze der 3. Aufl. des Oiiginalwerkes von
1) Mancherlei Angaben über span. Dialectlitteratur bei C. Sachs in
Herrig's Archiv UV 1875), 245. Uebcr das Asturische findet man Man-
ches bei Ev.ssENnARDT, Römisch und Itomanisch. Leipzig lbS2.
Das Spanische. 543
A. "Wolf, mit einer Vorrede von F. AVdlf. Leipzi«? 1867 (des Nord-
amerikaners TiCKNOU's, geb. 1. 8. 1791 zu Boston, gest. ebenda 26. 1. 1871,
dassisehes "NVerk erschien unter dem Titel «History of Spanish Literature«
zu New-York u. London 1849 in erster, 1S64 zu Boston in dritter Ausg.:
span. Uebers. u. d. T. «Hist. de la lit. espanola«, trad. al cast. c. adiciones
y notas p. P. de Gayangos y E. de Vedia. Madrid 1S51/54, 3 Bde. Tick-
nors Buch behandelt die Geschichte der Lit. bis zur Wiedereinsetzung
Ferdinands VII durch französ. Intervention) — 'Jose Am.\dos de los
Rios, Hist. critica de la lit. espanola. Madrid 1861/65, 7 Bde., vgl. die
Anzeige v. F.Wolf, in: Jahrb. f. rom. u. engl. Lit. V 80, VI 212 (Rio.s'
AVerk übertrifft dasjenige Ticknor's noch an Bedeutung, ohne dass letz-
teres jedoch dadurch veraltet würde) — Dox Vincexte Xoguera, Discorso
sopra la lingua e li autori di Spagna (1637), gedruckt mit Einleitung etc.
von Morel-Fatio , in : Ztschr. f. rom. Phil. III 1 , bzw. 28 — Martin
Sarmiento, Memorias para la Historia y los Poetas espaiioles. Madrid 1775
— Luis Joseph Velazqiez, Origines de la Poesia Castellana, Malaga 1754
'Gesch. d. span. Dichtkunst. Aus dem Span, übers, u. mit Anm. erläutert
von JoH. Dieze. Göttingen 1769) — Bouterwek, Gesch. der span. Poesie
u. Bereütsamkeit ; besser als das deutsche Original ist die span. Uebers.
desselben u. d. T. »Historia de la literatura espanola, escrito en aleman
por B-, traducida en castellano y comentada por D. Jose Gomez de la
CoRTiXA y Dox Nicolas Hvgalde y Molinedo.« Madrid 1829 — Brixck-
meier, Abriss einer documentirten Geschichte der span. Nationallitt, bis
zum Anfang des 17. Jahrh.'s Leipzig 1844 — Clarus, Gesch. d. span.
Litt, im Mittelalter. Mainz 1S4Ö. 2 Bde. — E. Baret, Hist. de la litt,
espagnole depuis ses origines les plus reculees jusqu'ä nos jours. Paris 1863
F. LoiSE, Hist. de la poesie esp. Brüssel u. Paris 1S68 — *F. "Wolf, Zur
span. Lit. Leipzig 1852, und: Studien zur Gesch. d. span. u. portug.
Nationallitteratur. Berlin 1859 'hochbedeutende Schriften; — J. DoHM,
Die span. Nationallitt, in ihrer geschichtl. Entwickelung nebst Lebens-
u. Charakterbildern ihrer klass. Schriftsteller u. Proben aus ihren "Werken
in deutscher Spr. Berlin 1873 — A. Ebert, Litterarische Wechselwirkung
Spaniens u Deutschlands, in: Deutsche Vierteljahrsschrift 1857, No. 2.
MlL.\ Y FoxTAXALS, De la poesia heroico-popular castellana. Bare.
1874 — Th. de Puymaigre, Les vieux auteurs castellans. Paris 1861/62,
2 Bde. , und : La cour litteraire de Don Juan II , roi de Castille. Paris
1873 — A. Balagler y Merixo, D. Pedro, el condestable de Portugal,
considerado como escritor, erudito y anticuario (1429 bis 1466,. Estudio
historico - bibliogräfico Gerona 1881, vgL Rom. XI 153 — *R. DozY,
Recherches s. l'hist. et la litt, de l'Espagne pendant le moyen-äge. 3Jeme
ed. Leyden 1881 2 Bde., vgl. Rom. XI 419 — Mil.\ y Foxtaxals, De los
trovadores en Espana. Bare. 1882 — V. Balaguer, Hist. polit. y literaria
de los trovadores. Madrid 1878/79. 2 Bde. — F. Wolf, Ein Beitrag zur
Bibliographie der Cancioneros u. zur Geschichte der span. Kunstlyrik am
Hofe Karls V. Wien 1853 — F. Wolf, Ein Beitrag zur Rechtssj-nibolik
aus span. Quellen. Wien 1865 — R. Baumstark, Die span. Nationallit.
im Zeitalter der habsburgischen Könige. Köln 1S77 Vereinsschrift der
544 Däs Spanische.
Görres-Gesellschaft; — A. Mouel-Fatio, L'Espagnc au XVIe et au XVIIe
s. Documents hist. et litteraires. Heilbronn 187S, vgl. Ztschr. f. rom. Phil.
IV 456 — A. Lasso de la Vega, Hist. y juicio critico de la escuela poe-
tica sevillana en los siglos XVII, XVHI y XIX. Madrid 1876, vgl. Ztschr.
f. rom. Phil. III 4:J8 — J. Amados de los Rios, Del estado actual de la
poesi'a lirica en Espaiia. Madrid 1876 — *A. F. v. Schack, Geschichte der
dramatischen Kunst u. Litteratur in Spanien. Frankfurt a/M. ISö-l, '6 Bde.
(ebenso gelehrtes Avie geistvolles u. anziehend geschriebenes "Werk —
Brinckmeiee, Die NationaUitteratur der Spanier seit Anfang des 19. Jahrh.'s.
Göttingen 1850 — G. Hibbard, Hist. de la litt, contemporaine en Espagne.
Paris 1876 — (Anonym), Modern Spanish Literature, in: The Quarterly
Review, Juli 188-1 — G. Diercks. Das moderne Geistesleben Spaniens 1S83.
F. Wolf, Beiträge zur Geschichte des Romans im span. Südamerika,
in: Jahrb. f. rom. u. engl. Lit. II 164 u. IV 35.
Ph. Chasles, Etudes s. l'Espagne et s. les influences de la litt. esp.
en France et en Italic. Paris 1847.
MiLÄ Y FoxTANALS, De Im poesia populär gallega, in: Rom. VI 47 —
J. KÄMPF, Nichtandalusische Poesien andalusischer Dichter aus dem 11. bis
13. Jahrh. Prag 1858. 2 Bde.
c) Sammlungen, Chrestomathien u. dgl.' : *Biblioteca de au-
tores espailoles desde la formacion del lenguage hasta nuestros dias, im
Verlag von Rivadeneyra. Madrid 1846 80, 71 Bde.^j — Coleccion de
libros espanoles raros 6 curiosos publicada por los S^es Marques de la
Fontana de Valle y Don Jose Sancho Rayon. Madrid, seit 1873 (Neu-
drucke seltener, in irgend einer Beziehung interessanter alter "Werke) —
Libros de antailo nuevamente dados a luz por varios aficionados Neudrucke
Madrid, seit 1872 — Coleccion de poesias Castellanas anteriores al siglo XV
p. p. Tii. Ant. Sanchez. Madrid 1779/90. 4 Bde. — Parnaso espafiol.
Coleccion de poesias escogidas de los mas celebres poetas casteUanos, p.
p. J. Lopez de Sedaxo. Madrid 1768/78 — Tesoro de parnaso esp., poe-
sias selectas castellanas recog. p. M. J. Quintana. Paris 1838, 4 Bde., und:
Musa epica espanola. Madrid 1830/33, 6 Bde. — Tesoro de los romanceros
y cancioneros espaüoles recog. p. D EuG. de Ochoa. Paris 1838 — Flo-
resta de rimas antiguas castellanas, ordenada por D. Juan Nicolas Böiil
DE Fabek3. 2^ ed. Hamburg 1827 43. 2 Bde. — L. A. DE CUETO, Poetas
liricos del siglo XVIII. Madrid 1869 72, 2 Bde. — Antologia espaiiola.
Coleccion de poesias liricas, ordenada por Carolina Micuaeli.s. I Poetas
de los siglos XV/XVIIL Leipzig 1875 — F. "Wolf, Floresta de rimas
modernas Castellanas desde el tiempo de J. de Luzan hasta nuestros dias.
1) Die Sammlungen von Romanzen Cancioneros, Roman-
ceros) sowie von Dramen sind unten No. 8 unter »Romanzen«
und »Theater« verzeichnet.
2) Enthält u. A. Poesias anteriores al siglo XV p. p. Janer, und:
Escritores en prosa anteriores al siglo XV p. p. P. de Gayangos. Her-
ausgeber der einzelnen Bände sind u. A. C. Aribau, A. Duran.
3) Ueber diesen um die spanische Litteratur und Litteraturgeschichts-
schreibung hochverdienten Mann vgl. die von N. Julius in Anhang 2 zur
Uebers. des Ticknor'schen ^^'erkes gegebenen Biographie.
Das Spanische. 545
"Wien 1S3T, 2 Bde. (mit werthvoUer Einleitung) — Tcsoro de novelistas
espaiioles eon not. de E. DE OcilOA. Paris 1847, 2 Bde. — Autorcs dra-
maticos contemporaneos y joyas del tcatro espanol del siglo XIX. Madrid
1SS2 — Fabkicio, Los historiadores espanoles en pruebas escogidas. Leip-
zig l!^5^.
AvELiNA DE OkiiiI'ELA , Poetas esp. y americanos del siglo XIX.
Paris 1S31.
AxiTA J. DE AViTTSTEIN, Poesias de la America meridional, con no-
ticias biograficas de los autores. Leipzig 1867 — D. Cortes, America
poetica. Poesias selectas americanas, con noticias biograficas de los autores,
coleccionadas p. etc. Paris 1ST5 — Poesia americana. Composiciones selec-
tas, escritas por poetas sudamericanos de fama, tanto modcrnos como an-
tiguos. Buenos Aires 1S66.
Dos obras didäcticas y dos leyendas, sacadas de raanuscritos de la
Bibl. de Escurial por H. Kxi'ST. Däias ä luz la Sociedad de bibliofilos
espaiioles. Madrid IS 78, vgl. Ztschr. f. rom. Phil. III 272.
Cantos populäres espanoles recojidos, ordenados, ilustrados por Fr.
RODR. Marix. Madrid 1883 ff., vgl. Rom. XIII 140.
F. Maspoxs y Labros, Tradicions de Valles. Barcelona 1876 — E. DE
Olavarria y Huarte, Tradiciones de Toledo. Madrid 1880, vgl. Ztschr.
f. rom. Phil. V 139.
Praktischen Z^vecken zu dienen sind bestimmt die bei Baudry in Paris
erscheinende »Coleccion de los mejores autores espaiioles« u. die Madrider
»Biblioteca universal. Coleccion de los mejores autores antiguos y modernos,
nacionales y estranjeros«. Madrid, Calle de Leganitos IS (Volksbibliothek
ä la Reclam .
Die bei F. A. Brockhaus in Leipzig erscheinende Coleccion de autores
espanoles (pro Bd. 3,50 M.) enthält bis jetzt folgende Bände: 1 u. 2.
F. Caballero, Clemencia, la Gaviota, novelas de costumbres. 3 u. 4.
Cervaxtes, Don Quijote. 5. F. Caballero, La Familia de Alvareda. La-
grimas. 6, A. DE Trueba, El Libro de los Cantares. 7. Composiciones jo-
cosas en prosa publ. p. A. Herrmaxx. 8. F. Caballero, Cuentos y Poe-
sias populäres andaluces. 9. DE Trueba y la Quixtana, El Cid Cam-
peador. 10. A. de Trueba, Las Hijas del Cid. 11. u. 12. Märmol,
Amalia. 13. F. Caballero, Relaciones. 14. u. 15. E. Hartzexbusch, Obras
escogidas. 16. F. Caballero, Elia. El ultimo Consuelo, La Noche de Na-
vidad. CaUar en vida y perdonar en muerte. 17. F. Caballero, Cuadros
de costumbres. 18. u. 19. A. de Trueba, Cuentos campesinos. Cuentos
populäres. 20. F. CABALLERO, Cuatro Novelas. 21. SixuEs DE Marco,
M-ARL\ DEL PiLAR, Amor y Llanto. 22. Poesias de la America meridional,
coleccionadas por A. de AyiTT.STElx. 23. F. Caballero, La Farisea, Las
dos Gracias y otras novelas escogidas. 24. Teatro moderno espaüol. 25. Cer-
vaxtes, Novelas ejemplares. 26. A. de Trueba, Cuentos de color de rosa.
27. Tres flores del Teatro antiguo espanol: Las Mocedades del Cid. El
Conde de Sex. El desden con el desden. 28. u. 29. Le Sage, Historia de
Gil Blas de SantiUana. 30. Romancero del Cid, nueva edic. publ. p. C. Ml-
CH.\ELls. 31. B. P. Galdos, La Fontana de oro. Novela historica. 32. F. Ca-
Kürting, Encyklüpädie d. rom. Phil. LII. 35
546 ^^^ Spanische.
BALLERO, Uli verano en Bornos. Cosa cumplida . . . solo en la otra ida.
Lady Virginia. 3;i. A. DE Trueiu, Narraciones populäres. 34. Antologia
esp. ordenada por C. Michaelis. 35 — 37. Calueron de la Barca, Teatro
escogido. 38. u. 39. L. V. Mansilla, Una escursion a los Indios Ran-
queles. 40. F. Caballero, Cuentos, Oraciones, Adivinas y Refranes po-
puläres e infantiles. 41. Floresta de satiras, fabulas, fabulas literarias, letril-
las, sonetos burlescos etc. por E. Brinckmeier. 42. u. 43. El P. Isla, Hist.
del famoso predicador Fray Gerundio, ed. etc. por E. Lidforss. 44. u.
45. Obras escogidas de J). Raiuon de Campoamor.
F. Bertuch, Magazin der span. u. i)ortug. Litteratur. Weimar 1780,
2 Bde. — Buchholz, Handbuch der span. Spr. u. Litt. u. Sammlung von
Stücken. Berlin 1804 — V. A. Huber, Spanisches Lesebuch. Bremen 1832
(recht brauchbar) — *L. Lemcke, Handbuch der span. Litt. Leipzig 1856/57,
3 Bde. (I Prosa, II Epische, lyrische u. didaktische Poesie, HI Drama.
Ausgezeichnetes, auch wissenschaftlichen Ansprüchen genügendes AVerk
mit werthvollen litterargeschichtl. Einleitungen u. Excursenj — F. BoocH-
Arkossy, Spanische Chrestomathie. Manual de la lit. espanola modenia.
Cuadro de la literatura en obras de prosa y poesi'a de escritores castellanos
en el siglo XIX. Leipzig. Brockhaus — Coleccion general de comedias
escogidas. Madrid 1826 if. — Teatro moderno espaüol. Madrid 1836 ff. —
*F. V. ScHACK, Spanisches Theater (Uebersetzungen) Frankfurt a/M. 1845,
2 Thle. — Modernes span. Theater etc., herausg. v. F. BooCH-x\RKOSsy.
Gotha 1863 ff. • — *Klassische Bühnendichtungen der Spanier, herausg. u.
erklärt von Max Krenkel. Leipzig, seit 1881 (Calderon, La vida es sueno.
El Princ. const., El Mag. prod.) — Teatro espanol. I El Principe constante.
Mit deutschen Anm. versehen von B. Lehmann, Frankfurt a;M. 1877 —
Span. Bibliothek mit deutschen Anmerkungen für Anfänger von J. Fesen-
MAIR, München, seit 1884 — ^Bibliothek span. Schriftsteller, herausg. v.
A. Kressxer. Leipzig, seit 1885 (I Cervantes, Novelas ejemplares. Los
dos doncellas. La Seriora Cornelia. II Calderon, La Vida es sueiio. III F.
Cai'.allero, Con mal 6 con bien a los tuyos te ten; eine für praktische
Zwecke, namentlich zur Anfangslecture recht empfehlenswerthe Sammlung;.
[Im »Katalog ausgewählter Werke der ausländischen liit. zu beziehen
von F. A. Brockhaus in Leipzig 1886« sind folgende Sammlungen u. dgl.
verzeichnet: Album poetico espanol por los senores Marques de Molins,
Hartzenbusch etc. 12 M., America poetica, poesi'as selectas americanas etc.
por Jose Dom. Cortes, 40 M. ; Antolögia espaiiola. Coleccion de trozos
escogidos de los mejores oratores desde el siglo XV hasta nuestros dias,
por E. Ochoa, 7 M. ; Autores dramaticos contemporäncos y joyas del teatro
esp. del siglo XIX t. I, 00 M. ; Autos sacramentales desde su origen hasta
tines del siglo XVII. Coleccion escogida etc. por E. G. Pedroso, 12 M. ;
Biblioteca chilena, publicada bajo la direccion de L. Monti y J. A. Nanez
t. 1 bis 4. ä 4 M. ; Cancionero populär. Coleccion escogida de seguidillas
y coplas, recogidas por E. Lafuente y Alcantara, 2 Bde. 12 M.; Cantos
populäres espanoles, recogidos, ordenados e ilustrados por F. Rodriguez
Marin, 5 Bde., 40 M. ; Castellar, Nueva floresta espanola, 2,50 M.;
Castro, Curiosidades bibliograficas. Coleccion escogida de obras raras de
Das Spanische. 547
amenidad y erudicion, con apuntes biogräficos de los diferentes autores,
12 M. ; Cronicas de los re3'es de Castilla, coleccion ordenada por C. Ro-
SELL, 3 Bde., 36 M.; Dramaticos contcmporaneos de Lope de Vega. Colece.
escog. por Ramon de Mi:,><c)NEKü Romanü.s, 2 Bde., 24 M., u. ])iam. ])oste-
riores ä L. de V., col. esc. p. R. i). ^I. R., 2 Bde., 24 M. ; E])istülario
espaiiol. Coleccion de cartas de Espaiioles ilustres antiguos y modernos
recog. por E. DE OcHOA, 2 Bde., 24 M. ; Escritores en prosa anteriores al
siglo XV, recog. por P. de Gayaxgos, 12 M. ; Escritores del siglo XYL,
2 Bde., 24 M. ; Historiadores de sucesos particulares, colece. dirigida da
C. RosELL, 2 Bde., 24 M. ; Historiadores primitives de Indias, colece.
dirig. por E. de Vedia, 2 Bde., 24 M.; Libros de caballerias, con un dis-
curso de P. DE Gayaxgos, 12 M. ; Lira americana, colece. de ])oesias de
los mejores poetas del Peru, Chile y Bolivia, recopilados por R. Palma,
13 M. ; Novelistas anteriores ä Cervantes. 12 M. ; Novelistas posteriores ä
Cerv., 2 Bde., 24 M. ; NvxEZ de Arce, Coleccion de obras dramaticas es-
cogidas, 12 M.; Obras escogidas de filosofos, 12 M.; Ochoa, Apuntes para
una biblioteca de escritores espaiioles contemporäneos, 2 Bde., 20 M.; OviLO
Y Otero, Manual de biografia y bibliograüa de los escritores espanoles del
siglo XIX, 2 Bde., S M. ; Poemas epicos, con notas biograficas de C. Rosell,
2 Bde., 24 M. ; Poemas lirieos de los siglos XYI y XVII, colece. ordenada
por A. DE Castro, 2 Bde., 24 M. ; Poetas castillanos anteriores al siglo XV,
colece. hecha por Th. Saxchez, 12 M.; Poetas lirieos del siglo XVIII, 3 Bde.,
36 M. ; Poetas sevillanos de los siglos XVI y XVII, 3,75 M. ; Tesoro de
la poesia casteUaua de los siglos XV/XIX, 4 M.].
Beste spanische Zeitschrift (nach Art der Revue des deux Mondes) ist
die seit 1S76 in Madrid erscheinende Revista espaiiola contemporänea.
S. Alphabetisches Verzeichniss einiger Autoren u. Sehrift-
■werke mit einzelnen Bemerkungen über Ausgaben u. dgl.
Acuna, Hernando de, geb. ca. 1505 zu Madrid, gest. 1580 zu
Granada. El Caballero determinado, traducido de lengua francesa en castel-
lano nämlich Uebers. des frz. Epos »le Chevalier delibere« des Olivier de
la Marche Antwerpen 1553, Salamanca 1560 u. oft. Poesias de H. de A.
Madrid 1591. T icknor I 389, Lemcke) II 229 — Alareon, Juan Ruyz
de A. y Mendoza, geb. Jahr unbekannt^ zu Tasco in Mejico, gest. (zu
Madrid?, 1639.- Comedias, parte I Madrid 1628, p. II Barcelona 1634, neue
Ausg. V. E. Hartzenbusch. Madrid 1853 (Ribadeneira Bd. 20). Zahlreiche
Einzelausgg. in Brockhaus' Katalog [s. oben S. 546 unten], p. 91 aufgeführt.
T. I 679, L. III 509, Schfack, II 608. F. Wolf, in : Blätter f. lit. Unterhal-
tung J. 1849, No. 81 ff. S. 329 — Alcäzar, Baltasar de, geb. unbekannt,
•wann zu Sevilla, gest. 1606 zu Ronda. Lyriker. Keine Gesammtausg. Einzel-
nes in den »Flores« des Espinosa, im Correo literario y economico de Sevilla
(1806, u. in Bohl v. Faber's Floresta. T. II 157, L. II 361 — Aleman,
Mateo, geb. (Jahr unbekannt; zu Sevilla, gest. ca. 1605 in Mejico. Aven-
turas y vida de Guzman de Alfarache (Schelmenroman) Theil I, Madrid
1599, Theil II, Valencia 1602 unrechtmässige Ausg.) u. ebenda 1605 (Ausg.
des Verf.'s). Neuere Ausg. in Arlbau's Novelistas anteriores ä Cervantes.
35*
548 ^^"5 Spanische.
Madrid 1846. Ortografia de la lengua castellana. Mejico 1609. T. 212, 308,
332. L. I 280. F. Wolf, in: AViener Jahrbb. Bd. 122, S. 76 — Alexan-
der. Libro de Alexandre' , herausgg. in der Colecc. de poe.sias castel-
lanos anteriores al siglo XV von Th. Sanchez, neu aufgelegt von F. Ja-
ner in Bd. 57 der Bibl. de aut. esp.). A. Morel-Fatio, Recherches s. le
texte et les sources du L. de A., in: Rom. IV 7. T. I 49 — Alfons X,
geb. 1221, König. V. Castilien 1251, gest. 1284. 1) Fuero juzgo (an diesem
Gesetzbuch ist A. nur mittelbar betheiligt). El Setenario oder Las Siete
Partidas 1265 'Gesetzbuch, gedruckt Sevilla 1491 u. oft; krit. von der span.
Akad. veranstaltete Ausg. Madrid 1807. Andere rechtswissenschaftl. Ar-
beiten A. sind gesammelt u. d. T. : Opusculos legales del rey Alf. el Sabio,
publ. por la real Acad. de la Hist. Madrid 1836. 2 Bde. 2; Cronica general
de Espaiia, herausg. v. Florian de Ocampo in Zamora 1541 (Neudruck
dieser Ausg. Valladolid 1604). T. I 32. L. I 28 — Amadis de Gaula.
T. I 181. (L. Braunfels, A. de G. , krit. Versuch üb. d. Roman Amadis.
Leipzig 1876, und: die Bibliothek des Barons Seillere. Beitrag zur Litte-
ratur der Amadisromane, in: Jahrb. f. rom. u. engl. Spr. u. Lit. XIV 161;
C. MlCHAELLS, Etwas Neues zur Amadisfrage, in: Ztschr. f. rom. Phil. IV
347). Vgl. auch unten Lobeira — Argensola, Lupercio Leo-
nardo de, geb. ca. 1564 zu Barbastro in Aragonien, gest. zu Neapel 1613,
u. Argensola, Bartolome Leonardo, Bruder des vorigen, geb. ca.
1565, gest. 1631. Die lyrischen Gedichte beider Brüder hat ein Sohn Lu-
percio's Saragossa 1634 herausgegeben. Einige Dramen Lupercio's sind ver-
öffentlicht im 6. Bde. von Sedano's Parnaso Espanol (1772> T. II 159 u.
I 463. L. II 499 u. III 98 — Arguijo. Don Juan de, Geburts- u.
Todesjahr unbekannt, doch fällt letzteres vor 1630. Heimathsort Sevilla.
Sonetos de D. J. d. A., p. p. Colon y Colon. Sevilla 1841. T. II 158.
L. n 367 — Arriaza, Juan Bautista, geb. 1770 zu Madrid, gest.
ebenda 1837. Poesias Uricas. Madrid 1822/26, 2 Bde., u. 1829/32, 2 Bde.
L. II 737.
Balbucna, Bernardo de, geb. 1568 zu Valdepeiias (Toledo), gest.
zu Portori ca. 1627. Epos »El Bernardo 6 victoria de Roncesvalles«. Ma-
drid 1624, neue Ausg. ebenda 1808, 3 Bde. Schäferroman »El Siglo de
Oro en las silvas de Erifile«. Madrid 1608, neue Ausg., besorgt von der
span. Akad. 1821. La Grandeza mejicana. Mejico 1604 u. in der neuen
Ausg. des Siglo de Oro. T. II 117, 168.204. L. H 539 — Berceo, Gon-
zalo de, geb. zu Berceo (Diöcese Calahorra) in den letzten Jahren des
12. Jahrh.'s, gest. ca. 1270, verfasste religiöse Dichtungen, herausg. in Bd. 2
der Coleccion de poesias castellanas anteriores al siglo XV v. Sanchez.
Madrid 1779 ff. (neue Ausg. v. E. Ochoa. Paris 1842). T. I 15. L. II 67 —
Bermudez, Gerönimo, (Pseudonym Antonio de Silva) gebürtig aus
Galicien, gest. gegen 1589. Primeras tragedias espanolas, Nise lastimosa y
Nise laureada. Madrid 1577, wieder abgedruckt in Ochoa's Tesoro del
Teatro espafiol, t. I. T. I 462, L. III 84, Sch. I 273 — Boscan, Juan
1) Nach gewöhnlicher, aber unbeweisbarer Annahme von Juan Lorenzo
•Segura de Astorga verfasst.
Das Spanische. 549
Boscan Almogaver, geb. wahrscheiulich zwischen 141)0 u. 15UU zu Bar-
celona, gest. 1540. Erste Ausg. der poet. "Werke B.'s (IjTische Gedichte,
Hero u. Leander [Epos] etc.). Barcelona 1543, oft wiederholt. Los cuatro
libros del Cortesano (Uebers. des Cortigiano des Castiglione . Barcelona
1534. Las übras de Juan B. ed. W. J. Knavp. Madrid 1S75. T. I 373.
L. n IST.
Caballero, Fernau (Cäcilia Bohl von Faber , geb. zu Morges
in der Schweiz 1797 (als Tochter des aus Hamburg gebürtigen Kaufmanns
Bohl von Faber, s. oben S. 508), gest. 1877 zu Sevilla, Verfasserin zahl-
reicher trefflicher Novellen u. Romane, von denen ein grosser Theil in der
Brockhaus'schen Coleccion erschienen ist (s. oben S. 545 . F. "VVolf, Bei-
träge zur span. Volkspoesie aus den "Werken F. C.'s. Sitzungsberichte der
AViener Akad. d. "Wissensch. 1S59. Edwards, F. C, the Spanish Novellists.
London 1884 — Cadalso oder Cadahalso), Jose de, geb. 1741 zu
Cadiz, gest. vor Gibraltar 1782. Los Eruditos ä la Violeta, 6 curso com-
pleto de todas las ciencias Satire). Madrid 1772. Cartas marruecas Nach-
ahmung der Lettres persanes Montesquieus' 1793, neugedruckt in Bd. 1
des Epistolario esp. iRibadenejTa, Bd. 13). Obras en prosa y verso p. p.
N.w.VRETTE. Madrid ISIS, 3 Bde. T. II 372 u. 401. L. II 678 u. I 604 —
Calderon, Pedro C. de la Barca Henao y Riano, geb. 17. 1. 1600
zu Madrid, gest. ebenda 25. 5. 1681. Erste Ausg. eines Theils der Dramen
C. s besorgt von dem Bruder des Dichters, Jose C, Madrid 1640 72, vorher
zahlreiche unrechtmässige Ausg. einzelner Stücke. Erhalten überhaupt 108
Comedias u. 72 Autos. Erste vollständige Ausg. besorgt von Juan Tassis
Y ViLLAKOEL. Madrid 1682^91. 9 Bde. ein beabsichtigter 10. Bd. ist nicht
erschienen , dann von Juan Fernandez de Apontes. Madrid 1760,63,
11 Bde. Kritische Ausg. von J. J. Keil. Leipzig 1827 30, 4 Bde., u. von
E. Hartzexbusch, Madrid 1872,74 t. 7, 9, 12, 14 der Ribadeneyra'schen
Bibl. de aut. esp., relativ beste Ausg., aber doch noch recht mangelhaft,
vgl. Morel-Fatios Urtheil in der Vorrede zu seiner Ausg. des Mägico
prodigioso, p. XXIII,. Teatro de C. de la B. (mit Einleitungen zu den
einzelnen Stücken), herausg. v. Garcl\-Ramox. Paris 1SS3, 4 Bde. Von
Ausg. einzelner Stücke mit Commentar u. dgl. sind namentl. hervorzuheben :
MoKEL-F.ATlo's Ausg. des Mägico prodigioso, Heibronn 1877. vgl. Ztschr.
f. rom. Phil. II 328 u. Giom. di filol. rom. I 58; M. Krenkel's Ausg.
von La Vida es sueno, El Principe constante u. El Mägico prodigioso,
Leipzig 1881/85, s. ob. S. 546; Lehmaxn's Ausg. des Principe const.
Frankf. a M. 1877. Teatro escogido de D. P. C. de la B. in Bd. 35, 36,
37 der Brockhaus'schen Coleccion, s. ob. S. 546. F. Dorer, Die Calderon-
Litteratur in Deutschland. Leipzig 1881 (vorher schon Zürich 1877 er-
schienen ; A. DEL Real, C. segun sus obras, sus criticos y sus admira-
dores, y cronica del segundo centenario de su muerte. Barcelona 1881.
Lasso de la Vega. C. d. 1. B. Madrid ISSl. Jose Silvestre Ribeiro,
Don P. C. d. 1. B. Lisboa 1881. JoH. Fastenr.ath, C. d. 1. B., sein Leben
u, sein "VN'irken. Leipzig 1881, u. : Calderon in Spanien. Leipzig 1882. An
Essay on the Life and Genius of Calderon by the Archbishop of Dublin.
London 1880. J. J. Pitmax, Studien over C. en zijne geschriften. Utrecht
550 ^^^ Spanische.
1880. J. Ulbrich, Quaestiones Calderonianae. Bonn 1865, Diss. E. DORER,
Goethe u. C. Leipzig 1881. A. S. Moguel, Calderon et Goethe, ou le
Faust et le Magieien prodigieux. Paris 1883. M. Carriere, C.'s »Arzt
seiner Ehre« u. Shakespeare's «Othello«, in: Nord u. Süd, Mai 1881. JoH.
Albert, Das religiöse Drama u. die Autos von Calderon, Passau 1875, und :
Drei griechische Mythen in C.'s Sacramentspielen. Passau Jahr?; , Progr.
der Studienanstalt. RuBlo Y Lluch, El sentimiento del honor en el teatro
de C. Barcelona 1882. *V. Schmidt, Die Schauspiele C.'s dargestellt u.
erläutert. Elberfeld 1857. Calderon's Schauspiele übers, v. D. Gries. Berlin
1862, 9 Bde. Frz. Lorinser, Don P. C.'s de 1. B. geistl. Festspiele. Eine
deutsche üebers. mit erklärendem Commentar u. einer Einleitung üb. die
Bedeutung u. den Werth dieser Dichtungen. 2. Ausg. Regensburg 1883,
9 Bde. T. II 3, L. III 667, Sch. III 3 — Caneionero (vgl. auch Ro-
mancero, Romanzen) K. Vollmöller, Der Cancioneros Gayangos, in:
Rom. Stud. IV 197, und: Aus dem Oxforder C. , ebenda IV 227; Canc.
populär, coleccion de coplas y seguidillas, recog. y orden. p. E. Lafuente
Y ALavNTARA. Madrid 1865; H. Castillo, Canc. general de Hernando del
Castillo, segun la edicion de 1511 con un apendice de lo anadido en las
de 1527, 1540 y 1557. Madrid 1882. *Cancionero de Stuniga, codice del
siglo XV ahora por vez primera publicado (t. IV der Colecc. de libros
raros 6 curiosos) Madrid 1872, vgl. Rom. III 413. C. Michaells de Vas-
concellos, Zum Caneionero general de Nagera, in: Ztschr. f. rom. Phil.
V 77 — Cantes flamencos (lässt sich ungefähr mit »Andalusische
Zigeunerlieder« übersetzen). Coleccion de c. fl. , recojidos y anotados por
DemÖfilo. Sevilla 1881, vgl. Ztschr. f. rom. Phil. V 249 — Cantos.
C. populäres recojidos, ordenados y ilustrados por F. R. Marin. Sevilla
1883 ff., 5 Bde., vgl. Rom. XII 383 u. XIII 140. Eine Art Einleitung zu
der Marin'schen Samjjilung von Volkspoesien bildet die Brochure Juan del
Pueblo's: Historie amorosa populär, ordenada e Uustrada por Fr. Rodri-
GL'EZ M.ARIN. Sevilla 1882, vgl. Ztschr. f. rom. Phil. V 578 — Capmany,
Antonio de C. y Montpalau, geb. 1742 zu Barcelona, gest. 1813 zu
Cadiz. Teatro historico-critico de la elocuencia castellana, Madrid 1786 94,
5 Bde. (neue Ausg. u. d. T. : Tesoro de Prosadores espailoles. Paris 1841).
Filosofia de la elocuencia, Madrid 1777 (neue Ausg. von 1). Vincente
Salva. London 1812, Gerona 1820). Arte del traducir del idioma frances al
castellano. Madrid 1776. T. I 262 u. II 263, L. I 641 — Castillejo,
Cristöval de, geb. 1490 od. 1491 zu Ciudad Rodrigo, gest. zu Wien 1556.
Lyriker; erste Ausg. seiner Poesien, Madrid 1573; neuere Ausg. Madrid
1792 in Don Ramon Fernandez' Sammlung. F. WoLF , in den Sitzungs-
berichten der Wiener Akad. d. Wissensch. Philos.-hist. Cl. 1849 u. 1850,
T. I 392. L. II 274 — Castro, Guillen de C. y Belvis, geb. zu
Valencia 1569, gest. 1631. Comedias, I» parte Valencia 1621, 11» parte
Valencia 1625. Las mocedadcs del Cid, besonders gedruckt bei L, III 292 ;
Neudruck besorgt von W. Förster. Bonn 1878, vgl. Ztschr. f. rom. Phil.
III 131 — Cervantes, Miguel de C. Saavedra, geb. Anfang des
Octobers 1547 zu Alcalä de Henares, gest. zu Madrid 23. 4. 1616. Erster
Thcil des Don Quijote. Madrid 16U5 (2. Ausg. 1608). Unächter zweiter
Das Spanische. 55 1
Theil des Don Quij., ang;eblich von Alonso Fcrnandez de Avelleneda aus
Tordesillas verfasst, Tarrapona Uil4 (neu herausg. v. Blas de Nasarke.
Madrid 1732 u. in Bd. 1 der Novelistas posteriores ü Cerv. = Bd. 17 der
Kibadeneyra'sehen Sammlung). Achter zweiter Theil 1615. (12) Novelas
ejemplares 1613 (la Tia fingida, herausg. v. Ahuieti' in: Espiritu de M.
de C. Madrid 1S14 und von AVehther in: "Wolfs ]\Iuseum f. Alterthums-
wissensch. IS 19, vgl. Gallardo im »Criticon» No. 1, Madrid 1835). El Viaje
al Parnaso 1615. S Comedias y entremeses 1615. Los trabajos de Persiles
y Sigismimda 1617. Ausg. des Don Quij. von der span. Akademie 178t>,
4 Bde. (Neudrucke 1782, 1787 u. *18I9, 5 Bde.). Ausg. des Don Quij.
mit werthvollem Commentar von JoHX Bowle, Salisbury 1781, 4 Bde.,
Ausg. ebenfalls mit trefflichem Commentar von Diego Clemexcin. Ma-
drid 1833,39, 6 Bde. Gesammtausgg. der "Werke des C. Madrid 1803 5,
ICi Bde., ebenda 1829, 11 Bde., u. die beste von Aribav. Madrid 1846
= BJ. 1 der Kibadeneyra'sehen Sammlung, enthält jedoch die drama-
tischen "Werke nicht). Obras escogidas de M. de C. S. , nueva edic. cla-
sica, arreglada, corregida e ilustrada con notas historicas etc. p. D. AUG.
Garcia de Arrieta, Paris 1826, 10 Bde. Beste Biographie Cervantes' ist
die von Mart. Fern, de Navarrete verfasste in der Ausg. des Don
Quij. durch die Akad. vom J. 1819. B. Baumstark, C, ein span. Lebens-
bild. Freiburg i. B. 1875; M. Asensio, El conde de Lemos, protector de
C. Madrid 1881; FoRONDA, C. viajero, Madrid 1880; J. Vidart, El Qui-
jote y la casificacion de las obras literarias. La desdicha po,stuma de C.
Madrid Jahr?,; E. DoRER, C. u. seine "Werke nach deutschen Urtheilen.
Leipzig 1881. T. I 481, L. I 371 u. III 112. Cervantes' Don Quij. übers,
von L. TiECK. 3. Ausg. Berlin 1831, 4 Bde., übers, von *Brai"nfels, Stutt-
gart 1884, vgl. Gott. gel. Anz. 1885, No. 7, S. 281 — Cespedes, Pablo
de, geb. 1538 zu Cördova, gest. ebenda 1608. Lehrgedicht (Fragment] La
Pintura, herausg. v. Fr. Pacheco in ; Arte de la Pintura , su antiguedad
y grandeza. Sevilla 1649, in Bd. 18 der Sammlung des Dox Ramox Fer-
XANDEZ und in Bd. 5 von Bermudez' Diccionario de los profesores de las
bellas artes. Madrid 1800. T. II 185, L. II 346 — Cibdareal, Fernan
Gomez de, geb. 1386 zu Valladolid, gest. kurz nach 1454. Centon Epi-
stolario del Bachiller F. G. de C. Burgos 1499; beste Ausg. in Bd. 1 des
Epistolario espanol (= Bd. 13 der RibadenejTa'chen Sammlung . T. I 313
u. II 540, L. I 94 — Cid. I) Poema del Cid (s. oben S. 532;, herausg. v.
Th. Saxchez in Bd. I der Coleccion de poesias castellanas anteriores al
siglo XV. Madrid 1779 (Neue Ausg. v. Ochoa. Paris 1842), v. K. VoLL-
möller. Halle 1879, vgl. Ztschr. f. rom. Phil, IV 156. F. "Wolf in: 'Wie-
ner Jahrb. f. Lit. Bd. 56, S. 251, und Blätter f. litt. Unterhaltg. Jahrg. 1850,
S. 925. J. CoRNU, Etüde s. le poeme du Cid, in: Rom. X 75. T. I 10,
L. I 50. IIj Romancero del Cid. Aeltere Ausgg. v. Juan de Escobar. Al-
cala 1612, Lissabon 1615, Pampeloua 1706, Madrid 1818 und namentlich
von DlRAX in dessen Romancero general, t. I (1849). Neuere Ausgg. von
A. Keller (Stuttgart u. Paris 1840,, Depping (1844) u. *C. Michaelis
(Leipzig 1871, Bd. 30 der Brockhaus'schen Coleccion;, vgl. Rom. I 123.
Die genannten Ausgg. beruhen im "Wesentlichen auf Escobar s Sammlung;
552 Das Spanische.
neben derselben ist noch eine andere alte Sammlung vorhanden u. d. T. :
Tesoro escondido de todos los mas famosos romances assi antiguos como
modernos del Cid etc., recopilados nuevamente con mucha diligencia por
Francisco Metge, vgl. R. Köhler im Anhange zu seiner Schrift: Her-
der's Cid und seine französische Quelle. Leipzig 1867. (J. Asciibach, De
Cidi historiae fontibus. Bonn 1843 Diss. Malo de Molina, Rodrigo el
Campeador, estudio historico fundado en las noticias que sobre este heroe
facilitan las cronieas y memorias Arabes. Madrid 1857. A. Restori, II
Cid Campeador, in: Propugnatore XVI, parte I 97, 327, parte II 93. V.
A. Hüber, Geschichte des Cid Ruy Diaz Campeador. Bremen 1829. Saint-
Albin, La legende du Cid. Paris 1866. G. Baist, Die Heimath des lat.
Hymnus auf den Cid, in : Ztschr. f. rom. Phil. V 64. Moderne novellisti-
sche Bearbeitungen der Cidsage sind: A. Tri'eba, El Cid Campeador,
und: Las Hijas del Cid, beide in der Brockhaus'schen Sammlung erschie-
nen). Die Litteratur über die altspan. »Crönica del famoso caballero Cid«
ist verzeichnet bei PoTTHAST, Bibl. bist. med. aevi I 242. lieber Herder's
Cid vgl. ausser der oben angeführten Schrift von Köhler noch diejenige
von A. S. Vögelin, Herder's Cid, die französ. u. die span. Quelle. Heil-
bronn 1879 — Cienfuegos, Nicasio Alvarez de, geb. zu Madrid
1764, gest. zu Orthez 1809. Obras poeticas (lyrische Gedichte, Tragödien).
Madrid 1798, 2 Bde., u. 1816, 2 Bde. T. II 385 u. 409, L. II 730 —
Clavijo, Jose Cl. y Fajardo, geb. 1736 in Ciudad de las Palmas Ka-
narische Inseln), gest. zu Madrid 1806. Herausgeber der Zeitschrift El Pen-
sador 1762/67, vgl. R. Falck in Westermann's Monatsheften, 1883 August,
S. 658 — Conde, Juan Antonio, geb. (wo?) 1757, gest. 1820. Historia
de la dominacion de los Arabes en Espana. Madrid 1820 u. Paris 1840
(deutsche Uebers. von Kutschmann. Karlsruhe 1824/25, 3 Bde.). L. I 651 —
Cruz, Juana Ines de la, geb. 1651 zu Guipuzcoa, gest. 1695 zu Mejico.
Poemas de la ünica poetisa americana, musa decima etc. Barcelona 1691.
T. II 168 u. 179, L. II 645.
Diamante, Juan Bautista, lebte um die Mitte des 17. Jahrhun-
derts. Comedias. Madrid 1670/74. Die vermeintlich zu Corneille's Cid in
Beziehung stehende Komödie El Honrador de su padre scheint zuerst 1659
gedruckt worden zu sein. T. I 659 A. 1, II 69 u. 564, L. III 291, Sch.
n 430 u. ni 372 — Dramen s. Theater.
Encina, Juan, geb. zu Encina 1469, gest. 1534 zu Salamanca. Can-
cionero de todas las obras (lyrische Gedichte, kleine Dramen u. d. T. Re-
presentaciones oder Eclogas;. Salamanca 1496 u. vollständiger ebenda 1509.
T. I 223, L. III 9, Seil. I 146 — Epistolario. E. espanol. Coleccion
de cartas de Espailoles ilustres antiguos y modernos , recojida y ordenada
por E. DE OCHOA. Madrid 1S70. 2 Bde. Ribadeneyra'sche Sammlung! —
Ercilla, Don Alonso de Zuniga y E., geb. 1533 zu Madrid, gest.
1595. Epos Araucana, erster Theil Madrid 1569, zAveiter Theil ebenda
1578, vollständig (37 Gesänge) ebenda 1590. Beste Ausgg. Madrid 1776,
3 Bde., und in Bd. 17 der Ribadeneyra'schen Sammlung. T. II 102, L.
n 332 — Espinel, Vicente de, geb. 1540 od. 1544 zu Ronda Gra-
nada , gest. 1630 od. 1634 zu Madrid. Diversas rimas con el Arte poetica
Das Spanische. 553
y algunas odas de üracio traducidas en verso east. Madrid 1591. Koman :
Relaciones de la Vida del eseudero Marcos de Obregon. Madrid lülS. Tt
II 21s, L. II 350, 1 2S2 u. 586 — Espinosa, Pedro, geb. gegen Ende
des 10. Jahrhunderts zu Antequera, gest. zu San Lucar de Barrameda ItjöO.
Primera parte de las Flores de Poetas ilustres castellanos (eine Antholo-
gie, welche 1(5 Gedichte von E. selbst enthält. Valladolid 1605. T. II 143
u. 179, L. n 532 — Espronceda, Jose de, geb. ISlU zu Almendralejo
(Estremadura}, gest. zu Madrid 1S42. Romantiker. Gesammtau sgg. seiner
poet. "Werke von Hartzenbusch u. von G. de Villalta, s. Brockhaus'-
scher Katalog, p. 88, L. 11 768 — Esquilache, Francisco de Borja
y Aragon etc., geb. ca. 1580 zu Madrid, gest. ebenda 1(358. Obras en
verso. Madrid 1639 u. oft, T. H 133 u. 166. L. II 620.
Feijoo, Benito Geronimo F. y Montenegro, geb. 17ol zu
Campostella, gest. zu Oviedo 1764. Teatro critico universal 'moralphilos.
Essays, 1726 38, 8 Bde. und dessen Fortsetzung Cartas eruditas 1746 60,
5 Bde. L. I 572. Obras escogidas, p. p. V. de la Füexte. Madrid 1863
— Fernandez, Lucas, aus Salamanca Geburts- und Todesjahr unbe-
kannt!. Farsas y eglogas al modo y estilo pastoril fechas por L. F. sal-
mantino. Salamanca 1514, neu herausg. von M.\>'UEL Caxete in Bd. 3 der
Biblioteca clasica espanola. Madrid 1867, vgl. Rom. X 239. T. 11 696 —
Flores y Bianca flor, altspan. Roman, gedruckt 1524 (Ort nicht ange-
geben , Neudruck, Madrid 1877. Inhaltsangabe in Giorn. di filol. Rom. IV
i59, vgl. Ztschr. f. rom. Phil. VH 618.
Garcilaso Garcias Laso de la Vega, geb. 1503 zu Toledo, gest.
zu Nizza 1536. Lyrischer Dichter; seine Werke zuerst immer zusammen
mit denen Boscans herausgegeben. Ausgaben mit Commentar von Fran'C.
Saxchez de las Brozas. Salamanca 1574, von Fern, de Herrera. Se-
villa 1580, von Tomas Tamayo de Vargas. Madrid 1022, von Jose Nico-
las de Azagra. Madrid 1765, von J. M. Ferrer. Paris 1827. Biographie
in Bd. 16 der Coleccion de documentos ineditos para la Hist. de Espana,
p. p. B.VRAXDA y Salva. T. I 381, L. II 209 — Gongora, Don Luis
de G. y Argote, geb. 1561 zu Cordova, gest. ebenda 1627. Lyriker.
Todas las Obras. Madrid 1634. Ausg. mit Commentar von Garclv de
Salcedo Coronel. Madrid 1636 4"5, 3 Bde. Auswahl von G.s "Werken in
Band 9 der Sammlung des Don Ramon Fernandez. Madrid 17S7. T. 11
148, L. n 550 — Gracian, Baltasar, geb. im Anfang des 17, Jahr-
hunderts zu Calatayud, gest. 1658 zu Tarragona. El Criticon allegorische
Prosadichtung über das menschl. Leben . Parte I Madrid 1650, P. 11 1653,
P. in 1664. Sonstige moralphilos. Schriften: El Heroe, Madrid 1639;
El Oräculo manual y arte de prudencia, Huesca 1637: El Discreto, Huesca
1640; La Agudeza y Arte de ingenio, Huesca 1649 Poetik und Rhetorik
des «estilo culto«,. Gesammtausgg. Madrid 1664, 1667, 1773 etc., 2 Bde.
T. n 311, L. I 538 — Granada, Luis Sarria de, geb. 1504 zu Gra-
nada, gest. zu Lissabon 1588. Guia de Pecadores, Salamanca 1570. Me-
morial de la vida cristiana, Salamanca 1566 deutsche Uebers. Aachen 1839,
4 Bde.). Libro de la oracion y meditacion, Salamanca 1567. Introduccion
al simbolo de la fe, Salamanca 1582. Gesammtausgg. Madrid 1786, 19 Bde.,
554 I'^s Spanische.
ISOO, 6 Bde., 1848, 3 Bde. (= Bd. 5, 8, 11 der Ribadeneyra'schen Samm-
lung). T. II 260, L. I 349 — Guevara, Antonio de, geb. ca. 1500 in
Biscaj'a, gest. 1545 als Bischof von Guadij u. Mondoiiedo. Reloj de prin-
cipes o Marco Aurelio, Decada de los Cesares, Valladolid 1539. Epistolae
familiäres, 1539. Vgl. Laxumanx, in: New Shakespeare's Society Trans-
actions 1880/S2, p. 252. T. I 421 — Guevara, Luis Velez de G. y
Duenas, geb. 1574 zu Ecija (Andalusien), gest. zu Madrid 1646. Satir.
Roman : El Diable cojuelo, verdades sonadas, novelas de la otra vida tradu-
cidas ä esta Madrid 1641. Neuere Ausgg. Madrid 1812, von J. M. Ferrer
Paris 1828, von Ochoa in Bd. 3 des Tesoro de Novelistas espailoles. Aus-
serdem ist G. Verf. zahlreicher Dramen, von denen aber noch keine Ge-
sammtausgabe existirt. T. I 660 u. II 251, L. I 471, Seh. II 469 — Guz-
nian, Fernan Perez de, geb. (unbekannt, wo) um 1400, gest. zu Batres
um 1470. Redacteur der Cronica del seiior rey D. Juan IL, erste Ausg.
Logrono 1517, beste Ausg. Valencia 1779. Verfasser der Generaciones y
Semblanzas (Charakterschilderungen ausgezeichneter Castilianer des 17.
Jahrhunderts) , zuerst gedruckt im Mar de Historias (span. Uebers. von
Colonna's Mare Historiarum), Vallensole 1512, beste Ausg. von Llaguxo
Amirola zusammen mit Cibdareals Centon Epiatolario, Madrid 1779 u.
1790. T. I 153 u. 316, L. I 118.
Hartzenbusch, Juan Eugenio, geb. als Sohn eines deutschen
Tischlers zu Madrid 6. 9. 1806. Dramatiker (Amantes de Teruel 1836,
Dona Mencia 1838, Alfonso el Casto 1841; Lustspiele: la Redoma encan-
tada 1839, la Visionaria 1840, la Coya y el encojido 1843 . Ensayos poe-
ticos y articulos en prosa 1843, H. hat mehrfach Werke span. Classiker
kritisch herausg., so z. B. ausgewählte Dramen Tirso de Molina's 1839/42,
12 Bde. Obras escojidas de H. Leipzig 1S73, 2 Bde. R. Lehmaxx, Don
J. E.H., in: Herrig's Archiv 56, S. 459 — Herrera, Antonio deH. y
Tordesillas, geb. zu Cuellar 1549, gest. zu Madrid 1625. Historia de
los hechos de los Castellanos en las islas y tierra firme del mar oceano.
Madrid 1601/15, 4 Bde. (beste Ausg. u. d. T. Decadas de las Indias, Ma-
drid 1728/30, 4 Bde.). AVeniger bedeutend sind die übrigen Geschichts-
werke H.'s. T. II 282, L. I 300 — Herrera, Hernando de, geb. (un-
bekannt, wann) zu Sevilla, gest. (unbekannt, wo) 1597. Versos (Oden, So-
nette, Elegien etc.) de H. de H., emendados y divididos por el en tres
libros. Sevilla 1619. Neuere Ausg. in Bd. 4 u. 5 der Sammlung des Don
Ramon Fernandez. T. II 139, L. II 303— Historia Trojana. A. Mus-
.SAFIA, Ueber die span. Versionen der H. T. Wien 1871, vgl. Rom. I 390
— Hita, Erzpriester von, s. Ruiz Juan — Hita, Gines Perez
de, geb. (unbekannt, wann) wahrscheinlich zu Mula in Murcia, Todesjahr
unbekannt. Verf. der romantischen Gescliichtserzählung Historia de la
guerras civiles de Granada. Saragossa 1595, dazu ein zweiter Theil 1604.
Gesanimtausgg. Madrid 1833, 2 Bde. und in den Novelistas anteriores k
Cervantes (= Bd. 3 der Ribadeneyra'schen Sammlung). Deutsche Uebers.
v.Spaldixg. Berlin 1821. T. II 192\i. 228, L. I 262. Wiener Jahrb. CXTV 27.
Iglesias de la Casa, Jose, geb. 1753 zu Salamanca, gest. ebenda
1791. Poesias, Salam. 1798, Bare. 1820, Paris 1821, 2 Bde. T. II 384,
Das Spanische. 555
L. II 723 — Isla, Jos6 Francisco de (Pseudonym: Francisco Lobon
de Salazar^ geb. 24. 4. 1703 zu Vidanea (Leon), gest. 2. 11. 1781 zu Bo-
logna. Satirischer Roman ; Historia del famoso predicador Fray Gerundio
de Cami)azas, erster Thcil Madrid 17öS, zweiter Theil ohne Ortsangabe)
1770, Aiusgg. des ganzen Werkes Madrid 1770, 2 Bde.; 17S7 u. Ib04,
3 Bde., 1813, 4 Bde. Uebersetzung des Gil Blas des Lesage Madrid 17S7
und der Fortsetzung des G. B. vonMonti 1791. Obras escojidas, Madrid 1850
[= Bd. 11 der Ribadeneyra'schen Sammig.). L. I 580 — Jaur egui, Juan
de J. y Aguilar, geb. 1570 zu Sevilla, gest. zu Madrid 1641. Ueber-
setzung von Tasso's Aminta, Rom 1607. Rimas, Sevilla 1618, neue Ausg.
in Bd. 6 der Sammlung des Ranion Fernandez. Epos »Orfeo«, Madrid
1624. Uebers. der Pharsalia des lAican, Madrid 1684, neue Ausg. in Bd.
7 u. 8 der Sammlung des Ramon Fernandez. T. 11 161, L. II 592 — Jo-
vellanos, Gaspar Melchor de, geb. 1744 zu Gijon (Asturien), gest.
zu Vega (Asturien) 1811. Obras (meist Prosaschriften), Madrid 1830/32,
7 Bde., 1845, 5 Bde., vgl. Brockhaus' Katalog p. 88. T. II 386, L. I 627.
Labirin to amoroso, vgl. hierüber Ztschr. f. rom. Phil. V 85 —
Larra, Mariauo Jose de, (Figaro', geb. 1810 zu Madrid, gest. durch
Selbstmord 13. 2. 1837. Journalist El Pobrecito Hablador, Revista Espa-
nola, Observador, El Espanol). Dichter der Novelle El Doncel de Don
Enrique el Doliente, des Lustspiels No mas mostrador, des Schauspiels
Macias etc. Gesammtausgg. Madrid 1837, 13 Bde., Paris 1848, 2 Bde.
Vgl Brockhaus' Katalog, p. 88. T. I 287 A. u. 292 A., L. I 692 — [La
Torre. Unter dem Namen eines angeblichen Baccalaureus Francisco de la
Torre hat Quevedo im J. 1631 eine Sammlung Gedichte herausgegeben,
welche er aller Wahrscheinlichkeit nach selbst verfasst hatte, vgl. L. J.
Velasquez, Poesias que publico D. Fr. de Quevedo Villegas con el nombre
del Bachiller de la Torre. Madrid 1753. T. I 639, L. U 250] — Leon,
Luis Ponce de, geb. 1527 zu Granada, gest. 1591 zu Madrigal. Dichter
u. Verf. zahlreicher asketischer Prosasckriften. Todas las Obras, p. p. x\n-
TOLIN Merino. Madrid 1804 16. 6 Bde. T. I 469, L. n 322, vgl. I 642 —
El Libro de las aves de caca del Canciller Pero Lopez de Ayala. Con
las glosas del duque de Albuquerque. Madrid 1869 — Libro de Cetreria
de Evangelista y una Profecia del mismo, p. cou prologo, variantes, uotas
y glosario p. A. Paz y Mell\ , in: Ztschr. f. rom. Phil. I 222 — El Li-
bro de exenplos por A. B. C. de Climente Sanchez, archidiacre de Val-
deras, p. p. A. Morel-F.\tio, in: Rom. VII 481 — Lista, Alberto,
geb. zu Sevilla 1775, gest. ebenda 1848. Lyriker. Ausgg. seiner Gedichte
Madrid 1832, Paris 1834, Madrid 1837, 2 Bde. L. II 743 — Lobeira,
Vasco de, lebte im 14. Jahrb., war nach früher allgemein angenommener
Ansicht Verf. des verlornen, portugies. Originals des von Garcias Ordonez
de Montalvo zwischen 1492 u. 1504 in das Span, übers. Aniadis-Romanes
erster Druck Salamanca 1519). T. I 179 u. H 687, L. I 74 ; Dunlop-
LlEBRECHT, a. a. O. 146, F. WOLF in: Blätter f. litterar. Unterhaltung
1850, No. 232; Gr.\sse, Lehrbuch der allgem. Litteraturgesch. II, Abth. 3,
S. 397; L. Brau.vfels, Krit. Versuch üb. den Roman A. v. G. Leipzig
1876, vgl. Ztschr. f. rom. Phil. I 131; Gayangos in der Einleitiing zu sei-
556 ^^^ Spanische.
ner Ausg. des Am. Nach den neuesten Forschungen ist der portug. Ursprung
der Amadissage zu verneinen und muss Montalvo's Werk auf ältere spani-
sche Quellen zurückgehen. Vgl. auch Portug. Register — Lope de
Vega Carpio, Felix, geb. 25. 11. 1562 zu Madrid, gest. 21. 8. 1635
ebenda. Isidro, religiöses Epos in 10 BB. 1598. La Dragontea , Spottge-
dicht auf Francis Drake, den Besieger der Armada, 1598. La Hermosura
de Angelica, romant. Epos in 20 Gesängen, 1602. Arcadia, Schäferroman
in Prosa mit eingelegten rh}'thmischen Parthien, 1602. El Peregrino en
SU patria, Roman, 1604. La Jerusalem conquistada, romant. Epos, 1609.
Los Pastores de Belen, religiöser Schäferroman, 1612. La Gatomaquia,
komisches Epos in 6 BB. 1634 (in Bd. 17 der Sammlung des Ramon Fer-
nandez neugedruckt). La Corona tragica, Epos zur Verherrlichung der
Maria Stuart, 1627. El Laurel de Apolo, allegor. Dichtung litterarge-
schichtl. Inhaltes, 1630. La Dorotea, dramat. Prosaroman, 1632. La Filo-
mena, La Circe, La Andromeda, mj-thologische Epen, 1621/24. Rimas hu-
manas parte I y II con la Nueva arte de hacer comedias, 1609 (darunter
allein gegen 700 Sonette). Rimas sagradas, 1614. Romancero espiritual,
1622. Triunfos divinos, 1625. Ausser diesen lyrischen und epischen Dich-
tungen hat L. d. V. nach seiner eigenen, im J. 1632 gemachten Angabe
1500 Comedias (ungerechnet die Autos Sacramentales, Loas u. Entremeses)
verfasst; von diesen sind jedoch nur etwa 500 erhalten. Noch bei L. de
V.'s Leben erschien 1604 bis 1625 (vom J. 1617 ab unter seiner eigenen
Leitung) eine grosse Sammlung seiner Dramen in 25, bzw. 28 Bänden i),
von denen jeder 12 Stücke enthält, darunter freilich manche nicht von V.
verfasste ; die Gesammtzahl der in der Sammlung enthaltenen ächten Stücke
beträgt 302. Dazu kommen S in Ll'LS de Usategui's (Schwiegersohn L.'s)
»Vega del Parnaso« (Madrid 1637) und zahlreiche in Einzeldrucken (»suel-
tas«) veröffentlichte Komödien. Ausg. der lyrischen u. epischen "Werke
u. d. T. : Coleccion de la Obras sueltas de L. de V. asi en prosa como en
verso. Madrid 1776/79, 21 Bde. Theilweise Ausgg. der Dramen: Obras
dramaticas escojidas, p. p. E. Hartzenbusch. Madrid 1S53 ff.. 4 Bde. (in
Ribadeueyra's Sammlung) u. in Bd. 2 von Ochoas Tesoro del teatro esp.
Paris 1840. ZiR BioGRArniE rxD "Würdigung L. de V.'s.: Perez de
MoNTALVAX , Fama postuma a la vida y muerte del Doctor Fray L. de
V. C. Madrid 1636; Lord Holland, Account of the lives and writiugs
of L. d. V. and Guillen de Castro, 2'' ed. London 1816; R. Southey in
Quarterly Review 1818, No. 35; Fauriel in der Rev. d. d. Mondes 1. 9.
1839; Damas Hinard in der Notice vor seinen Chefs d'oeuvre du theatre
esp. 1842; M. Enk , Studien über L. d. V. "Wien 1839. Dohrn. Span.
Dramen. Berlin 1841. Schauspiele des L. d. V., übers, von ^I. Rapp. Hild-
burghausen 1868/69, vgl. Jahrb. f. rom. u. engl. Spr. u. Lit. XIH 391.
T. I 533, L. n 403 u. IH 179, Sch. H 152 — Luzan, Ignacio de,
geb. 1702 zu Saragossa, gest. 1754 zu Madrid. La Poetica, Saragossa 1637
(Theorie der Diclitkunst auf aristotelischer Grundlage). La razon contra
1) Bd. 22 ist in zwei, Bd. 24 In drei dem Inhalte nach verschiedenen
Drucken vorhanden.
Das Spanische. 557
la moda Uebersctzung von N. de la Chauss^e's Kührdrania Le Prejuge ä
la mode\ Madrid 1751. F.Wolf, Floresta de rimas modernas castellanas
desde el tiempo de Luzan hasta nuestros dias, eon una introduecion histo-
rica y eon noticias biogräticas y eritica?*. Wien 18^7. 2 Bde. T. II 341,
L. II li51.
Manrique, Gomez, lebte in der zweiten Hälfte des 15. Jahrh.'s.
Coplas dirigidas, herausg. im Caneionero generaU L. II 105 — Manri-
que, Jorge, gest. 1479. Coplas ä la miierte de su padre. herausg. zuerst
in den ältesten Cancioneros. Commentirte Ausgg. Madrid 1779. T. I 321,
L. n 109 — Manuel, Don Juan, Infant, geb. 1273 zu Escalona,
gest. 1347. El Conde Lucanor Nov eilen eyclus von 49 Erzählungen, zuerst
gedruckt Sevilla 1575, neue Ausg. in Ribadeneyra's Sammlung, deutsche
Uebers. von J. v. Eichexdorff, Berlin 1840. F. Wolf in den Wiener
Jahrbb. d. Litt. Bd. 57, S. 192; F. Liebrecht in: Neues Jahrb. d. Ber-
liner Gesellsch. f. deutsche Spr. VIII 190; G. B.\IST , Alter u. Textüber-
lieferung der Schriften D. J. M.'s. Erlangen (Halle) 1880 Diss. El libro
della Caza, herausg. von G. B.\IST. Halle 1S81. T. I 59 u. U 067, L. I 55
— Mariana, Juan de, geb. 1537 zu Talavera. gest. 1623. De rege et
regis institutione, Toledo 1599. Tractatus septeni theologici et historici,
Cöln 1009. Historia de rebus Hispaniae, Buch 1 bis 20 Toledo 1592, Buch
21 bis 25 ebenda 1595, Buch 26 bis 30 Frankfurt 1616, spanische üebers.
Toledo 1601, neuere Ausgg. der letzteren Valencia 1783/96, 9 Bde., Ma-
drid 1794, 10 Bde. (mit Minana's Fortsetzung), Madrid 1817/22, 20 Bde.,
Madrid 1S28 29, 9 Bde. T. II 274, L. I 318 — M artin ez, Alfonso,
Erzpriester von Talavera. gebürtig aus Toledo, starb in der zweiten Hälfte
des 15. Jahrh.'s. Compendio breve y muy provechoso para informacion
de los que no tienen experiencia de los males y danos que causan las
malas mugeres ä los locos amadores etc., oder: El Corbacho (Satire gegen
die Frauen nach Art des Corbaccio von Boccaccio), gedruckt Toledo 1499,
ebenda 1518, Logrono 1529, Sevilla 1547. L. I 105 — Martinez de la
Rosa, geb. zu Granada 1789, gest. zu Madrid 1862. Vielseitiger Dichter
und Prosaschriftsteller. Obras completas, Paris 1845, 5 Bde. — Melen-
dez Valdes, Juan, geb. zu Ribera del Fresno Estremadura) 1754, gest.
zu Montpellier 1817. Stifter der Dichterschule von Salamanca. Vollstän-
digste Ausg. seiner Gedichte nebst einer von Quintana verfassten Biogra-
phie Madrid 1820, 4 Bde., u. Paris 1830, 4 Bde. T. U 378, L. H 705 —
Mena, Juan de, geb. 1411 zu Cordova, gest. 1456. Allegorische Dich-
tung El Laberinto oder Las Trecientas, zuerst gedr. Sevilla 1496, Ausg.
mit Commentar von Herx.\x Nuxez Sevilla 1499 u. oft, von Franc. S.\n-
CHEz EL Brocex.sk Salamanca 1582. Gesammtausg. u. d. T. Copilacion de
todas las obras de J. d. M. Sevilla 1528 u. öfters (Neudruck Madrid 1804,
1840j. T. I 303 u. n 711, L. II 153 — Mendoza, Diego Hurtado
de, geb. 1503 zu Granada, gest. 1575. Schelmenroman (»novela picaresca«)
Vida de LazarQlo de Tormes y de sus fortunas y adversidades, zuerst ge-
druckt Antwerpen 1553 (Fortsetzung eines Anonymus Antw. 1555; Fort-
setzung des Henrique de Luna, Paris 1620). Neue Ausg. des Originals
nebst beiden Fortsetzungen in den Novelistas anteriores a Cervantes (Bd. 3
558 Das Spanische.
der Sammlung Ribadeneyra's) u. in Bd. 1 von Ochoa's Tesoro de novelistas
esp. Paris 1847. Historia de la guerra de Granada^ zuerst, aber verstüm-
melt gedr. Madrid 1010, erste vollst. Ausg. Valencia 1776. Neue Ausg.
in Bd. 1 der in Kibadeneyra's Sammlung erschienenen Historiadores de
sucesos particulures.) Lyrische etc. Gedichte, herausg. v. Fray Diaz Hi-
dalgo, Madrid 1610. T. I 398, L. I 207 u. II 261. A. Morel -Fatio,
Poesies burlesques et satiriques inedites de D. H. de M., in : Jahrb. f. rom.
u. engl. Spr. u. Lit. XIV 63 u. 186, und; Les lettres satiriques de D. H.
de M., in: Rom. III 298; J. D. Fesexmaie, D. H. de M., ein span. Hu-
manist des 16. Jahrh.'s. München 18S1/2 u. 1884, Progr. des "NVilhelms-
gj'mn. — M entern ayor, Jorge de, geb. zu Montemor bei Coimbra wahr-
scheinlich zwischen 1510 u. 1520, gest. 1561 zu Turin. Schäferroraan Diana,
gedr. zuerst zu Valencia (1560?, u. dann oft, gute Ausg. Madrid 1795
(Fortsetzung der Diana durch Alonso Perez, Alcalä 1562; Fortsetzung
durch Gaspar Gil Polo u. d. T. Diana enamorada, Valencia 1564). Can-
cionero de las Obras de J. de M. Antwerpen 1554 u. oft, Cancionero espi-
ritual, Antwerpen 1558. Scuönherr, J. de M. u. sein Schäferroman D.
Halle 1885. T. II 199, L. I 240 u. II 299 — Moratin, Leandro Fer-
nandez de (Sohn des Nicolas F. M.), geb. zu Madrid 1760, gest. zu Pa-
ris 1828. Lustspiele: El viejo y la nifia 1790. La comedia nueva 1792.
El Baron 1803. La Mogigata 1804. El si de las Niiias 1806. M. verfasste
ausserdem ein Werk über die Anfänge des span. Theaters. Gesammtausg.
der Werke M.'s s. nächsten Artikel. T. II 412, Sch. III 494 — Mora-
tin, Nicolas Fernandez de, geb. 1737 za Madrid, gest. ebenda 1780.
Lustspiel La Petimetra 1702. Tragödien Lucrecia 1764, Hormesinda 1770
u. Guzman el Bueno 1777. Sammlung vermischter Gedichte u. d. T. El
Poeta 1764. Lehrgedicht La Caza 1765. Epos Las Naves de Cortes 1780.
Gesammtausg. von seinen u. seines Sohnes AVerken u. d. T. Obras de Don
N. y de Don Leandro Fernandez de Moratin, padre e hijo. Madrid 1846
(Bd. 2 der Sammlung Ribadeneyra's; . T. II 370, L. II 658, Scb. III 482
— Moreto, Agustin M. y Cabaßa, Geburtsjahr u. -ort unbekannt,
gest. 1669 zu Toledo. Comedias, 1. u. 2. Bd. Madrid 1654 Abdruck Va-
lencia 1676), 3. Bd. Valencia 1703, einzelne Stücke sind nur in Sueltas er-
schienen. Vorzüglichstes Stück »El Desden con el De^den« (abgedruckt in
Huber's span. Lesebuche; übers, von A. DoHRX in Bd. 2. seiner span.
Dramen, Berlin 1844; frei bearbeitet von West [Schreivogel] u. d. T.
»Donna Diana«). T. II 59, L. III 559, Sch. III 328 — Munoz, Juan
Bautista, geb. 1745 zu Museros bei Valencia, gest. 1799. Historia del
Nuevo Mundo. T. II 391, L. I 010.
Naharro, Bartolome de Torres, geb. zu Torres bei Badajoz,
lebte im 16. Jahrh. Propaladia (Satiren, Episteln, Romanzen u. 8 Come-
dias). Neapel 1517 u. öfters. T. I 240, Sch. I 180.
Oliva, Fernan Perez de, geb. 1497 zu Cordova, gest. 1534. Did-
logo de la dignidad del hombre. Cordova 1586, Madrid 1787, 2 Bde.
L. I 179.
Perez, Antonio, geb. 1539 zu Madrid, gest. zu Paris 1611. Rela-
ciones (Beiträge zur Selbstbiographie). Paris 1598. Briefe, beste Ausg. in
Das kSpuiiisclie. 559
Bd. 1 des Epistolario esp. Salvador Beumiükz de Castro, A. \\, estu-
dios historicos, Madrid l>4-2; Mionet, A. P. et Philippe II, 2»' ed. Paris
lS4t). T. II 2l>5, L. I M'l — Poema. El Poema de Jose, nach der Hds.
der Berl. Nationalbibl. herausg. v. H. Morf. Leipzig lS8;i — Pulgar,
Fernando de, geb. zu Toledo oder Madrid um 1425, Todesjahr unbe-
kannt, aber nach 1482. Cronica de los Keyes catolicos Don Fernando y
Dona Isabel, zuerst herausg. unter dem Namen des Antonio de Lebrija
von dessen gleichnamigen Enkel, Valladolid 1565, dann Saragossa 1567,
Valencia 1T!>U. Claros Varones de Castilla, Sevilla 1500 und öfters, neuere
Ausg. in Cibdarears Centon Epistolario. Madrid 1775 u. 179u. T. I 157.
L. I 137.
Quevedo, Francisco Gomez de Qu. y Villegas, geb. 15Su zu
Madrid, gest. 8. 9. 1645 zu Villanueva de los Infantes. Schelmenroman
Vida del gran Tacafio. Suenos y discursos (Satiren nach Art der Lucian-
schen . El Parnaso Espanol y Musas castellanas ^Gedichtsammlung , zuerst
Madrid 1650. Beste Gesammtausg. mit Biographie von Ferxaxdez Guerra
Y Orbe in Ribadeneyras Sanimlung. R. Baumstark, D. Fr. de Qu., ein
span. Lebensbild aus dem 17. Jahrh., Freiburg i. B. 1S71. T. I 633, L. I
47S u. II 597 — Quintana, Manuel Jose, geb. 1772 zu Madrid, gest.
ebenda 1S57. Gedichte 1795 u. 1S05. Tragödien: El duque di Viseu ISOl,
Pelavo 1S05, Roger de Flor, Bianca de Borbon, El principe de Viana
1S21. Vidas de Espaiioles celebres Bd. 1, 1807, Bd, 2, 1831, Bd. 3, 1S33
(Gesammtausg. Paris 1845 . Poesias selectas castellanas desde el tiempo de
Juan de Mena hasta nuestros dias, Madrid ISOS, 3 Bde. Musa epica ca-
steUana, Madrid 1833, 2 Bde. die beiden letztgenannten "Werke zusammen,
Paris 1840, 2 Bde.. T. II 393, L. I 703 u. 11 750 — Palmerin de In-
glaterra Ritterroman, vgl. Cervantes. Don Quijote 16, s. die Littera-
turangaben zum Kap. über das Portugiesische.
Rebolledo, Bernardino conde de, geb. 1597 zu Leon, gest.1676.
Obras poeticas del conde B. de R. Madrid 1778, 4 Bde. T. 11 168, L. II
641 — Refranero. El Refranero general espanol, parte recopilado y
parte compuesto por Jose Marl\ Sbarbi. Madrid 1874 76, 6 Bde., vgl.
Ztschr. f. rom. Phil. I 447 — Reyna, Cassiodoro de, gehört zu den
span. Reformatoren des 16. Jahrh.'s . E. Böhmer, Ein Brief von C. deR.,
in: Rom. Stud. IV 483 — Rioja, Francisco de, geb. zwischen 1575
u. 1599 zu Sevilla, gest. zu Madrid 1659. Poesias de Fr. R. y de otras
poetas andaluces in Bd. 18 der Sammlung des Don Ramon Fernandez. T.
11165, L. II 571 — Rojas, Fernando de, lebte wenn überhaupt seine
Persönlichkeit angenommen werden darf, da sie nur durch ein Akrostichon
bezeugt wird in der zweiten Hälfte des 15. Jahrh.'s, Verf. '-?] des \zwischen
1480 u. 1492 verfassten) dramatischen Romans: Tragicomedia de Calisto
y Melibea, oder nach der Hauptheldin kurzweg Celestina^, Burgos 1499,
Salamanca 1500, Sevilla 1501, Sevilla 1502 letztere Ausg. abschliessend u.
das auf den Namen des Verf.'s bezügliche Akrostichon enthaltend . Zahl-
1' Die Frage nach dem Verf. der Celestina ob Rojas, ob Juan de
Mena, ob R. de Cotaj muss als noch durchaus offen betrachtet werden.
560 ^^^ Spanische.
reiche Ausgg. , auch in Ribadeneyra's Sammlung Bd. 3 Novelistas ante-
riores ä Cervantes, p. p. Aribau). Neueste Ausg. Barcelona 18S3. S. Ma-
GMN im Journ. des Savants April 1S43. T. I 215, L. I 148 — Rojas,
Francisco de R. Torilla, geb. zu Toledo im Anfang des 17. Jahrhun-
derts, Todesjahr unbekannt. Comedias , Madrid 1640 45, 2 Bde., ebenda
1680, 2 Bde. T. 11 63, L. III 613, Sch. III 295 — Komances. Ro-
manceros. Cancioneros. Silva de varios romances, Saragossa 1550
'dazu erschien ebenda in demselben Jahre ein zweiter Theil, in welchem ein
dritter Theil angekündigt wurde). Cancionero de romances, herausg. von
Martin Nrcio, Antwerpen o. J. , aber jedenfalls bald (noch im selben
Jahre) nach der Silva erschienen. Cancionero de Romances en Envers Ant-
werpen) en casa de Martin Nucio 1550 (1555). Die grosse Romanzeu-
sammlung des 16. Jahrhunderts: Flor de varios y nuevos Romances, parte
1 y 2 von Andres de Villalta, Valencia 1593, dabei parte 3 von Felipe
Mey (diese 3 Theile bilden Bd. 1), quarta y quinta parte de Flor de R.,
von Sebastian Velez de Gvevara, Burgos 1594 (= Bd. 2), sexta parte
de Fl. de R., por Pedro de Flores, Toledo 1594 (= Bd. 3 , septima y
octava parte de Fl. de R. , gedruckt von Juan Iniguez de Lequerica zu
Alcalä de Hendres 1597 (= Bd. 4), Flor, de var. R. , novena parte, gedr.
von Juan Flamenco zu Madrid 1597 (= Bd. 5). Aus dieser Sammlung
wurde zusammengestellt der Romancero general, Madrid 1600 (neue Auf-
lagen 1602, 1604, 1614), dazu eine Segunda parte von Miguel de Madri-
gal, Valladolid 1605. Die Romanzensammlung in Ramon Fernandez'
Coleccion Bd. 16 u. 17, Madrid 1796. Silva de romances viejos, p. p. J.
Grimm, AVien 1815, vgl. F. Diez in den Heidelberg. Jahrb. der Litt. 1817,
S. 371 [= F. Diez' Kleinere Arbeiten u. Recensionen, herausg. von H.
Breymann, S. 1). [Altspan. Romanzen übers, von F. DiEZ, Frankf. a. M.
1818; Altspan. Romanzen, besonders vom Cid u. Kaiser Karl's Paladi-
nen, übers, von F. Diez, Berlin, aber gedruckt Frankfurt a. M. 1S21, vgl.
Ztschr. f. rom. Phil. IV 266]. Ch. B. Depping, Sammlung der besten alten
span. historischen, Ritter- u. maurischen Romanzen etc. Altenburg u. Leip-
zig 1817, vgl. F. Diez in Heidelberg. Jahrb. 1S19, S. 295 = Kleinere
Arb. u. Rec, S. 10 (neue Ausg. der Depp, sehen Sammlung u. d. T. Ro-
mancero castellano, coleccion de antiguos romances populäres de los Espa-
iioles, con introducc. y notas por Ch. Depp. Nuev. ed. con notas de Al-
c.vno-Galiano. Leipzig 1844, 2 Bde.; eine span. Ausg. von Vicente Salva
war bereits 1825 zu London in 2 Bden. erschienen,. A. HuGO, Romancero
e historia del Rey de Espana Don Rodrigo, postrero de los Godos, en
lenguage antiguo, Paris 1821. *A. Di'kan, Romancero general, 6 coleccion
de Romances Castellanos anteriores al siglo XVIII recojidos, ordenados,
clasificados y anotados por A. 1). Madrid ls49/50, 2 Bde. in Ribadeney-
ra's Sammlung; vorher hatte I). fünf einzelne Romanzensammlungen, die
letzte u. wichtigste derselben »romances caballerescos« betitelt, 1828,32 er-
scheinen lassen, welche dann von E. de Ochoa u. d. T. Tesoro de los
romances y cancioneros espanolcs, Paris 1838, Abdruck Barcelona 1840,
zusammen herausgegeben worden waren) . Primavera y flor de romances,
publ. c. introducc. y notas p. F. Wolf y C. Hofmann, Berlin 1S56,
Das Spanische. 5(3 (
2 Bde. *F. Woi.F, Ueber die Komanzenpoesie der Spanier, in den Wiener
Jahrb. f. Litt. Bd. 114 u. 117, und: Ueb. eine Sammlung span. Romanzen
in fliegenden Blättern auf der Universitätsbibl. zu Prag, Wien 1850. Del
origen y fürmaeion del romance castellano , con la contestaeion del Senor
Hartzenbusch, in : Discursos leidos ante la Koal Acad. esp. en la recepcion
publ. del U. Sr. D. Pedro Felipe Monlau , Madrid 1S59. K. Stkhu, Die
span. Romanzen, Hannover 1846. T. I 107, *II 47(1 u, Suppl. 215, L. U 3,
lol, 181, 372. G. P., Une romance esp. ecrite en France au XV siecle, in:
Rom. I 373. A. Coelho, Romances galiciennes, in: Rom. 11 259. Ro-
mancero general, ou recueil des chants popul. de l'Esp. , traduct. compl.
av. une introduct. et des notes p. D. Hinahd, Paris 1844, 2 Bde. E. Gei-
BEL u. A. F. V. SCHACK. Ronianzero der Spanier u. Portugiesen. Stuttgart
1860 — Rueda, Lope de, geb. (unbekannt, wann) zu Sevilla, gest. 1565
oder Anfangs 1566 zu Cördova. R. verfiisste vier Comedias, zwei Colo-
quios pastoriles, zehn sog. Pasos, sämmtlich in Prosa, und zwei Didlogos
in Versen. Erster Gesammtdruck Logrono 1588; die vier Com. abgedruckt
in Bohl V. Fabers Teatro espaiiol anterior a L. de V. T. I 447, L. III
35, Sch. II 214 — Ruiz, Juan, Erzpriester von Hita, geb. wahrschein-
lich zu Alcalä de Henares, lebte bis nach Mitte des 14. Jahrh.'s. Humo-
ristische Gedichte, herausg. von Sanchez in Bd. 4 seiner Sammlung.
F. Wolf in den Wiener Jahrbb. f. litt. Unterh. Bd. 57, S. 199. T. I 67,
L. II 83.
Saavedra, Angel de, geb. 1791 zu Cördova, gest. 1865 zu Madrid.
Ensayos poeticos, Madrid 1813 u. 1820/21, 2 Bde. Epen: Florinda 1824,
El Moro exposito 6 Cördoba y Burgos en el siglo decimo 1834 'Paris 1841).
Romances historicos, Paris 1841. Schauspiel La Morisca de Alajuar, Paris
1842. L. n 755 — Saavedra, Diego de S. Fajardo, geb. 1584 zu
Algezares Murcia), gest. zu Madrid 1648. Empresas politicas 6 idea de
un principe pob'tico cristiano Fürstenspiegel). München 1640 u. oft. Co-
rona Gotica (kritiklose Geschichte der Westgothen) , Münster 1646 u. öfters.
La Republica literaria (litterarische Satire) , zuerst erschienen u. d. T. :
»Inicio de artes y ciencias« und unter dem Pseudonym Claudio Antonio
de Cabrera, Madrid 1665. Locuras de Europa, dialogo entre Mercürio y
Luciano, zuerst gedruckt in Bd. 6 des Seminario erudito. Gesammtausg.
der Schriften S'.s in Bd. 25 der Ribadeneyra'schen Sammlung, Madrid
1853. T. II 305, L. I 513 — Salazar, Francisco Cervantes de, geb.
1521 zu Toledo, Todesjahr unbekannt. Fortsetzung von Oliva's (s. d.) Dia-
logo de la dignidad del hombre. Obras, Madrid 1772. L. I 202 — Sa-
maniego, Felix Maria, geb. 1745 zu Laguardia, gest. 1801. Fabulas,
erster Theil Valencia 1781, zweiter Theil Madrid 1784. Neuere Ausg. Ma-
drid 1804, 1814 etc. T. II 375, L. II 690 — Santillana, Inigo Lopez
de Mendoza marques de, geb. 1398 zu Carrion de los Condes, gest.
1458. Sendschreiben an den jungen Connetable Don Pedro von Portugal
(wichtig f. d. Litteraturgeschichte) , zuerst gedr. von Martin Sarmiente' in
den Memorias para la historia de la poesia y poetas espaiioles, Madrid
1775. Los Proverbios od. Centiloquio, zuerst gedr. Sevilla 1494. La Co-
Körting, Encyklopädie d. rom. Phil. III. 36
562 ^^^ vSpanische.
medieta de Ponza (alleg. Trostgedicht auf die Seeschlacht von Ponza), zu-
erst gedr. V. E. de Ochoa in Rimas ineditas de J. L. de M. , m. de S.
Paris 1844. El diälogo de Bias contra Fortuna 'philos. Lehrgedicht . Doc-
trinal de privados poetisches Sündenbekenntniss). Lyrische Gedichte. Beste
Gesammtausg. mit Biographie u. Commentar. besorgt v. J. Amados de
LOS Rios, Madrid 1852. T. I 29^, L. II 130 — Solis, Antonio de S.
y Ribadeneyra, geb. 1610 zu AlcaUi de Henares, gest. zu Madrid 1686.
Poesias sagradas y profanas, Madrid 1692 u. 1732, Comedias, Madrid 16S1.
T. n T2, 174, 289, L. I 550, Sch. III 387 — Sprüchwörter. Altspan.
Spr. u. sitrüchwörtl. Redensarten aus der Zeit vor Cervantes ins Deutsche
übersetzt. Regensburg 1883 — Steinbuch. Ein span. St.,*!: mit Einleitung
u. Anm. herausg. von K. Vollmöller, vgl. Ztschr. f. rom. Phil. lY 15t).
Theater. Die alten Schauspielsammlungen vgl. v. Müxcii-Belling-
HATJSEN, Ueb. die älteren Sammlungen span. Dramen, AVien 1842. L. III
755): 1. Comedias de diferentes autores, -wahrscheinlich Fortsetzung der-
jenigen Sammlung, welche hauptsächlich Lope de Vega's (s. d.) Dramen
umfasste; von ihr sind vorhanden Bd. 25 (Saragossa 1632;, Bd. 28 (Huesca
1634 , Bd. 29 'Valencia 1636i, Bd. 30 Saragossa 1636 , Bd. 31 (Barcelona
1638), Bd. 32 (Saragossa 1640), Bd. 33 (Valencia 1642), Bd. 42 (Saragossa
1650), Bd. 43 (Saragossa 1650), Bd. 44 (Saragossa 1652,; in dieser Samm-
lung sind zahlreiche Stücke Calderon's enthalten. 2. Comedias nuevas
escogidas de los mejores ingeniös de Espana 1652/1704, 48 Bde., Inhalts-
verzeichniss bei Sch. III 523. Die Gesammtzahl der Stücke beträgt, da
von den ersten 46 Bänden jeder 12, der 4". aber 9 u. der 48. 11 enthält,
572! üebrigens stellt diese Zahl noch keineswegs die Gesanimtsumme der
älteren span. Dramen dar, da manche Stücke nur in sog. »Sueltas«, d. h.
Einzeldrucken erschienen, viele auch, so namentlich von Lope de Vega,
ganz verloren gegangen sind, lieber sonstige alte Sammlungen vgl. v.
ScHACK in den Nachträgen zu seinem grossen AVerke, p. 99 ff. Eeläute-
RUNGSscHRiFTEX (vgl. V. ScHACK, a. a. 0. III 396 u. 544) : Gonzalez de Sa-
LAS, Nueva Idea de la tragedia 1633; Ramos DEL Manzaxo, De hodierna
hispana comoedia, in seinem Commentar über die Lex Julia et Papia 1678;
Manuel Guekka, Apologia de las comedias 16S2; Hiktado DE Mendoza,
Discurso teologico y politico sobre la apologia de las comedias que ha sa-
cada ä luz el Ven. Padre Fr. Manuel Guerra 1683 (derselbe Mendoza
eiferte noch in zwei anderen Schriften »Eutrapelia« u. »El Buen gusto«
gegen die Komödien; es antwortete ihm ein gewisser Guzman aus Sala-
manca in der Brochüre Respuesta a un papelon que publico el Buen Zelo.
Salam. 16S3); Montuno v Li'yando, Discurso sobre las tragedias espa-
nolas, Madrid 1750; Llxgiet, Theatre csp. mit Einleitung) Paris 1770,
4 Bde.; La Hueuta, Theatro Hespanol, Madrid 1785 ff., 16 Bde. (»enthält
eine krit. Einleitung u. einige kurze biogr. Artikel«); Pellicer, Tratado
historico sobre el origen y progresos de la Comedia y del Histrionismo en
Espana, Madrid 1804, 2 Bde.; Jovellanos, Memoria sobre la diversio-
nes publicas, Madrid 1812; Moratln, Origines del Teatro esp., zuerst ge-
druckt in den Mem. de la Acad. esp., dann in Ochüa's Tesoro del Teatro
esp.; A. ^y. V. Schlegel, Vorlesungen üb. dramat. Kunst u. Lit., 14. Vor-
Das Spanische. 563
lesuug vgl. SOLGEU's Xritik in dessen Gesammelten Schriften, Leipzig
1S26 ; Heiberg. De poeseos dramaticae genere hispanico, praesertim de
Calderone diss. Hafniae 1S17; Martinez de la Rosa, Sobre la comedia
esp. , als Anhang zu der Poetica in den Obras literarias, Paris 1S27;
*A. V. ScHACK, Gesch. d. dramat. Litteratur u. Kunst in Spanien, 2. Ausg.
Frankfurt a,/M. 1854, 3 Bde.; J. L. Klein, Gesch. des Drama's, Bd. 8, 9,
lU u. 11: Gesch. des span. Drama's, Leipzig 1871,74; F. "Wolf, Ein span.
Frohnleichnanisspiel vom Todtentanz, in den Sitzungsb. der A^'iener Akad.
d. Wissensch., Philos.-histor. Cl. 1852; K.. A. M. Hartmann, Ueb. das
altspan. Dreikönigsspiel etc. Leipzig (Bautzen) 1S80 Diss., vgl. Rom. IX
464 u. Ztschr. f. rom. Phil. IV 443 ; A, Graf, II mistero e le prime forme
dell' auto sacro in Espagna, Turin 1S81 ; A. Fee, Etüde s. l'ancien th.
esp. Paris 1S73; R. P*RÖLSS, Gesch. des neueren Drama's, Bd. I: Rück-
blick auf die Entwickelung des mittelalterl. Drama's, das neuere Drama
der Spanier, Leipzig 16S3; V. Calvo Asensio, El teatro hispano-lusitauo
en el siglo XIX, Madrid 1875; E. Rios, Le theätre contemporain en Esp.,
in: Bibl. imiv. et Rev. suisse Bd. 19 '1883', p. 55. Uebersetzlnoex : Da-
MAS Hlnard, Theatre esp. Paris 1842, 4 Bde.; A. v. Schack, Span. Thea-
ter, Frankfurt a M. 1845, 2 Bde. Ausserdem Uebersetzungen ausgewählter
Dramen Calderon's, Lope de Vega's, Moreto's etc. von Tieck , Schlegel,
Gries, Dohrn, Soden, West u. A., worüber jedes bessere Conversations-
lexicon Auskunft giebt — Tirso de Molina (eigentlicher Name Gabriel
Tellez' , geb. zu Madrid wahrscheinlich im J. 1570, gest. im Kloster Soria
1648. Comedias ,59 , erschienen in 5 Theilen, Madrid 1627 bis 1636. Kri-
tische Ausg. ausgewählter Komödien T. de M.'s besorgt von Hartzen-
Bi'SCH, Madrid 1839 42, 12 Bde.; herausgegeben sind M.'s Kom. auch in
Ribadene\"ra's Sammlung, Bd. 5 etc., Madrid 1850 ff. Los Cigarrales de
Toledo Gespräche, Anecdoten, Gedichte etc., auch eine Novelle; , Madrid
1621, die Novelle abgedruckt in Bd. 1 von Ochoa's Tesoro de Novelistas
espanoles. Deleitar aprovechando Gespräche, Gedichte etc.), Madrid 1635.
T. I 671, L. m 394, Seh. IE 552 — Toreno, Jose Maria Queipo de
Llanos,. conde de, geb. 1756 zu Oviedo, gest. 1843 zu Paris. Historia
del levantamiento, guerra y revolucion de Espana, Madrid 1835/37, 5 Bde.,
Paris 1851, 3 Bde. L. I 669 — Torres s. Naharro.
Ulloa, Luis de U. Pereira, geb. im Anfang des 17. Jahrh.s zu
Toro, gest. ebenda 1660. Obras, Madrid 1674. L. U 627.
Valdes, Juan, gest. 1540. Verf. der Schrift Dialogo de las lenguas
(s. oben S. 507; T. I 424. Anhänger der Reformation. M'Crie, History of
the Progress of the Reformation in Spain, Ediuburg 1829, S. 140. Eine
Anzahl geistlicher Schriften des J. V. (Tratatidos, Psalmenübers., Instruc-
cion cristiaua para los ninos ist von E. Böhmer, Strassburg 1880 83,
herausgegeben worden, vgl. auch dessen Artikel in Rom. Stud. III 168,
rV 334 u. seine Ausg. des Diälogo de Mercurio y Caron, ebenda VI 1; —
Vega s. Lope de V. — Vi da. A. Mussafia, Ueb. die Quelle einer
altsp. Vida de S. Maria Egipciana. Wien 1863 — Villegas, Estevan
Manuel de, geb. 1595 zu Näjera, gest. 1669. Las Eröticas (Gedichte),
Näjera 1618; spätere Ausgg. , zugleich eine Uebers. des Boethius u. eine
36*
564 Das Spanische.
Biographie V.'s von V. DE LOS Rios enthaltend, Madrid 1774 u. 1792,
2 Bde. T. n 163, L. II 583.
Yriarte, Tomas de, geb. 1750 zu Santa Cruz auf Teneriffa, gest.
1791. Lehrgedicht La Müsica 1780. Fabulas literarias 1782 u. viele andere
Werke. Obras en verso y prosa, Madrid 1805, 8 Bde. T. II 373, L,
II 682.
Zorrilla, Jose Z. y Moral, geb. 1S17 zu Valladolid. Cantos del
trovador, coleccion de leyendas y tradiciones historicas, Madrid 1840/41;
Flores perdidas, Madrid 1843; Granada, poema oriental etc. Paris 1853/54;
Album de un loco, Madrid 1867; Poema religiöse, ebenda 1869; Composi-
ciones varias ibid. 1877. Dramen: El Zapatero y el Hey (Comödie), A buen
juez mejor testigo, Don Juan Tenorio.
9. Zur spanischen Geschichte: Coleccion de documentos inedi-
tos para la historia de Esp. por M. S.\LVÄ etc. Madrid, seit 1842, bis jetzt
34 Bde. — Coleccion de las cronicas y meniorias de los reyes de CastiUa.
Madrid 1779/87, 7 Bde. — H. Florez, Espana sagrada. Madrid 1747/86,
35 Bde. — V. Salva, Catalogue des livres anciens espagnols et d'ouvrages.
modernes relatifs ä l'hist. et ä la litt. d'Esp. Paris 1843 — N. Antonio,
Bibliotheca Hispana vetus (Verzeichniss span. Geschichtsschreiber von
Christi Geburt bis zum J. 1500) Rom 1696, Madrid 1778, 2 Bde. — R. de
Castro, Bibliotheca Espanola. Madrid 1781/86, 2 Bde. — J. de Ferreras,
Synopsis histor. chronol. de Esp. Madrid 1700/27, 16 Bde. — G. E. de
Franckenau, Bibl. hisp. historico-genealogico-heraldica. Leipzig 1724 —
*P. A. DOZY, Recherches etc., s. oben S. 543 — Depping, Hist. generale
de TEsp. Paris 1811 — Modesta Lafuente, Hist. gen, de Esp. Madrid
1850 ff. — Ortis y Sanz, Manual de Hist. de Esp., 2» ed., Madrid 1841/42
— *G. HuBB.\RT, Hist. de l'Esp. contemporaine. Paris 1866/83, 6 Bde. —
Geschichte von Spanien, begonnen von F.W. Lembke (Bd. 1, 1831), fort-
gesetzt von J. Schäfer (Bd. 2 u. 3, 1844 u. 1861) u. F. W. Schirr-
MACHER (Bd. 4, 1881). Hamburg u. Gotha 1831/81, 4 Bde.
Viertes Kapitel. ^)
Das Portugiesische.
§ 1. Bemerkungen über das Sprachgebiet des
Portugiesischen.
1. Das Sprachgebiet des Portugiesischen umfasst in
Europa : a) das Königreich Portugal , b) die dazu gehörigen
1) Die Litteraturangaben zu diesem Kapitel sehe man in dessen
Schlussparagraph.
Das Portugiesische. 505
Inseln (Azoren . Madeira • , c) die spanische Landschaft Gali-
cien, wenigstens zu ihrem weitaus grösseren Theik\
2. Die Bevölkening Portugals einschliesslich der Inseln
beträgt nach der Zählung von 1881:
4 708 178,
diejenige der vier galicischen Provinzen (Coruna. Lugo, Orense,
Pontevedra) nach der Zählung von 1883:
1 SSI 008;
die Gesammtzahl der in Europa portugiesisch Redenden be-
läuft sich demnach auf:
G 589 186,
welche Zahl jedoch selbstverständlich nur als eine ganz un-
gefähre zu betrachten ist, zumal da sie auf einer verhältniss-
mässig weit zurückliegenden Volkszählung beruht.
3. Ausserhalb Eiiropa's ist das Portugiesische in den gegen-
wärtigen und früheren portugiesischen Colonien mehr oder we-
niger intensiv verbreitet, ohne dass auch nur der Versuch einer
numerischen Schätzung gewagt werden dürfte. Das weiteste
und bevölkerteste der betreffenden Gebiete ist das Kaiserreich
Brasilien mit einer Einwohnerzahl von über 12 Millionen, in-
dessen ist auch dort das Portugiesische keineswegs alleinherr-
schende Sprache, vielmehr haben sich neben ihm, namentlich
im Innern, noch zahlreiche indianische Idiome erfialten.
§ 2. Bemerkungen über die Geschichte der por-
tugiesischen Sprache.
1 . Die Abfassungszeit der ältesten portugiesischen Sprach-
denkmäler (Urkunden) fällt in den Avisgang des 12. Jahrhun-
derts. Die Geschichte der portugiesischen Sprache lässt sich
demnach nicht eben weit zurück verfolgen. Hierzu kommt,
dass wir über die Sonderentwickelung des Volkslateins in dem
später portugiesischen Gebiete nahezu jeder Kenntniss ent-
behren. Es fehlen somit alle Handhaben, um in die Anfänge
der portugiesischen Sprachentwickelung Einsicht erlangen zu
können, und folglich entziehen sich auch die Ursachen der
zwischen Spanisch und Portugiesisch bestehenden sehr auffäl-
ligen lautlichen Verschiedenheit unserer Erkenntniss. Zu ver-
muthen steht, dass auf die eigenartige Ent-vWckelung des Por-
tugiesischen die, wie es scheint, starke ISIischung der iberischen
Urbevölkeruns: mit keltischen Elementen bedeutsamen Einfluss
566 Das Portugiesische.
geübt hat. Folgenreich ist gewiss auch der Umstand gewesen,
dass der AYesten der Pyrenäenhalbinsel weniger intensiv, als
der Osten, von germanischen Volksstämmen besetzt und auch
(namentlich im Norden) minder stark von der arabischen In-
vasion betroffen wurde.
2. Der portugiesische Staat ist aus kleinen Anfängen her-
aus entstanden. Im Jahre 1095 belehnte König Alfons VI.
von Castilien den Grafen Heinrich von Burgund, der ihm im
Kampfe gegen die Ungläubigen erfolgreiche Hülfe geleistet
hatte, mit der damals zu Castilien gehörigen Landschaft zwi-
schen Minho und Duero - welche nach dem Hafenorte Porto
Cale den Namen «Portugal« führte. Schon Heinrichs Sohn
Alfons I. nahm nach dem bei Ourique über die Mauren er-
fochtenen Siege den Königstitel an und erklärte sich für un-
abhängig von Castilien fll40). AVeitere glückliche Kämpfe
des jungen Staates gegen die Araber erweiterten allmählich
seine Grenzen derartig, dass sein Gebiet im Osten bis an die
castilische Estremadura, im Süden bis an das Meer sich er-
streckte.
Die Errichtung eines selbständigen portugiesischen Staates
hat ganz wesentlich die Entwickelung des portugiesischen Idio-
mes zu einer selbständigen Sprache und namentlich das Er-
blühen einer portugiesischen nationalen Litteratur gefördert.
Der französische Ursprung des ersten portugiesischen Kö-
nigshauses hat mehrfach Anlass zu der Behauptung gegeben,
dass die lautliche Entwickelung des Portugiesischen , welche
mit derjenigen des Französischen unleugbar mehrfache Ana-
logien zeigt , unmittelbar durch das Französische beeinflusst
worden sei. Indessen ist diese Behauptung wissenschaftlich
nicht nur nicht beweisbar, sondern es ist auch aus allgemei-
nen Gründen ihre Richtigkeit von vornherein in Abrede zu
stellen. Eher ist die Vermuthung statthaft, dass keltischer
Einfluss gewisse dem Französischen und Portugiesischen ge-
meinsame Lautgestaltungen veranlasst habe. Uebrigens darf
auch die Lautähnlichkeit zwischen Französisch und Portugie-
sisch nicht überschätzt werden, denn erstlich steht ihr eine
ebenfalls niclit unbeträchtliche Lautverschiedenheit gegenüber
(so z. B. fehlen dem Portugiesischen gänzlich die getrübten
Vocale des Französischen) und sodann ist zum Theil die Laut-
Das Portugiesische. 567
ähulichkeit selbst mehr nur scheinbar, als wirklich (so z. B.
in Bezug auf die Nasalvocale).
3. Die seit dem Beginne der poetischen Litteratur etwa
von Mitte des 13. .lalirhunderts ab) erfolgte Entwickehmg der
Sprache ist arm an bemerkenswerthen Thatsachen. Als wich-
tigste derselben ist das Emporkommen der Renaissancebildung
hervorzuheben, indem diese letztere nicht nur eine Fluth ge-
lehrter Worte in die Sprache einströmen Hess , sondern auch
die Litteratur zu ihrer classischen Höhe emporfiihrte und da-
durch wieder der Schriftsprache ihre endgültige Ausbildung
und Festigung verlieh.
4. Zwischen dem Portugiesischen und dem benachbarten
Castilianischen haben von jeher vielseitige litterarische Wech-
selbeziehungen bestanden, Avelche indessen wichtigere sprach-
liche Folgen nicht gehabt, höchstens auf den Wortschatz ein-
gewirkt zu haben scheinen. Auch sonst ist das Portugiesische
von tiefer eingreifendem fremdsprachlichen Einflüsse so ziem-
lich verschont geblieben. Der Aufnahme französischer Fremd-
worte freilich bat es sich ebenso Avenig zu entziehen vermocht,
wie die anderen modernen Sprachen : auch aus dem Englischen
hat es Einiges aufgenommen und ebenso vereinzelte Worte
aus anderen Sprachen, selbst aus indischen (oder sonst orien-
talischen und indianischen.
Im Allgemeinen darf man wohl sagen, dass die Ent^vicke-
lung des Portugiesischen in litt er arischer Zeit eine sehr
normale und klare gewesen ist, während die Entwickehmg in
prälitterarischer Zeit durch irgend welche unbekannte Einflüsse
in abnorme Bahnen gelenkt worden sein muss. Jedenfalls hat
die Geschichte des Portugiesischen bis zum Beginne seiner
Litteratur ein eigenthümliches Dunkel um sich, ja sie ist ge-
radezu ein Räthsel zu nennen, wenn man erwägt, dass West-
hispanien doch mit dem übrigen Hispanien im Wesentlichen
dieselben politischen Schicksale getheilt, mit ihm unter dem
Einfluss der ungefähr gleichen physischen und ethnischen Be-
dingungen gestanden hat und dennoch in sprachlicher, na-
mentlich aber lautlicher Beziehung \delfach so ganz andere
Wege gegangen ist. Diff'erenzen, wie sie sonst zwischen be-
nachbarten Schwesterspracheu z. B. Catalanisch und (Jastilia-
nisch. Provenzalisch und Französisch zu beobachten sind, sind
568 ])as Portugiesische.
begreiflicli, nicht aber ist es die grosse Differenz zmschen Por-
tugiesisch und Castilianisch, wenn auch allerdings zu erwägen
ist, dass dieselbe in älterer Zeit, als das Castilianische bei-
spielsweise den cÄ-Laut (j) noch nicht kannte, noch nicht so
erheblich war, wie gegenwärtig.
§ 3. Bemerkungen über die Geschichte der por-
tugiesischen Philologie.
1. Mittelalterliche grammatische Tractate und Glossare,
wie sie z. B. für das Französische vorhanden sind, fehlen dem
Portugiesischen völlig. Die erste Grammatik erschien im J.
1536 unter dem Titel: Grammatica de lingoagem portugueza,
ihr Verfasser war Fernäo d'Oliveira. Seitdem ist in Portugal
selbst die gelehrte Beschäftigung mit der einheimischen Spra-
che und Litteratur sehr eifrig und, wenigstens theil weise, auch
mit gutem Erfolge betrieben und manches Bedeutende geschaffen
worden (man denke z.B. an Vitekbg's »Elucidarioa 1798f. . Na-
mentlich aber ist rühmend hervorzuheben, dass neuerdings von
A. CoELHO die Methode und die Ergebnisse der romanischen
Philologie in werthvollen Einzelschriften für die Erforschung
der Sprache nutzbar gemacht worden sind, dass die Litteratur-
geschichte in Th. Braga einen fast allzu eifrigen, mitunter in
bedauerlicher Hast schaffenden , jedenfalls aber sachkundigen
und geistvollen Bearbeiter besitzt und dass überhaupt in Por-
tugal gegenwärtig ein verhältnissmässig sehr reges, über flüch-
tigen Dilettantismus hinausgehendes philologisches Interesse
herrscht. Portugal zeichnet sich in dieser Beziehung ehrenvoll
vor Spanien aus. NichtsdestOAveniger bleibt den Portugiesen
noch sehr Vieles zu thun übrig, besitzen sie ja doch zur Zeit
noch keine Avissenschaftliche Grammatik und ebenso weaig ein
ausreichendes wissenschaftliches Wörterbuch ihrer Sprache,
fehlt es doch auch noch sehr an kritischen Ausgaben der
Sprachdenkmäler und Litteraturwerke.
2. Ausserhalb Portugals, besonders auch in Deutschland, ist
der portugiesischen Philologie erst seit etwa einem Jahrzehnte
grössere Beachtung geschenkt Avorden. Bis dalün war ]3iez
so ziemlich der Einzige gewesen, welcher für die wissenschaft-
Tiche Erkenntniss portugiesischer Sprache und Litteratur etwas
gethan hatte. Im Jahre 1874/ 75 erschien C. v. Reinhard-
stöttner's kritische Lusiadenausgabe , im J. 1878 desselben
Das Portugiesische. 569
portugiesische Grammatik, im J. ISSu der erste Band der Ca-
möes - Uebersetzvuig von W. Stokck, drei hochverdienstliche
Werke, welche das Interesse für portugiesisclie Sprache und
Litteratur belebt und neue Grundlagen für deren Avissenschaft-
liches Studium geschaffen haben. Von forderndem Einflüsse
war auch das Erscheinen des von E. Monaci besorgten diplo-
matischen Abdruckes des vatican. Liedercodex 1S75 (u. 18S0).
Ausser den bereits genannten Gelehrten haben sich neuer-
dings namentlich A. Morel-Fatio, G. Baist, J. Cornu und
besonders auch Carolina Mich.\elis Verdienste um die por-
tugiesische Philologie erworben.
§ 4. Bemerkungen über die Dialecte des Portu-
giesischen.
Innerhalb der im Königreiche Portugal selbst gesproche-
nen Sprache sollen nur Avenig erhebliche diabetische Differen-
zen bestehen vgl. Fuchs a. a. O., p. 61), indessen dürfte bei
der Unzulänglichkeit der bisherigen diesbezüglichen Forschun-
gen diese Angabe in Zweifel zu ziehen sein. Erheblicher ist
die Differenz zwischen dem Portugiesischen im engeren Sinne
und zAA-ischen dem Galicischen, Adelleicht dürfte das letztere
sogar ein Anrecht besitzen , nicht als Dialect , sondern als
selbständige Sprache betrachtet zu werden, welche zu dem
Portugiesischen in einem ähnlichen engsten Verwandtschafts-
verhältnisse stehen Avürde, wie das Catalanische zu dem Pro-
venzalischen. In dem portugiesisch -castilischen Grenzgebiete
soll eine Art A'on portugiesisch-castilischer Mischsprache ge-
sprochen werden. Beachtung verdient der Dialect von Beira.
Ob in Brasilien Ansätze zur dialectischen Differenziirung
der Sprache vorhanden sind, muss hier dahingestellt bleiben,
"da sich keine Auskunft darüber erlangen Hess, jedoch dürfte
es aus allgemeinen Gründen zu vermuthen sein.
Mehrfach ist das Portugiesische Mischungen mit indischen,
afrikanischen und indianischen Idiomen eingegangen Neger-
portugiesisch, Indoportugiesisch u. dgl.).
§ 5. Bemerkungen über die Laute des Portu-
giesischen.
I. Für den portugiesischen Vocalismus dürften folgende
Züge als charakteristisch hervorzuheben sein: 1. Das Nicht-
570 üas Portugiesische.
Vorhandensein getrübter Vocale. 2. Grosser Reichthum an
]3iphthongen , namentlich an fallenden Diphthongen, deren
zweiter Bestandtheil ein auf Attraction oder Vocalisirung einer
Explosiva (c, g ^ zuweilen anscheinend auch p) beruhendes i
ist, z. B. feira z=feria., raiva = *rahia f. 7'abies, heijo = ha-
sium (hier, wie in anderen derartigen Fällen, ist die Wande-
lung eines ursprünglichen a -\- i zu e -\- i beachtenswerth als
eine Art von Umlaut, bzw. Vocalassimilation) , coiro = corium,
noite = noctem u. s. av. 3. Das Beharren (also Nicht-Diph-
thongirung) des lat. e, e, b, ö, 1 (I, w, ü). 4. Der Wandel des
lat. au zu ou (z. B. ouro = aurum^ pouco = paucmn, vgl. auch
ouvir mit audire, s. unten No. 14). 5. Die Neigung tonloser
Vocale im An-und Inlaute zur Verdumpfung, a zu e, e zu t,
o zu ü. 6. Die Neigung tonloser Vocale im Auslaute zur Ver-
stummuiig, namentlich gilt dies von e nach complicirter Con-
sonanz, z. B. denf[e], Ient[e]; in der Schrift wird jedoch e noch
consequent beibehalten. 7. Anlautende tonlose Vocale schwin-
den häufig, z. B. cqfäo = [ocjcasionem ^) , Lisboa = [0]Iysippo ,
Duarte = [E]duard; nicht selten schwindet die ganze anlau-
tende Sylbe, z. B. relogio = [ho\rologium. ^ heira = [n paria,
sanJia = [m]sama, portuno = [im^portmius.
n. Für den portugiesischen Consonantismus sind vor allen
zwei Züge ganz besonders charakteristisch, nämlich:
1. Der Uebergang der lat. Combinationen ^'ocal + aus-
lautendem , bzw. gedecktem m oder ti (also a -\- m, n, e -{-
7n, ti, i -{- m, n, o -\- m, fi, u -\- m, n, in nasale Lautcomplexe,
bestehend aus Nasalvocal mit nachfolgendem gutturalnasalen
n (in der Schrift gewöhnlich nicht bezeichnet), sowie der Ueber-
gang von lat. Vocal 4- ^^ + Vocal in einen analogen Laut-
complex (in der Schrift gewöhnlich durch Setzung eines sog.
Til über den nasalirten Vocal bezeichnet), z. B. :
gran[dem\ = grcm oder </;•«,
be7i[e\ = bem [be],
*gardin[urn\ = jardim Jardl),
bon[urn\ = bom [bö],
un\um] = hum («7),
1) Doch darf caj'ao, ebenso wie ital. cagiotie, vielleicht einem Simplex
*casionem gleichgesetzt werden.
Das Portugiesische. 571
*cendent f. oendunt = oendem [cende),
amant = amäo s. unten),
germatia[ni] = irmäa \ über die Ausspruche vgl. Theil II
germanu[ni\ = ii-fnao I 101, Anm.
una = hunm. Jtüa. haue = htua, lau.
canes = caes. panes = paes^
hones = leöes, opiniones = opiniöes.
Unter diesen Conihinatiouen ist namentlich ao (ursprüng-
lich =: lat. (t -\- n -\- u beliebt und ist vielfach an Stelle von
einfachem ä und ö getreten, z. 1^. :
amant = amao und so alle 3 Personen PI., welche der A-
Conj, folgen),
non = näo,
co7idicion[eni] = condigäo (und so alle Substantiva auf
-ioti-em) .
Zuweilen ist die Nasalirung ganz unorganisch eingetreten,
so in mim = me (dagegen ti = te), tjiäi = tnafrem, müi neben
mui und müito neben muito = multum.
2. Die Neigung, nicht bloss intervocalische Explosiva
z. B. gräo = gradum, suar = sudare ^) , sondern auch inter-
vocalisches ' und w (falls dieses nicht mit dem vorangehenden
Vocal zu einem Nasalcomplex verschmilzt , und zuweilen sogar
r auszustossen, z. B, candea = catidela, cor = co[r\orem, ßo =
ßTum. mäo = ma\l\um, nevoa = *nelu\Va, voai' = vo[I]are,
taes = ta[Pes, moeda= mo[ti]eta, hoa= bo[ti\a, coroa = coro[n]a,
doar = do'n^are, proa =^ pro f a, coentro = coriandrum.
In Folge dieser Neigung — übrigens kann eben nur von
einer Neigung , nicht von einer Regel oder gar von einem
Gesetze- • die Rede sein — zur Ausstossung intervocalischer
Consonanten erhalten die portugiesischen Worte, verglichen
mit ihren lat. Etymis, vielfach das Gepräge gewaltsamer Zu-
sammenziehung und Zerquetschung. vgl. z. B. dor mit do[l o-
\] Vielleicht überwiegt aber die Neigung zur Erhaltung der intervo-
calischen Explosiva, bzw. zur Verschiebung derselben p : h, h . v u. dgl.)
die Neigung zum Ausfalle, vgl. No. 7, 11, 12, 13. Mindestens halten sich
beide Tendenzen ungefähr das Gleichgewicht, ganz abgesehen von gelehr-
ten "Worten. Nur bei d ist Schwund wirklich Regel.
2 Der Ausdruck »Lautgesetz« dürfte überhaupt allgemach aus der
Grammatik zu beseitigen sein, denn er veranlasst, weil beruhend auf einem
ganz falschen Bilde, höchst verkehrte Anschauungen von der Lautentwickelung.
572 Das Portugiesische.
r\ern\^ namentlich dann, wenn mit dem Consonanten auch der
nachfolgende tonlose Vocal geschwunden ist, wie z. B. in
geral = ffeneral[em], j'oelho = genuculum^ povo := populum (wird
jedoch besser unter No. 3 angefvihrt werden i). Vgl. auch
No. 6.
Ausserdem dürfte als für den portugiesischen Consonan-
tismus charakteristisch sich Folgendes hervorheben lassen :
3. Auslautendes /, dem ursprünglich ein Vocal nachfolgte
(so besonders in den Ausgängen -olus, -m, -ulus^ -jyi), schwin-
det gern, z.V>. so ^= so[lum\ orugo = oracv\lum\, perigo = pe-
ric[uhim], diabo = cUabo[lum] , mü = mu\lum\. 4. Anlautendes
cl und pl wird zu ch = frz. ch palatalisirt , z. B. chamar =
clamare , chuve ^= clavem ^ chcio ^ planus ^ cliorar ^= plorare,
chegar = plicare\ oft aber wird anlautendes pl zu pr. z. B.
praQü = platea^ praga = plaga. Auch inlautend wird cl und
pl öfters zu ch^ so z. \^. facJia = fac[u\la ^ encJier = imjjlere,
ancho = amplo , öfters aber stellt es sich als palatalisirtes /
(geschrieben Ih) dar, z.B. espelho = spec[u]lum , escolho = sco-
p[u]lus. 5. Palatalisirtes n (geschrieben nh) entwickelt sich
nicht nur unter den sonst im Romanischen üblichen Bedin-
gungen, sondern entsteht häufig auch aus intervocalischem w,
z. B. farinha =farina, vizinho = vicinus. 6. Versetzung eines
inlautenden r an die zweite Anlautstelle ist sehr beliebt ; häufig
verbindet sich dieser Vorgang mit dem Schwunde inlautender
Sylben und trägt dann dazu bei, den betr. Worten, verglichen
mit ihren lat. Etymis, ein eigenartiges zerquetschtes und ver-
stümmeltes Aussehen zu verleihen, vgl. z. B. fresta mit fe-
\iie\stra, fragoar =fahricare, fremoso ^= formosus etc. Im Aus-
laute neigt r, wenn ihm Explosiva [t] vorangeht und tonloser
Vocal nachfolgt, zvmi »Schwunde, z. B. frade =fratrem^ rosfo
= rostriim, arado = aratrum. 7. Lat. c bleibt guttural vor o
und ?/, in der Regel aiich vor a (zuweilen jedoch ca : clia, wo
ch palatal, z. B. charrüa =^ carruca] ^ Avird zur Sibilans [z ^ s)
vor e und i. Bemerkenswerth ist die häufige Erhaltung eines
intcrvocalischen c als g vor «, o, u und als ;:: vor e. i. z. B.
dragao = draconem^ lagoa = /«ow[??.]a, perigo ^= pericidum (über-
haupt stellt sich das Suffix -culo als -go dar, während doch
1) Möglich übrigens, dass jioro = *poptts (wovon populus deminutive
Ableitung) anzusetzen ist.
Das Portugiesische. 573
-Mo zu erwarten wäre^, prazer = plarere^ dizer = dicere u.v.a.
S. Lat. g bleibt guttural vor 0 und //, in der Regel auch vor
a zuweilen jedoch r/rt :ya, woypalatal. z. \\. Jalne ^= golbi-
nus , wird palatal / vor e mid i. Intervocalisches g schwin-
det oft. namentlich vor e und i, z. li. rainha = regina, bainha
= Vagina, ensaio = e.ra[g]iunu faia z=ifa\g]ea in diesen beiden
letzten Fällen dürfte indessen g nicht geschwunden, sondern
durch J in i aufgegangen sein : fagea : fajea : fajia : faiia :
fam), liar = ligare . rua = ruga (dagegen erhalten in pagäo^
rogar, sugar etc. . Auslautendes g wird zu i vocalisirt. z. B,
rei = reg[em]. ebenso häufig gedecktes g. z. B. [deido] dedo =
dig[i]tum. Verschmelzung des anlautenden g mit nachfolgen-
dem e zu i ist eingetreten in irmao . äa = germatius ^ a. 9.
Lat. J ist durchweg zur tönenden linguopalatalen Spirans ==:
frz. J) geworden . ausgenommen in intervocalischer Stellung,
z. B. jovem = jutenem. JuUio = Juh'u^ . aber maio = Majus.
10. Lat. h ist in der Aussprache völlig verstummt, wird aber
im Anlaut von der Schrift bewahrt. 11. Intervocalisches h
sinkt meist zu v heraJ). z. B. carväo = carhonem. escrever =
scribere , ebenso nach Consonanten, z. B. arvore = arborem^
herva = herba. Ausfall des intervocalischen b ist selten, der
wichtigste der betr. Fälle ist das Impf, der /-Conj., z. B.
vestia = testi[e\bam. 12. Lat. c beharrt in der Regel: zuwei-
len nur schwindet es in intervocalischer Stellung, z. B. 7'io
= ricus^ bot = bovem. 13. Lat. t behauptet sich meist; in-
tervocalisch wird es zu d verschoben, z. B. pedir = *petire f.
petere, madeira = materia ; t mit nachfolgendem tonlosen i in
Hiatusstellung ergiebt f , z. B. pago = palatium^ pogo = pu-
teus. moQao = motionem (über äo für d s. oben). 14. Lat. d
schwindet meist in intervocalischer Stellung, z. B. väo =
vadum , oiivir = audire , paraiso = paradisus. ebenso wenn es
in den Auslaut zu stehen kam, z. B. pe = ped em]^ no =
nod Jim . sonst behauptet es sich. 15. Anlautendem s impurum
wird in allen volksthümlichen Worten e vorgeschlagen, z. B.
escrevei' = scribere. Intervocalisches ss und sc yn.x(\. häufig
palatal (dann meist x geschrieben , z. B. baixo = bcissus, peixe
= piscem. Mit nachfolgendem tonlosen Hiatus -i vereinigt
sich s zu J, z. B. cajao = [oc casionem. ausgenommen sind je-
doch gelehrte Worte, wie explosäo. 16. Schwierigere Conso-
574 I^^s Portugiesische.
nanteucombinationen sucht die Sprache durch Ausstossuug
(z. B. escrito = scriptus, friito = fructus), Vocalisiruug (z. B.
leite = *lacte, douto = doctua) , Palatalisirung (z. B. coxa, s.
No. 15, = cocsa), Mouillirung (z. B. coalhar = coag[u]lare)
und Vocaleiiischub (z. B. guriq)a = grupa ^ canitete v. hnif)
zu erleichtern. 17. Unorganischer Consonanteneinschub ist sel-
ten, er findet sich z. B. in lontra = lutra, pe?ite = ^i^ectinem,
estrella = Stella.
III. Der Lautcharakter des Portugiesischen ist, wie viel-
leicht selbst schon aus den vorstehenden ganz aphoristischen
Bemerkungen hervorgeht, ein sehr eigenartiger, sich in vielen
Beziehungen von dem der übrigen romanischen Sprachen weit
entfernender. Vielfach steht das Portugiesische in lautlicher
Hinsicht dem Französischen nahe, vielfach aber auch wieder
demselben recht fem : auch zwischen Rätoromanisch und Por-
tugiesisch würde man Züge der Aehnlichkeit und wieder Züge
besonderen Gegensatzes auffinden können. Was das Portu-
giesische ganz besonders charakterisirt, ist die Neigung zur
Wortkürzung durch Synkope inlautender und Apokope an-
lautender Sylben , eine Neigung , welche der Sprache , vom
etymologischen Standpunkte aus betrachtet, das Gepräge einer
gewissen Zerrissenheit verleiht und jedenfalls darauf hindeutet,
dass sie, weil erst verhältnissmässig spät litterarisch fixirt und
gepflegt, eine Art von lautlicher Verwilderung hat über sich
ergehen lassen müssen. Uebrigens hat doch gerade diese
gleichsam zackige und gewaltsame Lautbehandlung der Spra-
che eine in ihrer W^eise interessante , originelle und keines-
wegs unschöne Individualität gegeben, durch welche sie sich
eigenartig unterscheidet von ihren romanischen Schwestern.
Noch Eins ist bemerkenswerth : kaum dürfte irgend eine an-
dere Sprache, etwa mit einziger Ausnahme des Englischen
(welchem übrigens das Portugiesische hinsichtlich des Conso-
nantismus und der Jjautbehandlung der Worte mehrfach gleicht),
so verschiedener Klangwirkung fällig sein, wie die portugie-
sische, denn es ist in ihr unschwer sowohl höchster Misslaut
als auch höchster Wohllaut zu erreichen ; der Klang der ge-
wöhnlichen Umgangssprache nähert sich mehr dem ersteren
Extreme, während die poetische Sprache, luiter der Hand von
Meistern, wie z. B. Camöes einer war, trotz aller Nasalklänge
Das Portugiesische. 575
und sonstiger Dissonanzen zu hainionischster Tonfülle sich
aufzuschwingen vermocht hat.
IV. Die Orthographie ist von jeher ein Liehlingsthema
der portugiesischen Ciranimatiker gewesen, ohne dass doch bis
jetzt durchgreifende praktische Ergebnisse erzielt worden wä-
ren. Es herrscht vielmehr hinsichtlich der Schreibung; in Vor-
tugal noch sehr die individuelle Willkür und folglich Incoii-
sequenz und Verwirrung : es gilt dies namentlich auch von
der Setzung der sogenannten Accente.
§ <>. IJemerkungen über den Wortbestand des
Portugiesischen.
1 . Wie in allen romanischen Sprachen, sind auch im Por-
tugiesischen die Worte lateinischen Ursprunges theils auf
volksthüralichen und theils (namentlich in der Renaissance-
periode, d. h. im 16. Jahrhundert) auf gelehrtem Wege in
die Sprache eingetreten. Die zur ersteren Klasse gehörigen
Worte haben die den Lautneigungen der Sprache gemässe Um-
gestaltung erfahren, während die mots savants der schriftlat.
Grundform annähernd treu geblieben sind. Sehr häufig ist
dasselbe lateinische Wort in doppelter Form übernommen wor-
den, wie dies ja auch anderwärts, z. B. im Französischen, ge-
schehen ist, wenngleich im Portugiesischen dieser Vorgang in
besonders weitem Lrafange eingetreten zu sein scheint: be-
merkenswerth ist aber jedenfalls, dass in Folge der radicalen
und sozusagen gewaltsamen Lautumgestaltung, welche die
volksthümlichen Worte häufig erfahren haben , die zwischen
diesen und den mots savants bestehende lautliche Kluft häutis:
eine auffällig grosse ist. man vergleiche z. li. folgende Dou-
blets: c/iama \m& ßamma, ancho und amplo. cliao und piano,
hia. Uta und hma, hichado und inßado u. v. a.
Die öfters ^) aufgestellte Behauptung , dass die Zahl der
aus dem Latein übernommenen Worte im Portugiesischen grös-
ser sei, als im Spanischen, ist bis jetzt nicht bewiesen worden
und ist aus allgemeinen Gründen von vornherein für irrig zu
erachten,
2. Iberische, bzw. baskische Elemente sind im Portugie-
1 z. B. von DiEFENBACH, Ueber die jetzigen rom. Schriftspr., S. 39,
Tgl. V. IlEixn.A.RDSTÖTT>'EU, Port. Gramm., S. 2.
576 ^^^ Portugiesische.
sischen in weit geringerer Zahl nachweisbar, als im Spani-
schen. Dagegen ist die Zahl der Worte arabischer Herkunft
im Portugiesischen fast ebenso erheblich me im Spanischen.
3. Nicht beträchtlich ist das germanische Element im
portugiesischen Wortschatze , doch finden sich darunter ein-
zelne auffällige Worte, welche angelsächsischer oder skandi-
navischer Herkunft zu sein scheinen und von denen nicht
recht klar ist, wie sie so weit nach Süden verschlagen wurden.
§ 7 . Bemerkungen über d e n F o r m e n b a u und die
Syntax des Portugiesischen.
I. Die wichtigsten Eigenarten des portugiesischen Wort-
formenbaues lassen sich in folgenden Bemerkungen zusammen-
fassen: 1. Wandel des lat. Genus ist (abgesehen von dem Ueber-
tritte der Neutra zu dem Masc. oder Fem.) selten; bemerkens-
werthe Fälle sind : a dor = dolore?}i, a cor = colorem^ a ßor =
florem^ a fönte =^ fontem, a po)ite = pontem. 2. Der einzigen
Form des substantivischen und adjectivischen Sing, und Plurals
liegt (abgesehen von ganz vereinzelten Ausnahmen) der lat.
Accusativ zu Grunde '), im Sing, selbstverständlich mit Schwund
des auslautenden -m. Der Auslaut a und o des Stammes hat
sich erhalten, z. B. coroa = corona, caminho = caminu m],
ausser wenn der ihm vorangehende Consonant geschwunden
ist, wie in so = so[lum], nö = 7io[dum\ povo = popn[lum' . und
wenn ein ihm vorangehendes n nasalirt worden ist, z. B. bo?n
= hon[iim\, huni = un[uni\^ die Ausgänge -anum, -onem werden
zu -ao , z. B. mao = manum, raQcto = ratio/iem. Das e vor
der Accusativ-Endung behauptet sich (z. B. carte, 2io?ife], aus-
genommen nach / und r (ßor, sol] und wenn der consonau-
tische Auslaut des Stammes geschwunden oder vocalisirt ist
[pe , pai , rei). 3. Worte auf -a bilden den Plural auf -as
{coroa : coroas) , solche auf -äa auf -äs oder -ans oder auch
-aas [räa : ras, rans, räas) ; Worte auf -o auf -os {caminho :
caminhos), Worte auf betonten Vocal oder Diphthong oder
tonloses e auf -s {pe : pes , javali : Javalis , pai : pais, corte :
cortes), Worte auf Consonant auf -es {ßor -.ßor es, luz : luzes);
auslautendes / fällt dabei aus, z. B. official : officiaes, sol : soes,
taful : tafues , ausgenommen lyial : 7nalcs und gelehrte Worte,
1) Ueber Nominativformen vgl. Cornu in Kom, XI 79.
Das Portupicsische. 577
wie paül : pat'ws; für -il-e>> , -el-cs tritt -is, -eis ein, z. B.
Ä;/;-// : Iuris, batel : hateis ; -rto = anuni wird im Plur. zu -aos
oder unorganisch und seltener zu -äes (also -rmos gleichsam
zu -anes) , z. B. irmäo : tt-mäos, pao .pues, capitao : capitäes,
dagegen -äo = -onem zu -öes , z. B. cora^äo : cora^öes^ leäo :
leöes ; statt des auslautenden m wird vor dem Plural -s geschrie-
ben Ji, z. B. homeyn : Jiomens (auch ho7nes. homees] ^ ßm : ßns ^
som : sonSj hum : huns. Unorganische Plurale sind eirö : eiro-
zes. real : reis, deos : deoses. Worte auf -s bleiben , mit Aus-
nahme von deos, im Flur, unverändert. 4. üie Umschreibung
des Genetivs und Dativs erfolgt durch die Präpositionen de
und a. 5. Als bestimmter Artikel fungirt für das Masc. Sg.
0 = [iir\ii[i7i\ PI. 06 = iir\os, für das Fem. Sg. a = [iir\a[m\
PI. as = \ilT\a3. Mit de und a verschmilzt der Artikel zu do,
da, dos, das, ao, ä, aos, äs.
ir. 1. Eine Femininform auf -a bilden die Adjectiva auf
-0 [hello : bella , nur so ist einförmig und neben mäo steht
mä aus nui\r\a), -äo chäo : chüa , populär tritt statt üa oft öa
ein), -u [cru : crua), -m [ruim : ruima), -ol [hespanhol : hespa-
nhold , -ez [inglez : inglezd , sowie in der neueren Sprache die
adjectivisch gebrauchten Subst. auf -or [seductor : seductora).
Alle übrigen Adj. sind einförmig, einschliesslich der nicht
von Völkernamen abgeleiteten auf -ez, wie cortez. üie Mas-
culinform santo wird vor folgendem consonantischen Anlaut
säo, für gründe tritt häufig gram und grZio ein. 2. Der Com-
parativ wird analytisch mit mais (im Altportug. zuweilen auch
mit chiis ^= plus) gebildet, der relative Superlativ durch Ver-
setzung des Artikels vor den Comparativ. Der absolute Su-
perlativ wurde in der älteren Sprache durch Verstärkung des
Positivs mittelst mui oder muito ausgedrückt , in der neueren
Sprache dagegen sind die gelehrten Bildungen auf -issirno,
-errimo, -illimo nach lateinischem Muster üblich geworden.
Volksthümliche Reste der organischen Comparation sind melhor
optimo, peior oder peor pessimo, maior oder 77iör maximo, me-
nor oder meor minimo, daneben honissimo, malissimo, grandis-
simo. pequenissimo. Nicht als Steigerungsformen werden mehr
empfunden Bildungen wie exterior exfremo u. dgl.
ni. 1. Ueber die Personalpronomina sei folgende Ueber-
sicht gegeben :
Körting, Encyklopidie d. rum. Phil. 111. 37
578 Diis Portugiesische.
a) als Subject fungiren in allen Fällen:
Sg. 1. eu 2. tu 3. m. eile [el] f. ella (n. eile, dXf^ello]
PI. nös vös elles ellas
b) als directes Objeet fungiren in Verbindung mit dem
Verb :
Sg. 1. me [mi) 2. te 3, m. o [lo] f. a [la) n. o lo)
PI. tios ros OS as
c) als indirectes Objeet fungiren in "S'erbindung mit dem
Verb:
Sg. 1. 7ne [mi] 2. te 3. m. u. f. Ihe [Ihi]
nos fos Ihes [Ihis)
d) als absolutes Objeet und in Verbindung mit Präposi-
tionen fungiren:
Sg. 1. mim 2. ti 3. m. eile {el) f. ella
nös vös dies ellas.
Durch Verbindungen der conjunctiven Pronomina unter ein-
ander entstellen mo (m'o), ma [m'a], mos [m'os), mas [m'as] etc.
= fne 0, me a, me os, me as etc.; Uio [Ih'o), l/ia [Wa], Ihos
[Ih'os) , Ihas [Was] = Ihe o etc.; nolo, volo etc. = 7io[s^ [/]o,
vo[s'\ [l]o etc. An auf r und s auslautende Verbalformen treten
die mit / anlautenden Formen der Pronomina der 3, Person,
wobei r und s schwindet, z. B. amalo = amar lo, htscamolos
== httscamos los. Die höfliche Anrede erfolgt durch die 3. P.
Sg. , womit häufig ein Subject, wie etwa o meu aiyiigo, ver-
bunden wird. 2. Die Formen des Reflexivpronomens sind si
und se. 3. Das Possessivpronomen besitzt für den conjuncti-
ven und absoluten Gebrauch nur eine Form, nämlich:
1. Masc. meti[s) Fem. minha[s] [mea, mia, ma)
7iosso[s) nossa[s)
2. Masc. te^^[s) ttia[s) {ta)
vosso[s) vossa[s)
3. Masc. seu[s] sua[s] [sua).
Durch eingeklammertes s wird die Pluralform bezeichnet.
Ein dem ital. loro , frz. Icur entsprechendes Pronomen fehlt.
Das attributiv gebrauchte Possessiv kann (ausser bei Verwandt-
schaftsnamen) in Anreden und Titulaturen den best. Artikel
vor sich nehmen. 4. Die Demonstrativa sind: este = iste, esse
= ipse, aquelle = eccvm -f- ille (veraltet ist aqueste = eccum -f-
iste] , sämmtlich mit cnts])rcchenden Femininformen und den
Das Portugiesische. 579
Neutralfonneu isfo . üso , aquillo. 5. llelativa : que (uuverän-
derlitli : allgomeinstes Kelativ) ; (juevi (unveränderlich ; ver-
allgemeinerndes 11.); 0 quäl (determinirendes R. ) ; cujo, a (ad-
jectivisches 11.). G. Interrogativa : quvm? (persönlich und
substantivisch, jMe.? (neutral) , (yz/a/.i' (adjectivisch , cujo) (pos-
sessivadjeetivisch). 7. Die Indefiuita geben zu besonderen Be-
merkungen keinen Anlass.
IV. Die Numeralia schliessen sich, wie im iSpanischen,
bezüglich ihrer Bildung eng an die lat. Grundformen an (20
tinte, 30 trinta, 40 quarenta etc.); füx primus und ferfius sindi
die Ableitungen prwiciro und terceiro eingetreten.
V. 1. Von den lat. Temporibus und Modis sind im
Tortugiesischen erhalten: Präs. Ind.. Conj., Imp.. Inf., Ge-
rund.; Imperfect Ind., Perf. Ind., Perf. Conj. (fungirt als
Conj. Fut. : die betr. Formen lassen sich aber auch als aus
dem Fut. exact. entstanden auffassen, vgl. oben S. o21),
Plusqpf. Conj. fungirt als Conj. Impf.) , das Fut. exact. (s.
oben . Hierzu treten noch die Combinationen Inf. + Präs.
Ind. V. havcr = Fut. und Inf. + Impf. Ind. = Conditional.
Zwischen den Inf. und das Hülfsverb können auch noch in der
neueren Sprache conjunctive Personalpronomina treten. Zur
Bildung der periphrastischen Tempora wird häufiger ter =
tenere, als /laver = habere verwandt, z. B. tenho cantado üb-
licher, als hei cantado.
2. Personalendungen: Sg. 1. -Jn ist durchweg ge-
schwunden, z. B. cante = cantem, cantaca = cantaham, sou =
sum : -0 ist erhalten im Präs. Ind., z. B. canfo, geschwunden
im Conj. Fut. ^wenn dieser aus Fut. exact. entstanden ist),
z. B. cantar: die Ausgänge -a v i, -i'vi des Perf. Ind. sind
als -ei und -i erhalten, z. B. cafttei, vendi. Isolirte Bildungen
der 1. P. Sg. Präs. Ind. sind hei = haheo. sei = sapio, sou =
sum. vou = vado. dou = do, estou = sto. Sg. 2. -s ist durch-
weg erhalten, z. B. cantas^ cantes. cantavas etc. ; in der 2. P.
Sg. Perf. ist -sti als -ste bewahrt, z. B. cantaste^ vendeste. Sg. 3.
-t ist durchweg abgefallen, z. B. canta., vende, ca7ifava, cantou.
PI. 1. -7nus ist durchweg als -7nos erhalten. PI. 2. -tis ist er-
halten als -des im Conj. Fut., z. B. cantar des = canta[veritis\
sonst ist t geschwunden und / (scheinbar ? erhalten, z. B. can-
tais, vendeis, partis i. p>artiis). PI. 3. -7it ist erhalten als -m,
580 ^^^ Portugiesische.
z. B. cafitcwam, vendem, purtem\ -ant wird entweder -am oder
(zu ano [vgl. das Ital.] und dies zu) -«o, z. B. cantao neben
cantam, ebenso tritt für hahent ein hüo.
3. In Bezug auf die Betonung ist als abweichend vom
Lateinischen nur zu bemerken, dass die 1. und 2. P. PL Impf.
Ind. und Conj. den Hochton auf der Antepänultima tragen,
z. B. cantchcwios, caiitävais, catädssemos, cafifdsseis, vetidiamos
etc. Abnorm ist auch die Betonung der Imperfecta, wie tinha
aus venia = veniebam, vgl. unten.
4. Der Inf. hat durchweg sein auslautendes -e verloren,
z. B. cafitar, ^;ar/'2V, tender, dizer (vgl. auch No. 5, Schluss-
absatz). Dagegen ist das auslautende o des Gerund, erhalten,
z. B. cantando.
5. Der Ableitungsvocal -a hat sich überall erhalten, wo
er im Lat. vorhanden war'); in der 1. und 3. P. Sg. Perf.
jedoch ist er durch Einfluss des nachfolgenden ?', bzw. u (= v)
zu e erhöht, bzw. zu o verdumpft worden : cantei = ca7ita\v]^i.,
cantou = cantav[it\.
Der Ableitungsvocal -i bleibt, wo er im Lat. vorhanden
war, erhalten mit Ausnahme des Sg. und 3. PI. Ind. und des
ganzen Conj. sowie der 2. Sg. Imperat. Präs. iparto, partes^
parte, partem, parta etc., parte). Durch Analogie ist er auf
die 1. P. Sg. des Perf. der schwachen Verba auf -er [vendi,
vendesti etc.) und auf das Impf. Ind. der ursprünglich starken
und £- Verba übertragen, z. B. podia f. poteram, sabia, habia,
vgl. auch nächsten Absatz.
In einzelnen ersten Personen Sg. Präs. Ind. und Conj.
(im letzteren durch alle Personen) hat das ursprünglich vor-
handen gewesene Ableitungs-/, bzw. -e lautliche Nachwirkun-
gen hinterlassen, so z. B. in venho = renio, tenho = teneo,
ponho = *po7iio f. pono, vej'o = video , fago = facio, j'azo =
Jaceo, caibo = capto, sei = sapio [saiba = sapiam), hei = habeo
[haja = habeam), vgl. ausserdem Conjunctive , wie qiieira =
*quaeriam. Auch einzelne Imperfecta Ind. zeigen lautliche
Nachwirkung des Ableitungs-e , bzw. -e: vinlia = veniebam,
tinha = *tetiiebam, punha = *poniebatn.
1) In der familiären Hede wird in der 2. P. Sg. Imperat. das auslau-
tende a oft unterdrückt, wenn ein conj unctives Personale darauf folgt, z.B.
cal-te f. cala-te, vgl. Kom. X 589.
Das Portugiesische. 5S1
Inchoativbilduug der ursprünglichen /-Verba kennt das
Portugiesische nicht; der lat. Inchoativausgang -escere wird
zu -scer. z. li. crescere : cre[s)ce}\ 1. P. Sg. Präs. Ind. crego,
cognöscere : conhecer^ conhe^o.
Der Ahleitungsvocal -e ist erhalten im Inf. und in der
1. und 2. PI. Präs. Ind., z. B. haver, havemos^ haveis. Der
Analogie der ursprünglichen JE'-^ erba folgen in den genann-
ten Formen auch die starken Verba, z. B. dizer , dizemos,
di'zeis (die Infinitive auf —dre sind folglich zu solchen auf -er
geworden^ Ausserdem tritt e überall da, wo a und i nicht
angewandt werden, zwischen Stamm und Endung, ist aber in
einigen der betr. Fälle nicht als Ableitungs-e , sondern als
Bindevocal zu betrachten, so in der 2. und 3. Sg. und 3. PI.
Präs. Ind. der Verba auf -er und -ir.
6. Im Präsens zeigen einzelne Verbalkategoiien Wechsel
des Stamm vocals, nämlich a) bei seniir und Comp., mentir und
Comp.. {co)i-^ de- etc.) fei' ir = ferre. ferir =^ ferire ^ servir,
vestir, repetir. differrr, advertir, competir^ despir neben despe-
dir, impedir^ etixerir, fregir u. a. wandelt sich in der 1 . P.
Sg. Präs. Ind. und im ganzen Präs. Conj. e zu ^^ z. B. sinto^
se?ifes etc., sinfa, sintas etc.; b) bei acudir , hidir ^ [con-,
de-, e)struir . sumir. consumir. cuspir, efiguh'r, fugir^^ tussir^
subir, üiirgir, ciihrir wandelt sich in der 2. u. 3. P. Sg. und
3. PI. Präs. Ind. und 2. P. Sg. Imperat. u zu o, z. B. fuj'o,
foges, foge, fugimos^ fugis^ fogen\ c) bei dormir wandelt
sich in der 1. P. Sg. Präs. Ind., im ganzen Conj. Präs. und
in der 2. P. Sg. Imperat. o zu w: durmo^ dormes etc.,
durma^ durmas etc., durme\ d] bei sortir wandelt sich in
der 2. und 3. P. Sg. und 3. P. PL Präs. Ind. , im ganzen
Conj. Präs. und in der 2. P. Sg. Imperat. (also in allen
stammbetonten. Formen ausgenommen die 1. P. Sg. Präs. Ind.
0 zwu: sorto, surtes. surte^ sortimos, sortis, surtem, surta.
surtas etc., surte.
7. Die starke Per fectbil düng ist durch den Uebertritt vie-
ler ursprünglich starker Verba zur schwachen Bildung 'z. B.
vendi für vtndidi) und dmrch den Schwund einiger A'erba er-
heblich eingeschränkt worden und macht um so mehr einen
trümmerhaften Eindruck, als starke, d. h. stammbetonte Bil-
dung nur in der 1. und 3. P, ^^. stattfindet z. B. ^2 =
5S2 I^^s Portugiesische.
feci, fizeste ^= fecisti, ßz = fecit, ßzemos =feci7mts, ßzestes =
fecistis, ßzeram =fecerunt].
In den wenigen zur e'-Classe gehörigen starken Perfecten
ist in der 1. P. Sg. das i in Wegfall gekommen: vi = vidi^
vim [vieste etc.) = veni , daran schliesst sich hinsichtlich der
fehlenden Endung quiz = *quaesi f. qtiaesivi und puz = posui
(s. u.). Beharrt hat das i in fui v. ser.
Die einzigen Perfecta der se-Classe sind disse = dixi, quiz
= *quaesi und das veraltete dusse = duxi: über ^j^/z und
trouxe s. u.
In den wenigen stark gebliebenen Perfecten der 2«-Classe ist
Attraction des u in die Stammsylbe eingetreten : coube = >a-
pui, souhe = sapui, jouve = j'actd, pude = potui ; Anbildung
ist puz = posui, Mischbildung ist trouxe, gleichsam *traxui.
Das Perf. tive v. ter = tenere erklärt sich wohl aus *tevi
f. *tenti f. tenui.
8. Die Ausgänge des schwachen Part. Prät. (od. Perf.)
sind -ado für die ^4-Conj. und -ido für alle übrigen "N^erba;
statt -ido verwandte die ältere Sprache häufig -udo. Starke
Participien haben sich nur sehr wenige in ausschliesslichem
Gebrauche erhalten [dito, feito, visto, posto ; vindo v. vir =
venire ist eigentlich Gerund.). Dagegen sind in zahlreichen
Fällen starke und schwache IJildungen (z. B. aherto und
ahrido] neben einander im Gebrauch.
9. Kürzung des Infinitivs findet nur in wenigen Futuren
und Conditionalen statt [direi, ßarei, trarei v. dizer, fuzer,
irazer) , während terei , verei, virei, porei auf den syncopirten
Infinitiven ter = tenere, «er = videre , vir = v€}iire, pör =
ponere beruhen.
10. Die periphrastischen Tempora aller Verben Averden
mittelst ter (selten mittelst haver), nie mit ser gebildet, z. B.
me tenJio lembrado = «ich habe mich erinnert« [lemhrar =
meni[o]rare) .
VI. Als ein origineller Zug der portugiesischen Syntax
ist namentlich die sogenannte Flexion des Infinitivs hervor-
zuheben ; bezieht sich nämlich der Infinitiv auf eine bestimmte
Person, so nimmt er (ausgenommen wenn es die 1. oder 3.
Sg. ist) die betr. Personalendung an, also z. B. Sg. 1. cantar,
2. cantares, 3. cantar, PI. 1. cantarmos, 2. cantardes, 3. ca7i-
Uas Portugiesische. 5S3
tanm, -wobei uoc-h das betr. rersonulpronomen in der Sub-
jectsform hinzutreten kann. DiircU diese Construction, welche
hauti<i: dem lat. Acc. c. inf. gleich werthi^f ist, sowie durch die
weit ausgedehnte Möglichkeit der ^'erbindung des Infinitivs mit
Präpositionen zum Ausdruck von Adverbialsätzen erhält der
portugiesische Periodenbau die Fähigkeit zu Kürze und Klarlicit.
Einer der besten Kenner des Portugiesischen, C. v. 11i:in-
iL\RDSTÖTTXEK, cliaraktcrisirt in seiner Grammatik p. 2 u. 17)
die Syntax desselben mit folgenden Worten: «Die portugiesi-
sche Sprache entwickelt hauptsächlich in ihrer Syntax, und
das ist ja das lebendige Innere einer Sprache, eine Selbstän-
digkeit im Satzbaue, eine Freiheit des Ausdruckes, eine oft
klassische Kürze und Genauigkeit, eine Fähigkeit der Wort-
bildung , durch welche sie in vielen Punkten das spanische
Idiom nicht selten überflügelt«, und: «Die portugiesische Syn-
tax steht ohne Zweifel von allen romanischen Sprachen der
lateinischen am nächsten. Die zierliche Anwendung abstrac-
ter Plurale, Congruenz und Rection erinnert stets an das la-
teinische Vorbild. Die Stellung der Worte kann sich nicht
nur in Poesie, sondern auch in Prosa losmachen von dem den
übrigen Schwestersprachen eigenen, nur selten gebrochenen
Kegelzwange: die Stellung des Genetivs zwischen den Artikel
und das regierende Substantiv ist ein ganz gewöhnlicher
Vorgang.«
Vielleicht ist dies Lob etwas überschwänglich , aber viel
Wahrheit schliesst es jedenfalls in sich ein.
§ S . Bemerkungen über die Rhythmik des Por-
tugiesischen.
1. Für die Rhythmik des Portugiesischen sind dieselben
allgemeinen Principien gültig, wie für diejenige der übrigen
romanischen Sprachen. 2. Auslautender Vocal bildet mit fol-
gendem anlautenden Vocal bzw. h -j- Vocal) eine Sylbe, doch
finden sich zuweilen Fälle des Hiatus. 3. Zu einem Diph-
thonge verbundene Vocale haben die Geltung nur einer Sylbe,
doch kommen Fälle der Diärese vor. 4. Die beliebtesten Verse
sind die sogenannten Redondilhen Kurzzeilen)') und der aus
1) Diese Kurzzeilen «trochäiseh« zu nennen, ist aus bekanntem allge-
meinen Grunde durchaus unstatthaft; selbst die Benennung «ton trochäiseh«
würde unzutrefl'end sein.
584 Das Portugiesische.
der italienischen, bzw. aus der spanischen Kunstpoesie ent-
lehnte Endecasillabo. Die Redondilhen Averden vorwiegend
von der Lyrik, namentlich der erotischen, gebraucht: der En-
decasillabo ist der Vers der classischen Epopöe (s. auch No. 5).
5. Die Verse werden durch den Vollreim (in älterer Zeit auch
durch Assonanz) rhythmisch mit einander verbunden. Im
Drama ist auch der Versuch zur Einführung^ des sog. reim-
losen fünffüssigen Tonjambus gemacht Avorden'j. 6. Die Stro-
phenformen entlehnte die ältere portugiesische Lyrik vielfach
dem Provenzalischen , die neuere dagegen den Italienern und
Spaniern.
§ 9. Bemerkungen über die Geschichte der por-
tugiesischen Litteratur.
1. Die ersten Denkmäler der portugiesischen Litteratur,
die unten näher bezeichneten Cancioneiros , reichen nur bis
in die zweite Hälfte des 13. Jahrhunderts zurück. Einige an-
geblich ältere Dichtungen , so namentlich das vermeintliche
Volkslied )-)No ßgueiral ßgueiredo^ \ a no fgueircd entrey etc.'<
(eine Art ßomanze), sind, mindestens in der überlieferten Ge-
stalt, für Machwerke späterer Zeit zu erachten, vgl. F. Diez.
L'eber die erste portug. Kunst- und Hofpoesie, p. 2 ff .
2. Innerhalb der portugiesischen Litteraturgeschichte las-
sen sich folgende Perioden unterscheiden:
a) Die Periode der mittelalterlich höfischen Dichtung von
den Anfängen bis zum Ausgang des 15. Jahrhunderts).
b) Die Periode der classischen Dichtung oder die Periode
der ßenaissancepoesie (vom Ausgange des 15. bis zum Ende
des IG. Jahrhunderts) 2 .
1) Man sehe z. B. den Eingang der Tragödie Osmia:
Illustres cÖDipaiiheiros, cnnfiär-vos
htm 2>o(h'is de »um zelo. Niio he facti
que um Matdio sacrijiqiie do seu cargo
as leis seceras, nem ao proprio sangue etc.
Rhythmisch feinfühlige Ohrfn werden freilich urtheilen müssen, dass es
um die Scansion solcher Verse sehr misslich bestellt ist und dass die ganze
Sache dem Geiste der Sprache widerstreitet.
2) Die Dichter dieser Periode pHegen als »Quinhentisten« bezeichnet
zu werden, indem, wie dies auch in der italienischen Litteraturgeschichte
üblich ist, das 16. Jahrhundert nach seiner Hundertzitier benannt wird
(qui)ihcittos = 501»".
Das Portugiesische. 5S5
c^ Die Periode des Epiii:onentlunns (etwa das 17, Jalirh.).
d) Die Periode des Verfalles etwa das IS. Jahrhundert).
Auf die Periode des A'erfiilles sind in diesem Jahrhundert
mehr oder minder glückliche Versuche zur Wiederbelehung
der Litteratur erfolgt, ohne dass doch his jetzt von einer wirk-
liehen Neublüthe gesprochen werden könnte.
3. Die mittelalterliche portugiesische Litteratur trägt einen
durchaus höfischen und kunstmässigen Charakter, wie sie denn
axich ganz vorwiegend nur innerhalb der am Hofe kunstsinni-
ger Herrscher ' sich sammelnden ritterlichen Gesellschaft ge-
pflegt ward. Der höfische Charakter spricht sich auch in der
ganz einseitigen Bevorzugung der Lyrik aus. So entbehrte
Portugal (ähnlich wie Italien, aber aus anderem Grunde im
Mittelalter einer wirklich nationalen Litteratur , um so mehr,
als die Lp'ik si^'h durchaus an die provenzalische Troubadour-
dichtung anlehnte und deren Formen und Formeln sich be-
diente. 2)
Die, wie man annehmen darf, werthvoUsten Erzeugnisse
dieser höfischen Lyrik sind in folgenden Liederbüchern über-
liefert: a) Die vaticanische Liederhds. No. 4 SO 3 oder der Can-
cioneiro des Königs Diniz, Lieder von 127 Dichtern umfas-
send, in der vorliegenden Redaction nicht vor 1340 entstan-
den, b) Ansehnliche Ik-uchstücke eines in der Bibliothek des
Real Collegio dos nobres zu Lissabon aufgefundenen Cancio-
neii'o. Lieder enthaltend, welche im Kreise des Grafen Pedro
V. Barcellos (7 1354 , unehelichen Sohnes des Königs Diniz,
entstanden sind, c Der von Garcia de Resende um 1500 zu-
sammengestellte und 151G zuerst gedruckte »Cancioneiro geral»,
Lieder des 15. Jahrhunderts enthaltend, darunter auch solche,
welche nach Form und Geist bereits der Renaissanceperiode
angehören. — Hierzu kommt noch d) der dem König Alfons X.
1) Namentlich König Dionysius oder Diniz 1279 bis 1323, König
Duarte 1433 bis 1438, König Johann 11. 14S1 bis 1495 und König Emma-
nuel 1495 bis 1521, die beiden letzteren freilich schon mehr der folgenden
Periode angehörig.
2) Doch i^t einschränkend zu bemerken, dass gar manche in den Can-
cioneiros überlieferten Lieder einen volksthümlichen Ton anschlagen und
vielleicht auf alte Volkslieder zurückgehen. {Hundert derartige Lieder
sind neuerdings von "\V. Storck verdeutscht worden, s. § 10.)
586 I^^s Portugiesische.
von Castilien (1252 bis 1281) zugeschriebene, in drei Ildss.
(zwei im Escurial, eine in Toledo) erhaltene, über 400 Ma-
rienlieder umfassende gallicische Cancioneiro.
Ausser diesen Liederbüchern besitzen wir aus dieser ersten
Periode nur noch einige Prosaurkunden, deren älteste vom
Jahre 1192 datirt, und einige Prosaschriften, meist asketischen
Inhaltes (Legenden u. dgl.) ohne ästhetischen Werth, vgl,
Rom. XI 357.
Der Amadis-Roman ist nicht portugiesischen, sondern
spanischen Ursprunges.
4. Unter dem Einflüsse einerseits der erblühenden Re-
naissancebildung und andrerseits des grossen politischen Auf-
schwunges, welcher dem portugiesischen Volke und Staate im
Zeitalter der Entdeckungen beschieden war, erwuchs vom Aus-
gang des 15. Jahrhunderts ab eine classische Litteratur, wel-
che, obwohl in Hinsicht auf Sprache und poetische Form
durchaus den Renaissancecharakter tragend, doch von natio-
nalem Gedankeninhalte erfüllt war und dem stolzgehobenen
nationalen Selbstbewusstsein volltönenden Ausdruck verlieh.
Die Hauptvertreter dieser Litteratur, welche namentlich in der
Lyrik, im Drama und vor Allem im Epos, Aveniger in der
Prosa , mindestens relativ Bedeutendes geschaff'en hat , sind :
Sä de Mi ran da (1495 bis 1558, Renaissancelyriker, nament-
lich Sonettist, doch auch Lustspieldichter) , Bernardim de
Ribeiro (1475 bis etwa 1554; Lyriker, Romanautor), Gil
Vicente (geb. 1480 zu Guimaräes, gest. zu Evora 1536;
Lustspieldichter von allgemein litterarhistorischer Bedeutung,
ausserhalb Portugals noch zu wenig gewürdigt), Antonio
Ferreira (1528 bis 15G9; Lyriker und Dramatiker, Dichter
der Renaissancetragödie »Inez de Castro«), Pero Andrade de
Caminha (1520 bis 1598; Lyriker), Dom Manoel de Portugal
(" 1606? ]jyriker). Der hervorragendste Dichter der classischen
Periode Portugals und neben Gil Vicente der einzige, welchem
eine Stelle in der Weltlitteratur zukommt, ist Liiiz de Ca-
möes (geb. [Tag unbekannt] 1524 wahrscheinlich zu Lissabon,
gest. ebenda 10, 6. 1580^, vor Allem berühmt als Dichter des
Epos »Os Lusiadas«, einer der grössten Schöpfungen der ge-
sammten Renaissancecpik, nicht minder bedeutend aber auch
als Lyriker und Dramatiker. Die zahlreichen Nachahmer, wel-
Das Pürtup;icsischc. 5S7
che Camöes besonders in der Epik fand, waren leider ilnu
geistig- nicht entfernt ebenbürtig.
Auf dem Gebiete der Prosa entwickelte nur die Geschichts-
schreibung sich zu höherer l)edentsamkeit.
5. Dem classischen Zeitalter folgte eine Periode des nach-
ahmenden Epigonenthums , das sich vorwiegend nachahmend
verhielt, in der Nachahmung aber, wie dies meist geschieht,
die Schwächen der copirten Vorbilder bis zur A'erzerrung stei-
gerte. Manierirtheit und AfFectation begannen in der Litte-
ratur untl auch in der Sprache herrschend zu werden, zumal
der in Spanien aufkommende estilo culto und Gongorismus
seinen unheilvollen Einfluss auch auf Portugal erstreckte.
G. So verfiel denn die Litteratur mehr und mehr, wie ja
in politischer Beziehung Portugal seit der Unglücksschlacht
bei Alcassar (157S) rasch von seiner Höhe niederstürzte und
zeitweilig (löSl bis 1640) sogar seine staatliche Selbständig-
keit verlor, indem es mit Spanien vereinigt ward. Indessen
wenn auch namentlich im IS. Jahrhundert die portugiesische
Poesie im Wesentlichen zu einer von Akademieen (Arcadia,
Nova Arcadia) und Dilettantenvereinen gepflegten Spielerei
herabsank, so sind doch selbst aus dieser Zeit einige Dichter
von gew^isser Bedeutung zu nennen, so namentlich Antonio
Diniz 1730 bis 1790", der Verfasser des originellen burlesken
Epos »Hyssöpe«, der Bukoliker Domingo dos Reis Quita (172S
bis 1770), der Dramatiker Manoel de Figueiredo fgeb. 1725)
und namentlich der geniale, aber freilich nie zu Klärung und
innerer Harmonie gelangte Manoel du Bocage (1765 bis 1805).
7. Die politischen Verhältnisse des gegenwärtigen Jahr-
hunderts mit ihren fortwährenden Verfassungs- und Partei-
streitigkeiten w^aren der Litteratur w^enig günstig, und so ist
man denn bis jetzt über ein sehr achtbares , aber doch von
keinem vollen und durchschlagenden Erfolge gekröntes Stre-
ben nicht hinausgekommen. Reihardstöttner spricht sich
(in seiner Gramm., p. 41) über die neueste Periode der
portugiesischen Litteratur melancholisch also aus: «Portu-
gal selbst im Gegensatze zu Brasilien] hatte nun das ver-
loren und vergessen, Avas überall wohnen muss, um eine
wirkliche Poesie zu schaff"en, das nationale Bewusstsein. Auch
die Bühne, die sonst so viel direct zum Volke spricht, hat in
588 I^^s Portugiesische.
Portugal neuestens nichts gethan. Die Bearbeitung der eige-
nen Litteraturgeschichte übernahm für Portugal das Ausland;
mühsam versuchten Männer, wie Almeida Garjiett und Ale-
xandre Herculano, ein Echo der Pomantiker in Portugal
wach zu rufen. Wie Garrett mit dem Pomanceiro die alten
Volkserinnerungen erwecken wollte , so Avarf er sich auf die
Pühne . deren Schöpfung sein Werk war, und für welche er
selbst arbeitete (Un auto de Gil Vicente 1&3S, Filippa de
Yilhena 1S40, Alfageme de Santarem 1841 , und sein bestes
Werk: Frei Luiz de Sousa). Man kann sagen, dass der Ver-
such an der allgemeinen Theilnahmlosigkeit scheiterte , denn
eine portugiesische Litteratur wie in anderen Ländern besteht
zur Stunde nicht. Den Wünschen und Bestrebungen der we-
nigen thatkräftigen, gelehrten und patriotischen Männern Por-
tugals , die in Kritik und Poesie ihr Vaterland so gern auf
die gleiche Höhe mit den übrigen Nationen Europa's bringen
wollten und welche hierzu die geistige Macht besässen , fehlt
jegliche Beihülfe. So ist wenigstens im nächsten Jahrzehnt
nicht zu erwarten , dass Portugals Litteratur den Kampf mit
den übrigen Culturvölkern aufnehmen werde.«
Aber, wenn auch die Gegenwart Avenig Erfreuliches und
Bedeutendes an dichterischen Schöpfungen darbietet, so darf
man doch an Portugals litterarischer Zukunft nicht verzwei-
feln. Nicht geistig herabgekommen und zu geistigem Schaffen
unfähig geworden ist das portugiesische Volk , sondern nur
erschöpft und der Kräftigung bedürftig nach den grossen
Geistes- und Waffenthaten der früheren Zeit und nach so
manchen erduldeten schweren Geschicken. Die geistige Streb-
samkeit jedoch und den idealen Sinn hat es sich bewahrt —
dafür zeugen das rege Interesse und der Eifer, welche man
gegenwärtig in Portugal der Erforschung der Sprache und Lit-
teratur der eigenen Vorzeit zuwendet, und der empfängliche
Sinn und das Verständniss, welche man für die Litteratur des
Auslandes bekundet. Darin ist verbürgt, dass auch der Poesie
Portugals einst eine Zeit neuer Blüthe beschieden sein werde,
8. In Brasilien, dem grossen portugiesischen Sprachgebiete
Amerikas, hat sich seit der zweiten Hälfte des IS. Jahrhun-
derts eine Litteratur entwickelt, welche eine originale Indivi-
dualität und bedeutsamen Inhalt besitzt. Ihre herverragend-
Das l'ortufriosische. 589
sten Vertreter dürften sein Gon/.alve de Map^alhäes 'gel).
ISll zu Rio de Janeiro], der Verfasser des nationalen Epos
)iA Confedcraeäo dos Tamoyos« und durch die Tragödien »An-
tonio Jose» und «Olgiato» der Schöpfer eines portugiesischen
Nationakhamas , und Joaquim Manoel de Macedo (geb.
1820 zu S. Joäo de Itahorahy), der im Roman wie im Drama
Treffliches geleistet hat.
§ 10. Litteraturangaben.
1. Grammatisches u. Sprach geschichtliches: FeunÄo ü'OiJ-
VEIliA, Grammatica da linguagem portugueza 153G Neudruck 1871) —
JoÄo DE Baukos, Gramm, da lingua port. 153'J — Duaute Nunes de
Le/o, ürigem da Uug. port. 1810 — Alvako Ferreira de Vera, Ortho-
graphia e modo para escrever certo na ling. port. 11531 — Jo.\o Fkanco
Barreto, Orthographia da ling. port. 1671 — Methode novo e facillimo
de grammatica franceza e portugueza. Trevoux 1700 — JoÄO DE MoRAES
Madukeyra Feyjo , Orthographia ou arte de escrever e pronunciar com
acerto a lingua port. Coimbra 1739 — Fr. Jo.se Freire, Keflexocs sobre
a ling. port. (Anfang des 18. Jahrh.'s) — Manoel Jose de Paiva, Enfer-
midades da lingua e arte em que se ensina a emudecer para a melhorar 1760
— Fr. Luiz DO Monte Carmelo, Compendio de orthographia 1767 —
Meldola, Nova gramm. port. Hamburg 1785 — Lobato, Arte da gramm.
da ling. port. Lisboa 1788 — P. J. de Figueiredo, Arte da gramm.
port. Lisboa 1799 — Soares Barbosa, Gramm, philos. da ling. port.
2^ ed. Lisboa 1830 — Saraiva, Memoria em que se pretende que a lingua
portugueza näo e filha da latina 1837 — CoxSTAXCio, Gramm, analyt. da
ling. port. Paris 1831 — Exercicios de cacographia port. Por M. M. M.
Lisboa 1864 — A. F. B.\rata, Estudos da lingua portug. Lisboa 1873 —
F. P. Brou, Gramm, particular ou estudos sobre as principaes difficulda-
des da ling. port. Lisboa 1875 (vgl. über die beiden letztgenannten Schriften
die krit. Bemerkungen in dem ersten Supplementheft, p. 104, der Ztschr.
f. rom. Phil.).
*F. A. CoELHO, Questöes da lingua portugueza. Primeira parte: Pre-
liminares. O lexico. O consonantismo. Porto u. Braga 1874 (hochbedeuten-
des Werk;, vgl. Rom. III 310 — *J. Cornu, Etudes de grammaire port.
(I De l'influence des labiales sur les voyelles aigues atones. 11 Va prosthe-
tique devant rr en portugais, en espagnol et en catalan. III Les nomina-
tifs (leus, meesfre, mestre, ladro etc. IV Etymologies), in: Rom. X 334, XI
76 — *Th. Braga, Grammatica portugueza elementar, fundada sobre o
methodo historico-comparativo. Porto 1877 — Fr. d'Ovidio, Grammatica
portoghese. Napoli 1879 (?;.
Portugiesische Grammatiken für Deutsche: *C. V. Rein-
hardstöttxer , Gramm, der portug. Sprache auf Grundlage des Lat. u.
der roman. Sprachvergleichung. Strassburg 1879, vgl. Giorn. di filol. rom.
III 1182, Rom. IX 305 — A. V. JuNCK, Portug. Gramm. Frankfurt a/0.
1778 — J. D. Wagener, Port. Sprachlehre. Hamburg 1835 — Jon. Cur.
590 I^^s Portugiesische.
MÜLLKR, Port. Sprachl. Hamburg 1840 — A. E. "VVollheim da Fonseca,
Port. Sprachl. Hamburg 1844 u. öfters — PiNHEIKO DE SouzA, Gramm,
der port. Spr. Leipzig 1851 — E. F. Bösche, Neue port. Sprachl. Ham-
burg 1853, 2. Ausg. 1877 — Anstett , Port. Gramm, nach üllendorf.
Hamburg 1863 — HEROLD, Pract. Lehrgang der port. Spr. Leipzig 1872.
Grammatiken in englischer u. französ. Sprache: Tkansta-
GANO, A new Portuguese Grammar. 3*'' ed. London 1794 — Mordente,
Exercises of the Portuguese Language. London 1807 — VlEYRA, Portu-
guese Grammar. Lisboa 1812 — Laycock, A Gramm, of the Port. Lang.
Leeds 1825 — Siret, Gramm, frcse et port. Paris 1799 — Gabe, Gramm,
port. Hamburg 1812.
Lautliches: *GoN9ALVES VlANNA, Essai de phonetique portugaise
d'apres le dialecte actuel de Lisbonne, in: Rom. XII 29 (wichtige mit
lautphysiologischer Methode geschriebene Abhandlung) — J. CoRNU, Etu-
des de phonologie espagnole et portugaise (Inhaltsangabe s. oben S. 540),
in: Rom. IX 71 — J. CoRNU, Chute de Va en portugais ä l'imperatif de
la premiere eonjugaison, in : Rom. X 589 — *J. CoRXU, Phonologie syn-
tactique du Cancioneiro geral, in: Rom. XII 243 wichtige Arbeit) — L. L.
BoxAPARTE, On Portuguese simple sounds compared with those of Spanish,
French, English etc., in Transactions of the Philological Society 1880/81,
Part I, p. 23, vgl. Rom. XI ()22 — H. Sweet, Spoken Portuguese, in:
Transact. of the Philol. Society 1882 — J. CoRNU, Portugais ar, er =
frcs re, in: Rom. IX 580 — A. CoELHO, Antigo portuguez cFa, in: Riv.
di filol. rom. I 122 — Teza, Note portogh. in Studj di fil. rom. I 403.
Zur Flexionslehre: *A. Coelho, Theoria da Conjugacäo em latim
e portuguez. Estudo de grammatica comparativa. Lisbon 1870.
2. Dialectisches u. Folklore: J. Tailiian, Notes s. la langue vul-
gaire d'Espagne et de Portugal au haut moyen-age, in : Rom. VIII 609, IX
294 u. 429 — J. Leite de Vasconcellos, O dialecto mirandez, contribuicäo
para o estudo da dialectologia romanica etc. Porto 18S3, vgl. Litteraturbl.
f. germ. u. rom. Phil. 1883, S. 108; und: Dialecto brazileiro. Porto 1SS4
(vgl. auch desselben Verf.'s Aufsatz Tradi95cs pop. e dialecto do Brazil,
in: Rev. de estudos livres I 408, 459, 525, sowie ebenda H^ 81 über die
dialectos beiröes) — CoUeccäo de Aocabulos e frasas usadas na provincia
de S. Pedro do Rio Grande do Sul no Brazil. London 1856 — A. Coelho,
Os dialectos romanicos o neolatinos na Africa, Asia e America, Sonder-
abdruck aus dem Boletim da Socicdade de Geographia de Lisboa 1881,
vgl. Ztschr. f. rom. Phil. V 5S0 — H. Scill'CUAUDT, Kreolische Studien.
I lieber das Negerportugies. von S. Thome (Westafriea) . II Ueber das
Indoportugies. von Cochim. III lieber das Indoportugies. A'on Diu etc., in:
Sitzungsberichte der phil.-hist. Cl. der K. Akad. d. "NVissensch. 1882, Bd.
101, 102; 1883, Bd. Iü3, 105 — Tez.\, Indoportoghese, in: Propugn. V 129.
Ueber das Gallicische s. oben S. 541.*)
1) Nachgetragen werde hier: Grüzmacher, Zur gallicischen Lieder-
poesie, in: Jahrb. f. rom. u. engl. Lit. 1865. Tll. Braga, Sobre a poesia
popolar da Galiza, in: Riv. di til. rom. II 129.
Das Portugiesische. 591
Revista d'Ethuographia (oder d'Ethnologia? der Titel zeigt verschie-
dene Fassung) c de Glottologia. Estudos e notas por A. Coeluü. Lisboa
3 Hefte, vgl. Koni. X 310 u. (333 — Annuario para o estudo das tradi9Öe8
populäres portuguezas dirigido por L. DK V.\sconcellos, seit 1SS3 —
A. CüELUO, Costumes e crencas populäres, in: Bol. da Soc. de Gcogr. de
Lisboa 1S81 , vgl. Rom. X 033 — A. Coeluo, Ethnographia portugueza,
in: Bol. da Soc. de Geogr. de Lisboa 2» serie, No. 6 (1881) — Th. Buag.¥,
Cantos tradicionaes do povo portuguez etc. Porto 1884, 2 Bde. — Z. Cox-
SIGLIEKI Pedroso, Contribuicöes para unia Mythologia populär portugueza.
Porto ISSO fl'. , vgl. Ztschr. f. roni. Phil. V 41G, und: Tradicöes populäres
portuguezas (Materiaes para a ethnographia de Portugal : mjthologia, can-
tos, usos , supersticoes, proverbios, jogos infantis, contos, lendas e tradi-
cöes locaes do nosso pais) Porto ISSO f., vgl. Rom. XII 624 — F. Lie-
BRECHT, Portugies. Aberglaube, in: Ztschr. f. rom. Phil. I 89 — Braga,
Ueb. portugies. Volksbücher, in: Era Nova, Juli 1880, vgl. Rom. X 310
[ — Adagios, proverbios, rifäos e anexims da ling. port. etc. p. p. F. R. J.
L. E. L. Lisboa 1780.1
3. Lexikalisches: R. Bluteau, Vocabolario portuguez e latino.
Lisboa 1712 neue Bearbeitung von MoRAES Silva. Lisboa 1789, 4. Ausg.
1831) — Diccionario da lingua portugueza, herausg. von der Akademie,
ist über einen, das A behandelnden Band (Lisboa 1793) nicht hinaus-
gekommen — Jose da Costa, Diccionario etc. Lisboa 1794 — *Elucidario
das palavras, termos e frases que em Portugal antigamente se usaräo e que
hoje regularmente se ignoräo etc. etc, por Fr. Joaquim de Sant.a Ro.sa
DE ViTERBO. Lisboa. Bd. I 1798, Bd. II 1799 Neudruck des Gesammt-
werkes von F. da Silva. L. 1S65) — E. de Foria, Dicc. da ling. port.
Lisboa 1S58. 2 Bde.
Espiritu da lingua port., extrahido dos decadas do insigne escritor
Joäo de Barros por A. P. DE FiGUElREDO, in: Mem. de litt. port. p. p.
Acad. Real de Lisboa IH (1792;. 111.
Diccionario dos synonymos e de epithetos da lingua portugueza por
L. RoQUETTE e Jose da Fonseca. Paris 1S58 — F. de Santo-Luiz, En-
saio sobre alguns synonymos da ling. port. Lisboa 1824 28, 2 Bde.
Axt. Maria do Conto, Dicc. da maior parte dos termos homonjTnos
e equivocos da lingua portugueza. Lisboa 1842.
Jo.Äo DE Sous.\ , Vestigios da lingua arabica em Portugal ou lexicon
etymologico das palavras e nomes portuguezes que tem origem arabica.
2=^ ed. Lisboa 1830 — "\V. J. Exgelmanx, Glossaire des mots espagnols
et portugais derives de l'Arabe 2. Ausg. Leyden 1S69, vgl. M. J. MÜLLER
in den Sitzungsberichten der K. bayr. Akad. d. "NVissensch. 1861, 11 95 —
Th. Braga. Epopeas da raca mosärabe, Porto 1S71, S. 104 f. es wird hier
eine Liste portugiesischer "^Aorte von angeblich skandinavischem Ursprünge
aufgestellt; — Fr. de Saxto-Luiz, Glossario das palavras e frases da
lingua franceza que se tem introducidas na locucäo portugueza moderna.
Lisboa 1827.
A. DAS Ne"\"ES Pereira, Ensaio sobre a filologia portugueza por meio
do exame e comparacäo da locucäo e estilo dos nossos mais insignes poe-
592 l^äs Portugiesische.
tas que floreceräo no sec. XVI, in: Mem. de litt. port. p. pela Aead. Real
des Scienc. de Lisboa t. V (1793), 1, vgl. auch ibid. 152 u. IV 339.
C. MiCHAKLis, Studien zur roman. AVortschöpfung, Leipzig 1878 'be-
schäftigt sich auch viel mit portug. Etymologie; — A. CoELHO, Formes
divergentes de mots portugais imots populaires u. raots savants), in: Rom.
n 281 — C. Michaelis, Portug. Etymologien, in: Ztschr. f. rom. Phil.
vn 102.
Praktische Handwörterbücher für Deutsche: WüLLHEIM da
FoxsECA, Handwörterb. der deutsch, u. port. Spr. 3. Ausg. Leipzig 1883
— E. T. BösCHE, Neues vollst. Taschenwörterb. d. port. u. deutsch. Spr.
2 Ausg. Hamburg 1876 (Beide "Werke genügen nur sehr bescheidenen
Ansprüchen).
4. Zur Rhythmik: A. F. DE Castilho, Tratado de metrificacäo
port. Lisboa 1851 — Jose da Fonseca, Tratado da versifica9äo port. (Er-
scheinungsjahr u. -ort?) — F. DiEZ, Die erste portug. Kunst- u. Hof-
poesie, Bonn 1863, p. 36 ff. — C. v. Reixhardstöttxek in seiner Gramm.
S. 394 ff.
5. Zur Litteraturgeschichte :
a) Handschriftliches u. Bibliographisches: C. Michaelis
DE Vascüncellos) , Mittheilungen aus port. Hdss., in: Ztschr. f. rom.
Phil, vnr 430, 598, IX 360 — Ueber die Hdss. der alten Liederbücher
vgl. DiEZ, Die erste port. Kunst- u. Hofpoesie, S. 12 ff. — Ueber die
ehemals der Klosterbibl. zu Alcobaca gehörigen, jetzt meist in der Kgl.
Bibl. zu Lissabon befindlichen Hdss., vgl. J. CoRNU, in: Rom. X 334
ein Index codicum Bibl. Alcobatiae etc. erschien Lisboa 1775).
Memoria sobre as origens da typografia em Portugal no seculo XV,
in: Mem. de litt. port. p. p. Acad. Real das Scienc. t. VUI (1S14)
1 u. 77.
F. DA Silva, Diccionario bibliographico portuguez. Lisboa 1858/67,
8 Bde. (dazu mehrere Supplementbände von Brito Aranha) — 'Pinto
DE Mattos, Manual bibliographico de livros raros, classicos e curiosos,
revisto e prefaciado pelo Sr. Camillo Castello. Porto 1S7S, vgl. Ztschr.
f. rom. Phil. Bibliographie 1878, No. 1492 — A. CoELUO, Bibliographia
critica de historia e litteratura. Bd. I (mehr nicht erschienen). Porto 1873/75.
Faria e Sousa, Europa portugueza. Lisboa 1678/80, 3 Bde. — Ma-
CHADO, Bibliotheca Lusitana. Lisboa 1841 152, 4 Bde. — Jose M.\ria da
Costa e Silva, Ensaio biographico-critico sobre os melhores poetas portu-
guezes. Lisboa 1850/56 — Jose Silvestre Ribeiro, Primeiros tracos
d'uma resenha da litteratura portugueza. Lisboa 1853.
Bibliotheca para o povo Sammlung interessanter Volksschriften, deren
Katalog in der Bibliographie der Ztschr. f. rom. Phil. 1ST8, No. 15uS, zu-
sammengestellt ist).
Memorias de Litteratura portugueza publicadas pela Academia Real
das Sciencias de Lisboa 1792 ff. (enthalten nur zum Theil litterargeschichtl.
Abhandlungen; — Annaes da Bibliotheca Nacional de Rio de Janeiro, seit
1S76, über den Inhalt vgl. Bibliogr. der Ztschr. f. roman. Phil. 1879,
No. 2419.
Das Portugiesische. 593
A Renascen9a , orgäo dos trabalhos du gcracäo moderna. Publica9äo
mensal. Porto 1ST9 (enthält viele Biographien, vgl. Bibliogr. der Ztsehr. f.
rom. Phil. ISTl», Xo. 2415 .
b Darstellende "Werke: Tu. Bii.\G.\. Historia da litteratura portu-
gueza. Porto 1S70 ff., 14 Bde. (das bänderreiche, viel zu weitläufig an-
gelegte "Werk ist sehr ungleichmässig, oft auch flüchtig gearbeitet u. durch-
aus nicht zuverlässig, weit besser u. brauchbarer ist B.'s) *Manual da
bist, da litt. poet. Porto 1S75 (seine grosse Litteraturgeschichte hat Br. selbst
gegen seine Kritiker vertheidigt in der Schrift: Os criticos da bist, da litt,
port. etc. Porto 18T2\ und: Curso de Hist. de Litt. Port. Berlin 1886.
Fr. Freire de Carvaluo, Primeiro ensaio sobre a hist. litt, de Por-
tugal desde a sua mais remota origem ate a presente tempo , seguido de
difl'erentes opusculos que servem para sua maior illu.stra9äo. Lisboa 1845.
Simon' de Sismondi, De la litterature du Midi de TEurope (Paris
1813 Bd. IV, p. 260 bis 562 — F. Dexis, Resume de Thist. litt, du Por-
tugal. Paris 1826 — A. Loiseaü, Hist. de la litt, portugaise. Paris 1886
; abscheulich dilettantenhaf t ' .
JuNCK, Nachrichten von der port. Litteratur. Frankfurt 1788 — Bou-
TERWEK, Geschichte der portug. Poesie u. Beredtsamkeit. Göttingen 1805
(leider noch immer brauchbar).
*F. DiEZ, Ueber die erste port. Kunst- u. Hofpoesie. Bonn 1863 —
Th. Braga, Trovadores galecio-portuguezes (escola provenzal). Porto 1871
— J. DE FoYAS, Sobre a poesia bucolica dos poetas portuguezes in Mem.
de litt. port. p. p. Acad. Real das Sc. de Lisboa t. I (1792', 1 — Bala-
GVER Y Merino, D. Pedro, el condestable de Portugal, considerado como
escritor, erudito y anticuario. Gerona 18S1 Abdruck aus der Revista de
ciencias histöricas [Barcelona^ t. H , vgl. Rom. XI 153 — Lopez de Men-
D09A, A litteratura port. nos seculos X\l e XVH, in den von der Acad.
das sciencias herausg. Annalen, März 1857 bis Febr. 1858 — Th. Braga,
Historia do romantismo em Portugal. Ideia geral do rom. Garrett, Hercu-
lano, Castilho, Li.sboa 1880 (?j — Th. Braga, Historia dos Quinhentistas.
"N'ida de Sa de Miranda e sua escola. Porto 1871 — Th. Braga, Historia
do Theatro portuguez. Porto 1870,71, 4 Bde. (Bd. 1 Vida de Gil Vicente
e sua escola, seculo XYI; Bd. 2 a comedia classica e a tragicomedia, sec.
X\T e XVH; Bd. 3 a baixa comedia e a opera, sec. XYLII; Bd. 4 Gar-
rett e OS dramas romanticos, sec. XIX(.
A. P. Lopez de MEND09A , Memorias de litteratura contemporanea.
Lisboa 1S55 — A. R. Ortiz, La literatura portug. en el siglo XIX. Ma-
drid 1870 — *Th. Braga, Pamasso portuguez moderno. Precedido de un
estüdo da poesia moderna port. Lisboa 1877. *;
*F. AVoLF, Le Bresil litteraire. Hist. de la litt, bresilienne, suivie
d'un choix de morceaux des meilleurs auteurs bres. Berlin 1863, vgl. Jahrb.
f. rom. u. engl. Litt. V 222.
1 Von grösster "VMchtigkeit für die Geschichte der modernen portu-
giesischen Litteratur sind Garretfs Memorias biographicas , herausg. von
Amorim. Lisboa 1884, 3 Bde., vgl. Literaturbl. f. germ. u. rom. Phil. V 247.
Körting, Encyklopädie d. rom. Phil. III. 38
594 Das Portugiesische.
"Weitere Einzelschriften über Autoren u. Litteraturwerke
sehe man unter d).
c) Chrestomathien: *TlI. BliAGA , Antologia portugueza, trechos
selectos, coordenados sob a classifica9äo dos generös litterarios e precedida
de uma poetica historica portugueza. Porto 1876, vgl. Ztschr. f. rom.
Phil. I 453 — Th. Braga, Monumentos da litt, port., in; Era Nova I 320
(1. Ueber ein port. Fragment einer Uebers. des Erzpriesters von Hita.
2. Einige Verse in den Obras ineditas des A. Teiles de Menezes werden
als Uebers. von Versen des Marquis v. Santillana nachgewiesen. 3. üeber
ein Gedicht auf den Tod der Ines de Castro) , vgl. lätteraturbl. f. germ.
u. rom. Phil. I 411.
J. DA FONSECA, Parnaso lusitano ou poesias selectas. Paris 1826/34,
6 Bde. — Beetuch, Magazin der span. u. port. Litt. Weimar 1780.
CoUeccäo de autores portuguezes, Leipzig (Brockhaus), seit 1866. Bd.
1 u. 2. Dl.'S.s, A. GoNcALVES, Cantos. Collec9äo de poesias. Bd. 3 u. 4.
Herculano, O Monasticon, Bd. 5. Camöes, Os Lusiadas (Abdruck der
Ausg. Juromenha's). Bd. (i. DiNiz, As Pupillas de Sr. Reitor. Cronica da
aldeia. 7 u. 8. Romanceiro portuguez, p. p. A. Hardung.
d) Ausgaben u. Erläuterungsschriften') : Adagios s. ob. S. 591
Z. 16 v.o. — Aelteste poetische Denkmäler s. Liederbücher. Ael-
teste Prosadenkmäler. Einige derselben (A Vida de Eufrosina, Vida
de Maria Egipcia, Extractos d'um tratado de devocäo) sind herausgegeben
von J. CoRNU, in: Rom. XI 357 — d'Almeida, Novellist, s. Brockhaus'
Catalog, p. 95 — Amadis, s. oben S. 341, 548 u. 555; vgl. ausserdem:
Th. Braga, Sobre a origem portugueza do Amadis de Gaula, in: Riv. di
filol. rom. I 179 — de Amor im, Verf. zahlreicher Romane, Novellen u.
Dramen; ausserdem: Garrett. Memoriasbiographicas. Vgl. S. 593 A. u. Brock-
haus' Catalog, p.95 — Aranjo, Joaquim, vgl. C. v. Reinh.ardstöttner,
in: »Auf der Höhe«. Bd. IX 141 — Auto do dia de Juizo no quäl fallam as
seguentes figuras : S. Joäo, Nossa Senhora, S. Pedro, S. Miguel, um Sera-
phina, Lucifer, Satanaz, David, Absaläo , Urias, Caim, Abel, Dalila, um
villäo, um tabelliäo, um carniceiro, uma regateira e um moleiro. Emenda-
da pela edicäo de 1659. Porto 1878 (No. 10 der Bibliotheca para o povo,
vgl. oben S. 592) — Bernardes, Diogo, einige Titel u. Ausgg. seiner
Werke sind bei Reinhardstöttner , Gramm, p. XIV verzeichnet — Bo-
cage. Obras poeticas, 6 Bde., s. Brockhaus' Catalog, p. 95. Th. Braga,
B. , sua vida e epoca litteraria. Porto 1876. Braga hat auch Bocage's
Obras poeticas herausgegeben. Porto 1875/76, 7 Bde. — A. Braga, Novel-
list, s. Brockhaus' Catalog, p. 96 — Th. Braga. Der ungemein vielseitige
Gelehrte Th. Br., dessen wissenschaftliche Werke an den geeigneten Stellen
citirt worden sind, hat auch mehrfache Dichtungen, bzw. Sammlungen von
solchen veröffentlicht (Folhas verdes, Torrentes, Tempestades sonoras),
8. Brockhaus' Catalog, p. 96 — Branco, Novellist; das "\'erzeichniss seiner
1) Zur Aufstellung eines derartigen Autorenverzeichnisses, wie es für
das Französische und Spanische gegeben worden ist, reichte das mir zur
Verfügung stehende bibliographische Material nicht aus.
Das Portugiesische. 595
bekanntesten Schriften in Brockhaus' Catalog, p. 96 — Camöes (s. oben
S. 5Sl>). Bibliographia Camoniana, scrvindo de Catalogo official da Ex-
posicäo Litteraria das P'estas. Porto IbSO. Bibliographia Camoniano por
Th. Braga. Lisl)oa ISSO, vgl. Ztschr. f. rom. Phil. V 136. Annuario da
Sociedade Nacional i Camoneana. Vol. I, Porto 1881. W. Stouck, C. in
Deutschland, bibliogr. Beiträge, in : Acta comparationis litterarum universa-
rum. Koloszvär [Klausenburg; 1880. J. DE V.\scon'CELLOS, C. em Alle-
manha. Paris 1 SSI. Wichtigere Ausgab en: üs Lusiadas. Lisboa 1572
(ed. princ, welcher angeblich noch im selben Jahre eine 2. folgte ; von Cr.\a.s-
BECK, Lisboa 1607 u. öfters; von M.\NOEL DK Fahi.\ y Sousa, Madrid 1639;
von dem Padre Tuomas de Aquino, Lisboa 1779/80, 5 Bde.; von Morgado
M.\TTEUS, Paris 1816 (mit werthvoUer advertencia) ; von Baureto Feto u.
G. MONTEIRO, Hamburg 1834; v. Carvalho, Lisboa 1843; v. Jose da
FONSECA, Paris 1846; die »Edicäo Rollandiana«, Paris 1S48; von *JURO-
MEXHA, Lisboa 1S69, in Bd. VI seiner Gesammtausg. (Textabdruck in Bd. 5
der Brockhaus'schen Colleccäo ; von C. v. Reinhardstöttner, Strassburg
1874/75; von Th. Braga, Porto 1880; von CoELHO, Lisboa 1880. Ueber
die Textkritik der Lusiaden , vgl. namentlich Morgado Mattevs in der
Advertencia seiner Ausg., die Bibliographica crit. de bist, e litt. I 257 S.,
C. V. Reexhardstöttner in der Einleitung zu seiner Ausg. p. UI ff. u.
Beiträge zur Textkritik der Lus. in der Bibliogr. crit. Heft 9 u. 10, vgl.
Rom. ni 127, AV. Storck in den Anmerkungen zu seiner Uebers. der Lus.
■= Bd. 5 der Uebers. sämmtlicher Gedichte), p. 379 ff. Von den Ge-
sammtausgg. der Werke C, welche also ausser den Lus. auch die lyri-
schen Gedichte u. die Dramen umfassen , sind namentlich hervorzuheben
diejenige von Juromenha (Lisboa 1860/69, 6 Bde.) u. die von Th. Braga.
Porto 1874, 3 Bde. in der Bibliotheca da Actualidade, No. 1 bis 8. Eine
Sonderausg. der in Endecasillabi verfassten h-rischen Gedichte hat Th.
Braga veranstaltet u. d. T. Pamasso de Luiz de Camöes, Porto 1880, vgl.
Ztschr. f. rom. Phil. V 493. Zu Camöes' Leben u. Werken: Die Ein-
leitungen zu den -wichtigeren Gesammtausgg. (namentlich zu der von Juro-
menha) u. zu den besseren Einzelausgg. der Lusiaden; J. Adamson, Me-
moirs of the Life and Writings of L. de C. London 1820, 2 Bde. ; F. A.
LoBO, Memoria bist, e critica acerca de L. de C. e das suas obras, in:
Hist. e Mem. da Acad. Real das Sc. de Lisboa N. S. t. VH 1821; in den-
selben Mem. t. Vn (1806) findet sich eine interessante Vertheidigung Ca-
möes' gegen die Kritik Laharpe's; F. Denis, Notice biographique et cri-
tique sur C, in der frz. Uebers. der Lus. von FOURNIER et Des.\ULES,
Paris 1841; Oliveira Martins, Os Lusiadas, ensaio sobre C. e a sua obra
em relacäo a sociedade portugueza e ao movimento da renascenca. Porto
1872; Evarlsta Leoni, Camöes e os Lusiadas. Ensaio hist.-crit.-litt. Lisboa
1872; C. V. Reinh.\rdstöttnee, L. u. C, der Sänger der Lus., eine biogr.
Skizze, Leipzig 1877, 2. Ausg. 1879; C. Lamarre, C. et les Lusiades, etude
biographique, historique et litt., suivie du poeme annote. Paris 1878;
*Th. Braga, Historia de C, Parte I: Vida de L. de C. Porto 1873, 1 Bd.,
Parte H: Escola de C. Porto 1874/75, 2 Bde.; R. BüRTON, C, bis Life
and bis Lusiads, London 1S81; M. Lemos, L. de C. Paris 1881; RagüL
38*
596 Das Portugiesische.
DE NovERY, Les Voyages de C. Paris 18S0; May, C. als Dichter u.
Krieger, in: Herrig's Archiv Bd. 49, S. 121; Helf, L. C. als Dichter, in.
Hist.-polit. Blätter 1882, S. 165; C. Michaelis de Vascoxcellos, Neues
zum Buche der camonianischen Lieder u. Briefe, in: Ztschr. f. rom. Phil.
VII 407, und: Neues zum Buch der camonianischen Elegien, ebenda VII
494 u. Vni 1. Uebersetzungen : *L. de C. sämmtliche Gedichte, zum
ersten Male deutsch von "VV. Storck. Paderborn 1880/85, 6 Bde. (Bd. 1
bis 4 incl. lyrische Gedichte u. Verwandtes, Bd. 5 Lusiaden, Bd. 6 Dramen),
vgl. Ztschr. f. rom. Phil. V 101; Uebersetzungen der Lusiaden von C. C.
Heise, Hamburg u. Altona o. J. (-wahrscheinlich 18U6); von A. Kuhn u.
C. Winkler (Theod. Hell) Leipzig 1807 (?), Nachdruck AVien 1S16; von
*J. J. C. Donner, zuerst Stuttgart 1833, vgl. Diez, Kl. A. u. R., p. 138,
von E. Booch-Arkossy, Leipzig 1854 u. 1857; von C. Eitner, Hildburg-
hausen 1869; englisch von W. J. MiCKLE, London 1798, 2 Bde., Burton,
London 1880 u. J. J. AuBERTiN, 2 Ausg. London 1884; französ. z. B. von
Duperrox de Castera, Paris 1768, u. v. Fournier et Desaules, Paris 1841;
italienisch von A. Nervi, Mailand 1882 — Cancioneiros s. Lieder-
bücher — Cantos. Th. Braga, Litteratura dos cantos populäres portu-
guezes, in: Rivista di lett. popolare t. I 117 — Castilho, s. Brockhaus'
Catalog, p. 96 — Chagas, s. ebenda p. 96 — Corvo, s. ebenda p. 96 —
De Deus, s. ebenda, p. 96 — Dias, s. oben S. 594 Z. 15 — D iniz , An-
tonio D. da Cruz e Silva. O Hyssope, poema heroico-comico, herausg.
6i. B. Paris 1817. C. V. Reinhardstüttner, Der H. des A. D. in seinem
Verhältnisse zu Boileau's Lutrin. Leipzig 1877 — Diniz, Novellist, s.
Brockhaus' Catalog, p. 96 — Epopeas. Th. Braga, Epopeas da raca
mosarabe, Porto 1871, vgl. Rom. II 369 — Garrett, s. Brockhaus' Ca-
talog, p. 95; vgl. *Amorim, G. , Memorias biographicas. Lisboa 1884, 3
Bde. — Herculano, s. oben S. 594 u. unten No. 6 — Liederbücher.
Chr. E. Bellermann, Die alten Liederbücher der Portugiesen des 13. bis
15. Jahrh.'s mit Textproben. Berlin 1840. Ueber die handschriftl. Ueber-
lieferung vgl. F. Diez, Die erste port. Kunst- u. Hofpoesie, p. 12 tf.
Der vaticanische Codex No. 4803 des Cancioneiro des Königs
Diniz. Ausgaben: von Caetano Lopez de Moura, Paris 1847 (unvoll-
ständig u. unkritisch). *I1 Canzoniere portoghese della bibl. vat. messo a
stampa da E. MoN.^ci. Con una prefazione, con facsim. e con altre illustra-
zioni. Halle 1875. (Ueber eine frühere Publication vgl. Rom. II 265; eine
Ergänzung bildet: II Canzioneiro port. Colocci-Brancuti, ed. E. Molteni.
Halle 1880.) Th. Bkaga, Cancioneiro portuguez da Vaticana. Edi9äo
critica, restituida sobre o testo diplomatico de Halle, accompanhada de um
glossario e de uma introduccäo sobre os trovadores e cancioneiros portu-
guezes. Lisboa 1878, vgl. Bibliographie der Ztschr. f. rom. Phil, für 1878
No. 1506 (F. Wolf, Studien etc. p. 700; Grüzmacher in: Jahrb. f. rom.
u. engl. Lit. VI 357; F. A. v. Varnhagen, Cancioneirinho de trovas an-
tigas de um grande cancioneiro da Bibl. do Vat. etc. Wien u. Paris 1870,
vgl. Rom. I 119; Th. Braga, ü Cancioneiro portuguez da Vaticana e
suas relacöes com outros cancioneiros dos seculos XUI e XIV, in : Ztschr.
f. rom. Phil. I 41'. Ueber einen Parallelcodex zu dem Vat. vgl. Giorn. di
Das Portugiesische. 597
filol. rom. II HS, Rom. VII 478 u. 62S. Der Cancioneiro des Col-
legio dos nobres zu Lisboa, jetzt in der Bibliothek de Ajuda
^Bibl. das Necessidades : Ausgg.: Fragmentos de hum cancioneiro inedito
que se acha na livraria do Iteal Collegio dos nobres de Lisboa. Impresso
a custa de Carlos Stuart. Paris 1S23. Trovas e cantares de um codice do
XIV seculo ou antes, mui provavelmente, o livro das cantigas do conte de
Barcellos, ed. F. A. v. Vaunhagen. Madrid 1849. Der gallicische
Cancioneiro des Königs Alfons, noch nicht herausgegeben, 3 Hdss.,
von denen zwei im Escurial u. eine in Toledo. Der Cancioneiro geral
des Garcia von Resende. Ausg.: Altportugies. Liedersammlung des
edlen G. v. R., neu herausg. v. E. H. v. K.wsleu. Stuttgart 1S4Ü 52 in
den Publicationen des litt. Vereins No. 15, 17 u. 26. iTiTO de Noroxiia,
Curiosidades bibliographicas. I O Cancioneiro geral de G. de R. com a tra-
duccäo do prologo da edi9äo de Stuttgart. Porto u. Braga 1871; Th. Bra-
GA, Poetas palacianos. Formacäo do Cancioneiro de R. Porto 1872; C. Mi-
chaelis DE Vasconcellos, Zum Canc. ger., in: Ztschr. f. rom. Phil. V 80;
*J. CoRXU, Phonologie syntactique du Canc. ger., in : Rom. XII 243). Der
Cancioneiro von Evora (Dichtungen aus der 2. Hälfte des 16. Jahrh.'s
zum Thcil in spanischer Sprache, publie d' apres le ms. original et accom-
pagne d"une notice historique et litteraire par V. E. Hakding. Lisboa 1875,
vgl. Th. Braga, in: Questöes de Litteratura e Arte portugueza (Lisboa
1881), p. 238, u. C. Michaelis de Vasconcellos, in: Ztschr. f. rom. Phil.
y 565 u. Vn 94. Vgl. auch Romanzen und Volkslieder. — Ma-
cedo, s. oben, vgl. Jahrb. f. rom. u. engl. Lit. IV 121 — Magalhäes,
s. oben S. 589. F. AVolf, Üeber Domingo Jose Goncalves de M. Ein Bei-
trag zur Gesch. der brasil. Litt. Wien 1862. Vgl. Jahrb. f. rom. u. engL
Lit. V 222 — Moraes, Francisco de, s. Palmeirim — Palmeirim
de Inglaterra, Ritterroman, verfasst um die Mitte des 16. Jahrh.'s von
Fr. de Moraes, erste erhaltene Ausg. zu Evora 1567 erschienen, eine zweite
zu Lisboa 1592, neuere Ausgg. Lisboa 1786, ebenda 1852 (Bd. 8 bis 10
einer Bibliotheca portugueza), vgl. C. MICHAELIS DE Vasconcellos, in:
Ztschr. f. rom. Phil. VI 37 u. 216. M. O. Mendes, Opusculo ä cerca de
P. de J. e de seu auctor. Lisboa 1860. *N. DiAZ de Benjumea, Diseurso
sobre el P. de J. y su verdadero autor, in : Hist. e Mem. da Acad. Real,
de Lisboa. N. S. iV, 2 — Pinto, s. Brockhaus" Cat., p. 96 — Pratica.
Ein portug. "Weihnachtsauto : Pr. de tres pastores, herausg. v. C. Michae-
lis de Vasconcellos — Queiroz, s. Brockhaus' Cat. p. 96 — Ribeiro,
s. ebenda p. 96 — Romanzen. Romanceiro pelo visconde de Almeida-
Garrett. Lisboa 1863, 3 Bde. Bd. 1 enthält eigene Dichtungen A.-G.'s).
F. "Wolf, Proben portug. u. catal. Volksromanzen, in: Sitzungsb. der
Wiener Akad. d. Wissensch., philos.-hist. Cl. Bd. 20 (1856), p. 17. Portug.
Volkslieder u. Romanzen, portug. u. deutsch mit Anmerkungen, herausg.
von Ch. f. Bellermann. Leipzig 1864. A. F. Baiuta, Cancioneiro portu-
guez. Com um juizo critico do Ch. Ribeiro. Coimbra 1866. Cancioneiro e
romanceiro geral portuguez, confeccäo e estudos por Th. Braga. Porto
1867, 3 Bde. Floresta de varios romances colligidos por Th. Braga.
Porto 1869, vgl. Rom. H 124. Romanceiro portuguez, coordinado, an-
598 -^^^ Portugiesische.
notado e aceompanhado d'uma introduccäo e d'um glossario por V. E.
Harduxg. Leipzig 1877 (Brockhaus' Collec9äo t. 7 u. 8), vgl. Ztschr. f.
rom. Phil. III l'M). Romanceiro portugais, choix d'anciens chants portugais,
recueülis et traduits p. M. DE Puymaigre. Paris 18S1. CONSIGLIEKI Pe-
DROSO, Contribuicöes para um romanceiro e cancioneiro populär portuguez,
in: Rom. X lOü. Romanceiro do archipelago da Madeira, colligido e pu-
blicado por A. 11. de Azevedo. Funchal 1880, vgl. Rom. XII 014. A.
CoELHO , Romances sacros , oracöes e ensalmos populäres do Minho , in :
Rom. III 263 , und : Romances populäres e rimas infantfs portuguezes in :
Ztschr. f. rom. Phil. III 61 u. 192; J. Leite de Vasconcellos, Versäo
portugueza do romance populär de Jean Renaud, in: Rom. XI 585. Vgl.
auch Cantos, Liederbücher u. Volkslieder — Sa de Miranda,
s. oben S. 586. Obras Lisboa 1784. Neue krit. Ausg. besorgt von C. Micha-
elis Vasconcellos. Halle 1885. Th. Braga, Hist. dos Quinhentistas, s. ob.
S. 593 — Soropita, Lobo Fernäo Rodrigues, Poesias e prosas ine-
ditas p. com uma prefacäo e notas de C. C. Branco. Porto 1868 — Thea-
ter. Braga, Hist. do Th. p. , s. oben S. 593 — Trovadores. Braga,
Trovadores galecio-portuguezes. Porto 1871 — Silva, Ignacio de S.
Alvarenga. Obras poeticas coUegidas, annotadas etc. por J. N. de SOUZA
Silva. Rio de Janeiro 1864 — Vicente, Gil, Obras, nova edicäo etc.
por J. V. Barreto Feig e J. G. Monteiro. Hamburg 1834, 3 Bde. Obras
completas, Lisboa 1843. Vgl. F. Wolf's Artikel über G. V. in Ersch u.
Gruber's Encyklopädie ; vgl. auch Braga, Hist. do Theatro port. , Bd. I
(s. ob. S. 586) — Volkslieder. Port. Volkslieder etc. herausg. von Cn.
F. Bellermann. Leipzig 1861 (s. oben unter Romanzen). Th. Braga, Can-
tos populäres do Archipelago A9oriano. Paris 1869, vgl. Rom. II 124.
Volkslieder der Portugiesen u. Catalanen in freien Nachbildungen von
M. Waldstein. München 1865.
6. Zur portugiesischen Geschichte: ColleC9äo de livros inedi-
tos de hist. port. publicados por Jose Correo de Serra. Lisboa 1790/93, 3
Bde. — Portugaliae monumenta historica. Olipone 1860 fF. — J. Sotjsa,
Bibl. historica. Lisboa 1801, und: Documentos arabicos para a hist. port.
Lisboa 1790 — *D. Barbosa, Bibl. Lusit. hist, crit. et chronologica, na
quäl sc comprehende a noticia dos autorcs portuguezes e das obras que
compuseräo. Lisboa 1741 59, 4 Bde. — C. FlGANlERE, Bibliographia hist.
port. ou catalogo methodico dos autores port. e de alguns estrangeiros
domiciliarios em Portugal, que tractaram da historia civil d'estes reinos e
seus dominios. Lisboa 1850 — Pinto de Sousä, Bibl. hist de Portugal e
seus dominios ultramarinos. Nova edi9äo p. p. A. DO Cajo. Lisboa 1801
— Telles da Silva, Receusio scriptorum hist. Lusitanae lingua Lusitana,
in seiner Hist. acad. Reg. Lusitanae. Lisboa 1727 — A. Hehcvlano, Hist.
de Portugal desde o come9o da monarchia ate o fim do reinado de Affonso
IIL 3^ ed. Lisboa 1863, Hist de Portugal. Lisboa 1849,54, 4 Bde., und:
Hist. da origem e estabelecimento da inquisicäo em Portugal. Lisboa 1863
— H. ScH.iFER, Geschichte von Port. Hamburg u. Gotha 1836/54, 5 Bde.
Das Italienische. 599
Fünftes Kapitel.
Das Italienische.')
§ 1. Bemerkungen über das Sprachgebiet des
Italienischen.
1. Das Sprachgebiet des Italienischen setzt sich aus fol-
genden einzelnen Bestandtheilen zusammen: ai das Königreich
Italien (s, u. No. 2) ; b) das südliche Tirol; c) der schweizer
Canton Tessin ; d) die politisch zu Frankreich gehörige Insel
Corsica. (Dagegen gehören Nizza und Monaco nicht zu dem
italienischen , sondern zu dem provenzalischen Sprachgebiete.
Das ffanz eisrenartise Idiom, das von der einarebornen Bevöl-
kerung Malta's, Gozzo's und Comino's. soweit dieselbe nicht
italianisirt ist, gesprochen wird, fällt ausserhalb des italieni-
schen Bereiches.)
Ausserdem ist das Italienische unter den gebildeteren
Classen der Bevölkerung von Görz, Istrien (Triest) und Dal-
matien und als Handels- und Verkehrssprache in der ganzen
Levante viel verbreitet. Dagegen besitzt das Italienische kein
zusammenhängendes coloniales Sprachgebiet ausserhalb Europa's.
2. Das Königreich Italien erfreut sich einer fast völligen
Spracheinheit. Unterbrochen wird dieselbe nur im Süden
(Apulien, Calabrien, Sicilien) durch einige kleine albanesische
und romaische neugriechische) Sprachinseln 2] , welche durch
vor den Türken flüchtende Albanesen und Griechen entstan-
den sind, durch einen catalanischen Bezirk auf Sardinien und
durch einige mehr oder weniger slavische Ortschaften im Udi-
nesischen (Friaul). Ueber die deutschen 13 und 7 Gemeinden
im Yeronesischen und Yicentinischen s. No. 4. Die Italiani-
1, Meine Absicht und mein Wunsch war, das Italienische mit ähn-
licher Ausführlichkeit zu behandeln , wie ich es bezüfjlich des Französi-
schen gethan. Leider gestattet mir die Rücksicht auf den Kaum für jetzt
die Verwirklichung meines Vorhabens nicht. Bei einer etwaigen zweiten
Ausgabe meiner Encyklopädie werde ich aber durch eine etwas veränderte
Anlage des Werkes Sorge dafür tragen, dass für das Italienische der an-
gemessene Raum verfügbar bleibe.
2) Vgl. MoKOSi, I dialetti romaici del mandamento di Bova in Cala-
bria, in: Arch. glott. ital. IV 1.
600 D^s Italienische.
sirimg sämmtlicher fremdsprachlicher Gebiete Italiens ist nur
eine Frage kurzer Zeit.
3. Im südlichen Tirol rückt die italienische Sprache, das
Deutsche verdrängend, immer weiter nach Norden vor und hat
gegeuAvärtig nahezu Botzen erreicht, jedenfalls aber das Trentino
fast völlig in Besitz genommen. Die Bestimmung der Sprach-
grenze ist nicht nur schwierig, sondern selbst vielfach un-
durchführbar, da in einzelnen Bezirken Deutsch und Italienisch
noch im Kampfe mit einander begriffen sind und die ganze
Entwickelung zu irgendwelchem endgültigen Abschlüsse noch
nicht gelangt ist. Aus der sehr umfangreichen , zu grossem
Theile aber wenig zuverlässigen Litteratur über die Sprach-
verhältnisse in Südtirol seien namentlich folgende Schriften
hervorgehoben: K. Bernhardt, Sprachkarte von Deutschland,
2. Aufl., Kassel 1849, p. 34; R. Böckh, Der Deutschen Volks-
zahl und Sprachgebiet in den europäischen Staaten, Berlin
18G9, p. 143; Chr. Schneller, Deutsche und Romanen in
Südtirol und Venetien, in: Petermann's geograph. Mittheilun-
gen Bd. 23, Heft 10 (Gotha 1877), und B. Malfatti, Degli
idiomi parlati anticamente nel trentino e dei dialetti odiemi,
in: Giorn. di filol. rom. I 119. Einige weitere Angaben sehe
man in den Litteraturangaben zu § 4 des Capitels über das
Rätoromanische .
4. Bis in die Neuzeit hinein bestanden im Gebiete von
Verona und Vicenza zwei nicht unbedeutende deutsche Sprach-
inseln, nämlich: a) die dreizehn Gemeinden (tredici comuni'
bei Verona: Erbezo, Bosco, Val di Porro, Alferia, Velo, Canipo
Silvan, Azarin, Rovere di Velo, Saline, Tavernole, Badia Ca-
lavena, Selva di Progno, San Bartolomeo Tedesco; b) die sie-
ben Gemeinden (sette comuni) oberhalb Vicenza : Pe de Scala
und San Pietro d'Astico, Roccid (?), Roana, Canova u. Campe
Rovere, Asiago, Gallo, Foza, Enico nebst Lusiana, Laverda
und Vallc San Donaro. Vgl. Bkknhardy a. a. O. p. 39. Die
Frage nach dem Ursprünge und der Stammesangehörigkeit
dieser deutschen Bevölkerung ist vielfach und oft in recht
phantastischer Weise erörtert worden (so hat man z. B. da-
rin Reste der Cimbern oder Ostgothen erblicken AvoUen),
ohne dass bis jetzt eine allgemein anerkannte Lösung gefun-
den worden wäre. Für die romanische ]*hilologie liegt zu
Das ltalieni*;che. 601
einem Eingehen auf diese Frao;e um so weniorer Anlass vor,
als gesenwürtisr die ehemalig deutsche Hevölkeruntj der se-
nannten IJezirke bereits fast völlig italianisirt ist. Dasselbe
Schicksal haben einige kleinere deutsche Sprachenclaven im
italienischen Alpengebiete erlitten. Vgl. § 4 am Ende.
5. Die Bevölkerung des Königreichs Italien betrug nach
der Zählung vom 31. December 1SS4:
29073909 Einwohner.
Die Zahl der Italiener ausserhalb des italienischen Staates ent-
zieht sich einer bestimmten Schätzung Tessin hatte nach der
Zählung vom J. ISSl: 190711, Corsica nach derjenigen vom
J. ISSO: 223 455 Einwohner: die Zahl der Wälschtiroler dürfte
sich auf etwa 400 000 belaufen, und dieselbe Höhe dürfte viel-
leicht die Zahl der Italienischredenden in den österreichischen
Küstenprovinzen erreichen). Zu erwägen ist ausserdem, dass
zahlreiche Italiener als Arbeiter, Kaufleute. Künstler etc. im
Auslande leben und dass namentlich die Zahl der italienischen
Colonisten in Südamerika Chile etc.' eine verhältnissmässig
beträchtliche ist. Alles in Allem genommen darf die Zahl der-
jenigen, welche das Italienische als ihre Muttersprache reden,
vielleicht auf etwa 32 Millionen veranschlagt werden. Nicht
ausser Acht zu lassen ist hierbei allerdings die Thatsache,
dass die zwischen den einzelnen italienischen Dialecten be-
stehenden Differenzen vielfach so scharfe sind, dass die sprach-
liche Einheit zwischen den Angehörigen der betrefi'enden Lan-
destheile wenigstens praktisch nur durch die Gemeinsamkeit
der Schriftsprache hergestellt wird, ein Zustand, zu welchem
sich übrigens auch in manchen anderen romanischen Ländern
Analogien finden. (Vgl. über Dialecte und Schriftsprache un-
ten § 4.'
§ 2. Bemerkungen über die Geschichte der ita-
lienischen Sprache.
1. Die Thatsache, dass das Gesammtitalienische in allen
seinen Mundarten aus dem Lateinischen hervorgegangen ist,
setzt voraus, dass das Latein ziir Zeit, als es zum Eomani-
schen sich umbildete, über ganz Italien als herrschende ^ olks-
sprache verbreitet war. Dies war indessen keineswegs der
ursprüngliche Zustand. Es war vielmehr Italien, bevor es in
seiner ganzen Ausdehnung von den Römern unterworfen war
602 Das Italienische.
und noch geraume Zeit nachher, in eine grosse Zahl von
Sprachgebieten gespalten, unter denen das lateinische anfäng-
lich auf sehr bescheidene Grenzen angewiesen war Griechisch,
Messapisch, Oskisch im Süden, Umbrisch, Sabellisch nebst
verwandten Idiomen und Etruskisch in Mittelitalien, Gallisch,
Ligurisch, Illyrisch im Norden). Nur sehr allmählich, wenn
auch immerhin verhältnissmässig rasch, gelang es den Rö-
mern, mit ihrer politischen Herrschaft auch ihre Sprache über
die ganze Halbinsel und die dazu gehörigen Inseln zu ver-
breiten. Einzelne Idiome leisteten dem Latein hartnäckigen
"Widerstand und erhielten sich , mindestens als Sprache der
unteren Bevölkerungsclassen , bis in die Kaiserzeit hinein le-
bendig, so namentlich das Oskische und das Etruskische; das
Griechische in Unteritalien wurde von dem Latein nie völlig
überwunden, sondern erst im Mittelalter durch das Italieni-
sche verdrängt. Noch erhöht wurde, besonders in späterer
Zeit, das Sprachgewirr und zugleich auch das Nationalitäts-
gewirr im alten Italien durch die sehr erhebliche Anzahl
fremdländischer Sclaven (Geten, Thracier, Paphlagonier etc.)
und durch die aus Barbarenvölkern angeworbenen Soldtruppen.
Nichtsdestoweniger darf angenommen werden, dass in den
späteren Jahrhunderten der Kaiserzeit die lateinische Sprach-
einheit im Wesentlichen hergestellt war, jedoch kann es keinem
Zweifel unterliegen , dass das ^'olkslatein von vornherein in
den verschiedenen Gebieten, über welche es sich verbreitete,
je nach den besonderen Sprachverhältnissen, welche es dort
vorfand, auch selbst eine verschiedene Färbung annahm, denn
gewiss konnte es nicht einflusslos auf die Entwickelung des
Volkslateins sein, ob es mit einem ihm nah verwandten
Idiome, wie z. B. das Umbrische und Oskische es war, oder
aber mit einer ihm nur entfernt verwandten Sprache, wie z. B.
mit der gallischen und mess.apischen , oder endlich mit dem
(Avenigstens wahrscheinlich) nicht zu dem indogermanischen
Stamme gehörigen Etruskischen in Concurrenz eintrat. ^) So
1) Dass ein Zusammenhang zwischen den jetzigen italienischen Dia-
lecten mit den betr. italischen Volkssprachen, namentlich in lautlicher Be-
ziehung, besteht, dürfte zweifellos sein so namentlich in Bezug auf Gallo-
Italisch und Keltisch , indessen gilt es hier sich vor übertriebenen Vor-
stellungen zu hüten und alle Phantasien fernzuhalten.
I
Das Italienische. G03
waren von Anfang an die Keime zn vielfacher dialektischer
Differen/.iiruug gegeben. Hierbei ist aus allgemeinen Gründen
wahrscheinlich, dass diese allmählich eintretende Differenzi-
irunir in den Gebieten am weitesten vorschritt, in denen die
imterliegende Sprache, Aveil (wie etwa das Umbrische) dem
Latein nahestehend, der Mischung und Verquickung mit dem-
selben fähig war.
Mächtig gefordert werden musste einerseits die diabetische
Zersetzung des Volkslateins und andererseits die Entwickelung
desselben zum Eomanischeu durch den Untergang des römi-
schen Keiches und das Aufhören der lateinischen Schriftsprache
und Litteratur.
2. So bestanden zur Zeit, als Italien von den Germanen
(Herulern. Ostgothen, Longobarden) besetzt ward, eine Anzahl
halb noch volkslateinischer halb schon romanischer Dialekte
neben einander, welche aber allerdings bei aller Verschieden-
heit doch gewiss auch, schon vermöge ihres gemeinsamen Ur-
sprunges und ihrer nahen räumlichen Beziehungen zu den
Stammgebiete des Lateins, genug Gemeinsames besassen, um
gegenüber anderen volkslateinisch - romanischen Dialektcom-
plexen (z.B. dem süd- und nordgallischen) eine Art von Sprach-
einheit darzustellen.
3. Die zwischen den einzelnen Dialekten bestehende
Differenz musste wenigstens theilweise noch dadurch geschärft
werden, dass der Einlluss des Germanischen sich auf die einen
stärker, auf die anderen schAväeher geltend machte und nament-
lich eine bald mehr bald weniger erhebliche Einmischung
germanischer Elemente in ihren Wortschatz zur Eolge hatte.
Für den Süden trat hierzu noch als weiterer Anlass zu indi-
vidueller Dialektdiiferenziirung der Einfluss des byzantinischen
Griechisch und auch, was Sicilien anbelangt, des Arabischen.
4. Die Bildung einer einheitlichen, über den Dialekten
stehenden nationalen Schriftsprache begann in Italien erst spät
und gelangte nur sehr langsam zu einem Avenigstens den Avich-
tigsten ZAvecken genügenden Abschlüsse. Es erklärt sich diese
EntAA-ickelung hinreichend aus den politischen Geschicken und
aus den Kulturverhältnissen Italiens Avährend des Mittelalters.
Die italienische Litteratur beginnt mit der am sicilischen
Hofe (Palermo) der Hohenstaufen namentlich Kaiser Friedrich II.
604 l^as Italienische.
1212 bis 1250, und König Manfred 1254, bezw. 125S bis 1266)
erblübenden Lyrik (vgl. unten § 9). Diese in Bezug auf Ge-
dankeninhalt und rhythmische Form ganz unter provenzalischem
Einflüsse stehende Dichtung bediente sich für ihre Hervor-
bringungen naturgemäss des sicilianischen Dialektes, ^velcher
aber freilich damals die für ihn so characteristische Laut-
eigenart noch nicht in der jetzigen scharfen Ausprägung be-
sass, sondern dem Lateinischen sowie dem continentalen, nament-
lich auch dem centralen Italienischen noch wesentlich näher stand.
Da übrigens die des Sicilianischen sich bedienenden Dichter
zum grossen Theile nicht selbst aus Sicilien gebürtig und über-
dies meist des Provenzalischen und des Lateinischen kundig
waren, so ergab sich daraus, als natürliche Folge, dass der für
litterarische Zwecke gebrauchte sicilianische Dialekt sich ab-
schloss und eine Form annahm , welche ihn auch für Nicht-
sicilianer verständlich machte. So hörte der Dialekt auf Dialekt
zu sein und begann die Stellung einer für die gesammte Nation
brauchbaren und gültigen Schiiftsprache einzunehmen. Schon
Dante (de vulg. eloqu. XVI 33 ed. Giuliani) konnte von dem
[idioma] vulgare illustre [cardinale , aulicum . curiale] sagen :
»in qualibet redolet civitate, nee cubat in ulla.«
In der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts wurde Mittel-
italien (Arezzo, Florenz, Bologna) Sitz der jungen italienischen
Litteiatur und hierdvu'ch war bedingt, dass deren Sprache sich
mehr und mehr dem Mittehtalienischen annäherte. In be-
sonders nahe Beziehung aber trat die Litteratursprache zu der
Mundart von Florenz in Folge der hohen Bedeutung, welche
seit Ausgang des 13. Jahrhunderts diese Stadt für das politische
und mehr noch für das geistige Leben Italiens erlangt hatte
und, wenn auch in allmählich sich schwächendem Grade, bis
in die Neuzeit hinein behauptete.
Die drei grossen Dichter des 14. Jahrhunderts — Dante,
Petrarca und Boccaccio — , welche der italienischen Litteratur
zuerst einen wirklich nationalen Charakter und doch zugleich
auch universale Bedeutung verliehen , gehörten durch Geburt
oder doch durch Abstammung Florenz an. Durch ihre Werke
wurde für alle Folgezeit der italienischen Schriftsprache das
Gepräge der toscanischen, der florentiner Eigenart aufgedrückt.
5. So innig aber auch das Verhältniss zwischen Schrift-
Das Italienisclie. 605
spräche und flürentiuer , l)cz^v. toscauischer Mundart sich ge-
staltete, so wurde es doch kein so inniges, dass jede Scheidung
zwischen beiden Spracht'ormen geschwunden und der JJegrift"
»Toscanisch Florentinisch;« mit dem HcgrifFe »Schriftitalienisch«
identisch geworden wäre. Ganz abgesehen davon, dass aus
allgemeinen Gründen wohl überhaupt niemals die Sprache
einer einzelnen Stadt oder Landschaft schlechthin zur Litteratur-
sprache eines ganzen grossen Volkes zu werden vermag *), zu-
mal wenn dieses letztere, wie das Italienische im Mittelalter,
in eine Vielheit von Einzelstaaten zerfällt, so waren in Italien
noch besondere Factoren wirksam, um die Schriftsprache trotz
ihres engen Zusammenhanges mit der toscanischen , bezw.
florcntiner Mundart doch mit der letzteren nicht zusammen-
fallen zu lassen. Erstlich war von Bedeutung schon der Um-
stand gewesen, dass die oben genannten Begründer der National-
litteratur, und unter ihnen besonders wieder Petrarca und
Dante, einen grossen Theil ihres Lebens in unstäten Wande-
rungen fern von Florenz verbrachten und somit schon durch
die äusseren Verhältnisse veranlasst waren, ihre heimathliche
Mundart im Verkehre mit Anderssprechenden abzuschleifen
und, wenn auch unbewusst, Elemente aus andern Dialekten in
die Sprache ihrer Dichtungen aufzunehmen. Vielleicht noch
wichtiger war, dass dieselben drei Männer nicht nur Dichter,
sondern auch Gelehrte und in dieser Eigenschaft des Lateins
vollkommen mächtig waren, ja ihren Ruhm vor Allem durch
ihre lateinischen Schriften zu begründen vermeinten. Die
Folge davon musste sein und war thatsächlich, dass sie, wenn
italienisch schreibend, an das Lateinische sich anlehnten, ihm
Worte und Constructionen entnahmen, von dem Geiste seiner
Stylistik sich durchdringen liessen. So wurde das Schrift-
italienische latinisirt, namentlich in seiner Prosa, da diese
naturgemäss sich den lateinischen Normen bequemer fügte, als
die schon durch den accentuirenden llhythmus mehr geschützte
1) Auch in Frankreich und England ist die Mundart von Isle de France
(Paris], bzw. von Middlesex (London) nicht schlechthin zur nationalen
Litteratursprache geworden, ebenso wenig in Deutschland das Obersäch-
sische Meissnische; . Auch im alten Griechenland, dessen sprachliche Ent-
wickelung sich am ehesten mit derjenigen Italiens vergleichen lässt, war
das Schriftattische und die attische Volkssprache nicht durchaus identisch.
Es ist vielmehr eine Schriftsprache immer das Ergebniss eines Compromis-
ses und Ausgleiches zwischen mehreren concurrirenden Mundarten.
606 Das Italienische.
Poesie. Wer Boecaccio's Decamerone oder Filocolo gelesen
hat , weiss wie die Sprache dieser Dichtungen durchsetzt ist
mit lateinischen Participial- und Accusativ- cum- Infinitiv-
constructionen und wie namentlich der rhetorische und lang-
athmige Periodenbau auf Schritt und Tritt an denjenigen
Cicero's und Seneca's erinnert. Durch solche Latinisirung
aber wurde selbstverständlich die Schriftsprache von der floren-
tiner Volkssprache erheblich abgedrängt und entfernt. Ja, eine
Zeit lang (im fünfzehnten Jahrhundert) konnte es scheinen,
als werde die Schriftsprache zu einem halblateinischen Ge-
lehrtenjargon werden, so dass damals und selbst noch später-
hin, so lange neben der italienischen eine lebenskräftige
lateinisch-humanistische Litteratur blühte, die Frage allerdings
wenigstens theoretisch berechtigt war, ob es nicht, statt zwei,
nur gradweise von einander geschiedene Litteratursprachen
neben einander zu brauchen, Vernunft- und sachgemäss sei,
auf die litterarische Verwendung des Italienischen überhaupt
zu verzichten und das Latein wieder zum Kang der einzigen
Schriftsprache zu erheben. Praktisch freilich erwies sich die
Verwirklichung derartiger Gedanken als durchaus unmöglich,
denn es sträubte sich dagegen das seit den Tagen Dante's
und Petrarca's mächtig gehobene Nationalgefühl, und von ent-
scheidender Bedeutung war der Umstand, dass das Latein, so
nahe es auch dem Schriftitalienischcn stand, dieses letztere
doch nimmermehr ersetzen konnte als bequemes und allen
Zwecken gerecht werdendes Verständigungsmittel für alle An-
gehörigen der Nation. Dieselben Umstände aber, welche der
Erhaltung der nationalen Schriftsprache günstig waren, bewirk-
ten gleichzeitig ihre relative Loslösung von ihrer florentiner
liasis. Denn indem eben die Schriftsprache mehr und mehr
zu einem nationalen Gemeinbesitze und geistigen Verkehrs-
mittel ward, wurde sie auch genöthigt, einerseits den ihr ur-
sprünglich anhaftenden localen Charakter insoweit abzustreifen,
als er ihre Allgemeingültigkeit beeinträchtigte, und andrerseits
den Dialekten ausserhalb Toscana's wenigstens soweit Einfluss
auf ihre fernere Entwickelung zu gestatten, als dies zur Er-
langung der Allgemeingültigkeit nothwendig war. Beides war
um so unvermeidlicher, als Florenz zwar die Hegemonie, aber
keineswegs eine Alleinherrschaft in der Cultur- und Litteratur-
Das Italienische. 007
entwickclting Italiens liesass und durchaus niclit den andern
italienischen Metropolen gegenüber eine so unbedingt be-
stimmende Kulturmachtstellung einnahm , wie etwa Paris in
dem centralisirten Frankreich. Neben Florenz waren vielmehr
noch Venedig, Mailand, Kom, Neapel und andere Städte an
der Förderung der Kenaissanscultur betheiligt; ja alle die
kleinen Fürstenresidenzen , in denen , wie in Ferrara oder
Urbino oder Pesaro, ein kunstsinniges Fürstengeschlecht für
kürzere oder längere Zeit eine geistig strebende und regsame
Gesellschaft um sich zu sammeln vermochte, waren zugleich
ebensovielc Bildungscentren und Stätten litterarischen Schaffens.
Dazu kam die Wanderlust der Humanisten und Poeten und
Künstler, durch welche etwa der Florentiner nach Venedig oder
Neapel und wieder etwa der Venetianer oder Neapolitaner
nach Florenz geführt ward und somit die Angehörigen der
verschiedensten Dialektgebiete durcheinander gemischt wurden.
Das musste eine Abschleifung der Schriftsprache zur uoth-
wendigen Folge haben. Aehnlich wirkte der immer lebendiger
Mcrdende diplomatische Verkehr zwischen den italienischen
Einzelstaaten, zumal da er mehr und mehr neben dem Latein
sich auch des Italienischen zu bedienen begann. Von beson-
derem Einflüsse war in dieser Beziehung der weit ausgedelmte
diplomatische Organismus der päpstlichen Curie.
Unter der Einwirkung der angedeuteten Verhältnisse bildete
sich dann die italienische Schriftsprache zu einer Sprachform
aus. welche, ohne ihren toscanischen und speciell florentiner
Ursprung zu verleugnen, doch über die Schranken eines localen
Dialektes sich weit erhebt und an keine Oertlichkeit gebunden
ist. Von allen Gebildeten verstanden, gesprochen und ge-
schrieben, ist das Schriftitalienisch doch nirgends Volkssprache,
es ist vielmehr eine Art idealer Nationalsprache, welche stets
dann angewandt wird , wenn es um ideale Bestrebungen und
um Dinge von nationaler Bedeutung sich handelt, während in
der Realität des gemeinen Alltagslebens auch der Gebildete
sich gern seines heimathlichen Localdialektes bedient. (Vgl.
auch unten § 4, No. 1).
Die theoretische Feststellung des Verhältnisses zwischen
Schriftsprache und florentiner Mundart ist seit dem 16. Jahr-
hundert bis zur Gegenwart das Object vielfacher Erörterungen
608
Das Italienische.
und lebhafter litterarischer Streitigkeiten gewesen , die in
wissenschaftlicher Beziehung mitunter fruchtbar, weit öfters
aber herzlich unfruchtbar sich erwiesen und practisch nicht
selten zu bedauerlichen Einseitigkeiten geführt haben. (Näheres
in § 3).
6. Im Wesentlichen ist das Italienische , seitdem unter
Einwirkung der latinisirenden Renaissancetendenz seine Schrift-
sprachform sich ausgebildet hat, in seiner Entwicklung durch
fremdsprachlichen Einfluss nicht erheblich gestört worden. Die
von Ende des 17. bis gegen Ende des 18. Jahrhundert's herr-
schende Gallomanie hat zwar eine Menge französischer Worte,
Redewendungen und Constructionen in die Sprache eindringen
lassen, aber doch, da diese Fremdlinge wenigstens aus der
besseren litterarischen Sprache wieder ausgewiesen worden
sind (das gewöhnliche Zeitungs- und Romanjargon ist freilich
noch viel damit belastet) , bleibenden Nachtheil nicht herbei-
geführt.
7. Mit der in Italien erblühten Renais sancecultur ver-
breitete sich im 15. und mehr noch im 16. und 17. Jahr-
hundert auch die italienische Sprache über die Länder des
westlichen, zum Theil auch des nördlichen Europas und er-
langte zeitweilig eine ähnliche internationale Bedeutung , wie
sie später das Französische besessen hat. Die zahlreichen Be-
nennungen für Begriffe des Heerwesens, des Handels, der
Musik, der Technik etc., welche das Französische, das Eng-
lische, das Deutsche etc. dem Italienischen entlehnt haben,
legen noch jetzt Zeugniss von der früheren internationalen
Stellung dieser Sprache ab.
Litteraturangaben. Eine Geschichte der ital. Sprache ist noch
nicht geschrieben worden. Dagegen ist die Frage nach der Entstehung
der Schriftsprache vielfach Gegenstand der Behandlung gewesen, nament-
lich auch in neuester Zeit. Die einschlägigen hervorragendsten Schriften
sind die des früh verstorbenen N. C.vix, La formazione degli idiomi let-
terari, in ispecie deU' italiano dopo le ultime ricerche, in: Nuova Antol.
1874 Sept., vgl. Rom. IV 140; Die Streitfrage über die ital. Spr., in der
von Hillcbrand herausgegebenen Italia III 121, und namentlich: *Le Ori-
gini della lingua poctica italiana. Florenz 1880, vgl. Nuov. Antol. 15. Febr.
1881, Ztschr. f. rom. Phil. IV 61Ü. (Dagegen behandelt Caix' Aufsatz: Le
alterazioni generali nella lingua italiana, in der Kiv. di filol. rom. II "1,
specielle lautgeschichtliche Dinge.) Treffliche Gedanken über das Ver-
hältniss der Schriftsprache zu den Volks sprachformen hat AsCüLl in dem
Das Italienische. G09
Proemio zu Bd. I seines Archivio ausgesprochen. Eine gute Zusammen-
fassung der Geschichte des Streites über die Sprache hat U. Canello in
seiner Storia della lett. ital. nel sec. XVI (Mailand 1880) , p. 318 ff., ge-
geben.
Ausserdem seien noch folgende Schriften genannt: A. Glori.\, Uol
Vulgare illustre dal sec. VII fino a Dante. Venedig 1880, vgl. Propugn.
XUI 293, Rom. IX 405, Korn. Stud. V 71Ö, Nuov. Antol. XXI T'JO (das
Buch ist in seiner Weise interessant und nicht ohne Werth) , und : Vol-
gare illustre nel uso e proverbi volg. dell' 1200. Venedig 1885, vgl. Prop.
XVIII 1, 463 — Baudi DI Vesme, La lingua ital. e il volg. toscano, in:
Prop. VII 1874) 2, p. 1 u. Vm (1ST5), p. 1, vgl. Rom. V 500, und: Di
Gherardo da Firenze e di Aldobrando da Siena, poeti del sec. XII e della
origine del volgare illustre ital. Turin 180G (B. di V. steht, da er an die
Aechtheit der Urkunden von Arborea u. dgl. glaubt, auf einem ganz un-
haltbaren Standpunkte, immerhin aber sind seine Schriften Icsenswerth) —
TosELLI , Origine della ling. ital. Con un dizionario gallo-italico etc. Bo-
logna 1881, 3 Bde. — L. Gelmetti, La ling. parlata di Firenze e la ling.
lett. d'Italia. Mailand 1ST4 — V. Pagaxo, Dell' antichitä della ling, ital.,
in: Prop. XI 2, p. 3, Origini e vicende della ling. ital. XII 1, p. S, DeUa
formazione delle ling. it., ibid. XII 2, p. 3, vgl. auch XIII 4 u. 5, XV 1,
p. 5 u. 27 — F. Demattio, Origine, formazione ed elementi della ling.
ital. 2a ed. Innsbruck 1S78 — C. v. Reinhardstöttxer, Die ital Spr.,
ihre Entstehung aus dem Lat. etc. Halle 1869 — V. Gasser, Abstammung
der ital. u. frz. Spr. u. ihr Verhältniss zur lat. Schriftspr. Samen 1880.
Progr. der Kanton-Lehranstalt.
Vgl. auch die Litteraturangaben zu § 3 und 4.
§ 3. Bemerkungen über die Geschichte der italie-
nischen Philologie.
1 . Mittelalterliche grammatische und lexikalische Tractate,
wie "nir sie für das Französische und Provenzalische besitzen,
fehlen für das Italienische : die grammatische Behandlung der
Sprache beginnt vielmehr erst im 16. Jahrhundert (vgl. unten
in den Litteraturangaben das Verzeichniss der ältesten und
älteren Grammatiken) . Nichtsdestoweniger reicht die Ge-
schichte der italienischen Philologie bis in das 13. Jahrhundert
zurück, denn ihr Begründer ist kein Geringerer, als Dante.
Dante' s Schrift >De vulgari eloquentia« (diese Form des
Titels ist der gewöhnlicheren »de vulgari eloquio« vorzuziehen,
vgl. d'Ovidio im Arch. glott. ital. II 62) mag in ihrer schola-
stischen, den modernen Leser seltsam anmuthenden und viel-
leicht selbst anwidernden Form wunderlich luid abstrus er-
scheinen, ihrem Inhalte nach ist sie doch, zumal für ihre Zeit,
eine hochbedeutende Leistung. Dante begnügt sich in ihr
Körting, Encyklopädie d. rom. Phil. UI. 39
610 Das Italienische.
nicht mit der Erörterung der Frage nach dem Ursprünge und
der Verwendbarkeit des »Vulgarea (d. h. der allgemeinen na-
tionalen Schriftsprache) und nach dem Verhältnisse desselben
zu den Einzeldialecten, sondern er greift weiter aus und forscht
nach dem Ursprünge und dem Wesen der Sprache überhaupt;
ausserdem giebt er im 2. Buche eine Art Abriss der Rhythmik
und Poetik. So darf das Werk mit Fug und Recht als das
Erstlingserzeugniss der modernen philologischen Wissenschaft
überhaupt und der mit italienischer Sprache sich beschäftigen-
den insbesondere betrachtet werden.
Aber noch in anderer Weise ist Dante der IJegründer der
italienischen Philologie geworden. Seine Dichtungen . be-
sonders aber die Divina Commedia , waren , w-eil durch und
durch allegorisch, schon den Zeitgenossen nicht ohne AVeiteres
verständlich, sondern forderten dringend sachkundige Erklä-
rung. Dante selbst hatte dies Bedürfniss in Bezug auf einzelne
seiner Canzonen empfunden und ihm genügt, indem er für
einige derselben in der Vita Nuova eine Interpretation gab.
Und kaum war die Divina Commedia veröffentlicht, als die
gelehrte Erklärung derselben begann. Einer der ersten und
bedeutendsten Commentatoren war Boccaccio, in dessen (un-
vollendetem) Commentare unter vieler gelehrter Spreu auch
manches Goldkorn zu finden und jedenfalls ein ehrliches
Streben nach philologischer Methode nicht zu verkennen ist.
Der durch Dantes Dichtung wachgerufene Sinn für philo-
logische Interpretation fand einen bleibenden und sehr be-
zeichnenden Avisdruck in der Errichtung eines besonderen
Lehrstuhles für die Erklärung Dante's zu Florenz (1373), dessen
erster Inhaber eben Boccaccio war.
Gleichzeitig mit der philologischen Interpretation begann
die Litteraturgeschichtsschrcibung, Avenn auch zunächst in der
bescheidensten biographischen Form. Die grossen Heroen der
erstehenden classischen Litteratur fanden bald nach ihrem Ab-
leben begeisterte Biographen — auch hier eröffnet Boccaccio
die Reihe mit seiner doppelten (?) Dante- Vita : bald aber wur-
den aiich höhere Ziele erstrebt, wennschon niclit erreicht:
Filippo Villani versuchte gegen Ende des 1-1. Jahrhunderts in
der Form eines Cyclus von Biographien eine florentiner Lit-
teratur- und Gelehrtensreschichte zu schreiben.
Das Italienische. 61 1
2. Hatte das 14. Jahrhundert die italienische Piiilologie
mindestens hinsichtlich einiger Disciplinen geschaffen, so führte
das 15. Jahrhundert diese Schöpfung nicht weiter, sondern
wandte sein Sinnen und Streben mehr der den Sprachen des
Alterthunis hehandehulen Philologie zu. Erst im IG. Jahr-
hundert begann das Interesse für die theoretische Erörterung
sprachlicher auf das Italienische hezüglicher Fragen wieder zu
erwachen und zugleich wurde damals mit dem Aufbau der
systematischen Grammatik und mit der Regelung der Ortho-
graphie begonnen. In letzterer Beziehung erwarb sich nament-
lich Trissino das Verdienst des reformatorischen ^'orgehens,
wenn auch manche seiner, mitunter etwas unpraktischer, Vor-
schläge nicht durchgedrungen sind ^so z. B. der Vorschlag,
e und o durch e und w, ch durch k. palatalisirtes / durch Ij zu
bezeichnen; dagegen haben z. B. die von ihm befürwortete
Scheidung zwischen ^ und /, u und v und die Bezeichnung
von assibilirtem t durch z Annahme gefunden).
Mit besonderer Lebhaftigkeit entbrannte aber der Streit
imi l^eschaffenheit und Namen der nationalen Schriftsprache.
Zwei Parteien namentlich standen sich hier gegenüber; die
eine (hauptsächlich durch Trissino vertreten; für die »lingua
parlata«, die andere (deren bedeutendester Vorkämpfer Varesi
war) für die »lingua fiorentina« kämpfend, die eine behauptend,
dass der allgemeinen nationalen Sprache der Name der »ita-
lienischen« gebühre und dass für sie in Bezug auf Wortschatz
und Aussprache lediglich das Urtheil und der Geschmack der
Gebildeten, nicht aber der Dialect von Florenz massgebend
sein könne und müsse; die andere dagegen fordernd, dass die
nationale Sprache , weil von Florentinern geschaffen , auch
florentinisch heissen und bleiben müsse und folglich nicht
hinausgehen dürfe über das, was durch den florentiner
Sprachgebrauch, in Sonderheit durch den der Trecentisten, be-
stimmt werde. Die Fehde, über deren Einzelheiten unten in
den Litteraturangaben Andeutungen gemacht werden sollen,
wurde mit einer Leidenschaftlichkeit geführt , welche beide
Theile über das richtige Ziel hinausschiesscn und gelegentlich
in arge Excentricitäten verfallen liess. Jede der beiden Par-
teien hatte zum Tlieil das Recht aiif ihrer Seite, aber eben
nur zum Theile. War es von den Vertretern der lingua par-
39*
612 Das Italienische.
lata durchaus richtig gehandelt, das Recht einer lebenden
Sprache auf unbehinderte, durch keine localdialectische Eng-
herzigkeit gehemmte Entwickelung hervorzuheben, so über-
sahen sie doch zu sehr, dass jede Litteratursprache fester und
bestimmter, durch die Litteratur selbst gegebener Normen be-
darf und dass diese Normen für das Italienische damals eben
nur in den Werken der grossen Florentiner als der damaligen
einzigen italienischen Classiker gefunden werden konnten, dass
es mithin verfehlt -svar , schlechtweg die Unabhängigkeit der
Schriftsprache von der fiorentiner Mundart zu fordern. Der
Einzige, der im gemässigten Sinne sich aussprach und auf die
durch sprach- und litterargeschichtliche Nothwendigkeit eines
Compromisses zwischen der lingua parlata und der lingua
fiorentina hinwies sowie auch sehr richtig bemerkte, dass be-
reits die Sprache der Trecentisten auf einem derartigen Com-
promisse beruhe, war der geistvolle Cardinal Bembo. ^) Aller-
dings aber fasste Bembo den Begriff der lingua parlata in
einer so engen Weise auf, dass er für ihn thatsächlich mit
der Sprache der Trecentisten wdeder zusammenfiel. Der wirk-
lich im Munde des Volkes lebenden Sprache erkannte er
keinerlei Hecht der Einwirkung auf die Litteratursprache zu,
die letztere sollte sich vielmehr seiner Anschauung nach in
vornehmer Classicität von der ersteren abschliessen und fern-
halten. Die Kluft zwischen Bembo und den Vertheidigern des
starren Trecentismus ist demnach , praktisch genommen , gar
nicht gross.
Theoretisch wurde der Sprachstreit, wie meist derartige
Principienstreite , zu keinem abschliessenden und Alle be-
friedigenden Austrage gebracht. Praktisch aber verblieb für
geraume Zeit den Florentinern der Sieg; dass nur das fioren-
tiner Toscanisch, sowie es bei den Trecentisten zu finden,
1) U. Cankli.O, a. a. O. p. 322, fasst Bembo's betr. Ansicht folgen-
dermassen zusammen: »11 Vulgare, per liii, e una corruzione del latino
classico, corruzione dctcrminata dalla immigrazione de' Barbari. A Firenze
e in Toscana questa corruzione sarebbe stato meuo profunda, e perö ivi
risorse una lingua letteraria, succedanea del latino. Ma alla costituzione
di questa nuova lingua non hanno contribuito solo i Fiorentini; in essa
vi sono molte voci provenzali, ed alcune dell' Italia meridionale; essa,
adunque, e il portato non tanto dun municipio italiano, quanto degli scrif-
tori dun dato municipio, i quali attingevano materiali anche fuori della
parlata natia.«
Das Italienische. Gl 3
correctes Italienisch sei \un\ dass diesem allein und ausschliess-
lich die Schriftsprache Kegel und Muster entnehmen müsse,
wurde feststehendes litterarisches Dogma. Damit aber wurde
die Litteratursprache zu einem künstlichen und todten Idiome
verknöchert, eine mehr vermeintliche als wirkliche Classicität
ihr aufgezwungen , die Möglichkeit natürlicher Entwickelung
ihr geraubt und die Verbindung zAvischen ihr und dem leben-
digen Volksthume zerstört. Dass dieser klägliche Zustand nur
eintreten konnte, aber auch eintreten musste, weil etwa von
Mitte des 16. Jahrhunderts ab die ganze italienische Renaissance-
cultur und -litteratur zu dem steifen und manierirten Kococo
zusammenschrumpfte, bedarf nicht erst der Bemerkung.
Wie in Frankreich, aber erheblich früher als dort, fand
der sprachliche Pseudoclassicismus seinen schärfsten Ausdruck
und zugleich seine nachhaltigste Stütze in einer gelehrten Ge-
sellschaft, welche, 1540 unter dem affectirten Namen »Accademia
degli L'midiu zu Florenz gegründet, im Jahre 15S2 diese Be-
nennung mit der nicht minder pretentiösen »Accademia dei Crus-
cani«, erst später »della Crusca«, vertauschte. Und wie später
ihre französische Schwester, erachtete es auch schon diese
florentiner gelehrte Sprachgesellschaft für ihre wichtigste Auf-
gabe , den Wortschatz und die Phraseologie der Litteratur-
sprache autoritativ festzustellen. Es geschah dies durch Her-
ausgabe eines grossen, fast ausschliesslich auf toscanische Lit-
teraturwerke des Trecento sich gründenden »Yocabolario«, das
zuerst 1612 erschien und dessen fünfte Ausgabe seit 1S63 im
Erscheinen begriffen ist vgl. die Litteraturangaben zu § 6).
Die Grammatik des Trecentismus aber schuf, die Sprache des
Decamerone zur Grundlage nehmend, Lioxardo Salviati in
seinen »Avvertimenti della lingua sopra il Decamerone« (Venedig
1584—86, 2 Bde.).
3. Eine wirksame Reaction gegen den florentiner trecen-
tistischen Pseudoclassicismus trat erst gegen Ende des IS.
Jahrhunderts ein. als im Jahre 17S5 Melchior Cesarotti's Saggi
sulla filosofia delle lingue applicata alla lingua italiana« er-
schienen. Die Tendenz dieses beachtenswerthen Buches lässt
sich als eine im guten Sinne des Wortes natm-alistische be-
zeichnen. Cesarotti wollte der Litteratursprache, ohne die-
selbe von der Pflicht der Festhaltung bestimmter Normen zu
614 Das Italienische.
entbinden , das Recht einer natürlichen Fortentwickelnno^ ge-
wahrt wissen und dadurch auch die Fähigkeit zu Wandlungen,
welche den Wandlungen des Volks- und Culturlebens ent-
sprechen; besonders betonte er dies in Bezug auf den Wort-
schatz, dessen Mehrung durch die fortschreitende Cultur noth-
wendig werde, aber nur dann erfolgreich sich ausführen lasse,
wenn die Schriftsteller nicht engherzig in der Wortauswahl
seien und namentlich auch Fremdworte nicht principiell ver-
schmähen. In ]3ezug auf den letzteren Punkt war Cesarotti
wohl in Anbetracht der damaligen Zeitverhältnisse zu wenig
streng, denn gerade damals befand sich das Italienische in
der Nothlage, der Ueberfluthung durch Gallicismen sich er-
wehren zu müssen , indessen geschah ihm doch wirkliches
Unrecht , wenn er von seinen Gegnern der Gallomanie be-
schuldigt ward. An Gegnern aber fehlte es dem geistvollen
Manne wahrlich nicht, war doch der Trecentismus bereits zu
sehr zu einer festen und in gewissem Sinne auch nationalen
litterarischen Tradition geworden, für welche nicht nur alle
conservativ gesinnte, sondern auch, wenigstens in ihrer Mehr-
zahl, die national und patriotisch denkenden Männer eintreten
zu müssen glaubten. Der bedeutendeste unter den Wortführern
des Trecentismus war Antonio Cesari. So entspann sich wie-
der der Kampf der Parteien, doch a\ich jetzt gelangte er trotz
alles Hin- und Herwogens und alles Aufeinanderplatzens der
Geister zu keinem Abschlüsse.
4. In eine neue Phase trat der Sprachstreit vor einigen
Jahrzehnten ein. Zu den Trecentisten und zu den Natura-
listen gesellte sich eine dritte Partei, welche die lebende
Sprache von Toscana und in Sonderheit wieder diejenige von
Florenz für die Quelle erklärten, aus Avelcher die Litteratur-
sprache schöpfen und sich bereichern und dadurch zugleich
sich verjüngen und reinigen müsse. Der Führer dieser Partei
war kein Geringerer, als der grösste und volksthümlichste
Dichter des modernen Italiens , Alessandro Manzoni. Schon
im Jahre 1840 hatte Manzoni seine Theorie praktisch bethätigt,
indem er eine toscanisirte Ausgabe seines ursprünglich mit
manchen lombardischen Idiotismen durchsetzten Pomans »Pro-
messi Sposi« erscheinen Hess, aber erst im Jahre ISGS ver-
öffentlichte er in systematischer Form seine sprachlichen Neue-
Pas Italienische. 0 1 5
ningsfjedaukt'n (die «Proposta Munzuniana»; , für deren Ver-
wirklielum<.j er mit Erfolg die Staatsregierung zu interessiren
versuchte. Manzonis iSchwiegersolni ClioiUiiNi begann im Jahre
1S7U die Veröffentlichung eines ^ ocaholario zur Zusammen-
fassung des tlürentiner Wortschatzes; schon der Titel bekundete
durch die Form jiNovo (statt NuOvo) Vocabolario« die Horen-
tiner Tendenz des Werkes.
Gegen den also begonnenen Versuch, die gegenwärtige
Sprache einer einzigen Stadt (Florenz) oder doch einer einzigen
Landschaft ;Toscana) zur Litteratursprache der gesaramten
Nation zu machen, hat als gegen ein ebenso principiell ver-
kehrtes wie auch, wenn es gelingen sollte, unheilvolles Unter-
nehmen beredten und auf beste Gründe sich stützenden Ein-
spruch erhoben Italiens und vielleicht Europas grösster Sprach-
forscher, Giovanni Ascoli, im Proemio zum ersten Bande seines
Archivio glottologico.
5. Die durch Diez begründete romanische Philologie hat
in Italien eifrige, verständnissvollste und erfolgreichste Pflege
gefunden und zwar, wie selbstverstäudlich. mit besonderer Be-
rücksichtigung der italienischen Einzelphilologie. An allen
grösseren und selbst an manchen kleineren Hochschulen Italiens
bestehen Professuren für die junge und doch schon so mächtig
geförderte Wissenschaft, und die Namen der Inhaber der meisten
dieser Lehrstühle sind weit über Italiens Grenzen hinaus, na-
mentlich auch in Deutschland, rühmlichst bekannt, viele be-
sitzen sogar mit vollem Rechte autoritative Geltung. Es genüge
zu erinnern an den genialen G. Ascoli in Mailand s. oben) '],
A. Graf (Verfasser des grossen Werkes »Koma nelle memoria
e nelle immaginazioni del medio evo«) in Turin, A. Comparetti
(Verfasser des »V^irgilio nel medio evo«) in Florenz, A. Bartoli
Verfasser der grossen Storia della lett. ital. und vieler anderer
Schriften) in Florenz, I. del Luxgü (Verfasser des grossen
Werkes über die Chronik des Dino Compagni) in Florenz,
P. Rajna (Verfasser der Origini dell' epopea francese und
anderer auf die altfranzösische und italienische Karls- und
]) Ascoli (geb. 1829) ist der eigentliche Begründer der vergleichenden
Sprachwissenschaft, der romanischen Philologie und der wissenschaftlichen
Dialectologie in Italien. Fast sämmtliche jüngere italienische Romanisten
sind seine Schüler.
616 Das Italienische.
Rolandsepik bezüglicher Werke sowie mehrerer sprachlicher
Untersuchungen, nächst Ascoli wohl Italiens grösster Romanist) ,
d'Ancona (Verfasser mehrerer Schriften über das mittelalter-
liche religiöse Schauspiel in Italien, einer Geschichte der ita-
lienischen Volkspoesie etc.) in Pisa, E. Monaci (Herausgeber
des portugiesischen Liedercodex Vatic. etc.) in Rom, Camillo
Antona-Traversi (Biograph Boccaccio' s, Foscolo's etc.) in Rom,
Francesco d'Ovidio, (Verfasser scharfsinniger sprachlicher Unter-
suchungen sowie geistvoller litterarhistorischer EssayS; in Neapel,
R. Remer (Herausgeber der lyrischen Dichtungen Fazio degli
Uberti's, Litterarhistoriker, Uebersetzer von Th. Sundby's Buch
über Brunetto Latini) in Ancona , B . Zumbini (Verfasser treff-
licher Essays über Petrarca) in Neapel u. A. Den Italienern
darf wohl auch der gelehrte Triestiner Attilio Hortis bei-
gezählt werden , Verfasser zahlreicher und grundlegender Pe-
trarca- und Boccacciomonographien (darunter das Riesenwerk
Studj sulle opere latine di Giov. Boccacci) .
Als in den letzten Jahren verstorben betrauert die ro-
manische Philologie die hervorragenden Gelehrten N. Caix
(Florenz), U. Canello (Padua) und V. Imbriaki (Neapel). Auch
des schon vor längeren Jahren (1857) geschiedenen V. Nan-
Nucci's Andenken wird stets ehrend bewahrt werden.
Der italienischen Philologie sind, bezw. waren in Itahen
speciell folgende Zeitschriften gewidmet: 1. II Propugnatore,
studi filologici , storici e bibliografici in appendice alla colle-
zione di opere inedite o rare di vari soci della commissione
pe' testi di lingua, seit 1867 zu Bologna im Verlage von G.
Romagnoli erscheinend (bringt manche werthvolle, meist aber
höchst dilettantische und unmethodische Arbeiten; lässt auch
in Bezug auf seinen Recensionentheil viel zu wünschen übrig,
ist aber nichtsdestoweniger Jedem, der sich mit älterer italie-
nischer Litteratur beschäftigt, unentbehrlich). 2. Rivista di
tilologia romanza diretta da L. Manzoxi, E. Monaci, E. Sten-
gel. Imola u. Rom 1872/75, 2 Bde., jetzt eingegangen. 3. Gior-
nale di filologia romanza diretto da E. Monaci , Rom ohne
Jahreszahl (das erste Heft erschien 1878 im Januar), 4 Bde.,
jetzt eingegangen, aber fortgesetzt u. d. T. : 4. Studj di filo-
logia romanza pubblicati da E. Monaci, Rom seit 1884, bis
jetzt 3 Hefte. 5. Archivio glottologico italiano diretto da G. I.
Das Italienische. (517
AscoLi. Rom, Txirln, Florenz (b. Löscher), seit 1S73, bis jetzt
sind 7 Ikle. vollendet, der S.u. i). sind im Erscheinen begriffen (die
einzelnen »puntate«. aus denen die Hände sich zusammensetzen,
erscheinen durcheinander, so dass häufig, bevor ein IJand ab-
geschlossen, bereits Hefte späterer Bände aiisgegeben werden).
6. Giomale storico della letteratura italiana diretto e ridatto
da A. Graf, F. Novati , R. Remek. Turin, seit 1SS3, der
6. ]id. ist im Erscheinen begriffen.
Ausserdem erscheinen auf italienische Philologie bezüg-
liche Artikel vielfoch auch in den der Geschichte gewidmeten
Zeitschriften. Endlich bringen auch die grösseren politischen
Zeitungen, an denen Italien so reich ist, häufig in ihren
Feuilletons, bzw. in ihren belletristischen Beiblättern, werth-
volle philologische, namentlich litterargeschichtliche Essays.
Ueber die in nicht-philologischen (historischen, belletristischen
und politischen) Zeitschriften erscheinenden Artikel , welche
sich unmittelbar oder mittelbar auf italienische Litteratur-
geschichte beziehen, wird im »Spoglio delle pubblicazioni pe-
riodiche« des oben genannten Giomale storico ein sorgfältiges
Verzeichniss mit kurzen Inhaltsangaben geführt.
An kritischen Zeitschriften ist in Italien kein Mangel,
indessen fehlt gegenwärtig eine von so allgemein anerkannter
Autorität, wie sie die leider eingegangene »Rassegna settima-
nale« besass. Im x\llgemeinen ist an dem italienischen Zeit-
schriftenwesen eine zu grosse Zersplitterung und Unstätigkeit
zu beklagen, auch will es scheinen, als ob die in ihm geübte
Kritik mitunter keine völlig objective, sondern durch persön-
liche und Parteirücksichten beeinflusste sei.
Gelegentlich sei hier bemerkt, dass Italien ungemein reich
auch an belletristischen Zeitschriften (»Riviste« u. dgl.) ist,
von denen manche sich durch Gediegenheit ihres Inhaltes
auszeichnen; die empfehlenswertheste dürfte die in Florenz
erscheinende »Nuova Antologia« sein.
6. Ausserhalb Italiens, namentlich auch in Deutschland,
ist bis jetzt weit mehr das litterarische, als das sprachliche
Gebiet der italienischen Philologie wissenschaftlich bearbeitet
worden; besondere Anziehungskraft haben Dantes Divina Com-
media und die Renaissancelitteratur ausgeübt. Unter den ge-
genwärtig lebenden Romanisten Deutschlands haben sich spe-
618 Das Italienische.
ciell mit italienischer Philologie beschäftigt und auf diesem
Gebiete mehr oder weniger Bedeutendes geleistet : A. Ebekt
(Verf. eines Handbuchs der ital. Nationallitteratur) , A. Tobler
(Herausgeber einer ital. Chrestomathie und altital. Texte, Verf.
eines Essay über Baidassar Castiglione etc.) , A. Mussafia
(Herausgeber altital. Texte), A. v. Reumont (Verf. ebenso ge-
lehrter wie geistvoller Monographien über Lorenzo de' Medici
und Vittoria Colonna), K. Bartsch (Uebersetzer der Divina
Commedia) , J. Scartazzini (Danteforscher, Herausgeber des
Canzoniere Petrarcas etc.), A. Scheffer-Boichorst (Verf. von
Untersuchungen über die Aechtheit altital. Chroniken, nament-
lich der des Dino Compagni; Danteforscher), W. Förster
(Herausgeber altital. Texte), L. Geiger (Verf. einer Petrarca-
biographie) , A. Gaspary (Verf. der trefflichen Monographie
»Die sicil. Dichterschule«, Verf. einer ital. Litteraturgeschichte
[bis jetzt Bd. 1 erschienen] , G. Körtesg (Verf. einer Petrarca-
und einer Boccacciobiographie) u. A.
Von Verstorbenen ist namentlich G. Blanc's, des Ver-
fassers der immer noch besten italienischen Grammatik, und
des hochverdienten Danteforschers C. Witte zu gedenken.
Eine ausschliesslich der italienischen Cultur- und Litte-
raturgeschichte sowie dem Studium der socialpolitischen Ver-
hältnisse des gegenwärtigen Italiens gewidmete Zeitschrift gab
der ebenfalls bereits verstorbene K. Hillebrakd unter dem
Titel »Italia« heraus (Leipzig 1874/78, 4 Bde.). Eine »Viertel-
jahrszeitschrift für Cultur und Litteratur der Renaissance« er-
scheint unter der Redaction von L. Geiger seit 18S5 zu Ber-
lin. Unter dem Titel »Italienische Studien« beabsichtigt vom
1. Januar 1S87 ab G. Körting eine der italienischen Cultur-
und Litteraturgeschichte gewidmete Zeitschrift herauszugeben.
7. Der italienischen Philologie sind noch grosse und
schwierige Aufgaben gestellt. Noch fehlen ja Avissenschaft-
lichen Anforderungen genügende Darstellungen der meisten
italienischen Dialecte , und doch wird die wissenschaftliche
Grammatik des Gesammtitalienischen sich erst auf Grund der-
artiger Dialectuntersuchungen schaffen lassen. Noch fehlen
für die meisten Litteratur werke der älteren wie der neueren
Zeit wirklich kritische Ausgaben, und so lange dieser Mangel
besteht , wird die Erforschung sowohl der Sprache wie der
Das Italienische. 619
Litteratiir sich vielfach auf recht unsicherem l^oden bewegen
unil nur provisorische Ergebnisse zu erlangen vermögen.
Litteraturangaben :
a, Aeltere Grammatiken (ein Vcrzeichniss derselben bei Blanc
in der Einleitung zu seiner ital. Gramm., p. 23 tl"., : G. Fortunio, Kegole
grammaticali della volgar lingua. Ancona 1516 — NiccoLO Liburnio, Le
vulgari eleganzie. Vinegia 1521 («kein systematisches Werk, sondern nur
eine Sammlung von Bemerkungen über den Gebrauch mancher "Wörter u.
über die verschiedene Aussprache derselben.« Blan'C) — Marcantoxio
Flami>'Iü, Compendio della volgar grammatica. Bologna 1521 — P. Bembo,
Prose, s. unten b) — A. AccARlsio da Cento, La grammatica volgare.
Bologna 1536 — J. Gabriele, Regole grammaticali. Yenezia 1545 — Ri-
NALDO CoRSO, Fondamenti del parlar toscano. Yenezia 1549 (»ein ■wohl-
geordnetes kleines Werk, worin auch der erste Yersuch einer Sjiitax sich
findet.« Blanc) — Lod. Dolce, I quattro libri delle osservazioni della
volgar lingua. Yenedig 1550 öfters neu aufgelegt, zuletzt u. d. T. Com-
mentari deUa ling. ital. Libri YII, Yenedig 1581. Blan'C nennt das Werk
«unbedeutend« u. «fehlerhaft«) — Sansovixo, Le osservazioni della lingua
volgare di diversi uomini illustri. Yenedig 1562 (ist »eine brauchbare Samm-
lung, -worin sich die Prose von Bembo u. die Grammatiken von Gabriele,
Fortunio, Rinaldo Corso u. Accarisio befinden.« BlancJ — SalvL4TI, s.
unten h] — B. Buomattei, Della lingua toscana. Firenze 1643, 1714, beste
unter der Autorität der Crusca erschienene, mit Noten von Salvini versehene
Ausg. Firenze 1760, -wiederholt Mailand 1807) — Pallavicixi, A^-verti-
menti grammaticali. Rom 1661 — Daniele Bartoli, II torto e 1 diritto del
non si puö, esaminato da Ferrante Longobardi, cioe dal P. D. B. Rom
1655, vollständigste Ausg. Brescia 1622 (»ein wunderliches Buch, -worin
der Yerf. gegen die meisten Grammatiker zu Felde- zieht u. vor allen Din-
gen durch Autoritäten der besten Schriftsteller das zu rechtfertigen sucht,
-was ge-wöhnlich getadelt -wird«. Blanc , und: Ortografia italiana. Rom 1670,
Mailand 1830 — Cinonio, Osservazioni della ling. ital. Partei Forli 1685,
Parte II Ferrara 1644 also vor P. I erschienen , beste Ausg. besorgt von
L. Lamberti. Mailand l&ü9 — Aeomatari (Subasiano) , Autori del ben
parlare owero della favella nobile d'Italia, opere diverse. Yenedig 1643
(Sammelwerk, »wovon nur die ersten 6 Bde. grammatische Schriften ent-
halten«. Blanc) — Rogacci, Pratica e compendiosa istruzione a' princi-
pianti. Rom 1711 — G. GiGLI, Regole della toscana favella. Rom. 1721 —
Regole ed osservazioni di varj autori intorno alla lingua toscana. Firenze
1725 — CORTICELLI, Regole ed osservazioni deUa lingua toscana. Bologna
1745 ("diese erste regelmässige u. systematische Gramm., in welcher auch
zuerst die Sj-ntax einigermassen berücksichtigt ist, welche aber ganz auf
dem strengsten Florentinismus ruht, ist die Hauptquelle, aus welcher fast
alle späteren Grammatiker, vorzüglich auch deutsche, geschöpft haben.«
Blanc; — Soresi, I Rudimenti della ling. ital. Milano 1756 — Fr. Soave,
Granmi. ragionata della ling. ital. Milano 1816 — Gherardixi, Intro-
duzione aUa gramm. ital. Milano 1825 — Ambrosoli, Manuale della ling.
(320 l^^s Italienische.
ital. Milano 182S — Michele Ponza, Gamm. della ling. ital. Torino 1834
(»In Fragen u. Antworten, ganz unbedeutend. Die Einleitung enthält eine
ziemlich vollständige Liste aller bis dahin erschienenen gramniat. "Werke
über die ital. Spr.« Bl.'^xC;.
Die neueren Grammatiken, namentlich auch die von Deut-
schen verfassten sind unten § 6 verzeichnet.
b) Zum Sprachstreite: *Pietko Bembo, Prose nelle quali si ragiona
della volgar lingua. Libri III. Vinegia 1525 u. oft 'Dialoge. Buch I: Ur-
sprung der ital. Spr., Mundarten, Versbau. Buch II: Styl, Verse, Reim.
Buch III: Orthographie, Artikel, Pronomen, Verb, Adverb), vgl. oben S.
(>12. Dazu: LoD. Castelvetro, Ginnte alle prose di Messer Bembo. Mo-
dena 1563, vollständig Ausg. erst Neapel 1714, später meist zusammen mit
B.'s Prose herausgegeben — *Giangiorgio Trissino, 1. Epistola intomo
alle lettere nuovamente aggiunte alle ling. ital. Roma 1524 'dagegen: LOD.
Martelli, Risposta all' epistola del Tr., ohne Jahres- u. Ortsangabe, ver-
muthlich aber 1524 od. 1525 erschienen; [Angelo FiRENZUOLA?], Discac-
ciamento delle lettere etc. Roma 1524; 11 Polito di Adriani Fraxci ovvero
delle lettere nuovamente aggiunte. Roma o. J., vermuthlich 1528). 2. Dubbj
grammaticali. Vicenza 1520. 3. II Castellano, dialogo nel quäle si tratta
della ling. ital. Vicenza 1529, 4. Im J. 1529 gab Tr. auch eine Uebers.
der damals wieder bekannt gewordenen Schrift Dante's de vulg. eloqu.
heraus. Tr. vertheidigt die »lingua italiana« gegen die Florentiner; seine
grammat. Schriften findet man zusammen in Bd. 2 der Gesammtausg. seiner
Werke. Verona 1729 — (Anonym) Discorso, ovvero dialogo in cui si esa-
mina , se la lingua in cui scrissero Dante , il Boccaccio e il Petrarca si
debba chiamar italiana, toscana o fiorentina. Florenz o. J. (1527?). Der Verf.
vertheidigt die »florentinische« Sprache. — Giambi'LLARI [?], Gello ovvero
origine della ling. fiorentina. Florenz 1545 (das Floren tinische stammt von
dem Etruskischen u. dies wieder von dem Aramäischen ab, die »lingua
fiorentina e composta di etrusco antico, di greco, di latino, di tedesco, di
francese, e di qualcune altre simili a queste«) — Claudio Tolommei, II
Cesano, dialogo nel quäle si disputa del nome con cui si dee chiamar la vol-
gar lingua. Venedig 1555 (die Sprache muss »toscanisch« heissen; am besten
wird sie in Siena gesprochen) — Bexedetto Varcui, L Ercolano, dialogo
nel quäle si ragiona generalmente delle lingue ed in particolare della tos-
cana e della fiorentina. Florenz 1570, der Verf. ist fanatischer Florentiner
— GmoLAMO (HlEEONlMO) Ml'ZIO (Mütio) , Le Battaglie jjcr difesa dell'
italica lingua, und: La Varchina. Venedig 1582. Vertheidigcr des ital.
Standpunktes, insbesondere Gegner Varchi's, gegen dessen Ercolano die
Varchina gerichtet ist. — 'Leonardo Sat.viati, Avvertimenti della lingua
sopra il Decamerone. Venedig 1584/86 (unvollendete Grammatik auf Grund-
lage des Dec, der Verf. vertritt in entschiedenster "Weise den Standpunct des
Florentinismus u. Trecentismus) — Ascanio Peusio, Discorso intomo alla
conformitä della lingua italiana con le piii nobili antiche lingue e principal-
mente con la greca. Venedig 1592 (»saggio d'un ampio lavoro, in cui voleva
notare e trascegliere il buono e il meglio di tutti i diuletti provinciali per
arrichirne la lingua comune che meritamente allora si direbbe italiana.«
Das Italienische. 02 1
Canello a. a. ü., p. 321 — 'Cklso Cittadini, Trattato dcUa Vera origine
e del processo e nome della nostra lingua, verfasst 1595, herausg. Veuezia
1601, und: Ürigini della volgar toscana favella. Siena 1601 diese u. andere
grammat. Schriften C.s, herausg. von G. Gigli. Kom 1721). C. ist bereits
romanischer Philolog im gegenwärtigen Sinne des AVortes, er entwickelt,
wenn aucli unbeholfen, ganz richtige Ansicliten über den Ursprung des Ital.
aus dem Volkslatein und giebt im Einzelnen ganz überraschende Proben
von gründlicher Einsicht in die Geschichte der Sprachentwickelung, vgl.
Caxello a. a. O. , p. 326 f. ; es wäre sehr verdienstlich , seiner Person u.
seinen Werken einmal eine eingehende Untersuchung zu widmen — Paolo
Bexi, l'Anticrusca, ovvero il paragone dell' ital. ling. Padova 1612, da-
gegen: Oklando Pescetti. Risposta all' A. Verona 1613, worauf Bem
wieder antwortete durch: II Cavalcanti, ovvero difesa dell' A. Padova 1614
— Nicc. Amenta, Della lingua nobile d'Italia Napoli 1723/24, 2 Bde.
(der Verf. bekämpft den engherzigen Florentinismus, — RosASCO , Della
lingua toscana, dialoghi sette. Torino 1777 u. Milano 1S24 (der Verf. steht
auf dem Standpuncte des Florentinismus^
*MELCnioR Cesarotti, Saggio della filosofia delle lingue applicata
alla lingua italiana. Padova 17S5, vgl. oben S. 614 — A. Cesari, Sopra
lo stato presente della ling. ital. Mailand 1S09. C. ist Vertreter des trecen-
tistischen Purismus — MONTI , Proposta di alcune correzioni e aggiunte
al vocabolario della Crusca. Mailand 1817/24 (ein Anhang erschien 1826;
enthalten sind in dem Werke zugleich auch zwei Abhandlungen GirGLio
Perticaui's ') ebenfalls antipuristischer Tendenz). M. bekämpfte den tre-
centistischen Purismus der Crusca ^für M. : Fr. Villardi, Sopra la lingua
degli Atti dell' Accad. della Crusca. Mailand 1820, Lampredi, Lettere filo-
logiche e critiche seguite da un dialogo intorno all' opera del cav. M. Napoli
1820; gegen M. : A. Majer, Della ling. comune d'Italia etc. Venedig 1822'.
Proposta manzoniana 186S iDeU' Unitä della lingua di A. Manzoni, in
Nuov. Antol. VII, März 1868, vgl. darüber Lambrvschim in Bd. VIII u.
Xn derselben Ztschr.; — Giorgini, Einleitung zu dem von ihm heraus-
gegebenen Novo Vocabolario, vgl. oben S. 615 — V. Pasquini, Dell' uni-
ficazione della lingua. Florenz 1872 (gegen Manzoni — L. Gelmetti. La
lingua parlata di Firenze e la lingua letteraria d'Italia. Mailand 1874, 2
Bde. (gegen Manzoni — L. Mor.\ndi, Le correzioni ai Promessi Sposi e
l'unitä della lingua. Mailand 1874 vgl. Capitani, Voei e maniere di dire
piü spesso mutate da Manzoni. Mailand 1875 — Fr. d'Ovidio, La lingua
dei Promessi Sposi. Neapel 18S0 (von demselben: Della questione della
nostra ling., in: Saggi critici, Napoli 1879, p. 466) — Giambatt. GIULIANI,
Dante e il vivente linguaggio. Florenz 1872, und: Moralitä e poesia del
vivente linguaggio della Toscana. Florenz 1873 (früher schon war von G.
erschienen : Sul vivente ling. deUa Tose. Florenz 1853 u. öfters) — Mo-
RAXDI , Discorso suU' unitä della lingua in rispetto alla commedia. Mai-
land 1877.
1) Gegen Perticari schrieb wieder Giov. Galvaxi : Dubbj intorno alla
veritä della teoria del P. (1834).
622 Das Italienische.
Ueber Caix' u. Ascoli's Schriften, s. oben S. 608 f. Eine sum-
marische Geschichte des Sprachstreites hat H. Breitinger gegeben in :
Das Studium des Ital. etc. (Zürich 1879), p. 24 ff., besondere Berück-
sichtigung haben dabei Bembo u. Cesarotti gefunden. Ueber den Sprach-
streit im 16. Jahrh. vgl. auch U. Canello, Storia della lett. ital. ncl sec.
XVI (Mailand 1880), p. 319 ff.
Eine eingehende kritische Geschichte des Sprachstreites zu schreiben,
■würde eine ebenso wichtige wie interessante Aufgabe sein, u. hoffentlich
findet sich für die Bearbeitung dieses Thema's bald einmal die geeignete
Persönlichkeit.
c) Ueber die Geschichte der romanischen Philologie in Italien ist noch
so gut Tvie nichts geschrieben worden (zu nennen sind etwa nur ein inter-
essanter Aufsatz von P. llAJXA: Le letterature neolatine nelle nostre uni-
versitä, in Nuov. Antol. Januarheft 1878; P. Rajna's Nekrolog auf N. Caix
u. Fr. d'Ovidio's Nekrolog auf U. Canello im Eingange des vierten Ban-
des des Giorn. di filol. rom. ; die von ToRjOLl verfasste Biographie V.
Nannucci's im Eingange des 2. Bandes der 3. Ausg. des Manuale N.'s).
§ 4. Bemerkungen über die Dialecte des Ita-
lienischen.
1. Vorbemerkung. Die italienische Sprache zerfällt in
eine (namentlich in Anbetracht des verhältnissmässig geringen
Lmfanges ihres Gebietes) ungemein grosse Anzahl von Dia-
lecten, welche besonders in Bezug auf Lautstand, AVortschatz
und Phraseologie vielfach sehr erheblich von einander differi-
ren. Diese Vielheit von Dialecten erklärt sich leicht aus den
vorromanischen Sprachverhältnissen Italiens (vgl. oben S. 602),
aus der geographischen Gliederung der Apenninenhalbinsel
•(Scheidung derselben in durch Gebirge etc. scharf abgegrenzte
und auch in Bezug auf Klima, Flora etc. sehr von einander
abweichende Landschaften) , sowie endlich aus den politischen
Geschicken des Landes (Vielheit von Aolks-^tämmen und Staa-
tenbildungen im früheren Alterthum ; A'ielheit von kleinen
Gemeinwesen im Mittelalter : Vielheit von kleinen Staaten bis
in die neueste Zeit; vielfache Mischung der Italer und Ita-
liener mit fremden A'ölkern: Punier, Griechen, Araber, Nor-
mannen, Franzosen aufSicilien; Griechen, Normannen, Sara-
cenen in Calabrien , Apulien und Campanien ; Longobarden
besonders im Norden : Ostgothen und andere germanische
Stämme zeitweilig über ganz Italien verbreitet).
Die Dialecte nehmen in Italien der Schriftsprache gegen-
über eine wesentlich andere Stellung ein, als in den übrigen
Culturländern des modernen Europa. In den letzteren sind
Das Italicnische. 623
die Dialecte durch die Schriftsprache dcrmasseu zurückgedrängt
und niedergedrückt worden , dass sie zu verwilderten Patois
entartet sind und seihst auf dieser niedersten Daseinsstufe
noch von der Schriftsprache mit völliger Vernichtung hedroht
werden. In Italien dagegen hahen sich die Dialecte bis zur
Gegenwart lehenskräftig neben der Schriftsprache behauptet.
Denn wenn auch diese letztere allenthalben von den Gebil-
deten, sobald es um ideale oder üffentlichc Dinge sich han-
delt, gesprochen und geschrieben wird, so wird sie doch vom
Volke nirgends gesprochen. Auch in Florenz nicht, so nahe
Beziehungen auch die Mundart dieser Stadt in doppelter Weise
zur Schriftsprache besitzt vgl. § 3). Es weicht vielmehr die
gegenwärtige volksthümliche Aussprache der Florentiner nicht
unwesentlich von der schriftmässigen ab . so setzt z. B. der
Florentiner o für schriftital. uo = lat. q [more , fori, coco,
S0720, omini für muore, fuori, cuoco, suono, uomini). Das Volk
spricht in Florenz, in Eom, in Mailand, in Venedig, in Neapel
und in allen übrigen grösseren und kleineren Städten, bzw. mehr
oder weniger umfangreichen Landschaftsgebieten die betreffende
locale Mundart , und auch die Gebildeten bedienen sich im
Privatleben derselben gern. Ein ähnliches Verhältniss besteht
ja etwa auch in Niederdeutschland (Westfalen, Unterrhein-
gebiet etc.) zwischen Plattdeutsch und Hochdeutsch, aber in
Italien besitzt doch die Schriftsprache nicht entfernt das Ueber-
gewicht, welches das Hochdeutsch mehr und mehr gegen das
Platt geltend macht. Damit hängt zusammen, dass, während
in den übrigen Culturländern Europa' s seit dem Aufkommen,
der nationalen Schriftsprachen die dialectische Litteratur ent-
weder völlig abgestorben ist oder doch nur hier und da noch
ein Scheinleben fristet , in Italien die Dialecte noch gegen-
wärtig auch volles litterarisches Leben besitzen, wenngleich
in dieser Beziehung, v,-ie leicht erklärlich, erhebliche Grad-
unterschiede bestehen und wenn auch immerhin die Erzeug-
nisse der Dialectlitteraturen an geistigem Gehalt und ästheti-
schem Werth mit denen der Nationallitteratur sich nicht
vergleichen lassen.
2. Eintheilung der Dialecte. Ascoli hat (Arch.
glott. ital. VIII 98 ff.) folgende Eintheilung der Dialecte Ita-
liens entworfen:
624 ^^^ Italienische.
A. Nichtitalienischen romanischen Sprachcomplexen an-
gehörige Dialecte («Dialetti che dipendono, in maggiore o minor parte,
da sistemi neo-latini non peculiari all' Italia«) : 1. Das Franco-Pro-
venzalische (im Nordwesten von Piemont; Hauptörtlichkeiten z. B. Val-
Soana, Aosta, Chiamorio, Usseglio, Viü, Gravere, Giaglione). Haupteigen-
thümlichkeit («caratteristica piü saliente«) : lat. hochtoniges a, bzw. tonloses
a im Auslaute, -wird nach gegenwärtigem oder früherem Palatal zu e oder i,
z. B. (Aosta) zarzi = chercher, iravalji = tracaiUer, zevra = chevre, zir =
eher. 2. Das Ladinische. Vgl. unten das Kapitel über das Räto-
Romanische.
B. Dem eigentlich italienischen Complexe fern stehende,
aber doch zu keinem nichtitalienischen romanischen Complexe
gehörige Dialekte (»Dialetti che si distaccano dal sistema italiano vero
e proprio, ma pur non entrano a far parte di alcun sistema neo-latino
estraneo all' Italia«): 1. Das Gallo-Italische, welches wieder sich
theilt in a) das Ligurische, b) das Pie mo ntesische, c] das Lom-
bardische, d) das Aemilianische. Diese vier Einzeldialecte stimmen
in manchen Zügen mit einander überein, öfters aber weichen sie von ein-
ander ab, sich dann meist in ungleiche Sondergruppen (z. B. Piem., Lomb.,
Lig. gegen Aem.) scheidend, Haupteigenthümlichkeiten : Piem., Lomb.,
Aem. werfen auslaut. tonlosen Vocal ab, z. B. öj (Turin) = oculo, voc
(Mailand) = voce, red (Faenza) = rete, dagegen Lig. (Genua) ögyu, voze
etc. Piem. u. Aem. stossen gern vortonige Vocale ab oder aus z. B. d/id
= danaro, viin = vicmo, fnocc = ßnochio, womit sich häufig Prosthese
eines a verbindet, z. B. armor = romore, alve = levare. Piem., Lig. u.
Lomb. haben ü = lat. ü \i. ii = lat. o, oft auch lat. o in Pos., z. B. diir
(Turin) = duro, möve (Turin und Genua) = movere, dorm (Piemont; =
dorme. Piem., Lig. und zum Theil auch Aem. zeigen ei = lat. e und i
(Aem. besonders auch in der Combination e -j- einfacher oder gedeckter
Nasal), z. B. acei (Turin und Genua), av^ir (Bologna) = habere, heive (Turin
und Genua), heir (Bologna) = bibere, solameint (Bologna und Parma). Dem
Aem. eigenthümlich ist ein = In, z. B. fein = Jinem, und 6u = o und ti,
z. B. udöur = odorem, löuv = liipum. Die Abneigung gegen ie = e ist
allen vier Dialecten gemeinsam. Piem., Lomb. und Aem. nähern sich, wie
in andern Punkten auch darin dem Französ., dass sie lat. ä gern in einen
E-Laut übergehen lassen, z. B. piem. porte = portare, lomb. guardce =
guardato, aem. ander = andare, ariveda = arrivata. Auslautendes oder ge-
decktes m und n wird entweder mit dem vorangehenden Vocal zu einem
mehr oder weniger reinen Nasalvocal (also ähnlich wie im Französ.) oder
fällt aus, z. B. jjä (neben paii = jyane, put (Bergamo) = ponte, püva Ber-
gamo) = lat. puncta. Die lat. Combination et stellt sich im Piemont. Lig.
u. Lomb. als j< it oder c dar, z. B. piem. /<i«Y, ^ig. fajtu, \om\>. far = fac-
tum, piem. teit , lig. tcitu , lomb. tev = tectum. Intervocalisches d und t
schwindet im Piem. u. Lig. (wie im Französ.), z. B. rie = ridere, pu6 =
potare, im Piem. kann auch intervocal. c vom Schwunde betroffen werden,
z. B. mania = matiica, braja = braca. Dem Lig. eigenthümlich ist der
Uebergang von r : l : u, z. B. dolore : duhir : duritr : duü : dil, ferner der
Das Italienische (;25
L'eberganp von pj, hj, fj : c', </, s z. 15. r« = piit, rai'/f/a = rabhia, sti =
^o/T, endlich der (auch im Berjramaskischen sich lindende^ Uebergang von
» : }i, z. B. h'ra = sera, cuhtel = castelh. Ein der ganzen Gruppe ge-
meinsamer, auch auf die Flexion einwirkender Zug ist der Einfluss eines
ausl. nachtonigen i auf die Vocalisation der Vorsylbe, z. B. mailünd. Sg.
qtitst , aber PI. qiii«t für questi . Sg. tnes, aber PI. tnis für «uä/, genues.
/>^;i« = hont. In Bezug auf die Formenbildung sind besonders bemerkens-
werth die dritten Personen Sg. Perf. auf jj, z. B. foj) = fu, ma>i<Up = mamlö
(Anbildung an ebbe u. dgl.\ In syntaktischer Beziehung ist die doppelte,
ja dreifache Setzung des Personalpronomens beim Verbum hervorzuheben,
z. B. mailänd. ti te cautet = te te cantas iu für cantas. Aelteste I-itteratur-
denkmale sind für das Mailändische die Dichtungen des Bonvesin da Kiva,
für das Genuesische die Rime genovesi Arch. IIlÜl . 2. Das Sardische,
welches wieder sich theilt in: a das Logudoresische central', b das
Campidanes i sehe ;südlich , c das Galluresische (nördlich;. Letzteres
nimmt gegenüber den beiden ersteren eine Sonderstellung ein. Charakte-
ristisch ist für das Sardische die treue Erhaltung der einfachen latei-
nischen Vocale also Nicht-Diphthongirung; , die Erhaltung der tonlosen
Vocale, die häufige Erhaltung des auslautenden s und t, die Vertretung
des lateinischen c und g vor e und i durch ch = k [dies jedoch nur schein-
bare Alterthümlichkeit , die Auflösung eines inlautenden cl u. dgl. in s,
z. B. iisare = *usclare = ust[ujare, die Vertretung von nj durch uz, z. B.
testimöniu , der Uebergang von qua, gua, gu, cu u. dgl. : bb, z. B. ebba =
equa, sambetie = sanguinem, der Schwund des intervocalischen d nach dem
Hochtonvocal, z. B. röere = rodere, und (im Logudoresischen die Pros-
these eines ^ vor anl. s impurum, z. B. isteUa, üpada. Die in mittel- und
süditalienischen Dialecten häufige Erscheinung, dass anlautender Consonant
nach vocalischem Auslaut als intervocalisch behandelt wird, während er
nach consonantischem Auslaut beharrt , findet sich auch im Sard. , vgl.
SU oe = il bove mit sos hoes := i buoi (das Beispiel zeigt zugleich, dass das
Sard. ^ähnlich wie der catal. Dialect von Mallorca, vgl. oben S. 478] su,
SOS, Fem, sa, sas = ipse etc. als Artikel braucht . In der Flexion ist be-
merkenswerth die Erhaltung des lat. Conj. Impf, timere, timeres etc., dar-
nach auch cantere, canteres etc. , die Uebertragung des starken Perfectaus-
ganges -si auch auf schwache Perfecte, z. B. caniesi, timesi, und die noch
ganz lose Futurumschreibung, z. B. hapo a matidigare = ho a mangiare für
mangerb. [Das Sardische ist, wie schon obige kurze Angaben zeigen können,
einer der alterthümlichsten vmd interessantesten ital. Dialecte, dessen Stu-
dium jedem Romanisten dringend anzuemjjfehlen ist; sehr wünschenswerth
freilich wäre es, dass dasselbe recht bald durch Herausgabe eines kurz-
gefassten wissenschaftlichen Compendiums erleichtert würde". Die Urkun-
den des Sardischen gehen angeblich bis zur Mitte des 12. Jahrb. 's zurück.
C. Dialecte, welche sich mehr oder weniger von dem
rein italienischen oder toscanischen Typus entfernen,
aber doch mit dem Toscanischen ein Sondersystem roma-
nischer Dialecte bilden können (»Dialetti che si scostano, piü o
meno, dal tipo schiettamente italiano o toscano, ma pur possono entrare a
Körting, EnoyklopiJie J. rom. Phil. 111. 40
(j2(j l^'is Italienische.
formar col toscano uno speciale sistema di dialetti neo-latini« : 1. Das
Venezianische. Zu unterscheiden ist zwischen Altvenezianisch oder
Venetisch und Neuvenezianisch. Krsteres, noch auf dem platten Lande
fortlebend, triij^t ladinischen, letzteres, das jetzige Volksidiom der .Stadt
Venedig:, italienischen Charakter, dadurch sicli scharf von dem Gallo-Ita-
lienischen unterscheidend. Haupteigenthümlichkeiten des Neuvenez. :
Schwund des intervocal. t, d, z. B. s^a, crüo = seta, cnido ; Uebergang von
k : g, z. B. cuogn = cuoeo\ Uebergang von cl : c, z. B. cave = cfave, oreca
= auricla; z statt ital. //, z. B. znvene = giovane; c statt ital. *• und c,
z. B. pece = pesce, rtel ^ cielo; {/ statt palat. /, z. B. fameija = fantigliu,
Gebrauch der 3 V. Sg. auch für die 'S P. PI. ; analogische Participien auf
esto, z. B. tazesto=tachäo, vgl. Arch. IV 393.; Frageformen, wie credü tu
(neben der Aussageform ii credi] . Die ältesten Sprachdenkmaler des Venez.
reichen bis in die erste Hälfte des 13. Jahrhunderts, vgl. Arch. I 448,465;
421,111245. 2. Das Corsische. Haupteigenthümlichkeiten [besonders für
den südlichen Unterdialect der Insel : tonloses-2< für tose. tonloses-^> ; ton-
loses-« für tose, tonloses- e, z. B. catetii = cateiie, latti = latte; Nicht-
diphthongirung des lat. 1' und o, dagegen wird lat. i zu e, lat. u zu o-^
Uebergang von a vor gedecktem r in e, z. B. berha ^ harha : Uebergang
von // zu dr ; sj-ntaktischer 'Wechsel des anlautenden Consonanten , z. B.
lu iallu = lo gallo, aber gratt ghiallu, na vella = una bella, aber e bella
und ehbella = et bella; Analogiebildung des Part. Präs. und Gerund,
der A-Conj. auf -endu, -ente, z. B. merchetite, lagrimendu; der Gebrauch
des Suffixes -one im deminutiven Sinne, z. B. fratedroiiu = fratelliiHi.
3. Das Sicilianisc.he und das (im weiteren Sinne) Neapolitanische.
Gemeinsame Eigenthümlichkeiten : Erhaltung der lateinischen Explosiven,
doch mit mancherlei Ausnahmen, so z. B. intervocal. d : r (sicil. virire,
neap. vere = videre); Assimilation von nd.nti, mh . mm, nv : mm, z. B.
sicil. sinnire , neap. semiere = scendere, sicil. chiummu, neap. chiumme ^
j)inmbo, sicil. und neap. 'mmidia = invidia; Uebergang von ^^y, bj, rj . c kj),
<j, s, z. B. sicil. chiaiiii, neap. chiane = piano, sicil. sicca, neap. secca =
sepia, sicil. iuri, neap. sore = Jiore ; die Neigung, anl. tonl. i abzustossen,
z. B. sicil. 'ideiDiiri, nea]). 'ndeinie = intexdere; die Neigung, anl. ;• ein
«vorzuschlagen, z.B. sicil. arricamäri, nenY». aragatnarc = ricamare; Erhal-
tung d. lat. Plusqpf.'s in conditionaler Function, z. B. faceru =farei, accettera
= accetterrebbe , dere = darei , Erhaltung des neutralen Pluralausganges
ora, z. B. jöcura = giuochi, nidura = *nidora für nidi. — Sondereigen-
thümlichkeiten der Einzeldialecte . a. Sicilianisch: Erhaltung von lat
e, (>, X, u, z. B. teni = tie)te, növu = nuoio, pi/u = j)e/o, jitgit = giogo;
Wandel des lat. e und tonlosen e zu i, lat. o und tonlosen o zu it, z. B.
cridiri = credere, ura = ora ; lat. Positions-f wird öfters zu «', z. B. stidda
= Stella, lat. Pos.-o öfters zu u, z. ß furma ; Uebergang von II zu dd, z. B.
gaddu = gallo; Uebergang von pahit. / zu ghj, z. li. ßgghiu =ßglio. Die
ältesten Denkmäler des Sicil. reichen bis zur ersten Hälfte des 13. Jahr-
hunderts hinauf laber, bemerkt AscoLl — und es ist das sehr zu beher-
zigen — "f> vediamo che i codici sopravissttti itnu sotio del tempo, o uon ve-
diamo Ja base 2>aleograJica della leztone che ci i- conserrata» . h. Die Dia-
Das Italienische. (;27
lecte des neapolitanischen Festlandes. «; Calabrcsisch dem
Sicil. eng verwandt;. Uebergang vun ^^' zu Ft, z. B. riuri := Jinre; in ein-
zelnen Unterdialecten z. B. in dem von Otranto Neigung zur Diphthon-
girung des lat. e und o letzteres in ue) ; theilweise Neigung zur "NN'ande-
lung von lat. <i in e ; theihveise Neigung zur Schwächung oder Beseitigung
tonloser Vocale im Aus- und Inlaut, z. B. (Capitanata] sfazidune ^= soddis-
faziotie, 'niulteite = üisultata. ß, Abruzzesisch. Beispiele für den Vo-
calismuR : veive = viro, rraje = re, allaure = allora, eraune = coroua,
circhi- = cercare, grenne = yrande, lat. pl, ß wird nicht zu i; s palatalisirt,
z. B. phui/c, prätije und pübijc = plaugere; Neigung zur Unterdrückung
auslautender tonloser Vocale, z. B. sinteun la femn chessa cos = seuteudo
h fetniiia questa cosa. y] Neapolitanisch (im engeren Sinne) Schwä-
chung des auslautenden tonlosen o zu e, z. B. hiioue = buono\ Diphthon-
girung auch des in Position stellenden lat. e und n in bestimmten Fällen,
z. B. apierte aber Fem. aperfa = aperta, miiorte aber Fem. morta ^
morto ; Vocaleinschub zur Lösung gewisser Consonantcomplexe, z. B. ndejo
^ odio odj'o, tivotre = dvtro = autro = aultro = altro, cunvete =^ colto \
auslautendes tonloses i wird zu e, nachdem es AVandel eines in der Vor-
sylbe stehenden hochtonigen ö zu u und e zu i bewirkt hat, z. B. Sg.
cosefore = cucitore, aber PI. coseture aus coseturi, Sg. spose = sposo, aber
PI. spuse aus sjyosi, crede = credo, aber cride = credi. Die ältesten Denk-
mäler des Neapolit. Im weiteren Sinne gehören dem 14. Jalirhunderte an.
4. Die Dialecte Umbriens, der Marken und der Provinz Kom.
Manche Eigenarten der südlichen Dialecte sind auch in diesen centralen
Mundarten verbreitet, so die abruzzesische Assimilation von Id : // ,z. B.
röm. ariscaUa = riscalda], von nd : nn, von mh : mm, die Diphthongirung
des in Position stehenden lat. e und n, der Uebergang von / zu r. Dem
Umbrischen eigenthümlich ist der Vorschlag eines t fnach ASCOLI aus int-
us entstanden oder m nach AscoLi aus *am2md = apud entstanden vor
die Dativpräposition a, z. B. t-a lu = a lui, m-al re = al re. Die ältesten
Denkmäler der centralen Dialecte reichen (insbesondere was Perugia an-
langt bis in das 13. Jahrhundert hinauf.
D. Das Toscanische. Das Gebiet des toscanischen Dialectes wird
im Wesentlichen von den Gebieten der Städte Florenz, Siena, Lucca und
Pisa gebildet, es fallen also die sprachlichen und die politischen Grenzen
Toscana's nicht zusammen. Das Toscanische, insbesondere das Florentinische
bildet die Grundlage der nationalen Schriftsprache, und folglich sind die
zwischen dieser und jenem bestehenden Differenzen nicht erheblich. In-
dessen sind Differenzen allerdings vorhanden, so lässt die toscanische Volks-
sprache z. B. intervocal. k 'c gern zu einem Hauchlaute herabsinken oder
auch ganz schwinden, z. B. funho = fuoco, auch la hasa = la casa faber
in casa . ausserhalb Florenz sagt man o)ito, jyonto, gionto für uuto etc. ; in
Florenz selbst wird lat. n durch o statt durch uo vertreten.
3. Litteraturangaben zur Dialectologie u. Folklore.
A. Allgemeines: a) Zur Dialectologie: *G. J. A.scüli, L'Italia
dialettale, in Arch. glott. VIII 98 (zugleich in der Encyclopaedia Britannica
40*
628 l^as Italienische.
erschienen' ; durch diese Arbeit A.'s, so skizzenhaft sie auch ist, ist Alles,
Avas bisher über die Gesammtheit der ital. Dialecte geschrieben worden
ist, weit überholt worden AVerthvollste Beiträge zur ital. Dialectologie
enthalten auch A. s Saggi ladini in Bd. 1 des Archivs — Feunow, Rö-
mische Studien, Bd. '6. Zürich 1S06/S nach Fernow hat eine kurze Be-
schreibung der Dialecte Blaxc in seiner Gramm. , p. 622 , gegeben —
Zuccagni-Orlandini , Raccolta dei dialetti ital. con illustrazioni etnolo-
giche. Florenz 1844 — B. Bioxdelli, Saggio sui dialetti gallo-italici. Mai-
land 1S53 von demselben : Stud. linguistici. Mailand 1S56; — Cai.x, Origini
etc. s. ob. S. 698 — U. Canello, Gli allotropi ital, in Arch. glott. III
285 — P. Rajna, On the Dialects of Italy, in: Eighth annual address of
the President to the Philological Society — Fr. d'üvidio, Lingua e dialetto,
in Riv. di filol. Turin I 564, und: U. Caxello in Giom. di fil. rom. I 2
(behandelt nur allgemeine sprachliche Fragen) — A. ArboIT, Dell' impor-
tanza dei dial. ital. in ordine all' insegnamento della lingua. Parma 1881.
MU.SSAFIA, Monumenti antichi di dialetti ital. Wien 1864 — W. För-
ster, Un testo dialettale italiano dei sec. XIII, in: Giom. di filol. rom. 11
64 — Confessione latino volgare, ed. e iUustr. da Fleciiia. in Arch. glott.
VII 121.
G. Papanti, I parlari italiani in Certaldo alla festa dei V centenario
di Mess. G. Boccaccio. Livorno 1875 (Uebersetzuug der 9. Nov. des 1. Ta-
ges des Dec. in die verschiedensten ital. Dialecte), vgl. Rom. V 496.
b; ZiR Folklore: Archivio per lo studio delle tradizioni popolari.
Rivista trimestrale diretta da G. Pitre e S. Salomone-Makino. Palermo,
seit 1882, vgl. Ztschr. f. rom. Phil. VI 140 — G. Pitre, Bibliografia delle
tradizioni popolari in Italia, im Arch. p. lo stud. delle trad. pop. II fasc. 1
— E. RiRlERi, Storia deUa poesia pop. ital. Florenz IST", vgl. Giom. di
fil. rom. I 192 — A. d'Ancona, Studj sulla poesia pop. ital. Livorno 1878,
vgl. Giom. di fil. rom. I 192 — C. Nigra, La poesia pop. ital., in: Rom.
V 417 — Marc-Monxier, Les contes pop. en Italic. Paris 188ü — P.
Heyse, Ueb. ital. Volkspoesie, eine Vorlesung, in : Ztschr. f. Völkerpsyclio-
logie etc. Bd. 1 — »Piymaigre, Folk-Lore. Paris 1885.
Ferr.vRI, Documenti per servire all' istoria della poesia semipopolare
cittadina in Italia nci secoli 16 e 17, in: Propg. XIII. 3, p. 432.
Curiositii popolari tradizionali publicate per cura di G. PiTRi:. Vol. I. Usi
e pregiudizj dei contadini della Romagna. Vol. II Avvenimenti faceti rae-
colti da un anonimo siciliano nella prima metä dei sec. XVIII. Palermo
1885 — Ferrari, Biblioteea di lett pop. ital. Florenz, seit 1882 — Canti
e racconti dei 'popolo ital. pubblicati per cura die D. Comparetti e A.
d'Ancona. Turin 187(178, 5 Bde. — F. Cor.\zzini, I componimenti minori
della letteratura popolare ital. nei principali dialetti (Canti fanciulleschi,
ginochi, canti d'amore, novelle etc.; Benevent 1877 — Ferraro, Poesie
pop. religiöse dei. sec. XIV p. p. la prima volta a cura di C. F. Bologna
1^77, und Raccolta di sacra poesie pop. fatta da Giov. Pellegrini nel 1446
p. da G. F. Bologna 1877, vgl. Giom. di'fil. rom. I 247 — A. IvE, Poesie
pop. tratte da un ms. della Bibl. Naz. di Parigi, in: Giom. stör. II 149 —
MÜLLER-Wolff, Egeria. Raccolta di j)oesie pop. ital., cominciata da G.
Das Italienisclu-. 629
MCli.KU, dopo la di lui morte terminatu e pubbl. da U. L. li. WüLFF.
Leipzig 1829 — N. Castagna, Proverbi ital. Napoli 186S — P. Fanfani,
Priiua centuria di proverbi o motti ital. d'origine greca e latina. Firenze
1S7S — Passarini, Modi di dire proverbiali e motti pop. italiani, spiegati
e comnientati da Pico T-uri di Vassano, in: Propp. XU 1, p. 352, 2, p. 181»,
XIII 1. p. 5, 2, p. 300, XIV 2, p. 332, XV 2, p. 373, XVI 1, p. 193, 2.
p. 368, XVIII 2, p. HS.
Fr. Sahatini, Abelardo cd Eloisa nella tradizione pop. Koni. 1880,
vgl. Rom. IX Gl" — M. Landau, Le tradizioni giudaiche nella novellistica
ital.. in : Giorn. stör. I GO — R. Remer, Contributo alla storia delV Ebreo
errante in It. in: Giorn. stör. III 231 — A. dAncoxa, Le Juif errant en
Italie au 13 s., in: Rom. X 212, vgl. XII 112 — St. Pkato, L'orma del
leone, racconto Orientale nella tradizione pop., in: Rom. XII 535.
A. KoPIScn, Agrumi. Volksthüml. Poesien aus allen Mundarten Italiens
u. seinbr Inseln gesammelt u. übersetzt. Berlin 1S38 — K. Bartsch, Ital.
Volkslieder Texte aus einer Baseler Hds.; , in: Ztschr. f. rom. Phil. VI 413
— "W. Kadex, Italiens AVunderhoni. Volkslieder aus allen Provinzen I.'s
in deutscher Uebersetzung. Stuttg. ISSO.
B. Besonderes' : Abruzzen. G. Finamore, Vocab. dell" uso abruz-
zese. Mailand ISSü, vgl. Ztschr. f. rom. Phil. IV 613, Propg. XIII 1, 469.
A. DE Nixo, Usi e costumi abruzzesi, in: Arch. p. trad. pop. II fasc.
2. G. Finamore, Tradizioni pop. abruzzesi, vol. 1, Novelle. Lanciano 1S82,
vgl. Propg. XV 1 , p. 235 , Rom. XII 622 , und : Le deduce parole de la
veretä. Tradiz. pop. abr. in: Arch. p. trad. pop. \1 fasc. 1; Una leggenda
pop. abr., ibid. II fasc. 2 ; Canti pop., rispetti, ninnenanne e canzonette di
Gessopalena Abruzzo citeriore . Firenze 1869 — Arezzo. *Asc'OLl in:
Arch. glott. it. II 443. Fr. Redi. Vocab. di alcune voci aretine. Cod. ma-
gliab., vgl. auch Caix, Studi di etim. etc. p. XXXIII — Arlena. Nann.\-
relli, Studj comparativi sui canti pop. di A. Rom. 1871 — Belluno.
G. Nazari, Parallelo fra il dialetto bellunese rustico e la ling. ital. Belluno
1S73 — Bergamo. Anonym; Esperimento di una grammatica bergamasca
ital. Milano 1S54. S. Z.APPETTINI, Vocab. bergamasco-ital. Bergamo 1S59.
A. TiRABOSCHl, Vocab. dei dialetti berg. antichi e moderni. Bergamo 1S73
von demselben: II gergo dei pastori bergamaschi^. II Goflredo di T. Tasso,
travestito alla rustica berg. da C. Assonica. Venezia 1670 u. Bergamo 1778
■ — Bologna. T. Casini, La coltura bolognese dei sec. XII e XIII, in:
Giorn. stör. 1 5. T. Casini. Documenti dell" antico dial. bolognese. Bologna
1S80. auch im Propg. XIH 1, p. 28. G. Carducci, D'alcune poesie popo-
lari bologn. del sec. XIII inedite, estratti dagli Atti della Diputaz. di Storia
patria per la Romagna Anno IV. Bologna 18ti6. C. ScALlGERl, Discorso
della lingua bolognese. Bologna 1630. Mont' Albani, Cronoprostasi Fel-
sinea, owero le saturnali vindicie del parlar bolognese e lombardo, dove
le origini erudite di molte voci e forme di dire. Bologna 1653. C.\ROLIN.\
1 Vollständigkeit konnte auch nicht entfernt angestrebt werden. Am
Schlüsse des Paragraphen ist übrigens in der Anmerkung ein kleiner Nach-
trag gegeben, um dessen Beachtung gebeten wird.
(330 L)^s Italienische.
Coronedi-Bekti, Grammatica del dialetto bol. Bologna 1&T4. E. Ferkaih,
Vocab. bologn. 2» ed. Bologna 1835. G. Toni, Vocab. compendiato tas-
cabile del dial. bol. Bologna 1850. Carol. Coronedi-Bekti, Vocab. bo-
logn.-ital. Bologna 1869/74, 2 Bde. CoUezione di componimenti scelti in
idionia bol. pubbl. da E. Ferrari. Bologna 1827/40, 7 Bde. (mehr nicht
erschienen, obwohl 12 Bde. angekündigt waren). J. Barigazz, Poesi in
dialett bulugneis. Bologna 1875 — Brescia. G. Rosa, Vocab. bresciano-
ital. delle solo voci che si scostano fra loro. Brescia 1878. B. Pellizzari,
Vocab. bresciano e toscano. Brescia 1759. G. B. Melchiori, Vocab. bresc-
ital. Brescia 1817, 2 Bde. — Brindisi. MüRO.si im Arch. glott. IV 143
— Calabrien. V. Pagano, Lingue e dialetti di Calabria dopo il mille, in:
Propg. XII 2, p. 317. Canti pop. calabresi, p. p. Iaibriani, in: Propg. V
150. Caxale, Canti pop. calabresi. Reggio 1S59 — Campobasso ;Neapel)
Fr. d'Ovidiü, La fonetica del dial. di C, in: Arch. glott. IV 145 — Capo
diLeuca. MoROSi im Arch. glott. IV 142 — Capri. CoR.\zzixi, Mazzetto
di poesie pop. di Caprese. San Sepolcro 1883, vgl. Giorn. stör. II 240 —
Chioggia. A. dal Medico, Canto del fpopolo di Ch. raccolti etc. Ven.
1872 — Como. Canzoni pop. comasche raccolte e pubbl. colle melodie da
G. B. BoLZA, in : Sitzungsb. der AViener Akad. d. "Wiss., Philos.-hist. Cl.
1853 — Cor sie a. J. B. F. Ortoli, Les contes pop. de Tile de Corse.
Paris 1883, vgl. Rom. XIII 168. A. Mattei, Proverbii, detti e massime
Corse. Paris 1867 — Crema. S.\nseverino, Saggio di poesie in dial. cre-
masco. Crema 1838 — Crenna (?). Imbriani, Fiabe pop. crennesi, in:
Arch. p. trad. pop. II fasc. I — Ferrara. Ubaldo Magri Farolfi ;d. i.
GiROLAMO Baruffaldi), La lum' dal manegh, dialoghi famigliari in ling.
ferrarese, gedruckt in Bd. III der opere postume des Verf.'s. Ferraro,
Canti pop. di Ferrara, Cento e Pontelagoscuro Ferrara 1877 — Florenz.
P. GlACHi, Diz. del vernacolo fiorentino etc. Firenze 1878. Gargiolli, II
parlare degli artigiani di F. Firenze 1S76. Arlia, Linguaggio degli arti-
giani fiorentini. Firenze 1876 — Friaul (zum ladinischcn Dialectgebiet
gehörig, vgl. AscoLl im Arch. glott. I 474). Testi inediti friulani dei sec.
XIV e XV raccolti e annotati da V. Joppi, in: Arch. glott. IV 185, vgl.
dazu AscoLi ebenda S. 312. G. Scala, Vocab. domestico friul.-ital. Parde-
none 1870. F. Dl Manzaxü, Cenni biogratici dei letterati ed artisti friu-
lani del sec. IV al XIX. Udine 1885, vgl. Giorn. stör. VI 298. Teza, Canti
d'amore nel Friule 1S67. Ermes conte di Colloredo, Poesie scelte edite
e inedite in dial. friul. Udine 1828, 2 Bde. Prima e seconda centuria di
Canti pop. friul. con prelezioni di M. Leicht, Venezia 1867. P. ZoRlTTl,
Raccolta delle poesie friul. edite e inedite. Udine 1880 fl". Arboit, Del.
dial. friul. e delle sue canzoni spontanee, in: Atti dell' Accad. di Udine
Ser. II vol. 3, und: Violette friul. Piacenza 1876. Osterm.\x.\, Proverbi e
modi proverb. friul. Udine 1873. SiMZiG, Notizie varie intorno il dial.
friul. etc. Görz 1878 Progr. Eine, wie es scheint, vollständige Bibliographie
auch über den friaulischen Dialekt hat 1',. Böhmer gegeben in den Rom.
Stud. VI 185 u. 233 — Gallo -Italisch. Gallo-it. Predigten aus dem 12.
Jahrb., herausg. von ^V. FÖR.STER, in: Rom. Stud. IV 2 (vgl. AscoLI im
Arch. glott. VIII 107 Anm.), dazu zwei Nachträge in; Rom. Stud. IV 333
Das Italifiiischc. (]',]]
u. V 2o2. H. BlONnELLI, Saggij sui dial. gallu-it. Mailand 185;{. Di: (iUK-
GORIO , Fonetica dei dial. gallo-ital. di Sicilia, in: Arch. plott. VIII 304,
vgl. dazu MoHOSi's Osservazioni e aggiunte ebenda S. 4()7 — Genua.
La go mag g iure. Rinie genovesi della fine del sec. XIII e del principio
del XIV, in: Arch. glott. II 161 Prose genovesi della fine del sec. XIV e
del principio del XV edite da A. IvE, in: Arch. glott. VIII 1, vgl. zu
diesen beiden Publicationen Flechia's Annotazioni (Lessico im Arch.
glutt. VIII 317. V. Cke.'^cixi e G. Belletti, Laudi genovesi del sec. 14.
Genua 1883 Estratto dal Giorn. ligustico X 9), vgl. Giorn. stör. II 220,
M. St.^gliexo, Proverbi genovesi etc. Genova 1869. G. Olivieri, Dizion.
domestico genovese-ital. Genova 1841. Rime diverse in lingua genovese.
Pavia 15SS u. 1595. Vgl. auch Ligurisch — Lecce. G. Mouosi, II
vocalismo del dialetto leccese, in: Arch. glott. IV 117. Fr. Ant. d'Amelio
DA Lecce, Poesie in ling. lecc. Lecce ISOS — Ligurien. *G. J. AscoLi,
Del posto ehe spetta al ligure nel sistema dei dialetti ital., in : Arch. glott.
II 111. St. Martini, Saggio intomo al dial. ligure. San liemo 1870 —
Logudoro s. Sardinien — Lombardei. [C. Meyer, Sprache u. Sprach-
denkmäler der Longobardeu. Quellen, Gramm., Gloss. Paderborn 1S77].
F. XoVATI, II Pater Noster dei Lombardi, in: Giorn. di fil. rom. II 122.
Proverbi lomb. racc. e illustr. da B. Samaraxi. Milano 1860 u. 1870 —
Lucca. C. MiNUTOLl, Sul dial. lucchese, in: Atti della R. Accad. Luc-
chese 1SS3 iXXl! — Mailand. A. Mussafia, Darstellung der altmailänd.
Mundart nach Bonvesin's Schriften. "Wien 1868 in den Sitzungsb. d. Akad.
d. "Wiss. Ueber Bonvesin vgl. das aiphabet. Verzeichniss zu dem § über
die Litteraturgeschichte]. *Salviom, Fonetica del dialetto modemo della
cittä di Milano. Turin 1884. Fe. Cherubixi, Vocab. milanese-ital. 2» ed.
Milano 1870. G. Baxfi, Vocab. ital.-milan. 3» ed. Milano 1870. T. Maschka,
EtjTQologische Studien üb. die mailänd. Mundart. Triest (Jahr?; Progr.,
und: die Conjugation der neumailänd. Mundart. Feldkirch 1870 Progr.
CoUezione delle migliori opere scritte in dial. milanese. Milano 1816/17,
10 Bde. C. M. Maggi, Commedie e rime in ling. mil. Milano 1701, 2 Bde.
La Gerusalemme liberata, travestita in ling. milanese, da D. Balestrieri.
Milano 1772. La Novellaja milanese, vgl. No. 235 der Bibliographie für
das J. 1870 des Jahrb.'s f. rom. u. engl. Spr. u. Lit. — Marche. Giaxan-
DREA, Canti pop. marchigiani. Turin 1875. Vgl. N. A. Anno 11 II 8 —
Marigliano. Imbriani, 46 canti pop. dei dintorni di M. (Terra di Lavoro)
Xapoli 1871 — Massa Lombarda e Varese. Imbriani, Cant. pop. di
M. L. e V., in: Nuov. Antol. V 1866), 190 — Mentone. Andrews, Es.sai
de gramm. du dialecte mentonais. Nizza 1875, vgl. Rom. IV 492; Phone-
tique mentonaise, in : Rom. XII 354 ; l'Enigme, conte mentonais, in : Rom.
X 244. La femme avisee, conte mentonais, in: Rom. XI 415 — Miran-
dola. E. Meschieri, Vocab. mirandolese-ital, Bologna 1876 — Modena.
E. Marenesi, Voc. domestico del dial. modcnese coUa voce corrispondente
italiana. Modena 1867. G. Galvani, Saggio di un glossario modcnese ossia
studj intomo le probabili origini di alquanti idiotismi della cittä di Modena
e del suo contado. Modena 1868, vgl. u. S. 646, und: Piccolo vocab. del dial.
mod. Modena 1869. A. Perretti e A. Capeeli, Pamasso modenese dal
032 1^^^ Italienische.
sec. XV al XVIII. Modena 1806 — Modica s" Sicilien — Monferrut.
Ferkaro, Canti pop. monferrini. Torino u, Firenze 1870, vgl. Rom. I 255
— Neapel. A. Mi'Ssafia, Ein altneapolit. Regimen sanitatis. Wien 1S84
(Sitzungsb. der Akad. d. Wissensch.,. G. Amalfi, l'Ortografia del dial.
napol., vgl. Bibliogr. Anzeiger f. rom. Spr. u. Lit. II No. 1995. C. Macht,
Der neap. Uialect, theoretisch u. praktisch erläutert. Hof 1878. Progr. d.
Studienanstalt. F. AVextrvp, Beiträge zur Kenntniss der neap. Mundart.
Wittenberg 1S55 Progr. R. de Ambra, Vocab. nap.-it. Napoli 1873. F.
Torraca, Studj di storia letteraria napolit. Livomo 1884, vgl. Giorn. stör.
II 193. Fr. del Tirpo, Novelle in dial. nap. del sec. XV. Genova 1869.
A. V. Flugi, Neap. Volkslieder des 16. Jahrh.'s, in: Rom. Stud. I 594.
Torraca, Sacre rappresentazioni del Nap., in: Arch. stör, per le prov. nap.
Anno IV, fasc. 1, vgl. Rom. VIII 471. Collezioni di tutti i poemi in liug.
nap. Napoli 1783/89, 28 Bde. Lo Tasso nap., zoe la Gierosalemme libberata
de lo sio T. Tasso voltata a llengua noista da Gabriele Fasano. Napoli
1689 — Nizza, Saggio sul dial. nizzardo, in confronto coUe lingue romanze
e coi dialetti ital. San Remo 1884. Vgl. oben S. 437 — Norditalien.
A. MrssAFiA, Beiträge zur Kunde der nordital. Mundarten im 15. Jahrh.
Wien 1S73, in den Sitzungsb. d. Akad. d. Wissensch., vgl. Rom. III 112
u. Riv. di fil. rom. II 55 — Noto. AvoLlo, Canti pop. di N. Noto 1876
— Novara. A. RuscoNI, I parlari del Novarese e della Lomellina. No-
vara 1878 — Otranto. G. MoROSi, Studj sui dialetti della Terra d'O.
Con appendice sui canti, leggende e proverbi dei dial. medesimi. Lecce
1869 — Padua. G. Patrl^rchi, Vocab. veneziano e padovano. 3» ed.
Padua 1821. Magagxo, Rime in ling. rustica päd. Venezia 1564 u. öfters
— Parma. C. Malaspixa, Vocab. parmigiano-ital. Parma 1856/59, 4 Bde.
— Pavia. Dizion. domcstico pavese-ital. Pavia 1829. Carati, Poesie in dial.
pavese e ital. Pavia 1877. C. Gambini, Vocab. pavese ital. Milano 1879 —
Perugia. Saggi del volgare perugino nel trecento. Cittä di Castello 1883,
vgl. Giorn. stör. II 215. Eine Sammlung altperusinischer Texte will E.
MoNACi im Arch. glott. herausgeben, vgl. AscOLl daselbst VUI 121 —
Piacenza. I-. Foresti, Vocab. piacentino-ital. Piacenza 1836 — Picenum.
G. Levi, Una carta volgare picena del sec. XII, in: Giorn. di fil. rom. I
234 — Piemont. M. PiPixo, Grammatica piem. Torino 17S3, u. : Vocab.
piem. Torino 1783. L. Capello , Dict. portatif piem.-frcs. Turin 1814.
C. Talli. Diz. piem., ital., lat. e franc. 2^ ed. Carmagnola 1830, 2 Bde.
M. PONZA, Vocab. piem.-ital e ital.-piem. Torino 1847. Sant-Albino, Gran
diz. piem.-ital. Torino 1859. U. Rosa, L'elemento tedesco nel dial. piem.;
postille etimologiche. Torino 1883. Molixeri, II Piemonte nella poesia del
medio evo, in: Atti della Filotecnica di Torino V 5. M. Pipino, Poesie
piem. Torino 1783. E. Calvo, Poesie scritte in dial. piem. Torino 1816.
C. Nigra, Canzoni pop. del P. Torino 1858. St. Mina, Canzoni piem. e
cenni storici sulla lett. subalpina. Torino 1868. A. BoFFERlo, Canzon.
piem. Neapel 1881. G. Ameri, Saggio di canzoni piem. Torino 1862. C.
Nigra, Versions piem. de la chanson de Renaud, in: Rom. XI 391 —
Pr ato. Livr, Canti pop. della campagna prat. Prato 1853 — Reggio. Vocab
reggiano-ital. Reggio 1832, 2 Bde. — Rom. G. Berxeri. II meo Pataca
Ulis Italienische. 633
ovvero Koma in fcsta nei trionti di Vienna. l^ocnia giocoso iicl linguaggio
romaneseo. Roma 1095, Neudruck 1884. G. C. Peuesio, II Mag<j;io roma-
nescü üvvcro il palio conquistato, poenia cpico giocoso nel linguaggio del
volgo di Koma. Fcrrara 16SS. Römische ]{itornellen, gesammelt u. herausg.
V. C. Blessig. Leipzig ISGO. Sabatixi. Saggio di Canti pop. rom. , in:
Rev. di I-ett. i)op. 1 1 u. 167, vgl ebenda I 18i>. 1). Olckeks, G. Belli,
alcune poesie in dial. romaneseo, scelte etc. München 1ST8 Progr. GxoLl,
11 poeta romaneseo G. G. Belli e i suoi scritti, in: Nuov. Antol. 1S7S Jan.
u. Febr., vgl. Mag. f. Lit. d. Ausl. 1878, No. r,i — Romagna. A. Mrs-
SAFIA, Darstellung der romagnolischen Mundart. Wien 1871, vgl. Rom. I
240. A. MoRRi, Vocab. romagnolo-ital. Faenza 1840, und: Manuale domestico-
tecnologico di voci, modi, proverbi, riboboli, idiotismi della Romagna e
loru corrispondente ital. Persiceto 1863. A. Mattioli, Vocab. romagnolo-
ital. Imola 1S7',), vgl. Propug. XII 1, p. 2S4. Fekraro, Saggi di canti pop.
racc. a Pontelagoscuro Romagna , in: Riv. di ftl. rom. II 193 und: XVI
canti pop. della Bassa Rom., in: Rev. di Lett. pop. II — Rovigno.
Novelline pop. rovignesi raccolte etc. da A. Ive. "Wien 1S77, vgl. Giorn.
di fil. rom. I 56. Canti pop. istriani racc. in R. da A. IvE. Turin 1878 —
Sabinerland. A. de Nixo, Saggio di canti pop. sabinesi. 2a ed. Rieti
1869 — Sardinien. AVescher-Blancard, Charte sarde ecrite en caracteres
grecs, in: Bibl. de lEc. des Ch. , Bd. 35, p. 256, vgl. Rom. III 5i)3. F.
Gamurrixi e E. Stengel, Documento in dial. sardo dell' anno 1173, in:
Riv. di fil. rom. I 52 u. 123. Ueber sonstige sard. Urkunden s. Hof.maxn's
unten zu nennende Diss. S. 5. V. Di GlovAXXl, Dell' uso del Volgare in
Sardegna e in Sicilia nei see. XII e XIII. Palermo 1867. M.\tteo Madav,
n Ripulimento della liug. sarda lavorato sopra la sua analogia coUe due
matrici lingue, la greca e la latina. Cagliari 17S2. R. PoRRU, Saggio di
gramm. sul dialetto sardo meridionale. Cagliari 1811. 'G. Spaxo, Ortografia
sarda nazionale, ossia gramm. della liug. logudorese paragonata all' italiana.
Cagliari 1840. N. Delius, Der sard. Dialect des 13. Jahrh.'s. Bonn 1868.
V. DÜRIXGSfeld, Der Dialect von Sassari, in: Jahrb. f. rom. u. engl. Lit.
X 399. *G. J. AscoLl im Arch. glott. 11 132. 'G. Hofmaxx, Die logudo-
resische u. campidanesische Mundart. Marburg 1S85, Strassburger Diss.
PoRRU, Nou Dizionariu universali sardu-italiauu. Casteddu 1832 u. 1868,
*G. Spaxo, Vocab. sardo-ital. e ital.-sardo. Cagliari 18il 52. 2 Bde. Della
Barba, Sul parlare dei Sardi. Reggio d'Emilia 1880. M. Madau, Le Ar-
monie dei Sardi. Cagliari 1787. G. Spaxo, Canzoni pop. inedite in dial.
centrale logudorese. Cagliari 1870. Canti pop. in dial. sassarese con osser-
vazioni sulla pronunzia di S. A. 11 principe L. L. Bonaparte. Cagliari 1873.
P. E. GlARXERlo, Primo saggio di novelle pop. sarde, in: Arch. p. trad.
pop. II fasc. 1 — Sassari s. .Sardinien — Sicilien. V. Dl Giovaxxi,
Filologia e letteratura siciliana. Palermo 1871 u. 1879, vgl. Propg. XII 2^
p. 272 von demselben erschien früher: La lingua volgare e i Siciliani,
lettera al prof. J. G. Isola. Palermo 1867]. C. AvoLlo, Introduzione allo
studio del dial. sie. Noto 1882. "Wextrl'p, Beiträge zur Kenntniss des
sicil. Dialectes. Halle 1880 (eine frühere Arbeit desselben Verf.'s über den-
selben Gegenstand erschien in Herrig's Archiv, Bd. 25, Heft 1 u. 2 . E.
ß34 l^'^** Italienische.
Pariselle, Leb. die Sprachformen der ältesten sicil. Chroniken. Halle 1883
Diss. Hüllen, Vocalismus des Alt- u. Neusicil. Bonn 1884 Diss. E. BÖH-
AiER, Zur sicil. Aussprache, in: Rom. Stud. HI 165, und: Ueb. zwei dem
12. Jahrh. zugeschriebene sicil. Texte, in: Rom. Stud. HI 159. JoH. Schmid,
Ueb. zwei Msc. sicil. Gedichte des lü. Jahrh. 's, in: Rom. Stud. III 103. V.
DI Giovanni, Sulla stabilitä del Volgare sicil. dal sec. XII al presente, in:
Nuove Effemeridi sicil. fasc. VII 1 , vgl. Rom. V 255. M. Pasqialino,
Vocab. sicil. etiraologico ital. e latino. Palermo 1785 95, 5 Bde. V. MoR-
TILLARIO, Nuovo diz. sic.-ital. Palermo 1838, 2 Bde., 3» ed. 1879. G. Perez,
Vocab. sicil.-ital. attenente a cose domestiche e parecchie arti ed a taluni
mestieri. Palermo 1S70. A. Traina, Nuov. vocab. sicil.-ital. Palermo 1870.
^IlR.A., Bibliografia siciliana, ovvero gran dizionario bibliografico delle opere
cdite e inedite di autori siciliani. 2 Bde. in Commiss. b. Brockhaus in Leipzig'.
V. A. Narbone, Storia della letteratura sicil. Palermo 1852 ff. F. Evola,
Storia tipografico-lett. del sec. XVI in Sicilia. Pal. 1878, vgl. Propug.
XII, 1, p. 456. G. PiTRE 1. Saggio di fiabe e novelle pop. sie. PaL 1873.
2. Nuovo saggio di fiabe etc., in: Riv. di filoL rom. I 113 und 139. 3.
*Biblioteca delle tradizioni popolari siciliane fBd. 1 u. 2 Canti, Bd. 3
Studj di poesia popolari, Bd. 4, 5, ti, 7 Fiabe, novelle e racconti, Bd. 8,
9, K», 11 Proverbi, Bd. 12 Spettacoli e feste, Bd. 13 Giuochi fanciulleschi)
PaL 1870,83, vgl. Jahrb. f. rom. u. engl. Spr. u. Lit. XV 397, Ztschr. f.
rom. PhiL V 403 u. 408. Propug. XIIl 6, Rom. X 317. 4. Saggio di
canti pop. sie. ora per la prima volta pubblicati. Lettera al comm. Zam-
brini, in: Propg. II 2, p. 371. 5. Delle sacre rappreseutazioni in Sicilia,
in: Nuove Effemeridi Sicil. fasc. VIII 129, vgl. Rom. V 409 (Ausserdem
hat P. noch eine ganze Reilie anderer Monographien über sicil. Folklore
veröffentlicht, welche aufzuzählen hier zu weit führen würde . G. Ragi'.sa
MoLETi, G. Pitre e le tradizioni popolari Pal. 1883. L. Lizio-BiiiNO. Canti
scelti del popolo siciL posti in versi ital. c illustrati. Messina 18(i7, und:
Canti pop. delle Isole Eolie e di altri luoghi di Sicilia , messi in prosa
ital. etc. Messina 1871. L. ViGO, Raccolta amplissima di canti pop. siciL,
2«' ed. (in den »Opere« V.'s] Catania 1870/74. S. Salomone-marino, Canti
pop. sicil. in aggiunta a quelli del Vigo. Pal. 1870, und Leggende pop.
siciL PaL 1880, vgl. Ztschr. f. rom. PhiL IV 394. Castelli, Credenze ed
usi pop. siciL PaL 187S, vgl. Ztschr. f. rom. Phil. III 127 u. IV 612.
Bakonessa DI C.\KiNi, Leggenda storica pop. del sec. XVI in poesia siciL
Pal. 1S73, vgl. Jahrb. f. rom. u. engl. Spr. u. I,itt. XIV 240. Canti popo-
lari del circondario di Modica raccolti da H. A. Gua.stalla. Napoli 1877,
vgl. Ztschr. f. rom. Phil. I 434. Maspons y Labros, Literatura popolar
di M., in: Lo Gay Saber, Any I No. 14, p. 209. D. TEMrio, Poesie sicil.
Catania 1874, 4 Bde. F. Liebrecht, SiciL Volkslieder u. Volksräthsel, in:
Jahrb. f. rom. u. engL Lit. XII 337. F. GiiECiOitoviis , Die siciL Volks-
lieder, in: Morgenblatt 1859, No. 4!) f. Laira GoNZENBACU, SiciL Mähr-
chen, aus dem Volksmunde gesammelt. Mit Anmerkungen von R. KÖHLER
u. einer Einleitung herausg. von ü. Hartwig, Leipzig 1870, 2 Bde. Vasi,
Osservazioni critiche alla monogratia delle colonie lombardo-sicule di L.
Vigo, in: Arch, stör. sie. N. S. IX 125. Vgl. auch Gallo -Italisch —
Das Italienische. 635
Siena. 1.. liiKscil, J.autlchrc dos Dialects von Sicna. Ztschr. f. r. l*h. IX Ji;<.
G. GakgaM, Della ling. voIü:. in S. nel see. XIII per una orio^inalc lettera
mercantile di Vincenti d'Aldobrandini Vincenti a di 5 di luglio 1260 c pcr-
dita in Francia. Siena 1868 — Süditalien, Canti pop. delle provincie
meridionali racc. da A. Casetti e V. Imbkiani Turin 1871 72, 2 Bde. —
Teramo. L. Molinako uel Cuiauo, Canti del popolo teramano. Napoli
1^82. G. Savixi, Osservazioni sul dial. teramano. Ancona l&7i) — Titano.
XV canzoni pop. in dial. titano racc. da V. Imbkiani, in: Propg. VI —
Toscana. C. Vksme, Di alcune iscrizioni volgari tose, dei secoli XI, XII
e XIII, in Propg. V 5, vgl. Kom, I 264. Gll. Nervcci, Saggio d'uno
studio sopra i vernacoli tose. Vernacolo montalese contado) del sotto-dial,
di Pistoja. Milano 1865. G. Giluani, Sul moderno linguaggio della
Tose. Turin 1S58; Sul vivente ling. della Tose. Turin 1860 und: Mo-
ralitä e poesia del vivente linguaggio della Tose. 3» ed. Firenze 187.3, N.
ToMMA'^EO, Canti pop. tose., corsi, illirici, greci. Venezia 1841, 4 Bde.
"G. TiGUl, Canti pop. tose. 3» ed. Firenze 1S69. V. Imbriam, La Novel-
laja fiorentiua. Livorno 1877. G. Pitke, Novelle pop. tose. Firenze 1885,
vgl. Giern, stör. M 298. G. Salvador!, Storie pop. tose., in Giom. di fil.
roni. II 194. G. GlusTi, Raccolta di proverbi tose. Firenze 1858 — Trient.
B. Malfatti, Degli idiomi parlati anticamente nel Trentino e dei dialetti
odiceni, in: Giom. di fil. rom. I 119, vgl. Ztschr. f. rom. Phil. U 629 —
Triest. Maixati, Dialoghi piacevoli in dialetto vernacolo triestino. Triest
1828. Vgl. Arch. glott. I 479, IV 356. C. Cossa.m, Saggio di proverbi
triestini. Triest 186U — Umbrien. Marcoaldi, Canti pop. in editi um-
bri, liguri, piceni, piemontesi e latini raccolti etc. Genua 1875 — Val-
Soana. Nigra, Fonetica del dialetto di Val-Soana, in: Arch. glott. III 1,
und : n gergo dei Valsuanini, ebenda III 53 — Venedig (vgl. oben S. 626).
*G. J. AscoLI im Arch. glott. I 391 u. 448 hier bespricht A. die ältesten
venez. Texte; einer der wichtigsten derselben, die »Cronica de li Impera-
dori«, ist von Ceruti im Arch. glott. III 177 herausgegeben worden, da-
zu Anmerkungen von AscoLl ebenda 244. Ein altvenet. Text des Renard
ist herausg. von Putelli in Giern, di filol, rem. II 153.) Gaiter, II dia-
letto ven. nei primordi della ling. ital, in: Arch. venete XX 1. G. D.
NoRDO, Prespetto comparative sui dialetti veneti e saggi di essi dietro
lassunte programma, in: Atti del R. Ist. Ven. di scienze etc. t. XV fasc. 10.
G. BOERio, Diz. del dial. ven. 2» ed. Venezia 1858/59. Patriarchi s.
oben Padua. Nov.vn, Poeti veneti del trecento. A. da Tempo, A. Mus-
sato etc., in: Arch. stör, per Trieste etc. November 1881, vgl. Rom XI
(»24 u. Giern, stör. I 154. F. Gritti, Poesie in dial ven. Ven. 1875. A.
Lalberti, Nuova colleeione di poesie scritte in dial. ven. Treviso 1835,
3 Bde. J. V. FosCARLXl, Canti del pop. v. Ven. 1844. Dal Medico, Canti
del popolo venez, raccolti etc. 2» ed. Ven. 1857. G. Bernoni, 1. Canti
pop. ven. Ven. 1872, vgl. Rom II 366, 2. Fiabe e novelle ven, pep. Ven.
1873, vgl. Rom. III 418, 3. Preghiere pop. ven. Ven. 1873. 4. Legende de
fantastiche pop. ven. Ven. 1873. 5. Tradizioni pop. ven. Ven, 1877. Cr,
Pasqualigo, Raccolto di proverbi ven, Ven. 1857 58, 3 Bde., 3» ed.
Treviso 1882, vgl. Herrig's Archiv Bd. 70 S. 108. Volkslieder aus Venetien,
(330 1^^" Italienische.
gesammelt von G. WiDTEU, herausg. v. A. WoLK Wien 1864 — Verona.
A. Cescoxi e E. Righi, Canti pop. veronesi. Verona 1870. RiGHi, Sag-
gio di canti pop. ver, Verona 1803 Docuraenti delV antico dialetto veronese
(von 132G bis 1495;, :< Hefte, Verona 1S78 7!» — Vicenza. A. Al.VElw,
Canti pop. tradizionali vieentini colla loro musica originaria. Vicenza 1844.
ScHio, Saggio dcl dial. vic. Päd. 1855.
Fremde Sprachen in Italien: 1). Comtaketti, Siiggi dei dialetti
greci deir Italia meridionale Pisa 1806 — MoKOSi, I dialetti romaici del
mandamento di Bova in Calabria, in: Arch. glott. IV 1, und: Studj sui
dialetti greci deUa terra d'Otranto, preceduto (sicl; da una raccolta di
Canti etc. nei dialetti medesimi. Lecce 1S70. — F. e C. Cipolla , Dei
coloni tedeschi nei XIII Comuni Veronesi, in: Arch. glott. VIII 161 —
M.\M).\LAUI, Una colonia provcnzale nell' Italia meridionale, vgl. Bibliogr.
Anz. f. rom. Spr. u. Lit. 1884, No. 199H — A. Pkeca, Saggio intorno
alla lingua maltese come affine delV ebreo. Malta 1880.';
§ 5. Bemerkungen über die Laute des Schrift-
italienischen.
1. So erheblich, al).solut betrachtet, immerhin die Diffe-
renz zwischen dem Lautsysteme des Schriftitalienischen und
dem des Schriftlateinischen auch ist , so steht dennoch unter
allen romanischen Idiomen das Schriftitalienische dem Schrift-
lateinischen lautlich zweifellos am nächsten, hat dessen Laute
verhältnissmässig sehr treu bewahrt. Dem Yolkslatein da-
gegen dürfte das llumänische lautlich am nächsten kommen.
2. Was den Vocalismus anlangt, so ist das Schriftitalie-
nische im Gegensatz z. B. zu dem Französischen und Gallo-
Italienischen) frei von allen Misch- und Nasalvocalen. Lat. a,
e. 1, ü, zum Theil in gelehrten Worten) auch au sind rein
bewahrt, Veränderung haben nur erlitten e und ö ;diphthon-
girt zu ie und no], i zu e), Positions-/ und Positions-// ^zu e
und 0 . Ein zweiter charakteristischer Zug des schriftitalie-
nischen A'ocalismus ist die Erhaltung des auslautenden ton-
losen 0 und e (z. B. popoloy monte), Avodurch zugleich die an-
nähernde Erhaltung der lateinischen Grundformen wesentlich
ermöglicht worden ist. Im Zusaramenhano-e damit steht die dem
1) Nachtrag zu den Dialccton : Abruzzen. Komani, Abruzzesismi
raccolti. Piacenza JS84 — Belluno. Nazaui. Diz. bellunese-ital. e osser-
vazioni di grammatica. Oderzo 1S84 — Campagna. P.E. ViscoXTI, Sag-
gio de' canti pop. della provincia di Maritima e Campagna. Koni IS.'io
(wiederholt in: DiDlKR, Campagne de Korne. Paris 1842 , und: Saggi di
canti pop. di Koma, Sabina, Marittima e Campagna. Florenz 1*^5^ — Fer-
rara. Feuuako, Poesie pop. ferraresi in un ms. del sec. XVIII, in: Arch.
p. trad. pop. II 585 — Lombardei. Sai.vioni, in: Arch. glott. IX 1.
Das Italienißche. 637
Schriftitalienischen überhaupt eigene Vurliebe für vocalischen
Auslaut, iu Folge deren auch in der VerbalÜexion vocalisch
auslautende Analogiebildungen begünstigt Averden (3. P. PI.
Präs. auf -no nach Analogie der 3. P. PI. der starken Perf. ,
ebenso auch in den übrigen Tempp.). Abfall eines anlauten-
den tonlosen Vocales ist nicht ganz selten, z. B. badia =
abbatia. bottega = apotheca, rame = aeramen, stimare = aesti-
mare: besonders wird hiervon das e der Priip. ex in Compo-
sitis betroffen, z. 15. scavare = ex-cacare, scappare = frz.
e-chapper . vgl. auch z. B. sceglio mit ex-eligo: mitunter ist
ein ganzes Präfix von der Apokope heimgesucht worden, z. B.
scendere = [de]sce7idere. Im Inlaut ist Synkope tonloser Vo-
cale nicht eben selten, vgl. z. B. viaggio mit ciat[i\cum (und
so viele andere gleiche Bildungen , netto mit /nf[f^dum, freddo
Toxt frig[i\dum , posto mit positum, crollare = frz. croider mit
(:\o}'ot[u\Jare u. v. a. : im Allgemeinen aber bleiben doch auch
im Inlaut tonlose ^'ocale erhalten , vgl. z. B. cumulare mit
frz. combler. ramera mit frz. chambre, cenere mit frz. cendre,
Infinitive wie dxfendere u. dgl. mit ihren frz. Pendants de-
fendre etc. (wobei allerdings zu bemerken, dass vereinzelt auch
im Italien, das e des Infinitivausganges ~^re sjTikopirt wird,
vgl. z. B. porre mit ponere . meist aber ist iu diesem Falle
neben der spikopirten auch die volle Form gebräuchlich,
sciogliere neben sciCrre^ scegliere neben scerre), vgl. auch starke
Participialbildungen wie perdita, rendita mit frz. perte^ rente,
vgl. endlich auch 3. Personen PI. starker Perfecta, wie z. B.
cennero . presero u. a. mit frz. cinre/it, pris freut, prirent. Es
bedarf nicht erst der Bemerkung, dass die so beliebte Bewah-
rung tonloser Vocale im Inlaute . selbst in der Vortonsylbe,
wesentlich dazu beigetragen hat, die ital. Wortformen ihren
lat. Grundtypen nah zu erhalten.
Das Schriftitalienische wie das Italienische überhaupt)
scheidet scharf zwischen offenem und geschlossenem e und o;
offenes e entspringt aus lat. f, e in Pos. und ae (dazu iq aus
a -\- attrahirtem i. wie auch sonst e in ie offen ist, ausg. in
pie ; geschlossenes e gründet sich auf lat. e. l und i in Pos. ;
offenes o hat seinen Ursprung in lat. ö, o in Pos. (doch mit
zahlreichen Ausnahmen, namentlich in den Combinationen e -f-
complicirtes n oder r) und au; geschlossenes o endlich beruht
(j38 l^^** Italienische.
auf lat. ü, u in Pos. (doch mit manchen Ausnahmen) und ö
(welches jedoch häufig auch oftenes o ergiebt). In der rich-
tigen Unterscheidung der beiden E- und 0-Laute besteht wohl
die gi'össte der Avenigen Schwierigkeiten, welche die Ausspra-
che des Schriftitalienischen dem Ausländer darbietet . sie ist
aber um so fühlbarer, als völlig durchgreifende Regeln sich
nicht aufstellen lassen und als ausreichende Angaben in den
Lehr- und Wörterbüchern fehlen. Auffällig ist. dass geschlos-
senes und offenes e, bzw. o im lieime unbedenklich mit ein-
ander gebunden werden.
2. In Bezug auf den Consonantismus ist vor Allem be-
merkenswerth, dass inlautende, auch intervocalische Explosiva
im Allgemeinen erhalten bleibt, vgl. z. li. Verruca mit frz.
vemte, negare mit frz. nier ^ vita mit frz. vie . Jodare mit frz.
louer ^ coperto mit frz. couvert ^ lahhro mit frz. lerre. Ueber-
gang der tonlosen Explosiva zur tönenden und dieser zur tö-
nenden Spirans ist allerdings nicht eben selten, namentlich
bei den Labialen, z. B. recipere : ricevere. recuperare : ricove-
rare . dehere : devere , litus : Udo. pairem .padre^ pacare . pa-
gare, lacus : lago, lacrhna : lagrima , aber Schwund findet nur
vereinzelt statt und zwar in den Combinatiouen g -\- r und
V -\- r^ z. B. integrum : intero, nigrum : nero^ bibere : bev[e]re :
bere, libra [: livra^ : lira.
Ein anderer den ital. Consonantismus charakterisirender
Zug ist die Veraieidung des consonantischen Auslautes (mit Aus-
nahme von r und zuweilen n) durch Abwerfung auslautenden
lat. m. s. f (daher moute = montem. corpo = corpus, e [vor
Vocal ed\ = et, capo = capui] und Erhaltung des diesen Con-
sonanten vorausgehenden Vocales. durch welchen wieder der
ihm voranstehende Consonant in seinem Bestände geschützt
wird, vgl. monte mit frz. mont^mö, corpo mit cor[ps\. capo
mit cJtef.
Vocalisation des l : ti ist dem Schriftitalienischen unbe-
kannt, daher z. H. caldo neben frz. chaud . colpo neben frz.
coup. Auch Vocalisirung eines gedeckten Gutturals zu i mei-
det das Schriftitalienische , sondern braucht die Assimilation
als Mittel der Erleichterung der schweren Combination. daher
z. \\. fatto neben ixz. faxt . tetto neben frz. toit . notte neben
frz. otuit; in der Combination nct wird c s)nikopirt. z, B. santo
Das Italienische. 639
neben frz. S(ii//i, unfo neben frz. oi/if. pianto neben frz. plahif,
depiiiio neben frz. depcint.
In weitem Umfange ist der nrspriingliche lat. Consonan-
tismns im Schriftitalicnischen durch Pahitalisirung umgestaltet
worden. Die wichtigsten hier in lietracht kommenden Er-
scheinungen sind: a lat. k [c] und g sind vor e und / zu c
und (j geschrieben c. g. vor dunkeln Vocalen ci. gi] palata-
lisirt Avorden. b) J ist durchweg zii g (geschrieben g^ vor dun-
keln Vocalen gi palatalisirt worden, nur vereinzelt bestehen
Doppelformen neben einander, von denen die eine, und zwar
die weniger übliche, den /-Laut bewahrt hat, z. li. Jacopo
neben Giacomo , majo neben maggio. Wie j wird öfters auch
lat. anlautendes i vor Vocal behandelt, z. B. GiroJamo =
Hieronymus. c) Ebenso werden zu *■ (geschrieben sc vor
hellen . sei vor dunkeln Vocalen) palatalisirt anlautendes sc,
[ex, bzw. exs, zuweilen auch einfaches s [sc und s jedoch nur
vor hellen Vocalen), z. B. scenclere = {de)scendere ^ sciagurato
= exauguratus , sciugare = exsuccare, sctoperare = exoperare,
sceglio = exeligo, scimia = simia , scemare v. semi; intervoca-
lisches .r wird theils palatalisirt, z. B. coxa : coscia , laxare :
lasciare, theils zu ss assimilirt, z. B. laxus = lasso, gedecktes
X wird zu s vereinfacht, z. B. *[e]xtranarius : straniero, mixtus
: misto. d) Der Palatalisirung zu s verfällt ebenfalls die Coni-
bination st -\-J=i e) in Hiatusstellung, z. B. ostium : nscio,
2)ostea : poscia, angustia : angoscia. e t -\- J = i [e) in Hiatus-
stellung wird entweder zu z assibilirt (intervocalisch zu 22),
z. B. ?narzo = inarfius, 2)ici^~(i == i^^a^^fh pozzo = ptiteus, giu-
stezza = j'ustitia , anzi = aiitea ^m. halbgelehrten Worten wird
-Ha : zia, z. B. avariiia), theils zu g palatalisirt, z. B. ragione
= rationem, oft sind Doppelformen vorhanden, z. B. Venezia
und Vinegia , prezzo und pregio ; die Combination pt oder et
-f-y = i im Hiatiis ergiebt rr, z. B. captiare : cacciare, suciiare
= succiare. lieber st vgl. oben, f) Die Combination tc vor
Vocal ergiebt gij^ z. B. viat[i]cum : maggio. g) Die Combina-
tionen d oder g oder h oder v -{-j = i [e] im Hiatus ergeben
g. intervocalisch gg, z. B. deorsum : giuso . hodie : oggi, lilie-
gium : Reggio , exagium : saggio . cambiare : cangiare , debeo :
deggio, servientem : sergente. carea : gaggia: zuweilen erleidet
auch s 4- y = i im Hiatus denselben Wandel, z. B. [oc\ca-
(j40 1^*8 Italienische.
sionem : cagione , mansionem : magione. h) Die Combination
Vocal + I -\-j= i [e] im Hiatus ergiebt Vocal + palat. / (ge-
schrieben ffli), die Combination Vocal -h n -{-J = i (e) im Hia-
tus ergiebt Vocal -f- n geschrieben gu), ebenso die Combina-
tion Vocal -\- ffn = Vocal 4- /^- z. B. julium = luglio, palea :
paglia , juniuni : giugno , vinea : vigna , verecun[d]ia : vergogna,
dignum : degno; öfters jedoch verconsonantirt sich J= i [e]
nach / nnd n zu </ , z. 15. vetiio : vcngo , remaneo : remango,
valeo : valgo (daneben caglio] . i) Zwischen d, gl . pl . hl . fl
und folgenden Vocal drängt sich gern ein parasitisches j ein,
durch Avelches das / erstickt Avorden ist, z. li. cJarum : [cljaro :]
chiaro , *glottus : [gljotto :] ghiotto , planum : [plj'ano] : piano,
*blondus : [blj'ondo :] hiondo , ßorem : [ßjorem \\ßore, flamma :
[ßjamma •.^ßamma, spec[H]lum : specc/ito, vet[u]h(s : *vec[u]lus :
vecchio. k) Ebenso wird ein r durch nachfolgendes y = i (e)
in Hiatusstellung verdrängt, z. li. ^morio : nmojo, parco : ji>ff;b,
* calceolarius : calzolajo.
Der Reichthum an Palatallauten ist für das Schriftitalie-
nische geradezu charakteristisch und trägt wesentlich dazu bei,
der Sprache den ihr eigenen weichen Klang zu verleihen, der
mitunter freilich bis zur Weichlichkeit sich steigert. Es zeigt
in Hinsicht auf die Palatalisirung das Italienische interessante
Analogien mit dem Slavischen.
Im Anlaut duldet das Schriftitalienische nur einfache Ex-
plosiva , Expl. -\- r , Expl. -)- / (vgl. jedoch oben) , zuweilen
Expl. -f- n ; auch 6- impurum wird geduldet (sehr im Gegen-
satz z. B. zu dem Spanischen), ja die Sprache zeigt für die-
sen Anlaut eine gewisse Vorliebe, indem sie anlautenden ^'o-
cal vor s impurum abwirft, z. B. aestimo : stimo, extra- : stra-
u. dgl. ; nur im Falle, dass gewisse consonantisch anlautende
Monosyllaben 7ion , coti . per , in) vorausgehen , pHegt dem *•
impurum nach gemeinromanischer Weise ein i vorgeschlagen
zu werden. Anlautendes pt wird zu t erleichtert, z. B. Pto-
lomaeus = Tolomeo , ein isolirter Fall ist ptochus (rrrw;fO(,'' :
pitocco .
Consouantengeraination ist im Schriftitalienisehen sehr
beliebt und tritt nicht nur durch Assimihition schwierigerer
Consonantengruppen \ct : tt^ es : ää etc.) , sondern auch imor-
Das Italienische. 641
ganisch häuüg ein :z. li. pubhlico, ohhUgo). ^) Intervocalisches
pL bl ergiebt ppi, bbi, z. B. pioppo = populus, bibbia. Inter-
vocalische geniinirtc Consonanz wird in der Aussprache scharf
markirt, z. H. hcl-lo.
3. Der lat. Accent beharrt, aber gerade in Folge seines
Beharrens steht er — entgegen dem lat. Betonungsgesetze —
nicht selten auf der vierten und selbst auf einer noch weiter
zurückliegenden Sylbe, z. \^. recitano ^ recitant , rendomivi.
Für Deutsche ist zu bemerken, dass vielfach ital. Eigennamen,
welche man a priori für Paroxytona zu halten geneigt ist,
Proparoxytona sind, z. B. Pesaro ^ Posilippo , Albizzi. Eine
graphische Bezeichnung des Accentes findet nicht statt (s. un-
ten No. 4\
4. Die schriftitalienische Orthogiaphie ist im Wesentlichen
fest geregelt und einfach , wenn auch noch grösserer Verein-
fachung fähig. In mehreren Kleinigkeiten herrscht noch
Schwanken, so z. B. in Bezeichnung des aus vi entstandenen i,
welches bald J (d. h. langgezogenes ^, wie es in mittelalter-
licher Schrift üblich war imd das z. B. auch im englischen /
'>ich(( noch fortlebt), bald durch t, bald durch i bezeichnet
wird, z. B, studj\ studi, studi. Die sogenannten Accente die-
nen meist nur orthographischen Zwecken : der sog. Gravis
zur Andeutung, dass eine Sylbe abgefallen, z. B. veritä für
veritade = veritatem, amb = amavlitY^) , oder zur Unterschei-
dung monosyllaber Homonyme, z. B. e = et und e = est^
si = se und si = sie, di = de und di = di[e7n\ und ebenso zur
Unterscheidimg eines einsylbigen Wortes von einem gleichge-
schriebenen zweisylbigen , z. B. pie =^ pedem und pie ^ piae
(ohne ersichtlichen Grund wird der Gravis auch auf pm, gm
und cid gesetzt) ; der selten gebrauchte Circumflex wird gleich-
falls zur Unterscheidung von Homonymen verwandt, z. B.
cdr7'e = cogliere = coUigere , aber corre = currit., törre = to-
gliere = tollere, aber torre = turrem; nur der sog. Acut kann
als wirkliches Tonzeichen zur Angabe einer irgend wie auf-
1] Besonders bemerkenswerth ist, dass, wenn vocalisch auslautendes
Wort + consonantisch aulautendes A^'■o^t zu einer Worteinheit verschmel-
zen, der nun intervocalisch werdende Consonant geminirt wird, z. B. e -|-
pure = eppure, o -+- vero = ovvero. Andrerseits wird lat. Doppelconsonanz
mitunter vereinfacht, z. B. comune.
2) Der sog. Gravis ist also in diesem Falle nur Apostroph.
Körting, Encyklopädie d. rom. Phil. III. 41
{j42 l^i^s Italienische.
fälligen Betonung gebraucht werden, z. B. mormorio . restio
u. dgl., poet. Oceäno , pe?ietra für Oceano . penetra (vielfach
wird aber im Druck, namentlich bei den Worten auf -io
u. dgl., statt des Acutes der Gravis gesetzt), ausserdem wer-
den einzelne gleichgeschriebene, aber in der Aussprache ver-
schiedene Worte dadurch auseinandergehalten, dass das syl-
benreichere einen Acut erhält, z, B. hacio (zweisylbig) . aber
hacio (dreisylbig) , ebenso halia und haha , malvagia und 7nal-
vagia etc.
(Lateinischen und) griechischen Fremdworten legt das
Schriftitalienische seine Orthographie auf (wie im Wesentlichen
auch das Spanische es thut, anders dagegen das Französische
und Portugiesische), es schreibt also/ für ph, t für th, c für
ch, i für y.
Litteraturangaben (die vollständigen Grammatiken sind in den
Litteraturangaben zu § ;} u. 7 verzeichneti : Eine treflfliche Charakteristik
des Toscanischen, auch in lautlicher Beziehung, hat AscoLl im Arch. glott.
VIII 121 gegeben. K. K. Bambelli, Studj ülologico-critici suUa genesi,
forma e valore delle lettere dell' alfabeto italiano. Rom u. Turin 1S66 —
F. Demattio, Fonologia italiana, como introduzione allo studio della gram-
matica storica etc. Innsbruck 1875 — N. Caix, Le alterazioni generali nella
ling. ital., in: Riv. di fil. rom II 71 (viel Material zur ital. Lautlehre bieten
auch Caix' Studi di etimologia ital. e romanza. Firenze 1878), und: Osser-
vazione sul vocalismo italiano. Firenze 1875 ;Estratto dalV Riv. Europea)
— U. Canello, H vocalismo tonico italiano, in: Riv, di fil. rom. I 207
und Ztschr. f. rom. Phil. I 510, vgl. Giorn. di fil. rom. I 69 — Stokm,
Remarques s. les voyelles atones du latin, des dialectes italiques et de
l'italien, in: Mem. de la Soc. de Ling. de Pari.s, II 80, vgl. Rom. II 375
— *H. Scuuchardt, Phonetique comparee. De quelques modifications de
la consonne initiale dans les dialectes de la Sardaigne, du Centre et du
Sud de ritalie, in: Rom. III 1, und: Le redoublement des consonnes en
italien, ebenda VI 593 — Fk. d'Ovidio, Delle voci italiane che raddop-
piano una consonants prima della vocale accentata, in: Rom. W 199 —
N. Caix, Süll' influenza dell' accento nella congiugazione di manducare,
adjutare, in: Giorn. di filol. rom. II 10 — W. Meyeu, et, fi im Ital.. in:
Ztschr. f. rom. Phil. VHI 302.
J. Kellek, Ueb. die Ausspr. des Ital. in Toscana. Zürich 1857 — A.
Lincke, Ueb. d. tose. Ausspr. des Ital. Stettin 1809.
Zehle, Laut- u. Formenlehre in Dantes Div. Comm. Marburg 1886.
§ 6. Bemerkungen über den Wortbestand des
Schrift italienischen.
1 . Der Wortbestand des Schriftitulienischen ist zum weit-
aus grössten Theile lateinischen Ursprunges: unter den in ihm
Das Italienische. 043
enthaltenen nichtlateinischen Elementen sind die germanischen
die zahlreichsten und wichtigsten, wobei namentlich auch die
erhebliche Anzahl von Personennamen germanischer Herkunft
zu bemerken ist. Die grosse Mehrzahl der germanischen Worte,
und namentlich wieder der Personennamen . dürfte auf das
(leider nur unzusammenhängend überlieferte Langobardische
zurückzuführen sein. Dass die germanischen Worte lautlich
thunlichst romanisirt worden und dadurch für den ersten Blick
oft unkenntlich geworden sind , ist selbstverständlich , man
vgl, z. B. caleffare mit Muffen, scaraffarc mit schrapfen, guan-
eia mit icank[j\a^ wanga. tuffare = taufen, gitizzare mit witsen
s. DiEZ, Et. Wtb. Ha), Gar7'ihaldi wahrscheinlich = Wehr-
baW, Aldohrando = Hildebrand etc.
2. Ueberaus gi-oss ist die Ableitungsfähigkeit des Italie-
nischen, die sich namentlich durch Bildung von Substantiven
deminutiver, augmentativer und pejorativer Bedeutung äus-
sert. Die Masse der hieifür verwendbaren Suffixe ist gerade
erstaunlich. Um dies wenigstens durch ein Beispiel zu ver-
anschaulichen, seien die von casa möglichen Ableitungen auf-
geführt nach Blanc , a. a. O. , p. 163): casone = grosses
Haus, casolare, casalone = grosses verfallenes Haus, casamento
= grosses, geräumiges H., casolaraccio = grosses, garstiges H.,
casaccia = altes, hässliches H.. casoccia = grosses u. schlech-
tes H., casotto und casotta = derbes und festes H. , casuccia
und casuzza = kleines, schlechtes H., casina. casinma, casella,
casellina. casetta, casettina^ caserella, caserellma. casettineUa =
kleines, niedliches H., casipola, casile = schlechtes, ärmliches
H., casnpola = kleines, erbärmliches H., casale = Hauscom-
plex, Meierei, ausserdem z. B. noch casino , casottina . casi-
naccio etc. Hervorzuheben ist auch der Reich thum an Kose-
formen für Personennamen, Formen, welche sich von der \\x-
sprünglichen Gestalt des Namens oft in ähnlicher Weise weit
. . . . *.
entfernen, wie dies z. B. im Englischen der Fall ist, wie
etwa Bandifio, Dandino, Dino von [Aldo\brandino. Pepe v. Gm-
seppe, Nozzo v. [Gian]nozzo v. Giamn = Giovanni. Cesco. Cecco
V. [Fra)i\cesco , Vigo v. [Lodo]vico etc.
3. In Folge der nicht immer auf normalen Wegen voll-
zogenen Lautentwickelung sind die schriftitalienischen Worte
ihren lateinischen Etymis oft genug recht unähnlich geworden,
41*
644 l^as Italienische.
so dass die Identität des ital. "Wortes mit dem lat. Grund-
worte mindestens nicht augenfällig ist, man vgl. z. B. ritto
mit rectus . sughero mit suher , soffice mit supplicem , spassare
mit expassus v. expandere etc. Hierdurch und ferner durch
die oben erwähnte grosse Vielformigkeit der substantivischen
Derivata, ausserdem durch die Bildung von Verbalsubstanti-
ven , zu denen im Lateinischen jedes Gegenstück fehlt (wie
z. B. soffio von sofßare =^ sufßare. giontra v. *juxtare)^ end-
lich durch das Vorhandensein vieler Onomatopoieta und einer
nicht unerheblichen Anzahl von Worten , welche bis jetzt der
befriedigenden etymologischen Erklärung sich entziehen (z. B.
ciottolo, zucca) , erhält der schriftital. Wortbestand doch theil-
weise einen, vom lateinischen Standpunkte aus betrac)|tet,
fremdartigen und hin und wieder selbst bizarren Charakter.
Hierin ist es begründet, dass auch der des Lateinischen kun-
dige Nichtitaliener bei der Lecture italienischer Bücher, be-
sonders solcher, welche sich auf Dinge des Alltagslebens be-
ziehen, das Lexicon nur dann entbehren kann, wenn er bereits
grosse Vertrautheit mit der Sprache erlangt hat. Ueberhaupt
sind hinsichtlich des Wortbestandes zwei Gattungen des Schrift-
italienischen zu unterscheiden: die höhere Sprache, welche
auf gelehrtem Wege unmittelbar aus dem schriftlatein. Wort-
schatze schöpft und in Folge dessen zum grossen Theile aus
leicht verständlichen mots savants sich zusammensetzt, und
die den Zwecken der Conversation und Belletristik dienende
Sprache, welche vom Lateinischen sich relativ weit entfernt
und enge Fühlung mit dem toscanischen, bzw. florentinischen
Volksdialecte besitzt, gelegentlich auch in den Sonderwort-
schatz anderer Dialecte hineingreift.
Litteraturanj^aben : 'Vocabolario degli Accademici della Crusca
vgl. oben S. 613). Erste Ausg. Florenz, 1612, 2. A. Venedig 1623, 3. A.
Florenz 1691, 4. A. Florenz 1729 38, 5. 1842, wurde von der Akademie
seibst während der Publieation zurückgezogen u. pflegt nicht mitgezählt zu
werden), 5. A. Florenz, seit 1863, bis jetzt 5 Bde. (vgl. Fanfani, H Vocab.
novello della Crusca. Florenz 1877;; ausserdem glossirte Ausgaben, z. B.
von Cksari, Verona 18U6tt". Das Wörterbuch der Crusca vertritt mit schärf-
ster Einseitigkeit den florentinischen Standpunct u. ist deshalb von jeher
sehr berechtigten, mitunter sehr scharfen Angrifl'en ausgesetzt gewesen.
^Nichtsdestoweniger besitzt das Werk höchste sprachgeschichtliche Be-
deutung. (Zum Vocabolario bildet eine Art Autorenregister die von Razzo-
Ll.Ni e Bacchi della Lega verfasste Bibliografia dei testi di lingua a
Das Italienische. 045
stanipa citati dagli Acc. della Crusca. Bologna 1879 . Ein »Suppleniento«
zum Vocab. gab Giikkaudixi heraus, Milano 1852 57, 6 Bde. — *Tomm.\sf.o-
Bellini, Dizionario della ling. ital. nuovaniente conipilato dai Signori
NiccoLO T. e cav. prof. Prof. Beux.\rdo B. con oltre cento mila giunte
ai precedenti dizionari etc. Turin 1865 79, 4 Bde. (vgl. darüber B. Rinaldi
im Supplemento des Turiner Journals »il Baretto« vom 15. April ISSO, wo
zugleich ein anderes "Werk: Tramater-Scauaijelli, Vocab. universale della
ling. ital. Xapoli 187S besprochen wird, cf. Propugn. XIII 2, S. 'M\0 .
T.-B.*s Diz. ist das beste derartige Werk auf ital. Gebiete — P. FAN'F.\>ri,
Vocab. della ling. ital. Florenz 185(), 2» ed. 1865 — *Rigitim-Fanfaxi,
Vocab. ital. della lingua parlata. 2» ed. Florenz 1875 (')F>in unschätzbares
Hülfsmittel von 1648 Seiten mit Supplement von 127 Seiten. Preis nur
22 Lire. Wie im Dict. der frz. Akademie, sind die Beispiele zwar gemacht,
aber sehr gut gemacht.« Breitinger a. a. O. , p. 65 , vgl. Propg. XIV 2,
p. 92 — GlORGlxi, Novo Vocabolario della lingua parlata. Firenze, seit
1870, vgl. oben S. 615 — Trixciiera. Vocab. universale. Milano 1874 —
B. Melzi, Nuovo Vocab. universale della ling. ital., storico-geografico.
scientifico, biografico, mitologico ecc. (ist zugleich Wörterbuch u. kurz-
gefasstes Conversationslexicon. Turin u. Paris ISSO Preis 8 Lirel;, vgl.
H Borghini ISSO I No. 14 — Von älteren Wörterbüchern seien genannt:
Alberti, Diz. universale. Lucca 1797, 6 Bde., und Cardinale. Orioli e
Costa, Diz. della ling. ital. 1819/26 (dazu Supplement von Parex'TI. Mo-
dena 1823 26 .
Zur Kenntniss der Umgangssprache sind gute Hülfsmittel: Carexa,
Nuovo Vocab. ital. domestico. Mailand 1869 — A. Bulgarixi, Dialoghi
famigliari ossia studj di lingua parlata. 2^ ed. Mailand 1874 — C. Frax"-
CESCHI, In Cittä e in Campagna, dialoghi di lingua parlata. 4* ed. Torino
1877 — Faxfaxh, Una casa da vendere. Florenz 1868, und: Una fattoria
toscana. Florenz 1877 — Camerdti, L'Eco italiana. Leipzig 1871 u. öfters.
Von den deutsch-ital. , bzw. ital. -deutschen AVörterbüchern ist
das weitaus beste das von H. Michaelis, Vollständiges Wörterb. der ital.
u. deutschen Spr., mit besond. Berücksichtigung der techn. Ausdrücke des
Handels, der Gewerbe, der Wissensch., des Kriegs- u. Seewesens, der
Politik etc. Leipzig 1879, 2 Thle., vgl. Nuova Riv. Liternat. I 401, Herrig's
Archiv 63, S. 441 WerthvoUe Nachträge zu M.'s Werke hat gegeben W.
Dreser in: Ztschr. f. rom. Phil. VLH 63, IX 375). Die älteren Wörter-
bücher von Valextixi (Leipzig, seit 1831 , F. A. Weber Leipzig 1872,
FlLlPPl Wien u. Leipzig 1817 u. öfters u. a. sind sehr mangelhaft u.
genügen nicht einmal praktischen , geschweige den wissenschaftlichen
Zwecken; an Filippi's Buch ist indessen zu rühmen, dass es für die cur-
sorische u. lediglich auf den Inhalt gerichtete Leetüre der Classiker leidlich
ausreicht, es werde dies besonders deshalb bemerkt, weil das Buch anti-
quarisch oft billig zu haben ist u, also dann demjenigen, der theuere Werke
sich nicht zu beschaffen vermag, die Anschaffung dieses immerhin bei
einiger Geduld erträglichen Dizionario 's angerathen werden kann.
Ein ungemein praktisches u. zugleich lehrreiches lexicalisches Hülfs-
mittel für Deutsche, namentlich für solche, die nach Italien reisen u. sich
646 Das Italienische.
mit der wirklichen Umgangssprache, zugleich auch mit der Landessitte ver-
traut machen wollen, ist R. Kleinpaul's Ital. Sprachführer. Leipzig Biblio-
graph. Institut; 1881.
An wissenschaftlich brauchbaren Specialwörterbüchern zu einzelnen
Autoren u. Litteraturwerken fehlt es noch fast gänzlich; nur in Bezug auf
Dante ist Einiges gethan (vgl. unten), u. doch wäre es so wünschenswerth,
dass auch der AVortschatz, bzw. die Phraseologie z. B. der sog. sicilianischen
Dichterschule, Petrarcas, Boccaccio's, Ariost's etc. methodisch zusammen-
gestellt u. untersucht würden.
Zur Synonymik: G. Gkassi, Saggio intorno ai sinonimi della ling.
ital. Turin 1821, 3» ed. 1879 — RoMAM, Teoria dei sinonimi ital. Diz.
generale dei sin. it. Milano 1826 — *Tommaseo, Diz. dei sinonimi della
ling. ital. Florenz 1832, 5» ed. Milano 186" — P. Faxfani, Nuovo vocab.
dei sinonimi deUa ling. ital., ad uso delle scuole. Milano 1879, vgl. Pro-
pugn. XII 2, p. 310 — A. Meschia, Dei sinonimi della ling. ital.: eser-
cizi. 2» ed. Foligno 1878 — Fischer, Streifzüge in das Gebiet der ital.
Synonymik. Magdeburg 1881 Progr.
Zur Etymologie: G. B. Bolza, Vocab. genetico-etimologico della
ling. ital. Milano 1852 — *N. Caix, 1. Studi di etimologia italiana e ro-
manza. Osservazioni ed aggiunte al vocabolario etimologico deUe lingue
romanze di F. DiEZ. Firenze 1878, vgl. Rom. YITL 616, Giorn. di filol.
rem. I 251; 2. Voci nate della fusione di due temi, in: Ztschr. f. rom.
Phil. I 421; 3. Etimologie romanze, in: Giorn. di fil. rom. I 48 — *U.
Cakello, Gli allötropi ital., in: Arch. glott. III 285 — G. Flechia,
Postille etimologiche. in: Arch. glott. III 121 im Anschluss an G. Galvam,
Saggio di un glossario modenese. Modena 1868j — G. Storm, Manipoletto
d'etimologie, in: Arch. glott. IV 387 — Bonaparte, Max Müller, NiCül,
Cn. RlEU, Caix, Ueber malato, malattia, frz. malade, in: The Academy 1879,
I 304, 349, 370, 392, 523, Giorn. di fil. rom. II 71, Rassegna settim. 20. 4.
1879 — P. Rajxa, tosto, in Giorn. di fil. rom. 11 57, vgl. Arch. glott. VII
145 — AscoLI, ascla ascula, iscla, Ischio. Peschio, in: Arch. glott. III 456
u. 461, brillo, brio, hrillare, ebenda 452 — A. Mvssafia, Altital. riceutare,
in: Ztschr. f. rom. Phil. III 270 — L. Havet, L'italien anche, le frcs eu-
core, in: Rom. VHI 93 — W. Förster, Das ital. thtnque u. seine Her-
kunft, in: Rom. Forsch. I 322 — A. Gasp.\ry. Zu dem Ausdruck VatteP
a pesca in: Ztschr. f. rom. Phil. III 257, vgl Rom. VIII 628.
G. Flechia, Di alcuni criteri per l'originazione dei cognomi ital.
Roma 1878 (aus den Memorie della Classe di scienze morali etc. della r.
Accademia de' Lincei. Vol. II - P. Faxfaxi, Le accorciature dei nonii
propri ital. raccolte. Liorno 1878, vgl. Flechia, in: Riv. di filol. classica
VIII 64 — G. Flechia, Nomi locali d'Italia derivati dal nome delle plante,
in: Atti della r. Accad. di Torino XV 8. 6. 1880.
E. Narducci, Saggio di voci ital. derivate dalV arabo. Roma 1861 —
M. Gatta, Diz. etimologico delle voci di origine greca piü usitate. Milano
lSt;7 — p. ViAXi, Diz. di pretesi francesismi e di pretese voci e forme
crronee della ling. ital. Firenze 1S58 — Faxfaxi, Lettera dun tedesco sull'
infrancesamentü della ling. it. Florenz 1871 — C. Allario, I principali
Das Italienische. (547
francesismi da evitarsi iiella ling. parlata e scritta. Turin 1879 — K. Ckn-
TüNZA, I ]nü eomuui vocaboli e modi errati delle ling. ital. Napoli 1879.
J. Ulrich, Deutsche Verba im Romanischen, in ; Ztschr. f. rom. Phil.
III 265 behandelt die \'erba horr/ac/tiare und »uu/af/nare .
Jagemann, Anfangsgründe vom Bau und Bildung der AVörter der ital.
Spr. Leipzig 18Ü0.
Zum Bedeutungswandel: Manno, Della fortuna delle parole.
Turin 1S38, 8» ed. 1869, und: La fortuna delle frasi 18t>7 — G. Hakt-
MANN, Ueber die Modificativfomien Augmentation u. Diminution in Man-
zoni's Promessi Sposi. Wiesbaden 1S83. Diss.
Zur Dante-I-exikologie: Blanc, Vocab. Dantesco. Halle 1856
— Bozzo, Voci e maniere del siciliano che si trovano nella Div. Comm.,
in: Propugn. XIII 2, p. 12 — N. Zixgarelli, Parole e forme della Div.
Comm. aliene dal dialetto fiorentino, in: Studj di filol. rom. I 1.
§ 7. Bemerkungen über den Formenbau und die
Syntax des Schriftitalienischen.
I. Das Sub stantiv. 1. Der vocalische Auslaut der lat.
A-, JE- und 0-Stämme ist erhalten [rosa, effigie, popolo ; ver-
einzelte Ausnahmen bei den ^-Stämmen : dl = diem. fe neben
Jede =ßdetn, speme = spein mit unorganischem analogischen e ;
für glacies ist gJiiaccio eingetreten , gleichsam ^glacms . Die
t'-Stämme sind zu den O-Stämmen übergetreten [frutto, rncino),
ebenso die neutralen ^S-Stämme [petto ■= pectus, corpo = corpus).
Die übrigen , im Lat. zur sog. dritten Declination gehörigen
Stämme haben das vor dem (geschwundenen] Accusativ-m
stehende e erhalten , {dolore = dolore-m , nazione = natione-m
etc. etc.: auch j9e^^^V^e gleichsam *pectinemi\\x pecten, dagegen
iiume = ßtitne[}i\ , esame = esa7ne[n] , nome = nome[?i]) : aus-
genommen sind, abgesehen von den neutralen *S- und einigen
ebenfalls neutralen i\"-Stämmen, nur die Subst. auf -tät-e-m
und mehrere auf -tüt-e-tn. welche den ursprünglichen Ausgang
-ade, -ude in -ä, ii kürzen [verifade, veritä = Verität em, gio-
tentude, gioventü = jutentTdem\ über den sog. Accento gi'ave
s. oben S. 641), und mehrere vereinzelte Subst., wie re = regem
(dagegen legge = legem), fra oder />•« nehen frate = fratrem
dagegen padre , madre) , jne = pedem , merce = merredem.
2. Die lat. Neutra Sg. sind zu den Masculinen, die lat. Neutra
PI. zu den Femininen übergetreten. Reste neutraler Form
sind noch eine Anzahl femininer Plurale auf -«, z. B. le
membra, le grana , zwischen denen und den ebenfalls vor-
handenen Masculinformen BedeutungsdifFerenz eingetreten ist,
g48 I^*^ Italienische.
z.B. h hraccia = die Arme im eigentlichen Sinne, i hracci =
die Arme in übertragenem Sinne, wie etwa die Arme eines
Lehnsessels u. dgl.; auch bei mehreren ursprünglichen Mas-
culinen besteht neben der eigentlich allein berechtigten Plural-
form auf 'i eine solche auf -a , z. B. frutta »Obst« neben
frutti »Früchte« , dita neben dem (seltneren) diti von dito =
digitus. Oefters ist die Pluralform auf -a zu einem Fem. Sg.
geworden, so dass nun zu ihr ein neuer Plural auf -e gebildet
wird, so namentlich opera Fem. [\\n Lat. PI. v. opus). PI. opere.
Zuweilen wird ein Plural auf -e auch dann gebildet, wenn
der PI. auf -a die pluralische , bezw. die collectivische Be-
deutung bewahrt hat, z. B. frutta und (aber nur selten) frutte
neben ß-utti^ legna und (aber nur selten) legne »Brennholz«
neben legni »Hölzer«, auch »Schiffe« etc. 3. Das Ital. besitzt
für Sg. und PI. nur je eine Form, kennt also keine Decli-
nation. Die Lmschreibung des Genetiv- und Dativverhältnisses
erfolgt durch die Präpositionen di und a. Nur bei Eigen-
namen wird in der älteren Sprache das Genetivverhältniss
gern durch die Endung -i ausgedrückt, z. B. Boccaccio =
*Boccatius. aber Giovamii Boccacci = Johannes Boccatii [ßlius].
4. Der Singularform liegt durchweg der lat. Accusativ, nur
in vereinzelten Fällen der lat. Nominativ zu Grunde {moglie
= mulier, suora für soror, nievo = nepos^ serpe = serpens neben
serpente = serpentem u. a.. vgl. dOvidio in seiner unten zu
nennenden Schrift p. 56 ff. und Tobler in den Gott, ge-
lehrten Anz. 1872 Stück 48, S. 1900). 5. Die praktischen
Kegeln für die Pluralbildung sind: a) -a wird -e. wobei vor-
angehender Guttural erhalten bleibt, z. B. rosa : rose, oca : oche,
riga : righe. ß) -o und -e werden zu -/, wobei vorangehender
Guttural theils erhalten bleibt theils [c : c. g : tj) palatalisirt
wird, vorangehendes i aber mit dem Endungs-?' zu / (aucli y
geschrieben, s. oben S. 641 sich vereinfacht, z. B. popolo :
popoli, nazione : nazioni, fico -.ßchi, amico : amici. prodigo : pro-
dighi, asparago : asparagi, dialogo : dialogin und weit seltener)
dialogi^ occhio : occhi oder occlij. y\ Auf accentuirten Vocal aus-
lautende Worte bleiben unverändert, z. B. le virtü, i re u.
dgl.; ebenso bleiben unverändert die Subst. auf -ee, z. B. le
efßgie. — Die Erklärung der Pluralformen bietet grosse Schwie-
rigkeit. Nach orewöhnlicher Annahme beruhen sie auf den
Das Italienische. 049
lateinischen Nominativen [rose = rosa e, popoli = populi). dar-
nach sind natürlich die Plurale der Worte auf -e {nazione : nu-
zioni] als Anhildungen an den Plural der Worte auf -o zu he-
trachten. Wissenschaftlich indessen ist diese einfache Erklä-
rung doch kaum zulässig, da sie für die Pluralform eine an-
dere Herkunft annimmt, als für die Singularform {nazione =
Accus, nationem . aber waczo/«' = Nominativ *nat{o?n, ange-
bildet an populi) und die Erhaltung des Gutturals bei den
Subst. auf -a räthselhaft lässt (lat. plagae, picae u. dgl. konnte
nur pia(/e, pice etc. ergeben, nicht aber piaghe ^ piche). Die
Annahme, dass piaghe , piche etc. gebildet worden seien, um
das lautliche Auseinanderfallen des Singulars und Plurals [pica^
aber pice] zu verhüten , ist um desswillen nicht wahrschein-
lich, weil die Sprache bei vielen Masculinen ein derartiges
Auseinanderfallen nicht gescheut hat , vgl. amico und amici] .
Es dürfte demnach rose doch = rosas anzusetzen und als durch
den auch sonst üblichen Schwund des auslautenden s und
Schwächung des tonlosen a zu e entstanden zu betrachten sein ;
der letztere Vorgang ist im Ital. allerdings höchst ungewöhn-
lich (vgl. die Singulare rosa etc.) , findet sich aber vereinzelt
doch auch sonst, z. B. oltre = ultra, unque = unquam , forse
= forsan. Veranlasst könnte der Uebergang von « zu e im
Plural worden sein durch Anlehnung an die Accusative PI.
auf -e{s , also *rose[s) für rosas nach natione{s), welches letztere
sich dann seinerseits zu nazio7ii entwickelte , während in rose
das e beharrte. Bezüglich der Pluralformen auf -i aber dürfte
folgende Hypothese sich aufstellen lassen. Der Accus. Plur.
der /-Stämme der sog. 3. Decl. ging organisch auf -Iä (archaisch
-eis) aus, z. B. tmvis. puppis , imbris, omnis , dulcis etc. etc.
(vgl. Neue, Formenl. der lat. Spr. I 246 ff. und die dort an-
geführten Belegstellen aus lat. Grammatikern). So bestanden
die Accusativausgänge -is und -es neben einander , mischten
sich auch vielfach mit einander. Während nun in der Schrift-
sprache allmählich, aber erst spät (denn noch bei Virgil. Ho-
raz etc. sind Accusative auf -is zu finden) -Is durch -es ver-
drängt ward (also navis etc. durch tiaves), scheint im italischen
Volkslatein -ts vorherrschend geworden und also auch für -es
eingetreten zu sein, also ''natioms nach nav'is etc. Daraus
würden sich die italienischen Plurale von im Lat. zur sog.
650 ^^^ Italienische.
3. Decl. gehörigen Worten ungezwungen durch AVegfall des 6-
erklären, die Phirale der Subst. auf -o aber sich als Analogie-
bildungen betrachten lassen, also z. B. popoli als entstanden
aus *popuU s\ für populds, Anbildung an navl[s\ u. dgl.
(15ereits Toblek hat in den Gott. gel. Anz. a. a. O. p. 1901
fF. die gewöhnliche Herleitung der ital. Pluralformen mit 'guten
Gründen bekämpft und -e = as, -i = os angesetzt ; die letztere
Annahme dürfte jedoch nicht durchführbar sein). 6. Als be-
stimmter Artikel fungiren in der gegeuAvärtigen Sprache die auf
lat. ille etc. beruhenden Foraien: Masc: Sg. e7, vor Cons. mit
Ausnahme des ä impurum, nach einzelnen vocalisch auslauten-
den Präpositionen , wie tra , sopra, soffo, und Conjunctionen,
wie c//e und se, häufig 7), lo vor Vocalen (dann jedoch zu F
apostrophirt) und s impurum. PI. i, vor Cons. mit Ausnahme
des s impuiaim, ffli vor Voc. (vor / jedoch zu gl' apostrophirt)
und s impurum. Fem. Sg. la (vor Voc. zu /' apostrophirt),
PI. le (wird vor Vocalen selten apostrophirt). Die ältere
Sprache Aveicht von der neueren hinsichtlich des Gebrauches
der Artikelformen vielfach ab, namentlich kennt sie die jetzige
Beschränkung der Anwendung von lo und gli nicht, lässt das
{ von ffli auch vor anderen Vocalen als i abfallen z. B. gVam-
hasciadori) irnd braucht statt i häufig e (auch e geschrieben),
auch besitzt sie neben i und gli noch eine dritte Form, //. für
den Plur. Masc. In Iddio = il dio ist der Artikel mit dem
Subst. verwachsen. Mit mehreren Präpositionen, namentlich
</^, «, f/a, w, con^ per^ au, fra, tra, verschmilzt der Artikel zu
del, al, dal, col, pel, fra'l, trdl, bezw. dello, della, degli. delli,
dei. de\ delle etc. etc.
II. Das Adjectiv. 1. Genusunterscheidung findet nur
bei denjenigen Adjectiven statt, welche lat. Adj. auf -tis, -a,
[-um) und -er, -a, {-um) entsprechen, z. B. buono, -a, libero,
-a; alle übrigen Adj. sind in Bezug auf das Genus einförmig,
vereinzelt nur folgen derartige Adj. der Analogie derjenigen
auf -0 , -a. Die Masculinformen hello, huono , sanio werden
vor folgendem Consonant ausgenommen s imp.) zu hei, buon,
san verkürzt, ebenso gründe zu gran, d. h. lehnen sich prok-
litisch an das nachfolgende Subst. an, wobei zu beachten, dass
dies vier besonders oft gebraiichte Worte sind. 2. Die Pluralbil-
dung der Adj. ist derjenigen der Subst. ganz analog. 3. Von
Das Italienische. 651
lat. organischen Coinperativformen sind nur erhalten : migliore
und meglio = mcUorem und melius, peggiore und peggio = pe-
Jorem und pejus, moggiore und [aber ganz verahet und atich
in der alten Sprache nur selten) maggio = majorem und maj'us,
minore und meno = minorem und minus ^ piü=plus\ ausser-
dem halb oder ganz gelehrte Worte, wie inferiore u. dgl. Die
analytische Umschreibung des Comparativs erfolgt durch piü.
1. Der lat. organische Superlativ ist in der Function des ab-
soluten Superlativ noch so ziemlich in vollem Umfange er-
halten: als relativer Superlativ dagegen fungirt der durch den
Artikel determinirte Comparativ.
III. Pronomina. 1. Die Formen der Personalpro-
noraina sind:
Casus rectus:
Sg. 1 . io = ego. 1. tu = tu. 3. m. cUo = ilht[m], dafür
eingetreten das unorganische egli (= illet) ; 3. f.
ella = illa[m].
PI. 1. ?ioi, 2. voi. entstanden aus wo 5), vo[s). mit An-
fügung eines unorganischen, auf Anbildung an die
substantivischen Plurale auf -i beruhenden i. 3. m.
[elli). 3. f. [eile), verdrängt durch eglino und elletio,
d. h. durch elli = egli und eile -\- die verbale
Pluralendung -tio.
Casus obliquus (Accus.):
a absolut und in Verbindung mit Präp. :
Sg. 1. me=^me. 2. te = te. 3. m. lui = Hllui, An-
bildung an cui: f. lei = Sllai , Parallelbildung
zu lui.
PI. 1. noi. 2 uoi. 3. m. und f. loi'o = illorum, mit
Verschiebung der Bedeutung (in der älteren Sprache
findet sich loro auch noch genetivisch gebraucht),
b) in Verbindung mit dem Verbum:
Sg. 1. mi = me, 2. ti=fe, in Verbindung mit lo, la
u. dgl. me, te. 3. m. lo = [il]lu[m] und // == il lum],
la = [irja[m.
PI. 1. ><e , dm-ch Schwächung aus no's) entstanden),
dafür eingetreten das Localadverb ci = ecce hie.
2. vi. kann sowohl aus vo's] als auch aus [i]bi er-
552 ^^^^ Italienische.
klärt werden^). 3. m. gh , li = illi[s) für {llo{s),
nach Analogie der substantivischen Plurale, s. oben
S. 649 f. f. 3. Je = illa'ä wie rose = rosa[s) , s.
oben S. 649.
Casus obliquus (Dativ) in Verbindung mit dem
Verbum:
Sg. 1. mi^ 2. ti ^ in Verbindung mit lo . la w. dgl.
me^ te. 3. m. gli^ li = ^7/^, in Verbindung mit lo.
la u. dgl. glie. f. le = *illae f. Uli (?).
PI. 1. ci [ce). 2. vi [ve). 3. m. u. f. loro =^ illorum.
Die höfliche Anrede erfolgt durch die 3 P. Sg. Fem.
(welche das Subst. signoria vertritt); für den Gas. rect. ella
tritt meist der Gas. obl. lei ein. Doch ist auch voi und . im
Verhältnisse zu Untergebenen, tu sehr gebräuchlich. 2. Die
Formen des Reflexiv ums sind se (abs.) und si (conj.), Be-
merkenswerth ist. dass durch Verbindung der 3. P. Sg. des
Verbs mit dem Reflexiv das dem Ital. fehlende indefinite
Pronomen der 3. Pers. ersetzt wird. z. B. si dice »man sagt«.
3. Die Possessivpronomina haben für den attributiven wie
auch für den absoluten Gebrauch folgende Formen: mio^ mia,
PI. miei, mie; tuo. tua^ PI. tuoi, tue\ suo, sna, PI. suoi, sue\
nostro, a, i, e\ vostro, a, i, e; loro für beide Genera u. Numeri, also
unveränderlich. Abnorm sind die Pluralbildungen fuoi. suoi,
vermuthlich sind sie aus Sg. tuo, suo dm-ch Anfügung eines
-i nach Analogie der substantivischen Plurale auf -i entstanden ;
befremdlich ist auch miei mit seinem ie = lat. e neben mio
mit i. Das attribvitive Possessiv wird in der Regel mit dem
Artikel verbunden. In der älteren Sprache bestehen neben
den vollen Formen der Possessiva kürzere [tno. to. so, fna, ta,
sa), welche enklitisch mit dem Substantiv sich verbinden, z.
B. patremo = mio padre, vitatna = la mia vita, ßgliuolto = tuo
ßgliuolo u. dgl. Dies ^'erwachsen des Possessivs mit dem
Subst. erinnert an die Enklisis des Artikels im Rumänischen.
1) "Wie no{s) zu ne, hätte allerdings vo[s) zu ve werden müssen und
möglicherweise hat sich dies ve in den Combinationen velo u. dgl. wirk-
lich erhalten ; der Umsprang von ve zu vi würde durch Anlelinung an mi,
ti, .si zu erklären sein; befremdlich freilich ist, dass sich kein >ii findet.
— Dass in ihi = vi die Tonsylbe schwinden konnte, erklärt sich, wie bei
lo = [il Iwn u. dgl., aus der rroklisis.
Das Italienische. 653
4. Demonstrat iva sind; a) entstanden aus ipse und Com-
binationen mit ?/>«^ : a.) esso {\eia.\tet= ijjsum; ß) desso = i{d) -\-
ipse, vgl. DiEZ, Et. Wtb. IIa; y) stesso = iste -\- ipsum\ Ö)
medesimo = met -\- ipsitmmi. b) Entstanden aus iste und Com-
binationen : a) esto (veraltet) = istum; \ß) sfeaso = iste -\- ipsum].
c) Entstanden aus ecce -\- hoc : cid (neutral), d) Entstanden
aus eccu[m] = ecco + iste : a] questi (substantivisch) = ecculm]
+ iste\ ß) questo (adject. und subst.) ^) = ecco + istum: y) dazu
costui, costei, costoro (subst.), Analogiebildungen von ecco -\- iste
zu Itii, lei, loro\ d) cotesti, codesti {s,uh&i.] = ecco tibi iste ^ vgl.
DiEZ, Et. Wtb. IIa.; e) cotesto, codesto (subst.) = ecco tibi istum.
l) cotestui , Analogiebildung von ecco + tibi + iste nach lui,
cui. e) Entstanden aus eccu'm^ = ecco -\- ille : a] quegli (subst.),
= ecco + nie, dazu veralteter PI. mit verbalem Siiffix cpieglino^
quelleno] ß) quello (adj.) = ecco + ilhim; y) dazu colui^ colei,
coloro, Analogiebildungen von ecco + ille zu lui, lei, loro.
5. Relativ a sind: a) che (einförmig), allgemeinstes Relativ,
= quem und quod] b) cui (nur als Casus obliquus und in Ver-
bindung mit Präpos. gebraucht) ^= cui; c) il qtcale, la quäle =
nie, illa -}- qualis; als unbestimmtes Relativ (im Sinne des
deutschen »vser«) fungirt das Interrogativ chi. 6. Interro-
gativa sind: a) chi (persönlich und einförmig) = cjuis-, b) che
(neutral) = quid; statt che braucht die neuere Sprache gern
che cosa, auch cosa allein; c) cui (nur als Gas. obl. und in
Verbindung mit Präp. gebraucht) ; d) quäle (adjectivisch und
prädicativ) . 7 . Unter den Indefinitis sind bemerkenswerth
z. B. ogni = om7ii, tutto = *tottus für totus, ciascuno = quis-
que + mius (?) , ciascheduno = quisque et unus (?) , vgl. Diez,
Et. Wtb., 4. Ausg., p. 98, nessuno und nissuno = nee -\- ipse
+ unum, niente = nec-ent [ent Stamm des auf gelehrtem Wege
zu esse gebildeten falschen Part. Präs. ens ; richtige Bildung
würde sens ergeben haben, vgl. praesens), teruno + vel unum,
vgl. Diez, Et. Wtb. IIa. — Verallgemeinerung erfolgt durch
Hinzufügung von che zu chi, che, quäl, zu welchen noch ver-
stärkend [si] sia »sei« und {si) voglia »wolle« hinzutreten können,
z. B. chechessia, vgl. auch qualsisia, qualsicoglia u. dgl.
1) Das Feminin questa venvächst unter Verlust der ersten Sylbe mit
einzelnen Substantiven : stamattina, stamane, stasera, stanotte.
(j54 l*i»s Italienische.
IV. Das Numerale giebt zu wichtigeren Bemerkungen
keinen Anlass, da es im Wesentlichen dem Lat. Grundtypus
treu gebliehen ist (lautlich bemerkenswerth sind due wegen
seines e = duo[s\ durch Schwächung des o. vgl. che mit ywof«/];
sei und dieci wegen ihres i. welches wohl auf Anbildung an
undici, dodici etc. = undecim. duodecim beruht, sonst aber auch
sich aus der Vorliebe des Ital. für den Auslaut auf -i erklären
würde: quaranta^ cinquanta etc., welche auf quadräginta etc.
zurückzugehen scheinen). Die Ordinalzahlen für die Zehner
besitzen neben der ursprünglichen Fonn eine zweite, Avelche
sich bezüglich des Stammes an die betreffenden Cardinalzahlen
anschliesst, z. B. venti-ventesimo (neben vigesimo), trenta-tren-
tesimo (neben trigcsimo .
V. Das Verbum. 1. Das Ital. besitzt folgende Tempora
und Modi: Präs. Ind., Conj., Imp., Inf., [Part.] und Gerund..
Impf. Ind.. Perf. Ind., [Plusqpf. Ind.. nur in vereinzelten, bei
den alten Dichtern sich in conditionalem Sinne gebraucht
findenden Formen der l und 3 Sg. und 3 PL, z. B. parlära,
gioväran, mövera?., Plusqpf. Conj. (verschoben in die Function
des Impf. Conj.); hierzu treten die pseudosjiithetischen Tem-
pora des Fut. = Inf. -f- haheo, z. B. {cmiterahbo oder canter-
raggio oder) canterö^ und des Fut. Impf. (Condit.) , letzteres
kann aus Inf. + habeham oder Inf. + Jtahtii gebildet werden,
z. B. canteria und canterei, die erstere Bildung ist jedoch ver-
altet und ihre Anwendung niu' noch in der Poesie iind auch
da bloss für die 1 und 3 P. Sg. und 3 P. PI. gestattet. 2.
Personalendungen. Sg. 1. -m ist überall abgefallen, axisg.
in sum, wo es zum Bestandtheile des Stammes geworden : son-o,
vgl. dagegen posso mit possiitn, cantava mit cantabam: -o hat
sich durchweg erhalten: conto etc. Sg. 2. -s ist durchweg ge-
schwunden und der thatsächliche Ausgang dieser Person ist -i,
welches an Stelle des dem -s früher vorangehenden Ableitungs-
oder Bindevocales getreten ist, vgl. canfi mit cantas, cantavi
mit canfabas, cantassi mit catitasses : hervorgerufen kann dieses
i worden sein durch die analogische Einwirkung des Ableitungs-
vocales -i der zur /-Conj. gehörigen Verba [cesti = vestis) und
zugleich der 2. P. Sg. Perf. [cantasti u. dgl) ; möglich ist es
vielleicht auch, in diesem -i eine volkslogische Anbildung an
die substantivischen Plurale auf -i zu erblicken die zweite
Das Italienische. 655
Person gleichsam ein l'lur. zur ersten, also canfo : canti = po-
polo : popoH) ; am einfachsten aher dürfte das i als eine Wir-
kung der Vorliehe des Ital. für den /-Auslaut zu l)etrachten
sein , welcher wohl auch das Eindringen des -/ in die 1 . und
3. P. Sg. Präs. Conj. der ^-Verha [ranti) und in die 1. P. Sg.
Plusqpf. Ind. aller Yerha cantassi etc.) zuzuschreiben ist. Der
Ausgang -sti der 2. P. Sg. Perf. hat sich erhalten [canlanfi]
8g. 3 -t ist durchweg abgefiiUen. vgl. e mit est. ha mit habet,
vende mit rejidit. Fl. 1. -inun = -w?o, vgl. catitavamo mit canta-
hamus: für die l. P. PI. Präs. Ind. und Conj. ist hei allen
Verben der Ausgang -iamo üblich geworden, wohl eine Ueber-
tragung des Ausganges der 1. P. PI. Präs. Conj. i^partianws,
fariamus u. dgl.): die alte Sprache kannte für den Ind. Präs.
noch die organischen Ausgänge -amo. ~emo. -imo. PI. 2. -tis
= te. im Perf. -sti = sie, beide Endungen mit befremdlichem
e für das sonst beliebte i. PI. 3. das t der Endung -nt ist
durchweg abgefallen und an n ein unorganisches o angetreten,
vgl. S0710 mit sunt, catitatiq mit canfant, cantarono mit canta\ve\-
runt\ in den Perf. auf -etti sowie in den starken Perf. wird
das (volkslat.) —erunt durch -ero und (seltener) diu*ch -ono ver-
treten, z. B. fecei'o {va\A feciono) =fecerimt. Auch die schwachen
Perfectausgänge -arono, -erono, -irono, erscheinen öfters zu -aro
und ar, -ero und -er. -iro und -ir gekürzt. 3. Ableitungs-
vocal. Der Ableitungsvocal -a der ^-Verba ist erhalten,
ausser a) in der 2. P. Sg. Präs. Ind., canti = cantas , vgl.
oben; /S in der 1. P. PI. Präs. Ind., cantiamo = cantamns,
vgl. oben; \y) im Sg. Präs. Conj., «o, tu. egli canti = cantem
aus cantaim. -es. -et : ö) facultativ in der 1 . P. Sg. Impf., in
welcher häufig o für a eintritt, cantavo, wodurch diese Form
von der 3. P. Sg. passend unterschieden Avird; z] im Fut.
u. Cond.. wo a zu e geschwächt, canterö, cantei'ei = cantare
-\- haheo. c. -(- hahui. b) der Ableitungsvocal" -e ist durchweg
erhalten : a in der 2. P. PI. Präs. Ind. und Imp. der ur-
sprünglichen £-Verba, temete = timetis (in der älteren Sprache
konnte auch die 1. P. Präs. Ind. auf -emo ausgehen, tememo
= timemus ; ß) im Impf. Ind. der urspr, £-Verba, tem€x>\a =
timebam ; übertragen ist in den unter a und ß) genannten
Formen das Ableitungs-e auch auf die ursprünglich starken
Verba. credete = creditis . credeva = credebam schon im Lat.
656 Das Italienische.
schAvach) ; y) in dem nach dem Typus der £-Con). gebildeten
Perfecten und Plusqpf. (Impf.) Ind. , credei = *crede[v]i für
credidi, credessi = * crede[vi\ssem für credidissem. Ausserdem
ist -e erhalten in einzelnen urspr. Infinitiven auf -ere . wie
z. B. temere, teuere, wozu mehrere Analogiebildungen treten,
namentlich sapere für sap&re, capere für cap^re (aber ricevere
= recipö7'e) , cadere für cad^re, potere für posse, volere für velle.
Weit öfters aber ist der schAvache Infinitivausgang -ere mit
dem starken -h'e vertauscht worden, vgl. rispöndere mit re-
spondere, imiövere mit movere, nuöcere mit nocere etc. In den
ersten Personen Präs. Ind. und Conj. hat -e sich öfters zu g
verhärtet oder hat Palatalisirung des vorausgehenden Cons.
bewirkt, vgl. tengo mit tetieo, tenga mit teneam, rimango mit
rifncmeo, valgo mit valeo , voglio mit "voleo oder *volio , dolgo
und doglio mit doleo^ "^^ggo und veggio (neben vedo) mit video,
seggo und seggio (neben siedo) mit sedeo, auch caggio (neben
cado] mit *cadeo , deggio (neben devo und debho) mit deheo,
giaccio mit j'aceo , auch joa;b mit joareo. Ein isolirter Fall ist
abbia = habeam (vgl. sapjna). c) Der Ableitungsvocal - ?' hat
sich bei den /-Verben durchweg erhalten : a) in der 2. P. Sg.
Präs. Ind. und Imp., senti = sentis und sew^e, bei den inchoativ
gewordenen Verben hat jedoch i seine Geltung als Ableitungsvocal
verloren, z. B. punisci = "^puniscis {\xv pimis; ß) in der 2. P.
PI, Präs. Ind., sentite = sentitis; y] im Impf. Ind., sentiva =
senti[e]bam; d) in den schwach gebliebenen, bezw. gewordenen
Perfecten und Plusqpf. (Im])f.) Conj., sentii = *senti[v]i, sen-
tissi = * senti[ü\issem ; e] im Infinitiv, se7itire ; t) im Part. Präs.,
sentito = *sentitum. Ein isolirter Fall ist sappia = sapiatn
(vgl. abbia). In einzelnen ersten Personen Sg. und dritten
PI. Präs. Ind. und Conj. (im letzteren im ganzen Sg.) hat sich
Ableitungs-e" zu g verhärtet oder Palatalisirung des vorangehen-
den Consonanten bewirkt, vgl. z. B. vengo mit venio , pongo
mit 'ponio , salgo mit S(dio , faccio (neben yb) iwii facto, vgl.
auch muojo mit *morio. Von den /-Verben ist der Ableitungs-
vocal -^, bzw. ist der Ausgang -iamo auf die 1. P. PI. Präs.
Ind. und Conj. aller Verba und der Ausgang -iate auf die
2. Pars. Präs. Conj. aller Verba übertragen worden; in der
2, Sg. Präs. Ind. und Imperat. scheinen die Verba auf -ere
und -6re den Ausgang i angenommen zu haben (s. o.) : temi,
Das Italienische, (357
vendi = times, time, voidi^. d) Die 1. und 3, P. Sg. und 3.
PI. Präs. Ind., der Sg. und die 3. P. PI. Präs. Conj. der ur-
sprünglichen E- und /-Verba werden stark gebildet: temo^
temc, tcmono, tcma, temano für fimco, timet, timent^ timeam etc.,
ebenso sento für seiitio etc. Vielleicht ist auch die 2. P. Sg.
Präs. Ind. (und Conj.) derselben Verba als starke l^ildung zu
betrachten , also se?iti nicht = senüs , sondern r= se/ifis (nach
ve^nns) anzusetzen und vcfidi direct aus vemUs, nicht aus einem
analogischen vendts 'nach sentts] herzuleiten. Die Nebenform
der 2. P. Sg. Präs. Conj. auf -i der Verba auf -ere. -ere und
-Ire {fetni, vendi, senti neben tema, venda ^ senta dürfte auf
Anbildung an die entspr. Form der -4- Verba beruhen. 4. In-
finitiv und Futur. Ueber die Verdrängungr des schwachen
Infinitivausganges -ere durch -ere s. oben. Die starken Inf.
auf -^re erleiden häufig Synkope, z. B. facere : fare^\, ducere :
durre^ dicere : dire^ öfters bestehen die volle und die synkopirte
Form neben einander, z. B. cöU[i\gere (nach c6ll[i\go betont) :
cogliere und cdrre, exel\i]gere : scegliere und scerre^ tollere: togliere
und törre. Die synkopirte Form des Inf. wird selbstverständ-
lich auch zur Bildung des Fut. und Cond. gebraucht, also
z. h. farö , farei, durro^ durrei\ eorrö neben dem üblicheren
coglierh ; neben nicht ganz wenigen Infinitiven auf -ere stehen
Futura und Conditionale, in denen e synkopirt ist, z. B. avere^
aber avro] parere, aber /ja;ro; rimatiere, aher rimarru ; vedere,
aber vedro ; potere^ aber potrö ; tenere, aber terro (analog, dazu
venire, aber ferro) ; valere, ?iher varro; volere, ahev vo7'rd. Eine
isolirte Bildung ist sard für esser + ho = esse haheo, der auf-
fällige Uebergang von tonlos e zu a 'auffällig namentlich weil
sonst gerade im Fut. tonlos a zu e wird, vgl. cantero] beruht
wohl auf Angleichung anyaro. 5. Behandlung des Stamm-
vocals. Principiell muss stammhaftes o zu iio . stammhaftes
^ zu ie diphthongirt werden . jedoch wird diese Entwickelung
durch romanische Position verhindert und imterbleibt avich
1) Es folgt also scheinbar der Inf. der ^-Conj., wodurch auch der
Uebertritt der meisten Formen des Präs. Ind. zu dieser Conjugation her-
beigeführt worden sein dürfte : fo = da, fai = clai, fa = da, fate = date,
fanno = danno ; der Analogie von fo und do folgen die Präsentia Ind. von
andare, höhere und *sapere: vo, vai, va, 3. PI. vanno , während die 2. PI.
andate lautet; ho, hat, ha, 3. PI. hatmo , während die 2. PI. der £-Conj.
treu bleibt, avete; so sai sa, sanno, während die 2. PI. der i^-Conj. treu
bleibt, sapHe.
Körting, Encyklopädie d. rom. Phil. III. 42
658 I^^s Italienische.
sonst häufig , indem die stammbetonten Formen der Analogie
der flexionsbetonten folgen. Vorwiegend tritt Diphtliongirung
nur in starken Fräsen tibus ein, z. B. siedo, siedi, siede, siedo?io,
sieda, aber sediamo, sedete; [voglio, ö beharrt, weil in roman.
Fos.], vuoi, vuole, sibev vogliamo, volefe; 7nuojo = *morto, aber
moriamo; von schwachen Verben diphthongiren nur tonare, $o-
nare und coprire regelmässig [tuono, suono, cuopro) , seltener
provare {pruovo), trovare [truovo), pregare [priego], negare [niego ,
seguire [sieguo). Bei einzelnen starken Verben findet dagegen
die Diphtliongirung nicht nur im Fräs. Ind., sondern auch im
Inf. obligatorisch statt, z. 13. muovo und rmiovere, aber motiamo,
vgl. auch riedo und riedere = *red^re für redire , chiedo und
chiedere = qiuierere. Die A^erba devo, esco, odo wandeln in den
flexionsbetonten Formen ihr stammhaftes e, bzw. o zu o, bzw.
IC, also ergeben sich z. B. die Infinitive dovere, uscire, udire.
6. Behandlung des consonantischenStammauslautes.
Ursprünglicher gutturaler Auslaut beharrt (wird also nicht pa-
latal) auch vor folgendem e und i, wenn dasselbe nicht be-
reits im Latein vorhanden war, wobei gleichgültig ist, ob die
lat. Form der ital. zu Grunde liegt oder nicht, so bewahrt z.
B. pregare sein g durchweg, folglich auch in pregJn, preghiamo
u. dgl., weil diesen Formen lat. *precas, precamus etc. gegen-
über steht im Conj. Fräs, ^jre^/^e gegenüber lat. *precem ist
analogische Einwirkung der Indicativformen anzunehmen) ; da-
gegen zeigt sich Wechsel zwischen Guttural und Falatal z. B.
\)t\cuoco = coq[u\o, cuocono = coq[u\unt , aber cuocere=^coq\xi\(^re,
cocete = *coq\v^etis für cöquifts, cociamo = coqimnus, vgl. auch
z. B. leggo = lego (wenn nicht leggo = *Iegjo = *hgio anzu-
setzen, vgl. veggo, seggo, caggo u. dgl.), leggono = legunt, aber
leggi ^^^ legis , legge ^= legit , Icggianxo gegenüber legimus, leg-
gcte = *legetis für legifis. Es ergiel t sich also, dass lat. Gut-
tural palatalisirt wird, wenn ihm ein e oder i Jiachfolgte. Ein
durch ^'erhärtung aus j entstandenes g 1 eharrt auch vor folg.
i, L. B. venga, venghi. Tu der 2. und 3. Sg. Präs. Sg. wird
der Stummauslaut zuweilen ausgeworfen, z. B. tuoi und pxioi
für tuoli und pitofi , puo = puofe ^vie verifä aus reritate-m .
Ueber sai, hui etc. vgl. oben. 7. Inchoativ Verstärkung.
Die inchoative Vorstärkung bcbarrt nicht nur, wo sie bereits
im Lat. vorhanden war [/loscere, cresccre, conosrcre u. dgl.",
Das Italienisclic. 659
sondern wird auch im $<;. und 3. V. 1*1. l*räs. Ind. und Conj.
den meisten /-Verben angefügt. 8. Die Perfecta auf -etti.
Neben den nach dem Typus der £-Conj. gebildeten schwachen
Perfecten auf -ei bestehen für 1. und 3. P. Sg. und 3. PI.
Bildungen auf -eiti, -etfe, -etfero, z. B. veridetti, vetidefte. ren-
dettero neben vendei, rende, venderono ; vermuthlich sind hierin
Anbildungen an dedi^ steti zu erblicken. 9. Die starken
Perfecta. Die starke Perfectbildung ist noch in weitem
L'mfange erhalten, jedoch stets nur für die 1. und 3. Sg. und
3. PI., während die 2. Sg. und 1. und 2. PI. schwach aus
dem Yerbalstamm gebildet werden, also z. B. feci fece fecero,
ahei J'acesti facemimo faceste, presi, prese presero^ aber prendesti
prendemmo pretideste etc.; ebenso wird das Plusqpf. Impf.)
Conj. schwach gebildet, z. B. facessi etc. a] /-Perfecta,
ursprüngliche z. B. feci. vidi, ven?ii, caddi für cecidi etc., da-
zu aus der «//-Classe z. B. tenni = femii, volli = voltii, schein-
bar auch crebbi und conobbi = cre-vi und cognd-vi, sowie ebbi
von avere und seppi von sapere , welche wohl aus *hebi und
*sepi, Anbildungen an feci, reni, zu erklären sind [*sepi :feci
= sapio : facio) . Andrerseits sind aber auch zahlreiche /-Per-
fecta, namentlich diejenigen auf -di [prehendi, occendi, occidi
etc.) zur 6i-Classe übergetreten, ß) ?7i-Perfecta, nur wenige
erhalten, TiQ.Vi\eui\\c\x piacqui = placui, giacqui = jacui, tacqui
= tacui, nocqui ^= nocui, parci = parui, da.z\x nacqui = *na3cm;
die meisten ursprünglichen Ui-Ferf. sind in die /-. zum Theil
auch in die s/-Classe übergetreten. y) iS'»- Perfecta, sehr
zahlreich, theils ursprünglich, wie z. B. dussi ^= duxi, dissi =
dixi, strussi = siruxi , scrissi = scripsi, risi, arsiu. y. o.., auch
lesai = *lexi für legi (vgl. dilexi, inteUexi) darf hierher ge-
rechnet werden ; theils aus den beiden anderen Classen über-
nommen, wie morst für [mo]mordi, coi'si für \cu\curri, resi für
7-eddidi, valsi fü.T valt/i, ca/se für caJuit. 10. Particip Präte-
riti. Die schwache Participialbildung auf -äio und -Ito ist
voll lebendig geblieben, dagegen ist -eto [deletus u. dgl.) völlig
gesch^NTinden; ziemlichen Umfang hat -Tito gewonnen, meist
durch Verdrängung starker Participien . z. B. temdo, valuto,
taduto , conosciuto etc. etc. Die Participien starker Bildung
auf -to haben sich in den meisten Fällen, in denen das Suffix
unmittelbar an consonaniisch auslautenden Stamm antrat,
42*
QfjQ Das Italienische.
erhalten, z. B. futto, detio, dofto, scritto, chiesto aus quaes[t]tus,
posto aus pos[t\tus^ neu hinzugetreten sind z. B. viato neben
veduto für vüus, rimasto für rcmansvs. Die Participialbildung
auf -so hat sich nicht nur behauptet, sondern auch auf Kosten
anderer Suffixe, namentlich -to nach A'ocalen, im Umfang ge-
wonnen, z. B. messo, p7-esso, preso, teso für tendifus. perso für
perditus , reso für redditus u. v. a. Häufig steht neben der
Form auf -so eine solche auf -uto, welche üblicher ist, z. B.
perduto , renduto neben perso , reso , vissuto neben dem ganz
veralteten visso von vivere. Zu einer Eeihe schwacher Par-
ticipien auf -uto sind Verbaladjectiva auf -o vorhanden, z. B.
gonßo neben gonfiato = conßatus^ privo neben privatus, adorno
neben adornato, vgl. \-d.t. ßrmtis mit ßrmcifus, lacer[us] mit /«-
cerahis ^ siccus mit siccatus; selbstverständlich sind derartige
Verbaladjectiva nicht etwa als Kürzungen des Particips anzu-
sehen , sondern sie müssen als selbständige Bildungen be-
trachtet werden. 11. Die periphrastischen Tempora werden
bei den transitiven Verben mittelst avere, bei den intransitiven
und reflexiven mittelst essere gebildet , also z. B. 7w perduto,
aber so7io andato, sono stato, mi sono rallegrato. Wie begreif-
lich, finden hier mancherlei kleine Schwankungen statt, und
namentlich ist auch zu bemerken, dass in der älteren Sprache
der Gebrauch von avere ausgedehnter ist, als in der neueren.
12. Das Passiv wird gewöhnlich mittelst essere^ nicht selten
aber auch mittelst venire umschrieben , oft endlich auch re-
flexivisch ausgedrückt.
VI. In Bezug auf die Adverbialbildung ist namentlich
die Vorliebe für den Ausla\it -/ beachtenswerth, vgl. anzi mit
antea, avcmti mit abanfe, poi mit post, guari = tceigaro u. dgl.
Wie die französischen Adverbien auf -es [certes, gueres neben
gue7-e etc.), sind wohl auch diese italienischen auf -/ als An-
bilduugen an die substantivischen Plurale zu betrachten.
VII. In Ilhisicht der Syntax besitzt das Italienische
manche Eigenthümlichkeit, so z. B. die grosse Beweglichkeit
in der proklitischen oder enklitischen Verwendung der leichten
Personalpronominalformen und deren Wechsel mit den schwe-
ren (vgl. die recht instructive Beispielsreihe bei Blaxc a.
a. O., p. 2G5) , in dem weitaiisgedehnten Gebrauche des Ar-
tikels, z. B. auch vor Familiennamen; in dem Ausdrucke des
Das Italienische. 661
verneinten Imperativs durch den Inf. mit non: in der Ersetzung
des lat. Gerundivs durch die Verbindung des Infinitivs mit da
[z. V>. casa da vendere = domus vendenda) \\. dgl.
Die Syntax des Schriftital. hat sich im Trecento und auch
noch späterhin unter dem Einflüsse des Lateins entwickelt und
trägt die Spuren davon in seiner A'orliebe für Participial-,
hzw. Gerundial- und Infinitivconstructionen und in seiner
Neitjung zum luiu kunstvoller Perioden noch deutlich an sich.
In der Neuzeit ist der lateinische Einfluss durch den fran-
zösischen abgelöst worden, "welcher letztere eine gewisse Keaction
zu grösserer Einfachheit und Klarheit im Satzbaue, namentlich
hinsichtlich der Wortstellung, zur Folge gehabt, freilich aber
auch das Eindringen von Gallicismen gefördert hat.
Litteraturangaben:
a) Vollständige Grammatiken (das Verzeichniss der älteren
Grammatiken s. oben S. 619 : R. Forxaciari , Gramm, storica della
ling. ital. compendiata dalla gramm. rom. di F. DiEZ. Parte I Morfologia
Firenze 1872, vgl. Kiv. di fil. rom. I 57, und: Gramm, dell' uso moderno.
Fireuze 1S79, vgl. Fropug. Xu 2, p. 466 u. Giom. di filol. rom. II 237.
Von Deutschen verfasste Grammatiken: Aeltere Gramm, (vgl.
Blanc a. a. O., p. 32): von Moritz, Berlin 1791, von Jageman'X, Leipzig
1801 (nach Corticelli gearbeitet), Ferxow, Tübingen 1804 u. 1816 [ein
für seine Zeit vortreffliches AVerk), von A. Wagner, Leipzig 1819, von
Francesox, Berlin 1822 u. öfters, von Valentini, Berlin 1824, von Mlnner,
Frankfurt a^M. 1830, von Keil, Erfurt 1831.
•F. G. Blaxc, Gramm, der ital. Spr. Halle 1844 das für seine Zeit
vortrefflich gearbeitete Buch ist, -wie begreiflich, jetzt veraltet, aber, vreil
noch durch keine andere ■wissenschaftl. Gramm, ersetzt, noch immer un-
entbehrlich! — *A. Mussafia, Ital. Sprachlehre in Regeln u. Beispielen.
17. Aufl. Wien 1883 (das Buch soll nur praktischen Zwecken dienen u.
erfüllt diese Aufgabe in bester Weise. Möchte aber doch der berühmte
Romanist u. bewährte Kenner des Altital. u. der ital. Dialecte auch ein-
mal eine -wissenschaftliche Gramm, ^-erfassen!) — C. V. Retnhard-
STöTTXER, Theoretisch-pract. Gramm, der ital. Spr., speciell f. Studierende
u. Kenner der antiken Sprachen. 2. Ausg. München 1880 kann denen em-
pfohlen werden, -welche, ohne dem Ital. ein besonderes philologisches Stu-
dium zu -widmen, doch eine Anschauung von der Sprache u. Lesefertigkeit
er-werben -wollen; der Gramm, ist ein für den genannten Zweck recht
brauchbares Lesebuch mit Anmerkungen beigegeben , vgl. Ztschr. f. rom.
Phil. IV 393 — H. Vockeradt, Lehrbuch der ital. Spr. f. d. oberen Classen
höherer Lehranstalten u. zum Privatstudium. Thl. 1 Grammatik, Thl. 2
Lesebuch. Berlin 1878 (gründlich gearbeitetes, auch in wissenschaftl. Hin-
sicht schätzbares Buch), vgl. Jen. Lit.-Ztg. 1878, No. 31, Herrig's Archiv 60,
253 — A. Baragiola, Ital. Gramm, mit Berücksichtigung des Lateins u.
(562 l^^s Italienische.
der roman. Schwestersprachen. Strassburg 18S0 (sehr verbesserungsbedürftig),
vgl. Ztschr. f. rom. Phil. V 57G, Giorn. di fil. rom. II 239 — H. BuCH-
HOLZ, Ital. Sprachlehre f. Schulen. Hannover 1881.
b) Zur Formenlehre im Besonderen: F. Demattio, Morfologia
italiana. Innsbruck 1876, vgl. Ztschr. f. rom. Phil. I 446 — V. NaxnucCI,
Teorica dei nomi della ling. ital. Firenze 1847 — Fr. d'Ovidio, SuU' ori-
gine dell' unica forma flessionale del nome italiano. Pisa 1872 (die Ergeb-
nisse dieser Untersuchung sind zwar unannehmbar, indessen ist sie scharf-
sinnig geführt und enthält viel Interessantes, ihr Studium ist demnach zu
empfehlen), vgl. Gott. gel. Anz. 1872, Stück 48, S. 1SÜ2, Riv. di fil. rom.
I 129 — G. Gröber, lo U il i im Altital., in: Ztschr. f. rom. Phil. I 108
— N. Caix, SuUa declinazione romanza. I L'articolo ital., in: Giorn. di
fil. rom. n 1, und: Sul pronome, in: Giorn. di fil. rom. I 43 — G. Grö-
ber, Gli, egli, ogni, in: Ztschr. f. rom. Phil. II 594 — V. Nannucci,
Intorno al pronome hi usato dagli antichi nel caso retto. Corfü 1841 —
Mastrofini, Teoria e prospetto de' verbi ital. conjugati. Rom 1814 —
*V. Nannucci, Analisi critica de' verbi ital., investigati nella loro primitiva
origine. Firenze 1843 — L. Amedeo, Teorica dei verbi irregolari della
ling. ital. Turin 1877, vgl. Giorn. di fil. rom. I 249 — COMPAGNONI, Teo-
rica dei verbi ital., rivista da P. Fanfani. Firenze 1865 — N. Caix, Süll'
influenza dell' accento nella conjugazione manducare, adjutare, in: Giorn.
di filol. rom. II 10, und: Sul perfetto debole romanzo, ebenda I 229, vgl.
II 63 — U. Canello, Storia di alcuni participi nell' ital. e in altre ling.
rom., in: Riv. di filol. rom. I 9, vgl. ebenda I 91 — G. Flechia, Intorno
ad una particularitä di flessione verbale in alcuni dialetti lombardi. Turin
1876, vgl. Rom. VI 302 — A. Gaspary, Altital. u. altfrz. si für ital. finch^,
frz. jusqu'ä, in : Ztschr. f. rom, Phil. II 95.
Vgl. ferner: W. Meyer, Ueber die schwache Perfectbildung, in: Ztschr.
f. rom. Phil. IX 226 — Marchesini, I ])erfetti it. in -etti, in : Studi di fil.
rom. I 445 — Die Schriften von Zixg.\relli u. Zeule s. oben S. 642 u. 647.
c) Zur Syntax: Pesamento, Sintassi comparativa del latino e dell'
italiano. Florenz 1867 (nach BuElTlNGER a. a. O. p. 75 citirt, der wieder
auf Nuov. Antol. XXVI verweist; dem Verf. der Encycl. gelang es nicht,
des Buches habhaft zu Averden ; nach Br.'s Angabe soll es sehr umfangreich
sein) — F. Uemattio, Sintassi della ling. ital. Innsbruck 1872, vgl. Riv.
di fil. rom. I 57 — R. Fornaciari, Sintassi ital. del uso moderno. Firenze
1881, vgl. Propug. XV 2, p. 274 — H. Bl'CimOLZ, Zur ital. Gramm.
1. Passiver Inf. Präs. 2. Die Präposition a. 3. Gerundium, in: Herrig's
Archiv LIV, 183 — A. Gasp.\ry, Ueber altital. si für finche, s. ob.
N. Lundborg, Studj sul congiuntivo nella Div. Comm. Lund 1884,
vgl. Riv. crit. di lett. it. I 1, 28.
O. Knuth, SuU' uso del pronome personale nelle lingue francese ed
italiana. Mülhausen i/E. 1878 — A. GÜTII, Die Lehre vom Conjunctiv mit
Anwendung auf die ital. Spr. Berlin 1876.
Der italienischen Formenlehre und Syntax fehlt es noch
sehr an methodischer wissenschaftlicher, also namentlicli auch
Das Italienische. 663
mit IJerücksichtigimo; der Sprachgeschichte vorgenommener
liearbeituug. Namenthch vermisst man noch eingehende Un-
tersuchungen über den Formenhestand und den Satzbau des
Ahitalienischen , welche doch die Grundhige für die wissen-
scliafthche Darstellung der neuital. Morphologie und Syntax
abgeben müssen (das Beste hat in dieser Beziehung N. Caix
in seinen Origini etc. [s. oben S. 6 OS] hinsichtlich der An-
tiche rime geleistet, aber auch für eine ganze Reihe anderer
Texte müsste Aehnliches gethan werden). Vorläufig harrt noch
eine Fülle von Fragen der Lösung. Sehr zu Avünschen ist,
dass wenigstens ein Theil des Fleisses und Strebens, mit wel-
chem gegenwärtig so zahlreiche jüngere Neuphilologen der
Behandlung oft recht unfruchtbarer und selbst futiler Themata
aus der altfrz. Philologie sich widmen (man denke z. B. an
die zahllosen Dissertationen über den Gebrauch des Conjunc-
tivs im Altfrz. oder auch im Neufrz, , welche oft nur auf eine
schablonenhafte und ergebnisslose Materialienzusammenstellung
hinauslaufen I ) , einmal der ital. Philologie zugewandt werden
möchte. Es würde dann auch die jetzt nicht ganz ungewöhn-
liche Erscheinung seltener werden, dass das Studium der Neu-
philologie lediglich als ein Brotstudium aufgefasst und eben
gerade nur genau in dem Umfange betrieben wird, als das
Prüfungsreglement es unbedingt fordert. Damit aber hört die
Wissenschaft auf und fängt das Handwerk an. Zersplitterung
ist schlimm , noch schlimmer jedoch ist engherzige Beschrän-
kung.
§ S. Bemerkungen über die Rhythmik des Ita-
lienischen.
1. Die Rhythmik des Italienischen beruht auf dem accen-
tuirenden Principe. Die wiederholt gemachten Versuche, das
quantitirende Princip auf das Italienische zu übertragen oder
doch die antiken Metren accentuirend nachzubilden (also Ton-
hexameter u. dgl. zu bauen) , haben bleibenden Erfolg nicht
gehabt. Der letzte derartige Versuch ist von keinem Gerin-
geren, als von dem ebenso gelehrten wie genialen Dichter
Carducci in den »Odi barbare« unternommen worden. ^]
1 Zur Probe seien die ersten Strophen der Ode »Preludio« nebst der
latein. Uebersetzung derselben von A. C'Rn'ELLfCCi (Sei odi barbare di
G. C. con la versione latina. Cittä di Castello 1&85; mitgetheilt:
ßg4 Das Italienische.
2. Als Normalverse gelten diejenigen mit weiblichem Aus-
gange (versi piani] , es werden daher die Verse mit männlichem
Ausgange als »verstümmelte Verse (versi tronchi « bezeichnet,
indessen sind sowohl diese als auch Verse mit gleitendem Aus-
gange durchaus statthaft. Die Benennung der Verse bestimmt
sich nach der Sylbenzahl der betr. weiblichen Form und
erstreckt sich zugleich auf die dazu gehörige männliche und
gleitende Form, es wird also z. B. unter ))Elfsylbler (endeca-
sillabo) « verstanden :
a) ein Vers, dessen zehnte Sylbe hochbetont und elfte (und
letzte) Sylbe tieftonig ist (verso piano), z. B.;
1 2 3 4 5 6 7 8 0 10 11
di vendicar la morte di Trojano ;
b) ein Vers, der mit der zehnten hochbetonten Sylbe ab-
schliesst (verso tronco)^ z. B. :
1 2 3 4 5 6 7 S 9 1^0
delT opera che mal per te sife;
c) ein Vers, dessen zehnte Sylbe hochbetont, die elfte und
zwölfte (letzte) tieftonig sind (verso sdrucciolo), z. B. :
12 3 4 5 6 7 8 9 10 11 1_2
ora cen porta Tun de duri margini.
Entsprechend der Vorliebe des Italienischen für paroxy-
tone Betonung sind die versi piani weitaus die üblichsten,
die versi tronchi und namentlich die versi sdruccioli werden
meist nur zur Erreichung einer bestimmten, besonders komi-
schen Wirkung gebraucht. Nur ganz vereinzelt und als Spie-
1. Odio Vusata poesia: concede
comoda al vulgo i Jlosci Jianchi e settza
palpiti sotio i consueti amplessi
stetidesi e dorme.
2. A vie la strofa vigile, bahatde
CO 'l plauso e il piede ritmico nei cori:
per fala a volo in colgola, si volge
ella e repugna.
U ebersetzung:
1. Sperno vulgataa poptilo Camoeuas,
quae patent primo faciles 2}fte)tti et
inter amplexus resupi)ia ste)-/iu)it
cotyora so))t>io.
2. 3Ie tuvat prisco cohihere rhythmo
se stropham ad plau.tton pedibus moreiitem,
quae, tirgeo dum acer, mihi perttnaci
ore repugnat.
Das Italienische. 665
lerei finden sich auf drei oder gar vier tieftonige Sylben aus-
gehende Verse (versi bisdruccioli und quadrisdruccioh).
Der Endecasillaho ist der unitangieichste der üblichen
Verse ; der kürzeste , aber selbstverständlich nur weni*; se-
brauchte Vers ist der Zweisylbler (bissillabo). Von den zwi-
schen dem Elf- und dem Zweisylbler liegenden Versen ist der
Siebensylbler (settenario) der beliebteste.
3. Für die Sylbenzählung des italienischen Verses ist
Folgendes zu bemerken : a) Aus lautende Vocalcombinationen
(wirkliche ' oder scheinbare Diphthonge und Triphthonge) gel-
ten, welchen Ursprung sie auch haben mögen, im Innern
des Verses als einsylbig, im Ausgange als zweisylbig, also
z. B. avea im Versinnern zweisylbig iavea), im A^ersausgangc
dreisylbig {ave\a). Von den inlautenden Vocalverbindungen
gelten die häufiger vorkommenden und w'ieder besonders die-
jenigen, welche auf lat. einfachem Vocale beruhen, als ein-
sylbig, die selteneren dagegen und wieder besonders diejeni-
gen, welche auf lat. Doppelvocal beruhen, als zweisylbig.
Einsylbig sind namentlich: ia, ie, io, iu, ua^ ue, zn, uo^ z. B.
pia7io, pleno ^ ßore^ ßume, guado, guerra, guisa, vuole: einsylbig
ist auch fallendes ati, z. B. causa, während steigendes zwei-
sylbig ist. z. B. paura = *pa[v]öra. Zweisylbig sind nament-
lich: aa, ae, ao, ea, eo, oa, oe, oi, z. B. Abra\ain^ ma\estrOj
Caprsi jedoch gewöhnlich Paolo), be\ato, Teseo, so\ave, po\ema,
Ave?'ro\is] zweisylbig werden in der Regel auch io und ie in
den Ausgängen -ioso, -ione, -iente gebraucht, z. B. glori\oso,
nazi\o?ie, ori\e?ite , aber auch sonst sind io und ie oft zweisyl-
big, wenn sie lat. io und ie entsprechen, z. B. tri\onfo, ori\entale.
c) Anlautende Diphthonge (Triphthonge kommen nicht vor)
gelten bei fallender Betonung als einsylbig, z. B. aura (aus-
genommen jedoch meist a\ere und öfters Molo) , ebenso bei
Tonlosigkeit, z. B. auröra, bei steigender Betonung dagegen
als zweisylbig, z. B. a\ita, a\uso f. aduso v. adusare, dagegen
auso v. andere, d) Vocalischer Auslaut bildet mit nachfolgen-
dem vocalischem Anlaut eine Sylbe , es findet jedoch nicht
Elision, bzw. Apokope, sondern Synizese statt, d. h. die betr.
Vocale werden sämmtlich gesprochen, aber zu einer Sylbe
verschliffen. Dasselbe gilt, wenn zwischen einem vocalisch
656 Das Italienische.
auslautenden und einem vocalisch anlautenden Worte ein nur
aus Vocalen bestehendes Wort steht oder ein solches nach
consonantischem Auslaut, bzw. im Versanfange, einem voca-
lisch anlautenden vorangeht, z. B. e invan Tinferno a lui
s'oppose, e invcmo — Segni ridusse i suoi compagni. Die Syni-
zese wird selbst durch starke Interpunction nicht gehindert,
ebensowenig durch die Cäsur.
Die Regeln der Sylbenzählung mögen durch folgendes
Beispiel veranschaulicht werden (Tasso, Gerus. lib. I 6) ;
i^ 2 ^ 4 5 Jl 7 8 9 10 11
Giä '/ sesto anno volgea, ch' in Ori\ente
1 ^ 3 4 5 ^ JL S J|._ 10 11
Passö il campo cristia?io all' alta impresa:
1 2^4 56 i, 8 9 10 11
E Nicea per assalto e la potente
1 2 3 J, 5 6 Z ^ ^ 10 11
Anti\ochia con arte avea giä presa.
1^3 ^5 67^, ^10 11
V avea poscia in hattaglia incontro a gente
1 2 ^ 4 5 0 7 S 9 19 11
Di Persia innumerahile difesa;
1 23JL 5üJL '8"9 10n
E Tortosa espugnata: i?idi alla re\a
i J. ji i A -IJL ^9 10 11
Stagion die' loco, e T nuovo anno attende\a.
Gerade der durch die Synizese hervorgerufene Widerstreit
der aufeinander folgenden Vocale, von denen jeder lautbar
bleibt und doch keine Sylbengeltung besitzt, trägt wesentlich
dazu bei , den italienischen Versen — aber freilich nur im
Munde eines Sachkundigen — den ihnen eigenen musika-
lischen Wohlklang zu verleihen.
4. Der üblichste italienische Vers, dessen sich nament-
lich das Epos , das Drama , die Satire und die Didactik fast
ausschliesslich bedienen, ist der Endecasillabo ^vgl. oben No. 2).
Der Endecasillabo wird durch die Cäsur in zwei ungleiche
Hälften zerlegt. Die Cäsur liegt entweder nach der 4. oder
ü. Sylbe und ist, je nachdem ihr ein paroxytones oder oxy-
tones oder proparoxytones Wort vorangeht, eine cesura piana
oder tronca oder (aber sehr selten sdrucciola. Als Beispiele
für die Cäsur seien die Eingangsverse der Gerusalemme libe-
rata angeführt :
Das Italienische. 667
Canto Vurmi pietosc \\ c 7 capitano
Che 7 grau sepölcro || libcrö di Cristo ;
Molto eijli oprö \\ col senno e con la mano ;
Moltü soßri II nel glorioso acquisto.
E iniHin l'inferno |1 a lui noppose, e invano
S^ armö d Asia e di Libia || ü popol misto ;
Che il iiel gli die favorc \\ e sotto ai santi
Segni ridusac || / suoi compagni erranti.
5. Die 10. und die 4. oder 6. Sylbe jedes Endecasillabo
sind stets hochbetont und bilden demnach die beiden festen
Hochtonstellen oder Hebungen des Verses. Ausser diesen
festen muss der Endecasillabo mindestens noch eine Hebung
besitzen, welche an eine bestimmte Stelle nicht gebunden ist;
solcher beweglicher Hebungen können auch zwei, eventuell
noch mehrere vorhanden sein; es werde dies durch folgendes
Beispiel (Tasso, Gerus. lib. I 2) verdeutlicht :
0 Müsa, tu, II che di cadüchi allöri
No7i circöndi la frönte || in Elicöna;
Ma SU nel cielo || i7ifra i he\äti cöri
Hai di stelle immortäli || aürea coröna;
Tu spira al petto mio || celesti ardöri,
Tu rischiära il mio cänto, \\ e tu perdöna,
S' ititesso fregi al vir, || s'adörno ^V^ parte
U ältri diletti \\ che de' tuoi, le carte. ^)
Die Structur des Endecasillabo ist demnach vielfacher
Variationen fähig. Vermehrt wird der Klangwechsel inner-
halb des Verses noch dadurch, dass von den nicht hochtoni-
gen Sylben mehrere einen Nebenton tragen und folglich hoch-
tonige, neben- (oder mittel) tonige und tieftonige Sylben mit
einander gemischt sein können , so sind z. B. in dem Verse :
123 4^ « 78j!._ 10 11
s' intesso fregi al ver, s' adorno in parte
die Sylben 4,0, 8 und 10 hochbetont, Sylbe 2 ist mittel-
betont, die Sylben 1, 3, 5, 9 11 tieftonig.
1) Die Cäsur hindert die Synizese vocalischen Auslautes mit vocali-
schem Anlaute nicht.
(jßg Das Italienische.
Zwischen den Hochton-, bzw. Mitteltonstellen einerseits
und den Tieftonstellen andrerseits kann regelmässiger Wechsel
sei es tonjambischer oder tontrochäischer oder auch tondacty-
lischer oder tonanapästischer Art stattfinden (wie z. B. der eben
citirte Vers y>s' intesso etc.« tonjambischen Ivhythmus aufweist),
so dass also die einzelnen Verselemente einander an L'mfang
gleich sind. Keineswegs jedoch muss eine solche Regelmäs-
sigkeit statthaben, es sind vielmehr in der Mehrzahl der Fälle
die einzelnen Verselemente einander an Umfang ungleich,
vgl. z. B. den zweiten und achten der oben citirten Verse:
non circöndi la fi'öti\te, in Elicöna,
et äl\tri dilett\i, che de' tuoi \ le carte,
so ergiebt sich, dass der erstere die Form 3 -j- 3 -f- 4 (4- 1),
der letztere die Form 1 + 3 + 4 + 2 (+ 1) zeigt.
Aus dem eben Gesagten geht zugleich hervor, dass die
zu einer Strophe, bzw. zu einem Gedichte verbundenen En-
decasillabi — und was von diesen, gilt auch von allen son-
stigen Versen — zwar sämmtlich die gleiche, z. B. tonjam-
bische, Structur haben können, aber keineswegs haben
müssen, sondern vielmehr meist verschiedenen Bau zeigen.
Gerade auf der künstlerischen Mischung der verschiedenen
möglichen Versformen beruht die harmonische Wirkung einer
aus Endecasillabi (oder sonstigen Versen) bestehenden Strophe.
5. Die zu einer Strophe, bzw. zu einem Gedichte ver-
einten Verse können mit einander rhythmisch verbunden wer-
den : a) durch den Vollreim ; b' durch die Assonanz ; c) durch
die sogenannte Konsonanz, d. h. durch Uebereinstimmung des
oder der dem letzten Hochtonvocale nachfolgenden Consonan-
ten nebst etwa dazu gehörigem tonlosen Vocal, es consoniren
z. B. argento. affrdntO, cätltO-
Der Assonanz und der Konsonanz bedient sich nur die
Volkspoesie, die Kunstdichtung braucht zur rhythmischen Vers-
bindung nur den "S'ollreim.
Die Kunstdichtung kann sich aber auch des reimlosen
Verses (verso sciolto , libcro, bianco) bedienen, und ist der-
selbe seit dem 16. Jahrhundert für das Drama, die Idylle und
die Satire vielfach gebraucht worden. Der erste Dichter, wel-
cher ihn principiell anwandte , war Giangiorgio Trissiuo (in
Das Italienische. (369
der Tragödie »Sofonisba« 1524 und im Epos «l'Italia liberata
da' Goti« 1547).!)
G. Das Italienische ist reich an festen Strophen- und
Dichtungsformen. Die wichtigsten der von der Kunstpocsie
gebrauchten sind :
a) Die Terzine, eine Strophe bestehend aus drei Ende-
casillabi, von denen der erste und dritte mit einander reimen,
der zweite dagegen erst in der folgenden Strophe seine Bindung
findet, also: ahahcbcdcde Damit der zweite Vers der
letzten Strophe Bindung erhalte, muss ein einzelner Vers das
betr. Gedicht abschliessen. b Das Sonett. In ihrer Norm al-
forni besteht diese mancherlei Variationen fähige Dichtungs-
form aus 14 Endecasillabi, welche in zwei Strophen Stollen)
von je 4 Zeilen ;daher quaternarj , Quartette genannt) und
eine sechszeilige Strophe 'Abgesang' getheilt sind (die sechs-
zeilige Strophe pflegt man fälschlich in zwei dreizeilige Strophen,
Terzetti, zu zerlegen). Die Quartette haben gemeinsame Reime,
deren Stellung meist ahba abha ist, doch kommen, namentlich
bei älteren Dichtern, auch andere Stellungen vor, z. B. ahba
baab oder abah abab oder abab baba. Die Schlussstrophe 'die
beiden Terzette läuft auf zwei oder drei Reimen, deren Stel-
lung eine sehr mannigfache sein kann z. B. bei zwei Reimen :
aabbaa oder abbaab oder abbaba; bei drei Reimen: aabbcc
oder abbacc oder abbcca oder acbbca u. s. w.). Eine Er-
weiterung der Sonettform ist das sog. sonetto caudato, sie be-
steht darin, dass dem eigentlichen Sonette noch drei Terzette
bestehend aus je einem Settenario und zwei Endecasillabi [zu-
sammen also 9 ^erse) angefügt werden , wobei die Settenari
1; Bekanntlich ■wurde der »Blankvers« durch des Earl v. Surrey Ueber-
setzung des 2. und 4. Buches der Aeneide verfasst auf Grund der ital.
Uebersetzung des Ippolito de' Medici, veröflFentlicht zuerst 1557 nach Eng-
land übertragen, um dort in gleichtaktiger Structur fünffüssiger Ton-
jambus, nicht schlechtweg fünffüssiger Jambus) der Vers des nationalen
Dramas zu werden. (Erste in Blankversen abgefasste Tragödie war der
»Gorboduc« oder »Ferrex and Porrex« des Thomas Sackville, später Lord
Buckhurst, und Thomas Norton 1562\ Ueber die Einbürgerung des fünf-
füssigen Tonjambus in Deutschland vgl. A. Saver, Ueber den 5 f. J. vor
Lessings Nathan. AVien 1S78; F. Zarxcke, Ueber den 5 f. J. mit bes.
Rücksicht auf seine Behandlung bei Lessing, Schiller und Goethe. Leipzig
1805, vgl. auch Berichte der sächs. Gesellsch. d. Wissensch. 1S70, S. 207.
Daxxehl, Geschichte u. Bedeutung des reimlosen 5 f. jamb. Verses in der
deutschen Dichtung. Rudolstadt 1&7Ü Progr.
570 ^^^ Italienische.
mit dem letzten Verse des Sonettes, die je zwei Endecasillabi
aber unter sich reimen, also z. B. (letzter Vers des eigentlichen
Sonettes reimt auf c, ihm folgt dann die »cauda«" erster Settenar
mit dem Heim c + zwei Endecasillabi mit den Reimen dd +
zweiter Sett. c + zwei End. e e + dritter Sett. c 4- zwei End.
ff. — c) Die Canzone. Die Hauptregeln über den Bau der
Canzone lassen sich etwa folgendermassen zusammenfassen:
1 . Die Canzone ist ein lyrisches , in Strophen Stanzen) ab-
getheiltes Gedicht. 2. Die Zahl der Strophen beträgt selten
unter fünf und selten über zehn. 3. Abgeschlossen wird das
ganze Gedicht meist durch eine kürzere Schlussstrophe , das
sog. »Geleit« (chiusa, ripresa, tornata, commiato, congedo, li-
cenza) , vgl. unten die letzte Eegel. 4. Die Zahl der Verse
einer jeden Strophe (abgesehen von der Schlussstrophe) sinkt
selten unter neun und steigt selten über zwanzig; jede Strophe
(wieder mit Ausnahme der Schlussstrophe) muss allen übrigen
an Verszahl gleich sein. 5. Die zu einer Strophe verbundenen
Verse sind theils Endecasillabi theils Settenari oder (aber weit
seltener) Pentasillabi. Die Zahl der Endecasillabi überwiegt
in der Eegel. G. Sämmtliche, oder doch je zwei auf einander-
folgende Strophen können gleiche Keime haben und über-
dies noch durch Binnenreime mit einander verbunden sein').
In der Regel aber hat jede Strophe verschiedene Reime.
7. Jede Strophe zerfällt in Bezug auf den Reim in zwei, meist
ungleiche Hälften, welche rhythmisch dadurch gebunden sind,
dass der erste oder zweite Vers der zweiten mit dem letzten
der ersten reimt. Zwischen der ersten und zweiten Hälfte
besteht in der Regel eine Sinnespause. 8. Die erste Hälfte
bildet entweder ein sich abgeschlossenes kleines Reimsystem
(z. B. abba) und heisst dann »fronte« oder aber (und das ist
gewöhnlicher) sie zerfällt hinsichtlich des Reimes in zwei Einzel-
theile, sogenannte «piedi«, z. B, in zwei Zweizeilen ibinari)
oder in zAvei Dreizeilen ternari) oder in eine Zweizeile + eine
Dreizeile u. dgl. 9. Die zweite Hälfte bildet entweder ein in
sich absceschlossenes kleines Reinisvstcm und heisst dann »^si-
1) So sind in Petrarca's Canzone » Verdi pauni, sanguigni, oscuri o
perst« sämmtliche Strophen (hirchgereimt und ausserdem reimen mit einan-
der die dritte und vierte Sylbe des je vierten und die vierte und fünfte
Sylbe des je sechsten Verses.
Das Italienische. 071
rima» oder aber sie zerfällt hinsichtlich des Reimes in mehrere
Einzeltheile , sogenannte (»versus« oder^ »volte« oder «com-
binazioniif. 10. Ist die erste Stropbonhülfte eine »fronte«, so
niuss die zweite ans »volte« bestehen , darf also keine vsirima«
sein, und umgekehrt : ist die zweite Strophenhälfte eine »sirimacf,
so muss die erste aus vpiedia besteben, darf also keine »fronte«
sein. Dagegen kann sehr wohl die erste Hälfte aus »piedi«
und die zweite aus »volte« bestehen '^. 11. Die Geleitstrophe
muss sich in l^ezug auf Art und Reim ihrer Verse an die
zweite Hälfte der letzten Strophe anschliessen, auch bezüglich
ihres L'mfanges zu dieser in einem angemessenen Verhältnisse
stehen. Uebrigens darf die Geleitsstropbe fehlen, wie z. B. in
Petrarca's Canzone, i^Mai non vo' piü cantar com' io soleva«.
— Schliesslich werde der Bau der Canzonen^trophc an folgen-
den beiden Beispielen veranschaulicht:
I. .Petrarca, Ganz. X [19\)
Erste Halbstrophe (»fronte« im weiteren Sinne) zerfällt in die »piedi"
abc + bac.
Gentil mia Donna, i veggio 7 Sylben
Nel tnover de vostr' occhi im dolce lume, 11 »
C}ie mi inostra la via cli al Ciel conduce ; 11 »
JE7 per lungo costume 7 »
Dentro lä dove sol con Amor seggio, 1 1 »
Quasi visibihnente il cor traluce. \\ 1 ! »
Zweite Halbstrophe »sirima« im engeren Sinne) , deren erster Vers a
mit dem letzten der ersten Halbstrophe gebunden ist.
Quesf e la vista cK a ben far in' indlice, 1 1
E che }ni scorge al glofioso ßne\ li
Quesf a sola dal vulgo ni'allontana: 11
Ne giammai lingua umana 7
Contar poria quel che le due divine 1 1
Lud sentir mi fanno; 7
E quando il verno sparge le pruine, 11
E quando poi ringiovenisce V anno, 1 1
Qual era al tempo del mio primo affanno. 1 1
a Halbstrophen <¥. 6 u. 7) besteht eine Sinnespause.
1) Die Namen »fronte« und »sirima« werden jedoch auch im weiteren
Sinne zur Bezeichnung der aus »piedi«, bzw. aus »voltc" bestehenden ersten,
bzw. zweiten Strophenhälfte gebraucht.
a
1.
b
2.
c
3.
b
4.
a
5.
e
6.
« 1.
c
7.
? 2.
d
8.
Y 3.
e
9.
Y 4.
e
10.
i 5,
d
11.
's 6.
f
12.
^ 7.
d
13.
S S.
f
14.
(f 9.
f
15.
Zwischen
)eid
a
1.
b
2.
c
3.
a
4.
b
5.
c
6.
ß
2.
d
8.
y
3.
e
9.
Y
4.
e
10.
ß
5.
d
11.
&
6.
f
12.
d
7.
f
13.
072 Das Italienische.
n. (Petrarca, Ganz. XI [2V.]
Erste Halbstrophe (»fronte« im weiteren Sinne), zerfällt in die »piedi«
abc + abc.
Ciliare, fresche e dolci acqiie, 7
Ove le belle memhra 7
Pose colei che sola a me par donna ; 1 1
Gentil ramo, ove piacque 7
(Con sospir mi rimembra) 7
A lei di far al bei ßanco colonna ; || 11
weite Halbstrophe (»sirima« in weiterem Sinne), zerfällt in die «volte«
ß 7 Y ß + *^ ^> denen der Bindevers « vorangeht.
« 1 . c 7. Erba e ßor, che la gonna 7
Leggiadra ricoverse 7
Con r angelico seno; 7
Aer sacro sereno, 7
Ov^ Amor cd' begli occhi il cor m aperse; 11
Date iid'ietiza insieme 7
Alle dolenti inie parole estreme. 11
Zwischen beiden Halbstrophen (V. 6 u. 7) besteht eine Sinnespause.
Ausdrücklich werde darauf hingewiesen, dass nehen den in
obigen Beispielen dargestellten Strophenformen noch zahlreiche
andere üblich sind, welche sich von den angeführten hinsicht-
lich der Verszalil, der Versmischung , der Reimstellung und
des Umfangsverhältnisses der beiden Strophenhälften unter-
scheiden. Ja, die Zahl der möglichen Variationen ist eine ge-
radezu unbegrenzte. — d) Die Ballade. Die B. besteht aus
einer kürzeren Strophe, der sog. «ripresa«, welche gleichsam
das Thema des Gedichtes angiebt, und mindestens einer
längeren Strophe, deren letzter (und oft auch vorletzter) Vers
mit dem Schlussverse der »ripresa« reimen muss. Verszahl,
Versart und Keimstellung sowohl der kürzeren wie der
längeren Strophe(n sind an bestimmte Kegeln nicht gebunden.
Der Bau der längeren Strophe (n) ist im Allgemeinen dem-
jenigen der zweiten Strophenhälfte der Canzone analog. —
e) Das Madrigal. Unter M. begreift man ein kurzes epi-
grammartiges lyrisches Gedicht; bestimmte Kegeln über seinen
Bau existiren nicht, doch ist zu bemerken, dass es öfters aus
zwei oder drei Terzinen mit dem erforderlichen Schlussverse
bestellt. — f) Die Ottava rima. Die O. r. ist eine aus
acht Endecasillabi bestehende Strophe mit der Reimstellung
ahahahcc. — g) Die S est ine. Die S. umfasst sechs Strophen
Das Italienische. 673
zu je 6 Endecasillahi und eine Schlussstrophe von 3 Versen.
Die Schlussworte der \'erse der ersten Strophe kehren , aber
stets in anderer Ixeihcnfolge, in den Versschlüssen der übrigen
Strophen wieder imd bilden also die durchgehenden Reime
^das Schema ist: Nr. 1. abcdef, 2. faehdc, Z. cfdahe, 4. echfid^
5. ileacfb, G. hdfvra) ; in der Kipresa müssen diese sechs
Schlussworte theils in der Versmitte theils am Versende wieder-
kehren (Schema: Vers 1. -a-h, 2. -c-d, 3. -e-f).
Von den angeführten festen Strophen- und Gedichtformen
finden das Sonett, die Canzone, das Madrigal, die liallate und
die Sestine nur in der Lyrik Verwendung , die Ottava llima
im romantischen Epos (bei Boccaccio, Ariost, Tasso u. A.),
die Terzine vorwiegend im allegorischen Epos (so in Dante's Div.
Comm., in Fazio degli Uberti's Dittamondo etc.), ausserdem aber
auch in der lehrhaften und in der satirischen Dichtung (so z. ]}.
in Ariost's Satiren und Capitoli, in Varanos Visioni).
Unter den volksthüm liehen Dichtungsformen sind
namentlich das Eispetto und das llitornello oder Stornello her-
vorzuheben. »Die Rispetti haben verschiedenen Umfang,
aber stets gerade Verszahl. Das kleinste ist die Vierzeile, und
diese herrscht in Oberitalien, wenn auch nicht ausschliesslich.
In Mittel- und Süditalien begegnet die Sechszeile häufiger als
die Vierzeile ; bei weitem am beliebtesten ist die Achtzeile ;
was darüber hinausliegt, die Zehn-. Zwölf-, Vierzehnzeile u.
s. w.. erscheint vereinzelt. Nur die einfachsten Reimstellungen
kommen im Rispett vor. Reime, die sich einschliessen, werden
schon als etwas zu Künstliches verschmäht. Ausnahmen sind
selten. Im Süden gilt die Reimkreuzung (abab) für Rispetti
jeden Umfangs als das Regelmässige. Das übrige Italien wendet
daneben die Reimpaarung an (aabb), beide Systeme wechseln
mit einander ab in der Vierzeile, verbinden sich mit einander
in den grösseren Massen (ababcc, abab|ccdd) . Die gleichen
oder ungleichen Hälften, in welche letztere dadurch zerfallen,
unterscheiden sich auch in der Innern Form. Die eine, mit
gekreuzten Reimen, enthält den eigentlichen Kern des Liedes;
die andere, mit gepaarten Reimen, stellt gleichsam ihren
musikalischen Nachhall dar, sie knüpft an einen der vorher-
gehenden Verse, gewöhnlich den letzten, an und ihr erstes
Verspaar verjüngt sich in jedem folgenden.« H. Schuchakdt,
Körting, Encyklöpädie d. rom. Phil. III. 43
674 Das Italienische.
Ritornell und Terzine, S. 1). «Das Ri tornell tritt besonders
in drei Gestalten auf, als volle Dreizeile (aba) , als unvoll-
ständige Dreizeile oder Dritthalbzeile (« ba), als unvollständige
Zweizeile oder Anderthalbzeile [a a) ; hieran schliesst sich die
eine oder die andere seltene Abart an.« (Schuchardt a. a.
O., S. 3). Die beiden Aussenverse des dreiteiligen Ritornells
sind meist durch Vollreini mit einander gebunden, der Binnen-
vers mit den Aussenversen meist durch Assonanz oder Con-
sonanz (s. oben) oder auch durch Reim. Das liispett sowohl
wie das Ritornell haben meist erotischen, mitunter auch senten-
ziösen Inhalt. »Beide bewegen sich in dem gleichen Kreis von
Gedanken und Empfindungen, beide bedienen sich derselben
Mittel , sie auszudrücken. Hiermit darf wohl in Zusammen-
hang gebracht werden , dass sie zuweilen ihre Benennungen
austauschen oder wenigstens unter eine zusammenfallen.
»Strambotto« bedeutet in Sicilien (zu Caltanisetta) und Piemont
das Rispett, in den pistojesischen Bergen das Ritornell, »Stor-
nello« im grössten Theil von Toscana dieses, zu Rom jenes,
(ebenso am Aetna »Sturnettu« = »Canzuna«) , im Aretinischen
und in der Romagna, wie es scheint, das Eine und das
Andere.« (Schuchardt, a. a. O., p. 6). Für das Ritornell
charakteristisch ist. dass in seiner Eingangszeile gern eine
Blume oder eine Frucht genannt und das Mädchen, an welches
das Gedichtchen gerichtet ist, gleichsam mit diesem Namen
angeredet wird^). (Uebrigens kommt es auch nicht selten vor,
dass das Mädchen den Geliebten anredet).
Die Kunstlyrik der Italiener leistet in formaler Hinsicht,
besonders im Sonett, in der Canzone und in der Sestine, das
Höchste , ist aber in ihrem Inhalte nur zu oft frostisr und
1) Z. B.
oder:
oder:
Fior di mentuccia.
Beato chi ti st ringe, e chi f abbraCCia,
Chi te la bacicrä quella boccuccia.
Fior di htpino.
Caro amor mio, jtorgftemi la mano,
Accib possa salir questo scalino.
Fioriii di miglio.
Tahacco e buonn, e la scatnla c meglio :
Mi ricordo di voi quando lo piglio.
Diese Beispiele können zugleich die Konsonanz veranschaulichen.
Das Italienische. 675
maiiierirt. Die Volkslyrik bedient sich geradezu naiv ein-
facher Formen , entfiiltet aber dennoch entzückende Annuith
und staunenswerthe Meisterschaft in epigrammatisch scharfer
Zusammenfassung oft recht origineller Gedanken.
I. i 1 1 e r a t u r a n g a b e n ' > :
Dante, De vulgari cloqucntia Lib. U, cap. 5 tf. ibehandelt besonders
den Bau der Canzone) — Antonio da Tempo, Trattato dellc rime volgari,
composto nel 1332, ed. G. Grion. Bologna 1809 — Gidino, Trattato dei
ritmi volg., in: Scelta etc. No. 105 — G. Tkissino, Poetica. Vicenza 1529 —
ZuccOLO, Discorso delle ragioni del numero del verso ital. Venezia 1623
— L. Mattei, Teorica del verso volgare e prattica di retta pronunzia-
zione. Venezia 1695 — F. M. Zanotti, Dell' arte poetica ragionamenti
cinque. Bologna 1768.
G. Beuengo, Della versificazione italiana. Venezia 1854 — G. Picci,
Compeudio della guida allo studio delle belle lettere (3* ed. Milano 1865),
p. 273 — Zambalüi, II ritmo dei versi it. Turin 1874.
Valentini, Gründliche Lehre der ital. Aussprache, Skansion u. Be-
tonung der ital. Verse. Berlin 1 834 — E. Kukzweil, Traite de la prosodie
de la lang. ital. base s. l'analyse etymologique des mots. Paris 1S04 —
*Blanc in seiner Gramm, p. 678 S. — C. V. llElNH.\RDSTÖTTNEli in seiner
V \ ,
Gramm, p. 160 f. — F. Zveuina, Grundzüge der ital. u. französ. Metrik.
Wien 1S79, vgl. Herrig's Archiv 67 S. 197.
E. BÖHMER, Ueber Dante's De vulg. eloqu. u. insbesondere über seine
Theorie vom Bau der Canzone. Halle 1868 (Begrüssungsschrift zur Philo-
logenversammlung) — *H. Schuchardt, Ritornell u. Terzine. Halle 1874,
vgl. Rom. IV 489, Ztschr. f. rom. Phil. II 115 — L. Biadene, Sul collega-
mento delle stanze mediante la rima nella canzone ital. dei secoli 13 e 14.
Florenz 1885 (derselbe Verf. will eine Monographie über »la forma metrica
della canzone ital.« herausgeben) — A. d'Ancona, Osservazioni ad un ar-
ticolo del prof. A. Borgognoni (in: Nuov. Antol. 1879, Heft 2) sul sonetto,
in: Giorn. di fil. rom. H 72 — F. CoRAZZixi, Osservazioni sulla metrica
popolare, in: Propugn. XHI 2, p. 269 — G. TiGRl, in: Canti pop. tose.
(s. oben S. 635), p. XLII.
Ueber Carducci's Metrik vgl. Chiarini , I critici ital. e la metrica
delle odi barb. Bol. 187S, vgl. auch Gnoli in Nuov. Ant. 33.
Wissenschaftliche Untersuchungen über Rhythmik und
Poetik einzelner Dichter, bzw. Litteraturwerke fehlen fast
noch vollständig. Auch hier also gilt es noch, Lücken aus-
zufüllen. Nur ist zu wünschen, dass etwa erscheinende Mono-
graphien weniger schablonenhaft und gedankenlos ausfallen
mögen, als so manche Einzelschrift über altfrz. und prov.
Rhythmik es leider ist.
1) Bei Gelegenheit werde hier aufmerksam gemacht auf R. Tni'ux-
EYSEn's Schrift: Der Saturnicr und sein Verhältniss zum späteren rom.
Volksverse. Halle 1885, vgl. Rom. XIV 317.
43»
676 ^*s Italienische.
§9. liemerkungen über die Geschichte der
italienischen Litteratur. i)
1 . Die ältesten Denkmäler der ital. Litteratur reichen
nicht über das 13. Jahrhundert hinauf. Alle Behauptungen
eines höheren Alters sind irrig , die Denkmäler , auf welche
man sie stützen wollte, Fälschungen (so namentlich die be-
rüchtigten «Carte d'Arborea«) . Auch die einzige Dichtung,
deren Abfassung mit gutem Grunde in das 1 1 . Jahrhundert
angesetzt werden zu können schien , ist neuerdings als ein
Werk des 13. Jahrhunderts erwiesen worden (es ist der »Eitmo
Cassinese« , welcher allerdings in einem aus dem 1 1 . Jahr-
hundert stammenden Codex überliefert, aber erst nachträglich
in denselben eingetragen worden ist [vgl. Propug. VII 2, 394,
Riv. di fil. rom. II 91 ; Gaspary, Gesch. der ital. Litt. I 49
und 484]; für völlig abgeschlossen darf allerdings die Unter-
suchung noch nicht gelten).
2. So auffällig es auch erscheinen mag, dass die schon
im 14. Jahrhundert so reich erblühende ital. Litteratur erst
im 13. Jahrhundert ihre Entwickelung begonnen habe, so ist
nichtsdestoweniger diese Thatsache aus geschichtlichen Gründen
leicht zu erklären. Eine nationale Litteratur kann stets nur
auf Grund einer individualen Nationalität entstehen , muss auf
einer solchen beruhen , von einer solchen getragen Averden.
Die italienische Nationalität aber hat sich erst spät entwickelt,
denn Jahrhunderte mussten vergehen , bevor aus den so ver-
schiedenartigen Bevölkerunoselementen, wie sie Italien axis dem
Alterthume und durch die "N'ölkerwanderung überkommen
hatte '^), ein wenigstens in den Grundzügen seines Wesens ein-
1) Dem Verfasser der Encyklopädie, welcher sein Interesse für die
Geschichte der italienischen Litteratur durch Yeröti'entlichung mehrerer
dieselbe behandelnden Einzelschriftcn bekundet hat, wird man wohl gern
glauben, wenn er versichert, dass es ihm Ucbcrwindung gekostet hat, den
obigen Paragraph auf einige Seiten zu beschränken, wie gebieterische
Rücksichten auf den Kaum es erheischten.
Die Daten über die in diesem § genannten einzelnen Au-
toren und die Titel ihrer Werke sehe man in dem § lU B. ge-
gebenen alphabetischen Kegister.
2) Man denke an die Vielheit der altital. Stämme, an die bunt zu-
sammengewürfelte Menge der römischen Sklavenschaft, an die griechische
Colonisation in Unteritalien, an die Invasion der lleruler, Vandalen, üst-
gothen, Langobarden, an die Herrschaft der IJvzantiner über Theile Mittel-
und Unteritaliens, an die Besetzung Siciliens clurch die Araber und später
Das Italienische. 677
heitlifhcs Volksthum sich herauszubilden vermochte, zuuuil da
dieser Process durch die politische Zerrissenheit der Halbinsel
ungemein erschwert war. Wohl wäre es an sich denkbar ge-
wesen, dass. ähnlich wie im mittelalterlichen Frankreich, so
auch im mittelalterlichen Italien , in den einzelnen Dialekt-
gebieten Sonderlitteraturen sich entwickelt hätten. Aber nur
vereinzelt ist dies geschehen (so im Mailändischen, im Venetia-
nischen etc.) , und auch da nur in Ansätzen und ohne dass
Höheres erreicht worden w'äre. Denn diese Gebiete waren
zu klein und politisch zu zersplittert, bildeten keine Einheiten,
sondern zerfielen in Aielheiten, entbehrten jedes selbst nur
ideellen Zusammenhanges. Dazu trat, dass aus naheliegendem
Grunde in Italien das Latein sich am zähesten als litterarische
Sprache zu behaiipten vermochte, und die Anregung, sich des
Volksidiomes für die litterarische Production zu bedienen, hier
nicht in dem Grade vorhanden war, wie in andern roma-
nischen Ländern, deren Volkssprache von dem Latein durch
eine grössere Kluft getrennt war. Endlich aber ist noch Eins
zu erwägen. Italien war im römischen Alterthum ein litte-
rarisch ungemein productives Land gewesen. Es war nur
naturgemäss, dass auf diese lange Zeit der Fruchtbarkeit eine
ebenfalls lange Zeit der Unfruchtbarkeit, der geistigen Zeu-
gungsunfähigkeit folgte, zumal da in den für Italien so wirren
und wüsten Jahrhunderten des früheren Mittelalters die äusseren
Verhältnisse die für litterarisches Schaffen denkbar ungünstig-
sten waren. Daraus erklärt sich, dass auch die der lateinischen
Sprache sich bedienende Litteratur Italiens während des
früheren jSIittelalters nichts Bedeutendes hervorbrachte.
3. Die eigenartige Cultur des Mittelalters, wie sie nament-
lich in Frankreich, Deutschland und England sich entfaltete,
ist Italien im Wesentlichen fremd geblieben, und folglich
konnten dort auch die anderwärts so ergiebigen specifisch
mittelalterlichen Litteraturmotive (Karlssage, Artussage, Gral-
sage etc.) zu keiner rechten Wirksamkeit gelangen. Erst die
im 13. Jahrhundert anhebende, im 14. Jahrhundert feste Ge-
stalt erlangende Renaissancecultur vermochte, weil hervor-
durch die Normannen -n-elche auch Unteritalien oceupirten) , und an die
Römerzüge der deutschen Kaiser.
678 ^^^ Italienische.
gegangen aus dem nationalen Geiste, der nationalen Litteratur
geistigen Inhalt und höhere l^edeutsamkeit zu verleihen, ja
diese Litteratur eigentlich erst zu erzeugen. Erst mit der
Renaissance beginnt in der Wirklichkeit Italiens Litteratur ;
was vor der Renaissance litterarisch geschaffen worden war,
ist fast ausnahmslos lediglich in formaler und sprachlicher,
nicht aber in stofflicher und künstlerischer Hinsicht von
Interesse.
Dass vor Petrarca und Boccaccio , den eigentlichen Be-
gründern der Renaissance, Dante die Divina Commedia schuf
und seine lateinischen Prosaschriften verfasste, beeinträchtigt
die Richtigkeit des ausgesprochenen Urtheiles nicht. Freilich
steht Dante als Theoretiker auf dem I^oden der mittelalter-
lichen Cultur, und seine erhabene Dichtung ist deren gross-
artigste dichterische Zusammenfassung und zugleich schönste
Verklärung. Aber doch ist in Dante's Persönlichkeit und
Werken Vieles enthalten, was dem ^littelalter fremd und selbst
widersprechend , was Vorwegnahme von Gedanken und An-
schauungen der Renaissance ist. Jedenfalls übt Dante an der
mittelalterlichen Cultur Kritik und bekundet dadurch, dass er
sich ihr geistig überlegen, dass er sich geistig frei fühlt, dass
er seiner Individualität mit aller Entschiedenheit Ausdruck
und Geltung zu geben wagt. Durch diese Eigenschaft tritt
er aus dem Mittelalter in die Geistessphäre der Renaissance-
zeit ein. Uebrigens aber ist Dante ein so eigenartiger und
gewaltiger Dichter und Denker, dass auf dem begrenzten Ge-
biete der italienischen Nationallitteratur kein hinreichender
Raum für die ihm gebührende Stellung ist, dass vielmehr die-
selbe nur innerhalb der Weltlitteratur gefunden werden kann.
Dante ist allerdings durch Geburt und Lebensgang und Sprache
Italiener , in seinen persönlichen Anschauungen und Empfin-
dungen ist er sogar durch und durch Florentiner, Florentiner
selbst im Uebermasse, nichtsdestoweniger aber ist seine Riesen-
gestalt, vom beschränkten Standpunkte der ital. Nationallitte-
ratur aus betrachtet und gemessen, nicht fasslich und begreif-
lich, sie wird es erst, wenn man auf den weiten Plan der
Weltlitteratur sich begiebt und von diesem aus auf sie die
Blicke richtet. Dante überragt eben, wie sein Zeitalter und
dessen Cultur, so nicht minder seine Nationalität.
Das Italienische. 679
4. In der innigen Verbindung der italienischen Litteratur
mit der Eenaissauce sind die Ursachen ihrer Eigenart und
ihrer raschen AufltUithe. aber auch die Ursachen ilirer Schwüclie
und ihres raschen ^'erfalles enthalten. Sic stieg empor mit
der Kenaissancecultur, sank aber mit dieser auch nieder. Die
Eenaissancecultur war der Nährboden, auf welchem die italie-
nische Litteratur emporwuchs, es war unvermeidlich, dass, als
dieser Boden von Fäulnisselementen überwuchert ward, auch
die Litteratur von Fäulniss und Siechthum ergriffen wurde.
Weil auf dem Boden der Renaissance erwachsen, trägt die
italienische Litteratur. abgesehen von ihren Erstlingserzeug-
nissen s. unten No. 6) , von vornherein einen modernen
Charakter, das der neueren Litteratur des romanischen und
germanischen Europa's überhaupt eigene Gepräge. Sie ist von
vornherein eine von humanistisch gebildeten und in der Antike
ihr Kunstideal erblickenden Dichtern und Schriftstellern Ver-
standes- und kunstmässig gepflegte Litteratur, welche in erster
Reihe wieder an die humanistisch Gebildeten sich wendet und
jedenfalls in der grossen Mehrzahl ihrer Erzeugnisse nur eben
für die humanistisch Gebildeten vollverständlich und geniess-
bar ist. Nicht die Gesammtnation . sondern, wenigstens zu-
meist , nur die oberen , die bevorzugten Classen der Gesell-
schaft vermögen Antheil an ihr zu nehmen; der Masse des
Volkes aber bleibt sie, weil aller Naivetät entbehrend, fem
und fremd ; nur hin und wieder wissen besonders begnadete
Dichter Töne anzuschlagen, welche Aller Herzen ergreifen,
Allen verständlich sind, so Petrarca in einzelnen Sonetten
und Canzonen (keineswegs in allen) , so Tasso im »Befreiten
Jerusalem«. Sonst aber wahrt die Litteratur ihren exclusiven
Charakter . ihre aristokratische Vornehmheit ; sie meidet das
Volksgetümmel und den Lärm der Strasse und schlägt ihre
Sitze am liebsten in den Patricierpalästen und an den Fürsten-
höfen auf. Doch theuem Preis muss sie für diese auserwählten
Stätten zahlen: sie muss zuweilen auf Ernst und Würde ver-
zichten und zu tändelndem Spiele sich herablassen, damit sie
eine auf leichte Unterhaltung lüsterne Gesellschaft ergötze;
sie muss vielfach der Form den Gedankeninhalt opfern; ja,
sie muss auf die Pflege bestimmter Dichtungsgattungen ver-
zichten. Und so wird diese Litteratur einseitig in doppelter
680 Däs Italienische.
Beziehung : einseitig, weil sie genöthigt ist zur Hervorhebung
des formalen Elementes , und einseitig, weil sie mit Vorliehe
nur diejenigen Gattvmgen pflegt, welche den Zwecken geselliger
Unterhaltung zu dienen geeignet sind, so die leichte und be-
sonders wieder die erotische Lyrik, das romantische Epos, die
Novellistik, das pastorale Drama, endlich den philosophische
Fragen geistvoll, aber doch dilettantisch behandelnden Dialog
und das wissenschaftliche Themata erörternde Essay. Die
Tragödie dagegen kommt über steife Nachahmungen antiker
Vorbilder nicht hinaus; im Lustspiel wird nur vereinzelt Be-
deutsames geschaften; das nationale Epos aber bleibt un-
geboren.
Von Italien aus verbreitet die Renaissance sich siegreich
über alle Culturländer Europa's und mit ihr verbreiten sich
die ihr eigenthümlichen litterarischen Strömungen. Italiens
Litteratur wird das Vorbild , auf welches hinschauend die
Eomanen wie die Germanen, selbst einzelne Slavenvölker (so
namentlich die dalmatischen Slovenen [Ragusa] und die Polen)
neue Bahnen der litterarischen Entwickelung einschlagen. So
erlangen die italienischen Canzonieri und Novellenbücher, nicht
minder das italienische Lustspiel und Schäferdrama internatio-
nale und universalliterarische Bedeutung, mit ihnen zugleich
auch ihre rhythmischen Formen, namentlich die von der Lyrik
gebrauchten und vor allen wieder das Sonett.
5. Die Geschichte der italienischen Litteratur lässt sich
in folgende Perioden eintheilen ; a) die Periode der Anfänge
oder der Vorrenaissance, etwa von 1230 bis zu Petrarcas Auf-
treten (ca. 1330) reichend, b) Die Periode der Frührenais-
sance, etwa von Petrarca bis zu Lorenzo de'Medici (etwa von
1330 bis 1470). c) Die Periode der Hochrenaissance, von
Lorenzo's de'Medici Auftreten bis zu Ariost's Tode (ca. 1470
bis 1533). d) Die Periode der Spätrenaissance , von Ariost's
bis zu Tasso's Tode (1533 bis 1595). e) Die Periode des Rococo
oder des Verfalles, von Tasso's Tode bis zur Mitte des 18.
Jahrhunderts, f) Die Periode der Vorromantik oder die Sturm-
und Drangperiode, etwa von Mitte des 18. Jahrhunderts bis
zu Manzoni's Auftreten (um 1S20). g) Die Periode der Ro-
mantik, von Manzoni's Auftreten bis etwa zu den revolutionären
Bewegungen am Ende der vierziger Jahre, h) Die Periode
Das Italienische. 681
des Epigonenthums, vom Ende der vierziger Jahre bis zur
GegeuAvart .
Italienische Sitte ist es , die einzelnen Jahrhundertc als
Litteraturperioden aufzufassen und sie mit der Cardinalzahl
der geschriebenen IIundertzifFer zu benennen (also z. B. unter
»trecento« versteht man die Zeit von 1300 bis 1399, unter
»quattrocento« die Zeit von 1400 bis 1499, unter »Cinquecento«
die Zeit von 1500 bis 1599 etc.; die innerhalb eines Jahr-
hunderts lebenden Dichter und Künstler werden darnach als
»trecentisti« etc. bezeichnet).
6. Die ersten litterarischen Anregungen empfing Italien
von Frankreich (im engeren Sinne) und von der Provence (im
weiteren Sinne) . Französische Trouveres übertrugen die Chan-
son-de-geste-Dichtung nach Oberitalien ') ; freilich fasste die-
selbe dort nicht feste Wurzeln, wurde nicht national, sondern
kam über , sprachlich oft sehr wunderliche , Italianisirungen
französischer Originale Kolandslied, Macaire, Berta de li gran
pie) und unbeholfene Nachbildungen derselben, zum Theil in
französischer Sprache (so die Prise de Pampelune, die Entree
en Espagne) , nicht hinaus. Ein bedeutender Theil dieser
seltsamen, noch nicht genügend untersuchten franco-italischen
Zwitterepik ist in Handschriften der San Marco-Bibliothek zu
Venedig erhalten. Indessen wenn auch die französische Karls-
und Eolandsdichtung in Italien eine exotische Pflanze blieb
und bald abstarb, so hinterliess sie doch in dem Yolksbuche
»I Reali di Francia« entwickelungsfähige Keime , aus denen
später das romantische Epos erblühen sollte.
Unmittelbarer, als diejenige des nördlichen, wirkte der
litterarische Einfluss des südlichen Frankreichs. Von den
wanderlustigen Troubadours der Provence zog gar mancher
nach dem nahgelegenen Italien und machte die Kunst des
Minnesanges dort heimisch. Nicht lange währte es, dass auch
Italiener zu dem Versuche sich angeregt fühlten, den fremden
1) Oberitalien Avar vermöge seiner geographischen Lage, des keltischen
Grundcharakters wenigstens eines Theiles seiner Bevölkerung und einer
gewissen x\ehnlichkeit mit Frankreich in seiner geschichtliehen Entwicke-
lung — denn wie Frankreich war es nachhaltig durch die germanische Oc-
cupation beeinflusst worden — , endlich vermöge seines vorwiegend gallo-
italischen Dialekts für die Aufnahme nordfranzösischer Dichtung besonders
geeignet. Ueber die franco-ital. Dichtungen vgl. AV. Meyeh in Ztschr. f.
rom. Phil. IX 597.
682 Das Italienische.
Sängern es gleich zu thun. So traten italienische Trovatori
auf, zunächst freilich in provenzalischer Zunge dichtend (so
z. B. der Bolognese Eambertino Buvalello, um 1210), bald
aber auch die heimische Sprache brauchend. Manche der
kleinen Dynasten, welche in Oberitalien (Fiemont, Ligurien)
herrschten, zeigte sich den Sängern hold; wichtiger aber war,
dass der hohenstaufische König Siciliens, Friedrich IL, der
jungen Poesie seine Gunst zuwandte und ihr an seinem Hofe
zu Palermo eine Stätte der Pflege bereitete. Dort bildete sich
jener Dichterkreis, welchen man als die »sicilianische Dichter-
schule« zu bezeichnen pflegte, so wenig passend dieser Name
auch ist. Denn keineswegs waren die betreff"enden Dichter, zu
denen übrigens Friedrich II. selbst gehörte (ebenso sein Sohn
Enzo und sein Geheimschreiber Pier della Vigna) , alle oder auch
nur in der Mehrzahl Sicilianer, sondern sie gehörten vielmehr
den verschiedensten Theilen Italiens an, und wenn sie sich
auch, wie es scheint, alle des (damals dem Gemeinitalienischen
und dem Latein noch näher stehenden) sicilianischen Dialectes
bedienten , so mischten sie demselben doch Elemente aus
anderen Mundarten bei und bildeten ihn zu einer Art gemein-
italienischer Dichtersprache um. In aesthetischer Hinsicht
sind die Dichtungen dieser Schule unbedeutend und höchstens
als matter Abglanz der provenzalischen Lyrik zu bezeichnen,
deren rhythmische Formen nachgeahmt und deren conventio-
nelle poetische Formeln entlehnt wurden. Nur vereinzelt er-
hebt sich ein Lied zu einer gewissen Originalität. So nament-
lich der sogenannte »Contrasto« , nach seinen Eingangsworten
auch oft als »Kosa fresca« bezeichnet , des angeblichen Ciullo
d'Alcamo , ein erotisches Gedicht in dialogischer Form , das
etwas von der Frische , Gefühlsinnigkeit und dramatischen
Lebendigkeit der Volkspoesie an sich hat.
Von Sicilien aus wurde die junge italienische Lyrik bald
nach dem Festlande und insbesondere nach Toscana verjjflanzt ;
Arezzo , Pisa , Siena , Florenz wurden ihre hauptsächlichsten
Pflegstätten , etwas später trat auch Bologna in diese Keihe
ein (Guido Guinicelli). Vertiefung des Gedankeninhaltes
hatte diese Wanderung zunächst freilich nicht eben zur Folge,
die Dichtung beharrte vielmehr bei der Nachahmung der
Provenzalen und dem conventionellen Spiele mit erotischen
Das Italienische. 683
Formeln und Phrasen, indessen vollzog sie doch wenigstens
den Fortschritt, dass sie volksthümlicher wurde und dass ihre
Sprache mehr und mehr litterarische Verwendbarkeit und Be-
stimmtheit erlangte.
Inhaltlich bedeutender, als der oft recht gedankenleere
Minnesang , war die religiöse Lyrik , welche seit Anfang des
13. Jahrhunderts (Francesco v. Assisi. gest. 122G) in Lmbrien
erblühte und deren Hauptvertreter Jacopone da Todi (7 1306)
ist. In ihr gewannen die mystischen Gedanken und Empfin-
dungen, aus denen heraus der Franciscanerorden geboren wurde,
tiefpoetischen Ausdruck.
Neben der religiösen Lyrik begann auch ein religiöses
Drama sich zu entAvickeln, das aber freilich nie die bedeut-
same Entfaltung erlangte, welche besonders in Frankreich und
in England ihm vergönnt war.
Die Erstlinge der italienischen Prosa sind sehr bescheiden,
aber bezeichnend und hindeutend zugleich auf die spätere
Litteratur ist es , dass sie vorwiegend aus Sammlungen von
anekdotenhaften Erzählungen bestehen (das Novellino oder die
Ceuto novelle autiche , die Conti di antichi cavallieri, das
Libro desette Savi u. dgl.).
7. Der Periode der Anfänge folgte rasch und scheinbar
unvermittelt die Zeit der classischen Litteratur des Trecento.
Dante, Petrarca und Boccaccio sind ihre glänzenden Vertreter,
die beiden letzteren zugleich die Begründer der Renaissance-
cultur oder doch, um genauer zu sprechen, des Humanismus.
Dante , Petrarca und Boccaccio waren Florentiner , der
erste und (wenigstens wahi-scheinlich) der letzte durch Geburt,
der zweite durch Abstammung, aber die Geschicke ihres Lebens
fügten es, dass sie der Engigkeit der florentiner Verhältnisse
entrückt, auf weiten Reisen in die Ferne geführt und zu
langem Verweilen daselbst veranlasst wurden. So wurden sie
befähigt, ihren toscanischen Dialect zu einer für ganz Italien
gültigen Schriftsprache zu gestalten, den provinzialen Charakter
ihm soweit abzustreifen, als dies für höhere litterarische Zwecke
erforderlich war. Nicht minder wichtig war , dass sie auf
ihren Wanderungen durch Italien zu dem Bewusstsein ihrer
italienischen Nationalität gelangten und also über den floren-
tiner Localpatriotismus sich erhoben , wenn auch nicht völlig
684 Das Italienische.
von ihm sich befreiend. So ■ward es ihnen verliehen, Itahens
erste nationale Dichter zusein, an die ganze Nation, nicht
bloss an die Angehörigen eines einzelnen Uialectgebietes oder
an die Genossen einer Dichterzunft sich ^venden, nationalen
Gedanken und Hoffnungen Ausdruck geben zu können. Erst
durch sie gewann der Begriff »Vaterland« für Italien littera-
risches Leben und moralische Bedeutung.
Was Dante , Petrarca und Boccaccio geleistet und ge-
schaffen, es kann hier nicht dargelegt, ja nicht einmal an-
gedeutet, es muss als bekannt vorausgesetzt werden. Und be-
kannt ist ja auch genugsam , dass die Divina Commedia , der
Canzoniere und der Decamerone die Grundvesten und zugleich
die höchsten Zinnen der classischen* Litteratur Italiens dar-
stellen, dass ein jedes dieser drei Werke als unerreichtes
Muster seiner Gattung gilt und den tiefgreifendsten Einfluss
auf die Dichtung der Folgezeit ausgeübt hat. Hier mag nvir
bemerkt werden , dass in dem üblichen Urtheile Boccaccio
unterschätzt werden dürfte, wenn er als Dichter unter Petrarca
gestellt zu werden pflegt. Er dürfte vielmehr über Petrarca
zu stellen sein, denn er ist weit vielseitiger, phantasiebegabter
und gestaltungskräftiger, als dieser. Freilich ist ja eine un-
mittelbare Vergleichung nur auf lyrischem Gebiete möglich,
und was Boccaccio auf diesem geleistet, steht allerdings nicht
bloss quantitativ , sondern auch qualitativ hinter Petrarca's
Liederbuch weit zurück, indessen kann doch darnach nicht
das Gesammturtheil über Boccaccio gefällt werden, denn zu
berücksichtigen ist doch das viele Andere, was er geschaffen.
Gemeinhin stützt man nun allerdings das Urtheil vorwiegend
auf den Decamerone, aber das ist bei weitem nicht zureichend
und heisst Boccaccio schweres Unrecht anthun. Denn man
übersieht, dass Boccaccio der Schöpfer des romantischen Epos ist
und dass er auf diesem Gebiete Meisterwerke, wie die Teseide,
den Filostrato und das Ninfalc Fiesolano verfasste, W^erke,
die an poetischer Bedeutung den Decamerone zweifellos über-
ragen. —
Nicht unbedingt aber war es für die weitere Entwickelung
der italienischen Litteratur ein Glück zu nennen, dass sie von
den drei grossen Florentinern so rasch zu classischer Höhe
emporgeführt worden war, ja. man könnte versucht sein, darin
Das Italienische. 685
eher ein A'erlüiiigniss zu erblicken. Die Nachalnnung der
Dichtungen Dante's, Petrarcas und lioccaecio's erwies vielfach
sich als unheilvoll. Die Nachahmer Dante's lieferten im besten
Falle ungeschickte Copien (so z. 15. Fazio degli Uberti in
seinem Dittamondo, d. h. Dicta mundi), zuweilen wahre Zerr-
bilder. Die Nachahmer Petrarcas steigerten die schon bei
diesem zu findende GefühlsafFectation und Manierirtheit bis
zum Unerträglichen. Die Nachahmer Poccaccio's ergingen sich
mit Behagen in Laseivitäten oder auch in witzig sein sollen-
den Plattheiten. So wurden die Schwächen der grossen Dichter
zu den Quellen, denen eine Fluth abstruser Epen, gedanken-
öder Sonette und mehr oder Aveniger schmutziger Novellen
entströmte.
Aber beinahe wäre noch Schlimmeres geschehen.
Petrarca und Boccaccio hatten nicht allein in italienischer,
sondern auch in lateinischer Sprache geschrieben und gedichtet
und damit die neulateinische Litteratur des Humanismus be-
gründet. Das Latein galt ihnen für die vornehmere, der
höheren Litteratur einzig ziemende Sprache. Petrarca hatte
sogar vermeint, seinen Ruhm durch sein lateinisches Epos
»Africa« fest begründet zu haben , und hatte Geringschätzung
seiner eigenen italienischen Dichtungen wenigstens affectirt.
In der Fortentwickelung des Humanismus wirkte die Denkart
seiner Urheber nach und steigerte sich zur aufrichtigen Ver-
achtung des »Vulgarecf , welches , betrachtet von dem Stand-
punkte des eleganten Latein, als ein entartetes und plebejisches
Idiom erscheinen musste. Ein solches Idiom für litterarische
Zwecke überhaupt zu verwenden , musste dem für unwürdig
gelten, der in der gefeilten Sprache Cicero' s und Ovid's sich
auszudrücken verstand. Und überhaupt musste bei dem Auf-
blühen der neulateinischen Litteratur auch praktisch die Frage
naheliegen und in gewisser Weise sogar berechtigt scheinen,
ob es nicht anzustreben sei, als litterarische Sprache lediglich
das Latein zu brauchen, das Vulgare aber auf die Stellung
als Umgangssprache zu beschränken und folglich den Zustand
zu erneuen, welcher, wie man (und nicht ganz mn-ichtigi meinte,
im alten Rom bestanden hatte.
So drohte der italienischen Litteratur, kurz nachdem sie
die classische Höhe erstiearen. und zwar nicht ohne Verschulden
686 I^'^s Italienische.
eben der Männer, welche sie zu dieser Höhe emporgefiihrt
hatten, die Gefahr des Unterganges. Denn wenn auch selbst-
verständlich zunächst nur die Sprache in Frage kam, so war
doch mit der Sprache zugleich der nationale Charakter und
die wenigstens relative Volksthümlichkeit der Litteratur,
namentlich der poetischen , in Frage gestellt. Man nehme
den Fall an, dass wirklich das Italienische als Litteratursprache
durch das Latein verdrängt worden wäre, so wird man schwer
zu glauben vermögen, dass Ariost zur Abfassung eines latei-
nischen Rolandsgedichtes , Tasso zur Abfassung eines latei-
nischen Jerusalems sich begeistert hätte. Aber auch ange-
nommen, dies Aväre geschehen, so würden diese Gedichte doch
lateinisch ganz sicher nicht das geworden sein , was sie ita-
lienisch geworden sind, sicher würde ihnen gerade jene eigen-
artige, nicht definirbare holde Anmuth fehlen , durch welche
so bezaubernd sie wirken.
Ein Glück also, dass die italienische Litteratiir trotz des
Humanismus nicht Verzicht leistete auf den Gebrauch der
italienischen Sprache. Aber wenn der Humanismus auch den
vollen Sieg nicht erfocht, er schädigte doch die italienische Lit-
teratur schwer, entzog ihr ungefähr ein Jahrhundert lang die
besten Kräfte, gab sie der fragwürdigen Pflege durch unter-
geordnete Geister preis. Daher die befremdliche Oede in der
italienischen Litteratur nach Petrarca's und Boccaccios Ab-
leben, eine Oede, die seltsam absticht gegen die gleichzeitige
fruchtbringende Regsamkeit auf humanistischem Gebiete.
8. Wenn die italienische Litteratur gerettet ward aus der
dargelegten Gefahr, so hat sie dies, soweit in solchen Dingen
überhaupt von dem Wirken einer Person die Kede sein kann,
vor Allem dem Wirken des Mannes zu danken , in welchem
die ihrer Vollreife zustrebende Renaissancecultur sich am
klarsten verkörperte, dem Wirken Lovenzo's de'Medici. Der
grosse Mediceer , selbst ebenso humanistisch gebildet wie
dichterisch begabt, vermählte gleichsam Humanismus und
italienische Poesie und führte dadurch für Italiens Litteratur
eine neue goldene Zeit herauf.
Freilich an innerer Bedeutsamkeit lässt diese zweite
Blütheperiode mit der ersten sich nicht vergleichen , denn in
so glänzendem Formenschimmer die in ihr entstandenen Werke
Das Italienische. 687
auch erstrahlen , so euthehren sie doch nur allzu sehr des
tieferen Gedankeninhaltes, gleichen oft Früchten mit schönen,
gleissendon Schalen, aber fade schmeckendem oder selbst an-
gefaultem Kerne. Namentlich gilt dies von den Erzeugnissen
der Poesie und unter diesen wieder von den lyrischen Dich-
tungen; man denke nur an jenen Zuckerwasserregen von So-
netten und Madrigalen, der damals in vollen Strömen aus
den Wolken des gedrängt besetzten Parnasses sich ergoss.
Besser war es um die Prosa gestellt; in ihr ward (so namentlich
von Machiavelli xmd Castiglione manches Werk hervorgebracht,
in welchem classische Vollendung der Form sich mit Gedanken-
tiefe verband. Insbesondere wurde der philosophirende Dialog
mit einer Kunst behandelt, welcher derjenigen Piatons eben-
bürtig ist. Mit gefälliger Anmuth wenigstens wurde der
Schäferroman gepflegt (Sanazzaro's »Arcadia«) , während von
der üppig wuchernden Novellistik sich dies nur hinsichtlich
des leichten und gefälligen Styles , nicht aber bezüglich der
Composition des , übrigens oft recht lasciven , Inhaltes be-
haupten lässt.
In der Poesie war die bedeutendste Schöpfung jener Zeit
des genialen Ariost romantisches Epos »Orlando Furioso«. In
ihm ist das Höchste geleistet, vi-as die nur geselliger Unter-
haltung dienende Kunstepik zu leisten vermag, und es ist ge-
leistet mit spröden Elementen. Denn schwierig allerdings war
es, die alte Rolaudssage. welche auf der Renaissance schnur-
stracks widerstrebenden Voraussetzungen beruht und die volks-
thümliche Schöpfung eines durch und durch naiven Zeitalters
ist, in ein Gewand zu kleiden, welches die Gesellschaft der
Hochrenaissance zu fesseln und zu entzücken vermochte. Frei-
lich hat Ariost in diesem Werke an Pulci und au Bojardo
Vorgänger gehabt , aber immerhin ist seine Leistung be-
wundernswerth und besitzt nicht bloss relativen, sondern auch
absoluten Werth, hat Anspruch auf einen Platz in der Welt-
litteratur.
Der Dichter des rasenden Roland, der so anmuthig und
geistvoll zu scherzen wusste, war zugleich ein gedankenreicher
Satiriker, ein scharfblickender Beobachter und Beurtheiler
menschlichen Thuns und Treibens. In dieser Eigenschaft hat
er auch als gewandter Lustspieldichter sich bewährt, hier frei-
688 I^äS Italienische.
lieh übertrofFen von dem vielleicht grössten aller Menschen-
kenner, von Machiavelli.
Wie Ariost's und Machiavelli's Comödien bezeugen (und
auch die Namen Anderer könnten noch angerufen werden),
waren die Vorbedingungen für das Aufblühen eines Lustspieles
im damaligen Italien vorhanden, leider aber entsprach, da die
Verhältnisse rasch sich änderten , die w^eitere Entwickelung
nicht den Anfängen. Immerhin aber besass die italienische
Renaissancekomödie, selbst in der rohen Form der Commedia
dellArte, vermöge ihrer Technik und ihrer scharf ausgeprägten
Charaktertypen die Kraft , um befruchtend auf das Lustspiel
des Auslandes einzuwirken. Kein Geringerer als Moliere ist
ein Schüler der Italiener gewesen.
Gänzlich dagegen scheiterte der, namentlich von Trissino
(»Sofonisba«) unternommene Versuch der Begi'ündung einer
Renaissancetragödie , und ebenso misslang demselben Dichter
die Schöpfung eines nationalgeschichtlichen Epos (»l'Italia
liberata dai Gotio). Es fehlte der Renaissance für die Tragödie
und für das wahre Epos die sittliche Kraft. Aber wenigstens
auf dem Gebiete der Form hatten Trissino' s IScmühungen
einen bedeutsamen Erfolg : der von ihm gebrauchte verso
sciolto bürgerte in der Litteratur sich ein und erwies sich als
eine werthvolle, nutzbringende Errungenschaft (vgl. oben S. 66S).
9. Das Zeitalter der Spätrenaissauce, dessen Hauptvertreter
Torquato Tasso ist, wird von dem vorangegangenen , so sehr
es ihm auch äusserlich gleicht, innerlich doch durch eine tiefe
Kluft geschieden. Die Renaissance war ihrem Wesen nach
dem Christenthume abgewandt und hatte in ihren litterarischen
Schöpfungen dasselbe entweder vornehm igiiorirt oder auch
mindestens indirect bekämpft oder endlich christliche An-
schauungen und kirchliche Einrichtungen als Ausstattungs-
motive und als Staffage künstlerisch verwendet. Jetzt aber
erwachte das religiöse Gefülil wieder und liess, nachdem es
eine Zeit lang, wenigstens in vielen Gemüthem, den Ideen
der deutschen Reformation sich zugeneigt, den Katholicismus
in neuer Lebenskraft erstehen. So erfolgte die katholische
Reaction gegen die Renaissance; die letztere, innerlich mit
Fäulnisselementen durchsetzt , brach zusammen . verlor die
geistige Entwickelungs- und Zeugungskraft und vermochte
Das Italienische. ßgQ
mir noch auf dem Gebiete der Form ein Scheinleben zu
fiiliren. Hierdurch ward auch der Litteratur der Hoden ent-
zogen, aus -wek-hem sie bis dahin geistige Kraft geschöpft
hatte, bedeutendes vermochte sie jetzt nur dann zu leisten,
wenn sie sich durchdringen liess von religiösen Ideen. Dies
geschah in den lyrischen Gedichten der Vittoria Colonna und
in Torqiuito Tasso's Epos «Gerusalemme liberata«. In letzterer
Dichtung ist in wunderbarer Weise die Renaissanceform erfüllt
worden mit christlichem Inhalt, die Renaissance dienstbar ge-
macht worden der Kirche. Den inneren Gegensatz freilich
zwischen Form und Inhalt völlig zu verschleiern, gelang selbst
Tassos Kunst nicht, wie ja Tasso auch persönlich an dem
Zwiespalt zwischen Kunst und Glauben zu Grunde ging. Was
sonst litterarisch geschaffen wurde, war schwächlich und weich-
lich bis zur Schwammhaftigkeit, zumal gilt dies von den Er-
zeugnissen der damals beliebtesten Dichtungsgattungen, dem
Schäferroman und Schäferdrama und der erotischen Lyrik.
Nicht übrigens allein der im Culturleben eingetretene
jähe Wechsel, sondern auch politische Verhältnisse wirkten
ertödtend auf die Litteratur ein. Die Renaissance war erblüht
und konnte nur erblühen in einem Italien, das, wenn auch
von Parteien zerrissen und in zahllose kleine theils republi-
kanische , theils monarchische Staatengebilde zerklüftet , doch
frei war von Fremdherrschaft. Das endete jetzt. Sicilien,
Neapel und Mailand wurden erst vorübergehend den Franzo-
sen, dann für lange Zeit dem drückenden Scepter der spani-
schen Habsburger unterworfen. Toscana mit Florenz wurde
nach vielfach wechselnden Geschicken ein moderner fürstlicher
Kleinstaat , über den die kleinen Nachkommen der grossen
Mediceer herrschten. Das übrige Mittelitalien mit Rom und
Bologna wurde dem Papste unterthan. Venedig und Genua
allerdings behaupteten ihre Freiheit, aber nicht nur ihre Macht-
stellung, auch ihre Blüthe war dahin. Unter solchen Zustän-
den war Italiens Geistesleben rettungslos zum Welken ver-
urtheilt.
10. Das Scheinleben der Renaissance wurde unter dem
Drucke der angedeuteten Verhältnisse mehr und mehr zu einem
mumienhaften Dasein. Die Formen der Kunst wurden zu
Formeln und Schnörkeln , die Manier zur Manierirtheit , die
Körting, Encyklopädie d. rom. Phil. III. 4-1
690 1^*8 Italienische.
Fülle zum Schwulst. Jeglicher Geist entwich aus der Litte-
ratur, jede Freiheit entschwand ihr. Die Poesie erstickte fast
in Uebertreibung des Styls , sank herunter zu halb gelehrter,
halb kindischer Spielerei.
Der charakteristischste Vertreter dieser Zeit ist der Nea-
politaner Giambattista Marini, nach welchem der litterarische
Rococostyl den Namen des »Marinismus« erhalten hat, jener
aller Natürlichkeit, aller wahren Kunst Hohn sprechende Styl,
der — in nur zu begreiflicher Wechselwirkung der Litteratu-
ren — in Spanien als Gongorismus oder Cultorismus, in Frank-
reich als precieuser Styl, in England als Euphuismus sein
Seitenstück fand.
Indessen so trübselig die Litteraturperiode vom Ausgange
des 16. bis etwa zur Mitte des 18. Jahrhunderts auch war,
Einzelnes ist dennoch in ihr geleistet worden, was wenigstens
eine relative IJedeutung besitzt und als eine Nachblüthe der
Renaissance betrachtet werden kann, so in der Lyrik z. V>.
von Chiabrera (der freilich, weil 1552 geboren, noch der vor-
angehenden Periode zugezählt werden kann) , von Filicaja und
von Metastasio , in der unterhaltenden Epik z. B. von Tas-
soni (der seiner Lebenszeit nach zum Theil noch der früheren
Periode angehört), von Bracciolini und von Lippi, in der Tra-
gödie von MafFei.
Aber eben nur Ausnahmen und nur verhältnissmässig be-
deutsam waren die von den genannten Männern geschaffenen
Dichtungen, Die Masse der Litteratur, von w'elcher diese
Ausnahmen sich abheben, war gedankenöder Wust, der zum
grossen Theile in zünftigen Dichterakademien (»Arcadia« etc.)
handwerksmässig nach bestimmten Schablonen erzeugt wui'de.
An Stelle der Dichter waren bezopfte Reimpedanten getreten,
die, jeglicher Originalität bar und behaftet mit dem Fluche
geistiger Lnpotenz, schliesslich nach Frankreich hinüberschiel-
ten, dem französischen Pseudoclassicismus Formen, Regeln und
Motive abborgten.
Eine geringe Entschädigung für diesen jämmerlichen Ver-
fall der Poesie bot das Em])orblühen der musikalischen Kunst
dar und das durch die ^ erbindung der letzteren mit der erste-
ren erzeugte Musikdrama (Apostolo Zeno, Metastasio) .
1 1 . Um Mitte des 1 S . Jaln-hunderts endlich begann die
Das Italienische. 691
Dämmerunj? einer neuen, besseren Zeit. Das italienische Volk
erwachte wie aus schwerem Ohnniachtsschlummer und kam
wieder zum Gefühle seiner selbst, wurde fiiliig seiner grossen
A erjianirenbeit sich zu erinnern und seines Anrechts auf eine
grosse Zukunft sich bewusst zu werden. Damit war der An-
stoss zur Wiedergeburt auch der Litteratur gegeben. Ange-
ekelt von der Gegenwart und von der unmittelbaren Vergan-
genheit, suchte man nach Idealen, denen nachzustreben würdig
und Erfolg verheissend sei. Doch über die Richtung, in wel-
cher zu suchen sei, herrschte, Avie begreiflich, weder Klarheit
noch Einmüthigkeit, und so wurde das Suchen zu einem, oft
genug unsichern und das Ziel verfehlenden Tasten. In das
classische Alterthum griffen die Einen , in die Glanzzeit der
eigenen nationalen Litteratur, in das Trecento, griffen Andere
zurück, noch Andere meinten, dass Italien berufen sei, dem
französischen Pseudoclassicismus neues und höheres Leben
einzuhauchen, wieder Andere endlich wandten der englischen,
später auch der deutschen Litteratur sich zu, bildeten Ossian
und Werthers Leiden nach, und predigten die Rückkehr zur
Natur, zur Gemüthsinnerlichkeit und zu reinem Menschen-
thume. So hob eine Periode des Sturmes und des Dranges
an , recht vergleichbar mit der gleichnamigen und ungefähr
gleichzeitigen deutschen Litteraturperiode, welche übrigens
aus ganz analogen Ursachen hervorging. Die verschiedenartig-
sten Richtungen durchkreuzten und bekämpften sich, heftige
Geistesschlachten wurden geschlagen, laut tobte der Streit der
Parteien. Eine eigentliche Entscheidung und Klärung erfolgte
freilich nicht und konnte \im so weniger erfolgen, als der ge-
gen Ende des Jahrhunderts aufbrausende Revolutionssturm
die Gedanken von den litterarischen auf die politischen Dinge
lenkte. Aber das Eine war doch gewonnen: die Litteratur
war zu neuem Leben erwacht, neue Ideale waren für sie auf-
gestellt, neue Horizonte für sie eröffnet, neue Bahnen für sie
freigelegt worden. Und selbst jener Revolutionssturm, obwohl
er unmittelbar die litterarische Entwickelung störte und ob-
wohl er zeitweilig dem Lande neue Fremdherrschaft brachte,
■wirkte doch wohlthätig und segensreich, denn er kräftigte das
italienische Nationalbewusstsein und offenbarte in seinem Wehen
dem Volke Italiens die Möglichkeit der Erreichung nationaler
44*
592 I^^s Italienische.
Freiheit und Einheit. Eine so fragwürdige Schöpfung das na-
poleonische Königreich Italien auch war, sie bekundete doch
in ihrem Namen das Recht der Nation avif staatliche Einigung
und zeigte im Kleinen, was im Grossen möglich sei und was,
freilich erst nach langem Kingen, später Verwirklichung fand.
Eine so erregte und bewegte , von den mannigfachsten
und zum Theil einander widerstreitenden Gedankenrichtungen
und Bestrebungen erfüllte Zeit war nicht berufen zur Schaf-
fung classischer Werke, es mussten vielmehr alle ihre littera-
rischen Hervorbringungen das Gepräge des Unfertigen, des in
irgend einer Beziehung unvollendeten und Unabgeschlossenen,
mitunter wohl des Unreifen und Unschönen an sich tragen.
Es gilt dies auch von den relativ bedeutendsten Leistungen,
als welche etwa Alfieri's Tragödien , Goldoni's und Gozzi's
Lustspiele, Parini's und Casti's Satiren, l^iedemonte's lyrische
Gedichte und Monti's politisches Epos »Cantica in morte di
Ugo Basseville« zu nennen sind. Eine Art Mittelstellung zwi-
schen dieser und der nachfolgenden romantischen Periode
und andererseits doch auch wieder eine ganz besondere und
eigenartige Stellung nimmt Ugo Foscolo ein, der in seinen
schwermuthsvollen Dichtungen bald an Ossian, bald an Goethe,
bald an Young erinnert, bald wieder völlig original und
genial ist.
Zwei Dinge noch sind für die in Rede stehende Zeit be-
zeichnend: das Entstehen einer, zum Theil poetisch sehr werth-
vollen, Uebersetzungslitteratur und die beginnende Wirksam-
keit der periodischen Presse (Gozzi's »Osservatore periodico«,
Baretti's »Frusta litteraria«) .
12. Die Periode des Sturms xind Dranges wurde, als den
wechselreichcn Jahren der Revolution und des napoleonischen
Kaiserreichs auf längere Zeit die Ruhe der Ermattung folgte,
abgelöst von einer Periode der Romantik. Ihr IIau])tvertreter
war Alessandro Manzoni , der zugleich — freilich nicht weil,
sondern eher obgleich er dem Romanticisnius huldigte — der
grösste Dichter der gcsammten italienischen neueren Litteratur
ist. Aber trotz des gewaltigen Erfolges, Avelchen Manzoni mit
seinem historischen Romane «I Promessi Sposi« errang — ein Er-
folg, der zahlreiche Nachahmer anreizte und eine Zeit lang den
historischen Roman zur Modedichtunjjr werden liess — und
Das Italienische. 693
trotz des lU'ifallos, der auch seinen reli<;iüsen Dielitunfi^en und
seinen Dramen bescliied(!n war, Aviewohl letzter(;n die Hiihnen-
fähi<;keit fehlte, trotz alledem besass die Eomantik in Italien aus
all«;enieinen wie aus besonderen Gründen keine Lebensfiihi^-
keit, sondern blieb, was sie war, eine aus dem germanischen
Norden eingeführte, in der klaren Luft des Südens nicht recht
gedeihende, raschem Welken anlieimfallende Pflanze. IJezeich-
uend hierfür ist , dass neben Manzoui kein Dichter von Be-
deutung sich nennen lässt, der wirklich voll und ganz Ro-
mantiker gewesen wäre. Silvio Pellico allerdin<,'s neigte dem
Komanticismus sich zu und so mancher Andere auch, aber
sie wahrten sich doch alle trotz ihrer romantischen Anwan-
delungen die geistige Freiheit und den Zusammenhang mit
der Wirklichkeit. Der nach Manzoni grösste Dichter des neu-
zeitliL-hen Italiens, Giacomo Leopardi, kann höchstens mit
dem mehr als zweifelhaften Rechte ein Romantiker heissen,
mit welchem man mitunter diesen Namen auch auf Byron
angewandt hat. Jedenfalls blieb Italien von jener nebel- und
schemenhaften Romantik, wie sie in Deutschland gespukt hat,
glücklich verschont, denn Manzonis Romantik w-ar zugleich
Realistik und als solche gesunder Entwickelung fähig. Kei-
neswegs auch vergass in der romantischen Periode Italiens
Volk die ihm gestellte grosse p(ditische Aufgabe, nationale
Einheit und Freiheit sich zu erringen, noch auch vergass die
Litteratur ihre Pflicht, mit geistigen Waff'en einzutreten für
die Erringung dieses Ideales. Lyrik und Satire, Essay und
Pamphlet bereiteten den ersehnten Wechsel der Verhältnisse
vor, besonders aber die Satire, da für sie ein solcher Meister
sich fand, wie es Giuseppe Giusti war.
13. Und endlich ward verwirklicht, was so lang ersehnt
worden war: Italien erlangte seine Freiheit und Einheit,
trat ein in die Reihe der nationalen Grossstaaten Europa' s.
Nicht hier ist der Ort, auch nur andeutungsweise die Ge-
schichte der italienischen Freiheitskämpfe zu erzählen, und
ebenso wenig kann hier eingegangen werden auf die bisherige
sehr bewegte und stürmevolle innere Geschichte des geeinten
Italiens. Nur darauf ist liier hinzuweisen, dass der italieni-
sche Einheitsstaat vor die denkbar schwierigsten politischen
Probleme jeder Art gestellt war, deren Lösung bis zur Stunde
694 Das Italienische.
bei weitem noch nicht völlig erfolgt ist, vielmehr noch lange
Jahre die beste Kraft des Volkes in Anspruch nehmen wird.
Dies erklärt zur Genüge, weshalb Italiens Litteratur in der
Gegenwart nicht eben auf hohem Niveau sich befindet und
namentlich an grosser Einseitigkeit leidet. Am vielseitigsten
und verhältnissmässig am besten ist noch die Novellistik an-
gebaut, aber freilich ist auch hier neben einzelnem Bedeuten-
den (wie z. B. Verga's und, aber in ganz anderer Weise,
Farina's Novellen es sind) viel Mittelmässiges und Schwaches,
selbst auch Verwerfliches zu finden, und namentlich ist das
Ueberhandnehmen des naturalistischen Komans und der Sen-
sationsnovelle nach bekannten französischen Mustern zii be-
klagen. In der Lyrik und im Drama ist nur wenig Hervor-
ragendes geschafi'en worden , so in der ersteren von dem ge-
nialen Carducci, im letzteren von Pietro Cossa.
Von höherer Bedeutung, als die poetische, ist in der Ge-
genwart die wissenschaftliche Litteratur Italiens. In dieser
wird, namentlich auf den verschiedenen Gebieten der Ge-
schichtsschreibung, wahrhaft Grosses, nach Form und Inhalt
Vollendetes geleistet. Es genüge, an Namen, wie diejenigen
Villari's und Comparetti's, zu erinnern.
Der Eifer, Ernst und Erfolg, mit welchem im heutigen
Italien die Wissenschaften gepflegt werden, und nicht minder
die Empfänglichkeit, welche die Italiener für die Wissenschaft
und Litteratur des Auslandes, namentlich auch Deutschlands,
bekunden — zahlreiche Uebersetzungen legen davon Zeugniss
ab — , bürgen dafür, dass Italiens Litteratur in einer ihrer
grossen Vergangenheit würdigen Weise sich weiterentwickeln
werde.
§ 10. Hülfsmittel für das Studium der italienischen Lit-
teraturge schichte',.
A. Allgemeines, a) Handschriftliches, Bibliographisches
u. dgl. Archivio paleografico italiano, diretto da E. Monaci. Rom, seit
1882 (enthält photographische Facsimili interessanter Urkunden u. Lit-
1) Vollständigkeit konnte auch nicht entfernt angestrebt werden. (Eine
auch nur einigcrmassen vollständige Bibliographie der italienischen Litte-
raturgeschichtü ■würde einen starken Band füllen.) Das unter B. gegebene
Register ist nur ganz skizzenhaft, und Niemand kennt seine grossen
Lücken besser, als der Verf., dem aber gleichwohl Rücksichten auf Zweck
und Umfang seines Baches eine detaillirte Ausarbeitung verboten. Ueber
Volkslitter atur siehe § 3.
Das Italienische. 695
teraturdcukmäler, wie t. B. des Contrasto des angeblichen CiuUo d'Alcamo),
vgl. Giorn. stör. I 150 — *A. Baktoli, I manoscritti della Biblioteca
Nazionale di Firenze, descritti da una societii di studiosi sotto la dirczione
del prof. B. etc. Firenze seit 1879, bis jetzt 3 Bde. vollendet, vgl. Giorn.
di Hl roni. II 241 — I codici palutini della r. Bibl. Naz. Centrale di
Firenze. Vol. I fasc. 1. Descrizione di 81 Codici palatini a cura del prof.
B.\KTOLl. Roma ISSö — A. Bautoli e T. Casini, 11 canzioniere palatino
4 IS della Bibl. Naz. di Firenze, in: Propugn. XIV 1, 230; 2, 53 u. 348;
XVII 1, 133; 2, 279; XVIII 2, 438 — C.\siNl, Testi inediti di antiche
rinie volgari Abdruck des Cod. Laur. 9, 631 Bologna 18^3 — Üpere della
Bibl Xaz. pubblieate dal cav. Feiice Lc Monnier e Successori, descritte ed
illustrate da C. Raineki Biscia. Livorno ISSO, vgl. Propugn. XIII p. 1,
308 u. 474 — Mausaxd, I manoscritti italiani della regia biblioteca Pari-
gina. Paris 1 835/38 — MoRTARA, Catalogo dei mss. ital. che si conservano
nella Bibl. Bodl. a Oxford. Oxford 1804 — G. Ratnaud, Inventaire des mss.
italiens de la Bibl. Nationale qui ne figurent pas dans le catalogue de
Marsand. Paris 1SS2, vgl. Giorn. stör. I 150 — L. Delisle, Notice s. les
mss. disparus de la bibliotheque de Tours pendant la premiere moitie du
lOOme siede. Paris 1883, vgl. Giorn. stör. II 185, und: Les mss. du conte
d'Ashburnham. Paris 1883, vgl. Giorn. stör. ibid. — E. MoN.^CI, Communi-
cazioni dalle Biblioteche di Roma e da altre Biblioteche. Halle, seit
1875, bis jetzt 2 Bde., deren Inhalt jedoch die portugies. Litt, betrifft, s-
oben S. 596 — K. Bartsch u. A. Mussafia, Una poesia didattica del
sec. Xin tratta dal cod. Vat. 4476, in: Riv. di fil. rom. 11 43 — J. Griox,
Die vaticanische Liederhds. 3793, in: Rom. Stud. I Ol — A. MvssAFlA,
Mittheilungen aus roman. Hdss. I. Ein altneapolit. Regimen sanitatis.
"Wien 1884, vgl. auch oben S. 304 — A. Miola, Le scritture in volgare
de' primi tre secoli ricercate nei codd. della Bibl. Naz. di Napoli, im Pro-
pugn. von Bd. XI (1878J ab bis Bd. XVUI (1885) — T. Casini, Sopra
alcuni mss. di rime del secolo XIII, in: Giorn. stör. ITI 161 — S. Anto-
NELLi, Indice dei mss. della Civica Bibl. di Ferrara. Ferrara s. a., vgl.
Giorn. stör. IV 283 — G. Mazz.\tini, Inventario dei codd. della bibl. Vis-
conteo-Sforzesca redatto da Ser Facino da Fabriano nel 1459 e 1409, in:
Giorn. stör. I 33 — F. N0V.A.TI, Scrittori e possessori di codici, in: Biblio-
filo III Xo. 1, vgl. Giorn. stör. I 161 — M. Faloci-Pulignaxi, H catalogo
d'una biblioteca monastica del sec. XII, in: Bibliofilo III No. 1, vgl. Giorn.
stör. I 161 — Vic. DI GiovAXXi, II libro trojano della Bibl. comunale di
Palermo, in: Propugn. V 1, 369 — R. Sabbadixi, Notizie sulla vita e gli
scritti di alcuni dotti umanisti del sec. XV raccolte da codici ital., in:
Giorn. stör. VI 163 — P. DE NOLHAC, Bibliotheque d'un humaniste au
16 s. Catalogue des li^Tes annotes de Muret. Extrait des Mclanges d'arch.
et d'hist. p. p. l'Ecole frcse de Rome 1883, vgl Giorn. stör. II 437'..
*Baxdixi, Catalogus codicum latinorum Bibliothecae Mediceae Lau-
rentianae, 5 Bde., Florenz 1774/77 (Bd. 5 behandelt die Codd. Italici),
und: Bibl. Leopoldina Laurentiana, 3 Bde., Florenz 1791/93.
Haym, Biblioteca italiana. Venedig 1736 (Storia, poesia, prose, arti,
ßcienzej — *Gamba, Serie di testi di lingua. Venedig 1839 — F. Zambkixi,
596 I^^ä Italienische.
Le opere a stampa dei secoli 13 e 14 indicate e descritte. 4» ed. Bologna
1878, vgl. Giern, di fil. rom. 11 79 — L. ll.\zzoLlM e A. Bachi della
Lega, Bibliografia dei testi di lingua a stampa citati dagli Accademici
della Crusca. Bologna 1878, und: RazzolinI, Indice delle edizioni citate
dalla Crusca. Milano 1863 — Gamba, Bibliografia delle novelle italiane in
prosa. Florenz 1S33 — G. Papanti, Catalogo dei novellieri ital. in prosa.
Livomo 1871, vgl. Jahrb. f. rom. u. engl. Spr. u. Lit. XIV 107 — G. B.
Passano, I novelliere ital. in prosa. Turin 1878, vgl. Giorn. di fil. rom.
II 104, Propugn. XI 2, 3.53 — Melzi-Toksi, Bibliografia dei romanzi di
cavalleria si in prosa che in versi ital. Milano 1853, 3 Bde.
G. Melzi, Dizionario di opere anonime e pseudonime di scrittori ital.
o come ehe sia aventi relazione all' Italia. Milano 18-18 59, 3 Bde.
Annuario bibliografico ital., pubbl. per cura dei Ministerio delV Istru-
zione pubblica. Turin, seit 1863 — BOCCA Fratelli, E. Löscher e M.
Münster, Bibliografia d'Italia compilata sui documenti communicati dal
Keale Ministerio deU' Istruzione 1868 ff. — Bibliografia italiana. Giornale
deir associazione tipografico-libraria italiana, compilato sui documenti comu-
nicati dal Ministerio della pubbl. istr. Florenz, seit 1866 — D. G. Ber-
Toccio, Repertorio bibliografico delle opere stampate in Italia nel secolo
XIX. Rom 1876 ff.
Bibliographische Monatsberichte werden von einzelnen .'grösseren ita-
lienischen Buchhandlungen veröfi'entlicht. Die Buchhandlung von H. F.
Münster (G. Goldschagg Succ. zu Verona u. Leipzig giebt »Cataloghi men-
sili di libri antichi e moderni in vendita« heraus, von denen bereits 72
Nummern erschienen sind. Für ältere ital. Litteratur ist der Verlags-
catalog von G. Romagnoli zu Bologna (Specialverlag für Altital.) wichtig
u. interessant.
b) Darstellende Werke: 1. Die ältesten litterargeschicht-
lichen Versuche: Ph. Villani, Liber de civitatis Florentiae famosis civi-
bus ed. tjrALLETTl. Florenz 1847 .italienisch u. d. T. Le vite d'uomini iUustri
Fiorentini colle annotazioni dei conte Mazzvcuelli. Florenz'1847). In Gal-
letti's Ausg. sind auch einige andere litterargeschichtl. Erstlings- u. Quellen-
schriften enthalten , namentlich Lionardo Bruni's Vite di Dante e dei Pe-
trarca, G. Manetto's Vitae Dantis, Petrarchae et Boccaccii, Cortesius' Dia-
logus de hominibus doctis — GuiLELMl'S Pastren-gicus (Gi'GLIELMO da
PA.^iTRENGO, Zeitgenosse Petrarca's), De originibus rerum libellus. Venetiis
1547 (enthält ein »de scripturis virorum illustrium prooemium«) — Ve.'^pa-
siANO DA BiSTiCCi, Vite di uomini iUustri dei secolo XV ed. A. Bartoli.
Florenz 1859, und: Commentario della vita di messer Giannozzo Manetti^
enthalten in Galletti's Villani-Ausg., s. oben.
2. Aeltere Werke, welche die ital. Gesammtlitteratur be-
handeln: Crescimbeni, Istoria deUa volgar poesia. Rom 1698 — QuADRlo,
Storia e ragione di ogni poesia. Bologna 1739 — Mazzichelli, Gli scrit-
tori d'Italia. Brescia 1753 — Fontamni, Biblioteca dell' eloquenza italiana.
Venedig 1737/53 — *TlBABOSCHl, Storia della letteratura ital. Modcna
1772/81, 9 Bde. (eine spätere Auflage erschien in den zwanziger Jahren
Das Italienische. 697
dieses Jahrh.'s), ist immer noch das beste u. gründlichste Werk (abgesehen
von dem bis jetzt erst bis zu Petrarca reichenden Werke Gaspary'a, s. u.),
leider aber, wie sehr begreiflich, nicht den gegenwärtigen Anforderungen
entsprechend u. auch keineswegs vollständig, sondern nur bis zum 14. Jahrh.
reichend. Einer der Vorzüge des T.'schen Werkes ist, dass in ilim auch
die Culturgeschichte berücksichtigt wird — Corniani, I secoli della lett.
italiana dope 11 suo risorgimento. Brescia 1818, zuletzt (fortgesetzt von
Predahi Turin 1856, 9 Bde. — Ginuuene, Histoire litt. d'Italie. Paris
1811/35, 14 Bde. — SiSMONDl, Tableau de la litterature du midi de l'Eu-
rope. Paris 1813/29, 4 Bde. — G. Maffei, Storia della lett. ital. 2» ed.
Milano 1834.
3. Neuere Werke, welche die ital. Gesammtlitteratur be-
handeln: A. Bartoli, Storia della lett. ital. Florenz, seit 1878, noch
nicht abgeschlossen, sondern in dem letzterschienenen 7. Bd. (Bd. 6 fehlt
noch) nur erst bis Petrarca reichend; breitspurig angelegt u. überaus un-
gleichmässig gearbeitet, Einzelnes vortrefflich. Anderes Avieder ganz schüler-
u. stümperhaft schwach indessen sind auch im "VA'esentlichen günstige Ur-
theile über das immerhin schätzbare Buch abgegeben worden, vgl. z. B.
Ztschr. f. rom. Phil. IV 387, Giorn. stör. III 104). Eine deutsche Uebers.
hat C. V. 11einh.\udstöttner herauszugeben begonnen. Leipzig 1881 —
*A. Gaspary, Gesch. d. ital. Litt. Bd. I. Berlin 1885 (sehr tüchtige Arbeit,
gründlich in der Forschung, wovon namentlich auch die Anmerkungen
zeugen, besonnen im Urtheil, gewandt u. geschmackvoll in der Darstellung.
Vgl. B. CoTUONEl, Intorno alla storia della lett. ital. del prof. A. G. Flo-
renz 1SS5 u. dazu Rom. XIV 315, vgl. auch Giorn. stör. IV 419).
Emiliaxi-Giudici, Storia della lett. ital. Firenze 1865 — L. Settem-
BREsi, Lezioni di lett. ital. Napoli 3^ ed. 1869/72 — Ferner die »Storia
della lett. ital.« betitelten Werke von C. Cantu (Florenz 1865, trotz des
berühmten Namens des Verf. 's wenig empfehlenswerth) , F. DE Sanctis
(3» ed. Napoli 1879, 2 Bde., sehr subjectivj , G. Invernizzi (Turin 1881),
MORSOLIN iTurin ISSl), Cappelletti (Turin 1884, vgl. Giorn. stör. III 4.56),
Sanfilippo (Palermo 1858/63, 3 Bde.) — C. M. Tallarigo, Compendio
della St. della lett. it. Napoli 1879 — F. C.WALIERI, Breve storia della
lett. ital. Turin 1883, vgl. Giorn. stör. II 440 — S. Pucci, Principi di lett.
generale ital. e comparata. Genova 1880.
[BouTERWECK, Geschichte d. Poesie u. Beredtsamkeit. Göttingen 1801/19]
— C. V. Orelli, Beiträge zur Gesch. der ital. Poesie. Zürich 1810 —
Blanc, Ital. Litt, in: Ersch. u. Gruber's Encyklopädie — Kuth, Gesch.
d. ital. Poesie. Leipzig 1844/47 — K. M. Salek, Gesch. d. ital. Litt, von
den Anfängen bis zur neuesten Zeit. Leipzig 1S83 (überaus schwach), vgl.
Deutsche Litteraturztg. 1883, No. 37, Giorn. stör. II 2U3 — H. Brei-
tingeR, Grundzüge der ital. Litteraturgesch. Zürich 1879 (das Buch steht
nicht auf der Höhe der Leistungsfähigkeit seines Verf.'s) — A. Scumiut,
Grundriss der Gesch. der ital. Litt. Leipzig 1S85 (für praktische Zwecke ganz
brauchbares Büchlein, enthält viele Daten, auch eine kleine Bibliogra-
phie) — AV. Freind, Tafeln der ital. Litteraturgesch. Leipzig 1875.
Perreks, Hist. de la litt. ital. Paris 1866.
698 I^^ä Italienische.
Uebersichten über die ital. Litteraturgeschichte sindauch
in den besseren der unter d zu nennenden Chrestomathien
gegeben.
4. Schriften über einzelne Perioden u. Gebiete der ital.
Litteratur: a) die Zeit vor Dante: E. Celesia, Storia della lett. in
Italia nei secoli barbari. Genua 1882/83, 2 Bde., vgl. Giorn. stör. I 323 —
[*A. Graf, Roma nella memoria e nelle immaginazioni del medio evo.
Turin 1882/83, vgl. Ztschr. f. rom. Phil. VI 128] — F. Demattio, Le let-
tere in Italia prima di Dante. Verona 1871 — G. Salvadori, Prima di
Dante, in: Fanfulla della Domenica 10. 9. 1882 — F. Corrazini, Studi
sulla lett. ital. del primo secolo I Dialetti. Florenz 1871 — *A. Gaspary,
Die sicilianische Dichterschule des 13. Jahrh.'s. Berlin 1878 (grundlegende,
hochbedeutende Arbeit), vgl. Giorn. di fil. rom. II 100 — E. Monaci, Sui
primordi della scuola siciliana da Palermo a Bologna, in: Nuov. Antol. 15. 8.
1884, vgl. Rom. XIV 297 — Weitere Angaben üb. die Sicilianer b. Gasparv,
Litteraturgesch. I 4S7 — Die Handbücher von Nannvcci etc. s. unten d).
ß) Ueber Dante, vgl. den betr. Artikel in dem unten folgenden al-
phabetischen Verzeichnisse, i)
y) Aeltere italienische Litteratur überhaupt: Caterina
FRANCEScm-FERRUCci, I primi quattro secoli della litt. ital. dal sec. XII
al XVI. Lezioni. Firenze 1858, 2 Bde. — R. Fornaciari, La lett. ital. nei
primi quattro secoli. Quadro storico. Firenze 1885, vgl. Giorn. stör. VI 409
— A. Bartoli, I prime duc secoli della lett. ital. Torino 1881 (werthlose
Zusammenstoppelung von allbekannten Gemeinplätzen u. Phrasen), vgl.
Riv. di fil. rom. I 196 — d'ANCONA, Studi della lett. ital. dei primi secoli.
Bologna 1884 (Inhalt: Jacopone da Todi, Convenevole da Prato, Del secen-
tismo nella poesia cort. del sec. XV, Ciullo d'Alcamo) vgl. Giorn. stör.
III 259 • — OzANAM, Documents inedits pour servir ä i'hist. litt^ de l'Italie
depuis le VIII<= jusqu' au Xllle s. Paris 1S50, und: Les poetes franciscains
en Italic au XllJe s. et recherches nouvelles s. les sources de la Divine
Comedie. 2" ed. Paris 1855 (immer noch wichtige Bücher) — T. C.\sini,
La coltura bolognese dei sec. XII e XIII, in : Giorn. stör. 15 — [R. Re-
nier, II tipo estetico della donna nei medioevo. Ancona 1885].
Die Schriften über die altital. Heldendichtung romanzi cavallereschi
u. dgl.) sehe man unten im Register unter »Ariost«, »Reali« etc.
J) Die Renaissance des 14. u. 15. Jahrh.'s: *G. Voigt, Die
Wiederbelebung des classischen Alterthums oder das erste Jahrh. des
Humanismus. Berlin 1880 81, 2 Bde. (klassisches Werk) — A. Bautoli,
I precursori del rinascimento. Firenze 1877 (ziemlich werthlos, weil ganz
oberflächlich u. aphoristisch! — E. Gebhart, Les origines de la renaissance
en Italic. Paris 1879 (geistvolles Buch) — J. A. Symonds, Renaissance in
Italy. Vol. I. The fine Arts. Vol. II : The Revival of Leaming. London
1877, seitdem in zweiter Auflage erschienen (das Buch ist viel gerühmt
1) Hier sei nur genannt: Favriel, Dante et les origines de la langue
et de la litt. ital. Paris 1854, 2 Bde. (geistvoll und anregend, aber nicht
den jetzigen wissenschaftlichen Ansprüchen genügend).
Das Italienische. (399
worden, ohne dass der Sachverständige den Grund einzusehen vermöchte)
— W. Pateh, The Kenaissance, Studies in art and poctry. 2'- ed. London
1S77 (schöner Druck u. feine Ausstattung sind des Buches beste ICigen-
schaften) — *J. BlucKllAKDT, Die Cultur der Renaissance in Italien. 3. Aufl.
besorgt von L. GlciGKK. Leipzig 1S77 (classisches Buch voller geistreicher
Bemerkungen, indessen mehr anregend, als eigentlich belehrend) — E.
MÜNTZ, La Renaissance en Italic et en France ä l'epoque de Charles VIII
Paris 1885 (das AVerk wendet sich an das grosse Publicum u. trägt folglich
keinen streng Wissenschaft!. Charakter, aber es ist von einem gründlichen
Kenner der Renaiss. verfasst u. verdient wohl gelesen zu werden, namentl.
von denen, welche für die Kunst der R. sich interessiren) — IL Jamtsciiek,
Die Gesellschaft der Renaissance in Italien u. die Kunst. Vier Vorträge.
Stuttgart lb~\) geistvoll u. anregend) — H. Hettneu, Italienische Studien.
Zur Geschichte der Renaissance. Braunschweig 1879 (dies Werk des be-
rühmten Kunst- u. Litterarhistorikers beschäftigt sich vorwiegend mit der
bildenden Kunst; — J. Dukas, Recherches s. l'hist. litt, du XV<= s. Paria
1870 \ inhaltsreich trotz geringen Umfanges) — G. FiOKETTO, GH umanisti
o lo studio del latino e del greco nel secolo XV in Italia. Verona 1881
(gut) — Meinehs, Lebensbeschreibungen berühmter Männer aus den Zeiten
der "Wiederherstellung der Wissenschaften. Zürich 1795/97, 3 Bde. ■ —
*Mehus, Vita Ambrosii Traversarii. Florenz 1759 (reichhaltige Materialien-
sammlung) — G. Körting, Geschichte der Litt. Italiens im Zeitalter der
Renaissance. Leipzig 1878/84, bis jetzt Bd. 1 Petrarca's Leben u. Werke,
Bd. 2 Boccaccio's L. u. W. , Bd. 3 Theil 1 die Anfänge der Renaissance-
litteratur.
Specialschriften über Petrarca, Boccaccio etc. siehe unter
B im Register.
£) Das* 16. Jahrhundert: A. de Treverret, l'Italie au 16^ s. Etu-
des litteraires, morales et politiques. Paris 1877 (gutes u. anregendes Buch,
freilich mehr Essay, als wissenschaftl. Darstellung) — *U. Canello, Storia
della lett. ital. nel sec. IG. Milano ISSl (gründlich gearbeitetes u. in-
haltsreiches Buch, leider aber in seiner Disposition sehr verfehlt; — G. B.
Magrini, Studj sul Cinquecento. Imola 1879, vgl. Propugn. XII 1, 298
(das Buch behandelt Leben u. Werke des Francesco Grazzini detto il
Lasca) — DE GoBlNEAU, La Renaissance (Savonarole, Cesar Borgia, Jules 11,
Leon X, Michel Ange). Scenes historiques. Paris 1877 (belletristisches
Werk u. nur als solches aufzufassen, aber geistvoll u. originell) — La
Poesia barbara nei secoli XV e XVI a cura di G. Carducci. Bologna 1881.
Sp-ecialschriften über Ariost, Tasso etc. sehe man unter
B im Register.
C; Die spätere Zeit: G. Mestica, Trajano Boccalini e la lett. critica
e politica del seicento, Discorsi. Firenze 1878, vgl. Propugn. XI 2, 348 —
G. Zanella, Storia della lett. ital. dalla metä del settecento ai giorni nostri.
Turin 1S81 -^ V. Lee, Studies of the 18»^» Century in Italy. London 1880
(gut) — *G. Gl'ERZüni, II terzo rinascimento, corso di lett. ital. Palermo
1874 — E. Masi, Parrucche e Sanculotti nel sec. XVIII, vgl. Giorn. stör.
VI 430 — G. Carducci, Del rinnovamento litterario in Italia, discorso.
700 Das Italienische.
Annuario della R. Universitä di Bologna, anno accademico 1874/75 —
Zanella, Della lett. ital. nel ultimo see. Turin 18S6 — M. Landau, Die
ital. Litt, am österreichischen Hofe. Wien 1879 — Lombakdi, Saggio suUa
storia della lett. ital. nei primi 25 anui del see. XIX. Milano 1831.
?]) Die Gegenwart: A. Roux, Hist. de la litt, contemporaine en
Italie sous le regime unitaire 1859 k 1874. Paris 1874, 2 Bde. — D. Bar-
ZELLOTTI, Die litterarische Bewegung in Italien seit 1848, in K. Hille-
brand's »Italia« I 263 — Pitre, Profili biografici di contemporanei italiani
Palermo 1864 — A. DE Gubernatis, Ricordi biografici, pagine estratte
dalla storia contemp. lett. ital. Firenze 1872 — MoLMENTi, Impressioni
letterarie. 2» ed. Milano 1875 — G. v. Freiberg, Italiens moderne Lyriker,
in: Italia IV 153, vgl. auch Yorick's Essay über das ital. Theater seit
1848, ebenfalls in der Italia II 195.
d-) Einzelne Litteraturgattungcn: A. de Gubernatis, Storia
della poesia lirica. Milano 1883, vgl. Giorn. stör. II 238 — S. Samo.sch,
Italienische u. französische Satiriker. Berlin 1879 — M. Landau, Beiträge
zur Gesch. d. ital. Novelle. Wien 1875 — Ueber das Drama, vgl. unten
im alphabetischen Verzeichnisse den Artikel »Theater«, wie überhaupt in
dem erwähnten Verzeichnisse Angaben über einzelne Litteraturgattungen
unter den entspreclienden Stichworten zu finden sind.
i) Die ital. Litteratur u. das Ausland: J. Arnaud, Les Italiens
prosateurs frcs. Etudes s. les emigrations italiennes depuis Brunetto Latini
jusqu'ä nos jours. Milano 1862 — In der »Histoire des litt, etrangeres«
von Demogeot u. in den »Histoires des litt, etr.« von Bougeault ist selbst-
verständlich auch die ital. Litt, behandelt; eine besondere Bearbeitung hat
derselben z. B. Perrens gewidmet in seiner Hist. de la litt. ital. Paris
1866 — A. Baschet, Les comcdiens ital. ä la cour de France, Paris 1882
— MOLAND, Moliere et la comedie ital. Paris 1865 — :Marc-Monnier,
LTtalie est-elle la terre des morts? Paris 1860] — M. Landau, Die ital.
Litt, am österreichischen Hofe. Wien 1879. — (Von den zahlreichen Samm-
lungen deutscher Uebersetzungen ital. Dichtungen seien hier genannt, weil
sie auch für die Litteraturgeschichte ein gewisses Interesse besitzen: Ita-
lienische Novellisten, herausg. von P. IiEY.SE, Leipzig 1877/78, 6 Bde.,
worunter einige freilich abAveichend betitelt sind. P. Heyse, Italienisches
Liederbuch, eine Sammlung ital. Volkslieder. Berlin 1862. W. Kaden,
Italiens Wunderhorn. Volkslieder aus allen Provinzen der Halbinsel u.
Siciliens in deutscher Uebertragung. Stuttgart 1878 — Als Uebersetzer
deutscher Dichtungen in das Ital. hat sich besonders Andrea Maffei [im
J. 1S85 hoch betagt gestorben] ausgezeichnet).
x) Sammlungen litterargeschichtlicher Essays: *G. Carducci,
Studi letterari. Livorno 1874 (DeUo svolgimcnto della lett. nazionale [be-
handelt die Entwickelung der Litt, bis einschliesslich zum Cinquecento] ;
DeUe rime di Dante; Della varia fortuna di Dante; Musica e poesia nel
mondo elegante ital. del see. XIV) — A. d'Ancona, Studj di critica e di
storia lett. Bologna 1880 (Inhalt: II concetto dell' unitä politica nei poeti
ital. ; Cecco Angiolieri ; del Novcllino e delle sue fonti ; la leggenda d'At-
Das Italienisclie. 701
tila Hajjclhim Dci in Italia) — A. d'Ancona, Varietä storiche e letteraric
Milano l^^ö, vtjl. Giorn. stör. VI 434, wo auch eine Lebersieht des reichen
Inhaltes gegeben ist — A. V. Kkimünt, Saggi di storia e lettcratura.
Florenz 1880 (II Monte di Venere in Italia; Milton e Galileo; Delle rela-
zioni fra la lett. ital. e quella di Germ, nel seicento; Due soci esteri dell'
Aecad. della Crusca; Klogio di Giovanni, re di Sassonia) — *B. Zumbini,
Saggi critic'i. Napoli 1 870 (beliandeln haui)tsachlich liCopardi, ferner Settem-
brini's Lezioni di lett., endlich, u. zwar selir eingehend, Bunyan's u. Milton's
religiöse Epen? — U. C.\xeli.o, Saggi di critica letteraria. Bologna 1^77
(Classicismo e romanticismo nella storia universale delle lettere. La storia
comparata delle letteraturc neo-latine. Favole, fabliaux e fiabe su Renardo
e Isengrino. 11 canzoniere portoghese della Vaticana. Federico Diez e la
tilolügia romanza. I due periodi della lett. tedesca. La giovinezza, la viri-
litä, la vecchiaja di V. Goethe. II Fausto di V. Goethe) — "Fn. d'Ovidio,
Saggi critici. Napoli 1879 (F. Ambrosoli c i paralipomeni del Leopardi.
Lettere incdite del Leopardi al Bunsen. L'epistolario del Manzoni. Di un
recente libro concernente il ritorno del Manzoni alla fede cattolica. Fra
Galdino. La politica del Manzoni. L'indomani della morte di Niccolö Tom-
maseo. Edmondo de Amicis e il suo »Marocco«. Ancora del De Amicis.
Due critici calabresi [Fiorentino e Zumbini". Pio Rajua e le sue »Fonti
dcir Ariosto«. II Pontano del Tallarigo. II Clodio del prof. Gentile. II
carattere, gli amori e le sventure di T. Tasso. Due tragedie del Cinquecento.
Nota sul verso del X canto dell' Inferno «Forse cui Guido ebbe a disdegno«.
Sul Trattato de vulg. eloquentia di Dante AI. La metrica della canzone
secondo Dante. Lingua e dialetto. DeUa questione deUa nostra lingua e
della questione di CiuUo d'Alcamo, risposta al prof. Caix. La lingua dei
Promessi Sposi. Ausserdem einige Appendici.) — A. Borgogn'oni, Studj
d'erudizione e d'arte. Vol. I 'Bologna 1877) Bindo Bonichi e l'Intelligenza,
vgl. Giorn. di iil. rom. I 59; Vol. II (Bologna 1878) p. 7. I poeti italiani
dei codici d'Arborea. 88 La condanna capitale d'una bella signora. 109 I
rimatori della scuola meridionale. 219 Gentile di Ravenna) • — K. Hille-
BRAND, Etudes historiques et litteraires. Vol. I Etudes italiennes, Paris
1868, und: Zeiten, Völker u. Menschen. Bd. 2 AVälsches u. Deutsches.
Berlin 1875 — G. Biadego, Da libri e manoscritti. Verona 1883 (enthält
u. A. ein Essay über Maffei's Merope), vgl. Giorn. stör. II 197.
C; Sammlungen, Handbücher, Chrestomathien etc.
«) Für Altitaliexisch : *Collezione di opere inedite e rare dei primi
tre secoli della lingua pubblicate per cura deUa R. Commissione pe' testi
di lingua, Bologna seit 1863, und: Scelta di curiositä letterarie inedite o
rare dal secolo XIII al XVII in appendice aUa CoUezione suddetta , Bo-
logna seit 1861 (Beide Sammlungen lassen zwar bezüglich der Auswahl der
betr. Texte u. der Methode der Herausgabe sehr Vieles zu wünschen übrig
u. machen bald mehr bald weniger den Eindruck des Dilettantismus, sind
aber nichtsdestoweniger höchst werthvoll u. für Jeden, der sich mit älterer
ital. Litt, beschäftigt, unentbehrlich. Die in diesen Sammlungen bisher ver-
öffentlichten Texte sind in dem unten folgenden Register mit Coli. u. Sc.
gekennzeichnet) — CoUezione di operette inedite o rare Firenze, seit 1882,
702 1^*3 Italienische.
vgl. Giom. stör. I 142 • — Biblioteca di lett. popolare italiana, pubbl. per
cura di S. Fekrari. Firenze seit 1S82, vgl. Giorn. stör. I 14.5.
Valeriam e Lampredi, Poeti del primo sec. della ling. ital. Firenze
1816, 2 Bde. — Villarosa, Raccolta di rime antiche toscane. Palermo
1817, 4 Bde. — Trucchi, Poesie ital. inedite. Prato 1846, 4 Bde. — *Le
Antiche Rime Volgari ed. d'Ancona e Comparetti (genaueren Titel sehe
man unten im aiphabet. Verzeichnisse unter Antiche etc.) — Le Rime dei
poeti bolognesi del sec. XIV raccolte ed ordinate da T. Ca.sini. Bologna
1881 — *V. Nannucci, Manuale della lett. del primo secolo della lingua
ital. 3» ed. Firenze 1874, 2 Bde. — *C. Tallarigo e V. Imbrl\ni, Nuova
crestomazia ital. Vol. I Le origini e il Trecento. Napoli 1882 (vorzügliches
Werk, dessen zwei letzten Bde. die spätere Litt, behandeln) — A. Bartoli,
Crestom. della poesia ital. del periodo delle origini. Turin 18S2, vgl. Giorn.
stör. I 131, Rom. XI 427 — J. Ulrich, Altital. Lesebuch. 13. Jahrh. Halle
1886 (für akad. Vorlesungen berechnet, hat manche sehr grosse Mängel, auch
vermisst man litterargeschichtl. Notizen, wie sie bei Nannucci u. Imbriani
zu finden sind), vgl. Literaturbl. f. germ. u. rom. Phil. Aprü 1886.
ß) Sonstige Chre.stomathien : *0. T. Tozzetti, Antologia della poesia
italiana. Livorno 1883, vgl. Giorn. stör. I 348 — Rigutini, Crestom. ital.
della poesia moderna. Firenze 1880 — *Baragiola, Crestom. ital. orto-
fonica. Strassburg 1881 (recht brauchbar für Studierende, namentl. hin-
sichtlich der Aussprache; enthält auch Dialektisches), vgl. Ztschr. f. rom.
Phil. V 577 — Nachgetragen -werde hier: Fr. Guardione, Antologia poetica
siciliana del sec. XIX con proemio e note Palermo 1885, vgl. Propugn.
XVIII 2, 286.
Jagemann, Ital. Chrestomathie. Leipzig, 2 Ausg. 1802, 2 Bde. (für
praktische Zwecke immer noch zu brauchen) — L. Ideler, Handbuch der
ital. Spr. u. Litt. 2 Aufl. Berlin 1820, 2 Bde. (ein für seine Zeit vorzüg-
liches \\'erk) — *A. Ebert, Handbuch der ital. Nationallitteratur. Marburg
1854, 2. (nur Titel-) Ausg. Frankfurt a M. 1874 (vorzügliches "Werk mit
einem trefflichen Grundriss der Litteraturgeschichte).
y) Sammelwerke: Die Zahl der von Buchhändlern etc. veranstalteten
Sammelausgaben von ital. Litteraturwerken ist sehr gross, da aber dieselben
keine wissenschaftl. Bedeutung besitzen , so kann von ihrer Aufzählung
hier Abstand genommen werden. Es genüge zu bemerken, dass für prak-
tische Zwecke die bei Barbera u. bei Sonzogno (beide in Florenz) er-
scheinenden Sammlungen durch Billigkeit u. gute Ausstattung sich aus-
zeichnen (besonders billig ist Sonzogno's »Biblioteca economica«, das Heft
kostet eine Lira). Unter den älteren Sammlungen zeichnen sich die ver-
schiedenen in den ersten Decennien unseres Jahrh. 's erschienenen Mailänder
Collezioni (Classici ital. 1802/15, 250 Bde., neue Sammig. von Class. 1818 ff.)
vortheilhaft aus.
Von den in Deutschland erschienenen Sammlungen ist die bedeutendeste
die in Leipzig bei F. A. Brockhaus herauskommende »Biblioteca d'Autori
Italiani«. Der Inhalt der einzelnen Bände (ä 3 M. 50 Pf.j ist folgender:
1. Manzoni, I promessi sposi. 2. Leopardi, Opere. 3. Balbo, Novelle.
4. 5. Boccaccio, II Decamerone. 6. Cantu, Margherita Pusteria. Racconto.
Das Italiunische. 703
7. Gu'STI, Poesie. Preeedute clalla vita dell' autore. 8. d'Azeglio, jSiccolö
de' Lapi ovvcro i Palleschi c i Piapnoni. 1). Pfi.lICO, Le niie Prigioni,
Francesca da liimini, Tomnuiso Moro e Poesie scclte. 10. Goldüxi, Carlo.
Commedie seelte. (11 Torquato Tasso. Le Donne curiose. Un curioso acci-
dente. Terenzio. L'Avaro fastoso. II vero Amico, II burbero Benefico.)
11. FlORi della poesia italiana antica e moderna, raccolti da Carolina
MlciiAEU-s. 12. Tasso, La Gcrusalemme liberata, ed. G. A. Scautazzini.
13. Fanfani. Cecco d'Ascoli. Kacconto storico del sccolo XR'. 14. TiGRi.
Selvaggia de' Vergiolesi. Kacconto storico. 15. Alfieui. Tragedie scelte.
16. FoscoLO. Le iiltime lettere di Jacopo Ortis ed altre opere scelte.
17. Novelle itallaxe di quaranta autori dal 1300 al 1847. 18. Petrarca.
II Canzoniere, ed. G. A. ScART.\zziXL
Massenhaft vorhanden sind von speculativen Buchhändlern ins Leben
gerufene und meist von Dilettanten redigirte Sammlungen, welche den
Zwecken der Schul- oder Privatlectüre dienen zu wollen vorgeben.
Unter den älteren Sammelwerken hat eine grosse Verbreitung besessen
u. verdient der in den dreissiger Jahren unseres Jahrh.'s in Leipzig bei
E. Fleischer erschienene »Parnasso italiano« (Bd. 1 Dantes Div. Comm.,
Petrarca's Rime, Ariost's Orlando furioso, Tasso's Gerusalemme liberata.
Bd. 2 Bojardo's Orlando inammorato, Michelagnolo Buonarotti's Rime,
Tassoni's Secchia rapita, Boccaccio's Decamerone).
Sehr zu wünschen wäre, dass endlich einmal in Deutschland italienische
Litteratur werke in würdiger wissenschaftlicher Weise für Zwecke des aka-
demischen u. des Privatstudiums herausgegeben würden, dass eine Samm-
lung entstände, wie sie in Bezug auf französische u. englische Autoren
von der Weidmann'schen Verlagshandlung, freilich mit sehr ungleichem
Erfolge (Einiges vortrefflich. Vieles mittelmässig. Einiges sehr ungenügend)
unternommen worden ist. Als Muster könnte dienen Carducci's Ausg. der
moralischen u. politischen Gedichte Petrarca's.
Den Italienern aber ist in Erinnerung zu bringen, der ihnen obliegen-
den Ehrenpflicht, verlässliche kritische Ausgaben ihrer Klassiker zu ver-
anstalten, eingedenk zu sein u. die Erfüllung derselben nicht allzulange
zu verzögern. Zur Zeit fehlen derartige Ausgaben z. B. sogar noch für
Petrarca u. Boccaccio. Es ist das Vorhandensein dieser Lücke wundersam
genug, wenn man bedenkt, mit welchem Eifer u. mit welchen glänzenden
Erfolgen das Studium der romanischen Philologie in Italien gepflegt wird.
B. Alphabetisches Verzeichniss einiger Schriftsteller und
Litteraturwerke mit Angabe einiger Erläuterungsschriften : ')
Messer lo Abate da Napoli, um 125t), N I 232 — Acerba s. Cecco
d'Ascoli — Adriani. Scritti varii editi ed incditi di G. B. Adriani e di
Marcello suo figlio. Bol. 1871. Sc. 121 — Alamanni, Luigi, geb. 1495 zu
1) Vgl. die Anmerkung zu der Ueberschrift des Paragraphen.
Erklärung der Abkürzungen: Coli. = Collezionc di opere inedite o
rare (s. oben S. 701 , Sc. = Scelta di curiositä etc. s. oben S. 70l;, N. =
Nannucci s Manuale, I. = Imbriani's Chrestomathie s. oben S. 7u2j, G. =
Gasparvs Litteraturgesehichte (s. oben S. 697; , E. = Eberts Handbuch
(s, oben S. 7o2).
704 l^^s Italienische.
Flrz., gest. 1556 zu Amboise. Opere toscane Lyon 1532, 2 Bde. (Eklogen, Sa-
tiren, Sonette, Hymnen, mjthologische Gedichte, »Selve«, Übers, der Antigene
des Sophokles). Lehrgedicht Della Coltivazione Paris 1546, später im Par-
nasso ital. Bd. 23, Mail. Samml. ital. Klass. Bd. 53 — Albanzani, Donato
de'gli A. Apenninigena, Zeitgenosse u. Verehrer Petrarca's, verfasste ar-
gumenta zu P's Eklogen (b. HoRTls, Scritti ined. di P. 35!t, dazu 23:5), über-
setzte P.'s Buch de viris illustribus (mit dem Original herausg. v. Razzolini
in Coli. 34). Vgl. Voigt a. a. O. I 419 — Albergati Francesco, Lust-
spieldichter des 18. Jahrh.'s. E. Masi, Lavita, i tempi, gli amici di Fr. A.,
commediografo del sec. XVIIL Bologna 1878, vgl. Propugn. XI 2, 422, Nuov.
Ant. 1878 (Juli) S. 194 — Albertano daBrescia (Albertanus Brixien-
sis), erste Hälfte des 13. Jahrh. Volgarizzamento dei trattati mor. di A. d. B.
da Soffredi del Grazia ed. S. Ciampi. Firenze 1832. Dei tratt. mor. di A.
d. B. volgarizz. inedito fatto nel 1268 da Andrea di Grosseto a cura di
F. Selmi Bol. 1873 Coli. 33. De arte loquendi etc. ed Tu. Sundby, in:
Brunetto Latinos Levnet etc. p. LXXXV. Liber Consolationis et Consilii
ed. Th. Sundby. Kopenhagen 1873. N 11 42. G. I 189 u. 504 — Alber-
tuccio della Viola, 13. Jahrh., N I 351 — Aldus Manutius, geb.
1449 od. 1450 zu Sermonetta b. Velletri, gest. 1516 zu Venedig. F. DiDOT,
A. M. et l'hellenisme ä Venise. Paris 1875 — Aleardo Aleardi, Gae-
tano, geb. 1810 zu Verona, gest. ebenda 1878. Prime storie 1845. II
Monte Circello (Nachahmung des Child Harold) 1846. Lettere a Maria
1848. RafFaello e la Fornarina 1857. Ora di mia giovinezza 1858. I setti
soldati 1861. Canto politico 1862. Canti (Sammlung der lyr. Gedichte)
1862 — Alessandro Magno s. I nobili Fatti — Alfani, Gianni, um
1250, N I 303 — Alfieri, Vittorio, geb. 17. 1. 1749 zu Asti, gest.
8. 10. 1803 zu Florenz. Tragedie Vol. I (Antigone, Filippo, Polinice, Vir-
ginia) Siena 1783, Vol. II (Agamemnone, Oreste, Rosmunda) 1784, Vol. III
(Ottavia, Timoleone, Merope) 1785, später folgten Maria Stuarda, la Con-
giura de' Pazzi, D. Garzia , Saul, Ägide, Sofonisbe, Bruto primo , Mirra,
Bruto seconüo. Gesammtausg. dieser 19 Trag. Paris 1789, 6 Bde. Ausg.
der gesammten AA''erke (darunter Abele, eine »tramelogedia« d. i. melotra-
gedia, Uebersetzungen aus Aeschylus, Sophokles, Euripides etc., epische u.
lyrische Dichtungen etc.) Piacenza 1809/11, 22 Bde. Eine Sammlung der
Tragödien gab Mli.ANESi, Florenz 1855, in 2 Bden. heraus. Lettere inedite
di V. A. ed. I. Bernardi e C. Milaxesi. Florenz 1864. Satire e poesie
minori ed. G. Carducci. Florenz 1863. Das Leben A.'s hat sein Freund
Caluso beschrieben. Cenfanti, Tragedie e Vita di A. Florenz 1S42.
Teza, Vita, giorn. e lett. di A. Florenz 1861. Tedeschi, Studi suUe
tragedie di A. Mailand 1869. G. Mazzatini, Le carte Alfieriane di Mont-
pellier, in: Giorn. stör. III 27, 3.'>7 IV 129. A. Reimont, V. A. in Alsazia,
notizie complementarie del lavoro dell' autore »Gli ultimi Stuardi, la con-
tessa d'Albany e V. A.«, inserito nel. vol. VIII dell' Arch. stör. ital. Serie IV,
t. X disp. 5, vgl. Giorn. stör. I 153 — Algarotti, Francesco, geb. 1712
zu Venedig, gest. 1764 zu Pisa. A. verfasste ausser zahlreichen natur- u.
kriegswissenschaftl., philos. etc. Werken ein Lehrgedicht in Prosa »il Con-
gresso di Citera« 1745. Opere Livorno 1765, 8 Bde., Cremona 1778/84,
Das Italicnisclic. 705
10 Bde. D. MlcilELESsi, Memoric intorno allu vita e agli scritti del Conte
F. A. Venedig 177(t. dann in Bd. 1 der Gcsammtausg. — Ambra, Fede-
rigo dall', um 1290. N I ;U56 — Ambra, Francesco aus Florenz, gest.
1559, Verf. der Intriguenkomödien : II furto, I Bernardi, la Cofanaria —
Amicis s. De A. — Amore dispetto per Costanza. Visione di Ugolino
della Casa. Bol. 1S80. Sc. 175 — Angiolieri, Cecco, Ende des 13. u.
Anfang des 14. Jahrh.'s. in Siena. Seine Gedichte zum Theil herausg. von
MoLTEXi u. MoN.\ci, II Canzoniere Chigiano , p. 212. D Ancona, Cecco
A. da Siena, poeta umorista del sec. XIII, in: Nuov. Ant. XXV (1873) 5, vgl.
Rom. III 316, u. Studi di Critica j). 105. G. 222 u. 509. I 46 — Antica
Parafrasi lonibarda del »neminem laedi nisi a se ipso« di S. Giov. Crisosto-
mo. ed AV. Förster, in: Arch. glott. VII 1 — Le Antiche Rime volgari
secondo la lezione del Cod. Vat. 3793 pubbl. per cura di A. d'ANCONA e
D. CoMPARETTi in der Coli, di op. inedite etc. Bd. I Bol. 1873, 11 1881,
III 18S4 fBd. IV wird noch im J. 1880 erscheinen). Vgl. Ztschr. f. rom. Phil.
IX 571 — Antonio da Tempo, 14. Jahrh. Trattato delle rime volgari, com-
poste nel 1332, ed. G. Griüx. Bol. 1869. Coli. 27. Novati, Poeti veneti del
trecento. A. d. T., Alb. Mussato etc., in: Arch. storico per Trieste etc.
Vol. I No. 2 (Nov. 1881) p. 130 und S. Morpuego, Rime inedite di Giov.
Quirini e A. da T., ebenda p. 142, vgl. Rom. XI 624 — Apollonio da
Tiro, romanzo greco etc. in volgare ital. del sec. XIV ed. Leone del
Prete Lucca 1861. G. p. 382 u. 534 — Aquilon de Baviere. A. TnoMA.s,
A. de B., roman franco-italien inconnu , in: Rom. XI 538 — Arborea.
Carte d'A. 44 gefälschte Codices, angeblich aus Oristano, dem alten Sitze
der regoli von Arborea auf Sardinien, «enthaltend Poesie u. Prosa in Vul-
gärlatein, klassischem Latein, Sardinisch u. Toscanisch, seit 1845 von dem
Minoriten Cosimo Manca zum Vorschein gebracht« G. I 48). Verwerfendes,
die Fälschung evident nachweisendes Gutachten der Berliner Akad. d.
AVissensch. in ihren Monatsberichten 1S70, p. 64, vgl. G. Vitelli im Pro-
pugn. III 1, 255 u. 2, 436. Bartoli in seiner Litteraturgesch. II 389.
F. C.\RTA ed E. MiLAS, Le C. d'A. e l'Accad. di Berlino, in: Propugn. V
1, 77, 178, vgl. Rom. I 264 u. 395. G. 48 u. 484 — Aretino, Pietro,
geb. 1492 zu Arezzo, gest. 1557 zu Venedig. Satire: Ragionamenti. Tra-
gödie : Orazia. Epos : Marfisa ; Orlandino (vgl. *Giorn. di fil rom. III 68 u.
dazu Ztschr. f. rom. Phil. V 451); Lagrime d'Angelica, Astolfeida. Ausser-
dem vieles Andere, darunter viel Obscönes u. Cynisches, jedoch auch Er-
bauungsschriften und Heiligenleben. Gesammtausg. fehlt, .sodass man auf
die alten Einzeldrucke angewiesen ist. Lettere ftimigliari Venedig 1538/51.
Paris 1609. Eine so unerfreuliche Erscheinung P. A. auch ist, so ist er
doch zugleich eine höchst interessante u. für sein Zeitalter ungemein cha-
rakteristische Persönlichkeit, welche es verdienen würde, einmal vom kul-
turhistorischen Standpunkte aus eingehender behandelt zu werden; bereits
vorhanden sind über ihn folgende Monographien : F. DE S.iNCTis, P. A.,
in Nuova Antol. 1S74. Chasles, L'Arctin, sa vie et ses ecrits. Paris 1879.
SixiGAGLIA, Saggio di un studio su P. A. Napoli 1882. Samosch, P. A.,
Berlin 1681. Üb. die Orazia vgl. Cima, 10. delV A., im Propugn. X Januar-
heft u. folgende. Über seine Lustspiele (la Cortigiana, il Filosofo, l'Ipocrito
Körting, Encyklopfidie d. rom. Phil. III. 45
706 I^"s Italienische.
etc.; vgl. Canello a. a. O. p. 236. A. Lrzio, La famiglia di P. A., in.
Giorn. stör. IV 3-39. A. YlRGlLi , l'Angelica di P. A., in: FanfuUa della
Dom. 9. 4. 18S2, vgl. Giern, stör. I 157. A. Tessier, Notizia sulle edizioni
della Vita di P. A., in: Giorn. degli eruditi e curiosi lbS2, No. 3, vgl.
Giorn. stör. I 159. A. Lrzio, lOrlandino di P. A., in: Giorn. di fil. rom. III
68. Lettere scritte a P. A. Bologna 1873/74, 2 Bde., Sc. 132 ff. — Ariosto,
Lodovico, geb. 8. 9. 1474 zu Reggio, gest. 6. 6. 1533 zu Ferrara. I.
Orlando fcrioso. Originale Ausgg. Ferrara 151G, 1521, 1532 u. zahlreiche
spätere Ausgg. z. B. Venezia 1551, Lyon 1556 etc. etc., von neueren mö-
gen genannt werden die von MOLIXI Florenz 1821 , von Paxizzi (London
1824), von GiOBERTi (Flrz. 1846 u. Mail. 1S70), von Camerim (Mail. 1869;.
IL Komödien in Prosa: 1. La Cassaria, erste datirte Ausg. Venezia 1525
(vorher eine undatirte, vermuthlich aus dem Anfange d. Jahrh.'s.). 2. I
Suppositi, erste dat. Ausg. Siena 1523. IIL Komödien in Versen: 1. II
Negromante, erste undat. Ausg., vermuthlich Venezia kurz nach 1530,
erste dat. Ausg. Venezia 1535. 2. La Lena. Venezia 1535. 3, I Suppositi
(Umarbeitung des Prosastückes) Venezia 1542. 4. Cassaria (Umarbeitung
des Prosastückes: Venezia 1546. 5. La Scolastica. Venezia 1547. Gesammt-
ausgg. der Verskomödien Venedig 1562 u. oft, z. B. Florenz 1724 (von der
Crusca citirt). IV. Satiren, erste Ausg. s. 1. 1534, Venezia 1550 etc. etc.
V. Rime (Sonette, Madrigale, Canzonen, Capitolij, erste Ausg. s. L 1537,
dann Venedig 1546 etc. etc. Gesammtausgg. aller Werke (ausser den ge-
nannten sind noch einige kleinere vorhanden) Venedig 1730, 2 Bde., Triest
1857. Gute handliche Ausg. der Opere minori, besorgt von F. L. POLIDORI.
Florenz 1857, 2 Bde. Bolza , Manuale ariostesco. Venedig 1866. I. G.
Ferrazzi, Bibliografia ariostesca Bassano 1881. Biographien A.'s haben
verfasst: G. PiGNA (Ausg. d. Orl. f. Vdg. 1556), G. Garofolo (in der
Ausg. d. Orl. f. Vdg. 1584) u. Fornaro (in der Ausg. d. Orl. f. Vdg. 1506),
darnach Gaetano Barbieri (Ferrara 1773); K. L. Fernow, das Leben d.
Lud. A., herausg. v. L. Hain. Leipzig 1S17. G. Campoui, Notizie per la
Vita di L. A. estratte da documenti. Modena 1871. Cappelli, Lettere di
L. A. Bologna 186G. Gli Ariosti da Ferrara cittadini milanesi, in: Boll,
stör, della Svizz. ital. VI No. 1 u. 2, vgL Giorn. stör. III 303. 'P. Rajxa.
Le fonti deU' Orl. Für. Firenze 1876, vgl. Ztschr. f. rom. Phil. I 125. A.
Gaspary, zu A.'s Cinque Canti, in Ztschr. f. rom. Phil. III 232. Deutsche
Uebers. d. Orl. Für. namentlich von Gries (Jena 1804 9), von Streckfuss
(Halle 1818 ff.) u. Gildemei.stek Berlin 1883); Uebers. der Satiren von
Ahlwardt, Halle 1794. Französ. Uebers. d. Orl. für. von C. Hippeau
Paris 1880 u. Fr. Regnard Paris 1S80. Allgemein interessant ist über
den Orl. für. d. Buch Crescini'.s Orlando nella chanson de Roland e nei
poemi dcl Bojardo e dell' Ariosto. Bologna 1880, vgl. Rom. IX 635. Ueber
die Behandlung der Rolandssage in Italien vgl. auch die Artikel »Reali«,
»Roland« u. dgl — DelV Arte del vetro per musaico; tre trattatelli del sec.
XIV e XV. Bologna 1864 Sc. 51 — Artussage, vgl. *A. Graf, Appunti
per la storia del ciclo brettone in Italia, in: Giorn. stör. V 80 — Assisi
s. Francesco di A. — Un Avventura amorosa di Fernando d'Aragona,
Duca di Calabria, narrata da Bernardo Dovizi da Bibbicna etc. Bologna
Das Italienische. 707
16G2 Sc. 20 — Azeglio, Massimo d', geb. 18(il zu Turin, geat. 1866.
Romane: Niccülo de' Lapi; Ettore Fieramosca. Ausserdem polit. Schriften,
Selbstbiographisches {I miei ricordi) Briefe etc. Vgl. Brockhaus' Catalog
über ausländ. Litt. (18S6\ p. 71 — Delle Azioni e sentenze di Alessan-
dro de" Modici, ragionamento d'Alessandro Cecclieregli. Bologna ISO."). Sc. 66.
Baldi, Bernardino, geb. 1553 zu Urbino, gest. ebenda 1617. Lehr-
gedicht Della Nautica. Epos II Diluvio universale (in ISsilbigen Versen!).
Idylle Celeo o l'Orto. Egloghe. 100 Apologi (äsopische Fabeln. B.'s Dich-
tungen sind im Parnasso ital. 23 fl'. herausgegeben. J. Affö, Vita di B.
B. Parma 1783. L. Rvrerto, Gli epigrammi del B., in: Propugn. XV 1,
118 u. 350, und: Le egloghe edite ed ined. di B. B., ebenda XVII 1, 14
u. 419, 2, 434) — Baldovino, Francesco, geb. 1634 zu Florenz, gest.
1716 ebenda. Verf. eines Gedichtes in der lingua contadinesca »II lamento
di Cecco da Varlungo« , Florenz 1694, später herausg. v. Maruini mit
Commentar Florenz 1755 u. 1817. dann von Clasio, Florenz 1792, auch
b. iDELEii I 469 — Ballate. V. Cian, Ballate e strambotti del sec. XV
tratti da un codiee trevisano, in: Giorn. stör. IV 1. T. Casini, Tre ballate
d'amore del XIII sec. (aus dem Codex Vat. 3793) Florenz 18S4, vgl. Pro-
pugn. XVII 1, 451. Vgl. auch Cantilene — Ballate popolari del
secolo XV ed. E. Percopo. Napoli 1884 — Bandello, Matteo, geb.
148u zu Castelnuovo in Piemont, Todesjahr unbekannt, aber nach 1561.
214 Novelle, Parte 1, 2, 3 Lucca 1554, Parte 4 Lyon 1573. Gesammtausgg.
London 1740, 4 Bde., u. Livorno 1791/93, 9 Bde., beste Ausg. von Sil-
VESTRI, Mailand 1813/14. Vgl. Landau, Beitr. 99 — Bandi Lucchesi
del sec. XIV, tratti dai registri del R. Archivio di Stato di Lucca per
cura di S. BoxGi. Bologna 1863. Coli. 1 — Barberino, Francesco da,
geb. 1264 zu Barberino im Val d'Elsa , gest. 1348 zu Florenz. I Docu-
menti d'Amore ed. F. Ubaldixi Roma 1640. Del Reggimento e de' Costumi
di Donna ed. Maxzi, Roma 1815, u. C. Baudi di Vesme. Bologna 1875.
CoU. 42. *A. Thomas, F. da B. et la litt, provencale en Italic au moyen-
age. Paris 1883, vgl. Giorn. stör. III 91 u. VI 399. O. Antognoni, Le
glosse ai Doc. d'Am. etc., in Giorn. di fil. rom. IV 78, vgl. Giorn. stör. I
160. L 164 G. 202 u. 506 — Baretti, Giuseppe, geb. 1719 zu Turin,
gest. zu London 1789, Herausgeber der krit. Zeitschr. »la Frusta letteraria«
1763. E. 418 — Barlaam, s. die Angaben bei G. 535. Vgl. Brauxholtz,
Die erste nichtchristl. Parabel v. B. u. I. Halle 1883 — Barsegape (Bas-
cape), Pietro di, lebte im Mailändischen (13. Jahrh.), Verf. eines reli-
giös. Gedichtes, herausg. von Bioxdelli, Studj linguistici, Milano 1856,
p. 193 u. Poesie lombarde ined. p. 35. G. 130 u. 494. Ulrich a. a. O.
p. 17 — Battecchio, Commedia di Maggio. Bologna 1871 Sc. 122 —
Battiferri. Lettere di Laura B. Ammanati a Benedetto Varchi. Bologna
1S70. Sc. 166 — Beccaria, Cesare, geb. 1735 zu Mailand, gest. ebenda
1793. Dei delitti e delle pene. Monaco 1764 — Belli geb. zu Rom 1791,
gest. ebenda 1863. Satiriker, vgl. GxoLl in Nuov. Antol. Bd. 36 (1877 —
Bellincioni, Bernardo, gest. 1491 zu Florenz. Le Rime di B. B.
riscontrate sui mss., emendate e annotate. Bologna 1876 78, 2 Bde., Sc.
151 u. 160 — 11 Bei Pome. L. Frati, II B. P., Corona di nove sonetti
45*
708 ^^^ Italienische.
allegorici (aus Ende d. 15. oder Anfang d. 16. Jahrh.'s;, in Giorn. stör.
VI 223 — Benibo, Pietro, geb. 1470 zu Venedig, gest. 1547 zu Rom.
Gedichte (Oden, Sonette, Stanzen) Venezia 1530, herausg. v. A. Caro. Rom
1548. Briefe, vollständigste Ausg. Verona 1743, 5 Bde., Gli Asolani
Dialoge über die Liebe) Venezia 1505, 1530 u. oft. Prose (grammatische
Gespräche) Venezia 1525, vgl. oben S. 612. Ausserdem lat. "Werke (Ge-
schichte Venedigs in 12 Bd., von B. selbst in d. Ital. übers., Epistolarum
familiarium libri VI, Carmina). Gesammtausg. der ital. u. lat. W. von A.
F. Seguezzi, Venedig 1729, 4 Bde. fol.; die ital. W. in der Mailänder
Sammig. der Classici ital., 12 Bde. Casa, Vita Bembi ed. A. Zeno in:
Scrittori delle cose veneziane. Venedig 1718. *V. Cl.\N, Un decennio deUa
vita di M. P. B. (1523/31). Appunti biografici e saggio di studj sul B. etc.
Turin 1885, vgl. Giorn. stör. VI 270. B. Morsolin, La ortodossia di P.
B. Venezia 1885, vgl. Giorn. stör. V 433. Angelixi, Di un codice cartaceo
contenente i carmini di P. B., in: Bibliofilo III 2 (Febr. 1882), vgl. Giorn.
stör. I 162 — Bentivoglio, Guido, geb. zu Ferrara 1579, gest. zu Rom
1644. Opere (Briefe, Memoiren, zeitgeschichtl. Essays, Gesandtschaftsbe-
richte), Venezia 1644, Paris 1648. Memorie, Venezia 1648. Neuere Ausg.
der Opere storiche Milano 1806, 5 Bde. — Berni, Francesco, geb. gegen
Ende d. 15. Jahrb. 's zu Lamporecchio bei Pistoja, gest. 1536 (?) zu Florenz.
Opere burlesche di Fr. B. (u. Anderer), Theil I Florenz 1548 (1550/52),
Theil n Florenz 1555, Theil III Rom (angeblich üsecht, d. h. Utrecht, al
Reno) 1726, eine Auswahl davon im Parnasso ital. Bd. 27. Orlando in-
namorato (Parodie d. Orl. Bojardo's) Venedig 1541 u. oft, z. B. Neapel
1724, Paris 1768, im Parnasso ital. Bd. 1 1 ff . — Berta de li gran pie s.
oben S. 314 — Bertola, Aurelio de' Giorgi, geb. 1753 zu Rimini,
gest. ebenda 1797. Belletrist, der auch manches auf Deutschland u. deutsche
Litt. Bezügliche geschrieben hat; vgl. über ihn die ausführliche Notiz bei
Ideler a. a. I 511 — Bettinelli, Saverio, geb. 1718 zu Mantua, gest.
ebenda 1808. Opere edite e inedite in prosa e in versi Venedig 1799/1801,
24 Bde., über deren theilweise interessanten Inhalt man vgl. Ideler I 564.
— Bersezio, Victor, geb. 1830 zu Coni, Verf. der Romane: la Famiglia,
L'Amor di Patria, Palmina, l'Odio etc. ; der Dramen : Romulus, le Pasque
Veronesi, il Perdono etc. Die Romane bilden einen Cyclus nach Art der
Balzac'schen — Betto Mettefuoco, aus Pisa, um 1250. N I 210 G. 78 —
Dello Bianco di Bucarello, um 1250. N 1301 — Bibbiena, Bernardo
Dovizi[o] da, geb. 1470 im Florentinischen , ge-st. 1520. Verf. d. Lust-
spiels »Calandria«, zuerst gedruckt Siena 1521, dann oft, z. B. auch im
Teatro classico ital. Leipzig 1832. Vgl. Graf, Tre commedie ital. del Cinque-
cento, la Calandria, la Mandragora, il Candclajo, in: Studi drammatici. Turin
1878. U. Canello a. a. O. p. 233 — Bindo Bonichi aus Siena, gest. 1338.
Rime di B. B. edite e inedite Bol. 18(17. Vgl. Borgognoni in seinen Studj etc.
s. oben S. 701) N I 355. G. 354 u. 530 — Boccaccio, Giovanni, geb. 1313,
nach gewöhnlicher, aber unbeweisbarer Annahme zu Paris, wahrscheinlicher
zu Flrz., gest. 20. 12. 1375 zu Flrz. Italienische Dichtvngex: Novellen-
SAMMi.uxG : il Decamerone. Prosaromane : Filocopo (Flor u. Blancheflor),
Fiammetta. Epen IN Ottave rime: Teseide, Filostrato fTroilus u. Crcssi-
Das Italienische. 709
da\ Tsinfalc Fiesolano Jdyll). Ali.EGORISIKENDES Idyll : Aineto in Prosa,
untermischt mit lyrischen Parthien). Satiue : il Corbaccio. Allegorisches
Gedicht in Terzixen : l'Amorosa Visione. Lyrische Gedichte: Kime.
Gelehrte Werke: a) italienisch: Biographi(en) Dante's, Bruchstück
eines Commentars zu Dante's Div. Com. ; LATEINISCH: Genealogiae deorum
libri XV; De niontibus, Huminibus etc.; De casibus virorum illustrium;
De claris mulieribus. Lateinische Dichtingkn : IG Eklogen'). Von den
italienischen Werken hat ^Ioutiek eine Gesammtausg. veranstaltet (Florenz
1S21/29, 12 Bde.), welche praktischen Zwecken genügt, wissenschaftlich
aber, namentlich bezüglich der Textkritik, nahezu Alles zu wünschen übrig
lässt. Für die lat. Werke aber fehlt jede Gesammtausg. u. man ist leider
noch immer auf die alten Einzeldrucke angewiesen. Auch eine Boccaccio-
Bibliographie ist noch nicht vorhanden ; d. Buch von A. Bacchi della
Lega »Serie delle edizioni delle opcre di G. Boccaccio«, Bologna 187.5, ist
sehr lücken- u. mangelhaft, vgl. Koni. VI 149. Für die lat. Werke hat
indessen Mortis in seinen unten zu nennenden Studj eine treuliche Biblio-
graphie gegeben. Die Briefe B.'s sind von Fr. Corazzini (Firenze 1877)
in recht fragwürdiger Weise herausgegeben worden, obwohl immerhin die
Ausg. nicht ohne Verdienst ist. ZiR Biographie B.'s : Quellen sind B.'s
Werke, besonders seine Briefe sowie die Briefe Petrarea's. Aelteste Bio-
graphie ist die in Villani's «liber de civitatis Florentiae famosis civibus«
s. oben S. 696; gegebene. Die wissenschaftl. Biographie beginnt, nachdem
bereits Manni (s. u.) Manches dazu beigetragen, mit G. B. Baldelli, Vita
di G. B. Firenze 1806 (noch jetzt werthvoll u. nicht zu entbehren). Neuere
Arbeiten sind: M. Landau, G. B., sein L. u. s. W. Stuttgart 1877 (in d.
Ital. übers, von Camillo Aktona-Traversi, der Uebers. sind reichhaltige
u. gelehrte Anmerkungen beigegeben, in denen namentlich auch d. Buch
von Körting [s. u.] eine theils zustimmende, theils ablehnende Besprechung
findet. Durch diesen Commentar wird A.-T.'s Werk eine unerschöpfliche
Materialiensammlung für die Boccacciophilologie, u. hoflentlich wird A.-T.
recht bald auf Grund dieser Materialien eine abschliessende B. -Biographie
verfassen'-); *G. Voigt a. a. O. I 165 ff. u. an vielen anderen Stellen d.
ersten Bandes; G. Körting, B.'s L. u. W., Leipzig 1880 (Bd. 2 der Gesch.
d. Litt. It. 's im Zeitalter der Renaiss.3). Einzelschriften zur Bocc.-Biogr.
(im Folgenden wird Antona-Traversi mit A.-T. abgekürzt). KÖRTING, Boc-
caccio-Analekten (über B.'s Geburtsort u. B. Liebe zu Fiammetta) , in :
1) Die Zahl der B. mit Unrecht beigelegten Werke (Caccia di Diana,
Geta e Birria, ein Passionsgedicht, ein Ave Maria in Terzinen etc.) ist
sehr beträchtlich und mehrt sich noch immer, hier kann j edoch nicht näher
darauf eingegangen werden. Auch die Frage nach der Aechtheit des Zi-
baldone i Notizbuch; möge hier auf sich beruhen.
2) Die Angriffe auf sein grosses Werk in der Itassegna settimanale
Vol. 8 Ko. 19U, p. 127, beantwortete A.-T. mit einer schneidigen Brochure
»Cicero ])ro domo sua« (ohne Angabe des Druckortes und -Jahres, aber
1882 erschienen).
3i Unter den zahlreichen Besprechungen, welche dies Buch gefunden
hat, ist dem Verf. besonders interessant gewesen diejenige in der Fanfulla
della Domenica vom 6. Febr. 1882.
710 ^^^ Italienische.
Ztschr. f. rom. Phil. V 209, vgl. dagegen Crescixi, ebenda IX 437. A.-T.,
1. Della patria di G. B., in Giorn. Nap. di filos. e lett. Anno III, vol. V
fasc. 13 f. 18S1 (auch als Brochure erschienen), 2. Della Patria, della fami-
glia e della poverta di G. B. Firenze 1881 (Estr. dalla Riv. Europea, Riv.
Internaz.); 3. il Boccaccio in Napoli, Ancona 1881. [L. Taxfani, Niecola
Acciaiuoli, Firenze 1863, ist indirect wichtig für die Geschichte d. Aufent-
haltes B.'s in Neapel]. R. Reniek, la Vita Nuova e la Fiamraetta, Turin
1S79. A.-T., 1. Le prime amanti di G. B., in: Fanf. della Dom. 7. 5. 1882;
2. La Fiammetta, in: Fanf. della Dom. 18. 12. 1881; 3. Uell' amore di G.
B. per Mad. Fiamm. secondo alcune idee del Baldelli, in : Preludio (An-
cona-Bologna) 30. 4. 1881 (dann als Brochure, Ancona 1882). 4. Della realtä
e della vera natura dell' amore di G. B. per Mad. Fiamm., risposta al dott.
G. Körting. Livorno 1 883. R. Renier , Di una nuova opinione sull' amore
del B. (gegen Körting) in: Rassegna settim. 10. 10. 80. A.-T., II Petrarca
estimatore ed amico di G. B. Ancona 1881. A. HoRTls, Giov. Bocc. am-
basciatore in Avignone e Pileo da Prata. Triest 1875. A.-T., II B. calunnia-
to, in Fanf. della Dom. 12. 1. 1882 (bezieht sich auf B.'s Stellung zu Dante).
Zur Würdigung B.'s im Allgemeinen : A. Bartoli, I precursori del B.
e alcune delle sue fonti. Firenze 1876 (herzlich schwach). H. Hettner,
Petrarca u. B. als Begründer der ital. Renaissancebildung , in : Deutsche
Rundschau 1875, Heft 5 (wieder abgedruckt in H's Ital. Stud. Braunschweig
1879). Feuerlein, Petrarca u. Bocc, in Sybels hist. Ztschr. Bd. 38 S. 193.
A. HoRTIs , Per l'inaugurazione del monumento di G. B. in Certaldo addi
22 di Giugno del 1879. Firenze 1879. *G. Voigt in Bd. 1 seines klassischen
Werkes, Landau u. Körting in ihren Biographien. A. Graf, II B. e la
superstizione Rom 1885. Zum Decamerone : Erste Ausgaben Venedig 1470
u. Mantua 1472, Florenz 1527 (Giunti) ; die moralische Ausg. der vier
akademischen »deputati« Florenz 1573 (dazu Annotazioni e discorsi sopra
alcuni luoghi del Dec. di M. G. B. »fatte da' deputati alla correzione«
Florenz 1574, oft neu gedruckt, z. B. Firenze l'^57 Monnier. Salviati's
den Text verstümmelnde, aber für die Sprachgeschichte wichtige Ausg. Flrz.
U.Venedig 1582 (dazu die Avvertimenti della lingua sopra il Dec. Venedig
u. Florenz 1584/86). Von .späteren Aussgg. sind beachtenswerth die von
Lucca 1761 (nach dem Mscr. Mannelli's), von Mailand 1803 (mit Noten
von Martinelli), von Parma 1812 (mit Noten von Colombo), von London
1825 (mit FoscoLo's »Discorso storico») , endlich die Ausgg. Moutier's
(Florenz 1827) u. von Fanfani (Florenz 1857). Von den deutschen Uebers.
d. Dec. ist die älteste von Steinhüwkl (15. Jahrb.), die beste die von C.
Witte mit -werthvoUer Einltg. (Leipzig b. Brockhaus 1802 f., 3 Bde.).
Manni, Storia del Dec, Florenz 1742. M. Landau, die Quellen d. Dec.
2. Ausg. Stuttgart 1884, vgl. Giorn. stör. II 407. Cappelletti, Studj sul
Dec Parma 1880, und: Osservazioni storiche e letterarie e notizie sulle
fonti del Dec, in: Propugn. XVI 2, 30 bis XVII 2, 239. F. Liebkeciit,
Zum Dec. in: Jahrb. f. rom. u. engl. Spr. u. Litt. XV 450. F. Tokraca,
il B. e i Novellieri francesi, in: Fanf. della Dom. 16. 7. 82. P. Rajxa,
La Novella boccaccesca del Saladino e di Messer Torello, in : Rom VI 359,
vgl. Giorn. stör. II 59. C. Paoli, Documenti di Ser Ciappelletto, in Giorn.
Das Italienische. 7 1 I
stör. V 329. G. Pixki.li, La moralitii ntl Doc, in; l'ropufjn. XV 1, 'M\
u. 2, 97. A.-T., Kaffronto fra la pcste di Tucidide, di liUcrezio e di G.
B., in: Propugn, XIV 1, 299, und: »Senza titolo" (v<2;l. Anfang der 4. Gior-
nata . in: Fanf. della Dom. 29. 1. 82. F. TiUBOL.vri, Diporti letterari sul
Dec. del B. Pisa 1873. L. Gaiter, Vocaboli e niodi di dire dei diaL sici-
liano e veronese riscontrati nel Dec, in: Propugn. XIV 1, 417 u. XV 1,
ISS. ZvM FiLOCoro: A. GAsr.^UY, Filocolo oder Filocopo?, in; Ztschr. f.
rom. Phil. III 395, vgl. auch unten den Artikel »Fiore". B. ZlMHlNl, II
F. del B. Florenz 1879 (Nuov. Antol. 15. 12. 79.), vgl. Giorn. di fil. rom.
II 234. V. Crescini, Flores y Biancaflor, in: Giorn. di fil. rom. IV 159.
E. NovATi, Sulla composizione del Filocolo, in: Giorn. di fil. rom. III 56.
V. Crescixi, Due Studj riguardanti opere minore del B. II cantare di
Fiorio e Biancifiore ed il Fil. La Lucia dell' Am. Vis. Padova 1882, vgl.
Giorn. stör. I 133. Herzog, Die beiden Sagenkreise von Fl. u. Bl., in;
Germania 1SS2 Heft 2 auch als Züricher Diss. erschienen , vgl. Giorn.
stör. IV 241. ZVM Ameto : A.-T., La questione d'A., in: l'üpinlone lette-
raria 6. 7. 82 'vgl. auch die Schriften über B.'s Liebe). Canetta Carlo,
SuU' A. di G. B-, in: l'Opinione lett. 8. fr. 82. Zum Ninfale Fies. : B. ZuM-
Bixi, Una storia damore e morte, in: Nuov. AntoL 1. 3. 84. Zur Fiam-
METTA : Canetto Carlo, La F., in quäl anno fu scritta, in: l'Opinione
lett. 25. 5. 82 (vgl. auch die Schriften üb. die Liebe B.'s . Zum Corbaccio :
G. PiNELLI, Appunti sul C, in: Propugn. XVI 1, 1G9. A.-T., II C. e il
Dec. in: Convivio (Siracusa) 30. 4. S3. Zur Amorosa Visioxe: Crescini,
lucia, non Lucia, in: Giorn. stör. III 422, vgl. Riv. Europea 1. 3. 82 u.
Due Studj etc., s. oben. Axtoxa-Traversi, Notizie storiche suU' A. V.,
in: Studj di fil. rom. I 425. Zu den Rime: A.-T., Di una cronologia
approssimativa delle R. del B., in: Preludio 30. 1. 83 (auch als Brochure
gedruckt;. F. Maxzo, Delle rime di M. G. B., studio crit., in: Propugn.
XVI 1, 386. Zu DEX L.\T. "Werkex : *A. HoRTis, Studj sulle opere latine
del B. con particolare riguardo alla storia della erudizione nel medio evo
e alle letterature straniere. Aggiuutavi una bibliogratia delle edizioni. Triest
1S79 (ein bewundernsTverthes Riesen- u. Meisterwerk, eine wahre Fund-
grube von Schätzen der Gelehrsamkeit); von demselben: Accenni alle scienze
naturali nelle opere di G. B. e piü particolarmente del libro de montibus,
sUvis etc. Triest 1877; Le donne famose descritte da G. B. Triest 1S77;
Cenni di G. B. intorno a Tito Livio. Triest 1877. Zur Vita di Dante :
SCHEFFER-BoiCHORST , ZU B.'s V. d. D. , in: Aus Dante's Verbannung,
Strassburg 1882, p. 191. Zum Zlbaldoxe u. dgl. : S. Ciampi, Monumenti
di un manoscritto autografo di G. B. Florenz 1827 (2. vermehrte Ausg.
Mailand 1830), und: Lettera di Mess. G. B. a maestro Zanobi da Strada,
Firenze 1 827. Simonsfeld , Zur Bocc.-Litt. , in : Sitzungsb. der K. bayer.
Akad. d. "Wissensch. Philos.-hist. Kl. S. 1. 81. Unerquickliche Polemik
über B.'s Brief an Fr. NeUi zwischen A. Gasfary u. G. Körting in Ztschr.
f. rom. Phil. IV 571, V 73 u. 377 — B oj ar d o, Ma tteo Maria conte di
Scandiano. geb. 1430 auf einem Landsitze bei Ferrara, gest. 1494 zu Rom.
Orlando innamorato, zuerst gedr. zu Scandiano 1496, dann öfters. Sonetti
e Canzoni. Reggio 1499. Komödie: Timone. Scandiano 15dO. Gesammtausg.
712 üi^s Italienische.
der Avichtigeren AV. B.'s von G. Ventuki, Modena 1S20. Beste Ausg. d.
Orl. von Panizzi, London 1S30, mit Biogr. u. Anm. Deutsche Uebers.
von Gries, Stuttgart 1835/39 u. G. Regis, Berlin lb4u, letztere mit sehr
werthvollen Anmerkungen u. Realglossar. V. Crescini, Orlando nella
chanson di Roland e nei poemi del B. e dell' Ariosto, in: Propugn. XIII
1, 199 u. 402, 2, 33 — Bonaggiunta Urbiciani aus Lucca, um 12.50.
N I 139 — Bonaguidi, Loffo, um 1260. N I 360 G. 215 — Bondie
Dietaiuti, um 1250. N I 200 G. 97 — Papst Bonifaz VIII (1294 bis
1303J, verfasste ein Gebet in Terzinen, vgl. N I 421 — Fra Bonvesin
da Riva aus Mailand, zweite Hälfte d. 13. Jahrh.'s. II trattato dei Mesi
ed. E. LIDFOR.SS. Imola 1871 Sc. 127, vgl. Rom. II 113, Propugn. V 2, 368.
Streit der Seele mit dem Körper, Vita beati Alexii, Vulgare de Passione
S. Job, de quinquaginta curialitatibus ad mensam (alle diese lehrhaften
Dichtungen herausg. von I. Bekker in den Monatsberichten der Berl.
Akad. 1S51, p. 3, 85, 136, 217. 209, vgl. Ulrich, Altital. Leseb. p. 20; G.
135 u. 494 — Bosone da Gubbio, lebte etwa von 1280 bis 1350, angeblich
Verf. »einer Art historischen Romans mit moralisirender Tendenz« (G. 378;
betitelt: L'Avventuroso Siciliano, .ed. F. G. NoTT Firenze 1832 u. Milane
1833, eine andere Ausg. Florenz 1867, vgl. Del Lungo, DinoComp. I 2, 1040,
Mazzatini in Giorn. di fil. rom. III 4 Anm. G. 534 — Bovo d'Antona,
s. Rajna, I Reali di Francia I 491 G. 120 — Bracciolini, Francesco,
geb. zu Pistoja 1566, gest. 1645. Lo Scherno degli Dei, burleskes Epos
Florenz 1618 — Brunetto s. Latino — Bruno, Giordano, geb. 1550
zu Nola, gest. (verbrannt) 1600 zu Rom. Philosoph (seine Schriften sind,
weü sie nicht zur Litteratur im engeren Sinüe des Wortes gehören, hier
nicht anzuführen). Verf. d. Lustspiels »il Candelaio«, Paris 1582, dann
öfters gedruckt, z. B. auch im Parn. ital. teatr. Leipzig 1832. A. Graf,
Studj drammatici Turin 1878. H. v. Stein, Ueb. die Bedeutung d. dich-
terischen Elementes in der Philos. von G. B. Halle 1881 Diss. — Buo-
naccorso. Prose del giovane B. da Montemagno etc. Imola 1874 Sc. 141
— Buonarotti, Michelagnolo (so besser als Michelangelo), der
berühmte Künstler, geb. 1475 zu Caprese, gest. 1564 zu Rom. Rime e
lettere ; über Hdss. u. Ausgg. derselben vgl. C. Witte, in: Rom. Stud. I
1 ; für praktische Zwecke empfehlenswerth ist die 1857 b. Barbera erschie-
nene Ausg., die auch Condivi's Leben M.'s enthält. S. Grimm, M.'s Leben.
Berlin 1879. W. Lang, die Gedichte M. A.'s, in: Transalpinische Studien,
Leipzig 1875, I 173. Vgl. Reumont, Vitt. Colonna S. 272 — Burchiello,
Domenico di San Giovanni, aus Florenz, Geburtsjahr unbekannt, gest.
1448 zu Rom. Sonetti del.B., del Bellincioni e di altri poeti Fiorentini
alla burchiellesca. London 1757 — Buvalelli s. oben S. 476 — Buzzu-
ola, Ugolino (nicht Tommaso) da Faenza, zweite Hälfte d. 13. Jahrh.'s
N I 356. G. 78 u. 487.
Caccia di Diana, angeblich von Boccaccio verfasst, herausg. in:
Moutier's Ausg. der Opere Bocc.'s. S. Moupuugo e O. Zenatti, La Caccia
di D. Florenz 1884 — Cammelli, Antonio, geb. 1440 zu Pistoja, gest.
1502 zu Ferrara. Rime edite e inedite per cura di A. Cappelli e S. Fer-
rari. Livorno 1884, vgl. Giorn. stör. V 242 — Cantare. P. R.una. II C.
Das Italienische. "]',)
dei C'antari e il Serventese del Maestro di tutte l'Arti, in: Ztschr. f. rom.
Phil. II 220, 419, V 1 — Cantare del bei Gherardino. Novella cavalle-
resca in ottava rima del sce. XIV. Bologna ISO" Sc. 79 — Cantari. I can-
tari di Cardaino giuntovi quello di Tristano e Lancielotto quando com-
battettero al Petrone di Merlino, poemetti cavallereschi ed. P. Rajna.
Bologna 1873 Sc. 135, vgl. Kom. IV 137 — Cantilcne e ballate, stram-
botti e madrigali nei see. XIII e XIV a cura di G. Cakducci. Pisa 1871,
vgl. Kom. I 115 u. VIII 73, Giorn. stör. II 115 — Cantü, Cesare, geb.
zu Brivio 1807, gest. 1885 zu Mailand, Verf. des hist. llomans Margherita
Pusteria u. zaiilreicher histor. Schriften, so namentl. einer Storia universale
— C an Zone. A. Mussafia, Una eanzone tratta dal cod. Barberino XLV
47, in: Riv. di fil. rom. II 65. P. R.\jxa, Intorno a due canzoni gemeUe,
in: Ztschr. f. rom. Phil. I 381 — Canzoniere. E. Monaci, II C. Chi-
giano LVIII 305, in: Propugn. XI 1, 199 — Capitoli dellc monache di
Pontetetto presso Lucca. Scrittura inedita del sec. XIII. Bologna 1863
Sc. 39 — Cappello, Bernardo. Lettere di B. C. Imola 1870 Sc. 108
— Capponi, Gino, geb. 14. 9. 1792 zu Florenz, gest. ebenda 3. 2. 1876,
verfasste u. A. eine Storia di Repubblica di Firenze. Florenz 1875, 2 Bde.
A. V. Reimoxt, G. C, Leipzig 1880 — Carducci, Giosue, geb. 29. 1.
1834 zu Bologna. Lyrischer Dichter (s. das Verzeicliniss seiner Werke in
Brockhaus' Catalog p. 81). Unter seinen Gedichten besonders bemerkens-
■\verth die Odi barbare (vgl. oben S. 663) u. die Ode an den Satan 'übers.
V. J. Schanz in: Italia II 258). Verf. zahlreicher trefflicher litterarhistor.
Schriften — Carli, Gianrinaldo, geb. 1720 zu Capo d'Istria, gest. 1795
zu Mailand, Schriftsteller über Archäologie, Nationalökonomie, Politik etc.,
vgl. Ideler I 465 — Caro, Annibale, geb. 1507 zu Civitanuova b.
Ancona, ge.st. 1566 zu Rom, Dichter u. Prosaist, namentlich als Epistolo-
graph berühmt. Beste Ausg. seiner W. mit Biographie von Seghezzi.
Venedig 1756 — Carte da giuoco in servigio dell' Istoria e della Cro-
nologia etc. Bologna 1871 Sc. 120 — Casa, Giovanni della, geb. 1503
zu Casa in Toseana, gest. 1556 zu Rom. Moralphilos. Schriftsteller, Verf.
des Galateo o Trattato dei Costumi , aber auch Verf. obscöner Capitoli.
Beste Ausg. seiner "W. mit Biogr. Neapel 1733, 3 Bde. — Castelvetro,
Lodovico, geb. 1505 zu Modena, gest. 1571 zu Chiavenna, Philolog u.
Philosoph. Uebers. der Ars poetica des Aristoteles ("Wien 1570). Verf. einer
Sposizione a 29 canti dell Inferno Dantesco ed. G. Fraxciosi. Verona 1886.
Opere critiche ed. Muratori, Lyon (Mailand 1727. A. Ploucher, Della
vita e delle opere di L. C. Conegliano 1879. F. Sandonxini, L. C. e la sua
famiglia. Bologna 1882 — Casti, Giambattista, geb. 1721 zu Prato,
gest. zu Paris 1798. Novelle galanti Paris 1793. Gli animali parlanti. Paris
1802 u. oft — Castiglione, Baidassar, geb. 1478 zu Casatico b.
Mantua, gest. 1529 zu Toledo, Verf. des Libro del Cortegiano , oft gedr.,
z. B. Venedig 1574, Padua 1760 (mit Biogr. von P. Serassi). H. Grimm,
De incerti auctoris litteris quae Raphaelis Urbinatis ad Leonem decimum
feruntur, in: Jahrb. f. Kunstwissenschaft IV 67 — Caterina da Siena,
geb. 1347, gest. zu Rom 1380. Opere ed. Gigli. Lucca u. Siena 1707/15,
4 Bde., dazu Bd. 5 Rom 1717, ein Vocabolario Cateriniano enthaltend. Le
714 Das Italienische.
lettere, ed. N. Tomniaseo. Fircnze 180U, 4 Bde. Lep-genda minore di S. C.
da S. e lettere dei suoi discipoli cd. F. Grottaxelli. Bologna 1868. K.
Hase, K. v. S., ein Heiligenbild. Leipzig 1864. M. A. Migxaty, Catherine
de Sienne, sa vie et son role dans l'Italie du XIV s. Paris 1886 (der Tag
der hl. K. ist der 29. April). I. 455. G. 387 u. 535 — Cato. A. Tobler,
Die altvenezianische Ucbcrs. der Sprüche des Dionysius Cato. Berlin 1883
(Abhdlgg. der Akad. d. Wissensch.}. Libro di C. o tre volgarizzamenti del
libro di Catone ed. M. Vax.nucci. Milano 1829. G. 187 u. 504. N. II 93.
Ulrich, Altital. Leseb. 139 — Fra Domenico Cavalca »aus Vico Pisono,
vom Orden der Dominicaner, gest. 1342, Verf. mehrerer ascetischer Trac-
tate, des Specchio della Croce, Specchio de' Peccati, der Medicina del
Cuore, des Trattato delle trenta stoltizie etc., übersetzte in seinen Vite dei
Santi Padri (ed. B. SoRio. Triest 1858, eine Auswahl von Del LrxGO,
Leggende del sec. XIV. Florenz 1S63, 2 Bde.) die unter dem Titel Vitae
Patrum bekannte Sammlung von Legenden heiliger Eremiten der ersten
Jahrhunderte«. G. 383 u. 535 — Cavalcanti, Bartolomeo. Lettere di
B. C. Bologna 1869. Sc. 101 — Cavalcanti, Guido, geb. spätestens 1259
zu Florenz, gest. ebenda 1300. Die Rime G. C.'s sind herausg. von Cic-
CLAPORCi. Firenze 1813, von G. Capasso. Pisa 1870, von N. Arnüne.
Firenze 18S1, vgl. Giorn. di fil. rom. III, No. 2, p. 111. Faxfani, Noterelle
SU un passo del C, in: il Fanfani II No. 2, 25. 1. 82., vgl. Giorn. stör. I
162. P. Ercole, G. C. e le sue rime. Studio storico-letterario seguito dal
testo critico delle rime con commento Livorno 1885, vgl. Giorn. st. VI 402.
T. RoccANi, L'amore in Bernardo di Ventadorn e in G. C. , in: Propugn.
XIV 1, 19 u. 176. N. II 263 G. 210 u. 507 — Cavalcanti, Jacopo,
Bruder Guido's, gest. 1287. N. I 296 — Cecco Angiolieri s. Angio-
lieri — Cecco d'Ascoli, lebte im letzten Viertel des 13. u. im ersten
Viertel des 14. Jahrh.'s, verfasste u. A. das Lehrgedicht »l'Acerba«. Die
Ausgg. desselben zahlreich, aber schlecht (so auch die von Andreola. Vene-
ziana 1820), vgl. *F. Bariola, C. d'A. e l'A. Firenze 1879, S. 126 ff. E.
Frizzi, Saggio di Studj sopra C. d'A. e l'A., in: Propugn. X 1, 468. Car-
DUCCI, Studi lett. 262. G. 349 u. 529 — Cellini, Benvenuto, geb. 1500
zu Florenz, gest. ebenda 1571. Vita da lui medesimo scritta. Napoli 1728
u. oft. A. Mabellim, Delle rime di B. C. Firenze 1885, vgl. Giorn. stör.
VI 424 — Cene s. Chitarra — Cento novelle antiche s. Novelle —
Cesarotti, Melchior, geb. 1730 zu Padua, gest. zu Selvaggiano b. Pa-
dua (?) 1808. Uebers. des Ossian, Padua 1763 ^-oUständig erst 1772), Be-
arbeitimg der Ilias (»la Morte d'Ettore«) , 2. Ausg. ! Venedig 1795. Saggio
suUa filosofia delle lingue applicata alla ling. ital. 1785 (dagegen Galeaxi
Napione, Dell' uso e de"pregj della ling. ital.^ Opere complete Pisa u.
Florenz lSOO/13, 40 Bde., wo der Saggio sulla filos. etc. voransteht. Vgl.
Ideler, II 783, E. 419, Breitlnger, Einltg. in das.Stud. des Ital. S. 36 ff.
— Chanson. C. Nigra, Versions piemontaises de la Ch. de Renaud, in:
Rom. XI 391 — Chiabrera, Gabbriello, geb. 1552 zu Savona, gest. 1637.
Lyriker (als Dramatiker u. Epiker ohne Bedeutung). Ausgg. der Rime z. B.
Rom. 1718, 3 Bde., Venedig 1757, 5 Bde., in den Mailänder Classici ital.,
3 Bde. — Chiaro Davanzati, aus Florenz, um 1250. Böhmer in Rom.
Das Italionisclic. 715
Stiul 1 114. X. I 204. U. ;i4, '.IG u. 4b!t — Clütaira, Cene della, aus
Arczzo, um 1260. liC llime di Folf^ore da San Geniignano e di C. d. Ch.
d'Arczzo ed. Navone. Bologna 1880. N. I 349. G 211) u. 5US. Vgl. auch
Folgere da S. G. — Ciacco dell' Anguillara, 13. Jahrh. I '.»1. N 191.
G. 94 — Cino da Pistoja, geb. 1270 (wahrscheinlich noch früher), gest.
Ende 1336 od. Anfang 1337. Neueste Ausg. der llime besorgt von E. IJlXDI
u. P. F.^NF.^NI. Pistoja 1878, vgl. Propugn. XI 2, 503. Caudicci, Kime
di C. da P. e d'altri poeti del sec. XIV. Firenzc lS(i2. B.vhtüli, Stör. Lett.
IV 41. T. Casixi, Sopra alcunc rime attribuite a C. da P. , in: Giorn. di
til. rom. IV ISS. P. Caxal, Sopra una canzone di C. da P. etc. (Atti del
E. Istituto vcneto di scienze etc. Serie V, vol. III), vgl. Giorn. di fil. rom.
I 57. L. CnurrELLi, Vita e opere giuridiche di C. d. P. con molti docu-
menti inediti. Pistoja ISSl. G. 357 u. 531 — Cinzio (oder Cinthio),
Giovambattista Giraldi, geb. um 1500 zu Ferrara, gest. ebenda 1573.
Novellencyclus Gli Ecatommiti, verfasst 152S tf., erste Ausg. 1503 zu Monte
Kegale, d. i. Mondovi in Piemont (vgl. Aug,sb. AUg. Ztg. 21. 10. 1870 Bei-
lage). Canello a. a. O. 182. Landau, Beitr. etc. 114 — CiuUo s. Con-
trasto — Cocai, Merlin (Teofilo Folengo), geb. um 1491 in der
Xähe von Mantua, gest. 1544 zu Campese b. Bassano. Verf. eines burlesken
Epos Orlandino 1520, herausg. v. PiTüCCO, London u. Paris 1773 u. makke-
ronischer Poesien. Le opere maccheroniche, curate da A. Portioli. Man-
tova 18S2, vgl. Giorn. stör. II ISl. Canello a. a. O. p. 170 — Codice
della Div. Comm. che fu del Papa Lambertini etc. ed. Scarabelli. Bologna
1871,73. Coli. 2S, 29, 30 — Codro Antonio Urceo, Humanist des
16. Jahrh.'s, Zeitgenosse u. Freund des Aldus Manutius. C. Malagola,
Della vita e delle opere di A. U. detto C. Bologna 1878, vgl. Propugn. XI
1, 265 — Colon na, Egidio, geb. zu Rom (Jahr unbekannt), gest. zu
Avignon 1316. Tractat De regimine principum, hiervon eine altital. Uebers.
in zwei Hdss. erhalten, noch nicht edirt. N. II 323 — Colon na. Guido
de, s. Guido — Colonna, Vittoria, geb. zu Rom 1490, gest. ebenda
25. 2. 1547. Rime, erste Ausg. Parma 1538, spätere Ausg. z. B. von Vis-
conti. Rom 1840, von Saltixi. Florenz 1860. Deutsche Uebers. von Bertha
Arndts. Schaflfhausen 1858. Die Litteratur über V. C. hat verzeichnet A. v.
Reumoxt in seinem Buche V. C , Leben, Dichten, Glauben im 16. Jahrh.
Freiburg i B. 18S1, p. 253 ff. ; über dies Buch vgl. Archiv, stör. ital. Serie 4,
t. IX disp. 5a u. Domenica letteraria 1SS2 No. 15, Mai 14. — Comme-
dia. 1. Comm. di Dante degli Allagherii col Commento di Jacopo della
Lana etc. Bologna 18116. Coli. 38, 39, 40. 2. Comm. di Dieci Vergini,
rappresentazione dei primi secoli della lett. ital. , tratta da un cod. della
Riccardiana di Firenze e pubbl. da E. Alvisi. Firenze (Jahr?). 3. Comm.
deir Arte. A. B.vrtoli, Scenari inediti della C. dell' A. Florenz 186S.
M. Scherillo, La C. dell A. in Italia. Studj e profili Turin 1884, vgl.
Giorn. stör. V 276. A. Neri, Una Comm. dell' A. , in; Giorn. stör. I 75.
MoL.\XD, Moliere et la comedie ital. Paris 1807. Vgl. auch unten Theater
— Commento di ser Agresto da Ficaruolo sopra la prima ficata del
Padre Sicco. Bologna 1862, Sc. 7 — Commento a una canzone di Fr.
Petrarca per Luigi de' Marsili. Bologna 1863, Sc. 36 — Columna s.
716 Das Italienische.
Guido delle Colonne — Commento alla Div. Comni. d'Anonimo Fio-
rentino del sec. XIV ed. P. Fanfani. Bologna 1866/74, Coli. 13, 14, 15 —
Compagni s. Dino Compagni — Le Compagnie dei Battuti in
Koma neir anno 1339. Bologna 1862 Sc. 20 — Compendio di piü ritratti
di Gio. Maria Cecchi. Bologna 1867 Sc. 81 — Compendio di Storia Ko-
mana di Lucio Anneo Floro. Bologna 1S81 Sc. ISU — Consiglio contro
a pistolenzia per maestro Tommaso di Garbo. Bologna 1S66 Sc. 74 — Con-
tenzione di Mona Costanza e di Biagio e tre Canzoni di messer Bemardo
Giambullari. Bologna 1868. Sc. 96 — Conti, Giusti de', geb. zu Val-
montone bei Rom (Jahr unbekannt), gest. 1449 zu Rimini. Liedersammlung
la bella Mano, wichtigere Ausgg. von CoRBlNELLl. Paris 1595, von Salvini.
Florenz 1715, von Mazzuchelli. Verona 1753 — Conti di antichi cava-
lieri ed. Fanfani in Firenze 1851 u. P. Papa in: Giorn. stör. III 192. N. II
85. G. 171 u. 500. Ulrich, Altit. Leseb. 12S — Dodici Conti morali di
Anonimo Senese, testo inedito del secolo XIII. Bologna 1862. Sc. 9, vgl.
Ztschr. f. rom. Phil. I 365 — Contrasto (beginnend mit den Worten:
Rosa fresca aulentissima) , volksthümlich angehauchtes erotisches Gedicht
des 13. Jahrh.'s (nach 1231), angeblich verfasst von einem gewissen Cielo
od. Ciullo d'Alcamo; heliotypisches Facsimile in Monaci's Arch. paleograf.
ital. (Rom 1882), Heft 1; herausg. z. B. von d'Ancona in den Rime an-
tiche volg. I 175 (mit reichhaltigen Untersuchungen) u. in den Studj suUa
Lett. ital. de' primi sec. Ancona 1884, p. 241 (vgl. p. 366). C.\ix, Chi
fosse il preteso Ciullo d'Alc. Firenze 1879 (Estr. della Riv. Internaz. 16. 3.
79), dagegen d'Ovidio in seinen Saggi (s. ob. S. 701), p. 466. Vgl. auch
Propugn. XVII 2, 61 u. XVUI 2, 447. K 1. G. 73 u. 487 — II Con-
trasto della bianca e della bruna, ed. S. Ferkari, in: Giorn. stör. VI 352
— Croce, Giulio Ce,sare, geb. 1550 zu San Giovanni in Persicato bei
Bologna, gest. 1609 zu Bologna, Verf. der buffonesken Trilogie Bertoldo,
Bertoldino u. Cacasenno. O. GuERRiNl, La Vita e le Opere di G. C. C.
Bologna 1879, vgl. Ztschr. f. rom. Phil. III 121 — Cronache Siciliane
dei secoli XUI, XIV, XV ed. V. Di Giovannl Bologna 1866. Coli. 10 —
Cronica degli Imperadori Romani testo ined. di ling. Bologna 1878.
Sc. 158 — Cronichetta di San Geminiano composto da F. Matteo Ciac-
cheri Fiorentino l'anno 1355. Bologna 1^65. Sc. 60.
Dante, Al^ljaghieri (so die ursprüngliche Form d. Namens, statt
ihrer ist später üblich geworden ALI ighiere, wohl auch Alleghieri), geb.
1265 (d. Datum bezweifelt von Imbriam, Quando nacque Dante? Napoli
1879, vgl. aber AVitte in der Augsb. Allg. Ztg. 1880 No. 16] zu Florenz,
gest. 14. 9. 1321 zu Ravenna. Bibliographisches: Colomb de B.\tines,
Bibliografia Dantesca. Prato 1845/48 (hierzu ein Indice generale von Bacciii
DELLA Lega, Bologna 1883, vgl. Giorn. stör. III 142. G. J. Fekr.\zzi,
Manuale Dantesco [von Bd. 2 ab mit dem Nebcntitel Enciclopedia dantesca)
Bassano 1863/77, 5 Bde. iganz verworren in der Anlage u. liöchst unbe-
quem zu gebrauchen; hat man sich aber in d. wunderliche "Werk einmal
hineingefunden, so findet man doch viel Gutes u. Nützliches darin). J. Petz-
hold, Bibliographia Dantea. 2" ed. Dresden 1880 (lässt Vieles zu wünschen
übrig). Die nöthigsten bibliogr. Notizen findet man am bequemsten bei
Das Italienische. 717
A. LlBIN, Commedia di D. A. preceduta dalla vita e da studi preparatori
illustrativi, esposta e commentaUx da A. L. Padova 18S1 (dies \N'erk kann
überhaupt zur ersten Orientirun"; in der ])ante-Plnlolo<i;ie gute Dienste
leisten und darf Anfängern empfohlen werden, diesen wird auch die dem
Texte der Div. Comm. beigegebene Prosaparaphrase desselben vielleicht
willkommen sein''. Keichhaltige bibliographische x\ngaben auch bei Gas-
PARY a. a. O., 509 ff. Biogr.\phisches : Aelteste Dante-Biogr. von Boc-
caccio s. d.), Villani (Über de civitatis Florentiae famosis civibus), Leonardo
Bruni d'Arezzo (in vielen Ausgg. der Div. Comm. abgedruckt , u. Giannozzo
Manetti »De vita et moribus trium illustrium poetarum fiorentinorum«,
ed. Mkui's. Florenz 1747). Von neueren Biographien sind die wichtigsten:
*P. Fr.\ticelli. Storia della Vita di D. A. compilata dai documenti. Flo-
renz 1801 (treffliches u. zuverlässiges Werk, frei von jenem Phrasenschwall,
der manche andere Dante-Biogr. verunziert) u. F. "VVegele, Dante's L. u.
"\V. Jena 1852, 3. Ausg. 1879 (der Verf. dieses Buches ist Historiker u.
legt in Folge dessen den Schwerpunkt seiner Darstellung auf D.'s politische
Thätigkeit und Bestrebungen; d. Buch ist demnach etwas einseitig), vgl.
Ztschr. f. rom. Phil. VII 454. Sc.\RTAZZixis Buch D. A., seine Zeit, sein L.
und seine "W. Biel 1869, 2. Ausg. 1879 »ist heute absolut werthlos« (so
Gaspary a. a. O. 510), nicht viel besser kann über desselben Verf.'s Ma-
nuale dantesco (Parte I Vita di D. P. 11 Opere di D.), Mailand 1883, ge-
urtheilt werden, wie überhaupt Sc. trotz aller Rührigkeit, Schreibseligkeit,
Schneidigkeit u. Selbstzufriedenheit doch wenig Positives für die Dante-
Philologie geleistet hat; einzelne Arbeiten von ihm sind geradezu haar-
sträubend, so vor Allem d. ebenso dickleibige u. elegant gedruckte wie in
seinem Inhalt monströse Werk »Dante in Germania«, Milano 1882/83, in wel-
chem der Verf. Gericht abhält über die deutschen Dante-Philologen u. je nach
seiner subjectiven Laune die Einen verhimmelt, die Andern verdonnert,
kurz eine Kritik ausübt, wie sie verkehrter gar nicht gedacht werden kann.
Es ist bedauerlich genug, dass Sc. auf so unerfreuliche Bahnen gerathen
ist , denn Gelehrsamkeit u. Fähigkeit sind ihm keineswegs abzusprechen
u. bei richtigem Gebrauche dieser Eigenschaften hätte er Bedeutendes leisten
können. Von Einzelschriften, die sich auf D.'s Leben beziehen, seien noch
genannt: Th. P.wr, Ueb. die Quellen der Lebensgeschichte D's. Görlitz
1862. I. DEL LUNGO, Dell' esilio di D. Mailand 1881. Scheffer-Boichorst,
Aus D.'s Verbannung. Strassburg 1882 (d. Buch enthält viel Gutes u. Treff-
liches, aber auch sehr viel Phantastisches u. Verkehrtes), vgl. Rom. XI
614, Giorn. stör. I 260, Litteraturbl. f. germ. u. rom. Phil. 18S2, S. 309.
*K. Witte, Dante-Forschungen Bd. I Halle 1S69, Bd. 2 Heilbronn 1879
(enthält mehrere höchst werthvolle Abhandlungen über Einzelfragen der
D.-Biographie, zum Theil früher in Dante-Jahrbuch veröffentlicht). Reiches
Material für die Dante-Biogr. wie für die Dante-Kunde überhaupt ist im
Jahrb. d. deutschen Dante-Gesellschaft, Leipzig 1867/77, 4 Bde., zu finden.
1) Gelegentlich werde auch ein anderes Buch LUBlx's genannt: Dante
spiegato con Dante e polemiche dantesche, Triest 1884, welches für die
Geschichte der Dante-Philologie von Interesse ist, vgl. Giorn. stör. VI 2S0.
718 Das Italienische.
Eine interessante Sammlung von Dante-Anekdoten u. Mythen ist Papaxti's
Buch: 1). secondo la tradizione e i novellatori Livorno 1873, vgl. Jahrb. f. rom.
u. engl. Spr. u. Litt. XIV 423, luv. di fil. rom. II 60 l. DiviNA COMME-
UIA (Inferno 34 Canti, 4720 Verse , Purgatorio 33 Canti 4755 Verse, Para-
diso 33 Canti 475S Verse, zusammen also 100 Canti mit 14233 Versen):
Die Hdss. aufgezählt bei Ferrazzi II 714. Aelteste Drucke Foligno 1472,
Jesi 1472, Mantua 1472, Neapel 1475 u. 1476 (Neudruck der vier ältesten
Ausgg. besorgt von G. Warrex, Lord Vernon London 1858). Vgl. Fer-
razzi II 729. Edizioni Aldine Florenz 15Ü2 u. 1515 (letztere Ausg. liegt
den meisten späteren Drucken bis auf Witte's Ausg. zu Grunde). Die
erste wirklich kritische Ausg., welche gegenwärtig als Norm gilt, ist die
von K. Witte, Berlin 1862, wiederholt Mailand 1S64; bedeutend ist auch
die Ausg. Giulianis, Florenz 1880. Aelteste edirte Commentare der Div.
Comm. sind der sogenannte Ottimo, verfasst 1322 ff. (herausg. Pisa 1827/29),
der von Jacopo della Lana, verfasst um 1330 (s. oben »Commedia«), der
von D.'s Sohn Petrus (herausg. v. Vernon Florenz 1846), der von Boccac-
cio (reicht nur bis zum 17. Gesang d. Inferno; herausg. von MiLANESi,
Florenz 1863, 2 Bde.), der von Benvenuto da Imola (herausg. von Tam-
BURiNl, Imola 1855,56, 3 Bde. •). Vgl. auch oben unter Castelvetro. Die
Zahl der neueren Commentare u. Erläuterungsschriften zur Div. Com. ist
massenhaft, u. es kann nicht daran gedacht werden, sie hier zu verzeichnen,
es muss vielmehr auf die oben genannten Dante-Bibliographien verwiesen
werden. Das Nöthigste findet man in dem bereits erwähnten Buche Lubin's.
Nur auf ein Buch werde, weil es unentbehrlich ist, recht nachdrücklich
hingewiesen: Blanc, Vocabolario Dantesco ou dictionnaire critique et rai-
sonne de la Divine Comedie, Leipzig 1852, ital. Ausg. Florenz 1S59 (sehr
werthvoll ist auch desselben Verfassers »Versuch einer bloss philologischen
Erklärung mehrerer dunkeln u. streitigen Stellen der Göttl. Com.«. Halle
1861/65. Der Anfänger sei darauf aufmerksam gemacht, dass ohne Zu-
hilfenahme eines Commentars die Div. Comm. einfach unverständlich ist
und dass, wer sie wirklich verstehen will, mit Scholastik und mittelalter-
licher Theologie sowie mit italienischer, speciell mit florentinischer Ge-
schichte gründlich vertraut sein muss. "Wer die Div. Comm. dilettantisch
zu lesen unternimmt, wird sich in der Hoffnung auf Genuss gründlich ent-
täuscht finden. Deutsche Uebersetzungen: von Bachenschwanz, Leipzig
1867/69 (in Prosa), von Kannegiesser. 5. Aufl. herausg. von K. Witte
Leipzig 1873, von Blanc 1861, von ^Philalethes (König Johann v. Sachsen),
erste vollstdge. Ausg. Dresden u. Leipzig 1839/49, 3. Ausg. Leipzig 1877,
von P^itner, Hildburghausen 1865, von AVitte, Berlin 1865, von Notter,
Stuttgart 1873, von *K. Bartsch, Leipzig 1877, vgl. Ztschr. f. rom. Phil,
in 277. (Ganz veraltet sind die üebers. v. Streckfuss u. von Kopisch,
die 3. Ausg. der letzteren, Berlin u. Leipzig 1882, hat jedoch durch die
1) Vgl. C. Hegel, Ueb. den historischen AVerth der älteren Dante-
Commentare. Leipzig 1S78. — Der allerälteste Dante-Commcntar, allerdings
nur das Inferno i)eliandelnd, wurde von Graziolo de' Bambagiuoli verfasst
und ist noch nicht edirt, vgl. Giorn. stör. II 454, G. 52S.
])as luilicnisclic. 719
ihr von Paikk beigegebenen Abhandlungen "Werth . 2. La Vita Niova.
Beste Ausgg. von u'AxcoxA 2» ed. Pisa 1884, von Giuliani Florenz 18S3
(weniger zu rülnnen ist die von Ia:C'IAXI. Korn 1SS3), vgl. über diese drei
Ausg. Giorn. stör. II 366, von AViTTE. Leipzig 1876. K. IIkxiku, La Vita
Nuova e Fiammettu Turin 1876. P. Kajxa, Per l;i data della V. N. e
non per essa soltanto in Giorn. stör. VI 113. 3. Il Coxvivio (nicht Con-
vito), beste Ausg. von GlULIAXi. Firenze 1874. 4. De Moxakcuia. Beste
Ausgg. von "Witte 1863/71 u. von *Giiliaxi, Le üperc latine di I). A.
Florenz 1S7S, vgl. Ztschr. f. rom. Phil. VI 636. SciiEFFER-BoicnonsT in.
Aus Dante's Verbannung, p. 105, hat die Abfassuugszcit der Schrift scharf-
sinnig erörtert, ö. De Elüquextia vulgvki, beste Ausg. von Giuliani in
den Opp. lat. di D. A. E. Böiimeu, Ueb. D.'s Schrift De vulg. eloqu. etc.
Halle 1>6S u. : Zu D.'s De volg. eloqu., in P.om. Stud. IV 112. *Fu.
d'OviDio, Sul trattato de vulg. eloqu. di D. A., in: Arch. glott. it. II 59
und (vermehrt) in seinen Saggi, Napoli 1879, p. 330. 6. Quaestio de aqua
ET TEBUA: am besten herausg. von Fuaticelli Op. Min. di D. A. vol. II
u. von Giuliani in Bd. U der Opp. lat. AV. Schmidt, Ueb. D.'s Stellung
in der Geschichte der Kosmographie , 1. Theil : Die Schrift De a. et t.
Graz 1876 Progr. G. 522. 7. Epistülae, herausg. v. Witte. Patavii 1827,
von ToRRi 1842, von Fraticelli in den Opp. min. 8. II Caxzoxiere, am
besten in Fraticelli's Gesammtausg. der »Opere minori« Dante's Florenz
1856/57.1) Die Aechtheit anderer Dante beigelegter Schriften (Uebers. der
Busspsalmen, ein Glauben.sbekenntniss in Versen etc.) muss als sehr ver-
dächtig erscheinen ; acht dagegen dürften trotz mancher Auffälligkeiten
die beiden lat. Eklogen an Giovanni del Virgilio sein ; herausg. sind die-
selben am besten von Fraticelli in den Opp. min. ; vgl. über sie Sciief-
EER-BOICUORST, Aus Dante's Verbannung, p. 52 ö'. >vo manches Verkehrte
zu finden ist) u. KÖRTING, Gesch. d. Litt. Italiens im Zeitalter der Renaiss.
in 362 fi". Die wenigen Schriften über Dante's Sprache u. Sprachgebrauch
sind oben in den Litteraturangaben zu § 6 u. 7 bereits genannt. Ueber
den Bau der Dante'schen Canzone handelt Böhmer in seiner Schrift de
vulg. eloqu. , über Dante's Poetik Bartsch im Dante-Jahrb. III 303 —
Dante da Majano, um 1300. Seine Gedichte gedruckt b. N I 307, vgl.
auch Herrigs Archiv 33, 411. A. Borgognoxi. D. d. M. Ravenna 1882 (be-
hauptet, dass D.'s Gedichte Fälschungen seien, vgl. Giorn. di fil. rom. IV
220), dagegen F. NovATi, D. d. M. ed Adolfo Borgognoni. Ancona 1883.
G. 79 u. 488 — Dati. H Libro segreto di Gregorio D. Bologna 1869 Sc.
102, und: La Lettera dell' Tsolech' ha trovato nuovamente il re di Spagna,
poemetta in ottava rima di Giuliano Dati Imola 1873. Sc. 136 — Davan-
zati s. Chiaro D. — Davila, Arrigo Caterino, geb. 1576 zu Pieve del
Sacco bei Padua, gest. zu San Michele bei Verona 1631. Storia delle guerre
civili di Francia Venedig 1630, Paris 1644, Venedig 1733, London 1755, Lon-
don 1801, Mailand 1807 (mehreren der letztgenannten Ausgg. ist die Biogr.
D.'s von A. Zeno beigegeben) — De Amicis, Eduarde, geb. 21. lo. 1846
1) Ueber die Chronologie der Opere minori vgl. A. Nazzarexo, Cro-
nologia delle opere minori di I). Cittä di Castello 1885.
720
Das Italienische.
zu Oneglia, Verf. zahlreicher Novellen u. Reiseskizzen, z. B. Bozzetti della
Tita militare 1868, Ricordi di Spagna 1873, Ricordi di Londra 1874, Olanda
1S74, Marocco 1876, Ricordi di Parigi 1878 etc. Vgl. Breitixgek's Aufsatz
über D. A. in der Essaysammlung »Aus neueren Litteraturen« Zürich 1878.
La Defensione delle donne d'autore anonimo, scritt. inedita del sec. XV
Bologna 1876. Sc. 148 — Dello aus Signa b. Florenz, um 1250 N I 223
— Denina, GiovammariaCarlo, geb. 1731 zu Revel in Piemont, gest.
1813 zu Paris. Discorso sopra le vicende della letteratura Turin 1761.
Saggio sopra la lett. ital. Lucca 1762, diese beiden Werke zusammenge-
arbeitet u. d. T. Vicende della lett. Berlin 1784 85, Venedig 1788, Turin
1792 u. 1811. Delle rivoluzioni d'Italia libri XXIV. Turin 1763/70 u. 1791.
La Prusse litteraire sous Frederic IL Berlin 1790 91, 3 Bde. Vernazza,
Vita deir abbate D. Turin 1791 in der Ausgabe der Rivoluzioni; ; G. Scar-
ROXE, Vita di C. D. Parma 1798 — Devozioni. d'Ancona, Due antiche
dev. ital., in: Riv. fil. rom. 11 5 — Dialogus creaturarum. P. Rajna, In-
terno al cosidetto d. c. cd al suo autore, in: Giom. stör. III 1, IV 337 —
Dino Compagni, geb. zu Florenz (Jahr unbekannt), gest. 26. 2. 1324.
Cronica fiorentina. Beste Ausg. von I. del LiXGO, D. C. e la sua Cr. Fi-
renze 1879/80, 3 Theile in 2 Bden. , durch diese Ausg. sind sämmtliche
früheren veraltet u. wissenschaftlich unbrauchbar. Die wichtigsten Schriften
über die Dino-Frage: (vgL Del Lungo a. a. O. I 2, 1045) C. Hillebrand,
D. C, Etüde bist, et litt. s. l'epoque de Dante. Paris 1861 (hat noch kein
Zweifel an der Aechtheit). Scheffer-Boichorst, Die florent. Geschichte
der Malespini eine Fälschung, in: Sybel's bist. Ztschr. XXIV (1870), 313
(wird zuerst die Unächtheit behauptet). G. Griox, La Cr. di D. C. opera
di Anton francesco Doni Verona 1871 (werthlos . *ScHEFFER-BoiCllORST,
Florentiner Studien, Leipzig 1874, p. 45 bis 218 (der Verf. sucht die Un-
ächtheit der Chr. nachzuweisen, vgl. Rom. IV 289); *Gött. Gel. Anzeigen
1875 (sehr bemerken swerther Artikel v. Wüstenfeld). C. Hegel, Die
Chr. d. D. C. , Versuch einer Rettung. Leipzig 1875, vgl. Rom. IV 487.
Scheffer-Boichorst, Die Chr. d. D. C. Kritik der (Hegelschen Schrift
etc. Leipzig 1S75. P. Fanfani, D. C. vendicato dalla calunnia di scrittore
della cronica Florenz 1875, le Metamorfosi di I). commentate Florenz 1877
u. zahlreiche Artikel in der im Juni 1S74 begründeten Ztschr. »Borghini«
(F. hält die Chr. für unächt). W. Bernhardi, Bericht über die neuere
Dino-Litt., in: Sybel's histor. Ztschr. N. F. I 77. E. Böhmer, Zur Dino-
Frage, in: Rom. Stud. III 149. Tn. Paur, Ueb. d. Aechtheit der Chronik
des D. C, in: Dante-Jahrb. IV 63. P. M., Un ms. du XV^ s. de la chro-
nique de D. C. , in: Rom. VIII 107. H. Buesslau, Die Ashburnham-
Hdss. d. D. C, in: Viertel] ahrsztschr. f. Kultur u. Litt. d. Renaiss. I (1S85),
129. Hartwig, La Question de 1). C, in: Rev. historique, t. X^^I 64,
vgl. Rom. X 627, Arch. stör. ital. Serie IV t. VHI, 239, Ztschr. f. rom.
Phil. V 601 (H. theilt im Wesentlichen die Ansicht Hegel's, wonach, um es
kurz, wenngleich nicht ganz genau zu sagen, die Chr. allerdings acht, aber
nicht im Original, sondern nur in späterer Ueberarbeitung überliefert ist).
Sciieffer-Boichorst's Argumentation ist eingehend geprüft u. oft mit Er-
folg widerlegt worden von I. DEL I>lXGO a. a. O. I 2, 1045 fl". SCH.-B.'s
Das Italienische. 721
letzte Aeusserung in der Frage, Ztschr. f. rom. Phil. VII Oti, fördert die Sache
nicht. Eine Monographie über die Üino-Frage beabsichtigt G, Köktixg
zu veröflcntlichen. Ueber Dino vgl. auch den Artikel Intelligeuza.
N II 209 G. 209, 360, 531 — Dino Frescobaldi s. Frescobaldi —
Donatz Proensals, vgl. oben S. 430; neue Ausg. nach dem Ms. Landau
von I.. BiADEXE in Studj di lil. rom. I 331. Ueber die Verfasserfrage vgl.
ferner Meulo im Giorn. stör. III 218 u. 386 u. Grüber ebenda IV 203.
Dotto Keali aus Lucca, um 1250. N 11 208. G. 77, 92 — Dottrina
dcUo Schiavo di Bari secondo la lezione di tre antichi testi a penna. Bo-
logna 1862 Sc. 11 — Dozzo Nori, um 1250. N I 237 — Drama. A.
Gr.\f, Studj drammatici Turin 1878. J. L. Klein, Gesch. d. ital. Drama's
Leipzig 1866 69, 4 Bde. R. Prölss, Gesch. d. neueren Dr. 's Bd. 1, zweite
Hälfte: D. neuere Dr. der Ital. Leipzig 1881. Vgl. auch Theater —
König Enso, Sohn Friedrich's IL, geb. 1225 zu Palermo, gest. 1272.
X I 63.
Entree en Espagne s. oben S. 319 u. unten Nicolas — Epistola.
1. La E. di San Jacopo e i Capitoli terzo e quarto del Vaugelo di sau
Giovanni, volgarizz. inediti. Bologna 1863 Sc. 3u. 2. E. di Alberto degli
Albizzi a Martino V, volg. da Don Giovanni Dasammiuiato. Bologna 1863
Sc. 33. 3. E. di s. Bernardo a Raimondo. volg. del buon secolo. Bologna
1866 Sc. 68. 4. Due E. d'Ovidio tratte dal volg. delle Eroidi fatto da
mess. Carlo Figiovanni nel sec. XIV. Bologna 1862 Sc. 21. 5. E. di s.
Girolamo ed Eustochio. Bologna 1870 Sc. 110. Vgl. auch Lettere. —
Eredia. Rime di Luigi E. palermitano. Bologna 1875 Sc. 142 — Exem-
pli. Libro de li E., ein Bruchstück daraus nach Ms. d. Brit. Mus. Add.
22557 b. Ulrich, Altit. Leseb. 124. vgl. Ulrich, Recueil d'exemples en
ancien Italien, in: Rom. XIII 27.
Fabroni, Angelo, geb. 1732 zu Marradi in Toscana, gest. 1803 zu
Pisa. Vitae Italorum doctrina excellentium, qui saeculis XVII et XVIII
floruerant. Pisa u. Lucca 1778/1805, 20 Bde., u. andere litterargeschichtl.
Werke in lat. Spr. Elogj Italiani d'illustri Pisa 1786. Elogj d'uomini illustri
Pisa 1768. Elogj di D. A., di A. Politiano, di L. Ariosto e di T. Tasso. Par-
ma 1806. Ideler I 542 — La Fabula del pistello da l'agliata tratta da
un' antica stampa e la questione d'amore, testo inedito del sec. XV. Bologna
1878 Sc. 161. Vgl. auch Favole — Facezie e motti dei secoli X\^ e
XVL Bologna 1874 Sc. 138 — Farina, Salvatore, geb. 10. 1. 1846 zu
Sorso in Sardinien, Verf. zahlreicher Novellen u. Novellencyklen , z. B.
Due Amori 1869, Un Segreto 1870, Della Spuma del mare 1877, Oro nas-
costo 1S68, Prima che nascesse 1879 [erster Theil eines Cyclus, dessen
Thema die Darstellung d. bürgerlichen Familienlebens mit Aelternfreuden
u. Aeltemsorgen ist , Si Muore (Theil I Caporal Silvestro etc.) 1885 —
Due Färse del sec. XVI riprodotte sulle antiche stampe. Con la descri-
zione ragionata del volume miscellaneo deUa Bibl. di "Wolfenbüttel contenente
poemetti popolari italiani compilata dal Dr. G. Milchsack con aggiunte
di A. d'Ancon.\. Bologna 1882 Sc. 187, vgl. Giorn. stör. I 145 — I Fatti
di Cesare, testo di ling. inedito del secolo XV pubbl. a cura di L. B.AX-
chi. Bologna 1863 Coli. 7. Giorn. di til. rom. II 176, Ztschr. f. rom. Phil.
Körting, Encjklopädie d. rom. Phil. III. 46
722 1^''^3 Italienische.
V 174, Korn. IX 507. Gellrich, Die Intelligenza etc., 14 G. 174 u. 501.
N I 499 (nicht 407, wie G. angiebt), II 172. Ulrich, Altital. Leseb. 127
— I Nobili Fatti di Alessandro Magno, romanzo storico etc. pubbl. a
cura di G. Grion. Bologna 1S72 Coli. 32. G. 3S2 u. 534 — Delle Fa-
vole del Galfredo pubbl. da Gaetano Ghivizzani. Lettere di Niccolo Tom-
maseo e Luigi Barbiere. Bologna 1SÜ7 Sc. 91 — Favole. P. K.UNA, Es-
tratti di una raccolta di f., in: Giorn. di fil. rom. I 13 — Favole vgl.
Hainardo und Volgarizzamento — Faytinelli s. Mugnone —
Fazio degli Uberti s. Uberti — II Femia sentenziato, favola di Pier-
jacopo Martelli. Bologna 1S69. Sc. 100 — Ferreto de' Ferreti, geb.
um 1296 zu Vicenza, gest. nach 1330. Historiae rerum in Italia gestarum
ab a. 1250 usque ad a. 131S libri YII ed. MiRATORi, Scr. rer. Ital. IX 935.
De Scaligerorum origine poema ed. Muratoki. ibid. 1197; ausserdem zwei
andere histor. Schriften. Körting a. a. O. III 352. M. L.\UE, F. v. F.,
seine Dichtungen u. sein Geschichtswerk. Leipzig 1884, vgl. Giorn, stör.
V 228. C. CiPOLLA, Studj SU F. dei F., in: Giorn. stör. VI 53 — Fie-
rabraccia. El Cantare di F., herausg. v. E. Stengel, im Jahresbericht
d. Univ. Marburg ISSO. El Cantare di F. e Ulivieri ed E. Stengel, mit
einer Abhdlg. von C. Buhlmann, Die Gestaltung der Ch. de geste F. im
Ital., in: Ausg. u. Abh. Heft 2 Marburg 1881, vgl. Ztschr. f. rom. Phil.
V 423, Giorn. di fil. rom. III 114 — Filangieri, Gaetano, geb. zu
Neapel 1752, gest. zu Vico Equense 1788. Scienza di legislazione. Neapel
1780/89, 8 Bde. Ideler I 498. — Filicaja, Vincenzo da, geb. 1642
zu Florenz, gest. 1707. Poesie ital. Florenz 1707, auch im Parnasso ital.
Bd. 41. Biographie in Fabroui's (s. d.) Vitae Italolorum etc. Bd. 7. Iüeler
II 434 — Fimerodia s. Jacopone da Montcpulciano — Fiore e Bian-
caiiore. A. Gaspary, II poema ital. di F. e B., in Giorn. di fil. rom. IV 1.
Vgl. auch oben Boccaccio, Filocopo — Fiore di filosofi e di molti savi
attribuiti a Brunetto Latini. Bologna 1865. Sc. 63. d'Ancona, Studj di
Critica p. 259. G. 188 u. 504. Vgl. auch Sidrach — Fiore di Virtü.
Milano 1842. G. 380 u. 534 — Fioretti 1. F. de' Ilimedii contra fortuna
di Fr. Petrarca, volg. per Gio. Dassamminiato etc. Bologna 1807. Sc. 80.
2. Fioretti di Sau Francesco con postille e chiose di B. Puoti. 0. Aufl.
Neapel 1873. G. 384 u. 535. I. 469 — Fiori di Mcdicina di maestro Gre-
gorio del sec. XIV. Bologna 1865. Sc. 59 — Fiorita. G. M.\zzatinti, La
F. di Armannino Giudicc, in: Giorn. di fil. rom. III 1 — Firenzuola,
Agnolo Girolamo Giovannini, geb. 1493 zu Florenz, gest. ebenda
1546. Die Novellensammlung »Ilagionamenti«, zuerst (aber unvollständig)
gedruckt in den »Prose« Florenz 1548. Ausserdem Uebersetzungen, moral-
philos. u. ästhetisirende Dialoge, z. B. einer Della bellezza delle donne,
u. A. Vollständige Ausg. der "Werke Maihmd 1802. Vgl. Landau, Beitr.
zur Gesch. d. ital. Nov., p. 75 — La Fisiognomia, trattatello in fran-
cese antico coUa versione italiana del Trecento. Bologna 1S64. Sc. 42 —
Folcacchiero de' Folcacchieri aus Siena, um 1250. De Angelis, Lettera
apologetica in favore di F. F. Siena 1848. C. M.\zzi, F. F., rimatore se-
nese del sec. XIII. BoRGOGNONl, Studj etc. II 209. N I 16. G. 49 u. 484
— Folengro s. Cacai — Folsrore da San Gemioniano, um 1260. Le
Das Italienische. 723
llimc di F. da S. G. e di Ceue dalla Chitarra d'Arezzo ed. G. Navone
Bologna 18S0. Sc. 172, vgl. Giern, di fil. rem. I 2Ü1. d'Ancona in Nuova
Antol. XXV 55 u. Studj di critica 2üS. N I ^41 G. 211) u. 508 — Forte-
guerri, Giov., geb. 150S (wo?), gest. 1582 (lebte meist in Pistoja;. Novelle
edite e iucdite. Bologna 1882, vgl. Giorn. stör. II 223 — For ti(n) guerri
od. — i\\ Niccolü, geb. 1674 zu Pistoja, gest. l~'.\ö. Kieciardetto, beste
Ausg. (unter dem Verfassernamen Carteromaco) Paris (Venedig) 1734.
Deutsche Uebers. von Grie.s. Stuttgart 1831 — Fortini. Trp novelle di
Pietro F. senese. Bologna 1877. Sc. 155 — Foscolo, Ugo, geb. 26. 1.
1778 auf der Insel Zante, gest. 14. 9. 1827 zu Turnham-Green. Jacopo
Ortis. Venedig 1802. Dei sepolcri. Brescia 1807. Tragödie Ajace 1811 etc.,
verfasste u. A. auch litterhi.stor. Schriften, z. B. über Dante. Neueste
Ausgg. der Dichtungen F.'s: von *G. CillARiNl, Livorno 1882, vgl. Fanf.
della Dom. 0. 7. 1882, von G. Biagi. Florenz 1883 (legt den Text Chia-
rini's zu Grunde), vgl. Giorn. stör. I 485, von G. Mestica. Florenz 1884,
vgl. Giorn. stör. IV 453, von P. GoRi. Florenz 1886. A. Neui, Curiositä
bibliografiche foscoliane, in: Giorn. stör. III 241. C. Gemelli, Della vita
c delle opere di U. F. Bologna 1861. Sp. de Blvsi, De' parenti di U. F.
Zante 1883, vgl. Giorn. stör. II 236. Carducci, Adolescenza e gloventü
di U. F., in: Dom. lett. 2. 7. 1882, vgl. Giorn. stör. I 165. B. MiTROVIc,
U. F. a Spalato. Triest 1882, vgl. Giorn. stör. II 234. Antox.\-Traversi,
U. F. nella famiglia etc. Mailand (Höpli) , vgl. Propugn. XVII 2, 312;
Studj SU U. F. Milano o. J. (auf der Rückseite d. Innentitels vermerkt:
Varese. Tip. Maechi e Brusa 1884); Di un amore di U. F. Milano 1883,
vgl. Giorn. stör. II 237. G. Chiarini, Due amori del F., in: Dom. lett.
19. u. 26. 3. 1882, vgl. Giorn. stör. I 164. Trevisan, Dei Sepolcri di U.
F. 2a ed. Verona 1883, vgl. Giorn. stör. I 485. Antona-Traversi , La
Vera storia dei Sepolcri di U. T. Livorno 1884, vgl. Propugn. XVII 1, 455.
L. Gaiter, Deir immaterialitä dell' anima umana desunta dal carme de'
Sepolcri di U. F., in: Propugn. XI 2, 47. G. Suster, Le Origini delV
Jacopo Ortis, in: Propugn. XV 2, 380 u. XVI 1, 74. G. Chl^rim, La
Teresa dell' J. O., in: Dom. lett. 10. 9. 1882, vgl. Giorn. stör. I 165, und:
Le due odi di U. F., in; Dom. lett. 12. 2. 1S82, vgl. Giorn. stör. I 164.
R. BoxGHl, Perche U. F. non fini.sse le Grazie, in: Dom. lett. 17. 12. 1882,
vgl. Giorn. stör. I 165, D. BlANCHixi, Lo scritto »Dante e il suo secolo«
e proprio di U. F., in: Propugn. XIII 2,3 — Francesco d'Assisi,
geb. 1182 ;b. G. 142 Druckfehler 1282) zu Assisi, gest. 1226. Canticum
Solis, gedruckt b. I. AffÖ, De' cantici volgari di s. Fr. d'A. Gua.stalla 1777,
in Faxfams ital. Uebers. von Ozanam's Les Poetes franciseains en It. au
Xin s. Prato 1S54, p. 49 b. E. BÖHMER in Rom. Stud. I 118 (vgl. des-
selben Abh. in der Ztschr. »Damari.s« 1864, Heft 4). VgL R. Boxghi in
Nuov. Antol. Serie II t. XXXV, 605. II Settimo Centenario di San Fr.
Assisi 1867/82, vgl. Giorn. stör. I 356. F. Ha.se, F. v. A. , Leipzig 1856
G. 142 u. 496 — Frescobaldi, Dino, aus Florenz, Anfang d. 14. Jahrh.'s
N I 331. G. 215 u. 217 (keine Anm.) — Kaiser Friedrich IL, geb. 26.
12. 1194 zu Jesi, gest. 13. 12. 1250 zu Fiorentino. N I 20, G. 57 u. 71 —
Frisi, Paolo, geb. 1727 zu Mailand, gest. ebenda 1784. Elogj d'illustri
46*
724 l^äs Italienische.
Italiani. Pisa 1786. Mathemat. u. physikal. Vgl. Ideler I 39" — Frot-
tola. C. Gargiolli, Fr. inedita del sec. XV, in; Proprugn. XIV 2, 289 —
Frugoni, Carlo Innocenzio, geb. 1692 zu Genua, gest. 1768 zu Parma.
Opere poetiche. Parma 1779, 9 Bde., u. öfters.
Galiani. C. Pascal, Sulla vita e sulle opere di Ferdinande G. Napoli
1885, vgl. Giorn. stör. V 457 — Galilei, Galileo, geb. 157-1 zu Pisa,
gest. 1642 zu Arcetri b. Florenz. Die wissenschaftl. Werke des grossen
Physikers gehören nicht zur Litteraturgcschichte im engern Sinne des
Wortes u, werden deshalb hier nicht aufgeführt, verzeichnet sind sie z. B.
b. Ideler I 268. üetto, Un sonetto attribuito al G., in: Propugn. XIV 1,
175 — Gambino d'Arezzo, versi con un carme di Tommaso Marzi. Bologna
1878. Sc. 164 — Gelli, Giovambattista, geb. 1498 zu Florenz, gest.
ebenda 1565. La Circe, beste Ausg. von Gamba, Venedig 1825 — Gen-
tile di Ravenna, gest. 1404, Verf. der Lamentatio Castri turris etc.
(51 Ottave), vgl. Borgognoni, Studj II 219, vgl. Bibliogr. d. Ztschr. f.
rom. Phil. 1878, No. 187 — Geta e Birria. Novella riprodotta etc. Bologna
1879. Sc. 169, vgl. Propugn. XII 2, 314 — Gherardi del Testa, Tho-
mas, geb. 1818 zu Terricinola b. Pisa, Verf. zahlreicher Dramen — Gia-
como Pugliesi aus Prato, zweite Hälfte des 13. Jahrh.'s. N. I 104. G. 70
— Giacomino da Verona. Didactisch-religiöse Gedichte: De Jerusalem
celesti u. de Babilonia civitate infernali, herausg. v. Ozaxam, Docuraents
inedits pour servir a Thist. litt, de l'It. , Paris 1850, u. von Mussafia in
den Monum. antichi di dial. ital. Wien 1864 (Sitzungsb. der K. K. Akad. d.
W. Phil.-hist. Cl. Bd. 46), theilweise b. Ulrich, Altital. Leseb. 12. G. 132 u.
494 — Giacoppo novella e la Ginevra novella incominciata etc. Bologna
1865. Sc. 56 — Giamboni s. Latino — Giannone, Pietro, geb. zu
Ischitella (Capitanata) 1676, gest. zu Turin 1748. Storia civile del Regno
di Napoli. Dueporte b. Neapel 1723, Haag 1753, 4 Bde. Opere postume.
Palmyra (Haag) 1755. Ideler I 332 — Giardeno. F. Ettari, El G. di
Marino Jonata Agnonese (geb. um 1403, gest. nach 1465), poema del sec. XV
(Estr. dal Giorn. nap. di filos. e lettere). Napoli 1885, vgl. Giorn. stör. V
455 — Gibello, novella inedita in ottava rima del buon sec. della ling.
Bologna 1863, Sc. 35 — Gidino da Sommacampagna, trattato inedito dei
ritmi volgari. Bologna 1870. Sc. 105 — Giovanni dall' Orto aus Arezzo,
um 1260. N. I 224, G. 77 — Giovanni s. Pecorone — Giovanni da
Catignano (oder da Celle) zweite Hälfte des 14. Jahrh.s. I. 463. G. 395
— Giovanni da Prato s. Paradiso — Giovanni del Virgilio aus
Bologna, geb. vermuthlich zwischen 1290 u. 1300. Eklogen an Dante, am
besten herausg. v. Fraticelli im Canzoniere Dante's. Florenz 1861.
SciiEFFER-BoiCHORST , Aus Dante's Verbannung, p. 54, Körting a. a. O.
ni 362, G. 295. Vgl. auch oben den Artikel »Dante« ziemlich am Schlüsse
— Giraldo da Castello, um 1280. N. I 362 — Giudice s. Fiorita
— Goldoni, Carlo, geb. 1707 zu Venedig, gest. 1793 zu Paris, Be-
gründer des modernen ital. Lust.spiels u. einer der bedeutendesten unter
den modernen Lustspieldichtern überhaupt. Opere teatrali. Venedig 178S,
40 Bde. Selbstbiographie: Memoires de M. G. pour servir h l'hist. de sa
vie et ä celle de son theiitre. Paris 1781. A. G. Spinelli. Bibliographia
Das Italienische. 725
Goldoniana. Saggio riflcttente le cose edite o in corso di stampa del XXV
aprile 172S al ü febbr. del 1793, eioe dalla pubblicazione dci sonetti udi-
nesi alla morte del poeta. Milano 1SS4, vgl. Giorn. stur. V 2(19. K. V.
LöiiNEU, C. G. e le sue memorie, in: Archivio veneto XXIII u. XXIV,
vgl. Giorn. stör. I 155. G. B. F., C. G. a Genova, in: Gazz. lett. 21. 1.
1SS2, vgl. Giorn. stör. I 159. 'Eine ganze Keihe von übrigens nicht eben
belangreichen Goldoni-Monographicn ist besprochen im Bulletino di biblio-
grafia des Archivio veneto XXVII, vgl. Giorn. stör. LH 3ül. Zur Abfassung
dieser u. anderer Einzelschriften, deren Verzcichniss man im Giorn. stör.
III 128 Anm. sehe, gab Anlass die Feier der am 20. 12. 1S83 erfolgten
Errichtung eines Goldoni-Denkmals zu Venedig^ C. G. e il teatro di san
Luca a Venezia. Carteggio inedito '1755 65, con prefaz. e note di Dixo
Mantov.\xi. Milano 1885, vgl. Giorn. stör. IV 451. Rossi, Del modemo
teatro comico Italiano e del suo ristauratore C. G. Bassano 1794. E. Came-
RIM, I precursori di C. G. Milano 1872. A. Aloi, II G. e la Commedia
deir arte. Catania 1883, vgl. Giorn. stör. II 232. E. Masi, Studj goldoniani,
in: Fanf. dclla Dom. 2. 7. 1882, vgl. Giorn. stör. I 157. A. Neri, Ane-
dotti gold. Ancona 18S3, vgl. Giorn. stör. II 415. H. Lüder, C. G. in
seinem Verhältnisse zu Moliere. Oppeln 1883 (Leipziger Diss., auch in
Ztschr. f. frz. Spr. u. Lit. Bd. 5 erschienen^ . Trotz des fast unüberseh-
baren Umfanges der bereits vorhandenen Goldoni-Litteratur fehlt doch noch
immer ein wirklich tüchtiges u. abschliessendes Werk über den grossen,
noch immer zu -wenig gewürdigten Dichter — Gorello di Ranieri di
Jacopo Sinigardi aus Arezzo verfasste eine bis 1384 reichende Chronik
dieser Stadt in Terzinen, vgl. darüber Imbr. 427 — Del Governo de' regni
sotto morali esempi di animali ragionanti tra loro. Imola 1872. Sc. 125 —
Gozzi, Carlo, geb. zu Venedig 1718, gest. ebenda 1801. Verf. zahlreicher
Märchendramen (Fiabe], z. B. Turandot, il Re Cervo, la Donna Serpente etc.
Neueste Ausg. der Fiabe von E. Masi. Bologna 1885, 2 Bde., vgl. Giorn.
stör. V 465. Magrixi, I tempi, la vita e gli seritti di C. G. 2* ed. Bene-
vent 1883. E. Masi, C. G., in: Fanf. della Dom. 15. 1. 1882, vgl. Giorn.
stör. I 157 — Gozzi, Ga'sparo, geb. 1713 zu Venedig, gest. zu Padua
17S6. Herausgeber des Osservatore seit 1761. Opere, Venezia 1794/98 u.
1812, 22 Bde. Gasp. G. war der Bruder Carlo G.'s. V. Malamaxxi, I Gozzi,
in: Nuova Rivista 1882, No. 50 bis 58 — Gravina, Gianvicenzo,
geb. zu Rogiano b. Cosenza 1664, gest. zu Rom 1718. Della Ragione poe-
tica Rom 1708. De Ilatragedia Neapel 1715 u. Anderes. Opere. Neapel 1756,
3 Bde. Opere scelte, Mail, in der 2. Klassikersammlg. — Grazzinis.
Lasca — Guarini, Giov. Battista, geb. 1537 zu Ferrara, gest. 1612 zu
Venedig. Pastor fido, tragicommedia pastorale, aufgeführt 1585, gedruckt
Venedig 1590 u. oft. Lettere. Venedig 1593. Segretario (Dialog;. Venedig
1594. Idropico fLustspiel 1613. Rime Venedig 1598. Opere. Verona 1737,
6 Bde. Der Fast. fid. ist z. B. auch im Leipziger Parn. teatr. zu finden
— Graziolo Bambagiuoli, aus Bologna, erste Hälfte des 14. Jahrh.'s.
Trattato delle virtü in 100 kurzen Einzelstrophen cobbole; , gedruckt Mo-
dena 1865, zum Theil b. C^RDCCCI, Rime di Cino da P. p. 174. G. 355 u.
530. Ueber Gr.'s Dante-Comm. s. oben S. 71S Anm. — La prima Guerra
726 ^^^ Italienische.
punica, testo di lingua Bologna 1878. Sc. 165. La seconda e terza G. p.
testo di lingua. Bologna 1876. Sc. 149 — Guicciardini, Francesco,
geb. 1482 zu Florenz, gest. zu Areetri bei Florenz 1540. L'Istoria d'Italia.
Florenz 1561/64, 2 Bde., Venedig 1738, 2 Bde., beste Ausg. Florenz (an-
geblich Freiburg) 1775, 4 Bde. II Sacco di Roma nel 1527. Paris 1664 (Di
villa, lettere di Isabella G. al niarito Luigi [Nefl'e Fr.'s] negli anni 1 535/42.
Per nozze Martelli-Guicciardini. Florenz 1883, Giorn. stör. II 438) — Guido
delle Colonne, zweite Hälfte des 13. Jahrh.'s, angeblich Verf. der Hi-
storia Trojana (lat. Prosaübersetzung des Koman de Troie von Beneoit de
Ste-More, begonnen vor 1272, beendet 1287), Dichter zweier Canzonen.
E. Barth, G. de C. Leipzig 1877 Diss. N I 73. I 25. G 60 — Guidotto
da Bologna, um Mitte des 13. Jahrh.'s, angebl. Verf. von II Fiore di
Rettoriea, Uebers. der Rhet. ad Herennium , herausg. v. Gamba. Venezia
1821. N II 114. G 186 u. 503 — Guinicelli, Guido aus Bologna, gest.
1276, mindestens 30 J. alt, seine Gedichte herausg. von Casini, Le Rime
dei poeti bolognesi del sec. XIII. Bologna 1881. E. Lamma, Saggio di un
commento alle rime di G. G. con un discorso sugli scritt. bologn. del sec.
XIII, in: Propugn. XVII 2, 174. MoNTi , Notizie degli scritt. bolognesi
t. IV (1784). G. Grion, G. G. e Dino Comp., in: Propugn. II 2, 274.
G 103 u. 489. N I 31. I 34 — Guittone d'Arezzo, geb. zu Santa Fir-
mina b. Arezzo um 1225, gest. nach 1295. Rime di Fra G. d'A. ed. Vale-
KIAXI. Firenze 1828 u. 1867. Lettere di Fra G. d'A. ed. Bottari. Rom 1745.
RoMANELLi, Di G. d'A. e delle sue opere. Campobasso 1873. P. ViGO, Delle
Rime di Fra G. d'A , in: Giorn. di fil. rom. II 19. d'Ancona, Fra G. e il
signor Perrens, in : Giorn. di fil. rom. I 53. "\V. Koken, G.'s v. A. Dichtung
u. sein Verhältniss zu Guinicelli. Leipzig o. J. (1885) Diss. G. 88 u. 4S8.
Hecatommiti s. Cinthio — Historia della Reina d'Oriente di An-
tonio Pucci Fiorentino, poema cavalleresco del sec. XIV. Bologna 1862.
Sc. 41.
Inghilfredi Siciliano N. I 57 — Intelligenza, Gedicht von 309
Strophen in Nona Rima (d. i. Ottava Rima, vermehrt um einen 9., auf den
6. reimenden Vers), vermuthlich von Dino Compagni (s. d.) verfasst, relativ
am besten herausg. v. P. Gellricii, Breslau 1883, mit einer Untersuchung
über die Quellen etc. (theihveise als Diss. erschienen). N I 488. G 206 u.
506 — Ismera, Francesco, um 1290. N I 373 — Delle Istorie di
Giustino, abbreviatore di Trogo Pompeo, volg. del buon sec. Bologna 1880.
Sc. 173.
Jacopo dWquino um 1250. N I 189 — Jacopo da Lentino, um
1250 — Jacopone del Pecora da Montepulciano, in der 2. Hälfte
des 14. Jahrh.'s, Verf. des allegorischen Gedichtes »la Fimerodia". R. Re-
NIER, Cinque sonetti di J. da !M., in: Giorn. stör. I 440, und: Un poema
sconosciuto degli ultimi anni del sec. XIV, in: Propugn. XV 1, 325. La
Gentile, Rime ined. di J. da M. , in: Giorn. stör. III 222 — Jacopone
da Todi, gest. 1306 zu Collazzonc. Eine brauchbare Gesammtausg. der
Gedichte J.'s da T. fehlt (nur als Nothbehclf kann dienen die Ausg. Tre-
.SATTi's, Le poesie spirituali del b. J. da T. Venezia 1617; eine Auswahl
hat gegeben B. SoRIo in Poesie sc che di fra J. d. T. Verona 1858\ Eine
Das Italienische. 727
Biblio<j:raphie clor Gedichte vi. Prosaschriften J. d. T. gab Iv HoilMKK, in:
Koni. Stud. I l'M, vgl. auch Tobler, in: Ztschr. f. roni. Phil. III 178 u.
V.. Pkkcopo, Le laudi di fra J. da T. nei mss. della hibl. naz. di Napoli,
eontributo alla ediz. crit., in: Propugn. XVII 2, 127. XVIII 1, lOG u. 370,
2, 136. Mehrere auf J. d. T. bezügliche, bzw. ilini beigelegte Prosaschriften
hat herausg. E. BÖIIMEU in Korn. Stud. I 123. Vita del beato fra J. d. T.
ed. ToBi.EK in Ztschr. f. rom. Phil. II 2.'). iyANCOX.\, J. da T., il giuUare
di Dio nel sec. XIII, in: Nuov. Antol. 15. 5. u. 1. 6. 1880 (wieder abge-
druckt in den Studj della lett. ital. dei primi sec. Bologna 1884 , vgl.
Rom. IX 188. G 150 u. 490 — Jennaro. G. Barone, 11 canzoniere di P.
Jacopo de Jennaro, accademico Pontaniano, codice cart. del sec. XV. Na-
poli 18S3, vgl. Giorn. stör. II 435 — Jon ata s. Giardeno.
Katharinalegende s. Legende.
Lamento. 1. II L. della Beata Vergino Maria e Ic Allegrezze in rima.
Bologna 1S02. Sc. 15. 2. L. di Fiorenza quäl supplica la Santitä del Papa
ad unirsi con esso [sie] lei etc. (bezieht sich auf die Ereignisse von 1529/30).
Bologna 1864. Sc. 47 — Lamenti de' secoli XIV e XV ed. A. Meüin.
Florenz 1883, vgl. Giorn. stör. II 410 — Lancia. Novelle di ser Andrea
L. Bologna 1873. Sc. 134 — Lancilotto. DelP illustre e famosa hist. di
L. dal Lago, alcuni capitoli a saggio. Bologna 1862. Sc. 23 — Lapo
Gianni aus Florenz, um 1250. N I 240 — Lapo (Lupo) degli überti s.
Uberti — Lasca, Antonio Francesco Grazzini, geb. zu Flrz. 1503,
gest. 1583, Begründer der Accademia degli Umidi [u. der A. della Crusca].
Erste Ausg. der Novellen L.'s. Florenz (angebl. Konstantinopel) 1743, Lon-
don 1756 (erste vollst. Ausg.), beste Ausg. von Fanfani, Florenz 1857. Vgl.
LandaI', Beitr. z. Gesch. d. ital. Nov. (Wien 1875), p. 78 — Latino, Bru-
netto, geb. zu Florenz ! Jahr unbekannt, gest. ebenda 1294. 1. Li Tresors,
hrsg. v. Chab.\ille. Paris 1863 (in der Coli, de docum. inedits s. l'hist. dcFr.
liere serie'. Die altital. Uebers. des Tr. von Bono Giamboni hat herausg.
L. Gaiter, Bologna 1878/83, 4 Bde. in der Coli, di op. ineditc o rare, vgl.
Rom. IX 469. Del Tesoro volgarizzato di Br. L., libro primo edito sul piü
antico dei codici noti. Bologna 1869. Sc. 104. 2. Tesoretto, herausg. v.
Zannoni, Florenz 1824. u. von *R. Wiese, der T. u. Favelello Br. L.'s,
krit. Text nebst einleitender Untersuchung über Hdss. u. Sprache der Ge-
dichte, in: Ztschr. f. rom. Phil. VII 236. T. Cart, Sopra alcuni codd. del
Tesoretto di ser Br. Lat., in :- Giorn. di fil. rom. IV 105, vgl. Giorn. stör.
I 160. 3. Favelello, mit dem Tes. zusammen herausgegeben. 4. Pataffio
unächt , herausg. von L. Franceschini. Neapel 1878. Die Unächtheit des
P. nachgewiesen von Furia in den Atti dell' Accad. della Crusca t. II (1829)
p. 251. Ch. Nisard, Br. L. est-il l'auteur du Pat. ? et s'il ne Test pas,
quel est cet auteur ?, in: Journ. des Savants, Jan. — Febr. 1880 [darnach
soll Burchiello der Verf. sein), vgl. Rom. IX 341. 5. Uebers. von Cicero's
De Inventione (unter d. Titel Rettorica Igedr. Rom 1546 u. Neapel 1851;.
6. Uebers. einzelner Reden aus Sallust (de coniur. Cat.) u. Livius, b. N II
268. 7. Uebers. der Reden Cicero's pro M. Marcello, pro R. Dejotaro u.
pro Ligurio, gedr. Mail. 1832 u. Neapel 1.840, b. N II 282. 8. Auszugs-
weise Uebers. der Ethik des Aristoteles, gedruckt Venedig 1844. Ob frei-
728 l'^s Italienische.
lieh alle diese Uebers. wirklich von Br. L. verfasst sind, muss als sehr
zweifelhaft erscheinen ; sicherlich nicht von Br. L. verfasst sind die Fiori di
filosofi (3. d.). üeber Br. L.'s Leben u. AVerke: 'Th. Slxdby, Br. L.'s
Levnet og Skrifter. Kopenhagen 1S69, in das Ital. übers, von R. Renier,
Florenz 1S84. G. VOIGT, a. a. O. I 13, 31, 395, KÖRTING a. a. O. III 370
G. 180 u. 19S — Landi. G. SciPlONi, Tre laudi sacre pesaresi, in: Giom.
stör. VI 212 — Leandreide. R. Remer, L'enumerazione dei poeti volgari
del trecento nella L. , in: Arch. stör, per Trieste I fasc. 3, Februar 18S2
(nichts mit der Leandreide zu schaffen hat de Spuches' Leandridc, Palermo
1881, dieselbe ist vielmehr eine Uebers. von Musäus' Hero u. Leander, vgl.
Propugn. XV 1, 24S) — Legenden. 1, A. Graf, Di un codice Riccard.
di leggende volgari, in: Giom. stör. III 401. 2. La 1. d'Adamo e d'Eva,
testo in cd. del sec. XIV. Bologna 1870. Sc. 106. 3. La 1. di Sant' Albano,
prosa inedita del sec. XIV e la storia di S. Giov. Boccadoro in ottava rima.
Bologna 1865. Sc. 57. 4. A. Manxixelli , Leggende di S. Feliciano in
ottava rima, scritta da Pierangelo Bacciolino da Foligno, in: Propugn. XV
1, 41 u. 399. 5. La 1. di Vergogna, testi in prosa e in verso del buon
secolo e la 1. di Giuda, testo ital. antico in prosa e francese antico in
verso. Bologna 1869. Sc. 99. 6. Leggenda di S. Giuseppe sposo di Maria
Verginc, secondo la lezione di antichi testi. Imola 1884, vgl. Propugn. XVII
2, 297. 7. A. MUSSAFLV, Zur Katharincnleg., in den Sitzungsberichten der
Wiener Akad. d. Wiss., Philos.-lüst. Cl. Bd. LXXV, p. 227, vgl. Rom. III
413. 8. La 1. di San Porcario, rifacimento del libro quinto della Vida di
Sant Honorat di Raymon Feraut, ed. E. Stengel, in: Giom. di fil. rom.
I 216. 9. E. MONACI, La legg. dei tre morti e dei tre vivi, in: Giorn.
di fil. rom. I 243. 10. A. Graf: A proposito di una legg. neroniana, in:
Giorn. stör. II 113. 11. A. Coen, D'una legg. relativa alla nascita e alla
gioventü di Costantino Magno, in: Arch. della Societä Rom. di Storia
patria. Vol. V fasc. 1, vgl. Giorn. stör. I 152 u. Rom. XIV 137. 12. ToR-
RAC.\, Una legg. napoletana e Tepopea Carolin gia , in: Rassegna settim.
16. 1. 1881, vgl. Rom. X 310. 13. Legg. minore di San Caterina da Siena
e lettere dei suoi discipoli, scritture inedite pubbl. da F. Grottanelli.
Bologna 1868 Coli. 26. 14. Leggende di alcuni Santi e Beati venerati in
S. Maria degli Angeli di Firenze, testi del buon secolo. Bologna 1S64.
Sc. 52 u. 53. 15. B. Croce, La legg. di Niccolö Pesce, in: Gianibattista
Basile, anno III No. 7, Nea])el 18S5, vgl. Giorn. stör. VI 263 die Re-
cension ist viel gehaltvoller, als die Schrift) — Lenimo Orlandi aus Pistoja,
um 1260. N. I 234 — Leopardi, Giacomo, geb. 29. 6. 1798 zu Reca-
nati, gest. 14. 6. 1837 zu Neapel',. Von L.'s lyrischen Dichtungen sind zahl-
reiche, ja fast zahllose Ausgg. vorhanden. Die verbreiteteste u. relativ
beste Ausg. ist wohl die von A. Ranieri (auch in der Brockhaus'schen
Biblioteca;. Gut ist auch die zu Rom 1882 erschienene Ausg. mit Vorwort
von R. BüNGHl. Eine gute Leopardi-Clirestomathie ist: Poesie scelte e
commentate, seguite da un saggio di bibliografia leopardiana a cura di
1) Eine dem gewöhnlichen Bedürfnisse voUauf genügende Leopardi-
Bibliographic hat Baragiola in seiner Dis.s. : G. L., filosofo etc. (Strassburg
1876; gegeben.
Das Italienische. 7 29
L. Cappelletti. Parma 1^81. vsrl. VropuLni. Xl\' 2, 2'.iT. L. s liriefe sind
zu einem "Epistolario« gesammelt worden von VuM. Florenz 1^114 (dazu
ein Appendice, Florenz 1S79;; vgl. auch A. Tobler, Ungedruckte Briefe
des Grafen G. L. an den Freiherrn v. Bunsen. Eine Ergänzung der Briefe
L.'s bilden die Lettere seritte a G. L. dai suoi parenti ed. G. Piekgili.
Florenz ISTS. Aus dem sehr umfangreichen handschriftlichen Nachlasse
L.'s ist neuerdings Mancherlei herausgegeben Avorden, so z. B. von A. AvoLi
eine Tragödie "Pompeo in Egitto«, Koma o. J. I8S4?, , welche L. als drei-
zehnjähriger Knabe verfasst hat, vgl. Giorn. stör. III 446, ferner von F.
>LvNCiM ein »tlagellazione« betiteltes »ragionamento« , Reconati 1S85, vgl.
Propugn. XVm 2, 2SS. Die umfangreichste u. bedeutendeste Publication
von Ineditis aber sind die: Opere incdite di G. L. pubbl. sugli autografi
recanatesi da G. Cagxoni, Halle 1878/80, 2 Bde. Aesthetischen AVerth
besitzen übrigens alle diese posthumen Schriften nicht, höchstens histo-
risches Interesse, das Meiste aber hätte verdient, ungedruckt zu bleiben.
Vollends unnöthig war es, belanglose Feuilletonartikel u. dgl., die L. als
junger Mensch geschrieben, aus der Verborgenheit obscurer Localblätter
wieder an das Licht zu zerren, wie dies Benedettucci, L., scritti editi seono-
sciuti, spigolature. Recanati 1885, gethan hat, vgl. Giorn. stör. VI 29.5.
Ueber L.'s Leben, Charakter u. "Werke u. dgl. existirt eine massenhafte,
unübersehbare Litteratur, wie denn die dilettantische Beschäftigung mit L.
im heutigen Italien geradezu als epidemische Krankheit wüthet u. als ein
bedenkliches Sj-mptom betrachtet werden rauss. Hier seien folgende neuere
Scliriften genannt: Raxieri, Sette anni di sodalizio con G. L. Napoli ISSO,
dagegen schrieb Fb. Giardioxe, Del libro di A. R. sopra G. L. Napoli
1881, vgl. auch R. ScHÖXER in der Augsb. Allg. Ztg. 1880, No. 161 f. u.
dOvidio in Rassegn. settim. 23. 5. 1880. C. Rosa, Della vita e deUe opere
di G. L. , cenni biografici e critici. Ancona 1880. D'Axcoxa, La famiglia
di G. L., in: Nuov. Antol. 15. 10. 1878. Montefredixi, La Vita e le
Opere di G. L. Rülano 1882, vgl. Dom. lett. 21. 5. u. 4. 6. 1882. G. Pier-
GILI, La libreria leop. e la biblioteca comunale in Recanati, in: Bibliofilo
1880 No. 7 bis 9 u. 1882 N. 1. A. Baragiola, G. L. filosofo, poeta e pro-
satore. Strassburg 1876 Diss. Giozza, Le metamorfosi del pensiero poetico
di G. L. etc. Beuevento 1875, vgl. Nuov. Antol. Febr. 1876 u. Bibliographie
der Ztschr. f. rom. Phil. 1875 76, No. 355. CoLAGROSSO, Studi sul Tasso
e sul Leopardi. Forli 1884, vgl. unten den Artikel T. Tasso. G. Chiarini,
Le contradizzioni di G. L., in: Dom. lett. 22. 10. 1882, vgl. Giorn. stör. I
165 u. : le due elegie del L., in: Dom. lett. 26. 11. 1882, vgl. Giorn. stör. I
165. Neuerdings hat F. Guakdione im Propugnatore eine Serie von Artikeln
über L. begonnen, von denen bis Ende 1885 erschienen waren: II Bruto
minore di G. L. XVHI 1, 188 u. La giovinezza di G. L, XVIH 2, 334.
Deutsche Uebers. der Dichtungen L.'s mit Einleitung über L.'s Leben u.
"Werke von G. Brandes. Hannover 1864 — Lettera dei Fraticelli a tutti
i cristiani etc., testo inedito del buon secolo di ling. Bologna 1865. Sc. 55
— Lettere. 1. Alcune 1. famigliari del sec. XIV. pubbl. da P. Dazzi.
Bologna 1868. Sc. 90. 2. L. di Diomede Borghesi u. Quattro L di Daniele
Bartoli. Boloena 1868. Sc. 92. 3. Lettere inedite di uomini illustri bolog-
730 Das Italienische.
nesi pubbl. da C. Malagola. Bologna 1875. Sc. 145 u. 146. 4. Lett. vol-
gari, scritte da Senesi etc. Imola 1871. Sc. 116. 5. Lett. di scrittori ital.
del sec. XVI. Bologna 1877. Sc. 157. 6. A. Capelli, Lett. di celebri scrit-
tori ital. dal sec. XV al XIX. Modena o. J. , jedoch erst neuerdings, etwa
1883, erschienen — Lezione o vero Cicalamcnto di Maestro Bartolina dal
Canto de' Bischeri sopra' 1 sonetto: Passere e beccafichi magro arrosto.
Bologna 1861. Sc. 2 — Del Libero arbitrio, trattato di san Bernardo.
Bologna 1866. Sc. 65 — Libro. 1. Libro di Cato s. Cato. 2. L. della
Cucina del sec. XIV. Bologna 1863. Sc. 40. 3. II 1. delle lamentazioni
di Jeremia e il Cantico de' Cantici di Salomone, volgarizz. del sec. XIV.
Bologna 1863. Sc. 32. 4. L. deUa natura degll uccelli fatto per lo re
Danchi, testo antico toscano. Bologna 1S74. Sc. 140. 5. L. degli ordina-
menti della Compagnia di Sta Maria del Carmine, scritto nel 1280. Sc. S9.
6. E. MOxNACl, II L. reale, in : Ztschr. f. rom. Phil. I 375, vgl. Giorn. di fil.
rom. I 50. 7. II L. segreto s. Dati. 8. II Libro dei Sette Savi s. Sette Savi.
9. II L. di Theodolo, o vero la Visione di Tantalo, da un cod. del sec. XIV.
Bologna 1870. Sc. 112. 10. II L. della vita contemplativa , saggio di un
volgarizz. del sec. XIV. Bologna 1862. Sc. 16. — Lirici del secolo XVIII
a cura di G. Carducci. Firenze 1871 — Livio. I primi quattro libri del
volgarizz. della terza Deca di Tito L. , attribuito a Giov. Boccaccio. Bo-
logna 1875/76. Sc. 143 u. 153 — Loffo s. Bonaguidi — Lorenzo de'
Medici, geb. 1448 zu Florenz, gest. ebenda 1492. Lyrische Gedichte, ge-
druckt u. d. T. Poesie volgari Venedig 1554, Bergamo 1763, 2 Bde. Selve
d'amore. Pesaro 1513. Ambra e la Caccia delFalcone; Altercazione ovvero
dialogo nel quäle si disputa tra il cittadino e il pastore quäle sia piü
felice vita etc. (philos. Lehrgedicht) ; Stanze alla contadinesca in lode dellu
Nencia da Barberino (in toscan. Landdialect geschrieben. Florenz 1553;
n Simposio oder I Beoni (satirisches Gedicht, Parodirung der Göttl. Korn.)
Florenz 1552, oft mit den Gedichten Berni's zusammen gedruckt. Canti
carnascialeschi, gedruckt in der Sammlung : Tutti i trionfi, carri, masche-
rate o canti carnascialeschi andati per Firenze da tempo del Magnifico L.
de' M. fino all' anno 1559. Cosmopoli 'd. i. lAicca) 1750, 2 Bde. Canzoni
a ballo. Florenz 156S. Orazioni e laudi. Florenz 1680. RoscoE, Life of L.
of M. Liverpool 1796, 2 Bde. (ital. Ucbcrs. Pisa 1799, 4 Bde.\ *A. v. Reu-
MONT, L. de' M. il M. Leipzig 1874, 2 Bde. (klassisches, ebenso gelehrtes
•wie schön geschriebenes Werk, enthält auch reiche Litteraturangaben) —
Lucano, so bezeichnete Nann. 11 172 die Fatti di Cesare — La Lusig-
naca, novella inedita del buon sec. Bologna 1862. Sc. 10 — Lyriker s.
Lirici.
Macaire s. obenS. 325 — Machiavelli, Niccolö , geb. 5. 5. 1469 zu
Florenz, gest. ebenda 22. 6. 1527. Discorsi sopra la prima Deca di Tito
Livio. Istorie fiorentine flibri VIII . II Principe, u. andere Prosaschriften.
Die Lustspiele Mandragola u. Clizia (ausserdem werden ihm beigelegt La
Sporta, le Maschere). Gedichte in Terzinen : l'Asino d'oro, Capitoli. Ly-
rische Gedichte. Gesammtausgg. der "Werke M.'s sind mehrere vorhanden,
die beste, vollständigste und neueste ist die von Fanfani und Pa.sserim,
Florenz seit 1873. Eine Aussr. d. Letterc fami^liari hat veranstaltet E. Ai.-
Das Italienische. 7'31
visi Florenz 1SS;{, vgl. Giorn. stör. II 175. Die Mandragola sowie die
andern bekannteren Schriften M.'s existiren in zahlreichen Einzeldrucken,
die Mandr. findet man auch im Leipziger Parnas.so teatr. , vgl. über diese
Kom. Graf, Studj drammatici. Turin 1878. Bestes Werk über M. *P. ViL-
LARI, X. M. e i suoi tempi, illustrati con nuovi documenti. Florenz 1S77'82,
3 Bde.. vgl. Giorn. stör. I 112. Ausserdem seien noch genannt: Gioda,
M. e le sue opere Florenz 1S74, vgl. Hillebrands Italia II 175. Tdmma-
SINI, La vita e gli scritti di M. nella loro relazione col machiavellismo
Turin 1883, vgl. Giorn. stör. I 452. Samosch, M. als Comödiendichter.
Minden 18S5, vgl. Giorn. stör. VI 2S4. Auf die son-stigc massenhafte Ma-
chiavelli-Litteratur kann, weil sie vorwiegend die polit. Geschichte u. Ge-
schichte der polit. Theorien betrifl't namentl. was den Principe anlangt),
hier nicht eingegangen werden — Madonna Lionessa, cantare inedito del
sec. XIV. Bologna 1S66. Sc. 89 — Maffei, Andrea, geb. 1801 zu Verona,
gest. 1SS5, bekannt als Uebersetzer zahlreicher deutscher Dichtungen —
Maffei, Scipione, geb. 1675 zu Verona, gest. ebenda 1755. Tragödie
Merope , vgl. Lessing's Hamb. Dramaturgie St. 42. Zahlreiche gelehrte
"Werke, z. B. Verona illustrata 1732, 2 Bde. Giuliaei, Bibliographia Maf-
fejana, in: Propugn. XVIII 1, 426 u. 2, 249 — Malespini, liicordano
u. Giacotto, Ausgang d. 13. Jahrh.'s. Istoria fiorentiua etc., herausg. z. B.
von MvRATORl, Script, rer. Ital. VIII 881. Der vonScHEFFER-BoiCHORST in
seinen Florentiner Studien ;Leipzig 1874 geführte Beweis, dass das "Werk
eine Fälschung sei, hat bis jetzt irgend welche Widerlegung nicht erfahren.
X II 6. G. 177 u. 502 — Mandaville. I Viaggi di Gio. da M., volgarizz.
antico toscano. Imola 1870. Sc. 113. I. Vogels, Das Verhältniss der ital.
Versionen der Reisebeschreibung M.'s zu den französ., in: Festschrift dem
GjTunas. zu Moers zu seiner 3(J0jähr. Jubelfeier vom Gymuas. zu Crefeld
gewidmet — Manfredi. Eustachio, geb. 1674 zu Bologna, gest. 1739,
Canzoniere. Bologna 1713, 1732 u. ;mit Vita] 1760, auch im Parnasso ital.
Bd. 51 — Manzoni, Alessandro, geb. 7. 3. 1785 zu Mailand, gest.
ebenda 22. 5. 1873. Inni sacri 1810. Cinque Maggie 1821. Die Tragödien
11 Conte di Carmagnola 1S20 u. Adelchi 1822. I Promessi Sposi, verfasst
182125, gedruckt 1825 '27, später 1840 in toscanisirendem Sinne sprach-
lich umgearbeitet. Proposta Manzoniana 1S6S, vgl. oben § 4. Interlinear-
ausgabe der beiden Texte der Pr. Sp. von Folli Mailand 1877',. Ausgg.
der Opere complete 1840, 1S75 u. öfters; eine Vita hat G. Carcaxo verfasst
(gedr. in den Ausgg. der Opp. . Die Briefe M.'s sind herausg. Yon Sforza,
Pisa 1875, vgl. d'Ovidio in seinen Saggi, p. 30, welche auch andere auf M.
bezügliche interessante Essays enthalten. Beiträge zu M.'s Biographie haben
ü. A. gegeben Stoppaxi, I primi anni di A. M., C. Caxtu, A. M , rerainis-
cenze (Mailand 1876 u. ein Ungenannter (S. S. , A. M., la sua famiglia e
i suoi amici, appunti e memorie, Mailand 1885, u. A. de Guberxatis, II
1 Man vgl. auch A. Mabellixi. I Pr. Sp. di A. M. nelle due edi-
zioni del 1840 e del 1825 etc. Florenz o. J., vgl. Giorn. stör. IV 282. —
Ueber den Cinque Maggio vgl. man die Studien von G. Dl Siena, A. M.
e il 5 m. Xapoli 1S82. vgl. Propugn. XV 2, 295: über die Inni sacri
Salvagxoli, Gli I. s. di A. M. Bologna 1882, vgl. Propugn. XV 2. 291.
732 ^'^^ Italienische.
A. e il Fauriel. llom 1880 — II Marchese di Saluzzo e la Griselda, no-
velle in ottave del sec. XV Bologna 1SG2 Sc. 19 — Marco Polo s. oben
S. 326. Ein Bruchstück einer altital.iUebers. der Reisebeschreibung M. P.-'s
hat nach Bartoli's Ausg. Ulrich, Altit. Leseb. p. 134, mitgetheilt — Ma-
rini, Giambattista, geb. 1569 zu Neapel, gest. ebenda 1625. Adone
Paris 1623. La Strage degli Innocenti. Rime. Gesamnitausgg. scheinen zu
fehlen — Marotolo, Giovanni, um 1250. N I 238 — Marsilio da
Padova, 14. Jahrh. Labanca , M. da P. riformatore politico e religiöse
del sec. XIV Padua 1882, vgl. Giorn. stör. 1 109. Fanf. della Dom. 8. 10.
1882, Filosofia delle scuole ital. XXVI 1, vgl. -wieder Giorn. stör. I 158
u. 166 — Martirio d'una fanciulla faentina narrato per Frate Filippo da
Siena nel sec. XIV. Bologna 1861 Sc. 3 — Masarello aus Todi, um 1250.
N I 239 — La Mascalcia di Lorenzo Rusio , volgarizz. del sec. XIV.
Bologna 1867 Coli. 19 u. 20. Vgl. auch Trattati di M. — Mazzeo Ricco
aus Messina, um 1250. N I 125 — Medici s. oben Lorenzo u. unten
Viaggio — Brieve Meditazione sui benefici di Die per Agnolo Torini
da Firenze, testo inedito del buon sec. della ling. ital. Bologna 1S62 Sc.
17 — Menzini, Benedetto, geb. 1646 zu Florenz, gest. 1704 zu Rom,
lyrischer u. satirischer Dichter, Verf. eines Lehrgedichts über die Poesie.
Opere. Florenz 1731 u. Venedig 1769, 4 Bde. Poetica u. Satire in Bd. 225
der älteren Mailänder Classikersammlung. Vita bei Crescimbeni, Vite de-
gli Arcadi illustri. Rom. 1708 — Meo Abbracciava aus Pistoja, um
1250. N I 202 u. n 205 — Merlino. I due primi libri della istoria di M.
ristampati secondo la rarissima ediz. del 1480 per cura di G. Ulrich. Bo-
logna 1884. Sc. 201, vgl. Giorn stör. V 291 — Metastasio eigentlich Tra-
passi), Pietro, geb. 1698 zu Rom, gest. in Wien 1782. Verf. zahl-
reicher Musikdramen , lyrischer Dichter. Mehrfache Ausgg. der Opere,
z. B. Paris 17S0, 12 Bde., Livorno 1811, 17 Bde. Cardvcci, l'Epistolario
metastas. 18S2, vgl. Bibliofilo, Anno III No. lü f. u. Giorn. stör. I 162.
Lettere disperse e inedite di P. M. a cura di G. Carduccl Vol. I Bologna
1883, vgl. Giorn. stör. III 289. Naborre Campaxini, Un precursore del
M. (Pietro Pariati, geb. zu Reggio 1665, gest. zu Wien 1733). Reggio-
Emilia 1883, vgl. Giorn. stör. II 229. G. Carducci, P.M., in: Dom. lett.
10. 4. 1882, vgl. Giorn. stör. I 164. L. Falconi, P. M. alle corti di Carlo
VI e di Maria Teresia e la sua rinomanza ne' sec. XVIII e XIX. Wien
1883, vgl. Giorn. stör. III 148. O. Tomma.sini, P. M. e lo svolgimento
del melodramma ital., in: Nuov. Antcl. Seriell Vol. 33, L. Morando, II
M. critico c prosatore, in: Fanf. della Dom. 9. 4. 1882. M. Landau, Die
ital. Lit. am Österreich. Hofe, Wien 1879, S. 62 ff. — Migliore aus Flo-
renz, um 1250. N I 2, 215 G. 97 — Milon et Berthe. Vgl. P. Rajxa,
Ricerchc intorno ai Reali di Francia, Bologna 1872, p. 134 u. 226. G. 493
— Monaci. Rime e lettere di ser Ventura M., testo di lingua (ohne Na-
men des Herausgebers, derselbe ist aber E. Monaci) Rom 1S79. Alcuui
sonetti di s. V. M. , rimatore fiorentino del sec. XIV (er starb 1348; ed.
A. Mabellini. Florenz 1883, vgl. Giorn. stör. II 217 — Monaldo da
Soffena, um 1260. N I 353 — Monti, Vincenzo, geb. 1754 zu Fusi-
gnano, gest. zu Mailand 1828. Tragedie (Aristodemo, Galeotto Manfredi,
Das Italienische. 733
Cajo Gracco' Mailand ISl". Cantica in niorte di Ugo Basseville 17'j;{ (in
Bd. 17 des Parnasso deo:li Italiani \iventi u. oft;. Lyrische Gedichte-
Proposta di alcune correzioni e ap;ij:iiinta al Voeab. della Crusca Mailand
ISIS tl'.. s. oben S. (>21. lliade Mailand ISIO. Prose e Poesie di V. M. Flo-
renz ISIT. B. VicCHl, V. M., le lottere e la politica in Italia dal 1750 al
1S;KI, vgl. Giorn. stör. VI 432. L. A. Ferrai , Lettere inedite di V. M.,
in : Giorn. stör. V 370, vgl. I 87 (M.'s Epistolario ist zusammengestellt in
Bd. 6 der Ausg. seiner "Werke Mailand 1842). PatI'ZZI, La societä vero-
nese e V. M., in: Fanf. della Dom. ISSO No. 23. F. Zschech, V. M. u.
sein Gedicht auf Hugo Basseville. Hamburg 1SS4 , vgl. Giorn. stör. III
465 — Mostacci, Jacopo, aus Pisa, zweite Hälfte des J3. Jahrh.'s. NX
301. G. 77, 7S, 80 — Mugnone. Rime di ser Pietro de' Faytinelli detto
M., poeta lucchese del sec. XIV. Bologna 1874 Sc. 139 — La Mula, la
Chiave e Madrigali satirici del Doni Fiorentino. Bologna 1802 Sc. 8 —
Muratori, Lodovico Antonio, geb. zu Vignola im Modenesischen
1072, gest. zu Modena 1750, berühmter Geschichtsforscher (Rcrum Italica-
rum scriptores ab anno acrae christianae 500 ad 1500. Mailand 1722/51,
29 Bde. Antiquitates Italiae medii aevi. Mailand 1738/42, 0 Bde., davon
ital. Uebers. u. d. T. Dissertazioni sopra le antichitä ital. Mailand 1751,
3 Bde. Annali d'Italia dal principio dell' era volg. sino all' anno 1749,
Venedig Mailand] 1744 ff., 12 Bde., Mailand 1753 ff., 18 Bde. Delle an-
tichitä Esteusi ed ital. trattato Modena 1717 u. 1740, 2 Bde. Della per-
fetta poesia ital. Modena 1766, 2 Bde. Delle forze della fantasia umana
Venedig 1745 u. mehrere andere philos. Schriften, überdies Biographien
ital. Dichter, theolog. Tractate etc. etc.\ Opere. Arezzo 1767 80, 36 Bde.,
Venedig 1790/1810, 48 Bde.; Opere minori tanto edite che inedite. Neapel
1707 ff. (mit einer Vita). Eine ausführliche Biogr. M.'s nebst vollst. Ver-
zeichniss von dessen Schriften hat A. Brenna verfasst für Fabroni's Vitae
Italorum doctrina excell. t. X, vgl. Ideler I 345 — Mussato, Albertino,
geb. im Herbst 1262 zu San Daniele d'Albano (vgl. Zardo's unten zu
nennende Schrift p. 8;, gest. 31. 5. 1329 vgl. Zardo p. 240). De gestis
Italicorum post mortem Henrici VII libri XII b. MuRATORl, Scr. rer. Ital.
X 569. Historia augusta seu de gestis Henrici VII libri XVI b. Mir. X
9. Ludovicus Bavarus b. MUR. X 769. Tragoedia Eccerinis b. MuR. X
787. Lateinische Dichtungen (18 Episteln, 3 Elegien, 6 Soliloquien, 10
Eklogen). Gesammtausg. der W. besorgt von Osius u. Pignorius. Venedig
1636, ihr Inhalt im Wesentl. reproducirt in Graevius-Burmann's Thes. an-
tiquit. Ital. t. VI p. 2 Leyden 1722. Eine kritische Ausg. der W. M.'s
fehlt leider noch immer. Aelteste Biogr. M.'s von Sicco Polentone b. MuR.
X 1 , neue Ausg. nach einem cod. Ricciard. von F. Novati im Archivio
stör, per Trieste etc. Vol. II fasc. I (Juni 18S3). Bisher unbekannte Ur-
kunden über M. hat veröffentlicht Gloria, in den Atti del R. Istituto
veneto di scienze, lettere ed arti Serie V t. 6 u. Serie VI t. 1. Venedig
1879, K.ÖXIG, Ueb. d. Herkunft d. A. M., in: Neues Archiv der Gesellsch.
f. alt. deutsche Geschichtsk. Bd. 7, Göttingen 1880. DÖNNIGE.S, d. deutsche
Kaiserth. im 14. Jahrb., Berlin 1841, t. II, p. 37. ToEWES, A. M. u.
Heinrich VII. Greifswald 1874 Diss. Wyciiguam, A. M. Leipzig 1880. L.
734 IJas Italienische.
Cappelletti, A. M. 8 la sua tragedia Eccerinis Parma 1881 vorher im
Propugn. t. XI erschienen). *A. Zardo, A. M., studio storico e letterario
Padova 1S84 'auf p. 361 ist das einzige erhaltene ital. Gedicht M.'s, ein
Sonett, zum ersten Male gedruckt. Minola, Della vita e delle opere di
A. M. Saggio critico. Rom 1S84. F. Novati, Nuovi studj su A. M., in;
Giorn. stör. VI 176. G. Voigt a. a. O. I 16 , Körting a. a. O. III 3U2.
G. 396 u. die dazu gehörigen Anm. Nicht von M. , sondern von einem
Vicentiner Losco verfasst ist die Tragödie Achilleis.
Negoziazione di Giulio Ottonelli alla corte di Spagna. Bologna
1862 Sc. 27 — Nicolas von Verona, Verf. des Schlusses der Entree en
Espagne u. der Prise de Pampelune, vielleicht auch eines franco-ital. Ge-
dichtes über die Passion Christi, vgl. G. 119 u. 492, s. auch oben 319 unter
Entree — Niecolin i, Giovambattista, geb. 1782, gest. 1861, Tragödien-
dichter; sein berühmtestes Werk ist »Amaldo da Breseia«, oftmals gedruckt,
recht gute Ausg. mit Einleitung u. werthvoUen Anmerkungen von C. Gar-
GIOLI, Milano 1876, in der Biblioteca delle famiglie — La Nina Siciliana,
Zeitgenossin Dante's v. Majano u. angeblich älteste ital. Dichterin. N I
327 — Nobili Fatti s. Fatti — Novelle, Novellen, Novelletteu,
Novellino. 1. M. Landau, Beiträge zur Gesch. der ital. Novelle. "Wien
1875. 2. (Cento Novelle antiche oder) Novellino. Beste^) Ausg.
von BlAGl, Le Nov. Ant. dei codd. panciatichiano-palatino 138 e tauren-
ziano-gaddiano 193, Florenz 1880, vgl. Rom. IX 319. Le 100 Nov. cant.
illustrate ad uso delle scuole classiche con una prefaz. e una bibliogratia
del Nov. a cura del prof. L. Cappeletti, Florenz 1884, vgl. Giorn. .stör.
III 140. D'AxcoNA, Le Fonti del Nov., in: Rom. II 385 u. III 164, wie-
derholt mit Zusätzen in den Studj di crit. e stör. lett. , Bologna 1 880,
p. 219. G. 164 u. 498 f., N II 64. 3. Libro di Nov. antiche, tratte da
diversi testi del buon sec. della ling. Bologna 1868 Sc. 93. 4. Novelle
d'incerti autori del sec. XIV. Bologna 1861 Sc. 1. 5. Due Nov. morali
d'autore anonimo del sec. XIV. Bologna 1861 Sc. 4. 6. Nov. del Cerbino
in ottava rima di un anonimo antico. Bologna 1S62 Sc. 25. 7. Novelle di
Marco Mantova scrittore del sec. XVI. Bologna 1862 Sc. 22. 8. Novella
di Pier Geronimo Gentile Savonese. Bologna 1862 Sc. 20. 9. Due Nov.
aggiunte in un cod. del 1437. Bologna 1866 Sc. 71. 10. Tre Novelle raris-
sime del sec. XVI. Bologna 1867 Sc. 85. 11. Novella di un anonimo tre-
centista in ottava rima, in: Propugn. XIV 1. 198. 12. Novellette, esempj
morali e apologhi di San Bernardino da Siena. Bologna 1868 Sc. 97.
13. Novellette. intorno a Curzio Marignolli, scritte da Andrea Cavalcanti.
Bologna 1870 Sc. 111. 14. Novellino provenzale, ossia volgarizzamento
delle antiche vitarelle dei trovatori, scritte in lingua d'oc da Ugo di San
Ciro etc. Imola 1870 Sc. 107. 15. L. Cappelletti, La questione suUa
nov. di Belfagos, in: Propugn. XIII 2, 87. 16. A. Gianandrea, Della
Ij Aelteste Ausgg. waren die von C. Gualterizzi, Bologna 1525, und
V. BoRGHlNl, Florenz 1572, letztere Ausg. ist in kirchlichem Sinne castrirt.
Neudrucke des Gualteruzzi'schen Textes Mailand \y2'^ und Florenz 1807.
Vgl. G. 500.
Das Italienische. 73;,
novellu (lel Petit Poncet, in: Giorn. Ui til. roni. 11 2;il ^behandelt das Vor-
kommen des Däumlingsmarcheus namentl. in Italien). 17. F. Puudenzanü,
Novelle cavalleresche. 2» ed. Napoli 1879 (moderne Dichtungen, welche
aber doch, ähnlich wie etwa G. Freytags »Ahnen«, ein wissenschaftliches
Interesse besitzen . vgl. Propugn. XII 2, 2!). 18. L. CAi'l'KLLr.rn, Novelle
scelte in ogni see. della lett. ital. e corredate di note tilologiche, storiche
e biogratiche per uso dclle scuole secondarie. Aggiuntevi le notizic sugli
antori delle novelle ed un indice bibliografico. 2^ ed. Parma lb82, vgl.
Propugn. XV 1, 237. 19. Novellenschatz der Italiener, herausg. v. EoH-
TEUMEYER u. SiMROCK. Berlin 1832. lieber Hevse'.s Sammlung moderner
ital. Nov. s. oben S. 700. Die Novellen-Bibliographien von Ganiba, Pa-
panti u. Passano sind bereits oben S. 090 genannt worden — Novello,
Guidi, um 1250. N I 339.
Sei üdi di Fr. Redi. Bologna 1S64 Sc. 44 — Onesto Bolognese,
zwischen 12.30 u. 1300. N I 153 G. 108 u. 490 — Orlandi, Guido, aus
Florenz, Zeitgenosse Guido Cavalcanti's. N I 297 — l'Orlandino. Canti
due di messer Pietro Aretino. Bologna 1868 Sc. 95.
Ser Pace notajo aus Florenz, um 1290. N I 371 — Pacino Angio-
lieri aus Florenz, um 1250. N I 218. G. 97 — Paganiuo da Sarzana,
um 1260. N I 232. G. 78 — Pandolfini, Agnolo, geb. 1360 zu Florenz,
ebenda gest. 1446, nach gewöhnlicher Annahme Verfasser der Schrift Trat-
tato del governo della famiglia u. diese Annahme hat neuerdings ^'IKGI^■IO
CoRTESi, II G. d. f. di A. P. Piacenza 1881, als richtig zu erweisen ge-
sucht, vgl. Propugn. XV 1, 234. !\ndere dagegen legen die Schrift dem
Leon Battista Alberti bei, vgl. J. Burckhardt, die Cultur der Renaiss.,
3. Aufl. I 196. Gedruckt ist der Trattato oft, z. B. Turin 1828, in Son-
zogno's Biblioteca class. econom. Milano 1877 — Pannuccio dal Bag-
no aus Pisa, um 1250. N I 201. G. 7S, 87, 92 — Paolino Minorita
s. Ulrich, Altital. Leseb. 153 — II Paradiso degli Alberti, ritrovi e
ragionamenti del 1389, romanzo di Giovanni da Prato, ed. A. Wesselofsky.
Bologna 1867, 3 Bde. in 4 Theilen, Sc. 86, 87, 88 (der Herausg. hat sehr
werthvoUe Untersuchungen üb. die Litteraturgeschichte des 14. Jahrh.'s
beigefügt — Pariati s. oben unter Metastasio — Parini, Giuseppe,
geb. zu Bosisio im Mailändischen 1729, gest. zu Mailand 1799. Das sa-
tirische Gedicht II Giorno (Mattino 1763, Mezzogiorno 1765, erst nach des
Verf.'s Tode wurden der Vespero u. die unvollendet gebliebene Notte ver-
öffentlicht). Odi. Opere ed. F. Reixa, Mailand 1801, 6 Bde. (enthält auch
eine Vita P.'s) ; die Hauptwerke auch in Bd. 13, 14 u. 24 des Rosinischen
Parnasso degli Italiani viventi. Pisa 1798. Von dem Giorno u. von den
Oden viele Einzeldrucke; von letzteren eine Schulausgabe von Pio Micil-
AXGELI. Bologna 1880, vgl. Propugn. XIII 2, 452. Einen Commentar zum
Mattino hat PiXELLi im Propugn. XVIII 2, 3 u. 380 gegeben — Parma
liberata dal giogo di Mastino della Scala addi 21 Maggio 1341, canzone
politica di Fr. Petrarca ridotta a migliore lezione. Bologna 1870 Sc. 109 —
Paruta, Paolo, geb. 1540 zu Venedig, gest. 1598. Della perfezione
della vita politica. Venedig 1582. Discorsi politici Venedig 1599. Istoria
Veneziana. Venedig 1605 — Passavanti, Jacopo, gest. 1347. Lo
736 Das Italienische.
Specchio della Vera Penitenza ed. F. L. Polidori. Florenz 1863. I 445.
G. 385 u. 535 — II Passio o Vangelo di Nicodemo volgarizzato nel buon
secolo della lingua. Bologna 1862 Sc. 12 — La Passione di N. S. Gesü
Cristo, poema attribuito a Giov. Boccaccio. Bologna 1878 Sc. 102 — Pa-
tecchio, Girardo, aus Cremona, erste Hälfte des 13. Jahrh.'s, vgl. über
ihn u. seine nur theil-weise erhaltenen Dichtungen Mi'SSAFIA im Jahrb.
f. rom. u. engl. Lit. VI 222 u. VIII 210, Teza in Giorn. di fil. rem. I 233,
NovATi in Giorn. stör. I 413 Anm. 2, G. 138 u. 495 — Pavesalo, Mino
de, aus Arezzo, um 1290. N I 368 — Pecorone, Novellensammlung,
verfasst von einem gewissen Giovanni um 1378. Ausgg. Mailand 1558,
Venedig, 1560 u. 1565 u, oft, beste Ausg. v. G. Pogglvli London (Livorno;
1793, wiederholt Mailand 1804. Landau a. a. O. p. 24. A. Graf, Sopra
la nov. 26 del Pec, in: Giorn. stör. III 66. C. Gargioli, Una nov. del
Pec, in: Propugn. XV 1, 208 — Pellico, Silvio, geb. 1788 zu Saluzzo,
gest. zu Turin 31. 1. 1854. Die autobiographische Skizze Le mie prigioni
(Erzählung der von P. 1820 bis 1830 erlittenen Gefangenschaft). Die Tra-
gödien: Francesca da Rimini, Esther d'Engaddi, Iginia d'Asti. Zahlreiche
Ausgg. — Persiano. Libro del Gandolfo P. delle medesine de' falconi.
Bologna 1877 Sc. 154 — Petrarca, Francesco, geb. 20. 7. 1304 zu
Arezzo, gest. zuArquä 18. 7. 1374. Bibliographiscues : (A. Mars.vnd, Bibl.
petrarchesca. Mailand 1826.) AV. FiSKE, A Catalogue of Petrarch Books.
Ithaka u. New-York 1SS2 (eine neue Ausg. soll noch im J. 1886 erscheinen).
Ferrazzi, Bibliografia Petrarchesca in Bd. 5 des Manuale Dantesco [oder
Bd. 4 der Encicloped. dant.). Bassano 1877. A. HoRTls, Catalogo delle
opere di Fr. P. esistenti nella Petrarchesca Rossettiana di Trieste, aggiun-
tavi l'iconografia della medesima. Trieste 1^74. Zum Lehex u. zur Per-
sönlichkeit P.'s: Die wichtigste u. reichste Quelle für die Kenntniss d.
Lebens P.'s sind die von ihm erhaltenen Brief Sammlungen, nämlich: 1. Epis-
tolae de rebus familiaribus (368 Stück), beste Ausg. von Fracassetti,
Florenz 1859 63, 3 Bde., davon ital. Uebers. u. d. T. Lettere delle cose
familiari libri XXIV, lettere varie libro unico, volgarizzate e dichiarate con
note di Fracassetti. Florenz 1863 67, 5 Bde. (die Anmerkungen Fr.'s sind
höchst werthvoU u. reichhaltig). 2. Epistolae seniles (124 Stück'i, nur in
alten Ausgg. vorhanden (s. u.), von Fracassetti übers, u. commentirt u.
d. T, Lettere senili volg. e dichiar. con note. Florenz 1869/70, 2 Bde.
3. Epistolae variae (69 St.), von Fr. mit den Epp. de reb. fam. herausg.
u. übers. 4. Epistolae sine titulo (d. h. ohne Nennung der Adressaten ;
15 St.), von Fr. nicht herausg. u. übers. 5. Epi.stolarum pocticarum libri
III ed. D. llossETTi. Mailand 1819 24 3 Bde. Zu P.s Briefen vgl. man
G. Voigt, Die Briefsammlungen P.'s, in den Abh. der K. Bayer. Akad.
d. AVissensch. III CT. XVI. Bd. III. Abth. München 1882 (bei "dieser Ge-
legenheit werde auch eine andere, mit P. wenigstens in mittelbarer Be-
ziehung stehende Schrift Voigt's genannt : Die handschriftl. Uebcrlieferung
von C.'s Briefen, in den Berichten d. K. Sachs. Gesellsch. d. AVissensch.
2. Juli 1879, vgl. damit die Monographie von A. Viertel, Die AViederauf-
findung von Cicero's Briefen durch P. Königsberg 1879'. Die alten Pe-
trarca-A'itae von A'ellutello etc. gewähren verglichen mit Briefen, welche
Das Italienisclie. 737
überdies noch durch Boccaccios Epistolarium vervollständig:! werden, so
gut wie gar keine Ausbeute. Die neueren biographischen "Werke, de
Sadk, Memoires pour servir la vie de P. Amsterdam 17t)l;(i7, 3 Bde.,
(unkritisches u. phantastisches AVerk, das aber doch viel werthvolles Mate-
rial enthält u. selbst noch jetzt nicht ganz entbehrlich ist); G. B. Bal-
DELU, Del Petrarca e delle sue opere libri IV. Firenze 1797, 2^ ed. 1837
war für seine Zeit ein gutes Buch); L. G. Blanc in Ersch u. Gruber's
Encyklopädie Sect. III Theil 19, p. 240 (gut, aber jetzt durch Fracassctti's
Commentare veraltet) ; A. MEZifeREs, Petrarque, etude d'apres de nouveaux
documents. Paris 1807 (anregend geschrieben); L.Geiger, Petrarca. Leip-
zig 1S7 1 Jverdienstliche Skizze); "^G. Voic.T in Bd. 1 seines Werkes: Die
Wiederbelebung des class. Altcrthums; G. Körting, P.'s Leben u. Werke.
Leipzig 1S78; Bartoli in Bd. 7 seiner Litteraturgesch. ; *GAsrARY in den
beiden letzten Capiteln des 1. Bandes seiner Litteraturgesch.; werthlos,
um nicht noch Schlimmeres zu sagen, ist H. Reeve's Monographie Pe-
trarch. Edinburg u. London 1878. Von Schriften über einzelne Episoden
des Lebens P.'s seien genannt: Delecluze, P. au Mont-Ventoux, in: Re-
vue de Paris 13. 1. 1839. Covture, P. et Jacques Colonne, eveque de
Lombez, in Revue de Gascogne t. XXI 33, vgl. Rom. IX 338. RoN-
CHDsi, La dimora del P. in Parma-Modena 1874. RoMUSsi, P. a Milano.
Milano 1874. Cittadella, P. a Padova e ad Arquä, in dem von CoRRA-
Dixi im Auftrage der Stadt Padua herausgegebenen Jubiläumswerke »Pa-
dova a Fr. P. nel quinto centenario dalla [sie!] sua morte«. Padua 1874.
Malmigxati, P. a Padova, a Venezia e ad Arqua. Padova 1874. Petrarca
e Venezia (herausg. v. einer Commission des Ateneo veneto). Venedig 1874.
Canestrini, Le ossa di Fr. P. Padova 1874 (interressante Schrift über die
seltsamen Schicksale, welche das Skelett P.'s hat durchmachen müssen,
u. über die neuerdings an demselben, bzw. an dem Schädel vorgenommenen
Messungen). Ueber P.'s Persönlichkeit u. Bedeutung haben ausser den oben
genannten Biographen noch gehandelt namentlich: F. de Saxctis, Saggio
critico sul P. Napoli 18G9. *B. ZvMBixi Studj sul P. (p. 1 II sentimento della
natura, p. 73 l'Africa, p. 173 l'Imperoi. Napoli 1878. *Feuerlein, P. u. Boc-
caccio, in: Sybel's hist. Ztschr. Bd. 3S S. 193. Hettxer, P. u. Bocc, in seinen
Ital. Stud., Braunschw. 1879 vorher in d. Deutschen Rundschau 1875 Heft 5
erschienen). G. Carducci, Discorso presso la tomba di Fr. P. in Arquä
il 18 luglio 1874. Livomo 1874. A. Hortis, Dante e il P. Firenze 1875.
R. Jacoby, P.'s Weltanschauung, in: Preussische Jahrbücher Bd. 49 S. 567.
ScHEFFER-BoiCHORST , P. u. Bocc. üb. die Entstehung der Dichtkunst, in
Ztschr. f. rom. Phil. Yl 598. E. Persico, Fr. P. Milano 1882, vgl. Pro-
pugn. XV 1, 236. Die Werke P.'.s: A. Lateinische Werke, a. Prosa-
werke. I. MoRALPniLOS. u. RELIGIÖSE Tractate : 1. De remedüs utriusque
fortunae. 2. De vita solitaria. 3. De otio religiosorum. 4. De republica
optime administranda = Ep. Sen. XIV 1. 5. De officio et virtutibus
imperatoris = Ep. Sen. IV 1. 6. De avaritia vitanda = Ep. Sen. VI 7
u. 8. 7. De Vera sapientia dialogi. II. Historische und geographische
Werke: 1. Rerum memorandarum libri IV (vgl. Cl. B.iuMKER, Quibus
antiquis auctoribus P. in conscribendis rerum memorabilium libris usus sit.
Körting, Encyklopädie d. rom. Phil. III. 47
738
Das Italienische.
Pars prior. Münster 1S82 Progr.). 2. Virorum illustrium vitae, herausg.
mit der altital. Uebera. des Donato degli Albanzani von K.\ZZ0LINI. Bo-
logna 1S74, 2 Bde. 3. Vitarum virorum illustrium epitome. 4. Itinerarium
syriacum. III. Polemische Schüiftex: 1. Contra cuiusdam anonymi Galli
calumnias apologia. 2. De sui ipsius et multorum ignorantia. 3. Contra
medicum qucndam inveetivarum libri IV. IV. De obedientia ac fidc uxoria
mythologia (Uebers. der Griscldisnovelle des Bocc.) = Ep. Sen. XVII 3. V.
Keden : 1. Kede gehalten bei der Dichtorkrönung, 8.4. 1341. herausg. von
A. HOKTIS, Scritti inediti di Fr, P., Triest 1874, p. 311. 2. Rede gehalten
am 8. 11. 1353 vor der Signoria zu Venedig, b. HoRTis a. a. O. p. 329,
vgl. R. FuLIN, in: P. e Venezia [s. oben], p. 295. 3. Rede gehalten zu
Mailand 7. 10. 1354, nur italienisch überliefert, aber zweifellos ursprüng-
lich lateinisch abgefasst, b. HoRTis a. a. O. p. 335. 4. Rede gehalten zu
Novara 19. 6. 1358, b. HoRTis, a. a. O. p. 341. 5. Rede gehalten zu Paris
im J. 1300, b. Hortis a. a. O. p. 208. VI. BRIEFE, s. oben S. 736. VII. Bei-
träge ZUR Selbstbiographie: 1. Epistola ad posteros. 2. De contemtu
mundi dialogi III. 3. Die Noten im Handexemplar des Virgil (im Besitz
der Ambrosiana zu Mailand), vgl. Fracassetti, Lett. fam. n241. VIII. As-
ketische Schriften: 1. Gebete, b. Hortis a. a. O. p. 367. 2. Psalmi
poenitentiales septem. b. DICHTUNGEN: 1. Das Epos Africa, herausg. von
L. PiNGAUD, Paris 1872, u. am besten von F. Corradini in dem oben ge-
nannten Sammelwerke Padova a. Fr. P. p. 79. 2. Zwölf Eklogen, herausg.
v. D. RossETTl, Poemata minora Fr. P. quae extant omnia. Mailand 1819 24,
3 Bde. : dazu von P. selbst verfasste »epitomata«, b. Hortis a. a. O. p. 359.
Vgl. L. RuBERTO, Le Egloghe del P., in: Propug. XI 2, 244, XII 1, 83
u. 2, 153 (sehr schwach). 3. Epistolarum pocticarum libri III, von Ros-
SETTI in den Poem. min. herausgegeben. Mit wenigen Ausnahmen, welche
oben sämmtlich augeführt sind, fehlt es noch an neueren Ausgg. der lat.
Werke P.'s. Man ist daher noch immer auf die Benutzung der alten un-
kritischen u. von Druckfehlern wimmelnden Gesammtausgg. (z. B. Basel
149G, Venedig 1501, 1503, Basel 1554) oder ebenso schlechter Einzeldrucke
augewiesen. Die Herstellung einer kritischen Ausg. der Opera P.'s sollten
die Philologen Italiens als eine Ehrenpflicht betrachten. B. ITALIENISCHE
Dichtungen: 1. Le Rime oder il Canzoniere (317 Sonette, 29 Canzonen,
9 Sestinen, 7 Ballaten, 4 Madrigale). Zahllose Ausgg., darunter aber noch
keine wirklich kritische u. abschliessende; die relativ beste ist die von
Marsand, Padua 1819/201), jmf -n^elcher mit wenigen Ausnahmen alle
neueren Editionen beruhen, so z. B. auch die von Sc.artazzini, Leipzig
1883, vgl. Giorn. stör. II 432. Die »Rime sopra argomenti storici e morali«
(26 Sonette, 5 Canzonen; sind in musterhafter Weise von G. Carducci
herausg. u. commentirt worden, Livorno 1876, vgl. Ztschr. f. rom. Phil.
HI 114. 2. I Trionfi, meist mit den Rime zusammen herausg.; neueste
1) Von älteren Ausgg. ist namentlich die editio Aldina \ Venedig 1501)
von Wichtigkeit, da für diese das Autograph Petrarca's — damals im Be-
sitze Bcmbo's — benutzt wurde. Dies Autograph ist seitdem verschwun-
den, doch soll nach einer Notiz in der Revue critique vom 4. Jan. 1S8G,
p. 13 f., neuerdings HoHnung auf seine ^^'iederauffindung vorhanden sein.
Das Italienische. 739
Sonderausgg. von Pasqialico, Venedig 1HT4, u. von Giaxmni, Ferrara
1S74. Vgl. G. DA Rosa, D P. e i suoi trionfi, in: Propugn. XV 1, 299.
o. Noch unbekannte, vermeintlich ächte ital. Gedichte P.'s sind öfters ver-
öffentlicht worden, z. B. von Thomas, Ueb. neu aufgefundene Dichtungen
P.'s, München 1n58; von Ferrato, Rime attribuite a Fr.P. Padova 1ST4; vgl.
L. FkaTI, Di alcune rime attribuite al P. , in: Giorn. stör. II 350. Gute
l'ebcrs. des Canzoniere von Föksteu, 3 Ausg. Leipzig 1S51; Kekile u.
IJIEGELEBEX, Stuttg. 1844 enthält auch eine Uebers. der Trionfi; ; Kkigar,
Hannover 1860 — De Petruciis. Sonecti composti per M. Johanne de P.
conte di Policastro. Bologna 1879. Sc. 167 — Piacenti, Xuccio, aus
Siena, um 1280. N I 363 — LaPietosa Fönte, poema di Zenone da
Pistoja in morte di Fr. P. Bologna 1874. Sc. 137 — Pignotti, Lorenzo,
geb. 1739 in Figline in Toscana , gest. zu Pisa 1812, Fabeln- u. Novellen-
dichter, Geschichtsschreiber. Favole e novelle. Florenz 1S17. Storia della
Toscana. Pisa 1813 16 — Pier od. Pietro della Vigna od. delle Vigne,
Geheimschreiber des Kaisers Friedrich II, gest. 1249. Epistolarum Petri
de Vineis libri VI, Basel 1566 Huillaed-Breholles, Vie et correspon-
dance de P. de la V. P. 1 865. V. Pagano, Critica storia della vita e delle
opere di P. delle V. in relazione col suo secolo, in: Propugn. XIV 1, 212,
vgl XVI 2, 3, ISO, 418 etc., N. 24. G.57u. 485 — Pindemonte, Ippolito,
geb. 1753, gest. 1828. Lyriker; seine Poesien herausg. z. B. in Bd. VII des
Parnasso degli Italiani viventi. Ueber den Bruder Ippolito's, Giovanni P.,
der gleichfalls als IjTischer Dichter sich auszeichnete, hat gehandelt G.
Biadego, G. P., poesie e lett. raccolte ed illustr. Bologna 1883, vgl. Giorn.
stör, in 271 — Pi Stola di san Bemardo ai frati del monte di Dio, vol-
garizz. del sec. XIV. Bologna 1867. Sc. 84 — Poemetti sacri dei sec.
XIV e XV ed. E. Percopo. Bologna 1885. Sc. 211 — Poesie. 1. Alcune
P. inedite del Saviozzo e di altri autori tratti da un ms. del sec. XV. Bo-
logna 1878. Sc. 108. 2. P. minori del sec. XIV. Bologna 1867. Sc. 77.
3. P. musicali dei sec. XIV, XV, XVI. Bologna 1869. Sc. 94. 4. Poesie
popolari religiöse del sec. XIV. Bologna 1876. Sc. 152. 5. P. religiöse del
sec. XIV. Bologna 1881. Sc. 179. 6. G. Levi, Poesie civili del sec. XV,
in: Giorn. di fil. rom. II 220. 7. Poesie politiche pop. dei secoli XV e
XVI ed. F. Nov.ATi e C. Pellegrixi. Ancona 1885 — Poliziano, An-
giolo, geb. 1454 zu Monte Pulciano (lat. Mons Politiauus, in Toscana,
gest. zu Florenz 1494. Stanze per la giostra di Giuliano de' Medici, ver-
fasst um 1475, gedruckt z. B. Florenz 1513, in: Bd. 10 des Parnasso ital.
L'Orfeo Drama , gedr. z. B. in Bd. 17 des Parn. ital. Lat. Gedichte (Sil-
vae etc.). Relativ beste Gesammtausg. der lat. "W. Basel 1553. O. Menckex,
Hist. vitae et in litteras meritorum A. P. Leipzig 1736. J. M.ÄHLY, A. P.,
ein Culturbild aus der Renaiss. Leipzig 1864. L. Rlberto, II P. filologo
Estratto daUa Riv. di filologia e istruz. classica. Anno XII Turin 1883,
vgl. Giorn. stör. II 432 — Polo s. Marco P. — Messer Polo aus Reggio
di Lombardia, um 1230. N. I 55 — Predichc inedite del B. Giordauo da
Rivalto, recitate in Firenze dal 1302 al 1305, pubbl. da E. Karducci.
Bologna 1867. Coli. 16 — Primi quattro libri s. Livio — Profezia
sulla Guerra di Siena, stanze del Perella accademico Rozzo. Bologna 1868.
47*
740 ^^^ Italienische.
Sc. 91 — Pronostichi d'Ippocrate, volgarizzati nel buon sec. della ling.
Bologna 1866. Sc. 67 — Prose inedite del cav. Lionardo Salviati. Imola
1873. Sc. 129 — Proverbi di messer Antonio Cornazano in facezie. Bo-
logna 1^65. Sc. 62 — Pucci, Antonio, aus Florenz, 15. Jahrh. A. D'Ax-
CONA, XIX sonetti inediti di A. P., in: Propugn. XI 2, 105. C. Arlia,
Due componimenti di A. P., in. Propugn. XIV 1, 161. A. Graf, II Zibal-
done attribuito ad A. P., in: Giorn. stör. I 282 — Pucciandone Mar-
telli aus Pisa, um 1250. N I 138. G I 77 — Pucciarello di Fiorenza,
um 1260. N I 350 — Pulci, Luigi, geb. 1431 zu Florenz, gest. ebenda
U87 •?;. Morgante Maggiore Florenz 14S8 u. oft, z. B. auch in der Mailän-
der Klassikersammlung, Bd. 30 bis 32. R. Halfmaxn , Die Bilder u. Ver-
gleiche in P.'s Morgante Maggiore. Marburg 1884 (StenGEL's Ausg. u.
Abb.), vgl. Giorn. stör. IV 279.
Rainardo e Lesengrino ed. E. Teza Pisa 1869, vgl. auch U. Caneilo,
Favole, fabliaux e fiabe su Renardo e Isengrino, in: Saggi di crit. lett.
Bologna 1877, p. 157, und: PUTELLI in Giorn. di fil. rom. II 153. G 124
u. 493 — Ranieri da Palermo, um 1230. N I 48 — Rappresentazioni
s. Theater — I Reali di Francia. Editio princeps. Modena 1491. Ausg.
V. Gamha. Venedig 1821. *P. Rajna. I Reali di Fr. Ricerche seguite dal
libro delle storie di Fioravante e dal Cantare di Bovo d'Antona. Bologna
1872. Coli. 31. Mittelbar nehmen Bezug auf die R. di Fr. auch vier andere
treffliche Schriften R.'s: Uggiere il Danese etc., in: Rom. II 153 ff. (s. unten
Uggieri); Le origini delle famiglie padovane e gli eroi dei romanzi caval-
lereschi, in: Rom. IV 161; La Rotta di Roncisvalle nella lett. cavalleresca
ital. Bologna 1871, und: Le Fonti dell' Orlando furioso Florenz 1S76. (Von
älteren Schriften seien genannt: L. Ranke in den Abh. der Berliner Akad.
d. Wissensch, Philos.-hist. Cl. 1835. G. Paris, Hist. poet. de Charlem.,
p. 180. H. Michelant, Titoli dei Capitoli della Storia dei R. d. Fr., in:
Jahrb. f. rom. u. engl. Lit. XI 189 u. 298, XII 60. 217 u. 396. G. Regis
im Glossar zu seiner Uebers. von Bojardo's Orlando innamorato, p. 424,
letzterer Artikel ist zur ersten Orientirung in der bekanntlich sehr com-
plicirten Materie recht nützlich] — Redi, Francesco, geb. 1626 zu
Arezzo, gest. 1698 zu Pisa. Verf. zahlreicher naturwissenschaftl. u. sonstiger
gelehrter V^'erke, auch Dichter. Opere. Neapel 1741y42, 6 Bde., Mailand
1809/11. Lettere. Florenz 1727 u. 1779. Ideler I 298 — Reggimento s.
Barberino — Regola dei Frati di S. Jacopo d' Altopascio. Bologna 1864
Sc. 54 — Relazione delle Scoperte fatte da C. Colombo, da A. Vespucci
e da altri da 1472 al 1506. Bologna 1875. Sc. 144 — Renard s. Rai-
nardo — Renaud s. Chanson de R. — La Resurrezione di Gesii
Cristo, poema in ottava rima del sec. XIV. Imola 18S3, vgl. Giorn. stör.
I 352 und Propugn. XVI 1, 478 — Ricco s. Mazzeo Ricco — Ric-
caccio da Fiorenza, um 1290 N. I 365 — Ricordi di una famiglia senese
(ein Haushaltbuch aus den Jahren 1231/62) ed. N. Tommaseo in Arch. stör,
ital., App., vol. V no 20, p. 23. G 164 u. 498 — Ricordi sulla vita di
messer Fr. Petrarca e di Madonna Laura scritti da Luigi Peruzzi loro con-
temporaneo. Bologna 1866. Sc. 69 (dies Machwerk darf keineswegs als eine
Quellenschrift betrachtet werden; — Rime. 1. s. Antiche Rime; vgL
Das Italienische. 74 1
auch oben A a) u. c\ 2. T. Casini, K. medite dci sec. XIII e XIV, in:
Propupn. XV 2, 33 J, vgl. Ztschr. f. roni. Phil. VII 174. 3. S. MüKpruGO,
Kinie ined. di G. Quirini cd A. da Tempo, in; Arch. stör, per Triestc,
Vol. I, fasc. 2. 4. R. ed. e ined. di Ant. Cammelli detto il Pistoia per cura
di A. C.\rrELLl e S. FERli.Uii. Livorno 1884, vgl. Giorn. stör. V 242. 5. P.
Fehiueki, Kime ined. di un cinquecentista. Pavia 1885, vgl. Giorn. stör.
V 314. G. K. di Stefano Vai rimatore pratese. Bologna 1863. Sc. 38. 7. R.
di Poeti Italiani del sec. XVI. Bologna 1874. Sc. 133 — De' Rimedii
dell' una e dcU' altra fortuna di Mcss. Fr. Petrarca, volgarizzati nel buon
secolo dell-.i ling. per D. Giov. Dassaminiato, Bologna 1S67 68 Coli. 17 u.
18 — Rinaldo d'Aquino, zweite Hälfte des 13. Jahrh.'s. N I 94, G 60
u. 72 — Rinuccino aus Florenz, um 1250. NI212. G97f. — Rispetti
L. Gextile, Cinque risp. inediti del sec. XV. Florenz 1881, vgl. Giorn.
stör. II 221 — Ristoro d'Arezzo, 2. Hälfte des 13. Jahrh.s. La Com-
posizioue del Moudo (Prosaschrift , gedruckt Rom 1859 u. Mailand 1864,
theihveise b. N II 192 u. Bartoli Storia della lett. it. III 325, darnach
Ulkich, Altit. Leseb. 145. Vgl. Mvssafia im Jahrb. f. roni. u. engl. Lit.
X 114. G 185 u. 503 — Ritmo Cassinese, am besten edirt von J. GlOKGl
u. G. Navoxe in Riv. di fil. rom. II 91. D'Ajs'COXA im Propugn. VLl 2,
394. E. Böhmek in Rom. Stud. HI 143 — Roland s. oben S. 329 ff. A.
Keller, die Sprache des venez. Roland V*. Strassburg 1884, vgl. Giorn.
stör. IV 2741 — Roman de la Rose. E. Monaci, Una redazione ital.
inedita del R. de la R., in: Giorn. di fil. rom. I 238. Vgl. auch d'AxcoNA
in: Varietä storiche e letterarie. 2^ serie Milano 1885 u. die Ausg. des Fiore
von F. Castets. Montpellier 1881 — Romanzi. P. Rajxa, Due frammenti
di romanzi cavallereschi, in: Riv. di fil. rom. I 163, vgl. auch oben Reali
— II Romuleo di Benvenuto da Imola, volgarizz. del sec. XIV. Bologna
1867. Coli. 21 u. 22 — Rosa fresca s. Contrasto — Rosa, Salvator, geb.
1615 zu Renella b. Neapel, gest. 1673 zu Rom. Satirischer Dichter; erste
Ausg. seiner sechs Satiren. Amsterdam 1719, dann öfters — Rucellai,
Giovanni, geb. 1475 zu Florenz, gest. zu Rom. 1526. Lehrgedicht Le Api
gedruckt zuerst Florenz 1539, dann oft, meist zusammen mit Alamanni s
Coltivazione. Tragödien Rosmunda, Orestes — Ruggerone da Palermo,
um 1230. N I 53. G 60 — Ruspoli, Francesco. Sonetti editi ed in-
editi col commento di Andrea Cavalcanti. Bologna 1876. Sc. 150.
Sacchetti, Franco, geb. um 1335 zu Florenz, gest. ebenda um 1405.
Relativ beste Ausg. seiner "Werke von O. GiGLl, Florenz 1857 61. 3 Bde.,
Bd. I Sermoni evangelici, le lettere ed altri scritti inediti o rare. Bd. II
u. in Novelle. I 431 — II Sacco di Prato e il ritomo de' Medici in Fi-
renze nel 1512. Narrazioni in verso e in prosa. Bologna 1880. Sc. 177 u.
178 — Salimbene, geb. 1221 zu Parma, gest. gegen Ende des Jahrh.'s.
Chronicon, am besten herausg. in Bd. HI der Monumenta hist. ad provin-
cias Parmensem et Placentinam pertinentia. Parma 1857. A. DovE, Die
Doppelchronik von Reggio u. die Quellen S.'s. Leipzig 1873. F. Novati,
La Cronaca di S., in: Giorn. stör. I 381, und: S. e il vin buono, in: Giorn.
1) Vgl. auch die Nachträge zu den Litteraturangaben in dem Ver-
zeichnisse der letzteren.
742
TkLS Italienische.
stör. II 344. G. 502 — I Saltarelli del Bronzino Pittore. Bologna 1863,
g(5_ 34 — n Salterio della B. V. Maria compilato da San Bonaventura,
volgarizz. antico toscano. Bol. 1872. Sc. 126 — Salviati. Rime del cav.
Lionardo S. Imola 1871, Sc. 117 — Sanazzaro, Jacopo, geb. 1458 zu
Neapel, gest. ebenda 1530. Arcadia, Venedig 1502 u. oft, z. B. Mailand
1806 (mit Anmerkungen) u. in Bd. 16 des Parnasso ital. (Bd. 26 dieser
Sammlung enthält S.'s Canzoniere). Lateinische Gedichte (De partu vir-
ginis etc.). F. Tour.vca, Gli imitatori stranieri di J. S. Rom 18b2, vgl.
Deutsche Literaturztg. 1883, No. 34 — Sarpi, Paolo, geb. 1552 zu Ve-
nedig, gest. ebenda 1623. Istoria del Concilio Tridentino. London 1619,
Genf 1629 etc. Mehrere Ausgg. der gesammten AVerke, z. B, Neapel 1690
— Savonarola, Girolamo, geb. 1452 zu Ferrara, gest. (verbrannt) 1598
zu Florenz. Die Predigten S.'s sind öfters herausgegeben worden, z. B.
Venedig 1547, in neuerer Zeit Prato 1846. *P. Villari, La storia di G. S. e
de' suoi tempi. Firenze 1860 f. (Anonym), Nuovi Documenti e studi intomo
a G. S. Flrz. 1878. Ein die neuere Savonarola-Litteratur zusammenfassender
Artikel in der R. d. d. M. 15. 6. 18S0. Vgl. auch A. MoxTl, I Santi e
il S., in: Propugn. XI 2, 357. C. WiTTE , Gottes Frieden nach S. , in:
Rom. Stud. I 162 — La Scala del Paradiso di S. Giovanni Climaco, testo
di lingua del sec. XIV. Bol. 1875. Coli. 37 — Della Scelta di curiositä
lett. inedite o rare, illustrazioni del prof. G. Carducci. Bol. 1863. Sc. 67 —
Semprebene aus Bologna, um 1250. N. I 136 — Sercambi. Novelle
di Giov. S. Bol. 1871. Sc. 119 — Ser Giovanni s. Pecorone — Ser-
mone di San Bernardino da Siena sulle Soccite di Bestiami. Bol. 1862.
Sc. 13 — Due Sermoni di Santo Efrem e la Laudazione di Josef. Bol.
1867. Sc. 78 — Serventese. P. R.4JXA, Un s. contro Roma ed un canto
alla vergine, in: Giorn. di fil. rom. I 84 u. II 73 — Sette Savi. Diö
ital. Redactionen der S. S. sind: 1. Der handschriftl. Erasto, vgl. Carducci
Riv. Italiana IV 431 u. Cappelli's Ausg. (s. u.) p. 64. 2. Der gedruckte
Erasto, vgl. Rajna, Rom. VII 372, wurde von Mario Teluccini versificirt (1566).
3. II libro dei Sette Savi di Roma ed. d'Ancona. Pisa 1864 (Bearbeitung
des französ. Originals). 4. Eine in einer Hds. des Brit. Mus. enthaltene,
ebenfalls dem frz. Originale nahe stehende Version, herausg. von H, Varn-
iiAGEN, Eine ital. Prosaversion der Sieben Weisen, Berlin 1881. 5. 11 libro
dei S. S. di R. ed. Cappelli Bol. 1S65, Sc. (;4. 6. 11 1. dei S. S. di R.
ed. F. RÖDIGER Florenz 1883 (diese und die unter 5 genannte Version
Ucbers. eines lat. Originals, herausg. v. A. Mussafia in den Sitzungsb. d.
Wiener Akad. d. Wissensch. Philos.-hist. Cl. Bd. 57 S. 94). 7. Storia d'
una crudele matrigna ed. G. della Lucia. Venedig 1832 u. BoL 1862.
Sc. 14. 8. Storia di Stefano figliuolo d' un imperatore di Roma, versione
in ottava rima del libro dei S. S. ed. P. Rajxa. Bol. 18S0. Sc. 176. Vgl.
D. CoMPAUETTi. Intomo al libro dei S. S. di R. Pisa 1865, und: Riccrche
intomo al libro di Sindibad. Milano 1869. P. Rajxa, Una versione in ot-
tava rima del libro dei S. S., in: Rom. VII 22 u. 368, X 1. G. 173 u. 500.
Vgl. auch oben S. 332 unter Sept Sages — Sidrac. II libro di S., testo
inedito del sec. XIV. Bol. 1868. Coli. 25. G. 381 — Sieben Weisen
s. Sette Savi — Sonecti s. De Petruciis — Cinque Sonetti an-
Das Italienische. 743
tichi ed. A. Mi'Ssakia. Vi'kn 1^74, v^-1. Korn. IV 291 — Sonetli giu-
cosi di Antonio da Pistoja e sonetti satirici senza nome d' autore. Bol.
18Ü5. Sc. 58 — La seconda Spagna e 1' Acquisto di Ponente ai tenipi
di Carlomagno, testi di lingua iuediti dcl scc. XIV. Bol. 1871, Sc. 118 —
Specchio dei peccatori attribuito a S. Agostino. Bol. 1866. Sc. 73 —
Sperone Speroni, geb. 15U0, gest. 1588. Gesammtausg. seiner Opere
Dialoge etc.i. Venedig 1740 — Spinelli, Matteo Sp. di Giovinazzo.
Diumali 'Annalen, die neapol. Geschichte von 1247 bis 1268 behandelnd),
gedruckt b. Mik.^TORI, Scr. rcr. Ital. VII 10ö5 ; neueste Ausg. von ViGO
und DruA, Neapel 1872. Das AVerk ist als Fälschung erwiesen von W.
Beunuardi im Progr. des Luisenstädt. Gj-mnas. zu Berlin 1868. G. 166
u. 501. N. III — StatutiSenesi scritti in volgare ne' secoli XIII e
XIV. Bol. 1860. Coli. 4, 5, 6 — Stefano Protonotario aus Messina, um
1250. N. I 91 — Lo Stimolo d'Amore attribuito a San Bernardo, testo
di ling. inedito. Bol. 1806. Sc. 68 — Storia. 1. St. di Ajolfo del Barbi-
cone e di altri valorosi cavallieri compilata da Andrea di Jacopo da Bar-
beriuo di Valdelsa. Bol. 1863 64. Coli. 2 u. 3. 2. Storia di san demente
Papa fatta volgare nel sec. XIV. Bol. 1863. Sc. 31. 3. St. d' una fanciulla
tradita da un suo amante di messer Simone Forestani da Siena. Bol. 1862.
Sc. 6. 4. La St. di Maria per Ravenna scritta nel sec. XV. Bol. 1864,
Sc. 45. 5. St. di Rinaldino da Montalbano, romanzo cavalleresco in prosa.
Bol. 1S65. Coli. II. 6. St. di Fra Michele Minorita, come fu arso in Fi-
renze nel 1389. Bol. 1S64. Sc. 50. 7. St. d' una crudele matrigna s. oben
Sette Savi. 8. La St. di OttineUo e Giulia, poemetto pop. in ottava rima.
Bol. 1867. Sc. 83. 9. St. di St. figliuolo etc., s. oben Sette Savi. 10. A.
MussAFLA., Sülle versioni italiane deUa St. Trojana. Wien 1871, vgl. Rom.
I 389. 11. St. della Reina Ester scritta nel buon secolo della lingua. Bol.
1864. Sc. 43 — Storie. Le Storie Nerbonesi, romanzo cavalleresco del sec.
XIV ed. L G. IsoLA. Bol. 1877 80. Coli. 43, 44 — Stornelli. S. Pieri,
Un migliajo di st. toscani, in: Propugn. XIII 1, 236, 2, 152; XIV 1, 121,
2, 16S — Strambotti. A. D'A^'Co^■A, Str. e rispetti dei secoli XIV, XV,
XVI. Livorno 1876, und : Str. di Leonardo Giustiniani , in : Giorn. di fil.
rom. II 179, vgl. Propugn. XIV 1, 450 ^bezieht sich auf eine Publication
Sabatini's, Alcuni str. di L. Giust. Rom 1880). Gextile, Serenata di str.
del sec. XV. Prato 1SS3, vgl. Giorn. stör. II 221.
Tancredi. Principe di Salemo. Novella in rima di Hieronimo Beni-
vieni Fiorentino. Bol. 1S63. Sc. 28 — II Tancredi, tragedia di Sempro-
nio Torelli. Bol. 1875. Sc, 147 — Tasso, Bernardo, geb. 1493 zu Ber-
gamo, gest. 1569 zu Mantua. Lettere, Venedig 1553 u. Padua 1733 52,
3 Bde. (mit einer Vita von Seghezzi u. einer Abhandig. Serassi s : Intorno
alla patria di B. e Torqu. T.). Rime. Bergamo 1749 (mit einer Vita von
Serassi;. Ragionamento della poesia, Venedig 1562. Epos Amadigi. Ve-
nedig 1560 u. öfters, z. B. Bergamo 1755. Epos Floridante. Bologna 1587.
Lyrische Gedichte u. d. T. Amori. Venedig 1555 u. 1560. Imii e odi.
Venedig 1560. Lettere inedite di B. T. precedute daUe notizie intorno alla
vita del medesimo. Bol. 1869. Sc. 103. Lettere ined. di B. T. ed. A. PoR-
TIOLI. Mantua 1871 — Tasso, Torquato, geb. 11.3. 1544 zu Sorrent, gest.
744 D^s Italienische.
zu S. Onofriü in Rom 25. 4. 1595. ZvR BIOGRAPHIE ij : Aeltere Biogr. von
Manso (T.'s Freund; u. Serassi, llom 1785 u. Bergamo 1791, 2 Bde., Man-
so's Vita oft den Ausgg. der 'SA'erke T.'s vorgedruckt. Neuere Schriften:
Zuccala, Vita del T. Milano 1819. Stefano Giacomazzi, Dialoghi sopra gli
amori, la prigionia, le malattie e il genio famigliare di T. T. Brescia 1827.
C. MoDESTixo, Della dimora del T. in Napoli. Discorso lo Napoli 1861,
Disc. 2P ibid. 1803. M. Gualandi, Frocesso fatto in Bologna a T. T.
Bol. 1804. B. Capasso, II T. e la sua famiglia in Sorreuto. Nap. 1866.
L. TosTi, T. e i Beneuittini Cassinesi. Montecasino 1S77. F. L. Cecchi,
T. T. e la vita ital. nel sec. XYI. Florenz 1877 (in das Deutsche übers,
von H. V. Lebzeltern. Leipzig 1S80; das Buch genügt nur massigen An-
sprüchen). Fr. d'Ovidio, II Carattere, gli amori e le aventure di T. T.,
in: Saggi critici, Napoli 1879, p. 185 (vortrefilich , aber noch nicht ab-
schliessend). G. I. Ferrazzi, T. T. , studi biogratico-critici-bibliografici.
Bassano 1S80, vgl. Propugn. XIII 2, 455 u. XIV 1, 266. F. CoRRAUi, Le
infermitä di T. T., in: Mem. del R. Ist. Lomb. di sc. e lett. Vol. XIV
:= Serie III Vol. V) fasc. III, IS'^l, vgl. d'Ovidio in Fanf. della Dom.
5. u. 19. 2. 1882 (ein ähnliches psychiatrisches Essay, Tivie CoiVElADl, hat
bereits im J. 1845 der Irrenarzt A. Verga u. d. T. Sulla Lipomania del
T. im Giom. del Istituto lombardo, p. 38, veröffentlicht . De Gattis, T.
T. e la principessa Eleonora d'Este. Milano 18S1. Ferrazzi, Del cattolo-
cismo di T. T. Bassano 18S1. A. Malmignati, Anedotti di T. T. a Pa-
dova, in: Dom, lett. 4. 6. 1882, vgl. Giom. stör. I 164. P. Antolini, Di
una orazione di T. T. e della crouaca di I. Riminaldi, in; Bibliofilo 18S2
Oct. u. Nov., vgl. Giom. stör. I 162. V. Cherbuliez hat Tasso's tragi-
sches Geschick in einem Romane »Le Prince Vitale« Paris 1861, vor-
her in der Revue d. d. M. erschienen) behandelt, welcher, wenn er auch
durchaus keinen biographischen Werth besitzt, doch wegen der darin an-
gewandten psychologischen Kunst sehr beachtenswerth ist und jedenfalls
eine ebenso anregende wie spannende Lecture gewährt. Die "Werke T.'s :
I. Epen : 1. Rinaldo 1562. Neueste Ausg. (zusammen mit dem Amintaj ed.
G. Mazzoni. Florenz 1885, vgl. Giom. stör. VI 422. 2. La Gerusalemme
liberata, erste vollständige Ausg. Casalmaggiore u. Parma 1581 (vorher ein
unvollständiger, ohne Genehmigung des Verf.'s vcranstalteter Druck u. d.
T. ; II Goffredo. Venedig 1580, umgearbeitet u. d. T. ; La G. conquistata.
Rom 1593. Diese Umarbeitung, nach engherzigen sachlichen und sprach-
lichen Gesichtspunkten unternommen, hat das ursprüngliche Gedicht nicht
nur nicht zu verdrängen vermoclit, sondern ist vielmehr von ihm völlig
verdrängt worden. Die G. 1. ist in zahllosen Ausgg. erschienen und wohl
in alle Cultursprachen, namentlich aber auch in alle ital. Dialecte über-
setzt worden. Vgl. U. GuiDi, Annali delle edizioni e delle versioni della
G. 1. e d' altri lavori al poema relativi. Bol. 1S6S. Gleichwohl fehlt noch
1) Eine reichlich fliessende, aber mit grosser Vorsicht zu benutzende
Quelle für T.'s Biogr. sind seine Briefe und sein »Discorso sopra vari
accidenti della sua vita scritto a Scipione Gonzaga« Bd. 8 der Venezian.
)uzaga'
Gesammtausgabe/
l);is Itiilienischo. 745
eine wissensclmftl. Ansprüchen voll genüf^fcnde kritische und cumuientirte
Ausg.; für gewöhnliche ZAvecke ist z. B. die von Scautazzini in Brock-
haus' Biblioteca d'autori ital. Bd. 2 gegebene ausreichend. Ueber die
Quellen des Gedichtes vgl. namentl. d'Axcoxa in der llassegn. settim. 1
374. Eingehend über die G. 1. in ästhetischer Bezieluing hat neuerdings
gehandelt Colagkosso, Studi sul Tusso e sul I.eopardi. Forli 18S4, vgl.
Bibliogr. Anz. f. rom. Spr. u. Lit. III, p. lOO. Beste deutsche Uebers. der
G. 1. ist die von Gkies in zahbeichen Autlagen in der Weidmauu'schen
Buchhandlg. zu Berlin erschienene. 3. Le Sette Giornate del Mondo Creato.
Venedig IGOO 'nur die beiden ersten G.), Viterbo l(i07 (vollständig). II.
Dkamex. 1. Das Schäferdrama Aminta, 1572. Vgl. Pkllegrini, L' Aminta
di T. T. Pisa ISSO. 2. Die Tragödie Torrismondo. Bergamo 15S7. III.
Lyrische Gedichte ^Rime). IV. Pküsa-schkiiten. 1. Philosophische,
moralphilos., ästhetische Abhandlungen in Dialogform, z. B. Discorsi delV
arte poetica, il Minturno ovvero della bellezza, il Gonzaga ovvero del
giuoco etc. 2. Briefe. Die Prosaschriften sind am besten von C. Gvasti
(Le Prose diverse di T. Tasso nuovamente raccolte ed emendate. Firenze
1875) edirt. Vgl. ausserdem A. PouTlOLl, Scritti inediti di T. T. Firenze
1?T0, und: Dodici lettere di T. T. delle quali uua per la prima volta
pubblicata. le altre giä sparsamente impresso, ora di nuovo cavate da mss.
Faenza 1S6S per nozze Zambrini-Della Volpe. Gesammtausgg. der W. T.'s
erschienen Florenz 1726, 0 Bde., Venedig 1722/42, 12 Bde., Pisa 1821/32
(von Rosini] ; die letztere ist die beste — Tassoni, Alessandro, geb.
1565 zu Modena, gest. ebenda 1635. La Secchia rapita. Paris 1622, Rou-
ciglione (Rom) 1624 u. oft, z B. im Parnasso ital. Bd. 36 und in den
mailänder Classici ital. Bd. 163. Rime di A. T. raccolte sui codici e le
stampe. Bol. ISSO. Sc. 174. F. Nuxziante, II conte A. T. e il seicento.
Milano 1885 (wenig bedeutend, vgl. Giorn. stör. V 462 Anm. 2). U. Ronca,
La S. r. di A. T. Studio critico. Caltanissetta 1884 (gutes Buch), vgl.
Giorn. stör. V 461. T. Casini, Sopra alcune rime di A. T. , in: Propugu-
Xn 1, 153 — Tavola Rotonda, o 1' Istoria di Tristano etc. ed. PoLl-
DORI e Baxchi. Bol. 1864/67. Coli. 8 u. 9. N. II 155. G. 174 u. 501 —
Tempo s. Antonio da T. — Terino aus Castelfiorentino , um 1250.
N. I 229 — Tesoro, Tesoretto, 1. s. oben Latino. 2. II T., eanto
carnascialesco mandato a Cosimo I. Granduca da Lorenzo Braccesi etc.
Bol. 1S64. Sc. 49 — Testi. T. Casixi, Testi inediti di antiche rime, s.
oben unter A. a) S. 695 — Testi, Fulvio, geb. 1593 zu Ferrara, gest.
1646 zu Modena. Lyriker. Opere scelte (mit einer Vita;. Modena 1S17 —
Theater. 1. P. Emill^m-Giudici, Storia del T. in Italia. Firenze 1869.
2. A. d'Axcoxa, Origini del T. in Italia, studj sulle sacre rappresentazioni
seguiti da un appendice sulle rappresentazioni del contado toscano. Fi-
renze 1S77, und früher: Rappresentazioni sacre dei sec. XIV, XV e XVI,
raccolte e illustrate. Firenze 1S72, vgl. Rom. 11 266. 3. E. MoNACl, Uf-
lizj drammatici dei Disciplinati dell' Umbria, in : Riv. di fil. rom. I 235
u. II 29. 4. G. Mazzatini, I Disciplinati di Gubbio, in: Giorn. di fil.
rom. in 85. 5. G. Padovan, Gli uffizj dramm. dei Discipl. di G. , in:
Arch. stör, per le Marche e per 1' Umbria. Vol I (1884), fasc. 1, vgl. Giorn.
74 G Das Italienische.
stör. III 299. G. L' Adorazione dei Magi, azione drammatica, ed. A. Baccui
DELLA Lega. Bol. 1882. Sc. 189, vgl. Literaturbl. f. germ. u. rom. Phil.
IV 228. 7. G. Cherubim, Un dramma sacro del sec. XV (seil, die Pas-
sione des Antonio Rorici), in: II Fanfani 25. Febr. 1882, vgl. Giom. stör.
I 163. 8. F. ToiiRAC'A, Reliquie viventi del dramma sacro nel Napoletano,
in: Giom. di fil. rom. IV 8. 9. E. LoMBARDi, La tragedia ital. nel Cin-
quecento, in: Propugn. XVIII 1, 202. 10. A. d'Ancoxa , II teatro nian-
tovano nel sec. XVI, in: Giom. stör. V 1 u. VI 1. 11. C. Braggio, Una
tragedia inedita del risorgimento (nämlich »De captivitate ducis Jacobi«
des Laudivio de' Nobili da Vezzano). Genua 1884, vgl. Giom. stör. HI
468. 12. Fr. d'Ovidio, Due tragedie del Cinquecento (der Edipo des An-
guillara und der Torrismondo des Tasso), in: Saggi critici, Napoli 1879,
p. 272. 13. A. Graf, Studj drammatici. Turin 1878 (enthält: Tre commedie
del Cinquecento [La Calandra, La Mandragora, II Candelaio] ; il Mistero e
le prime forme dell' auto sacro in Ispagna). 14. A. Baschet, Les come-
diens Italiens ä la Cour de France. Paris 1882, vgl. Fanf. della Dom. 17,
12. 1882. 15. YORICK, Das ital. Theater seit 1848, in Hillebrand's Italia
Bd. II 195. Vgl. auch oben Commedia 3 u. Drama — Todi s. Jaco-
pone da T. — Tommaso di Sasso aus Messina, um 1250. N. I 8S —
Tractato del Diavolo co' Monaci, istoria in ottava rima di Bernardo Giam-
bullari. Bol. 1866. Sc. 70 — Trattatello. 1. Tr. delle virtü, testo fran-
cese di Frate Lorenzo de' Predicatori e toscano di Zucchero Bencivenni
scritt. del sec. XIV. Bol. 1863. Sc. 26. 2. Tr. della verginitä, testo di
ling. dell' aurco trecento. Bol. 1864. Sc. 46 — Trattati di Mascalcia at-
tribuiti ad Ippocrate, volgarizzati nel sec, XIIl. Bol. 1865. Coli. 12 —
Trattato dell' Arte del Ballo di Guglielmo ebreo pesarese, testo inedito
del sec. XV. Bol. 1873. Sc. 131 — Trattato di Virtü morali. Bol. 1S65.
Sc. 61 — Trissino, Giangiorgio, geb. 1478 zu Vicenza, gest. 1550 zu
Rom. Epos L'Italia liberata da' Goti (27 canti in versi sciolti). Rom 1547
u. öfters, zuletzt Venedig 1837. La Sofonisba, tragedia. Rom 1524 u. oft,
letzte Ausg. mit den Noten T. Tasso's von F. Paglieram. Bol. 1S84,
vgl. Giorn. stör. IV 432. I Simillimi. Venedig 1548, Parma 1799, Milano
1864. Rime. Vicenza 1529, Verona 1729. Carmina latina et alia. Verona
1726 u. öfters. La Poetica. Vicenza 1529 u. 1562. Üebers. von Dante's
De vulg. eloqu. Vicenza 1529. La Epistola delle Lettere nuovamente ag-
giunte nella ling. ital. 1524 (Neudruck Mailand 1864'. II Castellano. Vi-
cenza 1529 (Neudruck Mailand 1864). Grammatichetta. Vicenza 1529. Die
sonstigen Schriften Tr.'s sehe man in dem gleich zu nennenden Werke
Morsolin's p. XXX\T ff. *B. MoRSOLlN, G. Tr. o monografia di un lette-
rato del sec. XVI. Vicenza 1878 in der Prefazione macht INI. Angaben
über ältere Biographien Tr.'s , darnach giebt er eine sorgfältige Bibliogra-
phie der Werke Tr.'s) , von demselben : Esame d' uno scritto recente in-
torno all' Italia liberata dai Goti. Venedig 1883. Vgl. d'Axcona in seinen
Varietä stör, e lett. 2^ serie, Milano J885, No. XII — Trojasage s.
Storia 10 — Trovatori. O. Schultz, Die Lebensverhältnisse der ital.
Troubadours. Berlin 1883 (auch in Ztschr. f. rom. Phil. VII 177 u. IX 116),
vgl. Giorn. stör. II 395. T. Casini , Un trovatore ignoto del sec. XIII
Das Italienische. 7-17
Luchetto Catalusi , in: Kassefina settim. H. 0. so, vgl. Koni. IX Is'.t und
I trovatori nella Marca trevigiana, in: Propugn. XVIII 1, 1 1"J. \'gl.
auch Buvalelli u. Zorzi.
Ubaldini, Ottaviano degli, um 1200. N. I 352 — Ubaldu di
Marco, Zeitgenosse Guittones d'Arezzo. N. I 208 — Ubbie, Ciancioni e
Ciarpe del sec. XIV. Bol. ISGO. Sc. 72 — Üb erti, Fazio degli, geb
im ersten Jahrzehnt des 1-1. Jahrh.'s zu Pisa, gest. nach 1308. *Liriche
edite e inedite di F. degli U. Testo critico preceduto da una introduzione
siiUa famiglia e sulla vita dell' autore per cura di K. Renieh. Florenz
1SS3 (gediegenes u. reichhaltiges Werk), vgl. Propugn. XVI 1, 470, Giorn.
stör. I 400. Das Lehrgedicht Dittamondo. Viccnze 1474, Venedig 15U1
u. 1S20, Milano 1820, Venedig 1835 (besorgt von F. Z.\X0TT0). li. Re-
NIER, Alcuni versi greci del Ditt. , in: Giorn. di fil. rom. III 18- —
Uberti, Lapo degli, aus Florenz, um 1270. N. I 259. Grion im Jahrb.
f. rom. u. engl. Lit. X 203, Rexier, Liriche etc. G. 215 u. 508 — Uc-
cellaria ovvero discorso deUa natura e proprietä di diversi uccelli etc.
Rom 1022, vgl. Propugn. XA'I 1, 154 — Uggieri. P. Rajna, U. il Ua-
nese nella lett. romanzesca degli Italiani, in: Rom. II 153, III, 31,
IV 398 — Ugo d'Alvernia. Storia di U. d'A., volgarizzata nel sec. XIV
ed. A. D.\ Berberino. Bol. 1S82. R. Renier, La discesa d'Ugo d'A. all'
Inferno secondo il codice franco-ital. di Torino. Bol. 1883, vgl. Propugn.
XVI 2, 185 — Ugucon. A. Toblek, Das Buch von ü. da Laodho. Ber-
lin 1884 (Denkschr. der Berl. Akad. d. Wissensch.) , vgl. Giorn. stör. III
458, Propugn. XVII 2, 465 — Urbano, Novelle, vermuthlich von Boc-
caccio verfasst, vgl. oben Legende No. 11, vgl. auch oben S. 318 le Dit
de lemp. Constantin — Urceo s. oben Codro.
Vagantenpoesie. F. Novati, Carmina medii acvi Florenz 1883.
Giesebrecht, die Vaganten oder Goliarden u. ihre Lieder, in: Allgcm.
Monatsschr. f. "Wissensch. u. Litt. 1853, p. 41. A. Bartoli, I precursori
del rinascimento Florenz 1877. A. Straccau, I Goliardi ovvero i clerici
vagantes deUe universitä medievali. Florenz 1880. G 47 u. 483 — Valerio
Massimo, De' fatti e detti degni di memoria etc., testo di ling. del sec.
XIV. Bologna 1SÜ7. Coli. 23 u. 24. Saggio del volgarizzamento antico di
Val. Mass. Bologna 1862. Sc. 24 — Varchi, Benedetto, geb. 1502 zu
Florenz, gest. ebenda 1565. Istoria delle guerre della Repubblica Fioren-
tina etc., zuerst gedruckt Cöln 1721. TErcolano. Florenz 1570 u. 1730, Pa-
dua 1744 — Verri, Alessandro, geb. 1741 zu Mailand, gest. 1810 zu
Rom; sein berühmtestes "Werk : Le Notti Romane Rom 1792 u. (vollständig)
1804 — Vettori. Lettere di Pietro V. Bologna 1S70. Sc. 115 — Un Viag-
gio a Perugia fatto e descritto dal Beato Giovanni Dominici nel i;'.95 con
alcune sue lettere etc. Bologna 1804. Sc. 48 — II Viaggio di Carlomagno
in Ispagna per conquistare il cammino di S. Giaconio. Imola 1871. Sc. 123
u. 124 — Un Viaggio di Ciarice Ürsini de' Medici nel 1405 descritto da
ser Matteo Franco. Bologna 186S. Sc. 98 — I Viaggi s. oben Manda-
ville — Vigne s. oben Piero delle V. — Villani, Giovanni (v 1348),
dessen Bruder Matteo (-1-1363) u. Filippo, Sohn M.'s, Istorie Fiorentine
b. MURATORI, Rer. Ital. Scr. XIV 0 bis 770. Einzeldruck z. B. Florenz
748 -^^^ Italienische.
1823, in der Bibl. class. ital. Triest 1S57. G 371 u. 533 — Visione di
Tugdalo, volgarizzata nel sec. XIV. Bologna 1872. Sc. 128. x\. Mv.ssafia,
Sulla V. di T. "NN'ien 1870. A. AVagxeu, Vis. Tungdali. Lat. u. Altdeutsch,
herausg. v. A. W. Erlangen 1882, vgl. Ztschr. f. rem. Phil. VI 125 — La
Visione di Venus ed. A. d'Ancona, in: Giorn. di ül. rom. I 111 —
Vita. 1. V. di Fr. Petrarca scritto da incerto trecentista. Bologna 18C1.
Sc. 5. 2. V. e frammenti di Saffo da Mitilene. Bologna 18G3. Sc. 37.
3. V. di S, Guglielma regina d'Ungheria e S. Eufrasia vergine Romana
scritta da Frate Antonio Bonfadini. Bologna 1878. Sc. 159. 4. La V. di
Romolo composta in lat. da Fr. Petrarca col volgarizzamento di Maestro
Donato da Pratovecchio. Bologna 1802. Sc. 18 — Vite. 1. Le V. di Numa
e T. Ostilio, testo lat. di Fr. P. e toscano di M. Donato da Pratovecchio.
Bologna 1863. Sc. 29. 2. Le V. dei santi Padri s. oben Cavalca. 3. Le
Vite degli uomini illustri s. oben Albanzani — Vittoria Colonna s.
Colonna — II Volgarizzamento delle favole dette di Esopo, testo di
lingua con un discorso intorno la origine della favola, la sua ragione sto-
rica e i fonti dei volgarizz. italici. Bologna 1860. Sc. 75 u. 76 — Volga-
rizzamento della Istoria della Guerra Giudaica di Josefo Flavio etc. Bo-
logna 1879. Coli. 47 u. 48 — Volgarizzamento dei Trattato della cura
degli occhi di Pietro Spano. Imola 1873. Sc. 130.
Zambeccari. R. Förster, Francesco Z. u. die Briefe des Libanius.
Stuttg. 1&7S, vgl. Ztschr. f. rom. Phil. III 408 — Zappi, Giambattista
Feiice, geb. 1667 zu Imola, gest. 1719 zu Rom. Rime, oft gedruckt, z. B.
Venedig 1723, Rom 1757, in Bd. 42 des Parn. ital. Seine Vita in Cuescim-
BENl's Vite degli Arcadi illustri t. IV 143 — Zorzi (Zorgi), Berto-
lome. Der Troubadour B. Z. herausg. v. E. Levy. Halle 1883, vgl. Giorn.
stör. II 425.
Das vorstehende Verzeichniss kann, wie ausdrücklich bemerkt werden
mag, auf Vollständigkeit in keiner Hinsicht auch nur entfernt Anspruch
erheben, sondern soll eben nur einige Hinweise und Anhaltepunkte geben.
Eine auch nur einigermassen vollständige Bibliographie der ital. Litteratur-
geschichte würde mindestens einen starken Band füllen. Denn ungemein,
ja erschreckend umfangreich ist die Masse dessen, was über ital. Littcra-
tur geschrieben worden ist. Es steht dies im engsten Zusammenhange mit
den geschichtlichen Schicksalen Italiens, vermöge deren, wie für das poli-
tische, so auch für das Culturleben der Nation eine Vielheit von Ent-
wickelungsstätten sich gebildet hat. Machte auch seit Dante's Zeit der
nationale Gedanke mehr und mehr sich geltend und verlieh er auch dem
italienischen Volke zunächst die ideale und endlich neuerdings die reale
Einheit, so behauptete sich doch trotz aller Einheitsbestrebungen die gei-
stige Eigenart und, um so zu sagen, die Culturautonomie der einzelnen
Landschaften und Städte. Selbst der Versuch einer Centralisation des
geistigen Lebens konnte nicht gemacht, ja nicht einmal gedacht werden.
Wohl übte Florenz eine Art Culturhegemonie aus, aber es war eine Hege-
monie mildester Form, zumal da sie aller äusseren Machtmittel entbehrte,
sie war wirklich nur eine Leitung und Anleitung, keine gesetzgebende
Das Italienische. 749
Herrschaft. So konnten auch neben Florenz noch Bologna, Rom, Neapel,
Venedig:, Mailand und andere Städte Centren des «jeistijren Lebens sein,
so konnte selbst an unbedeutenden Orten wenigstens zeitAveilig unter der
Gunst besonderer Verhältnisse geistiges Leban erblühen , wie dies etwa in
Ferrara, in Urbino, in Pesaro und in so mancher anderen kleinen Resi-
denz oder Republik geschah. So hat fast jede nur einigermassen nennens-
werthe Stadt des städtereichen Landes ihre litterarische Vergangenheit,
ihren litterarischen Ruhm, ihre litterarischen Denkmale und Institutionen. ')
Daher auch die Vielheit von Universitäten, Akadcmieen, gelehrten und
poetischen Gesellschaften. Jede dieser Corporationen aber ist wieder ein
Herd mehr oder weniger fruchtbarer litterarischer Thätigkeit, deren vor-
züglichstes Object, wenigstens häufig, die locale Litteraturgeschichte ist.
Und so erklärt es sich denn, dass die Masse der vorhandenen litterarge-
schichtlichen Monographien, Sammelwerke, Gesellschaftsschriften u. dgl.
geradezu unübersehbar ist; so erklärt es sich auch, dass die Zahl der aus-
schliesslich oder doch gelegentlich mit litterarischen Dingen sich beschäf-
tigenden Zeitschriften eine unheimliche Höhe erreicht hat^ und voraus-
sichtlich noch mehr steigen wird. Xun befinden sich freilich, wie sehr be-
greiflich, unter dieser Schriftenmasse grosse Haufen werthloser Spreu,
immerhin ist aber doch gar nicht selten selbst in wenig bekannten Publi-
cationen und periodischen Blättern auch Gediegenes und Neues anzutref-
fen, wovon derjenige Notiz nehmen muss, welcher mit dem betr. Gegen-
stande sich eingehend beschäftigt. 'Wer also auf irgend einem Theilgebiete
des weiten Feldes der ital. Litteratur wissenschaftlich zu arbeiten beab-
sichtigt, versäume nicht, sorgfältige Umschau zu halten und sich über die
betr. Specialbibliographie eingehend zu Orientiren. Für die bedeutenderen
Autoren ist dies übrigens durch die bereits vorhandenen und oben ge-
nannten bibliographischen Werke sehr erleichtert und über die seit dem
1 Man denke z. B. an Arezzo. Diese, heute etwa 12 000 Einwohner
zählende Stadt hat politisch nie eine hervorragende RoUe gespielt, und
doch wie bedeutsam ist sie für die ital. Litteratur als Geburtsort Petrar-
ca's, PietroAretino's, Accoltis, Redi's und so mancher Anderer! In Deutsch-
land ist ja, und zwar aus ganz analogem Grunde, vielfach Aehnliches zu
finden ^man denke z. B. an Jena oder "Wolf enbüttel ! ) , aber es giebt doch
in Deutschland weite Landschaften ohne irgend welche bedeutsame litte-
rarische Vergangenheit so z. B. das Avestfälische Sauerland, ; in Italien
sind litterarisch unfruchtbare Strecken so erheblichen Umfanges kaum an-
zutreffen.
2) Eine ungefähre Idee davon erhält man, wenn man den »Spoglio
delle pubblicazioni periodiche« des Giorn. stör, durchblättert; z. B. in dem
am Schlüsse des 5. Bandes gegebenen sind über CO itaL Zeitschriften auf-
geführt; einzelne derselben erscheinen, was sehr bemerkenswerth , in ver-
hältnissmässig unbedeutenden Orten, wie Foligno, Spoleto , Trani , No-
vara. Diese Zeitschriftenfülle ist zugleich ein beredtes Zeugniss für das
lebendige Interesse auch des grossen Publicums an Litteratur. Ein ande-
res Zeugniss hierfür ist die Sitte, Hochzeiten durch litterarische Publica-
tionen zu feiern. Freilich hat diese Sitte die verdriessliche Seite, dass die
mitunter recht werthvollen Schriften »per le nozze« meist nicht in den
Buchhandel kommen und folglich nur schwer oder auch gar nicht zu er-
langen sind.
750 I^^s Italienische.
Erscheinen dieser "Werke hinzugekommene Litteratur geben die Bibliogra-
phie der Ztschr. f. rom. Phil., der bibliogr. Anzeiger f. rom. Phil, und
namentlich das Giorn. stör, hinreichende Auskunft; letztgenannte Zeit-
schrift ist übrigens, weil in trefilichster Weise redigirt, auch sonst Jedem,
der für ital. Litteratur sich interessirt, angelegentlichst zum Studium, bzw.
zur Lecture anzuempfehlen, es ist eine Zeitschrift, die in rühmlichster
Weise Zeugniss ablegt von der Gelehrsamkeit vmd wissenschaftlichen Me-
thode ihrer Mitarbeiter, nicht minder von deren gesundem Urtheile und ihrer
richtigen, jedem Pedantismus abholden Auffassung litterarischer Dinge.
C. Hülfsmittel für das Studium der Italien. Geschichte:
1. Grösste und beste Sammlung von Quellenschriften sind: Muhatori's
Herum italicarum scriptores praecipui. Mailand 1723/51, 25, bzw. 2S Bde.,
und : Antiquitates italicae medii aevi post declinatiouem llom. imperii ad a.
1500. Mailand 1738/42. Graevius, Thesaurus antiquitatum et historiarum
Italiae. Lugd. Bat. 1704/23. 30 Bde. Monumenta historiae patriae. Aug.
Taurinorum seit lS3ü. Monumenta historica ad provincias Pannensem et
Placentinam pertinentia. Parma 1855/59, 4 Bde. TiRABOSCHi, Biblioteca
Modenese. Modena 1781, G Bde. üghelli, Italia sacra, 2» ed. Venedig
1717/25, 10 Bde. 2. Ein die Geschichte Gesammtitaliens behandelndes,
wissenschaftlichen Ansprüchen genügendes "Werk fehlt, und es ist dies in
Anbetracht dessen, dass Italien bis in die neueste Zeit hinein nie einen
einheitlichen Staat bildete, nicht nur begreiflich, sondern selbst auch be-
rechtigt. Gross dagegen ist die Zahl der ^^''erke über die Geschichte der
einzelnen ital. Staaten und bedeutenderen Städte , indessen können hier
auch nicht einmal die vortrefflichsten derselben alle genannt werden. Es
genüge zu bemerken, dass für gewöhnliche Zwecke die Italien betrefl'enden
Bände der Heeren -Ukert'schen Sammlung ausreichen. Für Florenz sind
— abgesehen von Machiavell's und Anderer historischen Schriften, die
selbst schon wieder in das Bereich der Litteraturgeschichte fallen — die
bedeutendsten Werke die von Gino Capponi (s. oben S. 713) und von Per-
rens, Hist. de Florence, Paris 1875 ff., 5 Bde., beide freilich, wenn auch
in verschiedener Weise, mehr nur eine Sammlung geistreicher Essays und
elegant geschriebener Skizzen , als wissenschaftliche und quellenmässige
Darstellungen. Die Geschichte des mittelalterlichen lloms haben erzählt
Papencordt (Geschichte der St. 11 i. M. herausg. v. Hüfler. Paderborn
1857), A. V. Reumont (Gesch. d. St. Rom. Leipzig 1867/70, 3 Bde.) und
*GREGOROVirs (Gesch. d. St. R. im M. Stuttgart 1859/72, seitdem aber schon
in 2. Aufl. erschienen, 8 Bde.). Von diesen AYerken, zu denen A. Graf's
schönes Buch »Roma nella memoria e nelle immaginazioni del medio evo«
(Turin 1882/83, 2 Bde.) eine Art Ergänzung bildet, ist das von Gregoro-
vius das hervorragendste und durch Schönheit und Reiz der Darstellung
ausgezeichnetste, es bietet eine Fülle anregender Ge.lanken und bedeuten-
der Gesichtspunkte dar, wenn auch freilich die geschichtlichen Anschau-
ungen des Verfassers an einer gewissen Einseitigkeit leiden und die echte
und rechte Objectivität vermissen lassen.
Gelegentlich seien hier vier Bücher genannt, deren Inhalt freilich nur
in losester Beziehung zur romanischen Philologie steht, aber docli für Je-
Das Italienische. 751
den, der mit italienischen Dingen sich beschäftigt, im höchsten Grade in-
teressant ist: V. V. Hehn, Italien. Ansichten und Streiflichter. 2. Aufl.
Berlin 1S79 ^objective Schilderung der Zustünde des heutigen Italiens; das
letzte Kapitel des Buches »Einige Rathschläge, die niclit im Bädekcr
stellen^ ist allen Denen, welche nach Italien reisen wollen — und welcher
Neuphilologe wollte das nicht? — , angelegentlichst zur I.ecture und Be-
herzigung anzuempfehlen . H. Nissen, Italische Landeskunde. Bd. 1. Land
und Leute. Berlin 1SS3 »"NVie Italien zur Römerzeit aussah, soll in diesem
Handbuche beschrieben werden. Der erste Band versucht ein Gesammt-
bild des Landes zu entwerfen, der zweite wird die Städtekunde enthalten.«
Worte des Verf.'s in der Einleitung^ A. Trolle, Das italienische Volks-
thum und seine Abhängigkeit von den Naturbedingungen. Ein antliropo-
geographischer Versuch. Leipzig 1S85 (behandelt die Gesundheitsverhält-
nisse Italiens, die physische Constitution, den Charakter, die Beanlagung
etc. der Italiener). J. Bikckhaudt , Der Cicerone. Eine Anleitung zum
Genuss der Kunstwerke Italiens. 4. Aufl., bearbeitet von W. Bode. Leip-
zig 1S79 ;Theil 1. Die antike Kunst. Theil 2. Die Kunst des Mittelalters
und der Renaissance).
Die von R. Kleixpaul und von W. Kaden herausgegebenen, zum
Theil reich illustrirten "Werke über einzelne Städte und Landschaften Ita-
liens sind rein belletristischen Charakters, aber gern wird doch auch der
Mann der AVissenschaft ab und zu einmal in Stmiden der Abspannung ein
solches Buch zur Hand nehmen und durchblättern; kennt er Italien noch
nicht aus eigener Anschauung, so wird er aus Text und Bildern manche
Belehrung, jedenfalls aber anregende Unterhaltung empfangen.
Schlusswort. Die verhältnissmässige Leichtigkeit der italienischen
Sprache verlockt wohl jeden höher Gebildeten irgend einmal, namentlich
aber in den Jugendjahren, zu dem Versuche ihrer Erlernung. Meist aber
wird dieser Versuch in dilettantischster "Weise unternommen und führt
dann natürlich auch nur zu einem kümmerlichen Ergebnisse, das sich al-
lenfalls für praktische Zwecke nutzbar machen lässt, wissenschaftlich aber
werthlos und sogar, weil zu irrigen Anschauungen verleitend, gefährlich
ist. Der Philolog hüte sich vor solchem Dilettantismus. Dem Mediciner,
dem Juristen, dem Theologen mag es, da seine Fachwissenschaft mit dem
Italienischen keine unmittelbare Berührung hat, genügen, wenn er dieje-
nige oberflächliche Kenntniss des Italienischen besitzt, welche ihn befähigt,
ein italienisches Buch zu verstehen und bei einem etwaigen Aufenthalte
in Italien über die unentbelirlichsten Phrasen zu verfügen. Anders aber
verhält es sich mit dem Philologen und in Sonderheit mit dem romani-
schen Philologen. Für ihn ist die wissenschaftliche und gründ-
liche Kenntniss des Italienischen ein Erforderniss , also das wissen-
schaftliche Studium desselben eine Pflicht. Und dieser Pflicht sollte
in weiterem Umfange und mit grösserem Ernste genügt werden, als leider
in der Regel zu geschehen pflegt. Kein Philolog sollte zum Mindesten ver-
säumen, sich aus DiEZ" Grammatik eine wissenschaftliche Uebersicht über
den Bau des Italienischen zu erwerben und eine Reihe älterer und neuerer
Texte mit philologischer Genauigkeit zu lesen. Von dem romani-
752 ^^^ Italienische.
sehen Philologen aber darf ausserdem mit Fug und Recht erwartet wer-
den, dass er auch über die italienischen Dialecte sich unterrichte. Nur
wenn er dies thut, wird er befähigt sein, Einsicht zu gewinnen in die
Stellung des Italienischen innerhalb der romanischen Sprachfamilie und in
erfolgreicher AVeise diese Einsicht zu vcrwerthen für die Förderung der
romanischen Gesammtphilologie.
Auf dem Gebiete der italienischen Einzelphilologie ist noch unendlich
Vieles zu thun übrig , wie vielleicht selbst aus den in den vorangegange-
nen Paragraphen gegebenen Bemerkungen und Andeutungen hat ersehen
werden können. Die italienischen Romanisten sind in rüstigster und er-
gebnissreichster Arbeit begriffen, um die Vorzeit der Sprache und Litte-
ratur ihres Landes zu erforschen — möchte ihnen doch, wie bisher, so
auch fernerhin von Seiten der deutschen Fachgenossen thatkräftige Unter-
stützung zu Theil werden! Geschehen wird dies aber in Zukunft nur dann
können, wenn die Studierenden der romanischen Philologie dem Studium
des Italienischen wieder mehr Zeit und Interesse widmen, als gegenwärtig
üblich ist. Das freilich ist leider nicht zu erwarten, so lange die unna-
türliche Verkoppelung des Eomanisclien, bzw. des Französischen mit dem
Englischen im akademischen Studium die Studierenden zu unheilvoller
Zersplitterung zwingt und sie nur allzu leicht zu einer realistischen Auf-
fassung ihres Studiums verleitet, wonach dessen einziges Ziel das leidliche
Bestehen des Doctorexamens und der Staatsprüfung ist.
Sechstes Kapitel.
Das Räto-Rom<auische.
§ 1. Bemerkungen über das Sprachgebiet des
Riito- 11 omanischen.
1. Das gesammte riito-rom. Sprachgebiet »ist sehr deutUch
in drei Theile geschieden: der eine (westliche) reicht vom St.
Gotthardt bis zur Ortlergruppe, der zweite von der Etsch bis
zur Piave, der dritte (östliche) von den Quellen des Tagli-
amento bis zum Isonzo ; der erste umfasst den grössten Theil
Graubündens, der mittlere gehört hauptsächlich Tyrol an, der
letzte darf kurz Friaul genannt werden.« (Gärtner, Kätorom.
Gr., p. XXII, vgl. auch Ascoi.i, Saggi ladini, p. 1). Jeder
dieser Theile des Sprachgebietes bildet zugleich ein Dialect-
gebiet. Zu beachten ist ausserdem, dass die drei Theile kein
Das Räto-Romanischc. 753
creographisch zusammenlüingendes Gebiet bilden, sondern durch
fremdsprachliclie italienische, deutsche) Gebiete von einander
geschieden sind.
2, Sämintliche drei räto-rom. Dialectgebiete berühren sich
im Süden mit den Gebieten der überitalienischen lonibardi-
schen , venetischen, bezw. venetianischen) Dialecten. Irgend
welche geographische Grenzen ZAvischen den beiderseitigen
Dialectgrnppen sind nicht vorhanden, vielmehr bestehen zwi-
schen dem Räto-Kom. im eigentlichen Sinne einerseits und
dem Lombardischen und Venetischen Venetianischen) andrer-
seits Uebergangsdialecte , welche bald mehr dem Iläto-Kom.,
bald mehr dem Italienischen zuneigen und folglich theils dem
ersteren theils dem letzteren mit gewissem Eechte beigezählt
werden dürfen (vgl, auch unten § 4). Auch zwischen Räto-Ko-
manisch und Deutsch lassen scharfe Grenzen sich nicht ziehen, da
sowohl deutsche Enclaven in sonst vorwiegend räto-rom. Ge-
bieten als auch räto-rom. Enclaven in sonst vorwiegend deutschen
Sprachgebieten zu finden sind und überdies die Zahl der zwei-
sprachigen (und selbst , wenn das Italienische hinzutritt, drei-
sprachigen Oertlichkeiten nicht gering ist. Aehnlich ist das Ver-
hältniss zwischen Räto-Rom. und Slavisch Slovenisch) in Friaul.
Veberhaupt ist als wichtig hervorzuheben, dass Graubünden,
Südtirol und Friaul sprachlich durch und durch gemischte
Landschaften sind, in denen drei, mitunter selbst vier Sprach-
gebiete (das räto- romanische, das italienische, das deutsche,
das slavische zackig und eckig durcheinander gesprengt sind.
Und nicht minder wichtig ist, dass die so kraus verschlungenen
Sprachgrenzen keineswegs feste, sondern in stetiger Ver-
schiebung begriffene sind, indem in Graubünden das Deutsche,
in Tirol und Friaul das Italienische mehr und mehr vor-
schreitet und das rein räto-rom. Gebiet einengt (vgl. auch § 2).
3. Die Zahl der räto -romanisch Redenden beträgt nach
Gärtners Angaben Gr. p. XXII) :
in Graubünden gegen 40 000
in Tii-ol ,,, 11 000
in Friaul „ 464 000
515 000
Es bedarf jedoch nicht erst der Bemerkung, dass bei der
Körting, Encyklopädie d. rom. Phil. III. 48
754 ^^^ Räto-Romanische.
oben erwähnten Unsicherheit der Sprachgrenzen diese Angaben
eben nur sehr ungefähre sind und sein können.
4. Die Bezeichnung »räto-romanisch« ist für den in Rede
stehenden Dialectconiplex die geeigneteste, indem durch )»ro-
manisch« seine Zugehörigkeit zu der romanischen Sprachfamilie,
durch die Beifügung »räto« aber sein ungefähres geographisches
Gebiet, das alte Rätien, angedeutet wird, wenigstens was
Graubünden und Tirol anbelangt, denn Friaul allerdings ge-
hörte nicht zu Rätien, sondern zu Noricum. Die Graubünd-
nerischen Dialecte darf man mit dem Gesammtnamen »Chur-
wälsch«, die tiroler Mundarten mit dem Gesammtnamen
»Ladinisch« bezeichnen, für die friaulischen Dialecte ergiebt
sich die Collectivbenennvmg »Friaulisch« von selbst. Die Be-
nennungen »Churwälsch« (nach der Stadt Chur, dem Hauptorte
Graubündens) und »Ladinisch« empfehlen sich jedoch nur aus
Bequemlichkeitsgründen, innere Berechtigung besitzen sie nicht,
denn Chur gehört gegenwärtig nicht mehr zum räto-romani-
schen . sondern zum deutschen Sprachgebiete und »ladinisch«
d. h. lateinischen Ursprungs sind natürlich nicht nur die
tyroler, sondern alle räto-romanischen Dialacte; »ladinisch«
würde demnach eine passende Gesammtbezeichnung sein^).
wenn sie nicht der Missdeutung fähig wäre, als ob das Räto-
Rom. dem Latein besonders nahe, näher als die übrigen roma-
nischen Sprachen , geblieben wäre. Für »Churwälsch« wird
vielfach auch die Bezeichnung »Romonsch« gebraucht.
Litteraturangaben s. zu § 2.
§ 2. Bemerkungen über die Geschichte des Räto-
Romanischen.
1. Die Alpenlandschaften, welche jetzt dem räto-roma-
nischen Sprachgebiete angehören, wurden um das Jahr 15.
V. Ch. der römischen Herrschaft unterworfen, welche übrigens
noch erheblich w^eiter nach Norden bis an die Donau aus-
gedehnt Avurde (das heutige Augsburg, Passau, Regensburg
waren römische Städte , ersteres der Hauptort der Provinz
Ij AscoLI hat sie thatsächlich anirewandt und auch im Archiv VII 5ti7
unter Hinweis auf die Thatsache vertlieidigt , dass Friaul, der bei weitem
bevölkerteste Theil des in Kcde stehenden Sprachgebietes, nie zu Rätien
gehört hat und folglich unter die Benennung »riitisch« nicht einbegriffen
werden könne.
Das Käto-Uomanischu. 755
Kiitia . beziohentlich. nat-luloiu dit'se iin 4. Jahiluimlort in
zwei Provinzen Kaetia prima und Kaetia secnnda = ^ indelicien
oder das Donaugebiet] getheilt worden wnv , der llauptort
beider; .
2. Der Ursprung und die .Stammeszugehörigkeit des von
den Kömern in diesen Alpengegenden miterworfenen Volkes
der «Rätier« ist dunkel, doch scheint es, als ob zwischen den
Rätiem und den in Oberitalien sesshaften Etruskern, welche
durch die gallische Invasion um 40(i v. Chr. in die Alpen
gedrängt winden, enge Beziehungen bestehen. Indessen selbst
wenn dies völlig zweifellos wäre, würde doch mit dieser Er-
kenntniss wenig gewonnen sein, da die Herkunft der Etrusker
selbst bekanntlich noch immer ein ungelöstes Problem ist.
2. Die Romanisirung der Rätier scheint leicht, rasch und
intensiv erfolgt z\i sein ; es darf dies wenigstens aus den zahl-
reichen römischen Coloniegründmigen geschlossen werden, so-
Avie auch daraus . dass in Rätien nur Auxiliartruppen , nicht
Legionen garnisonirten, denn letzterer Umstand deutet darauf
hin, dass die römische Regierung besondere militärische Vor-
kehrungen nicht für nothwendig erachtete, sondern sich ohne
solche des Gehorsams der Bevölkerung sicher glaubte, wie denn
auch in der That in Rätien nie aufständische Bewegungen statt-
gefunden haben. Ueber die Ausbreitung des Lateinischen in
Rätien (und Mndelicien) fehlen alle Nachrichten : nach der se-
ringen Anzahl (278) der aus Rätien erhaltenen lat. Inschriften
möchte man fast glauben, dass die Latinisirung keine sehr tief-
greifende gewesen sei , indessen widerspricht dem doch die
Thatsache des Entstehens und w enigstens theilweisen Beharrens
romanischer Dialecte.
Die Invasion des weströmischen Reiches durch die Ger-
manen berührte , während sie in Vindelicien das Römerthum
rasch zerstörte, das rätische Gebirgsland nicht, ja trug dort ver-
muthlich mittelbar sogar zur Stärkung des römischen Elementes
bei, indem sie die Uebersiedelung von Italem in das eine Art
natürlicher Festung bildende Rätien veranlasste (vgl. Bidinszky
a, a. O., p. 16S;. Erst im Verlaufe der mittelalterlichen und
neueren Geschichte wurde das Räto-Romanentlium mehr und
mehr durch das Deutschthum zurückgedrängt und auf seine
gegenwärtigen und übrigens auch nur provisorischen Grenzen
4S*
756 Das Räto-Romanische.
beschränkt. So ist namentlich Chur, einst der Vorort des
romanischen Graubündens, jetzt eine deutsche Stadt.
3. Die Räto- Romanen sind nie zur Bildung einer ein-
heitlichen Nationalität und eines selbständigen Staates gelangt.
In Folge dessen hat sich auch aus ihren Dialecten nie eine
allgemeingültige Schriftsprache entwickelt ; es hat vielmehr bis
auf den heutigen Tag das Käto-Romanische . wenn auch in
neuerer Zeit einzelne seiner Mundarten litterarische Pflege ge-
funden haben, in dem Zustande dialektischer Zersplitterung
verharrt. Die Beschränkung jedes Einzeldialectes aber auf ein
kleines Gebiet und auf eine geringe und meist bäuerliche Be-
völkerung hat eine oft bizarre Verwilderung und Zerklüftung
der Sprache zur Folge gehabt. Andrerseits hat die Abge-
schiedenheit der räto-romanischen Sprachgebiete die vereinzelte
Erhaltung alterthümlicher Züge begünstigt.
4. Umwohnt einerseits von den Deutschen, andrerseits
von den Italienern , also von zwei ihm an Zahl und Cultur-
bedeutung gewaltig überlegenen Völkern hat das kleine Volk
der Räto-Romanen sich auch in sprachlicher Beziehung von den
mächtigen Nachbarvölkern stark beeinflussen lassen müssen.
Der räto-roman. Wort- und Phrasenschatz ist durchsetzt mit
deutschen Elementen. Die in einzelnen Dialectgebieten er-
blühte räto-roman. Litteratur lehnt sich syntaktisch und styli-
stisch an das Italienische , theilweise auch an das Deutsche
an. Selbst auf dem Gebiete des Formenbaues haben räto-
roman. Schriftsteller einzelne Anbildungen und Neubildungen
nach italienischem Muster sich erlaubt.
5. Die Zukunftsgeschicke des Räto-Romnischen sind un-
schwer vorauszusehen. Der in so viele Dialecte sich zer-
klüftenden , auf so viele kleine und getrennte Gebiete ver-
theilten, von keinem nationalen BcAvusstsein getragenen, von
keiner irgendwie bedeutenden Litteratur gehaltenen , durch
kein nationales Staatswesen geschützten Sprache fehlt die Kraft,
um sich neben dem Deutschen und dem Italienischen be-
haupten zu können; sie ist zu einem vielleicht langsamen,
jedenfalls aber sicheren Absterben verurtheilt, mehr und mehr
wird sie in Graubünden vor dem Deutschen, in Tyrol und
in Friaul vor dem Italienischen zurückweichen in die ent-
legensten Alpenthäler und endlich wird sie auch dort ver-
Das Räto-Romanische. 757
klingen. Es steht also dem Käto-lutnianischeii dasselbe Schick-
sal bevor, wie dasjenige, welches z. K. an dem Corn wallisischen
in England sich bereits erfüllt hat und an so manchen anderen
kleinen keltischen oder slavischen Sprachinseln in England
einerseits und in Deutschland andrerseits sieh noch erfüllen
wird. Der Linguist wird dies beklagen , der Historiker aber
wird darin ein unabwendbare und schliesslich dem betreifen-
den ^'olksstamme zum Segen gereichende Xothwendigkeit er-
blicken.
L i 1 1 e r a t u r a n g a b e n :
a) Ueber das Sprachgebiet des Räto-Romanischen : *As-
COLI, Saggi ladini, in: Arch. glott. ital. I (mit sehr detaillirter Karte der
»Zona ladina«; u. ebenda VIII 101 — Th. Gärtner, Rätoroman. Gramm.,
Heilbronn 1883, p. XXII — K. Bernhardi, Sprachkarte von Deutschland,
Kassel 1S49, § 4 u. 5, vgl. auch KIEPERTS Karte von Deutschland. Berl.
1S67 — R. BÖCKH, Der Deutschen Volkszahl u. Sprachgebiet. Berlin 1869,
S. 144 — J. Siegfried, Statistik der schweizerischen Bevölkerung nach
der Landessprache, in: Ztschr. f. Schweiz. Statistik 1873, Heft 3 — Stal-
DER, Die Landessprachen der Schweiz. Aarau IS 19 (darin die Parabel vom
verlornen Sohn in mehreren räto-rom. Dialecten) — J. Bidermann, Die
Romanen u. ihre Verbreitung in Oesterreich. Graz 1877, und: Die Italie-
ner im tiroler Provinzialverbande. Innsbruck 1874 — Chr. Schneller,
Deutsche u. Romanen in Südtirol u. Venetien, in: Petermann's Geograph.
Mittheüungen. Bd. 23 ^Gotha 1S77, 10, S. 365, vgl. Rom. VII 150 — W.
Kellner, Die ital. Bevölkerung im deutschen Südtirol, in : Ztschr. d. Ge-
sellsch. f. Erdkunde zu Berlin XIX 316 — B. Malfatti, Degli idiomi
parlati anticamente nel Trentino e dei dialetti odierni , in : Giorn. di fil.
rom. I 119, vgl. Ztschr. f. rom. PhU. II 629 u. Rom. VII 627 — B. Mal-
fatti, Etnografia Trentina, in : Arch. stör, per Trieste I 1 , vgl. Rom. X
633 — I. Alton, Beiträge zur Ethnologie von Ostladinien. Innsbruck 1 880.
b) Zur Urgeschichte und Ethnographie Rätiens: L. Steub,
Die Urbewohner Rätiens. München 1843, und: Zur Rät. Ethnologie. Stutt-
gart 1S54 — *C. V. CzöRNiG, Die alten Völker Oberitaliens Italiker [Um-
brer], Raeto-Etrusker, Raeto-Ladiner, Veneter, Kelto-Romanen) . Eine eth-
nologische Skizze. Wien 1885 — Walter, De Romanensibus Helvetiae
et Teriolis gentibus. Berlin 1832 Progr. — S. Jung, Römer u. Romanen
in den Donauländern. Historisch-ethnographische Studien. Innsbruck 1S77
— Ml'CHAR, Das römische Noricum. Graz 1S25/26, 2 Bde. — A. Bu-
DINSZKY. Die Ausbreitung der lat. Spr. über Italien u. die Provinzen des
röm. Reiches. Berlin 1881, S. 157 bis 169 — O. Kämmel, Die Entstehung
des österreichischen Deutschthums. Bd. I: Die Anfänge deutschen Lebens
in Oesterreich bis zum Ausgange der Karolingerzeit. Mit Skizzen zur
röm. -keltischen Vorgeschichte. Leipzig 1879 — Planta, Das alte Rätien.
Berlin 1S72 — G. Scartazzini, Aus »Alt Frei Rätien«, in; Augsb. Allg.
Ztg. 1878, S. 251.
758 I^^s Räto-Romanische.
c) Zur Geschichte des Räto-Romanischen : Planta, Ge-
schichte der romanischen Sprache (in englischer Sprache als Bericht an
den Präsidenten der Gesellschaft der Wissenschaften 17 75 erschienen, in
deutscher Uebers.) Chur 177tj — I. Axdeer, Ueber Ursprung u. Geschichte
der räto-rom. Spr. Chur 1862 — P. Rufin atscha, Ueb. Urspr. u. AVesen
der rom. Spr. Meran 1853. Progr.
§3. Bemerkungen über die Ge schichte der räto-
romanischen Philologie.
1. Den Beginn der räto-romanischen Philologie darf man
datiren von 17 75, in welchem Jahre Planta's »Geschichte der
romanischen Sprache« erschien (s. ohen), eine für damalige
Zeit bedeutende, jetzt freilich völlig veraltete Schrift. Was
vorher gelegentlich in rätischen Geschichtswerken (wie z. 1^.
in Aporta's Hist. reform, eccles. rhaet.) oder in Polyglotten
(wie z. B. in dem Mithridates Gesneri) über rätische Sprache
bemerkt oder behauptet worden war, hat jetzt nur den Werth
von Kuriositäten. ^)
2. Mit dem Ausgang der siebziger Jahre des vorigen und
mehr noch mit dem Anfange der zwanziger Jahre dieses Jahr-
hunderts begann in Rätien selbst (namentlich in Graubünden)
eine ziemlich rührige Thätigkeit auf grammatischem und lexica-
lischem Gebiete. Dieselbe verfolgte jedoch meist nur praktische
Ziele , und wenn sie zuweilen auch nach wissenschaftlichen
Leistungen zu streben wagte, kam sie über einen zwar wohl-
gemeinten, aber doch mehr schädlich als förderlich wirkenden
Dilettantismus nicht hinaus.
3. Der Begründer der romanischen Philologie, F. Die/,
hat in dem 1. Bande seiner Grammatik dem Eäto-Romanischen
oder , Avie er es lieber nannte , dem Churwälschen — denn
letztere Benennung schien ihm »begrenzter und anspruchsloser«
zu sein — eine kurze Betrachtung und mehrfache gelegent-
liche Bemerkungen gewidmet, hat also immerhin das Verdienst
sich erworben, das Käto-Rom. in den Kreis der romanischen
Philologie einbezogen zu haben; aber er hat sich nicht ent-
schliessen können, das Räto-Romanische als den übrigen
romanischen Sprachen ebenbürtig anzuerkennen, «theils weil
1 ) Ausgenommen DA Sale's Fundamenti princinali della lingua retica
o griggiona etc. [Disentis 1729 , ein Buch, das als Sprachdenkmal und
als ältester grammat. Versuch "Werth besitzt.
Das Kiito-Komanische. 759
die chiirAviilsche S])rac-ho , durch trenuk' Einwiikunu;en ver-
dunkelt, nicht zu völliger Selbständigkeit hat gelangen köiuien,
theils aber und hauptsächlich, weil auf ihrem Boden keine
eigentliche »Schriftsprache zu Stande gekommen.« Grössere
Aufmerksamkeit, als Die/., schenkte dessen hochbegabter
Schüler A. Fuchs dem Käto-Eomanischen, namentlich in dem
noch immer lesenswerthen Buche: Die roman. Sprachen in
ihrem Verhältnisse zum Lat. Halle 1849.
4 . Für die Missachtung, welche Diez ihm bekundete, sollte
das Räto- Romanische die glänzende Genugthuung erhalten,
dass in der Folge mehrere der hervorragendesten Komanisten
der Gegenwart ihm ihre Neigung und schöpferische Thätig-
keit zuwandten. Im Jahre 1868 veröffentlichte Stengel
seine Dissertation über den Vocalismus des lat. Elementes
iii den wichtigsten rom. Dialecten von Graubünden und Tyrol,
im Jahre 1870 Schuchardt seine Habilitationsschrift über
einige Fälle des bedingten Lautwandels im ChvirwälschenJ)
Epochemachend aber war das Jahr 1873: in ihm erschienen
G. AscüLis nicht nur für die specifisch räto -romanische,
sondern auch, und vielleicht mehr noch, für die allgemein
romanische Philologie hochwichtigen »Saggi ladini« und in
ihm begann E, Böhmer mit dem dritten Hefte seiner roma-
nischen Studien die lange Reihe entweder von ihm selbst-
verfasster oder doch von ihm veranlasster und herausgegebener
räto-roman. Publicationen.
Die von den genannten Gelelu'ten. zumal von Ascoli und
von Böhmer, gegebene Anregung erwies sich als sehr frucht-
bringend: die räto-roman. Philologie wurde rasch zu einem
wesentlichen und eifrig angebauten Bestandtheile der roma-
nischen Gesammtphilologie erhoben. Mehr oder minder wich-
tige Einzelschriften über räto-romanische Dinge erschienen in
rascher Folge aufeinander ^l , ebenso Ausgaben räto-romanischer
li Im J. 1870 erschien auch F. Ravsch's Geschichte der Litteratur des
rätu-rom. Volkes, ein trotz vieler und grosser Schwächen immerhin ver-
dienstliches "Werk.
2 Als die bedeutendste ist z-\veifellos STtJRZiXGER's Diss. über die
Conjugation im Rätorom. 1879; zu bezeichnen; bedeutend, nur leider zu
wenig methodisch ist auch Alton's Buch über die ladinischen Idiome
'1879. Gärtners Grammatik 1883 entzieht sich schon durch die stau-
nenswerthe Fülle des Materiales , das sie bietet, jedem Vergleiche; ein
760 Das Räto-Romanische.
Texte. Fast möchte man. namentlich in Hinblick auf die
Unfertigkeit und Unreife mancher Publicationen, die seit einigen
Jahren auf diesem Gebiete herrschende Thätigkeit als eine
mitunter zu hastige und zu wenig besonnene bezeichnen.
5, Das Studium der räto- romanischen Dialecte hat sich
für die romanische Gesammtphilologie als sehr ergebnissreich
erwiesen, namentlich in methodischer Beziehung und besonders
wieder hinsichtlich der Lautlehre. Gerade weil diese Dialecte
zu einer eigentlich schriftmässigen Gestaltung nicht gelangt
sind, eine nachhaltige litterarische Pflege nicht empfangen
haben , sondern , um so zu sagen , ganz wild und frei in ab-
geschiedenen Thälern sich entwickelt haben, lassen an ihnen
höchst interessante linguistische Beobachtungen sich anstellen,
zu denen die übrigen, zu hoher litterarischer Ausbildung ge-
langten, mehr oder weniger stark in ihrer Entwickeluug von
gelehrtem Einflüsse berührten romanischen Sprachen bei weitem
nicht so günstige Gelegenheit gewähren.
Für den Studierenden der romanischen Philologie kann
es ungemein nutzbringend sein, wenn er mit den räto-roman.
Dialecten oder doch mit einem derselben einmal näher sich
beschäftigt. Ueberhaupt liesse sich das Räto-Eomanische im
akademischen Unterricht sehr wohl als eine Art Vorbereitungs-
und Ucbungsstation für das spätere Studium der altfrz. etc.
Dialecte verwerthen. Jedenfalls dürfte das Räto-Eoman. ver-
dienen, in den akademischen Vorlesungen und seminaristischen
Uebungen mehr, als zur Zeit es zu geschehen pflegt, berück-
sichtigt zu werden. Freilich sind die vorhandenen Hülfsmittel
noch etwas unvollkommen: Andeek's Elementargrammatik ist
gar zu elementar und schulmeisterlich, berücksichtigt überdies
vorwiegend nur das Unterengadinische : Gärtners Grammatik
ist, um nur einen äusserlichen Mangel zu erwähnen, gar zu wenig
übersichtlich und für Anfänger nicht zu brauchen; Ulrichs
Chrestomathie , obwohl sie eine »räto-romanische« sich nennt,
giebt doch nur oberländische und engadinische Texte und auch
richtiges Urtheil über das gewaltigie Buch wird erst die Folgezeit nach
weiterem Fortschreiten der Einzelforschung fällen können, bis letzt muss
man mit der Freude sich begnügen, dass ein solches Buch überhaupt vor-
handen , habe es auch noch so grosse wirkliche oder scheinbare Mängel
und sei es vielleicht selbst auch principiell falsch angelegt.
Das Räto-Rom:inischc', 7ßJ
diese keineswegs in der denkbar hesten Weise (vgl. Literaturhl.
f. germ. u. rom. Phil. IV 477h als eine störende Lücke wird
auch der Mangel eines wissenschaftlichen Zwecken genügenden
alle räto-ronianischen Dialecte umfassenden Wörterbuches em-
pfunden.
Litteratur an gaben; Kurze und freilich auch sehr flüchtige Skiz-
zen einer Geschichte der räto-rom. Philologie haben J. Andeer Urspr. u.
Gesch. der rom. Spr. Chur lSt)2 u. in der Einleitung zur rätorom. Ele-
mentargramm, u. F. R.wsCH in der ersten Abtheilung der Gesch. d. Lit.
des räto-rom. Volkes. Frankf. a. M. 1870 gegeben.
§ 4. Bemerkungen über die Dialecte des Käto-
R omanische n.
1. Jeder der drei Theile. aus denen das räto-romanische
Sprachgebiet sich zusammengesetzt s. § 1) , bildet ein be-
sonderes Dialectgebiet, welches wieder in mehr oder weniger
zahlreiche Vnterdialectgebiete zerfällt. In Graubünden und
Tyrol ist die räto-rom. Sprache dermassen dialectisch zerrissen
und gespalten, dass man ohne sonderliche Uebertreibung sagen
kann, dass jedes Thal seine besondere Mundart habe. ^) Es
besteht dort also auf kleinem Terrain ein Sprachzustand . der
an die Dialectvielheit z. B. im alten Griechenland erinnert
und der auf romanischem Gebiete annähernd auch in Italien
zu finden ist (vgl. oben S. 622 ff. , nur dass in letzterem Lande
die bunte Menge der Dialecte von einer nationalen Schrift-
sprache überragt wird. Weniger zahlreich, als in Graubünden
und Tyrol. sind — soviel wenigstens bekannt — die Dialect-
differenzen in Friaul.
2. Das Räto- Romanische Graubündens gliedert sich in
folgende Dialecte : A. Das Ober lau dis che (im Graubündener
Rheingebiete, . Dieses zerfällt wieder in : a) das Obwaldische
(oder Sopraselvanischc; am Vorderrheine und b das Nid-
waldische oder Sottoselvauische) am Hinterrheine. Im Ob-
waldischen bestehen nicht ganz unerhebliche Differenzen zwi-
schen der von den Katholiken (Hauptort Disentis; und der
von den Reformirten (Hauptort Ilanz gesprochenen Sprache 2),
wie Aehnliches z. B. ja auch in dem Idiome der lausitzer
1 Gärtner unterscheidet 50 rätische und 19 den rätischen benach-
barte Mundarten.
2; Ueber diese Differenzen vgl. AscoLl im Arch. glott. it. VII 413.
762 ^äs Räto-Romanische.
Wenden stattfindet. Im Nidwaldischen sind mehrere Local-
miindarten zu unterscheiden. Ueber das überländische über-
haupt vgl. AscoLi I 6. Die Mundart von Filisiu-Bravugn ge-
hört lautlich zum Oberländischen, flexivisch zum Engadinischen,
vgl. AscoLi I llü. 13. Das Engadinische im Graubündener
Inngebiete, sich theilend in: a) das Oberengadinische, b) das
Unterengadinische, c) die Mundart des Münsterthaies.
Mit dem Churwälschen stehen in näheren oder entfernteren
Beziehungen die lombardischen Grenzdialecte. Gärtner, a.
a. O. p. XXIX, classificirt dieselben folgendermassen : a) lom-
bardische Mundarten, in denen sich hier und da mit dem be-
nachbarten IJündnerischen Gemeinsames vorfindet (Tessin);
b) eine Gruppe nicht rein lombardischer, aber noch weniger
rein raetischer Mundarten, die sich durch eine eigenthümliche
Pluralbildung (wie tose, eglino) auszeichnen (Mesocco, Bergell),
ostlombardische Mundarten mit deutlichen und bedeutenden,
sogar morphologischen Ueberresten einstiger Räticität Pos-
chiavo, Livigno, Bormio).
3. Das räto-romanische Gebiet in Tyrol besteht aus folgen-
den drei Theilen und zugleich Dialectgebieten : a) das oberste
Avisiothal oder das Gebiet der Mundart vom Ober-Fascha;
b) die obere Hälfte des Grednerthales oder das Gebiet des
Grednerischen ; c) das Gaderthal oder das Gebiet des Ladi-
nischen im engeren Sinne, vgl. Gärtner, a. a. O. p. XXX.
Uebergangsstufen zwischen dem tyrolischen Käto-Romanischen
(oder Ladinischen im weiteren Sinne) und dem Lombardischen,
beziehentlich und öfters dem Venetischen sind zahlreich , zu
ihnen gehören z. B. die Mundarten von Sulzberg, Nonsberg,
Judicarien, Buchenstein, Ampezzo etc. ; andere Mundarten ver-
mitteln den Uebergang von dem Ladinischen zu dem benach-
barten Friaulischen , so die von Colle , Auronzo , Zoldo etc.
Vgl. Gärtner, p. XXXIII ff.
4. In Friaul sind drei Dialectgebiete zu unterscheiden:
a) Innerfriaul, b) Carnien. c) Plattfriaul. Die unterdialectischen
Spaltungen sind wenig zahlreich und erheblich. Auch die
Zahl der den Uebergang von dem Friaulischen zu dem Vene-
tischen bildenden Mundarten ist gering, da, wo das Venetische
vordringt, keine Mischung einzutreten, sondern das Friaulische
einfach verdrängt zu werden pflegt.
Das l\äto-Komanisrhe. 763
5. Die DiffiTonzcu zwisdien den einzelnen Dialecten des
Käto-Konianischen sind, da keine gemeinsame Litteraturspraehe
vennittelnd iind ausgleichend über ihnen steht, sehr tief-
greifende und 1 etrefien nicht nur Lautverhältnisse und Wort-
bestand . sondern auch Formenbau, Syntax und Phraseologie.
Auch zwischen den Unterdialecten eines und desselben Dialectes
bestehen häufig recht erhebliche Unterschiede.
Litteraturanfjaben : Hauptwerke über die rätorom. Dialektologie
sind AscoLi's Sag^ri ladini u. Gaktxer's Rätorom. Grammatik; neben
diesen beiden "Werken besitzt Alles, was sonst über den Gegenstand ge-
sehrieben ist, nur untergeordnetes Interesse. Sehr wünschenswerth wäre,
dass aus Aseoli's grossem u. herrlichem Werke, das bei aller Klarheit
seiner Anlage doch wegen der Fülle des in ihm beigebrachten Materiales
u. wegen des Mangels an genügenden Registern an einer gewissen Unüber-
sichtlichkeit leidet, einmal ein den Bedürfnissen der Anfänger Rechnung
tragender Auszug veranstaltet würde. In ihrer Originalform sind die Saggi
ladini leider für sehr viele Romanisten ein verschlossenes Buch, denn ihr
Studium erfordert so viel Zeit u. Kraft, wie nur Wenige aufzuwenden ver-
mögen, u. so viele Vorkenntnisse, wie jüngere Romanisten nur selten be-
sitzen können.
Stalder, Schweizerische Dialectologie. Aarau 1S19 — J. A. Bühlek,
Comparaziun de divers dialects romonschs (wo u. wann erschienen? Dem
Verf. der Encycl. nur durch das Citat in Stengels Diss. »Ueber einige
Fälle des bedingten Lautwandels etc.«, p. 4, bekannt — Th. H.\ller, Ver-
such einer Parallele der ladinischen Mundart in Enneberg u. Gröden in
Tirol, dann im Engadin u. der romanischen in Graubünden. Innsbruck 1832.
Ztschr. des Ferdinandeums Bd. VII — Ro.senkrantz, Rhaetoromanska sprä-
kets dialekter. Under inseende af C. W. Böttiger kommer at offentligen
försvaras af L. A. R. Upsala 1853 — Sllzer, Dell' origine e deUa natura
dei dialetti comunemente chiamati romanici messi a confronto coi dialetti
consimili esistenti nel Tirolo. Trento 1S55 — R. Martixeau, On the Ro-
monsch or rhaetian language in the Grisons and Tirol, in: Transactions of
the Philological Society 1 880 81. Part. III, p. 402, vgl Rom. XII 415 —
Ravsch in seiner Litteraturgesch. S. 21 ff. — ^Schneller, Die roman.
Volksmundarten in Südtyrol etjTnologisch u. grammatisch dargestellt. Gera
1870 (Bd. I: Literatur. Einleitung, Lautlehre, Idiotikon. Bd. II ist, soviel
dem Verf. der Encyklopädie bekannt, nicht erschienen — J. Ch. Mitter-
RUTZXER, Die rhätoladinischen Dialecte in Tirol u. ihre Lautbezeichnung.
Brixen 1856 — Viax, Zum Studium der rhätoroman. Dial. in Tyrol oder
Grödner Thal. Roveredo 1865 — C. Schneller, Studi sopra i dialetti vol-
gari del Tirolo italiano. Roveredo 1865. Progr. — *J. Alton, Die ladi-
nischen Idiome in Ladinien, Gröden, Fassa, Buchenstein, Ampezzo. Inns-
bruck 1879, vgl. Rom. Stud. IV 638 — J. Insam, Grammatik der Grödner
Mundart, verfasst um 1800 Hds. im Besitz der Kgl. Bibl. zu Berlin —
Gröden, der Grödner u. seine Sprache. Von einem Einheimischen. Bozen
764 -D^^ Räto-Romanische.
1864 — O. Delitsch, Grödeii, in: Ersch u. Gruber's Encyclopädie. Sect. 1,
Thl. 92, S. 32 — E. Böhmer, Grednerisches, in: Rom. Stud. III 85 —
Th. Gärtner, Die Gredner Mundart. Linz 1879, und: Sulzberger "Wörter.
AVien 1883 Progr. (Separatabdruck. Leipzig 1S83) — E. Böhmer, Nons-
bergisches, in: Rom. Stud. III 1 — J. Th. Haller, Versuch einer Paral-
lele der lad. Mundart in Enneberg u. Gröden in Tirol, in: Beiträge, Zur
Geschichte, Statistik etc. von Tirol u. Vorarlberg Bd. VII (Innsbruck 1832 ,
S. 93 — Th. Gärtner, Die Judikarische Mundart. "Wien 1SS2 (Sitzungsb.
d. Akad. d. "Wissensch. , vgl. I-iteraturbl. f. germ. u. rom. Phil. 1883 Febr.
— A. Redolfi, Die Lautverhältnisse des bergellischen Dialects, in : Ztschr.
f. rom. Phil. VIII 161 (der Verf. sagt: »Das Bergellische kann man streng
weder zum Ladinischen noch zum Lombardischen zählen : es ist, so zu sagen,
ein Vermittlungsglied zwischen diesen zwei Familien von romanischen Dia-
lecten.« Das ist richtig, Avar aber durchaus keine neue Entdeckung, vgl.
Gärtner p. XXIX Z. 3 v. u., Ascoli I 272.
Üeber das Friaulische, vgL oben S. 630; hier werde nur AscoLl's
Schrift Süll' Idioma friulano (Udine 184Bj genannt.
Vgl. auch die Litteraturangaben zu den folgenden Para-
graphen.
§ 5. liemerkungen über die Laute des Räto-
Romanischen.
1 . Bei der grossen und tiefeingreifenden dialectischen
Zersplitterung des Räto-Komanischen ist es begreiflich . dass
die Zahl der durch die Gesammt spräche hindurchgehenden
lautlichen Erscheinungen und Neigungen keine sonderlich
grosse ist. Nach Ascolt, Arch. glott. VIII 102 (vgl. auch
Gärtner, p. XXIII sind es die folgenden, welche zugleich
als Unterscheidungskriterien zviischen Räto-Rom. und Ita-
lienisch dienen können: a) lat c und g vor a werden palata-
lisirt, z. B. ear?i = it. carne. ß) Das / in den Conibinationen
cl, pl etc. beharrt, z. B. clefs = it. chiavi. y) Hochtoniges lat.
Positions-c -svird zu ie diphthongirt. z. B. inßcrn = it. infet'no.
(3 Hochtoniges lat. Positions-o wird zu uo diphthongirt, z. B.
f uormas = \t. forme; dies uo sowie das aus lat. ö in offener
Sylbe entstandene neigt zu dem Uebergange (durch tie, iie, zu
ö, z. B. ördi = it. orzo^ möd = it. modo, e] Hochtoniges lat.
e und i werden zu ei, ai diphthongirt, z.B. plein, piain = it.
lyieno, peil, pail = it. pelo, lat. pilus. l) Lat. ä neigt, nament-
lich nach Palatalen, zum Uebergange in e[^\ z.B. quael = it.
quäle. >; Lat. U wandelt sich in w, z. i^. piir ^ it. pnro.
^) Lat. auslautendes flexivisches -s erhält sich im Plural der
-4-Stiimme sowie im Plur. der im Lat. nach der so«:. 3. Decl.
l)i\s Räto-KomnnischL'. 765
tlectiremlen Substantiva, namentlich der Fen).. z. H. ormas =
it. animi\ clefs = it. chiaci.
2. Im Vebiinjen gehen in der Lautentwickelung die ver-
schiedeneu riito-rom. Mundarten entweder einzeln oder (und
öfters) gruppenweise ihre oft sehr von einander abweichenden
Wege, so dass ein und dasselbe lat. Wort in den mannig-
faltigsten Lautgestaltungen auftreten kann. Gartnek hat dies
durch die in § 200 gegebenen Tabellen trefflich veranschaulicht.
Hier möge ihm wenigstens ein Beispiel entlehnt werden; lat.
clai'is erscheint im Räto-Rom. und verwandten Mundarten als
klaf\ klüf, /ilau , klef\ kl^f\ kle, kidf, tie, fl<^, ^/«fe, fy/ive,
^X^fj ^l^fi ^X^^j ^X?j ^X^f^^^ tsäre, tsäf, fsae etc. Selbst dies
eine Heispiel kann verdeutlichen, welch vielseitiger Ent-
wickeluno- die lat. Laute im Räto-Rom. fähig sind und wie
lehrreich gerade deshalb in phonetischer Beziehung das Studium
der räto-rom. Mundarten für den rom. Philologen ist. Frei-
lich hat dieses Studium seine sehr grosse eigenartige Schwierig-
keit. Auf Grund der gedruckten Texte lässt es sich nur in
sehr beschränktem Umfange und unter steter Gefahr des Irrens
oder doch der Nichterkenntniss des thatsächlichen Lautbe-
standes unternehmen, da selbstverständlich die verschiedenen
— übrigens sämmtlich nicht eben mit grossem Geschicke ent-
worfenen — orthographischen Systeme des Räto-Rom., welche
für den Druck massgebend sind, mit den beschränkten Mitteln
des lat. Alphabetes den Lautstand des betr. Dialectes nur in
sehr unzureichender und ungleichmässiger Weise zum Ausdruck
zu bringen vermögen und überdies immer die Tendenz haben und
haben müssen, durch das Ignoriren von unterdialectischen Diffe-
renzen für ein möglichst grosses Gebiet annähernde Allgemein-
gültigkeit zu erlangen. Sehr mit Recht hat daher Gärtner in
seiner Grammatik sich einer an diejenige Böhmers sich an-
lehnenden phonetischen Schreibung bedient, mag auch immer-
hin das Buch dadurch bei dem ersten Anblick einen wunder-
lichen Eindruck machen und eher die Grammatik irgend einer
transscribirten orientalischen Sprache, als die eines romanischen
Idiomes zu sein scheinen. Nur das kann fraglich erscheinen,
ob Gärtner nicht besser gethan hätte, Ascoli's Schreibung
zu brauchen, um seine Grammatik mit den Saggi ladini in
äusseren Einklang zu setzen, denn dass in beiden Werken, die
766 Das Räto-Romanische.
einander so nahe berühren und einander so vielfach ergänzen,
eine verschiedene Schreibvmg gebraucht ist, ist für den Leser
mindestens störend, oft anch verwirrend. Lebhaft zn wünschen
wäre, dass bakl einmal eine phonetische, möglichst zahlreiche
Mundarten, wenn auch nur in wenig umfangreichen Proben,
berücksichtigende Chrestomathie mit Glossar zusammengestellt
würde ; das Studium nicht bloss ihrer Texte , sondern auch
ihres Glossars würde für den Anfänger sehr lehrreich sein.
Nützlich könnte auch die Herausgabe einer wissenschaftlich
angelegten räto-rom. Polyglotte sein, d. h. einer in phonetischer
Transscription gegebenen Uebersetzung etwa eines biblischen
Gleichnisses oder einer bekannten Fabel in möglichst viele
räto-rom. und diesen verwandte Mundarten (dass die in
Stalder's Dialectalogie [s. oben S. 7 57] enthaltene Polyglotte
nicht mehr genügen kann , bedarf garnicht erst der lie-
merkung) ^j .
3. Als characteristisch wenigstens für die, nach Gakt.ner's
(S. 56 § 61) Ausdruck, »besten« räto-rom. Mundarten ist die
Abneigung gegen die proparoxytone Betonung hervorzuheben,
eine Abneigung, welche in der häufigen Synkope nachtoniger
Sylben Ausdruck findet, vgl. z. B. oberengad. dum(mdi/a, f(jm?ia,
dyiigvna mit lat. dominicu, femina^ nii-enem.
4. Durch Apokope vortoniger Sylben entstehen im lläto-
Rom. mitunter Bildungen, welche von ihren lat. Etymis sich
weit entfernen und höchst bizarr erscheinen, z. B. gnir (pho-
netisch geschrieben 7iyir , wo 7Hj = n) = [t'e]7iir[e] (die Mouil-
liruns des n erklärt sich aus Anbildung des Inf. 's an das Präs.
tefiio = veny \ vgl. z. B. auch zoth (in der Mundart von Trins)
= *decem octo.
1 Junj^en Romanisten kann keine nutzbrinf^cndere Ferienreise ange-
rathen werden, als die in die romantischen räto-rom. Thäler, um dort an
Ort und Stelle praktische Studien in Phonetik und Dialektologie zu trei-
ben. "Wie würde dadurch ihr Oln- geschult, ihr Versttindniss für lautliche
und überhaupt für spracliliche Dinge geschürft, ihr ganzer wissenschaft-
licher Gesichtskreis erweitert werden I wie würde ihnen da zum lebendigen
Bewusstsein kommen, dass es in der romanischen Philologie doch auch
noch andere Dinge giebt, als altfranzosische Texte I Ueberhaupt sollten die
jungen Komanisten mehr, als bis jetzt zu geschehen pflegt, sprachliche
Studienreisen in abgelegenere romanische S])rachgebiete unternenmen ; es
würde das ihnen, der Wissenscliaft und selbst auch der Schule sehr zur
Förderung gereichen. Sache des Staates aber Aviire es, derartige Reisen
durch Gewiilirung von Unterstützungen und Begründung von Stipendien zu
erleichtern.
Das Räto-Romanische. 767
Litte rat urangabcn: Die eingehendste Behandlung ist der räto-
rom. Lautlehre in AscoLi's Saggi ludini, deren erster, 556 Seiten umfas-
sender Theil ausschliesslich die Phonetik zum Gegenstande hat, und in
Gaktners Rätü-roni. Gramm. S. 33 bis 74 zu Theil geworden. Ascoi.l'.s
Saggi aber sind nicht nur die denkbar methodischste, reichhaltigste und
eingehendste Darstellung der in llede stehenden Materie, sondern besitzen
auch eine weit über das Gebiet der räto-rom. Kinzelphilologie hinaus-
reichende Bedeutung. Eines Beweises für diese Behauptung bedarf es
nicht , da kein Sachkundiger zu widersprechen geneigt sein wird. Gele-
gentlich aber werde hier bemerkt, dass aus den Saggi auch sehr Vieles
und Wichtiges in Bezug auf die oberitalischen ilombardischen , veneti-
schen etc. Dialecte zu lernen ist.
Ueber das Lautsystem des tiroler Räto-Rom. hat in verdienstlicher
"Weise gehandelt J. Alton, Die ladin. Idiome Innsbruck 1S79 , S. 25 — 8(i.
Die Bemerkungen über lautliche ] )inge in den gewöhnlichen räto-rom.
Grammatiken und anderen dergleichen von Dilettanten geschriebenen Bü-
chern sind einfach werthlos.
Dagegen besitzen, obwohl vor AscoLl's Saggi ladini entstanden, doch
auch heute noch "NVerth E. Stengels Diss. : Vocalismus des lat. Elementes
in den wichtigsten romanischen Dialecten von Graubünden u. Tyiol Bonn
IStiS , und H. ScHUCHARDTs Leipziger Habilitationsschrift: Ueber einige
Fälle bedingten Lautwandels im Churwälschen gedruckt zu Gotha ISTO .
Ueber die räto-rom. Orthographie vgl. Z. Pallioppi, Ortografia ed
ortoepia del idiom Romauntsch d'Engiadin'ota. Chur 1857, und Carigiet,
Ortografia gienerala speculativa Ramontscha. Dissentis 1858.
§ 6. Bemerkungen über den fortbestand des
Räto-Ro manischen.
1. Der Grund- und Hauptbestand des räto-rom. Wort-
schatzes ist — ganz entsprechend dem in den übrigen roman.
Sprachen bestehenden Verhältnisse — lateinisch ; zu demselben
haben sich italienische, germanische und einige vereinzelte
slavische Elemente gesellt. Etymologisch dunkle Worte des
Räto-Rom. aus dem »Rätischena abztileiten tind sogar Worte,
die sich aus dem Lat. oder sonst befriedigend erklären lassen,
doch für »rätisch« auszugeben, ist eine Methode, die nament-
lich von eingebornen räto-rom. Dilettanten in der Linguistik
mit grosser Vorliebe angewandt worden ist : bequem ist dies
Verfahren sicherlich, sogar sehr bequem und, wenn von einem
Räto-Romanen geübt, mag es als vermeintlich patriotisch gern
entschuldigt werden, wissenschaftlich aber ist es einfach ver-
kehrt und verwerflich, weil es an eine unbekannte Instanz
appellirt, denn von dem Rätischen ist eben etwas Sicheres ab-
solut nicht bekannt.
ygg Das Räto-Romanische.
2. Die Zahl der zu den verschiedensten Zeiten aus dem
Ital. in das Räto-Rom. eingedrungenen Worte ist sehr erheb-
lich, wie dies, bei der Nachbarschaft der beiderseitigen Sprach-
gebiete und bei dem Cultureinflusse Italiens auf die südlichen
Alpengebiete sehr erklärlich ist. Auch das kann nicht auf-
fällig scheinen, dass diese Worte sich zum Theile auf alltäg-
liche Dinge beziehen, wie z. B. formaggio in tyrolischen und
friaulischen Mundarten, während das gemeinrätische Wort für
den betr. Begriff auf lat. caseus oder caseolus zurückgeht.) Andrer-
seits kann es ebensowenig befremden, dass die Büchersprache
Anleihen bei dem stammverwandten Ital. zu machen liebt und
ihr nicht nur Worte, namentlich für abstracte Begriffe (z. B.
grazia, patria], sondern ab und zu auch zu Phrasen verwachsene
Worte (wie z. B. cioe] entlehnt hat.
3. Charakteristisch für den räto-rom. Wortschatz ist die
grosse Anzahl der aus dem Germanischen, namentlich auch
aus dem Deutschen entnommenen Bestandtheile. Jedenfalls
nimmt das Räto-Rom. in dieser Beziehung die erste Stelle
unter allen romanischen Sprachen ein, übertrifft also selbst das
doch wahrlich in lexicalischer Hinsicht stark germanisirte
Französisch. Innerhalb des Räto-Romanischen aber steht aus
naheliegendem Grunde bezüglich der Germanismen das Chur-
wälsche Graubündens obenan; in diesem Dialectcomplex wer-
den nicht nur äusserst zahlreiche Begriffe des häuslichen und
wirthschaftlichen Lebens sei es ausschliesslich oder doch vor-
wiegend oder wenigstens gelegentlich mit deutschen Worten
bezeichnet (z. B. »bald«, »bitter«, »Blech«, »blinde, »frei«,
»Kinder«, »Klee«, »Meister« etc. etc.), sondern es haben auch
ganze deutsche Phrasen Eingang gefunden, z. B. pit^tigot = »be-
hüte dich Gott I« Auch die churwälsche Büchersprache schöpft
gern aus dem deutschen Sprachschatze und scheut dabei selbst
vor monströs hybriden Bildungen, wie es z. B. die Adverbien
7nuofciUiga7)ieng und iapjramtng sind, nicht zurück. Reichlich
hat avich das Tirolische deutsche Worte sich angeeignet, während
das Friaulische viel zurückhaltender gewesen ist ; beide That-
sachen sind erklärlich genug. Trotz der massenhaften Ger-
manismen aber, von denen namentlich der Avestliche und der
mittlere Dialectcomplex des Räto-Rom. durchsetzt ist, ist es
doch (abgesehen von gemeinromanischen aus dem Germ, ent-
Das Rüto-Romanische. 7(59
lehiiteu Worten) verhältiiissmässig sehr selten, tlass ein deutsches
Wort im gesamm t rätischen Gebiete sich eingebürgert hat
(vgl. die -\jigabeu Gartnek's p. IG ff.).
4. Das Friaulische berührt sich im Osten mit dem Sla-
vischen. welches letztere sich in früheren Zeiten sell)st tief in
das friaulische Gebiet hineinerstreckt haben muss, wie zahl-
reiche Ortsnamen am Tagliamento etc. bezeugen. Es wäre
demnach eine starke Beimischung slavischer Elemente im
friaulischeu Wortschatz recht begreiliich. Nichtsdestoweniger
ist die Zahl der Wörter unzweifelhaft slavischer Herkunft im
Friaulischen sehr gering sie betreffen auffalliger Weise nament-
lich mehrere Thieniamen : hänya Sperber, modräs Salamander.
räisa Ente, zäba Frosch .
Litterat ü rangaben: Eine treffliche u. interessante Skizze des räto-
rom. Wortschatzes hat G.4.RTXER in seiner Gramm, p. 1 bis 32 entworfen,
der betr. Abschnitt ist einer der besten des ganzen Buches. AVerthvollste
u. reichhaltigste Beiträge zur räto-rom., insbesondere zur sopra-silvanischen
Lexikologie u. namentlich auch zur "Wortableitungslehre hat AscOLl im
Arch. glott. ital. VU 492 bis 595 gegeben. Sehr schätzbar ist auch Böh-
mers Glossar zu der Dichtung »Zehn Alter«, in: Rom, Stud. VI 274,
Sonst fehlen wissenschaftliche Arbeiten über räto-rom. Lexikologie noch
fast gänzlich, u. doch sind auf diesem Gebiete so manche dankbare Auf-
gaben vorhanden, Aufgaben, deren Lösung auch culturgeschichtliches u.
ethnologisches Interesse haben würde. So z. B. eine systematische Zu-
sammenstellung der verschiedeneu '\\'orte lateinischen oder nicht lateinischen
Ursprunges, welche in den verschiedenen Mundarten zum Ausdruck des-
selben Begriffes gebraucht werden oder doch gebraucht werden können ; das
Augenmerk wäre dabei besonders auf Begriffe des Alltagslebens zu richten,
dagegen könnten die verschiedenen Lautgestaltungen, in denen ein u. das-
selbe "Wort erscheint, falls sie nicht volksetj-mologischer Art sind, als für
den in Rede stehenden Zweck unwesentlich nur mit Auswahl gegeben
werden.
J. V. Cappol, Nomenclatura Romanscha e Todaischa. Schuls 17TU
Eine andere Nomenclatura erschien bereits 1744 in Schuls — 0. Carisch,
Deutsch-ital. -romanische "Wörtersammlung zum Gebrauche in unsem rom-
Landschulen. Chur 1S21, 2 Auti. 1S36, 3 Aufl. 184S Churwälsch — M. CoN-
RADi, Taschenwörterbuch der romanisch-deutschen u. der deutsch-romanischen
Sprache. Zürich, Thl. I 1S23, Thl. II 1S2& Oberländisch — Durgiai, Anfang
eines deutsch-rom. "Wörterbuches das Vorwort trägt die Jahreszahl 1S5U;
befindet sich in der Cantonalbibl. zu Chur — *0. Carisch, Taschen-
wörterbuch der räto-rom. Spr. in Graubünden, besonders der Oberländer u.
Engadiner Dialecte, nach dem Oberländer zusammengestellt u. etymologisch
geordnet. Chur 1S4^ 52 auf S. 1S9 ff. ein Verzeichniss einiger bündner-
rom. u. t}Tolisch-rom. "Wörter — *B. Carigiet, Räto-rom. "Wörterbuch..
Körting, Encyklopädie d. rom. Phil. III. 49
770 I^äs Räto-Romanische.
Surselvisch-deutsch. Bonn u. Chur 1S82 — Für das Ladinische ist die
einzig;e nennenswerthe Arbeit das von J. Alton in seinem Buche über die
ladinischen Idiome S. 129 ff. gegebene umfangreiche Glossar.
M. TscHUMPERT, Versuch eines bündnerischen Idiotikons, zugleich ein
Beitrag zur Darstellung der mittelhochdeutschen Sprache u. der Cultur-
geschichte von Graubünden. Chur 188U/82 (berücksichtigt das Romanische
nur gelegentlich) — J. MiscHi, Deutsche "Worte im Ladinischen. Brixen
1882 Progr.
F. R.A.L'.SCH, Sprachliche Bemerkungen zum Müsserkriege, in; Ztschr.
f. rom. Phil. II 99 (die Bemerkungen sind lexikalischen Inhalts^.
A. Gatsciiet , Ortsetjnn. Forschungen als Beiträge zu einer Topono-
mastik der Schweiz. Heft :i Bern 181)6 — M. R. BucK, Rätische Orts-
namen, in Birlinger's »Alemannia« XII 209, vgl. Ztschr. f. rom. Phil. IX 155
— Untekforscheh, Rom. Namensreste a. d. Pusterthale. Leitmeritz 1855.
R.\l"SCH, Gesch. d. Lit. des räto-rom. Volkes, p. 17 u. p. 99, giebt an,
dass Z. Pallioppi ein grosses »Dizionari dels idioms raetoromauntschs con-
gualos con linguas parentedas e condots a lur provenienza« , seit 18ö9 in
35 Heften (etwa 70 Druckbogen) herausgebe, das »jedoch wohl erst 1872
vollständig erschienen sein wird«; an derselben Stelle nennt Rausch auch
eine gegen Steub gerichtete Schrift Pallioppi's: Perscrutazions da noms
locals. Beide AVerke sind dem Verf. der Encyklopädie unerreichbar u.
folglich unbekannt geblieben ; bezüglich des ersteren glaubt er übrigens
mit gutem Grunde bezweifeln zu müssen, dass es überhaupt im Buchhandel
erschienen sei.
§ 7. Bemerkungen über den Formenbau dfes Räto-
Romanischeu. ')
Da die einzelnen Dialecte und Unterdialecte des Räto-
Rom. auch bezüglich des Fonnenbaues mehr oder minder er-
hebliche Unterschiede aufweisen, so lässt sich der Formen-
bau avich der Gesammtsprache in irgendwie eingehenderer
Weise nur unter Berücksichtigung wenigstens der wichtigeren
Einzelmundarten besprechen , was hier schon aus äusseren
Gründen nicht wohl thunlich ist. Uebrigens besitzt die räto-
rom. Gesammtsprache morphologisch nicht eben viele charakte-
ristische Eigenheiten namentlich verglichen mit dem Rumä-
nischen oder dem Sardischen , sondern erhebt sich im Wesent-
lichen Avenig über das gemeinromanische Niveau.
1 . Die subst. .^-Stämme bewahren . die 0-. T^- und ii-
Stämme verlieren ihren vocalischen Auslaut, z. B. rosa, aber
cmn = a?mum, fruit = friictum . (jk'tfs = (jlaciem. di = diej)i.
1) Dass die in diesem § gemachten aphoristischen Angaben fast durch-
weg auf Gartneu's Gramm, beruhen, wird der S;ichkundige ebenso leicht
erkennen als sicherlich billisfen.
Das Käto-Kümanische. 771
Die im Lat. zur sog. dritten Decl. gehörigen Stämme lauten
consonantiscli aus. z. W. pun = punem. not's =^ uoctem. krot> =
cTuceyn . dolt'ti = dulcem etc. Die neutralen zu Femininen
Sing, gewordenen) Neutra Flur, bewahren ihr -«. z. li. fodm
= foUa. 2. Die Suhst. (und Adj. besitzen für Sing, und Flur,
nur je eine Form, welche meist auf dem lat. Aecusativ. nur
vereinzelt (bei Nominibus actoris auf -tor] auf dem lat. Nn-
minativ beruht z. F. pä'ster = pastor , daneben aber auch
puifdr . und zwar mit differenziirter Bedeutung, denn pä'-iter
»Kuhhirt«, pastär »Hirt für Kleinvieh«: senyei' = senior nOoHc
und aeuyuJir = seniorem i^Herr«." Nur Denn verfügt, wenigstens
an einigen Orten über zwei C'asusformeu, den Gas. rect. Deua
Diaus) und den Gas. obl. Diu^ zeigt also Decl. wie im Altfrz.
Ganz eigenartig" ist. dass Adjectiva, Farticipien und Possessiv-
pronomina im Masc. Sing. , wenn sie prädicativ (und zwar
auch in Bezug auf Substantiva in obliquer Gasusstellung fun-
giren. im Oberwäldischen ein -*■ annehmen, während sie attri-
butiv ein solches nicht zeigen, z. B. ilg präu ei rerds «die
Wiese ist grün«, aber ilg p'äu verd j)die grüne Wiese«, quest
codiscJi ei mes )Hlies Buch ist mein». Ob aber in diesem -s das
lat. Nominativ -s zu erkennen sei. ist doch keineswegs über
alle Zweifel erhaben. Vgl. über diese sehr interessante svn-
taktische Erscheinung Böhmer in Rom. Stud. II 210, ferner
Stükzinger. a. a. O. p. 9 Anm. 2 und Ascoli im Arch. glott.
ital. VII 426, vgl. endlich Ztschr. f. roman. Fhil. I 118 Anm. 4.
3. Die einzige Form des Flur, beruht vorwiegend auf dem lat.
Accus., zeigt also den Ausgang -s\ indessen sind bei Mas-
culinen. namentlich bei solchen, deren Stamm auf / oder auf
Dental ausgeht. Pluralbildungen auf -?", (w^enigstens scheinbar)
entsprechend dem Nom. PI. der lat. sog. 2. Decl., nicht selten,
z. B. tsavai = cavuUi. hie i = belli . miei = mei , ponti . poniy^
und poaU = ^ponti f. pontes: besonders beliebt ist der Flur,
auf -i im Ghurwälschen liei den schwachen Part. Frät.. z. B.
purtäi = portati. und häufig zeigen, wenigstens in der Bücher-
sprache, auch starke Farticipien diese Bildung, z. B. tnessi.
Bei Substantiven, welche auf lat. Subst. auf -ar '-oris] und -o
[-o?iiö zurückgehen, unterscheiden sich der auf dem lat.
Nominativ beruhende Sing, und der Flur, öfters durch den
Accent. z. Vy. Sg. pc/iiede)' = peccäior. aber Fl. pc/iiaduori =
49*
772 Das Räto-Romanische.
peccatöres; Analogiebildungen sind nicht selten, z. B. Sg. bub.
ri. babs »Väter« und babüns «Voreltern«, Sg. m«/, PI. matünts,
Sg. ß =ßliui> ., Vl.ßöns, gleichsam ßliönes , Sg. netitk »Bräu-
tigam«, PI. neviUö7is »Brautleute«; ja sogar Feminina werden
von dieser Bildung ergriffen, z. B. Sg. döna, mäta, PI. du-
HÖunfs, matöunfs vgl. die altfrz. Casus-obliquus-Bildungen, wie
Ecain, antain, nach Analogie von Charlon^ baron u. dgl.l 4.
Die Adjectiva bilden, gleichviel welcher Kategorie sie im Lat.
angehörten, durchweg ein Fem. auf -a. 5. Die Comparation
der Adj. ist derjenigen im Italienischen ganz analog; als Com-
parativpartikel fungirt plii = plus. G. Die Pronomina geben
nur zu wenigen Bemerkungen Anlass. Dass die Nominative
ego und tu sich erhalten haben, unterscheidet das Eäto-Rom.
vom Lombardischen und Venetischen. Für vos tritt häuüg
cos + alteros ein' vuzöters). Der Gebrauch der proklitischen
lind enklitischen Affissi ist im rheinischen Churwälsch im
Schwinden, Dagegen liebt man in Tyrol und in Friaul den
Nom. des Personalpronomens durch Beifügung einer proklitisch
o-ekürzteu Form zu verstärken , namentlich bei negirtem Prä-
dicate, z. B. tu no te sos »du bist nicht«. Ille fungirt. wie in
den meisten andern romanischen Sprachen, so auch im Käto-
Roni. als best. Artikel und zugleich als Pron. der 3. Pers.
Bei den Possessiven findet sich manche bizarre Bildung, so
z. B. die Prädicativformen Sg. nyo7i = inexim und PI. mjos.
nach Gaktner S. US gleichsam meiim -(- Phu-al-6- + Plural-?'.
Die im Ital. übliche Verbindung des attributiven Possessivs
mit dem Artikel ist im Churwälschen undLadinischen, wenig-
stens gegenwärtig, nicht beliebt, nicht selten anzutreffen da-
gegen im Friaulischen. Als Demonstrativa fungiren die Com-
binationen ecctmi -{- istutn [quist . (juest) , eccum -\- illum qucl]
und ecce -\- ilhim [t'sel . Im Oberländischen ist quel das
herrschende Demonstrativ. Das in der Volkssprache übliche
einzio-e Relativ ist ke\ die Büchersprache wendet daneben sehr
gern und mit einer gewissen Ostentation il qnah an. Das
Interrogativ ist für M. und F. ki (in einzelnen Dialecten
zu t'/^i palatalisirt; , N. ke tye, ; im Friaul. ist für ki ein-
«'etreten kui., das nicht nothwendig auf lat. cid zurückgefiihrt
werden muss; in älteren vorderrheinischen Schriften findet
sich als Cas. obl. Sg. quin, cuinn gebraucht, worin Gärtner
Das Käto-liomani'^ehc. 773
lat. quem erkeunen will, doih diiifto die ISache zweifelhaft
sein (vielleicht ist zu beachten, dass in den von G.. S. 1U4,
angeführten lieispielen cuinn . (juiti immer in Hiatusstellung
steht), l'nter den Indefiniten giebt es zimi Ausdruck des ver-
lornen lat. aliquis . aliquid n. dgl. ganz seltsame Bildungen,
die aus gleichsam versteinerten lat. Phrasen entstanden sind,
z. H. entsityj = ego non sapio quis u. dgl. Als indefinites
Personale fungirt i?i = unus (daneben im Oberländischen auch
i/is. womit gern, als wäre es eine Pluralform, das A erb im
Plur. verbunden wird). Aus dem Ital. haben ogni und stesso
in die Büchersprache des Engadins Eingang gefunden. 7; Von
den lat. Tem))oribus und Modis sind erhalten das Präs. Ind.,
Conj. , Imp. . Inf. und selten) Gerund., das Impf. Ind., das
Plusqpf. Conj. (in der Function des Conj. Impf, und zugleich
des Cond. und das Part. Prät. Das bist. Perf. ist im lläto-
Kom. ein entschwundenes, aber auf litterarischem Wege nach
italienischem Muster künstlich neugebildetes Tempus : die
lebendige Pede braucht das periphrastische Perf. als erzählen-
des Präteritum. Die Futurbildung nach, dem Typus Inf. -h
/labeo ist im Churwälschen durch die Combination venio -\- ad
4- Inf. ersetzt, z. B. regfi a cantar = it. cantero = lat. canfabo:
in der Büchersprache jedoch findet man auch das nach ital.
Muster geformte Fut. Die Konditionalbildung nach dem Typus
Inf. -{- haheham (oder Inf. -(- Jiahd] ist nur wenigen, nicht
streng rätischen Mundarten bekannt . das eigentlich Rätische
braucht das Plusqpf. Conj. als Cond. ; das Friaulische besitzt
eine eigenthümliche Conditionalbildung nach dem Typus Inf.
-f- issern, z. B. acqnistaressin. Im Unterengadinischen kann
der Inf. die Endung der 2. P. PI. annehmen und als Imperativ
fungiren, freilich nur in Verbindung mit der Negation, z. B.
nun tmarai = ne iimete. Die Umschreibung des Passivs er-
folgt im Churwälschen durch venire, im Ladinischen durch
venire und esse, im Friaulischen nur durch esse. S. Was die
Personaleudungen anlangt , so ist in der 1 . Sg. der Ausgang
-m durchweg abgefallen (ausgenommen sun. son = sum. wo-
nach analogisch vofn = vado, dun = do und Aehnliches ge-
bildet wird . z. ^i^. 2^^0'iave = j)orfaha7n . purfäs = porfasse7n :
ebenso der Ausgang -o. z. B. porf :^ porfo . doch nimmt die
1. P. Sg. Präs. Ind. gern entweder ein a an (bildet sich also
774 Das Räto-Romanische.
der Sg. an) . porta = porto^ oder aber verbindet sich mit dem
Masc. des Pronomens der 8. P. el = illum^ also y^oWe/') oder
endlifli folgt der Analogie der l . Präs. Conj . , porti {porte) ;
dem lat. porto entsprechen folglich im Räto-Rom. vier Formen:
porti porta^ portel , porti iportv], von denen die dritte die
eigenartigste ist. In dem litterarischen Perf. (s. oben No. 7)
fungirt die 3. P. Sg. zugleich als 1. P. ; so dass amet in der
Bedeutvmg sowohl = amat•^7 als auch r= amati ist 2), ebenso
vendet^ sentit. Die 2. P. Sg. hat ihr -s durchweg gewahrt
und fügt an dieses gern das Pron. der 2. P, Sg. in enklitischer
Verkürzung, z. B. pörtest= portas -\- t[u] , ebenso purteveht
u. dgl., es ist das ein Vorgang, der auch in anderen Sprachen,
namentlich in germanischen, nicht selten und möglicherweise
Wiederholung einer uralten Bildungsweise ist (wenn nämlich,
wie wenigstens die frühere von Bopp, Schleicher, Curtius u.
A. vertretene Annahme war. die indo-germ. Personalendungen,
mindestens des Sg., aus den Personalpronominibus hervorge-
gangen sind. Jedenfalls aber erinnert räto-rom. partes + i aw
lat. portavis -\- ti] . Die Endung -t der 3. Sg. ist durchweg
geschwunden, z. B. pörta, purtäca = portat, portabat. Lat.
-mtis der l. PI. ist zu -n vereinfacht, öfters tritt an dies -n das
Personale nos in enklitischer Kürzung als -s an, z. B. purtain
= portam us] und piirtains oder ptirtaints = portam[us + [no]s.
Nicht selten wird die 1. PI. der 3. PI. angeglichen, also
stammbetont. Lat. -tis der 2. PI. stellt sich als -/s, -t imd -5
dar, z. B. purtets, purtüs = portatis , purtetet = portahatis\
eine andere Entwickelung ist im Präs. Ind., dass die Endung
abfällt, sodann dass Pron. PI. der 2. P. antritt und an diese
Bildung wieder die Endung -t angefügt wird, z. B. pnrtävat
= porta[tis] -f- vos -\- -t[is\ (so erklärt G.\ktnkr p. 113 den
Vorgang, vielleicht aber ist besser Angleichung an das Impf,
anzunehmen). Die Endung der 3 PI-, -nt hat ihr t verloren,
in Tyrol und in Theilen von Friaul ist sie ganz geschwunden,
1) AscoLI dagegen, Arch. glott. VII 460, erklärt diese Bildungen als
Anbildungen an affel u. dgl. = a^yi[o].
2; Der Bildung nach sind diese Formen Italianismen, reiitlet = veti-
(htte u. vaidetti, darnach analogisch amd u. svntit. Directe Anbildung an
'stetti u. "detti anzunehmen, ist für das Räto-Rom. unstatthaft. Ueber die
ital. Perf. auf -eiti vgl. oben S. G5it, vgl. auch Teza in den Studj di til.
rom. I 445.
Das Rätü-Kumanische. 775
/. 1^. porten \uu\ porta = porfuuf ^nach Gaktnek, p. lOS, ist
in porta die 3 8g. zu erkennen , -welche die Function auch
der 3 PI. übernommen habe ?]). !♦. Von sonstigen charak-
teristischen Zügen der räto-rom. Conj. seien hier, avo auf
Einzelheiten unmöglich eingegangen und ebenso unmöglich
irgendwie Vollständigkeit erstrebt werden kann, nur folgende
bemerkt : a) Analogische Uebertragung des Ableitungsvocals ist
sehr häutig, so ist z. \\. a aus der sog. ersten Conj. in die 3.
theilweise auch 2.' P. Sg. Präs. Ind. aller Conjugationen
übertragen worden . also cetula für remlit , parta und parchia
für *paftit^ ober- und unterengadinisch auch cetulastj jMirfast
für cendis , ^partis (vgl. Andeer a. a. ü., p. 30, Stürzinger
a. a. O. p. 10 f.). Dagegen hat der Ableitungsvocal e in der
l. und 2. P. PI. Präs. Ind. der yl-Verba und der nach cender
Üectirenden Verba das organische « und i verdrängt, purtain
= ^porfemus .denn räto-rom. ai = lat. e], tendein = *vendetis.
Ableitungs-6' und -i hat in der 1. P. Sg. Präs. Ind. und Conj.
vielfach Palatalisirung oder Assibilirung des auslautenden
Stammvocales bewirkt, doch nur bei Verben, Avelche ursprüng-
lich ein starkes Perf, bildeten und auch bei diesen nicht aus-
nahmslos, z. B. i'ögl = *volio, cegn yVeny) = venio, fetsch ■=
facio. vez = vüleo etc., dazu manche analogische Bildungen,
z. 1>. disch = dico . stögl v. stovair [= *stopere] wie vögl v.
volair. b) Der Stammvocal unterliegt der Diphthongirung, z.
B. i'ögl aus vueg/, vuogi] = ^völio, daneben vi [aus vie1j\ vielj,
viei, gleichsam 'cSlio f. "fö//o], vie?i = vSni, doch finden sich
mancherlei Abweichungen und Ausnahmen, namentlich wenn
der Stammvocal durch Position geschützt ist, wie in poss;
andrerseits kommen auch Analogiebildungen vor, wie z. B.
acieras, aciera = äperia, äperii, angebildet an avier =! apej'[i]o,
daneben aber auch evr = aper[i]o, angebildet an evras, evra =
äperia, üperit. vgl. Stürzinger p. 43. Der tieftonige Stamm-
vocal ist der Verdumpfung, unorganischem Lautwandel und
der S}Tikope ausgesetzt, z. B. sunar = sonare, manar = *minare,
pcher = peccare\ pser ^ pensare\ öfters fällt die ganze an-
lautende Sylbe ab, z. B. gnir {nyir) = [ve]nire, s. auch nächste
Nummer, c) Der Inf. hat das auslautende -e durchweg ver-
loren, auch das nur in den Auslaut tretende r neigt vielfach
zur Verstummung. Synkopirte Infinitivformen sind nicht selten,
776 Das Räto-Romanische.
z. V>. far \u\i\. fer = facere , ver und vair = vieler e. rir = *ri-
d^re . mir = rodere , cuir = coqiiere etc., vgl. auch vorige
Nummer; das palatalisirte n in gnir (dazu Part. P. gni, er-
klärt sich aus Anbildung an Präs. Ind. nenj. d) Die Aus-
gänge des schwachen Part. Prät. sind : au [o, ä), -ada bei den
^-Verben; -ieu, -ida nnd -i, -ida bei den /-Verben und, con-
currirend mit -ü, -üda, bei den zur schwachen Conjugation
übergetretenen starken Participien, z. B. vendieu und vendü für
venditus. e In Folge des Schwundes des Perfect ist die starke
Conjugation, der übrigens nur wenige Verba treu geblieben
sind, auf die stammbetonten Formen des Präs. und das Part.
Prät. beschränkt worden. Die Zahl der starken Participien
auf -t und auf -s ist noch ziemlich beträchtlich, indessen sind
doch mehrere ursprünglich dahin gehörige zur -vtus = -U-
Bildung übergetreten, z. li. tgnü, verkürzt giiii (im Unter-
engadinischen auch als Part, zu avair fungirend) = *tenTitus.
i) Die Inchoativ Verstärkung -isc = -isch, -esc/i in den stamm-
betonten Präsensformen ist nicht nur bei den meisten /-Verben,
sondern auch bei vielen ^-Verben Regel, z. B. nicht nur
ßurisch{a) und ßuresch = *ßori&co für ßoreo, sondern auch ahi-
tesch, gleichsam *hahitisco für hahito. g) Analogiebildungen
durchkreuzen häufig in seltsamster AVeise die organische Con-
jugation, so findet sich z. B. für lat. es neben eis, ais und est
(= es -\- tu) ein an sum sich anlehnendes sos\ lat.y*w/ erscheint
als fuva . also in Anbildung an das Impf. ; nach sum werden
angebildet dim, dunt für du (vgl. Stürzinger p. 47 Anm. 1),
vo7n für vado u. dgl. h) Die flexionsbetonten Formen zu rä-
dere lauten 1. P. PI. Präs. Ind. m^in. 2. P. m^is (entsprechend
im Conj.), Impf, mdvel; die Herleitung ist dunkel. Stürzinger,
p. 50 Afim. 3, setzt mein = meamus an; Gärtner, p. 15S.
dagegen construirt amh[u]lare : "^amlar : *lare (also mit Wegfall
der Vortonsylbe) . dies mit ad verbunden ergab " *fl!//ar , oder
*amlar : *amnar, woraus weil man amnar für eine Verkürzung
gehalten habe) amanar, dies : manar. oder amnar : «mar oder
amnar : a7iar, nar, durch Verstärkung sei aus anar entstanden
andar — alles dies recht sinnreich, aber auch recht sehr un-
wahrscheinlich !
Anmerkung, lieber die räto-rom. Syntax fehlt es —
mit Ausnahme dessen, was den Prädicatscasus betrifft, vgl.
Das Käto-Komanische. 777
oben Xo. 2 — noch gänzlich an Vnteisncluingen ; die »Satz-
lehre« in Andekk's Gramm, verfolgt nur ])raktische Z\vecke
und auch diese in unzureichender Weise. Jedenfalls aber
würde eine Untersuchung der riito-rom. Syntax zu manchem
interessanten und vielleicht auch Avichtigen Ergebnisse fülueu.
Völlig unangebaut ist noch das Gebiet der räto-rom.
Rhythmik. Freilich ist auch von vornherein von darauf be-
züglichen Untersuchungen nicht eben Vieles zu erwarten, in-
dessen würde es sich doch wohl lohnen, das Thema wenigstens
in Bezug auf das Churwälsche einu^al zu behandeln. Es dürfte
sich dabei herausstellen, dass — gegen die nächstliegende An-
nahme — das Räto-Rom. in rhythmischer Beziehung nicht
unwesentlich vom Italienischen sich entfernt.
Litteraturangaben. Hauptwerk für die räto-rom. Gramm, ist das
schon oft eitirte Buch von Gartnek [Heilbronn 1SS3), vgl. darüber oben
S. 759 Anni. (Elliott im Am. Journal of Phil. IV 4S6 nennt das Buch
mit Recht »a veritable wonder of untiring patience and industry, and a
fine model of scientific dialect investigation»;. — Eine wahre Schatzgrube
für die Morphologie des Räto-Rom. u. speciell des Oberwäldischen sind
AscoLl's Annotazioni soprasilvane im Arch. glott. ital. VII 426.
P. J. Andeer, Räto-rom. Elenientargramm. mit besonderer Berück-
sichtigung des ladinischen Dialects im Unterengadin mit einem empfeh-
lenden Vorworte von E. Böhmer]. Zürich ISSü das Büchlein ist durch
und durch elementar gehalten und verräth auf jeder Seite, dass sein Verf.
ein patriotischer Rätoromane, aber zugleich auch nur ein Dilettant in lin-
guistischen Dingen ist. Für den, welcher einen Ueberblick über die Schrift-
sprache des Unterengadin und einige praktische Vertrautheit mit dersel-
ben zu erlangen wünscht, kann diese Elementargramm, ganz nützlich sein,
wissenschaftlich aber ist sie einfach unbrauchbar und Anfänger sind sogar
vor ihr zu warnen, da sie durch sie leicht zu dem Wahne verführt werden
können, dass das Räto-Rom. eine einheitliche und grammatisch fest nor-
mirte Sprache sei, . — Von sonstigen grammatischen Schriften seien ge-
nannt: D.\ S.\le, Fundamenti della lingua retica o grigiona. Dissentis
1729 — Nova grammatica ramonscha e tudeschgia. Dissentis 1771 — Veit,
Gramm, ramonscha per emprender il langaig tudeschg. Bregenz ISuö be-
handelt die Mundart von Dissentis, — G. Heixrich, Fuormas gramma-
ticalas del linguach tudaisch. Chur 1S41 u. 1S55 — M. Coxr.\di. Prak-
tische deutsch-romanische Gramm. Zürich 182u (stellt die rheinisch-grau-
bündnerische Mundart dar, — F. Lauchert, Untersuchungen über Laut-
u. Formenlehre der räto-rom. Sprache. Rottweil 1S45 (behandelt nur die
betonten Vocale — *0. Carisch, Grammat. Formenlehre der deutschen
u. räto-rom. Spr. f. d. roman. Schulen Graubündens. nebst einer Beilage
über die räto-rom. Gramm, im Besondern u. einigen Proben aus der älte-
.sten räto-rom. Prosa u. Poesie. Chur 18-52, und: Hauptparadigmata der
778 ^^^ Räto-Romanische.
roman. Conjugation u. Declination Oberländer, Engadiner u. überhalb-
steiner Mundart). Chur 184S — J. A. BÜHLER, Gramm, elementara di lun-
<i:aig Rhätü-romonsch. Chur 1864, und: Curta instrucziun per emprender
il lungatg tudesc. Chur 1877 — Zacc. Pallioppi, La conjugaziun del
verb nel idiom Romauntsch d'Engadin'ota. Samedan 1868 — *J. StCrzin-
GER, Ueber die Conjugation im Rätorom. Winterthur 1879. Züricher Diss.
vgl. oben S. 759 Anm. Die Schrift berücksichtigt leider nur das Grau-
bündner Romanisch i — E. BÖHMER, Tirolerisches, in: Rom. Stud. III 60-5
behandelt u. A. die Participien auf -est], und: Der Prädicatscasus im
Räto-Roman., s. oben S. 771.
§ 8. Bemerkungen üher die Geschichte der räto-
rom. Litteratur.
1. Von den drei Theilen des räto-roman. Sprachgebietes
Graubünden, Tyrol , Friaul) besitzt Graubünden allein eine
Litteratur im eigentlichen Sinne des Wortes, Tyrol und Friaul
besitzen nur eine Volksdichtung, deren schriftliche Fixirung
in Tyrol übrigens erst neuerdings begonnen hat. ^
2. Die churwälsche Litteratur, und überhaupt das chur-
wälsche Schriftthum reicht nicht über das IG. Jahrhundert
hinauf-) , es fehlt also jedes mittelalterliche churwälsche Lit-
teratur- und Schriftdenkmal. Angeregt wurde das Entstehen
der churwälschen Litteratur zunächst durch die in Graubünden
eindringende Kirchenreformation , in Folge deren asketische
Schriften in der Landessprache abgefasst und die Bibel , zu-
mal das Neue Testament, in diese übertragen wurde, so-
dann aber auch durch die verhältnissmässig bedeutende , das
Volksbewusstsein hebende Kolle, welche Graubünden in den
Ij Ob freilich die im J. 1879 von dem Canonicus S.MID zu Porsenü
'Botzen, herausgegebene »Storia d' S. Genofefa trasportada t' nosc lingaz«
mit Recht auf dem Titel als »prum Über lading« bezeichnet wird, mag da-
hingestellt bleiben, sehr glaublich ist es nicht, jedenfalls kann es nur
richtig sein, wenn "ladinisch« im engsten Sinne [als nur das (iaderthal be-
zeichnend) verstanden wird.
2) Im Oberengadin erschien das erste gedruckte Buch zu Poschiavo
im J. 1552 Bifrun's »cuorta et christiauna Fuorma da intraguider la giu-
ventüna«), in unterengadinischer Mundart ist das erste Druckwerk Chiam-
pel's Psalmenübersetzung Un cudesch da Psalms. Basel 1562; , die Reihe
der oberländischen Schriftsteller beginnt Stefan Gabriel mit seinen Schrif-
ten: Unna Stadera da pasar Quala seig la vera Cardienscha, und: Ilg \er
Sulaz da Pievel giuvan, beide Basel 1649 erschienen, mit vom J. 1611 da-
tirten Vorwort. Bonifaci's Catechismus curt Mussameint dels principals
punctys della christianevla Religiun Lindau 16(il ist in der Domleschger
>Iundart geschrieben, welche sich im Schriftgebrauche nicht zu behaupten
vermochte. Zu bemerken ist übrigens, dass durch den Brand , welcher im
J. 1799 das Kloster Dissentis zerstörte, vermuthlich auch zahlreiche dort
aufbewahrte Hdss. und Drucke den Untergang gefunden haben.
Das Räto-lvomanische. 779
schweizerisch -savoyischen \uu\ oberitalienischen Wirreu jener
Zeit spiehe. und endlich dadiirch . dass in Graubünden das
räto-rom. Volksthum •wenigstens zu einer Art von staatlicher
Einheit zusammengefasst war und die äussere Möglichkeit zu
einer einigermassen selbständigen Entwickelung besass.
Die Käto-Komanen Graubündens haben seit dem It). Jahr-
hundert bis auf den heutigen Tag trotz aller Ungunst der
Verhältnisse eine grosse litterarische Regsamkeit bekundet
und haben litterarisch geleistet, was ein kleines Gebirgsvülk-
chen nur irgend zu leisten vermag. Dass dennoch die iSumme
des Geleisteten nur relativ, keineswegs aber absolut eine be-
deutende ist und dass die räto-rom. Litteratur Graubündens
im Ernste auch nicht entfernt verglichen werden kann mit
den Litteraturen der grossen romanischen Culturvölker . das
ist allzu selbstverständlich und natürlich, als dass es den Grau-
bündnem irgendwie zur Unehre gereichen könnte.
3. Die graxibündner Litteratur ist vorAviegend von Geist-
lichen , und zwar sowohl von evangelischen Avie von katho-
lischen, gepflegt worden und trägt demgemäss auch einen vor-
wiegend religiösen Charakter , besteht ihrer Haviptmasse nach
aus Uebersetzungen biblischer Küclier. namentlich der Psalmen,
kirchlichen Lehr- und Erbauungsschriften und religiösen Ge-
sängen. Die Prosa überwiegt bei weitem die Poesie. Doch
ist bezüglich der letzteren bemerkenswerth . dass nicht nur,
wenn aiicli hauptsächlich, die Lyrik angebaut, sondern auch
der Ansatz zur Bildung ^nes geistlichen Drama's gemacht
wurde.
Auf dem (iebiete der profanen Litteratur wurde nament-
lich die volksthümliche Prosaerzählung gepflegt, welche ihre
Stoff"e der Legende oder Sage, mitunter aber auch der Ge-
schichte entlehnte.
Das Bedeutendste aber, was die churwälsche Dichtung her-
vorgebracht hat. gehört der Epik an. es sind die beiden histo-
rischen Epen ))la Chanzun dalla Guerra dalg Chiastc d'Müsch«
»der Müsserkrieg«) und das »Gedicht vom Veltliner Kriege«.
Das erstere verfasst um 1527 von Gian de Travers. einem für
die Geschichte Graubündens hochbedeutenden Manne ^geb.
14S3 zu Zutz in Oberengadin, gest. ebenda 1563) und aus
704 paarweis gereimten Langzeilen bestehend, behandelt den
7S0 l^äs Räto-Romanische.
im Jahre 1525 geführten Kampf der Graubündner gegen den
savoyischen Castellan des Schlosses Musso am Comersee. Das
zweite, dem ersten an poetischem Werthe nachstehende, aber
volksthümlicher gehaltene Gedicht '110(j Eeimzeilen . verfasst
von Gioerin Wietzel (geb. um 1G(J4 zu Zutz . erzählt die Ge-
schichte der im Jahre 1635 zwischen den Graubiindnern und
Franzosen einerseits und den Oesterreichern andererseits statt-
gefundenen Kämpfe um den liesitz des Veltlin.
4. In der churwälschen Litteratur der Gegenwart über-
Aviegt die profane Lyrik (Hauptvertreter etAva Conradin de
Flugi, S. J. Andeer. Otto Paul Juvalta. Z. Pallioppi. Simeon
Caratsch u. A.) und die Journalistik, welche letztere über ver-
hältnissmässig sehr zahlreiche Organe verfügt. Daneben wird
nach alter Tradition auch die religiöse Dichtung und die Ab-
fassung asketischer Prosaschriften eifrig gepflegt, nicht mindere
Thätigkeit herrscht in Bezug auf das den Zwecken der Schule
und der Volksbildung überhaupt dienende Schriftthum : auch
in der Uebersetz'ung fremdnationaler . namentlich deutscher
Dichtungen ist mancher glückliche Versuch gemacht worden.
Die churwälsche Litteratur darf keine glänzende Zukunft.
kein einstiges goldenes Zeitalter erwarten und nicht Anspruch
darauf erheben . ein Glied zu sein in der grossen Kette der
Nationallitteraturen. Aber so lange in Graubündens romanti-
schen Thälern noch eine romanische Sprache erklingt . Avird
voraussichtlich auch das churwälsche Schrifthum sich erhalten
und noch manche schöne Blüthe, treiben.
Litteraturangaben :
a) Bibliographisches, Handschriftliches u. dgL: *E. BÖH-
MER, Verzeichniss räto-rom. Litteratur' , in: Rom. Stud. VI l(i9 bis 2KS
(dies höchst verdienstliche, bis zum J. 1SS5 reichende Verzeichniss ist im
"Wesentlichen der Katalog von BöumeU's eigener räto-rom. Bibliothek,
welche inzwischen in den Besitz der Kgl. Bibl. zu Berlin übergegangen
ist. Ein Mangel ist, daes dem Verzeichniss kein Nominalindex beigegeben
wurde . Ausserdem hat Böhmek in seinen Artikeln über das Nonsbergische,
das Grednerische u. das Tyrolerische (Rom. Stud. III 1. 85 u. 605) schätz-
bare Beiträge zur räto-rom. Bibliographie gegeben — Bibliographie der
grammat. Litt, bei Cmitner p. XLV, auch bei Ravsch in § 1 seiner Lit-
teraturgeschichte — H. Varniiagen]. Churwälsche Hdss. des British .Mu-
ll "Litteratur" ist liier im Sinne von Schriftthum überhaupt aufzufas-
sen, begreift also auch die Erbauungsschriften, Grammatiken etc. in sich.
Das Räto-Romanische. ' 7M
seuni . in: Rom. Stud. IV 477 — Verzeichniss der ronian. Bücher in der
Cantonsbibliolhek von Graubünden. Chur 1S68 — C. Deciutins, Eine
subselvanisjche Liederhds., in . Ztschr. f. rom. Phil. VI r>4.
b) Sammlungen, Chrestomathien u. dgl. : Iken, Proben von
Liedern in roman. Spr. aus Chur in Graubünden, in: Mone's Anzeiger f.
Kunde der teutsehen Vorz6it, Jahrg. S lSo9 , Heft 3 — A. Roqve-Fekkiek,
In recueil de poesies raraonsches. Dialecte de la Haute- Engadine, in R.
d. 1. r. 1S74 Januar , p. 196 — J. Ulrich, Rätorom. Chrestomathie. Theil I.
Oberländisehe Chr. Theil IL Engadinisehe Chr. Halle 18S2 S."5 das Buch
hat leider mehrfache empfindliche Mängel — J. Ulrich, Räto-rom. Texte.
Halle 1SS;< ^4 bis jetzt 2 Bde. I Vier nidwaldische Texte. II Bifrun's
Uebers. des Neuen Testaments [Vorwort, Ev. Matthäi, Ev. Marci) —
V. Joppi, Testi inediti Friulani dei secoli XIV al XIX, in: Archiv, glott.
ital. IV 185 bis 342, dazu bis S. 356 »Annotazioni« von A.SCOLI u. dann
bis S. 367 ein Essay AscOLi's über das triestiner Friaulische — C. De-
Cl'RTINS, Quattro testi sopra silvani, in: Arch. glott. ital. VII, vgl.
unten e' — Rimes ladines mit ital. Uebers. ed. B. Alton. Innsbr. 1885.
c Darstellende Schriften: F. Rausch, Geschichte der Litt, des
räto-rom. Volkes. Frankfurt a/M, 1870 der Verf. hat den besten AVillen
gehabt, leider aber auch nicht eine Ahnung von der Art, v>ie man Litteratur-
geschichte zu schreiben hat, besessen; das Buch ist dilettantisch durch u.
durch u. sollte recht bald einmal durch ein besseres ersetzt werden , vgl.
Rom. Stud. I 3u5 — Muoth, Ueber Ursprung u. Verbreitung der räto-rom.
Lit. , in: Sonntagsblatt des- »Bund« 1880, 15. Febr. bis 14. März — A. v.
Fli'GI, Ladinische Liederdichter, in: Ztschr. f. rom. Phil. IH 518 'der
Verf. giebt hübsche Proben, auch in deutscher Uebers., von der neuesten
räto-rom. Lyrik , vgl. auch dessen unten e, e u. C genannte Schriften über
die historischen u. dramat. ladin. Dichtungen (Ztschr, f. rem. Phil. H 515,
IV 1 u. 256 u. dessen Abriss der lad. Litteraturgesch. in seiner Ausg. des
Müsserkrieges etc.
d Zur Folk-Lore: C. Decurtixs, Volksthümliches aus dem Unter-
engadin, in : Ztschr. f. rom. Phil. VI 5S2. Studien aus dem Bündner Ober-
lande I. Das räto-rom. Märchen, in :. Monatsrosen des schweizerischen
Studentenvereins Stans 1876 April, vgl. auch Alpina, Organ f. Alpenkunde
Churj No. 1 ; Ueber Sage u. Volksdichtung des romanischen Oberlandes,
in: Feuille centrale, organe officiel de la societe de Zofingue 1873 Xo. 6
bis 8 Lausanne ; und: Rätische Studien Unser Räthsel, ein uralter My-
thus; der Baumcultus in der Surselva' , in: Fremdenblatt 1880 No. 8, 10,
17, 20 u. Engadiner Cursalon 18S1 , 14. Sept. — D. Jecklix, Volksthüm-
liches aus Graubünden. Zürich 1874 bietet wenig für das Räto-Rom.] —
C. Schneller, Märchen u. Sagen aus "Wälschtyrol. Innsbruck 1867 —
E. Böhmer, Churwälsche Sprüchwörter, in : Rom. Stud. II 157 — G. Al-
ton, Proverbi, tradizioni ed aneddotti delle valli ladine orientali con ver-
sione italiana Innsbruck 1881, vgl. Literaturbl. f. germ. u. rom. Phil. 1882
Märzheft.
e EinigeTextausgabenu. Erläuterungsschriften: « Rechts-
alterthCmer u. dgl. : C. Decurtins, Ein surselvisches "Weisthum , inf
782 1^'^s Räto-Romanische.
Ztschr. f. rom. Phil. VI 290; ein oberengadinisches Formelbuch, in: Ztschr.
f. rom. Phil. VI 570. C. Schneller, Statuten der Geisslerbruderschaft in
Trient aus dem 14. Jahrh. Innsbruck Ztschr. des Ferdinandeunis 1S81,
vgl. Literaturbl. f. germ. u. rom. Phil. 1881 Sept. — ßi S.\ge.\ l'. Legenden:
*C. Declrtins, Quattro testi soprasilvani I. Oudisch dilg Vi-.idi da Jeru-
salem, Reisebeschreibung aus dem Ende des IG. Jahrh. "s, im i\rch. glott.
VII 151 bis 19(). IL Cuorta Memoria della succesiun u diember dils avats,
SCO era dellas causas, las pli remarcablas, ch'en succedidas da tems en
tems cun la claustra de Muster, ne faitg midadas enten nossa tiara, eine
bis zum J. 1<)58 reichende Chronik des Klosters Dissentis, im Arch. glott.
VII 19" bis 254. III. Vita de Soing Giosaphat, convertius de soing Bar-
laam , geistlicher Roman, Text aus der ersten Hälfte des 17. Jahrh. 's, im
Arch. glott. VII 255 bis 'JOB dazu eine wortgetreue ital. Uebers. von As-
COLI, VII :^65 bis 405, und *Annotazioni sistematiche. Saggio di morfologia
e lessicologia soprasilvana , ebenda S. 406 bis ()(i2. IV. Roman u Historia
de Octavianus, Kaiser de Roma etc., Text aus dem Ausgang des 17. oder
Anfang des 18. Jahrh.'s, im Arch. glott. VII 29" bis ^04. Ausserdem hat
Deciktins herausgegeben; Historia dilg cavalier Pieder de Provenza e
della biala Magelona, in: Ztschr. f. rom. Phil. V 4So, u. Deux legendes
surselvanes, Vie de Ste-Genevieve et V. de St. Ulrich, in: Rom. XIII 60.
— Smid, Storia d' S. Genofefa trasportada t' nosc' lingaz. Prüm über lading.
Porsenü 1879, vgl. oben S. 778 Anm. — y) Fabeln u. Mähuchen :
C. Dectjrtins, Praulas surselvanas, in: Rom. Stud. II 99. G. Ari'AGai'S,
Fablas e novellas. Chur 1878. Vgl. auch oben dl. — rf, Religiöse Schrieten:
Aus der grossen Menge derselben (man sehe Böiimek's Verzeichniss! seien
hier nur Ulrich's Ausg. des Bonifaci'schen Katechismus, in Rom. IX 248,
u. desselben Räto-rom. Texte (s. oben b"), Avelche meist religiösen Inhaltes
sind, angeführt. — s, Lyrik: C. Decurtinss, Ein ladinisches Rügelied,
in : Ztschr. f. rom. Phil. VII 99. A. v. Flvgi, ¥An ladin. Rügelied auf den
Tod des Obersten G. Jenntsch, in der »Rätia« Jahrg. III p. 248. G. Ulrich,
Canzoni alto-engadine di Bravugn. und: Canzoni nel dialetto di Schoms etc.,
in: Arch. glott. VIII 129. A. v. Flugi, Canzuns popularas d'Engadina,
in: Rom. Stud. 1 309, und: Die Volkslieder des Pingadin. Strassburg 1873,
vgl. Jahrb. f. roiii. u. engl. Spr. u. Lit. XIV .382. [J. CouNT, Le ranz des
vaches de la Gruyere et la chanson de Jean de la Bollieta, in : Rom. Stud.
I 358, hat nur ganz indirecten Bezug auf das Räto-Rom.]. P^in altlad.
Gedicht in oberengad. Mundart (J. L. Gritti's Gedicht über den Untergang
von Plurs 1818), herausg. u. erklärt von A. Rociiat. Zürich 1874, vgl.
Jahrb. f. rom. u. engl. Spr. u. Lit. XIV 382, Rom. III 498. Vgl. S. 783 u.
— Cj Ei'lK : A. V. Fli'gi, Historische Gedichte in ladinischer Sprache,
in : Ztschr. f. rom. Phil. IV 256 (Essay). Zwei historische Gedichte in
l.\din. Sprache aus dem 16. u. 17. Jahrh. (Müsserkrieg u. Veltlinerkriegj,
zum ersten Male herausg., übers, u. mit einem Abriss der ladin. Litteratur
eingeleitet von A. v. Flvgi Chur 1865 (Rausch, Sprachliche Bemerkungen
zum Müsserkrieg, in: Ztschr. f. rom. Phil. II 99, vgl. auch FH'Gls Essay
üb. den Müsserkrieg u. die ladinische Litt, des 16. Jahrh.'s, in: »Die
Schweiz« Jahrgang VII (Bern 1864 , No. 5'. A. V. Flugi, Der ladinische
Das Küto-Komanischo. 783
Tobia, in: Rom. Stud. I 33t) iAua°:abe. — /;) Duama : G. LEOXHAliDI,
Leber das alte Volkstheater in Graubünden, in : "Die Schweiz«. Jalir<j. VII
(Bern lSti4 No. 3. Le Sacrifice d' Abraham, mystörc enjiadinois p. p.
J. L'luicii, in: Kom. VIII 374, vgl. ibid. X 24(J. C. Dkciutins, Das Som-
vixer Passionsspiel. Kin Vortrag, in : Monatsrosen des Schweiz. Stiidenten-
vereins 187^ Januar. Höuhmann, Das Passionssi)iel in Lumbrein, in: Ueber
Land u. Meer. Jahrg. XXIV No. 36. A. v. Flugi, Die ladin. Dramen im
16. Jahrb., in: Ztschr. f. rom. Phil. II 515 (orientierende Uebersicht , dazu
als Ergänzungen: Zwei ladin. Dramen des 16. Jahrh.'s, ebenda V 461,
Ladinische Dramen des 17. Jahrh.'s, ebenda IV 1 u. 483. Un drame haut-
cngadinois. tragicomedia hagida in Zuotz anno 1<>73, compognida dal signur
Fad. Viezel, herausg. in der K. d. 1. r. 1S85 März, p. 121. Die Zehn Alter,
eine räto-rom. Bearbeitung (dramatisches Gedicht) aus dem 16, Jahrh.,
herausg. v. E. Böhmek, in: Rom. Stud. VI 239 (mit Glossar).
f Zeitschriften: Oberläxdische : II Amitg de Dieu e della Patria,
begründet zu Disentis 1836, eingegangen, ebenso La Gasetta Komonscha,
II Confederau, 11 Komonsch, II Amitg dil Pievel, Nova Gasetta Romonscha,
Ilg Grischun. La Ligia Grigia, II Novelist. Uxterengadixischk : Aurora
d'Engiadina, Gazetta d'E., II Republicaner (erschienen sämmtlich zwischen
lS44/.i4), II C'orrier Ladin (erschien 1866, ging aber bald ein . Ohekexga-
DixiscHE: La Dumengia-Saira. Chur 1855/58. Fögl d'Engiadina (seit Weih-
nachten 1857, besteht wohl noch gegenwärtige, Fögl Mensual Grischun
{erschien 1866, ging bald ein), lUtschella. Vgl. Rausch a. a.O., p. lOüu. Kli».
Schlusswort: Auf die "Wichtigkeit, welche das Studium des Räto-
Rom. für die romanische Gesammtphilologie besitzt, i.st bereits oben hin-
gewiesen worden. Dringend ist demnach dem Studierenden der romanischen
Philologie anzurathen, sich mit diesem Idiome einmal wenigstens ernstlich
zu beschäftigen. Allerdings wird er dabei eigenartige Schwierigkeiten zu
überwinden haben, schon weil es an Hülfsmitteln, die für Anfänger brauch-
bar wären, noch recht sehr fehlt, aber diese Schwierigkeiten sind doch
nicht un überwindbar. Zu empfehlen dürfte dem Anfänger sein, mit der
Leetüre der von Decurtins im Arch. glott. VII 255 herausgegel)enen u.
ebenda p. 365 von AscoLl italienisch übersetzten liegende von Barlaam
u. Josaphat zu beginnen u. an diesem Texte die Formenlehre des Ober-
walddialectes praktisch zu erlernen. Hat der Anfänger sich dadurch eine
gewisse licsefertigkeit u. einen Einblick in den grammatischen Bau wenig-
stens eines Dialectes erworben, so wird er befähigt sein, das Studium der
Grammatik G.\rtxers u. späterhin der Saggi Ascoli's mit Erfolg vor-
zunehmen , namentlich wenn er zugleich die Leetüre von Texten weiter
fortsetzt. Vor der Benutzung der Andeer'schen Grammatik, welche der
Vorgeschrittenere nicht 'ohne Nutzen u. jedenfalls mit Interesse einmal
durchblättern wird, ist der Anfänger zu warnen, wie liereits oben S. 777
bemerkt u. begründet wurde.
Nachtrag. Zu e s] : Chansons ladines p. p. l'i.HlCH, in: Rom. XIV
109. Rimes ladines in pert con traduzion taliana dal B. Ai.TOX. Inns-
bruck 18S5.
7S4 Das Rumänische.
Siebentes Kapitel.
Das Rumänische.
§ 1. Bemerkungen über das Sprachgebiet des
Rumänischen.
1. Das rumänische Sprachgebiet bildet kein einheitliches
Ganze, sondern scheidet sich in mehrere an Umfang sehr un-
gleiche Theile, von denen der nördlich von der unteren Donau
gelegene der grösste und zusammenhängendeste ist.
2 . Das rumiinische Sprachgebiet nordwärts der Donau ent-
spricht in seinem Umfange ungefähr dem alten Dacien, es
umfasst jedoch mit mancher Einschränkung, s. unten): a das
Königreich Rumänien (die früheren Fürstenthümer Walachei
und Moldau) ; b) Bessarabien (die imgefähre Sprachgrenze
wird hier vom Dnjestr gebildet, doch liegen rumänische Sprach-
inseln auch zwischen Dnjestr und Bug und noch an dem rechten
Ufer des letzteren) ; c) Siebenbürgen : d) den östlichsten Theil
von Ungarn, bezw. des ehemaligen sog. Banates ungefähre
Grenzpunkte sind Arad und Grosswardein). e) den südlichen
Theil der Bukowina ungefähr bis zum Pruth, strichweise
aber ein wenig darüber hinaus) . — Hierzu kommt noch fj ein
südlich der Donau zwischen dem Timok und der Morava liegen-
der kleiner Bezirk im Königreich Serbien.
In dem angegebenen umfangreichen Gebiete wird jedoch,
namentlich in Siebenbürgen, das Bereich des Rumänischen
vielfach durch fremde — besonders magyarische und deutsche —
Sprachinseln unterbrochen.
3. Kleinere, inselartige rumänische Sprachgebiete befinden
sich südlich der Donau in Macedonien, Thracien und Thes-
salien, namentlich: al in dem die Grenze zwischen Albanien
und Macedonien ))ildenden Gebirgslande (Hauptorte: San Ma-
rina, Avdela, Perivoli, Moschopolis, Vlacho-Klisura ; b auf dem
Kamme und an den beiden Seitenabhängen des Pindusgebirges
(Hauptorte: Mezzovo, Malacassi, Lesinitza, Kalarites, Kalaki, KH-
novo) ; c) im Gebiete des oberen Euenos (oder Fidaris) und Ke-
phissos (in der Umgegend von Zeitun), verstreut auch in anderen
Bas Rumänische. 7 85
Gebieten des nördlichen Ciriechenlauds. so im Sptrcliiosthale. im
IMphrosgebirge auf Euböa etc. vgl. Kösler a. a. (). 8. lo2).
Höchst wahrscheinlich war in älteren Zeiten das rumä-
nische Sprachgebiet in Macedonien ein ungleich ausgedehnteres
und zusammenhängenderes , als gegenwärtig , wo es nur aus
auseinandergerissenen Fetzen besteht, deren Gräcisirung wohl
nur eine Frage der Zeit ist. Dass übrigens die Rumänen im
nördlichen Griechenland nicht ursprünglich ansässig, sondern
eingewandert sind, ist zweifellos.
i. Kleine rumänische Sprachinseln befinden sich endlich
auch in Istrien im Arsathale und auf der albonesischen Halb-
insel [in den Gerichtsbezirken Castelnuovo. Pisino und Albona],
dürften aber bald völlig schwinden, da die Slavisirung unauf-
haltsam vorschreitet und schon gegenwärtig die istrischen
R\imänen mehr oder weniger alle slavisch sprechen. Bei den
einst im Karst wohnenden Rumänen den sog. Cici oder Mor-
lacchen . d. h. Mavrovlachen) ist die Slavisirung bereits voll-
endet. Höchst wahrscheinlich sind die istrischen Rumänen
über Dalmatieu und die Insel A'eglia aus dem macedo-rumä-
nischen Gebiete eingewandert.
5 . Von den Nachbarvölkern , namentlich den Deutschen
und den Griechen, wurden und werden die Rumänen als
oVlachen . "NValachenw bezeichnet, wonach auch ein Theil des
nördlich von der Donau gelegenen Gebietes den Namen ^> Wa-
lachei« führt. Die Benennung leitet sich vermuthlich ab vom
ahd. walh »Knecht«. Die Neugriechen bezeichnen die Daco-
Rumänen als »Mavrovlachoi« schwarze VI.), die Macedo-Ru-
mänen als - Kutzovlachoi« (lahme VI.), für welche Spottnamen
eine befriedigende Erklärung noch nicht gegeben ist vgl. je-
doch RösLER. a. a. O. 10 T.
6. Ueber die Gesammtzahl der Rumänen lässt eine sichere
.Angabe sich nicht machen, da bekanntlich in den Staaten der
Balkanhalbinsel die Statistik noch sehr im Argen liegt. Im
jetzigen Königreich Rumänien hat überhaupt nur eine Volks-
zählung und zwar in den Jahren 1S59/G0, also vor länger als
einem Vierteljahrhundert, stattgefunden (s. unten . Nach ge-
wöhnlicher Annahme soll die Gesammtzahl der Rumänen ca.
zehn Millionen betragen, wovon angeblich 4 300 000 im König-
reiche vgl. aber den nächsten Absatz . 1171 700 in Ungarn,
Körting, Encyklopädie d. rom. Phil. IJI. 50
786 1^^3 Rumänische.
1 500 000 in Siebenbürgen, 360 100 in andern Ländern Oester-
reich-Ungarns, 1 600 000 in Serbien und der Türkei, 1 000 000
im russischen Bessarabien und den angrenzenden Gouvernements
wohnen.
Die Bevölkerung des Königreichs Rumänien (einschliess-
lich der Dobrudscha; wird officiell auf 5 376 000 veranschlagt.
Vor der Annexion der Dobrudscha lebten im Königreiche
angeblich 400 000 Israeliten, 200 000 Zigeuner , 85 000 Sla-
ven, 39 000 Deutsche, 29 500 Magyaren, 8000 Armenier. 5000
Griechen. 2000 Franzosen, 1000 Engländer, 500 Italiener,
2700 Türken, Polen. Tataren etc., zusammen also 770 700
Nichtrumänen ; da nun in der Dobrudscha 31 177 Rumänen
neben 75 766 Nichtrumänen wohnen sollen, so beträgt die
Gesammtzahl der Nichtrumänen 846 466 , diejenige der Ru-
mänen 4 529 534. Demnach umfasst der rumänische Staat nur
die kleinere Hälfte des rumänischen Volkes.
Litteraturangaben : Ueber das rumän. Sprachgebiet hat eingehend
gehandelt FuCHS, Die roman. Spr. etc., p. 88 ff. , dessen Hauptquellen u.
Gewährsmänner Avieder waren Pouqueville , Voyage dans la Grece, Paris
1820/21, 5 Bde. (Bd. 2 kommt besonders in Betracht) u. Vaill.\nt, La
Romanie ou histoire, langue, litterature, orographie, statistique des peuples
Ardialiens, Valaques et Moldaves, resumes sous le nom des Romans, Pa-
ris 1844 (Bd. H kommt besonders in Betracht). Neuere Specialuntersuchun-
gen über den Gegenstand fehlen. Kurze Angaben (zum Theil auf Leake's
Travels in Northern Greece beruhend) macht Rüsler in seinen romän. Stud.
S. lOU ff. — Ueber die Rumänen in Istrien vgl. Miklosich's Angaben in
den Denkschr. der "Wiener Akad. d. Wissensch. Bd. 32 (1882), p. 1 f. —
Die in No. 6 gegebenen Ziffern sind dem Gothaischen Hofkalender vom
J. 1886, S. 903, entnommen. — Die Angaben BouNTiXE.\NU's in: Cäle-
torii la Romänii din Macedonia si Muntele Atos, Bucuresci 1863, über die
Zahl der Macedo-Rumänen .sind offenl)ar arg übertrieben.
Vgl. auch die Litteraturangaben zu § 2.
§ 2 . B e m e r k u n g v. n über die Geschichte de r r u m ä -
n i s c h e n S j) r a c h e .
1. Macedonien verlor durch die Schlacht bei Pydna (168
V. Chr.^ seine Selbständigkeit und Avurde im Jahre 146 zur
römischen Provinz erklärt; in der späteren Kaiserzeit wurden
daraus vier Provinzen gebildet (Macedonia prima, M. secunda.
Thessalia. Epirus nova). Thracien wurde um das Jahr 30 v.
Chr. von den Römern unterworfen, aber erst 46 n. Chr. als
Provinz eingerichtet. Die Romanisirung Macedoniens und
Das Rumänische. 7S7
Thraciens scheint in luir wtnio; intensiver Weise erfolgt zu
sein und im Wosontliehen auf (liejenigen Theile der ein-
heimischen Bevölkerung sich beschränkt zu haben . welche
dem Einflüsse der sonst in diesen Landschaften verbreiteten
griechischen Sprache und Cultur sich entzogen hatten.
2. Das Land zwischen lialkan und Donau wurde im
Jahre 29 v. Chr. von den Römern in Besitz genommen und
unter dem Namen »Moesia« zur Provinz gemacht. Von Mösien
aus wurde von Trajan das nordwärts der Donau etwa zAvischen
der Theiss . den Kaii^athen und dem Pruth gelegene Land
erobert, und wurden dai-aus im Jahre lü7 n. Chr. zwei Pro-
vinzen, Dacia superior im Westen und Dacia inferior im Osten,
gebildet. Das Land soll durch den langandauerndeu und
blutigen Krieg ganz entvölkert gewesen und deshalb von
Trajan durch zahlreiche, aus dem ganzen römischen Reichs-
gebiet gesammelte Colonistenschaaren besiedelt worden sein. ^)
Aber schon unter Kaiser Aurelian (270 bis 275) ^nirde Dacien
von den Römern wieder aufgegeben und die dortige Bevölke-
rung nach Mösien. also auf das rechte Donauufer, versetzt. So
wenigstens berichtet Vopiscus - . Ist diese Angabe buchstäb-
lich zu verstehen, so muss angenommen werden, dass Dacien
damals entromauisirt und erst später im Mittelalter durch
Romanen, bzw. Rumänen, welche aus den südlich der Donau
gelegenen Gebieten einwanderten, neu romanisirt ^^~urde. Da-
mit würde gut übereinstimmen, dass »Walachen« nördlich der
Donau erst im dritten Jahrzehnt des 13. Jahrhunderts lu-
kundlich genannt werden ^ und zwar als Bewohner des hohen
alpenartigen Gebirges im Süden Siebenbürgens, Die heutigen
Xordrumänen wären demnach nicht Nachkommen (mindestens
1 "Traiauus victa Dacia ex toto orbe Romano infinitas eo copias ho-
minum transtulerat ad agros et urbes colendas; Dacia enim diuturno bello
Decibali viris fuerat exhausta.« Eutrop. VIll 6, H(t nach "Wagnek's Ausg.
2, In der Vita des Aurelian 39: »Cum vastatum Illyricum ac Moesiam
deperditam videret, provinciam transdanuvinam Daciam a Traiano constitu-
tam sublato exercitu et provincialibus reliquit, desperans eam posse reti-
neri, abductosque ex ea populos in Moesia conlocavit.«
3; V. M.vxiL', Zur Geschichtsforschung der Rumänen, p. 150, behaup-
tet allerdings, dass um das J. 1164 das rumänische Volk in den nördlichen
Gebieten der Donau sehr gut bekannt gewesen sei , und beruft sich auf
eine Angabe des Xiketas Chaniotes — aber selbst wenn die Sache sich
80 verhielte, wie Maxiv glaubt, wäre doch nicht viel damit gewonnen,
denn auch das Jahr 1164 ist schon spät genug.
50*
788 D^s Rumänische.
nicht directe Nachkommen^ jener Römer, welche unter Trajau
Dacien besiedelten, sondern Nachkommen von aus dem früheren
Mösien . Thracien und Macedonien nacli und nach herüber-
gekommenen Südrumänen. Daraus Avürde sich auch erklären,
dass von dem aller "Wahrscheinlichkeit nach im früheren Mittel-
alter sehr ausgedehnten romanischen Sprachgebiete südlich der
Donau und des Balkans gegenwärtig nur noch so wenige und
zusammenhangslose Fetzen übrig sind : es wäre eben der
grösstc Theil der Südrumänen aus irgend welchem Anlass,
etwa vor den Türken flüchtend , nach Norden in das alte
Dacierland gezogen.
3. Diese Hypothese von der nicht unmittelbar römischen
Abstammung der heutigen Nord- Eumänen ist , nachdem sie
bereits im vorigen Jahrhundert von Sulzer aufgestellt worden
war, neuerdings von R. Rösler in sehr scharfsinniger "Weise
verfochten worden, hat aber auch sehr lebhaften ^yiderspruch
gefunden, namentlich bei den Rumänen selbst, deren National-
stolz die direct römische Herkunft des Volkes als zweifellose
Thatsache betrachtet. \ Und gewiss lassen gegen Rösler's
Theorie sich gewichtige Einwände erheben. Zwei derselben
seien wenigstens kurz angedeutet. Vopiscus' Angabe darf
schwerlich so verstanden werden, als ob Aurelian die ge-
sammte (mehr oder weniger) romanisirte Bevölkerung Daciens
in Mösien jenseits der Donau angesiedelt habe, da eine solche
Massregel sich praktisch kaum durchführen Hess; man wird
vielmehr annehmen dürfen, dass ein mehr oder weniger be-
trächtlicher Theil der daco-romanischen Bevölkerung, nament-
lich der bäuerlichen und kleinbürgerlichen doch in Dacien
zurückblieb und mithin das Land nicht völlig entromanisirt
ward. Von grösserem Gewichte noch ist die Erwägung, dass
Rösler's Hypothese die Annahme einer sehr intensiven Roma-
nisirung der mösischen, thracischen und macedonischen Land-
schaften zur Voraussetzung hat, um die Besiedelung der jetzigen
nordrumänischen Gebiete durch Südrumänen als glaublich er-
scheinen zu lassen. Eine derartige Romanisirung aber ist für
die gedachten Landschaften durchaus nicht wahrscheinlich, da
1 Selbstverständlich aber giebt es auch rumänische Gelehrte , welche
die Frage objectiv und frei von patriotischer Befangenheit behandelt haben.
l)as Rumänische. 789
sie von Alters her unter dem Elutlusse des Hellenismus standen
und dieser sonst nirgends (ausser in Unteritalien, doch auch
da nur sehr spät und langsam) von dem Komanismus über-
wunden worden ist. Allerdings hat ja jedenfalls im Mittel-
alter das siid rumänische Sprachgebiet eine viel weitere Aus-
breitung, als gegenwärtig, besessen, aber dass dieselbe so aus-
gedehnt gewesen sei. um die l^asis für die Rückromanisirung
Daciens abgeben zu können, scheint doch sehr zweifelhaft.
Eher könnte man geneigt sein, die Romanisirung des Südens
weniger aus der directen Einwirkung des Romerthums , die.
wie bereits bemerkt, keine sonderlich starke gewesen sein
dürfte, als aus der Einwanderung zahlreicher Dacoromanen zu
erklären . welche vor Petschenegen , Kumanen und andern
Harbarenstämmen in das byzantinische Reich flüchteten eine
erste solche Einwanderung ist durch Vopiscus verbürgt , es
können dieser aber in späteren Jahrhunderten weitere gefolgt
sein). Freilich Hesse sich hiergegen wieder einwenden, dass.
wenn die Dacoromanen massenhaft nach Süden ausgewandert
sein sollen, die Zahl der jenseits der Donau zurückgebliebenen
zu schwach gewesen sei. um sich der Slavisirung oder Magyari-
sirung zu entziehen . aber in Bezug hierauf ist doch zu be-
merken, dass es in solchen Dingen weniger auf die Zahl, als
auf die Culturüberlegenheit ankommt und dass die Daco-
romanen sich im Besitz dieser gegenüber den slavischen und
ural-altaischen Stämmen jedenfalls befanden. Eine Thatsache
scheint nun allerdings entscheidend zu Gunsten der Rösler-
schen Annahme zu sprechen : die kurze, nur ungefähr ein und
ein halbes Jahrhundert währende Dauer der römischen Herr-
schaft in Dacien. denn damit scheint die Annahme einer nach-
haltio^en Romanisirung: des Landes unvereinbar. Aber dabei
ist doch zu bedenken, dass in Dacien die Verhältnisse anders
lagen, als in den übrigen der Romanisirung verfallenen römi-
schen Provinzen. In den letzteren befanden sich die römischen
Colonisten weitaus in der Minderzahl gegenüber der starken
einheimischen Bevölkerung . und selbstverständlich erforderte
da die Romanisirung längere Zeit. Dacien dagegen war, als
es von den Römern in Besitz genommen wurde . zwar gewiss
nicht völlig menschenleer, aber doch sehr entvölkert s. die oben
citirte Stelle Eutrops). zur sofortigen Romanisirung des Landes
790 I^as Rumänische.
genügte also im Wesentlichen die EinAvanderung einer zahl-
reichen römischen , bzw. lateinisch redenden Bevölkerung,
Avelche ihren römischen Charakter auch um so leichter rein
erhalten konnte, als in dem hauptsächlich nur von ihr selbst
bewohnten Lande der Anlass '>;ur Mischung mit fremden ^'ölkern
nur in geringem Masse vorhanden war.
Jedenfalls kann das Problem der Abstammung der (Nord-)
Kumänen noch nicht für gelöst gelten, sondern muss für noch
sehr discutirbar gehalten werden. Vorläufig ist noch nicht
einmal alles erforderliche Material herbeigeschafft und aus-
genutzt worden, namentlich der sprachliche Theil der Unter-
suchung ist bisher auf Grund unzureichender Hülfsmittel be-
handelt worden.
4, Vor der Besitznahme durch die Römer waren die musi-
schen und dacischen Gebiete von zahlreichen kleineren und
grösseren, zum Theil einander verdrängenden und zeitlich sich
ablösenden Völkern bewohnt, unter denen die Geten und die
Dacier die bedeutendesten waren. Dass diese beiden letzteren
Völkerschaften der indogermanischen Sprachfamilie zugehörten,
darf wohl als zweifellos angesehen werden, ob sie dagegen zu
den Albanesen in nahen verwandtschaftlichen Beziehungen
stehen , wie dies von vornherein recht glaublich und in der
That auch vielfach behauptet worden ist, muss noch als frag-
lich gelten, um so mehr, als über die Sprache der Geten und
Dacier nichts Sicheres bekannt ist oder doch nur in so win-
zigem Masse , dass Schlüsse daraus nicht gezogen werden
können. Das über dem Getischen vmd Dacischen liegende
Dunkel breitet nun auch über das Kumänische einen Schatten,
da, mag man sich die den Krieg überdauernde Urbevölkerung
Daciens auch noch so gering an Zahl vorstellen, immerhin
eine gewisse Einwirkung (namentlich lexikalischer, vielleicht
aber auch lautlicher Art) der alten Landessprache auf das ein-
gedrungene Latein stattgefunden haben wird, welche im Ein-
zelnen zu erkennen von grosser Wichtigkeit sein Avürde.
.'). Nachdem Dacien von den Römern aufgegeben worden
war, wurde das Land — xnid ebenso etwa vom Ausgang des
vierten Jahrhunderts ab auch der gi'össte Theil der südlich von
der Donau gelegenen Provinzen — für fast ein Jahrtausend
lang der Tummelplatz theils durchziehender, theils für kürzere
Das Kumänischc. 791
oder längere Zeit sicli sessliaft ansiedelnder Harbarenvölker
o;ermaniseher. slaviselier oder nral-altaiselier Herkunft (Jotlien,
Gepiden, Avaren , Bulgaren, Magyaren, retschenegen, Ku-
manen etc.). Es begann jenes ^virre inid bnnte Durcheinander-
schieben der allerversehiedenartigsten Nationalitäten . dessen
Nachwirkungen noch heute in dem bizarren \'ölkergemenge
der Halkanhalbinsel so deutlich und so bedeutsam wahrnehm-
bar sind. Mögen nun in dieser wüsten Zeit die Vorfahren
der heutigen Nordrumänen bereits nördlich von der Donau
oder aber in den Süddonauländern gewohnt haben, es gelang
ihnen ihr Dasein nicht nur, sondern auch ihr romanisches
\'olksthum zu behaupten, während so mancher Nachbarstamm
in den Wogen des Völkermeeres unterging oder doch seine Na-
tionalität wechselte (man denke z. B. an die theilweise Ver-
drängung der Griechen durch die Albanesen, an die Slavi-
sirung der tinnischen Bulgaren u. dgl.). Die Zähigkeit, mit
welcher das Romanenthum sich erhielt, scheint darauf hin-
zudeuten , dass seine Träger nationalrömischer Abstammung
waren , denn romanisirte Thracier oder Macedonier würden
schwerlich dem Andränge fremdsprachlichen Volksthums Stand
gehalten haben. Indessen wenn auch die Balkanromanen (um
diesen allgemeinen Namen zu brauchen) ihre Sprache festhiel-
ten, so vermochten sie doch das Eindringen massenhafter sla-
vischer. albanesischer, griechischer und später auch türkischer
Wortelemente in ihre Sprache und auch sonstige Beeinflussung
der letzteren durch fremde Idiome nicht abzuwehren. Nament-
lich das Slavische übte auf die inselartig im slavischen Völker-
meere wohnenden Nordrumänen eine tiefgi-eifende Einwirkung
aus, in Folge deren das entstehende nordrumänische Schriftthum
sogar des cyrillischen Alphabetes sich bediente und dasselbe
bis tief in dieses Jahrhundert hinein festhielt (während die
Südrumänen die griechische Schrift annahmen) . Verhängniss-
voll auch war für die Nordrumänen , dass sie erst spät zur
Errichtung nationaler Staaten gelangten und dass , als in der
Walachei und Moldau sich im 14. Jahrhundert endlich sol-
che gebildet hatten , diese weder das gesammte Volk um-
schlossen, noch auch lange nationaler Selbständigkeit sich
erfreuten, sondern bald türkischer Oberhoheit unterstanden.
Weniger aber die türkische Herrschaft an sich, als die Art,
792 I^as Rumänische.
wie sie ausgeübt wurde . war für das rumänische ^'olksthum
bedrohlich, denn dadurch dass die türkische Regierung lange
Zeit principiell die Throne der Donaufürstenthümer mit
Griechen Phanarioten) besetzte, wurde die Gefahr der Gräci-
sirung mindestens der oberen Gesellschaftsclassen nahegelegt.
Endlich aber wandte sich das Geschick des vielgeprüften
Rumänenvolkes zum Besseren : die immer zunehmende Schwä-
chung der türkischen Macht gal) ihm grössere Freiheit und die
Möglichkeit der Vereinigung beider Fürstenthümer zu einem
nationalen Staate ; die neueste Zeit endlich hat diesem Staate
vergönnt, die volle Unabhängigkeit sich zu erringen und als
Königreich unter einem deutschen Hen'scher in die Reihe der
Culturstaaten Europa's einzutreten.
6. Die ersten sehr bescheidenen Anfänge der nordrumäni-
schen Litteratur fallen in die zweite Hälfte des 15. Jahr-
hunderts, und auch noch lange Zeit nachher blieb die lit-
terarische Entwickelung recht kümmerlich. Es erklärt sich
dies hinreichend aus den oben angedeuteten unseligen politi-
schen Verhältnissen, unter denen Rumänien bis tief in dieses
Jahrhundert hinein schmachtete. Die nur dürftige Entwicke-
lung der Litteratur wirkte aber nachtheilig auf die Sprache
ein. indem die schriftmässige Form derselben nur langsam und
unter manchen Schwankungen sich ausbildete. So blieb das
Nordrumänische bis in die Neuzeit hinein eine durch kein
nennenswerthes Schriftthum gegen "N'erwilderung und Ver-
zerrung geschützte Sprache , die sich nicht viel über das Ni-
veau eines Patois erhob ' mid oft genug von den gräcisirten
oder französirten oder germanisirten Kindeni des eigenen
Landes verachtet ward. Aber in der Neuzeit hat das arme
Aschenbrödel aus der Niedrigkeit sich erhoben und ist mehr
und mehr in Begriff, den romanischen Cultursprachen sich
äusserlich möglichst anzugleichen und sich ihnen als eben-
bürtisfe Schwester an die Seite zu stellen. Freilich wird das
1) Die Sprache der Verwaltung und der Gerichte war bis zum 17.
Jahrh. aus.schliesslich das Slavische Serbische , die Sprache der Kirche
das Kirchenslavische, vgl. Cin.\c in Rom. Stud. IV 14.i. In. Bezug auf
die Kirche ist von AVichtigkeit, sich dessen zu erinnern, dass die Rumä-
nen allein von allen Romanen griechische Katholiken sind und in Folge
dessen in wichtige, für ihre Sprache aber nicht eben erspriessliche lie-
ziehung zu den Ostslaveu gesetzt wurden.
Das Rumänische. 793
Norclrumiinische wohl ininier in seinem l>unt<Temischten. mit
slavischen . türkischen . albanesischen imtl sonstigen Fremd-
dementen durchsetzten Wortschatze eine Eigenart bewahren,
welche es von den romanischen Sclnvestern scharf unterscheidet,
aber diese Eigenart ist nicht eben eine Unzierde. ebensowenig
wie die ganz ähnliche Eigenart des Englischen diesem zur
^'erunstaltung gereicht. Im Interesse der Sprache ist die
wenigstens theilweise lieibehaltung dieser FrenuUinge sogar
zu wünschen, denn würden sie beseitigt, so könnten sie doch
nur durch auf gelehrtem Wege aus dem Lateinischen ent-
lehnte Worte ersetzt werden, und gerade das würde die Sprache
entnationalisiren .
Die Südrumänen sind in Folge ihrer Zersplitterung und
^'erstreutheit unter fremde, ihnen an Zahl und Cultur ungleich
überlegene Nationalitäten (namentlich unter das Griechenthum)
zur Bildung einer Schriftsprachform überhaupt nicht gelaugt:
ihre Gräcisirung- dürfte, da Anschluss an den rumänischen
Nationalstaat unmöglich scheint, nur eine Frage der Zeit sein.
Litterat u ran gaben:
a Zur Ethnos:raphie u. Geographie: Lejeax, Ethnographie der
europäischen Türkei. Gotha 1861 — L. Diefenbach, Völkerkunde Ost-
europa's, insbesondere der Hämushalbinsel u. der unteren Donaugebiete.
Darmstadt 1880, und: Die Volksstämme der europäischen Türkei. Frankf.
a M. 1877 — H. Kiepert, Zur Ethnographie der Donauländer, in: Globus
XXXIV (1878; No. 14 — R. Böckh, Der Deutschen Volkszahl u. Sprach-
gebiet. Berlin 1869, p. 129 — *Kamtz, Donaubulgarien u. der Balkan.
Historisch-geographisch-ethnographische Reise.studien aus den Jahren 1861, 79,
3 Bde. — R. Henke, Rumänien, Land u. Volk in geograph., histor., Statist,
u. ethnograph. Beziehung. Leipzig 1S77 — J. Slavici, Die Rumänen in
Ungarn, Siebenbürgen u. der Bukowina. AVien u. Teschen 18S1 — *PiC0T,
Les Roumains de la Macedoine. Paris 1875, vgl. Rom. V 120 — HuN-
FALVY, Le peuple roumain ou valaque. Tours 1881 — Dora d'Istuia, La
nationalite roumaine d'apres les chants populaires, in: R, d. d. M. März
1S59 — I. Cratiunesco, Le peuple roumain dapres ses chants nationaux.
Paris 1874 — K. v. Czörnig, Ethnographische Karte der österreichischen
Monarchie, Wien 1855 — *K. Nyrop, Romanske Mosaiker. Kopenh. 1885.
A. Saxdv, O pagina despre Romänia dintro geographie imprimata la
Paris in 1543, in: Revista contimporanea No. 9, Nov. 1873 (hehandelt eine
merkwürdige geogra])hische Notiz über Rumänien, welche sich in einem
1543 zu Paris erschienenen Buche findet, vgL Rom. III 125 — *Caxtimir,
Descriptio Moldaviae. Bucuresci 1872 (Ausg. nach dem Originalniscr. .
b) Zur politischen Geschichte, insbesondere zur Urge-
794 l^^ä Rumänische.
schichte der Rumänen^ : Ueber die Stammeszugehörigkeit der Geten
u. Dacier ist sehr Vieles u. doch nichts Abschliessendes geschrieben worden,
so namentlich auch von J. Grimm in Kap. 9 seiner Geschichte der deut-
schen Sprache, darnach soll zwischen den Geten u. Gothen eine nahe ver-
wandtschaftliche Beziehung bestehen, was als durchaus unwahrscheinlich
bezeichnet werden muss. Kösler 's. u.j behandelt in Kap. 1 u. 2 seines
Buches die Geten- u. Dacierfrage, ohne zu einem sicheren Ergebnisse zu
gelangen). Ueber das alte Dacien vgl. ferner: Gooss, Untersuchungen üb.
die Innenverhältnisse des trajanischen Daciens, in: Archiv des Vereins f.
siebenbürg. Landeskunde. N. F. XII (1874) 1, 107. P. Hasdeu, Dina Filma,
Gotii si Gepidii in 'Dacia. Bucuresci 1677. — G. Tocilescu, Dacia inainte
de Romani. Buc. 1S8Ü — Thunmaxx, Untersuchungen über die Geschichte
der östlichen europäischen Völker. Leipzig 1774 (wegen des darin gegebenen
Materiales immer noch beachtenswerth) — F. J. Sulzer, Geschichte des
transalpinischen Daciens. Wien 1781, 3 Bde. (in diesem Buche wurde zum
ersten Male die Theorie von der nicht unmittelbar römischen Abstammung
der Nordrumänen aufgestellt) — J. Ch. v. Engel, Geschichte der Moldau
u. Walachei, Halle 1804, 2 Bde. (der Verf. adoptirt Sulzer's Hypothese) —
M. CoGÄLNicEANU, Hist. de laValachie, de laMoldavie et desValaques trans-
danubiens. Berlin 1837 — Ro.sA, Untersuchungen über die Roraanier oder
sog. Wlachen jenseits der Donau. Pest 18o8 — Neigebavr, Dacien. Aus
[sie!] den Ueberresten des class. Alterthums mit besonderer Rücksicht auf
Siebenbürgen. Kronstadt 1851 — *R. RösLER, Dacier u. Romanen, in:
Sitzungsberichte der Wiener Akad. d. Wissensch. LX (1866), 9, und:
'*Romänische Studien. Untersuchungen zur älteren Geschichte Romäniens.
Leipzig 1871, vgl. Rom. I 238 u. Rev. pentre Ist., Arch. si Filol. I fasc.
2 u. II fasc. 1 — A. D. Xenopol, De l'origine du peuple roumain, in:
Rev. hist. XXIIl fasc. 1 — ^J. JuxG, Ueb. die Anfänge der Romanen.
Kritisch-ethnographische Studien, in: Ztschr. f. Österreich. Gymnas. 1876,
1, 81, 321, und: Römer u. Romanen in den Donauländern. Historisch-
ethnographische Studien. Innsbruck 1877 (bedeutendes Buch, gegen die
Sulzor-Rösler'sche Hypothese), vgl. Rom. H 470 — J. Biuermaxn , Die
Romanen u. ihre Verbreitung in Oesterreich. Wien 1877, vgl. Jen. Lit.-Ztg.
1878 No. 16, Gott. gel. Anz. 1878 Stück 39, p. 1224 — HUNFALW, Rumän.
Geschichtsschreibung u. Sprachwissenschaft. Aus: Lit. Berichte aus Ungarn
1878, Bd. II, Heft 3, vgl. Bibliogr. der Ztschr. f. rom. Phil. 1878, No. 523 —
•Xexopol, Un enigme historique. Les Roumains au m.-ä. Paris 1S55, vgl.
Rom. XIV 587 — *J. L. Pic, Ueb. die Abstammung der Rum. Leipzig 1880,
vgl. Gott. gel. Anz. 1881, Stück 11, Sybel's hist. Ztschr. XLVI 549 — L.
ReTHY, Der Anonymus über die Romanen Siebenbürgens. Budapest 1880
r Nicht eigentlich hierher gehört und doch muss hier genannt wer-
den die wichtige Schrift von MiKLOsicil, Ueb. die Wanderungen der Ru-
munen in den dalmatinischen Aljjcn und in den Karpathen, Wien 1879
(Denkschriften Bd. XXX der K. K. Akad. d. Wissensch. , vgl. über sie die
gehaltvolle Anzeige von IvE in Rom. IX 320. Ueber den Ursprung der
Rumänen hat M. seine Ansicht ausgesprochen in den Sitzungsb. der W'ie-
•iier Akad. Bd. lOl, p. 49.
Das Kumänische. 7*J5
magyarisch geschrieben — V. Maxiu, Zur Geschichtsforschung über die
Romanen. Deutsch von P. Brostean'U. 2. Aufl. Leipzig 1SS5 dilettantisch —
*P. HasdeV , Istoria critica a Komanilor. Buc. 1S74 75, 2 Bde. wichtiges
Werk , von demselben Verf. : Originile Craiovei Ursprung der Stadt Craiova
in der kleinen "Walachei , Nationalitatea Cumanilor die Nationalität der Ku-
manen u. andere culturgeschichtl. Essays, in: Co), lui Traian VIII 1, 640,
661 — E. Hl"RMVZ.\CHl, Fragmente zur Geschichte der Humanen. Bukarest
1878, Tgl. Augsb. Allg. Ztg. 187S, No. 77 fl". Beil.
c) Urkundenwerke, Chroniken, Zeitschriften: Vexelix,
Macho-bolgarskija ili dako-slavanskija gramota. Petersburg 184U — Mel-
CHISEDEK, Crouica Husilor. Dupo documentele Episcopiei si alte monu-
mente ale terei. Buc. ?, 1869 — Codrescu, Uricariul cuprindätoriü de
Hrisoave, anaforale si alte acte din suta XV/XIX atingätoare la Moldova.
2 Ausg. 1873, 5 Bde. — Documente privitore la Istoria Romänilor culese
de Eudoxiu de Hurmazachi. Buc. 1876/78, 7 Bde.
Urechi, Chronique de Moldavie depuis le milieu du XIV^ s. jusqu'ä
l'an 1594. Texte roumain avec traduction frcse, notes historiques etc. par
E. PlcoT. Paris 1S79. Publication de TEcole des langues orientales Vivantes
— N. B.\LCESCr, Istoria Romänilor sub Mihaiü vodet Vitezul, urmatä de
scrieri diverse, ed. A. J. üdobescu. Buc. l'>78 — Sixkai, Chronica Romä-
nilor. Jassi 1853. 3 Bde.
Magazinu istoricu pentru Dacia ed. A. F. Lavriaxu si N. Balcescu,
Buc. 1846 48, 5 Bde. — Archiva rcmäneascä ed. M. Cog.^lxiceaxu. 2 Ausg.
Jassi 1860. 2 Bde. — Hasdei", Archiva Istoricä a Romäniei. Buc. 1865,67,
3 Bde.
d Zur Sprachgeschichte! : J. C. ScHULLER, Argumentorum pro
latinitate linguae valachicae sive rumunae epicrisis. Cibinii 1S31, und: Ent-
vricklimg der wichtigsten Grundsätze für die Erforschung der rumun. oder
walachischen Sprache, in: Archiv des Vereins f. siebenbürg. Landeskunde.
Bd. 1, Heft 1. Hermannstadt 1845 — J. Heilmeier, Ueb. die Entstehung
der romäischen Sprache unter dem Einflüsse fremder Zungen. Aschafl'en-
burg 1834 dem Verf. der Encycl. blieb diese Schrift unerreichbar; er muss
daher dahingestellt sein lassen, ob sie sieh nicht etwa auf das Neu-
griechische bezieht, wie die sonstige Anwendung des Epithetons »romä-
isch« vermuthen lässt, — A. F. Lauri.\xu, Tentamen criticum in originem,
derivationem et formam linguae romanae in utraque Dacia vigentis vulgo
valachicae. "Wien 1840 — Gaster, Stratificarea elementului latin in limbä
romanä, in: Rev. pentru Stör.. Arch. si Eil. t. I 17 — I. GOLDISCH, Die
Latinität der rumän. Spr. Arad 1880 magyarisch geschrieben — Pascvtiu,
Origina Romänilor si latinitäteä limbei romäne. Arad. 1881 — *Hasdeu
nach anderer Sehreibweise H.udev, , Cuvente den bäträni. Buc. 1878,79,
2 Bde. u. ein Supplementband (Bd. 1 enthält Urkunden aus den Jahren
1571 1636, eine "Wörtersammlung aus slavischen Urkunden des 16. Jahrh.'s,
1 Die auf die Abstammung der Rumänen bezüglichen unter b ge-
nannten Schriften behandeln meist auch, wenigstens andeutungsweise, den
Ursprung und die Entwickelung der rumän. Sprache.
796 -Das Rumänische.
ein Glossar vom Beginn des IT. Jahrh.'s u. die Chronik Mihail Moxa s vom
J. 162U. Bd. II enthält u. A. rumänische Texte des 16. Jahrh.'s ^ Volks-
bücher' ; ein Kapitel aus der rumän. Syntax , ferner reiche Beiträge zur
vergleichenden I.itteraturgeschichte. Der Supplementband enthält; I. Con-
spectul controverselor : Schuchardt, Bariti, Gaster, Cihac etc. 11. ScHi-
CHARDT, Ueb. B. P. Hasdeü's altrumän. Texte u. Glossen. III. Bariti,
Cuvinte din bäträni de B. P. Hasdeu. IV. Gaster, Cihac, Sur les etudes
roumaines de Mr. Hasdeu. V. Hasdeu, Addenda et Corrigenda. VI. Biblio-
graphischer u. paläographisch-historischer Index. Vgl. Bibliographie der
Ztschr. f. rom. Phil. ISSO, No. S81)i) — B. P. HA.SDEr, Fragmente pentre
Istoriä limbei romane; elemente dacice. I Ghiuj. Cu post-scriptum despre
D. Cihac ^i Appendice despre D. Emile Picot'. Buc. 1S76 ist im Wesent-
lichen eine gegen Cihac, speciell gegen einen Artikel desselben in den Con-
Torbiri litteräre vom 1. 12. 1S75 gerichtete Streitschrift, vgl. Giorn. di fil.
rom. I 55).
§ 3 . Bemerkungen über die Geschichte der
rumänischen Philologie.
1. Mittelalterliche grammatische und lexicalische Tractate
fehlen für das Kumänische leider völlig, wie denn überhaupt
erst mit dem Ausgange des 18. Jahrhunderts die theoretische
Beschäftigung mit rumänischer Sprache anhebt und zwar zu-
nächst auch nur in sehr elementarer und lediglich praktische
Ziele verfolgender Weise. Es ist dies begreiflich genug, wenn
man erwägt, dass bis zum 17. Jahrhundert das Slavische die
ausschliessliche Sprache der Verwaltung und der Gerichte war
(vgl. Cihac in Rom. Stud. IV 143], dass die Kirche sich des
Altbulgarischen als Ritualsprache bediente und dass rumänische
Schulen erst im IS. Jahrhundert errichtet wurden.
Die überhaupt älteste das Rumänische betreffende gram-
matische Schrift dürften die von der Fürstin Ilinca 1660 ent-
worfenen Versuche einer rumänisch -lateinischen Orthographie
sein (Incercäri de ortografia romano-latina ale Domnitei Ilinca,
ed Stirdza in Col. lui Traian VIII Sl).
2. Mit dem Ausgange des 18. Jahrhunderts begann eine
1) Bd. I führt den Sondertitul: Cuvente den bäträni. Limbä romanä
vorbitä intre 1550 IGOU. Studiu palcografico-linguistic, cu observatiuni filo-
logice de H. Schuchardt. V^l. über diesen Band die eingehende Be-
sprechung von Cihac in Rom. Stud. IV 141. Bd. II ist betitelt; Cuvente
den baträni. Cartile poporaue ale Romanilor in secolul XVI in legaturä
cu literaturä poporanä ceä nescrisa. Studiu de ülologia comparativä. Ueber
diesen Bd. u, das Supplement vgl. Rom. IX 347 Bd. I ist in Rom. VII
(>.16 kurz angezeigt . Leber Hasdiu's nach anderer Schreibweise H.udeu;
Biographie vgl. den Artikel von G. Mkver in der Augsb. Allg. Ztg. vom
11. Febr. 1S79.
Das Kumänische. 797
ziemlich rührige Thätigkeit auf dem Gehiete der nimiinisehen
Grammatik und Lexikographie, indessen -war dieselbe fast ganz
ausschliesslich auf die nächstliegenden praktischen Ziele ge-
richtet und bekundete sich demnach in Leistungen , welche
für die Wissenschaft unmittelbaren Werth gar nicht besitzen.
Nur dem 1S25 zu Ofen »Budae«) erschienenen grossen »Lexicon
valachico-latino-hungarico-germanicum« ist ein höherer Werth
zuztierkennen : denn das Buch ist zwar, vom Standpunkte der
heutigen "Wissenschaft aus betrachtet, durch und durch mangel-
haft und in Beziehung auf Etymologie mitunter grauenhaft,
war aber doch für seine Zeit eine bedeutende Leistung und
ist leider auch heute noch nicht zu entbehren.
3. Die rumänische Philologie als wirkliche Wissenschaft
ist, wie die romanische. Gesammtphilologie , begründet wor-
den durch DiEz" Gramm, der rom. Sprachen, in welcher
das Rumänische oder, wie Diez es noch nannte, das Walachische
als romanische Sprache anerkannt ^ und — freihch erst in
der 3. Ausgabe ganz und voll — in derselben eingehenden
Weise, wie die übrigen romanischen Sprachen, behandelt
wurde.
Es legt für das ebenso ideale Avie nationale Streben des
rumänischen Volkes sowie für seine geistige Begabung und
Entwickelungsfähigkeit ein höchst ehrendes Zeugniss die That-
sache ab, dass die junge Wissenschaft der romanischen und
speciell der rumänischen Philologie in Rumänien selbst die
eifrigste und verständnissvollste Pflege gefunden hat. Um
diese Thatsache in ihrem vollen Werthe zu würdigen, erinnere
man sich dessen, dass bis vor wenigen Jahi-en Rumänien noch
der politischen Freiheit und Unabhängigkeit entbehrte und
dass es folglich nicht sehr befremdlich erscheinen würde, wenn
die ganze Geisteskraft und Intelligenz der Nation von dem
Ringen nach staatlicher Selbständigkeit in Anspruch genommen
worden Aväre. Wahrlich, die Rumänen haben Grosses da-
mit gethan, dass sie gleichzeitig ihren Nationalstaat fest ge-
1 Auch Raynouard hatte übritjens schon Choix VI, p. LXVIII das
Rumänische für romanisch erklärt, wie DiEZ selbst Gr. I* 13C Anm. be-
richtet. Den lat. Ursprung des ^Rumänischen hatte auch vor DiEZ schon
Schiller verfochten, ihm u. Diez folgte dann Laurl\xu nach die Titel
der betr. Schriften s. oben S. 795,.
798 ^^^ Rumänische.
gründet und doch auch die wissenschaftliche Erforschung ihrer
Sprache und Litteratur erfolgi'eich gefördert haben.
Die Zahl der gelehrten Rumänen , welche gegenwärtig
auf dem Gebiete der rum. Philologie thätig sind, ist sehr er-
heblich, und mancher hervorragende Mann befindet sich darunter,
dessen wissenschaftliche Schöpfungen für die romanische Ge-
sammtphilologie oder für die vergleichende Sprachkunde oder
Litteraturgeschichte hohe Wichtigkeit besitzen ; es seien bei-
spielsweise nur Petriceicu-Hasdku und A. de Cihac genannt:
der erstere unermüdlich thätig als Herausgeber altrum. Texte,
als scharfsinniger, wenn auch freilich oft allzu kühner Ety-
molog und als Kedacteur der Columnä lui Traian, der letztere
aber hochverdient als Verfasser des Uictionnaire d'etymologie
dacororaane. Neben diesen beiden Heroen und zugleich
Nestoren ') der rumänischen Philologie stehen jüngere Gelehrte,
die Tüchtiges schon geschaffen haben und mehr noch für die
Zukunft verheissen, so vor allen M. Gastek, der Verfasser
des inhaltsreichen Buches »Literaturä popularä Pomanä«, und
H. TiKTiN, der in seinen »Stiulien zur rum. Phil.« (Lpzg.
1884) eine treffliche lautgeschichtl. Untersuchung geliefert hat.
Dass nicht alle Arbeiten der rumänischen Philologen be-
deutend genannt werden können, selbst nicht im relativen
Sinne des Wortes, dass vielmehr unter ihnen so manche mittel-
und untermässige , auch manche einfach schlechte sich be-
findet, bedarf nicht erst der Bemerkung, ist aber auch viel
zu natürlich, als dass es irgendwie gerügt oder auch nur be-
klagt werden könnte. Bedauerlich aber ist, dass selbst die
Grössen und Leiter der jungen Wissenschaft nicht immer von
principiellen Verirrungen sich frei erhalten haben, so z. B.
von der Siicht, Wörter dacischen oder thracischen Ursprungs
in der Sprache aufzuspüren, ein Unternehmen , das , abstract
genommen, berechtigt sein mag. aber so lange ergebnisslos
sein muss, als wir vom Thracischen oder Dacischen nicht
mehr als jetzt, das heisst so gut wie nichts wissen, und welches
übrigens auch unter allen Umständen nur dann erlaubt ist,
wenn jede Möglichkeit fehlt, das betr. Wort aus dem Latei-
nischen oder aus dem Slavischen zu erklären. Bedauerlich
1) SoAvobl Hasdei: als auch CniAC sind schon seit langen Jahren lit-
terarisch thätig.
r)as Rumänische. 799
ist ferner etwas Anderes. Dass über wichtip^e Principienfrajjen
verschiedene Gelehrte verschiedener Ansicht sind, ist nicht nur
begrreillich , sondern oft auch förderlich und mitunter selbst
nothwendig, aber wenn auch begreiflich, so doch nicht im
Mindesten förderlich oder gar nothwendig ist. dass wissenschaft-
liche Gegner vor der Oeft'entlichkeit sich in gereizter und über
das sachliche Mass hinausgehender Weise befehden, wie dies
in Kumänien öfters geschehen ist (man denke z. B. an die
unerquicklichen Streitereien zwischen Hasdeu und CiiiAc). Frei-
lich ist ja leider auch ausserhalb Rumäniens Derartiges keines-
wegs unerhört. ')
Endlich ist noch auf Eins hinzudeuten. Die rumänische
Philologie sieht sich in Rumänien vor eine praktische Auf-
gabe schwierigster Art gestellt, vor die Aufgabe, die Schrift-
sprache zu fixiren , derselben eine für absehbare Zukunft ab-
geschlossene , für Erzeugung einer classischen Litteratur ge-
eignete Form zu geben. Dies Ziel durch Annäherung der
Sprache an das Latein erreichen zu w^ollen, ist ein bei einer
romanischen Sprache gewiss naheliegendes und an sich be-
rechtigtes Princip. das ja auch anderwärts für massgebend ge-
1 Es sei hier eine allgemeine Bemerkung gestattet. Von DiEZ, dem
Begründer der roman. Philologie, wird keine einzige Recension nachge-
vriesen werden können, die in einem eines Gelehrten unwürdigen arrogan-
ten Tone geschrieben wäre und die den davon Betroffenen persünlicli hätte
kränken , seine wissenschaftliche Ehre für alle Zukunft hätte gefährden
können. Ich glaube auch, dass z. B. G. Paris eine derartige Kritik nie
geschrieben hat, erinnere mich aber sehr wohl, dass er manche notorisch
nerzlich schwache Schrift, die von anderen Kritikern in Grund und Boden
gestampft wurde, in schonender Weise besprochen und die Ehre des
Verf.'s unangetastet gelassen hat, ohne doch der Sache etwas zu verge-
ben. Das heisst recht und edel und human handeln. Neuerdings aber
wird in der Kritik mehr und mehr ein gereizter und auf Persönlichkeiten
hinauslaufender Ton üblich, der sowohl in menschlicher wie in Avissen-
schaftlicher Hinsicht höchst unerfreulich ist; ja, mancher Recensent vcr-
gisst, um nur recht schimpfen zu können, mitunter selbst die heilige Pflicht
der "Wahrhaftigkeit (Belege für diese Behauptung habe ich gesammelt, und
nur die Beherzigung des Spruches »nomina sunt odiosa« lässt mich hier
von ihrer Mittheilung absehen). Meist freilich sind es nur die kleineren
Geister, die sich so an der Wissenschaft versündigen in der kindischen
Meinung, man werde sie für um so »wissenschaftlicher" halten, je frecher
sie aufzutreten und je lauter sie zu schmähen verstehen. Leider aber er-
niedrigen sich mitunter auch Gelehrte von Verdienst und Ruf zu so un-
würdiger Handlungsweise, selb.st Anfängern gegenüber, die doch das näch-
ste Recht auf wohlwollende Schonung haben und die überdies, weil noch
unerfahren , gegen Kritik am empfindliclisten sind , endlich aber auch in
ihrer Unbedeutendheit einem Recensenten von bewährtem Namen ganz
schütz- und wehrlos gegenüberstehen.
800 I^äs Rumänische,
gölten hat. Aber man sollte sich vor Uebertreibungen hüten,
die dahin führen müssen, die Schriftsprache zu einem gelehrten,
für das A'olk unverständlichen Jargon zu machen. Nament-
lich sollte man in der Latinisirung des Wortschatzes sich
massigen und bedenken, dass der liesitz von Worten slavischer
lind selbst türkischer Herkunft der Sprache ebensowenig zum
Makel gereichen kann, wie etwa dem Spanischen das Durch-
setztsein mit arabischen Worten. Ein zu weit getriebener
Purismus kann nur schaden , ganz abgesehen davon , dass er
auch etwas Komisches an sich hat.
4. Für die Blüthe. deren die rumänische Philologie in
Kumänien selbst sich erfreut, legt das Bestehen zweier treff-
licher Zeitschriften Zeugniss ab, welche zwar nicht aus-
schliesslich , aber doch in weitem Umfang ihr gewidmet sind,
nämlich :
Coliimnä lui Traianü. Revistä mensualä pentru istoriä,
linguisticä si psicologiä poporanä. Sub directiunea d-lui B. P.
Hasdeu. Buc. IS70,77 8 Bde., dann seit ISSu in neuer Folge
erscheinend ; und :
Revista pentru Storie, Archeologie si Filologie sub direc-
tiunea lui G. G. TociLEscu Buc. 1883 ff.
Auch andere Zeitschriften, wie z. B. die »Convorbiri
literare« iherausg. von J. Negruzzi, Jassi seit 1867), besprechen
gelegentlich philologische Dinge.
Das umfangi-eichste Erzeugniss der philologischen Thätig-
keit in Kumänien ist der »Dictionariu limbei romäne dupo
insarcinarea data de societatea academica romäna elaboratu ca
proiectu de A. T. Lauriaxu si J. C. Massimii, Buc. 1873/76,
2 Bde. ; leider aber ist gerade dieses Werk trotz aller seiner
relativen Verdienstlichkeit doch mit grossen principiellen Män-
geln behaftet. *)
5. Ausserhalb Rumäniens sind die bedeutendesten Ver-
treter der rumänischen Philologie Miklosicii , Mussafia,
ScHUCHARDT, E. PicoT uud CuR. Nyrop , vou welchen fünf
Gelehrten die drei ersteren österreichische Universitätslehrer
1) H. ScHUCHARDT in der Bibliographie der Ztschr. f. rom. Phil.
1875 76, No. S-13, urtheilt über das Buch; "Nach vielen Gesichtspunkten
hin als verfehlt zu betrachten. Sogar an Vollständigkeit lässt es sehr zu
wünschen übrig«.
Das KumänischL'. gOl
sind, der vierte Frankreich, der fiinfte Dänemark angehört.
In Deutschland ist seit Dikz für das Knniänisclie gar nichts
Erhebliches geleistet worden •) , eine Thatsache , die gich zum
Theil daraus erklärt, dass die meisten deutschen liih\iotheken
selbst der nothwendigsten Iliilfsmittel für das Studium der
ruraäu. Sprache entbehren. Sehr richtig ist übrigens die von
ScHUCHARDT (Bibliogr. der Ztschr. f. rom. Phil, für das Jahr
1875,76 unter No. S33) gemachte Bemerkung: »Wenn die
Kenntniss auswärtiger Philologen vom Rumänischen in so
vielen Punkten eine mangelhafte ist, so trifft die Schuld hier-
an vor Allem die Rumänen selbst; auf jeden Fall sind sie
verpflichtet, Nachsicht zu üben.« Schuld nämlich trifft die
Rumänen insofern, als sie ihre Sprache nach orthographischen
Theorien schreiben , deren Vielheit und Bizarrerie dem Aus-
länder zur Qual gereichen , und als sie noch kein wirklich
brauchbares Wörterbuch geschaffen haben.
Zu wünschen ist aber lebhaft , dass das Studium des
Rumänischen innerhalb des romanischen Philologenkreises all-
gemeiner in Aufnahme komme , damit auch dieser Theil der
romanischen Gesammtphilologie die ihm gebührende Pflege
finde, denn dass dies bis jetzt nicht geschehen ist, beginnt
sich mehr und mehr als eine empfindliche Lücke in dem
grossen Zusammenhange der romanischen Sprachwissenschaft
fühlbar zu machen. Interessant und originell genug ist übrigens
die rumänische Sprache , um dem , der ihr ein wissenschaft-
liches Studium widmet, seine Mühe zu lohnen.
§ 4. Bemerkungen über die Dialecte des Rumä-
nischen.
1 . Das Rumänische gliedert sich in drei Dialecte : a) das
Daco-Rumänische oder das Nordrumänische; b) das Ma-
c e d 0 - Rumänische oder das Südrumänische; c) das Istro-
Rumänische'^). Das geographische Gebiet eines jeden Dialectes
li Meines AVissens ist sogar noch nie eine Universitätsvorlesung über
Rumänisch gehalten worden.
2 »Nach unserer gegenwärtigen Kenntniss des Rumunischen dürfen
wir diese und nur diese drei Dialecte annehmen.» MiKLOsiCH im Eingange
seiner «Beiträge zur Lautlehre der rumun. Dialecte.« Sitzungsb. der AVie-
ner Akad. d. Wissensch. Philos.-hist. Cl. Bd. 98 flSSlj, S. 519. Gaster
dagegen unterscheidet drei Dialecte des Daco-Rum. : den walachischen od.
muntenischen , den moldauischen u. den siebenbürgischen Ztschr. f. rom.
Phil. II 355 Anm. 3;.
Körting, Encyklopädie d. rom. Phil. III. 51
g02 Das Rumänische.
wird schon durch dessen Namen angedeutet, nähere Angaben
sehe man § l No. 2, 3. 4. Dass innerhalb des Daco- -vvie
auch des Macedo - Rumänischen wieder irgend welche land-
schaftliche SprachdifFerenzen bestehen z. B. zwischen der
Walachei und der Moldau oder zwischen der Walachei und
Siebenbürgen) dürfte an sich zweifellos sein . und manche
darauf bezügliche Beobachtung ist bereits gelegentlich ver-
öffentlicht worden, aber bestimmte Unterdialecte scharf von
einander zu scheiden und abzugrenzen, ist zur Zeit nicht
möglich (vgl. aber oben S. 801 Anm. 2'.
2. Von den genannten drei Dialecten hat nur der daco-
rumänische eine Schriftsprachform entwickelt, welche übrigens
noch nicht als endgültig abgeschlossen gelten kann. Die
beiden übrigen Dialecte entbehren einer solchen und zeigen
in Folge dessen eine im Vergleiche mit derjenigen des Daco-
Rum. lautlich verwilderte Gestalt. Das Istro-Rumänische lebt
übrisrens nur noch in kümmerlichen Resten und wird sehr
bald völlig von dem Slavischen verdrängt sein; das gleiche
Schicksal dürfte, allerdings erst nach längerer Zeit, dem Macedo-
Rum. durch das Griechische bereitet werden.
3. Die Hauptdiiferenz zwischen Daco-Runi. und Macedo-
Rum. — das Istro-Rum. kann hier ausser Betracht bleiben —
liegt avif lexikalischem Gebiete, indem das erstere mehr slavische
das letztere mehr griechische Elemente in sich aufgenommen
hat. Die lautlichen und flexivischen Verschiedenheiten sind im
Wesentlichen nicht erheblich: von den lautlichen sei z. B. er-
wähnt, dass lat. anl. p im Macedo-Rum. als k erscheint, z. B. lat.
pellia = drum, pvale. mrum. ckiale. und dass lat. /' im Drum,
sich anlautend behauptet, während es im Mrum. in h über-
geht, z. B. lat. ferrum = drum, fern, mrum. heru: vgl.
RÖSLER a. a. (). p. 137. Namentlich aber ist hervorzuheben,
dass im Mac- Rum. das parasitische j tiefgreifende Laut-
wirkungen ausgeübt und wesentlich dazu beigetragen hat, die
Lautgestaltung vieler mrum. Worte von derjenigen der ent-
sprechenden daco-rumänischen in scheinbar seltsamster Weise
zu entfernen , man vgl. z. B. drum, lumint^ (= lat. luinen =
h'ime mit dem Suffix -inq) mit mrum. lunin^ (aus lunjint^.
himnjinq^ lumjm(> oder drum. vin\%i\ mit mrum. jin (aus rjin
oder drum, hine = lat. he))e mit mrum. c^'vic (aus djine, hdjine.
Das Rumänische. S03
bjine). Vgl. Miklosku. Denkschv. d. Wiener Akad. der
Wissensch. Philos.-hist. Cl. IUI. \V1 (ISS2;. p. 273.
Litteratu rangaben; Ilauptquelle für die Kenntniss des Istro-
Rum. sind die wenigen von Miklüsicii u. Ive in des ersteren »Runuini-
schen Untersuchungen" Denkschr. d. "Wiener Akad. d. Wiss. Philos.-hist.
Cl. Bd. 32 [1SS2]; veröft'entlichten Sprachdenkmäler Uebersetzung des
Vaterunsers, des Ave Maria, des Dekalogs, des Credo, des Salve Re-
gina; Phrasen u. Sprüchwörter) sowie die ebenda p. 16 genannten, bzw.
gegebenen Wortverzeichnisse u. die ebenda p. 53 ff. von G.\UTXER ge-
sammelten »Materialien zum Studium des Rumän. in Istrien« — Haupt-
quellen für die Kenntniss des Macedo-Rum. sind: 1. Die sog. nouiioriBiQic.
des Cavalliotis ' Ey£Ti>,aiy, aipo d.i. 1770; den vollständigen ellenlangen Titel
sehe man bei Miklosich p. 190. Das Buch enthält oder vielmehr ent-
hielt — denn es ist völlig verschollen — unter anderem ein ziemlich um-
fangreiches Wortregister fgriechisch, rumänisch u. albanisch, die beiden
letzteren Sprachen in griechischer Transscription , welches bei Thuxm.\xx,
Untersuchungen über die Geschichte der östl. europäischen Völker Leipzig
1774 , Theil I ISl ff., wiederabgedruckt u. von Miklosich p. 196 ff. in
alphabetischer Ordnung u. mit wissenschaftlichem Apparate herausgegeben
worden ist. 2. Die sog. Eliayuiyiy.r ÖK^aay.uXia. n£oti-/BX(ci .tehxoi' tbtoÜ-
y).(t}aaoi' rwr TBaaÜQUjy xoivüiv Siu'liy.ttai' 7;rot t^j- ccn).r,; ooiufäxr;; , xr;;
ey Moiaict ß).a)(ix7^s. rr^s ßovXyceoixr,^ xai xrjs itXßnyixr;;. Zvvxb&bIocc etc.
naqa xov etc. Acivir;), xov ix MoayonöX.Büis 'die erste Ausg. erschien an-
geblich zu Moschopolis, wahrscheinlich aber zu Venedig u. vermuthlich
zwischen 1760 u. 1770. aus ihr druckte Leake , Researches in Greece,
London 1S14, das AVortverzeichniss vollständig ab; die 2. Ausg., welche
dem Abdrucke bei Miklosich, p. 229 ff., zu Grunde liegt, ist ausserordent-
lich selten, ein Exemplar befindet sich in der Kaiserl. Hofbibl. zu Wien .
Das Hauptwerk über das Istro- u. das Macedo-Rum. sind die schon
genannten in Inhalt u. Anlage höchst werthvollen Rumun. Untersuchungen
Miklosich's 1] , in welche auch die einschlägigen Sammlungen von M.\l0-
BESCr Itinerar in Istria si vocabular istriano-roman. Jassi 1S74 . Ive u.
Gärtner aufgenommen worden sind.
Von sonstigen Schriften seien genannt: Ros.\. Tiyyr; x?;; oojuaytxi;
uyayytoaBüJs ue laxiyixh yoäuuccxu. Ofen 18u9 enthält von S. 39 bis 56
mrum. Texte) — Lucas XV 11 bis 32 macedo-rum. herausg. von Bojadschi,
in: Wiener Jahrb. Bd. 46 1829;, 101 — Iliescu, L'Escriveta traduite en
dialecte macedo-roumain (La delivrance de Dince des mains des Turcs.
Traduit de la langue provencale . Mumpellie 1882 — Album macedo-romanü,
sub directiunea lui V.-A. Urechia Buc. 1880 (eine Angabe des interessanten
u. wichtigen Inhalts findet man in der Bibliogr. der Ztschr. f. rom. Phil.
1880, Xo. S65, — Mostre de dialectul macedo-romanu de Vangeliu Petrescu
(Crusovean . Parteal: Basmul cu Fet-frumosu. Buc. 1S*^1. Parteall: Basme
1 Vgl. dazu auch den Anhang zu M.'s Abhandlung über die slav.
Elemente im Rum. in den Denkschriften der Wiener Akad. Bd. XI.
51*
gQ4 Bas Rumänische.
si poesii populäre culese si traduse. Buc. 1&S2 — BojaDschi, Romanische
od. macedo-wlachische Sprachlehre. Wien 1813 — Massimu, Rapeda idea
de grameteca macedonorumanesea. Buc. 1S62 — E. PicoT, Les Roumains
de la Macedoine Paris 1875, und: Documents pour servir ä l'ctude des
dialectes roumains, in: Rev. de ling. et de philol. comparee V :<, vgl. Rom.
III 124 (werthvolle Schrift, bezieht sich vorwiegend auf das Rumän. im
Banat . — Caragiani, Romänii din Macedonia §i poesia lor populara, in:
Convorbiri literare. Annul 2 ;1S69;, 335 — G. AscoLl, Studj critici Bd. I
Görz 1861 enthält einen Abschnitt üb. die Rumänen Istriens; — P. Hux-
FALVY, A Rumun nyelv, Budapest ISTS, aus Bd. 14 der Schriften der
magyarischen Akademie (enthält eine »genauere Untersuchung des Macedo-
rum. u. Dacorum. u. , seltner, des Istrischen mit Rücksicht auf das Ita-
lienische. Von p. 106 bis 121 eine Liste magyarischer "Wörter. Interessant
ist p. 109 bis 111 die Bemerkung über »Filma« gegen Hasdeu. Der Verf.
leitet es vom Magyarischen ab, vgl. Cihac II p. XV A. 4.« Bibliogr. d.
Ztschr. f. rom. Phil. 1878, No. 538 — P. Ha.sdeu, Dialectologia, in: Col.
lui Tra^anu, April 1877 (enthält einen Text in einem siebenbürgischen Dia-
lect von 1818 .
Mancherlei Material für die rumänische Dialektkunde enthalten Ko-
pit.\R's Kleinere Schriften, herausg. v. Miklo.sich. AVien 1875.
[Da für das erfolgreiche wissenschaftliche Studium des Rumän. eine
wenigstens gewisse Vertrautheit mit dessen Nachbarsprachen — es sind dies,
abgesehen vom Deutschen, Albanesisch, Slavisch (Bulgarisch, Serbisch, Rus-
sisch , Neugriechisch, Magyarisch, Türkisch — erforderlich ist, so seien hier
einige Hülfsmittel für deren Studium genannt: 1. Albanesisch. Kopitak,
Abhandlung üb. die alban. , walach. u. bulgar. Spr. , in : Wiener Jahrb. f.
Lit. Bd. 46 (1829). J. Xylander, Die Spr. der Albanesen oder Schkipe-
taren. Frankfurt a/M. 1835. Hahn, Albanes. Studien. Wien 1853. 'Bopr,
Das Albanesische in seinen verwandtschaftl. Beziehungen. Berlin 1855.
Cam.\rda , Saggio di grammatologia comparata sulla lingua albanese. Li-
vorno 1864. *Miklo8ICh, Albanesische Forschungen, in: Denkschr. d.
Wiener Akad. d. Wiss. Philos.-hist. Cl. Bd. 19 u. 20, vgl. dazu H. ScHV-
CHARDT, Albanisches u. Romanisches, in : Ztschr. f. vergl. Sprachforschung
XX 241. Dozox, Manuel de la langue chkipe ou albanaise Paris 1878.
KfPlTORIS, Jimqißri neql ir;s nnq ^iXßayol^ avioirv^Uti xov tqitov nqog-
wnov xfixil xr^f Sit'cXExxov x(öv iy '^P.Afttft ' AXßuyöJv , luuXiaxa ji;y tw»'
' Y^Qcciwy, in: ' E(pt;uEQif xöjy (pt).oft((9(Ly (Athen;, 24. 3. 1879, und: MtXtrr;
laroQtxi; xai (ftXo'/.oyixi; tieqI xr;^ yXwaatjg x«t xov 'id^yot^ xtjjy ' AXßfcyüiy,
n: To avyyQKii/ufc BvQiüyo; 1879, 4 «' bis /. *U. Jarxik. Zur alban.
Sprachkunde. Leipzig 1881. *G. Meveu, Sprache u. Literatur der Albanesen,
in: Studien u. Essays zur Sprachgeschichte u. Volkskunde, Berlin 1S85,
p. 49 ff. (eine auch für den Laien höchst interessante u. dabei auf gründ-
lichster Forschung beruhende Abhandlung; gleiches Lob lässt sich auch
bezüglich der übrigen in dem genannten Buche enthaltenen Essays aus-
sprechen; auch der Nichtjjhilolog, wenn er sich nur für sprachliche u.
litterarische Dinge interessirt , dürfte kaum eine anziehendere Leetüre
finden können, als diese schöne Studiensammlung des tretflichen Gelehrten.
Das Rumänische. §05
Hoflentlich wird M. bald eine ulbanesische Gntmmatik erscheinen lassen),
2. Slavisch. « Allgemeines. Das Hauptwerk über slav. .Sprachkunde
ist *Miklosich's hochbedeutende »Vergleichende Gramm, der slav. Spr.«
AVien ISGS, 79, 4 Bde., ein Werk, das für die slavische Philologie dieselbe
Bedeutung besitzt, wie DiEZ' Gramm, für die romanische. Viel Material
findet man auch in Schafarik's Slav. Alterthümcrn. in deutscher Uebers.
von H. Wi'TTKE. Leipzig 1S31. Eine treft'liche allgemein slavische leider
nur das Russische nicht berücksichtigende Litteraturgeschichte ist: A.
H. PypiN und W. D. Spasovic, Istorija slavjanskich literatur. Peters-
burg 1S79'S1 deutsche Uebers. von T. Pech. Leipzig 187i>/8:<, ."{ Bde.).
Eine über alle neueren Erscheinungen berichtende, auch auf german. u.
roman. Philologie Rücksicht nehmende, in jeder Beziehung ausgezeichnet
redigirte Zeitschrift ist das »Archiv f. slav. Philologie, unter Mitwirkung
von A. Leskiex, Nehring u. A. herausg. von V. Jagic.» Berlin, seit
1S75. ß Alt- oder Kirchenslavisch. A. Schleicher, Formenlehre
der kirchenslav. Spr. Bonn lb52. ^A. Leskien, Handbuch der altbulgar.
.altkirchenslav. Spr. Grammatik, Texte, Glossar. AVeimar 1871 (eine 2. Ausg.
unter der Presse . Miklosich, Lexicon palueosloveuico-graeco-lat. "Wien
1862/65. Wer sich über die lebenden slav. Sprachen kurz orientiren u. practi-
tische Vorkenntnisse in denselben erwerben will, brauche das freilich eben nur
für practische u. nicht im Mindesten für wissenschaftl. Zwecke berechnete,
Buch von A. Fröhlich, Kurz gefasste, tabellarisch bearbeitete Anleitung zur
ßchnellen Erlernung der vier slav. Hauptspr. 2 Aufl. Wien 1872. y Bul-
garisch. Zankoff, Gramm, d. bulg. Spr. Wien 18-52. J. N. Momcilov,
Gramm, d. neubulg. Spr. 4 Ausg. TirnoMo 1881 (bulgarisch abgefasst). Ra-
KOVSKIJ, Schlüssel der bulg. Spr. Odessa 1880. Bogoroff, Dictionuaire
bulgare-frcs. Wien 1871. Bulg.-deutsches u, deutsch-bulg. Wörterb. Sofia
1882, 2 Thle. &j Serbisch. Danicic, Formenl. d. serb. Spr. Belgrad 18t.>3.
Vymazal, Serb. Gramm. Brunn 186;i. Popovic, Dtsch.-serb. u. serb.-dtsehes
Wörterb. Pancsova 1S79 81, und: Türkische u. andere oriental. Wörter in der
serb. Spr. Belgrad 1884. *Karadschitsch, Lexicon serbico-german.-lat.
AVien 1852 (von demselben ein dtsch.-serb. AA'örterb. Wien 1877 u. Prim-
jeri sprsko-slavenskoga jezika [altserb. Chrestomathie]. AA^ien 1857. Danicic,
AA'^örterb. d. altserb. Spr. Belgrad 1864, 3 Bde. e) Russisch. Buslajeff,
Histor. Gramm, der russ. Spr. 4. Ausg. Moskau 1875 (von demselben:
Chrestomathie d. altruss. Literatur u. A'olkspoesie [Russkaja christomatija.
Pamjatnici drevne-russkoj literat. i narodnoj slovenosti] 3 Ausg. Moskau
1881. Die Zahl der russ. Grammatiken ist sehr beträchtlich, leider aber
ist keine wirklich gute u. empfehlenswerthe darunter; die verhältnissmässig
beste ist immer noch die des alten Tappe (6 Ausg. Petersburg ]82(>, auch
in Dresden u. Leipzig b. Arnold), mit der auch ein nützliches Uebungsbuch
verbunden ist; da das Russische grammatische Aenderungeu in neuerer
Zeit nicht erlitten hat, so ist T.'s Buch immer noch brauchbar, nur muss
man nicht gerade Aussprache u. Conversation daraus lernen wollen. BoL*?/
Lehrgang der russ, Spr., Berlin 1871, ist ein wunderliches Buch: wer sich
damit zu befreunden vermag, kann praktisch etwas Tüchtiges lernen, nur
hüte er sich, von B.'s .sprachvergleichenden u. etymologischen Excursen
§Qß Das Rumänische.
etwas zu glauben. Das beste russisch-deutsche u. deutsch-russ. Hand-
wörterb. ist das von Fkey, Leipzig ohne J. 'Vorwort datirt 1S71 in 2 Bden.
herausgegeben. Zur Lecture können Anfängern die in der "Collection
Manassewitsch« {Leipzig in Voss' Sortiment) erschienenen, durchweg accen-
tuirten Texte classischer Werke empfohlen werden. Eine ähnliche Samm-
lung faber mit nicht accentuirten Texten) erscheint unter dem Titel
Russkaja Biblioteka bei Gerhard in Leipzig, sie enthält, was ja sehr
willkommen, unter Anderem eine Anzahl TurgenjefFscher Romane. Bei
dieser Gelegenheit werde bemerkt, dass in Anbetracht der immer zu-
nehmenden Bedeutung der russ. Litteratur und bei der immer wachsenden
Anzahl gediegener wissenschaftlicher Werke, welche in russischer Sprache
erscheinen (man denke z. B. an Weseloffskt's Moliere-Studien) , die
Kenntniss des Russischen, bzw. die Fähigkeit, ein russ. Buch ohne sonder-
liche Mühe zu lesen, auch den romanischen Philologen immer wünschens-
werther, ja mit der Zeit geradezu nothwendig werden wird. Dazu kommt,
dass das Russische sprachlich interessant ist und vollste Gelegenheit zu
lehrreichen Beobachtungen und Vergleichungen darbietet. Die Erlernung
des Russischen ist demnach jedem Philologen anzurathen, der, ohne des-
halb sein Hauptstudium zu vernachlässigen, Kraft und Zeit für eine solche
Arbeit zu erübrigen weiss. Die Schwierigkeiten des Russischen sind keines-
wegs so gross, als man gewöhnlich glaubt, nur allerdings Aussprache und
Accentuation kann man nur durch mündlichen Unterricht und lange Uebung
erlernen ; wer aber lediglich nach Erwerbung der Lesefertigkeit strebt,
wird auf autodidaktischem Wege sein Ziel ganz gut erreichen, falls er nur
einige Mühe anwendet. Man kann ungefähr so verfahren : man lerne zu-
nächst ganz empirisch das AUernothw endigste aus der Formenlehre, wozu
selbst ein Büchlein, wie das in Goldschmidt's Sammlung praktischer Sprach-
führer für Reisende (Berlin) erschienene kleine Handbuch der russischen
Sprache übrigens besser gearbeitet, als derartige Bücher es in der Regel
sind), genügen kann und lese sodann mit Zuhülfenahme einer deutschen
Üebersetzung, aber zugleich mit sorgfältiger Benutzung des Lexikons eine
leichtere russische Novelle, etwa Puschkin's Kapitanskaja dotschka (in der
Collection Manassewitsch' oder Turgenjefl's Njestschastnaja (in der Coli.
Manass. , auch in Gerhards Russkaja Bibl.) oder Klara Militsch (in bei-
den Samml.; ; das wird anfangs schwer genug gehen , aber bei ernstem
Willen wird man sich doch verhältnissmassig rasch einlesen. Ist dies ge-
lungen, so setze man ja die Lecture mindestens noch einige Zeit fort (denn
sonst dürfte binnen wenigen "\^'ochen Alles dem Gedächtnisse Avieder ent-
schwunden sein) und, wenn irgend möglich, arbeite man nun eine grössere
Grammatik mit Uebungsbuch methodisch durch. Wer aber mehr als Lese-
fertigkeit erreichen und namentlich eine tiefere wissenschaftliche Einsicht
in den Bau des Russischen erlangen will, für den ist die Erlernung des
sog. Kirchenslavischen Altbulgarischen' unbedingtes Erforderniss , wofür
ja in Leskien's oben genanntem Handbuch ein ebenso wissenschaftlich
gediegenes als praktisch brauchbares Hülfsmittel vorhanden ist. — 3. Neu-
griechisch. *MlLLACU, Gramm, der griech. Vulgarsprache in histor.
Entwickelung. Berlin 1850. FoY, Lautsystem der griech. Vulgarsprache.
Das Rumänische. 8(17
Lpzg. 1879. Defkneu, Neogräca. in: C'virtius Studien IV 233, und: Arcliiv
f. mittel- und neugriech. Philologie Athen, seit 18S0. Vlaciiü«, Neugrieeh.
Gramm. 2. Ausg. Lpzg. Ikoekhaus' lbiS2 ,ist insofern empfehlenswerth,
als sie die wirklich gesprochene Sprache , nicht die auf gelehrtem Wege
dem Altgriech. künstlich nahe gebrachte Schriftsprache berücksichtigt . 1).
Sandeks, Neugrieeh. Gramm. Leipzig 1881 (für die erste Orientierung recht
nützlich, aber mit einiger Vorsicht zu brauchen, weil nicht immer ganz zu-
verlässig und dem lebendigen Sprachgebrauche nicht genug Rechnung
tragend'. 'Dei-i-xek, Zakonische Gramm. Berlin 1881. "MlKLOSICll, IJie
slav. Elemente im Neugriechischen. Wien 1870 — 4. Magyarisch. Zur
ersten Orientirung ganz brauchbar: Büocu-Akkossy, Tud ön mag}'arul?
Handbuch der ungarischen und deutsehen Umgangssprache, I>pzg. 1856,
ebenso Samaiuay , Prakt. Anleitung zur schnellen und leichten Erler-
nung der ungarischen Spr. nach Ahn's Methode. Pest (bei W. Laui'FER), in
immer neuen Auflagen erscheinend. M. Ballagi, Ausführliche Theoret.-
prakt. Gramm, der ungarischen Spr. f. Deutsche etc. Pest Heckenast), in
mehrfachen Auflagen während der letzten Jahrzehnte erschienen; von dem-
selben : Neues vollständiges Taschenwörterbuch der ungar. und deutschen
Spr. Pest (Geibel), ebenfalls in mehreren Auflagen erschienen. Das Studium
des Magyarischen (ebenso wie das des Türkischen) ist besonders denen zu
empfehlen, welche Einsicht in den eigenartigen Bau einer agglutinirenden
ural-altaischen Sprache erlangen wollen. — 5. Türkisch. Für die erste
Orientierung ganz brauchbar : Fink , Türkischer Dragoman. Grammatik,
Phrasensammlung und AVörterbuch der türk. Spr. Leipzig iBrockhaus) 1S72
in diesem Leitfaden ist, was das Lernen wesentlich erleichtei't, statt des
arabischen das lateinische Alphabet gebraucht worden), ebenso ist für den
gedachten Zweck nützlich Heintze, Türk. Sprachführer. Lpzg. 1882. F.
Dieterici, Chrestomathie ottomane, jjrecedee de tableaux grammaticaux
et suivie d'un glossaire turc-frcs. Berlin 1854. J. Goldexthal, Ausführ-
liches Lehrbuch der türk. Spr. Wien 1865. A. A\'ahrmund, Pract. Hand-
buch der osmanisch-türk. Spr. Giessen 1869. Zexker, Dictionnaire turc-
arabe-persan. Leipzig 1866/76. Die grösste Schwierigkeit in der Erlernung
des Türkischen bildet die für die Sprache ganz ungeeignete arabische Schrift
und die Fülle arabischer und persischer Fremdworte ; der grammatische Bau
der Sprache ist von vollendeter Klarheit und Regelmässigkeit, ihn kennen
zu lernen, ist hoch interessant].
§ 5. Bemerkungen über die Laute des Kuraä-
nischen. ij
1. »Die rumän. Sprache besitzt sieben Vocale ; «, e, i, o,
u. a, i. Von diesen wird einer bei gleichmässig erweitertem
Mundkanal hervorgebracht : a, während zur Bildung der übrigen
l! Den Lautstand des Rumänischen glaubte ich am besten mit TiK-
TIn's Worten schildern zu können und habe ich daher die betr. Stellen
aus seinem schon § 3 No. 3 genannten Werke ausgehoben.
g08 Däs Rumänische.
die Herstellung einer Enge nothwendig ist und zwar zwischen
den Lippen bei o, u (Labiale , zwischen Zunge und hartem
Gaumen bei e, «• (Palatale) , zwischen Zunge und weichem
Gaumen (Gaumensegel) bei ä, 1 (Gutturale . o und w, e und /,
a und i unterscheiden sich durch die Intensität der Articu-
lation der die Enge bildenden Organe, welche bei o. e. a ge-
ringer, bei u, e, i grösser ist. In den Mundarten kommen
noch e, o, d. i. breites e, o. wie in frz. ßer, mort hinzu. Das
Verhältniss der rum. Vocale zu einander veranschaulicht fol-
gendes Schema:
i u
e 0
(?) (?)
a
^ ( guttural.
Die Vocale o. u, e, i werden theils plenison . d. i. als
volle, sylbenbildende Vocale, theils seniison, d. i. so kurz ge-
sprochen, dass sie keine Sylbe zu bilden vermögen. Das ortho-
graphische Zeichen der Semisonität ist -. das der Plenisonität.
die jedoch nur ausnahmsweise bezeichnet wird, - : hoü Ochs,
höü pop. für höul der Ochs. Die Semisonen o. e erscheinen
lediglich in den Diphthongen oa. oa und ea : foärte^ zioä, häc,
während ^ und ü nicht nur in der Nachbarschaft fast aller
plenisonen Vocale auftreten: ?ffr, maica , stSdüa, copoäuca u.
s. w. , sondern auch im Auslaut [ü jedoch nur mundartlich)
stehen können: mau^ orhi. dial. öiyiü, locü für 6m, Joe u. s. w.
In der nur im Auslaute vorkommenden Verbindung 7<7 ist u
fast allgemein verstummt : cerui, öcJnn u. s. w. Ein zwischen
zwei Plenisonen befindlicher semisoner Vocal gehört zur folgen-
den Sylbe: hä-ia^fu-^i6r^ rä-nil. zi-ou^ zi-üa, nicht h(u-a u. s. w.
Zur Bezeichnung des Accents dient bei a, e. i, o. u im An-
und Inlaut der Acut, im Auslaut der Gravis: dpa. petec, acolö.
vazü u. s. w. ; für betontes d, 1 wird d. i gesetzt: plecd. mlnm.
(TiKTiN, Studien zur rumän. Philologie. [Leipzig 1884], p. 4 f.).
2. »Die Consonanten der rumän. Sprache sind: Liquidae'
r, 1: Explosivae : tonlose;^, t. c [== k), tönende b. </. g = frz.
(/ in gant) ; Spiranten: tonlose /'. s (= deutsch ß) . * =
deutsches seh), h (^ deutsch ch in »aclv/i, tönende v. z (= frz.
Das Kumiinisclie. 809
z), j (= frz. jl ; Nasale: m. n. )i (= u in «Junker«).« (Tiktin,
a. a. O. p. 5). »Von inouillirtcn Lauten hes^itzt die Schrift-
sprache nur die Combinationen /■. d. i. mouillirtes ts, und «/,
d. i. mouillirtes dj. In den Mundarten dagegen kommen fast
siimmtliche Mouillirungen der Liquiden, Dental-Palatalen und
Gutturalen vor: ry. hj: ty. dy^ sij, jy. ny\ chy (mouillirtes/?),
ghy (mouillirtes g vor d , hy [= deutsches ch in »ich") , y
(= deutsches j, engliches y in you\ wy.« (Tiktin, a. a. O.
p. 5 V.
3. Für den rum. Vocalismus ist vor Allem charakteristisch
das Vorhandensein zweier Vocale, Avelche als dumpfe oder un-
vollkommen gebildete oder unbestimmte bezeichnet werden
können, d und /, ersteres etwa dem frz. dumpfen e in henet
entsprechend, letzteres ein kaum definirbarer Laut, welcher
am ehesten noch mit dem russ. ti verglichen werden kann,
aber auch mit dem i in englisch sh' verglichen worden ist (s.
MiKLOSiCH, Bd. 9S, p. 523 [die Erklärung des Citates ergiebt
sich aus den Litteraturangaben]). Jeder lat. tieftonige oder
zwar hochtonige, aber kurze Vocal kann in ä übergehen (wes-
halb auch in der Schrift a häufig durch den betr. lat. Vocal
mit übergesetztem diakritischen Zeichen ausgedrückt wird, z. B.
gälmä = gallina. frängo =frango, weitere Beispiele s. unten.
Nach MiKLOSiCH , a. a. p. 525 ist die Entstehung des d
auf illyrischen Einfluss zurückzuführen . »dafür spricht das
heutige Albanisch, das der Nachfolger des Illyrischen ist.« Der
Laut t ist erst innerhalb des Rum. selbst aus ä entstanden,
vorzüglich durch den Einfluss eines folgenden 7* oder n.
Im Einzelnen sei über die Vocale auf Grund der Dar-
stellung MiKLOSiCH 's 1) Folgendes bemerkt:
I. Lat. a (MiKL. 98, 526), a) Tonloses a (die Quantität ist gleich-
gültig) im In- und Auslaute = a, z. B. gallina : galinii. ß ä in bestimm-
ten Formen = a, nämlich in der 1. P. PI. Präs.; in der 3. P. Sg. und
1. P. PI. Perf. der ^-Verba, in einigen einsj-lbigen Verbalformen, im PI.
1; Nicht allenthalben bin ich mit Miklosich's Ausführungen ein-
verstanden, noch -weniger mit seiner Anordnung, dennoch schien es mir
den Zwecken meines Buches am entsprechendsten, der Darstellung des
grossen Romanisten und Slavisten getreu und oft wörtlich zu folgen. Zur
Polemik ist ja hier nicht der Ort, und überdies widerstrebt es mir, dem
Manne, von welchem ich so Vieles gelernt und den ich hoch verehre,
selbst da zu widersprechen, wo ich vielleicht gute Gründe dazu haben
würde. Das »jurare in verba magistri« freilich ist mir abhold.
810 l^^s Rumänische.
auf -e, -uri der Subst. fem. und in einigen Lehnworten, z. B. portämus
= portämu^], adunävit =■ adund, signävimus = semnum, dät = dd. y] a
vor complicirtem 7» oder n =■ u, i , z. B. frängo = mrum. frdngu, drum.
fringu; so zuweilen auch vor r, z. B. tardicus : tarziic : tirziü. S an mit
folg. Voe. = u, i, z. B. lana = mrum. iruu7, drum. limi. Abgesehen von
diesen und einigen seltneren Fällen bleibt a erhalten sowohl in lat. wie
in nichtlat. Worten. II. Lat. e Mikl. 99, b]. «) e = e, z. B. cresco =
kresk, vgl. aber auch die folgenden Nummern, ß e = ie 'Je) : niedius =
miez [mjez). y) Tonloses e wechselt mit tonlosem i: *cecereni = mrum.
tseätsire für tsedtsere. cT) en = in : arena ^ arina. e) 4 geht in f, geschrie-
ben ea , über, wenn die folg. Sylbe a, a oder e ff) bietet: tela = teära.
0 Nach ^j, b, V, f, m, t, d, ts, dz, s, s, r verdumpft ursprüngliches oder
aus i entstandenes e zu 2, wenn in der Nachsylbe ein dunkler Vocal folgte
oder folgt, dasselbe tritt in tonlosen Sylben ohne diese Bedingung ein:
pe[n]so = 'a]2nis, vid[eo = cädu aber vides = vezt^ , peccatum = pakät,
vet[e]ranum = batrin. j;) -ella = eaua (weil II : u) : Stella = (stedua =
stedo =) stea. ^] Anlautendem e wird j vorgeschlagen : erat = jerd ; ver-
einzelt geht anlautendes e in a über: egyaTt^s = argät. III. Lat. i 'MiKL.
99, 45). «) l bleibt, namentlich t: castigo = kaiiig, felicem = feritse,
müh =■ mije, scrlbo = skriu. ß] t = e [ea] : piscis ^ peste, peäste, eligo
= aleg. y] Tonloses i wechselt mit e, das in gutt. a, i übergehen kann:
pedica = peädi'ka. ä] Anlautendes in = an, ifi , das den Vocal einbüssen
kann: integer = intreg u. ntreg. e] Nach r, dz [z], s, ts, 2, s kann i in
fl, i übergehen: 7-id[e]o = rid. C) Vor p und »i, sowie nach s \i. z geht
i häufig in u über und zwar, wie es scheint, durch tV, tu: gener = zunere
neben dzinere. r^] Auslautendes i wird stumm, z. B. dintsj] = dentes.
IV. Lat. 0 (Mikl. 99, 60;. «; ö (Quantität ist gleichgültig), bleibt, wenn
nicht a, ä, e folgt: locus ^ lok, nödus = nod. ßi Tonloses 0 = u, zu-
weilen a: occido = utsid, rotundus = rätund. y] on, om = un, um, zu-
weilen an, in : montem = munt, pulmonem = plamina. <f; Betontes o wird
offen gesprochen, oa, wenn in der Nachsylbe a, u, e folgt : vocem = boätse.
e) Anlautendes 0 geht in einzelnen Gegenden in uo über : homo = uoin.
V. Lat. u (Mikl. 100, 229J. «) u, gleichgültig, ob lang oder kurz, hoch-
betont oder tiefbetont, erhält sich meist: giila = güra, fümus = füin,
rümigare = rumegä, Urtica = urdzika. ß] u wird zuweilen o: auctumnus
= tomnu = toamnu. y] Vereinzelt wird n zu « , i: computo = compat
neben cumpet. J; Nach bestimmten Consonanten wird «zu t: inclüdo =
inklid = inkjid = inkid. e) Auslautendes tonloses ti [o] beharrt nach Vo-
cal und nach muta cum liquida, verstummt aber nach sonstiger Conso-
nanz: grai}[em] = greü, tneu[s^ = med, asp[e]rum = aspru, amb[u]lo =
umblu, barbat[um\ = barbdt, plango = pling, jedoch wird auch das ver-
stummte M in Folge slavischen Einflusses noch geschrieben. VI. Lat au.
f( au beharrt, doch kann dafür auch ao und für dieses wieder 0, a ein-
treten: auriim = aiir, aar, adaugeo = adäug, adäog. .i au ^ o [u, oa' .
auricula : urekie, cauda = kodda. y au = a : *aitcupare = apukä. ä An-
1) Für betontes 7i, ? wird d, i gesetzt.
Das Kiimiinisclie. 811
lautendes au fällt öfters ab: [ar uncultis = ünkitt. e] Im Makedo-Kuni.
wird an nach neuprriechiseher Weise zu «r. af: atul^io = ardu, laudo =
ahhihi. Vgl. MiKL. 100, 23'.i.
Als ein eigenthümlicher Zug des runi. Vocalismus verdient noch die
Vorliebe für prosthetisches a bemerkt zu werden, vgl. z. B. rum. amüre
mit lat. mare, rum. avinu mit lat. veuor. Näheres bei MiKLOSicll 98, 544 ft'.
Endlich sei erwähnt, dass m und // im Itumän. zuweilen anlautet,
also Sylbe zu bilden vermag, z. 13. m-hijäre aus imhijare = inviare, vgl.
MiKLOSICH lOO, 255.
Vgl. auch die Schlussbemerkung zu No. 4.
4. Der rumänische Cousonantismus bietet nicht soviel
Eigenartiges dar. wie der Vocalismiis, sondern lässt nngcfähr
mit dem italienischen sich vergleichen , ist aber freilich in
mancher l^eziehung doch wieder vielgestaltiger und weniger
normal als dieser.
Im Einzelnen werde, wieder nach Miklosich, Folgendes
bemerkt :
I. Lat. r'j MiKL. 100, 257;. «) r bleibt im Allgemeinen erhalten
ß) Mouillirtes r pflegt entweder zu r oder zu j sich zu vereinfachen : pereo
= *p6rjii = pier und piej , *quaerio = Uer und tsej , vgl. ital. ckieggio,
altfrz. querge = 'quaeriam. y) Vereinzelt wechselt r mit n : serenus = sa-
nin neben sarin. 11. Lat. / (MiKL. 100, 264;. .«) / beharrt im Allgemeinen.
ß Mouillirtes / wird im Daco-Rum. zu j vereinfacht : mulierem, d. i. *mid-
jere[m] ^= mujäre; Macedo- und Istro-Rum. bewahren palatales /. y) Inter-
vocal. l ^ r : *salem : sare. d, l zwischen bet. Vocal und a = m : catella =
katseala = katsedua , Stella = steäua = stedo = stea. e) l zuweilen = n :
similis = [asemnene. HI. Lat. n (MiKL. 100, 282). «) n beharrt im All-
gemeinen, ß, Mouillirtes n wird zu j vereinfacht : vinea = vinj'e = vtje,
mrum. Jine. y] n wechselt gern mit r : fenestra = feredstra, [hi\rundineUa
= ritidured neben rindwied, monumentum = mormmt. tf) Vocal -f- ;; öfters
= i : quantus = kit, granum = griü neben grhi. e) [octo = opt], strinctus =
strimptti. IV. Lat. t (Mikl. 100, 294). «) t beharrt : medietatem = ziime-
tate. ß) ti = tsi : suhtilis = subtsire; ebenso t = ts vor ie aus lat. tt : terra
tserra. y) -tionem = tsune : rogationein = rogatstme. d, nt = mrum. nd,
z. B. minduescu v. lat. ment-em. V. Lat. d (MiKL. 101, 1'. « d erhält
sich durchgängig vor a, e, o, u, a, i und den Cons. : domina = dodmna.
ß di = dzi, drum, meist 2t : di[v]t»a = dzina, drum. zina. y, Verbalsuffix
-edi = mrum. edzu, drum, ezu] : *lucredio für lucro[r] = liikredju = hi-
krez'u]- . S, djtme = [cTzune : *putredionem für putredinem = jmtred zune.
1 Das Rumän. besitzt neben dem gemeinroman. r-Laut mundartlich
auch mouillirtes r u. ausserdem einen »--Laut, welchen MiKLOSiCH dem
von Deffner :Zakon. Gramm. 86, SS f. beschriebenen zakonischen /•
gleichzusetzen geneigt ist.
2 Sollte lukrez nicht vielmehr = *lucresco anzusetzen sein? Aller-
dings ist dies lautlich kaum annehmbar, da sonst sc beharrt, aber was
sonst? Vgl. § T, No. V 9.
812 l^as Rumänische.
VI. Lat. p (MiKL. 101. 14, vgl. Deukschr. XXXII 273 . « p beharrt in
der Regel, ß] Im Mrum. schiebt sich zwischen p und i zunächst j, darnach
(vor^j t ein, worauf j) a.hi3i\\.i : }}{nics = pin (so drum. , jjjin, ptj'iu, tjin.
y] ps vereinzelt = ns : ipse = *impse, *tmse, tiisu. VII. Lat. i ^MlKL.
101, 22). «) I) erhält sich im Allgemeinen, ß) b vor i im Mrum. = dj :
bene, bine (so drum.;, hjine, bdjine, djine, vgl. oben VI,1 y) Intervocal. b = r,
welches häufig ausfällt ; cahallus = cav]al = cal, bibutus =^ bevüt = beut.
Die bedeutendste Ausnahme wird von einem Theile der Formen von habere
gebildet, dj br = vr = ur : fahrion = fdvru = fäur. VIII. Lat. r
(MiKL. 101, 29). «) V erhält sich im Allgemeinen, ß, vi im Mrum. =Ji:
riuum = vin, vjin, jin, vgl. \lß,. y] Auslaut r = ?<, o : lavo] = lau. <f
Intervocal. v fällt aus : boves = bot. s] Anlautendes v = b : resica =
besika. f) Anlaut, v häufig = x (geschrieben h) : viola = hiöra neben viöra,
*iwlvare für volvei'e = holbä. rf) Iv, rv = Ib, rb : pukerem = pülbere,
corvum = corb. IX. Lat. / (MiKL. 101, 37). «) / erhält sich meist un-
versehrt, ß, ß im Mrum. oft = /t : Jimits [y. ßo) = yim, vgl. VI ^ . X.
Lat. ?n (MiKL. 101, 40). «} m erhält sich meist unversehrt, ß 7«i' im
Mrum. oft = ni : donyxivi ^ durnii, vgl. VI ,9;, der Vorgang beruht also
gleichfalls auf Palatalisirung. XI. Lat. k (MiKL. 101, 4 5)'). «) A; bleibt vor
Cons., a, o, u, ä, t : cap[ut] = kap, coq[u]o = kok, crucem = knitse, frica-
mus = frekäm. ß) k vor e und t {ae, oe = mrum. ts, drum, ts : kervikem
= mrum. tserbitse, drum, tserbitse, q[u]inq u e = mrum. tsintsi, drum.
tsiiitsi. y] kia kia etc. = tsa, tse etc. : judikium = iüdets , socius = sots.
ö, kl vor Vocal = klj = kj : auricula = tcrekie , clavem = kiiiiie, kiäje.
c kt = jJ< : electus = aleptu, lactuca = laptüka. C ks = 2)S : koxa : koäpsa.
doch häufiger ks = s : laxare = lasä. XII. Lat. qu (MiKL. 101, 69,. a] qua
= 2}a in aqua = üpa, quattuor^pätru, sonst wird /?; y wie A behandelt : qualis
= kare, quaerere = tseure. XIII. Lat. g (MiKL. 101, 70). et) g bleibt un-
verändert vor a, 0, u, ü, t und vor Cons.: galhinus = gälbiu , gula = güra,
granum = griu. ß) g vor e und i, ae und oe = mrum. dz, drum. dz. y)
gn =^ 77in : ligmtm = le)n?i, j)ug)ius = pum». d gua = [g]va = ba : lmgua =
limha. XIV. Lat j immer = dz, in einzelnen Gegenden :: jocus = d'zok
und zok, jugum = dziug (MiKL. 101, 75). XV. Lat. h MiKL. 101, 76 ist
meist verstummt, nur mundartlich, bzw. in vereinzelten (meist nicht volks-
thümlichen) "Worten anlautend als x hörbar. XVI. Lat. s (Mikl. 101, 77).
« s beharrt vor allen Lauten ausser vor t. ß] «vor i=s. vesica := besika;
nur wenn i" aus e entstanden, erhält sich s. y, sti = sti: hostes = olti.
(f ski = sti : sein = Uiu. e) skia = la : fascia = fala.
Auf die lleflexe der nichtlat. 'slavischen, neugriechischen
etc.) Vücale und Consonanten im liumän. einzugehen, würde
hier zu weit fuhren; es genüge die Bemerkung, dass auch
diese fremden La\ite sich nach festen — zmn Theil mit den
IjMnvLOsicn's Excurs über die Palatalisirung des k, den er an dieser
Stelle giebt, hat allgemeines Interesse und sollte von jedem roman. Philo-
losren gelesen werden.
Das Uuniänischo. S13
aiiffesrebenen identischen — Normen entivickelt haben. Ebenso
kann hier auf die Entwickehmg der Lautgruppen von
MiKLOSiCH 102, l bis 55 in classischer Weise behandeh) nicht
eingegangen werden.
5. Die Kuniiinen bedienten sich in Folge geschichtlicher
Verhältnisse bis über die Mitte dieses Jahrhunderts hinaus
anfangs ausschliesslich, später wenigstens vorwiegend des cyrilli-
schen, also eines slavischen Alphabetes.
In sprachlicher Beziehung war die Anwendung der slavi-
schen Schrift, da dieselbe über eine grössere Fülle von Zeichen,
als die lateinische, verfügte, nicht eben ein Nachtheil, indessen
war mit ihr der schwere Uebelstand verbunden, dass sie zwischen
den Kumänen und den ihnen stammverwandten romanischen
Culturvölkern Westeuropa's eine störende Scheidewand bildete,
deren Beseitigung gewiss berechtigt war. ') Die endlich
energisch in Angriff genommene und jetzt so ziemlich durch-
geführte Vertauschung des cyrillischen Alphabetes mit dem
lateinischen war sonach gewiss ein Culturfortschritt, ganz ab-
gesehen davon, dass sie für ein romanisches Volk eine Art
von Anstandspllicht war. Leider aber machten sich in der
Uebertragunar der lateinischen Schrift auf das Rumänische die
verschiedensten , nicht selten auch sehr unklare Tendenzen
geltend. So entstand ein orthographischer Wirrwar, ein Nach-
einander- und Nebeneinanderbestehen verschiedener mehr oder
weniger unvollkommener Systeme '^j . Von dem grossen Dic-
tionariu limbei romäne wäre zu erwarten gewesen, dass es
l; Verschiedenheit der Schrift wirkt viel trennender und störender auf
die Beziehunojen der betr. Völker unter einander ein, als man gewöhnlich
glaubt. Es Hessen sich da interessante Beobachtungen anführen. Gele-
gentlich werde einmal die Frage aufgeworfen, ob die allbekannte traurige
Thatsache . dass Gymnasiasten , welche einem nichtphilologischen Studium
sich zuwenden, hr Griechisch auffallend rasch zu vergessen pflegen, wäh-
rend sie das Lateinische leidlich festhalten, nicht zum Theil daraus er-
klärt werden kann, dass die griechischen Schriftbilder mit ihren dünnen,
feinen Zügen in dem an deutsche oder lateinische Schrift gewöhnten Ge-
dächtnisse nicht lange zu haften vermögen. Vielleicht also wäre es päda-
o;ogisch empfehlenswerth, das Griechische lateinisch zu schreiben. Jeden-
falls aber würden Xeugriechen und Russen, um von den Türken gar nicht
zu reden, sich selbst eine grosse Culturwohlthat durch Annahme des latei-
nischen Alphabetes erweisen.
2 Früllo in seinem unten zu nennenden Buche, p. 224, hat. wie
Graf in Kiv. di fil. rom. II 2:r2 mittheilt, berechnet, dass es. theoretisch
wenigstens, möglich sei, das "Wort naturaii auf 33U verschiedene Weisen
zu schreiben.
§14 l^^^s Rumänische.
endlich einmal Ordnung in diese heillos verfahrene Sache
bringen würde. Diese Erwartung hat sich leider nicht erfüllt,
da die Verfasser dieses Werkes einem unpassend etymologi-
schen Principe gehuldigt haben. So ist denn die orthographische
Frage, so brennend sie auch ist, noch nicht gelöst. Dass
darunter wichtige Interessen empfindlich leiden . ist selbst-
verständlich, nicht am wenigsten leidet darunter avich das In-
teresse der rumänischen Philologie , deren Studium im Aus-
lande weit eifriger betrieben Avürde, wenn man der verdriess-
lichen Mühe überhoben wäre ; eine besserer Verwendung
würdige Zeitmasse auf die Bewältigung orthographischen
Wustes zu verwenden und sein Gedächtniss z. B. mit den
verschiedenen Zeichen für ä und 1 zu belasten ; dass man nach
slavischer Sitte vielfach fortfährt, verstummtes u im Auslaut zu
schreiben, ist mindestens Papierverschwenduiig.
Litteraturangaben: ') : *A. MisSAFiA, Zur runi. Vocalisation, in
den Sitzungsb. der Wiener Akad. d. "VVissensch. Philos.-hist. Cl. Bd. 5S,
125 — CD. Georgian, Essai s. le vocalisme roumain, precede d'une etude
historique et critique s. le roumain. Buc. 1876 (sehr dilettantisch), vgl.
Rom. VI 147 — *M. Gastek, Zur rumän. Lautgeschichte. Die Gutturalen,
in Ztschr. f. rom. Phil. II 355 (auch Halle 1878 erschienen) — A. Lam-
BHIOR, Du traitement des labiales ^>, h, v, f dans le roumain populaire,
in: Rom. VI 443. L' e bref latin en roumain, in: Rom. \T)I S5. Essai de
phonetique roumaine. Voyelles toniques : A., in: Rom. IX 99, 36ü u. X
346 — *F. MiKLOSiCH, Beiträge zur Lautlehre der rumänischen Dialeete,
in: Sitzungsb. der Wiener Akad. d. Wissensch. Philos.-hist. Cl. Bd. 98,
519, Bd. 99, 1, Bd. lüü, 229, Bd. IUI, 3 u. Bd. 102, 1; auf p. 55 ff. des
letztgenannten Bandes werden Verbesserungen u. Zusätze gegeben (die
Abhandlungen M.'s geben nicht nur eine treffliche u. ausführliche Dar-
stellung der rumänischen Lautlehre, sondern enthalten auch Vieles, was für
die romanische Gesammtphilologie von Interesse ist ; kein roman. Philolog,
mag er nun mit dem Rumän. sich näher beschäftigen oder nicht, sollte
diese classischen Arbeiten ungelesen lassen, mindestens sollte jeder einmal
den Excurs über die Behandlung des lat. c im Roman, lesen, Bd. 101, 45)-),
1) Sehr werthvolle Bemerkungen über die Laute des Rumänischen hat
gelegentlich W. Meyer in seiner Schrift über das Neutrum und in seinen
verschiedenen xVbhandlungen und Uecensionen so luimentl. Ztschr. f. rom.
Phil. IX 143 u. 223, Literaturbl. f. germ. u. rom. Phil. VI Sp. 298, ge-
geben. Sehr richtig bemerkt M. am letztgenannten Orte, dass das Rum.
»mehr als irgend eine andere Sprache für die Erkenntnis« des Vulgärlateins
massgebend ist, sofern es sicn nämlich vor den Dialecten Italiens durch
grössere Alterthümlichkeit auszeichnet und nicht, wie das Lateinische in
Gallien, von einem fremden Idiome in seinem ganzen Charakter ist um-
gestaltet worden<'.
2) Bd. lol, 49 spriclit M. seine Ansicht über den Ursprung der Ru-
Das llumänische. 81.')
— *H. TlKTIN, Studien zur rumänischen Philologie. 1. Die Diphthonge ea
u. ia. IL Einfluss von § u. j auf benachbarte Vocale. Leipzig 1SS4 (aus-
gezeichnete, methodische Arbeiten'.
Zur Orthographie: Köuösi, ürthographiu latino-valachica. Klsenb.
1802 — *Maiokkscv, Despre scrierea limbei rum. Jassi 18G6 — J. EuADE,
Principie de orthograi)hiä romanii. Buc. 1870 — '^H. ScHUCiiAUDT, De
Lorthographe du roumain. in: llom. II 72 — Der Abschnitt »Ortografia
cuventeloru« in der Prefatione des Dict. limbei rom. (vgl. darüber Sciir-
CHARDT's eben genannte Abhandlung in der Rom.) — E. PicoT, La societe
litteraire de Bucarest et l'orthographe de la langue roumaine, in: Rev. de
ling. et de philol. comparee II 78 u. 327, III 208 — *G. L. Frollo, O
noüa incercare de solutiune a problemului ortograficu, studiu filologico-
criticu. Buc. 1875, vgL Bibliographie der Ztschr f. rom. Phil. 1875/76,
No. 833 u. Riv. di fil. rom. II 232 — Ortografia limbei romanä. Regulele
primite de Acad. rom. Buc. 1881.
Wie schon aus vorstehenden Angaben hervorgehen dürfte,
ist die Lautlehre das bestangebaute Gebiet der rumän. Philo-
logie : zu wünschen wäre, dass auch andere Gebiete die gleiche
aufmerksame, eingehende und erfolgreiche Behandlung fänden.
§ 6. Bemerkungen über den Wortschatz des
Rumänischen.
1. Wenn man das grosse »Dictionariu limbei romäne«
Laurianu's und Massimus durchblättert, kann man zu dem
Glauben verleitet werden, dass das llumänische vor den andern
romanischen Sprachen sich auszeichne durch die Fülle und
dxirch die treue lautliche Erhaltung der lateinischen Elemente
in seinem Wortschatze. Und doch würde dieser Glaube den
ärgsten Irrthum in sich schliessen. Das Dictionariu giebt
kein Bild von dem wirklichen Wortschatze der Sprache, eben-
sowenig wie es in Folge seiner etymologisirenden Orthographie
den Lautstand der Sprache zum Ausdruck bringt. Ein grosser
Theil der in ihm enthaltenen Worte sind rein gelehrte, der
mänen aus ; es sei die Stelle hier angeführt : »Wer über den Ursprung des
rumunischen Volkes nachdenkt, wird durch Sprache und Geschichte auf
die Ostküste des adriatischen Meeres gewiesen, wo die tapferen lUyrier
wohnten und wo heutzutage ihre trotzigen Nachkommen von Zeit zu Zeit
die Aufmerksamkeit der Welt auf sich ziehen. Skipetaren und Rumunen
sind mit einander unzertrennlich verbunden. Diese sind wesentlich roma-
nisirte IHmer, jene sind lUyrier, die sich vollständiger Romanisirung er-
wehrt haben. Der Ursprung der rumunischen Nationalität fällt in jene
frühe Zeit , wo des Römers Fuss zum ersten Mal den Boden Illyricums
betrat. Da wurde die Entnationalisirung der Illyrier. ihre Romanisirung
angebahnt.«
816 Das Rumänische.
wirklichen Sprache unhekannte Eildungen, also mots savants
im allereigentlichsten Sinne. Aber auch von denjenigen im
Dict. angeführten Worten, deren Volksthümlichkeit anzu-
erkennen ist, sind nicht alle lateinischen Ursprunges, mögen
sie auch im Dict. ein lateinisches Gewand tragen und auf ein
lat. Etymon zurückgeführt sein, so hat z. B. pellire »abrinden«
mit lat. pelUs nichts zu thun , sondern leitet sich aus dem
Slavischen ab und ist hell zu schreiben vgl, Cin.\c in Rom.
Stud. IV 466)1).
In Wirklichkeit ist ein sehr beträchtlicher Procentsatz
rumänischer Worte nichtlateinischen Ursprunges, ja vielleicht
ist unter allen romanischen Sprachen die rumänische am meisten
durchsetzt mit nichtlateinischen Lehnworten. Es ist dies die
durchaus natürliche Folge der innigen Beziehungen zu nicht-
romanischen Völkerschaften, in welche die Rumänen durch
den Verlauf ihrer vielbewegten und drangsalvollen Geschichte
versetzt Avurden. Nicht im Mindesten aber kann der gemischte
Charakter ihres Wortschatzes der rumänischen Sprache zur
Unehre oder auch nur zur Unzierde gereichen. Zur Unehre
nicht, weil er vom Volke nicht verschuldet, sondern diu'ch die
Gewalt der Verhältnisse erzeugt worden ist; zur Unzierde
nicht, weil die Lehnworte sich dem Lautsystem der Sprache
mehr oder weniger gut angeglichen haben. Der Versuch, diese
Lehnworte auszumerzen und sie durch künstlich geprägte
Latinismen zu ersetzen , ist , weil eingegeben von Avarmer
Vaterlandsliebe, höchst ehren werth. aber er ist principiell ver-
kehrt und wird übrigens praktisch voraussichtlich scheitern.
Die Rumänen sollten sich dessen erinnern, welch' buntes Ge-
misch der englische Wortschatz darstellt, ohne dass doch die
Entwickelung des englischen Geisteslebens und Nationalbe-
wusstseins dadurch irgendwie beeinträchtigt worden ist. Auch
das Deutsche strotzt von Lehn Worten aller Art 2), und doch
1 Auf die gelehrte Wortfabrikation, welche im Dict. so schwunghaft
betrieben worden ist, wendet ClH.\c a. a. O. p. 467 die Verse an, mit de-
nen einst Konsard seine eigene Sprachmacherei be- und verurtheilt hat:
Les Francais qui mes vers liront,
s' ih ne sont (irecs et Jiomains,
an litu de ce livre ils nauront
qiiun pesant faix entre les mains.
2] Weit mehr, als man gewöhnlich glaubt, beispielsweise führen nahoEU
Das Rumänische. 817
(lenkt kein Einsichtiger an deren Ausrottung. AVird die künst-
liche Latinisirung im Eiimänischen noch weiter fortgesetzt, so
kann sie nur d en fragwürdigen Erfolg luiben, dass die Schrift-
sprache von ihrer natürlichen Grundlage, der lebendigen Volks-
sprache, abgedrängt wird und zu einem akademischen Jargon
verknöchert.
2. Den mächtigsten Einiluss auf den rumänischen Wort-
bestand hat das Slavische (Altslovenischc; ausgeübt, denn nicht
nur ist die Anzahl der eingednmgenen slavischen Wörter eine
sehr beträchtliche ' . sondern es werden auch mehrere slavische
Suffixe in der Wortableitung verwandt . und endlich haben
nicht selten Worte lateinischen Ursprungs ihre Bedeutung
nach Massgabe der ihnen entsprechenden slavischen modificirt,
so hat z. B. lume neben seiner eigentlichen Kedeutimg »Lichtet
nach Analogie des slav. svjähi noch die von »Welt« ange-
nommen, vgl. MiKLOsiCH. a. a. O. p. 11.
3. Ausser dem Slavischen hat, aber freilich in ungleich
geringerem Masse, das Xeu- Griechische , Einzelnes auch das
Magyarische und das Türkische zum rumän. Wortschatze bei-
gesteuert. Auffällig gering ist die Zahl der germanischen
Elemente : sie setzt sich fast nur aus Worten zusammen, welche
dem neueren Deutsch entlehnt sind. Endlich berührt sich das
Rumänische lexikalisch nicht selten mit dem Albanesischen,
es ist aber wohl noch nicht genügend festgestellt, ob es sich
in diesen Fällen um Entlehnungen handelt oder ob anzunehmen
ist, dass das Rumän. die betr. Worte aus dem Dacischen er-
erbt habe und das Dacische wieder in nahem Verwandtschafts-
verhältnisse zu dem Albanesischen stehe.
Litt eraturangaben: Lexicon valachico-latino-hungaricum. Budae
1S25 dies sog. »Ofener "Wörterbuch« war für seine Zeit eine sehr achtbare
Leistung, heute ist es im Wesentlichen nur noch von historischem Interesse,
ganz entbehrlich ist es aber doch nicht; — *Dictionariulu limbei romäne
üupo insarcinarea data de societatea academica romana elaboratu ca proiectu
de A. T. Lairl^xu si J. C. Massiml'. Buc. 1^71 76 2 Bde. trotz grösster
principieller Mängel ein werthvolles Werk, das dem, der es mit Vor-
alle Gartenblumen Rose, Lilie, Tulpe, Veilchen etc. . nahezu alle Ge-
müse Spargel, Spinat. Möhre, Petersilie, Rettig, Radieschen etc. , viele
Hausgeräthe Tisch, Spiegel, Teller etc. nichtdeutsche Xamen u.s. w. u. s.w.
1 Man sehe die Liste derselben in Miklüsichs unten zu nennender
Schrift; es zählt z. B. der Buchstabe k in diesem Vocabular allein ca.
lOO Nummern.
Körting, Encjklopädie d. rom. PLil. 111. 52
818 Das Rumänische.
Vorsicht und Kritik benutzt, sehr lehrreich sein kann). Von denselben
Verfassern: Glossariu care coprinde vor])ele d'in liniba romäna straine.
Buc. 1871 (»nur als Materialiensammlunof brauchbar « MlKLOSiCH, a. a. O.
1U2, 70, — li. Eltade, Vocabularu de vorbe straine in limba romana.
Buc. 1847 — *A. DE CfflAC, Dictionnaire d'etyniologie daco-romane. t. I
Elements latins. t. II Elements sluves, turcs, grecs modernes et albanais.
Frankf. a. M. 187Ü/79 tüchtiges und brauchbares Buch, vgl. Korn.- I 120
— P. Hasdeu, Programma pentru adunarea datelorü privitore la limba
romäna (Progr. zu einem wissenschaftl. Wörterbuch, welches, betitelt »Ety-
mologicum magnum Romaniae. Uictionarul Limbei istorice si poporane a
Romanilor«, in Bukarest zu erscheinen begonnen hat und gegenwärtig,
April 1886, bis zu dem Artikel "aflu« vorgerückt ist . Buc. 1S84; von dem-
selben: Glosse romäne d'in secolul XVI, in C'ol. lui Traian VIII 1877)
56!» , Specimen de dictionar etymologic al limbei romäne, ebenda p. t)2ü,
ausserdem zahlreiche etymologische Beiträge in derselben Ztschr., über die
in Bd. VII enthaltenen, die besonderes Interesse haben, vgl. Ztschr. f.
rom. Phil. I 481 — Gastek, Stratificarea elementului latin in limba ro-
mäna, in; Revista pentru Storia etc. I 17 und 34() lesenswerthe Abhand-
lung), vgl. Ztschr. f. rom. Phil. VIII 140 — RösLEU, Die türkischen Be-
standtheile im Rum., in: Sitzungsberichte der Wiener Akad. d. Wissensch.
Philos.-hist. Cl. Bd. 50, p. 559 — Stephan, Einfluss des Slavischen auf
das Walachische. Ostrowo 185!) Progr. — *MlKLOSICIl, Die slavischen
Elemente im Rum., in: Denkschriften der Wiener Akad. d. AVissenschaft.
Philos.-hist. Cl. Bd. 12, p. 1 , vgl. Ztschr. f. vergl. Sprachforschung XI
282 — W. Schmidt, Slavisches im Rum., in: Az Erdelyi Museum egjlet
evkönivei 1867, 26 — A. Edelspacher, Rumun elemek a mayar nyelven.
Pe.st 1875, vgl. Rom. V 12() — Mancherlei Etymologisches, freilich zum
Theil von sehr fragwürdigem Werthe, findet man verstreut in älteren
Werken, z. B. bei T. Cipakiv, De latinitate linguae valachicae, Blasii 1S55
Progr.; in KoriTAK's Kleinen Schriften, Wien 1857, in P. Maior's Re-
flexiones etc., Pest o. J. (Entgegnung auf Kopitar's Kritik einer im J. 1827
zu Petersburg erschienenen Schrift Maior's Ueber den Ursprung der
Walachen).
M. Frs8, Zusammenstellung der sächsischen, ungarischen, walachischen
und deutschen Trivialnamen in Siebenbürgen wildwachsender oder allgemein
cultivirter Pflanzen, in : Archiv des Vereins f. siebenbürgische Tiandeskunde
I 1 Hermannstadt 1843.
N. C. Q,iiNTE.scu, De deminutivis linguae romanae, vulgo valachicae
nominatae. Berlin 1867 Diss. — St. Steeureac, Einige Suffixe zur Bil-
dung des Substantivs und Adjectivs im Rumän. Czernowitz 1832.
*Fri'NI)ES('U, Dictionariu topograficu si statisticu alu Romäniei. Buc.
1872 ("Ausgezeichnetes Werk, für ethnographiscli -linguistische Unter-
suchungen unentbehrlich." Bibliogr. d. Ztschr. f. rom. Phil. l'^75/76
No. 842;.
Gewöhnliche Wörterbücher: G. Vextoti, AeSixhy diyXoiaaoy tr,;
'Puifxa'ixr^; x(t\ raXXixrji äiuXixTov. Wien 1804 (der Verf. der Encycl.
konnte, da ihm das Buch nicht erreichbar war, nicht constatiren, ob unter
Das Rumänische. 819
^Fwuit'ixi; di«).sxTo>- Neugriechisch oder Runuinisch zu verstehen ist, —
Clemens, AVahch. - deutsclies u. deutsch-walach. Wörterb. Ofen 1S21 —
A. IszEH. Walach.-deutsches Wörterb. Kronstadt 1S5U — G. Baritz und
G. MiNTRANV, Deutsch.-rum. Wörterb. Kronstadt 1853, 2 Bde. — Stamati.
Wörterb. der deutschen u. der runi. Spr. Jassi 1852 — S. Petri, Rum.-
deutsches Wörterb. Kronstadt 1S()1 — Dictionariu francesco-romänu dupre
editiunea de 1). P. Poienaru, F. Aron ^i G. Hill cditat de Teodoru C'odrescu.
Jassi 1S59 — PoNTBKiANT, Dict. rom.-francez. Buc. 1S02 — Costinesci',
Vocabular rom.-fr. Buc. 1870 — T. Codrescv , Dict. franc.-rom. 2 ed.
Jassi 1875 76 — G. L. Frollo, Dizionario rumeno-italiano-francese. Pest
1675 — S. Petri, Deutsch- rum. Taschenwörterbuch. Hermannstadt 1S63 —
CoDREscr, Dict. germano-rom. Jassi 1851.
Irgend eine hervorragende Leistung ist unter diesen zahlreichen Wörter-
büchern leider nicht vorhanden : meist genügen sie nicht einmal dem aller-
gewöhnlichsten praktischen Bedürfnisse.
§ 7. Bemerkungen über den Formenbau des Ru-
mänischen.
I. l. Die -4-Stänime haben ihr a bewahrt, z. B. tierra:
carta indessen hat den Ausgang e angenommen . also carte.
Der vocalisehe Auslaut der 0- mid t'- Stämme ist als v in
der Schrift durchweg, in der Aussprache aber nur dann er-
halten, wenn ii mit vorangehendem Vocale Diphthong bilden
kann oder als Stützvocal fungiren muss, z. B. pom n]. dieih
socrü: das Fem. manus ist zu den ./1-Stämmen übergetreten:
munä. Die wenigen überhaupt erhaltenen i'-Stämme folgen
den ^-Stämmen : glacia facia, dies stellt sich als di, d. i. zi.
dar. Die consonantischen und die /-Stämme zeigen den Aus-
gang e. z. B. pdne, ctirte. munte. cerhice etc. 2. Die einzige
Singularform beruht auf dem lat. Accus. : auf den lat. Xom.
geht wohl nur sora = soro7' zurück, und auch bei diesem Worte
ist die Sache fraglich. 3. Die Subst. auf -a und -a bilden
den Plur. auf -e . z. B. corona : corone , alle übrigen auf -/.
z. B. po77in : pomi, ßoare -.ßoari^ verme : vermi: vielfach treten
auch Feminina auf -a zur «-Bildung über. z. B. vaca : vaci.
so dass also die Pluralbildung auf -/ sich über das Bereich
der 0- und ZT-Stämme ausdehnt. Ueber die Entstehung dieser
Pluralform vgl. oben den Paragraphen über den italienischen
Formenbau. Charakteristisch für das Bumänische ist die um-
fangreiche Erhaltung und aualogische Ausbreitung der neu-
tralen Pluralbildung auf e = a. z. B. lernyiu : lemne = ligynim :
ligna. vasü : rase = rasum : vasa. ebenso ursprüngliche Neutra
.i-2*
820 ^äs Rumänische.
der dritten lat. Decl. , z. K. osii : oase = *osum f. os : osso,
und zahlreiche ursprüngliche masculine oder feminine 0- und
r^- Stämme, z. ]i. degetu : (legete = digihts : *digita f. digifi,
acü : ace = acw* : *af« f. acus. \) Eine noch seltsamere und
zugleich ungemein häufige Pluralbildung ist die mittelst des
Suffixes -uri, z. B. corpu : corpuri^ furtü : furturi. globii : glo-
buri\ dies -uri dürfte auf *-ö/-e6 zurückgehen, das für neutrales
-ora eingetreten zu sein scheint, also corpuri = corpores f.
Corpora ; dem vollen Klange dieses Pluralausganges . Avelcher
beide Numeri scharf schied, mag dessen weite Verbreitung zu-
zuschreiben sein. Häufig bestehen Plurale auf -e neben solchen
auf -uri^ z. B. arcü : arce und arcuri. Vor dem Plural -i
und -e werden c und g stets palatalisirt, überdies vor i auch
s zu s. Phiral -e und -i üben auf den Vocal der Stammsylbe
häufig umlautenden Einfluss aus, vermöge dessen z. ^^. a -\- i
zu ä + i Avird [carte : cärti] ; Art und Ausdehnung dieses Um-
lautes bedürfen noch der Untersuchung. Dem Plural -i vor-
angehendes stammhaftes i verschmilzt mit diesem zu /, z. B.
studi-ü : studi. Intervocalisches II schwindet vor Plural -i,
während es sich vor Plural -e als l behauptet : z. B. calü =
cavallus. cai = [cava[lli oder) caoa[ir\o^s\ aber stea = ste[ll]a^
Stele = [stellae oder) Stella] s]. 4. Die 0- Stämme haben im
Sing, den Vocativ auf -e erhalten , z. B. doamne = domine
gewöhnlicher aber fungirt der Nom.-Acc. auf -u mit dem
Artikel le als Voc. : dommde) ; analogisch werden solche Vocative
auch zu consonantischen Stämmen gebildet, z. B. nepot-e. Im
Plural wird allgemein die artikulirte d. h. die mit dem enkliti-
schen Artikel versehene; Form des indirecteu Cas. obl. voca-
tivisch gebraucht, z. 11 domnilor. Feminina auf -a bilden zu-
weilen einen Voc. auf -o z. B. Catharino. h. Der bestimmte
1) Vielleicht ist das Plural-f nicht dem lat. neutralen Plural-« g-leich-
zusetzen, sondern als durch Schwächunfi: aus -o[s , -us] entstanden zu be-
trachten, so dass es vermuthlich gleichen Ursprung mit dem Plural-»', wel-
ches ebenso wie das italienische schwerlich = lat. Plural-/ ist, haben
dürfte. Zuzugeben ist allerdings , dass einerseits die Gleichsetzung von
lemne = ligna mit gewichtigen Gründen sich vertheidiojen , diejenige aber
von lemnv = *li(j)i(>[s mit ebensolchen, namentlich lautlicher Art, sich be-
streiten lässt. Jedenfalls bedarf die rumiin. Pluralbildung noch einer ein-
gehenden wissenschaftlichen Untersuchung, die zugleich auch auf das Ita-
lienische sich erstrecken müsste. Höchste Beachtung wird dabei verdienen
das Verhalten des auslautenden Stammconsonanten vor -e.
Das Rumänische. S21
Artikel wird ileiu Subst. enklitisch angefügt' : seine Formen
sind :
a) f ii r d a s M a s e ii 1 i n ii ni :
Nom. u. Accus. Sg. /[it], le PI. i
indirecter ("as. obl. = Genetiv u. Dativ) lui lor[ü]
lü tritt an Subst. auf -u und -a {do?nnul. popal . le an
solche auf -e [vermele\ an ; das Plural-/ verschmilzt n i c h t mit
dem Artikel-/ [domnii).
b) für das Femininum:
Nom. u. Accus. Sg. a PI. le
indirecter Cas. obl. lei, ei. oder u lorü]
Der vocalische Stammauslaut schwindet vor den vocalisch
anlautenden Formen {ma7nu , häutig inam'a geschrieben, =
mama -\- a, mamei oder mamii = mama -{- ei oder ii . Die
Subst. auf ursprüngliches -ella . wie sfea == sfella, bewahren
vor dem Artikel a das aus // durch Vocalisation entstandene o
also [steo-a] und nehmen im indirecten Cas. obl. Sg. die ältere
Form lei an steahi). Ausser dem enklitischen besitzt das
Eumän. . wenigstens für den Nom. . auch einen proklitischen
Artikel: Masc Sg. ahi. PI. ai. Fem. Sg. a. PL ah. und über-
dies kann auch das Demonstrativ celu, cea artikelhaft gebraucht
werden. 6. Das Geuetivverhältniss wird nur bei dem artikel-
losen Subst. durch de, sonst durch die artikulirte Form des
indirecten Cas. obl. mit vorgesetzter Präp. a ausgedrückt a
do?nfiului »des Herrn«; ; zum Ausdruck des Dativverhältnisses
genügt die artikulirte Form des indirecten Casus obl. (also
ohne d , fehlt der enklitische Artikel, so wird dem Subst.
das proklitische ha vorgesetzt, z. B. hi Petrü = Petro. Dem
als directes Object (Accus, fungirenden Subst. tritt gern die
Präp. pre voran, indessen keineswegs so regelmässig, wie man
nach der Angabe älterer Grammatiken glauben sollte, es scheint
1 Diese Euklisis entspricht der üblichen Stellung des lat ille domi-
niis iUe besser und üblicher als ille dnmimts , das Rumän. ist somit dem
Latein, näher geblieben als die übrigen roman. Sprachen ; die Enklisi.s des
Artikels auf iUyrischen, bzw. albanesischen Ursprung zurückzuführen, er-
scheint unnöthig Doch auch diese Sache bedarf noch näherer^ Unter-
suchung. Nicht zu übersehen ist übrigens, dass hinsichtlich der Stellung
des Artikels zwischen Deutsch Englisch, Niederländisch und Skandina-
visch die gleiche Differenz besteht wie zwischen dem Rumänischen und
dem sonstigen Romanisch. Die Erscheinung, dass stammverwandte Spra-
chen in dieser Beziehung differiren, ist somit keine vereinzelte.
822 Das Rumänische.
vielmehr der Gebrauch von pre neuerdings mehr und mehr
eingeschränkt zu werden.
Wie schon aus obigen Angaben hervorgeht, unterscheidet
sich die Flexion des Substantivs im Rumän. in interessanter
Weise von derjenigen in den übrigen roman. Sprachen, den-
noch dürften sich alle Eigenthümlichkeiten hinreichend durch
organische Entwickelung aus dem Latein erklären lassen und
demnach fremdsprachlicher Einfluss nicht anzunehmen sein,
II. 1. Die zweiformigen Adj. gehen im Masc. Sg. auf -u^
im Fem. auf-« aus; viele ursprünglich einförmige sind zu ihnen
übergetreten, z. B. acru^ f. acra = acris f. klass. acei'^ acris).
Die einfoi-migen Adj. lauten auf e aus, z. B. verde. Das
Feminin-« Avirkt umlautend auf ein e imd o der Vorsylbe ein,
indem ersteres zu ea (e , letzteres zu oa (o) wird. 2. Bei der
Combination Subst. -h Adj. und Adj. -|- Subst. wird nur der
erste Bestandtheil articulirt, jedoch nehmen beide Pluralform an
z. B. bou/ii graSH und hoii grasi. ßdehdü cane \\\\(\. Jidelii cäni.
3. Der Comparativ wird durch Vorsetzung von mai vor den
Positiv umschrieben, der Superlativ durch Determiniiting des
periphrastischen Comparativs mittelst celh, cea. Organische
Comparationsformen fehlen gänzlich, mare^maior ['.) hat durch-
aus die Bedeutung eines Positivs angenommen.
III. 1. Die Formen der Personalpronomina sind:
Nominativ :
Sg. 1. eu 2. tu 8 m. elu f. e«, ia
PI. tioi voi ei eaJe
indirecter Gas. obl. (Dat.) in absolutem Gebrauche:
Sg. mie tie ha ei
PL noiie = nobis vouc lorn lorü
indirecter Gas. obl. in Verbindung mit dem Verbum :
Sg. mi {imi) ii iti] i, ii
PI. ni. ne ci. ve /i, le
directer Gasus obl. in absolutem Gebrauch :
Sg. mine iine elu ea
PI. noi voi ei eale
directer Gas. obl. in Verbindung mit dem Verbum :
Sg. me tc Ju ih/), o
PI. ne ve ii le
Das Rumänische. 823
Als absolute Genetive der l'ersonalia fuiiffiren die mit der
Präposition a verlmndenen Possessiva [a fmu, a teu. a nosfru,
(( cotifra , a hd . a ei, a lorü). Die höfliche Anrede erfol><t
entweder mit der 2. F. PI. oder aher durch die '^. V. S*?. mit
<lem JSnhjecte Domnia Ta (auch Dovini'a T'a geschrie})en) .
2. Die Formen des Reflexivs sind denen der Personalia ganz
analog (ahsolut : sie, si/ie , proklit. : fti, se). 3. Die Possessi va
haben nur je eine Form, die Scheidung zwischen coujunctiven
xmd absohlten Possessiven ist folglich dem Rumän. unbekannt;
die Formen lauten :
meti, mea PI. mei. iyieale\ tdu, ta PI. teitale; sHi sa PI. sH, s^ile
/iosfrü,-a nostrfi,-e\ vostru, -a vosfrti,-e; Ioi-[u] lor[ü]
Die Possessiva stehen meist dem (artikulirten Substantive
artikellos nach: bei Voranstellung, die gewöhnlich nur im
Subjects- oder Objects Verhältnisse vorkommt, nehmen sie den
proklitischen Artikel vor sich, also z. IJ. fratele meu oder alü
meu frate = frater lyieus {pro ai mei frati = fratres nieos] .
Sehr beliebt ist es. statt der Possessiva den ethischen Dativ
der conjunctiven Personalia, bei der 3. Pers. den des conjunc-
tiven Reflexivs zu brauchen, z. B. ni a viäncatu pänea. wört-
lich )ier hat uns das Brot i'weg)gegessen<i« d. h. »er hat unser
Brot gegessen«, si a perdutü hanii, wörtlich wer hat sich das
Geld verloren«, »er hat sein Geld verloren«. 4. Als Demon-
strativa fungiren die Kombinationen ecce -\- iste und ecre -+-
iUe = acestü , -a und acelu, -a. welche durch Abfall der ton-
losen Anlautssvlbe zu ^stii und elü Fem. ^la und acea) se-
kürzt werden können. Das Determinativ ipse erscheint als
ensü insu) : wenn es zur Verstärkung der Personalia gebraucht
wird , tritt ihm die absolute Form des betr. Pronomens vor,
während die conjunctive ihm enklitisch angefügt wird, z. B,
eu ensumi . tioi ensitie , fu etisuti, voi ensive etc. 5. Das üb-
lichste Relativ ist care = qualis auch mit dem Artikel carele
und carea), wovon indir. Gas. obl. Sg. carui, carei. PI. rarorü,
bzw. mit Artikel caraia, careia. carora. Neutrales Relativ ist
ce , indirect. Gas. obl. cui. Ausserdem ist ein persönliches
Relativ Sg. eine. ind. Gas. obl. ebenfalls cid, vorhanden. Die
Interrogativa sind mit den Relativis formal identisch, (i. Die
Indefinita zeigen manche interessante Bildung, z. B. altü =
alterum, nime und nimenea = nemo , neminem . das in seinem
g24 l^äs Rumänische.
zweiten Theile räthselhafte aatfeliu «derartig« etc. die ^ erallge-
meinerung wird durch Vorsetzuug von vre-, vei'i- zusammen-
hängend mit foi, vreä »wollen«) vollzogen, z. B. vreunü «irgend
einer«, vericine »irgend etwas«, vericare »wer auch immer".
IV. 1. Die Cardinalzahlen zeigen manche für den ersten
Blick befremdliche, aber aus den Lautneigungen der Sprache
hinlänglich erklärte Formen, z. B. patru = qtiaffuor, optu =
octo ; bemerkenswerth ist auch das Feminin douis neben Masc.
cloi. Die Zahlen von 1 1 bis 1 1) lauten unu spre diece, doi
spre diece etc. Die Zehner von 20 ab werden durch Ver-
bindung von dieci (Plur. zu diece) mit den Einern gebildet:
20 dou6 dieci, 30 trei dieci, 40 patrii dieci etc., die lat. Bil-
dungen sind also völlig aufgegeben. 100 = suta, 200 = doui
sute etc.. 1000 = miia, 2000 = doue ?nii etc. 2. ^ eben primus
ist änteiu eingetreten; für secundus . tertius etc. fungiren die
entspr. Cardinalia verbunden mit den Artikelsuffixen ha für
das Masc, a für das Fem., also 1 änteiulea, unteia (daneben
primulu, prima , 2 doilea. doiia (daneben secundidü, secunda ,
3 treilea, treia, 4 patrulea, patr\i etc.
V. 1. Von lat. Temporibus und Modis sind im Rumän.
erhalten: Präs. Ind., Conj., Imp., Inf. u. Gerund, (das Particip
ist geschwunden), Impf. Ind., Perf. Ind. (im Macedo-Rum. ist
bei den schAvachen Verben der Ind. Perf. aufgegeben, dagegen
der Conj. Perf. [bzw. das Fut. exact.] im Sinne eines be-
dingenden Futurs erhalten, vgl. Diez, Gr.^ 59S ; auch im
älteren Daco-Rum. finden sich Reste dieser Bildung), Plusqpf.
Conj. (fungirt als Indicativ Plusqpf.!) und Part. Perf., in
dessen Form sich vielleicht zugleich das lat. Supinum erhalten
hat. Ausserdem pflegt in das Conjugationsschema einbezogen
zu werden das sehr beliebte Verbaladj. auf -toriu ;z. B. can-
fatoriu), welches in seiner Function ungefähr dem Part. Präs.
entspricht. 2. Die Bildung der periphrastischen Perfecte er-
giebt sich aus folgenden Beis])ielen : a) Periphrast. Perf. Ind.
amii [=z haheo) cascatu »ich habe gegähnt«; b^ Perf. Conj.^^/
\==ßam, Conj. zu sumü »ich bin«] cascatu: c' Plusqpf. Ind.
(neben der einfachen Form caacasonu aniü fosfü (Part. Prät.
zu ütimü »ich bin«) cascatu . dj Pluscjpf. Cow]. ßu fostü ca^catü.
ei Fut. I voiu (= *volio) cascd oder cascävoiu, in der älteren
Sprache auch amü == Jiabeo a cascä. £] Fut. exact. voiu fi
Diis liuraänische. 825
[= Jicri f. esse) cascd. g) Impf. Fut. Conditional; 1. aiiu
entstanden aus sie? cascd oder cascäreastii . 2. ai cascd oder
cascdreai, 3. arü cascd oder cascdrearü. PI. l amü cascd oder
cascdreamu, 2 «// ra^rä oder cascdreati, 3 ar«/ cffÄcä oder ca«-
cdrearü. h) Plusqpf. Fut. (Condit. Prät.) asiu ß cascatü. 3.
Die Umschreibung des Passivs erfolgt a durch die 3. P. PI.
verbunden mit dem conjunctiven Personalpron. z. B. me. te,
lu {ilu). ?ie, ve. li lauda = sie loben, d. i. mau lobt, mich,
dich ihn etc.; b) in reflexiver Weise, z. ]>. eu ?}ie laud = »ich
lobe mich« = »ich werde gelobt« : c durch simiu -\- Part. Prät.,
z. li. st/tnu 1audatü{a . 4. Personalendungen 1. Sg. -m
beharrt in sumu ^\ = stim + analogisches ii Aubildung an die
1. P. Sg. Präs. Ind. z. 1». arü = aro), Anbildung an sumü
ist amic f. habeo : auch der Ausgang -7nu der 1 . Sg. Impf. u.
Plusqpf. Conj. arämii. arasemii bemht wohl auf Anbildung
an sumü. falls man nicht vorzieht, anzunehmen, dass in
diesen Temporibus die 1. PI. zugleich als 1. Sg. fungire. Lat.
-0 in der 1. P. Sg. Präs. Ind. ist als -ü erhalten (meist frei-
lich nur in der Schrift, ausg. nach ^'ocal und nach Muta cum
liqu und ist auch auf die 1. Präs. Conj. übertragen \ßu =
ßam . Der Ausgang -/ der l. Sg. Perf. ist erhalten, z. B.
ardi. Das -s der 2. Sg. ist durchweg geschwunden, Ausgang
der 2. Sg. ist -i. sogar in esci = es. Ebenso ist das -t der
3. Sg. allenthalben abgefallen, ausgenommen in este = est, wo
f gleichsam zum Stamm gezogen worden ist [este Anbildung
an teme u. dgl. . Für die seltsame Bildung are f . habet fehlt
noch eine befriedigende Erklärung. Die Endungen -miis und
-fis der 1. und 2. PL sind als -mü und fi erhalten. Der Aus-
gang -?it der 3. PI. ist abgefallen, ausgenommen in suntü =
sunt: habent ergiebt au. ebenso -abant im Impf., z. B. aräu =
arabant, temeau = *timeabant. 5. Der Infinitiv bewahrt in der
Function als Verbalsubst. seinen Ausgang -re . sonst verliert
er denselben durchgängig, also ard[re], umplere\. fugi[re]. Be-
merkenswerth ist. dass der Inf. immer die Präp. a vor sich
1 Gewöhnlicher als sumü ist die schwer erklärbare Form siiit so dass
also 1. Sg. u. 3. PI. lautlich zusammenfallen ; nach L.\.MBRI0R in Revista
pentru Storia etc. I 37 ist shit Anbildung an eu vetid u. dgl., dage-
gen und mit gutem Grunde, AV. Meyer in Ztschr. f. rom. Phil. VIII 142.
Möglicherweise ist su)nü jünger als swt* dann würde wohl sumü Anbildung
an a»iM und nicht, wie oben angegeben, dieses Anbildung an sumü sein.
g26 l^^s Rumänische.
zu haben pflegt, selbst Avenn er syntaktisch von einer andern
Präp. abhängt, ö. Der Ableitungsvocal a hat sich ziemlich in
vollem Umfange bei den ursprünglichen ^-Verben erhalten
ausg. sind namentl. die l. und 2. '^^,. Präs.: arü. ari und
ist ausserdem in das Impf, der übrigen Verba eingedrungen:
temeamü ^ timeaham, *fugiamü = ^fugiaham . Im Gerundium
concurriren -indü (aus -andu) und -indu. Der Ableitungsvocal-e
ist erhalten in der I. und 2. PI. Präs. Ind. (wonach die
1. und 2. PI. Conj. analogisch gebildet und im Impf, der
ursprüngl. E- und starken Verba, auch mancher /-Verba, im
Impf, ist neben e noch a eingetreten : temeamü, s. oben. Ueber
das Perf. auf -ei s. unten. Das Ableitungs-e beharrt in der
1. und 2. P. PI. Präs.. im Impf. z. }i. fug tarn u, wo es je-
doch häufig durch e verdrängt ist, und im Perf. Ableitungs
-i und -e hat selten den vorausgehenden Stammconsonant be-
einflusst, geschehen ist es z. B. in vom = *volio, puiü = *pomo^
nicht geschehen dagegen z. B. in tuen = taceo. zacü =jaceo.
7. Flexionsbetonte und stammbetonte Formen ditferiren mehr-
fach in der Vocalisation , namentlich ist hervorzuheben , dass
stammhaftes a, au, o in den flexionsbetonten Formen zu a^
au^ a verdumpft, z. B. räscu , aber cascämu. S. Die Verba
der /-Klasse nehmen in den stammbetonten Fonnen des Präs.
meist die Inchoativverstärkung an, z. B. unesco, unesci. unesce,
wiimü, uniti, unescü ; ihrer Analogie folgen viele ursprünglich
zu anderen Classen gehörige oder abgeleitete oder auch aus
dem Slavischen übernommene Verba. 9. Eigenthünilich ist
dem Kumän. , dass zahlreiche Verba der ^-Conj. in den
stammbetonten Formen des Präsens die Verstärkung -edi- =
-ez- annehmen, z. B. ronsolezü, consolezi, consoleza, consohimü,
consolati. consol^za. Eine befriedigende Erklärung für diese
Bildung ist noch nicht gegeben; man ist versucht, sie ent-
weder mit der sonstigen Inchoativbildung auf -esc zu identi-
ficiren . was freilich lautlich höchst bedenklich ist , oder aber
an Einfluss der griechischen ^'erba auf -linr [l'L.ii'ikiv u. dgl.)
zu denken, was jedoch auch kaum angänglich sein dürfte.
10. Das Perf. zeigt im Plur. l u. 2 eigenthümlich erweiterte
Bildungen: cantäramu, cantärati, ebenso Sg. teinui^ PI.
femtiramü, Sg. prinsei \on p7-inde[re], V\. prinseramü, Sg. fugii,
PI. fugiramü. DiKz, Gr.* 595, meint, dass diese Formen dem
Das Rumänische. S27
lat. Plusqpf. entnoinmon seien, bemerkt aber freilicli zviu:leiili,
(lass diese Ilerleituu^j; nicht frei von Zweifel sei. Wahrschein-
lich dürfte es sein, in der 1. und 2. PI. Anbilduno;en an die
3. PI. zu erkennen, also ra/ifdramu, cantärati angebildet an
cantära (vgl. über diese Bildung Mussafia, in: Jahrb. f. rom.
u. engl. Spr. u. Lit. X 367 und W. Meyek . in: Ztschr.
f. rom. Phil. 1X224. 11. Die schwachen Hexionsbetonten
Perfectau Sgiinge in der 1. P. Sg. sind: -ai für die ^-Verba,
-// für die /-Verba, -lii für die ursprünglichen E- und zahl-
reiche frühere starke Verba. Die starke, d. h. stammbetonte,
Perfectbildung ist völlig aufgegeben, indem die ^'-Perfecta bis
auf wenig Keste im Macedo-Rum.) gänzlich geschwunden sind,
die Mi-Perfecta den Accent auf die Ableitungssylbe verschoben
und die ^/-Perfecta zwar ihr *■ bewahrt, an dasselbe aber den
betonten Ausgang -e/ angenommen haben, z. B. temiii = titnuij
prinsei, gleichsam *prensevi für *pre[he\nsi für pre/iendi. Beide
pseudostarke Bildungen haben eine weite Ausdehnung ge-
wonnen und namentlich die /-Perfecta an sich gezogen, z. B.
cindüi = vendidi, crezüi = credidi, respunsei = respondi. rupsei
= rupi. Die schwachen Ausgänge des Part. Prät. sind: -atü,
itii und -utü. letzteres für Verba mit dem Perf. auf -ui. Die
starken Ausgänge sind : -sü für Verba , deren Perf. auf -sei
ausgeht eine Ausnahme wird gleich erwähnt werden , z. B.
adausü v. Präs. adaugü^ Perf. adaiisei. plänsü v. Präs. plängu^
Perf. pUnsei: und -t für einige Verba, deren Stamm auf/) =
urspr. p oder urspr. c ausgeht, z. B. ruptü v. Präs. rumpü,
Perf. rupsei, coptü v. Präs. cocü, Perf. copsei. Die Mehrzahl
der Verba mit stammauslautendem c bildet indessen das Part,
sigmatisch, z. B. dusü für ductus . disü für dicttis, incinsü für
incinctus, i?ifielesü = inteUectus) .
Litteraturangaben:
a Grammatiken: S. KLEIN DE SzAD, Elementa liuguae daco-romanae
sive valachicae. "Wien IT8OI) — J. Molnar, Deutsch -wal, Sprachlehre.
"Wien 1788, 2 Ausg. Hennannstadt 1810 — Lectione etc. : Kleine rum.-
russ. Gramm. . Jassi 1789 — Alexi, Gramm, daco-rom. sive valachica.
"Wien 1S2G — MaudzELA, Grammatica russaska §i ruminiaseä. Petersburg
1S27, 3 Bde. »im reinsten Moldauisch geschrieben«. TiKTIN a. a. O., p. 103)
— Clemens, AValach. Sprachlehre. 2 Ausg. Hermannstadt 1830 — Glnku-
1; Nach gewöhnlicher Annahme die überhaupt älteste aller rumän.
Grammatiken .
82S Das Rumänische.
LüVx, Naoertanie pravih. valacho-niüldavskoi »rammatiki. Petersburg 1810
(»ein durch reichen Inhalt wie durch Verlässlichkeit der Angaben sehr em-
pfehlenswerthes Buch.« MiKLOsicn, 102, 70] — Eliade, Perscurtare de
grammaticä limbei romano-italianä. Buc. 1841 — BlazEwicz, Theoret.-
prakt. Gramm, der daco-rom. , d. i. der moldauisch-walachischen Sprache.
Lemberg u. Czernowitz 1844 (öfters in neuen Auflagen erschienen; —
Athanasescu, Theoret. -prakt. Gramm, der daco-rom. Spr. Lemberg u.
Czernowitz 1S44 — Cumpeam', Gramm, romäneascä. Jassi 184S — A. Popp,
Anleitung zur P^rlernung der rom. Spr. Teschen 1852 — ClP.\Riv, Elemente
de limbä romäna. Blasiu 1854, 2 Ausg. ebenda 1866 — Macakescu, Gramm,
rom. pentru classile primarie. 7 ed. Jassi 1858 — Hill, Gramm, limb. rom.
Buc. 1858; von demselben: Gramm, limb. lat. in comparatione cü limb.
rom. Buc. 1861 — Bakcianu, Theoret.-prakt. Gramm, der romän. Spr.
Hermannstadt 1S5S — Munteanv, Gramm, rom. Bra.sovu 1860 — V. MlR-
CEscü, Gramm, de la langue roumaine, precedee d'un apercu bist. s. la
langue roum. par A. Ubicinl Paris 1864 — Pimnvl, Gramm, d. rum. Spr.
f. Mittelschulen. Wien 1864, neue Bearbeitung von Isope.scul. Czemowitz.
1882 (»ein brauchbares Buch«. Miklosich 102, 73) — Gl.use, Leitfaden
d. rum. Spr. Galatz 1870 — *Cipariu, Gramm, limb. rom. t. I Analitica.
t. n Sintetica. Buc. 1870/77 (Publication der Societate academica zu Buka-
rest) — J. Massimi' , Pract. Gramm, der rom. Spr. nach Ahu-OUendortl's
Methode. Hermannstadt seit 1S"1 in verschiedenen Auflagen erschienen
(das Buch ist durchaus elementar u. selbst als Elementarbuch sehr mangel-
haft, ist aber immerhin unter den vielen praktischen Grammatiken des
Rumän., die meist alle gar nichts taugen, noch eine der relativ brauch-
barsten u. enthält mancherlei schätzbares Material. Es ist übrigens ein
trauriges Kennzeichen für den gegenwärtigen Stand der rumän. Grammatik-
litteratur, dass ein so unbeholfen dilettantisches Machwerk, wie das in Rede
stehende Buch, doch in bedingter "Weise empfohlen werden muss) — Xe-
GOCL\, Rum. Gramm. 3 Aufl. Berlad 1874 — De Poxtbriant, Rum.
Gramm. Buc. 1874 — Romaxescu, Rum. Gr. Buc. 1875 — Stilescu, Rum.
Gr. 20. Aufl. Buc. 1875 — Manliu, Rum. Gr. Buc. 1876 — Cioxca, Prakt.
Gramm, d. rum. Spr. Buc. 1S80 — 'Stkajan, Manual de gramm. limb.
rom. Partea 1 si 2 Fonetica si etimologia. Buc. 1881 ist vom rum. Unter-
riclitsministerium als Lehrbuch für die Secundärschulen empfohlen — B.
WoiTKO, Gramm, d. rum. Spr. AVien 1883.
Die allermeisten der oben angeführten Grammatiken (die Ausnahmen
sind kenntlich gemacht; können nicht nur nicht auch nur den Schatten
eines Schattens von Anspruch auf wissenschaftlichen AVerth erheben, son-
dern sind auch in praktischer Beziehung höchst unvollkommene Arbeiten.
Dringend zu wünschen wäre im Interesse der romanischen Philologie, dass
endlich einmal ein für Studierende, welche Rumänisch erlernen wollen,
bestimmtes Handl)uch der rum. Gramm, von einem wirklichen Kenner der
Sprache abgefasst würde. Möchte doch ein Ga.steu oder ein TlKTIN zu
dieser Arbeit sich herablassen, welche übrigens, so elementar sie auch
scheinen mag, doch keinesfalls leicht, jedenfalls aber hochverdienstlich
sein würde! Erst wenn ein solches Handbuch vorhanden sein wird, wird
Das Rumänische. ^29
auch der Docent der rumänischen Philologie seinen Zuhörern die Be-
schäftigung mit dem Kumänischeu angelegentlich empfehlen können, wäh-
rend gegenwärtig das Studium des Kumän. wegen der kläglichen IJe-
schaft'enheit der Hülfsmittel so mühevoll u. zeitraubend ist, dass man zu
demselben nur etwa denjenigen, welcher in die akademische Laufbahn
einzutreten beabsichtigt, veranlassen darf.
b Einzelschriften; « Zur Formenlehre : "A. Mussafi.\, Zur
rumän. FonnenL, in: Jahrb. f. rom. u. engl. Spr. u. Lit. X 360 — W.
Meyer, Ueb. die schwache Perfectbildung im Rum., in: Ztschr. f. rom.
Phil. IX 224. — S Zur Syntax: SloiCEscr si Calinescv , Manual de
sintaxa romana. Buc. 1879 — Ciparii", Suppliment la sintacticä. Despre
limba romänä. Blasiu 1S77 — H. TlKTix, Zur Stellung der tonlosen Pro-
nomina u. Verbalformen im Rumän. , in : Ztschr. f. rom. Phil. IX 590 —
A. de CraAC, Le type hoino-ilh iUe-bonus, in: Rom. Stud. IV 431 — M.
ScHrsTER, Der best. Artikel im Rumän, u. Albanesischen. Hermannstadt,
Programm des evang. GjTnnas. f. das J. 1882 83 — Lambriok, Ceva despre
conjunctivul romanesc behandelt mehr die Form als die Syntax des Conj.'s ,
in: Revistä pentru Storiä etc. I 37, vgl. Rom. XII 627 u. Ztschr. f. rom.
Phil. VIII 142 — y Zur Volkssprache: *U. Jarmk, Sprachliches aus
rumän. Volksmärchen. "Wien 187 7 Progr. der k. Unterrealschule , vgl.
Ztschr. f. rom. PhU. II 623.
§ S. B emerkungeii über die Geschichte der rumä-
nischen Litteratur.
1. Dass die rumänische Litteratur — das "Wort »Litteratun«
hier in seinem engeren Sinne verstanden — sich erst sehr
spät und überhaupt nur bei den Nordrumänen zu entwickehi
begonnen hat und dass sie bis jetzt über zwar höchst ehren-
■werthe. aber doch auch im Vergleich zu dem. was die grossen
westromanischen Nationen litterarisch geschaffen haben, nur
sehr bescheidene Anfänge nicht hinausgekommen ist, erklärt
sich zur Genüge aus den geschichtlichen Schicksalen des ru-
mänischen Volkes und darf diesem letzteren nicht im Mindesten
zur Unehre angerechnet werden.
2. Die Geschichte der rumänischen Litteratur lässt sich
in zwei Perioden zerlegen , von denen die erste etwa vom
Jahre 1577. in welchem zu Kronstadt das erste gedruckte ru-
mänische Buch, der Psalter des Coresi, erschien, bis etwa zum
Tode des fürstlichen Schriftstellers Dimitri Cantemir (1723)
sich erstreckt, die zweite aber mit den zwanziger Jahren dieses
Jahrhunderts anhebt und zu einem Abschlüsse noch nicht
gelangt ist. Aus diesen Angaben ergeben sich die beiden
bedeutsamen Thatsachen. dass eine mittelalterliche rumänische
830 I^^s Rumänische.
Litteratur nicht existirt — denn die wenigen rumiinisclien
Schriften, deren x'Vbfassung (ob mit Recht?) in das 15. Jahr-
hundert verlegt wird, sind, ihre Aechtheit angenommen, nur
Sprach- , nicht Litteraturdenkmäler — . und dass zwischen
beiden Litteraturperioden ein litteraturloses Jahrhundert (un-
gefähr mit der Zeit der Phanariotenherrschaft zusammenfallend
liegt. Es ist indessen auch hier das Wort »litteraturlos« nur
in seinem engeren Sinne aufzufassen , denn nur hinsichtlich
der Kunstdichtung, keineswegs aber hinsichtlich der Volks-
poesie war das 18. Jahrhundert beinahe völlig unfruchtbar.
3. Die Erzeugnisse der ersten Litteraturperiode sind
aesthetisch so ziemlich werthlos. denn sie bestehen fast ledig-
lich aus asketischen Schriften (manche davon überdies nur
Uebersetzungen oder Bearbeitungen fremdsprachlicher Originale)
und aus Chroniken. Als Sprachdenkmale sind diese "Werke
selbstverständlich sehr schätzbar , indessen ist doch bei ihrer
Ausbeutung für sprachgeschichtliche Zwecke kritische Vor-
sicht sehr von Nöthen , was insbesondere wieder von den
Uebersetzungen gilt (vgl. die trefflichen Bemerkungen Cihac's
in Rom. Stud. IV 467).
4. Für die neuere Litteratvu'periode sind vor Allem
charakteristisch das entschiedene Hervortreten der nationalen
Tendenz und zugleich das Streben nach Anschluss an den
Ideenkreis der westeuropäischen Culturvölker. Pflege haben
bis jetzt namentlich die Lyrik und der Roman gefunden.
Viele der betreffenden Dichter (z. B. Basil Alexandri, Kostaki
Konaki, Constantin Negruzzi, M. Eminescu u. A.) werden in
Rumänien mit Recht hochgefeiert und sind wenigstens dem
Namen nach auch dem Auslande bekannt. Dass trotzdem die
rumänische Litteratur noch keine universale Bedeutung besitzt
und mit ihren romanischen Schwestern sich noch nicht ver-
gleichen darf an Bedeutung und innerem Gehalte, ist begreif-
lich genug, und ebenso wird man es nur für sehr natürlich
finden, dass diese junge Litteratur zuweilen sehr sichtlich an
a\isländische Muster sich anlehnt.
5. Ungemein reich entwickelt und gehaltvoll ist die ru-
mänische ^'olksdichtung . für deren üppiges und glückliches
Gedeihen es gewiss sehr förderlich war, dass die Kunstdichtung
erst neuerdings die Freude an naivem Volkssange zu trüben
Das Kumiinischc. 831
begann. Jetzt freilich dürften die Tage der niniänisehen
\'olksbarden. der sog. »Id/ffan'.' , gezahlt sein und bakl ebenso
der \'ergangenheit angehören, wie die Tage der altfrz. Trou-
veres. ^ Wie selbstverständhch, besitzt die runiänisehe ^'ülks-
dichtung viel Gemeinsames mit derjenigen der benachbarten
ISlaven. Albanesen, Neugriechen und selbst auch Osmanen und
trügt in Folge dessen zum Theil einen von der Avesteuropäischen
\ olkspoesie abweichenden , mitunter bizarr und exotisch er-
scheinenden Charakter. Andrerseits muss aber sehr nach-
drücklich hervorgehoben werden , dass die rumänische Volks-
diclitung doch in einem inneren Zusammenhange mit der
westeuropäischen steht, indem sie vielfach die gleichen Stoffe
auf Grund der gleichen Quellen behandelt hat, so z. l^. die
Alexandersage . die Legende von Barlaam und Josaphat etc.
Es bildet in dieser Beziehung die rumänische Volkslitteratur
vermöge ihrer eigenthümlichen geographischen Stellung zwi-
schen Morgen- und Abendland und zwischen den verschiedenen
grossen Yölkerstämmen Europas ein höchst wichtiges Glied
in der giossen Kette der Weltlitteratur.
6. Die Rumänen des Königreichs sind alt als Volk, aber
jung als Nation. Mit ausdauernder Berhan'lichkeit haben sie
durch ernstes Streben nach den höchsten Gutem der Cultur
den unbestrittenen Besitz ihrer Nationalität, durch kühne
Tapferkeit auf dem Schlachtfelde die Freiheit ihres Staates
sich erstritten. Ein Volk , das so Grosses gethan , darf mit
stolzer Zuversicht von der Zukunft erhoffen . dass sie ihm in
jeder und also auch in litterarischer Beziehung die Ebenbürtig-
keit mit den älteren Culturnationen verleihen werde.
Li tteraturan gaben:
a, Handschriftliches, Inschriftliches, Bibliographisches
u. dgl.: G. TociLESCU, Kapport asupra cercetarilor istorice facute in biblio-
tecele din Russia. Buc. 1878 (»Bericht üb. rumän. Mss. des Fürsten
Cantemir, die sich in den Bibliotheken von Moscau und Petersburg be-
finden." Bibliogr. d. Ztschr. f. rom. Phil. 1878, No. ö.U; — Reichhaltiges
Handschriftenverzeichniss in Gaster's unten zu nennenden Buche über die
Volkslitteratur, p. .077 ft'.
1) Vgl. NyROP in der Rom. XIV 1-54: »11 serait a souhaiter que quel-
que jeune Roumain, diiment prepure et sans preoccupations ,latine3*, se
mit ä recueillir ce qui reste parmi le peuple de ces vieilles poesies : mais
il faut se häter, les bons ,lautari' se fönt rares.«
832 I'as Rumänische.
G. TociLESCU, Inschriften aus Rumänien, in: Archäologisch-epigraphi-
sche Mittheilungen aus Oesterreich von Benndorf und Hirschfeld 1879,
p. 40, und. Inscripfiune de la Schitul Verbila. Buc. 1878, vgl. Bibliogr.
d. Ztschr. f. rem. Phil. 1878, No. 529.
Bibliografia romana. Buletin mensual a librariei generale din Romania
§i a librariei romäne din streinatate. Buc. seit 1879, jährlich 12 Nummern.
— D. J.UICU, Bibliografia cronologica romana, sau catalog general de cartile
romäne imprimate de la adoptarea imprimeriei diun etate secolü XV päna
asta-di. Buc. 1873.
Zeitschriften s. oben S. 800 ; hier sei noch erwähnt: Fratilia intru
dreptate. Gazeta Romanilor de peste Balcanü. Buc, seit 1880 ob noch
erscheinend ■?.
b; Chrestomathien und Com pen dien: GusTi, Ritorica romana
Chrestomathie'. Jas.si 1852 — Cipariu, Crestomatia seu analecte litterarie
Bluj. 1858 (»enthält Lesestücke aus Druckwerken des 16 und 17. Jahr-
hunderts und zwar S. 1 bis 82 siebenbügische Drucke aus ersterem, S. 83
bis 140 siebenbürgisehe, 141 bis 203 walachische, 204 bis 248 moldauische,
249 bis 256 ausländische Drucke aus letzterem Jahrhundert.« TlKTlN, a.
a. O., p. 117 Anm.j — *PoPU, Conspect asupra literaturei romana si
scrietorilor ei de la inceput ^i päna asta-di. Buc. 1875/76 2 Bde. kurze
bio-bibliographische Skizzen mit Proben, vgl. Bibliogr. der Ztschr. f. rom.
Phil. 1875 76, No. 801; — *Gaster, Crestomatia romana soviel dem Verf.
der Encyclopädie bekannt, noch nicht erschienen, vgl. aber Rom. XIV 155). —
c; Zur Folk-Lore: *M. Gaster, Literatura populara romana. Buc.
1883 'hochbedeutendes Werk, das auch für die allgemeine Litteratur-
geschichte von grösster Wichtigkeit ist und von jedem Romanisten gelesen
werden sollte, vgl. die gehaltvolle und treulich orientirende Recension von
Kr. NvRor in Rom. XIV 149. Eine deutsche oder französische Ueber-
setzung ist im Interesse der Sache dringend zu wünschen — Siedietoria,
redigirt von J. Vl'LCanu. Budape.st 1877 iZeitsehrift ganz der Volks-
litteratur gewidmet, vgl. Bibliogr. d. Ztschr. f. rom. Phil. 1877, No. 637) —
Bibliotheca poporului Roman. CoUectiune de poesii vechi. Cantece vechi
ale poporului Roman. Din Psalmii hü Dositheiü mitropolitulü etc. Buc
1879 — Cartile poporänc ale Romanilor in secolul XVI in legatura cu
literatur'a poporana cea nescrisa Studiu de P. Hasueü. Buc. 1880. —
B. Alexaxdri, Poesii poporale. Balade Buc. 1853. 2 Bde. (der Heraus-
geber, selbst einer der namhaftesten rum. Dichter, hat die Volkspoesien
mitunter dem modernen Geschmack entsprechend umgestaltet, vgl. Rom.
XIV 154j. — Mariax, Poesii poporale romäne, adunate ^i intocmite. Cer-
naüti 1873/75, 2 Bde. — Pompiliu, Balade popolare romäne. Jassi 1870 —
M. Gorjean, Romänul glumet. Basme , legende , traditiuni populäre etc.
Buc. 1874, vgl. Bibliogr. d. Ztschr. f. rom. Phil. 1875 76, No. 823. —
Basme Romanilor, herausg. v. C. HiNT Uebersetzungen und üriginal-
abdrücke rum. Märchen in fiiegendon Blättern, Brasow seit 1879, vgl.
Ztschr. f. rom. Phil., Bibliogr. 1879, No. 952 — J. C. Fundescu, Litera-
tura populara. Buc. 1875 (Märchen, Glückwünsche, Possen und Räthsel mit
einer Einleitung von Hasdeu über Volkslitt. , vgl. Bibliogr. d. Ztschr. f.
Das Kumünischc. S33
rom. Phil. 1S75/T6, No. S22 — Paxu, Kuledzero de provurburi sau ]mvestea
vorbii. Buc. 1852/53, 3 Thle. — HlXTKscv, Proverbelc Komaniluru adunate
§i edate. Uuc. IST" — *TEül)üUKSCr, Ccrcetan asupra piuverbolorü romdne,
studiu critic si bibliografic. Buc. 1877, vgl. Bibliogr. d. Ztschr. f. rom.
Phil. 1877, No. 664 — *l8PmESCU , Snove sau povcsti populäre adunate
din gura poporului. 2. Ausg. Buc. 1879 — M. Gasteu, Das türkische
Zuckungsbuch in Rum., in: Ztschr. f. rom. Phil. IV 66, vgl. Archiv f. slav.
Phil. V. 469 -r CONTINESCU, Probe de limba ^i literatura Tsiganilor din
Jioniania. Buc. 1S7S.
Mari.\X, Ornitologia poporana romäna. Cernauti IH'^'.i. 2 Bde.
ScHWAKZi'ELD, Practica .si apropuirelc lui Cilibi Meise vestitul din tiara
romaneasca adunate si aranjate dupo materii si precedate de biografia lui
Cilibi Moise. Craiova 1883.
B. R. , Aus der Sagenwelt der siebenbürger ^Valachen, in : Augsburg.
AUg. Ztg. 1875, No. 156 Beilage.
*Akthi'R und Altert Schott, Walachische Mährchen. Stuttgart und
Tübingen 1845 (Uebersetzungen mit AverthvoUer Einleitung) — Rumän.
Volkspoesien, gesammmelt von Alexaxdri , übers, von W. v. Kotzebue,
Berlin 1857 — *M. Kremxitz. Rumän. Skizzen. Buc. 1877, (»meisterhafte
Uebersetzungen von Originalnovellen und Mährchen von Slavici, Negruzzi,
Gane, Odebescu u. A.« Bibliogr. d. Ztschr. f. rom. Phil. 1877, No. 658),
und: Rumänische Mährchen , übers, von M. K. Leipzig 1882 — Vizolt,
Sprüch-wörter des rumän. Volkes gesammelt und übersetzt. Pancsova 1883.
d, Von Monographien über die rumän. Kunstdichtung sind dem Verf.
der Encycl. leider nur folgende wenige bekannt geworden : H. Klein, Zur
Litt, der Rumänen, in: Mag. f. Lit. des In- und Auslandes 1880, No.
2 u. 3 — C. Schrattenthal, Zur Gesch. der rum. Litt. u. des rum.
Theaters, in: Deutsche Monatsblätter 11 Heft 4, Januar 1879 (Bremen, —
A. M.\RKI, Rum. Schriftsteller aus dem Komitat Bihar, in: Hist. Ztschr.
N. F. XIV 181 — BlANL-, Poesia satirica la Romäni. Buc. 1881. Vgl. S. 834.
Noch sei hier erwähnt, weil anderwärts ein passender Platz sich nicht
bot: Roque-Ferrier , La Roumanie dans la litt, du midi de la France,
in: R. d. 1. r. 3 s. VI 143.
e) Einige Ausgaben: Codrescu, üricariul cuprindetor de Crisove
etc. Jassi 1851/76. 6 Bde. Andere Urkundensammlungen s. oben S. 795 —
Ueber HasdeVs Cuvente din bäträni s. oben S. 795 — *M. Copulniceanv,
Cronicele Romäniei sau Letopi^itele Moldaviei si Valachiei. 2 Ausg. (mit
Tafeln zur Uebersicht der rum. Geschichte von 1766 bis 1866;. Buc. 1*^72 74.
3 Bde. — G. Urechi, Chronique de Moldavie depuis le milieu du XIV s.
jusqu' ä l'an 1594. Texte roumain avec traduct. frcse etc. par E. Picüt,
Paris 1878 — Psaltirea publicata romänesce la 1577 de Diaconulü Coresi.
Neue Ausg. mit bibliogr. Apparate u. Glossar von P. HasDEU, Buc. 18$0/S1,
2 Bde. — DcsoETElu, Psaltirea in versuri. Jassi 1673 ;erstes rum. Litteratur-
denkmal in rliythmischer Form) — Dottrina christiana tradotta in lingua
valacha dal padre ViTO PiLUTIO DE ViGNANELLO. Rom. 1677 — Conser-
viciu divinu care contine mai multe rogaeiuni si cantari de la inserare,
manicare §i liturghie. Buc. 1881 — Gaster, Texte romane inedite din
Körting, Encyklopfidie d. rom. Phü. HL 53
834 Das Rumänische.
secolo XVII in : Rev. pentru Storia etc. I 74, und : Die rum. Condemnatio
uvae, in : Ztschr. f. rom. Phil. lU 399 — [Teodorescu , Viata si operile
lui Eufrosinü Patec, in; Rev. pentru Storia etc. 11. 1.]
Zur Aufstellung eines dem Zwecke dieses Buches entsprechenden Ver-
zeichnisses über die neurum. Litteratur fehlte dem Verf. leider das er-
forderliche bibliographische Material. •;
Nachtrag. Zu c) : *K. Nyrop , Romanske Mosaiker. Kopenhagen
1885 (besonders Kap. 4) — Rumänische Dichtungen, deutsch von Carmen
Sylv.\, herausg. von M. Kremxitz. Leipzig 1881. — Zu e) : Sbiera, Co-
dicele Veronetean cu un vocabulariü §i studiü asupra lui. Czemowitz 1885,
vgl. Literaturbl. f. germ. u. rom. Phil. 1886 April.
Schlusswort.
So lückenhaft die den einzelnen Abschnitten dieses Werkes
beigefügten bibliographischen Angaben auch immer sein mögen,
so dürfte doch immerhin aus ihnen zu ersehen sein, dass auf
dem Gebiete der romanischen Philologie bereits Vieles und
Bedeutendes geleistet worden ist. Gleichwohl bleibt noch
Vieles, auf einigen Einzelgebieten selbst beinahe noch Alles
zu thun übrig, so dass also der künftigen Forschung und Dar-
stellung ein noch weiter Raum zur liethätigung offen und frei
vorliegt. Auf die in den Einzelgebieten klaffenden Lücken
der bisherigen Behandlung wurde an geeigneten Stellen bereits
hingewiesen, hier aber werde auf etwas aufmerksam gemacht,
was das Allgemeine betrifft. Für über das Gesammtgebiet
sich erstreckende Untersuchungen fehlt es noch sehr an Unter-
lagen , an übersichtlichen Zusammenstellungen des Materiales
und der einschlägigen Litteratur. Wer beispielsweise gegen-
wärtig eine bestimmte Laut- oder Form- oder Wortentwickelung
durch alle romanischen Idiome verfolgen will, muss sich die er-
forderlichen Einzeldaten mühselig selbst zusammensuchen, wo-
bei ihm stets die Gefahr droht, in Folge der Mangelhaftigkeit
der ihm zu Gebote stehenden Hülfsmittel Vollständigkeit nicht
1) Aus dem gleichen Grunde konnte auch ein Paragraph über rumän.
Rh)-thmik nicht gegeben werden.
Schlusswort. S35
erreichen zu können. In Dikz' Grammatik und Wörterbuc-li
sind ja allerdings die llauptdaten für die Si)raehgeschichte
bereits zusammengestellt, aber im Einzelnen fehlt Vieles (und
niuss Vieles fehlen' , dessen die heutige Forschung bedarf.
Es sei z. B. daran erinnert, dass Die/, das Käto-Romanisclie und
die italienischen Dialecte nur gelegentlich berücksichtigt hat
und berücksichtigen konnte , aber gerade diese Idiome sind
fiir die vorwärts strebende sprachliche Forschung von höchster
Wichtigkeit. Und ähnliche Bemerkungen Hessen in Fülle sich
machen. Ueberdies ist es ja selbstverständlich, dass Diez' Werke
dem gegenwärtigen Standpuncte der vorgeschrittenen Wissen-
schaft nicht voll und ganz zu entsprechen vermögen ; nament-
lich gilt dies von der in der Gramm, gegebenen Lautlehre,
die allzusehr nur liuchstabenwandellehre ist. Es scheint dem-
nach, dass CS für die Förderung der roman. Philologie sehr
nutzbringend sein könnte, wenn einmal etwa die folgenden
Materialienzusammenstellungen gemacht würden :
a) für die Lautlehre: tabellarische, nach lautphysiolo-
gischen Grundsätzen geordnete Uebersicht der verschiedenen
Erscheinungsformen, in denen die einzelnen lateinischen, bzw.
germanischen, arabischen, slavischen etc. Laute und Laut-
combinationen in den romanischen Einzelsprachen und wich-
tigeren Dialecten sich darstellen.
b; für die Formenlehre: tabellarische Uebersicht der
verschiedenen Gestaltungen, in denen die lateinischen Wort-
flexionsformen, in Sonderheit diejenigen des Verbums, in den
romanischen Einzelsprachen und wichtigeren Dialecten sich
darstellen, wobei selbstverständlich auch die durch Formen-
schwund entstandenen Lücken und ebenso die eingetretenen
Kedeutungsverschiebungen der Formen anzugeben sein würden,
nicht minder auch die verschiedenen Ersatzweisen der auf-
gegebenen lat. Formen.
c) für die Syntax: tabellarische Uebersicht der in den
roman. Einzelsprachen und wichtigeren Dialecten üblichen
Ausdrucksweisen der IJeziehung-en zwischen den einzelnen
Satzgliedern und zwischen den logisch zu einer Periode ver-
bundenen Sätzen: vorauszuschicken wäre eine Uebersicht über
die syntaktischen Functionsbereiche der einzelnen im Roma-
nischen vorhandenen Wort- und Wortformenkategorien, wobei
53*
!536 Schlussvrort.
sowohl das Schriftlatein als auch, soweit dies möglich, das
Volkslatein zu vergleichen sein würde.
d) für die Wortlehre: a) Zusammenstellung derjenigen
lat. Worte, welche in alle roman. Sprachen auf volksthüm-
lichem Wege übergegangen sind, mit Angabe der betr. verschie-
denen romanischen Lautgestaltungen und der etwa eingetrete-
nen l^edeutungswandelungen, wenn möglich auch mit Berück-
sichtigung der verschiedenen Entwickelungsperioden wenigstens
der wichtigeren Einzelsprachen, ß) Zusammenstellung der lat.
Worte, welche nur in einzelne romanische Sprachen und wich-
tigere Dialecte, bzw. nur in eine(n) derselben auf volksthüm-
lichem Wege übergegangen sind. /) Zusammenstellung der
in alle roman. Sprachen übergegangenen germanischen Worte
mit Angabe der verschiedenen Lautgestaltungen derselben und
der etwa eingetretenen Bedeutungswandelungen, d] Zusammen-
stellung der nur in einzelne, bzw. in eine rom. Sprache(n)
übergegangenen germanischen Worte, e] Zusammenstellung
der auf volksthümlichem Wege , sei es durch Yermittelung
des Lateins, sei es anderswie in alle oder einzelne oder eine
romanische Sprache übergegangenen griechischen Worte, l) Ta-
bellarische Uebersicht über den Umfang und die Art der An-
wendung der lateinischen Wortbildungssuffixe in den roman.
Einzelsprachen und wichtigeren Dialecten. r;) Eine ebensolche
Uebersicht über die germanischen Suffixe. ^) Tabellarische
Uebersicht über Umfang und Art der Eildung von Compositen
•Juxtapositen in den romanischen Einzelsprachen und wich-
tigeren Dialecten.
Bei der Ausführung der angegebenen Arbeiten würde es
gelten, sich auf das rein Thatsächliche und zweifellos Fest-
stehende zu beschränken, also alles Zweifelhafte und Proble-
matische auszuschliessen oder doch nur einfach als solches zu
registrieren, etwa mit Beifügung eines Fragezeichens. Fs
müssten eben diese Arbeiten nur Materialzusammenstellungen
sein, wekhe anzustellenden Untersiichungen als Grundlage zu
dienen, nicht aber selbst Untersuchungen in sich zu schliessen
bestimmt sind, vergleichbar den statistischen Tabellen, welche
dem Nationalökonomen die Unterlagen für die Entwicklung
seiner Theorien abgeben. Es Avürden recht nüchterne und in
gewissem Sinne sogar mechanische, wenn auch keineswegs
Schlusswort. 837
leichte Arbeiten sein und dennoch gewiss sehr verdienstliche.
So lange sie fehlen . wird die Forschung vielfach auf unzu-
reichendem und unsicherem Hoden sich bewegen und nament-
lich auch mehr oder weniger der kritischen Controle ent-
zogen sein.
Auch für die Litteraturgeschichte wären über das Ge-
sammtgebiet der roman. Philologie sich erstreckende Zusammen-
stellungen von Materialien sehr wohl ausführbar und gewiss
wünschenswerth. Namentlich würde die \'ervollstiindigung der
schon vorhandenen Bibliographien anzustreben sein.
DiEz, der Begründer der romanischen Philologie, be-
herrschte und bearbeitete das Gesammt gebiet der von ihm
ins Leben gerufenen "Wissenschaft. Dem Meister gleich-
zukommen ist selbstverständlich nur wenigen auserwählten
seiner unmittelbaren und mittelbaren Schüler vergönnt ge-
wesen, aber ihm gleichzukommen haben doch alle diejenigen
gestrebt, welche wirklich wissenschaftliche Ziele verfolgten
und im Studium nicht bloss ein Mittel und einen Durchgang
zum Broterwerb erblickten. Möge dies Streben nach Be-
hen'schung des Gesammtgebietes auch fernerhin lebendig blei-
ben im Kreise der romanischen Philologen 1 Nur dann wird
auch auf den Einzelgebieten weiterer Fortschritt möglich sein,
denn nur aus dem Ganzen wird das Einzelne erkannt.
Berichtigungen.
S. Ol Z. 15 V. o. statt Bo'if lies Baif.
S. 64 Z. 22 V. u. statt Pelissot lies Pelissoli.
S. "3 Z. 15 V. u. statt des Sinnes lies dem Sinne.
S. 80 Z. 14 V. o. statt Courier lies Courrier.
S. 112 Z. 10 V. u. statt guardat : ahnet lies guardat : guardet.
S. 114 Z. 10 V. o. statt integram lies inte gram.
S. 115 Z. 3 V. u. statt bergier lies bregier.
(S. 136 Z. 26 V. u. Das Buch von Thommerel erschien 1S41.)
S. 139 Z. 15 V. u. statt on lies oU.
S. 139 Z. 8 V. u. statt Veiter lies Victor.
S. 175 Z. 6 V. o. statt die -lies das.
S. 175 Z. 13 V. o. statt pouce lies ponce.
S. 178 Z. 17 V. u. statt lateinischen lies lateinische.
S. 183 Z. 19 V. u. streiche sich (sachlich werde bemerkt, dass hin-
sichtlich des Nominativ-s das Sardische dem Provenzalischen und Altfran-
zösischen keineswegs gleichgestellt werden darf, wie dies nach dem nicht
ganz vorsichtigen Ausdrucke auf der angegebenen Seite scheinen könnte,
denn nur wenige Substantive zeigen Nominativ-s oder bekunden sich sonst
als aus dem Nominativ entstanden, vgl. Hofmann, Die logudoresische und
campidanesische Mundart. Marburg 1885, p. 125).
S. 192 Z. 5 V. o. statt chantorem lies Cantorem und nach seigneur
schiebe ein = seniorem.
S. 192 Z. 7 V. o. statt = majeur lies = majorem.
S. 192 Z. 14 V. u. statt (cieux) lies (cielsj.
S. 192 Z. 11 V. u. statt chevau lies cheveu.
S. 198 Z. 12 V. o. lies: Neutr. sg. c. r. il und cas. obl. le.
S. 203 statt § 11 setze § 11^ und dem entsprechend S. 204 § 11»^.
S. 226 Z. 13 V. o. statt 'l setze A.
S. 229 Z. 5 V. u. statt veranlasste lies veranlasster.
S. 252 Z. 2 V. u. im Texte statt Ayrer lies Ayer.
S. 282 Z. 5 V. u. im Texte: statt en lies un.
S. 301 Z. 13 V. u. statt de lies des.
S. 319 Z. 1 V. o. statt Viallet lies Viollet.
S. 336 Z. 2 V. u. im Text statt G. KÖRTING lies H. KÖRTING.
S. 350 Z. 24 V. u. statt Grevin lies Grevin.
S. 367 Z. 5 V. o. statt Jürgens lies Jürging.
S. 430 Z. 24 V. u. statt A^'ildremuth lies Wildennuth.
S. 447 Z. 14 V. o. statt agran lies agron.
S. 472 Z. 8 V. o. statt Roland lies Girartz.
S. 535 Z. 18 V. u. im Text statt Diable lies Diablo (ebenso S. 537
Z. 5 V. u. und S. 554 Z. 8 v. o.).
S. 716 Z. 12 V. u. statt Allighiere lies Allighieri.
S. 734 Z. 4 V. o. statt MiNoi.A lies Minoia.
S. 738 Anm. Das dort erwähnte Autograph Petrarca's ist ganz neulich
wirklich aufgefunden worden, vgl. Münchener Allg. Ztg. vom 7. Juni 1S86.
S. 742 Z. 12 V. o. statt 159S lies 149S.
S. 748 Z. 6 V. o. statt scritto lies scritta.
S. 756 Z. 12 V. u. statt Komnisclien lies llomanischen.
S. 808 ff. Da die von Tiktin gebrauchten Typen für gutturales a und
i der Druckerei, wenigstens tlieilwcise, felilten, so mussten dafür a und i
gesetzt werden. Ein wesentlicher Nachtlieil dürfte daraus nicht entstanden
sein, da sich ja leicht erkennen lässt, wann ? den gutturalen und wann es
den semisonen Laut bezeichnet.
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