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Full text of "Encyklopaedie und Methodologie der romanischen Philologie mit besonderer Berücksichtigung des Französischen und Italienischen"

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ENCYKLOPAEDIE  UND  METHODOLOGIE 

DER 

ROMANISCHEN  PHILOLOGIE. 

DRITTEK  THEIL. 


ENCYIvLOPAEDIE  UND  METHODOLOGIE 


DER 


ROMANISCHEN  PHILOLOGIE 

MIT  BESONDERER 

BERÜCKSICHTIGUNG  DES  FRANZÖSISCHEN  UND 
ITALIENISCHEN 


VON 


GUSTAV  KÖRTING. 


DRITTER  THEIL. 

DIE  ENCYKLÜP.\EDIE  DER  ROMANISCHEN 
EINZELPHILOLOGIEN. 


HEILBRONN, 

VERLAG  VON  GEBR.  HENNINGER. 
1S86. 


Druck  von  Breitkopf  &  Härtel  in  Leipzig. 


SEINEM  LIEBEN  BRUDER  UND  COLLE(^tEN 

HEINRICH  KÖRTING 

IN  LEIPZIG 


DER  VERFASSER. 


Vorwort. 


Indem  ich  hiermit  den  dritten  und  letzten  Theil 
meiner  Encyklopädie  der  OefFentlichkeit  übergebe,  thue 
ich  es  mit  dem  Wunsche,  dass  derselbe  die  gleiche 
wohlwollende  Beurtheilung  und  freundliche  Aufnahme 
finden  möge,  wie  sie  den  beiden  früheren  Theilen  er- 
wiesen worden  sind.  Es  würde  mir  dies  der  schönste 
Lohn  für  meine  Arbeit  sein,  die  wahrlich  keine  leichte 
gewesen  ist. 

lieber  die  Anordnung  und  den  Inhalt  meines  Bu- 
ches zu  sprechen,  erachte  ich  für  überflüssig.  Ich  be- 
gnüge mich  mit  der  Bemerkung,  dass  ich  eine  En- 
cyklopädie der  romanischen  Einzelphilologien,  nicht 
aber  eine  Reihe  von  Compendien  der  Grammatik  und 
Litteraturgeschichte  der  romanischen  Einzelsprachen 
habe  schreiben  wollen.  Daraus  ergiebt  sich,  dass  ich 
mich  auf  die  Zusammenfassung  dessen  beschränken 
musste,  was  mir  innerhalb  der  behandelten  Gebiete 
als  das  Wichtigste  erschien. 

Die  bibliogTaphischen  Angaben  wollen  und  kön- 
nen auf  Vollständigkeit  keinen  Anspruch  erheben,  aber 
ich  hoffe,  dass  man  in  ihnen  alles  Nöthige  in  leidlich 


YjII  Vorwort. 

Übersichtlicher  Form  zusammengestellt  finden  wird. ') 
Dass  ich  nicht  jedem  und  jeder  der  angeführten 
Bücher  und  Schriften  —  ihre  Gesammtzahl  dürfte  sich 
auf  mehrere  Tausende  belaufen  —  eine  kritische  Be- 
merkung habe  beifügen  können,  ist  selbstverständlich, 
doch  wird  eine  solche  Bemerkung  oder  der  Hinweis 
auf  eine  Recension  in  wichtigeren  Fällen  wol  nur  sel- 
ten vermisst  werden. 

Die  von  mir  bemerkten  Druckfehler  habe  ich  an 
geeigneter  Stelle  verzeichnet.^) 

Bei  dem  Sammeln  und  Ordnen  des  bibliographi- 
schen Materiales  haben  mich  zahlreiche  frühere  und 
gegenwärtige  Zuhörer,  meist  Mitglieder  des  hiesigen 
romanisch-englischen  Seminares  oder  des  neuphilologi- 
schen Vereines,  freundlichst  unterstützt,  wofür  ich  ihnen 
meinen  herzlichsten  Dank  ausspreche. 

Die  von  Herrn  cand.  phil.  Bernkopf  zusam- 
mengestellten Indices  über  sämmtliche  drei  Theile  der 
Encyklopädie  werden  als  besonderes  Heft  demnächst 
erscheinen. 

Münster  i.  W.,  den  22.  April  1886. 

G.  Körtiiis:. 


1)  Mit  der  nach  dem  Inhaltsverzeichnisse  gegebenen  »Uebersicht  über 
die  Litteraturangabcn"  sind  »Nachträge»  zu  denselben  verbunden, 
welche  ich  zu  beachten  bitte. 

2  Einige  seien  gleich  hier  berichtigt,  so  vor  Allem  einer,  der  zur 
Missdeutung  Anlass  geben  könnte :  S.  336  Z.  2  v.  u.  im  Texte  ist  statt 
G.  KÖRTING  zu  lesen  H.  Körting.  Ferner:  S.  198  Z.  12  v.  o.  ist  zu 
lesen  Neutr.  Sg.  c.  r.  ü  und  c.  o.  le\  S.  192  Z.  7  v.  o.  statt  =  majeur 
lies  major[em],  ebenda  Z.  14  v.  u.  statt  (neben  cieux]  lies  (neben  cieh), 
ebenda  Z.  11  v.  u.  statt  cJievau  zu  lesen  cheveu;  S.  472  Z.  8  v.  o.  statt 
lloland  zu  lesen  Girartz. 


Inhaltsverzeichniss. 


Erstes  Buch. 
Das  Frnuzösische. 

Einleitung.  §  1.  Der  territoriale  Umfang  Frankreichs  1  —  §  2.  Die 
territoriale "  Eintheilung  Frankreichs  4  —  §  3.  Die  Bevölkerung  Frank- 
reichs 9  —  §  4.  Das  Studium  der  Geschichte  Frankreichs  23. 

Erstes  Kapitel.  Das  Sprachgebiet  des  Französischen. 
§  1.  Die  Bestandtheile  des  französischen  Sprachgebietes  31  —  §  2.  Die 
Begrenzimg  des  Französischen  innerhalb  Frankreichs  34  —  §  3.  Die  Zahl 
der  französischen  Redenden  39. 

Zweites  Kapitel.  Geschichte  der  französischen  Sprache. 
§  1.  Die  Perioden  der  französischen  Sprachgeschichte  40  —  §  2.  Die  Ent- 
stehung des  Französischen  42  —  §  3.  Das  Altfranzösische  50  —  §  4.  Das 
Mittelfranzösische  57  —  §  5.  Das  Neufranzösische  61. 

Drittes  Kapitel.  Geschiclite  der  französischen  Philologie. 
§  1 .  Die  französische  Philologie  vor  Raynouard  und  Diez  67  —  §  2.  Die 
französische  Philologie  seit  Raynouard  und  Diez  73  —  §  3.  Die  französische 
Philologie  und  der  französische  Unterricht  auf  den  deutschen  höheren 
Schulen  Sl . 

Viertes  Kapitel.  Die  Dialecte  des  Französischen.  §  1.  Die 
altfranzösischen  Dialecte  88  —  §  2.  Die  neufranzösischen  Dialekte  95. 

Fünftes  Kapitel.  Die  Laute.  §  I.  Der  Lautbestand  des  Neu- 
französischen 104  —  §  2.  Der  "Wortaccent  inj  Neufranzösischen  106  — 
§  3.  Die  Vocalquantität  im  Neufranzösischen  107  —  §  4.  Die  phonetische 
Wortverbindung  (Liaison)  108  —  §  5.  Die  gegenwärtige  Aussprache  des 
Französischen  109  —  §  6.  Bemerkungen  über  das  Verhältniss  des  neufran- 
züsischen  Lautsystems  zu  dem  Lat.  111.  I.  Der  Einfluss  des  "Wortaccentes 
auf  die  Lautentwickelung  111.  IL  Die  Entwickelung  der  einzelnen  Laute. 
A.  Der  Vocalismus  113.  B.  Die  Liquidae  115.  C.  Die  Explosivae  und 
Spiranten  116.    D.  Die  Kehlkopfgeräusche  122.    E.  Schlussbemerkungen  123 

—  §  7.    Bemerkungen   über  die  Lautverhältnisse  des  Altfranzösischen  124 

—  §  S.  Verhältniss  der  französischen  Schrift  zu  den  Lauten  126  —  §  9.  Lit- 
teraturangraben  134. 


X  Inhaltsverzeichniss. 

Sechstes  Kapitel.  Die  AVorte.  §  1.  Der  AVortbestand  140  — 
§  2.  Die  Wortbildunof  150  —  §  3.  Die  "Wortzusammensetzung  Composita, 
Juxtapositai  155  —  §  4.  Die  Synonyme  161  —  §  5.  Litteraturangaben  163. 

Siebentes  Kapitel.  Die  Wortformen  und  die  Wortform- 
umschreibungen. §  1.  Das  Genus  der  Substantiva  172  —  §  2.  Die 
l^eclination  der  Substantiva  im  Altfranzösischen  180  —  §  3.  Die  Declination, 
bzw.  die  Pluralbildung  der  Substantiva  im  Neufranzösischen  1111  —  §  4.  Die 
Femininbildung  der  Adjectiva  194  —  §  5.  Declination  und  Pluralbildung 
der  Adjectiva  196  —  §  7.  Die  Personalpronomina  197  —  §  8.  Das  Reflexiv- 
pronomen 199  —  §  9.  Die  Possessivpronomina  199  —  §  10.  Die  Demon- 
strativpronomina 202  —  §  11*.  Die  Kelativpronomina  203  —  §11''.  Die 
Interrogativpronomina  204  —  §  12.  Die  indefiniten  Pronomina  —  §  13.  Die 
Numeralien  206   —    §  14.  Uebersicht  der  Formenkategorien  des  Verbs  207 

—  §  15.  Die  Hauptgesetze  der  Formenbildung  des  Verbs  208.  A.  Starke 
und  schwache  Formen  208.  B.  Die  Personalendungen  213.  C.  Die  Be- 
handlung des  Stammvocals  214.  D.  Die  Behandlung  des  Ableitungs- 
vocales  216.  E.  Das  Wirken  der  Analogiebildung  218.  F.  Verbale  Satz- 
doppelformen 219  —  §  16.  Die  Bildung  des  Infinitivs,  des  Futurs  und  des 
Conditionals  219  —  §  17.  Die  Bildung  des  Particips  Präsentis  und  des  Ge- 
rundiums 222  —  §  18.  Die  Bildung  des  Präsens  Indicativi  223.  A.  Die 
Bildung  der  schwachen  Formen  223.    B.  Die  Bildung  der  starken  Formen  225 

—  §  19.  Die  Bildung  des  Conjunctivs  Präsentis  234  —  §  20.  Die  Bildung 
des  Imperativs  Präsentis  236  —  §  21.  Die  Bildung  des  Indicativs  Imper- 
fecti  236  —  §  22.  Die  Bildung  des  Perfects  Indicativi  238.  A.  Die 
schwache  Perfectbildung  238.  B.  Die  starke  Perfectbildung  238.  I.  Ueber- 
sicht über  die  starken  Perfecta  238.  II.  Bemerkungen  über  die  starke  Per- 
fectbildung 240.  C.  Unorganische  Bildungen  243.  1).  Bildung  der  Perfecte 
der  Composita  von  dare  243  —  §  23.  Die  Bildung  des  Conjunctivs  Plus- 
quamperfecti  (Imperfecti;  244  —  §  24.  Die  Bildung  des  Particips  Per- 
fecti  244  —  §  25.  Die  einförmigen  Wortclassen  247.  A.  Die  Adverbien  247. 
B.  Die  Präpositionen  249.  D.  Die  Conjunctionen  250.  D.  Die  Interjec- 
tionen  251  —  §  26.  Litteraturangaben  251. 

Achtes  Kapitel.  Satzbau  und  Stylistik.  §  1.  Bemerkungen 
über  den  Charakter  des  französischen  Satzbaucs  —  §  2.  Bemerkungen  über 
den  syntaktischen  Gebrauch  der  Wortkategorien  260  —  §  3.  Bemerkungen 
über  den  syntaktischen  Gebrauch  der  Wortformen  262  —  §  4.  Bemerkungen 
über  den  Ausdruck  der  syntaktischen  Verhältnisse  266  —  §  5.  Bemerkungen 
über  die  Congruenz  der  Satztheile  268  —  §  6.  Bemerkungen  über  die  Wort- 
stellung 269  —  §  7  Bemerkungen  über  die  Satzverbindung  271  —  §  8.  Be- 
merkungen über  den  Styl  272  —  §  9.  Litteraturangaben  273. 

Neuntes  Kapitel.  Die  Rhythmik.  Vorbemerkung  278  —  §l.Die 
Sylbenzählung  279   —   §  2.  Der  Hiatus  281    —   §  3.  Die  Versstructur  281 

—  §  4.  ])ie  Structur  des  achtsylbigen  Verses  283  —  §  5.  Die  Structur  des 
zehnsylbigen  Verses  284  —  §  6.  Die  Structur  des  zwölfsylbigen  Verses 
(Alexandriners  286  —  §  7.  Der  Reim  290  —  §  8.  Die  rhythmischen  Vers- 
complexe  295  —  §  9.  Feste  Dichtungsfomien  oder  Gedichte  fester  Form  296 


Inhaltsverzeichniss.  XI 

—  §  lU.  Bemerkungen  über  die  poetische  Sprache  207  —  §  11.  Litteratur- 
nngaben  290. 

Zehntes  Kapitel.  Litteraturgeschichte.  §  1.  Eintheilung  der 
frauzösischen  Litteraturgeschichte  302  —  §  2.  3,  4.  Litteraturangaben  s.  die 
l' ebersieht  über  dieselben !  3u.i  —  §  5.  Uebersicht  über  die  Geschichte  der 
französischen  Litteratur  3ii7. 

Zweites  lUich. 

Erstes  Kapitel. 
Das  Proveuzalische. 

§  1.  Bemerkungen  über  das  Gebiet  und  die  Geschichte  des  Proven- 
zalischen  422  —  §  2.  Bemerkungen  über  die  Geschichte  der  provenzali- 
schen  Philologie  ■VlG  —  §  3.  Bemerkungen  über  die  Dialekte  des  Proven- 
zalischen  431  —  §  4.  Bemerkungen  über  die  Laute  des  Provenzalischen 
43S    —    §  5.    Bemerkungen  über  den  AVortschatz  des  Provenzalischen  441 

—  §  6.  Bemerkungen  über  die  Flexion  und  Syntax  des  Provenzalischen 
443  —  §  7.  Bemerkungen  über  die  altprovenzalische  Rhythmik  449  — 
§  S.  Bemerkungen  über  die  Geschichte  der  provenzalischen  Litteratur  454 

—  §  9.    Litteraturangaben  zur  provenzalischen  Litteraturgeschichte  460. 

Ziveites  Kapitel. 
Das  CataLiuische. 

§  1.  Das  Gebiet  des  Catalanischen  479  —  §  2.  Bemerkungen  über 
die  Geschichte  des  Catalanischen  4So  —  §  3.  Bemerkungen  über  die  Ge- 
schichte der  catalanischen  Philologie  4*52  —  §  4.  Bemerkungen  über  die 
Dialecte  des  Catalanischen  4S4  —  §  5.  Bemerkungen  über  den  "Wortschatz 
des  Catalanischen  4S5  —  §  6.  Bemerkungen  über  die  Laute  des  Catalani- 
schen 4S5  —  §  7.  Bemerkungen  über  die  AA'ortformen  des  Catalanischen 
4S7  —  §  S.  Bemerkungen  über  die  Geschichte  der  catalanischen  Litteratur 
491  —  §  9.  Litteraturangaben  494. 

Drittes  Kapitel. 
Das  Spanische. 

§  1.  Das  Gebiet  der  spanischen  Sprache  501  —  §  2.  Bemerkungen 
über  die  Geschichte  der  spanischen  Sprache  502  —  §  3.  Bemerkungen  über 
die  Geschichte  der  spanischen  Philologie  506  —  §  4.  Bemerkungen  über 
die  Dialecte  des  Spanischen  509  —  §  5.  Bemerkungen  über  die  Laute  des 
Spanischen  510  —  §  6.  Bemerkungen  über  den  "Wortbestand  des  Spani- 
schen 514  —  §  7.  Bemerkungen  über  den  Formenbau  und  die  Syntax  des 
Spanischen  516  —  §  8.  Bemerkungen  über  die  spanische  Rhythmik  527  — 
§  9.  Bemerkungen  über  die  Geschichte  der  spanischen  Litteratur  530  — 
§  10.  Litteraturangaben  539. 

Vi  ertes  Kapitel. 
Das  Portugiesische.* 

§  1.  Bemerkungen  über  das  Sprachgebiet  des  Portugiesischen  564  — 
§  2.  Bemerkungen  über  die  Geschichte  der  portugiesischen  Sprache  565  — 


XII  Inhaltsverzeichniss. 

§  3.    Bemerkungen  über  die  Geschichte  der  portugiesischen  Philologie  56S 

—  §  4.  Bemerkungen  über  die  Dialecte  des  Portugiesischen  569  —  §  5. 
Bemerkungen  über  die  Laute  des  Portugiesischen  569  —  §  6.  Bemerkun- 
gen über  den  AVortbestand  des  Portugiesischen  575  —  §  7.  Bemerkungen 
über  den  Formenbau  und  die  Syntax  des  Portugiesischen  576  —  §  8.  Be- 
merkungen über  die  Rhytlimik  des  Portugiesischen  583  —  §  9.  Bemerkun- 
gen über  die  Geschichte  der  portugiesischen  Litteratur  585  —  §  10.  Lit- 
teraturangaben  589. 

Fünftes  Kapitel. 
Das  Italieuische. 

§  1.  Bemerkungen  über  das  Sprachgebiet  des  Italienischen  599  —  §  2. 
Bemerkungen  über  die  Geschichte  der  italienischen  Sprache  601  —  §  3. 
Bemerkungen  über  die  Geschichte  der  italienischen  Philologie  609  —  §  4. 
Bemerkungen  über  die  Dialecte  des  Italienischer  622  —  §  5.  Bemerkun- 
gen über  die  Laute  des  Schriftitalienischen  636  —  §  6.  Bemerkungen  über 
den  "Wortbestand  des  Schriftitalienischen  642  —  §  7.  Bemerkungen  über 
den  Formenbau  und  die  Syntax  des  Schriftitalienischen  647  —  §  8.  Be- 
merkungen über  die  Rhythmik  des  Italienischen  663  —  §  9.  Bemerkungen 
über  die  Geschichte  der  italienischen  Litteratur  676  —  §  10.  Litteratur- 
angaben  zur  Litteraturgeschichte  694, 

Sechstes  Kapitel. 
Das  Itüto-Romauisclie. 

§  1.    Bemerkungen   über   das  Sprachgebiet  des  Räto-Romanischen  7  52 

—  §  2.  Bemerkungen  über  die  Geschichte  des  Räto-Romanischen  754  — 
§  3,  Bemerkungen  über  die  Geschichte  der  räto-romanischen  Philologie  75b 

—  §  4.  Bemerkungen  über  die  Dialecte  des  Räto-Romanischen  761  — 
§  5.  Bemerkungen  über  die  Laute  des  Räto-Romanischen  764  —  §  6.  Be- 
merkungen über  den  Wortbestand  des  Räto-Romanischen  767  —  §  7.  Be- 
merkungen über  den  Formenbau  des  Räto-Romanischen  77ü  —  §  S.  Be- 
merkungen über  die  Geschichte  der  räto-romanischen  Litteratur  778. 

Siebentes  Kapitel. 
Das  Rumäuisclie. 

§  1.  Bemerkungen  über  das  Sprachgebiet  des  Rumänischen  784  — 
§  2.  Bemerkungen  über  die  Geschichte  der  rumänischen  Sprache  786  — 
§  3.  Bemerkungen  über  die  Geschichte  der  rumänischen  Philologie  796  — 
§  4.  Bemerkungen  über  die  Dialecte  des  Rumänischen  801  —  §  5.  Be- 
merkungen über  die  Laute  des  Rumänischen  Su7  ^  §  6.  Bemerkungen 
über  den  Wortschatz  des  Rumänischen  815  —  §  7.  Bemerkungen  über 
den  Formenbau  des  Rumänischen  S19  —  §  8.  Bemerkungen  über  die  Ge- 
schichte der  rumänischen  Litteratur  829. 

Schi  u  SS  wort  834. 


üebersicht  über  die  Litteraturangaben  nebst  Nachträgen  zu 

denselben.  M 


I.    Französisch. 

Geographie  T  —  Keltische  Sprache  und  Litteratur  12  —  Historio- 
graphische  Werke,  Quellemverke,  Urkundensammlungen  u.  dgl. ;  "Werke 
über  allgemeine  und  über  ])rovinziale  Geschichte  Frankreichs  27  —  Sprach- 
gebiet 34  —  Sprachgeschichte  im  Allgemeinen  41  N.  I).  Behrens,  Bei- 
träge zur  Geschichte  der  frz.  Sprache  in  England,  in:  Frz.  Stud.  V  101. 
Sturmfels,  Der  altfrz.  Vocalismus  im  Mittelenglischen,  in:  Anglia  VIII 
201).  —  Einfluss  des  Germanischen  auf  das  Frz.  (N.  "Waltemath,  die  frän- 
kischen Elemente  in  der  frz.  Spr.  Paderborn  1S85,  E.Mackel,  die  germ. Ele- 
mente in  der  afz.  u.  aprov.  Spr.  Berlin  1S85'  —  Hülfsmittel  f.  das  Studium 
des  Altfrz.  54  N.  E.  RlTTER,  Reeueil  de  morceaux  choisis  en  vieux  frcs. 
Basel  1SS5.  Zu  Constans'  Chrestomathie  ist  1886  ein  Supplement,  zu 
Försters  und  KosCH^\^Tz',  altfrz.  Uebungsbuch  ein  Zusatzheft,  »Rolands- 
materialien« enthaltend  erschienen)  —  Hülfsmittel  f.  das  Studium  des 
Mittelfrz.  00  —  Die  Sprache  des  17.  Jahrhunderts  63  —  Mittelalterliche 
grammat.  Tractate  68  —  Grammat.  Schriften  des  16.  Jahrhunderts  69,  des 
17.  Jahrhunderts  71,  des  18.  Jahrhunderts  72  —  Encyklopädien  u.  philo- 
logische Zeitschriften  80  ''S,  der  »Courrier  de  Vaugelas«  sollte  von  April  1886 
ab  -vneder  erscheinen.  Von  Ebering's  Anzeiger  sind  bis  jetzt  [21.  April 
1886]  2  Bde.  und  drei  Hefte  des  3.  Bandes  erschienen)  —  Altfrz.  Dialecte 
94  (N.  Le  Hericher,  Glossaire  etjTnologique  anglo-normand  ou  l'anglais 
ramene  ä  la  langue  frcse.  P.  1885,  wie  schon  der  Titel  zeigt,  ein  Avunder- 
liches  Buch.  W.  Meyer,  Franco-ital.  Studien,  in:  Ztschr.  f.  rom.  Phil. 
IX  597  ,  dazu  ein  Anhang  über  Folklore  95  (N.  K.  Bartsch,  Französ. 
Volkslieder  des  16.  Jahrhunderts,  in:  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  V  521)  — 
Neufrz.  Dialecte  98  X.  H.  Gaidoz  et  P.  Sebillot,  Bibliographie  des  tra- 
ditions  et  de  la  litt,  populaire  du  Poitou,  in:  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  VH  554, 
und:  Bibliographie  des  traditions  et  de  la  litt.  pop.  des  Francais  d'outre- 
mer.  P.  1886.  Fleltiy,  Essai  s.  le  patois  normand  de  la  Hague.  P.  1885. 
A.  HoRXiN'G,  Zur  Kunde  des  Neuwallonischen ,  und:  Zur  Kunde  der 
roman.  Dialecte  der  Vogesen  und  Lothringens,  in :  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  IX 


Ij  Die  beigesetzten  Zahlen  beziehen  sich  auf  die  Seiten. 


XIV  Uebersicht  über  die  I>itteraturangaben  nebst  Nachträgen. 

4S0  u.  411",  CledaT,  Le  patois  de  Colligny  et  de  Saint-Amour,  in:  Rom. 
XIV  549.  •Siede,  Syntaktische  Eigenthümlichkeiten  weniger  gebildeter 
Pariser.  Berlin  1S85  Diss.  A.  Odin,  Phonulogie  des  Patois  du  Canton  de 
Vaud.  Leipzig  [Halle]  ISSü  Diss.;  —  Lautlehre  134  X.  W.  Meyek,  Zu  den 
Auslautsgesetzen,  in:  Ztschr.  f.  rem.  Phil.  IX  143.  O.  Ürtenbl.'VD,  Etüde 
s.  le  developpement  des  voyelles  labiales  toniques  du  latin  dans  le  vieux  frcs. 
du  XII  s.  Upsala  18S5.  Morgexkoth,  Veränderungen  der  lingualen  Vocal- 
laute  im  Frz.,  in:  Blätter  f.  bayer.  Kealsch.  IV  [1865]  4.  Xelmann,  Die 
Entwickelung  von  Cons.  u.  to  im  Französ.,  in  den  zum  Andenken  Caix'  u. 
Canello's  herausgegebenen  Miscellanea  di  filologia,  p.  IGT.  *W.  Kökitz, 
Ueb.  das  s  vor  Cons.  im  Frz.  Strassburg  1885  [vorzügliche  Arbeit],  vgl. 
Literaturbl.  f.  germ.  u.  roni.  Phil.  VI  Sp.  240.  P.  Kaufmann,  Die  Ge- 
schichte des  consonantischen  Auslauts  im  Frz.  Freiburg  i.  B.  1886.  Diss, 
MiKLüSicH,  Ueb.  die  Ausspr.  des  altfrz.  ch,  in  Sitzungsb.  der  "Wiener 
Akad.  d.  Wissensch.  Phil.-hist.  Cl,  Bd.  101,  p.  45  f.  De  Saussure,  Etu- 
des  s.  la  langue  frcse.  De  lorthographe  des  noms  propres  et  des  mots 
etrangers  dans  la  langue,  Paris  1885.  Lincke,  Die  Accente  im  Oxf.  u. 
Cambr.  Psalter  etc.  Erlangen  1886  Diss.  [Zusatz  und  Berichtigung:  Das 
auf  S.  136  citirte  Buch  von  Thommerel  erschien  1841.  S.  139  Z.  8  v.  u.  bitte 
statt  Veiter  zu  lesen  Vietor];  —  Wörterbücher  u.  dgl.  164  (N.  Von 
GoDEFROYs  Dict.  sind  bis  jetzt,  April  1886,  vier  Bände  und  Heft  1  des 
5,  Bandes  erschienen,  -welches  bis  »Maindegloire«  reicht.  Zu  den  S.  168 
genannten  etymologischen  "Wörterbüchern  ist  hinzuzufügen :  Stappers,  Dict. 
synoptique  d'etjTnologie  frcse,  P.  1885,  ein  für  praktische  Zwecke  unter 
Umständen  brauchbares  Buch;  —  Grammatiken  'mit  Ausschluss  der  Schul- 
grammatiken, diese  s.  S.  82  und  Schriften  über  Formenlehre  252  N.  'Ny- 
ROP,  Adjektivernes  KonsbMJning  i  de  Komanske  Sprog.  Med  en  inledning 
om  lydlov  og  analogi.  Kobenhavn  1886.  Rudenick,  Latein,  ego  im  Altfrz. 
Halle  1885  Diss.  "W.  Meyer,  Zum  schwachen  Perfectum,  in:  Ztschr.  f. 
rom.  Phil.  IX  223.  A.  Darmesteter,  Note  s.  Thist.  des  prepos.  en,  eiiz, 
dedans,  dans.  P.  1885).  —  Syntax  und  Stylistik  273.  N.  H.  Nehry,  Ueber 
den  Gebrauch  des  absoluten  Gas.  obl.  des  altfrz.  Substantivs.  .  Berlin  1882 
Diss,,  vgl.  Literaturbl.  f.  germ.  und  rom.  Phil.  VI  Sp.  371.  E.  Wolff, 
Zur  Syntax  des  Verbs  bei  Adenes  le  Roi.  Kiel  18S4.  Procop,  Snitakt. 
Studien  zu  Robert  Garnier.  Erlangen  lb!56  Diss.  Die  Schrift  von  Siede 
v.ob.  Z.2.  H.  Kay.seu,  Zur  Syntax  Moliere's.  Kiel  1885.  H.  Schmidt,  Das 
Pronomen  bei  Moliere.  Kiel  18S5.  H.  Johannssen,  Der  Ausdruck  des 
Concessivverhältnisses  im  Altfrz.  Kiel  1885.  Rudolph,  Die  Tempora  u. 
Modi  im  agn.  Hörn.  Halle  1 885  Diss.  Nauss,  Der  Styl  des  agn.  Hörn. 
Halle  1885  Diss.  H.  GÜNTHER,  Ueber  die  Ausdrucksweise  des  altfrz.  Kunst- 
romanes.  Halle  1886  Diss.  —  Rhythmik  299  —  Litteraturgeschichte.  1, 
Bibliographisches,  bzw.  Handschriftliches  303  ,N.  P.  Meyek,  Notice  dun 
ms.  de  la  bibl.  Phillips ,  contenant  une  ancienne  Version  frcse  des  fables 
d'Eude  de  Cherrington,  in:  Rom.  XIV  381.  2.  "Werke,  welche  die  Ge- 
schichte der  ganzen  frz.  Litt,  behandeln  3ü5.  Gesch.  des  Dramas  und 
Theaters  307,  vgl.  auch  338  A.  3.  Werke,  welche  die  altfrz.  Litteratur  in 
ihrer  Gesammtheit  behandeln  307.     4.  Schriften  über  einzelne  Gebiete  der 


Uebersicht  über  die  Littcraturangabtn  nebst  Nachträjjen.  xv 

altfrz.  Lit.  und  C'ultiir  3ÜS  (N.  Zu  S.  308:  von  Nyrop's  Heltedi^tning  ist 
l'^'^t'i  zu  Florenz  eine  ital.  Uebers.  erschienen.  Zu  S.  309:  E.  Mlntz,  La 
legende  du  Charlemagne  dans  Tart  du  moyen  age,  in:  Kom.  XIV  321. 
E.  Saveulaxd  ,  Ganclon  und  sein  Geschleciit  im  altfrz.  Epos.  Marburg 
ISSi").  M.  "WiNTKR,  Kleidung  und  Putz  der  Frau  nach  den  altfrz.  Chan- 
sons de  geste,  Marburg  l^SO.  G.  Keutel,  Die  Anrufung  der  höheren  We- 
sen in  den  altfrz.  Kitterroraanen.  Marburg  18SG.  A.  Kadi.ek,  Sprüchwörter 
u.  Sentenzen  der  altfrz.  Artus-  u.  Abenteuerromane.  Marburg  1^86  'diese 
vier  Schriften  in  Stengel's  Ausg.  u.  Abh.  Heft  LX.  XLV.  XLVI  u.  XLIX]. 
E.  Altxeh,  Ueb.  die  Chastiements  in  den  altfrz.  Chansons  de  geste.  Leip- 
zig 1885.  Diss.  SxERXBEia;,  Die  'NVatl'cn  in  den  Karls-Epen,  in:  Sten- 
gel's Ausg.  u.  Abh.  XI- VIII.  "M.  Pfeffer,  Die  Formalitäten  des  got- 
tesgerichtlichen Zweikampfes  in  der  altfrz.  Epik ,  in  :  Ztschr.  f.  rom.  Phil. 
IX  1.  Ch.  Krigk,  Les  donnces  s.  la  vie  sociale  et  privee  des  Francais 
au  Xlle  s.  contenus  dans  les  romans  de  Chretien  de  Troyes.  Kreuznach 
1885.  Progr.  5,  Alphabetisches  Verzeichniss  der  wichtigeren  altfrz.  Litte- 
raturwerke  mit  Angabe  einiger  Erläuterungsschrifteu  312  N.  Adenes  li 
Rois  s.  oben  unter  Syntax  u.  Stylistik.  Aelteste  Sprachdenkmäler. 
Zu  KosCHWiTz'  Kommentar  vgl.  Literaturbl.  f.  germ.  u.  rom.  Phil.  VII  Sp. 
23  u.  164.  Aiol.  H.  B.\rth,  Charakteristik  der  Personen  in  der  altfrz. 
Chanson  d'Aiol.  Stuttg.  1885  [Züricher  Diss.l.  Alexanderfragment. 
A.  Schmidt,  Ueb.  das  Alexanderlied  des  Alberic  v.  Besancon  u.  sein  Ver- 
hältniss  zur  antiken  Ueberlieferung.  Bonn  1886  Diss.  Alexanderroman. 
Das  S.  313  erwähnte  grosse  AVerk  P.  Meyer's  über  den  A.  ist  inzwischen 
erschienen,  vgl.  Rom.  XIV  621.  Amis  u.  Amiles.  Th.  Link,  Eine  sprach- 
liche Studie  über  die  agn.  Version  der  Amis-Sage.  München  1885.  Mo- 
dersohn, Die  Realien  in  A.  et  A.  u.  J.  d.  Bl.  Münster  1886  Diss.  An- 
sei" s.  Langlois,  Un  nouveau  ms.  de  la  chanson  d'A.,  in:  Rom.  XIV  421. 
d'Andeli,  H.  F.  Acgl'STIN,  Sprachliche  Untersuchung  über  die  Werke 
H.  d'A."s  nebst  Anhang  enthaltend  la  Bataille  des  vins,  diplomat.  Abdruck 
der  Bemer  Hds.  Marburg  1885,  in:  Stengel's  A.  u.  Abh.  XLIV.  Aye 
dAvignon.  R.  Oesten  ,  Die  Verf.  der  altfrz.  eh.  de  g.  A.  d'A.  Mar- 
burg 1885,  in  Stengel's  A.  u.  A.  XXXII.  Barlaamu.  Josaphat.  E. 
Braunholtz,  Die  erste  nichtchristl.  Parabel  von  B.  u.  J.  Halle  18S4. 
Berte  aus  grans  pies.  A.  Feist,  Zur  Kritik  der  Bertasage.  Marburg 
1885  Habilitationsschrift,  vgl.  Rom.  XIV  608.  Mussafia,  Berta  e  Milone 
in  Rom.  XIV  177.  Dit.  Ueber  das  Dit  de  l'emp.  Const.  *'  vgl.  das  aipha- 
bet. Register  zur  ital.  Litteraturgesch.  unter  c  Legende.  Dits.  Les  D.  de 
Hue,  archevesque,  trouvere  normand  du  XIII  s.  p.  p.  Heron.  Elie. 
Maitre  E.'s  Ueberarbeitung  der  ältesten  frz.  Uebertragung  von  Ovid's  Ars 
Amatoria,  herausg.  v.  H.  Kühne   u.  E.  Stengel,    in  des  letzteren  A.  u. 


1  Vgl.  auch  A.  CoEN,  Di  una  leggenda  relativa  alla  nascita  e  alla  gio- 
ventü  di  Constantino  Magno.  Rom  1882,  vgl.  Rom.  XIV  137.  —  Ferner 
sei  nachgetragen :  A.  ToBLER,  Die  Berliner  Hds.  des  Huon  d'Auvergne,  in 
den  Sitzungsb.  der  Berliner  Akad.  d.  Wissensch.  Bd.  27  1884  ,  vgl.  Giorn. 
stör,  in  460.  —  MÜLLER.  Zur  Geographie  der  alt.  Ch.-de-g.    Gott.  1886. 


XVI  Uebersicht  über  die  Litteraturangaben  nebst  Nachträgen. 

A.  XLVIl.  Fierabras.  W.List,  Bruchstück  einer  F.-Hds.,  in:  Ztschr. 
f.  rom.  Phil.  IX  136.  Ganelon  s.  oben  zu  S.  308.  Jeu  d'amour. 
frz.  AVahrsagebuch  des  15.  Jahrh.'s  ed.  Bobrixskoj.  Petersburg  1886.  Lai. 
P.  KlCHTER,  Versuch  einer  Dialectbestimniung  des  Lai  du  Com  und  des 
Fubliau  du  Mantel  mautaillie.  Marburg  1S85,  in  Stexgel's  A.  u.  A.  XXXVIIL 
Mantel  mautaillie  s.  Lai.  Le  conte  du  M.  ed.  WuLFF,  in:  Rom. 
XIV  343.  Miracles.  H.  Schnell,  Untersuchungen  üb.  die  Verfasser 
der  M.  de  Notre-J)ame  par  personnages.  Marburg  1885,  in  Stengel's  A. 
u.  A.  XXXni.  E.  WiKTZ,  Lautliche  Untersuchung  der  Miracles  de  St. 
Eloi.  Marburg  1886,  in  Stengel's  A.  u.  A.  XXXV.  l'oerae  moral, 
altfrz.  Gedicht  aus  dem  Anfang  des  13.  Jahrh.'s  ed.  W.  Cloetta.  Erlangen 
1886.  Roland.  *A.  Kelleu,  Die  Sprache  des  Venezianer  Roland  V"*. 
Calw  1885  [der  Verf.  dieser  in  mancher  Beziehung  recht  löblich,  in  mancher 
anderen  nicht  so  ganz  musterhaft  gearbeiteten  Diss.,  über  welche  auch  das 
liiteraturbl.  f.  germ.  u.  rom.  Phil.  VI  Sp.  329  verglichen  werden  kann,  ge- 
langt zu  dem  Ergebnisse,  dass  V*  im  Dialect  von  Roveredo  geschrieben 
sei;  ich  kann  das  unmöglich  für  richtig  halten].  Roman  de  la  Rose. 
F.  Heinkich,  Ueb.  den  Styl  von  Guillaume  de  Lorris  u.  Jean  de  Meung. 
Marburg  1885,  in  Stexgel's  A.  u.  A.  XXIX.  Trojasage.  H.  Dinger, 
De  Dictye  Septimio  Vergilii  imitatore.  Dresden  1886.  Progr.  des  Wettiner 
Gymnas.  Li  Ver  del  Juise,  en  forfransk  predikan.  Akademisk  afhandling 
af  H.  VON  Feilitzen.  Upsala  1883,  vgl.  Rom.  XIV  146.  Noch  sei  hier, 
weil  eine  andere  Gelegenheit  sich  nicht  bietet ,  aufmerksam  gemacht  auf 
P.  Meyer's  interessante  Untersuchung  über:  Les  premieres  compilations 
frcses  d'histoire  ancienne  I  Les  faits  des  Romains ,  II  Hi.stoire  ancienne 
jusqu'  ä  Cesar,  in:  Rom.  XIV  1.  6.  Werke,  welche  einzelne  Perioden  oder 
Gebiete  der  neufrz.  I>itt.  behandeln  336  ;N.  E.  F.\GrET,  Les  grands  maitres 
du  XVII«-  s.,  etudes  litt,  et  dramatiques  P.  1885.  LiVET,  Portraits  du  grand 
siecle,  P.  1885.  Perry,  Kist.  de  la  litterature  anglaise  au  XVIII  s.  Nancy 
1885,  vorher  englisch  erschienen).  7.  Alphabetisches  Verzeichniss  der  Ausgg. 
einzelner  mittel-  u.  neufrz.  Autoren  u.  Litteraturwerke  341  ;S.  Casaubon. 
Mark  Pattison,  Isaac  C.  London  1875.  Com  eille,  P.  P.  Langenscheidt, 
Die  Jugenddramen  des  P.  C.  Berlin  1885,  vgl.  Literaturbl.  f.  germ.  u.  rom. 
Phil.  VI  Sp.  294.  Garnier  s.  o.  S.  XIV  Z.  13  v.  u.  Grevin,  Jacques. 
CollisCiionn  ,  J.  G.'s  Tragödie  »Cäsar«  u.  ihr  Verhältniss  zu  Muret,  Vol- 
taire u.  Shakespeare.  Marburg  1886,  in:  Stengels  Ausg.  u.  Abh.  LII. 
Hugo,  Victor.  J.  Sarrazin,  V.  H.'s  Lyrik  u.  ihr  Entwickelungsgang. 
Baden-Baden  1885,  Marivaux.  Blaze  de  Bury,  Etudes  s.  M.  Mont- 
morency  1885.  Moliere.  K.  Warburg,  M.  En  Lefnadsteckning.  Stock- 
holm 1884.  Flinige  Schriften  über  M.'s  Sprache  s.  oben  in  den  Nach- 
trägen zur  Syntax  und  Stylistik.  Montchrestien,  Antoine,  geb.  zu 
Falaise  [Jahr  unbekannt,  gest.  1621,  verfas.ste  sechs  Tragödien  [Rouen 
1601],  eine  »Bergerie«  und  einen  Traite  de  TEconomie  politique  ;Rouen 
1615;.  G.  Wenzel,  Aesthetische  u.  sprachliche  Studien  über  A.  de  M. 
im  Vergleich  zu  seinen  Zeitgenossen.  Jena  1885.  Nivelle  de  la  Chaus- 
see, Pierre-Claude,  geb.  1692  zu  Paris,  gest.  ebenda  1754,  Begründer 
der  Comedie  larmoyante.     (Euvres.     P.    1762   u.  1775,    5  Bde.;    vgl.  über 


Uebersicht  über  die  Tättcruturanfiabfn  nebst  Nachträgen.        XVII 

ihn  die  treffliche  Arbeit  von  J.  Utiiokk,  N.  d.  1.  Ch.'s  Leben  u.  Werke, 
in  Franz.  Stud.  IV  1.  D'Urfe.  N.  BoxaküUs,  Etudes  s.  l'Astree  et  Ho- 
nore  dU.    P.  1S46). 

II.  P  r  o  V  e  n  z  a  1  i  s  c  h . 

Geschichte  der  Provence,  der  prov.  Sprache  u.  der  prov.  Philologie  428. 
N.  Merlü,  Suir  autore  del  Donato  prov.,  in  Giorn.  stör  III  218  [gegen 
einen  ebenda  II  1  veröflentlichten  Aufsatz  d'Ovidio's]  und:  Süll'  etä  di 
Gaucelm  Faidit,  ebenda  III  3SG.  Groehek,  Gaucelm  Faidit  o  Uc  de  Sant 
Circ?  ebenda  IV  203\  Schriften  über  das  Prov.  im  AUj^em.  429  (N.  Zu 
S.  430 :  Ueber  M.^HN's  Gramm,  vgl.  Literaturbl.  f.  germ.  u.  rom.  Phil.  VII 
186)  —  Dialecte  434  ;N.  Lyon.  Piiilipün,  La  Bernarda  Buyandiri,  tragi- 
comedie  en  patois  lyonnais  du  XVII«^  s.  Lyon  1885)  —  Lautlehre  440  — 
Flexion  u.  S}Titax  448  (N.  Ueb.  die  schwache  Perfectbildung  des  Prov.  vgl. 
AV.  Meyer  in  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  IX  2381  —  Khythmik  (N.  Die  S.  454  ge- 
nannte Schrift  von  Pleixes  ist  inzwischen  als  Heft  L  der  A.  u.  A.  er- 
schienen —  Litteraturgeschichte.  1.  Bibliographisches  460,  2.  Sammlungen, 
Chrestomathien  u.  dgl.  462.  3-  Litteraturgeschichtl.  Werke  464  (N.  zu  S. 
464  oben:  Les  biographies  des  troubadours  en  langue  prov.  p.  p.  C. 
Chabaneau.  Toulouse  -1886.  Ed.  Montel,  Hist.  litt,  des  Vaudois  de 
Piemont.  Paris  1885.  Zu  S.  466:  *K.  Nyrop,  Romanske  Mosaiker.  Ko- 
penhagen 1885  [behandelt  das  Felibrethum]).  4.  Alphabetisches  Verzeich- 
niss  einiger  Autoren  und  Litteraturwerke  etc.  467  (N.  Bertolomeu  Zorzi. 
A.  Rühleder,  Zu  Z.'s  Gedichten.  Halle  1886  Diss.  Guillem  de  Ca- 
bestaing.  Balagver,  G.  de  C,  in:  Revue  du  monde  latin  1885.  Gui- 
raut  de  Borneill,  1175  bis  ungefähr  1220.  D.  110.  G.  (No.  242)  25  f.; 
39.  W.  Meyer,  G.  d.  B.'s  Tagelied  »Reis  glorios«,  in  den  Sitzungsb.  der 
bayr.  Akad.  d.  Wissensch.  Philos.-hist.  Cl.  1885). 

III.  Catalanisch. 

1.  Urkundliches  494.  2.  Sprachgeschichtliches  u.  Grammatisches  495. 
3.  Lexikalisches  496.  4.  Litteraturgeschichtliches  496.  5.  Sammelwerke 
u.  dgl.  497.  6.  Volksdichtungen,  Sagen,  Räthsel  u.  dgl.  498.  7.  Ausgaben 
altcat.  Litteraturwerke  499  (N.  Lull,  Obras  ed.  J.  Rossello.  Palma  1886). 
8.  Neucatalanisches  500  (N.  Die  Seite  500  erwähnte  Diss.  von  E.  Vogel 
ist  vollständig  als  Heft  5  der  von  G.  Körting  herausgegebenen  »Neuphilo- 
logischen Studien«  erschienen  [Paderborn  1886]). 

IV.    Spanisch. 

1.  Zur  Geschichte  der  sp.  Sprache  u.  Philologie  539.  2.  Urgeschiclite 
Spaniens  539.  3.  Grammatisches  539.  (N.  zu  S.  540:  G.  Baist,  Der  Ueber- 
gang  von  st  zu  z  im  Span.,  in:  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  IX  146).  G.  Lilje- 
GAIST,  Infinitiven  i  det  fornspanska  Lagspräket.  Lund  1886  Diss.  4.  Lexi- 
kalisches 540.  5.  Dialektisches  541.  6.  Zur  Rhythmik  542.  7.  Zur  Littera- 
turgeschichte ai  Handscliriftliches  u.  Bibliographisches  542  (N.  C.  ClPOLLA, 
Esplorazione  delle  biblioteche  spagnuole,  in :  Giorn.  stör,  della  lett.  ital. 
V  321.  A.  Morel-Fatio,  Notice  s.  trois  mss.  de  la  Bibl.  dOssuna,  in: 
Körting,  Eucyklopädie  d.  rom.  Phil.  III.  * 


XVIII      Uebersicht  über  die  Litteraturangaben  nebst  Nachträgen. 

Kom.  XIV  94).  b)  Litterargeschichtl.  Werke  542.  c)  Sammlungen,  Chre- 
stomathien u.  dgl.  544.  (N.  Coleccion  de  Escritorea  castellanos,  in  Madrid 
bei  Murillo  erscheinend,  bis  jetzt  39  Bde.,  gute  Sammlung  meist  classischer 
Werke,  enthält  aber  auch  eine  span.  Uebers.  des  bekannten  Buches  von 
ScHACK.  Eine  Sammlung  span.  Neudrucke  des  15.  u.  16.  Jahrhunderts 
hat  C.  V.  Reinhardstöttxer  herauszugeben  begonnen.  Bändchen  1 :  Der 
Amphitryon  des  Feman  Perez  de  Oliva.  München  1886).  8.  Alphabeti- 
sches Verzeichniss  einiger  Autoren  und  Schriftwerke  547.  (N.  Caballero. 
[Anonym] ,  Lebenserinnerungen  an  Cäcilie  Bohl  v.  Faber,  in  den  Görres'- 
schen  hist.-polit.  Blättern  Bd.  97,  Heft  1  u.  2;.  Cancionero.  Coleccion 
de  poesias  de  un  cancionero  inedito  del  siglo  XV.  Madrid  1885.  Cer- 
vantes. F.  d'Ovidio,  Manzoni  e  Cervantes.  Neapel  1885.  9.  Zur  span. 
Geschichte  564. 

V.  Portugiesisch. 

1.  Grammatisches  u.  Sprachgeschichtliches  589.  (N.  MoxACl  e  d'Ovi- 
dio, Manualetti  d'introduzione  agli  studi  neolatini.  II  Portoghese.  Imola 
1881.  H.  Wernecke,  Zur  SjTitax  des  port.  Verbs.  Weimar  1885  Progr.  . 
2.  Diabetisches  (N.  Schuchardt,  Ueber  das  Negerport.  v.  Mangalore,  in: 
Sitzungsb.  d.  Wiener  Akad.  d.  Wissensch.  Philos.  bist.  Cl.  Bd.  105  [1885] 
590).  3.  Lexikalisches  591.  4.  Zur  Rythmik  592.  5.  Zur  Litteraturge- 
schichte  a)  Handschriftliches  u.  Bibliographisches  592 ,  b)  Darstellende 
Werke  593 ,  c)  Chrestomathien  594 ,  d)  Ausgaben  u.  Erläuterungsschrif- 
ten 594.     6.  Zur  port.  Geschichte  598. 

VI.  Italienisch. 

Sprachgeschichte  608  —  Aeltere  Grammatiken  619  —  Zum  Sprachstreite 
620  —  Dialecte  u.  Folklore  627  (N.  Poesie  popolari  sarde  meridionali  con 
prefaz.  del  prof.  Pischedda.  Lanusei  [?]  1885.  Poesie  veneziane  ed.  R. 
Barbiera.  Florenz  1886.  Salvioni,  Antiche  scritture  lombarde,  in:  Arch. 
glott.  it.  IX  1).  —  Zur  Lautlehre  642  —  Lexikalisches  644  —  Zur  Formen- 
lehre 661  (N.  Ueber  die  Bildung  des  schwachen  Perf.'s  vgl.  W.  Mever  in 
Ztschr.  f.  rom.  Phil.  IX  250)  —  Zur  Syntax  662  —  Zur  Rhythmik  675  — 
Zur  Litteraturgeschichte.  a)  Handschriftliches  u.  Bibliographisches  694, 
(N.  Mazzatinti,  Inventario  dei  mss.  ital.  delle  bibl.  di  Francia.  Roma 
1886,  bis  jetzt  1  Bd.  P.  Meyer,  Notice  de  quelques  mss.  de  la  coU.  Libri 
a  Florence,  in:  Rom.  XIV  485).  b)  Werke  über  die  gesammte  ital.  Lit- 
teraturgeschichte 696,  c)  Werke  über  einzelne  Perioden  u.  Gebiete  der  ital. 
Litteraturgeschichte  698,  d)  Chrestomathien,  Sammlungen  u.  dgl.  701. 
e)  Alphabetisches  Verzeichniss  einiger  Autoren  u.  Litteraturwerke  703  (N. 
Boccaccio.  *V.  Crescixi,  Idalagos,  in  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  IX  437  [be- 
kämpft Körtings  Aufstellungen  über  B.'s  Geburtsort  u.  dgl.  ,  scharfsin- 
nige und  gelehrte  Arbeit,  auf  welche  anderwärts  näher  einzugehen  der  An- 
gegriffene sich  vorbehält].  Eine  Ausgabe  des  Zibaldone  B.'s  bereitet  Kocken 
vor.  ZUMBINI,  Le  egloghe  del  B.,  in:  Giorn.  stör.  VII  94).  Caval- 
canti.  Ercole,  G.  C.  e  le  sue  rime.  Turin  1885.  Metastasio.  H. 
Heller,    M.'s   La   Clemenza   di   Tito   in  Ztschr.    f.    rom.    Phil.   IX  278. 


Uebersicht  über  die  Litteraturangaben  nebst  Nachträgen.  xiX 

Petrarca.  PiimaTI  ,  La  vita  e  le  opere  di  Fr.  P.  Florenz  [;?]  18S5. 
Hand-List  of  Petrarch  editions  in  the  florentine  public  Libraries.  Flrz.  1886. 
Polizian.  Opere  volgari  di  A.  P.  a  cura  di  T.  Casini.  Flrz.  1885. 
Spagna.  G.  Osteruage,  Ueb.  die  Spagna  istoriata.  Berlin  1885.  Progr. 
des  Humboldt-Gymnas.  A.  Thomas  ,  Notice  sur  deux  mss.  de  la  Spagna, 
en  vers,  de  la  Bibl.  Nat.  de  Paris,  in  Koni.  XIV  207.  Tassoni.  Ni'X- 
ziAXTE,  II  conte  A.  T.  ed  il  seicento.  Milano  1885.  Theater.  M. 
ScHERiLLO,  La  Commedia  dell'  arte  in  Italia.  Turin  18S4,  vgl.  Giom.  stör. 
V  276.     f'  Zur  ital.  Geschichte,  Ethnographie  u.  Landeskunde  750. 

Zu  S.  617  werde  hier  bemerkt,  dass  unter  den  kritischen  Zeitschriften 
Italiens  die,  jetzt  im  3.  Jahrgange  stehende,  »Rivista  critica  della  lett.  ital.« 
eine  ehrenvolle  Stellung  einnimmt. 

VII.     Räto-Romanisch. 

Sprachgebiet  757  —  Sprachgeschichte  758  —  Geschichte  der  räto-rom. 
Philologie  761  —  Dialecte  763  —  Zur  Lautlehre  767  —  Zum  Wortschatze 
769  X.  UxTER FORSCHER,  Roman.  Namenreste  aus  dem  Pusterthale.  Leit- 
meritz  1S85.  Progr.  —  Zur  Formenlehre  777  —  Zur  Litteraturgeschichte 
7S0.  a  Handschriftliches  u.  Bibliographisches  78Ü,  b)  Darstellende  Schriften 
781,  c  Sammlungen  u.  Chrestomathien,  d)  Ausgaben  782  N.  C.  Decurtins 
Ilg  Saltar  dils  Morts,  in  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  VIII  586,  imd:  Eine  altladin. 
Reimchronik,  ebenda  IX  332.  Chansons  ladines  p.  p.  J.Ulrich,  in:  Rom. 
XIV  1(.9  . 

Vni.    Rumänisch. 

Sprachgebiet  7S6  —  Zur  Urgeschichte  der  Rumänen  u.  zur  Geschichte 
der  rumän.  Sprache  793  —  Zur  Geschichte  der  rumän.  Philologie  801  — 
Dialecte  801  —  Zur  Lautlehre  807  —  Zum  Wortschatze  815  —  Zur  Formeu- 
lehre 819  —  Zur  Litteraturgeschichte  829.  a  Handschriftliches,  Inschrift- 
liches. Bibliographisches,  Zeitschriften  831,  b,  Chrestomathien  und  Com- 
pendien  832,  c  Zur  Folklore  832,  d,  Litterargeschichtl.  Monographien  833, 
f,  Einigre  Ausgraben  833. 


Nachdem  obiges  Verzeichniss  bereits  zusammengestellt  worden  war, 
sind  noch  folgende  Sammelwerke  erschienen: 

1.  Miscellanea  di  filologia  e  linguistica  dedicata  aUa  memo- 
ria di  Nap.Caix  e  Ugo  A.  Canello.  Florenz  1886  (Inhalt:  Villari,  Nap. 
Caix.  Rajxa,  Gli  scritti  del  Caix.  Crescim,  U.  A.  Canello.  Miklosich,  Ueb. 
die  Nationalität  der  Balgaren.  Stexgel,  Ueb.  den  lat.  Ursprung  der  rom. 
Fünfzehnsylbner  und  damit  verwandter  weiterer  Versarten.  Merlo  ,  Pro- 
blemi  fonologici  sull"  articolazione  e  sull'  accento.  I.  Tentativo  di  classi- 
ficare  in  un  sistema  unica  di  articolazione  le  vocali  e  le  consonanti.  IL 
Diverse  gradazioni  delle  vocali  toniche,  e  perdita  o  naturale  rotazione 
deUe  atone.  Gröber,  EtjTnologien.  Gaxüixo,  Osservazioni  sopra  un 
verso  del  poema  provenzale  su  Boezio.  Gaspary,  Moliere's  Don  Juan. 
Tobleb,  Et)-mologisches.    Paris,  Les  serments  de  Strasbourg  (introduction 


XX  Uebersicht  über  die  Litteraturangaben  nebst  Nachträgen. 

ä  un  commentaire  grammatical  .  Pauli,  Notizia  di  un  codicetto  florentino 
di  Kicordi  scritto  in  volgare  nel  secolo  XIII.  FuMi,  Postille  romanze. 
I.  Au  romanzo  per  o  atono  latino.  II.  Greggio,  Grezzo.  Meyek,  Der  Ein- 
fluss  des  Lateinischen  auf  die  albanesische  Formenlehre.  Michaelis  de 
Vasconcellos,  Studien  zur  hispanischen  "Wortdeutung.  Neumann,  Die 
Entwickelung  von  Consonant  +  tc  im  Französischen.  Miola,  ün  testo 
drammatico  spagnuolo  del  XV  secolo.  Wiese,  Einige  Dichtungen  Lio- 
nardo  Giustiniani's.  Fleciiia,  Etimologie  Sarde.  Obedenare,  Une  forme 
de  l'article  roumain  qui  se  met  devant  les  substantifs  et  les  adjectifs  (Dia- 
lecte  du  Danube).  CoRNU,  Kecherches  sur  la  conjugaison  espagnole  au 
XIIIp  et  XlVe  siecle.  Meyer,  Complainte  provencale  et  Complainte  latine 
sur  la  mort  du  patriarche  d'Aquilee  Gregoire  de  Montelongo.  AvoLio, 
La  questione  delle  rinie  nei  poeti  Siciliani  del  secolo  XIII.  Zing.\relli, 
Un  serventese  di  Ugo  di  San  Circ.  Ml'ssafia,  Una  particolaritä  sintattica 
della  lingua  italiana  dei  primi  secoli.  Leite  de  Vasconcellos,  Etymo- 
logias  populäres  portuguesas.  Renier  ,  Un  mazzetto  di  poesie  musicali 
francesi.  SvcHiER,  Ueber  die  Tenzone  Dante's  mit  Foresc  Donati.  D'An- 
CONA,  L'arte  del  dire  in  rima:  Sonetti  di  Antonio  Pucci.  PlERi,  II  verbo 
aretino  e  lucchese.  MoROSi,  L'  odierno  dialetto  catalano  di  Alghero  in 
Sardegna.  Gaster,  Die  rumänischen  Miracles  de  Notre  Dame.  Salvioni, 
Antichi  testi  dialettali  chieresi.  Biadene,  La  forma  metrica  del  «Com- 
miato«  nella  Canzone  italiana  dei  secoli  XIII  e  XIV.  MiLÄ  Y  Fonta- 
NALS,  Un'  alba  catalana.  Novati,  II  Ritmo  Cassinese  e  le  sue  interpre- 
tazioni.  D'üviDio,  Della  quantitä  per  natura  delle  vocali  in  posizione. 
MoNACl,  II  trattato  di  poetica  Portoghese  esistente  nel  Canzoniere  Colocci- 
Brancuti.  AscoLI,  Due  lettere  glottologiche :  I.  Di  un  filone  italico,  di- 
verso  dal  romano,  che  si  avverte  nel  campo  neolatino.  Lettera  a  Napo- 
leone  Caix.  IL  Dei  Neogrammatici.  Lettera  al  prof.  Pietro  Merlo.  Ag- 
giunte  e  Correzioni. 

2.  H.  ScHUCHARDT,  Romanisches  und  Keltisches.  Berlin  18S0  Inhalt: 
1.  Pompei  und  seine  Wandinschriften.  2.  Virgil  im  Mittelalter.  3.  Boc- 
caccio'. 4.  Die  Geschichte  von  den  drei  Ringen.  5.  Ariost.  6.  Camöes. 
7.  Calderon's  Jubelfeier.  8.  Goethe  und  Calderon.  9.  G.  G.  Belli  u.  die 
römische  Satire.  10.  Eine  portugies.  Dorfgeschichte.  11.  Lorenzo  Stec- 
chetti.  12.  Reim  u.  Rhythmus  im  Deutschen  u.  Romanischen.  13.  Lie- 
besmetaphern. 14.  Das  Französische  im  neuen  Deutschen  Reich.  15.  Eine 
Diezstiftung.     16.  Französisch  u.  Englisch.     17.  Keltische  Briefe. 

Abschluss  der  Nachträge  zu  den  Litteraturangaben 
am  28.  Mai  1886. 

1  Zu  Boccaccio  vgl.  auch:  Zing.^relli,  La  fönte  classica  di  un  epi- 
sodio  di  Filocolo,  in:  Rom.  XIV  433. 

Zusatz  zu  S.  XVII,  bzw.  S.  361:  Rotrou.  Chardon,  La  Vie  de 
R.  mieux  connue.  Paris  lsb4,  vgl.  Literaturbl.  f.  germ.  u.  rom'.  Phil.  1886, 
Sp.   1-13. 


Erstes  Buch. 


Einleitung. 

§  1.     Der  territoriale  Umfang  Frankreichs. 

1 .  Das  alte  Gallien  nmfasstc  ausser  dem  heutigen  Frank- 
reich den  grössten  Theil  des  heutigen  Belgiens ,  den  links- 
rheinischen Theil  des  heutigen  Hollands  (mit  Ausnahme  des 
Kiistengebietesl  .  die  linksrheinischen  Gebiete  des  heutigen 
deutschen  Reiches  vgl.  unten  §2,1)  und  die  westliche  Hälfte 
der  heutigen  Schweiz.  (Auch  das  obere  Italien  bis  herab  zu 
den  Apenninen  wurde,  weil  von  gallischen  Völkerschaften  be- 
wohnt, als  zu  Gallien  gehörig  betrachtet    Gallia  cisalpina]). 

2.  Die  Frankenreiche  der  Merowinger  und  Karolinger 
umfassten  ausser  dem  eigentlichen  Gallien  (dessen  südliche 
und  östliche  Theile  |^Aquitanien.  Provence^  Eurgund  etc.]  je- 
doch zeitweilig  selbständige  Reiche  bildeten ,  bezw.  dem  Ost- 
gothenreiche  zugehörten)  noch  weite  deutsche  Gebiete  auf  dem 
rechten  Rheinufer,  deren  Begrenzung  anzugeben  hier  zweck- 
los wäre.     Der  Umfang  des  Reiches  Karls  d.  Gr.  ist  bekannt. 

3.  Durch  den  Vertrag  von  Verdun  843)  wurde  die  Mo- 
narchie Karls  d.  Gr.  in  drei  Reiche  zerlegt:  Ostfranken  (Deutsch- 
land), Mittelfranken  (Lothringen),  Westfranken  (Frankreich). 
Mittelfranken  oder  Lothringen  wurde  begrenzt  [im  Westen 
von  der  Scheide ,  der  Maas ,  der  Saone  und  der  Rhone ,  im 
Osten  von  dem  Rheine  und  den  Alpen  >).  Die  We.stgrenzen 
Lothringens  waren  zugleich  die  östlichen  Grenzen  Westfran- 
kens,    dessen   übrige  Grenzen    durch    den   atlantischen   Ocean, 


1  Unberücksichtigt  kann  hier  bleiben,  dass  dem  Herrscher  von  Loth- 
ringen auch  das  fränkische  Italien  , Lombardei  etc  und  die  Kaiserwürde 
zuertheilt  wurde. 

Körting,  Encjklopädie  d.  rem.  PUil,  III.  1 


2  Einleitung. 

durch  das  Mittelmeer  und  (nach  Verlust  der  spanischen  Mark) 
durch  die  Pyrenäen  gebildet  -wurden.  Die  llauptbestandtheile 
Westfrankens  waren:  Neustrien,  Aquitanien,  der  nordwestliche 
Theil  von  Burgund  und  Septimanien.  Ost  franken  unifasste 
die  Gebiete  zwischen  Rhein  und  Elbe  und  überdies  auf  dem 
linken  llheinufer  die  kirchlichen  Sprengel  von  Mainz,  Worms 
und  Speier. 

4.  Das  mittelfränkische  oder  lothringische  Reich  war  von 
kurzem  Bestände :  durch  den  Vertrag  von  Mersen  an  der 
Maas  (870)  wurde  es  zwischen  Westfranken  und  Üstfranken 
derart  getheilt,  dass  fortan  die  Maas  (Meuse)  die  Grenze  bei- 
der Reiche  bilden  sollte. 

5,  Von  dem  westfränkischen  Reiche  lösten  sich  bald  nach 
dem  Vertrage  von  Mersen  los : 

a)  Das  cisjuranische  Burgund  (Provence,  Dauphine.  Theile 
von  Langucdoc  und  der  Franche-Comtc%  das  Gebiet  von  Lyon) 
im  Jahre  879    (Königreich). 

b)  Das  transj uranische  Burgund  (Theile  der  Franche  Comte, 
der  Schweiz,  Savoyens:  im  Jahre  888  (Königreich).  [Beide 
burgundische  Reiche  wurden  später  zu  dem  arelatischen  Kö- 
nigreiche vereinigt  und  dieses  wieder  nach  dem  Tode  des  kin- 
derlos gestorbenen  Königs  Rudolf  III.  (1032)  durch  Kaiser 
Konrad  mit  dem  deutschen  Reiche  verbunden'. 

Fast  völliger  Selbständigkeit  genoss  ausserdem  das  um  das 
Jahr  900  entstandene  Herzogthum  Burgund  (ursprünglich  be- 
stehend aus  der  Bourgogne  inid  Theilen  der  Franche-Comte, 
später  durch  die  Hinzufügung  nordwestfranzösischer  und  nie- 
derländischer Gebiete  beträchtlich  erweitert). 

[Das  Herzogthum  Burgund  ging  im  15.  Jahrhundert  in 
den  Besitz  der  habsburgischen  Dynastie  über  und  bildete  in 
Folge  dessen  einen  Bestandtheil  des  spanischen,  bezw.  des 
österreichisch-habsburgischen  Ländercomplexes  . 

Auch  im  Westen  erlitt  das  Avestfränkische  Reichsgebiet 
eine  erhebliche  Schmälerung.  Im  Beginn  des  10.  Jahrhun- 
derts nahmen  die  Normannen  (vgl.  unten  §  3,  Nr.  4)  das  Ge- 
biet der  unteren  Seine  (Neustrien)  dauernd  in  Besitz  und  grün- 
deten dort  das  Herzogthum  Normandie,  dessen  Herrscher  zwar 
dem  Namen  nach  Vasallen  des 'französischen  Königs,  that- 
sächlich   aber   völlig    unabhängig    waren ,    besonders    nachdem 


Einleitung.  3 

sie  durch  Wilhelms  des  Eroberers  Sieg  bei  Hastings  auch  im 
Besitz  der  englischen  Krone  sich  befanden.  Mit  der  Xor- 
maudie  vereinigten  die  anglo-normannischen  Könige  aus  dem 
Hause  Anjou  (die  riantagenets)  weiter  westliche  und  südwest- 
liche französische  Gebiete ,  so  dass  ein  sehr  beträchtlicher 
Theil  Frankreichs  dem  französischen  Staatsverbande  nur  noch 
in  der  lockersten  Form  angehörte.  Derselbe  Zustand  kehrte 
in  noch  gesteigerter  Form  wieder,  als  im  14.  und  15.  Jahr- 
lumdert  die  englischen  Könige  Eduard  III.  und  Heinrich  V. 
abennals  weite  französische  Provinzen  ihrem  Scepter  unter- 
warfen. 

Somit  war  während  des  Mittelalters  der  Territorialbestand 
Frankreichs  ein  sehr  eingeschränkter  und  prekärer,  zumal  da 
auch  die  Oberhoheit  des  Königs  über  die  mächtigeren  Kron- 
vasallen vielfach  nur  eine  schattenhafte  war. 

6.     Die  Ziele  der   territorialen  Politik,    welche   die   fran- 
zösischen Könige  capetingischen  Geschlechtes  sowie  ihre  Nach- 
folger aus   dem   Hause   Valois   und   aus   dem  Hause  Bourbon 
mit  grösster  Consequenz.    vielem  Geschicke   und   nicht  gerin- 
gerem Glücke  verfolgten,  waren  die  feste  Verbindung  der  \a.- 
sallenländer    mit    der  Krone ,    Erwerbung    der    burgundischen 
Länder,    die    Erlangung   Navarras    und    die    Gewinnung    der 
Rheingrenze.      Das   erste    Ziel   wurde    am    frühesten    erreicht, 
namentlich  durch  die  ebenso  gewandte  wie  rücksichtslose  Po- 
litik Philipp  Augusts    und  Ludwigs  XL     Von    den   burgundi- 
schen  Landen   gelangten   die    südlichen  (Provence ,  Dauphine, 
Lyonnais  etc.)    noch  am  Ausgange   des  Mittelalters  an  Frank- 
reich :   die  Bourgogne,   die  Franche-Comte  und  einzelne  Theile 
der  burgundischen  Niederlande  (das  jetzige  französische  Flan- 
dern etc.    wurden  im  16.  und  17.  Jahrhundert,  besonders  durch 
Ludwig  XIV.,  gewonnen,  und  im  18.  Jahrhundert  ging  Loth- 
ringen    im    engeren   Sinne- .    soweit   es    bis    dahin   noch  beim 
deutschen   Reiche    geblieben    war,    an   Frankreich   über.     Na- 
varra  ward  durch  Heinrichs  IV.  Thronbesteigung  dauernd  mit 
Frankreich   verbunden.     Die  Revolutionskriege    brachten  end- 
lich  Frankreich    auch   in   den    vollen  Besitz  der  Rheingrenze, 
nachdem   dieselbe   theilweise   bereits    durch   die    im    17.  Jahr- 
hundert   erfolgte   Occupation   des   Elsasses   hergestellt   worden 
war. 


4  .  Einleitung. 

7.  Napoleon  I.  dehnte  das  französische  Staatsgebiet  über 
einen  grossen  Theil  Nordwestdeutschlands  (bis  nach  Lübeck) 
aus.  Die  pariser  Friedensschlüsse  von  1814  und  1815  aber 
drängten  Frankreich  ungefähr  in  diejenigen  Grenzen  zurück, 
welche  es  vor  der  Revolution  inne  gehabt  hatte.  Der  Friede 
zu  Frankfurt  (1871)  endlich  erwarb  das  Elsass  und  einen  Theil 
Lothringens  dem  deutschen  Reiche  wieder ,  beliess  dagegen 
Savoyen  und  Nizza,  die  Erwerbungen  Napoleons  IIL,  bei  Frank- 
reich. 

Nicht  zu  berücksichtigen  haben  wir  hier  die  Gewinnung 
Corsica's  (im  18.  Jahrhundert  erfolgt)  sowie  die  allmälige  Ent- 
stehung und  die  wechselnden  Schicksale  des  französischen  Co- 
lonialgebietes. 

8.  Gegenwärtig  beträgt  der  Umfang  des  [französischen 
Staatsgebietes  in  Europa 

528572  Quadratkilometer, 
mit  Abzug  Corsica's  (8747  Quadratkilometer) 
i.5 19825  Quadratkilometer. 

Die  im  Jahre  1871  an  Deutschland  abgetretenen  Gebiete 
umfassen   14508  Quadratkilometer. 

§  2.     Die   territoriale  Eintheilung  Frankreichs. 

1.  »Gallia  est  omnis  divisa  in  partes  tres,  quarum  unam 
incolunt  Relgae ,  aliam  Aquitani ,  tertiam  qui  ipsorum  lingua 
Celtae .  nostra  Galli  appellantur.  Hi  omnes  lingua ,  institu- 
tis ,  legibus  inter  sc  differunt.  Gallos  ab  Aquitanis  Garumna 
flumen  .   a  Rclgis  Matrona   et  tSequana  dividit. «     Caes.   de  b. 

g.   I^    1- 

Darnach  zerfiel  das  (von  Italien  aus  betrachtet)  jenseits  der 
Alpen  gelegene  Gallien  (Gallia  transalpina  oder  comata)  zu  Cä- 
sars  Zeit  in :  a)  Aquitania,  zwischen  dem  Meerbusen  von  Bis- 
cayaj,  den  Pyrenäen  und  der  Garonnc :  b)  Gallia  celtica ,  be- 
grenzt durch  das  Meer ,  die  Garomie ,  die  Seine ,  die  Marne 
und  den  Rhein :  c)  Gallia  belgica ,  begrenzt  durch  das  Meer, 
die  Seine,  die  Marne  imd  den  Rhein.  —  Hierzu  kam  noch 
d)  das  schon  vor  Caesars  Zeit  im  römischen  Besitz  befindliche 
südliche,  bezw.  südöstliche  Küstengebiet,  die  l^rovinz  (Gallia 
bracata,  später  Narbonensis  genannt). 

2.  Unter  Augustus.  bezw.  miter  Tiberius  wurde  das  nun 
völlig  unterworfene  Land  in  folgende  Provinzen  getheik : 


Einleitung,  5 

a'   Gallia  Narbonensis.   die  alte  Proviiicia  .    in  ihrem 
Umfange  unverändert. 

Hauptorte  und  Völkerschaften  dieser  Provinz,  deren  Namen  im  Fran- 
zösischen noch  erhalten  sind :  Agathe  —  Agde,  Antipolis  —  Antibes,  Apta 
Julia  —  Apt,  Aquae  Sextiae  —  Aix,  Arausio  —  Orange,  Arclate  —  Arles, 
Avenio  —  Avignon.  Bcterrae  —  Beziers,  Brigantio  —  Briancon,  Cabellio  — 
Cavaillon,  Carcaso  —  Carcassonne,  Carpentoraete  —  Carpcntras,  Dea  —  Die, 
Dinia  —  Digne,  Eburodunum  —  Embrun.  Forum  Julii  —  Frejus,  Forum 
Neronis  —  Forcalquicr.  Geneva  —  Genf,  Gratianopolis  —  Grenoble,  Luteva 

—  Lodeve,  Narbo  Martins  —  Narbonne,  Nemausus  —  Nimes,  Portus  Veueris 

—  Port  Vendres,  Reji  —  Riez,  Ruseino  —  Roussillon  (Perpignan),  Segustero 

—  Sisteron,  Tarasco  —  Tarascon,  Telo  Martius  —  Toulon,  Uretia  —  Uzes, 
Valentia  —  Valence,  Vapineum  —  Gap,  Vasio  —  Vaison,  Vienna  —  Vienne. 

'b;  Aquitania,  das  Gebiet  zwischen  den  Pyrenäen  und 
der  Loire,  also  einen  Theil  der  früheren  Gallia  celtica  mit  um- 
fassend. 

Hauptorte  und  A'ölkerschaften  dieser  Provinz,  deren  Xamen  im  Fran- 
zösischen als  Ortsnamen  noch   erhalten  sind:    Aginnum  —  Agen,   Albiga 

—  Albi,  Aquae  Bormonis  —  Bourbon  les  Bains,  Argentomachus  —  Argen- 
ton,  Ausei  —  Auch,  Bigerrones  —  Bagneres  de  Bigorre,  Bituriges  —  Bour- 
ges,  Blavia  —  Blaye,  Boji  —  Buch,  Burdigala  —  Bordeaux,  Cadurci  —  Ga- 
bors, Clarimontium  —  Clermont,  Consoraiini  —  Conserans,  Elusa  —  Eauze, 
Iculisma  —  Angouleme,  Iluro  —  Oleron,  Lemovices  —  Limoges  ;Limou- 
sin  ,  Lactoria  —  Lectoure.  Petrocorii  —  Perigord,  Pictavi  —  Poitiers,  Re- 
tiatum  —  Retz,  Ruteni  —  Rhodez,  Sautones  —  Saintes  Saintonge  ,  Va- 
sates  —  Bazas. 

c)  Gallia  Lugdunensis,  dem  Umfange  nach  im  All- 
gemeinen der  Gallia  celtica  Cäsars  entsprechend,  jedoch  mit 
folgenden  Einschränkungen:  u  das  Gebiet  zwischen  Loire 
und  Garonne  wurde  zu  Aquitanien  gezogen :  /:?)  mehrere  öst- 
liche Gebiete  wurden  mit  G.  belgica  vereinigt:  y]  das  von 
germanischen  Stämmen  bewohnte  linksrheinische  Gebiet  nebst 
einem  Theile  des  rechts  vom  Xiederrhein  gelegenen  Gebietes 
(etwa  von  Strassburg  ab  bis  nach  Utrecht  und  Leyden  hin 
wurde  unter  dem  Xamen  Germania  cisrhenana  zu  einer  be- 
sonderen Provinz  erhoben ,  welche  später  wieder  in  Germania 
superior  Oberrhein,  bezw.  Mittelrhein)  und  Germania  inferior 
'Xiederrhein)   getheilt  ward.     Vgl.  unten  e)   und  f) . 

Hauptorte  und  Völkerschaften  dieser  Provinz ,  deren  Namen  als  Orts- 
namen im  Französischen  noch  erhalten  sind :  Abrincatui  —  Avranches,  Ar- 
tiaca  —  Arcis,  Augustodunum  —  Autun,  Aureliani  —  Orleans,  Autissio- 
durum  —  Auxerre,  Cabillonum  —  Chälons,   Carnutes  —  Chartres  ,   ;Aulerci 
Cenomanni —  le  Mans,  Constantia  —  Coutances,  Decetia  —  Decize,  Dia- 


6  Einleitung. 

blintes  —  Jublains,  Durocasses  —  Droux,  (Aulerci)  Eburovices —  Evreux, 
Forum  (Segusianorum;  —  Fceurs,  Juliobona  —  I.illebonne,  Lexovii  —  Li- 
sieux,  Lugduuum  —  Lyon,  Matisco  —  Macon,  Meldi  —  Meaux,  Melodu- 
num  —  Melun,  Xamnetcs  —  Nantes,  Nevirnum  —  Nevers,  Parisii  —  Paris, 
Ratuniagus  —  llouen ,  liedones  —  Rennes,  Eodumna  —  Roanne,  Saji  — 
Seez,  Senones  —  Scns,  Tricasses  —  Troyes,  Turones  —  Tours,  Yellauno- 
dunum  —  Ladon,  Viducasses  —  Vieux  :b.  Caen). 

d)  Gallia  belgica,  ausser  dem  Gebiete  der  Beiger  noch 
früher  zu  Gallia  celtica  ispätcr  zu  Burgund  und  zur  Schweiz) 
gehörige  Gebiete  umfassend. 

Hauptorte  und  Völkerschaften  dieser  Provinz,  deren  Namen  als  Orts- 
namen im  Französischen,  vereinzelt  auch  im  Deutschen,  noch  erhalten  sind  : 
Alesia  —  Alize ,  Ambiaui  —  Amiens,  Argentovaria  —  Arzheim,  Atrebates 

—  Arras,  Augusta  (Rauracorum,  —  Äugst,  Aventicum  —  Avenches,  Ba- 
gacum  —  Bavay,  Basilia  —  Basel    Bale  ,  Bellovaci  —  Bcauvais,  Bononia 

—  Boulogne,  Mens;  Brisiacus  —  Breisach,  Camaraeum  —  Cambray,  Corto- 
riacum  —  Courtray,  Dibio  —  Dijon,  Eburodunum  —  Yverdun,  Epoissum 
Ivoy,  Helellum  —  Ell,  Lausonia  —  Lausanne,  Lingones  —  I-angres,  Lu- 
xovicum  —  Luxeil,  Mediomatrici  —  Metz ,  Noviodunum  —  Nyon,  Novio- 
magus  —  Noyon,  Noviomagus  —  Neumagen,  Remi  —  Reims,  Rigodulum 

—  Reol,  Seduni  —  Sitten,  Silvanectes  —  Senlis,  Solodurum  —  Solothurn 
^Soleurel,  Suessiones  —  Soissons,  Taruenna  —  Therouanne,  Toxandri  — 
Tessender-Loo,  Tullum  —  Toul,  Turennum  —  Tournay,  Urba  —  Orbe, 
Verodunum  —  Verdun,  Vcsontio  —  Besancon,  Vindonissa  —  "Windisch, 
Yitodurum  —  Winterthur,  Yiviscum  —  Yevay. 

e)  Germania  superior,  vgl.  oben  c) . 

Ortsnamen  dieser  Provinz,    -welche   im  Deutschen   noch  erhalten  sind: 
Bingium  —   Bingen ,    Borbctomagus   —    "Worms ,    Brocomagus  —  Brumpt 
(Brumati,  Maguntiacum  —  Mainz,  Saletio  —  Selz,  Spira  —  Speier. 
fi  Germania  inferior  vgl.  oben  c). 

Ortsnamen  dieser  Provinz ,  ■welche  im  Deutschen  noch  erhalten  sind : 
Antonacum  —  Andernach,  Baudobrica  —  Boppard,  Baruncum  —  "Worrin- 
gen,  Bonna  —  Bonn,  Colonia  (Agrippina,  —  Cöln,  Colonia  jTrajana;  — 
Kelln,  Divitio  —  Deutz,  Durnomagus  —  Dornmagen,  Treviri  —  Trier, 
Golduba  —  Gellep,  Gesonia  —  Zons,  Juliacum  —  Jülich,  Lugdunum  (Ba- 
tavorumj  —  Leyden,  Marcodurum  —  Düren,  Novesium  —  Neuss,  Novio- 
magus —  Nymegen,  Ripomagus  —  Remagen,  Tolbiacum  —  Zülpich, 
Tungri  —  Tongern,  Ultrajectum  —  Utrecht. 

Jede  der  genannten  Provinzen  zerfiel  -wieder  in  eine  An- 
zahl von  Bezirken,  für  deren  Abtheilung  die  Grenzen  der  ein- 
zelnen Völkerschaften  massgebend  -waren.  Im  Ganzen  zählte 
man  60  Völkerschaften.  ^) 

1;  Nämlich  in  Aquitanicn;  1.  Convenac  'Cominges)  ,  2.  Bigcrriones 
(Bigorre),  ;<.  Benarnenses  Bearn  ,  4.  Iluroncnscs  Oleran',  5.  Tarbclli  Dax), 
6.  Aturensos     Aire  ,    7.    Elusates  i'Eauze),    8.  Auscii   (Auch  ,   iL  Lactorates 


Einleitung.  7 

Das  beste  AVcrk  über  die  Geographie  des  alten  Galliens  ist  abgeselien 
von  den  KiKPKKT'schen  und  FoKBKiKu'schcn  Lehrbüchern  der  alten  Geo- 
graphie) das  gross  angelegte  und  ungemein  reichhaltige  Buch  von  E.  Desjar- 
DIN'S,  Geographie  historique  et  administrative  de  la  Gaule  romainc.  2  Bde. 
Paris  1875  TS;  der  2.  Band  ist  der  für  Philologen  und  Historiker  wichtigere 
und  interessantere;  zu  bedauern  ist,  dass  der  Verfasser  auf  die  Geschichte 
Galliens  während  der  Kaiserzeit  nicht  näher  eingeht.  Vgl.  ferner  A.  Tx)N(jnon, 
Geographie  de  la  Gaule  au  VI"  siecle.  Paris  1SS2  ?:  Karten  des  alten  Gal- 
liens findet  man  in  jedem  Atlas  des  Orbis  antiquus  und  in  jeder  besseren 
Cäsarausgabe. 

3.  Die  Gebiete  der  einzelnen  germanischen  Völkerschaf- 
ten, welche  im  4.  und  5.  Jahrhundert  n.  Chr.  Gallien  besetz- 
ten,  werden  später    §  3,  Nr.   G)  angegeben  werden. 

4.  Das  mittelalterliche  Frankreich  zerfiel  —  ganz  ähnlich 
wie  das  mittelalterliche  Deutschland  —  in  eine  gi'osse  Zahl 
einzelner  Territorien  Herzogthümer,  Grafschaften  etc.),  deren 
Grenzen  oft  schwankend  genug  waren  und  von  denen  häutig 
mehrere  zu  grösseren  Complexen  vereinigt  wurden.  Die  Be- 
nennungen dieser  Gebiete  waren  theils  die  ererbten  (keltisch-) 
lateinischen,  bezw.  deren  französische  Gestaltung  z.  B.  Poi- 
tou  =  Pictavi,  Guyenne  =  Aquitania,  Anjou  =  Andegavi.  Pro- 
vence =  Provincia  etc.)  ,  theils  neu  aufgekommene  Xamen 
[z.  B.  Bretagne,  Normandie ,  Dauphine,  Languedoc ,  Bour- 
gogne  etc.).  Zum  Theil  gingen  diese  Benennungen  auf  die 
Provinzen  des  Einheitsstaates  über,  vgl.  Nr.   5. 


(Lectoure) ;  in  Gallia  celtica:  10,  1  Bituriges  Vivisci  iBordeaux),  11,  2 
Vasates  (Bazas  ,  12,  3  Nitiobroges  Agen) ,  13,  4  Cadurci  Cahors  ,  14,  5 
Rutoni  'Rodez\  15,  6  Gabali  Javouls  ,  16,  7  Helvii  (Vivarais;,  17,  8  Vel- 
lavii  iVelay^,  18,  9  Arverni  (Auvergne;,  19,  10  Lemovices  (Limoges;,  20,  11 
Petrocorii  Perigueux),  21,  12  Santones  Saintes^  22,  13  Pictones  (Poitiers, 
23,  14  Bituriges  Bourges  ,  24,  15  Helvetii  'Avenches!,  25,  16  Sequani  (Be- 
sancon),  26,  17  Lingones  (Langres,,  27,  18  Aedui  Bibracte  =  Mont  Beu- 
vray),  28,  19  Segusiani  Forez',  29,  20  Senones  iSens),  3l»,  21  Parisii  Pa- 
ris;, 31,  22  Camutes  (Chartres),  32,  23  Turoni  (Tours^  33,  24  Andegavi 
^Angers  ,  34,  25  Namnetes    Nantes  ,  35,  26  Veneti    Vannes),  36,  27  Osismi 

Kastell  Ac'h  ,  37,  28  Curiosolitae  (Corseul),  38,  29  Redones  (Rennest,  39,  30 
Ambivariti  'Avranches  ,  40,  31  Unelli  Carentän) ,  41,  32  Esuvii  Vieux  , 
42,  33  Lexovii  Xisieux >  43,  34  Aulerci  Eburovices  Vieil-Evreux  ,  44,  35 
Aulerci  Cenomanni  leMans),  45,36  Aulerci  Diablintes  Jublains)  ;  inBel- 
gicum:  46,  1  Caletes  Lillebonne,  47,  2  Velocasses  (Ronen],  48,  3  Bel- 
iovaci  fBeauvais,  49,  4  Ambiani  'Amiens  ,  50,  5  Atrebates  (Arras),  51,  6 
Morini  Therouanne),  52,  7  Menapii  ^Cassell,  53,  8  Nervii  (Bavay) ,  54,  9 
Viromandui  (St.-Quentin  ,  55,  10  Suessiones  (Soissons),  56,  11  Remi  (Reims;, 
57,   12  Eburones     Tongern;,    58,  13   Treveri   (Trier,    59,   14   Mediomatrici 

Metz;,  60,  15  Leuci  ;Toul .  Die  in  Klammern  beigesetzten  Namen  geben 
den  einstigen  Hauptort  bezw.  Hauptsitz  der  betreffenden  Völkerschaft  an. 
Vgl.  Desjardixs,  a.  a.  ü.  t.  II,  p.  500  f. 


g  Einleitung. 

Ein  näheres  Eingehen  auf  die  territoriale  Eintheilung  des  mittelalter- 
lichen Frankreichs  ist  hier  unstatthaft.  Nicht  dringend  genug  aber  kann 
dem  Studierenden  der  französischen  Philologie  anempfohlen  Averden,  sich 
von  den  Einzelgebieteu  des  mittelalterlichen  J'rankreichs  eine  möglichst 
klare  Anschauung  zu  erwerben,  -n-ozu  das  Studium  der  betreffenden  Karten 
des  V.  SPRlXEU'schen  historischen  Atlas,  welche  auch  einzeln  käuflicli  sind, 
das  beste  Hülfsniittel  ist.  Nicht  minder  dringend  ist  anzurathen,  dass  der 
Studierende  sich  mit  den  lateinischen,  bezw.  altfranzösischen  Formen  der 
französischen  Landschafts-  und  Ortsnamen  vertraut  mache,  ^^'er  solche 
Kenntniss  nicht  besitzt,  läuft  fortwährend  Gefahr,  in  grobe  Irrthümer  zu 
verfallen  und  Verwechslungen  sich  zu  Schulden  kommen  zu  lassen,  welche 
nicht  selten  verhängnissvoll  werden  können.  Als  Nachschlagewerk ,  mit- 
telst dessen  die  moderne  Form  mittelalterlicher  lat.  Namen  rasch  festge- 
stellt werden  kann,  ist  zu  empfehlen:  Tll.  GuÄSSE,  Orbis  latinus.  Dresd.  1S61. 
Einen  recht  brauchbaren  mittelalterUch-geographischen  Index  enthält  auch 
der  5.  Band  der  PiiEVOST'schen  Ausgabe  der  Historia  ecclesiastica  des  Or- 
DERlcrs  YlTALls    Paris  1855). 

5.  Der  französische  Einheitsstaat,  wie  er  im  15.  und  10. 
Jahrhundert  sich  ausbiklete,  gliederte  sich  in  eine  Keihe  mehr 
oder  weniger  umfangreicher  Provinzen,  welche  vielfach,  wie 
die  Grenzen,  so  auch  die  Namen  der  früheren  Herzogthümer 
und  Grafschaften  beibehielten.  Diese  historische  Eintheilung, 
während  deren  Dauer  den  einzelnen  Landestheilen  Mcnigstens 
noch  einige  Reste  der  früheren  Autonomie  bewahrt  blieben. 
Avurde  im  Jahre  1790  von  der  constituirenden  Nationalver- 
sammlung aufgehoben,  und  an  ihre  Stelle  trat  eine  streng  cen- 
tralisirende  Eintheilung  des  Landes  in  (zunächst  S3)  Departe- 
ments, deren  Namen  von  Gebirgen  und  Flüssen  entlehnt  wurden. 

6.  Im  Folgenden  möge  eine  Uebersicht  der  früheren  fran- 
zösischen Provinzen  gegeben  Averden,  wobei  dem  Namen  jeder 
Provinz  zugleich  die  Benennungen  der  Departements  beige- 
fügt werden  sollen,  in  welche  ihr  Gebiet  zerlegt  wurde.  Nicht 
erst  der  Bemerkung  bedarf  es.  dass  die  Provinz-  und  die  De- 
partementsgrenzen sich  nur  ungefähr  decken.  Als  praktisch 
erschien  es,  den  französischen  Territorialhestand  vor  dem  Jahre 
1871  zu  Grunde  zu  legen;  welche  Veränderungen  er  durch 
den  Frankfurter  Frieden  erlitten  hat.  ist  ja  bekannt  genug. 

I  Isle  de  France.  1  Seine,  2  Seine-et-Oise,  3  Seine -et -Marne,  4 
Oise,  5  Aisne  —  II  Champagne.  G  Ardennes,  7  Marne,  8  Haute-Marne, 
9  Aube  —  III  Lothringen.  10  Meuse,  11  Moselle,  12  Meurthe,  13  Vos- 
ges  —  IV  Flandern.  14  Nord —  VArtois.  15  Pas  de  Calais  —  VI  Pi- 
cardie.  IG  Somme  —  VII  Normandie.  17  Seine  inferieure,  IS  Eure, 
19  Calvados,    20  la  Manche.    21    Orne  —  VIII  Bretagne.   22  Finisterc, 


Einleitung.  9 

2;<  Morbihan ,    24  Cötes  du  Nord.  25  lUe- et- Villainc,   26  Loire  inferieure. 

—  IX  Poitou.  27  Vendee,  28  Deux-Scvres,  29  Vienne  —  X  Anjou. 
3üMainc-et-Loire  —  XI  Maine.  31  Mayenne,  32  Sarthe  —  XIIAngou- 
mais,  Aunis  u.  Saintonge.  33  Charente,  34  Charente  inferieure  — 
Xin  Touraine.  35  Indre- et -Loire  —  XIV  Orleannais.  36  Loir-et- 
Cher,  37  Jura-et- Loir ,  38  Loiret  —  XV  Nivernais.  39  Nievre  — 
XVI  Bourbonnais.  40  AUier  —  XVII  Marclie.  41  Creuse  —  XVIII 
Berry.  42  Cher,  43  Indre  —  XIX  Limousin.  44  Haute-Vienne,  45  C'or- 
rege.  XX  Auvergne.  46  Cantal,  47  Puy  de  Dome  —  XXI  Lyonnais. 
48  Loire,  49  Rhone  —  XXII  Burgund.  50  Ain,  51  Saöne- et -Loire,  52 
Cote  d'Or,  53  Tonne  —  XXIII  Franche-Comte.  54  Haute-Saöne,  55 
Jura,  56  Doubs  —  XXIV  Elsass.  57  Haut-Pvhin,  5S  Bas-Rhin  —  XXV 
Dauphine.  59  Isere,  60  Drome,  61  Hautes-Alpes  —  XXVI  Langue- 
doc.  62  Ardeche,  63  Haiite-Loire,  61  Tozere,  65  Gard,  66  Herault,  67 
Tarn,  68  Haute-Garonnc,  69  Aude  —  XXVII  Guyenne.  70  Avcyron,  7] 
Lot,  72  Dordogne,  73  Tam-et-Garonne.  74  Lot-et-Garonne,  75  Gironde 

—  XXVIII  Gascogne.  76  Landes,  77  Gers,  78  Hautes-Pyrenees  — 
XXIX  Bearn  und  Navarra.  79  Basses-Pyrenees  —  XXX  Foix.  80  Ariege 

—  XXXI  RoussiUon.  Sl  Pyrenees-orientales —  XXXII  Avignon,  Ve- 
nais sin  und  Orange.  82  Vaucluse  —  XXXIII  Provence.  83  Bouches 
du  Rhone,  84  Basses -Alpes,  85  Var  —  XXXIV  Savoyen  und  Nizza. 
86  Savoie,  87  Haute-Savoie,  88  Alpes-maritimes  —  XXXV  89  Corse. 

Auch  mit  der  Departementseintheilung  muss  der  französische  Philolog 
sich  möglichst  bekannt  machen,  denn  sie  ist  nun  einmal  die  in  Frankreich 
allein  und  allgemein  übliche,  und  es  wird  folglich  von  französischen  Ge- 
lehrten auch  dann  auf  sie  Bezug  genommen,  -wenn  es  sich  z.  B.  um  An- 
gabe der  Grenzen  eines  Dialektes  u.  dgl.  handelt.  Auch  sonst  gereicht 
eine  genauere  Kenntniss  der  geographischen  und  topographischen  Verhält- 
nisse des  modernen  Frankreichs  dem  französischen  Philologen  zum  grossen 
Nutzen.  Hülfsmittel,  um  dieselbe  zu  erlangen,  sind  ausser  den  besseren 
geographischen  C'ompendien  i;  namentlich  Joaxxe'.s  Itineraire  general  de 
la  France  (CoUeetion  des  Gi'IDES-Jo.\nxe  [Paris.  Hachette')  und  für  Pa- 
ris speciell  B.\deker'.s  »Paris  und  seine  Umgebungen". 

§  3.     Die  Bevölkerung  Frankreichs. 

Auf  dem  Boden  des  heutigen  Frankreichs  haben,  ehe  die 
französische  bezw.  die  proveuzalische  Nationalität  sich  aus- 
bildete, folgende  Völkerschaften  neben,  bezw.  nach  einan- 
der gewohnt:  Kelten.  Iberer.  Ligurer,  Griechen,  Römer.  Ger- 
manen-.     Vgl.   auch  unten  Cap.   2. 


1  Das  gegenwärtig  im  Erscheinen  begriffene  illustrirte  AA'erk  :  V.  Hell- 
WALD,  Frankreich  in  AVort  und  Bild  Leipzig,  Günth>:r'  ist  ein  im  guten 
Sinn  des  Wortes  populärwissenschaftliches  Buch  und  verdient,  schon  sei- 
ner schönen  Bilder  wegen,  auch  von  den  Neuphilologen  einmal  durchblät- 
tert, bezw.  gelesen  zu  werden. 

2i  Diese  Liste  könnte  durch  Einreihung  der  Phönicier  und  Araber 
vervollständist  werden,  denn  die  ersteren  sind   die  Vorläufer  der  Griechen 


l 


]()  .Einleitung. 

1.  Die  Kelten.  Unter  den  Völkerschaften,  Avelche  zu 
Cäsars  Zeit  in  den  Besitz  Galliens  sieh  theilten,  waren  die 
Kelten  die  weitaus  bedeutendste  und  zahlreichste :  ihr  Gebiet 
erstreckte  sich  —  da  nach  gewöhnlicher  Annahme ,  deren 
Kichtigkeit  hier  dahingestellt  bleiben  muss  vgl.  unten  b), 
nicht  nur  die  Galli,  sondern  auch  die  Belgae  keltischen  Stam- 
mes waren  —  bis  nahe  an  den  llhein,  dessen  linkes  Uferge- 
biet allerdings  schon  damals  in  seiner  ganzen  Ausdehnung  von 
germanischen  Völkern  besetzt  gewesen  zu  sein  scheint. 

a  Die  Kelten  gehören  zu  der  grossen  indogermanischen  oder  arischen 
Vülkerfamilie  und  sind  das  am  weitesten  nach  Westen  vorgeschobene  Glied 
derselben.  Zu  Cäsars  Zeit  waren  ausser  Gallien  und  Oberitalien  Gallia  cis- 
alpina  noch  die  britischen  Inseln  von  keltischen  Völkern  besetzt,  und  in 
noch  früherer  Zeit  hat  sich  aller  "Wulirscheinlichkcit  nach  das  Gebiet  der 
Kelten  noch  über  das  südliche  Deutschland  und  dessen  Grenzlandschaften 
erstreckt.  (Im  3.  Jahrhundert  vor  Chr.  weite  Eroberungszüge  keltischer 
Schaaren  nach  Griechenland  und  Kleinasien ;  Niederlassung  von  Kelten 
in  dem  nach  ihnen  genannten  Galatien).  Die  Kelten  haben  das  eigene 
Schicksal  erlitten,  dass  sie  im  Laufe  der  Zeit  immer  mehr  und  mehr  von 
andern  Völkern  zurückgedrängt  und  absorbirt  wurden,  so  in  Gallien  von 
den  Kömern  und  Germanen,  in  England  und  dem  südlichen  Schottland 
durch  die  germanischen  Angelsachsen.  Behauptet  hat  sich  der  keltische 
Stamm  nur  in  Wales,  im  nördlichen  Schottland  und  den  umliegenden  In- 
seln, in  Irland  und  in  der  nordwestlichen  Bretagne,  doch  dürfte  die  sprach- 
liche Anglisirung,  bezw.  Französisirung  der  betreffenden  Völkerschaften 
nur  eine  Frage  der  Zeit  sein,  schon  jetzt  wird  in  den  meisten  der  genann- 
ten Gebiete  neben  dem  Keltischen  auch  schon  das  Englische,  bezw,  das 
Französische  gesprochen. 

b,  Ueber  das  Verhältniss  der  Belgae  zu  den  Galli  ist  viel  gestritten 
worden,  ohne  dass  doch  die  Frage  bis  jetzt  völlig  klar  gestellt  worden 
wäre,  und  bei  der  Dürftigkeit  und  Unbestimmtheit  der  betreöenden  An- 
gaben bei  Cäsar  und  andern  antiken  Autoren  dürfte  die  Erlangung  voUer 
Klarheit  überhaupt  unmöglich  sein.  Das  Wahrscheinlichste  ist,  dass  die 
unter  dem  Gesammtnamen  Belgae  begriffenen  Völkerschaften  theils  dem 
keltischen,  theils  aber  dem  germanischen  Stamme  angehörten ,  theils  aber 
vielleicht  keltisch-germanische  Mischvölker  waren.     Vgl.  auch  unten  Nr.  6. 

c  Von  Zeit  zu  Zeit  ist  neuerdings  die  Behauptung  aufgestellt  worden, 
dass  die  alten  Gallier  nicht  Kelten,  sondern  insgesammt  Germanen  gewe- 
sen seien;  zuletzt  von  A.  v.  Bfxker,  Versuch  einer  Lösung  der  Kelten- 
frage durch  Unterscheidung  der  Kelten  und  der  Gallier.  1.  Hälfte.  Karls- 
ruhe 1S83,  Diese  Hypothese  dürfte  jedenfalls  abzuweisen  sein,  andererseits 


in  der  Kolonisation  der  gallischen  Mittelmeerküste  gewesen  und  die  letz- 
teren haben  vorübergehend  einzelne  Gebiete  Südfrankreichs  occupirt.  Ge- 
legentlich wird  auch  weiter  unten  auf  diese  Thatsachen  Bezug  genommen 
werden. 


Kinlcitun}?.  1 1 

aber  dürfte  doch  vielleicht  dem  germanischen  Elemente  in  dem  altpalli- 
schen  Völkercomplcxe  eine  grössere  Bedeutung  beizumessen  sein ,  als  bis 
jetzt  zu  geschehen  pflegte. 

d)  Ueber  die  Cultur  der  gallischen  Kelten  niaclit  Cäsar  in  seinen  Com- 
mentarien,  namentlich  VI,  11 — 20,  interessante  ujid  vcrhiiltnissmässig  aus- 
führliche Angaben.  Darnach  war  dieselbe  eine  ziemlicli  primitive  lialb- 
cultur,  ungefähr  entsprechend  der  Cultur  der  germanischen  Völker  im 
frühesten  Mittelalter.  Zu  liöherer  Cultur  hat  kein  einziges  keltisches  Volk  mit 
Bewahrung  seiner  Nationalität  sich  zu  erheben  vermocht,  selbst  nicht  die  iri- 
schen Kelten,  welche  doch  bis  in  das  spätere  Mittelalter  die  äussere  Möglich- 
keit der  Ausbildung  einer  Nationalcultur  besassen ;  darin  ist  gewiss  auch  die 
Erscheinung  begründet,  dass  die  Kelten  von  den  Germanen  und  Romanen 
als  den  culturfähigcren  Stämmen  immer  mehr  zurückgedrängt  worden  sind. 

e;  Ueber  die  Eintheilung  der  keltischen  Spraclien  vgl.  Theil  1  p.  47. 
Unter  allen  indogermanischen  Sprachen  dürften  die  keltischen  sich  von  dem 
ursprünglichen  Laut-  und  Formentypus  am  weitesten  entfernt  und  die  ab- 
normsten Bildungen  entwickelt  haben.  Besonders  eigenartig  und  bizarr  ist 
das  Lautsystem  des  Keltischen,  namentlich  in  Bezug  auf  die  Anlautgesetze. 
In  Folge  dessen  ist  das  Studium  des  Keltischen  ebenso  interessant  als 
schwierig. 

f)  Die  Sprache  der  alten  Gallier  ist  uns  nur  aus  den  in  das  Latein 
übergegangenen  Lehnworten  z.  B.  leuca,  rheda,  cerevisia  etc.),  aus  Eigen- 
namen namentlich  den  zahlreichen  Ortsnamen)  und  einer  Anzahl  (15 — 18) 
wenig  umfangreicher  Inschriften  bekai^nt  (vgl.  A.  Pictet,  Essai  s.  quelques 
inscriptions  en  langue  gauloise  Genf.  1859,  und  Nouvel  essai  s.  les  inscr.  g. 
Paris  1SÜ7  .  Besser  vertraut  sind  wir  dagegen  mit  den,  zum  Theil  ja  noch 
lebenden  keltischen  Idiomen  in  der  Bretagne,  in  "Wales,  Schottland  und 
Irland  Bretonisch  oder  Armoricanisch,  Welsch,  Gälisch ,  Irisch,,  und  von 
diesen  aus  sind  Rückschlüsse  auf  die  Beschaffenheit  des  Gallischen  möglich. 
Ueber  den  etwaigen  Einfluss  des  Gallischen  auf  das  Französische  vgl.  unten 
das  Kapitel  über  Sprachgeschichte. 

g;  Die  alten  Gallier  kannten  die  Schrift,  verschmähten  aber  die  An- 
wendung derselben  für  litterarische  Zwecke  (vgl.  C^lsar,  b.  g.  VI,  14  ; 
daher  sind  auch  die  jedenfalls  vorhanden  gewesenen  gallischen  Volksdich- 
tungen völlig  spurlos  untergegangen.  Die  keltischen  Stämme  in  der  Bre- 
tagne und  in  Britannien  haben  eine  ansehnliche  und  eigenartige  Litteratur, 
namentlich  auf  epischem  Gebiete,  entwickelt,  welche  zum  Theil  bereits  im 
früheren  Mittelalter  schriftlich  fixirt  worden  ist.  Die  mittelalterlich  kel- 
tische Litteratur  hat  auf  die  romanischen  und  germanischen  Litteraturen 
des  Mittelalters,  besonders  durch  die  Ueberlieferung  phantastischer  Sagen- 
stofFe    Artus-,  Iwein-,  Lanzelotsage  und  dgl.  ,    sehr  erheblich  eingewirkt. 

h;  Der  französische  (und  ebenso  der  englische)  Philolog  darf,  wenn  er 
höhere  wissenschaftliche  Ziele  verfolgt,  einiger  Kenntniss  der  keltischen 
Sprachen  und  Litteraturen  nicht  entbehren.  Es  ist  dies  eine  Forderung, 
deren  Berechtigung  gegenwärtig  allerdings  nur  erst  von  Wenigen  erkannt 
wird,  deren  Nothwendigkeit  sich  aber  immer  gebieterischer  geltend  machen 
dürfte.     Je   mehr   ihr  genügt   werden   wird ,    um   so   mehr   steht  zu  hoffen. 


1 2  Einleitung. 

dass  so  manche  Räthsel  der  französischen  und  englischen,  überhaupt  der 
romanischen  und  germanischen  Sprach-  und  Litteraturgeschichte  ihre  end- 
gültige Lösung  finden  werden.  Aber  auch  die  allgemeine,  bezw.  die  indo- 
germanische vergleichende  Sprachwissenschaft  wird  durch  ein  eindringen- 
deres Studium  des  Keltischen  mächtig  gefördert  werden.  Sehr  zu  wünschen 
wäre  demnach,  dass  die  Zahl  der  Professuren  für  keltische  Philologie  an 
deutschen  Universitäten  vermehrt  würde  bis  jetzt  bestehen  deren  nur  zwei: 
in  Berlin  zur  Zeit  unbesetzt]  und  I-eipzig  [E.  "WiNDisciii ;  der  hervorra- 
gende Keltist  Zi.MMEU  in  Greifswald  vertritt  officiell  das  Fach  des  Sanskrit 
lind  der  vergleichenden  Sprachwissenschaft^  ;  nicht  minder  aber  wäre  zu 
wünschen,  dass  mehr,  als  bisher,  für  die  akademische  Laufbahn  befähigte 
junge  Linguisten  sich  den  keltischen  Studien  widmeten,  um  künftig  An- 
•deren  als  Lehrer  dienen  zu  können. 

i)  Littcraturangaben;  Allgemeines:  F.  RliYS,  Lectures  on 
Welsh  Philology.  London  1877.  —  L.  Dikfexbacii,  Origines  Europaeae, 
die  alten  Völker  Europa's  mit  ihren  Sippen  und  Nachbarn.  Frankfurt  a.  M. 
1861  —  A.  HoLTZMANN,  Kelten  und  Germanen.  Stuttgart  1855  —  L.  DlE- 
•FENBACn,  Celtica.  Sprachliche  Documente  zur  Geschichte  der  Kelten.  Stutt- 
gart 1839/40.J  3  Bde.  —  Brandes,  die  ethnographischen  Verhältnisse  der 
Kelten  und  Germanen.  Leipzig  1857  —  RoGi'ET  et  BELi.oarET,  Ethno- 
logie gauloise.  Paris  1868/75  —  LEMiiiRE,  Etüde  sur  les  Celtes  et  les  Gau- 
lois.   Paris  1874/76  —  E.  MoRix,  L'Armorique  au  V^  siecle.  Kennes  1867 

—  Revue  Celtique,  p.  p.  H.  Gaidoz.  Paris  seit  1870.  —  Sprachliches; 
*E.  "W INDISCH ,  Keltische  Sprachen.  S.-A.  aus  Ersch  und  Grvbers  Real- 
•encyklopädie.  2  Sect.  Bd.  35,  S.  132—180  —  Desjardins,  a.  a.  O.  t.  II, 
p.  577 ff.  —  A.  DE  Jl'BAlNViLLE,  Etudes  grammaticales  s.  les  langues  cel- 
tiques.  Paris  1881  —  W.  F.  Edwards,  Reeherches  sur  les  langues  celti- 
ques.  Paris  1844  —  E.  GLÜCK,  Die  bei  Cäsar  vorkommenden  keltischen 
-Ortsnamen.  München  1857  —  *H.  K.  Zeiss,  Grammatica  Celtica,  2.  Ausg. 
besorgt  durch  H.  Ebel.  Berlin  1871  (besitzt  für  die  keltische  Philologie 
eine  ähnlich  grundlegende  Bedeutung ,  wie  DiEz'  Gramm,  für  die  roma- 
nische; vgl.  die  Recension  von  Nigra  in  der  Rev.  celt.  Bd.  I;  — J.  O'Do- 
NOVAN,  A  Grammar  of  the  Irish  Language.  Dublin  1S45  —  E.  "WiNDl.sCH, 
Kurzgefasste  irische  Grammatik  mit  Lesestücken.  Leipzig  1879  (ausgezeich- 
netes altirisches  Elementarbuch)  —  Canon  BoiRKE,  The  College  Irish 
Grammar.  Dublin  1879  —  P.  W.  JOYCE,  A  Grammar  of  the  Irisli  Language 
for  the  Use  of  Schools.  Dublin  1879  (dieses  und  das  vorhergenannte  Werk 
sind  trefiliche  und  praktische  Lehrbücher  des  Neu-Irischen  .  —  J.  GriLLOME, 
Grammaire  francaise-bretonne.  Vannes  1836  —  Th.  Rowland,  A  Gram- 
mar of  the  Welsh  Language.  A\'rexham  o.  J.  —  G.  GÜTERBüGK,  Bemerkungen 
über   die  latein.  Lehnworte   im  Irischen.    Königsberg  (Leipzig)  18'52.    Diss. 

—  F.  MoNE,  Die  gallische  Sprache  und  ihre  Brauchbarkeit  für  die  Ge- 
schichte. Karlsruhe  1857  —  H.  MoNlN,  Monuments  des  anciens  idiomes 
gaulois.  Paris  1872  (der  Verf.  versucht,  den  EinHuss  des  Keltischen  auf 
das  gallische  Latein  zu  constatiren)  —  LÜCKE,  La  grammaire  des  idiomes 
celtiques  en  rapport  avec  la  langue  francaise.  Programm  des  Gymnasiums  zu 
Schleswig  1876  —  M.  Grünewald,  Ueber  die  keltischen  Elemente  im  Fran- 


Einleitung.  ^  13 

zösischen.  Braunschweig  1ST4  —  A.  Meyer,  Vergleich  verschiedener  Rede- 
theile  im  Keltischen  und  Französischen,  in:  IJlätter  f.  d.  bayr.  Gymnasial- 
wesen. Bd.  12,  Heft  1  und  8.  —  Litteratur  gcschichte:  AuBOls  de 
JrB.uxviLLE,  Introduction  h  l'etude  de  lu  litterature  celtique.  Paris  1883.  — 
Vgl.  auch  Theil  II,  S.  481.  —  Ueber  die  keltische  Einwanderung  in  die 
Bretagne  vgl.  J.  Loth,  L'emigration  bretonne  en  Armorique  du  V«  au  VII« 
siecle  de  notre  ere.     Paris  18S3,  cf.  Rom  XIII,  4;Ui. 

2.  Die  Iberer.  Die  Woliiisit7X'  der  Iherer  erstreckten 
sich  von  der  Garonne  ab  südwärts  über  Aquitanien  und  über 
die  pyreniiische  Halbinsel.  In  Gallien  war  demnach  nur  ein 
verhältnissmiissig;  kleines  Gebiet  von  den  Iberern  besetzt.  Da 
dasselbe  dem  späteren  provenzalischen  Sprachgebiete,  die  Py- 
renäenhalbinsel 'aber  dem  späteren  spanisch -portugiesischen 
Sprachgebiete  zufiel,  so  bleiben  nähere  Angaben  über  die  Ibe- 
rer passend  der  Einleitung  in  die  provenzalische  und  spanische 
Philologie  vorbehalten. 

3.  Die  Ligurer.  Die  Ligurer  bewohnten  in  vorhisto- 
rischer Zeit  einen  Theil  der  gallischen  Südwestküste  vgl, 
Desjardixs  a.  a.  O.  II  p.  49  ff.',  wurden  aber  durch  die  Kel- 
ten aus  diesen  Sitzen  verdrängt  und  auf  das  spätere  genue- 
sische Gebiet,  das  eigentliche  Ligurien,  beschränkt.  Ein  Ein- 
fluss  der  Ligurer  auf  die  Entwickelung  der  provenzalischen 
Nationalität  und  Sprache  —  denn  nur  diese .  und  nicht  die 
französische  kann  hier  in  Betracht  kommen  —  ist  absolut  nicht 
nachweisbar.  Die  Zugehörigkeit  der  Ligurer  zum  arischen 
Stamme  dürfte  mindestens  wahrscheinlich  sein. 

4.  Die  Griechen.  Phocäische  Griechen  gründeten 
gegen  600  v.  Chr.  an  der  gallischen  Südostküste  die  Colonie 
Massilia  .  welche  sich  nicht  nur  bald  zu  einem  Handelsplatze 
von  höchster  Bedeutung  entwickelte,  sondern  auch  den  Aus- 
gangspunkt für  zahlreiche  weitere  griechische  Städtegründungen 
abgab,  in  Folge  deren  die  ganze  Mittelmeerküste  Galliens  mehr 
oder  weniger  hellenisirt  wurde.  Man  muss  sich  indessen  hü- 
ten, diesen  griechischen  Colonien  irgend  welchen  Einfluss  auf 
die  Entwickelung  der  provenzalischen  oder  gar  der  französi- 
schen Sprache  und  Nationalität  zuzuschreiben,  es  ist  vielmehr 
durchaus  anzunehmen ,  dass  zwischen  Provenzalisch ,  bezw. 
Französisch  einerseits  und  Griechisch  andrerseits  direkte  Be- 
ziehungen nicht  bestehen.  Was  die  französischen  Humanisten 
des   IG.  Jahrhunderts  vorgebracht  haben,  um  die  unmittelbare 


1 4  .  Einleitung. 

Verwandtschaft  ihrer  Sprache  mit  der  griechischen  zu  beweisen, 
kann  vor  einer  wissenschaftHchen  Prüfung  schlechterdings  nicht 
bestehen.  Richtig  ist  ja  freilich,  dass  die  französische  Syntax 
manche  bemerkenswerthe  Züge  mit  der  griechischen  gemein 
hat  (man  denke  z.  B,  an  die  Construction  der  hypothetischen 
Periode  der  Irrealität :  si  favais,  je  donnerais  =  si  sl/ov,  ioi- 
couv  avi),  aber  derartige  Parallelen,  welche  auch  sonst  zwi- 
schen einander  fremden  Sprachen  sich  oft  genug  finden,  be- 
rechtigen noch  nicht  zur  Annahme  eines  engeren  Verwandt- 
schaftsverhältnisses, nichtig  ist  auch ,  dass  das  Französische 
(und  das  Komanische)  überhaupt  eine  nicht  unerhebliche  An- 
zahl von  Worten  griechischen  Ursprunges,  welche  nur  auf 
volksthümlichem  "Wege  übernommen  worden  sein  können,  in 
seinem  Wortschatze  besitzt  ^man  denke  z,  B.  an  parier ,  hlä- 
mer,  eglise,  pretre^  coup  etc),  aber  diese  Worte  sind  zweifel- 
los dem  Griechischen  nicht  direkt,  sondern  nur  indirekt  (durch 
das  Medium  des  Lateins,  namentlich  des  Kirchenlateins)  ent- 
lehnt worden. 

5.  Die  Römer.  Zum  ersten  Male  betrat  im  Jahre  154 
v,  Chr.  ein  römisches  Heer  den  gallischen  Boden,  um  auf 
Wunsch  der  mit  Rom  verbündeten  Massilioten  die  griechischen 
Küstenstädte  Nicäa  (Nizza)  und  Antipolis  (Antibes)  gegen  räu- 
berische Nachbarstämme  zu  vertheidigen.  Landerwerbungen 
wurden  indessen  damals  noch  nicht  gemacht,  sondern  erst  in 
den  Jahren  123 — 118  v.  Chr.  unterwarfen  sich  die  Römer  die 
gallische  Südküste ,  welche  fortan  als  erste  römische  Provinz 
jenseits  der  Alpen  »Provincia«  schlechtweg,  später  auch  nach 
ihrer  Hauptstadt  Narbo  (Martins;  »Gallia  Narbonensis«  genannt 
wurde.  Das  politische  Motiv  zu  dieser  Erwerbung  war  die  Noth- 
wcndigkeit,  eine  sichere  Landverbindung  zwischen  Italien  und 
dem  bereits  seit  dem  2.  punischen  Kriege  dauernd  xmterworfenen 
Spanien  herzustellen.  Die  Eroberung  des  übrigen  Galliens 
wurde  bekanntlich  erst  von  J.  Cäsar  unternommen  und  in 
acht  Feldzügen  (58 — 51  v.  Chr.)  siegreich  durchgeführt.  Der 
glückliche  Eroberer  hat,  wie  ebenfalls  bekannt  ist,  seine  Tha- 
ten  selbst  in  einem  mit  Recht  als  classisch  betrachteten  Ge- 
schichtswerke berichtet  und  dabei  nicht  verschwiegen,  welcher 
rücksichtslosen  Mittel  er  zur  Erreichung  seiner  Zwecke  sich 
bedient  hat.    Ganz  wesentlich  erleichtert  wurde  dem  römischen 


Einleitung.  15 

Feldherni  sein  kühnes  Unternehmen  durch  die  Uneinigkeit  der 
gallischen  Völkerschaften  unter  einander.  Nicht  persönlicher 
Ehrgeiz  allein  bestimmte  ührigons  den  IJcgründor  des  römi- 
schen Kaiserreiches  zur  Unterjochung  des  weiten  Landes,  son- 
dern gewiss  ist  für  ihn  auch  die  Erwägung  massgebend  ge- 
wesen, dass  nur  der  Besitz  Galliens  die  Römer  gegen  die 
Einbrüche  germanischer  ^'ölkcrstämme  nach  Italien  schützen 
konnte. 

Das  durch  Cäsar  bis  zum  Rheine  hin  unterworfene  Gal- 
lien erhielt  durch  Augustus  und  Tiberius  eine  feste  admini- 
strative Eintheilung  (vgl.  oben  S.  5]  und  verblieb  bis  zur 
Auflösung  des  römischen  Reiches  in  dem  Provinzialverbande 
desselben.  Der  in  den  Jahren  69  —  70  n.  Chr.  von  dem  Ra- 
taver Claudius  Civilis  und  dem  Lingonen  Julius  Sabinus  un- 
ternommene Versuch,  Gallien  von  Rom  loszureissen  und  zu 
einem  unabhängigen  Staate  zu  gestalten .  scheiterte  trotz  der 
grossen  Erfolge ,  welche  die  Aufständischen  anfänglich  erran- 
gen (die  sehr  interessante  Geschichte  dieses  Kampfes  hat  Ta- 
ciTus  im  4.  Buche  der  Historien  erzählt  . 

Ueber  die  Romanisirung  Galliens,  welche  die  Folge  seiner 
Unterwerfung  unter  die  römische  Herrschaft  war,  wird  später 
eingehender  gehandelt  werden.  Hier  genüge  die  Bemerkung, 
dass  die  römische  Einwanderung  in  Gallien  eine  sehr  starke 
gewesen  zu  sein  und  dass  auch  die  gallische  Bevölkerung  selbst 
sich  römische  Sprache  und  Sitte  rasch  und  leicht  angeeignet  zu 
haben  scheint.  Die  grösseren  Städte  wurden  zum  Theil  die 
Sitze  auch  litterarischer  Bildung  und  erlangten  Ruhm  durch 
die  in  ilmen  bestehenden  Rhetorenschulen.  Die  Zahl  der  aus 
Gallien  hervorgegangenen  namhaften  lateinischen,  besonders 
christlich-lateinischen  Dichter  und  Prosaisten  ist  nicht  gering 
iz.  B.  Ausonius  stammte  aus  Burdigala,  ebenso  Paulinus  Nola- 
nus,  Apollinaris  Sidonius  war  aus  Lugdunum  gebürtig,  die  Hi- 
storiker Prosper  und  Sulpicius  Severus  waren  Aquitanier,  der 
berühmte  Hymnendichter  Ambrosius  wurde  wahrscheinlich  in 
Trier  geboren  etc.). 

Da  das  Gebiet  der  Gallia  Xarbonensis  fast  ein  Jahrhun- 
dert früher  in  römischen  Besitz  gelangt  war,  als  das  nördliche 
Gallien ,  so  war  auch  die  Romanisirung  des  Südens  eine  in- 
teusivere,    als    diejenige    des   Nordens,    um    so    mehr    als    im 


1 Q  Einleitung. 

Süden  die  griechische  Cultur  der  römischen  vorgearbeitet 
hatte. 

6.  Die  Germanen.  Das  Eindringen  germanischer 
Stämme  in  Gallien  hatte  schon  vor  Cäsars  Zeit  begonnen :  Die 
Cimbern  und  Teutonen  hatten  Gallien  durchzogen .  an  den 
Ufern  des  Rheines,  namentlich  im  Gebiete  des  Niedenrheins, 
hatten  sich  germanische  Stämme  sesshaft  gemacht  (ein  Theil 
der  unter  dem  Namen  Belgae  zusammengefassten  Völker  war 
germanischen  Stammes) .  Cäsar  selbst  hatte  gegen  den  Germa- 
nenkönig Ariovist  zu  kämpfen  und  sah  sich  veranlasst,  zwei- 
mal mit  einem  Heere  den  Rhein  zu  überschreiten ,  um  die 
Germanen  von  ferneren  Einfällen  in  das  nun  römisch  gewor- 
dene", Nachbarland  abzuhalten. 

Mit  dem  Verfalle  des  römischen  Reiches  begann  das  Vor- 
dringen der  Germanen  nach  Gallien  auf's  Neue ,  und  mehr 
und  mehr  fingen  die  eingedrungenen  Stämme  an  sich  auf  dem 
eroberten  Boden  sesshaft  zu  machen  und  eigene  Reiche  zu 
bilden.  Vorbereitet  worden  war  übrigens  diese  Invasion  durch 
die  Aufnahme  zahlreicher  Germanen^  in  das  römische  Heer, 
womit  schon  Cäsar  begonnen  hatte,  später  durch  den  häufigen 
Eintritt  von  Germanen  auch  in  den  römischen  Staatsdienst 
und  durch  die  von  der  römischen  Regierung  selbst  betriebene 
und  organisirte  Ansiedelung  germanischer  Stämme  in  Gallien 
(vgl.  E.  Leotard  ,  Essai  sur  la  condition  des  barbares  ctablis 
dans  l'empire  romain  au  quatricme  siecle.     Paris  1S74  . 

So  wiurde  das  römische  Gebiet  in  Gallien  mehr  und  mehr 
beschränkt  und  umfasste  schliesslich  nur  noch  ungefähr  die 
spätere  Isle  de  France  und  die  zunächst  angrenzenden  Land- 
schaften. Im  Jahre  4S6  aber  wurde  der  letzte  römische  Statt- 
halter, Syagrius,  in  der  Schlacht  bei  Soissons  von  dem  Fran- 
kenkönig Chlodwig  besiegt  und  damit  der  letzte  Rest  der  römi- 
schen Herrschaft  über  Gallien  vernichtet. 

Die  wichtigsten  der  germanischen  Völkerschaften,  welche 
im  5.  Jahrhundert  in  den  Besitz  Galliens  sichtheilten,  waren: 
die  Franken  (Nordwest-  und  Mittelfrankreich^,  die  Burgunder 
Ostfrankreich,  d.  h.  das  Flussgebiet  der  Rhone  und  Saöne 
bis  zur  oberen  Loirei  und  die  Westgothen  imd  Sueven  (Süd- 
westfrankreich); ausserdem  befanden  sich  einzelne  Gebiete  der 
Südküste  zeitweilig  im  Besitze   der  Ostgothen.  —  Das  Gebiet 


Einleitung.  1 7 

von  Annorica  wurde  durch  aus  England  vor  den  Angelsachsen 
flüchtige  Briten  besetzt  und  erhielt  dadurch  seinen  nunnieh- 
rigen  Namen  Bretagne  sowie  eine  neue  keltische  Bevölkerung, 
welche  zu  einem  Theile  ihre  Sprache  und  ihren  .Stammes- 
charakter bis  zur  Gegenwart  behauptet  hat. 

Den  Königen  des  Frankenreiches  gelang  es  in  einer  Reihe 
von  Kämpfen  die  Westgothen  und  Burgunder  ihrer  Herrschaft 
zu  unterwerfen  und  somit  ganz  Gallien  wieder  zu  einer  staat- 
lichen Einheit  zu  vereinigen,  welche  allerdings  in  Folge  häu- 
figer Reichstheilungen  bald  wieder  gelöst,  aber  unter  den  er- 
sten Karolingern  auf's  Neue  hergestellt  wurde. 

Die  Franken  zerfielen  in  zwei  Stämme,  die  Salier  und  die  Ripuarier, 
von  denen  [nach  der  gewöhnlichen  Annahme  die  ersteren  zwischen  Maas  und 
Scheide,  die  letzteren  am  Eheine  bis  zur  Lahn  hin,  von  wo  ab  das  Gebiet 
der  Alemannen  begann,  sesshaft  waren.  Der  salische  Frankenkönig  Chlod- 
wig vereinigte  um  500  n.  Chr.  das  gesammte  Frankengebiet  unter  seine 
Herrschaft.  —  Nach  der  bis  jetzt  allgemein  gültigen  Ansicht  waren  die 
Franken  Germanenstämme,  welche  erst  in  verhältnissmässig  später  Zeit, 
d.  h.  zur  Zeit  der  beginnenden  Auflösung  des  römischen  Reiches ,  aus 
Deutschland  in  die  oben  bezeichneten  Gebiete  Galliens,  bezw.  der  römi- 
schen Provinz  Germania  inferior,  als  Eroberer  einrückten.  Gegen  diese 
Anschauung  hat  in  Bezug  auf  die  salischen  Franken  neuerdings  V.  Gau- 
tier in  einer  scharfsinnigen  Untersuchung  Renovation  de  l'histoire  des 
Franks.  Brüssel  1SS3;  vgl.  darüber  das  Referat  von  H.  Schiller  im  Jahres- 
bericht über  die  Fortschr.  d.  class.  Alterthumswiss.  Bd.  36,  p.  533  ff.) 
Widerspruch  erhoben  und  folgende  Thesen  aufgestellt:  1.  Die  salischen 
Franken  waren  Beiger,  welche  an  der  Nordseeküste  von  Dünkirchen  bis 
Leyden  wohnten.  2.  Die  Bataver,  Moriner,  Menapier,  Nervier  und  Ton- 
grer  schüttelten  410  n.  Chr.  das  römische  Joch  ab  und  bildeten  die  Gruppe 
der  salischen  Franken.  3.  Die  Häupter  der  belgischen  'd.  h.  hier  also  sali- 
schen Stämme  eroberten  Gallien.  Damach  waren  also  die  salischen  Franken 
germanische  Beiger,  und  die  Gründung  des  (ursprünglichen)  Frankenreiches 
war  nicht  sowol  die  Folge  einer  Invasion  und  Eroberung  als  vielmehr  nur 
die  "Wiedererlangung  der  Selbständigkeit  von  Seiten  belgischer  Stämme. 
An  "Widerspruch  wird  es  den  Hypothesen  Gautier's  gewiss  nicht  fehlen. 
Jedenfalls  aber  ist  ihm  das  Verdienst  zuzuerkennen,  die  Forschung  über 
die  Urgeschichte  der  Franken  wieder  in  Fluss  gebracht  und  neue  Gesichts- 
punkte für  sie  aufgestellt  zu  haben.  Dass  der  im  Mittelalter  und  bis  in 
das  17.  Jahrhundert  hinein  geglaubten  Mythe  von  dem  trojanischen  Ur- 
sprünge der  Franken  [Litteraturangaben  hierüber  s.  in  Theil  H ,  S.  486] 
auch  nicht  ein  Schatten  geschichtlicher  "Wahrheit  zu  Grunde  liegt,  bedarf 
gar  nicht  erst  der  Bemerkung,  nichtsdestoweniger  darf  die  fränkische 
Trojasage  wegen  der  ihr  zukommenden  grossen  litter arhistorischen  Be- 
deutung von  den  Philologen  nicht  ignorirt  werden. 

Körting,  Encyklopäaie  d.  rom.  Phil.  III.  2 


18  Einleitung. 

Der  Ursprung  des  Namens  »Franken«,  welcher  zuerst  im  '.i.  Jahrhun- 
dert n.  Chr.  erscheint,  ist  noch  nicht  genügend  aufgeklärt;  gemeinhin  wird 
er  mit  dem  Adjectiv  «frank  =  frcin  identificiert,  wonach  Franken  soviel  wie 
»freie  Männer«  im  Gegensatz  zu  den  unterworfenen  Galliern)  bedeuten 
würde. 

Während  anfänglich  die  germanischen  Eroberer  Galliens 
(Franken  etc.)  den  von  ihnen  unterworfenen  Galloromanen  als 
Herren  gegenüberstanden  und  eine  Art  abgeschlossener  Krieger- 
kaste bildeten,  trat  später  (etwa  im  S.  und  9.  Jahrhundert 
allmählich  eine  Mischung  beider  Völkerstämme  ein,  in  Folge 
deren  die  Germanen  ihre  Sprache  mit  der  galloromanischen 
vertauschten.  Begründet  war  dieser  Vorgang  in  dem  grossen 
Uebergewichte,  welches  hinsichtlich  der  Volkszahl  und  der 
Kultur  die  Galloromanen  über  die  eingedrungenen  Germanen 
besassen,  und  wesentlich  befördert  wurde  er  durch  den  Ueber- 
tritt  der  Germanen  zur  christlichen,  bezw.  zur  katholischen 
Kirche. 

8.  Das  Endergebniss  der  Mischung  der  Germanen  mit 
den  Galloromanen  war  das  Entstehen  der  französischen 
Nationalität  im  Norden,  der  pro venzalischen  Nationalität 
im  Süden  Galliens.  Die  Spaltung  der  galloromanisch-germa- 
nischen  Bevölkerung  in  zwei  Nationalitäten  war  darin  begrün- 
det, dass  der  Süden  einerseits  intensiver  romanisirt  und  andrer- 
seits weniger  von  germanischem  Einfluss  berührt  worden  war, 
als  der  Norden. 

9.  Das  orermanische  Element  im  nördlichen  Frankreich 
wurde  erheblich  verstärkt  durcR  die  im  Beginn  des  10.  Jahr- 
hunderts erfolgte  Niederlassung  der  Normannen  (Skandinavier) 
in  Neustrien  (Gebiet  der- unteren  Seine),  denn  wenn  dieselben 
auch  mit  überraschender  Schnelligkeit  die  französische  Sprache 
annahmen,  so  bewahrten  sie  sich  doch  noch  lange  die  germa- 
nische Thatkraft  und  geistige  Frische  und  erlangten  durch 
diese  Eigenschaften  eine  Art  Hegemonie  über  die  übrigen 
Volksstämme  Nordfrankreichs,  und  zwar  nicht  bloss  in  politi- 
scher Beziehung ,  sondern  auch  auf  geistigem  Gebiete  (rege 
Betheiligting  der  Normannen  an  der  Entwickelung  der  alt- 
französischen  Litteratur:  l*flcge  der  Wissenschaften  in  den 
normannischen  Klosterschulen  zu  Bec  [Lanfranc.  Anselm^  uiul 
Fecanip  etc.).  Es  ist  der  Einfluss  der  Normannen  auf  die 
Entwickelune:    der    mittelalterlichen    französischen    Cultur    ein 


Einleitung-.  19 

sehr  bedeutender  gewesen,  und  es  würde  eine  dankbare  Auf- 
gabe bilden,  sein  Wirken  einmal  im  Einzelnen  zu  untersuchen. 
Nicht  unbemerkt  darf  hier  bleiben ,  dass  auch  in  der  Neuzeit 
der  Antheil  der  Normandie  an  dem  geistigen  Leben  und  in 
Sonderheit  an  der  Littcratur  Frankreichs  ein  sehr  erheblicher 
gewesen  ist. 

10.  Aus  dem  Erörterten  ergiebt  sich,  dass  in  der  (nord - 
französischen  Nationalität  drei  Elemente  mit  einander  verbun- 
den sind :  das  gallische  (keltische)  ,  das  romanische  und  das 
germanische  ^'j .  Daraus  erklärt  sich  die  Vereinigung  schein- 
bar einander  widersprechender  Eigenschaften  im  französischen 
Nationalcharakter.  Das  Mischungsverhältuiss  der  verschiede- 
nen Elemente  ist  übrigens  selbstverständlich  weder  in  allen 
Gebieten  der  französischen  Nationalität  das  gleiche .  noch  ist 
es  zu  allen  Zeiten  das  gleiche  gewesen.  Namentlich  ist  zu 
bemerken ,  dass  im  Mittelalter  das  germanische  Element  im 
Franzosenthum  ungleich  stärker  sich  geltend  machte .  als  in 
der  Neuzeit :  die  Franzosen  des  Mittelalters  können  als  Halb- 
germanen betrachtet  werden,  die  Franzosen  der  Neuzeit  sind 
fast  reine  Keltoromanen.  indem  im  Laufe  der  geschichtlichen 
Entwickelung  das  germanische  Element  mehr  und  mehr  von 
dem  keltischen  und  romanischen  zurückgedrängt  und  aufge- 
sogen worden  ist.  Das  keltische  Element  dürfte  vorwiegend 
in  der  physischen  Constitution  und  im  Temperamente  der 
Franzosen  zum  Ausdruck  gelangen,  das  romanische  Element 
dagegen  in  den  höheren  intellectuellen  Eigenschaften.  Im  Ein- 
zelnen dürfte  etwa  angegeben  werden  können,  däss  der  Opti- 
mismus der  Franzosen  und  ihre  Neigung  zu  einer  leichten 
und  heiteren  Auffassung  des  Lebens  keltischen  Ursprunges  ist-j, 


1  Die  Franzosen  sind  also  ein  Mischvolk.  Dasselbe  gilt  übrigens 
auch  von  den  andern  Culturvölkern  des  modernen  Europa's.  Von  den 
Engländern  ist  es  bekannt  genug,  aber  auch  in  Bezug  auf  die  Deutschen 
darf  man  nicht  vergesse«,  dass  die  Bevölkerung  weiter  Gebiete  des  jetzi- 
gen Ostdeutschlands  ursprünglich  slavischen  Stammes  war  und  dass  in 
gewissen  Theilen  Süd-  und  "Westdeutschlands  in  vorhistorischer  Zeit  Kel- 
ten wohnten.  Ueberhaupt  dürfte  sich  die  Behauptung  aufstellen  lassen, 
dass  jede  bedeutende  Nationalität  verschiedene  ethnische  Elemente  in  sich 
vereinigt. 

2)  In  neuester  Zeit  liebt  man  es  in  Frankreich,  von  dem  «esprit  gau- 
lois"  als  von  einem  werthvollen,  aber  mehr  und  mehr  schwindenden  Be- 
standtheile  des  Nationalcharakters  zu  sprechen.  Aber  weder  ist  der  Be- 
gritf  dieses  esprit  recht  klar,  noch  ist  ersichtlich,  weshalb  ihm  gerade  das 
Epitheton  »gaulois«    zukommen    soll,    denn    das,    woran   man    bei    «esprit 

2* 


20  Einleitung. 

ebenso  ihre  leichte  Erregbarkeit  und  lebhafte  Phantasie,  dass 
dagegen  ihre  nüchterne  Verständigkeit  und  ihre  Neigung  zu 
logischer  Consequenz  im  Denken  und  Handeln  romanische 
Charakterzüge  sind.  Indessen  ist  es  sehr  misslich,  über  solche 
Dinge  bestimmte  Angaben  zu  machen :  auf  Völkercharaktere 
ist  die  Methode  der  chemischen  Analyse  nicht  anwendbar. 

Die  bekannte,  nicht  eben  schmeichelhafte  Schilderung, 
welche  Cäsar  von  dem  gallischen  Nationalcharakter  entwirft 
(de  bell.  gall.  IV,  5),  kann  man  in  manchen  Zügen  auch  noch 
für  den  modern  französischen  Nationalcharakter  für  zutreffend 
anerkennen.  Aber  man  darf  darauf  keinen  sonderlichen  Werth 
legen ,  denn ,  was  Cäsar  von  den  Galliern  sagt  und  was  man 
oft  auch  von  den  heutigen  Franzosen  behauptet  —  z.  B.  dass 
sie  neugierig  und  veränderungssüchtig  seien  — .  das  würde 
sich  mit  gleichem  Rechte  auch  von  manchem  andern  Volks- 
stamme sagen  lassen,  und  überdies  ist  es,  auch  wenn  es  im 
vollsten  Umfange  wahr  wäre,  nicht  von  so  schlimmer  Art,  dass 
es  irgendwie  zu  einem  verächtlichen  Urtheile  über  die  Gallier, 
bezw.  über  die  Franzosen  berechtigte.  Cäsars  Schilderung 
trifft  schliesslich  doch  nur  die  Aussenseite  des  gallischen  We- 
sens ,  lässt  den  innern  Kern  desselben  unberührt ;  dass  aber 
dieser  ein  tüchtiger  gewesen  sein  muss,  wird  bewiesen  durch 
den  mannhaften  und  intelligenten  Widerstand ,  den  die  Gal- 
lier ,  obwol  durch  "Uneinigkeit  geschwächt ,  den  Römern  ent- 
gegensetzten, und  es  wird  ferner  bewiesen  durch  die  hohe 
Culturstellung,  welche  Gallien  bald  nach  seiner  Unterwerfung 
unter  den  riftnischen  Provinzen  einnahm. 

1 1 .  Der  Nationalcharakter  der  heutigen  Franzosen  muss 
von  jedem  unbefangenen  Beurtheiler  als  ein  im  Wesentlichen 
ehrenwerther  und  tüchtiger  anerkannt  werden.  Leicht  ist  es 
ja,  einzelne  Schwächen  an  ihm  zu  entdecken,  aber  man  muss 
sich  dessen  bewusst  bleiben,  dass  eben  jedes  Volk,  wie  jedes 
Individuum,  mit  irgend  welchen  Charakterschwächen  behaftet 
ist.  Nichts  ist  verkehrter,  als  die  Franzosen  in  ihrer  Ge- 
sammtheit  des  Leichtsinns ,  der  Frivolität ,  der  Unsittlichkeit 
zu   beschuldigen.     Ein  an    solchen  Fehlem    krankendes  Volk 


gaulois«  zuer.st  denkt;  Munterkeit,  frühes  und  naives  Behagen  am  Leben, 
Freude  an  Witz  und  an  Scherz,  das  ist  keine  specitisch  gallische,  sondern 
eine  allgemein  menschliehe  Eigenschaft. 


Einleitung.  21 

M'ürde  \inmöglit'h  die  hohe  Culturstelhmg'  und  den  grossen 
materiellen  Wohlstand  des  heiitigen  Frankreichs  hahen  erlan- 
gen können,  denn  solche  EiTiuigenschaften  setzen  nicht  hloss 
hohe  geistige  J5egabung,  sondern  auch  sittliche  Tüchtigkeit 
voraxis. 

IJei  der  Beurtheiliinsi;  eines  fremden  Volkes  muss  man  sich  der  gröss- 
ten  Objectivitiit  und  Unparteilichkeit  befleissigen.  Diesen  Grundsatz  muss 
der  Deutsche  auch  den  Franzosen  gegenüber  festhalten  und  sich  also,  wenn 
er  ihnen  gerecht  werden  will,  von  jeder  nationalen  Voreingenommenheit  au 
befreien  suchen.  Es  ist  ja  wahr,  dass  in  früheren  Zeiten  Deutschland 
durch  die  französische  Politik  auf  das  Schwerste  gescliädigt  worden  ist. 
Aber  ganz  abgesehen  davon,  dass  dies  doch  nur  geschehen  konnte,  weil 
die  Deutschen  unter  einander  zwieträchtig  waren  und  die  Einmischung 
Frankreichs  oft  genug  selbst  herausforderten,  so  ist  es  doch  schwerlicli  statt- 
haft, ein  ganzes  Volk  in  seiner  gegenwärtigen  Generation  für  das  verant- 
wortlich machen  zu  wollen,  was  in  erster  Linie  die  Kegenten  desselben  in 
früheren  Jahrhunderten  verschuldet  haben.  Ueberdies  aber  haben  die  Fran- 
zosen der  Gegenwart  die  etwaige  Schuld  ihrer  Vorfahren  durch  die  im  letz- 
ten deutsch-französischen  Kriege  erlittenen  schweren  Niederlagen  und  De- 
müthigungen  so  hart  gebüsst,  dass  unedel  handeln  würde,  wer  als  Deutscher 
ihnen  jetzt  noch  wegen  einst  an  Deutschland  verübter  Unbill  grollen  wollte. 
"Wir  Deutsche  sind  gegenwärtig  das  siegreiche  und  das  mächtigere  Volk 
geworden  und  mit  berechtigtem  Stolze  dürfen  wir  uns  dessen  bewusst  sein, 
aber  gerade  weil  wir  die  Sieger  und  die  Mächtigeren  sind,  liegt  die  sitt- 
liche Pflicht  uns  ob,  den  Besiegten  die  Hand  zu  aufrichtiger  Versöhnung 
zu  bieten  und  nicht  in  kleinlicher  Verbissenheit  Stofl'  zu  immer  neuem 
Zwiste  aufzusuchen.  "Wir  müssen  auch  hochherzig  genug  sein,  um  es  ver- 
stehen und  verzeihen  zu  können ,  dass  in  Folge  der  Ereignisse  der  Jahre 
1870/71  die  Stimmung  der  Franzosen  gegen  Deutschland  noch  vielfach  ge- 
reizt und  verbittert  ist  und  dass  aus  dieser  Stimmung  heraus  Manches  ge- 
sprochen, geschrieben  und  gethan  wird,  was,  wenn  es  das  Ergebniss  ruhiger 
Ueberlegung  wäre,  als  schwere  Beleidigung  und  Drohung  aufgefasst  wer- 
den müsste. 

Man  beurtheile  die  Franzosen  in  ihrer  Gesammtheit  nicht  nach  den 
Romanen  eines  Daudet  ,  Zola  und  Anderer.  Die  in  diesen  gegebenen 
Sittenschilderungen  haben  nur  für  Paris  Gültigkeit  und  auch  für  dieses 
nur  in  beschränktem  Masse.  Dass  aber  in  einer  grossen  Weltstadt,  wie 
Paris,  viel  sittlicher  Fäulnissstoff  sich  anhäufen  muss  (zum  nicht  geringen 
Theile  übrigens  solcher ,  der  aus  dem  Auslande  herübergetragen  worden 
ist  ,  das  liegt  in  der  Natur  der  Verhältnisse,  indessen  dürfte.  Alles  in  Allem 
genommen,  die  Moralität  in  Paris  doch  noch  erheblich  besser  sein,  als 
z.  B.  diejenige  Londons,  vielleicht  auch  als  diejenige  Petersburgs:  der 
eigentliche  pariser  Bürgerstand,  von  dem  in  Romanen  freilich  wenig  die 
Rede  zu  sein  pflegt V',  darf  wohl  für  sittlich  so  gesund    gelten,    als    dies 


1)  Es  ist  ja  bekannt,  dass  in  den    französischen  Romanen  der  Schau- 


22  Einleitung. 

unter  modernen  Verhältnissen  eben  (lenkbar  ist.  Aber  mag  auch  Paris 
hinsichtlich  der  Sittlichkeit  noch  viel  zu  wünschen  übrig  lassen,  so  ist  doch 
Paris  noch  nicht  Frankreich,  und  folglich  darf  das  Urtheil  über  das  erstere 
nicht  ohne  Weiteres  auch  für  das  letztere  als  gültig  betrachtet  werden. 
Nun  mögen  ja  die  sittlichen  Zustände  in  den  französischen  Departements, 
namentlich  in  den  grossen  Handels-  und  Fabrikstädten,  auch  keineswegs 
überall  musterhafte  sein,  aber  im  Allgemeinen  dürften  sie  doch  nicht  unter 
dem  Niveau  stehen ,  auf  welchem  die  Moral  in  andern  europäischen  Cul- 
turländern  sich  befindet.  Dies  Niveau  ist,  wie  bekannt,  kein  sonderlich 
hohes,  aber  es  ist  auch  kein  sonderlich  niedriges,  sondern  kann  immer 
noch  für  leidlich  befriedigend  erachtet  werden;  jedenfalls  hat  es  sowol  im 
Alterthum  wie  im  Mittelalter  Zeiten  gegeben,  in  denen  es  mit  der  Sittlich- 
keit noch  weit  schlimmer  bestellt  war,  als  in  der  Gegenwart. 

Die  Franzosen,  wie  überhaupt  die  Romanen,  besprechen  und  behan- 
deln gewisse  Dinge  mit  grösserer  Ungenirtheit ,  als  die  Deutschen  (und 
überhaupt  die  Germanen),  Darin  ist  es  begründet,  dass  das  französische 
Leben  auf  den  Deutschen  (und  überhaupt  auf  den  Germanen;  häufig  einen 
unerquicklichen  und  abstossenden  Eindruck  macht.  Schweres  Unrecht  aber 
wäre  es,  in  dieser  Ungenirtheit  Unsittlichkeit  erblicken  zu  wollen,  wenn 
auch  gern  zuzugeben  ist,  dass  der  Schritt  von  jener  zu  dieser  leicht  ge- 
than  werden  kann.  Auch  die  dem  Deutschen  augenfällige  Freiheit  des 
Franzosen  von  jeder  Sentimentalität  und  unklarer  Gefühlsduselei  darf  nicht 
etwa  als  moralische  Schwäche  gedeutet,  sondern  muss  vielmehr  als  ein 
moralischer  Vorzug  betrachtet  werden. 

So  sehr  aber  auch  vor  einer  ungerechten  Beurtheilung  des  Franzosen- 
thums  gewarnt  werden  muss,  so  ist  doch  andrerseits  ebenso  nachdrücklich 
die  Mahnung  auszusprechen,  dass  man  die  französischen  Sittenzustände  ja 
nicht  für  durchweg  erfreulich  halten  darf.  Man  muss  vielmehr  ein  oflenes 
Auge  haben  auch  für  die  schweren  Schattenseiten  des  modernen  französi- 
schen Culturlebens  (religiöser  Indifferentismus;  Ueberhandnehmen  der  Par- 
teileidenschaften ;  Umsichgreifen  der  Absinthtrunksucht ;  Hang  zur  Gering- 
schätzung der  Ehe  und  des  Familienlebens  etc.).  Immer  aber  ist  dabei  zu 
beherzigen,  dass  diese  Schattenseiten  mehr  oder  weniger  auch  bei  andern 
Völkern  sich  finden ,  wenn  auch  vielleicht  unter  andern  Erscheinungsfor- 
men, und  dass  kein  Volk  des  Privilegiums  einer  fleckenlosen  Moralität  sich 
erfreut. 

Für  den  französischen  Philologen  ist  es  Pflicht,  sich  nicht  bloss  mit 
der  Sprache  und  Litteratur  Frankreichs,  sondern  auch  mit  der  Eigenart 
der  französischen  Nationalität  möglichst  vertraut  zu  machen.  Am  besten 
wird  dies  natürlich  erreicht  durch  einen  längeren  Aufenthalt  in  Frankreich 


platz  der  Handlung  mit  Vorliebe  in  die  Kreise  der  'Geburts-  oder  Geld-) 
Aristokratie  —  oder  aber  in  diejenigen  der  demi-monde,  wenn  nicht  gar 
des  Verbrecherthums  verlegt  wird.  Wer  Paris,  bezw.  Frankreich  lediglich 
aus  Romanen  kennt,  sollte  meinen,  dass  seine  Bevölkerung  nur  einerseits 
aus  Ducs,  Marquis  und  Barons  mit  ihrem  weiblichen  Zubehör,  andrerseits 
aus  Cameliadamen  mit  ihren  Verehrern  und  aus  den  ehrenwerthen  Mit- 
gliedern organisirter  Gauner-  und  Dicbsbanden  bestehe. 


Einleitung.  23 

und  durch  Verkehr  mit  Franzosen  (dagegen  verführt  ein  bloss  flüchtiger 
Besuch  von  Paris  leicht  zu  schiefen  Urtheilen  .  "Wem  ein  solcher  Aufenthalt 
gar  nicht  oder  doch  nur  unter  ungünstigen  Bedingungen  möglich  war, 
suche  ihn  durch  die  Lecture  französischer  Sittenromane  und  T-ustspiele  zu 
ersetzen,  doch  lese  er  immer  mit  Kritik  (vgl.  oben  S.  21f.]  und  bleibe  sich 
dessen  bewnsst,  dass  in  solchen  Dichtungen  die  Schattenfarben  meist  etwas 
gar  zu  stark  aufgetragen  sind.  Interessante  Angaben  über  neufranzösische 
Sitten  tindet  man  auch  in  M.WEu's  französischem  Sprachführer  Leipzig 
ISS'2.  Bibliographisches  Institut  und  im  3.  Theile  des  französischen  »Xot- 
wörterbuches«  von  Vill.\tte  Berlin  1*^S4.  Langenscheidt  .  Reioiiliches  Ma- 
terial für  die  Sittenkunde  bieten  ferner  dar  die  von  B.\l"MGAKTEN  heraus- 
gegebenen Sammlungen:  La  France  comique  et  populaire  (Stuttgart  o.  J. 
[die  Vorrede  ist  datirt:  29.  September  1871]),  Les  Mysteres  comiques  de 
la  province  Leipzig  1S7S  und  A  travers  la  France  nouvelle  (Cassel  1880). 
Ein  ganz  nützliches,  zunächst  freilich  für  Schulzwecke  bestimmtes  Buch 
ist  auch :  "\A'EUsnovEX ,  La  France.  Historische  und  geographische  Cha- 
rakterbilder für  die  französische  Lecture  etc.  Cöthen  1881.  Das  beste  "Werk 
über  den  Nationalcharakter  und  die  Cultur  der  modernen  Franzosen  ist 
K.  HiLLEBR.^ND.s  glänzend  geschriebenes  Buch:  Frankreich  und  die  Fran- 
zosen in  der  2.  Hälfte  des  19.  Jahrhunderts  (Berlin,  seit  1872). 

12.  Die  Gesammtzahl  der  Bevölkerung  Frankreichs  be- 
trägt nach  der  im  Jahre   ISSl   abgehaltenen  Volkszählung 

37672048 

Charakteristisch  für  die  Bewegung  der  französischen  Be- 
völkerung ist  der  verhältnissmässig  geringe  Ueberschuss  der 
Gebturten  über  die  Sterbefälle,  d.  h.  das  langsame  Steigen  der 
Volkszahl :  diese  Erscheinung,  dujrch  welche  Frankreich  hinter 
die  andern  europäischen  Nationen,  namentlich  aber  hinter  die 
Deutschen  und  die  Engländer  in  Bezug  auf  Volksmenge  und 
damit  auch  auf  die  Leistungsfähigkeit  immer  mehr  zurück- 
tritt, ist  begründet  in  den  Unsitten  des  Zweikindersystems 
und  der  ausserhäuslichen  Ammenwirthschaft,  denen  in  den 
höheren  und  mittleren  Ständen  vielfach  arehuldigt  wird. 

§  4.    Das  Studium  der  Geschichte  Frankreichs, 

1.  Für  Denjenigen,  welcher  das  Studium  der  französi- 
schen Philologie  als  Fachwissenschaft  betreibt,  ist  das  Studium 
der  politischen  Geschichte  sowie  der  Culturgeschichte  Frank- 
reichs durchaus  unerlässlich.  Die  Gründe  hierfür  sind  zii 
naheliegend,  als  dass  sie  einer  näheren  Ausführung  bedürften, 
und  so  mag  denn  eben  nur  bemerkt  werden ,  dass  ,  wer  mit 
der  französischen  Geschichte  nicht  hinreichend  vertraut  ist, 
in  der   französischen   Philologie    über    einen   unbefriedigenden 


24  ^Einleitung. 

und   zu   ^vissenschaftlichen   Leistungen    unfähigen    Dilettantis- 
mus nie  hinauszukommen  vermag. 

2.  Ein  allsremeiner  Ueberblick  über  die  französische  Ge- 
schichte,  wie  er  für  die  Zwecke  der  allgemeinen  Bildung  hin- 
reicht und  wie  er  aus  jedem  besseren  Compendium  sich  ge- 
winnen liisst,  kann  dem  französischen  Philologen  nicht  genügen : 
für  diesen  ist  vielmehr  erforderlich: 

a)  Dass  er  auch  mit  der  französischen  Provinzialgeschichte 
(z.  B.  mit  derjenigen  der  Normandie ,  der  Champagne,  Bur- 
gunds,  der  Dauphine  etc.)  sich  thunlichst  vertraut  mache; 

b)  dass  er  eine  klare  Einsicht  in  die  Entwickelung  der 
französischen  Gesammtcultur  erlange. 

In  vollem  Umfange  wird  diesen  Forderungen  allerdings 
nur  in  besonderen  Ausnahmefällen  genügt  werden  können, 
aber,  wie  bei  jedem  wissenschaftlichen  Studium,  so  entbindet 
auch  hier  die  voraussichtliche  Unmöglichkeit  der  Erreichung 
des  höchsten  Zieles  nicht  von  der  Pflicht,  diesem  Ziele  nach- 
zustreben. 

3.  Ganz  besonders  aber  muss  der  französische  Philolog  es 
sich  angelegen  sein  lassen ,  dann ,  wenn  er  die  Behandlung 
irgend  welcher  sprach-  oder  litterargeschichtlicher  Einzelfragen 
unternimmt,  Alles  zu  berücksichtigen,  was  für  die  Lösung  der 
betreffenden  Frage  aus  der  politischen  Geschichte  und  Cultur- 
geschichte  gewonnen  werden  kann.  Es  wird  in  solchen  Fällen 
oft  selbst  ein  Eingehen  auf  minutiöse  und  anscheinend  be- 
deutungslose Einzelheiten  unumgänglich  sein .  in  der  Regel 
aber  wird  die  aufgewandte  Mühe  sich  auch  durch  ihr  Er- 
gebniss  reichlich  lohnen.  Jedenfalls  erhalten  philologische 
Arbeiten,  welche  auf  Grund  gewissenhafter  historischer  For- 
sch vmg  unternommen  werden,  stets  eine  gesicherte  Grundlage, 
während  im  gegentheiligen  Falle  die  ganze  Untersuchung  sich 
nur  zu  leicht  auf  trügerischem  .Sande  aufbaut  und  natürlich 
der  Kritik  nicht  Stand  halten  kann. 

4.  Das  vorzüglichste  Mittel  zur  Erwerbung  geschichtli- 
cher Kenntnisse  ist  stets  das  Studium  der  Quellen ,  und  so- 
mit ist  der  französische  Philolog  auf  das  Studium  der  franzö- 
sischen Geschichtsquellen  angewiesen.  Freilich  bedarf  es  nun 
nicht  erst  der  Bemerkung,  dass  selbst  der  Historiker  von  Fach, 
auch    wenn    er    sich    ganz    auf    die     französische    Geschichte 


Einleitung.  25 

beschränken  wollte,  doch  nicht  entfernt  im  Stande  sein  würde, 
die  unabsehbare  Masse  aller  französischen  Geschichtsquellen 
durch  eig^enes  Studium  kennen  zu  lernen  .  und  dass  fol<^lich 
der  Philolüg,  für  den  die  Geschichte  ja  nur  den  Werth  einer 
Hülfswissenschaft  besitzt,  nothgedrungen  sich  sehr  enge  Gren- 
zen wird  ziehen  müssen.  Aber  ganz  auf  Quollenstiulium  darf 
der  riiilülog  um  desswillen  nicht  verzichten,  er  muss  Aielmehr 
wenigstens  mit  dem  einen  oder  dem  anderen  Quellenwerke  durch 
eigene  Lecture  sich  bekannt  machen.  Dies  aber  ist  um  so  leich- 
ter ausführbar,  als  ja  bei  passender  Auswahl  mit  dieser  Lecture 
sich  auch  sprachliche  Zwecke  verbinden  lassen,  z.  B.  die  Lec- 
ture des  Gregors  v.  Tours  bietet  Gelegenheit,  die  für  die  fran- 
zösische Philologie  so  wichtige  barbarische  Latinität  der  Mero- 
vingerzeit  kennen  zu  lernen :  die  Lecture  mittelalterlicher 
Capitularien  und  Cartularien  bietet  ebenso  interessante  wie 
reichliche  sprachliche  Ausbeute ;  die  Lecture  der  Werke  Ville- 
hardguin's,  Joixville's,  Frgissart's  u.  A.  ist  ein  treffliches 
Mittel,  sich  in  das  Altfranzösische  einzulösen  etc.  Häufig  sind 
überdies  wichtige  Geschichtsquellen  zugleich  bedeutsame  Litte- 
raturwerke  und  fallen  schon  aus  diesem  Grunde  in  das  Studien- 
bereich des  Philologen. 

5.  Der  Studierende  der  französischen  Philologie  benutze, 
soweit  es  ihm  möglich,  jede  auf  der  Universität  gebotene  Ge- 
legenheit zur  Erwerbung  geschichtlicher  Kenntnisse.  Er  höre 
also  einschlägige  Vorlesungen  und  betheilige  sich  an  den  im 
historischen  Seminar  abgehaltenen  Uebungen.  Ausserdem  aber 
lese  er,  soviel  seine  Zeit  ihm  gestattet,  gute  Werke  über  fran- 
zösische Geschichte .  namentlich  solche .  welche  hinsichtlich 
ihrer  Sprache  und  der  Form  ihrer  Darstellung  nach  allgemei- 
nem Urtheile  den  classischen  Litteraturwerken  beigezählt  wer- 
den. Allerdings  sind  manche  dieser  Bücher  (z.  B.  die  Werke 
der  beiden  Thierry.  Capefigüe's.  Guizots,  Thiers',  Segur  s; 
in  sachlicher  Beziehung  theilweise  bereits  veraltet  und  durch 
die  neuere ,  streng  kritische  Forschung  überholt ,  aber  man 
kann  doch  immer  noch  viel  aus  ihnen  lernen,  namentlich  aber 
eine  würdige  und  weite  Auffassung  der  Geschichte. 

Als  eine  Art  vorbereitender  Arbeit  kann  den  Anfängern 
Folgendes  empfohlen  werden :  man  entwerfe  sich  auf  Grund 
guter    Lehrbücher    (wie    etwa  Webers    oder   Beckers    Welt- 


26  Einleitung. 

geschichte,  Schmidt's  Geschichte  von  Frankreich  und  dgl.) 
eine  möglichst  ausführliche  und  übersichtliche  chronologische 
Tabelle  der  französischen  Staats-.  Provinzial-  und  Culturge- 
schichte,  und  zwar  schreibe  man  dieselbe  auf  halbgebrochenen 
Bogen ,  auf  denen  je  eine  Seite  zunächst  immer  frei  gelassen 
wird;  auf  diesen  frei  gebliebenen  Seiten  entwerfe  man  später 
eine  mit  der  erst  gefertigten  Tabelle  correspondirende  Ueber- 
sicht  der  Li  tt er  at Urgeschichte  ;  man  gewinnt  dadurch  nicht 
nur  ein  sehr  brauchbares  Hülfsmittel  für  Kepetitionen  und 
dgl.  ,  sondern  auch  wenigstens  eine  gewisse  Einsicht  in  den 
Zusammenhang  der  litterarischen  Entwickelung  mit  der  poli- 
tischen und  allgemeinen  culturgeschichtlichen  Entwickelung. 
Vielleicht  wäre  es  dankenswerth,  eine  derartige  sorgfältig  ge- 
arbeitete Tabelle  auch  durch  den  Druck  zu  veröffentlichen; 
wer  aber  dies  beabsichtigen  sollte ,  der  halte  nicht  gleich  die 
erste  Ausarbeitung  für  reif,  sondern  gönne  sich  die  Zeit,  um 
sie  zu  vervollständigen  und  zu  verbessern  und  ihre  praktische 
Brauchbarkeit  durch  eigene  Erfahrung  zu  erproben. 

6.  Das  Wesen  der  Geschichtskenntniss  besteht  natürlich 
nicht  in  der ,  wenn  auch  an  sich  sehr  nützlichen ,  Kenntniss 
einer  grossen  Menge  von  Jahreszahlen.  Wohl  aber  ist  Vor- 
bedingung für  eine  über  das  laienhafte  Wissen  hinausgehende 
Geschichtskenntniss  die  Bekanntschaft  mit  der  Chronologie. 
Was  speciell  die  französische  Geschichte  anlangt,  so  ist  noth- 
wendig,  einerseits  mit  der  mittelalterlichen  Jahresrechnung,  an- 
dererseits mit  der  französischen  Kevolutionsära  bekannt  zu  sein 
(Hülfsmittel  für  das  Studium  der  Chronologie  sind  in  Theil  II, 
p.  XXVII  f.  aufgeführt). 

[7.  Wenn  im  Obigen  die  Wichtigkeit  des  Studiums  der 
Geschichte  für  den  französischen  Philologen  hervorgehoben 
worden  ist,  so  muss  andrerseits  bemerkt  werden,  dass  es  sehr 
wünschenswerth  Aväre,  wenn  die  Historiker  von  Fach,  welche 
mittelalterliche  oder  neuzeitliche  Geschichte  zu  ihrem  Special- 
gebiet sich  erwählt  haben  ,  ihrerseits  sich  auch  mit  der  fran- 
zösischen Philologie  etwas  näher  bekannt  machen  wollten ; 
gegenwärtig  sind  manche  Studierende  und  Candidaten  der 
Geschichtswissenschaft  schon  in  der  Kenntniss  des  Neufranzö- 
sischen nicht  sonderlich  stark,  sondern  zehren  von  den  Itesten 
dessen ,   was  sie  einst  auf  dem  Gymnasium  gelernt ,  in   Bezug 


Einleitung.  27 

auf  (las  Altfranzösische  aber  sind  sie  völlige  Laien  und  trösten 
sich  mit  dem  Gedanken ,  dass  man  ja  altfranzösische  Texte 
dem  Sinne  nach  allenfalls  und  ungefähr  verstehen  könne,  ohne 
Vorstudien  gemacht  zu  haben ;  es  ist  dies  in  der  That  auch 
richtig;  aber  immerhin  läuft,  wer  sich  damit  zufrieden  giebt, 
Gefahr,  sich  ab  und  zu  gründlich  zu  »verhauen«,  inid  jeden- 
falls -wird  er  -wirkliches  Verständniss  der  französischen  Ge- 
schichte nicht  erlangen]. 

Litteraturangaben.  Bibliographische,  bezw.  historiogra- 
phische  Werke:  *Potthast,  Bibliotheca  historica  medii  aevi.  Wegwei- 
ser durch  die  Geschichtswerke  des  Mittelalters  von  375 — 1500.  2  Bde.  Berlin 
1S62  67  —  J.  Lelong,  Bibliotheque  historique  de  la  France,  contenant  le 
catalogue  de  tous  les  ouvrages  tant  impriraes  que  mss.  qui  traitent  de 
l'histoire  de  ce  royaurae  ou  qui  y  ont  rapport.  Paris  1719,  2.  Ausg.  Paris 
1768'78.  5  Bde.  »Herrliches  Werk«.  Pottuast)  —  A.  Dichesne,  Biblio- 
theque des  auteurs  qui  ont  ecrit  l'histoire  et  la  topographie  de  la  France. 
Paris  1618,  und:  Series  auctorum  omnium  qui  de  Francorum  historia  et 
rebus  francicis  cum  ecclesiasticis  tum  saecularibus  scripserunt,  ab  exordio 
regni  Franciae  ad  nostra  usque  tempora,  quorum  editionem  poUicetur  A.  D. 
Paris  16.'{3  —  Catalogue  de  la  bibliotheque  imperiale  de  Paris.  Histoire 
de  France.  Paris,  seit  1855  —  *  Chevalier,  Repertoire  des  sources  histo- 
riques  du  moyen-age.  Paris  1877  ff.  (enthält  in  alphabetischer  Ordnung  alle 
hervorragenden  Persönlichkeiten  von  Christi  Geburt  bis  1500  mit  kurzer 
Lebensbeschreibung  und  Angabe  der  einschlägigen  Speciallitteratur)  — 
Wattenbach,  Deutschlands  Geschichtsquellen.  Berlin  seit  1858  bespricht 
viele  mittelalterliche  Autoren  und  Werke,  welche  auch  für  die  französische 
Geschichte  wichtig  sind ;  leider  fehlt  für  die  französische  Geschichtskunde 
ein  dem  WATTENBACH'schen  entsprechendes  Specialwerk;  —  Materialien-, 
Urkundensammlungen  u.  dgl.:  Inventaire  sommaire  des  archives  de- 
partementales  anterieures  ä  1790.  Paris  1790  —  Musee  des  archives  natio- 
nales. Documents  originaux  de  l'histoire  de  France  exposes  dans  l'Hotel 
Soubise.  Paris  1S72  (1200  Facsimile)  —  Musee  des  archives  departemen- 
tales.  Recueil  de  facsimiles  heliographiques  de  documents  tires  des  archi- 
ves des  prefectures,  mairies  et  hospices.  Paris  1878  —  Archives  de  l'em- 
pire.  Inventaires  et  documents  p.  p.  ordre  de  l'Empereur  sous  la  direction 
de  M.  le  marquis  de  Laborde.  Paris  —  Ordonances  des  rois  de  France 
de  la  troisieme  race,  p.  p.  M.  de  Lauriere.  Paris  1723  —  Lettres  des  rois, 
reines  et  autres  personnages  des  cours  de  France  et  d'Angleterre,  p.  p. 
Ch.\mpollion-Figeac  Paris  1839/42.  2  Bde.  —  Les  Olim  ou  registres  des 
arrets  rendus  par  la  cour  du  roi,  p.  p.  M.  le  comte  Beugnot.  Paris  1842 
—  Urkundensammlungen  namentlich  auch  Sammlungen  von  in  französi- 
scher Sprache  abgefassten  Urkunden,  grösseren  und  geringeren  Umfanges 
für  einzelne  Landschaften ,  Städte  und  sonstige  Oertlichkeiten  z.  B, 
Abteien,  sind  in  reicher  Zahl  vorhanden;  es  seien  hier  wenigstens  einige 
derselben  genannt:    Chartas  francaises  du  Ponthieu  (aus  den  Jahren  1254 


28  Einleitung. 

bis  1333)  p.  p.  G.  RAYXArD  in  der  Bibl.  de  l'Ecole  des  Charles  t.  36,  p.  193fF. 
—  N.  DE  Wailly,  llecueil  de  chartes  en  langue  vulgaire  provenant  des 
archives  de  la  collegiale  de  St.  Pierre  d'Aiue  (Artois;  ,  in  der  Bibl.  de 
l'Ecole  des  Chartes  t.  31,  p.  261  ff.  —  Chartes  francaises  du  Vekmandois 
de  1218  ä  1250,  p.  p.  le  Proux,  in  der  Bibl.  de  l'Ec.  des  Chartes,  t.  35, 
p.  437  ff.  —  Reeueil  d'actes  des  XII^  et  XIII«  siecles  en  langue  romane 
Wallone  du  Nord  de  la  France  (Artois  und  Flandern),  p.p.  Taillier. 
Douai  1849  —  A.  Thierry,  Reeueil  des  monuments  inedits  de  l'histoire 
du  tiers  etat;  t.  1,  contenant  les  piüces  relatives  h  l'histoire  de  la  ville 
d'Amiens  depuis  l'an  1057  jusqu'au  XV  siecle,  Paris  1850  —  Documents 
inedits  relatifs  h.  l'histoire  de  la  Belgique.  Monuments  pour  servir  ä  l'hi- 
stoire des  provinces  de  Namur,  de  Hainaut  et  de  Luxembourg, 
recueillis  p.  M.  le  baron  Reiffexberg.  Brüssel  1844/74.  3  Bde.  —  Char- 
tes francaises  de  Lorraine  et  de  Metz,  p.  p.  Bonxardot,  in  Archives 
des  missions  scientifiques  et  litteraires.  3ieme  Serie  t.  1  (vgl.  ausserdem 
Boxxardot's  Publicationen  in  der  Romania  t.  I  p.  327  ff.,  II  245  ff.)  —  Car- 
tulaire  de  l'eveche  d' Au  tun,  connu  sous  le  nom  de  Cartulaire  rouge,  p. 
d'apres  un  manuscrit  du  XIIP  siecle  p.  A.  de  Charmasse.  Autun  1880  — 
Documents  inedits  pour  servir  ä  l'histoire  du  Poitou,  p.  p.  la  Societe  des 
antiquaires  de  l'ouest.  Poitiers  1876  —  Cartulaires  du  Bas-Po ITOU.  Les 
Roches-Baritand  1877  —  Ausserdem  findet  man  zahlreiche  Urkunden  ab- 
gedruckt in  der  Bibliotheque  de  l'Ecole  des  Chartes  (über  die  6  ersten 
Serien  dieser  Publicationen  sind  systematische  Register  vorhanden)  ,  im 
Musee  des  Archives  departementales  sowie  auch  vielfach  in  den  (ausser- 
halb Frankreichs  freilich  schwer  erreichbaren;  Publicationen  der  gelehrten, 
bezw.  litterarischen  Gesellschaften  der  einzelnen  Departements  und  Städte 
(z.  B.  in  dem  Bulletin  der  Societe  archeologique  et  historique  de  la  Cha- 
rente),  namentlich  aber  in  der  »Revue  des  societes  savantes  des  departe- 
ments,  publice  sous  les  auspices  du  minister«  de  l'instruction  publique«, 
und  endlich  in  vielen  auf  Provincial-  und  Localgeschichte  bezüglichen 
AVerken,  z.  B.  in:  A.  GiRY,  Histoire  de  la  ville  de  St.  Um  er  et  de  ses 
institutions  jusqu'au  XIV  siecle.  Paris  1877  —  Coutumes  du  Beauvoisis 
par  Philippe  de  Beaumanoir,  jurisconsulte  francais  du  13ieme  siecle,  p.  p. 
M.  le  comte  Beugxot  Paris  1842  —  Franchises,  lois  et  contumes  de  la  ville 
de  Lille,  p.  p.  Brun-Lavainne.  Lille  1842  —  Jeaxtin,  Les  chroniques 
de  l'Ardenne  etc.  ou  Revue  et  examen  des  traditions  locales  anterieures 
au  Xlieme  siecle.  Paris  1852  —  M.ARCHEGAY,  Notices  et  pieces  histori- 
ques  sur  l'Anjou,  l'Aunis  et  la  Saintogne  Angers  et  Niort  1852  —  Beav- 
temps-Beaupre  ,  Coutumes  et  institutions  de  l'Anjou  et  du  Maine  ante- 
rieure  au  XVIieme  siecle  etc.     Paris  1877. 

Quellenwerke  (mitAusnahme  von  Urkundens  ammlungen): 
M.  BouQUET,  Reeueil  des  historiens  des  Gaules  et  de  la  France  (Scripto- 
res  rerum  gallicarum  et  francicarum) ,  Paris  seit  1738;  bis  jetzt  etwa  25 
Bde.  —  L.  d'Acuery,  Sjjicilegium  ,sive  collectio  veterum  aliquot  scripto- 
rum,  qui  in  Galliae  bibliothecis,  maxime  Benedictinorum  latuerunt.  Pari'* 
1655/77.  13  Bde.  4,  Nova  ed.  Paris  1723.  .{  Bde.  fol.  —  Steph.  Balize, 
Capitularia   regum  Francorum   Paris   1677,    2  Bde.   fol.  2.  Ausg.    Venedig 


Einleitung.  29 

1772,  2  Bde.  fol,  9.  Ausg.  Paris  17MI,  2  Hde.  fol.  —  E.  Mautenk  und 
U.  UvuAND.  Thesaurus  aneedotorum  novus  seu  colleetio  monumentorum, 
complectens  regum  ac  ]uincipum  aliorumque  virorum  illustrium  epistolas 
et  diplomata  bene  multa.  Paris  1717.  5  Bde.  —  A.  Dlciiksne,  Historiae 
Francorum  scriptores  coaetanei  ab  ipsius  gentis  origine  ad  Philippi  IV 
tempora  etc.  Paris  1636,49  5  Bde.  —  A.  Dichesne,  Historiae  Nornuinno- 
rum  scriptores  antiqui  Paris  1619.  l'ol.  —  CoUection  des  documents  inedits 
sur  riiistoire  de  France,  p.  p.  ordre  du  roi  et  par  les  soins  du  ministre  de 
l'instruction  publique.  Paris,  seit  1835  drei  Serien:  A.  Histoire  politique, 
B.  Histoire  des  lettres  et  des  sciences,  C.  Archcologie)  —  CoUection  d'ou- 
vrages  publies  par  la  Societe  de  l'histoire  de  France.  Paris  1835/52.  53 
Bde.  8.  —  GuizoT,  CoUection  des  memoires  relatifs  ä  l'histoire  de  France 
depuis  la  fondation  de  la  monarchie  francaise  jusqu'au  13  siecle;  avec  une 
introduction ,  des  Supplements,  des  notices  et  des  notes.  Paris  1823/35. 
31  Bde.  Sammlung  guter  französischer  Uebersetzungen  mittelalterlicher 
Geschichtswerke  —  Petitet.  CoUection  complete  des  memoires  relatifs  ä 
l'histoire  de  France ,  depuis  le  regne  de  Philippe- Auguste  jusqu'au  com- 
mencement  du  XVH  siecle.  Paris  1819/26.  52  Bde.  —  Michel  et  Pou- 
JOl'LAT,  NouveUe  coUection  des  memoires  pour  servir  ä  l'histoire  de  France, 
depuis  le  XHI  siecle  jusqu'ä  la  fin  du  XVIII.  Paris  1836/39.  32  Bde.  — 
BucHOX,  Choix  de  chroniques  et  memoires  sur  l'histoire  de  France  avec 
notices  biographiques  Paris  1S36J38.  17  Bde.  —  BuCHOX,  Chroniques  etran- 
geres  relatives  aux  expeditions  francaises  pendant  le  13  siecle.  Paris  1840 
—  BVCHOX,  Recherches  et  materiaux  pour  servir  ä  une  histoire  de  la  do- 
mination  francaise  aux  XIH,  XIV  et  XV  siecles  dans  les  provinces  de- 
membrees  de  l'empire  grec  Paris  1840  —  F.  Michel,  Chroniques  anglo- 
normandes.  Rouen  1836/40.  3  Bde.  —  Chroniques  d'Anjou,  recueilUes 
et  publiees  pour  la  Societe  de  l'histoire  de  France  par  P.  !\L\rchegay 
et  A.  Salomon.  Paris  1856.  2  Bde.  —  Bibliotheque  historique  de  l'Yonne 
ou  CoUection  de  legendes,  chroniques  et  documents  divers  pour  servir 
ä  l'histoire  des  differentes  contrees  qui  forment  aujourd'hui  ce  depar- 
tement.  PubUee  par  la  Societe  des  sciences  historiques  et  naturelles 
de  l'Yonne  sous  la  direction  de  M.  l'abbe  L.  M.  DuRU.  Auxerre  et  Paris 
1850,63.  2  Bde.  —  Inhaltsangaben  der  gesammten  QueUenwerke  nebst 
bibliographischen  und  dgl.  Bemerkungen  findet  man  bei  Potthast  (s.  oben 
S.  27).  Reiches  Material  für  die  französische  Geschichte  des  Mittelalters 
enthalten  auch  die  auf  die  Nachbarländer  Frankreichs  bezüglichen  QueUen- 
sammlungen,  namentlich  Pertz'  Monumenta  Germaniae  historica,  die  He- 
rum britannicarum  medii  aevi  scriptores  (London  seit  1858),  die  italienischen 
Monumenta  historiae  patriae  Turin,  seit  1836),  ganz  besonders  aber  die 
CoUection  de  chroniques  beiges  inedites,  p.  p.  ordre  du  gouvemement  et 
par  les  soins  de  la  commission  royale  d'histoire  (Brüssel,  seit  1836).  End- 
lich ist  zu  bemerken,  dass  die  grossen  Quellensammlungen  für  die  Kirchen- 
geschichte des  Mittelalters  die  Acta  Sanctorum  der  BoUandisten ;  Mabil- 
LON's  Acta  Sanctorum  ordinis  s.  Benedict! ;  Baronius'  Annales  ecclesiastici 
a  Christo  nato  usque  ad  annum  1198;  Migne's  Patrologiae  cursus  comple- 
tus)  auch  für  die  Profangeschichte  reichste  Ausbeute  gewähren.  —  Sämmt- 


30  Einleitung. 

liehe  oben  aufgezählte  Quellenwerke  beziehen  sieh,  einige  wenige,  welche 
aueh  die  ersten  neuzeitlichen  Jahrhunderte  mit  umfassen,  ausgenommen, 
nur  auf  das  Mittelalter.  Für  die  Neuzeit  fehlen  entsprechende  Sammlun- 
gen fast  ganz.  Für  die  neueste  Zeit  sind  die  Zeitungen  sowie  die  Be- 
richte über  die  Kammerverhandlungen,  ferner  die  Gesandtschaftsdepeschen 
u.  dgl.  wichtige  Quellen. 

Werke  über  die  Geschichte  einzelner  Provinzen:  Bre- 
tagne, Lobineau,  Histoire  de  Bretagne.  Burgund:  A.  J.^HX,  Ge- 
schichte des  Königreichs  Burgund  2  Bde.  Baraxte,  Histoire  des  ducs  de 
Bourgogne  de  la  niaison  de  Valois  lliOl  —  14U1.  Paris.  4.  Ausg.  1826. 
13  Bde.  —  Franche-Comte:  GoLLUT,  Les  memoires  historiques  de  la 
republiqiie  sequanoise  et  des  princes  de  la  Franche-Comte  de  Bourgogne. 
Artois  1846  —  Lothringen:  A.  Calmet,  Histoire  ecclesiastique  et 
civile  de  la  Lorraine.  Nancy  1728.  3  Bde.;  2.  Ausgabe.  Nancy  1745/57. 
7  Bde.  —  Die  Normannen  und  die  Normandie:  E.  Freke,  Manuel 
du  bibliographe  normand.  Ronen  1856/60.  2  Bde.  —  Memoires  de  la  So- 
ciete  des  antiquaires  de  Normandie  —  G.  B.  Depping,  Histoire  des  expe- 
ditions  maritimes  des  Normands  et  de  leur  etablissement  en  France  au  X^ 
siecle.  2.  Ausg.  Paris  1845  —  J.  C.  H.  R.  Steenstrup,  Inledning  i  Nor- 
mannertiden. Kopenhagen  1876,  und  Vikingetogene  mod  vest  i  det  9"^«  aar- 
hundrede.  Kopenhagen  1878  —  Strinxholm,  Wikingszüge,  Staatsverfassung 
und  Sitten  der  alten  Skandinavier.  Hamburg  1836  —  H.  van  Bolhuis, 
De  Normannen  in  Nederland.  Utrecht  1834/35,  2  Bde.  —  LiCQUET,  Hi- 
stoire de  Normandie.  Versailles  1854/55.  2  Bde.  —  C.  Fallet,  Histoire 
des  ducs  de  Normandie.  Limoges  o.  J.  —  [AuG.  Thierry,  Histoire  de  la 
conquete  de  l'Angleterre  par  les  Normands.  Paris  1836  42.  5  Bde.  — 
J.  J.  A.  WoRSAAE,  Den  danske  Erobring  af  England  og  Normandiet.  Ko- 
penhagen 1863  —  Freeman,  A  History  of  the  Norman  Conquest  of  Eng- 
land.    London  1872/76.     5  Bde.]. 

Werke  über  die  Provinzialgeschichte  des  südlichen  Frank- 
reichs siehe  unten  Buch  II. 

Werke  über  die  Geschichte  des  französischen  Staates  und 
Volkes:  Am.  Thierry,  Histoire  des  Gaulois  Paris  1828.  3  Bde.,  und: 
Histoire  de  la  Gaule  sous  l'administration  romaine  Paris  1840 '42  —  *H. 
Martin,  Histoire  de  France  Paris  1S33/36.  15  Bde.,  4.  Ausgabe  1855/60. 
16  Bde.  (ist  die  beste  Gesammtdarstellung  der  französischen  Geschichte)  — 
*GuizoT,  Histoire  de  la  civilisation  generale  en  France.  Paris  1845  —  Gui- 
ZOT,  Histoire  de  France  racontee  ä  mes  petits-enfants.   Paris  1870/75.   5  Bde. 

—  Henal'lt-Micuavd,  Abrege  chronologique  de  l'hist.  de  Fr.  5«  ed.  Ib55 

—  SlSMONDE  DE  SiSMONüi  Histoire  des  Francais.  Paris  1821/44.  31  Bde.  — 
A.  Thierry,  Lettres  s.  l'hist.  de  Fr.  P.,  seit  1827  —  Michelet,  Hist.  de 
Fr.  2ieme  6d.  P.  1845/67,  17  Bde.,  und  Precis  de  l'hi,st.  de  Fr.  P.,  seit 
1833  —  De  Genonde,  Histoire  de  Fr.  P.  Is44.  30  Bde.  —  Gouet,  Hi- 
stoire nationale  de  Fr.  P.  1864/68.  6  Bde.  —  F.  A.  Schmidt,  Geschichte 
von  Frankreich.  Hamburg  u.  Gotha  183'J/48  (Theil  der  Heeren-Uckcrt'schen 
Staatsgeschichte  —  K.  Hillebrand,  Geschichte  Frankreichs  seit  der  Re- 
stauration.    Hamburg  u.  Gotha  1875/78.     2  Bde.  —  Gfrürer,  Geschichte 


Das  Französische.     Das  Sprachgebiet  des  Französischen.  31 

der  ost-  und  westfränkischen  Karolinj;er.  Freiburg  1S48.  2  Bde.  — 
V.  Kalckstein,  Geschichte  des  französ.  Königthunis  unter  den  Karolingern 
Leipzig  1S77,  bis  jetzt  nur  Bd.  I  erschienen  —  O.  Buöckeu,  Frankreich 
in  den  Kämpfen  der  Komanen,  der  Germanen  und  des  Christenthums. 
Hamburg  1872.  Bd.  I  (mehr  nicht  erschienen;  sehr  geistvoll  und  anregend 
geschrieben,  als  Prolegomena  zu  einer  gross  angelegten  französ.  Geschichte). 

Weitere  Angaben  sind  hier  nicht  thunlich,  da  sie  zu  viel  Raum  bean- 
spruchen würden.  Es  sei  verwiesen  auf  die  Angaben  in  den  besseren 
Conversationslexicis ,  auf  die  historischen  P'achbibliographien  (z.  B.  MÜL- 
DEXEr'.s  Bibliotheca  historica  und  auf  die  Anzeigen  in  V.  Sybel's  histo- 
rischer Zeitschrift. 

Ueber  französ.  Culturgeschichte  giebt  Guizot'.'^  oben  genanntes  Buch 
wohl  immer  noch  die  beste  und  ausführlichste  Belehrung.  L.^CROlx'  bekannte 
"Werke  s.  Theil  II,  S.  378],  neuerdings  vervollständigt  durch  einen  die 
Zeit  des  Directoriums ,  des  Consulats  und  des  ersten  Kaiserreichs  behan- 
delnden Band,  sind  dilettantisch.  L.  Gautier's  Buch:  La  Chevalerie 
P.  1884;  ist  ebenfalls  nicht  sonderlich  wissenschaftlich.  —  Taine's  bekann- 
tes Werk  über  die  französ.  Revolution  ist  geistvoll  und  reich  an  Stoff, 
aber  durch  und  durch  subjectiv. 

Schliesslich  sei  als  ein  sehr  praktisches  und  wissenschaftlich  gediegenes 
Nachschlagewerk  empfohlen:  Lalaxne,  Dictionnaire  historique  et  geogra- 
phique  de  la  France.  Paris  1876.   2ieme  ed.    25  frcs.j. 


Erstes  Kapitel. 

Das  Sprachge])iet  des  Französischen. 

§  1.  Die  B  estandtheile  des  französischen  Sprach- 
gebietes. Die  Bestandtheile  des  französischen  Sprachgebie- 
tes sind  folgende: 

1.  Nordfrankfeich  in  der  in  §  2  anzugebenden  Begrenzung. 

2.  Das  südliche  Belgien   (Wallonisch". 

3.  Ein  Bezirk.  2'-^^  Quadratmeilen  mit  ca.  10600  Bewoh- 
nern umfassend,  im  Regierungsbezirke  Aachen  Theile  der 
Kreise  Malmedy.   Eupen.   Aachen     (Wallonisch). 

4.  Einzelne  Grenzbezirke  des  Reichslandes  Elsass- Loth- 
ringen [namentlich  die  Stadt  Metz  mit  ihrer  nächsten  Umge- 
bung, in  welcher  ein  eigenthümlicher  lothringischer  Dialect, 
das  sogenannte  Messin,  gesprochen  wird  . 

(5.  Die  südwestliche  Schweiz  'die  Cantone  Genf.  Neuen- 
burg,  Wallis,  Waadt,  Freiburg,   Bern";  es  ist  jedoch  hierbei 


32  Uas  Französische. 

zu  bemerken  erstlich,  dass  südlich  von  der  Orhe  und  vom 
Neuenburger  See  das  Französische  nur  die  Sprache  der  Gebil- 
deten ist,  während  die  Yolksmundarten  dem  Provenzalischen, 
bezw.  dem  Franco-Provenzalischen  (s.  unten  §  2  ,  Nr.  2  am 
Schlüsse)  zugehören ,  und  sodann ,  dass  in  allen  den  genann- 
ten Bezirken  das  Französische .  bezw.  das  (Franco-)  Proven- 
zalische  die  Muttersprache  nicht  der  gesammten  Bevölke- 
rung ,  sondern  nur  der  mehr  oder  weniger  grossen  Majorität 
derselben  ist.  [Genf  850,  Neuenburg  749,  Wallis  670,  Waadt 
888,  Freiburg  686,  Bern   147  pro  mille]). 

Dieses  grosse  und  zusammenhängende,  fast  nirgends  durch 
fremdsprachliche  Enclaven  unterbrochene  Sprachgebiet  wird 
begrenzt  im  N.  imd  O.  durch  das  deutsche  Sprachgebiet,  und 
zwar  im  Norden,  bezw.  im  Nordosten  durch  das  Gebiet  des 
Niederdeutschen,  bezw.  des  Vlaemischen,  im  Osten  durch  das 
Gebiet  des  Hochdeutschen.  Im  Süden  wird  das  Gebiet  des 
Französischen  durch  dasjenige  des  Provenzalischen  begrenzt 
(vgl.  §  2) ;  im  Westen,  bezw.  im  Nordwesten  bildet  (abgese- 
hen von  dem  keltischen  Sprachgebiete  in  der  Bretagne)  das 
Meer  die  natürliche  Grenze. 

Ausserdem  wird  das  Französische  noch  gesprochen  : 

1.  In  der  sogenannten  »petite  Gabacherie«  und  »grande 
Gabacherie«,  erstere  ein  im  S.-O.  von  Bordeaux  gelegener 
Bezirk  mit  den  Hauptorten  Motte-Landeron  und  Monsegur, 
letztere  ein  Landstreifen  zwischen  der  Gironde  und  Coutras. 

2.  Auf  den  politisch  zu  England  gehörigen  normannischen 
Inseln,  von  denen  Guernesey  und  Jersey  die  bedeutendsten 
sind. 

3.  In  den  gegenwärtigen  und  früheren  französischen  Co- 
lonien,  soweit  deren  Bevölkerung  französischen  Ursprunges  ist, 
bezw.  ihre  französische  Nationalität  sich  bewahrt  hat  (beson- 
ders kommen  in  Betracht  Canada,  Missouri,  Louisiana,  der 
westliche  Theil  Haiti's,  Guadeloupe,  Martinique,  die  Maska- 
renen [Isle  de  Bourbon  oder  Reunion  und  Mauritius] ,  das 
französische  Senegalgebiet,  Algier,  die  ostasiatischen  Besitzun- 
gen Frankreichs). 

Endlich  wird,  wie  bekannt,  das  Französische  auch  ausser- 
halb des  französischen  Staates  und  seiner  Colonien  und  Grenz- 
gebiete vielfach   von    den  Angehörigen   anderer  Nationalitäten 


Das  Sprachgebiet  des  Französischen.  33 

gesprochen,  so  namentlich  in  Luxunibiir«; ,  in  Holland,  in 
Schweden  nnd  besonders  in  Polen  und  llussland ,  in  welchen 
letzteren  Ländern  die  Gebildeten  neben  ihrer  slavisclien  Mut- 
tersprache vielfach  das  Französische,  oft  auch  das  Deutsche 
mit  voller  Geläufigkeit  beherrschen  und  tadellos  ausspre- 
chen: Aehnliches  gilt  von  Eumänien. 

Im  17.  Jahrhundert  wurde  das  Französische,  in  Folge  der 
damaligen  politischen  und  culturellen  Bedeutung  Frankreichs, 
die  Sprache  der  internationalen  Diplomatie  und  hat  diese  (bis 
dahin  vom  Latein  eingenommene^  Stolhmg  bis  zur  Gegenwart 
behauptet,  Avenn  auch  während  der  letzten  Jahrzehnte  man- 
cherlei Einschränkungen  eingetreten  sind.  Im  Zusammenhange 
damit  stand  imd  steht  die  weite  Verbreitung  der  Kenntniss 
des  Französischen  unter  den  höher  gebildeten  Klassen  der 
europäischen  Culturvölker.  Den  Höhepunkt  seiner  internatio- 
nalen Bedeutung .  namentlich  auch  hinsichtlich  des  litterari- 
schen Einflusses ,  erreichte  das  Französische  im  18.  Jahrhun- 
dert, namentlich  in  Bezug  auf  Deutschland ,  Italien  und 
Spanien.  Seitdem  ist  das  Nationalbewusstsein  der  Nachbar- 
völker Frankreichs  wieder  erstarkt  und  dadurch  ein  Zurück- 
drängen der  französirenden  Tendenzen  in  Sprache ,  Litteratur 
und  Sitte  bewirkt  worden. 

Die  Culturhegemonie ,  welche  Frankreich  während  des 
Mittelalters  bis  zum  Emporkommen  der  Renaissancebildung 
über  Westeuropa  ausübte,  forderte  mächtig  die  Kenntniss  fran- 
zösischer Sprache  und  Litteratur  im  Auslande.  Daraus  er- 
klärt sich  das  Eindringen  zahlreicher  französischer  Fremd- 
worte z.  B.  in  das  Mittelhochdeutsche  und  Mittelniederländische  ; 
die  Beliebtheit,  Lebersetzung  und  Nachbildung  französischer 
Litteraturwerke  (namentlich  der  Karls-  und  Abenteuerromane) 
in  Deutschland.  Skandinavien,  Italien,  selbst  auch  in  Byzanz ; 
der  Gebrauch  des  Französischen  von  Seiten  nichtfranzösischer 
Schriftsteller   (z.   B.  Brunetto  Latini). 

Die  Eroberung  Englands  durch  die  Normannen  (1066) 
trug  das  Französische  über  den  Canal  hinüber  und  hatte  das 
Entstehen  eines  eigenartigen,  allerdings  frühzeitig  wieder  ab- 
gestorbenen französischen  Dialectes  inämlich  des  anglo- nor- 
mannischen) auf  englischem  Boden  und  späterhin  die  Ver- 
quickung  des  Angelsächsischen   mit   zahlreichen   französischen 

Körting.  Encyklopädie  d.  rom.  Bhil.  III.  3 


34  Das  Französische. 

Elementen,    d.  h.    die  Bildung   der  (im  engeren  Sinne  so  ge- 
nannten) englischen  Sprache,  zur  Folge. 

Litteratu rangaben:  Ueber  den  Umfang  des  französischen  Sprach- 
gebietes im  Allgemeinen  handelt  A.  FuCHs,  die  roman.  Sprachen  etc.  Halle 
184!>,  S.  76  ft'.  —  Ueber  die  französisch- (bezw.  wallonisch  -vlaeniische  Sprach- 
grenze vgl.  J.  "WixKLKR,  Allgemeen  nederduitsch  en  friesch  Dialektiken 
II  S.  381).  'SGravenhage  1874  —  Ueber  die  französisch-deutsche  Sprach- 
grenze vgl.  G.  Nabeut's  Karte  bei  Berghaus,  Allgemeiner  ethnographischer 
Atlas  oder  Atlas  der  Völkerkunde  2.  Aufl.  Gotha  1852.  K..  Ukknhaküi, 
die  Sprachgrenze  zwischen  Deutschland  und  Frankreich.  Kassel  1871  . 
*R.  BÖCKH,  Der  Deutschen  Volkszahl  und  Sprachgebiet  in  den  europäi- 
schen Staaten.  Berlin  1869  (vgl.  auch  desselben  Sprachkarte  vom  preussischen 
Staate  nach  den  Zählungsaufnahmen  im  J.  1861,  zweites  Blatt  ;  H.  KlEPEKT, 
Die  Sprachgrenze  in  Elsass-Lothringen.  Mit  einer  Karte,  in  der  Ztschr. 
der  Gesellschaft  für  Erdkunde  zu  Berlin.  Bd.  IX  [1874].  Eine  Reduction 
dieser  Karte  ist  gegeben  in  Petermanns  Mittheilungen  etc.  1875;  R.  An- 
DREE  und  O.  Peschel,  Physikalisch-statistischer  Atlas  des  deutschen  Rei- 
ches.    Text  S.  21  ff.  und  Karte  20. 

Ueber  die  Sprachgrenze  in  der  Schweiz  vgl.  R.  Böckh  a.  a.  O.  S.  256  fl". 
und  J.  Gerster  et  "Weber,  La  Suisse.  Atlas  politique,  historique  etc. 
Neufchatel  1871.  Im  Anschluss  hieran  sei  bemerkt,  dass  hinsichtlich  der 
wissenschaftlichen  Erforschung  der  französischen,  bezw.  provenz.  Schweizer- 
patois  noch  Vieles  zu  thun  übrig  ist ;  brauchbar  und  l)edeuteud  sind  nur  die 
Arbeiten  E.  Häfelin's  :  Abhandlungen  über  die  romanischen  Mundarten  der 
Südwestschweiz.  I.  Die  Mundarten  des  Cantons  Neuenburg.  Laut-  und 
Formenlehre,  in:  KunN's  Ztschr.  f.  vgl.  Sprachforschung.  Bd.  21,  N.  F. 
Bd.  1  (1873)  S.  289  fi\  und  481  tl'.,  und:  Les  Patois  romans  du  canton  de 
Fribourg.  licipzig  1879  und  die  Abhandlung  von  E.  RiTTER,  Recherches 
s.  le  patois  de  Geneve  in  den  Publicationen  der  Societe  d'hist.  et  d'arch. 
de  Geneve,  t.  19  (vgl.  Rom.  IV  154).  Dass  die  Gebildeten  in  der  soge- 
nannten französischen  Schweiz  ,  namentlich  in  Genf,  Lausanne  und  ande- 
ren grösseren  Städten,  ein  gutes  und  reines  Schriftfranzösisch  sprechen,  ist 
selbstverständlich,  aber  es  ist  Avohl  zu  beachten,  dass  eben  nur  die  Gebil- 
deten dies  thun  und  dass  folglich ,  wer  in  der  Schweiz  das  Französische 
praktisch  erlernen,  liezw.  in  demselben  sich  vervollkommnen  will,  mögliclist 
den  Verkehr  mit  Gebildeten  suchen  muss  und  die  Sprache  und  Aussprache 
des  Volkes  keineswegs  für  massgebend  erachten  darf.  Aehnliches  gilt 
übrigens  auch  von  Belgien,  wo  der  wallonische  Dialect  Landessprache  des 
romanischen  Theiles  der  Bevölkerung  ist.  — 

Ueber  das  Französische  in  England  während  des  Mittelalters  vgl.  die 
gediegene  Abhandlung  von  ScHEIHNER ,  die  Herrschaft  des  Französischen 
in  England  vom  11.  bis  zum  14.  Jahrh.  Progr.  der  Realschule  zu  Anna- 
berg i.  S.  18S(J,  welche  kein  Neui)hilolog  ungelesen  lassen  sollte,  wenn  er 
über  die  einsclilägigen  Fragen  sich  ein  richtiges  Urtheil  bilden  will. 

§  2.     Die  Begrenzung   des  Französischen  inner- 
halb Frankreichs.      1.    Nicht   zum  französischen  Si)rach- 


Das  Sprachjjebiet  des  Französischen.  35 

gebiete    innerhalb    des    französischen    (in    Europa    gelegenen, 
Staatsgebietes  gehören: 

a]  Ein  vlaeniischer  Uezirk  im  französischen  Flandern  Dep. 
du  Nord)  mit  den  kStädten  lielle,  liazebroek,  Cassel ,  Winoks 
liergen  und  theilweise  auch  Diinkirchen.  (Noch  im  vorigen 
Jahrhunderte  erstreckte  sich  das  Maemische  bis  nach  8t.  Omer 
und  Calais  hin  . 

b)  Einzelne  deutschredende  l^ezirke  in  Französisch-Loth- 
ringen  und  in  dem  französischen  Antheile  des  ehemaligen  Her- 
zogthxims  Liixemburg.  Näheres  sehe  man  bei  üöckh  a.  a.  O. 
S.    1S2  ff. 

c  Die  ehemalige  Provinz  Bretagne .  in  welcher  das  — 
freilich  mehr  und  mehr  durch  das  Französische  verdrängt  wer- 
dende —  keltisch  Bretonische  (Armoricanisch)  die  Landes- 
sprache ist    s.  oben  S.    17), 

d)  Das  Departement  iVlpes-Maritimes   (Nizza^ . 

e)  Die  Insel  Corsica  (italienisch). 

f)  Das  unter  Nr.  2  näher  bezeichnete  provenzalische  Sprach- 
gebiet. 

g  Ein  kleiner  zum  Gebiet  der  baskischen  oder  euskari- 
schen  Sprache  gehöriger  Bezirk  im  äussersten  Südwesten,  be- 
grenzt etwa  durch  eine  Linie  von  Bian*itz  bis  Oloron  (cf.  Broca, 
Sur  l'origine  et  la  r^partitiou  de  la  langue  basque.  Paris  1875. 
vgl.  auch  Desjardins  a.  a.  O.  II,  p.  34  f .  . 

2.  Die  Grenze,  welche  das  französische  Sprachgebiet  von 
dem  provenzalischen.  scheidet,  wird  nach  Diez  Gramm.  I*  102. 
der  sich  wieder  auf  Sauvage' s  Angabe  (Dictionnaire  langue- 
docien  P"*  ed.,  p.  217)  beruft,  durch  eine  Linie  gebildet, 
welche  sich  durch  Dauphine .  Lyonnais.  Auvergne.  Limousin, 
Perigord  und  Saintonge  hinzieht.  Genauere  Angaben  macht 
Fuchs,  wenn  er  die  roman.  Spr.  etc.  p.  78  f.)  sagt:  »Die 
Grenze ,  soweit  wir  sie  nach  den  uns  vorliegenden  Sprachproben 
und  Berichten  bestimmen  können,  beginnt  im  Westen  an  der 
Mündung  der  Gironde  .  fällt  zuerst  mit  der  Grenze  zwischen 
Saintonge  und  Guyenne  zusammen  und  schneidet  dann  in 
nordöstlicher  Kichtung  einen  schmalen  Landstrich  vom  östlichen 
Angoumais  ab.  indem  ein  kleiner  Theil  des  Bezirkes  von  la 
Valette,  nämlich  die  Ortschaften  Gardes .  Edon,  Conchieres. 
Rougnac,    Dignac .    Beaulieux.    C'houtras ,    ^'ouzon   und  Cers, 


36  Das  Französische. 

aber  ohne  den  Hauptort  la  Valette,  und  ebenso  ein  Theil 
des  Bezirkes  von  Confolens ,  wiederum  ohne  den  Hauptort, 
also  Chabanois  und  andere  Ortschaften  dem  südfranzösischen 
Sprachgebiete  angehören;  dann  folgt  die  Sprachgrenze  unge- 
fähr der  nördlichen  Grenze  von  Limousin,  Marche,  Auveigne 
und  Lvonnais,  geht  durch  den  südlichen  Theil  von  liurgund, 
ungefähr  die  ehemalige  Grafschaft  liresse,  d.  h.  den  jetzigen 
Bezirk  Ain,  für  das  südfranzösische  Sprachgebiet  abschneidend, 
und  durch  den  südlichsten  Theil  der  Freigrafschaft.  Ob  das 
ffanze  AYaadtland  und  vielleicht  auch  der  östliche  Theil  von 
Neufchätel  dem  südfranzösischen  Sprachgebiete  angehört,  ver- 
mag ich  nicht  mit  Bestimmtheit  anzugeben,  da  es  mir  an  hin- 
reichenden Sprachproben  fehlt ;  wahrscheinlich  folgt  die  Sprach- 
grenze dem  Laufe  der  Orbe  und  dem  Ufer  des  Neuenburger 
Seees,  so  dass  also  nur  der  französische  Theil  von  Bern,  Neuf- 
chätel und  der  westlichste  Theil  des  Waadtlandes  dem  nord- 
französischen Sprachgebiete  angehören.« 

In  den  Jahren  1873|75  unternahmen  die  französischen  Ge- 
lehrten Ch.  de  Tourtoulon  und  O.  Bringuier  im  Auftrage 
des  französischen  Unterrichtsministers  die  Feststellung  der 
französisch-provenzalischen  Sprachgrenze  und  veröfFentUchten 
das  Ergebniss  ihrer  mühsamen  und  gewissenhaften  Untersu- 
chungen, soweit  diese  bis  zum  November  IS 75  abgeschlossen 
waren,  in  einem  Berichte,  welcher  zunächst  in  den  Archives 
des  missions  scientifiques  et  litteraires,  3ieme  serie ,  t.  HI, 
und  sodann  in  einem  Sonderdrucke  unter  dem  Titel  »Etüde 
sur  la  limite  geographique  de  la  langue  d'oc  et  de  la  langue 
d'oil«  (Paris  1S76.  Imprimerie  nationale'  erschien.  Ueber  diese 
ebenso  verdienstliche  wie  interessante  Schrift  hat  Suchier  in 
in  der  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  Bd.  II,  p.  325  ff.  eingehend  be- 
richtet, und  wir  bedienen  uns  am  füglichsten  seiner  Worte  zur 
Darlegung  der  von  den  französischen  Forschem  festgestellten 
Sprachgrenze:  »Drei  Gemeinden  auf  dem  linken  Ufer  der  Gi- 
ronde  hart  an  der  Mündung  gehören  noch  zum  französischen 
Sprachgebiet.  Dann  bildet  die  Gironde  selbst  die  Grenze  bis 
etwas  südwärts  von  Blaye,  wo  sie  ein  wenig  nördlich  von  der 
Mündung  der  Dordogne  nach  Osten  liegt  und  bis  Libourne 
die  Dordogne  in  gleichem  Abstände  begleitet.  Wenig  östlich 
von  Libourne  nimmt  sie  eine   steil  nordnordöstliche  Richtung 


Das  Sprachgebiet  des  Französischen.  37 

an.  Da.  wo  sie  die  Dronue  durchschneidet,  tritt  eine  bemer- 
kenswerthe  Erschemiuig  auf.  Hier  nämlich  zeigt  sich  eine 
Mischsprache,  von  denen,  die  sie  reden,  Anguunioisin  genannt, 
wek'he  sich  -weder  dem  französischen  noch  dem  provenzalischen 
Idiom  mit  Bestimmtheit  zuweisen  lässt;  viehnehr  gehört  sie 
mit  einigen  Zügen  jenem,  mit  anderen  diesem  zu.  Das  Ge- 
biet dieser  Mischsprache  urafasst  zwölf  Gemeinden,  die  grösste 
heisst  Aubeterre.  Eine  ähnliche  Mischsprache  besitzt  weiter 
nördlich  das  isolirt  gelegene  Juillaguet.  Die  Grenze  führt  uns 
nun  in  nordnordöstlicher  Richtung  an  Angouleme  vorbei,  wel- 
ches links  auf  französischem  Gebiete  liegen  bleibt,  bis  sie  nord- 
östlich von  Angouleme  plötzlich  eine  Veränderung  erleidet.  Von 
hier  nämlich  wird  die  Grenze  nicht  mehr  durch  eine  Linie 
gebildet,  sondern  durch  einen  breiten  Landstrich,  welcher  sich 
zunächst  bis  an  das  Ufer  der  Vienne  nach  Nordnordosten,  dann 
aber  so  ziemlich  die  Südgrenze  des  Dep.  de  la  A'ienne  und  des 
Dep.  de  llndre  entlang  allmählig  breiter  werdend  nach  Osten 
zieht.  Noch  ehe  dies  Grenzgebiet  im  Osten  sein  Ende  erreicht, 
bricht  die  Untersuchung  und  somit  auch  die  ihr  beigegebene 
Karte  ab.  Dieses  Gebiet  bildet  einen  Theil  der  ehemaligen 
Provinz  la  Marche,  daher  es  gleich  seiner  merkwürdigen  Mund- 
art als  das  Marchois  bezeichnet  wird.  Auf  diesem  Gebiete 
wird  gleichfalls  eine  Mischsprache  geredet,  die  jedoch  nicht 
bald  Französisch  bald  Provenzalisch .  sondern  vielmehr  beides 
zugleich  ist«. 

Es  ist  sehr  zu  beklagen,  dass  Tolrtoulox  und  Brixguier, 
von  denen  der  letztere  übrigens  inzwischen  verstorben  ist.  ihr 
Werk  nicht  zu  Ende  geführt  haben  und  dass  eine  Wieder- 
aufnahme der  bis  jetzt  nur  zum  kleineren  Theile  erledigten 
Untersuchung  nicht  beabsichtigt  zu  werden  scheint. 

Das  Französische  und  das  Provenzalische  stossen  theils 
unmittelbar  aneinander,  theils  bilden  franco- provenzalische 
Mischdialecte  Uebergangs-  und  zugleich  auch  Scheideformen 
zwischen  der  einen  und  der  andern  Sprache.  Oft  kann  man 
zweifelhaft  sein .  ob  das  Erstere  oder  das  Letztere  stattfindet, 
wie  denn  überhaupt  die  Feststellung  einer  genauen  Grenz- 
linie zwischen  zwei  nah  verwandten  Sprachen  eine  höchst 
schwierige  und  zuweilen  unlösbare  Aufgabe  ist. 

Nach  G.  F.  Ascoli   (Archivio  glottologico  Bd.  III  [1878], 


38  Das  Französische. 

p.  61  ff.)  bilden  die  Dialecte,  welche  im  nördlichen  Theile  der 
Dauphine  (Dep.  de  l'Isere)  ,  im  grösseren  Theile  des  Lyonnais, 
im  südlichen  Theile  der  Boiirgogne  'Dep.  de  l'Ain) .  in  der 
Franche-Comte,  in  Theilen  der  Departements  du  Jura,  du 
Doubs,  Haute-Saone  und  des  Vosges,  im  Bezirk  von  Beifort, 
in  den  Schweizercantonen  Genf,  Waadt  und  Neuenburg ,  so- 
wie in  den  zwischen  dem  Jura  und  dem  Bienner  See  gelege- 
nen Theile  des  Cantons  Bern ,  im  grösseren  Theile  des  Can- 
tons  Freiburg  und  im  westlichen  Theile  des  Cantons  Wallis, 
in  Savoyen  und  endlich  in  Valle  d'Aosta  und  Val  Soana 
(Piemont)  gesprochen  werden  i) ,  eine  einheitliche  franco-pro- 
venzalische  Gruppe  mit  bestimmt  ausgeprägtem  gemeinsamen 
Lautcharakter.  Gegen  diese  Annahme  hat  Widerspruch  er- 
hoben P.  Meyer  in  der  Romania  Bd.  IV  [1875],  p.  294  f., 
worauf  AscoLi  im  Archivio  Bd.  II,  p.  385  ff,  2)  seine  Ansicht 
vertheidigt  hat. 

3)  Aus  praktischen  Gründen  mögen  schon  hier  die  wich- 
tigsten Lautunterschiede  zwischen  Provenzalisch  und  Franzö- 
sisch angegeben  werden ,  wie  sie  von  Tourtoulon  und  Brin- 
GUiER  a.  a.  O.  p.  11  ff.  formulirt^)  und  von  Süchier  a.  a.  O. 
p.  326  resumirt  worden  sind: 

a)  Die  vollen  Vocale  nach  der  Tonsylbe  beharren  im 
Provenzalischen,  während  sie  im  Französischen  zu  e  geschwächt 
sind  (prov.  rosa,  oli,  venon  =  frz.  rose^  huile,  viennent).  b)  Die 
Explosivae  g,  c,  b,  p  und  besonders  d,  t  beharren  im  Prov. 
zwischen  zwei  Vocalen ,  während  sie  im  Französ,  schwinden 
(prov.  sudä^  redoun  =  ixz.  suer,  rond).  c)  Hochtoniges  a  be- 
harrt im  Prov.  da,  wo  es  im  Französ.  zu  e  wurde  (prov. 
cantä  =  ix'L.  chanter).  d)  Die  Combinationen  en  in  mi  behar- 
ren (abgesehen  von  vereinzelten  Fällen)  im  Prov.,  während  sie 
im  Französ.  nasale  Aussprache  annehmen. 


1)  Es  ist  dies  im  Wesentlichen  das  Gebiet  des  Königreichs  Burgund 
bis  zum  Ende  der  ersten  Dynastie,  vgl.  Böhmer  in  den  Rom.  Stud.  Bd.  I, 
p.  «29. 

2  Die  scheinbare  Unmöglichkeit,  dass  ASCOLI  im  zweiten  Bande  des 
Archivs  eine  Kechtfertigung  seiner  im  dritten  Bande  dieser  Zeitschrift 
veröffentlichten  Abhandlung  erscheinen  lassen  konnte,  erklärt  sich  daraus, 
dass  die  einzelnen  Hefte  des  Archivs  ohne  Rücksicht  auf  ihre  Bandzuge- 
hörigkeit ausgegeben  werden. 

■i  Die  betreffenden  Angaben  beziehen  sich  zunächst  allerdings  auf  das 
Neuprovenzalischc,  haben  jedoch  auch  für  das  Altprovenzalische  Gültigkeit. 


Das  Sprachjrebiet  des  Französischen.  39 

§  3.  Die  Zahl  dt-r  f  ranzös  isc-li  KtMlfuiUni.  Die 
Anzahl  derer,  welche  das  Französische  als  ihre  ^Muttersprache 
reden,  lässt  sich  nur  in  sehr  nnuefährer  Weise  berechnen,  ein- 
mal aus  naheliegenden  allgemeinen  Gründen,  sodann  und  be- 
sonders aber,  weil  die  officielle  französische  Statistik  der  inner- 
halb des  französischen  Staatsgebietes  bestehenden  Spraehver- 
schiedenheit  nur  geringe  lieachtung  Avidmet  und  nur  allzu 
geneigt  ist.  die  Begriffe  »französischer  Staatsbürger«  und 
')  Nationalfranzose  ^'  mit  einander  zu  identificiren. 

Die  Gesammtbevölkerung  des  französischen  Staates  betrug 
abgesehen  von  den  Colonien)  im  Jahre  1S76: 

36905788. 
Unter  dieser  Gesammtzahl  befanden  sich  : 
34  510  naturalisirte  Ausländer 
801754  nicht  naturalisirte  Ausländer   also  Staatsfremde) 
10  000  000  Provenzalen 
l  100  000  Bretonen 
400  000  Italiener   (Corsica,   Nizza) 
200  000  Basken,    Spanier  xmd  Vlaemen 
10  000  Zigeuner 


also  12  576  264  Individuen,  welche  das  Französische  überhaupt 
nicht  oder  doch  nicht  als  ihre  Muttersprache  sprechen.  Es 
verbleiben  demnach 

24  399  524  Nationalfranzosen, 
von  welcher  Zahl  noch  die.    vermuthlich  einige  Tausende  be- 
tragenden ,    Deutschredenden    in  Französisch  -  Lothringen   und 
Französisch-Luxemburg  in  Abzug  zu  bringen  sind. 

Wie  hoch  die  Zahl  der  ausserhalb  Frankreichs,  nament- 
lich in  den  früheren  und  gegenwärtigen  französischen  Colo- 
nien .  lebenden  Nationalfranzosen  sich  beläuft ,  entzieht  sich 
jeder  bestimmten  Schätzung ,  keinesfalls  aber  dürfte  sie  2 — 3 
Millionen  übersteigen.  Mit  Rücksicht  jedoch  auf  die  seit  1876 
eingetretene  Steigerung  der  Volkszahl  darf  man  die  gegen- 
wärtige Gesammtsumme  der  Nationalfranzosen  vielleicht  auf 
30  Millionen  veranschlagen.  Diese  Zahl,  obwohl  an  sich 
ja  sehr  beträchtlich ,  steht  doch  weit  hinter  denjenigen  zu- 
rück, welche  für  das  Englische,  das  Deutsche,  das  Spanische 
und  das  Russische  sich  aufstellen  lassen.  Dieses  Zahlen ver- 
verhältniss    bietet    aber    keineswej^s    einen   Grund    dar,    dem 


40  iJas  Französische. 

Französischen  den  Charakter  einer  "Weltsprache  abzuerkennen. 
Wer  dies  thun  wollte,  -würde  höchst  einseitig  und  verkehrt 
urth  eilen. 


Zweites  Kapitel. 

Die  Geschichte  der  französisch eu  Sprache. 

§  1.  Die  Perioden  der  französischen  Sprach- 
geschichte. Die  französische  Sprachgeschichte  tlieilt  sich 
in  folgende  Perioden : 

1.  Die  Periode  der  Entstehung  der  französi- 
schen Sprache  von  der  Eroberung  (des  nördlichen)  Galliens 
durch  die  Römer  bis  zur  Abfassung  der  ältesten  erhaltenen 
französischen  Sprachdenkmale,  der  Strassburger  Eide.  842 
n.  Chr.    Prälitterarische  Periode:.     Vgl.  unten  §  2. 

2.  Die  alt  französische  Periode,  vom  Jahre  S42 
bis  zum  Untergange  der  altfranzösischen  Declinationsregel  und 
bis  zum  Emporkommen  der  allgemein  französischen  Schrift- 
sprache. (Dialektische  Periode) .  Eine  genaue  Abgrenzung 
der  altfranzösischen  Periode  von  der  ihr  nachfolgenden  mittel- 
französischen ist  unmöglich.  Das  streng  Altfranzösische  reicht 
nur  bis  zum  Ausgang  des  13.  Jahrhunderts.  Das  14.  Jahr- 
hundert ist  die  Zeit  der  beginnenden  Auflösung  des  specili- 
schen  und  dialektischen  Altfranzösisch,  das  15.  Jahrhundert 
dagegen  die  Zeit  der  beginnenden  sprachlichen  Reconstruction, 
die  zur  Bildung  einer  allgemein  nationalen  Schriftsprache  hin- 
führte. Am  füglichsten  wird  man  daher  das  14.  Jahrhundert 
noch  der  altfranzösischen,  das  15,  Jahrhundert  dagegen  schon 
der  mittelfranzösischen  Periode  zuzählen.     Vgl.  unten  §  3. 

3.  Die  mittelfranzösische  l'eriode,  vom  Ausgang 
der  altfranzösischen  Periode  bis  zur  Fixirung  der  neufranzö- 
sischen Schriftsprache  im  Beginne  des  17.  Jahrhunderts.  (Vor- 
classische  Periode,  Periode  der  Renaissance).  Vgl.  unten 
§  4. 

4.  Die  neu  französische  Periode,  von  der  Fixirung 
tler   neufranzösischen   Schriftsprache  bis   zur  GegeuAvart  (Aka- 


Die  Geschichte  der  französischen  Spruche,  41 

demische  Periode).  Im  Einzelnen  lassen  sich  hier  wieder  un- 
terscheiden: a)  die  classische  Zeit,  vom  lieginn  des  17.  Jahr- 
hunderts his  zum  lieginn  des  IS.  .Fahrhunderts :  h)  die  nach- 
c-lassische  Zeit,  vom  IJeginne  his  zum  Ausgange  des  18. 
Jahrhunderts;  c'  die  romantische  Zeit,  vom  Ausgange  des  18. 
Jahrhunderts  his  in  die  vierziger  Jahre  dieses  Jahrhunderts: 
d  die  realistische  Zeit,  von  den  vierziger  Jahren  dieses  Jahr- 
hunderts his  zur  Gegenwart.    (Vgl.  unten  §  5.) 

Litteraturanojaben  Schriften  über  französische  Sprach- 
geschichte im  Allgemeinen' :  Ravnouard,  Obscrvations  philologi- 
ques  et  grammaticales  sur  le  Roman  de  Kou  et  sur  quelques  regles  de 
la  langue  des  trouveres  au  XII^  siecle.  Rouen  1829  in  dieser  Schrift 
wurde  zum  ersten  Male  die  altfranzösische  Declinationsregel  aufgestellt,  — 
G.  FallüT,  Recherches  sur  les  formes  grammaticales  de  la  langue  fran- 
caise  et  de  ses  dialectes  au  XII^  siecle,  p.  p.  P.  Ackermaxx,  Paris  1839 
—  J.  J.  Ampeke,  Histoire  de  la  forniatiun  de  la  langue  francaise.  Paris 
1841  —  A.  Chevallet,  Origine  et  formation  de  la  langue  francaise. 
2ieme  ed.  Paris  1S5S.  3  Bde.  —  F.  Gemx,  Recreations  philologiques  ou 
recueil  de  notes  pour  servir  ä  l'histoire  des  mots  de  la  langue  francaise. 
2ieme  ed.  Paris  1858  —  E.  du  Meril,  Essai  philosophique  sur  la  forma- 
tion de  la  langue  francaise.  Paris  1852  —  Pelissier,  La  langue  francaise 
depuis  son  origine  jusqu'ä  nos  jours.  Tableau  historique  de  sa  formation 
et  de  ses  progres.  Paris  1866  —  A.  Gkaxier  de  Cassagxac,  Histoire  des 
origines  de  la  langue  francaise.  Paris  1872  'der  Verf.  behauptet,  das  Fran- 
zösische sei  nicht  aus  dem  Latein,  sondern  aus  dem  Keltischen  entstan- 
den) —  *E.  Littre,  Histoire  de  la  langue  francaise.  Etudes  sur  l'ori- 
gine,  l'etj-mologie,  la  grammaire  etc.  au  moyen  age')  1862,  3ieme  ed.  Paris 
1878  (keine  zusammenhängende  Darstellung  der  Sprachgeschichte,  sondern 
geistvolle  Essays  über  Sprachgeschichte;  —  E.  Littre,  Etudes  et  glanures 
pour  servir  ä  l'histoire  de  la  langue  francaise.  Paris  18S0  —  H.  Cocheris, 
Eutretiens  sur  la  langue  francaise.  Paris  1877  —  L.  Faa'RE,  Formation 
de  la  langue  francaise,  in:  Rev.  bist,  de  l'anc.  lang,  franc.  1877  — 
Ch.  Aibertix,  Histoire  de  la  langue  et  litterature  francaise  au  moven  age 


1  Inhalt:  t.  I  p.  1  De  l'etymologie  de  la  langue  francaise,  de  la 
grammaire  francaise  et  de  la  correction  des  vieux  textes  (enthält  in  §  9 
eine  Analyse  der  Chansons  de  geste  :  le  Couronnement  de  Louis,  le  Char- 
roi  de  Nimes ,  la  Prise  d'Orange ,  le  Vceu  de  Vivien  und  la  Bataille  d'Ale- 
schaus,.  p.  256  De  la  poesie  epique  dans  la  societe  feodale.  p.  3Ul  La 
poesie  homerique  et  l'ancienne  francaise  (am  Schlüsse  dieses  Essays  eine 
altfrz.  Uebersetzung  des  1.  Gesanges  der  Ilias!  .  p.  394  Etüde  sur  Dante. 
t.  n  p.  1  Etüde  sur  Patelin.  p.  56  Etüde  sur  Adam  Mystere;.  p.  91  Des 
Patois  behandelt  in  §  2  das  Patois  von  Berry  und  in  §  3  das  "\Vallonische). 
p.  170  Legende  sur  le  Pape  Gregoire  le  Grand,  p.  27U  Le  Chant  d'Eu- 
lalie  et  le  fragment  de  Valenciennes.  p.  365  Dictiounaire  francais-latin. 
p.  384  Girard  de  Rossillon.  p.  423  Grammaires  provencales.  p.  442  Le 
Livre  des  Psaumes ,  texte  du  XII  siecle.  p.  456  Lettres  de  Marguerite, 
reine  de  Navarre,  sceur  de  Francois  I. 


42  l)as  Französische. 

Paris  1878  79  2  Bde.  —  Ch.  Aubertin,  Origines  et  forraation  de  la  langue 
et  de  la  metrique  francaises.  Paris  1882  —  A.  LoiSEAU,  Histoire  de  la 
langue  francaise,  ses  oriorines  et  son  developpement  jusqu'ä  la  fin  du  XVI 
siede.  Paris  1881  (werthlos)  —  Programraahhandlungen  u.  dgl. :) 
Ehlers,  Geschichtliche  Entwickelung  der  französischen  Spr.  Hanau  1874,77 
Progr.  —  F.  Andrzjewski,  Apercu  des  principales  hypotheses  que  la  phi- 
lologie  a  etablies  quant  ä  l'origine  et  la  formation  des  langues  romanes. 
Culm  1874  Progr.  —  C.  L.  Cathelaz  ,  Apercu  historique  sur  les  origines 
et  la  formation  de  la  langue  francaise.  Dresden  1876  Progr.  —  SCHÖTEX- 
SACK,  Ueber  Entstehung  und  Fortbildung  der  französischen  Spr.  Stendal 
1878  Progr.  —  A.  Grisser,  Entwurf  einer  Geschichte  der  französischen 
Spr.     Regensburg  1881  Progr. 

§2,  Die  Entstehung  des  Französischen 'j .  1.  Das 
Französische  ist  aiis  dem  (Volks-)  Latein  hervorgegangen .  ist 
eine  Tochtersprache  desselben  und  gehört  als  solche  zu  der 
romanischen  Sprachfamilie,  hezw.  zu  dem  indogermanischen 
(oder  arischen]    Sprachstamme. 

Der  Ursprung  des  Französischen  aus  dem  Vulgärlatein  ist 
fest  bewiesene  wissenschaftliche  Thatsache,  an  welcher  zu 
zweifeln  vernünftigerweise  nicht  mehr  gestattet  ist.  G.  de 
Cassagnac's  Hypothese  von  dem  gallischen,  bezw.  keltischen 
Ursprünge  des  Französischen  (vgl,  oben  S.  41)  ist  schlecht- 
weg Unsinn;  dasselbe  gilt  von  Isola's  Hyjiothesen  über  den 
Ursprung  der  romanischen  Sprachen,  wonach  dieselben  Schwe- 
stersprachen des  Lateins  sein  sollen     vgl.   Theil  I,   S.   145). 

2.  Das  Latein  wurde  sowol  in  seiner  schriftsprachlichen 
als  auch  in  seiner  volkssprachlichen  Gestaltung  nach  Gallien 
übertragen.  Die  erstere  blieb  dort  natürlich  noch  mehr,  als 
in  Italien,  ein  reines  Kunstproduct  und  in  ihrer  Anwendung 
auf  den  amtlichen,  bezw.  gerichtlichen  Verkehr  und  auf  die 
Litteratur  beschränkt.  Hemerkenswerth  ist  die  rege  Antheil- 
nahme  Galliens  an  der  lateinischen  Litteratur  (Rhetorenschu- 
len  zu  Massilia,  Tolosa,  Augustodinuim ,  liurdigala,  jedenfalls 
auch  zu  Narbo,  Arelas,  Vienna  und  an  andern  bedeutenderen 
Städten ,  wie  Durocorto'rum  [Rheims] ,  Treviri  etc.  :  der  ge- 
richtlichen Jieredtsamkeit  Galliens  gedenkt  Jiivenal  Sat.  XV, 
lll:  Gallia  causidicos  docuit  facunda  liritannos,  und  VII  147 
Uuis  bene  dicentem  Basilum  ferat?  accipiat  te  Gallia,  vel  po- 
tius  nutricula  causidicorum  Africa :   Martial  erwähnt  lib.  VII 

1)  Zu  diesem  §  vgl.  §§  1,  2  und  '6  der  Einleitung. 


Die  Geschichte  der  französischen  Sprache.  43 

ep.  S7,  dass  seine  Bücher  in  Vienno  eifrig  gelesen  würden; 
aus  Gallien  stammten  Ausonius,  ApoUinaris  Sidoniiis,  Trogus 
rom])ejus.  Snlpieius  Sevenis.  Paulinvis  von  Nola.  Ililarius  von 
Toitiers.  Ambrosius  von  Mailand,  Salvianus,  Prosper  von  Aqui- 
tanien  n.  A.).  Indessen  ist  nicht  nachweisbar,  dass  sich  in 
Gallien  eine  idiomatische  Nuancirung  des  Schriftlateins  aus- 
gebildet habe  ^der  heil,  llieronymus  spricht  allerdings  vou 
einem  »cothurnus  gallicanus«.  doch  bezieht  sich  dies  wohl  nur 
auf  die  Neigung  gallischer  Rhetoren  zu  schwülstigem  Aus- 
druck) . 

Das  Volkslatein  wurde  durch  römische  Einwanderer  und 
Soldaten  nach  Gallien  verpflanzt.  Die  Einwanderung  muss 
eine  sehr  betrachtliche  gewesen  sein,  namentlich  nach  dem 
Süden.  Schon  Cicero,  pro  Fonteio  V,  11  berichtet,  dass 
Gallien  » plena  civiura  romanorum «  sei  und  dass  der  gesammte 
Handel  in  Gallien  in  römischen  Händen  liege.  Diese  Aussage 
bezieht  sich  aber  auf  das  Jahr  69  v.  Chr. ,  also  auf  die  Zeit 
und  das  römische  Herrschaftsgebiet  vor  Cäsars  Eroberungen). 

Jedenfalls  erfolgte  die  Romanisirung  Galliens,  namentlich 
des  südlichen ,  sehr  rasch  *)  ,  wenn  auch  das  Keltische  nicht 
sofort  von  dem  Lateinischen  völlig  verdrängt  ward,  sondern 
sich  bis  in  das  4.  und  5.  Jahrhundert,  wenigstens  in  einzel- 
nen Landestheilen,   erhielt   (vgl.  unten  Nr.   3). 

Der  Gang  der  Romanisirung  im  Einzelnen  ist  völlig  un- 
bekannt, da  alle  eingehenderen  Zeugnisse  darüber  fehlen.  Kei- 
neswegs aber  darf  man  in  der  sprachlichen  Romanisirung 
Galliens  etwas  Wunderbares  oder  Räthselhaftes  erblicken.  Die 
Erscheinung,  dass  die  Sprache  des  erobernden  und  höher  ge- 
bildeten Volkes  diejenige  des  unterworfenen  und  weniger  ge- 
bildeten Volkes  verdrängt ,  ist  eben  so  begreiflich  wie  in  der 
Geschichte  häufig  eingetreten  man  denke  z.  B.  nur  an  die 
Verdrängung  der  slavischen  Idiome  in  den  Landschaften  jen- 
seits der  Elbe  durch  das  Deutsche  I) ;  auch  in  unserer  Gegen- 
wart vollziehen  sich  derartige  Sprachwechselprocesse  (so  dringt 
z.  B.   das  Englische  in  Irland,  in  Nordschottland  und  in  Wa- 


1  Bezeugt  ■wird  dies  auch  durch  die  frühe  Verleihung  des  römischen 
Bürgerrechtes  an  Gallier,  womit  schon  Cäsar  \ind  Augustus  beginnen.  Be- 
zeichnend ist  auch,  dass  schon  im  1.  Jahrhundert  n.  Chr.  eine  römische 
Besatzung  von  nur  1200  Mann  zur  Aufrechterhaltung  der  Ordnung  im  gan- 
zen Lande  genügte.     Vgl.  Budinszky  a.  a.  O.'S.  99  0". 


44  Das  Französische. 

les  immer  mehr  ^  or ;  in  Südtirol  weicht  das  Deutsche  vor  dem 
Italienischen  zurück  und  dgl.).  Wenn  Grävell  (die  Charak- 
teristik der  Personen  des  Kolandsliedes  p.  134)  behauptet  hat: 

»In  Gallien  als  Ganzes  betrachtet,  hat  man  sicherlich  zu  keiner  Zeit 
lateinisch  gesprochen,  die  eigentliche  Romanisirung  begann  erst  mit  der 
christlichen  Aera,  als  das  alte  gallische  Idiom  sich  nicht  mehr  fähig  zeigte, 
dem  von  den  Städten  her  eindringenden,  von  der  Geistlichkeit  unterstütz- 
ten Romanismus  Widerstand  zu  leisten.  Ohne  die  Einführung  des  Chri- 
stenthums,  welches  die  Gallier  auf  Jahrhunderte  an  den  Romanismus  ket- 
tete, wäre  sicher  die  römische  Civilisation  in  Gallien  so  gut  von  den 
Eingeborenen  in  Verbindung  mit  den  später  eingewanderten  Franken  weg- 
gewischt worden,  wie  am  Rhein», 

SO  ist  dies  sicherlich  viel  zu  viel  behauptet,  namentlich  in  Bezug 
auf  Südgallieji :  wäre  das  Gallische  zur  Zeit  der  Einführung  des 
Christenthums  noch  die  ausserhalb  der  Städte  allgemeine  und 
lebensfähige  Landessi)rache  gewesen,  so  hätte  es  sich  trotz  des 
Christenthums  (welches  übrigens  nie  Landessprachen  auszurotten 
bestrebt  gewesen  ist)  und  trotz  des  »von  der  Geistlichkeit  unter- 
stützten Romanismus«  ganz  gewiss  ebenso  gut  zu  behaupten 
und  weiter  zu  entwickeln  vermocht,  wie  etwa  das  Irische  und 
Wallisische  noch  lange  Jahrhunderte  nach  Einführung  des 
Christenthums  fortgelebt  und  sich  weiter  entwickelt  haben  und 
auch  später  wahrlich  nicht  durch  das  Christenthum ,  sondern 
durch  ganz  andere  Dinge  in  ihrem  Bestände  bedroht  worden 
sind,  nichtig  aber  dürfte  es  allerdings  sein,  dass  die  Chri- 
stianisirung  Galliens  der  Romanisirung  ^'orschub  leistete  und 
dazu  beitrug,  das  Absterben  des  Gallischen  zu  beschleunigen. 

Aus  dem  nach  Gallien  verpflanzten  Volkslatein  müssen 
sich  im  Laufe  der  Zeit  gallisch-lateinische  Volksdialecte  ent- 
wickelt haben,  welche  die  Keime  der  späteren  französischen 
bezw.  provenzalischen  Dialekte  in  sich  trugen.  Es  fehlt  uns 
jedoch  jede  Kenntniss  dieser  lateinischen  Mimdarten  [xg\.  un- 
ten »  Litteraturangaben «  . 

Dass  zwischen  dem  Volkslatein  in  Südgallien  und  dem- 
jenigen in  Nordgallien  frühzeitig  eine  Verschiedenheit  und 
damit  der  Ansatz  zu  der  Spaltung  in  Provenzalisch  und  Fran- 
zösisch sich  ausbildete,  ist  schon  aus  geschichtlichen  und  ethno- 
graphischen Gründen  (frühere  Romanisirung  Südgalliens :  im 
Süden  neben  den  Kelten  Iberer  und  Ligurer.  im  Norden  neben 
den  Kelten  halbgermanische  belgische  Stämme  und  auch  rein- 


\ 


Die  Geschichte  der  französischen  Sprache.  45 

germanische  Völkerschaften)  höchst  wahrscheinlicli.  Ein  di- 
rectes  Zeugniss  dafür  würde  vorliegen ,  wenn  die  bekannte 
Stelle  bei  SrLricirs  Skvkrus  ca.  365 — 425  ,  Dial.  I,  27,  da- 
hin gedentet  werden  dürfte,  dass  der  Gallier  sich  scheut,  vor 
dem  feiner  gebildeten  Aqiiitanier  lateinisch  zu  reden  »sed 
dum  cogito .  me  hominem  Gallum  inter  Aquitanos  verba  fac- 
tumm .  vereor  ne  offendat  vestras  nimis  nrbanas  aures  sermo 
rusticior.  Aiuliatis  me  tamen  ut  Gurdonicum  hominem  nihil 
cum  fuco  aut  cothurno  loquentem«)  ,  statthaft  ist  solche  Deu- 
tung gewiss. 

Litteraturangaben :  Ueber  die  Romanisinms:  Galliens  handeln  na- 
mentlich ÜESJARDINS  im  2.  Bd.  seines  oben  citirten  Werkes  und  Buüixszky, 
Die  Ausbreitung  der  lat.  Spr.  über  ItaUen  und  die  Provinzen  Berlin  1S81), 
S.  81 — IIb.  Ueber  das  gallische  Latein  vgl.  die  spärlichen  Angaben  bei 
SiTTL,  die  localen  Verschiedenheiten  der  lat.  Spr.  Erlangen  1SS2  .  Ueber 
das  gallische  Latein  wird  Genaueres  voraussichtlich  sich  erforschen  las- 
sen, wenn  der  die  lat.  Inschriften  Galliens  umfassende  Bd.  XII  des  Cor- 
pus inscriptionum  erschienen  sein  wird.  Schmerzlich  vermisst  wird  auch 
von  der  franzüs.  Philologie  noch  immer  eine  kritische  und  eingehende  Ge- 
schichte des  römischen  Galliens ,  wie  überhaupt  die  Bearbeitung  der  römi- 
schen Provinzialgeschichte  geeignet  sein  würde,  auf  die  Vorgeschichte  der 
romanischen  Sprachen  neues  Licht  zu  werfen. 

3.  Das  Keltische  behauptete  sich  neben  dem  Latein  bis 
in  die  nachromische  Zeit  hinein.  Zeugnisse  dafür  sind  z.  B. : 
AuLus  Gellius  (125 — 175  n.  Chr.]  erwähnt  Noct.  Att.  XI,  7,  4 
des  Kelt.  als  einer  noch  lebenden  Sprache ;  Ulpiax  entschied 
als  praefectus  praetorio  (222 — 22S),  dass  Testamente  auch  in 
lingua  gallicana  abgefasst  werden  dürften  Digest.  XXXII,  10); 
Lampridius  Alex.  Sev.  60)  erzählt,  dass  der  Kaiser  Alexander 
Severus  (222  —  235)  von  einer  Druidin  in  gallischer  Sprache 
vor  Verrath  gewarnt  worden  sei;  der  heil.  Hieroxymus  be- 
merkt Comm.  in  Epist.  ad  Galat.  II  3),  dass  die  keltischen 
Galater  in  Kleinasien  fast  dieselbe  Sprache  redeten  wie  die 
gallischen  Trevirer  (die  Richtigkeit  dieser  Behauptung  ist  aller- 
dings zu  bezweifeln,  vgl.  Büdixszky,  a.  a.  O.  S.  245,  Anm.  50); 
SüLPicros  Severus  (365 — 425)  lässt  Dial.  I,  27  einen  Nord- 
gallier von  Aquitaniem  aufgefordert  werden,  er  möge  keltisch 
oder  gallisch  reden  (»Tu  vero,  inquit  Fostumianus,  vel  celtice 
aut.  si  mavis,  gallice  loquere,  dummodo  iam  Martinum  loqua- 
ris«:  ') gallice«  darf  des  vorheh enden  aut  wegen  schwerlich  für 
synonym  mit  celtice  betrachtet,  sondern  "muss  wohl  als  »gallisch- 


46  Das  Französische. 

lateinisch«  erklärt  werden)  ;  der  Arzt  Marcellus  Empiricus 
aus  ßurdigala  fca.  375)  gibt  in  seinem  Buche  de  medicamen- 
tis  für  eine  Anzahl  Pflanzen  die  keltischen  Namen  an  (vgl. 
J.  Grimm,  l'eher  Marcellus  Burd,  in  den  Abhandlungen  der 
Berl.  Akad.  d.  Wissensch.  1849);  Claudias  (ca.  400)  erwähnt 
Epigr.  1,  H).  dass  die  Maulthiertreiber  in  Gallien  ihre  Thiere 
mit  gallischen  Rufen  lenken:  Ausonius  (310  —  390),  Venan- 
Tius  FoRTUNATUs  (ca.  535 — 600)  und  Gregor  v.  Tours  (536 
—  595)  citiren  und  erklären  gelegentlich  keltische  Worte 
(Auson.  Cl.  Urb.  XIV  32  »Divona«,  Venant.  Fort.  Miscell.  I  9 
»Vernemetis«  =  fanum  iugens;  Greg.  Tur.  Hist.  Eccl.  Franc. 
IV  31  corydalus  =  alauda;  De  vitis  patr.  XII  2  brachio  = 
ursicatulus) .     Vgl.  Budinszky  a.  a.  O.   S.   114  ff. 

Zugestanden  muss  freilich  werden .  dass  diese  Zeugnisse 
nicht  eben  reichlich  und  einzelne  derselben  überdies  ziemlich 
unklar  sind :  namentlich  ist  öfters  fraglich ,  ob  der  Ausdruck 
»gallicus«  als  »keltisch«  oder  nicht  vielmehr  als  » gallisch -la- 
teinisch« aufzufassen  ist. 

Ueber  das  6.  Jahrhundert  hinaus  fehlt  jede  Spur  des 
Fortlebens  der  keltischen  Sprache  in  Gallien  (ausserhalb  der 
Bretagne).  Dieses  plötzliche  Abbrechen  der  Ueberlieferung 
hat  etwas  Räthselliaftes  an  sich:  nicht  glaublich  ist  jedenfalls, 
dass  das  Keltische  schon  damals  völlig  erloschen  sei,  wenn 
es  überhaupt  bis  dahin  in  irgend  welchem  Umfange  sich  be- 
hauptet hatte. 

Dass  das  Keltische  auf  die  Entwickelung  des  Gallisch- 
Lateinischen  und  folglich  auch  des  Französischen  einen  Ein- 
fluss  ausgeübt  hat.  ist  unzweifelhaft.  Aber  der  Umfang  dieser 
Beeinflussung  kann  zur  Zeit  noch  nicht  festgestellt  werden. 
Gegenwärtig  schätzt  man  ihn  allgemein  für  sehr  gering  und 
beschränkt  ihn  auf  einige  Lauterscheinungen,  auf  die  Bildung 
der  mit  vingt  combinirten  Zahlen  i  quatre-vingt  und  auf  die 
Herkunft  einer  nicht  eben  beträchtlichen  Anzahl  von  Worten. 
Bei  dem  dermaligen  Stande  der  Forschung  thut  man  sehr  recht 
daran,  und  es  kann  überhaupt  nicht  eindringlich  genug  davor 
gewarnt  werden,  dass  man.  wie  früher,  als  die  Keltomanie  gras- 
sirte,  üblich  war.  Alles,  was  innerhalb  des  Französischen  nicht 
auf  den  ersten  Blick  erklärbar  ist .  sofort  aus  dem  Keltisclien 
zu  deuten  suche ;  festzuhalten  ist  vielmehr  durchaus  als  Grund- 


I 


Die  Geschichte  der  französischen  Sprache.  47 

Satz,  bei  der  Erklärung  französischer  Spracherscheinungen  zu- 
nächsit  nur  das  Latein  heranzuziehen,  Avenn  aber  mit  dessen 
Hülfe  eine  befriedigende  Lösung  nicht  zu  gewinnen  ist  .  auf 
das  Genuanische  zu  reciu-rircn  und  erst,  ■wenn  auch  dieses 
versagt,  sich  an  das  Keltische  zu  wenden.  Aber  die  Vermu- 
thung  darf  ausgesprochen  werden  .  dass ,  wenn  einst  die  kel- 
tische Philologie  sich  weiter  ausgebildet  haben  und  in  innigeren 
Contact  mit  der  romanischen,  bezw.  französischen  Philologie 
gesetzt  worden  sein  wird,  man  doch  zur  Erkenntniss  gelangen 
werde,  dass  zwischen  Französisch  und  Keltisch  vielfach  entere 
Beziehungen  bestehen,  als  man  gegenwärtig  glauben  darf. 
Möglich  auch ,  dass  das  zur  Zeit  noch  kaum  begonnene  sy- 
stematische und  wissenschaftliche  Studium  der  neufranzö- 
sischen Dialekte  zu  werthvoUen  Ergebnissen  auch  in  dieser 
Beziehung  führen  wird. 

Litteraturangaben  über  die  keltische  Sprache  u.  dgl.    sehe  man  oben 
S.  12  f.    Vgl.  auch  Thi'RNEYSEX,  Keltoromanisches.   Halle  18S4. 

4.  Die  schon  in  der  Zeit  v  o  r  Cäsar  begonnene  und  durch 
die  Gründung  des  Frankenreiches  sowie  durch  die  Nieder- 
lassung der  Normannen  in  Neustrien  zum  Abschluss  gebrachte 
Besetzung  des  nördlichen  Galliens  durch  germanische 
Völkerstämme  hatte  zur  nothwendigen  Folge,  dass  auch  die 
betreffenden  germanischen  Sprachen,  insbesondere  die  frän- 
kische, auf  die  Entwickelung  des  gallischen  Lateins,  bezw. 
des  Französischen  (und  Provenzalischen    Einfluss  gewannen. 

Die  genauere  Bestimmung  des  germanischen  Einflusses  auf 
das  Französische  ist  nicht  ausführbar,  denn  derselbe  niuss  im 
Wesentlichen  —  eine  erhebliche  Ausnahme  bildet  nur  der  nor- 
mannische Antheil  —  vor  dem  7.  oder  doch  vor  dem  S.  Jahr- 
hundert erfolgt  sein;  wir  besitzen  aber  jenseits  dieser  Zeit- 
grenze nur  von  einer  germanischen  Sprache,  der  Sprache  der 
Westgothen  im  Norden  der  unteren  Donau,  in  Llfilas'  Bibel- 
übersetzung ein  umfangreicheres  Litteraturdenkmal.  welches 
wirklichen  Einblick  in  den  Lautbestand,  in  den  Formenbau. 
in  den  ^yortscllatz  und  in  die  Satzfügamg  gestattet.  Erlaubt 
ist  es  nun  ja  gewiss,  von  dem  Gothischen  aus  Schlüsse  auf  die 
Beschaffenheit  der  anderen  frühgermanischen  Sprachen  zu 
ziehen,  aber  man  muss  doch,  wenn  man  dies  tluit,   immer  das 


48  I^as  Französische. 

Bewusstsein  haben,  dass  die  Gefahr  des  Irrens  nahe  liegt  und 
dass  man  über  Hypothesen  nicht  hinauskommt. 

Die  sprachliche  Scheidung  zwischen  Hochdeutsch  und 
Niederdeutsch  trat  erst  um  das  Jahr  600  ein.  »Der  örtliche 
Ausgangspunkt  scheinen  die  Alpengebiete  zu  sein  :  Alemannen, 
Baiem,  Longobarden  Averden  zuerst  von  der  Bewegung  ergrif- 
fen. Die  Franken,  Hessen,  Thüringer  sehen  Avir  nur  allmäh- 
lich hineingezogen.  Den  Rhein  hinab  wird  der  Anstoss  schwä- 
cher \ind  schwächer,  das  niederländische  Gebiet  bleibt  unberührt«. 
(W.  Scherer,  Geschichte  der  deutschen  Litt.  2.  Ausg.  [Ber- 
lin 1884],  S.  3 9 f.,  vgl.  desselben  Zur  Geschichte  der  deutschen 
Spr.   2.  Ausg.    [Berlin  1878],   S.    168  ff.). 

Daraus  folgt,  dass  die  germanischen  Sprachen  zur  Zeit, 
als  die  Germanen  Gallien  besiedelten,  noch  sämmtlich  auf  der- 
jenigen Stufe  der  Lautverschiebung  standen ,  auf  welcher  das 
Niederdeutsch  nebst  seinen  ausserdeutschen  Schwestersprachen 
(auch  den  skandinavischen)  sich  noch  heute  befindet.  Worte 
germanischen  Ursprunges ,  welche  in  das  Französische ,  bezw. 
überhaupt  in  das  Romanische  übergegangen  sind,  stehen  also 
zu  den  entsprechenden  niederdeutschen  (bezw.  holländischen, 
skandinavischen,  angelsächsischen  etc.)  in  näherer  lautlicher  Be- 
ziehung, als  zu  den  entsprechenden  hochdeutschen. 

Unsere  unzulängliche  Kenntniss  von  den  altgermanischen 
Sprachen  derjenigen  Zeit  und  derjenigen  Gebiete,  welche  hier 
in  l^etracht  kommen  (Fränkisch,  Burgundisch  etc.  des  4.,  5., 
6.  und  7.  Jahrhunderts),  erschwert  es  ungemein  und  verbietet 
es  oft  gänzlich,  eine  bestimmte  im  Französischen  sich  findende 
Spracherscheinung,  z.  B.  eine  Lautaffection  oder  ein  Wort, 
unzweifelhaft  germanischen  Ursprunges  auf  eine  bestimmte 
germanische  Einzelsprache  zurückzuführen.  Man  wird  aller- 
dings mit  Recht  immer  zunächst  an  das  Fränkische  als  an  die 
wichtigste  der  bezüglichen  Sprachen  zu  denken  haben .  aber 
der  Beweis,  dass  die  betreffende  Spracherscheinung  wirklich 
aus  dem  Fränkischen  sich  herleite,  wird  wohl  nie  zu  erbringen 
sein,  zumal  da  »Fränkisch«  ein  sehr  vager  Begriff  ist,  indem 
er  zugleich  auf  die  Sprache  der  salischen  und  der  ripuarischen 
Franken  sich  bezieht ,  also  auf  zwei  gewiss  verschiedene 
Idiome  (in  noch  weiterem  Sinne  wird  bekanntlich  unter 
>>  Fränkisch «    auch   das   Altniederfränkische ,    Mittelniederfrän- 


Die  Geschichte  der  französischen  Sprache.  49 

kische  etc.   mit  inbegrifteu.   ■welclio  Muiulaiteii  jodocli  /u  dem 
Französischen  keine  unmittelbare  Beziehung  haben). 

Der  Einfluss  des  Germanischen  auf  die  Entwickelung  und 
Gestahung  des  Französischen  ist  ein  verhältnissmässig  selir 
bedeutender  gewesen;  am  erheblichsten  ist  der  Wortschatz  von 
ihm  berührt  worden,  aber  auch  Lautbestand  und  Satzfügung 
sind  nicht  unberührt  geblieben,  vielleicht  auch  sogar  der  For- 
menbau nicht.  Namentlich  stark  tritt  der  germanische  Einfluss 
im  Altfranzösischen  hervor,  während  für  die  Entwickelung  des- 
selben zum  Mittel-  und  Neufranzösischen  die  Thatsache  cha- 
rakteristisch ist.  dass  die  Sprache  sich  mehr  und  mehr  gleich- 
sam entgermanisirt  und  zurückromanisirt ,  wie  ja  die  analoge 
Erscheinung  auch  in  Bezug  auf  die  französische  Nationalität 
zu  beachten  ist  (vgl.  oben  S.  19).  Indessen  w^eist  auch  das 
Neufranzösische  noch  zahlreiche  inid  deutliche  Spuren  germa- 
nischer Beeinflussung  auf.  Auf  alles  Einzelne  wird  Aveiter 
unten  in  den  die  Grammatik  behandelnden  Kapiteln  hinzu- 
weisen sein. 

Für  die  Bedeutung  des  germanischen  Einflusses  auf  die 
Entwickelung  der  französischen  Sprache  und  Nationalität  ist 
schon  der  Name  » französisch «  selbst ,  der  von  » Franke  «  sich 
ableitet,  beweisend  (die  mittellat.  Form  ist  franciscus,  woraus 
sich  das  Masc.  francois  francais  entwickelt  hat  [vgl.  Francis- 
cus =  Fran9ois  ,  während  das  Feminin  der  Analogie  der 
Adjectiva  auf  -ensis  gefolgt  ist  und  also  zu  francoise  fran- 
^aise  sich  gestaltet  hat;  francisca  hätte  fran^aiche  ergeben 
müssen  [vgl,  frais,  fraiche  aus  friscus,  friscaj).  Ursprünglich 
bezog  sich  jedoch  die  Bezeichnung  »francais«  nur  auf  die  Be- 
völkerung, Sprache  etc.  der  Isle  de  France;  erst  später  wurde 
sie  im  allgemeinen  Sinne  gebraucht,  vgl.  unten  §  3,   Nr.  3  a;. 

Litterat  urangaben:  J.  Grimm,  Geschichte  der  deutschen  Sprache. 
Leipzig  165S,  3.  Ausgabe  (herausg.  von  J.  SCHMIDTJ  1874  —  K.  Zeuss, 
Die  Deutschen  und  ihre  Nachbarstämme.  München  1837  —  [K.  Müllen- 
HOFF,  Deutsche  Alterthumskunde.  Bd.  1.  Berlin  1870,  Bd.  5.  Berlin  1883 
(mehr  nicht  erschienen]  —  R.  Usixger,  Die  Anfänge  der  deutschen  Ge- 
schichte. Hannover  1875  —  W.  Arxold,  Deutsche  Urzeit.  3.  Ausgabe. 
Gotha  1880  —  F.  D.\hn,  Urgeschichte  der  german.  und  roman.  Völker. 
Berlin  1881.  2  Bde.  bildet  einen  Bestandtheil  des  OxCKEN'schen  Sammel- 
werkes]. 

H.  d'ARBOls  DE  JUBAINVILLE,  La  languc  franque,  le  vieux-haut-alle- 
mand  et  la  langue  francaise,  in  Rom.    I  129  tf.  —  E.  M.  Olde,    De  l'in- 

KOrting,  Encyklopädie  d.  rom.  Phil.   III.  4 


50  iJas  Französische. 

fluence  des  idioines  gotho-germains  et  scandinaves  sur  la  formation  de  la 
langue  francaise  et  des  traces  qu'ou  en  retrouve  encore  dans  la  langue 
actuelle.  Lund  ISö'J  —  L.  Schachx,  De  elementis  germanicis  potissimum 
linguae  francogallicae.  Berlin  1S53  —  K.  ZANGE,  lieber  die  germanischen 
Elemente  in  der  französischen  Sprache.  Sondershausen  1851.  in  das  Fran- 
zös.  übersetzt  von  vax  der  Haeghex.  Brüssel  1854  —  W.  Wendler. 
Zusammenstellung  der  französ.  Wörter  german.  Ursprungs  nach  sachlichen 
Kategorien.  Greiz  1874  —  *F.  Atzler,  Die  germanischen  Elemente  in 
der  französ.  Sprache,  Köthen  1867  —  M.  Scheck,  5U0  germanische  AVör- 
ter  und  160(1  germanische  Yocabeln  in  der  frz.  Spr.  Stuttg.  1875  —  HoT- 
TENROT,  Germanische  Wörter  im  Französ.  Köln  1876.  Progr.  —  M.  ScHULZE, 
die  german.  Elemente  der  frz.  Spr.  Berlin  1S76  —  F.  Nei'Maxn,  Die  ger- 
man. Elemente  in  der  provenzal.  und  frz.  Spr.  ihren  lautlichen  Verhält- 
nissen nach  behandelt.  1.  Die  einfachen  Vocale  und  Diphthonge.  Berlin 
1S76  {vgl.  die  Recension  von  Behaghel  in  der  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  I  466 
—  Schweisthal,  Remarques  sur  le  röle  de  l'element  franc  dans  la  for- 
mation de  la  langue  frcse.  Paris  1883    vgl.  Rom.  XII  iH)  . 

Obwol,  "wie  diese  Uebersieht  zeigt,  der  Einfluss  des  Ger- 
manischen auf  das  Französische  schon  häufig  behandelt  wor- 
den ist,  so  Avürde  doch  eine  erneute  Untersuchung  keineswegs 
unnütz  sein,  sondern  könnte  vielmehr  noch  zu  sehr  interes- 
santen und  wichtigen  Ergebnissen  führen,  nur  freilich  ist  hier- 
für Voraussetzung,  dass,  wer  sie  unternimmt,  mit  der  franzö- 
sischen und  germanischen  Philologie  gleich  vertraut  sei  und 
streng  methodisch  zu  arbeiten  verstehe. 

Recht  dankenswerth  wäre  es,  einmal  im  besonderen  den 
Einfluss  der  Normannen  auf  die  französische  Sprache  und 
Nationalität  zu  untersuchen. 

5.  Das  i Nordgallisch-Romanische,  bezw.  das;  Französische 
ist  in  seiner  Entstehung  nur  durch  das  Keltische  und  durch 
das  Germanische  nachhaltig  beeinflusst  worden  und  hat  da- 
durch seinen  eigenartigen  Charakter  erhalten,  soweit  derselbe 
nicht  bereits  durch  die  specifische  Entwickelung  des  Volks- 
lateins in  Nordgallien  gegeben  worden  war.  In  dem  weiteren 
Verlaufe  seiner  Geschichte  ist  aber  das  Französische  auch  mit 
anderen  Sprachen  Arabisch,  Italienisch .  Spanisch  etc.)  in 
Berührung  gekommen,  doch  hat  dies  im  Wesentlichen  keine 
andere  Folge  gehabt,  als  das  Eindringen  einer  Anzahl  fremd- 
sprachlicher Elemente  in  den  französischen  Wortschatz.  Hier- 
über wird  au  geeigneter  Stelle  Näheres  anzugeben  sein. 

§  3.  Das  Altfranzösische.  1.  Am  14.  Februar  S42 
wurden   die  Strassburjjer  Eide    geschworen.      Die   französische 


Die  Geschichte  der  französischen  Sprache.  51 

Fassung  derselben  ist'dius  älteste  erhaltene  französische  Schrift- 
denkmal'). Der  geringe  Umfang  desselben  macht  es  freilich 
unmöglich,  aus  ihm  mehr  als  einige  wenige,  immerhin  aber 
doch  -wichtige  Züge  der  damaligen  Gestaltvmg  des  Französi- 
schen zu  erkennen ;  als  erschwerender  Umstand  tritt  hinzu 
die  äusserst  unbeholfene  und  offenbar  latinisirende  Schreib- 
weise. Ueber  die  Beschaffenheit  des  Französischen  vor  dem 
Jahre  S42  sind  nur  Vermuthungen  möglich,  welche  zum  Theil 
allerdings  auf  das  in  den  Keichenauer  iind  Casseler  Glossen 
überlieferte  Sprachmaterial  sich  stützen  können. 

2.  Von  der  Abfassungszeit  der  Strassburger  Eide  ab  er- 
streckt sich  bis  gegen  den  Ausgang  des  14.  Jahrhunderts  hin 
die  altfranzösische  Sprach-  und  Litteraturperiode.  Die  nähere 
Eintheilung  derselben  in  einzelne  Zeiträume  wird  bei  weiterem 
Fortschreiten  der  Wissenschaft  zur  Xothwendigkeit  werden, 
für  jetzt  und  für  unseren  Zweck  kann  davon  Abstand  genom- 
men werden :  nur  das  Eine  werde  bemerkt .  dass  das  Empor- 
kommen des  höfischen  Romans  nicht  bloss  in  litterarischer, 
sondern  auch  in  sprachlicher  Beziehung  einen  wichtigen  Wende- 
punkt bildet. 

Ueber  die  altfranzösische  Litteratur  vgl.  unten  Capitel  10, 
§  IfF. 

3.  Für  das  Altfranzösische  sind  namentlich  folgende 
Sprachthatsachen  charakteristisch : 

a)  Das  Nichtvorhandensein  einer  allgemein  nationalen 
Schriftsprache,  in  Folge  dessen  innerhalb  eines  jeden  Dialektge- 
bietes der  betretende  Dialekt  als  Schriftsprache  angewandt  wer- 
den musste,  sobald  als  eine  volksthümliche  Litteratur  entstand. 
Mit  dem  Begriffe  fehlte  selbstverständlich  auch  der  Name 
fÜT  eine  allgemein  nationale  Sprache :  francais  bezog  sich 
nur  auf  die  Isle  de  France.    Vgl.  unten  Cap.  4  §  1,  1. 

b  Eine  im  Vergleich  zu  dem  Lautcharakter  des  Neufran- 
zösischen grosse  Klangfülle,  indem  vielfach  damals  Laute  noch 
gesprochen  wurden,  welche  später  verstummten  und  höchstens 
in  der  Scbrift  sich  noch  erhielten.  Ferner  das  Vorhandensein 
von  Lauten,   welche  der  heutigen  Sprache  fehlen  (h:  mouillirtes 


1)  Die  Reichenauer  und  die  Casseler  Glossen  können  nicht  als  speci- 
fisch  französische  Schriftdenkmale  betrachtet  werden.  Vgl.  unten  Cap.  10, 
§  2. 


♦ 


52  Das  Französische. 

1 ;  linguopalatales  1  —  später  zu  u  vocalisirt  —  im  Auslaut 
und  in  gedeckter  Stellung  .  Endlich  ist  hervorzuheben  das 
vielfach  sich  findende  Nebeneinanderbestehen  verschiedener 
Lautgestaltungen  auch  innerhalb  desselben  Zeit-  und  Ortsdia- 
lektes. 

c)  Die  Beschaffenheit  des  Wortschatzes,  indem  a)  in  dem- 
selben einerseits  noch  viele  auf  volksthümlichem  Wege  aus 
dem  Latein  übernommene  Worte  vorhanden  waren,  welche 
später  geschwunden  sind,  andrerseits  aber  die  im  Neufranzö- 
sischen so  massenhaft  vorhandenen  mots  savants  lateinischen 
und  griechischen  Ursprunges  fehlten:  ß)  zahlreiche  Worte  ger- 
manischer Herkunft  gebraucht  Avurden ,  welche  später  wieder 
durch  romanische  verdrängt  worden  sind;  y)  viele  Worte  in 
anderer  Bedeutung  üblich  waren,  als  ihnen  in  der  gfegenwär- 
tigen  Sprache  zukommt. 

d)  Die  im  Vergleich  zu  dem  Neufranzösischen  grössere 
Synthese  des  Formenbaues,  indem  namentlich  bei  den  Sub- 
stantiven (und  Adjektiven)  männlichen  Geschlechtes  meist  noch 
der  Casus  rectus  von  dem  Casus  obliquus  unterschieden  werden 
konnte.  Ferner  ist  in  Bezug  auf  den  altfranzösischen  Fomien- 
bau  zu  bemerken:  a)  die  geschlechtliche  Einförmigkeit  der 
Adjectiva,  welche  auf  lat.  Adjectiven  zweier  Endungen  beru- 
hen ;  ß)  das  Vorhandensein  einer  Anzahl  später  geschwundener 
organischer  Comparationsformen ;  y]  der  grosse  Reichthum  an 
Pronominalformen,  namentlich  bei  den  Personalibus,  Demon- 
strativis  und  Relativis ;  <5)  die  Doppelformigkeit  der  Cardinal- 
zahlen  70,  80,  90  und  das  Vorhandensein  der  direkt  aus  dem 
Latein  übernommenen  Formen  der  Ordinalzahlen  1 — 10;  e)  das 
Vorhandensein  einzelner,  später  ganz  geschwundener,  plusquam- 
perfectischer ,  imperfectischer  und  futuraler  Verbalformen ; 
k)  die  in  der  Behandlung  des  Vocals  der  Stammsylbe  sich  be- 
kundende scharfe  Scheidung  der  stammbetonten  und  der  fle- 
xionsbetonten Formen  innerhalb  des  Präsens ;  /;)  die  im  Ver- 
gleich zu  dem  Neufranzösischen  weite  Ausdehnung  der  starken 
Perfect-  (bezw.  Participial-)  bildung. 

e)  Das  Nichtvorhandensein  vieler  für  das  Neufranzösische 
verbindlicher  syntaktischer  Gesetze.  Im  Einzelnen  ist  nament- 
lich hervorzuheben:  a)  die  Wortstellung  innerhalb  des  Satzes 
war  in  Bezug  auf  Subjekt ,    Prädikat  und  Objekt  frei ;    ß)  die 


Die  Geschichte  der  französischen  Sprache.  53 

Anwendung  der  l'artitivform  (Theilungsartikels)  des  Substan- 
tivs war  nicht  obligatorisch ;  y)  die  Anwendung  des  determi- 
nirenden  Artikels  war  eingeschränkter,  als  gegenwärtig:  d)  die 
scharfe  Scheidung  zwischen  absolut  und  conjunctiv,  substan- 
tivisch und  adjektivisch  gebrauchten  Pronominalformen  war 
noch  nicht  durchgeführt :  €^  der  Gebrauch  des  Indicativs  war 
noch  ausgedehnter  und  derjenige  des  Conjunktivs  dem  ent- 
sprechend eingeschränkter,  als  in  der  heutigen  Schriftsprache  : 
C)  das  Participium  Präs.  fungirte  nicht  nur  schon  in  verbal- 
adjektivischer, sondern  auch  noch  in  rein  participialer  Bedeu- 
tung ;  /;)  die  Kegel  über  die  Congruenz  des  Part.  Prät.  war 
noch  nicht  fest  ausgebildet ;  ^)  die  Satzverhindung  war  noch 
vielfach  eine  ganz  oder  halb  parataktische ,  während  in  der 
späteren  Sprache  mehr  und  mehr  die  Neigung  zu  straffer  Hy- 
potaxe sich  geltend  gemacht  hat. 

f )  Die  Naivetät  des  Styles ,  in  Bezug  auf  welche  freilich 
je  nach  den  einzelnen  Litteraturgattungen  und  Litteraturepo- 
chen  vielfache  Abstufungen  zu  beobachten  sind. 

4.  Die  viel  verbreitete  Meinung,  dass  das  Altfranzösische 
dem  Latein  ähnlicher  sei,  als  das  Neufranzösische,  muss  als 
eine  im  Wesentlichen  inige  bezeichnet  werden ,  namentlich 
wenn  man  unter  Latein  das  Schriftlatein  versteht.  Richtig 
ist  ja,  dass  das  Altfranzösische  noch  Reste  der  lat.  Declination 
oder  doch  Analogien  zu  derselben  besass ;  dass  die  ihm  eigene 
Freiheit  der  Wortstellung  an  das  Latein  erinnert  und  dass  im 
Altfranzösischen  noch  zahlreiche  später  aufgegebene  lat.  Worte 
sich  linden.  Aber  der  Sprachgeist  —  um  so  zu  sagen  —  des 
Altfranzösischen  ist  von  demjenigen  des  (Schrift) latejiis  durch- 
aus verschieden :  das  Latein  wurde  von  streng  logischen  Ten- 
denzen beherrscht  und  geregelt,  das  Altfranzösische  dagegen  , 
war  der  strengen  Logik  abgeneigt  und  neigte  sich  zu  einem 
gemüthlichen  Sichgehenlassen ,  zur  behaglichen  Ausnutzung 
der  möglichen  sprachlichen  Freiheit ;  das  Latein  besass  eine 
Vorliebe  für  conventioneile  Sprachgesetze ,  denen  die  Indivi- 
dualitäten sich  beugen  müssen ,  das  Altfranzösische  dagegen 
Avar  der  sprachlichen  Nivellirung  und  Schablonisirung  ab- 
hold und  liess  die  Eigenart  der  einzelnen  Individualitäten  zu 
ihrem  Rechte  gelangen.  Es  ist  also  das  Alt  französische  seinem 
inneren  Wesen  nach  von  dem  Latein    duVch  eine  weite  Kluft 


54  Das  Französische. 

geschieden,  dagegen  zeigt  es  eine  nahe  Geistesverwandtschaft 
mit  dem  Germanischen ,  wie  ja  überhaupt  das  Altfranzosen- 
thum  ein  sehr  starkes  germanisches  Element  in  sich  enthält. 
Erst  durch  die  Einwirkung  der  Renaissancebildung  wurde  das 
Französische  dem  Latein  wieder  innerlich  näher  gebracht,  so 
dass  die  neufranzösische  Schriftsprache  allerdings  dem  Schrift- 
latein in  vielen  Charakterzügen  gleicht. 

5.  Das  Latein  war  während  des  Mittelalters  die  Sprache 
der  Kirche ,  der  Wissenschaft ,  des  internationalen  Verkehrs, 
vielfach  auch  der  Rechtspflege.  Die  Folgen  dieses  Zustandes 
waren  für  das  Französische  :  a)  das  frühzeitige  Eindringen  latei- 
nischer Worte  gelehrten  oder  halb  gelehrten  Gepräges ;  b)  die 
Anlehnung  der  französischen  Orthographie  an  die  lateinische; 
ci  die  Uebertragung  lateinischer  Redewendungen  und  techni- 
scher (z.  B.  jiu-istischer)  Formeln  in  das  Französische.  —  Die 
Beeinflussung  des  mittelalterlichen  Französisch  durch  das  mit- 
telalterliche Latein  bedarf  noch  einer  eingehenden  Untersu- 
chung, welche  aber  freilich,  namentlich  was  die  Orthographie 
und  die  Lexikologie  anlangt ,  mit  grosser  Umsicht  geführt 
werden  muss,  um  Trugschlüsse  zu  vermeiden.  [Besonders 
stark  zeigt  sich  selbstverständlich  der  lateinische  Einfluss  in 
altfranzösischen  Uebersetzungen  lat.  Werke ;  man  muss  dem- 
nach sich  wohl  hüten,  den  Beobachtungen,  welche  in  derarti- 
gen Litteraturdenkmälern  bezüglich  des  Wortschatzes  und  der 
Syntax  gemacht  w^erden  können,  ohne  Weiteres  Allgemeingül- 
tigkeit für  das  Altfranzösische  beizulegen;  es  gilt  vielmehr, 
die  Latinismen  herauszufinden  und  als  solche  zu  behandeln. 
Aehnlich  ist  zxi  verfahren  in  Bezug  auf  solche  altfranzösische 
Werke,,  •welche  —  wie  z,  B.  Brünette  Latini's  Tresor  —  zwar 
nicht  Uebersetzungen  sind,  aber  inhaltlich  von  lateinischen 
Quellen  abhängen]. 

6 .  Fremde  Sprachen  haben  auf  das  Altfranzösische  schwer- 
lich Einfluss  ausgeübt ;  höchstens  ist  zu  bemerken,  dass  aus 
dem  Arabischen  und  aus  dem  byzantinischen  Griechisch  ein- 
zelne Worte  entlehnt  wurden. 

Littcraturangaben:  Allgemeine  Schriften  über  das  Stu- 
dium der  altfrz.  Spr.  G.  Pakis,  Grammaire  historique  de  la  langue 
fr9se.  Paris  1868  —  A.  D armesteter,  Cours  de  litterature  fr9se.  du  moyen 
äge  et  d'histoire  de  la  langue  frcse.  Paris  1883  —  Altfranzösische 
Grammatiken:  C.  v.  Orell,  Altfranzüsische  Grammatik,  worin  die  Con- 


Die  Geschichte  der  französischen  Sprache.  55 

juo;ation  vorzugsweise  berücksichtigt  ist.  Nebst  einem  Anhange  von  alten 
Fabliaiix  und  Contes  und  einigen  Bruchstücken  aus  dem  Koman  du  Re- 
nard. Zürich  ISLU)  ;hat  nur  noch  historisches  Interesse*  —  G.  F.  üukguy, 
Grammaire  de  la  langue  d'oil  ou  grammaire  des  dialectes  fran9ais  aux  12 
et  i;<  siecles,  suivie  d'un  glossaire.  Berlin  1857/58,  die  2.  und  3.  Ausg., 
letztere  1S79  erschienen,  sind  blosse  Abdrücke  der  ersten.  3  Bde.  (immer 
noch  die  vollständigste  und  beste  Grammatik  des  Altfrz. ;  freilich  keineswegs 
dem  gegenwärtigen  Standpunkte  der  AN'issenschaft  entsprechend  und  folglich 
einer  Neubearbeitung,  welche  allerdings  kaum  einen  Stein  auf  dem  andern 
lassen  dürfte,  dringend  bedürftig.    Bd.  3  enthält  ein  sehr  handliches  Glossar) 

—  A.  Boi'KGriGKON,  Grammaire  de  la  langue  d'oil.   Paris  1873  (werthlos) 

—  HlPPKAf,  Grammaire  de  la  langue  d'oil,  ia  Rev.  bist,  de  l'ancienne  lan- 
gue francaise  1^76  Juni,  Juli,  August  (»au  dessous  de  toute  critique«  P. 
M.  in  Rom.  VI  630)  —  Ckoi.s.sandeau  ,  Grammaire  romane  du  XII«'  siecle 
appliquee  au  Roman  de  la  Rose.  Orleans  o.  J.  —  O.  Kn'aueh,  Beiträge 
zur  Kenntniss  der  französischen  Sprache  des  14.  Jahrhunderts,  in  EuEHT- 
Lemcke's  Jahrb.  Bd.  XII  155  tf.,  XIV  247  ff.,  401  tf.  —  F.  Neumann,  Zur 
Laut-  und  Flexionslehre  des  Altfranzösischen.  Heilbronn  1878  —  Kurze 
Abrisse  der  altfranzösischen  Grammatik  geben  Baktsch,  Cledat  und  CoN- 
STANS  in  ihren  unten  zu  nennenden  Chrestomathien  —  Darstellungen  der 
Grammatik  einzelner  altfranzösischer  Litteraturwerke  sind  in  vielen  Ausgaben 
derselben  gegeben,  so  namentlich  in  den  einzelnen  Bänden  von  W.  FüliSTEKS 
altfranzös.  Bibl.  s.  unten  Kap.  3,  §  2  Litteraturangaben  ,  in  G.  Pakls'  Ausg, 
des  Alexiusliedes,  in  Suchiek'.s  Ausg.  von  Aucassin  und  Nicolete  etc.  etc. 
(Vgl.  Kap.  3,  §  2)  —  Schriften,  namentlich  Dissertationen  und  Zeitschrift- 
abhandlungen, über  einzelne  Punkte  der  altfranzösischen  Laut-,  Formen-, 
Satz-  nnd  Wortlehre  sind  in  grosser  Fülle  vorhanden,  sie  werden  unten  an 
den  geeigneten  Stellen  der  Kap.  4 — 8  namhaft  gemacht  werden.  Berück- 
sichtigt wird  das  Altfranzösische  mehr  oder  weniger  natürlich  auch  in  den 
wissenschaftlichen  Gesammtgrammatiken  des  Französischen  von  Brächet, 
Chas.'sang,  Ayer,  Collmaxn,  Lückixg,  Körting  u,  a.,  vgl.  unten  Kap. 
3,  §  2  und  3.  —  Eine  den  gegenwärtigen  Anforderungen  der  französischen 
Philologie  entsprechende  Gesammtdarstellung  der  altfranzösischen  Gram- 
matik fehlt  leider  noch  und  wird  voraussichtlich  noch  längere  Zeit  fehlen, 
da  zur  Zeit  die  Forschung  noch  zu  sehr  im  Flusse  begriffen  ist,  als  dass 
selbst  ein  vorläufiges  Zusammenfassen  und  Formuliren  ihrer  Ergebnisse 
möglich  wäre. 

"Wörterbücher  des  Altfranzösischen:  F.  Godefroy,  Diction- 
naire  de  l'ancienne  langue  francaise  et  de  tous  ses  dialectes  du  IX  au  XV« 
siecle.  Publie  sous  les  auspices  du  Ministere  de  l'Instruction  publique. 
Paris,  seit  1880,  bis  jetzt  3  Bde.  erschienen  und  noch  bei  weitem  nicht 
vollendet.  Das  grossartig  angelegte  Werk  ist  leider  mit  sehr  erheblichen, 
auch  principiellen  Mängeln  behaftet  vgl.  die  ausführlichen  Recensionen 
von  A.  Darmesteter,  in  Rom.  X  420  ff.  und  A.  Tobler  in  Ztschr.  f.  rom. 
Phil.  V  147  ff.),  nichtsdestoweniger  wird  es  nach  seiner  Vollendung  ein  un- 
schätzbares Hülfsmittel  für  das  Studium  des  Altfranzösischen  bilden.  — 
La  Curne  de  Ste-Palaye,  Dictionnaire  historique  de  l'ancien  langage  fran- 


56  Das  Französische. 

9ais  ou  glossaire  de  la  languc  francaise  depuis  son  origine  jusqu'au  siecle 
de  I.ouis  XIV.  Publie  par  les  soins  de  L.  Favre  avec  le  concours  de  M. 
Pajot.  Paris  1S75/S2.  9  Bde.  unnütze  Publication ;  der  Verf.  des  Wer- 
kes .  der  um  die  französische  Geschichtsforschung  hochverdiente  Ste-Pa- 
LAYE,  starb  im  Jahre  1787,  es  versteht  sich  demnach  von  selbst,  dass  seine 
Leistung,  so  bedeutend  sie  für  ihre  Zeit  auch  war,  den  Anforderungen  der 
jetzigen  Wissenschaft  auch  nicht  entfernt  genügen  kann.  Man  hätte  des- 
halb das  Manuscript,  zu  dessen  Drucklegung  der  Verf.  selbst  in  Folge 
äusserer  Verhältnisse  nicht  gelangt  Avar,  nicht  beinahe  ein  Jalirhundert  nach 
des  Verfassers  Tode  veröffentlichen  sollen,  mindestens  aber  nicht  so  kritik- 
los, wie  der  Herausgeber  gethan.  Vgl.  die  Reeension  von  P.  M.  in  Rom. 
IV  278  ff.  und  H.  MoiSY,  Remarques  s.  le  dictionnaire  historique  de  I'anc. 
lang.  fr9.  de  La  Cürne  de  Ste-Palaye.  Niort  1883)  —  Der  Schluss- 
band von  Ducaxge's  mittellateinischera  Glossarium  (s.  Theil  I  S.  133)  ent- 
hält ein  ziemlich  umfangreiches  und  recht  brauchbares  altfrz.  Wörterbuch 
(neue  Ausg.  desselben:  Ducaxge,  Glossaire  fran9ais  faisant  suite  au  Glos- 
sarium med.  et  inf.  lat.  avec  additions  de  mots  anciens  extraits  des  glos- 
saires  de  la  Curne  de  Ste-Palaye,  Roquefort,  Rajnouard  etc.  par  L.  Fa- 
vre. Niort  1879  3  Bde.)  —  Für  den  Handgebrauch  sind  immer  noch  am 
geeignetesten  das  im  3.  Bde.  der  BURGUY'schen  Gramm,  (s.  oben  S.  55) 
enthaltene  und  das  von  Bartsch  seiner  bekannten  altfranzösischen  Chre- 
stomathie beigegebene  Glossar ;  Vollständigkeit  darf  man,  wie  sehr  erklär- 
lich, freilich  nicht  von  ihnen  erwarten.  Aehnliches  gilt  von  dem  Glossare 
in  MÄTZNERS  Sammlung  altfranzösischer  Lieder  (Berlin  1853;  —  Special- 
glossare zu  einzelnen  altfranzösischen  Litteraturwerken  sind  in  ziemlicher 
Zahl  vorhanden,  und  es  befinden  sich  darunter  einzelne  treflliche  Arbeiten, 
es  seien  genannt :  Stengel's  Wörterbuch  zu  den  ältesten  französischen 
Sprachdenkmalen  in  Ausgaben  und  Abhandlungen  I  [Marburg  I8S1];  kann 
als  Muster  für  ähnliche  Arbeiten  dienen,  wenn  auch  die  gleiche  Ausführ- 
lichkeit in  den  Citaten  bei  umfangreicheren  Texten  schwer  durchführbar 
ist  und  in  der  Regel  auch  zwecklos  sein  würde) ;  die  Glossare  zum  Rolands- 
lied ed.  L.  Gaütier,  zur  Karlsreise  ed.  Koschwitz  (Altfrz.  Bibl.  Bd.  2),  zum 
Lyoner  Ysopet  ed.  W.  Förster  (Altfrz.  Bibl.  Bd.  5),  zu  Aiol  und  Mirabel  ed. 
W.  Förster,  zu  Aucassin  et  Nicolete  ed.  H.  Suchier,  zu  dem  Roman  de 
Troie  ed.  Joly,  zu  den  Chroniques  rimees  de  Godefroi  de  Bouillon,  du 
Chevalier  au  Cygne  et  de  Gilles  de  Chin  ed.  Gacuet  (Nähere  Angaben 
sehe  man  unten  in  Kap.  10,  §  10 \  Audi  sonst  giebt  es  manche,  freilich 
meist  wenig  bedeutende  altfranzösische  Wortzusammenstellungen ,  z.  B. 
Jensch,  Beiträge  zur  Lexikographie  des  Altfrz.  Magdeburg  1S5S  Progr., 
und  Goldbeck,  Beiträge  zur  altfrz.  Lexikographie.  Berlin  1872  Progr. 
(cf.  G.  P.  in  Rom.  I  250.  —  Trotz  alles  dessen,  was  in  der  altfrz.  Lexi- 
kographie bereits  geleistet  worden  ist,  ist  doch  noch  sehr  Vieles  zu  thun 
übrig,  und  gerade  hier  bietet  sich  ein  äusserst  ergiebiges  Arbeitsfeld 
dar ,  das  ,  weil  auf  ihm  schon  durch  bloss  sorgfältiges  und  unverdrossenes 
Sammeln  sich  Früchte  erzielen  lassen ,  auch  von  solchen  bebaut  werden 
kann,  denen  zu  sonstigen  grösseren  wissenschaftlichen  Arbeiten  die  Müsse 
fehlt.     Namentlich  sollte  man  sich  die  Anfertigung  weiterer  guter  Special- 


Die  Geschichte  der  französischen  Sprache.  57 

Wörterbücher  zu  altfrz.  Schriftstellern  und  Schriftwerken  angelegen  sein 
lassen,  wie  z.  B.  zu  Crestien  de  Troyes,  zu  Wace,  zu  Adenes  le  Rois, 
zum  Tresor  des  Brunetto  Latini  etc.  etc.  Auf  andere  Gesichtspunkte  wird 
unten  in  Kap.  6,   §  5  aufmerksam  gemacht  werden. 

Chrestomathien:  K.  Bartsch,  Chrestomathie  de  Tancien  frcs.,  ac- 
compagne  d'une  grammaire  et  d'un  glossaire  5.  Aufl.  Elberfeld  ISSl  ist 
besonders  geeignet,  um  durch  die  Lecture  einen  Ueberblick  über  die  alt- 
frz. Litteratur  zu  gewinnen  und  sich  auf  angenehme  Weise  in  das  Altfrz. 
»einzulesen« ;  also  Anfängern  sehr  zu  empfehlen,  —  P,  Meyek,  Recueil 
d'anciens  textes.  2ieme  partie.  Paris  IST"  leider  fehlt  noch  immer  das 
dazu  gehörige  Glossar  —  "\V.  FÖRSTER  und  E.  KoscHwiTZ,  Altfranzös, 
Uebungsbuch.  Theil  I:  Die  ältesten  Sprachdenkmäler.  Heilbroi»  1^84 
'den  Texten  ist  der  vollständige  kritische  Apparat  beigegeben)  —  L.  CoN- 
ST.VNS,  Chrestomathie  de  l'ancien  francais,  IX  —  XV,  siecles  ä  l'usage  des 
classes.  Paris  18S4,  cf.  Rom.  XIII  492  —  Lesestücke  sind  auch  enthalten 
in  Avbertin's  Buch  ürigine  et  formation  de  la  langue  et  de  la  metrique 
frcses.  Paris  1S84.  —  Einzelschriften  über  altfrz.  Lautformen 
und  Satzlehre  und  dgl.  sehe  man  in  den  betreffenden  gram- 
matischen Kapiteln;  Untersuchungen  über  den  Sprachge- 
brauch einzelner  Schriftsteller  sind  in  dem  litterargeschicht- 
lichen  Kapitel  verzeichnet. 

"Werke  über  altfrz.  Litteraturgeschichte  sowie  die  Ausgaben  der  altfrz. 
Litteraturwerke  sind  unten  Kap.  10  verzeichnet. 

§  4.  Das  Mittelfranzösische.  (Vgl,  oben  §  1.  S.  40  . 
1.  Das  Mittelfranzösische  nimmt,  wie  sein  Name  schon  besagt, 
eine  Mittelstellung  zwischen  Altfranzösisch  und  Xeufranzösisch 
ein.  jedoch  in  der  Art.  dass  es.  namentlich  in  seiner  späteren 
Gestaltung,  dem  letzteren  schon  erheblich  näher  steht,  als  dem 
ersteren.  Die  Charaktereigenschaften  des  Altfranzösischen  sind 
in  dem  Mittelfranzösischen  noch  in  Spuren  erkennbar ,  aber 
dieselben  werden  immer  schwächer,  je  mehr  die  Sprache  sich 
dem  17.  Jahrhundert  nähert.  Im  Wesentlichen  trägt  das 
Mittelfranzösische  bereits  durchaus  einen  modernen  Charakter, 
und  was  in  ihm  noch  an  die  Sprache  des  Mittelalters  erinnert 
—  gelegentlich  noch  gebrauchte  alterthümliche  Worte,  Fonnen 
und  Satzfü^ungen  — .  das  ist  nur  nebensächlicher  Art.  Aber 
in  einem  Punkte  unterscheidet  sich  das  Mittelfranzösische 
doch  scharf  von  dem  Neufranzösischen  :  es  war  noch  nicht  aka- 
demisch und  conventionell  geregelt,  erfreute  sich  noch  einer 
natürlichen  Freiheit  und  besass  in  Folge  dessen  noch  natür- 
liche Anmuth. 

2.     Das    Mittelfranzösische    war    die    Sprache    derjenigen 


58  Das  Französische. 

Ciilturperiode ,  in  Avelcher  die  Renaissancebilduug  auch  in 
Frankreich,  wie  früher  in  Italien,  zur  Herrschaft  gelangte. 
Wie  begreiflich ,  machten  die  llenaissancebestrebungen  auch 
auf  dem  Gebiete  der  nationalen  Sprache  sich  geltend.  Die 
humanistisch  gebildeten  Schriftsteller,  Dichter  und  Grammati- 
ker, erfüllt  von  dem  Glauben,  dass  Lateinisch  und  Griechisch 
die  schönsten  imd  vollendetesten  aller  Sprachen  seien,  stellten 
sich  die  Aufgabe ,  ihre  französische  ^Muttersprache  in  jeder 
Weise  den  classischen  Sprachen  thunlichst  ähnlich  zu  gestal- 
ten. Die  angewandten  Mittel  -waren  die  Aufnahme  zahlreicher 
lateinischer  und  griechischer  Lehnworte  (mots  savants)  in  mög- 
lichst unveränderter  Form,  der  Versuch  zur  Neubelebung  der 
organischen  Comparation,  die  Bildung  massenhafter  Wortcom- 
posita nach  griechischem  Muster  und  die  Uebertragung  latei- 
nischer Constructionen  auf  den  französischen  Satzbau.  Dies 
Unternehmen  konnte,  weil  es  dem  Geiste  des  Französischen 
zuwiderlief  und  den  Gang  der  naturgemässen  Sprachentwicke- 
lung verkehren  wollte,  zu  dem  beabsichtigten  Ziele  nicht  ge- 
langen ,  hatte  aber  immerhin  doch  d  e  n  Erfolg,  dass  die 
Sprache,  soweit  sie  litterarischen  Zwecken  diente,  fortan  in 
gewissem  Sinne  latinisirt  wurde  und  ein  gelehrtes  Colorit  er- 
hielt 1) . 

Ihren  energischsten  Ausdruck  fanden  und  zu  ihrem  Höhe- 
punkte gelangten  die  sprachlichen  llenaissancebestrebungen  in 
der  ungestümen,  aber  doch  auch  wieder  genialen  sprachlich- 
litterarischen  Reformthätigkeit  des  Dichterbundes  »Flejade« 
(Pierre  Ronsard,  Joachim  du  Bellay,  Etienne  Jodelle, 
Jean-Antoine  de  Baif,  Remy  Belleau,  Jean  Dorat,  Pontus 
DE  Thyard)  .  Der  begeisterte  Wortführer  derselben  war  J.  du 
Bellay,  der  in  seiner  Schrift  »la  deffence  et  illustration  de  la 
langue  francoyse«  1549)  das  Programm  der  neuen  Schule  ent- 
warf. Ronsard  aber ,  der  von  den  Zeitgenossen  als  Dichter 
ersten  Ranges  bewundert  ward ,    übertrug  du  Bellay's  Theo- 


1)  Die  sprachliche  Entwickelung  steht  stets  im  engsten  Zusammen- 
hange mit  der  Entwickelung  der  gesummten  Nationalität  und  der  nationa- 
len Cultur.  So  war  aueli  die  Zurüeklatinisirung  des  Französischen  —  um 
diesen  Ausdruck  zu  brauchen  —  nur  die  sprachliche  Erscheinungsform  der 
im  späteren  Mittelalter  sich  vollzielienden  und  im  10.  Jahrhundert  zum 
Abschluss  gelangenden  Zurückromanisirung  des  früher  halbgermaniseh  ge- 
wesenen Franzosenthums. 


Die  Geschichte  der  französischen  Sprache.  59 

rien  in  dir  ])oetische  l*i;ixis  und  verschafl'te  ihnen  dadurch 
wenigstens  zeitweilig  allgemeine  Anerkennung.  Die  Nachwelt 
hat.  gründlich  entnüchtert  von  dem  Kegeisterungsrausche,  wel- 
cher Frankreich  damals  erfüllte,  lange  Zeit  einseitig  ungünstig 
geurtheilt  über  das  Streben  und  Schaffen  der  Plejadendichter  und 
dasselbe  für  lächerliche  Ueberspanntheit  erklärt,  neuerdings  aber 
hat,  namentlich  durch  Ste-J)Eitvb"s  Verdienst,  eine  gereehtere 
und  sachlichere  Anschauung  sich  liahn  gebrochen ,  und  man 
versagt  der  Plejade  nicht  mehr  die  Anerkennung ,  dass  ihr 
Wirken.  Avenn  auch  in  vieler  Hinsicht  verfehlt  und  verkehrt, 
doch  des  idealen  Gehaltes  und  innerer  Berechtigung  nicht  ent- 
behrt hat. 

3.  War  das  16.  Jahrhundert  das  Jahrhundert  des  Humanis- 
mus, so  war  es  doch  für  Frankreich  zugleich  auch  die  Zeit  des 
Erwachens  eines  lebendigen  Xationalgefühles ,  und  so  erklärt 
es  sich,  dass  zur  selben  Zeit,  als  das  Latein  in  den  gelehrten 
Kreisen  mehr  als  je  nach  classischem  Muster  gepflegt  wurde, 
doch  seine  Anwendung  im  amtlichen  und  öffentlichen  Leben 
mehr  und  mehr  beschränkt  ward.  Franz  I.  verordnete  durch 
ein  im  Jahre  1539  zu  Amboise  erlassenes  Edict,  dass  alle  Acte 
in  der  Landessprache  abzufassen  seien. 

4.  Während  der  mittelfranzösischen  Periode  trat  Frank- 
reich in  nahe  politische  Beziehungen  und  in  eine  noch  engere 
Culturverbindung  zu  Italien :  die  ersteren  hatten  die  zeitweise 
L'nterwerfung  italienischer  Gebiete  (Mailand ,  Genua,  Neapel) 
unter  französische  Herrschaft,  die  letztere  aber  hatte  die  gei- 
stige Abhängigkeit  Frankreichs  von  Italien  zur  Folge  (Erobe- 
rungszüge Karls  VIII.,  Ludwigs  XII..  Franz  I.  nach  Italien; 
Verschwägerung  des  französischen  Königshauses  mit  den  Medici ; 
Beliebtheit  italienischer  Sprache  und  Sitten  am  französischen 
Hofe ;  Aufenthalt  italienischer  Künstler  und  Dichter  [z.  B. 
LiONARDO  DA  ViNci,  Tasso]  in  Frankreich:  Nachahmung  ita- 
lienischer Poesie  und  Rhythmik  von  Seiten  der  Franzosen, 
namentlich  auch  von  Seiten  der  Plejadendichter) .  Für  die 
französische  Sprache  ergab  sich  daraus  das  Eindringen  einer 
Fluth  italienischer  Fremdworte ,  von  denen  ein  grosser  Theil 
dauerndes  Bürgerrecht  erlangte. 

5.  Die  hohe  politische  Bedeutung,  welche  Spanien  wäh- 
rend des  16.  Jahrhunderts  und  noch  während  der  ersten  Jahr- 


60  Diis  Französische. 

zehende  des  17.  Jahrhunderts  innerhalb  des  europäischen 
Staatensystemes  besass ,  verlieh  auch  der  spanischen  Sprache 
und  Litteratur  ein  weit  über  die  Grenzen  ihres  eigenen  Ge- 
bietes hinausgehendes  Ansehen.  Auch  Frankreich  —  damals 
ja  mehrfach  von  spanischen  Gebieten  (Niederlande,  Franche- 
Comte  etc.)  umgrenzt  und  unaufhörlich  mit  Spanien  kämpfend 
—  konnte  dem  spanischen  Einflüsse  sich  nicht  entziehen,  in- 
dessen war  derselbe ,  ganz  wie  der  italienische .  bedeutsamer 
für  die  Litteratiir.  als  für  die  Sprache.  Für  die  letztere  be- 
wirkte er  kaum  mehr,  als  die  Aufnahme  einer  nicht  erhebli- 
chen Anzahl  spanischer  Fremd  werte. 

Litter  atu  rangaben.  Die  mittelfranzösische  Sprachperiode  besitzt 
ein  ganz  eigenartiges  Interesse :  war  sie  doch  das  Zeitalter  der  Renaissance 
und  der  Reformation,  ein  Zeitalter  also,  in  welchem  das  regste  und  reichste 
geistige  Leben  sich  entfaltete  und  in  welchem  die  Individualität  bedeuten- 
der Männer  einen  so  weiten  und  freien  Spielraum  für  ihre  Entwickelung 
und  Wirksamkeit  fand,  wie  weder  jemals  vorher  noch  jemals  nachher. 
Gleichwohl  ist  die  Sprache  und  Litteratur  dieser  Periode  von  der  wissen- 
schaftlichen Forschung  noch  einigermassen  vernachlässigt  worden.  Nament- 
lich gilt  dies  von  der  Sprache,  denn  für  die  Litteraturgeschichte  liegen 
allerdings  einige  sehr  verdienstliche  Arbeiten  vor,  von  denen  hier  aber 
nur  Ste-Beuve's  Tableau  historique  et  critique  de  la  poesie  frcse  et  du 
theätre  frcs  au  16  siecle    Paris  1828;  genannt  werden  möge. 

Ein  vortreffliches  Hülfsmittel  für  das  Studium  der  Spr.  und  Litt,  des 
16.  Jahrhunderts  ist  das  (namentlich  Studierenden  dringend  zu  empfeh- 
lende' "Werk  von  A.  Darmestetek  et  A.  H.\tzfeld,  Le  seizieme  siecle  en 
France.  Tableau  de  la  litterature  et  de  la  langue,  suivi  de  morceaux  en 
prose  et  en  vers  choisis  dans  les  principaux  ecrivains  de  cette  epoque. 
Paris  1878.  Nützliche  Chrestomathien  sind  ausserdem:  Ch.  Monnard, 
Chrestomathie  des  prosateurs  francais  du  XIV^  au  XVJe  siecle  avee  une 
grammaire  et  un  lexique  etc.  Geneve  1862  —  G.  Merlet,  Les  grands  ecri- 
vains du  XVL''  siecle.  Avec  introduction,  notes  et  notices  litteraires,  histo- 
riques  et  philologiques.  Paris  seit  1875  (bildet  einen  Band  der  »Extraits  des 
classiques  francais",  d.  i.  einer  für  den  Schulgebrauch  bestimmten  allgemei- 
nen Anthologie)  —  A.  Brächet,  Morceaux  choisis  des  grands  ecrivains 
francais  du  XYI»^  siecle,  accompagnes  d'une  grammaire  et  d'un  diction- 
naire  etc.   7^'  ed.   Paris  18S4. 

Von  einschlägigen  Monographien  seien  hier  folgende  genannt:  a  all- 
gemeinen Inhalts:  O.  Thüne,  Die  lautlichen  Eigenthümlichkeiten  der 
frz.  Spr.  des  16.  Jahrhunderts  nach  den  Grammatiken  jener  Zeit  mit  Be- 
rücksichtigung der  Lautverhältnisse  der  Satyre  Menippee.  Marienburg 
1SS3.  Diss.  —  b;  Ueber  Marot,  H.  P^ckardt,  Ueber  Sprache  und  Gram- 
matik Clement  Marot's  mit  Berücksichtigung  einiger  anderer  Schriftstel- 
ler des  16.  Jahrhunderts,  in:  Hekrig's  Archiv  Bd.  29,  Heft  2  und  3  — 
F.  Glaining,    Svntaktische  Studien   zu  Marot.     Erlangen  1873.     Diss.  — 


Die  Geschichte  der  französischen  Spruche.  (j  1 

c;  Ueber  J.  du  liellay,  G.  Plütz,  Etüde  sur  J.  du  Bellay  et  son  role 
dans  les  reformes  de  Ronsard.  Berlin  1S74  ;sehr  schwache  Arbeit,  — 
Die  Introduction  zu  E.  Person's  treflÜcher  Ausg.  der  »deflence  et  Illu- 
stration de  la  langue  frcse«.  Paris  o.  J.  (etwa  18S0  erschienen;  —  d)  Ueber 
P.  Ronsard:  C.  DoR,  Ronsardus  quam  habuerit  vim  ad  linguam  franco- 
gallicam  excolendam.  Bonn  lb63.  Diss.  —  H.  Erkelenz,  Ronsard  und 
seine  Schule  etc.  Jena  ISGs.  Diss.  —  "\V.  Scheffler,  Essai  sur  Ronsard 
et  sa  reforme  litteraire.  Rostock  1S73.  Diss.  —  O.  Stützer,  Etüde  sur 
R.  et  son  ecole.  Bützow  1874  —  *J.  Berdez,  Etüde  litteraire  sur  P.  de 
R.,  sa  vie,  ses  ecrits  et  son  influence.  Dessau  1875.  Progr.  —  E.  Meyer, 
Studier  i  den  Ronsardska  skolans  poesie.  Upsala  1882.  Diss.  —  (Beste 
Ausg.  der  "Werke  R.'s  von  P.  Blanchemain  in  der  Bibliotheque  Elzevi- 
rienne.  Paris  lSü2  —  e;  Ueber  Baif:  H.  N.\gel,  Die  "Werke  J.  A. 
de  B.'s,  in  Herrigs  Archiv  LXI  63ff.,  und:  die  Bildung  und  die  Einfüh- 
rung neuer  AVörter  bei  Boif,  unter  gleichzeitiger  Berücksichtigung  dersel- 
ben Erscheinung  bei  Ronsard,  du  Bellay  und  Remy  Belleau,  in  Herrig's 
Archiv  Bd.  LXI,  201  ff.  —  f  Ueber  Rabelais,  Beiträge  zur  Geschichte 
der  frz.  Spr.  aus  R.'s  Werken.  Breslau  1S61,  1866,  1874.  3  Thle.  Progr. 
der  höheren  Töchterschule  zu  St.  Maria  Magdalena  und  auf  der  Taschen- 
strasse  —  g,  Ueber  Montaigne:  H.  "Wendell,  Etüde  sur  la  langue 
des  essais  de  Michel  Montaigne.  Lund.  Diss.,  in  Stockholm  ("wann?  er- 
schienen —  F.  Glavning,  Versuch  über  die  syntaktischen  Archaismen  bei 
Montaigne,  in:  Herrigs  .\Tchiv  Bd.  49,  S.  163ff'.,  325ff.,  415ff.  —  h)  Ueber 
Garnier:  A.  (Eaase,  Zur  Sjiitax  R.  Garniers,  in:  Franz.  Stud.  Bd.  V. 

§  5.  Das  Neufranzösische.  i.  In  Folge  der  oft  allzu 
kühnen  Reformversiiche  der  Plejade.  in  Folge  ferner  der  Auf- 
nahme massenhafter  mots  savants  aus  dem  Lateinischen  und 
Griechischen ,  sowie  zahlreicher  italienischer  und  spanischer 
Fremd  Worte  und  in  Folge  endlich  der  trübseligen,  das  geistige 
Leben  schwer  beeinträchtigenden  kirchlich-politischen  Wirren 
Hugenottenkriege) ,  von  denen  Frankreich  während  der  letz- 
ten Jahrzehende  des  16.  Jahrhunderts  heimgesucht  wurde,  hatte 
die  französische  Sprache  schliesslich  nicht  bloss  ein  bunt- 
scheckiges, krauses  und  bizarres  Aussehen  erhalten,  sondern 
war  auch  in  eine  gewisse  Verwilderung  und  Verwahrlosung 
verfallen;  sie  glich  einem  Garten,  in  welchem,  weil  die  Pflege 
des  Gärtners  fehlt,  üppiges  Unkraut  emporwuchert,  die  geord- 
neten Anlagen  luid  Wege  allgemach  zu  einer  Wildniss  umge- 
staltend. Es  war  also,  sollte  die  Sprache  wiedei-um  ein  brauch- 
bares Organ  des  höheren  geistigen  Lebens  werden,  eine  Neu- 
gestaltung und  Neuregelung  derselben  dringend  geboten. 

Diese    nothwendige    Reform    wurde    während    der   ersten 
Hälfte  des   17.  Jahrhunderts  durch  FKA^'^olS  Majlherbe,  durch 


62  l^as  Französische. 

die  litterarische  Gesellschaft  des  Hotels  Rambouillet  (ungefähr 
von  1618 — 1648  bestehend)  und  durch  die  im  Jahre  1635  ge- 
gründete Academie  francaise  vollzogen. 

Malhbkbk,  der  sich  die  anerkannte  Stellung  eines  sprach- 
lichen und  metrischen  Gesetzgebers  zu  erringen  wusste,  setzte 
sich  die  Reinigung  der  Sprache  von  allen  Auswüchsen  und 
fremdartigen  Elementen  zur  Aufgabe,  für  deren  Lösung  ihm 
übrigens  bereits  Andere  ,  namentlich  De.sportes  vorgearbeitet 
hatten.  Malherbe  war  ein  kritischer  und  nüchterner  Kopf, 
ein  Feind  jeder  Ueberschwänglichkeit,  stark  hinneigend  zu  oft 
kleinlichem  Pedantismus,  so  recht  berufen  zur  Rolle  einer  in 
streng  correktem  und  schulmeisterlichem  Sinne  unternomme- 
nen Sprachbesserung. 

War  Malherbe  bemüht,  die  auf  wdlde  Irrwege  gerathene 
Sprache  wieder  auf  den  Pfad  der  Regel  zurückzuführen ,  so 
war  das  Streben  der  Gesellschaft  des  Hotels  Rambouillet ,  zu 
deren  Mitgliedern  (den  sogenannten  Precieusen  neben  ernsten 
Männern  auch  geistvolle  und  feingebildete  Frauen  zählten,  vor 
Allem  darauf  gerichtet,  der  Sprache  wieder  Anmuth  und  Zier- 
lichkeit zu  verleihen ,  wobei  freilich  die  Grenzen  des  guten 
Geschmackes  zuweilen  überschritten  und  die  Zierlichkeit  zur 
Geziertheit  gesteigert  wurde.  Indessen  wurde  in  dieser  Be- 
ziehung doch  weniger  von  den  eigentlichen  Precieusen ,  als 
von  deren  geistlosen  Nachahmern  und  Nachahmerinnen  ge- 
sündigt. 

Die  Academie  brachte  durch  die  systematisch,  wenn  auch 
oft  genug  pedantisch  auf  die  Fixirung  des  Sprachgebrauches  ge- 
richtete Thätigkeit  ihrer  Mitglieder  die  Sprachreform  zum  Ab- 
schlüsse ;  der  von  der  Academie  herausgegebene  Dictionnaire 
(1694,  1718,  1740,  1762,  [1798],  1835.  lS7Sj  wurde  fortan  der 
Codex  der  französischen  Sprachrichtigkeit,  dessen  Angaben  man 
fast  als  über  jede  Hezweifelung  erhabene  Dogmen  betrachtete 
und  vielfach  noch  betrachtet.  Kainn  geringere,  vielleicht  selbst 
noch  höhere  Bedeutung,  als  der  Dictionnaire  in  seiner  ersten 
Ausgabe,  erlangten  für  die  Fixirung  der  Sprache  die  »Remar- 
ques grammaticales  siir  la  langue  francaise«  des  Akademikers 
Vaugelas   (1647). 

Das  Gesammtergebniss  der  durch  die  genannten  Männer 
und  litterarischen  Genossenschaften  ausgeführten  Sprachreform 


Die  Geschichte  der  franeösischen  S])rache.  (33 

war  die  neufrauzösische  {Schriftsprache.  l)iesell>e  ist  clemuaeh 
—  in  dieser  Beziehung  dem  Sehrifthitein  gleichend  —  eine 
künstliche  Schöpfung,  soweit  ehen  eine  Sprache  dies  sein 
kann,  und  trägt  alle  Schwächen  einer  solchen  an  sich :  sie  ist 
durch  und  durch  conventionell  und  bis  ins  Kleinste  hinein 
fest  geregelt  und  bestimmt,  so  dass.  wer  ihrer  sich  bedient,  an 
unverbrüchliche  Gesetze  sich  gebunden  sieht  und  nur  beschränk- 
testen Spielraum  zur  Geltendmachung  seiner  individuellen  Denk- 
eigenart besitzt.  Mit  diesen  Schwächen  sind  aber  auch  glän- 
zende Vorzüge  verbimden :  gerade  weil  die  Sprache  systematisch 
geschaffen  und  conventioneil  geregelt  worden  ist .  soweit  dies 
irgend  geschehen  konnte .  erfreut  sie  sich  einer  Klarheit .  Si- 
cherheit und  Bestimmtheit  des  Ausdruckes.  Avie  wohl  kein  an- 
deres Idiom  sie  besitzt,  seitdem  das  Schriftlatein  abgestorben. 
Ein  gerechtes  zusammenfassendes  Vrtheil  über  die  neufranzö- 
sische Schriftsprache  wird  überwiegend  günstig  lauten  müssen, 
wofern  es  von  dem  doch  gewiss  allein  richtigen  Standpunkt 
aus  abgegeben  wird,  dass  eine  Schriftsprache  um  so  vollkom- 
mener ist .  je  mehr  sie  sich  den  litterarischen  Anforderungen 
einer  hoch  entwickelten  Cultur  als  ein  geeignetes  und  fügsa- 
mes Organ  erweist. 

Wichtig  ist  noch  Eins  zu  bemerken.  So  scharf  auch  d^' 
Gegensatz  war .  welcher  zwischen  der  nüchternen  und  syste- 
matischen Sprachform  des  17.  und  der  ungestümen  Sprachre- 
volution des  16.  Jahrhunderts  bestand,  so  verleugnete  die  erste 
doch  keinesAvegs  Alles ,  was  die  letztere  erstrebt  hatte.  Auch 
die  Spi-achreformatoren  des  17.  Jahrhunderts  standen,  wie  ihre 
Vorgänger  des  16.  Jahrhvmderts,  auf  dem  Boden  der  durch  die 
Renaissance  geschaffenen  humanistischen  Bildung,  nur  dass 
diese  letztere  inzwischen  aus  der  romantischen  Gährungs- 
periode  in  das  Zeitalter  einer  sich  für  classisch  haltenden  Ab- 
klär ungr  eingetreten  war. 

Die  in  der  ersten  Hälfte  des  1 7 .  Jahrhunderts  (bezw.  durch 
die  1694  erschienene  erste  Ausgabe  des  Dictionnaire)  fixirte 
französische  Schriftsprache  wurde  sofort  die  Trägerin  einer  be- 
deutenden Litteratur,  jener  von  den  Franzosen  als  classisch 
betrachteten  Litteratur  des  Zeitalters  Ludwigs  XI^^ 

Litteraturangaben:  a,  über  Malherbs:  E.  Borel,  Des  reformes 
litteraires    operees    p.    Malherbe.    Stuttg.  1S57  —  E.  B.\UR,    M.    Litterar- 


g4  Das  Französische. 

historische  Skizze.  Heidelberg  IST 9  (Habilitationsschr.  —  F.  A.  Beck- 
mann,   Etüde  8.  la  langue  et  la  versification  de  M.    Bonn  1872.    Diss.  — 

A.  MÜLLER,  Ueber  den  französ.  Dichter  F.  M.  Görlitz  1873.  Progr.  — 
Nauendorf,  De  l'influenee  operee  par  M.  sur  la  po^sie  et  sur  la  langue 
fran9aises.  Marburg  1871.  Progr.  —  G.  Görres,  M.  und  seine  Zeit.  Inow- 
raclaw  1872  —  H.  HoLFELD,  Ueber  die  Spr.  des  F.  de  M.  Göttingen  1875. 
Diss.  —  L.  B.\ssoT,  Un  reformateur  de  la  poesie  fr9se  au  debut  du  XMI 
siecle.  Etüde  sur  M.  Paris  1881  —  F.  Johannesson,  Die  Bestrebungen 
M.'s  auf  dem  Gebiete  dar  poet.  Technik  in  Frankreich.  Halle  1881  — 
F.  Gröbedinkel,  Der  Versbau  bei  Philippe  Desportes  und  F.  de  M.,  in 
Franz.  Stud.  I  41  ff.  —  F.  Kalpeky,  In  welchem  Umfange  wollte  M.  in  der 
poet.  Technik  Aenderungen  herbeiführen?  Berlin  1882  —  b)  Ueber  die 
Gesellschaft  des  Hotel  de  Rambouillet  und  das  Precieusen- 
thum:  SoMAlZE,  Dictionnaire  des  Precieuses,  p.  pur  Livet.  Paris  1856 
(ein  von  einem  dem  precieusen  Kreise  nahestehenden  Manne  verfasstes 
"Wörterbuch  der  precieusen  Sprache)  —  Ch.  L.  Liyet,  Precieux  et  Pre- 
cieuses. Paris  1859  (Hauptwerk]  —  V.  Cousin,  La  societe  frcse  au  XVII 
siecle  d'apres  le  Grand  Cyrus  de  Mlle  de  Seudery.  Paris  1855  —  Roede- 
RER,    Memoire  pour  servir  ä  l'histoire  de  la  societe  polie.     Paris  1857  — 

B.  Kallsen,  Die  frz.  Salonlitteratur  im  17.  Jahrh.  Plo...  1862  —  F.  A. 
Fischer,  Das  Hotel  R.  und  die  Pr.  Jena  1868  —  G.  Tiburtius,  Moliere 
und  das  Precieusenthum.  Jena  1873.  Diss.  —  Weisser,  L'hötel  de  R. 
Essai  d'hist.  litt.  Breslau  1873 —  *Berblinger,  Das  H.  R.  und  seine  cul- 
turgeschichtliche  Bedeutung.  Rendsburg  1875.  Progr.  —  Ausserdem  behan- 
deln alle  besseren  Molierebiographien  (s.  unten  Kap.  10;  mehr  oder  weni- 
ger ausführlich  das  Precieusenthum  —  c)  Ueber  die  Academie:  Pelis- 
SOT  et  d'OLlVET ,  Histoire  de  l'Acad.  fr9se,  p.  avec  des  notes  par  LiVET. 
Paris  1858  —  H.  Lucas,  De  academiae  quam  vocant  Francogallicam  origi- 
nibus.  Rheine  1870,  und  Essai  s.  la  litt.  fr9se  du  17  siecle  par  rapport  aux 
travaux  des  quarante  Immorteis.  Rh.  1879  —  Vaugelas,  Remarques  sur  la 
langue  fr9se.  Nouv.  ed.  etc.  p.  p.  A.  Chassanü.  Paris  1880.  2  Bde.  (klas- 
sische Ausg.)  —  d)  Ueber  die  classische  Sprache  des  17.  Jahr- 
hunderts: F.  GoDEFROY,  Lexique  compare  de  la  langue  de  Corneille  et 
de  la  langue  du  XVH«  sifecle  en  general.  Paris  1864.  2  Bde.  (vgl.  ausser- 
dem das  Corneille-Lexicon  von  Marty-Laveaux  in  dessen  Com. -Ausg.)  — 
Marty-Laveaix,  De  la  langue  de  Corneille,  im  Journal  de  l'Ec.  des 
Chartes.  Jan.,  Febr.,  Mai,  Juni  1862  —  F.  Genin,  Lexique  compare  de  la 
langue  de  Moliere  etc.  Paris  1846.  —  So.mmer,  Lex.  d.  1.  langue  de  M™« 
de  Sevigne.  Paris  1867  —  *Chassang  in  der  Einleitung  zu  seiner  oben 
erwähnten  Ausg.  von  Vaugelas'  Remarques  —  Robolsky,  Moliere's  Sprache, 
in  Herrig's  Archiv,  Bd.  24,  S.  385 ff.  —  B.  Pohlisch,  Die  Patoisformen  in 
Moliere's  Lustspielen,  in  Herrig's  Archis  Bd.  72,  S.  183 ff.  —  C.  Schäfer,  Die 
wichtigsten  syntaktischen  Alterthünilichkeiten  in  der  französ.  Litteratur- 
spr.  des  17.  Jahrhunderts.  Jena  1882.  Diss.  —  J.  Müller,  Remarques  s. 
la  langue   des  classiques  fran9ais  au  XVII«  siecle.    Leipzig  1871.    Diss.  — 

Noch  weitere  Monographien  könnten  verzeichnet  werden,  z.  B.  "\V.  List, 
Syntaktische  Studien  über  Voitura,  in  Franz.  Stud.  II  —  L.  Wespy,  Die 


Die  Geschichte  der  französischen  Sprache.  65 

historische  Entwickehm^  der  Inversion  des  Subjekts  im  Frz.  und  der  Ge- 
brauch derselben  bei  Lafontaine  in  Ztschr.  f.  nfrz.  Spr.  u.  Litt.  VI'  156 ff., 
aber  ihre  Angabe  wird  besser  erst  in  den  folgenden  Kapiteln  erfolgen ;  we- 
gen der  Einzel-^ehriften  über  HoiLEAV,  deren  Nennung  man  hier  vielleicht 
vermisst,  sehe  man  Kap.  10. 

An  eindringenden  tnid  methodischen  Untersuchungen  über 
die  Sprache  des  17.  Jahrhunderts  fehlt  es  trotz  der  aufgezähl- 
ten Schriften  doch  noch  immer  sehr ,  und  es  Hesse  sich  die- 
sem Gehiete  mehr  als  ein  dankbares  Thema  entnehmen  z.  ]>. 
syntaktische  Studien  über  lialzac,  über  Lafontaine,  über  ]'er- 
rault :  eine  zusammenfassende  Darstellung  der  Aussprache  des 
Frz.  im  Munde  der  Gebildeten  zur  Zeit  Liuhvigs  XIV.  [wo- 
für in  TiuKOTs  grossem  Werke,  s.  unten  Kap.  4,  §  5.  viele 
Materialien  und  Angaben  z\i  finden  sind" :  die  italienischen 
und  spanischen  Elemente  im  frz.  Wortschatze  des  17.  Jahr- 
hunderts . 

Der  Anfänger  hüte  sich  vor  dem  naheliegenden  Irrthume, 
die  Sprache  des  17.  Jahrhunderts  und  diejenige  der  Gegen- 
wart für  völlig  identisch  zu  halten ,  sondern  suche  mehr  und 
mehr  die  zwischen  beiden  bestehenden  nicht  unerheblichen, 
wenn  auch  nicht  eben  wesentlichen  Differenzen  in  Aussprache, 
Wortschatz,  Syntax  und  Styl  herauszufinden:  in  Bezug  auf 
die  Aussprache  ist  namentlich  lehrreich  die  Beobachtung  der 
Reime. 

2.  Die  Gestaltung,  welche  die  französische  Schriftsprache 
durch  die  Reformen  des  17.  Jahrhunderts  erhalten  hatte,  ist 
ihr  im  Wesentlichen  —  fr-eilich  aber  eben  auch  nur  im  We- 
sentlichen —  bis  zur  Gegenwart  verblieben,  selbst  die  grossen 
politischen  Revolutionen  der  Neuzeit  konnten  die  Sprache  nur 
wenig  beeinflussen.  Das  wichtigste  sprachgeschichtliche  Er- 
eigniss  seit  dem  17.  Jahrhundert  ist  das  Emporkommen  des 
Romanticismus  :  durch  dasselbe  wurde  die  akademische  Starr- 
heit der  Sprache  wenigstens  in  etwas  gelockert  und  wurden 
die  Wege  gewiesen,  auf  denen  eine  organische  Bereicherung 
des  Wortschatzes  erreicht  werden  kann  Zvirückgreifen  in  das 
Altfranzösische,  Verwerthung  des  Wortbestandes  der  Dialecte). 
Freilich  waren  die  Sprachbestrebungen  der  Romantiker  viel- 
fach excentrisch .  schössen  über  das  richtige  Ziel  hinaus  und 
würden,    wenn    sie    erfolgreicher   gewesen  wären,    die   Sprache 

Körting,  Encyklopädie  d.  rom.  Phil.  UI.  5 


6ß  ]Jas  Französische. 

der  subjectiven  Willkür  eines  jeden  Schriftstellers  preisgegeben 
haben.  Immerhin  aber  hat  auch  in  sprachlicher  Beziehung 
die  Romantik  belebend  und  auffrischend  gewirkt. 

Der  mit  und  nach  dem  llomanticismus  in  der  Litteratur 
zur  Herrschaft  gelangende  Realismus  und  mehr  noch  der  die- 
sem nachfolgende  und  ihn  überbietende  Naturalismus  haben 
ungünstig  auf  die  Sprache  eingewirkt,  indem  sie  den  Sinn  für 
die  aesthetische  Klarheit  imd  Schönheit  der  sprachlichen  Dar- 
stellung geschwächt  und  das  Gefühl  für  die  Reinheit  des 
Wortschatzes  abgestumpft  haben.  Die  Folgen  davon  sind  das 
Sinken  des  Styls  und  das  Eindringen  massenhafter  Worte  vm- 
edlen  Gepräges  aus  dem  Argot  gewesen.  Es  braucht  hierbei 
freilich  wohl  nicht  erst  bemerkt  zu  werden,  dass  auch  unter 
den  französischen  Autoren  der  Gegenwart  solche  zu  finden 
sind,  welche  die  Bewahrung  der  classischen  Eleganz  des  Sty- 
les  und  der  Reinheit  des  Ausdrucks  sich  angelegen  sein  las- 
sen. Uebrigens  ist  das  Eindringen  von  Argot -Elementen  in 
die  Sprache  der  Litteratur  nicht  unbedingt  für  ein  Lebel  zu 
erachten,  denn  einerseits  ist  dieser  Proce^^s  durch  die  seit  der 
grossen  Revolution  in  den  socialen  ^Verhältnissen  eingetretene 
Aenderung  (Verwischung  der  Standesunterschiede ,  Demokratisi- 
rung  der  Staatsform  und  des  Volkslebens.  Emporkommen  der  an 
das  Gesammtpublicum  sich  wendenden  Presse)  hervorgegangen, 
andrerseits  bereichert  er  immerhin  den  Wortschatz  mit  manchen 
brauchbaren  und  entwickeluugsfähigen  Bestandtheilen.  Noch 
mag  bemerkt  werden,  dass  in  der  modern  französischen  Aus- 
sprache die  Tendenz  sich  geltend  zu  machen  scheint,  den  con- 
sonantischen  Auslaut  neuzubeleben  und  die  Liaison  in  unor- 
ganischer Weise  auszudehnen. 

3.  Das  moderne  Frankreich  ist  in  einen  regen  geistigen  Ver- 
kehr mit  England  und  mit  Deutschland  getreten,  der  für  die  Ent- 
wickelung  der  Litteratur  und  überhaupt  der  Cultur  höchst  folgen- 
reich geworden  ist.  Für  die  Sprache  hat  sich  daraus  die  Aufnahme 
einer  Anzahl  deutscher  und  englischer  Fremdworte  ergeben. 

Litteraturangaben :  E.  Londix,  De  l'influence  des  idees  anglai- 
ses  et  germaines  sur  l'csprit  francais.  Paris  1854  —  Mme.  de  Stakl's  be- 
kanntes Buch  de  rAlleraagne  —  SÜPFLE,  Ueber  den  Cultureinfluss  Deutseh- 
lands auf  Frankreich.  Metz  18S2.  Progr.  —  In  gewisser  Beziehung  ge- 
hört hierher  auch  das  so  viel  Aufseilen  erregende  Werk  des  Pcre  Diuox, 
Les  AUemands.    18«  ed.  Paris  lbb4.  —  Ueber  die  deutschen  Fremdworte  im 


Geschichte  der  franziisisclien  Philologie.  67 

Französischen  existireu  meiirl'uche  belletristisclie  Essays  (so  z.  ii.  von  P. 
LiNDAV  in  dessen  Buche:  Aus  dem  modernen  Frankreich.  (Breslau  1881), 
eine  wissenschaftliche  Untersuchung  fehlt  noch.  (Ueber  den  Einfluss  des 
Französischen  auf  das  Deutsche  vgl.  Brandstetter  ,  Die  Gallicismen  in 
der  deutschen  Sprache.  Leipzig  1857  —  AV.  "NVkndler,  Zusammenstellung 
der  Fremdwörter  des  Ahd.  und  Mhd.  nach  sachlichen  Kategorien.  Zwickau 
1806.  Progr.  —  *H.  Liesche,  Einfluss  der  französischen  Sprache  auf  die 
deutsche.    Dresden  1871.   Progr.  der  Neustädter  Kealschulej . 

4.  Die  Ausbreitung  des  französischen  Handelsverkehres 
und  die  l^egründung  des  französischen  Coloniah-eiches  hat  die 
Aufnahme  ziemlich  zahlreicher  Fremdworte  aus  aussereuropäi- 
schen  Sprachen  in  das  Neufranzösische  zur  Folge  gehabt:  ins- 
besondere hat  die  Colonisation  Algeriens  dem  Französischen 
arabische  Ausdrücke  zugeführt. 


Drittes  Kapitel. 

Geschichte  der  französischen  Philologie. 

§  1.  Die  französische  Philologie  vor  Ray nouard 
u  n  d  D  i  e  z.  l .  Im  ganzen  Mittelalter  ist  die  französische  Sprache 
nie  Gegenstand  wissenschaftlicher  Behandlung,  sondern  nur  Ob- 
jekt einer  rein  praktischen  Zwecken  dienenden  Darstellung 
gewesen.  Wir  besitzen  eine  Reihe  mittelalterlicher  Aussprachs- 
tractate  und  Conversationshandbücher  (wenn  dieser  Ausdruck 
erlaubt  ist),  meist  für  den  Gebrauch  von  Seiten  der  Engländer 
berechnet,  denen  ja  wegen  der  Nachbarschaft  und  wegen  der 
vielfachen  politischen  Beziehungen  Englands  zu  Frankreich 
die  praktische  Erlernung  des  Französischen  besonders  nahe 
lag.  Der  sprachliche  Werth  dieser  ältesten  Anleitungsschriften. 
deren  wichtigste  unten  verzeichnet  sind,  ist  übrigens  sehr  ge- 
ring, da  die  Form  der  Darstellung,  namentlich  auch  die  Aus- 
spracheerklärung die  denkbar  unbeholfenste  ist .  dagegen  ge- 
währt ihre  Lecture  —  und  besonders  gilt  dies  von  den  Con- 
versationsbüchenx  —  ein  sehr,  grosses  culturgeschichtliches 
Interesse .  indem  sie  einen  l^lick  in  die  von  den  modernen 
ganz  abweichenden  Culturverhältnisse  thun  lässt  man  lese 
z.  B.  die  Gespräche,  welche  Reisende  bei  dem  Weggange  aus 
der  Herberge  mit  dem  Wirthe  führen :  sie  erkundigen  sicli  da 


68  Das  Französische. 

zunächst,  ob  in  dem  nahen  Wakle  nicht  vielleicht  Räuber 
seien;  der  Reisende  der  Gegenwart  fragt  dagegen  bei  der 
Wegfahrt  aus  dem  Hotel  etwa,  ob  er  noch  rechtzeitig  zum 
Bahnzuge  komme).  Auch  für  die  Kenntniss  der  altfranzösi- 
schen Phraseologie ,  welche  von  der  neufranzösischen  in  sehr 
charakteristischer  Weise  abweicht ,  ist  das  Studium  dieser 
Schriften  sehr  belehrend.  Nebenbei  bemerkt,  es  würde  eine 
sehr  dankbare ,  wenn  auch  mehr  in  das  Gebiet  der  Sitten- 
geschichte, als  in  das  der  Philologie  fallende  Arbeit  sein,  die 
altfranzösische  Phraseologie  des  Alltagslebens  eingehender  zu 
untersuchen;  Quellen  dafür  wären  ausser  den  Conversations- 
büchem  nanientlich  die  Mysterien. 

Litteraturan  gaben.  Die  -wichtigsten  der  ältesten  »Anleitungs- 
schriften« sind  (nach  Stengel's  verdienstlicher  Zusammenstellung  in  der 
Ztschr.  f.  nfrz.  Spr.  u.  Lit.  I  1  ff.)  folgende:  La  maniere  de  langage,  her- 
ausgegeben von  P.  Meyer.  Paris  1873  (nach  der  Hds.  No.  3988  Brit.  Mus. 
Harl. ;  die  Varianten  einer  zweiten  Hds.,  No.  128  des  Oxf.  All  Souls 
Coli.,  hat  Stengel  a.  a.  O.  zusammengestellt)  —  Un  petit  livre  pour  en- 
seigner  les  enfants  de  leur  entreparier  comun  fran9ois,  vgl,  Stengel  a.  a. 
O.  p.  10  —  Tractatus  Orthographie  gallicane  per  M.  de  Copfurelly  cano- 
nicum etc.  (der  übrigens  wahrscheinlich  auch  Verfasser  der  beiden  vorher 
genannten  Schriften  ist),  vgl.  Stengel,  a.  a.  O.  p.  16  —  Donait  francois 
pur  briefment  entroduyr  les  Anglois  en  la  [sie!]  droit  language  de  Paris  et 
du  pais  la  d'entour  etc.,  vgl.  Stengel  a.  a.  O.,  p.  25  —  Gautier's  de  Bi- 
blesworth  Tractatus  pronuntiationis ,  vgl.  darüber  P.  Meyer  in  der  Intro- 
duction  zu  seiner  Ausg.  der  Maniere.  —  Orthographia  gallica,  ed.  J.  Stür- 
ZINGER.  Heilbronn  1884  (mit  werthvoller  Einleitung'. 

2.  Eine  sehr  eifrige  Pflege  fand  die  französische  Gram- 
matik während  des  16.  Jahrhunderts,  welches,  was  Frankreich 
anbetrifft,  geradezu  das  Jahrhundert  der  Grammatiker  und 
Philologen  genannt  werden  kann.  Leider  entsprach  der  Er- 
folg den  aufgewandten  IJemühungen  keineswegs  in  vollem 
Masse ,  da  die  vorgefasste  Meinung  von  der  Verwandtschaft 
des  Französischen  mit  dem  Griechischen  oder  gar  mit  dem 
Hebräischen,  in  welcher  selbst  bedeutende  Gelehrte  befangen 
waren,  die  richtige  Erkenntniss  erschwerte  oder  auch  ganz 
unmöglich  machte.  Indessen  wiirden  damals  doch  die  Grund- 
lagen der  systematischen  französischen  Grammatik  geschaffen, 
namentlich  aber  eine  Reihe  von  orthographischen  Normen 
einsichtig  und  dauernd  festgestellt.  Freilich  hätte  auch  bezüg- 
lich der  Orthographie  weit  mehr  erreicht  werden  können,   wenn 


Geschichte  der  französischen  Philologie.  69 

die  betrefienden  Gelehrten  frei  ge^\•(.'.s^'n  wiiroii  vun  allerlei 
Schrullen  und  wunderlichen  Einfällen. 

Litteratu  rungaben.  Die  wichtigeren  grammatisclieii  Seluiften  des 
Ui.  Jahrhunderts  sind':  Bauclet,  Her  beginncth  the  intruductorj-  to 
wryte  and  to  pronounce  Frenche  1521  ,  thcihvcise  gedruckt  bei  El-Lis,  On 
Early  English  Pronunciation  etc.  Part  III  London  ls70  p.  >>U4f.  —  Toky, 
Champ  fleury  auquel  est  contenu  l'art  et  science  de  la  deue  et  vraye  pro- 
portion  des  lettres  Attiques  etc.  1529  —  *Palsc.rave,  L'esclarcissement 
de  la  langue  francoyse.  London  1530,  neu  herausgegeben  in  der  CoUection 
des  documents  inedits  s.  l'hist.  de  Fr.  von  Gkxin  1S52;  die  erste  fran- 
zösische Grammatik,  sehr  inhaltreich  und  lehrreich,  auch  in  ihren  Irrthü- 
mern  vgl.  F.  LÜTGENAT  ,  Jean  Palsgrave  und  seine  Ausspr.  des  Französ. 
Bonn  ISSO.  Diss.)  —  J.  Sylvivs,  In  linguam  gallicam  isagwge,  una  cum 
eiusdem  grammatica  latino-gallica,  exHebraicis,  Graecis  etLatinis  auctoribus 
1531  von  dieser  Schrift  wird  ein  Neudruck  in  der  Vollmöller'schen  Samm- 
lung demnächst  erscheinen  —  Du  AVes,  An  introductorie  for  to  lerne  to 
rede,  to  pronounce  and  to  speke  French  truly  1532  labgedruckt  in  Gemn's 
Palsgrave- Ausg.;  —  Dolet,  Les  accents  de  la  langue  francoyse.  1540  — 
Meigket,  Traite  touchant  le  commun  usage  de  l'escriture  francoise  1542, 
und  Le  trette  de  la  grammere  francoeze  1550  —  GuiLLAUME  des  Autels, 
Traite  touchant  l'ancien  ortographe  francois  et  ecriture  de  la  langue  fran- 
coise, contre  l'orthographe  des  Meigretistes.  Lyon  1548  —  R.  Estienne, 
Traite  de  la  grammaire  francoise.    1557,  Dictionnaire  Francois -latin   1549 

—  Du  Bellay,  La  deÖ'ense  et  Illustration  de  la  langue  francoyse  1549 
(neue  Ausg.  von  Persox,  s.  oben  S.  61,  —  Peletier,  Dialogue  de  l'orto- 
grafe  e  prononciation  francoese.  Lvon  1550  —  PiLLOT ,  Gallicae  linguae 
institutio  1550  —  Periox,  Dialogorum  de  linguae  gallicae  origine  eiusque 
cum  graeca  cognitione  libri  IV  1555  —  J.  Garnier,  Institutio  gallicae 
linguae  in  vsum  iuventutis  germanicae  155S  —  Matthieu,  Denis  de  la 
langue  francoyse  1559  vgl.  Lamprecht,  Ueber  Abel  M. :  Denis  de  la  1. 
fr.  Berlin  1875  Progr.  G.  z.  gr.  Kl.;  —  Ramu.s,  Gramere  1562  —  Ron.sard, 
Abbrege  de  l'art  poetique  francois  1565 —  Duviviek,  Grammaire  francoise 
touchant  la  lecture,  declinaisons  des  noms  et  coniugaisons  des  verbes.  Le 
tout  mis  en  francois  et  allemang.  Cöln  1566  —  Cauchie,  A.  Caucii  Gram- 
matica gallica  157u  —  Pa.squier,  Lettres  ä  Monsieur  Ramus  1572  f?]  (wich- 
tig; behandeln  die  Orthographie  und  Aussprache,  der  Verf.  steht  gegen- 
über Ramus  auf  einem  conser\ativen,  ja  reactionären  Standpunkt/  — 
Thierry,  Dictionnaire  francois-latin  1572  ist  ein  erweiterter  Abdruck  des 
Dict.  von  R.EsTiEXXE  —  Baif,  Etrenes  de  poezie  franzoeze  an  vers  mezures 
Les  besonhes  et  jours  d'Esiode.  Les  vers  dores  de  Pitagoras.  Ansenhemans 
de  Faukilides.  Ansenhemans  de  Naumache  aus  iilhes  a  marier  lo74  ist 
wichtig  wegen   der  consequent  durchgeführten  phonetischen  Orthographie) 

—  Rambaud,  La  declaration  des  abus  que  l'on  commet  en  escriuant  et  le 
moyen  de  les  euiter,  et  representer  nayuement  les  paroles:    ce  que  iamais 


1    Eine  vollständige  Aufzählung  giebt  Cii.  Thurot.  De  la  prononcia- 
tion frcse  etc.     Paris  IsSl,  t.  I  p.  xxii  ti'. 


70  Das  Französische. 

homme  n'a  faict.  Lyon  1578  —  Saint-Liens  (Claudiis  a  Saxcto  Vinculo), 
De  pronuntiatione  ling:iiae  gallicae  libri  duo.  London  1580  —  H.  Estienxe, 
Trakte  de  la  conformite  du  langage  francais  avec  le  grec  1565,  (Neudruck 
von  L.  Feugere.  Paris  1853);  Deux  dialogues  du  nouueau  langage  fran- 
cois  italianize  et  autrement  desguize,  principalement  entre  les  courtisans 
de  ce  temps.  Genf  1578;  Proiet  du  Hure  intitule  de  la  Precellence  du  lan- 
gage fran9ois  1579  Neudruck  von  L.  Feigere.  Paris  1850]  und:  Hypom- 
neses  de  Gall.  lingua  peregrinis  eam  discentibus  necessariae  etc.  1582  — 
Th.  Beze,  De  Francicae  linguae  recta  pronuntiatione  Theodore  Beza  auc- 
tore.  Genf  1584  ^Neudruck  von  A.  Tobler.  Berlin  1868)  —  NicoT,  Dic- 
tionnaire  francois-latin  'Neubearbeitung  des  Dict.  von  R.  Etienne-Thierry) 
1584  —  Le  Gaygxard,  Promptuaire  d'unisons.  Poitiers  1585  —  TABoruoT 
(DES  ACCORDS;,  Dictionnaire  des  rimes  francoises  1587  —  Mellema,  Dic- 
tionnaire  ou  Promptuaire  francois-flanieng  1592  —  Delamothe,  The  french 
Alphabet  teaching  in  a  very  short  time  by  a  most  easie  way  to  pronounce 
French  naturally,  to  read  it  perfectly,  to  write  it  truly  and  to  speak  it  ac- 
cordingly.  London  1592  2.  Ausg.  1647  —  Laxoue,  Le  dictionnaire  des 
rimes  fran9oises.    1596  — 

Das  Hauptwerk  über  die  grammatischen  Bestrebungen  des  IP.  Jahr- 
hunderts ist :  Ch.  L.  Livet,  La  grammaire  frcse  et  les  grammairiens  au 
16e  siecle.  Paris  1859  —  Vgl.  auch  W.  Gebekding,  Ueber  die  grammati- 
schen Reformversuche  der  ältesten  frz.  Grammatiker.  Berlin  1868  —  Eine 
Geschichte  der  frz.  Orthographie  überhaupt  ist  F.  Didot's  bekanntes 
AVerk:  Observations  sur  l'orthographe  on  ortografie  fr9se  etc.  2ieme  ed.  Pa- 
ris 1868  (das  Buch  steht  freilich  bei  weitem  nicht  auf  der  Höhe  der  jetzi- 
gen AVissenschaft  und  bedarf  dringend  einer  bessernden  und  erweiternden 
Neubearbeitung  —  Ziemlich  werthlos  ist:  A.  Loiseau,  Progres  de  la  gram- 
maire en  France  depuis  la  renaissance  jusqu'ä  nos  jours,  in  den  Mem.  de 
Societe  academique  de  Maine-et-Loire ,  t.  27,  p.  205  —  312  und  t.  29  30, 
p.  63—171,  vgl.  Rom.  III  504  und  IV  509  —  Ein  «gehaltloses  und  ein- 
fältiges« Buch  ist,  wie  Breitinger  (Stud.  und  Unterricht  des  Französischen, 
p.  71;  sehr  richtig  bemerkt,  Tell,  les  Grammairiens  fran9ais.  Paris  1874 
(nichts  als  eine  schlechte  Nomenclatur). 

Ueber  den  Hellenismus  in  Frankreich  und  seinen  Einfluss  auf  Sprache 
und  Litteratur  handelt  eingehend  und  gründlich  das  treflliche  AVerk  von 
E.  Eggek,  l'hellenisme  en  France.  Le9ons  sur  l'influence  des  etudes  grecques 
dans  le  developpement  de  la  langue  et  de  la  litterature  fr9ses.   Paris  1S69. 

3.  Ueber  die  Tendenz  der  grammatischen  Thätigkeit  im 
17.  Jahrhundert,  bezw.  über  die  aiif  Keiuigung  und  Normi- 
rnng  der  Sprache  gerichtete  Wirksamkeit  Malherbe's,  der  Ge- 
sellschaft des  Hotel  Rambouillet,  der  Academie  und  Vaugelas 
Avurde  bereits  oben  S.  61  ff.  gesprochen.  Die  Grammatik  des 
17.  Jahrhunderts  trägt  im  N'ergleich  zu  der  des  16.  einen 
nüchternen,  praktischen  und  oft  pedantischen  Charakter,  aber 
gerade  um  desswilleu  hat  sie  ungleich  grössere  und  dauerndere 


Geschichte  der  französischen  Philologie.  71 

Erfolge  erzielt,  als  der  ZAvar  oft  geniale,  aber  oft  auch  excen- 
trische  und  iiubesonnene  stürmische  Doctrinarismiis  des  vor- 
angegangenen Jahrhunderts.  Die  Fixirung  der  französischen 
Schriftsprache  ist  ihr  Werk. 

Litteraturangaben:  Die  bedeutenderen  grammatischen,  bezw.  lexi- 
kographischen Schriften  des  17.  Jahrhunderts  sind:  Dr  Val,  li'Eschole 
francoyse  pour  apprendre  a  bien  parier  et  escrire  selon  l'vsage  de  ce  temps 
et  pratique  des  bons  auteurs  1604  —  NicOT,  Thresor  de  la  langue  fran- 
coyse. tant  ancienne  que  moderne  etc.  Avec  une  grammaire  francoyse  et 
latine  et  le  recueil  des  vieux  prouerbes  de  la  France  etc.  1606 —  M.\sset, 
Exact  et  tres-facile  acheminement  ä  la  langue  francoyse  ist  dem  Biet.  Ni- 
cot's  beigegeben)  1606  —  Malherbe,  Anmerkungen  zu  den  Poesien  des 
Desportes  sie  sind  abgedruckt  im  4.  Bde.  der  Ausg.  der  "Werke  Malh.'s 
von  L.  Lalaxxe.  Paris  1S62;.  Die  Monographien  über  Malh.  s.  oben  S.  63  f. 
—  Ph.  Garxier,  Praecepta  gallici  sermonis  ad  pleniorem  perfectioremque 
eius  linguae  Cognitionen!  necessaria  tum  brevissima  tum  facillima.  Strass- 
burg  1607  ausserdem  mehrere  spätere  Ausgaben;  Garnier  lebte  lange  als 
Sprachlehrer  in  Deutschland,  besonders  in  Leipzig  —  Palliot,  Le  vray 
orthographe  francois  1608  —  CoTGRAVE,  A  French-English  Dictionary. 
London  1611  (eine  spätere  Ausg.  erschien  1650;  —  Le  Gaygxard,  L'Apren- 
molire ')  pour  apprendre  les  ievnes  enfans  et  les  estrangers  a  lire  en  peu 
de  temps  les  mots  des  escritures  francoizes  1609  —  De  la  Faye,  Institu- 
tiones  linguae  gallicae  oder  gründliche  Unterweisung  der  frantzosischen 
Sprach.  Jena  1613  —  Godard,  La  langue  francoise.  Lyon  1620  —  Brou- 
TESAiGE,  Les  preceptes  et  briefues  reigles  tant  de  l'orthographe  francois 
que  de  la  prononciation  1620  —  B.  VAX  der  Aa,  Grammatica  gallica  etc. 
Löwen  1622  —  Axoxymus),  Ecloge  praecipuarum  legum  gallicae  pronun- 
ciationis  etc.  Montibus  Mons'  1624  —  ^L\ltas,  Grammaire  et  syntaxe 
francoise  1625  —  Spalt,  Grammaticae  gallicae  ostendentis  summa,  vera, 
facilia  linguae  fundamenta  etc.  pars  prima.  Argentiuae  1626  —  Martlx, 
Grammatica  gallica  sententiosis  exemplis  ceu  fragrantibus  floribus  referta. 
Argentorati  1632  —  CossARD,  Methodes  pour  apprendre  ä  lire,  ä  escripre, 
chanter  le  piain  chant  et  compter  1633  —  Oi'DIX,  Grammaire  francoise 
rapportee  au  langage  du  temps  1633,  und:  Recherches  italiennes  et  fran- 
coises  etc.  ist  ein  franz.-ital.  und  ital.-franz.  Wörterbuch)  1655  —  Sher- 
wooD,  The  French  tutour  by  way  of  grammar  exactly  and  fully  teachiug 
all  the  most  necessan*'  rules  for  the  attaiuing  of  the  French  tongue.  Lon- 
don 1634  —  LoxGCHAMPS,  Trattato  della  lingua  francese  e  italiana ,  ita- 
liana  e  francese.  Rom  163S  —  DuEZ,  Le  vray  guidon  de  la  langue  fran- 
coise. Leyden.  Elzevier  1639  [eine  7.  Ausg.  erschien  1662  —  Giffard, 
The  french  schoole-master.  London  1641  —  Vavgelas-;,  Remarques  sur 
la  langue  francoise  1647.  In  der  neuen,  von  Chass.\xg  veranstalteten 
Ausgabe  (Paris  1880,  2  Bde.     sind  die  Observations  Patru's.  Th.  Comeille's 


1  D.  h.  Apprends-moi  lire. 

2  Claude  Favre  de  Vaugelas,  geb.  um  1585  au  Chamberi,    gest.  1650 
zu  Paris. 


72  l^as  Französische. 

und  der  Academie  beigefügt  —  La  Mothe  le  Vayer,  Lettres  touchant 
Ica  nouvelles  remarques  sur  la  langue  francoise  ltj47  —  Von  den  nach 
Vaugelas'  grundlegenden  llemarques  im  1 T.  Jahrhundert  erschienenen  gram- 
matischen, bezw.  lexikalischen  Schriften  seien,  da  eine  vollständigere  Auf- 
zählung zwecklos  wäre,  nur  noch  folgende  genannt:  Grammaire  generale 
de  Port-Royal  1660  —  Menage'),  Observations  de  Monsieur  Menage  sur 
la  langue  francaise  1672  —  Academie  fran^aise,  Cahiers  de  remar- 
ques sur  l'orthographe  francoise  pour  estre  examinez  par  chacun  de  Mes- 
sieurs de  l'Acad.  1673;  herausg.  von  MARTY-LAVEArx.  Paris  1S63  —  Patru, 
Remarques  de  M.  Patru  sur  les  remarques  de  Vaugelas,  1674  (vgl.  Thu- 
liOT  a.  a.  O.  I,  p.  Lxmj,  s.  oben  unter  Vaugelas  —  BorilouRS,  Doutes 
sur  la  langue  francaise  proposes  ä  Messieurs  de  l'Acad.  frcse  par  un  gen- 
tilhomme  de  province  1674;  Remarques  nouvelles  sur  la  langue  francaise 
1674,  -Hieme  ed.  1692;  Suite  des  remarques  nouv.  s.  la  1.  fr.  1692  —  Rl- 
CHELET-;,  Dictionnaire  de  rimes  1667;  La  versification  francoise  1671; 
Nouveau  dictionnaire  francois  1680,  davon  eine  »derniere  edition«  Genf 
169:i.  2  Bde.  —  Danet,  Grand  dictionnaire  francais  et  latin  etc.  16S4, 
neue  Ausg.  Lyon  1713  —  Th.  Corneille  3,  Remarques  sur  la  langue 
francoise  1687,  s.  oben  unter  Vaugelas;  Dictionnaire  universel,  geographi- 
que  et  historique  1708,  3  Bde.  —  FuRETli:RE,    Dictionnaire   francais  1690 

—  Academie  francaise,  Le  dictionnaire  de  l'Acad.  frcse  1691.   2  Bde. 

—  Tallemant,  Remarques  et  decisions  de  TAcad.  frcse,  recueillies  par 
M.  L.  T.  1696. 

Schriften  über  die  Sprache  des  17.  Jahrhunderts  sind  oben 
S.  63 ff.  verzeichnet. 

Während  des  18.  und  während  der  ersten  Decennien  des 
1 9 .  Jahrhunderts  ist  auf  dem  Gebiete  der  französischen  Sprache 
und  Lexicographie  nichts  geleistet  worden,  was  irgendwie  als 
ein  Fortschritt  sich  bezeichnen  Hesse.  Die  grammatisch-lexiko- 
logische  Schriftstellerei  bewegte  sich  in  den  einmal  gebahnten 
Gleisen  ruhig  weiter  und  begnügte  sich  mit  ziemlich  mecha- 
nischer Wiederholung  dessen ,  was  die  vorausgegangene  Zeit 
geschaffen  hatte :  höchstens  bestrebte  man  sich,  die  Gramma- 
tik mit  philosophischem  Beiwerke  zu  verbrämen  und  ilure 
Thatsachen  in  das  Schema  künstlicher  logischer  Theorien  ein- 
zuzwängen. 

Litter aturangaben:  Von  den  grammatisch-lexikologischen  Schrif- 
ten des  genannten  Zeitraumes  mögen  hier  nur  folgende  angeführt  werden  ; 

1;  Gilles  Menage,  geb.  zu  Angers  15.  Aug.  1613,  kam  1632  nach  Pa- 
ris, starb  1692;  vgl.  Menioires  pour  servir  ä  la  vie  de  M.  Menage  in  den 
»Menagiana«  3.  Ausg.   Paris  1715.   4  Bde. 

2  Pierre  Richelet,  geb.  zu  Cheminon  bei  Chälons-sur-Marne  1631, 
gest.  169S. 

3)  Thomas  Corneille,  Bruder  des  berühmten  Pierre  Corneille,  geb.  zu 
Rouen  1625,  gest.  17u9. 


Geschichte  der  französischen  Philologie.  7li 

Aeademie  francaise,  Observations  de  l'Ac.  fr.  sur  les  Kemarques  de 
Vaugelas  1704,  wieder  abgedruckt  in  Chassang's  Vaugelas-Ausgabe —  Aus- 
gaben des  Dict.  de  l'Acad.  vom  Jahre  171^,  vom  Jahre  171ti,  vom  Jahre  1762, 
vom  Jahre  1798  'diese  ohne  Autorisation  der  —  damals  aufgehobenen  —  Acad. 
von  Garrat  bearbeitet  und  vom  Jahre  1S35  —  Regnier,  Traite  du  la  gram- 
niaire  francaise  im  Auftrage  der  Acad.  verfasst,  deren  secretaire  perpetuel 
K.  war  1705  —  DlCLOS,  Remarques  sur  la  grammaire  generale  de  Port- 
Royal  17.54  —  Fekaid,  Dictionnaire  grammatical  de  la  langue  francaise. 
Avignon  1761  —  Du  W.AILLV,  Principes  generaux  et  particuliers  de  la 
langue  francaise  17.54  (den  angegebenen  Titel  des  Buches  trägt  er.st  die 
11.,  1790  erschienene  Ausgabe,  die  ursprüngliche  Fassung  lautete:  Gram- 
maire francaise  etc.  .  —  Lhomoxd,  Grammaire  frcse  17S0  —  Girai'LT- 
Dvvivier,  Grammaire  des  grammaires  ISU,  neue  Ausgabe  von  Delelee. 
Brüssel  1851  ist  noch  immer  die  Grundlage  der  landläufigen  nationalfran- 
zösischen Grammatiken  —  Andere  Werke,  namentlich  diejenigen  über 
Aussprache  werden  in  den  späteren  Kapiteln  an  geeigneten  Stellen  ge- 
nannt werden. 

§  2.  Die  französische  Philologie  seit  Rayuouard 
lind  Diez.  1.  Die  grammatisch-lexikologische  Thätigkeit  auf 
dem  Gebiete  des  Französischen  verfolgte  vom  Beginn  des  17. 
bis  zum  ersten  Drittel  des  19.  Jahrhunderts  eine  ganz  vor- 
wiegend praktische  Tendenz :  ihr  Ziel  war  die  bis  auf  das 
Kleinste  sich  erstreckende  Xormirung  und  Schematisimng  der 
Schriftsprache .  die  Feststellung  des  conventioneilen  Sprach- 
gebrauches. Von  der  Erforschung  des  Wesens  und  der  Ge- 
schichte der  Sprache  abstrahirte  man,  dafür  fehlt  das  Yer- 
ständniss  ebensowohl  wie  die  Neigung.  Ganz  entsprechend 
des  auch  sonst  sich  geltend  machenden  dogmatischen  Sinnes 
jener  Zeit,  nahmen  selbst  die  scharfsinnigsten  Grammatiker 
des  17.  Jahrhunderts  trotz  all  der  Spürkraft,  die  sie  in  Wort- 
definitionen und  im  Haarspalten  der  Begriffe  bewiesen,  die 
Sprache  als  etwas  Gegebenes  hin.  betrachteten  sie  als  ein 
Ding,  an  dem  man,  sei  es  nach  subjectivem  Belieben .  sei  es 
nach  conventionellem  Geschmacke,  sei  es  endlich  nach  gelehr- 
ten Grundsätzen  herumzuarbeiten  und  feilen  könne,  um  es 
recht  glatt,  fein  und  zierlich  zu  gestalten,  mit  dessen  Ge- 
schichte aber  man  sich  nicht  weiter  zu  befassen  habe,  da  die 
Gegenwart  doch  viel  zu  gelehrt  und  gebildet  sei,  als  dass  sie 
bei  der  Vergangenheit  in  die  Schule  zu  gehen  brauche.  So 
ignorirte  man  denn  die  alte  Sprache  und  die  alte  Litteratur 
und  erlaubte  sich  von  dem  Richterstuhle^  zuerst  der  Roccoco- 
bildungr  und  dann  der    » Aufkliiruns«    herab    das  Urtheil   über 


74  Das  Französische. 

sie  auszusprechen,  dass  sie  barbarisch,  roh  und  »gothisch« 
gewesen  sei.  Das  wahre  Französische  begann  nach  solcher 
Anschauung   erst   mit  Malherbe   (»Enfin  Malherbe   vint«   Boi- 

LEAU)  . 

Dass  ein  genetischer  Zusammenliang  des  Französischen 
einerseits  mit  dem  Latein  ,  andrerseits  mit  dem  Italienischen, 
Spanischen,  Portugiesischen  etc.  bestehe ,  das  war ,  weil  eben 
diese  Thatsache  sich  dem  Bewusstsein  jedes  Sprachkundigen 
nothwendigerweise  aufdrängt,  selbstverständlich  auch  den  Gram- 
matikern des  17.  und  1&.  .Jahrhunderts  bekannt,  aber  weder 
waren  sie  um  die  Erweiterung  und  Klärung  dieser  Erkennt- 
niss  bemüht,  noch  dachten  sie  an  deren  wissenschaftliche  Ver- 
werthung  zur  Erlangung  von  Einsicht  in  den  lautlichen,  mor- 
phologischen und  syntaktischen  Bau  des  Französischen.  Man 
betrachtete  eben  in  grammatischer  Beziehung  das  Französische 
als  ein  Ding  an  sich,  das  aus  sich  selbst  voll  verstanden  und 
erklärt  Averden  könne.  Anders  freilich,  aber  eher  noch  schlim- 
mer, als  besser,  stand  es  in  Bezug  auf  die  Etymologie:  da 
man  hier  mit  dem  Französischen  natürlich  nicht  ausreichte, 
zog  man  nicht  nur  das  Latein,  sondern  auch  das  Griechische, 
das  Hebräische  und  welche  Sprachen  man  sonst  etwa  noch  zur 
Verfügung  hatte,  zur  Hülfe  herbei  und  stellte  nun  auf  Grund 
blosser  Klangähnlichkeit  oder  aber  einer  ungefähren  Bedeu- 
tungsentsprechung Behauptungen  auf  über  die  Herkunft  fran- 
zösischer Worte.  Im  besten  Falle  waren  die  Einfälle  geist- 
voll, zumeist  aber  waren  sie,  wenigstens  im  Licht  der  heutigen 
Wissenschaft  betrachtet ,  bis  zur  Lächerlichkeit  absurd .  und 
selbstverständlich  war  ein  derartiges  Etymologisiren  nur  ein 
tumultuarisches  Spiel  mit  Lauten,  Worten  und  Begriffen,  wel- 
ches von  ernsten  Männern  mit  sehr  berechtigtem  Misstrauen 
betrachtet  wurde. 

Die  französische  Philologie  —  letzteres  Wort  in  seiner 
vollen  Bedeutung  gefiisst  —  existirte  nicht,  so  lange  als  Gram- 
matik und  Etymologie  in  entweder  so  einseitiger  oder  so  un- 
methodischer Weise  betrieben  wurden. 

2.  Im  Jahre  1829  erschien  zu  Boueu  Rayxouard's  Schrift 
» Observations  philologiques  et  grammaticales  sur  le  Roman  de 
Rou(.  in  ihr  wurde  zum  ersten  Male  die  altfranzösische  De- 
clinationsregel    formulirt    und    damit    wenijjstens   ein   Ansatz- 


Geschichte  der  französischen  Philologie.  75 

imd  Ausgangspunkt  für  die  richtige  Erkeuntniss  des  altfran- 
zösischen Fornienbanes  gegeben.  Das  Erscheinen  der  Schrift 
Raynoiard's  war  zugleich  an  sich  ein  Zeichen  des  erwachen- 
den Interesses  fiir  die  altfranzösische  Litteratur,  nnd  seitdem 
dieses  Interesse  erwacht  war,  war  auch  die  für  das  Entstehen 
der  französischen  Philologie  nothwendige  Vorbedingung  er- 
füllt. 

In  den  Jahren  1 830  44  erschien  Diez"  Grammatik  der  ro- 
manischen Sprachen  und  im  Jahre  1853  dessen  Etymologisches 
Wörterbuch  der  rem.   Spr.   in  erster  Auflage. 

Durch  diese  Werke  wurden  die  festen  und  sicheren  Grund- 
lagen der  romanischen,  also  auch  der  französischen  Philologie 
geschaifen. 

Wie  seitdem  die  junge  Wissenschaft  sich  in  bewnnderns- 
werther  Weise  weiter  entwickelt  hat ,  ist  jedem  romanischen 
Philologen  wenigstens  im  Allgemeinen  bekannt  und  ist  auch 
bereits  in  Theil  I  S.  169  if.)  dieser  Encyklopädie  in  Kürze 
dargelegt  worden.  Hier  darf  weder  Allbekanntes  oder  bereits 
früher  Gesagtes  wiederholt  noch  darf  auf  Einzelnheiten  einge- 
gangen werden :  letzteres  zu  thun,  wird  an  anderen  Orten  sich 
Gelegenheit  linden. 

3.  Die  strenge  Methode,  deren  jede  Wissenschaft  zur  Er- 
reichvmg  ihrer  Ziele  bedarf,  hat  sich,  wie  natürlich,  in  der 
französischen  Philologie  erst  allmählich  ausgebildet.  Von 
epochemachender  Bedeutung  war  in  dieser  Beziehung  das  Er- 
scheinen der  G.  PARisschen  Ausgabe  des  Alexiusliedes  (1S72), 
in  welcher  zum  ersten  Male  ein  französischer  Text  in  kriti- 
scher Weise  reconstruirt  und  dessen  Sprache  und  Metrik  in 
allen  Einzelheiten  untersucht  worden  war.  Der  Bedeutung 
dieses  Werkes  thut  es  keinen  Eintrag .  dass  der  geniale  For- 
scher vielleicht,  weil  mit  allzu  schneidiger  Consequenz  vorge- 
hend ,  an  sich  richtige  Grundsätze  bis  zu  jenem  äussersten 
Punkte  verfolgt  hat,  in  welchem  die  Wahrheit  wieder  in 
Irrthum  umschlägt;  nicht  die  Ergebnisse,  zu  denen  G.  Paris 
gelangt,  sind  das  Wesentliche  an  seinem  Buche,  sondern  das 
Verfahren,  wie  er  zu  ihnen  gelangt.  Neben  G.  Paris"  Ale- 
xius  lassen  manche  andere  Schriften  sich  nennen,  welche  ztir 
Gründung  und  Festigung  einer  sicheren  Methode  beigetragen 
haben,  bezw,  noch  femer  beitragen  werden,  so  z.  B.  Tohlers 


76  Das  Französische. 

Ausg.  des  Dis  dou  vrai  aniel  (1S69,  1884)  und  seine  in  der 
Ztschr.  f.  rom.  l^hil.  erschienenen  Beiträge  zur  frz.  Gramma- 
tik (seit  1S76),  Malls  Ausgabe  des  Cumpoz  des  Philipp  v. 
Thaün,  Gröber's  Untersuchung  über  die  ältesten  Gestaltungen 
der  Chanson  de  geste  »Fierabras«  (1869),  Böhmer's  Ausg.  des 
Rolandsliedes  (1871),  Sitchiers  Ausg.  der  norm.  Reimpredigt 
(1878)  luid  seine  Abhandlung  über  die  Mundart  des  Leodegar- 
liedes  (1877),  Koschwitz'  Ausg.  der  Karlsreise  (1879,  1883). 
Förster' s  Ausg.  altfranzös.  Texte,  namentlich  des  Ysopet 
(1883)  und  des  Cliges  (1S84  sowie  desselben  lautgeschicht- 
liche Untersuchungen,  theils  in  den  Roman.  Studien,  theils 
in  der  Ztschr.  f.  rom.  Phil,  erschienen ;  Fotiis  Abhandlung 
über  die  Verschiebung  der  lat.  Tempora  in  den  roman.  Spr. 
(Rom.  Stud.  Ed.  2) ;  Willenberg's  Untersuchung  über  den 
Conjunctiv  Präs.  (Rom.  Stud.  Bd.  3) :  Ten  Brink  s  Schrift 
»Klang  und  Dauer«  (IS 78);  Görlich s  Abhandlung  über  die 
südwestlichen  Dialecte  der  langue  doi'l  (Franz.  Stud.  Bd.  3): 
Behrens'  Diss.  über  die  unorganische  Lautvertretung  inner- 
halb der  formalen  Entwickelung  des  französ.  Verbalstammes 
(Franz.  Stud.  Bd.  3) ;  B.  Völker's  Untersuchung  über  die 
Wortstellung  in  den  ältesten  franz.  Sprachdenkmälern  (Franz. 
Stud.  Bd.  3)  :  Uthoef's  Monographie  über  Nivelle  de  la 
Chaussee  (Franz.  Stud.  Bd.  4),  Neumanns  Abhandlung  über 
die  Satzdoppelformen  (Ztschr.  f.  roman.  Phil.  Bd.  ^TII). 
W.  Meyers  Schrift  über  das  Neutrum  in  den  rom.  Spr.  (1882) 
u.  a. 

Durch  die  genannten  Arbeiten,  sowie  durch  Andere,  de- 
ren Aufzählung  hier  die  Rücksicht  auf  Raumersparniss  ver- 
bietet, befindet  sich  die  französische  ]-'hilologie  gegenwärtig 
im  Besitz  einer  sicheren  Methode  für  die  meisten  ihrer  Einzel- 
disciplinen.  .Ja,  mitunter  macht  es  neuerdings  den  Eindruck, 
als  wenn  die  Gefahr  zwar  nicht  einer  Ueberschätzung  der 
Methode  —  denn  die  Methode  kann  nicht  hoch  genug  ge- 
schätzt werden  —  ,  wohl  aber  einer  einseitigen  Werthschätzung 
der  Methode  drohe,  als  wenn  einzelne  Forscher  in  der  Mei- 
nung befangen  seien ,  dass  mittelst  methodischer  Operationen 
und  Formeln  sich  Alles  erklären  lasse.  Alles  eingezwängt  wer- 
den könne  in  die  Kategorien  eines  a  priori  construirten  Sy- 
stemes.     Wer  solcher  Anschauung  huldigt,   verkennt,   dass  die 


Geschichte  der  französischen  Philologie.  77 

IMiilologie  eine  Cxcisteswissenschaft  ist  und  dass  ihre  beiden 
Hau])tobjecte .  die  Sprache  und  Litteratur ,  in  Al)hiin<;i<>keit 
stehen  von  der  Eio^enart  zahlloser  inenschlicher  Individualitä- 
ten, dass  folglieh  die  Entwiekelung  der  Sprache  und  mehr 
noch  der  Litteratur  eine  in  allen  Einzelheiten  streng  gesetz- 
und  regelniiissige  gar  nicht  sein  kann.  Man  darf  eben  in  der 
philologischen  Eorschung  das  psychische  und  das  ethische 
Moment  nicht  ausser  Acht  lassen  ;  was  aber  in  diesem  enthal- 
ten ist.  das  ist  zu  complexer  Art,  als  dass  es,  wenigstens  zur 
Zeit,  in  Formeln  ausgedrückt  werden  könnte.  Es  gilt  das  Ge- 
sagte namentlich  von  der  Lautlehre ,  auf  deren  Gebiete  die 
\'ersuchung  zur  formalistischen  Uebertreibung  der  Methodik 
allerdings  am  nächsten  liegt :  die  physischen  Lautgesetze  wer- 
den in  ihrer  Wirkung  oft  gehemmt,  oft  beschleunigt,  oft  mo- 
dificirt,  oft  auch  ganz  aufgehoben  durch  psychische  und  selbst 
auch  durch  ethische  Factoren. 

4.  Die  Einzelgebiete  der  französischen  Philologie  sind 
nicht  alle  mit  der  gleichen  Intensität  bearbeitet  worden.  Zu- 
nächst ist  hervorzuheben,  dass  bislang  das  Altfranzösische  ent- 
schieden bevorzugt,  das  Neufranzösische  dagegen  etwas  stief- 
mütterlich behandelt  und  das  Mittelfranzösische  (s.  oben  Kap. 
"2.  §  4)  sogar  geradezu  vernachlässigt  worden  ist;  jedoch  ist 
hier  einschränkend  hinzuzufügen,  dass  seit  einigen  Jahren  das 
Neufranzösische  unverkennbar  eifriger  und  erfolgreicher  betrie- 
ben Avird,  als  bis  dahin  geschehen  war;  bezeichnend  dafür  ist, 
dass  die  im  Jahre  1878  gegründete  Zeitschrift  für  nfrz.  Spr. 
und  Lit.  immer  festereu  Bestand  gewinnt.  Sodann  muss  be- 
merkt werden,  dass  Grammatik  (und  zwar  namentlich  wieder 
die  Laut-  und  die  Formenlehre,  weit  weniger  die  Syntax)  und 
Textkritik  seit  etwa  zwei  Jahrzehenden  die  meistbegünstigten 
Fächer  sind ,  durch  welche  die  früher  im  Vordergrunde  be- 
findliche Litteraturgeschichte  wesentlich  zurückgedrängt  wor- 
den ist.  Ferner  kann  noch  darauf  hingewiesen  werden,  dass 
zwar  auf  dem  Gebiete  der  Etymologie  und  der  descriptiven 
Lexikographie  Hochbedeutendes  geleistet  worden  ist  —  Sche- 
LERS  Dictionnaire  detymologie  frcse,  Sachs-Villatte's  grosses 
Wörterbuch,  Godefrgy's  Lexikon  des  Altfranzös. ,  vor  Allem 
aber  Littres  nicht  genug  zu  bewundernder  Dictionnaire  sind 
Leistungen    ersten    Ranges  — ,    dass    dagegen    das    Feld    der 


78  Das  Französische. 

Wortbedeutungslehre  noch  auf  weiten  Strecken  fast  völlig 
brach  liegt,  denn  eine  fruchtbare  Pflege  hat  bis  jetzt  nur  die 
Synonymik  gefunden  (Lafaye.  Schmitz)  und  selbst  in  Bezug 
auf  diese  ist  noch  sehr  Vieles,  ja  geradezu  noch  das  Wichtigste 
zu  thun  übrig  1).  Endlich  ist  bemerkenswerth ,  dass  die  fran- 
zösische Rhythmik,  bezw.  Metrik  zwar  neuerdings  von  Li- 
HARscii,  TüBLER,  Becq  DE  FouQUiERES  u.  A.  in  erfolgreichster 
Weise  zum  Gegenstand  der  Untersuchung,  bezw.  der  Darstel- 
lung gemacht  worden  ist,  dass  aber  gleichwohl  avich  hier 
dankbarer  Arbeitsstoff  noch  in  Fülle  vorliegt. 

5.  Ihre  Hauptpflege  hat  die  französische  Philologie  bis 
jetzt  in  Deutschland  gefunden.  In  Frankreich  hat  sie  noch 
immer  mit  der  Missachtung  zu  kämpfen,  in  welcher  dort  seit 
Jahrhunderten  altfranzösische  Sprache  und  Litteratur  stehen-^): 
auch  leidet  sie  unter  der  bekannten  eigenartigen  Verfassung 
des  französischen  höheren  Unterrichtswesens ,  vermöge  deren 
die  Provinzen  mit  wissenschaftlichen  Hochschulen  und  diese 
wieder  mit  geeigneten  Lehrkräften  nur  spärlich  bedacht  sind. 
Nichtsdestoweniger  ist .  wie  ja  auch  gar  nicht  anders  voraus- 
gesetzt werden  kann,  in  Frankreich  Hervorragendes  auf  dem 
Gebiete  der  französischen  Philologie  geleistet  worden,  und  na- 
mentlich seit  dem  Kriege  von  1870/ 71  ist  ein  sehr  bemerkens- 
werther  Aufschwung  dieser  Wissenschaft  erfolgt,  der  ohne  Frage 
eine  Folge  der  sich  doch  wohl  immer  melu-  unter  den  Franzosen 
verbreitenden  Einsicht  ist .  dass  sie  durch  das  wissenschaft- 
liche Studium  ihrer  eigenen  Sprache  und  Litteratur  nicht  nur 


1  Bis  jetzt  nämlich  haben  die  Synonymiker  im  "Wesentlichen  sich  da- 
mit begnügt,  die  aus  dem  Sprachgebrauch  sich  ergebenden  Bedeutungs- 
ditferenzen  zwischen  den  Spionymen  einer  Kategorie  in  dogmatischer  Form 
festzustellen,  nicht  aber  haben  sie  es  unternommen,  Ursprung,  Grund  und 
allmählige  ]Mitwickelung  der  BedeutungsdiÖ'erenzirungen  zu  untersuchen, 
es  fehlt  also  noch  die  liistorisch-genetische  Behandlung  der  SynonjTnik. 

2)  Erst  vor  wenigen  Jahren  hat  der  hei'vorragende  Kritiker  und  Lit- 
terarhistorikcr  F.  Biunetiekk  das  Studium  des  Altfranzösischen  ebenso 
heftig  wie  geistvoll  angegriffen  in  dem  Essay:  »L'erudition  contemporain 
et  la  litterature  francaise  au  moyen  äge«  in  der  Rev.  d.  deux  Mondes  vom 
1.  Juni  1879  [in's  Deutsche  übersetzt  von  E.  Laur.  Heidelberg  ISS,'!];  vgl. 
dazu  G.  Körting  in  der  Ztschr.  f.  nfrz.  Spr.  und  Litt.  I  12S  f.  und  III 
178  ti'.  sowie  A.  Bovchekie  in  der  Rev.  des  lang.  rom.  t.  XVII,  p.  1  tf., 
auf  letzteren  Artikel  antwortete  Brvxetiere  in  sehr  gewandter  Weise  in 
derselben  Revue  t.  XVII,  p.  157.     Der  ganze  Streit  ist  hochinteressant  . 


Geschichte  der  französischen  Philologie.  79 

eiiu'  Ehreupriicht  iles  Patriotismus  erfüllen,  sondern  iiuth  ein 
Mittel  sich  gewinnen,  um  das  Nationalbe^nisstsein  zu  kräfti- 
gen und  zu  l)ele1)en.  Vm  auf  die  Bedeutung  dessen  hinzu- 
weisen ,  was  von  den  Franzosen  geleistet  worden  ist ,  genüge 
es.  die  Namen  F.u.lot  ,  Michelakt,  Michel.  E.  du  Mekil. 
Gemn  aus  älterer  Zeit,  aus  der  Gegenwart  oder  doch  nur 
jüngsten  A'ergangenheit  die  Namen  Littue.  G.  Paris.  P.  Meyer, 
A.  Darmesteter,  A.  Thomas,  A.  de  Jubainville  .  Consians 
etc.  zu  nennen,  wobei  noch  hervorgehoben  werden  muss.  dass 
die  Reihe  der  rühmlich  bekannten  Namen  eine  noch  viel  aus- 
gedehntere wird,  wenn  man,  wozu  man  ja  alles  Recht  besitzt, 
auch  die  speciellen  Litterarhistoriker  und  Litteraturkritiker 
den  Philologen  beizählt.  Ausser  in  Deutschland  und  in  Frank- 
reich ist  das  Gebiet  der  französischen  Philologie  auch  in  Bel- 
gien, in  der  Schweiz,  in  Italien .  iu  den  skandinavischen 
Ländern  und  sogar  in  Russland  in  weiterem  oder  geringerem 
Umfange  angebaut  worden.  Erwähnt  sei  noch,  dass  ganz 
neuerdings  (Herbst  1SS4  in  Holland  die  erste  der  französi- 
schen Philologie  gewidmete  Vniversitätsprofessur  (zu  Gronin- 
gen) errichtet  wurden  ist  V  und  dass  man  demnach  hoffen  darf, 
es  werde  das  bis  jetzt  in  Holland  arg  vernachlässigte  Studium 
dieser  Wissenschaft  fortan  auch  dort  erfreulich  emporblühen. 

Literatur  angaben.  Eine  Geschichte  der  französischen  Philologie 
ist  noch  nicht  vorhanden  Schriften  über  einzelne  Perioden  und  Gebiete 
derselben  sind  am  Schlüsse  des  vorigen  §  verzeichnet,.  Materialien  für 
eine  solche  findet  man  in  den  Theil  I,  S.  J99  f.,  genannten  Schriften.  Per- 
sonalnotizen u.  dgl.  findet  man  am  vollständigsten  im  Litteraturbl.  f.  germ. 
u.  rom.  Phil.  u.  in  der  »Chronique«  der  Romania. 

Die  voraussichtlich  noch  im  Jahre  1SS5  erseheinende  »Geschichte  der 
romanischen  Philologie«  von  G.  KÖRTING  wird  selbstverständlich  auch  die 
Geschichte  der  französischen  Philologie  thunlichst  eingehend  behandeln. 


Hier  seien  noch  folgende  bibliographische  Notizen  beigefügt: 
1.  Eine  Encyklopädie  der  französischen  Philologie  fehlt  zur  Zeit 
noch.  Einen  gexvissen  Ersatz  dafür  bieten  die  Bücher:  A.  L.  Meissner, 
The  Philology  of  the  French  Language  Sth  ed.  London  1SS3  vgl.  die  Rec. 
in  Herrigs  Archiv  Bd.  70,  Heft  1  und  namentlich  H.  Breitinger.  Studium 
und  Unterricht  des  Französischen.   Ein  encyklopädischer  Leitfaden.   Zürich, 


1  VgL  La  Chaire  de  Francais  dans  une  universite  neerlandaise.  Dis- 
cours prononce  le  29  sept.  1884,  ä  l'occasion  de  son  Installation  comme 
professeur  ordinaire  etc.  par  A.  G.  v.\n  H.\mel.  .  Die  kleine,  in  gutem 
Französisch  y:eschriebene  Schrift  ist  sehr  lesenswerth. 


80  Das  Französische. 

seit  1877  (kann  Anfängern  als  ein  nützliches,  wenn  auch  freUich  keines- 
wegs vollkommenes  Hülfsmittel  sehr  empfohlen  werden  .  Ueber  Schmitz' 
Encyklopädie  des  philolog.  Studiums  der  neueren  Sprachen  vgl.  Theil  I, 
S.  160  f. 

Ueber  Bibliographien  des  Französischen  vgl.  Theil  II,  S.  404  ff.  ^j 
Ueber  die  der  französischen  Philologie  entweder  zum  Theil  oder  aus- 
schliesslich gewidmeten  Zeitschriften  und  periodischen  Publicationen  vgl. 
Theil  1,  S.  154.  Hier  werde  nur  bemerkt:  a)  Die  Redaction  der  Ztschr. 
f.  nfrz.  Spr.  und  Lit.  geht  von  Bd.  VII  ab  an  H.  Körting  (Bruder  G.  KÖR- 
TING's),  Docent  a.  d.  Universität  Leipzig,  und  D.  Behrens,  Docent  a.  d. 
Universität  Greifswald,  über,  b)  An  Stelle  der  »Gallia«  ist  seit  Januar  1884 
die  unter  Kressner's  Redaction  erscheinende  »Franco- Gallia«  getreten 
'monatlich  wird  ein  Heft  ausgegeben  ;  Verlag  von  Zwissler  in  ^^'olfenbüttel;. 
C'  Seit  October  1868  wurde  von  E.  Martin  in  Paris  unter  dem  Titel 
»Courier  de  Vaugelas«  eine  Zeitschrift  herausgegeben,  deren  Hauptinhalt 
durch  die  Beantwortung  eingesandter  Fragen  über  zweifelhafte  Puncte  der 
Grammatik  und  des  Sprachgebrauchs  gfebildet  wurde  (vgl.  darüber  Böhmer 
in  den  Roman.  Stud.  I  303,  wo  —  gewiss  ein  interessanter  Fall  —  der 
deutsche  Gelehrte  dem  französischen  Sprachmeister  nachweist,  dass  der  Bei- 
satz des  Titels  «Journal  bi-mensuel«  falsch  sei  und  in  «Journal  semi- 
mensuel«  geändert  werden  müsse,  weil  das  Blatt  nicht  aller  zwei  Monate, 
sondern  zweimal  in  einem  Monate  erscheine),  d)  Wie  selbstverständlich, 
erscheinen  auch  in  zalilreichen  belletristischen,  politischen  und  sonstigen 
Zeitschriften  gelegentlich  Aufsätze,  bezw.  Notizen,  welche  für  den  franzö- 
sischen Philologen  fachwissenschaftliches  Interesse  besitzen ;  eine  wenigstens 
annähernd  vollständige  Uebersicht  über  diese  sehr  zerstreute  Litteratur 
giebt  Ebering's  Anzeiger  (s.  unten  die  Anm.)  und  die  'Zeitschriftenschau' 
der  Ztschr.  f.  nfrz.  Spr.  und  Lit.  e)  Sehr  viele  für  die  Geschichte  der 
französischen  Philologie  wichtige  Materialien  sind  enthalten  in  der  »Biblio- 
theque  de  l'Ecole  des  Chartas «,  d.  h.  in  den  Publicationen  der  seit  1838 
zu  Paris  bestehenden,  der  specieUen  Ausbildung  künftiger  Archivare,  Di- 
plomaten (im  eigentlichen  Sinne  des  Wortes)  etc.  gewidmeten  Urkundenschule, 
bis  jetzll  sind  46  Bde  erschienen,  über  jede  der  drei  ersten  Dekaden  der- 
selben ist  je  eine  übersichtliche  Table  des  matieres  zusammengestellt  und 
als  besonderes  Heft  veröffentlicht  worden  (Paris  1849,  1862  u.  1870. — 

Von  Wichtigkeit  ist  für  den  französischen  Philologen  eine  gewisse 
Kenntniss  des  modernen  französischen  Zeitungswesens,  bezw.  die  Bekannt- 
schaft mit  wenigstens  einigen  der  bedeutenderen  politischen  Zeitungen  und 
belletristischen  Zeitschriften.  Ein  Verzeichniss  der  »hauptsächlichsten  fran- 
zösischen Zeitschriften«  hat  im  Jahre  1883  das  »Exportgeschäft  für  fran- 
zösische   Litteratur«    von    Hubert    ^^'elter    in    Paris,    70    Rue    Bonaparte, 


1)  Nachgetragen  werde  hier,  dass  auch  die  Ztschr.  f.  nfrz.  Spr.  und 
Lit.  regelmässige  bibliographische  Uebersichten  und  Novitätenverzeichnisse 
bringt.  —  Das  beste  bibliographische  Hülfsmittel  ist  Ehering's  bibliogra- 
phischer Anzeiger  f.  roman.  Spr.  und  Lit.  erscheint  seit  Herbst  1883, 
zweimonatlich;  bis  jetzt  —  Anfang  1885  —  liegen  8  Hefte  vor  . 


Geschichte  der  französischen  Philologie.  §1 

herausgegeben '  .  Eine  treffende  Charakteristik  der  pariser  politischen  Jour- 
nale hat  C.  ViLLATTE  in  seinem  Sachwörterbuch  3.  Theil  des  Langen- 
scheidt'schen  »Notwörterbuches«.  Berlin  1S84',  S.  261  ff.,  gegeben.  Unter 
den  belletristischen  Zeitschriften  Frankreichs  ist  die  Revue  des  deux  Mondes, 
•übwol  mitunter  an  Symptomen  von  Altersschwäche  leidend,  doch  immer  noch 
die  bedeutendste;  ihre  Lecture  ist  für  jeden  unentbehrlich,  der  für  das 
moderne  französische  Culturleben  sich  interessirt. 

§  3.  Die  französische  Philologie  und  der  fran- 
zösische Unterricht  auf  den  deutschen  höheren 
Schulen  Gymnasien.  Kealgvmnasien  .  höhern  Töch- 
terschulen). 1.  Seitdem  wenigstens  an  der  Mehrzahl  der 
höheren  Schulen  Deutschlands  der  französische  Unterricht  von 
philologisch  gebildeten  Lehrern  ertheilt  wird,  hat  sich  mehr  und 
mehr  das  Streben  geltend  gemacht,  diesen  Unterricht  auf  eine 
höhere  Stufe  zu  erheben  und  die  Ergebnisse  der  wissenschaft- 
lichen Forschung  für  ihn  zu  verwerthen.  Die  Berechtigung  die- 
ses Strebens  ist  unbedingt  anzuerkennen,  doch  ist  andrerseits 
davor  zii  warnen,  dass  es  zu  einem  den  Zweck  und  das  Wesen 
des  höheren  Unterrichtes  beeinträchtigenden  Extreme  gestei- 
gert werde. 

2.  Die  Wandelung,  welche  sich  hinsichtlich  des  französi- 
schen Unterrichtes  an  den  höheren  Schulen  Deutschlands  wäh- 
rend der  letzten  Jahrzehende  vollzogen  hat,  ist  namentlich  in  den 
Schulgrammatiken  zum  Ausdruck  gelangt :  waren  früher  fast 
allenthalben  Lehrbücher  in  Gebrauch .  welche .  wie  z.  B.  die 
vielverbreiteten  PLÖxzschen  .  den  Unterrichtsstoff  nach  rein 
praktischen  Gesichtspunkten  behandelten ,  so  sind  dieselben 
gegenwärtig  an  allen  gut  geleiteten  Gymnasien  und  Eealgym- 
nasien  durch  wissenschaftlich  angelegte  Grammatiken  ver- 
drängt: nur  da.  wo  man  aus  Unwissenheit  oder  aus  Bequem- 
lichkeit am  alten  Schlendrian  festhält .  unterrichtet  man  noch 
nach  Plötz  und  stellt  sich  damit  selbst  ein  geistiges  Armuths- 
zeugniss  aus .  welches  das  achselzuckende  Mitleid  der  Sach- 
verständigen herausfordert. 

Die  erste  wissenschaftliche  Schulgrammatik  war  die  von  E.  KOLL- 
M.\NN,  Französische  Grammatik  für  Gymnasien  und  Studierende.  Marburg 
und  Leipzig  1849  [ein  vortreffliches  Uebungsbuch  dazu  erschien  einige 
Jahre  später  ,   ein  ganz   vorzügliches   Werk,  welches  wohl  verdiente,  neu 


1)  Das  genannte  Geschäft  nimmt  Abonnements  "iu  den  billigsten  Prei- 
sen an,  liefert  auch  französische  Bücher,  Kunstsachen  etc.  überallhin  franco 
zum  pariser  Originalpreise  oder  mit  1<jö/o  Rabatt. 

Körting.  Encyklopädie  d.  rom.  Phil.  III.  Ö 


g2  üas  Französische. 

bearbeitet  zu  werden,  und  in  dieser  neuen  Gestalt  leicht  den  Sieg  über 
alle  concurrirenden  Bücher  davon  tragen  könnte.  Von  später  erschiene- 
nen Grammatiken  seien  folgende  genannt:  E.  M.\TZXER,  Französ.  Gramm. 
Berlin  185G  [die  späteren  Auflagen  sind  blosse  Abdrücke]  (ist  noch  gegen- 
wärtig die  beste  und  vollständigste  wissenschaftliche  Specialgrammatik  des 
Französischen,  wenn  auch,  wie  begreiflich,  in  vielen  Punkten  veraltet :  für 
die  Schule  ist  sie,  schon  ihres  Umfanges  wegen,  nicht  zu  brauchen)  — 
G.  KüRTixG,  Französ.  Gramm,  f.  Gymnas.  Leipzig  1872  'das  Buch  wurde 
seiner  Zeit  sehr  günstig  beurtheilt,  namentlich  hinsichtlich  der  Darstellung 
der  Syntax,  und  fand  auch  im  Auslande  Eingang,  wurde  z.  B.  in  das 
Ungarische  übersetzt;  gegenwärtig  aber  i.st  es  in  wesentlichen  Theilen  ver- 
altet, müsste  also,  um  ferner  brauchbar  zu  sein ,  eine  Umarbeitung  erfah- 
ren, welche  der  Verf.  jedoch,  weil  gegenwärtig  dem  praktischen  Schulleben 
entrückt,  nicht  selbst  zu  übernehmen  wagt,  selbstverständlich  aber  wird  er 
Jeden,  der  sich  ihr  etwa  unterziehen  will,  mit  seinem  Kath  nach  Kräften 
unterstützen).  —  G.  I;ÜCKIXG,  Französ.  Schulgrammatik.  Berlin  ISSu  eine 
wissenschaftliche  Leistung  ersten  Ranges,  aber  für  Schulzwecke  höchstens 
in  der  Hand  eines  aussergewöhnlich  tüchtigen  Lehrers  brauchbar :  der  Verf. 
hat  dies  selbst  erkannt  und  in  Folge  dessen  eine  kleinere  Grammatik  für 
den  Schulgebrauch  herausgegeben  (Berlin  1882],  indessen  auch  diese  lässt, 
wie  Schulmänner  versichern,  in  pädagogischer  Beziehung  zu  wünschen 
übrig)  —  H.  KxEBEL,  Französ.  Schulgrammatik.  Neu  bearbeitet  von 
H.  Probst  16,  Aufl.  Essen  1883  verständig  angelegt  und  praktisch  recht 
brauchbar,  auch  mit  jeder  Auflage  immer  mehr  den  Ansprüchen  der  "NA'is- 
senschaft  gerecht  werdend)  —  Ph.  Plattner,  Französ.  Schulgi-ammatik, 
Karlsruhe  1883  ;ist  mit  grossem  pädagogischen  Geschick  angelegt  und  ent- 
hält höchst  schätzbare  und  zahlreiche,  sonst  nirgendswo  zu  findende  Be- 
merkungen über  den  gegenwärtigen  Sprachgebrauch.  Das  Buch  ist  somit 
für  jeden  französisch  Lernenden  höchst  interessant  und  wichtig  und  zeich- 
net sich  in  der  genannten  Beziehung  vortheilhaft  vor  allen  anderen  wissen- 
schaftlichen Grammatiken  aus,  deren  Verfasser  den  gegenwärtigen  Sprach- 
gebrauch, namentlich  insofern  als  er  in  der  Conversation  zur  Geltung 
gelangt,  meist  nur  sehr  nebensächlich  berücksichtigt  haben.  Dagegen 
muss  andrerseits  aber  auch  bemerkt  werden ,  dass  die  Anordnung  des 
Stoffes  in  mehrfacher  Beziehung  verfehlt  ist,  dass  einzelne  termini  technici, 
wie  z.  B.  »abgezweigte  Conjugationen«,  unglücklich  gewählt  sind,  dass  end- 
lich, und  hierin  besteht  der  wesentlichste  Mangel  des  Buches,  die  Ergeb- 
nisse der  romanischen,  bezw.  der  französischen  Philologie  bei  weitem  nicht 
in  ausreichender  Weise  verwerthet  worden  sind.  Vgl.  übrigens  die  .sehr 
eingehende  und  gehaltreiche  Recension  von  A.  K.\MBEAr  in  der  Ztschr.  f. 
nfrz.  Spr.  und  Lit.  V'-,  p.  192  fl\  Indessen  werden  die  bemerkten  Mängel 
in  einer  2.  Auflage  zweifellos  beseitigt  werden,  und  überhaupt  steht  zu  er- 
warten, dass  der  Verf.,  der  durch  seine  seltene  Vertrautheit  mit  der  leben- 
den und  seine  gründliche  Bekanntschaft  auch  mit  der  älteren  Sprache  zu 
einer  hervorragenden  Leistung  befähigt  ist,  seinem  Buch  mehr  und  mehr 
eine  mustergültige  Form  ge])en  werde  . 

Wie  aus  dem  Gesagten  sich  ergiebt,    fehlt  zur  Zeit  noch  eine  franzö- 


Geschichte  der  fraiiztisisclien  Philologie.  S3 

sische  8chulg:rammiitik,  welche  den  bereehtifften  Anfordeninfreu  sowohl  der 
Wissenschaft  wie  der  Praxis  voll  g:enün:t :  voraussichtlieli  wird  dieser  Zu- 
stand auch  nocli  lautrere  Zeit  währen,  da  die  Abfassun";  eines  allseitijr  «je- 
nüg^enden  Lehrbuches  doeli  wohl  erst  dann  möglich  sein  dürfte,  wenn  die 
gerade  gegenwärtig  in  vollem  Flusse  begriffene  philologische  Forschung 
wenigstens  zu  einem  gewissen  Abschlüsse  gelangt  und  wenn  das  Problem, 
wie  die  Ergebnisse  der  Lautphysiologie  für  die  Schule  nutzbar  zu  machen 
seien,  bezw.  wie  der  Ausspracheunterricht  auf  wissenschaftliche  Grundlage 
gestellt  werden  könne,  in  einer  Weise  gelöst  sein  wird,  welche  auch  dem 
praktischen  Pädagogen  als  annehmbar  erscheint. 

Aus  dem  angedeuteten  Grunde  sollte  man  aber  vorläufig  einmal  ablassen 
von  dem  zur  Zeit  eben  noch  verfrühten  Versuche,  die  richtige  Form  für 
die  französische  GjTiinasialgrammatik  zu  finden.  Es  taugt  nichts,  dass 
Jahr  aus  Jahr  ein  eine  Anzahl  von  Büchern  erscheint,  an  denen  nur  deren 
Verfasser  Freude  haben  und  selbst  diese  selten  eine  ungetrübte,  jedenfalls 
aber  nie  eine  langdauernde. 

Man  darf  übrigens  nicht  vergessen,  dass  auch  die  beste  Grammatik 
nur  in  den  Händen  des  tüchtigen  Lehrers  brauchbar  ist  und  dass  andrer- 
seits der  tüchtige  Lehrer  auch  ein  weniger  gutes  Lehrbuch  doch  mit  Er- 
folg zu  benutzen  vermag,  da  er  fähig  ist,  dessen  Schwächen  und  Mängel 
zu  erkennen  und  ihre  nachtheilige  Einwirkung  auf  den  Unterricht  zu  ver- 
hindern. 

3.  Nicht  nur  hinsiclitlich  der  Behaudluno:  des  gramma- 
tischen Lehrstoffes,  sondern  auch  in  Bezug  auf  die  Auswahl 
mid  Behandlung  der  französischen  Schullecture  bekundet  sich 
das  Streben  nach  Durchführung  wissenschaftlicher  Grundsätze. 
Zeugniss  davon  legen  die  verschiedenen  neuen  Sammlungen 
von  Schulausgaben  französischer  ,und  englischer  Autoren  ab. 
Die  bedeutendste  unter  diesen  ist.  wie  bekannt,  die  AVeid- 
mannsche.  Es  hat  sich  bis  jetzt  jedoch  kein  Kanon  der  Schul- 
lecture allgemeine  Anerkennung  zu  verschaffen  vermocht  (den 
bis  jetzt  berechtigtesten  Anspruch  darauf  würde  der  von 
Hemme  in  den  Verhandlungen  der  Direktorenversammlung  der 
Provinz  Hannover  vom  Jahre  1879  aufgestellte  besitzen  .  Auch 
für  die  Interpretation  der  Schulautoren  hat  sich  eine  sichere  Me- 
thode noch  nicht  ausgebildet.  Endlich  sind  unter  den  neueren 
Schulausgaben  neben  einzelnen  vortrefflichen  Leistungen  z.  B. 
Fritsches  Moliere  -  Ausgaben .  Strehlke's  Cid- Ausg.  leider 
sehr  viele  arg  misslungene  zu  verzeichnen,  namentlich  ver- 
misst  man  an  ihnen  häufig  die  weise  Kunst  des  Masshaltens 
im  Erklären. 

Im  Anschluss  an  das  eben  Erörterte  seien  hier  eine  Anzahl  von  Thesen 

6» 


84  Das  Französische. 

über    Ziel    und   Methode    des    französischen   Gymnasialunterrichtes    aufge- 
stellt ») : 

1.  Die  Aufgabe  des  Gymnasiums  ist  die  Vorbereitung  für  das  wissen- 
schaftliche Universitätsstudium  im  Allgemeinen.  Nicht  Aufgabe  des 
Gymnasiums  ist  also  die  specielle  Vorbereitung  für  das  Studium  einer 
Fachwissenschaft;  ebensowenig  ist  seine  Aufgabe  die  Ueberlieferung  einer 
encyklopädischen  Bildung.  Erfüllen  kann  das  Gymnasium  seine  Aufgabe 
selbstverständlich  nur  an  denjenigen  Schülern,  welche  seinen  Unterrichts- 
cursus  absolviren.  Folglich  sollte  das  Gj'mnasium  auch  nur  von  solchen 
Schülern  besucht  werden,  welche  einem  gelehrten  Berufe  sich  zu  widmen 
beabsichtigen  2,. 

2.  Hauptgegenstände  des  Gymnasialunterrichtes  müssen  sein,  bezw. 
bleiben  Latein,  Griechisch  und  Mathematik,  diesen  gegenüber  müssen  alle 
übrigen  Unterrichtsfächer  zurücktreten. 


1)  Um  seine  Berechtigung  zu  diesem  pädagogischen  Excurse  zu  erwei- 
sen, gestattet  sich  der  Verf.  die  Bemerkung,  dass  er  vor  seiner  im  Herbst 
1876  erfolgten  Berufung  zu  einem  akademischen  Lehramte  neun  Jahre  lang 
als  Gymnasiallehrer  thätig  gewesen  ist  und  dass  er  auch  in  seiner  gegen- 
wärtigen Stellung  sich  für  die  Fragen  der  Gymnasial])ädagogik  stets  ein 
lebhaftes  Interesse  bewahrt  hat.  Uebrigens  besitzen  ja  diejenigen  preussi- 
schen  Universitätsprofessoren ,  welche  Mitglieder  einer  wissenschaftlichen 
Prüfungscommission  sind  und  als  solche  auch  die  Superrevision  der  Abi- 
turientenarbeiten zu  vollziehen  haben ,  gCAvisse  amtliche  Beziehungen  zu 
den  Gymnasien  und  werden  dadurch  vor  der  Gefahr  bewahrt,  pädagogische 
Fragen  von  dem  sehr  falschen  Standpunkte  einer  eingebildeten  Vornehm- 
heit herab  zu  betrachten. 

2;  Das  Krebsübel  unseres  gegenwärtigen  Gymnasialwesens  ist  die 
UeberfüUung  vieler  Gymnasien,  namentlich  derjenigen  in  grossen  Städten, 
denn  dieselbe  hat  —  ganz  abgesehen  davon ,  dass  sie  die  Schuldisciplin 
erschwert  und  Director  und  Lehrer  in  nachtheiliger  Weise  mit  Arbeit  be- 
lastet —  namentlich  die  unheilvolle  Folge,  dass  sie  die  Heranziehung 
wissenschaftlich  wenig  befähigter  Persönlichkeiten  zum  GATiinasiallehramte 
nothwendig  macht.  Man  bewegt  sich  in  einem  circulus  vitiosus  der  schlimm- 
sten Art !  Die  immer  steigende  Schülerzahl  der  Gymnasien  verlangt  die 
stete  Vermehrung  der  Lehrkräfte,  die  dadurch  gewährte  Aussicht  auf  bal- 
dige Anstellung  u.  dgl.  aber  verlockt  Viele  ,  die  des  inneren  Berufes  und 
der  erforderlichen  Begabung  entbehren,  zum  Eintritt  in  das  Lehrfach,  und 
dies  bringt  wieder  Schüler  auf  das  Gymnasium  und  später  auf  die  Uni- 
versität, welche  besser  davon  fern  blieben.  Bei  jeder  Prüfungscommission 
melden  sich  Jahr  aus  Jahr  ein  nicht  wenige  Candidaten,  die  nur  eine  sehr 
beschränkte  Facultas  zu  erlangen  vermögen,  gleichwolil  aber,  weil  die  Nach- 
frage nach  Lehrkräften  eine  grosse  ist,  meist  rasch  eine  Anstellung  linden. 
Man  kann  sich  nun  leicht  vorstellen,  welches  Unheil  Lehrer  anrichten,  die 
nur  über  dürftige  Kenntnisse  verfügen  und  oft  genug  in  ihrem  Amte  ledig- 
lich eine  \'ersorgung  erblicken.  Es  gilt  also  vor  Allem  die  UeberfüUung 
der  Gymnasien  zu  beseitigen  und  dadurch  die  Möglichkeit  zu  schaffen, 
dass  man  ungeeignete  F^lcmente  von  den  Lehrercollegien  fern  halten  kann. 
Man  wirke  also  nach  Kräften  dahin,  dass  Schüler,  die  nicht  den  Eintritt 
in  einen  gelehrten  Beruf  beabsichtigen,  in  andere,  für  sie  geeignetere  Un- 
terrichtsanstalten abgeleitet  werden.  Dringend  wünschenswerth  wäre  es, 
dass  mehr  und  mehr  höhere  Bürgerschulen  errichtet  würden,  welche  eine 
für  die  Bedürfnisse  des  l)ürgerlichen  Lebens  ausreichende  und  in  sich  ab- 
geschlossene Bildung  übermitteln  und  deren  Absolvirung  die  Berechtigung 
zum  einjährigen  Dienste  gewährt. 


Geschichte  der  französischen  Philolofrie.  85 

>.  Der  französische  Unterricht  hat  für  das  Gymnasium  eine  an  sich 
zwar  wichtige ,  aber  im  Vergleich  mit  dem  lateinischen ,  griechischen  und 
mathematischen  doch  nur  untergeordnete  Bedeutung,  es  kann  daher  die 
ihm  gewidmete  Stundenzahl  nicht  über  das  gegenwärtig  festgesetzte  Mass 
ausgedehnt  werden. 

4.  Die  unmittelbaren  Aufgaben  des  französischen  Gymnasialunter- 
richtes sind ;  a)  die  Erlernung  einer  gewissen  Fertigkeit  im  schriftlichen 
Ausdruck;  b  die  Erlangung  möglichst  grosser  Fertigkeit  im  Uebersetzcn 
aus  dem  Französischen  in  das  Deutsche,  bezw.  die  Erlangung  möglichster 
Sicherheit  im  Verständnisse  neu  französischer  Texte :  c  die  Erlangung 
einer  gewissen  Einsicht  in  das  Verhältniss  des  Französischen  zum  Latei- 
nischen, bezw.  in  die  Beschaöenheit  und  in  die  geschichtliche  Entwicke- 
lung  des  Baues  der  französischen  Sprache. 

Die  mittelbaren  Aufgaben  des  französischen  GjTnnasialunterrichtes 
sind :  a  Die  Schüler  zu  befähigen ,  bei  ihren  späteren  wissenschaftlichen 
Studien  auch  die  in  französischer  Sprache  abgefassten  einschlägigen  Werke 
heranziehen  zu  können;  b)  den  Schülern  die  Möglichkeit  zu  gewähren, 
mit  den  "Werken  der  französischen  Dichtkunst  und  Beredtsamkeit  durch 
Lecture  der  Originale  sich  vertraut  zu  machen  und  dadurch  einen  Einblick 
in  und  ein  Verständniss  für  das  eigenartige  Geistesleben  der  Franzosen 
und  dessen  Bedeutung  für  die  moderne  Gesammtcultur  zu  gewinnen; 
c  die  Schüler  mit  dem  Bau  einer  analytischen  Sprache  bekannt  zu  machen 
und  dadurch  den  Umfang  ihres  Verständnisses  für  Sprachbau  und  Sprach- 
entAvicklung  in  fördernder  "Weise  zu  erweitern. 

5.  Nicht  Aufgabe  des  französischen  Gymnasialunterrichtes  kann  die 
Erlangung  der  Spr echfertigkeit  sein.  Der  Versuch,  auch  diese  —  an 
sich  sehr  berechtigte  —  Aufgabe  zu  lösen,  kann  nur  unter  ausnahmsweise 

.  günstigen  Verhältnissen  gelingen  und  ist  daher  als  zwecklos  und  vergeb- 
lich in  der  Regel  zu  unterlassen.  Selbst  die  Ueberlieferung  einer  allseitig 
correkten  Aussprache  kann,  so  wünschenswerth  sie  an  sich  auch  ist,  doch 
auch  nur  in  besonders  günstigen  Ausnahmefällen  als  erreichbar  und  folg- 
lich auch  als  erstrebbar  betrachtet  werden.  Unter  gewöhnlichen  Verhält- 
nissen wird  man  gut  thun,  der  Einübung  der  Aussprache  nicht  zu  viel 
Zeit  und  Mühe  zu  opfern,  da  eine  gleichmässige  Durchbildung  der  Schüler 
in  dieser  Beziehung  doch  nicht  erzielt  werden  kann.  Man  muss  immer 
nur  das  Mögliche  wollen,  und  das  Bessere  darf  nicht  der  Feind  des  Gu- 
ten sein. 

6.  Der  französische  Gymnasialunterricht  muss  in  systematischer  "Weise, 
also  auf  Grund  einer  systematischen  Grammatik,  ertheilt  werden.  Zu  ver- 
werfen sind  Lehrbücher,  welche  den  Lehrstoff  zerstückeln  und  nach  prak- 
tischen Gesichtspunkten  mundgerecht  zu  machen  suchen.  Derartige  Lehr- 
bücher begünstigen  die  Denkträgheit  bei  Lehrern  und  Schülern  und  ma- 
chen den  letzteren  es  unmöglich,  die  Sprachmaterie  verstandesmässig  zu 
erfassen  und  Einsicht  in  die  Eigenart  des  Sprachbaues  zu  erlangen. 

An  die  Grammatik  muss  sich  ein  deutsch-französisches  und  französisch- 
deutsches Uebungsbuch  eng  anschliessen ;  die  in  demselben  enthaltenen 
Uebersetzungsaufgaben    dürfen    nicht   aus    zusammenhangslosen,    trivialen 


86  Das  Französische. 

Sätzen  bestehen,  sondern  es  muss  mögliehst  jeder  Abschnitt  einen  zusam- 
menhängenden und  abgeschlossenen  Inhalt  haben,  so  einfach  derselbe  auch 
sein  mag. 

7.  Auf  der  unteren  Stufe  des  Unterrichtes  (Quinta,  Quarta,  Unter- 
tertia ist  der  grammatische  Lehrstoft'  in  rein  dogmatischer  Form  zu  über- 
liefern ;  zwar  hingewiesen  werden  müssen  die  Schüler  auf  die  Thatsache, 
dass  das  Französische  aus  dem  Lateinischen  entstanden  ist,  aber  es  ist 
von  jedem  "N'ersuche  abzusehen,  diesen  Hinweis  näher  zu  begründen  und 
die  französischen  Worte  und  Wortformen  aus  dem  Latein  zu  erklären. 
Erst  auf  der  mittleren  und  oberen  Unterrichtsstufe  ist  der  organische  Zu- 
sammenhang zwischen  Französisch  und  Lateinisch  näher  darzulegen,  indem 
eine  gedrängte  systematische  Uebersicht  über  die  geschichtliche  Entwicke- 
lung  der  französischen  Laute,  "Worte  und  Wortformen  gegeben  wird.  Es 
liegt  jedoch  in  der  Natur  der  Sache,  dass  diese  Uebersicht  auf  das  Ele- 
mentare sich  beschränken  muss  und  dass  namentlich  die  Herbeiziehung 
des  Altfranzösischen,  bezw.  der  französischen  Dialecte  thunlichst  zu  ver- 
meiden ist.  Das  in  Br.\chet's  Grammatik  enthaltene  Material  dürfte  als 
das  Maximum  dessen  zu  bezeichnen  sein ,  was  im  Schulunterrichte  behan- 
delt werden  kann  (keineswegs  aber  muss.  Jedes  Uebermaass  ist  sorg- 
lich zu  vermeiden,  namentlich  ist  auch  darauf  zu  achten,  dass  die  sprach- 
geschichtliche Einsicht  das  praktische  Können  nicht  beeinträchtige,  sondern 
dass  der  auf  der  Unterstufe  mechanisch  erlernte  Wort-  und  Formenschatz 
festgehalten  und  mehr  und  mehr  zu  einem  freien  geistigen  Besitze  umge- 
staltet werde. 

8.  Auf  allen  Stufen  des  Unterichtes  sind  die  Schüler  in  schriftlichen 
Uebersetzungsarbeitcn  zu  üben.  Sogenannte  »freie  Aufsätze«  dagegen  dür- 
fen auch  auf  der  obersten  Stufe  nicht  gefordert  werden. 

'J.  Die  Lecture  ist  in  Untertertia  zu  beginnen.  Der  Gebrauch  von 
Chrestomathien  ist  dabei  thunlichst  einzuschränken ;  höchstens  darf  in  Un- 
tertertia ein  leichtere  Prosastücke  enthaltendes  Lesebuch  und  in  Prima  eine 
Anthologie  lyrischer  Gedichte  benutzt  werden.  Im  Uebrigen  sind  vollstän- 
dige in  sich  abgeschlossene  Werke ,  bezw.  in  sich  abgeschlossene  Theile 
von  solchen  zu  lesen.  Wenn  irgend  möglich,  muss  die  Lecture  eines  A^'er- 
kes  in  einem  Semester  beendet  werden.  Die  Prosa  ist  vor  der  Poesie  zu 
bevorzugen;  innerhalb  der  Prosa  wieder  sind  in  erster  Linie  Schriften  hi- 
storischen, geographischen  und  naturwissenschaftlichen  Inhaltes  auszuwäh- 
len, in  zweiter  Linie  Novellen  und  in  Prosa  abgefasste  Lustspiele.  Auf 
dem  poetischen  Gebiete  wird  man  sich  im  AVesentlichen  auf  die  hervor- 
ragendesten Tragödien  Corneillc's  und  Racine's  und  auf  die  Lecture  aus- 
gewählter lyrischer  Gedichte  beschränken  müssen;  die  Molicre-Lecture  ist 
keineswegs  aufzugeben,  aber  im  Verhältnisse  zu  ihrem  jetzigen  Umfange 
einzuengen,  indem  manche  von  den  Komödien,  welche  jetzt  noch  gelesen 
zu  werden  pflegen,  für  die  SchuUecture  sich  nicht  eignen,  so  namentlich 
der  Avare  und  der  Misanthrope.  —  Die  Schüler  sind  möglichst  zur  cur- 
sorischen Privatlecture  anzuregen  und  auf  für  diese  geeignete  Werke  auf- 
merksam zu  machen. 

lU.     In  der  Prima  ist  eine  gedrängte  Uebersicht  über  die  französische 


Geschichte  der  französisclien  Philoloijie.  87 

Litteraturgeschichte,  etwa  mit  Zufiruiulelefiunj;;  von  Hueitinger's  bekann- 
tem Leitfaden,  zu  geben,  jedoch  ist  hierbei  das  (iedächtniss  der  Scliüler 
möglichst  wenig  mit  Jiüireszahlen  und  Büchertiteln  zu  belasten,  vielmelir 
darf  als  Aufgabe  der  betr.  Vorträge  nur  betrachtet  werden,  die  Schüler 
über  die  Entwickelung  und  Bedeutung  der  französischen  Litteratur  zu 
Orientiren  und  zu  späterem  Studium  derselben  anzuregen. 


Das  eben  Gesagte  hat  natürlich  auch  für  das  Kealgymnasiuni  Geltung, 
insofern  dasselbe  seine  Schüler  auf  die  Universität  vorbereitet ;  da  aber 
das  Realgymnasium  auch  für  praktische  Lebensberufe  vorbildet,  ist  es  frei- 
lich genöthigt,  den  französischen  Unterricht  nach  einer  wesentlich  anderen, 
auf  das  Praktische  hinzielenden  Methode  zu  ertheilen.  Für  den  künftigen 
Studierenden  ist  dies  uuzweifelliaft  ein  Nachtheil,  wenn  auch  ein  solcher, 
der  sich  noch  am  ehesten  ertragen  lässt.  Die  Doppelstellung  aber,  welche 
das  Realgymnasium  hinsichtlich  seiner  Aufgabe  einnimmt,  dürfte  sich,  je 
häufiger  Realabiturienten  zur  Universität  übergehen,  als  immer  unhaltbarer 
erweisen  und  die  Nothwendigkeit  der  endlichen  Herstellung  einer  Einheits- 
schule Combination  des  humanistischen  mit  dem  realistischen  Gymnasium 
immer  klarer  und  dringender  sich  erweisen. 


Wahrhaft  kläglich  ist  es  mit  dem  französischen  und  überhaupt  mit 
dem  neusprachlichen  Unterricht  in  den  sogenannten  höheren  Töchterschulen 
oder  doch  in  der  grossen  Mehrzahl  derselben  bestellt.  Er  ist  nichts  wei- 
ter als  eine  elende  Dressur  zu  einer  gewissen  —  oft  überdies  sehr  frag- 
würdigen —  Sprechfertigkeit,  eine  Anleitung  zum  Pariiren  in  conventio- 
nellen  Phrasen  über  triviale  Dinge.  Solcher  Unterricht  bringt  selbstver- 
ständlich der  Verstandes-  und  Charakterbildung  nicht  nur  keine  Förderung, 
sondern  vielmehr  schwere  Schädigung;  er  richtet  ab  zu  gedankenlosem 
Plärren  und  verführt  zu  hochmüthiger  Eingebildetheit  auf  vermeintliches 
"\\'issen  und  Können.  Hier,  wie  überhaupt  im  sogenannten  höheren  Mäd- 
chenunterrichte, ist  eine  durchgreifende  Reform  dringend  nothwendig,  und 
dieselbe  wird  namentlich  eben  dahin  zu  wirken  haben,  dass  der  Segen  eines 
methodischen,  den  Verstand  und  den  Charakter  bildenden  Sprachunter- 
richtes auch  den  nach  höherer  Bildung  strebenden  ^lädchen  zu  Theil 
werde.  Es  wird ,  wenn  dies  «;eschieht ,  damit  ein  bedeutsamer  Schritt  zur 
Förderung  unserer  nationalen  Cultur  gethan  werden. 


§S  Das  Französische. 

Viertes  Kapitel. 

Die  Dialecte  des  Französischeu. 

§  1.  Die  altfranzösischen  Dialecte.  I.  Dass  wäh- 
rend der  altfranzösischen  Periode  eine  gemeinfranzösische 
Schriftsprache  noch  nicht  vorhanden  war,  sondern  dass  die  ein- 
zelnen Dialecte  als  Litteratursprachen  gebraucht  wurden,  ist 
bereits  oben  S.  51  bemerkt  worden').  Es  ergiebt  sich  dar- 
aus die  Wichtigkeit  des  Studiums  der  'altfranzösischen  Dia- 
lecte. 

2.  »Nam  et  idiomata  variantur  eiusdem  linguae  apud  di- 
verses, sicut  patet  de  lingua  gallicana,  quae  apud  Gallicos  et 
Normannos  et  Picardos  et  Burgundos  multiplici  variatur  idio- 
mate.  Et  quod  proprio  dicitur  in  idiomate  Picardorum ,  hor- 
rescit  apud  Burgundos,  imo  apud  Gallicos  viciniores«.  Roger 
Bacon  (Op.  Majus ,  part.  III  de  utilitate  grammaticae  p.  44 
ed.  Lond.  1733).  Darnach  unterschied  Bacux  1214  — 1294) 
also  vier  Dialecte:  a.  den  gallischen,  d.  h.  den  Dialect  von 
Isle  de  France,  b.  den  normannischen,  c.  den  picardischen, 
d.  den  burgundischen. 

3.  Die  von  Bacon  ,  vermuthlich  auf  Grund  eigener  Be- 
obachtung angegebene  Eintheilung  der  Dialecte  wurde  im 
Wesentlichen  von  Fallot  (1839  —  dem  ersten,  der  unter 
den  Neueren  die  Dialectfrage  behandelte  —  anerkannt .  in- 
dem derselbe  in  seinen  Recherches  etc.  (s.  oben  S.  41)  p,  16  ff. 
unterschied  2;  : 

a)  den  normannischen  Dialect  (Gebiet:  Maine.  Bre- 
tagne, Perche,  Poitou,  Anjou) ; 

b)  den  picardischen  Dialect  (Gebiet:  Artois,  [Flandern], 


1)  Jedoch  begann  die  Entwickelung  einer  allgemeinen  Schriftsi)rache 
auf  Grund  der  centralfranzösischen  Mundart  Verhaltnissniässig  früh.  Schon 
zur  Zeit  Crestien's  v.  Troyes  zweite  Hälfte  des  12.  Jahrhunderts  waren 
die  Ansätze  zu  einer  solchen  vorhanden.  Vgl.  die  tretilichen  Bemerkun- 
gen SucniEU's  in  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  II  153. 

2)  Fallot  nahm  bei  seiner  Eintheilung  vorzugsweise  auf  das  13.  Jahr- 
hundert Bezug  und  bescliränkte  sie  auf  das  politische  Gebiet  Frankreichs. 
BlKGUV  dehnte  sie  auch  auf  das  12.  Jahrhundert  und  auf  das  ausserhalb 
Frankreichs  gelegene  französische  (Sprachgebiet  aus.  In  der  obigen  Ueber- 
sicht  setzen  wir  die  von  Birguy  ninzugefügten  Landschaften  in  eckige 
Klammern. 


Die  Dialecte  des  Französischen.  89 

lias-Maiiie,   Champagne,  Lothringen,    [llennegaii,  Naniur,  Lüt- 
tich.  IJrabant]) ; 

c  den  burgimdi  sehen  Dialeet  .Gebiet:  Nivernais, 
l^erry,  ürleanais,  Touraine,  lias-Hourbonnais ,  Anjou,  Isle  de 
France,  Champagne,  Lothringen'),  Franche-Comte,  [Vaud, 
NeufchateL  Bern  2). 

Als  Grundlage  der  neulVanzösischen  Schriftsprache  betrach- 
tete auch  Fallot  die  Sondermundart  von  Isle  de  France. 

Fallot's  Eintheilung  -wurde  von  Kukgi  y  in  die  Gram- 
niaire  de  la  langue  doi'l  übernommen. 

4.  Auch  DiRz  hat,  Gr.  I^  121  fF.,  die  Drei-,  bezw.  Vier- 
theilung der  Dialecte  anerkannt,  jedoch  mit  Recht  darauf  auf- 
merksam gemacht,  dass  die  lothringische  »Nebenmundart«  sich 
—  freilich  nur  »wenig«  —  von  der  burgundi^hen  unter- 
scheide. 

Als  die  wichtigsten  Kemizeichen  der  einzelnen  Dialecte 
stellt  DiEZ  folgende  auf: 

a  Burgundisch.  Frz.  a  =  ai:  jai=Ja,  hrais  =^  hras  etc.;  frz.  e 
und  i\  =  ei',  veriteit  =  verite,  ineir  =  mer;  frz.  e  nach  ^  und  ch  =  ie  :  chief, 
niangier,  Jugier  =^  che f  etc.;  frz.  ei  =  oi:  moiner,  jrroier,  noier  =  mener, 
prier,  nier\  frz.  eau  =  iau,  eaux  =  iaz,  tax:  biau,  hiax,  coutiax  =  beau  etc.; 
frz.  eu  =  oic,  oder  o:  soul,  gloriouz,  volt  =  seul,  glorieux,  veuU;  frz.  ou  (aus 
lat.  6)  =  0:  vos,  jor,  amor,  tot  =  vous,jour  etc.;  frz.  ai  =  oi:  jierdoie,  plai- 
soit  =  perdats,  plaisait,  gedecktes,  bezw.  auslautendes  ^widersteht  noch 
häufig  der  Auflösung  in  M  «wenigstens  graphisch" :  oisel,  altre,  halt  =  oiseau 
autre,  haut.  —  Als  charakteristisch  für  das  Lothringische  wird  der 
Uebergang  von  lat.  o  in  ou  (vous,  Jour  etc.)  und  der  Ausdruck  des  deut- 
schen ir  durch  tc  [tcarder  =  garder,   angeführt. 

b  Picardisch.  Frz.  e,  entsprechend  lat.  c,  i,  a,  tritt  gern  als  ie, 
auf:  biel,  nouviel,  chief,  prisier,  mangier  =  bei,  nouvel,  chef,  priser,  man- 
ger; frz.  ou=  o:  jor  u.  dgl. ;  frz.  ai  =  oi:  estoit,  oseroie '^  etait,  oserai,s: 
für  ieu  findet  sich  iü:  Hu  =  Heu;  frz.  c  und  ss  (aus  lat.  ci,  ti]  =  ch ,  frz. 
ch  =  k:    Franche,    merchi,    fache,    cacher  =  France,  jnerci ,   fasse,   chasser. 


1)  Lothringen   wird   also  von  BuRGUY  theils  dem  picardischen ,    theils 
dem  burgundischen  Dialecte  zugewiesen. 

2)  Fallot  stellt  zur  Unterscheidung  der  Dialekte  folgende  Vocaltafel 
auf: 

1 .  norm,  u  =  pic.  o,  nu,  eu  =  bürg,  o 

2.  -       et  =     -     oi,  ai        =      -       oi,  ei.  ai 

3.  -        e  =     -     oi,   ai,   ie  =      -        oi,  ai,   ei,   ie 

4.  -      ui  =     -     i.  oi,   oui  ==■      -        Mt,  oi,  eui,  oui 
Zwischen  den  drei  Hauptmundarten  bestanden  nach  F.\llot's  Ansicht 

Grenzidiome. 


90  l^as  Französische. 

cautcr,  2)ekie  =  chanter,  i)iche;  frz.  ja  =  ya:   (jayant,  sergaus  =  (jea)tt,  ser- 
gent\   deutsches- «f  =  ?<' :  warder,  werpir  =  yarder,  yuerpir. 

c  Normannisch.  Liebt  a  vor  n  in  au  zu  verwandeln:  aunz,  maim- 
der  =  ans,  mander ;  sowol  u  wie  o,  ou  und  ew  stellen  sich  am  üblichsten 
durch  u  dar :  vertuz,  unt,  hunte,  hume,  reisun,  jur,  j)ur,  viis,  truver,  düble, 
ure  =  heurc,  bufs,  colur,  doloruse;  für  ai  stellt  sich  häufig  ei  ein:  feit, 
»leis,  mei)t,  seiiit,  franceis,  aveit,  avereit;  dieses  ei  ist  der  eigentliche,  spe- 
cifisch  normannische  Ausdruck  für  oi:  fei,  tei,  rei,  seit,  saceir  und  saver, 
meite  =  moitie ;  ie  lautet  einfach  e,  in  manchen  Quellen  auch  ie:  ben,  cel, 
ped,  vent,  dener,  chevaler,  amisted;  die  Attraction  des  i,  welche  im  Fran- 
zösischen leicht  einen  Diphthong  ergiebt,  wird  hier  gemieden:  pecunie,  te- 
stimo>iie,  ylorie,  miserie.  —  »Die  nach  England  verpflanzte  Sprache  hat 
manche  Unterschiede  der  Schreibung  und  Aussprache  entwickelt,  die  ihr 
endlich  ein  englisches  Gepräge  aufgedrückt  haben«. 

Die  von  Diez  gegebene  und  im  Obigen  reproducirte  Charakteristik  der 
Dialecte  kann  heute  nicht  mehr  für  ausreichend  und  noch  weniger  für  in 
allen  Punkten  richtig  erachtet  werden. 

5.  Eine  neue  Theorie  über  die  Entstehung  und  Beschaf- 
fenheit der  altfranzösischen  Dialecte  wurde  von  G.  Paris  in 
der  Einleitung  zu  seiner  Ausgabe  des  Alexiusliedes  aufge- 
stellt. Ihren  wesentlichen  Inhalt  hat  Lückixg  (s.  No.  6), 
p.  8  f . ,  folgendcrmassen  zusammengefasst :  »Innerhalb  der 
ziemlich  gleichartigen  lateinischen  ^^olkssprache ,  Avelche  das 
Keltische  verdrängte ,  bildeten  sich  zunächst  grosse  Gruppen, 
innerhalb  dieser  Gruppen  sodann  kleinere;  in  diesen  kleinen 
wieder  kleinere  u.  s.  w.  Zunächst  sonderten  sich  Proven- 
zalisch  und  Französisch :  sodann  innerhalb  des  Französischen 
zwei  oder  drei  Hauptmundarten,  eine  westliche,  eine  östliche 
und  vielleicht  frühzeitig  eine  nördliche,  die  picardische.  Die 
Mundart  des  Ostens  umfasste  JUirgund ,  Lothringen,  Lüttich. 
Namur,  also  die  französisch  redenden  Gebietstheile  des  alten 
Lothringens,  die  des  Westens  Neustrien,  nämlich  die  Nor- 
mandie,  Francien,  die  Champagne  und  die  Provinzen  des 
Centrums.  Die  Mundart  des  Ostens  spaltete  sich  später  in 
die  burgundische,  die  lothringische  und  die  wallonische .  die 
des  Westens  seit  dem  12.  Jahrhundert  in  die  normannische 
und  die  französische.  Das  classische  Denkmal  der  gegen  den 
Unterschied  von  Normannisch  und  Französisch  noch  indiffe- 
renten Mundart  ist  das  Alcxiuslied,  welches  um  die  Mitte  des 
M.  Jahrhunderts  verfasst  worden  ist.  Von  den  älteren  Denk- 
mälern gehört  keins  dem  Westen  an.« 

Aus  G.  Paris'  Theorie  folat.  dass  das  Anjrlonormannische 


Die  Dialecte  des  FranzDsisehen.  91 

nicht  aus  dem  Normaunischeu.  sondern  aus  dciu  Ncustrischen 
hervorgegangen  ist.  da  ja  eben  das  Xeustrisdie,  d.  h.  die 
Mundart  des  Westens,  erst  im  12.  Jahrhundert  in  das  Nor- 
mannische inid  Französische  sich  spaltete. 

ü.  Ct.  Pakis'  Theorie  hat  zunächst  das  allgemeine  be- 
denken gegen  sich,  dass  die  Bewahrung  der  Spracheinheit  bis 
zxmi  12.  Jahrhundert  innerhalb  des  -weit  aiisgedehnten  West- 
gebietes (Neustrien)  von  vornherein  unwahrscheinlich  ist,  wie 
denn  a\ieh  schon  Paris'  Annahme  von  der  ziemlichen  Gleich- 
heit der  lateinischen  A'olkssprache  innerhalb  Galliens  schwer- 
lich zugestanden  werden  darf.  Im  Einzelnen  wurde  G.  Pa- 
ris" Theorie  bekämpft  in  dem,  was  streng  methodische  Forschung 
und  Kritik  anlangt,  meisterhaften  Buche  G.  Lücking's  »die 
ältesten  französischen  Mundarten«  (Berlin  1S77).  Auf  Grund 
einer  geradezu  mikroskopischen  Untersuchung  der  Sprache  der 
ältesten  Denkmäler  gelangt  Lückixg  zu  folgendem  Ergebnisse : 
Innerhalb  des  französischen  Sprachgebietes  bildeten  sich  zu- 
nächst zwei  Dialekte,  ein  Dialekt  des  Westens  und  ein  Dia- 
lekt des  Ostens;  die  Scheidung  derselben  reicht  mindestens 
bis  in  die  erste  Hälfte  des  9.  Jahrhunderts  zurück.  Um  die 
Mitte  des  10.  .Jahrhunderts  hebt  sich  auch  der  Norden  dia- 
lektisch vom  Osten  ab.  Der  Gegensatz  zwischen  dem  Westen 
einerseits  und  dem  Osten  und  Norden  andrerseits  ist  sehr  alt. 
Die  Trennung  zwischen  Norden  und  Osten  hingegen  kann 
im  9.  Jahrhundert  erfolgt  sein').  Inmitten  dieser  Gruppen 
des  Westens,  des  Ostens  und  des  Nordens  ist  nun  gegen  das 
Ende  des  11.  Jahrhunderts  in  den  centralen  Provinzen  des 
nördlichen  Frankreichs,  der  nordöstlichen  Zone  von  Neustrien, 
eine  vierte  Mundart  erkennbar.  Nicht  zu  den  ältesten,  aber 
zu  den  reinsten  Denkmälern  dieser  centralfranzösischen  Mund- 
art gehören  die  Epen  Christians  von  Troyes. 

Die  Gründlichkeit  und  bewundernswerthe  Akribie  der  Un- 
tersuchung Lückixg's  sind  allseitig  mit  gebührendem  Lobe 
anerkannt  worden,  dagegen  hat  seine  Dialecttheorie  vielfachen 
und  lebhaften  Widerspruch  gefunden,  man  vgl.  namentlich  die 


1)  So  -wörtlich  bei  LÜCKING,  S.  198.  Der  scharfsinnige  Gelehrte  hat 
befrenidlicherWei.se  übersehen,  dass  er  wenige  Zeilen  vorher  gesagt  hatte: 
»Um  die  Mitte  des  10.  Jahrhunderts  hebt  sich  der  Norden  durch  sein  kose 
deutlich  vom  Osten  ab". 


92  Uas  Französische. 

inhaltsreichen  Kecensionen  von  G.  Paris  in  der  Romania  MI 
111  — 140  xind  von  H.  Suchier  in  der  Ztschr.  f.  rom.  Phil. 
II   152—159. 

7.  Die  Frage  nach  der  Entstehung  und  Gru])pirung  der 
altfranzösischen  Dialecte  muss  demnach  als  eine  zur  Zeit  noch 
offene  bezeichnet  werden.  Um  sie  zu  lösen,  dürfte  erforder- 
lich sein,  dass  einerseits  die  Eigenart  des  gallischen  Volksla- 
teins, bezw.  der  vorauszusetzenden  landschaftlichen  Differen- 
zierimgen  desselben,  thunlichst  genau  festgestellt  wird  —  was, 
wenn  überhaupt,  freilich  erst  dann  wird  geschehen  können, 
wenn  die  lateinischen  Inschriften  Galliens  in  einer  vollständi- 
gen und  kritischen  Sammlung  vorliegen  werden  — ,  und  dass 
andrerseits  die  modernen  Dialecte  mehr,  als  bisher  geschehen, 
zur  Vergleichung  herangezogen  werden. 

Nachdrücklichst  muss  ülirigens  bemerkt  werden,  dass  es  in 
altfranzösischen  Texten  immer  scharf  zu  unterscheiden  gilt 
zwischen  Schreibweisen ,  welche  nur  der  Unbestimmtheit 
und  Unbeholfenheit  der  Orthographie  ihr  Dasein  verdanken, 
und  solchen,  welche  consequent  zum  Ausdruck  bestimmter 
Laute  und  Lautcomplexe  dienen.  Aus  den  ersteren  können 
Schlüsse  auf  den  Lautbestand  nui*  in  bedingter  Weise  gezogen 
werden. 

8.  Für  praktische  Zwecke  dürfte  vorläufig  folgende  Ein- 
theilung  der  altfranzösischen  Dialecte  statthaft  sein : 

A.  Westliche  Dialekte: 

a)  das  Normannische 

a)  das  Franco-Normannische ')  (Normandie  etc.) 
ß)   das  Anglo-Normannische  (England) 

b)  das  Picardische. 

B.  Oestliche  Dialecte : 

a)  das  Lothringische 

b)  das  Burgundische 

C.  Der  centrale  Dialect  (Isle   de  France  luid  ein  Theil  der 
Champagne). 

Zu  bemerken  ist  hierbei:  a)  jeder  Dialect  theilte  sich  in 
zahlreiche  Untermundarten:  b)  es  ist  anzunehmen,   dass  in  den 


l!  Die  Mundart  von  Anjou  nimmt  innerhalb  des  Franco-Normannischen 
eine  Sonderstellung  ein. 


Die  Dialecte  des  Französischen.  93 

Gebieten,  in  denen  zwei  oder  mehrere  Dialecte  sich  berühr- 
ten, Mischdialecte  entstanden. 

9.  Der  iStudierende  der  französischen  Philologie  mnss 
sich  bestreben,  in  die  Ei<»enart  der  einzelnen  altfranzösischen 
Dialecte,  soweit  dieselben  bis  jetzt  mit  Sicherheit  ermittelt 
worden  ist,  thunlichst  vollständige  Einsicht  zu  erlangen,  nicht 
bloss,  weil  ohne  genaue  Kenntniss  der  Dialecte  die  richtige 
Erkenntnis»  der  gesammten  Sprachentwickelung  unmöglich 
ist.  sondern  auch,  weil  die  kritische  Reconstruction  altfranzö- 
sischer Texte  meist  nur  dadurch  möglich  wird,  dass  die  dem 
Dialekte  des  Originales  nicht  zukommenden ,  sondern  erst 
durch  dessen  Ueberarbeiter ,  bezw.  Abschreiber  sei  es  syste- 
matisch, sei  es  n\u-  sporadisch  in  den  Text  eingeführten 
Sprachformen  als  unberechtigt  erkannt  und  durch  die  ursprüng- 
lichen ersetzt  werden  (NB.  bei  dieser  Operation  ist.  wenn  sie 
an  Litteraturwerken  rhythmischer  Form  geübt  Avird,  das  Stu- 
dium der  Assonanzen  und  Reime  von  höchster  Wichtigkeit 
und  grösstem  Nutzen,  da  aus  diesen,  weil  sie  der  dialectischen 
Umsetzung  am  leichtesten  und  häufigsten  entgingen,  der  ur- 
spriingliche  Dialect  am  sichersten  zu  erkennen  ist) . 

Das  beste  und  den  Studierenden  der  französischen  Plii- 
lologie  angelegentlichst  zu  empfehlende  Mittel,  wenigstens 
eine  gewisse  Vertrautheit  mit  jedem  der  altfranzösischen  Haupt- 
dialecte  zu  erlangen,  ist  die  Lecture  solcher  Texte,  welche 
in  einem  wenigstens  annähernd  reinen  und  einheitlichen  Dia- 
lecte abgefasst  sind:  es  lassen  sich  für  diesen  Zweck  z.  B.  em- 
pfehlen : 

a  Für  das  Franc o-Normannische:  der  von  H.  SrcHlER  Biblio- 
theca  Normannica  Bd.  I.  Halle  1879)  auf  Grund  der  Hds.  A  reconstruirte 
Text  der  Reimpredigt  Grant  mal  fist  Adam  ^vgl.  dazu  BokemÜller's  Di3.s. 
Zur  Lautkritik  der  Reirapredigt.  Halle  1883) ; 

b;  für  das  Anglo-Normannis  che :  Philippe  de  Thaün's  Computus, 
Ausg.  von  E.  Mall.  Strassburg  1872  oder  »Brandans  Seefahrt«,  herausg. 
von  H.  SucHiER  in  den  Rom.  Stud.  I  553  ff. 

c  für  das  Picardische;  Aucassin  et  Nicolete,  herausg.  von  H.  Su- 
CHIER.   Paderborn  1881   (2.  Aufl.; ;  , 

d)  für  das  Lothringische:  Der  lothringische  Psalter,  herausg.  von 
F.  Apfelstedt  (W.  Förster's  Altfrz.  Bibl.  Bd.  IV  Heilbronu  1881;  und 
Die  Predigten  des  hl.  Bernhard,  herausg.  in  einer  Auswahl  als  Anhang  zur 
Ausg,  der  Quatre  Livres  des  Rois  von  Le  Roux  de  Lincy.  Paris  1841  eine 
kritische  Ausg.  von  W.  Förster  ist  in  Vollmüller's  Rom.   Forschungen 


94  Das  Französische. 

Bd.  II  erschienen),  e)  für  das  Burgundische:  Der  Lyoner  Ysopet 
(Mundart  der  Franche-Comte),  herausgeg.  von  W.  Förster  (Altfrz.  Bibl. 
Bd.  V    Heilbr.   1&S2. 

Für  die  Kenntiiiss  derjenigen,  auf  die  eng  verwandten  Mundarten  der 
Isle  de  France  und  der  westlichen  Chnmpagne  sich  gründenden  Sprachform, 
welche  man  als  altfranzösische  Litteratursprache  bezeichnen  kann,  sind  Cre- 
stien's  von  Troyes  Dichtungen  die  beste  und  zuverlässigste  Quelle  les  kommt 
insbesondere  der  Cliges  in  W.  FöRSTER's  Ausgabe  [Halle  1884]  in  Betracht). 

Ueber  den  "VVerth  der  Urkunden  für  die  Dialektforschung 
vgl.  Theil  II  S.  370;  Urkundensammlungen  u.  dgl.  sind  oben 
S.  27 f.  angeführt, 

Litteraturan gaben:  Die  einschlägigen  Werke  von  Fallot,  Bur- 
GVY,  DiEZ,  G.  Paris  und  G.  Lückixg  sind  oben  im  Texte  des  §  genannt 
worden.  —  Monographien:  J.  VisiXG,  Etüde  s.  le  dialecte  anglo-nor- 
mand  du  XII^  siecle.  Upsala  1882  Diss.  'mangelhafte  Arbeit,  und:  Etüde 
s.  le  dialecte  anglo-normand  du  XlVe  siecle,  in  Rev.  des  lang.  rom.  Ser.  3, 
t.  9,  p.  180  ff.  M.  Strauch,  Lat.  o  in  der  norm.  Mundart.  Halle  ISSl. 
Diss.  —  P.  SCHILZKE,  Betontes  e  +  i  und  6  +  i  in  der  norm.  Mundart. 
Halle  1879  Diss.  —  Kloppe,  Recherches  s.  le  dialecte  de  AVace,  trouvere 
anglo-normand.  Magdeburg  18.53/54.  —  P.  Thierkopf,  Der  stammhafte 
Wechsel  im  Norm.  Halle  1880  Diss.  —  Hotzel,  Der  norm.  Dialekt  und 
die  frz.  Schriftsprache.  Eisenach  1869  Progr.,  und:  Die  altfrz.  Gesetze 
Wilhelms  des  Eroberers.  Eisenach  1859  Progr.  —  C.  Roeth,  Ueber  den 
Ausfall  des  intervocaleu  d  im  Norm.  Halle  1882  Diss.  —  C.  Uhlem.\nx, 
Ueber  die  anglonorm.  Vie  de  Seint  Auban  in  Bezug  auf  Quelle,  Lautver- 
hältnisse und  Flexion.  Strassburger  Diss.  1880  (=  Roman.  Stud.  Bd.  IV 
543  ff.)  —  H.  Seeger,  Ueber  die  Sprache  des  Guillaume  le  Clerc  de  Nor- 
mandie  etc.  Halle  1881  Diss.  (vgl.  auch  die  Abhandlung  von  G.  Schmidt 
über  G.  1.  C.  in  Roman.  Stud.  IV  493  ff.).  —  G.  Raynaud,  Etüde  s.  le 
dialecte  picard  dans  le  Ponthieu  etc.  in  Bibl.  de  l'Ec.  des  Ch.  37 ,  p.  5  ff. 
und  317  ff.  cf.  Rom.  V  409  und  VI  307  und  614).  —  H.  Haase,  das  Ver- 
halten der  picardischen  und  wallonischen  Denkmäler  des  Mittelalters  in  Be- 
zug auf  a  und  e  vor  gedecktem  n.  Halle  IS80  Diss.  —  O.  Siemt,  Ueber 
lat.  c  vor  e  und  i  im  Pikardischen.  Halle  1881  Diss.  —  J.  Zemlix  ,  Der 
Nachlaut  i  in  den  Dialecten  Nord-  und  Ostfrankreichs.  Halle  1S81  Diss. 
—  A.  Fleck,  Der  betonte  Vocalismus  einiger  altostfranzös.  Sprachdenk- 
mäler etc.  Marburg  1877  Diss.  —  C.  Görlich,  Die  südwestlichen  Dialekte 
der  langue  d'oil.  Poitou,  Aunis.  Saintonge,  Angoumois,  in  Französ.  Stud. 
Ed.  IV  S.  250  ff.  —  d'Herhomez,  Etüde  s.  le  dialecte  Tournaisis  au  XIIP 
s.  Tournay  1881  cf.  Rom.  XI  144;  —  N.  DE  Wailly,  Observations  gram- 
maticales  s.  les  chartes  frcses  d'Aire  en  x\rtois,  in  Bibl.  de  l'Ec.  des  Ch. 
cf.  Rom.  I  266  .  —  Bouchekie,  Le  dialecte  poitevin  au  13e  siecle.  Mont- 
pellier 1872,  cf.  A.  TOBLER,  Gott,  gelehrt.  Anz.  1874  No.  45  —  P.  LOREXZ, 
Ueber  die  Sprache  des  Garnier  von  Pont-St.-Maxenoe.  Halle  1881  Diss. 
(der  Verf.  erklärt  die  betr.  Sprache  für  francisch,  obwohl  dem  Picard.  nahe- 
stehend) —  C.  Jexrich,  Die  Mundart  des  Münchener  Brut.  Halle  1881 
Diss.    der  Verf.   weist  die  betr.  Dichtung  dem  Dialect   von  Namur  zu)  — 


Die  Dialcctc  des  Französischen.  95 

C.  FiKBiGER,  Ucber  die  Sprache  der  C'hevalerie  Ofrier  von  Raimbert  de 
Paris.  Halle  ISSI  Diss.  —  C.  Mktzke,  Der  Dialekt  von  Lsle  de  France 
im  i;i.  und  14.  Jahrhundert  in  Herri|;s  Archiv  Bd.  Üö,  S.  57  tl'.  —  —  W. 
Ske.\t,  A  rough  list  of  english  words  found  in  anglo-french ,  especially 
during  the  13*1»  and  Hi^  centuries,  with  numerous  references,  in  Trans- 
actions  of  the  Philological  Society  1880/81,  Part  III,  App.  V,  p.  !tl  — ics 
cf.  Rom.  XII  415  . 

Höchst  wcrthvolle  Beiträge  zur  altfrz.  Dialektkunde  enthalten  die  Kin- 
leitungen,  bezw.  die  Anmerkungen  G.  P.viiis',  F.  Mall's,  A\'.  FüKStku's, 
F.  Ko.THwiTZ,  H.  Siciiier's  u.  A.  zu  den  von  ihnen  besorgten  Ausgaben 
altfrz.  Texte.    Vgl.  auch  unten  die  Litteraturang.  über  Lautlehre. 

[Anhangsweise  seien  hier  die  auf  die  altfranzös.  Volkspoesie  "Folk- 
lore« bezüglichen  Sammlungen,  Uebersetzungen  und  Schriften  genannt: 
Altfranzös.  Volkslieder,  gesammelt  und  mit  Sprach-  und  Sacherklärungen 
herausgegeben  von  O.  L.  B.  "Wölk.  Leipzig  1S31  —  Ch.  Nis.vrü.  Des 
chansons  populaires  chez  les  anciens  et  chez  les  Francais.  Paris  1S6T,  2  Bde. 
—  Altfranzös.  Romanzen  und  Pa.stourellen ,  herausg.  von  K.  Bartsch. 
Leipzig  1869  (vgl.  dazu  G.  Gröber,  Die  altfrz.  Romanzen  und  Pastourel- 
len. Antrittsvorlesung.  Zürich  1S72]  — Französ.  Volkslieder,  aus  M.  Haipt's 
Xachlass  herausg.  von  A.  ToBLER.  Leipzig  IST".  —  Alte  französ.  Volks- 
lieder übersetzt  von  K.  Bartsch.  Heidelberg  ISSl  —  AV.  Scheffler,  Die 
französ.  Volksdichtung  und  Sage.  Leipzig  1SS3/S4  im  2.  Kap.  dieses  trefi- 
lichen  "Werkes  vrird  eine  reichhaltige  Bibliographie  gegeben,  auf  welche  hier- 
mit ver\riesen  sei)  —  E.  Rolland,  Recueil  des  chansons  populaires  de  la 
France.    Paris  18S3". 

§  2.  Die  neufranzösischen  Dialecte.  1.  Die  Er- 
forschimg  der  neufranzösischen  Dialecte  liegt  noch  sehr  im 
Argen.  J.  F,  Schxackexburgs  Tableau  synoptique  et  com- 
paratif  des  idiomes  populaires  ou  patois  de  la  France  Kerlin 
1840)  hat,  obwohl  seiner  Zeit  ein  verdienstliches  "Werk,  heute 
höchstens  noch  als  Materialiensammlung  einen  gewissen  Werth. 
J.  Baumgartexs  Glossar  der  Yolksmundarten  von  Nord-  und 
Mittelfrankreich  ;Coblenz  und  Paris  1S70)  ist  leider  über  das 
1 .  Heft  A-Aigi'efin'  nicht  hinausg'ekommen :  sollte  es .  wie 
sehr  zu  wünschen .  wieder  aufgenommen  werden .  so  müsste 
die  Anlage,  entsprechend  den  heutigen  Anforderungen  der 
Wissenschaft,  methodischer  gestaltet  und  das  inhaltsreiche 
Avant-Propos  durch  eine  Umarbeitung  von  manchen  Irrthü- 
mem  und  Unklarheiten  befreit  werden.  L.  Faakes  Samm- 
lung: Parabole  de  l'enfant  prodigue  en  8S  patois  divers  de  la 
France.  Avec  une  introduction  s.  la  formation  des  dialectes 
et  patois  de  la  France  Niort  1S76J  ist  ein  ganz  kritiklos  ge- 
arbeitetes Sammelsurium  von  französischen  und  provenzalischen 


96  Das  Französische. 

Dialektproben,  welches  für  -wissenschaftliche  Zwecke  völlig 
unbrauchbar  ist.  Es  ist  demnach  dringend  zu  wünschen,  dass 
die  neufranzüsische  Dialectforschung  endlich  einmal  in  wis- 
senschaftlicher Weise  betrieben  würde.  Zunächst  sind  hierzu 
selbstverständlich  die  Franzosen  berufen,  welche,  wenn  sie  an 
die  Lösung  dieser  Aufgabe  herantreten ,  damit  zugleich  eine 
Ehrenpflicht  gegen  ihre  eigene  Sprache  erfüllen  werden'). 

Am  erfolgreichsten  ist  innerhalb  der  neufranzösischen 
Dialectologie  noch  die  Lexicographie  gepflegt  worden,  und  es 
liegen  auf  diesem  Gebiete  einige  höchst  achtungswerthe  Lei- 
stvmgen.  z.  B.  von  Grandgagnage,  Jaubert  u.  A.  vor  (s.  un- 
ten »Litteraturangaben«).  Neuerdings  ist  auch  die  Lautlehre 
einzelner  Dialekte  in  methodischer  Weise  bearbeitet  worden 
(so  z.  13 .  in  Joket's  Monographien  über  das  Normannische). 
Eine  Musterarbeit  in  dieser  Beziehung  ist  A.  Thomas',  frei- 
lich eine  Mundart  der  langue  doc  behandelnder,  Rapport  sur 
une  mission  philologique  dans  le  departement  de  la  Creuse 
(in:  Archives  des  missions  scientifiques  etc.  3e  serie ,  t.  T. 
p.   423  ff.,  cf.  Rom.  VIII  469  und  X  451). 

2.  Die  neufranzösischen  Dialecte  haben  sich  aus  den  alt- 
französischen entwickelt ,  es  ist  aber .  da  seit  dem  Entstehen 
der  allgemeinen  nationalen  Schriftsprache  die  Dialecte  zu  der 
niederen  Stufe  verachteter  Patois  herabgedrückt  wurden,  ihre 
Entwicklung  eine  vielfach  gestörte  und  unorganische  gewe- 
sen. In  Folge  dessen  zeigen  viele  der  modernen  Dialecte 
eine  Verwahrlosung  und  Verwilderung  ihres  Laut-  und  For- 
mensystemes  ,  Avelche  allen  Grund  zu  der  Vermuthung  giebt, 
dass  ihre  Lebensdauer  keine  allzu  lange  mehr  sein  werde. 

Eine  Eintheilung  der  neufranzösischen  Dialecte  nach  wis- 
senschaftlichen Principien  kann  zur  Zeit  noch  nicht  aufgestellt 
werden  .  möglich  ist  vielmehr  für  jetzt  nur  eine  geographische 
Eintheilung  nach  Landschaften  und  Landschaftscomplexen. 
[C.  Sachs  hat  in  Ilerrigs  Archiv.  Bd.  54,  S.  26S  ff".,  folgende 
Eintheilung  aufgestellt:  I.  Burgumlisch ,  II.  Lothringisch: 
a)  Metz,  b)  Nancy  und  Lunöville,  c  La  Roche.  III.  Fran- 
zösisch,   d.   h.    Dialekt   von  Isle    de   France.     IV.   Picardisch. 

li  Die  Schrift  von  G.  de  Rulle:  Projet  d'enquete  sur  les  patoi.s 
francais.  Paris  186S,  ist  mir  nur  dem  Titel  nach  bekannt  geworden,  ich 
verma''  daher  nicht  über  ihren  "Werth  zu  urtheilen. 


Geschichte  der  französischen  Philologie.  97 

V.  Flandrisch :  a^  Lüttich.  b  Brabant.  c  Henneg^au :  «)  Maas, 
(i)  lirabaut,  tl)  Namur:  a,  Dinant,  jf  La  Fainenne  naiuu- 
roise,  y)  die  Stadt  Namur.  VI.  Normanuisch .  VII.  P<nteviu). 
3)  Zu  dem  ueufran/ösiscbcn  Dialoctf^ebiete  gehört  auch 
das  frühere  frauzösische  Coloniallaud  Canada.  —  In  verschie- 
denen jetzigen  oder  früheren  französischen  Colonien  ist  das 
Französische  von  Negern  und  Kreolen  in  eigenartiger  Weise 
nach  Massgabe  der  in  den  betreffenden  Neger-  und  Kreolen- 
idiomen gültigen  Principien  umgestaltet  worden,  wodurch  Dia- 
lekte entstanden  sind,  welche  richtiger  als  hybride  Sprachen 
oder  Mischsprachen  im  eigentlichen  Sinne  des  Wortes  be- 
zeichnet werden  müssen.  (Die  auf  diese  Idiome  bezüglichen 
Schriften  sind  unten  in  den  » Litteraturangaben «  unter  der 
Rubrik  »Kreolisch«  aufgeführt). 

4.  Die  französische  Nationallitteratur  bedient  sich  seit 
dem  15.  Jahrhundert  ausschliesslich  der  nationalen  Schrift- 
sprache. Die  Dialekte  dienen  nur  noch  der  Volkspoesie  im 
engeren  Sinne  des  Wortes  (»Folk-lore«)  zum  Organe.  Es  ist 
aber  der  Schatz  der  dialektischen  Volksdichtungen  ein  sehr 
bedeutender,  leider  aber  Avird  er  auch  durch  das  immer  wei- 
tere Umsichgreifen  der  Schriftsprache  und  der  sogenannten 
allgemeinen  Bildung  in  seinem  Bestände  mehr  und  mehr  be- 
droht. Ebenso  nothwendig  wie  erfreulich  ist  es  daher ,  dass 
seit  einigen  Jahrzehenden  in  Frankreich  ein  lebhaftes  Inter- 
esse für  das  Studium  der  Volksdichtung  und  Volkssage  er- 
wacht ist  und  sich  in  zahlreichen  mehr  oder  minder  werth- 
vollen  Schriften,  Sammlungen,  Neubearbeitungen  und  dgl. 
erfolgreich  bethätigt  hat.  Leider  freilich  hat  sich  mit  dem 
Interesse  für  den  sachlichen  Inhalt  der  Erzeugnisse  der  Folk- 
lore meist  nicht  das  Interesse  für  die  Sprache  verbunden, 
denn  in  der  Regel  zeigen  die  betreffenden  Dichtungen  im 
Druck  eine  Sprachform,  welche  offenbar  nicht  die  authentische 
ist.  sondern  die  Spuren  einer  künstlichen  und  willkürlichen 
Zurechtstutzung  unverkennbar  an  sich  trägt. 

Litteraturangaben.  Vgl.  oben  im  Texte  des  §,  No.  1.  Eine  dan- 
kenswerthe  'üebersicht«  über  den  heutigen  Stand  der  romanischen  (also 
auch  der  französischen  Dialektforschung  hat  C.  Sachs  in  Herrig's  Archiv 
Bd.  54  Iblöj,  S.  241  ff.  gegeben.  Reichhaltige  Litteraturangaben  auch  bei 
SCHEFFLER,  s.  oben  S.  95.  Eine  selten  reichhaltige  »Bibliotheque  patoise« 
(aus  dem  Besitze  des  M.  Burgaud  des  Marets    kam  vom  5. —  17.  Mai  IbTIi 

Körting,  Encyklopädie  d.  rom.  Phil.   III.  7 


9S  l^as  Französische. 

in  Paris  zur  Versteigerung;  der  darüber  von  der  Verlagshandlung  Maison- 
neuve  et  Cie.  ausgegebene  Auctionskatalog  dürfte  noch  jetzt  die  relativ 
vollständigste  Bibliographie  der  romanischen  Dialectologie  sein.  Vgl.  fer- 
ner P.  Meyeu  ,  üuvrages  sur  les  patois,  in  der  Revue  critique  1SÖ6, 
Nu.  22,  24,  25. 

Im  Folgenden  seien  die  wichtigsten  "Werke  über  neufranzösische  Dialekte 
sowie  eine  Anzahl  auf  die  nfrz.  Folklore  bezüglicher  Schriften,  Sammlun- 
gen und  dgl.  nach  Massgabe  der  alphabetischen  Reihenfolge  der  betr.  Land- 
schaften angeführt.     Vollständigkeit  konnte  nicht  angestrebt  werden. 

Anjou  [GÖRLiCH,  die  südwestl.  Dialecte  der  langue  d'oc  etc.  s.  oben 
S.  94],  Mexiere,  Glossaire  angevin  etj-mologique  compare  avec  differents 
dialectes.  Angers  ISSl  —  Berry,  Vocabulaire  de  B.  etc.  par  un  amateur 
du  vieux  language.  Paris  1S42  —  Besancon.  Recueil  de  noels  anciens 
au  patois  de  B.  p.  F.  Gauthier.  Besancon  1773,  3ieme  ed.  p.  p.  Th.  Be- 
LAMY.  Bes.  1858  —  Blaisois.  E.  Talbekt,  Du  dialecte  blaisois  et  de 
sa  conformite  avec  l'ancienne  langue.  Paris  1874  —  [Bretagne.  ViLLE- 
M.YKQUE.  Barzaz-Breiz  (d.  i.  Sammlung  bretonischer  Volkslieder;.  Paris 
1840.  2  Bde.  P.  Sebillot,  Litterature  orale  de  la  Haute-Bretagne.  Paris 
18S1 ;  Contes  populaires  de  la  H.-B.  Paris  18S0/81,  2  Bde.,  cf.  Rom.  IX 
328;  Traditions,  superstitions  et  legendes  de  la  H.-B.  Paris  1880]  —  Bur- 
gund.  F.  Wollenberg,  Sur  le  soi-disant  idiome  bourguignon,  in  Herrigs 
Archiv,  Bd.  28,  Heft  2  und  3.  La  Monxoye,  Noei  Bourguignon  de  Gui 
Barozai,  Dioui  1728,  5.  Ausg.  mit  AVörterbuch  177Ö,  vgl.  C.  Sachs'  Auf- 
satz »Dialektisches«  in  Herrigs  Archiv,  Bd.  30.  A.  Pirox,  L'evaireman 
de  lai  Peste,  1721,  Dijon  1832.  Fertiallt,  les  Noels  bourg.  avec  coup 
d'ueil  sur  les  Noels,  Paris  1S42  —  F.  FERTL\rLT,  Chansons  de  noces  de  la 
Haute-B.,  in  Rom.  XH  595  ff.  —  E.  Beauvois,  Contes  pop.  de  la  Norvege, 
de  la  Finlande  et  de  la  Bourgogne.  Paris  1S62.  —  Mignard,  Vocabulaire 
raisonne  du  dialecte  et  du  patois  de  la  province  de  B.  Paris  1862  —  Tou- 
BIN,  Rccherches  s.  la  langue  Bellau,  argot  des  peigneurs  de  chanvre  de 
Haut-Jura.  Besancon  lS(i'J.  MiGNARD ,  Histoire  de  l'idiome  bourguignon 
et  de  sa  litterature  propre  ou  philologie  comparee  de  cet  idiome  etc.  Di- 
jon 1850.  Amantüx,  Virgille  virai  au  borgnignon.  Choix  des  plus  beaux 
jivres  de  l'Eneide  etc.  Dijon  1831.  P.  Meyer,  Notice  s.  un  manuscrit 
bourg.,  suivie  de  pieces  inedites,  in  Rom.  VI  1  ff.  und  000  ff.  —  Ca  na  da. 
ü.  Dun  ,  Glossaire  franco-canadien  et  vocabulaire  de  locutions  vicieuses 
usitees  au  Canada,  avec  une  preface  de  M.  Frechette.  Quebec  (wann? 
vermuthlich  1880j.  E.  Gagnon,  Chants  populaires  du  Canada  etc. 
Quebec  1M)5.  E.  Reveillal'D,  La  langue  et  litterature  frcse  au  Canada, 
in  Bibliogr.  univ.  et  Rcv.  suisse.  Nouv.  ser.  t.  XIX.  B.  Sulte,  La 
langue  iiqsc  au  C,  in  Bulletin  de  la  societe  norm,  de  geographie.  Rouen 
1879.  Vgl.  auch  unten  S.  104.  —  Cambrai.  Recherches  philologiques  sur 
le  patois  du  Cambresis.  Extrait  des  Mem.  de  la  societe  d'emulation  de 
Cambrai  1820  —  C en trallandschaften.  Jaubert,  Glossaire  du  Centre 
de  la  France  2^  ed.  Paris  lS(i4.  2  Bde.  (»Der  erste  Bd.  dieses  vom  Insti- 
tut gekrönten  "Werkes  erschien  in  1.  Ausgabe  185(1,  der  2.  1S58,  Die  De- 
partements de  rindre  et  du  Cher  sind   das  Centrum,   von   wo  der  Dialect 


Geschichte  der  frunzösischen  Philüloj^ie.  99 

mit  manchen  localen  Verschiedenheiten  sich  in  die  von  la  Creuse,  TAllier 
und  la  Nii'vre  und  den  Süden  von  Loiret  ausgebreitet  hat.  La  Chätre, 
Bourges,  Saucerre  und  Nevers  sind  die  Stiidte,  wo  er  blühte.  Alle  Schrif- 
ten, selbst  Vom  12.  Jahrhundert  ab,  sind  als  Quellen  benutzt,  nicht  minder 
aber  hat  der  Verf.  aus  dem  Volksmunde  geschöpft.«  A.  EuEHT  in  der 
Bibliographie  seines  Jahrbuches,  Bd.  1,  S.  474|f  .  Ein  Supplement  zu 
diesem  Werke  erschien  1809  —  Champagne  (bezw.  Reims,  Troyes, 
Lang  res).  E.  G.^lehox,  Varietes  {remoises.  Reims  1S55  (enthält  eine 
Causerie  sur  le  dialecte  remois;.  E.  S.wbinet,  Vocabulaire  du  bas  lan- 
gage  remois.  Reims  1S45.  P.  J.  Guossley,  Ephemerides  de  J.  P.  Gr. 
Paris  ISIl.  2  Bde.  Bd.  2  enthält  ein  Vocabulaire  troyen,  zu  welchem 
handschriftl.  ein  Supplement  exi.stirt,  vgl.  No.  44U  des  Catalogs  der  Biblio- 
theque  patoise  Burgaud's  des  Maretsj.  P.  Tarbe,  Chansonniers  de  Cham- 
pagne aus  XII  et  XIU  siecles.  Reims  1850.  Takbe,  Romancero  de 
Champagne.  Reims  lSl)3  64.  5  Bde.  (in  seiner  Cliges-Ausg.  p.  LIII  citirt 
AV.  FöKSTER  eine  in  den  Mem.  de  l'Institut  XXVIII  2SS  erschienene  Schrift 
»Observations  s.  la  langue  de  Reims«,  beurtheilt  sie  aber  ungünstig  .  — 
C6tes-du-Nord.  J.  Tausserat,  Rondes  populaires  recueillies  au  Portri- 
eux-Saint-Quay,  in  Rom.  XI  587  ff.  —  Creolisch  (und  Negerfranzö- 
sischj.  E.  B.AISSAC,  Etüde  s.  le  patois  creole-mauricien  Nancy  1880,  cf. 
Rom.  X  610  und  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  V  580.  A.  Bos,  Note  s.  le  creole 
de  Maurice,  in  Rom.  IX  571  ff.  H.  Schuchardt,  Sur  le  creole  de  la 
Reunion,  in  Rom.  XI  589  ff.  (Ueber  Negroportugiesisch  u.  dgl.  hat 
H.  ScHVCH.ARDT  in  seinen  »Kreolischen  Studien«,  Sitzungsberichte  der 
"Wiener  Akad.  d.  Wissensch.,  Philos.-hist.  Cl.,  1883  gehandelt)  —  Elsass^) 
(vgl.  auch  Vogesenlandschaft.  H.  Gaidoz  et  P.  Sebillot,  Biblio- 
graphie des  traditions  et  de  la  litterature  populaire  de  l'Alsace.  Strass- 
burg  1882.  A.  Stöber,  Elsässisches  Volksbüchlein.  3.  Aufl.  1859  (enthält 
vorzugsweise  deutsche  Lieder,  —  Flandern  s.  Nordproviuzen,  Lüttich, 
Hennegau,  Maas,  Luxemburg,  Namur,  Wallonisch  —  Franche-Comte 
Chants  populaires  de  la  Franche-Comte.  Etüde  par  M.  BvcHox  in:  Revue 
litteraire  de  la  Fr.-C.  1.  Nov.  1863  (Besancon,.  Dartois,  Essai  sur  les  patois 
de  la  Fr.-C.  Besancon  1850.  J.  TissoT,  Les  Patois  de  Fourgs,  arrondisse- 
ment  de  Pontarlier,  dep.  de  Daubs.  Besancon  1865.  Cuvier,  Notes  s.  le 
patois  de  l'ancienne  principaute  de  Montbeliard  avec  plusieurs  echautiUons 
de  ce  patois,  Montbeliard  1860.  Theuriet,  Contes  populaires  franc-comtois 
Paris  18Ü0.  Vgl.  auch  Besancon  und  Burgund  —  La  Roch  eile.  M***, 
Glossaire  du  patois  rochelais ,  suivi  d'une  liste  des  expressions  vicieuses 
usitees  a.  La  Rochelle,  recueillies  en  17Sü.  Montpellier  1862  —  Lille. 
P.  Legrand,  Dictionnaire  du  patois  de  Lille  et  de  ses  environs.  Lille 
1853.  L.  Vermesse,  Vocabulaire  du  patois  lillois.  Lille  1860.  L.  Debeure 
DU  Buc,  Nouveau  glossaire  liUois  pour  faire  suite  aus  chansons  en  pa- 
tois de  Lille.  Precede  de  quelques  remarques  sur  l'origine  et  la  pronon- 
ciation  de  l'idiome  populaire  de  Lille.   Lille  1867.    A.  Danis,  Chansons  et 

1  Es  ist  unnüthig  zu  bemerken,  dass  das  Elsass  nur  deshalb  hier  auf- 
gezählt wird,  weil  ein  kleiner  Bruchtheil  seiner  Bevölkerung  dem  franzö- 
sischen Sprachgebiete  angehört. 


100  Das  Französische. 

pochades  lilloises.  Lille  1&49  —  Lothringen.  L.  Adam,  Les  patois  lor- 
rains  1881,  cf.  Rom.  X  117  und  543  ff.,  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  V  443  ff.  Die 
französ.  Mundarten  in  Lothringen  und  den  Vogesen,  in  der  Beilage  zu  der 
(Münchener,  früher  Augsburger:  Allg.  Ztg.  1883,  No.  130  und  132.  E. 
COSQL'IN,  Contes  populaires  lorrains,  Rom.  V  83  und  133,  VI  212  und 
529,  YII  527,  VIII  545,  IX  377.  A.  BoNNARDOT,  Varietes  lorraines,  in 
Rom.  II  245  und  Docunient  en  patois  lorrain,  in  Rom.  I  328.  Michel, 
Uictionnaire  des  expressions  vicieuses  usitees  dans  un  grand  nombre  de  dep. 
et  notamment  dans  la  ci-devant  provinee  Lorraine.  Nancy  1881.  A.  Terquem, 
Etymologies  des  noms  des  villes  et  des  villages  du  dep.  de  la  Moselle.  Metz 
1S60.  Heurlin,  Le  Pia  Ermenek  loürain,  patoue  et  francais  p.  ChanHeurlin. 
Strassburg  1883.  Vgl.  auch  Metz  u.  unten  S.  IUI,  Z.  2  v.  u.  —  Lüttich. 
L.  Michaels,  Grammaire  elementaire  liegeoise.  Lüttich  1863.  Forir,  Dic- 
tionnaire  liegois-fr9S.  Lüttich  1860/72.  SiMONON,  Poesies  en  patois  de 
Liege,  precedees  d'une  dissertation  gramm.  sur  ce  patois  et  suivies  d'un 
glossaire.  Lüttich  1844/45.  Theatre  liegeois.  Lüttich  1827  und  1844.  Hel- 
BiG,  Fleurs  des  vieux  poetes  liegeois  1550 — 1650)  mit  histor.  Einltg.  von 
Peetermans  (vgl.  die  Bibliogr.  in  Ebert's  Jahrb.  Bd.  II  446)  —  Maine. 
Chardon,  Etudes  s.  les  dialectes  et  les  patois  dans  la  langue  frcse  et  spe- 
cialement  s.  le  dialecte  et  les  patois  du  Maine.  Le  Mans  1869.  —  Metz. 
E.  Rolland,  Vocabulaire  du  patois  de  Remilly  pays  messin),  in  Rom.  II 
437,  dazu  ein  »complement«  in  Rom.  V  189  ff.  de  Puy.m.\igre,  Chants 
populaires  recueillis  dans  le  pays  messin.  Paris  1865.  Neree  Quepat, 
Chants  populaires  messins,  recueillis  dans  le  val  de  Metz.  Metz  (?)  1877. 
FLirPE  MiTOL'NO,  Comedie  niessine  en  vers.  Metz  1848.  Daras,  Remar- 
ques sur  quelques  valeurs  phoniques  du  pays  messin  se  rapportant  au  fran- 
9ais.  Metz  1861  (Extrait  du  Bulletin  d'Archeologie  de  la  Moselle  .  F.  De- 
VILLV,  Du  patois  messin  et  de  sa  litterature  (Extrait  de  la  Revue  d'Au- 
strasie  1841).  S.  F.  Fallot,  Recherches  s.  le  patois  de  Franche-Comte, 
de  Lorraine  et  d'Alsace.  Montbeliard  1828.  Die  Sprache  des  Metzer  Lan- 
des, in:  Im  neuen  Reiqh  1878,  No.  3  —  Nordprovinzen  [und  südli- 
ches Belgien)  A.  DlXAUX,  Trouveres,  Jongleurs  et  menestrels  du  Nord 
de  la  France  et  du  midi  de  la  Belgique.  Brüssel  1863.  4  Bde.  —  Nor- 
mannisch. E.  Frere,  Manuel  du  bibliographe  normand.  Ronen  1859. 
2  Bde.  A.  und  E.  du  Meril,  Dict.  du  patois  normand.  Caen  1850.  L.  DU 
Bois,  Glossaire  du  patois  normand,  augmente  par  Travers.  Caen  1850.  De- 
co rde,  Dict.  du  patois  de  Bray  (Haute-Norm.)  Paris  1852.  Vasnier,  Petit 
dictionnaire  du  patois  normand  en  usage  dans  le  pays  de  Pont-Audemer. 
Rouen  1862.  G.  Metivier,  Dict.  franco-normand  ou  recueil  des  mots  par- 
ticuliers  au  dialecte  de  Guemesey,  faisant  voir  leurs  relations  romancs, 
celtiques  et  tudesques.  London  und  Berlin  1870.  A.  RoMDAHL,  Glossaire 
du  patois  du  Val  de  Saire  Manche),  suivi  de  remarques  grammaticales. 
Linkoeping  1881,  cf.  Rom.  XII  125.  Robin,  le  Prevo.st,  A.  Passy  und 
DE  Blos.seville,  Dict.  du  patois  norm,  en  usage  dans  le  dep.  de  l'Eure 
(Erscheinungsort  und  -jähr?  .  E.  le  Hericiier,  Histoire  et  glossaire  du 
normand  de  l'anglais  et  de  la  langue  frcse  etc.  Avranches  o.  J.  E.  LiTTRE, 
Histoire  et  glossaire  du  normand,  in:   Etudes  et  glanures  etc.  p.  K'S — 135. 


Geschichte  der  französischen  Philologie.  101 

Ch.  Joret,  Des  caracteros  et  de  l'extension  du  patois  normand.  Paris  18S3, 
cf.  Rom.  XII  3*I3  ff.  Cll.  Joket,  Le  patois  normand  du  Bcssin  in:  M6m. 
de  la  soc.  de  ling.  III  '2U)  ff.  isTT  .  cf.  Rom.  VI  307  und:  Essai  s.  le  pa- 
tois normand  du  Bessin.  Paris  issl.  Cll.  Joret  und  J.  Gillieron,  Le 
patois  normand,  in  Rom.  XIII  114  ff.  Gegenkritik  in  Bezug  auf  Rom.  XII 
393  und  Antwort  .  Le  Hericher,  Normandie  scandinave  ou  glossaire  des 
elements  scandinaves  du  patois  norm.  Avranches  l"^61.  Hotzel,  Der  norm. 
Dialekt  und  die  französ.  Schriftsprache.  Eisenach  1869.  Progr.  NiLssoN, 
De  l'influence  du  Normand  sur  la  litt,  frcse.  Kopenhagen  1S6I.  A.  Tov- 
ronde,  Les  ecrivains  havrais,  etudes  biogr.  et  litt.  Le  Havre  1864.  J. 
Fleury,  Litterature  orale  de  la  Basse-Normandie  (Hague  et  Val-de-Saire) 
Paris  1SS3,  cf.  Rom.  XIII  154.  A.  de  Bourmont,  Chansons  populaires  en 
Normandie  au  XV  siecle,  in  Rom.  XI  584.  E.  Legran'D,  Chansons  popu- 
laires recueillies  ä  Fontenay-le-Marmion  Caen  ,  in  Rom.  X  365.  Pluquet, 
Contes  populaires,  prejuges,  patois  de  la  pro^"ince  de  Bayeux.  Reuen  1S34. 
Canel,  Blason  populaire  de  la  Norm.,  comprenant  les  proverbes,  sobri- 
quets  et  dictons  relatifs  ä  cette  province.  Rouen  1859.  A.  Bcsquet  ,  La 
Normandie  romanesque  et  merveilleuse.  Rouen  1845.  Du  Bois,  Recher- 
ches  archeologiques  de  la  Normandie.  Rouen  1843.  —  Paris  vgl.  auch 
die  Litteraturangaben  zu  dem  folgenden  Kapitel  §  5;.  E.  Agxel,  Obser- 
vations  s.  la  prononciation  et  le  langage  rustiques  des  environs  de  Paris. 
P.  1855.  Ch.  Nisard,  Etüde  s.  le  langage  populaire  ou  patois  de  Paris  et 
de  sa  banlieue.  P.  18T2,  und:  De  quelques  parisianismes  populaires  et  au- 
tres  locutions  non  encore  ou  plus  ou  moins  imparfaitement  expliquees  des 
XVIIe,  XVIUe  et  XIX«  siecles.  P.  1876.  L.  BoTzo.v,  Sur  le  langage  ac- 
tuel  de  Paris.  Frankfurt  a.  O.  1873.  Progr.  Villatte,  Parisismen.  Alpha- 
betisch geordnete  Sammlung  der  eigenartigen  Ausdrucksweisen  des  pariser 
Argot.  Berlin  1884,  vgl.  Ztschr.  f.  nfrz.  Spr.  u.  Lit.  VF  250  —  Picardie. 
Etudes  pour  servir  ä  un  glossaire  etjTnologique  du  patois  picard.  Amiens 
1867.  CoRBLET,  Glossaire  du  patois  picard.  Paris  1851  «Excellent  ouvrage. 
precede  d'une  bonne  bibliographie  du  dialect  romano-picard  et  du  patois 
picard".  Katalog  der  Bibl.  pat.  Nr.  358.  E.  Paris,  Le  saint  Evangile  selon 
Saint  Mathieu,  traduit  en  picard  amienois  etc.,  precede  de  quelques  observa- 
tions  s.  la  maniere  d'ecrire  le  picard.  London  1863  —  Poitou.  Drec'x  dt 
Radier,  Essai  s.  le  langage  poitevin,  precede  d'une  notice  sur  l'auteur.  Fonte- 
nay-Vendee  1867.  H.  BEArcHET-FiLLAl'T,  Essai  s.  le  patois  poitevin  ou  petit 
glossaire  de  quelques-uns  des  mots  usites  dans  le  canton  de  Chef-Boutonne 
et  les  communes  voisines  P.  1864.  G.  Leatüer,  Dict.  et^inologique  du  pa- 
tois poitevin.  Niort  1878.  L.  Favre,  Glossaire  du  Poitou,  de  la  Saintonge 
et  de  l'Aunis.  Avec  introd.  s.  l'origine,  la  grammaire,  la  bibliographie  du 
patois  poitevin.  Poitiers  u.  Paris  1868.  Dreix  du  Radier,  Essai  s.  le 
langage  poitevin.  Vendee  u.  Paris  1S67.  Gaithier,  Les  chants  populaires 
en  frcs  et  en  patois  de  la  Bretagne  et  du  Poitou.  Nantes  1839.  Poey 
d'Avaxt,  De  l'influence  du  langage  poitevin  s.  le  st^'le  de  Rabelais.  Paris 
1855  —  Remilly  Lothringen.  E.  Rolland,  Vocabulaire  du  patois  de 
R.,  in  Rom.  II  437.  Nachgetragen  werde  hier  zu  Lothringen:  Adam, 
Les  patois  lorrains    grammaire,  glossaire,  textes  .    Nancy  1881.  —  Sa  in- 


"102  ^^^^  Französische. 

tonge.  GöKLICH,  Die  südwestl.  Dialecte  etc.  vgl.  oben  S.  94.  A.  Bouche- 
RIE,  Patois  de  la  Saintonge,  curiosites  etymologiques  et  grammaticales. 
Angouleme  u.  Paris  1865.  P.  Jonaix,  Dictionnaire  du  patois  saintongeoi?. 
Royau  1869.  Recueil  de  fables  et  contes  en  patois  Saint.,  avec  la  traduc- 
tion  en  regard  par  H.  Burgaud  des  Marets.  S'^me  ed.  Paris  1859.  — 
Savoj-en  s.  unten  S.  103.  —  Schweiz  s.  unten  S.  103.  —  Somme.  H. 
Caknoy,  Contes,  petites  legendes,  croyances  populaires,  coutumes,  formu- 
lettes,  jeux  d'enfants,  recueillis  a  Warloy-Baillon  Somme),  in  Rom.  VIII 
222.  —  Touraine.  A.  Brächet,  Vocabulaire  tourangeau,  in  Rom.  I  88. 
—  Vendee.  L.  Aide,  Du  langage  populaire  en  Vendee.  Napoleon-Vendee 
1858.  Reveillere-Lepealx ,  Notice  du  patois  vendeen.  Niort  u.  Paris 
1869.  Vgl.  auch  La  Roehelle.  —  Vogesenlandschaft.  H.  Lahvr, 
Le  Patois  de  la  Baroche  (Val  d'Orbey),  in  Rom.  Stud.  II  61.  N.  Haillant, 
Essai  s.  un  patois  vosgien.  I'^^e  partie:  phonetique.  Epinal  1883,  und: 
Concours  de  l'idiome  ou  patois  vosgien  ä  la  determination  de  l'origine  des 
noms  de  lieu  des  Vosges.  Epinal  1883.  L.  JouvE,  Coup  d'oeil  s.  les  patois 
vosgiens.  Epinal  und  Remiremont  1864  Abdruck  mehrerer  im  Juli  bis 
December  1863  im  »Echo  des  Vosges«  erschienener  Artikel),  und:  Noels 
patois  ancien  et  nouveaux  chantes  dans  la  Meurthe  et  dans  les  Vosges. 
Epinal  '?)  1864.  —  Wallonisch.  F.  Hexaux,  Etudes  historiques  et  litte- 
raires  s.  le  Wallon.  Liege  1843.  W.  Altenburg,  Versuch  einer  Darstel- 
lung der  wallonischen  Mundart  nach  ihren  wichtigsten  Lautverhältnissen. 
3  Thie.  Eupen  1879  ff.  Progr.  d.  h.  B.  Cli.  Grandgagxage,  Dict.  etymo- 
logique  de  la  langue  waUone.  Brüssel  seit  1845.  L.  Remade,  Dict.  wal- 
lon-frcs.  (avec  les  idiotismes  et  wallonismes) .  2^  ed.  Liege  1853.  2  Bde. 
Hubert,  Dict.  wallon-frcs,  precede  d'observations  s.  la  prononciation  des 
lettres  en  wallon  et  de  notions  gr.  Liege  1857.  L.  Vermesse,  Dict.  du 
patois  de  la  Flandre  frcse  ou  waUone.  Douai  1867.  J.  Ligard,  Glossaire 
etymologique  Montois  ou  dict.  du  "NVallon,  du  Mons  et  de  la  plus  grande 
partie  du  Hainaut.  Brüssel  1866.  J.  D.  Meyer,  Sur  l'origine  de  la  diffe- 
rence  relative  a  l'usage  de  la  langue  flamande  ou  wallone  dans  les  Pays- 
Bas.  1825.  Lebrocq,  Du  flamand  dans  ses  rapports  avec  les  autres  idi- 
omes  d'origine  teutonique.  Brüssel  1845.  Chavai,  Fran9ais  et  AVaUon. 
Paris  1857.  Dufortrie,  Memoire  s.  les  analogies  des  langues  flam.,  alle- 
mande  et  anglaise.  Brüssel  1858.  Ch.  Grandgagnage,  Wallonades.  Lüt- 
tich 1845;  Vocabulaire  des  noms  wallons  d'animaux,  de  plantes  et  de 
mincraux.  Lüttich  1857;  De  l'origine  des  Wallons.  Lüttich  1852;  Voca- 
bulaire des  noms  des  lieux  de  la  Belgique  Orientale.  Lüttich  1859.  J.  De- 
JARDIX,  Dict.  des  spots  ou  proverbes  wallons.  Lüttich  1863.  Thedtre  wal- 
lon.   Lüttich  1858. 

Ueber  die  südfranzösischen  Dialecte  vgl.  unten  in  Buch  II 
den  §  »Die  neupro venzalischen  Dialecte«. 

Im  Folgenden  seien  noch  einige  auf  das  belgische  und  auf  das 
schweizerische  Französisch  bezügliche  Schriften  genannt. 

Belgien  (vgl.  auch  oben  Wallonisch).  La  langue  beige  comparee 
a.  la  langue  frcse.  Paris  l!?66  ohne  Angabe  des  Verfassernamens  erschie- 
nen .     A.  v.  Hasselt,    Histoire   de  la  poesie  frcse  en  Belgique  depuis  son 


Geschichte  der  französischen  Philolofjic.  103 

orig^ine  jusqu'ä  la  fin  du  regne  d'Albert  et  d'Isabelle.  Hrüssel  1S37.  E.  La- 
TAYE,  La  litterature  en  Bclgique,  in  Revue  des  deux  Mondes.    Juli  lS5lt. 

Schweiz  vgl.  oben  S.  34;  die  meisten  der  in  der  «Suisse  romande" 
gesprochenen  Mundarten  gehören  übrigens  —  abgesehen  von  den  räto- 
romanischen —  der  langue  d'oil  an;  aus  praktischem  Grunde  sollen  auch 
sie  schon  hier  berücksichtigt  werden^.  Staldeu,  Schweizer  Idiotikon  mit 
et^inologischen  Bemerkungen  und  einer  Skizze  der  schweizer  Dialektologie. 
Aarau  1S12.  2  Bde,  und:  Die  Landessprachen  der  Schweiz  mit  kritisch- 
historischen  Bemerkungen  beleuchtet.  Aarau  1S19  St.  gibt  das  Gleichniss 
vom  verlorenen  Sohne  in  allen  Mundarten  .  H.XFEI.IN,  Abhandlungen  über 
die  romanischen  Mundarten  der  Südschweiz,  in  Ztschr.  f.  vergl.  Sprach- 
forschung. Bd.  21  Neue  Folge  1',  S.  209  ff.,  vgl.  Rom.  II  375.  J.  GlL- 
LIEEOX,  Petit  atlas  phonetique  du  pays  romand.  Paris  1881.  C.  Ayer, 
Introduction  ä  l'etude  des  dialectes  du  pays  romand.  Separatabdruck  aus 
dem  Lectionskatalog  der  Neuenburger  Akademie  1878/79,  cf.  Ztschr.  f.  rom. 
Phil,  in  459  und  Rom.  YIII  458.  D.  Biudel,  Glossaire  du  Patois  de  la 
Suisse  romande.  Lausanne  186G  'ed.  Favrat.  Basel  1867.  E.  RiTTER, 
Recherches  s.  le  patois  de  Geneve  in  den  Mem.  der  Societe  d'hist.  et  d'arch. 
de  Geneve  t.  19,  cf.  Rom.  IV  154  und  Jahrb.  f.  rom.  u.  engl.  Spr.  u.  Lit. 
XV  130.  Gäudy  Lefort,  Dict.  genevois.  Genf  1827.  M.  Moxxier,  Ge- 
neve et  ses  poetes.  Paris  1874.  F.  H.Äfelis,  Recherches  s.  las  patois 
romans  du  canton  de  Fribourg.  Leipzig  1879  vorher  im  Jahrb.  f.  rom.  u. 
engl.  Spr.  u.  Lit.  Bd.  XV  erschienen' .  L.  Grangier,  Glossaire  fribourgeois. 
Fribourg  1864/68.  C.\LLET,  Glossaire  vaudois.  Lausanne  1862.  J.  CoRXU, 
Le  ranz  des  vaches  de  la  Gruyere  et  la  chanson  de  Jean  de  la  BoUieta. 
Avec  glossaire,  in  Rom.  Stud.  I  358;  Chants  et  contes  populaires  de  la 
Gruyere,  in  Rom.  TV  194;  Note  s.  les  chansons  de  la  Gruyere,  in  Rom. 
V  376,  und  Proverbes  patois  de  la  Gruyere,  recueillis  p.  J.  Chexeaux,  in 
Rom.  Yl  76.  Corbaz,  Recueil  de  morceaux  choisis  en  patois  de  la  Suisse 
frcse.  Lausanne  1842.  En  pays  romand.  Anthologie  des  poetes  de  la  Suisse 
romande,  p.  p.  les  societes  des  belles-lettres  de  Lausanne,  Geneve,  Xeu- 
chatel.  1882.  Chants  du  pays,  album  h-rique  de  la  Suisse  romande,  p,  p. 
A.  Imer.    Lausanne  1883. 

Savoyen.  La  conspiration  de  Compesieres,  poeme  en  patois  savoyard 
'1695\  p.  p.  Plan.  Genf  1870.  Chansons  en  patois  de  J.  Fr.  Ducros  de 
Sixe  p.  p.  Tavernier.  Annecy  1863.  J.  BArQUiER,  Une  particularite  du 
patois  de  Queige  Savoie),  in  Rom.  V  493.  PoxT,  Vocabulaire  du  Fer- 
ratru  de  la  Tarentaise.  Chambery  1864,  und:  Origines  du  patois  de  la 
Tarentaise,  ancienne  Kentronie,  precis  historique,  proverbes,  chansons, 
paralleles  avec  le  patois  de  la  Suisse  romande.    Paris  1872. 

Ueber  Nizza  und  Mentone  vgl.  Buch  11  §4.  —  Zur  Ergänzung  der 
oben  S.  95  gemachten  Angaben  seien  hier  noch  die  Titel  folgender  auf  die 
frz.  Patois  im  Allgemeinen  bezüglicher  Werke  nachgetragen:  Cocquebert 
DE  MoNTBRET ,  Melanges  s.  les  langues,  dialectes  et  patois,  precede  d'un 
essai  s.  la  geographie  de  la  langue  frcse.  Paris  1831  ist  eine  Sammlung 
von  Abhandlungen  verschiedener  Verfasser ;  Inhaltsübersicht  in  der  Biblio- 
theque  patoise   [s.  oben   S.  97]  unter  Xr.  307  .     Pierquix   de   Gembloux, 


1  04  Das  Französische. 

Histoire  litteraire  philologique  et  bibliographique  des  patois.  Paris  1841. 
—  Ein  trauriges  historisches  Interesse  besitzt  die  Schrift  Gregoire's  : 
Rapport  s.  la  necessite  et  les  moyens  d'aneantir  les  patois  et  d'universaliser 
l'usage  de  la  langue  irqse.    Paris,  an  II. 

lieber  den  Dialect  von  Canada  erschien  neuerdings  ein  interessanter 
Aufsatz  Elliott's,  »On  a  Philological  Expedition  to  Canada«  in  Hopkin's 
University  Circulars  (Baltimore,  Uec.  1884). 


Fünftes  Kapitel. 

Die  Laute. 

Vorbemerkung.  In  dem  nächstfolgenden  Kapitel  sowie 
in  den  späteren,  soweit  sie  die  Grammatik  behandeln ,  ist  im 
Wesentlichen  nur  das  Hochfranzösische,  d.  h.  das  Schrift- 
französische berücksichtigt,  es  ist  also  auf  die  Dialekte,  nament- 
lich auf  die  modernen,  höchstens  gelegentlich  hin  und  wieder 
Bezug  genommen  worden.  Dies  Verfahren  ist  principiell 
falsch,  praktisch  aber  ist  es  zur  Zeit  das  einzig  mögliche, 
vgl.  die  darüber  in  Theil  II,  S.  8  ff.  gemachten  Bemerkungen. 

§  1.  Der  Lautbestand  des  Neufranzösischen  ^j. 
Der  Lautbestand  des  Neufranzösischen  ist  folgender: 

A.  Sonore 

a)  Vocale 

a]  reine  Mundraumvocale : 


t     e     ^     a     o     0     ti 
ß)  getrübte  Mundraumvocale 


in  langer,    mittlerer  und 
kurzer  Quantität. 


y]  Nasalvocale : 

ä  q  ö  ö,  vgl.  auch  ö    a    unten. 

[eti  —  faim  —  baro?i  —  un) 
ö)   Diphthonge : 

«')  steigende  Diphthonge: 

ie  10  ig 

—  pzed  — Jiole  —  il  y  aura  — 
iö  iü 

—  Heu  —  il  y  eut) 
ua  iiq        ui 

[fouet     ouest     oui) 


ta 
[diahle 

iq 
—  hier 

iq 

sieiü 

1)  Die  auf  die  französische  Lautlehre  bezügliche  Litte- 
ratur  ist  unten  in  §  9  verzeichnet.  Werke  über  moderne  Aus- 
sprache sind  in  §  5  angegeben. 


Die  Laute.  105 

ua 

[roi,  also  der  graphisch  mit  oi  bezeichnete  Diphthong,  welcher 

sich  zusammensetzt  aus  einem  zwischen  kurzem  w  und  kurzem 

0  schwebenden  Laute  -|-  a 

üi  (in  suivre).         oq  (in  poete). 

Hierzu  treten  die  steigenden  Nasaldiphthonge: 

{rieft  —  hahouin  —  moins) . 
ß')  Fallende  Diphthonge  fehlen  dem  Neufranzösischen, 
doch  liegt  der  Ansatz  zu  einem  solchen  vor  in  der  Combi- 
nation  Vocal  +  sogenanntes  mouillirtes  /.  da  dieselbe  that- 
sächlich  besteht  aus  Vocal,  einem  flüchtig  nachklingenden 
/  und  einem /-Laut.  z.  B.  hataille  =  hatä  ^  j"  vgl.  Lütgenau 
in  Herrigs  Archiv  Bd.   72,    S.  80  f.). 

Charakteristisch  für  den  neufranzösischen  Vocalisinus  ist:  1.  das  Vor- 
handensein und  sehr  häufige  Vorkommen  der  angegebenen  getrübten  und 
nasalen  Vocale;  2.  das  dadurch  bedingte  seltnere  und  z.  B.  im  Verhält- 
nisse zum  Italienischen  auffallend  seltene  Erscheinen  der  reinen  Mund- 
raumvocale;  3.  das  Fehlen  der  fallenden  Diphthonge;  4.  das  verhältniss- 
mässig  nur  seltene  Vorkommen  der  steigenden  Diphthonge ,  von  denen 
allein  ua  relativ  häufig  erscheint. 

b)  Liquidae: 

a]   linguo-alveolares  /: 

ß]  uvulares  (oder  velares  oder  Zäpfchen-)  r ; 

y    der  labiale  Nasal  i7i ; 

6)  der  dentale  Nasal  w; 

«)   der  palatalisirte  dentale  Nasal  n  [gri  . 

B.  Sonanten  (Geräuschlaute): 

a)   Spiranten   (Fricativae)  : 

a)  labiodental:   tönend  v.  tonlos/": 

ß)  linguo-alveolar :  tönend  s,  z.  tonlos  p.  ss.  s: 
y)  linguopalatal :   tönend  j.   tonlos  ch ; 

6)  linguodorsalpalatal :   tönend  y.    z.   B.  in  employer ,    ton- 
los — . 

b)  Explosivae: 

a)   labial:   tönend  h,  tonlos  p\ 
ß)  linguoalveolar :   tönend  d.   tonlos  t ; 

y)  linguodorsalpalatal:    tönend  g,    z.   B.   in  guerre ,    tonlos 
k.  z.  B.   in  kilometre; 


IQß  Das  Französische. 

d)  linguovelar:  tönend  y,  z.  B.  in  goiU,  tonlos  k  /•).  z.  B. 
in  cadeau. 

(c)   Consonantischer  graphischer  Diphthong: 

[x  =  k  -\-  s). 
C.   Kehlkopfgeräusche  (Ä-Laute): 

a)  das  Kehlkopfreibegeräusch  (=  h)  fehlt  dem  Franzö- 
sischen ; 

b)  das  Kehlkopfverschlussgeräusch  (=  spiritus  lenis) :  h 
aspiree. 

§  2.  Der  Wortaccent  im  Neufranzösischen.  1.  In 
Folge  der  unten  in  §  5  näher  darzulegenden  Lautentwickelung 
der  aus  dem  Latein  in  das  Französische  übergegangenen  Worte 
liegt  der  französische  Wortaccent  entweder  (bei  nicht  auf 
sog.  tonloses  e  auslautenden  Worten)  auf  der  letzten  oder 
(bei  auf  tonloses  e  auslautenden  Worten)  auf  der  vorletzten  Sylbe. 

2.  Die  französischen  Worte  sind  demnach  hinsichtlich 
ihres  Accentes  nur  entweder  Oxytona  oder  Paroxytona.  Hier- 
bei ist  aber  zu  bemerken,  dass,  da  auslautendes  tonloses  e  in 
der  Sprache  des  gewöhnlichen  Lebens  stumm  geworden  ist, 
auch  die  Paroxytona  thatsächlich  zu  Oxytonis  werden  und  dass 
folglich  in  Wirklichkeit  die  Oxytonirung  zur  Regel  gewor- 
den ist. 

3.  Die  Betonung  der  Endsylbe  bringt  es  mit  sich,  dass 
der  französische  Wortton  vorwiegend  Ableitxmgs-,  bezw.  Fle- 
xionssylben,  nicht  Stammsylben  trifft. 

4.  Der  französische  Wortton  ist  wenio:er  energisch,  als 
z.  B.  im  Deutschen,  und  folglich  hebt,  namentlich  innerhalb 
des  Satzes ,  die  Hochtonsylbe  eines  Wortes  sich  verhältniss- 
mässig  nur  wenig  von  den  Tieftonsylben  desselben  ab.  Der 
Satzaccent  überwiegt  bei  weitem  den  Wortaccent. 

5.  In  der  gegenwärtigen  französischen  Umgangssprache 
macht  sich  die  Tendenz  geltend,  bei  Eigennamen  und  gele- 
gentlich auch  sonst  den  Accent  auf  die  Pänultima ,  zuweilen 
selbst  auf  die  Antepänultima  zurückzuziehen,  so  dass  man  Be- 
tonungen hören  kann,  wie  Dübois,  Pascal;  Voltaire;  höhereau, 
hoürgemestre ;  pürier,  ahändonner,  pläisanter ;  Tho7nme  prüpose, 
Dieu  dispose.  Es  darf  jedoch  bis  jetzt  eben  nur  von  einer 
derartigen  Tendenz  gesprochen  und  es  muss  wohl  beherzigt 
werden,    dass   solche  Accentverschiebungen  nur  erst  gelegent- 


Die  Laute.  107 

lieh,  wenn  aueh  mitinitor  reeht  oft,  vorkommen,  nielit  aber 
schon  irgenchvo  zur  Kegel  geworden  sind.  Innnerhin  jedoch 
darf  man  vielleicht  in  der  Thatsache,  dass  sie  überhaupt  vor- 
kommen, den  ersten  Ansatz  zu  einer  Aenderung  der  französi- 
schen Lltimabetonung  erblicken.  Sollte  in  der  ferneren  .Sprach- 
entAviekelung  dieser  Ansatz  zu  weiterer  Ausdehnmig  und  Aus- 
bildung gelangen,  so  würde  damit  der  erste  Anstoss  zu  einer 
noch  gar  nicht  absehbaren  Umbildung  der  französischen  Laut- 
verhältnisse gegeben  werden :  vermuthlich  würde  durch  die- 
selbe die  Lautgestaltung  der  französischen  Worte  derjenigen 
ähnlich  werden,  welche  die  romanischen  Worte  im  Englischen 
bereits  erlangt  haben ,  es  würden  namentlich  auch  viele  jetzt 
noch  erhaltene  Flexionsendungen  (z.  B.  des  Infinitivs  und  des 
Part.  Prät.  der  schwachen  Conjugationen)  schwinden  oder  doch 
zu  tonlosem  e  geschwächt  werden.  Kurz  es  eröffnet  sich,  wenn 
man  den  angedeuteten  Gedanken  weiter  verfolgt,  ein  inter- 
essanter Phantasiefemblick  in  die  sprachliche  Zukunft. 

§  3.  Die  Vocalquantität  im  Neufranzösischen. 
1.  Das  Neufrauzösische  besitzt  Vocalquantität,  kennt  Unter- 
schiede in  der  Zeitdauer  der  Vocale.  Aber  die  Vocalquantität 
ist  im  Neutranzösischen  von  untergeordneterer  Bedeutung,  als 
in  andern  (namentlich  als  in  den  classischen  und  als  in  den 
germanischen)  Sprachen,  denn  die  durchgehende  Tendenz  der 
Ultimabetonung  hat  zur  Folge,  dass  alle  der  Hochtonsylbe  des 
Wortes  vorangehenden  Silben  hinsichtlich  ihrer  Quantität  ein- 
ander nivellirt,  d.  h,  dass  ihre  Vocale  sämmtlich  mehr  oder 
weniger  als  Kürzen  gesprochen  werden:  die  der  Wortschluss- 
sylbe  zueilende  Rede  scheut  die  Mühe  der  quantitativen  Aus- 
einanderhaltung der  Vortonsylben.  Es  ist  demnach  begreiflich, 
dass  die  Vocalquantität  im  Xeufranzösischen  den  Charakter 
einer  gewissen  Unbestimmtheit  und  Unklarheit  au  sich  trügt 
und  vielfach  controvers  entweder  wirklich  ist  oder  doch  dafür 
gehalten  wird. 

2.  Wirklich  lang  können  im  Neufranzösischen  nur  hoch- 
ton ige  Sylben  sein,  und  auch  diese  sind  Längen  nur:  a)  wenn 
sie  auslauten  auf  Vocal  -\-  sog.  stummes  e,  z,  B.  aimee;  ß]  wenn 
sie  einen  Nasalvocal  enthalten,  z.  B.  gründ  mehr  noch  stei- 
gert die  Länge  des  ä  sich ,  wenn  Cons.  -[-  sog.  stummes  e 
nachfolgt,    z.  B.  gründe]  ;    y]  wenn  sie  einen  Vocal  enthalten, 


108  I^^ä  Französische. 

der  durch  Contraction  entstanden  ist,  z.  B.  miir  =  me-ur  = 
ma\turum\  6)  wenn  nach  ihrem  Yocale  ein  gedecktes  5  ge- 
schwunden ist.  z.  B.  foret:  e)  wenn  ihrem  Yocale  lautendes 
r  nachfolgt,  z.  B.  mer\  l)  wenn  ihrem  Yocale  Consonant  + 
sogenanntes  stummes  e  nachfolgt,  z.  B.  rare,  encore  (hier  je- 
doch zahlreiche  Ausnahmen,  z.  B.  dame,  glace^  die  Worte  auf 
-ade^  alle  etc.). 

3.  Halblang  ist  eine  Sylbe:  a)  wenn  sie  hochtonig  ist 
imd  ihr  Yocal  auslautet,  z.  B.  ete.  bonte;  ß)  wenn  sie  hoch- 
tonig ist  und  auf  verstummte (n)  Consonanten  auslautet,  z.  B. 
etat,  tih,  herös,  p5t{s] :  y)  wenn  sie  tieftonig  ist  und  ihr  Yocal 
durch  Contraction  entstanden  ist,  z.  B.  snrete  =  se[c\uritat-em  \ 
ö)  wenn  sie  tieftonig  ist  und  nach  ihrem  Yocale  ein  gedeck- 
tes s  geschwunden  ist,  z.  B.  entete  =  * intestat-um .  mätelot 
von  mä[s)i. 

4.  Alle  sonstige  Sylben  sind  entweder  entschieden  kurz 
oder  neigen  sich  doch  zur  Kürze.  Nähere  Bestimmungen  hier- 
über anzugeben,  würde  zu  weit  führen. 

5)  Sylben,  welche  bei  Betonung  lang  sind,  werden,  wenn 
sie  den  Wortton  verlieren,  kurz,  bezw.  halblang,  z.  B.  afßlgc 
(nach  3  c).   aber  affiiger,  prete  (vgl.  2  ö),  aber pretei'  (vgl.  3  d. 

§  4.  Die  phonetische  Wortverbindung  (Liaison). 
1.  Durch  die  Satzconstruction  und  folglich  durch  den  Sinn 
eng  verbundene  Worte  werden  im  Französischen,  wenn  mög- 
lich, auch  phonetisch  mit  einander  verbunden  (Hirt),  indem, 
wenn  das  erste  consonantisch  aus-  und  das  zweite  vocalisch 
anlautet,  der  consonantische  Auslaut  des  ersten  zum  Anlaut 
des  zweiten  wird.  Es  geschieht  dies  auch  dann ,  wenn  im 
isolirt  gesprochenen  Worte  (z.  B.  grand)  der  consonantische 
Auslaut  bereits  verstummt  ist. 

2 .  Lautet  das  erste  der  sinn  verbundenen  Worte  auf  Yocal 
-f-  Nasal  aus  (z.  B.  en)j  so  entsteht  kein  Nasalvocal,  sondern 
der  Nasal  tritt  als  Anlaut  zu  dem  zweiten  Worte  (z.  B.  en  hivet-, 
en  ete).  jedoch  erhält  der  dem  Nasal  vorangehende  Yocal  die 
Lautqualität,  welche  der  entsprechende  Nasalvocal  besitzt  (es 
wird  also  z,  B.  das  e  in  en  wie  a,  das  n  in  im  wie  ö  ge- 
sprochen) .  *) 

1)  Die  Beschaffenheit  des  Lautes  des  auslautenden  n  vor  anlautendem 
Vocal  [xtn  ami  u.  dgl.^  ist  von  den  französischen  Orthoepikern  viel  erörtert 


Die  Laute.  109 

3.  Die  phonetische  Wortverbindung  ist  eine  der  hervor- 
stechendsten Lauteigenthiimlichkeiten  des  Französischen ;  durch 
sie  werden  sinnverhundene  Worte  zu  einer  ähnlichen  Laut- 
einheit zusammengefasst.  wie  dies  im  Sanskrit  durch  das  so- 
genannte Sandhi  gcscliieht,  nur  freilich,  dass  das  letztere  eine 
noch  weit  energischere  und,  weil  auch  zwischen  consonantisch 
auslautendem  und  consonantisch  anlautendem  Worte  stattfin- 
dend,  eine  ungleich  umfangreichere  Lautbindung  darstellt. 

4.  Es  ist  ersichtlich,  dass  die  phonetische  Wortverbin- 
dung die  Tendenz  erzeugt,  sowohl  den  AVortton  als  auch  die 
Sylbenquantität  der  dem  letzten  gebundenen  Worte  voraus- 
gehenden Worte*  abzuschwächen. 

5.  In  der  Praxis  sind  bezüglich  der  Anwendung  und 
Nichtanwendung  der  Bindung  mancherlei  Schwankungen  zu 
beobachten,  welche  die  grammatische  Theorie  mit  wenig  Erfolg 
unter  bestimmte  Regeln  zusammenzufassen  sich  bemüht  hat. 

6.  ISemerkenswertli  ist,  dass  die  Volkssprache  auch  eine 
analogische  Bindung  kennt,  d.  h.  Bindung  mit  s  dem  häufig- 
sten Bindungsconsonanten)  auch  da  eintreten  lässt,  wo  ein  s 
dem  Auslaute  des  betreff'enden  Wortes  gar  nicht  zukommt 
{»foire  des  cuirsa). 

§  5.  Die  gegenwärtige  Aussprache  des  Französi- 
schen. 1.  Die  gegenwärtige  Aussprache  des  Französischen 
ist  selbstverständlich  in  den  einzelnen  Dialektgebieten  eine 
sehr  verschiedene  und  variirt  überdies,  wie  ebenfalls  selbst- 
verständlich, je  nach  der  Individualität  der  Sprechenden. 

2.  Wissenschaftlich  betrachtet,  besitzt  jede  Aussprache 
ihre  Berechtigung,  insofern  als  sie  das  Ergebniss  einer  orga- 
nischen oder  analogischen  Lautentwickelung  ist.  Für  prak- 
tisch-orthoepische  Zwecke  dagegen  darf  lediglich  die  Aussprache 
der  gebildeten  Pariser  als  massgebend  betrachtet  werden. 

3.  Die  pariser  Aussprache  ist  vielfach  conventionell  und 
wird  in  Einzelheiten  sogar  von  vorübergehenden  Moden  be- 
worden, und  nach  der  Ansicht  Einiger  würde  allerdings  die  Nasalvocali- 
sation  einzutreten  haben.  Es  mag  in  der  That  auch  richtig  sein,  dass  die 
Tendenz  zu  solcher  Aussprache  vorhanden  ist,  vorläufig  aber  dürfte  diese 
letztere  weder  als  herrschend  noch  als  mustergültig  anzusehen  sein,  höch- 
stens kann  man  zugeben,  dass  ein  Ansatz  zur  Nasalvocalisation  auch  in 
der  Bindung  bereits  vorhanden  ist:  es  beruht  derselbe  auf  lautlicher  Ana- 
logiebildung die  Aussprache  ausserhalb  der  Bindung  beeinflusst  diejenige 
innerhalb  der  Bindung  . 


110  Das  Französische. 

herrscht,  ist  demnach  auch  in  Einzelheiten  verhältnissmässig: 
raschem  Wechsel  unterworfen,  so  dass  immer  die  jüngere 
Generation  gewisse  Laute  in  gewissen  Worten  anders  pronon- 
cirt,  als  die  ältere.  Man  darf  demnach  den  Vorschriften  der 
Orthoepiker  keinen  dogmatischen  Werth  beimessen ,  um  so 
weniger,  als  Orthoepiker  und  Grammatiker  oft  genug  ihren 
individuellen  Aussprachela-unen  Allgemeingültigkeit  beizulegen 
versuchen  oder  auch,  weil  befangen  in  einem  pedantischen 
Conservativismus  oder  in  vorgefassten  Meinungen,  alle  Aus- 
spracheerscheinungen, welche  ihrem  Kanon  sich  nicht  fügen 
wollen,  einfach  als  fehlerhaft  brandmarken.  Mit  besonderer 
Vorsicht  aber  sind  die  Angaben  der  nicht  nationalfranzösi- 
schen Orthoepiker  aufzunehmen,  da  ein  Ausländer  nur  selten 
die  Eigenart  einer  fremdsprachlichen  Aussprache  allseitig  rich- 
tig zu  erfassen  vermag,  sondern  vielmehr  sich  leicht  durch 
seine  eigenen  Lautgewöhnungen  zu  irrigen  Auffassungen  und 
Lrtheilen  bestimmen  lässt.     Vgl.  übrigens  Theil  II,  S.  115  f. 

Litteraturangaben:  Dli5K0C.\,  Traite  de  la  prononciation  des  con- 
sonnes  et  des  voyelles  finales  des  mots  fran9ais,  dans  leurs  rapports  avec 
les  consonnes  et  les  voyelles  initiales  des  mots  suivants,  suivi  de  la  pru- 
sodie  de  la  langue  frcse.  Paris  lS2i  (das  von  Theorie  strotzende  Buch 
hat  eigentlich  nur  noch  historisches  Interesscj  —  SoPHlE  Dupuis,  Traite 
de  prononciation  ou  nouvelle  prosodie  frcse.  Paris  1836  —  Malvix-Cazal, 
Prononciation  de  la  langue  frcse  au  XIX^  siecle.  Paris  1847  —  JuLES 
^Iaigne,  Traite  de  prononciation  frcse  et  manuel  de  lecture  ä  haute  voix. 
Paris  1871  —  *Lesaint,  Traite  complet  et  methodique  de  prononciation 
frcse  dans  la  seconde  moitie  du  XIX"^  siecle.  2''  ed.  Hamburg  lö71  (sehr 
empfehlenswerthes,  wenn  auch  lediglich  nach  Massgabe  praktischer  Ge- 
sichtspunkte verfasstes  Buch.  Lesaint  war  Sprachlehrer  in  Hamburg  und 
als  solcher  des  Deutschen  kundig,  es  war  ihm  daher  möglich,  französische 
mit  deutschen  Lauten  zu  vergleichen]  —  C.  Plötz,  Systematische  Darstel- 
lung der  französischen  Aussprache  etc.  Berlin  (dies,  in  immer  neuen  Auf- 
lagen erscheinende,  Büchlein  giebt  eine  sehr  zuverlässige  Anleitung  zur 
Kenntniss  der  wirklichen  französischen  Aussprache  und  besitzt  den  grossen 
Vorzug,  dass  sein  Verf.  sich  von  allen  künstlichen  Abstractionen  und 
Theorien  fern  gehalten  hat.  Sehr  lesenswerth,  weil  viel  ?sützliches  und 
Kichtiges  enthaltend,  sind  auch  die  »Vorbemerkungen^,  —  A.  Benecke, 
Darstellung  der  Lehre  von  der  französ.  Ausspr.  Berlin,  seit  1875  ^enthält 
viele  feine  Beobachtungen;. 

"\\'erthvoll ,  wenn  auch  zuweilen  schrullenhaft  und  für  die  Gegenwart 
durchaus  unzutretiend,  sind  lilTTKE's  Bemerkungen  über  die  Aussprache 
in  seinem  Dictionnaire  vgl.  MlKET,  Orthoepische  Betrachtungen  in  Bezug 
auf  L.'s  "Wörterbuch,  in:  Herrig's  Archiv  Bd.  4ü  S.  4u5fl'.,  Bd.  41   S.  377  ff. 


Die  Laute.  111 

und  IJd.  42  S.  1  ff.\  —  Im  Alljjemeiucn  sehr  zuverlässig  sind  die  Aus- 
spraclienaiif^aben  im  SACUS-ViLLATTK'scheii  Wörterbuche. 

Ausserdem  seien  nocli  foljjende  AVerke  «jjenannt:  A.  Feline,  Diction- 
nuire  de  la  prononciation.  Paris  1851  —  E.  M.\UTIN,  La  lanf^ue  frcse  cn- 
seignee  aux  etrangers.  Paris  18ö'J  —  Fit.  Michel,  Cours  methudiijue  de 
lecture  et  de  prononciation.  Paris  18(55  —  MouiN,  Traite  de  prononciation. 
ö^  ed,  Paris  1873  —  A.  Steffenhagen,  Französ.  Orthoepie.  Parchier  und 
Ludwigslust  18-11  —  "NValüüw,  Handbuch  der  französ.  Aussprache. 

Ueber  die  Aussprache  des  sogenannten  stummen  e  hat  in  einem  be- 
sonderen Buche  gehandelt:  L.  Mende,  Etüde  s.  la  prononciation  de  l'e 
muet  ä  Paris.  London  18SÜ  ivgl.  darüber  die  Kecension  von  KuÄUTER  in 
Ztschr.  f.  nfr.  Spr.  u.  Lit.    III  583  ff.). 

§  6.  Bemerkungen  über  das  Verhältniss  des  neu- 
französischen  Lautsystemes  zu  dem  Lateinischen. 
Das  neufranzösische  Lautsystem  hat  sich  von  demjenigen  des 
Lateins  ziemlich  weit  entfernt,  weiter  als  die  meisten  übrigen 
romanischen  Sprachen  —  namentlich  Provenzalisch,  Italienisch 
und  Spanisch  —  dies  gethan  haben.  Der  Abstand,  welcher 
in  dieser  Beziehung  zwischen  Neufranzösisch  und  Lateinisch 
besteht,  beruht  namentlich  einerseits  auf  dem  Einflüsse,  wel- 
chen der  Wortton  auf  die  Lautentwickelung  ausgeübt  hat, 
andererseits  auf  den  erheblichen  Modificationen ,  welche  die 
Explosivlaute  erfahren  haben. 

Im  Folgenden  seien  die  wichtigsten  der  zwischen  Neu- 
französisch und  Lateinisch  bestehenden  lautlichen  Differenzen 
aufgeführt,  mit  gelegentlicher  Beifügung  kurzer  Bemerkungen 
über  die  stattorefundene  lautliche  Entwickelunff. 


I.    Der   Einfluss   des   Wortaccentes   auf  die   Lautent- 
wickelung. 

1.  Der  lateinische  "Wortaccent  behauptet  sich  auf  der  ihm  in  dem  be- 
treffenden Worte,  bezw.  in  der  betreffenden  Wortform  zukommenden  Sylbe. 
Ausgenommen  sind  lediglich: 

a;  Worte,  in  denen  bereits  im  Vulgärlatein  nachweislich  oder  vermuth- 
lich  eine  Accentverschiebung  stattgefunden  hat,  z.  B.  treße  =  trtfolJ]um 
für  trifoUum  (NB.  Ueber  die  Entwickeluug  der  Numeralia  fingt,  trente, 
quarante  vgl.  F.  D'OviDlo ,  /  rißessi  romanzi  di  vlg"t>tti  etc.  in  Zeitschr.  f. 
rom.  Phil.   VIII  82 ff.  und  dagegen  Seelmann,  Ausspr.  d.  Lat.    S.  592  ff.), 

b,  Worte  gelehrter  Herkunft ,    z.  B.  portique  neben  porche  =  pörticus. 

c,  Das  proklitiäch  als  Artikel  gebrauchte  [il  lum,  -am,  -os,  -as  =  le, 
la,  les,  wo  also  die  Hochtonsylbe  apokopirt  ist. 

2.  Der  Wortaccent  bewirkt: 


112  Das  Französische. 

a)  Die  lautliehe  Veränderung  der  hochbetonten  Vocale,  namentlich 
der  in  offener  Sylbe  stehenden;  nämlich:  «)  vulgärlateinisches  e  (d.  i. 
geschlossenes  e]  und  i  werden  zu  ei  diphthongirt,  welches  sich  weiterhin 
zu  Ol  {ai]  entwickelt  hat,  z.  B.  habere  :  aveir,  avoir,  fid[em]  .fei,  foi;  ß  vul- 
gärlateinisches ri  geschlossenes  o)  und  u  werden  zu  oti  diphthongirt,  wel- 
ches sich  weiterhin,  wenn  aus  o  entstanden,  zu  eu  entwickelt  hat,  z.  B. 
dolbr[em]  :  doulour,  douleur  (aber  awiowr),  cubo  :  couve\  y)  vulgärlateinisches 

jt  ^offenes  e)  wird  zu  ie  diphthongirt,  z.  B.  ped[em]  :  pied;  (f,  vulgärlatei- 
nisches o  (offenes  o)  wird  zu  uo,  tce  diphthongirt,  welches  sich  weiterhin  zu 
eu  entwickelt,  z.  B.  hov[em]  :  hceuf,  novum  :  neuf\  e)  vulgärlateinisches  ü 
wird  zu  ü  getrübt,  z.  B.  7nur[u7n]  :  mur;  die  gleiche  Trübung  erleidet  übri- 
gens regelmässig  auch  tonloses  ü;  C)  vulgärlateinisches  ä  und  d  werden 
'in  offener  Sylbe)  zu  e,  später  meist  zu  c  erhöht,  z.  B.  amare  :  aimer,  ama- 
r[um]  '.  amer  (statthaft  ist  auch  die  Annahme,  dass  ti  ä  zunächst  zu  ai  diph- 
thongirt wurden  —  analog  der  Diphthongirung  von  e,  i  :  ei,  b  u  :  ou  —  und 
dass  sich  aus  ai  zunächst  (i,  dann  f  entwickelte.  Die  von  TEN  Brixk, 
Dauer  und  Klang,  S.  16  ff.,  dagegen  geäusserten  Bedenken  sind  zwar  ge- 
wichtig, aber  schwerlich  entscheidend,  namentlich  dürfte  die  Berufung  auf 
sai  ses  set  nicht  zutreffend  sein. 

b)  Die  lautliche  Veränderung  der  tieft onigen  Vocale,  indem  die- 
selben vielfach  «)  analog  den  hochtonigen  behandelt  werden,  oder  ß)  zu  e 
geschwächt  werden,  oder  y)  völlig  ausgestossen,  bezw.  abgestossen  werden, 
vgl.  unten  c). 

c)  Die  lautliche  Kürzung  des  Wortganzen,  indem  in  Folge  des  Ueber- 
gewichtes,  welches  die  Tonsylbe  über  die  sonstigen  besitzt,  die  tieftonigen 
Sylben  in  der  Aussprache  vernachlässigt  und,  wenn  dies  lautlich  statthaft, 
ganz  unterdrückt  werden.     Im  Einzelnen  ist  zu  bemerken: 

et)  Die  der  Hochtonsylbe  unmittelbar  vorangehende  Sylbe  wird  gern 
syncopirt,  z.  B.  coll[o]cäre  :  coucher. 

ß  Die  Vocale  sonstiger  vortoniger  Sylben  werden  gern  zu  dumpfem  e 
geschwächt,  z.  B.  smaragdus  :  emeraud,  prjmarius  :  premier ,  subcutare  f. 
subcutere  :  secouer. 

Y  Folgt  der  Hochtonsylbe  nur  eine  tieftonige  nach,  so  kommt  die- 
selbe in  der  Regel  in  Wegfall,  wenn  ihr  Vocal  ein  anderer  als  a  ist,  z.  B. 
mont[em]  :  mont,  servi  :  altfranzösisehes  serf,  servo[in]  :  serf,  fructujn  : 
fruit;  nur  a  bleibt,  aber  freilich  als  zu  e  geschwächt,  erhalten,  z.  B.  ro- 
sa m]  :  rose,  amas  :  ainies,  vgl.  altfranzösisch  guardat  :  aiviet,  dagegen 
guardet  :  guarde]t  =  gart.  (Schwund  des  nachtonigen  a  in  aqua  :  eave  :  eau). 
Die  Erhaltung  auch  anderer  Vocale  als  a  in  der  Schwächungsgestalt  e  ist 
nur  möglich,  wenn  dem  betreffenden  Vocale  eine  zum  Auslaut  nicht  ge- 
eignete und  deshalb  vocalischer  Stütze  bedürftige  Consonantencombination 
vorausgeht,  z.  B.  memhru[m]  :  mcmhre,  ainab'tlejn]  :  aimable,  *riccum  : 
riche.  Einen  besonderen  Ausnahmefall  bildet  die  Erhaltung  des  auslauten- 
den i  in  aimai  =  ama[c]i,  dormi  s]  =^  dnrmic  i,  eleu  =^  cla[v]u[m]  u.  dgl.; 
ursprünglich  können  diese  Vocale  nur  vor  folgendem  vocalischen  Anlaut 
sieli  erhalten  haben    vor  Consonanz  musste  z.  B.  amatn   werden   zu  *amef, 


Die  Laute.  113 

vgl.    chreni  :  clef^.    vgl.    hierüber    F.  Nevm.\nn    in    Ztschr.    f.    rom.    Phil. 

VIII  ;((•.;<  h; 

cf  Folgen  der  Hochtonsylbe  zwei  tieftonige  nach,  so  wird  der  Vocal 
der  ersten  in  der  Kegel  syncopirt  oder  in  einen  Consonanten  verhärtet, 
während  der  Vocal  der  zweiten,  weil  die  ihm  nun  vorausgehende  Conso- 
nantencombination  seinen  Abfall  nicht  gestattet,  in  der  Schwächungsgestalt 
<■  erhalten  bleibt,  z.  B.  siab' u]lum  :  etahh,  vinc[e]re  :  vaincre,  tit[u]lum  :  titre, 
silvat[{' ciiin  :  saucage,  porticiim  :  porcJie,  Uiienni  :  linge,   vgl.  unten  II  C  2d). 

3.  Es  ergiebt  sich  hieraus,  dass  im  Französischen  hinsichtlich  der  Be- 
tonung nur  zwei  Wortausgänge  möglich  sind,  nämlicli: 

1.   auf  die  Hochtonsylbe  (männlicher  Ausgang:,  z.  B.  aitner,  amoür ; 
1.   auf  die  Hochtonsylbe  +  eine  tieftonige  Sylbe,  deren  Vocal  nur 
e  sein  kann  i weiblicher  Ausgang),  z.  B.  ahne,  aimes. 
Es  besitzt  also    das  Französische  nur  Oxji;one  und  Paroxytone.     Da 
jedoch  das  tieftonige   e  in   der  Auslautsylbe  in   der  Sprache  des  gewöhn- 
lichen Lebens  verstummt  ist,  so  sind  thatsächlich  die  französischen  Worte 
sämmtlich  Oxytona,  vgl.  jedoch  oben  §2. 

Die  oxytone  Wortbetonung  ist  ein  hervorragender  Charakterzug  des 
Neufranzösischen . 

4.  Die  durch  das  Uebergewicht  der  Hochtonsylbe  veranlasste  vielfache 
Synkope,  bezw.  Apokope  der  tieftonigen  Sylben  hat  bewirkt,  dass  die  fran- 
zösischen W'orte,  soweit  sie  Erbworte  sind,  an  Sylbenzahl,  also  an  Umfang 
ihren  lateinischen  Grundwerten  nachstehen ,  oft  um  mehrere  Sylben ,  vgl. 
z.  B.  coucher  mit  coUocare,  Jeune  xmt  juc.ejiem,  vrai  mit  veracum  (?*  u.  dgl. 

Befördert  wird  die  lautliche  Kürzung  der  in  das  Französische  überge- 
gangenen lateinischen  Worte  noch  dadurch,  dass 

a)  Vocalcombinationen ,  welche  durch  Ausfall  intervocalischer  Explo- 
siva entstanden  (vgl.  unten  S.  116),  durch  Contraction  einsylbig  werden, 
falls  der  zweite  Vocal  hochtonig  war,  z.  B.  *ca[dlere  :  che-oir  :  choir,  maj,'ü- 
rum  :  meür  :  mür,  cat  cna  :  cha'ine  :  chaine; 

h  tonloses  i,  bezw.  e  in  Hiatusstellung  nach  der  Hochtonsylbe  <;eine 
Sylbengeltung  verliert,  indem  es  entweder  sich  zu  g  verhärtet  (z.  B.  idtieuni 
:  lange)  oder  mit  dem  vorangehenden  Konsonanten  zu  einem  Laute  ver- 
schmilzt z.  B.  älveus  :  alge  .  atige,  vinea  :  eigne  d.  i.  eine,  vdliam  :  vaille)  oder 
endlich  durch  Epenthese  (Vocalattraction)  in  die  Vorsylbe  eintritt  (z.  B,  glöria 
:  gloire\  ein  verwandter  Vorgang  ist  es,  wenn  i  selbst  schwindet,  aber  Er- 
höhung des  vorangehenden  Hochtonvocales,  also  eine  Art  Umlaut,  bewirk  , 
z.  B.  primaria  :  jirimaire  und  premiere). 

II.    Die  Entwickelung  der  einzelnen  Laute^). 
A.    Der  Vocalismus. 

Hochtonige  Mundraumvocale :  «)  in  offener  Sylbe:  a:e  {ca- 
rus  :  eher),  e  und  t  :  ei,  woraus  oi,  ai  (habeham  :  aveie  :  avoie  :  ai'ais),  ö  und 

1 )  Es  bedarf  wohl  nicht  erst  der  Bemerkung,  dass  im  Folgenden  keine 
Lautlehre  gegeben,  sondern  nur  auf  Hauptgesetze  der  Lautentwickelung 
kurz  hingewiesen  werden  soll. 

Körting,  Encyklopädie  d.  rom.  Phil.  III.  8 


114  Das  Französische. 

ü:  ou,  eu  =  ö  [coloretn  :  colour  .  couleur,  cübo  :  couve],  e  [=  e]  :  ie  {pedem  : 
pted,  ferum  :  ßer]  ,  o  [=  ö,:  uo,  ue,  eu  =  ö  [novutn  :  ueufj  ,  ü  :  ü  [mürum  : 
mttr, ,  'i  bleibt  erhalten  7-ts  :  7-is,;  ß)  in  geschlossener  Sylbe  d.  h.  in 
lateinischer  oder  romanischer  Position) :  a  bleibt  a  [carrwn  :  char,  anjnia 
:  dme],  e  wird  offenes  e  {terra  :  terre,  fetiestra  :  fenetre,  *  essere  :  etre),  i  wird 
zu  (gegenwärtig  offenem,  e  [littera  :  lettre,  episcopum  :  eve'que],  o  bleibt  o 
ynordere  :  mordre,  möllern  :  mol],  u  wird  theils  o  (so  vor  Nasalen,  z.  B.  mun- 
dum  :  monde],  theils  ou  [surdum  :  sourd .  Nicht  selten  jedoch  ist  der  Vocal 
in  geschlossener  Sylbe  gemäss  seiner  Qualität,  bezw.  Quantität  behandelt, 
z.  B.  7toctem  :  nueit  :  nuit,  integram  :  eutieire  :  eiitiere.  Erhaltend  auf  den 
Vocal  wirkt  namentlich  nachfolgender  Nasal. 

2.  Tieftonige  Mundraumvocale.  lieber  die  Entwickelung  der 
lateinischen  tieftonigen  Mundraumvocale  im  Französischen  vgl.  oben  I  2 
b    und  c . 

3.  Nasalvocale.    Die  lateinische  Combination:    • 

(hochtoniger  oder  tieftoniger;  Mundraumvocal  +  gedeckter  oder  auslau- 
tender Nasal  [m,  n) 
ergiebt,  wo  sie  sich  überhaupt  erhalten  hat,  einen  Nasalvocal ,  also  a  -\-  n 
und  a  +  wi  =  ä,  o  -\-  m  und  o  -\-  n  =^  ö\  bei  e,  t,  u  erfolgt  zugleich  eine 
Veränderung  des  Vocalklanges ,  denn  c  +  m  und  e  -\-  n  =  ä,  i  -\-  m  und 
i  -\-  n  ==  e,  u  -\-  m  und  u  -{-  n  =  ü  (diese  Veränderung  des  Vocalklanges 
tritt  auch  dann  ein ,  wenn  dem  auf  m  oder  n  auslautenden  Worte  ein  vo- 
calisch  anlautendes  nachfolgt,  obwol  dann  m  und  n  ihren  liquiden  Laut 
beibehalten,  z.  B.  un  arbre) ;  hierzu  ai  =  p  -\-  m  oder  n  :  f  [romain] ,  oi  + 
in  oder  7i  ^  of  'Jomdre,  s.  unten),  ie  +  "»  oder  n  =  tf. 

Die  vollständige  Ausbildung  der  Nasalvocale  fällt  erst  in  verhältniss- 
mässig  späte  Zeit  16.  und  17.  Jahrhundert);  Ansätze  dazu  aber  sind  be- 
reits im  Altfranzösischen  zu  beobachten  (Bindung  von  -ait  und  -en  in  As- 
sonanzen und  Reimen  u.  dgl.). 

Der  Besitz  der  Nasalvocale  ist  eine  der  charakteristischsten  Lauteigen- 
heiten des  Neufranzösischen,  zu  welcher  auf  romanischem  Gebiete  nur  das 
Portugiesische  in  weiterem  Umfange  Parallelen  aufweist. 

Die  lateinische  Combination  )ic,  ng  ergiebt  in  der  Regel  palatalisirtes 
n  («) ,  woraus  in ,  also  7t  mit  vorklingendem  i  sich  entwickelt :  jungunt  : 
joignent;  auslautend  und  in  gedeckter  Stellung  wird  die  Palatalisirung  des 
n  aufgegeben  und  71  bildet  mit  dem  vorangehenden  Vocal,  bezw.  Diphthong 
Nasalvocal,  bezw.  Nasaldiphthong:  sanct[u7n]  :  saht,  saint,  spi;  jung[e]re, 
Jungo  :  jotidre  joihdre  joindre  jo}77dre,  Jon  join  joiii's)  jo}. 

4.  Diphthonge,  a;  Die  )Monophthongirung  ursprünglicher  lateini- 
scher Diphthonge  war  im  Wesentlichen  schon  in  vorromanischer  Zeit  voll- 
zogen. Für  das  Französische  kommen  nur  folgende  Fälle  in  Betracht: 
au  :  Q  {aui^m  :  nr) ,  ae,  oe  :  fi,  seltner  zu  e  [caeluin  :  col  :  ciel  vgl.  pudern  : 
pied,  praeda  :  preda  ;  proie) ;  die  Vocalcombination  eu  in  deus  ist  =  ','  -j-  " 
und  ergiebt  folglich  ieu  [dteu\. 

b;  Die  durch  Vocalisation  auslautender,  bezw.  gedeckter  Consonanten 
entstandenen  Diphthonge    namentlich  du  =  al,  du  =  ol,  el  =  eau,  ab,  av  : 


Die  Laute.  115 

au,  di  =  ac,  ag,  aj  sind  im  Neufranzosischen  monophthongirt,  ebenso  die 
durch  Ausfall  intervocalischer  Explosiven  entstandenen  ^'ocalcombinationen 
z.  B.  filiere  :  veoir  :  voir  ,  nur  vereinielt  ist  zwischen  die  beiden  Vocale 
zur  Tilgung  des  Hiatus  ein  Consonant  eingetreten  potere  :  pooir  :  povoir 
:  pouvoir]. 

c  Durch  Yocalisation  eines  Consonanten  nach  diphthongirtem  Vocale 
entstandene  Triphthonge  werden  zu  Diphthongen  vereinfacht  [^tioctem  : 
fiueit  :  nttit,  wobei  der  Accentwechsel  zu  beachten). 


B.    Die  Liquidae. 

1.  a,  Auslautendes  und  gedecktes  /  nach  a,  o  e  wird  regelmässig  vo- 
calisirt  zu  u  [al  :  au,  ol  .  ou\  in  der  Combination  el  l]  wurde  dem  /  zuvor 
ein  a  vorgeschlagen,  also  eal  :  eau,  altus  :  haut,  Collum  :  cou;  Gallia  :  Gaule; 
spat  u Ja  :  spalla  :  epaule;  bellum  :  beau;  casteUum  :  chdteau  ,  doch  erhielt 
sich  /  nach  a,  wenn  letzteres  zu  e  erhöht  wurde  sal  :  sei,  tnortaletn  :  mor- 
tel .  Das  /,  welches  zu  zt  sich  vocalisirte ,  muss  einen  dem  des  slavischen 
f  ähnlichen  Klang  besessen  haben,  kann  also  nicht,  wie  das  anlautende 
und  intervocalische  /,  linguoalveolar  gesprochen  worden  sein.  —  ßj  Die 
Combinationen  /  -f-  tonloses  t  [e  in  Hiatusstellung  und  :  (Vocal  +)  cl,  gl.  jl 
ergeben  mouillirtes  l  [consilium  :  conseil,  palea  :  paille,  gubernacu^lum  : 
gouvernail,  vig  i.lare  :  veiller,  baj  u]lare  :  bailler].  In  der  gegenwärtigen  Aus- 
sprache hat   sich  jedoch   der  Laut   des  mouillirten   /  zu   einem  flüchtigen 

ji"-Laut  verflüchtigt,  vgl.  oben  S.  105. 

2.  Das  im  Lateinischen  und  jedenfalls  auch  noch  im  Altfranzösischen 
lingual  gesprochene  r  ist  im  Neufranzösischen  uvular  geAvorden. 

3.  }i  und  m  haben  nur  anlautend  und  intervocalisch  ihren  Klang  be- 
wahrt ;  auslautend  und  in  gedeckter  Stellung  sind  sie  mit  dem  vorangehen- 
den Consonanten  zu  Nasalvocalen  verschmolzen  vgl.  oben  A  3.  Die  Com- 
bination 7ic  und  ng  hat  in  intervocalischer  Stellung  ti  ergeben,  auslautend 
und  in  gedeckter  Stellung  Nasalvocal  vgl.  oben  A  3;.  Die  Combination : 
Hochtonvocal  +  «  [m]  -\-  i  (e;  in  Hiatusstellung  ergiebt  a)  n,  z.  B.  Hispania  : 
Espagtie,  b)  ng,  wo  g  linguopalatal  lautet,  z.  B.  laneus  :  lange,  c,  durch 
Assimilation  nn,  z.  B.  veniam  :  vienne  Jaltfranzösisch  auch  viegne,  vienge). 
In  der  Combination  Vocal  -\-  gn  -j-  Vocal  wird  gn  ebenfalls  zu  « ,  z.  B. 
dignum  :  digne,  magnum  :  magne. 

4.  Sporadisch  tritt  Umsprung  der  Liquiden  ein,  z.  B.  tifujum  : 
titre,  diac  onum  :  diacre ,  Arveniia  :  Alvergne  :  Auvergne,  fragrare  :  ßairer. 

5.  Metathesis  einer  Liquida,  namentlich  eines  r,  innerhalb  eines  Wor- 
tes ist  nicht  ganz  selten  zu  beobachten ,  z.  B.  fonnaticum  :  fromage ,  tem- 
perare  :  temprer,  ßmbria  :  frimhia  :  f  ränge ,  turbulare  :  troubler ,  *  tortiare  : 
trousser,  vgl.  auch  altfranzösisch  fremer,  vregier,  bergier  =  fermer,  vergier, 
berger.  Hier  sei  auch  ca  th'edra  :  chaire  ;  chaise  erwähnt,  also  ein  Fall 
des  Wandels  von  r  :  s. 


116  Das  Französische. 

C.    Die  Consonanten  (Explosivae  und  Spiranten). 

1.  Anlaut.  Anlauten  kann  ausser  Vocal  und  Liquida  a)  einfacher 
Consonant,  und  zwar  ebensowohl  Explosiva  wie  Spirans;  bj  Explosiva 
+  l  und  +  r  \bl,  gr  u.  dgl.);  c)  die  Spirans  f  +  l  und  /  +  r;  d)  selten 
Spirans  v  +  r,  z.  B.  vrtlle;  e)  in  gelehrten  Worten  c  -\-  s  =  x;  f)  in  ge- 
lehrten Worten  s  impurum  {st,  sp,  sc] ;  in  volksthümlichen  Worten  dagegen 
wird  dem  s  impurum  ein  e  vorgeschlagen,  nach  welchem  Schwund  des  s 
eintritt  und  durch  Setzung  des  Acutes  auf  das  e  angezeigt  wird,  z.  ß. 
strictum  :  etroit,  *  studiare  :  etiidier ;  abnorm  ist  die  Erhaltung  des  s  in 
esprit,  wie  überhaupt  dies  Wort  unregelmässig  gebildet  ist.  g,  In  der  Um- 
gangssprache lautet  häufig  auch  Explosiva  +  Explosiva  an ,  indem  das 
zwischen  ihnen  stehende  tonlose  e  verstummt,  z.  B.  j)  etit  u.  dgl. 

2.  Inlaut,  a;  Intervocalische  Explosiva  neigt  zur  Verschiebung,  bezw. 
zum  Ausfall,  es  wird  nämlich : 

tonlose  Explosiva  zur  tönenden  Explosiva,  z.  B.  }>  ■  b    apicula  :  abeille), 
tönende  Explosiva  zur  tönenden  Spirans,  z.  B.  i  :  y    sapere  :  savoir], 
tönende  Spirans  fällt  aus  ;also  z.  B.  j)  :  b  :  v  :  — ,  wie  Lupa  [ein  Fluss- 
namej  :  *  Loube  :  *  Louve  :  Lotte  . 

Bei  c,  g,  t,  d  ist  völliger  Ausfall  Regel,  namentlich  in  vortoniger 
Sylbe,  z.  B.  plicare  :  plier,  latuca  :  laitue,  locare  :  louer,  ?tegare  :  nier,  ligc- 
men  :  lien,  augustum  :  aoiit  (als  y-Laut  ist  c,  g  erhalten  z.  B.  in  payer  aus 
pacare,  noyer  aus  necare,  payen  aus  paganu7n]  —  atnata  :  aimee,  cicuta  : 
eigne,  nativum  :  naif ,  *  crudalenx  :  cruel,  pedonem  :  pion,  audire  :  ou'ir,  laii- 
dare  :  louer.    Vgl.  aber  über  c  auch  unten  4  a    J"). 

Bei  p,  b  ist  Verschiebung  zu  v  die  Regel,  z.  B.  capiUum  :  cheveu,  ca- 
pitaneum  :  altfranzösisch  chevetaigne  (daneben  das  gelehrte  capitaiue],  htpam 
:  louve,  cubo  :  couve,  habere  :  avoir  (vgl.  dagegen  *  habutam  mit  eue],  *  sapere 
:  savoir  (vgl.  dagegen  *saputam  mit  sue].  Verschiebung  des  p,  b  :  v  tritt 
auch  vor  r  und  l  ein,  z.  B.  aurifabrum  :  orfhre,  cupreum  :  cuivre,  paup[e~ 
rem  :  pauvre;  in  gleicher  Verbindung  sinkt  auch  c  oft  zu  g  herab,  z.  B. 
mac[e]rum  :  maigre,  acerem  :  aigre ,  aquila  =  ak'i  la  :  aigle.  In  der  Com- 
bination  gr,  jr  wird  g,  j  vocalisirt,  z.  B.  fragrare  .ßairer,  frag[i  lern  : 
fraile  =  freie,  auch  leg[e]re  :  lire,  integrum  :  entier,  tiigrum  :  neir,  noir  ge- 
hören hierher.  TJass  gl  mouillirtes  /  ergiebt,  wurde  bereits  oben  B  1  i) 
bemerkt. 

Worte,  in  denen  intervocalische  Explosiva  sich  erhalten  hat,  bezw. 
nicht  verschoben  worden  ist,  verrathen  sich  eben  dadurch  als  halb-  oder 
als  rein  gelehrte  Worte,  wie  z.  B.  poete,  matiere,  nature,  süperbe,  epitre. 

b  Intervocalisches  s  und  ebenso  c  in  Perfect-  und  Plusquamperfect- 
formen  fällt  scheinbar  zuweilen  aus,  z.  B.  ?nisis[ti]  :  meis  :  mis,  fecissent  : 
fesissent  :  feissent  :  Jisseut ,  in  Wirklichkeit  dürfte  Anbildung  an  Formen 
wie  ve'is  =  vi[d]isti  vorliegen;  sonst  ist  s  erhalten,  z.B.  phasiatmm  .  faisati. 
c)  Schwere  Consonantencombinationen ,  wie  sie  namentlich  aus  dem 
Schwunde  tonloser  interconsonantischcr  Vocale  sich  ergeben ,  werden  er- 
leichtert: «;  durch  Ausfall  des  ersten  Consonanten,  z.  B.  animadme, 
captivum  :  chetif   daneben   als  mot  savant  captif  ,    adcaptare  :  acheter,    ad- 


Die  Laute.  117 

vocatum  :  avou^,  civ  Ctatem  :  citt-,  claud'e]re  :  clon-e  :  clore,  auch  die  Ver- 
einfachung von  dt  :  t  darf,  obwohl  streng  genommen  ein  etwas  anders- 
artiger Vorgang,  hierher  gezogen  werden,  z.  B.  per(l\i  ta  :  perte,  t'eudi]ta  : 
reute.  Eigenthümlich  ist  die  Abneigung  des  Französischen  gegen  inlauten- 
des st,  sp,  sc,  sm,  sti,  sl,  sr  und  überhaupt  gegen  s  -\-  Consonant,  welche 
C'ombination  von  anderen  romanischen  Sprachen  beibehalten  wird.  Im 
Französischen  schwindet  gedecktes  s  regelmässig,  und  sein  Ausfall  hat  die, 
oft  durch  den  Circumflex  angedeutete,  Dehnung  des  vorausgehenden  Con- 
sonanten  zur  Folge,  z.  B.  mäff[{]strum  :  maistre  :  tnaitre,  crista  :  creste  : 
cre'te,  laxwn  :  lascum  :  lasche  :  lache,  baptisma  :  batesme  :  bapteme,  t[7i]s[u]la  : 
isle  :  ile,  pascere  :  *pasjere  :  *paisre  :  paistre  :  j)attre,  (aber  texere  :  tisre  : 
tistre],  AVorte  mit  erhaltenem  gedecktem  s,  wie  triste,  chaste,  gaste,  Juste 
etc.,  charakterisiren  sieh  dadurch  als  halbgelehrte  Worte.  Die  Combina- 
tion  ust  wird  theils  zu  nt,  theils  zu  st  vereinfacht,  z.  B.  monstrare  :  mon- 
trer,  constare  :  couster  :  coilter\  ß]  durch  progressive  Assimilation,  z.  B. 
hed  e]ra  :  \l]i&rre,  quadratum  :  carr^,  latronem  :  larron,  it[e]rare  :  errer,  de- 
bita  :  dette,  columna  :  colonne,  Garumna  :  Garoune;  y)  durch  regressive 
Assimilation,  z.  B.  hom[i]ne)n  :  komme,  fe?n[i]nani  :  femme,  auctumnum  : 
autonine,  altfranzösisch  auch  z.  B.  volrai  -.vorrai,  parier  :  paller;  d,  durch 
Vocalisirung  des  ersten  Consonanten,  namentlich  gedecktes  l  :  u,  z.  B. 
talpa  :  taupe,  c,  g,  j  :  t,  z.  B.  tractare  :  traiter,  mag'i\s  :  mais,  7naj[o]r  : 
maire;  vgl.  oben  a) ;  zuweilen  entspricht  lateinisch  gedecktem  g  im  Neu- 
französischen  M,  z.  B.  smaragdum  :  emeraud,  sagma  :  som[m]e  und  säume 
,vgl.  deutsch  »Saumpfad,  Saumthier«),  möglicherweise  (?)  ist  hier  die 
Entwickelung  g  :  l  .  u  anzunehmen,  also  sagma:.  salma  :  säume  :  som[m]e; 
seltener  p,  b  .  v  :  u,  z.  B.  stip[u]la  :  eteule  (daneben  freilich  unorganisch 
eteuble,,  tab'uja  :  tavle  :  taule  :  töle  (daneben  das  halbgelehrte  table];  e]  durch 
Ausfall  eines  zwischen  zwei  andern  stehenden  Consonanten,  z.  B.  7nisc[u]- 
lare  :  mesler  :  vieler,  comp[u]tare  :  compter,  2)ort_i\cum  :  porche,  galb[i]num  : 
Jaufie;  C;  durch  Einschub  eines  euphonischen  Consonanten,  namentlich 
eines  d  zwischen  n  -\-  r,  z.  B.  cin[e]rem  :  cendre,  zwischen  ng  =  h  -\-  r, 
z.  B.  jung[e]re  :  joindre,  zwischen  l  -\-  r ,  z.  B.  mol[e]re  :  molre  :  moldre  : 
moiidre;  eines  t  zwischen  n[c]  +  r,  z.  B.  vin[ce]re  :  vaintre  (erst  neufran- 
zösisch vaincre) ,  zwischen  s  -\-  r,  z.  B.  tex[e]re  :  tistre,  cognosc[e]re  :  *  cog- 
iiosjere  :  *  connoisre  :  connoistre  :  co7maitre;  eines  b  zwischen?« -|- r,  z.B. 
cam[e]ra  :  chambre,  cucum[e]rem  :  cocombre  (dagegen  in  niarbre  aus  mar- 
in 6\rem  ist  b  aus  m  entstanden' ,  zwischen  m  -\-  l,  z.  B.  tremu]lare  :  trein- 
bler,  sim[u]lare  :  sembler. 

dj  Die  C'ombination  Consonant  -{-j  (entstanden  aus  i,  e  in  Hiatusstel- 
lung) wird  vereinfacht:  a  l -{- j  =  mouillirtes  /,  vgl.  oben  B  1,  S.  115; 
ß  n  -\-j  =  h  oder  ng'ß:,  vgl.  oben  a.  a.  0.;  nd  -{-j  =  n,  z.  B.  verecundia  : 
vergogne,  Compendium  :  Comj}iegne\  y]  m  -\-r  =  iige,  z.  B.  vindemxa  :  ven- 
dange,  frimbia  (für  ßmbria  :  frange,  simia  (bezw.  simius  :  singe :  d]  k  [c]  -\- 
j  =  c,  SS,  s,  z.  B.  audacia  =  aiidakja  =  audatja  :  audace,  faciem  =  fakje  = 
fatje  .face,  brach' iwn  :  bras ,  imbrac[h]iare  :  embrasser;  f)  g  +j  =  franzö- 
sisch y,  z.  B.  *  stagium  :  etage,  *homagium  :  hommage;  C)  t -\-j  =  c,  ss,  s, 
z.  B.  justitia  =  Justitja  :  justesse   und   (halbgelehrt)  justice,   vitium  :  vice. 


118  Uas  Französische. 

spatium  :  espace,  rationem  :  raison,  redemptioneni  :  rancon  (AVorte  mit  erhal- 
tenem ti  4-  Vocal,  wie  nation,  sind  halbgelehrt) ;  [nicht  hierher  gehört  bete, 
weil  nicht  =  bestia,  sondern  =  * besta];  t]]  d+J  =  g,  z.  B.  ordeum  :  orge 
(so  auch  im  Anlaut,  z.  B.  diurnum  :  jour) ;  ein  abnormer  Fall  ist  gaudium 
:  joie,  und  ebenfalls  abnorm  ist  etude ;  *)  s  +  i  =  s ,  z.  B.  ecclesia  :  eglise, 
cer[e\visia  :  cervoise  (ein  singulärer  Fall  ist  cerdsea  :  cerfsia  :  cerieise  :  cerise, 
vgl.  Thomson  in  Rom.  V  67  und  W.  Förster  in  Zeitschr.  f.  rom.  Phil. 
III  512);  i)  p  -\-J,  b  -\-j,  V  +J=  ch,  g,  z.  B.  sapiam  :  sacke,  7-abiem  :  rage, 
cavea  :  cage. 

Nach  r  ist  t  (in  Hiatusstellung  stehend)  in  die  vorangehende  Hoch- 
tonsylbe  eingetreten  (Epenthese,  Vocalattraction),  wenn  deren  Vocal  o  war, 
z.  B.  corimn  :  cuir,  glöria  :  gloire  (auch  nach  anderen  Consonanten,  selbst 
nach  Doppelconsonanz  hat  Epenthese  des  i,  e  i\\  die  Hochtonsylbe  statt- 
gefunden, wenn  deren  Vocal  o  war,  z.  B.  oleum  :  huile,  ostium  :  huis, 
postea  :  puis,  ähnlich  auch  puteus  :  puits;  das  Suffix  -drium  ergiebt  durch 
Vocalerhöhung  etc.  ier  neben  aire  (früher  ärie) ,  vgl.  das  Nähere  bei  W. 
FÖRSTER  in  Zeitschr.  f.  rom.  Phil.  III  50S  ff.  Das  Suffix  -erium  ergiebt 
theils  ifr  [ministei'ium  :  mestip"  :  metier ,  ihm  analog  wird  monasterium  be- 
handelt), theils  i  [imperium  :  empire). 

d)  Die  Combination  tc,  de  wird  zu  ch,  g  vereinfacht,  z.  B.  pert[i]ca  : 
perche,  silvat[i]cwn  :  sauvage,  mand[u]care  :  manger,  j)end[tcare  :  pencher 
[de -{-  i  ergiebt  c,  z.  B.  med[{\cina  :  altfranzösisch  mecine,  rad[i]cina  :  ra- 
cine,  tind[e]ctm  :  onze). 

e)  Inlautende  geminirte  Consonanz  wird  ausserhalb  des  style  soutenu 
einfach  gesprochen  (z.  B.ßamme),  die  Gemination  ist  also  nur  graphisch. 
Zuweilen  ist  die  Gemination  auch  nur  scheinbar,  indem  der  erste  der  bei- 
den Laute  von  dem  zweiten  qualitativ  verschieden  ist,  so  z.  B.  in  emme- 
ner,  ennoblir.  —  Im  Inlaut  Neigung  zur  Vereinfachung  der  Gemination. 

3.  Auslaut.  Vorbemerkung.  In  Bezug  auf  den  Auslaut  sind  drei 
Hauptfälle  zu  unterscheiden:  a)  Auslaut  auf  hochtonigen  Vocal,  b)  Aus- 
laut auf  eine  dem  hochtonigen  Vocal  nachfolgende  lautende  oder  verstummte 
Consonanz,  c)  Auslaut  auf  Consonanz  +  tonloses  e;  im  letzteren  Fall 
wird  der  dem  e  vorausgehende  Consonant  durch  dasselbe  in  seinem  Be- 
stände geschützt  (Beispiele  hierfür  liefern  die  Feminina  der  Adjectiva,  z.  B. 
honam  :  bon[n]e,  aber  bon{iim]  :  bon  =  bö,  sinssam  :  epaisse,  aber  spis[sxim]  ; 
ipais,  strictatn  :  etrotte,  aber  strict[u7)t]  :  etroi[t],  novam  :  neuve,  aber  7iov[iim] 
:  neuf,  famosam  :  fameuse,  ahcr  fatnosum  :  fameu[x],  falsam  :  faiisse ,  aber 
faUum  .  fau[x],  qu[{]ctam  :  coite,  aber  qii[i  etum  :  cot,  benignam  :  benigne, 
aber  benignum  :  benin]. —  Im  Einzelnen  ist  zu  bemerken:  a)  Auslaut  kann 
im  Neufranzösischen  statthaben  auf:  «)  Vocal,  bezw.  Nasalvocal;  ,*)  Diph- 
thong, bezw.  Nasaldiphthong;  y]  einfache  Explosiva.  Wenn  einfache  Ex- 
plosiva auslautet,  so  wird  sie  voll  gesprochen,  so  dass  tonloses  e  nach- 
zuklingen scheint,  z.  B.  bec  fast  wie  beqtie;  (f)  auf/,-  f)  auf  s;  über  den 
Auslaut  auf  s  gilt,  wenn  s  wirklich  noch  lautend,  dasselbe,  was  über  aus- 
lautende Explosiva  ;  C)  auf  einfache  Liquida ,  bezw.  auf  Liquida  -|-  ver- 
stummte Explosiva,  z.  B.  ord,  sort;  >;)  auf  einfache  Explosiva  -\-  tonloses 
e:    *)  auf  einfache   Spirans  +  tonloses  e;    0  auf  einfache   Liquida -|- ton- 


Die  Laute.  1 1 9 

loses  e;  x]  avif  Explosiva  +  Täquida  +  tonloses  e,  z.  B.  fahle;  ).]  auf  Li- 
quida -|-  Explosiva  +  tonloses  e,  z.  B.  sotirde ;  jn]  auf  Explosiva  +  Explo- 
siva -i-  tonloses  e,  z.  B.  inepte ;  y)  auf  geminirte  Consonanz  -f-  tonloses  e, 
z.  B.  sötte,  foUe,  vgl.  oben  2  e). 

Nicht  gestattet  ist  Auslaut  auf  geminirte  Consonanz  ohne  tunloses 
e\  es  wird  in  diesem  Falle  viehnelir  ursprüngliche  Gemination  vereinfacht, 
z,  B.  bellum  :  bei,  camtm  :  char,  f er  nun  ./er,  paintum  :  pan,  passum  .  pas, 
lassttm  :  las,  cattiim  :  chat. 

Nur  in  gelehrten  Worten  findet  sieh  im  Auslaut  Explosiva  +  Explo- 
siva, z.  B.  siupect,  abject   (vgl.  dagegen  stijet,  trajet]. 

Da  thatsächlich  auslautendes  tonloses  e  in  der  gewöhnliehen  Sprache 
verstummt  ist,  so  stellen  sich  demgemäss  die  thatsächlichen  Auslautver- 
hältnisse entsprechend  anders;  namentlich  ist  zu  beachten,  dass  in  dem 
thatsächlichen  Auslaute  Explosiva  +  Liquida  (+  verstummtes  e  die  Li- 
quida Sylbengeltung  erhält,  z.  B.  table  =  tab-l.  Beachtenswcrth  ist  auch 
der  thatsächliche  häufige  Auslaut  auf  ch,  g,  z.  B.  sach[e),  sag[e). 

b)  Auslautende  Consonanten  haben  die  Tendenz  zu  verstummen  und 
diese  Tendenz  ist  bereits  erheblich  weit  durchgedrungen.  Betroffen  sind 
davon:  «  suf  fix  auslautende  Consonanten,  z.  B.  das  -s  x,  z;  des  nomi- 
nalen Plurals,  das  -s  der  2.  Person  Sing,  und  der  1.  Person  Plur.  [aimes, 
aimais  etc.,  aimotis,  aimerons  etc.),  sowie  in  sonstigen  Verbalendungen,  das 
-nt  in  der  3.  Person  Plur.  'z.  B.  aiment) ,  das  -r  im  Infinitiv  der  1.  schw. 
Conjugation  (z.  B.  aimer].  Zuweilen  ist  der  verstummte  Consonant  auch 
in  der  Schrift  abgefallen  und  vermag  dann  auch  in  der  Wortbindung  nicht 
mehr  zur  Geltung  zu  gelangen,  so  in  der  Endung  -e=^at,  z.  B.  ahne, 
-a  =  avit,  z.  B.  aiina  (NB.  das  t  in  aime-t-ilf  aima-t-W?  u.  dgl.  beruht 
lediglich  auf  Analogiebildung  an  amait-ilf  aiment-ik?  u.dgl.,  hat  also  mit 
der  Endung  -t  unmittelbar  nichts  zu  schafi'en.  .■?)  Stammauslautende 
Consonanten.  Besonders  häufig  verstummen  in  Nominalstämmen  d  [nid, 
tard),  t  [lit,  vert),  s  [dos,  sus),  ebenso  x  (wenn  entstanden  aus  kj,  tj,  z.  B. 
voix  =  vocem,  prix  =  pretium ,  aber  auch  z  (nez,  chez) ,  p  [drap,  beaucoup), 
b  nach  Nasal  {plomb,  Colomb);  selten  verstummen:  c  [estomac,  tabac),  g 
'faubourg  ,  x  ' flux,  afßux,  reflux,  crucißx),  f  [clef  =  de,  oft  auch  cerf),  l 
[sourcil,  ftisil  u.  dgl.\  Antretendes  Pluralsuffix  -s  hebt  die  Verstummung 
nicht  auf  und  ist  selbst  stumm  (also  z.  B.  nid  und  nids  werden  gleich  ge- 
sprochen.  Die  erwähnten  Consonanten  sind  ebenfalls  stumm  in  Verbal- 
formen, welche  (scheinbar  den  reinen  Stamm  zeigen,  z.  ^.  perd  ^=  perd[i\t; 
angetretenes  paragogisches  s  hindert  die  Verstummung  nicht,  z.  B.  je 
perd's]  =  perdo]. 

Die  im  isolirten  Worte  stummen  Endconsonanten,  bezw.  der  letzte 
Consonant  einer  stummen  Consonantcombination  z.  B.  5  in  <s  in  arts; ,  lau- 
ten, wenn  ein  sinnverbundenes  vocalisch  anlautendes  Wort  nachfolgt  (die 
sogenannte  Liaison,  vgl.  oben  §  4). 

Durch  das  Verstummtsein  zahlreicher  früher  auslautender  Consonanten 
gestalten  sich  die  französischen  Auslautverhältnisse  thatsächlich  wesentlich 
anders,  als  die  in  dieser  wie  in  vielen  andern  Beziehungen  conservative 
Schrift  andeutet. 


120  Das  Französische. 

In  der  modernen  Sprache  macht  sich  übrigens  hinsichtlich  der  Ebu- 
consonanten,  -wenigstens  vereinzelt,  eine  rückläufige  Tendenz  geltend,  in- 
dem gegenwärtig  mehrfach  Endconsonanten  wieder  gesprochen  werden, 
welche  bereits  verstummt  waren,  so  z.  B.  in  ßls=Jiess,  nicht  mehr,  wie 
früher  =Ji,  ähnlich  verhält  es  sich  mit  mceurs. 

c  Vocal  -f-  auslautender  Nasal  (?n,  n,  ng,  nj  =  iii,  ne,  gn]  ergiebt  Na- 
salvocal,  bezw.  Nasaldiphthong,  z.  B.  fumem]  :  faim,  man' um]  :  tnain, 
Jung[o]  -.Joins,  signwn]  :  seing,  stagnum  :  Hang.  Dem  Nasal  nachfolgender 
Consonant  verstummt  und  hindert  die  Entstehung  des  Nasalvocales  nicht, 
z.  B.  plumh  um\  :  plomh,  sanglu'inem]  :  sang,  vgl.  auch  rang,  hareng  u.  dgl. 

d)  Unter  denselben  Bedingungen,  wie  im  Inlaute,  wird  auch  im  Aus- 
laute /  mouillirt,  z.  B.  vet[u]l\um]  :  vecl  :  viecl  :  vieil,  oc[u]lum  :  ceil;  ein 
vereinzelter  Fall  ist  scopluj'ium]  :  ecueil.  Vereinzelt  ist  auslautendes  mouil- 
lirtes  l  abgefallen,  z.  B.  genuculum  :  genouil  (vgl.  agenoiiiller)  :  genou,  ve- 
ruculum  :  verrouil  :  verrou.  Auslautendes  n  ist  dagegen  nicht  möglich, 
vgl.  c;. 

e)  Auslautendes  l  wird  vocalisirt,  vgl.  oben  B  1  a). 

f;  Auslautendes  p,  h  wird  zu  f  verschoben,  welches  aber  früh  ver- 
stummt ist,  z.  B.  *recip[o[  :  recoi[f][8),  deb[eo]  :  </otl^](s  . 

g)  Auslautendes  v  wird  zu  f  verschoben,  z.  B.  7iav[em]  :  nef,  grav[e7n] 
:  grief  (daneben  als  gelehrtes  "Wort  gravei;  zuweilen  wird  v  in  u  vocali- 
sirt, z.  B.  clav[iim]  :  clou,  Pictav-  :  Poitou,  Ande\gav-  :  Anjou.  Vgl.  S.  112  f. 

h)  Auslautendes  c,  g,j  nach  Vocal  wird  zu  i  vocalisirt,  z.  B.  Spar- 
naclum]  :  Epernay ,  Cam[e]rac  mn]  :  Camhrai,  reg  em  :  rei  (wo  also  das  i 
doppelt  begründet  ist),  maj[um]  :  mai. 

i)  Auslautendes  k/  =  ci'[in]  ergiebt  s  ^geschrieben  x,  ,  wobei  zugleich 
der  vorausgehende  Hochtonvocal  zu  einem  t-haltigen  Diphthongen  wird, 
z.  B.  vocem  :  voix,  crucem  :  croix,  nucem  :  noix  hierher  gehört  auch  pacem 
:  paix,  wo  ai  natürlich  =  f). 

k)  Auslautendes  t  nach  hochtonigem  a,  i,  u  fällt  ab,  z.  B.  amat[um\  : 
ainii,  punit[um]  :  puni,  * vendut[uni]  :  vendu,  hon  i]tat[em]  :  honte,  virtut[em] 
:  vertu,  salut[ein]  :  salu[t].  Ausgenommen  sind  halbgelehrte  "Worte,  wie 
etat,  appetit,  esprit,  secret,  brut;  in  den  beiden  letzteren  (Adjectiven)  wurde 
t  wohl,  ebenso  wie  in  petit,  durch  die  Analogie  des  lautenden  t  in  den 
Femininis  geschützt;  tout  ist  nicht  =  tötum,  sondern  =  *tottum,  vgl.  ital. 
tutto.  Ein  ganz  abnormer  Fall  ist  sit[is]  :  soif,  wo  f  übrigens  ursprünglich 
nur  graphisch  ist,  vgl.  Groebeu  in  Zeitschr.  f.  rom.  Phil.  II  459  ff. 

4.  Bemerkungen  über  einzelne  Consonanten.  aj  k,  bezw.  c, 
qu.  «)  k  erhält  sich  vor  Consonanten  (crucem  :  croix),  vor  o  [colorem  : 
couleur),  und  vor  u  [cuneus  :  coin] ;  ß]  k  vor  a  wird  in  allen  ererbten  Wor- 
ten zu  ch  [campum  :  chamj) ,  cantare  :  chanter,  manica  :  manche ,  furca  : 
fourche,  cahallum  :  cheval,  camicia  :  chemise,  caneni  :  einen,  carum  :  eher); 
"Worte  mit  erhaltenem  c  vor  a  verrathen  sich  dadurch  als  gelehrte,  bezw. 
als  (dem  Italienischen  etc.  entlehnte  AA'orte,  vgl.  z.  B.  chvvalier  mit  cava- 
lier,  Champagne  mit  campagne,  chivetaigne  mit  capitaine,  chenal  und  chi- 
neau  mit  canaL  Ausnahmen  sind  sehr  vereinzelt,  z.  B.  c  o]actare  ;  cacher, 
und    gewöhnlich    aus    besonderen  Gründen    zu    erklären     so  beruht  z.  B. 


Die  Laute.  121 

cacher  für  chacher  auf  dem  Streben  nach  Dissimilation  des  Sylbenanlautes) ; 
Y,  k  vor  e  yoe,  oe]  und  i  {i/]  wird  zu  c,  z.  B.  cera.iea  :  cerise,  caeluin  :  cief, 
coena  :  cene,  cicuta  :  cif/tt^',  ci/nium  :  ci/gne,  cingere  :  ceindre.  Ausnahmen 
sind  auch  hier  selten,  z.  13.  circare  :  chercher  (Assimilation  des  Sylben- 
anlautes). [Im  alten  Picardischen  seltsam  entgegengesetzte  Entwickelung : 
Ji  vor  a  bleibt  h,  z.  B.  canter,  kief,  hier,  kien ;  k  vor  e  und  i  wird  ch,  z.  B. 
Franche,  merchi,  cherf,  cherkier  etc.;  ebenso  wird  ti  vor  Vocal  nicht,  wie 
sonst,  zu  c,  5«,  sondern  zu  ch,  z.  B.  fache  =  fasse;  also  cachier  =  chasser 
=  capttare.]  d]  Intervocalisches  k  vor  a,  o,  u  wird  entweder  zu  g  ge- 
schwächt, z.  B.  cicutam  :  cj'^we,  oder  zu  j  verflüchtigt,  z.  B.  pacare  :  pa^er, 
focaritim  :  foyer,  implicare  :  employer  (und  ebenso  zahlreiche  andere  Verba 
auf  -icare,  nicht  selten  wird  jedoch  -icare  :  ier,  z.  B.  dedicare  :  dedier,,  oder 
fällt  ganz  aus,  z.  B.  locare  :  louer;  intervocalisches  k  vor  e  und  i  wird  c,  s, 
z.  B.  av'j\cellinn  :  oiseait,  racemwu  :  raisiti,  placere  :  j)laisir,  Franciscum  : 
Francois  (zuweilen  wird  c  vor  i,  e :  ch ,  z.  B.  ferocem  :  farouche,  cicer  : 
chiche],  e)  Die  Combination  c'i,  ce  =^  kj  +  Vocal  ergiebt  c,  z.  B.  glaciem  : 
glace,  speciem  :  epice  und  espece,  ecce  hie  :  ici,  ecce  tstum  :  [icest  :  cet.  0  In 
den  Combinationen  c  -\-  t,  c  -\-  r,  c  -\-  s  ^  x  wird  c  oft  zu  i  vocalisirt,  z.  B. 
lact  :  lait,  lectum  :  lieit  :  lit,  tectum  :  toit,  strictum  :  estreit  :  etroit,  sacra- 
mentwn  :  sairment  :  sernient,  fraxinum  :  fraisne  :  freue,  coxa  :  cuisse,  laxare 
:  laisser.  Sonstige  Möglichkeiten  sind :  et  vereinfacht  zu  t,  z.  B.  ßuctum  : 
Jlot,  [ejectare  :  jeter;  et  :  ch,  z.  B.  *ßectire  :  fiechir ,  eoactare  :  cacher,  et 
erhalten  in  mots  savants,  z.  B.  dicter,  facteur;  x  :  ss,  z.  B.  examen  :  essaini, 
exire  :  issir,  lixivia  :  lessive;  x  :  sc,  z.  B.  7)iyxa  :  misea  :  meche,  laxum  :  las- 
cum  :  lache;  xt  :  st,  z.  B.  Juxtare  :  jouster  -.Joitter,  extraneum  :  estrange  : 
etrange  [die  Präposition  ex  entwickelt  sich  vor  consonantisch  anlautenden 
Verben  regelmässig  zu  e-,  z.  B.  exligere  :  eslire  :  elire].  d-)  Die  Combina- 
tion cl  ergiebt  mouillirtes  /,  z.  B.  soliculum  :  soleil,  oculuin  :  ceil,  apicula  : 
abeille. 

b  Lateinisch  qu  a,  =k  (geschrieben  qu,  q;  vor  a,  o  aber  häufig  c), 
z.  B.  qualem  :  quel,  quando  :  quand,  *querella  :  quereile,  quindeeim  :  quinze, 
quadragesima  :  careme,  quassare  :  casser,  qufetum  :  cot,  luqueus  :  lacs;  ßj  zu- 
weilen vor  t,  e  =  f,  z.  B.  quinque  :  cinq,  qitinquaginta  :  cinquante,  querque- 
dula  :  cercelle,  coquina  :  cuisine;  y)  intervocalisch  zu  g  verschoben,  z.  B. 
aequalem  :  egal,  Aquitania  :  Guyetme;  d  qu  -\-  r  :  c  -{-  r  :  i  +  r,  z.  B.  Se- 
qu'a]na  :  Seine. 

c,  Lateinisch  g  a]  vor  Consonanten,  sowie  vor  n,  u  =  g,  z.  B.  gran- 
dem  :  grand,  gohionem  :  goujon,  gustum  goitt,  aiigustia  :  angoisse ;  ,5,  vor  a, 
e,  i=J,  z.  B.  galhi]num  :  jaune,  gamha  :  jambe,  gaudia  joie,  virga  :  verge, 
purgare  :  jnirger,  gemere  :  geindre,  gigantem  :  geant,  largitia  :  largesse,  ar- 
getttum  :  argent  (ein  abnormer  Fall  ist  longam  :  loiigue,  er  beruht  auf  An- 
bildung  an  das  Masculinum, ;  y,  intervocalisches  g  schwindet,  z.  B.  uegare 
:  nier,  regina  :  reine,  augurium  :  eür  :  [Keur  in  bonheur;  ö\  in  der  inlauten- 
den Combination  g  -\-  Consonant  wird  g  oft  vocalisirt,  z.  B.  ßagrare  : 
ßairer,  fragilem  .  fraile  .freie,  digf\tum  :  doiig  t,  frig  i-dum  :  froid,  sagma  : 
säume  vgl.  oben  S.  117  ;  tgl  =  mouillirtes  /,  z.  B.  coag  u  lare  :  cailler; 
C,  gn  entweder  =  n,  z.  B.  digyium  :  digne,    regyiare  :  regner,  oder  zu  n  ver- 


122  Das  Französische. 

einfacht,  z.  B.  henignum  :  henin  aber  benigne],  cognoscere  :  cojioistre  :  co  n- 
fiaitre;  ?])  ng  inlautend  =  ti,  vgl.  oben  S.  115,  auslautend  nasal,  vgl.  oben 
S.  120. 

d)  Lateinisch  j.  et]  j  erhält  den  Lautwerth ,  den  französisches  g  vor  e 
und  i  hat,  z.  ^.  j'acere  :  gestr,  j'ocus  .jeu,  judicare  -.juger]  ß)  intervocali- 
sches  J  vor  der  Tonsylbe  schAvindet,  z.  ^.  jejunum  :  jeün  :  jeun,  nach  der 
Tonsvlbe  wird  es  zu  i  vocalisirt,  z.  B.  troja  :  tniie ,  ebenso  wird  j  vor  /• 
und  auslautendes  j  vocalisirt,  z.  B.  maj[o]r  :  maire,  maj[um]  :  mai.  Ebenso 
Vocalisation  in  adj[u]tare  :  dider  :  aider. 

e)  Lateinisch  t  ist  erhalten,  ausser  in  folgenden  Fällen :  «)  intervoca- 
lisches  t  schwindet,  z,  B.  mutare  :  muer,  rottindtmi  :  reond  :  rond,  vita  :  vie; 
ß)  Consonant  -{-  t  +  1  =  tj  -\-  Vocal  :  c,  ss,  factionem  :  facon,  d  frectiare  : 
dresser,  captiare  :  chasser,  linteöhan  :  linceul,  neptta  :  niece ;  nach  Vocal  wird 
tj:s,  z.  B.  rationem  ;  raison,  tra^cTitionetn  :  trahison ,  palatium]  :  palais, 
puteare  :  puiser,  jedoch  tritt  nach  i  wieder  ss  ein,  z.  B.  nutr'itionem  :  voiir- 
risson  (die  Worte  auf  -ation,  -ition,  wie  nation,  condition,  sind  mots  sa- 
vants) ,  jedoch  2)Iatea  :  place.  Ein  eigenartiger  Fall  ist  putetis  :  puits.  — 
y)  Die  sonstigen  Wandelungen  von  t,  z.  B.  Abfall  des  auslautenden  t  nach 
hochtonigem  Vocal  (ausser  in  halbgelehrten  Worten,  wie  etat),  Uebergang 
von  tc  :  ch  etc.,  sind  bereits  in  den  allgemeinen  Bemerkungen  über  Inlaut 
und  Auslaut  angegeben,  bezw.  angedeutet  worden.  Als  ein  abnormer,  weil 
aus  Suffixvertauschung  beruhender,  Fall  sei  hier  erwähnt  lacertum  :  Uzard 
(Anbildung  an  renard  u.  dgl.) ;  ähnlich  verhält  es  sich  mit  marchand,  hrtgand. 

f)  Lateinisch  d  ist  meist  erhalten,  ausser  in  folgenden  Fällen:  «)  in- 
tervocalisches  d  schwindet,  z.  B.  videre  :  veoir  :  voir,  sudare  :  suer,  *tradire 
:  träir  :  trahir,  *  invadire  :  enväir  :  envahir;  zuweilen  wechselt  intervocali- 
sches  d  mit  l,  z.  B.  [Ae)gidius  :  ffile  :  (HUes ,  cicada  :  cigale;  ß)  de  =^  g, 
s.  oben  2  d)  ;  y)  dv  :  v,  z.  B.  adventum  :  avent;  S)  dr  :  [r)r,  z.  B.  hed[e]ram 
:  [l\ierre,    desiderare  :  desirer;    s]  (U,  de  -j-  Vocal  =  dj  :  J,    z.  B.  dixirnum  : 

j'ottr,  ordeum  :  orge;  ndi  -\-  Vocal  =  n,  z.  B.  Compendiu7n  :  Compiegne; 
0  dt  :  t,  z.  'S.  perd[t]ta  :  perte.  rj)  Auslautendes  d  wird  zu  t  verschoben, 
z.  B.  vir[i\d[eni\  :  vert,  frig[i^d[um]  :  froit  neufranzösisch  jedoch  wieder 
froid  in  Anlehnung  an  das  Femininum  . 

g)  Die  Entwickelung  des  lateinischen  p,  b,  v  ist  bereits  in  den  Be- 
merkungen über  Inlaut  und  Auslaut  angegeben,  bezw,  angedeutet  worden. 
Gleiches  gilt  von  den  übrigen  Consonanten. 


D.    Die  Kehlkopfgeräusche. 

a)  Das  lateinische  anlautende  h  ist  in  der  Aussprache  durchweg  ge- 
schwunden, obwohl  es  von  der  etymologisirenden  Orthographie  noch  viel- 
fach beibehalten  worden  ist,  z.  B.  habere  :  avoir,  homo  .  on,  hordeiun  :  orge, 
hora  :  [h]eure,  hum'i]lem  :  [h  wnble,  hos'pi  tale  :  [h]ötel. 

b)  Germanisches  anlautendes  h  hat  sich  zum  Kehlkopfverschluss- 
geräusch Spiritus  lenis  abgeschwächt,  z.  B.  hareng,  hameau.  Einzelnen 
aus   dem  Lateinischen   stammenden   Worten   vocalischen  Anlautes   ist  ein 


Die  Laute.  123 

derartiges  h  unorganisch  vorgeschlagen  worden,  z.  ü.  u/tuin  :  /taut,  octo  : 
huit,  oleum  :  huile,  ostrea  :  huitre,  ostimn  :  huis,  au[g]urium  :  {bon;heur. 

c;  Lateinisches  intervocnlisches  h  ist  nur  in  gelehrten  Worten  und  auch 
in  diesen  nur  graphisch  enthalten,  z.  B.  coheroice;  sonst  ist  es  geschwun- 
den, z.  B.  Johaiowni  :  Je  Iran.  In  trahir,  enraJiir  u.  dgl.  fungirt  /<  nur  als 
Trennungszeichen  der  Vocale. 

Aus  den  gemachten  Bemerkungen  ergiebt  sich,  dass  das  Französische 
den  eigentlichen  H-Laut  nicht  mehr  besitzt. 

E.   Schlussbemerkungen. 

i.  Die  Wandelungen,  welche  die  lateinischen  Laute  bei  ihrem  Ueber- 
gange  in  das  Französische,  bezw.  bei  ihrer  Entwickelung  innerhalb  des 
Französischen  erlitten  haben,  lassen  sich  sämmtlich  auf  drei  Principien  zu- 
rückführen: a;  Eintliiss  des  Hochtones,  b  Streben  nach  möglichster  Er- 
leichterung schwerer  Consonantengruppen ,  c)  Einfluss  benachbarter  Laute 
auf  einander  (z.  B.  des  y  auf  vorausgehendes  k,  t  etc.).  Hierzu  tritt  noch, 
dass  einzelne  Laute  ihrer  Qualität  nach  zu  bestimmten  Wandelungen  von 
vornherein  disponirt  sind,  in  Folge  dessen  denn  auch  diese  Wandelungen 
eintreten. 

Die  in  den  genannten  Ursachen  begründeten  Lautwandelungen  sind 
als  organische  und  den  Sprachgesetzen  entsprechende  zu  bezeichnen.  In 
ihr  Bereich  fallen  übrigens  auch  manche  Erscheinungen,  welche  man  bei 
flüchtiger  Betrachtung  für  anomal  zu  halten  geneigt  sein  könnte,  wie  z.  B. 
der  Wandel  von  t  :  a  in  lingita  :  langue,  sine  :  sans,  der  in  der  Nasalirung 
begründet  ist,   denn  stwe  :  'se>i  :]  sa7i\s]  =  in  :  en  :  ä. 

Nicht  organisch  ist  jedoch  der  zuweilen  erfolgte  Einschub  eines  a 
nach  einem  Vocale  und  die  dadurch  bewirkte  Entstehung  eines  Nasalvoca- 
les,  z.  ^.  Joe' ulatorem  :  Jongleur,  doch  lässt  sich  dieser  Vorgang  in  der 
Mehrzahl  der  Fälle  erklären:  peintre  ist  =  pinctor,  nicht  =  jiictor ,  rendre 
=  reddere  ist  an  vendre,  tendre,  prendre  u.  dgl.  angebildet,  concombre  = 
cucunve  rem  ist  wohl  Analogiebildung  zu  den  zahlreichen  Compositis  mit 
C071.  Die  Ableitung  von  malingre  aus  male  aeger  dürfte  zu  bezweifeln  und 
eher  an  eine  AVeiterbildung  von  malignus  zu  denken  sein.  Nicht  hierher 
gehört  lanterne,  denn  in  diesem  Worte  ist  das  n  nach  a  etymologisch  be- 
rechtigt 'weil  lanterna  vom  griechischen  '/.(cu7ii?;o«  . 

2.  Aufgehalten  worden  ist  die  regelmässige  Lautentwickelung  bei 
einer  nicht  geringen  Anzahl  von  Worten  durch  das  Princip  der  gelehrten 
Conservirung ,  sowie  durch  das  volksetymologische  Princip,  vgl.  hierüber 
Theil  II,  S.  46  ff. 

3.  In  weitem  Umfange  durchkreuzt  und  gestört,  bezw.  rückgängig  ge- 
macht wurde  die  regelmässige  und  organische  Lautentwickelung  durch  die 
analogische  Tendenz,  deren  AVirksamkeit  namentlich  bei  der  Bildung 
des  Neufranzösischen  eine  sehr  intensive  gewesen  ist  und  die  gegenwärtige 
Sprachgestaltung  wesentlich  mit  hervorgebracht  hat.  Auf  Analogiebildung 
beruhen  z.  B. :  die  Endung  -e  in  der  1 .  Person  Sing.  Präs.  Ind.  der  1 . 
schw.   Conj.    faltfranzösisch  je   gart,   neufranzösisch /e  jfßrrfe',   die  Endung 


124  Das  Französische. 

-s  in  derselben  Person  der  starken  Präsentia  (z.  B.  altfranzösisch  ^'e  j:>er^, 
Je  recoi,  Je  voi,  neufranzösisch  je  perds,  Je  recois,  Je  vois,  etc.  etc.;  lehr- 
reiche Beispiele  für  das  "Wirken  der  Analogiebildung  bietet  die  Verglei- 
chung  der  altfranzösischen  Conjugation  von  Verben  wie  aimer,  parier, 
manger,  aider,  voir  etc.  etc.  mit  der  neufranzösischen  Conjugationsweise. 
Es  ist  in  Folge  der  massenhaft  eingedrungenen  Analogiebildungen  das 
Neufranzösische  lautlich  weit  undurchsichtiger,  als  das  Altfranzösische  und, 
vom  lautliclien  Gesichtspunkte  aus  betrachtet  —  freilich  aber  auch  nur 
von  diesem  aus  — ,  kann  es  als  eine  Entstellung  der  alten  Sprache  er- 
scheinen. 

4.  Die  nichtlateinischen  (griechischen,  germanischen  etc.)  Laute  in  den  auf 
volksthümlichem  Wege  aus  den  betreffenden  Sprachen  übernommenen  "Wor- 
ten sind  analog  den  lateinischen  Lauten  behandelt  worden,  denen  sie  völ- 
lig oder  annähernd  entsprechen,  also  z.  B.  griechisches  ih,  ph,  ch  wurden 
wie  lateinisches  t,  f,  A-  behandelt.  In  Bezug  auf  die  Behandlung  germa- 
nischer Laute  ist  jedoch  manches  Interessante  und  Eigenartige  zu  beob- 
achten, und  es  würde  die  Entwickelung  der  germanischen  Laute  im  Fran- 
zösischen endlich  einmal  eine  eindringende  Untersuchung  verdienen,  welche 
freilich  eben  keine  leichte  Arbeit  sein  und  namentlich  grosse  Behutsamkeit 
erfordern  würde. 

§  7.  Bemerkungen  über  die  Lautverhältnisse  des  Altfran- 
zösischen. 1.  Ueber  die  Lautverhältnisse  des  »Altfranzösischen«  im  All- 
gemeinen zu  sprechen  ist ,  streng  genommen,  wissenschaftlich  unstatthaft, 
da  ja  unter  den  Begriff  »Altfranzösisch«  eine  ganze  Reihe  von  unter  ein- 
ander, namentlich  auch  in  Bezug  auf  den  Lautstand,  erheblich  abweichen- 
der Orts-  (bezw.  Landschafts-)  und  Zeitdialecte  zusammengefasst  Averden, 
welche  eine  gemeinsame  Betrachtung  nicht  wohl  vertragen.  "Wissenschaft- 
lich richtig  ist  demnach  nur  die  Feststellung  des  Lautstandes  eines  be- 
stimmten Einzeldialectes  zu  einer  bestimmten  Zeit  z.  B.  des  franco-nor- 
mannischen  Dialectes  im  12.  Jahrhundert  ,  bezw.  die  Darlegung  des  Laut- 
standes in  bestimmten  datirbaren  Litteraturwerken  z.  B.  den  Dichtungen 
"Wace's,  Crestien's  de  Troyes  etc.^.  Nur  insofern  mag  es  erlaubt  sein,  in 
lautlichen  Dingen  von  «Altfranzösisch«  schlechtweg  zu  sprechen,  als  die 
altfranzösischen  Ort-  und  Zeitdialecte  in  ihrer  Gesammtheit ,  weil  sie  alle 
eine  jüngere  Stufe  der  Lautentwickelung  darstellen,  einen  lautlichen  Ge- 
gensatz zu  dem  Neufranzösischen  bilden  und  bestimmte  Lauteigenthüm- 
keiten  des  letzteren  nocli  nicht  besessen  haben. 

2.  Das  Lautsystem  des  Altfranzösischen  (in  dem  eben  angedeuteten 
allgemeinen  Sinne  des  Wortes;  ist  von  dem  des  Neufranzösischen  nicht 
unerheblich  verschieden  gewesen,  woraus  natürlich  auch  eine  erhebliche 
A'erschiedenheit  der  beiderseitigen  Aussprache  folgt.  Als  die  wichtigsten 
zwischen  Alt-  und  Neufranzösisch  in  dieser  Beziehung  bestehenden  Diffe- 
renzpunkte dürften  folgende  hervorzuheben  sein : 

a)  Das  Altfranzösische  besass  Nasalvocale  noch  bei  weitem  nicht  in 
der  vollen  Ausbildung  und  in  der  Zahl,  wie  die  heutige  Sprache  sie  besitzt. 
Die  heute   durchgeführte  Nasalvocalisation  lässt    sich  überhaupt  erst  vojn 


Die  Laute.  125 

Ausgange  des  17.  Jahrhunderts  ab  mit  Sicherheit  nachweisen  (vgl.  TniROT. 
De  la  prononciation  frcse  etc.  t.  II  421  ft'.'.  Selbstverständlich  ist  jedoeli, 
dass  die  endlich  durchgeführte  Nasalisation  der  vor  gedecktem  oder  aus- 
lautendem Nasal  stehenden  Vocale  das  Ergebniss  einer  jalirliundertlangen 
Entwickelung  war.  welche  also  bereits  in  der  altfranzösischen,  ja  höchst 
wahrscheinlich  schon  in  der  gallisch-römischen  Periode  begann  und  deren 
erste  Wirkung  die  Moditication  der  Qualität  des  voniasalen  Vocales  war, 
namentlich  die  "Wandelung  des  E-Lautes  vor  Nasal  zu  a,  des  I-Lautes  vor 
Nasal  zunächst  zu  e,  dann  zu  a  'z.  B.  in  :  eti  :  an  [wie  jetzt  noch  in  der 
Liaison,  z.  B.  en  Eitrope^  :  <7,  sin[e]  :  sen  :  san  'mit  paragogischem  s  :  sans] 
:  s(V.  Mischung  zwischen  -en  und  -an  in  Assonanzen  zeigt  sich  schon  früh 
und  lässt  also  auf  Moditication  des  E-Lautes  in  en  schliessen.  üeberhaupt 
wurden  a  und  e  zuerst  von  der  Nasalisation  ergritfen,  später  o,  Jahrhun- 
derte darauf,  nämlich  erst  nach  Beza  (1584),  «  (=  ü)  und  i,  vgl.  Seel- 
mann, Die  Aussprache  des  Latein,  S.  292. 

b)  Das  Altfranzüsische  besass  noch  eine  grössere  Anzahl  von  Diph- 
thongen, indem  —  wenigstens  im  früheren,  bezw.  im  frühesten  Altfran- 
zösisch —  die  aus  einfachen  Vocalen  e  :  le,  h  :  uo,  ue,  o  :  ou  etc.)  hervor- 
gegangenen, sowie  die  durch  Vocalisation  von  Consonanten  (c,  g,j  :  i,  l  :  u, 
entstandenen  Diphthonge  noch  nicht  monophthongirt  worden  waren ;  frei- 
lich scheint  die  Monophthongirung  sehr  früh  begonnen  und  rasche  Fort- 
schritte gemacht  zu  haben.  —  Ueber  ie  vgl.  No.  3. 

d)  Die  durch  den  Schwund  intervocalischer  Explosiven  entstandenen 
Vocalverbindungen  \vurden  im  Altfranzösischen  noch  zweisj'lbig  gesprochen 
(re-ond  aus  rotundum,  re-ine  aus  regina  u.  dgl.,. 

e)  Auslautende  Consonanten  wurden  noch  gesprochen  (beweisend  hier- 
für sind  die  Reime^. 

f  Gedecktes  s  z.  B.  in  teste)  wurde  noch  gesprochen,  doch  mag  der 
Schwund  desselben  verhältnissmässig  früh  begonnen  haben. 

g)  Auslautendes  und  gedecktes  'später  vocalisirtes  l  unterschied  sich 
im  Klange  von  anlautendem  und  intervocalischem    sich  erhaltenden)  l. 

h    Das  r  wurde  noch  lingual,  nicht  uvular,  gesprochen. 

i)  Auslautende  tönende  Explosiva  wurde  zur  tonlosen  verschoben, 
z.  B.  demand'o]  :  deniant,  frigid  um]  :  froit.    Vgl.  S.  122. 

k  Hiatus  zwischen  vocalischem  Wortauslaut  und  vocalischem  Wort- 
laute war  in  manchen  Fällen  geduldet,  wo  er  heute  vermieden  wird,  z.  B. 
sera-ilf  und  ähnliche  Verbindungen  [im  neufranzösischen  sera-t-il?  beruht 
t  auf  Analogiebildung). 

1)  Die  Hochtonsylbe  hob  sich  schärfer,  als  jetzt,  von  den  Tieftonsyl- 
ben  ab,  die  Wortbetonung  wurde  also  nicht  in  dem  Grade,  wie  jetzt,  von 
der  Satzbetonung  gedämpft. 

3.  Charakteristisch  für  das  Altfranzösische  ist  ferner  die  unter  be- 
stimmten Bedingungen  bezw.  nach  dem  sogenannten  »Bartsch'schen  Ge- 
setze) erfolgte  Diphthongirung  eines  hochtonigen  a  zu  ie.  [Vgl.  hierüber 
Bartsch  und  Mussafia  in  Germania  VII  178,  VIII  51,  369;  Jahrbuch  f. 
roman.  u.  engl.  Litt.  VII  115;  DiEZ,  Gramm.  11''  231;  G.  P.\KIS  in  der 
Ausg.  des  Alexiusliedes ,    S.  79;    G.  Lückixg,    die   ältesten  franz.  Mund- 


12G  I^äs  Französische. 

arten,  S.  66  ff.;  "VV.  FÖRSTER  im  lautliehen  Theile  der  Einleitungen  zu  sei- 
nen Ausg.  altfranzös.  Schriftwerke  .  Vgl.  auch  Vising  in  Ztschr.  f.  rom. 
Phil.  VI  372  ff.  und  unten  §  9,  No.  5  a.     Im  Einzelnen  ist  zu  bemerken: 

o  wird  zu  ie :  «)  wenn  ihm  ein  t  vorangellt,  z.  B.  christianum  :  cre- 
stiien  in  diesem  Falle,  sowie  überhaupt  bei  dem  Zusammentreffen  zweier  t 
pflegt  nur  e  i  n  i  geschrieben  zu  werden,  ;  ß';  wenn  ihm  ein  j-haltiger  Con- 
sonant  vorausgeht,  also  nach  mouillirtem  l  und  n,  nach  ch,  f,  ss,  g  = 
Consonant  -\-j,  z.  B.  consiliare  [:  consiljare]  :  conseilUer,  rerecundiare  [:  vere- 
cunjare  :  vergognier ,  approp[t]care  [:  appropjare]  :  approchier,  nuntiare 
[:  nuntjare]  :  noncier,  captiare  [:  captjare  :  chassier,  coynmeatwn  [:  comjat]  : 
C07igi4;  y]  wenn  die  Vorsylbe  ein  i  oder  einen  Diphthongen,  dessen  zwei- 
ter Bestandtheil  i  ist,  enthält,  z.  B.  pi  e  tatem  :  pitie,  impejorare  ;  empirer  : 
empirier ,  *  hassare  :  haissier ,  laxare  :  laissier ,  precare  :  j)riier  :  jyroiier ,  ne- 
gare  :  niier  :  notier  (vgl.  oben  bei  «) ;  tTj  nach  einem  k ,  bezw.  nach  einem 
aus  k  entstandenen  rh,  z.  B.  cap[ut]  :  kief,  chief,  peccat'um]  :  j^ekie,  pechie. 

Im  Neufranzösischen  findet  sich  diese  Diphthongirung  nur  noch  sel- 
ten: pitie,  amitie,  tnoitie,  chien. 

4.  Im  Altfranzösischen  war  die  lautlich  organische  Entwickelung  der 
Flexionsformen  noch  nicht  oder  doch  nur  vereinzelt  gestört  durch  das  im 
Neufranzösischen  so  mächtig  sich  geltend  machende  "Wirken  der  Analogie- 
bildung, z.  B.  altfranzösisch  noch  je  demant  neben  tu  demandes,  Je  paroles 
neben  7ious  parlons,  Je  voi  neben  7wus  veons,  aber  neufranzösisch  Je  demande, 
Je  parle,  nous  voyons. 

Vereinzelt  finden  sich  jedoch  auch  im  Altfranzösischen  lautliche  Ana- 
logiebildungen, z.  B.  Antritt  eines  unorganischen  t  an  n-  (und  m-;  Stämme, 
also  Angleichung  der  letzteren  an  die  -(ajW^-Stämme:  ti/ratit,  romant  (da- 
her noch  neufranzösisch  romantique,,  faisant,  Abrahant;  Antritt  eines  un- 
organischen -s  an  Adverbien  und  Präpositionen,  also  Angleichung  dersel- 
ben an  die  nominalen  Plurale:  sans,  gueres. 

5.  Auf  die  höchst  mannigfachen  Lauteigenthümlichkeiten  der  Zeit- 
und  ürtsdialecte  kann  hier  nicht  eingegangen  werden. 

§  8.  Verhältniss  der  französischen  Schrift  (Or- 
thographie) zu  den  Lauten. 

1.  Die  neufranzösische  Orthographie  besitzt  in  der  im 
Dictionnaire  de  l'Acadcmie  gebrauchten  Schreibweise  ihre  feste 
Norm,  welche  von  allen  französisch  Sclu'eibenden  für  verbind- 
lich erachtet  und  von  allen  Druckereien  streng  festgehalten 
wird.  Es  besitzt  somit  die  neufranzösische  Orthographie  min- 
destens den  Vorzug  der  Allgemeingültigkeit  und  Einheitlich- 
keit. Die  während  einer  Ausgabeperiode  des  Dictionnaire 
(also  z.  B.  von  1S7S  bis  zum  Erscheinen  der  nächsten  Aus- 
gabe; im  Druck  veröffentlichte  Litteratur  besitzt  immer  ein 
gleichmässiges  orthographisches  Gepräge.  Mögen  auch  ein- 
zelne Autoren  sich  individxielle  Abweichungen  von  der  Schreib- 


Die  Laute.  127 

weise  der  Akademie  consequent  oder  gelegentlich  gestatten,  so 
bleibt  dies  doch  für  das  Publicum  belanglos .  da  solche  Ab- 
weichungen von  den  Druckern  als  Fehler  angesehen  und  cor- 
*'  rigirt  werden.  Eine  vereinzelte  Erschein\mg  ist  es,  dass  die 
Revue  des  deux  Mondes  an  der  früher  einmal  während  einer 
Periode  von  der  Akademie  beliebten  Schreibung  der  Plural- 
endung -NS  statt  -?if^  noch  festhält  (z.  B.   mommiens). 

Anmerkung.  Die  letzte  Ausgabe  des  Dict.  de  l'Acad.  erschien  1878; 
sie  hat  mancherlei,  zum  Theil  freilich  sehr  unbegründete  und  launenhafte, 
Abänderungen  der  Orthographie  gebracht  'z.  B.  Streichung  des  trait  d'union 
nach  tres,  Ersatz  des  Acuts  durch  den  Gravis  in  der  Endung  -ege,  also 
jetzt  wieder  coUege  und  nicht  mehr  College  u.  dgl.).  Eine  übersichtliche 
Zusammenstellung  derselben  ist  gegeben  im  Anhange  zum  ersten  Theile 
des  Sachs-Villatte' sehen  Wörterbuches  (grosse  Ausg.], 

2.  An  sich  betrachtet  ist  freilich  die  neufranzösische  Or- 
thographie mangelhaft  genug,  denn  abgesehen  davon,  dass  sie, 
Avie  jede  auf  die  wenigen  l^uchstaben  des  lateinischen  Alpha- 
betes beschränkte  Orthographie ,  nur  Hauptlauttypen ,  nicht 
aber  Lautnuancen  zu  unterscheiden  vermag .  haften  ihr  fol- 
gende Schwächen  an: 

a)  einzelne  Lautzeichen  besitzen  mehrfachen  Lautwerth, 
z.  B.  c  bezeichnet  sowohl  k  als  auch  (vor  e,  /]   q  ; 

b)  melurfach  werden  einfache  Laute  durch  zwei  Schrift- 
zeichen ausgedrückt,  z.  B.  w  durch  ou  (weil  u  den  Werth  von 
ü  hat) ,  g  vor  e  und  i  durch  gu ; 

c)  es  werden  vielfach  Laute  geschrieben,  welche  —  we- 
nigstens ausserhalb  der  Bindung  —  längst  verstummt  sind, 
so  z,  B.  das  anlautende  h  muette .  das  a  in  taon,  Saöne  etc., 
das  avislautende  flexivische  s  etc. ; 

d)  in  manchen  Worten  werden  zwecklose  und  für  die 
Aussprache  müssige  Buchstaben  aus  vermeintlich  etymologi- 
schem Grunde  geschrieben,  so  z.  B.  das  cl  in  d  in  poids,  weil 
vermeintlich  =  pondus,  während  in  Wirklichkeit  =  pe[n\sum. 

Diese  und  sonstige  Schwächen  der  neufranzösischen  Or- 
thographie sind  die  zum  Theil  nothwendigen  und  zum  Theil 
übrigens  auch  sehr  erträglichen  Folgen  der  Festhaltung  des 
etymologischen  Principes. 

Anmerkung  1.  In  seltsamem  "Widerspruche  mit  der  sonstigen  An- 
erkennung des  etymologischen  Principes  steht  es,  dass  im  Neufranzösischen 
eine  nicht  ganz  geringe  Anzahl  von  Worten  etjTnologisch  falsch  geschrie- 


128  I^äs  Französische. 

ben  wird,  z.  B.  tröne  für  throne,  symetrie  für  Symmetrie,  cavalerie  für  ca- 
callerie,  annuler  für  annulier.  Selbstverständlich  sind  derartige  "Worte  in 
der  Praxis  besonders  zu  beachten,  namentlich  diejenigen  von  ihnen,  welche 
auch  im  Deutschen  als  Fremdworte  vorhanden  sind,  hier  aber  etymolo- 
gisch richtig  geschrieben  werden,  wie  Cavallerie  etc.  [Ueberhaupt  ist  in 
der  Praxis  auf  die  ziemlich  zahlreichen  Differenzen  in  der  Schreibung  sol- 
cher Worte  zu  achten,  welche  im  Französischen  und  im  Deutschen  unge- 
fähr gleich  lauten,  z.  B.  bigoterie  Bigotterie,  caricature  Carricatur,  cadastre 
Kataster,  eyloc/ue  Ecloge,  cigare  Cigarre  etc.  etc.  Oft  bestehen  zwischen 
den  sowohl  im  Deutschen  als  auch  im  Französischen  vorhandenen  Worten 
auch  lautliche  Differenzen,  welche  beachtet  werden  müssen,  und  das  Gleiche 
o-ilt  von  den  häufig  vorkommenden  Genusdifferenzen,  wie  z.  B.  le  chocohit 
die  Chokolade,  la  salade  der  Salat,  le  mayasin  das  Magazin  etc.  etc.  Auch 
darauf  ist  zu  achten,  dass  einem  deutschen  Fremdworte  im  Französischen 
oft  nicht  ein  gleich  gebildetes,  sondern  ein  ähnlich  gebildetes  entspricht, 
z.  B.  Differenz  (im  Sinne  von  »Streitpunkt«)  =  differend,  Exponent  =  ex~ 
posant,  deponiren  =  deposer,  annectiren  =  annexer  etc.  etc.  Dankenswerthe 
Listen  solcher  Worte  hat  Ph.  Plattner  in  seiner  französischen  Schul- 
grammatik S.  21  ff.  zusammengestellt,  doch  würden  Nachträge  nicht  eben 
schwer  beizubringen  sein.  Ein  nützliches  Unternehmen  wäre  es,  wenn  Jemand 
einmal  ein  »Noth-  und  Hülfsbüchlein  für  Deutsche  beim  schriftlichen  Ge- 
brauche des  Französischen«  schriebe,  in  welchem  derartige,  für  die  Pra- 
xis wichtige  Dinge  in  praktischer  Weise  zusammengestellt  würden]. 

[Da  hier  einmal  auf  die  Praxis  Bezug  genommen  worden  ist,  so  werde 
auch  auf  eine  Eigenheit  der  französischen  Orthographie  hingewiesen,  wel- 
che an  sich  unwesentlich  genug  ist,  deren  Nichtbeachtung  aber  doch  von 
jedem  mit  französischer  Schreibweise  Vertrauten  als  höchst  störend  em- 
pfunden wird:  es  wird  im  Französischen  |nicht  oe,  sondern  stets  ce 
geschrieben ,  also  le  vceu  und  nicht  le  voeu  u.  dgl.  So  einfach  die  Sache 
auch  ist,  so  wird  doch  in  Deutschland  unglaublich  viel  dagegen  gesündigt, 
selbst  in  von  Fachgelehrten  verfassten  oder  herausgegebenen  Büchern.] 

Anmerkung  2.  Dass  die  französische  Orthographie  einer  Verbesse- 
rung in  phonetischer  Richtung  hin  sehr  fähig  und  selbst  bedürftig  ist, 
liegt  auf  der  Hand.  Auch  fehlt  es  keineswegs  an  darauf  abzielenden  Vor- 
schlägen (vgl.  hierüber  die  Diss.  von  H.  Niemer,  Die  orthogr.  Reform- 
Versuche  der  französ.  Phonetiker  des  19.  Jahrh.  Greifswald  18S2  .  Vor- 
läufig jedoch  sind  alle  derartigen  Bestrebungen  völlig  aussichtslos,  und 
wenn  man  gerecht  sein  will,  so  wird  man  urtheilen  müssen,  dass  die  Sache 
auch  keineswegs  dringlich  ist. 

3.  Die  Annahme  liegt  nahe,  dass  die  Orthographie  in 
einzelnen  Fällen  die  Aussprache  beeinflusst  hat,  da  die  Ge- 
wöhnung an  ein  bestimmtes  Schriftbild  dazn  disponiren  kann, 
dasselbe  auch  dann  lautlich  zu  reproduciren ,  wenn  die  bis- 
herige Aussprache  schon  längst  sich  davon  entfernt  hatte.  So 
magr  hierin  z.  B.   die  in  den  letzten  Jahrzehnten  erfolgte  laut- 


Die  Laute.  129 

liehe  Neubclolning;  des  auslauteiulen  s  in  ^7s  mid  anderen 
Worten  begi'ündet  sein.  Jedenfalls  übt  das  Vorhandensein 
einer  fest  normirten  Orthographie,  wenn  es  auch  nur  verein- 
zelt bereits  erstorbene  Laute  neuzubeleben  vermag,  einen  con- 
servirenden  Eintluss  auf  die  bestehende  Aussprache  aus. 

4.  Eine  erhebliche  Erschwerung  der  neufranzösischen  Or- 
thographie bringt  der  Gebrauch  der  fälschlich  so  genannten 
Accente  mit  sich,  da  die  für  denselben  im  Allgemeinen  mass- 
gebenden phonetischen  und  etymologischen  Grundsätze  (An- 
deutung der  offenen  Aussprache  des  e  durch  den  Gravis,  der 
geschlossenen  Aussprache  des  e  durch  den  Acut;  Andeutung 
einer  vollzogenen  Vocalcontraction  durch  den  Circumflex ;  An- 
deutung des  vollzogenen  Schwundes  eines  gedeckten  s  theils 
durch  den  Circumflex,  theils  durch  den  Acut)  nicht  conse- 
quent  durchgeführt  worden  sind.  Die  moderne  AnAvendung 
der  sogenannten  Accentzeichen  datirt  erst  aus  dem  16.  Jahr- 
hundert und  entsprang  einer  missverständlichen  Nachahmung 
des  Griechischen. 

5.  Die  Sylbenabtheilung  in  der  neufranzösischen  Orthogra- 
phie zeigt  manche  zu  beachtende  Eigenheiten,  z.  B.  die  Un- 
trennbarkeit  zweier  auf  einander  folgender  Vocale,  selbst  w^enn 
diese  zwei  Sylben  bilden  (so  sind  z.  B.  crier,  fuer  nicht 
trennbar)  ,  die  Untrennbarkeit  von  Consonant  +  ^^  (z.  B. 
Fai-dherbe,  Ber-nhardt;  nur  in  Compositis  w-ird  h  von  Conso- 
nant getrennt,  z.  B.  tnal-heur),  die  Untrennbarkeit  von  gn 
(z.  B.  PoIo-g)ie,  a-gnat),  die  Untrennbarkeit  von  Explosiva  + 
Liquida  (z.  B.  nom-hre,  An-gleterre^  es-clace)  etc.  Vgl.  Platt- 
ner, a.  a.  O.  S.  28  f.  und  den  Anhang  zu  Sachs- Villatte's 
Wörterbuch,  Theil  I. 

6.  Abkürzungen  w^erden  gegenwärtig  nur  spärlich  ange- 
wandt. Zu  beachten  ist,  dass  nach  einigen  kein  Punkt  ge- 
setzt werden  darf,  z.  B.  J/'"*  =  madame ,  J/**  =  mesdames, 
j^fUe  _-  mademoiselle ,  M^''  =  mofiseigtieur,  V^  =  veuve,  M'^  = 
marchand ^  in  Zusammensetzungen  auch  S^  =  sainf,  z.  B. 
S^-Petersbourg.  Vgl.  Plattner,  a.  a.  O.  p.  29  f.  —  Ueber  die 
Interpunktion  wird  in  dem  Kapitel  über  die  Syntax  das  Nö- 
thige  bemerkt  werden. 

Ein  für  praktische  Zwecke  sehr  empfehlenswerthes  Hülfs- 
mittel    zur   Erlernung    der,    in  Einzelnheiten    doch    oft    recht 

Körting,  Eneyklopädie  d.  röm.  Phil.   III.  9 


130  I^iis  Französische. 

complicirten,  französischen  Orthographie  ist:  A.  Tassis.  Guide 
du  correcteur  etc.  Paris  s.  a.,  Firmin-Didot :  ebenso  nützlich 
ist  desselben  Verfassers  im  gleichen  Verlage  erschienener  Traite 
pratique  de  la  ponctuation. 

Lehrern  des  Französischen  kann  nicht  dringend  genug 
Aufmerksamkeit  auf  die  französische  Orthographie  und  Inter- 
punktion anempfohlen  werden.  Jedes  in  französischer  Sprache 
abgefasste  Schriftstück  oder  Druckwerk  macht,  mag  es  sonst 
noch  so  correct  geschrieben  und  inhaltlich  vortrefflich  sein, 
auf  den  Kenner  des  Französischen  einen  peinlichen  Eindruck, 
Avenn  es  Verstösse  gegen  die  Rechtschreibung,  gegen  die  Syl- 
bentheilung  und  gegen  die  Interpvmktion  zeigt.  Schon  die 
Anwendung  des  oe  statt  oß  kann  genügen,  um  einem  kundi- 
gen Leser  einen  französischen  Text  zu  verleiden. 


7.  Das  Alt  französische  entbehrte  jeder  einheitlichen  Or- 
thographie und  musste  ihrer,  um  von  äusseren  Gründen  ganz 
abzusehen,  schon  um  desswillen  entbehren,  weil  die  Verschie- 
denheit des  Lautstandes  in  den  einzelnen  Dialecten  die  An- 
wendung einer  einheitlichen  Schreibweise  gar  nicht  gestattet 
hätte.  Nichtsdestoweniger  ist  es  durchaus  irrig,  von  einem 
völligen  orthographischen  Wirrwarr  in  altfranzösischen  Texten 
zu  sprechen,  so  wenig  auch  Unsicherheit  imd  Schwankung 
und  die  Geltendmachung  subjectiver  Launen  und  individueller 
Unwissenheit  geleugnet  werden  können.  Bei  näherer  Betrach- 
tung erkennt  man  aber  doch ,  dass  in  den  einzelnen  Zeiträu- 
men vmd  Dialectgebieten  die  Durchführung  gewisser  ortho- 
graphischer Principien  mindestens  versucht  worden  ist  und 
dass  man  mitunter  gar  nicht  ungeschickt  darnach  gestrebt  hat, 
die  Schrift  in  besseren  Einklang  mit  dem  Lautstand  zu  setzen. 
Man  darf  ja  auch  gar  nicht  übersehen,  dass  im  Altfranzösi- 
schen manche  Lautbezeichnungen  geschaffen  worden  sind,  av ei- 
che das  Neufranzösische  als  brauchbar  beibehalten  hat .  so 
z.  B.  das  ch,  das  f,  das  gn  =  w,  das  ü,  bezw.  ///  für  mouil- 
lirtes  /.  Mag  man  diese  Lautbezeichnungen  auch  mit  Recht 
unbeholfen  nennen  und  wibischen,  dass  statt  ihrer  lieber  ein- 
fache Zeichen  eingeführt  worden  wären,  so  war  es  doch  sicher- 
lich schon  sehr  verdienstlich ,  die  verschiedenen  Lautwerthe, 
welche  das  lateinische  c  erhalten  hatte,   das  einfiiche  n  und  /, 


Die  Laute.  131 

das  inouillirto  n  und  /  etc.  auch  in  der  Schrift  auseinander 
zu  halten.  Zuweik'n  kann  man  in  der  altfranzösischeu  Schreib- 
weise die  Feinhörigkeit  bewundern,  mit  welcher  nahe  ver- 
wandte Laute  unterschieden  inid  auch  durch  die  Schrift  ge- 
sondert worden  sind,  man  denke  z.  li.  an  die  Scheidung  von 
-*■  und  -z  in  dem  Casus  rectus  des  Singulars  und  dem  Casus 
obl.  des  Plurals  [K  murs ,  aber  li  monz  =  mundus] .  Hervor- 
gehoben zu  werden  verdient  überhaupt  die  im  Altfranzösischen 
vielfach  streng  beobachtete  graphische  Auseinanderhaltung 
tiexiN^seh  zusammengehöriger .  aber  lautlich  in  irgend  einer 
Beziehimg  geschiedener  Fonnen.  z.  li.  le  cerf  =^  cercion  mit 
lautendem  /".  aber  les  cers,  weil  /'  vor  s  verstummte  ;  froide  = 
frigida ,  aber  froit  =  frigid[urn  ,  weil  im  Auslaute  tönende 
Explosiva  zur  tonlosen  sich  verschiebt. 

"Will  man  gerecht  urtheilen  über  die  altfrauzösische  Or- 
thographie .  so  ist  auch  Folgendes  zu  erwägen.  Diejenigen, 
welche  zuerst  es  unternahmen,  Schriftwerke  in  französischer 
Sprache  abzufassen,  waren  vor  das  schwere  Problem  gestellt, 
mit  den  Mittebi  des  lateinischen  Alphabetes  einen  Lautbestand 
wenigstens  annähernd  zum  Ausdruck  zu  bringen,  welcher  von 
dem  lateinischen  nicht  bloss  erheblich  abwich ,  sondern  um- 
fangreicher war.  als  dieser.  Es  galt  demnach,  die  Fälle,  in 
denen  die  lateinischen  Lautzeichen  in  ihrer  lateinischen  Gel- 
tung beibehalten  werden  konnten,  von  denen  zu  scheiden,  in 
welchen  der  übliche  "Werth  eines  lateinischen  Lautzeichens 
(z.  B.  c  =  ^  mit  der  thatsächlichen  Aussprache  desselben 
(z.  B.  des  c  in  causa  :  cgse  =  chose)  sich  nicht  mehr  deckte, 
und  wenn  Letzteres  eingetreten  war,  das  Lautzeichen  entwe- 
der diakritisch  zu  ändern  (z.  B.  c  :  p  oder  es  durch  ein  an- 
deres zu  ersetzen .  bezw.  mit  einem  anderen  zu  combiniren 
(z.  B.  c  mit  Ä,  11  mit  o  zu  ou  =  u).  Die  schon  an  sich  schwie- 
rige Aufgabe  aber,  bei  dieser  Reform  die  sachgemässen  und 
praktisch  gangbaren  Wege  aufzufinden,  musste  gelöst  werden 
in  dem  Zeitalter  frühmittelalterlicher  Halbbarbarei ,  in  einem 
Zeitalter  also,  welchem  zur  Lösung  wissenschaftlicher  und  spe- 
ciell  sprachwissenschaftlicher  Probleme  nur  wenig  Mittel  und 
Fähigkeiten  zu  Gebote  standen.  Als  weiterer  erschwerender 
Umstand  trat  endlich  noch  hinzu,  dass  denen,  welche  franzö- 
sisch zu  schreiben  unternahmen,  fortwährend  die  lateinischen 


132  Das  Französische. 

Etyma  der  französischen  Worte  vorschweben  und  unausbleib- 
lich die  Schreibung  der  letzteren  in  etymologisirender  Weise 
beeinflussen,  also  namentlich  die  häufige  Beibehaltung  unbe- 
rechtigt gewordener  Lautzeichen  veranlassen  mussten  (so  z,  B. 
das  /  in  aultre ,  weil  =  alterum,  obwohl  ja  selbstverständlich 
/  :  u  geworden  war) .  Als  ein  weiteres  verwirrendes  Element 
wirkte  die  analogische  Schreibung  von  Lauten ,  wenn  man 
z.  B.  pasle  =  pale  schrieb  nach  Analogie  von  Worten,  welche 
ein  verstummtes  gedecktes  s  enthielten  [matire  u.  dgl.) ,  oder 
peult  nach  Analogie  von  vetdt  (vgl.  englisch  cotdd  nach  Ana- 
logie von  would] .  Kein  Wunder  also ,  wenn  Inconsequenzen 
und  Schwankxmgen  in  Masse  vorkommen  und  wenn  nur  sehr 
allmählich  und  immer  nur  für  einzelne  Gebiete  (etwa  durch 
den  Einfluss  einer  der  französischen  Wortschreibung  Aufmerk- 
samkeit zuwendenden  Klosterschule  oder  Kanzlei)  sich  wenig- 
stens einzelne  orthographische  Normen  herausbildeten. 

Nicht  vergessen  darf  man  endlich,  dass  die  altfranzösi- 
schen Litteratur werke  meist  nicht  in  den  Originalen,  sondern 
in  von  den  letzteren  mehr  oder  weniger  weit  zeitlich  entfern- 
ten Abschriften  erhalten  sind  und  in  Folge  dessen ,  nament- 
lich wenn  mit  der  Abschrift  die  mehr  oder  weniger  conse- 
quente  Umsetzung  in  einen  andern  Dialect  verbunden  ist, 
einen  Widerstreit  der  Orthographie  des  Verfassers  mit  der- 
jenigen des  Abschreibers,  bezw.  der  verschiedenen  Abschrei- 
ber, zeigen. 

Es  ist  nicht  bloss  wünschenswerth ,  sondern  selbst  ein 
dringendes  Bedürfniss  der  Wissenschaft,  dass  die  Entwicke- 
lungsgeschichte  der  altfranzösischen  Orthographie  zum  Gegen- 
stand eingehender  Untersuchungen  gemacht  werde.  Nament- 
lich gilt  es ,  die  verschiedenen  Theorien  klarzulegen ,  w^elche 
neben  und  nach  einander  für  die  Schreibung  des  Altfranzösi- 
schen mehr  oder  weniger  massgebend  waren ,  und  zugleich 
nachzuweisen,  wo  und  wann  jede  dieser  Theorien  entstanden 
ist  und  über  welchen  örtlichen  und  zeitlichen  l^ereich  sie  sich 
erstreckt  hat.  Zu  Grunde  gelegt  werden  müssten  solcher  For- 
schung vorzugsweise  sicher  datirbare  Urkxmden ,  sowie  Hand- 
schriften, deren  Ursprungsort  und  -zeit  wenigstens  annähernd 
festgestellt  werden  kann  und  welche  darnach  zu  bestimmten 
Gruppen    sich    vereinigen    lassen.    Die   Untersuchung  müsste 


Die  Laute.  133 

übrigens  unter  steter  Berücksichtigung  der  Entwickelungs- 
geschichte  der  mittelalterlichen  lateinischen  Orthographie  geführt 
werden,  da  tiefgreifende  Wechselbeziehungen  zwischen  dieser 
und  der  altfranzösischen  a  priori  anzunehmen  sind.  Es  liegt 
in  der  Xatur  der  Sache .  dass  man  nicht  immer  sichere  Er- 
gebnisse erreichen  würde .  aber  dennoch  dürfte  ein  verhiilt- 
nissmiissig  sehr  günstiges  Gesammtresultat  sich  gewinnen  las- 
sen.  jedenfalls  aber  würde  man  zu  klarerer  Erkenntniss,  als 
man  gegenwärtig  sie  besitzt .  bezüglich  des  Verhältnisses  der 
Schrift  zii  den  Lauten  im  Altfranzüsischen  gelangen,  und  schon 
dies  wäre  ein  höchst  bedeutsamer  Fortschritt. 

S.  Reich  an  Versuchen  zu  einer  Neugestaltung  der  fran- 
zösischen Orthographie  war  das,  in  sprachlichen  und  litterari- 
schen Dingen  überhaupt  so  regsame,  10.  Jahrhundert.  Das 
Ergebniss  aber  war  doch  nur  eine  Vielheit  von  Systemen,  de- 
ren keins  sich  praktische  Allgemeingültigkeit  zu  erringen  ver- 
mochte. Dies  Misslingen  der  unternommenen  orthographischen 
Reform  entsprang  daraus .  dass  die  betreffenden  Grammatiker 
nur  allzusehr  von  vorgefassten  Meinungen  sich  beherrschen 
Hessen  und  der  Versuchung,  subjective  Einfälle  und  gelehrte 
Schrullen  zu  realisiren.  nicht  zu  widerstehen  vermochten.  So 
■wurde  der  orthogi-aphische  Wirrwarr  zwar  etwas  gemindert, 
aber  nicht  beseitigt :  es  geschah  dies  vielmelu*  erst  durch  das 
Wirken  der  Akademie  und  der  ihr  sich  anschliessenden  Gram- 
matiker, ein  Wirken,  dessen  Ergebniss.  von  wissenschaftlichem 
Standpunkte  aus  betrachtet .  mit  bestem  Rechte  sehr  ange- 
fochten werden  kann .  in  Bezug  auf  die  Praxis  aber  doch  als 
sehr  segensreich  bezeichnet  werden  muss. 

Eine  Geschichte  der  französischen  Orthographie  fehlt  zur 
Zeit  noch ,  hoffentlich  nicht  mehr-  für  lange.  A.  Firmin- 
DrooTs  vielgenanntes  Buch  »Observations  sur  l'orthographe  ou 
ortografie  frcse  suivies  dune  histoire  de  la  reforme  ortho- 
graphique  depuis  le  XV  siecle  jusquä  nos  jours«.  2"^™*  ed. 
Paris  1868  beschäftigt  sich  vorwiegend  nur  mit  der  Xeuzeit 
und  genügt  auch  in  Bezug  auf  diese  höheren  Ansprüchen  nur 
in  bescheidenem  Masse.  —  Ueber  die  interessanten  orthogra- 
phischen Reformversuche  des  16.  Jahrhunderts  findet  man  in 
LivETS  Werke  :  La  grammaire  et  les  grammairiens  au  XVP 
siecle.  Paris  1S59.  viele  Angaben.  Vgl.  auch  unten  §  9.  X'^o.  7. 


134  Das  Französische. 

§9.  Litteraturangaben.  1.  Allgemeines.  DiEZ,  Gramm.  Bd.  I 
(reichhaltiges  Material  für  die  frz.  Lautlehre  enthält  natürlich  auch  DiEz' 
Etymol.  Wörterbuch ;'  —  A.  Scheler,  Expose  des  lois  qui  regissent  la 
transformation  francaise  des  mots  latins.  Brüssel  1878  (übersichtliche  Dar- 
stellung der  thatsächlich  eingetretenen  Lautwandelungen,  ohne  dieselben 
lautphysiologisch  zu  begründen ;  vielfache  Belehrung  auch  für  die  Laut- 
lehre bietet  desselben  Verf.s  trefiliches  Dictionnaire  d'etymologie  frcse. 
2i^nie  ed.  Paris  1873;  —  Ch.  Ayer,  Phonologie  de  la  langue  frcse.  Neu- 
chätel  1874  u.  Paris  1875  —  A.  Brächet  in  der  Grammaire  historique  de 
la  langue  fr9se.  Paris,  seit  1867,  und  in  der  Introduction  zum  Dict.  etjTn. 
de  la  langue  fr^se.  Paris,  seit  1870  —  F.  Lixdner,  Grundriss  der  Laut-  u. 
Flexionsanalyse  der  nfrz.  Schriftsprache.  Oppeln  1880  mit  einiger  Vorsicht 
zu  benutzen)  —  Krügermanx  ,  "Welche  Veränderungen  erfahren  die  lat. 
Buchstaben  im  Französ.?  Hirschberg  18.58.  —  Ausserdem  nehmen  die  bes- 
seren der  allgemein  lautphysiologischen  "Werke  auf  das  französ.  Lautsystera 
Rücksicht,  vgl.  Theil  II,  S.  24;  zu  den  dort  genannten  "Werken  ist  inzwi- 
schen hinzugetreten:  *M.  Trautmaxn,  Die  Sprachlaute  im  Allgemeinen 
und  die  Laute  des  Englischen,  Französ,  u.  Deutschen  im  Besondern.  Leip- 
zig 1884,  bis  jetzt  [März  1885]  sind  nur  Bogen  1,10  erschienen.  — 
Kurze  Bemerkungen  über  das  französ.  Lautsystem  und  dessen  geschichtl. 
Entwickelung  findet  man  in  den  besseren  französ.  Grammatiken,  so  na- 
mentlich bei  Mätzxer,  LüCKJNG,  Körting.  —  AVerthvoll  ist,  obwohl  lei- 
der zu  aphoristisch  gehalten,  F.  LÜTGENAU's  Abhandlung:  Physiologische 
Untersuchungen  über  das  neufranzös.  Lautsystem ,  in  Herrig's  Archiv, 
Bd.  72,  p.  59  ff. 

2.- Altfranzö sisch.  Eine  zusammenhängende  Darstellung  der  altfrz. 
Lautlehre  fehlt  noch ;  manches  nur  freilich  vielfach  unkritisches  Material 
hierfür  findet  man  in  Burgi'y's  Grammaire  de  la  langue  d'oil,  weit  reich- 
haltiger aber  in  den  werthvollen  Einleitungen  und  Anmerkungen,  welche 
G.  Paris  ;*Alexiuslied',  Leodegarlied,  Passion  etc.),  A.  Tobler  (Li  dis 
dou  vrai  aniel  etc.),  "W.  Förster  (Richars  li  biaus,  li  Chevaliers  as  deus 
espees,  gallo-italische  Predigten,  Ysopet,  Cliges  etc.) ,  E.  Mall  der  Com- 
putus  Philipp's  von  Thaün)  ,  H.  Svchier  Ueber  die  Vie  de  St.  Auban, 
norm.  Reimpredigt,  Aucassin  und  Nicolete  etc.  ,  E.  Koschwitz  'Karls- 
reise;,  K.  Vollmöller  fOctavian,  Münchener  Brut;,  H.  Axdresen  Ro- 
man du  Rou  ,  ArFELST.iDT  Lothringischer  Psalter)  u.  A.  ihren  Ausgaben 
altfranzösischer  Texte  beigegeben  haben. 

Ueber  die  mittelalterlichen  Aussprachetractate  u.  dgl.  vgl.  E.  Sten- 
gel, Ueber  die  ältesten  Anleitungsschriften  zur  Erlernung  des  Französi- 
schen, in  Zeitschr.  f.  neufrz.  Spr.  u.  Litt.  I  1  fi'. ,  und  J.  Stürzinger  in 
der  Einleitung  zu  seiner  Ausgabe  der  ürthographia  gallica,  ältester  Trac- 
tat  über  franz.  Aussprache  und  Orthographie  Bd.  VIII  der  altfrz.  Bibl. 
Heilbronn  1884).  Herausgegeben  ist  von  diesen  Tractaten  ausser  dem  eben 
genannten  die  Maniere  de  langage,  p.  p.  P.  Meyer.  Paris  1873  (ergänzt 
von  Stengel,  a.  a.  O.  p.  4  flf.). 

Ein  classisches  Muster  der  für  die  Erkenntniss  altfranz.  Lautverhält- 
nisse so  wichtigen  Assonanzuntersuchungen  ist  A.  Rambeav's  Buch :  Ueber 


Die  Traute.  135 

die  als  acht  nachweisbaren  Assonanzen  des  Üxforder  Textes  der  Chanson 
de  Roland.  Halle  1878.  Eine  ähnliche,  nur  freilich  nicht  so  bedeutende 
Arbeit  ist  J.  Schoppe's  Untersuchun«:  der  Assonanzen  in  Amis  et  Amiles 
und  Jourdains  de  Blaivies,  in  Franz.  Studien  III  1  ft". 

Schriften  über  Einzelheiten  der  altfranzösischen  Lautlehre  sind ')  :  *G, 
Ia'CKIN'G,  Die  ältesten  französischen  Mundarten.  Berlin  IS78  'ein  in  me- 
thodischer Hinsicht  meisterhaftes  "Werk ,  dessen  Studium  nicht  dringend 
genug  angerathen  werden  kann'  —  F.  Neumaxn,  Zur  Laut-  und  Flexions- 
lehre des  Altfranzösischen,  hauptsächlich  aus  pikardischen  Urkunden  von 
Vermandois.  Heilbronn  1S78  —  NicoL,  On  the  old  french  labial  vowels, 
in:  Transactions  of  the  Philological  Society  1873,74,  Part  I,  p.  77  ff.,  vgl. 
Rom.  II  273  —  O.  Fai'LDE,  Ueber  Gemination  im  Altfranzösischen,  in 
Zeitschr.  f,  rom.  Phil.  IV  542  ff.  —  CH.\BAXE.\r,  Du  z  final  en  francais  et 
en  langue  d'oc,  in  Rev.  des  lang.  rom.  VI  94,  vgl.  Rom.  III  499  —  A. 
HoRNiXG,  Du  z  dans  les  mots  mouilles  en  langue  d'oil,  in  Rom,  Stud. 
IV  627  ff.  —  A.  Mebes  ,  Die  Nasalität  im  Altfranzösischen ,  in :  Jahrb.  f. 
rom.  u.  engl.  Spr.  u.  Litt.  XIV  385  ff.  —  Süpfle,  De  l'h  initiale  dans  la 
langue  d'oil.  Gotha  1867  —  H.  d'Arbois  de  Jubadjville  ,  La  plus  an- 
cienne  phonetique  fr^se  (la  phonetique  latine  de  l'epoque  merovingienne 
et  la  phonetique  frcse  du  XI  s.',  in  Rom.  I  318  ff.  —  H.  Suchier.  Zur 
Lautlehre  der  Strassburger  Eide,  in  Jahrb.  f.  rom.  u.  engl.  Spr.  u.  Litt» 
Xm  383  ff. ;  G.  Gröber  ,  .Die  Eide  von  Strassburg ,  ibid.  XV  82  ff. ;  J. 
Storm,  Etüde  sur  le  vocalisme  des  sennents  de  842,  in  Rom.  III,  286  ff.; 
P.  M. ,  Le  vocalisme  des  serments  de  Strasbourg,  in  Rom.  III  371  ff.; 
J.  CoRXU,  dift  =  debet  dans  les  serments,  in  Rom.  IV  454  ff.  —  J.  CoRNU, 
Valeur  de  ch  dans  Eulalie,  Alexis,  Roland  et  les  Psautiers,  in  Rom.  X  401 
—  L.  Havet,  Vv  dans  le  St-Leger,  in  Rom.  VII  416  ff.  —  W.  Bihle, 
Das  c  im  Lambspringer  Alexius,  Oxforder  Roland  und  Londoner  Brandan. 
Greifswald  1881  —  H.  V.\rxhagex,  Das  altnormannische  c.  I  das  c  im  Ox- 
forder Psalter,  in  Zeitschr.  f.  rom.  Phil.  III  161  —  F.  Haarseim,  Voca- 
lismus  und  Consonantismus  im  Oxforder  Psalter,  in  Rom.  Stud.  IV  273  — 
E.  BÖHMER,  A,  E,  I  im  Oxforder  Roland,  in  Rom.  Stud.  I  599  vgL  auch 
unten  No.  5  a)  —  J.  Ellexbeck,  Die  Vortonvocale  in  franzö.sischen  Tex- 
ten bis  zum  Ende  des  12.  Jahrhunderts.  Bonn  1884  Schriften  über  [die 
Nasalität  im  Altfranzösischen  s.  unten  No.  5  a,  S.  1S8  —  F.  Scholle, 
Sur  1'«  sonore  et  muette  d'apres  les  chartes  de  Joinville,  in  Herrig's  Ar- 
chiv, Bd.  52,  p.  177  —  'A.  Fleck,  Der  betonte  Vocalismus  (sie!)  einiger 
altostfranzösischer  Sprachdenkmäler  etc.  Marburg  1877  —  F.  CoRS.SEX, 
Lautlehre  der  altfranzösischen  Uebersetzung  der  Predigten  Gregor's  über 
Ezechiel.  Bonn  1883  —  M.  Strauch,  Lateinisches  o  in  der  norm.  Mund- 
art. Halle  1881 ;  P.  ScHULZKE,  Betontes  v  -\-  i  und  6  -\-  i  im  Normanni- 
schen. Halle  1879;  C.  ROTH,  Ueber  den  Ausfall  des  intervocalen  d  im 
Normannischen.  Halle  1882;  H.  BoKEML'LLER,  Zur  Lautkritik  der  Reim- 
predigt    Grant  mal  fist  Adam'.  Halle    1883;    A.  SCHMIDT,    Guillaume  le 


1)  Vgl.  auch  oben  die  Litteraturangaben  über  die  altfran- 
zösischen Dialecte    S.  94  f.)  und  ebenso  vgl.  unten  No.  5. 


136  Das  Französische. 

Clerc  de  Norinandie  etc.  Strassburg  1S80;  H.  Seeger,  lieber  die  Sprache 
des  Guillaume  le  Clerc  de  Normandie  etc.  Halle  1881;  F.  Hotzel,  Die 
altfranzösischen  Gesetze  Wilhelm's  des  Eroberers.  I.  Lautlehre.  Eisenach 
1859  —  Siemt,  Ueber  lateinisches  c  vor  e  und  i  im  Picardischen.  Halle 
1880,  vgl.  Zeitschr.  f.  rem.  Phil.  VII  lü3;  H.  Haase,  Das  Verhalten  der 
pikardischen  und  wallonischen  Denkmäler  des  Mittelalters  in  Bezug  auf 
a  und  e  vor  gedecktem  ?/.  Halle  1880  —  J.  Zemlin,  Der  Nachlaut  i  in 
den  Dialecten  Nord-  und  Ostfrankreichs.  Halle  1881,  vgl.  Zeitschr.  f.  rom. 
Phil.  V  446  —  ScHWAKE,  Darstellung  der  Mundart  von  Tournay  im  Mit- 
telalter. Halle  1881;  d'Herbomez,  Etüde  sur  le  dialecte  du.Tournaisis  au 
Xllle  s.  Tournai  (sie!)  1881,  vgl.  Rom.  XI  144  —  K.  Jenrich,  Die  Mund- 
art des  Münchener  Brut.  Halle  1881  —  E.  Fiebiger,  Ueber  die  Sprache 
der  Chevalerie  Ogier  des  Raimbert  von  Paris.  Halle  1881  —  O.  Knai'ER, 
Beiträge  zur  Kenntniss  der  französischen  Sprache  des  14.  Jahrhunderts,  in 
Jahrb.  f.  rom.  u.  engl.  Spr.  u.  Litt.  Bd.  XII  u.  XIV,  und :  llichars  li  biaus. 
Zur   altfranzösischen  Lautlehre.   Leipzig  1876,   Progr.  des  Nicolai-GjTiinas. 

—  H.  Stock  ,  Die  Phonetik  des  Roman  de  Troie  und  der  Chronique  des 
Ducs  de  Normandie,  in  Rom.  Stud.  III  443  —  E.  Metzke  ,  Der  Dialect 
von  Islc  de  France  im  13.  und  14.  Jahrhundert.  Breslau  1881,  auch  in 
Herrig's  Archiv  Bd.  64  u.  65  —  Lencer,  Versuch  einer  Parallele  zwischen 
der  Entwickelung  des  Altfranzösischen   und  des  Englischen.    Schleiz  1867 

—  Thommerel,  Recherches  sur  la  fusion  du  franco-norman  et  de  l'anglo- 
saxon.  Paris  (Jahr?)  —  J.  ViSING,  Essai  sur  le  dialecte  anglo-normand  au 
Xllle  s.   Upsala  1881. 

3.  Mittelfranzösisch.  A.  Darmesteter  et  A.  Hatzfeld,  Le  sei- 
zieme siecle  en  France  (Paris  1878),  liere  partie,  p.  183  ff.  »tableau  de  la 
langue  frcse  au  XVI«  s.«  —  G.  Wendel,  Die  Aussprache  des  Französi- 
schen nach  Angabe  der  Zeitgenossen  Franz  I.  Plauen  1874,  Programm  — 
Thoene,  Die  lautlichen  Eigenthümlichkeiten  der  französischen  Sprache  des 
16.  Jahrhunderts.  Diss.  Göttingen  (Druckort  Marienburg)  1883  —  Lange, 
Der  vocalische  Lautstand  in  der  französischen  Sprache  des  16.  Jahrhun- 
derts. Elbing  1883  —  F.  LCtgenau,  Jean  Palsgrave  und  seine  Aussprache 
des  Französischen.  Bonn  1879  —  G.  Lücking,  Der  consonantische  Auslaut 
im  Französischen  nach  Th.  Beza.  Berlin  1874  —  A.  Talbert,  De  la  pro- 
nonciation  de  la  lettre  u  au  XVI^  s.  Lettre  ä  M.  Arsene  Darmesteter. 
Paris  1876,  vgl.  Rom.  V  394,  und:  De  la  prononciation  frcse  depuis  le 
commencement  du  XVI^  s.  d'apres  les  temoignages  des  grammairiens.  Pa- 
ris 1881  —  Einzelschriften  über  die  Sprache  Ronsard's,  Rabelais',  Mon- 
taigne's  u.  dgl.  s.  oben  S.  60. 

Ueber  die  Aussprachelehren  und  Aussprachetheorien  der  Grammatiker 
des  16.  Jahrhunderts  vgl.  Livet's  oben  (S.  133)  genanntes  Buch.  Von  den 
betreffenden  Aussprachetractatcn  sind  neu  herausgegeben  Palsgrave's 
Grammatik  von  Genin,  Paris  1S52,  und  Tu.  Beza,  De  francicae  linguae 
recta  pronuntiatione  von .  A.  Tobler,  Berlin  1868.  Ein  Verzeichniss  der 
grammatischen  Schriften  des  16.  wie  der  späteren  Jahrhunderte  findet  man 
in  Thurot's  Einleitung  zu  Bd.  I  seiner  Geschichte  der  französischen  Aus- 
sprache (s.  unten  No.  7;,  vgl.  auch  oben  S.  69  f. 


Die  Laute.  137 

4.  Neu  f  ranzösis  eh.  Schriften  über  die  Aussprache,  bezw.  Aus- 
sprachetheorien des  17.  Jahrhunderts,  sowie  über  die  Sprache  Moliere's  etc. 
siehe  oben  S.  6;<f.  Keich  an  Bemerkungen  über  lautliche  Dinjje  sind  auch 
"NV.  RiCKKX's  Untersuchunijen  über  die  metrische  Technik  Corneille'«  etc. 
Berlin  1884.  —  Werke  über  die  moderne  Aussprache  des  Französischen 
sind  oben  §  5,  S.  110  verzeichnet,  vgl.  auch  unten  No.  7;  ebenso  ist  oben 
No.  1  zu  vergleichen. 

5,  Die  einzelnen  Laute  (vgl.  oben  Nr.  1). 

a)  Die  Vocale:  C.  Böhmku,  Klang,  nicht  Dauer,  in  Kom.  Stud.  III 
;H51.  600,  IV  336:  B.TEN  BuiNK,  Klang  und  Dauer.  Strassburg  1879,  vgl. 
darüber  Suchiek,  Gkübeh  und  Sciiiciiaudt  in  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  III 
135,  146,  IV  190  (s.  Theil  II  S.  78  f.)  —  J.  Storm,  Om  vokalernes  kvan- 
titet  i  de  romanske  sprag  i  sin  udvikling  fra  latinen.  I  beretning  om 
forhandlingerne  pä  det  forste   nordiske  filologmode.     Kjovenhavn    JahrPi 

—  G.  LÜCKING,  Die  reinen  Vocale  des  Französischen  nach  Malvin-Cazal, 
in  Herrig's  Archiv  Bd.  59,  S.  403  —  A.  Brächet,  Du  role  des  voyelles 
latines  atones  dans  les  langues  romanes.  Leipzig  1866  —  J.  Jäger,  Die 
Quantität  der  betonten  Vocale  im  Neufranzösischen,  in  Französ.  Stud. 
Bd.  IV  S.  69  —  H.  Harth,  Die  Qualität  der  reinen  Vocale  im  Neufran- 
zösischen in  Ztschr.  f.  nfrz.  Spr.  u.  Lit.  Bd.  VI',  1  ff .  —  Cledat,  Etudes 
de  Philologie  fr9se.  II  Questions  de  prononciation.  Voyelles  longues  et 
breves,  ouvertes  et  fermees,  in:  Annuaire  de  la  faculte  des  lettres  de  Lyon, 
l>«^re  annee,  p.  61  ff.,  cf.  Rom.  XII  629  —  Dufriche-Desgenettes,  Voy- 
elles et  semivoyelles  de  la  langue  frcse,  in :  Bulletin  de  la  societe  de  lin- 
guistique  de  Paris  Nr.  12,  p.  142  —  J.  CoRXU,  Glanures  phonologiques. 
Voyelles  toniques:  a  tonique  maintenu,  t  =  e,  i  atone  protonique  et  i  en 
Position.  Diphthongue:  ao.  Voyelles  atones:  suffixe-atorem ;  de  l'influence 
.regressive  de  l'i  sur  les  voj-elles  ton.  Consonnes:  J  =  w,  -turne  = -tudi- 
nem,  sce,  sei  et  sca  dans  la  conjugaison,  rr  =  t?;    dr,    in  Rom.  VII  353  ff. 

—  V.  Thom.sex,  Remarques  s.  la  phonetique  romane :  i  parasite  et  les  con- 
sonnes mouillees  en  frcs,  in:  Mem.  de  la  soc.  de  ling.  de  Paris  III,  106, 
cf.  Rom.  V  507  —  A.  Darmesteter,  Phonetique  frcse :  l'a  protonique  non 
initiale,  non  en  position,  in  Rom.  V  140  —  (Anonym;,  Französisches  ai 
statt  des  früheren  oi,  in  Zeitschr.  f.  Stenographie  u.  Orthographie,  Jahr- 
gang 19  (1871),  Nr.  4,  cf.  Rom.  II  144  —  Edström,  Fornfran.skans  e-ljud 
i  betonad  stafvelse.  Upsala  1883,  cf.  Nordisk  Revy  1883,  Nr.  3  —  V. 
Thomsen,  e  +  t  en  frcs,  in  Rom.  V  64  —  *  W.  Förster,  Bestimmung  der 
lateinischen  Quantität  aus  dem  Romanischen,  in:  Rhein.  Mus.  Bd.  33; 
Schicksale  des  lateinischen  o  im  Französischen  in  Rom.  Stud.  III  174; 
Beiträge  zur  romanischen  Lautlehre.  Umlaut  eigentlich  Vocalsteigerung) 
im  Romanischen,  in:  Zeitschr.  f.  rom.  Phil.  III  481  —  J.  Vising,  Nägra 
fall  af  umljud  i  franskan,  in  Nordisk  Tidskrift  for  filologi.  Ny  Raekke 
W  234  —  *G.  Paris,  Phonetique  frcse:  I  o  ferme,  in  Rom.  X  36  —  E. 
Stengel,  Schwund  von  e,  i  im  Nordwestromanischen,  in  Zeitschr.  f.  rom. 
Phil.  I  106  —  O.  Ulbrich,  Zur  Geschichte  des  französischen  Diphthongen 
01,  in  Zeitschr.  f.  rom.  Phil.  lEI  385  —  Ph.  Ros.smann,  Französisches  oi. 
Heidelberg  1882.    Diss.,  vgl.  Rom.  XI  604  —  L.  Havet,  oi  et  ui  en  frcs. 


138  l^as  Französische. 

in  Rom.  III  321  —  H.  Schvchardt,  Phonetique  fr9se:  oi,  ui,  ch,  h,  tiz, 
in  Rom.  III  279  —  H.  Schvchardt,  Sur  oi  et  ui,  in  Rom.  IV  119  — 
E.  Böhmer,  Die  beiden  u,  in  Rom.  Stud.  HI  167  ;  Wie  klang  o  u?  in  Rom. 
Stud.  III  597;  »dous<'  in  Roman.  Stud.  III  603  —  G.  Paris,  Ancien  fr. 
jV  =  fr.  mod.  e  in  Rom.  IV  122  —  L.  Havet,  La  prononciation  de  ie  en 
frcs,  in  Rom.  VI  2.54  und  327  —  J.  VisING,  Über  französisches  ie  für 
lateinisches  d,  in  Zeitschr.  f.  rom.  Phil.  VI  372  (vgl.  auch  die  an  dieser 
Stelle  angeführte  Litteratur  sowie  oben  §  7,  Nr.  3)  —  A.  Mebes,  Die  Na- 
salität im  Altfranzösischen,  in  Jahrb.  f.  rom.  u.  engl.  Spr.  u,  Lit.  Neue 
Folge  Bd.  II  385  —  A.  Grabow,  Ueber  Nasalirung  und  Brechung  der  Vo- 
cale  im  Französischen,  in  Herrig's  Archiv  Bd.  62,  p.  93  —  H.  Engelmaxn, 
Ueber  die  Entstehung  der  Nasalvocale  im  Altfranzösischen.  Halle  1882  — 
P.Meyer,  Phonetique  frcse:  an  et  en  toniques,  in  Mem.  de  la  soc.  de 
ling.  de  Paris  t.  I  —  Lücking,  Ueber  den  Lautwerth  der  französichen  an, 
in,  on,  un,  in  Zeitschr.  f.  Stenogr.  u.  Orthogr,  Jahrg.  19  (1871),  p.  138  — 
J.  CORNTJ,  De  l'influence  regressive  de  l't  atone  s.  les  voyelles  toniques,  in 
Rom.  X  216.  —  Eine  voraussichtlich  sehr  bedeutsame  Schrift  A.  Zacher's 
über  die  Entwickelung  der  lateinischen  tonlosen  Vocale  im  Französischen 
soll  demnächst  erscheinen  vgl.  die  der  Doctordissertation  dieses  jungen 
Gelehrten  »Beiträge  zum  Lvoner  Dialect  [Bonn  1884]  beigegebenen  Thesen 
1,  2,  3;. 

b)  Consonanten:  Ch.  Joret,  Du  C  dans  les  langues  romanes.  Paris 
1874,  ef.  Rom.  III  379;  A.  Hornixg,  Zur  Geschichte  des  lateinischen  c 
vor  e  und  i  im  Romanischen.  Halle  1883  i Specialschriften  über  das  c  im 
Altfranzösischen  s.  oben  Nr.  2,  S.  135)  —  O.  Ulbrich,  Ueber  die  vocali- 
sirten  Consonanten  des  Altfranzösischen,  in  Zeitschr.  f.  rom.  Phil.  II  522 
—  J.  F.  Kr.\vter,  Stimmlose  unterpalatale  und  mediopalatale  Reibelaute 
im  Neufranzösischen,  in  Zeitschr.  f.  nfrz.  Spr.  u.  Lit.  II  23  —  *G.  Gröber, 
/=  dental,  in  Zeitschr.  f.  rom.  Phil.  II  459  —  G.  Paris,  frcs  r=  d,  in 
Rom.  VI  129  —  L.  Havet,  fr9s  r  pour  d,  in  Rom.  VI  321  —  Ch.  Joret, 
r  bas-normand,  in  Rom.  XII  591,  und:  De  quelques  modifications  phone- 
tiques  particulieres  au  bas-normand,  in  Rom.  XII  490  —  P.  M.,  r  pour  s, 
z  ä  Beaucaire,  in  Rom,  V  488  —  J.  CoRxr,  Metathese  de  ts  en  st  et  de 
dz  en  zd ,  in  Rom.  VI  447  desselben  Glanures  phonologiques  s.  oben 
S.  137;  —  Ch.  Joret,  di=j,  in  Rom.  XII  591,  und:  Changement  de  r  en 
s  's)  et  en  dh  dans  les  dialectes  frcs,  in  Mem.  de  la  soc.  de  ling.  de  Paris 
III  154,  cf.  Rom.  V  507  —  L.  Süpfle,  De  l'A  initiale  dans  la  langue  d'oil. 
Gotha  1867  —  M.  Breal,  Une  prosthese  apparente  en  fran^ais,  in  Rom. 
11  329. 

c)  Die  Lautentwickelung  innerhalb  des  Satzes.  *F.  Neu- 
mann,  Ueber  einige  Satzdoppelformen  der  französischen  Sprache,  in ;  Zeit- 
schr. f.  rom.  Phil.  VIII  24;<  tf.  und  363  ff.  höchst  beachtenswerthe ,  neue 
Gesichtspunkte  aufstellende  Abhandlung) . 

6.  Aussprache:  *Ch,  Thi'rot,  De  la  prononciation  fr98e  depuis  Ie 
commencement  du  X\^*  s.  d'apres  les  temoignages  des  grammairiens.  2 
Bände  mit  einem  Indexheft.  Paris  1881/83  dies  AVerk  hat  hauptsächlich  als 
systematische   Materialiensammlung   "Werth:    die   wissenschaftliche   Durch- 


Die  Laute.  jljQ 

arbeitung  des  Stoffes  ist  sehr  mangelhaft,  namentlich  in  lautphysiologischer 
Hinsicht  —  P.  Usteri,  Zur  Geschichte  der  französischen  Aussprache. 
Zürich  ISSO.  Progr.  der  Kantonsschule  —  *  A.  Mende,  Ktude  s.  la  pro- 
nonciation  de  l'e  muet  ä  Paris.  London  ISSO  —  Goldschmidt,  Ueber  die 
Aussprache  des  französischen  h  mit  ethnologischen  Bemerkungen  und  An- 
gaben sämmtlichcr  hierher  gehörender  Wörter.  Sondershausen  187t».  Progr. 
—  J.  A.  Bki'nxeris,  Observation  sur  l'aspiration  frgse.     Lund  1841. 

Ueber  die  moderne  französische  Aussprache  vgl.  die  Litteraturangaben 
zu  §  5    oben  S.  110). 

7.  Betonung:  *G.  Paris,  Etüde  s.  le  role  de  l'accent  latin  dans  la 
langue  frcse.  Paris  1862  —  HixE,  Sur  le  röle  de  l'accent  latin  dans  la 
langue  frcse.  Braunsberg  ISSn  Progr.  —  Gvyakp,  Une  particularite  de 
l'accentuation  fr9se.  in  Mem.  de  la  soc.  de  ling.  de  Paris  IV  30,  cf.  Rom. 
Vni  302  —  T.  Merkel,  Der  französische  AVortton.  Freiburg  1880  Progr. 
originelle  Schrift  —  G.  Reiche  (E.  Martin),  Die  Prosodie  oder  richtige 
Silbenbetonung  der  französischen  Sprache.  Gegründet  auf  die  Quantität 
der  Sylben  nach  Levizau  und  Dubroca.  Eine  unentbehrliche  Zugabe  für 
alle  französischen  Grammatiken.  Nebst  einer  Geschichte  der  Entstehung 
der  französischen  Sprache,  Bemerkungen  über  die  französischen  Gedichte 
und  Erklärung  der  Accente,  des  Apostrophs,  der  Cedille,  des  Trema, 
Bindestrichs  und  der  Interpunctionszeichen.  Böhmisch -Leipa  1880  'das 
Buch  ist,  wie  schon  der  Titel  zeigt,  ein  albernes  Curiosum)  —  Streckler, 
De  la  prosodie  frcse.     Erkelenz  1852  Progr. 

8.  Orthographie:  A.  FiRMix-DiDOT,  observations  sur  l'orthographe 
on  ortografie  frcse  suivies  d'une  bist,  de  la  reforme  orthogr.  depuis  le  XV 
siede.  2'^'ne  ed.  Paris  1S68  —  E.Ebers,  Ueber  die  verschiedenen  Systeme, 
die  Inconsequenzen  und  Schwierigkeiten  der  französischen  Orthographie. 
Osnabrück  1883.  RealgATnnasialprogramm  —  W.  Gerberdixg,  Die  ortho- 
graphischen Refonnversuche  der  ältesten  französischen  Grammatiker.  Berlin 
1868  —  £.  R.^OL'x,  La  reforme  de  l'orthographe  frcse,  in  Zeitschr.  f.  Or- 
thogr.  II    —   G.  Berchere,    La   reforme   de  l'orthographe   frcse.     Paris 

Jahr?  Didot  et  Cie  —  "W.  Veiter,  Zur  Geschichte  der  französischen 
Orthographie,  in:  Reform.  Zeitschr.  f.  vereinfachte  deutsche  Rechtschrei- 
bung III  10  ff.  und  IV  1  —  G.  XlEMER,  Ueber  die  orthographischen  Re- 
formversuche der  französischen  Phonetiker  des  19.  Jahrhunderts.  Greifs- 
wald 1S82  —  A.  Eichler,  Ueber  den  Gebrauch  der  französischen  Accente. 
Stendal  1844  —  K.  Daniel,  Sur  l'accentuation  des  derives.  Kassel  Rostock. 
Diss.  1874  Progr.  —  G.  Schultz,  Ueber  die  diakritischen  Zeichen  im 
Französischen.     Rostock  1872.  —  Vgl.  oben  §  8  Schluss. 


140  Das  Französische. 

Sechstes  Kapitel. 
Die  Worte. 

§  1.  Der  Wortbestand.  1,  Deu  Grundbestand  des 
Wortschatzes  bilden  im  Französischen,  -wie  in  allen  romanischen 
Sprachen,  die  auf  volksthümlichem  Wege  aus  dem  Latein  ent- 
nommenen Worte.  Zu  diesem  Grundbestande  sind  jedoch  im 
Laufe  und  in  Folge  der  sprachgeschichtlichen  Entwickelung 
zahlreiche  anderweitige  Elemente  getreten,  nämlich: 

a  aus  dem  Lateinischen  auf  dem  gelehrten  Wege  über- 
nommene Worte  [mofs  sarcmfs). 

b)  Worte  keltischen  Ursprunges,  z.  B.  bec.  brate,  bouleau, 
lieiie  etc.  (es  ist  jedoch  die  Zahl  der  Worte  keltischen  Ur- 
sprunges wenig  beträchtlich ,  wenn  sie  auch  vielleicht  durch 
spätere  Forschung  veraiehrt  werden  mag). 

c)  Worte  (alt '  germanischen  Ursprunges :  die  Zahl  dersel- 
ben ist  sehr  erheblich;  Avas  ihre  Bedeutungssphären  anbelangt, 
so  gehören  zu  ihnen  besonders  Ausdrücke  des  Kriegs-  und 
Seewesens,  Thier-  und  Pflanzennamen,  Benennungen  von  Kör- 
pertheilen,  einzelne  Bezeichnungen  von  Wohnungsstätten  und 
Hausgeräthen,  die  Namen  der  Himmelsgegenden,  ebenso  die 
Namen  einzelner  Farben,  einige  abstracte  Begriff'e.  z.  B.  guerre, 
boulevard,  anborge,  butin,  heaume.  ßeche  etc.  —  falaise,  cingler, 
bac,  bord ,  ecume,  esquif  etc.  —  renard,  ecrevisse ,  homard, 
epervier  etc.  —  saule,  framboise.  if.  mousse  etc.  —  echine, 
rate  etc.  —  bourg.  echoppe,  löge,  etuve,  canif,  fauteuil  etc.  — 
nord,  sud,  est,  ouest  —  brun,  gris,  blanc  —  honte,  orgueil, 
haine ,  häte ,  galant  etc.  Litteraturangaben  sehe  man  oben 
S.  49  f. 

d)  Lehn-  und  Fremdworte,  vgl.  unten  Nr.  2. 

e)  Im  Französischen  gebildete  schallnachahmende  Worte 
(Onomatopoieta),  z.  B.  croasser ,  fniauler,  chucltoter,  caqueter, 
cliquetis  etc.,  hierher  gehören  auch  Interjectionen,  wie  chtit 
u.  dgl. 

f;  Worte  historischen  Ursprunges  (meist  zu  Appellativen 
gewordene  Eigennamen,  bezw.  von  Eigennamen  abgeleitete 
Appellativa),  z.  B.  macadam,  mansarde.  quinquet,  calicot,  astra- 
kau,   berline,  grere  etc. 


Die  Worte.  141 

g)  Worte  bis  jetzt  inibekannteu  Ursprunges,  wie  z.  B. 
trourer  'welches  scliwerlicli  von  t urbare  oder  *troparc  abzu- 
leiten ist),  di/ter.  das  bis  jetzt  auch  noch  keine  befriedigende 
Erklärung  gefunden  hat.  u.  v.  a.  Die  Zahl  dieser  "Worte  wird 
selbstverständlich  durch  die  fortschreitende  etymologische  For- 
schung immer  mehr  verringert,  vorläufig  aber  ist  sie  noch  weit 
beträchtlicher,  als  man  gewöhnlich  glaubt. 

2.  Als  eigentlich  französisch  können,  streng  genommen, 
nur  die  aus  dem  Latein  auf  volksthümlichem  Wege  übernom- 
menen und  in  normaler  Lautentwickelung  gestalteten  Worte 
und  deren  Ableitimgen)  betrachtet  werden,  und  alle  übrigen 
—  auch  die  mots  sacants  lateinischen  Ursprunges  —  sind  als 
Lehn-,  bezw.  als  Fremdworte  anzusehen.  Da  jedoch  einerseits 
die  lateinischen  fnots  savants  vermöge  ihres  Ursprunges  den 
tnots  populaires  nächstverwandt  sind  und  da  andrerseits  die 
Worte  keltischen  und,  wenigstens  zum  Theile.  auch  diejenigen 
altgermanischen  Ursprunges  entweder  noch  in  vorfranzösischer 
Periode  in  das  Gallolatein  oder  in  vorlitterarischer  Zeit  in  das 
Französische  übergegangen  sind,  so  ist  man  berechtigt,  die- 
selben als  Bestandtheile  des  urfranzösischen  Wortschatzes  zu 
betrachten,  wobei,  was  die  lateinischen  mots  savants  anlangt, 
die  Bezeichnung  »mr-K  freilich  nicht  chronologisch,  sondern 
nur  etymologisch  zu  verstehen  ist.  Von  dem  Bereiche  des 
genannten  Wortschatzes  auszuschliessen  sind  dagegen  alle 
Worte,  welche  die  erwähnten  Eigenschaften  nicht  besitzen,  es 
sind  dieselben  vielmehr  Lehnworte,  wenn  sie,  sei  es  diu'ch 
organische  Entwickelung.  sei  es  durch  volksetymologische  An- 
gliederung  dem  französischen  Lautsysteme  sich  assimilirt  haben, 
Fremd  Worte  aber,  wenn  sie  ihre  ursprüngliche  Lautgestalt 
mehr  oder  weniger  treu  bewahrt  haben,  in  welcher  Beziehung 
ja  sehr  verschiedene  Abstufungen  wahrgenommen  werden  kön- 
nen. —  Zu  dem  Lehn-  und  Fremdwörterschatze  des  Franzö- 
sichen  haben  folgende  Sprachen  beigesteuert. 

a)  Das  Griechische.  Hierher  gehören  die  massenhaf- 
ten wissenschaftlichen  und  technologischen  Kunstausdrücke 
[zu  einem  grossen  Theile  Composita) ,  welche  mehr  oder  weni- 
ger internationale  Geltung  erlangt  haben ,  z.  B.  die  mit 
anthropo-,  auto-.  bio-,  chromo-  etc.  gebildeten  Composita.  Dass 
dabei  manche  falsche  Bildung  mit  untergrelaufen  ist  (wie  z.  B. 


142  Das  Französische. 

kilometre).  kann  nicht  befremden.  Selbstverständlich  sind  alle 
diese  Worte  motu  savants. 

Nicht  dagegen  gehören  hierher  diejenigen  Worte  grie- 
chischen Ursprunges,  welche,  wie  z.  B.  eglise.  parier,  pretre 
u.  dgl.,  dem  Französischen  durch  das  Latein,  bezw.  durch  das 
Kirchenlatein  übermittelt  worden  sind  und  an  der  organischen 
Lautentwickelung  der  volksthümlichen  Worte  theilgenommen 
haben. 

bj  Die  romanischen  Sprachen,  a)  Das  Proven- 
zalische,  z.  B.  mistral^  corsaire,  forgat  etc.  Die  Zahl  der 
aus  dem  Provenzalischen  in  das  Französische  übergegangeneu 
Worte  ist  jedoch  keineswegs  so  bedeutend,  als  man  bei  der 
Nachbarschaft  beider  Sprachen  erwarten  sollte.  Der  Grund 
davon  ist  wohl  einerseits  in  der  frühzeitigen  Zurückdrängung 
des  provenzalischen  Idiomes ,  andererseits  aber  in  dem  Um- 
stände zu  suchen,  dass  eine  Culturnothwendigkeit  zur  Ein- 
führung provenzalischer  AVorte  in  das  Französiche  nicht  vor- 
lag, ß)  Das  Italienische,  z.  B.  die  Worte  auf  -ade 
[barricade  u.  dgl.),  auf  -esque  [grotesque  u.  dgl.),  die  Worte, 
in  denen  c  vor  u  erhalten  ist  [canaille  u.  dgl.).  Die  Zahl  der 
italienischen  Fremdworte  ist  sehr  erheblich,  was  sich  aus  der 
Herrschaft  der  italienischen  Renaissancecultur  in  Frankreich 
wahrend  des  16.  und  theilweise  auch  während  des  17.  Jahr- 
hunderts, sowie  aus  den  gleichzeitigen  engen  politischen  Be- 
ziehungen zwischen  Frankreich  und  Italien  (Verschwägerungen 
der  Valois  mit  den  Sforza  und  Medici,  Züge  Karls  VIII.. 
Ludwigs  XII.  und  Franz  I.  nach  Italien)  hinreichend  erklärt. 
Häufig  bilden  die  italienischen  Fremdworte  zu  volksthümlichen 
französischen  Worten  Doublets.  vgl.  z.  B.  cavalier  mit  cheva- 
her,  cavalcude  mit  chevauchee^  capitaine  mit  chevetaigne,  ca- 
dence  mit  chance,  cantatrice  mit  chanteuse  etc.  y]  Das  Spa- 
nische, z.  B.  hahler,  duegne.  emharcadere  etc.  Die  Zahl  der 
spanischen  Fremdworte  ist  nicht  ganz  gering,  ihre  Einbürge- 
rung datirt  meist  aus  der  ersten  Hälfte  des  17.  Jahrhunderts, 
als  zu  welcher  Zeit  Fraukreich  politisch  und  litterarisch  stark 
durch  Spanien  beeinflusst  ward,  ö)  Das  Portugiesische, 
nur  vereinzelte  Worte  wie  auto-da-fe^  chamade  etc. 

c)  Die  (modern)  germanischen  Sprachen.  Im 
Wesentlichen    kommen   hier   nur   das  Deutsche   und  das  Engr- 


Die  Worte.  143 

lische  in  lietracht.  a]  Das  Ueutsclie.  z.  H.  hlocus  =  Hlock- 
haus.  havresac.  sabretache,  hrandevin.  hamater,  trinquer,  raher 
etc.  Die  Worte  deutschen  Ursprunges  sind  meist .  so  gut  es 
eben  ging,  dem  Französischen  hiutlich  angegUchen  wurden, 
nur  vereinzelt  sind  sie,  namentlich  als  Avissenschaftliche  ter- 
mini  technici,  unverändert  geblieben,  z.  li.  quartz.  apath.  an- 
nähernd auch  potaase.  ß]  Das  Englische,  z.  li.  hifteck. 
houledogue,  square  etc.  Meist  sind  diese  erst  in  neuester  Zeit 
importirten  Worte  in  Lautgestalt  und  Schreibung  noch  völlige 
Fremdworte,  nur  einzelne  haben.  Aveil  durch  ihre  Bedeutung: 
populär  gewurden,  sich  fester  eingebürgert  und  die  heimische 
Schreibung  abgelegt,  z.  15.  rosbtf,  redingote. 

d)  Die  slavischen  Sprachen,  a)  Das  Russische, 
z.  B.  steppe,  knout.  cosaque  etc.  ß)  Das  Polnische,  z.  B. 
caleche.  polka.  mazurka  etc.  Wie  begreiflich ,  ist  die  Zahl 
der  slavischen  Fremdworte  im  Französischen  sehr  gering. 

e  Die  finnischen  Sprachen.  Aus  den  finnischen 
Sprachen  sind  nur  vereinzelte  magyarische  Worte  [hussard. 
dolman.  ahako)  und  einige  wenige  türkische  Ausdrücke,  wie 
z.  B.  hachibozouks.  in  das  Französische  übergegangen. 

f  Die  semitischen  Sprachen,  a)  Das  Hebräische, 
z.  B.  getie,  gener.  eden.  päque,  cheitibin,  seraphin  etc.  etc.  Der 
Uebergang  hebräischer  Worte  in  das  Französische  ist  meist 
durch  die  Venuittelung  des  Kirchenlateins  erfolgt :  directe  Be- 
einflussung des  Französischen  durch  das  Hebräische,  bezw. 
durch  das  mittelalterliche  Jüdisch,  dürfte  nur  sehr  selten  statt- 
gefunden haben,  ß)  Das  Arabische.  Die  Herrschaft  der 
Araber  in  dem  Frankreich  benachbarten  Spanien,  die  Blüthe 
der  arabischen  Cultur  im  Mittelalter  und  die  Berührungen 
zwischen  dieser  und  der  abendländischen  Cultur  (namentlich 
in  der  Kreuzzugsperiode),  in  neuerer  Zeit  aber  die  Eroberiing 
Algiers  und  die  vielfachen  Beziehungen  Frankreichs  mit  dem 
Morgenlande  haben  das  Eindringen  einer  verhältnissmässig 
ansehnUchen  Zahl  arabischer  Worte  veranlasst,  zum  grossen 
Theil  allerdings  solcher,  welche  specifisch  orientalische  Dinge 
bezeichnen  (wie  z.B.  sultan,  bey.  cadi.  narg  h  ile.  marubout  etc.), 
zu  einem  kleinen  Theile  aber  doch  auch  solche,  welche  einen 
allgemein  wichtigen  Begrift'sinhalt  besitzen,  wie  algebre.  chiffre^ 
zero  etc.     Vielfach  mögen  arabische  Worte   nicht  unmittelbar. 


144  Das  Französische. 

sondern  durch  das  Medium  anderer  Sprachen,  namenüich  des 
Spanischen,  in  das  Französische  übergegangen  sein.  Die  ara- 
bischen Elemente  des  französischen  Wortschatzes  würden  übri- 
gens nach  mehrfachen  Beziehungen  hin  Zeit  und  Weg  ihres 
Eindringens,  Lautgestaltung,  Bedeutungswandel)  eine  genauere 
Untersuchung  verdienen. 

Was  andere,  noch  entlegnere  Sprachen,  wie  z.  B.  die 
indischen,  die  amerikanischen  und  die  afrikanischen,  zu  dem 
französischen  Wortschatze  beigesteuert  haben  —  meist  übrigens 
nicht  direct,  sondern  durch  Vermittelung  des  Spanischen  oder 
des  Portugiesischen  oder  des  Englischen  — ,  ist  zu  unbedeu- 
tend, als  dass  es  hier  betrachtet  werden  könnte.  Bemerkt 
aber  sei ,  dass  es  von  grossem  culturhistorischen  Interesse  ist, 
die  Geschichte  einzelner  hierher  gehöriger  Worte  (z.  B.  choco- 
lat,   quinine  u.  dgl.)   zu  verfolgen. 

3.  Der  neufranzösische  Wortschatz  ist  sonach  ein  ziemlich 
gemischter,  indessen  ist  seine  Mischung  doch  bei  weitem  nicht 
so  buntscheckig,  wie  etwa  die  des  englischen.  Die  lateinischen 
Elemente  bilden  seine  breite  Grundschicht,  welcher  auch  die 
fremden  Elemente  zum  grossen  Theile  sich  lautlich  so  ange- 
glichen haben,  dass  sie  gar  nicht  mehr  als  fremde  empfunden 
werden,  so  namentlich  die  altgermanischen  und  die  romani- 
schen. Die  praktische  Gewöhnung  überbrückt  auch  die  Kluft, 
welche  bezüglich  der  Lautgestaltung  zwischen  den  beiden  un- 
gefähr gleichgrossen  Hauptbestandtheilen  des  Wortbestandes 
lateinischen  Ursprunges,  den  mots  populaires  und  den  mots 
savanfs,  besteht  und  welche  für  die  wissenschaftliche  l^etrach- 
tung  allerdings  weit  und  bedeutend  genug  ist. 

4.  Der  Umfang  des  neufranzösischen  Wortschatzes  lässt 
sich  zahlenmässig  nicht  feststellen,  denn  es  ist  dies  noch  bei 
weitem  nicht  dadurch  geschehen ,  dass  man  herausgerechnet 
hat,  wie  der  Dict.  de  l'Academie  etwa  35  000,  Littrks  Dict. 
etwa  80  000,  Sachs-Villatte's  Wörterbuch  etwa  100  000  Ar- 
tikel enthält.  Alle  diese  Wörterbücher  berücksichtigen  im 
Wesentlichen  nur  die  Schriftsprache  \ind  die  Umgangssprache 
der  gebildeten  Stände,  sind  aber  auch  in  diesen  Beziehungen 
durchaus  nicht  vollständig,  wie  überhaupt  das  Wörterbuch 
einer  lebenden,  stets  neue  Worte  theils  erzeugenden ,  theils 
von  atiswärts  aufnehmenden  Sprache  nie  vollständig  sein  kann. 


Die  Wurte.  145 

Die  (loch  ebenfalls  zum  französischen  Wortschatze  gehörigen 
Worthestäutle  der  Dialecte  sind  noch  nie  systematisch  zusam- 
mengestellt worden .  und  ihr  doch  sicherlich  sehr  erheblicher 
Umfang  entzieht  sich  demnach  selbst  einer  inigefähren 
Schätzung. 

Der  Wortbestand  des  sogenannten  classischen  Französisch 
ist,  weil  ein  streng  gesichteter,  ein  verhältnissmässig  eng  be- 
grenzter, aber  die  moderne  Litteratur  hat  sich  —  namentlich 
soweit  sie  von  romantischen,  realistischen  und  naturalistischen 
Tendenzen  erfüllt  war  —  über  diese  künstlich  gezogenen 
Schranken  hinweggesetzt  und  hinwegsetzen  müssen ,  um  den 
Bedürfnissen  der  Neuzeit  gerecht  werden  zu  können ,  sie  hat 
sich  also  die  Herbeiziehung  diabetischer  Worte ,  die  Nenbe- 
lebung  veralteter  Worte ,  die  Bildung  neuer  Worte  und  end- 
lich die  Aufnahme  fremdländischer  Worte  bald  in  weiterem, 
bald  in  .engerem  Umfange  gestattet. 

Ans  dem  Gesagten  folgt ,  dass .  wer  nur  die  Sprache  der 
französischen  Classiker  nnd  ihrer  Nachahmer  kennt,'  auch  nur 
einen  kleinen  Theil  des  wirklich  vorhandenen  Wortschatzes 
überschaut:  wer  zu  besserer  Erkenntniss  gelangen  will,  muss 
daher  auch  die  Erzeugnisse  der  modernen  Litteratur,  nament- 
lich aiich  der  Tageslitteratur  kennen  lernen  (besonders  lehr- 
reich sind  in  dieser  Hinsicht  die  realistischen  und  naturalisti- 
schen Komane  etwa  Flaubert's  und  Zolas  ,  die  modernen 
Lustspiele,  z.  B.  Labiche's,  und  endlich  die  Zeitungen).  Wer 
aber  in  dieser  Hinsicht  sich  bemüht,  wird  den  weiten  Um- 
fang des  französischen  Wortschatzes  mit  Staunen  erkennen, 
anfangs  wohl  auch  mit  einem  gewissen  Missbehagen,  da  er 
zu  beständigem  und  überdies  nicht  selten  erfolglosem  Nach- 
schlagen im  Wörterbuche  sich"  genöthigt  sehen  wird.  Nicht 
erst  der  Bemerkiuig  bedarf  es,  dass  der  französische  Wortschatz 
der  GegeuAvart  viele  nur  ephemere  Elemente  enthält,  d.  h. 
viele  Worte ,  welche  zur  Deckung  eines  augenblicklichen  Be- 
dürfnisses geschaffen  wurden  nnd  nach  kurzem  Gelirauche 
wieder  verschwinden ,  oft  sammt  dem  durch  sie  bezeichneten 
Begriffe.  Namentlich  die  Zeitungssprache  ist  aus  naheliegen- 
den Gründen  reich  an  derartigen  Worten,  unter  denen  natür- 
lich auch  monströse  und  sprachwidrige  Bildungen  nicht  fehlen, 
ö.    Einen   besonderen   Bezirk   innerhalb    des  französischen 

Körting,  Encyk!opädie  d.  rotn.  Phil.  III.  lO 


1^46  I^^8  Französische. 

Worthereich  es  bildet  der  Wortschatz  des  »Argot«,  wobei 
freilich  bemerkt  werden  inuss,  dass  der  Begriff  des  Argot  ein 
sehr  dehnbarer,  ja  vielleicht  wissenschaftlich  gar  nicht  einmal 
haltbarer  ist.  Gemeinhin  versteht  man  unter  Argot  die  Ge- 
sammtheit  der  (natürlich  nicht  allein  den  Wortschatz  betref- 
fenden) tSpracheigenthümlichkeiten  der  einzelnen  Bevölkerungs- 
und Berufsklassen,  wobei  besonders  die  litterarisch  weniger 
gebildeten  und  folglich  mit  der  correcten  Schrifts])rache  we- 
niger vertrauten  in  Frage  kommen  (obgleich  man  auch  sehr 
wohl  von  einem  Argot  z.  B.  der  Studenten,  der  Advocaten, 
der  Aerzte  etc.  sprechen  kann) .  Der  Wortbestand  des  Argot 
weicht  übrigens  weniger  dadurch  von  der  Schriftsprache  ab, 
dass  er  viele  Worte  besässe,  welche  dieser  fehlten ,  als  viel- 
mehr durch  die  eigenthümliche  Verkürzung  oder  Verdrehung 
oder  endlich  und  zumeist  durch  die  häufige  Bedeutungsver- 
engung und  Bedeutvmgszuspitzung  schriftsprachlicher  Worte. 
Der  Argotwortbestand  macht  durch  den  ihm  eigenen  Reich- 
thum  an  Bezeichnungen  für  schmutzige  und  obscöne  Begriffe 
in  ästhetischer  und  ethischer  Hinsicht  einen  durchaus  uner- 
freulichen Eindruck,  und  es  ist  folglich  bedauerlich,  dass  die 
französische  Tageslitteratur  der  Gegenwart  mehr  und  mehr 
unsaubere  Argotelemente  aufnimmt  und  dadurch  von  Stall-, 
Kneipen-  und  Bordelldüften  sich  durchziehen  lässt :  nichts- 
destoweniger aber  würde  es  verkehrt  sein,  über  das  Argot 
schlechtweg  den  Stab  zu  brechen,  denn  abgesehen  davon,  dass 
sein  Vorhandensein  eine  geradezu  in  einer  Cultumothwendig- 
keit  begründete  Thatsache  ist.  so  bildet  die  Existenz  des  Ar- 
got eine  Art  Schutzwehr  gegen  die  —  in  Frankreich  ja  be- 
sonders drohende  —  Gefahr  der  Verknöcherung  und  Ver- 
zopfung  der  Schriftsprache ,  bahnt  einer  gesunden  Fortent- 
wickelung derselben  den  Weg  und  dient  ihr  als  Brunnen,  aus 
dem  sie  mancherlei  brauchbares,  wenn  auch  oft  zunächst  einer 
Reinigung  bedürftiges  Wortmaterial  schöpfen  kann.  Häufig 
genug  lässt  der  "N'organg  sich  beobachten ,  dass  Worte  und 
AVortwendungen  des  Argot  schliesslich  von  der  Schriftsi)rache 
recipirt  wurden  und  derselben  zur  Bereicherung  gereichten. 
Man  könnte  das  Argot  die  \'ersuchsstation  der  Schriftsprache 
nennen,  die  Nützlichkeit  einer  solchen  Station  aber  ist  ebenso 
unbestreitbar  wie  die  Thatsache,  dass  bei  weitem  nicht  Alles, 


Die  Worte.  147 

was  sie  producirt,  unter  das  nationale  Sprachgeräth  aufgenom- 
men werden  kann  und  darf. 

Französisches  Argot  und  "Parisismen«  sind  keineswegs  sich 
deckende  liegriffe.  denn,  wie  selbstverständlich,  wird  auch 
ausserhalb  Paris  Argot  gesprochen.  Unstatthaft  ist  es  daher, 
aus  dem  Reichthum  des  französischen  Argot  an  Worten  für 
schmutzige  und  inisittliche  Begriffe  ungünstige  Schlüsse  auf 
die  Moralität  speciell  und  ausschliesslich  von  Paris  zu  ziehen, 
wenn  schon  natürlich  Paris  von  derartigen  Schlüssen  stark 
mit  betroffen  wird.  Berücksichtigt  muss  übrigens  werden,  dass 
das  Argot  gerade  in  seinen  niedrigsten  und  unsaubersten  Schich- 
ten  viele  internationale  Elemente  enthält,  dass  also  die  sitt- 
liche Fäulniss .  deren  Product  ein  derartiges  A'erbrecherjargon 
ist.   nicht  in  Frankreich  allein  angetroffen  wird. 

6.  Der  Wortbestand  des  Xeufranzösischen  weicht  erheb- 
lich von  demjenigen  des  Altfranzösischen  und  auch  des  Mit- 
telfranzösischen ab .  wie  dies  aus  früher  dargelegten  allgemei- 
nen Gründen  (vgl.  Theil  II,  S.  173  f.)  sich  ergiebt,  und  zwar 
erstreckt  sich  die  Differenz  sowohl  auf  die  Wortzahl  als  auch  auf 
die  Wortbedeutung,  denn  es  sind  nicht  bloss  früher  vorhanden 
gewesene  Worte  abgestorben,  bezw.  neue  Worte  gebildet  oder 
entlehnt  worden,  sondern  es  sind  auch  vielfach  Worte  zwar 
verblieben ,  aber  mit  irgend  welcher  Wandelung .  sei  es  Er- 
Aveiterimg  oder  Verengung  oder  Umspringung  ihrer  Bedeu- 
tung. Der  in  der  Entwickelung  von  Altfranzösisch  zu  Neu- 
französisch vorgegangene  lexikalische  Wandel  ist  ein  weit  be- 
deutenderer, als  man  vielleicht  von  vornherein  glauben  möchte. 
Man  nehme .  um  sich  dessen  bewusst  zu  werden,  eine  belie- 
bige Tirade  aus  einer  altfranzösischen  chanson  de  geste.  etwa 
dem  Rolandsliede ,  und  unterstreiche  alle  in  ihi'  vorkommen- 
den Worte ,  welche  in  der  gegenwärtigen  Sprache  entweder 
gar  nicht  mehr  oder  doch  nicht  mehr  in  der  gleichen  Bedeu- 
tung vorhanden  sind,  z.  B.  Rolandslied,  Tirade  9    [Y.    122  ff.): 

Blancandrins  ad  tut  premereins  parlet, 
e  dist  a  1'  rei:  »Saluez  seiez  de  Deu, 
le  glorius,  que  devez  aiirer! 
Ico  vus  mandet  reis  Marsilies  li  bers; 
enquis  ad  mult  la  lei  de  salvetet ; 
de  9un  aveir  vus  voelt  asez  duner, 
urs  e  leuns  e  veltres  caeigniez, 

10* 


148  I^^s  Französische. 

set  senz  cameilz  e  mil  osturs  muez, 
d'or  e  d'argent  quatre  anz  7)mls  trussez, 
cinquante  care  que  carier  ferez  ; 
tant  i  avrat  de  hesanz  esmerez 
dunt  bien  purrez  vos  soldeiers  hier. 
En  cest  pais  avez  estet  asez, 
cn  France  ad  Ais  bien  repairier  devez ; 
lä  vus  sivrat,  co  dit  niis  avnez  etc., 

SO  Avircl  man  von  der  verhältnissniässig  bedeutenden  Zahl  der 
betreffenden  Worte  überrascht  werden  ;  im  vorliegenden  Jiei- 
spiele  sind  es  folgende :  premerems,  ganz  geschwunden ;  aürer, 
ganz  geschwunden .  ersetzt  durch  das  mot  savant  aäorer :  lei 
=  loi,  kann  in  der  Bedeutung  »Glaube«  nicht  mehr  gebraucht 
werden ;  salvetet,  ganz  geschwunden ;  celtres,  ganz  geschwun- 
den, ersetzt  durch  levrier\  caeignier ^  ganz  geschwunden,  er- 
setzt durch  enchainer\  muls,  ganz  geschwunden  und  durch  das 
])eminutiv  mulet  ersetzt ;  hesanz  =  byzantitms  ganz  geschwun- 
den ;  esmerez ,  ganz  gesch^vunden  und  ohne  eigentlichen  Er- 
satz geblieben;  repairier^  in  der  Bedeutung  »zurückkehrenu 
ganz  geschwunden  und  durch  retourner  ersetzt;  atoez  =  avoue, 
in  der  Bedeutung  »Gebieter«  ganz  geschwunden.  Ausserdem 
aber  würde  noch  zu  bemerken  sein :  U  hers  ist  von  dem  cas. 
obl.  le  haron  völlig  verdrängt,  die  Bedeutung  von  baron  aber 
erheblich  eingeschränkt  worden;  statt  enquerir  qlc.  hat  man 
jetzt  zu  sagen  s  enquerir  de  qlc.  ;  avoir  wird  jetzt  nicht  leicht 
mehr  in  der  substantivischen  Bedeutung  ')Habe«  gebraucht : 
das  Particip  muez  könnte  heute  nicht  mehr  in  der  Bedeutung 
»die  Mauser  überstanden  habend«  angewandt  Averden ;  trussez 
wird  heute  nicht  mit  frousses,  sondern  mit  charges  wiederzu- 
geben sein;  careis)  ist  nicht  ^  a«vv',  bezw.  carros ,  sondern 
*  carra.,  entspricht  also  nicht  dem  neiifranzösischen  r/ntrs:  sol- 
deiers ist  allerdings  in  soudoyer  \ingefähr  erhalten ,  aber  aus 
dem  gewöhnlichen  Gebrauche  ist  es  durch  sohhtt  verdrängt 
worden;  hier  =  louer  wird  in  der  Bedeutung  "bezahlen«  heute 
nicht  gebraucht.  .Somit  geben  in  diesen  lä  Versen,  welche 
ziisammen  etwa  lOO  Worte  zählen,  10  Worte  zu  der  Bemer- 
kung »geschwunden«  oder  »in  der  Bedoiitung  verändert«  An- 
lass,  und  wollte  man  die  geschwundenen  Formen  des  Artikels 
[li)  und  deg  Possessivpronomens  [mis]  mitrechnen  ,  so  würde 
die  Zahl  sich  noch  steigern. 


Dil-  Worte.  149 

Es  wurde  eine  sehr  dankbare  Aufgabe  sein,  die  zwischen 
Altfranzüsiseh  und  Neufranzösisch  bestehende  lexikalische  Dif- 
ferenz nach  ihren  verschiedenen  Beziehungen  hin  zum  Gegen- 
stande eingehender  Specialuntersuchungen  zu  machen.  Für 
manche  Doctordissertation  Hessen  sich  aus  diesem  Gebiete  er- 
giebige Themata  entnehmen. 

Auch  zwischen  Mittelfranzösisch  und  Neufranzösisch  be- 
steht noch  eine  erhebliche  ^'erschiedenheit  im  Wortbestande, 
selbst  wenn  man  von  den  gelehrten  Wortschöpfungen  der 
Plejadendichter  ebenso  absieht,  wie  von  dem  eigenartig  bun- 
ten Wortschatze  l\al)elais'.  Es  besass  das  Mittelfranzösische 
noch  gar  manches  gute  und  bezeichnende  Wort,  welches  seitdem 
der  immer  nüchterner  werdenden  Sprache  entschwunden  ist. 
Man  vgl.  das  interessante  Wortverzeichniss  bei  Dakmesteter 
und  Hatzfeld,  Le  XVP  siecle  en  France  (Paris  1S7S)  ,  l^^'^ 
partie .  p.  IS3  ff.  Aber  auch  bezüglich  der  Lexikologie  des 
Mittelfranzösischen  sind  Einzeluntersiichungen  noch  sehr  wün- 
schenswerth. 

Nicht  erst  der  Bemerkung  bedarf  es.  dass  der  französische 
Wortschatz  in  der  Gegenwart  ein  umfangreicherer  ist ,  als  in 
irgend  einer  der  vorangehenden  Perioden.  Nichtsdestoweniger 
darf  man  in  dieser  Hinsicht  keine  übertriebenen  Vorstellungen 
hegen.  Besitzt  das  Neufranzösische  Ausdrücke  für  zahlreiche 
Begriffe,  welche  das  Mittelalter  nicht  kannte  und  folglich  auch 
nicht  bezeichnete .  so  besass  seinerseits  das  Altfranzösische 
zahlreiche  Worte  für  Begriffe  der  specifisch  mittelalterlichen 
Cultur.  welche  jetzt  geschwunden  sind.  So  findet  wenigstens 
ein  gewisser  Ausgleich  statt.  Aber  auch  ein  anderer  Punkt 
ist  nicht  zu  übersehen.  Benöthigt  das  Neufranzösische  eines 
neuen  Wortes  für  einen  neu  aufkommenden  Begriff,  etwa  eine 
neue  Erfindung  oder  ein  neues  chemisches  Präparat,  so  deckt 
es  dies  Bedürfniss  vielfach  durch'  J^ildung  eines  lateinischen 
oder  griechischen  oder  auch  lateinisch-griechischen  Composi- 
tums  (man  denke  an  Worte  wie  velocipede,  telegraplie,  centi- 
metre  u.  dgl.  ,  also  auf  einem  unorganischen,  weil  rein  ge- 
lehrten Wege,  dessen  Befolgung  dazu  führt  und  führen  muss, 
die  Sprache  mehr  und  mehr  mit  mots  savants  zu  überhäufen 
und  ihr  ein  rein  conventionelles  Gepräge  zu  verleihen.  Das 
Altfranzösische  übte  solche  gelehrte  Wortschöpfung  wenigstens 


150  Das  Französische. 

nicht  mit  griechischem  Materiale  und  wahrte  folglich  seinem 
Wortschatze  einen  mehr  organischen  und  gleichartigen  Zu- 
sammenhang. 

§  2.    Die  Wortbildung. 

1.  Das  Latein  besass,  wie  alle  indo-germanischen  Spra- 
chen, ein  entwickeltes  System  der  Wortbildung,  bezw.  der 
Wortableitung  und  hat  dasselbe  auf  seine  romanischen  Toch- 
tersprachen, also  auch  auf  das  Französische  vererbt. 

2.  Der  lateinische  Bestand  an  wortableitenden  Suffixen 
ist  im  Romanischen,  bezw.  im  Französischen,  nicht  unerheb- 
lich geschmälert  worden,  denn: 

a)  Tonlose  Suffixe  haben  ihre  suffigirende  Kraft  verloren 
und  sind  lautlich  zu  scheinbaren  Bestandtheilen  des  Stammes 
geworden,  so  namentlich  das  Deminutivsuffix  -culu[s.  m,  a), 
-cellu{s,  w,  a)  ,  vgl.  z.  B.  aheille  mit  api-cula^  soleil  mit  soli- 
culus,  oiseau  mit  avi-cellus ;  auch  andere  Suffixe  sind  derartig 
mit  dem  Stamme  verwachsen,  vgl.  z.  B.  cierge  mit  cer-eum, 
Hinge  mit  sim-ius  ^  paupiere  mit  palpe-bra ,  freie  vcät  frag-ilis, 
froid  mit  frig-idus,  net  mit  nit-idus.  Die  Wortbedeutung  wird 
durch  das  Verschmelzen  des  Suffixes  mit  dem  Wortstamme 
nicht  beeinträchtigt,  z.  B.  freie  behält  die  Bedeutung  von 
fragilis  bei.  Der  Verlust  der  Deminutivbedeutung  bei  den 
Ableitungen  auf  -ellu,  -cellu,  -culu  [taureau,  oiseau,  soleil)  ist 
unabhängig  von  der  lautlichen  Umgestaltung  des  Suffixes 
erfolgt. 

Dem  Verluste  eines  tonlosen  Suffixes  ist  in  einzelnen 
Fällen  dadurch  vorgebeugt  worden,  dass:  a  der  Ilochton  un- 
organisch auf  das  Suffix  verlegt  und  dieses  damit  lebensfähig 
gemacht  wurde,  so  z.  B.  bei  dem  Deminutivsuffix  -olus,  vgl. 
z.  \i.  ßlleid  mit  ßliölus  für  filiolus,  rhevreuil  mit  rapreölu-s  für 
capreolus\  ferner  bei  dem  Suffix  -Imis ,  vgl.  z.  B.  crislallin 
mit  cristallinus  für  criställinus ,  bei  dem  Suffix  -tcus  (freilich 
wird  dasselbe  meist  nur  bei  mots  savants  angewandt)  ,  vgl, 
z.  B.  luique  mit  laicus  für  läicus  (dagegen  rlerc  =  clericus), 
bei  dem  Suffix  -/a,  vgl.  z.  B.  Jalousie  mit  *zelosia  (it.  gelosia) 
für  zelösia  etc.  etc. ;  ß)  der  dem  Suffix  vorangehende  hoch- 
tonige  Ableitungsvocal  als  zu  demselben  gehörig  betrachtet 
wurde,  z.  B.  das  tonlose  Suffix  -bilis)  musste  -ble  ergeben 
[affahilis  :  affahle)   und    also    seine   syllabische  Geltung  verlie- 


Die  Worte.  151 

reu,  es  hat  dieselbe  aber  dadurch  wieder  erhni^^t,  dass  der 
ihm  bei  Derivaten  von  Verben  der  A-Conjugation  (/.  H.  trac- 
tare  :  traifahiUa  :  fraifable  vorangehende  Ableitungsvocal  u  mit 
ihm  verbunden  -wurde ,  wodurch  es  die  Gestalt  -able  erhielt 
und  in  dieser  sich  auch  mit  Stämmen  verband,  welchem  auf 
ein  ableitendes  u  gar  keinen  Anspruch  besassen  (vgl.  unten 
No.   3).     Aehnlich  verhält  es  sich  mit  -  a)tör[em]  =  cur. 

b)  Mehrfach  haben  Suffixe  sich  zwar  lautlich  völlig  oder 
annähernd  unversehrt  erhalten,  aber  jeden  Einfluss  auf  Nuan- 
cirung  der  Wortbedeutung  verloren,  so  z.  B.  das  verbale  In- 
choativsuftix  -sc,  vielfach  auch  das  verbale  Frequentativsufiix 
-t[are),  -s{are),  vgl.  z.  H.  j'eter  mit  j'actare  [y.  j'acere),  pousser 
mit  pulsare  (v.  pell  er  e]   u.   dgl. 

3.  Der  Anwendungskreis  der  im  Französischen  erhalte- 
nen wortableitenden  lateinischen  Suffixe  ist  sehr  erheblich  er- 
weitert worden,  indem  nach  dem  Typus  überlieferter  lateini- 
scher Ableitungen  zahlreiche  neue  gebildet  wurden,  und  zwar 
vielfach  ohne  Rücksicht  auf  die  für  das  Lateinische  verbind- 
lich geAvesene  Beschaffenheit  des  Primitivs  ,  nur  nach  Mass- 
gabe der  Analogie.  So  ist  z.  B.  von  equite ,  charite  in  ganz 
unorganischer   Weise   equüabie ,    charitahle    abgeleitet    worden 

nach  Analogie  von  aimabh .  louable  u.  dgl.),  ebenso  von  dem 
Verbalstamme  fais-  ein  faisable;  das  participiale  und  eben 
deshalb  eigentlich  nur  für  Ableitung  von  verbalen  Stämmen 
branchbare  -{dnt  Avird  doch  auch  zu  anderen  Ableitungen  be- 
nutzt, so  dass  man  z.  B.  selbst  ein  abracadabrant  bildet:  die 
Suffixe  -eur  und  -age  werden  im  A;\'eitesten  Umfange  ange- 
wandt, ohne  Rücksicht  darauf,  dass  das  erstere,  Aveil  aus 
a-torem  entstanden,  eigentlich  nur  zur  Derivation  von  nomina 
actoris  aus  verbalen  A- Stämmen  dienen  kann  (z.  B.  Impera- 
tor] ,  und  dass  das  letztere  gleichfalls  eigentlich  nur  zur  Bil- 
dung verbaler  Nomina  bestimmt  ist  (Avie  z.  B.  lavage  v.  laver, 
coulage  v.  couler  etc.  NB.  Anders  verhält  es  sich  natürlich 
mit  äge  =  aetaticum ,  Avonach  wieder  zahlreiche  Analogiebil- 
dungen, wie  z.  B.  * coraticum  =  courage). 

4.  Der  durch  die  ErstaiTung  einzelner  lateinischer  Suf- 
fixe, bezw.  durch  deren  VerAA-achsung  mit  dem  Wortstamme 
entstandene  Verlust  im  Suffixbestande  ist  mehr  als  reichlich 
Avieder  ausgeglichen  Avorden: 


152  üas  Franzosische.  ' 

ai  Durch  die  Anwendung  nichtlateinischer  Suffixe,  so 
z.  B.  der  ursprünglich  griechischen  Suffixe  -iser  (=  izare  = 
iZtiV  ^  z.  B.  in  haptiser)  vmd  -esse  i=  issa  =  taaa .  z.  B.  in 
princesse)  .  welche  durch  das  A'olks-.  bezAV.  das  Kirchenlatein 
dem  Romanischen  zugeführt  wurden;  des  ursprünglich  ger- 
manischen Suffixes  -«rf/ (=  hart) .  z.  B.  in  vieillard\  des  ur- 
sprünglich italienischen  Suffixes  -ade,  z.  B.  va.  fiisillade;  der 
bezüglich  ihres  Ursprunges  noch  nicht  hinlänglich  klaren  Suf- 
fixe -cä.  -et{te),  -of{te] ,  z.  B.  in  verrat,  coc/wt  v.  coq,  potdette, 
cachot,  cidotte. 

h]  Durch  die  Bildung  neuer  Suffixe,  wie  z.  B.  des  Suf- 
fixes -{e)rie,  dessen  Entstehung  darauf  zurückzuführen  ist,  dass 
in  mit  dem  Suffix  -ie  =  ia  für  ?«  gebildeten  Derivaten  von 
auf  -r  auslautenden  Worten,  wie  z.  B.  chevaler-ie.  der  Stamm- 
auslaut als  zum  Suffix  gehörig  betrachtet  und  folglich  ein 
Suffix  -erie  gewonnen  wurde,  demnach  bildete  man  ein  dia- 
hl-erie  neben  altfranzösisch  diahl-ie,  ein  infani-erie  als  Analogie 
zu  cavahr-ie  (beide  ^yorte  übrigens.  Avie  schon  ihre  Laut- 
gestalt zeigt,  im  Französischen  Fremdworte  . 

c)  Durch  die  Benutzung  einer  etwa  vorhandenen  Doppel- 
form des  Stammes  für  die  Wortableitung.  So  ist  z.  B.  der 
lateinische  Wortstamm  cahallo-  (cabalhis)  zugleich  in  der  po- 
pulären Form  cheral  und  in  der  savanten.  bezw.  italienischen 
Form  cava[l)  im  Französischen  vorhanden  und  beide  Formen 
werden  nun  für  die  Ableitung  verwerthet,  z.  B.  cJievalier  und 
cavalier,  chevalerie  und  cavalerie,  chevauchee  und  cacalcade  etc. 
Die  sich  daraus  ergebenden  Doublets  sind  in  ihrer  Bedeutung 
von  einander  dilferenziirt .  und  ihr  A'orhandensein  ist  eine 
reiche  Quelle  für  das  Entstehen  von  Synonymen. 

5.  Die  Wortbildungsfähigkeit  des  Französischen  ist  eine 
ungemein  grosse,  ja  geradezu  unbegrenzte;  bewiesen  wird 
dies  schon  dadurch ,  dass  die  französische  Sprache  für  jeden 
neu  aufkommenden  Bogrifi"  auch  sofort  ein  bezeichnendes  Wort 
zu  bilden,  oft  hierbei  allerdings  des  ebenso  bequemen  wie  be- 
denklichen Weges  der  gelehrten  Entlehnung  aus  dem  Latei- 
nischen oder  Griechischen  sich  bedienend  (vgl.  oben  S.  149), 
oft  aber  doch  auch  auf  organische  Weise  schattend,  man  denke 
an  Bildungen  wie  ro?)itminard,  petroleur,  -se. 

Es  ist  in  mehr  als  einer  Beziehung  nützlich  und  lehrreich, 


Die  Worte.  153 

sich  die  Wortbildungsfiihigkeit  des  Französischen  dadurch  zu 
veranschaulichen,  dass  man  die  zu  einer  Sippe  gehörigen  De- 
rivate systematisch  zusammenstelU .  wie  in  folgenden  zwei 
Beispielen  geschehen  soll : 

I.    Die  Derivate  \  on  face  re  =^  faire^,. 

A.  Derivate  vom  Präsensstamme  fac  +  i  =  fakj  =  fais  .- 

1.  faismit,     gleichsam  * faci-a»t[em], 

2.  faisance,  »  * faci-antia, 

3.  faistur,  »  * faci-ator[em], 

4.  faisahle,  »  * faci-ahU[em], 

5.  faisihle,  »  * faci-hU'em]. 

B.  Derivate  vom  Participialstamme  factus], 

a;  von  der  lautgesetzlich   entwickelten  Form   des  Stammes  fait, 
bezw.  (aus  fact  +  i  -{-  Vocal)  fac  .- 

1 .  fait  =  factum, 

2.  facoii  ^  factio)ieiH, 

3.  faconner,  gleichsam  * factinnare, 

4.  facnrinement,  »  * factioname/itum, 

5.  faconuier,  »  * factionarius, 

6.  faconnerie,  »  * factionaria, 

7.  faconnage,  »  * factiotiatieum : 

b)  von  dem  auf  gelehrtem  Wege  erhaltenen  Stamme  fact: 

1.  factum, 

2.  facture  =  factura, 

3.  facturer,    gleichsam  * facturare, 

4.  facturier,  »  * facturiarius, 

5.  factage,  »  * factaticum, 

6.  facteur  ^  factorem  und  7.  factrice  =  factricem, 

8.  faction  =  factionem, 

9.  factionuairt  ^  *  factionarius, 
lU.  factieux  =  factiosus, 

1 1 .  factorat  =  *factoratu»i, 

12.  factorage,    gleichsam  * factoraticum, 

13.  factorerie,  »  '  factoraria, 

14.  factorielle,  »  * factoriella, 

15.  factice  =  facticius. 

Als  Gesammtsumme   ergeben   sich   demnach  27  Derivate; 


1  In  Obigem  sollen  die  im  Sachs- Villatte'schen  Dict.  verzeichneten) 
Derivate  von  facere  einfach  zusammengestellt  werden,  ohne  alle  Bemer- 
kungen über  Beschaffenheit  und  Entstehungszeit  der  betreffenden  Bildun- 
gen u.dgl.  Als  Muster  für  eine  etymolo  gisch  e  Untersuchung  dieser  Art 
kann  dienen  die  treffliche  Abhandlung  von  J.  He.xdrich,  Die  aus  der 
lateinischen  Wurzel  fac  entstandenen  französischen  Worte.  Programm  der 
Staatsoberrealschule  zu  Görz  1S79  vgl.  die  Recension  von  Genelix  in 
Zeitschr.  f.  das  Realschulwesen  IX  56  ff.  . 


1 54  üas  Franaösische. 

die  Zahl  derselben  würde  sich  aber  gewiss  um  das  Doppelte 
steigern,  wenn  man  auch  die  Derivate  der  Composita  defaire ^ 
confire^  sufßre  etc.,  also  z.  B.  defaite,  conßaeur^  suffisance  etc., 
berücksichtigen  wollte  ;  und  eine  weitere  sehr  erhebliche  Stei- 
gerung würde  sich  ergeben,  Avenn  man  nicht  bloss  die  direc- 
ten  Derivate  \on  facere^  bezw.  \oxi  fakj  =fais^  fag  undi  fact 
=  fait.,  fact^  sondern  die  Derivate  der  Wurzel  fac^  zu  denen 
also  lateinisch  facies,  facultas,  facilis  etc.  gehören,  zusammen- 
stellen, ja  vielleicht  sogar  die  Zusammenstellung  auch  auf  die 
Derivate  der  unverstärkten  Wurzel  fa  (wovon  faber ,  fabrira 
etc.)  sich  erstrecken  lassen  wollte,  denn  man  bedenke,  dass 
allein  lateinisch  * fahrica  im  Französischen  einerseits  die  mots 
populaires  forge,  forgeahle,  forgerie,  forgeage,  f orger,  forgeur, 
forgeron  etc.,  andrerseits  die  mots  savants  fahrique,  fabriquer, 
fabricant,  fabrication,  fabricateur  etc.  ergeben  hat. 

II.    Die  Derivate  von  cah  allus. 

A.  Derivate  von  dem  populären  Stamme  checal. 

1.  chevalet,  gleichsam  *  cabaUetttt»), 

2.  chevaline  =  cahalliita, 

3.  chevalis,     gleichsam  *  cahallitium, 

4.  chevaler,  »  *  cahallare, 

5.  chevalement,      »  *  cahallamentum, 

6.  Chevalier  und  chevaliere  =■  cahaUarius,  a, 

7.  ehevalerie,         gleichsam  *  cahallaria, 

8.  checaleresque,  »  *  cabaUarescus, 

9.  chevalee,  »  *  caballata, 

10.  chevaucher,  »  caballicare, 

11.  chevauchee,  »  *  cabaUicata, 

12.  chevaucheur,  »  *  caballicator'em], 

1 3.  chevauchement,  »  *  eaballicavientum, 

14.  chevauchable,  »  *  caballicabilis, 

15.  checaiichure,  »  *  cabaUicatura, 

16.  checaiichnns,  «  *  cabaUicone  [?\ 

B.  Derivate  von  dem  savanten  [italienischen]  Stamme  cacal  h\ 

1.  cavale,    gleichsam  *  caballa, 

2.  cavaler,  »  *  cahallare, 

3.  cavalin,  e  =  caballinus, 

4.  cacalier  =  caballariiis, 

5.  cacalerie  =  *  caballaria, 

(').  cavalcade,  gleichsam  '  caballicata, 

7.  caialcader,  ■>  * caballicatare, 

8.  cavalcadoitr,  <•  '  caballicator[em], 

9.  cavalquet,  »  *  caballikettum. 


])if  AVorte.  155 

Als  CTesammtsumme  ergeben  sich  demnach  25  Derivate, 
mul  anch  hier  würde  die  Zahl  durch  Hinzunahme  der  Com- 
posita  erheblich  vermehrt  werden. 

Jedenfalls  erhellt  aus  den  gegebenen  Beispielen,  dass  die 
französische  Wortbildung ,  wenn  auch  im  Wesentlichen  nur 
mit  den  durch  das  Latein  ihr  überlieferten  Mitteln  arbeitend, 
doch  bedeutend  über  die  im  Latein  innegehaltenen  Schranken 
hinausgeht. 

6.  Suffixvertauschung  hat  im  Französischen  vielfach  statt- 
gefunden, z.  B.  autel  für  auter  =  altare ,  cruel  =  crudalis  für 
crtidelis,  lezard  Anbildung  an  renard  u.  dgl.  aus  lacerta  (vgl. 
jedoch  die  Bemerkung  Rothenberg's  auf  S.  27  seiner  gleich 
zu  nennenden  Schrift).  Auf  Suffixvertauschung,  bezw.  auf 
analogischer  Erweiterung  der  Endung  beruht  walirscheinlich 
auch  das  d  (früher  t]  in  tisserand^  allemmid,  normand,  gewiss 
aber  das  t  in  altfranzösisch  tyrati\t]  (so  noch  im  Englischen), 
faisan\t] ,  roman[t]  (daher  ro7yiantique  etc.)  u.  a.  Ein  singu- 
lärer  Fall  ist  pluralis,  welches,  angezogen  durch  singularis,  im 
Altfranzösischen  zu  plurer ,  plurier  wurde ,  später  aber ,  Avohl 
in  Folge  gelehrten  Einflusses ,  sich  wieder  zu  pluriel  dissimi- 
lirte  und  somit  zur  Urform  zurückkehrte.  Ueber  den  ganzen 
Process  der  Suffixvertauschung  vgl.  J.  Rothenkergs  interes- 
sante ,  obwol  in  vielen  Einzelheiten  ungenaue  (übrigens  trotz 
des  lateinischen  Titels  deutsch  geschriebene)  Dissertation:  De 
suffixarum  mutatione  in  lingua  francogallica.  Göttingen  Druck- 
ort Berlin)    ISSO. 

7.  Eine  eigen thümliche ,  weil  suffixlose  Wortbildung  des 
Französischen,  ist  die  Verwendung  des  Stammes  von  (meist 
der  A-Conjugation  angehörigen)  Serben  in  der  Function  eines 
Verbalsubstantives,  z.  B.  appel  von  appeler ,  encoi  von  en- 
voyer,  halai  von  halayer^  relief  von  relever,  motdlle  von  mouil- 
ler,  repecJie  von  repecher  ^  soutien  von  soutenir  ^  maintien  von 
maintenir.  Vgl.  hierüber  Egger's  Abhandlung;  Les  substan- 
tifs  verbaux  formes  par  l'apocope  de  l'infinitif,  in  der  Revue 
des  langues  romanes  vom  Jahre  1S74  Separatabdruck  Mont- 
pellier und  Paris   1S75). 

§  3.  Die  Wortzusammensetzung  Composita, 
Juxtaposita  .  1.  An  ächten  Compositis  besitzt  das  Fran- 
zösische nur  folgende: 


156  I^^s  Französische. 

a  eine  xVuzahl  aus  dem  Latein  ül)enioinmener  ächter 
nominaler  Composita.  welche  zum  Theil  als  solche  nicht  mehr 
empfunden  werden,  z.  B.  artißce ,  parricide .  sangsiie  =  san- 
guisuga. 

Hierzu  gehören  auch  viele  gelehrte  Bildungen,  bezw.  Ent- 
lehnungen, namentlich  adjectiver  Composita.  z.  B.  paci/ique, 
so7yinifere,  carmt:ore,  ignicoJe  etc..  desgleichen  Composita.  deren 
erstes  Glied  ein  Numerale  ist.  z.  B.  trident,  trimestre  etc.  — 
Andrerseits  ist  zu  bemerken,  dass  vielfach  lateinische  Compo- 
sita in  Folge  ihrer  lautlichen  Entwickelung  den  Chavacter  von 
Compositen  völlig  ^■erloren  haben  und  zu  scheinbaren  Simpli- 
cibus  geworden  sind.  z.  B.  couche  =  col-loco .  cousin  =  con- 
sobri?m$. 

'Anschliessen  kann  man  hieran  eine  ziemlich  beträchtliche 
Zahl  lateinischer  Juxtaposita.  welche  im  Französischen  zu  einer 
lautlichen  Einheit  verschmolzen  sind  und  folglich  sclieinbar 
wirkliche  Composita  bilden,  freilich  meist  von  dem  ungelehr- 
ten Sprachbewusstsein  als  einfache  Worte  aufgefasst  werden, 
z.  B.  limae  dies,  Martis  dies  etc.  =  honU .  mardi  etc..  avis 
struthio  =  autruche,  maris  lucius  =  merkiche.  auri  faber  =  or- 
fevre^  vinum  acre  =  viyiaigre.  res  publica  =  republique,  conies 
stabuli  =  connetable ,  radix  fortis  =  raifort  etc.  Namentlich 
gehören  hierher  Ortsnamen,  wie  BinanviUe  =  Bxnandi  villa, 
Montmartre  =  Mons  martyrum  .  Fontevraidt  =  Föns  Evratdi. 
Aber  auch  einzelne  verbale  Bildungen  sind  zu  nennen,  z.  B. 
colporter  =  collo  portare.  altfranzösisches  fervestir  =.  ferro  ve- 
stire.  Ferner  sind  dieser  Kategorie  beizuzählen  die  Adver- 
bialbildungen, welche  aus  \i\]ecX\\  -\- meide  bestehen,  z.  B. 
vainement.  —  Ein  einzelner  hierher  gehöriger  Fall  ist  debon- 
fiaire  =  de  bon  aire.  —  Hierher  gehören  endlich  auch  die 
Future  und  Conditionale :  donnerai  =  donare  -\-  habeo.  donne- 
rais  =  donare  -f-  //abebam.^ 

[Hieran  schliessen  sich  weiter  vereinzelte  Fälle,  in  denen 
zwei  mit  einander  verbundene  französische  oder  französirte 
Worte  zu  einer  scheinbaren  Einheit  verwachsen  sind.  z.  B. 
bl'junne  =  bec  Juune ,  ban«jueroitte  =  banque  route  (==  it.  rotta 
von  rompere),.  maimnorte.  ähnlich  C/iäteaurouz.] 

b'  Einige  aus  dem  Germanischen  übernommene  nominale 
Composita,   z.B.  haubert  =  hahperc.   herberge  =  heriberga. 


Die  Worte.  ]57 

c)  Verbinduugcu  \on  \'erbcii  inul  Nominibiis  mit  den 
Adverbien  bene^  male  nnd  miitus  =  mes  me-),  z.  B.  bcncdicere 
=  be/w'i'r,  befiir.  malcdiccrc  =  maudire  .  malmencr ,  mahnetre^ 
bie)wenu,  bienseant  etc.  auch  das  Adverb  bientCt  gehört  hier- 
her), mesallter.  meconnaitre .  medire  etc. 

Dagegen  sind  als  ursprüngliche  Juxtaposita  zu  betrachten 
Bildungen  wie  malhcur  =  nudum  augurium ,  maugre  =  malo 
grato\  ebenso  sind  als  Juxtaposita  aufzufassen  die  Combina- 
tioneii  mit  mi-  =  medius  und  dejjii  =  dimidius^  wie  midi^  mi- 
nuit,  milieu.  mi-careme  u.  dgl.]. 

d)  Die  Verbindungen  von  Nominibus  und  Verbis  mit  der 
Negationspartikel  in-,  wie  inipudent^  mipudence,  incomtnoder . 
Verbindungen  mit  non  sind  selten,  z.  B.  nonchalant. 

e)  Die  Verbindungen  von  ßcare  ' facere)  =ßer  mit  No- 
minal- und  Verbalstämmen,  z.  B.  edijier ,  Justißer ,  modifier, 
signißer ,  liqueßer  ^  stupefier ^  crucißer  etc.  etc.  (Analogiebil- 
dungen dieser  Art  sind  sehr  zahlreich).  Es  gehört  hierlier 
der  Bildung  nach  auch  chauffer  =  cale  fare  =  calefacere. 

Sonst  sind  Verbindungen  von  Verben  mit  Nominalstäm- 
men selten  und  auf  die  gelehrte  Sprache  beschränkt,  wie  z.  B. 
belligerer  [manifester  ist  Ableitung  von  tnanifestus) .  Manche 
Verben,  die  hierher  zu  gehören  scheinen,  sind  in  Wirklichkeit 
Juxtaposita,  wie  colporter  s.  oben) ,  saupoudrer  =  sale  "puhe- 
rare,  vermoidu  =  verme  *molutus,  maintenir  =  manu  tenere. 

f)  Die  Verbindungen  von  ecce  -\-  iste,  ecce  -H  «7/e,  ille  4- 
qualis  =  eist,  eil.   liquels.   neufranzösisches  ce{t),  cel{'ui] ,   lequel. 

g)  Die  Verbindungen  von  Verben  und  Nominibus  mit 
Präpositionen  imd  sonstigen  Partikeln.  Diese  häufigste  Art 
der  Composition  Partikelcomposition  hat  das  Französische 
aus  dem  Latein  ererbt,  hat  sie  aber  auch  auf  germanische  No- 
mina imd  Verben  übertragen  embrunir,  abatidonner^  abandon 
etc.).  Einzelne  lateinische  Präpositionen,  wie  z.  B.  extra,  pro 
erscheinen  nur  in  Compositis  gelehrter  Bildung  'in  volksthüm- 
lichen  Worten  erscheint  pro  als  pour  .  —  Neubildungen  des 
Französischen  sind  die  Composita  mit  foras.  foris  =  for,  four., 
im  ersten  Gliede.  wie  forfait.  fourcoyer,  altfranzösisches  for- 
Jurer,  formener  etc.    Ebenso  sind  Neubildungen  die  Composita 

mit  inde  =  en  im  ersten  Gliede,   wie  emmener,   empörter  etc. 
[h]  Die  Verbindungen  mehrerer  Partikeln  (Adverbien,  Prä- 


1  58  1)^8  Französische. 

Positionen)  mit  einander,  z.  B.  de  usque  =jusque,  de  unde  = 
dont,  de  intus  =  dans .  de  ah  ante  =  detant .  de  postea  =  de- 
puis  etc. 

i)  Die  Verbindungen  eines  Substantivs  mit  einer  Präpo- 
sition ,  z.B.  e/ijin .  demain.  Doppelartige  Composition  liegt 
vor  in  Bildungen  wie  denormais  =  de  ex  Jtora  magis,  dorena- 
vant  =  de  hora  in  ab  ante  u.  dgl. 

Die  unter  h)  und  i  erwähnten  Bildungen"  lassen  sich 
auch,  und  vielleicht  mit  besserem  Rechte  als  Juxtaposita 
auffassen.^ 

k  Die  auf  gelehrtem  ^^'ege  aus  dem  Griechischen  über- 
nommenen, bezw.  nach  griechischem  Muster  gebildeten  Com- 
posita.  wie  geographie,  synagogue.  hippocentaure.  hxjdrohromate 
etc.:  darunter  auch  manche  monströse  Bildung,  wie  kilometre. 
—  In  die  gleiche  Kategorie  lassen  sich  verweisen  die  auf  rein 
gelehrtem  und  künstlichem  Wege  aus  lateinischen  Bestand- 
theilen  gebildeten  Composita.   wie  prestidigitateur. 

[Die  griechische  Partikel  archi-  findet  auch  in  volksthüm- 
lichen  Compositis  Anwendung,  wie  archeveque.   archifou. 

2.  Nicht  Composita.  sondern  Juxtaposita  sind  diejeni- 
gen Verbindungen,  deren  erster  Bestandtheil  scheinbar  oder 
wirklich  eine  Verbalform  ist ;  es  gehören  hierher : 

a)  Die  Juxtaposita,  deren  erstes  Glied  scheinbar  ein  Im- 
perativ eines  Verbs  der  A-Conjugation  ist.  wie  garde-bois 
(Plur.  gardes-bois).  gagtie-pain  (altfranzösischer  Plur.  gagnes- 
pains,  vgl.  Meuniek's  in  §  5  zu  nennendes  Buch  fS.  192).  Es 
ist  hier  anzunehmen,  dass  das  erste  Glied  ursprünglich  ein 
Verbalnomen  war  (also  garde  in  garde-bois  =  Ja  garde .  also 
garde-bois  eigentlich  »die  Wache  des  Waldes«,  die  Nichtsetzung 
der  Casuspräposition  f/e  ist  ja  im  Altfranzösischen  ganz  üblich), 
dass  aber  dies  Verbalnomen,  weil  lautlich  zusammenfallend 
mit  dem  Imperativ,  bezw.  mit  der  3  P.  »Sing.  Präs.  Ind.  und 
auch  mit  dem  \  erbalstamme,  späterhin  verbal  gedeutet  wurde, 
und  dass  man  nun  nach  Analogie  solcher  vermeintlich  mit  einer 
^'e^balform,  bezw.  mit  dem  A'erbalstamme  gebildeten  Compo- 
sita solche  bildete,  deren  erstes  Glied  in  der  That  verbal  ist 
und  von  dem  Sprachbe^\iisstsein  als  Imperativ  empfunden 
wird,  wie  tire-bottes.  passe-partout  u.  dgl.  inicht  selten  wird 
auch    der    pluralische   Imperativ    zur    Juxtaposition    verwandt. 


Die  "Worte  159 

z.  H.  hii.^sez-pai>6C)\  rcndez-voui>\  auch  einzelne  Doppelimperative 
finden  sich,  z.  H.  chassez-croinez  .  Derartige  Bildungen  sind 
im  Französischen  ungemein  holieht  und  für  dasselbe  in  ihrem 
häufigen  Vorkommen  geradezu  charakteristisch.  In  der  JSc-hrift 
Averden  öfters  beide  liestandtheile  einheitlich  verbunden  -wie 
in  licou  =  lie  cou.  hegueule  =  bec  gucnlc.  portefemUe .  portemon- 
naie.  garderobe.  in  der  Regel  jedoch  wird  die  ^'erbiudung  nur 
durch  den  Bindestrich  angedeutet:  ein  festes  Princip  der 
Schreibung  vermisst  man. 

b  Juxtaposita .  deren  erstes  Glied  der  Imperativ  eines 
nicht  der  A-Conjugation  angehörigen  Verbs  ist,  z.  B. 
Boilemi  =  boi{s  Veau,  Poincheval  =^  poin{s)  [le]  cheval.  Diese, 
übrigens  seltenen  und  wohl  nur  als  Eigennamen  vorkommenden, 
\  erbindungen  sind  Analogiebildungen  zu  den  scheinbar  oder 
wirklich  imperativischen  Bildungen,  welche  unter  a]  besprochen 
wurden. 

C;  Juxtaposita.  deren  erstes  Glied  wirklich  oder  scheinbar 
die  3  P.  Sing.  Präs.  Ind.  eines  nicht  der  A-Conjugation  an- 
gehörigen Verbs  ist.  abat-jour.  teini-vin.  rompt-pierre.  boit- 
tout.  perd-sa-queue.  In  den  älteren  solcher  Bildungen  ist  der 
erste  Bestandtheil  ein  Verbalnomen,  zu  welchem  das  zweite  in 
genetivischem  Abhängigkeitsverhältnisse  steht  [abat-jour  =  l 
abat  du  jour  «Niederschlag  des  Tageslichtes«,  also  ganz  so  wie 
garde-bois  eigentlich  »Wache  des  Waldes«  ;  da  dieses  Nomen 
aber  lautlich  mit  der  3  P.  Sing.  Präs.  Ind.  des  entsprechen- 
den ^  erbs  zusammenfiel .  so  A\"urde  es  vom  Sprachgefühl 
fälschlich  als  Verbalform  aufgefasst.  und  es  wurden  nun  nach 
diesen  vermeintlichen  Typen  Juxtaposita  gebildet,  deren  erstes 
Glied  in  der  That  die  3  P.  Sing.  Präs.  Ind.  war.  wie  in 
rompt-pi&rre.  Es  ist  diese  Art  der  Juxtaposition  specifisch 
französich. 

Vgl.  über  die  im  Vorstehenden  besprochenen  Juxtaposita 
die  in  §  5  zu  nennenden  Werke  von  Darme  steter.  Meumer 
und  namentlich  von  Osthoff. 

3.  Ausser  den  unter  Nr.  1.  besonders  h)  und  i).  und  2 
bereits  besprochenenen  besitzt  das  Französische  noch  folgende 
Juxtaposita : 

a  Substantiv  -^-  Substantiv,  deren  zweites  zu  dem  ersten 
in  oppositionellem  Verhältnisse  steht,   z.  B.  chien-loup.  pierre- 


160  D^**  Französische. 

ponce^  poix-resine^  zuweilen  graphisch  verbunden,  wie  z.  B. 
betterave:  eine  besondere  interessante  Classe  dieser  Bildungen 
sind  diejenigen,  deren  einer  Theil  die  französische  Ueber- 
setzung  des  anderen  ursprünglich  fremdsprachlichen  ist,  z.  B. 
gerfault  =  Geier  -\-fulco,  chanfrein  =  x»',««;,"  -\-  frenum^  loup- 
garou  =  lupus  -\-  wereivolf. 

b)  Substantiv  +  Substantiv,  deren  erstes  zu  dem  zweiten 
in  einem  genitivischem  Abhängigkeitsverhältnisse  steht,  z.  B. 
chevre-feuille ,  merluche  =  maris  lucius  ('/),  orfevre^  lundi  etc. 
vgl.  Nr.  l  a). 

c)  Substantiv  -|-  Substantiv,  deren  zweites  zu  dem  ersten 
in  einem  genitivischen  Abhängigkeitsverhältnisse  steht  und 
zwar  a)  ohne  Beifügung  der  Casuspräposition  z.  B.  Hotel- Dieu 
=  hospitale  Dei^  mappemonde  =  mappa  mundi;  porc-epic  = 
porcus  spicariini  (?) ;  ß)  mit  Hinzufügung  der  Casuspräpositio- 
nen, z.  B.  rhef-d Oeuvre^   corps-dc-gurde. 

d)  Substantiv  +  Substantiv ,  welches  zu  dem  ersten  in 
einer  durch  eine  Präposition  angedeuteten  Abhängigkeit  steht 
und  zur  begrifflichen  Determinirung  desselben  dient,  z.  B. 
ver-ä-soie ^  arc-en-ciel,  maitre-es-arts  etc.,  auch  die  unter  c) 
aufgeführten  Juxtaposita  können  als  zugleich  hierher  gehörig 
betrachtet  werden. 

e)  Substantiv  +  Adjectiv,  bezw.  Adjectiv  +  Substantiv, 
z.  B.  cerf -Volant,  eau-forte,  pot-pourri^  basse-cour,  chauce-sou- 
ris ;  in  einigen  Fällen  sind  beide  Bestandtheile  zu  einer  schein- 
baren Einheit  verwachsen,  z.  B.  aubepine  =  alba  spvia,  prin- 
temps,  outarde  =  avis  tarda  etc. 

f)  Numerale  4-  Substantiv,  z.  B.  mille-pieds,  cent-suisse. 

g)  Adjectiv -f- Adjectiv,  z.  }i.  gris-brun,  frais-cueilU  und 
dgl.  [Hybride  lÜldungen  sind  diejenigen ,  deren  erster  Be- 
standtheil  scheinbar  einen  Adjectivstamm  darstellt,  z.  B.  anglo- 
saxon^  neo-grec  u.  dgl.] 

[h)  Die  Verbindung  ecce  -\-  iste.  ilL  ille  -\-  (jualis  darf  man 
als  eigentliche  Composita  betrachten,  vgl.  oben  Nr.  2f).] 

4.  Das  Französische  ist  nicht  eben  arm  an  Compositis,  von 
denen  viele  freilich  nur  scheinbar  als  solche  auftreten  und  in 
Wirklichkeit  Juxtaposita  sind:  nichtsdestoweniger  muss  die 
Compositionsfähigkeit  des  Französischen  als  eine  geringe  be- 
zeichnet  werden,    namentlich    liinsichtlioh  der  Nominalcompo- 


Dil-  AVorto.  161 

sitioii.  in  deren  Bereiche  besonders  die  Halnivrihi-CIomposita 
verraisst  werden.  Dieser  Mangel  ist  in  der  ganzen  analytischen 
Tendenz  der  französischen  Sprachentwickelnng  begründet,  ist 
also  ein  organischer.  Das  Streben  der  Plejadendichter,  der  Spra- 
che grössere  Compositionsfähigkcit  zu  verleihen  und  Composita 
nach  Analogie  der  griechischen  zu  bilden,  war  mithin  der 
natürlichen  S])rachcntwickelung  zuwiderlaufend  und  musste 
ebendesshalb  erfolglos  bleiben.  Die  statt  der  Composita  ein- 
tretenden Juxtaposita  bieten  begrifflich  allerdings  für  die  letz- 
teren ausreichenden  Ersatz .  aber  die  Nothwendigkeit  ihrer 
häufigen  Anwendung  beeinträchtigt  die  syntaktische  Gestaltung 
der  Rede  und  ist  ein  Erschwerniss  des  poetischen  Ausdruckes. 
§  4.    Die  Synonyme. 

1 .  Das  Französische  hat  den  grossen  Reichthum  des  I^a- 
teins  an  Synonymen  zu  einem  beträchtlichen  Theilc  ererbt 
(vgl.  auch  Nr.  3  ,  zu  einem  andern  ebenfalls  erheblichen  Theile 
dagegen  verloren,  indem  nicht  wenige  synonyme  Worte  aus 
der  Sprache  geschAvunden  sind,  so  z.  B.  interßcere,  occidere, 
oder  durch  Bedeutungswandel  aus  der  Synonymenreihe ,  der 
sie  angehölten,  ausgetreten  sind,  wie  z.  B.  necare  =  tioyet\  das 
seine  Bedeutung,  vermöge  deren  es  mit  ocridere  und  interßcere 
snionym  war,  derartig  verengt  hat,  dass  es  nicht  mehr  »tödten« 
im  Allgemeinen,  sondern  nur  eine  ganz  specielle  Art  des 
Tödtens,  »ertränken«,  bezeichnet. 

2.  Zu  den  aus  dem  Latein  übernommenen  sind  aber  zahl- 
reiche neue  Synonyme  getreten  und  zwar : 

a)  Durch  den  Bedeutungswandel  lateinischer,  bezw.  volks- 
lateinischer Worte:  so  ist  z.  B.  tutare  ^=  hier,  indem  es  die 
Bedeutung  »tödten«  annahm ,  in  die  betreffende  Synonymen- 
reihe eingetreten. 

b  Durch  die  Aufnahme  germanischer  Worte,  so  ist  z.  B. 
hourg  neben  cille  u.  dgl.,  rohe  neben  Jiahit  u.  dgl.,  honte  neben 
ignominie  u.  dgl.  getreten. 

c)  Durch  die  Aufnahme  sonstiger  fremdsprachlicher  Worte, 
so  ist  z.  B.  assassin  neben  meiirtrier  und  homicide.  kahler  neben 
parier  getreten,  welches  letztere  [parier]  übrigens,  weil  grie- 
chischen Ursprunges,  selbst  wieder  als  ein  Lehnwort  betrachtet 
werden  kann. 

d)  Durch   Wortableitung,    indem   durch    dieselbe   vielfach 

Körting,  Encyklopädie  d.  rom.  Phil.   HJ.  11 


162  J^äs  Französische. 

neue  Worte  geschaffen  ^vnrden,  welche  zu  bereits  vorhandenen 
synonym  waren,  so  z.  B.  tendresse  (gleichsam  * teneritia  zu 
amour ,  environner  (gleichsam  *  in-gyronare  von  gynis)  zu 
ceindj'e  etc. 

3.  Einen  wesentlichen  Bestandtheil  des  französischen  Sy- 
nonymenschatzes bilden  die  mots  savants  lateinischen  Ur- 
sprunges, z.  B.  agilite  neben  souplesse.  hilarite  neben  Joie  und 
aise ,  delicat  neben  delicieux .  irriter  neben  fachet'  etc.  etc. 
Häufig  bilden  derartige  mots  savants  mit  entsprechenden  mots 
populaires  synonymische  Doublets,  z.  B.  opprimer  neben  op- 
presser,  fragile  neben  frele^  rotondite  neben  rondeur  etc. 

4.  Synonymische  Paare,  bezw.  Reihen  bilden  auch  die 
Primitive  mit  ihren  die  ursprüngliche  Bedeutung  im  Wesent- 
lichen festhaltenden  Derivaten,  z.  B.  teinte  und  ieinture.  seing 
imd  signature^  hourg  und  boiirgade,  fort  und  forteresse,  renom 
und  renommee.  Ebenso  ergeben  sich  synonymische  Paare,  bezw. 
Reihen  aus  der  Bedeutungsverwandtschaft  von  Worten,  welche 
mittelst  verschiedener,  bezw.  verschieden  gewordener  Suffixe 
von  dem  gleichen  Stamm worte  abgeleitet  sind,  z.  B.  charrette 
inid  chariot^  charlatumsme  und  charlatanerie^  cervelle  und  ce7'- 
veau ,  christianisme  und  chretiente  etc.  Desgleichen  stehen 
häufig  in  synonymischem  Verhältnisse  zu  einander  das  Sim- 
plex und  das  Compositum,  z.  B.  chaußer  und  cchauffer.  sowie 
zwei  oder  mehrere  mit  demselben  Simplex  gebildete  Compo- 
sita,  z.  B.  depasser  imd  surpasser,  deferer  und  conferer.  End- 
lich unterscheiden  sich  häufig  zusammengehörige  Wortformen 
(z.  B.  Singular  und  Plural,  Masculinum  imd  Femininum  sy- 
nonymisch von  einander,  z.  B.  tendresse  und  tendresses .  re- 
spect  und  respects,  le  foadre  und  la  foudre  etc. 

Erweitern  kann  man  das  Bereich  der  Synonymen  da- 
durch, dass  man  einbezieht:  a)  die  mit  Einzelworten  begriffs- 
verwandten Wortverbindungen,  z.  B,  komme  sense  und  komme 
de  sens.  ex  perimental  und  d  experience  \  b)  die  verschiedenen  be- 
griffsverwandten Constructionen  eines  und  desselben  Verbums. 
z.  B.  attenter  ä,  aitenter  sur  und  attenter  contre ,  parier  af- 
faires und  parier  d' affaires  etc. 

5.  Die  synonymischen  \'erhältnisse  waren  im  Altfranzösi- 
schen wesentlich  andere .  als  im  Xeufrauzösischen .  wie  dies 
schon  aus  der  Verschiedenheit  des  beiderseitisren  Wortbestan- 


Die  Worte.  103 

lies  als  uotlnventlig  sich  ergiebt  ivgl.  oben  §  1  No.  l].  Aber 
auch  abgesehen  von  dieser  Verschiedenheit  bestehen  zwischen 
den  beiden  Spraclitbvmen  nicht  mierhebhche  Difterenzen  .  da 
häutig  zwei  Synonyme  im  Altfranzösischen  in  anderer  Weise 
sich  unterscheiden,  als  dies  im  Neufranzösischen  der  Fall  ist. 
licider  fehlt  es  hierüber  noch  sehr  an  Einzeluntersuchungen, 
die  einzigen  vorhandenen  Arbeiten  sind  die  in  §  5  zu  nen- 
nenden Dissertationen  von  L.\usberg  und  Lemberg. 

§5.    Litt  erat u ran a:aben. 

1.  "Wörterbücher:  a)  Zur  Geschichte  der  französischen  be- 
xicographie :  R.  Schvwutze  ,  Die  "Wörterbücher  der  französ.  Sprache 
vor  dem  Erscheinen  des  Dictionnaire  de  l'Academie.  Ein  Beitrag  zur  Ge- 
schichte der  französ.  Lexikographie.  Jena  1S75  —  Pelisson,  Histoire  de 
l'Acad.  frcse  depuis  son  etablissement  jusqu'ä  1652.  2.  Ausg.  Paris  \1'M. 
und  d'Olivet,  Histoire  de  l'Acad.  frcse  (depuis  1652  jusqu'ä  1700;-.  Paris 
1730  —  Kervilek,  Essai  d'une  bibliographie  raisonnee  de  l'Acad.  frcse. 
Paris  1877  —  CoURTAT,  Monographie  du  dictionnaire  de  l'Acad.  frcse. 
Paris  1880  —  A.  Fels,  Das  "Wörterbuch  der  französ.  Akademie.  L  Die 
erste  Ausg.  des  "V^'^.s  der  frz.  Ak.  Hamburg  1884.   Progr. 

b  Mittelalterliche  Glossare  (vgl.  auch  Littre  in  der  Hist.  litt. 
de  la  France  XXH  1  ff.}  :  Altromanische  Glossare  berichtigt  und  erklärt 
von  F.  DlEZ.  Bonn  1865  (Reichenauer  und  Casseler  Glossen)  —  Altfran- 
zösisches Uebungsbuch,  herausgeg.  von  "W.  Förster  und  E.  Kosciiwitz 
enthält  auf  S.  1 — 16  ausser  den  Reichenauer  und  Casseler  Glossen  die 
Auszüge  aus  einer  bis  jetzt  unbekannten  Glossensammlung,  —  Vocabulaire 
latin-frcs  (angeblich  von  G.  Briton  gegen  Mitte  oder  Ende  des  14.  Jahr- 
hunderts verfasst,  abgedruckt  in  Remarques  sur  le  patois  par  E.  A.  E^scal- 
lier".  Douai  1851  u.  1S56,  vgL  Schavartz  a.  a.  O,  p.  12)  —  A.  Scheler. 
Lexicographie  latine  du  XII  et  du  XIII  siecle.  Trois  traites  de  Jean  Gar- 
lande, Alexandre  Neckam  et  Adam  du  Petit-Pont.  Avec  des  glosses  frcses. 
Leipzig  1S67  —  Ulla  Patella.  Vocabulaire  latin  versifie  avec  glosses  fran- 
caises,  public  d'apres  un  manuscrit  de  Lille  par  A.  Scheleu.  Brüssel 
1879  —  E.  Stengel,  Bruchstück  eines  lateinisch-französischen  Glossars, 
in :  Zeitschr.  f.  rom.  Phib  IV  368  ff.  —  A.  Chassaxt  .  Petit  vocabulaire 
latin-frcs  du  Xllle  siecle.  Extrait  d'un  ms.  de  la  bibbotheque  d'Evreux. 
2e  ed.  Paris  s.  a.  —  Das  bedeutendste  mittelalterliche  Glossar  ist  der  (zwi- 
schen 1420  und  1440  verfasste)  lat.-französ.  Dictionarius  des  Firmin  le 
Ver  Firminus  Vermis  ,  Prior  der  Karthäuser  zu  St.  Honore  lez  Abbeville, 
VgL  darüber  Schwartz  a.  a.  O.  13  f. 

Un  vocabulaire  hebrai'co-francais ,  p.  p.  A.  Neubauer  in  Rom.  Stud. 
I  763  ff.  (cf.  E.  BÖHMER,  De  vocabulis  francogallicis  iudaice  transscriptis, 
in  Rom.  Stud.  I  197  ff.)  —  A.  Darmesteter,  Glosses  et  glossaires  hebreux- 
francais  du  moyen-äge,  in  Rom.  I  146  ff.  vgl.  desselben  Gelehrten  Ab- 
handlung:   Mots  latins   dans  les  textes  talmudiques,    in  Rom.  I  92  ff.   — 

11* 


1(34  Pas  Französische. 

M.  Grünewald,  Zur  romanischen  l^ialektologie.    Heft  II :  Das  Altfranzö- 
sische aus  Raschi's  Bibelcommentar.  Belovar  s.  a. 

c)  Wörterbücher  des  Altfranzösischen:  La  Cuune  de  Ste- 
Palaye,  Dictionnaire  historique  de  l'ancien  langage  fran9ais  ou  glossaire 
de  la  langiie  frcse  depuis  son  origine  jusqu'au  siecle  de  Louis  XIV,  p.  p. 
L.  Famie.  Niort  1875/80.  8  Bde.  (dies  im  18,  Jahrhundert  verfasste  Werk 
entspricht  selbstverständlich  den  Anforderungen  der  heutigen  Wissenschaft 
nicht  im  Mindesten  und  wäre  besser  ungedruckt  geblieben!.  —  [J.  B.  B. 
Roquefort,  Glossaire  de  la  langue  romane,  redig^  d'apres  les  mss.  de  la 
bibliotheque  imperiale.  Paris  1808/20.  2  Bde.  u.  ein  Supplementbd.j  — 
Hippeav,  Dictionnaire  de  la  langue  frgse  aux  12^  et  13«  siecles.  Paris 
1866/72  —  L.  DE  Laborde,  Glossaire  frcs  du  moyen-äge.  Paris  1872  — 
*Fr.  Godefroy,  Dictionnaire  de  l'ancienne  langue  frcse  et  de  tous  ses 
dialectes  du  IX^  au  XV^  siecle,  compose  d'apres  le  depouillement  de  tous 
les  importants  documents  manuscrits  ou  iraprimes  qui  se  trouvent  dans  les 
bibliotheques  de  la  France  et  de  l'Europe  etc.  Paris  seit  1S79,  bis  jetzt 
sind  3  Bde.  erschienen  (vgl.  die  Recensionen  von  A.  Darmesteter  in  Rom. 
IX  346  f.,  X  426  ff.,  und  von  A.  Tobler  in  Zeitschr.  f.  rom.  Phil.  V  147  ff., 
—  Jensch,  Beiträge  zur  Lexikographie  des  Altfranzösischen.  Progr.  der 
Gewerbeschule  zu  Magdeburg  1858  —  Ein  altfranzösisches  Glossar,  das 
seiner  compendiösen  Form  wegen  für  praktische  Zwecke  sehr  brauchbar 
ist,  enthält  Bd.  3  von  Burguy's  Grammaire  de  la  langue  d'oil.  —  Wem 
die  grösseren  altfranzösischen  Lexika  nicht  zugänglich  sind,  findet  in  Bur- 
guy's oben  genanntem  Glossare  und  ebenso  in  dem  Glossar  in  Bartsch'« 
altfranzösischer  Chrestomathie  einigen  Ersatz.  Specialglossare,  oft  freilich 
sehr  unvollkommener  Art,  sind  zu  einer  ganzen  Anzahl  altfranzösischer 
Texte  vorhanden,  besonders  verdienen  genannt  zu  werden  E.  Gachet's 
Glossar  zu  den  Chroniques  rimees  de  Godefroy  de  Bouillon  etc.  Brüssel 
1859],  G.\utiek's  u.  Cledat's  Glossare  zu  ihren  Ausgaben  des  Rolandsliedes, 
Joly's  Glossar  zu  seiner  Ausgabe  des  Roman  de  Troie,  Sciieler's  Glossar 
zu  seiner  Ausgabe  der  Dits  de  Condet,  die  Glossare  zu  den  einzelnen 
Bänden  der  von  W.  Förster  herausgegebenen  altfranzösischen  Bibliothek. 

d)  AYörterbücher  des  Neufranzösischen  a)  vor  dem  Dict. 
de  l'Academie  (vgl.  Schwartz  a.  a.  O.  p.  6  ff.  u.  18  ff. ,  Thvrot.  De 
la  prononciation  frcse  etc.  I  p.  XXII  ff.).  L.  Garrin,  Dictionnaire  latin- 
francois.  Genf  1487  —  Catholicon  abbreviatum.  Paris  1506  —  Vocabularium 
latinis,  gallicis  et  theutonicis  verbis  scriptum.  Lyon  1507,  Cöln  1568  — 
Vocabularius  (sie!)  latinis,  gallicis  et  theutonicis  verbis  scriptum.  Strass- 
burg  1515  —  Bovelles  (Bovillus),  Liber  de  differentia  vulgarium  lingua- 
rum  et  gallici  sermonis  varietate.  Quae  voces  apud  Gallos  sint  factitiae  et 
arbitrariac  vel  barbariae  (sie!):  quae  item  ab  origine  latina  manarint.  De 
hallucinatlone  gallicorum  nominum.  1533  Paris?)  —  R.  EsTIEN'NE,  Diction- 
naire francois-latin.  Paris  1539,  eine  spätere  Ausgabe  erschien  Paris  1549 
(enthält  20  000  nach  »racines«  geordnete  Worte)  —  J.  Nkot,  Dictionnaire 
fran^ois-latin.  Paris  1564,  1573,  1614,  Genf  1625,  Ronen  1625,  Paris  1692, 
1752  —  J.  NicoT,  Thresor  de  la  langue  irqse  tant  ancienne  que  moderne 
auquel   entre  aiitres   choses  sont  les   mots  propres  de  Marine,   Venerie  et 


J)ie  Worte.  165 

Fauconneric.  cy-devant  ramasscz  par  Aimart  de  Kaucunnct.  Paris  KiUG  — 
Dietionnairc  francais-allemand  et  allemand-francais.  Norimberfj^ae  1590,  4te, 
bezw.  5te  Ausg;.  Frankfurt  a.  M.  1614  u.  l(il(j  —  Pii,  Monet,  Inventaire 
des  deux  langues  fran9aise  et  latine  assorti  des  plus  utiles  curiositez  de 
Tun  et  de  l'autre  idiome.  lijon  1635  —  F.  Moukl,  Petit  thresor  des  mots 
francois  selon  l'ordre  des  lettres  qu'il  les  faut  escrire  toumez  en  latin. 
Kouen  1636  —  A.  Ol'DIN.  Curiositez  francoises,  pour  Supplement  aux  dic- 
tionnaires  ou  recucil  de  plusieurs  belles  proprietez  avec  une  infinite  de 
proverbes  et  quolibets  pour  l'explication  de  toutes  les  sortes  de  livres. 
Paris  1640  —  A  Dictionary  of  the  French  and  English  tongues  compiled 
by  Raxdle  Cotgrave.  London  1612,  1632  u.  1660  —  P.  Borel,  Tresor  de 
recherches  et  antiquitez  gauloises  et  fran9oises  reduites  en  ordre  alpha- 
betique.  Paris  1655  —  C.-P.  Richelet,  Dictionnaire  francois,  contenant 
les  mots  et  les  choses,  plusieurs  nouvelles  remarques  etc.  Genf  1680,  Cöln 
1694,  Lyon  1728,  Amsterdam  1732,  Lyon  1759  —  C.  DU  Fresne,  Etymo- 
logicon  linguae  gallieae.  Paris  1682  —  C.  de  Ro.chefort,  Dictionnaire 
general  et  curieux.  Lyon  1685  —  A.  Furetiere,  Dictionnaire  universel. 
Rotterdam  1690,  1701,  1708,  im  Haag  1727. 

b'  Seit  dem  Erscheinen  des  Dict.  de  l'Academie.  Das  Dict. 
de  l'Acad.  ist  bis  jetzt  in  sieben  Ausgaben  erschienen:  1694,  1718,  1740, 
1762,  1798  ohne  die  Autorität  der  damals  aufgehobenen  Akademie),  1835 
und  187S  (über  diese  vgl.  oben  S.  129.  In  der  ersten  Ausgabe  waren  die 
Worte  etymologisch  geordnet,  doch  war  jedem  der  2  Bände,  aus  denen 
sie  bestand,  ein  alphabetisches  Register  beigegeben.  Die  allgemeine  Auto- 
rität, deren  das  Dictionnaire  sich  seit  etwa  einem  und  einem  halben  Jahr- 
hundert erfreut,  hat  es  sich  aber  doch  erst  allmählich  erringen  müssen: 
im  Anfange  fehlte  es  ihm  nicht  an  Anfeindungen.  Die  wissenschaftliche 
Bedeutung  des  Dictionnaire  ist  übrigens  gering  genug  oder  ist  vielmehr 
gleich  Null,  dagegen  ist  ihm  der  Ruhm  nicht  abzusprechen,  eine  im  guten 
Sinne  des  Wortes  kritische  iwenn  auch  nicht  selten  et^was  engherzige)  Zu- 
sammenfassung des  Wortschatzes  der  Litteratursprache  zu  sein.  Dass  das 
Dictionnaire  der'  lebendigen  Sprache  immer  nur  nachhinkt  und  folglich 
kein  vollkommen  treues  Abbild  derselben  zu  geben  vermag,  ist  zu  sehr  in  der 
Natur  der  Sache  begründet,  als  dass  es  ihm  zum  Vorwurf  gereichen  könnte; 
auch  dass  die  Vorbereitung  jeder  neuen  Ausgabe  lange  Zeit  erfordert  und 
dadurch  der  einheitliche  Charakter  des  AVerkes  beeinträchtigt  wird,  ist  be- 
greiflich genug,  zumal  da  der  Mitarbeiter  so  viele  sind.  Schlimm  aber 
und  nicht  zu  rechtfertigen  ist,  dass  die  Akademie  starr  an  dem,  so  za  sa- 
gen, sprachästhetischen  Standpunkte  festhält  und  sich  nicht  zu  entschlies- 
sen  vermag,  den  Anforderungen  der  historischen  Sprachwissenschaft  Ge- 
nüge zu  leisten.  (Ueber  die  im  Dict.  de  l'Acad.  vorkommenden  Irrthümer 
vgl.  Pautex,  Errata  de  TAcad.  fr^se.  Paris  1862,  und  Terzlolo,  Etudes 
sur  le  Dict.  de  l'Acad.  Paris  1864).  —  E.  Littre,  Dictionnaire  de  la  lan- 
gue  frcse.  Paris  1863/72,  2  vols.  en  4  parts ;  dazu  Supplement  au  Diction- 
naire de  la  langue  frcse,  redige  par  E.  Ijttre.  Suivi  d'un  dictionnaire 
etymologique  de  tous  les  mots  d'origine  Orientale  par  Marcel  Dea'IC.  1877 
(Littre's  Dictionnaire  ist  eine  bewundernswerthe  und  in  ihrer  Art  bis  jetzt 


1(36  ^^^^  Französische. 

unübertroß'ene  Schöpfung  sprachlicher  Gelehrsamkeit,  ein  AVerk,  welches 
in  wissenschaftlicher  Hinsicht  das  Dictionnaire  de  l'Acad.  in  tiefe  Schat- 
ten stellt.  Indessen  seine  kleinen  Schwächen  und  Mängel  hat  auch  LlT- 
trk's  Dictionnaire,  so  muss  namentlich  bemerkt  werden,  dass  die  darin 
gegebenen  Aussprachvorschriften  vielfacli  nur  auf  gelehrter  Grille  beruhen 
und  durchaus  nicht  für  massgebend  erachtet  werden  dürfen.  [Vgl.  MiRET, 
Orthoepische  Betrachtungen  in  Bezug  auf  Littre's  Wörterbuch,  in :  Hek- 
RlG's  Archiv  Bd.  40  S.  405  ff.,  Bd.  41  S.  :i7T  ff.  u.  Bd.  42  S.  1  ff]  —  Die 
interessante  Geschichte  seines  Dictionnaires  hat  Littre  selbst  anmuthig  und 
spannend  erzählt  in  dem  Essay  »Comment  j'ai  fait  mon  dictionnaire  de  la 
langue  francaise«,  das  zuerst  in  den  »Etudes  et  Glanures«,  später  auch  se- 
parat erschien  und  —  sehr  unnöthigerweise,  da  ja  gewiss  Alle,  die  sich 
dafür  interessiren,  des  Französischen  kundig  sind  —  in  das  Deutsche  über- 
setzt worden  ist'.  Nachträge  zu  Littre's  Dictionnaire  gab  A.  BoiCHERIE 
in  der  Schrift :  Additions  au  dictionnaire  de  Littre  d'apres  le  'De  compo- 
sitione  medicamentorum  de  Bernard  Dessen'.  Paris  1881.  Eine  Studie  über 
Littre's  Werk  veröffentlichte  J.  E.  Petrequin,  Etüde  litteraire  et  lexico- 
logique  sur  le  dictionnaire  de  la  langue  frcse  de  M.  E.  L.  Lyon  1875.  — 
Einen  Auszug  aus  L.'s  Wörterbuch  hat  veranstaltet  L.'s  hervorragendster 
Mitarbeiter  A.  Beauje.\n,  Dictionnaire  de  la  langue  frcse,  abrege  du  dic- 
tionnaire de  E.  Littre.  Paris  1875  ivgl.  die  Recension  von  C.  Sachs  in 
Zeitschr.  f.  rom.  Phil.  I  474  ff.;.  Derselbe  Beaujeax  gab  im  Jahre  1876 
.auch  ein  Petit  dictionnaire  universel  heraus.  —  *C.  Sachs  und  C.  ViL- 
LATTE,  Encyklopädisches  französisch-deutsches  und  deutsch-französisches 
Wörterbuch.  Berlin  1881.  2  Bde.  Nachträge  zu  dem  S.-V.'schen  Wörter- 
buche sind  in  der  Zeitschr.  f.  neufranz.  Sprache  u.  Litteratur  und  in  Her- 
rig's  Archiv  mehrfach  erschienen. 

Neben  den  Riesenwerken  der  Akademie,  Littre's  und  Sachs- VlL- 
latte's  erscheinen  alle  übrigen  Dictionnaires  als  von  nur  untergeord- 
neter Bedeutung,  und  dieser  Eindruck  ist  um  so  richtiger,  als  die  betref- 
fenden Bücher  in  der  That  mehr  oder  weniger  auf  Grund  des  Dictionnaire 
de  l'Acad.,  neuerdings  auch  auf  Grund  von  L.  und  S.-V.  gearbeitet  sind, 
wirkliche  Originalität  also  nicht  besitzen  ^womit  übrigens,  wie  jeder  Sacli- 
kundige  einsehen  wird,  nicht  im  Mindesten  ein  Vorwurf  ausgesprochen 
oder  gar  die  Anklage  des  Plagiats  erhoben  werden  soll;  ebenso  darf  als 
selbstverständlicli  bemerkt  werden,  dass  manche  der  betreffenden  "Werke 
in  praktischer  Beziehung  ihre  grossen  Verdienste  besitzen  und  für  den 
Nichtgelehrtcn  jedenfalls  bequemer  zu  benutzen  sind,  als  die  Riesenwerke 
der  Academie  etc..  Die  besseren  hierher  gehörigen  Wörterbücher  sind: 
Gattel,  Dictionnaire  universel  de  la  langue  fran9aise.  6^  ed.  Paris  1841 
—  N.  Laxdais,  Dictionnaire  general.  U«  ed.  Paris  1852  —  PoiTEVix, 
Nouvelle  dictionnaire  universel.  Paris  1854  —  Bescherelle,  Dictionnaire 
national.  Paris  1858. 

Auf  eine  Besprechung  der  deutsch  -  französischen  Wörterbücher  hier 
näher  einzugehen,  liegt  kein  Anlass  vor,  da  die  Bemerkung  genügen  kann, 
dass  weitaus    das  beste   von  allen  das  SACil.s-VlLLATl'K'sche  ist,    von  wel- 


Die  AVorte.  1(i7 

chem  bekanntlich  auch  eine  für  den  Sehul-  und  liandj;cbraueli  bestimmte 
billige  Ausgabe  existirt.  An  sich  ganz  empfelüenswertli  sind  neben  dem 
S.-V. "sehen  die  AVörterbücher  von  ScmsTKU-KKGMEU,  Mozin-Pkschiku, 
Molk  und  Tuibait.) 

Dem  praktische»  Bedürfnisse  eines  Reisewörterbuches  genügen  in  vor- 
trefflicher AVeise:  E.  Pollak  und  G.  A.  Appihn,  Französischer  Sprach- 
führer, in  der  Meyer'schen  Sammlung  von  »Sprachführern«.  Leipzig  18">1. 
liibliogr.  Inst.,  und  C.  Vill,\tte,  Nothwörterbuch  der  französischen  und 
deutschen  Sprache.  Thl.  I :  Französisch-Deutsch,  Thl.  II :  Deutsch-Franzö- 
sisch, Thl.  III:  Land  und  Leute  in  Frankreich  über  diesen  letzten  sehr 
interessanten  Theil  vgl.  oben  S.  23).  Berlin  18S4.  Langenscheidt'sche  Ver- 
lagsbuchliandlung. 

c)  Special  Wort  er  buch  er  für  einzelne  neufranzösische  Au- 
toren sind  erst  in  sehr  beschränkter  Anzahl  vorhanden;  es  seien  ge- 
nannt: GoDEFROY,  Lexique  compare  de  la  langue  de  Corneille.  Paris  1S62 
—  Makty-Laveaix,  Lexique  de  la  langue  de  Corneille.  Paris  1S68  — 
Gexix,  Lexique  compare  de  la  langue  de  Moliere.  Paris  1846  —  E.  Som- 
mer, Lexique  de  la  langue  de  Mme  de  Sevigne.  Paris  1867  —  Lorin,  Vo- 
cabulaire  pour  les  ceuvres  de  Lafontaine.  Paris  1852. 

SoMAlZE,  Dictionnaire  des  pretieuses,  p.  p.  Ch.  Livet.  Paris  1860 
(vgl.  BrcHMAXX,  Ueber  Somaize,  in  Herrig's  Archiv  Bd.  29,  S.  51  ff.). 

d    Dialectwörterbücher :  S.  oben  S.  98  ff. 

2.  Argot,  Neologismen  und  Aehnliches:  'Anonym,  Diction- 
naire du  bas-langage  ou  des  manieres  de  parier  usitees  parmi  le  peuple 
etc.  Paris  1S08.  2  Bde.  (vgl.  F.  Zverina,  Beiträge  zur  französischen  Le- 
xikographie, in  Zeitschrift  f.  neufranz.  Spr.  u.  Litt.  V^  256  ff'.;  —  L.  Lar- 
CHEY,  Les  excentricites  du  langage  francais  Dictionnaire  de  l'argot  pari- 
sien'.  6^  ed.  Paris  1872,  vgl.  Darmesteter  in:  De  la  creation  aetuelle  de 
mots  nouveaux  etc.  p.  39  —  L.  Rigai'D,  Dictionnaire  de  l'argot  moderne. 
Paris  1881  —  A.  Delvav  ,  Dictionnaire  de  la  langue  verte.  Nouv.  ed. 
Paris  1883  —  Gl:illot,  Le  dit  des  rues  de  Paris,  avec  notes,  preface  et 
glossaire  par  E.  Marexse.  Paris  1S75  —  C.  Villatte,  Parisismen.  Al- 
phabetisch geordnete  Sammlung  von  eigenartigen  Ausdrucksweisen  des 
Pariser  Ai-got.  Berlin  1S84  vgl.  die  Besprechungen  von  Sarrazin,  Kosch- 
wiTZ,  Bertrand  und  Gauthier-Villars  in  Zeitschr.  f.  nfrz.  Spr.  u.  Lit. 
\i  209  ff.  u.  VI 2  36  ff",  u.  183  ff.:. 

Desfontaines,  Dictionnaire  neologique  ä  l'usage  des  beaux-esprits  du 
siecle.  Paris  1712  —  Dictionnaire  neologique.  Amsterdam  1756  —  Ano- 
n}"m  ,  Dictionnaire  des  richesses  de  la  langue  frcse  et  du  neologisme  qui 
s'y  est  introduit.  Paris  1770  —  Nouveau  dictionnaire  pour  servir  ii  l'in- 
telligence  des  termes  mis  en  vogue  par  la  Revolution.  Paris  1792  —  Meu- 
ciER,  Neologie  ou  vocabulaire  des  mots  nouveaux.  Paris  1801  —  Ch. 
Pougens,  Archeologie  frcse  ou  Vocabulaire  des  mots  anciens  tombes  en 
desaetude  et  propres  k  etre  restitues  au  langage  moderne.  Paris  1821,25. 
2  Bde.  —  R.  DE  RADONVILLIER.S ,  Dictionnaire  de  mots  nouveaux.  Paris 
1845    —    A.  Weil,    Cinq   mille   mots  logiquement   inherents   ä  la  langue 


168  Das  Französische. 

francaise,  oiuis  par  tous  les  dictionnaires  et  restitues  par  A.  Weil.  Paris 
1873. ») 

BouiLLET,  Dictionnaire  des  sciences,  des  lettres  et  des  arts.  9«  ed. 
Paris  1861    —  Dictionnaire   du  commerce  et  de  la  navigation.    Paris  1859 

—  Encyclopedie  technologique.  Paris  18(i0  —  SAUvnioN,  Dictionnaire  des 
termes  techniques.  Paris  1868  —  ToLHAU.SEN  et  Gardissal  ,  Dictionnaire 
technologique  francais-anglais-allemand.  Paris  1854  —  Laboulayk,  Dic- 
tionnaire des  arts  et  manufactures.  Paris  1861  —  Ramee,  Dictionnaire  ge- 
neral  des  termes  d'architecture.  Paris  1868  —  Pakmexti)ER,  Vocabulaire 
de  la  fortification.  Paris  1849  —  De  Crssy,  Dictionnaire  du  diplomate. 
Leipzig  1846  —  Meisel,  Cours  de  style  diplomatique.  Dresden  1823  — 
J.-J.  Rousseau,  Dictionnaire  de  musique.   Paris  17G8. 

Noch  sei  hier  erwähnt  Boissier's  in  immer  neuen  Auflagen  erschei- 
nendes, praktisch  sehr  brauchbares  Dictionnaire  analogique,  eine  Art  Sach- 
■wörterbuch  (Näheres  hierüber  sehe  man  bei  Breitinger,  Studium  und  Un- 
terricht des  Französischen,  S.  72  f.  . 

3.  Etymologie.  Bovelles,  Liber  de  difFerentia  vulgarium  lingua- 
rum  etc.  (s.  oben  S.  164),  1533  —  Menage,  Dictionnaire  etymologique  ou 
origines  de  la  langue  frcse.  Nouv.  ed.  Paris  1694  u.  1750  —  B.  de  Roque- 
fort, Dictionnaire  etymologique  de  la  langue  frcse.  Paris  1829.   2  Bde. 

F.  Diez,  Grammatik  der  roman,  Sprachen.  Bd.  1  (Lautlehre,  wobei  viel 
Etymologisches  erörtert  wird;,  und  Etymolog.  Wörterbuch  der  romanischen 
Sprachen,  besonders  Abschnitt  II ^  —  A.  Brächet,  Dictionnaire  des  dou- 
blets  ou  doubles  formes  de  la  langue  frcse.  Paris,  seit  1868  (dazu  Supple- 
ment, Paris  1883)  —  A.  Scheler,  Expose  des  lois  qui  regissent  la  trans- 
formation  frcse  des  mots  latins.  Brüssel  u.  Paris  1876  (vgl.  die  Recension 
von  O.  Knauer  in  Zeitschr.  f.  rom.  Phil.  I  479)  —  *A.  Scheler,  Dic- 
tionnaire d'etymologie  frcse.  2«  ed.  Brüssel  1873  —  *A.  Brächet,  Dic- 
tionnaire etymologique  de  la  langue  frcse.  Paris,  seit  1S6S  —  H.  Stappers, 
Dictionnaire  synoptique  d'etymologie  frcse.  Paris  1884  —  Dictionnaire  ety- 
mologique des  mots  frcs  qui  viennent  du  grec  ancien.  Paris  1843  —  Lou- 
BENS,  Rccucil  de  mots  frcs  derives  de  la  langue  grecque.  Pari.s  1880  — 
J,  Malinowski,  Des  mots  .slaves  adoptes  dans  la  langue  frcse,  in  dem 
Bull,  de  la  Soc.  scient.  et  litt.  d'Alais.  Annee  1876,  VIII  134  ff.  —  PfflAX, 
Glossaire  des  mots  frcs  tires  de  l'arabe,  du  persan  et  du  turc.  Paris  lb47 

—  Dictionnaire  etymologique  des  mots  de  la  langue  francaise  derives  de 
l'arabe,  du  persan  ou  du  turc,  avec  leurs  analogues  grecs,  latins,  cspagnols, 
portugais  et  italiens.  Paris  1S66  —  Devtc,  Dictionnaire  etymologique  des 
mots  frcs  d'origine  Orientale.  Paris  1876  —  LouHEXS,  Recueil  des  mots 
frcs  tirees  des  langues  etrangeres.  Paris  1883.  —  Ueber  die  germani- 
schen Elemente  im  Französischen  vgl.  oben  S.  49  f.  —  Thurx- 
EYSSEN,  Keltoromanisches.    Die  keltischen  Etymologien  in  Diez'  EtjTnolo- 


\  Ueber  die  Neologismen  im  Französischen  vgl.  auch  F.  Sciioi.le's 
Schrift.  Ueber  den  Begriff  Tochtersprache  Berlin  1869,  sowie  dessen  Be- 
merkungen in  Herrig's  Archiv  Bd.  39,  S.  425  ff.,  u.  Bd.  42.  S.   163  ff. 


Die  Worte.  1G9 

gischem  Wörterbucli.  Hallo  1884  —  M.  SniAriKo,  Revclations  etymolo- 
giques.  Origine  des  mots  dits  liistoriques.  1.  Armes  trancliantes.  Paris 
1880,  cf.  Rom.  IX  351. 

E.  J.  Hauschild,  Etymologisches  ^^'örterbllch  der  französischen  Spra- 
che. Leipzig  1843  — »J.  Weiss-Hans,  Französisch-deutsches  etymologisches 
"Wörterbuch.  Genf  1864  —  Jüsupeit,  Ueber  französische  Etymologie  in 
der  Schule,  in  Herrig's  Archiv  Bd.  70,  S.  317  tf. 

F.  Gkm.n  ,  Rccreations  jihilologiques  ou  recueil  de  notes  pour  servir 
ä  l'histoire  des  mots  de  la  langue  fr9se.  2^  ed.  Paris  1858  —  Ni.sauü,  Ou- 
riosites  d'etymologie  frcse.  Paris  1863  —  Mahn,  Etymologische  Untersu- 
chungen auf  dem  Gebiete  der  romanischen  Sprachen.  Spec.  1/24.  Berlin 
1853/76  —  H.  A.  Schötensack,  Etymologische  Untersuchungen  auf  dem 
Gebiete  der  französischen  Sprache.  Stendal  1870,  und:  Beitrag  zu  einer 
wissenschaftlichen  Grundlage  für  etymologische  Untersuchungen  auf  dem 
Gebiete  der  französischen  Sprache.  Bonn  1884  (absolut  wcrtliloses  A^'erk 
eines  ^vüsten  Dilettantismus  . 

F.  Leiffholdt  ,  Ethnologische  Figuren  im  Romanischen,  Erlangen 
1884  ;der  erste,  freilich  auch  nur  sehr  unvollkommen  gelungene  Versuch 
auf  diesem  mit  der  Stylistik  sich  berührenden  Gebiete). 

Etymologische  Untersuchungen  sind  in  grosser  Anzahl  in  den  Fach- 
zeitschriften für  romanische  Philologie  enthalten,  namentlich  in  der  Ro- 
mania  und  in  der  Zeitschr.  f.  rom.  Phil. ,  in  der  zur  letzteren  gehörigen 
Bibliogi'aphie ,  sowie  in  Ebering's  Anzeiger  findet  man  die  betreffenden 
Angaben  verzeichnet. 

4.  Synonymik.  ;Einen,.Ueberbliek  über  die  Geschichte  der  französi- 
schen SjTionjTnik  giebt  Lafate  in  der  Einleitung  zu  seinem  Dictionnaire, 
ebenso  Schmitz  in  der  Vorrede  zu  seiner  SynonjTiiik.j  Girard,  Synony- 
mes francais.  Amsterdam  1762  —  LivoY,  Dictionnaire  des  synonjmes  frcs. 
Paris  1767  —  RouBAUD,  Synonymes  francais.  Nouv.  ed.  Paris  1785  — 
J.  Lang  ,  Dictionnaire  universel  des  synonymes  de  la  langue  francaise. 
Ulm  1S07  —  Levizac,  Dictionnaire  des  sjTionymes.  Paris  1809  —  Laveai'x, 
Dictionnaire  synonymique  de  la  langue  frcse.  Paris  1826  —  GülzoT,  Dic- 
tionnaire universel  des  synonymes  de  la  langue  fr9se.  Paris  1809.  5^  ed. 
Paris  1859  —  *Lafaye,  Dictionnaire  des  synonymes  de  la  langue  frcse. 
4e  ed.  Paris  1878  (klassisches  Werk)  —  BouRGUiGXOX  und  E.  Bergerol, 
Dictionnaire  des  synonjines  de  la  langue  frcse,  comprenant  et  resumant 
tous  les  travaux  faits  jusqu'ä  ce  jour  etc.  Paris  1884  —  A.  L.  Sardov, 
Nouveau  dictionnaire  des  synonymes  frcs.  6^  ed.  Paris  1884  —  H.  Wex- 
DELL,  Franska  synonymer.  Lund.  1879,  Diss.  —  J.  Herz,  Französische 
Synonyma.  Heilbronn  1879  —  H.  ScHULZE,  Französische  SjTionymen.  Eine 
Zusammenstellung  für  den  Unterricht.  Zittau  1879,  Progr.  (vgl.  Zeitschr,  f. 
nfrz.  Spr.  u.  Litt.  I  477,i. 

Laüsberg,  Die  verbalen  Synonyma  in  den  altfranzösischen  chansons 
de  geste  Amis  et  Amiles  und  Jourdains  de  Blaivies.  Münster  1884.  Diss, 
—  Lemberg  ,  Die  SynonjTiia  im  Rolandsliede  (Oxforder  Text  .  Münster. 
Diss.    soll  im  Sommersemester  1886  erscheinen). 

A.  Waldow,  Die  SjTionyma  der  französischen  Sprache.    Leipzig  1847 


170  l^as  Französische. 

—  *B.  Schmitz,  Französische  Synonymik.  Greifswald  186S.  3.  Ausg.  Leip- 
zig 1883  —  BUEKB.\UM,  Proben  aus  einem  "Wörterbuche  französischer  Sy- 
nonyma. Coesfeld  1875/70.  Progr.  —  K.  Klöpper,  Französische  Synony- 
mik für  höhere  Schulen  und  Studirende.  Leipzig  1881  —  F.  Koldewey, 
Französische  Synonymik  für  Schulen.  Wolfenbüttel  1881  —  K.  Mevker, 
Französ.  Synonymik  für  die  oberen  Klassen  höherer  Schulen.  Köln  1881. 
Kurze  synonymische  Angaben  findet  man  auch  in  den  grösseren  "Wör- 
terbüchern. 

5.  Homonyme  u.  d'gl.  Ackermann,  Dictionnaire  des  homonymes. 
Berlin  1842,  und  Dictionnaire  des  antonj-mes  et  contremots.  Paris  1S42  — 
J.  B.  Levee,  Dictionnaire  des  epithetes  frcses.  Nouv,  ed.  Paris  1817  — 
P.  PoiTEVlN,  Etüde  methodique  et  raisonnee  des  homonjTnes  et  des  par- 
onymes  frcs.  Paris  1878. 

6.  AVortbildung  und  "Wortzusammensetzung.  E.  Eggek,  Ob- 
servations  sur  un  procede  de  derivation  tres  frequente  dans  la  langue  fran- 
caise  et  dans  les  autres  idiomes  neo-latins.  Paris  1864,  und:  Les  substan- 
tifs  verbaux  form6s  par  apocope  de  l'infinitif.  Montpellier  1S75  —  A.  D.\R- 
mestetee,  De  la  creation  actuelle  de  mots  nouveaux  dans  la  langue  fran- 
caise  et  des  lois  qui  la  regissent.  Paris  1877  —  E.  Etiexne,  De  diminu- 
tivis,  intensivis,  collectivis  et  in  malam  partem  abcuntibus  in  francogallico 
sermone  disputavit  E.  E.  Nancy  1883  —  Lespy,  D'oü  viennent  quelques 
diminutifs  frcs  'seil,  die  auf  -et' ,  in  Rev.  de  la  Soc.  des  scienc,  des  lett. 
et  arts  de  Pau.  2®  serie,  t.  II  (vgl.  Rom.  II  316j  —  J.  CoRXU,  Les  noms 
propres  latins  en  -ittiis,  -a  et  les  diminutifs  romans  en  -ett,  in  Rom,  VI  247  — 
Le  Hericiiier,  Histoire  et  glossaire  de  deijx  prefixes  dans  le  patois,  le 
vieux  frcs  et  le  frcs,  in  Rev.  de  ling.  et  de  phil.  comp.  t.  XVI  177  ff.  — 
J.  RoTiiENBERG,  De  suffixarum  mutatione  in  lingua  francogallica.  Auch 
u.  d.  T. :  Die  Vertauschung  der  Suffixe  in  der  französ.  Sprache.  Göttingen 
(Druckort  Berlinj  1880  fvgl.  die  Recension  von  G.  "Willexuerg  in  Ztschr. 
f.  nfrz.  Spr.  u.  Lit.  III  558  fi'..  —  M.  MiRiscH,  Geschichte  des  Suffixes 
-oltis  in  den  romanischen  Sprachen  etc.  Bonn  1882.  Diss. 

G.  A.  Kloppe,  Wortbildung  der  französ.  Sprache  in  ihrem  Verhält- 
nisse zum  Latein.  Magdeburg  1850  —  Jon.  Schmidt,  Ueber  die  französ. 
Nominalzusammcnsetzung.  Berlin  1872  (vgl.  die  Recension  von  A.  ]).\R- 
mesteter  in  Rom.  I  387  ft'.). 

A.  D.armesteter,  Traite  de  la  formation  des  mots  composes  dans  la 
langue  frcsc  comparee  aux  autres  langues  romanes  et  au  latin.  Paris  1874 
fvgl.  die  Recension  von  E.  KoscilwiTZ  in  Jahrb.  f.  rom.  u.  engl.  Spr.  u. 
Lit.  XV  229  ff.)  —  L.  F.  Meunier,  Les  composes  qui  contiennent  un  verbe 
ä  un  mode  personnel  en  francais,  en  Italien  et  en  espagnol.  Paris  1875  — 
*H.  Osthoff,  Das  Verbum  in  der  Nominalcomposition  im  Deutschen, 
Griechischen,  Slavischen  und  Romanischen.   Jena  1878. 

7.  Orts-  und  Familiennamen.  E.  Glück,  Die  bei  Cäsar  vorkom- 
menden keltischen  Ortsnamen.  München  1857  —  Q.  EssER,  Ueber  gallische 
Ortsnamen  in  der  Rheinprovinz.  Andernach  1874  —  J.  Qcicherat,  De  la 
formation  frcse  des  anciens  noms  de  lieux,  traite  pratique,  suivi  de  re- 
marques sur  de  noms  de  lieux  foumis  par  divers  documents.  Paris  1867  — 


Die  Worte.  171 

COCHERIS,  Originc  et  formation  des  noms  de  lieii.  P;iris  ISl'S  '?]  —  E. 
LiTTRK,  Noms  de  lieu  de  France,  in  Etudes  et  j;lanures  p.  1*)7  ff.  —  H. 
MoisY,  Etudes  philolojjiques  d'onomatologie  normande.  Paris  1875  —  De 
Chabax,  Essais  sur  Torigine  des  noms  locaux  dans  la  Touraine  et  le  Ven- 
domois.  Vendome  ISSl  —  E.  Mainikh,  Etudes  etymologiques,  historiques 
et  comparatives  sur  les  noms  des  villes,  bourgs  et  villages  du  departement 
du  Nord.  Paris  1S62  —  E.  Rittek,  Les  noms  de  famille.  Paris  1S75  — 
H.  MoisY.  Noms  de  famille  normands.  Paris  1S75  vgl.  die  llecension  von 
A.  Darmesteter  in  Rom.  V  251  f.]  —  E.  Freyberc;.  Französische  Per- 
sonennamen aus  Guiman's  Urkundenbuch  von  AiTas.  Halle  ISS'2,  Diss.  — 
F.  Seiffert,  Ein  Namenbuch  zu  den  altiranzösischen  Artusepen.  Greifs- 
wald 1&6S.  Diss.  —  Rigollot,  Essai  d'onomastique.  Les  Noms  de  famille 
de  Vendome  en  16  siecle.  Extr.  du  BulL  de  la  Societe  archeol.  etc.  de 
Vendömois  ISSO  —  L.  Larchey,  Dictionnaire  des  noms,  contenant  la  re- 
cherche  etATuologique  des  formes  anciennes  de  20  20U  noms  releves  sur  les 
annuaires  de  Paris.  Nancy  u.  Paris  ISSO  —  Almanaque  des  noms,  expli- 
quant  2S00  noms  de  personnes.  Paris  ISSO. 

8.  Phraseologie  u.  dgl.  H.  Barbiei'X,  Antibarbarus  der  französi- 
schen Sprache.  Frankfurt  a.  M.  1862  —  *B.  Schmitz,  Deutsch-französische 
Phraseologie  in  systematischer  Ordnung.  Greifswald  1872,  4.  Ausg.  Berlin 
1S82  —  *'K.  Plötz,  Vocabulaire  systematique  et  guide  de  conversation 
frcse.  Berlin,  in  immer  neuen  Auflagen  erscheinend  auch  der  grösste  Geg- 
ner der  Plötz'schen  Lehrbücher  wird  nicht  umhin  können,  das  Vocabulaire 
als  ein  in  seiner  Art  vortreffliches,  weil  ungemein  reichhaltiges  und  gut 
geordnetes  Hülfsmittel  für  den  Unterricht,  namentlich  aber  für  den  Selbst- 
unterricht, anzuerkennen  —  H.  HroE,  Frauzös.  Vocabular  unter  Berück- 
sichtigung der  EtjTnologie  und  Phraseologie  auf  der  Basis  des  "Wort- 
schatzes der  Plötz'schen  Lehrbücher.  Rostock  1882  —  A,  Holtermanx, 
Deutsch-französ.  phraseologisches  Wörterbuch.  Dortmund  1882  —  A.  E. 
BE.AUVAIS,  Grosse  deutsch-französ.  Phraseologie.  Nach  den  besten  Quellen 
und  den  neuesten  französ.  Schriftstellern  bearbeitet  und  mit  synonymischen 
etc.  Noten  versehen.  Wolfenbüttel  1SS4.  2  Bde. 

K.  W.  Kolbe,  Ueber  den  AA'ortreichthum  der  deutschen  und  franzö- 
sischen Sprache  und  beider  Anlage  zur  Poesie.  Berlin  1818 — 20.  3  Bde.  — 
F.  Brakdst.\ter  ,  Die  Gallicismen  in  der  deutschen  Schriftsprache.  Leip- 
zig 1874. 

9.  Bedeutungswandel.  Ueber  den  Bedeutungswandel  innerhalb 
des  Französischen  bezw.  zwischen  Lateinisch  und  Französisch,  Germanisch 
und  Französisch  etc.l  findet  mau  in  den  etjTnologischen  "NA'örterbüchern, 
besonders  in  denen  von  DiEZ  und  Scheler,  viele  treffliche  und  reichhaltige 
Angaben  und  Bemerkungen;  auch  Littre  hat  bei  der  Geschichte  der  ein- 
zelnen Worte  den  eingetretenen  Bedeutungswandel  berücksichtigt.  Dagegen 
fehlt  es  noch  sehr  an  Specialuntersuchungen,  was  freilich  um  so  weniger 
befremden  kann,  als  die  Vorfrage,  ob  der  Bedeutungswandel  in  der  Spra- 
che nach  bestimmten  psychologischen  Gesetzen,  bezw.  nach  welchen  der- 
artigen Gesetzen  erfolgt  ist,  noch  der  Beantwortung  harrt  und  folglich 
vorläufig  noch  kein  System  vorhanden  ist,  nach  welchem  die  massenhaften 


172  1^'^'''  Französische. 

Einzelerscheinungen  methodisch  sich  ordnen  liesseu.  H.  I-ehmanx's  Schrift: 
Der  Bedeutungswandel  im  Französischen  (Erlangen  1884)  enthält  ein  ziem- 
lich reichhaltiges,  freilich  nicht  immer  kritisch  gesichtetes  Material,  und 
viele  schätzbare  Beobachtungen,  doch  kann  von  ihr  nicht  behauptet  wer- 
den, dass  durch  sie  die  Grundlagen  der  französischen  Sematologie  ge- 
schafi'eu  worden  seien. 

10.  Schlussbemerkung.  Die  französische  "Wortforschung  ist  — 
mit  Ausnahme  der  eigentlichen  Lexicographie ,  der  Etymologie  und  der 
neufranzösischen  Synonymik  —  noch  ein  sehr  wenig  wissenschaftlich  an- 
gebautes Gebiet  der  französischen  Philologie,  imd  es  wäre  zu  wünschen, 
dass  ihm  in  Zukunft  grössere  Berücksichtigung  geschenkt  würde.  Nament- 
lich Aväre  es  eine  dankbare  Aufgabe,  die  Wortgeschichte  in  ihren  ver- 
schiedenen Beziehungen  klar  zu  legen.  Andeutungen  über  die  dabei  fest- 
zuhaltenden Gesichtspunkte  sind  bereits  Theil  II,  S.  ISti  f ,  gegeben  worden. 


Siebentes  Kapitel. 
Die  Wortfornien  uud  die  Wortformumsclireibuugeu. 

§    l.     Das  Genus  der  Suhstantiva. 

1.  Die  etymologischen  Hauptregeln  über  das  Genus  der 
französischen  Substantiva  sind: 

a)  Lateinische  Masculina  bleiben  Masculina.  z.  B.  focus  : 
le  feu.  frucüis  :  le  fruit,    ordo  :  un  ordre,    mons  :  Je  mont  etc. 

b)  Lateinische  Feminina  bleiben  Feminina,  z.  B.  rosa  : 
la  rose,   virtus  :  la  vertu,  matms  :  Ja  inain,  r/Jacies  :  Ja  gJare  etc. 

c)  Lateinische  Neutra  in  Singularform  werden  Masculina, 
z.  B.   caeJum  :  Je  cieJ,  piper  :  Je  jioicrc,   cornu  :  Je  cor  etc. 

d)  Lateinische  Neutra  in  Pluralform  werden  Feminina, 
z.  B.  arma  :  une  arme,  paria  :  Ja  paire,  muraJia  :  Ja  murailJe  etc. 

2.  Von  a)  imd  b)  giebt  es  mehrfache  Ausnahmen,  die  bei 
weitem  wichtigste  derselben  ist  der  Uebergang  der  Substan- 
tiva auf  -or  (z.  B.  doJor,  coJor,  caJor  etc.)  zu  den  Femininis, 
ein  Uebergang,  dem  sich  nur  die  Nomina  actoris  auf  -ior  [im- 
perator  etc.)  vermöge  ihrer  Bedeutung  entzogen  haben  [Je  Ja- 
beur,  un  honneur ,  un  amour  verdanken  ihr  Genus  gelehrtem 
Einflüsse,  welcher  im  IG.  Jahrhundert  auch  douJeur  etc.  dem 
Masculinum    zurückzugeben    versucht    hat).     Der   gleiche  Ge- 


Die  AVortfornun  und  die  Wortformumschreibungen.  173 

schlechtswechsel  hat  im  Provenzalischen  uml  Kumänischen 
stattfjefunden.  wälirend  die  übrigen  romanischen  Sprachen  ihn 
nicht  kennen  oder  doch  nnr,  Avie  das  Altspanische  und  das 
Portugiesische.  Ansätze  dazu  aufweisen.  Die  Erklärung  der 
merkwürdigen  Thatsache  ist  schwierig  genug.  Litthe  nahm 
an  ^Preface  zu  Bka(het"s  Gramm,  p.  xvi),  dass  ursprünglich, 
wie  hei  den  Nominibus  actoris.  so  auch  bei  den  Abstractis 
auf  -or  sowol  der  Nominativ  als  Casus  rectus .  als  auch  der 
Accusativ  als  Casus  obl,  in  das  Französische  übergregangen 
sei.  wobei  an  den  Nominativ  aus  phonetischem  Grunde  ein 
(■  angehängt  worden  sei  und  dieses  nun,  weil  sonst  fast  nur 
die  Endung  weiblicher  Substantive .  den  Uebergang  zum  Fe- 
mininum veranlasst  habe,  also  : 

cälor  :  cah\  chalre.  chaure^ 

ralörem  :  chaJeur. 
Aber  Littre  s  Hypothese  stützt  sich  nur  auf  das  verein- 
zelt vorkommende  chaure.  welches  keineswegs  aus  cälor  ent- 
standen zu  sein  braucht,  sondern  vielmehr  jedenfalls  ein  sub- 
stantivirtes  Infinitiv  cäVere  für  calere  ist,  dessen  weibliches 
Geschlecht  sich  als  Anbildung  an  la  chaleur  erklären  lässt. 
Es  kommt  hinzu,  dass  Littres  Annahme  der  Erhaltung  des 
Nominativs  bei  den  Abstractis  auf  -or  sehr  gewagt  und  von 
vornherein  unwahrscheinlich  ist.  A.  Hormxg  giebt  (Zeitschr. 
f.  rom.  Phil.    VI  443  f.;   folgende  Erklärung: 

»Es  muss  auffallen,  dass  neben  der  langen  Reihe  der  Wörter  auf  -or, 
-örts,  die  Personen  bezeichnen  und  die  im  Altfranzösischen  und  Altpro- 
venzalischen  einen  (ursprünglich  lateinischen  Nominativ  und  Accusativ 
hatten,  eine  ebenso  lange  Reihe  von  Wörtern  auf  -or  steht,  die  keine 
Person  bezeichnen  und  jener  Hexion  entbehren;  nur  diese  letzteren  haben 
das  weibliche  Genus  angenommen.  Da  beide  Reihen,  was  das  Genus  und 
die  Endung  -orem  betraf,  mit  einander  übereinstimmten,  aber  der  Flexion 
nach  eine  durchaus  verschiedene  Behandlung  erfuhren ,  so  empfand  man 
diese  Verschiedenheit  der  Behandlung  als  eine  Inconsequenz.  Man  suchte 
diesen  Widerspruch  zu  beseitigen  durch  Herstellung  eines  durchgreifen- 
den äusserlichen  Unterschiedes  zwischen  beiden  Klassen,  und  unter  der 
Wirkung  dieses  Gefüliles  nahmen  die  Wörter  der  zweiten  Klasse  das  weib- 
liche Genus  an.  Dieser  Wechsel  war  um  so  leichter  möglich,  als  bereits 
zahlreiche  Abstracta  weiblichen  Geschlechtes  in  der  dritten  Declination 
vorhanden  -waren,  z.  B.  die  Wörter  auf  -te,  wie  i-en'te,  und  auf  -o?i ,  wie 
chanson.  Dass  die  Veränderung  im  Genus  nicht  schon  im  Vulgärlatein  vor 
sich  ging,  beweisen  diejenigen  romanischen  Sprachen,  die  in  der  älteren 
Periode  ein  Schwanken  des  Genus  der  Abstracta  auf  -or  zeigen  .DlEZ,  Gr. 


174  I^^s  Französische. 

II  20  und  in  der  jüngeren  das  männliche  Genus  aufweisen,  dies  ist  der 
Fall  im  Italienischen,  im  Spanischen  und  im  Portugiesischen,  in  letzterem 
jedoch  mit  Ausnahme  von  a  cor,  a  clor,  a  flor  (Ph.  Anstett,  Portugies. 
Sprachlehre  p.  460,.  Man  darf  annehmen,  dass  einst  auch  im  Italienischen 
und  Spanischen  die  Sub.stantiva  auf  -or ,  die  Personen  bezeichnen,  einen 
Nominativ  liatten  und  dass  aus  dem  angegebenen  Grunde  die  Abstracta 
auf  -or  bereits  anfingen,  das  Genus  zu  wechseln.  Da  jedoch  in  diesen 
Sprachen  die  Declination  bald  völlig  schwand,  so  konnte  das  weibliche 
Geschlecht  sich  nicht  behaupten.  Anders  war  es  im  Französischen,  Pro- 
venzalischen,  Rätoromanischen  und  AValachischen  in  diesen  Sprachen  sind 
die  Abstracta  auf  -or  Feminina  geworden).« 

HoRNiKG  erblickt  also  den  Hauptgrund  des  Genuswech- 
sels in  dem  sprachlichen  Triebe  nach  einer  formalen  Unter- 
scheidung der  einförmigen  Abstracta  auf  -or  (z.  B.  chaleur) 
von  den  zweiformigen  Nominibus  actoris  gleicher  Nominativ- 
endung (z.  IJ.  cmpererv .  vmpereor).  Gewiss  mit  Unrecht, 
denn  formal  Avaren  diese  Substantiva  ja  schon  hinreichend 
durch  das  Vorhandensein,  bezw.  Nichtvorhandensein  einer 
Nominativform  geschieden.  Auch  wäre  die  Unterscheidung 
durch  das  Genus  eine  sehr  mangelhafte  gewesen,  da  sie  ja 
bloss  durch  den  in  der  ältesten  Zeit  nur  erst  wenig  gebrauch- 
ten Artikel  und  durch  die  (hei  Abstractis  nur  selten  mögliche) 
Vorsetzung  eines  Adjectivs  zweier  Endungen  zum  Ausdruck 
gelangen  konnte.  Es  dürfte  vielmehr  für  den  Genuswechsel 
bestimmend  gewesen  sein  nur  das  Vorhandensein  der  so  massen- 
haften weiblichen  Abstracta  auf  -te  und  -07i  auch  die  auf  -tu. 
wie  Justitia,  verdienen  Berücksichtigung  .  welche  das  Bewusst- 
sein  erzeugen  konnten .  dass  ein  abstracter  Begriff  weibliches 
Geschlecht  haben  müsse,  und  in  Folge  dessen  auch  die  Ab- 
stracta auf  -or  in  die  Sphäre  des  Femininums  hinüberzogen. 
Von  Einfluss  mag  auch  gewesen  sein ,  dass  das  Germanische 
und  'was  vielleicht  für  das  Kumänische  von  Wichtigkeit)  das 
Slavische  fi,ir  abstracte  Begriffe  das  Femininum  bevorzugen. 

3,  Die  sonstigen  Uebergänge  von  Masculineu  zu  Femi- 
ninen, sowie  von  Femininen  zu  Masculinen  lassen  sich  auf 
folgende  Gründe  zurückführen :  a)  Schriftlateinische  Genus- 
ausnahmen sind  in  die  Ihuiptregel  zurückgetreten,  z.  B.  die 
schriftlateinischen  Masculina  ^m«,  pulvis,  cinis  etc.  bilden  be- 
kanntlich eine  Ausnahme  von  der  Kegel,  dass  die  »Substantiva 
auf  -/*•  F'eminina  sein  müssen,  das  französische  Jajin,  Ja  pouclre. 


Dil'  A\  ortfuniH'u  und  die  Wortforinumschreibungen.  ITT) 

la  vendrc  etc.  bedeutet  ilie  wohl  sc-hou  im  «jjallisclien  ^'()lks- 
latoiii  vollzogene  Rückkehr  v.w  dieser  Regel :  ähnlidi  verhält 
es  sich  mit  ttn  atome.  le  diahrtv.  le  synoilc  w.  dgl..  deren  \ir- 
sprünglich  Aveihliches.  der  Endung  -//,s  -widerstreitendes  Cienus 
zwar  vom  Schriftlatein,  aber  nicht  von  der  \'olkssprache  ge- 
achtet Avard.  jedoch  hat  die  im  Französischen  für  das  Femi- 
ninum prädisponirende  -e  bei  einigen  Substantiva .  wie  hi 
diphthongue .  la  methode  etc. .  die  Erhaltung  des  weiblichen 
Genus  begünstigt,  b  Die  französische  Endung  -e  veranlasste 
den  Uebertritt  ursprünglicher  Masculina  zu  Femininen .  die 
französische  Endvmg  -e  oder  -Consonant  den  Uebertritt  ur- 
sprünglicher Feminina  zu  Masculina.  z.  \\.  cortex .  pumex. 
pulex.  aber  ecorce  f..  la  pouce.  la  pure,  spica.  aestaa.  ars.  kber 
epi,  ett .  art  etc. .  auch  le  Uzard  (Analogiebildung  an  renard 
etc..  le  poison.  le  salut.  le  soff  u.  a.  dürften  hierher  gehören. 
c)  Veränderte  Auffassung  des  liegriifes  hatte  ^'eränderung  des 
Genus  zur  Folge,  z.  B. :  nach  lateinischer  Auffassung  sind 
die  Flüsse  Masculina  (weshalb  auch  die  Mythologie  nur  Fluss- 
götter kennt  .  im  Französischen  hat  diese  Auffassung  sich 
allerdings  zum  Theil  erhalten  (vgl.  ie  Rhone ,  le  Doubs .  le 
Bhin  etc.  .  daneben  aber  hat  auch  eine  andere  Auffassung 
sich  geltend  gemacht .  wonach  die  Flüsse  als  Feminina  be- 
trachtet  werden  vgl.  la  Loire]  :  den  Anlass  zu  diesem  ^^  an- 
del  gab  jedenfalls  die  bei  Flussnamen  so  häufige  Endung 
-d  z= -e  z.  H.  Matrona  =  la  Marne.  Seqv.ana  =  la  Seine). 
Das  Latein  legt  den  Bäumen  weibliches  Geschlecht  bei .  das 
Französische  dagegen  neigt  sich  zur  masculinen  Auffassung 
derselben,  daher  z.  B.  nicht  bloss  le  pin .  wo  die  Endung 
massgebend  gewesen  sein  könnte,  sondern  auch  un  arhre.  uv 
uune.  tin  platane  u.  dgl.  ^'ielfach  kann  man  zweifelhaft  sein, 
ob  die  Endung  oder  ein  eingetretener  Begriffs wandel  den  Ge- 
nuswechsel veranlasst  hat.  Nicht  selten  auch  dürfte  dem  fran- 
zösischen Worte  ein  im  Genus  übereinstimmendes  volkslatei- 
nisches Wort  zu  Grunde  liegen,  während  das  Schriftlatein  ein 
im  Genus  abweichendes  aufweist,  so  ist  z.  B.  le  singe  = 
simius  und  nicht  =  simia. 

4.  Der  Uebertritt  der  singularen  Neutren  auf  -um  (()- 
Stämme  zu  den  Masculinen  war  schon  durch  die  Gleichheit 
der  Flexion .    welche   beim  ^'erstunnnen    des  auslautenden  -7n 


176  ^^^^  Französische. 

und  -s  auch  im  Nom.  Acc.  und  Voc,  Sing,  keinen  Unter- 
schied mehr  kannte,  nahe  genug  gelegt.  Für  die  Neutra  auf 
-US  S- Stämme  war  durch  ihre  scheinbare  Endung,  -welche 
mit  derjenigen  der  masculinen  0-Stämme  übereinstimmte,  ein 
Anstoss  zum  Genuswechsel  gegeben.  Die  übrigen  neutralen 
Stämme  R-,  N-,  I-Stämme)  mögen  theils  durch  Analogie, 
theils  durch  ihren  consonantischen  Auslaut  zum  Masculinum 
hinübergezogen  worden  sein. 

An  Fällen,  dass  lateinische  Neutra  Sing,  im  Französischen 
als  Feminina  erscheinen,  fehlt  es  nicht;  einige  derselben 
erklären  sich  leicht  aus  der  statthaften  Annahme,  dass  dem 
französischen  Worte  nicht  der  lateinische  Singular,  sondern 
der' Plural  zu  Grunde  liegt  [tme  etahle  =  stabula,  nicht  = 
stahulum)  oder  dass  aualogische  Beeinflussung  gleich  auslau- 
tender Worte  stattgefunden  hat  (z.  B.  dürfte  etude  nach  Ana- 
logie von  solitude  u.  dgl.  zum  Feminin  herübergezogen  wor- 
den sein :  freilich  muss  erwogen  werden ,  dass  etude  auch 
lautlich  eine  abnorme  Bildung  ist  und  nicht  recht  klare  Ent- 
wickelungswege  verfolgt  hat).  Andere  Fälle  dagegen  sind 
räthselhaft,  falls  man  sich  nicht  mit  dem  Glauben  an  irgend 
welche  eingetretene  Aenderung  der  begrifilichen  Auffassung 
begnügen  will;  so  ist  z.  B.  la  mer ^  la  cuiller  nicht  recht  er- 
klärlich (möglicherweise  ist  mer  von  seinem  Antonym  tcrre. 
cuiller  aber  von  den  Femininen  auf  -iere^  welche  zum  Theil 
ja  Behälter  und  Gefässe  bezeichnen,  also  mit  cuiller  begriffs- 
verwandt  sind,  angezogen  worden).  —  Sehr  inconsequent  sind 
die  griechischen  Neutra  auf  -ma{t)  behandelt  worden:  in  der 
Regel  erscheinen  sie,  zweifelsohne  in  Folge  ihrer  scheinbar 
weiblichen  Endung  -a  =  -e ^  als  Feminina,  z.  B.  sonime  = 
sagma ,  creme  .=  chrisma ,  selbst  auch  mots  savants ,  wie  epi- 
gramme,  epitap/ie,  epifhete,  e?iigme,  andere  dagegen  als  Mascu- 
lina,  so  emhleme.   idiome^  asthme^   apophthegme  etc. 

5.  Der  Uebertritt  der  pluralen  Neutra  auf  -a  zu  den  Fe- 
mininis  wurde  durch  die  mit  den  weiblichen  A-Stämmen  zu- 
sammentreffende Endung  herbeigeführt;  von  Einfluss  kann 
auch  der  Umstand  gewesen  sein,  dass  sowohl  viele  A-Stämme 
(z.  H.  jusHtia,  avariiia,  elegantia^  sapientia) ,  als  auch  viele 
neutrale  Pluralbildungen  (z.  B.  ^sperantia,  *nubantia  =  nuance] 
zur    Bezeichnung    abstracter    Begrifl'e    dienten    und    überdies 


Die  "Worttormcn  und  die  Wortlomiumschreibungen.  |77 

Avenigstens  scheinbar  mit  dem  gleichen  Suffixe  abgeleitet  wa- 
ren, folglich  sowol  begrifflich  wie  formal  einander  verwandt 
waren  oder  doch  zu  sein  schienen. 

Indem  die  plnralen  Neutra  'in  Mascnlinen  wurden.  \(dl- 
zoff  sieh  nicht  bloss  ein  Genus-,  sondern  auch  ein  Numerus- 
Wechsel,  in  Folge  dessen  von  den  ursprünglichen  Plnralen  neue 
Phu-ale  mittelst  des  nur  den  persönlichen  Geschleclitern  zu- 
kommenden Suffixes  -t>  [=  -eis.  -OS  -es'  gebildet  wurden,  z.  J}. 
la  Joie  ^=:  gaudia  und  les  Joies  gleichsam  c/audia-n. 

6.  Die  Aufgabe  des  Neutrums  bei  dem  französischen  und 
überhaupt  bei  dem  romanischen  Substantiv  betreffend,  hat  et- 
was sein*  Befremdliches  an  sich,  wenn  man  bedenkt,  dass 
einerseits  das  Komanische  keineswegs  den  Begriff  des  Neu- 
trums an  sich  verloren  .  sondern  vielmehr  denselben  bei  dem 
Adjectiv  und  bei  dem  Pronomen  festgehalten  hat,  ziun  Theil 
auch  in  der  Form  z.  B.  ce .  quoi]  .  und  dass  andrerseits  die 
meisten  der  indogermanischen .  also  den  romanischen  nahe 
verwandten  Sprachen  besonders  die  germanischen  und  slavi- 
schen  das  substantivische  Neutrum  durchaus  voll  bewahrt,  ja 
zum  Theil  sogar  seine  Sphäre  bedeutend  erweitert  haben,  wie 
dies  namentlich  im  Englischen  geschehen  ist.  Will  man  den 
romanischen  Schwund  der  substantivischen  Neutra  nicht  auf 
den  rein  äusserlichen  Umstand  zurückführen,  dass  die  Flexion 
der  Masculina  und  der  Neutra  (namentlich  der  O- Stämme' 
eine  ziemlich  identische  war  und  dass  diese  Identität  aiicli  den 
Zusammenfall  im  Genus  zur  Folge  hatte  woravif  schon  inner- 
halb des  vulgaren  Lateins  häufige  Formen,  wie  membrus.  ant- 
maleni.  pecoras.  vestimentas  u.  dgl.  .  sowie  Verbindungen  wie 
Jiiüic  theatrum  u.  dgl.  hinzudeuten  scheinen  ,  so  bleibt  kaum 
etwas  Anderes  übrig ,  als  zu  glauben .  dass  die  Romanen  von 
dem  phantastischen  Drange  beseelt  gewesen  seien,  auch  die 
unbelebten  Dinge  und  abstracten  Begriffe  in  weitestem  Um- 
fange als  persönlich  aufzufassen  und  ihnen  folglich  ein  per- 
sönliches Geschlecht  beizulegen.  Ein  solcher  Glaube  aber  hat, 
schon  aus  allgemeinen  Gründen ,  nicht  eben  die  Wahrschein- 
lichkeit für  sich,  und  somit  wird  die  erstgegebene  Erklärung 
vorzuziehen  sein,  bis  einmal  eine  bessere  gefunden  wird.  Recht 
glaublich  ist  übrigens ,  dass  der  Uebertritt  der  Substantiven 
Neutra  zu  den  Mascnlinen  oder  Femininen  im  ^'olkslatein  be- 

KOrting,  Encyklopädie  d.  rom.  Phil.  HI.  12 


1  78  ^^^^  Französische. 

fördert  wurde  durch  eine  Schwächung-  des  Bewusstseins  von 
der  Geschlechtsunterscheidung  überhaupt,  vermöge  deren  eine 
auf  Vereinfachung  des  ganzen  Genussystems  gerichtete  Ten- 
denz Platz  greifen  und  nicht  nur  die  Existenz  des  Substanti- 
ven Neutrums  beseitigen,  sondern  auch  vielfacli  die  durch 
geschlechtige  Endungen  -os,  -a.s  etc.'  gezogenen  Scheidelinien 
zwischen  Masculina  und  Feminina  bis  zur  Unkenntlichkeit 
verwischen  konnte.  Zu  solcher  Ansicht  kann  wenigstens  die 
Thatsache  berechtigen,  dass  im  Neufranz()sischen  die  Plurale 
der  Substantiva,  Avenn  sie  ohne  Epitheton  stehen ,  jedes  Zei- 
chens der  Geschlechtsunterscheidung  entbehren,  was  doch  ge- 
wiss als  ein  Zeugniss  dafür  aufgefasst  werden  darf,  dass  die 
Sprache  auf  Geschlechtsunterscheidung  besonderen  Werth  nicht 
mehr  legt,  wie  dies  ja  auch  sonst  in  secundären ,  bezw.  ter- 
tiären Sprachen  häufig  genug  beobachtet  werden  kann. 

Einen  Rest  neutraler  Pluralbildung  zeigt  das  Altfranzösi- 
sche noch  in  den  6-losen  Formen  des  Gas.  obl.  Plur.,  welche 
lateinischen  Neutris  Plur.  entsprechen,  z.  H.  carre ,  Ch.  d. 
Rol.  O.  V.  31  =  carra ,  doie  Chev.  as  deus  esp.  ed.  Förster 
V.   9312  =  cligita  für  digitos,   vgl.  ital.   le  dita. 

Dagegen  ist  Meister's  Annahme  (Die  Flexion  im  Oxfor- 
der Psalter.  Halle  1877.  S.  8S  ff.  .  dass  das  Fehlen  des  flexi- 
vischen  f>  bei  aiif  lateinischen  Nevitra  auf  -um  zurückgehenden 
Worten  ein  Zeichen  der  Erhaltung  der  neutralen  Form  sei, 
unbegründet,  vgl.  hierüber  die  eingehenden  Bemerkungen  von 
KoscHAviTZ  in  Zeitschr.  f.  rom.  Phil.   II  4S(j  tf. 

7.  Im  Allgemeinen  trifft  für  das  Französische  bezüg- 
lich der  Unterscheidung  des  Geschlechtes  nach  dem  Wortaus- 
laute die  Regel  zu: 

»Auf  -e  auslautende  Worte  sind  Feminina .  alle  übrigen 
Worte  sind  Masculina.« 

Im  Einzelnen  aber  wird  diese  Regel  von  so  zahlreichen, 
meist  etymologisch  begründeten  Ausnahmen  durchkreuzt,  dass 
ihr  praktischer  Werth  dadurch  nahezu  auf  Null  herabgedrückt 
wird.  Nichtsdestoweniger  wird  man  sich  der  Annahme  nicht 
verschliessen  dürfen,  dass  oft  genug  durch  die  französische 
Endung  Geschlechtswandel  veranlasst  worden  ist. 

8.  In  Bezug  auf  das  Genus  der  Substantiva  bestehen 
zwischen    dem  Neufranzösischen   und  dem  Alt-,  bezw.   Mittel- 


Die  "NVortfurmen  und  die  ^^'<l^tt'ornulmschreibungen.  1  7'.> 

fran/ösischen  AUwcirhungeu .  •welche  zwar  nicht  erheblich, 
immerhin  aber  beachtenswerth  sind.  Für  das  Altfranzösisdie 
fehlt  es  leider  noch  an  ausreichenden  Znsammenstelhni;;en : 
für  das  Mittelfranzösische  aber  findet  man  das  Wichtigste  und 
Interessanteste  verzeichnet  bei  Dahmestetkr  und  IIat/.kfld 
a.   a.   O.   S.   245  ff. 

9.  An  Mitteln  zur  Ableitimg  der  entsprechenden  Femi- 
nina von  Masculinen  Thiernamen.  Titel.  Standesbezeichnun- 
gen etc.)  ist  das  Französische  ziemlich  reich,  da  es  nicht 
bloss  die  hierher  gehörigen  Suffixe  des  Lateins  ererbt  hat. 
sondern  auch  über  Siifftxe  verfügt,  welche  das  Schriftlatein 
entweder  gar  nicht  kannte  so  z.  B.  das  aus  dem  Griechischen 
in  das  Spätlatein  übernommene  Suffix  -issa]  oder  doch  nicht 
zu  solchem  Zwecke  verwandte  wie  z.  B.  das  Suffix  -osa  = 
-euse,  welches  im  Französischen  als  Femininum  neben  -eur  = 
-atore)?i  getreten  ist.  z.  B.  porteur  und  porteuse) .  dennoch 
aber  scheut  die  Sprache  die  Feminin bildung  in  vielen  Fällen, 
wo  sie  formal  sehr  wohl  möglich  wäre  (z,  B.  auteiir.  docteur. 
ecricain.  temoin  etc.)  und  wo  andere  Sprachen  sich  dieselbe 
unbedenklich  gestatten .  sondern  braucht  da  das  Masculinum 
auch  für  das  Femininum  ;  es  ist  dies  ein  gerade  im  Franzö- 
sischen sehi"  auffälliges  unlogisches  Verfaliren.  Nicht  befrem- 
den kann  es  dagegen .  dass  für  solche  Thiere .  welche  dem 
menschlichen  Gemüthsleben  fem  stehen  oder  welche  zur  aus- 
serfranzösischen  Fauna  gehören,  nur  je  eine,  sei  es  männ- 
liche sei  es  weibliche.  Namensform  vorhanden  ist  (z.  B.  le 
chameau.  le  chacal.  Je  reqidn.  Je  hanneton.  Ja  giraffe.  Ja  gazeJle. 
Ja  grue .  Ja  moudie  etc.),  wie  ja  auch  andere  Sprachen  im 
gleichen  Falle  sich  mit  nur  einem  Worte  begnügen. 

10.  An  Specialuntersuchungen  über  das  Genus  der  Sub- 
stantiva  im  Französischen  fehlt  es  leider  noch  fast  völlig,  luid 
doch  liegen  auf  diesem  Gebiete  zahlreiche  interessante  Aiif- 
gaben  vor,  z.  B.  Nachweis  der  im  Laufe  der  Sprachentwicke- 
lung vollzogenen  Genus  Wandelungen  (wobei  der  gelehrte  Ein- 
fluss  besonders  zu  berücksichtigen  wäre)  .  Darlegung  der  für 
die  Genusbestimmung  germanischer  und  sonstiger  fremdsprach- 
licher Worte  massgebend  gewesenen  Principien.  Untersuchung 
über  den  Umfang  der  Genusmotion  d.  h.  der  Ableitimg  von 
Femininis  aus  Masculinisy   und   über  die  Anwendung  der  ein- 

12* 


180  l^as  Französische. 

zeliien  dafür  verfügbaren  Suffixe  etc.  Freilich  aber  können 
gerade  derartige  Untersuchungen  erst  dann  recht  fruchtbar 
sein .  wenn  sie  einerseits  auf  Grund  tüchtiger  Kenntniss  des 
Lateins,  andrerseits  mit  Berücksichtigung  der  übrigen  roma- 
nischen Sjuachen  geführt  Averden.  ja  wünschenswerth  -würde 
es  sein ,  sie  von  allgemein  sprachwissenschaftlichen ,  bezw. 
sprachvergleichenden  Gesichtspunkten  aus  zu  unternehmen. 
Als  Muster  für  derartige  Arbeiten  kann .  wenigstens  in  der 
Hauptsache  .  dienen  W.  IVIeyer 's  gelehrte  Monographie :  Die 
Schicksale  des  lateinischen  Neutrums  im  Romanischen.  Halle 
1S83. 

§  2.  Die  D.eclination  der  Substantiva  im  Alt- 
französischen. 

1.  Die  substantivische  Declination  im  Altfranzösischen 
besteht : 

a)  in  der  Unterscheidung  des  Singulars  und  Plurals  bei 
allen  Substantiven,  deren  Auslaut  den  Antritt  eines  -*•  ge- 
stattet ; 

b)  in  der  Unterscheidung  eines  Casus  rectus  und  eines 
Casus  obliquus  Sing,  und  Plur.  bei  einer  grossen  Anzahl  von 
Substantiven  (vgl.  No.  2) ;  bei  diesen  kommt  in  Betracht,  ob 
ihi-  Wortaccent  fest  oder  beweglich  ist. 

Ueber  den  Vocativ  vgl.   unten  Bemerkung  Xo.   (i. 

2.  Darnach  lässt  sich  für  das  Altfranzösische  folgendes 
Declinationsschema  entwerfen : 

A.  Substantiva,  welche  jeder  Flexion  entbeh- 
ren, also  für  Sing,  und  Plur.,  Cas.  rect.  und  Cas. 
obl.  überhaupt  nur  eine  Form  besitzen. 

Es  gehören  hierher  die  auf  stammhaftes  s,  z  't^Xj  auslau- 
tenden Substantiva,  z.  B.  cors  =  corpus,  nes  =  tiasus.  priiv  = 
pretium,  welche  eben  dieses  Auslauts  wegen  ein  flexivisches  -s 
nicht  annehmen  können. 

B.  Substantiva,  welche  nur  Singular  und  Plu- 
ral, nicht  aber  Cas,  rect.  und  Cas.  obl.  unterschei- 
den, z.   B. : 

sg.   c.   r.  und  c.   o.  rose,  pl.   c.   r.  und  c.   o.  rose-s. 
Es  gehören  hierher  die  Substantiva  der  lateinischen   Isten 
(A-)   Declination ,    soAvie    die   Feminina    der    Adjectiva    zweier 


Dil-  ^^'(»rtfo^men  und  die  ■\Vortformumschreibungen.  Isl 

Endungen,  z.  B.  bofie.  —  Leber  die  anomale  Bildung  des  cas. 
cid.   sg.   auf  -ain   (z.   B.  Evain^   vgl.  unten  Bemerkung  Nr.  4, 
C.    Substantiva.  welche  sowol  Singular  und  Plu- 
ral,  als  auch  Cas.  rect.  und  Cas.  obl.  unterscheiden. 

a.   Substantiva  mit  festem  Accente. 

u    Masculina  (Casusunterscheidung  im  8g.  u.  PI.',  z.  B.: 
sg.  c.  r.   [U]  mur-s,     pl.  c.  r.  {li)  mur, 
sg.  c.  o.    /e)  mur.         pl.  c,  o.   (/es)  ?nur-s. 

Es  gehören  hierher  mit  Ausnahme  der  in  die  Kategorie 
A.  fallenden  Worte)  die  Substantiva  der  lateinischen  2.  und  1. 
Declination  (O-  und  U-Stämme,  .  die  Masculina  und  Neutra 
der  lateinischen  3.  Declination  , consonantische  Stämme,  I- 
Stiimme).  die  substantivirten  Infinitive,  die  Adjectiva  einer 
Endung,  z.  B.  grunz,  und  die  Masculina  der  Adjectiva  ZAveier 
Endung,   z.  B.   bons. 

L  eher  das  Nominativ-5  vgl.  unten  Bemerkung  1 ,  über 
die  Behandlung  des  Stammauslautes  vor  dem  fiexivischen  -cS 
vorl.  Bemerkung  2  und  über  die  anomale  Bildung  des  cas. 
obl.   sg.  auf  -öw   [z.  B.   Charlön)  vgl.  Bemerkung  4. 

Leber  den  Cas.  obl.  Sing,   auf  e  vgl,  unten  Bemerkung  3. 

Der  Besitz  dieser  relativ  vollständigen.^  auf  eine  sehr  be- 
trächtliche Anzahl  von  Substantiven  sich  erstreckenden  De- 
clination ist  für  das  Altfranzösische  in  hervorragender  AVeise 
kennzeichnend  und  unterscheidet  dasselbe  scharf  einerseits 
von  dem  Neufranzösischen,  andrerseits  von  den  übrigen  roma- 
nischen Sprachen  mit  Ausnahme  des  Provenzalischen  .  Das 
Verdienst,  die  Existenz  dieser  Declination  entdeckt  zu  haben, 
gebührt  Rayis'Guard.  der  in  seinen  Observations  grammaticales 
sur  le  Roman  de  Rou  Ronen  1S29  die  betreffende  Regel 
zuerst  formulirt  hat. 

ß)  Feminina  (Casusunterscheidung  nur  im  Sg.).   z.  B. : 
sg.   c.  r.   Ja  ßor-s.     pl.  c.  r.   les  ßor-s, 
sg.   c.   o.   laflor.        pl.  c.  o.   les  ßor-s. 

Es  gehören  hierher  die  Feminina  der  lateinischen  3.  De- 
clination. —  Ueber  Formen,  wie  cit.  poverte  u.  dgl.  vgl.  un- 
ten Bemerkung  No.   5. 

b.    Substantiva  mit  beweglichem  Acceut. 
u)  Substantiva.    welche  sich  gründen  auf  lateini- 


182  ^^^^  Französische. 

sehe  Nomina   actoris    auf  —tor.   -törem    (ausschliesslich 

Masculina),  z.B.: 

sg.  c.  r.   emperere[s\  =  imperätor^ 

sg.  c.  o.  empereör      =  impera[t\ör[e7n\, 

1)1.  c.   r.  empereör[s\  \  .  .^. 

^ .  ^       ,  '^  ^  >  =  impera\t\or€S . 

pl.   c.   o.  empereör s    )  /        .  j 

ß)  Siibstantiva,  welche  sich  gründen  auf  lateini- 
sche Nomina  persönlicher  liedentung  auf  — o.  -onem 
(ausschliesslich  Masculina] ,  z.  B. : 

sg.   c.  r.   her[s\        =  bäro^ 

sg.  c.  o.  harön       =  harön\erri\^ 

pl.  c.  r.   harön  s^    =  barönes, 

pl.  c.  o.  haröns  =  barönes; 
ebenso  z.  B.  compains  =  rompänio,  compagnön  =  companiönem. 
y]  Eine  Reihe  einzelner  Suhstantiva,  welche  sich 
gründen  auf  lateinische  Imparisyllaba  der  3.  Decli- 
nation:  äbhes  —  abbet,  enfes  —  enfant^  gars  —  garcon.  serpe 
—  aerpent,  suer  —  seror  dies  das  einzige  Femininum  mit  be- 
weglichem Accent) . 

Bemerkungen  zu  den  Paradigmen. 
1.  Das  Nomiua*tiv-s.  Uer  eas.  r.  sg.  li  »»?<;•«  wird  seit  Kavnüuard 
und  DiEZ  immer  als  aus  lateinisch  )nur[ii]s  entstanden  erklärt..  Das  fran- 
zösische (und  provenzalische)  Nominativ-.^  ist  nach  dieser  Erklärung  also 
direct  aus  dem  Lateinischen  übernommen ,  allerdings  nur  bei  den  mascu- 
linen  O-  und  U-Stämmen  und  zwar  mit  Ausnahme  von  Substantiven  und 
Adjectiven,  wie  agro,  lihro,  llhro,  tenero  etc.,  denn  bekanntlich  bilden  diese 
den  Nominativ  asigniatisch.  Die  französisch -provenzalischen  Nominative 
licre-s  u.  dgl.  können  demnach  nur  auf  Analogiebildung  beruhen;  ebenso 
lassen  sich,  bei  Annahme  lateinischen  Ursprunges  des  Nominativ-s,  nur 
durch  Analogiebildung  erklären  die  französisch  -  provenzalischen  sigma- 
tischen  Nominative  der  ursprünglich  neutralen  O-  und  U- Stämme  [li 
mcmbres  ^  memhruui ,  //  com  =  corim]  und  sämmtlicher  im  Lateinischen 
nach  der  3.  Declination  flcctirten  Stämme,  soweit  sie  nicht  selbst  auf  -v 
auslauten  (wie  c'o/-^;;^  =  französisch  cors,  corps],  ienn  ßors ,  verlies  etc. 
können  nicht  =  ßos,  rvritas,  sondern  nur  =  ßorem]  -f-  *■,  ceritat  em]  +  s 
sein,  ebenso  lassen  sich  j)arz,  monz  u.  dgl.,  weil  ihr  z  ^  t  -\-  s,  nicht  aus 
pars,  moiis ,  sondern  nur  aus  j)art[em] -\- s ,  mo}it[em] -\- s  erklären,  und 
sicherlich  muss  auch  vois ,  crois  u.  dgl.  nicht  aus  cox,  crux  etc.  gedeutet 
werden  (wozu  die  neufranzösische  falsch  etymologisirende  Schreibweise 
voix,  croix  etc.  verleiten  könnte],  sondern  nur  aus  coZy' +  .v,  cridj  -^  s 
etc.,  d.  i.  voce[m],  cruce[vi]  etc.  ;  endlich  sind  auch  reis,  leis  etc.  nicht  als 
aus  rex,  lex  etc.  entstanden  anzusehen,  sondern  =^  reg[em]  +  s,  leg[em]  -\-  s 


l>ir  AVortformen  und  die  Wurtforiminischreibiingcn.  IS'i 

anzusetzen ;  dass  in  Xoniinativon,  Nvie  jicrcs,  f'rercs  t'tc.  etc.,  das  -.v,  wenn 
lattinisehen  L rsprunjjcs,  nur  ein  analogisehes  sein  kann,  versteht  sicli  an- 
gesiclus  der  lateinischen  Nominative  jmür,  frater  etc.  von  selbst,  und  das 
fjleiche  gilt  von  Nominativen,  wie  enijjerere.s  =  impcrator ,  lerres  =  latro 
u.  d^l.  Demnach  hätte  der  Nom.  Siiifr.  der  lateinischen  masculinen  O- 
(und  U-)  Stämme  den  Anstoss  zu  einer  weitgreifenden  Aiialogiebilduu": 
gegeben. 

Die  Annahme  von  der  Erhaltung  des  lateinischen  Nominativs  Sing. 
der  2.  Declination  Masc.  im  alten  Französischen  und  Provenzalischen  und 
im  sardischen  Dialect  ist  in  der  That  sehr  nahe  liegend  und  darf  für  von 
vornherein  gut  berechtigt  gelten.  Nichtsdestoweniger  lassen  sich  docli  Be- 
denken gegen  sie  erheben,  welche  nachstehend  den  Sachkundigen  zur  Prü- 
fung vorgelegt  werden  mögen. 

Wie  schon  bemerkt,  kennen  nur  das  Französische  und  das  Proven- 
zalische  und  das  Sardische)  den  Nom.  Sing,  auf  -.v  und  haben  folglich, 
wenn  dieser  identisch  mit  dem  lateinischen  Nominativ  der  masculinen  ()- 
Declination  ist,  allein  von  allen  romanischen  Sprachen  die  genannte  latei- 
nische Casusform  erhalten.  An  sich  ist  das  nun  recht  wohl  denkbar,  denn 
auch  sonst  ist,  namentlich  auf  dem  Gebiete  der  Coujugation,  die  Erschei- 
nung nicht  eben  selten,  dass  eine  lateinische  Formenbildung,  bezw.  For- 
menkategorie nur  in  einzelnen  romanischen  Sprachen  sich  erhalten  hat, 
während  sie  von  allen  übrigen  aufgegeben  worden  ist.  Befremdlich  frei- 
lich kann  es  scheinen ,  dass  im  Französischen  und  Provenzalischen  der 
lateinische  Nom.  Sing,  fast  nur  bei  den  masculinen  O-  und  U-,  Stämmen 
sich  erhalten  haben  sollte,  nicht  aber  bei  den  parisyllaben  Stämmen,  sowie 
bei  den  imparisyllaben  Stämmen  mit  festem  Accente  der  3.  Declination, 
indessen  hierfür  würde  sich  leicht  eine  befriedigende  Erklärung  auffinden 
lassen,  und  da  überdies  i^A^  zweifellos  Nominative,  wie  imperatnr  und 
latro,  sich  erhalten  haben,  so  muss  man  gewiss  die  theoretische  Möglich- 
keit zugeben,  dass  auch  Nominative,  wie  murus,  an)i[u]s  etc.,  sich  erhal- 
ten konnten.  Als  Stütze  für  solche  Annahme  lässt  sich  überdies  die  zwei- 
fellose Erhaltung" des  Nom.  Plur.  i)mr[{]  u,  dgl.  anführen. 

Nun  aber  hat  Cors.sen  a.  a,  O.  t.  I,  p.  291  ff.  die  Sätze  aufgestellt 
und  durch  aus  Inschriften  entnommene  Belege  gestützt: 

«iJa  das  auslauteitde  s  der  Formen  des  Nom.  Sin  ff.  von  Ü-Stiimmeu  im 
Volksmunde  auch  im  Zeitalter  des  Cäsar,  des  Aiigustus  tmd  der  älteren 
Kaiser  ein  sehr  schwacher,  kauvi  hörbarer  Laut  icar ,  so  finden  sich  auch 
aus  dei'  Zeit  von  Cäsar  bis  Titus .  inschriftliche  Beispiele,  dass  derselbe 
nicht  durch  die  Schrift  ausgedrückt  .wurde«  (vgl.  hiermit  ibid.  p,  286 :  "Das 
auslautende  -.s-  ist  im  Nom.  Sing,  .von  0-Stämmen  in  Inschriften  der  älte- 
sten Zeit  vor  dem  zweiten  punischen  Kriege  häufiger  weggelassen  als  ge- 
schrieben«   —  und   ;ibid,  p.  293): 

»Als  in  der  spätlateinischen  Volkssjirache  das  auslautende  s  nicht  mehr 
gehört  und  gesprochen  wurde,  fiickten  ungebildete  Steinmetzen,  die  lediglich 
aus  ihrer  Schriftkenniniss  noch  icussten ,  dass  der  Buchstabe  s  gewissen 
Wortformen  zukomme,  denselben  auch  an  Casusformen  an,   wo  er  nicht  hin- 


184  3^'is  Französische. 

geJtöri«.    (Also  ein  Zeu^niss  dafür,  dass  dem  lebendigen  Sprachbewusstsein 
und  der  gesprochenen  Sprache  das  s  völlig  entschwunden  war.) 

Vgl.  hierzu  Cicero's  Aussage  (Orat.  48,  161/  :  »Quin  vtiam,  qund  iam 
subrusticum  videtur,  olim  autem  politius,  eormn  verhorum ,  quorum  eaedem 
erant  postremae  duae  litterut,  quae  sunt  in  optumus .  poatreniam  litterani 
detrahehant,  nisi  vocalin  insequebatur.  Ita  non  erat  ojfen.sin  in  cemihus. 
quam  nunc  fiKjiuid  pnetat  noci.  Ita  enim  loqiwhantur :  'Qui  tut  omnibu 
princeps\  non  'nmnibus  princej)s\  et:  ''Vita  illa  difpiu'  locoque,  non  Ulic/- 
nus\  (Hieraus  folgt,  dass  zu  Cicero's  Zeit  das  auslautende  .s-  in  der  künst- 
lich reconstruirten  Schriftsprache  allerdings  wiederhergestellt  worden  war, 
in  der  Volkssprache  aber  fortdauernd  unterdrückt  wurde;  möglich  aller- 
dings, dass  hierin  später  eine  Aenderung  eintrat  und  dass  durch  den  Einfluss 
der  Schriftsprache  das  auslautende  -s  auch  in  der  Volkssprache  wieder  zur 
Geltung  gelangte,  aber  weder  ist  dies  an  sich  recht  wahrscheinlich,  noch 
auch  wird  es  überliefert,  vielmehr  zeigen  die  von  Corssen  angezogenen 
Inschriften  den  Ausfall  des  .v;  wenig  fällt  dagegen  ins  Gewicht,  dass  zahl- 
reiche andere  Insclirifteu  und  selbst  noch  spätester  Zeit  auslautendes  s 
schrieben,  denn  die  Verfasser  der  Inschriften  besassen  doch  in  der  Regel 
wenigstens  eine  gewisse  Kenntniss  der  Schriftsprache  und  wurden  durch 
diese  zur  richtigen,  oft  auch  [a.  oben!]  zur  unrichtigen  Setzung  des  s  ver- 
anlasst).'j 

Anders  allerdings  als  Coussen  äussert  sich  über  das  auslautende  s 
Seelmann,  wenn  er  in  seinem  trettlichen  "Werke  über  die  Aussprache  des 
Lateinischen,  p.  355  f,  (vgl.  auch  S.  361  f.),  sagt: 

»Auslautendes  s  war  in  der  rorlitter arischen  Periode  sehr  schivach  und 
verßiichtigunf/sfiihiff,  besoiiders  tcenn  es,  tvie  in  Nominal-  und  Verbalfor- 
men,  einem  kurzen  ü  oder  i  folgte ;  vielfach  uird  es  dort  gar  nicht  geschrie- 
ben. Ennius  und  seine  Nachfolger  bis  Catull  haben  sich  die  FreiJieit  ge- 
nommen, es  in  der  Metrik  ror  nachfolgendem  Consonanten  ganz  zu  ignm-i- 
ren.  Dass  es,  wenn  auch  in  der  ältesten  Periode  fast  verßiichtigt,  doch  dem 
Sprachbeicusstsein  nicht  entfallen  war,  zeigt  seine  allmähliche  Jf'ieder- 
einfiihrung,  bezic.  Stärkung;  nur  iti  der  Vulgärsprache  geivisser  Landstriche 
ist  es,  und  zwar  ohne  Unterschied  der  etymologischen  Vorstufe,  dejinitir 
aufgegeben.  Cicero  theilt  uns  im  Orator  direct  mit ,  dass  s  in  der  Vorzeit 
speciell  in  der  Endung  -rs  ausser  vor  folgendem  Vocal  einfach  abgestossen 
ward!  In  classischer  Periode  und,  irie  die  Inschriften  zeigen ,  in  der  allge- 
meinen Volkssprache  der  Kaiserzeit  ist  es  allenthalben  gewahrt."  Die  letzte 
Behauptung  wird  eingeschränkt  durch  die  einige  Zeilen  zuvor  ausgespro- 
chene,   dass  s  in  der  "Vulgärsprache  gewisser  Landstriche«  definitiv  aufge- 

1)  Zu  vergleichen  ist  auch  Quintil.  Inst.  IX  4,  37  f.:  Ceterum  conso- 
nantes  quoque,  earumque  praecii)uc  quae  sint  asperiores,  in  commissura 
verborum  rixantur,  ut  si  .v  ultinui  cum  x  proxima  eonttigat,  quaruui  tristior 
etiam,  si  binae  coUidantur,  Stridor  est,  ut  'ars  studiorum'.  Quae  fuit  causa 
et  Servio,  ut  dixi,  subtrahendae  .v  litterae,  quotiens  ultima  esset  aliaque 
consonante  susciperetur ;  quod  rejjrehendit  Luranius,  Mcssala  defendit.  Nam 
neqiio  Lucilium  putant  uti  eadeiu  ultima,  cum  dicit  'Aeserniiuis  fuil'  et 
'dignus  lücocjue',  et  Cicero  in  Oraturt-  pluri's  antiquorum  tradit  sie  locutos. 


Die  Wortformcn  und  die  W'ortt'ormumschrcibungen.  1S5 

geben  worden  sei,  leider  sagt  Skki.mann  niclit,  an  welclie  Landstriche  er 
denkt.  AVenn  Seelmann  annimmt,  dass  in  der  »allgemeinen"  Vülkssj)rache 
der  Kaiserzeit  .v  allenthalben  gewalirt  worden  sei,  so  bleibt  er  den  Beweis 
dafür  schuldig,  denn  die  Berufung  auf  die  Inschriften  —  in  denen  üV)ri- 
gens  doch  nach  Cokssen's  nicht  anzufechtendem  Zeugnisse  s.  oben!j  .v  oft 
ücnug  fehlt  oder,  was  nicht  minder  bemerkenswerth,  falsch  gesetzt  wird  — 
kann  für  sich  allein  nicht  für  ausreichend  gelten,  da  ja,  wie  leicht  be- 
greiflich, die  Verfasser  und  Vcrfortiger  von  Inschriften  nach  schriftsprach- 
licher Correctheit  strebten  und  da  gerade  bezüglich  des  -,s-  dies  Streben 
bei  der  Einfachheit  seines  Objcctes  sehr  erfolgreicli  sein  konnte:  für  die 
Aussprache  könnte  die  Setzung  des  -s  nur  dann  beweisend  sein,  wenn 
die  Orthographie  der  bezüglichen  Inschriften  für  phonetisch  erachtet  wer- 
den dürfte,  was  selbstverständlich  nicht  der  Fall  ist.  Seel5L\xn's  an  sich 
ja  recht  interessante  Beobachtung,  dass  die  sonst  von  Vulgarismen  strotzen- 
den pompejanischen  "VN'andkritzeleien  kaum  erst  Spuren  des  S-Schwundes 
aufweisen  und  dass  auch  Gallien  und  namentlich  Spanien  dasselbe  hart- 
näckig festhalten,  kann  daher  nicht  für  entscheidend  gelten.  —  Bedauer- 
lich ist,  dass  Seelmann  sich  darüber  ausschweigt,  wodurch  die  Wiederein- 
führung des  6-  in  die  allgemeine  Vulgärsprache  veranlasst  und  wie  sie  er- 
folgt sein  soll:  nimmt  er  eine  rückläufige  Sprachentwickelung  oder  Be- 
einflussung der  A'ulgärsprache  durch  die  Schriftsprache,  bezw.  durch 
das  Schriftbild  an? 

In  F.  BÜCHELER's  Grundriss  der  lateinischen  Declination.  2.  Ausg. 
S.  23  f.,  §  47  wird  über  den  »Schwund  des  s  des  Masculinums'  Folgendes 
bemerkt : 

'>In  'ßlius'  tönte  das  s  auch  iciihrend  des  (J.  und  7.  Jahrhunderts  so 
schtcach,  dass  es  unterdrückt  werden  konnte,  'ßliu  wie  früher  'ßlio",  'Nul- 
hi's"  bei  den  Scenikern,  'nulhc  sum,  iussu  sum,  auctu  sif  im  letzten  Fuss 
bei  Terenz,  'cedit  citu  cehu  tolutitn  bei  Varro  und  ähnliches  bei  allen  Dich- 
tern der  alten  Schule.  Des  Protogenes  (irabsehrift  verkürzt  sogar  'heicei 
situst  minius\  eine  Verflüchtigung  des  Auslautes,  welche  sich  in  der  Litte- 
ratur  zuletzt  Plautus  erlaubt  hat;  zu  Lucilius''  Zeit  tcar  nur  noch  'hie  situs 
Metrophanes"  gültig.  In  der  Schrift  zeigt  sich  Reaction  gegen  die  Abwer- 
fung des  s  schon  seit  dem  6.  Jahrhundert:  im  siebenten  steht  'vocitatusf  auf 
der  Genueser  Tafel  sehr  vereinzelt,  man  schrieb  'Liicius  Mihnmius  dönwn, 
während  die  Aussprache  alter  Gewohnheit  folgte :  der  Verfasser  der  Sci- 
2)ionengrabschrift  no.  34  zog  'is  hie  situs  quei  nunquam  victus  est  virtutei 
einem  'situst'  vor.  Plebejer  oder  Kleinstädter,  welche  auch  nach  Cicero  hier 
und  da  'lectu\für  'lectus'  und  dergleichen  schreiben,  bezeugen  eben  dadurch 
ihre  Rusticitäf.»  Hiernach  wird  also  zugestanden,  dass,  während  in  der 
Schrift  seit  dem  6.  Jahrhundert  das  s  wieder  zur  Geltung  gelangte,  die 
Aussprache  ihrer  alten  Gewohnheit,  das  s  zu  unterdrücken,  folgte,  eine 
Gewohnheit,  die  nun  freilich  vom  schriftsprachlichen  Standpunkte  als  eine 
Rusticität  betrachtet  wurde.; 

Nach  den  Angaben  CoRi5SEN''s  und  Bücheler's  scheint  es  höchst 
glaubhaft,  dass  das.  in  der  Schriftsprache  wiederhergestellte,  Nominativ-.? 
in  der  Volkssprache  —  und  zwar  in   der   allgemeinen .   nicht  bloss  in  der- 


Igß  Das  Französische. 

jenigen  gewisser  Landstriche  —  definitiv  aufgegeben  blieb.  Es  ist  dies 
auch  von  vornherein  wahrscheinlich,  da  eine  rückläufige  Lautentwickelung 
innerhalb  der  gesprochenen  Sprache  mit  der  Conventionellen  Schrift- 
sprache verhält  es  sich  freilich  anders  allerdings  hin  und"  wieder  beob- 
achtet wird,  aber  doch  nur  in  sehr  vereinzelten  Fällen,  und  folglich  ihr 
Vorkommen  ohne  zwingende  Noth  nicht  angenommen  werden  darf.  Mit 
der  Annahme  des  vulgärsprachlichen  Schwundes  des  .s-  stimmt  denn  auch 
gut  die  Thatsache  überein,  dass  alle  romanischen  Sprachen,  mit  einziger 
Ausnahme  des  Französischen  und  Provenzalischen  und  des  sardischen 
Dialects),  den  sigmatischen  Nominativ  der  masculinen  O-  und  U-;  Stämme 
völlig  aufgegeben  haben.  Freilich  erhebt  sich  dann  sofort  die  Frage,  wie 
der  sigmatische  Nominativ  des  Französischen  und  Provenzalischen  zu  er- 
klären sei,  wenn  er  nicht  als  aus  dem  Lateinischen  ererbt  angesehen  wer- 
den darf.  Ein  Versuch  zur  Beantwortung  dieser  Frage  soll  weiter  unten 
geAvagt  werden.  Zunächst  ist  noch  etwas  Anderes  hervorzuheben,  was  ge- 
gen den  lateinischen  Ursprung  des  franzcisisch-provenzalischen  Nominativ-.« 
spricht. 

Thatsache  ist,  dass  das  alte  Latein  das  Nominativ -s  auch  in  der 
Schrift  aufgegeben  hatte.  Sollte  es  nun  später  auch  in  der  allgemeinen 
Volkssprache  lautlich  wiederhergestellt  worden  sein,  so  sind  bezüglich  des 
Italienischen,  Spanischen,  Portugiesischen,  Rätoromanischen  und  Iluniäni- 
schen,  welche  sämmtlich  den  sigmatischen  Nominativ  nicht  kennen,  nur 
zwei  Annahmen  möglich:  entweder  dass  im  italienischen,  spanisclien, 
lusitanischen  etc.  Provinziallatein  das  -«  doch  wieder  noch  in  vorromani- 
scher Zeit  wegfiel,  oder  aber  dass  in  demselben  Provinziallatein  ebenfalls 
in  noch  vorromanischer  Zeit  der  Nominativ  der  O-  u.  U-;  Stämme  durch 
den  wi-losen)  Accusativ  verdrängt  wurde.  Die  erstere  Annahme  läuft,  wie 
man  sieht,  wieder  darauf  hinaus,  dass  das  Volkslatein,  aus  welchem  die 
l)etreft'enden  romanischen  Sprachen  hervorgingen,  bereits  das  Nominativ-« 
aufgegeben  hatte ,  und  mithin  ist  durch  sie  nichts  zu  beweisen.  Die  letz- 
tere Annahme  ist  an  sich  recht  wohl  statthaft,  obwol  sie  durch  keine  po- 
sitiven Zeugnisse  gestützt  werden  kann.  "Wer  aber  ihr  huldigen  will,  dem 
liegt  die  Pflicht  ob,  zu  erklären,  warum  der  gleiche  Process  der  \'erdrän- 
gung  des  Nominativs  Sing,  der  O-  (U-)  Stämme  durch  den  Accusativ  nicht 
auch  im  gallischen  Latein  erfolgt  ist.  Diese  Erscheinung  wäre  in  der 
That  sehr  befremdlicli.  Denn  die  in  Gallien  sich  niederlassenden  römischen 
Colonisten,  unter  denen  ohne  Zweifel  viele  Veteranen,  Handwerker,  Kauf- 
leute u.  dgl.  sich  befanden,  waren  doch -gewiss  nicht  durcliwcg  litterarisch 
gebildete  Leute,  welche  vermöge  des  genossenen  Schulunterrichtes  inurun 
und  »luni/n  auseinanderzuhalten  sich  gewöhnt  hatten ,  sondern  sie  Averden 
vermuthlich  ebenso  schriftspraclilich  uncorreet  gesprochen  haben,  wie  die 
Colonisten  in  Spanien  etc.;  wenn  also  überall  sonst  schon  in  vorromani- 
scher Zeit  statt  populus  gesagt  worden  sein  soll  pnpulu[m] ,  bezw.  poptilo, 
so  muss  man  glauben,  dass  es  auch  in  Gallien  nicht  anders  gewesen  sei. 

Und  überdies  ist  auch  Folgendes  noch  zu  erwägen.  Es  kann  keinem 
ZAveifel  unterliegen,  dass  die  römische  Uolonisation  Galliens  in  der  Haupt- 
sache einerseits  vorzugsweise  von  Italien  aus  und  andrerseits  in  der  letzten 


Die  Wortformen  und  tlif  \\  orttomuimscrireibungcn.  1^7 

Zeit  der  Republik  erfolgt  ist.  Für  diese  Zeit  aber  bezeugt  Cicero  an  der 
üben  jS.  1S4)  angeführten  Stelle,  dass  die  Volkssprache  das  Noniinativ-s 
abwarf.  Folglich  auch  werden  die  ungefähr  gleichzeitig  oder  etwas  später 
aus  Italien  nach  Gallien  einwandernden  römischen  Colonisten  die  asigma- 
tischen  Nominative  dortliin  verpflanzt  und  dieselben  schwerlieh  sobald  mit 
den  scluiftsprachlichen  sigmatischen  vertauscht  liaben ,  wahrsclieinlicli  so- 
gar niemals,  da  dies  höchstens  durch  den  Eintluss  der  Schriftsprache  hätte 
geschehen  können,  dieser  aber  trotz  aller  Rhetorenschulen  etc.,  deren  Un- 
terricht doch  nur  einem  kleinen  Bruchtheil  der  Bevölkerung  zu  gute  kam, 
schwerlich  ein  so  bedeutender  gewesen  sein  wird,  um  die  Kraft  zur  Be- 
lebung einer  abgestorbenen  Bildung  zu  besitzen.  Eins  allerdings  lässt 
sich  einwenden:  da  Nominative,  wie  imperatov  u.  dgl. ,  latro  u.  dgl. ,  im 
Provenzalischen  und  Französischen  sich  erhalten  liabcn  Avährend  sie  im 
Italienischen,  Spanischen  etc.  durch  den  Accusativ  verdrängt  worden  sind), 
so  könnte  man  daraus  folgern  wollen,  dass  ebenso  die  Erhaltung  der  sig- 
matischen Nominative  der  0-  (u.  Ü-)  Stämme  möglich  gewesen  sei.  Aber 
ein  solcher  Schluss  wäre  dennoch  unberechtigt ,  denn  erstlich  sind  derar- 
tige Nominative  nicht  sigmatisch,  zweitens  wurde  ihrer  Erhaltung  durch 
den  Accentwandel  in  den  obliquen  Casus  Vorschub  geleistet,  und  endlieh 
ist  wohl  zu  beachten,  dass  die  betreffenden  Substantiva  durchweg  Perso- 
nenbegriffe bezeichnen  und  zum  TheU  als  Titel  in  lebendigem  Gebrauch 
waren,  ebenfalls  ein  Umstand,  der  die  Erhaltung  des  Nominativs  begün- 
stigen musste.  Ja,  vielleicht  lässt  sich  behaupten,  dass  nicht  die  Nomi- 
native imperator  etc.  und  haro  etc. ,  sondern  die  als  Titulaturen  so  viel- 
gebrauchten, gleichlautenden  Vocative  im  Französischen  und  Provenza- 
lischen sich  erhalten  haben  oder  doch,  dass  der  häutige  Gebrauch  von 
Vocativen.  wie  imperator,  haro  etc.,  die  Erhaltung  der  gleichlautenden 
.Nominative  sowie  der  Nominative  anderer  Substantive  derselben  Flexiini 
(also  auch  solcher,  welche,  wie  peccatar  u.  dgl.,  als  Titulaturen  nicht  ver- 
wendbar waren,  begünstigte. 

Man  könnte  nun  zwar,  um  den  lateinischen  Ursprung  des  französisch- 
provenzalischen  Nominativ-.«  zu  begründen,  darauf  hinweisen,  dass  das  .^' 
der  neutralen  S-Stämme  corpus  im  Französischen  und  Provenzalischen 
und  das  .v  der  Verbalendung  -inus  wenigstens  im  Französischen  sich  er- 
halten habe  und  dass  ebenso  folglich  auch  das  s  des  Nominativs  beharrt 
haben  könne.  Aber  stammhaftes  s  kann  sehr  wohl  anders  behandelt  wor- 
den sein,  als  flexivisches ;  das  .v  der  französischen  Verbalendung -oj?w  aber 
kann  auf  Anbildung  an  die  Endung  der  2.  Person  Plur.  -ts  =  z  beruhen, 
wie  sich  ja  denn  auch  asigmatische  Formen  -am,  -um]  oft  genug  finden 
^freilich  auch  die  Form  -ommes,  -ommez,  deren  s  allerdings  nur  organisch 
sein  kann  . 

AUes  in  Allem  erwogen,  dürfte  der  lateinische  Ursprung  des  franzö- 
sisch-provenzalischen  Nominativ-.s-  mindestens  zweifelhaft  sein.  Im  P'alle, 
dass  der  Zweifel  begründet  erscheint,  ist  jenes  -s  für  eine  den  nordwest- 
lichen Sprachen  eigenthümliche  Neubildung   zu   halten '  .     Für  die  Beant- 


1)  Ob    die    gleiche    Annahme    für    das    Sardische    aufgestellt    werden 


ISS  Das  Französische. 

wurtung  der  Frage  nach  der  Entstehung  derselben  giebt  vielleicht  einen 
Fingerzeig  der  Umstand  ab,  dass  eben  nur  die  nordwestlichen  Idiome 
sie  aufweisen,  diejenigen  Sprachen  also,  welche  germanischem  Einflüsse 
am  zugänglichsten  gewesen  sind.  Im  Germanischen  wird  der  Nominativ 
Sing,  der  masculinen  und  femininen  Stämme  der  starken  Declination  mit- 
telst des  Suffixes  -.v  gebildet  und  eben  durch  dieses  Suffix  von  dem  gleich- 
lautenden i\.ccusativ  unterschieden  iV/ac/s  —  dag,  halgs  —  halcj,  ansU  —  miitt, 
sunus  —  sunu).  Der  enge  Contact  nun,  in  welchen  —  zum  Theil  schon 
vor,  weit  mehr  noch  aber  natürlicli  nach  der  germanischen  Occupation  — 
die  GaUoromanen  mit  den  Germanen  gesetzt  wurden,  konnte  für  die  erste- 
ren  ein  Anstoss  sein,  die  asigmatische  Nominativform  der  O-  (und  U-) 
Stämme  mit  der  nach  germanischem  Muster  gebildeten  sigmatischen  zu 
vertauschen.  Eine  derartige  Beeinflussung  der  romanischen  Flexion  durch 
die  germanische  anzunehmen,  darf  wohl  gestattet  sein,  wenn  auch  analoge 
Fälle  nur  vereinzelt  sind.  Erwarten  könnte  man  nun  allerdings,  dass  auch 
die  Pluralflexion  nach  germanischem  Muster  neugestaltet  worden  wäre, 
aber  hier  lag,  da  sich  der  asigmatische  Nominativ  und  der  sigmatische 
Accusativ  [mur  —  »nwrs)  neben  einander  erhalten  hatten,  einerseits  kein 
Anlass  dazu  vor,  und  andrerseits  wäre  die  Uebertragung  der  betreffenden 
germanischen  Suffixe  auf  die  romanischen  Stämme  den  grössten  lautlichen 
Schwierigkeiten  begegnet. 

Es  erübrigt,  das  Gesagte  in  einem  Schlussworte  zusammenzufassen. 
Gegen  den  lateinischen  Ursprung  des  französisch-provenzalischcn  Nomina- 
tiv-« spricht  der  von  Cicero  bezeugte  ScliAVund  des  -.v  der  Endung  -tis, 
denn  Cicero's  Aussage  gilt  gerade  für  die  Zeit,  innerhalb  welcher  die  rö- 
mische Colonisation  Galliens  in  vollem  Zuge  war.  Brachten  aber  die  römi- 
schen Colonisten  das  -s  nicht  nach  Gallien,  so  ist  nicht  wahrscheinlich, 
dass  es  durch  den  Einfluss  der  Litteratursprache  wieder  aufgelebt  sei.  Die 
Setzung  des  -s  in  gallisch-lateinischen  Inschriften  ist  kein  Beweis  für  die 
Aussprache,  denn  die  Verfasser  und  Verfertiger  der  Inschriften  haben 
wahrscheinlich  eine  gewisse  Kenntniss  des  Schriftlateins  besessen  und 
nahmen  folglich  aus  diesem  das  s  hinüber'. 


könnte,  bleibe  dahingestellt.  Das  dichte  Dunkel,  welches  über  der  alten 
Geschichte  Sardiniens,  über  seiner  Urbevölkerung  und  über  dem  Verlaufe 
seiner  Besiedelung  durch  die  Kömer  scliwebt,  wirft  auch  bis  jetzt  undurch- 
dringliche Schatten  über  die  sardische  Sprachgeschichte. 

1)  Ueberhaupt  dürfte  einmal  zu  erwägen  sein,  ob  sich  niclit  der  Satz 
aufstellen  liesse :  die  in  den  Provinzen  gefertigten  privaten  Inschriften 
entsprechen  im  Allgemeinen  den  Nonnen  der  schriftlateinischen  Ortho- 
graphie besser,  als  die  in  Italien  bezw.  in  der  Nähe  von  Rom  entstan- 
denen. Denn  denkbar  ist  es,  dass  z.  B.  der  Steinmetz  in  Gallien,  eben 
weil  er  Provinziale  war,  der  ihm  drohenden  Gefahr,  Feliler  gegen  den 
Schriftgebrauch  zu  begehen,  sich  lebhafter  bewusst  war,  folglicli  aber  auch 
mit  grösserer  Vorsicht  verfahr,  als  sein  italischer  Berufsgenosse,  der  nur 
gar  zu  leicht  wähnen  mochte,  als  geborner  Italer  ohne  Weiteres  auch  des 
scliriftmässigen  Lateins  kundig  zu  sein.  .Man  denke  daran,  dass,  wer  als 
Ausländer  eine  Sprache  scln-eibt ,  in  der  Kegel  auch  die  conventionellc 
Ortliographie  derselben  mehr  aclitet,  aber  deslialb  aucli  ihren  Anforderun- 
gen genauer  naclikommt,    als  oft  der  Nationale  es  tluit .    Meli  dieser  el)en, 


l^ic  Wortformen  und  die  Wortformumschreibiinpen.  180, 

Sind  diese  15edenken  fregen  den  lateinischen  L'rsjjrung  des  -.v  nicht 
grundlos,  so  gilt  es  eben  eine  andere  Erklärung  des  NominativsufHxes  zu 
suchen.  Die  oben  gegebene  soll  nur  als  Vermuthung  hingestellt  werden  — 
erweist  sie  sich  als  nicht  stichhaltig,  so  soll  sie  gern  preisgegeben  werden. 

2.  Die  Behandlung  des  Stammauslautes  vor  dem  flexivi- 
schen  s.  In  folgenden  Fällen  wird  der  consonantische  Stammauslaut  vor 
dem  flexivischen  .s-  moditicirt :  a  Dentale  Explosiva  -j-  s  =^  z,  z.  B.  inont-s 
=  niOHZ,  monil  miDtdufi)  -\-  s  =  mo/iz  'c.  o.  sg.  vionde,  mond  und  mont], 
ost  hostein)  -\-  s  =  onz,  oft  vereinfacht  zu  oz ;  nur  scheinbare  Ausnahme 
ist  com[i]t[etn]  =  cuen^s,  queus,  c.  o.  sg.  coute  nach  Schwund  des  t  wurde 
das  "Wort  behandelt  wie  ein  auf  -m  auslautender  Stamm,  vgl.  c).  b)  Nach 
n  tritt  statt  s  gern  z  ein,  z.  B.  ans  :  aiiz.  c]  Auslautendes  m  wird  vor  s 
zu  u.  z.  B.  fions  =  nomen,  /uns  =  fumus  'nur  tritt  in  diesem  Falle  z  ein) . 
d  Explosiva  fällt  vor  s  gern  aus,  z.  B.  ^^jVs  i\xr  pieds,  frans  iüi  francs, 
Sans  für  sancs,  cols  [cous,  cox  für  eolps  u.  dgl.  e^  f  vor  .-*  fällt  aus,  z.  B. 
nes  für  nefs,  hries  für  hriefs.  f,  Nach  /  tritt  gern  ::  ein,  z.  B.  vassalz, 
conseilz;  bei  Autlösung  des  /  in  u  beharrt  s:  cassaus,  conseus ,  auch.  Jius 
=  ßli,  teus  =  tels  u.  dgl.,  statt  tis  wird  gern  x  geschrieben,  welches  x  also 
nur  als  Ligatur  aufzufassen  ist:  vassax,  consex,  ßx,  tex,  auch  diex  und 
dex  =  dieus,  deus.  üeber  das  z  nach  mouillirtem  l,  wie  in  conseilz,  vgl. 
HORXIXG  in  Roman.  Stud.  IV  627  ff.  und  Chahaneau  in  Rev.  des  lang. 
rom.  V.  330  ff.  —  e  vor  auslautendem  -h  unterliegt  der  bekannten  Erwei- 
terung zu  ea  ibek,  heah,  heaus,  bezw.  bials,  hiaus).  Ebenso  erscheint  für 
e  vor  ursprünglich  palatalisirtem  l  häufig  a,  z.  B.  solax,  solaux  u.  dgl, 
gl  homo  =  hons,  huens ;  dominus  =  dans,  danz ;  comes  =  cuens,  quens ;  die 
entsprechenden  Casus  obl.  lauten :  hom[m]e,  dame  und  dant  vgl.  No.  3; , 
conte. 

3.  Der  Casus  obl.  sing,  der  .v-Declination.  Der  Casus  obl. 
sing,  zeigt  den  um  e  =  o  gekürzten  Stamm,  z.  B.  mur  (=  mur[e\)  =  mu- 
rum,  ausgenommen  sind  monde,  komme,  dame,  conte.  —  An  auslautendes  n 
■wird  gern  ein  unorganisches ,  auf  Anbildung  an  die  ^-Stämme  beruhendes 
t  angefügt,  z.  B.  romant  ^daher  romantisme  ,  tyrant  (so  noch  im  Engli- 
schen) u.  dgl. ,  hierher  gehört  auch  dant  =  domimcm.  —  Ueber  die  For- 
men auf  -ön  vgl.  No.  4. 

4.  Die  Casus  obl.  sing,  der  a-  und  s-Declination  auf  -ain 
und  -ön.  Von  Personcnnamen,  welche  im  Nominativ  Sing,  auf  -a  und  -s 
auslauten,  erscheinen  nicht  selten  Casus  obl.  auf  -ain  und  -ön,  z.  B.  Eie 
—  Evain,  Cliarles —  Charlön,  ebenso  bei  den  Appellativen  ante —  antain, 
jmte — putain.  Diese  Bildungen  beruhen  auf  der  falschen  'aber  in  Frank- 
reich noch  jetzt  üblichen}  Ultimabetonung  der  entsprechenden  lateinischen 
Accusative,  welche  zum  Theil,  wie  z.  B.  Petrum,  in  der  Kirchensprache 
sehr  üblich  waren :  Ecüm ,  (Jar\o\lüm  u,  dgl. ;  bei  den  Masculinen  mag 
überdies  die  Analogie  der  Substantive  auf  -o  mit  beweglichem  Accent  mit- 


faUs   er  nicht  litterarisch    gebildet   ist,    dem   Grundsatze   'schreib   Avie   du 
.sprichst'  in  unbefangenster  Weise  zu  huldigen  pflegt. 


190  I^'^"  Französische. 

■gewirkt  haben,  also   Clmrlnn  nach  har<'tn.     "N'gl.  FÖRSTER  in  Ztschr.  f.  rom. 
Pliil.  III  566  und  HouMNG  u.  GrüBEK  ebenda  VI  442  f. 

5.  Nominative,  \s\c  i)odesie ,  jtoverte,  sind  xvwXxt  = -poteHtan,  yaiiiiertas, 
sondern  =  ^pntenta,  * jtauperta,  welche  ihrerseits  wieder  Analogiebildungen 
zu  jui-enta  sind.  —  cit  ist  überhaupt  kein  Nominativ,  sondern  Casus  obl., 
eine  befriedigende  Erklärung  der  Form  ist  aber  noch  nicht  gegeben.  Vgl. 
G.  Paris,  Vie  de  St.  Alexis,  p,  113,  Anm.  3.  —  Die  Form  des  Casus  rect. 
der  Feminina,  wie  clartez,  hontez  u.  dgl.,  verräth  sich  schon  durch  ihr 
z  =:  -t  -\-  .s  als  unorganisch.  Sie  wird  allgemein  für  eine  spätere  Anbildung 
an  das  Masculinum  gehalten.  Anderer  Ansicht  ist  jedoch  "\V.  Förster. 
welcher  in  seiner  Cliges-Ausgabe,  p.  TiXXV,  bemerkt;  »Ich  stelle  mich  der 
lierrschenden  Ansicht  (nur  Tobler  widersprach  Gott.  Gel.  Anz.  1S72,  SSi» 
entgegen,  dass  das  -s  später  im  Französischen  durch  Analogie  des  Mas- 
culinums  angehängt  sei.«  So  G.  Paris  im  Alexis  S.  113  f.  auf  Grund  der 
Schreibung  der  Hildesheimer  Handschrift  und  des  Oxforder  Psalters,  Le- 
BINSKI  S.  89  ff.  aus  den  Reimen  in  Ikandan ,  Phil,  von  Thaon  und  der 
Sehreibung  der  QLDli.  Sich  auf  in  England  geschriebene  Texte  zu  be- 
ziehen, um  den  continentalen  Sprachgebrauch  zu  erfahren,  scheint  mir 
wenig  methodisch  und  die  spätere  Analogie  mit  dem  masculinen  -s  oben- 
drein unglücklich  zu  sein.  Für  mich  ist  bei  dem  thatsächlichen  ursprüng- 
lichen Verhältniss  zwischen  Provenzalisch  und  Altfranzösisch  das  Zusam- 
mentreffen des  provenzalischen  Zustandes  (Fem.  der  ;}.  Decl.  mit  -s  schon 
im  Boeci;  schon  allein  massgebend  und  die  sorgfältigen  Keime  Christians 
beweisen  noch  das  Fortbestehen  derselben,  während  die  Reimer  nach 
ihm  bereits  zu  schwanken  beginnen.  Die  Angleichung  aber  ging  aus  von 
den  Adjectiven,  wie  (/ranz,  tels,  quels  u.  a.,  die,  häutig  im  Gebrauch,  von 
Einfluss  auf  die  sie  begleitenden  Nomina  mit  ähnlicher  Endung  waren«. 

0.  Als  Vocativ  fungirt  der  Casus  rectus;  der  Eintritt  des  Casus 
obl.  in  diese  Function  ist  ein  Symptom  des  Verfalls  der  Declination  über- 
haupt. Vgl.  KosciiwiTZ  in  Roman.  Stud.  III  4!t3  ff.  und  namentlicli  A. 
Beyer  in  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  VII  23  ff. 

3.  Das  Genitivverhältniss  Avird  schon  iu  der  illtesteu  Spru- 
che durch  die  Präposition  de  und  das  Dativverhaltniss  durch 
die  Präposition  a  in  ^'erbindun<>■  mit  dem  Casus  obl.  zum 
Ausdruck  gebracht.  Der  Casus  obl.  kann  jedoch  bei  persön- 
lichen JiegiifFen  auch  ohne  Casuspräposition  als  possessiver 
Genitiv  fungiren.  auch  kann  das  Possessivverhältniss  durch  u 
ausgedrückt  Averden  Jlliut>  regia  =  U ßh  ilel  rei  oder  U  Jlh  h 
rel  oder  li  fils  (d  rei  . 

Vereinzelt  besitzt  das  Altfranzösische  genitivische  Formen, 
welche  lateinischen  Genitiven  Plur.  entsprechen:  Fraurnr  = 
Francorum.  paienor  =  pagunorum. 

1.  Die  l'nterscheidiuig  des  Casus  rectus  vom  C'as.  <>bl. 
mittelst    des  Üexivischen  -a  erhielt   sich  nur  bis  zum  .Vusgang 


Die  "Wortformon  und  dii-  AVc)rtt'()rnuinischreihun»cn.  191 

(U'S  13.  .lahrhumlcits :  von  ila  nh  übernimmt  mehr  und  mehr 
der  Casus  ohl.  die  Function  auch  des  Casus  rect.  Bereits  im 
L'k  Jahrhundert  ist  die  Deelinatiun  derarti«;'  "estört.  dass.  als 
der  Dichter  Vtllon  (1431  — 1500)  in  einer  liallade  die  alte 
Casusregel  beobachten  wollte .  er  Fehler  über  Fehler  beging, 
namentlich  bezüglich  der  liildnng  des  Casus  rect.  Plur.  Vgl. 
Uaynouakp  .  Observations  philologiques  et  grammaticales  siir 
le  Koman  de   Ron  ]).   32. 

Angesichts  der  Thatsache  übrigens ,  dass  schwerlich  auch 
nur  eine  einzige  altfranzösische  Handschrift  grösseren  Umfan- 
ues  existirt.  in  Avelcher  die  Declinationsregel  mit  voller  Strenge 
durchgeführt  und  jede  Casusvermischung  unterblieben  wäre, 
ist  es  erlaubt  daran  zu  zweifeln  .  dass  die  Declination  jemals 
in  litterarischer  Zeit  voll  lebenskräftig  gewesen  sei :  es  macht 
dieselbe  vielmehr  von  vornherein  den  Eindruck  einer  Formcn- 
bildunsr.  welche  entweder  schon  in  lan^rsamem  Absterben  bc- 
griffen  war  oder  aber,  weil  jüngeren  Ursprungs,  erst  nach  und 
nach  Fuss  zu  fassen  und  sich  auszubreiten  begann ,  ohne  zu 
wirklicher  iind  dauernder  Festigkeit  gelangen  zu  können.  Es 
ist  die  altfranzüsische  Declination  nur  ein  Versuch  gewesen, 
sei  es  zur  Festhaltung  der  lateinischen  Scheidung  zwischen 
Casus  rect.  und  Casus  obl.  ,  sei  es  was  den  Singular  anbe- 
langt zur  Neubildung  einer  derartigen  Scheidung,  ein  Ver- 
such, der  im  Widerspruch  stand  mit  der  die  Sprachentwicke- 
lung: beherrschenden  analytischen  Tendenz  und  deshalb  dauern- 
den  Erfolg  nicht  haben  konnte. 

§  3.  Die  Declination.  bezw.  die  Fluralbildung 
der  Substantive  im  Neufranzösischen. 

1.  Im  Neufranzösischen  fungirt  der  ursprüngliche  Casus 
obliquus  —  abgesehen  von  ganz  vereinzelten  Ausnahmen  (s. 
No.  2  —  zxijjleich  als  Casus  rectus.  Es  besteht  demnach  nur 
je  eine  Casusform  für  Singular  und  Plural,  und  folglich  be- 
sitzt das  Neufranzösische  keine  Declination  mehr,  sondern  nur 
noch  eine  Pluralbildung. 

2.  In  vereinzelten  F'ällen  hat  der  ursprüngliche  ('asus 
rect.  Sing,  den  Casus  obl.  verdrängt  und  ist  folglich  zum  ein- 
zigen Casus  Sing,  geworden:  Jih  ^=  ßlhis  .  fonds  =  fundus. 
lars  =  laqneus .  legs  =  hgattis  für  hgatum  .  lis  =  lilius  für 
nimm,  pirifs  =  puteus,  rets  =  relis.  queux  =  coquus.  peintre  = 


192  Das  Französische. 

pi[n\ctor.  traltre  =  iraditor,  sceur  =  soror,  pejor  =  pire.  Dazu 
mehrere  Eigennamen.  Avie  Charles  =  Carolus,  Louis  =  Liido- 
virus.  —  Der  Casus  rect.  und  der  Casus  obl.  haben  sich  er- 
halten in  pätre  =  pastor  und  pasteur  =  pastorem ,  chantre  = 
cantor  und  clianteur  =  rhantoreni ,  sire  =  senior  und  seigneur. 
moindre  =  minor  und  mineur  mot  sav.)  =  minorem ,  maire  = 
major  und  majeur  (mot  sav.)  =  maj'eur.  Es  hat  jedoch  hier 
die  Sprache,  da  sie  das  Bewusstsein  für  die  Casusscheidunj^^ 
verloren  hatte,  durch  BedeutungsdifFerenziirung  einer  jeden  der 
beiden  Formen  Wortgeltung  verliehen.  —  code,  ein  mot  sa- 
vant,  ist  keine  organische  Entwickelung  aus  codex  ^  ebenso- 
wenig darf  saule  =  salez  angesetzt  werden. 

3.  Indem,  wie  im  Singular,  so  auch  im  Plural  der  Casus 
obl.  durchweg  die  Function  des  Casus  rect.  übernommen  hat. 
so  unterscheidet  sich  die  Pluralform  der  neufranzösischen  Sub- 
stantive und  Adjective  von  der  Singularform  durch  den  Besitz 
eines  auslautenden  s,  bezw.  x.  Bei  schon  im  Singular  auf  ^. 
X,  z  auslautenden  Substantiven  und  Adjectiven  fallen  Singu- 
lar und  Plural  in  der  Form  zusammen. 

Substantive ,  welche  im  Singular  auf  /  mit  vorausgehen- 
dem a  auslauten,  nehmen  im  Plural  x  an  und  vocalisiren  A'or 
diesem  l  zu  u^  z.  B.  yeneral — (jeneraux\  ebenso  bilden  die 
auf  mouillirtes  /  auslautenden  Substantive  den  Plural  auf  x 
mit  Vocalisirung  des  mouillirten  /  zu  w ,  z.  B.  travail —  ira- 
vaux,  oeil  —  yeux,  genou  =  genouil  —  genoux'  hieran  schliesst 
sich  das  vereinzelte  ciel  —  cieux  (neben  cieux) .  Femer  neh- 
men pluralisches  x  an  die  im  Singular  auf  u  =  /(/)  auslau- 
tenden Substantive,  z.  B.  noyau  [nucal-em]  —  noyaiix,  chateau 
castell-um)  —  chäteaux ,  chevau  [rapiU-um)  —  rheceux .  chon 
[raid-em]  —  choux.  An  Avisnahmen  von  diesen  Kegeln  fehlt 
es  nicht,  namentlich  nehmen  cS  an  mehrere  mots  savants  auf 
-al  (bal,  cal.  rarnaval,  chucal.  rhoral,  regal,  meist  auch  ideal  . 
Vermuthlich  n\u-  auf  orthographischer  Analogiebildimg  beruht 
das  i)luralische  x  in  bij'ou-x,  caillou-x,  hiboii-x,  Joujou-x. 

Im  späteren  Altfranzösisch  und  im  Mittelfranzösischen 
waren  graphische  Pluralbildungen  auf  -aulx  beliebt,  z.  B. 
fhevaidx^  in  deneit  also  das  zu  u  vocalisirte  /  in  der  Schrift 
wiederhergestellt  wurde  da  das  phiralische  x  selbst  wieder 
Abbreviatur    für   -us  —  vgl.  altfranzösisch  dex .    diex  =  dens. 


Die  Wortformen  und  die  Wortformumschreibungen,  193 

diens  — .  so  wird  schon  in  der  Schreibung  checaiix  das  aus  / 
entstandene  u  doppeh  gesetzt :  chevaux  =  chevamis ,  altfranzö- 
sisch richtig  che  Vax  =  chevaus  =  rahal'Jo^s;  die  Schreibung 
chevaul.r  war  demnach  vollends  sinnlos). 

Zeitweise  war  es  orthographische  Sitte,  vor  dem  Plurai-.s> 
auslautendes  stammhaftes  f  aiiszustossen  {atnans  für  amanfs] . 
eine  Sitte,  welche,  freilich  mit  manchen  Einschränkungen,  von 
der  Revue  des  Deux  Mondes  noch  jetzt  festgehalten  wird: 
allgemein  üblich  ist  die  Schreibweise  les  gens  für  les  genfs 
=  gentes. 

Die  Pluralbildung  mit  -z  der  auf  mouillirtes  /  auslauten- 
den Substantive  erhielt  sich  als  orthographische  Sitte  vielfach 
bis  in  das  17.  Jahrhundert  hinein,  wurde  oft  auch  auf  andere 
Substantiva  ausgedehnt .  namentlich  auf  die  vocalisch  aus- 
lautenden. 

3.  Mancherlei  Inconsequenzen  und  Bizarrerien  zeigen  die 
für  die  neufranzösische  Grammatik  verbindlich  gewordenen 
Regeln  über  die  Bildung  des  Plurals  der  Eigennamen  und  der 
zusammengesetzten  Substantiva  Composita,  Juxtaposita  .  Ein 
näheres  Eingehen  auf  diese  Dinge  würde  hier  jedoch  zu  weit 
führen  ^  . 

4.  Pluralia  tantum  sind  ziemlich  zahlreich,  zu  einem  gu- 
ten Theile  freilich  sind  es  mots  savants  (z.  B.  archives.  cata- 
combes,  premices  u.  dgl.  .  Im  Verhältniss  zu  dem  Lateinischen 
ist  im  Französischen  der  Gebrauch  der  Pluralia  tantum,  sowie 
der  emphatische  Gebrauch  des  Plurals  für  den  Singular  sehr 
eingeschränkt.  " 

5.  Zahkeiche  Substantiva  haben  im  Plural  eine  dem  Singu- 
lar unbekannte  Nebenbedeutung  angenommen,  zuweilen  schon 
aus  dem  Latein  übernommen,  z.  B.  lettre,  enfer.  ciseau,  de- 
fense etc.  Nicht  hierher  gehört  les  etres,  »die  innere  Ein- 
richtung (eines  Hauses  «,  welches  Wort  mit  etre  =  esse  re, 
nichts  zu  schaffen  hat .  sondern  vermuthlich  auf  exteras  (seil. 
parteS]  oder  auf  extra  zurückzuführen  ist,  vgl.  F.  Neumann 
in  Zeitschr.  f.  rom.  Phil.   V  3S5  f. 


\.  Eine  durch  Klarheit  und  Präeision  sich  auszeichnende  Darstellung 
der  complicirten  Materie  hat  Plattner  in  seiner  Schulgrammatik  §  112 
und  116  gegeben. 

Körting,  Encyklopidie  d.  rom.  Phil.   HI.  13 


194  Das  Französische. 

§  4.  Die  Femininbildimg  der  Adjectiva. 
1.  Die  lateinische  Feminiiiform  des  Adjectivs  ist  nur  Lei 
denjenigen  Adjectiven  in  das  Französische  übergegangen,  -svel- 
che  lateinischen  Adjectiven  auf  -us,  -«,  -um)  entsprechen. 
Die  feminine  Endung  hat  sich  hei  diesen  als  -e  erhalten, 
Avährend  die  masculine  Endung  überall  da,  wo  es  lautlich 
raöfflich  war,  abgefallen  ist.  Im  Einzelnen  ist  namentlich  zu 
bemerken : 

ai   Das  feminine  -e  schützte  den  auslautenden  Consonan- 
ten   des  Stammes,    während   derselbe   im  Masculinum  den  für 
den  Auslaut  massgebenden  Lautgesetzen  unterworfen  war,  z.  ]>. : 
fieuve  =  nov-a,  aber  neiif  =  non-us. 
nulle  =  null-aj  aber  nul  =  null-us, 
coite  =  qiijMa^   aber  coi  =  qu[vM-us, 
helle  =  bella,  aber  heati  =  hell-us  (vor  folgendem  vocalischen 

Anlaut  jedoch  hei ^ , 
epaisse  =  spiss-a,  aber  epais  =  spiss-ns, 
complete  =  complet-a ,   aber  complet  (mit  verstummtem  t)  = 

complet-us, 
legere  =  leviari-a .    aber   leger    ^mit   verstummtem  r    =  le- 

mari-us. 
henigne  =  henign-a ,    aber   henin    (mit  auslautendem   Nasal- 

vocal)  =  henign-us. 
hon\ti\e  =  hona^  aber  hon  (mit  Nasalvocal   =  hon-\is, 
froide  =  frigid-a,  aber  altfranzösisch  y>-02V  =yr?<7«V/-?<5  (neu- 
französisch froid  ist  etymologisirende  llückbildung), 
fausse  ■=  falsa,  aber  ya?/.r  =fals-us  {x.  weil  u  =  l  . 

Falsche  Analogiebildung   ist  roux  =  russns,    Fem.  rousse. 

Das  Masculinum  der  auf  lateinischen  Adjectiven  aiif  -osus, 

-osa   beruhenden    Adjectiva   nimmt    im    Auslaut   x    statt   5   an 

(als   wenn   das    vorausgehende  u  aus  /  entstanden   wäre)  .    das 

Femininum  dagegen  bewahrt  s,  z.   B. : 

famos-us  ■=  fameux^  aber  famos-a  ■=  fameuse . 

b)  Vor  der  Femininendung  -e  =  -a  geht  c  =  k  regel- 
recht in  rh  über,  z.  li.  : 

sec/te  =  sirr-a,   aber  ser  =  sirr-us. 

Mots  savants  bewahren  aucli  im  Fem,  den  iv-Laut  (ge- 
schrieben qu  :  pnhlir  —  publique,  grec  —  greqiie  xmd  grecque^ 
franc   (fränkisch)  — frunque  [Ahev  frone  frei  — franche). 


Die  Worformen  und  die  "NN'ortfomiumschreibunpen.  IJ)') 

c)  Lautet  der  Stamm  des  Adj.  a\it'  <j  aus,  so  miiss  zur 
Bezeichnung'  des  Lautwerthes  desselben  der  Fciuininendung 
ein  H  vorgeschoben  werden:  z.  15.  Ioikjuc  =  hnKj-a ,  lotn/  = 
long-us. 

d  In  der  Femininform  der  Adjectiva  auf  -e7i  =  -anns 
Avird  das  auslautende  stammhafte  n  verdoppelt,  um  den  offe- 
nen Klang  des  c  zu  bezeichnen,  z.  J{.  europeen  —  europeenne 
(ebenso  das  /  bei  den  Fem.  der  Adj.  auf  -el  =  -«//«,  z.  W.  mortel 
—  mortelh,  vgl.  unten  No.  2  :  Verdopi)elung  des  n  hat,  ohne 
ersichtlichen  Grund,  ebenfalls  statt  bei  houne  (altfrz.  ho7ie  ne- 
ben boti'),  dagegen  scliAvankt  der  Gebrauch  in  wallon  —  v:al- 
}on\ii\e  und  hourguignon  —  hourgiiignon[n]e,  bei  letzterem  Adj. 
ist  doppeltes,  bei  ersterem  einfaches  n  üblicher.  Rein  gi-a- 
phisch  ist  die  Verdoppelung  des  /  im  Fem.  der  Adj.,  deren 
JStamm  auf  mouillirtes  /  auslautet,  z.  B.  pareil  =  pariculus  — 
pareille.  denn  mouillirtes  /  "svird  im  Auslaute  durch  //,  im  In- 
laute durch  ///  bezeichnet .  vgl.  traruil  mit  travailler.  —  In 
den  mittelst  der  Suffixe  -ot  uiul  -et  abgeleiteten  Adjectiven 
(z.  B.  vieiUot  —  vieillotte,  miiet  —  muette)  ist  nicht  im  Fem. 
Verdoppelung  des  t,  sondern  im  Masc.  Vereinfachung  eines 
ursprünglichen  doppelten  t  eingetreten,  denn  die  betr.  Suffixe 
haben  geminirte  Consonanz. 

e)  Die  Adj.  helhis.  [gemeUus],  notellus.  vetulus.  [moUis  und 
*follis]  bewahren  im  Masc.  vor  folgendem  vocalischen  Anlaut 
das  (vereinfachte!  auslautende  /  des  Stammes,  während  vor  con- 
sonantischem  Anlaut  /  zu  u  vocalisirt  wird,  also  bei  neben 
heau.    Das  Fem.  hat  regelrecht  //.    Ueber  vieux  vgl.  §  5,    1. 

Die  Masculinform  hat  nicht  selten  ein  auf  Analogie- 
bildung an  das  Fem.  beruhendes  unorganisches  e  angenommen, 
z.  B.  raide  =  altfrz.  roit  =  rigidum. 

2.  Die  lat.  Adj.  (zweier  und  einer  Endiuig).  welche  für 
Masc.  und  Fem.  nur  eine  Form  haben,  sind  auch  nur  in 
dieser  einen  Form  in  das  Französische  übergegangen,  also 
z.  B.  niortalis  =  mortel{s  .  Es  wurden  jedoch  die  französ. 
Adj.  einer  Endimg  frühzeitig  von  der  Analogie  der  Adj.  zweier 
Endungen    angezogen   \nid   bildeten   in   Folge   dessen   ein   un- 

*  Das  nn  in  homie  darf  nicht  etwa  als  Zeichen  der  Kürze  des  o  an- 
gesehen werden,  denn  »das  o  ist  nicht  kürzer  in  bo/ate  als  in  Verone  u.  a.« 
PhATTXEii  a.  a.  O.  p.  108  Anm.  1. 

13» 


196  Diis  Französische. 

organisches  Fem.  auf -e,  also  z.  B.  mortele.  gleichsam  *mortal-a 
für  mortalis  (die  A'erdoppeliing  des  /  im  nfrz.  mortelle  ist  gra- 
phische Bezeichnung  der  Lautqualität  des  vorangehenden  e. 
vgl.  oben  1  d).  Eine  Anomalie  ist  das  Fem.  verte .  dessen  f 
aus  der  ursi)rünglich  communen  Form  vert  =  ririd-em,  in 
welcher,  weil  d  im  Auslaute  stand,  die  tonlose  für  die  tönende 
Explosiva  eintreten  musste.   herübergenommen  ist. 

3.  Die  Femininbildung  des  Adj.  wird  oft  auch  auf  Suli- 
stantiva  übertragen,  vgl.  z.  B.  haron  —  harorme  mit  hon  — 
bonne,  chanteur  —  chanteusv  mit  fameux  —  famevse  :  dass  sub- 
stantivirte  Adjectiva.  wie  z.  B.  citoyen.  ein  regelmässiges  Fem, 
bilden,   ist  selbstverständlich. 

§  5 .  D e c  1  i n a t i o n  und  P 1  u r a  1  b i  1  d u n g  der  Ad- 
jectiva. 

1.  Im  Altfrz.  gelten  für  das  Adj.  dieselben  Declinations- 
regeln.  wie  für  das  Subst..  vgl.  §  2. 

2.  Das  Neufrz.  hat,  wie  bei  dem  Subst..  so  auch  bei  dem 
Adj.  die  Declination  völlig  aufgegeben  und  n\ir  die  l'lural- 
bildung  bewahrt.  Der  Gas.  obl.  hat  überall  die  Function  aucl\ 
des  Gas.  rect.  übernommen.  Die  einzige  erhaltene  Nominativ- 
form ist  vieux  =  rieiis  =  viels  =  vielhs  =  verls  =  *vecnlus 
=  vetulus. 

3.  Die  Pluralbildung  des  nfrz.  Adjectivs  ist  völlig  der 
substantivischen  gleich.  —  "S^eimieden  wird  die  l^ildung  des 
Flur,  bei  einzelnen  Adj.  auf -r//  (fatal,  final,  glacial.  initial, 
matinah  natal.  naval .,  theätrali.  Der  Pluralbildung  unfähig 
sind  zusammengesetzte  Farbenadjectiva,  wie  hlond  ardent.  so- 
wie in  adjectivischer  Weise  zur  Farbenbezeichnung  gebrauchte 
Substantiva,  Avie  z.  B.  paille.  Über  diese  und  sonstige  Ein- 
zelheiten vgl.  die  Angaben  bei  Plattner  a.  a.  O.   §  139  ft". 

§  6.  Die  Comparation  der  Adjectiva.  1.  Das  Altfrz. 
besitzt  folgende,  zum  Theil  freilich  nur  sehr  vereinzelt  vor- 
kommende organische  Gomparati^  formen : 

helkzour  =^  *heUatiorv)n  vg;!.  E.  Stknokl  im  "Wörterbuch  zu  den  äl- 
testen Denkmälern  und  Hammesfahk,  Zur  Comp,  im  Altfrz.,  p.  15  f..  for- 
ceu7-  =  fortinretn,  (jensor  =:  *(/enj]tiorem,  graitidren  =  grmidior  und  graignur 
=  grandiorem,  hal^or  =  altiorem,  maire  =  maior  und  major  =  majorem, 
mieldres  mialdren  ^  melior  und  meillor  =  meliorem,  meiidre  =  minor  und 
menor  =  minorem,  merur  =  *meriorem.  pire  =  pej'or  und  pejor  =  pejo- 
rem,  phi.sor  =   'j)iusiores.  sordeior  =  .snrdidinrem.     \s:\.  auch  unten  d'. 


Die  AVortformen  und  die  Wortformumschreibungen.  197 

Im  Mitttl-  uiul  Ntnifrz.  haben  sich  von  diesen  Formen 
nur  erhalten  : 

a  Die  Noniinativformen  sg.  inaire  n\ir  als  Subst.',  moindre,  pire;  b) 
der  c.  o.  meilktir  dazu  treten  als  mots  savants  7ni/ietn\  majeur,  sowie  an- 
ierieiir,  exterieur  und  dgl.,  in  denen  die  Comparativbedeutung  völlig  ver- 
dunkelt ist  ;  c    die  Pluralform  plusietirs. 

Hierzu  treten  d  die  zu  Adverbien  gewordenen  Neutra  sg.  mietix  ^ 
Dieh'uü,  »loins  =  minus,  j^is  =  P^J'ts,  plus  =  plus. 

2.  Organische  Siiperlativformen  auf  -isme  finden  sich  im 
Altfrz.  noch  vereinzelt,  z.  K.  altis?ne  [hautisme] .  grandmne,  sain- 
tisme,  pesme.  honisme,  ausserdem  merme  =  minimus.  Im  wei- 
teren Verlauf  der  Sprachentwicklung  sind  sie  völlig  beseitigt 
worden.  Der  Versuch  zur  Wiedereinführung  der  organischen 
Comparation  z.  B.  docte,  doctieur,  docfist)ie),  welcher  im  lü. 
Jahrh.  uuternommen  wurde ,  scheiterte  völlig ;  ebensowenig 
vermochten  die  damals  nach  italienischem  Muster  gebildeten 
Superlative,  wie  grandissime,  honissime  u.  dgl,,  Boden  in  der 
Sprache  zti  gewimien;  nur  generalissime  u.  dgl.  haben  sich  als 
Titel  behauptet. 

3.  Der  fast  gänzliche  Mangel  an  organischen  Comparations- 
formen  im  Französ.  beweist,  dass  der  Sprache  die  Fähigkeit 
zur  organischen  Comparation  nahezu  völlig  entschwunden  ist. 

Daraus  ergiebt  sich,  dass  die  Comparation  im  Französ.  auf 
analytischem  Wege  vollzogen  wird.  Es  geschieht  dies  dujch 
Combination  des  Positivs  mit  dem  Adverb  plus  zur  Umschrei- 
bung des  Comparativs  und  durch  Detemiinirimg  dieses  ana- 
lytischen Comparativs  mittelst  des  Artikels  zur  Umschreibung 
des  Superlativs.  (Ausserdem  Verstärkung  des  Positivs  dtirch 
hien,  fort  u.  dgl.). 

§  7.     Die  Personalpronomina. 

1,  Die  Pronomina  der  1,  und  2.  Person, 

sg,   c.  r,  Jeo,  Jo,  Je     =  ego\    tu  =  tu 

c.   0,  mi,  rne       \  _      ti,   te        ] 

.  }  =  tne  \  =  te. 

mei ,  mot  j  tei,    tot    } 

pl.   c.  r.   \ 

,  0.   / 

Die  Casus  recti  ye  und  tu  werden  seit  dem  15.  Jahrh.  nur 

in  proklitischer  Verbindung  mit  dem  Prädicatsverb  gebraucht. 

Die  Casus  obl.  ?noi  toi  können  seit  dem   i;^.  Jahrh.  proklitisch 

mit  dem  Verbum  nicht  mehr  verbunden  werden,   sondern  es  ist 


nos.  nous  =  nos]    vos,  vous  =  vos. 


c. 

r. 

c. 

0. 

c. 

0. 

c. 

r. 

198  Das  Franssösische. 

für  diesen  Fall  die  Anwendung    der  leichten  Formen    tne  und 
ie  obligatorisch  geworden. 

2.   Die  Pronomina  der  3,    Person. 

Masc.  Fem. 

il  =  nie  e^le,  eile  =  illa 

d.  lui.   li  =  *illui  lei.  U  =  *illei 

a,  lo,  le  =  illmn  la  =  illam 

pl.  c.  r.  il.  ils  =  Uli  e^l]es,  elles  =  illas 

c.  o.  d.  lo7'.   leur  =  illonim     lor^  leur  =  illoru7n 
\els,  eus,  ei(x  =  illos   el[l]es.   elles  =  illas 
'  f  les  =  illos  les  =  illas 

Nentr.  sg.  c.  r.  und  o.  il  =  ilhmi  (nicht  illud.  vgl.  Hor- 
NiNG  in  Eöhmer's  Roman.  Stud.  Bd.  IV.  p.  22!»  fF. :  vgl.  je- 
doch auch  die  Gegenbemerkungen  GrÖBERS  in  Ztschr.  f.  rom. 
Phil.   Jid.  IV.  p.   463). 

Völlig  aufgegeben  \on  der  neueren  Sprache  ist  die  Form 
lei,  wofür  das  masculine  lui  eingetreten  ist.  Ebenso  ist  auf- 
gegeben und  durch  lui  verdrängt  das  proklitische  //. 

il,  le,  la,  les  können  von  jeher  nur  in  proklitischer  Ver- 
bindung mit  dem  Verb .  dagegen  kann  eux  in  der  neueren 
Sprache  nur  ausserhalb  solcher  Verbindung  gebraucht  werden. 
Die  ursprünglichen  Casus  obliqui  lui  und  eux  haben  aus- 
serhalb der  Verbindung  mit  dem  Verb  auch  die  Function  des 
Cas.  rect.  übernommen,  und  das  eigentlich  dati^■ische  lui  fun- 
girt  überdies  auch  als  absoluter  Accusativ. 

Der  neutrale  Gebrauch  von  il  hat  sich  nachweislich  im 
Altfrz.  erst  verhältnissmässig  spät  entwickelt,  vgl.  IIorxing's 
oben  genannte  Abhandlung. 

Im  Altfrz.  üuden  sich  folgende  enklitische  Verschmelzun- 
gen von  Pronominalformeu  mit  vorangehenden  Präpositionen, 
Pronominibus  und  Adverbien : 

de  -\-  le  =  (lel,  du  —  Je,  me,  te,  se  -f-  le,  les,  =  j'el,  Jes  etc.  —  si  -|- 
jtie  =  s»wj,  st  -|-  se  =  sis,  qui  -f-  se  -{^  quis,  ne  -\-  le  =  uel,  nu ,  )>e  -{- 
les  =  lies.     Vgl.  auch  unten  S.  !!)<,). 

Anm.  1.  Die  proklitischen  Personalformeu  [lo]  le,  la,  les 
haben  in  Folge  der  Abschwächung  ihrer  ursprünglichen  De- 
monstrativbedeutung  zugleicli  die  Function  des  C"as.  obl.  des 
bestimmten  Artikels  erhalten.  Als  Casus  recti  des  bestimm- 
ten Artikels  fungiren,   bezw.    fungirten    die  Formen    //  =  ille 


Die  "Wortformen  und  die  Wortfomiumschreibungen.  199 

^später  verdriingt  ihirch  den  Ca:»,  obl.  Je],  la  =  iJhi.  U  =  HU 
(später  verdrängt  durch  deu  Cas.  obl.  les  ,  les  =  ilhis.  Das 
Schema  des  hestimmten  Artikels  ist  demnach : 

Muse.  Fem. 

sg.  c.  r.  //  =  ///('.   le  =  ilhon         la  =  ///(/ 

c.   o.  lo.   h  =  Ulum  hl  =  illam 

pl.   c.   r.   //  =  ////.  les  =  illos         Ics  =  Ulas 
c.   o.   les  =  illos  les  =  i'llas. 

Die  auffällige  Erscheiniuig.  dass  iu  den  Formen  des  Ar- 
tikels die  Hochtonsylbe  des  lat.  ille  geschwunden,  die  Tief- 
tonsylbe  dagegen  erhalten  ist .  erklärt  sich  aus  dem  prokliti- 
schen  Gebrauche  dieser  Formen. 

Die  im  älteren  Altfrz.   (z.  B.  im  Rolandslied^  vor  ursprüng- 
lichen Neutren  (z.  B.  cunseil  =  consilium)  sich  findende  Form  le 
des  Cas.  r.  sg.  ist  möglicherweise  aus  Ulum  für  illud  entstanden. 
Mit   den  Präpositionen   de ,  ä.   en  verschmilzt  der  Artikel 
in  folgender  Weise : 

•  de  -\-  le  =  del,  dou,  du  —  ä  -\-  le  =  aJ,  au,  ou  —  e)i  -\-  le  =  el, 
ou  —  de  -\-  les  =  dels,  des  —  ü  -f-  les  —  als,  as,  aus,  aux  —  en  -\-  les 
=  eis,  es,  es. 

§  S.     Das    Reflexivpronomen.      Die    Formen    dieses 

Pronomens  sind : 

,     ,  ]   proklitisch  se  \ 

sg.  und  pi.  c.   0.    }■     ,      ,  .        .   (   =  se. 

^  J   absolut  sei,  soi  J 

In  absolutem  Gebrauche  ist  bezüglich  auf  persönliche  oder 
persönlich  aufgefasste  Begriöe  das  Reflexiv  in  der  neueren 
Sprache  diu-ch  das  Personale  verdrängt  worden. 

§  9.     Die  Possessivpronomina. 

1.   Pronomen  der   1.  Pers.   sg. 

a)  Masc.  Fem. 

sg.  c.  r.  7)ies,  mis  =  me  u  s  ina  =  m[e\a 

c.   0.  nion  =  m  e]um  ma  =  mW.am 

pl.  c.  r.  mei,  mi  =  mei  mes  =  m,e]as 

c.  0.  mes  =  m  e  os  mes  =  ?n\e]as 

b)  Masse.  Fem. 

sg.   c.  r.  77iie/is  meie,  moie  =  mea 

c.  0.  mieti  =  me\u\m  n\eie,  moie  =  yneam 

pl.  c.  r.  mien  meies.   7noies  =  77ieas 

c.  o.  mie7is  meies.  77ioies  =  meas 


200 


Das  Französische. 


Bemerkungen.  1.  Die  Nominative  imes)  mis,  mei,  mi^ 
miens,  mien  sind  im  Laufe  der  Sprach entwicklung  durch  die 
Casus  obliqui  mon,  mes^  mien,  mietis  verdrängt  worden. 

2.  Das  Fem.  ma  -wird  im  Altfrz.  vor  vocalischem  Anlaute 
apostrophirt,  z.  B.  mamie  (hieraus  entstand  durch  falsche  Wort- 
trennung ma  mie)  \  im  Nfrz.  tritt  in  diesem  Falle  das  Masc. 
ein,  z.  B.  mon  amie. 

3.  Das  Fem.  meie  moie  (=  *mea9)  ist  im  Nfrz.  durch  die 
Analogiebildung  mienne  verdrängt  worden. 

4.  miens  ist  Anbildung  an  mien. 

5.  Die  Formen  nies,  mis)^  mon,  [mei,  mi),  mes,  ma,  mes 
sind  A'on  jeher  nur  proklitisch  und  attributiv  gebraucht  wor- 
den. mie?is),  [moie]  mietme  sind  in  der  neueren  Sprache  von 
attribiitiver  Verwendung  ausgeschlossen ,  während  im  Altfrz. 
dieselbe  statthaft  war,  freilich  nur  in  A-'erbindimg  mit  dem 
Artikel  oder  dem  Demonstrativpronomen  [U  miens  amis.  uns 
miens  amis,  eist  miens  amis) ,  Verbindung  mit  dem  unbestimm- 
ten Artikel  ist  auch  im  Nfrz.  noch  erlaubt    un  mien  atfii] . 


2)  Die  Pronomina  der  2 
a)  Masc. 

sg.  c.  r.  ies,   tis 
ses,  sis 
c.  0.  ton 
son 
pl.  c.  r.  tei,  ti 
sei,  si 
c.  0.  tes 
ses 


und  3.  Fers.  sg. 

Fem. 


1^  ^ 

5      S      S 


'/ 


Masc. 


Sg.   c.  r.   tiens 
siens 
c.  0.  iien 

sien        -c    2 
pl.  c.  r.  tien 
sien 
c.  0.  tiens 
siens 


et 
fct    =^ 


'S   s 


ta 

sa 

ta 

sa 

tes 

ses 

tes 

ses 


=  ^[M]a[?n]  4^1  a[m]. 


=  t  u]as  s[u]as. 


Fem. 


teie,   toie 
seie,  soie 
teie,   toie 
seie,  soie 
teies,   totes 
seies,  soies 
teies,   toies 
seies,  soies 


'S  s 

c     ^ 


Die  "Wortfornien  und  die  Wortformumschreibungen.  2(ll 

Daneben,  aber  selten  die  auf  lat.  tuum^  auum.  tua[m  , 
sua[tn]  beruhenden  Formen: 

tuen.   sue//.   tue.   toe,   sue,   soe. 

Die  über  Entwickelung  und  Gebrauch  der  Pronomina  der 
1.  Person  sg.  oben  gemachten  ]Jemerkimgen  gelten  auch  für 
die  Pronomina  der   1 .  und  2.  Person,    sg. 

3.   Die  Pronomina  der   l.  imd  2.   Person,    pl. 

Masc.  Fem. 

sg.  c.  r.  tiostre[s]  =  noster  nostre  =  nostra 

vostre  s    =  voster  vosti'e  =  costra 

c.  0.  nostre  =  nostrum  costre  =  costram 

L'ostre  =  vosirum  costre  =  costram 

pl.   c.   r.  nostre  =  nostri  nostres  =  nostra^ 

costre  =  costri  vostres  =  vostras 

c.  r.    nostres  =  tiostros  nostres  =  nostras 

costres  =  costros  costres  =  costras. 
Daneben   durch  Kürzung   aus  nostres^   bezw.  vostres  ent- 


standen : 


(sg.  c.  r.  Masc.  nos,   cos     Fem.  wo,   vo 


c. 

0. 

» 

tio, 

CO 

i> 

no,  vo 

pl. 

c. 

r. 

» 

no. 

CO 

)'V 

nos,   cos) 

pl. 

c. 

0. 

)) 

nos, 

vo  s 

» 

nos,  vos 

Die  gekürzten  Formen  nos,  cos  haben  im  Laufe  der  Sprach- 
entwickelung  die  Pluralformen  fiostres.  vostres  aus  dem  attri- 
butiven Gebrauche  verdrängt. 

Die  neuere  Sprache  unterscheidet  notre  und  nötre,  votre 
und  cötre  und  verwendet  die  ersteren  Formen  nur  attributiv, 
die  letzteren  nur  absolut. 

4.  Das  Pronomen  der  3.  Person,    pl. 

leur  =  illor  um  ,  also  ursprünglich  ein  Genetiv  (vgl.  die 
Possessivpronomina  im  Germanischen  und  als  solcher  inflexi- 
bel, nahm  jedoch  frühzeitig  nach  Analogie  der  übrigen  Pro- 
nomina ein  Plural-iT  an. 


202  iJas  Französische. 

§   10.    Die  Demonstrativpron  oniina. 
A.    Die  Demonstrativpronomina  für  die  persön- 
lichen Geschlechter, 

1.  Die  Conibination  ecce  -\-  iste. 

Masc.  Fem. 

sg.  c.  r.  icist,  eist,  eis  =  eceiste       iceste,  ceste,  cette  =  eceista 
CO.  icest,  cest .  eet,  ce  =       ieeste.  ceste.  cette  =  eccistam 
eccistum 

ausserdem :  ausserdem : 

icestui,  cestui,  eesfi  =       icestei,  eestei,  eesti  =  *eecistei 
*eccistui 
pl.  c.  r.  icist^  eist  =  eccisti  ieestes.  cestes,  cez,  ees  =  ec- 

cistas 
CO.  ieez,  cez,  ces  =  eccistos       ieestes,  cestes,  cez,  ces  =  ec- 
eista s. 
Von  diesen  altfrz.  Formen  sind  im  Laufe  der  .Sprachent- 
wickelung geschwunden:  a)  die  Casus  recti  des  Masc,   welche 
durch  die  Casus  obliqui  cet,  ce,  ces  verdrängt  wurden :   b    die 
Casus  obl.  sg.  eestui  und  eestei;  c)  die  Femininform  PI.  [i)cestes, 
verdrängt    durch  die  kürzere  Form  ces:    d    sämmtliche   mit  i- 
anlautenden  Formen.     Erhalten  sind  also  nur: 

sg.  Masc.  cet   (vor  Voc),  ce    vor  Cons.) 

Fem .   cette 
pl.   Masc.  und  Fem.  ees. 

2.  Die  Conibination  ecce  -\-  ille. 

Masc.  Fem. 

sg.  c  r.  icil,  eil  =  eeeiUe         icelle,  cele,  celle  =  eccilla 
CO.  icel,  cel  ■=  eccillum     icelle,  cele,  celle  =  ecdllam 
ausserdem : 
icelui,  celui,   eeli       ieelei,  celei,  cell  =  *ecciUei 
=  *eeeillui 
pl.  c.  r.  icil,  eil  =  eccilli         iceles,  celes,  Celles  =  eccillas 
CO.  icels,  cels,  ceus.  ceux    iceles,  celes,   cell  es  =  eccillas. 
=  eccillos 
Von  diesem  altfrz.  Formenbestande  haben  sich  ini'Neufrz. 
nur  erhalten : 

sg.  Masc  celui    Fem.  celle 
pl.       »       ceux         »      Celles. 
Im    Altfrz.    konnten    {i)cisf,    [iceste   etc.    und   [i)eil.    {i)celle 


Die  Wortformcn  und  die  \\'ortformumachreibiingen.  203 

etc.  sowohl  attributiv  als  auch  absolut  au;i;e\vaiult  werden,  im 
Nfrz.  ist  ce{f),  ceffe  ausschliesslich  attributives  Denioustrativ : 
cehii .  Celle  fiuigirt  nur  vor  Kelativis  und  Genetivunischrei- 
bung;en.  ausserdem  in  ^'erbiuduug  mit  den  enklitischen  Ad- 
verbien -ci  =  ecce  -f-  Mc]  und  -lä  (=  ecce  -\-  illac)  in  abso- 
lutem Gebrauche. 

B.  Die  neutralen  Demonstrativa. 

1.  ecce  -f-  illum  =  ceL  schon  im  Altfrz.  wenig  gebraucht, 
im  Neufrz.  völlig  geschwunden. 

2.  ecce  -f-  hoc  =  iceo,  ceo,  fo,  ce,  c'. 

3.  ce  -\-  lä  (=  illac)  =  cela,  gekürzt  ra.  ce  +  ci  (=  ecce 
hie)  =  ceci,  ce :  cela  und  ceci  sind  die  im  Neufrz.  allein  vor- 
handenen neutralen  Demonstrativa:  ce  wird  im  Wesentlichen 
nur  in  Verbindung  mit  dem  ^'erbum  substantivum  gebraucht 
[c'esf  etc.).  eine  Beschränkung,  welche  das  Altfrz.  nicht  kannte. 

§   II.     Die  llelativpronomina. 

A.  Die  Kelati vpr onomina  für  die  persönlichen 
Geschlechter. 

1.  sg.   und  pl.   c.  r.  qiu  =  qui 

c.  o.  (als  Accus.)  que  =  quem 
c.  o.  ursprünglicher  Dativ)  cui.  qui  =  cui. 
Obige  Formen  gründen  sich  ausschliesslich  auf  lat.  Mascu- 
linformen  des  Sing.,  welche  also  auch  für  das  Fem.  und  für  den 
Plural  eingetreten  sind.  —  Die  ursprüngliche  Dativform  cui 
fungirte  im  Altfrz.  als  Cas.  obl.  überhaupt,  also  auch  als  Ge- 
netiv: im  Neufrz.  ist  der  Gebrauch  der  fälschlich  qui  geschrie- 
benen) Form  auf  die  ^"erbindung  mit  Präpositionen  beschränkt 
[avec  qui  u.   dgl.). 

2.  nie  -f-  cjiialis  =  li  quels.  Cas.  obl.  lequel ;  im  Laufe 
der  Sprachentwickelung  hat  der  Cas.  obl.  den  Cas.  rect.  ver- 
drängt (auch  im  PI.)  .  und  ist  das  analogische  Fem.  laquelle 
(vgl.  mortelle  u.  a.i   gebildet  worden. 

Die  syntaktische  Anwendung  des  combinirten  Relativ- 
pronomens war  von  jeher  und  ist  noch  auf  bestimmte  Fälle 
beschränkt  A'ermeidung  von  Zweideutigkeit.  Verbindung  mit 
Präpositionen  in  Beziehung  auf  unpersönliche  Begrifle.  Ab- 
hängigkeit des  relativen  Genetivbegriffes  von  einem  mit  einer 
Präposition  verbundenen  Substantiv  . 


204  Däs  Französische. 

Attributiver  \'erbiuclung  mit  einem  Subst.  ^var  im  Altfrz. 
lequel  fähig,  im  Neufrz.   ist  dieser  Gebrauch  aber  verahet. 

B.  Die  neutralen  Relativpronomina. 

1.  Cas.  rect.  und  Gas.  obl.  que  =  quod.  Als  Gas.  rect. 
ist  que  in  der  neueren  Sprache  völlig  geschwunden  lausgenom- 
men  in  vereinzelten  Phrasen,  z.  B.  [fais  ce  que  dois]  admen7ie 
que  pourra)   und  wird  durch  das  persönliche  qjfi  ersetzt. 

2.  Cas.  obl.  quoi  =  quid,  fungirt  nur  in  Verbindung  mit 
Präpositionen  [apres  quoi  und  dgl.).  im  Altfrz.  oft  auch  in 
Bezug  auf  Substantiva,  ein  Gebrauch,  für  welchen  sich  auch 
im  älteren  Neufrz.  noch  Beispiele  finden  z.  B.  pliisieurs  di- 
ners  ä  quoi  on  tie  s'etait  pas  attendu.  Mme  de  Sevigne,  citirt 
von  MÄTZNER,  Frz.  Gramm,  p.    176). 

C.  Relative  Pronominaladverbien. 

1.  dont  =  de  unde  vollzieht  die  Funktion  eines  von  dem 
Subject  oder  Object  oder  Prädicat  des  Relativsatzes  abhängigen 
Genetivs  des  Relativs. 

2.  oü  =  uhi  vertritt  häuhg  das  mit  dann  ^  bezw.  mit  en 
verbundene  Relativ. 

§   11.     Die  Interrogativpronomina. 

A.  Die  Interrogativpronomina  für  die  persön- 
lichen Geschlechter. 

1.  Sg.  und  Flur.  Gas.  rect.  und  Gas.  obl.  qui  =  qui,  ist 
auf  den  substantivischen  Gebrauch  beschränkt. 

2.  quelsj  quel  dazu  analogisches  Fem.  quelle)  =  qualis, 
ist  auf  den  adjectivischen  Gebrauch  beschränkt.  Mit  dem  Ar- 
tikel verbunden  [liquels,  lequel,  laquelle]  erhält  quels  determi- 
nirende  Bedeutung. 

3.  quanz,  quaute=  quuntus,  quanta,  aus  der  neueren  Sprache 
geschwunden  und  durch  das  Adv.  comhien  ersetzt. 

B.  Die  neutralen  Interrogativpronomina. 
1.   Sg.   Gas.   rect.   und  Gas.  obl.  que  =  quod. 

Die  Anwendungsfähigkeit  des  qtie  als  Gas.  rect.  ist  in  der 
neueren  Sprache  sehr  beschränkt  ibei  etre,  devenir.  bei  unper- 
sönlichen Verben  u.  dgl.),  meist  vielmehr  fungirt  für  den  Gas. 
rect.  des  Neutrums  das  persönliche  qui.  Die  neuere  Sprache 
vermeidet  auch  die  isolirte  Anwendung  des  que  als  Gas.  obl. 
in  der  indirecten  Frage ,    sondern    fordert  dafür  die  Gombina- 


Die  Wortformen  und  die  M'ortformumschreibungen.  2f*5 

tion  VC  que.  Auc-h  in  der  directeii  l*'rau:e  wird  das  einfache 
qui  und^  que  gern  durch  die  Combinationen  quesf-re  qni,  qu'esf- 
ce  qifc  ersetzt.  Diese  umstiindliche  Art  der  Frage  ist  für  das 
Neufrz.   charakteristisch. 

2.  Sg.  Cas.  obl.  qifoi  =  qin'd.  beschränkt  auf  die  \  erbin- 
dung  mit  Präpositionen. 

§   12.     Die    indefiniten  Pronomina. 

A.  Indefinite  Pronomina  einfacher  Bildung. 

1 .  ai(frc  =  alfer.  —  Nach  Analogie  von  rui,  hd  ist  zu 
autre  der  Cas.  obl.  autrui  gebildet,  welcher  im  Altfrz.  gern 
präpositionslos  im  Sinne  eines  Geuetivs  possess.  gebraucht  wurde 
(z.  B.  rautrin  hien  oder  auch  schlechtweg  lautrui  =  h  hien 
d'aidi'ui  .  Im  Nfrz.  kann  autrui  nur  substantivisch  in  ^'erbin- 
dung  mit  Präpositionen  gebraucht  werden. 

2.  el  =  a1  kidi  ,  nur  neutral,  von  der  neueren  Sprache 
aufgegeben. 

3.  nuh,  mis.  nulle  =  nullus.  a:  dazu  nach  Analogie  von 
cui  etc.  der  Cas.  obl.  md[l]ui.  den  die  neuere  Sprache  aufge- 
geben hat. 

4.  fouf.  e  =  'tottus.  a.  hat  neben  der  eigentlichen  Be- 
deutung =  fofus  auch  diejenige  von  omnis  angenommen.  In 
der  neueren  Sprache  ist  nach  fout  im  Sinne  von  tofus  die  Ver- 
bindung des  betr.  Substantivs  mit  dem  Artikel  erforderlich 
[tout  Tanimal  =  totum  animal,  aber  tout  animal  =  07nne  ani- 
mal  .  während  im  Altfrz.  dies  nicht  der  Fall  war  (Reste  der 
Artikellosigkeit  sind  im  Neufrz.   toi([s  Jours  und   Toussaijit  . 

B.  Zusammengesetzte  Pronomina  indefinita. 

1 .  aucun  =  aliquis  unus :  altfrz.  PI.  li  auciin  mit  der  Be- 
deutung von  quelqties-uns  (so  noch  les  aucuns  bei  Lafontaine  . 

2 .  cha\s\cun  =  quisque  -\-  unus  (?; ,  in  der  neueren  Sprache 
nur  substantivisch,  im  Altfrz.  dagegen  substantivisch  und  ad- 
jectivisch  gebraucht. 

3 .  meme  =  *metipsimus ;  mit  dem  Artikel  verbunden  be- 
sitzt meme  in  der  neueren  Sprache  nur  die  Bedeutung  von 
idetn.  während  im  Altfrz.  nur  der  Sinn  des  ganzen  Satzes  be- 
stinunte.   ob  meine  =  idem  oder  =  ipse  axifzufassen  sei. 

4.  Diu'ch  die  Verbindung  der  Interrogativpronomina  qui, 
quoi.  quel  mit  que  entstehen  die  verallgemeinernden  Pronomina 
qui  que,   quoi  que.   quel  que.  quelque  u.   dgl. 


206  3^^s  I^ranzösische. 

5.  Direct  aus  dem  Lat.  üoernommen  sind  die  Combina- 
tionen  ehaque  =  qiiisque  (?) ,  sowie  quiconque  und  quelconque 
=  qiiicunque  und  qaalucimque . 

6.  quelque  verbindet  sich  mit  un  zu  quelqu'tm. 
C.  Indefinite  Pronominaladj  ectiva. 

1 .  moult  =  multus^  -um,  von  der  neueren  Sprache  aufgege- 
ben (dafür  heaucoüp).  — -  1.  plusienrs  =^  plusiores.  —  3.  quant, 
von  der  neueren  Sprache  aufgegeben  (dafür  combien  .  —  4.  tcmt^ 
in  der  neueren  Sprache  nur  als  adverbiales  Neutrum  erhalten. 
—  5.  u.  6.  Auch  tel,  nul  vmd  tout  können  hierher  gezählt  werden. 

1).   Indefinite  Pronominalsubstantiva. 

1.  071  =  homo.  —  2.  personne  =  persona,  in  der  Bedeu- 
tung =  nemo  mit  negirtem  Prädicate).  —  3.  rien  =  rem,  in 
der  Bedeiitung  =  niltil  mit  negirtem  Prädicate  .  —  4.  quel- 
que chose^  in  der  Bedeutung  =  aliquid    vgl.  h  petit  chose). 

§  13.  Die  Numeralien.  1.  Die  Cardinalzahlen.  Die 
lautliche  Entwickelung  der  frz.  Cardinalien  aus  den  lat.  Grund- 
formen bietet  der  Erklärung  manche  noch  nicht  besiegte 
Schwierigkeit  dar,  namentlich  bezüglich  der  Formen  vin[g  t, 
trenie.  quaranie  etc..  welche  aus  viginti.  trigmfa,  quaihaginta 
etc.  nicht  entstanden  sein  können,  sondern  vielleicht  eher  ein 
*crnti,  *trmta,  quadranta  voraussetzen  vgl.  F.  d'Ovidio,  riflessi 
romanzi  di  viginti  etc.  in  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  VIII.  82  ff.  . 
Eigenthümlich  dem  Französ.  und  wohl  keltischen  Ursprunges 
ist  die  Umschreibxmg  des  Zahlbegriffes  SO  durch  Multiplication 
mit  4  X  20,  soAvie  der  Ausdruck  der  Zahlen  7  0  und  9o  durch 
Addition  60-1-10,  4X20-1-10.  Das  Altfrz.  hat  einerseits 
die  multiplicative  Umschreibung  mit  20  gelegentlich  weiter 
ausgedehnt  [onze  vint,  quatorze  vini,  quinze  vint),  andrerseits 
aber  auch  für  70,  50,  90  noch  die  den  lateinischen  entsprechen- 
den Formen  angewandt  [settante^  huitante,  bezw.  oitante,  no- 
nante] . 

Die  drei  ersten  Zahlen  waren  im  Altfrz.  der  Declination 
fähig: 

1 .  Sg.  Cas,  rect.  m.  uns  f.  une,  Cas,  obl.  m.  un  f.  une, 
PI.  Cas.  rect.  m.  un  f.  tmes.  Cas.  obl.  m.  uns  f.  unes.  —  2.  PI. 
Cas.  rect.  m.  dui  doi  [f.  does,  deues],  Cas.  obl.  m.  dous,  deus, 
deuz  [f.  does,  deues].  —  3.  PI.  Cas.  rect.  m.  frei  troi\  f.  freis 
trois,  Cas.  obl.  m.   ireis  trois,  f.   ü'eis  trois. 


Die  Wortfurmen  und  die  ^^'ortfo^mlmlschreibung;en.  207 

Das  Altfrz.   \iiiterschied  mil  =  milk-  und  7nUle  =  mil  fia. 

J)as  Altfrz.  besass  endlich  noch  das  Zahhidjectiv  atnbes  = 
amboa    jjewöhnlich  verhnnden  mit  (/oi :  amhedoi.  andoi.  andui  . 

2.  Die  Ordinalzahlen.  1.  primus  =  prime,  frühzeitig 
durch  Primarius  =  premicr  verdrängt  (jedoch  noch  erhalten  in 
einzelnen  Verbindungen  :  de  prime  abord.  de  prime  . sauf),  neben 
premier  auch  jyremerai/t  =   'primera/fun. 

3.   fertius       =  fiers.  -z 


2 

secundus  =  serofiz. 

-t 

4. 

quartus     =  quarz. 

-t 

6. 

sextus       =  siste-s 

5.   quintus      =  quinz^   -t 
7.   septimus    =  sedme-s 
S.  *octimus  =  oidme-s  9.  *novimus  =  noefme-s 

lu.  decimus  =  disme-s. 
Diese  Formen  mit  Ausnahme  von  secofid  sind  in  der  neue- 
ren Sprache  aus  dem  gewöhnlichen  Gebrauche  geschwunden  luid 
durch  mittelst  des  Suffixes  -ieme  gebildete  Ableitungen  aus 
den  Cardinalzahlen  ersetzt  worden  :  deux-ieme,  frnis-ieme  etc. ; 
auf  dieselbe  Weise  werden  auch  die  über  10  hinausliegenden 
Ordinalia  [onzieme  etc.  gebildet.  Die  lautliche  Entwickelung 
des  Suffixes  -ieme  ist  noch  nicht  hinreichend  aufgeklärt,  mit 
lat.  -esimtts  kann  es  nicht  ohne  Weiteres  gleichgesetzt  werden. 
§  14.  Uebersicht  der  Formenkategorien  des 
Verbs.  1.  Von  den  Formenkategorien  des  lat.  Activums  hat 
das  Französische  folgende  bewahrt: 

a  Indicativ  Präsentis.  b)  Conjunctiv  Präsentis.  c  Impe- 
rativ Präsentis  nur  theilweise).  d  Infinitiv  Präsentis.  e)  Par- 
ticipium  Präsentis.   f)  Gerundium.  —  g    Indicativ  Imperfecti. 

—  h)  Indicativ  Perfecti  (nur  in  der  Function  des  Perf.  hist.). 

—  i    Conjunctiv  Plusquamperfecti    verschoben  in  die  Function 
des  Conj.   Imperf.  ,  vgl.  auch  unten  No.   2. 

2.  In  der  ältesten  Sprache  finden  sich  überdies  erhalten 
vereinzelte  Formen  des  Indicativs  Plusquamperfecti  (coldret  == 
völuerat.  pouret  =  potuerat.  füret  =  fuerat,  roceret  =  roga- 
terat  u.  a..  mehrfach  ist  die  lautliche  Entwickelung  der  hier- 
her gehörigen  Foraien  nicht  völlig  klar) ;  ausserdem  besitzt  das 
Altfrz.  das  organische  Futurum  Ind.  von  esse:  ier  =  ero,  iers 
=  eris.  iert,  ert  =  erit,  [ermes  =  erimus,  ertes  =  eritis],  ierent 
=  erunt.  daneben  jedoch  auch  schon  die  periphrastischen  For- 
men estrai,  esterai  und  serai  etc.  =  stare  -\-  haheo  und  *essere 
-|-  habeo. 


208  iJäs  Französische. 

3.  A  011  den  Formenkateo^orien  des  lat.  Passivums  ist  nur 
das  Part.  Perf.  (in  seiner  Bedeutung  auch  als  Part.  Prät.  fun- 
girend)    erhalten. 

4.  Die  nicht  erhaltenen  Formenkategorien  des  lat.  A  er- 
bums ersetzt  das  Französ.  durch  periphrastische  Verbindungen 
von  Modalverben  mit  dem  Inf.,  bezw.  mit  dem  Part.  Perf.. 
seltner  mit  dem  Part.  Präs.  und  mit  dem  Gerundium.  Vgl. 
hierüber  Theil  II,   S.   252  ff. 

Die  zur  Umschreibung  des  Futurs  und  des  Imperf.  Fut. 
(Conditionalis)  dienenden  Verbindungen  Infinitiv  -f-  hal)eo  und 
Infinitiv  -f-  haheham  sind  zu  lautlichen  Einheiten  verschmol- 
zen und  haben  in  Folge  dessen  den  Anschein  organischer  Bil- 
dungen. 

§  15.  Die  Hauptgesetze  der  Formenbildung  des 
Verbs. 

A.  Starke  und  schwache  Formen,  bezw.  Conju- 
gationen  vgl.  Theil  II.  S.  226  ff.  .  Die  Formen  des  A'er- 
bimis  werden  gebildet : 

1.  Ohne  Hülfe  eines  Ableitun'gsvocales .  indem  die  Per- 
sonalendungen, bezw.  die  Tempus-  und  Modussuffixe  unmit- 
telbar an  den  Verbalstamm  antreten    starke  Formen  . 

Die  starke  Formenbilduug  ist  nur  möglich  a)  im  Präsens 
Ind.  und  Conj.  (über  die  1  und  2  P.  PI.  s.  unten  B.).  b  im 
Inf.  Präs.,  c)  im  Perfect,  d  im  Plusqpf.  Impf.  Conj.),  e;  im 
Part.  Perf.  —  Näheres  s.  unten  in  den  die  Bildung  der  ein- 
zelnen Formenkategorien  speciell  behandelnden  Paragi'aphen. 

Die  starken  Formen  sind  stamm  betont. 

2.  Mit  Hülfe  eines  Ableitungsvocales  (schwache  For- 
men).    Der  x\bleitungsvocal  kann  sein: 

a)   lat.   a  =  frz.   a,  e.  e.   tonloses  e  (A-Conj.  . 

ß)  lat.    1  =  frz.  i  (I-Conjugation) . 

y)   lat.   e  =  frz.  ei,  oi. 

[d]  lat.  ü  =  frz.  ii ,  nur  in  der  Bildung  des  Part.  Perf. 
vorkommend,   z.   B.  *sa[p]-ü-[tus]  =  seil  =  su.) 

Die  schwachen  Formen  sind  —  mit  einziger  Ausnahme 
des  JSg.  und  der  3  P.  PI.  Präs.  Ind.  und  Conj.  der  (/-A'erla 
[parier  und  dgl.)  M  —  flexionsbetont. 


1)  Ebenfalls  als  Ausnahmen,  ja  geradezu   als   starke  Formen  müssen 


Die  Wortformen  und  die  Wortforniumschreibungen.  209 

Da  kein  Verbum  '  seine  Formen  durclnveg  stark  bil- 
det, sti  sind  IJeiiritt'  und  Bezeichnung  »starke  Coujugation« 
wissensehaftlieh  unberechtigt,  weil  unter  »Conjugation"  nur  die 
nach  einem  einheitlichen  Principe  erfolgende  Verbalflexion 
verstanden  werden  kann.  Ist  aber  der  Ausdruck  ^starke  Cou- 
jugation« unberechtigt,  so  verliert  auch  der  Ausdruck  );scli wa- 
ch« Conjugationa .  weil  des  Gegensatzes  entbehrend,  seine 
Berechtigung. 

Nach  DiEz"  Vorgang  pflegt  man  indessen  die  Gesammt- 
heit  derjenigen  Verben,  welche  das  Perfect  stark  bilden,  un- 
ter den  Namen  der  starken  Coujugation.  und  die  Gesammt- 
heit  derjenigen  Verben,  welche  das  Perfect  schwach  l)ilden, 
unter  den  Namen  der  schwachen  Coujugation  zusammenzu- 
fassen und  innerhalb  einer  jeden  dieser  Hauptconjugationen 
wieder  je  drei  Classen.  bezw.  Einzelconjugationen  zu  unter- 
scheiden, so  dass  sich  folgende  Eintheilung  ergiebt: 

a.  Die  starke  Conjugation. 

a  Erste  Classe.  umfassend  diejenigen  Verben,  welche  im 
Lat.  ihr  Perf.  auf  (an  den  Stamm  antretendes  -i  bilden,  bzw. 
dieser  Bildung  sich  angeschlossen  haben,  z.  B.  cld-i  =  t"/[.s], 
Jec-i  =  Jis.   cen-i  =  vin\_s\  *tefii  f.   ienui  =  ti?is. 

fj  Zweite  Classe.  umfassend  diejenigen  Verba,  welche  im 
Lat.  ihr  Perfect  auf  -5/  bilden,  bezw.  dieser  Bildung  sich  an- 
geschlossen haben,  z.  B.  ar  d]-si  =  a7's,  cing-si  [cinxi)  =  ceins, 
*presi  f.  prehendi  =  />m,  ^occi[d\-si  f.  occidi  =  ocis  [ars,  ceins, 
ocis  u.  V.  a.  sind  nur  altfranzösische,  von  der  neueren  Sprache 
aufgegebene  Formen). 

y]  Dritte  Classe .  umfassend  diejenigen  Verba,  welche  im 
Lat.  ihr  Perfect  auf  -ui  bilden,  bzw.  dieser  Bildung  sich  an- 
geschlossen haben,  z.  B.  valui  =  cahis],  debt<i=dm.  dus, 
^recipui  =  reQu[s\.  Die  hierher  gehörigen  Perfecta  haben,  ob- 
wohl auf  starker  Bildung  beruhend,  doch  die  flexivische  Be- 
tonung der  schwachen  Perfecta,  vgl.  unten  §  21. 


die  1.  2.  3  sg.  u.  3  "pl.  praes.  der  inchoativen  7-Verba  z.  B.ß/iis,  ßnis, 
finit,  ßnissent,  betrachtet  werden,  da  das  hochtonige  i  nicht  mehr  als  Ab- 
leitungsTocal,  sondern,  als  Bestandtheil  des  erweiterten  Stammes  fungirt, 
Tgl.  unten  §  18  A  3  ß  . 

1    Als   einzige  Ausnahme   kann   etre   gelten,   wenn   man   die  auf  stare 
zurückgehenden  Formen  aussehliesst. 

Körting,  Encyklopädie  d.  rom.  Phil.  HI.  14 


210  Das  Französische. 

b.   Die  schwache  Conjugatiou. 

a)  Erste  Classe  'erste  schwache  Conjugation.  ^1-Conjiiga- 
tion),  umfassend  diejenigen  Verba  .  welche  im  Lat.  ihre  For- 
men mittelst  des  Ableitungsvocales  -a  bilden,  bzw.  dieser 
]>ildung  sich  angeschlossen  haben,  z.  ]i.  am-a-re  =  aim-e-i\ 
Perf.  am-u-[v]i  =  ahn-a-i. 

ß',  ZAveite  Classe  zweite  schwache  Conjugation)  ,  umfas- 
send diejenigen  im  Lat.  starken  Verba,  welche  im  Französi- 
schen ein  schwaches  'also  flexionsbetontes)  Perfect  auf  -i[s] 
bilden,   z.  B.  veticl-S-re  =  vencl-re.  Perf.  vend-i[s]. 

y)  Dritte  Classe  (dritte  schwache  Conjugation,  /-Conjuga- 
tion) ,  umfassend  diejenigen  Yerba ,  welche  im  Lat.  ihre  For- 
men mittelst  des  Ableitungsvocales  -i  bilden,  bzw.  dieser  Bil- 
dung sich  angeschlossen  haben,  z.  B.  dorm-i-re  =  dorm-i-r, 
Perf.  dorm-i-\p\i  =  dorm-i  s\. 

Die  meisten  der  hierher  gehörigen  Verben  haben  im  Prä- 
sensstamm mit  Ausnahme  des  Infinitivs  (also  im  Ind.,  Conj., 
Imp.  und  Part.  Präs. ,  im  Gerund,  und  im  Ind.  Impf.)  die 
ursprünglich  inchoative  Verstärkung  -sc  =  [sj]  =  s ,  ss  ange- 
nommen, z.  B.  [fin-i-o]  ßn-i-8c-o  =  [ßmsj{e)  =Jimsj  ^:=ßmis 
=\fin-i-s^). 

Die  Gesammtzahl  der  französischen  Verba  wird  —  natürlich 

nur  ganz  annäherungsweise  —  auf  4000  berechnet,  davon  gehören : 

etwa  3400  zu  der  ersten  Cl.  der  sog.  scliw.  Conj.  (^4-Conj.), 

))  300  zu  der  Inchoativabtheilung  der  dritten  Cl.  der 
sog.  scliw.  Conj.    (/-Conj.). 

»  300  zu  den  übrigen  Conjugationsklassen ,  also  zur 
sog.  starken  Conj.,  zur  sog.  zweiten  schw.  Conj, 
und  zur  nicht  verstärkten  Abtheilung  der  sog. 
dritten  schw.   Conj.    (/-Conj.)  2). 

Aus  diesem  Zahlenverhältnisse  ergiebt  sich ,  dass  die  so- 
genannte erste  schwache  Conjugation  (^-Conj.)  numerisch  bei 


1)  Vgl,  nais  =  *)ia.scn,  cnmiois  =  cognosco,  hois  =  husc. 

2)  Nach  Brächet,    Grumm.  hist.  p.  198,  enthält  der  Dict.  de  VAcad 
vom  J.  1835 : 

3620  Verba  mit  dem  Inf.  auf  -er, 

350        »         »         »         »       »     -ir, 

30        »         »         >'         »       )'      -oir, 

60_    ..         ..         ..         ..       »     -/v. 

Sa,  4060. 


Die  Wortformen  und  die  Wortformumschreibungen.  21  1 

weitem  überwiegt  und  als  die  herrschende  Konjugation  be- 
trachtet werden  muss  :  es  gehören  ihr  an :  a)  die  aus  der  lat. 
-■i-C'onj.  in  das  Französ.  übernommenen  Verba,  z.  H.  portare 
=^  porter.  laudiire  =  louer  u.  v.  a. :  b  einzehie  im  Lat.  zur 
i'-Conj.  gehörige  Verben  meist  mots  savants) ,  z.  B.  exercere 
=  exercer.  persuadere  =  persuader  u.  a. :  c)  ein  im  Lat.  zur 
/-Conj.  gehöriges  Verb :  tussire  =  tousser.  altfrz.  toussir,  ^/lire 
=  a\thz.  Ji/ier  nehen  ^nir:  andere  aus  der  /-  in  die  ^-Conj. 
übergetretene  Verba  haben  den  Ableitungsvocal  i  mit  dem 
Stamme  verwachsen  lassen,  z.  B.  moUire  =  mouiller ,  d.  i. 
*moUi-are,  catuUre  =  chalouiller,  d.  i.  *catulli-are:  d'  einzelne 
im  Lat.  zur  starken  Conj.  gehörige  Verba  (meist  mots  sa- 
vants. z.  B.  cedere  =  ceder,  afflig^re  =  affliger,  altfrz.  afßire, 
tex^re  =  f isser,  altfrz.  tistre  und  tüsir.  imprimdre  =  imprvjier, 
altfrz.  empreindre:  e  einzelne  lat.  Inchoativa  (mots  savants), 
z.  B.  acquiescer  =  acquiescere:  f  zahbeiche  aus  dem  Germa- 
nischen in  das  Französ.  übergegangene  Verba,  z.  B.  danser 
=  ahd.  dansOn .  garder  =  ahd.  tc arten  ^  tirer  =  goth.  tairan. 
gagner  =  ahd.  iceidanön  u.  v.  a. :  g)  aus  modernen  Sprachen 
übernommene  Fremdworte,  z.  B.  luncher  =  fo  hmc/i,  lyncher 
=  to  hjnch.  knouter.  trinquor  u.  v.  a. ;  h)  die  erst  im  Französ.^ 
von  Subst.  abgeleiteten  Verba,  Avie  z.  B.  lancer  v.  lance,  lam- 
per V.  lampe  u.  v.  a.:  i)  moderne  gelehrte  Neubildungen,  z.  B. 
ph  0  tograph  ie r .   telegraph  ier . 

Die  /-Conjugation  zählt,  obwohl  der  ^4-Conjugation  sehr 
erheblich  nachstehend,  doch  immerhin  eine  nicht  unbe- 
trächtliche Anzahl  von  Verben :  es  gehören  ihr  an :  a)  viele 
schon  im  Lat.  der  /-Conj.  zugehörige  Verba.  z.  B.  punir  ^= 
punire.  Jinir  =z  ßnire  u.  a. ;  b  einzelne  im  Lat.  zur  jE'-Conj. 
gehörige  Verba.  z.  Y>.  ßeurir  ^=  ßorere.  abolir  ^=  abolere,  etn- 
plir  =  implere  u.  a. :  c)  einzelne  im  Lat.  zur  starken  Conj. 
gehörige  Verba  (zum  Theil  mots  savants, ,  z.  B.  ßectere  = 
ßechir.  agere  =  agir.  colligere  =  cueillir,  convertere  =  conver- 
tir.  applaudere  =  ajyplaudir  u.  a. :  d)  einzelne  aus  dem  Ger- 
manischen in  das  Französische  übergegangene  Verba,  z.  B. 
fournir  =  ahd.  frumjan .  honnir  ^  ahd.  hötijan,  garnir  = 
ahd.  xrarnOn  u.  a.  ,  vgl.  auch  nächste  Xummer:  e)  von  Ad- 
jectiven  abgeleitete  Verba.  z.  B.  rougir  v.  rouge,  pälir  y.  pale, 
noircir  v.  noir.,  mehrere  der  betr.  Adj.  sind  germanischen  Ur- 

14* 


212  Das  Französische. 

Sprunges,  z.  B.   hlanc ,   blanche,    wovon  hlanchir ,   hrun^  wovon 
hrunir,  franc,  franche^  wovon  franrhir. 

Die  nicTit  inchoativ  flectirenden  Verba  der  7-Conj.  sind 
gering  an  Zahl  gegen  20).  zum  Theil  sind  es  solche,  welche 
Lat.  stark  flectirt  wurden,  z.  B.  souffrir  =  sujferre,  offrir  = 
offerre,  die  übrigen  [mentir.  dorjnir,  servir  etc.)  gehörten  be- 
reits im  Lat.  der  /-Conj.   an. 

Die  sogenannte  zweite  schwache  Conj.  besteht  lediglich 
aus  den  wenigen  Verben,  welche  im  Lat.  der  starken  Conj. 
—  sei  es  diirchweg  'wie  z.  B.  vend-S-re)  oder  doch  theilweise 
(wie  z.  B.  respo7id-e-re ,  aber  respoJid-i]  —  ziigehörten,  im 
Französ.  aber  ein  ilexionsbetontes  Perf.  auf  -/ sj  bilden. 

Die  starke  Conjugation  endlich  umfasst  im  Xeufrz.  nur 
etwa  30  Verba,  Melche  auf  lat.  starken  Verben  beruhen.  Die 
numerische  Ungleichheit  zwischen  der  so  wenig  umfangreichen 
französischen  und  der  im  Verhältniss  dazu  weit  umfangreicheren 
lateinischen  starken  Conjugation  erklärt  sich  daraus,  dass  viele 
starke  Verben  überhaupt  nicht  in  da»  Französ.  übergegangen 
sind  (z.  B.  nuhere,  scidpere .  carpere ,  serpere  u.  a.)  ,  andere 
aber  in  die  schwache  Conjugation  eingetreten  sind  [z.  B. 
yCig^re  :  agir^  ßecUre  .ßechir,  ced^re  :  ceder  u.  a.  :  der  letztere 
Process  hat  sich  auch  noch  in  der  Entwickelung  von  Altfran- 
zösisch zu  Neufranzösisch  fortgesetzt  (so  bildeten  z.  B.  die 
Verba  auf  -ndre  =  lat.  -rujere  im  Altfrz.  noch  ein  starkes 
Perf.,  vgl.   altfrz.  ceins  =  cinxi  mit  nfrz.  ceigni\s\]. 

Aus  dem  Obigen  ergiebt  sich,  dass  im  Neufrz.  nur  die 
sogenannte  erste  schwache  Conj.  '.^I-Conj.)  und  die  Inchoativ- 
klasse der  dritten  schwachen  Conj.  /-Conj.  noch  wirklich 
lebenskräftige  und  zur  Aufnahme  von  Neubildungen  fähige 
Conjugationen  sind,  während  die  übrigen  Conjugationen,  bzw. 
Conjugationsclassen  veraltete  und  voraussichtlich  zu  allmäh- 
lichem Absterben  verurtheilte  Flexionsarten  darstellen.  Mit 
Hecht  darf  man  daher  die  beiden  genannten  Hauptkategorien  als 
»conjugaisons  Vivantes«  u.  «conjugaisons  archaiques«  bezeichnen. 

Vom  praktischen  Standpunkte  aus  ist  man  berechtigt, 
die  zur  ^-Conj.,  zur  Inchoativciasse  der  /-Conj.  und  zur  dritten 
sog.  schwach en^t?onj.  gehörigen  ^'erba  als  »regelmässige«,  alle 
übrigerf*  aber  als  »unregelmässige«  zu  betrachten.  Wissenschaft- 
lich dagegen   ist  eine  solche  Unterscheidung  einfach  sinnlos. 


Die  "Wortformen  und  die  Wortformumschreibungen.  213 

B  Die  Personalendungon.  Die  Personalendimgen 
des  frz.  Verbs  sind  folgende: 

Sg.  1  P.  —  (vgl.  Bemerkung  l).  2  P.  -*-.  3  P.  -t  vgl. 
Bern.  2^ ;  PL  l  P  -mcs,  -ns  (vgl.  Keni.  3  .  2  P.  -tefi,  -z  (vgl. 
Bern.   4),   3  P.   -i\i. 

Bemerkungen.  1.  Die  ursprüngliche  allgemeine  Endung  der  1  V. 
Sg.  -m{\  ist  schon  im  Lat.  auf  bestimmte  Tempora  und  Modi  Präs.  Conj., 
Impf.  Ind.  und  Conj.,  Perf.  Conj.,  Plusqpf.  Ind.  und  Conj.,  Fut.  Ind.  der 
starken  und  der  /-Conj.)  und  einzelne  Formen  [sum,  possum]  beschränkt, 
im  Französ.,  wie  überhaupt  im  Romanischen,  ist  sie  völlig  geschwunden. 
Die  lat.  ersten  Personen,  welche  die  Endung  -m  verloren  haben,  lauteten 
aus  auf  -0  (Präs.  Ind.,  Fut.  der  A-  und  E-Con'j.^  oder  -i  Perf.  Ind.).  Das 
auslautende  -o  musste  im  Französ.  schwinden,  wenn  die  vorausgehende 
Consonanz  es  gestattete,  sonst  zu  e  geschwächt  werden,  vgl.  altfrz.  j^ort 
mit  port-o,  perds  mit  perd-o,  ßnis  vait  ßnisc-o,  dor's]  mit  dor  mio,  altfrz. 
ier  mit  ero,  aber  troithh  =  *turb[ulo,  recouvre  =  recupejo.  In  der  1  P. 
Sg.  Präs.  Ind.  der  -:f-Conj.  ist  durch  Anbildung  an  die  2  und  3  P.  im 
Neufranzösischen  durchweg  e  angetreten  [je  porte  [f.  altfrz.  port]  angebil- 
det an  tu  partes,  tl  parte).  Das  neufranzös.  -s,  bzw.  -x  der  starken  ersten 
Personen  Präs.  Ind.  'z.  B  Je  perd<,  Je  rais,  Je  vaiix  beruht  ebenfalls  auf 
Analogiebildung.  —  Der  Ausgang  -i  des  Perf.  Ind.  ist  erhalten  in  der 
A-,  I-  und  vielleicht;  in  der  dritten  schwachen  Conj.,  vgl.  parta-i  mit  por- 
ta[v'i,  dormi  s]  mit  darmi[v]i  [ü  =  i  ,  über  perdi[s]  u.  dgl.  vgl.  den  Pa- 
ragraphen über  die  Perfectbildung.  Geschwunden  ist  -i  in  den  starken 
Perfecten,  vgl.  Je  Jts  mit  feci,  Je  ri[$]  mit  vid-i,  Je  ris  mit  ris-i,  Je  duW 
\aber  altfrz.  noch  dui  mit  dehui.  Das  unorganische  -s  in  den  Perfecten 
der  /-Conj.,  der  sog.  dritten  schwachen  Conj.  und  der  /-  und  t'"j-Clas.se 
der  sog.  starken  Conj.  gründet  sich  auf  AnalogiebUduug. 

2.  Die  Endung  -t  der  3  P.  Sg.  ist  abgefallen :  a)  im  nfrz.  Präs.  Ind.  der 
ersten  schw.  Conj.  il  parte  =^portat;  das  t  in  porte-t-il  u.  dgl.  ist  junge 
Analogiebildung  an  die  Formen  mit  erhaltenem  t  und  erklärt  sich  aus  dem 
Streben  nach  Vermeidung  des  Hiatus, ;  b)  im  Perf.  der  sog.  ersten  schw.  Conj. 
{il  porta  =  porta'ci  t; ;  im  Präs.  Conj.  sämmtlicher  Conjugationen  [il  parte, 
il  ßnisse,  il  perde,  il  recoive  =^  portet,  ßniscat,  perdat,  recipiatr,  d  im  Fut. 
sämmtlicher  Conjugationen  il  partera  u.  dgl.  =  partare  -f-  habet]  ;  e  im 
Präs.  Ind.  von  vaincre  Jl  vainc  =  vincit  .  —  Im  Präs.  Ind.  der  auf  dentale 
Explosiva  auslautenden  Verben  der  sog.  dritten  schw.  Conj.  ist  t  -\-  t, 
bzw.  d  -\-  t  zu  t  neufrz.  d  -\-  t  zu  d)  vereinfacht  [il  hat  =  hatt  iii  t,  il  pert, 
perd  =  perd  i\t,  aber  il  rompt  =  rump[i]f]. 

3.  Die  lat.  Endung  -mus  der  1  P.  PI.  hat  im  Frangös.  zunächst  -mes 
ergeben;  diese  Endung,  im  Altfrz.  nicht  auf  bestimmte  Formen  be- 
schränkt, ist  im  Neufrz.  nur  erhalten  in  naus  sommes  =  sumus  und  im 
Perf.  aller  Conjugationen  'naus  partumes  etc.  =  partavimus  .  In  weiterir 
Entwickelxmg  ergab  -mes  frühzeitig  -ns,  und  diese  Form  ist  die  allgemein 
herrschende  geworden.  Das  dem  -ns  im  Neufrz.  durchweg  vorangehende 
o   {also   die   scheinbare  Personalendung  -ans    erklärt    sich  wahrscheinlich 


214  Das  Französische. 

daraus,  dass  die  1  P.  PI.  durchweg  der  Analogie  von  smwjms  =  sommes  ge- 
folgt ist  (also  für  j)ortainus,  ßtiiscimics,  dehemus ,  recipimus  etc.  trat  ein 
"porti'omts,  *ß)nscümuH,  *(lehiimus,  *recijnimus ,  daraus  zunächst  portotnmes 
etc.,  dann  jjortons  etc.).  Es  liegt  hier  also  vermuthlich  eine  sehr  eigen- 
artige, weitgreifende  Analogiebildung  vor.  Sehr  wohl  lässt  sich  übrigens 
annehmen,  dass  dieser  Process  erst  im  Französischen,  nicht  schon  im  gal- 
lischen Volk.slatein,  begann,  dass  also  Formen,  wie  poHümus,  nie  existirt 
haben,  sondern  dass  erst  sommes,  nicht  schon  stimus,  analogisch  wirkte 
und  die  AVandelung  von  *portames,  *devemes,  bzw.  *porta'i,ms,  *deve{V,irts 
etc.  zu  portommes,  devomtnes  etc.  veranlasste. 

4.  Die  lat.  Endung  der  2  P.  PI.  -tis  hat  im  Französ.  zunächst  -tes  er- 
geben; diese  Endung  ist  aber  nur  in  vereinzelten  Präsensformen  Ind.  'etes, 
f altes,  dites)  und  im  Perfect  [portätes  etc.)  erhalten,  sonst  ist  sie  durch 
Synkope  des  e  stets  zu  -t[e]s  =  s  geworden.  Das  dem  z  durchweg  vor- 
angehende e  (also  die  scheinbare  Personalendung  -ez  entspricht  dem  Ab- 
leitungsvocal  a  der  sog.  ersten  schw.  Conj.  pnrt-e-z  =  port-d-tis)  und 
beruht  folglich  ausserhalb  dieser  Conj.  auf  Analogiebildung  (also  ptinissez, 
])erdez,  devez  etc.  gleichsam  *pimiscätis,  *perddtiti,  ^debütis),  denkbar  ist 
auch  Mitwirkung  des  e  aus  dem  a  des  Conj.  Präs.  der  lat.  E-,  I-  und 
starken  Conjugation. 

C.  Die  Behandlung  des  Stammvocales.  Differenz 
zwischen  den  s  t  a  m  m  b  e  t  o  n  t  e  n  und  den  f  1  e  x  i  o  n  s  - 
betonten  Formen. 

Der  Stammvocal  (einsylbiger)  Verbalstämme  trägt  den 
Hochton  a)  im  Sg.  und  in  der  3  P.  PI.  der  stark  gebildeten 
Präsentia;  b)  im  Sg.  imd  in  der  3  P.  PI.  des  Präsens  der 
A-Qon] . ;  c)  in  den  stark  gebildeten  Perfecten  :  d)  in  den  auf 
-re  ausgehenden  stark  gebildeten  Infinitiven ;  e,  in  stark  ge- 
bildeten Participien  Perf.  (zu  denen  die  Participien  auf  -u 
nicht  gehören.  —  Im  Einzelnen  ist  zu  bemerken: 

1.  Der  in  den  angegebenen  Präsensformen  hochbetonte 
Stammvocal  erleidet,  wenn  in  lateinischer  offener  Sylbe  stehend, 
die  durch  die  Lautgesetze  bedingten  Wandelungen,  wodurch 
eine  lautliche  Differenz  zwischen  diesen  stammbetonten  und 
den  flexionsbetonten  Formen  veranlasst  wird :   denn  : 

a)  hochtoniges  a  wird  e  (geschrieben  cd] ,  tieftoniges  a  bleibt 

a,   daher  z.  13.  : 
ämo  =  aim[e],  aber  n7näre  =  qmer  (erst  neufrz.  aimer) ; 

b)  hochtoniges  e  und  ae  wird  ?e,   tieftoniges  e  (ae)  bleibt  e, 

daher  z.  B. : 
assed[eo\  =  assieds,  aber  asse[d\ere  =  asse-oir. 
Uvo  =  liev[e\,  aber  leväre  =  lever, 


Die  "Wortformen  und  die  AVortforniumschreibungcn.  215 

te/>[e]o  =  tiens,  aber  '  tcnire  =  tcnir, 
'*arquocro  =  acquiers,   aber  *acquae7'ire  =  arquenr; 
c    hochtouigos  i-  und    /   \vir(l  ci,    o?",    tieftoniges  5  bleibt  e, 
tieftoniges  i  wird  /u  f  geschwächt,  daher  z.  15. : 
credo  =  cre?,   croi,  aber  ^creilätis  =  fr«?e^; 
^(^[«]5o  = />m'e,  poise.  aber  pi'[n]sä7'e  =  peser, 
* mino  =  7/?<'m[e],   wo/;/[('l,   aber  minäre  =  mqner, 
vid.eo  ==  vei.   foi[s^ ,  aber  fV[f(?]ere  =  veoir.   rotr, 
d)  hochtoniges  ö  wird  ou,  eu,  tieftoniges  ö  wird  ou.  daher  z.  B. : 
pJöro  =    ploure)    pleure  ^    aber   pldräre  =  plourer  (neufrz. 
pleurer]  : 
e'   hochtoniges  ö  wird  ue,    ö  (geschrieben  eu)  ,    tieftoniges  o 
wird  ou.   daher  z.  B.: 
*tröpo  =  tTuef.!   treuf,  aber  *tropäre  =  troucer, 
volo  =  vuel,  veuls,  veux,   aber   *vblere  =  voidoir. 
*mör[ro  =  nuter.  meiir[ii\,   aber  *morlre  =;  mourir. 

Diese  VocaldifFerenz  war  im  Altfranzös.  annähernd  streng 
durchgeführt,  im  Xeufranzös.  ist  sie  durch  analogische  An- 
bildung  der  stamrabctonten  Formen  an  die  flexionsbetonten 
oder  'aber  seltener  der  flexionsbetonten  Formen  an  die  stamm- 
betonten z\im  Theil  aufgehoben  worden  und  folglich  Unifor- 
mirung  der  Vocalisation  eingetreten,  z.  B.  in  trouver,  prouver 
u.  dgl.  ist  das  ursprünglich  nur  den  flexionsbetonten  Formen 
zukommende  ou  auch  in  die  stammbetonten  eino:edruno:en, 
daher  Je  trou've,  Je  prouve  f.  altfrz.  Je  treuf ^  treuve.,  preuf, 
preuve:  umgekehrt  hat  in  aimer  das  eigentlich  nur  in  den 
stammbetonten  Formen  berechtigte  e  [ai]  auch  in  die  flexions- 
betonten Eingang  gefunden,  daher  aimons  f.  altfrz.  amons\ 
ebenso  verhält  es  sich  mit  dem  oi  in  neufrz.  toyons  f.  altfrz. 
veons  etc. 

Immerhin  aber  ist  die  Vocaldiff"erenz  auch  im  Neufranzös. 
in  ziemlich  beträchtlichem  Umfange  noch  vorhanden  und  spielt 
namentlich  in  der  starken  Präsensbildung  eine  bedeutsame 
Rolle  mens  —  7nouvotis.,  peux — pouvotis ,  veux  —  voulons,  re- 
Qois  —  rececons  etc.).  Im  Präs.  der  ersten  schw.  Conj.  ist  die 
Vocaldiff"erenz  wenigstens    bei   den  Verben  mit  stammhaften  e 


216  Das  Französische. 

(=  c  und  e)  bewahrt,  wenn  aucli  in  entarteter  Gestalt:  die 
stammbetonten  Formen  haben  e,  die  flexionsbetonten  e,  z.  B. 
leve,  aber  levö/is,  jjese ,  aber  pesöns.  appelles ,  aber  appelöns\ 
graphisch  wird  der  offene  E-Laut  der  stammtonigen  Formen 
entweder  durch  Setzung  des  accent  grave  oder  durch  Verdop- 
pelung des  auslautenden  Stammconsonanten  zum  Ausdruck 
gebracht  (z.  B.  gele^  crochete,  aber  etincelle  von  eti7iceler,  Jette 
von  jeter) . 

Anm.  Bei  mehreren  Verben  der  sog.  ersten  schw.  Conj., 
deren  Stamm  mehrsylbig  ist.  wird  im  Altfrz.  in  allen  flexions- 
betonten Formen  die  letzte  Stammsylbe  als  tieftonig  synko- 
pirt,  während  sie  in  den  stammbetonten  Formen  des  Präs.  als 
hochtonig  sich  behauptet;   die  vorkommenden  Fälle  sind: 

a)  mandH[c\o , 'mandü[c^as ^  ma7idü[c]at,  mandti[c]ant  =  manju[e], 

manjues,  manjue^  munjuent.  aber  mand\ii\cämus,  mand[u]- 
cätis  =  manjöns^  manjez ; 

b)  adjü[t]o  ,    adju[t]as  ,    adjY([t]at ,   adjü[t]ant  =  aju[e] ,  aj'ues, 

ajue,  ajuent,  aber  adj[t/f]äm((s,  adjut]dtis  =  aidöns,  aidez; 
ci  pa9-äh[o]lo,  paräb[o]las,  paräb[oyat,  paräb[o]lant  =  pa7'6I[e\ 
paröles,  ^Jarö/e,  parölent,    aber  paraholämus ,  paraholätis 
=  parlöns,  parJez. 
Im  Laufe  der  Sprachentwickelung   sind    die   stammbeton- 
ten  Formen  der- Analogie  der  viel  zahlreicheren  flexionsbeton- 
ten   gefolgt,     daher   neufranz.  je   mange   etc.,    j'aide   etc.,  Je 
parle  etc. 

2.  Die  Behandlung  des  hochtonigen  Stammvocales  in  den 
starken  Perfecten  wird  in  dem  der  Perfectbildung  gewidmeten 
Paragraphen  besprochen  werden. 

3.  In  den  Infinitiven  auf  -re  ist  der  hochtonige  Stamm- 
vocal  durch  Position  geschützt ,  daher  verharren  a  und  e 
[hättre,  perdi'c);  in  den  Verben,   deren  Stamm  im  Lat.  auf  -ng 

auslautet  (z.B.  pla?ig-^re,  cing-^re ,  Jung-ere  ,  entwickelt  sich 
nicht  nur  im  Inf ,  sondern  in  allen  Formen  durch  Einwir- 
kung des  g  [■=  J    das  a  :  ai,   das  e  :  ei  mid  das  u  :  oi. 

4.  Die  Behandlung  des  hochtonigen  Stamm vocals  in  den 
starken  Part.  Perf.  wird  in  dem  der  Bildung  des  Part.  Perf. 
gewidmeten  Paragraphen  besprochen  werden. 

D.    Die  Behandlung  des  Ableitungsvocales. 

1.    Der    Ableitun  gs  vocal    ü.      Der  Ableitungsvocal  a 


T>ic  Wortformen  und  die  AVortfonmimschreibungen.  217 

ist  in  der  Flexion  der  hetr.  Verba  u)  erhalten  im  Perf.  mit 
Ausnahme  der  3  V.  V\.  und  im  Phjpf.  (Impf.)  Conj.,  im  Part. 
Präs.  und  im  Gerund.  ;  do7in(ii.  iJonnas  etc..  aber  donnh'etit, 
don flösse,  do/uiasses  etc. ,  donnqnt  etc. ;  ß)  zu  ?  geworden  in  der 
W  P.  PI.  Perf.:  ;"  zu  (betontem)  e  geworden  im  Inf.,  im  Part. 
Präs.  und  in  der  2  P.  PI.  Präs.  Ind.  und  Imp. :  donnn'^ 
donfie^,  don)irz\  ö)  zu  dumpfem,  bzw.  stummem  e  geschwächt 
in  der  2  und  3  P.  Sg.  und  3  P.  PI.  Präs.  Ind.:  donnes,  donne 
(3  P.  Sg.  Ind.  u.  2  8g.  Imp.l,  dowtmt  (wenn  =  donqnt  und 
nicht,  was  sehr  denkbar.  =^  *donimt  nach  Analogie  der  star- 
ken Verba .  wie  pei'dunt  etc.)  ,  sowie  im  Fut.  und  Cond. : 
donner-ai .  do/uier-ais;  f  geschwunden  in  der  1  P.  8g.  Präs. 
Ind.:  altfrz.  je  porf ,  je  gart  ;im  Neufrz.  ist  in  Folge  von 
Analogiebildung  -e  angetreten:  je  porte ,  vgl.  oben  S.  213); 
1*  durch  0  verdrängt  in  der  1  P.  PI.  Präs.  Ind.:  porfons, 
s.  oben  8.  213  f. 

2.  Der  Ableitungsvocal  e.  In  flexi vischer  Verwen- 
dung hat  sich  der  Ableitungsvocal  e  nur  im  Inf.  einzelner 
Verba  erhalten,  z.B.  veoi?'  {voir)  =  vi[d]ere ,  seoir  ^=^  se[(l\ere  \ 
mehrere  der  hierher  gehörigen  Verba  gehören  im  Lat.  der 
starken  Conj.  an,  z.  B.  savoir  =  saper e  f.  sapöf'e,  c/i[e]oi7' = 
ca  d]ere  f.  cadöre,  recevoir  =  recipT're  f.  recip^re. 

Der  dem  lat.  -^-tis  entsprechende  Ausgang  -eiz  der  2  P. 
PI.  Präs.  Ind.  und  Fut.  ist  im  Altfrz.  dialectisch  noch  vor- 
handen aveh,  sereiz  ,  im  Neufrz.  aber  durch  -ez  =  -litis  völlig 
verdrängt  worden. 

In  vereinzelten  Fällen  hat  in  Präsensformen  der  Ab- 
leituno^svocal  -e  auf  den  vorangehenden  Stammconsonanten 
lautlich  eingewirkt,  indem  er  dessen  Palatalisirung,  bzw.  As- 
sibilirung  veranlasst  hat,  z.  B.  vaille  =^  valeam  ^  plaise.  taise 
=  placcam ,  taceam ;  öfters  ist  es  zweifelhaft,  ob  ein  e  oder  i 
wirksam  gewesen  ist,  z.  B.  altfrz.  voil  lässt  sich  ebensowohl 
auf  *voleo  als  auf  volw  f.  ro/o,  altfrz.  tlenge  ebensowohl  auf 
teneam  als  auf  '^tenkwi   (nach  venia?)})  zurückführen. 

Die  mittelst  des  Ableitungsvocales  e  gebildeten  Imperfect- 
ausgänge  -ebatn  =  -eie,  -oie,  -oi.  -ai  s)  etc.  haben  sich  erhalten 
und  sind  sogar  die  alleinherrschenden  geworden :  das  Nähere 
sehe  man  §  21. 

Aus    dem  Obigen    ergiebt   sich .    dass    die   (schon  im  Lat. 


218  rJas  Französische. 

absterbende)  ^-Conj.  im  Französischen  als  solche  völlig  unter- 
gegangen ist. 

3.  D  er  Ableitiings  vocal  7.  In  den  im  Französ.  vor- 
handenen nicht  inchoativen  Verben  der  /-Conj.  ist  der  Ab- 
leitungsvocal  -i  nur  erhalten:  a)  im  Inf.  [dormir);  ß)  im  Part. 
Perf.  {dorfni) ;  ;')  im  Perf.  [dormi[s]  etc.) ,  hier  verschmolzen 
mit  dem  Tempusvocal  ^:  dormivi ,  dormii\  ö)  in  der  l  und 
2  P.  PI,  Präs.  Conj.  und  vielleicht  in  der  1  und  2  PI.  Impf. 
Ind.  [dormions ,  dormiez).  —  Im  Präs.  Ind.  Sg.  ist  der  Ab- 
leitungsvocal  sammt  dem  ihm  vorausgehenden  Stammconso- 
nanten  geschwunden  [dors ,  dort ,  ebenso  meurs ,  meurt^  viens^ 
vient  etc.)  ,  so  dass  die  betr.  Formen  starke  Bildung  zeigen. 
—  Alle  übrigen  Formen  folgen  der  Analogie  der  ^-Conj. 
[dormez ,  dorme ,  dormais) .  —  Vereinzelt  hat  das  Ableitungs-i 
den  vorausgehenden  Stammconsonanten  palatalisirt  oder  assibi- 
lirt,  z.  B.  saillir  =  salire^  altfrz.  fuz  =  fac-i-o\  ebenfalls  nur 
vereinzelt  hat  sich  das  Ableituugs-i  zu  palatalem  g  verconso- 
nantirt:  ?i\\hz.  ßerge,  vienge^  moerge  =^  feriam ,  veniam  ,  *mo- 
riam\  hin  und  wieder  findet  sich  dieser  Vorgang  auch  in  In- 
dicativformen ,  z.  B.  altfrz.  siench  =  senfw,  mencli  =  venio  u. 
dgl.,  eine  verwandte  Erscheinung  sind  die  Formen  mit  -c,  wie 
se7ic  =  sentio,  menc  =  *mentio^  sierc  =  servio. 

In  den  inchoativen  Verben  der  /-Conj.  ist  der  Ableitungs- 
vocal  i  durchweg  erhalten. 

E.    Das  Wirken  der  Analog^iebilduno:. 

Innerhalb  der  verbalen  Formenbildnng  des  Französischen 
hat  in  sehr  weitem  Umfange  die  Wirksamkeit  der  Analogie- 
bildung stattgefunden  ,  namentlich  auch  in  der  Entwickelung 
des  altfranz.  Formenbcstandes  zu  seiner  neufrz.  Gestaltung. 
Auf  Analogiebildung  beruht  z.  B.  die  Verdrängung  des  ur- 
sprünglichen Ausganges  der  1  P.  PI.  durch  -ons .  die  Ueber- 
tragung  des  Ausganges  -ez  von  der  ^4-Conj.  auf  alle  übrigen 
Conjugationen ,  die  Angleichung  der  stammbetonten  an  die 
flexionsbetonten  Formen  oder  umgekehrt  (vgl.  oben  8.  215  f.). 
Weitere  Beispiele  für  das  Wirken  der  Analogiebildung  werden 
unten  in  den  die  Einzelheiten  der  Verbalflexion  behandelnden 
Paragraphen  in  reicher  Fülle  anzuführen  sein.  Durch  die 
Wirksamkeit  der  Analogiebildung  ist  die  oi'ganische  Entwicke- 
lung der  französ.  Conjugation  in  erheblichem  Masse  tlieils  von 


Die  "NA'ortformcn  und  die  AVortformumschrcibunpen.  219 

vornherein  geliemmt,  tlifils  späterhin  \interbrochen,  nicht  sel- 
ten sogar  rüc-k<T;iu<>i«;  (ji-niatht  worden. 

[E.    Verbale  »Satzdoppel  formen. 

Unter  »Satzdoppelformen«  versteht  man  zwei  verschiedene 
lautliche  Entwickelnng^en  eines  und  desselben  (lat.)  Wortes, 
bzw.  einer  und  derselben  (lat.)  "NVortform.  welche  aiis  der  ver- 
schiedenen Stellung  des  betr.  Wortes,  bzw.  der  betr.  Wort- 
form innerhalb  des  Satzes  —  namentlich  ob  vor  Consonant 
oder  vor  Vocal  —  sich  ergeben  mussten.  Selten  jedoch  haben 
diese  Satzdoppelformen  sich  neben  einander  erhalten ,  in  der 
Kegel  hat  vielmehr  nur  die  eine  von  beiden  sich  behauptet. 
Für  die  Yerbalflexion  sei  dies  an  einem  Beispiele  erläutert: 

lat.  amävi  musste  isolirt  und  vor  Consonanten  (z.  B. 
amav[i]  patrem)  ergeben  *amef,  wie  clavem  :  clef^  navem  :  nef, 
vor  Vocalen  (z.  B.  ama[v]i  cmiiciwi)  dagegen  amai:  letztere 
Form  ist.  gestützt  durch  die  Analogie  mit  amaa  etc.,  die  allein- 
herrschende geworden  (so  Neumaxn  in  Ztschr.  f.  rom.  Phil. 
Vm,  364),  ebenso  dormivi  vor  Cons.  =  'dormif  (vgl.  vivum  : 
vif],  aber  dormiv]i  -j-  Vocal  =  dor7yiii  dormi^y\. 

§  16.  Die  Bildung  des  Infinitivs  und  der  durch 
Verbindung  des  Infinitivs  mit  dem  Modalverb  ha- 
bere  entstandenen  periphrastischen  Tempora  Fut. 
und  Cond.). 

1 .  Sämmtliche  vier  lat.  Infinitivausgänge  sind  im  Fran- 
zösischen erhalten:  -a-re  als  -e-r"^  (in  der  hevttigen  Sprache 
mit  verstummtem  r  und  geschlossenem  e ,  aber  noch  im 
17.  Jahrh.  wiu'de,  wie  namentlich  Reime  bei  Corneille  be- 
zeugen, -€?•  =  er  gesprochen,  daher  im  Reime  z.  B.  c/wt'  mit 
aime}'  gebunden  'normannischer  Reim] ) ;  e-re  als  -oi-r.  -i-7'e  als 
-i-r  und  -[if'-re  als  -re  (die  Erhaltxing  des  auslautenden  e  in  -re 
ist  meist  in  der  vorausgehenden  Doppelconsonanz  begründet). 
Von  diesen  Ausgängen  ist  -er  und  nächst  ihm  -ir  der  häufig- 
ste, -oir  und  -re  sind  auf  wenige  Verba  beschränkt  (vgl.  oben 
S.  210).     Der  Inf.  auf  -er  ist  charakteristisch  für  die  zur  sog. 


i;  Nicht  verschwiegen  bleibe  jedoch,  dass  gegen  Neumaxn's  Theorie, 
so  scharfsinnig  und  geistvoll  sie  auch  ist,  sich  doch  lautliche  und  auch 
andere  Bedenken  geltend  machen  lassen. 

2;  Im  Altfrz.  statt  -er  in  den  durch  das  BARTScn'schc  Gesetz  s.  oben 
S.  125  f.)  bestimmten  Fällen  -ier. 


220  I^^s  Französische. 

ersten  schwachen  (^-)Conj.  gehörigen  Verben.  Der  Ausgang 
-ir  kommt  meistens  den  der  sog.  dritten  schAA'achen  (/-)Conj. 
angehörenden  Verben  zu .  findet  sich  jedoch  aiich  bei  einzel- 
nen Verben,  welche  starke  Präsens-  und  Perfectformen  bilden 
(z.  B.  venir ,  mounr ,  acquei'ir).  Der  Ausgang  -oir  eignet  nur 
Verben  mit  (ursprünglich)  starker  Perfectbildung.  Ebenso  ist 
der  Ausgang  re  nur  Verben  eigen,  welche  im  Lat.  stark  flec- 
tirten  und  auch  im  Französischen  noch  mindestens  starke 
Präsensformen  besitzen. 

Im  Gegensatze  zu  den  schwachen  Ausgängen  -er,  -oir,  -ir 
ist  -re  der  einzige  starke ,  unmittelbar  an  den  Stamm  antre- 
tende Infinitivausgang.  Zwischen  diese  Endung  und  stamm- 
auslautendes /,  m,  7ig^  s  tritt  euphonisches  f/,  z.  B.  mouclre  = 
mol\ß\re,  geindre  =  <7ew^[^]re,  ceindre  =  cing[<P\re ,  coudre  = 
co\n\s\ue\re\  zwischen  -re  und  ihm  vorausgehendes  Inchoativ- 
suffix sc  tritt  euphonisches  t,  z.  B.  nattre  =  nais-t-re  =  '^nas- 
c^re ,  connaitre  =  comioistre  =  cognoscere\  lat.  vincere  ergab 
zunächst  vain-t-re  mit  euphonischem  i.  erst  daraus  entstand 
durch  etymologisirende  Schreibung  neufrz.  vaincre. 

Nicht  selten  ist  der  ursprüngliche  Infinitivausgang  mit 
einem  andern  vertauscht  worden,  vgl.  z.  B.  ceder  mit  ced^re, 
altfrz.  ßner  mit  ßnir ,  agir  mit  agdrc ,  savoir  mit  sapere  ,  re- 
pondre  mit  respondlre.  In  der  Hegel  ist  solcher  Tausch  das 
Ergebniss  des  Uebertrittes  des  betr.  Verbs  in  eine  andere  Fle- 
xionsclasse  (so  stets  bei  der  Vertauschung  von  -«•<?,  -Ire,  -<^re 
mit-äre  =  er,  vgl.  ezercer,  Jiner.  ceder,  und  bei  der  Vertau- 
schung von  -ere  mit  -[^]re,  vgl.  repondre]  ,  indessen  fehlt  es 
nicht  an  Abweichungen,  z.  B.  courir ,  mourir ,  savoir  (und 
überhaupt  alle  Verba  auf  -oir)  bilden  trotz  des  angenommenen 
schwachen  Infinitivausganges  doch  starke  Präsens-  und  Per- 
fectformen. 

Colligere  imd  henedicere  sind  durch  Einfluss  des  stamm- 
haften i  in  die  schwache  Form  übergetreten :  cueillir  f.  cueil- 
lire   (vgl.   legere  :  lire)  und  benir  f.   henire  (vgl.  dicere  :  dire). 

Im  Altfranzösischen  bestehen  mehrfach  Infinitivdoppelfor- 
men neben  einander,  z.  H.  ardoir  und  ardre,  courre  und  cou- 
rir,  tistre  (==  texere]  und  tissir,  querre  und  querir.  In  der  Ke- 
gel entspricht  eine  der  beiden  Formen  der  schriftlat.  Form 
(s.  die  Beispiele),   doch  finden  sich  aucli  Fälle,   in  denen  beide 


Die  Wortformeii  und  die  "NA'ortfornuimsehreibungen.  221 

Formen  auf  volksthümlicher  Umbildung  beruhen,  z.  li.  plaisir 
==  ^plaeirv  und  plaire  =■■  *plac^n' .  während  ein  *plaii>oir  = 
placere  entweder  im  gallischen  A'olkslatein  nie  cxistirt  hat 
oder  doch  sehr  früh  geschwunden  ist. 

2.  Durch  Verbindung  von  ai  etc.  =  haheu  und  [av  ais  -= 
Jiah  i-bam  mit  dem  Infinitiv  entstehen  die  periphrastischcn 
Tempora  Futunnn  und  Imperfectum  Futuri   (Conditional). 

Das   hochtonige   e  luid   /  der   Infinitive    auf   -er   und  -ir 

wird   in   den   futurischen  Temporibus  tonlos:    chanterui^    dor- 

mirai.  Im  Altfrz.  wird  e  öfters  völlig  ausgestossen  und  der 
auslautende  Stammconsonant  dem  r  assimilirt,  z.  E.  donerai 
[:  donrai]  :  dorrai  ^  lahserai  j.  laissrai]  :  lairrai.  Das  Fut.  en- 
verrai  von  encoyer  ist  w'ohl  Analogiebildung  an  verrat  v.  voir. 

Der  Infinitivausgang  -re  verliert ,  wie  selbstverständlich, 
im  Fut.  und  Cond.  sein  e. 

Bei  denjenigen  Verben,  deren  Inf.  auf  -oir  =  -ere  für 
-äre  ausgeht,  sowie  bei  einzelnen  Verben,  deren  Inf.  den  Aus- 
gang -ir  für  -^re  hat,  beruht  die  Futurbildung  auf  der  ur- 
sprünglichen starken  Infinitivform  auf -re ,  z.  B.  recevrai  = 
recipere  -f-  Jiaheo  nicht  -\-  ^recipere  -\-  haheo),  saurai  =  sapere 
-\-  haheo  {nicht  *  sapere  -f-  haheo)  ^  acquerrai  =  acquaer^re  (nicht 
itcquaerire  -^  haheo,  mourrai  =  "^mor^re  (nicht  *morire)  +  haheo 
u.  a.  Mehrfach  wird  auch  von  Verben ,  welche  den  ihnen 
schon  im  Lat.  eigenen  schwachen  Inf.  im  Französ.  bewahrten, 
das  Futur  dennoch  ableitungsvocallos  gebildet:  taudrai  v.  va- 
loir,  aurai  v.  avoir,  viendrai  v.  venir.  üendrai  v.  tenir  ^  nicht 
wohl  zu  entscheiden  ist ,  ob  in  diesen  Fällen  Synkope  des 
Stamnivocales  oder,  was  wahrscheinlicher,  A^erbindung  des 
Modalverbs  mit  sonst  unüblichen  starken  Infinitiven  {*valere 
etc.;  vorliegt;  viendrai,  üendrai  sind  vielleicht  auch  Anbildun- 
gen  an  Futura,  wie  rend-rai.  vend-rai.  Ferner:  altfrz.  harrai 
zu  ha'ir,  istrai  isterai)  zu  issir,  orrai  zu  o'ir,  faurrai  zu  faillir, 
saudrai  zu  saillir.  Dass  diese  Bildungen  der  Analogie  ihr  Da- 
sein verdanken,  ist  leicht  ersichtlich. 

Zwischen  stammauslaxitendes  /  und  den  Anlaut  der  vor- 
auszusetzenden starken  Infinitivendung-  tritt  euphonisches  d: 
vaudrai,  voudrai  =  val-r-ai.   fo/-r-a/ (vgl.  oben  k?.  117  ,   ebenso 


222  ^^^  Französische. 

zwischen  n  und  r  in  Dien-d-r—ai,  tie?i-d-rai,  -wenn  diese  For- 
men nicht  Analogiebildungen  sind,  vgl.   S.   221. 

Das  Fvitur  von  cueillir  und  dessen  Compositis  folgt  der 
Analogie  der  sog.   ersten  schwachen  Conj.:  cuciUerai. 

Die  Diphthongirung  des  stammhaften  tonlosen  t*  zu  ie  in 
viendrai,  tiefidrai  beruht  auf  Analogiebildung  au  die  stamm- 
betouten  Präsensformen,  zugleich  wurden  dadurch  die  Futura 
von  ve?iir  und  tenir  von  denen  von  vendre  und  -tendre  unter- 
schieden. 

Das  stammhafte  ai  in  faire  sinkt  im  Fut.  regelrecht  zu 
tonlosem  e  herab :  ferai  (dagegen  behauptet  sich  ai  in  der 
Schrift  in  plairai^   tairai). 

Mehrformig  ist  das  Fut.  zu  etre:  serai  =  *[eÄ]«er[e]  -f- 
habeo  und  esfrai  =  "ei>[se]r[e]-\-habeo,  letztere  Form  ist  im  Neu- 
französischen geschwunden ;  im  Altfranzös.  fungirt  ausserdem 
als  Fut.   von  etre  das  Fut.   von  ester  =  stare  :  esterai. 

§  17.  Die  ]>ildung  des  Particips  Präs.  und  des 
Gerundiums. 

Die  liildung  des  Part.  Präs.  und  des  Gerundiums  ist 
diirchweg  schwach,  indem  der  Ableitungsvocal  a  durch  Ana- 
logiebildung auch  auf  alle  nicht  zur  ^-Conj.  gehörigen  Verba 
übertragen  worden  ist;  sonach  ist  -a-nt  =  (/nf[em]  und  = 
-a7id[o]  der  einzige  Ausgang  sämmtlicher  Participien  Präs.  und 
Gerundien  geworden,  die  sonstigen  im  Lat.  vorhanden  ge- 
wiesenen Ausgänge  -efii  und  -endo,  -ient  und  -iendo^  -^nt  und 
-dndo  [doc-e-ntem ,  dorm-i-entem^  reg-6-ntem)  sind  sämmtlich 
völlig  geschwunden ;  lautliche  Nachwirkung  des  einstigen  Ab- 
leitungsvocales  e  zeigen  jedoch  noch  das  zum  Adj.  gewordene 
Particip  vaillant  =  *val-e-untem,  *val-e-anfeni,  *val-i-an(em  (da- 
neben  als   Part,  valant  =^  *cal-a-ntem)  und   das  Part,  sachant. 

Das  Part.  Präs.  wurde  im  Altfrz.  naturgemäss  als  Adjec- 
tiv  behandelt  und  folglich  (wie  schon  im  Lat.)  Hectirt,  erhielt 
auch  durch  Analogiebildung  ein  Fem. ;  das  Gerundium ,  ent- 
sprechend seinem  Ursprünge  aus  dem  Ablativ  des  lat.  Gerun- 
dium, war  flexionslos,  konnte  übrigens  nur  in  Verbindung  mit 
Präpositionen,  namentlich  mit  ew,  in  absoluten  Verbindungen 
mit  Possessivpronominibus  (z.  li.  rostre  veiant^  dem  Sinne 
nach  =  sous  ros  yevz)  und  bisweilen  in  der  Function  eines 
Objectsinlinitivs    [z.  B.   li  ßrent   entendant  que   etc.  ^  ih    lui 


Die  Wortforuieu  und  die  W'ortformumschreibungeu.  223 

ßreitt    cjitemlre    quv    etc.      gebraucht    werden,     vgl.     Cledat. 
Cirannn.   tlem.   de  la  vieille  laugue  fraucaise  p.  2u2f.  '  . 

Im  Nexifrz.  ist  das  Part.  Präs.  nur  noch  in  der  Function 
als  ^  erhaladjectiv  llexionsfiihig ,  dagegen  in  der  Function  als 
eigentliches  Particip  flexionslos  (Heschluss  der  Academie  vom 
J.  IG79:  )^la  regle  est  fiiite.  on  ne  declinera  plus  les  participes 
presents«.  wo  unter  'participesx  eben  die  Participien  in  parti- 
cipialer  Function  zu  verstehen  sind).  Das  Gerundium  ist  auf 
die  Verbindung  mit  der  Präposition  en  ^das  sog.  Gerondif] 
und  auf  einzelne  Kedewendungen  [de  ??ion  viccmt,  du  vicant 
de  .  .  .  u.  dgl.     beschränkt. 

§   IS.    Die  liildung  des  Präsens  Indicativi. 
A.    Die  Bildung  der  schwachen  Formen, 
l .    Mit  Hülfe  des  Ableitungsvocales  a  werden  gebildet : 
y^  «^  Die  2  und  3  P.  Sg.  und  die  2  und   3  P.  PI.   der  sog. 

^  ersten  schwachen  Conj . : 

2  sg.  porf-e-s  =  port-U-s.   3  sg.  port-e{-t,  ==  po7'i-ä-t, 
2  pl.  port-e-z  =  port-Zi-tis.   3  pl.  port-e-nt  ^=  port-Zi-nt  viel- 
leicht jedoch  =  *port-u-nt\ . 
[In  der  1  p.  sg.   ist  das  auslautende  o  =^  a  -\-  o  lautgesetz- 
lich abgefallen,  also  port-o  :  port^    später  jedoch  wurde  analo- 
gisches  -e  auo^efiist    vo;l.  oben  S.  213.  —  Ueber  den  Ausojang 
-ons  der   1  p.  pl.  und  seine  allgemeine  Verbreitung  vgl.  oben 
S.  213.J 

Ueber  die  Verschiedenheit  des  Vocalismus  der  stammbe- 
tonten und  der  flexionsbetonten  Formen  [z.  B.  treue e  —  troii- 
vons.  peise — peso?is]   vgl.   oben  S.  214. 


1)  Obige  Angaben  haben  -wenigstens  die  praktische  Richtigkeit  für  sich, 
thatsächlich  jedoch  verhält  die  Sache  sich  anders:  schon  im  Lat.  fungirte 
der  Abi.  des  Gerund,  in  einer  dem  Part.  Präs.  sehr  nahe  kommenden 
"Weise  z.  B.  in  dem  Ausspruche  CiCERo's,  Caec  IS.  {ujurias  f  er  endo 
majorem  laudem,  quam  ulciscendo  mereheris  würde  der  Sinn  des  Satzes 
nur  unwesentlich  geändert  werden,  wenn  man  statt  ferendo  und  ulcisce/ido 
einsetzte  fereim  und  ulciscens  ,  und  in  Folge  dessen  hat  das  Gerund,  im 
Rom.  die  participiale  Function  des  Part.  Präs.  mit  übernommen,  wobei  die 
formale  Identität  des  Gerund,  und  des  Part,  gewiss  fördernd  mitwirkte. 
Dass  das  Gerund,  in  participialer  Function  auch  flectirt  und  überhaupt 
eine  Scheidung  zwischen  Gerund,  und  Part,  nicht  mehr  empfunden  wurde, 
war  nur  natürlich.  Der  Beschluss  der  Academie  vom  J.  1679,  das  partici- 
piale Part.  Präs.  nicht  mehr  zu  flectiren  s.  oben  ,  hat  auf  künstlichem 
Wege  den  ursprünglichen  Zustand  wiederhergestellt. 


224  1^'^s  Französische. 

Ueber  starke  Bildungen  der  1  p.  sg.  truis ,  pruis ,  doins 
u.   dgl.)   vgl.  unten  Ba). 

ß)  Die  2  p.  pl.  auch  der  nicht  zur  sog.  ^-Conj.  gehö- 
rigen Verben:  dormez,  devez^  perdez  gleichsam  "^dormatis^  *de- 
batis,  ^perdatis  für  dormitis^  debetis,  perditis.  vgl.  aber  No.  2. 

y)  Theils  Sg.  und  PI.,  theils  nur  der  PI.  mehrerer  im 
Lat.  zur  /-Conj.  gehöriger,  nicht  inchoativ  verstärkter  Verba 
[cueille,  cueillo?is,  dormons  etc.),  vgl.  No.  3a). 

2.  Der  Ableitungsvocal  -e  zeigt  sich  als  ei  im  Altfranzös. 
noch  dialectisch  in  der  2  p.  pl.  der  im  Lat.  zur  jE'-Conj.  ge- 
hörigen Verben,    wie  z.  B.   aveiz ,   deceiz\    vgl.  No.   3  a;. 

3.  Der  Ableitungsvocal  -7  ist  aus  der  Flexion  des  Präs. 
Ind.  völlig  geschwunden,   denn: 

a)  Die  nicht  inchoativen  Verba  der  sog.  /-Conj.  bilden 
den  Sg.  theils  nach  Analogie  der  ^-Conj.  (z.  B.  cueille^  couvre 
etc.) ,  theils  stark  mit  Abwerfung  des  Ableitungsvocales  und 
des  ihm  vorausgehenden  Stammconsonanten  (z.  B.  dors  ^  sers 
etc.),  den  PI.  aber  stets  nach  Analogie  'der  ^-Conj.  cueillotis, 
dormons  etc.).  In  einzelnen  ersten  Personen  Sg.  zeigt  sich 
(namentlich  im  Altfrz.)  noch  lautliche  Nachwirkung  des  im 
Lat.  vorhanden  gewesenen  Ableitungs-^  [e] ,  z.  B.  altfrz.  faz 
=  fakj[o\  facio,  ganz  ähnlich  plaz ^  taz  =  p1akJ\o].  placeo^ 
takJ[o\  taceo^  vienc,  vieng^  vieign  ^=  venj\o\  venio  u.  dgl. 

[ß]  Die  inchoativen  Verba  der  sog.  i-Conj.  haben  das  Ab- 
leitungs-«  zwar  erhalten,  aber  dasselbe  wirkt,  weil  in  den  In- 
laut getreten,  nicht  mehr  flexivisch.  Der  verstärkte  Präsens- 
stamm dieser  Verba  lautet  consonantisch  aus ,  und  dadurch 
wird  eine  Flexion  bedingt,  welche  —  da  der  ursprüngliche 
Ableitungsvocal  Bestandtheil  des  erweiterten  Stammes  gewor- 
den ist  —  als  stark  bezeichnet  werden  muss: 

sg.    i  ß?iisc-\o\  =  ßnis[s\    2.  ßnisc-\i\-s  =ßnis,    ^ .  ßnisc-[i\-t 
=  ßni\s\t    (NB.   sc  =  sk  ^  sj\    das  J  wirkte    erhaltend 
auf  das  i] ; 
pl.    ^1.  *ßnisc-ümus  =ßnissons,    2.  *ßnisc-ä-tis  =  ßniss-e-z\^ 
3.  ßnisc-u-nt  =ßniss-e-nt. 
Die  Präsensflexion  der  inchoativen  Verba  auf  -tscere  stimmt 
völlig   mit   derjenigen    der  übrigen  Inchoativa  (z.  B.  geniiscere 
=  gemir,  pascere  =  pcii/re,  cognoscere  =  connaitre)  überein.] 


Die  AVortformen  und  die  Wortformumschreibungen.  225 

li.    Die  liilihing  der  starken  Formen. 

Stark  werden  folgende  Präsensformen  dos  Ind.  gebildet: 

«)  Die  l  p.  sg-  mehrerer  zur  sog.  ersten  schwachen  Conj. 
gehörigen  A'erha :  fruis  neben  treuce  v.  trouver,  ebenso  p7-uü  v. 
prouver .  ruis  v.  roucer  =  rof/are  (Analogiebildungen  an  suis 
und  pin's] :  duMS,  doi/is  (=  *donio]  neben  done  v.  don[)i\er.  — 
Als  stark  sind,  weil  ableitungsvocallos,  auch  Formen,  wie  port, 
porz=porto,  aitn,  ainz  ^  amo  u.   dgl.,   zu  betrachten. 

ß)  Die  1  p.  pl.  von  etre  :  sotyimes  =  s-ü-m?is  (die  nach 
Analogie  von  sotyimes  gebildeten  Pluralformen  portommes  por- 
fofis,  devommes  devons  etc.  müssen,  da  in  ihnen  ommes ,  o)is 
durchaus  den  "Werth  von  Flexionsendungen  haben,  als  schwach 
betrachtet  werden). 

y)  Die  2  p.  pl.  von  efre,  dire  und  faire  :  et  es  =  estis, 
dites  =  dic[i]tis  und  faites  :^fac\i\tis.  (Alle  sonstige  2  p.  pl. 
werden  nach  Analogie  der  sog.  ersten  schwachen  Conj.  mittelst 
des  Ableitungsvocales  a,  bzw.  des  Ausganges  -ez  =  a-tis  ge- 
bildet,  sind  also  schwach.) 

6]  Die  1,  2,  3  sg.  der  nicht  inchoativen  Verba  der  sog. 
/-Conj.,  z.  B.  dors.  dort^  vgl.  oben  A  3  a).  In  diese  Kate- 
gorie gehören  auch  venir^  tenir,  mourir.  acquerir  etc. 

e)  Die  1,  2,  3  sg.  und  3  pl.  der  inchoativen  Verba  der 
sog.   /-Conj.,   vgl.  oben  A  3  ß). 

t)  Die  1,  2,  3  sg.  und  3  pl.  derjenigen  Verba,  deren  In- 
finitiv auf  -oir  oder  -re  ausgeht. 

Ueber  die  Bildung  der  starken  Präsensformen  ist  im  Ein- 
zelnen namentlich  Folgendes  zu  bemerken: 

1.  Für  die  lautliche  Entwickelung  des  Stammvocales  ist 
wesentlich,  ob  er  in  lateinisch  geschlossener  oder  offener  Sylbe 
steht,  und  in  letzterem  Falle  wieder,  ob  die  Stammsylbe  hoch- 
betont oder  tieftonig  ist,   vgl.   oben  S.  214. 

2.  Die  lautliche  Entwickelung  eines  einfachen  auslau- 
tenden Stammconsonanten  ist  verschieden,  je  nachdem  er  im 
Auslaut  steht  (1  p.  sg.;  oder  im  Inlaut  sich  befindet;  im  letz- 
teren Falle  kann  es  wieder  einen  Unterschied  der  Entwicke- 
lung begründen,  ob  der  Cons.  vor  Vocal  oder  vor  Cons.  zu 
stehen  kommt  ersteres  geschieht  in  der  1,  2  und  3  pl..  letz- 
teres in  der  2  und  3  sg.j . 

3.  In   nicht   ganz   wenigen  Fällen   hat   der   im  Lat.  vor- 

Kürting,  Encyklopädie  d.  rom.  Phil.  III.  15 


226  I^^s  Französische. 

hauden  gewesene  Ableitungsvocal  -e  oder  -i  auf  die  Lautent- 
wickelung des  ihm  vorangehenden  Stammconsonanten  einge- 
wirkt, vgl.  oben  8.  2 IS. 

4.    Die    organische    Entwickelung    der   Präsensformen    ist 
vielfach  durch  Analogiebildungen  durchkreuzt  worden. 

Uebersicht  der  starken  Formen  des  Fräs.  Ind. 

Die  folgende  Uebersicht  der  starken  Formen  des  Präs.  Ind.  soll  und 
kann,  entsprechend  dem  Zwecke  dieses  Buches,  nur  eine  summarische 
sein.  Es  werden  demnach  in  ihr  weder  lautliche  Begründungen  der  For- 
menentwickelung gegeben,  noch  auch  wird  auf  dialectische  Einzelheiten 
u.  dgl.  eingegangen  werden.  (Eine  ausführlichere  Darstellung  wird  des 
Verf.'s  »Französische  Formenlehre"  bringen.) 

j?Tr  Der  Verbalstamm  lautet  auf  complicirte  Consonanz   aus.'^ 

1.  Der  Verbalstamm  lautet  aus  auf  ml:  vend-ere  =  vendre,  r ed- 
der e  =  *rend-ere  =  remlre,  j^rc  hejid-cre  =:  2*>'e?idre,  ßnd-ere  =  fe)id-re,  *re- 
spond-ere  f.  resj)0}idere  =  repoudre. 

Beispiele:  sg.  1.  rend[o]  =  rend,  retids^),  2.  rend[is  =  renz,  rens,  3. 
rend[i]t  =  rent,  rend^ 
1.  prend[o]  =  pre)td   (pren)   prends^),     2.    prendjs  = 
2)rends,  3.  prend[i\t  =  prent,  pretid, 
pl.   1.  *rendümus  =  rendons,    2.  *reudatis  =  reiidez,   3. 
rendunt  =  rendent ;  so  alle  anderen  Verba,  ausser : 
1.  *prendümus  =  i^renons-],  2.  *prendatis  =  2)renez^], 
3.  prendunt  =  pre7ident,  lyreiient,  jir ennent. 
Anm.  1;  Neben  re)td[s)  und  pre)id[s]  altfrz.  auch  renc,  pretig,  preiny, 
gleichsam  rendi-o,  prendi-o.  —  2]  Neben  prenons ,  ^;/*e«es   altfrz. 
auch  ^;e/v/o«.s,  perncz. 

2.  Der  Verbalstamm  lautet  aus  auf  nt:  sent-irc  =■  sentir,  *ment- 
ire  =  meiitir,  * repoen\i\t-ire  =  repentir. 

Beispiel:   sg.  1.  ment[o]  =  ment ,  jneii^,  ,   tnens,    2.   ment[is  =  mens, 
3.  ment[i\t  =  ment; 
pl.  1.  *me>itiimus  =  m  e  n  1 0  n  a ,    2.  *mentatis  =  mentez,    3. 
*menta)d  =  mentent. 
Anm.    1)   Neben  me)tt  altfrz.  menc,  mench  =  *metiti-o. 

3.  Der  Verbalstamm  lautet  aus  auf  rd :  *ard-ere  =  ardre  (dane- 
ben ardere  =  ardoiri^,  perd-ere  =  ^Jerc/re.  Die  Flexion  ganz  wie  bei 
Classe  1.     Ueber  tordre  vgl.  No.  7. 

Anm.    1)  ardre  und  ardoir  sind  im  iSeufrz.  geschwunden. 

4.  Der  Verbalstamm  lautet  aus  auf  rt:  *part-ire  =  j^artir, 
*sort-ire  =  sortir. 


1)   Die  Stämme   auf  II  sind,    weil   sie  in  der  Flexion  mit  denen  auf  l 
zusammenfallen,  zu  Abtheilung  II  gezogen. 


Die  "Wortformen  und  die  "NVortforraumschreibungen.  227 

Beispiel:   sg.   I.  *part'o    =  pari,  pars,     2.  pari /.s  =  parz,  pars,    3. 
pari  i  f  =  pari, 
\)l.   1.   'partüinus  =  parto/is,   2.  'partatis  =  2>artez,  i.'par- 
(tnit  =  partent. 
ö.    Der  Verbalstamm  lautet  aus  auf  st:  vest-ire  =  vetir. 

sg.   1.  "cest  o]  =  fest,  vets,  2.  restis  =  vets,  3.  vestit  =  vet, 
pl.   1.  'lestumus  =  cesto/is,  vetons  etc. 
G.   Der  Verbalstamm    lautet    aus    auf   tt:    batt-[u]ere  =  battre, 
mUt-ere  ^  mettre^  . 

sg.  1.  mitt[o]    =   inet,    metz,    mets,    2.   mittj]s   ^   metz,    mets, 

mitt  i  t  =  viet; 
pL  1.  *niitttimu^  =  mettons'^,,    2.    *mittatis  =^  mettez-),    3.  mit- 
tunt  =  tnettent^;. 
Anm.     1;    Neben   tnettre  altfrz.   auch   matre.   —   2    Daneben  altfrz. 
Formen  mit  einfachem  t.  —  3    Daneben  altfrz.  metent,  maitent. 
7.   Der  Verbalstamni  lautet  aus  auf  rc-    torqu-ere  =;  *torc-   d.i. 
iork-ere  =  tordre,   flectirt  nach  Classe  3,  indem  das  ursprünglich  eupho- 
nische d  die  Function  des  auslautenden  Stammconsonanten  übernommen  hat. 
S.    Der   Verbalstamm    lautet    aus    auf    rg:    terg-e]re  =  terdre, 
surg-[e]re  =  sordre,  sourdre. 

Beide  Verba   sind   im  Neufranzös.  völlig  geschwunden ;    von  terdre 

finden   sich   auch  schon   altfrz.  kaum  Präsensformen  des  Ind.,   und  von 

sordre  sind  nur  die  dritten  Personen  sort,  sourt  und  sordent  zu  belegen. 

9.   Der  Verbalstamm   lautet    aus    auf    nc:    vinc-ere   =    vaintre, 

taincre    s.  oben  S.  220) . 

Beispiel:   sg.  1.  vinc[o]   =  venc,    vencs,    vains ,    vaincs,    2.  vi/icjiS  = 
vencs,  vains,  vaincs;  3.  vincft  =  vaint,  vainc. 
pl.  1.  *vincilfnus   =    venquons,    v ainquons,    2.  *vincatis  = 
venquez,   vainquez,     3.    vincunt  =  venquent,    cain- 
que  n  t. 
lU.    Der   Verbalstamm   lautet   aus   auf  ng:    a    der   Stammvocal 
ist  a :  plang-ere  =  plaindre,  frang-ere  =  fraindre ;    b,   der  Stammvocal  ist 
i:  cing-ere  =  ceindre,  ß)ig-ere  =  feindre,  ping-ere  =  peindre ,    tinguere  = 
teindre;     cj   der  Stammvocal  ist  u:    ung-ere  ^  oindre,  Jung-ere  =  joindrCf 
jpiing-ere  =  poindre. 

Beispiel:   sg.  \.  plang'o'    ==■  i)laing ,    p>lains,     2.  plang[is    =  plainz, 
plains,   i.  plang[i.t  =  plai nt: 
pl.  1.  *pla)igümus  =  plagnons,  p  lai gnons ,    2.  *plangatis  = 
plagnez,  plaignez,  3.  plangttnt  =  plaignent. 

11.  Der  Verbalstamm  lautet  aus  auf  mp:  rump-ere  =  rom})re. 

sg.  1.  rump[o]  =  romp,  romps,  2.  rump[ts=^romps,  3.  rum- 
p[i]t  =  ro7npt;  jj!.   1.  rompons  etc. 

12.  Der  Verbalstamm  lautet  aus  auf  cv  =  kv  [qu  :  sequ-ere  =■ 
suivre  \c6qu-ere  =  cok-ere  ^  cuire  s.  S.  231  e  ,. 

sg.  ].  *sequ'o\  =  'sei-,  seu  sieu,  siu,  suis;  pL  1.  *sequümus  = 
'*sevons  suions,  suivons,  3.  *sequunt  =  sievent,  suient, 
suicent. 

15* 


228  Das  Französische. 

13.  Der  Verbalstamm  lautet  aus  auf  lo:  solv-ere  =  soldre,sorre, 
saurre,  soudre,  saudre. 

sg.  1.  solv'o]  =  sol,   soll  (=  *sol[v]io] ,    sous,    2.  solv[is  =  sols, 

sous,   3.  solc'it  =  solt,  80Ut\ 
pl.   1.  *solcümus  =  solv ons ,  solons,   2.  *solvatis  =  solvez ,  solez, 
3.  solvunt  =  solvent,  sollent. 
[14.   Der  Verbalstamm  lautet  aus  auf  lg:  coll[i,go  =  cueille,  s,  B,  No.  4.] 

15.  Der  Verbalstamm  lautet  aus  auf  rv:  serc-ire  =  servir,  vgl. 
oben  No.  2  und  4. 

16.  Der  Verbalstamm  lautet  aus  auf  rr.-  ciirr-ere  =  courre, 
und  *curr-ire  =  courir. 

sg.  1.  cur[ro]  =  cottrs,  2.  cur[rCs  =  coiirs,  3.  cur[ri  f  =:  court; 
pl.  1.  *cwrümics  =  courons  etc. 

17.  Der  Verbalstamm  lautet  aus  auf  sc  'Verba  inchoativa  : 
a)  der  Stammvocal  ist  a:  *na-scere  =  naitre,  nestre,  pa-scere  =  i)attre, 
*ira-scere  =  altfrz.  iraistre;  b)  der  Stammvocal  ist  e:  cre-scere,  =  croiire; 
c  der  Stammvocal  ist  o:  cogno-scere  =  connoitre,  connaitre;  d)  die  inchoa- 
tiven Verba  der  /-Conj.,  z.  "&.  ßn-i-sc[o]  =ßtns,-vgl.  oben  S.  224. 

Beispiel:  a)  sg.  1.  *nasc[o],  *tiasJ[o]  =  «ats,  2.  *tmsc[i]>>  =  tiais,  3. 
*)iasc[i]t  =  7iaist,  nest,  nait,  pl.  1.  *tiasciimtis  =  tiassons,  naissons, 
2.  *yiascatis  =  nassez,  naissez,  3.  *nascunt  =^  naissent,  nessent. 

b)  sg.  creis,  crois,  creist,  croist,  croit,  pl.  cressons  ':!],  croissons  etc. 

cVsg.  con{n)ots ,  connais,  con[n]oist,  connait,  pl.  connessons ,  connis- 
sons,  connoissons,  connaissons  etc. 

d)  sg.  ßnis,  ßnist,  finit,  pl.  finissons  etc. 

18.  Der  Verbalstamm  lautet  aus  auf  x  =  cs:  tex-ere  =  tistre 
(daneben  *texire  =  tissir),  [exire  =  issir  und)  *ex-ere  =  i«^;-e. 

Von  <js^re  werden  schon  im  Altfrz.  keine  Präsensformen  mehr  gebildet ; 
issir  (eissir,  oissir],  istre  flectirt:  sg.  1.  is,  eis,  2.  is,  eis,  3.  ist,  eist^ 
pl.  1.  issons,  eissom,  2.  issez,  eissez,  3.  issent,  eissent.  Im  Neufranz, 
sind  beide  Verba  mit  Ausnahme  des  Part.  Perf.  tissu,  issu)  ge- 
schwunden. 

B.    Der  Verbalstamm  lautet  auf  einfache  Consonauz  aus. 

1,   Der  Verbalstamm  lautet  aus  auf  b  oderjj  oder  v: 

a)  Der  Stammvoal  ist  a:  a,  Jtub-ere^,  =  avoir,  .i  'sap-ere  c=  sa- 
voir  (daneben  altfrz.  savir). 

«)  sg.  1.  habe'o]  =  ai ,  ay,  ey,  2.  ha[be]s  =  as,  3.  habet  =  at,  ad,  a 
(über  das  t  in  a-t-ilß  u.  dgl.  s.  oben  S.  213) ;  pl.  1,  *habiimus  =^  avons, 
2.  'habaiis  =  avez,  3.  *habunt  (?)  =  unt,  ont  (wahrscheinlicher  ist  ont  An- 
bildung  an  sont). 

ß)  sg.  1.  sapi[o]  =  sai,  scay,  2.  sa'jn]s  =  ses,  seis,  sais,    3.  sa[pij  = 


1)  Das  Compositum  ' re]-ad-met>i[em]- habere  =  {r  amentevoir  [nur  alt- 
französ.)  folgt  der  Analogie  von  devoir ,  rececoir  u.  dgl  ,  der  Inf.  -evoir 
=  habere  wird  folglich  als  Endung  empfunden. 


Die  Wortformen  und  die  "NVortformumschreibungen.  229 

set,  seit,  stet,  satt.     pl.  1.    'fiapiimiis  =^  sai'ous,    2.  'sajuäis  =  savez,    3. 
'sapunt  =  sevent,  sai'ent. 

h    Der  Stammvocal  ist  c :  deb-ere  =  devoir. 

sg.  1.  *debo]  =  doi\  dois,  2.  deb[es  =  dois,  3.  dcbet^dott,  pl.  1. 
*debtimus  =  derous,  2.  debetis,  *debatis  =  devetz,  devez,  3.  debent  = 
doii'ent,  doient,  tleent  (neben  rfot  etc.  im  Altfrz. ,  wie  selbstverständlich, 
auch  deii. 

c  DerStammvoeal  ist  ^:  «)  *recip-ere  =  recevotr  (daneben  rectp-ere 
=  recoivre,  rechoiire)  und  andere  derartige  Composita  von  *capere  f.  ca- 
j9^r«;  ,i)  bib-ere  =  boivre,  boire. 

a  sg.  1.  *rccfj:>[o]  =  recoif,  recoi,  recois,  2.  recip  i  s  =  recois,  3.  J'e- 
^fpft  =  ref oi<;  pl.  1.  *reciptimus  =  recevons,  2.  *recipatis  =  rccevez, 
3.  *recipu»t  =  recoif  ent.  (Neben  den  Formen  mit  oi  im  Altfrz.  Formen 
mit  ei'. 

i  sg.  1.  iii  o"  =  ieiy,  Sot/",  ioi",  bois,  2.  bib  i  s  =  iej':,  io^:,  bois, 
3.  bib'tt^beit,  boit\  pl.  1.  *bibiimtis  =  beions,  neufrz.  buvons,  2.  i/- 
Äaiis  =  i^ffs,  neufrz.  buvez,  3.  bibiait  =  beivent,  boivent. 

d  Der  Stammvocal  ist  I:  «)  scr'ib-ere  =  escrivre,  escrire,  ecrire, 
ßi  vlv-ere  =  riVre. 

«^  sg.  1.  scrlbo  =  escrif  [?),  escri'ß),  ecris,  2.  scr'ib'i]s  =  escris,  ecris, 

3.  srrj6[t]^  =  e^crtV  [escn'pt,  ecrit;    pl.   1.  'scnbümus  =  escrivons,    ecri- 

vons,  2.  scrlbatis  =  escrivez,  ecrivez,    3.  scrtbunt  =  escrivent,  ecriv ent. 

ß)  sg.  1.  fTi-[o]  =  ri/",  ft/s,  ft«,   2.  t•^[^•lJs  =  uts,  3.  vi\vvt  =  ri<  etc. 

e)  Der  Stammvocal  ist  o:    a]  *st6p-ere=^  estovoir,    ß)  mov-ere  = 

mouvoir,  daneben  mov-ere  =  muevre,  y)  *pl6v-ere  f.  pluere,  s.  No.  9. 

ff,  sg.  3.  *st6pei  =  estuet  unpersönlich;  ;  das  Verb  ist  im  Neufrz.  ge- 
schwunden. 

ß,  sg.  1.  *m6v[o\  =  muef   unbelegt),  meuf,   mens,    2.  in6v'e]s  =  mues, 
meus,  3.  inov'ej  =:  muet,  meut\  pl.   1.   *moviimus  ^=  mouvons  etc. 
2.   Der  Verbalstamm  lautet  aus  auf  d  oder  t: 
a;  Der  Stammvocal  ist  o:    a]  vad-ere  =  [*vadare,  :  *vandaref  :  an- 
dare  :  an[n]er  :]  alVer;  ß;  cud-ere  f.  cad-ere  =  cadeir,  chaeir,  cheoir,  choir. 
(c]  sg.  1.   vad'o]  =  vai,  vais,  2.   vad[i]s  =  vais,  vas,  3.  vad[ft  =  vait, 
i-a;    pl.   1.    alons,  allons,    2.  alez,  allez,    3.  va[dlunt  {?]  =  t'owi  (wahr- 
scheinlicher ist  vont  als  Anbildung  an  sow<  zu  betrachten,  ebenso  o»/,yo«^. 
ß    sg.  1  unbelegt,     2.  cad[i  s  ;behandelt  wie  *kedis]  =  chiez,  chtes,    3. 
cäd[i]t    kidttj  =  chiet,  chet;  pL  1.  *cadümus  =  chaotts,  3.  *cadunt  [kidunt, 
=  chedent,   cheent,  chieent    die  Formen  mit  i'e  vielleicht  Analogiebildungen 
nach  s»es,  sie<  von  seoir). 

Anm.  *decadere  =  nenitz.  decheoir:  sg.  1  und  2.  dechois,  3.  dtchoit; 
pl.  1.  decJioyons,  2.  dechoyez ,  3.  dechoient.  —  * e{x] cadere  =  niiz.  echeoir . 
sg.  3.  ec/(t<  und  echoit;  pl.  3.  echoient  die  Formen  mit  o?',  o!/  beider  Com- 
posita beruhen  auf  durch  den  Infinitiv  veranlasste  Analogiebildung,  im 
Sing,  an  Verba  wie  decevoir,  im  PI.  an  Verba  wie  emplot/er;. 

b)  Der  Stammvocal  ist  e:  sed-ere  =  sedeir ,  seeir,  seoir  (dane- 
ben seer  und  seir. 

sg.   1.  sedo'  =  sied,  sies,    as'sieds,    2.   sed[e's  =  sieds,  sies,  siez,  [as',- 


230  ^^^  Französische. 

sieds,  3.  sed[e]t  =  stet,  {as)sied;  pl.  1.  * sedümus  =  seoits,  'as"  seyojiSy 
[as^ soyons,  2.  *sedatis  =  seez,  sees,  ias)seyez,  {as)soyez,  3.  *sidunt  = 
siedent,  sieent,  sieiit,  <as)seyent,  [as)soient. 

c)  Der  Stammvocal  ist  e:    cred-ere  =^  ereire,  croire. 

sg.  1.  cred[o\  =  crei[d),  croi,  crois,  2.  cred'is=^creis,  crots,  3. 
cred[Vt  =  creit,  croit;  pL  1.  *credümus  =  ereotts,  croyons  (Analogiebil- 
dung), 2.  *credatis  =  creez;  croyez  (Analogiebildung),  3.  credunt  =  creient, 
croi  671 1, 

d    Der  Stammvocal  ist  t:  vtd-ere  =  veoir,  voir, 

sg.  1.  *v'id[6\  =  rej,  rot,  vois,  2.  ftrf[e^s  =  re<*s,  vois .  3.  vid'et  =  veify 
vet,  voit;  pl.  1.  *v{dtimus  =  veons,  voyons  (Analogiebildung),  2.  *vidatis 
=!  ueez,  voyez  (Analogiebildung),  3.   *vidu»t  =  veient,  voient. 

e)  Der  Stammvocal  ist  l:   a)  *rid-ere  =  rire ;  ,3)  occld-rre  =  occire. 
cc)   sg.  1.  ri<Z[o]  =  n,  rt«,  2.  n£/[e]s  =  ri's,  3.  rid[e]t  =  rit;  pl.  1.  *ri- 

dümus  =  rions,  2.  *ridatis  =  rtez,  3.  *rldunt  =  rient. 

ß)  sg.  1.  om<:?[o]  =  oci,  2.  occtd[i]s  =  ocjs,  3.  occidi  =  ociY,  ochit; 
pl.  1.  *occidthnus  =  ocions,  ochions,  2.  *occidatis,  *occidetis  =  ociez,  ocieiz^ 
3.  occidunt  =  ocient,  ochient.  —  Das  Verbum  ist  im  Neufrz.  geschwunden. 

f)  Der  Stammvocal  ist  au  'ö)  :  claud-ere,  clöd-ere  =  dorre,  clore. 
sg.   1.  clöd[o]  =  c/o,   c/os,     2.  clödlfs  =  dos,  3.   clöd[it  =  clot,  dot; 

pl.  1.  *clodmnus  =  cloons,  2.  *clodatis  =  c/oes,  3.  *clodunt  =  cloent,  do- 
sen t.    Im  Neufrz.  nur  im  Sg.  und  (zuweilen)  3  pl.  gebräuchlich. 

Anm.  cot}cIud-ere  =  neuhz.  conclure:  sg.  1  und  2.  conclus,  3.  conchä; 
pl.  1.  concluons,  2.  concluez,  3.  coticluent. 

g)  Der  Stammvocal  ist  o:  *j!)o^-ere  :=^^oe«r,  jjoojV,  ^JoroiV,  ;jo?<roir. 
sg.  1.  *poi[o]  =  fjjj«;]  j5?<es,  j3e?<x,  [wenn  nicht  letzteres  Analogiebildung 

an  die  2  p.],  puis  (wahrscheinlich  Anbildung  an  suis],  2.  p6t[e]s  =  jnieSy 
peus,  peux,  ^.*pot[e]t  =  puet,  poet,  peut;  pl.  1.  *p6ttimus  ^ pootis, pumis, 
povons,  pouvons,  2.  *2>otatis  =  poez,  povez,  pouvez,  3.  *potu)it  =  pueeut, 
poeent,  peuvent. 

h)  Der  Stammvocal  ist  u:  excut-ere  =  escorre;  von  diesem  nur  im 
Altfrz.  noch  vorhandenen  Verbum  sind  Formen  des  Präs.  Ind.  nicht  zu 
belegen. 

3.    Der  Verbalstamm  lautet  aus  auf  c  oder  g  (oder  h) : 

a)  Der  Stammvocal  ist  ä:  a]  fäc-ere  =  faire;  ß)  *plac-ere  =^ plaire 
(daneben  *pläc-ire  =  plasir,  plaisir) ;  y)  *tcic-ere  =  taire  (daneben  "tiic-ire  = 
tasir,  taisir);  &}   *jäc-ire  =  gesir ;  e)  tralt-ere  ^=  traire;  0  hrag-ire  =  braire. 

a)  sg.  1.  faci[o]  =  fäkj  =  faz,  fas,  fach,  fai,  fais,  2.  fac[i]8=:  fais, 
faiz,  fes,  fez,  3.  fäc[i]t  =■  fait,  fet;  pl.  1.  facimiis  =  faimes  und  fai- 
sojis  (Analogiebildung  ,  fesoits,  2.  facitis  =  faites,  fetes,  3.  *facxatt  = 
fönt,  fitnt  (wahrscheinlicher  als  Anbildung  an  sont  zu  betrachten). 

ß)  sg.  1.  place' o]  =  plakj  =  plaz,  plas,  plais,  2.  plac'e]s  =  plais,  3. 
placet  =  piaist,  plait;  pl.  1.  plasons,  plaisons,  2.  plasez,  plaisez,  3. 
plais ent  (Analogiebildungen). 

y)  taire  itaisir]  flectirt  ganz  wie  plaire  (aber  3  sg.  neufrz.  tait,  nicht 
tait,  obwohl  altfrz.  taist). 

(f)   sg.  1,  gis,  2.  gis,  3.  gist,  git;     pl.    1.  gisons,  2.  gisez,  3.  gisent  (die 


Die  Wortfonnen  und  die  Wortformumschreibungen.  231 

lautliche  Entwickelung  dieser  Formen  ist  eine  aufl'iilli<ie  hinsichtlich  des 
Stammvocales,  dessen  abnorme  Wandelung  durch  den  Einfluss  sowohl  des 
anlautenden  wie  des  auslautenden  Stammconsonanten  bewirkt  worden  zu 
sein  scheint^    Neufrz.  vom  Präs.  nur  .1  sg.  (jit  gebräuchlich. 

f)  sg.  1.  trah[o'  =  *tragt"o  =  traz,  tres,  trat,  trei,  trais,  2.  'trag  i's 
=  trais,  treis,  (res,  ;?.  "trag  i  t  =  trait,  treit,  tret;  pl.  1.  'tragümus  = 
traons,  trat/nns,  2.  'tragatis  =  (raez,  trayez,  ,3.  *tragu)it  =  traieiit, 
freieiit. 

0  Ueber  braire  s.  unten  f)   6). 

b)   Der  Stammvocal  ist  c:  leg-ere  =  lire. 

sg.  1.  /<\(7 /)  =  [Uei]  lei,  It,  lis,  2.  li-g'fs  =  leü,  fis,  3.  Itg'i  t  =  leit, 
lit,  /i's<:  pl.  1.  leiso)is,  ltso?i.<i,  2.  leisez,  lisez,  3.  leient,  lient,  Hsent  das 
s  in  den  Pluralformen  ist  unorganisch  und  beruht  jedenfalls  auf  Anbildung 
an  Formen  wie  gisons,  plmsoxs,  taisons  u.  dgl.  . 

c  DerStammvocalist»:  «)  *ltc-lre  =  leisir,  loisir  'unpersönlich), 
daneben  *nc-ere  =  l^ire,  loire;  ß)  despic-ere  =  despire  (nur  altfrz.,. 

ff)   sg.  3.  licet  =  leist,  loist,  list   Im  Neufrz.  gesch^imden). 

,?)  sg.  1.  despici  o]  =  despis,  3.  despic'it  =  despit;  pl.  3.  despiciunt 
=  despisent. 

dj  Der  Stammvocal  ist  i:  dic-ere  =  dire. 

sg.  1.  dic{o]  =  dt,  dis,  2.  dic[i\s  =  dis,  3.  dicit  =  dit,  dist;  pl.  1. 
disons  Analogiebildg. ,  2.  dic\ites  =  dites,  distes,  3.  dicunt  =^  dient,  disent. 

Anm.  Eigenthümlich  entwickelt  hat  sich  das  (in  seinem  ersten  Theile 
gelehrte  Compositum  benedicere:  d  fiel,  weil  intervocalisch ,  aus,  also  be- 
ne  d]ic[e\re,  *beneir[e],  woraus,  weil  -ir  irrthümlich  als  Endung  aufgefasst 
wurde,  bene-ir ,  benir  (nach  Analogie  von  Jinir  etc.)  entstand  daneben 
altfrz.  beneistre  aus  bene'd'ic'e]re).  Dieser  in  die  7-Conj.  übergetretene 
Inf.  veranlasste  auch  den  Uebertritt  des  Präs.  in  diese  Conj.  —  Analog 
dem  beiieir  entwickelte  sich  aus  maledicere  ein  male-ir,  doch  behauptete 
sich  daneben  und  wurde  schliesslich  alleinherrschend  maudire,  welches  in- 
dess  ebenfalls  im  Präs.  der  /-Conj.  folgt  hnaudissez).  —  redire  bildet  die 
2  p.  pl.  redites,  sonstige  Composita  coutredire  etc.)  haben  schwache  Bil- 
dung :   contredüez. 

e]  Der  Stammvocal  ist  u:  a]  *noc-ire  =  nuire  daneben  altfranz. 
*nocire  =  nuisir]\  ß,  cuqu  f=  cök)  -ere  =  eoire,  cuire,  qiiire. 

ß)  sg.  1.  nuls,  2.  nuts,  3.  7iuist,  nuit;  pl.  1.  nuisons,  2.  nuisez, 
3.  nuisent  die  Entwickelung  des  Stammvocales  beruht  wohl  auf  Einwir- 
kung des  nachfolgenden  Sibilanten:  7i6ce'o]  =  noJcj  =  nuei^.  vgl.  plais  aus 
plakjo  =  jilaceo  . 

ß]  cuire  flectirt  ganz  wie  nuire;  im  Altfrz.  findet  sich  neben  cuisons, 
cuisez  auch  coisotis,  coisez;  das  zuweilen  vorkommende  altfrz.  Impf,  coeie 
(=  co'k'ebam  lässt  das  einstige  Vorhandensein  der  Präsensformen  coons, 
coez  vermuthen. 

f)  Der  Stammvocal  ist  ü:  a]  düc-ere  =  duire  im  Neufrz.  nur  in 
Compositis  erhalten; ;  ß  *strüg-ere  =  strutre  'nur  in  Compositis  vorkom- 
mend ;  /)  *Iüc-e)-e  =  lutre;  J)  rug-lre  =  bruire  die  Richtigkeit  dieser  Ety- 
mologie ist  fraglich'. 


232  3Das  Französische. 

«)  sg.  1.  clüc[o]  =  dui,  duis,  2.  düc[i\s  =  duis,  3.  düc[i]t  =  (/?<t<;  pl. 
(Analogiebildungen)  1.  duisons,  2.  duisez,  3.  duisent. 

ß]   {de-,  con)struire  flectirt  wie  duire. 

y)   luire  flectirt  wie  duire  (3  sg.  altfrz.  luist]. 

6)  Von  hruire  ist  im  Neufrz.  —  und  wohl  auch  schon  im  Altfrz.  — 
nur  der  sg,  gebräuchlich:  1.  und  2.  bruis,  3.  bruit  (von  dem  mit  bruire 
begriffsverwandten  und  vielleicht  auch  stammverwandten  braire  =  bragire 
werden  nur  die  dritten  t'ersonen  gebildet;  brait,  braietit). 

4.  Der  Verbalstamm  lautet  aus  auf  /  oder  //:  • 

a)  Der  Stammvocal  ist  a:  «)  val-ere  =  valeir,  valoir,  ßi  cal-ere 
=  chaloir,  y)  *fall-ere  =  falloir  und  *faU-ire  =  faillir,  S]  salio  =  saille. 

u)  sg.  1.  vale[o]  =  vail,  daneben  *val[6\  =  val,  vals,  vaux,  2.  val[e]s 
=  vals,  vaux,  3.  val[e]t  =  valt,  vaut;  pl.  1.  *valümus  =  valons,  2.  "valatis 
=  rai^es,  3.  *valunt  =  valetit. 

ß)  nur  sg.  3  careji  =  ehalt,  cJiaut,  daneben  ehielt  (neufrz.  ist  das  Verb 
geschwunden  bis  auf  das  Part.  Präs.  in  iionehala'nt]. 

y]  sg.  \.  fal[lo\  =  fal,  fals,  faux  und  *falli[o]  =  fail,  faill,  2.  fal[lils 
=  fals,  faux,  'd.  falllijt  =  falt,  faut;  pl.  1.  [*fallümus)  =  faill ons,  2. 
[*fallatis  =  faillez),  3.  [*fallunt]  =  faillent  (die  Mouillirung  des  Stamm- 
auslautes der  Pluralformen  beruht  auf  Anbildung  an  den  Inf.,  welcher  sei- 
nerseits sein  mouillirtes  l  dem  Einflüsse  des  Präsens  *fallio  verdankt). 

b)  Der  Stammvocal  ist  o:  «)  *v6l-ere  =  voloir,  vouloir,  ß)  dol-cre 
=  doloir,  y)  ol-cre=-oloir,  d]  sol-ere  =  soloir,  souloir,  e)  toll-ere  =  toldre  und 
*toll-ire  =  tollir  (beide  im  Neufrz.  geschwunden,  ebenso  die  drei  vorher 
aufgeführten  Verba),  0  mol-ere  =  moldre,  moudre,  morre,  mourre,  inieurre. 

a)  sg.  1.  vol[o]  =  vuel,  veul,  veuls,  veux  und  *voli\o]  =  voil,  vueil, 
voeil,  2.  *volis  =  vuels,  vues,  veus,  veulx  (das  l  nur  grapliisch),  vetix,  vials, 
viaus,  viax,  3.  *vol[i]t  =  vuelt,  voelt,  tuet,  voet,  veut,  vet,  vialt,  viaut; 
pl.  1.  *volümus  =  volons,  voulons,  2.  *volatis  =  volez,  voulez,  3.  voluitt 
=  vuelent,  voclent,  veulent.  (Im  Altfrz.  wird  statt  des  anlautenden  v  häufig 
w  geschrieben.) 

ß)  sg.  1.  dole[o]  z=  doil,  duil,  dueil  und  *dol^o]  =  ducl,  doel,  2.  dol  e]s 
=  duels,  dels,  deus,  douls,  3.  dol[e]t  =  duelt,  doelt,  doli,  dout,  delt,  deut, 
diolt,  dialt,  diaut,  dient;  pl.  1.  *dolümus  =  dolous,  2.  *dolutis  =  dolcz,  du- 
lez,  3.  doleitt  =  duelent,  doleiit.  —  Im  Neufrz.  geschwunden. 

y)  3  sg.  ol[e]t  =  iolt,  aut,  pl.  3.  *olunt  =  olent.  —  ImNfrz.  geschwunden. 

(T)  soloir  flectirt  ganz  wie  doloir.  —  Im  Neufrz.  geschwunden. 

c)  sg.  1.  tol[lo]  =  toi  und  *toll{[o]  =  toil,  2.  tol[li\s  =  tols,  tos,  tous, 
taus,  toitls,  3.  tol[li]t  =  tolt,  tot,  tout,  taut,  toult;  pl.  1.  *tolltimus  =  tolons, 
2.   *tollatis  =  tolez,  3.  tollunt  =  tolent.  —  Im  Neufrz.  geschwunden. 

C]  sg.  1.  mouds,  2.  mouds,  3.  moud  (das  ou  f.  we  nach  Analogie  des 
PI.,  d  nach  Analogie  von  vejtds  u.  dgl.) ;  PI.  /nnulons,  moidez,  mouleitt. 

c)  Der  Stammvocal  ist  u:  buU-ire  =  bouillir. 

8g.  1.  *büllo  =  bol,  boh,  bous,  2.  bullijs  =  bols,  bous,  3.  bid'lVt  = 
bolt,  bout]  pl.  1.  bouillons,  2.  bouillez,  3.  bouillent  (die  Mouillirung 
ist  wie  hei  faillir  zu  erklären,  s.  oben  a)  y]). 


Die  Wortformen  und  die  Wortformumschreibungen.  233 

5.  Der  Verbalstamm  lautet  aus  auf  m: 

Der  Stamm vocal  ist  e:  «)  trhn-ere  ==  criemhre,  crendre,  criendre, 
creindre,  craindre  (daneben  *trem-ere  =  cremeir,  cremoir ,  *trvm-ire  = 
cremir,  *trhn-are  =  cremer):,  ß)  prem-ere  =  jiriendre,  prehidre. 

et)  sg.  1.  trem[o]  =  criem,  criens,  ci'eim,  creins,  crains,  2.  trem[i]s  = 
criens,  creins,  crains,  3.  trem[i]t  =  crient,  crent,  creint,  craint;  pl.  1. 
'trcmumus  =  cremons,  creimoiis,  creicjuous ,  craignons,  2.  "trematis  =  cre- 
mez,  creimez,  creignez,  craignez,  3.  tränunt  =  criemeid,  creimeiit,  creignent, 
craignent  (die  Formen  mit  ei,  bzw.  ai  und  gn  sind  Analogicbildun<?en 
an  die  Verba  auf  -eindre,  bzw.  -aindre  =  -ingere,  -angere;  Anstoss  zu  sol- 
chen Bildungen  gaben  der  Inf.  und  die  2  und  3  sg.). 

ß)  priendre,  preindre  folgt  der  Analogie  der  Verba  auf  -eindre  = 
-ingere  (im  Neufrz.  ist  das  Verbum  nur  noch  in  dem  Coniposituna  em- 
pr eindre  erhalten ) . 

Anm.  Von  re-adim-cre  =  [redemhre]  raembre  sind  Formen  des  Präs. 
Ind.  nicht  zu  belegen. 

6.  Der  Verbalstamm  lautet  aus  auf  n: 

a)  Der  Stammvocal  ist  u:  män-ere  =  maneir,  manoir,  daneben 
*man-lre  =  manir  und  *man-ere  =  maindre,  meindre  (im  Neufrz.  ist  das 
Verb  gesch-wunden]. 

sg.  1.  main,  mains,  2.  mains,  3.  maints;  pl.  1.  manons,  2.  maneiz,  3. 
mainent. 

b)  Der  Stammvocal  ist  e:  a)  ven-lre  =  venir,  ß)  *ten-tre  =  tenir. 
cc)  sg.  1.  ve7ii[o]  =  vienc,  vieng,  ve7ig,  viench,   daneben  Anbildung  an 

die  zweite  Person  viens,  2.  ven[i\s  =  viens,  3.  ven[i]t  =  vient\  pl.  1. 
'leimnius  =  venons,    2.  *vcnatis  =  venez,  3,  *venunt  =  vieneni,  vienne7it. 

ß]   tenir  flectirt  ganz  wie  venir. 

c  Der  Stammvocal  ist  6:  u)  suhnon-ere  =  semondre,  ß)  repön-ere 
=  repondre. 

a]  sg.  1.  *submo7te[o]  =  semoing ,  andere  Präsensformen  dürften  nicht 
zu  belegen  sein  (im  Neufrz.  ist  das  Verbum  geschwunden), 

ß)  sg.  3.  repönit  =  repont,  andere  Präsensformen  dürften  nicht  zu  be- 
legen sein  iim  Neufrz.  ist  das  Verbum  geschwunden;  neufrz.  pondre  = 
ponere  flectirt  wie  rendre,  das  ursprünglich  nur  euphonische  d  ist  also 
stammhaft  geworden). 

7.  Der  Verbalstamm  lautet  aus  auf  r: 

a)  Der  Stammvocal  ist  a:  jiar-ere  (Simplex  zu  apparcre]  =  pareir, 
paroir  (unpersönlich). 

sg.  3.  par[e]t  =  part,  pert,  piert,  p)eirt;  pl.  3.  *parunt  =^  parent,  j)erent, 
jteirent  'im  Neufrz.  ist  das  Verbum  geschwunden). 

b)  Der  Stammvocal  ist  offenes  e  (lat.  e,  ae):  a)  fer-ire  =  firir, 
daneben  "^fer-ere  =:  ferre;  ß]  *quaer-ire  =  querir,  daneben  quaer-ere  = 
querre,  quierre,  quirre;  y]  öff\c\ro,  süff^e]ro  folgen  der  ^-Conj. 

ß)  sg,  l.  ßer[s),  1.  fiers,  "6.  fiert;  pl.  \.  ferons,  1.  ferez,  '.'>.  fierent  (im 
Neufrz.  ist  das  Verbum  geschwunden  mit  Ausnahme  des  Infinitivs). 

ß]  sg.  1.  quier{s),  2.  quiers,  3.  quiert;  pl.  1.  querons,  2.  querez,  3.  quie- 
rent    im  Neufrz.  ist  das  Verbum  nur  noch  in  Compositis  gebräuchlich). 


234  Das  Französische. 

c)  Der  Stammvoeal  ist  o:  *mor-'ire  =  mourir. 

gg.  1.  *mori  o]  =  moerc,  muir,  und  *morn  =:  muer,  inner,  meur,  meurs, 
2.  *mor[{\s  =  muers ,  moers,  meurs,  3.  *mor[iM  =  muert,  meurt;  pl.  1. 
*monimus  =  moroyis,  mourons,  2.  *moratis  =  morez,  mourez,  ^.*7yiorunt 
=  muerent,  moerent,  meurent. 

8.  Der  Verbalstamm  lautet  aus  auf  *■:  esse  =  ess-i-re  =  estre, 
etre.    Ueber  cons[u]-ere  s.  No.  9. 

sg.  1.  s-ii-m  =  sin,  suis  'die  lautliche  Entwickelung  dieser  Form  harrt 
noch  immer  einer  befriedigenden  Erklärung  %  2.  es  =  ies,  iez,  es,  .{.  est  = 
est\   pl.   1.  s-ii-imts  =  sonimes,   2.  es-tis  =  etes,  3.  s-u-nt  =  sont. 

9.  Der  Verbalstamm  lautet  scheinbar  auf  einfachen  Vocal 
(m)  aus:  «)  {*plu-ere}  plÖv-ere  =  ploveir,  j}hvoir,  jjlouvnir,  pletir  oir;  ß) 
eons[u]-[e]re  =  cousdre,  coudre,  keudre. 

a)  sg.  3.  *plo[vi]t  =  pluet ,  pleut;  pl.  3.  *pl6vimt  =  plueent,  pluevent, 
pletivent. 

ß)  sg.  1.  co\n]s[uo]  =  cous,  couds  'das  d  nur  graphisch  nach  Analogie 
des  euphonischen  d  im  Inf.',  2.  co[n]s[tas  =  co?«,  couds,  3.  co  n]sutt  ^ 
eojf^Z  (für  oo2<<  nach  Analogie  von  vend  u.  dgl.) ;  pl.  1.  *co[>i]stimus  =  cou- 
sons,  2.  *co[w]s«^i«  =  co?<ses,   3.  *cons[u]ufit  =' cotis  e/it,  keuseyit. 

§   19.    Die  Bildung  des  Conjimctivs  Präsentis. 

Vorbemerkungen.  1.  Bezüglich  der  Behandlung  der 
Stammsylbe  gelten  für  den  Conj.  Fräs,  dieselben  Gesetze  über 
den  Wandel  des  Stammvocals  und  das  Schicksal  des  Stamm- 
auslautes, welche  für  die  Bildung  der  Indicativformen  mass- 
orebend  sind.  vg^l.  oben  S.  214  ff. 

2.  Die  1  und  2  P.  PI.  des  Conj.  Präs.  haben  die  Aus- 
gänge -ons  und  -ez  des  Ind.  angenommen,  die  ursprünglichen 
Ausgänge  -emtis  (=  -eins)  und  -etis  (=  -eiz)  in  der  ^-Conjug. 
sind  also  dadurch  verdrängt  worden.  In  den  genannten  Per- 
sonen ist  der  ursprünglich  nur  den  nicht  inchoativen  Verben 
der  /-Conj.  zukommende  Ableitungsvocal  /  durch  Analogie 
auf  alle  Verba  übertragen  worden  und  hat  dadurch  die  Func- 
tion eines  Modusvocales  erhalten. 

A.    Die  Bildung  der  schwachen  Formen. 

1.  In  der  lat.  .^-Conjugation  verschmilzt  der  Ableitungs- 
vocal a  im  Conj.  (eigentlich  Opt.)  Präs.  mit  dem  Modusvocal 
i  zu  e,  also  z.  B.  port-a-i-m  ^=  portem. 

Im  Französischen  muss  dieses  c,  avcü  in  nachtoniger  Sylbe 
stehend,  lautgesetzlich  überall  da  ausfallen,  avo  nicht  aus  eupho- 
nischen Gründen  sein  Verbleiben  erforderlich  ist  (so  stets  in  der 
3  P.  PI.,  so  auch  nach  muta  cum  li(|uida,  z.  B.  in  trouhle^  livre). 


Die  Wortformen  und  die  ^\'ortformunlschreibungen.  2!>5 

Demnach  Avcrden  die  stammbetonten  Formen  des  Conj. 
Präs.  der  sog.  ersten  schwachen  Conj.  in  folgender  Weise  ge- 
hihlet:  sg.  1.  port[em]  =  port ,  2.  port[e]s  =  j>orz ^  3.  port[t\t 
=  port,  pl.   3.  portent  =  jiortent. 

Es  haben  jedoch  in  der  neueren  Sprache  die  Formen  des 
Singulars  nach  Analogie  der  entsprechenden  Indicativformen 
ein  tonloses  e  im  Auslaut  angenommen,  so  dass  im  Neufrz. 
flectirt  wird:  sg.    1.  porte,  2.  portes,   3.  porte. 

Die  Bildung  der  flexionsbetonten  Formen  (1  u.  2  P,  PI.) 
erfolgt  nach  Massgabe  dessen ,  was  in  Vorbemerkung  2  ange- 
geben worden  ist:  portions^  porüez  (gleichsam  * port-i-ümus ^ 
*porti-a-th). 

2.  Der  Ableitungsvocal  e  ist  im  Conj.  Präs,  als  flexivi- 
sches  Mittel  durchweg  geschwunden,  hat  jedoch  in  den  stamm- 
betonten Formen  nicht  selten  auf  die  lautliche  Gestaltung  des 
Stammauslautes  eingewirkt,  vgl.  unten  Xo.   3. 

3.  Der  Ableitungsvocal  ^  hat  sich  in  der  1  und  2  P.  PI. 
nicht  nur  da.  wo  er  vorhanden  war,  vor  den  Ausgängen  -ons^ 
-ez  behauptet .  sondern  ist  auch  durch  Analogie  auf  alle  an- 
deren Verba  übertragen  worden,    vgl.   oben  Vorbemerkung  2. 

In  den  stammbetonten  Formen  namentlich  in  der  1  P. 
Sg.)  hat  der  Ableitungsvocal  e,  bzw.  e,  sich  öfters  zu  palata- 
lem  g  verhärtet,  z.  B.  altfrz.  vienge,  tienge.  moerge^  [alge]auge 
=  veniam^  teneam,  *7noriam^  "alUam  v.  aller,  oder  aber  er  hat 
Mouillirung,  bzw.  Assibilirung  des  auslautenden  Stammconso- 
nanten  bewirkt,  z.  B.  vaille  =  valeam.  veiiille  =  *voliam,  aille 
=  ^alliam  v.  aller,  altfrz.  viegne  =  veniam,  tiegne  ■=  *tetnam 
neufrz.  vienne.  tienne  {?■%  =  *cenam,  *tenain],  sache  =  sapiam^ 
face,  fasse  ^=  faciam.  plaise  r=  placeam^  taise  =  taceam  u.  v.  a. 
Im  Neufrz.   sind  viele  dieser  Formen  geschwunden. 

Zuweilen  ist  der  assibilirte  Stammauslaut  auch  auf  die 
l  u.  2  P.  PI.  übertragen  worden    so  z.  B.  in  jjlaisions.  taisions). 

B.    Die  Bildung  der  starken  Formen. 

1.  Sämmtliche  nicht  zur  sog.  ersten  schwachen  Conjug. 
gehörigen  Verba  bilden  den  Sg.  und  die  3  P.  PI.  stark,  die 
1   und  2  P.  PI,  mittelst  der  Ausgräno^e  -ions,  -iez. 

OD  " 

2.  Die  lat.  Ausgänge  der  stammbetonten  starken  Con- 
junctivformen  sind  -am.  -as.  -af,  -ant,  im  Französischen  wer- 
den dieselben  regelrecht  zu  -e,  -es,  -e,  -eni,  z.  B. : 


236  Das  Französische. 

sg.   1.  viend-am  =  vende,  2.   vend-as  =  ve?ides,   3.  vend-at  = 
vende,  pl.   3.  vend-anf  =  vendent,   dagegen  {nsLch  part-i- 
ons  u.  dgl.  analogisch   gebildet)    pl.  1.  vendions  (gleich- 
sam '^ vend-i-ümus\,   2.  vendiez   (gleichsam  *ve)id-i-atis]. 
§  20.    Die  Bildung  des  Imperativs  Präsentis. 

1.  Die  einzige  in  das  Französische  übergegangene  latein. 
Imperativform  ist  die  2  P.  Sg. 

2.  Die  2  sg.  wird 

a)  schwach  gebildet  von  den  zur  sog.  ersten  schwachen 
Conj.  gehörigen  Verben,  z.  B.  port-a  =  ^iorte  (schwach  gebil- 
det mit  Hülfe  des  Ableitungsvocales  i  sind  ausserdem  die  un- 
ter b)  und  3)  und  4)  zu  nennenden  conj uncti vischen  Formen)  : 

b)  stark  gebildet  von  allen  übrigen  Verben.  Die  star- 
ken Formen  nehmen  nach  Analogie  der  2  p.  sg.  ind.  ein  s 
an,  z.  B.  vend[e]  =  tend-s ^  deb[e]  =  doi-s,  *part[{]  =  pa7'[t]s, 
^msc[e]  =ßnis.    Conjunctivische  Bildungen  sind  veuille,  suche. 

3.  Als  erste  Pers.  PI.  des  Imperativs  fungirt  die  erste 
Pers.  PI.  des  Indicativs ,  bei  einzelnen  Verben  des  Conjunc- 
tivs  [ayonSj  soyons,  veuillons,  sachons). 

4.  Als  zweite  Pers.  PI.  des  Imperativs  fungirt  die  zweite 
Pers.  PI.  des  Indicativs ,  bei  einzelnen  Verben  des  Conjunc- 
tivs  [ayez^  soyez,  veuillez^  sachez) . 

§  21.  Die  Bildung  des  Indicativs  Imperfecti. 

Das  Imperf.  Ind.  wird,  wie  schon  im  Lat. ,  so  auch  im 
Französ.  durchweg  schwach  gebildet.  Hinsichtlich  ihrer  Bil- 
dung  zerfallen  die  Formen  des  Impf.  Ind.  in  zwei  Gruppen : 

a)  die  Personen  des  Sg.  und  die  3  P.  PI., 

b)  die  1  und  2  P.  PI. 

A.  Die  Bildung  der  Singularformen  und  der 
3  P.  PI. 

1.  Imperfect  auf  -Ztham.  Das  im  Lat.  mit  Hülfe  des 
Ableitungsvocales  ö  gebildete  Impf.  Ind.  hat  im  Altfrz.  sich 
in  doppelter  Weise  entwickelt ,  indem  U  entweder  lautgesetz- 
lich in  e  übergegangen  oder  aber  durch  Einfluss  des  nachfol- 
genden, J  =  V  =  u  zu  0  vcrdumpft  worden  ist,  nämlich: 
sg.    1.  po7't-äbam  ^  porteve  oder  [portove    porio[u)e, 

2.  port-ühas  =  porteves  oder  (portoces)  porio{u]es, 

3.  port-äbat  =  2>orteve[t]  oder  [po7'tovet]  portou[e)t\ 
pl.   3.  port-äha7it  =  portcvcnt  oder   [portovetit]  porfoiu)enf. 


Die  "Wortformen  und  die  AVortfurmumschreibungen.  237 

Beide  iJilduiigen  siud  jedoch  schon  im  AUfrz.  durch  die 
Bildung  auf  -eham  =  ete  =  o{{e)  =  at[s)  verdrängt  worden  (vgl. 
unten  No.  2  ,  so  dass  also  für  porteve  oder  porto{zi)e  eintrat 
porteie,  portoie]  und  endlieh,  mit  Anfügung  eines  analogi- 
schen 5,  po7'to{s,  portal s. 

2.  Imperfect  auf  -eham.  Die  Ausgänge  des  mit 
Jlülfe  des  Ableitungsvocales  c  gebildeten  Impf.  Ind.  entwickel- 
ten sich  im  Französ.   in  lautgesetzlicher  Weise,  z.  B. : 

sg.  1.  vend-eham  =  v endete  ^  vetidoie,  vendoi  und  (mit  An- 
fügung eines  s  nach  Analogie  der  2  P.)  vendois, 
cetidais , 

2.  vend-ebas  =  vendeies,  vendoi{e]s^   vendais, 

3.  vend-ebat  =  vetideit,  vendoit,  vendait; 

pl.   3.  vend-ebant  =  vendeient.  vefidoiefit,  vendaient. 

Die  Bildung  auf  -ebam^  schon  im  Lat.  der  Mehrzahl  der 
Verba  eigenthümlich  [deUbam,  regeham^  dorm[i\ebani)  ^  hat  im 
Französischen  die  Bildungen  auf  -übam  und  -ibam  verdrängt 
und  ist  alleinherrschend  geworden. 

3.  Imperfect  auf  -Ibam.  Die  mit  Hülfe  des  Ablei- 
tungsvocales i  gebildeten  Imperfectausgänge  -ibam,  etc.  ergeben 
im  Französischen  regelrecht  -ite  etc.  Es  ist  jedoch  diese  Im- 
perfectbildung  nur  dialektisch  erhalten,  im  Gemeinfranzösi- 
schen ist  sie  früh  durch  diejenige  auf  -ebam  verdrängt  wor- 
den. —  Vgl.  auch  B  und  Anm.   2. 

B.    Die  Bildung  der  1  und  2  P.  PI. 

Die  1  und  2  P.  PI.  zeigen  bei  allen  Verben  frühzeitig 
die  Ausgänge  -ions  (altfrz,  daneben  -ieiis)  und  -iez.  Das  i 
dieser  Ausgänge  beruht  wahrscheinlich  auf  dem  Ableitungs- 
vocal  i,  ist  also,  wenn  diese  Annahme  richtig,  von  den  nicht 
inchoativen  Verben  der  /-Conj.  durch  Analogiebildung  auf 
alle  übrige  Verba  übertragen  worden,  ein  Vorgang,  der  ein 
Seitenstück  zu  dem  Eindringen  des  i  in  die  1  und  2  P.  PI. 
Präs.   Conj.    (s.  §  19,  Vorbemerkung  2)   bilden  würde. 

Bei  den  nicht  zur  reinen  /-Conj.  gehörigen  Verben  ist  i 
vielleicht  als  aus  e  entstanden  zu  betrachten:  vendions  = 
*vend-e-[btimus,  chantions  =  *cant-e-[b]ümus .] 

Anm.  1.  In  Bezug  auf  die  lautliche  Gestaltung  des  Ver- 
balstanimes  folgt  die  Imperfectbildung  der  Analogie  der  stamm- 


238  l^as  Französische. 

betonten  Formen  des  Präsens,  daher  z.  B.  altfrz.  cremeie.  cre- 
moie  =  trem-ebum ,  aber  neufrz.  craignais  nach  Analogie  von 
craignons  etc.,  lisais  [=  legebam)  nach  Analogie  von  lisons  etc. 
Anm.  2.  Verba  mit  Inchoativverstärkung  im  Präs.  haben 
dieselbe  auch  im  Impf. 

§  22.    Die  Bildung  des  Perfects  Ind. 

A.  Die  sch^vache  Perfectbildung. 

1.  Perfectbildung  mittelst  des  Ableitungsvoca- 
les  a: 

sg.    1.  po7'ta[v\i  =  portal  (vgl.   aber  oben  S.  219  , 

2.  porta[vi\s[ti\  =  purtas^ 

3.  porta\vi\t  =  porta[t\   (in  porta-t-il  beruht    das    t   auf 

Analogiebildung) ; 
pl.   1 .  porta\v%\mus  =  portämes    (der   Circumflex  beruht   auf 
Angleichung  an  die  2  P.), 

2.  portä\vi\stis  =  portastes,  portales, 

3.  portä[ve]runt  =  pört^rent. 

2.  Die  Perfectbildung  mittelst  des  Ableitungs- 
vocales  i: 

sg.   1.  dormi[v]i  =  dormi ^    clormis    (das  6   nach  Analogie  der 
2  P.  angefügt), 

2.  dormi[v]is[ti]  =  doy'tms, 

3.  domi[v]it  =  dormit: 

pl.    1.  donni[c]imus  =  dormimes  (Angleichung    an  die  2  P.), 

2.  dormi[v]isiis  =  dormites, 

3.  dor7ni\ye\runt  =  dormireiit. 

Ueber  Perfecta  wie  perdis  u.  dgl,  vgl,  unten  D. 

(3.  Perfectbildung  mittelst  des  Ableitungsvoca- 
les  e.  Von  den  schon  im  Lat.  -wenig  zahlreichen  Perfecten 
auf  -eci  sind  keine  in  das  Französische  übergegangen ,  auch 
sind  Neubildungen  nach  ihrem  Typus  nicht  erfolgt.  Es  ist 
also  diese  Perfectbildung  völlig  abgestorben.) 

4.  Ueber  Perfectbildungen  wie  ecrivin  —  {con)dimis  — 
plaig/m  —  tiaquis  —  [ceaquis]^   vecus  vgl,   unten  C. 

B.  Die  starke  Perfectbildung. 

I.    L'ebersicht  über  die  starken  Perfecta. 

1,    Die  Perfecta  der  -/-Classe: 

a)  bereits    im    Lat.   zur    -/-Classe    gehörige    Per- 


Die  Wortformen  und  die  ^^'o^tformumsch^eibungen.  239 

ieci^.:  fu-i  =  fu\s\  fec-i  =Jiz.   fis\   rc/i-i  =  riuc.    cing,    vi/m 

—  nd-i  =  iu\   vis; 

b)  ans  der -MJ-Classe  in  die -/-Classe  übergetre- 
nes  Perfect:  *ten-i  (nach  Analogie  von  ren-i  =  tinc.  ting. 
tin.   tins. 

Anm.  Der  Veborgung  des  e  in  i  ist  bei  xeni,  *te/ii  dem 
Einflüsse  des  nachtonigen  i^  hei  feci  eben  diesem  Einflüsse 
lind  zugleich  der  Einwirkung  des  assibilirten  c  zuzuschreiben. 

—  Das  c,  bzw.  g  in  vinc,  ving  erklärt  sich  aus  Consonan- 
tiflcirung  des  auslautenden  /  in  ceni^   cenj. 

2.  Die  Perfecta  der  -5?'-Classe: 

a)  bereits  im  Lat.  zur  -6«-Classe  gehörige  Per- 
fecta (die  nur  im  Altfrz.  vorkommenden  Perf.  sind  durch 
vorgesetztes  7  bezeichnet)  :  ar[(I  -si  =  -ai's,  cing-si  =  -ceins 
(vgl.  C  ,  claud-si  =  ~clos  {conclu[d]-si  =  conclus)^  despexi 
=  -despeis,  despis,  destrug-si  =  ~ destruis  (ebenso  die  übrigen 
Composita  von  struere,\^.  unten C) ,  dic-si=  dis^  duc-si=  ~duis 
[conduis  u.  dgl.  vgl.  C),  excussi  =  -excous^  ßng-si  =  -feins  (vgl. 
C) ,  Jung-si  =  -joins  (vgl.  C),  mansi  =  ~f7ies,  misi  =  mis, 
pifig-si  =  -^ peius  (vgl.  C  .  plang-si  =  -plains,  pleins  (vgl.  C) , 
risi  =  ris,  sc7-ip-si  =  -escris  (vgl.  C),  *siirg-si  f.  surrexi  = 
~sors.   ting-si  =  -teins  [vgl.  C),   ung-si  =  ~  oins  (vgl.  C). 

b)  im  Lat.  nicht  zur  -6e-Classe  gehörige  Perfecta: 
a]  aus  der  -e-Classe  in  die  -6t-Classe  übergetretene  Perfecta: 
leg-i  =  ~Us  (vgl.  No.  3),  occid-i  =  70m,  pre[hen]di,  prens-i, 
pj-es-i  =  pris  ^    red-emi  =  -redejis ,  sed-i  =  sis,   solv-i=~sols 

(vgl.  No.  3; ;  ß)  aus  der  -M2-Classe  in  die  -6e-Classe  über- 
getretene Perfecta:  trem-ui  = -creifis  (vgl,  C),  val-ui  =  ~vals 
(vgl.  No.  3),  voJr-ui  =  -vols  (vgl.  No.  3);  y)  aus  der  schwachen 
/-Conj.  ist  in  die  -ii-Classe  übergetreten:  quaes-l-vi  =  quis 
(neufrz.  nur  in  Comp.), 

3.  Die  Perfecta  der  -«e'-Classe: 

a^  bereits  im  Lat.  zur  -«^«-Classe  gehörige  Per- 
fecta: cal-uit  =  -chalutj  hab-ui  =  oi ,  neufrz.  eus  (vgl.  II  5), 
deh-ui  =  dui  {dus),  dol-ui  =  -dolui,  Jac-ui  = -^jui^  lic-uit  = 
hd.  *mor-ui  =  mo7'us,  mour'us,  par-ui  =  parus  (neufrz.  nur 
in  Comp.)  .  plac-tn  =  ploi  {plui,  plu,  plus,  .  pot-ui  =  poi, 
[pus  ,    sap-ui  =  soi  [sus]  ^    *siopuit  =  estut,    tac-ui  =  toi[T\ 


240  Das  Französische. 

[tus)  ,    val-ui  =  valui ,  valus   (vgl.  No.   2  b)),   vol-ui  =  voti- 
lus  (vgl.  No.  2b)). 

b)  Aus  der  -e'-Classe  in  die  -?<z-Classe  überge- 
tretene Perfecta:  bihi  =  hui  {bus),  cecidit ,  ceciderunt  (von 
cacUre)  =  geheut ^  -cheurent  (gewöhnlicher  ist  das  sch-svache 
Perf.  -j-cAae,  chei  etc.),  cepi  =  -Qui,  -gus  (nur  in  Comp.), 
coffnovi  =  co7i[ti]ui,  connus,  cucurri  =  corui^  courus^  credidi 
=  crui^  crus^  legi  =  lui,  lus,  moti  =  mui,  mus,  paci  = 
poi,  pzis,  pluit  =  plout,  plut  ^  steti  =  -jestui,    [crevi  =  crui) . 

II.  Bemerkungen  über  die -starke  Perfectbil- 
dung. 

1.  Die  starken  Perfecta  des  Französischen  beruhen  auf 
volkslateinischen  Perfecten ,  in  denen  —  abweichend  vom 
Schriftlatein  —  die  1  P.  PI.  flexionsbetont,  die  3  P.  PI.  da- 
gegen stammbetont  war.  (Ueber  die  Perfecta  auf  -ui  vgl.  aus- 
serdem unten  No.  5.)  Sonach  sind  im  Altfranzösischen  ZAvei 
Gruppen  von  Perfectformen  zu  unterscheiden  ^) : 

a)  stamnibetont :    1  und  3  sg.,   3  pL, 

b)  flexionsbetont:   2  sg.,    1   und  2  pl. 

Als  Beispiele  für  die  Flexion  mögen  dienen : 

a)  sg.   1.  vtd-i  =  vi  [vis],     2.  vid-isti  =  veis,  vis,     3.  vid-it 

=  vit,  pl.  1.  vid-imus  =  cetmes,  [veismes) ,  [vismes], 
vimes,  2.  vid-istis  :=:  v eiste s,  vistes,  vttes,  3.  vid-ärtoit 
=  vire7it; 

b)  sg.  1.  *prest  =  pris,  2.  presisti  =  presis  [pris.,    'i.pre- 

sit  =  prist  {prit),  pl.  1.  presimus  =  presimes  [primes), 
2.  presistis  =  presistes  [prites],  3.  presSrunt  =  pri- 
strent,  prirent] 

c)  sg.   1.  vülui  =  valui,    2.  valuisti  =  valus,     3.   vdluif  = 

valut,  pl.  1.  valüimus  =  valumes,  valumes,  2.  valüistis 
=  valustes,  v a lii tes ,   3 .  valüerunt  =  valur en t. 
Da   die  Flexion  der  wi-Perfecta  eine  besondere  Betrach- 
tung  erfordert  (vgl.  unten  No.   4)  ,    so   beziehen   sich   die  zu- 
nächst  folgenden    Bemerkungen    unmittelbar   nur   auf  die   -i- 
und  -Äi-Perfecta. 

2.  Die   flexionsbetonten   Farmen    unterscheiden   sich   von 


1)  Durchweg  stammbetont  sind  die  P'ormeu  des  Perf.  fui  =  fus. 


Die  "Wortformen  und  die  "WortlVirnnimschrcibunpcn.  241 

den  stanimhctonten  durch  die  Sclnviichung;  des  tonlosen  Stamm- 
vocals.   vgl.   ft'Ys  mit  vis,  rcYmcs  mit  circ/i/. 

;^.  Ist  der  auslautende  Stammconsonant  eine  einfuche  Ex- 
plosiva, wie  in  rid-i ,  so  muss  derselbe  in  den  flexionsbeton- 
ten Formen,  weil  in  intervocalisclier  Stellung  beündlich,  aus- 
fallen, also  z.  li.  cidistis  :  ceiates;  in  Folge  dessen  entsteht  ein 
steigender  Diphthong  (et),  welcher  in  der  weiteren  Entwicke- 
lung;  der  Sprache,  wahrscheinlich  unter  angleichender  Einwir- 
kung der  stammbetonten  monophthongischen  Formen  [vi,  vit, 
vi_retit),  sich  zu  i  vereinfacht  hat,  z.  B.  ve-is  :  vis.  Durch  die- 
sen Vorgang  entstehen  die  neufranz.  Formen,  wie  vis,  vimes, 
vifes,  welche  also  nur  scheinbar  stammbetont  sind. 

4.  Das  anlautende  s  des  Suffixes  -si  beharrt  lautgesetz- 
lich auch  in  intervocalischer  Stellung  [presimes  etc.),  es  wer- 
den jedoch  die  betr.  Formen  von  der  Analogie  derjenigen, 
in  welchen  intervocalischer  Consonant  elidirt  wird  [ve-imes^, 
angezogen  und  somit  entstehen  Formen,  wie  pre[s]imes,  me[s]i- 
mes,  d€[s]im.es ,  deren  Diphthong  in  weiterer  Entwickelung  zu 
i  monophthongirt  wird.  —  Die  flexionsbetonten  Formen  von 
venir  :  venis,  venimes,  venistes  weichen  in  der  späteren  Sprache 
den  analogisch  gebildeten  stammbetonten  vins,    vinmes.   vintes. 

5.  Die  heiTschende  Flexion  der  e«-Perfecta  ist  im  Alt- 
französischen folgende : 

a)  /labui  =  sg.   1.^  o^,   2.  oüs,   3.  out,  of, 

pl.   1.  oümes,  2.  oiistes,   3.  ourent,  orent. 

Ebenso  gehen:  pavi  =  poi ,  placui  =  ploi,  potui=poi, 
sapiii  =  soi,   tacui  =  toi. 

Durch  Schwächung  des  o  zu  e  und  spätere  Monophthon- 
girung  des  e  -\-  u  entstehen  eils  =  eus  =  iis,  eilmes  =  eiimes 
=  ihnes,  eiistes  =!=  eiites  =  ütes.  Diesen  Formen  haben  sich 
später  die  stammbetonten  angebildet:  oi  :  eu[s^,  out  :  eut,  oxirent 
:  eurent.    Ganz  analog  ist  die  Entwickelung  von  poi  etc. 

b)  dehd  =  <ig.   1.  dui,  2.  doüs,   3.  dut, 

pl.  1.  doiimes,   2.  doüstes,   3.   durent. 

Ebenso  gehen:  hihi  =  hui ,  [re)cepi  =  [re^ t^iii ,  credidi  = 
crni,  crevi  =  rrui,  Jacui  ^=Jui,  legi  =  lui,  licuit  =  lut,  movi  = 
?md,  nocui  =  tiui,  cognovi  =  conui,  phd  =  plui,  steti  =  estui. 

Die    weitere  Entwickelung   dieser  Pormen    ist   derjenigen 

Körting,  Encyklopädie  d.  rom.  Phil.  HI.  \Q 


242  Das  Französische. 

der   ersten    Classe    ganz   analog,    z.  B.  doiis  :  deüs  :  chis  etc., 
darnach  (lu{s)  f.  dui  etc. 

c)  valui  =  sg.  1.  valüi  [nfrz.  talus),   2.  vahis,   3.  valüt, 

pl.   1.  vahcmes,   2.  vcdiistes,  3.  valürent. 

Ebenso  gehen  :  cahiit  =  chalut,  cecidi  =  chaUi,  cuctirri  = 
corui.  dolui  =  dolui,  fefellit  =fallut,  mansi  =  ma?im,  suhmo^mi 
=  semonui,  mortuus  sum  =  mo7'ui,  parui  =  parui^  reposui  =  re- 
ponui,  söhn  =  solui,  tetiui  =  tenui,  tremui  =  cremui,  tuli  =  tolui. 

Wie  das  Paradigma  zeigt ,  sind  die  stammbetonten  For- 
men durch  analogisohe  Einwirkung  der  flexionsbetonten  eben- 
falls flexionsbetont  geworden ,  so  dass  folglich,  wenn  die  l?e- 
tonung  als  massgebend  gelten  sollte,  die  betr.  Perfecta  als 
schwache  zu  bezeichnen  sein  würden. 

d)  vohii  tritt  im  Altfrz.  entweder  zur  -w-Classe  über  [coh, 
vohis  etc.)  oder  aber  zur  -«-Classe ,  in  letzterem  Falle  flectirt 
es:  sg.  1.  voil,  2.  volis,  3.  rolt,  pl.  1.  volimes ,  2.  roUstes. 
3.   voldrent. 

In  der  späteren  Sprache  folgt  tolui  der  Analogie  von 
valui,  also  volüi,  voulu[s). 

Neben   den    angegebenen   Flexionsweisen   finden    sich    für 
nachstehende  Verba  im  Altfrz.  auch  folgende  seltenere  : 
a)  habui  =  sg.    1.  au.   2.   aicis,   3.  aut, 

pl.    1.  atüimes,   2.  amstes,    3.  aurent. 
(Ebenso  ^;at;z,  placui,  sapui.,  tacui.) 
ß)  potui  =  sg.    1.  pou,   2.  poi'Sj   3.  jjout, 

pl.    1.  po'imes,   2.  poistes,  3.  pourent. 
y)   deb ui  =  sg.    1.  diu,   2.  dewis,   3.  diut, 

pl.   1.  deivimes,  2.  detvistes,  3.  diurent. 
(Ebenso  hibi,  cepi,  credidi,  crevi,  legi,  licuit,  steti.) 
d)   cognovi  =  sg.   1.  co?m,   2.  coniäs,   3.  conut, 

pl.  1.  coitu'ünes,  2.  conu'istes,  3.  cohurent. 
(Ebenso  moci,  9iocui,  plui)^). 
6.  Zur  Vermeidung  harter  Consonantenverbindungen  wird 
in  der  3.  P.  PI.  ein  euphonisches  t,  bzw.  d  eingeschoben 
(z.  M.  p7'istrent,  voldrent)',  im  Neufrz.  sind  diese  Bildungen 
meist  analogisch  umgestaltet  worden  (z.  li.  prirent,  voidurent), 
behauptet  haben  sich  jedoch  vi/idrent  und  tindrent. 

1)  Die  angeführten  Paradigmata  sind  nach  SUCHIER,  Ztschr.  f.  rom. 
Phil.  II.  255  ff.  aufgesteUt. 


Die  Wortfornien  und  die  AVürtt'ormumschreibungen.  243 

C.  Unorganische  liildiingen. 

Bei  folgenden  Verben  hat  die  scheinbar  schwache  Bildung 
der  flexionsbetonten  Formen  den  Uebertritt  des  ganzen  Per- 
fects  zur  sog.  dritten  schwachen  Conj.  (/-Conj.)  herbeigeführt: 

a)  ]^ei  diiire  =  duccre  und  sfruirc  =  $tru'g)ere^  bzw.  deren 
Compositis,  z.  B. 

du.ri  =  düis  struxi  =  struis 

(lu.n'sti  =  dia'sh  etc.,     sfruxisfi  =  struisis  etc., 

nach  Analogie   der    auf   dem  flexivischen   i  betonten  Formen 

trat  später    con  duifiifi,    'conjdidsit,    [con)struisis,  {co7i)stritisit  für 

düis  =  duxi,  didsf  f.  duxit,  struis  f.  struxi,  struist  f.  struxit  ein. 

b)  Bei  den  Verben  a.nf -ndre  = -uffdre ,  z.  B.  ursprüng- 
lich: j'unxi  ^j'oins,  j'unxisti  =joifisis,  junxit  =  joinst,  junxi- 
mus  =  Joinsimes,  Jmixistis  =joinsistes,  jünx^runt  ^:=joinstrent, 
dafür  später:    Joinsis  ^  joinsis,  j'oinsit,   joinsi?nes,  Joinsistes 

Joinsirent ,  und  endlich  durch  Anlehnung  an  die  flexions- 
betonten Formen  des  Präsensstammes  [joignons,  joignez  u.  dgl.) 
Joignis,  joig?iis,  joignit  etc. 

c)  Bei  nattre  =  ""nascere  und  vivre  =  vive7'e:  2  sg.  *nas- 
cuisti  :  naskuis[ti\  :  uasquis  :  naquis  (darnach  auch  1  sg.  naquis, 
3  sg.  naquit  etc.);  2  sg.  vixisti  :  ^viskisti  :  veskis  :  vesquis  (dar- 
nach auch  1  sg.  vesquis,  3  sg.  vesquit  etc.,  da  aber  qui  in  der 
Aussprache  leicht  zu  cu  ward,  so  trat  vesquis  in  die  ?</-Classe 
ein,   also  neufrz.   vecus  etc.).    [vesquis  Anbildung  an  nasquis.) 

d)  Bei  ecrire  =  scrthere  :  scripsi=  escris,  scripsisti  =  escre- 
^is,  durch  Anlehnung  an  die  flexionsbetonten  Formen  des 
Präsensstammes  [ecrivotis  u.  dgl.;  escrevis,  ecrivis,  und  darnach 
dann  durchweg  ecrivis,  ecrivis,  ecrivit  etc. 

D.  Bildung  der  Perfecta  der  Composita  von  dare 
[perdre  =  per-dere.  vendre  =  ven-dere,  re[n]dre  = 
red-ddre). 

Die  Perfecta  ^^erdis  und  rendis  lassen  eine  doppelte  Er- 
klärung zu: 

a)  Mit  Zugrundelegung  eines  volkslat.  *perdedi  i.  schrift- 
lat.  perdidi:  sg.  1.  perde[d?\i  :  perdiet  :  per  die,  2.  perde\d\isti  : 
perdeis  :  perdis,  3.  perdSdit  :  perdiet,  pl.  1.  perdedimus  :  per- 
deimes  :  pe7-dimes,  2.  perde\dMstis  :  perdeistes  :  perdistes.  3.  per- 
dederunt  :  perdierent.  Hiemach  würden  je  j)erdi  s] ,  il  pcrdit, 
il  per  dir  eilt  Anbildungen  an  die  flexionsbetonten  Formen  sein. 

16* 


244  Das  Französische. 

b]  Mit  Zugrundelegung  eines  anzunehmenden  volkslatein. 
^perdivi,  perdii  (nach  Analogie  von  audi[v\i)  :  perdii  =  perdi{s), 
perdiis[ti)  =  perdia  etc. 

Die  zweite  Erklärung  hat  den  Vorzug  der  Einfachheit  für 
sich,  die  erste  dagegen  ist  die  einzige,  durch  -welche  das  Pro- 
blem der  Entstehung  altfrz.  Formen  wie  perdie,  perdiet  gelöst 
wird,  vielleicht  dürften  beide  Erklärungen  neben  einander 
statthaft  sein. 

Die  -e'-Perfecta  der  sonstigen  Verba  auf  -;e  (z.  ]>.  rom- 
pi[s\)  folgen  der  Analogie  von  ^^crdis  etc. 

§  23.  Die  Bildung  des  Conjunctivs  Plusquam- 
perfecti  (Imperfecti). 

Die  Bildung  des  Conjunctivs  Plusquamperfecti  ist  —  wie 
schon  im   Lat.     —    derjenigen    des   Perfects   ganz  analog  und 
bedarf  folglich  hier  keiner  ausführlicheren  Darlegung,   es  mö- 
gen vielmehr  Beispiele  genügen : 
po7'tassem  =  2iortasse, 
ßm[i\ssem  =ßmsse, 
fecissem  ^=fesisse^  feisse,  ßsse, 
*pre[hen]sissem  =  presisse,  preisse,  prisse, 
debuissem  =  deüsse.   dusse^ 
saj}mssc?7i  =  seüsse,  süsse. 
Das   tonlose  e  im  Auslaut  der   1   und  2  p.  sg.  beruht  auf 
Analogiebildung ,    denn  lautgesetzlich  mussten  porfassef)i,  por- 
tasses  ergeben  portas,    vgl.  portasset  mit  portast ,  portal.     Die 
Ausgänge  -ions,    -iez  der   1  und  2  p.  pl.  sind  ^Unbildungen  an 
das  Impf.  Ind. ,    in   dessen  Conjunctivfunction  der  Conjunctiv 
Plusqpf.  verschoben  ist. 

§  24.    Die  Bildung  des  Particips  Perfecti. 

A.  Schwache  Bildung. 
1.    -ä>  -\-  /[wwi,  ü  -f-  ta[m]  ergiebt: 
-e  (-h  t),        e  -h  [d]e, 
■/..  B.  port-ä-t[um]  =  po7'te[i\  porte^ 
port-ä-t\arn\  if=  portede,  portee. 
e  =  a   war   ursprünglich   offen,    erhielt   aber    in   späterer 
Entwickelung  geschlossenen  Laut, 

Das  Part,  ne  =  iiü-tum  ist,  weil  ü  stammhaft,  starke  Bil- 
dung,  ebenso  ete  =  sta-tum. 


Die  M'ortformcn  und  die  ^^'ü^tlurmunl.schreibungen.  2-45 

2.  Mit  Hülfe  des  Ableituiijjsvocalcs  c  gebildete  Partiei])ieii 
[deleUis  \\.  dgl.}  waren  schon  im  Latein,  selten,  im  Französ. 
sind  sie  völlig  geschwunden.  Altfrz.  coUeit  ist  =  coUectum  (s. 
Xo.  3  :  chaeit  w.  dgl.,  übrigens  wenig  gebräuchlich  gewesene, 
altfrz.  Formen  sind  vermuthlicli  Analogiebildungen  nach  col- 
Icit:  es  entspricht  demnach  der  altfrz.  Participialausgang  -eit 
wohl  nie  dem  lat.   -et um. 

3.  -I  +  f\um\  -1  +  ta[m]  ergiebt: 
-i  [4-  t\        -i[d]e, 

z.   B.  ßnlfum'  =Jintt  ,  /j?i-l-ta[m]  =  finide.  finie. 

Zii  dieser  Bildung  sind,  meist  der  Analogie  des  Infinitivs 
folgend,  mehrere  ursprünglich  starke  Participien  übergetreten, 
nämlich:  cucilli  [für  ciieilleit  =  colhctus.  altfrz.  colleit.  vgl.  la 
cueilhtte) .  failli  [K\x  faiis  =  falsus.  vgl.  das  K^].  faux),  fui 
{rür  fidt  =  fug1,tHS ,  vgl.  la  fuite),  lui  (für  luit  =  ^luc-tus?  , 
nui  (v.  nuire  =  nocere.  welches  im  Lat.  ein  Part,  nicht  bildet), 
7-i  (für  ris  =  ri'sus,  vgl.  7e  ris),  sailli  (für  saut  =  saltus .  vgl. 
le  sauf),  suffi  ;für  suffeit  =  suffectus' .  suici  (für  *sü^  "^seu  = 
secütus) .  Andrerseits  sind  mehrere  Participien  auf  -Itus  zur 
Bildung  auf  -ütus  (s.  No.  4)  übergetreten,  z.  B.  ferltus  ■.fem, 
ci'stltus  :  vetu. 

4.  Die  auf  u^  bzw.  auf  c  ausgehenden  Yerbalstämme  bil- 
den im  Lat.  das  Part,  durch  das  Suffix  -fus .  fügen  dasselbe 
aber  mittelst  des  Bindevocales  i  an  den  Stamm,  z.  B.  stafu- 
i-tus  =  statiitus,  soh-i-tus  =  solu-i-tus  =  solutus  (bindevocallos 
ist  nur  rii-tus.  _  Der  sich  sonach  ergebende  Participialausgang 
-ütus  ist  als  schwache  Bildung  zu  betrachten,  da  das  Bewusst- 
sein  der  Zugehörigkeit  des  u  zum  Stamme  verloren  ging. 

Von  den  ursprünglich  hierher  gehörigen  Participien  haben 
sich  im  Französischen  nur  erhalten :  sohl  (neben  anderen  Bil- 
dungen, vgl.  Bj  =  solutum,  hattu  =  ""hattiäum ,  cousu  =  con- 
sütum,  [aigu  =  acutum,  menu  =  mimdimi ,  imhu  =  ityilT/tum. 
ausserdem  altfrz.  treut  =  tribütum:  rein  gelehrte  Bildungen 
sind  Statut  u.  dgl.). 

Es  sind  aber  zur  Participialbildung  auf  -ütus  zahlreiche 
ursprünglich  starke  Participien.  sowie  einige  schwache  Partici- 
pien auf  -itus  übergetreten,  nämlich  z.  B. :  *bibütus  f.  ^bibitus  = 
heu,  hu,  *[re)cipütus  f.  receptus  =  {re)ceu,  [re)^u,  *calüttis  = 
jchahi,  *cadütus  f.   casus  =  c/tcu.    chu   [ecJm.  dechu).  *cognovü- 


246  Das  Französische. 

ins  f.  cognifns  =  cow[w]ew,  connu,  *currütus  =  corru,  couru, 
*credütus  f.  creditus  =  crm ,  cru^  *crevütus  f.  cre^e«  =  crdu, 
crü^  *debutus  =  diiu^  da,  *dolütus  =  ^dolu,  *exütus  f.  ea:^Y^^s  = 
«5SW,  *fallütus  f.  falstis  =  fa/lu  (daneben  mit  differenziirter 
"Bedeutung  die  schwache  Bildung /««V/«) ,  *ferütus  f.  ferJtus  = 
feru,  *]iahTdus  f.  hahitus  =  eu,  eu,  *jacütus  =  j-jeü,  *legTitus  f. 
lectus  =  l'eu,  lu,  *molütus  f.  moUtus  =  moidu,  *movUtus  f.  /nö- 
^W6'  =  W2ew,  mii,  *nocütus  =  neu  (verdrängt  durch  die  schwache 
Bildung  nui],  *pandütus  f.  j'Jawsz^s,  jjussus  =  [re]pandu,  *jjarU- 
fus  V.  [ap]parere  =  paru,  *pavfäus  \ .  pascere  =  p'eu,  pu,  *per~ 
dütus  f.  perditus  =  pe7'du,  *plactitus  f.  pJacitus  =  pleu,  phi^ 
*potütus  =  pcu,  pu,  *rendütus  f.  redditus  =  re?idu,  *rumpTitus  f. 
ruptus  =  rompu,  *sapütus  v.  sapere  =  seu,  su,  *tacutus  f.  tacitus 
=  teu,  tu,  *tenütus  f.  tentus  =  ^em^,  *tollTdus  v.  tollere  =  -jtolu, 
*valüttis  V.  valere  =  va/e^,  *vendütus  f.  vetiditus  =  vendu,  *ve7iü- 
tus  f.  *vetitus  V.  venire  =  vefm,  vestütus  f.  vestitus  =  »e^w,  *fV- 
<i?«7^M6'  f.  «J«6W6'  =  fe<<,  «JM,  *DolTitus  V.  *toUre  f.  «e/Ze  =  voulu, 
*vixutus  :  viscUtus  v.  vivere  =  vesctt,  vecu. 

Hierzu  zwei  im  Lat.  mittelst  des  Suffixes  -sms  gebildete 
Participien :  *remansTdus  =  -remasit  (daneben  Y^'ewze«)  und  *re- 
spondüfus  f.  i'espo?isus  ^=^  repondu ;  *rei7iasu  ist,  wie  ersichtlich, 
eine  Doppelbildung. 

B.    Starke  Bildung. 

1.    Participien  mit  dem  Suffix  -<: 

apertus  =  ouvert,  cinctus  =  cm«<,  *trei7iitus  =  craint  (An- 
bildung  an  plaint  u.  dgl.),  despectus  =  jdespit  (vgl.  /e  depit], 
{con-,  se-)  ductus  =  [con- ,  se-)duit ,  (cow-',  f/e-)  structus  =  con-, 
de)trint,  dictus  =  c?«V  [henedictus  =  ■jhe7ieoit  [vgl.  den  Eigen- 
namen Be7ioit],  beneeit,  benit;  daneben  schwache  Bildung  Jtv«', 
altfrz.  überdies  auch  benist,  Anbildung  an  den  Inf.  be7iistre 
aus  be72\ed\iQ7-e;  maledicius  =  maudit.  altfrz.  auch  77mleeit,  ma- 
leoit),  factus  =fait  (über  suffi  s.  oben  S.  245),  *finctus  i.ßctus 
=  fei7it,  fractus  =  '\fi-ait  (daneben  *fra7ictus  =  -j  frei7it) ,  f7ic- 
ttis  =  frit,  jwictus  =  Joint ,  mort[u\us  =  mo7't,  7iatus  =  ne  (s. 
oben  S.  244),  *pinctus  f.  pictus  =  pei7it,  pla?ictus  =  plaitity 
jitincius  =  point,  repositus  =  -^repost  (vgl.  depöt  u.  dgl.),  scriptus 
=  ecrit ,  co7i)strincti(s  f.  [co7i)strictus  =  co7itrtti7it  {strictus  = 
etroit^  destrictus  =  detroit),  ti/ictun  =  teint,  tortus  =  -[-tort  (vgl. 
le  tort),  tractus  =  trait,  tmcfus  =  oint.    —    Hierzu  treten  die 


Die  Wortformcn  und  die  AVortformumschreibungen.  217 

nach  Analogie  von  ouvcrt^  coucert  geschaffenen  Neuhildungen 
sot(ffert^  ojfert.  Vgl.  ausserdem  Suhst.  wie  ccnte,  retite,  teilte, 
at teufe  etc. 

2.  Participien  mit  dem  Suffix-s: 

arsiis  =  ^(trs,  clausus  =  ■jclos  [conclusus  =  conclus,  nfrz. 
conclu  mit  Uebertritt  zu  der  ?<-Classe),  excussus  =  ■jescos^  man- 
sus  =  ^mes,  missus  =  mis  (das  i  beruht  auf  Anlehnung  an  das 
Perf.  Ind.  mis  =  mlsi,  denn  missus  musste  mes  ergeben,  vgl. 
das  altfrz.  Subst.  //  mes  ,  der  liote),  orcisus  =  -J-om,  *prensus 
z=  pris  (das  i  beruht  auf  Anbildung  an  den  Ind.  Perf.),  sessus 
=  sis  (das  s  beruht  auf  Anbildung  an  den  Ind.  Perf.).,  sparsus 
=  epars.  —  Hierzu  treten  die  im  Lat.  anderer  Bildung  folgen- 
den Participien :  *soIsus  f.  solutus  =  ■\-sols ,  sous  [absozts,  aber 
fem.  absoute  =  *ahsol-ta] ,  *sur[c]tus  f.  surrecttis  ^  sors^  *quae- 
sus  f.  quaesitus  ^  quis  (Anbildung  an  den  Ind.  Perf.). 

3.  Ueber  die  ursprünglich  starke  Participialbildung  auf 
-ütus  =  u  vgl.   üben  A  4. 

§  25.    Die  einförmigen  Wortclassen. 
A.    Die  Adverbien. 

1.  Aus  dem  Lateinischen  übernommene  Adver- 
bien: a)  einfache  Adverbien,  z.  B.  hei'i  ^=  liier,  ibi  =  i, 
y,  tibi  =  Oll,  qvando  =  quand,  non  =  non\  b)  zusammenge- 
setzte Adverbien:  z.B.  siibinde  ^  souvent,  aliorsum  ^  ail- 
leurs;  c)  von  Adjectiven  abgeleitete  Adverbien,  z.  B. 
bene  =  bien,  male  =  mal,  tarde  =  tard,  certe  =  certes  (s.  Anm.), 
lo7ige  =  loi?i,  vohmtarie  =^  volontiers  (s.  Anm.).  Vgl. auch  No.  5. 

Die  Zahl  der  aus  dem  Latein  übernommenen  Adverbien 
ist  im  Ganzen  eine  verhältnissmässig  sehr  geringe ;  namentlich 
ist  zu  bemerken,  dass  ganze  Adverbienclassen  des  Lateinischen 
dem  Französischen  (und  meist  überhaupt  dem  Romanischen) 
fehlen,  so  z.  B.  die  Adv.  auf -m  [wie partim),  die  Adv.  a.uf  -tus 
{wiepe?iitus),  die  mittelst  des  Suffixes  -ter  von  Adj.  abgeleiteten 
Adv.  (wie  celeriter  u.  dgl.) ,  alle  Ablativadverbien  (wie  rare) 
u.  s.  w.  —  Die  aufgegebenen  lat.  Adverbien  werden  zumeist 
durch  adverbiale  Composita  ersetzt,  z.  B.  hodie  durch  aujour- 
d'kui,  er  US  durch  demain  (=  de  mane)  ,  semper  durch  tou[s]- 
jours ,  denique  durch  enfin  etc.  Das  Französische,  bzw.  das 
Komanische,    besitzt  überhaupt  eine  characteristische  Vorliebe 


248  I^'^^  Französische. 

für  adverbiale  Composita,  -welche  oft  aus  einer  ganzen  Reihe 
ungleichartiger  Glieder  sich  zusammensetzen,  wie  z.  B.  ch- 
renavant  =  de  ha[r'\  Jiora  in  ah  ante. 

Anm.  Das  auslautende  (paragogischels)  in  Adverbien  Avie 
alors,  certes,  volontiers,  jusque[s],  guere\s\  etc.  beruht  grössten- 
theils  wohl  auf  Anbildung  an  Pluralformen,  in  einzelnen  Fäl- 
len scheint  es  darin  begründet  zu  sein,  dass  die  betr.  Adver- 
bien ursprünglich  Accusativ-,  bzw.  Ablativformen  sind  [certes 
vielleicht  =  certas,  volontiers  =  volimtariis  etc.]. 

2.  Adverbiale  Composita.  a)  Adverb -j- Adverb,  z.  li. 
ecce  -{-  hie  =  ici\  b)  Präposition  4- Adverb,  z.  V>.  de -\- postea 
=  depuis ,  in  -\-  simul  =  ensemhle ,  de  -f-  retro  =  derriere ;  c) 
Präposition  -}-  Präposition  (-1-  Präposition),  z.  B.  ah  -\-  ante  = 
avaut,  de  -\-  ah  -\-  ante  =  devatit;  d)  Adjectiv -|- Substantiv, 
z.  13.  longuni  tempus  =  longtemps^  toujours  =  tous  Jows ,  vgl. 
auch  unten  No.  3;  e)  Pronomen  -|-  Substantiv,  z.  B.  ha[c]hora 
=  or  ^  lianc  (?)  horam  =  encorc]  f)  Präposition  -|-  Substantiv, 
z.  B.  in  fine  ^^  enßn\  vgl.  auch  unten  No.  4;  g)  Substantiv 
mit  Artikel  und  attributiver  Bestimmung,  z.  ]).  aujourdliui  = 
au  j'oicr  d'/nd  (=  hodie] ;  h)  Substantiv  verbunden  mit  voran- 
gehender Präposition  und  nachfolgenden  Adverbien,  z.  B.  do- 
renavant  =  de  hac  liora  in  ah  ante ;  i)  Pronomen  -{-  Pronomen, 
z.B.  ]ioc-\-ille=oil,  oui;  kj  Präposition  -\-  Pronomen,  z.  }i.  2>er 
totum  =  partoiit]  1)  substantivirtes  Adverb,  bzw.  substantivirte 
adverbiale  Verbindung  mit  Präposition  und  Artikel,  z.  B.  au- 
paravant^  alentour\  m)  zu  einer  begrifflichen  Einheit  verwach- 
sene Sätze,  z.  B.  peut-etre,  naguere  (=  [il]  na  guere),  piegä  = 
2)iece  a. 

3.  Adjectivadverbien.  Die  von  Adjectiven  abgeleite- 
ten Adverbien  auf  -e  und  -ter  des  Lateinischen  sind  mit  we- 
nigen Ausnahmen  [hien,  mal  etc.,  s.  oben  1  c) )  im  Französi- 
schen völlig  geschwunden,  ersetzt  werden  sie  durch  die  Com- 
bination  des  Ablativs  meni[e]  mit  dem  Ablativ  des  Adjectivs, 
z.  B.  lat.  severe  wird  ersetzt  durch  severa  mente  =  severe?netit, 
lat.  hreciter  Avird  ersetzt  durch  hrevi  mente  =  hriecement.  Nach 
A'ocal  schwindet  das  Feminin-c,  z.  B.  assidua  mente  =  assi- 
duement  =  assidüment,  in  einzelnen  Fällen  schwankt  die  Sclirei- 
bung,  z.  B.  gaicmeni  neben  gatment.  Adjectiva  imd  Participia 
auf  -a7it^   -ent  erleiden  nach  Schwund  des  Ablativ-e  Assiniila- 


Die  "Wortformcn  und  die  ^^'ürtf^Jnm^nschreibungcn.  249 

tiüu  des  Auslautes  au  das  aulautoude  m  des  Substautivs,  z.  ]i. 
elegante  mente  =  elegantment  =  elegamment  (Ausuahnieu  sind 
presentenxefit  uud  vehemente7ne))t .  dagegeu  ist  hntement .  weil 
/tv^/c  =  /^v//^/.  regekeeht  gebildet) :  in  gc/itiment  =  gentUimcnie 
ist  nebst  dem  auslautenden  Vocal  auch  der  diesem  voran- 
gehende Consonant  getilgt;  uveuglement ^  conformement ,  com- 
modement ,  oj)if/idfreme?it,  expresseynent ,  caormement  etc.  be- 
ruhen in  ihrem  ersten  Theile  auf  Participien  ahociila[t\a^  con- 
for)na[f\a  etc.  =  frz.  aveuglee .  conformee  etc. ,  deren  ee  zu  e 
vereinfacht  ward;  in  confusetnonf,  diffusement.  profusemvnt.  im- 
punement  sind  gelelirte  Missbildungen  zu  erkennen,  deren  er- 
sten Bestandthcil  die  lat.  Adverbien  confuse  etc.,  impune  bil- 
den; communement  ist  =  communelment  =  co?7imimalime)ite . 
Vgl.  ToBLER  in  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  II  550  ff.  —  Das  Be- 
Avusstsein  der  ursprünglichen  Beschaffenheit  der  Adjectivadver- 
bien  auf  -ment  ist  der  Sprache  so  sehr  entschwunden .  dass 
sogar  zu  Substantiven  derartige  Adverbien  gebildet  werden. 
z.  B.  diablement ,  hetement,  traUreusement  u.  dgl. .  das  Sub- 
stantiv ment  hat  demnach  die  Function  eines  adverbialen  Suf- 
fixes übernommen. 

4.  Adverbiale  Combinationen.  Vielfach  fungireu 
mit  Präpositionen,  oft  auch  ausserdem  mit  Adjectiven  verbvni- 
dene  Substantiva,  bzw.  substantivirte  Adjectiva  in  rein  adver- 
bialer Bedeutung,  z.  B.  die  reste^  ä  la  fin^  de  honne  heitre,  de 
ptJein  gre,    ä  Vamiahle.   ä  Tordinmre.  du  tout,  du  moins  etc. 

5.  Adverbiale  Adj  ectivneutra.  Die  neutralen  Com- 
parative  plus,  riioins,  mieux,  pis  fungiren  als  Adverbien,  ebenso, 
aber  nur  in  bestimmten  Verbindungen,  eine  Reihe  neutraler 
Positiva  [parier  haut,  parier  has,  tenir  fort  etc.,  \  endlich  fun- 
giren mehrere  ursprünglich  adjectivische  Neutra  als  Quanti- 
tätsadverbien,  z.  li.  2^eu  =  paucu?}i.   tant  ^=  taiitum. 

B.    Die  Präpositionen. 

1.  Aus  dem  Latein  übernommene  Präpositionen : 
ad  =  ff,  apud  =  -jot,  od,  o,  contra  =  contre,  de  =  de,  en  = 
in,  intra  =  entre,  Juxta  =  -Jouste,  per  =  ^;a?',  pro  =  i^our, 
sine  =  Sans,  super  =  sur,  versus  =  vers. 

2.  Präpositional  gebrauchte  Adverbien,  Parti- 
cipien und  Substantiva:  a.)  Adverbien:  antea  =  ~ains 
(daneben  jaifi^ois  ,  foras  =fors,  hors,  intus  =  ~e7is,  postea  = 


250  Das  Französische. 

puis  (jetzt  nur  Adv.),  suhtus  =  sous]  ß]  Participien:  pres- 
sum  =  pres  —  duranf,  joignant^  moyennant,  pendant.  suivant, 
auch  co7icernanf,  touchant  u.  dgl.  werden  oft  in  präpositionaler 
Weise  gebraucht;  y)  Substantiva:  casa  =  c//ec,  latus  = 
j-lez  (jetzt  nur  noch  in  Ortsnamen). 

3.  Präpositionale  Composita:  a)  Präposition  -|- 
P-rä  Position:  atant  =  ah  +  ante,  devant  =  de-\-  ab  -\-  ante, 
des  =  de -\- ex^  encontre  =  in -\- contra ,  j-devers,  envers,  tra- 
vers  =  de,  bzw.  in^  trans  A-  versus]  ß)  Präposition  +  Ad- 
verb: ^aprof  =  ad  +  prope,  dans  =  de  -\-  intus,  defors  = 
de  -\-foras,  delä  =  de  +  ilJac ,  derriere  =  de  -\-  retro  [arriere 
=  ad  retro) ,  dessous  =  de  +  suhtus ,  dessus  =  de  -\-  sursum, 
ensemhle  (jetzt  nur  Adv.)  =  in  +  simul,  jusque  z=  de  -\-  usque ; 
hierzu  die  Doppelcombinationen :  d' apres,  dedans  =  de  -\-  de 
+  intus,  deQci  =  de  +  ecce  +  illac;  y)  Präposition  +  Ad- 
jectiv:  --enmi  =  in  -f-  medio ,  parmi  ^=  per  -\-  medium,  selon 
=  suh  -\-  longuni]  6)  Präposition  +  Particip :  apres  =  ad 
-\-pressum,  -empres  =  in  -\- pressum\  s)  Präposition  +  Pro- 
nomen: avec  =  apud  +  hoc,  \atout  =  W-j-  totum;  C)  Ad- 
verb +  Adverb:  -^tresque  =  intro  -j-  usque\  r])  Adverb  -f- 
Particip:  hormis  =  foras  missum ;  i9^)  Pr ä p o s i t i o n  +  »^ u b- 
stantiv:  etitour,  environ\  i)  Adjectiv  +  Substantiv:  mal- 
gre  =  malo  grato. 

4.  Substantivirte  präpositionale  Composita: 
aupres,  au-dedans,  au-dehors',  au-delä,  au-dessous,  au-devanfy 
ä  und  au  travers^  en  dehors. 

5.  Präpositional  gebrauchte  Combinationen,  z.  B. 
au  milieu  de,  au  moyen  de,  au  Heu  de,  ä  cause  de,  a  cote  de, 
vis-ä-vis  de  u.  dgl.  —  Eine  eigenartige  altfrz.  Combination 
ist  fie  mais  que  »ausser«. 

C.  Die  Conjunctionen. 
1.  Aus  dem  Latein  übernommene  Conjunctio- 
nen: et  =  et,  ni  =  nee,  ou  =  aut,  quand  =  quando,  si  —  si 
fbemerkenswerth  ist,  dass  zahlreiche  und  darunter  selir  übliche 
lat.  Conjunctionen  —  z.  H.  natyi,  etiim,  cum,  ut,  sed  u.  v.  a. 
—  vom  Französischen,  bzw.  vom  Romanischen  völlig  aufge- 
geben Avorden  sind,  ersetzt  werden  sie  theils  durch  in  die 
Function  von  Conjunctionen   eingetretene   Adverbien   u.  dgl., 


Die  AVortformcn  und  die  AVortfornuimschreibungen.  251 

theils  durch  conjunctionale  Combinationen,  tlieils  hauptsächlich 
aber  dadurch,  dass  que  =  quod  die  Fuuctiou  von  uf  übernom- 
men hat  und  zahhoiche  Verbindungen  eingeht,   s.   Xo.   4). 

2.  Conjuuctional  gebrauchte  Adverbien,  z.  B. 
mais  =  nioffis,  donc  =  tunc  (".'). 

3.  Conjunctionale  Composita,  z.  B.  car  =  quare^ 
comme  vielleicht  =  quomodo  ^  foutefois  =  toute  voie  =  totani 
n'am. 

4.  Conjunctionale  Combinationen.  Die  so  viel 
gebrauchte,  die  Functionen  von  lat.  quod,  quia,  ut  etc.  ver- 
sehende Conjunction  que  verbindet  sich  mit  Adverbien,  Pro- 
nominibus und  Präpositionen  zu  zahlreichen  conjunctionalen 
Combinationen ,  -welche  zum  Theil  graphisch  als  einheitliche 
Worte  aufgefasst  Averden,  z.  B.  u)  Pronomen  -\-  que:  quoi- 
qtie,  parce  que  u.  a.;  /!?)  Adverb  -|-  que:  lorsque,  hien  que^ 
encore  que  u.  a.  ;  y)  Präposition  +  que^  z.  B.  sans  que, 
depuis  que,  des  que  ^  opres  que  u.  a. ;  6)  Präposition  -}- 
Substantiv  -}-  que,  z.  B.   aßn  que. 

D.    Interjectionen. 

1.  Onomatopoietische  Interjectionen,  z.  B.  o. 
ah,  ß.  pouah,  zesf,  ba/t,  lie  etc. 

2.  Interj  ectional  gebrauchte  Substantiva,  z.  B. 
peste^  paix.  motus.  courage,  bougre  u.   a. 

3.  Interjectionale  Composita  (zum  Theil  in  euphe- 
mistischer Tendenz  verstümmelt) :  a)  Subst.  -}-  Subst.,  z.  B. 
morbleu.  d.  i.  mort  [de]  dieu,  corbleu  =  cor^is  [de)  dieu;  ß]  Prä- 
position-}- Subst. ,  z.  B.  parbleu,  d.  i.  jiar  dtetr,  y)  Interjec- 
tion  -\-  Adjectiv :  he  +  las  [altfranz.  auch  fem.  he  +  ^asse]  = 
helas. 

4.  Interj  ectional  gebrauchte  Verbalformen,  z.B. 
va,  allojis^  halte. 

§  26.   Litteraturangaben. 

1.  Geschichte  der  französischen  Grammatik.  Eine  Geschichte 
der  französischen  Grammatik  fehlt  zur  Zeit  noch,  was  bei  der  AVichtigkeit 
und  dem  Interesse  der  Sache  befremdlich  genug  erscheinen  muss.  Das 
Buch  von  J.  Tell,  Les  grammairiens  frcs  depuis  l'origine  de  la  grammaire 
en  France  jusqu'aux  dernieres  oeuvres  connues.  Paris  1S74  ist  ein  ebenso 
unwissenschaftliches  -wie  unpraktisches  Machwerk.  H.  Bkkitixger's  Schrift 
»Zur  Geschichte  der  frz.  Gramm.«  (Progr.  der  Kantonsschule  in  Frauenfeld 
1867)  ist  verdienstlich,  aber  leider  nur  skizzenhaft. 


252  Das  Französische. 

2.  Die  französische  Grammatik  im  Allgemeinen.  Die  erste 
wirkliche  franz.  Grammatik,  verfasst  von  dem  Engländer  Palsgrave,  er- 
schien unter  dem  Titel  »L'esclaircissement  de  la  langue  frcse«  im  J.  1530 
(Xeudruck  besorgt  von  Gexix,  Paris  1852).  Ueber  die  vielseitige  und  in 
gewisser  Beziehung  auch  erfolgreiche  Pflege,  welche  die  franz.  Grammatik 
im  16.  Jahrh.  fand,  vgl.  das  Werk  von  LiVET,  La  grammaire  frcse  et  les 
grammairiens  au  16^  siecle.  P.  1859,  sowie  die  oben  S.  68  bis  72  gemach- 
ten näheren  Angaben.  Im  17.  Jahrh.  wurde  die  moderne  franz.  Grammatik 
geschaffen,  bzw.  wurden  die  Normen  aufgestellt,  welche  für  die  schulmäs- 
sige  Darstellung  der  franz.  Grammatik  bis  heute  massgebend  geblieben 
sind.  Zum  Abschluss  gelangten  die  diesbezüglichen  Bestrebungen  durch 
Vaugelas'  Remarques  sur  la  langue  frcse  i)  (1647;  neue  Ausg.  von  Chas- 
SAXG,  Paris  1880,  s.  oben  S.  71  j ,  sowie  durch  das  Erscheinen  des  Dict. 
de  l'Acad.  (1691 ;  vgl.  oben  S.  62  und  165).  —  Die  wissenschaftliche,  bzw. 
historische  Behandlung  der  franz.  Grammatik  ist  erst  durch  Rayxoi'AUD 
und  DiEZ  begründet  worden.  Näheres,  namentlich  auch  bibliographische 
Angaben  sehe  man  oben  in  Kap.  2  »Geschichte  der  franz.  Sprache«  und 
Kap.  3  »Geschichte  der  franz.  Philologie«. 

3.  "Wissenschaftliche  Grammatiken  des  Französischen^  : 

a)  in  deutscher  Sprache:  G.  L.  Stadler,  Wissenschaftl. Gramm,  d. 
frz.  Spr.  Berlin  1843  (völlig  veraltet)  —  E.  Kollmann,  Frz.  Gramm,  f.  GjTn- 
nasien  u.Studirende.  Marburg  u.  Leipzig  1849  u.  1862  (sehr  empfehlenswer- 
thes  Schulbuch)  —  *E.  Mätzner,  Frz.  Gr.  mit  besonderer  Berücksichtigung 
des  Lat.  Berlin  1856  (sehr  reichhaltig,  aber  hinsichtlich  der  Disposition 
des  Stoffes  mangelhaft;  vgl.  übrigens  oben  S.  82)  —  G.Körting,  Frz.  Gr. 
f.  Gymn.  Leipzig  1872  (vgl.  oben  S.  82)  —  B.  Schmitz,  Frz.  Gr.  3.  Aufl. 
Berlin  1876  —  *G.  LÜcking,  Frz.  Schulgramm.  Berlin  1880,  kleinere  Ausg. 
Berlin  1882  (vgl.  oben  S.  82)  —  F.  Lindner,  Grundriss  der  Laut-  u.  Fle- 
xionsanalyse der  neufrz.  Schriftspr.  Oppeln  1880  (das  Buch  bedarf  gründ- 
licher Umarbeitung,  kann  aber  dann  recht  brauchbar  werden,  —  Ph.  Platt- 
ner, Frz.  Schulgramm.  Karlsruhe  1883  (vgl.  oben  S.  82). 

b)  in  französischer  Sprache:  *  Brächet,  Gramm,  hist.  de  la 
langue  frcse.  Paris  seit  1874  —  Marty-Laveaux,  Gramm,  hist.  de  la  lan- 
gue frcse.  Paris  1875  —  *C.  Ayrer,  Gramm,  comparee  de  la  langue  frcse. 
Paris  u.  Neuchätel  1876,  iiiime  ^d.  1S85  (vorzügliches  "Werk,  namentl.  hin- 


1)  Vgl.  H.  "WÜLLENVVEBER,  Vaugelas  und  seine  Commentatoren.  Ber- 
lin 1877.  Progr.  der  Sophien-Realschule. 

2)  Die  speciell  auf  das  Altfranzösische  und  auf  das  Mit- 
telfranzösische bezüglichen  grammat.  Schriften  sehe  man  oben 
S.  54  ff.  Nachgetragen  werde  hier:  L.  Cledat,  Gramm,  elemen- 
taire  de  la  vieiUe  langue  frcse.  Paris  1885  (gutes  Buch,  auch 
die  Syntax  behandelnd). 

Ausdrücklich  werde  liier  noch  darauf  aufmerksam  ge- 
macht, dass  die  Einleitungen  der  von  G.  Paris,  A.  Tobler,  W. 
Fürster,  H.  Suchier,  E.  Mall,  E.  Küscuwitz  u.  A.  veranstalteten 
Ausgaben  altfrz.  Texte  meist  auch  die  Grammatik  des  betr. 
Sprachdenkmales  in  zwar  meist  knapper,  aber  immer  lehrrei- 
cher "Weise  behandeln. 


Die  "Wortformen  und  die  A\'ortformumschreibungen,  253 

sichtlich  der  Sjiitax  —  J.  Bastix,  Etüde  philosophique  de  hi  langue  frcse 
ou  gramm.  comparee  et  basee  sur  le  h\tiu.  I'^t'?  partie.  Bruxelles  (St.-Pe- 
tersbourg  lS"i>,  vgl.  Revue  crit.  ISbO  I  315  ff.  —  A.  Ch.\ssaxü,  Nouv. 
gramm.  frcse.  Cours  superieur,  avec  des  notions  s.  l'hist.  de  la  langue  et 
en  particulier  sur  les  variations  de  la  syntaxe  du  XVI«  au  XIX^  siecle. 
Paris.  ;<i«;uie  ed.  1SS2. 

c'  in  englischer  Sprache:  Buaciiet's  Historical  Grammar  of  the 
French  Language.  Translated  by  Kitchin.  4th  ed.  Oxford.  Clarendon  Press 
Series  —  H.  Bueym.\xn,  A  French  Grammar,  based  on  Philological  Prin- 
ciples.  London  IST-). 

4.  Vielfach  auch  Fragen  der  Formenlehre  behandeln  Tobler's  gehalt- 
reiche »Vermischte  Beiträge  zur  Gramm,  des  Französ.«  in  der  Ztschr.  f.  rom. 
Phil.  Es  werde  im  Folgenden  eine  Uebersicht  des  Inhaltes  gegeben:  I  1 
Form  der  altfrz.  Verneinungspartikel  ^in  Anschluss  an  DiEZ,  Gr.  IIP  319;; 
I  3  altfrz.  de  vor  dem  Prädicatssubst.    z.  B.  povre  cose  est  de  viortel  vie) ; 

I  1 1  Verwendung  von  faire  mit  einem  Inf.  zur  Umsehreibung  des  Verbum 
finitum,  z.  B.  faites  moi  escouter  =  ecoutez-moi ;  I  12  die  Form  des  zwei- 
ten Gliedes  in  dilemmatischen  Aufforderungen  und  Fragen,  deren  zwei 
Glieder  durch  ou  verbunden  sind,  im  Altfrz.;  I  14  der  im  Altfrz.  vorkom- 
mende Uebergang  eines  von  einem  Verbum  des  "NVollens  abhängigen  Ob- 
jectsatzes  in  die  Form  der  directen  Aufforderung;  I  14  die  Verwendung 
von  cors,  char.  persone  u.  dgl.  im  Altfrz.  zur  Bezeichnung  der  Person,  in 
Anschluss  an  DiEZ.  Gr.  III^  66;  I  17  u.  V  1S4  die  Verwendung  des  Part. 
Präs.  in  passiver  Bedeutung,  wie  z.  B.  ville  passante,  ecole  payante  u.  dgl.; 

II  3S9  die  Verbindung  der  sog.  Füllwörter  der  Verneinung,  z.  B.  mie,  mit 
de  und  einem  Subst. ;  II  392  über  die  Anreihung  eines  mit  que  eingeleite- 
ten Nebensatzes  an  einen  unvollständigen,  d.  h.  des  Verbums  entbehrenden 
Häuptsatz,  z.  B.  apparamment  que  je  fais  exception  u  la  regle;  II  394 
Nachstellung  des  Frageworts  hinter  das  Subject  oder  auch  Object  im  Alt- 
französ.  vgl.  DiEZ,  Gr.  IIP  466  ,  z.  B.  ce  que  puet  estref;  II  395  über 
den  Artikel  bei  Voranstellung  des  possessiven  Cas.  obl.  von  Subst.,  wel- 
che Personen  bezeichnen,  vor  das  regierende  Subst.  im  Altfrz.  (im  An- 
schluss an  DiEZ,  Gr.  1113  499,;  11  399  die  Verbindung  von  Adjectiven 
(statt  Adverbien)  mit  einem  attributiven  oder  prädicativen  oder  substanti- 
vischen Part.  Perf.  im  Altfrz.,  z.  B.  la  meson  otit  faite  si  bele  etc.  ;  II  404 
Bemerkungen  über  die  Syntax  des  altfrz.  Infinitivs;  II  549  über  abnorme 
Adverbialbildungen,  vgl.  oben  S.  249 ;  II  552  Ergänzungen  zu  dem  Kapi- 
tel von  Stellvertretung  und  Auslassung  bei  DiEZ,  Gr.  IIP  415;  II  557  Ver- 
bindung absoluter  Participialconstructionen  mit  Präpositionen,  z.  B.  avant 
ce  jour  ßni  etc.  CoRX.,  Hör.  HI  6,  vgl.  DiEZ,  Gr.  IHS  270;  II  560  Ge- 
brauch des  »beziehungslosen«  Relativums  im  Altfrz. ;  II  562  über  den  Ge- 
brauch des  relativen  Adverbs  que:  II  566  über  eine  eigenartige  Satzellipse 
im  Altfrz. ;  II  5öS  über  Verbindungen  wie  le  fripon  de  valet  im  Altfrz., 
vgl.  DiEZ  IH'^  144;  II  570  die  Redeweise  a/rua  ano  y.oivov  im  Altfrz.; 
V  ISl  der  Gebrauch  der  Verbindung  mit  de  zur  Einführung  eines  Aus- 
drucks, der  das  Mass  des  Unterschiedes  angiebt,  z.  B.  fortune  est  conime 
une  vern'ere,  qui  de  ta/it  comme  eile  est  plus  ehre  et  plus  res2}le>idissani,  de 


254  Das  Französische. 

tant  est  eile  lilus  tost  brisee ;  V  1 SG  über  Part.  Perf.  transitiver  und  intran- 
sitiver Verba,  die  den  bezeichnen,  welcher  die  Thätigkeit  vollzogen  hat 
oder  gew'ohnheitsmässig  vollzieht,  z.  B.  deceu  »trügerisch«,  vgl.  hierüber 
auch  RiGAL  in  der  llev.  des  lang.  rom.  3e  ser.  XII  (1884)  257;  V  192  der 
Gebrauch  von  altfrz.  dont  und  de  quoi  ini  Sinne  von  neufrz.  de  ce  que; 
\  195  über  altfrz.  "Wendungen,  welche  neufranzösischen  wie  un  homme 
qui  ri'a  pas  son  pai'eil  entsprechen;  V  198  über  den  Gebrauch  des  Compa- 
rativs  im  Sinne  des  Superlativs  in  determinirenden  Umstands-  und  relativen 
Sätzen,  vgl.  DiEZ,  Gr.  IIP  12;  V  201  über  den  Ersatz  der  lat.  Multipli- 
cativa  und  Proportionalia ;  VI  507  das  logische  Verhältniss  französ.  Aus- 
drucksweisen wie  tout  ce  qui  reliiit,  n'est  2}as  or  zu  den  entsprechenden 
deutschen  wie  «nicht  Alles,  was  glänzt,  ist  Gold«;  VI  511  über  das  Ein- 
treten des  Dativs  statt  des  zu  erwartenden  Accusativs  bei  den  Verben  des 
Veranlassens ,  Zulassens,  Sehens,  Hörens,  wenn  dieselben  einen  Inf.  (mit 
Objectsaccus.)  bei  sich  haben,  z.  B.  in  je  hii  ai  rec/arde  manger  son  potage; 
VI  516  über  Entwickelung  der  Bedeutung  und  Construction  von  neufrz.  il 
faut;  VIII  481  über  Fälle  der  Nichtcongruenz  des  Prädicatsverbum  mit 
dem  Subjecte  hinsichtlich  des  Numerus;  VIII  487  über  rückgreifende  syn- 
taktische Assimilation;  VIII  492  über  Anwendung  des  Fut.  exact.  in  Fäl- 
len, wo  man  das  Perf.  präs.  angemessener  finden  könnte,  vgl.  DiEZ,  IIP 
283 ;  VIII  496  über  das  Auftreten  der  altfrz.  Form  ous  (os]  f.  vous  [vos). 

5.  Einzelschriften  über  Genus,  Flexion  etc.  der  Nomina: 
A.  Merciee,  De  neutrali  genere  quid  factum  sit  in  gallica  lingua.  Paris 
1879  —  W.  Meyer,  Die  Schicksale  des  lat.  Neutrums  im  Roman.  Halle 
1883  —  E.  Apel,  De  genere  neutro  intereunte  in  lingua  latiua.  Erlangen 
18S3  —  Du  neutre  en  frcs,  in:  Taalstudie  I  339  —  P.  J.viix,  Uebcr  das 
Geschlecht  der  Subst.  b.  Froissart.  Halle  1SS2  —  J.  SPELTn.\nx,  das  Ge- 
nus der  franz.  Subst.  Eine  neue  Anleitung,  das  Genus  aller  franz.  Subst. 
zu  bestimmen,  nebst  einem  Anhang  über  die  Geschlechtswandlung  der  No- 
mina auf  -eur.  Amberg  1883  —  L.  M.  Ba.\le,  Remarques  sur  le  genre  des 
subst.,  in :  Taalstudie  I  244  u.  IV  257. 

D'Arboir  DE  JuBAlNViLLE,  De  la  declinaison  latine  en  Gaule  ä  l'epo- 
que  merovingienne.  Paris  1878,  und:  Influence  de  la  declinaison  gauloise 
s.  la  decl.  latine  dans  les  documents  latins  de  l'epoque  merovingienne,  in 
Rev.  celt.  I  320,  vgl.  Rom.  II  149  —  C.  v.  Lebinsky,  Die  Declinat.  der 
Subst.  in  der  Oil-Sprache  bis  auf  Crestiens  v.  Troyes.    Breslau  1878  Diss. 

—  B.  Schneider,  Die  Flexion  des  Subst.  in  den  ältesten  metrischen  Denk- 
mälern des  Französ.  und  im  Charlemagne.  Marburg  1883  Diss.  —  M.  Si- 
mon, Ueber  den  flexivischen  Verfall  des  Subst.  im  Rolandsliede.  Bonn 
1867  Diss.  —  E.  Duoi'lN,  Sur  l'ancienne  decl.  et  les  origines  du  pluriel 
dans  les  substantifs  frcs.  ]Meaux  1878,  Extr.  du  Bulletin  de  la  Soc.  d'arch. 
du  dep.  de  Seine-et-Marne  —  E.  Koschwitz,  Der  Vocativ  in  den  ältesten 
franz.  Sprachdenkmälern,  in:  Rom.  Stud.  III  493  —  A.  Beyer,  Die  Fle- 
xion des  Vocativs  im  Altfrz.  und  Prov. ,   in:    Ztschr.  f.  rom.  Phil.  VII  23 

—  A.  Tobler,  Ueber  die  scheinbare  Verwechslung  zwischen  Nominativ  u. 
Accusativ,  in:  Ztschr.  f.  deutsche  Phil.  IV  375,  cf.  Rom.  II  273  —  A.  LÖFF- 
LER,  Untersuchungen  über  die  Anzalil  der  Casus  im  Neufrz.,    in :  Central- 


Die  "Wortformen  und  die  Wortt'orimimschreibungen.  205 

orjjan  f.  d.  Interessen  des  Realschuhvesens  VII  150,  und:  Untersucluingen 
über  den  Article  partitif,  ebenda  VII  105  —  Ph.  Plattneu,  Form  u.  Ge- 
brauch des  Plurals  im  Neufrz.,  in;  Ztschr.  f.  neufrz.  Spr.  u.  Litt.  III  424. 

—  Vgl.  auch  No.  6.    Vgl.  ferner  oben  S.  190  Z.  1  f.  v.  o. 

L.  EiCHELMAXX,  Ueber  Flexion  u.  attributive  Stellung  des  Adj.  in 
den  ältesten  franz.  Sprachdenkmalern.  Ilcilbronn  IST!)  Diss.  —  E.  W(')Lri'- 
LIN.  I,atcin.  u.  rem.  Comparation.  Erlangen  1870  (vgl.  dazu  Archiv  f.  lat. 
Lexikographie  I  93)  —  A.  Hammesi'aiir,  Zur  Comparation  im  Altfranzös. 
Strassburg  1S81  Diss.  —  AV.  Steierwald,  "Wie  kam  das  franz.  Adj.  zu 
seiner  jetzigen  Comp.?  in:  Bl.  f.  bayer.  Realschulen  11-  81  —  C.  M.  Ro- 
bert, Las  degres  de  comparaison  et  les  locutions  comparatives,  in :  Taal- 
studie  1882,  S.  141. 

*E.  Gessner,  Zur  Lehre  vom  franz.  Pron.  Berlin  1873/74,  Progr.  des 
Frz.  Gymn.;  2.  Aufl.  Berlin  1885  —  P.  Nl.s.SKX,  Der  Nominativ  der  ver- 
bundenen Personalnomina  in  den  ältesten  franz.  Sprachdenkmälern.  Kiel 
1882  Diss.  —  E.  Beyer,  Die  Pronomina  im  Rolandsliede.  Halle  1875  Diss. 

—  A.  HoRNiNG,  Le  pronom  neutre  »Um  en  langue  d'oYl,  in:  Rom.  Stud. 
rV  229  —  A.  Thomas,  Lui  et  lei,  in :  Rom.  XII  332  —  W.  För.ster,  Das 
altfrz.  Pron.  poss.  abs.  fem.,  in :  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  II  91  —  J.  CoRNU, 
mien  =  meum,  in:  Rom.  VII  593,  vgl.  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  III  267  — 
J.  Flevhy,  no,  noz  en  normand,  in:  Rom.  X  402  u.  XII  342  —  Ch.  Jo- 
RET,  non  et  on,  in:  Rom.  VIII  102,  vgl.  XII  589  —  K.  Gengxagel,  Die 
Kürzung  der  Pronomina  hinter  vocalischem  Auslaut  im  Altfrz.  Halle  1882 
Diss.  —  C.  Cledat,  Les  cas  regimes  du  pronom  p'ersonnel  et  du  pronom 
relatif,  in:  Rev.  des  lang.  rom.  3  Ser.  III  47  (1882)  —  Brauxe,  Ein  Ka- 
pitel der  franz.  Schulgramm.  Das  Fürwort.  Harburg  1882  Progr.  —  Steix, 
Essai  sur  la  formation  et  Temploi  syntaxique  des  pronoms  pretendus  in- 
definis  etc.  Rheinbach  1885  Progr.  —  A.  Giesecke,  Die  Pr.  demonstrativa 
im  Altfrz.  mit  Einschluss  des  16.  Jahrh.  Rostock  (Sondershausen)  1880  — 
O.  Schulze,  Zur  Entwickelung  des  franz.  Demonstrativpronomens.  Vege- 
sack  1876  Progr.  —  A.  Vallström,  Om  bruket  af  de  relativa  pronomina 
i  Ny-Franskan.  Upsala  1875  Diss.  —  Radisch,  Die  Pronomina  bei  Rabe- 
lais. Leipzig  1878  Diss. 

E.  Böhmer,  dous,  in:  Rom.  Stud.  HI  603  —  F.  d'Ovidio,  I  riflessi 
romanzi  di  v'icßntl,  tr'igintä  etc. ,  in :  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  VIII  82  —  K. 
KxösEL,  Das  altfrz.  Zahlwort.  Erlangen  1884  Diss. 

6.  Einzelschriften  über  die  Verbalflexion:  A.  ScHELEK,  Me- 
moire sur  la  conjugaison  frcse  consideree  sous  le  rapport  etymologique. 
Brüssel  1845  —  *A.  Tobler,  Darstellung  der  lat.  Conjugation  und  ihrer 
romanischen  Gestaltung.  Zürich  1857  —  *C.  Chabaxeau,  Hist.  et  theorie 
de  la  conjugaison  frcse.  Paris  1868,  2^^^^  ed.  1878,  vgl.  Ztschr.  f.  neufrz. 
Spr.  u.  Lit.  I  80  —  Trier,  Sur  la  Classification  des  verbes  dans  les  lan- 
gues  romanes,  in:  Nordisk  Tidskrift  for  Filologi,  Neuo  Reihe  IV  151,  vgl. 
Rom.  IX  169  (wichtig)  —  G.  Lückixg,  Analyse  der  franz.  Verbalformen 
f.  d.  Zweck  des  Unterrichts.  Berlin  1871  —  Q.  Steixbart,  Das  franz.  Ver- 
bum  zum  Gebrauch  f.  Schulen.  Berlin  1873,  vgl.  \V.  Förster  in  Ztschr. 
f.  neufrz.  Spr.  u.  Lit.  IV  29  —  H.  Breymaxx,  Die  Lehre  vom  franz.  Verb 


256  Das  Französische. 

auf  Grundlage  der  hist.  Gramm.  Leipzig  u.  München  1S82  —  A.  Wigan'D, 
Formation  et  flexion  du  verbe  frcs  basees  s.  le  latin  d'apres  les  resultats 
de  la  science  moderne.  Hermannstadt  18S2  —  G.  Laxgexscheidt,  Conju- 
gationsmuster  für  alle  A'erba  der  franz.  Sprache.  Berlin  1881  —  F.  Zveuina, 
Uie  Lehre  vom  franz.  Verb  in  der  Schule  etc. ,  in :  Ztschr.  f.  Realschul- 
wesen YIII  641. 

P.  Thierkopf,  Der  stammhafte  "Wechsel  im  Norm.  Halle  1880.  Diss. 
—  *D.  Behrens,  Unorganische  Vertretung  innerhalb  der  formalen  Ent- 
vrickelung  des  franz.  Verbalstammes,  in:  Franz.  Stud.  HI  420  —  A.  Risop, 
Die  analogische  Wirksamkeit  in  der  Ent'wickelung  der  franz.  Conj.,  in: 
Ztschr.  f.  rom.  Phil.  VH  45  —  K.  Klostermaxx,  Ueber  die  stetig  fort- 
Avirkende  Tendenz  der  frz.  Spr. ,  starke  Verba  in  schwache  zu  verwandeln 
oder  ganz  ausfallen  zu  lassen.  1878.  Progr.  d.  Realschule  zu  Pilsen  —  H. 
Frevxd,  Ueber  die  Verbalflexion  der  ältesten  franz.  Sprachdenkmäler  bis 
zum  Rolandslied  einschliesslich.  Heilbronn  1879.  Diss.  —  J.  H.  Meister, 
Die  Flexion  im  Oxforder  Psalter.  Halle  1877  —  E.  Fichte,  Die  Flexion 
im  Cambridger  Psalter.  Halle  1879  —  Lexaxder,  Formes  du  verbe  dans 
la  chanson  de  Gui  de  Bourgogne.  Malmö  1875.  Diss.  —  Brekke,  La  fle- 
xion dans  le  Voyage  de  St.  Brandan.  Paris  1885,  vgl.  Ztschr.  f.  rom.  Phil. 
IX  158  —  L.  Cledat,  La  flexion  dans  la  traduction  frcse  des  sermons  de 
Saint  Bernard.  Paris  1885  —  Merwert,  Die  Verbalflexion  in  den  Quatre 
livres  des  rois.  Wien  1880,  Progr.  der  Unterrealsch.  in  Leopoldstadt  —  E. 
Gessxer,  Esse  als  Hülfsverb  des  reflexiven  Zeitwortes  im  Franz.,  in: 
Jahrb.  f.  rom.  u.  engl.  Spr.  u.  Lit.  XV  201  —  K.  Foth,  Die  Hülfsverba 
in  der  franz.  Tempusbildung,  in :  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  IV  249  —  E.  TnuRX- 
EYSEX,  Das  Verbum  etre  und  die  franz.  Conjugtftion.  Halle  1882,  vgl.  Rom. 
XII  365  —  *G.  WiLLEXBERG,  Hist.  Untersuchung  über  den  Conj.  Präs. 
der  ersten  schw.  Conj.  im  Franz.,  in:  Rom.  Stud.  III  373  (trefiliche  Ar- 
beit) —  *A.  Mcssafia,  Zur  Präsensbildung  im  Romanischen,  in:  Berichte 
der  Akad.  d.  AViss.  zu  Wien.  Philos.-hist.  Cl.  1883,  4.  April  —  A.  HoRXixc, 
i'  s  ä  la  premiere  personne  du  singulier  en  frcs,  in :  Rom.  Stud.  V  707  — 
J.  RoTHEXiJKRG,  Die  Endung  -ons,  in:  Herrig's  Archiv  LXII  462  —  G. 
Hextschke,  Die  lothringische  Perfectbildung  -ont,  in:  Ztschr.  f.  rom.  Phil. 
VIH  122  —  G.  Paris,  Ti,  signe  d'interrogation,  in:  Rom.  VI  438,  vgl. 
ebenda  VI  133  (Joret),  VII  599  (Rollaxd)  —  J.  CoRXü,  Conjugaison  des 
verbes  aidier,  araisnier  et  mangter,  in :  Rom.  VII  420,  und :  Remarque  sur 
l'ancienne  conjugaison  du  verbe  ^ar/<?/-,  in:  Rom.  IV  457,  vgl.  Rom.  XIII 
215  —  P.  M.,  maujar,  in:  Rom.  VII  432  —  H.  d'A.  de  J.,  Les  parfaits 
en  -didi,  in:  Rom.  II  477  —  H.  ScHUCIIARDT,  Parfaits  frcs.  en  te,  in: 
Rom.  IV  122  —  H.  Woltersdorff,  Das  Perfect  der  zweiten  schw.  Conj. 
im  Altfrz.  Halle  1882.  —  Vgl.  auch  oben  S.  242  Anm. 

J.  Ulrich,  Die  formelle  Entwickelung  des  Part.  Prät.  in  den  roman. 
Spr.  Winterthur  (Halle)  1879  —  J.  Boxxard,  Le  participe  passe  en  vieux 
frcs.  Lausanne  1877  —  A.  Mercier,  Hist.  des  participes  fr9S.  Paris  1880, 
vgl.  Rom.  IX  614  —  Ba.stix,  Le  participe  passe  frcs  et  son  hist.  Peters- 
burg 1S80,  vgl.  Rom.  IX  614  —  A.  Missafia,  Concordanz  des  Part.  Prät. 
im  Rolandslicd,  in:  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  IV  104  —  E.  L.  Eu.stküm,  Etüde 


Satzbau  und  Stylistik.  257 

sur  remplui  du  participe  passe  cn  frcs.  Götebor«;  IST*.).  ])iss.  —  J.  IJissE, 
Die  Congruenz  des  Part.  Prät.  in  activer  Verbalconstruetion  im  Altfrz. 
Göttingen  1SS2.  Diss.  —  Xykoi',  llemarques  sur  le  part.  passe  en  ancien 
frcs.  in:  Nordisk  Tidskrift  for  filologi,  Nouv.  ser.  IV  1  ff.,  vgl.  Kom.  IX 
l(>i)  —  DoMKK,  Ueber  die  franz.  Participien.  Greifenberg  1S75.  Progr,  — 
U.  Caxello,  Storia  di  aleuni  participi  nelV  italiano  c  in  altre  lingue  ro- 
manze,  in:  Kiv.  di  til.  rom.  I  9,  vgl.  ebenda  I  ISS  —  A.  MisSAiiA,  Zu 
den  Part.  Perf.  auf  -ect  und  -est,  in:  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  III,  267  —  A^'. 
FöKSTER,  Die  altfrz.  Part.  Perf.  auf  -eit  {-oitj ,  in:  Ztschr.  f.  rom.  Phil. 
III  105. 

T.  Einzelschriften  über  die  einförmigen  "NVortclass  en : 
C  M.  Ro«EUT,  Les  adjcctifs-adverbes,  in :  Taalstudie  Jahrg.  18S2,  S.  65  — 
^^'.  Zeitlix,  Die  altfrz.  Adverbien  der  Zeit,  in:  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  VI 
250  u.  VII  I  —  G.  Raithel,  Die  altfrz.  Präpositionen  1.  Abth.  od,  jiar, 
e)i,  e)tz,  (lenz,  dedenz,  parmi,  enmi.  (Göttingen]  Berlin  1875.  Diss.  —  AV. 
DiCKUlTH,  Form  u.  Gebrauch  d.  Präpos.  in  den  ältesten  frz.  Sprachdenk- 
mälern. Münster  1SS3.  Diss.  —  K.  Dziatzko,  Die  Entstehung  der  Parti- 
cipialpräpositionen,  in:  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  VII  125. 

E.  Gessn'er,  Altfrz.  »«j:  =  bis,  bevor«,  in:  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  II  572 
—  J.  CoRXU,  oil  =  iUic  hoc,  in:  Rom.  IX  117,  vgl.  Tobler  in  Ztschr.  f. 
vgl.  Sprachf.  III  423  —  J.  CornU,  ure  =  utrum,  in:  Rom.  XI  109,  und: 
cumeitt,  comment  =  qua  mente,  in:  Rom.  X  216. 

Einzelschriften  über  die  Flexion  in  altfrz.  Texten  (wie  z.  B.  Traut- 
mann's  Diss.  über  die  Tempora  und  Modi  im  Rolandsliede)  sind  ausser 
den  bereits  oben  S.  256  genannten  unten  in  den  bibliographischen  Anga- 
ben zu  Kap.  10  verzeichnet. 


Achtes  Kapitel. 
Satzbau  und  Stylistik. 

§  1.  Bemerkungen  über  den  Charakter  des  fran- 
zösischen Satzbaues. 

1.  Durch  den  analytischen  Charakter  des  französischen 
Formenbaues  wird  es  bedingt,  dass  Casus-,  Tempus-  und  Mo- 
dusverhältnisse in  weitem  Umfange  nur  periphrastisch  mittelst 
Anwendung  von  Präpositionen,  bzw.  von  Modalverben  zum 
Ausdruck  gebracht  werden  können.  Hierdurch  erhält  der  fran- 
zösische Satzbau,  entsprechend  dem  Formenbau,  nothwendig 
einen  analytischen  Charakter.  Freilich  aber  besteht  in  dieser 
Beziehung  ein  nicht  unerheblicher  Unterschied  zwischen  Alt- 
und  Neufranzösisch,  vgl.  unten  Xo.   4. 

Körting,  Encjklopädie  d.  rom.  Phil.  III.  17 


258  I^äs  Französische. 

2.  Verschärft  wird  das  analytische  Gepräge  des  französi- 
schen Satzbaues  dnrch  die  geringe  Fähigkeit  der  Sprache  zur 
Nominalcomposition  und  durch  iliren  Maugel  an  Adjectiven 
zur  Bezeichnung  der  Quantität  und  des  Stoffes ;  als  Avcitere  den 
analytischen  Charakter  des  französischen  Satzbaues  fordernde 
Momente  treten  hinzu :  die  Nothwendigkeit  der  Anwendung  der 
Personalpronomina  beim  Yerbum  finitum;  die  Verstärkung  der 
verbalen  Negation  [ne]  durch  ein  Füllwort  (^^«s,  lioint  u.  dgl.); 
die  Nothwendigkeit,  das  neutrale  Relativ  stets  mit  dem  De- 
monstrativ zu  verbinden  [ce  qui,  ce  que,  donf  ;  die  dvirch  die 
logische  Satzconstruction  veranlasste  Neigung  zur  Hervorhebung 
eines  satzhochbetonten  Begriffes  durch  6 est  ...  qui^  cest  .... 
que  u.  dgl.  ;  die  Nothwendigkeit,  ein  substantivisches  Subject 
im  directen  Fragesatze  mittelst  des  Personalpronomens  zu  wie- 
derholen (z.B.  to7i  pere^  ■ciendi'a-t-il?)  oder  die  Frage  in  zwei 
Sätze  zu  zerdehnen    (z.  B.  est-ce  que  ton  per e  viendra?]. 

3.  In  ästhetischer  Beziehung  wirken  die  hervorgehobenen 
Thatsachen  ungünstig  auf  den  französischen  Satzbau  ein,  in- 
dem sie  die  künstlerische  Gruppirung  der  Satzglieder  erschwe- 
ren, wenn  nicht  unmögrlich  machen,  und  die  Gedrungrenhcit 
und,  was  damit  zusammenhängt,  die  plastische  Anschaulich- 
keit des  Ausdruckes  beeinträchtigen.  Man  wird  sich  dessen 
namentlich  dann  recht  bewusst,  wenn  man  die  französische 
Lebersetzung  eines  lateinischen  oder  griechischen  Textes,  und 
besonders  wieder  eines  poetischen  Textes,  liest;  dieselbe  er- 
scheint ,  mag  sie  auch  an  sich  noch  so  vortrefflich  sein ,  im 
Vergleich  zum  Originale  immer  nüchtern ,  frostig  und  unbe- 
lebt, zeigt  in  Folge  der  analytischen  Wiedergabe  der  synthe- 
tischen Wortformen  des  Originals  eine  gewisse  Umständlich- 
keit und  Weitschweifigkeit,  die  leicht  ermüdend  wdrkt,  und 
geht,  indem  sie  die  Kraft  des  synthetischen  Sprachausdruckes 
durch  analytische  Zersetzung  schwächt,  des  eigenartigen  Peizes 
verlustig,  welchen  das  Original  durch  eben  jene  Eigenschaft 
besitzt.  Zu  ähnlichen  ]Jeobachtuugen  giebt  auch  die  Verglei- 
cliung  französischer  Uebersetzungen  aus  dem  Deutschen  mit 
den  betr.  Originalen  Anlass,  nur  freilich  ist  die  syntaktische, 
bzw.  stylistische  Differenz  zwischen  Deutsch  und  Französisch 
nicht  so  beträchtlich,  wie  zwischen  diesem  und  den  alten 
Sprachen . 


Satzbixii  und  Styli^itik.  'iöO 

Andererseits  aber  besitzt  der  fnuizösischo  JSatzbau  gerade 
vermöge  seines  analytischen  Charakters  den  nicht  hoch  genug 
zu  schätzenden  Vorzug  logischer  Folgerichtigkeit  und  daraus 
sich  ergebender  Durchsichtigkeit  und  Klarheit.  Der  franzö- 
sisch Sprechende  oder  Schreibende  Avird  durch  die  Sprache 
selbst  zur  Deutlichkeit  und  Präcision  des  Ausdruckes  genöthigt, 
kann  nicht,  wie  dies  in  synthetischen  Sprachen  möglich,  halb- 
fertige Gedanken  in  sprachlich  correcte  Form  kleiden,  nicht 
die  Unklarheit  der  Gedanken  verhüllen,  sei  es  mit  reich  ge- 
gliederten und  bauschigen,  sei  es  mit  geheimnissvoU  straff  ge- 
zogenen Stylfalten.  Zum  Mindesten  ist  derartiger  Missbrauch 
der  Syntax  und  Stylistik  im  Französischen  schwerer  möglich, 
als  in  synthetischen  Sprachen. 

1.  Obige  ]3emerkungen  beziehen  sich  im  Wesentlichen 
nur  auf  den  neu  französischen  Satzbau.  Für  das  Alt  franzö- 
sische bedürfen  sie  bedeutender  Einschränkung.  Denn  in  Folge 
dessen ,  dass  der  Formenbestand  des  Altfranzösischen  ein  et- 
was reicherer  als  der  des  Neufranzösischen  ist,  und  nament- 
lich noch  vielfach  die  Möglichkeit  der  formalen  Scheidung 
zwischen  Cas.  rect.  und  Cas.  obl.  bietet,  ist  auch  eine  ver- 
hältnissmässige  Synthese  der  Satzstructur  noch  möglich.  Weit 
wichtiger  aber  ist,  dass  das  Altfranzösische  noch  nicht,  wie 
das  Neufranzösische ,  von  dem  Streben  nach  streng  logischem 
und  schematischem  Ausdrucke  beherrscht  Avar.  sondern  dem 
Sprechenden  und  Schreibenden  eine  ausgedeluite  Geltend- 
machung seiner  Individualität  und  ein  behaglich  naives  Sich- 
gehenlassen in  stylistischer  Hinsicht  gestattete.  Zu  einem 
Theile  ist  dies  begründet  in  der  begreiflichen  Thatsache,  dass 
auf  niederen  Culturstufen  die  logische  Denkfähigkeit  stets  we- 
niger, als  auf  hohen,  entwickelt  ist  und  dass  auf  ersteren  die 
Naivität  das  Vebergewicht  über  die  Reflexion  besitzt ;  zu  einem 
anderen  Theile  aber  ist  man  wohl  berechtigt,  darin  eine 
Aeusserung  des  germanischen  Geistes  zu  erblicken,  dessen 
Hauch  und  Wirksamkeit  ja  im  Altfranzosenthum  so  vielfach 
noch  wahrnehmbar  ist.  Zweifellos  zeigen  der  altfranzösische 
und  der  germanische  Satzbau  innere  Verwantltschaft .  denn 
beide  gewähren  dem  Gemüthe  und  der  individualen  Subjec- 
tivität  eine  l^ethätigung,   wie  sie  der  lateinischen,  bzw.  roma- 

17* 


260  Das  Französische. 

nischen  von  der  Logik  beherrschten  und  autoritativ  gebieten- 
den -Stylistik  fremd  ist. 

Die  modern  französische  Syntax  ist  die  Schöpfung  des 
10.  und  mehr  noch  des  17.  Jahrhunderts,  jenes  Zeitalters  also, 
in  welchem  das  fraiizösische  \'olksthuni  den  seitdem  ihm  eige- 
nen scharf  ausgeprägten  romanischen  Charakter  annahm,  in 
welchem  die  Franzosen  aus  Ilalbgermanen,  was  sie  bis  dahin 
gewesen,   zu  Vollromanen   Avurden.     (Vgl.  oben  S.    19  u.   49.) 

§  2.  Bemerkungen  über  den  syntaktischen  Ge- 
brauch der  Wortkategorien. 

1.  Das  Französische  hat  die  ira  Latein  vorhandenen  Wort- 
kategorien nicht  nur  silmmtlich  übernommen,  sondern  auch 
durch  Bedeutungsschwächung  des  Demonstrativs  ille,  bzw.  der 
Cardinalzahl  unus  die  neue  Kategorie  des  Artikels  sich  ge- 
schaffen: freilich  ist  die  AnAvendung  desselben  noch  nicht 
völlig  durchgedrungen,  da  in  einer  nicht  geringen  Anzahl  von 
Fällen  das  Substantiv  den  Artikel  entweder  nie  oder  doch 
nur  unter  bestimmten" Bedingungen  zu  sich  nimmt  (kein  Ar- 
tikel —  abgesehen  von  wenigen  Ausnahmen,  welche  zum  Theil 
ursprüngliche  Appellativa  betreffen  —  bei  Städtenamen ;  bei 
Personennamen;  in  einer  Reihe  von  Verbindungen,  in  denen 
das  Substantiv  als  Object  mit  dem  Verbum  oder  mit  einer 
Präposition  sich  fest  verbunden  hat,  z.  B.  acoir  hesoin  =  «be- 
dürfen« ,  ä  (jenoux  =  »knieend«  u.  dgl. ;  bei  der  Apposition ; 
bei  dem  mit  einer  Quantitätsbestimmung  verbundenen  Sub- 
stantiv; bei  dem  ZAveiten  Gliede  substantivischer  .Juxtaposita, 
z.  B.  Iwtel  de  lille,  moulin  ä  cent  l^hinsichtlich  der  mit  ä  ge- 
bildeten Juxtaposita  giebt  es  jedoch  manche  Ausnahmefälle] ; 
bei  dem  explicativ  gebrauchten  Substantiv,  z.  B.  Ja  rille  de 
Paris,  nie  d'Elbe^  la  profince  de  Normandie  jedoch  kommen 
manche  Ausnahmefälle  vor]  etc.  etc.  —  Nicht  völlig  durch- 
gedrungen ist  die  Anwendung  des  Artikels  bei  Ländernamen^ . 

Wie  leicht  erklärlich  war  die  Anwendung  des  Artikels  im 
Altfrz.  noch  nicht  so  weit  durchgedrungen  wie  im  Neufrz.. 
so  z.  B.  nicht  in  Bezug  auf  die  Ländernamen. 

Im  Altfrz.  wird  häufig  auch  das  Demonstrativ  eist  artikel- 
haft verwandt;  vereinzelt  ist  solcher  Gebrauch  auch  im  Neufrz. 
noch  üblich  (z.  B.  ces  dames  oder  doch  gelegentlich  v.w  beob- 
achten. 


Satzbau  und  Stylistik.  2(il 

Fcbcr  den  ;fiilsclilicli)  sogenannten  Theilungsartikel  vgl. 
nuten  §  4. 

2.  Uebeitritt  eines  Wortes  aus  einer  Wortkategorie  in 
(He  andere  ist  im  Verhältniss  von  Lateinisch  zu  Französisch 
nicht  ganz  selten  zu  beobachten ,  so  werden  z.  li.  die  Subst. 
r</vS« .  latus  zu  den  Präpositionen  chez ,  lez ,  die  Subst.  pas. 
potnf  u.  dgl.  in  bestimmten  Fällen  zii  Negationspartikeln,  die 
Subst.  pcrso7me.  rien.  quclque  chose  zu  Pronominibus.  das  Ad- 
verb intus  [de  intut>'  zur  Präposition  e?iz  [dans]  ,  das  Adjectiv 
las  verbunden  mit  der  Intcrjection  he  zur  Interjcction  helas 
u.  dgl.  Auch  die  an  sich  befremdliclie  Erscheinung,  dass 
ganze  Sätze  die  Function  einzelner  Worte  übernehmen ,  ist 
nicht  ganz  selten,  z.  B.  peut-etre.  naguere.  pieeä.  —  Wie  in 
allen  roman.  Sprachen,  so  ist  auch  im  Französischen  die  Sub- 
stantivirung  nichtsubstantivischer  Worte  (namentlich  Adjectiva, 
Adverbien,  Infinitive  durchaus  erlaubt  und  üblich:  zu  bemer- 
ken ist  aber ,  dass  die  Substantivirung  von  Infinitiven  dem 
Altfrz.  geläufiger  als  dem  Neufrz.  ist;  zuweilen  bestehen  für 
den  verbalen  und  für  den  substantivirten  Infinitiv  Scheidefor- 
men  (z.  B.  phtire  und  pkiisi?-] ,  zuweilen  auch  ist  von  einem 
Yerbum  im  Neufrz.  nur  noch  der  substantivirte  Infinitiv  er- 
halten,  z.   B.   loisir. 

3.  Gegen  die  Verwendung  der  Kategorie  der  Adjectiva 
besteht  im  Französischen  eine  gewisse  Abneigung.  Mehrere 
-wichtige  Adjectivklassen  fehlen  ihm  fast  ganz,  so  namentlich 
die  Adjectiva  der  Quantität  und  des  Stoffes,  andere  Klassen, 
wie  z.  B.  die  auf  Länder-  und  Städtenamen  bezüglichen  Ad- 
jectiva, sind  zwar  vorhanden,  aber  ihre  Gebrauchssphäre  ist 
beschränkter,  als  z.  B.  im  Lateinischen.  Statt  der  negativen 
Adjectiva  [nid  u.  dgl.)  wird  die  Verneinung  des  Prädicats 
Aorgezogen.  Zur  adjecti vischen  Composition  ist  das  Französi- 
sche fast  gänzlich  unfähig. 

4.  In  Bezug  auf  die  Kategorie  des  Numerale  ist  die  Ver- 
wendung der  Cardinalia  statt  der  Ordinalia  bei  bestimmten 
fortlaufenden  Zählungen   (Datum  u.  dgl.)   bemerkenswerth. 

5.  Die  Kategorie  des  Pronomens  ist  formal  reich  ent- 
wickelt vgl.  unten  §  3,  No.  2)  und  gelangt  zu  vielseitigerer 
Verwendung,  als  im  Lateinischen.    Nichtsdestoweniger  müssen 


262  Das  Französische. 

oder    doch  pflegen    bestimmte    pronominale  Beziehungen  durch 
Adverbien  zum  Ausdruck  gebracht  werden   (ew,  y,  dont.   oü). 

6.  Die  Kategorie  der  Adverbien  ist  im  Französischen  ver- 
hältnissmässig  wenig  entwickelt.  Die  im  Latein,  vorhandene 
Ableitung  der  Adverbien  von  Adjectiven  ist  im  Französischen 
aufgegeben ,  und  die  Composition  des  Adjectivs  mit  me7it[e] 
bietet  keinen  ausreichenden  Ersatz ,  da  sie  oft  schwerfällige 
Bildungen  erzeugt  und  überdies  nicht  bei  allen  Adjectiven 
anwendbar  ist.  Eine  sehr  beträchtliche  Anzahl  adverbialer  Be- 
griffe muss,  weil  die  betr.  Adverbien  fehlen  oder  doch  unbe- 
liebt sind,  durch  Verbalconstructionen  zum  Ausdruck  gebracht 
werden  (man  denke  z.  B.  an  venir  de  mit  Inf,  =  »eben«,  aller 
mit  Inf.  =  »gleich«,  aimer  a  mit  Inf.  =  »gern«,  acher  er  de  mit 
Inf.  =  »vollends«  u.  v.  a.),  und  die  Vorliebe  für  derartige  Um- 
schreibung ist  geradezu  ein  stylistischer  Charakterzug  des  Fran- 
zösischen. Vielfach  fungiren  ursprüngliche  adjectivische  Neutra 
als  Adverbien  (vgl.  oben  S.  249) ,  andererseits  fungirt  nach 
etre ,  wenn  es  die  Bedeutung  »sich  befinden«  besitzt,  das  Ad- 
verb an  Stelle  des  Adjectivs. 

7.  Die  Kategorie  der  Conjunctionen  ist  hinsichtlich  der 
Zahl  der  ihr  angehörigen  Worte  sehr  umfangreich,  jedoch  ein- 
förmig hinsichtlich  der  Wortbildung,  da  die  Combination  von 
Präpos. ,    bzw.  Adv.  -}-  que  bis  zur  Monotonie   ausgedehnt  ist. 

8.  Die  syntaktisch  vorherrschenden  W^ortkategorien  sind 
im  Französischen  das  Substantiv,  das  Verbum  und  die  Präpo- 
sition. Die  Häufigkeit  und  Vielseitigkeit  ihrer  Verwendung 
verleiht  dem  französischen  Style  ein  eigen thümliches  Gepräge. 
Uebrigeus  besitzt  das  Substantiv  ein  beträchtliches  Ueberge- 
wicht  über  das  Verb,  das  sich  namentlich  in  dem  Vorhanden- 
sein der  massenhaften  Verbalsubstantiva  bekundet,  durch  wel- 
che die  lat.  Gerundiv-  und  Gerundialconstructionen  ersetzt 
werden. 

§  3.  Bemerkungen  über  den  syntaktischen  Ge- 
brauch der  Wortformen. 

1.  Die  Wortformen  des  Substantivs  sind  im  Altfrz.  auf 
die  Unterscheidung  zwischen  Cas.  rect.  und  Cas.  obl.  des  Sin- 
giilars  und  des  Plurals  beschränkt,  im  Neufrz.  werden  nur 
noch  Singular  und  Plural  formal  unterschieden,  und  auch  dies 


Satzbau  und  Stylistik.  203 

nicht  immer  z.  U.  niclit  bei  Personennamen  in  Fällen,  wie 
les  dcur  üacine,  hs  Fonrc/ta?nbai(/f ,  h\s  ll^asa ,  ces  Miraheau 
(h  carrcfour ,  des  liaphai'-J  u.  dgl.  ;  nicht  bei  Substantiven, 
Avelcho  zur  Mezoichnnnp^  der  ganzen  betr.  Gattimg  verwandt 
werden,  z.  !>.  Je  sohlaf  svra  »ourri  par  Thahitant  »die  Soldaten 
werden  durch  die  JJürger  verptteot  werden«).  Namentlich  be- 
schrankt ist  die  formale  Pluralbildung  bei  Compositis.  Nicht 
unbeachtet  darf  übrigens  bleiben,  dass  die  Scheidung  zwischen 
Singular  und  Plural  auch,  wo  sie  stattfindet,  meist  nur  in  der 
Schrift  zum  Ausdruck  gelangt,  Avährend  in  der  gesprochenen 
Kede  beide  Numeri  gleich  lauten,  z.  H.  homm\e\  und  }iomm\es\^ 
und  dass  demnach  die  Numerusdifferenz  ausser  in  Liaison 
lediglich  durch  den  Artikel,  also  analytisch,  angedeutet  wird. 
Was  vom  Substantiv ,  das  gilt  auch  vom  Adjectiv ;  die 
Numerusscheidung  ist  hier  ebenso  unvollkommen,  ganz  unter- 
bleibt sie  bei  Farbencompositis ,  z.  1>.  des  chercux  blond  ar- 
deyit ,  vermieden  wird  sie  bei  den  Adjectiva  auf  -«/,  minde- 
stens im  Masculinum. 

2.  Den  reichsten  Formenbestand  hat  das  Pronomen,  na- 
mentlich das  Personale,  bewahrt,  indem  es  vielfach  noch  No- 
minativ und  Accusativ ,  bei  der  3  P.  auch  den  Dativ  in  bei- 
den Numeris  unterscheidet.  Ausserdem  bestehen  beim  Perso- 
nale sowie  beim  Possessivum.  besondere  Formen  für  den  con- 
junetiven  und  für  den  absoluten  Gebrauch.  Beim  Demonstra- 
tiv und  Interrogativ  werden  adjectivisch  und  substantivisch 
gebrauchte  Bildungen  unterschieden.  Auch  das  Kelativ  ver- 
fügt über  zwei  Formen,  von  denen  aber  freilich  die  eine  [lequel) 
nur  subsidiär  verwandt  Avird.  Die  indefiniten  Pronominalbe- 
griffe endlich  finden  in  einer  ausgedehnten  Formenreihe  all- 
seitigen Ausdruck. 

Demungeachtet  zeigt  der  pronominale  Formenbestand 
empfindliche  Lücken,  welche  einerseits  durch  Localadverbien 
(ew,  y,  donti  ^^i  andererseits  durch  die  pronominale  Verwen- 
dung von  Substantiven  [personne  ^  quelque  chose^  rien]  ausge- 
füllt werden. 

3.  Die  Formen  des  Verbum  finitum  gelangen  im  Fran- 
zösischen, welches  die  Construction  des  Nom.  c.  inf.  völlig 
und  diejenige  des  Acc.  c.  inf.  fast  völlig  aufgegeben  hat,  zu 
weit  häufigerer  Verwendung,   als  im  Latein,   freilich  aber  sind 


"26  1  Das  Französische. 

sie,  wenn  ein  substantivisches  Subject  fehlt,  meist  der  Ver- 
bindung mit  dem  Personalpronomen  bedürftig.  Andererseits 
ist  doch  auch  die  Anwendung  des  Infinitivs  im  Französischen 
ausgedehnter,  als  im  Lateinischen,  da  er  in  weitem  Umfange 
als  präpositionales  Object  sowie,  ebenfalls  in  Verbindung  mit 
Präpositionen,  als  Ergänzung  eines  Substantiv-  oder  Adjectiv- 
beo-riffcs  fungiren  kann,  eine  Möglichkeit,  welche  die  Gerun- 
dialconstructionen  des  Lateinischen  zum  grossen  Theile  ent- 
behrlich gemacht  hat  und  welche  übrigens  in  der  analytischen 
Allgemeinentwickelung  der  Sprache  begründet  ist.  In  leben- 
diger Erzähhnig  vermag  auch  noch  im  Französischen  —  und 
zwar  nicht  so  selten,  wie  die  üblichen  Schulgrammatiken  es 
angeben  —  der  Inf.  an  Stelle  des  Perf.  hist.  zu  fungiren.  Zu 
bemerken  ist  endlich,  dass  der  franz.  Infinitiv,  obwohl  seinem 
Ursprünge  nach  ein  Inf.  act.,  doch  auch  in  bestimmten  Ver- 
bindungen  (z.   B.   il  Je  fit  hier)   als  Inf.  Pass.  fungiren  kann. 

Die  Anwendungssphäre  der  Participien,  deren  Zahl  durch 
periphrastische  Verbindungen  nicht  unerheblich  vermehrt  wor- 
den ist  (man  denke  z.  1».  an  Combinationen,  wie  mjanf  porte. 
w'ozu  im  Latein,  ein  Analogen  nur  bei  den  Deponentien  sich 
findet),  ist  im  Französischen  ungefähr  dieselbe  wie  im  Latei- 
nischen. Bemerkenswerth  ist.  dass  das  Französ.  durch  Besei- 
tigung der  Flexion  des  verbal  gebrauchten  Particip- Gerun- 
diums (s.  oben  S.  223)  sich  ein  wirkliches  Part.  Präs.  ge- 
schaffen hat ,  während  die  entsprechende  lateinische  immer 
zugleich  auch  Verbaladjectiv  ist. 

Die  organischen  Formen  des  französischen  Verbums  sind, 
mit  einziger  Ausnahme  des  Part.  Prät.  (=  Perf.) ,  sämmtlich 
Activformen  und  haben  nur  activische  Bedeutung  (über  den 
Inf.  s.  oben).  Daraus  folgt,  dass  das  Passiv  durch  Umschrei- 
bung gebildet  werden  muss ,  die  Umschreibung  erfolgt  meist 
durch  etre  -\-  Part.  Prät. ,  häufig  aber  auch  durch  das  Kcflexiv. 

4.  Die  Formenmittel  zum  Ausdruck  der  Modusverhältnisse 
sind  im  Französischen  dieselben  wie  im  Latein,  (jedoch  ist  der 
Conj.  Plusqpf.  zum  Conj.  Impf,  verschoben),  aber,  wie  über- 
haupt im  Komanischen ,  so  ist  auch  im  Französischen  ihre 
Anwendungsweise  eine  verschiedene:  der  Ind.  hat  den  Conj. 
aus  weiten  Gebieten  völlig  oder  doch  nahezu  verdrängt  völlig 
z.   B.    aus  dem   Folgesatz,    der    indirecten    Kode    und    Frage; 


Satzbiiu  und  Stylistik.  265 

nahezu  völlig  z.  15.  aus  der  hypothetischen  Periode'  und  hat, 
besonders  in  der  l  ingangssprache,  eine  Vorherrschaft  erlangt, 
•welche  fast  an  Alleinherrschaft  gr<Mizt.  Die  Verwendungs- 
sphäre des  Imperativs  ist  durch  den  iniperativischen  Geluauch 
des  Futui-s.  welcher  die  Folge  einer  ^'orstellungsverschiebung 
ist,  -svesentlich  eingeschränkt  worden.  Vebrigens  sind  von  den 
drei  gemeinhin  als  )^lmperativc(  bezeichneten  Formen  die  1  und 
2  p.  pl.  thatsächlich  Indicativ-  (in  vereinzelten  Fällen  Con- 
junctiv-) formen  ohne  Vorsetzung  des  Personalpronomens,  so 
dass  also  auch  hier  eine  Vorstellungverschiebung  sich  voll- 
zogen hat. 

5.  Zum  Ausdruck  der  Tempusverhältnisse  verfügt  das 
Französische  über  zahlreiche,  feine  Schattirungen  gestattende 
Formenkategorien,  von  denen  viele  freilich  zusammengesetzte 
Bildungen  sind.  Durch  den  Besitz  eines  Imperfects  Futuri 
(ConditionaV  .  eines  historischen  Plusquamperfects  {feus  porfe) 
und  der  —  freilich  selten  gebrauchten  —  doppelzusammen- 
gesetzten Zeiten  (der  sog.  temps  surcomposes.  z.  B,  favais  eu 
porte)  ist  das  Französische  dem  Latein  überlegen.  Im  Einzel- 
nen lässt  sich  bemerken ,  dass  Präsens  und  Imperfect  in  der- 
selben Weise  wie  im  Lat.  fungiren,  dass  das  Perfect  auf  seine 
histoiische  i=  aoristische]  Function  beschränkt  worden  ist. 
während  in  diejenige  des  Perf.  Präs.  die  Combination  j'ai  + 
Part.  Prät.  eingetreten  ist,  und  dass  die  neugebildeten  Tem- 
pora, das  Fut.  und  das  sog.  erste  Plusqpf. .  ganz  nach  Art  der 
entsprechenden  lateinischen  gebraucht  werden.  Von  den  im 
Latein,  nicht  vorhandenen  Temporibus  entspricht  das  histori- 
sche Plusqpf.  dem  lat.  Perf.  in  mit  postquam.  antequam  u.  dgl. 
eingeleiteten  Temporalsätzen ;  das  Impf.  Fut.  aber  gelangt  zur 
Verwendung  vorwiegend  im  Vordersatze  der  hypothetischen 
Periode  und  in  der  auf  die  Zukunft  bezüglichen  indirecten 
Rede,  seltener  im  Hauptsatze  zum  Ausdrucke  der  vom  .Staud- 
punkte der  Vergangenheit  aus  vorgestellten  Zukunft. 

Mancherlei  feine  Tsuancirungen  der  Tempusverhältnisse 
(wie  z.  B.  die  unmittelbar  bevorstehende  Ziikunft.  die  unmit- 
telbare Vergangenheit,  die  allmähliche  Entwickelung  der  Hand- 
lung) können  durch  die  Verbindung  von  modal  gebrauchten 
Verben,  wie  all  er ,  venir.  deroir,  mit  dem  Inf.  (vereinzelt 
auch  mit  dem  Gerondif    zum  Ausdruck  gebracht  werden. 


266  Das  Französische. 

§  4,  Bemerkungen  über  den  Ausdruck  der  syn- 
taktischen Verhältnisse. 

1.  Zum  Ausdruck  des  Subj  ectsverhähnisses  dient  bei 
dem  Substantiv  im  Neufrz.  die  Normalform  desselben,  bzw\ 
die  Theilungsform  (s.  unten  No.  2) ;  da  aber  die  Normalform 
zugleich  auch  zum  Ausdruck  des  Objectsverhältnisses  gebraucht 
wird,  so  hat  die  Wortstellung  zu  entscheiden,  welche  von  bei- 
den Functionen  in  jedem  Einzelfalle  vorliegt  (vor  dem  Prä- 
dicat  Subject,  nach  dem  Prädicat  Object).  Im  Altfranzösi- 
schen -waren ,  wenigstens  bei  der  Mehrzahl  der  Substantiva, 
Subjects-  und  Objectsform  noch  unterschieden. 

Nichtsubstantiva  können  ebenfalls  als  Subject  fungiren, 
die  Personalpronomina  nur  in  ihrer  conjunctiven  Form,  aus- 
genommen bei  der  3  P.  den  Fall  besonderer  Nachdrücklichkeit. 

Zum  Ausdruck  des  unpersönlichen  Subjects  dient  das 
neutrale  ü  (iirsprünglich  jedoch  wahrscheinlich  =  ille,  nicht 
=  illud)  .  dessen  Gebrauch  sich  übrigens  erst  allmählich  in 
der  Sprache  entwickelt  hat.  Das  Französische  liebt  es,  das 
Subject  grammatisch  häufig  auch  da  unpersönlich  auszudrücken, 
wo  logisch  und  thatsächlich  ein  nominales  Subject  vorhanden 
ist  (z.  B.  ü  y  a  des  gens,  wo  il  grammatisches  oder  formales 
Subject ,  des  gens  grammatisches  Object,  aber  logisches  Sub- 
ject) ;  der  Subjectsinfinitiv  nimmt  in  solchem  Falle  die  Präpo- 
sition de  vor  sich  (ausgenommen  nach  il  faut,  il  semhle ,  il 
parait,  il  vaut  mieux  u.  dgl.). 

2.  Zum  Ausdruck  des  directen  Objectsverhältnisses') 
dient  beim  Substantiv  ebenfalls  dessen  Normalform  (im  Altfrz. 
der  Cas.  obl.),  vgl.  oben  No.  1.  Wird  jedoch  das  Substantiv  im 
schlechthinnigen  Sinne  aufgefasst  »Brot«,  »Menschenif  u.  dgl.). 
so  wird  es  mit  der  Präp.  de  imd,  falls  es  kein  Adj.  vor  sich 
hat,  mit  dem  bestimmten  Artikel  verbunden  [y>du  painv,  nies 
/totfitnesv).  Diese  Verbindung  —  sehr  unpassend  »Theihings- 
artikel«  benannt,   während  sie  höchstens  »Theilunosform«,  bes- 


1)  In  der  Auffassung;  des  Objectsverhältnisses  weicht  das  Französische 
öfters  vom  I^ateinisclien  ab.  IJcmerkenswerth  ist  namentlich  der  Fall,  dass 
das  persönliche  Object  der  Verba  des  Veranlasscns,  Zulassens,  Sehens, 
Hörens,  wenn  sie  mit  einem  (von  einem  directen  Object  begleiteten;  Infi- 
nitiv verbunden  sind,  als  ein  indirectes,  nicht  als  ein  directes  aufgefasst 
wird.  z.  B.  je  lui  ai  fait  lire  cette  lettre.  Vgl.  TüBLEli  in  Ztschr.  f.  rom. 
Phil.  VI  5l'l. 


Satzbau  und  Stylistik.  207 

ser  noch  »Partitivsabstantiv«  genannt  Averden  kann  —  Ixiulit 
auf  einer  \\ntauschun<>-  der  Objectsvorstellung  mit  einer  sinn- 
liehen Loealvürstelhm«;-  [Duwger  du  pai/i  bedeutet  nicht  eigent- 
lich «Hrot  essen«,  sondern  «von  dem  IJrotc  [etwas  ab]essenw, 
welche  letztere  Ausdrueksweise  den  realen  Vorgang  veran- 
schaulicht, dass  der  Essende  von  dem  lirote  ein  .Stück  loslöst]. 
Die  Theilungsform  ist  in  der  Sprache  so  festgewurzelt,  dass 
sie,"  obwohl  logisch  nur  in  Verbindung  mit  dem  Verbum  be- 
rechtigt, auch  im  Subjectsverhältniss  und  sogar  in  Verbindung 
mit  Präpositionen  zum  Ausdruck  des  schlechthinnigen'  Sub- 
stantivbegriftes  gebraucht  wird.  Diese  weitausgedehnte  An- 
wendung der  Theilungsform  ist  charakteristisch  für  das  neuere 
Französisch,  denn  die  ältere  Sprache  zeigt  hierzu  nur  Ansätze, 
wie  überhaupt  die  Theilungsform  nur  allmählich  aufgekommen 
ist  (ältestes  Beispiel  in  dem  Satze  il  liristrent  de  Veioe  in  der 
altfrz,  Uebersetzung  der  vier  Bücher  der  Könige).  Eine  frei- 
lich nicht  ganz  gleiche,  aber  doch  ähnliche  Anwendung  der 
Präposition  de  zeigt  indessen  schon  das  Vulgärlatein,  z.  B. 
Vulg.  1  Cor.  9,  7:  (luis  plantat  vineam  et  de  fructu  eius  non 
edit?  Nebenbei  werde  bemerkt,  dass  eine  eindringende  Unter- 
suchung über  die  Entwickelung  der  Theilungsform  im  Fran- 
zösischen und  überhaupt  im  Romanischen  zur  Zeit  noch  fehlt. 

Das  Personalpronomen  und  das  Eelativum  qui  besitzen, 
ersteres  w'enigstens  in  conjunctivem  Gebrauche,  noch  beson- 
dere Accnsativformen. 

Der  Infinitiv  kann  nur  bei  bestimmten  Verbalkategorien 
(bei  den  verbis  dicendi,  sentiendi,  volendi  und  Modalverben) 
als  directes  Object  fungiren,  sonst  muss  er  stets  die  Form  des 
präpositionalen  Objectes  annehmen. 

3.  Die  im  Lateinischen  durch  den  Genetiv,  Dativ  und 
Ablativ  ausgedrückten  Casusverhältnisse  müssen  sämmtlich 
analytisch,  bzw.  präpositional  zum  Ausdruck  gebracht  werden 
(im  Altfrz.  konnte  in  bestimmten  Fällen  der  Cas.  obl.  als  pos- 
sessiver Genetiv  fungiren,  ein  Rest  dieses  Gebrauches  ist  noch 
die  neufrz.  Verbindung  Hötel-Dieu  u.  dgl.).  Die  einzige  Aus- 
nahme bilden  die  wenigen  pronominalen  Dative  und  die  in 
genetivischem ,  bzw.  in  localem  Sinne  fungirenden  Adverbien 
en.  dont,  y,  oü.  Der  Ausdruck  des  Genetivverhältnisses  er- 
folgt in  der  Regel  durch  de  (im  Altfrz.  zuweilen  durch  </,  aber 


268  Das  Französische. 

nur  in  possessivem  Sinne^  .  derjenige  des  Dativverliältnisses 
in  der  Eegcl  durch  ä.  es  werden  demnach  die  (-asusheziehun- 
gen  local  aufgefasst.  Der  Ablativ  des  Latein  ■\^^rd  je  nach  den 
verschiedenen  Functionen,  Avelche  er  vollzog,  durch  verschie- 
dene Präpositionen  ersetzt. 

4.  Das  Prädicatsverhältniss  -wird  zum  Ausdruck  gebracht 
a)  am  häufigsten  durch  die  Formen  des  Verbum  finitum ;  b) 
seltener  durch  die  Composition  eines  Yerbums  des  Seins,  Wer- 
dens oder  Scheinens  (z.  B.  etre  ^  devenir,  semhler)  mit  einem 
Substantiv,  bzw.  Adjectiv  [etre  »sich  befinden«  wird  mit  dem 
Adverb  verbunden,  vgl.  oben  S.  262) ;  c)  bisweilen  durch  den 
Infinitiv  als  Inf.  bist,  oder  in  der  Construction  des  Accusa- 
tivs  c.  Inf. 

§  5.  Bemerkungen  über  dieCongruenz  der  Satz- 
theile. 

1 .  Die  Congruenz  des  Prädicats  mit  dem  Subject  erleidet 
namentlich  folgende  Ausnahmen:  a)  ist  das  Subject  ein  CoUec- 
tivbegriff",  so  steht  das  Prädicat  oft  im  Plural ;  b)  ist  das  Sub- 
ject ein  Collectiv,  welches  durch  ein  nachfolgendes  Substantiv 
im  Plural  näher  bestimmt  wird,  so  tritt  das  Prädicat  in  den 
I'lural,  wenn  das  Substantiv  logisches  Subject  ist,  z.  B.  wie 
nuee  de  harbares  desolerent  h  pays^  dagegen  une  nuee  de  traits 
ohscurcit  lair;  c)  ist  das  Subject  ein  Quantitätsadverb,  welches 
durch  ein  Substantiv  im  Plural  näher  bestimmt  wird,  so  steht 
das  Prädicat  im  Plural,  wenn  das  Substantiv  logisches  Subject 
ist,  z.  B.  peu  de  gens  necßigent  hurs  int  er  et  s  ^  dagegen  heau- 
coup  denfants  est  une  charge  pour  les  j^auvres,  weil  hier  beau- 
coup  d'enfants  einen  einheitlichen  Singularbegriff  bildet  (»Kin- 
derreichthum«)  ;  d)  das  Prädicat  des  auf  ein  Personalpronomen 
bezüglichen  Relativsatzes  congruirt  mit  dem  Personalpronomen, 
z.  ]i,  cest  toi  seul  qni  las  fait. 

2.  Das  Part.  Prät.  congruirt  im  Neufrz.  nur  mit  dem  ihm 
vorausgehenden  Objecte,  während  es  im  Altfrz.  auch  mit 
dem  ihm  nachfolgenden  Objecte  congruiren  konnte. 

3.  Das  Part.  l*räs.  in  verbaler  Function  ist  im  Neiifrz. 
flexionslos,  kann  folglich  mit  dem  von  ihm  detcrminirten  Sub- 
stantiv nicht  congruiren,  vgl.  oben  S.  223. 


Satzbau  und  Stylistik.  269 

§  G.    IJeiuerkun  j;c'n  über  diL'   N\' urt  «t  ellung. 

1 .  Im  Neufianzösischen  ist  bezüglich  der  llaiiptsatztheile 
die  Wortstellung"  streng  geregelt :  das  Subject  steht  voran,  ihm 
folgt  das  Prädicat  und  diesem,  wenn  es  ein  transitives  \'er- 
bum  ist,  das  Object.  Die  Festsetzung  dieses  logischen  Wort- 
folgegesetzes ist  nicht  bedingt,  wohl  aber  begünstigt  worden 
durch  den  Wegfall  des  Formenunterschiedes  zwischen  Gas. 
rect.  und  Cas.  obl.,  bzw.  durch  die  ^'erdrängung  des  ersteren 
von  Seiten  des  letzteren  (vgl.  No.  2). 

2.  Dem  Altfranzösischen  war  das  logische  Wortfolgegesetz 
noch  fremd  und  grosse  Freiheit  in  der  Wortstellung  eigen- 
thümlich ,  namentlich  bezüglich  der  Voranstellung  des  Prädi- 
cates  vor  das  Subject  bei  adverbialem  Satzeingange.  Einige 
wenige  Keste  dieser  Freiheit  sind  als  sogenannte  Inversionen 
noch  im  Neufrz.  vorhanden  Inversion  des  Subjectes  nach  be- 
stimmten satzeinleitenden  Adverbien,  wie  petd-etre  etc.'.  Der 
Uebergang  von  Freiheit  zur  Gebundenheit  der  Wortstellung 
war  eine  Wirkung  der  im  Beginn  der  neufrz.  Periode  mehr 
und  mehr  zur  Herrschaft  gelangenden  Tendenz  nach  logischer 
und  schematischer  Durchbildung  der  Sprache,  eine  Tendenz, 
welche  ihrerseits  wieder  begründet  ist  in  der  damals  zum  Ab- 
schluss  gelangenden  Rückromanisirung,  bzw.  Entgermanisirung 
des  französischen  Volksthums.     Vgl.   oben  S.   2G0. 

3.  Auf  dem  Gesetze  der  logischen  Wortfolge  beruht  die 
Nothwendigkeit,  das  Object ,  wenn  es  den  Satzhochton  trägt, 
entweder  dem  Satze  voranzustellen  und  dann  innerhalb  des 
Satzes  durch  das  Personalpronomen  anzudeuten  z.  B.  la  vertu ^ 
Je  Vaime]  oder  aber  es  durch  das  deiktische  dest  .  .  .  que  her- 
vorzuheben, wodurch  der  einheitliche  Satz  in  zwei  Sätze  zer- 
legt wird  iz.  B.  c'est  la  vertu  que  fuitne  ivix  faime  la  vertu). 
Namentlich  die  letztere  Hervorhebungsweise,  welche  übrigens 
auch  auf  andere  hochbetonte  Satztheile,  selbst  auf  das  Sub- 
ject, angewandt  wird,  verleiht  dem  französischen  Ausdrucke 
eine  stark  rhetorische  Färbung  und  giebt  zugleich  dem  Satz- 
gefüge einen  noch  zerdehnteren  und  analytischeren  Charakter, 
als  ihm  vermöge  des  analytischen  Formenbaues  ohnehin 
eigen  ist. 

4.  Die  Accusativformen    der   conjunctiven  Personalprono- 
mina,  sowie  der  Accusativ  des  Relativs  treten  in  Objectsfunc- 


270  l^as  Französische. 

tioii  dem  Prädicate  voran,  so  dass  in  diesen  Fällen  also  das 
logische  Wortfolgegesetz  eine ,  übrigens  sehr  erklärliche  Aus- 
nahme erleidet. 

5.  Das  syntaktische  Mittel  zum  Ausdruck  der  dirccten 
Frao-e  besteht  in  der  Voranstellung  des  Prädicates  vor  das 
Subject.  Diese  dem  logischen  Wortfolgegesetze  zuwiderlaufende 
Satzstructur  Avird  jedoch  in  Sätzen ,  deren  Subject  ein  Sub- 
stantiv oder  ein  nichtpersonales  Pronomen  (ausschliesslich  ce 
und  oti)  ist ,  der  logischen  Construction  dadurch  angepasst. 
dass  das  Subject  seine  gesetzmässige  Stellung  beibehält,  aber 
nach  dem  Prädicate  durch  das  Personalpronomen  wiederholt 
wird.  Auf  diese  Weise  findet  ein  Ausgleich  oder  richtiger 
eine  Combination  beider  Satzstructuren  statt,  aber  freilich  er- 
hält der  Ausdruck  dadurch  einen  etwas  schwerfälligen  und 
iimständlichen  Charakter.  Man  zieht  deshalb  es  häufig  vor, 
den  eigentlichen  Fragesatz  als  Aussagesatz  zu  constituiren  und 
ihm  als  Einleitung  den  Frageformsatz  csf-ce  [quo  voranzu- 
schicken, also  eine  der  unter  No.  3  erwähnten  analoge  Satz- 
zerdehnung vorzunehmen. 

lluht  auf  dem  Objecto  des  Fragesatzes  der  Satzhoch  ton, 
so  tritt  es  an  die  Spitze  des  Satzes,  Melcher  im  Lebrigen  ganz 
wie  die  sonstigen  Fragesätze  construirt  wird. 

6.  In  der  Schrift  gelangt  das  logische  Wortfolgegesetz 
durch  die  Interpunction  dadurch  zum  Ausdruck,  dass  ein  dem 
Subject  etwa  vorangestellter  Satztheil  (emphatisches  Object, 
absolutes  Particip  u.  dgl.)  durch  ein  Komma  von  dem  eigent- 
lichen, eben  erst  mit  dem  Subjecte  anhebenden  Satze  abge- 
trennt wird  und  dass  längere  adverbiale  Bestimmungen  durch 
zwei  Kommata  wie  durch  zwei  Klammern  eingeschlossen,  also 
gleichsam  ausserhalb  des  Satzes  gestellt  werden. 

7.  Die  Stellung  des  attributiven  Adjectivs  ist  nicht  fest 
geregelt,  sondern  abhängig  von  den  Rücksichten  auf  Wohl- 
klang und  auf  rhetorische  Wirkung ,  indessen  ist  die  Nach- 
stellung doch  ü\)licher.  jedenfalls  ist  sie  nothwendig,  wenn 
das  Adjectiv  eine  nähere  Bestimmung  bei  sich  hat.  Die  attri- 
butive Bestimmung  tritt  dem  determinirten  Nomen  nach ;  sie 
diesem  voranstellen  zu  dürfen ,  ist  eine  der  wenigen  syntak- 
tischen Freiheiten  der  poetischen  Rede.  —  Die  Stellung  der 
adverbialen  Bestimmun«;  ist  verhältnissmässiff  frei.    \iud  es  ist 


Satzbau  und  Stylistik.  271 

eine  der  -wichtigsten  Aiifoiben  der  stvlistisclieu  Kunst,  in  die- 
ser  liezielum«^  die  richtige  Wahl  zu  treÜ'en,  namentlich  aber, 
^\enn  mehrere  derartige  Bestimmungen  vorhanden  sind,  für 
jede  derselben  den  angemessensten  Platz  zu  finden  und  dem 
iSatze  dadurch  plastische  Gestaltung  zu  verleihen.  Auch  die 
Schönheit  und  Wirksamkeit  des  poetischen  Ausdrucks  ist  zum 
guten  Tlieile  abhiingig  von  der  sachgemässen  und  geschmack- 
vollen Gruppirung  der  adverbialen  liestimmungeu. 

§   7.    Bemerkungen  über  die  Satzverbindung. 

1 .  Hauptsätze  pflegen  durch  Conjunctionen  syndetisch 
mit  einander  in  grammatische  Beziehung  gesetzt  zu  werden. 
Asyndetische  Aneinanderreihung  hat  in  künstlerisch  behan- 
delter Rede  nur  dann  statt,  wenn  damit  eine  rhetorische  Wir- 
kung erzielt  wird. 

2.  Der  Nebensatz  wird  mit  dem  durch  ihn  determinirten 
Hauptsatz  stets  wenigstens  äusserlich,  d.  h.  mittelst  einer 
Conjunction  verbunden:  in  bestimmten  Fällen,  deren  Zahl 
ziemlich  erheblich  ist,  tritt  hierzu  die  in  der  Modus-,  bezw. 
Tempusform  des  Prädicats  zum  Ausdruck  gelangende  innere  Ver- 
bindung, so  namentlich  in  der  indirecten  Rede  und  Frage,  in 
Finalsätzen,  in  von  negirten  Verben,  welche  eine  geistige  Thä- 
tigkeit  oder  gemüthliche  Aft!ection  ausdrücken ,  und  in  von 
unpersönlichen  Verben  modaler  Bedeutung  abhängigen  Sätzen 
etc.  :  in  der  hypothetischen  Periode  bedingen  sich  Vorder-  und 
Nachsatz  gegenseitig  hinsichtlich  der  Form  ilu-es  beiderseiti- 
gen Prädicats. 

3.  Für  einen  Nebensatz  tritt  häufig,  wenn  es  logisch  zu- 
lässig ist.  eine  Infinitiv-  oder  eine  Participialconstruction  ein, 
erstere  namentlich  an  Stelle  von  Objects-  und  Causalsätzen. 
letztere  namentlich  an  Stelle  von  Attributiv-  und  Adverbial- 
sätzen. Duix-h  Benutzung  dieser  Möglichkeit  gewinnt  die  Rede 
an  Kürze  und  wird  die  symmetrische  Gliederung  des  Satz- 
gefüges begünstigt. 

4.  Aufgabe  der  stylistischen  Kunst  ist  es,  die  einzelnen 
■Sätze  und  satzvertretenden  Constructionen,  aus  denen  ein  Satz- 
gefüge besteht,  derartig  mit  einander  zu  verbinden  und  zu 
gruppiren,  dass  ein  einheitliches,  übersichtliches  und  ästhetisch 
wirkungsvolles  Ganze  entsteht. 


272  Das  Französische. 

§  8.    Bemerkungen  über  den  Styl. 

1.  Ueber  den  Begriff",  die  Kategorien  und  die  Nuancen 
des  Styles  überhaupt  vgl.  die  in  Theil  II,  S.  296  ff",  gegebe- 
nen Bemerkungen. 

2.  Haupteigenschaft  und  Hauptvorzug  des  neufranzösi- 
schen Styles  ist  seine  Klarheit,  begründet  ist  dieselbe  sprach- 
lich einerseits  in  dem  Gesetze  der  logischen  Wortfolge,  ande- 
rerseits in  der  scharfen  begriff'lichen  Bestimmtheit  der  franzö- 
sischen Nomina  und  Verba,  ^velche  letztere  Eigenschaft  wieder 
auf  der  systematischen  Durcharbeitung  und  Ausfeilung  be- 
ruht, die  dem  französischen  Wortschatze  von  Seiten  der  Gram- 
matiker und,  was  noch  wichtiger  ist,  von  Seiten  einer  auf 
Eleganz  der  Rede  Werth  legenden  Gesellschaft  zu  Theil  ge- 
worden ist.  In  letztem  Grunde  freilich  ist  die  Klarheit  des 
französischen  Styles  eine  Aeusserungsform  des  streng  logisches 
Denken  oft  bis  zur  Uebertreibung  liebenden  neufranzösischen 
A^olkscharakters  und  eine  Folge  des  Uebergewichtes .  welches 
in  demselben  der  A^erstand  über  das  Gemütli  besitzt. 

3.  Aus  dieser  Eigenart  des  französischen  Styles  erklärt 
sich  zum  grossen  Theile  die  Schwierigkeit,  welche  Ausländer 
zu  überwinden  haben,  um  einen  idiomatischen  französischen 
Ausdruck  sich  anzueignen,  eine  Schwierigkeit,  welche  beson- 
ders gross  für  den  Deutschen  ist.  dessen  Muttersprache  in 
stylistischer  Beziehung  von  dem  Französischen  grundverschie- 
den, weil  erfüllt  von  einem  ganz  anderen  Geiste  ist.  Sein 
eigenes  Selbst  muss  der  Deutsche  überwinden .  soll  es  ihm 
gelingen,  des  französischen  Styles  wirklich  mächtig  zu  wer- 
den. Nur  lange  Uebung  und  unermüdliche  Aufmerksamkeit 
können  hierzu  verhelfen.  Mit  schulmässigem  Lernen  ist  nur 
verhältnissmässig  Weniges  zu  erreichen ,  so  förderlich  auch 
allerdings  das  Studium  namentlich  der  Synonymik  ist.  Wem 
es  versagt  ist,  durch  längeren  Aufenthalt  in  Frankreich  und 
durch  das  nur  auf  diese  Weise  zu  ermöglichende  Sichhinein- 
leben in  französisches  Denken  die  Herrschaft  über  die  Spra- 
che zu  erringen,  und  wer  doch  darauf  hingewiesen  ist,  des 
schriftlichen  französischen  Ausdrucks  mindestens  bis  zu  einem 
gewii-sen  Grade  mächtig  zu  werden,  dem  kann  nicht  dringend 
genug  die  Uebung  des  Kückübersetzens,  bzw.  die  genaue  Ver- 
gleichung    der    V(ni    ihm    nach    deutscher   Vorlage   gefertigten 


Siitzbau  und  Stylistik.  27Ii 

Vehersetzimo;  mit  dem  französischen  Oripnaltexte  anempfoh- 
len werden :  /um  Ziek^  freiHeh  fiihrt  aiieh  dieser  AVeg  nicht, 
aber  es  ist  ein  Weg ,  der .  wenn  beharrlich  verfolgt ,  wenig- 
stens naher  an  das  Ziel  heranführt  nnd  reichste  Gelegenheit 
zu  stylistiseher  und  überhaupt  zu  sprachlicher  Erkenntniss 
darbietet. 

4.  Die  Differenz  zwischen  dem  Style  der  Prosa  und  dem 
der  Poesie  ist  im  Neufranzösischen  eine  verhältnissmässiff  ge- 
ringe,  was  sprachlich  aus  der  Gebundenheit  auch  der  Poesie 
an  das  Gesetz  der  logischen  Wortfolge  und  aus  der  relativen 
Armuth  des  conventionellen  AVortschatzes  sich  erklärt.  Na- 
mentlich gilt  dies  von  der  Sprache  der  pseudoclassischen  Dich- 
tung,  denn  diejenige  der  romantischen  Poesie  bewegt  sich 
freier  \ind  entfernt  sich  weiter  von  den  traditionellen  Bahnen 
des  Ausdrucks.     Vgl.  unten  Kap.  9  §   10. 

§  9.   Litteraturangaben. 

1.  Vgl.  die  Litteraturangaben  in  §  26  des  siebenten  Kapitels  loben 
S.  251  ff.).  Dort  sind  namentlich  auch  die  vollständigen  Grammatiken  ver- 
zeichnet (besonders  hingewiesen  werde  auf  die  Cledat's  altfrz.  Gramm,  be- 
treffende Anmerkung  auf  S.  252\ 

2.  Allgemeine  Syntax.  Ph.  Schifflin,  Wissenschaftl.  Syntax  der 
frz.  Spr.  Essen  1840  ein  immer  noch  brauchbares  Buch,  namentlich  wegen 
seiner  reichhaltigen  Beispiele  —  *JE.  MÄTZNER,  Syntax  der  neufrz.  Spr. 
Berlin  1843  45.  2  Bde.  (grundlegendes  Werk,  das  aber  freilich  den  heuti- 
gen Anforderungen  nicht  mehr  voU  zu  entsprechen  vermag)  —  G.  Seeger, 
Lehrb.  der  frz.  Sj-ntax.  Thl.  I  Wismar  1884,  Thl.  U  Halle  1878  (fleissige 
Arbeit,  aber  mit  verfehlter  Methode^  —  F.  Brinkmann,  Syntax  des  Fran- 
zösischen u.  Englischen  in  vergl.  Darstellung.  Braunschweig  1884  f.  2  Bde. 
(unmethodisch)  —  C.  Brunnemann,  S}iit.  d.  nfrz.  Spr.  3.  Aufl.  Berlin  1878. 

3.  Geschichte  der  Syntax  und  Alt-  und  Mittelfranzösische 
Syntax  (die  Monographien  über  Conjunctiv,  Infinitiv  und  Wortstellung 
s.  unten  No.  5  u.  6).  E.  BouRClEZ ,  Syntaxe  de  l'ancien  frcs.  Bordeaux 
1885  (blosse  Skizze)  —  E.  Engel,  De  pristinae  linguae  francicae  sj-ntaxi. 
Rostock  1874  Diss.  ganz  unzulänglich  —  K.  GORGES,  Ueber  Styl  u.  Aus- 
druck einiger  altfrz.  Prosaübersetzungen.  Halle  1882  Diss.  —  L.  Kl.\tt, 
Zur  Syntax  des  Altfrz. ;  die  Wiederholung  und  Auslassung  gewisser  Form- 
oder  Bestimmungswörter  in  der  frz.  Prosa  des  13.  Jahrh.  Oldenburg  1878 
Progr.  —  H.  HlRSCHBERG,  Auslassung  u.  Stellvertretung  im  Altfrz.  Göt- 
tingen 1880  Diss.  —  J.  K.LAPPERICH,  Historische  Entwickelung  der  Be- 
dingungssätze im  Altfrz.,  in :  Französ.  Studien  I  300  —  E.  Wolff  ,  Zur 
Syntax  des  Verbs  bei  Adenet  le  Roi.  Kiel  18S4  Diss.  —  Carlberg, 
Etüde  s.  l'usage  sjTitaxique  dans  la  chanson  de  Roland.  Thl.  I.  Lund  1 875 
Diss.  —  E.  Bastin,  La  s^•ntaxe  de  Villehardouin,  in :  Rev.  de  l'instr.  pubL 

Körting,  Encyklopädie  d.  rom.  PhiL  III.  18 


274  ^^^  Französische. 

cn  Belg.  XXVI  210  —  A.  Haase,  Syntakt.  Untersuchungen  zu  Villehar- 
douin  u.  Joinville.  Oppeln  1884  —  Euerixg,  Syntakt.  Studien  zu  Frois- 
sart.  Halle  1881  —  J.  Riese,  Recherches  s.  l'usage  sj-ntaxique  de  Frois- 
sart.  Halle  1880  Diss.  —  Raumair,  Ueber  die  Syntax  des  Robert  v.  Clary. 
Erlangen  1885  Diss.  —  P.  Toenxies,  La  syntaxe  de  Commines.  Berlin 
1876  —  A.  Stimmixg,  Die  Syntax  des  Commines,  in:  Ztschr.  f.  rom.  Phil. 
I  191  u.  489  —  W.  E.  LiDFOKS.s,  Observations  s.  l'usage  syntaxique  de 
Ronsard  et  de  ses  contemporains  etc.  Lund  1865  —  S.  Gräfenberg,  Bei- 
träge zur  französ.  Syntax  des  16.  Jahrhunderts.  Göttingen  1884  — ■  K. 
Grosse,  Sj-ntaktische  Studien  zu  Jean  Calvin ,  in :  Herrig's  Archiv  LXI 
(1879;,  243  —  Glauxes'G,  Versuch  über  die  syntaktischen  Archaismen  bei 
Montaigne,  in:  Herrig's  Archiv  49,  p.  163,  325  u.  415  ' —  M.  Wagner, 
Etüde  s.  l'usage  syntaxique  dans  »la  Semaine«',  poeme  epique  de  du  Bartas. 
Königsberg  1876  —  A.  Haase,  Zur  Syntax  Robert  Garniers,  in:  Französ. 
Stud.  V  Heft  1  —  A.  Jensen,  Syntakt.  Stud.  zu  R.  G.    Kiel  1885. 

*A.  Benoist,  De  la  syntaxe  frcse  entre  Palsgrave  et  Vaugelas.  Paris 
1876  (-wichtiges  Werk,  vgl.  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  I  579  . 

C.  SCH.\FER,  Die  wichtigsten  syntaktischen  Alterthümlichkeiten  in  der 
franz.  Litteraturspr.  des  17.  Jahrh.  Jena  1882  Diss.  —  AV.  List,  Syntakti- 
sche Studien  über  Voiture,  in:  Französ.  Stud.  I  1. 

A.  Haase,  Bemerkungen  zur  Spatax  Pascals,  in :  Ztschr.  f.  nfrz.  Si)r. 
u.  Lit.  IV  95  —  L.  AVespy,  Die  bist.  Entwickelung  der  Inversion  des 
Subjects  im  Franz.  u.  der  Gebrauch  derselben  bei  Lafontaine,  in:  Ztschr. 
f.  nfrz.  Spr.  u.  Lit.  VI^  100  u.  161  Separatabdruck  Oppeln  1884)  —  Zander, 
Grammat.  Bemerkungen  zu  Lafontaine.  Grimma  1884  Progr.  —  C.  Sie- 
gert, Die  Sprache  Lafontaine's  mit  besonderer  Berücksichtigung  der  Ar- 
chaismen. Leipzig  (?;. 

4.  Syntax  des  No mens.  J.  A.  Savels,  Ueber  die  vergl.  Lehre  vom 
Gebrauch  der  Casus  in  der  deutsch.,  französ.,  lat.  u.  griech.  Spr.  4  Abth. 
Essen  1838/40  —  *Clairin,  Du  genitif  latin  et  de  la  preposition  de,  etude 
de  syntaxe  historique  s.  la  decomposition  du  latin  et  de  la  forniation  du 
frcs.  Paris  1880  —  PÖTZSCHKE ,  Ueber  den  lat.  Genetiv  u.  Ablativ  u.  den 
frz.  Genetiv.  Würzen  1879  Progr.  —  Fleck,  Untersuchung  üb.  d.  Gebrauch 
des  Artikels  im  Frz.  Dortmund  1885  Progr.  —  P.  Gellrich,  Sur  l'emploi 
de  l'article  en  vieux  frcs.  Langenbielau  1881  —  A.  Hemme,  Ueber  die  An- 
wendung des  Artikels  in  der  frz.  Spr.  Göttingen  1869  Diss.  —  Keding, 
Syntax  des  frz.  Theilungsartikels.  Guhrau  1870  Pr.  —  A.  LÖFFLER,  Unter- 
suchungen üb.  d.  article  partitif ,  in :  Centralorgan  f.  d.  Interess.  d.  Real- 
schulw.  VII  705  —  *A.  Schneider,  Die  elliptische  Verwendung  des  par- 
titiven  Ausdrucks  im  Altfrz.  Breslau  1883  Diss.  —  Heller,  De  la  sup- 
pression  de  Tarticle  devant  les  subst.  joints  aux  verbes.  Berlin  1856.  Progr. 
d.  k.  R.  —  H.  Nehry,  Ueb.  d.  Gebrauch  des  absoluten  Cas.  obl.  des  alt- 
franz.  Subst.  Berlin  1S82  Diss.  —  A.  Ai'BEKT,  Des  emplois  sjTitaxiques  du 
genre  neutre  en  fr9S.  Marseille  1885. 

L.  Eichelmann,  Ueber  Hexion  u.  attributive  Stellung  des  Adj.  in 
den  ältesten  franz.  Sprachdenkmälern  bis  zum  Rolandslied  einschliesslich. 
Marburg  1879  Diss.  —  L.  Berkenbusch,  Ueb.  d.  Stellung  d.  Adj.  im  Frz. 


I 


Satzbau  und  Stylistik.  275 

Göttingen  1S63  Progr.  —  Hellku,  De  la  place  de  l'adjeetif.  Berlin  1848. 
Protrr.  d.  kgl.  R.  —  Bkeusing,  Ueb.  d.  Stellung  des  attr.  Adj.  im  Franz. 
Crcfeld  1ST3  Progr.  —  A.  Bekgaignk,  La  place  de  l'adjeetif  epithete  en 
vieux  frcs  et  en  latin,  in:  Melanges  Graux,  p.  53:5  —  *E.  Gkssxkh,  Zur 
Lehre  vom  frz.  Pron.  Berlin  1873,74.  Progr.  des  frz.  Gynin.  2.  Autl.  l&Sö 
—  O.  KxiTH,  Süll'  uso  del  ))ronome  personale  uelle  lingue  francese  ed 
italiana  etc.  Mülhausen  i.  E.  1S80  Progr.  —  Cii.  Jouet,  Emploi  du  pro- 
nom  possessif  ä  la  place  de  l'adjeetif  demonstratif  en  nomiand,  in:  Rom. 
VI  134  —  A.  GlESECKE,  Die  Demoustrativa  im  Altfrz.  mit  Einschluss  des 
IG.  Jahrb.  Rostock  Sondershausen  ISSl  —  A.  M.  "Wallström,  Om  bru- 
ket  af  de  relativa  prononiina  i  Ny-Franskan.  Upsala.  Diss.  1875  —  H.  Su- 
ciiiER ,  Ausrufe  mit  quel  im  Altfrz. ,  in :  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  VI  445  — 
"W.  ScH.\FEU,  Die  altfrz.  Doppelrelativsätze.  Marburg  1884  Diss.  —  An- 
dere Schriften  über  den  Gebrauch  der  Pronomina  s.  oben  S.255. 

5.  Syntax  des  Verbums.  F.  G.  Erhardt,  Die  frz.  Temps  des  In- 
dicativs  vergl.  mit  den  lat.  u.  griech.  Temps.  Stuttgart  1840  —  J.  A.  Sa- 
VELS,  Grundriss  der  vergl.  Lehre  vom  Gebrauche  der  Modi  in  d.  deutsch., 
franz.,  lat.  u.  griech.  Spr.  Essen  1837  —  A.  Haa.se,  Abhandlungen  üb.  d. 
Gebrauch  der  Tempora  u.  Modi,  in:  Ztschr.  f.  nfrz.  Spr.  u.  Lit.  VI-  52 
zusammenfassende  Recension  der  seit  1877  erschienenen  einschlägigen  Mo- 
nographien! —  L.  Cledat,  Lecons  de  syntaxe  bist.:  s.  les  modes  et  les 
temps  des  verbes  frcs.  Paris  18S1 ,  und:  Etudes  de  philologie  frcse.  I. 
Question  de  SATitaxe :  emploi  et  accord  des  temps,  in :  Annuaire  de  la  fa- 
faculte  des  lettres  de  Lyon.  li^re  annee,  p.  61,  vgl.  Rom.  XII  629  —  H. 
Bockhoff,  Der  synt.  Gebrauch  der  Tempp.  im  Oxf.  Texte  des  Rolandslie- 
des. Münster  1880  —  F.  Körnig,  Der  syntakt.  Gebrauch  des  Impf.  u.  des 
hist.  Perf.  im  Altfrz.  Breslau  1883  .Diss.  —  Engwer,  Ueb.  d.  Anvrendung 
der  Tempora  perfectae  statt  der  Tempora  imperfectae  actionis  im  Altfrz. 
Berlin  lbS4  Diss.  —  H.  Schlutter,  Beitrag  zur  Geschichte  des  synt.  Ge- 
brauchs des  passe  def.  u.  des  impf,  im  Frz.  Jena  1884  —  *J.  Vogels,  Der 
svntakt.  Gebrauch  der  Tempp.  u.  Modi  b.  Pierre  de  Larivey  im  Zusam- 
menhange der  hist.  Syntax,  in :  Rom.  Stud.  V  445  —  R.  Pape,  Essai  s.  la 
formation  et  l'emploi  syntaxique  du  passe  def.  Hagen  i.  W.  1881.  Progr. 
d.  Realsch.  I.  O.  —  Jäger,  Notiz  betr.  eine  Eigenthümlichkeit  in  der  An- 
wendung des  frz.  Futurs,  in:  Herrig's  Archiv  72,  p.235.  Siehe  auch  S.278. 

Spohn,  Ueb.  d.  Conj.  im  Altfrz.  Schrimm  1882  —  A.  HoRXlXG,  Ueb- 
d.  Conj.  in  Comparativsätzen  im  Altfrz.,  in:  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  V  386, 
vgL  F.  Bischoff,  ebenda  VI  123  f.  —  K.  Quiehl,  Der  Gebrauch  des  Conj. 
in  den  ältesten  frz.  Sprachdenkmälern  bis  zum  Rolandsliede  einschliess- 
lich. Kiel  1881  —  *G.  Willexberg,  Hist.  Untersuchung  üb.  d.  Conj.  Präs. 
der  1  schw.  Conj.  im  Frz.,  in;  Rom.  Stud.  III  373  (behandelt  vorwiegend 
die  Flexion  —  H.  Krollick,  Ueb.  d.  Conj.  b.  Villehardouin,  Greifswald 
1877  Diss.  —  R.  Nebling,  Der  Subjonctif  b.  Joinville.  Kiel  1879  Diss.  — 
A.  HA.A.SE,  Ueb.  d.  Gebrauch  des  Conj.  b.  Joinville.  Küstrin  1881/82  Progr. 
—  R.  Kowalski,  Der  Conj.  bei  Wace.  Göttingen  1882  Diss.  —  *F.  Bi- 
schoff, Der  Conj.  b.  Crestien  v.  Troyes.  Halle  1881  —  Schulze- Veltrcp,  Der 
synt.  Gebrauch  des  Conj.  in  »li  Chevaliers  as  2  espees«.  Münster  1885  Diss. 

18* 


276  l^as  Französische. 

E.  W.  Pettersün,  Om  de  franska  Hjelpverben.  Gefle  1882  Progr.  — 
E.  Weber,  Ueb.  d.  Gebrauch  von  devoir,  laissier,  pooir,  sacoir,  soloir,  vo- 
loir  im  Altfrz.  Berlin  1879  Diss.,  vgl.  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  IV  420. 

F.  A.  Wulff,  L'emploi  de  l'intinitif  dans  les  plus  anciens  textes  frc.s. 
Leipzig  1878,  vgl.  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  I  575  —  A.  Lachmund,  Ueb.  den 
Gebrauch  des  reinen  u.  präpositionalen  Inf.  im  Altfrz.  Rostock  (Schwerin) 
1877,  vgl.  Ztschr  f.  rom.  Phil.  IV  422  —  H.  Schillek,  Der  Inf.  b.  Cre- 
stien.  Breslau  1883  Diss.  —  Soltmaxn,  Der  Inf.  mit  der  Präposition  a  im 
Altfrz.  bis  zum  12.  Jahrb.,  in:  Französ.  Stud.  I  3(jl  —  C.  V.  Modin,  um 
bruket  af  intinitiven  i  Ny-Franskan.  Upsala  1875  Diss. 

H.  Dreseu,  die  active  frz.  Participialconstr.  mit  Berücksichtigung  des 
Lat.  u.  im  Vergl.  m.  d.  Engl.  Leipzig  1875  —  C.  Klöpper,  Traite  s.  l'em- 
ploi du  part.  frcs  dans  la  langue  ancienne  et  moderne.  Rostock  1873  Diss. 

—  P.  Clemenz,  Der  sjTit.  Gebrauch  des  Part.  Präs.  u.  des  Gerundiums 
im  Altfrz.  Breslau  1885  —  A.  AuBERT,  De  usu  participiorum  praesentis 
in  sermone  gallico.  Marseille  1885.  —  Weitere  Schriften  über  die 
Participien  s.  oben  S.  256. 

6.  Wortstellung  u.  dgl.  :  F.  Habicht,  Beitr.  z.  Begründung  der 
Stellung  von  Subj.  u.  Präd.  im  Neufrz.  Jena  1882  —  C.  Humbert,  Die  frz. 
Wortstellung  auf  eine  Hauptregel  zurückgeführt  oder  die  Betonung  frz. 
Wörter  und  ihr  Einfluss  auf  Wortbildung,  Formenlehre,  Sj-ntax,  Metrik 
der  frz.  Spr.,    in:    Centralorg.  f.  d.  Interess.  d.  Realschulw.  VI  Heft  8,10 

—  B.  VÖLCKER,  Die  "Wortstellung  in  den  ältesten  frz.  Sprachdenkm.,  in: 
Franz.  Stud.  IH  449  —  H.  Morf,  Die  Wortstellung  im  altfrz.  Rolands- 
lied, in:  Rom.  Stud.  III  199  —  P.  KrÜger,  Ueb.  d.  Wortstellung  in  der 
frz.  Prosalitteratur  des  13.  Jahrh.  Berlin  1876  Diss.,  vgl.  Ztschr.  f.  rom. 
Phil.  1  577  —  G.  Marx,  Die  Wortstellung  bei  Joinville,  in:  Frz.  Stud.  I 
315  —  Le  Coultre,  L'ordre  des  mots  dans  Crestien  de  Troyes.  Leipzig 
1875  Diss.,  Dresden  1875  Progr.  —  J.  Schlickum,  Wortstellung  in  der 
altfrz.  Dichtung  Aucassin  et  Nicolete,  in:  Franz.  Stud.  lU  177  — E.  Hüpf- 
NER,  Die  Wortstellung  b.  Alain  Chartier  u.  Gerson.  Leipzig  lSb3  Diss.  — 
A.  Bechtel,  Bemerkungen  zum  Gebrauch  der  Inversion  nach  aussi ,  en 
vain  etc.,  in:  Herrig's  Archiv  67,  453  —  A.  Schulze,  Die  Wortstellung 
im  altfrz.  directen  Fragesatz,  in:  Herrig's  Archiv  71,  185. 

J.  Klapperich,  Hist.  Entwickelung  der  syntakt.  Verhältnisse  der  Be- 
dingungssätze im  Altfrz.,  in:  Franz.  Stud.  III  223  —  P.  MÜLLER,  Die  lat. 
u.  frz.  consecutio  tempp.  Bruchsal  1874  Progr.  —  E.  Frodin,  Um  tempus- 
följden  i  Franskan.  Upsala  1875  Diss.  —  G.  Willenberg,  Zur  Constr.  von 
falloir,  in:  Ztschr.  f.  neufrz.  Spr.  u.  Lit.  V  117  —  Riecke,  Die  Constr.  der 
Nebensätze  im  altfrz. Rolandsliede.  Münster  1883  Diss.  Siehe  auch  S.  278. 

7.  Syntax  der  Partikeln:  E.  Gessner,  Sur  l'origine  des  preposi- 
tions  fr9ses.  Berlin  1858  —  G.  Raithel,  Die  altfrz.  Präp.  Berlin  1875,  s. 
oben  S.  257  —  E.  Engel,  Ueb.  d.  Gebrauch  d.  Präpos.  b.  Joinville.  Hei- 
delberg 1884  Progr.  —  R.  Sculenner,  Ueb.  d.  adnorainalen  Gebrauch  der 
Präp.  de  im  Altfrz.  Halle  1881  Diss,  —  C.  Wehrmann,  Beiträge  z.  Lehre 
v.  d.  Partikeln  der  Beiordnung  im  Franz. ,  in :  Rom.  Stud.  III  383  —  F. 
Perle,    Die  Negation  im  Altfrz.,    in;   Ztschr.  f.  rom.  Phil.  II  1  u.  407  — 


Satz1)aii  und  Stylistik.  277 

H.  LÜnECKIXG,  Zur  Geschichte  der  Negation  in  der  frz.  Spr.  Wiesbaden 
1S61  Progr.  —  R.  Kkichknbach,  Der  Gebraucli  des  frz.  Verbums  zum 
Ausdruck  des  Adverbiums.  Ein  sprachvergl.  Versuch.  Colberg   ls()5  Progr. 

J.  Siede,  Syntaktische  Eigenthümiiclikeiten  der  Umgangssprache  we- 
niger gebildeter  Pariser,  beobachtet  an  den  Scenes  populaires  von  Henri 
Monnier.  IJerlin  1885  Diss. 

S.  Stylistik.  Die  französische  Stylistik  ist  ein  noch  fast  völlig  ver- 
nachlässigtes Gebiet:  nicht  nur  fehlt  es  durchaus  an  einer  wissenschaft- 
liclien  Darstellung  derselben,  sondern  auch  an  einem  guten  praktischen 
I.ehrbuche.  Das  relativ  beste  Compendium:  A.  RocHK,  Du  style  et  de  la 
composition  litt^raire.  Paris  o.  J.  (Librairie  Ch.  Delagrave)  enthält  manche 
schätzbare  Bemerkungen,  ist  aber  doch  nur  dilettantisch  und  unmethodisch 
abgefasst. 

Auch  an  Einzeluntcrsuchungen  über  stylistische  Dinge  besteht  noch 
ein  fühlbarer  Mangel  und,  genau  genommen,  ist  nur  eine  bedeutende  Ar- 
beit zu  verzeichnen :  A.  Tobler,  Verblümter  Ausdruck  und  A\'ortspiel  in 
altfrz.  Rede  (Sitzungsberichte  der  Berl.  Akad.  d.  Wissensch.  XXVI  1882], 
p.  531  ff.).  Die  Bemerkungen,  welche  in  litterargeschichtlichen  Werken 
über  den  Styl  gewisser  Litteraturgattungen ,  z.  B.  der  chansons  de  geste, 
einzelner  Litteraturwerke  und  einzelner  Autoren  gegeben  werden,  sind 
vielfach  geistvoll  und  zutreffend,  gehen  aber,  wie  natürlich,  nicht  auf  das 
Einzelne  ein.  Neuerdings  ist  die  Untersuchung  des  »Styls«  und  der  »Poe- 
tik« irgend  eines  Werkes  oder  eines  Autors  ein  beliebtes  Thema  für  Doctor- 
dissertatiouen  geworden,  und  an  sich  ist  dagegen  höchstens  das  Bedenken 
zu  erheben,  dass  derartige  Arbeiten  eigentlich  mit  wirklichem  Erfolge  erst 
dann  werden  unternommen  werden  können,  wenn  die  Theorie  des  Styles  die 
wissenschaftliche  Neugestaltung,  deren  sie  dringend  bedarf  (vgl.  Theil  II 
S.  305),  erhalten  haben  wird.  Jedenfalls  aber  ist  an  vielen  der  betr.  Disserta- 
tionen zu  rügen,  dass  ihre  Verfasser  das  Thema  zu  äusserlich  und  mecha- 
nisch behandelt  haben,  indem  sie  sich  damit  zufrieden  gaben,  die  ihnen 
aufstossenden  stylistischen  Thatsachen  nach  den  herkömmlichen  Rubriken 
schematisch  aufzuführen.  Solches  Verfahren  kann  nur  den  Werth  einer,  unter 
Umständen  allerdings  verdienstlichen,  Vorarbeit  besitzen.  Die  eigentliche 
Aufgabe  bei  derartigen  Untersuchungen  muss  sein,  festzustellen,  welche  der 
vorkommenden  stj^listischen  Wendungen  originell,  bzw.  für  das  betr.  Werk 
oder  für  den  betr.  Autor  charakteristisch  sind,  welche  Stellung  dies  Werk 
oder  dieser  Autor  in  stj'listischer  Beziehung  innerhalb  der  zeitgenössischen 
und  gegenüber  der  vorausgegangenen  Litteratur  einnimmt  und  welchen  sty- 
listischen Einfluss  dasselbe ,  bzw.  derselbe  auf  die  Folgezeit  ausgeübt  hat. 
Aber  es  wäre  zu  wünschen,  dass  stylistische  Untersuchungen  auch  auf  an- 
dere, umfassendere  Objecte  gerichtet  würden,  z.  B.  auf  die  Beeinflussung, 
die  der  französische  Styl  bestimmter  Zeiträume  und  bestimmter  Litteratur- 
gattungen durch  das  Lateinische,  das  Italienische,  das  Spanische  erfahren 
hat;  auf  den  inneren  Zusammenhang,  in  welchem  der  Styl  bestimmter  Zeit- 
räume zu  der  bildenden  Kunst  steht;  auf  das  Verhältniss  einer  bestimm- 
ten Stylform  zur  Gesammtcultur  u.  dgl. 

K.  ZuTAVEUX,    Ueber  die  altfrz.  epische  Sprache.    Heidelberg  1885  — 


278  Das  Französische. 

Fr.  Ziller,  Der  epische  Styl  des  altfrz.  Rolandsliedes.  Magdeburg  1S83 
—  H.  Drees,  Der  Gebrauch  der  Epitheta  omantia  im  altfrz.  Rolandsliede. 
Münster  1883  —  J.  Bekker,  Gegenüberstellung  homerischer  u.  altfranzös. 
Sitte  und  Ausdrueksweise,  in :  Monatsberichte  d.  Berl.  Akad.  d.  A^'issen- 
schaften  1866  —  K.  Tolle,  Das  Betheuern  u.  Beschwüren  in  der  altroman. 
Poesie  mit  besonderer  Berücksichtigung  der  französ.  Erlangen  1883  —  J. 
Altona,  Gebete  und  Anrufungen  in  den  altfrz.  Chansons  de  geste,  in: 
Stexgel's  Ausg.  u.  Abh.  IX  —  E.  Ebert,  Die  Sprichwörter  der  altfranz. 
Karlsepen,  in :  Stengel's  Ausg.  u.  Abh.  XXIII  —  Hüllen,  Ueber  Styl  u. 
Composition  der  altfrz.  chansons  de  geste  Amis  u.  Amites  und  Jourdains  de 
Blaivies.  Münster  1883  Diss.  —  Grosse,  Der  Styl  Crestiens  v.  Troyes, 
in:  Französ.  Studien  I  127  —  G.  Felgxer,  Ueber  Eigenthümlichkeiten 
der  Ronsard'schen  Phraseologie.  Gotha  1880  Progr.  —  AV.  Heidkami",  Re- 
marques s.  la  langue  de  Moliere.  Münstereifel  1882  Progr.  —  E.  Kaulen, 
Die  Poetik  Boileau's.  Münster  1881  Diss.  —  Fritzsche,  Rousseau's  Styl 
und  Lehre  in  seinen  Briefen.  Zwickau  1884  Progr.  —  C.  M.  Robert,  No- 
tes et  remarques  s.  la  langue  des  romans  champetres  de  G.  Sand,  in: 
Taahstudie  Bd.  V  u.  VI. 

Nachtrag  zu  S.  275  f. :  G.  RiDOLPH,  Der  Gebrauch  der  Tempora  u. 
Modi  im  agn.  Hörn,  in :  Herrig's  Archiv  LXXIV  257  —  H.  Johannsen, 
Der  Ausdruck  des  Concessivverhältnisses  im  Altfrz.  Kiel  1885. 


Neuntes  Kapitel. 
Die  Rhythiuili. 

Vorbemerkung.  Hauptgesetze  der  französ.  Rhythmik 
sind:  1.  Der  französ.  Vers  ist  nach  dem  accentuirenden 
Principe  gebaut  und  an  eine  bestimmte  Sylbenzahl  gebunden. 
2.  Die  (tönende)  Schhisssylbe  jedes  Verses  ist  stets  rhythmisch 
hochbetont.  3.  Verse  grösseren  Umfanges  sind  durch  die  Cäsur 
in  zwei ,  gleiche  oder  ungleiche ,  Theile  zerlegt ;  die  vor  der 
Cäsur  stehende  (tönende)  Sylbe  ist  rhythmisch  hochbetont. 
4.  Neben  den  festen  rhythmischen  Hochtonstellen  (am  Vers- 
schlusse  und  vor  der  Cäsur  haben  Verse  grösseren  Umfanges 
noch  eine  oder  mehrere  bewegliche  rhythmische  Hochtonstel- 
len. 5.  Jede  rhytlmiische  Hochtonstelle  bildet  mit  den  ihr 
vorausgehenden  tieftonigen  Sylben  (wenn  solche  fehlen,  für 
sich  allein)  ein  sogenanntes  rhythmisches  Element  (Tonfuss) ; 
die  zu  einem  Verse  verbundenen  rhythmischen  Elemente  kön- 
nen gleichen  oder  ungleichen  Umfang  (Sylbenzahl)  haben :   das 


Die  Rhythmik.  270 

Letztere  ist  die  Kegel.  0.  Auf  einander  folgende  Verse  haben 
in  der  Regel  verschiedene  rhythmische  Stnictur.  7.  Die  zu 
einer  Dichtung,  hzw.  zu  einer  Strophe  vereinten  Verse  müssen 
mindestens  paarweise  durch  (die  Assonanz,  bzw.  den  Keim 
verbunden  sein. 

Für  das  Neufranzösische  insbesondere  treten  noch  folgende 
Gesetze  hinzu-  1.  Die  Ciisur  kann  nur  männlich  sein,  Worte 
weiblicher  Endung  können  folglich  nur  im  Falle  der  Elisions- 
möglichkeit in  der  Cäsur  stehen.  2.  Männliche  und  weibliche 
Reime  müssen  regelmässig  mit  einander  wechseln.  3.  Das 
Enjambement  ist  verpönt. 

§   1.    Die  S ylbenzählung. 

1 .  Jede  geschriebene  Sylbe  besitzt  in  der  Kunstpoesie 
rhythmische  Geltung.  Daraus  folgt,  dass  auch  das  dumi^fe, 
bzw.  das  sog.  stumme  e  derartige  Geltung  besitzt,  jedoch  sind 
hier  folgende  Ausnahmen  zu  bemerken  ^)  :  a;  dumpfes  e  vor 
vocalischem  Anlaut  wird  im  Neufrz.  stets  elidirt  im.  Altfrz. 
ist  die  Elision  nur  facultativ  bei  qtie,  w^eil  ursprünglich  quod 
[im  frühen  Altfrz.  auch  qued'\.  se  =  si  und  se  =  sie,  ne  =  nee, 
je.  ee  [ob  in  qo  est  das  o  elidirt  oder  das  e  apokopirt  wird, 
ist  streitig],  ferner  bei  enclitischen  ^nicht  aber  bei  prokli- 
tischen]  me.  te ,  se.  le).  b)  Die  Wortausgänge  auf  Hochton- 
vocal  +  e  (z.  Vi.  Jalousie,  j'ournee  u.  dgl.'  gelten  am  Vers- 
schlusse  als  weibliche  Endungen ,  im  Versinnern  sind  sie  im 
Neufrz.  nur  im  Falle  der  Elision  zvilässig.  c)  Die  Wortaus- 
gänge auf  Hochtonvocal  -\-  e  -\-  s  oder  nt  (z.  B.  Journees^ 
voient)  gelten  am  Versschlusse  als  weibliche  Endungen,  im 
Versinnern  sind  sie  im  Neufrz.  unzulässig  (Ausnahmefälle  noch 
bei  Corneille.  Meliere  und  anderen  Dichtern  des  17.  Jahrh.). 
Die  Verbalformen  aient  und  soieiit,  sowie  der  Verbalausgang 
-aietit  (3  P.  PI.  Impf,  und  Impf.  Fut.)  gelten  im  Neufrz.,  zu- 
weilen auch  schon  im  Altfrz.,  als  einsylbig,  bzw.  als  männ- 
lich, d)  In  der  Combination  Vocal  -\-  e  -^  Hochtonsylbe  (z.  B. 
tuerai .,  gaiement  u.  dgl.)  besitzt  e  im  Neufrz.  nie  mehr  Syl- 
bengeltung,   daher  auch  die  Schreibweisen:  iurai,  gaimenf  etc. 


1)  Nicht  als  Ausnahmefall  ist  es  zu  betrachten,  wenn  in  altfranzösi- 
schen Schreibungen  wie  aneme  u.  dgl.  das  lediglich  graphische  e  der  Mit- 
telsylbe  für  den  Vers  als  nicht  vorhanden  gilt. 


280  ^^^  Französische. 

Die  Aussprache  des  Sylbengeltung  besitzenden  tonlosen  e 
im  Auslaut  ist  Object  lebhafter  Controversen,  auf  welche  hier 
nicht  näher  eingegangen  werden  kann.  Bemerkt  werde  nur, 
dass  mehr  und  mehr  die  Tendenz  sich  geltend  macht ,  die 
Aussprache  bei  der  Recitation  und  Declamation  poetischer 
Stücke  ganz  nach  den  für  die  Prosa  gültigen  Grundsätzen  zu 
behandeln. 

2.  /(/.  fna,  fa,  sa  verlieren  vor  vocalischem  Anlaut  ihre 
Sylbengeltung.  im  Neu  frz.  tritt  für  ma  etc.  vor  Vocal  die 
Masculinform  ein   [mon  epee,  altfrz.  ni'espee). 

8.  Vocalcombinationen  sind  a)  zweisylbig,  a)  wenn  sie 
auf  lat.  Doppel  vocal  beruhen,  z.  B.  religi\on ,  consc%\ence^ 
eiudier  etc.  Hierher  gehören  namentlich  die  durch  Schwund 
einer  intervocalischen  Explosiva  entstandenen  Combinationen, 
z.  B.  crw[c?je/,  /e[^]e?',  mendi\c\er  etc.  —  Ausgenommen  z.  B. 
diahle  und  diantre ,  ßacre ,  hreviaire  (altfrz.  hrevi\ai\re) ,  liard 
(v.  lie  =  laefum'l),  die  Endung  -ien  (altfrz.  -i\ie?i,  auch  im 
älteren  Neufrz.  häufig  noch  -i\en)  in  ancien^  gardien^  chretien 
u.  dgl.,  familier  =  ^famil-arius:  ferner:  miette  v,  mi\c\a,  moelle 
=  altfrz.  me\oIe  =  medulla.  fouet  v.  fagus^  fuir  v.  *fu\(f]ire, 
poele  \.  pa[i\ella,  ecuelle  v.  scu[t]eUa ,  pietre  v.  pe\d^\estreni , 
j'uif  V.  *judwus  (durch  SuffixvertaTischung  f.  judaeus) ,  oui  = 
Oll  == /to[c]ille.;  über  -ions,  -iez  vgl.  C;  ;  zweisylbig  ist  pags. 

b)  einsylbig  a)  wenn  sie  zum  graphischen  Ausdruck  eines 
einheitlichen  Lautes  dienen,  wie  ou  =  ic,  au  =  o.  ai=^e,  eu  und 
cßuz=z  ö;  ß)  wenn  sie  auf  einem  lat.  Vocal  beruhen,  wie  z.  B. 
ie  in  hien  =  hine.  pied=pedem,  soir  =  se^-twi,  bois  =  biho. 
Ausgenommen  sind  hi\er  (seit  dem  16.  Jahrh.,  doch  findet  sich 
noch  im  17.  Jahrh.  hier)  ,  die  Endung  -ier  nach  muta  cum 
liquida,  daher  t7ieurtri\er ,  aber  polier,  ebenso  ie  in  den  Ordi- 
nalzahlen, daher  quatri\eme,  aber  troisieme.  ebenso  erklärt  sich 
gri\ef\  y)  wenn  sie  entstanden  sind  durch  Vocalattraction,  wie 
z.  B.  Ol  in  gloire.  über  -ier  =  arius  s.  oben ;  6]  wenn  sie  ent- 
standen sind  durch  Vocalisirung  eines  Cons. ,  daher  ist  z.  B. 
ieu  in  cieux  =  cael[o'\s  einsylbig,  ebenso  eau  in  heau  =  hel}\iirn\. 

c)  Die  Verbalausgänge  -iona ,  -iez  sind  im  Neufrz.  nach 
muta  cum  liquida  zweisylbig,  also  z.  B.  voudrio?is,  sonst  ein- 
sylbig, also  z.  B.  voidions.  Im  Altfrz.  Avaren  -ions,  iez  im 
Impf.   Ind.   und  im  Cond.  zweisylbig,    sonst  einsylbig. 


Die  Rlinhmik.  281 

4.  In  Versen  weibliehen  Ausganges  (auf  -e]  sowie  in  (alt- 
französischen) Versen  mit  weiblicher  Cäsur  besitzt  die  der  letz- 
ten Ilüchtonsylbe  des  betr.  Halbverses  zwar  lautliche  Sylben- 
geltung ,  wird  aber  nicht  mitgezählt .  es  endet  vielmehr  die 
Zählung  mit  der  Hochtonsylbe,  also  z.  H.  ein  altfrz.  Alexan- 
driner mit  weiblichem  Ausgange  und  weiblicher  Cäsur  zählt 
thatsächlich  14  Sylben,  gilt  aber  nichtsdestoweniger  als  I2syl- 
biger  Vers. 

Im  Xeufrz.  sind  Verse  weiblichen  Ausganges  im  Falle  der 
A'erstummung  des  auslautenden  tonlosen  e  thatsächlich  männ- 
liche Verse. 

§  2.    Der  Hiatus. 

1 .  Der  Hiatus  im  "NVortinnem  war  stets  und  ist  noch 
jetzt  durchaus  gestattet,  vgl.  §   1,  No.  3. 

2 .  Ueber  den  Hiatus .  der  durch  das  Zusammentreffen 
vocalischen  Auslautes  und  vocalischen  Anlautes  erzeugt  wird, 
ist  zu  bemerken : 

a]  er  wird  durch  Elision  beseitigt  zwischen  auslautendem 
dumpfen,  bzw.  sog.  stummem  e  -\-  anlautendem  Vocal.  vgl. 
§   l.  No.    1  a): 

b'  er  ist  gestattet  zwischen  auslautendem  Nasalvocal  + 
anlautendem  Vocal,  z.  B.  tm  autre.   im  hahit-, 

c)  er  ist  gestattet  zwischen  Vocal  +  auslautendem  stum- 
men Cons.  -(-  anlautendem  Vocal.  z.  B.  zwischen  den  Verbal- 
formen auf  -er,  -ez  und  folgendem  vocalischen  Anlaut;  ei  je- 
doch wird  nach  Kegel  d)   behandelt : 

d)  er  ist  sonst  gestattet  im  Altfrz.,  verboten  im  Neufrz., 
so  dass  also  im  letzteren  Verbindungen,  wie  tu  as,  a  efe,  et  eile 
u.  dgl.  unzulässig  sind,  jedoch  dürfen  luterjectionen  [ah,  eh, 
oll  etc.)  im  Hiatus  stehen  und  oui  wird  oft  als  consonantisch 
anlautend  betrachtet. 

Aus  dem  Gesagten  ergiebt  sich,  dass  auch  das  Neufrz. 
den  Hiatus  noch  in  weitem  Umfange  zulässt. 

§  3.    Die  Versstructur. 

1.  Das  rhythmisch  zulässige  Minimum  der  Sylbenzahl 
eines  Verses  ist  4,  das  rhythmisch  zulässige  Maximum  ist  12. 
Allerdings  sind  gelegentlich  auch  einerseits  drei-,  zwei-  und 
selbst  einsylbige  Verse  und  andererseits  solche  von  13,  14  etc., 


282  Däs  Französische. 

ja  selbst  von  24  Sylben  gebildet  worden,  es  sind  dies  aber 
nur  rhythmische  Monstrositäten,  die  höchstens  den  Werth 
künstlicher  Spielereien,  nicht  aber  irgendwelches  Daseinsrecht 
besitzen. 

2.  Die  innere  Structur  des  Verses  beruht  auf  dem  rhyth- 
mischen Accente.  Jeder  Vers  besitzt  mindestens  eine  rhyth- 
mische Hochtonstelle,  welche  von  der  letzten  in  der  Zählung 
berechneten  Sylbe  gebildet  wird.  Verse  von  mehr  als  vier 
Sylben  besitzen  in  der  Regel  zwei,  bzw.  mehrere  rhythmische 
Hochtonstellen  (vgl.  No.  3).  Eine  rhythmische  Hochtonstelle 
mit  den  ihr  vorangehenden  tieftonigen  Sylben  bildet  ein  rhyth- 
misches Element,  bzw.  einen  Tonfuss,  welcher  je  nach  der  Zahl 
der  tieftonigen  Sylben  als  Tonjambus,  Tonanapäst  oder  Tonpäon 
bezeichnet  werden  kann.  Die  Combinationen  von  vier  und  selbst 
von  fünf  tieftonigen  Sylben  mit  einer  rhythmisch  hochbeton- 
ten Sylbe  sind  möglich  und  kommen  nicht  selten  zur  Ver- 
Avendung;  man  kann  sie,  wenn  sie  als  selbständige  Verse  auf- 
treten,   (nach  Lubarsch)  als  »rhythmische  Wirbel«  bezeichnen. 

Eine  rhythmische  Hochtonstelle,  welche  den  Vers  beginnt 
oder  einer  rhythmischen  Hochtonsylbe  unmittelbar  nachfolgt, 
also  Tieftonsylben  nicht  vor  sich  hat,  bildet  für  sich  allein 
ein  rhythmisches  Element  *) . 

Die  zu  einem  Verse  verbundenen  rhythmischen  Elemente 
können  bezüglich  ihres  Umfanges  und  also  auch  bezüglich 
ihrer  Beschaffenheit  einander  gleich  oder  ungleich  sein,  Letz- 
teres ist  der  häufigere  Fall.  Als  Beispiel  diene  folgende 
Strophe   (nach  Luuarsch): 

La ßeiir  \  des  vi\gnes  pousse  (drei  Tonjamben) 
Et  Jai  I  vingt  ans  \  ce  soir  (drei  Tonjamben) 
Oh !  (jtte  la  vi\e  est  douce !   (Tonpäon  -1-  Tonjambus) 
C'est  comme  en  vin  \  qui  mousse  (Tonp.  -|-  Tonj.) 
En  sortant  \  du  pressoir  (zwei  Tonanapästei . 

3.  Verse  von  mehr  als  acht  Sylben  werden  in  der  Regel 
durch  die  Cäsur  in  zwei  Hälften  oder  Hemistiche  zerlegt'^). 
Die    vor   der  Cäsur  stehende  Sylbe  trägt  stets  einen  rhythmi- 


1)  Obiger  Satz   kann  allerdings  mit  guten  rhythmischen  Gründen  an- 
gefochten, aber  auch  mit  ebensolchen  vertlieidigt  werden. 

2)  Im  ältesten  AUfrz.    Leodegar,  l^ission^  finden  sich  auch  achtsylbige 
Verse  mit  Cäsur,  vgl.  unten  §  4,  No.  ."i. 


Die  Rhythmik.  283 

sehen  Ilochton,  so  dass  also  Verse  mit  Cilsuv  stets  mindestens 
zwei  rhythmische  Ilochtonstellen  besitzen. 

4.  Seit  He^inu  des  16.  Jahrhunderts  darf  die  Ciisur  nur 
dann  noch  (und  also  nur  scheinbar)  weiblich  sein,  wenn  das 
auslautende  tonlose  e  elidirt  wirtl ;  sie  ist  also  thatsächlich 
immer  männlich.  ;l)as  Streben,  nur  männliche  Cäsur  zu  brau- 
chen, zeigt  sich  zuerst  im  Abenteuerromane  »lirun  de  la  Mon- 
tagne«,  14.  Jahrh.,  annähernd  durchgeführt;  theoretisch  scheint 
die  Regel  zuerst  von  Jean  Lemaire  des  IJelges,  geb.  1473, 
aufgestellt  worden  zu  sein,  vgl.  Tobler  a.  a.   O.,  p.   70.) 

5.  Enklitische  und  proklitische  Worte  (die  conjunctiven 
Pronomina  u.   dgl.)  dürfen  nicht  vor  der  Cäsur  stehen. 

G.  Rhythmisch  durch  Assonanz  oder  Reim  mit  einander 
verbundene  Verse  gleicher  Sylbenzahl  haben  zwar  die  Cäsur 
an  derselben  Stelle,  können  aber  in  Bezug  auf  die  Beschaffen- 
heit der  rhythmischen  Elemente  verschieden  sein  und  sind  es 
in  der  Regel.  Mit  einander  verbundene  Verse  gleichen  Um- 
fanges  sind  also  meist  ungleichtaktig ,  vgl.  Theil  II,  S.  417 
u.   423  f. 

7.  Die  Vocalquantität  bildet  kein  constituirendes  Ele- 
ment des  französischen  Verses,  kann  jedoch  für  rhythmische 
Zwecke  wirkungsvoll  benutzt  werden. 

S.  Gelegentlich  findet  s-ich  innerhalb  des  Verses  die  Al- 
literation als  rhythmisch  wirksames  Mittel  gebraucht,  es  darf 
jedoch  bezweifelt  werden,  ob  dies  von  Seiten  des  betr.  Dich- 
ters mit  Bewusstsein  geschehen  ist. 

§  4.    Die  Structur  des  ach tsylb igen  Verses. 

1.  Der  achtsylbige  Vers  ist  im  Altfrz.  der  übliche  Vers 
des  Abenteuerromans  und  der  damit  zusammenhängenden  no- 
vellistischen Reimdichtung  '(Conte ,  Fabliau ,  Laij ,  der  allego- 
rischen und  der  didac tischen  Dichtung  sowie  des  Dramas. 

2.  Der  achtsylbige  Vers  des  Altfrz.  ist  cäsurlos  (vgl.  je- 
doch No.  3^  und  besitzt  zwei  oder  drei  rhythmische  Hochton- 
stellen, von  denen  nur  diejenige  am  Versschlusse  fixirt  ist; 
seine  Structur  möge  durch  folgendes  Beispiel  aus  Crestiens' 
Chev.   au  lyon,  v.    12  ff. ,   veranschaulicht  werden: 

Li  an  recontoient  noveles. 

li  autre  parloient  d'amörs. 


284  I^as  Französische. 

des  angoisses  et  des  dolörs 

et  des  granz  Mens  qiiörent  soväni 

li  deciple  de  so?i  covänt, 

qui  lors  estoit  molt  dölz  et  buens. 

3.  In  dem  achtsylbigen  Verse  des  Leodegar  und  der  Pas- 
sion ist  fast  regelmässig  die  vierte  Sylhe  rhythmisch  hochbe- 
tont und  scheint  nach  derselben  Cäsur  angenommen  werden 
zu  müssen    vgl.   G.  Paris  in  Rom.   I  295),   z.   B. : 

Domine  deü  \  deuemps  lauder. 
et  a  SOS  Si'mcz  \  honör  porter. 
in  suamör  \  cantömps  del  sänz. 
quae  por  lui  aügrent  \  gränz  aänz. 
et  or  es  temjys  \  et  si  est  Mens, 
quae  nos  cantümps  \  de  sänt  lethgier. 

4.  Im  Neufranzösischen,  welches  den  achtsylbigen  Vers 
nur  in  der  Lyrik  verwendet,  kann  die  Structur  desselben  sehr 
mannigfach  sein,  wie  folgendes  Beispiel  veranschaulichen  mag 
(nach  LuBARSCH,  S.   197): 

J^ai  Jete  ma  vie  aux  delices. 

Je  souris  ä  la  volupte; 

Et  les  insenses,   mes  complices, 

Admirent  ma  felicite. 

3Ioi-t)ieme,   crednle  ä  ma  joie. 

J^enivre  mon  ccßlir^  Je  me  noie 

Aux  torrents  dun  rinnt  orgiieil ; 

Mais  le  Malheur  devant  ma  face 

A  passe;  le  rire  s'efface. 

Et  mon  front  a  repris  son  de\iil. 

§  5.    IMe  Structur  des  zehn sylb igen  Verses. 

1.  Der  zchnsylbige  Vers  ist  der  übliche  Vers  in  den  äl- 
teren chansons  de  geste ;  als  solcher  hat  er  die  (männliche  oder 
weibliche)  Cäsur  nach  der  vierten  Sylbe ,  Cäsurstelle  und 
Schlussstelle  sind  stets  rhythmisch  hochbetont ,  ausserdem 
kann  das  erste  Hemistich  noch  eine,  das  zweite  Ilemistich 
m  u  s  s  mindestens  noch  eine  ,  kann  aber  auch  zwei  rhythmi- 
sche Hochtonstellen  haben,  so  dass  deren  Gesammtzahl  im 
Minimum  3,  im  Maximum  5  beträgt,  z.  B.  der  Anfang  des 
Rolandsliedes  (O)  : 


Die  Rhythmik.  285 

Carh's  li  reis.  \  nostre  emperere  mugnes^ 
set  am  tuz  pleins  \  ad  est  et  en  Espaigne. 
tresqii    en  la  mer  \  cunquht  Ja  tere  altnigne. 
yi  ad  castel  \  qui  devaut  lui  rcmaigne, 
murs  ne  citet  \  ni  est  remes  a  fraindre 
fors  SaiTaguce,  \  Jc'est  en  une  montaigne. 

2.  Im  Xeufranzösischen  wird  der  zehnsylbige  Vers  nur 
noch  in  der  Lyrik  iiud  in  der  Ipisch-epischen  Dichtung  (Ro- 
manze n.  dgl.  gebraucht  und  auf  doppelte  Weise  —  entweder 
mit  der  Ciisur  nach  der  vierten  oder  mit  der  Ciisur  nach  der 
fünften  Sylbe  —  gebildet :  eine  dritte  Art  mit  der  Cäsur  nach 
der  sechsten  Sylbe  ist  nur  gelegentlich  gebraucht  worden. 

3.  Als  Beispiel  für  die  Stfuctur  zehnsylbiger  Verse  der 
ersten  Art  (Cäsur  nach  der  vierten  Sylbe)  diene  die  Strophe 
DuRA>'D's  (bei  Lubarsch.  S.   162  : 

Des  hiancs  torrents  \  ecoutant  le  murmiire 
Sur  les  gazons  \  Je  me  suis  arrete  ; 
Jamals  le  soir,  |  ö  naftire.  nattire! 
^eut  plus  declat  \  ni  plus  de  majeste. 
Feux  dans  Vazur^  \  neige  d'or  \  revetue! 
Hymne  des  bois,  \  echos  des  monts  en  ßeurs ! 
Dans  cet  accord  \  ma,  voix  seule  s'est  tue, 
C'est  que  mon  ccBur  |  et  alt  aillenrs. 

4.  Der  zehnsylbige  Vers  mit  der  Cäsur  nach  der  fünften 
Sylbe    (nach   einem   Gedichte   des  Bo>'avexture  des   Periers 

1544]  scherzhaft  »vers  en  taratantara«  benannt  wurde  zuerst 
im  Roman  de  la  Violette  des  Girbert  de  Montreuil  (13.  Jahrb.) 
gebraucht,  erlangte  im  16.  Jahrh.  einige  Beliebtheit,  gerieth 
aber  bald  wieder  in  Vergessenheit  und  wurde  erst  am  Ende 
des  17.  Jahrh.  von  Regnier  Desmarais  wieder  aufgenommen 
und  späterhin  von  mehreren  romantischen  Dichtem,  z.  B.  von 
V.  [Hugo  und  Bti.  de  Banville,  gebraucht  vgl.  LirBARSCH, 
S.  170).  Als  Beispiel  für  die  Structur  mögen  folgende  Verse 
dienen  (nach  Luharsch.  S.   173): 

Entre  deitx  seigneurs,  \  un  Frank,   im  Breton, 
S^apprete  un  combat,  \  combat  de  renom. 
Du  paijs  breton  \  Lez-Breiz  est  Vappui, 
Que  Dien  le  soutienne  \  et  marche  avec  lui 


286  ^^^  Französische. 

Le  seigneur  Lez-Breiz  \  le  hon  chevalier. 
Eveille  iin  matin  \  son  Jeune  ecuyer  etc. 

§  6.  Die  Structur  des  zwölfsylhigen  Verses  (Ale- 
xandriners, vgl.  No.   5). 

1.  Der  zwölfsylbige  Vers  Avird  durch  die  (im  Altfrz.  männ- 
liche oder  weibliche,  im  Neufrz.  nur  männliche)  Cäsur  in  zwei 
Hemistiche  gleichen  Vmfanges  getheilt.  Jedes  Hemistich  be- 
sitzt je  eine  feste  rhythmische  Hochtonstelle  am  Schlüsse  also 
in  der  6.,  bzw.  in  der  12.  Sylbe)  und  ausserdem  noch  je  eine 
nicht  iixirte  Hoch  tonstelle.  Die  Gesammtzahl  der  rhythmi- 
schen Hochtonstellen  ist  somit  4 ,  jedoch  linden  sich  nicht 
ganz  selten  Verse .  welche  5  und  selbst  6  Hochtonstellen  be- 
sitzen,  wie  z.  B.     nach  Lubarsch)  : 

Ne  ministre  du  Dieu  \  qu!en   ce  iemjile  oti  adore    [Racine, 

Ath.   3,   31. 
Peuple  mgrat?     Quoi?    toujours   \    les  j^ius   grandes   mer- 

veilhs  .  .  .   I  Racine,  Ath.   1,    1"|. 

2.  In  der  modernen  französischen  Poesie  unterscheidet 
man  zwei  Formen  des  Alexandriners,  die  classische  und  die 
romantische.  Unterscheidungsmerkmal  zwischen  ihnen  ist  die 
grössere  oder  geringere  Bedeutung  der  Cäsur    vgl.   No.   4). 

3.  Die  classische  Form  ist  die  bei  weitem  vorherr- 
schende und  übliche.  Die  zu  ihr  gehörigen  Verse  gliedern 
sich  nach  den  vier  rhythmischen  Hochtonstellen  in  vier  ein- 
ander im  Umfange  gleiche  oder  ungleiche  rhythmische  Ele- 
mente (Tonfüsse).  Hiernach  sind  mannigfache  Variationen  des 
classischen  Alexandriners  möglich  und  thatsächlich  üblich.  Im 
folgenden  werde  (nach  Becq  de  Fouqiekes,  S.  bS  ff.  eine  ta- 
bellarische Uebersicht  über  dieselben  gegeben,  wobei  die  Syl- 
benzahl  der  rhythmischen  Elemente  durch  die  entsprechende 
Ziffer  bezeichnet  und  jeder  Formel  ein  Beispiel  aus  Racine 
beigefügt  werden  soll : 

1)  3  -f-  3  I  3  -|-  3 :  voua    m'avez    de    Cesar  |  conße    la   jeu- 

nesse. 

2)  2  -}-  4  I  2  -|-  4  :  aux  pieds  de  lEternel  \je   viens  inJtu- 

milier. 

3)  4  -}-  2  I  4  -[-  2 :  qiiest    dcvenu   ce   cwur  \   qtii  me  juraif 

toujours  .  .  . 


Die  Khvthmik. 


287 


-1) 

2  +  4  1 

^^) 

-1+2  1 

«) 

3  H-  3  1 

7) 

3  4-3  1 

8) 

2  +  4  1 

9) 

4  +  2  1 

10^ 

1  +5  1 

11] 

1  +  5  1 

12) 

1  +  5  1 

13 

1  +  5  1 

14 

1  +5  1 

15] 

2  +  4  1 

16] 

3  +  3  1 

17^ 

2  +  4  1 

18 

3  +  3  1 

19 

4  +  2  I 

20 

4  +  2  1 

21 

5  +  1   1 

22 

5  +  1   1 

23 

)    5  +  1   1 

4  +  2:  hthts!  puh-Je   esper  er  \   ih   voun   revoir 

encore '! 
2  +  4  :  j'ai   declare    mu    hont  \ e    aux   yeux   de 

mon  rainqiieiir. 

2  +  4 :   et   lui-memc   a    Ja  mort  \  i1  s'esf  prcn- 

pite. 
4  +  2 :  Je    ne  puis    aeparer    \    tcs    inUreis  des 
miens. 

3  +  3 :   voiJa ,   comme  Je  crns  \  etouffer  ma  ten- 

dresse. 
3  +  3  :   reunissons    trois    coetirs  |  gut    nont   pu 
saccorder. 

1  +  5 :  Dien  ■    quels   imisseaux  de   sang  \   con- 

leiit  aiitour  de  itioi- 

2  +  4  ;  loin   de   le  mepriser  \  J^admire  son  cou- 

ragc. 

3  +  3  :  Olli ,    resf   Agamemnon.  |   c'esf    ton   rot 

qui  feveille. 

4  +  2 :   Ro7ne    en    ejfet     friom  \phe    et    Mifhri- 

dafe  est  mort. 

5  +  1  :  Juge  saus  interet^  \  vous  les  convaincrez 

mienx. 

1  +  5 :  vos  Jours  toujours  sereins  |  coulent  dans 
les  plaisirs. 

1  +  5:  im  desordre  eternel  \  regne  dans  sori 
esprit. 

5  +  1 :  soumis  avec  respect  \  ä  sa  volonte  sainte 

5  +  1 :  des  lotigt emps  eile  halt  j  cette  fermete 
rare. 

1  +  5:  notre  ennemi  seigneiir  \  cherche  ses  avan- 
tages. 

5  +  1  :  dhiji  incident  tous  frais  \  qui  coiis  sur- 
preiidra  fort  (Mol.  . 

1  +  5 :  ne  vienne  attaquer  Dien  |    Jnsquen  son 

sanctuaire. 

2  +  4:  ils    Tatt aquer ont    me\me    au  sein  de  la 

victoire. 
4  +  2 :  7ie   seraietit-ih  point  ceiix  \  qui  parlent 
mal  de  nons? 


288  I^^s  Französische. 

24)  5  +  1  j  5  +  1 :  ye  vons  licürais  trop.  \   Voiis  men  aime- 

riez  plus 

25)  5  -j-  1  I  3  +  3  :   /e  sa/iff  de  vos  rois  cri\e  et  n'est  point 

ecoute. 
Es  ist  selbstverständlich,  dass  nicht  alle  diese  Variationen 
gleich  häufig  zur  Verwendung  gelangen .  und  leicht  hegreif- 
lich, dass  namentlich  diejenigen,  in  denen  zwei  rhythmische 
Hochtonstellen  unmittelbar  auf  einander  folgen,  nur  selten  ge- 
braucht werden.  Ebenso  bedarf  es  nicht  erst  des  ausdrück- 
lichen Hinweises  darauf,  dass  jede  dieser  Combinationen  rhyth- 
misch anders  wirkt  und  dass  auf  ihrer  passenden  und  mit  dem 
ausgesprochenen  Gedankeninhalte  zusammenstimmenden  Ver- 
wendung und  Verbindvmg  die  Schönheit  des  poetischen  Aus- 
druckes zu  einem  grossen  Theile  beruht. 

Zu  den  angeführten  Combinationen  treten  noch  ferner : 
a)   solche  Combinationen,   in  denen  das  eine  oder  das  an- 
dere  Hemistich  nur   eine  rhythmische  Hochtonstelle   besitzt, 
nämlich : 

26)  l-|-5|0-|-6:  mttis,   de  vos  allies  \  ne  vous  separez  pas. 

27)  2-f-4  I  0-|-6:   brüle    de    plus    de   feux  \  que   Je    n'en 

allumai. 

28)  3  -|-  3  I  0  4"  6  •  y^   fncihhorre   encor  plus  \  que  tu  ne  me 

de  teste s. 

29)  4  +  2  j  0  -|-  6  :  eher   Zacharie,    allez,  \  ne    vous   arretez 

pas. 

30)  5  -f-  1  I  0  4-  6 :  vous  perdez  le  sens.    Point.  \   Vous  vous 

declarerez  (Mol.) 

31)  0  -|-  6  I  2  -}-  1  :  ne  vous  souvient-il  plus,  \  seigneur,  quel 

fut  Hector? 

32)  0  -f-  6  I  3  -f-  3  :  ne    vous    informez  point  \  de    Tetat    de 

mon  Cime. 

33)  0-|-6|4-f-2:   et  vous  avez  motiti'e  \  par  une  heureuse 

audcice. 

34)  0  -{-  6  J  5  -j-  1  :  ye   ne   vous  parle  pas  \  de  nous   aj outer 

foi  (Mol.) 

35)  0  4-  6  I   1  4-  5  :  ^6'  inen  retournerai  \  seille  et  desesperee. 

Hierüber  noch : 
?>Q)  0  -\-  ^  \  ü  •\-  ^  :   ne    ?fiavez-votts    pas    dit  \    que    vous    le 

haissiez  / 


Die  Rhythmik.  289 

Es  lieo:t  in  der  rhythmischen  Structiir  dieser  Combinatio- 
nen  begründet,  dass  von  ihnen  nur  selten  Gebrauch  gemacht 
werden  kann. 

bi  Solche  Combinationen,  in  denen  der  Vers  mehr  als 
vier  rhythmische  Hochtonstellen  besitzt,  vgl.  oben  No.    1 . 

i.  In  der  romantischen  Form  des  Alexandriners  wird 
die  rhythmische  Bedeutung  (der  Hochtonstelle  am  Schlüsse 
des  ersten  Hemistichs  und  damit)  der  Cäsur  derart  abge- 
schwächt, dass  sie  zwar  formal  noch  erhalten  bleibt,  aber  eine 
wirkliche  rhythmische  Trennung  der  beiden  Hemistiche ,  bzw. 
des  zweiten  und  dritten  rhythmischen  Elementes  nicht  mehr 
zu  bewirken  vermag.  In  Folge  dessen  verbinden  sich  das 
zweite  und  dritte  rhythmische  Element  zu  einer  rhythmischen 
Einheit,  d.  h.  an  Stelle  der  Viertheiligkeit  des  Verses  tritt 
die  Dreitheiligkeit. 

Auch  in  der  romantischen  Form  des  Alexandriners  sind 
zahlreiche  Variationen  möglich,  von  denen  hier  ebenfalls  eine 
tabellarische  Uebersicht  (nach  Becq  de  Fouquieres,  S.  136  if.) 
gegeben  werden  soll: 

1)  4  +  -4  +  ^  •  cherchaient  ses  pieds  atec  leurs  leeres  demi- 
closes. 
.   2)  3  +  5  +  4  :   il  se  battent,  combat  terribh,   corps  ä  corps. 

3)  3  +  4  -[-  5  :   une  reine  n'est  pas  reine  sans  la  beaute. 

4)  4  +  3  -j-  '"^ :   J^   duel  reprend.     La  mort  plane ,    le  sang 

ruisselle. 

5)  5  +  4  +  3 :   le  ßot  qui  murmure ,    est-ce   une    coix   qui 

raisonne  ? 

6)  5  +  3  +  4:  da7is   Tuzur   des  cieiix ,    hors  de  Tombre  et 

de  Toubli. 
1]   4  +  5  +  3 :  le  vent  Jouait  avec  cette  gerbe  d'eclairs. 

8)  2  +  5  +  5 :  son   reve   avec   un    bruit   d eitles .    vague   et 

farouche. 

9)  5  +  5  +  2 :   Tapparition  prit  un  brin  de  paille  et  clit. 

10)  5  +  2  +  5:   et  sans  vous  traiter  ^    vous ,  princes,    et  tos 

compagnes . 

11)  2  +  6  +  4:   leurs  tetes  en  ayant  crete  la  large  coute. 

12)  4  +  6  +  2  :   la  melodie  encor  quelques  instants  se  tralne. 

13)  3  +  6  +  3:  il  elevait  au-dessus   de  la  mer  son  cimier. 

Körting,  Encyklopädie  d.  rom.  Phil.   111.  19 


290  iJäs  Französische. 

Man  sieht  leicht,  dass.  -nenn  man  in  derartigen  Versen 
nach  der  sechsten  Sylbe  die  Cäsur  zur  Geltung  bringen  wollte, 
grammatisch  eng  verbundene  Worte,  z.  B.  Präposition  und 
Substantiv,  auseinandergerissen  werden  würden,  was  ebenso- 
wohl logisch  wie  rhythmisch  unstatthaft  ist. 

Alexandriner  romantischer  Form  kommen  gelegentlich 
schon  bei  den  Classikern  des  17.  Jahrh.  vor.  einen  ausgiebi- 
geren und  zielbewussten  Gebrauch  von  dieser  Versform  haben 
jedoch  erst  die  Romantiker  gemacht.  Indessen  ist  auch  bei 
den  Romantikern  der  Alexandriner  classischer  Form  der  bei 
weitem  häufigere  Vers. 

Der  classische  und  der  romantische  Alexandriner  sind 
thatsächlich  ganz  verschiedene  Versformen,  welche  nur  bezüg- 
lich der  Sylbenzahl  äusserlich  übereinstimmen .  in  ihrer  inne- 
ren Structur  aber  geradezu  gegensätzlich  von  einander  ab- 
weichen. 

Durch  die  häufigere  Verwendung  des  romantischen  Alexan- 
driners wird  die  poetische  Rede  der  l*rosarede  erheblich  an- 
genähert und  der  ersteren  somit  ein  realistischer  Charakter 
verliehen,  wie  ja  überhaupt  der  romantischen  Dichtung  eine 
stark  realistische  Tendenz  innewohnt. 

5.  Im  Altfrz.  war  die  Anwendung  des  Alexandriners  auf 
die  Epik  einschliesslich  der  reimchronistischen  Dichtung  be- 
schränkt. Im  Neufrz.  dagegen  ist  er  der  fast  alleinherrschende 
Vers  auch  im  Drama  (selbst  in  der  Komödie)  und  in  allen 
höheren  Dichtungsgattungen ,  mit  Ausnahme  der  Ode ,  ge- 
worden. 

Die  älteste  in  Alexandrinern  verfasste  Dichtung  ist  die 
Karlsreise  (Voyage  de  Charlemagne  ä  Jei-usalem  et  ä  Constan- 
tinople).  Dass  der  Vers  von  dem  Alexanderromane  des  Lam- 
bert li  Cors  oder  li  Tors  (7  11S4)  und  des  Alexandre  Beruay 
seinen  Namen  erhalten  habe,  ist  althergebrachter  Glaube,  be- 
wiesen aber  dürfte  die  Sache  noch  keineswegs  sein. 

§  7.   Der  Reim. 

1 .  Durch  den  Gcdankeuinhalt  verbundene  Verse  müssen 
im  Französ.  in  irgend  einer  Form  durch  den  Reim  mit  einan- 
der grebunden  sein.  Reimlose  Verse  oder  Blankverse  kennt 
die    franz.   Litteratur    nur   als    eine  hin  und  wieder   versuchte 


Die  Rhythmik.  2'.)1 

und  stets  verunglückte  rhytlnnische  Spielerei'  .  vgl.  Theil  II, 
S.  417.  Die  lieimnotlnvendigkeit  des  Frz.  ist  begründet  in 
der  Ungleichtaktigkeit  der  franz.  "N'erse .  in  Folge  dessen  die 
rhvthniische  Einheit  derselben  dureh  die  innere  Structiu-  nicht 
uenüuend  für  das  Ohr  gekennzeichnet  Avird. 

2.  Die  älteste  französ.  Dichtung  bediente  sich  zur  Hin- 
dung der  Verse  des  Vocalreimes  oder  der  Assonanz,  be- 
ffnügrte  sich  also  mit  dem  Gleichklange  des  letzten  hochbeton- 
ten  Vocales.  stellte  aber  an  denselben  auch  die  strengsten 
Anfordenmgen.  so  dass  namentlich  offene  Laute  nur  mit  offe- 
nen, geschlossene  nur  mit  geschlossenen  gebunden  -werden 
konnten. 

3.  Vom  12.  Jahrh.  ab  -wurde  die  Assonanz  allmählich 
mehr  und  mehr  durch  den  ^'ollreinl  verdrängt,  bis  derselbe  im 
14.  Jahrh.  die  Alleinherrschaft  innerhalb  der  Kunstpoesie  er- 
langte und  bis  jetzt  behauptet  hat.  In  der  Volkspoesie  erhielt 
sich,  aber  freilich  in  sehr  zurückgedrängter  Stellung,  die  Asso- 
nanz neben  dem  Vollreime  bis  zur  Gegen-wart. 

Die  Ver-wendung  der  Assonanz  setzt  eine  grössere  rhyth- 
mische Feinfühligkeit  und  musikalische  Bildung  des  Ohres 
voraus,  als  diejenige  des  Reimes:  es  ist  demnach  begreiflich, 
dass  die  Assonanz  nur  so  lange  als  rhythmisches  Mittel  sich 
'  brauchbar  erwies,  als  durch  die  mündliche  Recitation  der  Dich- 
tungen das  Ohr  rhythmisch  geschult  und  in  Uebung  erhalten 
-wurde,  dass  dagegen  mit  dem  Emporkommen  der  vorzugs- 
-weise  an  ein  lesendes  Publicum  sich  wendenden  Poesie  Aben- 
teuerroman etc.)  der  vermöge  seines  Lautumfanges  nachdrucks- 
voller wirkende  und  sogar  für  das  Auge  wahrnehmbare  Reim 
mehr  und  mehr  bevorzugt  Avurde. 

3.  "Worte,  welche  auslauten  auf  Ilochtonvocal  oder  auf 
Hochtonvocal  -\-  Consonanz.  bilden  sogenannte  männliche, 
Worte  daoreo:en.  welche  auslauten  auf  Hochtonvocal  -f-  tonloses 
€  oder  auf  Hochtonvocal  -j-  Consonanz  +  tonloses  e .  bilden 
sogenannte  weibliche  Reime.  Beispiele  für  erstere  sind  etwa: 
atme,  verite.  amoiir.  autour,  aitnant,  diammit,  für  letztere  etwa 
aimee,  fee,  bravoure.   laboure,  abnante.  soi.rante. 


1;  Reimlos  ist  auch  die  älteste  erhaltene  franz.  Dichtun»;,  das  Eulalia- 
lied,  -welches  überhaupt,  -weil  auf  gelehrter  Anbildung  an  die  lat.  Sequen- 
zenform  beruhend,  eine  abnorme  rhythmische  Structur  zeigt. 


19' 


292  I^^s  Französische. 

In  Betreff  des  Umfanges  des  Keimes  sind  folgende  Arten, 
bezw.   Stufen  zu  unterscheiden  (vgl.  Lubarsch,   S.   249): 
Genügende  Reime. 

I.  Es  reimen  nur  die  auslautenden  Hochtonvocale  (+  ton- 
loses e),  z.   IJ. 

männlich  cloii  :  choit,  hon  :  aOH,  weiblich  secone  :  joue^) . 

II.  Es  reimen  Hochtonvocal  -f-  Consonanz  (+  tonloses  e), 
z.  B. 

männlich  chev :  amer.  weiblich  tet't'e :  mere. 

Während  männliche  Reime  dieser  Art  meist  nur  einfache 
hörbare  Consonanz  im  Auslaute  zeigen  können ,  da  ja  in  ge- 
schriebener mehrfacher  Consonanz.  wie  z.  B.  ?no)'t,  corps, 
fevs  u.  dgl.,  fast  stets  nur  der  erste  Laut  die  Hörbarkeit  be- 
wahrt hat,  so  können  in  weiblichen  Reimen  complicirte  Conso- 
nanten,  weil  im  Inlaut  stehend,  Reimfähigkeit  besitzen,  z.  B. 
e.vem2yle  ;  temjyle,  //erbe  :  gevhe,  marbre  :  arbre. 
Reiche  Reime. 

III.  Es  reimen  Consonant  -f-  Hochtonvocal  -j-  tonloses 
e),  z.  B. 

männlich  bijou:  acajou,  weiblich  doiie :  PadOiie. 

IV.  Es  reimen  Consonant  -|-  Hochtonvocal  +  Consonanz 
(-}-  tonloses  e),   z.  B. 

männlich  cUslr ;  plaisir,  weibl.  ?iature:  aventiire. 
ü  e  b  e  r  r  e  i  c  h  e  Reime. 

V.  Es  reimen  tonloser  Vocal  -|"  Consonanz  +  Hochton- 
vocal  (4-  tonloses  e),  z.   B. 

männlich  double:  tronble,  weiblich  doiiblee :    troublee. 

VI.  Es  reimen  tonloser  Vocal  -j-  Consonanz  +  Hochton- 
vocal -\-  Consonanz  -|-  tonloses  e ,  eine  nur  bei  weibliehen 
Reimen  mögliche,  bei  diesen  aber  ziemlich  häufige  Combina- 
tion,   z.   B.  marines:   narines.    quenouiUe :  agenoulUe. 

4.  Die  französ.  Sprache  besitzt,  namentlich  in  Folge  ihres 
Betonungsprincipes,  vermöge  dessen  ganz  vorwiegend  Flexious- 
und   Suffixsylben    den  Ilochton   tragen,    einen    grossen  Reich- 


1)  Die  theoretisch  denkbare  Combination  des  weibliehen  Keimes :  Con- 
sonanz +  Nasalvocal  -\-  tonloses  e,  ist  iihysiologisch  unmöglich,  folglich 
jliebt  es  keine  weiblichen  Keime,  welche  männlichen  wie  hon,  so/i  u.  dgl. 
entsprechen. 


Die  Rhythmik.  29:5 

thum,  ja  selbst  einen  Ueberfluss  an  Reimen'  .  Das  Finden  des 
Keimes  ist  demnach  an  sich  für  den  Dichtenden  nidit  nur 
UMcht.  sondern  sojjar  U'ichter,  als  zur  Wahrung  der  Würde 
der  Dichtung  und  zur  Fcrnhaltung  von  Trivialitäten  erforder- 
lich ist.  Dieser  Uebelstand  wird  indessen  zu  einem  gi-ossen 
Theile  durch  nachstehende  Mittel,  ^venn  nicht  beseitigt,  so 
doch  gemildert: 

a)  Sehr  gewöhnliche  Wortausgänge,  namentlich  diejenigen 
auf  Cons.  -f-  e{s),  Cons.  +  ee{s) ,  Cons.  +  <?''(«))  Cons.  + 
iei\s),  Cons.  +  ie[s),  Cons.  -f-  iee(s),  -ment,  -mant  dürfen  nur 
dann,  wenn  sie  reiche  Reime  bilden,  zugelassen  werden,  also 
darf  z.  Vi.  porte  nicht  etwa  mit  parle,  sondern  nur  etwa  mit 
medite  reimen,  altier  nicht  etwa  mit  ynanier,  sondern  nur 
etwa  mit  metier,  ainier  nicht  mit  trouver.  sondern  nur  etwa 
mit  procJaitier  etc. 

b)  Für  ausserhalb  der  Liaison  gleichlautende  Worte  ist 
die  Aussprache  in  der  Liaison  massgebend,  und  sie  können 
folglich  nicht  mit  einander  reimen.  Im  Einzelnen  ergeben  sich 
hieraus  namentlich  folgende  Regeln :  a)  Worte  auf  auslauten- 
den llochtonvocal  reimen  nicht  mit  solchen  auf  auslautenden 
Hochtonvocal  -f-  (ausserhalb  der  Liaison)  stummem  Cons.,  also 
z.  B,  nicht  clou  mit  voiis,  nicht  abri  mit  nid.  ß  Worte  auf 
auslautenden  Hochtonvocal ' -}-  hörbarem  Cons.  reimen  nicht 
mit  solchen,  welche  den  gleichen,  aber  um  einen  (ausserhalb 
der  Liaison]  stummen  Cons.  umfangreicheren  Ausgang  haben. 
z.  B.  Joiü'  nicht  mit  discoms,  essor  nicht  mit  ressort  u.  dgl, 
y)  Worte  auf  auslautenden  Hochtonvocal  -|-  (ausserhalb  der 
Liaison)  stummem  Cons.  reimen  nicht  mit  gleichartigen  Wor- 
ten, wenn  der  stumme  Cons.  ein  verschiedener  ist,  z.  B.  reimt 
apres  nicht  mit  appret  (jedoch  reimen  mit  einander  Worte  auf 


1  Nichtsdestoweniger  giebt  es  eine  nicht  unerhebliche  Anzahl  von 
"Worten,  auf  -welche  ein  Reim  nicht  zu  finden  ist;  nach  Gramont,  S.  43f., 
sind  es  folgende :  naphte,  caincre,  a/gue,  pampre,  camphre,  relaps,  epargne, 
Mars,  ordre,  chaitffe,  gaufre,  sauf  —  greffe,  legs ,  quelque,  enße ,  genre, 
Upre,  L'epres,  sceptre,  perdre,  tertre,  i)euple,  meurtre,  dextre  —  aigle,  silphe. 
simple,  trinque,  quinze,ßsc,  isthme  —  docte ,  giroße,  dogme,  ogre,  froide, 
soif,  coiffe,  poil,  poicre,  solde,  comhle,  triomphe,  motistre,  porc,  orle,  propre, 
quatorze,  radouh,  fenouil,  fourche,  sourdre,  ourle,  pourpre,  hourque  —  tuf, 
le  huh ,  sepulcre,  liumhle,  turbe,  ttirc,  hurle,  usurpe,  nmsele.  Auf  andere 
Worte  giebt  es  nur  wenige  und  überdies  selten  verwendbare  Reime,  z.  B. 
paucre    :  Hanovre,,  golfe   (:  Hodolphe,,  truffe  r.  Tartuffe]  u.  a. 


294  I^^s  Französische. 

stummes  *  mit  solchen  auf  stummes  x  oder  z  und  umgekehrt, 
also  reimt  z.  1>.  sehr  wohl  assez  rait  passes,  vous  mit  courroux 
u.  dgl. ;  auch  stummes  d  und  stummes  t  werden  im  Reime  als 
einander  gleiclnverthig  behandelt,  so  dass  z.  B.  ?noit  und  bord, 
nid  und  benit  mit  einander  reimen  können) .  d)  Worte  auf 
Hochtonvocal  -f  *  reimen  nicht  mit  Worten  auf  Ilochtonvocal 
+  stummem  r  +  ^ ,  z.  }>.  reimt  clmnges  nicht  mit  dimgevs. 
e)  Worte  auf  -e  reimen  nicht  mit  Worten  auf  -ent,  also  z.  li. 
nicht  porfe  mit  sorfent. 

Alle  diese  Eeimbeschränkungen  sind,  wie  leicht  ersicht- 
lich ,  in  der  früheren  —  gegenwärtig  nur  noch  im  Falle  der 
Liaison  erhaltenen  —  Aussprache  begründet  und  besitzen  so- 
mit eine  geschichtliche  Daseinsberechtigung,  ausserdem  aber 
gewähren  sie  den  nicht  zu  unterschätzenden  praktischen 
Nutzen,  dass  durch  sie  Massen  von  trivialen  Heimen  fernge- 
halten werden, 

c)  Ein  Wort  darf  nicht  mit  sich  selbst  reimen,  es  sei  denn 
in  ganz  verschiedener  Bedeutung,  wie  etwa  point  »Punct«  und 
point  »nicht«.  Ebenso  dürfen  Simplex  und  Compositum  (z.  B. 
j'our  \ind  sejoti?'),  zwei  mit  demselben  Simplex  gebildete  Com- 
posita  (z.  B.  prqjet  und  sujet)  oder  endlich  ZAvei  verschiedenen 
Wortkategorien  angehörige  gleichlautende  Worte  (z.  B.  tu  ar- 
mes und  les  armes,  Ja  chasse  und  //  cJtasse  u.  dgl.)  mit  einan- 
der reimen,  ausser  im  Falle  eines  solchen  Auseinander  fallen  s 
der  beiderseitigen  Bedeutung,  dass  der  etymologische  Zusam- 
menhang nicht  mehr  empfunden  wird,  so  z.  B.  in  front  und 
affront,  pas  \ind  trepas,  soucenir  und  acenir  u.  dgl. 

Vgl.  auch  No.   0  0. 

ä.  Der  französ.  Reim  ist  für  das  Ohr,  nicht  für  das 
Auge  berechnet.  Daraus  folgt:  a  verschieden  geschriebene 
Worte,  bezw.  Wortausgänge  reimen  mit  einander,  Avenn  ihre 
Aussprache  die  gleiche  ist,  also  z.  B.  comte  mit  honte,  nom 
mit  non,  air  mit  mer,  chere  mit  terre,  cause  mit  chose,  coups 
mit  mouds  ^vgl.  aber  No.  4  b  u.  dgl.  ^) :  b)  einsylbige  Vo- 
calverbindungen  reimen  mit  gleichlautenden  zweisylbigen,  z.  B. 


1)  Hierher  gehört  auch  der  in  den  Dichtungen  des  17.  Jahrh.  häufige 
Keim  eines  oi  [oi  mit  e,  ai,  c ,  wie  paroltn-,  cotmoitre  :  naitre,  i'tre  oder 
jaiinois  ijetzt  faimain  .  Ju»iais,  denn  in  den  betr.  Fällen  konnte  in  dama- 
liger Zeit  oi  =  e  gesprochen  werden. 


Die  Rhythmik.  295 

hiv/t  mit  Ulli;  auch  kann  der  z\veite  Tlicil  der  \'ocalverl)in- 
(Inngen  ie  und  ai  mit  einfachem  e  nnd  /  reimen,  z.  W.  sikje 
mit  sacrUeye ,  suice  mit  arrice ;  c)  gleich  geschriebene ,  aber 
verschieden  ausgesprochene  Wortansgänge  reimen  n  i  c  h  t  mit 
einander,  z.  B.  reimt  r///e  nicht  mit  (/eiitüle.  Nur  scheinbare 
Ausnahme  ist  der  in  den  Dichtungen  des  17.  Jahrh.  sehr 
lüiufig  und  in  denen  des  IS.  Jahrh.  noch  vereinzelt  erschei- 
nende sogenannte  normannische  Reim  von  er  =  e  (z.  B. 
aimer]  mit  -er  =  ere  (z.  B.  eher],  da  in  der  betreffenden  Zeit 
in  gehobener  Rede  -er  immer  =  ere  gesprochen  -wurde,  d]  Of- 
fener E- u.  0-Laut  kann  nur  mit  offenem,  geschlossener  nur 
mit  geschlossenem  reimen. 

(j.  Die  Vocalquantität  ist  für  den  Reim  indifferent,  nur 
der  Reim  von  entschieden  langem  mit  entschieden  kvirzem  a 
(wie  z.  1^.  einerseits  in  idolätre  und  andrerseits  in  abattre]  wird 
vermieden. 

7.  In  der  neufranzös.  Poesie  müssen  seit  dem  16.  Jahrh. 
(Bouchet,  Ronsard,  Pasquier)  männliche  und  weibliche  Reime 
derartig  mit  einander  wechseln ,  dass  entweder  einem  Vers- 
paare mit  männlichen  immer  ein  solches  mit  weiblichen  Rei- 
men folgt  mjyi  wtv  oder  lav  mm  etc.)  oder  dass  zwischen  zwei 
nicht  mit  einander  reimende  Verse  desselben  Ausganges  min- 
destens ein  Vers  anderen  Aufganges  tritt  (m  tc  m  oder  lo  m  xo\. 
Daraus  folgt,  dass  Strophen,  bez.  Dichtungen  mit  ausschliess- 
lich männlichen  oder  ausschliesslich  weiblichen  Reimen  un- 
statthaft sind,  ausgenommen  den  seltenen  Fall  der  durchge- 
führten Einreimigkeit. 

Thatsächlich  ist  das  Gesetz  der  Reimfolge  für  die  Mehr- 
zahl der  Fälle  ein  rein  formales,  da  ja  das  auslautende  -e  der 
weiblichen  Reime  vielfach  völlig  verstummt  ist. 

§  S.    Die  rhythmischen  Verscomplexe. 

1.  Die  Zahl  der  durch  den  iVocal-  oder  Voll-)  Reim  zu 
einem  rhythmischen  Complexe  zusammengefassten  A'erse  kann 
unbestimmt  oder  bestimmt  sein. 

2.  Verscomplexe  mit  unbestimmter,  bezw.  mit  wechseln- 
der Verszahl  —  sogenannte  einreimige  Tiraden  oder  Laissen 
—  waren  in  der  altfrz.  Chanson-de-geste-Dichtung  üblich  und 
sind  seit  dem  Absterben  derselben  völlig  ausser  Gebrauch  ge- 


296  I^as  Französische. 

kommen.  Der  Umfang  derartiger  Tiraden  ist  ein  sehr  unglei- 
cher: es  finden  sich  solche,  die  aus  nur  wenigen,  und  wieder 
solche,   die  aus  Gü  und  mehr  Versen  bestehen. 

3.  Verscomplexe  mit  bestimmter  Verszahl  können  sehr 
verschiedenen  Umfang  haben :  im  Minimum  beträgt  die  Vers- 
zahl 2  (das  Couplet,  vgl.  §  7,  No.  7)  im  Maximum,  von  ver- 
einzelten Ausnahmefällen  abgesehen,  12.  A'erscomplexe  von 
3  und  mehr  Versen  heissen  Stephen,  oft  wird  jedoch  diese 
Benennung  auf  die  fünf-  und  mehrzeiligen  Complexe  einge- 
schränkt. 

4.  Die  Structur  der  Strophen  kann  eine  sehr  verschieden- 
artige sein,  indem  Verse  gleichen  oder  ungleichen  Umfanges 
mit  einander  verbunden  werden  und  zwei  oder  mehrere  Reime 
zur  Verwendung  kommen  können.  Ueber  Keimfolge  und  Ein- 
reimigkeit  vgl.  oben  §  7,  No.   7. 

Auf  die  specielle  Structur  der  verschiedenen  Strophenfor- 
men kann  hier  nicht  näher  eingegangen  werden. 

5.  "N'on  mehreren  zu  einem  Gedichte  verbundenen  Stro- 
phen bildet  in  der  Regel  eine  jede  ein  in  sich  abgeschlossenes 
Reimsystem.  Bindung  mehrerer  oder  aller  Gedichtstrophen 
durch  den  Reim  ist  selten,  abgesehen  von  der  sehr  beliebten 
Bindung  durch  den  Kehrreim  oder  Refrain. 

Im  Altfrz.  wurden  lyrische  Lieder  gern  mit  einer  Geleit- 
strophe (envoi)  geschlossen,  in  welcher  der  Dichter  sein  Lied 
anzureden  und  ihm  Aufträge  zu  ertheilen  fingirte. 

§  !».  Feste  Dichtungsformen  oder  Gedichte  fes- 
ter Form. 

1.  Die  neu  französische  Poesie  verfügt  über  nur  wenige 
und  nur  der  Lyrik  angehörige  feste  Dichtungsformen :  die  in 
der  Kunstpoesie  üblichen  sind  zum  grössten  fremden  Littera- 
t\iren,  namentlich  der  italienischen,  entlehnt  worden  so  z.  B. 
das  Sonett,  die  Sestine  etc.) ;  ganz  exotischen,  nämlich  malaii- 
schen Ursprunges  ist  das  sogenannte  "Pantoun«,  eine  Dich- 
tungsform, deren  Eigenart  darin  besteht,  dass  zwei  Themata 
parallel  behandelt  und  gleichsam  in  einander  verschlungen 
Averden. 

2.  Die  altfranzös.  Lyrik  besass  zahlreiche  feste  Dichtungs- 
formen,  von  denen  einige,   wie  z.  B.  das  Rondeau,  auch  volks- 


Die  Rhythmik.  207 

tlüimlich  Avarcu.  Die  romantische  Dichtung  der  Neuzeit  hat 
einige  dieser  Formen  mit  gutem  Erfolge  wieder  aufgegriften. 
Ein  näheres  Eingehen  auf  die  Ueschaffenheit  der  einzelnen 
festen  Dichtungsformen  ist  hier  unthunlich.  da  hierzu  die  An- 
führung von  Beispielen  erforderlich  sein  und  diese  allzuviel 
Kaum  in  Anspruch  nehmen  würde. 

§   10.    Bemerkungen   üher    die  poetische  .Sprache. 

1.  Da  die  altfrauzös.  Litteratur  ehenso  reich  an  poetischen 
wie  arm  an  prosaischen  Werken  ist,  so  lassen  sich  in  Bezug 
auf  sie  kaum  irgend  welche  wichtigere  Beohachtungen  über 
das  Verhältniss  des  poetischen  Sprachgehrauches  zu  demjenigen 
der  Prosa  machen. 

2.  Eine  allgemeine  Charakteristik  des  altfrz.  poetischen 
Sprachgebrauches  zu  geben,  ist  unmöglich,  da  derselbe  nach 
den  einzelnen  Dichtungsgattungen  und  Zeiträumen  überdies 
(obwohl  in  verhältnissmässig  geringem  Grade)  nach  der  Indi- 
vidualität der  einzelnen  Autoren  ein  zu  erheblich  verschiedener 
ist.  als  dass  man  von  einem  einheitlichen  Gepräge  reden 
dürfte.  Anders  ist  die  Sprache  der  C'hansons  de  geste  und 
auch  hier  finden  wieder  zahlreiche  und  bedeutende  Unterschiede 
zwischen  den  einzelnen  Dichtungen  statte ,  anders  die  Sprache 
der  Abenteuerromane ,  wieder  anders  die  Sprache  der  lehr- 
liaften  Dichtung,  noch  anders  die  Sprache  der  Lyrik,  abermals 
anders  die  Sprache  des  Drama's  etc.  Geradezu  unübersehbar 
ist  die  Zahl  der  vorhandenen  Variationen  und  Nuancen .  und 
nur  sehr  bedingungsweise  darf  man  das  Vorhandensein  irgend 
eines  durchgehenden  Charakterzugs  in  der  Gesammtheit  dieser 
Einzelformen  poetischen  Ausdrucks  behaupten.  "Wer  z.  B. 
den  Styl  der  altfrz.  Poesie  schlechtweg  als  »naiv«  bezeichnen 
Avollte.  dem  würde  allerdings  wohl  im  Wesentlichen  beizustim- 
men sein,  aber  doch  würde  sich  bemerken  lassen,  dass  im  Aben- 
teuerromane und  in  den  allegorischen  Dichtungen  sich  wenig 
naive  Elemente  vorfinden,  dass  in  ihnen  vielmehr  starke  Nei- 
gung zui;  Reflexion  und  selbst  zu  schulmässiger  Argumentation 
sich  ausspricht.  Ebenso  ist  es  nur  unter  dem  Vorbehalte  nicht 
unerhelilicher  Ausnahmen  statthaft,  die  poetische  Sprache  der 
altfrz.  Litteratur  als  gemüthvoll  zu  bezeichnen.  Und  so  wür- 
den auch  andere  Bezeichnungen  eben  nur  als  theihveise  oder 
annähernd  richtisr  anerkannt  werden  können. 


298  1^'is  Französische. 

Was  Einzelheiten  der  altfiz.  poetischen  Sprache  anbelangt, 
so  dürfte  man  zu  dem  Urtheile  berechtigt  sein ,  dass  dieselbe 
Vergleichungen  und  Gleichnisse  verhältnissmässig  Avenig  an- 
wendet, dass  sie  dagegen  von  der  Allegorie  und  der  Annomi- 
nation,  namentlich  aber  von  dem  Epitheton  ornans  einen  sehr 
ausgedehnten  Gebravich  macht  und  dass  sie  einen  grossen 
Keichthum  an  formelhaften  Phrasen  besitzt,  welche  oft  genug 
an  unpassenden  Stellen  erscheinen.  Der  Satzbau  in  den  alt- 
frz.  Dichtungen  ist  ungezwungen  und  einfach,  oft  bis  zur  Nach- 
lässigkeit bequem ,  so  dass  die  Stnu-turen  einen  fast  schlotte- 
rigen Eindruck  machen,  oft  auch  dunkel  in  Folge  von  Vnbe- 
liolfenheit,  oft  endlich  kühn  und  dem  Streben  nach  Deutlichkeit 
jede  Kücksicht  auf  grammatische  Correktheit  opfernd.  Der 
Wortschatz  der  altfrz.  Poesie  ist  luigemein  reich  und  enthält  zahl- 
reiche IJestandtheile,  namentlich  germanischer  Herkunft,  Avelche 
später  ausgeschieden  worden  sind ,  beachtenswerth  und  noch 
nicht  genügend  gewürdigt  ist  das  frühzeitige  Eindringen  mas- 
senhafter mots  savants  selbst  in  die  volksthümliche  Dichtung 
(beispielsweise  enthält  das  Rolandslied  O  zahlreiche  derartige 
Worte).  In  wie  weit  hinsichtlich  des  Wortschatzes  Austausch 
zwischen  den  einzelnen  Dialecten  stattfand,  bedarf  noch  der 
Untersuchung. 

:^.  Im  N  e  u  französischen  unterscheidet  sich  die  Sprache 
der  Poesie  nur  wenig  von  derjenigen  der  gehobenen  Pi'osa, 
eine  Erscheiniuig,  welche  ebenso  charakteristisch  für  das  Neti- 
frz.  wie  in  dessen  Geschichte  tiefbegTÜndet  ist.  Die  verhältniss- 
mässig grösste  Differenz  zwischen  Poesie  \uu\  Prosa  besteht 
liinsichtlich  der  Syntax,  da  hier  die  Poesie  einerseits  mehr- 
fache in  Prosa  durchaus  unstatthafte  Inversionen  (nämlich  des 
prädicativen  Adjectivs,  der  präpositionalen  näheren  Bestimmun- 
gen, der  Versetzung  von  Satztheilen  des  Nebensatzes  in  den 
Hauptsatz)  zulässt,  andrerseits  aber  durch  das  ^'erbot  des  En- 
jambement die  Ausdehnung  des  Satzes  zu  beschränken  bestrebt 
ist.  Licenzen  in  der  Formenbildung  sind  nur  wenige  vorhanden, 
die  wichtigsten  sind  der  Gebrauch  mehrerer  in  Prosa  veralte- 
ter Verbalformen  (namentlich  starker  erster  Personen  Sg.  l^äs. 
Ind.  ohne  *-,  z.  U.  Je  doi,  voi,  croi),  die  Mögliclikeit.  gewissen 
Worten  ein  paragogisches  s  anzufügen,  z.  IJ.  juaque-a.  und  an- 
deren Worten  ein   organisches   auslautendes   -s  zu    entziehen, 


Die  Ivhythmik.  299 

z.  1>.  C/torle[s),  Athene{s)  w.  dg:!.,  endlicli  die  ]Mö<iliclikeit  e7i- 
core  tuul  zt'p/itfre  in  cncor  \un\  zcpJnjr  zu  kürzen.  ])or  poetische 
Wortschatz  ist  ein  verhültnissniässij::  dürftiger  und  conventio- 
nell  eingeschränkter,  doch  hat  die  Koniantik  die  traditionellen 
Schranken  mit  Erfolg  diirchhroclien  und  der  Sprache  Avirkungs- 
Yolle  archaische  und  dialectische  Elemente  zugeführt,  soAvie 
zahlreiche  Neubildungen  gewagt.  Die  Sprache  der  neuesten 
Poesie  wird  in  lexikalischer  Hinsicht  oft  durch  zu  weit  ge- 
triebenen  Naturalismus  verunziert. 

4.  Einen  ganz  eigenartigen  Charakter  trägt  die  poetische 
Sprache  der  Renaissanceromantik  des  16.  Jahrh.,  vgl.  hierüber 
oben  S.   ö7  ff. 

§  II.   Litteraturangaben  (vgl.  auch  Theil  II  S.  425  u.  S.  436  ff.). 

1.  Allgemeines,  H.  d'Arbois  de  Jubaixville,  Des  rapports  de  la 
versifieation  du  vieil-irlandais  avec  la  versification  romane,  in:  Kom.  VIII 
145,  vgl.  ibid.  VIII  422  u.  IX  177  —  K.  Bartsch,  Ein  keltisches  Yers- 
mass  im  Provenz.  u.  Französ.,  in:  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  II  195,  vgl.  ebenda 
II  458,  III  359,  IV  470,  vgl.  auch  Jahrb.  f.  rom.  u.  engl.  Spr.  u.  Lit.  XII 
—  "\V.  AVackerxagel  ,  Die  Anfänge  lat.  profaner  Rhythmen  des  Mittel- 
alters,   in:    Ztschr.   f.  deutsches   Alterth.    N.  F.  III  469,    vgl.  Rom.  I  266 

über  "NVackerxagel's  Altfrz.  Lieder  u.  Leiche  vgl.  Th.  II  436  —  L.  Bex- 
LÖw,  Precis  d'une  theorie  des  rhythmes.  Paris  1S62/63,  und:  Rhythmes 
frcs  et  rhythmes  latins.  P.  1862)  —  B.  TEX  Brixk,  Coniectanea  in  histo- 
riam  rei  metricae  francogallicae.  Bonn  1865.  Diss.  —  *G.  Paris,  Lettre  ä 
M."  Leon  Gautier  s.  la  versification  latine  rhythmique.  Paris  1866.  —  K.  Ed. 
Mt'LLER,  Ueber  accentuirend-metrische  Verse  in  der  frz.  Spr.  d.  16.  bis  19. 
Jahrh.  Rostock  18S2,  vgl.  Theil  II  417  —  Boisjoslix,  Esquisse  d'une  hi- 
stoire  de  la  versification  frese,  in :  Rev.  de  la  societe  des  etudes  histori- 
ques-  Nov.-Dec.  18S4  auch  in  Separatdruck  zu  Amiens  erschienen)  —  R. 
SoxxEXBüRG,  AVie  sind  die  frz.  Verse  zu  lesen?  Berlin  18S5. 

2.  Lehrbücher.  L.  M.  Quicherat,  Traite  de  versification  frcse.  Paris 
1828,  5.  ed.  1858,  u.  Petit  traite  de  versif.  frcse.  Paris  seit  1838  —  G. 
"Weigaxd,  Traite  de  versif.  frcse.  Bromberg  1871  —  F.  de  Grajioxt,  Les 
vers  frcs  et  leur  prosodie.  Paris  1876  —  Th.  de  Baxville,  Traite  de  poe- 
sie  frcse.  Paris  o.  J.  —  *E.  ü.  Lubar.sch,  Französ.  Verslehre  mit  neuen 
Ent-wickelungen  f.  d.  theoret.  Begründung  der  frz.  Rh}-thmik.  Berlin  1879 
bestes  Handbuch),  vgl.  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  IV  424.  und:  Abriss  der  frz. 
Verslehre.  BerL  1880  —  *A.  Tobler,  Vom  frz.  Versbau  alter  u.  neuer  Zeit. 
Leipzig  1880.  2.  Aufl.  1883,  Frz.  Uebers.  Paris  1885  —  *Becq  de  For- 
auiEREs,  Traite  general  de  versification  frcse.  Paris  1879  (hochbedeutendes 
geistvolles  Buch,  das  in  vieler  Beziehung  grundlegend  geworden  ist,  in 
■welchem  aber  freilich  auch  manche  unmögliche  Theorie  aufgestellt  ist.  Man 
könnte  das  Buch  als  eine  Metaphysik  der  Rh}-thmik  bezeichnen  —  K.  Foth, 
Zur  frz.  Metrik.  Ludwigslust  1879.  Progr.,  und:  Die  frz.  Metrik  f.  Lehrer 


300  ^^^^  Französische. 

u,  Studierende.  Berl.  IbSO  —  A.  Kkessser,  Leitfaden  der  frz.  Metrik  mit 
einem  Anhange  über  den  altfrz.  Styl.  Leipzig  1880  —  E.  Sommer,  Petit 
dictionnaire  des  rimes  frcses  etc.  Paris  1882. 

3.  Monographien  über  die  Rhythmik  einz  einer  Verse,  ein- 
zelner Litteraturwerk  c  und  einzelner  Autoren  (vgl.  No.  4  :  H. 
SuCHiER,  Zur  Metrik  der  pAilaliasequenz,  in:  Jahrb.  f.  rem.  u.  engl.  Spr.  u. 
Lit.  XIII  385  —  P.  Meyer,  Notice  s.  la  metrique  du  chant  de  S.  Eulalie. 
in:  Bibl.  de  l'Ec.  des  Ch.  V  2,  S.  237  —  Wenzel,  Observations  metriques 
et  linguistiqucs  s.  la  cantilene  de  S.  Eulalie.  Oberstein-Idar  (Jahr?i  Progr. 
(Ueb.  die  Rhythmik  des  Eulalialiedes  vgl.  ferner :  DiEZ,  Altrom.  Sprachdeuk. 
S.  45ff.  F.Wolf,  Ueber  die  Lais  etc.  S.  115  u.  117.  E.  Littre  im  Journ. 
des  Savants  1858,  S.  725  und  Hist.  de  la  langue  fr^se  II  287,  305.  TEN 
Brink,  Conjectanea  etc.  K.  B.^RTSCH,  Die  lat.  Sequenzen  etc.  S.  1G6. 
G.  LÜCKING  im  Jahrb.  f.  rom.  u.  engl.  Spr.  u.  Lit.  XV  323  —  G.  Paris, 
Ueber  die  Rhythmik  des  Leodegar  und  der  Passion,  in:  Rom.  I  292  u.  II 
295.  —  E.  Stengel,  Ueber  d.  lat.  Ursprung  des  roman.  Fünfzehnsilbner 
und  damit  verwandter  weiterer  Versarten  in  den  Miscellanea  di  filologia, 
dedicata  alla  memoria  dei  professori  Caix  e  Canello  —  *G.  Andresen, 
Ueber  den  Einfluss  von  Metrum,  Assonanz  und  Reim  auf  die  Sprache  der 
altfrz.  Dichter.  Bonn  1874  Diss.  —  A.  Rocii.\T,  Etüde  s.  le  vers  decasyl- 
labe  dans  la  poesie  frcse  au  m  -a.,  in:  Ebert-Lemcke's  Jahrb.  XI  65  — 
Sepet,  De  la  laisse  monorime  des  chansons  de  geste,  in :  Bibl.  de  l'Ec.  des 
Chart.  XL  S.  563,  vgl.  Rom.  IX  336  (Ueber  die  Versification  des  Chans, 
d.  g.  vgl.  namentlich  auch  die  Angaben  L.  Gautier's  in  seinen  Epopees 
frcses  Bd.  II  und  in  den  Einleitungen  seiner  Ausg.  des  Rolandsliedes)  — 
O.  Reissert,  Die  syntactische  Behandlung  des  zehnsylbigen  Verses  in  der 
frz.  Dichtung,  in:  Stengel's  Ausg.  u.  Abh.  XIII  —  F.  Hill,  Ueber  das 
Metrum  in  der  Chanson  de  Roland.  Strassburg.  1873.  Diss.  —  A.  Ram- 
BEAU,  Ueber  die  als  acht  nachweisbaren  Assonanzen  des  Oxforder  Textes 
der  Ch.  d.  R.  Halle  1878,  vgl.  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  III  439  —  E.  Stengel, 
Ein  Fall  der  Binnenassonanz  in  einer  Chans,  d.  geste,  in :  Ztschr.  f.  rom. 
Phil.  IV  101  —  H.  Klein,  Sage,  Metrik  und  Grammatik  des  altfrz.  Epos 
Amis  und  Amiles.  Borm  1875.  Diss.  —  J.  Schöpfe,  Ueber  Metrum  und 
Assonanz  der  Ch.  de  g.  Amis  et  Amiles,  in:  Französ.  Stud.  III  1  —  H. 
SucHlER,  Die  Versbildung  der  Anglonormannen,  in:  Anglia  1S79,  S.  226 
(vgl.  auch  SiciiiEK,  Ueber  die  Matthäus  Paris  zugeschriebenen  Vie  de 
St.  Auban.  Halle  1877;  —  J.  ViSiNG,  Sur  la  versification  anglo-normande. 
Upsala  1884  —  R.  Bikkeniioff,  Die  altfrz.  Brandanlegende  in  metrischer 
und  sprachlicher  Hinsicht  untersucht,  in  Stengel's  Ausg.  u.  Abh.  XIX  — 
H.  Rose,  Ueber  die  Metrik  der  Chronik  des  J.  Fantosme,  in  :  Rom.  Stud. 
V  301  —  G.  Haase,  Untersuchung  über  die  Reime  in  der  Image  du  Monde 
des  Walther  v.  Metz.  Halle  1882.  Diss.  —  Hannappel,  Die  Poetik  Alain 
Charticrs,  in:  Französ.  Stud.  I  261  —  J.  Spies,  Untersuchungen  über 
A.  Scheler's  Trouveres  beiges,  in:  Stengel's  Ausg.  u.  Abh.  XVII. 

Ausserdem  vgl.  über  altfrz.  Rhythmik  die  Einleitungen,  bezw.  die  An- 
merkungen zu  den  Ausgaben  der  altfrz.  Litteraturwcrke  von  Mall,  För- 
ster, SrciliER,  Koscuwitz,  Mätzner  (Altfrz.  Lieder,  Berlin  1851;  u.  A. 


Die  llhythmik.  30l 

BÜSCHEU,  La  versification  de  Ronsard.  Weimar  ISGT.  Progr.  Andere 
Schriften  über  Ronsard  sehe  man  oben  S.  61)  —  H.  Nagel,  Die 
metrischen  Verse  J.  A.  de  Baifs.  Ein  Beitrag  zur  Kenntniss  der  frz.  Me- 
trik im  16.  Jahrh.  Leipzig  1S77.  Diss.,  und:  Die  Strophenbildung  Baifs 
im  Vergleich  mit  der  Ronsard's  etc.,  in:  Herkig's  Archiv  LXI  AM);  vgl. 
auch  üben  S.  61  —  H.  Feiise,  Etienne  Jodelle's  Lyrik.  Leipzig  IS&ü. 
Diss.  auch  in:  Ztschr.  f.  nfrz.  Sprache  und  Litteratur.  Bd.  II  S.  lb'6  — 
A.  Hektlng,  Der  Versbau  Etienne  Jodelle's.  Kiel  lb^54.  Diss.  —  ZsciiA- 
LIG,  Die  Verslehren  von  Fabri,  du  Pont  u.  Sibilet.  Ein  Beitrag  zur  älte- 
ren Geschichte  der  frz.  Poetik.  Heidelberg  18S4.  Diss. 

Schriften  über  Malherbe  sehe  man  oben  S.  63  f.  fnachgetragen 
werde  hier :  J.  A.  Bu.\.\M,  Maleherbe's  Hiatusverbot  und  der  Hiatus  in  der 
nfrz.  Metrik.  Leipzig  18S5.  Diss.}  —  F.  Borxges.sek,  L'Art  poetique  de 
Boileau.  Bayreuth  1SS3.  Progr.  ^Andere  Schriften  über  Boile.w  sehe 
man  unten  Kap.  10,  letzter  §.:  —  M.  Lierau,  Die  metrische  Technik 
der  drei  Sonettisten  Maynard,  Gombault  und  MeUeviUe,  verglichen  mit  der- 
jenigen Malherbe's.  Greifswald  1882.  Diss.  —  *W.  Ricken,  Untersuchun- 
gen über  die  metrische  Technik  Comeille's  und  ihr  Verhältniss  zu  den 
Regeln  der  frz.  Verskunst.  Theil  I.  Sylbenzählung  und  Hiatus.  Halle  1884. 
Schriften  über  poetischen  Styl  u.  dgl.  sehe  man  oben  S.  278. 

4.  Schriften  über  Reim  u.  dgl.  über  Assonanzen  s.  oben 
No.  3  :  "\V.  Masixg,  Ueber  Ursprung  und  Verbreitung  des  Reimes.  Dorpat 
1866  —  H.  ScHiCHARDT,  Reim  und  Rhythmus  im  Deutschen  und  im  Ro- 
manischen, im :  Xeuen  Reich  1873.  No.  1,  vgl.  Rom.  II.  149.  —  E.  Wülff- 
LIN,  Der  Reim  im  Lat.,  in:  Archiv  f.  lat.  Lexikographie.  Bd.  I.  S.  350. 
Ueber  andere  Schriften  allgemeinen  Charakters  sehe  man  Theil  II.  436.} 
—  *L.  Bellanger,  Etudes  historiques  et  philologiques  s.  la  rime  frcse. 
Essai  s.  l'hist.  de  la  rime,  principalement  depuis  le  XV^  siecle  jusqu'k  nos 
jours.  Paris  1876,  vgl.  :  Rom.  VI.  622  —  M.  Banner,  Ueber  den  regel- 
mässigen "Wechsel  männlicher  und  weiblicher  Reime  in  der  frz.  Dichtung, 
in:  Stengels  Ausg.  u.  Abh.  XIV  —  F.  Orth,  Ueber  Reime  und  Stro- 
phenbau in  der  altfrz.  Lyrik.  Cassel  1882  —  L.  Fenge,  Sprachl.  Untersu- 
chung der  Reime  de  Computus,  und :  H.  Polster,  Die  Reime  der  Miracles 
de  N.  Dame  de  Chartres  sprachl.  untersucht,  sollen  in  Stengels  Ausg.  u. 
u.  Abh.  erscheinen  —  Th.  Pohl,  Untersuchung  der  Reime  in  AVace's  Ro- 
man de  Rou,  in:  Rom.  Forsch.  II  321  —  E.  Freymond,  Ueber  den  reichen 
Reim  bei  den  altfrz.  Dichtem  bis  zum  Anfang  des  14.  Jahrb.,  in:  Ztschr.  f. 
rom.  Phil.  VI.  1  u.  177  —  E.  Stengel,  Einige  Fälle  der  Wiederkehr  gleicher 
Reime  etc.,  in:  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  IV  120  —  K.  Bart.sch,  Ein  fran- 
zös.  Kinderreim  des  11.  u.  12.  Jahrb.,  in:  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  \T^I  94  — 
L.  Müller,  Das  Rondel  in  den  frz.  Mirakelspielen  und  Mysterien  des  15. 
u.  16.  Jahrb.,  in:  Stengels  Ausg.  u.  Abh.  XXIV  —  G.  Haase,  Unter- 
suchung über  die  Reime  in  der  Image  du  monde  des  Walther  v.  Metz. 
Halle  1SS2.  Diss.  —  B.  Krause,  Die  Bedeutung  des  Accents  im  frz.  Verse 
für  dessen  begrifll.  Inhalt,  in :  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  IX  268. 


302 


Das  Französische. 


Zehntes    Kapitel. 
Litteniturgeschichte. 

§  1.  Eintheilung  der  französischen  Litteratur- 
sre schichte.  Chronolog-isch  lässt  die  französische  Litteratur- 
geschichte  sich  in  folgender  Weise  eintheilen: 

A.    Altfranzösische  Zeit 
von  dem  Entstehen  der  Litteratur  bis  etwa  zum  Ausgange  des 
14.  Jahrhunderts. 

1.  Die  prälitterarische  Periode,  von  dem  Entstehen 
der  franz.  Sprache  bis  zur  Abfassung  der  ältesten  erhaltenen 
Sprachdenkmäler. 

2.  Die  Periode  der  ältesten  Sprachdenkmäler, 
von  der  Abfassung  der  Strassburger  Eide  (S42)  bis  zum  Aus- 
gange des  elften  Jahrhunderts  (muthmassliche  Abfassungszeit 
des  in  der  Hds.  O  überlieferten  Rolandsliedes). 

3.  Die     Periode     der 


volksthümlichen       Epik 
(Chanson-de-geste- Dichtung), 

4.  Die  Periode  der 
höfischen  Dichtung  (Aben- 
tevierromandichtung) , 

5.  Die  Periode  der 
allegorischen  und  mora- 
lisirenden  Dichtung  (alle- 
gorischer Roman ,  religiöses 
und  moralisircndes  Drama). 


vom  Ausgange  des  1 1 .  bis 
etwa  zimi  Ausgange  des  14. 
Jahrhunderts.  Eine  zeitliche 
Abgrenzung  der  einzelnen  Pe- 
rioden ist  nicht  thunlich.  da 
die  aufgezählten  Dichtungs- 
kategrorien  zwar  ungefähr 
einander  sich  ablösten,  aber 
vielfach  auch  neben  einander 
herffingen. 


H.    Mittelfranzösische  Zeit 
etwa    vom   Ausgang    des    14.    bis   etwa   zum   Beginne   des   17. 
Jahrhunderts. 

1.  Die  Periode  des  Zerfalles  der  mittelalterli- 
chen und  des  allmählichen  Entstehens  der  moder- 
nen Verhältnisse  (Uebergangsperiode),  etwa  vom  Ausgange 
des   14.  bis  zur  Mitte  des   lü.  Jahrhunderts. 

2.  Die  Periode  der  Renaissance   und  ilcr   Uefor- 


Litteraturgeschichte.  303 

niation.    etwa    von  Mitte    des    16.  bis   zum   Heginne    des   17. 
.Jalirhuuderts  (Malherbe  . 

C.     Neiifranzösisehe  Zeit. 

1 .  D  i  e  P  e  r  i  o  d  e  d  e  s  P  s  e  u  d  o  c  1  a  s  s  i  c  i  s  m  u  s .  etwa  vom 
Beffiune  des   17.   bis  zum  liesinne  des   IS.  Jahrhunderts. 

2.  Die  Periode  der  sogenannten  Aufklärung, 
etwa  vom  Beginne  bis  etwa  zum  Ende  des  18.  Jahrhunderts 
(A.   Chenier,   Mme  de  Stael,   Chateaubriand  . 

3.  Die  Periode  des  Rouianticismus  ,  etwa  vom  Ende 
des  IS.  Jahrhunderts  bis  etwa  zum  Ende  der  di'eissiger  Jahre 
des  19.  Jahrhunderts  (neben  dem  entstehenden  Romanticismus 
herrscht  während  des  Consulates  und  des  ersten  Kaiserreiches 
ein  enieuter  Pseudoclassicismus). 

4.  Die  Periode  des  Realismus  und  des  Natura- 
lismus, etwa  vom  Ende  der  dreissiger  Jahre  des  19.  Jahr- 
hunderts bis  zur  Gegenwart. 

Ausdrücklich  werde  bemerkt,  dass  die  zeitliche  Abgren- 
zung der  einzelnen  Perioden  nur  eine  ganz  ungefähre  sein 
kann,  da  vielfach  die  verschiedenen  Litteraturströmungen  neben 
einander  herlaufen. 

§  2 — 4.  Litteratur angaben  ('§  2.  Bibliographische  und 
gesammtlitterargeschichtliche  Werke:  §  3.  Angaben  ziu'  altfrz. 
Litteratur;  §  4.  Angaben  ziu-  neufrz.  Litteratur  . 

§  2.  Bibliographische  "Werke  und  Werke,  ■welche  die  ge- 
sammte  französ.  Litteratur  behandeln. 

1.   Bibliographische  Werke. 

a;  Handschriftencataloge,  Beschreibungen  von  Hand- 
schriften, Mittheilungen  aus  Handschriften:  Catalogue  de  la 
Bibliotheque  Nationale.  Paris,  seit  1S6S  —  Cat.  des  manuscr.  frcs  de  la 
Bibl.  nat.  Paris  18S1,  Didot  —  Notices  et  extraits  des  luanuscrits  de  la 
Bibl.  nat.  et  autres  bibliotheques,  p.  p.  l'Institut  national  de  France  — 
P.  Paris,  Les  mss.  frcs  de  la  Bibl.  du  roi.  Paris  1 8.36,48.  7  Bde.  —  MoK- 
TREUiL,  La  Bibl.  nat.,  son  origine  et  ses  accroissements  jusqu'ä  nos  jours. 
Paris  1878  —  G.  Gröber,  Bibl.  Nat.  f.  frcs  24429  u.  Ste-Genevieve  fr. 
fol.  386,  in:  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  IV  351  —  Catalogue  gencral  des  mss. 
des  bibliotheques  publiques  des  departemens,  p.  sous  les  auspices  du  min. 
de  l'instr.  publ.  Paris,  Impr.  nat.  —  Catalogue  des  livres  precieux,  manu- 
scrits  et  imprimes  faisant  partie  de  la  bibl.  de  M.  A-F.  Didot.  1878  —  ü. 
Robert,  Inventaire  sommaire  des  mss.  des  bibliotheques  de  France.  Paris, 
seit  1879,  vgl.  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  IV  459  u.  VII  165  —  A.  Fraxklix, 
Les  anciennes  bibliotheques  de  Paris.  Paris  1867    —    E.  Rielle,    Biblio- 


304  Das  Französische. 

graphie  generale  des  Gaules.  Paris,  seit  1880  —  L.  Delisle,  Melanges  de 
paleographie  et  de  bibliographie.  Paris  1880,  und:  Note  s.  le  ms.  de  Tours 
renfermant  des  drames  liturgiques  et  des  legendes  pieuses  en  vers  frcs,  in: 
Rom.  II  91  —  P.  Meyek,  Les  mss.  frcs.  de  Cambridge.  I.  Saint  John's 
College,  in :  Rom.  VIII  305  vgl.  auch  Theil  II  S.  407,  -\vo  eine  andere  auf 
englische  Bibl.  bezügliche  Schrift  Meyeu's  genannt  ist;  —  E.  Stengel, 
Codicem  Digby  86  bibl.  Bodl.  descripsit  etc.  Halle  1871,  und:  Die  Chan- 
son-de-geste-Hdschr.  der  üxforder  Bibl.,  in :  Rom.  Stud.  I  380,  vgl.  auch 
Ztschr.  f.  rom.  Phil.  VI  390  —  R.Reinsch,  Mittheilungen  aus  einer  frz.  Hds. 
des  Lambeth  Palace  in  London,  in:  Herrig's  Arch.  63  S.  51  —  H.  Varn- 
HAGEN,  Die  handschriftl.  Erwerbungen  des  Brit.  Museums  auf  dem  Gebiet 
des  Altromanischen  in  den  Jahren  1865  bis  Mitte  1877,  in:  Ztschr.  f.  rom. 
Phil.  I  541  —  P.  Hevse,  (Studia  Romanensia  I.  Berlin  1852,  und:)  Roman. 
Inedita  auf  ital.  Bibl.  gesammelt.  Berlin  1856  —  A.  Keller,  Romvart. 
Beiträge  zur  Kunde  mittelalterl.  Dichtung  aus  ital.  Bibl.    Mannheim  1844 

—  J.  Bekker,  Die  altfrz.  Romane  der  St.  Marcus-Bibl.  Proben  u.  Aus- 
züge. Abh.  d.  K.  Akad.  d.  "Wissensch.  zu  Berlin  1839,  vgl.  auch  A.  Mus- 
SAEL\  unten  §  3,  No.  3  —  P.  Rajna,  Ricordi  di  codici  francesi  posseduti 
dagli  Estensi  nel  secolo  XV,  in:  Rom.  II  49  —  AV.  Bkaghlrolli,  P. 
Meyer,  G.  Paris,  Les  mss.  frcs  des  Gonzaga,-  in :  Rom.  IX  497,  vgl.  auch 
A.  Thomas,  in:  Rom.  X  406  —  A.  Bartoli,  I  codici  francesi  della  Bibl. 
Marciana  di  Venezia.  Florenz  1873  —  E.  Stengel,  Die  vaticanische  Hds. 
Fonds  Königin  Christine  1682,  in:  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  V  381  —  A.  To- 
BLER,  Mittheilungen  aus  altfrz.  Hdss.  I.  Aus  der  Ch.  d.  g.  Auberi  nach 
einer  vatican.  Hds.  Leipzig  1870  —  A.  Thomas,  Extraits  des  archives  du 
Vatican  pour  servir  ä  l'hist.  litt.,  in:  Rom.  X  321  und  XI  177  —  E.  STEN- 
GEL,   Mittheilungen  aus  frz.  Hdss.  der  Turiner  Univ.-Bibl.    Marburg  1873 

—  W.  FÖRSTER,  Der  Turiner  Gliglois,  in :  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  U  77  —  A. 
MussAi'lA,  Ueber  eine  altfrz.  Hds.  der  Univ.-Bibl.  zu  Pavia.  AVien  1870. 
Sitzungsb.  d.  Akad.  d.  ^Y.  Phil.-hist.  Cl.  Bd.  64,  und:  Handschriftl.  Stu- 
dien (altfrz.  Psalter  in  Oxford,  altfrz.  Hdss.  der  Marcusbibl.,  Breviari  d'a- 
mor  in  AVien,  altfrz.  Hds.  in  Pavia,  Rom.  de  Troilus).  AVien  1862/71  — 
Geffroy  ,  Notices  et  extraits  des  mss.  concernant  l'hist.  et  la  litt,  de  la 
Fr.  qui  sont  conserves  en  Suede,  Danemark  et  Norvege  Extrait  des  Arch. 
des  Miss,  li-^re  ser.  t.  III,  lA',  A'j  —  A.  AVeuer,  Handschriftl.  Studien  auf 
dem  Gebiete  rom.  Lit.  des  M.  A.  I.  Untersuchungen  über  die  Vie  des  an- 
ciens  Peres.  Frauenfeld  1876,  vgl.  Rom.  V  494  —  AV.  A'ietor,  Die  Hdss. 
der  Geste  des  Loherains  mit  Texten  u.  Varianten.  Halle  1876  —  A.  Kress- 
ner, Mittheilungen  aus  Hdss.  (zur  Alexandersage  u.  zum  Rom.  de  la  Rose), 
in :  Herrig's  Archiv  Bd.  68  S.  29  ff.  —  P.  Meyer,  Les  mss.  du  connetable 
de  Lesdiguieres,  in:  Rom.  XII  336  —  C.  Sachs,  Beiträge  zur  Kunde 
altfrz.,  engl.  u.  prov.  Lit.  Berlin  1857.  —  \'gl.  unten  tj  3. 

Gedruckte    neuere    Kataloge    existiren   von   den  Bibl.    z.  B.  folgender 
französ.  Provinzialstädte :    Caen  (G.  La  Valley  1880),   Lille  (1879),  Mont- 
pellier ^L.  Gaudin  1876),    Toulouse   (Desb.\rreau-Bernard  1879),   Tours 
A.  Dou.\nge  1875),   Vienne  (J.  Leblanc  1876),  A'itry-le-Francois  (G.  H6- 
RELLE  1S70  .    A'gl.  ausserdem:    M.uiSY,  Bibliographie  compiegnoise.    Com- 


Littcraturgeschichte.  305 

piegne  1ST4;    Niepce,    Les   bibl.  anciennes   et   modernes   de  Lyon.    Lyon 
1876,  und:  Les  mauuscrits  de  Lyon,  liasel  IbT!». 

•  b  Buchcataloge  u.  dgl.:  Bibliographie  de  la  France.  Journal  ge- 
neral  de  rimprimerie  et  de  la  librairie.  Steht  im  "4.  Jahrgang  und  er-, 
scheint  wöchentlich.  Preis  20  frcs  pro  Jalir  —  ^O.  Lorenz,  Catalogue  ge- 
nerale de  la  librairie  frcse  1840/75.  Paris  18(i7/SO.  8  Bde.  —  *J.  M.  Qn':- 
RARD,  La  France  litteraire  etc.,  vgl.  die  ausführliche  Angabe  in  Theil  II 
404  —  G.  Brvnet,  La  France  litteraire  au  XV  s.,  catalogue  raisonne  des 
ouvrages  imprimes  en  langue  frcse  jusqu'ä  l'an  1500.  Paris  1865.  (Ueber 
Brvxet's  Manuel  vgl.  Theil  II  405  —  E.  Frere,  Manuel  du  bibliogra- 
phe  normand.  Ronen  1S60.  2  Bde.  —  A.  Bernahu,  Hist.  de  l'imprimerie 
royale  du  Louvre.  Paris  ISO"  —  E.  H.vriN,  Hist.  politique  et  litteraire  de 
la  Presse  en  France.  Paris  1860. 

Ueber  Hülfsmittel  zur  Enträthselung  von  Pseudonymen  u.  dgl.  vgl. 
Theil  n  376. 

Ueber  Vapereau's  und  Jal's  Dictionnaire  vgl.  Theil  II  406  u.  407. 

Bibliographien,  .Avelche  sich  auf  einzelne  Litteraturgattungen  (z.  B.  die 
Chanson-de-geste-I)ichtung)  ,  einzelne  Litteraturwerke  (z.  B.  das  Rolands- 
lied'  oder  einzelne  Autoren  z.  B.  Moliere)  beziehen,  werden  in  den  in  §  3 
und  4  zu  gebenden   alphabetischen  Uebersichten  namhaft  gemacht  werden. 

2.  Werke,  welche  die  Geschichte  der  ganzen  französ.  Lit- 
teratur  behandeln.  Die  Zahl  der  hierher  gehörigen  Werke  ist,  wie  be- 
greiflich, eine  sehr  beträchtliche,  aber  dennoch  fehlt  es  noch  immer  nicht 
nur  an  einer  wirklich  wissenschaftlichen  und  kritischen  Darstellung  der 
französ.  Gesammtlitteraturgeschichte,  sondern  selbst  auch  an  einem  allen 
berechtigten  Ansprüchen  genügenden  Handbuche.  Im  Folgenden  werden 
eine  Anzahl  Werke  angeführt,  welche,  solange  bessere  fehlen,  relativ  gute 
Dienste  leisten  können  und  deren  Benutzung  eben  nicht  zu  umgehen  ist. 
Hinsichtlich  der  französischen  Werke  sei  im  Allgemeinen  bemerkt,  dass  sie 
meist  glänzend  geschrieben  und  reich  an  geistvollen  Urtheilen,  überhaupt 
in  ästhetischer  Beziehung  hoch  interessant  und  zum  Theil  selbst  sehr 
werthvoll  sind,  dass  sie  dagegen  in  Bezug  auf  Quellenforschung  und  Bei- 
bringung wissenschaftlichen  Apparates  sehr  viel  zu  wünschen  übrig  lassen. 
(Da  hei  den  bedeutenderen  dieser  Werke  fortwährend  neue  Auflagen  er- 
scheinen^ so  ist  von  der  Angabe  des  Erscheinungsjahres  der  neuesten  Auflage 
in  der  Regel  Abstand  genrnnmen  worden,  auch  der  Erscheinungsort  nur  dann 
angegeben,   tvenn  er  nicht  Paris  ist.) 

ViLLEMAlx,  Cours  de  litt,  frcse.  6  Bde.  'schon  älteres  Buch  —  die 
erste  Ausgabe  erschien  um  die  Mitte  der  zwanziger  Jahre  — ,  aber  noch 
immer  lesenswerth  und  brauchbar)  —  D.  Nisard,  Hist.  de  la  litt,  frcse 
(die  erste  Ausg.  erschien  1844  49;  über  das  Buch  lässt  sich  ähnlich  Avie 
über  das  Villemain'sche  urtheilen,  nur  enthält  es  mehr  ästhetisirendes  Rai- 
sonnement  als  dieses  —  E  Geruzez,  Hist,  de  la  litt,  frcse  depuis  ses 
origines  jusqu'ä  la  revolution  (erste  Ausg.  1861)  i)  —  E.  Taleot,  Hist.  de 

1    Sowohl  Nisard  als  auch  Geruzez   hat  ausser  dem  genannten  gros- 
sen \N  erke  auch  ein  Compendium  erscheinen  lassen,  ersterer  u.  d.  T.  »Pre- 
Körting,  Eneyklopädie  d.  rom.  Phil.   III.  20 


306  1^^^  Französische. 

la  litt,  frcse  depuis  ses  origines  jusqu'ä  no.s  jours,  avec  un  coup  d'ueil  s. 
les  litt,  etrangei-es  ISlUi  —  J.-F.  de  Laharpe,  Lycee  ou  cours  de  littera- 
ture  ancienne  et  moderne  (beste  Ausgaben  l'>25/26.  IS  Bde.  u.  184(i.  3  Bde. 

—  BvRON,  Hist.  de  la  litt,  en  France  depuis  la  conquete  des  Gaules  par 
J.-Cesar  jusqu'ä  nos  jours.  1851  —  Demogeot,  Hist;  de  la  litt,  frcse  de- 
puis ses  origines  jusqu'ä  nos  jours,  seit  1S52  (vielgelobtes,  aber  dennoch 
sehr  unzulängliches  Buch;  —  A.  Koche,  Hist.  des  principaux  ecrivains 
frcs.  etc.,  London,  seit  1858. 

G.  Merlet,  Etudes  litt.  s.  Chanson  de  lloland,  Joinville,  Montaigne, 
Pascal,  Lafontaine,  Boileau ,  Bossuet,  Fenelon,  Labruyere,  Montesquieu, 
Voltaire,  Buffon,  1852  —  *Ch.-A.  Sainte-Beive,  Critique  et  portraits  litt. 
1832  39  5  Bde.,  Portraits  litt.  1844.  2  Bde.;  Causeries  du  lundi  1851  62 
15  Bde.,  Nouveaux  lundis  1863/72.  10  Bde.  (diese  sämmtlichen  Werke  ent- 
halten höchst  werthvollc,  glänzend  geschriebene  Essays  über  die  verschie- 
denartigsten litt.  Themata)  —  F.  Bkunetiere,  Etüde  crit.  s.  l'hist.  de  la 
litt,  frcse.  1880  (behandelt  meist  Fragen  der  neueren  Litt.,  der  Verf.  steht 
auf  dem  »classischen«  Standpunkte  und  weiss  denselben  geistvoll  zu  ver- 
theidigen  . 

*Ideler  u.  Noi.TE,  Handb.  d.  frz.  Spr.  u.  Lit.  Berlin  1804  36.  4  Bde. 
(für  seine  Zeit  vortreöliches  Buch,  das  einer  Neubearbeitung  würdig  wäre, 

—  Mager,  Die  frz.  Litt,  vom  Anfange  des  12.  bis  gegen  Ende  des  18. 
Jahrh.  Wismar  1834,  und:  Versuch  einer  Gesch.  u.  Charakteristik  der  frz. 
Nationallitt,  von  1789  ab.  1837.  2  Bde.  —  F.  Kreys.sig,  Gesch.  d.  frz. 
Nationallitt.  5.  Aufl.  besorgt  v.  Lamprecht.  Berlin  1871)  (leidliches  Hand- 
buch), und;  Studien  zur  frz.  Cultur-  u.  Tiitteraturgesch.  Berlin  1S6.")  — 
H.  Brettinger,  Die  Grundzüge  der  frz.  liitteratur-  u.  Sprachgesch.  Zü- 
rich. 3.  Ausg.  ISSO  (ein  für  ])raktische  Studienzwecke  sehr  brauchbares 
Büchlein  trotz  mancher  Lücken  und  Unebenheiten),  und;  Die  frz.  Classi- 
ker.  Charakteristiken  u.  Inhaltsangaben.  2.  Ausg.  Zürich  1879  —  E.  En- 
gel, Gesch.  d.  frz.  Litt.  Leipzig  1882  (feuilletonistisch  gehalten),  und:  Psy- 
chologie der  frz.  Litt.  Teschen  1885  —  A.  Kressner,  Grundriss  der  frz. 
liitt.  u.  Metrik.  Frankf.  a.  O.  1879  —  AV.  König,  Studien  zur  frz.  Litte- 
raturgesch.  Halle  1877  —  C.  Sachs,  Synchronistische  Tabelle  der  polit. 
u.  Litterärgeschichte  Frankreichs  u.  Englands.  Berlin.  Langenscheidt. 

H.  VAN  liAUN,  Hist.  of  French  Lit.  London  1876/77  (werthlos  — 
Saintsukry,  A  Short  history  of  French  Lit.  Oxford  1883,  vgl.  Kom.  XII  602. 

Brauchbare  litterargeschichtliche  Notizen  findet  man  auch  in  den  bes- 
seren Chrestomathien,  z.  B.  in  Staaff,  La  litt,  fr^se  dep.  ses  orig.  jusqu'ä 
nos  jours.  1876.  6  Bde.,  Burguy  u.  Herbig,  La  France  litt.  Braunschw., 
seit  1856,  PlüTZ,  Manuel  de  litt,  frcse.  Berlin,  immer  neu  erscheinend. 

Anhang;  Geschichte  des  franz.  Dramas  und  Theaters  vgl. 
auch  die  Artikel  Adam  de  la  Halle,  Mystere,  Miracle,  Theä- 
tre  in  dem  aiphabet.  Verzeichnisse  des  §  3  und  die  Artikel 
Corneille,  Meliere  u,  dgl.  in  ij  4,  sowie  einzelne  Anm.  zu  §  5. 


eis   de   riiist.  dl'   la  litt,  frcse«,  letzterer  u.  d.  T.  »Hist.  abregee  de  la  litt, 
frcse." 


Litteraturgoschichte.  307 

'Fkax^OIs  et  Claude  Pakfaict,  Hist.  gen.  du  TheAtre  fr^s.  1734/49, 
15  Bde.,  Mcm.  ]>.  servir  a  l'hist.  des  spectaclcs  de  la  foire  1743.  2  Bde., 
Hist.  de  l'anc.  th.  it.  1753,  diet.  des  thodtres  de  Paris  1756/07.  7  Bde.  — 
R.  Prölss,  Geschichte  des  neueren  Dramas.  Leipzig  1881  —  V.  ForuxKi,, 
Curiosites  theatrales  anciennes  et  modernes,  frcses  et  etrangeres,  iSS'.t  — 
E.  nr  Mkrii.,  Origines  ktines  du  thcatre  moderne.  1849,  und:  Hi-stoire 
de  la  comedie  1864  ti9  —  Sepet,  lie  drame  chretien  au  moyen-äge  1878  — 
L.  Petit  de  Julleville,  Hist.  du  th.  en  France.  Les  Mysteres  1880. 
2  Bde.  (trotz  mancher  Mängel  bedeutendes  und  grundlegendes  Buch)  — 
L.  P.  Beuger,  Framställning  af  det  franska  nicdeltids  draniats  utveck- 
lingsgäng  frän  äldste  tider  tili  iir  14ü2.  Stockholm  1875  (gute  und  über- 
sichtliche Zusammenstellung)  —  J,.  Delisle,  le  Mystere  des  rois  mages 
dans  la  cathedrale  de  Nevers,  in:  Rom.  IV  1  —  H.  Tivier,  Hist.  de  la 
litt,  dramatique  en  Fr.  depuis  ses  orig.  jusqu'au  Cid  1873.  (lesbares  Com- 
pendium)  —  B.  PiFTEAU  und  J.  Gorjox,  Hist.  du  th.  en  Fr.  des  origines 
au  Cid.  1880  (ziemlich  werthlos)  —  Foi'RXlER,  Le  Theätre  frcs  avant  la 
renaissance.  Paris  ISSO  —  E.  PicoT,  La  Sottie  en  Fr.,  in:  Rom.  VH  236 
—  R.  "Werner,  Drei  Farcen  des  15.  Jahrh.  Göttingen  1S80.  Diss.  —  P. 
Goldschmidt,  das  politische  Schauspiel  in  Frankreich  unter  König  I-ud- 
wig  XII.  in:  Herrig's  Archiv  Bd.  41  —  *A.  Ebert,  EntMickelungsge- 
schichte  der  frz.  Tragödie,  vornehmlich  im  10.  Jahrh.  Gotha  1856  —  E. 
Faguet,  la  tragedie  frcse  au  XVI  s.  1883  —  E.  Fourxier,  Th.  frcs  au 
X\T  et  au  XVII  s.,  1550  ä  1650,  ou  choix  de  comedies  anterieures  ä  Mo- 
liere,  avec  introduct.  et  notice.  (Ueber  die  'Contemporains  de  Mol.'  s.  un- 
ten §  4  aiphabet.  Register.)  —  Du  Tralage,  Notes  et  documents  s.  l'hist. 
des  th.  de  Paris  au  XVII  s.  1881  —  *E.  Despols,  Le  th.  frcs  sous  Louis 
XIV.  1875  vorzügliches  Buch,  das  Jeder,  der  mit  dem  Drama  des  17.  Jahrh. 
sich  beschäftigt,  gelesen  haben  sollte  —  F.  LemaiTRE,  La  comedie  apres 
Moliere  et  le  theatre  de  Dancourt  1883  —  G.  Weinberg,  Das  frz.  Schä- 
ferspiel in  der  ersten  Hälfte  des  17.  Jahrh.  Frankf.  a.  M.  1884  —  Saint- 
VlCTOR,  Deux  Masques  1883  84.  3  Bde.  (behandelt  namentl.  Moliere  und 
Beaumarchais)  —  A.  B.  Cochrane,  Th.  frcs  in  the  reign  of  Louis  XV. 
London  1879  —  Wetz,  Die  Anfänge  des  bürgerl.  Dramas  in  Frankreich. 
Worms  1885.  —  E.  Campardon,  Les  comediens  de  la  troupe  frcse  pen- 
dant  les  deux  derniers  siecles.  Documents  recueillis  aux  archives  nationa- 
les. Paris  o.  J.  —  Vgl.  auch  §  4  und  einzelne  Anm.  zu  §  5. 

§  3.    Angaben  zur  altfranzös.  Litteratur. 

1.  Werke,  welche  die  altfrz.  Litteratur  in  ihrer  Gesammt- 
heit  behandeln.  Histoire  litteraire  de  la  France  (begonnen  nach  fünf 
Jahre  zuvor  erfolgter  Ankündigung  im  J.  1733  von  den  Benedictinern  der 
Congregation  des  h.  Maurus,  welche  das  Werk  bis  zum  12.  Bande  ein- 
schliesslich il763]  fortsetzten;  vom  13.  Bande  ab  übernahm,  und  zwar  seit 
dem  J.  1808.  eine  Commission  des  Institutes  die  Arbeit.  Bis  jetzt  liegen 
30  Bde.  vor,  in  denen  die  Litteraturen  Frankreichs  —  die  lateinische,  fran- 
zösische und  provenzalische  —  bis  zum  14.  Jahrh.  in  gelehrtester  und  ge- 
diegenster AVeise   behandelt  werden.     Dass   ein   so  umfangreiches  und  von 

2it* 


308  ^^^  Französische. 

so  verschiedenen  Verfassern  gearbeitetes  AV'erk  viele  Ungleichheiten  und 
Mängel,  namentlich  auch  Breiten  und  Wiederholungen  zeigt  und  dass  es 
in  seinen  älteren  Theilen  den  Anforderungen  der  heutigen  "Wissenschaft 
nicht  entspricht,  das  ist  selbstverständlich,  nichtsdestoweniger  ist  die  Hist. 
litt,  eine  staunenswerthe  Schöpfung,  wie  auf  litterargeschichtlichem  Gebiete 
kein  anderes  Volk  sich  einer  solchen  rühmen  darf.  —  Eine  kurze  Ge- 
schichte der  Hist.  litt,  nebst  einer  gedrängten  Analyse  der  einzelnen  Bände 
hat  Schmitz  in  Suppl.  2.  S.  27  ff.  seiner  Encyklopädie  gegeben  . 

L.  MoL.\ND,  Origines  litt,  de  la  France  1S62  —  J.  Ampere.  Hist.  litt. 
de  la  Fr.  avant  le  XH  s.  1S39.  3  Bde.,  und:  De  la  litt,  frcse  dans  ses 
rapports  avec  les  litt,  etrangeres  au  m.-age  1833  —  B.  Roquefort,  De 
l'etat  de  la  poesie  frcse  dans  les  XH  et  XHI  s.  1815  —  Villemain,  Ta- 
bleau  de  la  litt,  du  m.-äge  en  Fr.,  en  Italie,  en  Espagne  etc.  1863.  —  L. 
MoLAND,  Origines  litt,  de  la  Fr.  1864  —  *Ch.  Aubertin,  Hist.  de  klang. 
et  de  la  litt,  frcses  au  m.-äge  187(3  78,  2.  Ausg.  1885  das  verhältnissmäs- 
sig  beste  Werk,  vgl. :  Rom.  IX  306)  —  P.  Albert,  la  litt,  frcse  dep.  les 
orig.  jusqu'ä  la  fin  du  16  s.  1879  —  Ch.  Gidel,  Hist.  de  la  litt,  frcse 
dep.  son  orig.  jusqu'ä  la  renaissance.  1875  —  H.  Prat,  Etudes  litt,  du  m.- 
äge  XIV  et  XV  s.  1877  —  J.  Condamix,  Cours  complementaire  de  lang, 
et  litt,  romanes  (Langue  d'oYl .  Lecon  d'ouv.  Lyon  1880  —  A.  D.uimeste- 
TER,  Cours  de  litt,  frcse  du  m.-age  et  d'hist.  de  lang,  frcse.  Le9on  d'ouv., 
in:  Rev.  de  l'Enseign.  15  Dec.  1883  —  O.  Richter.  Die  frz.  Litt,  am  Hofe 
der  Herzöge  von  Burgund.  Diss.  Halle  1882  —  G.  Paris,  Les  contes  orien- 
taux  dans  la  litt,  frcse  du  m.-äge  1875. 

F,  Ideler,  Gesch.  d.  altfrz.  Nationallitt.  v.  d.  ersten  Anfängen  bis 
auf  Franz  I.  Berlin  1S42  vgl.  oben  S.  306)  —  K.  Semmig,  Gesch.  d.  frz. 
Litt,  im  Mittelalter.  Leipzig  1862  (hat  nur  als  Curiosum  Interesse). 

2.  Schriften  über  einzelne  Gebiete  der  altfrz.  Litteratur: 
F.  DiDOT,  Essai  de  Classification  methodique  et  synoptique  des  romans  de 
chevalerie  inedits  et  publies.  1870  —  Uhlaxd,  Ueber  das  altfrz.  Epos 
'Gesammelte  Schriften  zur  Geschichte  der  Dichtung  und  Sage,  herausg. 
von  Holland,  Bd.  IV  327)  —  Wirth,  Ueber  die  nordfrz.  Heldengedichte 
des  karoling.  Sagenkreises.  Elberfeld  1836.  Progr.  —  F.  AVolf,  Ueber  die 
neuesten  Leistungen  der  Franzosen  in  der  Herausgabe  ihrer  Nationalhel- 
dengedichte. Wien  1833  —  A.  ToBLER,  Ueber  das  volksthüml.  Epos  der 
Franzosen,  in:  Zeitschr.  f.  Völkerpsych.  u.  Sprachvgl.  VI  139  —  'P.  Rajxa, 
Le  origini  dell'  epopea  francese.  Florenz  1884  hochbedeutendes  geniales 
Werk)  —  *K.  Nvrop,  Den  oldfranske  heltedigtning.  Kopenhagen  1883 
ausgezeichnetes  übersichtliches  Werk,  das  namentlich  auch  eine  trefl'liche 
Bibliographie  der  altfrz.  Epik,  besond.  der  Chanson- de -geste- Dichtung 
enthält  —  *L.  Gaitier,  Les  Epopees  frcses.  2e  ed.  vol.  I.  HI.  IV  1878/80 
ausgezeichnetes  Werk  über  die  altfrz.  Chansons  de  geste  mit  allem  wissen- 
schaftl.,  namentl.  auch  bibliographischem  Apparate;  der  ästhetische  Stand- 
punkt des  Verfassers  ist  ein  zu  einseitig  bewundernden ,  vgl.  Böumek, 
in:  Rom.  Stud.  III  367.  Ferner  desselben  Verfassers  Essays:  La  cheva- 
lerie d'apres  les  textes  poetiques  du  m.-äge,  in:  Rev.  des  quest.  hist.  III 
345;  l'id^e  religieuse  dans  la  poösie  ep.  du  m.-äge.   1868,  l'idee  polit.  dans 


Litteraturgeschichtc.  309 

les  chans.  d.  g.,  iu  ;  Kev.  des  quest.  hist.  VIIjjTH.  le  style  des  cluuis.  d.  sj. , 
in:  Kev.  du  monde  cath.  1S7T.  10  u.  25  Mai  —  A.  Guaf,  Dell  epica  fran- 
cese  nel  medio  evo,  in.  Nuova  Ant.  ISTti  Oct.  —  E.  I.ittke,  De  la  poesie 
epique  dans  la  societe  feodale,  in :  Hist.  de  la  lang.  fr9se  I  256  u.  R.  d. 
d.  M.  1S54,  1.  Juli.  —  *G.  Paris,  Hist.  poetique  de  Charlemagne  1S65 
(grundlegendes  Werk,    das  jeder  Studierende   der  altfrz.  Phil,  lesen  muss) 

—  G.  Paris,  De  Pseudo-Turpino  IStiö  —  P.  Pari.«!,  I.es  chansons  de  geste. 
Diseours  d'ouv.,  in;  Bulletin  du  bibliograph.  et  du  bibliotli.  März  1859,  und 
Etüde  s.  les  eh.  d.  g.  et  s.  le  Garin  le  Loherain  de  Jean  Flagy  1863  — 
G.  Paris,  Paulin  Paris  et  la  litt,  au  m.-äge,  in:  Rom.  XI  1  —  Ch.  d'He- 
RiCAlLT,  Essai  s.  Vorig,  de  Tepopee  frcse   et  s.  son  hist.   au  m.-dge.  1860 

—  P.  Meyer,  Recherches  s.  Tepopee  frcse  etc.  (Kritik  der  oben  genannten 
AVerke  Gautier's  u.  G.  Paris')  1867  —  F.  Hexaix,  Charlemagne  d'apres  les 
traditions  liegeoises.  Liege  ISTS  —  E.  Quinet,  Des  epopees  frcses  inedites 
du  Xn  s.,  in:  Ovuvr.  completes  t.  IX  —  DiEHL,  Die  Rolandssage  in  der 
altfrz.  Poesie,  namentl.  im  Heldengedicht.  Marienwerder  1S67  —  *G.  Grü- 
ber, Die  handschriftl.  Gestaltung  der  ch.  de  g.  Fierabras.  Leipzig  1S6'> 
(eine  durch  ihre  scharfsinnige  Methode  in  der  Textkritik  epochemachende 
Schrift  —  P.  Berton,  De  l'epopee  frcse  au  m.-age.  Besancon  1S79  —  O. 
Dietrich,  Die  "Wiederholungen  in  der  altfrz.  ch.  d.  g.  Erlangen  1881. 
Diss.,  auch  in:  Rom.  Forsch.  Bd.  1  —  Histoire  du  Mont-St-Michel  etc. 
(ohne  Angabe  des  Verfassers  .  Coutances  1876  —  Karlamagnus-Saga  og 
kappa  hans.  Udgivet  af  C.  R.  UxGER.  Christiania  1860  —  G.  Storm,  Sagn- 
kredsene  om  Karl  den  Store  og  Didrik  af  Bern  etc.  Christiania  1S74  — 
A.  Feist,  Zur  Kritik  der  Bertasage.  Marburg  1885.  —  Vgl.  auch  unten 
in  No.  4  die  die  einzelnen  Chansons  de  geste,  namentl.  das  Ro- 
landslied betr.  Artikel,  vgl.  auch  oben  Kap.  8,  §9  am  Schlüsse. 

A.  BiRCH-HiRSCHFELD ,  Ueber  die  den  prov.  Troubadours  des  12.  u. 
13.  Jahrb.  bekannten  einsehen  Stofie.  Halle  1S78,  vgl.  Ztschr.  f.  roman.  Phil. 
II  318  —  F.  DiDOT,  Essai  de  Classification  etc.  (s.  S.  308)  —  de  la  Ville- 
MARQUE,  Les  Romans  de  la  Table  ronde  et  les  contes  des  anciens  Bretons. 
3e  ed.  1860  —  A.  Birch-Hirschfeld,  Die  Sage  vom  Gral.  Leipzig  1877, 
vgl.  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  H  617  —  *A.  La  Borderie,  L'Historia  Brito- 
num  attribuee  ä  Nemiius  et  l'Historia  britannica  avant  Geoffroi  de  Mon- 
mouth  1880,  und  Les  veritables  propheties  de  Merlin.  1880,  vgl.  Rom. 
Xn  367  —  *G.  Paris,  Etudes  s.  les  romans  de  la  Table  ronde,  in  :  Rom. 
X  465  u.  xn  459  —  F.  Loliee,  La  femme  dans  la  ch.  d.  g.,  N.  R.  XV 
382  —  Th.  Krabbes,  Die  Frau  im  altfrz.  Karlsepos,  in :  Stengel's  Ausg. 
und  Abh.  XVHI  —  Fr.  Bangert.  Die  Thiere  im  altfrz.  Epos,  in:  Stex- 
GEL's  Ausg.  u.  Abh.  XXXIV  —  P.  Zellfr,  Die  tägl.  Lebensgewohn- 
heiten im  Karls-Epos,  ebenda  XLII  —  R.  Schröder,  Glaube  u.  Aberglaube 
in  der  altfrz.  Dichtung.  Erlangen  1886. 

J.  Bekker,  Vergleichung  homerischer  u.  altfrz.  Sitten,  in:  Monats- 
berichte d.  Berl.  Akad.  d.  "Wissensch.  1866,  und  homer.  Ansichten  u.  Aus- 
drucksweisen mit  altfrz.  zusammengestellt,  ebenda  1867  —  E.  LiTTRE,  La 
poesie  homerique  et  l'ancienne  poesie  frcse,  in:  R.  d.  d.  M.  1847,  1.  Juli, 
vgl.:  Hist.  de  la  lang,  frcse  I  301  —  J.  Auox ,   Einiges  zu  den  Charak- 


310  Däs  Französische. 

teren  der  Artussage.  Wien  1&S:3  —  F.  Seiffert,  Ein  Romanbuch  zu  den 
Artusepen.  Theil  I.  Greifswald  1883.  Diss.  —  W.  Heidsiek,  Die  ritterl. 
Gesellschaft  in  den  Dichtungen  des  Crestien  de  Troyes.  Greifsw.  1883. 
Diss.  —  L.  Gautier,  La  chevalerie  1884  — Vgl.  auch  unten  in  No.  4 
die  die  einzelnen  Abenteuerromane,  sowie  den  »Gral«,  Gottfr. 
V.  Monmouth,  Artussage  u.  dgl.  betr.  Artikel. 

B.  Beuxiiardt,  Kecherches  s.  l'hist.  de  la  Corporation  des  menetriers 
QU  joueurs  d'instruments  de  la  ville  de  Paris,  in :  Bibl.  de  l'Ec.  des  Ch. 
III  377,  IV  525,  V  254  u.  339  —  A.  ToBLEK,  Spielmannsleben  im  alten 
Frankreich,  in:  »Im  Neuen  Keich«  1875,  No.  9  —  F.  Fkeymond,  Jong- 
leurs u.  Menestrels.  Halle  1883  —  E.  Lexiext,  La  satire  en  Fr.  au  m.- 
äge.  1883. 

3.  Sammelausgaben,  Sammelwerke:  Altfrz.  Chrestomathien  u. 
dgl.  s.  oben  S.  57  —  Gesammtausgaben  der  "ältesten  Denkmäler«  s.  unten 
No.  4  —  Sammlungen  altfrz.  Dramen  Mysterien  etc.)  s.  unten  No.  4  un- 
ter «Mysterien«  u.  »Theater«,  vgl.  auch  oben  §  2,  Anhang. 

Anciens  poetes  de  la  France,  p.  p.  F.  Guessakd,  1859/70,  10  Bde., 
enthalten  folgende  chansons  de  geste:  Gui  de  Bourgogne  —  Otinel,  Floo- 
vant  —  Doon  de  Mayence  —  Gaufrey  —  Fierabras  —  Parise  de  la  Du- 
chesse  —  Huon  de  Bordeaux  —  Aye  d'Avignon  —  Gui  de  Nanteuil  — 
Gaydon  —  Hugues  Capet  —  Macaire  —  Aliscans  (vgl.  unten  No.  4,,. 

Publications  de  la  Societe  des  anciens  textes  seit  1875,  bis 
jetzt  23  Bde.,  enthalten  u.  A. :  Chansons  fr^ses  du  15  s.  p.  p.  G.  Parls,  avec 
la  musique  en  notation  moderne  p.  A.  Gevaerts  —  Les  plus  anciens  mo- 
numents  de  la  langue  frcse.  (Album  photograph.  Facsimile) ,  p.  p.  G.  Paris  — 
Brun  de  la  Montagne,  rom.  d'  v.,  p.  p.  P.  Meyer  —  Miracles  de  Nostre 
Dame  par  personnagcs,  p.  p.  G.  Pari.s  u.  U.  Kohert  —  Guillaume  de 
Palerme,  rom.  d'av.  p.  p.  H.  MiCHELAXT  —  Deux  redactions  du  rom.  des 
Sept  Sages  de  Kerne,  p.  p.  G.  Paris  —  Aiol,  ch.  d.  g.,  p.  p.  F.  NoR- 
MANi)  u.  G.  Raynaud  —  Le  Debat  des  Herauts  de  France  et  d'Angle- 
terre,  p.  p.  L.  Pannier  u.  P.  Meyer  —  CEuvres  completes  d'Eustache 
Deschamps,  p^  p.  QuEUX  de  St-Hilaire  —  Le  saint  voyage  de  Jerusalem 
du  seigneur  d'Angluse,  p.  p.  Boxxardot  —  Chronique  du  Mont-Saint- 
Michel,  p.  p.  S.  LuCE  —  Elie  de  St-Gille,  ch.  d.  g.,  p.  p.  G.  Kayxaud 
—  Daurel  et  Beton,  ch.  d.  g.  prov.  ,  p.  p.  P.  Meyer  —  Le  Mistero  du 
Vieil  Testament,  p.  p.  J.  de  Rothschild  —  La  Vie  de  St.  Gilles  p.  Guil- 
laume de  Berneville,  poeme  du  12  s.  p.  p.  G.  Paris  et  A.  Bos. 

Altfranzös.  Gedichte  aus  venezianischen  Hdss.,  herausg.  v. 
A.  MussAFlA.  I.  La  Prise  de  Pampelune.  II.  Macaire.  AVien  1864,  vgl. : 
Bibl.  de  l'Ec.  des  Ch.   1864,  S.  573. 

Altfranzös.  Bibli  othek,  herausg.  von  W.  Förster.  Heilbronn, 
seit  1879;  die  bis  jetzt  erschienenen  Bände  enthalten :  Bd.  1  Chardry's  Jo- 
saphaz,  Set  Dormanz  u.  Petit  Plet,  cd.  J.  Kocn  1879  —  Bd.  2  Karls 
d.  G.  Reise  etc.,  ed.  F.  KoscinviTZ,  2.  Ausg.  1883  —  Bd.  3  üctavian, 
altfrz.  Roman,  ed.  K.  Vollmüller  1883  —  Bd.  4  Lothringischer  Psalter 
des  14.  Jahrb.,  ed.  F.  Apfelstedt.  1881  —  Bd.  5  Lyoner  Yzopet  (13. 
Jahrb.,  ed.  W.  Förster.  1882  —  Bd.  6  Das  altfrz.  Rolandslied.  Text  von 


I.itteraturfiesfliichtt'.  311 

Chateauroux  u.  Venedig!;  VII,  ed.  W.  Föusikk  ISS.i  —  lid.  7  Das  altfrz. 
Kolandslicd.  Text  vou  Paris,  Lyon,  Cambiid}i;e  ii.  I.othr.  Fra}i;ni.,  ed.  W. 
F()itsTEK,  noch  nicht  erschienen.)  —  bd.  s  Orthof^raphia  t.allica.  Aeltester 
Tractat  über  frz.  Ausspr.  u.  Ürthogr.,  ed.  J.  SxüiiZlXGEU.  1884  —  Bd.  9 
Adojars  Marien-Legenden,  ed.  C.  Neuhals  1885  — ■  Bd.  10  Commentar  zu 
den  alt.  frz.  Sprachdenkm.,  ed.  E.  Koscuwixz  (weitere  Bände  sollen  brin- 
gen :  Garnier's  von  Pont-Sainte-Maxence  «Thomas  Becket«  —  Jehan  de  Lan- 
son  —  Jaufre  —  poitevinisches  Kathorinalcben  —  prov.  Planctus  Mariae 
—  Mystere  d'Adam  —  lloman  de  Cristal  —  Nat  de  Mons  —  Koman  de 
Hörn  —  Koman  du  Castelain  de  Couci). 

G.  Raynaud.  Bibliographie  des  Chansonniers  frcs  des  XIII  et  XIV  s. 
1884.  2  Bde.  —  A.  Jubixal  ,  Jongleurs  et  trouveres  ou  choix  de  saluts, 
epitres,  reveries  et  autres  pieces  legeres  des  XIII«  et  XIV«  siecles.  1835  — 
Chants  historiques  et  populaires  du  temps  de  Charles  VII  et  Louis  XI  p.  p, 
Le  Roux  de  Lincy  1857  —  Chansons  du  XV«  s.  etc.  p.  p.  G.  Paris,  s. 
üben  in  den  Publ.  de  la  Soe.  des  anc.  text.  —  llecueil  de  motets  frc».  des 
Xn  et  XUI  s. ,  p.  p.  G.  Raynaud,  suivis  d'une  etude  s.  la  musique  au 
siecle  de  St- Louis  p.  H,  Lacroix,  1882  —  Recueil  de  poesies  frcses  des 
XV  et  XVI  siecles,  morales,  facetieuses,  historiques  reunies  et  annotees  p. 
A.  de  Montaiglon  et  James  de  Roth.schild,  1855/78.  13  Bde.,  vgl.  Ztschr. 
f.  rom.  Phil.  I  462  u.  II  344  • —  Recueil  de  chants  historiques  frcs.  depuis 
le  12  jusqu'au  16  s.,  p.  p.  Leroux  de  Lincy,  1841/42  —  Cent  cinq  ron- 
deaulx  d'amour,  p.  p.  E.  Tross,  1863  —  Poesies  des  XIV  et  XV  s.,  d'a- 
pres  le  ms.  de  la  bibl.  de  Geneve,  p.  p.  E.  Ritter.  Basel  188Ü  —  P.  Meyer, 
Melanges  de  poesie  anglo-normande,  in  :  Rom.  IV  370,  und :  Mel.  de  poesie 
frcse,  in :  Rom.  VI  4SI  —  A.  Dinaux,  Trouveres,  Jongleurs  et  menestrels 
du  Nord  de  la  France  et  du  midi  de  la  Belgique,  t.  I  trouveres  cambre- 
siens.  Brüssel  1837,  t.  II  trouv.  de  la  Flandre  1839,  t.  III  trouv.  artesiens 
1843,  t.  IV  trouv.  brabancons  1863  —  Trouveres  beiges  du  XII  au  XIV 
siecle.  Chansons  d'amour,  jeux-partis,  pastaurelles ,  dits  et  fabliaux,  p.  p. 
A.  Scheler.  Brüssel  1876,  vgl.  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  II  476 1,.  —  VgL 
auch  No.  4  den  Artikel  »Lieder«. 

Fabliaux  ou  contes  du  XU  et  du  XIII  siecles,  p.  p.  Legrand  1779/81. 
4  Bde.  —  Fabliaux  et  contes,  p.  p.  Barbazan,  nouv.  ed.  augmentee  p.  M. 
Meon  180S  —  Nouveau  recueil  de  fabliaux  et  contes  inedits  des  poetes 
frcs  des  XU,  XIH,  XIV  et  XV  siecles,  p.  p.  Meon  1823.  2  Bde.  —  A. 
JuBlNAL,  Nouveau  recueil  de  contes,  dits,  fabliaux  et  autres  pieces  inedites 
des  XIII,  XIV  et  XV  siecles.  1839/42.  2  Bde.  —  Recueil  general  des  fa- 
bliaux des  XIII  et  XIV  siecles,  p.  p.  A.  de  Montaiglon  et  Raynaud 
1872/78.  4  Bde.  —  Varietes  historiques  et  litteraires.  Recueil  de  pieces 
rares  et  curieuses  annotees  p.  Fournier.  1855/63.  10  Bde.  —  E.  DU  Me- 
RIL,  Poesies  inedites  du  m.-a,  preced.  d'une  hist.  de  la  fable  esopique  1854. 

Ch.  Louandre,  Chefs-d'ceuvre  des  conteurs  frcs  avant  Lafontaine  ;1050 
— 1650)  1875  —  A.  V.  Keller,  Altfrz.  Sagen.  2.  Ausg.  Heilbronn  1875. 


1    Vgl.  hierzu  die  Diss.  von  J.  Spie.s,     Untersuchungen    üb.  die  belg. 
Trouveres  des  12,14.  Jahrh.,  in:  Stengel's  Ausg.  u.  Abh.  XVH. 


312  I^as  Französische. 

4.  Alphabetisches  Verzeichniss  der  Ausgaben  der  wichti- 
geren altfranzös.  Litteraturwerke  nebst  Angabe  einiger  Er- 
läuterungsschriften   (ein  beigefügtes  N.  verweist  auf  die  Nachträge  . 

Abbregie  de  Troyes  nach  Dictj's  u.  Dares  sowie  nach  einer  Hds. 
der  Breslauer  Stadtbibl.  etc.;,  herausg.  von  Birger.  Breslau  1878,  Progr.  d. 
Kealsch.  am  Zwinger  —  Adam,  s.  Mystere  d'A.  —  Adam  de  la  Halle, 
QSuvres  completes,  p.  pour  la  premiere  fois  par  Coi'SSEM.\KER  1872  G.  Kay- 
NAUD,  Deux  jeux-partis  inedits  d'A.  d.  1.  H.,  in :  Rom.  VI  590.  L.  Bahlsen, 
A.  d.  1.  H.'s  Dramen  u.  das  Jus  du  pelerin,  in:  Stengel's  Ausg.  u.  Abh. 
XXVII)  —  Adenes  li  Rois.  1)  Li  Roumans  de  Berte  aus  grans  pies  ed. 
A.  SCHELER.  Brüssel  1874,  vgl.  Rom.  V  115  u.  IH  339  (Hist  litt.  XX  7(il; 
Gautier,  Ep.  III  7;  Fr.  Michel,  Examen  crit.  du  R.  d.  B.  etc.  1832.  S.  ob. 
S.  309).  2)  Bueves  de  Commarchis,  ed.  A.  .Schei.eh.  Brüssel  1874.  vgl.  Rom. 
V  115.  3;  Enfances  Ogier,  ed.  A.  Scueler.  Brüssel  1874,  vgl.  Rom.  V  115. 
(Gautier  III  52,  Hist.  litt.  XX  6S8^  4)  Li  Roumans  de  Cleomades. 
p.  p.  A.  VAN  Hasselt.  Brüssel  1865/66.  (J.  H.  Bormaxs,  Observations 
philologiques  et  critiques  s.  le  texte  du  r.  d.  Cl.,  p.  p.  v.  H.  Liege  1867.; 
—  Aelteste  Sprachdenkmäler.  Unter  den  »ältesten  Sprachdenk- 
mälern« versteht  man  im  engeren  Sinne  folgende  Schriftwerke:  1.  die 
Stras.sburger  Eide,  2.  das  Eulalialied,  3.  das  Fragment  von  Valenciennes 
oder  das  Jonasfragment,  4.  das  Leodegarlied ,  5.  die  Passion,  6.  das  Ale- 
xiusUed  des  12.  Jahrhunderts  (s.  unter  »Alexius«);  im  weiteren  Sinne 
rechnet  man  ferner  hinzu:  7.  das  hohe  Lied,  8.  das  Alexanderfraginent  des 
Alberic  v.  Besancon  (oder  Briäncon?;,  9.  die  Epistel  vom  heil.  Stephanus, 
10.  der  Sponsus;  im  weitesten  Sinne  kann  man  endlich  noch  hinzuzählen 
die  (abgesehen  von  den  Eiden  und  dem  Jonasfragment  ältesten  Prosadenk- 
mäler: 11.  Uebersetzung  der  vier  Bücher  der  Könige  's.  unter  »Quatre 
livres«),  12.  Oxforder  Psalmenübersetzuug  s.  unter  »Psalter«],  13.  Cam- 
bridger Psalmenübersetzung  (s.  unter  »Psalter«).  Von  No.  1,  2,  3,  4,  5  hat 
G.  Paris  im  Album  der  Soc.  des  anc.  text.  photographische  Facsimile 
veröffentlicht,  bezüglich  der  Lambspringer  Hds.  des  Alexius  hat  E.  Sten- 
gel ein  Gleiches  gethan,  jedoch  ist  das  Facsimile  nicht  in  den  Buchhan- 
del gekommen;  No.  1,  2,  3,  4,  5  u.  10  sind  von  Koschavitz  in  diploma- 
tischem Abdruck  herausgegeben  worden  Xes  plus  anciens  monuments  de 
la  langue  fr9se.  3.  Ausg.  Heilbronn  18S4  ,  dieselben  Stücke  u.  ausserdem 
No.  6,  7,  8  u.  9  auch  von  Stexgel  in  Ausg.  u.  Abh.  Heft  I  mit  vollstän- 
digem Wortverzeichnisse  u.  Uebersichtstabellen  über  A^'ortklassen ,  Asso- 
nanzen u.  Reime  u.  XI.  Mit  Abfassung  eines  ausführlichen  Commentars 
ist  KoscH^\^TZ  beschäftigt,  Bd.  1  desselben  ist  Ende  1885  erschienen. 
Die  reichhaltige  Litteratur  zu  den  ältesten  Sprachdenkmälern  ist  in  den 
angeführten  diplomatisclien  Abdrücken  verzeichnet,  Meshalb  hier  und  unten 
von  ihrer  Angabe  Abstand  genommen  werden  darf.  —  Aime,  moine  du 
Mont-Cassin,  L'ystoire  de  li  Normant  et  la  clironique  de  Rob.  Viscart,  p.  j). 
Champollion-Figeac  1835  —  Aimeri  de  Narbonne,  eh.  d.  g.,  Ausg. 
V.  L.  Demaisox,  für  die  Soc.  des  anc.  text.  vorbereitet  (vgl.  Hist.  litt. 
XXII  460;  Gautier,  Ep.  III  774;  G.  Paris  in  Rom.  IX  515;  Stengel 
in  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  VI  397:  A.  Kres.^ner  in  Herrig's  Archiv  LVI  11) 


Litteraturgeschichte.  3 1 3 

—  Aiol  et  Mirabel,  herausg:.  v.  W.  Föustkk.  lleilbroun  ISTli  S2,  von 
J.  NoRMAND  u.  G.  Raynaid  f.  d.  Soc.  des  anc.  t.  1878  (vgl.  A.  Mvssafia 
in  Ztschr.  f.  roni.  Phil.  III  257)  —  Aiquin  s.  Aquin  —  Alberic  v, 
Besan^on  s.  Alexanderfragment  —  Alexanderfragment  s.  ob. 
Ae  It  est e  Sprachdenkmäler,  vgl.  auch  AV.  FöUsteu,  in:  Ztschr.  f.  rom. 
Phil.  II  79  u.  VI  422  ^H.  Flkcutneu,  Die  Spr.  des  A.  Strassburg  18^2  Diss., 
vgl.  Rev.  crit.  1SS3  I  207,  Ztschr.  f.  nfrz.  Spr.  u.  Lit.  IV^  94  —  Ale- 
X ander roman  Li  rom.  d'Al.  par  Lambert  li  Tors  u.  Alexandre  de  Ber- 
nay,  herausg.  1  v.  H.  Michelaxt.  Stuttgart  1846,  2)  p.  F.  le  Court  de 
LA  Villethassp:tz  et  E.  Talbot,  1861.  3)  Eine  krit.  Ausg.  sämmtl.  alt- 
franz.  Alexandcrdiehtungen  bereitet  P.  Meyer  vor,  vgl.  Rom.  XI  213  u. 
XII  139.  (Uebcr  die  Alexandersage  vgl.  Theil  II  495  f.,  nachgetragen  werde 
hier:  F.  BlümeR,  Alex.  d.  G.  in  Jerusalem.  Büdingen  1872  Progr. ;  RöM- 
HELD.  Beiträge  zur  Gesch.  u.  Kritik  der  Alexandersage.  Auszug  aus  der 
SAT.  Uebers.  des  Pseudokallisthenes.  1873.  Hersfeld.  Progr.;  —  Alexius. 
Ueber  das  Alexiuslied  des  12.  Jahrh.  vgl.  bezüglich  der  diplomat.  Ab^ 
drücke  und  des  photogr.  Facsimiles  oben  »Aelteste  Sprachdenkmäler« :  son- 
stige Ausgaben  veranstalteten  "SV.  Müller  in  Haupt's  Ztschr.  f.  deutsche.« 
Alterth.  V  299;  G.  Paris  1872  mit  hochbedeutender  Einleitung;  Neudruck 
des  Textes  1884,;  der  Paris'schen  Ausg.  des  ältesten,  ca.  10.50  entstandenen 
Alexiusliedes  ist  die  Ausg.  dreier  späterer  Reproductionen  (des  12.,  13.  u. 
14.  Jahrh.  beigefügt,  die  dritte  derselben  von  L.  Paxxier  edirt.  Ein  Ale- 
xiuslied in  achtsylbigen  Versen  hat  G.  Pajiis  in  Rom.  VIII  163,  ein  noch 
anderes  hat  J.  Herz  im  Progr.  der  israel.  Realsch.  zu  Frankfurt  a.  M.  1879 
veröffentlicht  (J.  Bracxs,  Ueb.  Quelle  u.  Entwickelung  der  altfrz.  Cancun 
de  Saint  Alexis  vergl.  mit  der  prov.  Vida  sowie  den  altengl.  u.  mhd.  Dar- 
stellungen. Kiel  18">4  —  Aliscaus,  eh.  d.  g.,  Ausg.  1  v.  F.  Gvessard 
u.  A.  DE  MoxTAiGLOX  1870.  A.  P.  F.  X;  2;  von  Joxckbloet  im  Guil- 
laume  dOrange  (s.  d.)  I  215  Hist.  litt.  XXII  511;  Gautier,  Ep.  IV  465 ; 
Rom.  n  335,  YL  257)  —  Amis  et  Amiles,  eh.  d.  g.,  Ausg.  von  K.  HoF- 
MAXX.  Erlangen  1852,  2.  Aufl.  1882  Hist.  litt.  XXH  258;  G.^utier,  Ep. 
I  479;  Rev.  celt.  IV  203,  479;  KÖLBIXG  in  Paul  u.  Braune's  Beiträgen 
etc.  IV  271,  Germania  XIX  1S4,  Engl.  Stud.  II  295,  V  465,  ausserdem  in 
seiner  Ausg.  des  altengl.  Amis  and  Amiloun.  Heilbronn  1884;  H.  Kleix, 
Sage,  Metrik  u.  Gramm,  des  altfrz.  Epos  A.  et  A.  Bonn  1875  Diss.:  J. 
Schöpfe,  Ueb.  Metr.  u.  Ass.  der  eh.  d.  g.  A.  et  A.,  in  :  Franz.  Stud.  HI  1 ; 
J.  Hüllex,  Ueber  Stil  u.  Compos.  der  altfrz.  eh.  d.  g.  A.  et  A.  u.  Jourd. 
d.  Blaivies.  Münster  1885  Diss.;  —  d'Andeli,  H.,  Ausg.  v.  Herox.  Rouen 
1S81,  vgl.  Rom.  XI  137.  N.  —  d'Andeli,  R.,  Chanson  p.  p.  Herox,  vgl. 
Rom.  I  190  —  Ansei's  de  Carthage,  eh.  d.  g.,  nicht  edirt  Hist.  litt. 
XIX  648;  G.\UTn-R,  Ep.  HI  637;  P.  Paris  Manuscrits  IH  172,  VI,  218 
—  Anse'is  fils  de  Girbert,  nicht  edirt  Hist.  litt.  XXII  633;  P.  Paris, 
Garin  le  Loherains,  p.  354)  —  Antioche,  eh.  d.  g.,  Ausg.  v.  P.  Paris 
1848.  2  Bde.  in  das  Neufrz.  übers,  v.  Mme  de  Saixte-Aulaire  1848  u. 
18t)2;  Hist.  litt.  XXH  353;  P.  Paris.  Manuscrits  VI,  195,  und:  Nouvelle 
etude  s.  la  eh.  dA.  1874:  Roman.  Stud.  I  390)  —  Aquilon.  Prosaro- 
man,  nicht  edirt.  vgl.  A.  Thomas  in  Rom.  XI  538  —  Aquin,  eh.  d.  g., 


314  l^^as  Französische. 

Austr.  V.  JoüON  DES  LoNGKAls.  Nantes  18S0,  vgl.  Rom.  IX  445  Hist.  litt. 
XXII  4(i2;  G.\LTIEK,  Ep.  III  .153)  —  Art  d'Amors,  s.  Echecs  amou- 
reux,  Jacques  d'Aniiens,  Jehan  le  Bei  —  Aspremont,  eh.  d.  g., 
Ausg.  V.  F.  GiESsAUi)  u.  L.  Gaitiek  1855;  Bruchstücke  bei  J.  Bekker 
im  Fierabras  's.  d.),  p.  LIII,  Rom.  IX  344,  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  IV  364 
;Hist.  litt.  XXII  300;  G.\LTiEK,  Ep.  III  70;  A.  Keller,  Romv.  1:  A. 
Mls.SAFiA,  Handschriftl.  Stud.  II  278)  —  A'this  et  Prophilias,  Ausg. 
V.  A.  AVeber.  Berlin  18S1  —  Auberi,  eh.  d.  g.,  Ausg.  1  v.  P.  Tarbe, 
Rheims  1849;  2  von  A.  Tobler,  Leipzig  187U  Hist.  litt.  XXII  318;  G.\u- 
TIER,  Ep.  I  490;  P.  Parls,  Manuscrits  VII  24  u.  30;  A.  Keller,  Romv. 
203;  J.  Bekker  im  Fierabras  LXVI;  —  Auberon  s.  Huon  —  Aucas- 
sin  etNicolete,  chante-fable,  Ausg.  v.  H.  Suchier.  Paderborn  1 878, 
2.  Ausg.  1883  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  11  624 ;  frz.  Uebers.  von  A.  BlUA  mit 
dem  Originaltext  herausg.  v.  G.  Paris,  1878;  H.  Bruxner,  Ueb.  A.  et  N. 
Halle  1880  Diss.;  ScHLiCKUM,  Wortstellung  in  A.  etN.,  in:  Franz.  Stud. 
in  177.  Deutsche  Uebers.  des  Gedichtes  von  W.  Hertz.  Wien  1865)  — 
Aye  d'Avignon,    eh.  d.  g.,  Ausg.   v.  F.  Glessard   u.    P.  Meyer  1861 

A.  P.  F.  VI  Hist.  litt.  XXII  334;  Mem.  de  la  Soc.  des  antiqu.  de  Fr.  XV 
398  ;  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  IV  101 ;   A.  Mussael^,  Handschriftl.  Stud.  II  323  . 

Balladen.  Livre  des  cent  ballades,  p.  p.  QvElx  de  St-Hilaire 
1668  —  Barbastre  s.  Siege  de  B.  —  Barlaam  et  Josaphat  s.  Gui 
de  Cambrai  —  Basselin,  Olivier,  Le  livre  des  chants  nouveaux  de 
Vau-de-Vire.  Ausg.  vom  J.  1811,   1821,  1823,  1859  (A.  Gaste,  Etüde  s.  O. 

B.  et  les  compagnons  du  V.-d.-V.  etc.  Caen  1866  — Bastars  de  Bouil- 
lon Fortsetzung  des  Baudouin  de  Sebourc  .  Ausg.  v.  A.  ScHELER.  Brüs- 
sel 1877,  vgl.  Rom.  VII  460  (Hist  litt.  XXV  593]  —  Bataille  Loqui- 
fer,  nicht  edirt  Hist.  litt.  XXII  532;  P.  Parl-*,  Manuscrits  UI  157)  — 
Baudouin  de  Sebourc,  Ausg.  v.  BoccA  1841  (Hist.  litt.  XXV  537)  — 
Baudri  de  Bourgeuil  s.  Croisade  —  Bei  Inconnu  s.  Inconnu  — 
Benoit,  Chronique  des  ducs  de  Norm.,  p.  p.  Fr.  Michel  1837  44.  3  Bde. 
;H.  Ani)RE.sex,  Ueb.  die  Quellen  der  Chr.  d.  d.  d.  N.  in  Roman.  Forschun- 
gen, hrsg.  V.  Vollmüller,  Bd.  i;  —  Benoit  de  Ste-More,  Roman  de 
Troie,  Ausg.  v.  JoLY  1870/71.  2  Bde.  ;Giorn.  di  fil.  rom.  VI  103;  Journ. 
des  Sav.  1876,  Jan.  u.  Febr.;  F.  Settega.st,  B.  de  Ste-M.,  sprachl.  Unter- 
such, üb.  die  Identität  der  Verf.  des  R».  d.  T.  u.  Chr.  d.  d.  d.  N.  Bres- 
lau 1876  Diss.;  H.  Stock,  Die  Phonetik  des  R.  d.  Tr.  u.  der  Chr.  d.  d.  d. 
N.,  in:  Roman.  Stud.  III  443).  Ueber  die  Trojasage  vgl.  Theil  II  496  — 
Bernay  s.  Alexanderroman  —  Berner  Liedercodex  No.  389,  hrsg. 
V.  J.  Brakelman.n  in  Herrig's  Archiv  XLI  ff.  K.  Hoemann  in  Sitzungsb. 
d.  Münch.  Akad.  d.  Wissensch.  1867,  Bd.  2;  Gröber  u.  Lebixsky  in 
Ztschr.  f.  rom.  Phil.  III  39'  —  Berte  aus  grans  pies,  Ausg.  1)  von 
P.  P.\Rls  1832;  2)  von  A.  Mis.saeia  venezianische  Redaction'  in  Rom.  lU 
339,  IV  91;  vgL  oben  Adenes  li  Rois  (Hist.  litt.  XX  7Ul ;  Gaitier,  Ep. 
HI  7 ;  Wolf,  Ueb.  d.  Leistungen  etc.  37  ;  Fr.  Michel,  Examen  crit.  du 
R.  d.  B.  aus  gr.  p.  1832)  —  Besant  de  Dieu  s.  Guillaume  le  Clerc 
— :Besti  aire  s.  Guillaume  le  Clerc  u.  Ph  ilippe  de  Thaün  —  Beu- 
von    de  Commarcis  s.  Adenes   li  Rois    —    Beuvon  d' Hans  tone, 


Litttraturgcschichte.  3  1 5 

noch  nicht  edirt;  vgl.  llist.  litt.  X\lll  T4s;  K.  Stkxgkl,  Mittheilun^cn 
etc.  .51;  A.  Kellkk,  Komv.  404;  E.  Kölbinu  in  den  Engl.  Stud.  II  317; 
P.  K.viNA  in  den  Reali  di  Francia  I  491  —  Bibelübersetzung.  S.  Bek- 
CiER,  La  bible  fr9se  au  moyen-age.  Etüde  s.  les  plus  anciennes  ver.sions 
de  la  Bible  ecrites  en  prose  de  langue  d'oil,  1^84;  J.  BoNNAUD,  I.es  tra- 
ductions  de  la  Bible  en  vers  frcs  au  moyen-age,  1SS4,  vgl.  Ztschr.  f.  rem. 
Phil.  VIII  312  —  Blandin  de  C ornou a illes,  vgl.  P.  Meyeh  in  Rom. 
II  170  —  Bodel,  Jean,  Chanson  desSaisnes,  p.  p.  Fu.  MiciiEl.  l&.Ji», 
in:  Rom.  des  douze  pairs.  Bd.  5  u.  tj  Hist.  litt.  XX  605;  H.  Meyeu, 
Die  Chanson  des  S.  J.  B.'s  in  ihrem  Verhaltnisse  zum  Rolandsliede  und 
Karlusmagnussage,  in:  Stexgel's  Ausg.  u.  Abh.  IV,;  Jeu  de  Saint-Nicola.s, 
Ausg.  V.  Monraerque  f.  die  Soc.  des  biblioph.  frcs  IS'M ,  v.  Monmerque 
u.  Michel  im  Theatre  francais  du  moyen-age  1839  F.  Heitheckek,  J.  B.'s 
J.  d.  S.-N.  Ein  Beitrag  zur  Geschichte  des  altfranz.  Dramas.  Münster 
1>85;  Journ.  des  Sav.  1846,  p.  456;  DlXAVX  in  Trouveres  etc.  III  260; 
Petit  de  Jilleville  in  Mysteres  I  95,  11  221;  A.  Kressner  in  Her- 
rig's  Archiv  LIX  33*;  Conges,  Ausg.  v.  Barbazan-Meon ,  Fabliaux  etc. 
I  135;  G.  Rayxaid  in  Rom.  IX  216;  4  Pastourellen,  herausgeg.  von 
Bakt-SCH,  Altfrz.  Romanzen  u.  Past.  Leipzig  1870,  p.  2fe7  ^0.  Schulz,  Zu 
J.  B-,  in:  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  VI  387  —  Bkäxd.\x,  Ausg.  1)  v.  H.  Suchieh 
in  Rom.  Stud.  I  553 ;  2i  v.  Fr.  Michel  1878  Th.  Airacher,  Der  Br.  in  der 
.\rsenalhds.  B.  L.  F.  283  ;  K.  Brekke,  Etüde  s.  la  flexion  dans  le  Voyage  de 
S.  Br.  1885;  W.Hammer,  Die  Sprache  der  agn.  Brandanlegende,  in:  Ztschr. 
f.  rom.  Phil.  IX  75).  S.  oben  S.  300  u.  —  Breviarium,  ein  frz.  des 
15.  Jahrb.,  herausg.  v.  F.  Lixdxer,  in:  Ztschr.  f.  nfrz.  Spr.  I  41  —  Brun 
de  la  Montagne,  rom.  d'av.,  Ausg.  v.  P.  Meyer  1876.  Soc.  des  anc. 
text.  MussAFiA  in  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  I  98)  —  Brunetto  Latini,  Li 
livres  dou  Tresor,  p.  p.  P.  Chabaille  1863  Thor  Suxdby,  Br.  L.'s  Lev- 
net  og  skrifter.  Kopenhagen  1869 ;  ital.  Uebers.  dieses  "Werkes  von  R.  Re- 
xiER.  Florenz  1884;  KÖRTIXG,  Gesch.  d.  ital.  Litt.  etc.  111)  —  Brut  (P. 
Meyer,  De  quelques  chroniques  anglo-normandes  qui  ont  porte  le  nom  de 
Brut,  in:  Bull,  de  la  Soc.  des  anc.  text.  frcs  1878,  p.  104,  vgl.  Rom.  VIII 
466).  Vgl.  AVace.  Der  Münchener  Brut,  Ausg.  v.  K.  Hofmaxx  u. 
K.  Vollmöller.  Halle  1S77,  v^L  Rom.  VII  144,  vgl.  auch  K.  Jexrich» 
Die  Mundart  des  M.  B.  Halle  18S1  Diss.  A.  Mussafia,  Zum  altfranzös- 
Gottfr.  V.  Monm.,  in:  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  I  402  . 

Calendarium.  Altfrz.  C,  herausg.  v.  F.  Lixdxer,  in:  Ztschr.  f. 
rom.  Phil.  IH  352  —  Calendre.  Settegast,  C.  u.  seine  Kaiserchronik, 
in:  Rom.  Stud.  HI  93  —  Capet  s.  Hugues  Capet  —  Carite.  Li  Ro- 
mans de  C.  et  de  Miserere  de  Renclus  de  Moiliens,  p.  p.  A.  G.  vax  Ha- 
MEL.  1S85.  2  Bde.,  vgl.:  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  IX  413  (A.  Meyer,  Li  Mi- 
serere, picard.  Gedicht  aus  dem  12.  Jahrh.  v.  R.  d.  M.  Landshut  1882 
Progr.;  —  Carl  Mar  teil,  A.  Graf,  Di  un  poema  inedito  di  C.  M.  e 
di  Ugo  conte  d'Alvernia  in  Giom.  di  iil.  rom.  H  92  —  Carmen.  G.  Pa- 
ris, Le  Carmen  de  prodicione  Guenonis  et  la  legende  de  Roncevaux ,  in : 
Rom.  XI  465  —  Castres  s.  Siege  de  C.  —  Chanson.  La  chanson  du 


316  Das  Französische. 

ehevreau ,  in :  Rom.  I  218.  —  Sonstige  mit  Chanson  beginnende 
Titel,  wie  z.  B.  Chanson  de  Roland,  sehe  man  unter  dem  betr. 
Eigennamen.  —  Chansonniers.  J.  Bkakelmanx,  Die  23  altfrz.  Chan- 
sonniers in  den  Bibl.  Frankreichs,  Italiens  und  der  Schweiz,  in :  Herrig's 
Archiv   XLII;    G.  Raynaud,    Bibliographie   des  chansonniers  frcs.    1884. 

2  Bde.  Vgl.  oben  S.  311.  —  Chardry's  Josaphaz.  Set  Dormanz  und 
Petit  Plet,  Ausg.  von  Koch.  Heilbr.  1879.  Altfrz.  Bibl.  I,  vgl.:  Ztschr. 
f.  rom.  Phil.  III  591  (Reinbkeciit,  Die  Legende  von  den  Siebenschläfeni. 
Göttingen  1881.  Diss.,  vgl.:  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  V  1162)  —  Charle- 
magne  s.  Girard  d'Amiens.  (The  English  Charlemagne  Romances  I  Sir 
Ferumbras,  ed.  by  S.  J.  Herutage,  II  The  Sege  of  Melayne  and  The  Ro- 
mance  of  Duke  Rouland  and  Sir  Otuell  of  Spayne  etc.  ed.  by  J.  Herr- 
tage. III  u.  IV.  The  Lyf  of  Charles  the  Grate  etc.  ed.  by  J.  Herktage, 
V  The  Romance  of  the  Sowdone  of  Babylone,  ed.  by  E.  HAr.SKXECHT. 
London  1879/81,  vgl.:  Rom.  XI  149)  —  Charles  d'Orleans,  Poesies, 
Ausg.  v.  d'Hericault.  1874/75.  2  Bde.  (Staehle,  Ueb.  d.  Spr.  des  Her- 
zogs C.  V.  O.  Parchim  1868)  —  Charroi  de  Nismes,  Ausg.  v.  Jonck- 
BLOET,  Guill.  d'Orange  I  73.  II  234  'Hist.  litt.  XXII  488;  Gaitier.  Ep. 
IV  370;  P.  Paris,  Manuscr.  III  130.  VI  139  —  Chartier,  Alain.  Ausg. 
v.  A.  DucHESNE.  1617  (Hannappel,  Die  Poetik  A.  Ch.,  in:  Franz.  Stud. 
I  261;  E.  HöPFNER,  Die  Wortstellung  bei  A.  Ch.  u.  Gerson.  Leipzig  1883. 
Diss.)  —  Chatelain  de  Coucy,  L'hist.  du  Ch.  d.  C.  p.  p.  G.  A.  Crape- 
LET  1829  (G.  Paris,  in:  Rom.  VIII  343,  633,  XU  359)  —  Chevalier  as 

^  deus  espees,  rom.  d'av.,  Ausg.  v.  W.  Förster.  Halle  1877.  Ztschr. 
f.  rom.  Phil.  I  91.  II  142;  Schulze-Veltrup,  Der  syntakt.  Gebrauch  des 
Conj.  im  Ch.  as  2  esp.  Münster  1885.  Diss.)  —  Chevalier  au  cygne  et 
Godefroid  de  Bouillon,  Ausg.  1  v.  Reiffenberg  (mit  Glossar  v. 
Gachet).  Brüssel  1846  48.  3  Bde.;  2  v.  C.  Hippeav.  1874  77.  2  Bde. 
(Hist.  litt.  XXn  350,  P.  Paris,  Manuscr.  VI  168)  —  Chevalier  de  la 
Charette  s.  Crestiens  de  Troyes.  —  Le  Chevalier,  la  dame  et  le 
clerc,  fabliau  anglo-normand,  hrsg.  v.  P.  Meyek,  in:  Rom.  I  69  — 
Chevalier  au  lyon  s.  Crestiens  de  Troyes  —  Christine  de  Pi- 
zan,  le  Livre  du  chemin  de  long  estude,  Ausg.  v,  R.  Püschel.  Berl. 
1881  —  Chronique  ascendante  s.  Wace  —  Chronique  ascen- 
dante  du  Mont-Saint-Michel,  Ausg.  v.  S.  Luce  —  Chroniques 
de  France  (oder  ehr.  de  St.  Denys),  Ausg.  v.  P.  Paris.  1836  39.  6  Bde. 
—  Chroniques  de  Normandie,  Ausg.  v.  Fr.  Michel.  Reuen  1839  — 
Chroniques  anglo-normandes,  Ausg.  v.  Fr.  MlCilEL.  Ronen  1836  40. 

3  Bde.  —  Chronique  de  Reims,  K.  Nytrop,  Notice  s.  un  nouveau 
ms.  de  la  Chr.  de  R.,  in:  Rom.  VIII  429  —  Ciaire  Fontaine,  F.  GlL- 
LIERON,  la  Cl.  F.,  examen  crit.  de  diverses  versions  de  cette  chanson,  in; 
Rom.  XII  307  —  Claris  et  Laris  s.  Romans  de  C.  et  L.  —  Clef 
d'amour,  Ausg.  v.  E.  Tross.  1866  —  Clotilde  de  Surville  angeb- 
liche Ausg.  v.  Ch.  Vanderbourg.  1824/27  (W.  König.  Etüde  s.  l'authen- 
ticite  des  poesies  de  Cl.  de  S.  Halle  1875)  —  Commines,  Philippe 
de,  Ausg.  v.  Mlle  Dupont.  1840  47.  3  Bde.;  .v.  Kervvn  DE  Letten- 
iiovE.  Brüssel  1867/74.  3  Bde.;  v.  Ciiantelauze.    1881    Fierville.  Docu- 


I,itter;itur<reschichte.  ;{ |  7 

ments  inedits  s.  Ph.  de  C.  IStsl ;  W.  AuxoLU .  J)io  ethisch-polit.  Grund- 
anschauung des  Ph.  V.  C.  Nebst  Nachträgen  zu  Geisers  Glossar.  Dresden 
li>T3;  TöxxiES  .  La  syntaxe  de  C.  Berl.  1876;  A.  STDrMixo,  Die  Syntax 
des  C,  in:  Ztschr.  f.  roni.  Pliil.  I  KU,  489  —  Conde.  Baudouin,  Dits 
et  eontes  de  B.  d.  C.  et  de  son  tils  Jean  de  C.  etc.  p.  p.  A.  Schklek. 
Brüssel  1866  —  Conde,  Jehan.  Die  Gedichte  des  J.  d.  C.  nach  der  ca- 
sanatensischen  Hds.  herausg.  v.  A.  ToHLEii.  Stuttgart  1860.  Bibl.  des  litt. 
Vereins.  Bd.  54.  Vgl.  den  vorigen  Artikel  —  La  Conquete  de  J6rusa- 
leni,  faisant  suite  ä  la  chanson  dAntioche,  Ausg.  v.  C.  HirPEAU.  1868  — 
La  Conquete  de  la  Petite  Bretagne  s.  Aquin  —  Constant  s. 
Bit  de  l'emp.  C.  —  Conte.  R.  Köuleu,  Le  conte  de  la  reine  qui  tua 
son  senechal,  in:  Rom.  XI  581;  L.  Roll.xxd,  Les  trois  saints  de  Pale- 
stine,  conte,  in:  Rom.  XI  119;  E.  Roll.\nd,  Vernissez  vos  femmes,  conte 
de  Vals,  in:  Rom.  XI  416.  VgL  auch  oben  S.  all.  —  Couronne- 
ment  Looys,  Ausg.  b.  Joxckbloet,  in:  Guill.  d'Orange  I  1  ,  II  229 
(Hist.  Utt.  XXn  4SI;  Gautier,  Ep.  III  774,  IV  334;  P.  Pauis,  Manuscr. 
m  123,  VI  138;  G.Paris,  in:  Rom.  I  177)  —  Covenant  Vivien,  Ausg. 
b.  Joxckbloet,  Guill.  d'Orange  I  163,  II  239  (Hist.  litt.  XXII  507 ;  Gau- 
TIEK.  Ep.  IV  437)  —  Crestiens  de  Troyes.  PoT\ax,  Bibliographie  de 
Cr.  de  Troyes  etc.  Brüssel  1863;  AV.  L.  Hollaxd,  Ueber  Cr.  de  Tr.  und 
zwei  seiner  "Werke.  Tübingen  1847,  und:  Cr.  v.  Tr.,  eine  litterargeschichtl. 
Untersuchung.  Tübingen  1854.  "Werke  Cr.'s  d.  Tr. :  1  Li  Chevaliers  au  lyon, 
ed.  W.  HoLL.^^D.  Hannover  1862  u.  1880  (Bruchstück  aus  d.  Ch.  au  L, 
naph  der  Vatikan.  Hands.  mitgetheilt  und  erläutert  von  A.  Tobler.  Solo- 
thum  1862).  VgL  Theil  H  4SI  u.  496  f.  2  Erec  et  Eneide,  herausg.  v. 
Imm.  Bekker.  in:  Ztschr.  f.  deutsch.  Alterth.  X  373  (P.  Paris,  Manuscr. 
m  219;  Germania  VII  141,  Vlll  51,  363,  XVI  381).  3  Cliges,  ed.  "W. 
Förster.  Halle  1884  (soll  Bd.  1  einer  Gesammtausg.  Cr.'s  bilden).  4.  Par- 
ceval  le  Gallois  p.  p.  Ch.  PoT^^N.  Mons  1865/72.  6  Bde.  (A.  Rochat, 
Ueber  einen  bisher  unbekannten  Percheval  le  Gall.  Zürich  1865;  Riv.  di 
til.  rom.  I  192;  G.  Bötticher,  Zur  Frage  nach  den  Quellen  des  Parzival, 
in:  Ztschr.  f.  deutsche  Phil.  XHI  420;  G.  A.  Heinrich,  Le  P.  de  Wolfr. 
d'Esch.  et  la  legende  du  St-Graal.  1855;  Sax-Marte,  Parcival-Studien. 
Halle  1861;  A.  Rochat,  Wolf.  v.  Esch.  u.  Cr.  d.  Tr.,  in:  Germ.  III  81; 
G.  Paris,  Perceval  et  la  legende  du  St-Graal.  in:  Bull,  de  la  Soc.  hist. 
No.  2,  1883;  E.  XÖLBING,  .Die  nord.  Parcevalsage  und  ihre  Quelle,  in: 
Germ.  XIV  129,  XV  89).  4  li  Chevaliers  de  la  Charfette.  p.  p.  Tarbe. 
Reims  1849,  p.  p.  Joxckbloet.  La  Haye  1850  (P.  Märtexs,  Zur  Lance- 
lotsage, in:  Rom.  Stud.  V  557;  G.  Paris,  Etudes  s.  les  rom.  de  la  Table 
ronde.  Lancelot  du  Lac,  in:  Rom.  X  465;  Hist.  litt.  XXII  212  ;  Keller, 
Romv.  453;  Jahrb.  f.  rom.  u.  engl.  Litt.  IX  43).  6  li  romans  du  roi  Guil- 
laume  d'Angl.  p.  p.  Fr.  Michel,  in:  Chroniques  anglo-norm.  III  39.  7. 
Bruchstücke  einer  Uebers.  der  Metamorphosen  Ovids,  vgl.  G.  Paris,  in: 
Rom.  Xm  399  (R.  Grosse,  Der  Stil  des  Cr.  d.  Tr.,  in:  Franz.  Stud.  I 
100:  Le  Coultre,  De  Tordre  des  mots  dans  Cr.  d.  Tr.  Leipzig  u.  Dres- 
den 1875;  F.  BiscHOFFj  Der  Conj.  b.  Cr.  Berl.  1881;  G.  Schiller,  Der 
Inf.  b.  Cr.  Oppeln  1SS3)    —    Croisade.   P.  Meyer,    Un  recit   en  vers  de 


318  l*!^*»  Französische. 

la  preniiere  croisade  fonde  sur  T5audri  de  Bourgueil,  in:  Rom.  V.  1.  vgl. 
llom.  I  2;^  VI  4S9  . 

Delivrance  Ogier,  Ausg.  v.  A.  DE  LoxOPEKIER,  in:  Journ,  des 
Sav.  1876,  p.  219.  vgl.  llom.  V  410  —  Delivrance  d'Orleans,  chro- 
nique  anonyme  du  XV  s.,  p.  p.  B.  DE  Mol.\M)OX.  Orleans  188;i  —  Des- 
champs,  Eustache,  G5uvres  p.  p.  le  marquis  de  Ql'EUX  de  St-Hil.\IRE. 
1880.  2  Bde.  Soc.  des  anc.  text.  (A.  Sarradix,  E.  D.,  sa  vie  et  ses  Oeu- 
vres. 1S80'  —  Desputeison  entre  l'ame  et  le  Corps,  ein  anglo-nor- 
mann.  Gedicht,  hcrausg.  v.  E.  Stexgel,  in:  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  IV  74. 
Vgl.  Streit  —  Destruction  de  Jerusalem,  Ausg.  v.  A.  Graf,  in: 
Koma  nella  memoria  etc.  del  medio  evo  II  429.  Turin  1882  (Hist.  litt. 
XXII  412;  Stexgel,  Mittheilungen  etc.  13,  —  Destruction  de  Rome, 
Ausg.  v.  G.  Gröber,  in:  Rom.  II  1,  vgl.:  Gröber,  Ueber  eine  bisher  un- 
bekannte Branche  der  chanson  de  geste  Fierabras .  in  den  Verhandlungen 
der  28.  Philologenversamml.  Leipzig  1873  —  Destruction  de  Troye  s. 
Milet  —  Dialog  US  animae  conqucrentis  et  rationis  consolantis,  traduc- 
tion  en  dialecte  lorrain  du  XII  s.,  ed.  F.  Boxx.\RDOT,  in:  Rom.  V  269, 
VI  141  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  I  556,  558.  IV  585)  —  li  Dis  dou  vrai 
aniel,  Ausg.  v.  A.  Tobler.  I,eipzig  1871.  2.  Aufl.  1884  —  le  Dit  de 
l'empereur  Constant.  A.  "\Ves,selow.sky,  in:  Rom.  VI  161,  vgl.  Th. 
Sundby,  in:  Rom.  VII  3.S]  —  le  Dit  de  Jehan  le  Rigole,  p.  p.  G. 
Rayxald,  in  :  Rom.  VII  596  —  Dit  de  runicorneet  del  serpentp.  p. 
J.  "Wollenberg.  Berl.  1859  —  Dolopathos.  Johannis  de  Alta  Silva 
Dol..  herausg.  v.  H.  Oesterley.  Strassburg  1873.  vgl.:  Jahrb.  f.  rom. 
u.  engl.  Spr.  u.  Litt.  XIII  328  (A.  Mvs.'^afia,  Ueber  die  Quellen  des  alt- 
frz.  Dol.  "Wien  1865).  Vgl.  auch  Romans  des  Sept  Sages  —  Doon  de 
Maience,  eh.  d.  g.,  Ausg.  von  A.  Pey.  1859.  A.  P.  F.  II  (Hist.  litt. 
XXVI  149;  Gautier,  Ep.  III  775;  Keller,  Romv.  42;  A.  Pey,  im  Jahrb. 
f.  rom.  u.  engl.  Litt.  I  320;  Bormaxs  im  Bull,  de  l'Acad.  Roy.  de  Belg. 
2>"  Serie,  t.  37,  mars  1874,  vgl.  Rom.  IV  298;  —  Doon  de  Nanteuil. 
P.  Meyer,  in:  Rom.  XIII  1;  G.  Paris  Hist.  poet.  de  Charl.  299  —  Dra- 
mes  liturgiques  du  m.-age,  p.  p.  Coi'.s.'^EMAKER.  Rennes  1860  —  Dur- 
mars li  Gallois,  Ausg.  v.  E.  Stexgel.  Tübingen  1873,  in:  der  Bibl. 
des  Stuttg.  litt.  Vereins.  Bd.  116.  vgl.:  W.  Förster  im  Jahrb.  f.  rom.  u. 
engl.  Spr.  u.  Litt.  XIII  65,  181. 

Echecs  amoureux,  Altfrz.  Uebers.  der  Remedia  amoris  des  Ovid. 
Ein  Bruchstück  des  allegor.-didact.  P'pos  les  E.  a..  herausg.  v.  G.  KÖR- 
tixg.  Leipzig  1871  —  Eide.  Strassburger  s.  Aelteste  Sprach- 
denkmäler —  Elic,  maitre.  Altfrz.  Bearbeitung  der  Ars  amatoria  des 
Ovid.  noch  nicht  edirt  (G.  KÜIIXE,  Prolegomcna  zu  Maitre  Elio's  altfrz. 
Bearbeitung  der  A.  am.  des  Ovid.  Marburg  1883;  G.  Pari.'^,  in:  La  Poe- 
sie du  m.-4ge.  1885.  S.  189;  eine  Ausg.  des  Gedichtes  will  H.  KüliXE  in 
Stexgel's  Ausg.  u.  Abh.  erscheinen  lassen*  —  Elia  de  Saint- Gilles, 
eh.  d.  g.,  Ausg.  v.  Raynai'D.  1879.  Soc.  des  anc.  text.,  v.  W.  För.stek, 
s.  oben  Aiol.  Elissaga  ok  Rosamunda,  herausg.  v.  E.  KöLBl.\(i.  Heilbr. 
1>^81;  E.  KÖLBIX(;.  Die  norJ.  l''.liss;\ga  ok  Rosamunde  und  ihre  Quelle, 
in    seinen  Beiträgen   zur  Geschichte  etc.    92;  Hi^t.  litt.  XXII  416    —  les 


Litteraturgeschichte.  3 1  9 

Enseignement  s  etc.  Viallet.  les  Kns.  de  saint  l-ouis  ä  sun  Hls,  in; 
Bibl.  de  TKc.  des  Ch.  t.  XXXV  1.  vgl.;  Koni.  III  429  —  Enee,  ro- 
raans  d'E..  noch  nicht  edirt  A  Pey,  Essai  s.  li  rom.  d'E.  1856,  vgl.: 
Jahrb.  f  rom  u.  engl.  Litt.  II  1  ;  Hist.  litt.  XIX  071  ;  P.  Pauis,  Manuscr. 
I  71  .  VI  1ü:{;  P.  Heyse.  Koman.  Inedita  2it;  Heinrichs  v.  Veldeckc 
Eneidc.  hrsg.  von  O.  BeH-Uüiel.  Heilbr.  1SS2;  —  Enfances  Doon  de 
Maience,  vgl.  lli^t.  litt.  XXVI  17u  —  Enfances  Garin  de  Mout- 
glane,  vgl.  Hist.  litt.  XXII  4;i8;  G.\rTlER.  Ep.  IV  106  —  Enfances 
Godefroy,  vgl.  Hist.  litt.  XXII  ;i!)2.  XXV  517;  P.  Vxuiii.  Manuscr. 
VI  IS.J  —  Enfances  Guillaume.  vgl.  Hist.  litt.  XXII  47u ;  Galtier, 
Ep.  IV  276;  P.  Parls.  Manuscr.  VI  135  —  Enfances  Hector,  vgl. 
JoLY,  in:  Benoit  de  Ste-More  etc.  1410  —  Enfances  Ogier  s.  Adenes 
li  Rois  —  Enfances  Vivien.  noch  nicht  edirt  Hist.  litt.  XXII  503; 
Gaitieu.  Ep.  IV  410:  P.  Paris.  Manuscr.  III  137.  VI  139  —  Entree  en 
Espagne.  noch  nicht  edirt  Hist.  litt.  XXVI  350;  Gautier.  Ep.  III  404. 
und:  l'E.  en  E.  etc.  Notice,  analyse  et  extraits.  in:  Bibl.  de  l'Ec.  des  Ch. 
4^  Serie,  t.  IV.  1S5S  ;  A.  Thomas,  Nouvelles  recherches  s.  l'E.  de  Sp..  in: 
Bibl.  des  Ec.  frcses  d'Athenes  et  de  Rome.  Heft  25.  1882,  vgl.:  Rom.  XI 
147:  E.  Stexgel.  in:  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  V  379,  vgl.  Rom.  X  456;  — 
Eraclius.  Roman  d'Eraclius,  mit  der  gleichnamigen  mhd.  Dichtung  hrsg. 
v.  Massmann.  Quedlinburg  1S41  — Eulalialied  s.  o.  »Aelteste  Sprach- 
denkmäler», vgl.  auch  die  Litteraturangaben  zu  Kap.  9    Rhythmik. 

Fabliaux.  vgl.  oben  S.  311,  ferner:  Z-vvei  Fabliaux  aus  einer  Neuenbur- 
ger  Hds.  lirsg.  v.  A.  Keller.  Stuttg.  1840;  Gautier  d'Aupais,  le  Chevalier 
ä  ia  corbeille.  fabliaux  du  13  s.,  p.  p.  Fr.  Michel.  1835  —  Fantosme. 
Chronique  de  F..  hrsg.  v.  Fr.  Michel.  in  den  Publications  der  Surtees 
Society  1S40  u.  in  Bd.  HI  der  Ausg.  von  Benoit's  Chronique  des  ducs  de 
Norm.  1S44  s.  Benoit  H.  Rose,  Ueber  die  Metrik  Jordan  F.s,  in:  Ro- 
man. Stud.  V  301)  —  jFarces.  Recueil  de  farces,  moralites  et  sermons 
joyeux  etc.  p.  p.  Leroux  de  LrxcY  et  Fr.  Michel.  1837;  Recueil  de  far- 
ces et  moralites  du  XV  s.  p.  p.  P.  L.  Jacob.  1S59  u.  1876;  Nouveau  re- 
cueil de  farces  frcses  des  XVe  et  XVI«  siecles,  p.  p.  PiCOT  et  Nyrop. 
Kopenhagen  18S0,  vgl.:  Rom.  X  281:  Kr.  Nyrop,  La  farce  du  cuvier  et 
un  proverbe  norvegien,  in:  Rom.  XI  413.  Vgl.  oben  S.  311.  —  Fergus 
s.  Guillaume  le  Clerc  —  Fierabras,  ch.  d.  g.,  Ausg.  v.  A.  Krö- 
BER  u.  G.  Servols.  1860.  A.  P.  F.  IV  :Hist.  litt.  XXII  291  ;  Gautier, 
Ep.  ni  3S1 :  G.  Gröber,  Zu  den  F.-Hdss. ,  in:  Jahrb.  f.  rom.  u.  engl. 
Litt.  Xni  111,  und:  die  handschriftl.  Gestaltungen  der  Ch.  d.  g.  d.  F.  u. 
ihre  Vorstufen.  Leipzig  1869;  P.  Hey.se,  Roman.  Inedita  128;  Kölbing, 
in:  Engl.  Stud.  HI  200;  der  prov.  F.,  herausg.  v.  J.  Bekker.  Berl.  1829; 
K.  Hofmann  u.  G.  Baist,  Zum  prov.  F.,  in:  Roman.  Forsch.  I  117;  C. 
Sachs,  in:  Herrigs  Archiv  XXVI  141;  El  cantare  di  Fierabraccia  et  Uli- 
vieri, herausg.  v.  E.  Stengel  u.  C.  Bihlm.ann,  Die  Gestaltung  der  ch. 
d.  g.  F.  im  Ital.,  in:  Stengel's  Ausg.  u.  Abh.  IL  Marburg  1881;  Sir  Fe- 
rumbras  ed.  by  S.  J.  Hehrtage.  London  1879.  E.  E.  T.  S.  Extra  Ser.  34; 
Kölbing,  Das  Neapler  Fragment  des  Sir  Isumbras  lU  200;  The  romance 
of  the  Sowdone   of  Babvlone   and    of  Ferumbras   bis   sone   etc.   ed.    bv  E. 


320  l^«s  Französische. 

Hausknecht.  London  J8SJ.  E.  E.  T.  S.  Extra  Ser.  36,  vgl.  Ztschr.  f. 
rem.  Phil.  IV  163  f.,  Vgl.  DestructiondeRome  —  Flagys.  Je- 
han  de  Fl.  —  Floovant,  eh.  d.  g.,  p.  p.  H.  Michelant  et  F.  GuES- 
SARü.  1858.  A.  P.  F.  I  (Hist.  litt.  XXVI  1;  A.  Dakmesteter,  De  Fl.  ve- 
tustiore  gallico  poemate  et  de  merovingo  cyclo  etc.  IST",  vgl.:  Rom.  VI 
005,  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  II  332  ;  F.  Bangert,  Beitrag  zur  Gesch.  d.  Fl.- 
.sage.  Heibronn  1879;  P.  Rajna,  Le  origini  etc.  131j  —  Flore  et  Blan- 
cheflore,  Ausg.  v.  I.  Bekker.  Berl.  1844;  v.  E.  DU  Meril.  185B.  Vgl. 
Theil  II  497  —  Florence  de  Rome,  vgl.  Hist.  litt.  XXVI  335;  Bull,  de 
la  süc.  des  anc.  text.  1882,  p.  55  u.  66  —  Florent  et  Octavian  s.  Oc- 
tavian  —  Forest.  F.  Settkgast  ,  Jacos  de  Forest  e  la  sua  fönte,  in: 
Giorn.  di  filolog.  rom.  H  172,  vgl.  Jules  Cesar  u.  Jehan  de  Tuim  — 
Foucon  de  Candie,  Ausg.  v.  Tarbe.  Reims  1860  (Hist.  litt.  XXII  544; 
P.  Parls,  Manuscr.  VI  139;  Rom.  VIH  301)  —  Fragment  vom  Haag, 
abgedruckt  b.  Pertz,  Monum.  Script.  III  708  und  b.  G.  Paris,  Hist.  poet. 
etc.  465  —  Fragment  v.  Valenciennes  s.  oben  Aelteste  Sprach- 
denkmäler und  die  in  den  Ausg.  derselben  verzeichnete  Litteratur  — 
Froissart,  Jean,  Chroniques,  Ausg.  v.  BuCHOX.  1824,26  (eine  neue 
krit.  Ausg.  wird  von  Luce  vorbereitet) ;  Ed.  abregee  avec  texte  rapproche 
du  frcs  moderne  p.  Mme  de  Witt.  1881 ;  Le  premier  livre  des  Chroni- 
ques, texte  inedit.  p.  p.  I\j;hvyn  de  Lettenhove.  Brüssel  1863.  2  Bde. 
(Litteraturangaben  über  die  Chron.  sehe  man  in:  Wattenbach's  Bibl. 
med.  aevi),  Poesies  p.  p.  A.  Scheler.  Brüssel  1870/72.  3  Bde.  (P.  Paris, 
Nouv.  recherches  s.  la  vie  de  Fr.  etc.,  in :  Bull,  du  biblioph.  et  du  biblioth. 
1860;  J.  Riese,  Recherches  s.  Tusage  syntaxique  de  Fr.  Halle  1880.  Diss.; 
E.  Eberixg,  Syntakt.  Stud.  z.  Fr.,  in:  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  V  324;  P. 
Jahn,  lieber  das  Geschlecht  der  Subst.  b.  Froissart.  Halle  1882.  Diss.) 
—  Fünfzehn  Zeichen  s.  Legende  v.  d.  15.  Z. 

Gaimar,  Geoffroy,  Estoire  des  Engles,  Ausg.  des  1.  Theiles  in: 
Monum.  hist.  Brit.  1848.  I  764,  des  2.  Theiles  b.  Michel,  Chroniques 
anglo-norm.  I  1 ;  des  Gesammtwerkes  v.  Tn.  Wright.  London  1850.  Cax- 
ton  Soc.  —  Galfridus  s.  Gottfried  —  Galien,  Prosaroman,  oftmals 
gedruckt,  aber  bis  jetzt  noch  nicht  kritisch  herausgegeben,  vgl.  :  Hist.  litt. 
XXVIH  221,  Gautier,  Ep.  in315  —  Ganelon.  Les  legendes  de  Gande- 
lon  ou  Ganelon,  in:  Rom.  XI  410  —  Garins  de  Montglane,  eine  Ausg. 
wird  für  die  2.  Serie  der  A.  P.  F.  vorbereitet  (Hist.  litt.  XXH  440 ;  Gau- 
tier, Ep.  III  774;  Keller,  Romv.  338;  Stengel,  in:  Roman.  Stud.  I 
400  u.  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  VI  403;  Sachs,  Beiträge  10]  —  Garins  li 
Loherains  s.  Jehan  de  Flagy  —  Garnier  de  Pont-St-Maxence 
s.  Saint-Thomas  —  Gaufrey,  eh.  d.  g. ,  Ausg.  v.  F.  Guessard  et 
P.  Chabaille.  1859.  A.  P.  F.  III  (Hist.  litt.  XXVI  191;  Gautier.  Flp. 
IV  130)  —  Gautier  de  Coincy.  Dichtungen,  herausg.  v.  R.  Reinsch, 
in:  Herrigs  Archiv,  Bd.  67,  S.  73  u.  233;  J.  Ulrich,  Drei  Wunder  G.'s 
d.  C,  in:  Zcitschr.  f.  rom.  Phil.  VI  325  —  Gauvain.  Messire  G.  ou  Ja 
vengeance  de  Raguidel,  poeme  de  la  Table  Ronde  p.  le  trouvere  liaoul, 
p.  p.  C.  HiPPEAU.  1862,  vgl.:  Germ.  VII  217  —  Gaydon,  eh.  d.  g., 
p.  p.  F.  Guessard.  1862.  A.  P.  F.  Hist.  litt.  XXII  425;  G.utieh.  Ep.  IH 


Litteraturgeschichte.  ;i21 

t>'i5 :  V.  Paris,  Manuscr.  VII  27 ;  S.  Lvce,  De  Giiidone  ete.  disquisitio 
critica.  IStiO;  AV.  Kkimann,  Die  Chanson  de  G.,  ihre  Quellen  und  die  an- 
gevinische  Thierry-Gaydon-Sage,  in:  Stexgel's  Ausg.  u.  Ahh.  ITI  41»  — 
Gesetze.  Die  Gesetze  \A"ilhelms  des  Eroberers,  herausg.  v.  ]i.  Scii.Mii), 
in:  Gesetze  der  Angelsachsen.  Thcil  I.  Leipzig  1S32  (Die  altfrz.  Gesetze 
Wilhelms  des  Eroberers,  granimat.  Abhandlung  von  F.  Hotzel.  Eisenach 
1859.  Progr.)  —  Geste.  G.  Pakts,  Le  ronian  de  la  »Geste  de  Monglane«, 
in:  Rom.  XII  1  —  Girart  de  Roussillon  s.  die  Littcraturangaben 
zur  provenzal.  Litteraturgeschichte  —  Girart  de  Viane,  Ausg.  v.  P. 
Tarbe.  Rheims  1S50  (Hist.  litt.  XXII  448;  Gautier,  Ep.  III  95,  IV  172, 
218;  G.  Paris,  La  mythologie  allemande  dans  G.  de  V.,  in:  Rom.  I  Uli; 
E.  H.  Meyer,  L'eb.  G.  v.  V.  Ein  Beitrag  zur  Rolandssage,  in :  Ztschr.  f. 
deutsche  Phil.  III  422)  —  Girbers  de  Metz  s.  Jean  de  Flagy  — 
Godefroy.de  Bouillon  s.  Le  Chevalier  au  cygne  —  Gormont  et 
Isembart,  Ausg.  v.  Reiffexberg  in  seiner  Ausg.  der  Chronique  rim6e 
des  Phil.  Mousket;  von  A.  Scheler,  in:  Bibliophile  beige  X.  Brüssel 
1876  [auch  in  Separatabzug  erschienen);  von  R.  Heiligbrodt,  in  Roman. 
Stud.  III  501  (Heiligbrodt,  Zur  Sage  von  G.  u.  I. ,  in:  Roman.  Stud. 
IV  119;  G.  Storm,  Kritiske  Bidrag  til  Vikingetidens  Historie  I.  Kristiania 
1878.  S.193)  —  Gottfried  v.  Monmouth.  Historia  regum  Britanniae  etc. 
Ausg.  V.  J.  A.  Giles.  Lond.  1844;  von  San-Marte.  Halle  1855  (O.  Wen- 
DEBURG,  Ueb.  d.  altfrz.  Bearbeitung  von  G.  v.  M.  Hist.  reg.  Brit.  in  der 
Hds.  Brit.  Mus.  Harl.  1605.  Braunschweig  (Erlangen)  1881.  Diss.)  Vgl. 
Wace  —  Gral.  Roman  du  St-Graal  p.  p.  Fr.  Michel.  Bordeaux  1841. 
Le  Saint-Graal  ou  le  Josephe  d'Arimathie,  p.  p.  E.  HuCHER.  Le  Mans 
1875/78.  3  Bde.  Der  Prosarom.  v.  Joseph  v.  Arimathia,  herausg.  v.  G. 
Weidner,  Oppeln  ISSl.  Der  Prosaroman  Borron's  ist  gedruckt  auch  in 
der  Ausg.  des  altengl.  Seynt  Graal,  ed.  by  Fr.  J.  Furnivall.  London 
1861  63.  Roxburghe  Club  [Zarxcke,  Zur  Gesch.  der  Gralsage,  in:  Beitr. 
zur  Geschichte  der  deutsch.  Spr.  u.  Litt.  HI  304;  A.  Birch-Hirschfeld, 
Die  Sage  vom  Gral  etc.  Leipzig  1877;  E.  Martix,  Zur  Gralsage,  in:  Quel- 
len u.  Forsch,  zur  Sprach-  u.  Culturgesch.  d.  germ.  Völker.  Heft  42.  Strassb. 
1880,  vgl.:  Rom.  IX  631;  P.  PARIS,  De  l'origine  et  du  developpement  des 
Romans  de  la  Table  Ronde.  Le  saint  Graal,  in:  Rom.  I  457;  F.  G.  Berg- 
mann, Sur  l'origine  et  la  signification  des  Romans  du  Saint-Graal.  Strassb. 
1842)  —  Greban,  Arnoul,  s.  Mystere  de  la  Passion  —  Gregoire 
le  Grand.  Vie  du  pape  G.  le  G.,  legende  frcse  p.  p.  V.  Luzarche.  Tours 
1857,  vgl.  Rom.  XII  145  [H.  Bieling,  Ein  Beitrag  zur  Ueberlieferung  der 
Gregorlegende.  Berl.  1874.  vgl.:  Jahrb.  f.  rom.  u.  engl.  Spr.  u.  Litt.  XIV 
245 ;  LlPPOLD,  Ueb.  die  Quelle  des  Gregors  Hartmanns  v.  Aue.  Leipzig 
1869.  Diss.  .  VgL  S.  334  —  Gregoire  loPape,  li  dialogue,  altfrz. 
Uebers.  d.  12.  Jahrh.  mit  d.  lat.  Original,  herausg.  v.  W.Förster.  Halle 
1876;  K.  HoFMAXX,  Altburgundische  Uebers.  d.  Predigten  Gregors  über 
Ezechiel  aus  der  Bemer  Hds.  herausg.  München  1881  —  Guerre  en 
Espagne  s.  Prise  de  Pampelune  • —  GuideBourgogne,  eh.  d.  g., 
Ausg.  V.  Fr.  GuESSARD  et  H.  Michel.\xt.  1858.  A.  P.  F.  I  (Hist.  litt. 
XXVI  278;  Gautier,  Ep.  HI  4SI;  F.  Mavss,  Charakteristik  der  in  der 
Körting,  Encyklopüdie  d.  rom.  PhLL   111.  21 


322  Uas  Französische. 

eh.  d.  g.  G.  d.  B.  auftretenden  Personen.  Münster  1883.  Diss.)  —  Gui  de 
Cambrai,  Barlaam  et  Josaphat.  herausg.  v.  H.  Zotenberg  u.  P.  Meyeu. 
Stuttg.  18ü4;  G.  d.  C.  B.  et  J..  fragments  dune  traduct.  fr9se  faite  s.  le 
texte  grec  au  commencement  du  l'i  s.  p.  p.  P.  Meyek  18üt»  —  Gui  de 
Nanteuil,  eh.  d.  g.,  Ausg.  v.  P.  Meyer.  1861.  A.  P.  F.  VI  Hist.  litt. 
XXVI  212,  Gautiek,  Ep.  III  776;  Keller,  Romv.  38)  —  Guillaume 
le  Giere.  Fergus,  Ausg.  v.  E.  Martin.  Halle  1872;  le  Besant  de  Dieu, 
Ausgabe  von  E.  Martin.  Halle  1869  (E.  Martin,  Zu  G.  le  Gl.,  in: 
Ztschr.  für  roman.  Phil.  IX  85;  A.  Schmidt,  G.  le  Gl.  de  Norm.,  ins- 
besondere seine  Magdalenenlegende,  in:  Rom.  Stud.  IV  493;  H.  Seegeu. 
Ueber  d.  Spr.  d.  G.  le  Ol.  de  Norm.  u.  üb.  d.  Verf.  u.  die  Quellen  des 
Tobias.  Halle  1881.  Diss.) ;  Bestiaire,  herausg.  v.  Cahier-Martin,  in:  Me- 
langes  d'Archcologie  etc.  II  85,  HI  203,  IV  55  u.  v.  Hippeau,  in:  Meni. 
des  Antiquaires  de  la  Norm.  t.  XIX  1851,  p.  423;  Vie  de  Madeleine,  her- 
ausg. V.  Reinscii,  in:  Herrig's  Archiv  LXIV  87  u.  v.  Schmidt  in  R.  St. 
IV  523  —  Guillaume  de  Lorris  s.  Roman  de  la  Rose  —  Guillaume 
le  Marechal  s.  Histoire  de  G.  de  M.  —  Guillaume  de  Muchaut,  La 
Prise  d'Alexandrie  ou  chronique  du  roi  Pierre  I  de  Lusignan,  p.  p.  L.  de 
Mas-Latrie.  Genf.  1877  —  Guillaume  d'Orange.  Chansons  de  geste 
des  11  et  12  s.  p.  p  W.  J.  A  Jonckbloet.  La  Haje  1854.  2  Bde.  [Nähere 
Angaben  sehe  man  unter  den  Titeln  (Enfances  Guillaume  etc.]  der  Einzel- 
epen des  Cyclus."  G.  d'O.  le  marquis  au  court  nez,  eh.  d.  g.  du  12  s.,  mis 
en  nouveau  langage  p.  AV.  J.  A.  Jonckbloet.  Amsterdam  1S67  (H.  Sr- 
CHIER,  in:  Rom.  II  335;  P.  Rajna,  in:  Rom.  \I  257;  G.  d'O.,  fragments 
inedits  du  13  s.  p.  p.  St.  Bormann.  Brüssel  1879)  —  Guillaume  de 
Ste-Paix  g.  Mont- St-Mich  el  —  Guillaume  de  Palerne,  Ausg. 
V.  H.  Michelant.  Soc.  des  anc.  text.  1876  [A.  Mussafl\,  in:  Ztschr.  f. 
rem.  Phil,  m  244)  —  Guillaume  de  Tyr,  p.  p.  P.  Paris.  1879.  2  Bde. 
Haimonskinder  s.  Renaus  de  Montauban  —  Haveloc.  I>ai 
d'H.  Ausg.  V.  Fr.  Michel,  1833;  v.  Th.  AVri(;ut,  in  seiner  Ausg.  des 
Gaimar  s.  ob.  M.  Kvpierschmidt,  in:  Rom.  Stud.  IV  411  —  llector. 
Vgl. :  A.  Bartoli,  I  codici  franceai  della  biblioteca  Marciana  di  Venezia  I 
Poemi  del  ciclo  Trojano.  Venedig  1872  —  Helias.  Vgl.:  Hist.  litt.  XXII 
388;  P.  Paris,  Manuscr.  VI  183  —  Heiin  and.  Les  vers  de  la  mort  d'H.. 
in:  Rom.  I  364  —  Hernaut  de  Beau lande,  Prosaroman,  nicht  edirt, 
vgl.:  Gaitier,  Ep.  IV  203  —  Hervis  de  Metz,  eh.  d.  g. ,  noch  nicht 
edirt  (Hist.  litt.  XXII  587;  H.  Hub,  Inhalt  u.  Hdss.-Classitication  der  Ch. 
d.  g.  H.  d.  M.  Heilbr.  1879;  B.  Schädel,  Bruchst.  der  Ch.  d.  H.,  in: 
Jahrb.  f.  rom.  u.  engl.  Spr.  u.  Litt.  XV  445;  A.  Rhode,  Ueber  d.  Be- 
ziehungen zw.  d.  Ch.  d.  g.  H.  d.  M.  und  Garin  le  Loherain,  in:  Stengel's 
Ausg.  u.  Abh.  III  221  —  Histoire  de  Guillaume  le  Marechal.  aus- 
zugsweise herausg.  v.  P.  Meyer,  in:  Rom.  XI  22  (K.  Hofmann,  Zur  Text- 
kritik des  G.  le  M. ,  in  den  Sitzungsberichten  der  Kgl.  bayr.  Akad.  der 
AVissensch.,  Philos.-hist.  Cl.  1882.  II  234  —  Histoire  de  Jules  Cesar 
s.  Tuim  —  H  onorat  s.  d.  Litteraturangaben  zur  provenzal.  Litteratur- 
geschichte  —  Hörn.  Ausg.  v.  Fr.  Michel  zugleich  mit  den  engl.  Tex- 
ten;   1845,   V.  K.  Brede  u.  E.   Stengel,    in   des  letzteren    .\usg.  u.  Abh. 


Litteraturgeschiclite.  323 

Vm  Hist.  litt.  XXII  551:  K.  Biu'.ni;,  Ueb.  d.  Hdss.  der  Ch.  d.  H..  in: 
Stengels  Aus«;,  u.  Abh.  IV  175.  King  Hörn,  heravisg.  v.  F.  Wissmann. 
Strassb.  ISSl,  vgl.  desselben  King  Hörn,  Untersuchungen  zur  mittelengl. 
Sprach-  u.  Littcraturgesch.,  in:  Quellen  u.  Forsch,  etc.  XVI.  Strassb.  1876, 
und  Studien  z.  K.  H.,  in:  Anglia  IV  342  —  Houdenc,  llaoul  de,  Me- 
raugis  de  Portlesguez,  roni.  de  la  table  ronde,  p.  p.  H.  Miciielant.  18()9; 
F.  Wolf,  Ueb.  R.  d.  IL,  insbesondere  seinen  Roman  M.  d.  V.,  in: 
Denkschr.  d.  phil.-hist.  Kl.  der  K.  K.  Akad.  d.  Wiss.  Wien  1S65;  A. 
Kressner,  Sur  le  M.  de  P.  de  R.  de  H.,  in:  Herrigs  Archiv  59,  S.  301, 
vgl. :  Rom.  VII  t)33 ;  ZiNGERLE,  Ueb.  R.  d.  H.  u.  seine  Werke.  Erlangen 
1880)  -  Hugues  Capet,  ch.  d.  g.,  p.  p.  DE  LA  Guaxge.  1804.  A.  P.  F. 
VIII  iHist.  litt.  XXVI  125;  A.  Mussaeia,  im  Jahrb.  f.  rom.  u.  engl.  Si)r. 
u.  Litt.  VI  230;  LiTTRE,  in:  Etudes  et  glanures,  p.  154;  Rev.  d.  d.  M. 
15.  Oct.  1864)  —  Huon  de  Bordeaux  ch.  d.  g.,  p.  p.  Granümalson. 
1860.  A.  P.  F.  V  (Hist.  litt.  XXVI  41;  F.  Wolf,  in  den  Denkschr.  d. 
philos.-  hist.  Cl.  der  K.  K.  Akad.  d.  Wissensch.  Wien  1857 ;  Gaitiek, 
Ep.  III  719;  Hummel,  Das  Verhältniss  des  Ortnit  zum  H.  v.  B.,  in: 
Herrigs  Arcbiv  00,  S.  295,  vgl.:  Rom.  VIII  301 ;  F.  Lindner,  Ueb.  d.  Be- 
ziehungen des   Ortnit   z.    H.    d.   B.    Rostock    1873,   vgl.:    Rom.  III  4'.i4 ; 

F.  Neimann,  Die  Entwicklung  der  Ortnitdichtung  u.  der  Ortnitsage,  in: 
Germ.  XXVII  191;  G.  Paris,  H.  d.  B.  et  O.,  in:  Rev.  germanique  XVI 
376;  J.  SeemCller,  Die  Zwergensage  im  Ortnit,  in:  Ztschr.  f.  dtsch.  Al- 
terth.  XXVI  2ol  ;  A.  LoNGNON,  L'element  hist.  de  H.  d.  B.,  in:  Rom. 
VIII  1;  A.  Graf.  I  complementi  della  ch.  d'H.  d.  B.  Halle  1878,  vgl.: 
Ztschr.  f.  rom.  Phil.  II  609:  M.  Koch,  Das  Quellenverhältniss  in  Wielands 
Oberon.  Marburg  1880;. 

Image  du  Monde,  noch  nicht  kritisch  herausgegeben  ;die  vorhande- 
nen Ausg.  geben  einen  jungen,  überarbeiteten  Text;  längere  Stellen  ge- 
druckt, z.  B.  bei:  Le  Roux  de  Lincy,  Livre  des  legendes  1836,  S.  207: 
E.  du  Meril,  Melanges  archeologiques  etc.  1850.  S.  427;  vgl.:  Hist.  litt. 
XXni  296  (F.  Fritsche,  Ueb.  d.  Quellen  der  L  d.  M.  Halle  1880;  A. 
Neubauer,  Les  traductions  hebraiques  de  l'I.  du  M.,  in:  Rom.  V  129: 
Haase,  Ueb.  d.  Reime  in  der  I.  du  M.  Halle  1879.  Diss.)  —  Inconnu, 
le  Bei,  s.  Renaud  de  Beaujeu  —  Isidor.  Zur  altfrz.  Uebersetzung 
der  Isidor'schen  Synon}Tnen  (W.  Förster),  in:  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  I  397 
—  Jacques  d'Amiens,    L'art  d'amors  et  li  remedes  d'amors,   herausg.  v. 

G.  Körting.  Leipzig  1S6S  —  Jacques  Milet  s.  Milet  —  Jehan  le 
Bei,  Li  ars  d'amour,  de  vertu  et  de  boneurte,  p.  p.  J.  Petit.  Brüssel 
1867.  2  Bde.  —  Jehan  de  Flagj-,  Li  Romans  de  Garin  le  Loherain  p.  p. 
P.  Paris.  1835/37.  2  Bde.,  neufrz.  Uebers.  v.  P.  Paris.  1862  (Hist.  litt. 
XVni  738;  Gautier,  Ep.  I  489;  Leroux  de  Lincy,  Analyse  crit.  et  litt, 
du  rom.  G.  1.  L.  1853;  P.  Meyer,  in:  Rom.  VI  481;  C.  HOFMANN,  in: 
d.  Sitzungsberichten  d.  K.  bayer.  Akad.  d.  Wiss.,  hist.-phil.  Cl.  1861.  H 
59;  Rhode,  in:  Stengels  Ausg.  u.  Abh.  III  121;  A.  Fleck,  Der  betonte 
Vocalismus  in  einigen  altostfrz.  Sprachdenkmälern  u.  die  Assonanzen  d.  Ch. 
des  L.  Marburg  1877).  Vgl.  auch:  la  Mort  de  G.  1.  L.  —  Jehan  de 
Flagy,    Girbers  de  Mes  (Metz),    theilsweis  abgedruckt  von  SuCHlER,  in: 

21* 


324  Das  Französische. 

Roman.  Stud.  I  376;  von  Stengel,  ebenda  I  441  (Hist.  litt.  XXII  62:5; 
F.  BONiVARDOT,  Essai  de  classement  des  mss.  des  Loherains,  suivi  d'un 
nouveau  fragment  de  G.  d.  M.,  in:  Rom.  m  195;  Bartsch,  in:  Ztschr. 
f.  rom.  Phil.  IV  575,  und:  Stengel,  ebenda  V  88  —  Jehan  de  Journi 
8.  Journi  —  Jehan  de  Lanson,  eh.  d.  g.,  noch  nicht  edirt.  vgl.:  Hist. 
litt.  XXII  566;  G.WTIER,  Ep.  III  257  —  Jehan  de  Meung  s.  Roman 
de  la  Rose  —  Jehan  de  la  Mort  s.  Regret  —  Jehan  de  Paris.  Le 
Rom.  de  J.  d.  P.  p.  p.  E.  Mabille  1867  —  Jean  Renaud.  G.  Pauls, 
Les  versions  inedites  de  la  chanson  de  J.  R.,  in:  Rom.  XI  97,  vgl.:  XII 
114  —  Jeru  salem  s.  La  conquete  de  J.  —  Joinville,  Hist.  de  Saint- 
Louis,  p.  p.  Natalls  de  Wailly.  1874,  vgl. :  Rom.  III  401  u.  487  (N.  DE 
Wailly,  Sur  la  langue  d.  J.  1868,  und:  Mem.  s.  le  roman  ou  chronique 
en  langue  vulgaire,  dont  J.  a  reproduit  plusieurs  passages,  in:  Bibl.  de 
l'Ec.  des  Ch.  XXXV  217,  vgl.:  Rom.  IH  502;  M.  Sepet,  Jean,  sire  de  J. 
Analyse  hist.  et  litt.  1874;  R.  Nebling,  Der  Subjonctif  b.  J.  Kiel  1881. 
Diss. ;  C.  Pfav,  Gebrauch  u.  Bildungsweise  der  Adverbien  b.  J.  mit  Aus- 
schluss der  Adv.  der  Verneinung.  Jena  1885.  Diss.)  —  Jonasfragment 
s.  Fragment  v.  Valenciennes  —  Jongleurs  et  trouveres  ou  choix 
de  Saluts,  epitres,  reveries  et  autres  pieces  legeres  des  XIII  et  XIV  s.  p.  p. 
JvBiNAL,  1S35  —  Joseph  V.  Arimathia  s.  Graal  —  Joufrois,  ein 
altfrz.  Rittergedicht ,  herausg.  v.  K.  Vollmüller  u.  F.  Mvncker.  Halle 
1880.  vgl.  Rom.  X  411,  Rom.  Forsch.  I  436  (W.  Förster,  J.  d.  P.,  in: 
Zeitschr.  f.  rom.  Phil.  V  574}  —  Joi'RDains  de  Blaivies,  herausg.  inebst 
Amis  et  Amiles  v.  C.  Hofmann.  Erlangen  1852  u.  1882  [C.  Hofmann, 
Ueb.  J.  d.  B.  etc.  in :  d.  Sitzungsber.  d.  K.  bayer.  Akad.  d.  "Wissensch., 
philos.-hist.  Cl.  1871,  S.  415,  wieder  abgedruckt  in  der  2.  Ausg.  des  Ge- 
dichtes; J.  Koch,  Ueb.  J.  d.  B.  Königsberg  1875.  Diss.;  Hist.  litt.  XXII 
583).  Vgl.  Amis  et  Am,iles  —  Journal  d'un  bourgeois  de  Paris  p.  p. 
TiETEY.  1881,  vgl.:  Rom.  X  419  —  Journi,  Jehan  de,  la  Dime  de 
penitance,  altfrz.  Gedicht  vom  J.  1288  etc.,  herausg.  v.  H.  Breymann. 
1874.  in  der  Bibl.  des  Stuttg.  litt.  Vereins  —  Judenknabe.  Der  J.,  5 
griech. ,  14  lat.  u.  8  frz.  Texte,  herausg.  v.  E.  AVolter,  in:  Suchier's 
Bibl.  Norm.  Bd.  IL  Halle  1879,  vgl.  Tobler,  in:  Ztschr.  f.  rom.  Phil. 
IX  412  —  Jules  Cesar  s.  Tuim. 

Karlsreise.    Voyage  de   Charlemagne  ä  Jerusalem    et    ä   Constanti- 
nople,  herausg.  v.  Fr.  Michel.  London  1836,  von  E.  Ko.scnwiTZ.  in:  Fou- 
v^  ster's  Altfrz.  Bibl.  II.  Heilbr.  1879  u.  1883    E.  KoscnwiTZ,    Ueb.  die  Ch. 

d.  V.  de  Ch.  etc.,  in;  Rom.  Stud.  II  1,  Ueberlieferung  u.  Spr.  der  Ch.  etc. 
Heilbr.  1876,  und  Sechs  Bearbeitungen  des  altfrz.  Gedichts  von  Karl  d. 
Gr.  Reise  etc.  Heilbr.  1879;  G.  Paris,  La  Ch.  du  pelerinage  de  Ch. ,  in: 
Rom.  IX  1  (auch  in:  La  Poesie  du  m.-äge  119  ;  H.  Morf,  Etüde  s.  la 
date,  le  caractere  et  l'origine  de  la  chanson  du  pel.  de  Ch.,  in:  Rom.  XHI 
185;  K.  Vollmöller,  in:  Zeitschr.  f.  rom.  Phil.  V  385j. 

Lais  inedits  des  XII«  et  XIII^  siecles,  p.  p.  Fr.  Michel  1836;  le 
lai  d'Ignaures,  par  Renaut,  suivi  des  lais  de  Melion  et  du  Trot,  p.  p.  L. 
J.  N.  Monmerque  et  Fr.  Michel  1832;  G.  Paris,  Lais  inedits  de  Tyolet, 
de  Guingamor,  de  Doon,  du  Lecheor  et  de  Tvdorel,  in :  Rom.  VIII  29 ;  le 


Litteraturgeschichte.  325 

lai  de  rEpervicr,  in:  Rom.  VII  1;  \V.  Horak,  Lai  von  Melion,  Ln:  Ztschr. 
f.  rem.  Phil.  VI  94;  M.  Haipt,  Ein  altfrz.  u.  ein  lat.  Leich  aus  einer  Er- 
furter Hds.  Leipzig  184G.  Vgl.  auch  Marie  de  France  —  Lambert  li 
Tors  (od.  Cors)  s.  Alexanderroman  —  Lancelot  s.  Crestiens  de 
Troyes  —  Lapidarius  s.  Marbod  —  Les  Lapidaires  francais  du 
moyen-age  des  XII,  XIII  et  XIV  siecles,  p.  p.  L.  Pannier  1883  —  Alt- 
französ.  Lebensregeln,  herausg.  v.  H.  Sl'CillER  in  Rom.  Stud.  I  M'.i  — 
Legenden.  Die  altfrz.  Heiligenlegenden  s.  theils  unter  den  betr.  lleiligen- 
naraen  iSaint-Auban  etc.),  theils  unter  »Vie«.  Vgl.  auch  Marienlegenden 
(G.  NöLLE,  Die  L.  von  den  fünfzehn  Zeichen  vor  dem  jüngsten  Gerichte. 
Halle  1879  Diss.)  — Leodegarlied  s.  Aelteste  Sprachdenkmäler  — 
Lieder.  Altfrz.  L.  u.  Leiche,  herausg.  v.  "\V.  Wackerxaoel.  Basel  1840; 
Altfrz.  Lieder,  herausg.  v.  E.  Mätzner.  Berlin  185.3;  Altfrz.  Volkslieder, 
herausg.  v.  O.  L.  B.  AVolff.  Leipzig  1831;  Altfrz.  Lieder,  herausg.  v.  J. 
Scuirmer  in  Herrig's  Archiv  Bd.  41;  Franzüs.  Volkslieder,  aus  M.  Haupt's 
Nachlasse  herausg.  von  A.  Tobler.  Leipzig  1877;  Alte  französ.  Volkslieder, 
übers,  von  K.  Bartsch.  Heidelberg  1682;  B.  Dixter,  Altfrz.  Liebeslied, 
in:  Ztschr.- f.  rom.  Phil.  II  588;  Poesies  des  XIV«  et  XVe  s.,  p.  p.  E.  Rit- 
ter. Genf  1879;  Boucherie,  Fragment  dune  anthologie  picarde  XIII  s.). 
1872;  L.  Panxier,  Sur  le  livre  des  ceut  ballades,  in:  Rom.  I  367  ;  A.  Stick- 
NEY,  Chansons  frcses  tirees  d'un  ms.  de  Florence,  in:  Rom.  VIII  7:5; 
.  Smith,  La  Chanson  de  Barbe-Bleue,  dite  Romance  de  Clotilde,  in: 
Kom.  VI  428 ;  F.  "WoLF,  Üeb.  einige  altfrz.  Doctrinen  u.  Allegorien  von  der 
Minne.  Wien  1864.  Vgl.  auch  oben  »Berner  Codex«  soMie  oben  S.  311 
—  Livre.  Li  livres  de  justice  et  de  plet,  p.  p.  Rapetti,  avec  un  glossaire  p. 
Chabaille,  1840.  Le  livre  des  mestiers.  Dialogues  frcs-flamands  composes 
au  XIV  s.,  p.  p.  H.  Michelaxt,  1875,  vgl,  Jahrb.  f.  rom.  u.  engl.  Spr.  u. 
Litt.  XIV  436.  Livre  des  Manieres,  p.  p.  Talbert.  Angers  1877  'J.  Kehr, 
Ueb.  die  Spr.  des  L.  d.  M.  von  Estienne  de  Fougieres.  Köln  1S84  Bonner 
Diss.)  Le  livre  de  raison  d'Etienne  Benoist,  p.  p.  L.  Guibert.  Limoges 
1S82,  vgl.  Rom.  XH  123  —  Livres  des  Rois  s.  les  Quatre  1.  d.  R.  — 
Les  Loherains  3.  Jehan  de  Flagy  (W.  Vietor,  Die  Hdss.  der  Geste 
des  L.  Halle  1878;  Rom.  III  78  u.  195;  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  HI  143  u. 
IV  575,  V  88;  Roman.  Stud.  I  383;  A.  Prost,  Etudes  s.  l'hist.  de  Metz. 
Les  legendes.  Metz  1S65;  A.  Feist,  Die  Geste  des  Loherains  in  der  Prosa- 
bearbeitung der  Arsenal-Hds.  Marburg  1884  Diss.  —  Lorris,  Guillaume 
de,  s.  Roman  de  la  Rose. 

Macaire,  eh.  d.  g.,  herausg.  v.  A.  Mussafia  in  Altfrz.  Gedichte  aus 
Venez.  Hdss.  Wien  1864,  von  F.  Guessard  1866  A.  P.  F.  IX  (Hist.  litt. 
XXVI  373;  Gautier,  Ep.  HI  684;  Gcessard  in  Bibl.  de  l'Ec.  des  Ch. 
4«  ser.  III  392)  —  Maccabäer.  E.  Stexgel,  Frammenti  di  una  traduzione 
libera  dei  libri  dei  Maccabei,  in:  Riv.  di  fil.  rom.  II  82.  H.  Brevmaxx, 
Die  frz.  Uebers.  der  Beiden  Bücher  der  Maccabäer,  in:  Herrig's  Archiv, 
Bd.  47  auch  separat  als  Göttinger  Diss.  erschienen'  —  Main  et,  frag- 
ments  dune  ch.  d.  g.  du  XIII  s.,  p.  p.  G.  Paris,  in :  Rom.  IV  304  Gau- 
tier, Ep.  ni  37;  P.  Rajna  in  Rivista  tilologico-lett.  II  65;  G.  Paris  in 
Rom.  VI  437;  K.  Bartsch,  Ueb.  Karl  Meinet.  Nürnberg  1861  und  in  Ger- 


326  Das  Französische. 

mania  VI  28;  —  Machaut  s.  Guillaunie  de  M. —  Magdalena.  H.  Si- 
CHiER,  Bruchstück  einer  agn.  M.,  in :  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  IV  362.  Vgl.  auch 
oben  Guillaume  le  Clerc  —  Mahomet.  Le  roman  de  M.,  p.  p.  Yn. 
MicilEl.  u.  Keixald  1831  'li.  Peters,  der  R.  de  M.  von  Alexandre  du  Pont, 
eine  sprachliche  Untersuchung.  Erlangen  18S5I)iss."  —  Manekine.  Koman 
de  la  M.  par  Philippe  de  Kheims,  p.  p.  Fr.  Michel  184ü,  vgl.  Philippe 
de  Ilheims  —  Le  Mantel  niautaillie.  Versions  nordiques  du  Fabliau 
irqs  Le  M.  m.  Textes  et  notes  p.  G.  Cederschiöld  et  F.  A.  "Wulff.  Lund 
1873,  vgl.  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  IV  173.  N.  —  Marbod.  P.  Neumaxx,  Ueb. 
die  älteste  frz.  Version  des  dem  Bischof  M.  zugeschriebenen  Lapidarius. 
Breslau  1881  Diss.,  vgl.  R.  F.  II  363  —  Marco  Polo.  Le  livre  de 
M.  P.,  p.  p.  A.  E.  NORDEXSKIÖLU.  Stockholm  1882,  vgl.  Rom.  XI,  429 
(E.  Dellsle  in  Bibl.  de  lEc.  des  Ch.  t.  XLIII  ;i882i  226  —  Margue- 
rite  d'Oyngt,  CEuvres  p.  p.  E.  Philifox,  vgl.  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  II 
605,  Rom.  VII  142  —  Marie  de  Compiegne.  M.  de  C.  d'apres  lEvan- 
gile  aux  femmes.  Texte  publie  p.  la  premiere  fois  etc.  p.  CoxsTAXS  1876 
(E.  Mall  in  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  I  337  —  Marie  de  France.  Poesies 
ou  recueil  de  fables  et  autres  productions  de  ce  poete  anglo-normand  du 
Xni  s.  p.  p.  B.  de  Roquefort  181!»  20.  2  Bde.  Die  Lais  der  M.  d.  Fr. 
herausg.  v.  K.  "W.uixke  in  Bd.  III  v.  Suciiiers  Bibl.  Norm.  Halle  1885. 
(E.  Mall,  De  aetate  rebusque  Mariae  Francicae  nova  quaestio.  Halle  1867 
Diss.;  F.  Liebrecht,  Zu  M.  de  Fr.,  in:  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  I  90;  H. 
Warxke,  Ueb.  d.  Zeit  der  M.  d.  Fr.,  in:  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  IV  223; 
E.  Mall,  Zur  Geschichte  der  mittelalterl.  Fabellitteratur  u.  insbesondere 
des  Esope  der  M.  d.  Fr.,  in:  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  IX  101;  Hervieux, 
Les  fabulistes  latins  etc.  Paris  1884,  bezieht  sich  nur  indirect  auf  M.  d. 
F.;  L.  Erlixg,  Li  Lais  de  Lauval,  altfrz.  Gedicht  der  M.  d.  Fr.  nebst 
Th.  Chestre's  Launfal.  Kempten  1883  Progr. ;  "W.  Hertz,  M.  de  Fr.  Poe- 
tische Erzählungen  nach  altbretonischen  Liebessagen.''  Stuttgart  1864  — 
Marienlegenden.  Adgars  Marienlcgenden,  herausg.  von  L.  Neuhaus, 
in:  AV.  Försters  Altfrz.  Bibl.  Bd.  10.  Heilbronn  1885  (W.  Rolfs,  Die 
Adgarlegenden ,  in:  K.  Vollmöller's  Roman.  Forsch.  I  179'  —  Mat- 
thäus Paris  s.  Vie  de  St-Auban  —  Maugis  d'Aigremont,  vgl. 
Hist.  litt.  XXII  700;  P.  Paris,  Manuscr.  VI  101;  H.  SucuiER,  Die  Quel- 
len der  Magussage,  in:  Germania  XX  273;  R.  KÖHLER,  Zur  Magussage, 
in:  Germ.  XXI  18;  P".  AVuLFF  in  Acta  Universitatis  Lundensis  t.  X.  Lund 
1873/74)  —  Meung,  Jean  de,  s.  Roman  de  la  Rose  —  Milet,  Jac- 
ques, L'istoire  de  Troye  la  grant,  autographisch  herausg.  v.  E.  Stexgel. 
Marburg  1883  C.  AVuxder,  Ueb.  J.  M.  s  Destr.  de  Tr.  Leipzig  1868  — 
Mira  des  de  Nos^re  Dame,  p.  p.  G.  Paris  u.  U.  Robert,  s.  Publ.  de 
la  Soc.  des  anc.  text.  —  Miserere  s.  Carite  —  Moiliens  s.  Carite  — 
Moniage,  Guillaume,  vgl.  Hist.  litt.  XXII  519;  G.  Paris,  Manuscr. 
VI  101;  Gautier,  Ep.  I  488;  K.  Hofmaxx  in  d.  Äbhdlgg.  der  K.  bayer. 
Akad.  d.  AVissensch.  Philos.-hist.  Cl.  1852,  S.  565  —  Moniage  Rai- 
nouart,  vgl.  Hist.  litt.  XXII  538;  P.Paris,  Manuscr.  III  166  —  Mont- 
St- Michel.  Guillaume  de  Sainte-Paix.  poetc  anglo-norm.  du  12  s.,  Le  Rom. 
du  Mont-Saint-Michel,  p.  p.  Fr.  Muhei..  C'aen  1856.  S.  ob.  S.  310  Z.  16  v.  u. 


Litteraturgeschichte.  ;{27 

—  Monuments,  Ics  plus  ancicns  de  la  lanfiue  frcse,  s.  Aclteste  Sprach- 
denkmäler —  Mort  d'Aimeri  de  Narbonne.  Bruchst.  der  Ch.  d.  1.  M. 
d'Ai.  de  N.,  herausg.  v.  K.  Stexgl,  in:  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  VI  397;  llist. 
litt.  XXII  501  —Mort  Garin  le  Loherain,  p.  p.  E.  DU  Mkkil  1846  u. 
18l)2  [u.  d.  T. :  I-i  Komans  de  G.  le  L.  t.  III)  —  Motets.  Kecucil  de  M. 
frcs.  des  XIII  et  XIV  siecles,  p.  p.  G.  Kaynaiu  1881/82  (Bd.  1  u.  2  der 
Bibliothöque  francaise  du  moyen-age)  ■ —  Mouskes,  Philippe,  Chro- 
nique  rimee,  p.  p.  DE  llKlFi-EUSCUKIDT.  Brüssel  183G/3S.  2  Bde.  (Hist.  litt. 
XIX  *^01  :  Th.  Link,  Ueb.  d.  Spr.  der  Ch.  r.  des  Ph.  M.  Erlangen  1882 
Diss.;  —  Mysteres  inedits  du  15*8.,  p.  p.  A.  JlBiXAL  1837.  Vgl.  auch 
oben  S.  307  und  unten  »Theätre«  —  Mystere  d'Adam,  p.  p.  Li- 
ZARCHE.  Tours  1856,  p.  L.  Palistre  1877  —  Mystere  de  Jesus,  le 
grand,  passion  et  resurrection.  Drame  breton  du  m.-ä.,  p.  p.  Heksart  de 
LA  VlLLEMARQlE  1865  —  Mvstere  de  la  Passion  de  A.  Greban,  p.  p. 
G.  Paris  et  G.  Raynaud  1S78,  vgl.  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  III  454  (Sorel, 
Notice  s.  Arnoul  et  Simon  de  Greban,  in:  Bull,  de  la  Soc.  hist.  de  Com- 
piegne  t.  II,  vgl.  Rom.  IV  297 ;  A.  Tobler,  Die  Corsini'sche  Hds.  des  M. 
d.  1,  P.,  in:  Ztschr.  f.  rom.  Phil,  II  589)  —  Mystere  de  Saint-Louis, 
p.  p.  Fr.  Michel.  "Westminster  1871  —  Mystere  de  Robert  leDiable, 
p.  p.  E.  Fournier  1879  —  Mystere  du  Siege  d'Orleans,  p.  p.  F. 
Guessard  et  E.  DE  Certain  1864  H.  Tivier,  Etüde  s.  le  mystere  du  s. 
d'Orl.  et  s.  Jacques  Milet,  auteur  presume  de  ce  mystere,  1868)  —  My- 
stere des  vierges  sages  et  des  vierges  foUes  loder  Sponsus)  s.  »Ael- 
teste  Sprachdenkmäler«  —  Mystere  du  Vieil  Testament,  p.  p.  J.  DE 
Rothschild  1879/82.  3  Bde.  Soc.  des  anc.  text.  —  Monglane.  G.  Paris, 
Le  roman  de  la  »geste  de  M.«,  in:  Rom.  XII  1. 

Nouvelles  francaises  en  prose  du  Xllle  s.,  p.  p.  L.  Moland  et 
d'Hericault  1856  —  Nouvelles  francaises  en  prose  du  XIV  s.,  p.  p. 
L.  Moland  et  d'Hericault  1858. 

Octavian,  altfrz.  Roman,  herausg.  v,  K  Vollmöller  in  Fürster's 
altfrz.  Bibl  Bd.  III.  Heilbronn  1883,  vgl.  Rom.  XI  609  (Baist,  Zum  Oct, 
in:  Rom.  Forsch.  I  441)  —  (Edipe.  Constans,  La  legende  d'CE.,  etudiee 
dans  l'antiquite,  au  moyen-age  et  dans  les  temps  modernes,  en  particulier 
dans  le  Roman  de  Thebes,  texte  frcs  du  XII  s.  1881,  vgl.  Ztschr.  f.  rom. 
Phil.  VI  462;  Rom.  X  270  —  Ogier  le  Danois  s.  Adenes  li  Rois  u. 
Raimbert  de  Paris  —  Orange  s.  Guül.  d'O.  —  Ortnit  s.  Huon  — 
Otinel,  ch.  d.  g.,  p.  p.  F.  Guessard  et  H.  Michelant  1858  A.  P.  F.  I 
(Hist.  litt.  XXVI  269;  Gautier,  Ep.  IH  397;  H.  Treutler,  Die  ütinel- 
sage  im  Mittelalter,  in:  Engl.  Stud.  V  97,  vgl.  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  V 
582 ;  E.  Langlois,  Deux  fragments  epiques :  Otinel,  Aspremont,  in ;  Rom. 
XII  433;  der  altengl.  Sir  Otuell  ist  herausg.  in  den  Publ.  der  Early  Engl. 
Text  Soc.  Extra  Series  35)  —  Ovid  s.  Art  d'amors,  Crestiens  de 
Troyes,  Echecs  am.,  Elie,  Jacques  d'Amiens  G.  Paris,  Les  an- 
ciennes  versions  frcses  de  l'Art  d  aimer  et  des  Remedes  d  amour  d'Ovide,  in : 
La  Poesie  du  moyen-äge,  18S5,  S.  189). 

Paris  s.  Vie  de  St.-Auban  —  Paris  la  Duchesse,  li  romans 
de,  p.  p.  G.  F.  DE  Martonne  1836;    p.  p.  F.  Gues.sard  et  L.  Larchey 


4 


328  1^*3  Französische. 

1860.  A.  P.  F.  IV  Hist.  litt.  XXII  659;  Gautier,  Ep.  I  495)  —  Parte- 
nopeus  de  Blois,  p.  p.  Cr.^pelet  1834;  Part.  u.  Melior,  altfrz..  Ge- 
dicht etc.,  herausg.  v.  H.  F.  Massmaxn.  Berlin  1847  (E.  Pfeiffer,  Ueb. 
d.  Hdss.  des  altfrz.  Romans  P.  de  B.  Marburg  1884  Diss.;  E.  Kölbixg, 
Ueb.  die  verschiedenen  Gestaltungen  der  Partenopeussage,  in:  Germani- 
stische Studien,  Bd.  II  55,  vgl  Rom.  IV  148;  —  Passion  s.  »Aelteste 
Sprachdenkmäler«  —  Pastourelle.  Altfrz.  P.  aus  der  Berner  Hds. 
mitgetheilt  von  0.  Hofmann.  München  1865.  Vgl.  Bu.\kelmann,  Die 
PastoureUe  in  der  nord-  u.  südfrz.  Poesie,  in:  Jahrb.  f.  rom.  u.  engl.  Lit. 
IX.  Vgl.  auch  Romanzen.  —  Maistre  Pierre  Pathelin,  la  farce  de, 
p.  p.  P.  L.  Jacob  le  bibliophile.  1859  u.  1876  (A.  Dickmann,  Maistre  P.  P. 
Hamburg  1875,  Progr.  des  Johanneum;  "VV.  ST.illLE,  La  farce  de  P.  in 
litterar.,  grammat.  u.  sprachl.  Hinsicht.  Marburg  1864  Diss.;  —  Peleri- 
nage  Charlemagne  s.  Karlsreise  —  Perceval  s.  Crestiens  de 
Troyes  —  Philippe  s.  C  omni  in  es,  Mouskes,  Reims,  Remi, 
Thaün  —  Predigten.  Galloital.  Pr.  etc.,  herausg.  v.  \V.  Förster  in 
Roman.  Stud.  IV  1.  Vgl.  auch  St.  Bernard  —  Prise  de  Cordres, 
noch  nicht  edirt  —  Prise  de  Damiette  s.  Angaben  zur  provenzal. 
Litteraturge schichte  —  Pri.se  de  Giro ne  s.  Fragment  vom  Haag 
—  Prise  dOrange,  eh.  d.  g.,  herausg.  von  Jonckbloet  in  Guill.  d'Or. 
I  113,  II  237  (Hist.  litt.  XXII  495:  Gavtier,  Ep.  IV  392;  H.  Sichier, 
Ueb.  die  Quelle  Ulrichs  von  dem  Türlin  u.  die  älteste  Gestalt  der  P.  d'O. 
Paderborn  1873,  vgl.  Rom.  II  111)  —  Prise  de  Pampelune,  eh.  d.  g., 
Altfrz.  Gedichte  aus  venez.  Hdss.  herausg.  v.  A.  Mus.safia.  Wien  1864 
(Hist.  litt.  XXVI  360;  Gautier,  Ep.  III  455;  Mussafu,  Handschriftl.  Stud. 
II,  291)  —  Proditio  Guenonis  s.  Carmen  —  Psalter.  Cambridger 
Psalter,  herausg.  v.  Fr.  Michel  1876  in  der  CoUection  de  documents  in- 
edits  etc.,  vgl.  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  I  568  (E.  Fichte,  Die  Flexion  im  C. 
Ps.  Halle  1879;  Schümann,  Vocalismus  u.  Consonantismus  des  C.  Ps.,  in: 
Frz.  Stud.  IV  282) ;  Lothringischer  Ps.,  herausg.  v.  F.  Apfelstedt  in  För- 
ster's  Altfrz.  Bibl.  Bd.  IV.  Heilbronn  1879;  Oxforder  Psalter,  herausg.  v. 
Fr.  Michel.  Oxford  1860  (J.  H.  Meister,  Die  Flexion  im  Oxf.  Ps.  Halle 
1877,  vgl.  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  II  480;  F.  Haarseim,  Vocalismus  u.  Con- 
sonantismus im  Oxf.  Ps.,  in:  Rom.  Stud.  IV  273:  ;  Le  P.sautier  de  Metz, 
texte  du  XIV^  s.,  ed.  critique,  p.  p.  F.  Bonnarüot  1885  (ergänzt  Apfel- 
.stedt's  oben  genannte  Ausg.  des  lothringischen  Ps.). 

Les  Quatre  livres  des  Rois,  p.  p.  Leuoux  de  Lincy  1842  (W. 
Förster,  Zu  Qu.  1.  d.  R.,  in:  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  I  106:  K.  Merwart, 
Grammat.  Untersuchung  üb.  die  Qu.  1.  d.  R.  Marburg  i.  Steiermark  1881 
Progr.) 

Rairabart  de  Paris,  La  chevalerie  Ogier  de  Danemarche,  p.  p.  F. 
Barrois.  1842.  2  Bde.  Hist.  litt.  XXII  643;  Gaitier,  Ep.  111  240;  P.Pa- 
ris, Recherches  s.  O.  1.  1).,  in:  Bibl.  de  VEc.  des  Ch.  111  521;  P.  Rajna, 
Uggeri  il  Danese  nella  letteratura  romanzesca  degli  Italiani,  in:  Rom.  II 
153,  III  31,  IV  398:  J.  C.  Matthes,  De  nederlandsche  O.  Groningen  1876, 
vgl.  G.  Paris  ,  in :  Rom.  V  383 ;  E.  Fiebiger,  Ueb.  d.  Spr.  der  Ch.  O.  d. 
D.  Halle  ISSl.  Diss.)  —  Raoul  de  Cambrai,  li  romans  de,  p.  p.  E.  I.K 


Litteraturgeschichtu.  329 

Glay.  184h  Hist.  litt.  XXU  TOS;  J.  Dklioxe.  Analyse  des  ronuins  de  R. 
d.  C.  et  de  Bernier.  Lille  1:500;  deutsche  Hebers,  von  1..  Settk(;ast,  in. 
Herrigs  Archiv.  Bd.  70,  S.  172  —  Kcclus  de  Moiliens  s.  Ca  rite  — 
Regret,  li  R.  Guillaume  comte  de  Hainaut,  poeme  inedit  du  XIV  s.,  p. 
Jehan  de  la  Mote  ,  p.  ji.  A.  Schelek.  Louvain  1882  —  Reims  Renii;, 
Philippe  de,  The  romance  of  Blonde  of  Oxford  and  Jeliau  of  Dammar- 
tin, cd.  by  Le  RolX  de  Lincy.  London  1S5S.  C'amden  »Soc. :  Roman  de 
la  Manekine  p.  p.  Fr.  Michel.  1840.  Bannatyne  Club  (H.  L.  Büudikk,  Ph. 
de  R.  sire  de  Beaumanoir  etc.  1869.  vgl.:  Rev.  crit.  1874.  S.  2S0 ;  E. 
Schwan.  Ph.  d.  R..  Sire  de  B.  u.  seine  Werke,  in:  Roman.  Stud.  IV  351) 
—  Reimpredigt  «Grant  mal  Kst  Adam«,  herausg.  v.  H.  Suchieu,  in: 
Bd.  I  der  Bibl.  Norm.  Halle  1878,  vgl:  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  IV  159  (H. 
BoKEMÜLi.Eii,  Zur  Lautkritik  der  Reimpr.  Halle  1882  Diss.  —  Reine 
Sebile,  Fragments  uniques  d'un  roman  du  l.'J  s.,  restitues,  comjjletes  et 
anuotes.  in:  Bull,  de  lAcad.  roy.  de  Belg.  2^  serie,  t.  H9,  No.  4,  vgl.: 
Rom.  IV  298  —  Remedia  Amoris  s.  Echecs  amoureux  —  Reuces- 
val  s.  Roland  —  Renard.  Roman  de  Renard,  p.  p.  Meon  et  Chabaille. 
1826/35.  5. Bde.;  p.  p.  E.  M.\KTIN,  Strassburg  1881/83.  2  Bde.;  P.  P.aris, 
les  aventures  du  maitre  Renard  et  d  Ysengrin  son  compere,  mises  en  nou- 
veau  langage  etc.  1862:  C.  Potvin,  le  R.  d.  R.,  mis  en  vers  etc.,  precede 
d'une  introduction  et  d'une  bibliographie.  Brüssel  1860  'E.  Martin,  Exa- 
men crit.  des  mss.  du  R.  d.  R.  Basel  1872,  und:  Le  pelerinage  R.,  in: 
Rom.  Stud.  I  409 ;  RoTHE,  Les  romans  du  R.  examines,  analyses  et  com- 
pares  d'apres  les  mss.  les  plus  anciens  1845 ;  K.  Müllenhoff,  Ueb.  Rein- 
hart  Fuchs,  in:  Ztschr.  f.  deutsches  Alterth.  N.  F.  VI  1,  vgl.:  Rom.  IH 
503;  W.  J.  A.  JoNCKBLOET,  Etüde  s.  le  R.  d.  R.  Groningen  186.1;  G.  Pa- 
ri.*;, Nouv.  etude  s.  le  R.  d.  R.  1860,  und:  Ün  fragraent  de  R.,  in:  Rom. 
III  35;i :  E.  Martin,  Eine  Renartfabel,  in  :  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  VI  :{47  —  Re- 
na ud  de  Beaujeu.  Le  Bei  Inconnu  ou  Giglain,  fils  de  messire  Gauvain 
et  de  la  fee  aux  blauches  mains,  p.  p.  C.  HlprEAU  1S60  Mebks,  Der  "SVi- 
galois  V.  Wimt  v.  Gravenberg  u.  seine  altfrz.  Quelle.  Neuraünster  1879. 
Progr.  —  Renaus  de  Montauban.  Le  Rom.  des  quatre  fils  Aymon, 
p.  p.  P.  Tarbe.  Reims  1S61 ;  Renaus  de  Montauban  oder  die  Haimou.s- 
kinder,  herausg.  v.  H.  Miciielant.  Stuttg.  1862.  Bibl.  des  litt.  Ver.  67 
(Hist.  litt.  XXU  667;  Gaitier,  Ep.  III  100;  P.  Pari-s  Manuscr.  VI  114; 
A.  LoNGNoN,  Les  quatre  fils  Aymon,  in:  Rev.  des  questions  hist.  XXV  173, 
Tgl. :  Rom.  VIII  468 ;  P.  Rajna  ,  Rinaldo  da  Montalbano ,  in :  Propu- 
gnatore  III'  213  u.  IIP  58;  E.  Stengel,  in:  Roman.  Stud.  I  381;  J.  C. 
Matthes,  Die  Oxf.  Renaus-Hds.  Ms.  Hatten.  42  Bodl.  59  u.  ihre  Bedeu- 
tung f.  d.  Renaussage  etc.,  in:  Jahrb.  f.  rom.  u.  engl.  Spr.  u.  Litt.  XV  1, 
vgl.:  Rom.  V  254;  —  Rene  d'Anjou,  roi,  (Euvres  completes,  p.  p.  le 
comte  de  Quatrebarbes.  Angers  1845/46  —  Richars  li  Biaus,  herausg- 
V.   W.    Für.steu.    AVien    1874,    vgl.:    Ztschr.   f.    rom.  Phil.   I  92,   III  242 

R.  li  B.,  analyse  et  fragments  p.  p.  C.  C.  Casati  1868;  —  Richard  du 
Fournival,  Bestiaire  d'amour,  suivi  de  la  reponse  de  la  dame,  p.  p. 
C.  Hippeau  1860    —    Robert  le  Diable  s.  Mystere  de  R.  1.  1).    — 

Reis  s.  Les  Quatre  livres  des  R  —  Roland.   Chanson  de  R.    I.  Bl- 


330  Das  Französische. 

BLIOGRAPHIE:  J.  Bauquier,  Bibliographie  de  la  Ch.  d.  K.  Heilbr.  1877; 
GArTiER,  Ep,  ni  493;  Nyrop,  a.  a.  O.  464.  IL  Diplomatische  Ab- 
drücke: Des  Cod.  O.,  Digby  23  v.  E.  Stengel.  Heilbr.  1878  (von  der- 
selben Hds.  liess  Stengel  auch  eine  vollständige  photographische  liepro- 
duction  anfertigen.  Heilbr.  1878);  des  Cod.  V*  v.  E.  Kölblvg.  Heilbr. 
1877;  der  Hdss.  v.  Chäteauroux  u.  V^  von  W.  Förster,  in:  Altfrz.  Bibl. 
Bd.  6.  Heilbr.  188:5;  der  Hdss.  von  Paris,  Lyon  u.  Cambridge  von  W, 
Förster,  in:  Altfrz.  Bibl.  Bd.  VII  (war  im  J.  1885  noch  nicht  erschienen  . 
IlJa  Ausg.*.ben;  von  Fr.  Michel.  1837  u.  1869,  von  F.  Genin,  1850,  von 
Th.  Müller.  Göttingen  1851,  1863  u.  1878,  vgl:  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  II 
162  (der  Ausg.  wollte  Müller  einen  2.  Bd.,  enthaltend  A\'örterbuch  und 
Commcntar,  folgen  lassen,  ist  aber  darüber  gestorben.  M.'s  Ausg.  ist  die 
in  wissenschaftl.  Hinsicht  relativ  beste),  von  E.  Böhmer.  Halle  1872, 
vgl.  Rom.  II  97  (B.  hat  in  dieser  Ausg.,  in  welcher  er  das  Gedicht  «Ren- 
ccsval"  betitelte,  die  graphische  Bezeichnung  der  Vocalqualität  durchge- 
führt), von  L.  Galtier,  Tours  seit  1872  (sehr  praktische  Handausg.  mit 
neufrz.  Uebers.,  Wörterb.  u.  Commentar),  von  L.  Cledat.  1885  (gute  Hand- 
ausg. mit  Glossar).!)  njb  Uebersetzingen :  a)  neufranzösische  in  Prosa 
von  F.  Genin  u.  L.  Gautier  (s.  d.  Ausg.;,  in  Versen  von  P.  Jönain  (Bor- 
deaux 1862;,  P,  DE  Julleville  (1871)  und  von  A.  d'AvRiL  ;4e  ed.  1880  ; 
b,i  deutsche  von  "W.  Hertz.  Stuttgart  1861.  IV.  Textkritisciies  :  M. 
Hartmann,  E.  Böhmer,  E.  Koschwitz,  Zum  Oxf.  R.,  in:  Rom.  Stud. 
III  169;  F.  Scholle,  Das  Verhältniss  der  verschiedenen  Ueberlieferungen 
des  neufrz.  R.  zu  einander,  in :  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  IV  7 ;  zur  Kritik  des 
R.,  in:  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  IV  195,  und:  Die  Baligantepisode,  ein  Ein- 
schub  in  das  Oxf.  R.,  in :  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  I  26 ;  E.  Dunges.  Die  Ba- 
ligantepisode im  R.  Heilbronn  18S0  (Marburger  Diss.);  H.  Persciimann, 
Die  Stellung  v.  ü.  in  der  Ueberlieferung  des  altfrz.  R.  Marburg  ISSO  Diss., 
in  Stengels  Ausg.  u.  Abh.  III;  H.  Ottmann,  Die  Stellung  von  V*  in 
der  Ueberlieferung  des  altfrz.  R.  Marburg  1879;  G.  Laurentiis,  Zur  Kri- 
tik der  Ch.  d.  R.  Leipzig  1876;  E.  Böhmer,  Anmerkung  über  die  ange- 
nommene Abhängigkeit  des  Böhmer'schen  Rolandstextes  von  dem  Hof- 
mann'sehen  und  dem  Gautier'schen,  in  :  Rom.  Stud.  I  621  ;  R.  Pakscheb, 
Zur  Composition  u.  Kritik  des  R.  Strassburg  1885;  J.  CORNU,  Trois  pas- 
sages  de  la  Ch.  d.  R.  corriges  h  tort,  in:  Rom.  IX  118;  A.  !Mussafia,  Zu 
Rol.  V.  240,  465,  3860,  in:  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  III  256,  und:  Zum  RoL, 
ebenda  IV  104;  A.  Rambeau  s.  unten  VH).  V.  Grammatisches:  E.Böh- 
mer, A,  E,  J  im  Oxf.  R.,  in:  Rom.  Stud.  I  599;  H.  LöscHHORN,  Zum 
norm.  Rol.  Göttingen  1873  Diss.;  M.  Simon;  Ueb.  d.  flexiv.  Verfall  des 
Subst.  im  R.  Bonn  1867  Diss.;  M.  Trautmann,  Bildung  u.  Gebrauch  der 
Tempp.  im  Rol.  Halle  1871  Diss.;  H.  Bockhoff,  Der  syntakt.  Gebrauch 
der  Tempp.  im  R.  Münster  ISSO  Diss.,  E.  Beyer,  Die  Pronomina  im  Rol. 
Halle  1875  Diss.;  Carlberg,  Etüde  s.  l'usage  syntaxique  dans  la  Ch.  de 
R.  Lund  1875 ;  H.  MoRF,  Die  Wortstellung  im  altfrz.  Rol,  in ;  Rom.  Stud. 


1)  Eine  von  C.  Hofmann  bearbeitete  Ausg.  ist  zwar  in  den  sechziger 
Jahren  gedruckt  worden,  aber  nicht  in  den  Buchhandel  gekommen. 


Littcraturgcschichtc.  331 

III  l;i;t.  v<rl.  Ztsehr.  f.  roni.  Phil.  III  144;  O.  Kiekk.  Die  Construetion  der 
Nebensatze  im  Üxf.  Texte  des  R.  Münster  1S^3  Diss.  VI.  I.kxik.\lisches  : 
Gutes  Glossar  in  Galtikr's  u.  in  Cledat  s  Ausg.;  Scumilix.sky,  Probe 
eines  Glossars  zur  Ch.  d.  R.  Halle  1S76  Progr. ;  H.  Flascuel,  Die  ge- 
lehrten "Wörter  in  der  Ch.  d.  R.  Göttingen  1881  Diss.  VII.  Rhythmlsches  : 
A.  Ramheai',  Ueb.  d.  als  acht  nachweisbaren  Assonanzen  des  Oxf.  Textes 
der  Ch.  d.  R.  Halle  18TS:  F.  Scholle.  Die  a-,  ai-,  an-,  t'»-Ass.  in  der 
Ch.  d.  R..  in:  Jahrb.  f.  rom.  u.  engl.  Spr.  u.  Lit.  XV  65;  G.  Raynaud, 
Tableau  rectiticatif  des  assonances  du  R. .  in:  Rom.  III  2'JO,  vgl.  II  263; 
F.  Hill,  Ueb.  das  Metrum  der  Ch.  d.  R.  vgl.  Rom.  III  398.  VIII.  Poetik: 
F.  ZiLLEK.  Der  epische  Styl  des  altfrz.  R.  Magdeburg  1863.  Progr.  des 
Realgymn. ;  A.  Ritschel,  Remarques  s.  les  epithetes  dans  la  Ch.  d.  R. ; 
H.  Dkees,  Der  Gebrauch  der  Epitheta  ornantia  im  altfrz.  R.  Münster  1883 
Diss.  IX.  Exegetisches:  Hist.  litt.  XXII  727;  C.  Rosenbekg,  Rolands- 
kvadet,  et  normannisk  Heltedigt,  dets  Üprindelse  og  historiske  Betydning 
etc.  Kopenhagen  1860;  Gr.\vell,  Die  Charakteristik  der  Personen  im  R. 
Heilbronn  ISSO,  vgl.  Ztsehr.  f.  rom.  Phil.  VI  127;  G.  Paris,  Sur  la  date 
et  la  patrie  de  la  Ch.  d.  R.,  in:  Rom.  XI  400;  L'epitaphe  de  R.,  in:  Rom. 
XI  570;  la  Ch.  d.  R.  et  les  Nibelungen,  in:  Revue  germanique  XXV  292; 
La  geographie  de  la  Ch.  d.  R.,  in:  Rev.  crit.  1869  II  173;  Noms  des 
peuples  paiens  dans  la  Ch.  d.  R.,  in:  Rom.  II  329  u.  480;  La  legende  du 
saut  Roland,  in:  Rom.  XII  113;  P.Meyer,  Butentrot  etc.,  in:  Rom.  VII 
435,  Le  Hericher,  Des  mots  de  fantaisie  et  des  rapports  du  R.  avec  la 
Normandie,  in:  Bull,  de  la  Soc.  des  Antiqu.  de  Norm.  IX  410,  vgl.  Rom. 
X  632;  H.  Meyer,  Abhandig.  üb.  R.  Bremen  1868  Progr.,  vgl.  Rev.  crit. 
1870  I  98;  CoEVRET,  Documents  historiques  relatifs  ä  la  Ch.  d.  R. ,  in: 
ITnvestigateur  1875  Sept.  Oct. ;  Bresslau,  Rechtsalterthümer  aus  dem  R., 
:n:  Herrigs  Archiv  Bd.  48  S.  291;  F.  Settegast,  Der  Ehrbegriff  im  alt- 
frz. R.,  in:  Ztsehr.  f.  rom.  Phil.  IX  204;  H.  SvCHIER,  Josqu'  as  Seinz  = 
Xanten,  in:  Ztsehr.  f.  rom.  Phil.  IV  583;  F.  Liebrecht,  Zur  Ch.  d.  R., 
in:  Ztsehr.  f.  rom.  PhiL  IV  371;  Axdresex  u.  Baist  in  Rom.  Forsch.  I 
452,  K.  HoFMAXX,  ebenda  429  ff. ;  vgl.  ausserdem:  H.  Carxoy,  Les  le- 
gendes de  Gandelon  ou  Ganelon,  in:  Rom.  XI  410,  XII  139,  und:  G.  Pa- 
ri.«, Le  Carmen  de  proditione  Guenonis  etc.,  in :  Rom.  XI  465,  vgl.  Sten- 
gel in  Ztsehr.  f.  rom.  Phil.  VIII  499.  X.  Altnordischer  u.  Alteng- 
lischer Roland:  E.  Koschwitz,  Der  altnord.  R.  ins  Deutsche  übers., 
in:  Rom.  Stud.  III  295;  H.  Schleich,  Prolegomena  ad  Carmen  de  Ro- 
lando  anglicum.  Burg  1879  Berliner  Diss.  ,  und:  Beiträge  zum  mittelengl. 
R.,  in:  Anglia  IV  307.  Vgl.  auch  den  Artikel  Turpin.  —  Roman. 
Mit  Ausnahme  der  im  Folgenden  angeführten  Romane  sind  die  so  be- 
zeichneten Dichtungen  unter  dem  zweiten  Theile  ihres  Titels  oder  auch 
unter  dem  Namen  ihrer  Verfasser  verzeichnet.  —  Roman  de  Claris  et 
Laris,  herausg.  v.  J.  Altox  in  Bd.  169  der  Bibl.  des  litt.  Vereins.  Stutt- 
gart 18S4  —  Roman  de  la  Resurrection  de  Jesus  Christ,  ver- 
fasst  von  Andre  de  Constance,  herausg.  v.  R.  Reixsch  in  Herrig's  Archiv 
LXIV  161,  vgl.  Ztsehr.  f.  rom.tPhil.  VI  154  —  Roman  de  la  Rose. 
Le  R.  d.  1.  R.,    imprime  ä  Paris.    Reimpression   de   Ted.  donnee  par  Jean 


-/ 


332  Das  Französische. 

Dupre  (vers  1490;  1S78;  le  R.  d.  1.  R.,  p.  p.  Fii.  Miciikl  186-1  2  Bde.: 
le  R.  d.  1.  R.,  texte  orig.  avec  traduet.,  introduct.,  notices  bist,  et  crit.  et 
gloss.,  p.  p.  P.  Marteau.  Orleans  1878/79.  .5  Bde.;  le  R.  d.  1.  R. ,  avec 
notes  gramm.  et  gloss.,  p.  p.  J.  Croissaxdeau.  Orleans  1881.  5  Bde.;  Li 
Romans  de  la  Rose,  I'^'^e  partie,  herausg.  v.  R.  Püschel.  Berlin  1872 
Progr.  des  Friedrichstädt.  Gymn. ,  vgl.  Rom.  I  391  (J.  Bekker,  Ueb.  d. 
Hdss.  des  R.  d.  1.  R.  in  d.  K.  Bibl.  Berlin  1852;  P.  Mever,  Un  extrait 
du  R.  d.  1.  R.,  in:  Rom.  VI  449;  L.  Jarry,  Guill.  de  L.  et  le  testament 
d'Alphonse  de  Poitiers.  Orleans  1881)  —  Le  Romancero  francais. 
Histoire  de  quelques  anciens  trouveres  et  cboix  de  leurs  cbansons.  Le  tout 
nouvellement  recueilli  p.  Pai'lin.  Paris  1833  —  Romanzen.  Altfrz.  R. 
u.  Pastourelle,  herausg.  v.  K.  Bartsch.  Leipzig  1870,  vgl.  G.  Gröber, 
Die  altfrz.  R.  u.  P.  Zürich  1872  —  Ron  de.  A.  Orain,  Le  grand  loup, 
ronde  bretonne,  in:  Rom.  XI  121;  J.  Flevry,  Le  prisonnier  de  Rennes, 
ronde  bretonne,  in:  Rom.  X  245  —  Rosier  des  Guerres,  vgl.  Kaulek, 
Louis  XI  est-il  l'auteur  du  R.  d.  g.?  in:  Rev.  bist.  März  April  1883,  vgl. 
Rom.  XII  416 —  Rutebeuf,  CEuvres  completes,  p.  p.  Jubixal,  nouv.  ed. 
1874,  3  Bde.,  vgl.  Rom.  III  401;  R.'s  Gedichte,  nach  d.  Hdss.  der  Pariser 
Nat.-Bibl.  herausg.  v.  A.  Kressner.  "VVolfenbüttel  1885;  Lc  Miracle  de 
Theophile  de  R. ,  revu  sur  les  mss. ,  traduit  et  accompagne  de  notes  p. 
A.  H.  Klient.  Upsala  1869.    Vgl.  Theophile. 

Saint-Bernart,  Li  sermon  de  St-B.,  p.  p.  Le  Roux  de  lincy  in 
seiner  Ausg.  der  Quatre  Livres  des  Rois  1842;  herausg.  v.  W.  FÖRSTER 
in  Bd.  2  von  Vollmöller's  Roman.  Forsch.  Erlangen  1885  (W.  FÖR.STER, 
Zu  den  altfrz.  Predigten  des  h.  B.,  in :  Rom.  Stud.  IV  93 ;  O.  Kctschera, 
Le  ms.  des  sermons  fr9S  de  St.-B.  traduits  du  latin  date-t-il  de  1207.  Halle 
1878  Diss.,  vgl.  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  III  452;  Cledat,  La  flexion  dans  les 
serm.  de  S.  P.  P.  1884)  —  Saint-George.  L,  "Weber,  Ueb.  die  Spr.  u. 
Quelle  des  altfrz.  Hg.  Georg.  Halle  1882  Diss.  (auch  in  Ztschr.  f.  rom.  Phil. 
V  498  —  Saint-Gille  s.  Elie  —  Saint-Nicolas.  JoLY,  Quatre  mi- 
racles  inedits  de  St-N.,  in :  Bull,  de  la  Soc.  des  Ant.  de  Norm.  t.  VIII  632, 
IX  202.  Vgl.  auch  die  Artikel  Bodel  u.  Wace.  —  Sa  inte-Marguerite 
s.  Vie  de  Ste-M.  —  Saint- Thomas.  Garnier  de  Pont-Sainte-Maxence,  la 
Vie  et  la  Mort  de  St-Th.  de  Canterbury ,  herausg.  v.  J.  Bekker.  Berlin 
1839  'dazu  Ergänzung  Berlin  1845,  beide  Ausg.  in  den  Abb.  d.  Berl.  Akad. 
d.  Wissensch.);  [Vgl.  Fr.  Michel  in  Bd.  III  seiner  Ausg.  der  Chronique 
des  ducs  de  Norm.  1843];  p.p.  C.  Hippeau  1859;  (Etienne,  La  Vie  de  s. 
Th.,  Eti^de  etc.  Nancy  1883,  vgl.  Rev.  crit.  1883,  No.  35;  A.  Mebes,  Ueb.  G. 
von  P.-Ste-M.  Breslau  1876  Diss.;  P.  Lorenz,  Ueb.  d.  Spr.  des  G.  de  P.- 
Ste-M.  Halle  1881  Diss.)  —  Sept  Sages,  roman  des,  herausg.  v.  A.  Kel- 
ler. Tübingen  1836;  p.  p.  Ch.  Brunet  et  A.  de  Montaiglon  1856;  Deux 
redactions  du  R.  des  sept  sages  de  Rome,  p.  p.  G.  Paris  1876  Soc.  des 
anc.  text.  frcs,  vgl.  Rom.  I  555  —  Sermo.  H.  Suchier,  Die  Quelle  des 
sermo  de  sapientia,  in:  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  191  —  Sermons  s.  Pre- 
digten u.  St-Bernart  —  Sibille  s.  Reine  Sebile  u.  Macaire  (vgl. 
auch  R.  Köhler,  Zu  der  altspan.  Erzählung  von  Karl  d.  G.  u.  seiner  Ge- 
mahlin Sibille,  in:  Jahrb.  f.  rom.  u.  engl.  Spr.  u.  I-it.  XII  280^  —  Siege 


Litteraturgcschichte.  333 

de  Barbastre,  vgl.  Hist.  litt.  XX  TOü;  Gaitiku,  Ep.  1  24:f;  AV.  Kkl- 
i.KR,  Le  Siege  de  B.  u.  die  Bearbeitung  des  Adeiiet  le  Roi.  Marburg  1875; 
A.  GvXDLACH,  Das  Handsehriftenverhältniss  des  S.  du  B.,  in:  Stkngel's 
Ausg.  u.  Abb.  IV  KiO  —  Siege  de  Castres.  H.  SrcuiEU,  Le  S.  de  C, 
in:  Koman.  Stud.  I  589  —  Siege  de  Milan,  »poenie  perdu  dans  sa 
forme  frcse,  mais  conserve  dans  un  poemc  anglais :  Sege  of  Melayne.  11 
parait  avoir  ete  compose  pour  servir  d'introduction  d'Otuel,  cf.  ]{om.  XI 
151«,  Nykop  a.  a.  Ü.  470  —  Siege  de  Narbonne,  noch  nicht  edirt,  vgl 
Gautier,  Ep.  IV  320  —  Simon  de  Pouille,  Bruchstücke  gedruckt  in 
Miciiel's  Introduct.  zu  seiner  Ausg.  des  Charlemagne,  vgl.  Gautier,  Ep. 
III,  .(46  —  Sponsus  s.  Aelteste  Sprachdenkmäler  —  Streit.  G^ 
Klkineht,  Ueb.  d.  Str.  von  Leib  u.  Seele.  Ein  Beitrag  zur  Entwickelungs- 
gcschichte  der  A'isio  Fulberti.  Halle  1880  13iss.,  vgl.  Korn.  IX  311  — 
SuUy.  P.  Meyer,  Les  mss.  des  sermons  frfs  de  Maurice  Sullv,  in:  Rom. 
V  46t)    —    Syracons,   nicht  edirt,  Ms.  Coli.  Corp.  Christ.  Oxf.  135,  vgl. 

E.  Stengel  in  Rom.  Stud.  I  399. 

Table  ronde.  Les  romans  de  la  T.  r. ,  mis  en  nouveau  langage  et 
accompagnes  de  recherches  s.  lorig.  et  le  caractere  de  ces  grandes  com- 
positions ,  p.  P.  Paris  1868/77.  5  Bde.;  Table  ronde  ou  le  Joseph  d'Ari- 
mathc,  premier  des  romans  de  la  T.  r.,  p.  p.  E.  Hucher  1872/79.  3  Bde. 
—  Thaün,  Philippe  de,  Bestiaire  ed.  by  Th.  AVright.  London  1842  (?); 
liCumpoz,  herausg.  v.  E.  Mall.  Strassburg  1873  —  Theätre.  Th.  fr. 
du  moyen-äge,  p.  p.  Monmerque  et  Michel  1839;  Th.  fr.  ancien,  ou  col- 
lection  des  ouvrages  dramatiques  depuis  les  mysteres  jusquä  Corneille,  p. 
p.  ViOLLET  LE  Duc.  1854  57.  10  Bde.  Bibl.  elzev. ;  Th.  fr.  avant  la  renais- 
.sance  1450 — 1550',  mysteres,  moralites  et  farces,  p.  p.  E.  Fourmer  — 
Thebes  s.  (Edipe  —  Theophile,  miracle  de,  s.  Rutebeuf  u. 
Theätre  ;E.  Kölbing,  Beiträge  zur  vergl.  Geschichte  der  romant.  Prosa 
u.  Poesie  im  Mittelalter.  Breslau  1876,  S.  1  fl". ;  A.  AVeber,  Zwei  unge- 
druckte Versionen  der  Theophilussage,  in :  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  I  523 ;  A. 
ScHELER,  Li  priere  Theophilus,  in:  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  I  247,  vgl.  ebenda 
II  81  u.  Rom.  VII  343)  —  Thibaut.    Li  romanz  de  la  poire,  herausg.  v. 

F.  Stehlich.  Halle  1881  (K.  Bartsch,  Zum  R.  d.  1.  p.,  in:  Ztschr.  f.  rom. 
Phil.  V  571)  —  Thuim  s.  Tuim  —  Tristan.  Recueil  de  ce  qui  raste 
des  poemes  relatifs  ä  ses  aventures,  composes  en  frcs,  en  anglo-normand 
et  en  grec  dans  les  12  et  13  s.,  p.  p.  Fr.  Michel.  London  1835/39.  2  Bde. 
(L.  Estläxder,  Pieces  inedites  du  rom.  de  Tr.,  precedees  de  recherches 
s.  son  origine  et  son  developpement.  Helsingfors  1866,  vgl.  Rev.  crit.  1867 
I  127;  A.  Bossert,  Tr.  et  Iseult,  poeme  de  Gotfrit  de  Strassburg,  com- 
pare  ä  d'autres  poemes  s.  le  meme  sujet.  1865;  R.  Heinzel,  Gottfr.'s  v. 
Strassb.  Tr.  u.  seine  Quelle,  in:  Ztschr.  f.  dtsch.  Alterth.  XIV  272;  O. 
Behaghel,  Gottfr.s  v.  Strassb.  Tr.  u.  seine  Quelle,  in:  Germania  XXIII 
223;  LoBEDANZ,  Das  französ.  Element  in  Gottfr.'s  v.  Strassb.  Tr.  Schwerin 
1878  Diss. ;  E.  KÖLBIXG,  Die  nordische  u.  die  engl.  Version  der  Tristan- 
sage, mit  litterarhist.  Einltg. ,  deutscher  Uebers.  u.  Anm.  herausg.  Heil- 
bronn 1878  83,  2  Bde.;  F.  Vetter,  La  legende  de  Tristran,  d'apres  le 
poeme  frcs  de  Thomas  et  les  versions  principales  qui  sy  rattachent.    Mar- 


334  I^^ä  Französische. 

bürg  1882  Diss. ;  H.  SucniER,  Untersuchungen  üb.  d.  altfrz.  Prosaroni.  von 
Tr.  u.  I.,  in:  Ztschr.  f.  dtsche  Phil.  XVIII  Sl :  Bryxjulfson,  Saga  af 
Tristram  ok  Isond  samt  Möttulssaga,  udgivne  etc.  Kopenhagen  1S7S,  vgl. 
Rom.  VIII  276:  "W.  RöTTGER.  Der  Tr.  des  Thomas,  ein  Beitrag  zur  Kri- 
tik u.  Spr.  desselben.  Göttingen  1883  Diss.  —  Troie,  roman  de,  .s.  Be- 
noit  de  Ste-More,  vgl.  auch  Theil  II  497  'L.  Flscher,  Der  altfrz.  R.  de 
Tr.  des  B.  de  Ste-M.  als  Vorbild  f.  d.  mhd.  Trojadichtungen  etc.  Münster 
1883  Diss.:  AV.  Greif,  Die  mittelalterl.  Bearbeitungen  der  Trojanersage 
etc.  I.  Benoit  de  Ste-More.  Marburg  1885  Diss.  —  La  Destruction  de 
Troye  la  grant  s.  Destruction  —  Trouveres.  Tr.  beiges  du  XII  au 
XIV  8.  etc.,  p.  p.  A.  ScHELER.  Brüssel  1876.  Vgl.  oben  S.  311  —  Tu  im, 
Jehan  de,  Hystore  de  Julius  Cesar,  herausg.  v.  F.  Settegast.  Halle  1S81. 
vgl.  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  VI  386  —  Tuin  s.  Tuim  —  Tumbeor.  Wli.H. 
Förster,  Del  T.  Nostre  Dame,  in:  Rom.  II  315,  vgl.  Ztschr.  f.  rom.  Phil. 

IV  88  —  Turpin.  Turpini  Hist.  Caroli  Magni  et  Rotholandi  ed.  S.  Ciampi. 
Florenz  1822;  p.  p.  F.  Castets,  Montpellier  ISSÜ,  vgl.  Ztschr.  f.  rom.  Phil. 

V  422;  La  chronique  dite  de  T.  publice  d'apres  les  mss.  Bibl.  Nat.  18-iO 
et  2137  p.  F.  Wulff.  Lund  1881  (G.  P.\Ris,  De  Pseudo-Turpino.  1865 
Diss. ;  DoZY  in  Recherches  s.  l'hist.  et  la  litt,  de  1  Esp.  3«  ed.  II  372,  vgl. 
Rom.  XI  421;  der  Ps.-T.  in  altfrz.  Uebers. ,  nach  einer  Hds.  der  Münche- 
ner Staatsbibl.  herausg.  v.  Th.  Auracher,  München  1876,  Progr.  des  Ma- 
ximil.-Gymn. ;  Th.  AuRACHER.  Der  sog.  poitevinische  T.,  in:  Ztschr.  f.  rom. 
Phil.  I  259;  Ps.-T.,  traduction  poitevine  du  13.  s.,  p.  p.  A.  Boucherie  in 
Rev.  des  lang.  rom.  II  126  . 

Veland  le  Forgero n.  G.  B.  Depping  et  Fr.  Michel.  V.  1.  F., 
Diss.  s.  une  tradition  du  moyen-äge,  avec  les  textes  islandais.  anglo— saxons, 
anglais  et  francais-romans  qui  la  concernent  1833  —  Vengeance  Fro- 
mondin.  A.  Rudolph,  üeber  die  V.  F.,  in  Stengels  Ausg.  u.  Abh.  XXXI 
—  Venus  la  Deesse,  altfrz.  Minnegedicht  aus  d.  13.  Jahrh. ,  herausg. 
von  "VV.  Förster.  Bonn  1880  —  Vie  des  anciens  peres,  vgl.  Hist. 
litt.  XIX  858 ;  A.  Tobler  in  :  Jahrb.  f.  rom.  u.  engl.  Litt.  MI  400 ;  A.  ^A'e- 
ber,  Handschriftl.  Studien  auf  dem  Gebiete  der  roman.  Litt,  des  Mittel- 
alters. Frauenfeld  1876  u.  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  I  357:  E.  Schwan,  la  Vie 
des  anciens  peres,  in:  Rom.  XIII  233.  Vgl.  Judenknabe.  —  Vie  de 
Saint  Auban,  ed.  by  R.  Atkin-SON.  London  1874  (H.  SucniER,  Ueb.  d- 
dem  Matthäus  Paris  zugeschriebene  V.  d.  s.  A.  Halle  1876:  E.  Uiilemann, 
Ueb.  die  anglonorm.  Vie  de  s.  A.  in  Bezug  auf  Quellen,  Lautverhältnisse 
und  Flexion,  in:  Roman.  Stud.  IV  543)  —  Vie  de  Saint  Gilles,  p.  p. 
G.  Parls  et  A.  Bo.s  in  den  Publicationen  der  Soc.  des  anc.  text.  frcs.  1881, 
vgl.  Mu.ssafia  in  Rom.  XI  594  —  Vie  de  saint  Gregoire  Ic  Grand 
en  vers,  p.  p.  A.  de  Montaiglon  in  Rom.  VIII  509.  (P.  Meyer,  La 
vie  de  saint  Gregoire  par  fröre  Angier,  in:  Rom.  XII  145;  H.  Bieling, 
Ein  Beitrag  zur  Ueberlieferung  der  Gregorlegende.  Berlin  1874.  Vgl. 
oben  S.  321  u.  —  Vie  de  saint  Guillaume.  Revillant,  Etüde  s. 
la  vie  de  s.  G. ,  Extrait  des  Publ.  de  la  Soc.  archeol.  de  Montpellier  No. 
35/36.  1876,  vgl.  Rom.  VI  467  —  Vie  de  sainte  Marguerite,  en 
vers   romans    prov.  ,   p.  p.  Noulet.    Toulouse    1875,    vgl.    Rom.   IV   4yl; 


I-itteraturgeschichtc.  335 

Legende  de  s.  Marg. ,  deux  redactious  eu  vors  frcs,  p.  etc.,  p.  A.  Sche- 
LEK.  Antwerpen  IST",  vgl.  Rom.  VII  339  (G.  Wülpeut,  Eine  bisher  un- 
bekannte Hds.  des  Lebens  der  heil.  Margaretha,  in;  Ztschr.  f.  roni.  Phil. 
V  51  ;  Legende  von  der  heil.  Marg..  altfrz.  u.  deut.sch .  hcrausg.  v.  W.  L. 
H<)LL.\M).  Hannover  16G3  .  Vgl.  ^Vace  —  Villehar douin,  Geoffroy 
de,  I^a  Conquete  de  Constantinople,  avcc  la  continuation  de  Henri  de  Va- 
lenciennes,  texte,  traduct. ,  vocabulaire  et  notes  p.  Nat.a.lis  de  AV.mi.lv. 
Sf  ed.  1SS2  A.  Kressnek,  l'eb.  den  epischen  Charakter  der  Spr.  V.'s,  in 
Herrig's  Archiv  Bd.  57.  S.  1,  vgl.  Rom.  VII  147;  E.  B.\.STIX,  La  sjTitaxe 
de  V.,  in;  Rev.  de  l'Instruct.  publ.  en  Beige  24,  S.  217  u.  26,  S.  240;  A. 
H.VASE,  SjTitakt.  Untersuchungen  zu  V.  u.  Joinville.  Oppeln  1884;  sonstige 
Litteratur  über  V.  sehe  man  in  Pottiiast's  Biblioth.  med.  aevi;  —  Vil- 
lon,  Francois,  (Euvres  completes.  p.  p.  P.  Jaxxet  1866;  p.  p.  P.  La- 
CKOix  1ST7;  p.  p.  L.  Moi.AXD  1S79  ;A.  Stimming,  Fr.  V.  Berlin  1869; 
Nagel,  Fr.  V.,  Darstellung  seines  Lebens  nach  seinen  Gedichten.  Berlin 
1877;  A.  LoxGXOX,  Etüde  biograph.  s.  Fr.  V.  1877,  vgl.  Ztschr.  f.  rom. 
Phil.  I  572;  A.  LoxGXOX,  Fr.  V.  et  ses  legataires,  in:  Rom.  II  203;  Bü- 
.SCHER,  Erklärung  eines  Reimes  bei  V.  "Weimar  1874  Progr. ;  R.  Tamm, 
Bemerkungen  z.  Metrik  u.  Spr.  V.'s.  Freiberg  i.  Schi.  1879  Progr.;  W.  G. 
C.  BiJVAXCK,  Essai  crit.  s.  les  oeuvres  de  Fr.  V.  I  le  Petit  Testament.  Ley- 
den  1883  —  Violette,  Rom.  de  la  V.  ou  de  Girard  de  Nevers,  p.  ]>. 
Fi;.  Michel  1834  —  Voyage  de  Charlemagne  s.  Karlsreise  — 
Vrai  aniel  s.  Dis  du  V.  A. 

AVace,  Roman  de  Rou,  p.  p.  Fr.  Pliqvet.  Ronen  1827.  2  Bde.; 
herausg.  v.  H.  Axdresex.  Heilbronn  1876/79.  2  Bde.,  vgl.  Ztschr.  f.  rom. 
Phil.  I  144,  Rom.  IX  592  ^G.  Körtixg,  Ueb.  die  Quellen  des  R.  d.  R. 
Leipzig  1867,  und;  Ueb.  die  Aechtheit  der  einzelnen  Theile  des  R.  d.  R. 
im  Jahrb.  f.  rom.  u.  engl.  Lit.  VI  192;  Tn.  Pohl,  Untersuchung  der  Reime 
im  R.  d.  R.  Erlangen  1885.  ;R.  F.  I  321;  ;  Rayxouard,  Observations  phi- 
lologiques  et  grammaticales  s.  le  R.  d.  R.  etc.  Rouen  1829;  Deutsche,  sehr 
poetische  Uebersetzung  des  R.  d.  R.  von  Frz.  Gaudy.  Glogau  1835  .  Le 
Roman  de  Brut,  p.  p.  LERorx  DE  LlxcY.  Rouen  1836 '38.  2  Bde.  fL.  Abra- 
HAM.S,  De  Rob.  AVacii  carmine  Brutus.  Hafniae  1838;  K.  Bartsch,  Eine 
Hds.  V.  AA'ace's  B.,  in ;  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  "VI  390) ;  Chronique  ascen- 
dante,  herausg.  v.  Axdresex  in  Bd.  II  der  Ausg.  des  R.  d.  R.  Hokmel, 
Untersuchung  üb.  die  Chr.  asc.  Marburg  1880  Diss. ,  vgl.  Rom.  X  258;; 
St.  Nicolas,  nach  der  Oxf.  Hds.  herausg.  v.  R.  Deltis.  Bonn  1850;  La 
vie  de  sainte  Marguerite,  precedee  de  Ihistoire  de  ses  transformations  et 
suivie  de  divers  textes  inedits  etc.,  p.  p.  A.  Joly.  Caen  1879,  vgl.  Rom. 
A'III  275  F.  Uhlemaxx,  Grammat.  u.  krit.  Studien  über  AV.'s  La  concept. 
Nostre  Dame  u.  St.  Nicolas.  Jenenser  Diss.  Bremen  1878;.;  L'Etablisse- 
ment  de  la  fete  de  la  conception  de  Notre  Dame,  p.  p.  Maxcel  et  Tre- 
BLTIEX.  Caen  1842,  dasselbe  u.  d.  T. ;  la  Vie  de  la  viergc  Marie,  p.  p.  V. 
LrzARCHE.  Tours  1859,  vgl  P.  Meyer  in  Rom.  VI  10  u.  VIII  309  'Kloppe, 
Recherches  s.  le  dialecte  de  "\V.  etc.  Magdeburg  1853  u.  1854  Progr.  — 
Walther  v.  Metz  s.  Image  du  Monde. 

Y  Zop  et,  Lyon  er.   herausg.  von  AV.  Föu.'tTER  in  Bd.  5  seiner  altfrz. 


336  L)äs  Französische. 

Bibl.  Heilbronn  1S82  'A.  Tobler,  Zum  L.  Y. ,  in:  Ztschr.  f.  rom.  Phil. 
VI  411);  M.  Stkixsciixeidku,  Y,  hebräisch,  ein  Beitrag  z.  Geschichte  der 
Fabeln  im  Mittelalter,   in:  Jahrb.  f.  rom.  u.  engl.  Spr.  u.  Litt.  XIII  351). 

§4',  Litteratu rangaben  zur  Geschichte  der  neufranzösi- 
schen Litteratur.' 

1.  AVerke,  welche  einzelne  Perioden  oder  Gebiete  der  neu- 
französ.  Litteratur  behandeln:  *A.  Darmesteter  et  A.  Hatzfeld, 
Le  16«  siecle  en  France,  I  Tableau  de  la  litterature  et  de  la  langue,  II. 
Morceaux  choisis  des  ecrivains  du  XVI«  s.  (vortreffliches  "Werk,  jedem  Neu- 
philologen unentbehrlich)  —  Sainte-Beuve,  Tableau  de  la  poesie  frcse 
au  XVIe  s.,  ed.  def.,  preced.  de  la  vie  de  Ste-B.  p.  J;  Trobat  1S76.  2  Bde. 

—  Pil.  CiiASLES,  Etudes  s.  le  XVI«  s.  en  Fr.  etc.  184S  —  L.  Feugere, 
Caracteres  et  portraits  litt,  du  lue  g.  iS59.  2  Bde.  —  J.-E.  Alaix,  La 
langue  et  la  litt,  frcse  du  XV«"  au  XVII«  s.  Paris  o.  J.  ;in  der  bei  A.  De- 
gorce-Cadot  erscheinenden  Bibliotheque  de  Vulgarisationj  —  1).  Nisard, 
Renaissance  et  reforme.  1S76  77.  2  Bde.  —  Ch.  Gidel,  Hist.  de  la  litt, 
frcse  dep.  la  renaissance  jusqu'ä  la  fin  du  XVII  s.  1877  —  A.  Tilley, 
The  Literature  of  the  French  Renaissance.  Cambridge  1885  —  F.  Gode- 
FROY,  Hist.  de  la  litt,  frcse  dep.  le  XVI«  s.  jusqu'ä  nos  jours.   1S80. 

C.  Lexient,  La  satire  en  Fr.  au  XVI  s.  Nouv.  ed.  187S.  2  Bde.  — 
ScHLEPKOWSKY,  Esquissc  de  la  poesie  satirique  en  Fr.  du  temps  de  la 
renais-sance.  Hamburg  1881.  Progr.  d.  höh.  Bürgersch. 

E.  Arnd,  Gesch.  d.  frz.  Nationallitt.  v.  d.  Renaissance  bis  zu  d.  Re- 
volution. Berlin  1856.  2  Bde.  f gedankenreiches  u.  geistvolles  "Werk,  das 
aber  freilich  die  biographische  Seite  der  Litteraturgeschichte  gar  zu  wenig 
berücksichtigt). 

M.  Philiit.sox,  Das  Zeitalter  Ludwigs  XIV,  in:  »Allgem.  Geschichte 
in  Einzeldarstellungen,"  hersg.  v.  "W.  Oxcken.  10  Abth.   Berlin  1S81. 

Ein  immerhin  schätzenswerthes  und  jedenfalls  für  das  Studium  der 
Litteraturgeschichte  des  17.  Jahrh.  unentbehrliches  Buch  ist  Voltaire's 
Siecle  de  Louis  XIV,  welches  auch  in  der  "Weidmann'schen  Sammlung  in 
einer  gut  commentirten  Ausg.  v.  Pfundiieller  erschienen  ist.) 

J.  Demogeot,  Tableau  de  la  litt,  frcse  au  H"^  s.  avant  Corneille  et 
Descartes.  1859  —  P.  Se.vechaute ,  Sur  letat  des  lettres  en  France  au 
XVII  s.  Düren  1S6S  —  S.  Follioley,  Hist.  de  la  litt,  frcse.  au  XVII  s. 
2«  ed.  Tours  1880.  2  Bde.  —  Hippeau  ,  Les  ecrivains  normands  au  17  s. 
[Du  Perron,  Malherbe,  Boisrobert,  Sarasin,  P.  du  Bosc,  Saint-E^^:emont] 
;Paris  bei  Didot  erschienen)  —  P.  Albert,  La  litt,  frcse  au  XVII  s.  1880 

—  *F.  I-0THEISSE.\,  Gesch.  d.  frz.  Litt,  im  17.  Jahrh.  AVien  1S77  84.  4  Bde. 
(schön  geschriebenes  u.  geistvolles  Buch  . 

L.  DE  LoMENiE,  La  litt,  romanesque.  Le  Roman  sous  Louis  XUI,  in 
R.  d.  d.  M.  1864.  Febr.  —  E.  Neiber,  Etüde  s.  le  roman  frcs  du  17«  et 
du  18e  s.  Laibach  1879  —  *G.  Körting,  Gesch.  des  frz.  Romans  im  17. 
Jahrh.  Oppeln  1885/86.  2  Bde. 

1)  Mit  Ausnahme  der  die  Geschichte  des  Dramas  u.  des  Theaters  betr. 
"Werke,  welche  bereits  oben  S.  307  verzeichnet  sind,.    \gl.  auch  S.  338  A. 


Litteraturgeschichte.  3o7 

J.  DUCHESNK,   llist.  des  poemes  öpiques  frcs  du   17  s.   1870. 

""V.  Fül'HNEl-,  liti  litt,  independante  et  les  öcrivains  oublies,  cssai  Je 
eritique  et  d'erudition  siir  le  XVII  s.,  ISÜ4  —  K.  Descuanel,  Lo  roman- 
tisme  des  classiqucs.   1881  !>3.  2  Bde.  (sehr  interessantes  AA'erk  . 

H.-A.  lllGAULT,  Hist.  de  la  quereile  des  anciens  et  des  muderncs.  1856 

—  LiPPOLD,  Ueberblick  über  die  Haupterscheinungen  der  Querelle  des 
anc.  et  des  mod.  Zwickau  1870  Progr. 

Sainte-Beuve,  Ilistoire  de  Port-Koyal.  1840/Ü2.  4  Bde.  /öfters  neu 
aufgelegt;. 

H.  PuAT,  Etudes  litteraircs.  Le  XVII«"  s.  1858. 

V.  CoL'six,  La  societe  frcse  au  XVII  s.  1S66  etc. 

PviBUSQlE,  Hist.  comparee  des  litt,  espagnole  et  fr9se.    1844.    2  Bde. 

—  Ratiiery,  Infiuence  de  l'Italie  s.  les  lettres  frcses  dep.  le  13«  s.  jusqu'au 
regne  de  Louis  XIV.  1853. 

C.  I.  Barante,  Tableau  de  la  litt,  frcse  au  XVHIe  s.  1808  —  Jay, 
Tableau  litt,  de  la  Fr.  pendant  le  XVIII^  s.  1810  (unter  dem  gleichen  Ti- 
tel erschienen  ungefähr  gleichzeitig  litterargeschichtl.  (Monographien  von 
Fabre  u.  Salyerte)  —  ViXET,  Hist.  de  la  litt,  frcse  au  18«?  s.  1853  u. 
1876.  2  Bde.  —  F.  Godefroy,  Hist.  de  la  litt,  frcse  au  XVHI  s.  1851 
(giebt  im  AVesentl.  nur  eine  schematisehe  Uebersicht ;  die  Anschauung  des 
Verf.'s  ist  eine  sehr  engherzige)  —  P.  Albert,  La  litt,  frcse.  au  18^  s. 
3<^  ed.  1879  —  H.  Prat,  Etudes  litt.  Le  XYIH«-  s.  1860  —  *E.  Caro,  La 
fin  du  XVIIIe  s.  1878.  2  Bde.  (geistvolle  Essays;. 

*H.  Hettxer,  Gesch.  d.  frz.  Litt,  des  18.  Jahrh.  Braunschweig,  seit 
1856  (classisches  Werk  in  Bezug  auf  ästhetische  Kritik  u.  auf  Darstellung). 

M.  Kawczyxski.  Studien  zur  Litteraturgesch.  des  18.  Jahrh.  Die  mo- 
ralischen Zeitschriften.  Leipzig  1879. 

•Desxoiresterres  ,  Voltaire  et  la  societe  frcse  au  XVIII^  s.  1867/76. 
S  Bde.  —  L.  de  Lomexie,  Les  (Mirabeau.  Nouvelles  etudes  s.  la  societe 
frcse  au  XV!!!*^  s.  2  Bde. 

H.  Taixe,  Les  Origines  de  la  France  contemporaine.  t.  I  1  Ancien  Re- 
gime 1876,  t.  II  la  Revolution  1878. 

E.  Gerizez,  Hist.  de  la  litt,  frcse  pendant  la  revolution.  7«  ed.  1881 

—  Schmidt-"VVeissenfels,  Gesch.  d.  frz.  Revolutionslitteratur.  Prag  1859. 
2  Bde.  —  F.  Lotheissex,  Litteratur  u.  Gesellschaft  in  Frankreich  zur 
Zeit  der  Revolution  1789/94.  Wien  1872  —  J.  DE  Chenier,  Tableau  hist. 
de  l'etat  et  des  progres  de  la  litt,  depuis  1789.  1821  —  Juliax  Schmidt, 
Gesch.  d.  frz.  Litt,  seit  Ludwig  XVI.  Leipzig  1857/58  u.  1874. 

Charpextier,  La  litt,  frcse  au  XIX^  s.  1875  (ins  Deutsche  übersetzt 
von  E.  Otto.  Stuttgart  1877J  —  P.  AxTOINE,  Aper9u  s.  la  litt,  frcse 
du  XIXe  siecle.  Dresden  1882  (nur  für  praktische  Zwecke  brauchbar)  — 
G,  Merlet,  Hist.  de  la  litt,  frcse  de  1800  ä  1875.  1878  —  P.  Albert, 
La  litt,  frcse  au  XIX^  s.  1882—85  —  G.  Braxdes,  Die  Litteratur  des 
19.  Jahrhunderts  in  ihren  Hauptströmungen  dargestellt.  Bd.  5:  die  ro- 
mantische Schule  in  Frankreich.  Leipzig  18S1  (das  Buch  ist  unendlich 
phrasenreich  u.  subjectiv,  kein  wissenschaftliches  AVerk)  —  HuBER,  Die 
neuromantischen  Poesie  in  Frankreich  u.  ihr  Verhältniss  zu  der  geistigen 
Körting,  Encyklopädie  d.  rom.  Phil.  III.  22 


338  I^^s  Französische. 

Entwickelung  des  französischen  Volkes.  Leipzig  1933  —  Th.  Gautieu, 
Hist.  du  romantisme,  suivie  de  notices  romantiques  et  d'une  etude  sur  la 
poesie  fr9se  1830/68,  avec  im  index  alphab.  3«  ed.  1877  —  LÜDECKING, 
Die  neuromant.  Poesie  d.  Franzosen.  "Wiesbaden  1853  —  A.  Nettement, 
Hist.  de  la  litt,  frcse  sous  la  restauration  et  sous  le  gouvernement  de 
juiUet.  1853/54.  4  Bde.  —  M.  de  Beaumont-Vassy,  Les  salons  de  Paris 
et  la  soc.  parisienne  sous  Louis-Philippe  I.  1866  —  W.  Reymond,  Etudes 
s.  la  litt,  du  Second  Empire  frcs.  Berlin  1861  —  E.  Scherer,  Etudes  cri- 
tiques  s.  la  litt,  contemporaine.  1863  —  Stapfer,  Etudes  s.  la  litt,  frcse 
moderne  et  contemporaine.  1S82  —  (A.  Borchardt),  Litt,  frcse  pendant 
la  guerre  1870/71  par  un  Berlinois.  Berlin  1871  —  J.  SCHLÜTER,  Die  frz. 
Kriegs-  u.  Revanchedichtung.  Heilbronn  1878. 

*Maxime  du  Camp,  Souvenirs  litteraires.  1883  (ursprünglich  in  der  R. 
d.  d.  M.  veröffentlichte,  höchst  interessante  Mittheilungen  üb.  litterarische 
Persönlichkeiten  u.  Zustände.  Ein  nicht  minder  interessantes  Buch  dessel- 
ben Verf.'s  ist  seine  u.  d.  T.  »les  Convulsions  de  Paris«  erschienene  Ge- 
schichte der  Commune,  1878;  endlich  werde  bei  dieser  Gelegenheit  auf 
M.  du  C.'s  klassisches  Werk:  »Paris,  ses  organes,  ses  fonctions,  sa  vie 
dans  la  seconde  moitie  du  XIX»"  siecle«,  1869/75,  6  Bde.,  als  auf  eine 
ebenso  lehrreiche  wie  spannende  Lecture  hingeAviesen,  —  *L.  Spach,  Zur 
Geschichte  der  mod.  frz.  Litt.  Strassburg  1877. 

F.  Kreyssig,  Ueb.  frz.  Geistesbe-n  egung  im  19.  Jahrb.  Berlin  1873  — 
E.  Engel,  Psychologie  der  frz.  Litteratur.  Tcschen  1885  —  M.  G.  Con- 
rad, Parisiana.  Plaudereien  üb.  die  neueste  Litt.  u.  Kunst  der  Franzosen. 
Breslau  1880  —  M.  NoRDAU,  Paris.  Studien  u.  Bilder  aus  dem  wahren 
Milliardenlande.  Leipzig  1882,  und :  Paris  unter  der  dritten  Republik.  Leip- 
zig 1881  —  J.  Baumgarten,  La  France  contemporaine.  Etudes  de  mosurs 
et  de  litt.  Cassel  1878. 

A.  Strodtmann,  Die  Arbeiterdichtung  in  Frankreich.  Hamburg  1863 
—  W.  Ulrich,  Essai  s.  la  chanson  frcse  de  notre  siecle.  Progr.  d.  höheren 
Bürgerschule  zu  Langensalza  1879  —  *W.  Scheffler,  Gesch.  d.  frz.  Volks- 
dichtung u.  Sage.  Leipzig  1S83/85. 

E.  CoLOMBEY,  Ruelles,  salons  et  cabarets.  1858  (enthält  u.  A. :  Chez 
Conrart  —  Un  caprice  de  l'abbe  de  Boisrobert  —  l'Hotel  Rambouillet  — 
Richelieu  et  ses  collaborateurs  —  Mezerai  et  le  cabaretier  le  Faucheur)  — 
Ch.  Nisard,  Hist.  des  livres  populaires  ou  de  la  litt,  du  colportage  dep. 
le  XV  s.  1854. 

Einen  vorwiegend  belletristischen,  bzw.  essayistischen  Charakter  tra- 
gen folgende  Bücher:  A.  Büchner.  Frz.  Litteraturbilder  aus  dem  Bereiche 
der  Aesthetik  seit  der  Renaissance  bis  auf  unsere  Zeit.  Frankfurt  a.  M. 
1858  —  W.  König,  Studien  zur  frz.  Litteraturgeschichte.  Halle  1877  — 
H.  Breitinger,  Aus  neueren  Litteraturcn.  Zürich  1S78  —  S.  Samosch, 
Ital.  u.  frz.  Satiriker.  1878  —  F.  Brunetiere,  Etudes  critiques  s.  l'hist. 
de  la  litt.  fr98e.  1881. 

Ueber  die  Geschichte  des  frz.  Drama's  u.  Theaters  vgl.  oben  S.  307. ') 


1)  Nachgetragen   werde  hier:    Faguet,    La  tragedie  fr98e  au  XVI«  s. 


Litteraturgeschichtc.  339 

—  Ueber  die  Geschichte  der  frz.  IJeredtsamkeit  vp;l.  Geri'ZKZ,  Hist.  de 
l'Eloquence  politique  et  reli^ieuse  en  Fr.  18;<7/.'{S  —  TiMON  iPseudon}Tii 
für  Cormkmn;  ,  Etudea  a.  les  orateurs  parlementaires.  1S32  (?).  2  Bde.  — 
Ch.  AviiEKTiN,  L'eloquence  politique  et  parlenientaire  avant  1789.  Les 
orateurs  des  Etats  generaux,  in:  11.  d.  d.  M.  XLIX,  3«  serie  XXXVI  4. 

Ueber  die  frz.  Litteratur  im  Auslande  vgl.  Sayous,  Hist.  de  la  litt, 
frcse  a  l'etranger.  1S53.  2  Bde.,  und:  Le  XVIII«^  s.  ii  l'etranger.  18G1.  2  Bde. 

Ueber  die  frz.  liitteratur  speciell  in  Belgien  und  in  der  Schweiz  vgl. 
A.  A'AN'  Hasselt,  Essai  s.  l'hist.  de  la  poesie  fr9se  en  Belg.  Brüssel  1838, 
und:  Hist.  de  la  poesie  fr^se  en  Belg.  jusqu'ä  la  fin  du  regne  d' Albert  et 
disabelle.  Brüssel  IStil  —  F.  Faheu,  Hist.  du  theatre  fr9S  en  Belg.  de- 
puis  son  orig.  jusqu'ä  nos  jours.  Brüssel  ISSO  —  Ch.  Potvin,  Essai  de  la 
litt,  dramat.  en  Belg.  Brüssel  1880,  und:  Cinquante  ans  de  liberte,  hist. 
des  lettres  en  Belg.  Brüssel  1882  —  H.  Semmig,  Kultur-  u.  Litteraturge- 
schichtc der  frz.  Schweiz  u.  Savoyens.  Zürich  1882  —  Makc-Monnier, 
Geneve  et  ses  poetes.  1874,  vgl.  Breitinger  in  Ztschr.  f.  nfrz.  Spr.  u. 
Litt.  H  345;  C.  RiTTER,  Litt,  de  la  Suisse  fr^se,  ebenda  I  389,  sowie  die  in 
derselben  Zeitschr.  von  Secretan  gegebenen  Litteraturberichte.  Vgl.  auch 
oben  S.  99. 

Auskunft  über  Daten  etc.  der  frz.  Litteraturgeschichtc  geben  nament- 
lich die  trefflichen  Dictionnaires  Vapereaü's  :  Dict.  univ.  des  Contempo- 
rains,  seit  1858,  5^  ed.  1880,  und  Dict.  univ.  des  Litteratures  1876,  sowie 
dessen  i'Annee  litteraire  et  dramatique.   1859/69.   11   Bde. 

Mit  der  franz.  Litteratur  der  Gegenwart  beschäftigen  sich  sämmtliche 
nennenswerthe  litterarische  und  belletristische  Zeitschriften  Frankreichs  und 
des  Auslandes,  so  namentlich  die  Revue  des  deux  Mondes  (bringt  beson- 
ders interessante  Artikel  von  F.  Brunetiere)  ,  die  Nouvelle  Revue  etc., 
in  Deutschland  z.  B.  das  »Magazin  f.  d.  Litt,  des  In-  u.  Auslandes«  (bietet 
freilich  oft  recht  seichte  Waare)  ,  die  Münchener  »Allgemeine  Zeitung« 
(bringt  besonders  gute  »Pariser  Briefe-),  vorzüglich  aber  die  »Zeitschrift  f. 
nfrz.  Spr.  u.  Litt.«  (bringt  ausser  Abhandlungen  auch  Litteraturbriefe  und 
bibliographische  Jahresübersichten). 

2.  Sammlungen,  Chrestomathien  u.  dgl.  Vgl.  oben  S.  306.- 
Chrestomathien  zur  Litter.  des  16.  Jahrb.  s.  oben  S.  60.    Ausserdem  seien 

—  abgesehen  von  den  bekannten  Handbüchern  von  Herrig  u.  Burguy, 
PlöTZ  u.  A.  —  namentlich  genannt;  J.  Demogeot,  Textes  classiques  de 
la  litt,  frcse  etc.,  Moyen  äge,  renaissance,  XVIl^  siecle  —  F.  GoDEFROY, 
Morceaux  choisis  des  prosateurs  et  poetes  frcs  des  XVII«-",  XVEI«  et  XIX « 
siecles  etc.  3^  ed.  1877  —  Ch.  Louandre,  Chefs  d'oeuvre  des  conteurs 
frcs  contemporains  de  Lafontaine.    1874    —    F.  M.  Trautmann,    Hist.  et 


1S83  —  J.  WiSNiEWSKi,  Etudes  s.  les  poetes  dramatiques  de  la  France  au 
XIX«"  s.  1860  —  Hawkins,  Annais  of  the  French  Stage  from  its  origin  to 
the  death  of  Racine.  London  \^Hö.  2  Bde.  —  A.  Parodi,  Le  Theatre  en 
France.  1885  —  A.  PoUGix,  Dictionnaire  historique  et  pittoresque  du  thea- 
tre et  des  arts  qui  s  y  rattachent.  18S5  —  G.  Desnoiresterres,  La  come- 
die  satirique  au  XVIII«^  s.  1885  —  ScHLETTERER,  Vorgeschichte  u.  erste 
Versuche  der  frz.  Oper.  Berlin  1885. 

22* 


340  Das  Französische. 

Chrestomathie  de  la  litt.  fr9su  dep.  le  moyen-äge  jusqu'ä  nos  jours.  Leip- 
zig 1880  —  H.  Bkeitinger,  Die  frz.  Classiker.  Charakteristiken  u.  Aus- 
züge. 2.  Aufl.  Zürich. 

Von  Sammlungen  französischer  Litteraturwerke  ist  an  erster  Stelle  die- 
jenige zu  nennen,  welche  unter  dem  Titel  »les  Grands  Ecrivains  de  la 
France«  bei  Hachette  in  Paris  erscheint ;  die  in  ihr  enthaltenen  Ausgaben  der 
frz.  Classiker  des  17.  Jahrh.  (Corneille  von  Marty-Laveaux  ,  Racine  von 
Mesnard,  Moliere  von  Despois  u.  Mesxard  etc.)  sind  mit  kritischer  Me- 
thode bearbeitet  und  folglich  die  für  wissenschaftliche  Zwecke  geeignetsten. 

Gute  Sammlungen,  deren  einzelne  Bände  übrigens  zu  billigen  Preisen 
käuflich  sind,  sind  »les  classiques  frcs«  (Didot)  und  »les  principaux  ecri- 
vains frcs«  (Hachette).  —  Sammlungen  moderner  Romane  erscheinen  in 
mehreren  bedeutenden  Pariser  Verlagshandlungen  Hachette,  Didier,  Didot, 
Calmann  Levy,  Garnier  Freres  etc.),  deren  Kataloge  durch  jeden  Buch- 
händler leicht  zu  erlangen  sind. 

In  Deutschland  werden  für  Schulzwecke,  bzw.  für  Privatlecture  be- 
stimmte Sammlungen  frz.  Litteraturwerke,  meist  mit  Einleitungen  u.  Com- 
mentaren  ausgestattet,  von  den  nachstehenden  Verlagsbuchhandlungen  her- 
ausgegeben:  Weidmann'sche  Buchhandlung  in  Berlin  Sammlung  frz.  u. 
engl.  Schriftsteller  mit  deutschen  Anmerkungen ;  vgl.  oben  S.  83)  ,  van 
Muyden  u.  Rudolph  in  Berlin  (CoUection  d'auteurs  frcs  ,  Velhagen  u.  Kla- 
sing  in  Bielefeld  u.  Leipzig  ; Sammlung  der  besten  klassischen  u.  moder- 
nen frz.  Schriftsteller  mit  Einleitungen  u.  Anmerkungen :  Theätre  frcs,  p. 
p.  C,  Schütz,  Textausgaben,  u.  Theätre  fr9S,  Schulausgaben  mit  Commen- 
tar  u.  Wörterbuch;  Prosateur  frcs.  Das  Unternehmen  wird  gegenwärtig 
von  Benecke  in  Berlin  geleitet),  Th.  Kay  in  Cassel  (Bibl.  interessanter  u. 
gediegener  Abhandlungen  aus  der  polytechnischen  u.  naturwissenschaftl. 
Litt,  Frankreichs,  herausg.  von  J.  Baumgarten  ,  Hallberger  in  Stuttgart 
(Bibl.  frcse,  p.  p.  K.  Zoller  ,  Theissing  in  Münster  iBibl.  gediegener  u. 
interessanter  Werke ,  herausg.  von  Göbel: ,  Rengersche  Buchhandlung  in 
Leipzig  (Frz.  u.  engl.  Schulbibliothek).  Auch  in  der  Teubner'schen  Buch- 
handlung in  Leipzig  sind  einige  Schulausgaben  erschienen. 

Sammlung  frz.  Neudrucke,  herausg.  v.  K.  Vollmü^ler.  Heil- 
bronn, seit  1881;  Bd.  ]  De  Villiers,  Le  Festin  de  Pierre,  ed.  W.  Knö- 
Ricii  1881;  Bd.  2  Armand  de  Bourbon,  Traite  de  la  comedie,  ed.  K. 
Vollmöller  1881;  Bd.  3/6  R,  Garnier,  Les  Tragedies,  ed.  W.  Förster 
1882/83. 

3.  Alphabetisches  Verzeichniss  der  Ausgaben  einzelner 
mittel-  und  neufrz.  Autoren  und  Litteraturwerke,  mit  An- 
gabe einiger  Erlä  u  ter«ungssehriften.  *) 

Vorbemerkung.  Das  nachstehende  Verzeichniss  kann  und  darf  auf 
Vollständigkeit   auch   nicht   entfernt  Anspruch   erheben,    es   soll  viebnehr 


1)  Ein  sehr  umfassendes  Verzeichniss  der  im  J.  lS7ü  lebenden,  also 
überhaupt  der  zeitgenössischen  französ.  Schriftsteller  und  Dichter  findet 
man  im  Appendice  zu  dem  Sixieme  cours  ^Sclllussband)  von  Staaff,  la 
Litt.  fr9se.  Paris  1871. 


Litteraturpreschichte.  341 

nichts  weiter  sein,  als  ein  für  praktische  Zwecke  brauchbares  llegister. 
berücksichtigt  sind  vorwiegend  nur  einerseits  die  cUissischen  Litteratur- 
werke,  andererseits  solche  Autoren,  welche,  ohne  zu  den  Classikern  zu 
gehören,  doch  in  irgend  welcher  Beziehung  AVichtigkeit  oder  Interesse  für 
die  Litteraturgeschichte  besitzen.  Bei  Autoren,  deren  "Werke  in  Gesammt- 
ausgabcn  CE.  c.  =  tEuvres  eorapletesi  erschienen  sind,  wurden  in  der 
Hegel  nur  die  neuesten  oder  die  anerkannt  besten  derselben  angegeben. ' 

About,  Edniond,  geb.  zu  Dieuze  Meurthe)  l'^'iS,  vielseitiger  Schrift- 
steller u.  Novellist,  gest.  17.  1.  85  —  Ackermann,  Louise  Victoire 
Choquet,  Mnie,  geb.  1813.  Contes  et  poesies  1861  —  Adam,  Fr.  Et., 
geb.  zu  Lombree  (Maine-et-Loire)  1836.  Lyriker,  zur  Schule  der  sog. 
«naturistes«  gehörig  —  d'Alembert,  Jean  leRond,  geb.  zu  Paris  1717, 
gest.  1773.  (E.c.  1805  ff.  18  Bde.,  1821  5  Bde.  —  Amadis  des  Gaules, 
aus  dem  Spanischen  des  Garcia  Ordonez  Montalvo  übersetzt  von  Herberay 
des  Essartz  1540/48.  (L.  Bravxfels,  krit.  Versuch  üb.  d.  Roman  A.  v. 
Gallien.  Leipzig  1876,  vgl.  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  I.  131)  —  Ampere,  J.-J., 
geb.  zu  Lyon  1800,  -  1S64,  seine  sprach-  u.  litterargeschichtl.  Schriften 
wurden  in  den  betr.  Capiteln  angeführt  —  Amyot,  J.,  geb.  1513  zu  Melun, 
gest.  1593,  Uebers.  des  Diodor  Siculus  1554,  des  Longus  (Pastoralia)  1559, 
der  Vitae  des  Plutarch  1559,  der  Moralia  desselben  1574  —  Andrieux, 
F. -G.-J. -St. ,  geb.  1759  zu  Strassburg,  gest.  1838  zu  Paris,  Lustspiel- 
dichter; gesammelte  "Werke  1817/23.  4  Bde.  —  Anquetil,  L.-P.,  geb.  zu 
Paris  1723,  gest.  1806,  Geschichtsschreiber  —  Arago,  Dominique- 
Francois,  geb.  zu  Estagel  (Pyr.-Or.j  1786,  gest.  zu  Paris  1853,  Physiker 
—  d' Arlincourt,  Victor,  geb.  1789  zu  Merantais  b.  Versailles,  gest. 
zu  Paris  1856.  Romandichter  —  Arnauld  d'Andilly,  Antoine,  geb. 
zu  Paris  1612,  -  Brüssel  1694,  Mitglied  v.  Port-Royal  —  Arnault,  A.-V., 
geb.  zu  Paris  1766,  gest.  1834,  dramat.  Dichter.  CE.  1818/19.  4  Bde.  Sou- 
venir dun  sexagenaire  1833.  4  Bde.  —  d'Aubigne,  Theod.  Agrippa, 
geb.  1550  zu  Sainte-Maury  (Charente-Inferieure),  gest.  1630  zu  Genf.  CE. 
c.  p.  p.  Reaume  et  La  Caissade  1872  ff.  vgl.  Reaume,  Etüde  bist,  et 
litt.  s.  A.  d'A.  1883,  vgL  Rev.  crit.  1883  No.  28)— Augier,  G.-V.E.,  geb. 
zu  Valence  fDröme  ,  17.  Sept.  1820.  CE.  c.  1877/78.  6  Bde.  (noch  nicht 
abgeschlossen  . 

De  Bai'f,  J.-A.,  geb.  1532  zu  Venedig,  gest.  1589.  Poesies  choisies, 
p.  p.  Becq  de  Fouqieres  1874  (vgl.  oben  S.  61j  —  Balzac,  Jean-Louis 
Guez  de,  geb.  zu  Angouleme  1597,  gest.  ebenda  1654.  CE.  c.  1665.  2  Bde. 
fol.,  CE.  inedites  p.  p.  Tamizey  de  Lahroqve  1S73  —  Balzac,  Honore 
de,  geb.  zu  Tours  20.  5.  1799,  gest.  zu  Paris  20.  8.  1850,  (Pseudom-m 
Horace  de  Saint- Albin) ,  Comedie  humaine  (Romancyclus^  —  Banvillc, 
Theod.  FauUain  de,  geb.  1823  zu  Moulins,  gest.  1885.  Lyriker  und 
Romanautor.  (Euvres  1873/78.  8  Bde.  —  de  Barante,  A.-G.-P.,  geb.  zu 
Riom  1782,   gest.  1866.   Geschichtsschreiber;    Hauptwerk:   Hist.    des    ducs 


1    Die  Daten    wurden    meist    nach   Vapereai's    und  I-aLANNE's  Dic- 
tionnaires  gegeben. 


342  Das  Französische. 

Barbier,  H.-A.,  geb.  zu  Paris  1805.  Satiriker.  »Jambes«  1830/31,  29«  ed. 
1878  —  Baron  (Boyron),  Michel,  geb.  1653  zu  Paris,  gest.  ebenda 
1729;  Moliere's  Schüler,  Schauspieler,  Lustspieldichter.  Gesammtausgabe 
seiner  Comedies  1759  —  Eartas,  G.  de  Saluste  seigneur  de,  geb. 
bei  Auch  1544,  gest.  1590.  La  Muse  chretienne  1574;  La  Semaine  1578; 
La  seconde  semaine  1584.  CE.  1579,  beste  Gesammtausg.  Kill  (1614,  1615) 
Wagner.  Etüde  s.  l'usage  syntaxique  dans  la  Semaine  de  B.  Königsberg 
1876  Diss.)  —  Barth e,  N.-Th.,  geb.  zu  Marseille  1734,  gest.  zu  Paris 
1785.  Lustspieldichter.  CE.  choisies  1811  —  Barthelemy,  J.-J.,  geb.  zu 
Cassis  (Bouches-du-E,h6ne)  1716,  gest.  zu  Paris  1795.  Voyages  du  jeune 
Anarchasis  en  Grece  1788.  CE.  c.  p.  p.  Villexave  1821.  4  Bde  —  Bayle,  P., 
geb.  1647  zu  Carlat  (Ariege),  gest.  1706.  Dictionnaire  historique  et  critique 
1699  u.  1702  (beste  Ausg.  1740,  4  Bde.)  (E.  diverses  1727  u.  1731.  4  Bde. 
Lettres  choisies.  1714.1729.  3  Bde.  —  Beaumarchais,  P.-A.  Caron  de, 
geb.  zu  Paris  24.  1.  1732,  gest.  ebenda  19.  5.  1799.  Barbier  de  Seville 
1775,  Mariage  de  Figaro  1784,  (E.  c.  p.  p.  GuDlN  de  la  Brennellerie 
1869.  7  Bde.,  p.  Furne  1827.  6  Bde.,  p.  L.  Moland  1880  (H.  Cordier, 
Bibliographie  des  ceuvr.  de  B.  1883;  G.  Nemecek,  B. -Figaro,  eine  kultur- 
u.  litterarhistor.  Skizze.  Marburg  i.  R.  1881.  Progr. ;  DE  LOMENIE,  B.  et 
son  temps  1856,  2  Bde.;  Bettelheim,  B.,  eine  Biogr.  Frankf  a.  M.  1886; 
Stapfer,  Les  industries  de  B.,  in  Melanges  S.  1  ff.)  —  du  Bella y, 
Joachim,  geb.  zu  Lire  b.  Angers  1525,  gest.  1560.  (E.  c.  p.  p.  Marty- 
Laveaux  1866/67.  2  Bde.;  (E.  choisies  p.  p.  Becq  de  Fouqieres  1876. 
Deffence  et  illustration  de  la  langue  free  1549,  Neudruck  besorgt  v. 
E.  Person  1882  (vgl.  oben  S.  61)  —  Belle  au,  Remy,  geb.  zu  Nogent- 
le-Rotrou  1528,  gest.  zu  Paris  1577.  Beste  Originalausg.  seiner  Poesien 
1578.  2  Bde.  CE.  c.  p.  p.  Gouverneur  1867.  3  Bde.  Bibl.  elzev.  —  Belloy, 
P.-L.  Buy  rette  de,  geb.  1727  zu  Saint-Flour,  gest.  zu  Paris  1775.  Tra- 
gödiendichter, ffi.  c.  1779  u.  1787.  6  Bde.  —  Benserade,  J.  de,  geb. 
1613  zu  Paris,  gest.  ebenda  1691.  CE.  c.  1797/98.  2  Bde.  —  Beranger, 
P.-J.  de,  geb.  zu  Paris  19.  8.  1780,  gest.  ebenda  17.  7.  1857.  Recueils 
seiner  Chansons  erschienen  1815,  1821,  1825,  1828,  1833.  Ma  Biographie 
1837.  Dernieres  Chansons  1857.  (A.  Arnould,  B.,  ses  amis,  ses  ennemis 
et  ses  critiques.  1864.  2  Bde.)  —  Bergerac,  Cyrano  de,  geb.  zu  Paris 
1620,  gest.  ebenda  1655.  Agrippine  1653.  Le  Pedant  joue.  Histoires  co- 
miques  des  Etats  et  Empires  de  la  Lune  1656.  CE.  c.  1677,  1699.  2  Bde., 
1741  3  Bde ;  CE.  comiques,  galantes  et  litteraires  de  C.  d.  B.  p.  p.  P.  L.  Jacob 
1858  —  Bergier,  N.-S.,  geb.  zu  Damey  (Vosges)  1708,  gest.  zu  Paris 
1790;  Certitude  des  preuves  du  Christianisme  1768,  2  Bde.,  Uict.  theo- 
logique.  1789.  3  Bde.  —  Bertaut,  Jean,  geb.  zu  Caeu  1552,  gest.  1611. 
Poesies  1620,  2«  ed.  1023  —  Beyle,  Marie-Henri,  (Stendhal),  geb. 
zu  Grenoble  1783,  gest.  zu  Paris  1842,  Romanautor,  Essayist,  Litterar- 
historiker.  CE.  c.  1853y68.  17  Bde.  —  Bfeze,  The  od.  de,  geb.  zuVezelay 
(Yonne)  24.  6.  1519,  gest.  zu  Genf  13.  10  1605.  Poemata  1548.  Abraham 
sacritiant,  tragedie  1550,  üebers.  des  neuen  Test.  1556.  Psalmenübers.  1553. 
De  francicae  linguae  recta  pronuntiatione  1584  (Neudruck  besorgt  v. 
A.  TüBLER,  Berlin  1868].  (Vgl.   den    B.    gewidmeten   Artikel  von   Haag   in 


Litteraturgeschichte.  343 

der  Encyklopädie  »la  France  protestante«).  —  Blanc,  Louis,  geb.  zu 
Madrid  ISll.     Hist.  de   la  Rev.  fr?8e  1847/(12.     12  Bde.,  neue  Ausg.   18Ü8 

i.  1872.  Hist.  de  la  Kev.  de  1848.  1870.  2  Bde.  —  de  la  Boetie, 
Etienne,  geb.^u  Serlat  iPörigordi  1530,  gest.  löti:*.     (E.  c.  p.  p.  FiackiiE 

1S4G;  Kemarques  et  correctiüus  s.  l'Eroticus  deriutarque,  p.p.  R.  Dkzeimeui.s. 
Bordeaux  18GS  —  Boilcau-Despr^aux,  Nicolas,  geb.  1.  11.  1036 
zu  Paris,  nicht  zu  Crosne  bei  Paris,  gest.  13.  3.  1711  zu  Paris.  Art  poetique 
1074.  Lutrin  1074.  Epitres.  Satires.  Gesammtausg.  von  Brossette,  Genf  1716, 
von  Plc.\RD.  Amsterdam  1718,  1722,  1729.  Beste  neuere  Ausg.  von  Berriat- 
S.\ixt-Prix  1830,34.  4  Bde.  Handausgaben  von  Am.\r  (Didot),  Sainte-Beuve 
(Garnier  freres),  v.Lüuandre  Charpentier  ,  v.  Gervzez  (Hachette).  »Editions 
classiques»  von  DiBOl.s  u.  Fevgkrk  18S3.  Gute  Schulausg.  der  A.  p.  von 
F.  ScHWALB.\CH  in  der"\Veidmann"schen  Sammlung,  ebenda  die  Epitres  herausg. 
v.  F.  Thümen.  CE.  inedites  p.  p.  L.  Men.\rd  1883  fl".  Die  Correspondenz 
B.'s  mit  Brossette  gab  Laverdet  1858  heraus  (F.  Kaulen,  die  Poetik  B.'s 
Münster  1SS2  Diss. ;  W.  Bornemann,  B.-D.  im  Urtheile  seines  Zeitgenossen 
Jean  Desmarets  de  St.-Sorliu  in  Französ.  Stud.  IV.)  —  Boisrobert, 
Francois  Le  Metel  de,  geb.  zu  Caen  1592,  gest.  1062.  Dramat.  Dichter. 
Keine  Gesammtausg.  —  Bonald  L.-G.-A.,  geb.  1754,  gest.  1840;  Poli- 
tiker. 02.  c.  1859.  3  Bde.  —  Bornier,  Henri  de,  geb.  zu  Lunel  (Gerault) 
25.  12.  1825.  Dramat.  Dichter.  Dante  et  Beatrix  1853.  Agamemnon  1808. 
La  Fille  de  Roland  1875  —  Bossuet,  Jacques-Benigne,  geb.  28.  9. 
1027  zu  Dijon,  gest.  12.  4.  1704  zu  Paris.  Gesammtausg.  erschienen  Vene- 
dig 1736,  Paris  1743/53,  20  Bde.,  Versailles  1815  fF.  43  Bde.,  von  F.  Lachat 
1S64  ff.  30  Bde.,  enthält  auch  (E.  ined.  E.  Chasles,  les  biographes  de  B., 
in  Rev.contemp.  1856  ;  Laurant,  Vie  de  B.  Limoges  1880j  — Bourdaloue, 
Louis,  geb.  zu  Bourges  20  8.  1032,  gest.  zu  Paris  13.  5.  1704.  Gesammt- 
ausg. V.  P.  Bretonneau  1707/34;  1709/34  18  Bde.;  1822/26  17Bde;  1840 
(Didot)  3  Bde.;  von  Guill.\ume,  Bar-le-Duc,  seit  1878  —  Boursault, 
Edme,  geb.  zu  Mussy-l'Eveque  (Aube)  1638,  gest.  zu  Montlucon  1701. 
Dramat.  Dichter.  CE.  c.  1725  u.  (beste  Ausg.)  1746,  Neudruck  von  Berriat- 
Saint-Prix  (Le  Portrait  du  Peintre  neugedruckt  im  Moliere- Museum 
Heft  V  15,  vgl.  ebenda  95  ff.;  Saint-Rene-Taillandier,  Etudes  litteraires 
1881,  vgl.  R.  d.  d.  M.  15.  12.  81.  Bull.!  —  Brantöme,  Pierre,  geb. 
um  154U  in  Perigord,  gest.  1614;  beste  Ausg.  seiner  CE.  c.  von  Lalanne 
in  den  Publicationen  der  Soc.  de  l'hist.  de  Fr.;  ausserdem  von  Merimee 
et  Lacovr  1858/79  7  Bde.;  ältere  Ausg.  von  Monmerque  1823.  7  Bde., 
von  Bl'CHON  1838  2  Bde.  —  Brebeuf,  Guill.  de,  geb.  zu  Thorigny 
(Manche)  1618,  gest.  zu  Venoix  b.  Caen  1061.  Uebers.  v.  Lucans  Pharsalia 
1655.  CE.  1664.  2  Bde.  —  Brifaut,  Charles,  geb.  zu  Dijon  17S1,  gest. 
1857.  Dramat.  Dichter.  CE.  1858.  6  Bde.  —  Bude  (Budaeus;,  Guill., 
geb.  zu  Paris  1467,  ge.st.  1540.  Humanist.  Opera.  Basel  1557.  4  Bde.  — 
Buffon,  J.-L.  Ledere  comte  de,  geb.  zu  Montbard  fCote  d'Or)  am 
7.  9.  1707,  gest.  zu  Paris  16.  4.  1788.  Histoire  naturelle  1804.  44  Bde. 
(Die  ersten  Bände  des  Werkes  erschienen  1749)  ;  spätere  Ausg.  v.  CuviER 
1825/26.  36  Bde.,  v.  Richard  1824  ff.  30  Bde.;  eine  neue  Ausg.  in  14 
Bänden  ist  gegenwärtig  im  Erscheinen  begriffen    Paris.  Le  Vasseur.) 


344  Das  Französische. 

Cabanis,  P.-J.-G.,  geb.  zu  Cosnac  (Charente-Inf.)  1757,  gest.  zu 
llueil  (Seine-et-Oise)  1808.  (E.  c.  p.  p.  Tuvrot  1823/25.  5  Bde.  —  Calvin. 
Jean,  geb.  1509  zu  Noyon,  gest.  zu  Genf  1564.  Institutio  christ.  religionis 
1536  ffrz.  Uebers.  1540.  (E.  c.  Amsterdam  1671.  9  Bde.  fol.,  Paris  1859. 
2  Bde.  Choix  des  ceuvr.  frcs.  de  C.  p.  p.  P.  Lacroix  1842  —  Campenon. 
Vincent,  geb.  zu  Guadeloupe  1772,  gest.  1843.  Poesies  et  Opuscules 
1823.  2  Bde.  —  Campistrou,  J.  G.  de,  geb.  zu  Toulouse  1656,  gest. 
1713.  Dramat.  Dichter.  (E.  1750.  3  Bde.  —  Camus,  Jean  Pierre  de 
Pontcarre,  geb.  1582  zu  Paris,  gest.  ebenda  1653.  Romanautor,  ver- 
fasste  u.  a.  »Palombe«.  Keine  Gesammtausg.  —  Capefigue,  Jean-Bap- 
tiste,  geb.  zu  Marseille  1802,  gest.  zu  Paris  1872,  Verfasser  zahlreicher 
historischer  Werke  —  Casaubon,  Isaac,  geb.  zu  Genf  1559,  gest.  zu 
London  1614.  Humanist.  Keine  Gesammtausg.  —  Castel,  R.-L.-R.,  geb. 
zu  Vire  1758,  gest.  zu  Reims  1832.  Les  plantes,  poeme  1797  —  Cham- 
fort,  P.-R.-N.,  geb.  bei  Clermont  1741,  gest.  1794.  Dramat.  Dichter. 
Philosoph.  GE.  1824/25.  5  Bde.  (A.  Reissig  in  Ztschr.  f.  nfr.  Spr.  u. 
Litt.  V.  244)  —  Chapelain,  Jean,  geb.  zu  Paris  1595,  gest.  ebenda 
1674.  Pucelle  1656.  —  Chappuzeau,  Samuel,  geb.  zu  Paris  1625, 
gest.  zu  Celle  in  Hannover  1701.  Le  Theatre  francais.  Lyon  1674,  Neu- 
drucke 1867  u.  1876)  —  Charron,  Pierre,  geb.  zu  Paris  1541,  gest. 
1603.  Traite  de  la  sagesse  1601;  p.  p.  d'Aumasy  Duval  1828.  3  Bde.  — 
Chateaubriand,  Fr ancois-Auguste,  geb.  zu  St.-Malo,  14.  9.  1768, 
gest.  zu  Paris  4.  7.  1848.  Essai  bist.  s.  les  revolutions.  Lond.  1797. 
Atala  1801.  Genie  du  Christianisme  1802,  5  Bde.  Les  Martyrs  1809,  2  Bde. 
Itiueraire  de  Paris  ä  Jerusalem  1811.  3  Bde.  (E.  c.  1826/31,  31  Bde.  (ent- 
hält zum  1.  Male  Les  Natchez  u.  Les  Aventures  du  dernier  des  Abencer- 
rages).  Voyage  cn  Amerique  1834.  Essai  s.  1.  litt,  anglaise  1836.  Le  Con- 
gres  de  Verone  1838.  2  Bde.  Memoires  d'outre-tombe  1848/50.  12  Bde. 
CE.  c.  p.  p.  Saixte-Beuve  1859/61.  12  Bde.  (vgl.  Saixte-Beuve,  Ch.  et 
son  groupe  litteraire  sous  l'empire  1860.  2  Bde.)  —  Chaulieu,  G.  A.  de, 
geb.  zu  Fontenay  1639,  gest.  1720.  Dichter.  CE.  1724,  1733  2  Bde.,  1744  2  Bde. 
—  Chenier,  Andre  Mar  ie  de  ,  geb.  zu  Constantinopel  29.  10.  1762,  gest. 
(hingerichtet)  25.  7.  1794.  CE.  1819.  CE.  posthumes  p.  p.  Latouche  1826; 
CE.  p.  p.  Becq  de  FoUQUliaiEs  1872;  derselbe  gab  1872  die  CE.  en  prose 
heraus  u.  veröffentlichte  1S75  Documents  nouv.  s.  A.  Ch.  (vgl.  Annales 
de  la  faculte  des  lettres  de  Bordeaux  1879.  Comm.  No.  2  u.  3).  CE.  p.  p. 
L.  moland  1882;  p.  p.  Jaubert  1883  (Seidel,  A.  Ch.  Regen-sburg  1883 
Progr.)  —  Chönier,  Marie  Joseph  de,  (Bruder  Andre's,  geb.  28.  8. 
1764  zu  Constantinopel,  gest.  zu  Paris  10.  1.  1811.  Charles  IX  1789.  Henri 
Vm  1791.  Calas  1791.  Caius  Gracchus  1792.  Fenelon  1793.  Timoleon  1794 
etc.  Tableau  bist,  de  la  litt,  frcse  dep.  1789,  1808.  CE.  1824/26.  5  Bde. 
CE.  posth.  1824.  3  Bde.  —  Cherbuliez,  Victor,  geb.  1828  zu  Genf. 
A  propos  d\in  cheval,  causeries  atheniennes  (aesthetisches  Essay  in  no- 
vellistischer Form,  zuerst  1860,  dann  1864  u.  d.  T.  Un  cheval  de  Phidias 
erschienen).  Romane  u.  Nouvellen  (meist  zuerst  in  der  Rev.  d.  d.  M.  er- 
schienen) z.  B. :  le  comte  Kostia  1863;  le  Prince  Vitale  1864;  le  Roman 
d'une  honnete  femme  1866;  le  Grand  Q'^uvre  1867;   Prosper  Randoce  1868; 


Litteraturgeschiclitc.  345 

rAventvire  de  Ladislas  liolski  ISGl);  Möta  Holdensis  1875;  Miss  Rovel 
IS"");  le  Fiaiicö  de  MUc.  Saint-Meur  ISTti;  Samuel  Brohl  et  Cie  1877; 
ridee  de  Jean  Teterol  1878  —  Colle,  Charles,  »jeb.  zu  Paris  17U'J,  gest. 
1783.  Lyriker  u.  Dramatiker.  Tlieatre  de  societe  17()8,  2  Ikle. ;  1777,  ;j  Bde.; 
Chanson  1S07,  2  Bde.;  Journal  historiquc  18U5/7,  3  Bde.;  —  Colletet, 
Guill.,  geb.  zu  Paris  1598,  gest.  1059.  Le  Banquet  des  Poetes  1G4G.  Art 
poetique  1658  —  Collin  d'Harle ville  ,  J.-Fr.,  geb.  zu  Maintenon 
Eure-et-Loir)  1755,  gest.  1806.  Lustspieldichter.  Keine  Gesammtausg.  — 
Condillac,  Etienne  Bonnot  de,  geb.  1715  zu  Grenoble,  gest.  zu  Flux 
(Loiret!  1780.  Philosoph.  (E.  c.  179S.  23  Bde.,  1803.  32  Bde.  —  Con- 
dorcet,  Jean-Antoine  Nicolas  de  Caritat,  geb.  zu  Kibemont 
(Aisne)  1743,  gest.  zu  Bourg-la-Reine  (Seine)  1794.  Philosoph.  02.  c.  1804, 
22  Bde.;  1847/49,  12  Bde.  —  Conrart,  Valentin,  geb.  zu  Paris  1603, 
gest.  1675.  Mitbegründer  der  Acad.  frcse  —  Constant  de  llebccque, 
Henri  Benjamin,  geb.  1767  zu  Lausanne,  gest.  zu  Paris  1830.  Adolphe, 
roman  1S16.  De  la  Religion  1824/31.  5  Bde.  —  Coppee,  Francois, 
geb.  12.  1.  1842.  Le  Reliquaire  1866.  Le  Passant,  comedie  1869.  Deux 
douleurs  1870.  Poesies  1871.  Les  Humbles  1871.  Theatre  1872.  Les  Bijoux 
de  la  delivrance  1872.  La  greve  des  forgerons  1873.  Le  Cahier  rouge  1874. 
Olivier  1875.  Une  Idylle  pendant  le  Siege  1875.  L'Exilee  1876.  Le  Luthier 
de  Cremone  1877  —  Corneille,  Pierre,  geb.  zu  Ronen  6.  6.  1606,  gest. 
zu  Paris  1.  10.  1684.  1.  Komödien.  Melite  1629.  La  Veuve  1633.  La  Ga- 
lerie du  Palais  1634.  La  place  royale  1635.  La  Comedie  des  Tuileries 
1635.  L'ülusion  1636.  Le  Menteur  1642.  La  Suite  du  :Mcntcur  1643.  Don 
Sanche  d' Aragon  1650.  Tite  et  Berenice  1670.  Pulcherie  1672  die  drei 
letzteren  tragen  die  Bezeichnung  »Comedie  heroi'que«).  Tr.\gödien  :  Clitandre 
1632.  Medee  1635.  Le  Cid  (tragicomedie)  1636.  Horace  1640.  Cinna  1640. 
Polyeucte  i^tragedie  chretienne)  1640.  Pompee  1641.  Rodogiine  1644. 
Theodore  tragedie  chretienne)  1645.  Heraclius  1647.  Andromede  1650. 
Nicomede  1651.  Pertharite  1658.  (Edipe  1659.  La  Toison  d'or  1660.  Ser- 
torius  1662.  Sophonisbe  1663.  Othon  1664.  Agesilas  1666.  Attila  1667 
Psyche  tragedie-ballet  1671.  Surena  1674.  Rhytmlsche  Uebersetzuxgen: 
Imitation  de  Jesus-Christ  1650/56.  Louange  de  la  Sainte-Vierge  aus  dem 
Lat.  des  Bonaventura  1665.  L'o£Fice  de  la  Sainte-Vierge,  les  sept  psaumes 
penltentiaux  etc.  1670.  Version  des  HjTmies  de  St.-Victor  u.  Hymnes  de 
Sainte-Genevieve  1680.  Ausserdem  Poesies  diverses  (92  Nummern).')  Beste 
Gesammtausg.  von  !NL\rty-L.\veaux  in  den  Gr.  Ecr.  de  la  Fr.  1S62/70.  12  Bde. 
;GrizoT,  Com.  et  son  temps  1S52 ;  T.^schereav,  Hist.  dela  vie  et  des  ouvrages 
de  P.  C.  2<"  ed.  1 S55 ;  K.  Foth,  Ueb.  C.'s  Anschauung  vom  Wesen  der  Tragödie, 
in  Herrigs  Archiv  Bd.  58.  S.  277  ;  Heixe,  C.'s  Medee  in  ihrem  Verhält- 
nissie zu  denen  des  Euripides  und  Seneca,  in  Frz.  Stud.  I.  430 ;  H.  Körting, 
Ueb.  zwei  religiöse  Paraphrasen  P.  C.'s  Leipzig  1S82  Diss. ;  A.  Ch.\vaux, 
Com.,  la  critique  ideale  et  catholique.  Lille  1880  —  Wörterbücher  zu  Com. 
s.  ob.  S.  641   —   Corneille,  Thomas,  (Bruder  Pierre's  ,  geb.  zu  Ronen 


1    Obige   Liste    nach   F.  Strehlke,    Ausgabe  des  Cid,    Berlin   1877, 
S.  XXVlll  f. 


346  I^*s  Franeösische. 

1625,  gest.  in  les  Andelys  1709.  Dramat.  Dichter;  Verf.  eines  Dict.  des 
Arts  et  des  Sciences  1694,    2  Bde,  und  eines  Dict.  universel  170S,    3  Bde. 

—  Göttin,  Marie-Sophie  Kisteau  Mme,  geb.  zu  Paris  1770  '■?),  gest. 
zu  Paris  1807.  Dramat.  Dichterin  —  Courier  de  Mere,  Paul-Louis, 
geb.  zu  Paris  1772,  ermordet  in  der  Touraine  1825.  Politiker,  Essayist, 
Hellenist.  CE.  c.  1828,  1834,  1837  etc.  4  Bde.  —  Cournand,  Antoine 
de,  geb.  zu  Grasse  1747,  gest.  zu  Paris  1814.  Poeme  sur  les  Styles  — 
Cousin,  Victor,  geb.  zu  Paris  28.  11.  1792,  gest.  zu  Cannes  14.  1.  1867, 
verfasste  ausser  zahlreichen  und  bedeutenden  philosophischen  "Werken,  z.  B. 
La  Societe  fr9se  au  17.  s.  1855,  la  Jeunesse  de  Mme  de  Longueville  1853, 
Mme  de  Sable  1854,  Mme  de  Chevreuse  et  Mme  de  Hautefort  1856,  la 
Jeunesse  de  Mazarin  1865  etc.  —  Crebillon,  Prosper  Jolyot  de, 
geb.  zu  Dijon  1674,  gest.  zu  Paris  1762.  Tragödien:  Idomenee  1705,  Atree 
1707,  Electre  1709,  Rhadamiste  1711,  Xerxes  1714,  Semiramis  1717, 
Pyrrhus  1726,  Catilina  1749,  Triumvirat  1755.  CE.  1785  3  Bde.,  1812  3 
Bde.,  1818  u.  1828.  2  Bde.  —  Crebillon,  Claude-Prosper  Jolyot  de, 
Sohn  des  Vorigen,  geb.  zu  Paris  1707,  gest.  ebenda  1777.  Romane:  Tan- 
zai  et  Niadarne  1734,  les  Egarements  du  cceur  et  de  Tesprit  1736,  le  Sopha 
1745  etc.  —  Cuvier,  G.-Ch.-L.-D.,  geb.  zu  Montbeliard  1769,  gest  zu 
Paris  1832.  Naturforscher. 

Dacier,  Anne-Lefevre  Mme,  geb.  zu  Saumur  1654,  gest  1720. 
Philologin  u.  Uebersetzerin  —  Damiron,  Jean-Phil ibert,  geb.  zu 
Belleville  (Rhone)  1794,  gest.  zu  Paris  1862.  Philosoph  —  Dancourt, 
Florent  Carton,  geb.  zu  Fontainebleau  1661,  gest.  zu  Courcelles-le-Roi 
1725.  Lustspieldichter.  CE.  c.  1760.  12  Bde.  Vgl  S.  307  —  Daudet,  Al- 
phonse,  geb.  zu  Nimes  13.  5.  1840.  Romandichter.  Le  Petit  Chose  1868, 
Lettres  de  mon  moulin  1869.  Lettres  ä  un  absent  1871.  Contes  du  Lundi 
1873.  Robert  Helmont  1874.  Fromont  jeune  et  Risler  aine  1874.  Jack  1876. 
Le  Nabab  1878.  Les  Rois  en  exile  1881.  Sapho  1884.  ;A.  Geustemaxn, 
A.  D.,  Sein  Leben  und  seine  "Werke  bis  zum  J.  1883.    Berl.  1883.    2  Bde.) 

—  Daudet,  Ernest,  Bruder  des  Vorigen,  geb.  zu  Nimes  1837.  Roman- 
dichter —  Daurat,  Jean,  geb.  '?,  gest.  1588  zu  Paris.  Poematia  1586  — 
Delavigne,  J.-Fr.- Casimir,  geb.  zu  le  Hävre  4.  4.  1793,  gest.  zu  Lyon 
11.  12.  1843.  Dramat  u.  lyr.  Dichter.  Les  Vepres  siciliennes  1819.  Les 
Comediens  1820.  Messeniennes  lElegien)  1827.  La  princesse  Aurelie  1828. 
Marino  Falieri  1829.  Louis  XI  1832.  Les  Enfants  d'Edouard  1833.  Don 
Juan  d' Antriebe  1835.  Une  famille  au  temps  de  Luther  1836.  La  Popu- 
larite  1838.  La  Fille  du  Cid  1840.  Le  Conseiller  rapporteur  1841.  D.  ist 
auch  Verf.  der  Parisienne  —  Delille,  Jacques,  geb.  zu  Aigues-Perse 
(Auvergne)  1738,  gest.  zu  Paris  1813.  Lehrgedichte:  Jardins  1780,  l'Imagi- 
nation  1806.  CE.  c.  10  Bde.  —  DerouUde,  Paul,  geb.  zu  Paris  1«46. 
Lyriker.  Les  Chants  d'un  soldat  1872.  Nouveaux  chants  d'un  Soldat  1875. 
Dramen:  Juan  Strenner  1869,  THetman  1877  —  Desaugiers,  Marc- 
Antoine,  geb.  zu  Frejus  1772,  gest.  zu  Paris  1827.  liUstspiel-,  Operetten-, 
Vaudevilledichter,  Chansonnier  —  Desbordes-Valmore,  Mme,  geb. 
1785  zu  Douai,  gest  1859,  lyrische  Dichterin  —  Descartes,  Rene, 
geb.  zu  La  Haye  (Indre-et-Loire)   30.    3.    1596,    gest   zu   Stockholm    11.  2. 


Litteraturgeschichtc.  317 

1650.  Discours  de  la  Methode  1(>37  (Litteraturangaben  über  1).  sehe  nuin 
bei  Ueuerwkc;,  Gesch.  d.  Philos.  Bd.  3)  —  Deschamps,  Fr.-M.-Chr., 
geb.  bei  Troyes  1653,  gest.  zu  Paris  1747.  Tragischer  Dichter  —  Des- 
mahis,  J.-F.-E.,  geb.  zu  Sully-sur-Loire  1722,  gest.  zu  Paris  1761.  (E. 
c.  1772  u.  1778.  2  Bde.  —  Desmarets,  Jean  de  St.  Sorlin,  geb.  zu 
Paris  1595,  gest.  1676.  Lustspiel  »les  Visionnaires«,  Epos  »Clovis«  (vgl. 
Boileau)  —  Desperiers,  Bona  venture,  geb.  um  1490  zu  Arnay-le-Duc 
iCoted'Or),  gest.  1544.  C\Tnbalum  mundi  (Dialoge  irreligiöser  Tendenz;  1537, 
Nouvelles  recreations  et  joyeux  devis  1558.  (E.  c.  p.  p.  Lacouk  ISGü. 
Bibl.  elzev. ;  Cynib.  mundi  p  p.  F.  FitAXCK  1874  —  Desportes,  Philippe, 
geb.  zu  Chartres  1546,  gest.  1606.  (E.  p.  p.  A.  Michiels  1S58.  P.  Gröhe- 
DINKEL,  Der  Versbau  b.  D.  u.  Fr.  de  Malherbe  in  Frz.  Stud.  I  41)  — 
Destouches,  Philippe  Nericault,  geb.  zu  Tours  1680,  gest.  zu  For- 
toiseau  b.  Melun  1754.  Lustspiele:  le  Curieux  Impertinent  1710,  l'Ingrat 
1712,  rirresolu  1732,  le  Medisant  1715,  le  Philosophe  marie  1727,  le 
Glorieux  1732,  le  Dissipateur  1736,  la  Fausse  Agnes,  le  Tambour  nocturne, 
die  beiden  letztgenannten  Stücke  erst  nach  des  Verf.'s  Tode  1754  u.  1762 
aufgeführt.-  (Vgl.  "NA'etz,  die  Anfänge  des  bürgerl.  Schauspieles  in  Frankr. 
Worms  lSS5j  —  Diderot,  Denis,  geb.  zu  Langres  1713,  gest.  zu  Paris 
30.  7.  1780.  Encyclopedie  seit  1751  bis  1772.  28  Bde.  (Preface  von 
d'Alembert'.  Lustspiele;  le  Fils  naturel  1757  u.  le  Pere  de  famille  1758; 
Romane:  Jacques  le  fataliste  u.  la  Religieuse.  CE.  c.  1798,  15  Bde.;  1821, 
22  Bde.  enthält  den  Neveu  de  Rameau) ;  Memoires,  correspondance  et  ouv- 
rages  inedits  p.  p.  Mme  de  Vandvel  1830/31.  4  Bde.  Neueste  Gesarmntausg. 
von  AssEZAT  et  TovRXEUX  1875  ff.  20  Bde.  (E.  Caro,  Diderot  inedit, 
d'apres  des  mss.  de  l'Ermitage  R.  d.  d.  M.  15.  Oct,  1.  Nov  ,  1.  Dec. 
1879.  F.  V.  Raumer,  D.  u.  seine  Werke.  Berlin  1843;  K.  Rosexkr.\ntz, 
D.s  Leben  und  Werke.  Leipzig  1866.  2  Bde. ;  J.  Morley,  D.  and  the 
Encyclopaedists  London  1880,  vgl.  the  Quarterly  Review  1880  Oct.)  — 
Ducange,  Charles  duFresne,  sieur  du,  geb.  zu  Amiens  1610, 
gest.  zu  Paris  1688,  Verf.  des  berühmten  Glossarium  ad  script.  med.  et 
inf.  latinitatis  1678.  3  Bde.  (neue  Ausg.  von  Henschel  1844  ff.  7  Bde.) 
u.  anderer  gelehrter  AA^erke  —  Duchesne  (Quercetanus,,  Andre,  geb. 
1584  zu  risles-Bouchard  (Indre-et-Loire) ,  gest.  1640,  berühmter  Geschichts- 
forscher —  Duche  de  A'ancy,  geb.  zu  Paris  1668,  gest.  ebenda  1704, 
dramat.  Dichter  —  Ducis,  Jean-Francois,  geb.  zu  Versailles  1733, 
gest.  ebenda  1816.  Bearbeiter  von  Shakespeare's  Hamlet  1769,  Romeo  et  Ju- 
liette  1772,  le  roi  Lear  1783,  Macbeth  17S4,  Othello  1792.  Originaltragödie 
Abufar  ou  la  famille  arabe  1795  —  Duclos,  Charles  Pinot,  geb.  zu 
Dinan  (Cötes-du-Nord;  1704,  gest.  zu  Paris  1772.  Considerations  s.  les 
mceurs  de  ce  siecle  1751.  CE.  c.  1806,  10  Bde;  4821,  3  Bde.  —  Dufresny, 
Charles,  geb.  ca.  1654,  gest.  zu  Paris  1724,  Lustspieldichter,  bedeutendstes 
Werk  »le  Chevalier  joueur«.  1697  —  Dumas,  Alexandre,  pere,  geb. 
24.  1.  1803  zu  Villers-Cotterets.  gest.  5.  12.  1870  zu  Puys  bei  Dieppe. 
Dramen  :  Henri  HI  1S29;  Stockholm,  Fontainebleau  et  Rome  1830; 
Charles  VH  1831;  Antony  1831;  La  Tour  de  Nesle  1S32;  Angele  1833; 
Le  Mari  de  la  veuve,  comedie  1832;  Don  Juan  de  Marana,   mystere  1836; 


348  ^^^^  Französische. 

Kean,  comedie  lS;i6;  Caligula,  trag.  1S37;  Mademoiselle  de  Belle-Isle, 
dranie  1839;  rAlchimiste,  drame  en  ver.s  1839;  Un  mariage  sous  LouLs  XV, 
comedie  1841;  Les  Demoiselles  de  St.-Cyr,  comedie  1843;  Louise  Ber- 
nard, drame  1843;  La  Conscience,  drame  1854;  l'Orestie,  trilogie  antique 
cn  vers  1855.  Romane  vnd  Novellen:  Isabelle  de  Baviere;  Souvenirs 
d'Antony  1835;  La  Salle  d'armes  1838;  Jacques  Ortis  1839;  Le  Maitre 
d'armes  1840;  Le  Chevalier  d'Hannental  1 843  ;  Histoire  d'un  casse-noisette 
1S44;  Les  Trois  Mousquetaires  1844  (dazu  die  Fortsetzungen:  Vingt  ans 
apres  1845,  Le  Vicomte  de  Bragelonne  1847);  Le  Comte  de  Monte-Cristo 
1844/45;  La  Bouillie  de  la  princesse  Berthe  1844;  La  Reine  Margot  1845; 
Le  Chevalier  de  Maison-Rouge  1846;  La  Dame  de  Mont-Soreau  1846;  Le 
Collier  de  la  Reine  1848  etc.  Ausserdem  Memoiren  und  eine  Reihe  von 
Reisebeschreibungen  —  Dumas,  Alexandre,  fils,  geb.  28.7.  1824  zu 
Paris.  Romane  :  Les  Aventures  de  quatre  femmes  et  d'un  perroquet  1846/ 
47;  La  Dame  aux  camelias  1848  (dramatisirt  1852  ;  Le  Roman  dune  femme 
1848;  Cesarine  1848;  Le  Docteur  Servens  1849;  Diane  de  Lys  1851;  La 
Dame  aux  perles  1854;  La  Vie  ä  vingt  ans  1856;  L'Affaire  Clemenceau 
1867;  Therese  1876  etc.  Dramen  (abgesehen  von  den  dramatisirten  Ro- 
manen) ;  La  Question  d'argent  1857,  Le  Fils  naturel  1858,  Le  Pere  prodigue 
1859,  L'Ami  des  Femmes  1864;  (mit  de  Girardin)  Le  Supplice  dune 
femme  1865;  Les  Idees  de  Mme  Aubray  1867;  Une  visite  de  noces  1871; 
La  Princesse  Georges  1871  ;  La  Femme  de  Claude  1873;  Monsieur  Alphonse 
1873;  l'Etrangere  1876  etc.  Sammlung  der  Dramen  u.  d.  T.  Theatre  com- 
plet  1868  —  Durmy,  Victor,  geb.  1811  zu  Paris.  Historiker,  verfasste 
u.  A.  eine  Hist.  des  Romains  depuis  les  temps  les  plus  recules  jusqu'  ä 
la  fin  du  regne  des  Antonius.  Nouv.  ed.  1870/76.  5  Bde.  —  Duval, 
A.-V.  Pineu,  geb.  zu  Rennes  1767,  gest.  1842.  Dramat.  Dichter.  (E.  c. 
1822/23.  9  Bde. 

Erckm  ann-Chatrian,  Emil  Erckmann,  geb.  zu  Pfalzburg  i.  E. 
20.  5.  1822,  u.  Philipp  Chatrian,  geb.  18.  12.  1826  in  Soldatenthal  i.  E., 
verfassten  gemeinsam  eine  lange  Reihe  von  Novellen.  —  Esmenard, 
J.-A.,  geb.  zu  Pelissanne  i  Bouches-du-Rhöne)  1769,  gest.  in  Neapel  1811. 
Lehrgedicht  »la  Navigation«  1805  —  Estienne,  Henri,  geb.  zu  Paris 
1528,  gest.  zu  Lyon  1598.  Verf.  des  Thesaurus  linguae  graecae  1572,  seine 
granimat.  Schriften  s.  oben  S.  70  —  Estienne,  Robert,  geb.  zu  Paris 
1503,  gest.  zu  Genf  1559  —  Etienne,  Ch.-G.,  geb.  1778  zu  Chamouilley 
(Haute-Marne  ,  gest.   1S45.    Lustspieldichter.    (E.  c.  1846,  4  Bde. 

Fahre  d'Egl'antinc,  Ph.-Fr.-N.,  geb.  zu  Carcassonne  1755,  gest. 
(hingerichtet)  1794.  Lustspieldichter.  Keine  Gesammtausg.  —  Fauriel, 
Claude,  geb.  zu  Sainte-Etienne  1772,  gest.  zu  Paris  1844.  Chants  popu- 
laires  de  la  Grece  moderne  1824.  Hist.  de  la  Gaule  meridionale  sous  les 
conquerants  Gcrmains  1836.  4  Bde.  Hist  de  la  litterature  provcncale  1846. 
Dante  et  les  origines  de  la  langue  et  de  la  litterature  italienne  1S54  — 
Feletz,  Ch.-M.-D.,  geb.  zu  Grimont  1767.  gest.  1850.  Kritiker.  Melanges 
de  Philosophie  et  de  litterature  1*>28  —  Fenelon,  Francoisde  Salignac 
de  la  Mothe,  geb.  6.  8.  1651  im  Schloss  Fenelon  (Dordogne;,  gest  7.  1. 
1715    zu    Cambrai.    Telemaque    1699.     Dialogues    des    morts    1711.     Beste 


Litteraturgeschichtc.  349 

Gesamnitausg.  1820/30.  34  Bde. ;  neuere  gute  Ausg.  von  Ann:  Mautin  1865/ 
70.  3  Bde.  —  Feuillet,  üctave,  geb.  den  11.  S.  1812  zu  .Saint-Lo 
Manche'.  Komanautor  auch  dramat.  Dichter).  Histoire  de  Sibylle  1802. 
Julia  de  Trecoeur  1S72,  Un  Mariage  dans  le  monde  1875,  Las  Amoura  de 
Philippe  1877,  Lc  Journal  dune  femme  1878,  La  Morte  1886  —  Feval, 
P.-H.-C,  geb.  27.  9.  1817  7,u  Rennes.  Romanautor — Feydeau,  Ernest- 
Ainie,  geb.  16.  3.  1821  zu  Paris,  gest.  ebenda  29.  10.  1873,  fruchtbarer  Ro- 
manautor—  Fiev^e,  Joseph,  geb.  zu  Paris  1767,  gest  ebenda  1839.  Ro- 
manautor—  Flaubert.  Gustave,  geb.  12.  12.  1821  zu  Rouen,  gest.  ebenda 
7.  5.  1880.  Madame  Bovary  1857.  Salammbo  1802.  LKducation  sentimentale 
1869.  La  Tentation  de  St.-Antoine  1874.  Trois  contes  1877.  Le  Candidat, 
comedie  1874.  Bouvard  et  Pecuchet,  Romanfragment,  nach  des  Verf.'s  Tode 
in  der  Nouv.  Rev.  vom  15.  2.  81  ab  erschienen  —  Flechier,  Esprit, 
geb.  zu  Pemes  (Vaucluse)  1632,  gest.  zu  Montpellier  1710.  CE.  c.  1782 
u.  1825,  10  Bde.,  dazu:  Memoires  s.  les  grands  jours  d'Auvergne,  erst 
1844  und  1850  veröft'entlicht'  —  Florian,  Jean  Pierre  Claris  de, 
geb.  auf  Schloss  Florian  b.  Sauve  (Gord)  0.  3.  1755,  gest.  zu  Sceaux  13. 
9.  1794.  Galatee,  roman  1783,  Numa  Pompilius  1787,  Fahles  1792  — 
Fontanes,  L.-M.  de,  geb. 'zu  Niort  (l)eux-Sevres)  1757,  gest.  zu  Paris 
1821.  Essayist.  Kritiker.  (E.  p.  p.  Sainte-Beuve  1837.  2  Bde.  —  Fon- 
tenelle,  Bernard  le  Bouyer  de,  geb.  zu  Rouen  1657,  gest.  zu  Paris 
1757.  Dialogues  des  morts  1683.  Entretiens  s.  la  pluralite  des  mondes 
1686..  Histoire  des  oracles  1687.  Eloges  des  academiciens  —  Francois 
de  Sales  s.  Sales  —  Freron,  Elie-Catherine,  geb.  zu  Quimper 
1719,  gest.  zu  Paris  1771.  Herausgeber  der  Annee  litteraire.  Feind  Vol- 
taire's  —  Friedrich  der  Grosse,  geb.  24.  Januar  1712  zu  Berlin, 
gest.  17.  August  1786  zu  Sanssouci.  Poesies.  Anti-Macchiavelli.  Histoire 
de  mon  temps.  Hist  de  la  maison  de  Brandenbourg  etc.  (Die  Litteratur 
über  F.  d.  G.  als  Schriftsteller  ist  zusammengestellt  von  Wiegand  in 
Quellen  u.  Forsch.  Heft  5.  Strassburg  1874,  vgl.  "NV.  Scherek,  Gesch.  d. 
deutschen  Litt.  2.  Ausg.  1884,  S.  756)  —  Furetiere,  Antoine,  geb.  zu 
Paris  1619,  gest.  1688.  Roman  bourgeois  1686  (Neudruck  in  der  Bibl.  elzev.'. 
Factums  contre  l'Academie  1066  (Neudruck,  veranstaltet  von  A.'^selixeau 
1859.  2  Bde.    Dictionnaire  s.  oben  S.  165. 

Gaboriau,  Emile,  geb.  zu  Saujon  (Charente-Inferieure)  1838,  frucht- 
barer Romanautor,  gest.  zu  Paris  28.  9.  1873  —  Garat,  D.-J. ,  geb.  zu 
Ustaritz  (Basses-Pyr.)  1749,  gest.  zu  Urdains  b.  Ustaritz  1833.  Memoires  s. 
la  Revolution  1795  —  Garnier,  Robert,  geb.  zu  Ferte-Bernard  Maine) 
1545,  gest.  1601.  Tragödien:  Porcie,  Hippolyte  1573,  Cornelie  1574,  Marc- 
Antoine,  la  Troade  1578,  Antigone  1579,  Sedecie,  Bradamante  1580.  Y.rste 
Gesammtausg.  1585;  treuer  Abdruck  derselben  mit  kritischem  Apparat  u. 
Glossar  herausg.  v.  W.  För.ster.  Heilbronn  1882/83.  Vgl.  oben  S.  61. 
■A.  Haa.se,  Zur  Syntax  R.  G.'s,  in:  Frz.  Stud.  V  1 ;  A.  Jensen,  Syntact. 
Studien  zu  R.  G.  Kiel  1885  Diss.)  —  Gautier,  Theophile,  geb.  zu  Tar- 
bes  31.  8.  1811,  gest.  zu  Neuilly-sur-Seine  23.   10.   1872.  Poesies  1830,   Les 


1)  Fabre,  Flechier  orateur.  Paris  1885,  vgl.  R.  d.  d.  M.  1.  11.  1885. 


350  ^*8  Französische. 

Jeune-France  1831,  Mlle  de  Maupin  1835,  La  Comedie  de  la  Mort  1838, 
Emaux  et  Camees  1852,  Poesies  completes  1875/76.  2  Bde.  Litterarge- 
scmcHTLiCHE  WERKE:  les  Grotesques  1844,  Honore  de  Balzac  1858,  L'Hist. 
du  romantisme  1874  —  Gay,  Marie-Fran9oise,  geb.  zu  Paris  1776, 
gest.  1852,  verfasste  Romane  u.  Dramen,  sowie  Souvenirs  d'une  vieille 
femme  1834  —  Genin,  Francois,  geb.  1S03  zu  Amiens,  gest.  1856  zu 
Paris,  seine  auf  die  frz.  Philologie  bezügl.  Schriften  wurden  an  geeigneten 
Stellen  bereits  angeführt  —  Genlis,  Felicite  Mme  de,  geb.  bei  Autun 
1746,  gest.  1830  zu  Paris.  Komanautorin  —  Geruzez,  Eugene,  geb.  zu 
Reims  1799,  gest.  zu  Paris  1865.  Hist.  de  lEloquence  politique  et  reli- 
gieuse  en  Fr.  1837/38.  2  Bde.;  Essais  d'hist.  litt.  1853.  2  Bde.;  Hist.  de 
la  litt,  frcse  1861  —  Gilbert,  N.-J.-L.,  geb.  zu  Fontenay-le-Chäteau  (Vos- 
ges)  1751,  gest.  zu  Paris  1780.  Satiriker.  CE.  1788  —  Gingu  ene,  Pierre- 
Louis,  geb.  zu  Rennes  1748,  gest.  zu  Paris  1S16.  Hist.  litteraire  de  l'Ita- 
lie  1811/24.  9  Bde.  —  Godeau,  Antoine,  geb.  zu  Dreux  1605,  gest.  zu 
Vence  1672.  Hist.  de  l'Eglise  1753/78.  5  Bde.  —  Gomberville,  Marin 
Leroy  de,  geb.  zu  Paris  1600,  gest.  ebenda  1674.  Romanautor.  Caritie 
1622.  Polj'xandre  1632.  Alcidiane  1651  —  Goncourt,  Edmond  de,  geb. 
zu  Nancy  1822,  u.  Goncourt,  Jules  de,  geb.  zu  Paris  1830,  gest.  zu 
Auteuil  187U,  verfassten  gemeinsam  eine  lange  Reihe  cultur-  und  kunstge- 
schichtlicher Essays  u.  Feuilletons  —  Gresset,  Jean-Baptiste-Louis, 
geb.  zu  Amiens  1709,  gest.  1777.  Das  komische  Epos  Vert-Vert.  Dramen 
(vgl.  St.  A.  Berville,  G.,  sa  vie  et  ses  oeuvres  1863 ;  Schulze  in  Ztschr. 
f.  nfrz.  Spr.  u.  Lit.  V^  222)  —  Grevin,  Jacques,  geb.  um  1540  in  Cler- 
mont,  gest.  zu  Turin  1570.  Lust-  u.  Trauerspieldichter  (die  Komödie  les 
Esbahis  neugedruckt  in  Ancien  Theätre  frcs  t.  IV,  Bibl.  elzev.)  —  Grimm, 
Frederic-Melehior  baron  de,  geb.  zu  Regensburg  26.  12.  1723,  gest 
zu  Gotha  19.  12.  1807.  Correspondance  litteraire  (verfasst  1753  bis  1790), 
1812/14  17  Bde.,  1829/31  15  Bde.,  neueste  u.  beste  Ausg.  von  Maurice 
TouKNEUX  1877/82,  16  Bde.  Lettres  de  Catherine  H  ä  Grimm,  p.  p.  Grot. 
Petersburg  1878;  Lettres  de  Grimm  ä  l'imperatrice  Cath.  II,  sind  gegen- 
wärtig (1885)  im  Erscheinen  begriffen  (E.  Scherer,  Melchior  Grimm,  in: 
R.  d.  d.  M.  15.  10,  1.  11,  85)  —  Gringo(i)re,  Pierre,  geb.  um  1475  zu 
Caen,  gest.  1534,  dichtete  Mysterien,  Sotties,  Farcen,  Moralitäten;  theil- 
weise  neu  herausg.  von  Cii.  d'Hericault  u.  A.  de  Montaiülox  in  der 
Bibl.  elzev.  1872  tf.  2  Bde.  —  Gudin,  Paul-Philippe,  geb.  zu  Paris 
1738,  gest.  ebenda  1812.  Dramat.  Dichter  —  Guenee,  Antoine,  geb.  zu 
Etampes  1717,  gest.  zu  Fontaincbleau  1803.  Lettres  de  quelques  juifs  por- 
tugais,  allemands  et  polonais  ä  M.  de  Voltaire  1769  —  Guiraud,  Ale- 
xandre, geb.  zu  Limoux  (Aude)  1788,  gest.  zu  Paris  1847.  Dramat.  Dich- 
ter. CE.  1845.  4  Bde.  —  Guizot,  Fran9.-Pierre-Guill.,  geb.  4.  10. 
1787,  gest.  zu  Val-Richer  b.  Lisieux  12.  10.  1874.  CoUectiou  de  Mem.  re- 
latifs  ä  Ihist.  de  France  1823/35.  31  Bde.  Hist.  de  la  revolution  d'Angle- 
terre  1826/54.  4  Bde.  Cours  d'IIist.  moderne  1828/30.  6  Bde.  etc.  etc.  His- 
toire  de  France  racontee  ä  mes  petits-enfants  1870/75.  5  Bde.  (Fortsetzung 
v.  Mme  de  Witt  1871/79.  2  Bde.;.  Nouveau  dict.  des  synonymes  frcs  1809. 
2  Bde.  —  Guy  de  Tours,  Michel,  geb.  zu  Tours  1551,  gest.  1600.  Lyriker. 


Litteraturgeschichtc.  351 

Hardy.  Alexandre,  geb.  zu  Paris  um  15()0,  gest.  um  1631.  Tragi- 
scher Dichter.  Neudruck  des  Theatre  d'H.  1626),  veranstaltet  von  E.  STEN- 
GEL. Marburg  1883  Ö".  (E.  T-omhard,  Etüde  s.  A.  H.  Leipzig  188U  Diss., 
auch  in  Ztschr.  f.  ufrz.  Spr.  u.  Litt.  I  161,  348.  II  63;  C.  N.\gel,  A.  H.'s 
Einfluss  auf  Corneille,  in  Stengel's  Ausg.  u.  Abh.  XXVIII)  —  Helve- 
tius,  Claudc-Adrien,  geb.  zu  Paris  17J5,  gest.  1771.  Traite  de  l'Esprit. 
1758.  CE.  1818.  3  Bde.  —  Heptameron  s.  Marguerite  de  Navarre 
—  Hesnault,  Jean,  geb.  zu  Paris  (Jahr  nicht  bekannt),  gest.  ebenda 
1682.  CE.  diverses  1670  —  Holbach,  Paul,  geb.  1723  zu  Heideisheim  in 
Baden,  gest.  zu  Paris  1789.  Le  Systeme  de  la  Nature  1770  —  Houx,  Jean 
le,  lebte  in  der  zweiten  Hälfte  des  16.  Jahrb.,  dichtete  Chansons  des  Vaux 
de  Vire.  ^Les  V.  d.  V.  de  Jean  le  H.,  p.  p.  A.  G.\ste.  1865)  —  Hugo, 
Victor-Marie,  geb.  zu  Besancon  26.  2.  1802,  gest.  22.  5.  1885  zu  Paris 
(erste  Dichtungen:  die  Oden  les  Vierges  de  Verdun,  le  Retablissement  de 
la  Statue  de  Henri  IV,  MoVse  s.  le  Nil  1819/221.  Lyrische  Dichtungen: 
Ödes  et  Ballades  1822/26.  Orientales  1829.  Feuilles  d'automne  1S31.  Chants 
du  crepuscule  1835.  Voix  interieures  1837.  Les  Rayons  et  les  Ombres  1840. 
Contemplations  1856.  Chansons  des  rues  et  des  bois  1865.  L'Annee  terrible 
1872,  lArt  d'etre  grand-pere  1877,  le  Pape  1878,  la  Pitie  supreme  1879,  Reli- 
gions  et  religion  1880,  L'äne  1880,  Les  quatre  vents  de  l'esprit  1881.  Satire: 
Les  Chatiments  1852.  Epos  :  La  Legende  des  siecles  1S59.  Romane:  Han 
d'Islande  1823,  Bug-Jargal  1826,  Notre-Dame-de-Paris  1831,  les  Miserables 
18'i2,  les  Travailleurs  de  la  mer  1S66,  l'Homme  qui  rit  1S69,  Quatre-vingt- 
treize  1874.  Dramen:  CromweU  1S27,  Hernani  1829,  Marion  Delorme  1S31, 
Le  Roi  samuse  1832,  Lucrece  Borgia  1833,  Marie  Tudor  1833,  Augelo  1835. 
Esmeralda(Oper  1836,  Ruy-Blas  1838,  les Burggraves  1843,  Torquemada  1871. 
Psychologisches  Essay:  Le  dernier  jour  d'un  condamne  1829.  Geschichte: 
Napoleon  le  Petit.  Brüssel  1852.  Histoire  d'un  crime  1851.  Litteratur- 
GESCHICHTE:  William  Shakespeare  1864,  Etüde  s.  Mirabeau,  Litterature 
et  Philosophie  melees  1834.  Reiseschilderung:  le  Rhin  1S42.  Biogra- 
phisches: Avant  l'exil,  Pendant  l'exil,  Depuis  lexil  1875/76,  Mes  fils  1874 
(Victor  Hugo  raconte  par  un  temoin  de  sa  vie  1863,  2  Bde.,  vermuthlich 
Selbstbiographie  .  Eine  «Edition  definitive«  der  CE.  completes  V.  H.'s  ist 
im  Erscheinen  begriffen,  sie  wird  ca.  45  Bde.  umfassen  (Barbou,  V.  Hugo 
et  son  temps  ISSl,  zu  panegyrisch;  A.  AssELINE,  V.  H.  intime,  memoires, 
correspondances,  documents  inedits  1885)  —  Hurault,  Philippe,  geb. 
auf  Schloss  Cheverny  1528,  gest.  1599.  Memoires  1636. 

Jamyn,  Amadis,  geb.  um  1530  zu  Chaource  (Aube) ,  gest.  1593. 
L^-riker.  CE.  poetiques  1575  84  —  Jodelle,  Etienne,  geb.  zu  Paris  1532, 
gest.  ebenda  1573.  La  Cleopätre  captive  1552.  Eugenie,  comedie  1552,  Di- 
don  se  sacrifiant  1558.  LjTrische  Dichtungen.  CE.  p.  p.  Marty-Laveaux 
1868/70.  2  Bde.  (H.  Fehse,  E.  J.s  LjTik,  in:  Ztschr.  f.  nfrz.  Spr.  u.  Lit. 
1883;  A.  Hertes-g,  Der  Versbau  E.  J.'s.  Kiel  18S4  Diss.;  P  Kahnt,  Ge- 
dankenkreis der  Sentenzen  in  Jodelle's  u.  Garnier's  Tragödien  u.  Seneca's 
Einfluss  auf  denselben.  Marburg  1885  Diss.)  —  Jouy,  Etienne,  geb.  um 
1764  zu  Jouy  bei  Versailles,  gest.  1846.  Dramat.  Dichter  u.  Feuilletonist. 
(E.  c.  1823/28.  27  Bde. 


352  ^^^s  Französische. 

Karr,  Alphonsc,  geb.  1808  zu  Paris,  Verf.  zahlreicher  Romane  u 
Journalist  —  Kock,  Charles-Paul  de,  geb.  1795  zu  Passy,  gest.  1871 
zu  Paris,  sehr  fruchtbarer  Romanautor. 

Labe,  Louise  (la  belle  Cordiere),  geb.  zu  Lyon  1526,  gest.  ebenda 
1506,  lyrische  Dichterin,  ffi.  1555;  neuere  Ausg.  Lyon  1824,  1862;  (Euvres 
de  L.  L.,  p.  p.  E.  Tkoss  1871,  p.  p.  Blanchemain  1875  (E.  Lauk,  L.  L. 
Zur  Geschichte  der  frz.  Litt.  Strassburg  1873  —  Labiche,  Eugene- 
Martin,  geb.  5.  5.  1815  zu  Paris,  Verf.  zahlreicher  Lustspiele,  Possen, 
Vaudevilles  u.  dgl.  (E.  c.  1878  tf.  —  LaBruyere,  Jean  de,  geb.  zu 
Paris  1645,  gest.  zu  Versailles  1696.  Les  Caracteres  1688.  Beste  Ausg.  in 
der  Collect,  des  Grands  Ecr.  (H.  Rastede,  L.  B.  u.  seine  Charaktere.  Op- 
peln  1886;  E.  FouRNlER,  La  comedie  de  L.  B.  1866)  —  La  Calprenede, 
Gautier  de  Costes  de,  geb.  zu  Tolgou  (Dordogne) ,  Jahr  unbekannt, 
gest.  zu  Grand- Andely  1663,  Verf.  zahlreicher  Romane  (z.  B.  Faramond 
1667.  7  Bde.;  u.  Dramen  (z.  B.  le  Comte  d'Essex  1639)  —  Lafayette, 
Marie-Madeleine,  geb.  zu  Paris  1634,  gest.  ebenda  1693,  Verf.  zahl- 
reicher Romane,  z.  B.  la  Princesse  de  Cleves  —  Lafontaine,  Jean  de, 
geb.  zu  Chateau-Thierry  8.  7.  1621,  gest.  zu  Paris  13.  4.  1695.  Uebers.  des 
Eunuchus  des  Terenz  1654.  Contes  1665  u.  1685.  Psyche,  roman,  1669.  Fa- 
hles (Buch  1/6  erschienen  1668,  Buch  7/11  im  J.  1678  u.  79,  B.  12  1694). 
Beste  Gesammtausg.  von  Walkenaeu  162627.  6  Bde.  (E.  c.  p.  p.  Makty- 
Laveaux  1860/63.  4  Bde.  L.'s  Fabeln,  herausg.  v.  A.  Laun.  Heilbronn 
1877/78.  ("NValkenaek,  Hist.  de  la  vie  et  des  ouvrages  de  J.  de  L.  1858; 
Taine,  Lafontaine  et  ses  fables  1860;  Saixt-Makc-Giuardin,  Lafont.  et  les 
fabulistes  1866;  KuLPE,  Laf.,  seine  Fabeln  u.  ihre  Gegner.  Leipzig  1880,  vgl. 
Ztschr.  f.  nfrz.  Spr.  u.  Lit.  IV  169)  —  La  Fosse,  Antoine,  geb.  1653  zu 
Paris,  gest.  ebenda  1708,  verfasste  vier  Tragödien,  darunter  »Manlius  Capi- 
tolinus«  1698.  CE.  1811.  2  Bde.  —  Lagrangc-Chancel,  Fr.-J.,  geb. 
1677  auf  Schloss  Antoniat  (Dordogne),  gest.  ebenda  1758.  Dramatiker  u. 
Satiriker  (»les  Philippiques«  1720,  p.  p.  Lescuke  1858).  CE.  1734/35  —  La- 
harpe,  Jean-Francois  de,  geb.  zu  Paris  1739,  gest.  ebenda  1803.  Cours 
de  litterature  ancienne  et  moderne  (beste  Ausgg.  1825,26,  18  Bde.,  u.  1840, 
3  Bde.)  —  Lamartine,  Alphonse-Marie-Louis  Prat  de,  geb.  zu 
Mäcon  21.  10.  1790,  gest.  zu  Paris  28.  2.  1869.  Meditations  poetiques  1820. 
Nouvelles  medit.  poet.  1823.  La  Mort  de  Socrate  1823.  Dernier  Chant  du 
pelerinage  de  Child-Harold  1825.  Harmonies  poetiques  et  religieuses  1830. 
2  Bde.  Voyage  en  Orient  1835.  4  Bde.  Jocelyn  1836.  2  Bde.  Chute  d'un 
ange  1838.  2  Bde.  Recueillements  poetiques  1839.  Melanges  poetiques  1S39. 
Histoire  des  Girondins  1847.  Trois  mois  au  pouvoir  1848.  Raphaöl  1849. 
Hist.  de  la  Revolution  de  1848.  1849.  Toussaint  Louverture,  tragedie  1850. 
Histoire  de  la  Restauration  1851/52.  6  Bde.  Cours  familier  de  litterature 
1856  ff.  u.  V.  A.  —  Lamennais,  Robert  de,  geb.  zu  Saint-Malo  1782, 
gest.  zu  Paris  1854.  Essai  s.  rindiftercnce  en  matierc  de  religion  1817. 
Paroles  dun  croyant  1834  u.  Anderes  —  I^a  Mothe  le  Vayer,  Fran- 
cois  de,  geb.  zu  Paris  15SS,  gest.  1672.  Philosoph  u.  Philolog.  (E.  e. 
1756/59.  14  Bde.  —  La  Motte,  Antoine  Houdard  de,  geb.  1672  zu 
Paris,    gest.  ebenda  1731.    Dramatiker.    Parteiführer  der  Modernen  in  der 


Lilteraturgeschichte.  353 

Querelle  des  anciens  et  modernes.  (E.  1754.  11  llde.  —  Laneelot.  Dom 
Claude,  geb.  zu  Paris  um  1615,  gest.  zu  Quimperle  1095.  Grammatiker 
von  Port-Koyal  —  Lanfrey,  Pierre,  geb.  zu  C'bambery  20.  10.  1828, 
gest.  zu  Pau  15.  11.  1S77.  Histoire  de  Napoleon  I  1807/75.  5  Bde.  —  La 
Noue,  Fran9ois  de,  geb.  1531  bei  Nantes,  gest.  vor  Lamballe  1591. 
Diseours  politiques  et  militaires  15S7  —  Laprade,  Kichard  de,  geb. 
1812  zu  Montbrison  (Loire'.  TiVriker.  (E.  poetiques  1878.  2  Bde.  —  La 
Kochefüucauld ,  Francois  duc  de  la,  geb.  1013,  gest.  zu  Paris  1680. 
Memoires  1002.  Maximes  1005;  neuere  Ausgabe  der  Max.  von  Aime  Mar- 
tin 1822  u.  Gratet-Duplessis  1853  in  der  Bibl.  elzev.  (E.  p.  p.  E.  de  Bak- 
THELEMY  —  Larivey,  Pierre  de,  geb.  zu  Troyes  um  1540,  gest.  gegen 
1612.  Lustspieldichter.  Neueste  Ausg.  seiner  Komödien  von  P.  Janxet  in 
Bd.  V,  VI,  VII  des  Ancien  thedtre  frcs  der  Bibl.  elzev.  J.  Vogel.s,  Der 
syntakt.  Gebrauch  der  Tempp.  u.  Modi  b.  P.  d.  L.,  in :  Böiimer's  Rom. 
Stud.  V  445)  —  Lebrun,  Ecouchard,  geb.  zu  Paris  11.  4.  1729,  gest. 
2.  9.  1807.  L>Tiker  :Oden).  CE.  p.  p.  Gixguene  1811.  4  Bde.  —  Lebrun, 
Pierre-Antoine,  geb.  zu  Paris  1825,  gest.  1873.  lAriker  u.  Dramatiker 
Tragödie  Marie  Stuart  1820).  (E.  1844/63.  5  Bde.  —  Le  Maire  des  Bei- 
ges, geb.  1473  zu  Beiges  (Bavai)  im  Hennegau,  gest.  1524  (1548?).  Illu- 
stration des  Gaules  1509/12.  CE.  1513  —  Lemercier,  L.-J.-N.,  geb.  zu 
Paris  1771,  gest.  1840.  Dramatiker  —  Lemierre,  A.-M. ,  geb.  zu  Paris 
1723,  gest.  zu  Saint-Germain-en-Laye  1793.  Dramatiker  u.  Didaktik  er  — 
Lemoyne,  Pierre,  geb.  zu  Chaumont  (Haute-Marne  1002,  gest.  zu  Pa- 
ris 1672.  Epos  »Saint-Louis«  1051  —  Lesage,  Alain-Rene,  geb.  zu 
Sarzeau  (Morbihan)  8.  5.  1668,  gest.  zu  Boulogne-sur-Mer  17.  11.  1747. 
Diabie  boiteux  1707  (Schelmenroman).  Turcaret,  comedie  1709.  Gil  Blas 
1715.  Les  Aventures  de  Guzman  d'Alfarache  1732  etc.  (Wershovex,  Smol- 
let  et  Lesage.  Berlin  1883)  —  Le  Tourneur,  Pierre,  geb.  zu  Valognes 
1736,  gest.  zu  Paris  1788.  Uebersetzung  des  Shakespeare  1776/82.  20  Bde., 
neu  herausg.  v.  GvizoT  1824.  13  Bde,  —  Littre,  Maxirailien-Paul- 
Emile,  geb.  1.  2.  1801  zu  Paris,  gest.  ebenda  2.  0.  1881,  Verf.  des  be- 
rühmten Dictionnaire  de  la  langue  frcse  1863/72.  4  Bde.  u.  Suppl.  1877^ 
der  Hist.  de  la  langue  frcse  1862,  2  Bde.,  u.  vieler  anderer  gelehrter  (me- 
dicinischer,  philosophischer  etc.)  Schriften  —  Loret,  Jean,  geb.  zu  Ca- 
rentan  (Manche,,  Jahr  unbekannt,  gest.  zu  Paris  1665.  Muse  historique 
1850  55.  3  Bde.  (neu  herausg.  v.  R.wenel,  de  la  Peloüze,  Livet  1857/78.' 
4  Bde.;  Les  Continuateurs  de  Loret,  p.  p.  J.  de  Rothschild.  1882  ff. 
0  Bde.). 

Mabillon,  Dom  Jean,  geb.  1632  zuSaint-Pierremont  (Ardennes),  gest. 
1 707  zu  Paris.  Begründer  der  wissenschaftlichen  Diplomatik,  Verf.  zahl- 
reicher gelehrter  "Werke  —  Magnin,  Charles,  geb.  zu  Paris  1793,  gest. 
ebenda  1862.  I.itterarhistoriker.  Causeries  1S42.  2  Bde.  Histoire  des  mari- 
onnettes 1S54  —  Magny,  Olivier  de,  geb.  zu  Cahors,  Jahr  unbekannt, 
gest.  gegen  1560.  L^Tiker.  Sonnets  inedits.  p.  p.  T.  DE  Laukoque  1880. 
Dernieres  poesies,  p.  p.  E.  CoiRBET  1S81.  Schxütgex,  O.  d.  M.,  ein 
Beitr.  zur  Gesch.  d.  lyr.  Dichtung  Frankreichs  im  16.  Jahrh.  Cöln  1884. 
Progr.  d.  Oberrealsch.;  —  Mairet,  Jean  de,  j:eb.  1004  zu  Besancon, 
Körting,  Encyklopädio  d.  rom.  Phü.  IIL  23 


354  Das  Französische. 

gest.  ebenda  1686.  Tragödien  Sophonisbe  1629.  Dichter.  Keine  neuere 
Gesammtausg.  (A.  Gasp-^ky,  zur  Chronologie  von  J.  de  M.'s  Dramen,  in 
Ztschr.  f.  rom.  Phil.  V.  70)  —  Maistre,  le  eomte  Joseph  de,  geb.  zu 
Chambery  1754,  gest.  zu  Turin  1821.  Politiker.  Publicist.  Mera.  politique 
et  correspondance  diplomatique,  p.  p.    A.  Blanc  1858.   CE.   c.  Lyon  lb82  ft'. 

—  Maistre,  Xavier  de,  geb.  zu  Chambery  1763,  gest.  zu  Petersburg 
1852.  Voyage  autour  de  ma  chambre  1794.  Le  Lepreux  de  la  cite  d'Aoste 
1812.  Expedition  nocturne  autour  de  ma  chambre;  les  Prisouniers  du 
Caucase;  la  jeune  Siberienne  etc.  etc.  —  Malebranche,  Nicolas,  geb. 
zu  Paris  1638,  gest.  1715.  Verf.  religionsphilos.  Schriften  —  Malherbe, 
Francois  de,  geb.  zu  Caen  1555,  gest.  zu  Paris  162S.  Poesies  1630.  Beste 
Ausg.  in  den  Grands  Ecrivains  etc.,  sonstige  neuere  Ausg.  v.  L.  Lalan>k 
1862/65  4  Bde.  u.  Pr.  Blanchemain  1877.  iLitteraturangaben  s.  oben  S. 
63  f.,  vgl.  femer:  E.  Lai'R,  M.,  eine  litterarhist.  Skizze.  Heidelberg  1869. 

—  Marchangy,  L.-A.-F.  de,  geb.  zu  Clamecy  iNievre  1782,  gest.  zu 
Paris  1826.  La  Gaule  poetique  1813/17.  Tristan  le  voyageur  ou  la  France 
au  XlVe  s.  1825/26  —  Marguerite,  reine  de  Navarre,  geb.  11.  4. 
1492  zu  Angouleme,  gest.  zu  Udos  (Bigorre;  21.  12.  1549.  Heptameron 
(heran sg.  zum  ersten  INIale  von  P.  Boaistiau  u.  d.  T.  Histoires  des  amants 
fortunez  1558,  beste  neuere  Ausg.  von  Le  Roix  de  Lincy  1S53  54  3  Bde.; 
Marguerites  de  la  marguerite  des  princesses  lyrische  Gedichte  ,  p.  p. 
Simon  Sylviu.s  dit  la  Haye  1547  (beste  neuere  Ausg.  v.  F.  Frank  1873' 
74,  4  BdeT).  Lettres  p.  p.  Genin  1841/42,  2  Bde.  Deux  farces  inedites  p.  p. 
Lacour  1856  (Aechtheit  sehr  fraglich).  Xotheissen,  M.  v.  V.,  ein  Lebens- 
bild. Wien  1885)  —  Marguerite  de  Valois,  geb.  1552,  gest.  zu  Paris 
1615.  Memoires,  p.  p.  Auger  de  Mauleon  1628,  neue  Ausg.  v.  Gvessaru 
in  den  Publicationen  der  Soc.  de  l'hist.  de  France  1842  u.  in  der  Bibl. 
elzev.  1858  — >  Marivaux,  Pierre  Charlet  de  Chamblain  de,  geb. 
zu  Paris  4.  2.  1688,  gest.  ebenda  17.  2.  1763.  Dramatiker  u.  Komanautor. 
Marianne,  Roman.  Fausses  confidences,  Epreuves  etc.,  Lustspiele.  Fleury, 
Marivaux  et  le  Marivaudage  1881.  .G.  Larroi'met,  M.,  sa  vie  et  ses  oeuvres 
1882.  E.  Gas.sot,  M.  moraliste  1881.  C.  Printzen,  M.'s  Leben  u.  AVerke. 
Münster  1885  Diss.)  —  Marmontel,  Jean-Fr  an  cois,  geb.  zu  Bort 
(Correze)  11.  7.  1723,  gest.  zu  Abloviville  Eure)  31.  12.  1799.  Belisaire, 
roman  1767.  Les  Incas,  roman  1777  —  Marot,  Clement,  geb.  1497  zu 
Cahors,  gest.  zu  Turin  1544.  Poesie  1544,  neuere  Ausgg.  von  de  Rapilly 
1824,  Jannet  1868/72,  4  Bde.  iKEUTER,  CL  M.'s  Metrik  in  Herrigs  Archiv 
Bd.  68,  S.  331.  Vgl.  auch  oben  S.  6U)  —  Martelliere,  Jean-Henri- 
Ferd.  La,  geb.  1761  zu  Ferrette  (Haut-Rhin),  gest.  1830  zu  Paris. 
Bearbeiter  Schiller'scher  Dramen  fH.  DoBERENZ,  L.  M.  u.  seine  Bearbei- 
tungen Schiller  scher  Dramen  auf  dem  Theater  der  frz.  Revolution.  Löbau 
i.  S.  1883.  Progr.)  —  Martin,  Louis-Aime,  geb.  zu  Lyon  1781, gest.  zu 
Paris  1847.  Litterarhistoriker.  Lettres  ä Sophie  1810.  2  Bde.  —  Massillou, 
Jean-Baptiste,  geb.  zu  Hieres  (Var)  24.  6.  1663,  gest.  zu  Clermont 
(Puy-de-Döme)  28.  9.  1742.  Petit  Car^me  1719  —  Mazarinades,  in- 
connues,  p.  p.  Tamizey  de  Larro(UE  Bordeaux  1879.  Mazarinades  nor- 
mandes.  Neudruck.  Rüuenl8bO  —  Menage,  Gilles,  geb.  zu  Angers  1603, 


Litteraturgeschichtc.  355 

gest.  1692.  Origines  delalanguefrcse  1G50.  Observationss.lalanguefr^selßTS/ 
7t).  2  Bde.  u.  andere  gelelirte  Werke.  »Menapana«  IW^,  3.  Aus}!:.  1715.  3  Bde., 
vgl. MAiiKK.MiOLTzinZtschr. f.  nfr.  Spr.  u.  Lit.  II  292— -Merimee,  Prosper, 
geb.  zu  Paris  2S.  9.  1S03.  gest.  zu  Cannes  23.  9.  1870.  Kunst- u.  Litterar- 
historiker,  Essayist,  Novellist,  lyr.  Dichter,  Epistolograph.  (O.  d'H.\us.süx- 
VILLE,  P.  M.  ä  propos  de  lettres  inedites  in  R.  d.  d.  M.  15.  8.  1879)  — 
Micha ud,  Joseph -Fran9ois,  geb.  zu  Albens  (Savoyen)  1767,  gest.  zu 
Passy  1839.  Histoire  des  Croisades  1S12  22,  6^  ed.  1840/-1S.  6  Bde.  — 
Michelant,  Henri- Victor,  geb.  zu  Lüttich  S.  S.  ISU.  Herausgeber 
zahlreicher  altfrz.  Texte  —  Michelet,  Jules,  geb.  zu  Paris  21.  8.  179S, 
gest.  1874.  Hist.  de  France  1837/67.  16  Bde.  u.  viele  andere  geschichtliche 
Werke  —  Mignet,Fran9ois-Augustc-Marie,  geb.  zu  Aix  8.  5.  1796, 
gest.  1884.  Histoire  de  la  Revolution  frcse  1824.  2  Bde.  Hist.  de  Marie  Stuart 
1851.  Charles-Quint,  son  abdication  etc.  1854  —  Millevoye,  Charles- 
Hubert,  geb.  zu  Abbeville  (Somme)  1782,  gest.  zu  Paris  1S16.  Elegischer 
Dichter.  (E.  C.1S22,  4Bde.;  1823,  6  Bde.  — Mirabeau,  Honore-Gabriel- 
Roquetti,  conite  de,  geb.  zu  Bignon  Seine-et-Marne)  9.  3.  1749,  gest!  zu 
Paris  2.  4.  1791.  Ausgaben  seiner  Schriften  erschienen  1820/21  in  8  Bden, 
182.5,27  in  9  Bden,  beide  nicht  vollständig.  Menioires  biographiques  p.  p.  L. 
DE  MoNTlGXY  1834.  8  Bde.  Lettres  d'amour,  p.  p.  ISLvRlo  Proth  1880  (L. 
DE  LOMEXIE,  Les  Mirabeau,  nouvelles  etudes  s.  la  societe  frcse  1879. 
A.  Mezieres  in  R.  d.  d.  M.  1.  6.  1879.  —  Moliere,  Jean-Baptiste 
(Poquelin  ,  geb.  zu  Paris  15.  1.  1622,  gest.  ebenda  17.  2.  1673.  Farcex: 
le  Medecin  volant,  la  Jalousie  du  Barbouille  nur  diese  beiden  erhalten, 
andere  nur  dem  Titel  nach  bekannt;.  Lustspiele  :  l'Etourdi,  aufgeführt 
1655  :erste  Ausg.  1663;;  Depit  amoureux,  aufgeführt  1656  ferste  Ausg. 
1663);  les  Precieuses  ridicules  18.  11.  1659  il(]60) ;  Sganarelle  ou  le  Cocu 
imaginaire  28.-5.  1660  (Raubausgabe  von  Ribou  1661,  rechtmässige  Ausg. 
1662  :  Dom  Garcie  de  Navarre  4.  2.  1661  (zuerst  gedruckt  in  der  Ge- 
sammtausg.  von  1682  ;  l'Ecole  des  Maris  24.  6.  1661  (gedruckt  in  demselben 
Jahre  ;  les  Fächeux  17.  8.  1661  gedruckt  1662,;  l'Ecole  des  Femmes  26. 
12.  1662  gedr.  1665  ;  Critique  de  l'Ecole  des  Femmes  1.  6.  1663  'ge- 
druckt ebenfalls  1663);  l'Impromptu  de  Versailles  14.  10.  1663  (gedruckt 
1682;;  Tartuffe,  zuerst  theil-weise  '3  Acte)  aufgeführt  12.  5.  1664,  öffentlich 
u.  vollständig  unter  dem  Titel  »ITmposteur«  aufgeführt  5.  8.  1667,  d.  4.  3. 
u.  20.  9.  1667  vor  dem  Könige  gespielt,  am  5.  2.  1668  zum  zweiten  Male 
auf  das  öffentliche  Theater  gebracht  und  dauernd  dem  Repertoire  desselben 
eingefügt  gedruckt  im  März  1660  ;  Don  Juan  15.  2.  1665;  le  Mariage 
force  29.  1.  1664  gedruckt  166S,  der  Ballettext  1664  ;  la  Priacesse  d'Elide 
8.  5.  1664  gedruckt  in  demselben  Jahre( ;  TAmour  medecin  14.  9.  1665 
gedr.  1666);  le  Medecin  malgre  lui  3.  9.  1666  (gedr.  1667);  Melicerte  2. 
12.  1666  gedr.  1682);  Pastorale  comique  5.  1.  1667  (nicht  gedr.) ;  le  Sicilien, 
Febr.  1667  ;le  Misanthrope  4.  6.  1664  gedr.  1667j;  Amphitryon  13.  1.1668 
gedr.  März  1668,;  l'Avare  9.  9.  1668  gedr.  1669);  George  Dandin  18.  7. 
166S  gedr.  1669  ;  Monsieur  de  Pourceaugnac  6.  10.  1669  gedr.  März 
1670  ;  le  Bourgeois  geutilhomme  13.  10.  1670  gedr.  1670  ;  les  Fourberies 
de  Scapin  24.  5.  1671   (gedr.  1671;;  les  Amants  magnifiques  4.  2.   1670    das 

23* 


356  I^^s  Französische. 

Ballet  gedr.  1670);  Psyche  (in  Gemeinschaft  mit  P.  Corneille,  Quinault  u. 
LuUi  verfasst)  17.  1.  1671  (gedr.  Oct.  1671j;  la  Comtesse  d'Escarbagnas 
2.  12.  1671  (der  Ballettext  gedr.  1671;;  les  Femmes  savantes  11.  3.  1672 
(gedr.  1673);  le  Malade  imaginaire  10.  2.  1673  (gedr.  1673.  Ausgaben: 
älteste  Gesammtausgg.  P.  1074/75,  7  Bde.;  Amsterdam  1675,  5  Bde.;  par 
VixoT  et  LA  GiiANGE  P.  1682,  8  Bde.  etc.  etc.,  neuere  Gesammtausgg. 
von  AlME  Martin  1824/26,  8  Bde.  'öfters  neu  aufgelegt  ;  von  Cii.  Lüiandhe 
1852  ;u.  1869,,  3  Bde.;  v.  L.  MoLANü  1863/64,  7  Bde.  während  der  letzten 
Jahre  in  neuer  Auflage  erschienen,;  beste  Ausg.  v.  Despois-Mesnard  in 
der  Coli,  des  Gr.  Ecr.  fr.  1873  ö';  7  Bde.  Molierebibliogrphie  : 
P.  Lacroix,  Bibliographie  Molieresque  2ieine  ^d.  1875;  R.  Mahrenholtz 
in  seiner  Molierebiogr.  's.  u.;  S.  362  fi".,  sowie  in  Ztschr.  f.  nfrz.  Spr.  u. 
Lit.  III  31  u.  42.  Zeitschriften  für  Moliekistik  :  Le  Molieriste.  Revue 
mensueUe  p.  p.  Geor(;e  Monval,  Paris,  seit  1879;  Moliere-Museum,  heraus- 
geg.  V.  Dr.  H.  Schweizer,  Heft  1  Leipzig  1879,  Heft  2  6  Wiesbaden  1880 
{f.  im  Selbstverlag  des  Herausgebers.  Einige  Schriften  zvr  Moliere- 
»iographie:  LA  Grange,  liegistre,  p  p.  les  soins  de  la  Comedie  frcse 
1&76 ;  la  Fameuse  Comedienne,  Francfort.  s.  a.,  Francfort  1697  (in  ver- 
schiedenen Neudrucken  herausg.,  z.  B.  von  Bonassies  1870,  von  Livet 
1876  u.  1878,  vgl.  über  diese  Schmähschrift  Mahrenholtz  in  Herrigs 
Archiv  Bd.  43,  S.  335) ;  Tallemant  des  Reai'X,  Historiettes,  p.  p.  Mon- 
merque  et  Taschereau  1883  ^spätere  Ausgg.  Brüssel  1840  u.  Paris  1874/ 
60,  9  Bde.j ;  Bovlanger  ue  Chalu.ssay,  Elomire  hypocondre  1670  Neu- 
drucke von  Lacroix  Genf  1867,  von  Livet  1875,  von  R.  ÄL^hrenholtz 
im  Mol.-Mus.  IV,  90.)  Grimarest,  Vie  de  Meliere  1705;  Beffak4,  Disser- 
tation s.  M.  1821 ;  E.  Soulie,  Reeherches  s.  la  vie  de  M.  et  s.  sa  famille 
1863;  MoULiN,  M.  et  l'etat  du  registre  civil.  1879;  Campardon,  Docu- 
ments  inedits  s.  la  vie  de  M.  1871,  und:  Nouvelles  pieces  s.  la  vie  de  M. 
1876;  LoisELEUR,  Les  points  obscurs  de  la  vie  de  M.  1877  ;.  J.  Taschereav, 
Hist.  de  la  vie  et  des  ouvrages  de  M.  1825,  1844,  1851,  1863;  P.  LiNDAV, 
M.  Eine  Ergänzung  der  Biographie  des  Dichters.  Leipzig  1862:  F.  Loth- 
eissen  ,  M.,  sein  Leben  und  seine  ^^'erke.  Frankfurt  a.  M.  1880; 
R.  Mailrenholtz.  M.'s  Leben  u.  Werke,  Heilbronn  1881  (Frz.  Stud.  Bd.  11;; 
"W.  Mangold,  M.'s  AVanderungen  in  der  Provinz  in  Ztschr.  f.  nfrz.  Spr. 
II.  Lit.  II  26  u.  166  u.  M.'s  Streit  mit  dem  Hotel  de  Bourgogne,  ebenda 
I  186  u.  305.  FoVRNiER,  Le  Roman  de  Molierc  1S63.  Einige  aif  M.s 
Werke  bezügliche  Monographien  ind  ERLÄiTERUNGssciiRiKrEN : 
!•'.  Genin,  Lexique  compare  de  la  langue  de  M.  et  des  ecrivains  du  XVII'' 
s.  1846;  Pritsche,  Moliere-Studien.  Ein  Namenbuch  zu  seinen  Werken. 
Danzig  1868;  W.  Mangold,  MoL's  Tartuöe,  Geschichte  u.  Kritik,  üppeln 
1881,  u. :  M.'s  Misanthrop  in  Ztschr.  f.  nfrz.  Spr.  u.  Lit.  IV  1.  A.  Wese- 
LOFSKl,  Tartjuff.  Istorija  tipa  i  jyesni.  Moskau  1879,  und:  Misantrop. 
Opuit  nowago  analisa  pjesni  i  obsor  cossdannoi  jeju  schkolni.  Moskau 
1881  (leider  sind  diese  beiden  gehaltvollen  u.  hochbedeutenden  Monogra- 
phien noch  immer  nicht  übersetzt .  Weitere  Angaben  über  die  ausserordent- 
lich reiche,  aber  auch  ungemein  zersplitterte  Moliere-Litteratur  sehe  man 
bei  Mahrenholtz  a.  a.  O.,  in  den  bibliograpliischen  Registern  der  Ztschr. 


Litteraturgcschichtc.  357 

f.  nt'rz.  Öpr.  u.  Lit.,  in  den  Sujiplemcntcn  d.  Ztschr.  f.  rom.  l*hil.  u.  im 
Molieriste.  Wichtig  für  die  nähere  Kenntniss  Mül.'s  ist  das  Studium  der 
ihm  gleichzcitiiren  frz.  Lustspieldichter,  ein  treffliches  Hülfsmittcl  hier- 
für ist  FoiKNELs  Sammlung ;  Les  Contemporains  de  M.,  recueil  de  co- 
medies  rares  ou  peu  connues,  jouees  de  ItiSO  ä  16S0  etc.  1863  If.  3  Bde. 
Nicht  von  Moliere  verfasst  ist  das  an  sich  interessante  Schmähgedicht  auf 
Colbert,  das  unter  dem  Namen  »le  Livre  abominable«  bekannt  ist  und 
neuerdings  von  L.-A.  Mexakd  herausgegeben  wurde  18*^3,  2  Bde.  — 
Montaigne,  Michel  Eyquem  de,  geb.  1533  auf  dem  Schlosse  Mont- 
aigne in  Perigord,  gest.  1592.  Essais  15S0  u.  15SS  letztere  Ausg.  neu- 
gedruckt  von  MoTHEAV  et  Joi'avst  1S73  ff.),  Ausg.  v.  Mlle  de  Goir.nay 
1595.  Beste  neuere  Ausg.  von  J.-V.  Leclerc  1865/66.  4  Bde.  (R.  Dezei- 
MERIES,  Rccherches  s.  la  recension  du  texte  posthume  des  Essais  de  M. 
Bordeaux  1S66.  F.  Bigokie  de  Laschamps,  M.  de  M.,  sa  vie,  ses  ceu^Tes 
et  son  temps  etc.  2"  ed.  1860.  H.  "Wexdell,  Etüde  s.  la  lang,  des  Essais 
de  M.  M.  Lund  Diss.  [Jahr?' ;  F.  Glaining,  Versuch  üb.  d.  sjTitakt. 
Archaismen  b.  Mont.  in  Herrigs  Archiv  Bd.  49,  S.  163  ff.)  — Montesquieu, 
Charles  de  Secondat,  baron  de  la  Brede  et  de,  geb.  18.  1.  1689 
auf  Schloss  Brede  bei  Bordeaux,  gest.  zu  Paris  10.  2,  1755.  Lettres  Pcr- 
sanes  1721.  Le  Temple  de  Gnide  1725.  Considerations  s.  les  causes  de  la 
grandeur  et  de  la  decadence  des  Romains  1734.  Esprit  des  lois  1748  etc. 
Neueste  Gesammtausg.  v.  Laboul.we  1874/79,  7  Bde.  (L.  Viax,  Hist.  de 
Montesquieu,  sa  vie  et  ses  ceuvres  etc.  1878,  vgl.  R.  d.  d.  M.  1.  5.  1879 
u.  Ztschr.  f.  nfrz.  Spr.  u.  Lit.  I  104)  —  Montjoie,  Chr.-F.-L.,  geb. 
1746  zu  Aix,  gest.  1816  zu  Paris.  Romanautor  —  Montluc,  Blaise  de 
geb.  zu  Sainte-Gemme  (Gers)  1501,  gest.  1577  auf  Schloss  Estillac  'Agenois). 
Commentaires  1592  (neu  herausg.  von  de  Ruble  1854/72.  5  Bde.  in  den 
Publ.  der  Soc.  de  l'hist.  de  Fr.)  —  Montolieu,  baronne  de,  geb.  1751 
zu  Lausanne,  gest.  1832  zu  Vennes  b.  Lausanne.  Romanautorin.  Caroline 
de  Lichtfield,  roman  1786.  Robinson  suisse  —  Montpensier,  duchesse 
de,  Mlle,  geb.  1627  zu  Paris,  gest.  ebenda  1693.  Memoires  1729  (spätere 
Ausg.  V.  Cheriel  1758.  4  Bde  .  La  Relation  de  l'Isle  invisible.  L'Histoire 
de  la  princesse  de  Paphlagonie  1659  —  Motteville,  Mme  de,  geb.  um 
1621,  gest.  1689,  Memoires  p.  servir  ä  l'hist.  d'Anne  d'Autriche  1723,  5  Bde. 
(neue  Ansg.  v.  Rioux  1855.  4  Bde.)  —  Mutet,  Marc-Autoine,  geb. 
zu  Muret  b.  Limoges  12.  4.  1526,  gest.  zu  Rom  4.  6.  1585,  berühmter 
Humanist.  Opera  omnia  1789.  4  Bde.  —  Murger,  Henri,  geb.  zu  Paris 
1822,  gest.  ebenda  1861.  Scenes  de  la  vie  de  Boheme  1851.  Le  Bonhomme 
jadis  1852  —  Musset,  Lo  uis-Charles-Alfred  de,  geb.  zu  Paris  11. 
11.  1810,  gest.  ebenda  1.  5.  1857.  Contes  dEspagne  et  ditalie  1830;  Un 
spectacle  dans  un  fauteuil  1832/34;  Rolla  in  R.  d.  d.  M.  15.  8.  1833; 
Nuits  in  R.  d.  d.  M.  15.  6.  1835,  1.  12.  1835,  15.  8.  1836,  15.  10.  1837; 
La  Confession  d'un  enfant  de  siecle  (Selbstbiographie,  1836.  2  Bde.;  ausser- 
dem zahlreiche  Lustspiele,  Proverbes  etc.  Mehrere  Gesammtausgg.,  eine 
der  besten  die  vom  Jahre  1880.  10  Bde.  (G.  Saxd,  Elle  et  Lui,  P.  de 
Misset,  Lui  et  EUe,  Mme  de  Colet,  Lui;  Clou.vrd,  Bibliographie  des 
oeuATCS  d'A.  de  M.  et  des    ouvrages  etc.  1883;    E.  v.  Üjfalfy,   A.  de  M., 


358  ^^^  Französische. 

eine  Studie  Leipzig  1870;  P.  Lindau,  A.  de  M.  Berlin  1874,  Wehrmanx, 
Beiträge  zur  Rhythmik  u.  Poetik  M.'s.  Münster  1S84  Diss.). 

Napoleon  I,  geb.  15.  S.  1769  zu  Ajaccio,  gest.  5. 5. 1821  auf  St.  Helena.  CE. 
Leipzig  1808/13,  2 Bde.,  1822,  0  Bde,  1822  23,  5Bde.  Correspondance  1853/69, 
32  Bde.,  (nach  N.'s  Dictaten  sind  verfasst :  Mem.  p.  servir  ä  l'hist.  de  Fr. 
sous  Nap.,  p.  GoURGAUD  et  Moxtholon  1823,  8  Bde.;  Precis  des  guerres 
de  Jules-Cesar,  p.  Makciiand  1836,  Campagnes  d'Egypte  et  de  Syrie,  p.  p. 
les  fils  du  general  Bertrand  1847.  2  Bde.)  —  Napoleon  III,  Louis, 
geb.  zu  Paris  20.  4.  1808,  gest.  zu  Chislehurst  9.  1.  1873.  CE.  1854/57,  4 
Bde.  CE.  militaires  1856.  Hist.  de  Jules-Cesar  1865/66.  2  Bde.  —  Nicole. 
Pierre,  geb.  zu  Chartres  1625,  gest.  zu  Paris  1695.  Les  Imaginaires  et 
les  Visionnaires  1667.  2  Bde.  Essais  de  morale  et  Instructions  theologiques 
1671  ff.  25  Bde.  —  Nisard,  Desire,  geb.  20.  3.  1806  zu  Chätillon-sur- 
Seine  (Cote  d'Or),  Literarhistoriker,  verfasste  u.  A.  die  Hist.  de  la  litt, 
frcse  1844/49.  2  Bde.  —  Nisard,  Mar  ie-Ed.- Charles,  geb.  10.  1.  1808. 
Litterarhistoriker  u.  Philolog,  verfasste  u.  A.  Etüde  s.  le  langage  popu- 
laire  ou  patois  de  Paris  et  de  sa  banlieue  1873.  —  Nodier ,  Charles,  geb. 
zu  Besancon  um  1780,  gest.  zu  Paris  1844.  Homanautor.  CE.  1832/34.  12  Bde. 

Palissot  de  Montenoy,  geb.  1730  zu  Nancy,  gest.  1814  zu  Paris. 
Le  Cercle,  comedie;  les  Philosophes,  comedie  1760;  Petites  lettres  contre 
les  grands  philosophes  1756  etc.  —  Panard,  (Vorname?)  geb.  um  1694 
zu  Courville  (Eure-et-Loir],  gest.  zu  Paris  1765,  Chansonnier  u.  Vaude- 
villist.  CE.  1803.  3  Bde.  —  Paris,  Gaston,  geb.  zu  Avenay  (Marne)  d. 
9.  8.  1839.  Die  Klarheit  und  Schönheit  der  Darstellung  verleihen  den 
Werken  des  berühmten  Romanisten  einen  hervorragenden  Platz  auch  inner- 
halb der  Litteratur  im  engeren  Sinne  —  Paris,  Paul  in,  geb.  25.  März 
1800  zu  Avenay  (Marne),  gest.  13.  Febr.  1881  zu  Paris,  vgl.  über  Leben 
und  Werke  des  trefflichen  Gelehrten  den  Nekrolog,  welchen  sein  berühmter 
Sohn  Gaston  ihm  in  der  Rom.  XI,  1  gewidmet  hat  —  Pascal,  Blaise, 
geb.  19.  6.  1623  zu  Clermoni-Ferrand,  gest.  zu  Paris  19.  8.  1662.  Lettres 
Provinciales  23.  1.  1656  bis  24.  3.  1657.  Pensees  (unvollendet,  vgl.  Cousin, 
Des  Pensees  de  P.  1843  :  kritische  Ausgaben  von  Faugere  1844  u.  Havet 
1852).  CE.  c.  p.  p.  BossuT  1779,  5  Bde.,  1819,  5  Bde.,  1861,  2  Bde. 
(Cou.siN,  Jacqueline  Pascal  1845.  Sainte-Beuve  ,  Port-Royal  1840/62; 
ViNET,  Etüde  s.  Bl.  P.  3^  ed.  1876;  TULLOCH,  Pascal.  Edinburg  u.  London 
1878;  W.  CnuRCH,  Companions  for  the  Devout  Life.  Lecture  H :  The 
Pensees  of  Pascal  London  1875;  Beard,  Port-Royal  ISSI;  The  Quarterly 
Preview  1879  Oct. ;  J.-G.  Dreydorff,  P.,  sein  Leben  und  seine  Kämpfe. 
Leipzig  1870;  G.  Reuciilin,  P.'s  Werke  und  der  Geist  seiner  Schriften. 
Stuttgart  1840;  Tu.  W.  EcKi.EiN,  B.  P.,  ein  Zeuge  der  Wahrheit.  Basel 
1870;  Th.  Sundby,  Bl.  P.  og  hans  kamp  mod  Jesuiterne.  Kopenhagen  1883, 
ins  Deutsche  übersetzt  von  H.  Junker  in  Ztschr.  f.  nfrz.  Spr.  u.  Lit.  Bd. 
V,  Heft  5  ff.,  auch  als  Buch  erschienen.  Oppeln  1885)  —  Passerat, 
Jean,  geb.  1534  zu  Troyes,  gest.  zu  Paris  16U2.  Dichter.  Mitverfasser  der 
Satire  Menippee  —  Patin,  Gui,  geb.  zu  Hodenc-en-Brage  Oise;  1602, 
gest.  zu  Paris  1672.  I^ettres,  p.  p.  Rkveille-Paki.se  1846.  3  Bde.  —  Patin, 
Henri-Joseph-Guillaume,    geb.    zu    Paris    1793,    gest.    ebenda    1876. 


Litteraturgeschichte.  359 

Philolog,  Litterarhistoriker,  Kritiker  etc.  Melanies  de  litt,  ancienne  et 
moderne  1S40.  Etudes  s.  les  tragiques  grecs  1841 '43.  3  Bde.  etc.  — 
Pellisson-Fontanier,  Paul,  geb.  zu  Beziers  1624,  gest.  zu  Paris  1693. 
Lcttres  historiques  et  opuscules  16S6;  Hist.  de  Louis  XI\',  1749  — 
Perrault,  Charles,  geb.  zu  Paris  12.  1.  1628,  gest.  ebenda  Ki.  "..  17(»3. 
Parallele  des  anciens  et  des  modernes  1658,  3  Bde.;  Eloges  des  hommes 
illustres  du  XVIIe  siecle  1696/1701;  Contes  de  fees  (contes  de  ma  mere 
rOye!  1697,  gute  Ausgabe  des  letzteren  "Werkes  »avec  deux  essais  s.  la 
vie  et  les  oeuvres  de  P.  et  sur  la  mj-thologie  dans  ses  contes,  des  notes 
et  Variante  et  une  notice  bibliographique«  von  A.  Lefeatie.  1875.  —  Pibrac, 
Gui  du  Foure  de,  geb.  zu  Toulouse  1529,  gest.  15S4.  Lyrischer  Dichter. 
Quatrains  moraux,  p.  p.  J.  Claretie  1874  —  Picard,  Philippe  le, 
geb.  in  der  Xormandie  Jahr  unbekannt ,  Ort  und  Zeit  des  Todes  unsicher. 
Novellist.  La  nouvelle  Fabrique  des  excellents  traits  en  verite  (veröffent- 
licht unter  dem  Pseudonym  Philippe  d'Alcripe,  sieur  de  Neri  en  Verbos, 
d.  i.  Philippe  le  Picard,  sieur  de  rien  en  bourse)  1579,  Neudruck  in  der 
Bibl.  elzev.  1S53  — Picard,  Loui  s-Benoit,  geb.  zu  Paris  1769,  gest. 
ebenda  1828.  Lustspieldichter  —  Pigault-Lebrun,  Ch.-Antoine,  geb. 
zu  Calais  1753,  gest.  zu  Celle-Saint-Cloud  Seine-et-Oise  1S35.  Roman- 
autor —  Piron,  Alexis,  geb.  9.  7.  1689  zu  Dijon,  gest.  21.  1.  1773  zu 
Paris.  Dramat.  Dichter.  Metromanie,  comedie  1738.  Gesammtausgg.  be- 
sorgt von  RiGOLEY  de  Juvigxy  1776,  7  Bde.,  p.  p.  E.  FoiEXlER  1862; 
(E.  inedites  p.  p.  H.  Boxhomme  1859  —  Pitaval,  Francois  Gayot 
de,  geb.  zu  Lyon  1673,  gest.  zu  Paris  1743.  Causes  celebres  1734/-13. 
20  Bde.  —  Poinsinet,  Antoine-Alexandre-Henri,  geb.  zu  Fon- 
tainebleau  1735,  gest.  bei  Cordova  1769.  Dramatiker  —  Pompignan, 
Jean-Jacques  le  Franc,  geb.  zu  Montauban  1709.  gest.  Pompignan 
Tam-et-Garonne,  1784.  Didon,  tragedie  1734.  —  Ponsard,  Francois, 
geb.  1.  6.  1814  zu  Vienne  'Isere,,  gest.  zu  Passy  7.  7.  1867.  Tragödiex: 
Lucrece  1843;  Agnes  de  Meranie  1846;  Charlotte  Corday  1850;  Ulysse 
1852  etc.;  KoMÖDiEX:  Horace  et  Lydie  1850;  l'Honueur  et  TArgent  1853; 
La  Bourse  1856:  Ce  qui  plait  aux  femmes  1860  etc.  OE.  c.  1866.  2  Bde. 
—  Ponthus  de  Thyard,  geb.  1521  zu  Bissy  (Saone-et-Loire  ,  gest.  zu 
Bragny-sur-Saöne  1605.  CEuvres  poetiques  1573  —  Prevost  dExiles, 
Antoine-Francois,  geb.  zu  Hesdin  ;Pas-de-Calais  1.  4.  1697,  gest.  23. 
11.  1763.  Memoire«  d'un  homme  de  qualite  1729.  Cleveland  1732.  Histoire 
du  Chevalier  Desgrieux  et  de  Manon  Lescaut  1732;  Herausgeber  der 
Zeitschr. :  Le  Pour  et  leContre;  Uebersetzer  der  Richardson'schen  Romane 
etc.    Manon  Lescaut  ist  oft  neu  edirt,  z.  B.  von  A.  DiMAS  fils   1875  . 

Quinault,  Philippe,  geb.  zu  Paris  1635,  gest.  ebenda  1688.  Dra- 
matiker u.  Componist.  CE.  1739  u.  1778.  5  Bde.  —  Quinet,  Edgar,  geb. 
zu  Bourg  'Ain  1803,  gest.  zu  Versailles  1875,  vielseitiger  Litterarhistoriker, 
Kritiker,  Essapst,  Dichter.  GE.  c.  1856  70.  11  Bde.  Ch.-L.  Chassix,  E. 
Qu.,  sa  vie  et  son  oeuvre  1859 . 

Rabelais,  Francois,  geb.  um  1495  zu  Chinon,  gest.  zu  Paris  um 
1553.  Pantagruel  Buch  I  1533,  Gargantua  1535,  Pantagruel  Buch  II  1546, 
Buch  ni  1552,  Buch  IV    posthum    1564.    Ausgaben  von  Jaixet,    1868/72. 


300  l^as  Französische. 

2  Bde.  in  der  Bibl.  elzev.,  von  Boirgaud  Desmarets  et  Rathery  1857, 
2''  ed.  1S73.  2  Bde.  'gute  Ausg.  Marty-Laveaux  1868  73.  3  Bde.,  von 
A.  DE  Moxtaiglon  et  L.  Lacour  1808/73.  3  Bde.,  von  L.  Moland  18(5(1 
(K.  NOEL,  R.  et  son  oeuvre  l&SO ;  P.  Sebillüt,  Gargantua  dans  les  tra- 
ditions  populaires;  G.  Vallet,  Le  genie  de  11.  1860;  H.  Ligier,  La 
politique  de  R.  1880;  G.  ü'Albenas,  Les  Portraits  de  R.  Montpellier 
1S80;  A.  Maysargues,  R.,  etude  s.  le  XVI«'  s.  1869;  J.  Gelbcke,  Joh. 
Fischart  u.  R.'s  Gargantua. , Petersburg  1874;  L.  Ganghüfer,  J.  Fischart 
und  seine  Verdeutschung  des  R.München  1881;  deutsche  Uebersetzungen 
von  G.  Regis  Leipzig  1832/41.  2  Bde.,  von  Gelbcke  Leipzig  1880.  2  Bde. 

—  Racan,  Honorat  de  Bueil,  geb.  auf  Schloss  Roche-Racan  Touraine) 
1589,  gest.  1670.  Bergeries  1628.  Poesies  chretiennes  1660.  CE.  c.  p.  p. 
Texaxt  de  la  Tour  1857,  2  Bde.  in  der  Bibl.  elzev.  —  Racine,  Jean, 
geb.  zu  la  Ferte-Milon  21.  12.  1639,  gest.  zu  Paris  26.  4.  1699.  Oden: 
la  Nymphe  de  la  Seine  1659,  la  Renommee  aux  Muses  1663.  Dramex: 
Thebaide  ou  les  freres  ennemis  1663  (?),  Alexandre  1665,  Andromaque  1667, 
Plaideurs,  comedie  1668,  Britanniens  1669,  Berenice  1670,  Bajazet  1672,  Mi- 
thridate  1673,  Iphigenie  1674,  Phedre  1677,  Esther  1689,  Athalie  1690.  Re- 
ligiöse Lyrik  ;  Cantiques  spirituels  1694  ;  Pko.sa  :  Abrege  de  l'hist.  de  Port- 
Royal  1693,  Precis  des  campagnes  de  1672  a.  1678;  Discours  academiques; 
Lettres  ä  l'auteur  des  heresies  imaginaires ;  Briefe.  Beste  Gesammtausg.  der 
"Werke  R.'s  von  P.  Mesxard  1865/71  in  den  Grands  Ecr.  de  la  Fr.  (F.  Del- 
TOUR,  Les  ennemis  de  R.  au)XVIIe  s.  1859)  —  Racine,  Louis,  geb.  1692 
zu  Paris,  gest.  ebenda  1763.  Lyrische  Gedichte.  Traite  de  la  poesie  dramatique 
uncienne    et   moderne    1753.     Memoires   s.  la  vie  de  J.  Racine  —  Ramus 

Ramee),  Pierre,  geb.  fürt  unbekannt:  1515,  ermordet  in  der  Bartholo- 
mäusnacht 1572.  Philosoph,  Mathematiker  und  Grammatiker  —  Raynal, 
Guill.-Thom.-Francois,  geb.  zu  Saint-Geniez  (Aveyronj  1713,  gest.  zu 
Paris  1796.  Hist.  philosophique  et  politique  des  etablissements  des  Europeens 
dans  les  deux  Indes  1778  —  Raynouard,  Francois- Juste-Marie, 
geb.  zu  Brignoles  (Var;  8.  9.  1761,  gest.  zu  Pas.sy  27.  10.1836.  Tragödiex: 
les  Templiers  1S05,  les  Etats  de  Blois.  Ueber  seine  Bedeutung  f.  d.  Ge- 
schichte der  roman.  Philologie  vgl.  Theil  1163  —  Regnard,  Jean- 
Fran9ois,  geb.  im  Februar  1655  zu  Paris,  gest.  4.  9.  1709  auf  dem 
Schlosse  Grillon  Seine-et-Öise;.  Listspiele;  le  Joueur  1696,  le  Distrait 
1697,  le  Retour  imprevu  1700,  les  Menechmes  1705,  le  Legataire  universel 
1708.  Gesammtausg.  von  A.  Mi(  niEL.s  1754.  2  Bde.,  von  E.  Fourxier 
1875,  2  Bde.  —  Regnier,  Mathurin,  geb.  zu  Chartres  21.  12.  1573. 
gest.  zu  Rouen  22.  10.  1613,  verfasste  Satiren,  drei  I^pistcln,  5  Elegien, 
ausserdem  Oden,  Stanzen,  Epigramme  etc.  Gesammtausg.  von  Viollet- 
Lkdic  1822  iwiederlujlt  1S53  in  der  Bibl.  jelzev.  u.  E.  CoiRBET  1875, 
letztere  Ausg.  die  beste.  G.  Felgxer,  Untersuchungen  über  das  Leben  M. 
R.'s  und  die  Abfassung.szeit  seiner  Satiren,  in  Herrigs  Archiv  Bd.  LXII 
53;  Lai's,  Analyse  et  critique  des  satires  de  M.  R.  Königsberg  1880  Progr.i 

—  Remusat,  Charles-Francois-Ma  rie  de,  geb.  14.  3.  1797  zu 
Paris,  gest.  6.  1.  1875.  Philoso])h,  Essayist,  verfasste  unter  Anderem 
Abelard  1845  2  Bde.,    De  la  pliilosopljie    allemande   1S45,    l'Angleterre  au 


Litteraturf^cschiclite.  i}(3 1 

XMI*'  s.  1S5Ü  u.  1SG5  —  llL'musat,  Clai  re-Elisabeth- J  eannu,  geb. 
ITsO  zu  Paris,  gest.  ebenda  1S21.  Memoires  1802/Ü8,  p.  ]).  Paul-Louis- 
Eticnne  K.  1S79.  3  Bde.  —  Renan,  Jos  cph-Erncst,  geb.  zu  Tröguier 
(Cötes-du-Nord,  27.  2.  1823.  Hist.  generale  et  Systeme  comi)arös  des  langues 
semitiques  1S45  u.  1858.  2  Bde.  L'Etude  de  la  langue  grecque  au  moyen 
äge  1847.  Averroes  et  laverroisme  1852.  Vie  de  Jesus  1803.  Les  Apotres 
1860.  Saint-Paul  et  sa  mission  1867.  L' Anti-Christ  1873.  L'Eglise  chre- 
tienne  1S79.  Dialogues  philosophiques  1876.  Caliban,  suite  de  la  Temp(5te 
1878  —  Retz,  Jean- Francois-Paul  de  Gondi,  cardinal  de,  geb. 
zu  ^lontmirail  (Marne  im  Oet.  161-i,  gest.  zu  Paris  24.  8.  1679.  Memoires 
1719.  3  Bde.  Beste  neuere  Ausg.  in  den  Grands  Ecrivains  de  la  Fr.  — 
Rivarol,  Antoine  de,  geb.  1753  zu  Bagnols  Gard,,  gest.  1801  zu 
Berlin,  politischer  Schi-iftsteller,  Dante-Uebersetzer  vgl.  de  Lescuke,  R. 
et  la  societe  frcse  pendant  la  revolution  et  l'emigration.  1883y  —  Rollin, 
Charles,  geb.  30.  1.  1661  zu  Paris,  gest.  14.  9.  1741.  Traite  des  Etudes 
1728.  Histoire  ancienne  1730/38.  13  Bde.  —  Ronsard,  Pierre,  geb.  11. 
9.  1524  zu  Vendöme,  gest.  zu  Paris  37.  12.  1585.  CE.  c.  p.  p.  Prosper 
Bl.\N"CHEMaix  in  der  Bibl.  elzev.  1S5S/60.  7  Bde.  QE.  choisies,  p.  p.  Sainte- 
Beive,  Nouv.  ed.  p.  L.  Moland.  1879  fLitteraturangaben  s.  oben  S.  61, 
—  Rotrou,  Jean  de,  geb.  21.  8.  1609  zu  Dreux,  gest.  ebenda  28.  6. 
1650.  Tragödien:  Hercule  mourant  1632,  Iphigenie  1640,  le  veritable 
Saint-Genest  1646,  Venceslas  1647,  Cosroes  1649 ;  Komödien  :  les  Menechmes 
1632,  les  Sosies  1636,  les  Captifs  1638.  (E.  c.  p.  p.  Viollet-Ledlc  1620/ 
22.  5  Bde.  J.  Jarry,  Essai  s.  les  oeuvres  dramatiques  de  J.  R.  Douai 
1868.  Diss.;  C.  Sölter,  Grammat.  u.  lexikolog.  Studie  über  J.  R.  Jena 
1882  Diss.;  L.  Person,  Notices  biographiques  et  critiques  s.  R.  1882,  und: 
Hist.  du  veritable  Saint-Genest  de  R.  1882;  —  Rousseau,  Jean-Bap- 
tiste,  geb.  zu  Paris  6.  4.  1671,  gest.  zu  Brüssel  17.  3.  1741.  Lyriker  u. 
Dramatiker  —  Rousseau,  Jean- Jacques,  geb.  zu  Genf  28.  6.  1712, 
gest.  zu  Ermenonville  (Oisc;  2.  7.  1778.  Beantwortung  der  von  der  Aka- 
demie zu  Dijon  gestellten  Preisfrage  »Le  progres  des  sciences  et  des 
lettres  a-t-il  contribue  ä  corrompre  ou  ä  epurer  les  nioeurs?«  1750.  Le 
Devin  du  village  1752.  L'Origine  de  linegalite  parmi  les  hommes  1753. 
La  Nouvelle  Heloi'se  1759.  Le  Contrat  social  1762.  Emile  1762.  Lettres 
de  la  Montagne  1764.  Confessions.  Gesammtausgg.  von  Peyron,  Genf 
1782.  17  Bde.,  v.  Petitalv  1819/20.  22  Bde.,  von  Musset-Pathey  mit 
Hist.  de  la  Vie  et  des  Ouvrages  de  J.-J.  R.  1823/27.  26  Bde.  Correspon- 
dance  inedite  de  J.-J.  R.  avec  Mars-Michel-Ray,  p.  p.  Bo.scha  1858. 
ffiuvr.  ined.,  p.  p.  Streckeisen-Moulton  1861/64.  2  Bde.  (Moreau,  J.-J. 
R.  et  le  siecle  ])hilosophique  1870;  Saint-Marc-Girardin,  J.-J.  R.,  sa  vie 
ttses oeuvres  1875  ;  Morley,  J.-J.  Rousseau  London  1873  ;  F.  Brockerhoff, 
J.-J.  R.  Sein  Leben  und  seine  "Werke.  Leipzig  1863  74,  und  desselben 
Rousseaubiographie  im  »Neuen  Plutarch«  V,  1877;  L.  Mohr,  Les  cente- 
naires  de  Voltaire  et  de  J.-J.  R.  Apercu  bibliographique  1879.  E'Ritter, 
Nouvelles  recherches  s.  les  confessions  etlacorrespondencede  R.  Üppelnl880; 
A.  Jansen,  J.-J.  R.  Fragm.  inedits.  Recherches  biograph.  et  litt.  Berlin  1882; 
A.  BovüEAVT,   Etüde  s.  letat  mental  de  J.-J,  R.  et  sa  mort  k  Ermenonville; 


362  rjas  Französische. 

E.  RiTTEK,  la  faraille  de  J.-J.  E.  Extrait  du  t.  XXIII  du  BulL  de  l'Inst. 
"genevois.  Genf  1878  ;A.  ÜElssiG,  J.-J.  R.'.s  Leben  und  Werke.  Leipzig  1878  . 
Saint-Amant,  Marc- Antoine-Gerard  de,  geb.  zu  Rouen  1594, 
gest.  zu  Paris  1661.  Das  Epos  »Moise  sauve«.  (E.  p.  p.  Ch.  Livet  in  der 
Bibl.  elzev.  1855.  2  Bde.  —  Sainte-Beu ve,  Charles-Augustin,  geb. 
zu  Boulogne-sur-Mer  23.  12.  1804,  gest.  zu  Paris  13.  10.  1869.  Litterar- 
historiker  u.  Kritiker;  die  wichtigsten  seiner  Werke  sind  oben  S.  336  und 
358  genannt  —  Saint-E vremont,  Charles  de,  geb.  zu  St-Denis  du 
Guast  (Manche)  1616,  gest.  zu  J^ondon  1703.  Kritiker.  Essayist  —  Saint- 
Gelais,  Meli)  in  de,  geb.  1486  od.  1491  zu  Angouleme,  gest.  zu  Paris 
1558.  Lyrischer  Dichter,  ffi.  p.  p.  Blaxchemaix  in  der  Bibl.  elzev.  1873. 
3  Bde.  —  Saint-Lambert,  Jean-Francois  de,  geb.  zu  Nancy  1716, 
gest.  zu  Paris  1802.  Les  Saisons,  poeme;  Principe»  des  mceurs  chez  toutes 
les  nations  1798.  3  Bde.;  CEuvres  philosophiques  1801.  5  Bde.  —  Saint- 
Marc-Girardin,  geb.  zu  Paris  1801,  gest.  zu  Morsang-sur-Seine  (Seine- 
et-Oise)  1873.  Cours  de  litterature  dramatique  1843,  7«  ed.  1868.  5  Bde. 
etc.  etc.  —  Saint-Pavin,  Denis  Sanguin  de,  geb.  zu  Paris  im  An- 
fang des  17.  Jahrb.,  gest.  1670.  Poesies,  p.  p.  S.\int-M.vrc  1759  u.  in  Bd.  9 
der  Historiettes  des  Tallemant  des  Reaux,  p.  p.  P.  Paris  —  Saint- 
Pierre,  Bernardin  de,  geb.  19.  1.  1737  zu  le  Havre,  gest.  20.  1.  1814 
zu  Eragny-sur-Oise  (Seine-et-Üise>  Etudes  de  la  nature  1784.  Paul  et  Vir- 
ginie  1787.  La  Chaumiere  indienne  1790.  Harmonies  de  la  nature  18l5. 
3  Bde.  OE.  posthumes  1833 — 37.  2  Bde.  —  Sales,  saint  Francois  de, 
geb.  zu  Annecy  1567,  gest.  zu  Lyon  1622.  CE.  c.  Lyon  1669  etc.,  beste 
Gesammtausg.  Lyon  1855  —  Sand,  George  (Amantine-Lucile-Aurore 
Dupin,  dame  Dudevant),  geb.  zu  Paris  5.  7.  1804,  gest.  zu  Nohant  7.  6. 
1876.  Wichtigere  Werke  (meist  Romane) :  Rose  et  Blanche  (mit  Jules 
Sandeau  verfasst)  1831.  Indiana  1832.  Valentine  1S32.  Lelia  1833.  Lettres 
d'un  voyageur  1834  ff.  Jacques  1834.  Andre  ls35.  Leon  Leoni  1835.  Simon 
1836.  (1833  bis  1838  erschienen  von  ihr  zunächst  in  der  R.  d.  d.  M. :  le 
Secretaire  intime,  Lavinia,  Metella,  Mattea,  la  Marquise,  Mauprat,  la  Der- 
niere  Aldini,  les  Maitres  mosaistes,  Uscoque.)  Contes  venitiens  1838.  Co- 
sima,  drame  1840.  Le  Compagnon  du  Tour  de  France  1840.  Consuelo 
1842/43.  La  Comtesse  de  Rudoistadt  1843/45.  La  Marc  au  Diable  1846. 
La  Petite  Fadette  1848.  Francois  le  Champy  1848.  Claudic,  drame  1851. 
Histoire  de  ma  Vie  1854.  MUe  de  la  Quintine  1863.  Le  Marquis  de  Vil- 
lemer,  drame  1864.  Laura  1864.  La  Confession  d'une  jeune  fiUe  1865.  Mon- 
sieur Sylvestre  1866.  Le  Dernier  Amour  1867.  Cadio  1868.  MUe  Merquem 
1868.  Pierre  qui  roule  1869.  Malgre  tout  1870.  Le  Beau  Laurence  1870. 
Francia  1872.  Nanon  1872.  Contes  d'une  grand'  mere  1873.  Ma  soeur  Jeanne 
1874.  Les  ])eux  freres  1875.  Flamarande  1876  [nach  ihrem  Tode  erschie- 
nen: Nouvelles  Lettres  dun  voyageur  1877.  Dernieres  pages  1877).  Theä- 
tre  de  G.  S.  1860.  3  Bde.  Theatre  de  Nohant  1864  —  Sandeau,  L6o- 
nard-Sylvain-Jules,  geb.  zu  Aubusson  19.  2.  1811,  gest.  21.  4.  1883 
zu  Paris.  Wichtigere  Rom.\ne:  Rose  et  Blanche  (mit  G.  Sand  verfasst) 
1831;  Mme  de  Sommerville  1834;  Marianna  1839;  le  Docteur  Herbeau 
1841;  Mlle  de  Kerouare  1842;  Vaillance  et  Richard  1843;  Fernand   1844; 


Litteraturfreschichte.  ',i(33 

Catherine  1845:  A'alereuse  184G;  MUe  de  In  Seigliere  1S48;  Madeleine 
1S4S;  la  Chasse  au  roman  1849;  Un  Heritage  1850;  Sacs  et  parchemins 
1851;  le  Chateau  de  Montsabrey  1853.  ülivier  1854;  la  Maison  de  Penar- 
van  1858;  Un  Debüt  dans  la  Magistrature  1862;  la  Roche  aux  Mouettes 
1871;  le  Colonel  Ewrard  1873  etc.  Dkamex  (Li '.st-SPIELe;  :  Mlle  de  la 
Seiffliere  ^ursprünglich  Roman  1851,  la  Maison  de  Penarvan  (ursprünglich 
Roman)  1863,  Jean  de  Thommeray  (ursprünglich  Roman)  1873,  la  Pierre 
de  touche  1854,  la  Ceinture  doree  1855  etc.  —  Sarirlasin,  Jean-Fran- 
cois,  geb.  16U5  zu  Hermanville  Calvados),  gest.  zu  Pezenas  1654.  Dulot 
vaincu,  ou  la  defaite  des  bouts  rimes,  poeme  heroi-comique;  Geschichts- 
werke: Histoire  du  siege  de  Dunkerque;  La  conspiration  de  Walstein  — 
Satyre  Menippee,  verfasst  15',i3:  über  die  Verfasser  sehe  man  die  gleich 
zu  nennenden  Schriften.  Neuere  Ausgaben  von  Ch.  Read  1876,  von  J. 
Frank,  Oppeln  1884  (J.  Frank,  Zur  S.  M.,  eine  krit.  Studie.  Nikolsburg 
1880  Progr.  [vgl.  Ztschr.  f.  nfrz.  Spr.  u.  Lit.  HI  4541,  und;  Zur  S.  M.,  in; 
Ztschr.  f.  nfrz.  Spr.  u.  Lit.  IV  199,  vgl.  auch  die  Artikel  von  Frank  und 
ZvERiNA  in  Bd.  V  der  eben  genannten  Ztschr.  —  Saurin,  Bernard- 
Joseph,  geb.  zu  Paris  1706,  gest.  17.  Nov.  1781.  Dramat.  Dichter  — 
Scaliger,  Julius  Caesar,  geb.  zu  Padua  ?  1484,  gest.  zu  Agen  1558, 
und  dessen  Sohn  Scaliger,  Joseph  Justus,  geb.  zu  Agen  1540,  gest. 
zu  Leyden  1609,  berühmte  Philologen  —  Scarron,  Paul,  geb.  zu  Paris 
1610,  gest.  ebenda  1660.  Typhon  1644.  Virgile  travesti  1648/52.  Le  Roman 
comique  1651.  Nouvelles  tragicomiques.  Verschiedene  Lustspiele,  z.  B.  Don 
. Japhet  dArmenie,  le  Marquis  ridicule  etc.  Gesammtausgg.  1737,  10  Bde.; 
1786,  7  Bde.  Der  Roman  comique  neu  herausg.  von  V.  Fourxel  1857. 
2  Bde.  H.  Ch.\RDON,  La  troupe  du  Roman  comique.  Le  Mans  1876;  H. 
Junker,  Scarron- Studien,  in:  Ztschr.  f.  nfrz.  Spr.  u.  Litt.  III  1  u.  201, 
und:  P.  Sc.'s  Virgile  travesti.  Oppeln  1883.  Münsteraner  Diss.  —  Scribe, 
Augustin-Eugene,  geb.  24.  12.  1791  zu  Paris,  gest.  20.  2.  1861  ebenda. 
Verfasser  zahlreicher  Lustspiele,  z.  B.  Bertrand  et  Raton  1833,  la  Cama- 
raderie  1837,  le  Verre  d'eau  1842,  Adrienne  Lecouvreur  18^9,  les  Contes 
de  la  Reine  de  Navarre  1851,  Bataille  de  Dames  1851,  les  Doigts  de  fee 
1858  etc.;  dichtete  ausserdem  Opemtexte  u.  dgl.  —  Scudery,  Georges 
de,  geb.  zu  le  Havre  1601,  gest.  zu  Paris  1667.  L'illustre  Bassa  1642;  Armi- 
niusl643;  Poesies  diverses  1649;  Alaric  1654  —  Scudery,  Madeleine 
Mlle  de,  geb.  zu  le  Hävre  1607,  gest.  zu  Paris  1701.  Ibrahim  1641.  Arta- 
mene,  ou  le  Grand  Cyrus  1649  53.  10  Bde.  Clelie  mit  der  Karte  des  Pays  de 
tendre)  1656.  10  Bde.  Almahide  1660.  Femmes  illustres  1665.  Mathilde  d'A- 
guilar  1669.  Celanire  1609.  Conversations  s.  divers  sujets  1680/92.  10  Bde.  (V. 
Cousin,  La  Societe  frcse  au  XVII«"  s.  d'apres  le  Grand  CHttus  de  Mlle  Sc. 
1855;  Rathery  et  BouTBON,  Mlle  de  Scudery,  sa  vie  et  sa  correspon- 
dance,  avec  un  choix  de  ses  poesies  1873)  —  Sedaine,  Michel -Jean, 
geb.  zu  Paris  1719,  gest.  ebenda  1797,  dichtete  Dramen  und  Opemtexte, 
z.  B.  Blaise  le  savetier  1759,  le  Jardinier  et  son  seigneur  1761,  Rose  et 
Colas  1764,  le  Philosophe  sans  le  savoir  1765,  la  Gageure  imprevue  1768, 
le  Deserteur  1769,  Aucassin  et  Nicolette  1780  etc.  !Gl.si,  S.,  sein  Leben 
und  seine  Werke,    mit  besonderer  Bezugnahme   auf  le  Philos.  sans  le  sa- 


364  IJas  Französische. 

voir.  Berlin  1881)  —  Segrais,  Jean  Kegnaud  de,  geb.  1624  zu  Caen. 
gest.  ebenda  1701.  Poesies.  Uebersetzung  der  Aeneide  u.  der  Eklogen  Vir- 
gil's  etc.  —  Segur,  Louis-Philippe  comte  de,  geb.  zu  Paris  1753, 
gest.  ebenda  1830.  Geschichtsschreiber  —  Sevigne,  Marie  de  Rabutin 
Chantal  marquisc  de,  geb.  6.  2.  1626  zu  Paris,  gest.  zu  Grignan 
(Dromej  18.  4.  1696.  Briefsammlung.  Erste  Ausgaben  von  de  Büssy,  im 
Haag  1726,  von  Perrix  1734.  4  Bde.;  neuere  Ausgaben  von  Monmerque 
1818/19.  20  Bde.  u.  A.  Regxier  1862/64.  12  Bde.,  in  den  Grands  Ecriv. 
de  la  Fr.  (Sommer,  Lexique  de  la  langue  de  Mme  de  S.  1867.  2  Bde.)  — 
Sorel,  Charles,  geb.  zu  Paris  um  1602,  gest.  ebenda  1674.  Histoire  co- 
mique  de  Francion  1622.  Le  Berger  extravagant  1627.  Polyandre  164*^ 
vgl.  F.  BoBERTAG  in  Ztschr.  f.  nfrz.  Spr.  u.  Lit.  III  228)  —  Soulie, 
Melchior-Frederic,  geb.  1800  zu  Foix  (Ariege),  gest.  1847  zu  Bievre 
bei  Paris.  Romane:  Les  deux  cadavres  1832.  Le  magnetiseur  1834.  Le 
vicomte  de  Beziers  1834.  Le  comte  de  Toulouse  1835.  Les  memoires  du 
diable  1837/38.  Dramex:  Romeo  et  Juliette  1828.  Christine  ä  Fontaine- 
bleau  1829.  Diane  de  Chivry  1839.  La  closerie  des  gcnets  1846  —  Sou- 
met,  Alexandre,  geb.  1788  zu  Castelnaudari  Aude,,  gest.  1845  zu  Pa- 
ris. Dramatiker.  Diciituxgex:  Le  fanatisme  1808.  L'incredulite  1810.  La 
decouverte  de  la  Vaccine  1815.  Les  derniers  moments  de  Bayard  1815. 
Jeanne  d'Arc  1845.  Dramen:  Clytemnestre,  Saül  1822;  Cleopätre  1824; 
Jeanne  d'Arc  1825  ;  Les  Machabees  1827;  Emilia  1827;  Elisabeth  de  France 
1828;  Üne  fete  de  Neron  1S29;  Norma  1831;  Le  Gladiateur  1841;  Le 
ebene  du  roi  1841;  Jane  Gray  1843  —  Souvestre,  Emile,  geb.  1806 
zu  Morlaix,  gest.  1854  zu  Paris.  Les  derniers  Bretons  1838.  4  Bde.,  u.  a. 
Romane  —  Souza-Botelho,  Adelaide-Marie-Emilie,  geb.  zu  Pa- 
ris 1761,  gest.  ebenda  1836.  Romane:  Adele  de  Senanges  1794;  Charles 
et  Marie  1802;  Eugene  de  Rothelin  1808  —  Stael-Holstein ,  Anne- 
Louise-Germaine  Necker,  baroiine  de,  geb.  22.  4.  1766  zu  Paris, 
gest.  ebenda  14.  7.  1817.  Dramen  (Essais  dramatiques  1821).  Romane: 
Delphine  1802.  4  Bde.:  Corinne  1807.  3  Bde.  LITTERARGESCHICUTLICHE 
u.  i'HiLOSOPHiscuE  ScHRiFTEX  :  Lcttres  s.  J.-J.  Rousseau  1788;  De  l'in- 
fluence  des  passions  1796;  Sur  la  litterature  consideree  dans  ses  rapports 
avec  l'etat  morale  et  politique  des  nations  1800;  De  l'AUemagne  1810; 
Considerations  s.  la  Revolution  frcse  1818.  Dix  annees  d'exil  1821.  CE.  in- 
edites  1836.  (E.  c.  1820/21.  17  Bde.  (Steven.s,  Mme  de  Stael,  her  life 
and  her  times.  London  1882.  2  Bde.;  O.  DE  Haussoxyille,  Le  salon 
de  Mme  de  Necker  etc.,  in  der  R.  d.  d.  M.  vom  1.  1.  1880  ab;  Graeter, 
Charles  de  Villiers  et  Mme  de  Stael.  Rasteburg  1881  Progr.  Auch  sonst 
sind  über  Mme  de  St.  mancherlei  Specialsehriften  vorhanden ,  aber  doch 
fehlt  es  noch  immer  an  einer  abschliessenden  Biograjjhie  der  merkwürdi- 
gen Frau,  eine  solche  ist  jedoch  in  Bälde  zu  erwarten  von  Natalie  Rü- 
melin)  —  Sue,  Marie-Josephe-Eugene,  geb.  zu  Paris  10.  12.  1804, 
gest.  zu  Annecy  (Savoyen)  3.  7.  1857.  Romane:  Kernock  le  Pirate  1830. 
Plick  et  Plock  1831.  Atar-Gull  1831.  La  Salamandre  1832.  La  Coiicaratcha 
1832/34.  La  Vigie  de  Koat-Ven  1833.  Latreaumont  1837.  Arthur  1N38. 
Le  Marquis  de  Letorieres  1839.  Mathilde  1841.  Le  Morne  au  Diable  1842. 


I.itteruturgeschichte.  3G5 

Les  Mysteres  de  Paris  lb42  43.  Le  Juif  errant  1^44/45.  Martin,  Tenfant 
trouve  1847.  Les  Sept  peches  capitaux  1847 — 4;i.  Histoire  de  la  Marine 
frcse  au  \~^  sieele  li>34  37.  5  Bde. 

Taine,    Hippolyte- Adolphe,    geb.  21.  4.  ls2S  zu  Vouziers  (Ar- 
dennes).     Essai   s.  Tite-Live.  1S54.     Les  Philosophes   frcs   du   XIX*^  sieele 

1S56.  Essais  de  critique  et  d'histoire  1S57.  Lafontaine  et  ses  fables  1868. 
Hist.  de  la  litterature  anglaise  1864.  Les  Origines  de  la  France  contem- 
poraine,  L  l'Ancien  regime  1876,  II.  la  Revolution  1878  —  Tallemant 
des  Reaux,  Gedeon,  geb.  1619  zu  La  Kochelle,  gest.  zu  Paris  1692. 
Historiettes,  neueste  u.  beste  Ausg.  von  Moxmerqik  u.  P.  P.\ris  1S52/5^. 
9  Bde.  —  Tastu,  Mme,  geb.  1798  zu  Metz.  Dichterin.  Jugendschriftstel- 
lerin —  Theuriet,  Andre,  geb.  zu  Marly-le-Roi  (Seine-et-Oise  1833. 
Chemin  des  bois  lyrische  Gedichte;  1S67;  le  Bleu  et  le  Noii*  (Gedicht) 
1873.  RoM.\XE:  Mlle  Guignon  1874;  le  Mariage  de  Gerard  (ins  Deutsche 
übersetzt  von  N.\T.\lie  Rümelix.  Stuttgart  1884;  und  Une  Ondine  187.5; 
la  Fortune  d  Angele  1S76;  RajTnonde  1S77;  le  Filleul  d'un  marquis  1878; 
le  Fils  Maugars  1S79;  la  Maison  des  deux  Barbeaux  1S79  etc.  Reizende 
KlNDEKfiRZ.^HLUXGEX ;  La  Princessc  verte  u.  l'Ecureuil  1882  (ins  Deutsche 
übersetzt  von  Nat.  Rümelix.  Oppeln  1S83J  —  Thiers,  Louis- Adol- 
phe, geb.  16.  4.  1797  zu  Marseille,  gest.  zu  Paris  3.  9.  1877.  Histoire  de 
la  Revolution  frcse  1823/27.  10  Bde. ;  Hist.  du  Consulat  et  de  TEmpire 
1845/62.  20  Bde.  A.  Lay.\,  Etudes  historiques  s.  la  vie  privee,  politique 
et  litteraire  de  M.  A.  Thiers  1846.  2  Bde.;  J.  Sliiox,  le  Gouvernement  de 
M.  Thiers  1878.  2  Bde.;  —  Thierry,  Augustin,  geb.  zu  Blois  10.  5. 
1795,  gest.  zu  Paris  22.  5.  1856.  Hist.  de  la  conquete  de  lAngleterre  par 
les  Xormands  1825.  3  Bde.;  Lettres  s.  l'hist.  de  France  1S27;  Dix  uns 
d'etudes  historiques  1S34.  Recits  des  temps  merovingiens  1840.  2  Bde. 
Recueil  des  monuments  de  l'histoire  du  Tiers-Etat  1849/56.  2  Bde.  CE.  c. 
1846/47  8  Bde.,  1856/60  10  Bde.  —  Thierry,  Amedee,  geb.  zu  Blois 
2.  8.  1797,  gest.  zu  Paris  27.  3.  1ST3.  Histoire  de  la  Gaule  sous  ladmi- 
nistration  romaine  184042.  Saint-Jerome ,  la  societe  chretienne  ä  Rome 
etc.  1867.  Hist.  d'Attila  et  de  ses  successeurs.  4e  ed.  1873  u.  Anderes  — 
Thomas,  Antoine-Leonard,  geb.  1732  zu  Clermont-Ferrand ,  gest. 
1785  zu  Oullins  bei  Lyon.  LjTiker;  Verfasser  von  »Eloges«.  CE.  c.  1822/23 
u.  1825.  6  Bde.  —  Thou  (Thuanus  ,  Jacques-Auguste  de,  geb.  1553 
zu  Paris,  gest.  ebenda  1617.  Thuani  historiarum  sui  temporis  pars  prima 
1604,  p.  secunda  1606,  p.  tertia  1607,  p.  quarta  1608,  die  letzten  Bücher 
wurden  von  DuPUY  xi.  RlG.\LLT  1620  veröffentlicht.  Beste  Gesammtausg. 
von  BucKLEV.  London  1730  —  Tillier,  Claude,  geb.  zu  Clamecy  1802, 
gest.  zu  Nevers  1844.  Mon  Oncle  Benjamin  1846  ins  Deutsche  übersetzt 
von  L.  Pfav  1866  —  Tocqueville,  Alexis-Charles-Henri,  geb. 
1805  zu  Paris,  gest.  1859  zu  Cannes.  La  Demoeratie  en  Amerique  1S35  40. 
L'ancien  regime  et  la  Revolution  1856  (Euvres  et  correspondance  inedite 
1861  —  Tressan,  Louis-Elisabeth,  geb.  zu  le  Mans  1705,  gest.  zu 
Paris  1783.  CE.  e.  1822  23.  10  Bde.  Tr.  modernisirte  mittelalterliche  Aben- 
teuerromane —  Tristan  THermite,   geb.  1601   auf  dem  Schlosse  Soliers 

Marche  ,  gest.  1655  zu  Paris.  Dramatischer  Dichter.  Marianne,  tragedie  1637. 


366  Das  Französische. 

Urfe,  Honore  d',  geb.  zu  La  Batie  bei  Marseille  15(i7,  gest.  zu 
Villefranche  (Piemont  1G25.  Epistres  morales  1598.  Astree  1610  fl'.  'H. 
"Welti,  H.  d'U.'s  Astree  etc.,  in:  Ztschr.  f.  nfrz.  Spr.  u.  Lit.  V  107). 

Vanderbourg,  Martin -Marie-Charles,  vicomte  de,  geb.  zu 
Saintes  ITtJS,  gest.  1827,  veröffentlichte  1803  die  apokryphen  Poesien  der 
Clotilde  V.  Surville  —  Vauvenargues,  Luc  de  Ciapiers,  marquis 
de,  geb.  zu  Aix  1715,  gest.  zu  Paris  1747.  Introduction  ä  la  connaissance 
de  l'esprit  humain  1746,  beste  neuere  Ausg.  von  Gilbeut  1862  —  Velly, 
Paul-Francois,  geb.  zu  Crugny  (Aisne)  1709,  gest.  zu  Paris  1759.  Hi- 
stoire  de  France  ^fortgesetzt  von  Villaret,  Garmeh  u.  Fa.vtin-Desodo- 
ARDs;  1808/12  20  Bde.,  1819  21  43  Bde.  —  Yertot,  Rene  Auber,  geb. 
1655  auf  dem  Schlosse  Benetot  Seine-Inferieure) ,  gest.  1735  zu  Paris. 
Hist.  des  Chevaliers  de  Saint-Jean  de  Jerusalem  1726,  u.  andere  Geschichts- 
•\verke  —  Viau(dj,  Theophile  de,  geb.  zu  Bousseres  (Lot-et-Gar.)  1590, 
gest.  zu  Paris  1626.  Satiriker.  CE.  1621  u.  1656  —  Vigny,  Alfred- 
Victor  de,  geb.  zu  Loches  (Indre-et-Loire)  1797,  gest.  zu  Paris  1863. 
Poemes  1822.  Eloa,  ou  la  soeur  des  Anges  1824.  Poemes  antiques  et  mo- 
dernes 1826.  Les  Destinees,  poesies  posthumes,  p.  p.  L.  Ratishonne  1864. 
HlSTORLscHER  RoMAN :  Ciuq-Mars  1826.  Dhamex  ;  la  Marechale  d'Ancre 
1831,  Chatterton  1835,  Uebersetzung  von  Shakespeare's  Othello  1829  — 
Villemain,  Abel-Franco is ,  geb.  1790  zu  Paris,  gest.  ebenda  1870, 
Verfasser  des  bekannten  »Cours  de  litterature  frcse«  (s.  oben  S.  305i  u.  an- 
derer litterargeschichtlicher  u.  geschichtlicher  Werke  —  Voiture,  Vin- 
cent, geb.  zu  Amiens  1598,  gest.  zu  Paris  1648.  Poesien^  iSonett  Urania). 
Briefe.  Neuere  Ausg.  von  Ubicim  1855.  2  Bde.,  u.  von  Rorx  1856  :W. 
List,  Syntakt.  Studien  über  V.,  in:  Franz.  Stud.  I  Ij  —  Voltaire,  Fran- 
coi s-Marie- Aro uet  de,  geb.  zu  Chiitenay  bei  Sceaux  20.  2.  16!t4,  gest. 
zu  Paris  30.  5.  1778.  Dr.\men  :  (Edipe  1718.  Marianne  1724.  Brutus  1730. 
Eriphyle  1732.  Zaire  1732.  Adelaide  du  Guesclin  1734.  La  Mort  de  Ceaar 
1735.  Alzire  1736  (?).  L  Enfant  prodigue,  comedie  1736.  Mahomet  1741. 
Merope  1743.  Semiramis  1748.  Nanie,  comedie  1749.  Oreste  1750.  Ecos- 
saise,  comedie  1760.  L'Orjjhelin  de  la  Chine  1755.  Tancrede  1760.  Irene 
1798.  Epische  UicnTiNOEN:  la  Henriade  1728.  La  Pucelle  1754.  La 
Guerre  civile  de  Geneve  1768.  Romane  u.  Novellen:  Zadig  174*^.  Can- 
dide  1759.  Ges(  hicutswerke  :  Hist.  de  Charles  XII  1731.  Siecle  de 
Louis  XIV  1752.  Hist.  de  Russie  1759  63.  Histoire  du  parlement  de  Paris 
1769.  Einige  der  rniLosoPHiscHEN  Schriften:  Lettres  anglaises  1733. 
Diatribe  du  docteur  Akakia  1752.  Essai  sur  les  mceurs  1756.  Dictionnaire 
philosophique  1764.  Questions  sur  les  rairacles  1765.  La  Bible  enfin  ex- 
pliquee  1776.  Ausserdem  viele  andere  Prosawerke,  darunter  auch  "Com- 
mentaires  sur  Corneille«.  Umfangreiclie  Correspondenz.  Ueber  den  gesamm- 
ten  Umfang  der  schriftstellerischen  Thätigkeit  V.'s  vgl.  QrKUAUD,  Biblio- 
graphie voltairienne  1S41.  Gesamnitausgaben  erschienen  zu  Kehl  17^5/89 
70  Bde.,  zu  Paris,  besorgt  von  Bei'CHOT,  1829/34  70  Bde.,  zu  Paris,  be- 
sorgt von  MoLAND,  1878  tf.  (Uesnoiresterres,  Voltaire  et  la  societe  frcse 
au  XVnie  s.  1867/76.  8  Bde.;  U.  Str.vuss,  V.,  sechs  Vorträge.  2.  Aufl. 
Leipzig   1870:    J.  PoRTON ,    Life   of   V.  London    1881;     11.  Maurenuoltz, 


Litteraturgcschichle.  367 

Voltaire-Studien.  Beiträge  zur  Kritik  des  Historikers  u.  Dichters.  Oppeln 
1882;  V.  im  Urtheile  der  Zeitgenossen.  Üppeln  1SS3;  V.s  Leben  u.  Werke. 
2  Bde.  Oppeln  1  '^SS ;  Zur  Korrespodenz  V.'s,  in :  Ztschr.  f.  nfrz.  Spr.  u. 
Lit.  IV  248.  und:  Voltaire- Analekten,  in:  Ztschr.  f.  nfrz.  Spr.  u.  Lit. 
V  53;  E.  FiEKUxr.ER,  V.  als  Tragiker.  Olmütz  1882  Progr. ;  JCrgens, 
Die  dramatischen  Theorien  V.'s.  Münster  l>>8ö  Diss. ;  K.  Auülph,  V.  et  le 
the&tre  de  Shakespeare.  Sorau  1883  Progr. ;  Broglie,  L'ambassade  de  V.  ä 
BerUu,  in:  R.  d.  d.  M.  18S4  LXU  481;  J.  G.  Hagema.nn,  Ueber  V.'s 
Essai  s.  les  mo-urs.  Leipzig  1S85  Diss.;  W.  Kreitex,  V.,  ein  Charak- 
terbild. 2.  Aufl.  Freiburg  i.  B.  18S.5;  E.  Stengel,  Der  Briefwechsel  V.s 
mit  Landgraf  Friedrich  IL  von  Hessen,  in:  Ztschr.  f.  nfrz.  Spr.  u.  Lit. 
I  231,  vgl.  VII  71  u.  173;  G.  Bexgesco,  V.,  bibliographie  de  ses  oeuvres 
1885.  3  Bde.;  L.  Mohr,  Les  Centenaires  de  V.  et  de  J.-J.  Rousseau. 
Apercu  bibliographique  1882). 

Zola,  Emile,  geb.  zu  Paris  2.  4.  1840.  Contes  ä  Ninon  1864.  La 
Confession  de  Claude  1865.  Therese  Raquin  1867.  Madeleine  Ferat  1868. 
Les  Rougon-Macquart.  histoire  naturelle  d'une  famille  sous  le  second  em- 
pire  1871  ff.  i davon  die  einzelnen  Theile  unter  den  Sondertiteln:  la  For- 
tune des  Rougou,  la  Curee,  le  Ventre  de  Paris,  la  Conquete  de  Plassans. 
la  Faute  de  labbe  Mouret,  Son  Excellenee  Eugene  Rougon,  1  Assommoir, 
Une  Page  d'amour,  Nana  etc.).  Einzelne  der  Romane  Z.'s  sind  von  ihm 
selbst  dramatisirt  -worden.  Ausserdem  hat  Z.-  kritische  u.  litterargeschicht- 
liche  Schriften  verfasst,  in  denen  er  den  »naturalisme«  theoretisch  zu  ver- 
theidigen  versucht  hat  0.  Weltex,  Zola- Abende  bei  Frau  von  S.  Eine 
kritische  Studie  in  Gesprächen.  Berlin  18S3  . 

§  5.  Uebersicht  über  die  Geschichte  der  fran- 
zösischen Litteratur. 

1.  Die  ältesten  geschichtlich  nachweisbaren  l^ewohuer 
Nordfrankreichs ,  die  Kelten ,  besassen  Dichtungen  rhythmi- 
scher Form,  welche  jedoch  nicht  schriftlich  fixirt,  sondern  nur 
gedächtuissmässig  überliefert  wurden  (vgl.  Caes.,  B.  G.  VI  14;. 
Bezüglich  des  Inhaltes  und  der  Beschaffenheit  dieser  Dichtun- 
gen ist  man  lediglich  auf  A'ermiithungen  angewiesen,  da  nichts 
von  ihnen  erhalten  ist  und  bestimmte  Angaben  über  sie  feh- 
len. Es  muss  demnach  auch  ganz  dahingestellt  bleiben,  ob 
und  bzw.  in  welcher  Weise  das  gallische  Keltenthum  auf  die 
entstehende  französische  Litteratur  eingewirkt  und  deren  spä- 
tere Entwickelung  beeinflusst  hat.  Hervorgehoben  aber  muss 
werden,  dass  keltische  Sage  und  Mythe  i Artussage  u.  dgl. i 
erst  von  England  Wales),  vielleicht  auch  von  der  durch  bri- 
tische Kelten  besiedelten  Bretagne  aus  Eingang  in  die  fran- 
zösische Litteratur  des  Mittelalters  (etwa  von  Mitte  des  12. 
Jahrh.   ab)    gefunden   hat   und   vorwiegend    nur   von  der  höfi- 


368  i^as  Französische. 

sehen  Kunstepik,    nicht   aber   von  der  volksthümlichen  Dich- 
tung,  als  Stoffquelle   benutzt  worden  ist. 

Ilülfsmittel  für  das  Studium  keltischer"  Sprache  und  Lit- 
teratur  sind  oben  S.    12  angegeben  worden. 

2.  Aus  dem  zur  römischen  Provinz  gewordenen  Gallien 
sind  zahlreiche  namhafte  lateinische  Dichter  und  Prosaisten 
hervorgegangen  (vgl.  oben  S.  15  u.  S.  42  f.  ,  wie  denn  über- 
haupt in  dem  römischen  Gallien  ein  sehr  reges  litterarisches 
Leben  sich  entfaltete  und  eine  lateinische  Litteratur  sich  ent- 
wickelte ,  welche  in  mancher  Beziehung  ein  eigenartiges  Ge- 
präge trug  und  Ansätze  zu  einer  Art  von  nationaler  Indivi- 
dualisirung  erkennen  lässt.  Diese  gallisch-lateinische  Littera- 
tur, welche  übrigens  etwa  vom  3.  Jahrh.  n.  Chr.  ab  vorwie- 
gend auch  eine  christliche  war ,  besitzt  für  den  französischen 
Philologen  hohes  Interesse,  indem  in  ihr  mehrfach  Tendenzen 
und  Erscheinungsformen  hervortreten ,  welche  später  für  die 
französische  Litteratur  charakteristisch  geworden  sind.  Man 
ist  selbst  berechtigt,  die  gallisch-lateinische  Litteratur  als  zur 
französischen  Litteratur  im  weiteren  Sinne  des  Wortes  gehörig 
zu  betrachten,  wie  dies  denn  auch  in  der  Histoire  litteraire 
de  France  geschehen  ist. 

3.  Da  das  Latein,  wenn  auch  in  mehr  oder  weniger  ent- 
arteter Gestalt,  bis  in  das  späte  Mittelalter  hinein  die  fast 
ausschliessliche  Sprache  der  Wissenschaft  und  der  Kirche  blieb 
und  da  es  auch  bis  etwa  zur  Mitte  des  12.  Jahrh.  vielfach 
das  Organ  der  an  die  hölieren  Stände  sich  wendenden  Poesie 
war,  so  fand  die  sich  allmählich  entwickelnde  französische 
Sprache  zunächst  und  auf  Jahrhunderte  hinaus  nur  innerhalb 
der  volksthümlichen  Dichtung  Verwendung.  Ueber  den  (-ha- 
rakter  des  Altfranzösischen  vgl.   oben  S.   ä2  ff. 

4.  Die  Anfänge  der  französischen  Litteratur  (Poesie)  lie- 
gen im  Dunkel.  Höchst  wahrscheinlich  ist  jedoch  ,  dass  be- 
reits in  der  Merovingerzeit  eine  unter  germanischem  Einflüsse 
stehende  und  an  die  germanische  Heldensage  sich  anlehnende 
epische  Volksdichtung  in  französischer  Sprache  entstand ;  so 
scheinen  z.  B.  die  Kriege  Chlotars  I  gegen  die  Sachsen  (554 
u.  555)  Gegenstand  epischen  \'olksgesanges  geworden  zu  sein 
(das  »Faro-Lied« :  De  Chlofhario  ent  canere  rege  Francorum,  \ 
qui   icit  pur/nare    in  gentem   Saxonum.    \    Quam    graritcr  prore- 


I 


Litteraturjjescliichte.  309 

nissef  7}iisin's  Saxo/iuPK  \  si  iion  fuisscf  iitclufiis  Furo  de  gente 
Burgundionum! ,  überliefert  mit  der  vorausgeschickten  lienier- 
kiing  »cannen  publicum  juxta  rusticitatem  per  omnium  volita- 
bat  ora  ita  canentium.  feminaeque  choros  inde  plaudeiulo  com- 
ponebaut«  von  dem  heil,  llildegar  ^"1"  S75  als  Bischof  von 
Meaux]  in  der  Vita  s.  Faronis  [b.  Mabillon,  Acta  S.S.  Ord. 
S.  Jiened.  II  616  f.];  Hildegars  Quelle  war  wiederum  eine 
Vita  des  heil.  Kilian ,  vgl.  Rajna  ,  Le  origini  dell'  epopea 
francese  p.  120  fF.  u.  279  ff.,  nach  Rajxa's  Angaben  sind  die- 
jenigen Nyrop's  .  Den  oldfranske  Heltedigtning ,  p.  S  f. .  zu 
berichtigen  1 . 

Spuren  und  Nachklänge  des  merovingischen  Epos  sind, 
wenigstens  sehr  wahrscheinlich,  noch  in  den  späteren  Chan- 
sons de  geste  Floovent  etc..  s.  oben  S.  320  zu  erkennen, 
Bemerkenswerth  ist  jedenfalls,  dass  in  der  Chansons-de-geste- 
Dichtung  die  Gestalt  Karls  d.  Gr.  häufig  Züge  zeigt,  welche 
zweifellos  ursprünglich  seinen  Vorfahren  Karl  Martell  und 
Pipin  zukamen. 

5.  Das  älteste  erhaltene  französische  Sprachdenkmal  sind 
die  Eidschwüre  von  Strassburg  542  .  das  älteste  umfänglichere 
französische  Gedicht,  welchem  ein  ästhetischer  Werth  zukommt 
und  von  dessen  Entstehungszeit  vermuthlich  zwischen  1066 
und  1099.  vgl.  G.  Paris  in  Eom.  XI  400]  ab  die  französische 
Litteratur  im  eigentlichen  Sinne  des  Wortes  datirt  werden 
kann,  ist  das  Rolandslied  in  der  Oxforder  Redaction  s.  oben 
S.   330  f .  . 

In  dem  Zeiträume  zwischen  der  Abfassung  der  Eidschwüre 
und  derjenigen  des  Oxforder  Rolandsliedes  sind  folgende 
Sprachdenkmale  entstanden:  a)  das  Eulalialied,  b)  das  Jonas- 
fragment oder  das  Fragment  von  Valenciennes,  c)  das  Leode- 
garlied.  d  die  Passion,  e  der  Sponsus,  f)  das  Fragment  einer 
Paraphrase  des  Hohen  Liedes ,  g)  die  Stephansepistel  epitre 
farcie  .  fh)  das  Alexanderfragment  des  Alberich  von  Eesaucon], 
i)   das  Alexiuslied    L) . 

Der  ästhetische  Werth  der  sämmtlichen  ältesten  Sprach- 
denkmäler ist  entweder  gleich  Xull  oder  doch  ein  äusserst 
geringer,  dagegen  besitzt  ein  jedes  von  ihnen  in  anderer  Be- 
ziehung ein  hohes  und  eigenartiges  philologisches  Interesse : 
die  Eidschwüre    durch   den  Umstand .    dass  ihr  Text  von  Nit- 

Körting,  Encyklüpüdie  d.  rom.  Phil.  111.  24 


370  ^^^  Französische. 

hard  sowohl  in  französischer  als  auch  in  althochdeutscher  Fas- 
sung überliefert  ist ;  das  Eulalialied  durch  seine  merkwürdige 
rhythmische  Composition:  das  Jonasfragment  durch  das  ihm 
eigene  wunderliche  Gemisch  von  Latein  und  Französisch,  von 
Currentschrift  und  tironischen  Noten ;  das  Leodegarlied  und 
die  Passion  durch  ihre ,  starke  Mischung  zwischen  Provenza- 
lisch  und  Französisch  zeigende,  Sprache;  der  Sponsus  durch 
seine  dramatische  Form ;  das  Hohe  Lied  durch  seine  eigen- 
artige Orthographie ;  das  (wahrscheinlich  hesser  der  proven- 
zalischen  Litteratnr  beizuzählende  Alexanderfragment  durch 
seine  dialektische  Sprachform;  das  Alexiuslied  (in  der  Lamb- 
springer  Redaction)  durch  die  Naivetät  seiner  Erzählung  und 
durch  die  verhältnissmässige  Reichhaltigkeit  des  in  ihm  ent- 
haltenen sprachlichen  Materiales. 

Die  ältesten  Prosawerke  der  französischen  Litteratur  sind 
der  Cambridger  und  der  Oxforder  Psalter,  die  Uebersetzung 
der  vier  Bücher  der  Könige,  der  französische  Text  der  Pre- 
digten des  heil.  iJernhard ,  die  Uebersetzung  der  Dialoge  des 
Papstes  Gregor  d.  Gr.,  das  Geschichtswerk  äes  A'illehardouin 
und  dasjenige  Joinville's. 

Leber  Ausgaben  der  ältesten  Sprachdenkmäler  u.  dgl.  s. 
oben  S.   312  u.   ;U9. 

6.  Innerhalb  der  französischen  Litteratur  des  Mittelalters 
nimmt,  sehr  im  Gegensatze  zu  derjenigen  der  Neuzeit,  das 
Epos  die  hervorragendste  und  bedeutsamste  Stellung  ein. 

Die  altfranzösische  Epik  entlehnt  ihre  Stoffe  vorwiegend : 
a)  der  nationalen  Sage  (Karlssage  im  weiteren  und  enge- 
ren Sinne,  mit  welcher  die  Rolandssage  aufs  innigste  verbun- 
den ist)  ;  b)  der  keltischen  Sage  (Sage  von  König  Artus 
und  seiner  Tafelrunde,  lAvein-,  Gawain-,  Lancelotsage  etc.. 
Tristansage),  mit  welcher  die  Sage  vom  Graal  in  Verbindung 
gesetzt  wurde ,  ohne  dass  sie  jedoch  keltischen  Ursprunges 
wäre;  c)  der  antiken  Sage  (Troja-,  Aeneas-,  Oedipus-,  Cä- 
sarsagre  etc.).  M 


1)  Vgl.  BooEL  im  Eingange  seiner  Chanson  des  Saisnes : 
Ne  sollt  qite  trois  matteres  a  titil  home  evteudmtt  : 
de  Fra)ice  et  de  lirtfiiüjne  et  de  liiitne  la  r/riint. 
Et  de  ces  trois  matieres  it'i  a  iiule  semhlaut : 
li  conte  de  Bretaicpie  snnt  si  vahi  et  jilaisatit, 
eil  de  lioitie  sont  saqe  et  de  sa»  aprevmä, 
eil  de  France  de  voir  cliascii»  jnr  apparant. 


Litteraturgeschichte.  371 

7.  Die  nationale  Sagfenstoffe  heluindelnden  Epen,  die 
sogenannten  c h  a  n s o n s  de  ge s  t e ,  sind  Erzeugnisse  der 
volksth  um  liehen  Dichtimg,  wie  dies  schon  durch  ihre 
hald  kernig  gedrungene,  hald  inihehülflich  breite,  immer  aber 
naive  und  schlichte  Sprache  bekundet  wird ;  ihre  rhythmische 
Form  ist  ursprünglich  der  Zehnsylbner  (mit  der  Cilsur  nach 
der  vierten  Sylbe  ,  neben  welchem  aber  schon  früh,  z.  ]i.  in 
der  Karlsreise ,  der  Alexandriner  erscheint  und  im  Laufe  der 
Zeit  mehr  und  mehr  zur  Alleinherrschaft  gelangt.  Die  Vers- 
bindung wird  in  älteren  Dichtungen  durch  den  Yocalreim 
(Assonanz),  in  jüngeren  durch  den  Vollreim  bewirkt;  die 
Verszahl  der  einzelnen  Assonanz-  oder  Reimcomplexe  (Tira- 
den,  laisses  monorimes)  ist  sehr  schwankend.  In  Compo- 
sition,  Styl  und  llhythmus  war  das  volksthümliche  Epos  be- 
rechnet' für  den  mündlichen  Vortrag ,  unter  Musikbegleitung 
durch  gewerbsmässige  Sänger  (Trouveres) ,  welche  keineswegs 
immer  zugleich  auch  Dichter  waren;  darauf  deuten  schon 
mancherlei  Aeusserlichkeiten  hin  (Anreden  des  vortragenden 
Sängers  an  sein  Publicum,  Bitten  um  Ruhe  und  um  Bezah- 
lung, häufige  Wiederholungen,  um  wichtige  Stellen  nach- 
drucksvoll hervorzuheben  und  zum  Bewusstsein  auch  der  weni- 
ger aufmerksamen  Hörer  zu  bringen  u.  dgl.) .  Die  Zuhörerschaft, 
an  welche  der  fahrende  Sänger  sich  wandte ,  war  keineswegs 
eine  exclusive ,  die  minder  gebildeten  Elemente  scheinen 
vielmehr  in  ihr  das  üebergewicht  gehabt  zu  haben,  und  oft 
genug  mag  eine  Chanson  de  geste  selbst  auf  Jahrmarktplätzen 
oder  im  bewegten  Getümmel  fröhlicher  Volksfeste  zum  ^  or- 
trage gelangt  sein.  Charakteristisch  für  die  volksthümliche 
Epik  ist  die  Tendenz,  die  ursprünglich  gegebene  Einzelsage 
cyclisch  zu  erweitern,  indem  nicht  nur  die  Schicksale  eines 
bestimmten  Helden  (z.  B.  Wilhelm's  von  Orange)  von  einer 
bestimmten  einzelnen  Begebenheit  aus  (z.  B,  der  Eroberung 
einer  Stadt)  einerseits  bis  zu  seiner  Geburt  und  andererseits 
bis  zu  seinem  Tode  verfolgt,  sondern  auch  die  Thaten  sowohl 
seiner  Vorfahren  als  auch  seiner  Nachkommen  in  den  Kreis 
der  poetischen  Erzählung  einbezogen  wurden.  Die  Wirkung 
dieser  Tendenz  war  das  Entstehen  mehrerer  grosser  epischer 
Cyclen,  welche  die  Gesammtgeschichte  eines  Helden-  oder 
Verräthergeschlechtes  (Geschlecht  :=  geste,   daher  Chansons  de 

24* 


372  l^^s  Französische. 

geste)  in  einer  Keilie  von  mehr  oder  weniger,  oft  nur  sehr 
lose,  inhaltlich  zusammenhängenden,  einander  voraussetzen- 
den ,  fortsetzenden  und  ergänzenden  Einzelepen  behandelten . 
80  entstanden  die  Cyclen  von  Guillaume  d'Orange  und  von 
Doon  de  Mayence ;  so  schlössen  sich  die  Karls-  und  Kolands- 
epen  zu  einer  Art  von  Einheit  zusammen  und  bildeten  in 
ihrer  Gesammtheit  einen  grossen  Cyclus,  der  Alles  umfasste. 
was  Volkssage  und  frei  schaffende  Dichtung  über  die  Schick- 
sale und  Thaten  der  Helden  zu  berichten  wussten.  Die  cykli- 
schc  Einheit  blieb  aber  stets  nur  eine  sehr  lockere ,  zu  einer 
künstlerischen  und  harmonischen  Verbindung  der  einzelnen 
Theile,  durch  welche  die  zwischen  den  letzteren  bestehenden 
Widersprüche  und  Lngleichmässigkeiten  aufgehoben  worden 
wären,  gelangte  die  volksthümliche  Epik  nicht.  So  verharrte 
das  cyklische  Heldengedicht  der  Altfranzosen  auf  einer  ver- 
hältnissmässig  niederen  Entwickelungsstufe ,  die  künstlerische 
Durchbildung  inid  A  ollendung  wurde  ihm  nicht  zu  Theil,  es 
verblieb  vielmehr  eine  ungegliederte  Materialienmasse,  in  wel- 
cher die  Adern  poetischen  Goldes  oft  genug  verdeckt  und 
überschüttet  sind  von  wüsten  Haufen  werthlosen  Gesteins. 
Und  was  von  dem  epischen  Cyclus  gilt,  das  gilt  im  Wesent- 
lichen auch  von  dem  epischen  Einzelgedicht:  auch  in  ihm  ist 
die  Coniposition  oft  genug  unbeholfen  roh  .  höchstens  in  den 
Grundzügen  einigermassen  durchgeführt ,  im  Einzelnen  aber 
jeder  Ausfeilung  und  Durcharbeitung  entbehrend ;  auch  in  ihm 
ist  das  dichterische  Edelmetall  oft  verhüllt  von  den  massigen 
Schlacken  trivialer  Gedanken  und  breitspurigen  Wortschwalls. 
Alles  in  Allem  genommen  wird  man  den  Erzeugnissen  der 
Chansons-de-geste-Dichtung  nur  einen  relativen ,  nicht  einen 
absolut  ästhetischen  Werth  zuzuerkennen  vermögen,  wird  ein- 
gestehen müssen,  dass  sie  sich  nicht  als  ebenbürtig  etwa  den 
griechischen  Epen  zur  Seite  stellen ,  sondern  weit  eher  mit 
den  formlosen  epischen  Dichtungscoraplexen  der  Inder  ver- 
gleichen lassen.  Der  Aesthetiker  also  wird  oft  genug  ein  im 
Wesentlichen  abfälliges  Urtheil  über  die  einzelnen  Chansons 
de  geste  und  deren  cyklischen  Complexe  auszusprechen  sich 
für  berechtigt  erachten.  Für  den  Litterar-  und  den  Cultur- 
historiker  dagegen  werden  eben  diese,  ästhetisch  so  fragwür- 
digen Dichtungen  Gegenstand   höchsten  Interesses  sein,    denn 


Littcraturgeschiclite.  ;^  7 '.) 

der  erstere  wird  in  ilineu  eine  kamn  irj;eiuhvo  andorwürts 
wieder  geboteue  Gelegenheit  für  das  Stiidiuin  der  Kntwicki'- 
hiugsgesetze  des  Epos,  der  letztere  aher  ein  geradezu  uner- 
schö])flic'lies  Material  für  die  Erkenntiüss  der  Culturzustände 
des  Mittelalters  tinden. 

Die  Anfänge,  bzw.  die  ersten  (freilich  nicht  erhaltenen) 
Erzeugnisse  der  nationale  Stoffe  behandelnden  Epik  gehören 
zweifelsohne  bereits  der  Merovingerzeit  an  (vgl.  oben  No.  4;, 
aber  freilich  entbehren  wir  bezüglich  ihres  Inhaltes  und  ihrer 
formalen  Beschaffenheit  der  positiven  Erkenntniss  und  sind  des- 
halb auf  das  Ergebniss  combinatorischer  Schlüsse  angewiesen, 
welche  indessen  (Dank  namentlich  der  genialen  Forschung 
Kajna's^  einen  ziemlich  hohen  Grad  von  Sicherheit  besitzen. 
Das  sogenannte  Haager  Fragment  überliefert  uns  das  Bruch- 
stück einer  vermuthlich  im  10.  Jahrh.  (aus  dem  Französi- 
schen, vielleicht  allerdings  auch  aus  dem  Provenzalischen)  in 
das  Lateinische  übersetzten  Chanson  (vgl.  G.  Paris,  Histoire 
poet.  de  Charlem.,  p.  50  f.  u.  465  ff.).  Die  ältesten  vollstän- 
dig erhaltenen  Chansons  sind  das  Oxforder  Rolandslied  und 
die  Karlsreise,  Avelche  höchstwahrscheinlich  beide  im  letzten 
Viertel  des  11.  Jahrh.  entstanden  sind  ;vgl.  G.  Paris  in  Rom. 
XI  400  und  H.  Morf  in  Rom.  XIII  li.  Auf  ein  relativ  hohes 
Alter  darf  auch  das  Fragment  von  Gormond  et.  Isembart  An- 
spruch erheben  .  schon  wegen  der  Achtsylbigkeit  seiner  asso- 
nirenden  Verse. 

Keine  einzige  Chanson  de  geste  ist  in  ihrer  ursprüngli- 
chen Abfassungsform,  sondern  nur  in  (einer)  mehr  oder  weni- 
ger späten  Redaction(en)  überliefert,  z.  B.  das  Oxforder  Ro- 
landslied setzt  ein  ziemlich  weit  zurückliegendes  Original  X 
voraus,-  der  überlieferte  Text  der  Karlsreise  ist  anglo-norman- 
nisch ,  während  das  Original  francisch  gewesen  sein  muss. 
Aufgabe  der  höheren  Textkritik  ist  es,  aus  der  (den)  erhalte- 
nen Redaction(en(  das  verlorene  Original  zu  reconstruiren, 
eine  Aufgabe ,  welche  freilich  in  vollem  Umfange  und  mit 
voller  Sicherheit  nie  gelöst  werden  kami.  Häufig  liegt  die- 
selbe Dichtung  in  mehreren,  zeitlich  von  einander  getrennten 
Redactionen  vor  so  z.  B.  das  Rolandslied,  das  in  älterer  Fas- 
sung von  den  Hdss.  O  und  V*  [bis  v.  3S61],  in  jüngerer  Fas- 
sung [Roman  de  Roncevall   von  den  übrigen  Hdss.   überliefert 


374  üas  Französische. 

ist).  In  solchem  Falle  gilt  es,  auf  kritischem  Wege  die  älteste, 
bzw.  die  beste  Fassung  herauszufinden  und  das  Filiationsver- 
hältniss  der  einzelnen  Redactionen  festzustellen.  Ueberdies 
aber  gewährt  ein  derartiger  Fall  Gelegenheit  zu  interessanten 
und  lehrreichen  Beobachtungen  über  die  Entwickelung  des 
betr.  Sagenstoffes  und  über  den  Fort-  oder  Kückschritt  der 
epischen  Kunst.  Im  Allgemeinen  wird  man  urtheilen  müssen, 
dass  die  späteren  Bearbeitungen  Verbreiterungen  und  Ver- 
schlechterungen der  früheren  sind. 

Die  spätere  Chansons-de-geste-Dichtung  hat  nicht  selten 
auch  Stoffe  behandelt.  Avelche  (wie  z.  B.  die  Huon-Sage,  die 
Jourdains-SagCi  ursprünglich  der  nationalen  Karlssage  durch- 
aus fem  standen  und  erst  künstlich  in  einen  äusserlichen  Zu- 
sammenhang mit  ihr  gesetzt  werden  mussten:  derartige  Dich- 
tungen charakterisiren  sich  schon  dadurch,  dass  in  ihnen  Karl 
d.  Gr.  als  eine  rein  nebensächliche,  nur  gelegentlich  auftre- 
tende, fast  müssige  Gestalt  erscheint.  Ueberhaupt  nähert  sich 
in  ihren  späteren  Ausläufern  die  Chansön-de-geste-Epik  mehr 
und  mehr  dem  Abenteuerromane,  und  dadurch  wird  es  er- 
klärlich, dass  sie,  nach  Italien  verpflanzt,  dort  jener  roman- 
tischen und  phantastischen  Kolandsdichtung,  die  in  Ariost's 
Orlando  furioso  ihren  Höhepunkt  erreichte,  das  Leben  zu  ge- 
ben vermochte. 

Die  Dichter  der  Chansons  de  geste  lieben  es,  sich  in 
nachdrucksvoller  Weise  auf  irgend  welche  geschichtliche  Quelle 
(Chronik  von  Saint -Denis  u.  dgl.)  zu  berufen,  um  dadurch 
ihrem  Sänge  grössere  Glaubwürdigkeit  zu  verleihen.  Solche 
Berufungen  sind  aber  als  blosse  conventionelle  Formeln  auf- 
zufassen. In  Wirklichkeit  ist  die  Chansons-de-geste-Dichtung 
unabhängig  von  der  geschriebenen  Geschichte  und "  beruht 
—  abgesehen  von  den  willkürliclieu  Erfindungen  einzelner 
Dichter  —  lediglich  auf  der  volksthümlichen  Ueberlieferung ; 
wie  sehr  dieselbe  aber  die  geschiclitliche  Wahrheit  in  hyper- 
bolischer Weise  und  oft  mit  ganz  bestimmter  Tendenz  umzu- 
gestalten vermocht  hat,  kann  z.  B.  das  Rolandslied  beweisen, 
in  welchem  der  von  der  Geschichte  kaum  genannte  »comes 
limitis  britanniciw  zum  Neffen  des  Kaisers,  zum  gewaltigen 
Heerführer  und  siegreichen  P]roberer,  zum  glaubensfrohen  \ot- 
kämpfer  der  Christenheit   erhoben  worden  ist   und  der  Veber- 


Litteraturgeschichte.  37.') 

fall,  von  ■welchem  die  fränkische  Nachhut  Seitens  haskischer 
Käiiberhoiden  heimgesucht  wurde,  sich  in  einen  gewaltigen, 
durch  tückischen  Verrath  heraufbeschworenen  Kampf  zwischen 
Christen  und  Heiden  umgewandelt  hat. 

Die  Chansons-de-geste-Dichtung  wurzelt  so  sehr  in  der 
\'olkssage ,  dass  die  Persönlichkeit  des  Dichters  meist  völlig 
zurücktritt  und  dass  derselbe  nur  als  das  aussasrende  Orgran 
des  volksthümlichen  Denkens  und  Empfindens  erscheint.  Dar- 
aus erklärt  sich  auch  zu  einem  Theile  die  grosse  Gleichför- 
migkeit und  Fonnelhaftigkeit  der  Darstellung,  die  vielfach  sich 
zeigende  Schablonenmässigkeit  der  Anlage  und  was  derartiger 
Mängel  mehr  sind.  Namentlich  ist  noch  hervorzuheben  ,  dass 
der  Mangel  an  dichterischer  Individualität  eine  grosse  Man- 
gelhaftigkeit in  der  Zeichnung  der  individualen  Charaktere 
zur  nothwendigen  Folge  hat:  die  handelnden  Personen  sind 
ganz  einseitig  aufgefasst  und  haben,  weil  ihr  Thun  nicht  hin- 
reichend psychologisch  begründet  ist,  etwas  Marionnettenhaftes 
an  sich;  bestimmten  Gestalten,  wie  z.  B.  derjenigen  Karls 
d.  Gr..  pflegen  ganz  formelhaft  bestimmte  physische  oder  ethi- 
sche Eigenschaften  beigelegt  zu  werden,  selbst  da  oft.  wo  der 
innere  Zusammenhang  der  Erzählung  das  Gegentheil  erfordert 
hätte.  Am  übelsten  ergeht  es  den  weiblichen  Charakteren, 
da  sie  überhaupt  nur  schattenhaft  skizzirt  werden  und  meist 
mit  einer  nahezu  Statistenhaften  Rolle  sich  begnügen  müssen. 
Daraus  folgt  wieder,  dass  das  erotische  Element  oder,  was 
hier  dasselbe,  das  Motiv  der  Liebe  auch  nicht  entfernt  zu  der 
Geltung  gelangt,  welche  nach  moderner  Anschauung  ihm  gebührt. 

S.  Etwa  von  Mitte  des  12.  Jahrh.  ab  entwickelte  sich 
neben  der  allmählich  verfallenden  Chansons-de-geste-Dichtung 
eine  an  die  ritterliche  Gesellschaft  sich  wendende  höfische 
Kunstepik.  Diese  entlehnte  ihre  Stoffe  mit  Vorliebe  der  kel- 
tischen .  bzw.  wallisischen  Artussage ,  welche  durch  Gott- 
fried's  V.  MoxMOUTH  7  1154)  Pseudogeschichtswerk  /Historia 
regum  Britonum«  auch  in  Frankreich  bekannt  geworden  war 
xmd  in  Wace's  »Brut«  die  erste  poetische  Bearbeitung  gefun- 
den hatte:  möglich,  dass  auch  aus  der  keltischen  Bretagne 
keltische  Sagenstoff'e  in  das  romanische  Frankreich  eingeführt 
wurden.  Mit  der  Artussage  verwob  sich  die  Sage  vom  heil. 
Graal.   dessen  erster  Hüter.  Joseph  v.  Arimathia.   der  Legende 


376  I^fis  Französische. 

nach  der  Apostel  Britanniens  gewesen  war  und  folglich  Be- 
ziehung zur  britischen  Geschichte  zu  haben  schien.  Die  Ar- 
tussage Avie  die  Graalsage  hatten  den  Reiz  der  vollsten  Ro- 
mantik und  anziehender  Vielgestaltigkeit  für  sich  und  lockten 
überdies  durch  ihres  Inhaltes  wirkliche  oder  doch  vermeintliche 
Tiefsinnigkeit,  welche  der  Mystik  weiten  Raum  gewährte  zu 
geistvollem  Spiele  mit  religiösen  und  sittlichen  Ideen.  So  be- 
sassen  diese  Sagen  die  erforderlichen  Eigenschaften,  ixm  in 
poetischen  Bearbeitungen  die  romantisch  gestimmte  und  reli- 
giös erreffte  Gesellschaft  des  auf  der  Höhe  seiner  Cultur 
stehenden  Mittelalters  fesseln  und  ebensowohl  ihrer  reizbaren, 
immer  nach  Neuem  trachtenden  Phantasie  als  auch  ihrer  Nei- 
gung zu  mystischer  Reflexion  Befriedigung  bieten  zu  können. 
Die  Gefahr  freilich ,  in  eine  entweder  sinnlich  angehauchte 
oder  auch  matt  sentimentale  und  triviale  Novellistik  auszuar- 
ten, drohte  der  Artus-  und  Graaldichtung  von  Anfang  an  und 
verwirklichte  sich  rasch.  Spuren  des  Verfalles  sind  schon  in 
den  Abenteuerromanen  des  Ckestiexs  von  Tboyes  zu  erken- 
nen, also  bei  demjenigen  Dichter,  welcher  mit  Recht  als  der 
geistvollste  und  gewandteste  Vertreter  der  Kunstepik  gilt. 

Der  übliche  Rhythmus  der  höfischen  Dichtung  ist  der 
paarweis  gereimte  Achtsylbler.  Entsprechend  der  grossen  Be- 
weglichkeit und  Flüssigkeit,  Avelche  dieser  Vers  in  dieser  Bin- 
dung verglichen  mit  dem  assonirenden  Zehnsylbler  oder  Ale- 
xandriner besitzt,  ist  auch  die  Darstellung  verhältnissmässig 
lebhaft  und  rasch  vorschreitend.  Indessen  ist  die  Compositiou, 
selbst  bei  Crestiens  J)E  Tkoyes,  nicht  frei  von  Mängeln :  die- 
selben Motive  und  Situationen  erscheinen  zu  häufig  gebraucht, 
zuweilen  (wie  z.  B.  im  Cliges)  fällt  die  Dichtung  in  zwei  Tlieile 
auseinander,  deren  Helden  zwar  verschiedene  sind,  deren  Ent- 
wickelung  aber  im  AVesentlichen  die  gleiche  ist.  Die  Charak- 
terzeichnung zeigt ,  ganz  besonders  hinsichtlich  der  Frauen- 
charaktere, einen  erheblichen  Fortschritt  über  die  in  den 
CÜiansons  de  geste  sich  findende  hinaus,  ist  aber  doch  auch 
noch  sehr  mangelhaft  und  einseitig,  wobei  überdies  zu  beach- 
ten ,  dass  in  Dichtungen ,  Avelche  dem  Uebernatürlicheu  und 
Wunderbaren  einen  so  weiten  Spielraum  vergönnen ,  wie  die 
Abenteuerromane  dies  thun,  die  psychologische  Darstellung 
der   Charaktere    nothwendigerweise   zu    kiirz    kommt .    da   das 


latteraturjjcschichte.  377 

Eingreifen  irgendwelcher  Zaubermäehte  in  den  Gang  der  Hand- 
hing diese  letztere  mehr  oder  weniger  von  dem  menschlichen 
Wollen  nnabhängig  macht  und  folglich  das  menschliche  Thun 
den  Gesetzen  psychologischer  und  selbst  logischer  Entwicke- 
lung  überhebt. 

Ganz  entgegengesetzt  den  Chansons  de  geste,  machen  die 
Abenteuerromane  von  dem  Motive  der  Liebe*  den  ausgedehn- 
testen Gebrauch  und  erheben  es  häufig  zu  dem  treibenden 
Eactor  der  ganzen  Handlung.  Aber  auch  in  dieser  Beziehung 
offenbart  sich  in  ihnen  der  Mangel  an  psychologischer  Kunst, 
oder  aber  man  muss  annehmen,  dass  das  Gefühlsleben  der 
damaligen  Menschen  ein  wesentlich  anderes  war.  als  bei  de- 
nen der  Gegenwart.  Die  Liebe  erscheint  in  den  Abenteuer- 
romanen als  eine  Art  elementarer  Macht,  ja  als  eine  Art  von 
Krankheit,  welche  das  von  ihr  ergriffene  Individuum  in  einen 
Zustand  von  Geistesabwesenheit  versetzt ,  es  seiner  Willens- 
freiheit beraubt  und  zu  ganz  bestimmtem  Handeln ,  das  eher 
ein  Dulden  zu  nennen  ist,  es  nöthigt.  Mag  man  noch  so  ge- 
neigt sein ,  hierin  eine  gewisse  Wahrheit  zu  erkennen .  so 
wird  man  doch  mindestens  eingestehen  müssen,  dass  die  Wahr- 
heit zur  Unwahrheit  gesteigert  worden  ist.  Und  daneben  ist 
zu  bemerken,  dass  die  Auffassung  der  Liebe  in  den  Aben- 
teuerromanen in  Extremen  sich  bewegt,  bald  eine  hyperideale, 
bald  eine  geradezu  gemeinsinnliche  ist;  in  letzterer  Hinsicht 
erscheint  namentlich  bezeichnend,  dass  häufig  die  Frauen  in 
offenster  Weise  die  Initiative  ergreifen,  den  Männern  sich  an- 
bieten, ja  sich  aufdrängen,  und  zwar  nicht  etwa  in  leiden- 
schaftlicher Neigung,  der  mau  Alles  verzeihen  kann,  sondern 
in  rein  sinnlicher  Erregung.  Endlich  wirkt  verletzend  und 
muss  auch  als  ein  Mangel  an  künstlerischer  Composition  an- 
gesehen werden,  dass  die  Liebe  so  oft  zum  Gegenstande  spitz- 
findiger und  sophistischer  Eeflexionen  und  Argumentationen 
gemacht  wird  ^so  z.  B.  im  Cliges  ,  eine  Erscheinung,  welche 
zu  dem  Schlüsse  berechtigt,  dass  das  Gefühlsleben  der  dama- 
ligen Zeit  des  Raffinements  ebensowenig  entbehrte  wie  der 
sinnlichen  Kohheit. 

Zieht  man  zu  alledem  in  Betracht,  dass  in  den  Aben- 
teuerromanen vielfach  eine  entsetzliche  Oede  der  Gedanken, 
ein    geistloses   Witzeln    mit    Begriffen    und   Worten    und    ein 


378  l^^**  Französische. 

Spielen  mit  conventionellen  Phrasen  zu  beobachten  ist,  so  wird 
man  weder  über  diese  Dichtungen,  noch  auch  über  die  Ge- 
sellschaft ,  w  eiche  an  ihnen  sich  erfreute ,  sonderlich  günstig 
zu  urtheilen  vermögen. 

Noch  wenig  aufgehellt  ist  bezüglich  der  Abenteuerromane 
die  Quellenfrage.  Freilich  dass  sie  in  letzter  Instanz,  wenig- 
stens was  die  Artus-  und  Tristandichtungen  anbelangt ,  auf 
keltischen  Mythen  beruhen,  ist  zweifellos,  aber,  da  die  fran- 
zösischen Trouveres  gewiss  nicht  unmittelbar  nach  keltischen 
Vorlagen  gearbeitet  haben ,  so  müssen  vermittelnde  Texte, 
wahrscheinlich  lateinische,  vorhanden  gewesen  sein,  und  eben 
über  diese  fehlt  jede  nähere  Kenntniss.  In  einzelnen  Roma- 
nen (wie  z.  B.  wieder  im  Cliges)  sind  keltische  Stoffe  selt- 
sam gemischt  mit  solchen,  die  nxir  griechischen,  bzw.  byzan- 
tinischen Ursprunges  sein  können ,  ohne  dass  doch  eine  be- 
stimmte Quelle  nachweisbar  wäre.  Man  könnte  versucht  sein, 
überall  da,  wo  der  Quellennachweis  nicht  zu  erbringen  ist,  an 
die  freischaffende  Phantasie  des  Dichters  äu  glauben,  aber  eine 
solche  Annahme  würde  mit  der  sonst  zu  machenden  allgemei- 
nen Erfahrung  im  Widerspruche  stehen,  dass  die  mittelalter- 
liche Poesie  im  Wesentlichen  nur  eine  reproductive  hinsicht- 
lich ihrer  Stoffe  ist. 

Die  Abenteuerromane  mögen  oft  genug  noch  Gegenstand 
mündlichen  Vortrages  durch  berufsmässige  llecitatoren  —  denn 
von  Sängern  wird  man  hier  nicht  mehr  sprechen  dürfen  — 
gewesen  sein,  jedoch  sind  sie  aller  Wahrscheinlichkeit  nach 
vorwiegend  schon  für  die  Lccture  berechnet  gewesen  und  bil- 
den somit  die  Vorstufe  zu  dem  modernen  Prosaromane  .  der 
sich  nur  noch  an  Leser,  nicht  mehr  an  Hörer  wendet. 

Wie  die  Prosanovelle  zum  Prosaromane  verhält  sich  in 
Bezug  auf  Umfang  und  Composition  zum  Versromane  die 
Versnovellc,  das  sogenannte  Lai,  Avelches  überdies  dem  Vers- 
romane auch  hinsichtlich  des  Stoffes  nahesteht,  indem  es,  wie 
jener,  denselben  der  keltischen  Sage  entlehnt,  jedoch  trägt 
das  Lai  einen  volksthümlicheren  Charakter ,  als  der  Roman. 
Unter  den  nicht  eben  zahlreichen  erhaltenen  Lais  sind  dieje- 
nigen, welche  auf  Marik  de  Franck  als  Verfasserin  zurück- 
geführt werden,   die  inhaltlich  und  ästhetisch  Averth vollsten. 

Litteraturangaben  über  den  Abenteuerroman  s.  oben  S.  liuü 


T.itteraturgcschichte.  379 

sowie  in  dem  §  3  we^ebenen  Verzeichnisse  unter  Artussage. 
Ciottfr.  V.  Münmonth ,  Crestiens  v.  Troyes .  Tristiin  n.  dgl. 
Vgl.   auch  Theil  II.    S.   49 4  tf. 

9.  Die  Epen,  in  denen  antike  SagenstofFe.  Trojasage, 
Oedipussage  xi.  dgl.  bearbeitet  worden  sind,  stehen  in  JJe/Aig 
auf  Tendenz,  Anlage  und  rhythmische  Form  den  Abenteuer- 
romanen nahe,  wenden  sicli  auch,  wie  diese,  nur  an  die  höher 
»ebildeten  Stünde,  an  die  ritterliche  Gesellschaft.  Jedoch  ha- 
beu  wenigstens  einige  wichtigere  «classisehe«  Romane  (Troja- 
roman ,  Enfanees  Hector)  auch  mit  den  Chansons  de  geste 
eine  gewisse  Beziehung,  da  im  Mittelalter  die  vermeintliche 
Abstammung  der  Franken  von  den  Trojanern  (sowie  der  drit- 
ten von  Brutus,  der  Normannen,  bzw.  der  Dänen  von  den 
Danaem  als  geschichtliche  Thatsache  geglaubt  und  folglich 
auch  die  Geschichte  Troja's  als  Vorgeschichte  der  Franken 
betrachtet  ward.  Die  betr.  classischen  Komane  erhoben  dem- 
nach den  Anspruch,  als  Bearbeitungen  der  nationalen  Stamm- 
sage zu  gelten. 

Die  classischen  Romane  beruhen  auf  romanhaften  latei- 
nischen Ursprünglich  theils  nachweislich  theils  vermuthlich 
griechischen)  Prosaerzählungen  des  späten  Alterthums,  von 
denen,  wie  es  scheint,  einige  (so  namentlich  die  Trojadich- 
tungen  des  Dares  und  Dictys  im  Mittelalter  in  ausführlicheren 
Redactionen,  als  die  jetzt  vorliegenden  es  sind,  vorhanden 
waren.  Wer  dieser  Annahme  beizustimmen  Bedenken  trägt, 
muss  namentlich  dem  Dichter  des  Roman  de  Troie.  Bexeoit 
DE  Ste-More  ,  eine  sehr  schöpferische  Phantasie  zutrauen, 
vermöge  deren  er  beispielsweise  zur  selbstständigen  Abfassung 
der  Troilus-Briseida-Episode  befähigt  gewesen  sein  könnte; 
gegen  eine  solche  Voraussetzung  aber  lässt  sich  gewiss  mit 
gutem  Grunde  geltend  machen,  dass  derselbe  Beneoit  aller 
Wahrscheinlichkeit  nach  auch  der  Verfasser  der  Chronique  des 
ducs  de  Normandie  gewesen  ist  und  in  diesem  Werke  sich  im 
Wesentlichen  eng  an  seine  lateinische  Quellen  (Dudo  v.  St.- 
Quentin,  Wilhelm  v.  Jumieges  etc.)  angeschlossen  hat,  dass 
es  also  schwer  glaubhaft  erscheint,  er  habe  in  dem  einen 
Werke  so  wenig,  in  dem  andern  so  viel  Phantasie  und  Ori- 
ginalität entfaltet. 

Die  Dichter  der  classischen  Romane,   namentlich  auch  der 


380  1^'is  Französische. 

des  Trojaromanes,  fassen  das  classische  Alteithum  mit  unbe- 
fangenster NaiActät  auf  und  sind  sich  des  inneren  Abstandes 
zwischen  diesem  und  ihrer  eigenen  Zeit  nicht  im  mindesten 
bewusst,  übertragen  vielmehr  ganz  rückhaltlos  die  Cultur- 
zustände  und  Anschauungen  des  Mittelalters  auf  die  griechische 
und  römische  lleldenzeit.  So  wunderlich  dies  Verfahren  in 
seinen  Ergebnissen  vom  wissenschaftlichen  Standpunkte  a\is 
betrachtet  auch  erscheinen  mag,  war  es  doch  in  aesthetischer 
Beziehung  gewiss  das  einzig  Richtige:  die  betreffenden  Dich- 
tungen erhielten  dadurch  das  ihnen  gebührende  heroische  Colorit 
und  überdies  die  Möglichkeit  einer  poetischen  Einwirkung  auf 
die  Menschen  ihrer  Zeit. 

Litteraturangaben  über  den  classischen  Roman  s.  oben  S. 
309,  sowie  in  dem  §  3  gegebenen  Verzeichnisse  unter  l^eneoit 
de  Ste-More,  Enee,  Thebes,  Troie. 

10,  Die  nationale  Sage,  die  keltische  Sage  und  die 
antike  Sage  waren  Avohl  die  hauptsächlichsten,  keineswegs  aber 
die  einzigen  Stoffquellen  der  altfranzösichen  Epik ,  manche 
andere  sind  vielmehr,  noch  daneben  zu  nennen,  so  nament- 
lich die  Heiligenlegende  ,  die  spätgriechische  .  bzw.  die 
byzantinische  Sage,  welche  die  Stoffe  z.  B.  für  Amis  et  Amiles, 
Jourdains  de  Blaivies,  wahrscheinlich  auch  für  Flor  et  Blanche- 
lior  und  Aucassin  et  Nicolete  geliefert  hat  vgl.  auch  oben 
No.  8  Seite  374)  ;  die  Kreuzzugssage,  Avelche  sich  namentlich 
mit  Gottfried  v.  ]5ouillon  und  seinem  Geschlechte  beschäftigt, 
die  Lothringische  Sage,  aus  welcher  die  hochinteressante  Geste 
des  Loherains  hervorgegangen  ist.  die  Sagen  von  Elie  de  St.- 
Gilles,  von  Kaoul  de  Cambrai  und  die  nordische  Sage,  auf 
welche,  ausser  einzelnen  Episoden  der  normannischen  Reim- 
chroniken, vermuthlich  die  Dichtimgen  von  llorn  und  Ilaveloc 
zurückgehen,  wenn  auch  deren  Qviellenverhältniss  noch  nicht 
hinreichend  klargelegt  worden  ist. 

Neben  der  Epik  im  engeren  Sinne  gewinnt  im  \'erlaiife 
des  Mittelalters  auch  die  didaktische  Dichtung  immer  mehr 
und  mehr  Hoden.  Anfangs  sich  mit  einer  sehr  bescheidenen 
Rolle  begnügend  und  im  Wesentlichen  über  die  Erzeugung 
von  Reimpredigten,  von  moralisirenden  Gedichten  in  dialogischer 
Form  (Streit  zwischen  Leib  und  Seele  u.  dgl.i,  von  Reim- 
chroniken  und   von   lehrhaften    Verstractaten.    deren    Themata 


1  ätteraturgoschichte.  38 1 

Kalenderlt'hro  und  fabulöso  Naturjiesc-hiclito  sind  so  im  Cumpoz 
u.  im  lU'stiaiiv  dos  I'uiui'ri;  de  Tuaün,  in  den  Lapidaires  u. 
dij;!.  niilit  hinausgehend,  erweitert  sie  im  i;^.  und  mehr  noch 
im  11.  Jahrhundert  erheblich  ihren  Kreis  und  bezielit  in  den- 
selben die  moralisirenden  Novellcncyclcn  orientalischen  Ur- 
sprunges ein.  nachdem  dieselben  bereits  in  lateinischen  Aver- 
sionen A'erbreitnng  und  Heliebtheit  gefunden  hatten.  So 
werden  die  Dolopathos-  und  8ieben-weise-Meister-l)iclitungen 
geschaffen.  Von  der  zweiten  Hälfte  des  13.  Jahrhunderts  ab 
verbindet  sich  die  didaktische  Epik  gern  einerseits  mit  der 
üppig  emporwuchernden  Allegorik,  andrerseits  mit  der  theo- 
retischen "Wissenschaft  und  stellt  sich  hierbei  öfters  in  den 
Dienst  bestimmter  politischer  und  religiöser  Doctrinen,  sich 
zu  deren  Verfechtung  der  Waffe  der  Satire  bedienend.  Die 
Hauptschöpfung  dieser  so  vielartige  Elemente  in  sich  fassen- 
den Zwitterdichtung  ist  der  Roman  de  la  Rose  des 
GüiLLAUME  DE  LoRRis  (7  ca.  1260  Und  Jeax  de  Meüng  (ca. 
1260 — 1320).  ein  Werk,  dessen  poetische  Bedeutung  ebenso 
gering,  wie  seine  kulturgeschichtliche  gross  ist.  Neben  dem 
allegorisch-satirischen  Epos  grossen  Styles  wird  aber  auch  die 
Pflege  der  ältesten  didaktischen  Dichtungsgattung,  der  Fabel, 
nicht  vergessen :  Aesop  und  Phädrus  werden  in  französischen 
Versen  bearbeitet  ;der  Lyoner  Yzopet  u.  dgl.,  und  die  germa- 
nische (?j ,  bzw.  niederländische  (?i  Thiersage  wird  ziim  Gegen- 
stande eines  grossen  satirischen Thierepos  (Roman  du  Renardl 
gemacht,  dessen  cyklische  Gliederung  in  zahlreiche  »Brauches« 
lebhaft  an  die  Cyclen  der  Chansons- de -geste- Dichtung  er- 
innert. 

Endlich  bemächtigte  sich  die  Epik  auch  der  anekdoten- 
haften Erzählungen,  der  volksthümlichen  Schwanke  und  der 
geflügelten  Witzworte  und  versificirte  sie  in  pikanten,  oft  selbst 
recht  derben  »Fabliaux«. 

So  zeigt  die  altfranzösische  Epik  eine  erstaunliche  Viel- 
seitigkeit und  Fruchtbarkeit  und  bekundet  sich  so  recht  als 
die  während  des  Mittelalters  herrschende  Litteraturgattung, 
womit  Voltaires  bekannter  Ausspruch,  dass  der  französische 
\  olksgeist  für  das  Epos  nicht  beanlagt  sei,  hinreichend  als 
nur  für  das  Ncufranzosenthum  gültig  gekennzeichnet  wird 
I übrigens  würde  auch  in  Bezus;  auf  dieses  eine  sehr  erhebliche 


3S2  I^^s  Französische. 

Einschränkung  zu  machen    sein    in  Anbetracht    des    Umfanges 
und  der  Bedeutung  der  Prosaromaudichtung  . 

Das  nationale  Heldengedicht,  der  Abenteuerroman  (nebst 
dem  classischen  Romane  und  der  allegorisch-didaktische  Ro- 
man lösen  ungefähr,  aber  eben  auch  nur  ungefähr  einander 
zeitlich  in  der  Vorherrschaft  ab,  so  dass  also  die  allegorisch- 
didaktische Dichtung  als  die  letzte  bedeutsame  Erscheinungs- 
form der  mittelalterlichen  Epik  betrachtet  werden  darf,  um  so 
mehr,  als  die  in  ihr  sehr  beliebte  Verwendung  von  Figuren 
der  antiken  Mythologie  und  die  häufige  Bezugnahme  auf  an- 
tike Autoren  bereits  als  Symptome  der  entstehenden  Renaissance- 
bildung angesehen  werden  müssen.  Mit  Avisgang  des  Mittel- 
alters stirbt  aber  endlich  auch  das  allegorische  Epos  ab.  freilich 
nur,  lim  bald  im  Schäferromane  eine  Art  von  Auferstehung 
zu  feiern.  Auch  das  nationale  Heldengedicht  und  der  Aben- 
teuerroman erstarben  nicht  völlig,  sondern  nahmen,  mindestens 
in  nicht  ganz  wenigen  Fällen,  die  Prosaform  an,  in  Avelcher 
sie  sich  zum  Theil  bis  in  die  Neuzeit  hinein  erhalten  haben, 
allerdings  meist  auf  die  bescheidene  Rolle  sogenannter  A'olks- 
bücher  angewiesen  und  verachtet  von  den  seit  der  Renaissance 
der  eigenen  nationalen  A'crgangenheit  entfremdeten  »höheren« 
Ständen. 

1 1 .  Nächst  dem  Epos  nimmt  innerhalb  der  altfranzösischen 
Litteratur  das  Drama  den  hervorragendsten  Platz  ein.  Sich 
entwickelnd  avis  liturgischen  Wechselgesängen  und  ursprüng- 
lich auf  das  Engste  mit  dem  Gottesdienste  verbunden,  löste 
es  zwar  späterhin  den  äusseren  Zusammenhang  mit  der 
Kirche,  bewahrte  aber,  soweit  es  ernstes  Schauspiel  war,  den 
geistlichen  Charakter.  Die  biblische  Geschichte  und  die 
Heiligenlegende  lieferten  den  Stoff  einerseits  für  die  »Mysterien«, 
andererseits  für  die  »Mirakelspiele«.  Die  ursprünglich  höchst 
einfache,  um  nicht  zu  sagen  unbeholfene  Composition  des 
geistlichen  Dramas  wie  sie  in  den  ältesten  Dichtungen,  dem 
»Sponsus«  (Mystcre  von  den  thörichten  und  klugen  Jungfrauen) 
und  im  »Adam«  >  Sündenfall  sich  in  fast  rührend  naiver  Weise 
zeigt,  gelangt  später  zwar  zu  grö.sserer  Ausbildung,  ohne  jedoch 
auch  nur  entfernt  künstlerische  Einheitlichkeit  und  Vollendung 
zu  erreichen,  Aehnlich  der  Chanson-de-geste-Dichtung.  mit 
welcher  es  überhaupt  viele  Herülu-ungspunkte  gemein  hat  und 


Litteraturpcschichtc.  38li 

in  lohrreit'listcr  Weise  verglichen  ueiden  kann,  ist  auch  die 
dramatische  Dichtung  nie  über  eine  Art  von  chaotischem  Ent- 
Avickelungsstadimn  hinausgekommen,  liat  im  Einzehien  zwar 
viel  Schönes  geschaffen,  aber  weder  im  Sonderdrama  noch  im 
Dramencyclus  (Collectivmysterium)  weise  Masshaltung  zu  üben 
und  zu  den  Höhen  wahrer  Kunst  emporzudringen  gelernt,  ja 
nicht  einmal  das  Gesetz  von  der  Einheit  der  Handlung  auf- 
zufinden vermocht.  In  roh  romantischer  Weise  wechseln  Ort 
und  Zeit,  Personen  und  Situationen,  Tragik  und  Komik, 
Erhabenheit  und  Trivialität  in  der  langen  Folge  von  lose  an 
einander  gereihten  tableauartigen  Scenen.  welche  nur  durch 
den  inneren  Zusammenhang  der  ihnen  zu  Grunde  liegenden 
biblischen  Geschichte  wenigstens  zu  einer  gewissen,  schlichter 
Grösse  nicht  entbehrenden  Einheitlichkeit  verbtniden  werden. 
Koh  romantisch,  wie  die  Composition,  war  auch  die  theatra- 
lische Inscenirung  dieser  Dramen.  Dieselbe  Avar  Sache  be- 
stimmter aus  zünftigen  Handwerkern  etc.  bestehender  Ver- 
einigungen oder  ]]ruderschaften ,  von  denen  die  Pariser 
Confrerie  de  la  Passion  die  bekannteste  ist,  und  war  erfüllt 
von  naivster,  mitunter  auch  derbkomischer  Realistik.  Stehende 
Schauspielhäuser  fehlten  bis  zum  lieginn  des  15.  Jahrhunderts, 
wo  die  eben  genannte  Confrerie  sich  im  Hopital  de  la  Trinite 
ein  (später  mit  dem  Hotel  de  Bourgogne  vertauschtes)  Local 
einrichtete.  Die  Aufführungen  fanden  in  der  Regel  nur  an 
gewissen  kirchlichen  Festen,  namentlich  am  Frohnleichnams- 
tage,  statt;  die  Bühne  war  meist  dreifach  in  einen  Ober-. 
Mittel-  und  Unterraum.  Himmel,  Erde  inid  Hölle  darstellend, 
getheilt,  der  auf  ihr  zur  Verwendung  kommende  scenische 
Apparat  war  theils  kindlich  primitiv,  theils  aber  doch  auch 
wieder  verhältnissmässig  complicirt,  da  mancherlei  Maschinerien 
benutzt  wurden. 

Der  Versuch,  auch  profane  Stoffe,  namentlich  auch  solche 
der  Nationalgeschichte.  dramatisch  zu  behandeln  und  auf  die 
Bühne  zu  bringen,  wurde  im  Ausgange  des  Mittelalters  wieder- 
holt und  nicht  ohne  Erfolg  gemacht  (Mystere  de  la  Destruction 
de  Troie  la  grant;  M.  du  Siege  d" Orleans;  M.  de  Saint-Louis' . 

Wie  neben  die  Chansons  de  geste  und  die  Abenteuer- 
romane in  späterer  Zeit  das  allegorisch-didaktische  Epos  sich 
stellte,    so    trat    und    ebenfalls    im   Ausgange    des   Mittelalters 


384  Das  Französische. 

neben  das  geistliche,  bzw.  das  nationale  Drama  das  allegorisch- 
moralisirende  Schauspiel,  die  sogenannte  Moralite,  eine 
Gattung,  welche  ganz  entsprechend  ihrem  gelehrteren  Charakter 
auch  vorwiegend  innerhalb  der  litterarisch  gebildeten  Kreise 
und  besonders  wieder  innerhalb  der  Juristengesellschaft  der 
sogenannten  »Hazochiens«  (von  hazoche  =  basiHca  [f\,  gestiftet 
ca.    1303)  gepflegt  wurde. 

Bereits  in  den  Mysterien  und  Mirakelspielen  war  trotz 
ihres  religiösen  und  ernsten  Charakters  ein  nicht  unverächt- 
liches  komisches  Element  enthalten,  dessen  Einmischung  durch 
den  ihnen  eigenen  realistischen  Zug  begünstigt  wurde.  Die 
Teufel  fungirten  oft  als  eine  Art  von  Clowns.  Die  auf- 
tretenden Kaufleute,  Kriegs  knechte ,  Henker  etc.  redeten 
die  ihnen  zukommende ,  oft  an  das  Komische  streifende 
Sprache  und  belustigten  gelegentlich  das  Publikum  durch 
mehr  oder  weniger  derbe  Witze.  Ebenso  wenig  fehlte  in  den 
Moralitäten  die  Komik,  da  die  Entfaltinig  derselben  durch 
das  Auftreten  der  allegorisirten  menschlichen  Laster  und 
Schwächen  nahe  gelegt  werden  musste  und  mit  der  moralisiren- 
den  Tendenz  sich  leicht,  ja  fast  naturgcmäss  die  Satire  verband. 

So  Avaren  die  Ausgangspunkte  für  die  Entwickelung  eines 
Lustspieles  gegeben.  Dasselbe  entstand  denn  auch  thatsäch- 
lich  imd  zwar  sogar  in  doppelter  Form,  einmal  als  sogenannte 
Sot(t)ie  (gepflegt  hauptsächlich  von  der  Gesellschaft  der 
»Enfants  sans  souci«  ,  welche  als  eine  Abzweigung  von  den 
Moralitäten  zu  betrachten  ist,  und  sodann  als  sogenannte 
Farce,  die  mit  der  modernen  Posse  verglichen  werden  darf 
und  die  in  dem  lustigen  dramatischen  Schwanke  von  dem  ab- 
gefeimten Advocaten  Maistre  Pat(h)elin  vielleicht  ihren  Höhe- 
punkt erreichte. 

Litteraturangaben  über  die  Geschichte  des. altfranzösischen 
und  überhaupt  des  französischen  Drama's  s.  oben  S.  307  und 
Seite  308  Anm. 

12.  Im  Vergleich  zu  dem  Epos  und  zu  dem  Drama  tritt 
die  altfranzösische  Lyrik  in  sehr  ungünstige  Schatten  zurück, 
recht  im  Gegensatz  zu  der  alti)rovenzalischen  Litteratur,  deren 
Ruhm  und  Werth  bekanntlich  ganz  vorwiegend  auf  der  Lyrik 
beruht.  Allerdings  ist  dies  vielleicht  nur  durch  die  mangelhafte 
Ueberlieferung  verschuldet,  denn  allem  \'erniuthcii  nach  sind  von 


*  Litteraturgeschichte.  385 

den  Erzeugnissen  der  volksthümlichen  Lyrik  nur  verhältniss- 
mässig  wenige  erhalten.  Was  aber  davon  noch  vorliegt 
(namentlich  in  der  berühmten  Jierner  Liederhandschrift  S9). 
zeichnet  sich  zum  grossen  Theil  aus  durch  köstliche,  echt 
volksthümliche  Xaivetät  und  anmuthige  Schalkheit,  so  nament- 
lich die  erotischen  llirtenlieder  Pas toure lies),  die  durch 
ihre  oft  dialogische  Form  den  Ansatz  zur  Entstehung  eines 
bukolischen  Drama's  zeigen.  Die  lialladen-  und  Komanzen- 
poesie  ist  vielfach  von  einem  Hauche  der  Schwermuth  erfüllt, 
welcher  ebenfalls  acht  volksthümlich  genannt  werden  muss.  — 
Die  altfranzösische  Kunsth-rik  wandelte  auf  dem  von  den 
Provenzalen  vorgezeichneten  Bahnen  und  hat  besonders  iie- 
merkenswerthes  aicht  geschaffen.  Erst  im  ausgehenden  Mittel- 
alter treten  Dichter  auf,  welche  wie  Eustache  Deschaivips, 
Charles  d" Orleans,  Froissart  und  Vellon  's.  unten  No.  14). 
auf  Originalität  Anspruch  erheben  dürfen.  Ob  auch  die 
Dichterin  Clotilde  de  Surville  dazu  berechtigt  war,  muss 
dahin  gestellt  bleiben,  da  die  ihren  Namen  tragenden  Poesien 
das  Product  einer  modernen  Fälschung  sind. 

Litteraturangaben  über  die  altfranzösische  Lyrik  s.  oben 
Seite  311. 

13.  Wie  in  allen  sich  organisch  entwickelnden  Li tteraturen, 
so  ist  auch  in  der  altfranzösischen  die  Prosaschreibung  erst 
dann  zu  höherer  Bedeutung  gelangt,  als  in  der  rhythmisch 
gebundenen  Redeform  bereits  Grosses  geleistet  worden  war. 
Die  ersten  französischen  Prosawerke  sind  —  abgesehen  von  den 
Eiden,  die  nur  Rechtsformeln  sind,  und  dem  Jonasfragment, 
welches  ein  lediglich  für  den  Privatgebrauch  des  Verfassers 
bestimmtes  Predigtconcept  ist.  —  Uebersetzungen  einzelner 
Theile  der  Bibel  (Psalter,  vier  Bücher  der  Könige.  Buch 
Hiob  etc.(  und  lateinischer  Erbauungsschriften  Predigten  des 
hl.  Bernhard,  da  höchst  wahrscheinlich  deren  lateinischer  Text 
der  originale  ist.  vgl.  W.  Förster  in  der  Vorrede  zu  seiner  Aus- 
gabe der  ^Sermon  Saint  Bemart«  in  Rom.  Forsch.   II  1.) 

Vom  dreizehnten  Jahrhundert  ab  aber  entstehen  auch 
Geschichtswerke  in  französischer  Sprache :  Viele  ha  rdouin 
(1155 — 1213)  erzählt  den  Kreuzzug  gegen  Constantinopel, 
Joenville  (1224 — 1317,  das  Leben  des  heiligen  Ludwig,  Frois- 
sart   (1337    bis  nach    1400)    und    Commines    (1445—1509)  die 

Körting,  Encyklopädie  d.  rom.  Phil.  III.  25 


386  I^as  Französische. 

Geschichte  ihrer  Zeit.  Die  Entwickelung  des  Prosastyles  lässt 
sich  in  diesen  Werken  dexitlich  verfolgen.  In  den  Geschichten 
Villehardouin's  und  Joinville's  ist  er  noch  ungelenk  und 
kxmstlos,  aber  auch  gerade  durch  diese  Kunstlosigkeit  mit  dem 
Reize  naiver  Anmuth  bekleidet ;  bei  Fhoissart  dagegen  und 
mehr  noch  bei  Commixes  ist  zu  bemerken,  wie  der  Autor  die 
Sprache  weit  gewandter  beherrscht  und  diese  seinen  Inten- 
tionen sich  viel  gefügiger  erweist,  wie  Reflexion  den  naiven 
Fluss  der  Rede  zügelt  und  denselben  nach  bestimmten  Zielen 
lenkt. 

Einen  sehr  achtbaren  und  nicht  erfolglosen  Versuch,  die 
junge  französische  Prosa  für  die  Behandlung  auch  streng 
wissenschaftlicher  Gegenstände  an  Stelle  des  bis  dahin  allein- 
herrschenden Latein  zu  gebrauchen,  unternahm  der  Italiener 
Bruxetto  Latini  bei  Abfassung  seiner  grossen  Encyklopädie 
«li  Tresors.« 

Ihre  eigentliche  Ausbildung  uiid  Vollendung  hat  indessen 
die  französische  Prosa  doch  erst  in  n  a  c  h  mittelalterlicher  Zeit 
gewonnen. 

14.  Die  altfranzösische  Litteratur  nimmt,  namentlich  ver- 
möge der  Vielgestaltigkeit  und  Fruchtbarkeit  ihres  Epos  hin- 
sichtlich des  Umfanges  und  der  aesthetischen  wie  cultur- 
geschichtlichen  Bedeutung  unter  den  Nationallitteraturen  des 
westeuropäischen  Mittelalters';  unbestritten  die  erste  Stelle 
ein.  wie  denn  überhaupt  während  des  Mittelalters  Frankreich 
an  Culturbedeutung  alle  seine  Nachbarländer  weit  überragte 
und  eine  geistige  Hegemonie  über  dieselben  ausübte.  Die 
französischen  Chansons  de  geste  und  Abenteuerromane  wurden 
in  Deutschland,  in  Italien,  in  Spanien,  in  England,  selbst  im 
fernen  Skandinavien  und  im  entlegenen  Island  theils  einfach 
übersetzt  theils  in  mehr  oder  weniger  freier  Weise  überarbeitet, 
so  dass  also  das  französische  Epos  internationale  Bedeutung 
gewann.  Die  Kenntniss  der  französichen  Sprache  war  weit 
ausserhalb  der  Grenzen  Frankreichs  verbreitet,  ja  von  den 
Kreuzfahrern  wurde  sie  bis  nach  Grieclienland,  bis  nach 
Byzanz  und   sogar   bis   nach    Syrien   getragen.     Selbst   im    17. 


1)  In  culturg;e,'ichichtlichem  Sinne   endet  das  Mittelalter  mit  dem  Em- 
porkommen der  Kenaissancebildun^.        ^ 


Litteraturgeschichte.  387 

und  IS.  Jahrluindert  hat  Frankreich  eine  so  bedeutsame 
Stelhmg  in  Cultur  und  Litteratur.  Avie  damals,  nicht  -wieder 
erlangt. 

Die  altfranzösische  Litteratur  war,  wie  selbstverständlich, 
a\if  das  Engste  inid  Innigste  verbunden  mit  der  niittolaltcr- 
lichen  Gesammtcultur.  war  von  dieser  abhängig  in  IJeziehung 
auf  alle  Anschauungen  und  Geschmacksrichtungen,  war  geradezu 
ein  integrirender  Hestandtheil  dieser  Cultur.  Als  daher  aus 
Gründen,  die  hier  nicht  zu  erörtern  sind,  etwa  vom  Ausgange 
des  13.  Jahrhunderts  ab  die  Cultur  des  Mittelalters  mehr  und 
mehr  verfiel  und  abstarb,  war  damit  die  Nothwendigkeit  ge- 
geben, dass  auch  die  französische  Litteratur  in  ihrer  bis  dahin 
zur  Ausbildung  gelangten  Erscheinungsform  sich  nicht  weiter 
zu  entwickeln  vermochte,  sondern,  wie  die  gesammte  National- 
cultur,  in  neue  Bahnen  einlenken  musste.  Und  noch  etwas 
Anderes  trat  hinzu.  In  dem  Altfraiizosenthume  war  in  natür- 
licher Folge  der  Besitznahme  des  romanisirten  Galliens  durch 
germanische  Volksstämme  ein  starkes  germanisches  Element 
enthalten,  welches  in  der  Litteratur  bedeutsamen  Ausdruck 
gefunden  hat.  Die  altfranzösische  Dichtung,  in  Sonderheit 
aber  die  nationale  Heldendichtung  ist  voll  von  Aeusserungen 
germanischen  Geistes,  ja  die  Chansons  de  geste  darf  man 
germanische  Heldenlieder  in  französischer  Sprache  nennen. 
Mehr  und  mehr  aber  wurde  im  Laufe  der  geschichtlichen 
Entwickelung  das  germanische  Element  zurückgedrängt  und 
aufgesogen  von  dem  aus  leicht  begreiflichen  Gründen  weit 
stärkeren  romanischen,  bzw.  keltisch-romanischen.  Schon  im 
14.  Jahrhundert,  selbst  bereits  in  der  zweiten  Hälfte  des  13., 
ist  dieser  Process  ziemlich  weit  vorgeschritten,  noch  mehr 
natürlich  im  15.,  und  zu  seinem  Abschlüsse  gelangt  er  im 
16.  Jahrhunderte.  Von  da  ab  sind  die  Franzosen,  welche  bis 
dahin  Halbgermanen  gewesen  waren,  Vollromanen  oder,  wenn 
man  es  noch  genauer  bezeichnen  will,  Keltoromanen.  Dieser 
Wandel  des  Volksthums  wirkte  auch  auf  Sprache  und  Litteratur 
mächtig  und  geradezu  umgestaltend  ein.  verlieh  ihnen  diejenigen 
Eigenschaften,  welche  seitdem  für  sie  charakteristisch  geworden 
sind :  was  insbesondere  die  Litteratur  anbelangt,  so  streifte 
sie  mehr  und  mehr  die  phantastische  Ueberschwänglichkeit 
und  gemüthvolle  Naivetät  ab.  welche  ihr  im  Mittelalter  eigen 

25* 


388  Das  Französische. 

gewesen  waren,  strebte  mehr  und  mehr  nach  logischer  Klar- 
heit und  verständiger  Nüchternheit,  die  Naivetät  wich  der 
kritischen  Reflexion,  die  Harmlosigkeit  gemüthlichen  Sich- 
gehenlassens  der  Neigung  zvir  zersetzenden  Satire. 

Der  Dichter,  in  welchem  der  neufranzösische  Geist  zuerst, 
man  möchte  sagen  vorahnend,  sich  off"enbart,  ist  Francois 
^'ILLO^■  1431 — 1500),  der  freilich  innerhalb  seiner  Zeit  noch 
als  eine  seltsame  Anomalie  erscheint  —  ähnlich  wie  sein 
Zeitgenosse  Ludwig  XI  —  und  vielleicht  dadurch,  dass  er 
selbst  sich  dessen  bewusst  war.  auch  auf  anomale  Lebens- 
bahnen gedrängt  wurde').  Noch  geraume  Zeit  sollte  es  währen, 
ehe  er  wirklich  Nachfolger  fand,  als  deren  erster,  wenn  auch 
auf  ganz  anderem  Gebiete  der  Dichtung,  Rabelais  zu  nennen 
sein  dürfte. 

Begreiflich  ist ,  dass  die  angedeutete  Wandelung  der 
Litteratur  nicht  vor  sich  gehen  konnte,  ohne  dass  zunächst 
eine  Periode  verhältnissmässiger  Unfruchtbarkeit  und  sodann 
eine  Periode  unklaren  Strebens  eintrat.  Die  Periode  der 
Unfruchtbarkeit  ist  das  15.,  die  Periode  des  unklaren  Strebens 
ist  das  16.  Jahrhundert,  namentlich  in   seiner  zweiten  Hälfte. 

1 5 .  Die  Renaissancebildung,  obwohl  in  einzelnen  Ansätzen 
bereits  frühzeitig  aus  Italien  nach  Frankreich  übertragen,  ge- 
langte dort  doch  erst  um  die  Mitte  des  IG.  Jalirhunderts  zum 
vollen  Durchbruch  und  zur  vollen  Entwickelung,  zum  Theil 
in  Folge  der  von  Karl  VIII  begonnenen  französischen 
Eroberungszüge  nach  Mailand  und  Neapel.  Ungefähr  gleich- 
zeitig mit  dem  Emporkommen  der  Renaissance  drangen  die 
reformatorischen  Ideen  aus  der  Schweiz  und  aus  Deutschland 
in  Frankreich  ein  und  trugen,  indem  sie  in  gefährdender 
Weise  die  katholische  Kirche  bedrohten,  wesentlich  bei  zur 
Zerstörung  der  noch  vorhandenen  Reste  mittelalterlicher  Cultur. 

Die  Renaissancecultur  stellte  die  Antike  als  das  absolute 
liildungsideal  hin.  Für  die  Litteratur  ergab  sich  daraus  die 
Anschauung,  dass  aus  den  classischeu  Werken  der  griechischen 
und  römischen  Litteratur  die  unverbrüchlichen  und  jedem 
Zweifel  entrückten  Normen  für  die  litterarische  Cümj)osition 
und    Form    zu    entnehmen    seien.     Hinsichtlich    der    Sprache 


1)  Bekanntlich   führte  V.   einen    verbrecherischen    Lehenswandel    und 
entrann  nur  mit  genauer  Noth  dem  Galgen. 


Litteraturgeschichte.  389 

rniisste  fortan  deren  möglichste  Annäherung  an  das  Lateinische 
und  Griechische,  hinsichtlich  der  Wort-  und  Formenbildung 
und  der  Syntax  als  orstrebcnswerthes  Ziel  gelten.  lu  der 
Rhythmik  endlich  lag  es  nahe,  die  quantitirenden  Metra  und 
die  Strophenformen  der  antiken  Poesie  auf  das  Französische 
mindestens  annähernd  zu  übertragen,  sei  es  dadurch,  dass  man 
wirklich  die  Quantität  zum  rhythmischen  Grundprincipe  zu 
erheben  versuchte,  oder  dass  man  sich  damit  begnügte,  durch 
regelmässige  Aufeinanderfolge  von  hochtonigen  und  tieftonigen 
Sylben  einen  Tonfall  zu  erzeugen,  welcher  vermeintlich  dem 
durch  regelmässigen  Wechsel  zwischen  langen  und  kurzen 
Sylben  erzeugten  Tonfalle  rhythmisch  entsprach. 

Einen  bleibenden  Erfolg  errang  dieses  antikisirende  Streben 
nur  auf  dem  litterarischen  Gebiete.  Die  geplante  sprachliche 
xuid  rhythmische  Reform  scheiterte.  Indessen  hinterliess  die 
erstere  sehr  merkbare  Spuren  in  der  Aufnahme  zahlreicher 
mots  savants  in  der  Sprache,  in  dem  Eindringen  s}ti taktischer 
Latinismen  und  in  der  seitdem  hervortretenden  Vorliebe  für 
rhetorische  Stylmittel.  Nicht  auf  Einwirkung  der  Renaissance, 
sondern  auf  volkspsychologischer  Ursache  beruht  die  allmähliche 
Alisbildung  des  Gesetzes  der  logischen  Wortfolge  und  über- 
haupt der  neufranzösischen  Syntax. 

Die  vielfachen  politischen  und  geistigen  Beziehungen 
zwischen  Frankreich  und  Italien  im  16.  Jahrhundert  begünstigte 
das  Eindringen  italianisirender  Tendenzen  in  die  französische 
Sprache.  Litteratur  und  Rhythmik ;  dauernde  Nachwirkung 
dieses  Verhältnisses  war  die  Einbürgerung  zahkeicher  italie- 
nischer Lehnworte  und  italienischer  Strophenformen,  endlich 
die    Nachbildung  des   italienischen  Lustspiels. 

Auch  durch  das  Spanische  erlitt,  in  Folge  der  damaligen 
Macht-  und  Culturstellung  Spaniens,  das  Französische  während 
des  16.  und  mehr  noch  während  des  17.  Jahrhunderts  manche 
Beeinflussung,  'namentlich  auf  dem  Gebiete  der  Litteratur 
ibesonders  wieder   bezüglich    des   Romanes   und   des  Dramas). 

Die  begeisterteste  und  energischste  Förderung  und  Pflege 
wurde  den  litterarischen  Renaissancebestrebungen  von  Seiten 
des   aus    sieben    Mitgliedern  ^     bestehenden  Dichterbundes  der 


1    Nämlich:    Ronsard,  du  Bellay ,  Baif,  Jodelle,   Belleau,    Pontus  de 


390  I^äS  Französische. 

»Plejade«  zu  Theil.  Das  Haupt  desselben  war  Pierre  de 
KoxsARi)  (1524 — 1585),  der  als  Lyriker  und  Epiker  (»la  Fran- 
ciade«)  sich  auszeichnete;  der  theoretische  Wortführer  war 
Joachim  du  Kellay  (1524 — 1560),  der  in  der  Schrift  »V Illustra- 
tion et  la  Defense  de  la  langue  francoyse«  (1548)  das  Programm 
der  neuen  Richtung  entwarf.  Am  bedeutendsten  aber  für  die 
Folgezeit  wurde  die  Begründung  des  Renaissancedrama' s  durch 
Etienne  Jodelle  (1532 — 1573),  Verfasser  der  Tragödien  »Cleo- 
pätre  captive«  (1552)  und  »Didon  se  sacrifiant«  (1558)  und  der 
Komödie  »Eugene«  oder  »la  Rencontre«   (1552). 

Dass  die  hervorragenderen  Mitglieder  der  Plejade  hoch 
begabte  und  idealer  Erhebung  fähige  Männer  waren,  ist  ebenso 
anzuerkennen  wie  die  andere  Thatsache,  dass  ihr  Streben 
durch  die  damalige  Culturlage  nicht  nur  principiell  gerecht- 
fertigt wurde,  sondern  auch  sich  als  höchst  förderlich  erwies, 
um  die  Litteratur  vor  der  drohenden  Gefahr  der  Stagnation 
zu  bewahren  und  ihr  die  Möglichkeit  einer  ferneren  Ent- 
wickelung  zu  sichern,  wenn  auch  einer  Entwickelung  auf 
Bahnen,  die  nicht  von  gesundem  Geschmacke  vorgezeichnet 
wurden.  Yerhängni ssvoll  aber  war,  dass  die  Plej adendichter 
die  weise  Mässigung  nicht  zu  üben  verstanden,  mit  welcher 
jede  Reform,  wenn  sie  lauteren  Segen  bringen  soll,  unter- 
nommen werden  muss,  dass  sie  mit  gänzlicher  Verkennung 
und  Missachtung  der  realen  Verhältnisse  dem  Wahne  sich 
hingaben,  dass  Sprache  und  Litteratur  nach  der  subjectiven 
Willkür  einzelner  Individuen  umgestaltet  werden  könnten. 
In  ähnlicher  Selbsttäuschung  waren  übrigens  auch  viele  der 
Grammatiker  des  16.  Jahrhunderts  befangen,  wenn  sie  ortho- 
graphische Systeme  aufstellten,  welche  von  der  Sprachgeschichte 
völlig  abstrahirten,  und  wenn  sie  es  unternahmen,  das  Fran- 
zösische aus  dem  Griechischen  oder  Hebräischen  abzuleiten 
oder  al)er  auch  dasselbe  sei  es  nach  griechischem  sei  es  nach 
einem  anderen  fremden  Muster  umzustülpen. 

Die  Masslosigkeit  und  Uebertreibung  der  Renaissancebe- 
strebungen, verbunden  freilich  mit  einer  ganzen  Reihe  anderer 
Ursachen,    hat   es    verschuldet,    dass    vom    16.    Jahrhundert  ab 


Thyard   und  A.  Jamyn  (statt   seiner   wird   an   siebenter  Stelle   auch   Dorat 
genannt,  doch  mit  weniger  Recht  . 


Litteraturgcschichte.  301 

die  französische  Litteratur  ihre  eigene  nationale  Vergangenheit 
verleugnete,  in  schrüffer  Weise  mit  ihren  bisherigen  Ueber- 
liefernngen  brach  und  neue  Ideale  mit  blinder  Gläubigkeit  -wie 
Idole  verehrte.  \ie\  A'erwüstung  ist  hierdurch  angerichtet, 
viele  gewiss  entwickelungsfähige  Keime  sind  zerstört  worden'). 
Niu"  auf  Eins  werde  hingewiesen.  Im  Ausgang  des  Mittelalters 
war  nicht  ohne  Glück  der  A'ersuch  zur  Schöpfung  eines  histo- 
rischen Nationaldramas  gemacht  worden,  indem  man  die 
Belagerung  von  Orleans  u.  dgl.  in  Mysterienform  zu  behandeln 
unternommen  hatte.  Unter  normalen  Verhältnissen  hätten 
solche  Versuche  wohl  zur  Bildung  eines  ebenso  volksthümlichen 
wie  aesthetisch  gehaltvollen  Schauspiels  führen  können.  We- 
nigstens ist  nicht  abzusehen,  warum  das,  was  in  England  und 
in  Spanien  möglich  war,  nicht  auch  in  Frankreich  hätte  mög- 
lich sein  können.  Dass  es  aber  dennoch  nicht  geschehen  ist. 
muss  dem  einseitigen  und  engherzigen  Renaissancefanatismus 
zur  Last  gelegt  werden,  der  alles  Volksthümliche  und  Natür- 
liche mit  Peclantenhochmuth  verachtete  und  nur  das  schön 
fand,  was  die  Griechen  imd  Römer  erschaffen.  Sobald  die 
sklavische  Nachahmung  des  Sophokles,  des  Euripides  und  des 
Seneca  einerseits  und  des  Plautus  und  des  Terenz  (nebst  deren 
italienischen  Nachahmern)  andrerseits  als  die  alleinige  dramatische 
Kunst  betrachtet  wurde,  war  es,  mindestens  in  der  Tragödie, 
vorbei  mit  der  ächten  und  wahren  Kunst  und  konnten  fortan 
nur  noch  mehr  oder  weniger  gelungene  Abklatsche  antiker 
Dramen,  allerhöchstens  aber  halb  classische  halb  romantische 
Zwitterdramen  gezeugt  werden. 


1)  Aber  nicht  bloss  dies,  sondern  noch  Schlimmeres  geschah:  der  lit- 
terarische Bruch  mit  der  Vergangenheit  bewirkte,  dass  diese  letztere  all- 
gemach nicht  nur  der  Vergessenheit,  sondern  auch  der  Verachtung  anheim- 
üel.  Die  landläufige  Litteraturgcschichte  lässt  die  französische  Litteratur 
mit  Malherbe  beginnen,  ignorirt  also  das  Mittelalter  sammt  dem  16.  Jahr- 
hundert. Leider  darf  sie  sich  auf  Boileau's  Autorität  berufen,  der  be- 
kanntlich im  Art  poetique  I  113  ff.  Malherbe  als  den  eigentlichen  Begrün- 
der der  französischen  Litteratur,  Villon  und  Marot  aber  als  dessen  Vor- 
läufer gefeiert  und  das  Mittelalter  als  eine  Zeit  barbarischen  Ungeschmacks 
bezeichnet  hat.  Selbst  in  der  Gegenwart  werden  in  Frankreich  derartige 
Anschauungen,  wenn  auch  in  gemässigter  Form,  hin  und  wieder  sogar  von 
Litterarhistorikern  ausgesprochen,  man  lese  z.  B.  des  geistvollen  Bruxe- 
tiere's  Aufsatz  in  der  Rev.  d.  d.  Mondes  vom  1.  6.  1879  vgl.  Ztschr.  f. 
nfrz.  Spr.  u.  Litt.  III  178  ff.).  Wie  ungünstig  der  litterarische  Bruch  mit 
der  Vergangenheit  auch  auf  das  politische  und  sociale  Volksleben  hat  ein- 
wirken müssen,  bedarf  nicht  erst  der  Darlegung. 


392  I^^s  Französische. 

Die  erfreulichste  litteraturgeschichtliche  Erscheinung  im 
16.  Jahrhundert  ist  die  Entstehung  der  neufranzösischen  Prosa, 
und  nicht  ohne  hohe  Bewunderung  kann  man  beobachten, 
wie  dies  neugescliaffene  Werkzeug  des  Gedankenausdruckes 
sofort  den  verschiedenartigsten  Bedürfnissen  in  vollkommenster 
Weise  zu  genügen  vermag,  sich  eben  so  sicher  und  erfolgreich 
handhaben  lässt  im  Dienste  der  Wissenschaft  wie  in  dem  der 
unterhaltenden  Dichtung  oder  auch  für  die  Zwecke  der  po- 
litischen und  religiösen  Satire  i). 

16.  Das  Gesammtergebniss  der  littcrarischen  Entwickelung 
des  von  neuen  Ideen  gährenden,  nach  neuen  Idealen  vorwärts 
stürmenden  und  drängenden,  nach  Classicismus  ringenden 
und  doch  romantisch  erregten  16.  Jahrhunderts  war  ein 
chaotischer  Zustand,  ein  seltsames  Gemisch  von  einerseits 
gesunden  und  lebensfähigen,  andrerseits  krankhaften  und  bis 
zur  Verwilderung  entarteten  Elementen.  Dringend  machte 
sich  das  liedürfniss  einer  Läuterung  der  Sprache  und  Littera- 
tur  durch  Aufstellung  bestimmter  Normen  geltend.  Dieses 
nothwendige  Werk  wurde  vollzogen  durch  die  Bemühungen 
theils  einzelner  Männer  Francois  Malherbe  1555 — 1628;  Ni- 
colas Boileau  1636—1711;  Claude  Vaugelas  1585—1650)  theils 
tranzer  litterarischer  oder  grelehrter  Genossenschaften  (Gesell- 
Schaft  des  Hotel  de  Kambouillet,  ungefähr  von  1618 — 164S; 
Academie  fran^aise,  gegründet  1635).  In  Folge  dessen  Avurden 
die  neufranzösische  Schriftsprache  und  Rhythmik  fixirt  und 
wurde  ein  System  der  Poetik  aufgestellt,  welches  sich  als  die 
Verkörperung  eines  nüchternen  und  verstandesmässigen,  von 
jeder  Ueberschwänglichkeit  (aber  freilich  nicht  von  Manierirt- 
heit)  freien  Classicismus  bezeichnen  lässt,  eines  Classicismus, 
der  mit  Kococoelementen  durchsetzt  ist  und,  kritisch  betrachtet. 


1)  Die  wichtigsten  Prosaiker  des  16.  Jalirhunderts :  Jean  Calvin  (1509 
— 1564;  Institution  chrestienne  1540);  der  heil.  Franz  v.  Sales  1567 — 1622; 
l'Ktendard  de  la  Croix  de  nostre  Sauveur  Jesus-Christ  15Ü7  ;  Introduction 
ä  la  vie  devote  1608);  Michel  Eyquem  de  Montai{?ne  ,1533 — 1592;  Essai» 
15S0 — 1588);  Pierre  de  Brantome  (1540? — 1614;  Vies  des  <i;rands  capitaines 
francois;  Memoires  etc.);  Agripna  d'Aubigne  1550 — 163(1;  Memoires;  Hi- 
stüire  universelle  etc.);  Margarethe  (v.  Valois  oder)  v.  Navarra  (1492 — 1549; 
Heptameron)  ;  Francois  Rabelais  (1495? — 1553;  Gargantua  et  Pantagruel 
1534 — 1564);  Jacques  Amyot  ,1513 — 159:5;  Uebersetzung  der  Vitae  des 
Plutarch  1559).  Nochmals  werde  bezüglich  der  Litteraturgeschichte  des 
16.  Jahrhunderts  auf  Dakmkstktkk's  und  H.VTZFKLDs  vortretfliches  Com- 
pendium :  Le  seizierae  siecle  en  France  (Paris  1878)  verwiesen. 


Litteraturgeschichte.  393 

»Pscucloclassicismiis«  genannt  -werden  muss.  Völlig  freilich  ge- 
lang es  nicht,  die  Romantik  aus  der  Litteratur  und  insbesondere 
aus  dem  Drama  zu  verhannen.  romantische  Tendenzen  zeigen 
sich  vielmehr  vereinzelt  selbst  bei  den  Dichtern,  welche  im 
Uebrigen  als  die  Hauptvertreter  der  classischen  Hichtung 
selten  müssen  Rotrou's  »Saint-Genest^«,  Corneille's  »Cid«, 
Racines  biblische  und  orientalische  Dramen.  Moliere's  »Festin 
de  Pierre«  u.  s.  w.)  Gegen  Ende  des  Jahrhunderts  aber  ent- 
brannte die  »Querelle  des  anciens  et  des  modenies«,  in  welcher 
die  »Modernen  i  die  einseitige  Bewunderung  der  Antike  kritisch 
bekämpften  und  mindestens  indirect,  freilich  oft  mit  sehr  frag- 
würdigen Waffen,  gegen  den  Pseudoclassicismus  fochten. 
Ungefähr  gleichzeitig  liess  Charles  Perrault  (162S — 1703)  die 
»Contes  de  ma  mere  lOye«  erscheinen,  ein  ganz  aus  roman- 
tischem Geiste  hervorgegangenes  Buch. 

Die  Litteratur  des  17.  Jahrhunderts  trägt  einen  ausgeprägt 
aristokratischen  und  höfischen  Charakter,  sie  ist  erfüllt  vonAchtung 
gegen  die  nach  langen  Schwankungen  und  Wirren  wieder- 
hersrestellte)  Autorität  des  Staates  und  der  Kirche,  namentlich 
aber  erfüllt  von  Bewunderung  für  die  Persönlichkeit  Ludwig 
XIV,  in  welcher  die  Idee  des  absoluten  Königthums  sich 
glanzvoll  verkörperte.  Solche  Bewunderung  w^ar  um  so  natür- 
licher, als  der  Herrscher,  dem  sie  galt,  in  der  ersten  und 
besseren  Hälfte  seiner  Regierung  lebhafte  Antheilnahme  an 
den  litterarischen  Bestrebungen  bekundete  und  thatsächliche 
Verdienste  um  die  Förderung  der  geistigen  Interessen  sich 
erwarb . 

Eine  Litteratiu-.  welche,  wie  die  hier  in  Rede  stehende, 
in  den  Kreisen  des  Hofes  und  der  Aristokratie  emporblüht, 
bestrahlt  von  dem  Sonnenglanze  der  Fürstengunst  und  viel- 
fach unter  weiblichem  Einflüsse  stehend,  trägt  stets  einen 
treibhausartigen  Character  an  sich,  entbehrt  der  natürlichen 
Frische  und  Anmuth  und  nicht  minder  der  genialen  schöpfe- 
rischen Kraft,  erhebt  sich  in  ihren  Leistungen  nur  selten  über 
das  Niveau  einer  anständigen  Mittelmässigkeit,  begnügt  sich, 
weil  unfähig  zu  originalen  Hervorbringungen,  gern  mit  der 
geschmackvollen  Nachahmung  schon  vorhandener  Muster.  Die 
besseren  französischen  Dichter  des  17.  Jahrhunderts  haben 
redlich  geleistet,   was  sie  innerhalb  der  Verhältnisse,  in  welche 


394  l^äs  Französische. 

sie  gestellt  wareu,  eben  leisten  konnten :  sie  haben  mit  ge- 
wissenhafter Ausnutzung  ihres  meist  nicht  allzu  reichlich 
bemessenen  Talentes  und  mit  fleissiger  Arbeit  Werke  geschaffen, 
die  den  Beifall  der  Zeitgenossen  und  die  Achtung  der  Nach- 
welt sich  erwarben ;  sie  haben  sich  als  gelelirige,  wenn  auch 
geistig  etwas  beschränkte  Schüler  der  Alten  erwiesen,  haben 
dieselben  oft  recht  gut  verstanden,  mitunter  freilich  auch 
gröblich  missverstanden.  Mehr  aber  haben  nur  Wenige  gethan  : 
diese  Wenigen  sind  Pascal,  der  aber  freilich  mehr  der  Wissen- 
schaft als  der  Litteratur  angehört,  jedenfalls  nicht  Dichter  in 
des  Wortes  eigentlichem  Sinne  ist,  Lafontaine  in  seinen 
Fabeln  und  Moliere  in  seinen  bedeutenderen  Lustspielen ;  nur 
bedingungsweise  darf  noch  V.  Cokneille  als  Vierter  genannt 
werden. 

Innerhalb  der  Litteratur  des  17.  Jahrhunderts  sind  der 
Prosaroman  und  das  Drama  am  eifrigsten  und  mit  dem  ver- 
hältnissmässig  grössten  Erfolge  gepflegt  werden.  Die  Erzeug- 
nisse der  Romandichtung  zeichnen  sich  aus  durch  Verschieden- 
artigkeit der  in  ihnen  zum  Ausdruck  gelangenden  Tendenzen, 
entbehren  aber  der  absoluten  poetischen  Bedeutung  und  besitzen 
gegenwärtig  im  Wesentlichen  nur  noch  ein  culturhistorisclies 
Interesse.  Die  beliebtesten  Gattungen  des  Romanes  waren  der 
Schäferroman  (Honore  d'Urfe's  [15ü& — 1625]  »Astree«,  eine 
Nachbildung  der  »Diana«  des  Spaniers  Jorge  de  Montemayor, 
7  1562),  der  galant-chevalereske  Roman  [Mlle  Mvdeleine  de 
Scudery's  [1607  — 1701]  »Grand  Cyrus«  und  »Clelie«) ,  der 
religiös -moralisirende  Roman  (Jean-Pierre  Camus'  [1582 — 
1653]  »Palombe«),  der  satirische  Roman  (Charles  Sorkl's  [1602? 
— 1674]  »Francionu  und  »le  Berger  extravagante«;  Cyrano  de 
Bergerac's  [1620 — 1655]  »Histoires  comiques  des  Etats  et  des 
Empires  de  la  Lune«  und  »des  Etats  et  des  Empires  du  Soleil«) , 
der  burleske  Roman  (Paul  Scarrons  [1610 — 1660]  »Roman 
comique«)  und  der  bürgerliche  Roman  (Antoine  Furetiere's 
[1619 — 168S]  »Roman  bourgeois«) .  Von  diesen  Gattungen 
vertreten  die  drei  erstgenannten  (bukolischer,  galanter  und 
religiöser  Roman)  die  idealistische  Richtung,  während  die 
übrigen,  namentlich  aber  der  burleske  und  der  bürgerliche 
Roman,  dem  Realismus  huldigten.  Die  Geschmacksrichtung 
der  Zeit   war    übriaens    durchaus    dem    Idealismus    zugeneigt. 


Litteraturgeschichte.  395 

und  UV  Folge  dessen  konnte  der  realistische  lioniun  über  be- 
scheidene Anfänge  nicht  hinausgelangen.  Hemerkenswerth  ist, 
dass  der  Koman  des  17.  Jahrhunderts,  sehr  im  Gegensatze 
zum  Drama,  sich  verhältnissmässig  frei  erhielt  von  der  mecha- 
nischen Nachahmung  antiker  Muster  und  dass  überhaupt  iu 
ihm  eine  relativ  grosse  Originalität  in  der  Erfindung  sich  be- 
kundete; eine  wesentliche  Einschränkung  ist  in  dieser 
Beziehung  nur  hinsichtlich  des  Schäferromanes  zu  machen, 
der  spanischem  und  italienischem  Einflüsse  seine  Entstehung 
verdankte  und  sich  ihm  auch  späterhin  nicht  zu  entziehen 
vermochte. 

Unter  den  dramatischen  Dichtungsgattungen  erreichte  nur 
das  Lustspiel    die    höchsten  Ziele,    und   auch  dieses  nur  in 
Moliere's  Schöpfungen.    Aber   selbst  MoLiiiRE  ist  keineswegs 
in  Allem .    was   er  geschaffen ,    bedeutend ;    seine  Jugenddich- 
tungen  und   auch    diejenigen    seiner   späteren  Komödien,    die 
nur   auf  Bestellung    des  Königs   oder  aber  im  finanziellen  In- 
teresse des  vom  Dichter  selbst  geleiteten  Theaters  (Hotel  Bour- 
bon ,    später   Palais   Royal)    verfasst   waren ,    erheben  sich  nur 
durch  ihre  technisch  meisterhafte  Composition.  ihren  zünden- 
den Witz   und   ihre  gewandte   Sprache    über   das   Niveau   der 
altfranzösischen  Farce    oder   der  auf  Nachahmung  des  Plautus 
und  Terenz  beruhenden  italienischen  Renaissancecomödie.  wel- 
che bereits   im  16.  Jahrhundert  durch  Jodelle  und  P.  Lari- 
VEY    (1550 — 1612)    nach    Frankreich    übertragen    worden    war. 
Wirklich  gross  und  seinen  zeitgenössischen  Mitbewerbern  (z.  B. 
Boisrobert.  Boursault  u.  A.)  an  Dichterbegabung  unendlich  über- 
legen war  Moliere  nur  dann,  wenn  er  das  Lustspiel  mit  ethi- 
schem Gedankeninhalte  erfüllte,  zu  einem  Werkzeuge  sittlicher 
Läuterung    es    erhob    und    allgemein    menschliche   Bedeutung 
ihm  verlieh   (so  in  den  »Precieuses  ridicules«,   in  den  »Femmes 
savantes« ,    im  «Tartuffe«,    im  »Avare«,    im  »Misanthrope«.    im 
»Bourgeois  gentilhomme«,    im  »Malade  imaginairea,  im  »Festin 
de   Pierre«).    Wo    aber   Moliere   wirklich   gross   ist,    da  ist   er 
auch    so    gross,    dass  er,    die  gesammte  französische  National- 
litteratur  überragend,   den  wenigen  Dichtern  beigezählt  werden 
muss,    deren  Werke   für    alle  Völker   und  für  alle  Zeiten  ge- 
schaffen sind.    Moliere's  Grösse  lässt  sich  recht  ermessen,  wenn 
man  ihn  mit  Regnard  (1655 — 1709^    vergleicht   als  mit  demje- 


396  Das  Französische. 

nigen  Lustspieldichter,  der  ihm  zeitlich  am  nächsten  steht  und 
doch  durch  eine  weite  innerliche  Kluft  von  ihm  getrennt  ist. 
Auch  P,  Corneille  reicht  als  Komiker ,  obwohl  auch  als 
solcher  nicht  ohne  Bedeutung  und  Verdienst,  doch  an  den 
grossen  Moliere  nicht  heran,  noch  Aveniger  Racine  in  seinen 
»Plaideurs«. 

Die  Tragödie  überwand  in  der  ersten  Hälfte  des  1 7 .  Jahr- 
hunderts die  letzten  romantischen  Anfechtungen  und  damit  auch 
den  bis  dahin  sehr  merkbar  gewesenen  spanischen  Einlluss. 
Der  zu  Gunsten  des  Pseudoclassicismus  endende  Streit  um 
Comeille's  »Cid«  hat  zum  Ergebniss,  dass  fortan  das  vermeint- 
lich aristotelische  Gesetz  von  den  drei  Einheiten  der  Hand- 
lung ,  der  Zeit  und  des  Ortes  als  unbedingt  verbindlich  er- 
achtet') und  damit  die  formale  Antikisirung  des  Dramas,  we- 
nigstens scheinbar,  vollendet  wird.  Auch  bezüglich  der  StofT- 
wahl  wird  die  bis  dahin  bestandene  verhältnissmässige  Freiheit 
des  Dramas  erheblich  eingeschränkt,  zwar  werden  neben  den 
antiken  auch  fernerhin  noch  biblische  (auch  legendarische) 
und  orientalische  Stoffe  zur  Behandlung  zugelassen ,  aber  als 
verboten  gilt  es  fortan,  Begebenheiten  der  mittelalterlichen 
oder  der  neueren  Geschichte  zu  dramatisiren ,  selbst  zu  Gun- 
sten der  Nationalgeschichte  Avird  keine  Ausnahme  gemacht. 
So  wird  die  schöpferische  Thätigkeit  des  dramatischen  Dich- 
ters an  Theorien  und  Kegeln  gebunden ,  die  innere  Berech- 
tigung entweder  gar  nicht  oder  doch  nur  bedingungsweise 
besitzen  und  folglich  weit  mehr  hindernd,  als  fordernd  wirken 
können.  Aber  auch  in  der  scenischen  Darstellung  sieht  das 
Drama  in  seiner  Entwickelung  sich  behemmt :  die  Bühne  des 
Theaters  dient  zugleich  als  Zuschauen-aum  imd  gestattet  folg- 
lich den  Schauspielern  keine  freie  Entfaltung  ihrer  Kiuist ; 
alle  Stellen,  Avelche  in  politischer  oder  kirchlicher  Hinsicht 
irgendwie  verfänglich  erscheinen  können,  müssen  bei  der  Auf- 
führung ausgemerzt  werden;  lästige  Rücksichten  auf  Decora- 
tion und  Costumirung  sind  zu  nehmen ,  und  was  dergleichen 
Behinderungen  mehr  sind. 

Es  zeufft  für  die  hohe  dramatische  Begabung  eines  Rotrou 


1)  Ueber  die  Geschichte  des  Gesetzes  der  drei  Einheiten  vgl.  H.  Bkei- 
TIXGEU,  Les  Unites  d'Aristote  avant  le  Cid  de  Corneille.  Genf  1879  (vgl. 
dazu  Revue  crit.   1S79  No.  52,  p.  478  . 


Litteraturpeschichte.  397 

(1609 — 1650),  eines  P.  Corneille  (1606— 16S4)  und  eines 
Jean  Kacixe  (1639 — 1699  ,  dass  sie  trotz  aller  dieser  beengen- 
den Verhältnisse  doch  Bedeutendes  zu  leisten  und  ihre  un- 
mittelbaren Vorgänger,  die  zum  Theil  noch  ihre  Zeitgenossen 
waren,  namentlich  A.  Hardy  '1560 — 1631)  und  ÄLviket  (1604 
—  16S6i^),  nicht  bloss  zu  erreichen,  sondern  auch  weit  zu 
übertreffen  vermochten.  Insbesondere  haben  Corneille  und 
IxAciNE  die  pseudoclassische  Tragödie  zu  der  höchsten  ihr  er- 
reichbaren Höhe  emporgefiihrt .  zu  einer  Höhe,  auf  welcher 
die  Schwächen  und  Mängel  des  pseudoclassischen  Dramas  als 
bedeutungslose  Aeusserlichkeiten  erscheinen,  die  wahrer  Kunst 
nicht  Eintrag  zu  thun  vermögen.  Beide  Dichter  wandelten 
auf  verschiedenen  Wegen  diesem  Ziele  zu:  Corneille  legt  das 
Schwergewicht  auf  die  Tragik  der  Handlung  und  auf  deren 
ethischen  Gedankeninhalt,  Racine  dagegen  auf  die  psycholo- 
gische Motivirung  der  Handlung  und  auf  die  künstlerische 
Composition ;  des  ersteren  Dramen  sind  gewaltiger  und  pathe- 
tischer: die  des  letzteren  harmonischer  und  stimmungsvoller. 
Zwischen  beiden  Dichtem  besteht  ein  Gegensatz,  der  sich  dem 
zwischen  Aeschylus  und  Sophokles  vergleichen  lässt.  nur  frei- 
lich muss  man  sich  dessen  bewusst  bleiben,  dass  derartige 
Vergleichuugen  stets  hinken. 

Neben  dem  Prosaromane  und  dem  Drama  erscheinen  die 
übrigen  Litteraturgattungen  im  17.  Jahrhundert  nur  kümmer- 
lich entwickelt,  mit  einziger  Ausnahme  der  Fabel,  die  durch 
Lafgntaln'e  (1621 — 1695  zur  höchsten  Vollendung  gefühi-t 
w\u-de.  Die  epische  Dichtung  kam  über  frostige  Nachahmun- 
gen des  Virgil  und  des  Tasso  man  denke  z.  B.  an  G.  de 
Scudert's  »Alaric«',  über  läppische  burleske  Possen  in  Epen- 
form  in  der  Manier  des  Tassoni  (man  denke  z.  B.  an  Boileau  s 
»Lutrin«]  ,  über  frivole  Parodien  (man  denke  z.  B.  an  Scar- 
ron's  »Virgile  travesti«)  und  über  nüchterne  Lehrgedichte  (man 
denke  z.  B.  an  Boileau's  »Art  poetique«)  nicht  hinaus.  Ein- 
zige Ausnahme  ist  Fenelons  »Telemaque«.  c;  Die  Lyrik  aber 
artete   aus   in  galante  Reimerei  und  bombastischen  Odensang. 

Die  Prosalitteratur  des  17.  .Jahrhunderts  dürfte,  abge- 
sehen von  dem  Prosaromane,   derjenigen  des   16.  Jahrhunderts 

1;  Mairet's  »Sophonisbe«  [1629,  war  die  erste  »regelmässige«,  d.  h. 
das  Gesetz  der  drei  Einheiten  beobachtende  französische  Tragödie. 


398  I^^s  Französische. 

an  Bedeutung  nachstehen,  doch  wurde  immerhin  auf  einzel- 
nen ihrer  Gebiete  Hervorragendes  geleistet.  Der  Briefstyl 
empfing  eine  classische  Ausbildung  (Voiture  1598 — l(i48; 
Mme  DE  Sevigne  1626 — 1696)  ;  das  Essay  wurde  gepflegt  z.  B. 
durch  Jean-Louis  Giez  de  Balzac  1597 — 1654),  ebenso  die 
sich  in  Aphorismen  bewegende  Moralistik  (z.  B.  La  Bruye;re'8 
[1645 — 1696]  »Caracteres«,  La  Rgchefoucauld's  [1613 — 1680] 
»Maximes«) ;  die  Kanzelberedtsamkeit  wurde  durch  Bossuet 
(1627— 17Ü4),  BouRDALOLE  (1632—1704)  und  Flechier  i1632 
— 1710)  zu  hoher  Vollkommenheit  entwickelt:  und  endlich 
wurde  durch  Descartes'  (1596 — 1650)  »Discours  s.  la  methode« 
und  dmch  Blaise  Pascal's  (1623 — 1662)  »Pensces«  erwiesen, 
was  die  junge  französische  Schriftsprache  im  Dienste  der  Wis- 
senschaft und  der  metaphysischen  Speculation  zu  leisten  ver- 
möge; derselbe  Pascal  erprobte  dieselbe  Sprache  in  den 
»Lettres  provinciales«  auch  als ,  Werkzeug  der  schneidigen 
Satire. 

Bemerkenswerth  ist,  dass  in  der  darstellenden  Geschichts- 
schreibung —  abgesehen  von  der  Memoirenlitteratur,  in  wel- 
cher z.  B.  Paul  de  Gondi,  Cardinal  von  Retz  '1604 — 1679) 
sich  auszeichnete  —  während  des  17.  Jahrhunderts  Nichts  ge- 
schaffen worden  ist,  was  bleibenden  Werth  besessen  hätte,  ob- 
wohl die  gelehrte  Geschichtsforschung  damals  eifrig  gepflegt 
ward  (man  denke  z.  B.  an  Duchesne's  fruchtbringende  Thä- 
tigkeit  als  Herausgeber  mittelalterlicher  Quellenwerke) . 

Man  ist  vollauf  berechtigt,  über  die  französische  Littera- 
tur  des  17.  Jahrhunderts  ein  nur  bedingungsweise  günstiges, 
vielfache  Einschränkungen  und  Vorbehalte  machendes  Ge- 
sammturtheil abzugeben,  zweifellos  aber  ist  doch,  dass  im  da- 
maligen pAiro])a  die  französische  Litteratur  hinsichtlich  des 
Gedankeninhaltes  inid  der  Formenschönheit  den  weitaus  ersten 
Hang  einnahm  und  dass  es  demnach  erklärlich  war,  wenn 
deren  Erzeugnisse  in  allen  europäischen  Ländern  als  muster- 
gültig angesehen  wurden  und  bestimmenden  Einfluss  auf  die 
Entwickelung  der  betreffenden  Nationallitteratxiren  ausübten. 
Im  17.  Jahrhundert  befand  sich  Frankreich  zum  zweiten  Male 
im  Besitze  der  Culturhegemonie  über  Europa,  nachdem  es 
zum  ersten  Male  bereits  im  Mittelalter  diese  ehrende  Stellung 
eingenommen  hatte. 


Litteraturgeschichte.  399 

Biblioffraphische  Angaben  zur  Litteraturgeschichte  des  17. 
Jalirhunderts  sehe  man  oben  S.  330  f.  und  in  dem  §  4  gegebe- 
nen Register  unter  den  betr.  Automamen.    Vgl.  auch  S.  63  f. 

17.  Das  IS.  Jahrhundert  bildet  in  litterarischer  Beziehung 
zunächst  die  logische  Fortsetzung  des  vorangegangenen.  Die 
nüchterne  Verständigkeit  und  die  Neigung  zu  schematischen 
Theorien,  welche  schon  für  das  17.  Jahrhundert  charakteris- 
tisch waren,  sind  es  noch  mehr  für  das  IS.  Jahrhundert.  Ja, 
es  wird  in  ihm  die  nüchterne  Verständigkeit  oder ,  wie  viel- 
leicht besser  zu  sagen  ist.  die  verständige  Nüchternheit  so 
weit  gesteigert .  dass  die  Phantasie  fast  aus  der  Poesie  ver- 
bannt und  die  letztere  dadurch  nahezu  ertödtet  wird.  Da- 
her überwiegen  auch  in  sehr  auffälliger  Weise  die  Prosa- 
gattungen der  Litteratur  und  namentlich  wieder  diejenigen, 
welche  der  Wissenschaft  nahestehen  und  aus  dieser  ihre  Stoffe 
entnehmen ,  so  die  philosophische  Essayistik,  die  litterarische 
Kritik,  die  darstellende  Geschichtsschreibung,  die  Naturschil- 
derung u.  dgl.  Die  Wissenschaft  nimmt  eine  schöngeistige, 
die  schöngeistige  Litteratur  eine  wissenschaftliche  Färbung  an. 
Damit  im  Zusammenhange  steht  die  erwachende  Vorliebe  zu 
encyklopädischer  Zusammenfassung  der  gesammten  Wissens- 
raaterie. 

Das  17.  Jahrhundert  war  in  Frankreich  ein  Zeitalter  der 
Herrschaft  der  kirchlichen  und  staatlichen  Autorität  gewesen; 
das  IS.  Jahrhundert  stellt  sich  dieser  doppelten  Autorität  op- 
positionell gegenüber,  bekämpft  sie  litterarisch  mit  den  Waffen 
der  negirenden  Kritik.  Man  urtheilt,  dass  die  religiösen  Dog- 
men mit  der  Vernunft  nicht  verträglich  seien  und  dass  diese 
höchstens  einen  allgemeinen  Gottesglauben  (Deismus)  zulassen 
könne:  so  wird  das  Emporkommen  sensualistischer  und  ma- 
terialistischer Anschauungen  begünstigt.  Man  überredet  sich, 
dass  die  fürstliche  Gewalt  nur  einem  Gesellschaftsvertrage 
ihr  Dasein  verdanke  xmd  dass  sie  nur  berechtigt  sei .  wenn 
der  Wille  des  Volkes,  welchem  letzteren  allein  die  Souveräni- 
tät zukomme,  ihre  Ausübung  gestatte,  regele  und  überwache. 
Man  gelangt  endlich  zu  dem  Glauben,  dass  die  ganze  Ver- 
gangenheit ,  mindestens  vom  Untergange  der  antiken  Cul- 
tur  ab ,  eine  Zeit  der  Finsterniss ,  der  Barbarei  und  der 
Tyrannei  gewesen  sei  und  dass  nun  das   IS.  Jahrhundert  den 


400  Das  Französische. 

Beruf  habe,  den  Individuen  wie  den  Völkern  Aufklärung,  Bil- 
dung und  Freiheit  zu  bringen.  So  ist  man  erfüllt  von  phi- 
lanthropischen Ideen  und  reforraatorischen  Theorien,  welche 
letzteren  Alles  umfassen:  die  Ersetzung  der  Religion  durch 
die  Philosophie  und  Moral,  die  Neugestaltung  des  Staates,  die 
Begründung  einer  neuen  "S'olkswirthschaft  nach  wissenschaft- 
lichen Grundsätzen,  die  Erziehung  des  Kindes  nach  den  Ge- 
boten der  Vernunft  und  der  Humanität.  Die  Logik  der  Ge- 
schichte musste  dazu  führen,  dass  die  reformatorischen  Theo- 
rien sich  endlich  praktisch  in  revolutionäre  Thaten  umsetzten, 
dass  in  der  grossen  Revolution  wirklich  der  Versuch  zur  Zer- 
störung der  bestehenden  Institutionen  und  zur  Aufrichtung 
eines  neuen,  vermeintlich  idealen  Zustandes  gemacht  ward. 

In  engem  Zusammenhange  hiermit  steht  die  Aenderung 
des  socialen  Charakters  der  Litteratur,  eine  Aenderung.  wel- 
che ,  was  die  Vertreter  der  Litteratur  anbelangt ,  bereits  im 
17.  Jahrhundert  begonnen  hatte,  wie  die  vielen  bürgerlichen 
Autorennamen  jener  Zeit  bekunden. 

Im  17.  Jalirhundert  war  die  französische  Litteratur  aristo- 
kratisch und  exclusiv  gewesen,  im  18.  Jahrhundert  wird  sie 
—  entsprechend  dem  in  der  Gesammtcultur  sich  vollziehenden 
Wechsel  —  demokratisch,  wendet  sich  mit  Vorliebe  an  die 
breite  Masse  des  emporstrebenden  Bürgerthums,  zeigt  eine  den 
bisher  privilegirten  Ständen  feindliche  Tendenz.  Besonders 
fühlbar  macht  sich  dieser  Umschwung  auf  dem  Gebiete  des 
Romancs  und  des  Dramas.  Der  bürgerhche  Roman,  im  17. 
Jahrhundert  nur  gleichsam  versuchsweise  sich  hervorwagend, 
gelangt  mehr  und  mehr  zur  Herrschaft,  desgleichen  die  philo- 
sophirende  und  moralisirende  Novelle,  deren  Aufkommen  durch 
das  Entstehen  von  rasch  sich  mehrenden  Wochenschriften  und 
sonstigen  halb  oder  ganz  belletristischen  periodischen  Blättern 
befördert  wird.  Neben  den  bürgerlichen  Roman  und  die  bür- 
gerliche Novelle  stellt  sich  liald  das  von  Nivelle  de  la 
Chaussee  (1G93 — 17r^4)  begründete  bürgerliche  Schauspiel,  die 
sogenannte  »comedie  larmoyante'     'RührdnunaM). 

Die  Litteratur  des  17.  Jahrhunderts  war,  weil  eben  eine 
Litteratur  exclusiv  aristokratischen  Gepräges,  vielfach  mit  con- 
ventionellen  Elementen  belastet,  verfiel  häufig  in  Unnatur, 
Gespreiztheit    und  Affeetation   ^man   denke   z.  B.  an  das  Pre- 


Litteraturgeschichte.  401 

cieuseiithum ! V  Ganz  im  Gegensatze  hier,  aber  doch  auch  nur 
in  Folge  einer  nothwencligen  Reaction,  Avurde  im  IS.  Jahr- 
hundert die  Rückkehr  zur  Natur  gepredigt  und  Naturschwär- 
merei, die  oft  genxig  freilich  nur  anempfunden  war.  kam  in 
die  Mode.  Damit  war  der  Ansatz  zu  jener  litterarischen  Um- 
wälzung gegeben,  welche  zur  Ausbildung  der  Romantik  ge- 
führt hat. 

So  negativ  und  kritisch  sich  aber  auch  die  französische 
Litteratur  des  IS.  Jahrhunderts  gegenüber  der  unmittelbaren 
Vergangenheit  verhielt,  so  tastete  es  doch  die  von  dieser  ge- 
schaffenen litterarischen  Formen  nicht  an,  sondern  zeigte  sich 
hinsichtlich  ihrer  auffällig  conservativ.  Die  Gesetze  der  poeti- 
schen Technik,  wie  sie  von  Malherbe  und  Boileau  formulirt 
worden  waren,  blieben  in  Kraft.  Selbst  das  Drama  wurde 
nicht  befreit  von  dem  drückenden  Joche  der  drei  Einheiten. 
Wohl  gestattete  sich  Voltaire  in  einzelnen  seiner  Tragödien, 
z.  B.  in  der  »Zaire«,  die  Beimischung  einiger  romantischer 
Elemente,  wohl  entlehnte  er  Shakespeare  einige  Bühneneffecte, 
aber  gegen  die  Grundprincipien  des  romantischen  Dramas  ver- 
hielt er  sich  entschieden  ablehnend  und  bekämpfte  als  Theo- 
retiker Shakespeare  mit  verblendeter  Leidenschaftlichkeit. 

Dies  ist  um  so  befremdlicher,  aber  auch  um  so  bemer- 
kenswerther,  als  im  Uebrigen  die  französische  Litteratur  des 
18.  Jahrhunderts,  auch  hierin  in  schroffem  Gegensatze  zu  der- 
jenigen des  17.  Jahrhunderts  stehend,  unter  der  Herrschaft 
des  englischen  Einflusses  ihre  Eigenart  entwickelte,  von  Eng- 
land die  leitenden  philosophischen  und  politischen  Ideen 
empfing. 

Die  hervorragendsten  Vertreter  der  Litteratur  des  1 S .  Jahr- 
hunderts sind  Fraxcois- Marie  (Arouet)  de  Voltaite  (1694 
— 177S)  und  Jeax-Jacques  Rgisseau  (1712 — 1778).  Die  Be- 
deutung des  ersteren  liegt  vorwiegend,  diejenige  des  letzteren 
ausschliesslich  in  seinen  Prosaschriften. 

Voltaire  hat.  getrieben  von  ruhelosem  Ehrgeize  und  un- 
terstützt von  einer  vielseitigen  Begabung,  sich  auf  fast  allen 
Gebieten  der  Litteratur  versucht ,  aber  freilich  mit  sehr  un- 
gleichem Erfolge.  Seine  epischen  Dichtungen  (Henriade,  la 
Pucelle)  sind  luifreiwillige  Carricaturen  auf  das  wahre  Epos 
und   bekunden   recht   deutlich,    wie   wenig   ihr  Verfasser  und 

Körting,  Encyklopädie  d.  rom.  Phil.  HI.  20 


402  I^'^^  Französische. 

seine  Zeitgenossen  Verständiss  für  die  epische  Dichtung  be- 
sassen.  Als  Lyriker  ist  Vohaire  kaum  mittelmässig,  und  nicht 
viel  günstiger  kann  über  den  didaktischen  Dichter  (Discours 
en  vers,  la  Loi  naturelle,  Poeme  sur  le  desastre  de  Lisbonne 
etc.i  geurtheilt  werden,  doch  bietet  dieser  wenigstens  durch 
Gedanken  Ersatz  für  die  mangelnde  poetische  Kunst.  Die 
Romane  und  Novellen  Voltaire's  (Candide,  l'Ingenu,  Micro- 
megas  etc.)  sind  ausgezeichnet  durch  Witz  und  Eleganz  des 
Styles  und  interessiren  durch  scharf  hervortretende  philosophi- 
sche Tendenz,  welche  freilich  auf  widerwärtige  Excentricitäten 
hinausläuft,  aber  poetische  Meisterwerke  sind  sie  so  wenig, 
dass  man  sie  eher  poetische  Monstrositäten  nennen  kann.  Nicht 
so  einfach  lässt  über  Voltaire's  Dramen  (s.  oben  S.  366),  un- 
ter denen  die  Tragödien  bei  weitem  überwiegen ,  ein  Urtheil 
sich  abgeben.  Dramatische  Begabung,  einschliesslich  des  mit 
derselben  keineswegs  immer  verbundenen  Verständnisses  für 
die  bühnengerechte  Technik  des  Drama's,  besass  Voltaire  un- 
streitig in  nicht  geringem  Grade  und  ebenso  unstreitig  hat 
er  diese  Begabung  in  entsprechender  Weise  zu  verwerthen  ge- 
wusst ,  auch  Ueberlegung  und  Fleiss  nicht  gespart,  um  mög- 
lichst Vollkommenes  zu  leisten ;  ja .  er  hat  auch  den  Muth 
besessen,  mit  mancher  zum  Dogma  gewordenen  Ueberlieferung 
zu  brechen  und  hat,  wenn  auch  sehr  vorsichtigen  Fusses,  neue 
Bahnen  betreten,  Avelche  zu  einer  erfreulichen  Verjüngung  der 
pseudoclassischen  Tragödie  hätten  führen  können.  Nichts- 
destoweniger erheben  sich  Voltaire's  Dramen  höchstens  um 
ein  Geringes  über  das  Niveau  einer  achtbaren  Mittelmässig- 
keit,  zum  Theil  erreichen  sie  nicht  einmal  diesen  bescheide- 
nen Grad  ästhetischen  Werthes.  keinesfalls  aber  lassen  sie 
sich  mit  C'orneille's  oder  Racinc's  besseren  Werken  verglei- 
chen, geschweige  denn  mit  den  Dramen  Shakespeare's,  Goe- 
the's  oder  anderer  der  Weltlitteratur  angehöriger  Dichter.  Der 
Grund  ist  ein  doppelter.  Erstlich  besass  Voltaire  eben  nur 
dramatische  Begabung,  aber  nicht  dramatische  Genialität,  und, 
was  noch  nachtheiliger  wirkte ,  er  war  weit  mehr  Verstandes- 
mensch und  Kritiker,  als  Dichter :  in  Folge  dessen  sind  seine 
Dramen  erfüllt  von  philosophischen  Tendenzen  und  KeHexio- 
uen ,  entbehren  des  höheren  ])üetischen  Schwunges  und  ma- 
chen  häufig  mehr   den   Eindruck   dialogisirter   philosophischer 


Litteraturgeschichte.  403 

Essays .  als  wirkliclicr  Dramen.  Die  trafrischc  Musf  Avvirde 
von  A'ültaire  znr  Magd  der  Anfklärungsphilosophio  erniedrigt, 
sehr  begreiflich ,  dass  sie  in  dieser  untergeordneten  Stelhmg 
unfähig  -war  zu  hervorragender  Leistung.  Sodann  aher  hesass 
A'oltaire  nicht  die  Selbstentsagung,  um.  verziclitend  auf  jeden 
Kefonnversuch ,  ruhig  auf  der  Strasse  zu  wandeln ,  welche 
durch  die  poetische  Theorie  des  17.  Jahrhunderts  vorgeschrie- 
ben worden  war:  noch  weit  weniger  jedoch  besass  er  die 
Kühnheit,  voll  und  ganz  mit  Eewusstsein  und  mit  Entschie- 
denheit sich  loszusagen  von  dem  Pseudoclassicismus  und  an 
die  Neuschöpfung  des  Drama's  sich  zu  wagen.  Er  kam  viel- 
mehr über  ein  ängstliches  und  verlegenes  Schwanken  nicht 
hinaus.  Im  Princip  verharrte  er  aus  sehr  begreiflichen ,  hier 
aber  nicht  zu  erörternden  Gründen  durchaus  auf  dem  l^oden  des 
Pseudoclassicismus,  in  der  Praxis  aber  gestattete  er  sich  gern 
manche  kleine  romantische  Verirrung.  Dadurch  aber  und  nicht 
minder  durch  ihre  oben  bereits  hervorgehobene  philosophisch- 
tendenziöse  Zuspitzung  erhalten  seine  Dramen  einen  ZAviespäl- 
tigen  und  zwieschlächtigen  Charakter,  der  mit  wahrer  Poesie 
unverträglich  ist. 

Und  überhaupt  der  Dichter  Voltaire  hat  kaum  einen  An- 
spruch auf  besonderen  Ruhm,  denn  er  hat  zwar  Vieles  und 
darunter  auch  manches  relativ  Bedeutendes  geleistet,  aber 
nichts  wirklich  und  absolut  Grosses ,  nichts ,  woran  man  sich 
allseitig  zu  erfreuen  vermöchte.  Des  Ruhmes  würdig  ist  nur 
der  Philosoph,  der  Kritiker,  der  Geschichtsschreiber  Voltaire. 
In  den  genannten  Eigenschaften  aber  muss  ihm  jede  objective 
und  gerechte  Beurtheilung  den  Ruhm  zuerkennen ,  dass  er 
der  Grösste  seines  Zeitalters  gewesen  ist.  Damit  ist  weder 
ein  Einverständniss  mit  dem  Inhalte  der  philosophischen  An- 
schauungen Voltaires  verbunden,  noch  eine  Billigung  der  Art. 
wie  er  Kritik  übte  ,  und  der  Tendenzen ,  die  er  damit  ver- 
folgte ,  noch  endlich  eine  Gutheissung  der  Methode ,  wie  er 
Geschichte  schrieb,  und  der  letzten  Ziele,  die  ihm  dabei  vor- 
schwebten. Ueber  alle  diese  Dinge  kann  man  gewiss  sehr  ver- 
schiedener Ansicht  sein,  und  sicherlich  darf  man  Niemandem 
das  Recht  bestreiten,  auch  sehr  ungünstig  darüber  zu  denken. 
Aber  Ruhm  gebührt  jedenfalls  dem  Manne,  der  ein  ganzes 
langes  Leben    hindurch    in    unermüdlicher    Thätigkeit ,    nicht 

20* 


404  D^s  Französische. 

selten  auch  mit  muthiger  Einsetzung  seiner  Person  —  öfters 
freilich  leider  mit  vorsichtiger  und  selbst  feiger  Sicherstellung 
derselben  —  f ü  r  wirkliche  oder  vermeintliche  Aufklärung  und 
gegen  Avirklichen  oder  vermeintlichen  Aberglauben  kämpfte. 
Wahrlich,  der  Mann,  der  einem  ganzen  Zeitalter  das  Gepräge 
seines  Geistes  aufgedrückt  hat,  kann  kein  unbedeutender 
Mensch  gewesen  sein.  Nur  freilich  kann  man  auch  dem  Phi- 
losophen, Kritiker  und  Geschichtsschreiber  Voltaire  keine  un- 
gemischte Bewunderung  zollen :  die  Persönlichkeit  des  Mannes 
zeigt  neben  grossen  und  edlen  Zügen  doch  auch  so  hässliche 
Charakterschwächen  und  so  sichtbare  moralische  Plössen,  dass 
dadurch  das  Urtheil  auch  über  sein  geistiges  Schaffen  ungün- 
stig beeinflusst  werden  muss.  Indessen  auch  wer  seine  Ab- 
neigimg  gegen  den  Menschen  Voltaire  so  wenig  überwinden 
könnte,  dass  er  durch  sie  zu  einer  abfälligen  Schätzung  auch 
des  Schriftstellers  Voltaire  sich  gedrängt  fühlte,  sollte 
doch  wenigstens  das  anerkennen,  dass  dieser  Mann  in  der 
Vielseitigkeit  des  Denkens  und  in  der  Fähigkeit,  die  verschie- 
denartiffsten  Themata  mit  Gewandtheit  und  Klarheit  zu  be- 
handeln,  wohl  noch  von  keinem  andern  übertroffen  worden 
ist.  Uebrigens  aber  dürfte  Voltaire  zu  denjenigen  litterarischen 
Persönlichkeiten  gehören,  die  bei  flüchtiger  Petrachtung  aller- 
dings abstossend  erscheinen,  bei  näherer  Betrachtung  indessen 
mehr  und  mehr  zu  ihren  Gunsten  einnehmen,  indem  man  er- 
kennt ,  dass  sie  in  Wirklichkeit  so  schlimm  nicht  sind ,  als 
man  sich  einbildete,  dass  vielmehr  doch  manches  recht  Löb- 
liche und  Liebenswürdige  an  ihnen  zu  finden  ist.  Es  gilt  dies 
ebenso  von  dem  Menschen  wie  von  dem  Schriftsteller  Vol- 
taire :  auch  er  gewinnt  bei  näherer  Kenntniss.  So  war  es  bei- 
spielsweise landläufige  ,  allgemein  verbreitete  Meinung ,  Vol- 
taire's  Geschichtswerke  seien  durch  und  durch  oberfiächlich 
imd  kritiklos;  die  neuere  Forschung  dagegen  hat  nachgewie- 
sen, dass  eben  diese  Werke  auf  mindestens  relativ  gründlichen 
Quellenstudien  beruhen  und  durchaus  nicht  ohne  wissenschaft- 
liches Verdienst  und  inneren  Werth  sind,  ganz  abgesehen  da- 
von, dass  in  ihnen  eine  Kunst  geschmackvoller  Darstellung 
sich  zeigt,  wie  sie  damals  auf  diesem  Gebiete  weder  in  Frank- 
reich noch  anderwärts  gekannt  wurde.  So  sind  namentlich 
die   »Histoire    de   Charles  XII«,    die    »Histoire    du    siecle    de 


Litteraturgescliichte.  405 

Louis  XIVu  und  der  »Essai  sur  les  manirsic  neuerdings  wieder 
zu  Ehren  gekommen .  freilieh  ohne  dass  man  sie  gerade  als 
ideale  Erzeugnisse  der  Geschichtsschreibung  betrachtet. 

Leichter,  als  über  Voltaire,  vermag  man  über  J.-J.  Kous- 
seau  ein  klares  Urtheil  sich  zu  bilden.  Denn  einerseits  ist 
Rousseau 's  litterarische  Thätigkeit,  obwohl  auf  manchen  recht 
verschiedenen  Gebieten  sich  bewegend,  doch  keineswegs  so 
vielseitig  gewesen,  wie  diejenige  Voltaire's,  und  andererseits 
hat  Kousseau  selbst  durch  seine  in  den  »Confessions«  gegebene 
Autobiographie  uns  einen  sehr  erwünschten  und  brauchbaren 
Schlüssel  zum  Verständnisse  seines  Wesens  und  Wirkens  über- 
liefert, wenn  auch  dieser  Schlüssel,  da  die  Eitelkeit  des  Autors 
an  seiner  Herstellung  stark  betheiligt  war,  mit  einiger  kriti- 
scher Vorsicht  gehandhabt  werden  muss.  In  Rousseau  prägt 
sich  die  Eigenart  des  IS.  Jahrhunderts  noch  weit  stärker  aus. 
als  in  Voltaire.  Der  letztere  trägt  bei  aller  seiner  Lust  an 
der  negirenden  Kritik  doch  immer  noch  einen  conservativen 
Zug  an  sich,  und  es  klingt  in  seiner  Persönlichkeit  noch  etwas 
von  der  exclusiven  Vornehmheit  nach,  welche  dem  höheren 
Litteratenthume  des  17.  Jahrhunders  eigen  war.  Voltaire  war 
eine  agitatorische,  aber  keine  revolutionäre  Natur,  höchstens 
kann  man  ihn  einen  Salonrevolutionär  im  Galarock  nennen, 
und  selbst  das  wäre  noch  zu  viel  behauptet.  Ganz  anders 
Rousseau,  Dieser  war  durch  und  durch  radical ,  und  es  war 
ganz  folgerichtig,  dass  die  Führer  der  grossen  Revohition  weit 
mehr  in  ihm ,  als  in  Voltaire .  ihren  geistigen  Erzeuger  er- 
blickten, seine,  nicht  Voltaire's,  Schriften  als  Evangelium  des 
neuen  Heiles  verehi'ten.  Und  was  besonders  zu  beachten,  er 
war  radical  nicht  bloss  im  Negiren,  sondern  auch  im  Con- 
struiren.  er  riss  nicht  bloss  nieder,  sondern  baute  auch  wieder 
auf,  freilich  einen  Bau,  wie  nur  ein  in  einseitigsten  Anscliau- 
ungen  befangener  Fanatiker  der  Aufklärungsphilosophie,  der 
aber  nebenbei  noch  ein  gemüthvoUer  Schwärmer  war.  ihn  auf- 
führen konnte.  Er  verwarf  den  bestehenden  Staat  und  setzte 
an  seine  Stelle  einen  neuen,  auf  die  Fiction  des  Gesellschafts- 
vertrages und  der  Volkssouveränität  gegründeten ;  er  verwarf 
die  bestehende  Religion,  ersetzte  sie  aber  durch  einen  neuen 
Glauben ,  dem  es  an  Dogmen  oder  doch  an  Axiomen  nicht 
fehlte    (marr  denke    z.  B.   an   das  Axiom  von    der   natürlichen 


4 

406  ^^^  Französische. 

Unverdorbenheit  des  Menschen!);  er  verwarf  das  bestehende 
Erziehungssystem  und  brachte  dafür  ein  neues  in  Vorschlag, 
das  mindestens  in  Bezug  auf  Detaillirung  nichts  zu  wünschen 
übrig  Hess:  er  verwarf  endlich  die  ganze  bestehende  Cultur 
inid  behauptete  alles  Ernstes  die  Möglichkeit  der  Rückkehr 
in  den  von  ihm  geträiimten  Zustand  eines  idyllischen  Ur- 
fflückes.  Im  Zerstören  wie  im  Aufbauen  überschi'itt  er  um 
ein  Weites  die  richtigen  Grenzen.  Man  empfängt  von  seinen 
Schriften  mitunter  den  Eindruck ,  als  ob  beredter  Wahnsinn 
aiis  ihnen  spreche,  aber  nicht  eigentlicher  Wahnsinn  ist  es, 
eher  vielmehr,  wenn  man  den  anscheinend  widerspruchsvollen 
Ausdruck  brauchen  darf,  ein  tollgewordener  Verstand,  der  er- 
barmungslos und  mit  absoluter  Verachtung  der  gewordenen 
und  seienden  Wirklichkeit  die  letzten  Consequenzen  seines  an 
sich  ganz  logischen  Denkens  zieht.  Die  Hauptschriften  Rous- 
seau's  sind:  der  »Contrat  social«  (Theorie  des  Staates),  der  »Emile« 
Theorie  der  Erziehung)  nebst  der  »Profession  de  foi  du  vicaire 
savoyard«  (eine  Art  Vernunftskatechismus)  und  der  Roman 
»Julie  ou  la  nouvelle  HcloVse«. 

Rousseau  überragt  als  Schriftsteller,  beziehentlich  als  Dich- 
ter Voltaire  bedeutend ,  denn ,  was  diesem  fehlt ,  Wärme  der 
Emphndung  und  Kraft  der  Phantasie,  das  besitzt  er  in  hohem 
Grade  und  braucht  es  in  wirksamster  Weise.  Nicht  bloss  mit 
dem  Verstände  schreibt  er ,  sondern  auch  mit  dem  Herzen , 
und  deshalb  hat  auch ,  was  er  geschrieben  ,  den  Weg  zu  den 
Herzen  gefunden. 

Rousseau's  Radicalismus  hat  viel  Unheil  über  die  Welt 
gebracht,  aber  auch  viel  Segen.  Es  kann  hier  nicht  ausführ- 
licher darüber  gehandelt  werden,  und  es  ist  auch  um  so  we- 
niger erforderlich ,  als  der  Reweis  für  beide  Theile  der  Re- 
hauptung  in  der  Geschichte  hinreichend  vorliegt :  das  Unheil 
in  den  Uebertreibungen  der  französischen  Revolution,  der  Se- 
gen in  der  unter  dem  Einflüsse  des  »Emile«  vollzogenen  Rc- 
fonn  des  Erzichungswesens. 

Hinter  Voltaire  und  Rousseau  treten  alle  übrigen  Schrift- 
steller des  IS.  Jahrhunderts  in  den  Schatten  verhältnissmässi- 
ger  Unbedeutendheit  zurück.  Und  doch  fehlt  es  unter  ihnen 
nicht  an  Persönlichkeiten,  welche  der  Beachtung  Avohl  Avürdig 
sind.     Da   ist   vor   allen    der    edle   Montesquieu    (1681) — 1755) 


Litteraturgeschichte.  .J()7 

zu  nennen,  der  \ertusser  des  gedankenreichen  politischen  Wer- 
kes »Esprit  des  lois«  nnd  des  geistvollen  Essays  »Considerations 
sur  les  causes  de  la  grandeur  et  de  la  decadence  des  Komainsif, 
letzteres  ein  Muster  pragmatischer  Geschichtsbetrachtung  und 
selbst  heute  wohl  in  vielen  sachlichen  Einzelheiten ,  aber 
nicht  als  Ganzes  veraltet.  Da  ist  ferner  Diderot  (1713 — 1784) 
zu  nennen,  der  Voltaire  nahezu  gleichkommt  an  Vielseitigkeit 
des  Wissens  und  des  JSchaflens,  ihm  jedenfalls  zunächst  steht 
in  seinen  Bestrebungen,  aber  ihn  weit  übertrifft  an  Tüchtig- 
keit des  Charakters  und  Redlichkeit  des  Wollens.  Da  können 
weiter  etwa  Dkstülciies  (IGSO — 1754:,  Marivaux  (1688 — 1703) 
und  Prevost  (1697 — 1763)  genannt  werden,  welche  im  Lust- 
spiele und  im  Romane  neue,  bis  dahin  nur  von  Engländern 
begangene  Bahnen  betraten.  Und  noch  manchen  anderen  hätte 
die  Litteraturgeschichte  hervorzuheben,  so  z.  B.  Lesage  (1668 
— 174  7)  als  den  Dichter  des  vielgenannten  Schelmenromans 
»Gil  Blas«,  in  welchem  wohl  zum  letzten  Male  die  französische 
Dichtung  nach  spanischem  Muster  gearbeitet  hat ;  ebenso  Gres- 
SET  als  den  Verfasser  der  schalkhaften  Versnovelle  «Vert-Vert«, 
und  so  könnten  noch  viele  Namen  weiter  aufgezählt  werden. 
Mehrfache  litterarische  Erscheinungen  sind  für  das  18. 
Jahrhundert  recht  charakteristisch.  Vor  Allem  die  Zunahme 
des  litterarischen  Interesses  auch  in  den  nicht  privilegirten 
Gesellschaftsclassen.  Die  Beschäftigung  mit  litterarischen  Din- 
gen wird  zur  Tagesmode ,  gehört  zum  guten  Tone ;  in  den 
Salons,  und  zwar  nicht  mehr  bloss  in  denen  des  Adels ,  son- 
dern fast  mehr  noch  in  denen  der  Finanz  weit  und  der  Beam- 
tenkreise, werden  ästhetische  und  philosophische  Fragen  mit 
Eifer,  oft  auch  mit  Geist  und  Geschmack  erörtert,  wobei  die 
Damen  nicht  nur  zuhörend  an  der  Debatte  sich  betheiligen, 
sondern  oft  auch  thätig  in  dieselbe  eingreifen,  ja  deren  Lei- 
tung übernehmen.  Allerdings  schon  Mme  de  Rambouillet  und 
Mlle  de  Scudery  hatten  einst  Aehnliches  gethan ,  ja  vor  die- 
sen bereits  Margarethe  von  Navarra.  Aber  was  im  15.  und 
auch  noch  im  16.  Jahrhundert  doch  nur  Ausnahme  gewesen 
war,  das  wird  jetzt  mehr  und  mehr  gesellschaftliche  Sitte,  iind 
damit  gewinnen  die  Frauen  einen  bestimmenden  Einfluss  auf 
die  Litteratur,  der  einerseits  fordernd,  andererseits  aber  frei- 
lich  auch   verflachend   wirkt.     Im  Verhältnisse   zu  der  so  un- 


40S  l^i^s  Französische. 

gemein  Avaclisenden  gesellschaftlichen  liedeutimg  der  Litteratiir 
steigt  auch  die  politische  Wichtigkeit  der  letzteren,  sie  ent- 
wickelt sich  zu  einer  Macht,  ja  zu  einer  Grossmacht,  mit  wel- 
cher Staatsminister  und  Könige  rechnen  müssen,  zumal  da  die 
Litteratur  mehr  und  mehr  die  Journalistik  als  Waffe  gebrau- 
chen lernt.  Die  Schriftsteller  Averden  jetzt  zu  massgebenden 
Factoren  im  öffentlichen  Leben,  um  so  mehr,  als  sie,  obwohl 
vielfach  unter  einander  persönlich  verfeindet  und  sich  heftig 
bekämpfend,  doch  eine  Art  von  Geheimbund  bilden  und  ihre 
Interessen  mit  vereinten  Kräften  zu  vertheidigen  wissen,  mit 
vereinigten  Kräften  auch  Werke  zu  schaffen  verstehen,  welche 
die  Leistungsfähigkeit  eines  Einzelnen  überstiegen  hätten,  so 
namentlich  die  Abfassung  einer  grossen  Encyklopädie ') ,  in 
welcher  die  Aufklärungsphilosophie  die  Summe  ihres  Wissens 
und  ihrer  Anschauungen  zusammengefasst  hat. 

Und  weit  über  Frankreichs  Grenzen  hinaus  reichte  im 
IS.  Jahrhundert  die  Macht  der  französischen  Litteratur,  sie 
erstreckte  sich  über  das  ganze  gebildete  Europa,  sie  war  in- 
ternational. Schon  im  17.  Jahrhundert  hatte  ein  ähnlicher 
Zustand  bestanden,  aber  er  war  doch  anderer  Art  gewesen, 
hatte  andere  Ursache  gehabt.  Damals  war  die  litterarische 
Culturhegemonie  Frankreichs  innerlich  begründet  gewesen 
durch  die  Ueberlegenheit ,  welche  Frankreich  über  das  übrige 
Europa  in  wichtigen  Culturbeziehungen  thatsächlich  besass. 
Im  18.  Jahrhundert  aber  waren  die  Verhältnisse  verändert,  das 
geistig  productive,  das  neue  Ideen  zeugende,  das  der  in  einer 
Krisis  begriffenen  Cultur  die  neuen  Pfade  anweisende  Land 
war  England.  Wenn  gleichwohl  die  litterarische  Vorherrschaft 
Frankreichs  iU)er  den  Continent,  welche  im  17.  Jahrhundert 
erklärlich  und  berechtigt  gewesen  war,  auch  im  IS.  Jahrhun- 
dert noch,  obgleich  nunmehr  Frankreich  von  England  aus 
geistig  genährt  wurde,  nicht  nur  erhalten  blieb,  sondern  auch 
sich  noch  schärferen  und  sichtlicheren  Ausdruck  verschaffte, 
so  ist  dies  nur  aus  der  Stellung  begreiflich,  welche  Litteratur 
und  Litteratenthum  inzwischen  in  Frankreich  erlangt  hatten. 
Diese  Stellung  war  eben  auch  eine  äussere  Machtstellung,  Avie 

1)  Encyclopedie,  ou  dictionnaire  raisonne  des  sciehces,  des  arts  et  des 
metiers,  par  une  socictc  de  gens  de  lettre«,  mis  en  ordre  et  public  par  M. 
DlDKUOT,  quant  ix  la  partie  mathematique  par  M.  D'ALli.MHEHT  ^der  aucli 
die  Vorrede  schrieb.  28  Bde.    IT.M  60. 


liitteraturgeschichtc.  409 

ja  immer  die  inncrhulh  einer  geschichtlichen  Periode  jedes- 
malig massgebenden  geistigen  Mächte  schliesslich  auch  irgend 
eine  Form  der  Verköii)erlichung  ünden,  in  welcher  sie.  um 
so  zu  sagen,  zum  Eintritt  in  den  diplomatischen  Verkehr  mit 
den  realen  Mächten  befähigt  av erden.  Nur  so  erklärt  es  sich, 
dass  im  18.  Jahrhundert  die  Beherrscher  der  Staaten,  darun- 
ter selbst  eine  Katharina  II. .  sich  zur  vertraulichen  Korre- 
spondenz mit  französischen  Litterateu.  und  zwar  nicht  etwa 
bloss  mit  Voltaire,  sondern  beispielsweise  auch  mit  Diderot, 
herbeiliessen.  Das  persönliche  Interesse,  welches  die  betref- 
fenden fürstlichen  Persönlichkeiten  an  der  Litteratur  nahmen, 
hätte  dazu  zwar  etwa  bei  dem  genialen  Preussenkönig  Fried- 
rich II.  d.  Gr.  ausgereicht,  der  selbst  eine  der  Grössen  der 
französischen  Litteratur  jener  Zeit  war.  aber  nicht  bei  Ande- 
ren. Kecht  bezeichnend  ist,  dass  selbst  kleine  Potentaten,  wie 
etwa  der  Herzog  von  Gotha .  sich  damals  ihren  litterarischen 
Correspondenten  oder  Agenten  in  Paris  hielten ,  der  ihnen 
über  alle  neue  Vorkommnisse  und  Erscheinungen  genauen  Be- 
richt erstatten  musste.  Dem  Herzog  von  Gotha  diente  in  die- 
ser Eigenschaft  bekanntlich  der  Baron  von  Grimm  ,  dessen 
Correspondenz  mit  seinem  Auftraggeber  jetzt  eine  der  reich- 
haltigsten und  interessantesten  Quellen  für  die  intimere  Kennt- 
niss  jener  interessanten  Zeit  ist. 

Die  grosse  französische  Revolution,  in  welcher  die  Ideale 
des  IS.  Jahrhunderts  aus  der  Theorie  der  Speculation  in  die 
Praxis  der  Wirklichkeit  überführt  werden  sollten,  hatte  auch 
eine  litterarische  Umwälzung  zur  mindestens  mittelbaren  Folge. 
Zwar  einen  directen  und  endgültigen  Bruch  mit  der  litterari- 
scheu  Ueberlieferung  vermochte  selbst  die  Revolution  nicht 
zu  bewirken .  selbst  sie  konnte  den  conservativen  Sinn .  der 
den  Franzosen  in  litterarischen  Dingen  eigen  ist.  nicht  be- 
siegen. Aber  sie  unterbrach  doch  den  Zusammenhang  der 
Entwickelung.  und  namentlich  zersprengte  sie  das  litterarische 
Coterienwesen.  machte  der  Herrschaft  des  nur  mit  der  Feder 
gewaltigen  Litteratenthums  ein  Ende.  Zunächst  die  Männer 
der  Rede,  dann  die  Männer  der  schwertgewaltigen  That  wur- 
den zur  führenden  Rolle  berufen.  Und  der  politische  Riss, 
den  die  beginnende  Revolution  zwischen  Frankreich  und  dem 
übrigen  Europa  vollzog,  brachte  auch  der  internationalen  Hege- 


410  Das  Französische. 

monie  der  französischen  Litteratur  zum  jähen  Abschluss,  Die 
deutsche  und  italienische  Litteratur  fanden  nun  ihre  Freiheit 
wieder,  andere  Litteratiiren  wenigstens  die  Möglichkeit  freier 
oder  doch  minder  einseitiger  Entwickelimg.  Andererseits  er- 
öffnete die  Kevolution  durch  ilire  kosmopolitische  Tendenz, 
vermöge  deren  sie  das  Ausland  geistig  und  politisch  für  sich 
zu  gewinnen  strebte,  den  fremden  Litteraturen  des  Continents, 
namentlich  der  devitschen ,  die  Möglichkeit ,  einen  gewissen 
Einfluss  auf  die  Entwickelung  der  fran/ösischen  Litteratur 
auszuüben. 

Zwei  Dichter  von  seltener  Begabiing  erheben  sich  in  der 
Zeit  der  besinnenden  Revolution  zu  ihren  höchsten  Leistungen : 
das  Brüdei-paar  Marie-Joseph  Chenier  (1764 — 1811)  und 
Anuke  Chexier  (1762  —  1794),  der  erstere  ein  A'erherrlicher, 
der  letztere  ein  Gegner  und  zugleich  ein  Opfer  der  grossen 
Umwälzung,  beide  aber,  nur  freilich  ein  jeder  in  anderer  Weise, 
die  Vorläufer  einer  neuen  Geistesrichtung,  die  bald  zur  Herr- 
schaft gelangen  sollte.  Joseph  Chenier  hat  das  romantische 
Drama  vorbereitet,  Andre  Chenier  der  Lyrik  die  lang  ent- 
behrte Innigkeit  imd  Wärme  des  Gefühls  Aviedergegeben. 

Die  specifische  lievolutionspocsie  hat  Vieles  erzeugt,  was 
vorübergehend  interessirte  und  gefiel,  aber  Nichts  was  durch 
seinen  aesthetischen  Werth  sich  eine  bleibende  Stellung  in  der 
Litteratur  errungen  hätte ;  die  zum  Nationalgesang  erhobene 
sogenannte  »Marseillaise«  (gedichtet  als  Marschgesang  für  die 
Rheinarmee  im  April  1792  zu  Strassburg  von  Rouget  de  lIsie) 
verdankt  ihr  glänzendes  Schicksal  wohl  mehr  historischen  Zu- 
fälligkeiten, als  ihrer  poetischen  Bedeutung. 

18.  Schon  vor  der  Revolution  war  das  18.  Jahrhundert 
von  der  Sehnsucht  nach  der  Flucht  vor  sich  selbst  erfüllt 
gewesen,  war  seiner  selbst  und  seiner  Cultur  müde  geworden, 
hatte  geschwärmt  von  dem  vermeintlichen  Glücke  einer  er- 
träumten idyllischen  Urzeit,  in  der  es  noch  keine  Tyrannen  und 
Pfaffen  gegeben  habe,  hatte  mit  Neid  auf  die  \'ölkerstämme 
geblickt,  die  in  fernen  Zonen,  etwa  in  Nordamerika" s  Ur- 
wäldern oder  auf  den  Inseln  der  Südsec  ein  kindlich  sorgen- 
loses Dasein  führen  inid  Europas  übertünchte  Cultur  nicht 
kennen.  Die  Schrecken  der  Revolution  und  die  Unbehaglich- 
keit    der   durch   sie    geschaffenen    Zustände   musste   die    schon 


Litteraturgeschichto.  1 1  I 

vorhaiulene  Vnzufriedeiihcit  mit  der  Gcficmvart  noch  steigern, 
den  inneren  Drang,  wenigstens  in  der  Phantasie  sieh  dem 
Drucke  der  realen  Verhältnisse  zu  entziehen,  noch  gewaltiger 
werden  lassen.  Und  dazu  trat  noch  ein  Anderes.  Die 
stolze  Zufriedenheit,  von  welcher  das  IS.  Jahrhundert  beseelt 
gewesen  war.  jene  Zuversicht,  dass  die  Religion,  dass  das 
C'hristenthum  entbehrt  werden  könne,  dass  die  Vernunft  aus- 
reichend sei  für  die  Leitung  des  Lebens,  sie  war  gründlich 
geschwunden.  In  den  gewaltigen  Stürmen  der  Zeit  hatten  die 
Menschen  sich  wieder  klein  und  bescheiden  fühlen  gelernt. 
Man  empfand  Avieder  das  Bedürfniss  des  Glaubens,  und  mit 
diesem  Gefühle  verband  bei  Vielen  sich  das  Bewusstsein,  dass 
die  frühere  Glaubenslosigkeit  nun  gesühnt  werden  müsse 
durch  um  so  unbedingtere  Gläubigkeit.  Und  in  dieser  Stimmung 
wandte  man  sich  gern  in  der  Phantasie  den  mittelalterlichen 
Zeiten  zu,  die,  aus  der  Ferne  der  Geschichte  betrachtet,  als 
die  Zeiten  erhabener  Kirchlichkeit  und  beglückender  Frömmig- 
keit erschienen.  Wer  aber  das  Bedürfniss  nach  Erneuerung 
des  Glaubens  nicht  so  lebhaft  empfand,  der  flüchtete  wenigstens 
mit  seinem  Denken  aus  der  bedrückenden  Luft  der  Gegen- 
wart in  andere  Weiten  der  Geschichte,  etwa  in  das  indische 
oder  sonstige  orientalische  Alterthum. 

Zwar  so  lange  der  betäubende  Lärm  der  Kriege  des  Con- 
sulats  uud  des  Kaiserreiches  erscholl,  konnten  nur  Wenige 
voll  und  ganz  sich  der  Gegenwartsflucht  erfreuen,  da  die  Gegen- 
wart eben  allzu  geräuschvoll  sich  vernehmbar  machte.  Aber 
als  nach  Napoleons  zweifachem  Sturze  ungewohnte  Stille  über 
Europa  sich  niedersenkte  und  doch  die  mehr  nur  scheinbare, 
als  wirkliche  Wiederherstellung  des  früheren  Zustandes  Nie- 
mand wahrhaft  zu  befriedigen  vermochte,  da  ergriff  das  Un- 
behagen an  der  Gegenwart  auch  die  Massen  des  Volkes  und 
selbst  die  jüngste  Vergangenheit,  die  napoleonische  Periode, 
erschien  nun  den  Missvergnügten  als  gross  und  herrlich  im 
Vergleiche  zu  der,  wie  man  urtheilte.  kleinlichen  und  erbärm- 
lichen Gegenwart.  Sich  selbst  entfliehen  um  jeden  Preis, 
hinauseilen  mit  den  Gedanken  aus  der  Misere  des  Tages  in 
irgend  welche  glückliche  zeitliche  oder  räumliche  Ferne,  das 
wurde  jetzt  allgemeine  Losung. 

Aus   den    angedeuteten    Stimmungen    heraus    wurde    die 


412  Das  Französische. 

Romantik  geboren,  nachdem  ihr  im  18.  Jahrhundert  die 
NatursdiAvärmerei  den  Boden  vorbereitet  hatte. 

Vorläufer  der  französischen  Romantik  sind  die  beiden 
Cheniers    (s.    oben) ,    ihre    eigentlichen   Begiünder   aber  Mme 

DE    StAEL    (1766 1817]     imd     FkAXCOIS-ReXE     CfiATEAUBRIANl) 

(176S — 1848).  Die  erstere  führte  durch  den  Roman  »Corinne« 
(dem  früher  »Delphine«  vorausgegangen  war)  ihre  Leser  in  das 
mit  allen  Reizen  der  Natiu-  geschmückte  Sonnenland  Italien, 
die  Heimath  der  Kunst  vmd  Poesie,  und  liess  sie  dort  sclnv eigen 
im  Vergessen  der  platten  Alltäglichkeit  und  im  Genuss  des 
idealen  Schönen.  Doch  ungleich  Grösseres  noch  that  die  geist- 
volle Frau:  in  dem  Jiuche  ))De  TAUemagne«  erschloss  sie  den 
Franzosen  die  Tiefen  deutschen  Gemüthslebens  und  Denkens, 
entdeckte  das  geistige  Deutscliland  für  Frankreich  und  eröffnete 
dadurch  für  dieses  neue  Quellen  der  Bildung,  führte  in  Sonder- 
heit auch  der  französischen,  Poesie  neue  Anschauungen  und 
Motive  zu. 

In  ganz  anderer  Art  wirkte  Chateaubriand,  durcn  dessen 
litterarisches  Schaffen  —  in  seltsamer  Verkehi-ung  des  sonstigen 
Verhältnisses  zwischen  den  beiden  Geschlechtem  —  ebenso 
ein  weiblicher  Zug  hindurchgeht,  wie  durch  das  der  Mme  de 
Stael  ein  männlicher.  Er  umgab  (in  seinem  Werke  »Genie  du 
Christianisme«,  in  seiner  Prosadichtung  »Les  Martyrs  ou  le 
triomphe  de  la  religion  chretienne«  und  in  seiner  poetischen 
Reisebeschreibung  «Itiueraire  de  Paris  ä  Jörusalemu)  das 
Christenthum  und  insbesondere  den  Katholicismus  mit  jenem 
romantischen  Schimmer,  der  soviel  beizutragen  vermochte  zur 
Bekehrung  eines  aus  dem  Unglauben  sich  emporraffenden  Ge- 
schlechts; er  versetzte  in  seinen  Novellen  »Atala«,  »les  Natchez« 
und  »Le  dernier  des  Abencerra"res «  seine  Zeitorenossen  bald 
(in  den  beiden  erstgenannten)  in  die  Grossartigkeit  der  nord- 
amerikanischen Naturwelt  und  in  die  naive  Lncultur  der 
Indianer,  bald  wieder  in  das  sonnige  Granada  und  in  die  tra- 
gische Geschichte  der  Mauren.  In  dem  »Rene«  endlich  schuf 
er  eine  oft  mit  Goethes  »Werther«  verglichene  Dichtung,  in 
deren  Helden  die  weltschmerzliche  Stimmung  der  beginnen- 
den romantischen  Periode  ergreifenden  Ausdruck  gefunden  hat. 

In  der  Romantik  vereinigten  sich  in  seltener  Mischimg 
gesunde  und  krankhafte  Elemente.     Dass  die  letzteren,    wenn 


Litteraturpeschichte.  41;^ 

zu  vollov  Entwickolung;  crelangeiul,  niu-lithcilig  \virke!i  mussten, 
ist  selbstverständlich ;  aber  auch  die  gesunden  Elemente  waren 
einer  für  die  Folgezeit  verhängnissvoll  werdenden  Steigerung 
fähig. 

Krankhaft,  wenn  auch  freilich  sehr  erklärlicli  und.  von 
poetischem  Standpunkte  aus  beurtheilt,  nicht  unbedingt  tadelns- 
werth,  Avar  die  Abwendung  der  Romantik  von  der  gegenwär- 
tigen realen  Wirklichkeit.  Böse  Früchte  zeugte  diese  Stim- 
mung. Mit  logischer  Nothwendigkeit  ging  aus  ihr  der  an 
Gott  und  Menschen  verzweifelnde  Weltschmerz  hervor,  der  in 
der  Aufhebung  des  Daseins  das  einzige  Rettungsmittel  erblickt, 
ferner  der  mit  dem  Weltschmerz  innigst  verwandte  Skepticis- 
mus .  der  Alles  bezweifelt.  Alles  negirt,  für  Alles  nur  das 
bitterste  Lächehi  der  Ironie  hat:  endlich  aber  auch  und  zwar 
•ebenso  logisch,  der  ganz  entgegensetzte  Gemüthszustand,  der 
Mysticismus,  der,  weil  doch  einmal  nichts  wirklich  vernunft- 
gemäss  begriffen  werden  könne,  der  Vernunft  überhaupt  ent- 
sagt, Alles,  was  ihm  gut  dünkt  oder  von  irgend  einer  Autorität 
empfohlen  wird,  mit  blindem  Glaviben  inbrünstig  erfasst  und 
in  dieser  bedingungslosen  Gläubigkeit  eine  exaltirte  Befrie- 
digung ündet.  Aber  auch  abgesehen  von  diesen  principiell 
verkehrten  Richtungen,  zu  denen  die  Abwendung  der  Roman- 
tik von  der  Wirklichkeit  verführte,  mussten  daraus  noch 
andere  nachtheilige  Folgen  sich  ergeben.  Diese  Abwendung 
war  weit  mehr  das  Product  eines  dunklen  Gefühles  und  halb 
luibewussten  Dranges,  als  verständiger  Einsicht  und  bestimm- 
ten Wollens.  Xothwendiger  Weise  verband  sich  also  damit 
eine  Unklarheit  des  Denkens,  welche  ihrerseits  wieder  die 
Klarheit  des  Ausdruckes  empfindlich  beeinträchtigen  musste. 
So  verliert  die  romantische  Poesie  sich  oft  sachlich  und  sprach- 
lich in  das  Nebelhafte,  wird  traumhaft  verschwommen  und 
ungestaltig,  hört  schliesslich  auf  Poesie  zu  sein  und  w^andelt 
sich  um  zu  einer  Art  von  höchstens  halbverständlichem  dithy- 
rambischen Lallen. 

Gesund  an  sich  war  das  Streben  des  Romanticismus  nach 
Beseitigung  jenes  falschen  Idealismus,  dem  die  pseudo- 
classische  Dichtung  gehuldigt  hatte,  und  nach  Wahrung  der 
Natürlichkeit.  Schon  im  18.  Jahrhunderte  hatte  sich,  wenn 
auch  in   etwas   anderer   Form   und  nicht   frei  von  Affeetation 


414  Das  Französische. 

und  Veberschwänglicbkeit,  solches  Streben  geltend  gemacht. 
Aber  der  Romanticismus  trieb  Missbranch  mit  der  Realistik, 
indem  er  auch  das  Hässliche  und  Groteske  nicht  bloss  als 
Gegenstand  der  poetischen  Darstellung  zuliess,  sondern  auch 
eine  gewisse  Vorliebe  dafür  bekundete.  So  führte  die  Realistik 
in  rascher  Entwickelung  zum  platten  Realismus  und  von  da 
weiter  zum  Naturalismus.  Die  Erreichung  des  letzten  Zieles 
aber  war  gleichbedeutend  mit  Selbstvernichtung  der  Poesie, 
indem  diese  sich  umwandelte  zu  einem  litterarischen  Photo- 
graphiegewerbe,  das  nur  zu  oft  zugleich  eine  stark  porno- 
graphische Beimischung  angenommen  hat. 

Gesund  und  berechtigt  war  auf  dem  sprachlichen  und 
rhythmischen  Gebiete  gewiss  die  Opposition  der  Romantik  gegen 
das  Conventionelle  Regeljoch  des  Pseudoclassicismus.  gegen 
jene  litterarische  Engherzigkeit,  die  immer  ängstlich  an  Mal- 
herbe" s  Vorschriften  und  an  xlie  ^'erordnungen  der  Academie 
sich  band.  Aber  die  Romantik  kannte  nicht  Mass  und  nicht 
Ziel  in  ihren  rhythmischen  und  sprachlichen  Reformversuchen, 
in  dieser  Hinsicht  dem  Plejadenthume  (s.  oben  S.  3S9  f.  zu 
vergleichen,  welches  seinerseits  der  Romanticismus  des  IG. 
Jahrhunderts  genannt  werden  kann.  Die  romantische  Sprache 
wurde  zu  einer  Art  Musterkarte  von  Archaismen,  Neologismen, 
Dialectworten,  Fremdworten;  in  weiterer  Entwickelung  bil- 
deten sich  auch  ein  sprachlicher  Realismus  und  Naturalismus 
aus,  von  denen  der  erstere  allenfalls  noch  erträglich  war.  der 
letztere  aber  unerträglich  geworden  ist  durch  die  Einführung 
des  widerlichsten  Argot  in  die  Litteratur.  Dazu  trat  oft  \ev- 
nnstaltung  des  Satzes  und  des  Satzgefüges,  indem  in  dessen 
Structur  bald  ungeheuerliche  Fülle .  bald  mysteriöse  Kürze 
beliebt  ward.  Der  romantische  "S'ers.  bzw.  der  romantische 
Alexandriner,  um  auch  von  ihm  noch  ein  Wort  zu  sagen, 
war  allerdings  beweglicher,  als  der  pseudoclassische.  schmiegte 
sich  leichter  den  wechselnden  Gedanken,  leichter  den  verschie- 
denen Seelenstimmungen  an.  aber  er  näherte  sich  in  bedenk- 
licher Weise  der  Prosarede,  da  die  mögliche  Vernachlässigung 
der  Cäsur  den  rhythmischen  Bau  inid  der  öftere  Gebrauch  des 
Enjambements   die  Wirkung  des  Reimes  beeinträchtigte.  — 

Vebertreibung,  selbst  Verzerrung  an  sich  richtiger  Ideen 
und  Bestrebungen,  das  war  der  Fluch,  mit  welchem  die  Ro- 


lätteraturgeschichte .  415 

niantik  behaftet  war  und  (hucli  den  ihr  die  Fähigkeit  zur 
heilbringenden  Durehführuug  des  von  ihr  angestrebten  Keforni- 
Averkes  geraubt  Avurde. 

Aber  dennoch  hat  in  dreifaclier  Beziehung  die  Romantik 
Grosses  für  Frankreich  gekostet :  sie  hat  die  fast  erstorbene 
Lyrik  wieder  erstehen  lassen,  sie  hat  dem  Drama  eine  neue 
Bahn  der  Entwickelung  eröffnet,  sie  hat  den  Sinn  für  die 
nationale  Vergangenheit  neu  belebt. 

Der  Hauptvertreter  des  französischen  Komanticismus  ist 
Victor  Hugo  (1801 — 1885).  Will  man  diesen  Mann  gerecht 
würdigen,  so  muss  man  ihn  nicht  nach  dem  beurtheilen.  was 
er  als  halb  kindisch  gewordener  und  in  Selbstvergötterung 
bis  zum  Wahnsinn  befangener  Greis  gethan,  gesprochen  und 
geschrieben  hat.  Dieser  Victor  Hugo  war  nur  die  in  ihrer 
grotesken  Erscheinung  bemitleidenswerthe  Ruine  des  wahren 
Victor  ^'ugo,  dessen  reiches  poetisches  Schaffen  sich  etwa  vom 
Anfang  der  zwanziger  Jahre  (Ödes  et  poesies  diverses  1S22) 
bis  in  den  Beginn  der  sechsziger  Jahre  Xes  Miserables  1S62) 
erstreckt").  Der  Avahre  Victor  Hugo  aber  darf  mit  Fug  und 
Recht  den  grössten  Dichtern  des  Jahrhunderts  und  den  grossen 
Dichtern  aller  Zeiten  beigezählt  werden. 

Victor  Hugo  ist  auf  nahezu  allen  Gebieten  der  Poesie 
thätig  gewesen.  Auf  keinem  mit  grösserem  Erfolge,  als  in  der 
Lyrik,  in  dieser  steht  er  innerhalb  Frankreichs  unerreicht  da. 
Die  zahlreichen  Dramen  Victor  Hugo's  sind  einander  an  Werth 
sehr  ungleich:  die  Jugenddramen,  (namentlich  »Cromwell« 
1S27  [in  der  berühmten  Preface  zu  diesem  Stücke  wird  das 
Progi'amm  des  Romanticismus  entworfen^  und  »Hernani«)  zeigen 
alle  Vorzüge,  aber  auch  schon  einige  Verirrungen  der  Roman- 
tik :  in  den  späteren  Dramen  treten  die  VeriiTungen  immer 
greller  hervor  und  erreichen  nicht  selten  einen  mit  wahrer 
Poesie  unvereinbaren  Höhegfrad.  Wenig  erfreulich  sind  Victor 
Hugos  Romane  (von  denen  »les  Miserables«  der  bedeutendste 
und  lesbarste  ist.  relativ  bedeutend  ist  auch  »Notre-Dame  de 
Paris«  :  denn  in  ihnen  ist  die  Composition  mangelhaft,  die 
Charakterzeichnung    schwach,    der   Ausdruck    im    L'ebermasse 

1)  ludessen  auch  nach  dieser  Zeit  hat  V.  Hugo  noch  einzelnes  wirk- 
lich Bedeutendes  geschaffen,  so  namentlich  die  Liedersammlung  «rAnuee 
terrible«    ISTO'Tl). 


416  l^as  Französische. 

manierirt,  die  ganze  Darstellung  aber  durch  und  durch  sub- 
jeetiv  und  tendenziös. 

Nächst  Victor  Hvigo  hat  Alphonse  Lamartine  (1790  — 
1869)  in  der  romantischen  Dichtung  das  Höchste  geleistet, 
aber  auf  anderen  Wegen.  Lamartine's  Dichtungen  (»Les  Medi- 
tations«,  »Nouvelles  meditations« ,  »Harmonies  poctiques  et  re- 
ligieusesc,  »Jocelyn«  iJEpos],  »La  chute  d'un  ange«  [Epos]  u.  a.) 
durchweht  ein  Hauch  religiöser  Mystik  vnid  elegischer  Schwer- 
muth. 

Ein  dritter  hervorragender  Vertreter  der  Romantik  ist 
Alfred  de  Vigny  (1797 — 1863-,  der  als  Romandichter  den 
historischen  Roman  neubelebte  (»Cinq  Mars(vj  und  als  Drama- 
tiker sowohl  durch  eigne  Dichtungen  (»La  marechale  dAncre«, 
»Chatterton«)  als  auch  namentlich  durch  seine  Uebersetzung 
des  ))Othello«,  deren  erste  Auffülu-mig  (1S29),  ähnlich  wie  die- 
jenige des  »Hemani«,  geradezu  ein  litterargeschichtliches  Ereig- 
niss  war,   das  romantische  Drama  mitbegründete. 

In  gewissem  Zusammenhange  mit  und  doch  auch  wieder 
in  gewissem  Gegensatze  zu  der  romantischen  Schule  stehen 
der  originale,  phantasiereiche  Alfred  de  Musset  (1810 — 1857) 
und  Jeax-Pierre  Beranger  (1780 — 1857);  ersterer  sich  aus- 
zeichnend in  der  Lyrik,  in  der  Novelle  und  in  dem,  so  zu 
sagen,  epigrammatischen  Drama  (Proverbe) ;  letzterer  ein  Volks- 
dichter in  des  Wortes  bestem  Sinne,  der  dem  französischen 
Nationjilcharakter  poetischen  Ausdruck  verlieh  und  in  selt- 
samer Vereinigung  zugleich  ein  Sänger  der  Freiheit  und  der 
napoleonischen  Legende  war. 

Eine  Verjüngung  des  pseudoclassischen  Drama  s  versuchte 
mit  Talent  und  Erfolg  Fraxcois  Pünsard  (1S14— 1867,  der 
Dichter  der  Tragödie  »Lucrece«  und  der  Komödien  »Lhonneur 
et  Targentx  und    la  Bourse«. 

Die  Blüthezeit  der  Romantik  fällt  in  die  zwanziger  Jalire. 
Mit  der  Errichtung  des  Juli-Königthums  beginnt  eine  neue, 
nüchterne,  aber  eben  deshalb  vielleicht  gehaltreichere  Periode, 
welche  in  mancher  Beziehung  als  ein  goldenes  Zeitalter  be- 
zeichnet werden  kann,  wenn  auch  freilich  dieser  Ausdruck 
in  nicht  allzu  anspruchsvollem  Sinne  aufzufassen  ist.  Die 
Gebiete  der  Litteratur,  welche  von  nun  ab  hauptsächliche 
Pflege  finden,  sind  der  Roman,  das  Lustspiel  und  die  Geschichts- 


Litteraturge3chichte.  417 

Schreibung    (und    zwar   sowohl    die    politische    wie    die   littera- 
rische . 

Im    Romane    machen    sich   die   verschiedenartigsten  Rich- 
tungen   geltend.      So   wird   beispielsweise    der  sociale    Roman 
von  Aurora  Dupin.  genannt  Gbukge  Sand  (1804 — 1876,  s.  oben 
S.  362),     EuGiiNK    SuE     (1S04 — 1857,     s.     oben    S.     364)    und 
HüNüKE   DE   Balzac    (1799—1850,    s.  oben  S.   341)    angebaut, 
freilich  in  sehr  verschiedener   Weise.     George    Sand    brauchte 
den    Roman   als   Mittel   zur   Verfechtung    radicaler  Tendenzen 
(Emancipation    der    Frauen,     freie    Liebe    u.     dgl.),    gelangte 
jedoch  in  späteren  Jahren   zur   Klärung   ihres    leidenschaftlich 
eiTegten    Wesens   und   lernte    die    Kunst    des    harmlosen    und 
gemüthvollen    Erzählens,     die   sie   namentlich    in   ihren    Dorf- 
geschichten (»la  ])etite  Fadetteu,   »la  mare   au    diable«  etc.)   be- 
währte.    Sue    war  ausgezeichnet  durch    geniale  Phantasie  und 
Grossartigkeit  der    Conception,     womit    er    die    Begabung   für 
merkwürdig    spannende   Erzählung    verband.      Balzac    endlich 
strebte  dem  kühnen  Gedanken  nach,  in  dem    cyklisch  ge^lie- 
derten    Romane     (»la   Comedie    humaine«)    ein   Spiegelbild    des 
gesammten    menschlichen    Lebens    zu    geben.       Neben    dieser 
höchsten  Zielen    zustrebenden   Dichtung   gedieh   üppig  der  im 
Wesentlichen   nur  unterhaltende  Roman ,     in   welchem   häufig 
genug  der  Erreichung   des    Zweckes    nicht  bloss  künstlerische, 
sondern  auch  sittliche  Rücksichten   geopfert  wurden.     Haupt- 
vertreter   dieser     Richtung    waren    Alexa>.dhe     Du^sias    pere 
^1803 — 1871,  s.  oben  Seite  347),   ein  Autor  von  geradezu   im- 
heimlicher  Fruchtbarkeit,   und  Paul  de  Kock  (1794 — 1871.  s. 
oben  S.    352),    dessen   Erzählungen    ebenso    inhaltlich    nichtig 
wie  amüsant  sind  und  eine  seltsame  Mischung  von  Harmlosig- 
keit und  Frivolität  zeigen. 

Einsame  Pfade  abseits  von  den  vielbetretenen  Litteratur- 
strassen  wandelten  die  gemüthreichen  Novellisten  Tüepffer 
(1799— 1S46),  SüuVESTRE  (1806—1856)  und  Tillier  ilSOl  — 
1844),  Verfasser  der  satyrischen  Novelle  »Mon  oncle  Benjamin:*. 
Ebenfalls  ein  eigenartiger  Autor  war  Henri  Murger  (1822 — 
1861),  der  in  seineu  «Scenes  de  la  vie  de  Boheme«  das  pariser 
litterarische  und  künstlerische  Zigeunerthum  und  das  Grisetten- 
thum  in  meisterhafter  Realistik  und  mit  köstlichem  Humor 
geschildert  hat. 

Körting,  Encyklopädie  d.  rom.  Phil.    UI.  27 


418  Das  Französische. 

Das  Lustspiel  der  Zeit  des  Juliköiiigthums  erreichte  iu 
des  fruchtbaren  Sckibe's  1791  —  1  SGI)  zahlreichen  Werken  den 
Höhepunkt  der  technischen  Vollendung,  namentlich  was  die 
Anlage  der  Intrigue  und  die  Feinheit  des  Dialoges  betrifft  ^in 
diesen  Beziehungen  kann  das  bekannte  »Verre  d"eau'<  als 
Muster  gelten  ,  erhob  sich  dagegen  hinsichtlich  seines  geistigen 
und  sittlichen  Gehaltes  nicht  sonderlich  hoch  und  diente  im 
Wesentlichen  nur  Unterhaltungszwecken,  nur  hin  und  wieder 
wagte  es  den  Kampf  gegen  sociale  Schäden,  z.  H.  das  Cliquen- 
Avesen  (Scribe's  «la  Camaraderie«),   aufzunehmen. 

Die  Geschichtsschreibung  wird  in  der  genannten  Zeit 
durch  eine  lange  Reihe  glänzender  Namen  vertreten  (Thiers, 
Guizot,  die  beiden  Thierry,  Segur,  Mignet;  die  Litterarhistoriker 
Ampere,  Fauriel,  Nisard,  Villemain  Sainte-Beuve  u.  v.  a. ;  die 
Werke  der  angeführten  Autoren  s.  in  dem  §  4  gegebenen  Re- 
gister). Freilich  ist  in  den- betreffenden  Werken  häufig  mehr 
die  glänzende  Darstellung  als  die  Gediegenheit  der  Forschung 
zu  loben,  so  namentlich  z.  B.  an  Thiers  Geschichte  der  Re- 
volution, des  Consulats  und  des  Kaiserreichs.  Aber  es  fehlt 
doch  durchaus  nicht  an  Werken,  die  ebenso  in  wissenschaft- 
licher Avie  in  künstlerischer  Hinsicht  bedeutend  sind ,  als 
solche  können  z.  B.  Guizots  Geschichte  der  englischen  Re- 
volution und  Augustin  Thierry' s  Geschichte  der  Eroberung 
Englands  durch  die  Normannen  genannt  werden.  Unter  den 
Litterarhistorikern  gebührt  dem  feinsinnigen  und  geistvollen 
Sainte-Beuve  die  erste  Stelle. 

Die  Zeit  seit  dem  Sturze  des  Julikönigtlnmies  bis  zu  dem 
des  zweiten  Kaiserreiches  ist  in  litterarischer  Hinsicht  eine 
Zeit  des  Niederganges,  welche  auch  in  ihren  besten  Leistungen 
höchstens  das  Niveau  einer  anständigen  Mittelmässigkeit 
erreicht  hat.  Der  Roman  sank  in  dieser  Zeit  mehr  und  mehr 
zum  platten  Realismus  hernieder,  das  Lustspiel  ward  mehr 
und  mehr  von  der  Posse  verdrängt,  die  lyrische  Dichtung 
kam,  wenn  nicht  etwa  der  alternde  Victor  Hugo  ab  und  zu 
sich  wieder  vernehmeu  Hess,  über  formengewandte  Reimerei 
nicht  hinaus.  Nur  vereinzelte  Autoren  erhoben  sich  zu  we- 
nigstens relativ  bedeutenden  Schöpfungen,  so  z.  B.  die  Novel- 
listen Erckmann  (geb.  1820)  und  Cilatrian  (geb.  1S26), 
die  Romanautoren  Gustave  Flaubert    (1S21  —  IS&O),    der  be- 


Litteraturgeschichtf.  419 

deutendste  Vertreter  der  realistischen  Richtung  (s.  oben  S. 
349)  lind  Victor  Chekbuliez  (geb.  182S,  s.  oben  S  344),  ein 
geistvoller  und  gewandter  Erzähler ;  die  Lustspieldichter  Augier 
(geb.  1S20  und  Saxdeau  geb.  ISll):  die  letzteren  haben  in 
gemeinsamer  Arbeit  Aviederholt  und  nicht  ohne  Erfolg  danach 
gestrebt,  der  Komödie  sittliche  Bedeutung  zurückzugeben  und 
sie  als  Waffe  im  Kampfe  gegen  sociale  Gebrechen  zu  ver- 
werthen.  Innerhalb  der  wissenschaftlichen  Utteratur  des  Zeit- 
raumes ist  besonders  das  Auftreten  E.  Renan's  (geb.  1823,  s. 
oben  S.   36  T   bemerkenswerth. 

Die  litterarische  Folge  des  deutsch-französischen  Krieges 
ist  das  Emporblühen  einer  Kampf-  und  Revanchelyrik  gewesen, 
Avelche  neben  sehr  vielem  Unreifen  und  Kindischen  doch  auch 
manche  poetisch  werthvoUe  und  bedeutende  Leistungen  auf- 
zuweisen hat.  Im  Uebrigen  ist,  wie  leicht  begreiflich,  die  seit 
dem  Jahre  1S70  in  Frankreich  eingetretene  Entwickelung  der 
politischen  Verhältnisse  der  Litteratur  sehr  wenig  günstig  ge- 
wesen und  hat  selbst  auch  auf  die  Sprache  schädigend  ein- 
gewirkt, indem  sie  das  Eindringen  von  Argotelementen 
begünstigte.  Im  Roman  ist  die  realistische  Richtung,  deren 
gegenwärtig  hervorragendster  Vertreter  Alphonse  Daudet  ;geb, 
1843,  s.  oben  Seite  346),  ist,  bis  zum  widerlichsten  Natura- 
lismus gesteigert  worden,  namentlich  durch  E.  Zola,  (geb. 
1840,  s.  oben  S.  367),  dessen  geniale  Begabung  einer  besseren 
Verwendung  würdig  gewesen  wäre.  Gesunde  Natürlichkeit 
und  Anmuth  dagegen  zeigen  trotz  ihres  Realismus  A.  Theu- 
riet's    geb.    1833)   Romane  und  Novellen  (s.  oben  S.   365). 

In  der  wissenschaftlichen  Litteratur  des  gegenwärtigen 
Frankreichs  dürfte  A.  Taine  (geb.  1828,  s.  oben  S.  365)  die 
erste  Stelle  einnehmen,  so  sehr  auch  seine  cultur-  und  litterar- 
geschichtlichen  Schriften  unter  einseitigem  Subjectivismus 
und  unter  der  HeiTschaft  der  philosophirenden  Phrase  leiden. — 

Bibliographische  Angaben  über  die  Litteraturgeschichte 
des  19.  Jahrhunderts  s.  oben  Seite  336  0".  und  unter  den  Namen 
der  betreffenden  Autoren  in  dem  §  4  gegebenen  Register. 

Methodologische  Bemerkung,  Die  im  Vorstehenden  gegebene  lit- 
terargeschichtliche  Skizze,  so  unvollkommen  und  lückenhaft  sie  auch  immer 
sein  mag,  wird  jedenfalls  doch  ersehen  lassen,  wie  umfänglich  und  inhalts- 
reich das  Gebiet  der  französischen  Litteraturgeschichte  ist..     Umfasst  das- 

27* 


420  -D^^  Französische. 

selbe  doch  einen  Zeitraum  von  mehr  als  einem  Jahrtausende,  innerhalb 
dessen  die  verschiedensten  Culturströmungen  und  geistigen  Tendenzen, 
vertreten  durch  immer  wechselnde,  in  Beanlagung  und  Leistungsfälligkeit 
höchst  ungleiche  Individualitäten,  in  der  Litteratur  Ausdruck  gesucht  und 
gefunden  haben. 

Schon  hieraus  ergiebt  sich,  wie  schwierig  es  ist,  eine  auch  nur  un- 
gefähre wissenschaftliche  Uebersicht  über  dies  ungeheure  Gebiet  zu  erlangen, 
ihm  ein  fruchtbringendes  Studium  zu  widmen.  Diese  Schwierigkeit  wird 
noch  dadurch  erheblich  gesteigert,  dass  zur  Zeit  leider  noch  immer  kein 
allen  berechtigten  Anforderungen  genügendes  Handbuch  der  französischen 
Litteratur  vorhanden  ist.  Die  Compendien  von  Kreyssig,  von  BuEITINGEli 
und  andere  [s.  oben  S.  305  f.)  sind  wohl  praktisch  brauchbare  Bücher, 
reichen  aber  für  das  wissenschaftliche  Studium  bei  "Weitem  nicht  aus. 

Das  wirksamste  Mittel  zur  Erwerbung  litterargeschichtlicher  Kennt- 
nisse ist  die  eigene  Lecture  der  Litteraturwerke.  Selbstverständlich  wird 
nun  zwar  die  Lecture  stets  innerhalb  verhältnissmässig  sehr  enger  Grenzen 
sich  halten  müssen,  denn  auch  ein  langes  Menschenleben  würde  nicht  entfernt 
die  Zeit  zur  Lecture  selbst  nur  aller  bedeutenderen  Schriften  gewähren, 
und  ebenso  selbstverständlich  wird  die  Lecture  stets  in  gewissem  Masse 
von  Zufälligkeiten  abhängig  sein*,  da  Niemand  sich  in  der  Lage  befinden 
dürfte,  alle  Werke,  deren  Lecture  ihm  aus  wissenschaftlichen  Gründen 
wünschenswerth  erscheint,  sich  auch  wirklich  verschaffen  zu  können.  Selbst 
die  grössten  Bibliotheken  zeigen  empfindliche  Lücken  und  ergänzen  sich 
gegenseitig  zwar  oft,  aber  keineswegs  immer.  Uebrigens  ist  auch  ziemlich 
lange  Erfahrung  erforderlich,  um  zu  wissen,  an  welche  Bibliothek  man 
sich  in  einem  bestimmten  Falle  mit  einiger  Aussicht  auf  Erfolg  zu  wen- 
den habe. 

Nichtsdestoweniger  wird  der  Philolog  an  dem  Grundsätze  festhalten 
müssen,  sich,  soweit  nur  irgend  thunlich,  auf  Grund  eigener  Lecture  der 
Ijitteraturwerke  selbst,  nicht  also  oder  doch  nicht  allein  durch  die  Lecture 
litteraturgeschichtlicher  Compendien,  eine  klare  Anschauung  der  litterari- 
schen Gesammtentwickelung  zu  erwerben.  Er  lese  also,  soviel  er  nur  ir- 
gend kann,  und  das  Mass  des  Möglichen  ist  in  dieser  Beziehung,  wenn 
nur  die  Zeit  methodisch  ausgenutzt  wird,  doch  immerhin  ein  verhältniss- 
mässig weites.  Freilich  wird  die  Lecture  in  den  meisten  Fällen  nur  eine 
cursorische  sein  können,  doch  auch  diese  kann,  wenn  verständig  betrieben, 
sehr  wohl  fruchtbringend  sein.  Allerdings  aber  ist  vor  jenem  gedankenlosen, 
sportmässig  betriebenen  Lesen  zu  warnen,  bei  welchem  der  Lesende  in  der 
blossen  Zahl  der  binnen  einer  Stunde  oder  eines  Tages  bewältigten  Seiten 
seine  Befriedigung  findet.  Nein,  auch  das  cursorische  Lesen  werde,  wenn- 
gleich unter  Umständen  rasch,  so  doch  mit  einer  gewissen  Bedachtsamkeit 
vollzogen.  Man  gönne  sich  die  Zeit,  über  das  Gelesene  auch  nachzuden- 
ken und  zu  einem  Urtheile  über  seinen  inneren  Gehalt  zu  gelangen.  Na- 
mentlich aber  suche  man  es  zu  ermöglichen,  immer  nach  beendeter  Lecture 
eines  Buches  ein  Kesume,  sei  es  auch  noch  so  kurz  und  knapp,  über  des- 
sen wesentlichen  Inhalt  niederzuschreiben  und  den  Eindruck,  den  derselbe 
hinterlassen  hat,  schriftlich  zu  fixiren.    Man  gewinnt  dadurch  einen  festen 


Litteraturgeschichte.  4  2 1 

Auhaltspunkt  für  die  Erinnerung  und  damit,  wenigstens  in  vielen  Fällen, 
die  Möglichkeit,  einer  etwaigen  "Wiederholung  der  Lecture  überhoben 
zu  sein. 

Durch  Lecture  allein  wird  aber  freilich  wissenschaftliche  Kenntniss 
und  wissenschaftliches  Verständniss  der  Litteraturgeschichte  nicht  gewon- 
nen, dazu  ist  vielmehr  noch  ein  Anderes  und  Wiclitigeres  erforderlich: 
selbständige  Forschung. 

Man  wähle  sieh,  sei  es  nach  eigener  Neigung,  sei  es  nach  dem  Rathe 
eines  Sachkundigen,  irgend  ein  litterargeschichtliches  Thema  zu  streng 
philologischer  Bearbeitung  und  lasse  sich  keine  Mühe  verdriessen,  dasselbe 
nach  allen  durch  die  wissenschaftliche  Betrachtung  gegebenen  Gesichts- 
punkten zu  behandeln  und  zwar  unter  eingehender  Benutzung  der  vorhan- 
denen einschlägigen  Litteratur ,  über  welche  ausreichend  orientirt  zu  sein 
unerlässliche  Vorbedingung  ist.  Allerdings  aber  kann  es  unter  Umstän- 
den rathsam  sein,  bei  der  ersten  Bearbeitung  eines  Themas  von  der  Be- 
nutzung der  Specialliteratur  zunächst  einmal  abzusehen,  um  sich  die  volle 
Unbefangenheit  des  Urtheils  und  die  Freude  des  selbständigen  Findens 
zu  sichern,  und  erst  dann,  wenn  man  eine  bestimmte  Ansicht  sich  gebildet 
hat  und  zu  greifbaren  Ergebnissen  der  Forschung  gelangt  zu  sein  glaubt, 
sich  darüber  zu  vergewissern,  was  Andere  über  die  einschlägigen  Einzel- 
fragen gedacht  und  entschieden  haben ;  man  ist  dann  auch  besser  in  der 
Lage,  die  Richtigkeit  der  von  den  Vorgängern  aufgestellten  Hypothesen 
und  Ansichten  prüfen  zu  können. 

Des  innigen  Zusammenhanges  der  Litteraturgeschichte  mit  der  politi- 
schen und  Culturgeschichte  sei  man  sich  stets  bewusst.  Nur  wer  dieser 
Pflicht  eingedenk  bleibt,  wird  zur  wahren  Erkenntniss  der  litterargeschicht- 
lichen  Entwickelung  zu  grelansen  vermögen. 


Zweites  Buch. 

Erstes  Kapitel. 
Das  Proveuzalische. 

§  1.  Bemerkungen  über  das  Gebiet  und  die  Ge- 
schichte des  Provenzalischen. 

1 .  Das  Gebiet  der  provenzalischen  Sprache  (langue  d'oc 
umfasst :  a)  das  südliche  Frankreich  (über  die  Abgrenzung  der 
langue  d'oc  von  der  langue  d'oil  vgl.  oben  S.  35)  ;  b)  die 
oben  S.  37  f.  näher  bezeichneten  Bezirke  der  Schweiz.  Sa- 
voyens  und  Piemonts  sowie  die  frühere  Grafschaft  Nizza  (Alpes- 
Maritimes) .  In  engster  Beziehung  zu  dem  Provenzalischen 
steht  [und  stand  namentlich  im  Mittelalter)  das  Catalanische 
(vgl.  unten  Kap.  2),  so  dass  es  statthaft  ist,  die  beiderseitigen 
Sprachgebiete  als  ein  einheitliches  zu  betrachten,  wenn  auch 
streng  wissenschaftlich  ihre  Auseinanderhaltung  sich  empfiehlt, 

2.  Die  Zahl  der  provenzalisch  lledenden  beträgt  inner- 
halb Frankreich  etwa  10  Millionen,  ausserhalb  Frankreichs 
(jedoch  mit  Ausschluss  der  Catalanen-  etwa  1  Million.  Eine 
genaue  Abschätzung  ist  jedoch  ganz  unmöglich,  da  es  an  sta- 
tistischen Unterlagen  fehlt  und  da  die  Zahl  der  Bilinguen  eine 
sehr  erhebliche  sein  dürfte, 

Ueber  den  Begriff  und  das  Gebiet  des  sogenannten  Franco- 
Provenzalischen  vgl.  oben  S,   37  f. 

3.  Aus  Frankreich  vertriebene  Waldenser.  bzw.  Huge- 
notten gründeten  am  Ende  des  17.  Jahrhunderts  mehrere  pro- 
veuzalische Ansiedelungen  in  Württemberg  (Neu-llengstett 
etc.)  ,  in  denen  das  Proveuzalische  zmn  Theil  bis  in  dieses 
Jahrhundert   hinein    sich    als  Volkssprache  erhielt,    jetzt  aber, 


Dag  Provenznlische.  423 

abgesehen    von    wenigen    xnid    küinnicilichen    Spuren ,     völlig 
durch  das  Deutsche  verdrängt  worden  ist. 

i.  Die  geschichtlich  nachweisbaren  ältesten  Bewohner  des 
heutigen  provenzalischen  8])rachgebietes  waren  Kelten  (s.  oben 
8.  10  ff.),  Iberer  (s.  unten  Kap.  3,  §  2)  und  Ligurer  (vgl.  das 
S.  7  citirteWerk  von  Desjaudins  II  49).  Ueber  die  griechischen 
Colonien  an  der  gallischen  Mittelmeerküste  vgl.   oben  S.  13, 

5.  Das  südgallische  Küstengebiet  (einschliesslich  des  süd- 
westlichen Ilelvetiens^  wurde  bereits  in  den  Jahren  123.  bis 
118  V.  Chr.  der  römischen  Herrschaft  unterworfen  (Provinz 
«Gallia  Xarbonensisa' ,  während  das  übrige  Gallien  bekanntlich 
erst  durch  Cäsar's  Eroberungskriege  in  den  römischen  Reichs- 
verband eingefügt  wurde. 

Ueber  die  Komanisiruug  Galliens  vgl.  oben  S.  15  u.  42  ff. 

6.  Wie  das  übrige  Gallien,  so  wurde  auch  das  Gebiet 
der  Provincia  Xarbonensis  im  4,  und  5.  Jahrhundert  n.  Chr. 
von  germanischen  Volksstämmen  (Burgunder,  Sueven,  West- 
und  Ostgothen  besetzt,  vgl.  oben  S.  16  f.  Indessen  war  die 
germanische  Occupation  im  Süden  Galliens  bei  weitem  keine 
so  intensive  und  nachhaltige  wie  im  Norden,  und  folglich  er- 
hielt sich  im  Süden  auch  das  romanische  Volksthum  reiner, 
wurde  weniger  von  germanischem  Einflüsse  durchdrungen.  Von 
besonderer  Bedeutung  ist  hierbei,  dass  der  Norden,  nachdem 
die  Festsetzung  und  sprachliche  Komanisirung  der  Franken 
längst  vollzogen  war.  im  9.  und  10.  Jahrhundert  nochmals 
eine  sehr  einflussreiche  germanische  Occupation,  die  norman- 
nische (vgl.  oben  S.  IS,  erfuhr,  während  der  Süden  zwar 
vorübergehend  von  den  Nonnannen  durchzogen,  aber  nicht 
dauernd  besetzt  wurde. 

7.  Die  politischen  Verhältnisse  des  südlichen  Frankreichs 
waren  während  des  Mittelalters  bis  zum  Ausgange  des  13.  Jahr- 
hunderts sehr  wechselnde.  Nach  dem  Untergange  des  altbur- 
gundischen,  des  westgothischen  und  des  ostgothischen  Reiches 
wurde  das  gesammte  südliche  Gallien  zunächst  mit  dem  Fran- 
kenreiche vereinigt.  Die  im  8.  Jahrhundert  drohende  Gefahr 
einer  Festsetzung  der  Araber  ward  durch  Karl  Martell's  Siege 
beseitigt  732;.  Gegen  Ende  des  9.  Jahrhunderts  (879,  bzw\ 
8 SS)  lösten  sich  die  östlichen  Gebiete  als  »cisj uranisches«  und 
»transj uranisches  Burgund«  von  Frankreich  ab.    Beide  burgun- 


424  l^^s  Provenzalische. 

dische  Reiche  wurden  im  Jahre  933  zu  dem  »arelatischen(f 
Königreiche  vereinigt  und  dieses  wieder  im  Jahre  1032  mit 
dem  deutschen  Reiche  verbunden,  dessen  Grenzen  sich  nun- 
mehr bis  an  die  Rhone  erstreckten,  dessen  Autorität  aber  frei- 
lich in  diesen  Gebieten  fast  immer  nur  eine  nominelle  war, 
da  die  einzelnen  Landschaften  und  Städte  entweder  thatsäch- 
lich  nahezu  unabhängig  Avaren  oder  unter  französische  l^ot- 
mässigkeit  geriethen. 

Die  westlichen  und  südlichen  Gebiete  zerfielen  in  eine 
grosse  Anzahl  mehr  oder  weniger  umfangreiche  Herzogthümer 
und  Grafschaften  [Toulouse,  Roussillon,  Provence,  Limousin, 
Languedoc,  Dauphine,  Guyenne  etc.),  über  welche  der  fran- 
zösische König  eine,  freilich  oft  bestrittene  und  noch  öfter 
nur  schattenhafte  Oberhoheit  ausübte.  Einzelne  Landschaften 
waren  politisch  zeitweise  mit  Aragonien,  andere  ebenfalls  zeit- 
weise  (so  unter  den  Plantagenets;   mit  England  vereinigt. 

Von  Mitte  des  13.  Jahrhunderts  ab  gelangten  in  ziemlich 
rascher  Aufeinanderfolge  sümmtliche  südfranzösische  Land- 
schaften theils  durch  Eroberung  ( Albigenserkriege ' ,  theils 
durch  Erbschaft  (z.  B.  die  Provence  und  die  Dauphine'  unter 
die  Botmässigkeit  der  französischen  Krone  und  theilten  fortan 
die  politischen  Schicksale  des  französischen  Staates.  Nur  Avig- 
non  und  Venaissin,  die  im  Beginn  des  14.  Jahrhunderts  (Papst 
Clemens  V.]  päpstlicher  Besitz  geworden  waren,  wurden  erst 
durch  die  französische  Revolution  mit  Frankreich  vereinigt. 
Die  grosse  politische  Selbständigkeit,  deren  sich  Südfrankreich 
während  des  früheren  Mittelalters  erfreute,  hatte  die  eigenartige 
Entwickelung  der  C'ultur,  Sprache  und  Litteratur  begünstigt. 
Der  Verlust  dieser  Selbständigkeit  (von  welchem  übrigens  auch 
die  savoyischen  und  piemontesischen  Gebiete  betroffen  wur- 
den) war  eine  der  Ursachen  (freilich  keineswegs  die  einzige], 
weshalb  das  Provenzalische  aus  seiner  Stellung  als  Litteratur- 
sprache  mehr  und  mehr  durch  das  Franziisische  verdrängt 
wurde  und  einer  dialektischen  Verwilderung  anheimfiel,  wel- 
cher es  erst  neuerdings .  wenigstens  in  gewissem  Masse ,  wie- 
der entrissen  worden  ist. 

S.    Die  Geschichte  der  provenzalischen  Sprache  lässt  sich 
in  folgende  Perioden  eintheilen  : 

a)   Die  präli  tterarische  Periode  ,  von  der  Entstehung 


Das  Provcnznlische.  425 

der  Sprache  aus  dem  südgallisiluii  Vulgiirlateiii  bis  zur  Ab- 
fassung der  ältesten  Spraebdenkmälev  Mitte  des  10.,  Anfong 
des  1 1.  Jahrhunderts),  von  denen  das  Hoetliiuslied  entstanden 
vermuthlich  gegen  Mitte  des  1  (J .  Jahrhunderts ,  also  ungefähr 
gleichzeitig  mit  dem  Leodegarliede  und  der  Passioni  das  wieli- 
tigste  ist. 

b^  Die  alti)ro  venzalisc  he  Periode,  etwa  von  Beginn 
des  11.  bis  Mitte  des  15.  Jahrhimderts ;  in  litterargeschicht- 
licher  Hinsicht  heben  sich  in  dieser  Periode  zwei  sich  scharf 
unterscheidende  Zeiträume  von  einander  ab,  von  denen  der  eine 
Zeitraum  der  classischen  Litteratur)  etwa  das  12.  und  13.  Jahr- 
hundert, der  andere  (Zeitraum  des  litterarischen  Verfalles)  etwa 
das   14.  und   15.  Jahrhundert  umfasst. 

c)  Die  neuprovenzalische  Periode,  etwa  von  der 
Mitte  des   15.  Jahrhunderts  bis  zur  Gegenwart. 

Zwischen  die  alt-  und  die  neuprovenzalische  Periode  eine 
mi ttelprovenzalische  einzuschieben  (analog  der  mittelfranzösi- 
schen  .  ist  an  sich  zwar  statthaft,  aber  mindestens  gegenwärtig 
ziemlich  zwecklos,  da  die  nachclassische  Litteratur  der  Pro- 
venzalen  (namentlich  des  Ui.  und  17.  Jahrhunderts)  noch  we- 
nig zum  Gegenstande  wissenschaftlicher  Forschung  gemacht 
worden  ist. 

Innerhalb  der  neuprovenzalischen  Periode  bildet  das  Jahr 
1825,  in  welchem  Jaxsemix's  »Papillotos <  erschienen,  einen 
höchst  bemerkenswerthen  Abschnitt,  weil  von  da  ab  die  Wie- 
dergeburt der  provenzalischen  Litteratur  und  die  Neubildung 
einer  provenzalischen  Schriftsprache  anhebt.  Vgl.  auch  unten 
§   7  den  letzten  Abschnitt  im  Texte. 

9.  Charakteristisch  für  die  Geschichte  des  Provenzalischen 
ist  einerseits  die  frühzeitige  Ausbildung  einer  Schriftsprache 
und  einer  classischen  Litteratur,  andererseits  der  mit  Ausgang 
des  Mittelalters  eintretende  gänzliche  Verfall  dieser  Sprache 
und  Litteratur,  dem  erst  in  diesem  Jahrhundert  (s.  oben  eine 
Wiedergeburt  gefolgt  ist,  von  welcher  übrigens  sehr  fraglich 
erscheinen  muss.  ob  sie  bleibende  Ergebnisse  haben  und  zu 
einer  organischen  Neuentwickelung  des  provenzalischen  Volks- 
thums  führen  wird.  Das  Französische  hat.  unterstützt  durch  die 
politischen  Verhältnisse,  in  dem  provenzalischen  Sprachgebiete 
als  Schriftsprache  und  als  Umgangssprache  der  höheren  Stände 


426  I^as  Provenzalische. 

zu  tiefe  und  feste  Wurzeln  geschlagen,  als  dass  eine  Aenderung 
dieses  Zustandes  für  möglich  gehalten  werden  könnte,  minde- 
stens nicht,  so  lange  die  Gebiete  der  langue  doil  und  der 
langue  d'oe  eine  staatliche  Einheit  bilden,  deren  Schwerpunkt 
in  Paris  ruht. 

Natürliche  Folge  der  Stellung,  welche  seit  dem  Ausgang 
des  Mittelalters  das  Französische  im  provenzalischen  Sprach- 
gebiete einnimmt,  ist  das  Eindringen  französischer  Elemente 
und  französirender  Tendenzen  auch  in  das  Provenzalische 
selbst  gewesen. 

Litteraturan gaben  sehe  man  am  Schlüsse  des  §  2. 

§  2.  Bemerkungen  über  die  Geschichte  der  pro- 
venzalischen Philologie. 

1 .  Die  grammatische  Seite  der  provenzalischen  Philologie 
hat  bereits  im  Mittelalter  «eine  verhältnissmässifj  eifri<?e  und 
einsichtige  Pflege  gefunden.  Veranlassung  dazu  bot  einerseits 
das  Bedürfniss  der  Aufstellung  bestimmter  Sprachregeln  z.  B. 
hinsichtlich  der  Beobachtung  der  Vocalqualität)  für  die  poeti- 
sche Technik,  andererseits  der  Umstand,  dass  die  Verbreitung 
der  provenzalischen  Sprache  im  Auslande  z.  B.  in  Italien  den 
Gedanken  an  Abfassung  von  Lehrl.üchern  zu  deren  Studium 
schon  früh  nahe  legen  musste  (ähnlich  wie  die  Verbreitung 
des  Französischen  in  England  mehrere  der  ältesten  Anleitungs- 
schriften entstehen  Hess). 

2.  Die  wichtigsten  grammatischen  Schriften  sind:  a)  Der 
sogenannte  Donatus  provincialis  des  Uc  Faidit  (oder  Uc  de 
Saint-Circ?),  eine  im  Anfang  des  13.  Jahrhunderts  entstandene, 
vermuthlich  für  den  Gebrauch  Provenzalisch  lernender  Italie- 
ner bestimmte  Grammatik  mit  Beimlexicon.  b)  Die  sog.  Ka- 
sos  de  trobar  des  Raimon  Vidal  aus  Besaudun,  ebenfiills  eine 
Art  Grammatik,  c)  Die  sog.  Leys  damors,  ein  die  Gramma- 
tik ,  Metrik  und  Poetik  behandelndes  umfangreiches  Werk, 
welches  Guillem  Moliuier,  erster  Kanzler  des  im  Jahre  1324 
gegründeten  Consistori  de  la  gaya  sciensa,  verfassto.  ^  gl.  über 
diese  Schriften  Bautscii,  Grundriss  zur  Gesell,  d.  ])rov.  Litt. 
(Elberfeld   1872),  S.  f. 5  f.   u.  90. 

Als  erste  Versuche  der  Litteraturgeschichtsschreibung  las- 
sen   sich    die    noch    im    Mittelalter    entstandenen    zahlreichen 


Das  Provenzulische.  427 

Troubadourl)io<T^rai)liien  bezoichueu,  deren  Verfasser  freilich  von 
kritisclier  Methode  keine  Ahnung  besessen,  sondern  mit  gläu- 
biffster  Naivetät  auch  aus  den  trübsten  Quellen  allerlei  wun- 
derlich  anekdotenhaftes  Material  zusammengetragen  haben. 

3.  Im  l(i.  Jahrhundert  verfasste  der  im  Jahre  1590  ge- 
storbene Jean  de  Notredame  (Bruder  des  als  vermeintlicher 
Prophet  und  Zauberer  bekannten  Michael  Nostradamus)  die 
erste  provenzalische  Litteraturgeschichte,  wenn  man  eine  Samm- 
lung höchst  unglaubwürdiger  Biographien  so  nennen  darf. 
Nostradamus'  Buch  wurde  im  Anfonge  des  IS.  Jahrhunderts 
von  Crescimbeni  in  das  Italienische  übersetzt  und  mit  Nach- 
trägen versehen. 

Ein  grosses  pro^■enzalisches  Wörterbuch  beabsichtigte,  eben- 
falls im  Beginne  des  IS.  Jahrhunderts,  der  Spanier  ]iastero 
abzufassen,  es  erschien  jedoch  nur  ein  erster  Band,  welcher 
die  Einleitung  zu  dem  Gesammtwerke  zu  bilden  bestimmt  war. 

Um  die  Mitte  desselben  Jahrhunderts  sammelte  der  auch 
durch  seine  sonstigen  gelehrten  Arbeiten  bekannte  La  Curne 
de  Sainte-Palaye  massenhafte  Materialien,  auf  Grund  deren  er 
eine  provenzalische  Litteraturgeschichte  schreiben  und  wohl 
auch  die  Dichtungen  herausgeben  wollte.  An  der  Ausführung 
seines  Unternehmens  wurde  er  jedoch  durch  sein  vorgeschritte- 
nes Alter  verhindert,  er  überliess  aber  seine  Sammlungen  dem 
Abbe  ^Millot,  der  dadurch  in  den  Stand  gesetzt  wurde,  eine 
»Histoire  litteraire  des  troubadours«  herauszugeben,  obwohl  er 
selbst  kein  "Wort  Provenzalisch  verstand.  Vgl.  hierüber  Die/. 
in  der  Einleitung  zu  der  »Poesie  der  Troubadours«  (Zwickau 
1S26  . 

4.  Zu  dem  Range  einer  Wissenschaft  ist  die  provenzali- 
sche ,  wie  überhaupt  die  romanische ,  Philologie  erst  durch 
Eaynouard  und  F.  Diez  erhoben  worden,  vgl.  hierüber  Theil  I, 
S.  103  ff.  Trotzdem  aber,  dass  gerade  Eaynouard  und  Diez 
von  dem  Provenzalischen  aus  ihr  grundlegendes  Wirken  be- 
gannen und  für  dasselbe  eine  besondere  Vorliebe  besassen  (na- 
mentlich Eaynouard  der  dadurch  zu  schlimmer  Ueberschätzung 
der  Stellung  des  Provenzalischen  innerhalb  der  romanischen 
Sprachfamilie  verleitet  wurde),  und  obwohl  durch  die  roman- 
tische Geistesrichtung  der  ersten  Jahrzehnte  des  Jahrhunderts 
auch  in  weiteren  Kreisen  ein  lebhaftes  Interesse  für  die  Trou- 


42S  1^'^s  Provenzalische. 

badourpoesie  erweckt  wurde  besonders  durch  A.  \V.  v.  Sciilk- 
gel's,  an  sich  freilich  herzlich  unbedeutende  Schrift:  Obser- 
vations  sur  la  langue  et  la  litterature  proven^ales.  ISIS),  so 
ist  doch  in  der  weiteren  Entwickelung  der  romanischen  Phi- 
lologie das  Provenzalische  gegen  das  Französische  in  den  Hin- 
tersrrund  »etreten  und  hat  selbst  unter  einer  ziemlichen  Ver- 
nachlässigung  zu  leiden  gehabt.  Es  hat  sich  dieselbe  nament- 
lich auf  dem  grammatischen  Gebiete  geltend  gemacht,  auf 
welchem  noch  zahlreiche  wichtige  Probleme  der  Lösung  har- 
ren. Insbesondere  ist  das  Neuprovenzalische  Avissenschaftlich 
bis  jetzt  —  abgesehen  von  einzelnen  glänzenden  Ausnahmen, 
wie  z.  H.  Chabaneaus  Grammaire  limousine  —  wissenschaft- 
lich nur  sehr  stiefmütterlich  behandelt  worden. 

Die  bedeutendsten  Vertreter  der  provenzalischen  Philologie 
sind  gegenwärtig:  Paul  Meyer,  Caraille  Chabaneau,  A.  Tho- 
mas, K.  Bartsch,  A.  Mahn,  A.  Tobler,  G.  Groeber,  W.  För- 
ster, H.  Suchier,  W.  Mushacke,  und  unter  diesen  nehmen 
wieder  P.  Meyer  und  K.  Bartsch  durch  die  Vielseitigkeit  ihrer 
ergebnissreichen  Forschungen  die  ersten  Stellen  ein. 

I.itteraturangaben  zu  §  1  und  2:  Einfluss  des  Baskischen 
auf  das  Gascognische  etc.:  A.  Lichaire,  De  lingua  aquitanica  Pari- 
ser Doctordiss.  1876),  und:  Les  origincs  linguistiques  de  l'Aquitaine.  Pa- 
ris 1877,  vgl.  Rom.  VII  140. 

Ethnologisches:  Berengek-Fkrand ,  La  race  provengale  1883  — 
E.  Blanc,  Les  Ligures  et  leur  role  dans  les  Alpes-Maritimes.  Nizza  1879, 
vgl.  II.  d.  1.  r.  15.  7.  1881  —  BuUN,  P^tude  s.  l'origine  des  habitants  des 
Alpes-Maritimes.  Nizza  187U,  vgl.  R.  d.  1.  r.  15.  7.  1881  —  J.  Gillierox, 
Petit  atlas  phonotique  du  pays  roman  (sud  du  Rhone;.  Paris  ISSl. 

Zeitschriften:  Die  der  romanischen  Philologie  gewidmeten  Zeit- 
schriften (s.  Theil  I  154)  berücksichtigen,  wie  selbstverständlich,  auch  das 
Provenzalische;  in  besonderem  Masse  aber  thut  dies  die  seit  1870  von  der 
(in  demselben  Jahre  durch  Cambouliu  gestifteten)  Societe  pour  Tetude  des 
langues  romanes  herausgegebene,  seit  1873  in  Monatsheften  erscheinende 
»Revue  des  langues  romanes«,  in  welcher  zugleich  auch  neuprovenzalische 
Poesien  zum  Abdruck  gelangen. 

Geschichtliches;  Cl.  Devic  et  J.  Valssette,  Histoirc  generale 
du  Languedoc  etc.  (umfangreiches,  mit  allerlei  gelehrtem  Apparate  ausge- 
stattetes, zuerst  1730/45  erschienenes  Werk).  Toulouse  1875/77.  14  Bde. 
(Redieu  ue  LA  Vilatte,  Etüde  litteraire  s.  les  historiens  du  Languedoc, 
en  particulier  sur  D.  Devic  et  D.  Vaissette,  Toulouse  1879,  und  eine 
gk'iehbetitelte ,  im  selben  Jahre  und  am  selben  Orte  erschienene  Schrift 
H.  Benezet's)  —  L.-X.  DE  Ricard,  Ilist.  populaire  du  Languedoc.  Puy 
en-Velay  1876    —    >L  Bastie,    T-e  Languedoc.   Description   complete   etc. 


Das  rroveuzuliscliL'.  429 

Albi  1S77  —  A.  MoLINIEK,  Etüde  s,  radministration  f^odule  dans  le  I.an- 
guedoc  ^900  a  1250.  Toulouse  1879  —  C.  DK  NosTRADAMUs,  llist.  et  Cliro- 
nique  de  Provence  U)24  ;  DK  Gaidifky,  llist.  de  Provence  lt)'J4;  Pai'ON, 
Hist.  f>;enerale  de  la  Provence  1777,  1  Ikle. ;  BoucHE,  E.ssai  s.  l'llist.  de 
la  Prov.  17S5;  A.  Fabue,  Hist.  de  k  Prov.  1834,  4  Bde.;  AcuAiiD,  l)ic- 
tionnaire  hiat.  de  la  Prov.  1785;  D.  Roheut,  Etat  de  la  Prov.  1693,  3  Bde.; 
B.  DE  Mayxiek,  Hist.  de  la  principale  noblesse  de  la  Prov.  1719;  Aute- 
FEllL,  Hist.  de  la  noblesse  de  la  Prov.  1857/59,  2  Bde.;  Pithon-Cukt, 
Hi-^t.  de  la  noblesse  du  Comte-Venaissin  1743/50,  4  Bde.  —  PliollET,  Hist. 
d'Auvergne  1595  —  G.  M.  CllAHKOL,  llecherches  et  memoires  sur  l'histoiire 
d'Auvergne  1761  —  Baluze,  Hist.  de  la  maison  d'Auvergne  1708,  2  Bde. 
—  BouiLLET,  Dict.  heraldique  de  l'Auvergne  1857  u.  Uescription  hist.  et 
scientif.  de  la  Haute-Au.  34  —  Hanriot,  L'Auvergne  antique  (Litterature 
gallo-romaine.  Le  tcraple  du  Puy-de-Döme.  Sidoine  Apollinaire,  Gregoire 
de  Tours.)  Clermont-Ferrand  1875  ■ —  Chevalier,  Choix  de  documcnts 
historiques  inedits  s.  le  Dauphine  etc.  liyon  1S75  —  Tardiei',  Grand  die- 
tionnaire  historique  du  Puy-de-Dome,  dounant  l'histoire  complete  des  vil- 
les  etc.  (Erscheinungsort  u.  -jähr?;  —  GuiGNE,  Cartulaire  municipale  de 
la  ville  de  Lyon  etc.  Rccueil  forme  au  XV^  s.  par  Etienne  de  Villeneuve. 
Lyon  1877  —  A.  Leroux,  Documents  hist.  bas-latins,  provencaux  et  fran- 
9ais  concernant  la  Marche  et  le  Limousin.  Limoges  1884  —  B.  Benezet, 
Les  comtes  de  Toulouse  aux  croisades.  Toulouse  1870  —  Gatien-Arnoult, 
Histoire  de  l'universite  de  Toulouse  (betrifft  nur  die  Jahre  1229  bis  1271). 
Toulouse  1878  —  La  Faille,  Annales  de  Toulouse  17ül,  2  Bde.  —  Du- 
RüSOl,  Annales  de  Toulouse  1771,  5  Bde.  —  MARTViiK,  Hist.  des  comtes 
de  Toulouse  1828  —  B.  Bovsset,  Memoires,  concernant  ce  qui  est  arrive 
de  plus  remarquable  particulierement  ä  Arles  et  en  Provence  de  1372  jus- 
qu'en  1413,  p.  p.  Laurent  Bonnement,  in  Le  Musee,  Revue  arlesienne 
1876  —  Loubens,  Hist.  de  l'ancienne  province  de  Gascogne,  Bigorre  et 
Beam  1839,  3  Bde.  —  Menard,  Hist.  civile,  ecclesiast.  et  litteraire  de  la 
ville  de  Nismes.  Paris  1750  —  Castillon  (d'aspet),  Hist.  du  comte  de 
Foix.  Toulouse  1852. 

Ch.  Aigrefeuille,  Hist.  de  la  ville  de  Montpellier  depuis  son  origine 
jusqu'ä  notre  temps.  Montpellier  1876  —  Duval-Jouve,  Les  noms  des  rues 
de  Montpellier.  Montpellier  1877  —  V.  Beauville,  Hist.  de  la  ville  de 
Mondidier.  2«"  ed.  Paris  1875  —  V.  Lespy,  Varietes  concernant  la  ville  de 
Pau  et  le  Bearn.  Pau  1877  —  Recueil  des  usages  locaux  de  Bergerac. 
Bergerac  1S76  —  De  Berluc-Perussis,  Forcalquier  et  ses  Souvenirs  lit- 
teraires.  Forcalquier  1878  —  R.  Perie,  Hist.  politique,  relig.  et  litt,  du 
Quercy.  Cahors  1866  —  CoVRTET,  Dict.  geogr. ,  geolog. ,  hist.  et  biogr. 
des  communes  de  Vaucluse.  Avignon  1877  —  A.  Maire,  Essai  d'un  dict. 
philologique  des  noms  de  lieux  du  departement  de  Vaucluse.  Tours  18S2. 

Hahn,  Geschichte  der  Waldenser  im  Mittelalter  1847;  Dieckhoff, 
Die  "Waldenser  im  Mittelalter  1851  ;  Herzog,  Die  romanischen  Waldenser 
1853;  Bradsuaw,  Communications  made  to  the  Cambridge  antiquaries'  So- 
ciety 1862;  Zeschwitz,  Die  Katechismen  der  "Waldenser  und  böhmischen 
Brüder  1863;    ToDD ,  The  books  of  the  Vaudois  1865;    Jolibols,  Hist.  du 


430  -Das  Provenzalische. 

pays  d'Albigeois,  in:  Rev.  bist.,  sciertif.  et  litt,  du  depart.  du  Tarn.  Nov. 
1875  bis  Dec.  1876;  C.  DoUALS,  Les  AlbigeoLs,  leur  origine  et  Taction 
de  l'Eglise  au  XII^  s.  Paris  1879;  M.  AViTCHE,  Les  Albigeois  devant  l'hi- 
stoire.  Paris  1879;  F.  Germanet,  Les  Vaudois  du  Piemont,  ou  les  pro- 
testants  avant  la  reforme.  Paris  1879.  (Aeltere  Werke:  Perrix,  Hist.  des 
Vaudois  1618;  MoHLAND,  History  of  the  churehes  in  the  Valleys  of  Pie- 
mont 1658 ;  Leger,  Hist.  generale  des  eglises  evangeliques  des  vallees  de 
Piemont  ou  vaudoises  1669.  Vgl.  ausserdem  unten  §  10  die  bibliographi- 
schen Angaben  zur  Litteraturgeschiehte)  ]. 

Die  Grammatiken  des  Provenzalischen :  Hugues  Faidit  et 
Kaymond  Vidal  de  Besaudun  (Xin^  s.),  grammaires  provencales.  2^  ed. 
corr.  et  augm.  p.  F.  Guessard.  Paris  1858.  —  Die  beiden  ältesten  prov. 
Grammatiken,  lo  Donatz  proensal  und  las  rasos  de  trobar,  nebst  einem 
prov.-ital.  Glossar  herausg.  v.  E.  Stexgel.  Marburg  1S78  (vgl.  Ztschr.  f. 
rom.  Phil.  II  83  u.  133;  Kajna,  Nota  pel  Donat  proensal,  in:  Giorn.  di 
fil.  rom.  1878,  p.  23^1' ;  G.  Gröber,  Der  Verfasser  des  Donat  proensal,  in  : 
Ztschr.  f.  rom.  Phil.  VIII  112,  vgl.  dagegen  P.  Meyer  in  Kom.  XIII  630; 
P.  Merlo,  Suir  autore  del  Donato  provenzale,  in:  Giorn.  stör,  della  lett. 
ital.  in  18;  J.  Bauquier,  Sur  le  D.  pr.,  in:  Rom.  VI  450;  Chabaxeau, 
Sur  les  glossaires  proven^aux  de  Hugues  Faidit,  in:  Rom.  VI  136;  A. 
ToBLER  et  P.  Meyer,  Sur  quelques  passages  des  grammaires  provencales, 
in :  Rom.  H  337 ;  L.  Bi.\dexe,  Las  razos  de  trobar  e  lo  Donats  proensals 
secondo  la  lezione  di  un  antico  ms.  finora  non  conosciuto ,  soll  in  Mo- 
XACl's  Studi  di  filologia  romanza  erscheinen ;  WiLEURMUTH,  Ueber  die  drei 
ältesten  süd-  u.  nordfrz.  Gramm.  Tübingen  1857,  Progr.  des  Gymn.)  — 
Les  fleurs  du  gay  savoir  ou  les  lois  d'amour,  p.  p.  Gatiex-Arxoult.  Tou- 
louse 1841.  3  Bde.  (vgl.  F.  Wolf,  Studien  etc.  235,  Tobler,  in  Jahrb. 
Vin  353,  Bartsch,  Grundriss  etc.  §  56)  —  P.  Rajna,  Un  vocabulario  e 
un  trattatello  di  fonetica  provenzale  del  sec.  XVI ,  in  :  Giorn.  di  fil.  rom. 
III  34-  —  Rayxouard,  Grammaire  romane.  ou  gramm.  de  la  langue  des 
troubadours.  Paris  1816  (in  Bd.  I  des  Choix  des  poesies  des  troub.)  — 
Adriax,  Grundzüge  zu  einer  prov.  Gramm,  u.  Chrestomathie.  Frankfurt 
a.  M.  1825  —  F.  DiEZ,  Gramm,  d.  rom,  Spr.  etc.  (namentl.  Bd.  1  u.  2 
—  K.  Bartsch,  Tableau  sommaire  des  flexions  provencales  als  Anhang 
zur  Chrestomathie  pr.  (Couture,  Tableau  sommaire  de  la  gramm.  de  la 
langue  d'oc  d'aprcs  K.  B.,  in:  Revue  de  Gascogne  XXI  ^1880;  49,  vgl. 
Rom.  IX  339)  —  F.  Demattio,  Grammatica  della  lingua  provenzale.  Inns- 
bruck 1880  —  A.  Mahx,  Gramm,  u.  Wörterb.  der  altprov.  Spr.  Erste 
Abth.  :  Lautlehre  und  Wortbiegungslehre.  Köthen  1SS5. 

J.  DuxCAN  Craig,  A  Handbook  to  the  Modern  Proven9al  Language, 
spoken  in  the  South  of  France,  Piedmont  etc.  London  1863. 

"C.  Chabaxeau,  Grammaire  limousine.  Paris  1876  —  V.  Lespy,  Gram- 
maire bearnaise.  2"^  ed.  Paris  1878. 

*R.  A\'eisse,  Die  Sprachformen  Matfre  Ermengau's,  in  :  Ztschr.  f.  rom. 
Phil.  Vn  390  (auch  als  Diss.  Halle  1883  erschienen)  —  Savi.nian.  Gram- 
maire provencale  (sous-dialccte  rhodanien).  Precis  historique  de  la  langue 
d'oc ;    partiee   du    discours   pour  les  dialectes  marseillais,  cevenol  et  mont- 


Das  Provenzalischc.  4;}| 

pellierain.  Avignon  u.  Paris  1882  —  Hofmeisteu,  Die  Sprache  Bernart's 
V.  Ventadoru  aus  seinen  Keimen  festgestellt.  Marburg  ISS.'J  Diss. 

Schriften  über  provenzalischc  Sprache  un d  Litter atu  r  im 
Allgemeinen:  A.  W.  v.  Schlegel,  Observations  s.  la  langue  et  la  lit- 
terature  proven9ales  1818  —  E.  Layaleye,  Hist.  de  la  langue  et  de  la 
poesie  prov.  Gand  1844  —  E.  yan  Bemmel,  De  la  langue  et  de  la  poesie 
prov.  Brüssel  1846  —  L.  Bertraxd,  Quaestiones  provinciales.  Bonn  lS(i4 
Diss.  —  A.  Maun,  Ueb.  das  Stud.  d.  prov.  Spr.  u.  Litt.  2.  Ausg.  Berlin 
1874,  und:  Ueb.  d.  prov.  Spr.  u.  ihr  Verhältniss  zu  d.  übrigen  rom.  Spr., 
in:  Herrig's  Archiv  Bd.  LV,  83  —  C.  Chabaneau,  La  langue  et  la  litt, 
prov.  Lecon  d'ouverture  etc.  Paris  1871). 

Die  ältesten  litterargeschichtlichen  Werke:  Die  Biogra- 
phien der  Troubadours,  in  prov.  Spr.  herausg.  v.  C.  A.  F.  Mahn.  Berlin 
1853  —  J.  NosTRADAMis ,  Les  vies  des  plus  celebres  et  anciens  poetes 
provensaux,  qui  ont  floury  du  temps  des  contes  de  Provence.  Recueillies 
des  ceuvres  de  divers  autheurs  nommez  en  la  page  suj'vante,  qui  les  ont 
escrites  et  redigees  premierement  en  langue  provensale,  et  depuis  mises 
en  langue  francoyse  par  Jehan  de  Nostre  Dame.  A  Lyon  1575  (eine  neue 
Ausg.,  besorgt  von  C.  Chabaxeau,  ist  schon  seit  Jahren  für  die  Publica- 
tions  de  la  Societe  pour  l'etude  des  langues  romanes  angekündigt.  K. 
B.\RTSCH,  Ueb.  d.  Quellen  des  J.  N.,  in:  Jahrb.  f.  rom.  u.  engl.  Spr.  u. 
Litt.  XO  1,  —  G.  M.  Cuescimbem,  Commentarj  intorno  alla  sua  istoria 
della  volgar  poesia.  Vol.  U,  parte  1.  Roma  1710  —  A.  Basteko,  La 
crusca  provenzale  ovvero  le  voci ,  frasi ,  forme  e  maniere  di  dire ,  che  la 
gentilissima  e  celebre  lingaa  toscana  ha  preso  della  provenzale,  arrichite 
e  illustrate  e  difese  con  motivi,  con  autoritä  e  con  esempj.  Aggiuntevi  al- 
cune  memorie  e  notizie  istoriche  intorno  agli  antichi  poeti  provenzali,  pa- 
dri  della  poesia  volgare  etc.  Vol.  I.  La  Roma  1724  —  Millot,  Hist.  lit- 
teraire  des  Troubadours,  contenant  leurs  vies,  les  extraits  de  leurs  pieces 
etc.  Paris  1774.  3  Bde.  (Weitere  Angaben  über  litterargeschichtl.  Werke 
s.  unten  §  10, . 

Zur  Geschichte  der  provenzalischen  Philologie:  Bauquier, 
Les  proven9alistes  du  XVIII  s.  Lettres  inedites  de  Sainte-Palaye,  Mazan- 
gues,  Caumont,  la  Bastie  etc.,  in:  R.  d.  1.  r.  1S80  Januar  bis  März. 

§  3.  Bemerkungen  über  die  Dialecte  des  Pro- 
venzali sehen.  >) 

1.  L'nter  dem  Gesammtnamen  »Provenzalisch«  begreift 
man  eine  grosse  Anzahl  landschaftlicher  fsüdfranzösischer  und 
alpiner)  Einzeldialecte ,  welche  einerseits  durch  die  Gemein- 
samkeit  bestimmter  lautlicher    und  flexivischer  Eigenarten  zu 


1)  Die  Bezeichnung  »Provenzalisch«  sollte,  da  sie  doch  nur  für  die 
Mundart  der  Landschaft  Provence,  keineswegs  aber  für  die  Gesammtheit 
der  die  Langue  d'oc  bildenden  Mundarten  zutreffend  ist.  aus  dem  wissen- 
schaftlichen Gebrauche  verbannt  und  etwa  mit  »Occitanisch«  (das  freilich 
eine  etwas  monströse  Bildung  ist    vertauscht  werden. 


432  D''^s  Provenzalische. 

einer  Spracheinheit  gegenüber  dem  Französischen ,  Italieni- 
schen etc.  verbunden  werden,  andererseits  mehr  oder  minder 
erheblich  von  einander  abweichen. 

2.  Während  der  altprovenzalisclien  Litteraturperiode  nahm 
der  Dialect  der  Landschaft  Limousin  annähernd  die  Stellung 
einer  Schriftsprache  (»dreita  parladura«)  ein,  namentlich  inner- 
halb der  Lyrik,  also  der  Troubadoui^wesie  im  engeren  Sinne 
des  Wortes.  In  Folge  dieses  Umstaudns  gelangten  die  Land- 
schaftsdialecte  nur  in  beschränktem  Umfange  zur  litterarischen 
Verwendung  (am  meisten  noch  in  Urkunden  u.  dgl.),  zumal 
da  während  der  Blüthezeit  der  Litteratur  die  volksthümliche. 
an  die  nicht  höfisch  gebildeten  Gesellschaftsclassen  sich  wen- 
dende Dichtung  nur  geringe  Pflege  fand.  Die  Thatsache  aber, 
dass  in  altprovenzalischer  Zeit  eine  Art  von  Schriftsprache  be- 
stand, hat  .wieder  zur  Folge ,  dass  wir  über  die  altprovenzali- 
sclien Einzeldialecte,  mit  Ausnahme  eben  desjenigen,  welcher 
annähernd  schriftsprachliche  Geltung  besass,  nur  sehr  unge- 
nügend unterrichtet  sind,  wenigstens  gegenwärtig  noch,  denn 
die  Möglichkeit  ist  nicht  ausgeschlossen,  dass  eindringende 
Forschung  noch  zu  sicheren  Ergebnissen  führen  werde. 

Im  Allgemeinen  lässt  sich  annehmen,  dass  die  landschaft- 
liche Abgrenzung  der  altprovenzalischen  Dialecte  im  Grossen 
und  Ganzen  dieselbe  war ,  wie  diejenige  der  neueren ,  und 
dass  die  Eigenarten  der  letzteren  in  den  ersteren  bereits  an- 
satzweise vorhanden  waren.  Freilich  ist  zu  erwägen,  dass 
die  organische  Entwickelung  der  alten  Dialecte  zu  ihren  mo- 
dernen Gestaltungen  durch  die  Verwahrlosung ,  welcher  das 
Provenzalische  seit  Ausgang  des  Mittelalters  in  litterarischer 
Hinsicht  anheimfiel,  und  durch  den  Einfluss,  den  das  Fran- 
zösische erlangte,  in  sehr  beträchtlichem  Masse  gestört  wor- 
den ist. 

3.  Mit  dem  Verfalle  der  altprovenzalischen  Litteratur  en- 
dete auch  die  litterarische  Vorherrschaft  der  limousinischcu 
Mundart,  und  es  trat  mehr  und  mehr  ein  Zustand  diulectischer 
Anarchie  ein,  indem  jeder  landschaftliche  Dialect  gelegent- 
lich zu  litterarischer  Production,  übrigens  meist  recht  unter- 
geordneter Art,  verwandt  wurde.  Gesteigert  wurde  diese  An- 
archie noch  durch  die  Schwierigkeit ,  welche  die  schriftliclie 
l'ixirun"-    der   litterarisch   bisher  nicht  «rebrauchteu  Mundarten 


l^as  Provenzalische.  433 

mit  sich  brachte,  eine  Schwierigkeit,  welche  sieh  um  so  we- 
niger erfolgreich  überwinden  Hess,  als  die  schiiftstellemden 
Persönlichkeiten  vielfach  der  höheren  Bildung  entbehrten.  So 
entstand  ein  orthographischer  Wirrwarr,  nicht  bloss  im  \cv- 
hältniss  von  Dialect  zu  Dialect,  sondern  oft  auch  innerhalb 
eines  und  desselben  Dialectes.  indem  die  Laute  desselben  bald 
so  bald  so  wiedergegeben  wurden. 

Seit  der  Wiedererhebung  der  provenzalischen  Litteratur 
haben  namentlich  der  im  engeren  Sinne  )provenzalisch«  zu 
nennende  Dialect  der  Ehunemündung  durch  Mistral's  und  der 
Dialect  von  Montpellier  durch  O.  Hringuier's  dichterische  Thä- 
tigkeit  höhere  litterarische  Bedeutung  und  festere  Form  erlangt. 

4.  Die  neu  provenzalischen  Dialecte  lassen  sich  in  fol- 
gende Gruppen  theilen'):  I.  Neupro venzal isch  (im  enge- 
ren Sinne)  in  den  Departements  Drume .  Vaucluse ,  Bouches 
du  Rhone ,  Var .  Hautes-  und  Basses-Alpes ,  mit  den  Haupt- 
orten Aix ,  Arles ,  Avignon .  Marseille.  II.  Der  Dialect  von 
Dauphine  mit  den  Unterdialecten  von  Grenoble,  Oisan  und 
Trieves.  III.  Der  Dialect  von  Lyon.  IV.  Der  Dialect  von 
Languedoc  (mit  zahlreichen  Untermundarten,  namentlich 
denen  von  Aude  und  Herault,  von  Nimes,  der  Cevennen,  von 
Aveyron  und  Lot,  von  Montpellier,  von  Yelay.  von  Narbonne, 
von  Toulouse'.  [V.  Der  Dialect  von  Eoussillon  wird  besser 
dem  Catalanischen  beigezählt\  VI.  Der  Dialect  von  Limou- 
sin  inOber- u.  Xiederlimousinisch  zerfallend,  in  den  Departe- 
ments Correze.  Haute- Vienne,  Grenze.  Indre,  Cher,  einem  Theile 
von  Indre- et-Loire ,  Vienne  .  Dordogne  .  Charente  ,  Charente- 
Inferieure.  VII.  Der  Dialect  der  Auvergne,  vielfach  stark 
französirt.  VIH.  Der  Dialect  der  Gascogne  mit  mehreren 
Untermundarten,  von  denen  diejenige  von  Beam  die  wich- 
tigste ist.  Zu  diesen  Gruppen  treten  noch  die  Dialecte  der 
Schweiz.   Savoyens  und.   aber  nur  sehr  theilweise,   Piemonts. 

Wissenschaftlich  untersucht  sind  bis  jetzt  erst  wenige  der 
so  zahlreichen  neuprovenzalischen  Dialecte  (die  betr.  Schriften 
sind  in  den  jUitteraturangaben«  durch  ein  vorgesetztes  Stern- 
chen hervorgehoben. 


1;  Nach  C.  Sachs,   Ueber  den  heutigen  Stand    der  romun.  Dialeetfor- 
schung ,   in  ;  Herrigs  Archiv  LIV  256  fl'.     DiEZ  giebt  in  seiner  Grammatik 
fBd.  1  der  älteren  Ausg.,   einp  kurze  Charakteristik  der  neuprov.  Dialecte. 
Körting,  Eneyklopädie  d.  rom.  Phil.  HI.  28 


434  I^äs  Provenzalische. 

Litteraturangaben  (Verzeichniss  einiger  auf  die  proven- 
zalischen  Dialecte  bezüglicher  AVerke,  sowie  einiger  Dia- 
lectdichtungen  u.  dgl.).  'j 

1.  Allgemeines:  Carte  des  dialectes  et  des  sous-dialectes  proven- 
9aux  (befand  sich  in  der  Sammlung ,  mit  welcher  die  Societe  anthropolo- 
gique  de  France  die  Pariser  AA'eltausstellung  1878  beschickte;  wo  sie  dann 
verblieben,  konnte  der  Verf.  der  Encykl.  nicht  in  Erfahrung  bringen;  — 
DE  Berluc-Perüssis  ,  Reponse  ä  la  question  »Faire  connaitre  les  divers 
dialectes  provencaux ,  leurs  caracteres  distinetifs  et  leur  perimetre« ,  in : 
Congres  scientifique  de  France,  44«"  session.  Nizza  1879,  vgl.  11.  d.  1.  1.  r. 
15.  7.  1881,  p.  42  —  J.  B.  NOULET,  Essai  s.  l'hist.  litteraire  des  patois 
du  midi  de  la  France  aux  16^  et  17«  siecles.  Toulouse  1879  —  G.  AzAis, 
Dict.  des  idiomes  romans  du  midi  de  la  France  —  F.  Mistral,  I.ou  Tre- 
sor dou  Felebrige,  on  Dict.  prov.-frcs  cmbrassant  les  divers  dialectes  de  la 
langue  d'oc  moderne.  Aix  u.  Paris  1877/82  —  Honnouat  ,  s.  §  5  —  C. 
BoucoiRAN,  Dict.  analogique  et  etymologique  des  idiomes  meridionaux 
qui  sont  parles  depuis  Nice  jusqu'ä  Bayonne  et  depuis  les  Pyrenees  jus- 
qu'au  centre  de  la  France.  Nimes  1878  —  Du  Peyrat,  Memoire  s.  les 
idiomes  du  midi  de  la  France  en  general  et  s.  celui  du  centre  de  la  Guienne 
an  particulier.  Grammaire  et  glossaire.    Bordeaux  1805. 

2.  Besonderes:  [Aquitanion.  A.  Luchaire,  Etudes  s.  les  idio- 
mes pyreneens  de  la  France.  Paris  1879.  Andere  Schriften  desselben  Ver- 
fassers s.  oben  S.  428.  J.  H.  Lacoumbo  ,  Las  lambruscos  de  la  lengo 
d'Aquitanio.  Avec  glossaire.  Montauban  1879.  Vgl.  auch  Gascogne.]  — 
Ar  de  che  (Auvergne).  L.  Clugnet,  Glossaire  du  patois  de  Gilhoc  Ar- 
deche),  suivi  d'un  essai  grammatical.  Paris  1883  —  Arles.  Eine  Anzahl 
von  Dichtungen  im  Dialecte  von  Arles  ist  verzeichnet  von  Sachs  in  Her- 
rig's  Archiv  LIV  258.  P.  Meyer,  Tersin.  Tradition  arlesienne,  in :  Rom. 
I  51  —  Armagnac  u.  Agenais,  Proverbes  et  devinettes  populaires 
recueillies  dans  l'A  et  l'A.  1880.  Poesies  frcses  populaires  recueillies 
dans  le  Bas-Armagnac ,  in:  Revue  de  Gascogne  XX  (1879)  512  —  Au- 
vergne. Fr.  Mi':GE,  Souvenirs  de  la  langue  d'Au. ,  essai  s.  les  idiotis- 
mes  du  depart.  de  Puy-de-Dome.  Paris  18(11.  F.  Malval,  Etüde  des  dia- 
lectes romans  ou  patois  de  la  Basse-Au.  Clcrmont-Ferrand  (JahrPj  II.  Do- 
NIOL,  Les  patois  de  la  Basse-Au.,  leur  grammaire  et  leur  litterature.  Mont- 
pellier 1877.  (4«'  publ.  spec.  de  la  Soc.  p.  let.  des  lang,  rom.' ,  vgl.  Rom. 
VIII  VW.  M.  CoHEXDY  et  A.  Thomas,  Strophes  au  Saint-Esprit,  suivies 
des  Statuts  d'une  confrerie  du  St-Esprit  en  dialecte  auvergnat,  in:  Rom. 
VIII  211.  P.  Le  Blaxc,  Devinettes  de  la  Basse-d'Au.,  in:  Almanac  des 
traditions  populaires  II.  Paris  1883  —  Aveyron.  Vayssier,  Dict.  patois- 
frcs  du  dep.  de  l'A.  Rodez  1879.  J.  P.  Dl'RANU,  Etudes  de  philologie  et 
liuguistique  aveyronnaises.  {Les  noms  de  famille  et  les  noms  de  lieux. 
Notes  s.  l'idiome  rouergat.)  Paris  1879.     Firmixhac,  Poenies  aveyronnais. 

1)  VoUstiindigkeit  konnte  auch  nicht  entfernt  angestrebt  werden  Hin 
und  wieder  .sind  Scliriftcn  angefülirt,  welche  sich  auf  fran/ös  i  sehe  Dia- 
lecte beziehen,  so  dass  dieses  Verzeichniss  zugleich  eine  Art  Ergänzung 
zu  dem  oben  S.  98  tt".  gegebenen  bildet. 


Das  Provcnzalischc.  435 

Küdez  11875?;  —  Bearn.  V.  Lesi'y,  Gramm,  beiirnuisc,  suivie  dun  vo- 
cabulaire  b.-fr98.  2^  ed.  Paris  18S0.  V,  Lespy,  Dictions  du  pays  de  B. 
Pau  1875.  J.  Hatovlet  et  E.  PicoT,  Proverbes  b.  Paris  1862.  Tu.  de 
PiYM.^iGKE,  Chants  populaires  recueillis  dans  la  vallee  d'Ossau  (Bearn), 
in:  Rum.  III  S9.  Gköbeu,  Bearnische  Todtenklage.  in:  Ztschr.  f.  rom. 
Phil.  III  390.  C.  Schröder.  "Weihnachtslicder  aus  B.,  in:  Jahrb.  f.  rom. 
u.  engl.  Litt.  XI  109.  Chansons  et  airs  popul.  de  B.  reo.  p.  F.  Kivari'.s. 
2«  ed.  Paris  1SG8  —  Bigorre.  Dejeaxne,  Contes  de  la  Bigorre,  in:  Rom. 
XII  566  —  Bordeaux.  Lucn.\iRE,  Une  Charte  bordelaise  de  1244,  in 
den  Annales  de  la  faculte  des  lettres  de  B.  G.  Colletet,  Vies  des  poetes 
bordelais  et  perigordins,  p.  p.  Tamizey  de  Larroque.  Bordeaux  1873. 
G.  DeleiN'GIT,  Essai  grammatical  s.  le  gascon  de  B.  Bordeaux  1S67  — 
Bourgogne.  Migx.\rd,  Vocabulaire  raisonne  et  compare  du  dialecte  et 
du  patois  de  la  province  de  B.  ou  l'^tude  de  l'hist.  et  des  moeurs  de  cette 
province  d'apres  son  langage,  Paris  1809  —  Colognac  ;Gard).  P.  Fe.s- 
QUET,  Enigmes  populaires  reo.  ä  C. ,  in:  R.  d.  1.  r.  3e  serie  I  175  — 
Creuse.  *A.  Thomas,  Rapport  s.  une  mission  philologique  dans  le  dep. 
de  la  Creuse,  in :  Archives  des  missions  seientifiques  et  litteraires,  3^  serie 
t.  V,  p.  423,  vgl.  Rom.  VIII  469  u.  X  451.  F.  Vi.nxext,  Etudes  s.  le 
patois  de  la  Cr.,  in:  Mem.  de  la  soc.  d.  sciences  nat.  et  arch.  de  la  Cr. 
IV  426,  vgl.  Rom.  XI  451  —  Dauphine.  CoLOMB  DE  Batines,  Biblio- 
graphie du  patois  de  D.  Grenoble  1835.  L.  Montier,  Gramm,  dauphi- 
noise.  Dialecte  de  la  vallee  de  la  Dröme.  Paris  1882.  J.  Lapaume,  Re- 
ieueil  de  poesies  en  patois  du  D.  Grenoble  1S78.  J.  A.  PiLOT,  Proverbes 
dauphinois  etc.  Grenoble  1884  —  Forez.  L.  P.  Gras.  Dict.  du  patois 
forezien.  Paris  1864.  M.  Noelas,  Dict.  du  pat.  for.  Lyon  18H5.  A.  Th., 
Babochi  ;P.  Philippon),  etude  litteraire  et  biographique  sur  le  poete  fore- 
zien, in:  Mem.  de  la  Loire,  13.  u.  14.  Dec.  1877.  R.  Köhler,  Volks- 
mährchen  aus  der  Landschaft  Forez ,  in :  Jahrb.  f.  rom.  u.  engl.  Litt.  IX 
353.  V.  Smith,  Chants  pop  du  F.  Trois  retours  de  guerre ,  in:  Rom. 
IX  2SS.  Vgl.  auch  unten  Velay  —  Fourgs.  J.  TissOT,  Le  patois  de  F., 
arrondissement  de  Pontarlier,  dep.  du  Doubs.  Besancon  18t; 6  —  Gas- 
cogne.  P.  Meyer,  The  Gascon  Dialects,  in:  The  Academy  Nov.  1879. 
A.  LiCH.URE,  Recueil  de  textes  de  l'ancien  dialecte  gascon  d'apres  des 
documents  anterieurs  au  14  s.,  suivi  d'un  glossaire.  Paris  ISSl,  vgl.  Rom. 
XI  135  u.  R.  d.  1.  r.  15.  5.  1882.  Glossaire  gascon,  in:  DuBUlssox,  Hi- 
storiae  monasteriensis  S.  Severi  in  Vasconia  libri  X.  Villeneuve  1878.  G. 
Colletet,  Vies  des  poetes  gascons,  publiees  avec  introduction,  notes  et 
appendices.  Paris  1S66.  Cexac-Moncaut,  Essai  s.  la  langue  et  la  littera- 
ture  gasconnes,  in  des  Verfassers  Voyage  archeologique  et  historique  dans 
Tancien  comte  de  Bigorre.  Tarbes  185S,  und:  Litterature  populaire  de  la 
Gascogne.  Contes.  mysteres,  chansons  historiques  etc.,  recueillis  dans 
l'Astruc ,  le  Pardiac,  le  Bearn  et  la  Bigorre  1868  Tarbes?;.  Poesies  gas- 
connes recueillies  et  publiees  p.  E..T.  Nouvelle  ed.  p.  Taillade.  Paris 
1867  69.  2  Bde.  Blade,  Poesies  populaires  de  la  Gascogne.  Paris  1882. 
3  Bde.  Verdie,  CEuvres  completes  de  Meste  Verdier,  poete  gascon.  16^ 
ed.  p.  p.  Ch.  Bal.  Bordeaux  1S79.     J.  ViNsoN  et  E.  Dicere,   Specimens 

28* 


436  l^^ä  Provenzalische. 

de  patois  gascons  (enthält  eine  Uebersetzung  des  Hohen  Liedes  im  Dialect 
von  Bayonne  ,  in:  Rev.  de  linguistique  XII  162.  La  Rabagassade.  poeme 
satirique  en  langiie  gaseonne,  avec  traduction  en  regard.  Bordeaux  1879 
—  Gard.  Fesquet,  Monographie  du  sous-dialecte  languedocien  du  canton 
de  la  Salle-Saint-Pierre  (Gard),  in:  R.  d.  1.  r.  3"  serie  XI  53  —  G re- 
noble. Lapaume,  Recueil  de  poesies  en  patois  du  Dauphine,  comprenant 
notamment  Grenoblo  malherou  etc.  Grenoble  1879  —  Hautes-Alpes. 
P.  GuiLLAUME,  Specialen  de  langage  parle  dans  le  dep.  des  H.-A.  vers 
la  fin  du  XIIo  s. ,  in:  R.  d.  1.  r.  15.  2.  1881.  Speeimen  du  langage  de 
Savines  (H.-A.)  en  1442,  document  inedit  p.  p.  P.  GuiLLAlME.  Forcalquier 
1880  —  Ha  Ute- Saune.  V.  Paulet,  Essai  d'un  vocabulaire  etym.  du  pa- 
tois de  Pknches-les-Mines  (H -S.),  in:  Rev.  crit.  1879  II  33'J  —  Landes. 
P.  Meyek,  Etüde  s.  une  charte  landaise  de  1268  ou  1269,  in:  Rom.  IH 
433,  vgl.  Rom.  IV  462  —  Languedoc.  G.  AzAis ,  Dict.  des  idiomes 
languedociens  etym.,  comparatif  et  technologique.  Beziers  1867.  M.  d'Hom- 
HHES,  Dict.  languedocien-frcs.  Alais  1872  u.  Aix  1879,  vgl.  R.  d.  1.  r. 
3e  Serie  ll  294.  Fesquet,  Monographie  du  sous-dialecte  languedocien  du 
canton  de  la  Salle-Saint-Pierre  (Gard),  in:  R.  d.  1.  r.  15.  2.  u.  15.  5.  1884. 
Devic,  Variations  phonetiques  de  la  sifflante  s  dans  le  dialecte  langue- 
docien parle  en  Quercy,  in:  Mem.  de  la  Soc.  de  Ling.  de  Paris  t.  IH  165, 
vgl.  Rom.  V  507.  MoNTEL  et  Lambert,  Chants  populaires  du  Langue- 
doc, in:  R.  d.  1.  r.  VII  236  (als  Buch  erschienen  Paris  IS'^O).  A.  Alger, 
Poesies  populaires  en  langue  d'oc  recueillies  p.  A.  A.  Montpellier  1875. 
A.  Mir,  La  Cansou  de  la  Lauseto,  poesies  languedociennes.  Avec  une  pre- 
face  de  F.  Mistral  et  des  notes  s.  rorthographe  et  la  prunonciation  lan- 
guedociennes par  M.  CaxtaGREL.  Montpellier  1876.  Oontes  languedociens, 
texte  patois  avec  trad.  frcse,  p.  p.  A.  RoQVE.  Paris  1878.  Mazel,  Les 
proverbes  du  Languedoc,  in:  R.  d.  1.  r.  1880  Januar  bis  Mai.  J.  R.  Favre, 
CEuvres  completes  languedociennes  et  frgses.  Montpellier  1878  ff.  —  Li- 
mousin.  *Cu.  Chabaneau,  Gramm,  limousine.  Paris  1876.  P.  Meyer,  in: 
Jahrb.  f.  rom.  u.  engl.  Litt.  VII  74.  G.  Cl.  Si.mon,  Proverbes  recueillis 
dans  le  Bas-Limousin,  in:  R.  d.  1.  r.  15.  2.  1880.  FOUCALD,  Poesies  en 
patois  lim.  Paris  1S66  —  Lyon.  Monin,  P^tude  s.  la  genese  des  patois 
et  en  particulier  du  roman  ou  patois  lyonnais.  Paris  1873.  Onofrio,  Es- 
sai d'un  glossaire  du  patois  de  Lyonnais,  Forez  et  Beaujolais.  Lyon  1861. 
PuiTSPELU,  Sur  quelques  particularites  du  patois  lyonnais,  in:  Rev.  lyon- 
naise  VI  1  ,  Tres  humble  essai  de  phonctique  lyon. ,  in :  Rev.  lyon.  VII 
140,  und:  Des  verbes  dans  notre  bon  patois  lyonnais,  in:  Revue  Lyon- 
naise  15.  9.  1883,  vgl.  Rom.  XH  62*^.  Le  plus  ancien  document  lyon- 
nais en  langue  vulgaire ,  p.  p.  G.  GuiGE.  Lyon  1883,  vgl.  Rev.  lyonnaise 
t.  V.  E.  PuiLiroN,  Phonetique  lyonnaise  au  14  s.,  in:  Rom.  XIH  542. 
A.  Zacher,  Beiträge  zum  Lyoner  iJialect.  Bonn  1884  l)iss.  —  Mar- 
seille. Un  testament  marseillais  en  1316,  p.  p.  G.  Raynaud,  in:  Rom. 
VIH  103,  vgl.  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  III  306,  R.  d.  1.  r.  3«  s^rie  H  78. 
Eine  Anzahl  Dichtungen  in  der  Mundart  von  Marseille  werden  von  Sach.s 
in  Herrig's  Archiv  LIV  258  namhaft  gemacht.  —  Mentone.  J.  B.  Ax- 
1)REW.><,  Phonetique  mentonaise,  in;   Rom.  XII  354;   Vocabulaire  du  patois 


l)aa  Provenzalische.  437 

mentonais.  Nizza  1^77,  vgl.  llom.  VI  t)2() ,  Chanson  recucillie  a  Mentone, 
in:  Rom.  IX  590.  und:  L'Enigme,  conte  mentonais,  in:  llom.  X  2J4  — 
Montpellier.  *^V.  Mu.su.vcke,  Gesciiiclitl.  Entwickelung  der  Mundart 
von  Montpellier,  in:  Französ.  Stud.  IV  323  lin  der  Einleitung  dieser  treti- 
liehen  Arbeit  wird  eine  Uebersicht  über  die  Litteratur  des  Dialectes  ge- 
geben). F.  Martin,  Les  loisirs  d'un  Languedocien  (mit  »Essai  s.  le  lan- 
gage  de  Montp.«;.  Montpellier  1827  —  Narbonne.  H.  Berat,  Po^sies 
narbonnaises  en  frcs  et  en  patois,  auivis  d'entretiens  s.  l'histoire,  les  tra- 
ditions,  les  legendes,  les  nuvurs  etc.  du  pays  narbonnais.  Narbonne  lSti4. 
2  Bde.  —  Nim  es.  Fresqvet,  Le  provencal  de  Nimes  et  le  Languedocien 
de  Colognac  compares,  in:  R.  d.  1.  r.  S^  serie  I  250.  Dupoun,  Li  Cas- 
cavel,  fablo  traducto  libromeu  en  vers  patois.  Nimes  1S80.  J.  Gaidan, 
Leu  Carret  de  Nimes,  dialecte  des  bords  du  Rhone  et  les  felibres  d'Avig- 
non,  in:  Mem.  de  l'Acad.  de  N.  1880,  vgl.  R.  d.  1.  r.  3''  serie  t.  VI  iny 
—  Nizza.  A.-L.  S.\RDor,  L'idiome  nicois.  Paris  1878,  vgl.  Rom.  VIII  456. 
Sardou  et  Calvino,  Gramm,  de  l'idiome  nicois.  Nizza  18S3.  Expose  d'un 
Systeme  ratiounel  d'orthographe  nicoise,  termine  par  une  application  ä  ce 
Systeme  ä  une  fable  inedite  de  Boncharet  par  une  declaration  approbative 
de  feu  Eugene  Emmanuel,  poete  nicois.  Publ.  de  l'Escola  felibreria  de 
Bellanda.  Paris  1881.  G.  GuizoL,  Poesia  nissardi  offerti  al  mieu  souscri- 
tour.  Nizza  1875  —  Perigord.  Fovrgeaud-Lagreze,  Le  Perigord  litte- 
raire.  Riberac  1875.  Dichtungen  im  Dialect  von  P.  findet  man  z.B.  in 
der  R.  d.  1.  r.  2^  serie  t.  V  91,  VI  192  —  Provence  (im  engeren  Sinne). 
SaVINIAN,  Gramm,  provencale  (sous- dialecte  rhodanien).  Avignon  1882, 
Chants  populaires  de  la  Prov.,  recueillis  et  annotes  p.  D.  Arbaud.  Aix 
1862,64.  2  Bde.  —  Rodez  (Aveyron).  Affre,  Documents  s.  le  langage 
de  Rodez  et  le  langage  de  MiUau  du  XII«  au  XVI^  s. ,  in:  R.  d.  1.  r. 
3e  serie  I  1,  vgl.  Rom.  VIII  295  —  Rouergue.  *L.  Constans,  Essai  s. 
rhist.  du  sous-dialecte  du  Rouergue,  in :  Mem.  de  la  Soc.  des  lettres,  des 
sciences  et  arts  de  TAve^Ton,  t.  12  als  Buch  erschienen  Paris  1880),  vgl. 
Litteraturbl.  f.  germ.  u.  rom.  Phil.  1881,  p.  209.  *J.  Aymeric,  Le  dia- 
lecte rouergat,  in:  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  III  321.  J.  P.  Durand,  Notes 
s.  Philologie  rouergate ,  in:  R.  d.  1.  r.  Mai  18b2,  Juli  18S2,  Oct.  1883, 
Febr.  u.  April  1884.  Copies  de  pieces  de  la  fin  du  14e  s.  faites  et  coUa- 
tionnees  s.  les  titres  originaux  par  M.  Vezy,  suivies  de  quelques  notes  phi- 
lologiques  s.  la  prononciation  du  dialecte  rouergat.  Rathery-Vireque  1879, 
vgl.  R.  d.  1.  r.  3e  serie  III  290  —  Savoyen.  F.  Br.vchet,  Dict.  du  pa- 
tois savoyard  tel  qu'il  est  parle  dans  le  canton  d'Albertville  avec  des  re- 
marques s.  la  prononciation.  Albertville  1883.  A.  Constantix  ,  Etüde  s. 
le  patois  savoyard.  I.  Projet  d'alphabet  ä  l'usage  de  notre  patois.  Annecy 
1877.  J.  Bauqcier,  Une  particularite  du  patois  de  Queige  (Savoie) ,  in: 
Rom.  V  493.  Andere  Schriften  sind  oben  S.  103  genannt.  —  Vaucluse. 
Lou  Galoi  vauclusien,  recuei  de  cansoun,  cansounnetto  et  declamatien  per 
Reboül  dei  Champs-Elisee.  Toulon  1876  —  Velay.  V.  Smith,  Chants 
du  Velay  et  du  Forez ,  in:  Rom.  UI  365,  IV  108  u.  437,  VH  52,  VIU 
121  u.  410,  X  194  u.  5S1,  vgl.  ausserdem  Rom.  II  59  u.  455,  IX  547 
(V.  Smith,  Vieilles  chansons  recueillies  en  Velay  et  en  Forez.  Paris  1878) 


438  l^äs  Provenzalische. 

—  Vienne.  Charivari,  La  chanson  en  patois  de  V.  Vienne  1S78  — 
Vionnez.  J.  Gillieron,  Patois  de  la  commune  de  V.  Paris  18SÜ  —  Vi- 
varais  fArdeche).  H.  Vaschalde,  Hist.  des  poetes  du  V.  Paris  1877, 
und:  Anthologie  patoise  du  V.  Montpellier  1875  —  "VValdensische 
Mundart.  W.  GrÜzmacher,  Die  waldensische  Sprache,  in:  Herrig's  Ar- 
chiv XVI  369  u.  im  Jahrb.  f.  rom.  u.  engl.  Spr.  u.  Lit.  V  424.  A.  Ro- 
siger, Neu-Heng-stett  (Burset;,  Geschichte  u.  Sprache  einer  waldenser  Co- 
lonie  in  Württemberg.  Greifswald  1883  Diss.  (auch  in  den  Franz.  Stud. 
Bd.  in  erschienen).  Ueber  die  Litteratur  der  AValdenser  s.  die  Angaben 
unten  in  §  9,  über  die  Geschichte  der  W.  s.  die  Angaben  oben  in  §  2. 

Nachgetragen  werde:  *J.  CoRXL',  Phonologie  du  Bagnard,  in:  Rom. 
VI  369. 

Nochmals  sei  hervorgehoben,  dass  trotz  der  hochverdienstlichen  Ar- 
beiten von  CoNSTANS,  Aymeric,  Mushacke,  Thomas  u.  A.  für  die  wis- 
senschaftliche Erforschung  der  neuprovenzalischen  Mundarten  doch  noch 
sehr  Vieles,  ja  nahezu  Alles  zu  thun  übrig  bleibt.  Dringend  zu  wünschen 
ist,  dass  dieses  noch  so  wenig  bestellte  Arbeitsfeld  recht  bald  energische 
und  einsichtige  Pflege  finden  möge.  In  erster  Reihe  sind  zu  solchem 
Werke  die  Romanisten  des  südlichen  Frankreich  in  Montpellier,  Toulouse 
etc.  berufen.  Das,  was  sie  bis  jc'zt  geleistet,  berechtigt  zu  der  Iloöhung, 
dass  die  Zeit  nicht  mehr  fein  sein  werde,  in  welcher  die  provenzalische 
Diabetologie  die  ihr  innerhalb  der  romanischen  Gesammtwissenschaft  ge- 
bührende Stellung  einnehmen  wird.  Diese  Hofl'nung  erscheint  um  so  be- 
rechtigter, als  die  zu  Montpellier  bestehende  »Socicte  pour  l'etude  des 
langues  romanes«  geeignet  ist,  mehr  und  mehr  einen  festen  Mittelpunkt 
für  die  auf  die  M'issenschaftliche  Erforschung  des  Neuprovenzalischen  ge- 
richteten Bestrebungen  abzugeben. 

Auch  für  die  Kenntniss  des  Altprovenzalischen  wird  das  dem  Neu- 
provenzalischen zu  widmende  Studium  erhebliche  und  erfreuliche  Förde- 
rung bringen. 

Bibliographische  Angaben  über  neuprovenzalische  Litteratur  siehe  in  §  9. 

§  4.  Bemerkungen  über  die  Laute  des  Provenza- 
lischen. 

l .  Der  Vocalismus  der  altprovenzalischen  Litteratursprache 
zeichnet  sich  durch  Reinheit  und  Khmgfülle  im  Vergleich  zu 
dem  Französischen  sehr  vortheilhaft  aus.  Nasalvocale  waren 
noch  nicht  vorhanden ')  (im  Neuprov.  linden  sie  sich  zwar, 
aber  in  beschränkterem  Umfange,  als  im  Französ.).  Der  Ueber- 
gang  von  lat.  ü  zu  ü  ist  in  der  neueren  Sprache  ziemlich  con- 
sequent  vollzogen,  jedoch  finden  sich  mancherlei  Ausnahmen, 
andererseits  aber  auch  Fälle,    in  denen  lat.  u  zu  ü  geworden, 


1)  Entgegengesetzter  Ansicht   ist  Guoeher  in  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  \l 
487  Anm. 


Das  Provenznlisehe.  439 

vgl.  Chabaneau  a.  a.  Ü.  p.  42  ff.  lieber  den  Lautwerth  des 
altprov.  u  =  lat.  Ti  ist  eine  abschliessende  Untersuchung  noch 
nicht  gotuhrt .  doch  dürfte  auch  er  bereits  meist  =  ä  gewesen 
sein  ;  jedenfalls  war  die  alte  Sprache  von  sonstigen  getrübten 
Vocalen  frei.  Das  Altprov.  unterschied  bei  o  und  e  scharf  den 
geschlossenen  Klang  estreit,  semisonant'  von  dem  offenen  (larg, 
plenisouant,  und  kannte  auch  bei  a  eine  analoge  Unterschei- 
dung. Auslautendes  tonloses  «  blieb  im  Altprov.  erhalten  (wäh- 
rend es  schon  im  Altfrz.  zu  e  geschwächt  war).  An  Diphthon- 
gen ,  die  vielfach  durch  Consonantenausfall  und  durch  \'ocali- 
sation  gedeckter  Consonanten  [l,  h  :  u\  c,  ff,  j  '■  i)  entstanden 
waren,  besass  schon  das  Altprov.  einen  grossen  Reich tlnmi,  der 
im  Neuprov.  bis  zur  Ueberfülle  gemehrt  worden  ist.  Auch 
Triphthonge  kannte  bereits  die  alte  und  kennt  noch  mehr  die 
neuere  Sprache. 

2.  Bezüglich  des  Consonantismus  ist  für  die  alte  Sprache 
hervorzuheben  a]  das  Vorhandensein  der  palatalen  Laute  ch  'aus 
et,  pt,  pj\  z,  B.  drec/ia  =  directa,  escrich  =  script\uin\,  sapcha 
=  sapiam :  auch  c  vor  a  wird  häufig,  aber  keineswegs  immer, 
zu  ch  =  ital.  c  vor  i  und  e.  g  :  j  =  ital.  g  vor  e  und  i) ;  ^.  die 
Verschiebung  der  tönenden  Explosiva  und  Spirans  im  Auslaut 
zur  tonlosen  trohar.  ahev  frop,  sercir,  ahev  se?-/ u.  dgl. ) ;  y)  die 
Verschiebung  intervocalischer  Explosiva  (z.  B.  *sapere  :  saber, 
caballus  :  cavuh  ^  pacare  :  pagar  ^  payar ,  locare  :  logar ,  loyar, 
*potere  :  podcr ,  mutare  :  mudar ;  besonders  bemerkenswerth  ist 
die  Verschiebung  von  d  :  z .  z.  B.  videre  :  vezer^  audire  :  auzii', 
*cadere  :  cazer]  ;  d)  die  weite  Ausdehnung  des  palatalisirten  l  [Ih] 
und  n  [nh]  ,  von  denen  ersteres  auch  anlautend  für  /  stehen 
kann  (z.  B.  lliivrar  f.  lürar]  ;  t)  die  Duldung  auch  härterer 
Consonantencombinationen  im  Inlaute  (wie  z.  B.  tl  in  crotlar^ 
pt  in  doptar  neben  dotur ,  ffr  in  Matfre,  pch  in  apropchar 
u.  8.  w.  ;  besonders  hervorzuheben  ist  die  Erhaltimg  des  ge- 
deckten 5,  z.  B.  in  hlasmar,  isla  etc.;  war  jedoch  der  erste  Con- 
sonant  ein  Guttural  oder  Labial,  so  trat  häufig  Vocalisirung 
oder  Ausfall  ein,  z.  B.  deutor  f.  debtor,  faire  ?i\isfac[ö]re,  sotils 
f.  sobtih,  sacha  f.  sapcha ;  stz  konnte  zu  tz  vereinfacht  werden, 
z.  B.  Critz  f.  Cristz);  L)  die  Vocalisirung  des  auslautenden  o 
zu  u  z.  B.  7ieu  f.  fiev  =  tiivem,  blau  neben  hlava)  ;  »;)  die  eigen- 
artige Behandlung  des  auslautend  gewordenen  7i  (ein  derartiges 


440  Das  Provenzalische. 

n  ist  fest,  wenn  ihm  xirsprünglich  ein  anderer  Consonant  folgte, 
z.  B.  man  =  mando,  ven  =  ventum,  gran  =  grandem  ^  beweg- 
lich aber,  wenn  dies  nicht  der  Fall  war,  z.  V>.  man  und  i7ia  = 
manum^  ven  und  ve  =  xenit,  gran  und  gra  =  granum\  beweg- 
lich ist  n  auch  in  der  Verbalendung  -on  =  -ant,  -unt,  z.  B. 
canton  und  canto  =  cantant ,  son  und  so  =  sunt :  öfters  tritt 
unorganisches  ?^  an  yocalisch  auslautende  Formen,  z.  B.  fofi 
neben  fo  =  fuit) ;  ^  die  Erhaltung  des  auslautenden  t  nach 
A'ocal  (auch  wenn  2  =  ä  nachfolgt  und  Wegfall  desselben  nach 
Consonant  [amat  und  amat-z  =  atnatum ,  amafus ,  aber  a}7ian 
=  amant;  die  Substantiva  auf  -tat-em  bewahren  also  t  im  Aus- 
laut, z.  B.  vertat-z,  ebenso  auch  vertut-z  u.  a.). 

Der  neuprov.  Consonantismus  zeigt  im  Vergleich  zu  dem 
altprovenzalischen  manche  bemerkenswerthe  Weiterentwicke- 
lung, z.  B.  Schwund  des  auslautenden  r  im  Infinitiv  [mesura 
=  mesurar^  naisse  =  naisser .  segui  =  segiiir) ,  häufige  Ver- 
flüchtigung des  palatalisirten  intervocalisehen  /  zu  i  z.  B.  ba- 
taio  f.  hatalha)  etc.  Im  Allgemeinen  dürfte  der  neuprov.  Con- 
sonantismus weicher  und,  um  so  zu  sagen,  zerquetschter  sein, 
als  derjenige  der  alten  Sprache,  aber  fi-eilich  bestehen  in  dieser 
Beziehung  zwischen  den  einzelnen  Dialecten  erhebliche  Grad- 
unterschiede. 

Litteraturangaben.  (Die  Schriften  von  Chabaneau,  Thomas, 
Aymeric,  ;^Iushacke  s.  oben  S.  434  ff.)  —  DiEZ,  Gramm.  I  —  Ueber  die 
Vocalqualität  enthalten  werthvolle  Angaben  die  alti)rov.  Grammatiken,  vgl. 
oben  S.  430  (dazu  Enriqve  de  Villexa's  um  1433  abgefasstes  Werk  über 
die  Dichtkunst,  im  Auszuge  gedruckt  bei  Mayans  y  Siscau,  Origenes  de  la 
lengua  esp.,  Bd.  II  1737.  neue  Ausg.  v.  Hartzexbuscu  1S73)  —  J.  ZrriTZA, 
Die  nordwestromanischen  Auslautgesetze,  in:  Jahrb.  f.  rom.  u.  engl.  Litt. 
Xn  187  —  *P.  Meyer,  Phonetique  provencale  I  O,  in:  Mem.  de  la  See. 
de  Ling.  I  145,    und:    L'imparfait  du  subjonctif  en  es,  in:  Rom.  VIII  155 

—  E.  BÖHMER,  Plenisonant,  Semisonant,  in:  Roman.  Stud.  IV  339  u.  187 

—  J.  Storm,  Om  vokalernes  kvantitet  i  de  romanake  sprog  i  sin  udvik- 
ling  fra  Latinen,  in  :  Beretning  om  forhaudlingerne  pä  det  forste  noriliske 
filologmad.  Kopenhagen  1S7',)  —  Fu.  Neumamn,  Die  german.  Kiemente  in 
der  prov.  u.  germ.  Spr.  ihren  lautl.  Verhältnissen  nach  behandelt.  I.  Die 
einfachen  Vocale  u.  Diphthonge.  Heidelberg  1876  Diss.  —  F.  PfüTZXER, 
Ueb.  d.  Au3.qpr.  des  prov.  a.  Halle  1S84  Diss.  —  E.  WiECHMANN,  Ueb. 
die  Ausspr.  des  prov.  e.  Halle  1881  Diss.  —  O.  NiGOLES,  Etüde  de  /  me- 
diale dans  quelques  pays  de  langue  d'oc ,  in:  Rom.  YHI  392.  vgl.  R.  d. 
1.  r.  3«  Serie  III  130,  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  III  tilO  —  K.  Nyrop.  Une 
question   de   phonetique   romane  ;   t -^  r  en  provencal,     in:    Det  filologisk- 


Das  Provenzalische.  441 

historiske  Samfunds  Miiideskrift  i  Anl.  af  dets  2')aarige  Virksonihcd.  Ko- 
penhagen 1879,  vgl.  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  III  476  —  A.  Devic,  Variations 
phonetiques  de  la  sifflante  s  dans  le  dialecte  languedocien  parle  en  Qucrey, 
in  :  Mi-m.  de  la  Soc.  de  Ling.  III  105  —  J.  Baiuiikk,  Changement  de  ts 
tinal  en  es  et  en  ich,  in:  Rom.  VIII  114  —  V.  Meyek,  Du  passage  d'  sz 
ä  /•  et  d'  r  ä  «  s  en  provenciü,  in:  Rom.  IV  184,  und:  D'un  emploi  non 
etymologique  du  t  final  en  prov. ,  in:  Rom.  VII  107.  vgl.  auch  über  uz 
:  r,  r  :  s  z]  A.  Thom.^s  in  Rom.  VI  261  und  desselben  Bemerkungen  in 
Giorn.  di  filol.  rom.  1S80,  p.  205;  vgl.  Rom.  IX  622  —  C.  Ch.\baneau, 
t  final  non  etymologique  en  langue  d'oe,  in:  Rom.  VIII  110,  und:  ti  in- 
terrogatif  en  provencal  moderne,  in :  Rom.  VI  442  —  Aymekic,  Epenthe- 
tisches  r  in  grouinero  grmnmatica) ,  in:  Ztschr.  f.  rom.  Pliil.  IV  475  — 
Michel,  Le  :  euphonique  et  son  equivalent  1'  s  douce  en  provencal  et  en 
francais.  Toulon  Jahr?)  —  A.  MoxTEL,  De  l'Orthographe,  in:  R.  d.  1.  r. 
I  40  (kurze  Darlegung  des  von  der  Societe  pour  l'etude  des  langues  ro- 
manes  angenommenen  orthographischen  Systemes,  das  die  Mitte  hält  zwi- 
schen dem  etjTuologischen  und  phonetischen  Principe)  —  ü.  Arbaud,  De 
Torthographie  provencale.  Aix  1805  —  H.  Bartlixg,  Die  Mundarten  des 
südlichen  Frankreichs  in  ihrem  doppelten  Verhältnisse  der  Schreibweise 
und  der  materiellen  Zusammensetzung  der  "Worte,  in :  Jahrb.  f.  rom.  u. 
engl.  Litt.  XII  269. 

§  5.  Bemerkungen  über  den  Wortschatz  des 
Pi'ovenzali sehen.  Der  Wortschatz  des  Provenzalischen,  der 
bis  jetzt  nur  in  sehr  unzureichender  Weise  zum  Gegenstande 
wissenschaftlicher  Untersuchung  gemacht  worden  ist.  unter- 
scheidet sich  mehrfach  charakteristisch  ^on  dem  französischen, 
wie  dies  schon  aus  den  geschichtlichen  A'erhältnissen  leicht 
sich  erklärt.  Weil  nicht  in  so  nachhaltiger  Weise,  wie  das 
nördliche  Gallien,  betroffen  von  der  Invasion  der  Germanen, 
hat  das  südliche  Gallien  auch  nicht  so  zahlreiche  germanische 
Elemente  in  seine  Sprache  aufgenommen  (man  beachte  na- 
mentlich, dass  das  provenzalische  Gebiet  nicht,  wie  das 
französische,  noch  im  10.  Jahrhundert,  theilweise  durch  Nor- 
mannen besetzt  wurde  und  dass  folglich  der  Anlass  zum  Ein- 
dringen nordischer  Worte  fehlte).  Andererseits  ist  von  vorn- 
herein anzunehmen,  dass  das  Provenzalische  Worte  iberischen 
Ursprunges  in  sich  schliesst  und  dass  es  dem  Arabischen,  Spa- 
nischen und  Italienischen  als  den  Sprachen ,  mit  welchen  es 
in  naher  räumlicher  Beziehung  stand,  bzw.  noch  steht,  zahl- 
reiche Worte  entlehnt  hat.  Das  neuere  Provenzalisch  ist  aus 
naheliegenden  Gründen  reich  an  französischen  Lehnworten, 
freilich  aber  bestehen  in  dieser  Hinsicht  zwischen  den  einzel- 


442  Das  Provenzalische. 

neu  Dialecten  erhebliche  Gradunterschiede.  An  Einzelunter- 
suchungen über  alle  diese  Dinge  fehlt  es  leider  noch  voll- 
ständig. Ebenso  fehlen  noch  gänzlich  Untersuchungen  über 
Wortbildung  und  Wortzusammensetzung  im  Provenzalischen. 

LitteraturangaKen:  Kayxolard,  Lexique  roman  ou  dictioimaire 
de  la  langue  des  troubadours.  Paris  183V44.  6  Bde.  —  J.  B.  Roquefort, 
Glossaire  de  la  langue  romane.  Paris  1808/20.  2  Bde.  u.  Suppl.  —  RoCHE- 
GUDE,  Essai  d'un  glossaire  oecitanien  poiir  servir  ä  l'iutelligence  des  po6- 
sies  des  troubadours.  Toulouse  IS  19  —  A.  Pellas,  Dict.  prov.  et  frcs. 
Avignon  1723  —  J.  HoNNORAT,  Biet,  prov.-frcs  ou  dict.  de  la  langue  d'oe 
aneienne  et  moderne.  Digne  1846/47.  2  Bde.  —  G.  AzAis,  Dict.  des  idio- 
mes  romans  du  midi  de  France,  comprenant  les  dialectes  du  haut  et  du 
bas  Languedoc,  de  la  Provence,  de  la  Gascogne,  du  Bearn,  du  Quercy, 
du  Rouergue,  du  Limousln,  du  Dauphine  etc.  Paris  1877  ff.  3  Bde.  — 
F.  Mistral,  Lou  tresor  dou  felibrige  ou  dictionnaire  prov.-frcs,  embras- 
sant  les  divers  dialectes  de  la  langue  d'oc  moderne.  Aix  1877/82. 

S.  Salfelu,  Das  Hohelied  Salomos  bei  den  jüdischen  Erklärern  des 
Mittelalters.  Nebst  einem  Anhange:  Erklärungsproben  aus  Hdss.  Berlin 
1879,  in:  Magaz.  f.  d.  AVissensch.  d.  Judenth.  (enthält  occitanische  "Wör- 
ter in  alter  Transcription  mit  hebräischen  Buchstaben  . 

F.  Neumann,  Die  german.  Elemente  in  der  prov.  u.  frz.  Spr.  I.  Die 
einfachen  Vocale  und  Diphthonge.  Berlin  1876. 

E.  Alexis,  Etüde  etym.  s.  la  signification  des  noms  des  communs  de 
Provence.  Aix  1876  —  P.  A^chard?),  Des  denominations  des  quartiere, 
clos  et  domaines  du  territoire  d' Avignon ,  in :  Bull.  bist,  et  archeol.  de 
Vaucluse  I  (1879',  30,  vgl.  R.  d.  1.  r.  3«  ser.  IV  37  —  O.  Schultz,  Häu- 
fige Bildung  der  Ortsnamen  mit  dem  Suffix  -ana  in  dem  Landstrich  zwi- 
schen der  Durance  u.  dem  Eygues-Flusse,  in:  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  VII  183. 

Maiix,  Etymologische  Untersuchungen  auf  dem  Gebiete  der  roman.  Spr. 
Berlin  1854  u.  58  (von  prov.  Worten  werden  behandelt:  ahric  8,  aib,  aip 
41,  alaudeta,  alauzeta,  alauza  22,  alkimia  81,  amiralh,  amirau,  amiratz  7, 
azar  6,  bastart  17,  baue  88,  bis  87,  biso  88,  blat  31,  blezo  40,  blialt,  bliaut, 
blizaitd  40,  bresca  57,  bres,  bret  64,  brusc  56,  Caim  39,  catnisa  21,  coart 
76,  dec,  deck  43,  deca,  decha  43,  dinar,  dirnar,  disnar  19,  enchar,  enquar 
44,  esquer  75,  gava,  gave  51,  lega,  legna  37,  regredar  37,  revit  40,  rua  50, 
sabata,  sabato  16,  sabotar  16,  saorra  21,  .säur,  saure,  snr  16]. 

Etymologie  einzelner  AVorte:  Settegast,  aib,  andare,  baro/te, 
gens,  ges,  in:  Rom.  Forsch.  I  237  —  Gasparv,  aiga  =  *acqua,  in:  Ztschr. 
f.  rom.  Phil.  IV  611  —  Chabaneau,  an'fara=ßamme,  in:  R.  d.  1.  r. 
3c  ser.  IV  18,  vgl.  Rom.  IX  620  —  P.  M.,  aut  an  langue  d'oc,  in:  Rom. 
Vn  594  —  G.  Hentsciike,  prov.  äul,  dcols,  avohza ,  in :  Ztschr.  f.  rom. 
Phil.  VIII  152  —  Baist,  arj>a  =  änTir;,  in:  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  V  234  — 
GaspaRY,  benenatisa  und  malenunsa  v.  aiiar,  in:  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  IV 
611  —  Liebreciit,  be7-teil  —  dtsch.  AVirtel,  in:  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  VI  449 
—    ScHUCHARDT,  bru  »Haidekraut" ,    in:    Ztschr.   f.  rom.  Phil.  IV  148    — 


Das  Provenzalische.  443 

ScuicilAKDT .  Jenc/uu  dissiniilirt  aus  iietiguit,  in:  Ztschr.  f.  roni.  Phü.  V 
305  —  Thomas,  En  und  na,  in:  Rom.  XII  585  —  Bartsch,  eissaiabetar, 
estalvar,  in:  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  II  306,  vgl.  Rom.  VII  029  —  Fükstek, 
esfredar,  esfreidar  =  exfridare,  in:  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  VI  109  —  AscoLI, 
ücla  =  insula,  in:  Arch.  glott.  it.  III  [1879,  punt.  3  —  Baktsch,  hnde- 
ma/i,  nicht  rendtinan,  dagegen  Fautrier,  in:  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  IV  441 
—  ScHiCHARDT,  melt'ti  =  'meUi/ius,  in:  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  IV  154  — 
FoRESTlE,  Montauban,  in :  Bull,  archeol.  et  hist.  de  la  soc.  arch.  de  Tarn- 
et-Garonne  VII  JlbSl)  97  —  HoRXiXG,  noirissa  =  nutricia,  in:  Ztschr.  f, 
rom.  Phil.  VI  436  —  ChabaneaU,  ornne  que  an  =  chaqtie  annee,  in :  R.  d. 
1.  r.  3e  ser.  HI  277,  vgl.  Rom.  IX  619  —  ASCOLI.  peslou  =  j^ensile ,  in: 
Arch.  glott.  it.  HI  punt.  3  —  Gasparv,  j)lais  =  *plaxutn,  nicht  v.  plextis, 
in:  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  V  99  —  J.^ux,  pros,  proz,  in:  Herrig  s  Archiv 
Bd.  67.  Heft  1  —  Alart,  Etudes  s.  l'hist.  de  quelques  mots  romans  : 
rana,  ran.  ranar,  randa,  randar,  in:  R.  d.  1.  r.  3^  ser.  II  15,  vgl.  Rom. 
IX  155,  Herrig's  Archiv  LXni  444  —  För-STER  ,  sofanar  =  'subfanare, 
nicht  =  subsannare,  in:  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  VI  110  —  HoRNING,  sospeisso 
=  suspectio,  nicht  su^picio,  in:  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  VI  435  —  ScHUCH.vRDT, 
trieu  =  altir.  tratg,  nicht  =  trivium  —  SvCHlER,  Genus  des  Subst.  vetz  (ist 
masc.  ,  in:  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  IV  410  —  ToBLER,  voiit  »Heiligenbild«  = 
vultus,  in:   Ztschr.  f.  rom.  Phil.  IV  ISi. 

§  6.  Bemerkungen  über  die  Flexion  und  die 
Syntax  des  Pro venzalischen. 

1.  Die  Declination  des  Subst.  und  Adj.  erfolgt  im  Alt- 
provenzalisclien  im  Wesentlichen  durchaus  nach  den  für  das 
Altfranzüsische  gültigen  Kegeln .  so  dass  in  dieser  Hinsicht 
beide  Sprachen  ein  grammatisch  einheitliches  Gebiet  darstellen. 

Die  altprov.  Litteratursprache  beobachtet  bis  zum  Ende 
des  14.  Jahrhunderts  die  Declinationsregeln  streng  und  ge- 
stattet auch  zu  Gunsten  des  Picimes  keine  Ausnahmen.  Einem 
Schwanken  in  der  Form  des  Gas.  rect.  Sing,  sind  in  diesem 
Zeiträume  nur  die  Nomina  auf  lat.  -er  (prov.  -re),  die  Subst. 
auf  -at^e  und  die  Tnünitive  auf  -ir  und  -re  unterworfen.  Die 
paroxytonen  Masc.  auf  -a  treten  im  Plur.  stets,  im  Sing, 
häufig  zur  Declination  der  parasyllabischen  Masculina  über. 
Von  den  Dialecten  des  Altprov.  handhaben  die  östlichen  die 
Nominalflexion  so  wie  die  Litteratursprache.  Nach  Westen  hin 
(in  den  Departements  Aveyron,  Tarn,  Garonne,  Tarn-et-Ga- 
ronne  tind  in  Foix  treten  Schwankungen  ein  zwischen  der 
Anwendung  der  Nom.-  und  Acc.-Form  für  den  Casus  rect. 
Diese  Schwankung  besteht  im  östlichen  und  nordwestlichen 
Theile    der  Gascogne    Comminges   und  Landes    ebenfalls,    je- 


444  Das  Provenzalische. 

doch  so,  dass  die  Form  des  C'as.  obl.  für  den  Cas.  rect.  sogar 
gewöhnlich  gebraucht  wird.  Im  westlichen  Theile  der  Gas- 
cogne  wird  die  Form  des  Cas.  obl.  für  den  Cas.  rect.,  von 
einigen  wenigen  Ausnahmen  abgesehen,  regelmässig  gebraucht 
(so  Reimaxn  s.  u.],  S.  80  f.,  vgl.  auch  Leos  's.  u.],  S.  56). 
üas  Neuprov.  kennt  für  Sing,  und  Plur.  nur  je  eine 
Form  (für  das  Limousinische  stellt  Chabaneau  folgende  Ty- 
pen auf:  I.  sg.  röso  =  altpr.  rosa,  pl.  rosa  =  altpr.  rosas; 
IL  sg.  tourtre  =  altpr.  tortre,  pl.  tourtrei  ^=  altpr.  tortres;  III. 
sg.  vicärt  =  altpr.  vicari,  pl.  vicärl  =  altpr.  vicaris).  Die  auf 
Ultima  betonten  Subst. ,  welche  ursprünglich  consonantisch 
auslauteten,  im  Neuprov.  aber  den  auslautenden  Cons.  verlo- 
ren oder  vocalisirt  haben  (z.  B.  hrä  =  bratz,  hergie  =  bergier, 
]ei=  legem,  manteü  =  mantel ,  bim  =  bovem.  cham  d.  i.  chä 
=  camims,  ami  =  amic,  sa  =  sac  etc.^ .  besitzen  nur  eine 
Form  für  Sing,  und  Plur. 

2.  Die  Femininbildung  des  Adj.  erfolgt  im  Provenzali- 
schen  in  derselben  Weise,  wie  im  Französischen.  Das  Fem. 
der  doppelformigen  Adj.  zeigt  den  Stammauslaut  erhalten, 
während  er  im  Masc.  vor  -s  häufig  lautgesetzlich  geschwunden 
oder  umgewandelt  ist,  vgl.  bo7}a  mit  hos.  preonda  mit  preons, 
larga  mit  larrs,  nuda  mit  nutz,  bravo  mit  braifs;  schärfer  noch 
tritt  diese  Differenz  im  Neuprov.  hervor,  vgl.  ger7näno  mit 
gcrmö,  pleno  mit  j)Ie .  tonto  mit  ton,  grosso  mit  grä,  rico 
mit  vL 

Die  Comparation  des  Adj.  erfolgt  auf  analytischem  Wege 
dwr ch  pizis  {pifs.  neupr.  piV  ;  die  wenigen  Reste  organischer 
Comparation,  welche  das  Altprov.  in  ungefähr  gleichem  Um- 
fange ^vie  das  Altfrz.)  noch  besass,  sind  von  der  neueren  Spra- 
che fast  völlig  aufgegeben  worden  erhalten  sind  melhour, 
miei  =  tyieUus.  piei  =  pejus,  mindrc  =  minor). 

3.  In  Bildung  und  Gebrauch  der  Pronomina  stimmt  das 
Altprov.  im  Wesentlichen  mit  dem  Altfranzös.  überein.  Be- 
merkenswerth  ist,  dass  die  leichten  Pronominalformen  mi.  ti. 
si,  nos,  vos,  lo,  los  sich  als  -m.  -t.  -s,  -ns.  -rs,  -/,  -/*•  enkli- 
tisch au  ein  vorausgehendes  vocalisch  auslautendes  Wort  an- 
lehnen [ebenso  li  als  Ih  .  Neben  der  Combination  ecce  -{-  iste 
ist  auch  das  einfache  iste  =  est  erhalten,  ebenso  hoc  =  o  »es«. 

Die  Abweichungen    des   Neuprov.  von    der   alten  Sprache 


Das  Proveuzalischc.  445 

sind  liiusichtlich  der  Pronomina  mehr  lautlicher,  als  sachlicher 
Art.  Die  Inclinationsfähigkeit  der  leichten  Pronomina  ist  er- 
lieblit'h  eingeschriiukr.  Die  Nominative  ieu,  tu  etc.  können 
sich  mit  Präpositionen  verbinden.  Als  Demonstrativ  wird  (we- 
nigstens im  Limousinischen)  nur  noch  a)queü ,  [a]  quelo  ge- 
braucht; die  Function  des  neufrz.  cehii  ^  edle  hat  der  Artikel 
lou   (pl.  loü).   1a   ipl.  hi)  übernommen. 

4.  Bezüglich  des  Numerale  ist  zu  bemerken,  dass  das  Alt- 
provenzalische  für  die  Cardinalzahlen  70  und  90  die  organi- 
schen Formen  seteufa  und  nonanta  besass  und  die  Ordinalzah- 
len 2  bis  15  von  den  betr.  lat.  Formen  ableitete  {segon^  ters, 
quart  etc.',  dass  dagegen  das  Neuprov.  in  beiden  Beziehungen 
sich  dem  Französ.  angeglichen  hat  seissatif-e-die.  quatre-viyi-die, 
trouasieme.  quatrieme  etc.),  ebenso  hinsichtlich  des  Gebrauchs 
der  Cardinalia  statt  der  Ordmalia  bei  Monatsdaten  und  fort- 
laufender Zählung  von  Personennamen. 

5.  Das  System  der  altprov.  Conjugation  stimmt  im  We- 
sentlichen mit  demjenigen  der  altfrz.  überein;  als  Abweichun- 
gen sind  namentlich  hervorzuheben:  a)  Der  Ind.  Plusqpf.  ist 
durchweg  in  der  Function  eines  Cond.  erhalten,  z.  B.  partira 
=  *partiveram  neben  partiria  =  *partire  -\-  haheham.  b]  Der 
Ableitungsvocal  -a  erleidet  nicht  die  Schwächung  in  e,  z.  B. 
cantatz ,  cantan ,  canfa,  cantar  neben  frz.  chantez,  cliantent^ 
chonte,  chanter:  jedoch  ist  im  bist.  Perf.,  Conj.  Impf,  (urspr. 
Plusqpf.  und  Ind.  Plusqpf.  Cond.  I  der  Ableitungsvocal  -a 
durch  den  Ableitungsvocal  -e  verdrängt  worden,  z.  B.  cantei, 
cantes.  ca?itera,  gleichsam  *cante[v]ij  *cante[v{\ssem,  *cante[ve\- 
ram^  aber  frz.  chantai  =  cantä[v]i  etc.  In  der  3.  P.  PI.  kann 
statt  a  der  ursprünglich  nur  den  starken  Verben  zukommende 
Binde vocal  u  =  0  eintreten  [canton  neben  cantan] .  c)  Der 
Ableitungsvocal  -e  hat  sich  behauptet  im  Inf.  und  in  der  1. 
und  2.  P.  PI.  Präs.  Ind.  der  nicht  zu  anderen  Conjugationen 
übergetretenen  ursprünglichen  JS-Verba  (z.  B.  acer,  aveni, 
avetz  =  frz.  avoir  =  habere,  avo?is  =  *habümus\  avez  =  *haba- 
tis\  florem,  ßoretz  =  frz.  ßeurissons,  ßeurissez) ,  ausserdem  ist 
er  herrschend  geworden  in  der  1.  und  2.  P.  PI.  Präs.  Ind. 
der  starken  und  der  /-\'erba  (z.  B.  vendem,  vendetz,  partem, 
partetz  und  in  dem  Perf.  und  Plusqpf.  der  ursprünglichen 
^4-Conj.,    s.  oben,     d.   Der  Ableitungsvocal  -i  ist  auch  in  den 


446  1^'='*'  Provenzalische. 

nicht  inchoativ  gewordenen  Verben  der  ursprünglichen  /-Conj. 
aus  der  2.  P.  Sg.  Präs.  Ind.  'partes,  partz  =  *parfis  ,  aus  der 
1.,  2.  und  3.  P.  PI.  Präs.  Ind.  [partcm,  partetz  s.  oben,  par- 
ton  =  *partunt  und  aus  dem  Part.  Präs.,  sowie  aus  dem  Gerun- 
dium verdrängt  [parten[t\  nach  tenden  t\.  Auch  ist  der  Ab- 
leitungsvocal  i  nicht  nur  nicht  Modusvocal  in  der  1.  und  2.  P. 
PI.  Conj.  Präs.  und  Plusqpf.  (Impf.)  geworden  [cantem,  can- 
ietz,  cantessem^  -etz  =  frz.  chcmtions.  chantiez,  chayitassions  etc. ; 
vendam^  cendatz,  vendessem,  vetidessetz  =  ve?id{ons,  vendiez  etc.), 
sondern  es  bilden  auch  die  nicht  inchoativen  ursprünglichen 
/-Verba  die  l;etr.  Formen  ohne  i  [partum,  partatz.  partissem, 
partissetz  =  hz.  partionn.,  partiez ,  partissiofis,  -iez).  Dagegen 
wird  das  Impf.  Ind.  der  ursprünglich  starken  und  £- Verba 
nach  Analogie  der  7-Verba  gebildet  [uvia,  rendia).  e)  Die  in- 
choativ gewordenen  ursprünglichen  /-Verba  nebst  den  zu 
ihnen  übergetretenen,  wießorir)  nehmen  die  inchoative  Stamm- 
erweiterung -t'sc,  bzw.  -ISS,  -is  nur  an  im  Sing.  u.  3.  P.  PI. 
Präs.  Ind.,  im  Conj.  Pr.  und  2.  P.  Sg.  Imp.  Pr.  (ßorisr,  ßo- 
risses,  ßoris,  ?•.  ]A.  ßoriscofi,  2.  sg.  imp.  ^om.  cony  :  ßorisca, 
-as,  -a,  -am,  -atz,  -an;  vereinzelt  finden  sich  auch  inchoative 
Participial- ,  bzw.  Gerundialbildungen  ;  im  Uebrigen  folgen 
sie  der  Conj .  der  nicht  inchoativen  Verben  [ßorem .  ßoretz, 
ßoria ,  ßorir ,  dagegen  frz.  ßeurissons  ,  ßeurissez ,  ßeurissais) . 
f  Die  l.  P.  Sg.  entbehrt  jeder  Personalendung  (während  sie 
im  Französ.  gern  ein  analogisches  e  oder  *•  annimmt,  z.  K.  Je 
port-e ,  je  vend-s.  Je  vendai-s  etc.),  doch  tritt  im  Präs.  Ind. 
gern  ein  /  an  (z.  B.  atni,  vendi  ,  welches  wohl  als  Analogie- 
bildung zu  dem  Perf.  amei,  vendei)  zu  betrachten  ist  g  Die 
Endung  -/  der  3.  P.  Sg.  ist  erhalten  im  Perf.  cwiet  =  frz. 
aima,  r endet,  partit),  sonst  überall  gescliAvunden.  h'  Die  En- 
dung der  l.  P.  PI.  -mus  ist  durchweg  als  -m  erhalten,  der 
Ableitungsvocal  -a  und  -e  'nicht  aber  -?,  s.  oben'  hat  sich 
davor  behauptet,  die  Ausgänge  -ü-mus.  -e-mt(s  sind  also  nicht 
durch  -ümus  verdrängt  worden,  i)  Die  Endung  -tis  der  2.  P. 
PI.  hat  sich  als  -tz  'seltener  ts]  erhalten :  die  Ableitungsvocale 
-a  und  -('  haben  sich  davor  behauptet,  k)  Die  Endung  -nf 
der  3.  P.  PI.  hat  durchweg  ihr  /  verloren  {rendun,  rendan, 
rendian  etc.),  das  n  wird  im  Präs.  Ind.  häufig  als  bewegliches 
n  behandelt  [cunfo    neben    (HVüon  f.  rantati),    1)    Der   Inf.   zeigt 


Das  l'rovonzulischo.  447 

häutig  starke  und  schwache  Form,  z.  B.  vreire  =  credere 
neben  crezer  =  ^n'edere,  tazer  =  tacere  neben  taii'e  =  *fücöre, 
se(jre=  'scquf're  neben  seguir  \  das  ^  des  starken  Infinitivausgan- 
ges -Ire  hat  sich  behauptet,  wenn  durch  seinen  Ausfall  schwie- 
rige Consonantenverbindungen  entstanden  sein  würden,  so  z.  B. 
in  teisser  =  texire^  venccr  =  vinch'e^  cozer  =  coquere  (daneben 
cocir  =  *coqiiire\  sonst  wird  -^'e  zu  -re,  z.  B.  defendre,  rom- 
pre  etc.  m)  Die  Diphthongirung  des  hochtonigen  Stamm voca- 
les  ist  nur  facultativ,  z.  B.  frop  neben  fruop,  fruep,  prec  ne- 
ben pn'cc.  n  Die  zur  ?^i'-Classe  gehörigen  Perfecta  werden, 
mit  gleich  zu  erwähnenden  Ausnahmen ,  in  eigenthümlicher 
Weise  guttural  gebildet,  z.  B. : 

Jiabui  =  \.  ac  [aic),   2.  aguisf,  3.  ac.    pl.  1.   aguem,  2.  aguefz, 

3.  agr&i   (dazu  Conj.   Plusqpf.   ogues,  Ind.  l*lusqpf. 

=  Cond.  I.  agra]. 
dehui  =^  l.  der,  2.  degut'sf,   3.  dec.    pl.  l.  deguem,   2.  deguefz, 

3.  degroii  (dazu  Conj.  Plusqpf.  degues^  Ind.  Plusqpf. 

^  Cond.  I.  degra] ; 
ebenso  z.  B.  rf/Z^:-  =  caluit.  dolc  =  dolui,  talc  =  ralui,  rolr.  = 
rolui,  plac  =■  placui,  conoc  =  cognovi^  bec  =  *bibui  etc.,  auch 
ca^^ec  =  cecidi ,  correc  =  cucurri.  Daneben  für  die  1 .  P.  Bil- 
dungen wie  «<72^?"  flexionsbetont).  Eine  befriedigende  Erklä- 
rung dieser  Bildungen  ist  noch  nicht  gegeben.  Vermuthlich 
ging  der  Anstoss  zu  ihnen  von. Verben  aus,  deren  Stamm  auf 
gutturale  Explosiva  auslautete,  wie  plac-\u%\  ^  und  sind  die 
übrigen  deren  Analogie  gefolgt,  so  dass  also  ac  ^  dec  etc. 
gleichsam  *Aac-[^^^],  *dec-\ui\  f.  habui,  debui  sein  würden;  agui 
u.  dgl.  sind  jedenfalls  analogische  Anbildungen  an  aguist  etc. ; 
cazec  u.  dgl.  aber  sind  als  Umbildungen  ursprünglich  schwa- 
cher Formen  [cazei  =  *cadevi)  nach  Muster  der  c-Perfecta  zu 
betrachten.  iDas  perfectische  c  aus  A'erhärtung  des  auslauten- 
den i  zu  erklären  —  wie  dies  Ri.sop,  Ztschr.  f.  rom.  Phil. 
VII  49,  für  altfrz.  voc  =  vohii,  poc  =  potui  vorschlägt  — , 
dürfte  auf  unübei-windliche  lautliche  Schwierigkeiten  stossen). 
—  Mehrere  zur  m'-Classe  gehörige  Verba ,  deren  Stamm  auf 
Labial  auslautet,  attrahiren  das  zi  in  die  Stammsylbe,  so  sujmi 
:  naup,  *recipui  :  receup ,  eripui  :  ereup.  o)  Die  Gutturalbil- 
dung des  Perf.'s  wird  häufig  auch  auf  das  Particip  übertragen, 
z.   B.  volgut.   conogut.  mogitf.  beguf.  vazegut  etc. 


448  Das  Provenzalische. 

Die  neuprov.  Conjugation,  obwohl  im  Allgemeinen  dem 
Systeme  der  altprov.  sehr  treu  geblieben,  zeigt  doch  manche 
bemerkenswerthe  Abweichung,  z.  B.  Schwund  des  auslauten- 
den r  im  Inf.  der  A-  und  /-Verba,  z.  B.  chantä,  ßuri]  die 
Uebertragung  der  Inchoativbildung  auch  auf  das  Impf.  Ind. 
[ßurissio  =  a\X.^x.  ßoria]  und  auf  die  1.  und  2.  P.  PI.  Präs. 
Ind.  {ßourissem,  ßurisse  =  a\t\)T.  ßorem^  ßoretz)  ;  eine  eigen- 
thümliche  (vielleicht  auf  dem  lat.  Conj.  Perf.  beruhende  ^  Bil- 
dung der  2.  Sg.  und  der  1.  u.  2.  PI.  des  Perf.  bist.,  z.  B. 
chanterei,  cha/iterem,  chanterei  =  altpr.  cantest,  cantem,  canfefz ; 
ein  w'eites  Umsichgreifen  der  gutturalen  Perfectbildung  auch 
in  die  schw^ache  Conjugation  hinein  (so  ward  z.  B.  zu  ßnir 
das  Perf.  ßniguei  gebildet)  etc. 

7.  Die  prov.  Syntax  stimmt  in  den  Grundzügen  mit  der 
französischen  überein.  Im  Einzelnen  finden  sich  mancherlei 
Verschiedenheiten,  z.  B.  hinsichtlich  des  Gebrauches  der  Thei- 
lungsform,  in  der  Wortstellung  etc.  etc.  Namentlich  aber  ist 
Eins  hervorzuheben.  In  der  altprov.  wie  auch  in  der  neu- 
prov. Litteratur  ist  ganz  vorwiegend  nur  die  rhythmische 
Form  gepflegt,  die  Prosa  dagegen  sehr  vernachlässigt  Avorden. 
Auf  die  Syntax  hat  dies  nachtheilig  einwirken,  deren  Festigung 
und  feinere  Ausbildung  auflialten  müssen,  und  so  ist  es  er- 
klärlich, dass  insbesondere  die  neuprov.  Syntax  verglichen  mit 
der  neufranzösischen  den  Charakter  einer  gemssen  Schwer- 
fälligkeit und  Verschwommenheit  an  sich  trägt. 

LitteraturangabenJ):  Volkmann,  Beiträge  zur  prov.  Gramm.,  in: 
Herrig's  Archiv  XIV  322  (Artikel,  Subst.,  Adj.)  —  Tourtoulon,  De  quel- 
ques  formes   de  l'ancienne  langue  d'oe,    in:    R.  d.  1.  r.  IV  522  u.  V  354, 

vgl.  lioni.  m  115  u.  420 P.  Reim.xnx,  Die  Decl.  der  Subst.  u.  Adj. 

in  der  langue  d'oe  bis  zum  J.  1300.  Danzig  18S2,  Strassburger  Diss.  vgl. 
R.  d.  1.  r.  1884  Januarheft,  S.  3S  —  Th.  Logs,  Die  Nominaltlexion  im  Prov. 
Marburg  1883  Diss.  —  A.  Bevkk,  Die  Flexion  des  Vocaiivs  im  .-Utfrz.  u. 
Prov.  Halle  1883  Diss.  (abgedruckt  in  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  VII  23)  —  C.Ch.\- 
HANEAU,  Notes  s.  quelques  pronoms  provencaux  in:  Rom.  IV  338,  V  232; 
sur  lo,  pronom  neutre  en  prov.,  in:  Rom.  VII  329;  sur  li  employe  pour 
lor  en  prov.,  in:  Rom.  V  372  —  Baiqiiek,  A  travers  la  langue  d'oe.  No- 
tes diverses.  De  la  double  forme  de  quelques  pronoms.  Montpellier  1879 
—  L.  C'LEU.vr,  Le  pronom  jjersonnel  neutre  dans  le  Forez,  le  Lyonnais  et 
la  Bresse,  in:   Rom.  XU  34G,   und:   Etudes  s.  quelques  pronoms  prov.,  in: 


1)  Die  vollständigen  Grammatiken  sind  oben  S.  430  angeführt. 


Das  Provenzalische  449 

K.  d.  1.  r.  2p  Serie  VI  23ii  —  J.  Hengesbach,  Beitrag  zur  Lehre  von  der 
Inclination  im  Prov.  (soll  in  Stexgei.'s  Ausg.  11.  Abh.  erscheinen)  — 
J.  CoKNV,  Declinaison  de  l'artiele  maintenuc  jusqu'  k  ee  jour  dans  le  Va- 
lais,  in:  Korn.  VI  253  —  A.  Koijie-Feuiuek,  Vestiges  d'un  article  archai- 
que  roman  conserves  dans  les  dialectes  du  midi  de  la  France,  in:  R.  d. 
1.  r.  3p  Serie  II  114,  vgl.  Kom.  IX  156  —  A.  Koqie-Fekkiek,  L'artiele 
archaique  dans  la  vallee  de  Larboust  (Haute-Garonne) ,  in :  K.  d.  1.  r. 
ISSO  Januar  bis  März;  und:  Les  formes  de  Tarticlc  et  des  pronoms  en 
langue  d'oc.  Montpellier  1876  —  L.  L.  Bonaparte,  Sur  le  caractere  pro- 
nominal du  monosyllabe  bearnais  que.  London  1878  —  E.  MoxACl,  di  un 
articolo  pleonastico  nell'  antico  provenzale,  in:  Kiv.  di  filol.  rom.  I  55  — 
P.  Meyeu,  Les  troisiemes  personnes  du  pluriel  en  prov.  in  Kom.  IX  192 
—  F.  Akmitage,  au,  fau,  vaii,  in:  Rom.  IX  128,  vgl.  ibid.  193  u.  Ztschr. 
f.  rom.  Phil.  IV  477  —  C.  Chabaneau,  Ti  interrogatif  en  prov.  moderne, 
in:  Rom.  VI  442  —  A.  MrssAFiA,  Zur  Präsensbildung  im  Rom.,  s.  oben 
S.  256  —  *P.  Meyer,  Limparfait  du  subjonctif  en -es,  in:  Rom.  VTTT  155, 
vgL  R.  d.  1.  r.  3e  serie  11  82  (hierzu  vgl.  wieder  Rom.  IX  156'  u.  Ztsch. 
f.  rom.  Phil.  III  308  —  F.  Sciiexker,  Ueb.  d.  Perfectbildung  im  Prov. 
Zürich  1883  Diss.,  vgl.  Literaturbl.  f.germ.  u.  rem.  Phil.  V  72  —  K.  Meyer, 
Die  prov.  Gestaltung  der  vom  Perfectstamme  gebildeten  Tempora  des  Lat. 
Marburg  1883  Diss.  (Stengel's  Ausg.  u.  Abh.  XII)  —  A.  Harnisch,  Die 
altprov.  Präsens-  u.  Imperfectbildung  mit  Ausschluss  der  A-Konj.  (soll  in 
Stengel's  Ausg.  u.  Abh.  erscheinen)  —  P.  Mann,  Das  Particip  Präteriti 
im  Altprov.  (soll  in  Stengel's  Ausg.  u.  Abh.  erscheinen]  —  A.  Fischer, 
Der  Infinitiv  im  Prov.  nach  den  Reimen  der  Trobadors.  Marburg  1883. 
Diss.  in  Stengels  Ausg.  u.  Abh.  VI)  —  A.  Roque-Ferrier ,  L'  r  des 
infinitifs  en  langue  d'oc,  in:  R.  d.  1.  r.  2e  serie  V  180  —  C.  F.  Wolff, 
Futur  u.  Conditional  II  im  Altprov.  Marburg  1884  (Stengel's  Ausg.  u. 
Abh.  XXX)  —  Hentschke,  Die  Verbalflexion  im  Oxforder  Girard  de  Ross. 
Halle  1883  Breslau  er  Diss. 

Pape,   Die  "Wortstellung  in  der  prov.  Prosalitteratur.  Jena  1884  Diss. 

R.  Hofmeister,  Sprachliclie  Untersuchung  der  Reime  Bernart's  v.  Ven- 
tadorn,  in  Stengel's  Ausg.  u.  Abh.  X  —  F.  Belsch,  Die  S\ntax  des 
Bemart  v.  Ventadorn  (Subst.,  Adj.,  Art.,  Pron.),  in:  Symbolae  Joachimicae, 
Festschrift  zum  Jubiläum  des  Joachimsthaler  Gymn.  Berlin  1880, 

§  7.  Bemerkungen  über  die  (alt)  pro  venzalische 
Rhythmik. 

1.  Die  Principien  der  prov.  Rhythmik  stimmen  mit  de- 
nen der  französischen  überein. 

2.  Vocalverbindungen,  welche  lat.  einfachem  Vocale,  hzv,\ 
lat.  Vocale  +  vocalisirter  Consonant  entsprechen,  sind  einsyl- 
big,  ebenso  au  =  lat.  au.  Vocalverbindungen  dagegen,  welche 
lat.  Doppelvocale  entsprechen,  sind  zweisylbig.  Das  enklitische 
US  =  vos  besitzt  nie  Sylbengeltung. 

Köiting,  Encyklopädie  d.  rom.  Phil.  III.  29 


450  ^^^  Provenzalische. 

3.  Auslautendes  tonloses  a  und  e  werden  vor  folgendem 
vocalischen  Anlaut  in  der  Regel  elidirt ;  im  Uebrigen  wird 
der  Hiatus  zwar  sichtlich  gemieden,  findet  sich  aber  doch  in 
nicht  ganz  wenigen  Fällen  (vgl.  Reimann,   a.  a.  O.,  p.  4  fF.). 

4.  Das  Maximum  der  Sylbenzahl  eines  Verses  ist  12,  das 
(selbstverständlich  nur  vereinzelt  sich  findende;  Minimum  ist 
1.  Nicht  gezählt  wird  bei  M'eiblichem  Reime  die  der  letzten 
Hochtonsylbe  nachfolgende  Sylbe,  es  gilt  also  z.  B.  ein  tliat- 
sächlich  neunsylbiger  Vers  doch  als  achtsylbig,  wenn  die  achte 
Sylbe  rhythmisch  hochbetont,  die  neunte  dagegen  tonlos  ist. 
Längere  Verse  werden  durch  die  Cäsur,  welche  männlich  oder 
weiblich  sein  kann,  in  zwei  Hälften  zerlegt.  Besonders  häufig 
angewandt  erscheinen  der  Sechssylbler  (in  der  didactischen 
Poesie  beliebt),  der  Achtsylbler  (namentlich  in  der  nichtstro- 
phischen Poesie),  der  Zehnsylbler  mit  der  Cäsur  entweder  nach 
der  vierten  oder,  wie  im  Girart  de  Rossilho,  nach  der  sechs- 
ten Sylbe  (Vers  des  nationalen  Epos)  ,  der  Elfsylbler  mit  der 
Cäsur  nach  der  siebenten  Sylbe  (in  der  Lyrik  gebraucht) .  Der 
Alexandriner  ist  verhältnissmässig  wenig  beliebt.  Vgl.  Bartsch, 
Grundriss  etc.  §   13  u.  44. 

5.  Verbindung  der  Verse  durch  Assonanz  findet  sich  nur 
in  den  ältesten  erhaltenen  prov.  Gedichten ,  dem  Bocthius- 
liede  (vgl.  Hündgen  in  seiner  Ausg.  dieses  Textes,  p.  214  fF.) 
und  dem  Girartz,  in  Bezug  auf  ersteres  ist  die  Sache  nicht 
einmal  zweifellos  (vgl.  Böhmer,  Rom.  Stud.  HI  133  tf.),  im 
Girartz  aber  ist  gleichfalls  die  Assonanz  schon  in  weitem  Um- 
fange dem  Vollreime  gewichen.  In  der  späteren  Litteratur  ist 
die  Bindung  durch  den  Vollreim  obligatorisch.  Einreimige 
Tiradcn  kennt  nur  die  nationale  Epik.  Die  Aneinanderreihung 
von  paarweise  gereimten  Versen  Couplets  ist  charakteristisch 
für  die  Versnovelle  und  verwandte  Dichtungsgattungen.  Die 
Lyrik  braucht  in  der  Regel  nur  die  mehrreimige  Strophe. 
Häufig  sind  sämnitliche  oder  doch  je  zwei  zu  einem  Liede 
gehörige  Strophen  durch  die  gleichen  Reime  gebunden.  Auf 
Correctheit  des  Reimes  wird  streng  geachtet.  Reimkünsteleien 
(Anwendung  des  grammatischen,  rührenden,  gebrochenen  und 
Binnenreimes)  sind  sehr  beliebt,  namentlich  im  13.  Jahrhun- 
dert; die  Anwendung  schwieriger  Reime  (riiiias  caras)  wurde 
von  manchem  Dichter  wie  eine  Art  Sport  betrieben. 


Das  Provcuzalische.  451 

G.  Das  lyrisfhe  Gedicht  gliedert  sich  iu  Strophen  i'coblas). 
Umfang  und  Structur  der  Strophe  können  sehr  verschieden- 
artig sein,  besonders  da  gern  ungleichartige,  d.  h.  längere 
und  kürzere ,  Verse  strophisch  gebunden  und  mehrere  Reime 
durchgeiülirt  werden.  Nicht  erst  der  liemerkuug  aber  bedarf 
es,  dass  die  besseren  Dichter  im  Strophenbau  die  gebührende 
Kücksicht  auf  künstlerische  und  rhythmisch  wirksame  Grup- 
pirung  der  Verse  und  Keime  nehmen  und  namentlich  über 
ein  gewisses  Mass  hinausgehende  Strophen  vermeiden.  Das 
mehrstrophige  Lied  pHegt  mit  einer  kürzeren  Strophe ,  dem 
Geleite  tornada) ,  abgeschlossen  zu  werden,  in  welcher  der 
Dichter  entweder  sein  Lied  oder  die  Persönlichkeit,  der  es 
gewidmet  ist,  anredet  und  dadurch  gleichsam  die  Adresse  des 
Liedes  bestimmt. 

7 .  Die  wichtigsten  lyrischen  Dichtungsarten  sind ')  :  a)  Der 
Vers,  die  einfachste  und  volksthümlichste  Liedform,  für  wel- 
che mit  Vorliebe  der  Achtsylbler  und  männliche  Reime  ver- 
Avendet  werden  und  deren  Strophenformen  wenig  kunstvoll 
sind,  b)  Die  Canzone,  »die  eigentliche  Form  der  höfischen 
Kunstlyrik :  sie  zeigt  reicheren  Wechsel  zwischen  männlichen 
und  weiblichen  Reimen,  grössere  Mannigfaltigkeit  der  Vers- 
masse, unter  denen  namentlich  der  zehnsylbige  Vers  eine  wich- 
tige Stelle  einnimmt:  die  Melodie  war  rascher  und  gedrunge- 
ner.« Die  Zahl  der  Strophen  steigt  selten  über  fünf  oder  sechs. 
Hinsichtlich  ihres  Inhaltes  lässt  die  Canzone  sich  als  Liebes- 
lied bezeichnen,  jedoch  konnte  sie  auch  für  religiöse  und  für 
panegyrische  Zwecke  (Verherrlichung  eines  Gönners  u.  dgl.) 
gebraucht  werden,  c]  Das  Sirventes,  »Rügelied«,  2 >  > behan- 
delt politische  Ereignisse,  sittliche  und  religiöse  Zustände,  per- 
sönliche Verhältnisse  des  Dichters.  Der  Freimuth,  mit  wel- 
chem die  Troubadours  reden,  machte  das  Sirventes  zu  einer 
gefährlichen  und  gefürchteten  Waffe.  Die  Leidenschaft  und 
persönlicher  Hass  drücken  sich  darin  oft  in  schärfster  und 
verletzendester  Weise  aus.«    Das  Sirventes  ist  ebensowenig  wie 


1)  Das  Obige  nach  Bartsch,  a.  a.  O.  S.  '62  ff. 

2)  Besser  »Dienstgedieht,  insofern  es  von  einem  andern  Gedichte  ab- 
hängig, in  seinem  Dienste  stehend  betrachtet  wird«,  so  ToBLER  nach  Gisi, 
Der  Troubadour  Guill.  Anelier  v.  Toulouse.  Solothurn  1S77  .  S.  24,  vgl. 
Ztschr.  f.  rom.  Phil.  II  132  u.  V.  Raj.va,  Giom.  di  ülol.  rom.  I  S9  u.  2U(» 
u.  II  73  f. ;  anderer  Ansicht  freilich  ist  P.  Meyer,  s.  Rom.  VII  626. 

29* 


452  l^^s  Provenzalische, 

die  Canzone  an  eine  bestimmte  Form  gebunden,  nur  strophi- 
sche Gliederung  ist  unerlässlich.  Besondere  Arten  des  Sir- 
ventes  sind  das  Kreualied  und  das  Klagelied  (planh,  com- 
Ijlancha).  d)  Die  Tenzone  (tensos,  contensos ,  jocs  partitz, 
partimens,  partida).  »Ein  Dichter  legt  einem  anderen  zwei 
Sätze  vor,  die  in  der  Regel  sich  -widerstreiten,  und  fordert  ihn 
auf,  sich  für  einen  zu  entscheiden.  Der  Angeredete  verlieht 
seine  Meinung,  worauf  der  erste  widerlegend  antwortet,  so 
streiten  sie  Strophe  um  Strophe,  bis  sie  zuletzt  einen  oder 
mehrere  Scliiedsrichter  bestimmen,  die  entscheiden  sollen,  wer 
Hecht  habe.  Die  aufgestellten  Streitfragen  selbst  beweisen, 
dass  man  die  Tenzone  mehr  als  ein  Spiel  des  Witzes  betrach- 
tete, als  dass  man  ernstliche  Fragen  damit  hätte  lösen  wollen« 
(vgl.  DiEZ,  Poesie  der  Troub.,  S.  192  f.).  e)  Die  Komanze, 
»von  erzählendem  Inhalte ,  aber  in  lyrischer  Form ,  führt  den 
Dichter  in  erster  Person  redend  und  erzählend  ein  ;  gewöhn- 
lich   berichtet    er    ein    Liebesabenteuer,     das    ihm    begegnet«. 

f)  Das  Tanzlied  [halada  v.  halar  =  mhd.  reien,  dansa  v. 
dansar  =  mhd.  tanzen)^  besteht  »meistens  aus  drei  Strophen, 
denen  ein  Thema  voraufgeht,  welches  am  Schlüsse  jeder  Stro- 
phe   refrainartig  in  Form    und  Melodie   aufgenommen  wurde«. 

g)  Das  Morgen-  oder  Wächterlied  (alba).  »Die  alba  schil- 
dert, gewöhnlich  in  dramatischer  Form,  das  Scheiden  der  Lie- 
benden beim  anbrechenden  Morgen  und  hat  davon  ihren  Na- 
men. Die  Liebenden  werden  von  einem  Freunde,  der  Wache 
gehalten,  damit  sie  nicht  überrascht  werden,  oder  von  dem 
ins  Geheimniss  gezogenen  Burgwächter  geweckt,  der  durch 
seinen  ßuf  das  Nahen  des  Morgens  verkündigt.  In  dem  Ke- 
frain ,  der  auch  dieser  Gattung  ständig  eigen  ist,  kehrt  das 
Wort  alba  fast  immer  wieder  und  bildet  den  Schluss.«  Eine 
Abart  der  alba  ist  die  serena,  das  Abendlied,  welches  »die 
Sehnsucht  des  Liebenden  nach  der  verheissenen  Liebesnacht 
schildert«,  h)  Die  Pastourelle  (pastorela,  pastoreta  .  «Den 
Inhalt  der  Pastourelle  bildet  ein  von  dem  Dichter  mit  einer 
Schäferin  ,  pastora ,  angeknüpftes  Liebesgespräch  ,  daher  ver- 
läuft sie  in  dramatischer  Form  .  während  sie  erzählend,  den 
Dichter  redend  einführend,  anhebt.«  (Spielarten  der  P.  sind, 
»je  nachdem  die  betheiligte  Schöne  Schweine,  Enten,  Ziegen 
hütet  oder  eine  Gärtnerin  oder  Nonne  ist«,  porquiera,  auquiera, 


Das  Provenzalische.  453 

oabriera.  vergiera.  nionja.  —  Guiraut  Riquier  hat  sechs  Pas- 
tourellen cyklisch  zu  einem  kleinen  Schäferroman  verbunden.) 
Seltnere  und  künstliche  Diclitimgsformen  sind:  i)  Das  Des- 
cort,  d.  h.  »ein  Gedicht  in  abweichenden,  nicht  liarmonie- 
renden  rhythmischen  Absätzen,  welches  zum  Ausdruck  dishar- 
monischer Stimmung,  namentlich  unerwiderter  Liebe  dient«, 
k  Die  Sextine,  »eine  besondere  Art  der  Canzone  .  in  wel- 
cher sechs  Keimwörter  in  bestimmter  Folge  durch  sechs  Stro- 
phen sich  ablösen  und  eine  Runde  bilden«.  1)  Das  lireu- 
doble  )^Doppelkurz((  .  >ein  Gedicht  in  drei  vierzeiligen  Stro- 
phen und  mit  einem  Geleit«. 

Keine  provenzalische,  sondern  eine  national  italienische 
Dichtuugsform  ist  das  Sonett. 

8.  Die  provenzalische  Lyrik  stand  in  innigster  Verbin- 
dung mit  der  Musik.  Die  Lieder  waren  stets  für  den  Vor- 
trag mit  Musikbegleitung  berechnet.  «In  den  meisten  Fällen 
Avaren  die  Dichter  auch  die  Componisten  ihrer  Lieder :  sie 
verfassten  Text  und  Melodie :  von  der  Musik  war  damals  jedes 
Lied  unzertrennlich.  Der  Text  hiess  mot .  die  Melodie  so, 
entsprechend  den  deutschen  Ausdrücken  »wort«  und  »^^-ise« 
(Bartsch,  a.  a.  O.  §  21);   trohar  eigentlich  =  »componiren«. 

9.  Die  provenzalische  Lyrik  hat  in  formaler  Beziehung 
das  Höchste  geleistet ,  was  poetischer  Kunst  möglich  ist ,  ein 
Ruhm,  welcher  auf  romanischem  Gebiete  nur  noch  der  ita- 
lienischen Lyrik,  jedoch  nicht  in  gleich  unbedingter  Weise 
zugesprochen  werden  darf.  Die  hohe  Vollendung  der  Form 
aber  hat  schädigend  eingewirkt  auf  den  geistigen  Gehalt  so- 
wohl der  provenzalischen  wie  der  italienischen  Lyrik  und  ist 
mithin  eher  ein  Xachtheil  als  ein  Vortheil  für  die  litterari- 
sche Gesammtentwickelung  gewesen. 

Litteraturangaben;  F.  DiEZ.  Die  Poesie  der  Troubadours.  Leip- 
zig 1S26,  S.  84  flP.  —  K.  Bartsch,  Die  Reimkunst  der  Troubadours,  im 
Jahrb.  f.  rom.  u.  engl.  Lit.  I  171;  Der  Strophenbau  in  der  deutschen  Lyrik, 
in:  Germania  LE  257:  Ein  keltisches  Versmass  im  Prov.  u.  Französ. ,  in: 
Ztschr.  f.  rom.  PhiL  II  195,  vgl.  Rom.  VII  628;  Kehische  u.  rom.  Metrik, 
in :  Ztschr.  f.  rem.  Phil.  III  359 ;  Zu  den  prov.  Lais,  in :  Ztschr.  f.  rom.  Phil, 
II  7ü  ;  Ueber  die  roman.  u.  deutschen  Tagelieder,  in ;  Album  des  lit.  Vereins 
in  Nürnberg  für  1S65,  S.  1  ff. ;  vgl.  auch  Jahrbuch  der  Daniegesellschaft  III 
335.  Eine  kurze  zusammenfassende  Darstellung  der  prov.  Rhythmik  hat  B.  in 
seinem  Grundriss  §  21.  §  25  bis  29  u.  §  44  gegeben,  vgl.  oben  —  A.  Ka- 


454  I^^s  Provenzalische. 

LISCHER,  Observationes  in  poesim  Romanensem  proviucialibus  inprimia 
respectis.  Berlin  1860  —  E.  Stengel,  Einif^e  Fälle  der  Wiederkehr  glei- 
cher Reime  u.  Reimworte  in  der  altprov.  Lyrik,  in  der  Ztsehr.  f.  rom. 
Phil.  IV  102  —  C.  G.  HöGELsnERGEK,  Ueber  das  Sonett.  "Wien  1866.  Progr. 
der  Oberrealsch.  a.  d.  I.andstrasse  —  Reimann,  Die  Deel.  etc.  (s.  oben 
S.448),  S.  4fl".,  behandelt  das  Vorkommen  des  Hiatus  im  Prov.  —  A.  Plei- 
NES,  Hiat  u.  Elision  im  Prov.  (wird  in  Stengel's  Ausg.  u.  Abh.  erscheinen) 
—  F.  "W.  Maus,  Peire  Cardenals  Strophenbau  in  seinem  Verhältniss  zu 
dem  anderer  Trobadors.  Marburg  1S82  Diss.  (Stengel's  Ausg.  u.  Abh. 
Heft  5)  —  A.  Thomas,  La  versification  de  la  Chirurgie  proven^ale  de  Rai- 
mon  d'Avignon,  in :  Rom.  XI  203  —  R.  Weisse,  Die  Sprachformen  Matfre 
Ermengau's,  in:  Ztsch.  f.  rom.  Phil.  VII  390. 

Vgl.  ausserdem  die  bibliographischen  Angaben  zu  §   1,  §  8  u.  §  10. 

Ueber  die  neuprovenzalische  Ilbj-thmik  fehlt  es  noch  gänzlich  an 
wissenschaftlichen  Untersuchungen,  für  welche  übrigens  auch  wenig  Stoflf 
vorhanden  zu  sein  scheint. 

§  8.  Bemerkungen  über  die  Geschichte  der  pro- 
venzalischen  Litteratiir. 

1 .  Die  ältesten  Zeugnisse  für  die  Existenz  der  proven- 
zalischen  Sprache  bieten  lateinische  Urkunden  des  9.  und  10. 
Jahrhunderts,  in  denen  provenzalische  Wendungen  und  Sätze 
sich  finden  (vgl.  Eaynouard.  Choix  etc.  II  40  fF.),  sowie  die 
sog.  Wiener  Glossen  (herausg.  von  F.  Diez  im  Jahrb.  f.  rom, 
u.  engl.  Lit.  YIII  1).     Ueber  die  älteste  Alba  vgl.  Theil  II  438. 

Die  ältesten  provenzalischen  Litteraturdenkmale  sind  :  a^ 
Das  Eoethiuslied  (entstanden  um  950;  258  zehnsyll)ige  in 
assonirende  oder  vollreimige  Tiraden  [s.  oben  §  7 ,  No.  5] 
geordnete  Verse)  ,  das  Bruchstück  einer  wunderlichen  legen- 
darischen Erzählung  vom  Sturze  und  Tode  des  Philosophen 
l^oethius.  b]  Der  Anfang  der  Alexanderdichtung  des  Alberich 
von  Besannen  (Brian^on ?) ,  vgl.  oben  S.  370.  c)  Bruchstücke 
verschiedener  versificirter  Legenden,  vgl.  Bartsch,  Grundriss 
§  7.  d)  Einige  geistliche  Lieder,  vgl.  Bartsch,  a.  a.  O.  §  10. 
e)  Prosaübersetzung  des  13.  bis  17.  Kapitels  des  Evangeliums 
Johannis,  vgl.  Bartsch,  a.  a.  O.  §  12,  C.  Hofmann  in:  Ge- 
lehrte Anzeigen  der  kgl.  bayr.  Akademie  1858,  Juli,  S.  73, 
und  P.  Meyer  in:  Bibl.   de  l'Ec.   des  eh.   5*  scrie.  II  p.   540. 

Theilweise  provenzalisch  ist  die  Sprache  des  altfranzösi- 
sehen  Leodegarliedes  und  der  Passion,    vgl.   oben  S.   :^70. 

Irgendwelchen  ästhetischen  Werth  besitzen  die  ältesten 
Sprachdenkmäler  nicht. 


Das  Provi'nzallsclie.  455 

2.  Die  classischc  Periode  der  altprovenzalischen  Littera- 
tiir  hctrinnt  mit  Anfang  des  12.  .lahrlumderts.  erreicht  ihren 
Ilöhepnnkt  \im  1200,  um  dann  alhnählich  in  die  Periode  des 
^'erfalles  iiherzugehen. 

Uie  classisehe  provenzalische  Litteratur  trägt  durchaus  den 
Charakter  einer  Kunstpoesie,  welche  vorzugsweise  an  die  hö- 
üsch  gebildeten  Gesellschaftsclassen  (Adel  und  Geistlichkeit) 
sich  wendet  und  folglich  nach  wahrer  ^'olksthümlichkeit  nicht 
nur  nicht  strebt ,  sondern  dieselbe  sogar  geflissentlich  ver- 
schmäht. Selbst  die  zahlreichen  aus  dem  bürgerlichen  Stande 
hervorgegangenen  Dichter  nehmen  in  dieser  Beziehung  keine 
Ausnahmestellung  ein.  Im  Zusammenhange  hiermit  steht  die 
Thatsache,  dass  die  altprovenzalische  Litteratur  vielfach  nur 
den  Zwecken  gesellschaftlicher  Unterhaltung  und  ephemeren 
Interessen  diente  und  gar  zu  sehr  eines  tieferen  Gedanken- 
gehaltes und  ernster  Tendenzen  entbehrte.  Aeusserlich  ge- 
langte dieser  Sachverhalt  in  der  übertriebenen  Werthschätzung 
der  rhythmischen  Form  zum  Ausdnick :  über  der  Reinheit  und 
Gewähltheit  der  Keime  und  über  der  Zierlichkeit  des  Stro- 
phenbaues wurde  der  Inhalt  vernachlässigt  und  allzu  oft  als 
etwas  nur  Nebensächliches  behandelt.  Das  Interesse  am  Klange 
und  an  der  conventionellen  Phrase  war  in  nachtheiligster 
Weise  das  vorherrschende. 

Auch  die  Sprache  der  Litteratur  war  eine  conventionelle 
Kunstsprache  mit  allen  Vorzügen ,  aber  auch  mit  allen  Nach- 
theilen einer  solchen,  unter  welchen  letzteren  namentlich  der 
hervorzuheben  ist,  dass  die  dialectisch  redende  Masse  des  Vol- 
kes ihr  mehr  oder  weniger  fremd  gegenüber  stand  und  dem- 
nach auch  schon  hierdurch  von  dem  Verständnisse  und  dem  Ge- 
nüsse der  Litteratur  mehr  oder  weniger  ausgeschlossen  wurde. 

Der  Schwerpunkt  der  classischen  altprovenzalischen  Lit- 
teratur liegt  ganz  einseitig  in  der  Lyrik,  und  dennoch  kann, 
was  in  dieser  geschaffen  worden  ist,  keineswegs  als  durchweg 
und  in  jeder  Beziehung  bedeutend  bezeichnet  werden  oder 
doch  höchstens  nur  hinsichtlich  der  rhythmischen  Form.  Die 
lyrischen.  Dichtungen  der  Provenzalen  sind  vielfach  schablo- 
nenhaft und  gedankenleer,  bewegen  sich  immer  in  demselben 
engbegrenzten  Kreis  der  Anschauungen  und  Empfindungen, 
und    dies   hat    wieder   auch  eine  grosse  Eintönigkeit  des  Aus- 


456  I^^"  Provenzalische. 

druckes^  einen  Mangel  an  Originalität  in  Vergleichungen,  Bil- 
dern, Metaphern  und  sonstigen  poetischen  Figuren  zur  noth- 
wendigen  Folge.  Oft  genug  erhält  man  bei  der  Lecture  pro- 
venzalischer  Lieder  den  Eindruck,  dass  sie  blosse  Reimspiele 
sind,  bei  deren  Abfassung  das  Herz  des  Dichters  wenig  be- 
theiligt und  noch  weniger  seine  Phantasie  sonderlich  in  An- 
spruch genommen  war.  Unter  der  grossen  Zahl  der  Trouba- 
dours begegnet  man  nur  Avenigen  scharf  ausgeprägten  Indivi- 
dualitäten ,  nur  wenigen  Persönlichkeiten ,  welche  durch  das. 
was  sie  waren  und  thaten .  unser  Interesse  zu  fesseln  vermö- 
gen. Daher  auch  die  Erscheinung,  dass,  wenn,  wie  so  häufig, 
ein  und  dasselbe  Lied  in  verschiedenen  Handschriften  oder 
Biographien  verschiedenen  Dichtern  zugeschrieben  wird,  meist 
sachliche  und  sprachliche  Kriterien  sich  für  die  Bestimmung 
des  wirklichen  ^'erfassers  als  unzulänglich  erweisen.  Die  Masse 
der  provenzalischen  Lyrik  zeigt  ein  so  einförmiges  Gepräge, 
dass  sie  an  sich  sehr  wohl  für  das  Werk  eines  Dichters  oder 
doch  einer  Dichterschule  gelten  könnte.  Ausnahmen  sind 
allerdings  vorhanden,   aber  ihre  Zahl  ist  nicht  gross. 

Dies  herbe  Lrtheil,  welches  allerdings  mit  der  landläufi- 
gen Meinung  von  dem  ästhetischen  Werthe  der  provenzalischen 
Litter atur  in  schroffem  Widerspruche  steht,  gilt  besonders  von 
der  Minnedichtung.  Diese  vermochte  zu  wahrem  Gehalte  und 
innerer  Vertiefung  schon  deshalb  nicht  zu  gelangen,  weil  sie 
mit  dem  Fluche  der  Unnatur  und  oft  auch  der  Unwahrheit 
behaftet  war,  indem  sie  vorwiegend  die  Liebe  zur  vermähl- 
ten Frau  zu  ihrem  Gegenstande  hatte.  Zwar  ist  gewiss  in 
der  grossen  Mehrzahl  der  Fälle  das  Verhältniss  des  Minne- 
sängers zu  seiner  Dame  kein  strafbares  gewesen  und  nicht 
über  eine  conventioneile  Huldigung  und  tändelnde  Galanterie 
hinausgegangen,  aber  gerade  dann,  wenn  dem  so  gewesen 
ist,  war  Wahrheit  und  Natürlichkeit  des  Empfindens  von  vorn- 
herein unmöglich ,  wurde  ein  lügnerisches  Spielen  mit  anem- 
pfundenen Gefühlen  zur  verhängnissvollcn  Nothwcndigkeit. 
Das  beredteste  Zeugniss  für  die  entsetzliche  Oede  und  Hohl- 
heit der  provenzalischen  Durchschnittslyrik,  soweit  diese  ero- 
tischen Inhaltes  ist,  legen  die  Tenzonen  ab  (s.  oben  S  4fi2  . 
in  denen  nichtige  oder  selbst  frivole  FriTgen .  wie  z.  B.  »Ein 
Ehemann  erfährt,  dass  seine  Gattin  sich  einen  Liebhaber  hält ; 


Das  Provenzalische.  457 

beide  letztere  bemerken  dies :  wer  von  den  Dreien  ist  am 
meisten  in  der  Enge?«  (Uiez,  Poesie  etc.  193),  ebenso  ernst- 
haft -wie  spit/findig  erörtert  werden.  Wahrlich,  eine  Poesie, 
die  in  solcher  \Veise  sich  in  Fadheit  nnd  Abgeschmacktheit 
verlieren  konnte,  beraubte  sich  selbst  der  Möglichkeit  einer 
gesnnden  und  normalen  Entwickelung. 

Erfreiilicher ,  als  die  Liebeslyrik  es  im  Allgemeinen  ist, 
ist  die  Sirventesdichtung ,  denn  in  ihr  erklingen  festere,  be- 
stimmtere und  klarere  Töne,  in  ihr  spricht  sich  Mannes- 
sinn ,  Mannesmuth  und  selbst  Mannestrotz  aus ,  in  ihr  weht 
und  athmet  ein  kriegerischer  und  ritterlicher  Geist .  dessen 
schneidige  Entschiedenheit  in  wohlthuendem  Gegensatze  steht 
zu  der  verschwommenen  Weichlichkeit  des  Minnesanges. 

Das  Sirventes  (vgl.  oben  S.  451  A.)  ist  vorwiegend  Verstan- 
desdichtung, entbehrt  aber  freilich  als  solche  oft  auch  der 
poetischen  Vertiefung  und  ähnelt  mitunter  gar  zu  sehr  einem 
politischen  Pamphlete,   das  nur  zufällig  in  Versen  abgefasst  ist. 

Was  die  Provenzalen  in  der  Epik  geleistet .  ist ,  Alles  in 
Allem  genommen,  wenig  bedeutend.  Weder  eine  nationale 
Heldendichtung  hat  sich  in  der  Provence  zu  wahrer  Blüthe 
zu  entfalten  vermocht  —  es  scheinen  vielmehr  die  Ansätze  zu 
einer  solchen  von  der  überwuchernden  Kunstlyrik  ertödtet 
worden  zu  sein  — .  noch  auch  ist  der  Abenteuerroman  zu  ir- 
gend welchem  Gedeihen  gelangt.  Die  einzige  Dichtung,  wel- 
che den  chansons  de  geste  ebenbürtig  genannt  werden  darf, 
ist  der  Girartz  de  Rossilho.  welcher  in  seinem  Inhalte  bis  auf 
die  Zeit  Karls  des  Kahlen  und  mittelbar  bis  in  diejenige  Karl 
Martell's  zurückgreift.  Unter  den  Abenteuerromanen  bean- 
sprucht der  Jaufre  ein  gewisses  poetisches,  der  Roman  Fla- 
menca  aber  ein  grosses  culturgeschichtliches  Interesse. 

Mit  grösserem  Erfolge,  als  das  eigentliche  Heldengedicht, 
wurden  die  leichteren  Gattungen  der  Epik .  namentlich  die 
Versnovelle  und  die  didactische  Dichtung  gepflegt,  und  doch 
ist  auch  auf  diesen  Gebieten  Nichts  geleistet  worden,  was  ab- 
solute l^edeutung  hätte. 

Das  Drama,  übrigens  ausschliesslich  geistlichen  Charak- 
ters, kam  über  dürftige  Anfänge  nicht  hinaus.  Das  Gleiche 
lässt  sich  im  Wesentlichen  auch  von  der  Prosa  sagen,  indes- 
sen doch  mit  dem  Zusätze,   dass  in  ziemlich  weitem  Umfange 


458  Das  Provenzalische. 

und  nicht  ohne  Erfolg  versucht  wurde,  dieselbe  für  Abfassung 
Avissenschaftlicher  Werke  zu  gebrauchen.  Zu  einer  höheren 
stylistischen  Entfaltung  vermochte  jedoch  die  Prosa  nicht  zu 
gelangen. 

3.  Die  Litteratur  des  13.  und  14.  Jahrhunderts  kann  nur 
als  eine  matte  und  künstlich  gezüchtete  Nachblüthe  der  vor- 
angegangenen classischen  bezeichnet  werden.  Denn  diese 
letztere .  ohnehin  die  Keime  des  Verfalls  von  vornherein  in 
sich  tragend  imd  auf  abschüssigen  Bahnen  sich  bewegend,  war 
von  ihrer  mehr  scheinbaren  als  wirklichen  Höhe  rasch  herab- 
gesunken ,  als  die  politischen  und  socialen  Verhältnisse .  in 
denen  sie  wurzelte  ,  sich  zu  wandeln ,  als  die  specifisch  mit- 
telalterliche Cultur  allgemach  zusammenzubrechen  begann. 
Aus  den  Händen  des  Adels  ging  die  Pflege  der  Litteratur 
über  in  diejenigen  des  Bürgerstandes  ,  der  ritterliche  Minne- 
sang wurde  zum  Meistersang  und  als  solcher  nach  allen  Re- 
geln der  Kunst  und  der  Pedanterie  schulgerecht  geübt.  Ge- 
sellschaften bildeten  sich  zum  organisirten  Massenbetriebe  des 
poetischen  Handwerkes  und  verfehlten  nicht,  sich  verwickelte 
Statuten  und  Reglements  auszuarbeiten  und  bei  festlichen  Ge- 
legenheiten die  correctesten  Reimereien  mit  Preisen,  bestehend 
aus  einem  goldenen  Veilchen  oder  einem  sonstigen  Blümlein, 
zu  belohnen.  Geschäftig  genug  ging  es  her  in  diesen  littera- 
rischen Clubs,  aber  dem  nichtigen  Geschäfte  fehlte  die  Seele, 
xmd  diesen  Mangel  konnte  kein  noch  so  pompöses  Ceremo- 
niell  ersetzen.  So  hat  denn  auch  die  bedeutsamste  Dichter- 
akademie, das  im  Jahre  1324  gegründete  und  im  Jahre  14S4 
(durch  Clemence  Isaiire?)  erneuerte  »Consistori  de  la  gaya 
sciensa«  zu  Toulouse,  nicht  viel  mehr  zu  leisten  vermocht,  als 
sich  selbst  und  mit  sich  eine  mumienhafte  Dichtung  durch 
alle  Wechsel  der  Zeiten  zu  erhalten. 

4.  Vom  Ausgang  des  14.  Jahrhunderts  bis  zu  den  zwan- 
ziger Jahren  des  gegenwärtigen  lebte  die  provenzalische  Lit- 
teratur ausserhalb  der  Dichterzünfte  nur  als  verwilderte  imd 
verachtete  Patoisdichtimg  fort,  in  welcher  nur  hin  und  wieder 
eine  bedeutendere  Persönlichkeit  etwas  zu  leisten  wagte  und 
wusste ,  was  wenigstens  relative  Bedeutung  besass  und  von 
litterarhistorischem  Interesse  ist.  So  vor  Allen  Pierre  Gou- 
delin  oder  Goiulouli  aus  Toulouse  (1579 — 1649). 


Pias  rrovenzalischc.  459 

Eine  Wiedergehiivt  und  zwar,  was  besonders  wichtig,  eine 
Wiedergeburt  aus  dem  Volke  heraus  wurde  der  ])rovenzahschen 
Poesie  erst  vor  wenig  mehr  als  einem  halben  Jahrhunderte  zu 
Theil.  Die  Hauj)tvertreter  der  neu  erstandenen  Litteratur 
sind  der  Coiffeur  Jacques  Jansemin  oder  Jasmin  (geb.  6.  3. 
179S  zu  Agen  in  der  Gascogne ,  gest.  ebenda  4.  10.  1S64: 
»Papillotos«.  lyrische  Gedichte  1825),  der  frühere  Lehrer  und 
spätere  lUichdrucker  Jose  Roumanille  (geb.  8.  8.  ISIS  zu 
Saint-l\emy  ri>ouches-du  Ivhöne] .  Verf.  zahlreicher  lyrischer 
Gedichte  und  Prosasehriften.  gesammt  als  Lis  oubreto  en  vers, 
Avignon  1864.  und  Lis  oubreto  en  proso  ebenda  in  demsel- 
ben Jahre  erschienen:  seit  1859  Herausgeber  des  Armana  pro- 
ven^au'  und  Frederic  Mistral  (geb.  zu  Maillane  [Bouches-du 
l\höne  :  Verf.  der  Epen  Mireio  1859  und  Calendau  1867,  der 
Novelle  Nerto  1881,  sowie  lyrischer  Dichtungen,  gesammelt 
u.  d.  T.  lis  Isclo  d'or  1875).  Diese  Führer  der  jnngproven- 
zalischen  Poesie  haben  zahlreiche  Nachfolger  gefunden,  so  dass 
gegenwärtig  die  Schaar  der  »felibres«  —  so  nennen  sich  die 
neuprov.  Litteraten  —  bereits  eine  sehr  beträchtliche  und 
noch  immer  im  Wachsen  begriffene  ist.  Dichtervereine  haben 
sich  gebildet .  Zeitschriften  jungprovenzalischer  Tendenz  er- 
s':*heinen ,  litterarische  Feste  werden  gefeiert,  und  auch  sonst 
wird  Nichts  verabsäumt,  was  dazu  beitragen  kann,  der  in 
Fluss  gebrachten  Pewegung  Stärke  luid  Nachhaltigkeit  zu  ver- 
leihen. Ob  freilich  alle  diese  Pest!el)ungen  dauernden  Erfolg 
haben  werden  und  ob  die  vorläufig  noch  etwas  künstliche 
Neubelebung  der  provenzalischen  Poesie  zu  einer  wirklich  na- 
türlichen Entwickelung  führen  wird,  muss  sehr  fraglich  er- 
scheinen, denn  selbst  denkbar  ist  es  nur  unter  der  Voraus- 
setzung, dass  das  politische  Band,  welches  gegenwärtig  den 
Süden  mit  dem  Norden  Frankreichs  fest  verbindet,  wenn  nicht 
gelöst,  so  doch  gelockert  werde.  So  lange  dies  nicht  ge- 
schehen ,  wird  der  Süden  sich  der  Herrschaft  französischer 
Sprache  und  Litteratur  nicht  zu  entziehen  und  seine  eigene 
Poesie  über  das  Niveau  einer  zwar  anmuthigen  und  interes- 
santen ,  aber  doch  immer  zu  einer  untergeordneten  Stellung 
verurtheilten  Dialectdichtung  nicht  zu  erheben  vermögen. 

Wie  in  dem  provenzalischen  Frankreich,  so  hat  auch  in 
dem  benachbarten  und  sprach  verwandten  Catalonien  seit  einigen 


460  Das  Provenzalische. 

Jahrzehnten  ein  Streben  nach  Neubelehung-  der  altnationalen 
Dichtung  sich  bekundet,  dessen  schliessliches  Ergebniss  eben- 
falls der  Zukunft  anheimgestellt  werden  muss.  Die  neuerdings 
öfters  nicht  ohne  eine  gewisse  imklare  und  träumerische  Sclnvär- 
merei  gefeierten  Yerbrüderungsfeste  jungprovenzalischer  und 
jungcatalanischer  Dichter  haben  praktische  Folgen  bisher  nicht 
gehabt  und  werden  solche  wohl  auch  in  absehbarer  Zukunft 
nicht  haben.  Möglich  ist  aber  doch,  dass  in  der  Provence 
und  in  Catalonien  die  Keime  zu  einer  Entwickelung  gelegt 
worden  sind,  Avelche  später  einmal  für  die  Geschichte  der  ro- 
manischen Völker  bedeutungsvoll  werden  kann. 

§  9.    Litteraturangab  en    zur    prov  enzalischen    Litteratur- 
geschichte. 

1.  Bibliographisches:  Rohert,  Inventaire  sommaire  des  mss.  des 
bibliotheques  de  France,  dont  les  catalogues  n'ont  pas  6te  imprimes.  P., 
seit  188U  —  *K.  Bautsch,  Aufzählung  ii.  Beschreibung  der  prov.  Liederhdss., 
in:  Grundriss  etc.  S.  27 ff.,  man  vgl.  auch  die  dort  in  den  Noten  angegebenen 
Littcraturangaben  —  P.  Meveu,  Notice  du  ms.  de  la  Bibl.  nat.  fonds 
frcs  25415,  contenant  divers  ouvrages  en  prov.,  in  Bull,  de  la  soc,  des 
anc.  textes  1875,  No  3  u.  4  —  K.  Baktsch,  Die  prov.  Liederhd.s.  f.  (Bibl. 
nat.  fonds  fr98  12472i,  in  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  IV  353  —  Aluanes,  Inven- 
taires  de  diverses  eglises  de  Prov.,  in:  Rev.  des  .societes  sav.  7«' ser.  I  148; 
und  Invent.  du  chäteau  de  Cornillon  (Gard] ,  ebenda  I  197  —  P.  Meyer, 
Les  manuscrits  du  connetable  de  Lesdiguieres,  in  :  Rom.  XII  .'536  —  Magen 
et  TnoLiN,  Archives  municipales  d'Agen.  Chartes,  liere  serie  (1189 — 132S  , 
publ.  aux  frais  du  conseil  general  de  Lot-et-Garonne.  Villeneuve-sur-Lot  18"" 
—  G.  Brunet,  Notice  s.  la  bibliotheque  de  la  ville  de  Bordeaux,  in :  Bull. 
du  biblioph.  et  du  biblioth.  P.  186G,  p.  122  —  GlUARDOT,  Catalogue  des 
manuscrits  de  la  bibl.  de  Bourges.  Texte  et  dessins.  Nantes  1859  —  S.  Le- 
OTARD,  Notice  s.  la  bibl.  de  Montpellier,  in:  Bull,  du  biblioph.  et  du 
biblioth.  P.  1866,  p.  542  —  G.  Jacobstiial,  Die  Texte  d.  Liedcrhds.  H.  196 
von  Montpellier.  Diplomatischer  Abdruck,  in  :  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  III  526 
u.  IV  35,  278  —  Chabane.W,  Sur  quelques  mss.  prov.  perdus  ou  egaies, 
in:  R.  d.  l.  r.  1882,  Mai,  p.  209  —  Grüzmacher  ,  Bericht  a.  d.  Gesell- 
schaft f.  das  Studium  der  neueren  Sprachen  über  die  in  Italien  befind- 
lichen prov.  Hdss.,  in:  Herrig's  Archiv  XXXIII  288  u.  407,  XXXIV  141 
u.  368.  XXXV  S4  —  Abdruck  der  prov.  Liederlids.  Plut  XLI  cod.  93  der 
Laurcntiana  zu  Florenz  (U  b.  Bartsch) ,  besorgt  von  Grüzmacher  in 
Herrig's  Archiv  XXXV  363,  vgl.  Jahrb.  f.  rom.  u.  engl.  Lit.  XI  5  — 
(Nicht  ganz  vollständiger)  Abdruck  der  prov.  Liederhds.  der  St-Marcus- 
Bibl.  zu  Venedig  App.  cod.  XI  [\  b.  Bartsch)  ,  besorgt  von  Grüzmacuer 
in  Herrig's  Archiv  XXXVI  379  —  E.  Stengel,  Studi  sopra  i  canzonieril 
provenzali  di  Firenze  e  di  Roma,  in:  Riv.  di  filol.  rom.  I  20  —  Abdruck j 
der   prov.  Liederhds.  Plut  XLI  cod.  42  der  Laurenziana  zu  Florenz  (P  b. 


Das  Provenzalische.  4ßl 

Bartsch  nach  der  von  Stengel  genommenen  Abschrift,  in:  Herrig's  Ar- 
chiv XLIX  u.  L  —  Die  prov.  Blumenlese  der  Chigiana.  Erster  u.  getreuer 
Abdruck,  nach  dem  gegenwärtig  verstümmelten  Originale  u.  der  vollstän- 
digen Copie  der  Riccardiana  besorgt  von  K.  Stengel.  Marburg  187S,  vgl. 
Ztschr.  f.  rom.  Phil.  II  12h  —  K.  B.\kt.sch,  Die  prov.  I.iederhds.  Q  fRic- 
cardiana  29ü;i;,  in:  Ztschr.  f.  rom  Phil.  IV  502,  vgl.  Gröbeu  ebenda  V  89 

—  H.  SccniER,  Der  papieme  Theil  der  Modenaer  Troubadour -Hds.,  in: 
Ztschr.  f.  rom.  Phil.  IV  72  —  A.  Mussafla  ,  Del  codice  Estense  di  rime 
provenzali.  Relazione.  "Wien  1867  [Sitzungsberichte  der  K.  K.  Akad.  d. 
"Wissensch.  Philos.-hist.  Cl.  Bd.  55),  und:  Ueb.  die  prov.  Liederhdss.  des 
Giovanni  Maria  Barbieri.  "Wien  1876  —  A.  Ebekt,  Die  Hdss.  der  Kscorial- 
Bibl.  aus  dem  Gebiete  der  roman.  Litteraturen  sowie  der  englischen,  im 
Jahrb.  f.  rom.  u.  engl.  Lit.  IV  -46  —  Fr.  Michel,  Rapport  s.  une  mission 
en  Espagne,  in:  Archives  des  missions  scientifiques  et  litteraires.  3^  serie 
VI  3,  269,  vgl.  Rom.  X  448  —  Abdruck  einer  im  Besitz  des  Prof.  D.  Pablo 
Gil  y  Gil  zu  Saragossa  befindl.  prov.  Liederhds. ,  besorgt  v.  MiL.4  \  FoN- 
T.\N.4L.s,  in:  R.  d.  1.  r.  1876  II  225,  vgl.  Ztschr.  f.  rom.  Phil  I  389  — 
H.  SlcuiEK,  n  canzoniere  provenzale  di  Cheltenham,  in  Riv.  di  filol. 
rom.  n  49  —  Coxstans,  Les  mss.  prov.  de  Cheltenham.  I  Un  nouveau 
Chansonnier  prov.,  in:  R.  d.  1.  r.  ISSl  Juni,  Nov.,  Dec. ,  1S82  Febr.  (als 
Buch  erschienen  P.  1882)  —  E.  Stengel,  Studien  über  die  prov.  Liederhdss.  I. 
Die  Kopenhagener  Sammlung  prov.  Lieder,  in :  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  I  387 

—  A.  MussAFL\,  Handschriftl.  Studien.  Heft  3.  Mittheilungen  aus  zwei 
"Wiener  Hdss.  des  Breviari  damor.  "Wien  1S64. 

*G.  Gröber,  Ueber  die  Liedersammlungen  der  Troubadours,  in:  Böli- 
mer's  Rom.  Studien  II  337,  vgl.  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  II  125. 

*K.  B.VRT.scH,  Alphabetisches  Verzeichniss  der  Ij-rischen  Dichter  des 
12  u.  13  Jahrh.'s,  in:  Grundriss  etc.  S.  97,  vgl.  dazu  Suchier,  in:  Jahrb. 
f.  rom.  u.  engl.  Spr.  u.  Lit.  XV  (N.  F.  IH  90  —  K.  Bartsch,  Beiträge 
zu  den  roman.  Litteraturen,  in:  Jahrb.  f.  rom.  u.  engl.  Litt.  XI  1  — 
C.  Chabaneal'  ,  Xotes  critiques  s.  quelques  textes  prov.  I.  Les  derniers 
troubadours  de  la  Provence,  in:  R.  d.  1.  r.  1875,  p.  72  — 

Leroux,  Molinier  et  Thomas,  Documents  historiques  bas-latins,  pro- 
vencaus  et  fran9ais  concemant  la  Marche  et  le  Limousin.  T.  I  Limoges  1884, 
vgl.  Rev.  crit.  XVHI  (1884;  No.   17,  p.  328. 

R.  Rebocl,  Bibliographie  des  ouvrages  imprimes  en  patois  du  Midi 
de  la  France  et  des  travaux  s.  la  langue  romano-provencale .  in:  Bull,  du 
biblioph.  1877  Juni  bis  Sept.i,  p.  241  u.  390,  vgl.  Rom.  VII  347  — 
R.  Rebol'L,  Anon}'mes,  Pseudonymes  et  supercheries  litteraires  de  la  Prov. 
ancienne  et  moderne,  in :  Bull,  du  bouquiniste,   22®  annee,  Xo.  485  bis  488 

—  A.  Roqle-Ferrier,  Travaux  s.  la  langue  d'oc  ancienne  et  moderne. 
Publications  catalanes.  provencales  et  languedociennes,  in:  R.  d.  1.  r.  2^ 
serie  V  1878;  307,  VI  158  u.  213  —  P.  Meyer,  Ouvrages  s.  les  patois, 
in:  Rev.  crit.  1866,  No.  22  ff.  —  Leot.\rd,  Bulletin  bibliographique  de  la 
langue  d'oc  pendant  les  annees  1872/74,  in:  R.  d.  1.  r.  VII  428,  u.  Bull, 
bibliogr.  de  la  langue  d'oc,  annee  1875,  in:  R.  d.  1.  r.  2«  serie  VI  126  — 
Desbarreaux-Bernard  ,   Note  bibliographique  concemant  les  ouvrages  de 


402  I^^ä  Provenzalische. 

M.  Vendages  de  Malpeire,  Tun  des  fondateurs  de  l'Academie  des  lanternistes. 
Toulouse  1880  —  A.  CUAIX,  BuUaire  de  l'Auvergne  depuis  les  origines  de 
la  diplomatique  pontificale  dans  cette  province  jusqu'ä  la  fin  du  XVUIe  s., 
in:  M^m.  de  l'Aead.  des  sciences,  belles-lettres  et  arts  de  Clermont-Fer- 
rand  ,  t.  XIX  23,  275,  447  —  E.  de  Mallevillk,  Bibliographie  du  Peri- 
gord.  16e  s.  P.  1861  —  R.  Uesbarreaux,  Etablissement  de  l'imprimerie 
dans  la  province  de  Languedoc.  Toulouse  1877  —  Gatien-Arnoult,  Hist. 
de  l'universite  de  Toulouse.  Toulouse  1879  —  Desbarreaux- Bern  ARD, 
L'imprimerie  ä  Toulouse  aux  XV^,  XVI^  et  XYII«  s.,  in:  Bull,  du  biblioph. 
et  du  biblioth.  1865  —  R.  Noulet,  Hist.  litt,  des  patois  du  midi  de  la 
France,  in:  R.  d.  1.  r.  2e  serie  IH  (1877)  57,  IV  62. 

Liber  instrumentorum  memoralium.  Cartulaire  des  Guillems  de  Mont- 
pellier, p.  p.  la  Societe  archeologique  de  Montpellier  1884,  vgl.  Rom. 
XIV  J67. 

2.  Sammlungen,  Chrestomathien  u.  dgl.:  Fabre  d'Olivet,  Le 
Troubadour.  Poesies  occitaniques  du  XIII  s.,  trad.  et  publ.  (en  partie  avec 
le  texte  orig.)  et  avec  un  glossaire  p.  F.  d'O.  P.  18(3.  2  Bde.  —  Ray- 
nouard,    Choix  des  poesies  originales  des  troubadours.  P.  1816/21  6  Bde. 

—  RocHEGUDE,  Le  Parnasse  occitanien  ou  choix  des  poesies  originales  des 
troubadours,  tirees  des  mss.  nationaux.  Toulouse  1819  —  G.\LVANI,  Osser- 
vazioni  suUa  poesia  de'  trovatori.  Modena  1829  —  *A.  Mahn,  Die  "Werke 
der  Troubadours.  Berlin  1846/85.  4  Bde;  Gedichte  der  Troub.  Berlin  1856/73. 
4  Bde.;    Commentar  u.  Glossar  zu  den  Werken  der  Troub.  Berlin  1871/78 

—  Brinckmeier,  Blumenlese  aus  den  "Werken  der  Tr.  in  den  Originalen, 
nebst  prov.  Grammatik  u.  Glossar.  Halle  1849  —  Prov.  geistliche  Lieder 
des  13.  Jahrh.'s  aus  einer  "Wolfenbüttler  Hds.  herausg.  v.  J.  Bekker. 
Berlin  1843  —  Ungedruckte  prov.  Lieder  von  Peire  Vidal,  Bernhard  v. 
Ventadorn,  Foulquet  v.  Marseille  u.  Peirol  v.  Auvergne  herausg.  v.  N.  De- 
Liüs.  Bonn  1853  —  K.  Bartsch,  Prov.  Lesebuch.  Elberfeld  1855,  2.  Ausg. 
u.  d.  T.  Chrestomathie  prov.  1868,  4.  Ausg.  1880,  vgl.  Roman.  Forschung  I 
450;  Denkmäler  der  prov.  Litt.  Stuttgart  1856  Pubi.  des  litt.  Vereins  No.  39; 
Zur  prov.  Litt;  in:  Jahrb.  f.  rom.  u.  engl.  Litt.  XH  1  —  P.  Meyer,  Me- 
langes  de  litterature  prov.,  in:  Rom.  I  401  —  A.  Bayle,  Anthologie  pro- 
ven9ale.  Poesies  choisies  des  troub.  du  10^  au  15^  s.  avec  traduction  lit- 
teraire  en  regard,  precedees  d'un  abrege  de  gramm.  prov.  Aix  u.  Leipzig 
1879  —  Fiorita  di  lirichi  provenzali  da  U.  Canello',  con  prefazione  di 
G.  Carducci.  Bologna  1881  —  H.  Suchier,  Denkmäler  prov.  Litt.  u.  Spr. 
Bd.   I*).     Mit    einer  Untersuchung    von   P.   Rohde   über   die  Quellen   der 


1)  Inhalt:  1)  Vorwort  über  die  betr.  Hdsclir.  l — xv.  2)  Das  Evange- 
lium Nicodemi  (kritisch.  Text  1 — 84.  3  Die  sieben  Freuden  Maria's  kri- 
tisch. Text)  85 — 97.  4)  Beichtformel  98 — 106.  5)  Kalender  mit  Beigaben 
lü7 — 124.  6  Das  Leben  des  heil.  Alexius  125 — 155.  7  Uebersetzung  des 
altfranz.  Get'iichtes  von  C.en  fünfzehn  Zeichen  des  jüngsten  Gerichtes  156 
— 161.  8;  Zwei  Uebersetzungen  der  Kreuzlegende :  Post  peccatum  Ade 
nebst  dem  lateinischen  Originale  165—200.  9;  Diätetik  2(»1 — 213.  10  Des 
Sünders  Reue  214 — 255.  111  Lehrgedicht  über  den  Werth  der  Frauen  256 
— 271.      12)  Die   sieben  Freuden  Maria's   von  Gui  Folqueys  272 — 2b3.     I3j 


Das  Provenzalische.  463 

roman.  Weltchronik  Halle  1SS3,  vgl.  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  VII  157  — 
Chabaneau,  Poesies  inedites  des  troub.  du  Perigord,  in:  R,  d.  1.  r.  1884 
(Mai  —  Lanfkaxchi.  Poesie  prov.  cd  italiane  raceolte  e  illustrate  dal 
conte  Carlo  Baudi  di  Vesrne.  Cagliari  1S75  —  P.  Meyer,  Ancicnnes  ])oesies 
religieuses,  in:  Bibl.  de  l'Ec.  des  Ch.  ISÜO    Juli  u.  Augu.'^t'. 

F.  Apfelstedt,  Religiöse  Dichtungen  der  Waldenser,  herausg.  in 
Herrig's  Archiv  LXH  273  u.  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  IV  330,  521  —  Gnüz- 
MACHER,  Die  waldensische  Bibel  sprachl.  Untersuchungen),  in:  Jahrb.  f. 
rem.  u.  engl.  Litt.  IV  372,  und:  Die  waldensische  Sprache,  in:  Herrig's 
Archiv  XVI  369  —  J.  H.  ToDD,  The  books  of  the  Vaudois.  The  "VValdeusian 
manuseripts  preserved  in  the  library  of  Trinity  College,  Dublin,  with  an 
appendix  containing  a  correspondance  on  the  poems  of  the  Poor  of  Lyons, 
the  antiquity  and  genuinpness  of  the  Morland  Mss.  at  Cambridge  etc. 
London  1865  —  F.  Germaket,  Les  Vaudois  du  Piemont  ou  les  protestants 
avant  la  reforme,  esquisse  hist.  P.  1879  —  C.  Douais,  Les  Albigeois,  leurs 
origines,  action  de  l'Eglise  au  XH^  s.  P.  1879  —  A.  MusTOX,  Llsrail  des 
Alpes.  Hist.  des  Vaudois  et  de  leurs  colouies  etc.  (enthält  auch  eine  Unter- 
suchung über  die  Abfassungszeit  der  Nobla  Leyczon  P.  1880.  4  Bde.  — 
R.  Trox,  Pietro  Valdo  e  i  poveri  di  Lione.  Florenz  1880  —  E.  Comba. 
Valdo  ed  i  Valdesi  avanti  la  riforma.  Cenno  storico.  Florenz  1880,  vgl. 
Rev.  crit.  1880,  11  323  —  J.  A.  Wylie,  Historj-  of  the  Waldenses.  Lon- 
don 1880  —  A.  Mayer,  Waldensia,  in  den  Sitzungsberichten  der  K.  ba}T. 
Akad.   d.  Wissensch.   Philos.-hist.   Cl.  1880.    p.  556,    vgl.  Rom.  X  311  — 

Mari'^ngebete  284 — 2S9.  14'  Vier  gereimte  Stücke:  a)  los  X  mandameus  de 
la  ley ;  b  La  oration  del  pater  noster ;  c;  Letania  de  sant  Pierre  de  Luxen- 
borc;  d]  Marienlied,  290 — 296.  15  Tenzone  von  Avcard  und  Girard  297 
— 29S.  16  Dansa  299— 300.  17  Gedichte  der  Cheltenhamer  Hds. :  a;  No.  3. 
Bruchstück  aus  dem  Roman  Jaufre  280  Verse  ,  med.  in  res  ;  b  No.  9. 
Bruchstücke  eines  Liebesbriefes  von  Alegret :  c  No.  lu.  Bruchstücke  eines 
Romans;  d,  No.  11.  Liebesbrief:  e  No.  15.  Descort;  f  No.  SS.  Namen- 
lose Strophe;  g  No.  S9.  Strophe  aus  einem  Liede  des  Mönches  von  Mon- 
taudon ;  h  No.  93.  Namenlose  Strophe ;  i  No.  94.  Strophe  aus  einer  Alba : 
k  No.  95.  Namenlose  Strophe:  1  No.  110.  Bruchstück  einer  Canzone: 
Chant  e  deport,  joi,  domnei  et  solatz ,  von  Gaucelm  Faidit;  m)  No.  124. 
Räthsel;  n  No.  144.  Namenlose  Strophe;  o  No.  151.  Gelegenheitsgedicht 
von  Hugo  V.  Saint  Circ  und  Albric :  p  No.  324.  Canzone  von  Guillem 
Ademar:  q  No.  341.  Namenloses  Gedicht;  r  No.  3S6 :  La  treva  von  "Wil- 
helm von  la  Tor;  s  No.  412.  Canzone  von  Aimeric  von  Belenoi:  t  No. 
434 :  Tenzone  von  dem  Grafen  von  Bretagne  und  Gaucelm ;  u  No.  439. 
Tenzone  von  Gui  'von  Uisel,  und  Ebles  von  Uisel  ;  v  No.  458.  Tenzone 
zwischen  R  ain  au  t  und  Guillems;  w  No.  459.  Tenzone  von  Raimbaut 
und  Gaucelm  Faidit;  x  No.  461.  Tenzone  von  einem  Grafen  und  Giral- 
don ;  y  No.  462.  Tenzoue  von  Bernart  u.  Blacaz.  z,  No.  46-1.  Tenzone 
zwischen  Rostaing  und  dem  Herrgott.  «  No.  465.  Tenzone  zwischen  Guio- 
net  und  Pomairol.  p.  301 — 341.  18;  Brief  des  Priesters  Johannes  an  Kai- 
ser Friedrich  341 — 3SG.  19;  Prosaauflösung  des  poetischen  Evangeliums 
Nicodemi  3S7 — 461  zwei  Texte,.  20  Sibyllen-Weissagung  462 — 469.  21; 
Libre  dels  yssamples  470 — 471.  —  Anhang:  Epistola  Aristotelis  ad  Ale- 
xandrum cum  Prologo  Johannis  Hispaniensis  473 — -180.  —  Erläuterungen 
zu  vorstehenden  Gedichten  4SI — 572.  —  Italienische  Version  der  Prosa- 
auflösung des  Evang.  Nicodemi  573 — 5S8.  —  Die  Quellen  d.  romanischen 
"Weltchronik  von  Paul  Rohde  599—638.  —  Glossar  639—645. 


464  ■D''^s  Provenzalische. 

—  Aeltere  Litteratur  über  die  Waldenser :  Perrin,  Hist.  des  Vaudois 
1818;  MoRLAND,  History  of  the  churches  in  the  Valleys  of  Piemont 
1858;  Leger,  Hist.  generale  des  eglises  evangeliques  ou  vaudoises  des 
vallees  de  Piemont  1669;  Moxastier,  Hist.  de  l'eglise  vaudoise  1847; 
Hahn,  Geschichte  der  Ketzer  im  Mittelalter  1847  Bd.  2;  Dieckhoff,  Die 
Waldenser  im  Mittelalter  1851;  Herzoo,  Die  roman.  "Waldenser  1853; 
Bradshaw,  Communications  made  to  the  Cambridge  Antiquarian  Society 
1862;  Zeschwitz,  Die  Katechismen  der  Waldenser  u.  böhm.  Brüder  186;i. 
Vgl.  Bartsch,  Grundriss  S.  84  —  C.  Arxauld,  Essai  8.  la  condition 
des  Juifs  en  Prov.  au  moyen-age.  Forcalquier  18S0  —  L.  Bardinet,  Les 
Juifs  du  Comtat  Venaissin  au  moyen-age ;  leur  röle  economique  et  intel- 
lectuel.    Nogent-le-Rotrou  1880. 

J.  Canouge,  Legendes  proven9ales.  Marseille  1862. 

Bibliotheque  provencale.  Aix  1859/79  9  Bde.  —  F.  T.  Gros,  Recueil 
de  pouesies  prouvencalos.  Marseille  1763  —  J.  Desanat,  Lou  troubadour 
nationaou,  lou  chantre  tarascounou.  Recueil  de,  pouesiou  poulitiquou, 
bachiquou,  pastouralou  etc.  en  vers  proven9aou  p.  p.  I.  D.  Marseille  1881, 
2  Bde.  —  A.  BoUDix,  Li  set  garbetto.  Poesies  prov.  avec  trad.  fr^se,  p.  et 
annotees  par  Deloye.  Avignon  1*^79  —  Recueil  de  versions  prov.  pour 
l'enseignement  du  fr9S  en  Provence  par  un  professeur.  Avignon  1876. 

Brinckmeier,  Blumenlese  aus  den  Werken  der  Troubadours.  Göt- 
tingen 1845  —  L.  KANNEGIESSER,  Gedichte  der  Troub.  im  Versmass  der 
Urschrift  übersetzt.  Tübingen  1855. 

3.  Litterargeschichtliche  Werke:  Die  Biographien  der  Trou- 
badours in  prov.  Sprache  herausg.  v.  A.  Mahn.  2  Ausg.  Berlin  1878  — 
J.  NosTKADAMi's,  s.  oben  S.  431  (vgl.  E.  Buget,  Etüde  s.  Nostradamus,  in : 
Bull,  du  biblioph.  et  du  biblioth.  1860  u.  1861  und  *K.  Bartsch,  in: 
Jahrb.  f.  rom.  u.  engl.  Spr.  u.  Lit.  XIII,  N.  F.  I,  1  u.  121)  —  De  la 
CuRNE  DE  Sainte-Palaye  u.  Millot  s.  oben  S.  427  u.  431  — *F.Du:z,  Die 
Poesie  der  Troub.  Zwickau  1826,  2.  Ausg.  besorgt  v.  K.  Bartsch.  Leip- 
zig 1883  und:  Leben  u.  Werke  der  Troub.  Zwickau  1829,  2.  Ausg.  besorgt 
v.  K.  B.ARTSCH.  Leipzig  1882  —  O.  Schultz,  Zu  den  Lebensverhältnissen 
einiger  Troubadours,  in:  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  IX  110,  vgl.  auch  ebenda  YII 
177  und  IX  406  —  Galvani  s.  oben  Nr.  2  —  C.  Fauriel,  Hist.  de  la 
po6sie  prov.  Paris  1846  48  3  Bde.  (vgl.  GriGNL\lT,  Notice  historique 
s.  la  vie  et  les  travaux  de  C.  Fauriel,  lue  dans  la  seance  publique 
de  l'Acad.  des  inscriptions  et  belles-lettres  le  9  aoüt  1861)  —  E.  Brinck- 
MEYER,  Die  prov.  Troubadours  nach  ihrer  Sprache,  bürgerl.  Stellung, 
ihrem  Leben  u.  Wirken  dargestellt.  Halle  1844,  und:  Die  prov.  Troub. 
als  lyrische  u.  polit.  Dichter.  Göttingen  1S82  —  *K.  Bartsch,  Grund- 
riss  zur  Geschichte   der  prov.  Litt.    Elberfeld  1S72  (grundlegendes  Werk) 

—  Mary-Lafon,  Hist.  politique,  religieuse  et  litteraire  du  midi  de  la 
France  depuis  les  temps  les  plus  recules  jusqu'ä  nos  jours.  Paris  1845. 
4  Bde.,  neue  Ausg.  Paris  1882  —  A.  Bayle,  La  poesie  prov.  au  moyen-äge. 
Aix  1876  —  *P.  Meyer,  Les  demiers  troubadours  de  la  Provence  d'apres 
le  Chansonnier  donn6  a  la  bibl.  imper.  par  M.  C.  Giraud.  Paris  1872,  und 
die  Artikel  »Provencal  Language«   u.   »Proven9al  Literature»   in :    Bd.  XIX 


Das  Provenzalische.  4(J5 

der  Eucyclopsedia  britannica    —    C.   G.    Estlaxder,    Bidrag  til  den  pro- 
ven^aliska  litteraturens  historia.  Helsingl'ors  180S. 

ToKiBio  DEL  C'ampillo  y  Casamos,  Sobrc  los  poemas  provenzales  de 
los  siglos  XII  y  XIU.  Madrid  ISöH  —  Mila  y  Füxtaxals,  De  los  trova- 
dores  en  Espana.  Estudio  de  lengua  y  poesia  provenzal.  Barcelona  18G1, 
vgl.  Jahrb.  f  rom.  u.  engl.  Lit.  IV  331  —  V.  Balaguer,  De  la  poesia 
provenzal  en  .Castilla  y  en  Leon.  Madrid  1S77;  Historia  politica  v  literaria 
de  los  trovadores.  Madrid  1879  80  0  Bde;  Etudes  s.  les  troubadours :  Eleo- 
nore d" Aquitaine,  in;  Kevue  du  Monde  latin  1884,  II  —  P.  M.,  Al- 
phonse  X  a-t-il  coneede  une  ville  libre  aux  troubadours,  in:  Kom.  X  405. 

A.  Roqve-Ferrier,  De  lidee  latiue  dans  quelques  poesies  en  langue 
d'oc,  en  espagnol  et  en  catalan.  Montpellier  1S77  Abdruck  aus  der  R.  d. 
1.  r.  desselben  Jahresj  —  Birch-Hirschfeld  ,  Ueber  die  den  Troubadours 
bekannten  epischen  Stoffe.  Leipzig  1878,  vgl.  Rom.  VII  448  u.  Ztschr.  f. 
rom.  Phil.  II  318  —  A.  M.\nN,  Ueb.  die  epische  Poesie  der  Provenzalen, 
besonders  über  die  beiden  vorzüglichsten  Epen  Jaufre  u.  Girartz  de  Ros- 
silho  sowie  üb.  die  Ausg.  u.  Hdss.,  ^Yo^in  sich  dieselben  befinden.  Berlin 
1^79  —  A.  Mahn,  Die  epische  Poesie  der  Troubadours.  Heft  1  Girartz  de 
Rossilho.  Berlin  1883  —  Sachs,  Provenz.  Epos,  in:  Herrigs  Archiv  XXVI 
Heft  2  —  E.  Brixckmeier,  Die  IjTische  u.  polit.  Poesie  der  Troub.  Göt- 
tingen 1882,  imd:  Rügelieder  der  Troub.  Halle  1847  —  Sirventes,  prov. 
Streit- u.  Rügelieder,  in:  Grenzboten  1809.  No.  15  i  —  Jose  Coll  Y"  Vehi, 
La  satira  provenzal.  Madrid  1861  —  K.  Bartsch,  Ueb.  die  roman.  u. 
deutschen  Tagelieder,  in:  Album  des  litt.  Vereins  in  Nürnberg  1865,  S.  1  ^j 
—  J.  Brakelmanx,  Die  Pastourelle  in  der  nord-  u.  südfranzös.  Poesie,  in : 
Jahrb.  f.  rom.  u.  engl.  Lit.  IX  155  u.  307  —  O.  Schultz,  Das  Verhältniss 
der  prov.  P.  zur  altfrz.,  in:  Ztseh.  f.  rom.  Phil.  \'in  106  —  L.  Römer, 
Die  volksthüml.  Dichtungsarten  der  altprov.  Lyrik,  in:  Stexgel's  Ausg. 
u.  Abh.  Heft  XXVI,  vgl.  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  IX  156  —  P.  Meyer,  Le 
salut  d'amour  dans  les  litteratures  provencale  et  frcse,  in:  Bibl.  de  lEc. 
des  Ch.  6e  serie  HI  1867  —  Roxcoxi,  Lamore  in  Bernardo  di  Venta- 
dom  ed  in  Guido  Cavalcanti.  Bologna  1881,  vgl.  Rom.  XI  427. 

J.  RvTHERFORD,  The  Troubadours,  their  lives  and  their  h-rics  with 
remarks  on  their  influence  social  and  literary.  London  1873  —  F.  Huef- 
FER,  The  Troubadours,  a  history  of  provencal  life  and  literature  in  the 
middle  ages.  London  1878,  vgl.  Rom.  VU  445  —  J.  A.  M.\xiTil's,  Die 
Provence  u.  ihre  Sänger  im  Mittelalter  mit  Hinblick  auf  den  Eiufluss  der 
prov.  Dichter  in  Spanien.  Dresden  1872  —  A.  Meray,  La  vie  aux  temps 
des  cours  d'amour  et  des  trouveres,  croyances,  usages  et  moeurs  intimes  des 
lle,  12e  et  13e  siecles.  Paris  1873,  vgl.  Rev.  crit.  1876,  H  329  —  F.  DiEZ, 
Beiträge  zur  romant.  Poesie.  Berlin  1825  (widerlegt  die  Hj-pothese  der  sog. 
Minnehöfe  —  F.  R.  Cambouliu,  Renaissance  de  la  poesie  prov.  ä  Tou- 
louse au  14  s.  in:  Jahrb.  f.  rom.  u.  engl.  Lit.  III  125,  vgl.  Bibl.  de  l'Ec. 
des  Ch.  5e  Serie  V  51   —   Simox  de  la  Loubeue,   Traite   de  lorigine  des 


1    Ueber  die   Bedeutung  der  Bezeiclmung  "Sirventes«    s.  oben  S.  451 
Anmerkung.  —   2    Vgl.  auch  E.  Stengel  in  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  IX  407. 
Körting,  Encyklopädie  d.  rom.  Phil.  III.  30 


466  I^äs  Provenzalische. 

jeux  floraux  Toulouse  1715  —  PoiTEViN  Peitavi,  Memoires  pour  sen-ir  ä 
l'histoire  des  jeux  Üoraux.  Toulouse  1815  —  J.  Kiino,  Sobre  los  juegos 
florales,  in  Arte,  Mai  1857,  vgl.  MiLÄ,  Trovadores  S.  4S2i  —  E.  Scuwan, 
Die  Entstehung  der  Blumenspiele  von  Toulouse,  in;  Preussische  Jahrbücher 
Bd.  54,  S.  457. 

E.  Freymond,  Jongleurs  u.  Menestrels.  Halle  1S83  Heidelberger 
Habilitationsschrift,  vgl.  Literaturbl.  f.  germ.  u.  rom.  Phil.  V  115  — 
J.  BuuN'ET,  Etüde  des  moeurs  proven^ales,  in;  R.  d.  1.  r.  1882  Sept. 

C.  Sachs,  In  Avelchem  Zusammenhange  steht  die  Kunstpoesie  der  Pro- 
venzalen  mit  der  mittelalterl.  Kunstpoesie  der  Franzosen,  Italiener,  Spanier, 
Portugiesen  u.  Deutschen?  Berlin  1854.  Progr.  der  Louisenstädtischen 
Realsch.  —  E.  Baret,  Les  troubadours  et  leur  influence  s.  la  litterature 
du  midi  de  l'Europe.  2e  ed.  Paris  1867  —  P.  Meyer,  De  l'influenee  des 
troubadours  s.  la  poesie  des  peuples  romans,  in;  Rom.  V  257  —  A.  Graf, 
Provenza  e  Italia.  Turin  1877  (Vortrag)  —  A.  Thomas,  Francesco  Barberino 
et  la  litterature  provencalc  au  moyen-äg9.  Paris  18S3,  vgl.  Giorn.  stör,  della 
lett.  ital.  ^1884),  III  91  —  O.  Schultz,  Die  Leben.sverhältnisse  der  ital. 
Troubadours,   in:    Ztschr.  f.  rom.  Phil.  VII  177,  vgl.  auch  ebenda  IX  406 

—  K.  Bartsch,  Nachahmung  prov.  Poesie  im  Deutschen,  in:  Germ.  I  480 

—  F.  Michel,  Heinrich  v.  Morungen  u.  die  Troubadours.  Ein  Beitrag  zur 
Betrachtung  des  Verhältnisses  zwischen  deutschem  u.  prov.  Minnesang. 
Strassburg  1S80  ;Qu eilen  u.  Forschungen  Heft  '.iS]. 

L.  de  Laincel,  Des  troubadours  aux  felibres.  Etüde  s.  la  poesie  prov. 
Aix  1862  -  B.  Benezet,  Etüde  s.  la  renaissance  des  lettres,  des  sciences 
et  des  arts  ä  Toulouse.  Toulouse  1875  —  B.  Noulet,  Essai  s.  l'hist.  litt, 
des  patois  du  midi  de  la  France  au  XVHI"  s.  Montpellier  1877  —  Gün- 
ther, Ueb.  die  südfrz.  Volks])oesie.  Bernburg  1874  —  Reichlin-Meldegg, 
Ueber  neuprov.  Litt.  Oflenbach  1867  Progr.  d.  Realseh.  —  Saint -Rene 
Taillandier,  La  nouvelle  poesie  prov.,  in;  R.  d.  d.  M.  1.  u.  15.  10.  1859; 
les  destinees  de  la  nouv.  poesie  prov.,  in:  R.  d.  d.  M.  1.  12.  1875;  Etudes 
litteraires.  Paris  1S82  (enthält  ein  1852  geschriebenes  Essay:  Les  premiers 
sym])t6mes  d'une  renaissance  poetique  en  Provence)  —  J.-T.  Bory',  De  la 
poesie  prov.  depuis  les  Troubadours,  in:  L'Abeilho  prouven9alo  de  1858. 
Marseille  u.  Paris  1858  —  *E,  Böhmer,  Die  prov.  Poesie  der  Gegenwart. 
Halle  1870  —  G.  DoRlEUX ,  De  la  renovation  litteraire  en  Provence. 
Paris  1880  —  Sachs,  Zur  neuprov.  Litteratur,  in;  Herrig's  Archiv  LXI  427 

—  A.  Mahn,  Die  neuprov.  Poesie,  in:  Magaz.  f.  d.  Lit.  des  In-  u.  Aus- 
landes 1880  No.  21  —  Roqie-Fekriek,  Le  Felibrigc  h  Aix  et  ä  Mont- 
pellier. Montpellier  1877  (Abdruck  aus  der  R.  d.  1.  r.  Febr.  bis  April  1877; 

—  Kreiten,  Felibres  u.  Felibrige.  Studien  üb.  d.  prov.  Poesie  der  Gegen- 
wart, in:  Stimmen  aus  Maria-Laach  VIII  53,  143,  442,  530,  IX  161,  284, 
392,  502;  AVeihnachten  in  der  Provence,  ebenda  XXIII  492,  XXIV  2ii8 ; 
die  Frohnleichnamsspiele  des  Königs  Rene,  ebenda  VII  84,  217  u.  325  — 
D.  Craig,  Miejour,  or  Proven9al  legend,   life,    language  and  literature  in 


1;  Die  drei  letztgenannten  AVerke  sind  nach  Bartsch,  Grundriss  etc. 
S.  76  Anm.  citirt. 


Das  Provenzalische.  4(37 

the  laiid  of  the  Felibres.  Lüudoii  1^77  —  A\'v.sK-Eo.\Ai'.\UTE,  l.a  poesie 
prov.  dehors  de  la  Provence,  Plyniouth  1870  —  F.  Hemon,  Poetes  pro- 
veiifaux  contemporains.  Koumanille  et  Aubanel,  in:  Rev.  polit.  et  litt.  IS**."*, 
No.  G,  und:  Le  felibripe  et  l'avenir  du  fclibrige  etc.,  ebenda  No.  7  — 
L.  Raiuin.  Jasmin,  sa  vie  et  ses  ctuvres.  Limoges  18G7  —  "NV.  Wkndlkk, 
Jacques  Jasmin.  Zwickau  1^70  Proj;r.  —  MoxTKOND,  Jasmin,  poete  d'Agen. 
Etüde  biograpliique  et  litteraire.  2e  ed.  Lille  1875  —  "Westkniiöffeh, 
Etüde  s.  mistral.  Thun  ^Elsass}  1882  Progr.  —  F.  CllAroT,  Jean  Keboul, 
sa  vie,  ses  ceuvres  etc.  Nimes  1876  —  A.  du  Saussois,  Jean  Reboul, 
ouvrier  poete  ,171)G  1864).  Lyon  1S7S  —  Donnadieu,  Les  pofetes  de  la 
langue  d'oc.  I  "NVilliani-Charles  Bunaparte-Wyse,  in:  R.  d.  1.  r.  1884  Januar. 
4.  Alphabetisches  Verzeichniss  einiger  provenzalischer 
Autoren  u.  Litteraturwerke  mit  Angabe  der  betr.  Ausgaben  u. 
Erläuterungsschriften*).  Agnes  (geistliches  Schauspiel),  Anfang  des 
14.  Jahrh.'s.  G.  80.  II  mistero  prov.  di  S.  A.  Facsimile  in  eliotipia  delV 
unico  ms.  Chigiano  con  prefazione  d'  E.  Monaci.  Rom.  1880,  vgl.  Ztschr. 
f.  rom.  Phil.  IV  615.  Sancta  A.,  prov.  geistliches  Schaus])iel,  herausg.  v. 
K.  Bartsch.  Berlin  1S69,  vgl.  Jahrb.  f.  rom.  u.  engl.  Lit.  XI  335  u.  Rev. 
crit.  1S09  n  1S3.  L.  Cledat,  Le  Mystere  de  S.-A.,  examen  du  ms.  de  la 
bibl.  Chigi  et  de  l'edit.  de  M.  Bartsch.  Extr.  de  la  bibl.  de  l'Ec.  d'A- 
thenes  I  273.  Le  Martyre  de  saiute  Agnes,  mystere  en  vieille  langue  prov. 
Texte  revu  s.  l'unique  ms.  original,  accompagne  d'une  traduction  litterale 
eu  regard  et  de  nombreuses  notes  p.  A.  L.  SARDor.  Paris  1877,  vgl. 
Rom.  VI  295 ;  dazu  von  demselben  Verf.  Supplement  ä  ledit.  du  martyre 
de  s.  A.  Rectifications  et  notes  nouvelles,  d'apres  la  recensiou  faite  p. 
L.  Cledat  et  les  observations  de  C.  Chabaneav.  Nizza  1878  (wie  die  Ausg. 
selbst  erschienen  in  den  Publicationen  der  Societe  des  lettres,  sciences  et 
arts  des  Alpes-Maritimes).  V.  Balaguer,  Un  drame  lyrique  au  XIII«^  siecle, 
trad.  de  l'espagnol  p.  Ch.  BOY.  Lyon  1880,  vgl.  Rom.  IX  176  —  Albin- 
genserkreuzzu  g  s.  Croisade  —  Albingenserkrieg  s.  Guerre  des 
Albigeois.  —  Alexanderfragment  des  Alberich  v.  Besancon 
ßriancon?'  s.  die  Angaben  b.  Sten'GEL,  Ausg.  u.  Abh.  I72ff. ;  ausserdem 
Chahaxeau,  Corrections.  Fragment  du  poeme  s.  Alexandre  d'A.  de  B., 
in:  R.  d.  1.  r.  3«?  serie  t.  III  1880  Aprilheft  u.  ff.;  H.  Flechtxer,  Die 
Sprache  des  Alexanderfragmentes.  Strassburg  1882  Diss.  —  l'Ange  et 
lErmite.  Un  texte  roman  de  la  legende  l'A.  et  l'E.,  in:  R.  d.  1.  r.  3e 
Serie  IV  261,  vgl.  Rom.  X  297  —  Arles.  Loa  Rouman  d'Arles,  p.  p. 
V.  LlEUTAl'D,  in:  Revue  de  Marseille  et  de  Provence  1873,  p.  109,  vgl. 
Rom.  II  379  —  Armana  provencau,  adouba  et  publica  de  la  man  di 
Felibre.  Avignon,  seit  1859  (erscheint  jährlich,  bringt  u.  A.  neuprov.  Poesien) 
—  Arnaut  de  Carcasses  ?.  Novas  del  Papagay  —  Arnaut  Da- 
niel,   ungefähr  11  SO  bis  1200;    G  (No.  29)   18,  38,  43,  60  D  279.    U.  Ca- 


1)  Die  altprov.  Autoren  sind  nach  ihren  Vornamen  geordnet.  Auf 
Bartsch's  Grundriss  ist  durch  einfaches  G  mit  nachgesetzter  Seitenzahl, 
auf  DiEZ'  Leben  und  "Werke  der  Troubadours  durch  einfaches  D  ebenfalls 
mit  nachgesetzter  Seitenzahl    nach  der  2.  Ausg.    verwieser. 

30* 


468  Das  Provenzalische. 

XELLO,  La  vita  e  le  opere  del  trovatore  A.  1).  Halle  18S3,  vgl.  Kom.  XII 
428,  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  VII  582  —  Arnaut  Vidal  de  Castel- 
noudari,  Anfang  des  14.  Jahrh.'s.  G  72,  77  ff.  Guillem  de  la  Barra, 
roraan  d'aventure.  Notice  aceompagnee  d'un  glossaire  p.  p.  P.  M.  Paris  1868, 
vgl.  Tit.  Centralb.  1868.  Spalte  1386  —  Azais,  La  Roso  de  Margarido, 
in:  R.  d.  1.  r.  3^  serie  I  114  —  Bernart  deVentadorn,  ungefähr  1148 
bis  1195,  D  16.  G  No.  70:  32,  42,  61.  J.  Bischoff,  Biographie  des  Troub. 
B.  V.  V.  Berlin  1873,  Göttinger  Diss. ;  B.  v.  V.  u.  A.,  prov.  Lieder,  herausg. 
V.  N.  Delius.  Bonn  1853;  A.  Tobler,  Ein  Lied  B.'s  v.  V.  lanquan  fuel- 
hon  bosc  e  garric  herausg.  u.  erklärt,  in:  Sitzungsberichte  der  Berl.  Akad. 
d.  Wissensch.  Philos.-hist.  Cl.  18S5  XLI;  R.  Hofmeister,  Sprachl.  Unter- 
suchung der  Reime  B.'s  v.  V.  Marburg  1883  (Stengel's  Ausg.  u.  Abh. 
Heft  lOj;  Belsch,  Die  Syntax  des  B.  v.  V.  Berlin  1880.  s.  oben  S.  449; 
RoxcoNi,  L'amore  in  B.  d.  V.  ed  in  Guido  Cavalcanti.  Bologna  1881,  vgl. 
Rom.  XI  427;  G.  Carducci,  ün  poeta  d'amore  del  sec.  XII  'B.  d.  V.), 
in:  Nuova  Antologia,  2»  ser.,  t.  25,  p.  201  u.  t.  26,  p.  3,  vgl.  Rom.  X  309 
—  Bertolomeu  Zorgi  oder  Zorzi,  ungefähr  1250  bis  1270.  D.  398; 
G.  (No.  74)  61.  E.  Leyy,  Der  Troub.  B.  Z.  Halle  1883.  Freiburger  Habili- 
tationsschr. ,  vgl.  R.  d.  1.  r.  1884  Aprilheft,  p.  195;  Elliott  in  American 
Journal  of  Phil.  Y  17  —  Bertran  de  Born,  ungefähre  Blüthezeit  1180 
bis  1195;  D.  148.  G.  (No.  81)  61.  A.  Stimming,  B.  d.  B.,  Leben  u.  Werke, 
mit  Anm.  u.  Gloss.  herausg.  \.  A.  St.  Halle  1879,  vgl.  Ztschr.  f.  rom.  Phil. 
III  409,  Rev.  crit.  1879  No.  26;  L.  Cledat,  Du  röle  historique  de  B.  d. 
B.  Paris  1878,  vgl.  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  IV  430;  M.\ry-Lafox,  B.  d:  B. 
Tableau  historique  militaire  et  litteraire  du  12«  s.  P.  (Jahr?;  V.  Laürens,  Le 
Tyrtee  du  moyen-age  ou  bist,  de  B.  d.  B.  Paris  1863,  2e  ed.  1875;  C.  Sachs, 
Zwei  prov.  Lieder  sprachlich  u.  sachlich  erklärt,  in:  Herrig's  Archiv  XVII 
387;  L.  Cled.\t,  Le  sirventes  Bem  plai  lo  gais  temps  de  pascor,  in:  Rom. 
VIII  268,  und :  Sur  la  date  de  deus  pieces  de  B.  de  B.,  in :  Bibl.  de  l'Ec. 
des  Ch.  XL;  O.  Weddigex,  Metrische  Uebersetzung  eines  I^iedes  von  B. 
d.  B.,  in  Herrig's  Archiv  LXVI  440  —  Bertran  v.  Marseille  s.  Sainte- 
Enimie  —  Bestiaire.  Kressner,  Ueb.  die  Thierbücher  des  Mittelalters 
nebst  einem  Bruchstücke  aus  einer  prov.  Hds.  12.  Buch  des  Elucidari  de 
las  proprietatz  de  totas  res  naturals'  in:  Herrig's  Archiv  LV  241  B  91  —  Bi- 
bel. H.  DE  laCombe,  Fragments  dune  traduction  de  la  B.  en  langue  romane. 
Montpellier  1883  —  Bland  in.  Le  roman  de  lUandin  de  Cornouailles  et 
de  Guillot  Ardit  de  Miramar  p.  p.  la  premiere  fois  p.  P.  Meyer  in  Rom. 
II  170.  C.  (Jhabaxeau,  Notes  critiques  s.  quelques  textes  provencaux  II  Bl. 
de  C,  in:  R.  d.  1.  r.  VHI  (Oct.  1875)  31  B  19  —  Boethiuslied.  Ausgaben: 
Raynou.vrd,  Choix  etc.  II  4;  DiEZ,  Altrom.  Sprachdenk.  39;  Bartsch, 
ehrest,  prov.  *,  1 ;  P.  Meyer,  Recueil  d'anciens  textes  etc.  I  23;  F.  HÜXD- 
GEX,  Das  altprov.  Boethiuslied  unter  Beifügung  einer  Uebersetzung,  eines 
Glossars,  erklärender  Anmerkungen  sowie  grammat.  u.  metrischer  Unter- 
suchungen. Oppeln  1884  ij.  P.  Meyer,  Le  poeme  de  Boece  revu  sur  le  ms., 


1)  Diese  Ausgabe   ist  in  der  Novembernummer  1884  des  Litteraturbl. 
f.  serman.  u.  roman.  Phil,  von  AV.  Meyer  einer  höchst  herben  und  abfäl- 


Das  Provenzalische.  4(39 

in:  Rom.  I  22ti;  E.  Böiimek,  Zum  Boeci ,  in:  Kom.  Stud.  III  i;<3  vgl. 
Ztschr.  f.  rom.  Phil.  II  504  ;  Delius,  in:  Neue  Jen.  Litteraturztg.  1S47, 
p.  744;  E.  Stengel,  in:  Jen.  Litteraturztg.  1875,  p.  6U;  Setteoast,  in: 
Roman.  Forsch.  I  456;  K.  Hofmanx,  Ueb.  die  Quellen  des  ältesten  prov. 
Gedichtes,  in:  Sitzungsberichte  der  bajT.  Akad.  d.  "Wissensch.  Philos.- 
philolog.  Cl.  Sitzung  vom  2.  7.  1S70  —  K.  Boxaparte-'NVyse,  La  Cabela- 
duro  d'or,  pouesio  provencalo.  Montpellier  1S77;  La  cansoun  capouliero 
döu  felibrige  seguido  dun  brinde  pourta  loo  jour  de  Santo-Estello.  Ply- 
mouth  1S77;  La  Soulitudo,  in:  R.  d.  1.  r.  2«  serieIV2SU;  La  Villo  d'Aigo 
morto,  in:  R.  d.  1.  r.,  ebenda  272  —  Breviari  damor  s.  Ermengaud 

—  Bringuier,  Octavian,  geb.  1829,  gest.  1875,  vgl.  Mushacke,  Die 
Mundart  v.  Montpellier,  in:  Französ.  Stud.  IV  331,  Prouvenca,  in:  R.  d. 
1.  r.  I  126;  Un  michant  reve,  in:  R.  d.  1.  r.  II  282;  Lou  Roumieu ,  in: 
R.  d.  1.  r.  III  191,  IV  95;  A  Perpaus  de  Petrarca,  in:  R.  d.  1.  r.  VI 
270  —  Brünier,  vgl.  Mi'shacke,  a.  a.  O.  331.  Imitacioun  anacreountique 
(Amour  mouille  herausg.  v.  L.  Gaidix,  in:  R.  d.  1.  r.  XVI  2'J  —  la 
Calanco,  Recuei  de  literaturo  prouvencalo,  per  lei  felibre  de  la  mar  es- 
colo  de  Marsiho;.  Eme  la  traducion  franceso  vis-ä-vis.  Marseille  1879  — 
J.  Casaix,  Recueil  de  poesies  patoises.  2^  ed.  Tarbes  1879  —  I.  Castel.a, 
Mous  cinquanta  ans,  poueme  sieguit  d'un  aoutre  pugnat  de  farinals.  Mon- 
tauban    1878    —    Cercamon,    blühte   ungefähr   1120   bis  1136;    D  3S.    G 

No.  112),  36,  61.  A.  Mahx,  Der  Troub.  C,  in:  Jahrb.  f.  rom.  u.  engl. 
Lit.  I  83,  vgl.  I  212  u.  XII  239;  P.  Eajxa,  Cercalmon,  car  vei  fenir  a 
tot  dia,  in:  Rom.  VI  115,  vgl.  VIH  126,  vgL  Ztschr.  f.  rom.  PhU.  III  308 

—  Chansons.  Sabatier,  Chansons  hebraico-provencales  des  Juifs  conta- 
dins.  Nimes  1874.  vgl.  Rom.III  498  —  Chirurgie  s.  Roger  de  Parme  — 
Compte.  Galabert,  Compte  pour  une  representation  du  mystere  ä  Cay- 
lus  au  XVe  et  XVI^  s.,  in:  Bull.  arch.  et  bist,  de  la  Soc.  arch.  de  Tarne- 
et-Garonne  VHI  1880;  209,  vgl.  R.  d.  1.  r.  VI  ;18S0  49  —  Croisade 
albigeoise.  G.  16.  Ausgaben:  Fauriel  in  der  CoUection  de  documents 
inedits  s.  Ihist.  de  France,  lere  serie  G.  Paris  1837;  ed.  avec  traduction 
p.  P.  Meyer,  Paris  187579,  2  Bde.  dazu  Notes  additioneUes  in  Annuaire- 
Bull.  de  la  Societe  de  Ihist.  de  France  XVI  286,  vgl.  Rom.  IX  341,.  Fran- 
zös. Uebersetzung :  P.  Meyer,  in  seiner  Ausg.,  Mary-Lafox,  La  croisade 
contre  les  Albigeois,  epopee  nationale  (traduction'.  Paris  1868;  Unter- 
suchungen:   P.  Meyer,   Recherches  s.  les  auteurs  de  la  eh.  de  la  er.  albi- 


ligen  Kritik  unterzogen  worden.  Ich  lasse  hier  ganz  dahingestellt,  in  wie 
•weit  dasLrtheil  des  Recensenten  sachlich  begründet  war,  kann  aber  die 
Bemerkung  mir  nicht  versagen,  dass  der  Ton  der  Receusion  ein  nicht  an- 
gemessener war.  Ein  Anfänger,  der  mit  einer  Erstlingsarbeit  hervortritt, 
wie  dies  bei  H.  der  Fall  war  und  dass  dem  so  war,  wusste  gewiss  Herr 
M.  sehr  wohl  ,  hat  Anrecht  auf  eine  zwar  sachlich  strenge,  zugleich  aber 
doch  auch  wohlwollende  Beurtheilung,  vorausgesetzt,  dass  er  diesen  An- 
spruch nicht  selbst  durch  anmasseudes  Auftreten  verscherzt  hat ,  was  von 
H.  sicherlich  nicht  behauptet  werden  kann.  Mochte  H.'s  Arbeit  noch  so 
viele  Schwächen  haben,  den  Hohn  verdient  sie  nicht,  mit  welchem  M. 
sie  überschüttet  hat,  und  mochte  man  sie  noch  so  sehr  tadebi,  so  war  ihr 
doch  auch  das  Lob  ehrlichen  Fleisses  und  ernsten  Strebens  zu  gönnen. 


470  Das  Provenz  ilische. 

geoise,  in:  Bibl.  de  l'Ec.  des  Ch.  6«  serie  I  401  ;1SC5  ;  Cexac-Moncait, 
De  la  veritable  origine  de  l'auteur  de  la  cansos  de  la  croxada,  im  l'In- 
vestigateur  1868,  und:  Lettre  ä  M.  Paul  Meyer  s.  l'auteur  de  la  chanson 
de  la  croisade  albigeoise  en  particulier  et  s.  quelques  proced.-s  de  eritique 
en  general.  Paris  1869;  P.  Meyer,  Questions  s.  le  poenie  de  la  Croisade 
des  Albigeois,  in:  Rom.  IV  267;  L.  Kraack,  Ueb.  die  Entstehung  u.  die 
Dichter  der  Chanson  de  la  Cr.  eontre  les  Alb.,  in;  Stexgel's  Ausg.  u. 
Abh.  Heft  XV,  vgl.  P.  Meyer,  in:  Rom.  XIII  63G  u.  dagegen  Stengel 
in  der  Nachschrift  zu  Heft  XXXVI  der  Ausg.  u.  Abh.  G.  Guibal,  Le 
poeme  de  la  Croisade  eontre  les  Albigeois  ou  Tepopee  nationale  de  la 
France  du  sud  au  13^  s.  Etüde  bist,  et  litt.  Toulouse  1S63,  vgl.  Heidelberger 
Jahrbücher  1865  Mai.  Vgl.  auch  u.  Dorimunda  u.  Guerre  des  Albi- 
geois —  Daude  de  Pradas,  Anfang  des  13.  Jahrh.'s,  D.  436.  G  (No.  124) 
■15,  52,  61.  Li  auzel  cassador,  p.  p.  C.  Sachs.  Brandenburg  1865  Progr. 
(nur  der  erste  Theil  erschienen)  ,  vgl.  Jahrb.  f.  rom.  u.  engl.  Lit.  VI  343. 
The  romance  of  D.  d.  P.  on  the  four  cardinal  vertues,  ed.  ■with  brief  no- 
tes  by  A.  Stickxey.  Florenz  1879,  vgl.  Rom.  VIII  476,  Ztschr.  f.  rom. 
Phil.  III  427,  R.  d.  l.  r.  3e  serie  II  67,  Litteraturbl.  f.  germ.  u.  rom.  Phil. 
1881.  p.  405  —  Daurel  et  Beton,  chanson  de  geste  provencale,  p.  p. 
P.  Meyer  in  den  Publ.  der  Soc.  des  anc.  textes  frcs  1881  —  Debat 
d'Izarn  etc.  s.  Izajrn  —  Dorimunda  (soll  Verfasserin  der  Chanson  de 
la  croisade  des  Albigeois  sein'.  J.  Malixowski,  D. ,  dame  quercynoi^e, 
poete  du  XIL"  s.,  im  Bull,  de  la  Soc.  des  Etudes  du  Lot  VI  (1*^80  574, 
vgl.  R.  d.  l.  r.  1880  April,  p.  35  —  Epitre  f arcie.  G.  11.  Epistel  auf 
den  Evangelisten  Johannes,  Bruchstück  herausg.  in  den  Publicationen  der 
Societe  agricole  et  litteraire  des  Pyrenees- Orientales.  Perpignan  1866, 
P.  Meyer,  in  der  Revue  des  societes  savantes  des  departements ,  4«  serie 
V  300.  Vgl.  auch  Planch  de  Saint-Etienne  —  Epitre  de  saint  Paul 
aux  Ephesiens  et  Histoire  de  sainte  Susanne  en  provencal,  p.  p.  J.  Wollen- 
berg, in:  Herrig's  Archiv  XXVIII  Heft  1  —  Ermengau  s.  Matfre  — 
Esther.  E.  Sabatier,  La  reine  E.,  trage Jie  proven;ale.  Reproduction  de 
l'edition  de  1774  avec  introduction  et  notes.  Nimes  1877,  vgl.  Rom.  VI 
300  —  Evangelium  Johannis.  G.  12.  Prov.  Uebers.  des  13.  bis  17.  Kap. 
des  |Ev.  Job.  herausg.  v.  K.  Hofmann,  in:  Gelehrte  Anzeigen  d.  KgL  bayr. 
Akad.  d.  AVissensch.  1858  Juli,  p.  73  u.  81  ;  L'ev.  selon  s.  Jean  en  vieux 
prov.  p.  p.  J.  "Wollenberg.  Berlin  1868  Progr.  des  frz.  Gymn. ;  l'ev.  selon 
s.  Jean  en  prov.  du  XIII i"  s.  p.  p.  W.  Förster  in  :  R.  d.  l.  r.  2^  serie  V 
105  u.  157.  Ueber  die  Kindheitsevan<?elien  s.  Kindheit  —  Fabel.  P. 
Rajna,  Frammento  di  una  raccolta  di  favole  in  prov.,  in:  Rom.  III  291. 
La  Mouche  et  la  Fourmi,  conte  prov.,  in:  Rom.  I  107.  H.  Laidet,  Les  fa- 
hles de  Lafontaine  traduites  librement  ou  imitees  en  vers  provencaux  et 
mises  ä  la  portee  de  toutes  les  intelligences.  Marseille  1S79.  Ueber 
Peire  Cardenal's  Fabel  (sennos  vgl.  G.  47  —  Favre,  l'abbc,  geb.  1727» 
gest.  1782  zu  Celleneuve,  Dichter  in  der  Mundart  von  Montpellier,  vgl- 
Mushacke,  die  M.  v.  M.,  in:  Frz.  Stud.  IV  3'iO.  Die  Quivres  completes  des 
Abbe  F.  erscheinen  gegenwärtig  (1885)  in  3  Bänden  im  Verlag  von  Coulet 
zu  Montpellier —  Fierabras.  G  15.  Ausg.  des  prov.  F.  von  J.  Bekker  in: 


Das  Provenzalische.  471 

AbluUjrg.  dir  Bcrl.  Akad.  d.  AViss.  Is2*t.  F.  Sai  iis,  l'rov.  Epos  (Fierabras), 
in:  Herrijj's  Archiv  20  Heft  '1.  K.  HoK.MANN  u.  G.  Raist,  Zum  prov.  F.,  in: 
Komau.  Forsch.  I  IIT.  Vgl.  oben  S.  317  —  Flamenca.  G  10.  Kaynoiard, 
Notice  d'un  poeme  prov.  Fl.  Paris  1835  (Extr.).  Hist.  litt.  XIX  TTli.  Le 
roman.  de  Fl.  publie  d'apres  le  ms.  unique  de  Carcasconne  trad.  et  acconi- 
pagne  d'un  glossaire  p.  P.  Meyer.  Paris  1805,  vgl.  Jahrb.  f.  rom.  u.  engl. 
Lit.  VII  lOS  u.  VIII  113,  Gott.  Gel.  Anz.  1866  S.  176.  Cii.  Keyillüut,  de 
la  date  possible  du  rom.  de  Fl.,  in:  li.  d.  1.  r.  VIII  (Üctober  1875)  5,  vgl. 
Kom.  V  122.  F.  "\V.  Hekmaxni,  die  culturgeschichtl.  Momente  des  prov. 
Komans  Fl.,  in:  Stexüel's  Ausg.  u.  Abb.  Heft  IV  —  Folquet  v.  Lunel, 
geb.  1244,  lebte  noch  1284.  D  478.  G  iNo.  154)  48.  Eichelkravt  ,  der 
Troub.  F.  V.  L.  (Ausgabe  Göttingen  (Berlin)  1872  —  Folquet  v.  Mar- 
seille, dichtete  1180  bis  1195,  starb  1231.  J)  193.  G  (No.  155)  32,  36,  42, 
Ol.  S.  Pratsch,  Biogr.  des  Troub.  F.  v.  M.  Göttingen  1879  Diss.  Ueber 
die  Nachahmung  F. 's  v.  M.  durch  lludolph  v.  Fenis,  vgl.  Bartsch,  in: 
Ztschr.  f.  dtsches.  Alterth.  XI  u.  Pfalz  ebenda  XVIII  —  Francesco  da 
Barberino.  A.  Thomas,  F.  da  B.  et  la  litterature  prov.  en  Italic  au 
moyen  age.  Paris  1S83  —  Garins  li  Bruns.  G  (No.  163)  50,  61,  Bartsch, 
G.  d.  B.,  im  Jahrb.  f.  rom.  u.  engl.  Lit.  III  399  —  Gaucelm  Faidit, 
ungefähr  1190  bis  1240.  D  293,  328.  G  (No.  167)  32,  34,  61.  P.  Meyer, 
das  Leben  des  Troub.  G.  F.  Heidelberg  1S79  Diss.  A.  Tobler,  Ein  Minne- 
sänger der  Provence,  iii:  Neues  SchAveizerisches  Museum  V  (18Ö5)  1.  Vgl. 
Giorn.  stör.  III  38').  IV  2ü3  —  Geoffroy  s.  Jaufre  —  Girartz  de  Ros- 
silho.  G  4,  14  f.  Hist.  litt.  XXII  107.  Hdss.  u.  Ausgg.:  1)  Hds.  der  Bod- 
leiana  in  Oxford,  Canon,  misc.  63;  diplomat.  Abdruck  mit  Bemerkungen  v. 
"W.FÖRSTER,  in:  Rom.  Stud.Vl;  Abdruck  der  ersten  3190  Verse  bei  Mahn, 
Gedichte  d.  Troub.  No.  300  u.  401.  2;  Pariser  Hds.  Bibl.  nat.  fonds  fran- 
cais  2180,  anc.  7991.  Ausg.  von  C.  Hofmaxn.  Berlin  1855  57  diese  Ausg. 
mit  der  Hds.  neu  verglichen  v.  F.  Apfelstedt,  in:  Rom.  Stud.  V  283,  u.  v. 
Fr.  Michel.  Paris  1856.  3,  Londoner  Hds.  Bibl.  Harleiana  4334.  Diplomat. 
Abdruck  von  J.  Stürzixger,  in:  Rom.  Stud.  V  203  vorher  auch  in  Michels 
Ausg.  S.  285  abgedruckt  .  4  Fragment  v.  Passy,  im  Besitze  von  P.  Meyer, 
Abdruck  eines  Stückes  davon  im  Jahrb.  f.  rom.  u.  engl.  Litt.  XI  120. 
Eine  kritische  Ausgabe  der  Dichtung  fehlt  leider  noch  immer.  Ueber- 
setzung:  G.  d.  R.,  chanson  de  geste,  traduite  p.  la  premiere  fois  p. 
P.  Meyer.  Paris  1884.  Erläuterungsschriften:  R.  Heiligbrodt,  Synopsis 
der  Tiradenfolge  in  den  Hdss.  des  G.  d.  R.,  in:  Rom.  Stud.  IV  121; 
K.  Müller,  Die  Assonanzen  in  G.  d.  R.,  nach  allen  erreichbaren  Hdss. 
bearbeitet,  in:  Französ.  Stud.  IH  289;  P.  Meyer,  Etudes  s.  la  chanson 
G.  de  R.,  in:  Bibl.  de  l'Ec.  des  Ch.  1860  Sept.  u.  Oct.,  vgl.  Jahrb.  f. 
rom.  u.  engl.  Litt.  XII  110;  P.  Meyer,  La  legende  de  Girart  de  R.  Texte 
latin  et  ancienne  traduction  bourguignonne,  in:  R.  VII  101;  P.  Meyer, 
»dia«  dans  G.  de  R.,  rectification  ä  Diez,  in:  Rom.  V  113;  K.  Hofmaxn, 
Zur  Erklärung  u.  Chronologie  des  G.  de  R.,  in:  Rom.  Forsch.  I  137; 
A.  LONGNüN,  G.  de  R.  dans  l'histoire,  in:  Revue  historique  1878,  p.  242, 
vgl.  Rom.  Vin  138;  R.  Köhler,  Die  Beispiele  aus  Geschichte  u.  Dich- 
tung in  dem  altfrz.  Romane  von  G.  de  R.,  in:  Jahrb.  f.  rom.  u.  engl.  Spr. 


472  Das  Provenzalische. 

u.  Lit.  XIV  1;  E.  Clekc,  G.  de  11.,  recit  du  IX  s. ,  d'apres  les  textes 
originaux  et  les  dernieres  decouvertes  faites  en  Franche-Conite ,  avec  les 
plans  des  champs  de  bataille  de  Chäteau-Chalons  et  de  Portalier.  Paris 
1869;  Kaxxegiesser,  Ueb.  G.  de  R.,  in:  Herrig's  Archiv  XXIV  369;  K. 
ScHWEPPE,  Etudes  s.  G.  de  R.,  suivies  de  la  partie  inedite  du  ms.  d'Ox- 
ford.  Stettin  1878  Diss. ,  vgl.  Rom.  VIII  128;  De  Guberxatis,  G.  de  R., 
in:  Rev.  internationale  II  6;  Hent.'^CHKE,  Die  Verbalflexion  im  Oxforder 
Roland.  Halle  18S3.  Breslauer  Diss.  Altfranzösischer  Versroman  von  G.  de 
R. ,  herausg.  von  Migxard.  Dijon  185S,  vgl.  Journal  des  Savants  1860 
April.  G.  M.  Breuer,  Sprachl.  Untersuchung  zu  G.  de  R.,  herausg.  v. 
Mignard.  Bonn  1884  Diss.  Chroniques  des  falz  de  feurent  Monseigneur 
G.  de  R.,  ä  son  vivant  duc  de  Bourgoigne  et  de  dame  Berthe,  sa  femme  etc., 
que  ISIartin  Besancon  fist  escripre  en  l'an  MCCCCLXIX  p.  p.  la  premiere 
fois  etc.  p.  L.  DE  Moxtille.  Paris  1880,  vgl  Rom.  IX  314)  —  Goudelin 
oder  Goudouli,  Pierre,  geb.  zu  Toulouse  1579,  gest.  ebenda  1649.  Aus- 
gaben seiner  lyrischen  Dichtungen  in  prov.  Sprache  erschienen  1648,  167S, 
1693.  Kannegiesser.  Ueb.  d.  prov.  Dichter  G.  nebst  Uebersetzungsproben 
seiner  Gedichte,  in:  Herrig's  Archiv  XXVII  Heft  1;  E.  Marzials,  Chant 
royal,  translated  from  the  Provencal  of  P.  G. ,  in:  The  Academy  1880, 
Juli  30  —  Ch.  Gro.s,  l'Aoutouna  de  la  vida,  l'Oumbra  de  Charles  Martel, 
lou  cant  daou  latin.  Montpellier  1S79,  la  Maire  e  l'Enfant,  in:  R.  d.  1.  r. 
3e  Serie  I  130  —  Guerre  des  Albigeois  Prosaauflösung  der  Chanson 
de  la  Croisade  des  A.;  G.  64.  Ausgaben:  Vaissette,  Hist.  de  Languedoc 
t.  III,  Preuves,  p.  1;  BoUQrET,  Recueil  des  historicns  des  Gaules  XIX  114: 
Histoire  anonyme  de  la  guerre  des  Albigeois.  Nouv.  ed.  revue  et  corrigee 
s.  l'edit.  des  benedictins  etc.  Avec  vm  glossaire  etc.  par  un  indigene.  Tou- 
louse 1863.  Uebersetzung  von  Gl'izOT,  in  der  Colleotion  des  memoires  XV  1 
—  Guerre  de  Navarre  s.  Guillem  Anelier  —  Guillem  Anelier 
G  No.  204  17.  Glsi,  G.  A.  v.  Toulouse,  vier  prov.  Gedichte  »Rügeliederj 
herausg.  von  A.  Gisi.  Solothurn  1877,  vgl.  Ztschr.  f.  roni.  Phil.  II  130. 
Histoire  de  la  guerre  de  Navarre,  p.  avec  une  traduction  et  des  notes.  p. 

F.  Michel.  Paris  1856  'in  der  Collection  de  documents  inedits  sur  l'hist. 
de  Fr.  Serie  I  Ji.)  R.  Diehl,  G.  A.  v.  Toulouse,  der  Dichter  des  zweiten 
Theiles  der  Albigenser  Chronik.  Marburg  1S85  (in  Stengels  Ausg.  u. 
Abb.  Heft  XXXVL  —  Guillem  de  la  Barra  s.  Arnaut  Vidal  —  Gu- 
illem del  Baus.  D  219.  G  No.  2o9  62.  Ein  Facsimile  der  Biographie 
G.'s  d.  B.  ist  in  der  Sammlung  Monaci's  gegeben  —  Guillem  de  Ber- 
guedan.  D  182,  343.  G  No.  210)  41,  62.  G.  de  B.,  Lieder,  herausg.  v. 
A.  Keller.  Mitau  1849.  K.  Sacils,  Beiträge  zur  prov.  Poesie  idrei  Lieder 
G.'s  de  B.  übersetzt  u.  commentirt ,  in:  Herrig's  Archiv  XV  245.  Bart.sch, 

G.  V.  B.,  in:  Jahrb.  f.  rom.  u.  engl.  Lit.  VI  236  u.  VIII  126  —  Guillem 
de   Cabcstaing,    starb   zwischen    1181    u.    1196.    D  67.    G   iNo.  213)    62. 

F.  Hüefer,  Der  Trob.  G.  de  C,  sein  Leben  und  seine  "Werke,  nebst  Ausg. 
seiner  Lieder.    Berlin  1869  Diss.  E.  Besciinidt,  Die  Biographie  des  Trob. 

G.  de  C.  u.  ihr  historischer  Werth.  Marburg  1879  Diss.,  vgl.  Litteraturbl. 
f.  germ.  u.  rom.  Phil.  I  65,  Giorn.  di  filol.  rom.  II  75.  V.  Balagver,  G. 
de  C,  in:  Rev.  du  Monde  latin  V  228    —    Guillem  Figueira.   1)  454. 


Das  Provenzalischc.  -J7;{ 

G  No.  217  3;<,  l)-2.  E.  Lew,  G.  F..  ein  prov.  Troub.  'entliiilt  aucli  eine 
Ausg.  der  Lieder.  Berlin  18S0  Diss. ,  vgl.  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  IV  43S, 
Rom.  X  2()1.  P.  Rajna,  Un  serventese  contro  Koma  ed  un  canto  alla 
vergine,  in:  Giorn.  di  fUol.  rem.  I  84  u.  II  73  —  Guill em  IX  v.  Poito, 
reg.  1087  bis  1127.  1)  3.  G  No.  1S3)  15,  35,  61.  Die  Lieder  G.'s  IX, 
Grafen  v.  Peitieu,  herausg.  v.  Holl.wd  u.  Kelleu.  Tübingen  1S5U. 
K.  Bartsch,  l'eb.  das  Leben  u.  die  "Werke  Wilhelms  IX,  Grafen  v. 
Poitiers.  Hildesheim  1S79,  vgl.  Litteraturbl.  f.  germ  u.  rom.  Phil.  188u, 
S.  Iü9;  M.  Sachse,  üeb.  das  Leben  u.  die  Lieder  des  Troub.  Wilh.  IX, 
Graf  V.  Poitou.  Leipzig  1880  Diss.  K.  Bartsch,  Der  älteste  Troub.,  in: 
Magaz.  f.  Lit.  des  In-  und  Auslandes  1883;  L.  Palustre,  Histoire  de 
Guill.  IX  dit  le  troubadour,  duc  d' Aquitaine.  Paris  1882  ,'Extr.  des  Mem. 
de  la  Soc.  des  antiqu.  dd'Ouest;:  P.  Ra.ixa,  La  Badia  di  Niort,  in:  Kom. 
VI  249  —  Guiot  V.  Provins«.  G.  19.  G.  v.  P.,  altfrz.  u.  deutsch  nebst 
AVörterb.  herausg.  v.  "SVolfart  u.  San  Marte.  Halle  1861.  L.  Eisentraut, 
Grammatik  zu  G.  v.  P.  Kassel  1872  —  Guiraldenc,  gest.  1869,  vgl_ 
Mushacke.  Die  Mundart  v.  Montpellier  in  Franz.  Stud.  IV  331,  Poesies 
languedociennes,  p.  p.  Koque-Ferrier,  in :  R.  d.  1.  r.  (bei  Mushacke  fehlt 
die  Angabe;  XVII  220,  XVIII  90,  XXII  80,  89,  2S1 ,  283,  285,  289  — 
A.  Guiraud,  geb.  1778,  gest.  1849  (ob  identisch  mit  dem  französ.  Dra- 
matiker gleichen  Namens?',  vgl.  Mushacke  a.  a.  O.  330,  verfasste  zwei 
Dramen  »La  Font-Putanella«,  aufgeführt  1S08  zu  Montpellier,  u.  »Que  i'a 
de  nöu«,  beide  herausg.  von  A.  Glaize,  in:  R.  d.  1.  r.  IV  142,  321,  634  — 
Güiraut  Riquier,  ungefähr  von  1250  bis  1294.  D  408.  G  (No.  248)  35, 
30,  37,  39,  48,  49.  Bartsch,  Ueb.  d.  prov.  Dichter  G.  R.,  in:  Herrig's 
Archiv  XMI  137  —  Honorat.  G  23  u.  88.  P.  Meyer,  La  vie  latine  de 
s.  H.  et  Raimon  Feraud,  in:  Rom.  VIH  481  u.  633,  vgL  Ztschr.  f.  rom. 
Phil.  III  611.  S.  Hosch,  Ueb.  die  Quellen  u.  das  Verhältniss  der  prov.  u. 
der  lat.  Leben.sbeschreibung  des  hl.  H.  Berlin  1877  Diss.,  vgl.  Ztschr.  f.  rom. 
Phil,  n  136;  E.  STENGEL,  Die  wieder  aufgefundene  Quelle  von  Raimon  Fe- 
rauts  prov.  Gedicht  auf  d.  hl.  H.  u.  der  1501  gedruckten  lat.  Vita.  s.  Hono- 
rati,  in :  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  II  584 ;  Roque-Ferrier,  Sur  un  miracle  de  la 
»vida  de  sant  Honorat"  et  sur  la  data  probable  de  la  composition  du  »Sant 
Hermentari«,  in:  R.  d.  1.  r.  1881  Nov.;  Raimon  Feraud,  La  vida  de  sant 
Honorat,  legende  en  vers  provencaux  p.  p.  la  premiere  fois  en  son  entier 
par  les  soins  et  aux  frais  de  la  Societe  des  lettres,  sciences  et  arts  des 
Alpes-Maritimes  avec  de  nombreuses  notes  explicatives  par  A.  L.  Sakdou. 
Nizza  1S75,  vgl.  Rom.  V  237;  E.  Stengel,  La  leggenda  die  San  Porcario 
secondo  il  cod.  1102  della  bibl.  municipale  di  Lyon,  rifacimento  del  libro  V 
della  Vida  di  Sant  Honorat  di  Raimon  Feraut,  in:  Giorn.  di  filol.  rom. 
I  216  —  Izarn.  G  16.  Las  novas  del  heretge,  zum  Theil  gedruckt  b.  Ray- 
NOUARD,  Choix  etc.  V  228  u.  b.  Bartsch,  Chrest.  *  187.  Le  debat  d'Izarn 
et  de  Sicart  de  Figueiras,  p.  p.  P.  Meyer,  in:  Annuaire-BuUetin  de  la 
Soc.  de  l'hist.  de  France  XVI  (1879),  233,  vgl.  Rom.  IX  340,  Litteraturbl. 
f.  germ.  u.  rom.  Phil.  18S0,  S.  260  u.  320,  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  IV  582  — 
Jaufre  de  Pons.  G  No.  261.  C.  Chabaneau,  Les  troubadours  Renaud  et 
Geoffrov  de  Pons.  Paris  1881  (Extr.  du  Courrier  litteraire  de  lOuest  1880 


474  I^äs  Provenzalische. 

Nov.  u.  Dec.)  —  Jaufre.  Le  roman  de  J.  Hist.  litt.  XXII  224.  Bartsch, 
Grundriss  17  f.;  gedruckt  mit  zahlreichen  Lücken  b.  Kaynouard,  Lexique  I 
4S,  vgl.  C.  HüFMANN,  Sitzungsberichte  der  Münchener  Akad.  d.  AVissensch. 
Philos.-hist.  Cl.  18G8  II  167  u,  343;  ein  Stück  kritisch  edirt  b.  Bartsch, 
ehrest.  4.  Ausg.  247.  O.  Petry,  Le  r.  d.  J.  Beiträge  zur  altprov.  Lit.  Rem- 
scheid 1873  Progr.  —  Jaufre  Rudel  1140  bis  1170.  D  46.  G  (No.  262) 
62.  A.  Stimmino,  J.  R.,  sein  Leben  u.  seine  "Werke.  Kiel  1873  —  Kind- 
heit. Reinsch,  Die  Pseudo-Evangelien  von  Jesu  u.  Maria's  Kindheit  in 
der  roman.  u.  germ.  Litt.  Halle  1879.  Kressner,  Die  prov.  Bearbeitung 
der  Kindheit  Jesu,  in:  Herrig's  Archiv  58,  291  u.  59,  33.  E.  Slchier, 
Ueb.  prov.  Bearbeitungen  der  Kindheit  Jesu  in:  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  VIII 
522  (Liber  de  infantia  Mariae  et  Christi  salvatoris  ed.  O.  Schade.  Halle 
1S69;  —  Lais.  G  38.  K.  Bartsch,  Zwei  prov.  Lais,  in:  Ztschr.  f.  rom. 
Phil.  I  58 ;  Zu  den  prov.  L.,  ebenda  II  75  —  Lambert.  Bethlehem,  aus 
den  neuprov.  Liedern  des  Pfarrers  Lambert  ausgewählt  u.  frei  übertragen 
von  Kreitex.  Freiburg  1882  —  Lapidaire,  P.  Meyer,  Fragments  inedits 
d'un  lap.  prov.,  in:  Jahrb.  f.  rom.  u.  engl.  Lit.  IV  78  —  Legende.  Graf, 
Un  testo  prov.  della  legenda  della  croce ,  in :  Giom.  di  filol.  rom.  IV  99. 
G  §§  7.  20.  37.  47.  54,  vgl.  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  VII  168  —  Leys  d'a- 
mors.    G   90.    Ausg.  v.   Gatien   Arnoult.    Toulouse  1841,    3  Bde.,    vgl. 

F.  Wolf,  Studien  etc.  235.  Toblek,  Die  L.  d'a.,  in:  Jahrb.  f.  rom.  u. 
engl.  Lit.  VIII  353  —  Leudaire.  F.  Pasquier,  Leudaire  de  Saverdun 
(14.  dec.  1327)  in:  R.  d.  1.  r.  3e  serie  II  105,  vgl.  Rom.  IX  156  —  Lu- 
dus  sancti  Jacobi.  G  86.  Arnaud,  L.  s.  J.,  fragment  de  poeme  prov. 
p.  p.  A.  Marseille  1S5S,  vgl.  Jahrb.  f.  rom.  u.  engl.  Lit.  III  196  —  Lu- 
quet  Gatelus  (Luchetto  Gattilusio,  G  No.  290.  T.  Casixi,  Un  trovatore 
ignoto  del  secolo  XIH,  in:  Rassegna  settimanale  1880,  Juni  6,  vgl.  Rom. 
IX  489  u.  X  324  —  Marcabrun,  1140  bis  1185.  D  37.  G  (No.  293)  35, 
62.  SucHiER,  Der  Troub.  M.  in  Jahrb.  f.  rom.  u.  engl.  Spr.  u.  Lit.  N.  F. 
II  119  u.  273,  vgl.  Rom.  VI  119  u.  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  1479.  P.Meyer, 
M.,  in:  Rom.  VI  119,  vgl.  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  11  186.  C.  Chaha.xeav,  in: 
Rom.  VIII  125  —  Marguerite  d'Oyngt.  CEuvres  de  M.  d'O.,  prieure  de 
Poleteins,  p.  p.  E.  Philipox.  Lyon  1877,  vgl.  Rom.  VII  142  —  Matfre 
Ermengau.    G   (No.    297,i,    45,   53.    Le   Breviari    d'amor   de  M.  E.   p.    p. 

G.  AZAIS.  Paris  1862/81  2  Bde.,  vgl.  Jahrb.  f.  rom.  u.  engl.  Lit.  IV  421 
u.  C.  Sachs,  Das  prov.  Gedicht  Br.  d'a.  des  M.  E. ,  in:  Herrig's  Archiv 
XXV  413,  XXVI  40,  XXXIII  247;  R.  AVeisse,  Die  Sprachformen  M.  E.'s, 
in:  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  VII  390  —  A.  Mathieu,  I-a  Farandoulo,  poesie 
proven9ale  avec  trad.  frcse  et  avant-])ropos  de  F.  Mistral.  2*^^  cd.  Avignon 
1868  —  Merlin.  CnAB.^XEAT,  Traductiou  i)roven9ale  du  roman  de  M., 
in:  R.  d.  1.  r.  1882  Se])t.  —  MiRACLE.  ULRICH,  Miracles  de  Notre-Damc 
en  prov.,  in:  Rom.  VIII  12;  CHILI),  Sur  le  m.  de  Jesus-Christ,  in:  Rom. 
VUI  428;  Mi's.-^AFIA,  Sui  »Miracles  de  Notrc-Dame  en  prov.«,  in:  Rom.  IX 
300  —  Mistral,  Frederic,  s.  oben  S.  459.  Französ.  Uebers.  der  Mireio 
(Mireille)  in  Versen  von  E.  RiGAvn,  3«^  ed.  Paris  18s2  u.  von  C.  Hexxion. 
Tours  1879.  Deutsche  Uebers.  v.  Frau  B.  M.  Dorieix-Brotheck.  Heil- 
bronn 1880,    vgl.   Magaz.    f.   Lit.   des  In-  u.  Auslandes  1S81.   Üriginalaus- 


Das  Provenzalische.  475 

gaben  der  Mireio  sind  (mit  frz.  Vrosaübersetzungl  in  Paris  bei  Charjuntier 
erschienen.  F.  Mistrals  Calendau.  Aus  dem  Prov.  von  J.  "Wkstknuökfek. 
1.  Gesang.  Mülhausen  i.  E.  ISS«.  J.  Saint-Kkmy,  Mi.stral.  Gap  1883.  W. 
Gi.AiZK,  Mistral  ä  Toulouse,  in:  K.  d.  1.  r.  3»'  scrie  11  194.  Lina  Schneider, 

F.  M.,  in:  Magaz.  f.  Litt,  des  In-  u.  Ausl.  1879  —  Mönch  v.  Montau- 
don,  1180  bis  12Ü0.  1)  270.  G  (No.  30.-))  33,  40,  62.  Hist.  litt.  XVIII  5(15. 

G.  M.  Baubieui,  Deir  origine^della  pocsi:\  rimata.  Modena  1790,  S.  lol. 
F.  PiiiLirrsoiiN,  Der  M.  v.  M.,  ein  prov.  Troub.,  sein  I-eben  u.  seine  Ge- 
dichte, bearbeitet  u.  erläutert  mit  Benutzung  uncdirter  Texte  etc.  Halle 
1873  Diss.,  vgl.  Gott.  Gel.  Anz.  1871,  I  278.  SrcuiER  im  Jahrb.  f.  rom.  u. 
engl.  Spr.  u.  Lit.  XIII,  N.  F.  I  339.  O.  Klein,  Die  Dichtungen  des  M.  v.  M., 
neu  herausg.  v.  O.  K.  Marburg  1885.  (Stengel's  Ausg.  u.  Abh.  VII); 
E.  Sabatieu,  Le  Moine  de  Montaudon.  Nimes  1879  —  Mysterien.  Cha- 
EANEAl",  Fragments  d'un  mystere  provencal  decouverts  ä  Perigueux,  in: 
Bull,  de  la  Soc.  hist.  et  arch.  du  Perigord ,  vgl.  Korn.  IV  152.  P.  Rajna, 
In  nuovo  mistero  provenzale  in  Giorn.  di  filol.  rom.  III  lUü,  vgl.  R.  d. 
1.  r.  '6^  Serie  IV  199  u.  llevue  des  Soc.  sav.  des  dep.  6^  serie  III  (1876) 
429.  A.  Thomas,  Le  m.  de  la  Passion  ä  Martel  (Lot)  en  1526  et  1536,  in: 
Rom.  Xni411.  Vgl.  auch  Agnes,  Ludus  Jacobi  u.  Saint  Eustache. 
—  Nobla  Leyczon.  G  84.  E.  M.\TZNER,  La  n.  1.  mit  Einleitung,  Uebers. 
u.  Anni.  herausg.  Berlin  1845.  Progr. ;  C.  DÜHR,  La  n.  1.,  Text  u.  Uebers. 
nebst  meist  etymolog.  Noten  Friedland  1869  Progr.;  Ebrard,  Ueb.  das 
Alter  der  n.  1.,  in:  Ztschr.  f.  hist.  Theol.  1864,  S.  316,  vgl.  ebenda  1865, 
S.  160  u.  506  (vgl.  auch  oben  S.  438  u.  463  die  Litteraturangaben  üb.  die  "NVal- 
denser)  —  NovasdelPapagai,  Novelle  des  Arnaut  de  Carcasses,  herausg. 
v.  Bartsch,  Chrest.*  259;  G  21.  A.  Weseloffsky  ,  Un  nouveau  texte  des 
Novas  del  p.,  in:  Rom.  Vn327,  vgl.  Riv.  di  fil.  rom.  I  36  —  Passion.  G" 
u.  22.  La  Passion  du  Christ,  poeme  prov.,  p.  p.  Edström.  Götaborg  1877, 
vgl.  Rom.  VI  613.  Marius  Sepet,  La  Passion  du  Sauveur,  mystere  prov.  du 
Xm«"  s.  in  L'Union  1880,  März  2<),  vgl.  R.  d.  1.  r.  18S0  April  bis  Juni,  vgl. 
Mysterien  —  Pastourellen.  G  36.  Lew,  Une  past.  prov.,  in:  R.  d.  1.  r. 
3«^  Serie  t.  A'II  Febr.  J.  Bkakelmann,  Die  Past.  in  der  nord-  u.  südfrz. 
Poesie,  in:  Jahrb.  f.  Vom.  u.  engl.  Lit.  IX  155  u.  307.  O.  Schultz,  Das  Ver- 
hältniss  der  prov.  P.  zur  altfrz.,  s.  ob.  S.465  —  Paulet  deMarseilla,  um 
1260.  D  471.  G  (No.  319)  37.  E.  Levy,  Le  troubadour  P.  de  M.,  in:  R. 
d.  1.  r.  18S2  Juni  —  Peire  Cardinal,  121(i  bis  ungefähr  1231.  I)  359. 
G  (No.  335;  33,  47,  62.  Chabaneau,  Sur  un  vers  de  P.  C,  in :  R.  d.  1.  r. 
3«  Serie  II  108,  vgl.  Rom.  IX  159  (Cll.  will  atre  v.  agrum  ableiten  .  F.  W. 
Maus,  P.  C.'s  Strophenbau  in  seinem  Verhältnisse  zu  dem  anderer  Trou- 
badours etc.,  in  Stengel's  Ausg.  u.  Abh.  Heft  V  —  Peire  de  Corbiac. 
G  (No.  338)  37,  52.  C.  Sachs,  Le  tresor  de  P.  de  C.  en  vers  prov.  p.  p. 
C.  S.  Brandenburg  1859.  Progr.  d.  Realsch.  —  Peire  Regier,  \\''(\  bis 
1180.  D  79.  G  (No.  356  62.  C.  Appel,  Das  Leben  u.  die  Lieder  des  Troub. 
P.  R.  Berlin  1882  Diss.  —  Peire  Vidal,  1175  bis  ungefähr  1215.  D  125. 
G  (No.  364,  32,  34,  42,  62.  P.  V.^s  Lieder  herausg.  von  K.  Bartsch.  Berlin 
1857.  P.  Mey'ER,  Explication  de  la  piece  de  P.  V.  »Drogoman  seiner,  s'agues 
bon  destrier",  in:  Rom.  II  423  —  J.  Petit,  Flors  y  espines,  cansous  novas. 


476  l^as  Provenzalische. 

Perpignan  18T9  —  Plainte.  Ch.  Bemont  et  P.  Meyer,  Plainte  du  vi- 
comte  de  Soule  contre  Simon,  comte  de  Leicester.  Texte  vulgaire  du  pays 
de  Soule  in  Rom.  V  367  —  Pons  de  Capdoill,  1150  bis  ll'JO.  I)  207. 
G  (No.  375)  34,  41,  63.  M.  v.  Napolsky,  Leben  u.  Werke  des  Troub. 
P.  de  C.  Marburg  (Halle)  1880  Diss.,  vgl.  Rom.  X  261.  Vgl.  oben  Guillem 
de  Figueira  —  Prise.  La  P.  de  Damiette  en  1219,  relation  inedite  prov., 
publ.  et  commentee  p.  P.  Meyer.  Paris  1877,  Abdruck  aus  Bibl.  de  lEe. 
des  Ch.  t.  37  (1877j  497.  P.  Meyer,  De  captione  Damiatae  fragm.  provin- 
ciale.  Ed.  et  versione  gallica  ornavit.  Accedit  prophetiae  cuiusdam  ara- 
bicae  in  Latinorum  castris  ante  Dam.  vulg.  versio  quadruplex.  Genf  1879, 
vgl.  R.  d.  1.  r.  3e  Serie  III  289,  Lit.  Centralbl.  1880  No.  30  —  loa  Franc 
Provencau,  Almanac  de  la  Provence.  Droguignan,  seit  1876  —  Psalmen. 
Chabaneau,  Traduction  des  psaumes  de  la  penitence  en  vers  prov.  in: 
R.  d.  1.  r.  1881  (Mai),  209  —  Raimbaut  de  Vaqueiras,  1180  bis  1207. 
D  216.  G  (No.  392)  34,  38,  39,  41,  63.  K.  Hopf,  Bonifaz  v.  Montferrat, 
der  Eroberer  v.  Konstantinopel,  u.  der  Troub.  R.  de  V.,  herausg.  v. 
L.  Streit.  Berlin  1877.  Facsimile  der  Biographie  des  R.  de  V.  nebst  einer 
Canzone  desselben  in  Monaci's  Sammlung.  Rom  1881.  Las  frevols  venson 
le  plus  fort  etc.  Nach  Paris.  Bibl.  nat.  F.  frc.  850  fol.  etc.  herausg.  v. 
A.  Tobler).  Berlin  1882  (als  Mnnuscript  gedruckt  gelegentlich  eines  Vor- 
trags in  der  Gesellschaft  f.  neuere  Sprachen).  G.  Cerrato,  II  »bei  cavaliere« 
di  R.  de  V.,  in:  Giornale  storico  IV  81.  Chabaneau,  Sur  deux  vers  de 
R.  de  V.,  in:  R.  d.  1.  r.,  3e  serie  VII  (1882  Mai)  240  —  Raimon  de 
Castelnou.  G  No.  396,  vgl.  Bartsch,  in:  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  VII  160 

—  Raimon  Feraut.  G  22,  23,  52,  s.  oben  Honorat  —  Raimon  Vidal. 
[G  (No.  411)  21,  66],  lebte  in  der  ersten  Hälfte  des  13.  Jahrh.'s;  didactische 
Eizählung  vom  Verfalle  der  Poesie,  abgedruckt  b.  B.VRTScn,  Denkmäler  144 

—  Rainaut  de  Pons.  G  (No.  414)  63.  Chabaneau,  Les  troubadours  Re- 
naud  et  Gcoffroy  de  Pons.  Paris  1881  —  Rambertino  Buvalelli.  T.  Ca- 
siNi,  La  vita  e  le  poesie  di  R.  B. ,  trovatore  del  sec.  XIII.  Bologna  1880. 
(Aus  dem  Propugnatore  t.  XII  [1879],  p.  II ,  S.  82)  Le  rime  provenzali  di 
R.  B.,  trovatore  bolognese  del  sec.  XIII  (ohne  Namen  des  Herausgebers). 
Florenz  1885.  Per  nozze  Venturi-Casini  —  Recettes,  E.  Bondurand, 
Fragment  de  recettes  medicales,  in:  Rom.  XH  100  —  Renard.  Lou  R. 
prov.,  rouman  en  douge  cant  acampa,  adouba  e  publica  per  lou  felibre 
d'Entre-Mount.  Aix  1878  —  Richard  de  Berbezill  (Barbezieux ). 
G  (No.  421)  63.  A.  Thomas,  R.  de  B.  et  le  Novellino,  in:  Giorn.  di  filol. 
rom.  t.  III  (Juli  l&80j  12,  vgl.  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  VII  163  —  Roger 
de  Parme.  G  68.  A.  Thomas,  La  Chirurgie  de  R.  de  P.  en  vers  prov., 
in:  Rom.  X  63,  vgl.  Häser,  Geschichte  der  Medicin.  2  Ausg.  Jena  1853, 
1341  —  Roumanille,  Joseph,  s.  oben  S.  459.  Li  Margarideto  1847. 
Le  Campano  mountado  1857.  Lis  oubreto  en  vers  1859,  2^'  ed.  1864.  Lou 
Mege  de  Cucugnan  1863.  Lis  entarro  chin  galejado  boulegarello  1874.  Con- 
tes  provencaux.  Avignon  18S3.  Begründer  des  felibristischen  Organes  Ar- 
mana proven9au,  seit  1S59.   J.  Saint-Remy,  Joseph  Roumanille.  Gap  1883 

—  Roumieux,  Louis,  aus  Nimes,  Dichtungen  in  der  R.  d.i.  r.  2«  serie 
111(1877)  144,  IV  83,   283;  ausserdem:  I-a  Cigalo,   cansour.  Avignon  1877. 


Das  Provenzalische.  477 

La  Toumo.  Arles  1^77.  A.  Jean  Keboul.  Nimes  Ib'l.  Uno  tistu  de  fanüho. 
Avignon  1S77  u.  a.  m.  —  Rouviere,  L6on,  geb.  1810,  gest.  184S, 
Dichter  in  der  Mundart  von  Montpellier,  vgl.  Mi'SIIACKe  a.  a.  O.  p.  '.VSl. 
Travestie  des  ersten  Buches  der  Aeneide  in  R.  d.  1.  r.  XIX  183,  242;  »La 
Couqueta  daou  Inlache  la  coquettc  du  village«  u.  »Lou  Poutou  lebaiscr«, 
in:  R.  d.  1.  r.  XIX  251  —  Saboly,  Nicolas,  geb.  zu  Monteux  (Vaucluse) 
1614,  gest.  zu  Avignon  1675.  P.  Faurv,  Saboly,  etude  litteraire  et  histo- 
rique,  avec  un  examen  du  ms.  conserve  ä  la  bibl.  dlnguimbert.  Carpen- 
tras  1S76.  Biaxcey,  Centenaire  de  S.  Discours  prononce  ä  la  seance  so- 
lennelle  de  la  soc.  litt.  d'Apt,  tenu  ä  Monteux  le  31  aoüt  1875.  Avignon 
1S78  —  Saint-Amador ,  V.  Lieutavd,  La  vida  de  S.-A.,  texte  prov. 
inedit  du  14  s. ,  p.  p.  V.  L.  Marseille  1S78,  siehe  auch  unten  S.  önO  — 
Saint-Andre.  J.  Fazy.  Le  mystere  de  St.-A.  par  Marcellin  Riehard,  1512, 
decouvert  en  lb7S  et  publie  avec  une  introduction  etc.  p.  J.  F.  Aix  1SS3, 
vgl.  Rom.  XIII  134  —  Saint-Ben  ezet.  La  vie  de  St-B.,  texte  prov.  du 
13  s.,  accompagne  des  actes  en  latin,  d'une  traduct.  et  de  notes  bist,  par 
J.  H.  Albaxes.  Marseille  1S76.  F.  Lefort,  La  legende  de  s.  Benezet  etc. 
Le  Mans  1S7S  'Abdruck  aus  der  Rev.  des  quest.  bist.  1878  April  I)  — 
Sainte-Douzeline.  G  5S.  La  vie  de  s.  D.,  composee  au  13«?s.  en  langue 
prov.,  publ.  p.  la  premiere  fois  avec  la  trad.  frcse  et  une  introduct.  crit. 
et  bist,  par  J.  H.  Albanes.  Marseille  1879,  vgl.  R.  d.  1.  r.  3^  serie  IV  20 

—  Sainte-Enimie.  G  23.  La  vie  de  s.  E.  p.  p.  C.  Sachs.  Berlin  1857, 
vgl.  Germania  III  383.  Cox.stans,  Quelques  mots  s.  la  topographie  du 
pöeme  prov.  intitule:  Vie  de  s.  E. ,  in:  R.  d.  1.  r.  3^  serie  II  No.  11  12  — 
Saint-Etienne,  GIO.  Planch  de  Sant  Esteve,  abgedruckt  b.  Raynouard, 
Choix  etc.  II  146,  Bartsch,  Chrest.^  21,  vgl.  P.  Meyer  in  Rev.  des  so- 
cietes  sav.  des  dep.  4«  serie  V  299.  L.  Galdin,  Epitres  farcies  de  s. 
Et.  en  langue  romane,  in:  R.  d.  1.  r.  11  133.  G.  Paris,  Une  epitre  frcse 
de  s.  E.  provencalisee,  in:  Rom.  I  363,  vgl.  X  218  —  Sainte-Euphro- 
syne  (Castissima;.  A.  Boucherie,  La  vie  de  s.  E.  Paris  1872  (Extr. 
de  la  R.  d.  1.  r.j,  vgl.  Rom.  I  238  —  Sainte-Fides  v.  Agen  u.  v.  Ro- 
vergue) ,  vgL  Bartsch,  Grundriss  S.  S  —  Saint-Eu  stäche.  P.  GuiL- 
LAVME.  Le  mystere  de  s.  E.,  in:  R.  d.  1.  r.  3'"  serie  VII  105  März  1SS2  u. 
folgende  Monate  —  Sainte-Marguerite.  Vie  de  s.  M.  en  vers  romans 
p.  p.  XoULET.  Toulouse  1S75  Extr.  des  Mem.  de  TAcad.  des  scienc,  in- 
script.  et  belles-lettres  de  Toulouse,  7^  serie  t.  VII,  —  Sainte-Marie. 
Vie  des  saintes  M.  Jacobe  et  M.  Salome,  suivies  d'une  novaine  et  de  quel- 
ques cantiques  populaires,  p.  p.  Tabbe  Moreau.  Montpellier  1ST9  — 
Sainte-Marie-Madeleine.  Chabaxeau,  S.-M.-M.  dans  la  litt.  prov.  I.  Vie 
de  s.  M.-M.  extraite  d'une  traduct.  prov.  de  la  Legenda  aurea,  in:  R.  d. 
1.  r.  3e  Serie  IX  105  1883  März  u.  folgende  Monate  —  Secretum. 
ReDvSCH,  Ueb.  das  secretum  seoretorum  des  Pseudo- Aristoteles  ah  Quelle 
eines  noch  unveröffentlichten  prov.  Gedichtes,  in:  Herrig's  Archiv  LXVIII  9 

—  Sermons.  P.  Meyer,  Sermons  limousins,  in:  Jahrb.  f.  rom.  u.  engl. 
Lit.  VII  74.  Chabaneau,  Sermons  et  preceptes  religieux  en  langue  doc, 
in:  R.  d.  \.  r.  XVIII  105  Sept.  1880;  u.  XXII  155  (Oct.  1882)  P.  Meyer, 
Une  homelie  prov.  du  XV  s.,  in:  Bull,  de  la  soc.  des  anc.  text.  1883  II  61. 


478 


Das  Provenzalische. 


Armitage,  Sermons  du  12  s.,  en  vieux  prov.  p.  p.  F.  A.  Heilbronn  1884 
—  Sibylle.  G  ^3.  MiLÄ  Y  Fontanals,  El  canto  de  la  Sibila  en  lengua 
de  oc,  in:  Rom.  IX  353  —  Sorts.  CHABAXEAr,  Les  sorts  des  apötres,  p.  p. 
B.  DusAN  1866  (wo?  s.  R.  d.  1.  r.  t.  XIX  63);  par  Jolibois  in  den  Noten 
zu  N.  Peyuat's  Histoire  des  Albigeois  t.  lH;  par  Chabaxeau.  Paris  1881, 
dazu  Addition  in:  R.  d.  1.  r.  XIX  63  (Febr.  1882)  —  Tenzone.  K.  HoF- 
MAXN,  Ein  prov.  Ineditum  ^Tenzone  von  Aycard  u.  Girard)  in:  Roman. 
Forsch.  I  135  —  Virgil.  A.  BouciiERiE,  Fragment  dun  commentaire  s. 
Virgile,  tire  d'un  ms.  de  Montpellier  du  lU«  s.,  in:  R.  d.  1.  r.  VI  415,  vgl. 
Rom.  IV  145. 

Schlussbemerkung.  So  begreiflich  es  auch  ist,  class 
die  Studierenden  der  neueren  Philologie  sich  vorwiegend  mit 
dem  Französischen  beschäftigen,  und  so  gewichtige  praktische 
Gründe  sich  auch  hierfür  geltend  machen  lassen ,  so  ist  es 
doch  eine  beklagen swerthe  vmd  gerade  auch  auf  das  Studium 
des  Französischen  höchst  nachtheilig  zurückwirkende  Einseitig- 
keit, wenn,  wie  häufig  geschieht,  der  Studierende  die  Beschäf- 
tigung mit  den  übrigen  romanischen  Sprachen  völlig  vernach- 
lässigt, denn  er  versperrt  sich  dadurch  den  Weg  zur  wirklichen 
wissenschaftlichen  Erkenntniss  gerade  des  Französischen.  Zum 
Mindesten  sollte ,  wer  französische  Philologie  studiert ,  das 
Provenzalische  als  die  dem  Französischen  nächstverwaudte  und 
mit  ihm  in  engsten  und  vielseitigsten  Beziehungen  stehende 
Sprache  in  den  Kreis  seines  Studiums  einbeziehen.  Sehr  wün- 
schenswerth  wäre,  dass  dies  durch  das  Prüfungsreglement  ge- 
radezu gefordert  würde ,  da  eben  das  Studium  des  Provenza- 
lischen  eine  iiotliAvendige  Ergänzung  z\i  demjenigen  des  Fran- 
zösischen bildet.  Freilich  wird  hierbei  vorausgesetzt ,  dass 
zuvor  die  unnatürliche  Verkoppelung  des  Französischen  mit 
dem  Englischen  im  akademischen  Studium  gelöst  werde,  denn 
so  lange,  wer  die  volle  LehrbefUhigung  im  Französischen  er- 
strebt, diese  auch  im  Englischen  zu  erlangen  sich  zu  bemühen 
pflegt ,  wird  man  es  dem  Studirenden  der  neueren  Philologie 
nicht  verargen  können ,  wenn  er  nach  Möglichkeit  auf  Fran- 
zösisch und  Englisch  sich  beschränkt :  hat  er  doch  auch  in 
dieser  Beschränkung,  weil  sie  zugleich  eine  Zersplitterung  in 
sich  schliesst,  noch  wahrlich  Arleit  genug!  Und  auch  von 
denjenigen  der  akademischen  Professoren  der  Neuphilologie, 
Avelche  noch  immer  das  llomanische  und  das  Englische  zu 
vertreten  haben,   kann,  da  sie  doch  eb.n  auch  nur  Menschen 


Da3  Catalanische.  479 

sind  lind  nur  über  eine  menschlich  begrenzte  J^eistungsfähig- 
keit  verfügen,  billigerweise  nicht  erwartet  werden,  dass  sie  in 
ihren  Vorlesungen  und  Uebungen  neben  dem  Französischen 
und  dem  Englischen  auch  noch  dem  Provenzalischen  eine 
eingehendere  Berücksichtigung  zu  Theil  werden  lassen.  Dazu 
langen  Kraft  und  Zeit  nicht  aus.  In  Zukunft  wird  es  gewiss 
sich  als  nothweudig  herausstellen,  an  den  Universitäten  neben 
der  jetzt  schon  bestehenden  einen  Professur  für  rom.  liiilo- 
logie  uoch  eine  zweite  zu  errichten,  um  die  erforderliche  Ge- 
sammt  vertretiini?  dieser  Wissenschaft  zu  erreichen. 


Zweites    Kapitel.') 
Das  Catalauische. 

§   1.    Das  Gebiet  des  Catalanischen. 

1.  Das  Gebiet  des  Catalanischen  umfasst:  a;  die  frühere 
Grafschaft  Catalonien  [die  jetzigen  spanischen  Provinzen:  Tar- 
ragona,  Barcelona,  Gerona,  Lerida):  b  das  frühere  Königreich 
Valencia  'die  jetzigen  spanischen  Provinzen:  Alicante,  Valen- 
cia, Castellon);  c  die  balearischen  Inseln;  d  die  Pityusen : 
e)  die  frühere  Grafschaft  Roussillon  ungefähr  jetziges  Departe- 
ment des  Pyrenees-Orientales; :  [f)  einen  kleinen  Bezirk  (Al- 
ghero    auf  der  Insel  Sardinien].    Vgl.  Xo.   3. 

2.  Die  Zahl  der  Einwohner  der  genannten  Gebiete  be- 
trägt nach  der  Zählungr  von   ISS 3: 


Catalonien: 

Tarragona 
Barcelona 
Gerona 
Lerida 

339  904 
S53  5S6 
301  536 
2S6  041 

Valencia : 

Alicante 
Valencia 
Castellon 

423  445 
703  260 
299  352 

Balearen  u. 

Pitv 

usen 

302  152 

Dep.  des  Pyrenees-Orienta 

les: 

2uS  S55 

Sa. 

3  71S  131 

1,   Die   zu   diesem   Kapitel    gehörigen    Litteraturangaben    sind  in   deoi 
letzten  Paragraphen  desselben  zusammengestellt. 


480  -Dä^  Catalanische. 

Die  Gesamratzahl  der  catalanisch  Redenden  ist  mithin 
eine  verhältnissmässig  beträchtliche,  aber  freilich  ist  zu  lieach- 
ten.  dass  das  Catalanische  nirgends  die  alleinherrschende  Spra- 
che ist,  sondern  in  seinem  Hauptgebiete  das  Spanische  als 
Umgangssprache  neben  sich  und  als  Amtssprache  über  sich  hat. 

3.  Im  Mittelalter  gehörte  auch  Aragonien  dem  catalani- 
schen  Sprachgebiete  an,  oder  vielmehr  bildete  das  Aragone- 
sische  ein  zwischen  dem  Catalanischen  und  dem  Castiliani- 
schen  liegendes  Mittelidiom.  Vermuthlich  hat  im  Mittelalter 
das  Catalanische  auch  jenseits  der  Pyrenäen  sich  beträchtlich 
weiter  als  gegenwärtig  erstreckt. 

§  2.  Bemerkungen  über  die  Geschichte  des  Ca- 
talanischen  (vgl.  auch  unten  §  7). 

1.  Auch  die  wenigen  ältesten  erhaltenen  catalanischen 
Sprachdenkmäler  ^ein  Planctus  S.  Mariae  virginis  \ind  ein 
Planctus  Sancti  Stephani]  reichen  nur  in  das  13.,  bezw.  in 
das  12.  Jahrhundert  hinauf:  die  darüber  hinausliegende  Sprach- 
geschichte ist,  M'enigstens  noch  gegenwärtig,  in  vollständiges 
Dunkel  gehüllt.  Es  scheint ,  dass  in  prälitterarischer  Zeit 
Provenzalisch  und  Catalanisch  eine  Spracheinheit  gebildet  ha- 
ben ,  welche  durch  Weiterentwickelung  von  mundartlichen 
Verschiedenheiten  erst  später  in  eine  Zweiheit  sich  spaltete. 
Jedenfalls  aber  steht  seit  Beginn  der  litterarischen  Zeit  das 
Catalanische  dem  Provenzalischen  als  zwar  nah  verwandte, 
aber  doch  selbständige  Schwestersprache  gegenüber ,  ist  ihm 
nicht  als  Dialect  untergeordnet.  Von  dem  Spanischen  aber 
scheidet  sich  das  Catalanische  ebenso  scharf  wie  das  Proven- 
zalische,  so  dass  von  einem  Dialectverhältnisse  zwischen  Ca- 
talanisch und  Spanisch  gar  nicht  die  Rede  sein  kann. 

2.  Die  Sprache,  welche  der  (vom  13.  bis  zum  Ki.  Jahr- 
hundert blühenden)  altcatalanischen  Littcratur  als  Organ  diente, 
zeigt  ungefähr  den  gleichen  Grad  der  Ausbildung  wie  die 
provenzalische  und  ist  von  der  letzteren  in  ihrer  Entwickelung 
zweifellos  beeinflusst  worden.  Wie  das  Altprovenzalische,  so 
scheint  auch  das  Altcatalanische  eine  schriftsprachliche,  über 
die  Dialecte  sich  erhebende  Gestaltung  besessen  zu  haben. 

3.  Schon  die  frühzeitig  1137)  erfolgte  politische  Verbin- 
dung  Catalonions,    bzw.    der  Grafschaft   Barcelona    mit    dem 


Das  Catalanischc.  4gl 

Königreiche  Aragonien  -vvar  der  selhstiiudigeu  Entwickelung 
der  eatalanischeu  Sprache  insofern  nachtheilig,  als  dadurch, 
weil  Aragonien  von  jeher  castilianischem  Spracheinfiusse  zu- 
gänglich war,  diesem  auch  Zugang  in  das  eigentlich  catala- 
nischc Gehiet  eröftnet  wurde.  Indessen  ward  doch  die  Selb- 
ständigkeit des  Catalanischen  noch  nicht  direct  bedroht.  Dies 
geschah  vielmehr  erst  durch  die  im  Jahre  1479  vollzoffene 
^'ereinigung  der  Königreiche  Aragonien  und  Castilien  zur 
spanischen  Monarchie,  indem  deren  Schwerpunkt  von  Anfang 
an  nach  Castilien  fiel  mid  dadurch  das  Castilianische  bald  zu- 
nächst amtlich ,  dann  auch  litterarisch  zur  herrschenden  Stel- 
lung gelaugte.  Wiederholte  Versuche  der  Catalonier,  inner- 
halb des  spanischen  Staates  sich  eine  provinciale  Autonomie 
und  damit  die  Möglichkeit  einer  nationalen  Entwickeluna"  zu 
gewinnen,  scheiterten  und  hatten  nur  die  immer  wachsende 
Steigerung  castilianischen  Druckes  und  Einflusses  ziu-  Folge; 
namentlich  seit  dem  spanischen  Erbfolgekriege ,  in  welchem 
Catalonien  sich  für  den  habsburgischen  Prätendenten  erklärt 
hatte ,  wurde  von  den  siegreich  gebliebenen  Bourbonen  das 
Land  fast  wie  eine  eroberte  Provinz  behandelt.  Der  politische 
Niedergang  Cataloniens  zog  denjenigen  der  Sprache  nothwen- 
dig  nach  sich ,  es  wurde  dieselbe  aus  den  höheren  Sphären 
des  Gebrauches  mehr  und  mehr  durch  das  Castilianische  ver- 
drängt und  folglich  in  die  bescheidene ,  oft  auch  verachtete 
Stellung  eines  Provinzialdialectes  verwiesen. 

4.  Die  mit  dem  Beginne  des  Jahrhunderts  eintretende 
Wandelung  der  politischen  Verhältnisse  Spaniens  und  deren 
bis  zur  Gegenwart  herabreichende  wechselvolle  Weiterentwicke- 
lung verlieh  den  Cataloniern  die  Möglichkeit ,  ihrer  Nationa- 
lität sich  wieder  bewusst  zu  werden  und  nationale  Eigenart 
auch  auf  dem  sprachlichen  xuid  litterarischen  Gebiete  wieder 
mit  Erfolg  zu  pflegen.  So  war  dem  Catalanischen,  ganz  ähn- 
lich wie  dem  Provenzalischen,  von  den  zwanziger  Jahren  des 
Jahrhunderts  ab  eine  Renaissance  beschieden,  welche  gegen- 
wärtig noch  in  voller  Entfaltung  begriö'en  ist  und  eben  des- 
halb zu  einem  endgültigen  Ergebnisse  noch  nicht  geführt  hat. 
Wie  dasselbe  einst  ausfallen  werde,  muss  ganz  dahingestellt 
bleiben.  Nur  das  Eine  dürfte  jetzt  schon  mit  Bestimmtheit 
vorauszusagen  sein,    dass  der  Sieg   des  Catalanismus  über  das 

Körting,  Encyklopädie  d.  rom.  Phil.  III.  31 


482  Das  Catalanische. 

Castilianische  nur  dann  errungen  werden  wird,  wenn  Catalo- 
nien  auch  die  politische  Selbständigkeit  erlangt,  denn  so  lange 
der  spanische  Staat  als  eine  Einheit  besteht ,  wird  die  castili- 
sche  Sprache  auch  in  Catalonien  die  Sprache  der  Verwaltung 
und  aller  über  die  provinzialen  Interessen  hinausgehenden  Be- 
strebungen in  Wissenschaft  und  Litteratur  bleiben  und  blei- 
ben müssen. 

Das  nächste  und  sehr  wohl  erreichbare  Ziel  des  Catala- 
nismus  sollte  die  bislang  noch  vermisste  Fixirung  einer  all- 
gemeinen Schriftsprache  sein,  da  bis  jetzt  in  der  neucatalani- 
schen  Litteratur  noch  allzu  sehr  dialectische  Sonderbestrebungen 
und  individuelle  Einfälle  sich  geltend  machen  und  folglich 
der  Zustand  der  Litteratursprache  noch  ein  schwankender  und 
unfertiger  ist. 

§  3.  Bemerkungen  über  die  Geschichte  der  ca- 
talanischen  Philologie. 

1.  Wie  das  Provenzalische ,  so  ist  auch  das  Catalanische 
bereits  im  späteren  Mittelalter  Gegenstand  von  für  damalige 
Zeit  wissenschaftlich  zu  nennenden  Untersuchungen  und  Dar- 
stellungen gewesen,  wovon  eine  Reihe  noch  jetzt  erhaltener 
grammatischer  und  poetischer  Tractate  Zeugniss  ablegt,  vgl. 
die  Litteraturangaben  in  §  9,  No.  2. 

2.  Die  neuere  catalanische  Philologie  hebt,  soweit  Cata- 
lonien selbst  in  Betracht  kommt,  an  mit  des  Jose  Ballot  y 
ToRRES  »Gramätica  y  apologia  de  la  lengua  cathalana«  (1815), 
des  D.  Felix  Amat  »Memorias  para  ayudar  ä  formar  un  Dic- 
cionario  critico  de  los  escritores  catalanes^)  y  dar  alguna  idea 
de  la  antigua  y  moderna  literatura  de  CataluSa»  (Barcelona 
1835).  Sowohl  Ballot  y  Torres  als  auch  Amat  waren  befangen 
in  einseitiger  Ueberschätzung  des  Catalanischen  und  in  einer, 
freilich  auch  von  Raynouard  vertretenen,  inigen  Anschauung 
von  dem  Verhältnisse  zwischen  Catalanisch  vmd  Provenzalisch. 
Ueberhaupt  litt,  wie  begreiflich,  die  beginnende  neucatalanische 
Philologie,  ebenso  wie  der  ganze  entstehende  Jungcatalanis- 
mus ,    an    einer  grossen  Ueberschwänglichkeit ,    und   liat  auch 


1)  Als  »escritores  catalunes«  betrachtet  Amat  alle  aus  der  Grafschaft 
Catalonien ,  nicht  aber  aus  dem  Königreich  Valencia  gebürtigen  Schrift- 
steller, gleichgültig  welcher  Sprache  sich  dieselben  bedienten. 


Das  Catalanischc.  4g3 

später  sich  nicht  immer  völlig-  davon  frei  zu  halten  vermocht. 
Nicht  übersehen  darf  aber  werden,  dass  einerseits  die  verhält- 
nissmässig  grosse  politische  Bedeutung ,  welche  (das  mit  Ara- 
gonien  vereinigte)  Catalonien  während  des  späteren  Mittelal- 
ters besass,  die  Gefahr  der  Ueberschätzung  catalanischer  .Spra- 
che und  Litteratur  sehr  nahe  legte ,  und  dass  andererseits 
die  zwischen  Catalanisch  und  Provenzalisch  bestehenden  ensren 
Beziehungen  zu  der  Meinung  verführen  konnten ,  dass  beide 
Sprachen ,  bzw.  beide  Litteraturen  eine  Einheit  bilden  und 
als  solche  eine  führende  Stelhmg  innerhalb  des  Romanischen 
besitzen.  Und  ausserdem  ist  nicht  zu  vergessen,  dass  ein  neu 
erwachendes  Nationalbewusstsein  nie  die  Befähigung  zu  kriti- 
scher Abschätzung  der  nationalen  Vergangenheit  und  nationa- 
len Bedeutsamkeit  besitzt. 

In  die  Bahnen  einer  wenigstens  einigermassen  nüchter- 
nen und  rein  wissenschaftlichen  Forschung  wurde  die  catala- 
nischc Philologie  durch  Antomo  de  Bofarull  geleitet,  ob- 
wohl auch  dieser  Gelehrte  keineswegs  frei  war  von  nationalen 
Illusionen  und  überdies  nie  auch  einen  gewissen  Dilettantis- 
mus verleugnete ;  seine  bedeutsamsten  Leistungen  sind  die 
akademische  Rede  »la  lengua  catalana  considerada  historica- 
mente«  (1857)  und  das  Compendium  »Estudios,  sistema  gra- 
matical  y  crestomatia  de  la  lengua  catalana«  (1864).  Der  Werth 
beider  Schriften  Avürde  ein  weit  erheblicherer  sein,  wenn  der 
Verfasser  mit  den  Ergebnissen  der  deutschen  Wissenschaft, 
namentlich  aber  mit  Diez'  Grammatik,  vertraut  gewesen  wäre. 

Mit  grösserem  Erfolge ,  als  die  Grammatik ,  wurde  die 
Litteraturgeschichte  des  Catalanischen  gepflegt.  In  dieser  Hin- 
sicht haben  sich  namentlich  F.  R.  Cambouliu  durch  seinen 
»Essai  s.  Ihistoire  de  la  litterature  catalanecf  (1858)  und  Mila 
Y  FoNTANALS  duTch  Sein  grosses  und  nicht  bloss  für  das  Ca- 
talanischc bedeutende  Werk  »Los  trovadores  en  Espana«  (1861) 
grosse  und  bleibende  Verdienste  erworben.  *) 

Unter  deA  noch  gegenwärtig  thätigen  catalanischen  Phi- 
lologen catalanischer  Nationalität  dürfte  IVLvriang  Aguilo  y 
FusTFR,    der  rührige  und  einsichtige  Herausgeber  älterer  Lit- 


1    MiL.v  Y  FoNTAXALS  ist  auch  Verfa.sser  werthvoUer,  weil  besonnener 
"Estudios  de  lengua  catalana«  'vlS75,. 

31* 


484  Das  Catalanische. 

teraturdenkmäler  in  der  »Biblioteca  catalana«  seit  1S71)  der 
bedeutendste  sein. 

3.  Ausserhalb  Cataloniens  ist  für  catalanische  Philologie 
bis  jetzt  verhältnissmässig  nur  wenig  gethan  worden.  Am 
meisten  noch  in  ])eutschland.  Diez  hat  in  seiner  Grammatik 
von  der  zweiten  Auflage  ab  auch  das  Catalanische  berücksich- 
tigt, freilich  nur  sehr  nebensächlich  in  Bemerkungen,  welche 
den  Abschnitten  über  das  Provenzalische  angefügt  sind. 
A.  MrssAFiA,  K.  HoFMANN,  W.  FÖRSTER  u.  A.  haben  altcata- 
lanische  Texte  herausgegeben,  und  der  erstgenannte  von  ihnen 
hat  dem  von  ihm  edirten  Texte  (die  catal.  metrische  Version 
der  sieben  weisen  Meister)  eine  höchst  werthvolle  grammati- 
sche Einleitung  vorausgeschickt.  Um  die  Geschichte  der  ca- 
talanischen  Litteratur  haben  sich  insbesondere  A.  Helfferich, 
A.  Ebert  und  K.  Bartsch  durch  inhaltsreiche  Monographien, 
Essays  und  Recensionen  verdient  gemacht.  Noch  immer  aber 
fehlen  soAvohl  in  sprachlicher  wie  in  litterargeschichtlicher 
Hinsicht  zusammenfassende  grössere  Arbeiten. 

In  Frankreich  hat  namentlich  P.  Meyer  dem  Catalani- 
schen  seine  Aufmerksamkeit  gewidmet  und  die  Kenntniss  des- 
selben durch  manche  schätzbare  Publication  in  der  Romania 
und  anderen  Zeitschriften  gefördert.  Neben  P.  Meyer  ist  un- 
ter den  französisch  schreibenden  Romanisten  namentlich  A. 
Morel-Fatio  auch  für  das  Catalanische  thätig,  leider  aber  in 
einer  etwas  zersplitterten  Weise,  welche  ihn  zu  einer  wirklich 
bedeutenden  Arbeit  noch  nicht  hat  gelangen  lassen. 

Die  ausserhalb  Cataloniens  der  catalanischen  Philologie 
gewidmeten  Arbeiten  haben  bis  jetzt  ausschliesslich  das  Alt- 
catalanische  zum  Gegenstande;  das  Neu  catalanische  ist  trotz 
des  grossen  Interesses,  welches  es  darbietet,  noch  völlig  ver- 
nachlässigt, harrt  also  noch  —  hoffentlich  nicht  mehr  lange  — 
der  wissenschaftlichen  Erforschung  vgl.  die  Anmerkung  zu 
§  9).  Aber  auch  auf  dem  Gebiete  des  Altcatalanischen  warten 
noch  wichtige  und  dankbare  Aufgaben  der  Bearbeitung. 

§  4.  Bemerkungen  über  die  Dialecte  des  Cata- 
lanischen. 

Das  gegenwärtige  Catalanische  umfasst  drei  Hauptdia- 
lecte:  1.  das  Ostca t alanische  Ostcatalonien),  2.  das  West- 
catalanische   (West-  und   Südwestcatalonien   und  Valencia), 


Das  Catalanische.  495 

3.  das  IJaleariseh  e.  Die  beiden  continentalen  Dialecte  un- 
terscheiden sich  namentlich  dadurch,  dass  der  östliche  ira  Ge- 
gensatze zu  dem  westlichen  tonloses  o  mit  c  \ind  tonloses  it 
mit  0  mischt    vgl.   Eom.   IV  2S9  . 

Jeder  der  Hauptdialecte  zerfällt  wieder  in  Vnternuuul- 
arten.  von  denen  diejenige  Barcelonas  die  wichtigste  ist  und 
die  berechtigtste  Anwartschaft  auf  die  Erhebung  zur  allgemei- 
nen nationalen  Schriftsprache  besitzen  dürfte. 

Innerhalb  des  l^alearischen  sind  die  Mundarten  der  bei- 
den grössten  Inseln.   Mallorca  und  Minorca.   die  bedeutsamsten. 

§  5.  Bemerkung  über  den  "Wortschatz  des  Ca- 
talanischen. 

Mit  dem  Castilianischen  theilt  das  Catalanische  den  Besitz 
zahlreicher  arabischer  Worte.  Das  Altcatalanische  ist,  wie  in 
anderen  Beziehungen,  so  auch  in  seinem  Wortschatze  durch 
das  Provenzalische.  weit  mehr  aber  noch  das  Neucatalanische 
in  dem  seinigen  durch  das  Castilianische  beeinflusst  worden. 
Namentlich  die  Sprache  des  gewöhnlichen  Lebens,  einschliess- 
lich der  in  den  Zeitungen  gebrauchten  Sprache,  ist  durchsetzt 
mit  Castilianismen.  Indessen  haben  die  besseren  Autoren  mit 
Erfolg  auf  eine  Reinigung  der  Sprache  hingearbeitet,  und  es 
darf  gehofft  werden,  dass  die  einst  zu  voller  Ausbildung  ge- 
langte catalanische  Schriftsprache  auch  in  lexicalischer  Hin- 
sicht die  geziemende  nationale  Selbständigkeit  besitzen  werde. 
§  G.  Bemerkungen  über  die  Laute  des  Catala- 
nischen.    . 

In  lautlicher  Beziehung  nimmt  das  Catalanische  eine  Mit- 
telstellung zwischen  dem  Provenzalischen  und  dem  Castilia- 
nischen  ein.  Als  charakteristische  Eigenarten  des  Catalani- 
schen  mögen  folgende  hervorgehoben  werden:  1.  Lat.  (^  und  o 
werden  nicht  diphthongirt  *;  ,  z.  B.  caeluni  =  cel ,  föcion  = 
foch.  Ebenso  bleiben  lat.  e.  ö.  l  erhalten,  während  lat.  * 
gern  zu  e  wird ,  falls  es  nicht  durch  besondere  Bedingungen 
oder  durch  den  gelehrten  Charakter  der  betr.  Worte  geschützt 
wird.  2.  Zwischen  geschlossenem  und  offenem  e.  bzw.  o,  wird 
in   der   Aussprache    unterschieden,    es   können    jedoch    beide 


1,  Indessen  können  Bildungen  wie  llit  =  lectum  und  nit  =  noctem 
nur  aus  lieit  und  nueit  entstanden  sein  vgl.  das  Französische!  .  setzen 
also  Diphthongirung  voraus. 


486  Däis  Catalanische. 

Laute  unbedenklich  in  Reime  gebunden  werden.  Vielfach 
steht  die  neucatalanische  Lautqualität  des  e  und  o  im  Gegen- 
satze zu  der  lateinischen,  so  hat  z.  B.  te^  ve  =  vi^nit ^  t^net 
geschlossenes,  ^^es  =  pr-nstim  dagegen  offenes  e.  3.  Lat.  au 
ist  in  der  Regel  zu  o  monophthongirt ,  z.  B.  dos  =  chmsum, 
ronch  =  raucum ,  pohre  =  paiqierem.  4.  Eine  weite  Ausdeh- 
nung haben  die  w-haltigen  Diphthonge  erlangt,  sie  erscheinen 
nicht  nur  an  Stelle  von  Vocal  -\-  Labial,  wie  in  prou  =  jtrohe^ 
roure  ■=  rohur ,  neu  =  nive7n,  hreii  =  hrevem,  heu  =  bibt't,  den 
=  debet,  faula  ^fabula^  llaurar  =  laborare  u.  dgl.  ,  sondern 
auch  an  Stelle  von  Vocal  +  Dental  und  Vocal  -j-  Guttural, 
z.  B.  grau  =  gradtim ,  dau  =  datimi  (frz.  de)  ^  trau  =  tradit^ 
palau  =  palatium,  pau  ^=pacem^  plau  =  placet^  jau  z^jacet, 
creu  =  crucem,  veu  =  vocem,  peu  =  pedem,  seu  =  sedet,  eura 
=  hedera,  pou  =  puteum  u.  dgl.  Dagegen  ist  Vocalisirung 
des  gedeckten  und  auslautenden  /  zu  u  nicht  beliebt.  5.  In- 
tervocalische  (Explosiva  und)  Spirans  schwindet  häufig ,  der 
dadurch  entstehende  Hiatus  wird  oft  durch  Einfügung  eines 
7/  angedeutet,  z.  B.  plaher  (neben  />/er)  =  placere,  rahö  =  ra- 
tionem,  prear  =  *pretiare.  6.  Anlautendes  lat.  /  wird  mit 
Ausnahme  gelehrter  Worte)  palatalisirt  (geschrieben  //,  inter- 
vocalisch  oft  tll)^  z.  B.  Hoch  =  locwn,  llit  =  lectum  ;  inlautend 
und  auslautend  entsteht  //  aus  /  -|-  nachtonigem  i  {e)  in  Hia- 
tusstellung, aus  l  -\-  g^  aus  c  -\-  1.,  g  -\-  h  ^  +  ^j  d  -\-  l,  p  -{-  l. 
z.  1^.  füll  =  folium,  cidl  =  coll[{\go,  espill  =  spec[u]lum  ^  vet- 
llar  =  vig[t\lare.  rotllar  =  rot\ii^are^  motllo  ^=mod\ii^um^  escoll 
=  scop[u]lum;  ein  vereinzelter  Fall  ist  illa  =  i[ti]i>[u]la.  In 
gelehrten  Worten  behält  inlautendes  II  seinen  Laut  und  wird 
zur  Unterscheidung  von  11^  Ij,  l-l  oder  /  geschrieben,  z.  ]i. 
intel-ligent  neben  inteligent.  7.  Anlautendes  />/  und/?  erhält 
sich  meistens  (während  es  spanisch  zu  //  wird;,  z.  B.  plorar^ 
ßama  =  B,^.  llorar,  llama,  aber  doch  llana  =  plana.  8.  Lat., 
bzw.  germ.  geminirtes  7i  ergiebt  auslautend  palatalisirtes  n 
(geschrieben  ny),  z.  B.  any  =  annum.,  seny  =  Sinn.  Im  Ueb- 
rigen  entsteht  n  aus  n  -f-  nachtonigem  i  [e)  in  Hiatusstellung 
(z.  B.  menys  =  *minms  f.  mimis  ^  cuny  =  ctmeum) ,  aus  inter- 
vocalischem  gn  (z.  B.  llenya  ■=  ligna .,  imny  =  pugnuni>i  und 
aus  intervocalischem  ng  (z.  V».  planyer  =  plangere^  junyir  = 
jüngere).     9)   c  vor   e  und   /   hat  assibilirten  Laut   (^  frz.  ss)  ; 


Das  Catalanische.  487 

vor  cUiiikeln  Vocalen  sowie  vor  C'onsonanteii  bleibt  c  guttu- 
ral .  ebenso  im  Auslaut ,  im  letzteren  Falle  wird  ch  geschrie- 
ben. 10.  g  und  J  vor  e  und  i  haben  palatalen  Laut  =  frz.  y). 
l  1 .  Eine  weite  Ausdehnung  besitzt  im  Inlaute  die  tonlose  Pa- 
latalis  mit  dem  Laute  des  frz.  cä,  catalanisch  x  geschrieben, 
sie  beruht  auf  lat.  es  (.r),  sc,  55,  cc  {-\-  Vocal),  /?s,  z.  V>.  teixir 
■=  texer e  .  naixer  =  *naseere  ,  haixar  =  hassare ,  aixö  =  ecce 
hoc,  caixa  =  capsa.  Durch  x  Avird  im  Catalanischen  nicht  nur 
frz.  ch  und  y,  sondern  axicli  spau.  ch  und  y  wiedergegeben.  12. 
Mit  vorgeschlagenem  t  erscheint  die  Palatalis  x  (also  ein  dem 
span.  ch  entsprechender  combinirter  Laut)  zuweilen  an  Stelle 
des  lat.  J  (z.  B.  pitxor,  gewöhnlicher  wird  für  tx  geschrieben 
tj\  also :  pifjor)  sowie  an  Stelle  von  lat.  c  mit  vorausgehender 
Dentalis  z.  B.  viatje  oder  viatge  =  viat[i  cum,  jutje  =^  jud\i\- 
ceni,]  auslautend  wird  statt  tx^  bzw.  tj\  tg  geschrieben?^,  z.B. 
maig  =  majus,  faig  =facio^  puig  =  postea.  13.  Auslautendes 
r  neigt  zur  Verstummung,  so  namentlich  in  den  Infinitiven. 
11.  Auslautendes  n  fällt  gern  ab,  vgl.  §   7,  No.    1. 

Im  Uebrigen  lässt  als  ein  eigenartiger  Zug  des  catalani- 
schen Lautstandes  sich  noch  hervorheben,  dass  für  vortoniges 
e  gern  a  eintritt  z.  B.  arrar  f.  errar],  ohne  dass  jedoch  hier- 
bei irgend  welche  Consequenz  stattfände. 

Hinsichtlich  des  Worthochtones  bewahrt  das  Catalanische 
die  lat.  Accentstelle  weit  treuer,  als  dies  im  Castilianischen 
der  Fall  ist. 

Der  Lautcharakter  des  Catalanischen  lässt  sich  als  ein 
volltönender  und  kräftiger,  zuweilen  selbst  rauher  bezeichnen, 
ein  wesentlicher  Factor  desselben  ist  die  Vorliebe  für  conso- 
nantischen  Wortauslaut. 

§  7.  Bemerkungen  über  die  Wortformen  des  Ca- 
talanischen. 

1.  Das  Catalanische  unterscheidet  bei  dem  Subst.  und 
Adj.  nur  zwischen  Sing,  und  Plur. ,  die  prov.  und  frz.  Un- 
terscheidung zwischen  Cas.  rect.  und  Cas.  obl.  ist  ihm  also 
fremd.  Die  Pluralbildung  erfolgt  durch  Anfügung  eines  s  an 
den  Singular ,  gründet  sich  also  auf  den  lat.  Accusativ.  Der 
Stammauslaut  a  (erste  lat.  Deck)  wird  im  Plur.  zu  e  ge- 
schwächt,  z.   B.  carta  :  cartes  (neucatal.  aber  häufig  auch  c«r- 


488  ^^^  Catalanische. 

tas).  Stammauslautendes  «,  welches  im  Sing,  zu  schwinden 
pflegt  (vgl.  oben  §  6,  No.  14),  behauptet  sich  nach  Hochton- 
vocal  im  Plur.,  z.  B.  Sg.  joa  =panem.  aber  Plur.  ^>rt;/s.  Nomina, 
welche  auf  ä,  x  auslauten,  nehmen  im  Plural  den  Ausgang  os 
an ,  d.h.  bilden  den  Plural  nach  Analogie  der  Nomina  auf 
-0,  z.  B.  cos  =  corpus^  PI.  cossos  (gleichsam  lat.  *corj)sos,  Avie 
von  einem  "^corpsus ,  i),  peix  =  2iiscem,  PI.  peixos  (gleichsam 
lat.  *piscos).  2.  Genus  Verschiebungen  der  Siibst.  kommen  im 
Catalanischen  in  ungefähr  dem  gleichen  Umfange,  wie  im 
Französ.  und  Prov.  vor;  interessant  ist  die  Erhaltung  zahl- 
reicher lat.  Neutra  PL  als  Fem.  Sing.,  z.  B.  penyora  =  pig- 
nora^  Jura,  llenya  =  ligna ,  senya  =  signa  u.  dgl.  3.  Zahl- 
reiche Adj.,  welche  im  Lat.  für  Masc.  und  Fem.  nur  eine 
Form  besitzen,  folgen  im  Catalanischen  der  Analogie  der  Adj. 
zweier  Endungen,  bilden  also  ein  Fem.  auf  -a,  z.  B.  alegra, 
trista,  forta  u.  v.  a. ,  so  dass  das  Catalanische  in  dieser  Be- 
ziehung nahezu  den  Standpunkt  des  Französischen  erreicht. 
4.  Die  Adjectivcomjjaration  wird  analytisch  mittelst  Vorsetzung 
von  mes  =  magis  vollzogen ;  die  einzigen  organischen  Compa- 
rative  sind  (abgesehen  von  gelehrten  Worten,  wie  inferior  u. 
dgl.)  millor ,  pitjor,  major  und  menor:  organische  Superlative 
auf  -im  (z.  B,  mäxim)  und  -issim  (z.  B.  finissim]  sind  im  Neu- 
catalanischen  häufig  aus  dem  Castilianischen  entlehnt.  5.  Die 
Pronomina  geben  zu  nur  wenigen  Bemerkungen  Anlass.  Für 
einfaches  nos  und  tos  wird  im  Neucatalanischen  öfters  nos- 
altres  und  vosaltres  [naltres,  valtres)  gebraucht.  Zu  den  Pos- 
sessiven Masc.  meu,  teu,  seu  (nur  in  Verbindung  mit  dem  Ar- 
tikel ,  sonst  mo7i ,  ton ,  soJi]  werden  im  Neucatalanischen  die 
Fem.  meva ,  teva,  seva  gebildet.  Lat.  hoc  ist  also  ]io  »es«  er- 
halten [ecce -\- hoc  als  aix(j].  Lat.  ille  lebt  als  Artikel  (Masc. 
lo,  los,  Fem.  la,  las  und  les],  als  Pron.  der  3.  P.  und  in  der 
Combination  ecctim  -\-  ille  =  aquelL  -a  fort ;  lat.  iste  ist  so- 
wohl isolirt  als  est  (artikelhaft  auch  es ,  Fem.  sa  im  Dialect 
von  Mallorca,  vgl.  Bofarull,  Estudios  p.  78)  als  auch  in  der 
Combination  aquest  erhalten.  Lat.  ipse  ist  zu  [aqu-  und  mat)eix 
geworden  (vielleicht  ist  auch  es,  Fem.  sa  =  ipse,  a  und  nicht 
=  iste,  -a  anzusetzen).  Das  aus  lat.  qtietn  entstandene  Inter- 
rogativ quin  bildet  Fem.  und  Plur. :  quina,  quins,  quinas.  Das 
Adverb    ne  =  inde  wird   sehr    A'ielfach    pronominal  gebraucht. 


Das  Catalnnische.  4S9 

selten  ist  dagegen  die  ])rononiinale  \'erwendung  von  d'Jiont  = 
de  unde.  6.  Die  C'ardinakahlen  entsprechen  den  lateinischen, 
doch  ist  von  vhit  =  vifiinti  ab  Accentverschielning  anzuneh- 
men. Die  Ordinalzahlen  werden  von  6  ah  auf  -e,  -na  gebil- 
det, z.  B.  sise ,  Fem.  sisena.  7.  Die  Infinitivausgänge  -äre 
und  -Ire  sind  als  -m-  und  -ir  erhalten  (vgl.  §  0,  No.  14).  Die 
Infinitive  auf  -vre  haben  Accentverschiebung  erlitten,  z.  B. 
ferne)'  (ausgenommen  einige  starke  Verba,  wie  haver ,  saher). 
Der  Tnfinitivausgang  -(^re  ist  entweder  als  -re  erhalten  (wo- 
ran häufig  noch  ein  unorganisches  r  angefügt  wird,  z.  K. 
romprer  f.  rompre  nach  Analogie  von  temer  u.  dgl.)  oder  zu 
-r  verkürzt,  z.  B.  pler  =  *plachre.  7.  Die  Pcrsonalendungen 
sind  nur  für  die  2.  P.  Sg.,  1.  und  3.  P.  PI.  erhalten  als  -s, 
m.  11,  verloren  für  die  3.  P.  PI.  und  (abgesehen  von  der  1.  P. 
Präs.  Ind.,  welche,  wenigstens  facultativ,  auf  o  ausgeht)  für 
die  1.  P.  Sg. .  die  Endung  der  2.  P.  PI.  -tis^  altcat.  (bis  in 
das  15.  Jahrh.)  noch  -ts.  wird  neiicat.  vertreten  durch  -u  ;also 
wird  z.  B.    das    Präs.  Ind.  flectirt:  Sg.    1.  amo,   temo,  cumplo; 

2.  amas,  terns,  cumples:  3.  ama.  tem,  cumple\  PI.  1.  amam, 
temem ,  complim :  2 .  amau ,  temeu ,  cumpliu ;  3 .  aman ,  temen, 
cumplen).  S.  Die  zur  lat.  ^-Conj.  gehörigen  Verba  bewahren 
den  Ableitungsvocal  a  durchgängig,  nur  die  1 .  P.  Sg.  Perf.  wird 
neucat.  mit  i.  altcat.  öfters  mit  e  gebildet:  am%  altcat.  ame  (auch 

3.  P.  Sg.  öfters  ainet,  wie  im  Prov.).  9.  Die  £- Verba  bilden 
den  Sg.  Präs.  Ind.  und  den  ganzen  Conj.  Präs.  sowie  den  Imp. 
stark  [teiyio,  tetns,  tem:  tema  etc.),  das  Impf.  Ind.  und  die  1.  P. 
Sg.  Perf.  aber  mit  -i  [femia^  femi).  das  Part.  Perf.  mit  -ut  (temuf). 
10.  Die  nicht  inchoativen  /-Verba  bilden  den  Sg.  und  die  3.  P. 
PI.  Präs.  Ind.  sowie  den  Conj.  Präs.  stark  {dormo,  dorms.  dorm, 
dormen;  dormo).  Die  inchoativen  /-Verba  nehmen  in  allen 
finiten  Formen  Präs.  mit  Ausnahme  der  1.  u.  2.  P.  PI.  die 
Stammverstärkung  an,  z.B.  v.  llegir:  Ind.  Sg.  1.  lUx.  llejesch, 
llejexo,  2.  llegexes,  3.  llejex,  PI.  1.  llejim,  2.  Uejiu,  3.  lleje- 
xen,  Conj.  llejesca  etc.,  vgl.  Farre  y  Carrio  ,  Gram,  catal. 
S.  53.  11.  Im  Impf.  Ind.  haben  die  ^-Verba  das  v  bewahrt 
[amava  ,  die  E-  und  /-Verba  es  aufgegeben  [temia.  dormia). 
12.  Die  2.  P.  Sg.  und  1.  und  2.  P.  PI.  des  Perfects  werden 
nach  Analogie  der  3.  P.  PL.  also  mit  Einschub  eines  r  gebildet, 
z.  B.  1.  P.  Sg.  cani,   3.  P.  Sg.  amä,  aber  2.  P.  Sg.  amares,  1.  P. 


490  -DäS  Catalanische. 

PI.  amarem^  2.  P.  PI.  amareu,  3.  P.  PI.  amaren^  ebenso  temi 
temeres  etc.,  dormi  dormires  etc.,  mogui  (v.  mourer  =  movere) 
mogueres  etc.  13.  Die  1.  P.  Sg.  Präs.  Ind.  der  ursprünglich 
ein  starkes  Perfect  bildenden  Verba  zeigt  in  der  Regel  den 
Ausgang  -cA,  z.  P.  dich  =  dico,  duch  =  duco^  Jaich  =  Jaceo, 
vench  =  venio ,  moch  =  moveo  ;  ursprünglich  nur  bei  solchen 
Verben  berechtigt,  deren  Stamm  bereits  im  Lat.  auf  Guttural 
auslautete  oder  durch  Ableit\nigs-e,  bzw .  -e ,  welches  zu  /  :  ^ 
sich  verhärten  konnte,  erweitert  war,  ist  der  Ausgang  ch  durch 
Analogie  auch  auf  andere  übertragen  worden,  z.  V>.  hech  = 
bibo,  entench  =  intendo,  prench  =  *prendo  (vielleicht  beruht 
selbst  in  dich  ^  duch  u.  dgl.  das  ch  auf  Anbildung,  da  dic[o], 
diic[o\  lautgesetzlich  wohl  diu,  du  ergeben  hätten,  so  dass  die 
1,  u.  3.  Sg.  zusammengefallen  wären);  ebenso  z.  B.  puch  v. 
poder  =  *potere  f.  posse,  crech  =  credo  von  ci'eurer  =  credere^ 
caych  v.  cäurer  =  cadere  u.  a. ,  sogar  estich  v.  estar  =  stare, 
soch  neben  so  v.  ser  =  *essere.  Abweichende  Bildungen  sind 
faig=facio,  vaig  =  vado.  reig==  video^  vidi  =  volo.  14.  Wirk- 
lich starke  Perfectformen  bilden  im  Neucat.  nur  noch  fer  = 
facere  [fiti  feres  feu  ferem  fereu  fere7i)  und  ser  =  *essere 
[fuy  [daneben  y«M,  s.  Farre  y  Carriö  p.  \\\foresfou  fo- 
rem  foreu  foren).  Alle  übrigen  Verba  bilden  gegenwärtig 
das  Perf.  schwach  auf  -giii,  z.  P.  hagui.  Jtagueres  etc.  v.  ha- 
ver^  cregui^  cregueres  etc.  v.  creurer  =  credöre,  dugtii,  dugueres 
Y.  dur  =  duc^re  (ausgenommen  sind  nur  veji  v.  teurer  =  vi- 
d^re  f.  videre,  cresqui  v,  creixer  =  crescere^  pesqui  v.  peixer  = 
pascere,  nasqui  v.  7iäixer  =  *nascere^  visqui  v.  vhirer  =  rivere). 
Ausgegangen  ist  diese  Perfectbildung  von  den  Perfecten  auf 
-ui.  welche  bereits  im  Altcat.  (wie  im  Prov.,  s.  oben  S.  447) 
die  gutturale  Verstärkung  zeigen,  aber  doch  wenigstens  in 
der  1.  und  3.  P.  Sg.  und  3.  P.  PI.  noch  stammbetonte,  also 
starke  Bildungen  aufweisen,  z.  B.  tolc  =  volui  und  voluif, 
volgren  =  *völnermif .  dagegen  auch  schon  altcat.  voignist  (wo 
die  Erhaltung  der  Endung  zu  beachten)  =  voluisH.  Von  den 
«/t-Perfecten  drang  dann  durch  Analogiewirkung  die  gutturale 
]^ildung  in  die  i-  und  «/-Perfecta  ein,  von  welchen  letzteren 
die  alte  Sprache  in  der  1.  und  3.  P.  Sg.  und  3.  P.  PI.  noch 
sigmatische  Formen  besass,  z.  B.  ocis  ^  *occisi,  dix  =  dixit 
in  der  ersten  1'.  Sg.  mit  verschobenem  Accent  dixi).    15.  Ganz 


Pas  Catalani^^chc.  491 

eigenthümlich  ist  dem  Catalanischen  die  Möglichkeit  einer 
Umsclueibiing  des  Perf.  durch  das  Präsens  ^!)  von  anur  mit 
folgendem  Infinitive,  z.  ]>.  jo  vaig  venir  =  vingni  =  veni. 

§  8.  Bemerkungen  zur  Geschichte  der  catalani- 
schen Litteratur. 

1 .  Achnlich  wie  die  Geschichte  der  provenzalischen  Lit- 
teratur und  doch  wieder  in  anderer  Weise  zerfällt  die  Ge- 
schichte der  catalanischen  Litteratur  in  zwei  Hauptperioden, 
von  denen  die  eine  das  Mittelalter,  die  andere  die  Neuzeit  um- 
fasst.  Während  aber  im  Provenzalischen  beide  Perioden  mit 
einander  wenigstens  äusserlich  durch  mancherlei  litterarische 
Einrichtungen  und  Traditionen  verbunden  sind ,  so  dass  eine 
gewisse  littcrarische  Continuität  gewahrt  blieb,  liegt  zwischen 
der  alt-  und  neu  catalanischen  Litteraturperiode ,  d.h.  etwa 
von  der  Mitte  des  1  7.  Jahrhunderts  bis  zu  den  zAvanziger  Jah- 
ren dieses  Jahrhunderts,  eine  nahezu  litteraturlose  Zeit,  min- 
destens eine  Zeit ,  deren  litterarische  Hervorbringungen  nur 
den   Werth  von  Sprachdenkmälern  besitzen, 

2.  Die  Geschichte  der  altcatalanischen  Litteratur  lässt 
sich  ungezwungen  in  drei  Zeiträume  zerlegen,  von  denen  der 
erste  bis  etwa  zxim  letzten  Drittel  des  14.  Jahrhunderts,  der 
zweite  bis  etwa  zur  Mitte  des  15.  Jahrhunderts  und  der  dritte 
bis  zum  Anfange  des  17.  Jahrhunderts  sich  erstreckt,  also  tief 
in  die  Neuzeit  hineinreicht. 

Die  poetische  Litteratur  des  ersten  Zeitraumes  ist  vor- 
wiegend lyrisch  und  didaktisch.  Die  Lyrik  steht  in  inniger 
Beziehung  zu  und  vielfach  auch  in  Abhängigkeit  von  der 
provenzalischen  Lyrik,  obwohl  vielleicht  auch  umgekehrt  mit- 
unter diese  von  catalanischem  Einflüsse  berührt  worden  ist. 
Innige  politische  Beziehungen  Cataloniens  mit  Südfrankreich, 
wie  sie  seit  der  Vermählung  Berengars  HL ,  Grafen  von  ]iar- 
celona,  mit  Dulce,  Erbin  der  Grafschaft  Provence  (1112),  bis 
zu  dem  Vertrage  von  Corbeil  1258)')  bestanden  hatten,  zogen 
eben  auch  die  innigsten  Wechselbeziehungen  zwischen  den 
beiden  Litteraturen  und  Sprachen  nach  sich.  Ein  bedeutsamer 
Unterschied  zwischen  der  altcatalanischen  und  der  altprovenza- 
lischen   Litteratur   besteht  jedoch    darin ,    dass   die   erstere   an 

1    Durch  denselben  verzichtete  Jacob,  König  von  Aragonien  und  Graf 
von  Barcelona,  auf  den  grössten  Theil  seiner  südfranzösischen  Gebiete. 


492  I^^s  Catalanischc. 

sachlich  und  ästhetisch  werthvollen  Prosawerken  ungleich  rei- 
cher ist,  als  die  letztere.  Namentlich  wurden  die  Geschichts- 
schreibung und  die  der  Prosaforni  sich  bedienende  Sagen- 
und  Legendendichtung  von  den  Catalanen  gepflegt.  Die  Ge- 
schichtsschreibung hat  so  glänzende  Namen ,  wie  diejenigen 
Kernart  Desclots  und  Eamon  Muntaner's  aufzuweisen,  neben 
diesen  auch  Namen  hervorragender  Fürsten,  welche,  wie  Kö- 
nig Jacob  und  König  Pedro  IV. ,  die  von  ihnen  vollbrachten 
Grossthaten  selbst  auch  erzählten.  Der  grösste  Vertreter  der 
catalanischen  Litteratur  aber  war  in  diesem  ersten  Zeiträume 
der  als  Philosoph  und  Theolog  hochberühmte,  zu  den  hervor- 
ragendsten Vertretern  mittelalterlicher  Wissenschaft  gehörige 
Kamon  Lull,  welcher  ausser  zahlreichen  gelehrten  lateinischen 
Werken  in  catalanischer  Sprache  unter  Anderem  namentlich 
einen  geistlichen  Roman  und  ein  didactisches  Thierepos  ver- 
fasste. 

In  dem  zweiten  Zeiträume  überragt  die  allegorische,  theils 
an  nordfranzösische,  theils  an  italienische  Muster  sich  anleh- 
nende Epik  die  übrigen  Dichtungsgattungen  an  Bedeutung 
(rhythmische  Uebertragung  von  Dantes  Divina  Commedia 
durch  Andrea  Febrer  142S;  Fra  Roccaberti's  »Comedia  de  la 
gloria  d'amor«,  eine  interessante  Nachahmung  des  Dante'schen 
Werkes,  um  1460  bis  1465).  Die  Lyrik  blieb  im  Wesentlichen 
in  der  Nachbildung  gleichzeitiger  provenzalischer  Vorbilder 
befangen ,  wie  denn  auch  die  Einrichtung  von  Dichterakade- 
mien nach  Art  des  consistori  de  la  gaya  sciensa  von  Toulouse 
aus  der  Provence  nach  Catalonien  verpflanzt  wurde :  indessen 
trat  doch  wenigstens  sprachlich  in  der  Lyrik  eine  grössere 
nationale  Selbständigkeit,  als  der  erste  Zeitraum  sie  besessen 
hatte,  hervor,  indem  die  Erscheinung  seltener  wurde,  dass 
catalanischc  Troubadours  sich  der  provenzalischen  Sprache  be- 
dienten. Auch  das  Drama  begann  in  diesem  Zeiträume  auf- 
zublühen und  wagte  sich  selbst  schon  zuweilen  an  die  Be- 
handlung weltlicher  Stoff'e,  wenn  es  auch  freilich  im  Wesent- 
lichen durchaus  noch  den  religiösen  Charakter  bewahrte,  der 
ihm  im  Mittelalter  überhaupt  eigen  war.  Durch  Aufführung 
geistlicher  Schauspiele  von  Seiten  der  Zünfte  wurde .  wie  in 
England ,  so  aiu-h  in  Catalonien  namentlich  der  Frohnleich- 
namstag  verherrlicht. 


Das  Catalanischc.  493 

Der  dritte  Zeitraum  trügt  Vürwiegeiul  schon  einen  moder- 
nen Charakter,  der  sich  namentlich  auch  darin  bekundete, 
dass  die  engen  lieziehungeu  der  catalanischen  Litteratur  zu 
der  provenzalischen  Litteratur  sich  nach  und  nach  völlig  lösten, 
daaejjen  aber  solche  zu  der  italienischen  \ind  zu  der  castilia- 
nischen  sich  bildeten.  Pflege  fanden  in  diesem  dritten  Zeit- 
räume besonders  die  Lyrik  (z.  li,  durch  Ausias  March > ,  die 
Satire  ;z.  15.  durch  Jaume  Eaigi ,  und  auf  dem  Gebiete  der 
Prosadichtung  der  Ritterroman  (z.  B.  durch  Martorell).  Poli- 
tische Verhältnisse  führten,  wie  bereits  bemerkt,  im  17.  Jahr- 
hundert das  allmähliche  Absterben  der  catalanischen  Litteratur 
herbei;  befordert  -wurde  dasselbe  durch  den  Umstand,  dass 
die  catalanischc  Sprache  wenig  befähigt  war,  sich  den  durch 
die  Kenaissancebildung  herrschend  werdenden  rhythmischen 
Formen  der  italienischen  Poesie  anzupassen,  ein  Maugel,  der 
dem  Renaissancegeschmack  huldigende  Dichter  leicht  bestim- 
men konnte  ,  sich  für  ihre  poetische  Production  des  Castilia- 
nischen  zu  bedienen,  Avie  dies  z.  B.  Boscan  that. 

3.  Das  Wiederaufleben  der  catalanischen  Litteratur,  das 
etwa  von  dem  dritten  Jahrzehnte  dieses  Jahrhunderts  an  da- 
tirt  werden  kann,  steht  im  Zusammenhange  einerseits  mit 
politischen  Vorgängen  (Unabhängigkeitskampf  der  Spanier  ge- 
gen Frankreich ,  Einführung  des  Constitutionalismus  in  Spa- 
nien,  die  Kämpfe  zwischen  Christinos  und  Carlisten  etc.), 
welche  zur  Erweckung  des  catalanischen  Nationalbewusstseins 
beitrugen ,  andererseits  mit  der  romantischen  Geistesrichtung, 
welche  in  der  genannten  Zeit  die  europäischen  Litteraturen 
beherrschte  und  allenthalben  die  scheinbar  erstorbene  volks- 
thümliche  Dichtung  neu  erstehen  Hess.  Die  litterarische  Re- 
naissance Cataloniens  vollzog  sich  in  fieberhafter  Hast  und 
nicht  selten  selbst  wie  in  einem  Fiebertraume,  denn  oft  genug 
verbanden  sich  mit  den  litterarischen  Bestrebungen  politische, 
welche  nicht  nur  auf  das  berechtigte  Ziel  der  Herstellung 
einer  Autonomie  Cataloniens,  sondern  mitunter  auch  in  ganz 
phantastischer  Weise  auf  En-ichtung  eines  lateinischen  Völ- 
kerbundes oder  doch  auf  eine  Verbrüderung  von  Catalanen 
und  Provenzalen  gerichtet  waren  (bezeichnend  hierfür  sind 
namentlich  die  bei  Gelegenheit  des  Petrarcajubiläums.  Avelches 
catalanischc   und  provenzalische  Felibres  am   18.  Juli   1874  zu 


494  1^*8  Catalanische. 

Avignon  in  seltsamer  Seil  sttäuschung  feierten ,  gehaltenen 
Reden).  Abgeschlossen  ist  übrigens  die  eigenartige  Bewe- 
gung, welche  offenbar  in  engstem  inneren  Zusammenhange 
mit  der  Renaissance  der  provenzalischen  Poesie  steht,  noch 
keineswegs,  und  ihr  fernerer  Verlauf  ist ,  weil  er  jedenfalls 
von  der  politischen  Entwickelung  Spaniens  und  Südfrank- 
reichs abhängig  ist,  unmöglich  vorauszusagen.  Schwer  auch  ist 
es,  über  die  bisherigen  litterarischen  Leistungen  des  Neucata- 
lanismus  zu  urtheilen.  Staunenswerth  ist  ohne  Zweifel  ihre 
Massenhaftigkeit  und  Vielseitigkeit,  denn  nahezu  alle  Gattun- 
gen der  rhythmisch  gebundenen  und  ungebundenen  Dichtung 
haben  eifrige  Pflege  gefunden ,  die  Zahl  der  Dichter  und 
Schriftsteller  ist  Legion,  die  periodische  Presse  rührsam,  das 
litterarische  Vereinsleben  fast  allzu  entwickelt.  Aber  ob  die 
Qualität  des  Geleisteten  auch  nur  einigermassen  im  richtigen 
Verhältnisse  zur  Quantität  steht,  ob  die  begreifliche  Bewun- 
derimor .  welche  die  Catalanen  selbst  einer  ganzen  Zahl  von 
zum  Theil  noch  recht  jugendlichen  Dichtern  zollen,  auch  eine 
absolut  berechtigte  ist,  das  muss  doch  als  sehr  fraglich  er- 
scheinen, und  die  Vermutlunig  dürfte  erlaubt  sein,  dass  gar 
manche  der  heute  in  Catalonien  gefeierten  Dichtergrössen  der 
Nachwelt  recht  klein  erscheinen  werden.  Jedenfalls  enthält  die 
neucatalanische  Litteratur  neben  gesunden  auch  recht  unge- 
sunde Elemente  in  sich  und  neigt  in  bedenklicher  Weise  zur 
Aff"ectation  und  Manierirtheit,  eine  Tendenz,  welcher  die  Spie- 
lerei mit  den  »Jochs  florals«  nur  allzuviel  Vorschub  leistet. 
Wie  dem  aber  auch  sein  mag,  wenigstens  einer  hochbedeut- 
samen Leistung  darf  die  neucatalanische  Poesie  mit  vollem 
Rechte  sich  rühmen :  der  grossen  und  gedankenreichen  epischen 
Dichtimg  des  Jascinto  Verdaguer  »Atlantida«   (1S7S \ 

§  9.  Littcraturangaben.  Wo  kein  Verlagsort  angegeben,  ist  der- 
selbe Barcelona;  die  Hauptverlagsgesehäfte  für  eatal.  Litteratur  sind  da- 
selbst die  Verdaguer'sche  Buchhandlung  und  der  Verlag  der  Zeitschrift 
»Kenaixensa«.) 

1.  Urkundliches  u.  dgl.  Documentos  literarios  en  antigua  lengua 
catalana  [siglos  XIV  y  XV)  publicados  por  P.  de  Bof.^rill  v  Mascaho. 
Barcelona  1&57  (bildet  den  13.  Bd.  der  Coleccion  de  documentos  ineditos 
del  archivo  general  de  la  Corona  de  Aragon  —  Aulestu  y  Pijoan  ,  De 
la  imjjortancia  de  los  archivos,  bibliotecas  y  museos  cn  Cataluna,  in :  Bo- 
letiu  del  Ateneo  Barceloncs.   Juli  bis  Sept.  IST',)  —  Documenta  s.  la  langue 


Das  Catalanische.  495 

cat.  des  anciens  comtcs  de  Roussillon  et  de  Cerdagno,  p.  p.  Alakt  ,  in : 
K.  d.  I.  r.  III  2l)5 ,  IV  353  (als  Buch  erschienen  Paris  1852) ,  vgl.  Koni. 
II  13S  —  J.  PiiGGARl,  Documents  litteraris ,  in:  La  Renaixensa  188U, 
Nu.  S,  30.  April,  vgl.  K.  d.  1.  r.  3.  ser.  II  1)4  —  Akmkngol  y  Cüunkt, 
Document  notable.  Conclusio  del  142u  sobre  lo  carceller  de  la  preso  de 
Barcelona,  in:  lo  Gay  Saber.  Any  I  (18SÜ)  No.  13,  193  —  MlL.\  y  Fon- 
TAXALS,  Un  maniiscrit  del  arxiu  capitular,  in:  Lo  Gay  Saber  15.  12.  1879, 
vgl.  Rom.  IX  168  —  Balaguer  y  Meuixo,  Ordinacions  y  bans  del  com- 
tat  d'Empurias,  text  catala  inedit,  precedit  duna  noticia  histörica  etc., 
in:  R.  d.  1.  r.  3.  ser.  I  18  (als  Buch  erschienen  Montpellier  1879],  vgl. 
Rom.  VIII  295  —  Alaut,  Trois  fonnules  de  conjuration  en  catalan  1397), 
in:  R.  d.  L  r.  2.  ser.  III  9. 

2.  Sprachgeschichtliches  und  Grammatisches.  A.  DE  Bo- 
FARl'LL,  La  lengua  catalana  considerada  historicamente  (Rede,  gehalten  am 
8.  Nov.  1857  in  der  Academia  de  Buenas  Letras  zu  Barcelona,  gedruckt  im 
Anhange  zu  desselben  Verf.'s  Estudios,  sistema  gramatical  y  crestomatia 
de  la  leng.  cat.  Barcelona  1864)  —  F.  R.  Camboiliu,  Recherches  s.  les 
origines  etymologiques  de  l'idiome  catalan.  Montpellier  1863  —  *MlLÄ  Y 
FoxTAXALS,  Estudios  de  leng.  cat.  Barcelona  1875,  vgl.  Rom.  IV  288  — 
A.  DE  BoFARULL,  La  unitat  de  la  Uengua  cat.  en  Catalufia,  Mallorca  y 
Valencia,  in:  Renaixensa  31.  März  1878  —  Alart  ,  Etudes  historiques 
s.  quelques  particularites  de  la  lang,  cat.,  in:  R.  d.  1.  r.  2.  ser.  IV  109 
(1.  diphthongaison  de  la  2^  p.  du  pl.  des  verbes;  2.  de  la  formation  des 
diphthongues  au,  eu,  ni,  ou  en  cat.)  —  *P.  Meyer,  Traites  catalans  de 
grammaire  et  de  poetique  (I.  Raimox  Vidal  ,  las  Reglas  de  trobar.  II. 
Doctrina  de  compondre  dictats.  III,  Terramagxixo  de  Pise,  Doctrina  de 
Cort.  IV.  Jaui-re  de  Foxa,  Regles),  in:  Rom.  VI  341,  VIII  181,  IX  51,  vgl. 
Ztschr.  f.  rom.  Phil.  III  310,  R.  d.  1.  r.  3.  ser.  11  83.  (lieber  Jaufre  de 
Foxa  vgl.  A.  Thomas  in  Rom.  X  322)  —  "ShhÄ  Y  Foxtaxals,  Melanges 
de  langue  cat.  (behandelt  den  Diphthong  ue,  den  aus  ipse  entstandenen 
Artikel,  die  Endung  der  1.  P.  PL,  das  auslautende  r  des  Infinitivs,  s  =  r 
und  r  =  s,  die  Pluralbildung  auf  -as),  in:  R.  d.  1.  r.  2.  ser.  III  225,  und: 
Phonetique  catalane.  ö?,  in:  R.  d.  1.  r.  15.  9.  1876  —  J.  CoRxr,  L'  a 
prosthetique  devant  rr  en  portugais  et  en  catalan,  in:  Rom.  XI  70,  vgl. 
Ztschr.  f.  rom.  Phil.  VII  631  —  Alart,  Le  son  catalan  «y,  in:  R.  d.  1.  r. 
VII  446  —  P.  Meyer,  L'imparfait  du  subjonctif  en  -es,  in:  Rom.  VIII 
155;  Les  troisiemes  du  pluriel  en  prov.,  in:  Rom.  IX  192;  Quisque  et  cata 
dans  les  langues  romanes,  in:  Rom.  II  80.  Sämmtliche  drei  Abhandlungen 
berücksichtigen  auch  das  Cat.). 

MlL.\  Y'  Foxtaxals  ,  Quatre  mots  sobre  l'ortografia  catalana,  in :  la 
Renaixensa  V  1,  vgl.  Rom.  FV'  155  —  A.  de  Boearull,  El  proyecto  de 
ortografia  catalana  por  la  Real  Academia  de  Buenas  Letras ,  in :  Rev.  de 
ciencias  hist.  Any  I  1880)  —  Ortografia  de  la  leng.  cat.  por  la  Real 
Acad.  de  Buenas  Letras.  Barcelona  1884,  vgl.  Rom.  XIII  487. 

*A.  MussAFL\,  Einleitung  zu  seiner  Ausg.  der  catal.  metr.  Version  der 
sieben  -weisen  Meister  [Wien  1876,  Separatabdruck  aus  Bd.  XXV  der 
Denkschr.  der  philos.-hist.  Cl.  der  K.  K.  Akad.  d.  Wissensch.],  giebt  eine 


496  I^*^s  Catalanische. 

vortreflliche  Skizze  von  der  Sprache  dieser  altcat.  Dichtung  u.  ist  überhaupt 
das  Beste,  was  bis  jetzt  über  altcat.  Sprache  geschrieben.  DiEz'  Bemerkun- 
gen über  das  Altcat.  in  seiner  Grammatik  sind  werthvoll,  aber  allzu  apho- 
ristisch. 

Josi;  Pablo  B.^llot,  Gramatica  y  apologia  de  la  leng.  cat.  Bare.  1814 
—  Pers  y  Ramoxa.  Gram,  cat.-castellana  1S47  —  J.  F.vrre  y  Carriö, 
Gram.  hist.  de  la  lenguas  cast.  y  cat.  Madrid  1SS4  u.  Gram.  cat.  Estudis 
sobre  la  matexa.  Barcelona  1S74  frecht  brauchbares  Büchlein,  das  auf  86 
Seiten  eine  praktische  Uebersicht  über  das  heutige  Catal.  giebt)  —  A.  DE 
BoFARVLL,  Estudios  etc.,  s.  oben  S.  495  —  J.  J.  Amexgial,  Gram,  de  la 
lengua  mellorquina.  Palma  ;?)  1835  —  J.  SoLEll,  Gram,  menorquina. 
Mahon  1858. 

3.  Lexikalisches.  A.  de  Lebrija,  Lex.  latino-catalanum.  Barcelona 
15Ü7  —  A.  Roca,  Lex.  lat.-cat.  Barcelona  1561  —  Diccionario  catalan- 
castellano-latino  par  JoAQUiN  Esteve  y  Jo.seph  Belvitges  etc.  Barcelona 
1803  »Sehr  schätzenswerth,  da  es  viele  alte  Formen  u.  Ausdrücke  enthält.« 
Muss.AFL\  in  der  Einltg.  z.  d.  7  w.  M. ,  p.  4)  —  Diccionari  catalä-castelld- 
llati-frances-italiä  por  una  societat  de  Catalans.  Barcelona  1839  —  P.  L.\- 
BERNIA,  Diccionario  catalan-castellano-latino.  Barcelona  1848  u.  1865  — 
P.  Ferrek,  Dicc.  cat.-castell.  Barcelona  1836,39,  2  Ausg.  1847  —  *J.  A. 
Saijra,  Novissim  dicc.  manual  de  las  lenguas  catalana-castellana.  Barcelona 
1883  —  S.  Saxpere  y  Miquel,  ün  estudi  de  toponomastica  catalana. 
Barcelona  1880,  vgl.  Rom.  XI  430. 

4.  Litteraturgeschichtliches.  Felix  Torres  Amat,  Memorias 
para  ayudar  a  formar  un  Diccionario  critico  de  los  escritores  catalanes  y 
dar  alguna  idea  de  la  antigua  y  modema  literatura  de  Cataluiia.  Barcelona 
1836,  hierzu  ein  »Suplemento«  v.  J.  Corminas.  Burgos  1849  —  V.  XlMENEO, 
Escritores  de  Valencia.  Valencia  1747/49,  fortgesetzt  von  J.  P.  Fuster,  u. 
d.  T. :  Biblioteca  Valenciana  de  los  escritores  que  florecieron  hasta  nuestros 
dias.  Valencia  1827/30  —  Joaquin  Marl\  Bover,  Biblioteca  de  escritores 
baleares.  Palma  1860  —  Pers  y  Ramoxa,  Bosquejo  historico  de  la  leng. 
y  de  la  lit.  cat.  Barcelona  1S50,  und:  Hist.  de  la  leng.  y  de  la  lit.  cat. 
desde  sa  origen  hasta  nuestros  dias.  Barcelona  1857  ganz  unmethodische 
u.  phantastische  Schriften)  —  E.  Baret,  E.spagne  et  Provence.  Etüde  s.  la 
litt,  du  midi  de  l'Europe  etc.  1857  (enthält  S.  103 ff.  einen  Abschnitt:  L'ecole 
prov.  en  Catalogne,  —  'F.  R.  Cambouliu,  Essai  s.  l'hist.  de  la  litt,  cat., 
2e  ed.  augmentee  de  la  Comedia  de  la  Gloria  d'amor  de  fra  Roccaberti  etc. 
Paris  1858  —  *A.  Helfferich,  Raymond  Lull  u.  die  Anfänge  der  catal. 
Litt.  Berlin  1858  —  *A.  Ehert,  Zur  Geschichte  der  catal.  Litt.,  in:  Jahrb. 
f.  roni.  u.  engl.  Lit.  II  241  diese  treffliche  Abhandig.  giebt  ein  kritisches 
Referat  über  die  oben  genannten  "Werke  Cambouliu's  u.  Helfferich's  mit 
vielen  schätzbaren  Zusätzen  u.  methodischen  Bemerkungen ;  sie  dürfte  das 
Beste  sein,  was  bis  jetzt  über  altcat.  Litt,  geschrieben  worden  ist  — 
*MiLÄ  Y  Fontanals,  De  los  trovadores  en  Espaiia.  Barcelona  1861  vgl. 
Jahrb.  f.  rom.  u.  engl.  Lit.  IV331j  und:  Catal.  Dichter,  in:  Jahrb.  f.  rom. 
u.  engl.  Lit.  V  137  —  R.  Ferreu  y  Bigxe,  Estudio  histörico-critico  sobre 
los  poetas  Valencianos  de  los  siglos  XIII,    XIV  y  XV,    in:    Boletin  de  la 


Das  Catalanische.  497 

Sociedad  de  los  amigos  del  pais  de  Valencia.  Juni  1S75,  \g\.  Rom.  VI  309 

—  V.  B.\l.\gi"i:r,  De  la  lit.  eat.  Diseursos  leidos  ante  la  Keal  Aeadeniia 
de  la  Historia  etc.  el  dia  10  de  octobre  iS'ö.  Madrid  1875  —  E.  C.\udon.\, 
Della  antica  lett.  catal.  Neapel  1S80,  vgl.  R.  d.  1.  r.  3  ser.  VII  251  u.  The 
Academy  vom  7.  Aug.  1880  —  Mil.Ä  y  Font.\xals,  De  algunas  represen- 
taciones  catalanas  antiguas  y  vulgares.  Barcelona  1SG4. 

MiL.*  V  FoNT.\NALS,  Notas  sobre  la  influencia  de  la  lit.  italiana  en  la 
catalana.  Barcelona  1877  —  G.  Vid.\l  Y  Valexciaxo,  Lo  mon  invisible  en 
la  lit.  cat.  y  lo  viatje  fet  al  infern  per  Pere  Porter.  Barcelona  1S77,  u. 
Consideracions  sobre  la  lit    populär  cat.  Barcelona  1879. 

Aragox,  Un  poete  catalan  du  XVII  s.  Vicens  Garcia,  rector  de  Vall- 
fogona  ne  en  15S2,  mort  1623).  Montpellier  1880.  Extr.  des  Mem.  de 
l'Acad.  des  scienc.  et  lettres  de  Montp.  vgl.  A.  Savixe  in  Rev.  lyon.  VI 
[Sept.  1883;  274. 

*F.  M.  Tl'BiN'O,  Historia  del  renacimiento  literario  contemporaneo  en 
Cataluna,  Baleares  y  Valencia.  Madrid  l'^80  vorzügliches  Werk  üb.  die  Ent- 
wickelung  der  neucat.  Lit.;,  vgl.  Litteraturbl.  f.  germ.  u.  rom.  Phil.  1881, 
p.  299  —  J.  L.  Feu  ,  Datos  y  apuntes  para  la  bist,  de  la  moderna  lit. 
cat.  Barcelona  1865  —  Caxalejas,  Del  renacimiento  de  la  poesfa  catalana. 
Estiidios  criticos  de  filosofia  y  literatura.  Madrid  1872  —  J.  Ri'Bio  Y  Ors, 
Breve  resena  del  actual  renacimiento  de  la  lengua  y  lit.  cat.  ^Debese  ä  la 
influencia  de  los  modernos  trovadores  provenzales?  Bare.  1877  in  das  Fran- 
zös.  übersetzt  von  Ch.  Boy.  Lyon  1879;  —  C.  Llomeart,  Los  fiUs  de  la 
morta  viva,  apunts  biogräfichs  per  la  historia  del  renaixement  lliterari.  Val. 
1879  —  SardÄ,  El  catalanismo  y  la  lit.  catalana,  in:  Boletin  del  Ateneo 
Barcelones.  1S79  Oct.  bis  Dec.  —  A.  Savixe,  La  litterature  catalane  en 
1880,  in:  Polybiblion,  Revue  bibliographique  Sept.  u.  Oct.  1881  —  P.  För- 
ster, Der  Catalanismus  in  Spanien,  in:  Mag.  f.  d.  Lit.  des  Ausl.  1880, 
No.  17  —  E.  LiDFORSS,  Xykatalansk  Vitterhet,  in:  Framtiden  1S7S,  p. 
544,  übersetzt  in  Lo  Gay  Saber,  15.  Aug.  1S8U  u.  folgende  Nummern  i,. 

M.  VlDALOT,  Teatre  catalä,  estudi  historich-critich  etc.  Barcelona  1 878. 

5.  Sammelwerke  u.  dgl.  A.  Morel-Fatio,  Melanges  de  litterature 
catalane  I  l'Amant,  la  femme  et  le  confesseur,  conte  en  vers;  IE  Le  livre 
des  trois  ehoses,  in:  Rom.  X  497  u.  XII  230  —  P.  M.,  Melanges  catalans 
(I  Plainte  de  la  Vierge.  II  La  predication  de  Vincent  Ferrer  en  France  , 
in;  Rom.  X  223  —  P.  Meyer,  Nouvelles  catalanes  inedites,  in:  Rom. 
XIII  264  —  [K.  Bartsch,  Der  catal.  Canconer  d'amor  der  Pariser  Bibl., 
in:  Jahrb.  f.  rom.  u.  engl.  Lit.  II  2S0  —  MiLÄ  Y  Foxtaxals,  Poetes  ly- 
riques   catalans,    in:    R.  d.  1.  R.  2  ser.  V  53,    als   Buch  Montpellier  1878] 

—  F.  Pelay  y  Briz,  Lo  libre  dels  poetas,  cansoner  d'obras  rimadas  dels 
segles  XII  XVUI.  Barcelona  1868  —  *Biblioteca  catalana  de  les  mes  prin- 
cipals  y  eletes  obres  en  nostra  llengua  materna  escrites  axi  en  est  Principat 

1,  Ueber  die  neucatal.  Renaissance  vgl.  ferner:  Jochs  florals  de  Bar- 
celona de  1859— 1SS3.  Taula  general  de  les  composicions  premiades  etc. 
Barcelona  1SS3.  Eine  gute  Uebersicht  über  die  Geschichte  der  neucatal. 
Litteratur  hat  auch  Savixe  in  seiner  Uebersetzung  der  Atlantida  Verda- 
guers  is.  unten  S.  500;  gegeben. 

Körting,  Encyklopädie  d.  rom.  Pbil.   III.  32 


498  I^äS  Catalanische. 

com  en  los  antichs  realmes  de  Mallorca  y  Valencia,  fetes  estampar  ab  gran 
estrent  per  amadors  de  les  Uetres  de  la  terra  sots  direccio  d'en  Marian 
Aguilc  y  Fuster,  seit  1871  Barcelona  b.  A.  Verdaguer,  Paris  b.  Maison- 
neuve),  erscheint  in  monatlichen  Lieferungen  zu  je  4  Bogen;  die  Ausgraben 
sind  gut,  leider  aber  fehlen  Einleitungen  u.  sonstige  Beigaben,  ein  Uebel- 
stand  ist  auch,  dass  in  den  Lieferungen  die  Ausgaben  verschiedener  Teste 
durcheinandergehen.  Immerhin  ist  das  Unternehmen  sehr  verdienstlich;.  — 
Canconer  de  les  obrctes  mes  divulgades  en  nostra  llengua  materna  durant 
los  segles  XIV,  XV  y  XVI.  Barcelona  lb75  —  MiLÄ  y  Foxtaxals,  Poetes 
catalans  (les  noves  rimades,  la  codolada;.  Montpellier  1876,  vgl.  Kom.  V 
502  —  Matheu  y  Fontanells,  Llibre  del  amor,  coleccio  de  poesias  del 
modern  renaixment.  Barcelona  1882,  und:  Llibre  de  la  Patria,  coleccio  de 
poesias  del  mod.  re-naix.  Barcelona  1882  —  Llibre  d'or  de  la  moderna 
poesi'a  catalana.   Barcelona  1S7S. 

6.  Volksdichtungen,  Sagen,  lläthsel  u.  dgl.  Recull  de  exim- 
plis  e  miracles',  gestes  e  faules  c  altres  ligendes  ordenades  per  A  B  C 
tretes  de  un  manuscrit  en  pergami  del  comencament  del  siglo  XV  ara  per 
primera  volta  estampadas.  Barcelona  1880,  vgl.  Kom.  X  277  —  Balagier 
Y  Meuixo,  Lo  Carnestoltes  a  Barcelona  en  lo  segle  XVII.  Romansos  popul. 
catal.  reproduhits  d'impresos  contemponineos  e  ilustrats  ab  notas  e  docu- 
ments  inedits.  Barcelona  1878  —  Pelay  y  Briz,  Cansons  de  la  Terra. 
Cants  pop.  cat.  Barcelona  186ti  77.  5  Bde.  —  Romancerillo  catalan,  can- 
ciones  tradicionales.  2*  ed.  refundida  y  augmentada  por  Dox  M.  MlL.\  Y 
Fontanals.  Bare.  1882  —  Puymaigre,  Petit  Romanceiro  cat.,  vgl.  Lo  Gay 
Saber  15.  Juni  1878  —  Ulbrech  y  Vixyeta,  Romancer  catala  historich,  tra- 
dicionaly  de  costums.  Barcelona  1S77  —  F.  Pelay  y  Briz,  Endevinallas 
populars  catalanas  acompanyadas  de  [variants  y  confrontamens  ab  ende- 
vinallas francesas,  lituanas,  vascas,  gallegas,  italianas,  ribagorzanas,  pro- 
venzales,  alamanyas,  anglesas  etc.  Barcelona  1882  —  F.  P.  Y  B.,  Algunas 
endevinallas  pop.  cat.,  in:  Lo  Gay  Saber,  Any  5,  No.  XIII  —  .MiLÄ  Y 
Foxtaxals,  Enigmes  pop.  cat.,  in:  R,  d.  1.  r.  vom  15.  7.  1876  u.  1.  1. 
1877,  vgl.  auch  R.  d.  1.  r.  2  ser.  III  5  —  E.  Girbal,  Refrans  y  modismes 
locals,  in:  Lo  Gay  saber  vom  1.  5.  u.  1.  6.  1878  u.  in  Revista  de  Gerona 
1877,  No.  12  f.  —  LlagüSTERA  y  Sala,  Aforistica  catalana  ösia  coleccio 
de  refranis  pop.  cat.  Barcelona  18S3  —  Delboste,  Noels  cat.  Perpignan 
1866  —  Pepr.^TX,  Comi)araisons  popul.  les  plus  usitees  en  catalan  rous- 
sillonais,  in:  R.  d.  I.  r.  18S1  Dccember,  und:  Ramellets  de  proverbis, 
maximas,  refrans  etc.  Perpinyii  1880,  vgl.  R.  d.  1.  r.  3  ser.  IV  25  —  Mattia 
DI  M.\RTlxo,  Tradizioni  popolari  catalane.  Noto  iin  Sicilien)  1882  —  Poesias 
religiosas  catalanas,  in:  Revista  historica  latina  No.  III  61  u.  IV  102,  vgl. 
Rom.  IV  508  —  Pix  y  Soler,  Poesies  pop.  religieuses  de  la  Catalogne. 
in:  R.  d.  1.  r.  VII  217  —  MiLÄ  y  Foxtaxals.  Estudios  de  poesia  populär. 
Romancerillo  catalan.  Canciones  tradicionales.  2  ed.  Barcelona  1882  — 
Masi'OXs  y  Labrc's,  Lo  Rondallayre.  Cuentos  pupulars  catalans.  Barce- 
lona 1871  75. 

F.  "Wölk,  Proben  portugiesischer  u.  catal.  Volksromanzin.  Wien  1^56, 
vgl.  Jahrb.  f.  rom.  u.  engl.  Lit.  III  56. 


Das  Catalanischo.  499 

7.  Ausgaben  altcatal.  Litt  erat  u  r  wer  ke.  JIamon  Ia'LI,,  Obras 
rimadas  de  K.  li.,  escritas  en  idioma  catalan,  piiblicadas  etc.  por  Gkkonimo 
KüSSKLLO.  Palma  1S59.  Libre  del  orde  de  Cavayleria  compost  a  Miramar 
de  Mallorca  L.  p.  p.  AcilLÖ  Y  Fi'STKU.  Barcelona  1S79,  vgl.  Rom.  XII 
t>05  u,  R.  d.  1.  r.  3  ser.  IX  25»),  vgl.  auch  Hist.  litt,  de  la  Fr.  t.  29.  Ro- 
man de  Bla[n'querna,  herausg.  zu  Valencia  1521,  vgl.  Moukl-Fatio,  in: 
Rom.  VI  504,  G.  Baist,  in.  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  III  ilO  (vgl.  dazu  Rom. 
VIII  402} .  I.ibre  de  mili  proverbis",  herausg.  zu  Palma  174(>.  Proverbis 
d'ensenyament ,  herausg.  v.  Morel-Fatio,  in:  Rom.  XI  188.  Libre  de 
maravellcs,  herausg.  v.  J.  RossellÖ  in  der  Bibl.  catal.  Ein  katal.  Thier- 
epos  des  R.  L..  herausg.  von  K.  Hof.maxn.  München  1872  (Denkschr.  d. 
K.  b.  Akad.  d.  "Wissensch. ,  vgl.  Rom.  III  111,  Jahrb.  f.  rom.  u.  engl. 
Spr.  u.  Lit.  Xin  368  —  König  Jacob.  Libre  dels  feyts  esdevenguts  en 
la  vida  del  rey»en  Jacme  lo  conqueridor  acabat  a  17  del  nies  de  setembre 
1343,  herausg.  v.  AgiiU)  y  Fuster  in  der  Bibl.  catal.  1873/8Ü  iBALAGlEK 
Y  Merino,  Un  document  inedit  relatif  ä  la  chronique  cat.  du  roi  J.  I,  in : 
R.  d.  1.  r.  2  ser.  IV  161;.  The  Chronicle  of  James  I,  king  of  Aragon,  trans- 
lated  by  the  late  J.  Forster,  with  historical  introduction  etc.  by  P.  de 
Gay.\ngos.  London  1S83,  2  Bde.  —  König  Peter  IV.  Cronica  del  rey 
de  Aragon  D.  Pedro  IV  el  ceremonioso,  escrita  por  el  mismo  monarca  ed, 
A.  DE  BOFARILL.  Barcelona  1S5Ü  —  B.  Desclot.  Cronica,  herausg.  v. 
Bl'CHON  in  :  Chroniques  etrangeres  relatives  aux  expeditions  frcses  pendant 
le  13  s.  Paris  1840  [Orleans  1876),  vgl.  S.  S.\npere  y  Miquel  in  der  Re- 
vista  de  ciencias  18S0,  p.  45  u.  Morel-F.\tio  in:  Rom.  X  233  (eine  neue 
Ausg.  d.  Historia  de  Pedro  III  por  Desclot  soll  in  der  Biblioteca  de 
Escritores  Aragoneses  erscheinen,  ebenso  in  der  Biblioteca  catalana,  — 
Ranion  Muntaner.  Cronica  6  descripcio  dels  fets  e  hazanayes  del  inclyt 
rey  Don  Jaume  I  etc.,  zuerst  gedruckt  Valencia  1558,  dann  Barcelona  1562, 
herausg.  v.  K.  Laxz.  Stuttg.  1844  Bibl.  des  litt.  Vereins  Publ.  VIII  ,  von 
C.  Bl'CHON  in  den  Chroniques  etrangeres  etc.  (s  oben),  von  A.  DE  Bofarfel. 
Barcelona  1S60.  Eine  krit.  Ausg.  hat  G.  Baist  in  Aussicht  gestellt.  Deut- 
sche Uebers.  v.  K.  Lanz.  Leipzig  1842,  2  Bde.,  französ.  Uebers.  v.  C.  Br- 
CHON  in  der  Collection  des  chroniques  nationales  fr9ses  etc.  Bd.  5  u.  6. 
Par's  1S27,  span.  Uebers.  von  A.  de  Bof.arull  in  seiner  Ausg.  (Fragmente 
inedito  de  la  Cr.  de  R.  M.  in:  Revista  de  ciencias  hist.  1880,  No.  2.  Lo 
sermo  den  Muntaner  [=  Kap.  272  der  Chronik]  herausg.  v.  MiLÄ  Y  FoN- 
TANALS  in:  R.  d.  1.  r.  3  ser.  II  218  u.  III  3S,  vgl.  Rom.  IX  476  —  [Zahl- 
reiche andere  altcatal.  Chroniken  sowie  Urkunden  u.  dgl.  sind  gedrückt  in 
der  Coleccion  de  documentos  ineditos  del  Archivo  de  la  Corona  de  Aragon] 

—  A.  Turme  da.  Llibre  compost  por  fra  A.  T.  ab  la  oracio  de  S.  Miquel, 
lo  jorn  del  judici  y  la  oracio  de  S.  Roch  y  de  S.  Sebastia.    Cervera  1881 

—  Arnaldo  de  Vilanova.  Menendez  Pelay'O,  A.  de  V.,  medico  catalan 
del  siglo  XIII.  Ensayo  historico  seguido  de  tres  opüsculos  ineditos  de 
A.  etc.  Madrid  1S79  —  Mulet.  Obres  festives  compostes  segons  antiga, 
general  y  molt  rahonable  tradisio  del  Pare  Francesch  M.  p.  p.  C.  Llom- 
BART.  Madrid  1S76  —  Carbonell.  Opüsculos  ineditos  de  cronista  cat. 
C.  ed.  M.  DE  BoF.^RULL.  Barcelona  1864,  vgl.  Rom.  I  250  —  A.  Ferrer, 

32* 


500  I^äs  Catalanische. 

La  Comedia  de  DantAlligjhier  traslatada  por  A.F.  de  rims  vulgars  toscans  en 
riras  vulgars  catalans,  ed.  0.  ViDAL  Y  Valexciaxo.  Barcelona  ISSl,  vgl. 
Rom.  VIII  454  —  Auslas  March.  ObrAS,  ed.  F.  Pelavo-Briz.  Barcelona 
1864  —  Die  catal.  metrische  Version  der  sieben  weisen  Meister,  herausg. 
V.  A.  MussAFlA,  8.  oben  S.  495,  vgl.  Rom.  VI  297  'i  —  Ein  catal.  Streit- 
gedicht ZAvischen  En  Buc  u.  seinem  Pferde,  herausg.  v.  AV.  P'ÖR.STEU,  in: 
Ztschr.  f.  rom.  Phil.  I  79  —  La  Vida  de  S.  Amador,  text  catalä  inedit 
del  segle  XIV  p.  p.  V.  Lieutaud.  Marseille  1879,  vgl.  Lo  Gay  Saber  vom 
15.  8.  1878  u.  La  Renaixensa  vom  31.  Mai  1S78  —  Eine  catal.  Version 
der  Visio  Tundali,  herausg.  v.  G.  Baist ,  in:  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  IV  318 
—  Extrait  dune  traduction  catalune  de  la  legende  doree  p.  p.  C.  Chaha- 
neau,  in:  R.  d.  1.  r.  2  ser.  V  210,  vgl.  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  III  316]  — 
Fragment  d'un  conte  catalan,  traduit  du  fr9s,  p.  p.  Morel-Fatio,  in: 
Rom.  V  453,  vgl.  \1  143  —  El  canto  de  la  Sibila,  ed.  MiL.^  Y  Fontaxals, 
in:  Rom.  IX  353  —  Poeme  barcelonais  (Souhaits  de  bienvenue  adresses 
ä  Ferdinand  le  Catholiquc  par  un  poete  barcelonais  en  1473;  p.  p.  A.  Mo- 
rel-Fatio, in :  Rom.  XI  333  das  Gedicht  zeigt  eine  interessante  Mischung 
von  Catalanisch  u.  Castilisch^  —  Traites  catalans  de  grammaire  etc.  p.  p. 
P.  Meyer,  s.  oben  S.  495.  —  Vgl.  noch  S.  501,   Nachtrag. 

9.  Neucatalanisehes.  Unter  den  zahlreichen  Erzeugnissen  der 
neucatal.  Litteratur  sind  etwa  folgende  als  beachtenswerth  hervorzuheben  : 
Jascixto  Verdaguer's  »La  Atlantida«  (vgl.  oben  S.  494).  Barcelona  1S78 
(mit  Span.  Uebers. ;  französ.  Uebers.  von  A.  Sayixe.  Paris  1SS3)2,  V.  Ba- 
laguer's  Tragödien  (mit  span.  Uebers.  herausg.  Madrid  1878]  u.  C.  Llom- 
BART,  Niu  d'abelles,  epigrams  llemosins.  2  ed.  Valencia  1876,  ausserdem 
die  Prosaschriften  Felix  Y'  Codixa,  Lo  rector  de  Vallfogona,  novela  histo- 
rica.  Barcelona  1877,  Careta  y  Vidal,  Brosta,  aplech  de  quentos,  esce- 
nas  de  costums,  tradicions,  novelas  y  fantasias.  Barcelona  1878,  Riera  y 
Bertrax,  Escenas  de  la  vida  pagesa.  Novcletas  y  Narraciones  varias  de 
costumbres  catal.  Barcelona  1878.  Von  den  litterarischen  Zeitschriften  Cata- 
loniens  sind  die  bedeutendsten  Lo  Gay  Saber  (seit  1.  März  1868  erschienen, 
doch  nicht  ohne  Unterbrechungen'  u.  La  Renaixensa  seit  1.  Februar  1871  ; 
zweimal  täglich  erscheinende  grosse  Zeitung,  welche  ausser  mit  Littcrajur 
auch  hauptsächlich  mit  Politik  sich  beschäftigt  u.  zwar  in  specifisch  cata- 
lanistischem  Sinne, . 

Eine  Uebersicht  über  die  neucatal.  Litteratur  hat,  auf  Grund  des 
"Werkes  von  Tubino,  gegeben  E.  ^'oGEL  in  seiner  trefflichen  Dissertation 
»Neucatalanische   Studien«   (Münster   1886;  ,    welche    ausserdem    auch   eine 


1)  Vgl.  hierzu  Morel-Fatio,  Corrections  aux  textes  publies  du  ms. 
de  Carpcntras,  in:  Rom.  XI  123,  vgl.  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  VII  637.  — 
Ebenfalls  Berichtigungen  zur  cat.  Litt,  hat  BöiniEH  in  Korn.  Stud.  III  l;i2 
gegeben  betrifft  das  Libre  de  vicis  y  virtuts  und  das  Libre  de  la  me- 
nescalia). 

2)  j.  Verdaguer  hat  ausser  der  Atlantida  auch  »Idilis  v  cants  mi- 
stichs«  12.  Ausg.  Barcelona  18S2>  veröffentlicht,  vgl.  Polybiblion  2.  ser. 
XVIII  448  ;  ganz  neuerdings  endlich  Poesien  u.  d.  T.  «Caritat«.  Barcelona 
1885,  vgl.  Rev.  du  Monde  lat.  V  4o6. 


Das  Spanische.  50  t 

Skizze  der  Grammatik  u.  eine  Einleitung  über  Geschiclite  der  catal.  Sprache 
u.  der  catal.  Philol.  überhaupt  nebst  reichhaltiger  Bibliographie  enthalt. 

lü.  Geschichtliches.  A.  E.  DK  Molins,  Bibliografia  historica  de 
Cataluiia.  Epigratia,  in  Kevista  de  ciencias  bist,  isso  I  —  Maiaqieu 
VlL.\U0T,  Aborigens  catalans,  ensaig  historich  sobre'ls  primers  pobladors 
de  Catalunya.  Barcelona  ISSÜ  —  S.  Sanpeue  y  Miquel,  Origens  y  fonts 
de  la  naciö  catalana.  Barcelona  1879,  vgl.  Magaz.  f.  d.  Lit.  des  Ausl.  1880 
No.  4  —  BoFARULL  Y  Bkoca,  Historia  critica  civil  y  eclesiastica  de  Cataluiia. 
Bare.  1S70,  9  Bde.  —  Fiter  e  Ingles,  Invasio  dels  Alarbs  en  la  Cerdanya 
y  reconquista  d'aquesta  comarca  per  los  Cristians.  Barcelona  1878  —  San- 
pere  y  Mkhel,  Los  Alarbs  y  la  Cerdanya.  Pirona  1879  —  A.  Ruuio  Y 
Llvch,  La  expedicion  y  dominacion  de  los  Catalanes  en  Oriente  juzgadas 
por  los  Griegos.  Barcelona  lbS3  —  Saxpere  y  Miquel,  Lag  costumbres 
catalanas  en  temps  de  Juan  L  Gerona  u.  Madrid  1879  —  J.  Corolen, 
Claris  y  son  temps,  quadros  de  costums  politicag  del  siele  XIII  etc.  Bar- 
celona ISSO  —  AlLESTlA  Y  Pijoan,  Barcelona,  ressenya  historica.  Bar- 
celona 1S78  —  Saxpere  y  Miquel,  Barcelona.  Su  pasado,  presente  y 
porvenir.  Memoria  historica,  filosöfica  y  social.  Barcelona  '?)  1879  —  Na- 
xot-Rexart,  Costumbres  de  Barcelona,  in :  Boletin  del  Ateneo  Barcelones 
1879  Oct.  bis  Dec.  —  V.  Balaguer,  Montserrat,  su  historia,  sus  tradiciones 
y  leyendas.  2  Ausg.  Madrid  1880. 

Nachtrag  zu  No.  8.  GülLL.  Serra,  Genesi  de  scriptura,  trelladat 
del  provencal  a  la  llengua  catalana,  en  l'any  1451 ,  ed.  Miquel  Victoria 
Amer.  Barcelona  1873,  vgl.  Rom.  IV  4SI. 


Drittes  Kapitel,  i) 
Das  Spanische  (Castilianische). 

§  1.    Das  Gebiet  der  spanischen  Sprache. 

1.  Der  Umfang  des  spanischen  Sprachgebietes  in  Europa 
deckt  sich  keineswegs  mit  dem  Umfange  des  Königreichs  Spa- 
nien, sondern  ist  ein  erheblich  geringerer.  In  Abzug  zu  brin- 
gen sind  nämlich:  a)  das  catalanische  Sprachgebiet  [s.  oben 
S.  479)  ;  b)  die  baskischen  Landschaften  Guipuzcoa,  Viscaya 
und  Alava;  [c)  die  Provinz  Galicien,  deren  Dialect  mit  grös- 
serem Rechte  dem  Portugiesischen  als  dem  Spanischen  beizu- 
rechnen sein  dürfte,  indessen  benöthigt  wohl  diese  Frage  noch 
einer  eingehenden  Untersuchung'. 

2.  Ausserhalb  Spaniens  ist  das  Spanische  die  Sprache  der 


1;  Die  Litteraturangaben  sehe  man  im  Schlussparagraphen  des  Kapitels. 


502  Das  Spanische. 

Regierung  und  der  gebildeten  Bevölkerungsclassen  in  den  ge- 
genwärtigen xmd  früheren  spanischen  Colonien  (Canarische 
Inseln ,  Philippinen ,  Carolinen  etc. ,  Cuba ,  die  mittel-  und 
südamerikanischen  Republiken).  Das  aussereuropäische  Gebiet 
des  Spanischen  ist  mithin  ein  sehr  ausgedehntes. 

3.  Die  Bevölkerung  des  Königreichs  Spanien  'Festland, 
Küsteninseln  und  Balearen)  beträgt  nach  der  Zählung  von 
1883:  16  711565  Seelen;  bringt  man  von  dieser  Summe  in 
Abzug : 

3  718  131   Catalanen  (s.   oben  S.  479), 
469  791   Basken, 

1  881  008  Galicier, 

5  868  930, 
so    ergiebt   sich   als   Zahl   der  Bevölkeining  spanischer  Zunge : 
10  842  635. 

4.  Die  Zahl  der  Spanischredenden  ausserhalb  Europa's 
ist  unbestimmbar ,  da  die  hierfür  erforderlichen  statistischen 
Unterlagen  fehlen.  Keineswegs  aber  darf  die  Gesammtbe- 
völkerung  namentlich  des  ehemaligen  spanischen  Mittel-  und 
Südamerika  als  spanischredend  betrachtet  werden ,  da  sich  in 
den  betreffenden  Ländern  vielfach  neben  dem  Spanischen  noch 
die  Sprachen  der  eingebornen  Indianerstämme  etc.  erhalten 
haben.  Immerhin  jedoch  ist  das  Spanische  eine  der  verbrei- 
tetesten  Sprachen  der  Erde  und  steht  in  dieser  Eigenschaft 
nur  dem  Englischen ,  dem  Deutschen  und  dem  Russischen 
nach. 

5.  Zur  Zeit  der  politischen  Machtstellung  der  spanisch- 
habsburgischen  Monarchie  wälirend  des  15.  und  17.  Jahrhun- 
derts besass  das  Spanische  eine  ähnliche  internationale  Ver- 
breitung und  Geltimg,  wie  vom  Ende  des  17.  Jahrhunderts 
ab  sie  das  Französische,  nur  freilich  in  noch  höherem  Grade, 
erlangte. 

§  2.  Bemerkungen  üb|er  die  G  eschich  te  der  spa- 
nischen Sprache. 

1.  Die  ältesten  geschichtlich  nachweisbaren  Einwohner 
der  pyrenäischen  Halbinsel  sind  die  Iberer,  ein  A'olk .  des- 
sen Stammesangehörigkeit  und  Herkunft  noch  nicht  aufge- 
klärt ist.  Zweifellos  indessen  ist ,  dass  die  Iberer  der  indo- 
gennanischen  Sprachfamilie  nicht  angehörten ,    und  mit  ziem- 


Das  Spanische  503 

Hell  grosser  Hestiinintht'it  kann  veriiiuthet  werden ,  tlass  in 
prähistorischer  Zeit  auch  weite  Theile  des  südlichen  Frank- 
reich, einzelne  Gehiete  der  Polandschaft  und  vielleicht  die 
Inseln  des  tyrrhenischen  Meeres  von  einer  iberischen  Bevöl- 
kerung besetzt  waren.  Aller  Wahrscheinlichkeit  nach  sind  die 
Basken  Nachkommen  der  Iberer  inid  ist  folglich  auch  die 
baskische  Sprache,  das  sog.  Euskara.  aus  der  iberischen  her- 
vorgegangen. Aber  auch  wenn  Letzteres  als  zweifellose  That- 
sache  betrachtet  werden  dürfte,  wäre  damit  doch  die  Mög- 
lichkeit der  sicheren  Einreihung  der  Iberer  in  eine  der  be- 
kannten grossni  Völkerfaniilien  noch  nicht  gewonnen,  da  es 
bis  jetzt  nicht  gelungen  ist,  verwandtschaftliche  Beziehungen 
der  ganz  eigenartig  gebauten  baskischen  Sprache  .  deren  Ge- 
biet übrigens  auch  nach  Frankreich  hinübergreift  s.  oben 
S.    13),  zu  anderen  Sprachen  überzeugend  nachzuweisen. 

Die  nordwestliche  Hälfte  des  alten  Hispaniens  wurde 
schon  in  vorhistorischer  Zeit  von  aus  Gallien  über  die  Pyre- 
näen dringenden  Kelten  besetzt,  welche  mit  den  bereits  an- 
sässigen Iberern  zu  dem  Misch  volke  der  Keltiberer  verschmolzen. 

Iberer  und  Keltiberer  befanden  sich,  als  sie  von  den  Kar- 
thagern und  später  von  den  Römern  unterworfen  wurden,  im 
Besitze  einer  Halbcultur.  über  welche  nähere  Nachrichten  al- 
lerdings fehlen,  welche  aber  mit  der  frühmittelalterlichen  sich 
vergleichen  lassen  dürfte. 

2.  Phönicische  und  griechische  Colonien .  welche  früh- 
zeitig an  den  spanischen  Küsten  entstanden .  scheinen ,  weil 
lediglich  Hau delszwecken  dienend,  einflusslos  auf  Sprache  und 
Cultur  des  Landes  geblieben  zu  sein.  Bedeutsamer  dagegen 
war  die  ungefähr  ein  halbes  Jahrhundert  etwa  von  260  bis 
2lü  V.  Ch.)  währende  Herrschaft  der  ('arthager  (Gründung 
von  Neu-Carthago  230). 

Diu'ch  den  Ausgang  des  zweiten  punischen  Krieges,  zu 
welchem  die  Eifersucht  der  Römer  auf  das  Anwachsen  der 
carthaginiensischen  Macht  in  Spanien  den  Anlass  gegeben  hatte, 
kam  Hispanien  unter  römische  Herrschaft;  dieselbe  erstreckte 
sich  zunächst  allerdings  nur  über  die  östlichen  und  südlichen 
Küstengebiete,  wurde  allmählig  aber  auch  auf  das  Innere  des 
Landes  sowie  endlich  auch  auf  die  westlichen  und  nördlichen 
Gebiete   ausgredehnt.     Unter  Aug-ustus    war   die   Unterwerfung 


504  ^^^  Spanische. 

der  gesammten  Halbinsel  (mit  Ausnahme  einiger  schwer  zu- 
gänglicher Gebirgslandschaften  vollendet.  Schon  vor  vollende- 
ter Eroberung  aber  war  Ilispanien  in  zwei  grosse  Provinzen, 
Hispania  citerior  und  Hispania  ulterior,  getheilt  worden,  deren 
ursprüngliche  Grenze  von  dem  Ebro  gebildet  ward.  An  Stelle 
der  Zweitheilung  trat  später  eine  Dreitheilung :  Hispania  Tarra- 
conensis  oder  citerior  (Hauptstadt  Tarraco),  Hispania  Bätica 
oder  ulterior  (Hauptstadt  Corduba)  und  Lusitania  (Hauptstadt 
Augusta  Emerita,   das  heutige  Merida). 

Die  Romanisirung  des  Landes  wurde  durch  geschickte 
Yerwaltungsmassregeln ,  durch  eine  zahlreiche  römische  Ein- 
wanderung und  die  damit  verbundene  Gründung  römischer 
Colonien  i)  in  verhältnissmässig  rascher  und  intensiver  AVeise 
durchgeführt.  Schon  im  ersten  nachchristlichen  Jahrhundert 
hatten  römische  Sprache  und  Cultur  in  Spanien  so  feste  Wur- 
zeln gefasst,  dass  dieses  Land  an  der  lateinischen  Littoratiir 
einen  bedeutsamen  Antheil  nahm,  indem  aus  Spanien  gebürtige 
Schriftsteller  und  Dichter 2)  die  Hauptvertreter  des  silbernen 
oder  nachclassischen  lateinischen  Schriftthums  wurden.  Auch 
mehrere  römische  Kaiser  waren  entweder  aus  Spanien  gebürtig 
(so  Trajan)  oder  hatten  doch  zu  diesem  Lande  nahe  persönliche 
Beziehungen   (so  Hadrian). 

3.  Mit  dem  Verfall  des  römischen  lleiches  endete  auch 
die  römische  Herrschaft  über  Spanien.  Germanische  Stämme 
(Alanen,  Sueven,  Vandalen)  durchzogen,  verheerten  und  be- 
setzten am  Ausgange  des  4.  und  zu  Beginn  des  5.  Jahrhunderts 
die  Halbinsel,  jedoch  nur  den  AVestgothen  gelang  die  Auf- 
richtung eines  Reiches,  welches  längeren  Bestand  hatte  und 
allmählich  über  den  grössten  Theil  des  Landes  sich  ausdehnte. 
Der  Umstand,    dass    die  Wcstgothen    bei   ihrer  Festsetzung  in 


I )  Von  den  Römern  wurden  z.  B.  folgende  Städte  gegründet ;  Valentia 
(Valencia),  Caesaraugusta  (Saragossa  ,  Legio  VII  Gcniina  Leon',  Asturica 
Augusta  Astorga) ,  Lucus  Augusti  ;Lugo;,  Fax  Augusta  (Badajoz'  u.  a. 
Die  schon  bestehenden  Städte,  Avie  Tarraco  (Tarragona;,  Neu-Carthago 
(Cartagena),  Toletum  (Toledo),  Ilerda  (Lerida;  u.  a.,  Avurden  mit  römischen 
Colonisten  besetzt. 

2  Aus  Corduba  stammten  Annaeus  Seneca,  der  Rhctor,  dessen  Sohn  der 
Philosoph  L.  Annaeus  Seneca,  und  M.  Annaeus  liUcanus;  aus  Calagurris  M. 
Fabius  Quintilianus ;  aus  Bilbilis  M.  Valerius  Martialis;  aus  üades  L.  Junius 
Moderator  C'uluniella  ;  aus  Tingontcra  l'omponiusMehi.  Spanier  war  auch  der 
Mythügrajth  Hyginus;  Spanier  endlich  waren  die  cliristlicli-lateinischen  Dich- 
ter, bzw.  ScliriftsteUer  Juvencus,  Prudentius,  Idatius,  ürosius,  Isidor  u.  A. 


Das  Spanische.  505 

Spanien  bereits  im  Hesit/e  einer  <2^ewissen  Cultur  sich  befanden, 
besünstiiite  die  Erhaltuny;  zahlreicher  römischer  Culturelemente. 
zngleich  aber  auch  die  rasche  sprachliche  Romanisirung  des 
eermanischen  A'olkes .  Avoraits  sich  erklärt .  dass  die  west- 
güthische  Sprache  in  Spanien  für  litterarische  Zwecke  nie 
gebraucht  -worden  zu  sein  scheint,  obwohl  sie  ja  hierfür,  wie 
Vlülas'  Bibelübersetzung  beweist,  recht  wohl  fähig  gewesen 
wäre.  Die  Vermischimg  der  ^^'estgothen  mit  den  unterworfenen 
Hispano-Komanen  fand  zunächst  in  der  Glaubensverschieden- 
heit beider  Völker  ein  Hinderniss.  indem  die  ersteren  zum 
Arianismus.  die  letzteren  zum  Katholicismus  sich  bekannten. 
Als  jedoch  durch  König  Eeccareds  (586  bis  601)  und  seines 
Volkes  U ebertritt  zur  katholischen  Kirche  jenes  Hinderniss 
hinweggeräumt  worden  war.  begann  der  Verschmelzungsprocess 
der  beiden  Völker,  welcher,  als  er  etwa  im  Beginne  des  13.  Jahr- 
hunderts seinen  Abschluss  fand,  die  Bildung  einer  neuen,  der 
spanischen,  Nationalität  zum  Ergebnisse  hatte.  Ein  eigen- 
artiff  fremdes  Element  wurde  in  die  sich  bildende  Nationalität 
eingeführt  durch  die  im  Jahre  711  beginnende  Festsetzung  der 
Araber  Mauren'  auf  der  Halbinsel,  welche  zur  Begründung 
eines  mächtigen  und  blühenden  Reiches .  des  Chalifates  von 
Cordova  755).  führte.  Nur  in  dem  gebirgigen  Norden  des 
Landes  vermochte  die  christliche  Bevölkerung  ihre  Selbständig- 
keit zu  behaupten,  ohne  doch  dem  Einflüsse  der  überlegenen 
arabischen  Cultur  und  der  arabischen  Sprache  sich  völlig  ent- 
ziehen zu  können,  ein  Einfluss.  der  auf  die  im  Chalifate  ver- 
bliebenen Christen  natürlich  in  voller  Stärke  sich  geltend 
machte,  namentlich  auch  in  sprachlicher  Beziehung.  Nur  sehr 
allmählig:  gelano^  es  von  Mitte  des  11.  Jahrhunderts  ab  den 
Herrschern  der  kleinen  christlichen  Reiche  des  Nordens  das 
Gebiet  ihrer  Staaten  nach  Süden  zu  erweitern:  in  schweren, 
langwierigen  und  wechselvollen  Kämpfen  ward  das  Werk  der 
Rückeroberung  vollzogen,  erst  am  Ausgange  des  Mittelalters 
(1492  ward  es  durch  die  Eroberung  Granada's  beendet.  Gleich- 
zeitig mit  der  Zurückdrängung  der  Araber  vollzog  sich  ein 
anderer  wichtiger  politischer  Process.  die  allmählige  Bildung 
des  spanischen  Einheitsstaates  durch  Vereinigimg  der  ursprüng- 
lich vorhandenen  kleinen  Einzelreiche  Asturien  oder  Leon, 
Castilien,  Navarra.  Aragon.   Grafschaft  Barcelona:    1137  wurde 


506  I^^s  Spanische. 

IJarcelona  mit  Aragon,  1230  Leon  mit  Castilien  vereinigt; 
cUirch  die  Vermählung  Isahella's  von  Castilien  mit  Ferdinand 
von  Aragon  [1469J  -wurde  die  Vereinigung  beider  Reiche  vor- 
bereitet und  zehn  Jahre  später  [1479]  vollzogen^ 

Von  den  späteren  politischen  Geschicken  Spaniens  haben 
höchstens  die  Ausbreitung  der  spanischen  Herrschaft  über  einen 
Theil  Italiens  und  die  Thronbesteigiing  der  französischen  Bour- 
bons  einen  gcAvissen.  aber  mar  geringen  Einfiuss  auf  die  Ent- 
■\vickelung  der  Sprache  ausgeübt. 

4.  Für  die  Sprachgeschichte  ergeben  sich  aus  obigen  Be- 
merkungen folgende  Thatsachen :  a)  das  durch  die  römische 
Besitznahme  nach  Spanien  verpflanzte  Latein  verdrängte  dort 
eine  nicht  indogermanische  Sprache,  die  iberische  (während 
sonst  fast  überall  das  Latein  anderen  indogermanischen  Spra- 
chen nachgefolgt  ist),  b)  Die  germanische,  bzw.  die  west- 
gothische  Occupation  ist  für  die  Entwickelung  des  Hispano- 
Romanischen  von  verhältnissmässig  geringer  ]iedeutung  ge- 
wesen, jedenfalls  von  weit  geringerer,  als  dies  in  Frankreich, 
imd  besonders  wieder  in  Nordfrankreich,  der  Fall  war.  c)  Schon 
durch  die  phönicische  und  die  carthaginiensische  Colonisation, 
in  Avoit  ausgedehnterem  Umfange  und  intensiverer  Weise  aber 
durch  die  arabische  Invasion  wurden  semitische  Sprachen  nach 
Spanien  übertragen  und  folglich  die  Einführung  semitischer 
Elemente  in  das  Spanische  (sowie  in  das  Catalanische  und 
Portiigiesische)  ermöglicht,  ein  A'organg,  welcher  für  die  Idiome 
der  Pyrenäenhalbinscl  charakteristisch  ist.   — 

Als  weitere  wichtige  sprachgeschichtliche  Thatsachen  sind 
hervorziiheben :  a)  das  Spanische  ist  in  flexivischer  Hinsicht 
dem  Latein  verhältnissmässig  nahe  geblieben,  in  einzelnen 
l'inikten  sogar  näher  als  das  Gemeinitalienische,  b)  Die  spa- 
nische Litteratur  hat  sich  erst  spät  (etwa  von  Mitte  des 
12.  Jahrhunderts  ab)  zu  entwickeln  begonnen,  c)  Die  ein- 
zelnen Dialecte  besitzen  für  die  Entwickelung  des  Spanischen 
weit  geringere  Bedeutung,  als  beis])ielsweise  im  Französischen, 
vgl.   unten  §  4. 

§  3.  Bemerkungen  über  die  Geschichte  der  spa- 
nischen rhilologic. 

Unter  allen  romanischen  Einzelphilologien  ist,  befremdlich 
genug,    die    spanische    die   vernachlässigteste  und  wenigst  an- 


Das  Spanische.  507 

gelaunte,  namentlich  was  ihren  s})rachlichen  Thcil  anbelangt. 
Mittelalterliche  grannnatisclie  luul  lexikalische  Tractate.  wie 
sie  z.  1>.  für  das  Französische  \ind  Provenzalische  überliefert 
sind,  scheinen  für  das  Spanische  gänzlich  zn  fehlen,  so  sehr 
anch  zu  erwarten  wäre,  dass  solche  ahgefasst  worden  seien. 
da  doch  das  Nebeneinanderbestehen  von  Arabisch  nnd  Spanisch 
schon  ans  praktischen  Gründen  die  Aufmerksamkeit  auf  sprach- 
liche Dinge  lenken  musste.  Erst  mit  Ende  des  15.  Jahrhun- 
derts beginnen  die  grammatischen  und  lexicalischen  Schriften 
(1490  Aloxso  de  Palencia,  El  universal  vocabulario  en  latiu 
y  romance;  1492  Antonio  de  Lebrija  [Xehrissensis],  Lexicon 
lat.-hisp.  et  hisp.-lat.  und  Tratado  de  grammatica  sobre  la 
lengua  castellana' .  Indessen  scheint  selbst  während  des  16.  Jahr- 
hunderts jene  Rührigkeit  und  Vielgeschäftigkeit  auf  national- 
sprachlichem Gebiete,  wie  sie  in  Italien  und  in  Frankreich 
sich  kundgab ,  in  Spanien  gefehlt  zu  haben ;  bemerkenswerth 
ist  jedoch  die  vermuthlich  vor  1536  von  Juax  Yaldes  ver- 
fasste?  Schrift  >^Diälogo  de  las  lenguas«  ^zuerst  veröffentlicht 
von  Mayaxs    1737,  s.   u  ). 

Die  nach  dem  ^Muster  der  Academie  francaise  begründete 
Real  Academia  espanola  gab ,  auch  hierin  ihrem  französischen 
Vorbilde  folgend,  1726/39  ein  Wörterbuch  und  1771  eine 
Grammatik  heraus,  ohne  doch  hierdurch  den  gleichen  mass- 
gebenden Einfluss  erlangen  zu  können,  dessen  die  französische 
Akademie  sich  erfreut.  Die  bedeutendeste  philologische  Lei- 
stmig  des  IS.  Jahrhunderts  war  ^NLyyans'  Sammlung  »Origenes 
de  la  lengua  espaüola,  compuestos  por  varios  autores,  recogidos 
por  Gregorio  M.   y  Siscar«    Madrid   1737.   2  Bde  ). 

Die  wissenschaftliche  Geschichtsschreibung  der  spanischen 
Litteratur  wurde  durch  F.  Eouterwek  geb.  1766,  gest.  1S2S) 
begiündet,  welcher  im  dritten  Bande  (1804)  seiner  »Geschichte 
der  Poesie  und  Beredtsamkeit«  die  Geschichte  der  spanischen 
Litteratur  behandelte  (der  erste  Band  einer  mit  vielen  Zu- 
sätzen versehenen  spanischen  Uebersetzung  dieses  Werkes  er- 
schien 1S29).  Verdienstlich  und  anregend  wirkten  auch  die 
der  span.  Litteratur  gewidmeten  Alschnitte  in  des  Genfers 
Simon  de  Sismondi  »Histoire  des  litteratures  du  midi  de  l'Eu- 
rope«  (ISIS).  Mancherlei  Förderung  erfuhr  die  spanische  Lit- 
teraturgeschichtsschreibung  auch  durch  das  Interesse,  welches. 


508  I^^s  Spanische. 

zumal  in  Deutschland,  die  romantischen  Dichter  der  spanischen 
Litteratiir  und  insbesondere  dem  spanischen  Drama  zuwandten 
und  namentlich  durch  zahlreiche,  zum  Theil  auch  meisterhafte 
Uebersetzungen  bethätigten^).  Die  wissenschaftliehe  Arbeit  wurde 
dann  besonders  von  dem  Amerikaner  Georg  Ticknor  (geb.  zu 
Boston  1791;  und  von  dem  Deutschen  Fe;rdinand  Wolf  (gest. 
1866)  wieder  aufgenommen.  Der  ersterc  ist  der  Verfasser  einer 
umfangreichen  und  gelehrten  Gesammtgeschichte  der  spanischen 
Litteratur,  der  letztere  hat  in  zahlreichen  Einzelschriften  werth- 
vollste  lieiträge  zur  Kenntniss  namentlich  der  älteren  spanischen 
Litteratur  geliefert,  auch  einen  Supplementband  zu  dem  Werke 
Ticknor  s  bevorwortet  und  mit  Zusätzen  ausgestattet.  In  Spa- 
nien selbst  hat  sich  neuerdings  namentlich  Jose  Amador  de 
LOS  Rios  durch  seine  «Historia  critica  de  la  litcratura  espanola« 
Verdienste  erworben;  andere  Gelehrte,  wie  besonders  Hartzex- 
BUSCH ,  haben  das  Studium  der  spanischen  Litteratur  durch 
die  methodische  Herausgabe  älterer  Litteraturwerke  und  Au- 
toren erfreulich  gefördert. 

Die  durch  Diez  begründete  romanische  Philologie  hat  in 
Spanien  noch  keine  Pflege  gefunden,  eine  schwer  erklärliche 
und  für  Spanien  jedenfalls  beschämende  Thatsache,  da  doch 
selbst  Portugal  und  Rumänien  eine  so  traurige  Vernachlässigung 
einer  nationalen  Ehrenpflicht  sich  nicht  haben  zu  Schulden 
kommen  lassen,  obwohl  es  bei  ihnen  Aveit  eher  begreiflich  und 
verzeihlich  gewesen  sein  würde.  Aber  auch  in  Deutschland 
und  Frankreich  ist  das  spanische  Gebiet  der  romanischen 
Philologie  bisher  nur  sehr  stiefmütterlich  und  fast  ausschliess- 
lich nach  der  litterarischen  Seite  hin  behandelt  worden. 
A.  Ficiis  aus  älterer.  P.  Meyer,  C.  A'ollmöller,  P.  Förster, 
Caroline  Michaelis  (verehelichte  Marquise  de  Vasconcellos  , 
G.  Baist  und  namentlich  A.  Morel-Fatio  aus  neuerer  Zeit 
dürften    als    diejenigen    zu    nennen    sein,    denen  die  spanische 


1)  Nicht  vergessen  darf  liier  -werden  der  Name  des  Johann  Nicolai'S 
BÖHL  V.  Fabek  geb.  ITTü  zu  Hamburg,  gest.  IS^iO  zu  Puerto  Santa  Ma- 
ria) als  der  eines  Mannes ,  der  ungemein  anregend  auf  dem  Gebiete  der 
altspan.  litteratur  gewirkt  und  der  überdies  in  seiner  Tochter  Ciicilie  Fer- 
nan  Caballero^  dem  modernen  Spanien  seine  grösste  Dicliterin  gegeben 
hat.  Vgl.  über  ihn  die  biographische  Skizze,  welche  ihm  N.  H.  Jrurs 
im  zweiten  Bande  S.  641  ff.,  seiner  Uebersetzung  des  Ticknor'schen  AVer- 
kes  gewidmet  hat. 


Das  Spanische.  509 

riiilologie  manche  Anregung  und  Förderung  zu  danken  hat, 
und  doch  haben  auch  von  den  Cienannten  Einzehie  nur  ver- 
hältnissmässig  unbedeutende,  mitunter  sogar  recht  fragwürdige 
l^eistungen  aufzuweisen.  Immerhin  ist  trotz  ihrer  verdicnst- 
Hchen  und  jedenfalls  wohlgemeinten  liemühungen  auf  dem 
Gebiete  der  spanischen  Philologie  noch  nahezu  Alles  z\i  thun 
übriir.  und  dringend  wäre,  auch  im  Interesse  der  romanischen 
Gesammtphilologie,  zu  wünschen,  dass  die  hier  also  noch  der 
Bewältigung  harrende  Arbeit  recht  bald  von  rüstigen  Kräften 
mit  Energie  und  Verständniss  in  Angriff  genommen  würde. 
Vor  Allem  aber  wäre  es  Sache  der  Spanier  selbst,  Sorge  dafür 
zu  tragen,  dass  sie  hinsichtlich  des  Interesses  und  Eifers  für 
die  wissenschaftliche  Erforschung  ihrer  eigenen  Sprache  und 
Litteratur  nicht  länger  den  übrigen  Romanen  nachstehen. 

§  4.  Bemerkungen  über  die  Dialecte  des  Spa- 
nischen. 

1 .  Die  dialectischen  Scheidungen  sind  —  so  scheint  man 
wenigstens  nach  den  bis  jetzt  vorliegenden ,  freilich  vielfach 
sehr  ungenügenden  Angaben  urtheilen  zu  dürfen  —  im  Spa- 
nischen weit  weniger  bedeutend  und  scharf,  als  in  den  mei- 
sten anderen  romanischen  Sprachen  namentlich  besteht  in 
dieser  Hinsicht  zwischen  Spanisch  und  Italienisch  ein  star- 
ker Gegensatz).  Begründet  mag  dies  sein  einerseits  in  dem 
verhältnissmässig  kleinen  Umfange  des  spanischen  Sprach- 
gebietes —  es  dürfte  dasselbe  nur  etwa  nicht  ganz  zwei  Drit- 
tel der  Halbinsel  in  sich  begreifen')  — ,  andererseits  in  dem 
Vmstande,  dass  die  Litteratur  von  Anfang  an  unter  den  ver- 
schiedenen Dialecten  mit  grosser  Bestimmtheit  den  castiliani- 
schen  bevorzugte  und  dadurch  die  Erhebung  desselben  zur 
allgemeinen  Schriftsprache  veranlasste,  die  übrigen  Mundarten 
aber  zu  keiner  höheren  Entwickelung  gelangen  Hess. 

2.  Der  wichtigste  der  spanischen  Dialecte  ist  der.  wie 
bereits  bemerkt,  zur  Schriftsprache  erhobene  castilianische, 
von  dem  man  früher  glaubte ,    dass  er  am  reinsten  und  edel- 

1;  Die  AVestküste  der  P-VTenäenhalbinsel  gehört  dem  portugiesisch- 
galizischen.  die  Ostküste  dem'  catalauischen,  ein  Theil  der  Nordküste  dem 
baskischen  Sprachgebiete  an.  folglich  verbleiben  für  das  Spanische  nur  das 
Binnenland,  die  Südküste  und  ein  Theil  der  Nordküste;  im  Mittelalter 
kam  davon  noch  das  damals  catalanisch  redende  Aragon  in  Abzug. 


51  0  Das  Spanische. 

Steil  zu  Toledo  gesprochen  -werde .  AvUhrend  gegenwärtig  wohl 
die  Hauptstadt  Madrid  auch  in  dieser  J>eziehung  tonangebend 
ist.  Innerhalb  des  Castilianischen  unterscheidet  man  wieder 
die  Mundarten  von  Alt-  und  von  Neucastilien.  der  letzteren 
scheint  diejenige  von  Estremadura  nahe  zvi  stehen.  Das  Ge- 
biet des  Castilisch  -  Estremadurensischen  wird  im  Osten  von 
dem  Aragonesischen .  im  Süden  von  dem  Andalusischen ,  im 
Norden  von  dem  Leonesischen  begrenzt ;  den  Abschluss  nach 
Norden  zu  bildet  der  Dialect  der  Küstenlandschaft  Asturien. 
Unter  allen  nichtcastilischen  Dialecten  hat  nur.  und  auch  nur 
im  Mittelalter,  der  leonesische  eine  gewisse  litterarische  Aus- 
bildung erhalten,  doch  ist  in  den  übrigen  (so  namentlich  im 
Andalusischen)  eine  mehr  oder  weniger  reiche  Volkspoesie 
erblüht. 

Die  wissenschaftliche  Erforschung  der  spanischen  Dialecte 
ist  noch  kaum  begonnen,  nur  für  diejenige  des  Altleonesischen 
ist  Einiges  geschehen. 

3.  Dass  das  über  die  weiten  Gebiete  Mittel-  und  Süd- 
amerika's  ausgebreitete  Spanische,  mindestens  im  volksthüm- 
lichen  Gebrauche,  von  dem  europäischen  Spanisch  irgendwel- 
che Verschiedenheiten  zeige  (wie  dies  ja  bezüglich  des  Ver- 
hältnisses zwischen  Yankee-Englisch  und  Europäisch-Englisch 
bekannt  ist)  und  wenigstens  Ansätze  zu  dialectischeu  Spaltun- 
gen aufweise,  darf  als  gewiss  angenommen  werden,  doch  feh- 
len darüber  noch  nicht  nur  L'ntersuchungen ,  sondern  selbst 
auch  Angaben  sind  nur  für  einzelne  Kreolen- Dialecte  vor- 
handen. 

§  5.  liemerkungen  über  die  Laute  des  Spani- 
schen. 

1.  Als  charakteristisch  fiir  den  spanischen  Vocalismus 
sind  besonders  etwa  folgende  Züge  hervorzuheben:  a  Lat.  d 
ist  rein  erhalten  (z.  B.  tnatio]  ,  die  einzige  bemerkenswerthe 
Ausnahme  bildet  der  Uebergang  von  d  zu  f  in  dem  Suftix 
ari[us],  z.  11.  caballero,  vgl.  auch  beso  aus  hanium;  lat.  ^  stellt 
sich  als  ie  (im  Anlaut  t/e),  lat.  o  als  ue  dar  [z.  li.  cieh,  öueno), 
während  lat.  ö  und  o  monophthongisch  geblieben  sind;  lat.  ü 
ist  bewahrt  (der  w-Laut  ist  dem  Spanischen  unbekannt}  ,  lat. 
H  und  n  in  Pos.  ist  zu  o  geworden  (z.  15.  hbo  =  lupiis,  plomo 


Das  Spanische.  511 

=  plumhiim ;  jedoth  tiiulen  sich  zahlreiche  Fälle ,  in  denen  ü 
beharrt,  so  namentlich  in  betonter  Antepenultima,  z.  li.  dudo 
=  dübito,  Ihtcia  =  plücia).  Dem  ic  analog  wird  /  behandelt: 
lat.  7  bleibt  durchweg  (z.  \\.  feliz=  felicem) .  lat.  i  und  i  in 
Position  wird  gern  zu  e  (z.  H.  fe  ^^ f\dem.  pez  =  piscem;  je- 
doch sind  Fälle  des  Beharrens  von  i  in  Pos.  zahlreich,  z.  \^. 
triste;  i  in  offener  Sylbe  erscheint  zuweilen  als  ie,  z.  B.  nieve, 
pliego  \  lat.  uu  erscheint  in  populären  Worten  als  o,  z.  B. 
pobre.  toro.  h]  Stammhaftes  und  flexi visches  a  und  o  im  ton- 
losen Auslaut  beharrt,  z.  B.  corona ,  oro  =  aurum  (Stamm 
auro]  .  auch  w  in  espiritu ;  auslautendes  tonloses  e  beharrt  in 
Nominalstämmen  [ausser  nach  den  Liquiden  mit  Ausnalime 
des  m  .  nach  Sibilanten  und  nach  dem  Kehllaut  j  sowie  nach 
d  =t).  z.  B.  maL  ?iacio}i,  mayo7\  paz.  reloj  ^[ho\rologium, 
salud.  dagegen]  noche  =  noctem .  pnente,  siierte  ^  nave ,  nomhre 
=  nomen.  Jumhre  =  lumen.  Fremdworten  wird  häufig  ein  un- 
organisches e  angefügt,  z.  B.  j'efe  =  frz.  c/ief.  c)  Die  Aus- 
sprache unterscheidet  zwischen  offenem  und  geschlossenem  o 
und  e.  jedoch  nicht  mit  der  Consequenz,  wie  z.  B.  das  Alt- 
französische oder  auch  nur  das  Italienische,  d  Tonloses  i  e) 
in  Hiatusstellung  bewirkt  Palatalisirung  oder  Assibilirung,  zu- 
weilen auch  Schwund  des  vorangehenden  Consonanten:  l -\- j 
=  //  mouillirtes  /),  gewöhnlicher  j  (über  dessen  Lautwerth 
vgl.  unten,,  z.  B.  hatalla .  Mjo  ^=fiUum.  muj er  ^=  midierem  \ 
n  -f- y  =  '^  (mouillirtes  w),  z.  B.  huiio ,  Eapana\  r  -\- j  und 
s  -|- y  s.  oben  die  Bemerkung  über  lat.  ä\  f  -\-j  =  z,  z.  B. 
avestruz  =  ai'is  struthio.  plaza  =  platea;  d  -\-  j  anlautend  =  j, 
inlautend  ^  y,  z.  ^.Jornada,  rayo  =  vadium  \  g  -\-j  =  y,  z.  }^. 
e7isayo  =  exagium;  h  -\-  j  =  y,  z.  B.  haya  =  haheam\  v  -\-j 
=  y.  z.  B.  lijero  =  leviariimi:  p  +  /  =  eh.  z.  B.  piclion  = 
pipioneyn. 

2.  In  Bezug  auf  den  Consonantismus  ist  vor  Allem  be- 
merkenswerth  der  Besitz  einer  rauhen  Kehlaspirata,  deren 
Aussprache  etwa  der  des  hebräischen  Cheth  oder  des  deut- 
schen ch  in  auch  gleichkommt  und  zu  deren  Bezeichnung  die 
neuere  Orthographie  durchgängig  /  anwendet ,  während  die 
ältere  nach  etymologischem  Principe  bald  j  bald  x  bald  g 
brauchte.  Dieser  Laut,  welcher  übrigens  erst,  in  allerdings 
noch  nicht  aufgeklärter  Weise,  gegen  Ende  des  16.  Jahrhun- 


512  r)as  Spanische. 

derts  ans  ursprünglicher  Palatalis  sich  entwickelt  hat*  nnd 
folglich  durchaus  nicht  auf  semitischen  (arabischen)  Einlluss 
zurückgeführt  werden  darf,  beruht:  a)  auf  lat.  j,  z.  B.  j'amas. 
justo\  ß)  auf  lat.  </  vor  e  und  i,  z.  B.  ge?ite,  regir\  y)  auf 
lat.  .r,  z.B.  ej'emplo,  Jerj'es  =  Xerxes,  Alejandro,  dije=  dioci, 
duje  =  duxi\  b)  auf  lat.  g -\- j •,  z.  B.  reloj ^  s.  oben;  s)  auf 
lat.  SS,  z.  B.  haj'o  =  bassus\  t)  auf  lat.  l-\-j\  z.  B.  ajeno  = 
aliemim,  vgl.  oben  S.  5 1 1 .  —  Im  Uebrigen  können  als  Eigenthüm- 
lichkeiten  des  span.  Consonantismus  folgende  Lautwandlungen 
angeführt  werden :  a)  Lat.  c  vor  e  und  i  ist  assibilirt  worden ; 
sein  heutiger  Lautwerth  entspricht  ungefähr  dem  der  engli- 
schen und  neugriechischen  Dentalsj^irans  th  iß-),  b)  Anlau- 
tendes lat.  f  Avird  etwa  seit  der  zweiten  Hälfte  des  15.  Jahr- 
hunderts consequent  durch  h  vertreten  (z.  B.  hermano  =  ger- 
manus,  hierro  =  ferrum)  ^  Avelches  noch  im  16.  Jahrhundert, 
wie  die  Rhythmik  beweist  (indem  auslautender  Vocal  vor  h 
Sylbengeltung  bewahrt),  vollen  Lautwerth  besessen  haben  muss, 
in  der  neueren  Sprache  aber  denselben  nahezu  gänzlich  ver- 
loren hat;  es  gilt  dies  von  h  auch  in  dem  Falle,  dass  es  ursprüng- 
lichem lat.  h  entspricht,  wie  z,  B.  in  Jutber  (nur  vor  iie  lautet  h 
noch  schwach,  z.  B.  in  huesped).  Oefters  ist  vocalisch  anlauten- 
den Worten  gi-aphisch  ein  h  vorgesetzt,  z.B.  henchir  =  implere. 
c)  Lat.  II  wandelt  sich  in  palatalisirtes  /,  für  welches  aber 
II  graphisches  Zeichen  bleibt,  d)  Anlautendes  lat.  c  -\-  J, 
g  -{-  l,  p  -\-  l,  b  -\-  l,  f  -\-  l  wird ,  wahrscheinlich  durch  Ein- 
fluss  eines  nachgeschlagenen  parasitischen  i  =  J ,  zu  palatali- 
sirtem  /,  z.  B.  Hämo  =  clamo,  llego  =  plico,  llama  =■  ßamma\ 
auch  inlautend  ist  dieser  Wandel  zu  beobachten,  z.  B.  escollo 
=  scoptdus,  trillar  =  tribulare.  Dagegen  wird,  abweichend 
vom  Catalanischen,  anlautendes  lat.  /  nicht  palatalisirt.  e)  Ne- 
ben dem  Wandel  der  unter  d  angeführten  Consonantencom- 
binationen  zu  //  findet  auch  ein  solcher  zu  dem  palatalen  Dop- 
pellaute ch  =  tsch  statt,  z.  B.  chabasca  v.  clava ,  liacha  v. 
fac[u\Ia.  Im  Uebrigen  gründet  sich  ch  auf  lat.  et  und  //,  z.  B. 
dicho  =  dictum^  hecho  =  factum  ,  mnc//o  =  fnultutn  ,    vereinzelt 


1)  Zuerst  wird  sein  Dasein  von  dem  Grammatiker  Vklasco  (I5S2)  be- 
zeugt, während  noch  SüTOMAYüU  (1.5GS)  das  damalige  spanische  x  dem 
französischen  c/i  jrleichsetzt.  Vgl.  MONLAl',  iJel  origen  y  la  forraacion  del 
romance  castellaiio.  Madrid  1S59. 


Das  Spanische.  513 

auf  lat.  anlautendes  s,  z.  1?.  cJtuf  l)ar  =  aujyiart:  axich  dient  es 
zur  Vertretung  des  ital.  palatalen  c  und  des  franz.  eh.  f)  In- 
lautende tonlose  lat.  Explosiva  wird  tönend,  /..  \\.  loho  =  Jupus 
(s.  nächste  Zeile),  pagar  =  pararc:  auch  anlautend  sinkt  r  oft  zu 
^  herab,  z.  li.  <7/'rtÄ0  =  crassus.  Intervocalisches  ursprüngliches 
oder  aus  p  geschwächtes  h  wird  in  der  Aussprache  zur  Spi- 
rans V ,  dessen  Laute  es  sich  auch  anlautend  vor  Vocal  zu- 
neigt. Vor  Dental  wird  b  durch  v  zu  u  vocalisirt,  z.  \^.  deuda 
=  *deL'da  =  deh  t\ta.  g)  Auslautendes  t  wird  d  isalud  =  sa- 
hdem  ,  welches  den  Lautwerth  einer  dentalen  Spirans  erhält, 
so  dass  es  in  phonetischer  Schreibweise  auch  durch  s  und  z 
ausgedrückt  wird;  dialectisch  wechselt  auslautendes  d  auch 
mit  /  'also  Madris,  Madi'iz,  Madril  =  Madrid] .  h)  Anlauten- 
dem s  +  Cons.  wird  e  vorgeschlagen,  z.  B.  escaJa.  esfera^ 
espada.  i  Vor  Dentalen  und  Sibilanten  erscheint  häufig  ein 
eingeschobenes  unorganisches  u,  z.  B.  retidir  =  reddere.  en- 
sayo  =  exagiunh  zuweilen  auch  vor  Gutturalen,  z.  B.  ninguno 
=  necunus^  langoata  =  locusta,  si/tglar  =  dtsch.  segeln,  k,  Lat. 
complicirte  Consonanz  wird  durch  Schw  und  oder  Vocalisiriuig 
des  ersten  Bestandtheiles  erleichtert,  z.  B.  fruto.  retar  =  re- 
putare.  auto  =  actum:  über  den  möglichen  Wandel  von  cl 
u.  dgl.  zu  //  oder  ch ,  sowie  über  den  Wandel  von  et  und  It 
zu  ch  s.  oben.  Sc  vor  e  und  i  wird  zu  sibilirtem  c  verein- 
facht, auch  in  der  Schläft,  z.  B.  cetro.,  conocer,  Cipion.  1  Lat. 
geminirte  Consonanz  wird  stets  vereinfacht,  z.  B.  ilustre.  co- 
meter:  in  gelehrten  Worten  wird  lyim  zu  nm,  z.  B.  inmortal. 
Scheinbare  Ausnahme  ist  cc  =  gutturales  c  -\-  assibilirtes  c, 
z.  B.  acceder.  wirkliche  rr. 

3.  Neben  dem  Grundgesetze,  dass  der  lateinische  Accent 
beharrt,  hat  sich  im  Spanischen,  das  erwähnte  Grundgesetz 
durchkreuzend,  die  Tonregel  entwickelt,  dass  consonantisch 
auslautende  Worte  auf  der  Ultima  ,  vocalisch  auslautende  auf 
der  Pänultima  betont  sind,  daher  ist  z.  B.  determino  und  su- 
plico  zu  betonen.  In  weitem  Umfange  aber  hat  sich  das  ety- 
mologische Betonungsprincip  gegenüber  dem  mechanischen 
behauptet,  so  z.  B.  bei  den  consonantischen  Stämmen  der  lat. 
dritten  Declination,  also  z.  B.  huesped .,  ärhoL  wiägen,  fäcil; 
femer  bei  den  auf  Vocalcombination  auslautenden  Worten 
ciencia,   especie,  antiguo^  propincuo,  und  so  überhaupt  bei  Wor- 

Körting,  Encyklopädie  d.  rom.  Phil.   111.  30 


514  Das  Spanische. 

teil,  welche  auf  lat.  tonlosen  Doppelvocal  auslauten  und  mehr 
als  zwei  Sylben  umfassen  vgl.  dagegen  vacio,  (janzüa  .  Auf 
Diphthonge ,     deren    zweiter    Bestandtheil    xj    ist .    auslautende 

Worte  werden  auf  der  Ultima  betont,  also  z.  V>.  estoy.  Die 
ausnahmsweise  Betonung  der  drittletzten  oder  einer  noch  wei- 
ter zurückliegenden  Sylbe  wird  orthographi.sch  durch  Setzung 
des  Acuts  bezeichnet,  dies  findet  (abgesehen  von  gelehrten 
Worten)  namentlich  statt  bei  Combinationen  von  "N^erbalfor- 
men  mit  enklitischen  Pcrsonalpronominibus  ,  z.  B.  dieronselo^ 
büscamelo^  und  bei  den  adverbialen  Compositis  Kwi  -mente,  z.  B. 
dificilmen te.  ü Itim am ente. 

4.  Die  Reinheit  und  Klarheit  seiner  Vocale,  namentlich  das 
Fehlen  aller  getrübten  und  nasalen  Vocale,  verleiht  dem  Spani- 
schen Klangfülle,  der  häufige  consonantische  Auslaut  Energie, 
der  vorwiegend  auf  Ultima  oder  Pän ultima  fallende  Wortton  Ge- 
messenheit und  Würde,  der  häufige  Kehllaut  j  Rauhheit,  der 
verhältnissmässig  oft  erscheinende  Palatallaut  ch  Schrofflieit. 
Vielleicht  dürfte  unter  allen  romanischen  Sprachen  das  Spa- 
nische hinsichtlich  des  Lautcharakters  dem  Latein  am  ähn- 
lichsten geblieben  sein,  am  meisten  dessen  Kraft  sich  bewahrt 
haben. 

5.  Die  früher  ziemlich  schwankende  und  etymologisch 
schwerfällige  spanische  Orthographie  ist  im  Jahre  1815  durch 
die  Akademie  einheitlich  und  consequent  nach  gemässigt  pho- 
netischem Principe  geregelt  worden  und  die  dadurch  üblich 
gewordene  Schreibweise  genügt  dem  praktischen  Bedürfnisse 
in  treff'licher  Weise,  ohne  doch  die  etymologische  Durchsich- 
tigkeit der  Worte  allzusehr  zu  beeinträchtigen. 

§  6.  Bemerkungen  über  den  Wortbestand  des 
Spanischen. 

1.  Zu  dem  lateinischen  Grundstocke  des  spanischen  Wort- 
schatzes sind,  entsprechend  dem  \  erlaufe  der  Sprachgeschichte, 
zahlreiche  fremde  Elemente  hinzugetreten,  und  der  spanische 
Wortschatz  zeigt  demnach  ein  etwas  buntscheckiges  Aussehen, 
um  so  mehr,  als  nicht  wenige  seiner  fremden  Bestandtheile 
aus  nicht  indogermanischen  Sprachen  eingeführt  worden  sind. 

2 .  Wie  in  allen  romanischen  Sprachen ,  so  zerfallt  auch 
im  Spanischen    der   lateinische  Grundstock  des  Wortbestandes 


Das  Spanische.  515 

in  einen  volksthiinilichen  und  in  einen  gelehrten  Theil:  der 
letztere  ist  im  Spanischen  sehr  nmfangreich.  Zu  dem  volks- 
tliiimlichen  Theile  gehören  auch  nicht  ganz  wenige  Worte 
griechischen  Ursprunges  (z.  15.  ho/.sa ,  f/olfo,  pcjt^,  cahir  = 
Xu/.üy  etc.) ,  ^velche  bereits  im  N'olkslatein  Aiifnahme  gefun- 
den hatten. 

3.  Dass  der  si)anische  AVortbestand  Worte  iberischen  Ur- 
sprunges in  sich  scnliesst,  darf  aus  geschichtlichen  Gründen  von 
vornherein  als  zweifellos  erachtet  werden.  Nichtsdestoweniger 
ist  es,  da  wir  über  das  Iberische  und  über  seine  Beziehungen 
zu  dem  Kaskischen  nur  sehr  unzureichend  unterrichtet  sind, 
ungemein  schwierig,  derartige  Worte  mit  Sicherheit  zu  er- 
kennen und  namentlich  ihre  direete  Herkunft  aus  dem  Ibe- 
rischen nachzuweisen ;  in  der  Regel  wird  Durchgang  durch 
das  Lateinische  oder  das  Baskische  anzunehmen  sein,  ersterer 
z.  B.  bei  baluz  =  lat.  ballux ,  ffordo  =  \a.t.  ffurdus,  canto  = 
lat.  canf/ius,  letzterer  z.  B.  bei  c/mtnarasca  =  bask.  chatnarasco, 
zamarro  =  bask.  echamarra  [/],   mamlria  =  bask.  emayidrea. 

4,  Zahlreich  sind  die  germanischen  Elemente  im  Spani- 
schen, deren  Eindringen  zumeist  auf  die  lange  Herrschaft  der 
Westgothen  zurückzuführen  ist.  Zumeist  sind  es  SuVstantiva 
(z.  B.  hrida  =  ahd.  hrittil  ^  guisa  =  ahd.  ivin) ,  doch  fehlen 
auch  Adjectiva  und  Verba  nicht  (z.  B.  franco,.  haldo  =  goth. 
balfhs,  estampai'  =  ahd.  staf?ip/iun,  gy'citar  =  ahd.  chrazön  .  Zum 
gössen  Theile  sind  diese  germanischen  Worte  auch  in  ande- 
ren romanischen  Sprachen,  namentlich  im  Italienischen  und 
Französischen,  wiederzufinden  z.  B.  aba?idonar,  guardar,  tirar 
etc.) ,  einzelne  aber  dürften  dem  Spanischen  eigenthümlich 
sein,  z.  B.  melsa  =  31ilz,  ^e^a  =  nhd.  Zifze,  ganso  ^^  Gcma. 
An  Weiterbildungen  germanischer  Wortstämme  mittelst  roma- 
nischer Suffixe  ist  kein  Mangel,  z.  B.  senado  v.  Sinn^  ardido 
V.  hart.  Beachtenswerth  ist  die  Zahl  und  Verbreitung  ur- 
sprünglich germanischer  Personennamen ,  unter  denen  wieder 
die  Fatronymica  mit  dem  ursprünglich  genetivischem  Suffixe 
-ez  '=  goth.  -?6),  wie  z.  B.  Fernandez  =  goth.  Frithanantis, 
Rodriguez  =  goth.  Ilrötliareikis,  bemerkenswerth  sind,  zumal 
nach  ihrer  Analogie  auch  Fatronymica  von  lateinischen  Namen 
gebildet  sind,  wie  Perez  v.  Petrus,  Sanchez  v.  Sunctius.  Eine 
-eingehende  Untersuchimg  der  germanischen  Wortelemente   im 

33* 


516  Daß  Spanische. 

Spanischen  nach  Form  und  Bedeutung  würde  eine  ebenso  in- 
lialtreiche  wie  dankbare  Aufgabe  sein. 

5.  In  Folge  der  jahrhundertlangen  Herrschaft  der  Araber 
über  den  grössten  Theil  der  Halbinsel  hat  eine  sehr  ansehn- 
liche Anzahl ')  arabischer  Worte  (von  denen  vielleicht  man- 
ches bereits  in  punischer  Form  von  der  Volkssprache  aufge- 
nommen worden  war)  im  Spanischen  das  Bürgerrecht  erlangt, 
lind  namentlich  diese  semitischen  Fremdlinge  verleihen  nebst 
den  Worten  iberischer  Herkunft  dem  spanischen  Wortbestande 
ein  eigenartiges,  fast  exotisches  Gepräge.  Entsprechend  der 
hohen  Culturüberlegenheit ,  welche  die  Araber  (Mauren)  über 
die  christlichen  Spanier  besasseu,  beziehen  sich  die  arabischen 
Worte  (vorwiegend  Substantiva  mit  vorgesetztem  Artikel  al) 
zu  einem  grossen  Theile  auf  wissenschaftliche  Begriffe  (z.  B. 
algthra^  cifi'ci,  elijir  etc.)  soAvie  auf  Staats-  und  Kriegswesen 
(z,  B.  alcalde ,  aduana^  alcäzar,  arsenal,  tahali  etc.);  anderer- 
seits sind  aus  naheliegenden  Gründen  arabische  Worte  für 
Dinge  des  alltäglichen  Lebens  in  Gebrauch  gekommen  (z.  B. 
almohada^  almojabana^  almuerzo  etc.),  namentlich  auch  für  Er- 
zeugnisse und  Werkzeuge  künstlerischer  und  industrieller  Thä- 
tigkeit  (z.  B.  alherca^  alcaduz^  cdcarraza,  cendal^  Jarra,  rahel, 
sabana) . 

6.  Endlich  ist  zu  erwähnen,  dass  in  Folge  der  spanischen 
Colonialherrschaft  über  einen  grossen  Theil  des  mittleren  und 
südlichen  Amerikas  vereinzelte  Worte  aus  amerikanischen 
Sprachen  in  das  Spanische  (und  von  diesem  aus  in  andere 
europäische  Sprachen)  übertragen  worden,  so  z.  B.  caciihual 
»Kakaobaumplantage«  vom  mejicanischen  kakahiiatl ,  chocolate 
vom  mej.  choco  »Kakao«  xmd  lattle  «Wasser«,  ananas  (aus  der 
brasilianischen  Tuxis- Sprache  entlehnt  ,  qidna  oder  quinquina 
(deutsch  durch  Volksetymologie  zu  «China«  geworden)  vom 
peruanischen  kinakina  »Rinde«. 

§  7.  Bemerkungen  über  den  Formenbau  und  die 
Syntax  des  Spanischen. 

I.  1.  Einzelne  lat.  substantivische  f7-Stämme  haben  ihren 
Staramauslaut  gewahrt,  z.  B.  espiriiu,  impetu.    2.   Einzelne  lat. 


1)  Nach  Engelmann's  Glossaire    (s.  unten  §  10     beläuft  sich  dieselbe 
auf  650. 


Das  Spanische.  51  7 

0-Stiimme  sind  durch  Schwund  des  .Stammauslautes  zu  den 
consonantischen  Stammen  übergetreten,  z.  B.  maI[o \  apöstol  o  ; 
dasselbe  ist ,  aber  auf  andere  Weise,  geschehen  mit  deus ,  s, 
nächste  Nummer.  3.  Nur  Sing,  und  Plur. .  nicht  aber  Cas. 
rect.  und  Cas.  obl.  werden  unterschieden;  die  Declination  ist 
demnach  völlig  aufgegeben.  Die  Singularform  gründet  sich 
auf  den  lat.  Accus.,  der  lat.  Nom.  ist  nur  erhalten  in  dios  = 
deus  wo  also  Accentverschiebung  eingetreten,  vermöge  deren 
das  Wort  das  Aussehen  eines  consonantisch  auslautenden  Stam- 
mes erhalten  hat  ,  Carlos  und  altspanisch  res.  wozu  Accus,  ren. 
Die  Pluralform  beniht  ebenfalls  durchweg  auf  dem  lat.  Accusativ. 
Demnach  wird  der  l^lural  bei  Worten  auf  -«,  -o,  -ti.  -e  durch 
Anfügung  eines  einfachen  s.  bei  consonantisch  auslautenden 
Worten,  denen  sich  diejenigen  auf  Hochtonvocal  anschliessen, 
durch  Anfügung  von  -es  gebildet,  z.  B.  corona-s ^  poeta-s, 
ano-s.  espiritu-s,  corte-s.  rey-es,  ciudad-es.  diös-es  {idts]).  dio-s  , 
Jabali-es.  albalä-es,  ausg.  pie-s\  für  auslautendes  z  tritt  inlautend 
c  ein.  z.  B.  voz  :  voces.  für  auslautendes  x  ■=  j  (besser  auch 
j  geschrieben  wird  inlautend  y  gebraucht  (z.  B.  reJox  :  relojes). 
4.  Die  Umschreibung  des  Genetivs  und  Dativs  erfolgt  mittelst 
der  Präpositionen  de  und  ä.  5.  Persönliche  Begriffe  nehmen 
auch  im  directen  Objectsverhältnisse  die  Präpos.  ä  vor  sich, 
z.  B.  el  padre  ama  al  hijo.  6.  Als  best,  Artikel  fungirt  für  das 
Masc.  Sg.  el  =  il[lum],  PI.  los  =  [iülos.  für  das  Fem.  Sg.  la  = 
[ir\la[ni\  und  el  =■  iVJam\^  letzteres  nur  bei  zweisylbigen  mit  a 
anlautenden  Subst. ,  z.  B.  el  alma  aber  z.  B.  la  amiga) ,  PI. 
las  =  \irias.  Von  den  Formen  des  Artikelpronomens  kann 
nur  el  mit  de  und  «  durch  Enklisis  zu  del  und  al  verschmel- 
zen; Elision  des  a  in  la  findet  nicht  statt,  also  z.  B.  la  amiga 
mit  Hiatus.  7.  Der  Plural  des  als  unbestimmter  Artikel  fun- 
girenden  Numerale  iino  kann  zum  Ausdruck  des  Partitivbe- 
griffes  verwandt  werden,  z.  B.  unos  soldados  =  frz.  des  soldats. 
II.  1.  Die  adjeeti vischen  0-Stämme  hue7w  und  wa/o  ver- 
lieren ihr  o:  buen.  mal\  santo  wird  (im  Masc.)  meist  zu  san 
gekürzt.  2.  Bezüglich  der  Declination  und  der  Pluralbildung 
gelten  für  die  Adj.  dieselben  Regeln  wie  für  die  Subst.  3. 
Der  Comparativ  wird  analytisch  durch  Vorsetzung  von  mas 
gebildet;  organische  Formen  sind  nur  mejor  zu  hueno .  peor 
zu  jnalo.    mayor  zu  grande  und  menor  zu  pequeno   [für  parco  , 


518  ^^^  Spanische. 

4.  Der  relative  Superlativ  wird  stets  durch  Verbindung  des 
analytischen  Comparativs  mit  dem  Artikel  ausgedrückt :  für 
den  absoluten  Superlativ  dagegen  sind  vielfach  die  den  latei- 
nischen entsprechenden  organischen  Formen  in  Gebrauch,  z.  li. 
hueno  :  hotiisimo ,  fuerte  :  fortisimo ,  cierto  :  certisimo  (man  be- 
achte die  lautgesetzlich  begründete  Erhaltung  des  Stammvoca- 
les; ,  ßel  :  ßdelisimo^  feliz  :  feUci$imo^  nohle  :  nohUisimo^  rico  : 
riqiiisimo^  aspero  :  «spemw^o  neben  asperisimo,  fäcil  •.facilimo^ 
magnißco  :  magnificenüsimo ^  hueno  :  öptimo^  malo  :  pesimo^  gründe 
:  mäximo,  \pequeno  :]  minimo.  5.  Das  neutral  gebrauchte  Ad- 
jectiv  hat  eine  besondere  Form  des  best.  Artikels :  lo. 

III.  1.  Die  Personalpronomina  besitzen  zum  Ausdruck 
des  Subjectverhältnisses  in  Sg.  und  PL  nur  je  eine ,  für  die 
obliquen  Casus  dagegen  absolute  \md  conjunctivo  Formen, 
"welche  in  folgender  Vebersicht  sich  darstellen  lassen  : 

a)  als  Subject  fungiren  in  allen  Fällen: 

Sg.    \.    yo  1.   tu  3.  m.   e/       f.   ella     n.  ello 

PI.  [nos  vos]  »     cllos  »    el/as 

nosotros         vosotros 

b)  als    directes   Object   fungiren    in  Verbindung  mit    dem 
^'erb : 

Sg.    \.    me  2.   te  3.  m.   le       f.   hi       n.   lo 

PI.  nos  OS  ))     los      »    las 

c)  als  indirectes  Object  fungiren   in  ^'erbindung  mit  dem 
Verbum : 

Sg.    l.    me  2.   te  3.  m.   le       f.   le 

PI.  nos  OS  f)    h'S      »   les 

d)  als  absolutes  Obj.  und   in  A'erbindung   mit  Präpositio- 
nen fungiren: 

Sg.   1.    fni  2.   ti  3.   m.   ei       f.   ella     n.   ello 

nosotros        vosotros  »     cllos  »   ellas. 

Bemerkenswerth  ist  der  Sclnvund  des  anlautenden  v  in  os  = 
vos.  die  Verwendung  von  Ics  für  beide  Geschlechter  inid  der 
Gebrauch  des  dativischen  le  =  ^illae  oder  *illei  für  Uli  auch 
für  das  Masc.  :  überhaupt  zeigt  die  Sprache  die  Neigung,  die 
conjunctiven  Formen  des  Pron.  der  3.  Pers.  zu  vereinfachen, 
Aveshalb  auch  häufier  Ic  für  la  sich  ffebraucht  findet.    Den  Im- 


Das  Spanische.  519 

perativeu,  Intiuitiven,  Participicn  ^auch  denen  des  Prilteriti)  ') 
und  Gerundien  werden  die  conjunctiven  Pronomina  enklitisch 
augefügt,  z.  1).  dimelo  »sage  mir  es«,  während  sie  sonst  vor 
das  \'erlmni  treten,  z.  P.  me  lo  ha  cUcJto  »er  hat  es  mir  ge- 
sagt«. In  der  älteren  Sprache  Avird  in  der  ^'crl)indung  2.  P. 
PI.  Imp.  +  Pron.  der  3.  P.  dl  gern  in  Id  umgestellt,  z.  P. 
iomalda  f.  tomadla ,  dccildo  f.  decidlo ;  auch  wird  das  auslau- 
tende /  des  Infinitivs  gern  dem  anlautenden  l  des  Pronomens 
assimilirt,  z.  P.  escuchallos  f.  escucharlos .  —  Die  höfliche  An- 
rede an  eine  einzelne  Person  erfolgt  im  Spanischen  durch  die 
3.  P.  Sg.  verbunden  mit  dem  Subject  Usted  =  Vuestra  Mer- 
ced »Euer  Gnaden«.  2.  Das  Reflexivpronomen  [se ,  si]  folgt 
der  Analogie  des  Personalpronomens.  3.  Die  Possessivprono- 
mina haben  für  die  Singularkategorie  absolute  und  conjunc- 
tive  Formen,  erstere  sind  zwei-,  letztere  eingeschlechtig  (abs. 
mio,  tidjo .  suijo .  conj.  wi,  tu^  su,  welches  letztere  sowohl  auf 
einen  wie  auf  mehrere  Besitzer  sich  beziehen  kann,  da  ein 
dem  frz.  leur  entsprechendes  Pron.  fehlt)  ;  für  die  Pluralkate- 
gorie der  1.  und  2.  P.  ist  nur  je  eine  Form  nuestro  und 
vuestro  [mit  Ausfall  des  t:  nueso^  vueso]  vorhanden.  4.  In  Be- 
zug auf  die  Demonstrativpronomina  ist  zu  bemerken,  dass  von 
lat.  Pronominibus  sich  erhalten  haben:  ille  in  el ,  la,  lo^  los, 
las  (vgl.  oben  I  6  und  III  1 ,  jedoch  ist  neben  dem  artikelhaften 
und  dem  personalpronominalen  auch  der  demonstrativische 
Gebrauch  etwa  in  dem  Umfange,  wie  bei  dem  deutschen  »der, 
die,  das«,  noch  durchaus  lebendig)  ,  iste  in  este,  esta  »dieser« 
und  ipse  in  ese,  esa  »jener^«  ;•  mit  ecce  gebildete  Combinationen 
sind  aquel ,  aqiieste ,  aquese ,  von  denen  nur  die  erste  in  der 
neueren  Sprache  noch  üblich  ist.  5.  Das  gewöhnlichste  Re- 
lativ ist  das  inflexible  que ^  welches  als  Sing,  und  PI.,  als 
Masc.  und  Fem.  ,  als  Subj.  und  Obj.  fungiren  und  auch  mit 
Präpositionen  verbunden  werden  kann.  Seltener  wird  cual 
(=  qualis]   in   Verbindung    mit    dem   Artikel    als    Relativ    ge- 


1;  Als  Beispiel  für  diese  bemerkenswerthe  Eigenheit  diene  der  Satz : 
hallö  ä  SU  enemigo,  y  veticidole  en  hataUa  singuIar,  y  deapues  perdoitädole 
generosamente  Je  diö  fa  lihertad  «nachdem  er  ihn  besiegt  .  .  .  und  dann  ihm 
verziehen  hatte«.  Gleichzeitig  kann  dies  'der  Grammatik  von  Fraxceson 
entnommene  Beispiel  veranschaulichen ,  wie  das  lat.  Part.  Perf.  Pass.  im 
Spanischen  vollständig  in  die  syntaktische  Function  eines  Part.  Prät.  ein- 
treten kann. 


520  ^^^  Spanische. 

braucht.  Nur  auf  Personen  bezieht  sich  quieti  PI.  quienes)  = 
quem.  Zu  diesen  Pronominil)us  tritt  noch  das  aus  dem  lat. 
Genetiv  cujus^]  entstandene  possessive  Relativadjectiv  cuyo 
(z.  B.  este  ärhol  cuyas  hojas  ^  ista  arhor  cuitis  folia  .  6.  Als 
persönliches  und  absolutes  Interrogativ  fungirt  quien .  als  ad- 
jectivisches  und  conjunctives  ctial.  als  possessivisches  cityo.  als 
neutrales  qtie .  welches  überdies  auch  in  der  Bedeutung  des 
deutschen  »was  für  ein«  sich  adjectivisch  mit  Substantiven 
verbinden  kann.  7.  Unter  den  Indefinitis  finden  sich  einzelne 
in  etymologischer  Hinsicht  liemerkenswerthe .  so  namentlich 
cada  »jeder«  (mit  griech.  y.aTc'e  identisch  ?  es  würde  dann  ein 
Bedeutungswandel  vorliegen ,  der  sith  etwa  an  dem  vulgären 
Gebrauche  des  lat.  pro  oder  des  frz.  ä  in  der  deutschen  Um- 
gangssprache veranschaulichen  Hesse,  wie  z.  B.  »Er  bekommt 
1000  M.  pro  Jahr  [=  jedes  Jahr  «,  »der  Eintritt  kostet  3  M. 
ä  Person  [=  für  jede  Person]«] .  nada  »nichts«  (entstanden  durch 
Kürzung  aus  res  fiata  im  Sinne  von  »etwas« .  bei  negirtem 
Prädicate  »nichts« ,  vgl.  altfrz.  riens  nee.  ital.  ?iidla  f.  Jiulh/ 
cosa,  s.  DiEz.  Etym.  Wörterb.  IP  s.  v.),  fidano  »ein  gewisser« 
(arabischer  Herkunft)  und  ziitano  »ein  gewisser«  (Etymologie 
noch  dunkel  . 

IV.  Die  Formen  des  Numerale  geben .  da  sie  sich  eng 
an  die  lateinischen  anschliessen  vgl.  30  treirda.  40  ciiarenta 
=  lat.  triginta.  quadrag'inta  etc..  dagegen  frz.  trente,  quarante 
etc.),  zu  besonderen  Bemerkungen  keinen  Anlass.  Die  Ordi- 
nalzahlen zeigen  noch  den  vollen  Ausgang  -esimo,  z.  B.  vige- 
simo;  neben  primo,  das  meist  nur  noch  in  zusammengesetzten 
Zahlen  (z.  B.  rigesimo  primo]  üblich  ist.  ist  primero  getreten, 
neben  tercio  tercero .  neben  octaco .  nono,  decimo  finden  sich 
oche7io,  noveno,  deceno. 

V.  1.  Von  den  lat.  Temporibus  und  Modis  sind  im 
Spanischen  erhalten:  Präs.  Ind.,  Conj.,  Imp.,  Inf..  [Part.]  und 
Gerund.,  Impf.  Ind.,  Perf.  Ind..  Plusqpf.  Ind.  syntaktisch 
in  die  Function  des  Conditionals  verschoben),  Plusqpf.  C'onj. 
(fungirt  als  Conj.  des  Impf.),  das  Fut.  exact.    fungirt  als  Conj . 


1;  Ansätze  zum  Uebcrpange  von  cujus  in  adjectivische  Form  und  Func- 
tion finden  sich  schon  selbst  im  Sehriftlatein.  C'uium  ;;<?cm«?  an  Meli- 
boeif  ViRG.  Ecl.  III  1.) 


Das  Spanische  521 

Fut.l^).  das  Part.  Perf.  Pass.  (fung:irt  auch  als  Part.  Piät/ . 
Hierzu  treten  noch  die  Combinationen  Inf.  +  Präs.  Ind.  v. 
Juiher  =  Futur  und  Inf.  +  Impf.  Ind.  v.  Jmher  =  Conditional. 
Das  spanische  Verbum  besitzt  demnach  (ebenso  wie  das  por- 
tugiesische) einen  sehr  umfiingreichen  Formenbestand,  in  wel- 
chem besonders  der  doppelte  Conditional  und  das  Fut.  Couj. 
bemerkenswert!!  ist. 

2 .  P  e  r  s  0  n  a  1  e  n  d u  n g e  n  :  Sg.  1 .  -m  durchweg  geschwun- 
den, z.  1>.  soy  =  siou  (darnach  analogisch  doij  =  do.  estoij  = 
sfo,  foy  ^=  vado  .  cante  =  cantejn,  ca/itase  =  cantassetn ;  -o  ist 
geblieben  (z.  B.  canto]  ausser  im  Conj.  Fut..  wo  es  mit  e  ver- 
tauscht ist  [catitare  f.  cantaro^  wohl  Analogiebildung  zu  Präs. 
Conj.  cante).  Isolirte  Bildungen  sind  Jte  =  habeo  und  se  = 
sapio.  vgl.  frz.  ai  und  sai:  e  ist  zweifellos  aus  a  -\-  i  entstan- 
den: sa\pi^\.  *Äa[6]i"[o].  Im  Peirf.  ist  ebenfalls  -a  -\-  i  zu  e 
contrahirt  cawYa[e']«'  :  cante  (vielleicht  liegt  Anbildung  an  das 
Fut.  cantare  vor):  ii  zu  i  [parti\v]i  :  parti).  Die  l.  P.  Sg.  der 
starken  Perfecta  lautet  auf  unbetontes  -e  aus,  z.  B.  supe, 
quise  etc.  (s.  unten  No,  5).  Sg.  2.  -s  ist  durchgängig  erhal- 
ten, z.  B.  canfas.  partes,  vendes ,  caniahas  etc.  In  der  2.  P. 
Sg.  Perf.  ist  lat.  -sü  als  -ste  bewahrt.  Sg.  3.  -t  ist  durch- 
weg abgefallen,  z.  B.  cania.  parte,  vetide.  cantaha  etc.  Ueber 
den  Ausgang  der  3.  P.  Sg.  Perf.  s.  unten  No.  5.  PI.  1.  Lat. 
-mus  erhalten  als  -nios.  PI.  2.  Lat.  -tis  =  des.  woraus  durch 
Ausfall  des  d  und  Lebergang  des  e  in  i  die  Endung  -is  ent- 
steht.  z.  B.  cantatis  :  cantades  :  cantais.  "^vendetis  :  tendedes  : 
vendeis.  *par(itis  :  partides  :  partiis  :  partis.  Lat.  -te  in  der  2. 
P.  PI.  Imp.  erhält  sich  als  d  [cantate  :  cantad).  Der  Ausgang  der 
2.  P.  PI.  des  Perf.  -stis  wird  zu  stets,  z.  B.  amastis  :  amasfeis. 
*parti\vi]stis  :  partisteis.  PI.  3.  Lat.  -nt  durchweg  =  -n.  z.  B. 
cantan.  venden,  parten,  cantaban  etc. 

3.  In  Bezug  auf  die  Betonung  ist  zu  bemerken:  stets 
auf  der  Lltima  betont  ist  die  2.  P.  PI.  Präs.  Ind.  der  Verba. 
deren  Inf.   auf  -ir  ausgeht,   z.   B.  2:)a}'tis.   dccis.   die  erste  Pers. 


1  cantcn-e,  altsp.  cantaro  =  lat.  cantavero,  parliere,  altsp.  jiartiero  == 
lat.  *partn-ern.  Die  Formen  des  lat.  Fut.  exact.  fallen  zum  grossen  Theil 
mit  denen  des  Perf.  Conj.  zusammen  und  berühren  sich  auch  sjTitaktisch 
nahe  mit  ihnen.  In  Folge  dessen  wird  die  Annahme  gestattet  sein,  im 
span.  Fut.  Conj.,  abgesehen  von  seiner  1.  Pers.  Sg.,  die  Verschmelzung 
der  beiden  eenannten  lat.  Formenkatesorien  zu  erblicken. 


522  •  Das  Spanische. 

Fut.  [cantare  etc.),  die  1.  P.  Sg.  Perf.  der  sch\^•achen  Verba 
[cante ,  vendi,  parti  etc.,  'während  in  starken  Perfecten  die 
Pänultima  betont  ist,  z.  B.  hice^  dije  u.  dgl.),  die  3.  P.  Sg. 
Perf.  der  schwachen  Verba  (z.  B.  cantö,  vendiö ,  partiö  etc., 
während  in  starken  Perfecten  die  Pänultima  betont  ist,  z.  B. 
hizOj  dijo  u.  dgl.) ;  die  Antepänultima  ist  betont  in  der  1.  und 
2.  P.  PI.  Impf,  [cantäbamos ^  cantdbais,  partiamos  etc.),  im  Fut. 
Conj.  [cantäremos.  cantäreis^  vcndieremos  etc.),  im  Cond.  I  = 
Phisqpf.  Ind.  [cantäramos,  cantärais,  partieramos  etc.)  und  im 
Cond.  n  [cantariamos^  cantariais,  partiriamos  etc.),  ausserdem 
die  2,  P.  PI.  Perf.  [ccmtäsfeis.  wo  freilich  ei,  weil  Diphthong, 
besser  als  einsylbig  aufzufassen  ist)  ;  im  Uebrigen  pflegt  die 
Pänultima  den  Ton  zu  tragen:  so  namentlich  auch  die  3.  P. 
PI.  Perf.  [cantäron .  partieroyc,  dijeron  etc.).  Der  Pänultima- 
Betonung  ordnen  sich  auch  die  im  Lat.  auf  der  Antepänultima 
betonten  Verba  unter,  daher  span.  imagino^  determino,  suplico 
u.  dgl.  für  lat.  hnägino ,  determino.  süppUco,  falls  nicht  Syn- 
kope eingetreten  ist ,  wie  in  colgo  =  col^oYo ;  nur  die  A'erba 
auf  -iare  bewahren  theilweise  den  lateinischen  Accent,  z.  B. 
agrävio,  precio,   Jimpio,   aber  incto,  desafio. 

4.  Der  Infinitiv  hat  durchweg  sein  auslautendes  e  verloren 
[cantar^  partir,  hacer  u.  dgl.) ,  dagegen  haben  das  Part.  Präs. 
und  das  Gerundium  das  auslautende  e,  bzAV.  o  bewahrt,  z.  B. 
cantante,  cantando.     Ueber  das  Part.  Prät.  vgl.   unten  No.  8. 

5.  Der  Ableitungsvocal  a  hat  sich  überall  erhalten,  wo 
er  im  Lat.  vorhanden  war :  in  1 .  P.  Sg.  Perf.  ist  a  +  <;"  zu  e 
und  in  3.  P.  Sg.  Perf.  a  -\-  u  (aus  v)  zu  6  monophthongirt 
worden  {canta[v\i  :  cante,  cantav[it\  :  cantö) ;  von  den  y^-Verben 
ist  der  Ausgang  -o  der  3.  P.  Sg.  Perf.  auf  alle  Verben,  auch  auf 
die  starken  (bei  denen  jedoch  die  Stammsylbe  den  Ton  festhält), 
übertragen  Avorden,   also  z.   B.  partiö,  vendiö,  hizo,  dijo. 

Der  Ableitungsvocal  i  bleibt,  wo  er  im  Lat.  vorhanden 
Avar,  erhalten  mit  Ausnahme  des  Sg.  und  der  3.  P.  PI.  Ind. 
und  des  ganzen  Conj.  Präs.  ,  welche  stark  gebildet  werden 
[parto,  partes,  parte,  parten,  parta,  partas  etc. ,  dagegen  par- 
timos,  partis,  Impf,  partia,  Pf.  partt  etc.).  In  sepa  =  mpiatn, 
(juepo,  quepa  mit  stummem  u\  =  capio,  capiam  ist  das  Ab- 
leitungs-t  zwar  geschwunden,  hat  aber  vorher  den  Vocal  der 
Vorsylbe   beeinflusst,    denn    sapiam  :  aaipa  :  sepa.     ^'gl.  auch 


Das  Spanische.  523 

unten.  Durch  Analorjie  ist  der  Ableituno^svocal  /  auf  das  Impf, 
und  die  flexionsbetonten  Formen  des  l'erfects  sowie  auf  die 
vom  Perfeet  abgeleiteten  Tempora  der  ursprünglichen  £-Verba 
und  starken  Verba  übertragen  worden  (z.  B.  terda  =  fenebam, 
vetiiUa  =  ve)ideham.  hicimos.  hicisteis,  /tin'eron,  l.iciera,  hiciese, 
hiciere  =/'ecmius,  fecistis^  fecerunt,  feceram,  fecissem,  fecero). 

Zu  g  consonantificirt  hat  sich  Ableitungs-/  sowie  Ablei- 
tungs-e)  in  einigen  ersten  Personen  Präs.  Ind.  sowie  in  ein- 
zelnen Conj.  Präs.  erhalten,  z.  B.  salgo  (Conj.  salga]  =  «aUo^ 
vengo  (Conj.  tenga  =  venio.  hago  |Conj.  haga  z=facio.  tengo 
Conj.  te)iga  =teneo,  valgo  (Conj.  calga)  =  caleo  etc.;  Ana- 
logiebildungen sind  pongo  =  pono,   caigo  =  cado  u.   a. 

Der  Ableitmigsvocal  -e  hat  sich  im  Inf.  und  in  der  1 .  und 
2.  P.  PI.  Präs.  Ind.  sowie  in  der  2.  P.  PL  Imp.  erhalten 
{teuer,  tenemos.  teneis .  tened;  und  ist  ausserdem  in  den  ge- 
nannten Formen  auch  auf  die  ursprünglich  starken  A'erba 
übertragen  worden  [cender,  vendemos,  cendeis,  vended  =  ven- 
dere.  vendifnus,  vefiditis,  vendife ;  über  den  Inf.  siehe  nächsten 
Absatz).  Im  Uebrigen  folgen  die  ursprünglichen  £-Verba  und 
die  ursprünglich  starken  Verba,  soweit  die  letzteren  nicht  die 
starke  Flexion  bewahrt  haben,  der  Analogie  der  /-Verba ,  es 
wird  also  z.   B.   cende?-  gerade  so  flectirt  wie  partir. 

Die  lat.  starken  Inf.  auf  -e-re  sind  im  Spanischen  aus- 
nahmslos entweder  zur  E-  oder  zur  /-  Classe  übergetreten 
vend^re  :  vendh;  *mörere  :  monr,  concipire  :  concehir).  Folglich 
sind  alle  span.  Infinitive  auf  der  Lltima  betont.  Lat.  esse  ist 
durch  se  d er  e    verdrängt:  ser  (vgl.   tider e  :  rer]. 

5.  Als  einzigen  Eest  der  inchoativen  Präsensbildung  des 
Lateinischen  hat  das  Spanische  in  der  1.  P.  Sg.  Präs.  Ind. 
und  im  Präs.  Conj.  also  vor  dunkelm  Vocale;  zc  =  sc  be- 
wahrt [nazco,  ?iazca:  parezco.  parezra:  conozco,  couozca;  der 
Analogie  dieser  Verben  folgen  auch  die  Composita  von  ducere^ 
z.  B.  conduzco.  conduzca):  sonst  ist  sc  durchweg  zu  c  verein- 
facht nacemos,  naceis,  nacia  etc..  Die  Inchoativbildung 
auf  -iscere  fehlt  dem  Spanischen  völlig. 

6.  In  den  stammbetonten  Formen  des  Präsens  wird  ^, 
bzw.  ae  zu  ie .  o.  zuweilen  auch  ti  aus  b.  zu  ue  diphthongirt 
{acierfo^  aber  acerfämos;  sienfo,  aber  sendmos:  g utero ,  aber 
gueremos;    aeuesto .    aber    acostämos:    dtiermo,    aber  dormimos] 


524  l^äs  Spanische. 

puedo,  aher  po(Iemos\  jueffo,  ahex  Jugcmios] .  In  tengo,  vengo  ist 
der  Vocal  durch  die  romanische  Position  geschützt.  Zahh-eiche 
Verba,  welche  hochtoniges  stammhaftes  e  in  ie  spalten,  wan- 
deln in  den  flexionsbetonten  Formen  des  Präs.  Conj.  und  Imp. 
im  Gerund.,  in  der  3.  P.  Sg.  und  PI.  Perf.  und  in  allen  von 
dem  Perfect  abgeleiteten  Zeiten  stammhaftes  e  in  i  (z.B.  sentir  : 
sinfamoSj  iintiendo,  kintiö,  sintier on.  sintiene  etc.,  ebenso  ad- 
vertir.  herir  u.  a.).  In  denselben  Formen  wandeln  dormir  und 
morir  ihr  stammhaftes  o  zu  u.  Demnach  zeigen  die  betr. 
Verba  [sentir  etc.  einerseits,  dormir  etc.  andererseits)  eine  sehr 
wechselnde  Vocalisation  der  Stammsylbe:  p,  bzw.  o  in  der  1. 
und  2.  P.  PI.  Präs.  Ind.,  im  Impf.  Ind.,  in  der  1.  und 
2.  P.  Sg.  und  PI.  Perf.  und  im  Inf.:  ie  ^  bzw.  ne  in  den 
stammbetonten  Formen  des  Präs.,  i.  bzw.  u  in  allen  übrigen 
Formen.  Es  kann  dies  an  die  bewegliche  Vocalisation  des 
semitischen  Verbums  erinnern,  und  doch  würde  es  höchst  ver- 
kehrt sein,  etwa  an  arabischen  Einflviss  denken  zu  wollen,  da 
die  betr.  Vorgänge  sich  sehr  wohl  aus  romanischen  Lautnei- 
gungen erklären  lassen.  In  einer  Keihe  von  Verben  wird 
stammhaftes  e  durchweg  in  i  gewandelt  mit  Ausnahme  des 
Inf. 's,  der  1.  und  2.  P.  PI.  Präs.  Ind.  ,  des  Impf.'s  Ind.  luid 
der  l.  und  2.  P.  Sg.  und  PI.  Perf.,  z.  B.  pedir  :  pido,  pides, 
pide  etc.,  pedia  etc.,  pedi,  pediste,  pidiö,  pedimos ^  pedisteis, 
2ndiero7i  etc.  (hierher  gehören  z.  B.  cenir,  getnir,  regir,  seguir, 
■vestir ,  die  Composita  von  legere ,  wie  colegir ,  während  das 
Simplex  leer  nach  render  flectirt). 

7.  Die  starke  Perfectbildung  ist  durch  den  Vebertritt  vie- 
ler ursprünglich  starker  Perfecta  zur  schwachen  Bildung  (so 
z.  B.  bei  nacer  =  *nasc^re ,  leer  =  legere,  ver  =  videre  und 
durch  den  Schwund  einzelner  Verben  sehr  erheblich  einge- 
schränkt und  macht  um  so  mehr  einen  nur  trümmerhaften 
Eindruck,  als  starke,  d.  h.  stammbetonte  Bildung  nur  in  der 
1.  und  3.  P.  Sg.  stattfindet,  von  denen  die  letztere  aber  ihre 
Endung  der  -4-Conj.  entlehnt  (z.  B.  /üce  =feci,  2.  Meiste  = 
fecisii,  hizo  [nach  canto,  freilich  mit  anderer  Betonung  = 
feeit,  hicimos  =  fecimus  ^  hicisteis  =  fecistis ,  liicieron  =  fece- 
runt] . 

In  den  erhaltenen  starken  Perfecten  ist  das  -/  der  I.  P, 
Sg.   zu  e  geschwächt. 


Das  Spanische.  525 

In  den  Avenigen  zur  j-Classe  gehörigen  Perfeoten,  welche 
stark  gebheben  sind ,  ist  in  der  neueren  Sprache  stammhaftes 
('  zu  /  gewandelt,  also  feci  :  hice,  ve/ii  :  vine  *tetii  f.  tenui  ist 
aufgegeben  und  dafür  die  Analogiebildung  füre  eingetreten, 
s.  unten) :  vidi  ist  nach  Ausfall  des  il  zur  /-IJildung  gezogen 
worden:  r/,  viste,  viö  etc.  (altsp.  noch  vidi  und  3.  P.  Sg. 
cido\  —  Veber  pudc,   cupe  u.  dgl.   s.  unten. 

Die  Perfecta  der  si-Classe  sind  meist  zur  schwachen  Bil- 
dung auf  -/  übergetreten ,  so  z.  B.  presi  :  prendi,  cinxi  :  ceni, 
scripsi  :  escribi ,  vixi  :  vivi  u.  a.  (im  Altsp.  finden  sich  noch 
mehrfach  starke  Formen,  wie  z.  B.  prisi.  cinxo,  visco  =  vixit, 
auch  fuxo  ,  fitsso  =  *fuxit  f.  fugit]  ■  Erhalten  sind  nur :  qtiise 
=  quaesii  f.  quaeslvi,  [puse  (s.  u.)  =  posut],  dixi  :  dije,  duxi  : 
duje,  traxi  :  traje. 

Eigenartig  ist  die  Entwickelung  der  wenigen  stark  ver- 
bliebenen ^/-Perfecta  (es  sind,  abgesehen  von  Analogiebildun- 
gen, sämmtlich  nur  solche,  deren  Stamm  auf  Labial  auslautet) : 
das  u  wurde  in  die  Stanimsylbe  attrahirt  und  bildete  mit  de- 
ren Stamm vocal  a  den  Diphthong  mi.  dieser  wurde  in  o  mo- 
nophthongirt ,  welches  wieder  zu  u  verdumpfte,  also  hahui[: 
hauhe  :  ho})e\  :  Inihe .  sapui  [:  saupe  :  sope]  :  st<pe,  ^ciquii  :  caupe 
:  cope]  :  c\ipe\  analog  gebildet  scheint  j^osm'  [:  pouse  :  pose]  :  puse 
und  potui  [:  poude  :  pode\  :  pude.  Anbildungen  an  liuhe  sind 
estuve  V.  estar.  anduve  v.  andar  und  luve  v.  teuer  im  Spani- 
schen trennen  sich  also  venir  und  teuer  in  der  Perfectbildung  . 
Im  Altspanischen  finden  sich  vereinzelt  noch  andere  derartige 
Bildungen,  z.  B.  cruvo  v.  creer  =  credere,  plugo  v.  placer[e]^ 
conuvo  V.  conocer. 

8.  Die  vorherrschenden  Ausgänge  des  Part.  Prät.  sind 
-ado  und  -ido  -udo  fehlt  gänzlich)  ,  letzterer  -idö]  ist  auch 
für  die  grosse  Mehrzahl  der  im  Lat.  starken  Participien  üblich 
geworden,  z.  B.  sabido  v.  saber,  conocido  v.  cotiocer,  leido  v. 
leer  u.  v.  a. ,  sogar  nacido  v.  nacer  und  sido  v.  ser\  starke 
Bildungen  sind  etwa  abierto  =  apertus .  morto  =  mort[u\us, 
escrifo  =  scriptus ,  puesto  =  positus .  hec/to  =f actus  ,  dicho  = 
dir t US.  Häufig  bestehen  starke  und  schwache  Formen  neben 
einander ,  und  zwar  entweder  ohne  Bedeutungsdifferenz  yäe 
z.  B.  preso  und  pre7idido^  provisto  und  proveido,  roto  und  rom- 
pido.   opreso  und  oprimidd    oder  aber  in  der  Art  von  einander 


526  ^^^  Spanische. 

syntaktisch  geschieden,  dass  die  starken  Formen  nur  als  Ad- 
jectiva,  die  schwachen  nur  als  Participien  (in  Verbindung  mit 
haher)  fungiren,  z.  B.  estotj  confuso,  aber  he  confundido]  estds 
convicfo,  aber  /uis  convencido.  —  Von  mehreren  starken  Ver- 
ben haben  sich  überhaupt  nur  noch  die  Participien  Frät.  'als 
Verbaladjectiva)  erhalten,  so  z.  B.  Junto  v.  lat.  Jüngere,  wofür 
juntar  eingetreten  ist,  fijo  =^  fxus  x.ßgere.  welches  durch 
ßxare  =  fijar  verdrängt  worden  ist,  vgl.  auch  harto  »satt»  = 
*farc\x\tus  f.  farcHus  »gestopft«. 

9.  Kürzung  des  Infinitivs  in  der  Combination  mit  [Jt]e 
und  [hah]ia  zum  Ausdruck  des  Fut.  und  Cond.  findet  nur 
statt  in  dire  v.  decir  und  hare  v.  hacer.  dagegen  cantare,  ven- 
dere^i  partire  und  so  alle  anderen.  Im  Altspan,  ist  die  Ver- 
bindiing  der  beiden  Bestandtheile  dieser  Formen  noch  eine  so 
lockere,  dass  Personalpronomina  zwischen  sie  treten  können, 
z.  B.   decir  te  han  =  te  d[ec]irän. 

10.  Die  periphrastischen  Tempora  werden  bei  allen  Ver- 
ben durch  Combination  von  haher  (nie  ser)  mit  dem  Part. 
Prät.  gebildet,  also  z.  B.  he  sido  ich  bin  gewesen,  he  llegado 
ich  bin  angekommen.    7ne  he  alegrado   ich  habe  mich  gefreut. 

VI.  l.  In  Folge  des  Vorhandenseins  zweier  Conditionale 
und  eines  Fut.  Conj.  ist  die  spanische  Tempus-  und  Modus- 
lehre complicirter .  als  diejenige  der  dieser  Kategorien  ganz 
oder  theil weise  entbehrenden  Sprachen.  Im  Uebrigen  zeigt 
die  spanische  Syntax  wenig  Auffälliges ,  bemerkenswerth  ist 
etwa  nur  der  Gebrauch  der  Präp.  ä  vor  dem  persönlichen 
Object  (s.  oben  S.  517),  die  Neigung  zur  Inversion  des  Sub- 
jectes  und  die  sehr  ausgedehnte  Verwendung  von  Infinitiv- 
und  Participialconstructionen  zinn  Ausihucke  syntaktischer 
^'erhältnisse  ,  für  welche  andere  Sprachen  den  Gebrauch  von 
Nebensätzen  bevorzugen . 

2.  Der  spanische  Styl  besitzt  eine  sichtliche  Vorliebe  für 
den  Bau  umfangreicher  und  kunstvoll  (mitunter  auch  schwer- 
fällig) construirtcr  Perioden  und  bekundet  hierdurch  sowie 
auch  durch  aiulcre  Züge  eine  Neigung  zu  stark  rhetorischer 
und  pathetischer  Färbung  der  Pede. 

3.  Eine  Eigenheit  der  spanischen  Interpunction  ist.  dass 
Frage-  und  Ausrufesätzen  ein  unitjekehrtes  Fragfe-,  bzw. 
Ausrufezeichen   (^j)   vorgesetzt  wird,    so   dass  derartige  Sätze 


Das  Spanische.  527 

am   !Si-hluss    und    am  Eingang    als    solclu'    kenntlich    goniacht 
werden. 

§  S.   liemerkungen  über  die  spanische  Khythniik. 

I.  1.  Der  spanische  Vers  ist  nach  dem  accentuirenden 
Principe  gebaut.  2.  Hhythmisch  mit  einander  gebundene  A'erse 
müssen  in  der  Hegel  die  gleiche  Sylbenzahl  haben.  3.  Diph- 
thonge gelten  als  eine  Sylbe;  nicht  diphthongische  Combi- 
nationen  zweier  ^'ocale  dagegen  gelten  als  zwei  Sylben:  es 
sind  folgende  (nach  Försters  Gramm.,  p.  35  f.) :  ae,  z.  B. 
in  saeta.  atraei'  zuweilen  aber  atraer),  caenios  etc. ;  CIO,  z.  B. 
in  paön .  Faradn .  alwra  (zuweilen  jedoch  ahora  zweisylbig) ; 
ed,  z.  B.  in  idea ,  aldva,  dea .  sea,  vea ,  crea  etc.  (zuweilen 
finden  sich  derartige  Verbalformen  in  zweisylbiger  Messung); 
ai .  z.  \\.  in  rctiz,  pais,  caida,  traita,  ainde  etc.;  au.  z.  B. 
in  saüz.  bai'd^  laüd,  aün  (dies  jedoch  zuweilen  einsylbig  :  t«, 
z.  B.  in  dia,  alegria.  ßlosofia.  fria,  envia,  Jiahia,  seria,  ten- 
drki  etc.  (in  Imperfect-  und  Conditionalformen  wird  jedoch  ia 
öfters  einsylbig  gemessen);  uu,  z,  B.  in  ganzüa,  fluctüa\  ei, 
z.  B.  in  lei.  lehnos,  creido  etc.;  ie.  z.  B.  in  rubies,  ries,  va- 
ries:  uo,  z.  B.  in  di'io,  ßuctüo;  eü,  z.  B.  in  Creiisa,  reüno; 
ue,  z.  B.  in.  fluctüe:  oi,  z.  B.  in  oii',  heroina:  io .  z.  B.  in 
rio,  brio.  pio,  sombrio,  envio,  glorio  etc.  Es  ist  hierbei  zu  be- 
merken, dass  alle  diese  zweisylbigen  Vocalcombinationen  auf 
einem  ihrer  Bestandtheile  hochbetont  sind.  Unbetonte  Vocal- 
combinationen sind,  gleichviel  welcher  Art,  in  der  Regel  ein- 
sylbig. z.  B.  piedad^  crneldad .  persuadido  etc.  {selten  piedad 
u.   dgl.'.     Triphthonge.   deren  mittlerer  Bestandtheil  ein  y  ist, 

sind  einsylbig,  z.  B.  oyö,  huyö .  reyes  etc.  4.  Auslautender 
Vocal,  wenn  er  nicht  hochbetont  ist  und  nicht  ein  Wort 
für  sich  bildet  wie  z.  B.  y  ,  verschmilzt  mit  folgendem  an- 
lautendem Vocal  zu  einer  Sylbe,  z.  B.  de  estarme,  no  of en- 
der os  .  que  OS .  tomando  efi  mi.  Anlautendes  h  hindert ,  weil 
stumm,  in  der  Regel  die  Sylbensynizese  nicht  (vgl.  oben  S.  512  . 
Zur  ^'eransc•haulichung  der  Sylbenzählung  seien  hier  die 
Eingangsverse  aus  Calderon's  Principe  constante  angeführt, 
von  denen  die  weiblich  ausgehenden  je  S.  die  männlich  aus- 
gehenden je  7  Sylben  zählen- 


528  I^äs  Spanische. 

12       3      4  .J-^         0      7     S 

Zara.      Cantad  aqui,  que  ha  gustado 

X  2        3      4       5       6      7 

mientras  toma  de  vestir 

12         3       4    5        Jl    7 

Fenix  hermosa  de  o\ir 

1  2^-1  -— ^         6       7     8 

las  canciones,  que  ha  escuchado 

1  2      3  4  5     6  7     8 

tal  vez  en  los  hanos,  llenas 

1        234       5       6^^8 

de  dolor  y  sentimiento. 

12    3        4      ^_  6      7      8 

Cautivo   1.    Müsica^  cuyo  i7istrumento 

l  2  Jl      4       5       6      7     S 

son  los  hierros  y  cadenas 

12       3      4^6  Z    8 

que  nos  aprisionati,  ^puede 

1     2        Jt     4       5     6  7 

haherla  alegrado?    Zara.  Si: 

1       1        3       4        5        i.        7^ 

ella  escucha  desde  aqui  etc. 
IL  1 .  Der  üblichste  Vers  der  Spanier  ist  der,  in  welchem 
die  siebente  Sylbe  die  letzte  hochbetonte  ist  und  welcher  folg- 
lich bei  weiblichem  Ausgange  acht  Sylben  umfasst.  Ausser 
der  siebenten  Sylbe  trägt  noch  eine  zweite  innerhalb  des  Ver- 
ses den  rhythmischen  Hochton,  ohne  dass  deren  Stelle  fixirt 
wäre,   z.  B.  : 

musica,  cuyo  instrumento 

son  los  hierros  y  cadenas 

que  nos  aprisionati,  i^piiede 

haherla  alegrado?  Si. 
Die  Structur  des  A'^erses  ist  demnach  grosser  Mannigfal- 
tigkeit fähig ,  Avelche  noch  dadurch  erhöht  wird  .  dass  neben 
den  beiden  rhythmischen  Hochtonstellen  in  den  Senkungen 
doch  auch  der  Wortton  (im  Folgenden  durch  '  bezeichnet)  zur 
Geltung  kommt,   z.   13.: 

son  los  hierros  y  cadenas 

que  nos  aprisionan,  i^puede 
Itaherla  alegrado  ?   Si  etc. 


Das  Spunisclic.  529 

Der  Vers  erhält  hierdurch  hncht  eine  Art  von  tontrochäi- 
schem  oder  tonjunihischoni  Khythnnis,  ohne  dass  dies  jedoch 
berechtigte,  von  trochäischem  o(Un-  jambischem  Metrum  im 
Spanischen  zu  sprechen.  Nur  soviel  ist  zuzugeben  ,  dass  das 
Spanische  dem  regelmässigen  Wechsel  zwischen  Uochton  und 
Tiefton  sich  mehr  zuneigt,  als  z.  H.  das  Französische  oder 
Provenzalische. 

2.  Neben  dem  Acht-,  bzw.  Siebensylbler  sind,  wie  be- 
greiflich, Verse  sowohl  geringeren  als  auch  grösseren  Umfan- 
ges  in  Gebrauch,  letztere  namentlich  in  den  aus  dem  Italie- 
nischen übernommenen  Strophenformen. 

III.  1.  Die  rhythmische  Bindung  der  Verse  ist  im  Spa- 
nischen unbedingt  erforderlich,  sie  erfolgt  entweder  durch  die 
Assonanz  oder  durch  den  Vollreim.  Der  rhythmisch  unge- 
bundene Vers  (Blankvers]  hat  sich  im  Spanischen  nicht  ein- 
zubürgern vermocht.  2.  Die  Assonanz  ist  die  eigentlich  natio- 
nale Versbindungs weise  ;  sie  kann  männlich  oder  weiblich  sein, 
in  ersterem  Falle  bilden  die  assonirenden  Hochtouvocale  den 
Auslaut  der  betr.  Worte,  in  letzterem  Falle  assoniren  die  Vo- 
cale  der  hochbetonten  vorletzten  und  die  unbetonten  Vocale 
der  letzten  Sylben,  z.  B.  razones  :  traidores,  usdclo  :  ancidnos^ 
cahdUo  :  aguarddndo . 

rV.  1.  Unter  den  festen  Dichtungsformen  der  Spanier  ist 
die  volksthümlichste  und  zugleich  litterargeschichtlich  bedeut- 
samste die  »Romanze«.  Die  »Romanze«,  über  deren  poetischen 
Charakter  unten  zu  handeln  sein  wird,  besteht  aus  achtsylbigen 
Versen,  von  denen  immer  die  an  geraden  Stellen  also  an  der 
2.  und  4.,  6.  und  S.,  10.  und  12.  etc.;  stehenden  durch  Asso- 
nanz oder,  aber  seltener,  durch  \  ollreim  rhythmisch  mit  ein- 
ander gebunden  sind,  während  die  Verse  in  ungeraden  Stellen 
also  an  der  1.  und  3.,  5.  und  7.,  9.  und  11.  etc.)  jeder  Bin- 
dung entbehren  1),  z.   B. : 


\)  Theoretisch  möglich  ist  es,  die  Kurzzeilcn  der  Romanze  als  Hemi- 
stiche  sechzehnsylbiger,  durch  die  Assonanz  oder  Heim  verbundener  Lang- 
zeilen zu  betrachten  und  demnach  die  S.  530  angeführten  Verse  zu  schreiben: 
A  (Jalatrava  la  Vieja  \  la  comhaten  castellanos ; 
por  cima  de  G'uadiana  |  derribaron  tres  i^edazos  etc. 
Indessen  ist  es  schon  in  Anbetracht  des  halblyrischen  Charakters  der  Ro- 
manzendichtung ■wenig  glaubhaft,  dass  sje  derartiger  Langzeilen  sich  be- 
dient haben  sollte. 

Körting,  Eneyklopüdie  d.  rom.  Phil.   m.  34 


530  ^'^^  Spanische. 

A  Calairava  la  Viej'a 
2     la  comhaten  castclIanOs  ; 

por  cima  de  Guadiana 
4     derriharon  tres  pedazos; 

por  los  dos  salen  los  moros. 

6  por  el  uno  entran  cristianos. 
Allä  dentro  de  la  plaza 

7  fueron  d  armar  un  tahlado, 

qua  aquel  que  lo  derrihara 

8  ganarä  de  oro  un  escano. 

Oft  läuft  eine  und  dieselbe  Assonanz  durch  alle  oder  doch 
durch  einen  grossen  'Iheil  der  geraden  Verse.  Zuweilen  ist  die 
Romanze  in  Strophen  von  je  vier  Versen  abgetheilt,  eine  Fomi, 
welche  jedoch  erst  in  späterer  Zeit,  und  zwar  namentlich  für 
Romanzen  von  mehr  lyrischem  Charakter,  üblich  wurde  (so 
Lemcke.   Handbuch  d.  span.  Lit.  II,  p.   6). 

2.  National  und  in  der  Lyrik  vielgebraucht  ist  die  »re- 
dondillm  benannte  Strophenform.  Vgl.  Kap.  4  (Portugiesisch) 
§8.  3.  Aus  dem  Italienischen  sind  die  Strophen,  bzw.  die 
Dichtungsformen  des  Sonettes ,  der  Terzine ,  der  Ottava  rima 
in  das  Spanische  mit  Glück  und  Erfolg  übertragen  worden. 
4.  Aus  dem  Französischen  ist  der  Alexandriner  übernommen; 
er  erscheint,  freilich  in  rohester  Form,  schon  in  den  ältesten 
spanischen  Kunstdichtungen    s.  §  9,   No.  3). 

§  9.  Bemerkungen  über  die  Geschichte  der  spa- 
nischen Litteratur. 

1.  Die  Geschichte  der  spanischen  Litteratur  lässt  sich  in 
drei  grosse  Perioden  einthcilen : 

a)  Die  altspanische  Periode,  von  den  Anfängen  bis  zum 
Ausgange  des  15.  Jahrhunderts,  d.  h.  bis  zur  Gründung  der 
spanischen  Monarchie  und  bis  zum  Aufkommen  der  Renais- 
sancebildung. 

b)  Die  classische  Periode,  deren  erstes  bedeutendes  Er- 
zeugniss  Rojas'  dramatischer  Roman  »Celestinax(  (1 199)  ist  und 
als  deren  Endpunkt  etwa  Caldcron's  Tod  (1681)  oder  auch  das 
Aussterben  des  habsburgischen  Königshauses  (1700)  betrachtet 
werden  kann. 

c)  Die   neuere  Periode,    welche   etwa   von  Ausgang  des 


Das  Spanische.  531 

17.  Jahrhuiulerti<  lüs  zur  Gegemvart  .sieh  erstreckt  uiul  meh- 
rere hinsichtlieh  der  Beschaffenheit  und  des  Werthes  ihrer  Er- 
zeugnisse sehr  ungleichartige  Epochen  in  sich  schliesst. 

2.  Wie  in  allen  sich  normal  entwickelnden  Litteraturen, 
so  ist  auch  ki  der  spanischen  zunächst  die  volkstliümliche 
epische  Poesie  zur  Entfaltung  gekommen.  Ihre  Stoffe  schöpfte 
die  epische  A'olksdichtung  der  Spanier  naturgemäss  aus  dem 
wechselvollen  und  ahenteuerreichen  Verlaufe  der  jahrhundert- 
langen Kämpfe  gegen  die  Mauren,  in  Sonderheit  feierte  sie 
die  von  der  Sage  hochverklärten  Grossthaten  einzelner  natio- 
naler Helden  (IJernardo  del  Carpio,  Graf  Fernan  Gonzalez  von 
Castilien  .  die  sieben  Infanten  von  Lara ,  vor  allem  aber  Cid 
Ruy  Diaz  el  Campeador).  Die  Form,  deren  die  alte  nationale 
Epik  sich  bediente,  war  die  Romanze  [s.  oben  S.  529) ,  wel- 
che  in  Form  und  Darstellung  einen  halblyrischen  Charakter 
zeigt  und  dadurch  die  Entstehung  der  Epik  aus  der  Lyrik 
bekundet.  Zur  Schöpfung  eines  eigentlichen,  in  einzelne  Theile 
sich  künstlerisch  gliedernden  Epos  gelangte  die  Volkspoesie 
auch  in  späterer  Zeit  nicht,  sondern  das  höchste,  was  sie  er- 
reichte .  war  die  lose  innere  Verbindung  einer  Anzahl  einzel- 
ner Romanzen,  welche  die  Thaten  desselben  Helden  nament- 
lich des  Cid    besangen,   zu  einer  Art  von  epischem  Cyclus. 

Um  die  Mitte  des  13.  Jahrhunderts  ging  die  Pflege  der 
Romanzendichtung,  nachdem  sie,  wie  es  scheint,  bereits  ein 
und  ein  halbes  Jahrhundert  geblüht  hatte,  in  die  Hände  berufs- 
mässiger Dichter  (Juglares)  über  und  erhielt  nun,  ohne  je- 
doch den  volksthümlichen  Charakter  zu  verlieren,  mehr  und 
mehr  eine  kunstmässige  Ausbildung.  In  noch  höherem  Grade, 
aber  immer  mit  Bewahning  des  volksthümlichen  Charakters, 
war  dies  der  Fall,  als  mit  Beginn  des  15.  Jahrhunderts  auch 
eine  höfische  Dichterschule  die  Romanzenpoesie  pflegte  und 
dieselbe  durch  die  neue  Gattung  der  romances  moriscos,  d.  h. 
Romanzen .  in  denen  mavirisches  Leben  Gegenstand  der  Dar- 
stellung ^yar,  bereicherte. 

Die  altspanischen  Volksromanzen  sind  uns  in  Folge  des- 
sen, dass  sie  Jahrhunderte  lang  im  Wesentlichen  nur  münd- 
lich überliefert  wurden,  nicht  in  ihrer  ursprünglichen  Fassung, 
sondern  nur  in  späteren  Ueberarbeitungen  erhalten,  doch  lässt 

34* 


532  1^*8  Spanische. 

sich  aus  mehreren  derselben  die  ursprüngliche  P'orm  noch  mit 
ziemlicher  Deutlichkeit  erkennen. 

Von  nicht  spanischen  Sagenstoffen  ist  in  älterer  Zeit  nur 
die  Karlssage  (Schlacht  von  Roncesvalles)  Gegenstand  der  Ko- 
manzendichtung  geworden.  Die  Sage  von  Bernardo  del  Carpio 
bildet  das  Bindeglied  zwischen  der  spanischen  Nationalsage 
und  der  Karlssage. 

3.  Die  ältesten  Erzeugnisse  der  spanischen  Kunstpoesie 
sind:  a)  Das  Epos  »Poema  del  Cid«'],  gedichtet  nach  1135, 
vermuthlich  um  1150,  bestehend  aus  3744  Langzeilen 2),  ca. 
300  weitere  sind  verloren,  b)  Die  religiösen  Dichtungen  des 
Gonzalo  de  Berceo  (gest.  um  1270).  c)  Die  Dichtungen  des 
Juan  Ruiz,  Erzpriesters  von  Hita  (um   1300  bis  ca.    1350). 

4.  Die  ältesten  Denkmäler  der  span.  Prosa  sind  —  abge- 
sehen von  einzelnen,  wohl  unächten  Urkunden  (Freibrief  [fuero] 
der  Stadt  Oviedo  vom  J.  1145,  Bestätigung  der  Privilegien  der 
Stadt  Aviles  durch  Alfons  VII.  vom  J.  1155)  —  die  folgenden: 
a)  Die  Werke  des  Königs  Alfons  X.  von  Castilien  (geb.  1221, 
gest.  1284),  besonders:  die  Gesetzbücher  Fuero  juzgo  =  forum 
judicum  [1241])  und  Setenario  oder  Las  Siete  Partidas  [1256]  und 
das  Geschichtswerk  Crönica  general  de  Espana  [bis  1252  reichend] ; 
nicht  von  Alfons,  aber  von  einem  seiner  Zeitgenossen  verfasst 
ist  die  Gran  Conquista  de  Ultramar  ^Geschichte  der  Kreuz- 
züge bis  zum  Jahre  1270).  c)  Die  Werke  des  Don  Juan  Ma- 
nuel, Infanten  von  Castilien  (geb.  um  1273,  gest.  1347),  miter 
denen  der  Novellencyclus  »El  conde  de  Lucanor«  das  bedeu- 
tendeste ist.  d)  Die  in  den  Jahren  1425  bis  1454  geschriebe- 
nen Briefe  des  Fernan  Gomez  de  Cibdareal. 

5.  Unter  den  west-  und  nordeuropäischen  Litteraturen 
des  Mittelalters  nimmt  die  spanische  eine  eigenartig  isolirte 
Stellung  ein,  indem  sie  kaum  berührt  worden  ist  von  dem 
anderwärts  so  mächtigen  Einflüsse  der  altfranzösischen  Epik 
und  von  der  provenzalischen  Lyrik  eine  nur  ganz  äusserliche 
Einwirkung   erfahren    hat.     Das    Karlsepos ,    der   Artusroman, 


1)  Der  eigentliche  Name  des  Helden  ist  Ruy  oder  Rodrigo  Diaz ;  Cid 
und  Campeador  sind  ehrende  Beinamen ,  von  denen  der  erstere  (arabisch) 
»Herr«,  der  letztere  »Kämpfer»  bedeutet.  Geboren  wurde  der  Cid  ca.  1040 
im  nordwestlichen  Spanien,  gestorben  ist  er  lo9l)  zu  Valencia. 

2)  Gewöhnlicli  als  "Alexandriner"  bezeichnet,  obwohl  dies  nur  für  einen 
Theil  der  Verse  als  richtig  gelten  kann. 


Das  Spanische.  533 

die  Graaldichtung ,  die  antikisirende  Dichtung,  der  moralisi- 
rende  und  allegorische  Versronian.  sie  alle  sind  im  Spanischen 
zu  keiner  rechten  Entwickelung  gelangt ,  ebensowenig  das 
Minnelied  nach  ])rovenzalischem  Muster.  So  zeigt  die  altspa- 
nische Litteratur  ein  streng  nationales,  eben  darum  aber  auch 
etwas  eintöniges  Gepräge,  eine  gewisse  Absonderlichkeit  und 
Herbigkeit  ist  ihr  eigen ,  welche  ebensowohl  abzustossen  wie 
anzuziehen  vermag. 

G.  Die  classische  Periode  der  spanischen  Litteratur  fällt 
zusammen  mit  der  das  Nationalgefühl  gewaltig  hebenden  po- 
litischen Machtstellung  Spaniens,  mit  der  lilüthe  der  Eenais- 
sancebildung  und  mit  der  A'ollkraft  des  im  Kampfe  gegen  die 
Reste  des  Maurenthums  und  gegen  die  Reformation  erstarkten 
katholischen  Glaubensbewusstseins.  Auf  dem  Zusammenwir- 
ken der  genannten  drei  Factoren  beruht  die  Grosse  und  die 
Eigenart  der  classischen  Litteratur.  Von  besonderer  Bedeu- 
tung dabei  war,  dass  die  Renaissancebildung  in  dem  stolzen 
Selbstbewusstsein  und  in  der  religiösen  l^egeisterung  des  Vol- 
kes feste  Schranken  fand.  In  Folge  dessen  ward  der  spani- 
schen Litteratur.  ähnlich  wie  der  englischen,  das  hohe  Glück 
zu  Theil,  dass  sie  zwar  die  ästhetisch  werthvollen  Elemente 
der  Renaissancebildung  in  sich  avifnahm .  dass  sie  aber  den- 
noch ihre  nationale  Eigenart  und  ihre  Volksthümlichkeit  be- 
wahrte und  also  jenen  verhängnissvollen  Bruch  mit  der  Ver- 
gangenheit vermied,  der  in  Frankreich  so  nachtheilig  gewirkt 
hat.  Es  gilt  dies  insbesondere  vom  Drama  und  vom  Romane. 
In  beiden  Gattungen  wurden  allerdings  Versuche  gemacht, 
die  Renaissanceformen,  namentlich  diejenigen  der  antikisiren- 
den  Tragödie  und  des  Novellencyclus  (nach  dem  Muster  des 
Decamerone  u.  dgl.),  zu  übernehmen,  und  mitunter  waren 
diese  Versuche  nicht  ohne  Verdienst  und  Erfolg,  aber  es  ge- 
lang dem  Einflüsse  der  Renaissance  doch  nicht,  das  nationale 
und.  was  damit  innigst  verbunden,  das  religiöse  Element  zu 
ersticken  und  die  Litteratur  zu  einem  gelehrten  humanisti- 
schen Spiele  nach  pseudoclassischen  Regeln  herabzuwürdigen. 

Das  Drama  blieb  in  seinen  bedeutenden  Hervorbringun- 
gen durch  und  durch  national .  religiös  und  romantisch ,  un- 
terwarf sich  nie  dem  vermeintlichen  Gesetze  der  drei  Einhei- 
ten.    Wohl  ist  zuzugeben,    dass  die  Freiheit  der  Composition, 


534  l^äs  Spanische. 

welche  es  sich  wahrte,  in  einem  gewissen  Grade  seine  künst- 
lerische Klärung  beeinträchtigt  hat ,  aber  dem  gegenüber  ist 
andererseits  zuzugestehen,  dass  eben  nur  vermöge  dieser  Frei- 
heit das  spanische  Drama  seine  weltlitterarische  Bedeutung  zu 
erlangen  befähigt  gewesen  ist.  Nicht  bloss  dem  Schwünge 
der  Phantasie ,  sondern  auch  dem  oft  bis  zu  den  Höhen  der 
Mystik  steigenden  Fluge  der  Gedanken  konnten  die  spani- 
schen Dramatiker  volle  Entfaltung  gönnen,  und  sie  haben  von 
dieser  Möglichkeit  reichlichsten  Gebrauch  gemacht,  mitunter 
selbst  einen  zu  reichlichen. 

Die  hervorragenden  Schöpfungen  der  spanischen  drama- 
tischen Poesie  zeichnen  sich  aus  durch  Tiefe  der  Gedanken, 
Wärme  der  Empfindung ,  Adel  der  Sprache  und ,  zum  Theil 
wenigstens ,  auch  durch  kunstvolle  Anlage  der  Intrigue ;  da- 
gegen leidet  die  Komposition  oft  an  Unklarheit,  und  die  Cha- 
rakterzeichnung  entbehrt  vielfach  der  psychologischen  Vertie- 
fung, ist  zu  typisch  vmd  schablonenhaft,  zu  wenig  individua- 
lisirend.  Eigenartig  ist  dem  spanischen  Drama,  dass  in  ihm 
—  ähnlich  wie  im  englischen  —  das  Tragische  und  das  Ko- 
mische sich  häufig  mengen ,  dass  insbesondere  das  Lustspiel 
oft  tragische  Elemente  in  sich  aufgenommen  hat.  Ueberhaupt 
lassen  die  in  der  Renaissancedramatik  üblichen  Kategorien 
sich  nicht  ohne  Weiteres  auf  die  Hervorbringungen  des  spa- 
nischen Theaters  anwenden.  Namentlich  aber  ist  ausserdem 
hervorzTiheben ,  dass  das  spanische  Drama  Gattungen  in  sich 
schliefst,  welche  dem  pseudoclassischen  Drama  völlig  fehlen  *), 
so  die  autos  sacramentales  (Dramen,  welche  das  Altarsacra- 
ment  verherrlichen,  FrohnleichnamsdramenK  autos  del  naci- 
miento  (Weihnachtsdramen),  vidas  de  santos  (Heiligendramen) , 
loas  (Vorspiele,  oft  in  monologischer  Form),  entremeses   ^Zwi- 


1)  Nur  auf  die  scenische  Ausstattung  bezieht  sich  der  in  Litteratur- 
geschichten  vielgebrauchte  und  oft  missverstandene  Ausdruck  »Coniedia  de 
capa  y  espada  (Mantel-  und  Degcnstüek  ».  Es  ist  darunter  ein  Schauspiel 
zu  verstehen,  in  welchem  auch  die  Hauptpersonen  in  der  zur  betr.  Zeit 
übliclien  Kleidung  der  höheren  Stünde  traje  de  capa  y  espada  auftreten. 
Den  Gegensatz  zur  com.  de  c.  y  c.  bildet  die  comediä  de  ruido  oder  de 
teatro  oder  de  cuerjio,  d.  h.  das  Scluuispiel,  dessen  Ausstattung  eine  kost- 
barere ist,  weil  auch  Könige  u.  dgl.  in  ihm  auftreten.  Keineswegs  also  be- 
deutet comedia  de  capa  y  espada  »Intriguenlustspiel«.  Vgl-  v.  Schack, 
Gesch.  der  draniat.  Lit.  u.  Kunst  in  Spanien,  II  96  f. 


Das  Spanisclie.  535 

schenspiele) ,  saynetes  (dramatisirte  Scenen  des  Alltagslel)ens; 
eine  allerdings  erst  später  aufgekommene  Gattung). 

Staiinenswerth  ist  die  Fruchtbarkeit  auf  dem  Gebiete  des 
Drama's  in  der  spanischen  Litteratur  namentlich  des  17.  Jahr- 
liunderts.  Nicht  nur  ist  die  Zahl  der  Dichter  derselben  eine 
sehr  beträchtliche ,  selbst  auch  wenn  man  nur  die  wirklich 
bedeutenden  berücksichtigt ') ,  sondern  viele  derselben  so  na- 
mentlich Lope  de  Yega  waren  auch  in  einem  solchen  Grade 
productiv,  dass  die  Zahl  ihrer  Dichtungen  weiter  über  das  in 
anderen  Litteraturen  übliche  Mass  hinausgeht.  Am  ehesten 
noch  lässt  hinsichtlich  seiner  Fruchtbarkeit  das  spanische 
Theater  sich  mit  dem  englischen  des  elisabethanischen  Zeit- 
alters vergleichen,  mit  welchem  es  überhaupt  trotz  bedeutsam- 
ster principieller  Gegensätze  doch  eine  zum  Vergleiche  her- 
ausfordernde principielle  Verwandtschaft  besitzt. 

Auf  dem  Gebiete  des  Romans  ist  von  den  Spaniern  be- 
sonders der  satirische  Roman  !Cervantes'  »Don  Quijote«,  Gue- 
vara's  »El  Diable  cojuelo«)  ,  der  Schelmenroman  Mendoza's 
»Lazarillo  de  Tormes«  und  Aleman's  »Aventuras  y  vida  de 
Guzman  de  Alfarache«)  und  der  Schäferroman  (Montemayor  s 
»Diana«)  gepflegt,  zum  Tlieil  auch  begründet  worden  (Letzte- 
res gilt  namentlich  von  dem  satirischen  und  dem  Schelmen- 
romane, während  der  Schäferroman  aus  Italien  importirt  Avmxle). 
Reicher  Gedankeninhalt ,  der  mit  anmuthiger  und  fesselnder 
Darstellung  sich  verbindet,  ist  der  Hauptschmuck  des  spani- 
schen Romanes .  diirch  welchen  derselbe  sich  glänzend  aus- 
zeichnet vor  dem  —  in  seiner  Art  ja  aiich  bedeutenden  — 
französischen  Romane  des  17.  Jahrhunderts.  Mehr  nur  den 
untergeordneten  Zweck  angenehmer  Unterhaltung  und  behag- 
licher Plauderei  verfolgte  die  neben  dem  Romane  erblühende 
Novellendichtung  (Cervantes'  »Novelas  ejemplares«) . 

Nicht  in  gleichem  Masse  selbständig  gegenüber  dem  Ein- 
flüsse der  Renaissance ,  wie  Drama  und  Roman  dies  thaten, 
verhielt  sich  die  Lyrik.  Aber  einerseits  war  die  Uebertragung 
und  Nachahmung   italienischer   rhythmischer  Formen    an  sich 


1  Die  bedeutendesten  sind:  Pedro  Calderon  de  la  Barca,  Felix  Lope 
de  Vega,  Tirso  de  ^lolina  und  Agustin  Moreto :  andere,  wie  Guillen  de 
Castro,  Ruiz  de  Alarcon  und  Franciseo  de  Rojas  besitzen  eine  mindestens 
relativ  hohe  Bedeutung. 


536  -D^ä  Spanische. 

für  die  Lyrik  eher  eine  Förderung  als  eine  Schädigung,  und 
andererseits  behauptete  doch  trotz  der  hereinbrechenden  Fluth 
des  Sonetten-  und  Madrigalensingsangs  die  nationale  Roman- 
zendichtung unerschütterlich  ihre  hervorragende  Stellung  und 
erlangte  sogar  erst  jetzt  ihre  volle  künstlerische  Ausbildung. 

Innerhalb  der  wissenschaftlichen  Litteratur  wurden  be- 
sonders die  Geschichtsschreibung,  die  Moraltheologie  und  die 
Kanzelberedtsamkeit  auch  mit  ästhetischem  Erfolge  gepflegt 
(Herrera's  »Historia  de  las  Indias« ,  Mariana  s  »Historia  de 
Espaiia«,   Granada's  »Guia  de  Pecadores«  etc.).   — 

So  frei  sich  aber  auch,  wie  bereits  oben  bemerkt  ward, 
die  spanische  Litteratur  in  ihren  Hauptgebieten  von  den  nach- 
theiligen Einflüssen  der  Renaissancebildimg  erhielt,  in  einer 
Beziehung  war  sie  dessen  doch  nicht  fähig,  vielleicht  weniger, 
weil  der  betreffende  Einfluss  ein  unwiderstehlicher  gewesen 
wäre,  als  weil  die  Neigung,  ihm  nachzugeben,  ohnehin  im 
Spanischen  vorhanden  war.  Liebe  zu  rhetorischem  Prunke 
und  Schwulste  der  Rede  ist  bereits  bei  den  lateinischen  Auto- 
ren hispanischer  Abkunft  (Seneca  etc.)  sehr  bemerkbar,  und 
die  spanische  Litteratur  hat  diese  Eigenschaft  ererbt  und  ge- 
steigert. Selbst  Schriftsteller,  die,  wie  Cervantes,  durch  ge- 
schmackvolle Einfachheit  des  Styles  sich  auszeichnen,  besitzen 
doch  eine  ersichtliche  Vorliebe  für  lange  und  volltönende  Pe- 
rioden und  lassen  dieser  Neigung  Avohl  allzu  oft  freien  Lauf. 
Es  ist  aber  begreiflich,  dass  damit  dem  Eindringen  des  ma- 
nierirten  italienischen  Concetti-Styles  Thür  und  Thor  geöffnet 
war,  und  so  ward  denn  die  spanische  Litteratur,  namentlich 
in  der  Prosa,  frühzeitig  von  der  Pest  der  verkünstelten  Schreib- 
weise befallen :  Don  Antonio  de  Giievara  begründete  durch 
sein  Libro  aureo  de  Marco  Aurelio  emperador  ,1529)  den  «alto 
estilo« ,  der  dann  durch  Luis  de  Gongara's  (um  1600)  »estilo 
culto«  noch  überboten  wurde.  So  litt  Spanien  an  derselben 
unheilvollen  Krankheit,  die  in  Italien  Marinismus,  in  Frank- 
reich langagc  precieux ,  in  England  Euphuismus  genannt 
wurde,  in  Spanien  aber  den  Namen  des  Cultorismus  oder 
Gongarismus  führt. 

Der  Einfluss,  den  die  spanische  Litteratur  des  Ui.  und 
mehr  noch  des  17.  Jahrhunderts  auf  das  Ausland  ausübte, 
war  ein  sehr  bedeutender,   während  der  ersten  Hälfte  des   17. 


Das  Spanische.  537 

Jahrluiuderts  seihst  ein  leitender.  Namentlich  aher  wurde  die 
französische  Litteratur  von  ihm  heiührt.  welche  der  spanischen 
die  Gattungen  des  Schäfer-  inid  des  Schelmenromanes  und 
zahlreiche  dramatische  Stoffe  entlehnte  '  . 

7.  Der  classischen  Periode  folgte  eine  Zeit  der  Erschöpfung 
und  der  Unselbständigkeit.  Der  politische  Niedergang  Spa- 
niens zog  den  litterarischen  nach  sich.  Mit  der  Herrschaft 
der  liourhonen  begann  auch  die  Herrschaft  des  französischen 
Pseudoclassicismus.  welche  eine  um  so  unbedingtere  war.  als 
der  spanische  Geist  nicht,  wie  der  englische  im  Zeitalter  der 
Königin  Anna,  die  Kraft  besass.  die  ihm  von  aussen  aufge- 
driuigene  fremde  Litteraturströmung  einigemiassen  zu  natio- 
nalisiren  und  einen  erträglichen  Compromiss  mit  ihr  einzu- 
gehen. So  bietet  die  spanische  Litteratur  des  IS.  und  des 
begrinnenden  19.  Jahrhunderts  den  wenis:  erfreulichen  Anblick 
des  Verfalles  und  der  Ohnmacht  dar.  Nur  vereinzelte  ihrer 
Erscheinungen  besitzen  noch  ein  wenigstens  relatives  Inter- 
esse, so  z.  B.  die  Prosaschriften  Feijoo's  und  de  Isla's.  die 
Komödien  des  Fernandez  de  Moratin.  die  Tragödien  des  Al- 
varez  de  Cienfuegos.  die  Saynetes  des  Ramon  de  la  Cruz  und 
Anderes.  Hervorzuheben  ist  auch  das  in  diese  Zeit  fallende 
allmähliche  Entstehen  einer  belleti'istischen  mid  moralisiren- 
den  Presse. 

S.  Die  Erhebung  Spaniens  gegen  die  von  Napoleon  ihm 
aufsedrunffene  französische  Fremdherrschaft  und  das  in  dieser 
politischen  Bewegung  erfolgende  Erstarken  des  nationalen 
Selbstbewusstseins  bereitete  die  Abschüttelung  des  französi- 
schen Joches  auch  in  der  Litteratur  vor.  Wirklich  erfolgreich 
aber  war  dies  Streben  erst,  seitdem  der  schwere  Druck,  unter 
welchem  das  spanische  Geistesleben  während  der  reactionären 
Regierung  Ferdinands  VIL  seufzte,  von  ihm  hinweggenom- 
men war:  auch  bedurfte  es  zuvor  der  Feberwindung  einer 
sentimental  romantischen  Strömung,  welche  in  Folge  des  Ein- 
flusses der  ]>yron" sehen  Dichtungen  die   spanische  Poesie  eine 


1  Honore  d'Urfe  bearbeitete  in  seiner  "Astree«  Montemayors  »Diana«, 
Lesage  im  "Diable  boiteux"  Guevara's  "Diable  cojuelo-,  Corneille  in  seinem 
«Cid«  die  »Mocedades  del  Cid«  des  Guillen  de  Castro,  in  seinem  »Menteur« 
Alarcons  4a  Verdad  sospechosa«,  Rotrous  »Saint-Genest  <  beruht  auf  einem 
spanischen  Originale,  Scarron  dichtete  spanische  Novellen  und  Komödien 
um,  und  so  könnten  noch  -weitere  Beispiele  angeführt  werden. 


538  I^^s  Spanische. 

Zeit  lang  nachtheilig  beherrschte.  Die  endlich  erfolgende  na- 
tionale Wiedergeburt  der  spanischen  Litteratur  ist  namentlich 
für  das  Drama  und  für  die  Novellistik  bedeutsam  geworden, 
denn  auf  beiden  Gebieten  hat  man  mit  Erfolg  wieder  in  die 
Bahnen  eingelenkt,  welche  von  der  classischen  Litteratur  des 
16.  und  17.  Jahrhunderts  vorge/eichnet  worden  waren.  Unter 
den  Dramatikern  hat  besonders  Juan  Eugenio  Ilartzenbusch, 
unter  den  Novellisten  Fernan  Caballero  erfolgreich  gCAvirkt 
und  Grosses  geschaffen ,  ersterer  ein  Sohn  deutscher  Aeltern, 
letztere  die  Tochter  des  um  die  spanische  Litteratur  ebenfalls 
verdienten  Hamburger  Kaufmanns  Kohl  von  Faber.  Neben 
beiden  ist  eine  stattliche  Keihe  begabter  und  fruchtbarer  Dich- 
ter zu  nennen ,  so  z.  H.  der  Dramatiker  und  Lyriker  Jose 
Zorrilla ,  der  Novellist  und  Lyriker  Antonio  de  Trueba  .  der 
Lyriker  Jose  de  Espronceda,  der  Elegiker  Henrique  Gil .  der 
Satiriker  Sebastiane  de  Miiiano  u.  a.  Auf  dem  Gebiete  der 
wissenschaftlichen  Litteratur  hat  namentlich  die  Geschichts- 
schreibung ergebnissreicher  Pflege  sich  erfreut,  insbesondere 
auch  die  Litteraturgeschichte . 

Die  erfreuliche  Neublüthe  der  spanischen  Litteratur  be- 
rechtigt zu  der  Hoffnung  auf  ein  naliendcs  zweites  goldenes 
Zeitalter  derselben,  vorausgesetzt  freilich,  dass  die  politischen 
Verhältnisse  dem  vielgeprüften  spanischen  \'olke  die  ruhige 
Fortentwickelung  seines  geistigen  Lebens  gestatten. 

9.  Ueber  die  Geschichte  der  spanischen  Litteratur  in  Süd- 
amerika fehlt  es  an  genügenden  Darstellungen.  Nach  dem  We- 
nigen, was  davon  zu  erfahren  ist,  scheint  es.  als  ob  diese  Litte- 
ratur zwar  quantitativ  recht  ansehnlich,  aber  qualitativ  bis  jetzt 
wenig  bedeutend  sei,  doch  muss  dahingestellt  bleiben,  ob  dieser 
Anschein  der  Wahrheit  entspricht.  Sollte  dem  so  sein,  so  ist 
doch  die  Erwartung  berechtigt ,  dass  bei  weiterer  günstiger 
Entwickelung  seiner  staatlichen  und  ökonomischen  Verhält- 
nisse auch  das  spanische  Südamerika  bald  auch  in  litteravi- 
scher  Hinsicht  eine  so  selbständige  und  ehrenvolle  Bedeutung 
erlangen  werde,  wie  das  englische  Nordamerika  sie  schon  seit 
mehreren  Jahrzehnten  besitzt.  Diese  Erwartung  eröffnet  einen 
Blick  in  die  Zukunft  der  Weltlitteratur,  welcher  der  sj)ani- 
schen  Sprache  eine  noch  hervorragendere  Stellung  unter  den 
Cultursprachen  verheisst,  als  ihr  bereits  gegenwärtig  zukommt. 


Das  Spanische.  539 

g    10.    Littera turaiifrabon. 

1.  Zur  Geschichte  der  spanischen  Spraclie  u.  IMiilologie : 
A.  Saxchez  MoGVEi,  Espaiia  y  k  filologi'a  principalniente  neolatina.  Carta 
al  excelenti'sinio  Don  Jose  de  Cardenas,  director  general  de  instruccion 
publica  por  A.  S.  M.,  in:  Kevista  conteniporanea  t.  XXV,  vol.  2,  p.  18^. 

B.  PE  Ali>RETE,  Del  ori'gen  y  principio  de  la  len|?ua  castellana  ([ue  oi 
se  usa  en  Espana.  llom.  1(100  —  Mayans,  Oritcenes  de  la  lengua  espanola 
compuestos  por  varios  autores.  Madrid  1737.  2  Bde.  —  Monlau,  Del 
ori'gen  y  la  formacion  del  romance  castellano.  Madrid  1850, 

2.  Urgeschichto  Spaniens'),  Baskisches:  AV.  v.  Hi'MBOLDT, 
Prüfung  der  Untersuchungen  über  die  Urbewohner  Hispaniens  vermittelst 
der  vaskischen  Sprache.  Berlin  1821  —  Fligier,  Zur  prähistorischen  Eth- 
nologie der  span.  Halbinsel,  in:  Gaea,  14.  Jahrgang,  Heft  11  —  Broca, 
Sur  l'origine  et  la  rcpartition  de  la  langue  basque,  Basques  francais  et 
Basques  espagnols.  Paris  1875  —  J.  Vixsox,  J/a  question  ibcrienne.  Extr. 
de  Meni.  du  Cougres  scientifique  de  France,  session  de  1873,  t.  II  357  — 
Blade,  Etudes  s.  l'origine  des  Basques.  Paris  1869,  vgl.  K.ev.  crit.  19  et 
26  mars  1S70  —  LrcHAiRE,  Remarques  s.  les  noms  de  lieux  du  pays  bas- 
que, Extr.  du  Compte  rendu  des  trav.  du  Congres  scient.  de  France,  39e  Ses- 
sion, Pau  1874,  und :  Du  mot  basque  tri  et  son  emploi  dans  la  composition 
des  noms  de  lieux  de  l'Espagne  et  de  l'Aquitaine  antique,  extr.  du  Bulle- 
tin de  la  Soc.  des  sc,  lettres  et  arts  de  Pau  1875  (Li'CHAIRE's  Schriften 
über  die  »aquitanische«  Sprache,  s.  oben  S.  428  u.  434)  —  Desjardixs, 
Geographie  hist.  etc.  de  la  Gaule  romaine,  t.  II  (Paris  1878),  30  ff.  —  'A. 
Grimm,  Ueb.  die  bask.  Sprache  u.  Sprachforschung.  Breslau  1884  (auf 
S.  72  ff.  dieser  Schrift  wird  ein  kurzer  Abriss  der  Geschichte  der  bask. 
Philologie  gegeben  —  C.  A.  F.  Mahx,  Denkmäler  der  bask.  Sprache,  mit 
einer  Einleitung,  welche  von  dem  Studium  der  bask.  Spr.  handelt  u.  zu- 
gleich eine  Beschreibung  u.  Charakteristik  derselben  enthält.  Berlin  1857 
—  L.  Geze,  Elements  de  grammaire  basque  (dialecte  souletin  .  Bayonne 
1875  —  J.  W.  VAX  Eys,  Outlines  of  Basque  grammar.  London  18S3-  . 

3.  Grammatisches.  A.  de  Lebrija  (Axtoxius  Nebrissexsis  ,  Tra- 
tado  de  grammatica  sobre  la  lengua  castellana.  Salamanca  (?)  1492  —  Dia- 
logo de  las  lenguas,  s.  ob.  S.  507  —  Gramatica  de  la  Lengua  Vulgär  en 
Espana.  Impresso  en  Lovaina  por  Bartholome  Gravio  1559  —  Util  y  breve 
institution  para  aprender  los  princijios  y  fundamentos  de  la  lengua  hes- 
panola  auch  mit  lat.  Titel.  Lovauii  ex  ofticina  B.  Gravii  1555  —  JUAX 
DE  LA  CuESTA,  Libro  y  tratado  para  ensefiar  leer  y  escribir  1580  —  Gra- 
matica de  la  lengua  castellana  compuesta  por  la  Real  Academia.  Madrid 
1771  einen  Tratado  de  ortografia  hat  die  Akademie  im  J.  1815  heraus- 
gegeben). 


1)  Litteraturangaben  zur  politischen  Geschichte  Spaniens  sehe  man 
unter  Xo.  9. 

2;  Nachgetragen  werde,  dass  auch  G.  Philipps  in  mehreren  in  den 
Sitzungsberichten  der  "Wiener  Akad.  d.  AVissensch.  Bd.  64  bis  07  erschie- 
nenen; Abhandlungen  die  iberische,  bzw.  die  baskische  Frage  erörtert  hat. 


540  I^*s  Spanische. 

Spanische  Grammatiken  f.  Deutsche:  J.  B.  Fromm,  Vollstän- 
dige sp.  Sprachlehre.  Dresden  u.  licipzig;  1826  enthält  viel  Material;  — 
C.  F.  Franceson,  Gramm,  d.  sp.  Spr.  Leipzig  1822  (wiederholt  in  neuen 
Auflagen  erschienen,  zuletzt  Berlin  1882,  recht  brauchbar  für  Anfänger; 
derselbe  Verf.  hat  einen  kurzen  Leitfaden  der  sp.  Gr.  herausg. ,  welcher 
zur  ersten  Einführung  in  die  Sprache  ganz  nützlich  ist)  —  E.  Brixck- 
MEIER,  Gramm,  d.  sp.  Spr.  Braunschweig  1844  —  J.  WiGGKRS,  Gramm,  d. 
sp.  Spr  2.  Ausg.  Leipzig  1884  (enthält  eine  gute  SjTitax)  —  A.  Kotzen- 
berg, Gramm,  d.  sp.  Spr.  2.  Ausg.  Bremen  1862  —  J.  Fesenmaier,  Lehr- 
buch d.  sp.  Spr.  2,  Ausg.  München  1S80  —  P.  Förster,  Span.  Sprach- 
lehre. Berlin  1880  (das  Buch  ist  nach  wissenschaftlichen  Grundsätzen 
angelegt,  leider  aber  nicht  so  gut  gearbeitet,  wie  es  von  dem  Verf.  hätte 
erwartet  werden  können,  vgl.  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  VI  459). 

SOBRINO,  Grammaire  espagnole.  Nouv.  ed.  p.  A.  Galban.   Paris  1872. 

Lautliches:  J.  CoRNU,  Etudes  de  phonologie  espagnole  et  portugaise : 
grey,  ley  et  rey  disyllabes  daus  Berceo,  l'Apolonio  et  l'Alexandre;  la  3«= 
personne  pl.  du  parfait  en  -ioron  dans  l'Alexandre;  l'enclitique  nos  dans 
le  poeme  du  Cid;  encore  -turne  ^  tudinem,  in:  Rom.  IX  71  —  J.  Cornu, 
j  espagnol  =j  portugais,  in:  Rom.  X  &88  —  L.  Havet,  x  espagnol,  e  et  o 
toscans,  in:  Rom.  IV  461  —  Maspero,  Sur  quelques  singularites  phone- 
tiques  de  l'espagnol  parle  dans  la  campagne  de  Buenos  Ayres  et  de  Mon- 
tevideo, in  Mem.  de  la  Soc.  le  Ling.  de  Paris  II  51,  vgl.  Rom.  II  151  — 
M.  Balschan,  Ueb.  den  jüdisch-span.  Dialect  als  Beitrag  zur  Aufhellung 
der  Aussp.  im  Altspan.  Belovar  18S2,  vgl.  Lit.  Centralbl.  18S2,  Sp.  1626,  G. 
Baist,  Die  hochdeutsche  Lautverschiebung  im  Span.,  in:  Rom.  Forsch.  I  106. 

Zur  Flexionslehre:  A.  Bello,  Analisis  ideolögica  de  los  tiempos 
de  la  conjugacion  castellana,  obra  publicada  con  algunas  notas  por  J.  V. 
Gonzalez.  Madrid  1883. 

4.  Lexicalisches:  Antonii  Nebrissensis  (Lebrua,,  Lexicon  latino- 
hisp.  et  hisp.-lat.  Salamanca  1492  —  Diccionario  de  la  lengua  castellana 
por  la  Academia  espanola.  Madrid  1726/;:;9,  11.  Ausg.  1869  —  Dicc.  en- 
ciclopedico  de  la  lengua  espanola  con  todas  las  voces,  frases,  refranes  y 
locuciones   usadas  en  Espana  y  las  Americas  espaiioles  etc.     Madrid  1869. 

(Spanisch -deutsche  u.  deutsch -spanische  Wörterbücher  von  Secken- 
DORFF,  Hamburg  1823,  *Franceson,  3  Aufl.  Leipzig  1S63,  Kotzenberg, 
Bremen  1875  u.  a.). 

*CrERV0,  Dicc.  de  construcciones  y  regimen  de  la  leng.  castell.  Paris  1884, 
vgl.  Rev.  crit.  1884,  No.  43,  p.  330  u.  Rom.  XIV  176  (wichtig  f.  d.  Syntax). 

*W.  H.  Engelmann  ,  Glossaire  des  mots  espagnols  et  portugais  deri- 
ves  de  l'arabe  Leyden  1862,  2.  Ausg.  Paris  1869,  vgl.  Marcus  J,  Müller 
in  den  Sitzungsberichten  der  philos.-hist.  Cl.  der  Bayr.  Acad.  d.  "Wiss.  1861, 
II,  95  —  v.  Hammer-Pirgstall,  Die  arab.  Wörter  in  Spanien.  Die  arab. 
Geographie  von  Sp.,  in:  Dcnkschr.  d.  Wiener  Akad.  d.  Wissensch.  Philos.- 
hist.  Cl.  1 854  —  De  lingua  liispane  romanica  ex  glossario  arabico  et  latino 
illustranda  E.  BoiaiMERl  adnotatio,  in:  Rom.  Stud.  I  221  —  J.  F.  Lopez, 
Filologia  etimologica  y  fllosofica  de  las  palabras  griegas  de  la  leng.  cast. 
3«  ed.  Paris  1884. 


Das  Spanische.  541 

G.  BoRAO,  Dicc.  de  voces  aragonesas  preeedido  de  una  iutroduccion 
filologico-historica.  Saragossa  1859. 

C'ov,\RRi VIAS,  Tesoro  de  la  lengua  cast.  Madrid  1874  etymologisch) 
—  Barcia,  Primero  dicc.  general  etimologieo  de  la  lengua  esp. ;  Müxlau, 
Dicc.  etim.  de  la  leng.  cast. ;  Dock,  Dicc.  ortogratico  etim.  esp.  (diese  drei 
neueren  "Werke  in  Commission  b.  Brockhaus  in  Leipzig;  —  C.  Michaelis, 
Studien  zur  roman.  "Wortschöpfung.  Leipzig  ISTS  berücksichtigt  namentl. 
auch  das  Span.)  —  N.  Caix,  Süll'  etimologia  spagnuola,  in:  Giern,  di 
filol.  rom.  II  60  —  M.  de  Mello,  Notas  lexilogicas  dormindinho  u.  dgl,, 
saudade,  tangro-mangro,  paria,  polea,  ambos  de  dous,  purpureo  ,  vgl.  Korn. 
XII  423;  aus  der  dort  gegebenen  kurzen  Notiz  ist  nicht  zu  ersehen,  ob 
diese  ursprünglich  in  der  Revista  Brazileira  veröffentlichten  Etymologien  sich 
auf  Spanisch  oder  Portugiesisch  beziehen  —  J.  Schuchardt,  Span.-port. 
Et)Tn.,  in:  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  VI  423  —  G.  Tailh.\x,  lexar  et  dexar, 
in:  Rom.  IV  262  —  J.  CoRxu ,  Etymologies  espagnoles  et  portugaises 
corazon ,  escada ,  escupir,  espedir,  despedir,  fazilado,  halagar.  lexar  et 
dexar,  llevar,  mienna,  palancada,  prendar,  quexar,  sencillo  ,  in :  Rom  IX 
129,  vgl.  X  404  u.  589  —  G.  Batst,  Span.  Etymologien,  in:  Ztschr.  f.  rom. 
Phil.  V  550  u.  Rom.  Forsch.  I  130  —  A.  Morel-Fatio,  AI  buen  callar 
Uaman  Sancho,  in:  Rom.  XI  114  —  Clervo,  Tentativas  etimologicas,  in: 
Rom.  XII  105  aguantar,  amagar,  arrojar,  atril,  lobrego,  lubricanj  —  J.  A. 
Schmeller,  Ueb.  d.  Endung  -ez  (-es)  span.  u.  port.  Familiennamen.  Mün- 
chen IbJO,  vgl.  The  Academy  18S2,  XXI  121,  165  —  Godoy,  Ensayo  histo- 
rico-etimologico-iilolögico  sobre  los  apellidos  castellanos,  in:  Bibliographia 
critica,  fasc.  4  6,  vgl.  Rom.  II  278. 

HuERTA,  Examen  de  los  sinonimos  de  la  lengua  castellana.  Madrid 
1799  u.  Valencia  1S07. 

5.  Dialektisches';:  J.  Tailhan,  Notes  s.  la  langue  vulgaire  d'Es- 
pagne  et  de  Portugal  au  haut  moyen  äge,  in:  Rom.  VIII  609,  IX  294  u. 
429  —  Gessxer,  Das  Altleonesische.  Ein  Beitrag  zur  Kenntniss  des  Alt- 
span. Berlin  1S67  —  A.  Saco  Arce,  Gramatica  gallega.  Lugo  1868,  vgl 
Rom.  I  243  —  Man.  Marguia,  Dicc.  de  escritores  gallegas.  Con  un  apen- 
dice  que  contiene  la  antologia  gallega  etc.  Vigo  1864  —  G.  Borao,  Dicc. 
de  voces  aragonesas  etc.  Saragossa  1859  —  Coleccion  de  poesias  en  dia- 
lecto  asturiano.  Oviedo  1839  —  N.  JuLlxs,  Ueb.  die  asturische  Mundart, 
in  der  deutschen  Uebers.  von  Ticknür's  Litteraturgeschichte  (s.  u.,,  Bd.  2, 
S.  457  ff.  —  Cuentas,  mentiras  y  exageraciones  andaluzas,  escritas  en  verso 
por  D.  Ramon  Franqlelo.  Madrid  1853,  2  Bde.  —  Poesias  andaluzas  de 
D.  Th.  Rodriquez  Rubi.  Paris  1853  —  Cuervo,  Apuntaciones  criticas  sobre 
el  lenguage  bogotano.  Bogota  1876,  3^  ed.  1881,  vgl.  Rom.  VIII  620  —  H. 
ScHrcHARDT,  Creolische  Studien.   IV.  Ueb.  das  Malaiospanische  der  Philip- 


1)  Der  Erforschung  der  Volkspoesie  und  Dialecte  sind  folgende  Zeit- 
schriften gewidmet:  El  Folk-Lore  Andaluz.  Sevilla  begründet  März  1882, 
El  F.-L.  Frexnense,  Fregenal  begründet  Januar  1883,  später  mit  Ell.-L. 
Ard.  vereinigt,,  El  F.-L.  Betico-Extremeno,  Fregenal  begründet  April 
1883,.  Die  F.-L.-Sociedad  von  Sevilla  veröffentlicht  seit  Juni  1883  eine 
Biblioteca. 


542  I^^'''  Spanische. 

pinen,  in  den  Sitzungsber.  der  "Wiener  Aead.  d.  Wissensch.  Plül.-hist.  Cl. 
Bd.  CV,  111  —  Machado  y  Alvarez,  Folk-Lore  Chilcno,  in  La  America 
XXIV  11  —  G.  Brinton,  The  Güegüence,  a  Comedy  Ballet  of  the  Nal- 
matl-Spanish  dialect  of  Nicaragua  translated.  Together  with  the  original 
text,  notes,  introduction  etc.  Philadelphia  1S83,  vgl.  Academj-  26.  7.  18S4, 
American  Journal  of  Phil.  V  54  u.   IUI*). 

6.  Zur  Rhythmik:  Mavry,  Versificacion  y  elocucion.  Paris  1^35  — 
Tracia,  Diccionario  de  la  rima.  Bare.  1858  —  MliÄ  v  Fontanals,  Historia 
literaria  del  decasilabo  y  endecasilabo  anapesticos,  in.  Revista  historica 
latina,  No.  7,  182,  vgl.  Rom.  IV  508  —  CoRTÖZA,  ü.^iervaeiones  sobre 
versificacion,  in;  Rev.  de  Esp.  Bd.  93  S.  100. 

7.  Zur  Litteraturgeschichte:  a)  Handschriftliches,  Biblio- 
graphisches u.  dgl.:  A.  EisERT,  Die  Hdss.  der  Escorial-Bibl.,  in:  Jahrb. 
f.  Rom.  u.  engl.  Lit.  IV  46  —  J.  KxrsT,  Mittheilungen  aus  dem  Escurial. 
Stuttgart  1880  —  A.  Morel-Fatio  ,  Catalogue  des  mss.  espagnols  de  la 
bibliotheque  nationale.  Paris  1882  —  P.  Gayangos,  Catalogue  of  the  mss. 
in  the  Spanish  language  in  the  British  Museum.  London  1875/81,  3  Bde., 
vgl.  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  IV  617  —  D.  Jose  Maria  de  Eguren,  Memoria 
descriptiva  de  los  Codices  notables  conservados  en  los  archivos  ecclesiasticos 
de  Espafia.  Madrid  1S59  —  Fondos  de  la  Biblioteca  nacional.  Catälogo 
provisional  de  los  mss.  de  la  libreria  que  fue  de  Don  J.  N.  Bohl  de  Faber. 
in:  Revista  de  Archivos,  August  1883  —  K.  Vollmüller,  Mittheilungen 
aus  span.  Hdss.,  in:  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  111  SO  u.  237;  zur  Bibliographie 
der  Romanceros,  ebenda  II  586  —  F.  Wolf,  Ueb.  eine  Sammlung  span 
Romanzen  in  fliegenden  Blättern  auf  c^er  Univ.-Bibl.  zu  Prag,  in  :  Dcnkschr. 
der  Wiener  Akad.  d.  Wissensch.  1850,  u.  F.  Wolf  u.  A.  Mcssafia.  Drei 
Abhdlgg.  zur  Bibliographie  der  Cancioneros  u.  Romanceros,  ebenda  1853/6'j 
—  (Anonym),  Die  span.  Bibliotheken,  in  N.  Anz.  f.  Bibliogr.  u.  Biblioth. 
1884,   S.  61  ff. 

Franc.  Mendez  ,  Tipograffa  espanola  6  historia  de  la  introduccion. 
propagacion  y  progresos  del  arte  de  la  imprenta  en  Espaiia.  2"  ed.  por  Dio- 
Nisio  Hidalgo.  Madrid  1866  —  Dion.  Hidalgo,  Dicc.  general  de  biblio- 
grafia  esp.  Madrid  1862  —  G.  Brunet,  Etüde  bibliographique  s.  les  romans 
de  chevalerie  esp.  Paris  1862  —  C.  A.  de  Baruera  y  Leirado,  Catälogo 
bibliogräficü  y  biografico  del  teatro  antiguo  espaiiol  desde  sus  origines 
hasta  media  del  siglo  XVIII.  Madrid  ISOO. 

Catalogue  of  the  Spanish  Library  and  of  the  Portuguese  books  bequeathed 
by  George  Ticknor  to  the  Boston  Public  Library  etc.  Boston.  Murillo. 

Bolctin  de  la  libreria,  erscheint  seit  Juli  ls73  zu  Madrid  in  monat- 
lichen Heften. 

b)  Litterargeschichtliche  Werke:  *G.  TiCKNOR,  Geschichte  der 
schönen  Litteratur  in  Spanien,  deutsch  mit  Zusätzen  herausg.  von  N.  J.  Ju- 
lius. Leipzig  1852,  2  Bde.,  dazu  ein  Supplementbd.,  enthaltend  die  wesent- 
lichen  Berichtigungen    u.    Zusätze    der    3.    Aufl.    des    Oiiginalwerkes    von 


1)  Mancherlei  Angaben  über  span.  Dialectlitteratur  bei  C.  Sachs  in 
Herrig's  Archiv  UV  1875),  245.  Uebcr  das  Asturische  findet  man  Man- 
ches bei  Ev.ssENnARDT,  Römisch  und  Itomanisch.  Leipzig  lbS2. 


Das  Spanische.  543 

A.  "Wolf,  mit  einer  Vorrede  von  F.  AVdlf.  Leipzi«?  1867  (des  Nord- 
amerikaners TiCKNOU's,  geb.  1.  8.  1791  zu  Boston,  gest.  ebenda  26.  1.  1871, 
dassisehes  "NVerk  erschien  unter  dem  Titel  «History  of  Spanish  Literature« 
zu  New-York  u.  London  1849  in  erster,  1S64  zu  Boston  in  dritter  Ausg.: 
span.  Uebers.  u.  d.  T.  «Hist.  de  la  lit.  espanola«,  trad.  al  cast.  c.  adiciones 
y  notas  p.  P.  de  Gayangos  y  E.  de  Vedia.  Madrid  1S51/54,  3  Bde.  Tick- 
nors  Buch  behandelt  die  Geschichte  der  Lit.  bis  zur  Wiedereinsetzung 
Ferdinands  VII  durch  französ.  Intervention)  —  'Jose  Am.\dos  de  los 
Rios,  Hist.  critica  de  la  lit.  espanola.  Madrid  1861/65,  7  Bde.,  vgl.  die 
Anzeige  v.  F.Wolf,  in:  Jahrb.  f.  rom.  u.  engl.  Lit.  V  80,  VI  212  (Rio.s' 
AVerk  übertrifft  dasjenige  Ticknor's  noch  an  Bedeutung,  ohne  dass  letz- 
teres jedoch  dadurch  veraltet  würde)  —  Dox  Vincexte  Xoguera,  Discorso 
sopra  la  lingua  e  li  autori  di  Spagna  (1637),  gedruckt  mit  Einleitung  etc. 
von  Morel-Fatio  ,  in :  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  III  1 ,  bzw.  28  —  Martin 
Sarmiento,  Memorias  para  la  Historia  y  los  Poetas  espaiioles.  Madrid  1775 
—  Luis  Joseph  Velazqiez,  Origines  de  la  Poesia  Castellana,  Malaga  1754 
'Gesch.  d.  span.  Dichtkunst.  Aus  dem  Span,  übers,  u.  mit  Anm.  erläutert 
von  JoH.  Dieze.  Göttingen  1769)  —  Bouterwek,  Gesch.  der  span.  Poesie 
u.  Bereütsamkeit ;  besser  als  das  deutsche  Original  ist  die  span.  Uebers. 
desselben  u.  d.  T.  »Historia  de  la  literatura  espanola,  escrito  en  aleman 
por  B-,  traducida  en  castellano  y  comentada  por  D.  Jose  Gomez  de  la 
CoRTiXA  y  Dox  Nicolas  Hvgalde  y  Molinedo.«  Madrid  1829  —  Brixck- 
meier,  Abriss  einer  documentirten  Geschichte  der  span.  Nationallitt,  bis 
zum  Anfang  des  17.  Jahrh.'s  Leipzig  1844  —  Clarus,  Gesch.  d.  span. 
Litt,  im  Mittelalter.  Mainz  1S4Ö.  2  Bde.  —  E.  Baret,  Hist.  de  la  litt, 
espagnole  depuis  ses  origines  les  plus  reculees  jusqu'ä  nos  jours.  Paris  1863 
F.  LoiSE,  Hist.  de  la  poesie  esp.  Brüssel  u.  Paris  1S68  —  *F.  "Wolf,  Zur 
span.  Lit.  Leipzig  1852,  und:  Studien  zur  Gesch.  d.  span.  u.  portug. 
Nationallitteratur.  Berlin  1859  'hochbedeutende  Schriften;  —  J.  DoHM, 
Die  span.  Nationallitt,  in  ihrer  geschichtl.  Entwickelung  nebst  Lebens- 
u.  Charakterbildern  ihrer  klass.  Schriftsteller  u.  Proben  aus  ihren  "Werken 
in  deutscher  Spr.  Berlin  1873  —  A.  Ebert,  Litterarische  Wechselwirkung 
Spaniens  u    Deutschlands,  in:  Deutsche  Vierteljahrsschrift  1857,  No.  2. 

MlL.\  Y  FoxTAXALS,  De  la  poesia  heroico-popular  castellana.  Bare. 
1874  —  Th.  de  Puymaigre,  Les  vieux  auteurs  castellans.  Paris  1861/62, 
2  Bde. ,  und :  La  cour  litteraire  de  Don  Juan  II ,  roi  de  Castille.  Paris 
1873  —  A.  Balagler  y  Merixo,  D.  Pedro,  el  condestable  de  Portugal, 
considerado  como  escritor,  erudito  y  anticuario  (1429  bis  1466,.  Estudio 
historico  -  bibliogräfico  Gerona  1881,  vgL  Rom.  XI  153  —  *R.  DozY, 
Recherches  s.  l'hist.  et  la  litt,  de  l'Espagne  pendant  le  moyen-äge.  3Jeme 
ed.  Leyden  1881  2  Bde.,  vgl.  Rom.  XI  419  —  Mil.\  y  Foxtaxals,  De  los 
trovadores  en  Espana.  Bare.  1882  —  V.  Balaguer,  Hist.  polit.  y  literaria 
de  los  trovadores.  Madrid  1878/79.  2  Bde.  —  F.  Wolf,  Ein  Beitrag  zur 
Bibliographie  der  Cancioneros  u.  zur  Geschichte  der  span.  Kunstlyrik  am 
Hofe  Karls  V.  Wien  1853  —  F.  Wolf,  Ein  Beitrag  zur  Rechtssj-nibolik 
aus  span.  Quellen.  Wien  1865  —  R.  Baumstark,  Die  span.  Nationallit. 
im   Zeitalter  der  habsburgischen   Könige.     Köln    1S77     Vereinsschrift   der 


544  Däs  Spanische. 

Görres-Gesellschaft;  —  A.  Mouel-Fatio,  L'Espagnc  au  XVIe  et  au  XVIIe 
s.  Documents  hist.  et  litteraires.  Heilbronn  187S,  vgl.  Ztschr.  f.  rom.  Phil. 
IV  456  —  A.  Lasso  de  la  Vega,  Hist.  y  juicio  critico  de  la  escuela  poe- 
tica  sevillana  en  los  siglos  XVII,  XVHI  y  XIX.  Madrid  1876,  vgl.  Ztschr. 
f.  rom.  Phil.  III  4:J8  —  J.  Amados  de  los  Rios,  Del  estado  actual  de  la 
poesi'a  lirica  en  Espaiia.  Madrid  1876  —  *A.  F.  v.  Schack,  Geschichte  der 
dramatischen  Kunst  u.  Litteratur  in  Spanien.  Frankfurt  a/M.  ISö-l,  '6  Bde. 
(ebenso  gelehrtes  Avie  geistvolles  u.  anziehend  geschriebenes  "Werk  — 
Brinckmeiee,  Die  NationaUitteratur  der  Spanier  seit  Anfang  des  19.  Jahrh.'s. 
Göttingen  1850  —  G.  Hibbard,  Hist.  de  la  litt,  contemporaine  en  Espagne. 
Paris  1876  —  (Anonym),  Modern  Spanish  Literature,  in:  The  Quarterly 
Review,  Juli  188-1  —  G.  Diercks.  Das  moderne  Geistesleben  Spaniens  1S83. 

F.  Wolf,  Beiträge  zur  Geschichte  des  Romans  im  span.  Südamerika, 
in:  Jahrb.  f.  rom.  u.  engl.  Lit.  II  164  u.  IV  35. 

Ph.  Chasles,  Etudes  s.  l'Espagne  et  s.  les  influences  de  la  litt.  esp. 
en  France  et  en  Italic.  Paris  1847. 

MiLÄ  Y  FoxTANALS,  De  Im  poesia  populär  gallega,  in:  Rom.  VI  47  — 
J.  KÄMPF,  Nichtandalusische  Poesien  andalusischer  Dichter  aus  dem  11.  bis 
13.  Jahrh.  Prag  1858.  2  Bde. 

c)  Sammlungen,  Chrestomathien  u.  dgl.'  :  *Biblioteca  de  au- 
tores  espailoles  desde  la  formacion  del  lenguage  hasta  nuestros  dias,  im 
Verlag  von  Rivadeneyra.  Madrid  1846  80,  71  Bde.^j  —  Coleccion  de 
libros  espanoles  raros  6  curiosos  publicada  por  los  S^es  Marques  de  la 
Fontana  de  Valle  y  Don  Jose  Sancho  Rayon.  Madrid,  seit  1873  (Neu- 
drucke seltener,  in  irgend  einer  Beziehung  interessanter  alter  "Werke)  — 
Libros  de  antailo  nuevamente  dados  a  luz  por  varios  aficionados  Neudrucke 
Madrid,  seit  1872  —  Coleccion  de  poesias  Castellanas  anteriores  al  siglo  XV 
p.  p.  Tii.  Ant.  Sanchez.  Madrid  1779/90.  4  Bde.  —  Parnaso  espafiol. 
Coleccion  de  poesias  escogidas  de  los  mas  celebres  poetas  casteUanos,  p. 
p.  J.  Lopez  de  Sedaxo.  Madrid  1768/78  —  Tesoro  de  parnaso  esp.,  poe- 
sias selectas  castellanas  recog.  p.  M.  J.  Quintana.  Paris  1838,  4  Bde.,  und: 
Musa  epica  espanola.  Madrid  1830/33,  6  Bde.  —  Tesoro  de  los  romanceros 
y  cancioneros  espaüoles  recog.  p.  D  EuG.  de  Ochoa.  Paris  1838  —  Flo- 
resta  de  rimas  antiguas  castellanas,  ordenada  por  D.  Juan  Nicolas  Böiil 
DE  Fabek3.  2^  ed.  Hamburg  1827  43.  2  Bde.  —  L.  A.  DE  CUETO,  Poetas 
liricos  del  siglo  XVIII.  Madrid  1869  72,  2  Bde.  —  Antologia  espaiiola. 
Coleccion  de  poesias  liricas,  ordenada  por  Carolina  Micuaeli.s.  I  Poetas 
de  los  siglos  XV/XVIIL  Leipzig  1875  —  F.  "Wolf,  Floresta  de  rimas 
modernas  Castellanas  desde  el  tiempo  de  J.  de  Luzan  hasta  nuestros  dias. 

1)  Die  Sammlungen  von  Romanzen  Cancioneros,  Roman- 
ceros) sowie  von  Dramen  sind  unten  No.  8  unter  »Romanzen« 
und  »Theater«  verzeichnet. 

2)  Enthält  u.  A.  Poesias  anteriores  al  siglo  XV  p.  p.  Janer,  und: 
Escritores  en  prosa  anteriores  al  siglo  XV  p.  p.  P.  de  Gayangos.  Her- 
ausgeber der  einzelnen  Bände  sind  u.  A.  C.  Aribau,  A.  Duran. 

3)  Ueber  diesen  um  die  spanische  Litteratur  und  Litteraturgeschichts- 
schreibung  hochverdienten  Mann  vgl.  die  von  N.  Julius  in  Anhang  2  zur 
Uebers.  des  Ticknor'schen  ^^'erkes  gegebenen  Biographie. 


Das  Spanische.  545 

"Wien  1S3T,  2  Bde.  (mit  werthvoUer  Einleitung)  —  Tcsoro  de  novelistas 
espaiioles  eon  not.  de  E.  DE  OcilOA.  Paris  1847,  2  Bde.  —  Autorcs  dra- 
maticos  contemporaneos  y  joyas  del  tcatro  espanol  del  siglo  XIX.  Madrid 
1SS2  —  Fabkicio,  Los  historiadores  espanoles  en  pruebas  escogidas.  Leip- 
zig l!^5^. 

AvELiNA  DE  OkiiiI'ELA  ,  Poetas  esp.  y  americanos  del  siglo  XIX. 
Paris  1S31. 

AxiTA  J.  DE  AViTTSTEIN,  Poesias  de  la  America  meridional,  con  no- 
ticias  biograficas  de  los  autores.  Leipzig  1867  —  D.  Cortes,  America 
poetica.  Poesias  selectas  americanas,  con  noticias  biograficas  de  los  autores, 
coleccionadas  p.  etc.  Paris  1ST5  —  Poesia  americana.  Composiciones  selec- 
tas, escritas  por  poetas  sudamericanos  de  fama,  tanto  modcrnos  como  an- 
tiguos.  Buenos  Aires  1S66. 

Dos  obras  didäcticas  y  dos  leyendas,  sacadas  de  raanuscritos  de  la 
Bibl.  de  Escurial  por  H.  Kxi'ST.  Däias  ä  luz  la  Sociedad  de  bibliofilos 
espaiioles.  Madrid  IS 78,  vgl.  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  III  272. 

Cantos  populäres  espanoles  recojidos,  ordenados,  ilustrados  por  Fr. 
RODR.  Marix.  Madrid  1883  ff.,  vgl.  Rom.  XIII  140. 

F.  Maspoxs  y  Labros,  Tradicions  de  Valles.  Barcelona  1876  —  E.  DE 
Olavarria  y  Huarte,  Tradiciones  de  Toledo.  Madrid  1880,  vgl.  Ztschr. 
f.  rom.  Phil.  V  139. 

Praktischen  Z^vecken  zu  dienen  sind  bestimmt  die  bei  Baudry  in  Paris 
erscheinende  »Coleccion  de  los  mejores  autores  espaiioles«  u.  die  Madrider 
»Biblioteca  universal.  Coleccion  de  los  mejores  autores  antiguos  y  modernos, 
nacionales  y  estranjeros«.  Madrid,  Calle  de  Leganitos  IS  (Volksbibliothek 
ä  la  Reclam  . 

Die  bei  F.  A.  Brockhaus  in  Leipzig  erscheinende  Coleccion  de  autores 
espanoles  (pro  Bd.  3,50  M.)  enthält  bis  jetzt  folgende  Bände:  1  u.  2. 
F.  Caballero,  Clemencia,  la  Gaviota,  novelas  de  costumbres.  3  u.  4. 
Cervaxtes,  Don  Quijote.  5.  F.  Caballero,  La  Familia  de  Alvareda.  La- 
grimas.  6,  A.  DE  Trueba,  El  Libro  de  los  Cantares.  7.  Composiciones  jo- 
cosas  en  prosa  publ.  p.  A.  Herrmaxx.  8.  F.  Caballero,  Cuentos  y  Poe- 
sias populäres  andaluces.  9.  DE  Trueba  y  la  Quixtana,  El  Cid  Cam- 
peador.  10.  A.  de  Trueba,  Las  Hijas  del  Cid.  11.  u.  12.  Märmol, 
Amalia.  13.  F.  Caballero,  Relaciones.  14.  u.  15.  E.  Hartzexbusch,  Obras 
escogidas.  16.  F.  Caballero,  Elia.  El  ultimo  Consuelo,  La  Noche  de  Na- 
vidad.  CaUar  en  vida  y  perdonar  en  muerte.  17.  F.  Caballero,  Cuadros 
de  costumbres.  18.  u.  19.  A.  de  Trueba,  Cuentos  campesinos.  Cuentos 
populäres.  20.  F.  CABALLERO,  Cuatro  Novelas.  21.  SixuEs  DE  Marco, 
M-ARL\  DEL  PiLAR,  Amor  y  Llanto.  22.  Poesias  de  la  America  meridional, 
coleccionadas  por  A.  de  AyiTT.STElx.  23.  F.  Caballero,  La  Farisea,  Las 
dos  Gracias  y  otras  novelas  escogidas.  24.  Teatro  moderno  espaüol.  25.  Cer- 
vaxtes, Novelas  ejemplares.  26.  A.  de  Trueba,  Cuentos  de  color  de  rosa. 
27.  Tres  flores  del  Teatro  antiguo  espanol:  Las  Mocedades  del  Cid.  El 
Conde  de  Sex.  El  desden  con  el  desden.  28.  u.  29.  Le  Sage,  Historia  de 
Gil  Blas  de  SantiUana.  30.  Romancero  del  Cid,  nueva  edic.  publ.  p.  C.  Ml- 
CH.\ELls.  31.  B.  P.  Galdos,  La  Fontana  de  oro.  Novela  historica.  32.  F.  Ca- 
Kürting,  Encyklüpädie  d.  rom.  Phil.  LII.  35 


546  ^^^  Spanische. 

BALLERO,  Uli  verano  en  Bornos.  Cosa  cumplida  .  .  .  solo  en  la  otra  ida. 
Lady  Virginia.  3;i.  A.  DE  Trueiu,  Narraciones  populäres.  34.  Antologia 
esp.  ordenada  por  C.  Michaelis.  35 — 37.  Calueron  de  la  Barca,  Teatro 
escogido.  38.  u.  39.  L.  V.  Mansilla,  Una  escursion  a  los  Indios  Ran- 
queles.  40.  F.  Caballero,  Cuentos,  Oraciones,  Adivinas  y  Refranes  po- 
puläres e  infantiles.  41.  Floresta  de  satiras,  fabulas,  fabulas  literarias,  letril- 
las,  sonetos  burlescos  etc.  por  E.  Brinckmeier.  42.  u.  43.  El  P.  Isla,  Hist. 
del  famoso  predicador  Fray  Gerundio,  ed.  etc.  por  E.  Lidforss.  44.  u. 
45.  Obras  escogidas  de  J).  Raiuon  de  Campoamor. 

F.  Bertuch,    Magazin  der  span.  u.  i)ortug.  Litteratur.  Weimar  1780, 

2  Bde.  —  Buchholz,  Handbuch  der  span.  Spr.  u.  Litt.  u.  Sammlung  von 
Stücken.  Berlin  1804  —  V.  A.  Huber,  Spanisches  Lesebuch.  Bremen  1832 
(recht  brauchbar)  —  *L.  Lemcke,  Handbuch  der  span.  Litt.  Leipzig  1856/57, 

3  Bde.  (I  Prosa,  II  Epische,  lyrische  u.  didaktische  Poesie,  HI  Drama. 
Ausgezeichnetes,  auch  wissenschaftlichen  Ansprüchen  genügendes  AVerk 
mit  werthvollen  litterargeschichtl.  Einleitungen  u.  Excursenj  —  F.  BoocH- 
Arkossy,  Spanische  Chrestomathie.  Manual  de  la  lit.  espanola  modenia. 
Cuadro  de  la  literatura  en  obras  de  prosa  y  poesi'a  de  escritores  castellanos 
en  el  siglo  XIX.  Leipzig.  Brockhaus  —  Coleccion  general  de  comedias 
escogidas.  Madrid  1826  if.  —  Teatro  moderno  espaüol.  Madrid  1836  ff.  — 
*F.  V.  ScHACK,  Spanisches  Theater  (Uebersetzungen)  Frankfurt  a/M.  1845, 
2  Thle.  —  Modernes  span.  Theater  etc.,  herausg.  v.  F.  BooCH-x\RKOSsy. 
Gotha  1863  ff.  • —  *Klassische  Bühnendichtungen  der  Spanier,  herausg.  u. 
erklärt  von  Max  Krenkel.  Leipzig,  seit  1881  (Calderon,  La  vida  es  sueno. 
El  Princ.  const.,  El  Mag.  prod.)  —  Teatro  espanol.  I  El  Principe  constante. 
Mit  deutschen  Anm.  versehen  von  B.  Lehmann,  Frankfurt  a;M.  1877  — 
Span.  Bibliothek  mit  deutschen  Anmerkungen  für  Anfänger  von  J.  Fesen- 
MAIR,  München,  seit  1884  —  ^Bibliothek  span.  Schriftsteller,  herausg.  v. 
A.  Kressxer.  Leipzig,  seit  1885  (I  Cervantes,  Novelas  ejemplares.  Los 
dos  doncellas.  La  Seriora  Cornelia.  II  Calderon,  La  Vida  es  sueiio.  III  F. 
Cai'.allero,  Con  mal  6  con  bien  a  los  tuyos  te  ten;  eine  für  praktische 
Zwecke,  namentlich  zur  Anfangslecture  recht  empfehlenswerthe  Sammlung;. 

[Im  »Katalog  ausgewählter  Werke  der  ausländischen  liit.  zu  beziehen 
von  F.  A.  Brockhaus  in  Leipzig  1886«  sind  folgende  Sammlungen  u.  dgl. 
verzeichnet:  Album  poetico  espanol  por  los  senores  Marques  de  Molins, 
Hartzenbusch  etc.  12  M.,  America  poetica,  poesi'as  selectas  americanas  etc. 
por  Jose  Dom.  Cortes,  40  M. ;  Antolögia  espaiiola.  Coleccion  de  trozos 
escogidos  de  los  mejores  oratores  desde  el  siglo  XV  hasta  nuestros  dias, 
por  E.  Ochoa,  7  M. ;  Autores  dramaticos  contemporäncos  y  joyas  del  teatro 
esp.  del  siglo  XIX  t.  I,  00  M. ;  Autos  sacramentales  desde  su  origen  hasta 
tines  del  siglo  XVII.  Coleccion  escogida  etc.  por  E.  G.  Pedroso,  12  M. ; 
Biblioteca  chilena,  publicada  bajo  la  direccion  de  L.  Monti  y  J.  A.  Nanez 
t.  1  bis  4.  ä  4  M. ;  Cancionero  populär.  Coleccion  escogida  de  seguidillas 
y  coplas,  recogidas  por  E.  Lafuente  y  Alcantara,  2  Bde.  12  M.;  Cantos 
populäres  espanoles,  recogidos,  ordenados  e  ilustrados  por  F.  Rodriguez 
Marin,  5  Bde.,  40  M. ;  Castellar,  Nueva  floresta  espanola,  2,50  M.; 
Castro,    Curiosidades  bibliograficas.   Coleccion  escogida  de  obras  raras  de 


Das  Spanische.  547 

amenidad  y   erudicion,    con  apuntes  biogräficos  de  los  diferentes  autores, 

12  M. ;  Cronicas  de  los  re3'es  de  Castilla,  coleccion  ordenada  por  C.  Ro- 
SELL,  3  Bde.,  36  M.;  Dramaticos  contcmporaneos  de  Lope  de  Vega.  Colece. 
escog.  por  Ramon  de  Mi:,><c)NEKü  Romanü.s,  2  Bde.,  24  M.,  u.  ])iam.  ])oste- 
riores  ä  L.  de  V.,  col.  esc.  p.  R.  i).  ^I.  R.,  2  Bde.,  24  M. ;  E])istülario 
espaiiol.  Coleccion  de  cartas  de  Espaiioles  ilustres  antiguos  y  modernos 
recog.  por  E.  DE  OcHOA,  2  Bde.,  24  M. ;  Escritores  en  prosa  anteriores  al 
siglo  XV,  recog.  por  P.  de  Gayaxgos,  12  M. ;  Escritores  del  siglo  XYL, 
2  Bde.,  24  M. ;  Historiadores  de  sucesos  particulares,  colece.  dirigida  da 
C.  RosELL,  2  Bde.,  24  M. ;  Historiadores  primitives  de  Indias,  colece. 
dirig.  por  E.  de  Vedia,  2  Bde.,  24  M.;  Libros  de  caballerias,  con  un  dis- 
curso  de  P.  DE  Gayaxgos,  12  M. ;  Lira  americana,  colece.  de  ])oesias  de 
los  mejores  poetas  del  Peru,    Chile  y  Bolivia,   recopilados  por  R.  Palma, 

13  M. ;  Novelistas  anteriores  ä  Cervantes.  12  M. ;  Novelistas  posteriores  ä 
Cerv.,  2  Bde.,  24  M. ;  NvxEZ  de  Arce,  Coleccion  de  obras  dramaticas  es- 
cogidas,  12  M.;  Obras  escogidas  de  filosofos,  12  M.;  Ochoa,  Apuntes  para 
una  biblioteca  de  escritores  espaiioles  contemporäneos,  2  Bde.,  20  M.;  OviLO 
Y  Otero,  Manual  de  biografia  y  bibliograüa  de  los  escritores  espanoles  del 
siglo  XIX,  2  Bde.,  S  M. ;  Poemas  epicos,  con  notas  biograficas  de  C.  Rosell, 
2  Bde.,  24  M. ;  Poemas  lirieos  de  los  siglos  XYI  y  XVII,  colece.  ordenada 
por  A.  DE  Castro,  2  Bde.,  24  M. ;  Poetas  castillanos  anteriores  al  siglo  XV, 
colece.  hecha  por  Th.  Saxchez,  12  M.;  Poetas  lirieos  del  siglo  XVIII,  3  Bde., 
36  M. ;  Poetas  sevillanos  de  los  siglos  XVI  y  XVII,  3,75  M. ;  Tesoro  de 
la  poesia  casteUaua  de  los  siglos  XV/XIX,  4  M.]. 

Beste  spanische  Zeitschrift  (nach  Art  der  Revue  des  deux  Mondes)  ist 
die  seit  1S76  in  Madrid  erscheinende  Revista  espaiiola  contemporänea. 

S.  Alphabetisches  Verzeichniss  einiger  Autoren  u.  Sehrift- 
■werke  mit  einzelnen  Bemerkungen  über  Ausgaben  u.  dgl. 

Acuna,  Hernando  de,  geb.  ca.  1505  zu  Madrid,  gest.  1580  zu 
Granada.  El  Caballero  determinado,  traducido  de  lengua  francesa  en  castel- 
lano  nämlich  Uebers.  des  frz.  Epos  »le  Chevalier  delibere«  des  Olivier  de 
la  Marche  Antwerpen  1553,  Salamanca  1560  u.  oft.  Poesias  de  H.  de  A. 
Madrid  1591.  T  icknor  I  389,  Lemcke)  II  229  —  Alareon,  Juan  Ruyz 
de  A.  y  Mendoza,  geb.  Jahr  unbekannt^  zu  Tasco  in  Mejico,  gest.  (zu 
Madrid?,  1639.-  Comedias,  parte  I  Madrid  1628,  p.  II  Barcelona  1634,  neue 
Ausg.  V.  E.  Hartzenbusch.  Madrid  1853  (Ribadeneira  Bd.  20).  Zahlreiche 
Einzelausgg.  in  Brockhaus'  Katalog  [s.  oben  S.  546  unten],  p.  91  aufgeführt. 
T.  I  679,  L.  III  509,  Schfack,  II  608.  F.  Wolf,  in :  Blätter  f.  lit.  Unterhal- 
tung J.  1849,  No.  81  ff.  S.  329 —  Alcäzar,  Baltasar  de,  geb.  unbekannt, 
•wann  zu  Sevilla,  gest.  1606  zu  Ronda.  Lyriker.  Keine  Gesammtausg.  Einzel- 
nes in  den  »Flores«  des  Espinosa,  im  Correo  literario  y  economico  de  Sevilla 
(1806,  u.  in  Bohl  v.  Faber's  Floresta.  T.  II  157,  L.  II  361  —  Aleman, 
Mateo,  geb.  (Jahr  unbekannt;  zu  Sevilla,  gest.  ca.  1605  in  Mejico.  Aven- 
turas  y  vida  de  Guzman  de  Alfarache  (Schelmenroman)  Theil  I,  Madrid 
1599,  Theil  II,  Valencia  1602  unrechtmässige  Ausg.)  u.  ebenda  1605  (Ausg. 
des  Verf.'s).  Neuere  Ausg.   in  Arlbau's  Novelistas   anteriores   ä  Cervantes. 

35* 


548  ^^"5  Spanische. 

Madrid  1846.  Ortografia  de  la  lengua  castellana.  Mejico  1609.  T.  212,  308, 
332.  L.  I  280.  F.  Wolf,  in:  AViener  Jahrbb.  Bd.  122,  S.  76  —  Alexan- 
der. Libro  de  Alexandre'  ,  herausgg.  in  der  Colecc.  de  poe.sias  castel- 
lanos  anteriores  al  siglo  XV  von  Th.  Sanchez,  neu  aufgelegt  von  F.  Ja- 
ner in  Bd.  57  der  Bibl.  de  aut.  esp.).  A.  Morel-Fatio,  Recherches  s.  le 
texte  et  les  sources  du  L.  de  A.,  in:  Rom.  IV  7.  T.  I  49  —  Alfons  X, 
geb.  1221,  König. V.  Castilien  1251,  gest.  1284.  1)  Fuero  juzgo  (an  diesem 
Gesetzbuch  ist  A.  nur  mittelbar  betheiligt).  El  Setenario  oder  Las  Siete 
Partidas  1265  'Gesetzbuch,  gedruckt  Sevilla  1491  u.  oft;  krit.  von  der  span. 
Akad.  veranstaltete  Ausg.  Madrid  1807.  Andere  rechtswissenschaftl.  Ar- 
beiten A.  sind  gesammelt  u.  d.  T. :  Opusculos  legales  del  rey  Alf.  el  Sabio, 
publ.  por  la  real  Acad.  de  la  Hist.  Madrid  1836.  2  Bde.  2;  Cronica  general 
de  Espaiia,  herausg.  v.  Florian  de  Ocampo  in  Zamora  1541  (Neudruck 
dieser  Ausg.  Valladolid  1604).  T.  I  32.  L.  I  28  —  Amadis  de  Gaula. 
T.  I  181.  (L.  Braunfels,  A.  de  G. ,  krit.  Versuch  üb.  d.  Roman  Amadis. 
Leipzig  1876,  und:  die  Bibliothek  des  Barons  Seillere.  Beitrag  zur  Litte- 
ratur  der  Amadisromane,  in:  Jahrb.  f.  rom.  u.  engl.  Spr.  u.  Lit.  XIV  161; 
C.  MlCHAELLS,  Etwas  Neues  zur  Amadisfrage,  in:  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  IV 
347).  Vgl.  auch  unten  Lobeira  —  Argensola,  Lupercio  Leo- 
nardo de,  geb.  ca.  1564  zu  Barbastro  in  Aragonien,  gest.  zu  Neapel  1613, 
u.  Argensola,  Bartolome  Leonardo,  Bruder  des  vorigen,  geb.  ca. 
1565,  gest.  1631.  Die  lyrischen  Gedichte  beider  Brüder  hat  ein  Sohn  Lu- 
percio's  Saragossa  1634  herausgegeben.  Einige  Dramen  Lupercio's  sind  ver- 
öffentlicht im  6.  Bde.  von  Sedano's  Parnaso  Espanol  (1772>  T.  II  159  u. 
I  463.  L.  II  499  u.  III  98  —  Arguijo.  Don  Juan  de,  Geburts-  u. 
Todesjahr  unbekannt,  doch  fällt  letzteres  vor  1630.  Heimathsort  Sevilla. 
Sonetos  de  D.  J.  d.  A.,  p.  p.  Colon  y  Colon.  Sevilla  1841.  T.  II  158. 
L.  n  367  —  Arriaza,  Juan  Bautista,  geb.  1770  zu  Madrid,  gest. 
ebenda  1837.  Poesias  Uricas.  Madrid  1822/26,  2  Bde.,  u.  1829/32,  2  Bde. 
L.  II  737. 

Balbucna,  Bernardo  de,  geb.  1568  zu  Valdepeiias  (Toledo),  gest. 
zu  Portori  ca.  1627.  Epos  »El  Bernardo  6  victoria  de  Roncesvalles«.  Ma- 
drid 1624,  neue  Ausg.  ebenda  1808,  3  Bde.  Schäferroman  »El  Siglo  de 
Oro  en  las  silvas  de  Erifile«.  Madrid  1608,  neue  Ausg.,  besorgt  von  der 
span.  Akad.  1821.  La  Grandeza  mejicana.  Mejico  1604  u.  in  der  neuen 
Ausg.  des  Siglo  de  Oro.  T.  II  117,  168.204.  L.  H  539  —  Berceo,  Gon- 
zalo  de,  geb.  zu  Berceo  (Diöcese  Calahorra)  in  den  letzten  Jahren  des 
12.  Jahrh.'s,  gest.  ca.  1270,  verfasste  religiöse  Dichtungen,  herausg.  in  Bd.  2 
der  Coleccion  de  poesias  castellanas  anteriores  al  siglo  XV  v.  Sanchez. 
Madrid  1779  ff.  (neue  Ausg.  v.  E.  Ochoa.  Paris  1842).  T.  I  15.  L.  II  67  — 
Bermudez,  Gerönimo,  (Pseudonym  Antonio  de  Silva)  gebürtig  aus 
Galicien,  gest.  gegen  1589.  Primeras  tragedias  espanolas,  Nise  lastimosa  y 
Nise  laureada.  Madrid  1577,  wieder  abgedruckt  in  Ochoa's  Tesoro  del 
Teatro  espafiol,  t.  I.  T.  I  462,  L.  III  84,  Sch.  I  273    —    Boscan,  Juan 


1)  Nach  gewöhnlicher,  aber  unbeweisbarer  Annahme  von  Juan  Lorenzo 
•Segura  de  Astorga  verfasst. 


Das  Spanische.  549 

Boscan  Almogaver,  geb.  wahrscheiulich  zwischen  141)0  u.  15UU  zu  Bar- 
celona, gest.  1540.  Erste  Ausg.  der  poet.  "Werke  B.'s  (IjTische  Gedichte, 
Hero  u.  Leander  [Epos]  etc.).  Barcelona  1543,  oft  wiederholt.  Los  cuatro 
libros  del  Cortesano  (Uebers.  des  Cortigiano  des  Castiglione  .  Barcelona 
1534.  Las  übras  de  Juan  B.  ed.  W.  J.  Knavp.  Madrid  1S75.  T.  I  373. 
L.  n  IST. 

Caballero,  Fernau  (Cäcilia  Bohl  von  Faber  ,  geb.  zu  Morges 
in  der  Schweiz  1797  (als  Tochter  des  aus  Hamburg  gebürtigen  Kaufmanns 
Bohl  von  Faber,  s.  oben  S.  508),  gest.  1877  zu  Sevilla,  Verfasserin  zahl- 
reicher trefflicher  Novellen  u.  Romane,  von  denen  ein  grosser  Theil  in  der 
Brockhaus'schen  Coleccion  erschienen  ist  (s.  oben  S.  545  .  F.  "VVolf,  Bei- 
träge zur  span.  Volkspoesie  aus  den  "Werken  F.  C.'s.  Sitzungsberichte  der 
AViener  Akad.  d.  "Wissensch.  1S59.  Edwards,  F.  C,  the  Spanish  Novellists. 
London  1884  —  Cadalso  oder  Cadahalso),  Jose  de,  geb.  1741  zu 
Cadiz,  gest.  vor  Gibraltar  1782.  Los  Eruditos  ä  la  Violeta,  6  curso  com- 
pleto  de  todas  las  ciencias  Satire).  Madrid  1772.  Cartas  marruecas  Nach- 
ahmung der  Lettres  persanes  Montesquieus'  1793,  neugedruckt  in  Bd.  1 
des  Epistolario  esp.  iRibadenejTa,  Bd.  13).  Obras  en  prosa  y  verso  p.  p. 
N.w.VRETTE.  Madrid  ISIS,  3  Bde.  T.  II  372  u.  401.  L.  II  678  u.  I  604  — 
Calderon,  Pedro  C.  de  la  Barca  Henao  y  Riano,  geb.  17.  1.  1600 
zu  Madrid,  gest.  ebenda  25.  5.  1681.  Erste  Ausg.  eines  Theils  der  Dramen 
C.  s  besorgt  von  dem  Bruder  des  Dichters,  Jose  C,  Madrid  1640  72,  vorher 
zahlreiche  unrechtmässige  Ausg.  einzelner  Stücke.  Erhalten  überhaupt  108 
Comedias  u.  72  Autos.  Erste  vollständige  Ausg.  besorgt  von  Juan  Tassis 
Y  ViLLAKOEL.  Madrid  1682^91.  9  Bde.  ein  beabsichtigter  10.  Bd.  ist  nicht 
erschienen  ,  dann  von  Juan  Fernandez  de  Apontes.  Madrid  1760,63, 
11  Bde.  Kritische  Ausg.  von  J.  J.  Keil.  Leipzig  1827  30,  4  Bde.,  u.  von 
E.  Hartzexbusch,  Madrid  1872,74  t.  7,  9,  12,  14  der  Ribadeneyra'schen 
Bibl.  de  aut.  esp.,  relativ  beste  Ausg.,  aber  doch  noch  recht  mangelhaft, 
vgl.  Morel-Fatios  Urtheil  in  der  Vorrede  zu  seiner  Ausg.  des  Mägico 
prodigioso,  p.  XXIII,.  Teatro  de  C.  de  la  B.  (mit  Einleitungen  zu  den 
einzelnen  Stücken),  herausg.  v.  Garcl\-Ramox.  Paris  1SS3,  4  Bde.  Von 
Ausg.  einzelner  Stücke  mit  Commentar  u.  dgl.  sind  namentl.  hervorzuheben : 
MoKEL-F.ATlo's  Ausg.  des  Mägico  prodigioso,  Heibronn  1877.  vgl.  Ztschr. 
f.  rom.  Phil.  II  328  u.  Giom.  di  filol.  rom.  I  58;  M.  Krenkel's  Ausg. 
von  La  Vida  es  sueno,  El  Principe  constante  u.  El  Mägico  prodigioso, 
Leipzig  1881/85,  s.  ob.  S.  546;  Lehmaxn's  Ausg.  des  Principe  const. 
Frankf.  a  M.  1877.  Teatro  escogido  de  D.  P.  C.  de  la  B.  in  Bd.  35,  36, 
37  der  Brockhaus'schen  Coleccion,  s.  ob.  S.  546.  F.  Dorer,  Die  Calderon- 
Litteratur  in  Deutschland.  Leipzig  1881  (vorher  schon  Zürich  1877  er- 
schienen ;  A.  DEL  Real,  C.  segun  sus  obras,  sus  criticos  y  sus  admira- 
dores,  y  cronica  del  segundo  centenario  de  su  muerte.  Barcelona  1881. 
Lasso  de  la  Vega.  C.  d.  1.  B.  Madrid  ISSl.  Jose  Silvestre  Ribeiro, 
Don  P.  C.  d.  1.  B.  Lisboa  1881.  JoH.  Fastenr.ath,  C.  d.  1.  B.,  sein  Leben 
u,  sein  "VN'irken.  Leipzig  1881,  u. :  Calderon  in  Spanien.  Leipzig  1882.  An 
Essay  on  the  Life  and  Genius  of  Calderon  by  the  Archbishop  of  Dublin. 
London  1880.  J.  J.  Pitmax,  Studien  over  C.  en  zijne  geschriften.  Utrecht 


550  ^^^  Spanische. 

1880.  J.  Ulbrich,  Quaestiones  Calderonianae.  Bonn  1865,  Diss.  E.  DORER, 
Goethe  u.  C.  Leipzig  1881.  A.  S.  Moguel,  Calderon  et  Goethe,  ou  le 
Faust  et  le  Magieien  prodigieux.  Paris  1883.  M.  Carriere,  C.'s  »Arzt 
seiner  Ehre«  u.  Shakespeare's  «Othello«,  in:  Nord  u.  Süd,  Mai  1881.  JoH. 
Albert,  Das  religiöse  Drama  u.  die  Autos  von  Calderon,  Passau  1875,  und  : 
Drei  griechische  Mythen  in  C.'s  Sacramentspielen.  Passau  Jahr?; ,  Progr. 
der  Studienanstalt.  RuBlo  Y  Lluch,  El  sentimiento  del  honor  en  el  teatro 
de  C.  Barcelona  1882.  *V.  Schmidt,  Die  Schauspiele  C.'s  dargestellt  u. 
erläutert.  Elberfeld  1857.  Calderon's  Schauspiele  übers,  v.  D.  Gries.  Berlin 
1862,  9  Bde.  Frz.  Lorinser,  Don  P.  C.'s  de  1.  B.  geistl.  Festspiele.  Eine 
deutsche  üebers.  mit  erklärendem  Commentar  u.  einer  Einleitung  üb.  die 
Bedeutung  u.  den  Werth  dieser  Dichtungen.  2.  Ausg.  Regensburg  1883, 
9  Bde.  T.  II  3,  L.  III  667,  Sch.  III  3  —  Caneionero  (vgl.  auch  Ro- 
mancero,  Romanzen)  K.  Vollmöller,  Der  Cancioneros  Gayangos,  in: 
Rom.  Stud.  IV  197,  und:  Aus  dem  Oxforder  C. ,  ebenda  IV  227;  Canc. 
populär,  coleccion  de  coplas  y  seguidillas,  recog.  y  orden.  p.  E.  Lafuente 

Y  ALavNTARA.  Madrid  1865;  H.  Castillo,  Canc.  general  de  Hernando  del 
Castillo,  segun  la  edicion  de  1511  con  un  apendice  de  lo  anadido  en  las 
de  1527,  1540  y  1557.  Madrid  1882.  *Cancionero  de  Stuniga,  codice  del 
siglo  XV  ahora  por  vez  primera  publicado  (t.  IV  der  Colecc.  de  libros 
raros  6  curiosos)  Madrid  1872,  vgl.  Rom.  III  413.  C.  Michaells  de  Vas- 
concellos,   Zum  Caneionero  general  de  Nagera,  in:    Ztschr.  f.  rom.  Phil. 

V  77  —  Cantes  flamencos  (lässt  sich  ungefähr  mit  »Andalusische 
Zigeunerlieder«  übersetzen).  Coleccion  de  c.  fl. ,  recojidos  y  anotados  por 
DemÖfilo.  Sevilla  1881,  vgl.  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  V  249  —  Cantos. 
C.  populäres  recojidos,  ordenados  y  ilustrados  por  F.  R.  Marin.  Sevilla 
1883  ff.,  5  Bde.,  vgl.  Rom.  XII  383  u.  XIII  140.  Eine  Art  Einleitung  zu 
der  Marin'schen  Samjjilung  von  Volkspoesien  bildet  die  Brochure  Juan  del 
Pueblo's:  Historie  amorosa  populär,  ordenada  e  Uustrada  por  Fr.  Rodri- 
GL'EZ  M.ARIN.  Sevilla  1882,  vgl.  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  V  578  —  Capmany, 
Antonio  de  C.  y  Montpalau,  geb.  1742  zu  Barcelona,  gest.  1813  zu 
Cadiz.  Teatro  historico-critico  de  la  elocuencia  castellana,  Madrid  1786  94, 
5  Bde.  (neue  Ausg.  u.  d.  T. :  Tesoro  de  Prosadores  espailoles.  Paris  1841). 
Filosofia  de  la  elocuencia,  Madrid  1777  (neue  Ausg.  von  1).  Vincente 
Salva.  London  1812,  Gerona  1820).  Arte  del  traducir  del  idioma  frances  al 
castellano.  Madrid  1776.  T.  I  262  u.  II  263,  L.  I  641  —  Castillejo, 
Cristöval  de,  geb.  1490  od.  1491  zu  Ciudad  Rodrigo,  gest.  zu  Wien  1556. 
Lyriker;  erste  Ausg.  seiner  Poesien,  Madrid  1573;  neuere  Ausg.  Madrid 
1792  in  Don  Ramon  Fernandez'  Sammlung.  F.  WoLF ,  in  den  Sitzungs- 
berichten der  Wiener  Akad.  d.  Wissensch.  Philos.-hist.  Cl.  1849  u.  1850, 
T.  I  392.  L.  II  274  —  Castro,  Guillen  de  C.  y  Belvis,  geb.  zu 
Valencia  1569,  gest.  1631.  Comedias,  I»  parte  Valencia  1621,  11»  parte 
Valencia  1625.  Las  mocedadcs  del  Cid,  besonders  gedruckt  bei  L,  III  292 ; 
Neudruck  besorgt  von  W.  Förster.  Bonn  1878,  vgl.  Ztschr.  f.  rom.  Phil. 
III  131  —  Cervantes,  Miguel  de  C.  Saavedra,  geb.  Anfang  des 
Octobers  1547  zu  Alcalä  de  Henares,  gest.  zu  Madrid  23.  4.  1616.  Erster 
Thcil   des   Don   Quijote.   Madrid   16U5    (2.   Ausg.    1608).   Unächter  zweiter 


Das  Spanische.  55 1 

Theil  des  Don  Quij.,  ang;eblich  von  Alonso  Fcrnandez  de  Avelleneda  aus 
Tordesillas  verfasst,  Tarrapona  Uil4  (neu  herausg.  v.  Blas  de  Nasarke. 
Madrid  1732  u.  in  Bd.  1  der  Novelistas  posteriores  ü  Cerv.  =  Bd.  17  der 
Kibadeneyra'sehen  Sammlung).  Achter  zweiter  Theil  1615.  (12)  Novelas 
ejemplares  1613  (la  Tia  fingida,  herausg.  v.  Ahuieti'  in:  Espiritu  de  M. 
de  C.  Madrid  1S14  und  von  AVehther  in:  "Wolfs  ]\Iuseum  f.  Alterthums- 
wissensch.  IS  19,  vgl.  Gallardo  im  »Criticon»  No.  1,  Madrid  1835).  El  Viaje 
al  Parnaso  1615.  S  Comedias  y  entremeses  1615.  Los  trabajos  de  Persiles 
y  Sigismimda  1617.  Ausg.  des  Don  Quij.  von  der  span.  Akademie  178t>, 
4  Bde.  (Neudrucke  1782,  1787  u.  *18I9,  5  Bde.).  Ausg.  des  Don  Quij. 
mit  werthvollem  Commentar  von  JoHX  Bowle,  Salisbury  1781,  4  Bde., 
Ausg.  ebenfalls  mit  trefflichem  Commentar  von  Diego  Clemexcin.  Ma- 
drid 1833,39,  6  Bde.  Gesammtausgg.  der  "Werke  des  C.  Madrid  1803  5, 
ICi  Bde.,  ebenda  1829,  11  Bde.,  u.  die  beste  von  Aribav.  Madrid  1846 
=  BJ.  1  der  Kibadeneyra'sehen  Sammlung,  enthält  jedoch  die  drama- 
tischen "Werke  nicht).  Obras  escogidas  de  M.  de  C.  S. ,  nueva  edic.  cla- 
sica,  arreglada,  corregida  e  ilustrada  con  notas  historicas  etc.  p.  D.  AUG. 
Garcia  de  Arrieta,  Paris  1826,  10  Bde.  Beste  Biographie  Cervantes'  ist 
die  von  Mart.  Fern,  de  Navarrete  verfasste  in  der  Ausg.  des  Don 
Quij.  durch  die  Akad.  vom  J.  1819.  B.  Baumstark,  C,  ein  span.  Lebens- 
bild. Freiburg  i.  B.  1875;  M.  Asensio,  El  conde  de  Lemos,  protector  de 
C.  Madrid  1881;  FoRONDA,  C.  viajero,  Madrid  1880;  J.  Vidart,  El  Qui- 
jote  y  la  casificacion  de  las  obras  literarias.  La  desdicha  po,stuma  de  C. 
Madrid  Jahr?,;  E.  DoRER,  C.  u.  seine  "Werke  nach  deutschen  Urtheilen. 
Leipzig  1881.  T.  I  481,  L.  I  371  u.  III  112.  Cervantes'  Don  Quij.  übers, 
von  L.  TiECK.  3.  Ausg.  Berlin  1831,  4  Bde.,  übers,  von  *Brai"nfels,  Stutt- 
gart 1884,  vgl.  Gott.  gel.  Anz.  1885,  No.  7,  S.  281  —  Cespedes,  Pablo 
de,  geb.  1538  zu  Cördova,  gest.  ebenda  1608.  Lehrgedicht  (Fragment]  La 
Pintura,  herausg.  v.  Fr.  Pacheco  in ;  Arte  de  la  Pintura ,  su  antiguedad 
y  grandeza.  Sevilla  1649,  in  Bd.  18  der  Sammlung  des  Dox  Ramox  Fer- 
XANDEZ  und  in  Bd.  5  von  Bermudez'  Diccionario  de  los  profesores  de  las 
bellas  artes.  Madrid  1800.  T.  II  185,  L.  II  346  —  Cibdareal,  Fernan 
Gomez  de,  geb.  1386  zu  Valladolid,  gest.  kurz  nach  1454.  Centon  Epi- 
stolario  del  Bachiller  F.  G.  de  C.  Burgos  1499;  beste  Ausg.  in  Bd.  1  des 
Epistolario  espanol  (=  Bd.  13  der  RibadenejTa'chen  Sammlung  .  T.  I  313 
u.  II  540,  L.  I  94  —  Cid.  I)  Poema  del  Cid  (s.  oben  S.  532;,  herausg.  v. 
Th.  Saxchez  in  Bd.  I  der  Coleccion  de  poesias  castellanas  anteriores  al 
siglo  XV.  Madrid  1779  (Neue  Ausg.  v.  Ochoa.  Paris  1842),  v.  K.  VoLL- 
möller.  Halle  1879,  vgl.  Ztschr.  f.  rom.  Phil,  IV  156.  F.  "Wolf  in:  'Wie- 
ner Jahrb.  f.  Lit.  Bd.  56,  S.  251,  und  Blätter  f.  litt.  Unterhaltg.  Jahrg.  1850, 
S.  925.  J.  CoRNU,  Etüde  s.  le  poeme  du  Cid,  in:  Rom.  X  75.  T.  I  10, 
L.  I  50.  IIj  Romancero  del  Cid.  Aeltere  Ausgg.  v.  Juan  de  Escobar.  Al- 
cala  1612,  Lissabon  1615,  Pampeloua  1706,  Madrid  1818  und  namentlich 
von  DlRAX  in  dessen  Romancero  general,  t.  I  (1849).  Neuere  Ausgg.  von 
A.  Keller  (Stuttgart  u.  Paris  1840,,  Depping  (1844)  u.  *C.  Michaelis 
(Leipzig  1871,  Bd.  30  der  Brockhaus'schen  Coleccion;,  vgl.  Rom.  I  123. 
Die  genannten  Ausgg.  beruhen  im  "Wesentlichen  auf  Escobar s  Sammlung; 


552  Das  Spanische. 

neben  derselben  ist  noch  eine  andere  alte  Sammlung  vorhanden  u.  d.  T. : 
Tesoro  escondido  de  todos  los  mas  famosos  romances  assi  antiguos  como 
modernos  del  Cid  etc.,  recopilados  nuevamente  con  mucha  diligencia  por 
Francisco  Metge,  vgl.  R.  Köhler  im  Anhange  zu  seiner  Schrift:  Her- 
der's  Cid  und  seine  französische  Quelle.  Leipzig  1867.  (J.  Asciibach,  De 
Cidi  historiae  fontibus.  Bonn  1843  Diss.  Malo  de  Molina,  Rodrigo  el 
Campeador,  estudio  historico  fundado  en  las  noticias  que  sobre  este  heroe 
facilitan  las  cronieas  y  memorias  Arabes.  Madrid  1857.  A.  Restori,  II 
Cid  Campeador,  in:  Propugnatore  XVI,  parte  I  97,  327,  parte  II  93.  V. 
A.  Hüber,  Geschichte  des  Cid  Ruy  Diaz  Campeador.  Bremen  1829.  Saint- 
Albin,  La  legende  du  Cid.  Paris  1866.  G.  Baist,  Die  Heimath  des  lat. 
Hymnus  auf  den  Cid,  in :  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  V  64.  Moderne  novellisti- 
sche Bearbeitungen  der  Cidsage  sind:  A.  Tri'eba,  El  Cid  Campeador, 
und:  Las  Hijas  del  Cid,  beide  in  der  Brockhaus'schen  Sammlung  erschie- 
nen). Die  Litteratur  über  die  altspan.  »Crönica  del  famoso  caballero  Cid« 
ist  verzeichnet  bei  PoTTHAST,  Bibl.  bist.  med.  aevi  I  242.  lieber  Herder's 
Cid  vgl.  ausser  der  oben  angeführten  Schrift  von  Köhler  noch  diejenige 
von  A.  S.  Vögelin,  Herder's  Cid,  die  französ.  u.  die  span.  Quelle.  Heil- 
bronn 1879  —  Cienfuegos,  Nicasio  Alvarez  de,  geb.  zu  Madrid 
1764,  gest.  zu  Orthez  1809.  Obras  poeticas  (lyrische  Gedichte,  Tragödien). 
Madrid  1798,  2  Bde.,  u.  1816,  2  Bde.  T.  II  385  u.  409,  L.  II  730  — 
Clavijo,  Jose  Cl.  y  Fajardo,  geb.  1736  in  Ciudad  de  las  Palmas  Ka- 
narische Inseln),  gest.  zu  Madrid  1806.  Herausgeber  der  Zeitschrift  El  Pen- 
sador  1762/67,  vgl.  R.  Falck  in  Westermann's  Monatsheften,  1883  August, 
S.  658 —  Conde,  Juan  Antonio,  geb.  (wo?)  1757,  gest.  1820.  Historia 
de  la  dominacion  de  los  Arabes  en  Espana.  Madrid  1820  u.  Paris  1840 
(deutsche  Uebers.  von  Kutschmann.  Karlsruhe  1824/25,  3  Bde.).  L.  I  651  — 
Cruz,  Juana  Ines  de  la,  geb.  1651  zu  Guipuzcoa,  gest.  1695  zu  Mejico. 
Poemas  de  la  ünica  poetisa  americana,  musa  decima  etc.  Barcelona  1691. 
T.  II  168  u.  179,  L.  II  645. 

Diamante,  Juan  Bautista,  lebte  um  die  Mitte  des  17.  Jahrhun- 
derts. Comedias.  Madrid  1670/74.  Die  vermeintlich  zu  Corneille's  Cid  in 
Beziehung  stehende  Komödie  El  Honrador  de  su  padre  scheint  zuerst  1659 
gedruckt  worden  zu  sein.  T.  I  659  A.  1,  II  69  u.  564,  L.  III  291,  Sch. 
n  430  u.  ni  372  —  Dramen  s.  Theater. 

Encina,  Juan,  geb.  zu  Encina  1469,  gest.  1534  zu  Salamanca.  Can- 
cionero  de  todas  las  obras  (lyrische  Gedichte,  kleine  Dramen  u.  d.  T.  Re- 
presentaciones  oder  Eclogas;.  Salamanca  1496  u.  vollständiger  ebenda  1509. 
T.  I  223,  L.  III  9,  Seil.  I  146  —  Epistolario.  E.  espanol.  Coleccion 
de  cartas  de  Espailoles  ilustres  antiguos  y  modernos ,  recojida  y  ordenada 
por  E.  DE  OCHOA.  Madrid  1S70.  2  Bde.  Ribadeneyra'sche  Sammlung!  — 
Ercilla,  Don  Alonso  de  Zuniga  y  E.,  geb.  1533  zu  Madrid,  gest. 
1595.  Epos  Araucana,  erster  Theil  Madrid  1569,  zAveiter  Theil  ebenda 
1578,  vollständig  (37  Gesänge)  ebenda  1590.  Beste  Ausgg.  Madrid  1776, 
3  Bde.,  und  in  Bd.  17  der  Ribadeneyra'schen  Sammlung.  T.  II  102,  L. 
n  332  —  Espinel,  Vicente  de,  geb.  1540  od.  1544  zu  Ronda  Gra- 
nada ,  gest.  1630  od.  1634  zu  Madrid.     Diversas  rimas  con  el  Arte  poetica 


Das  Spanische.  553 

y  algunas  odas  de  üracio  traducidas  en  verso  east.  Madrid  1591.  Koman  : 
Relaciones  de  la  Vida  del  eseudero  Marcos  de  Obregon.  Madrid  lülS.  Tt 
II  21s,  L.  II  350,  1  2S2  u.  586  —  Espinosa,  Pedro,  geb.  gegen  Ende 
des  10.  Jahrhunderts  zu  Antequera,  gest.  zu  San  Lucar  de  Barrameda  ItjöO. 
Primera  parte  de  las  Flores  de  Poetas  ilustres  castellanos  (eine  Antholo- 
gie, welche  1(5  Gedichte  von  E.  selbst  enthält.  Valladolid  1605.  T.  II  143 
u.  179,  L.  n  532  —  Espronceda,  Jose  de,  geb.  ISlU  zu  Almendralejo 
(Estremadura},  gest.  zu  Madrid  1S42.  Romantiker.  Gesammtau sgg.  seiner 
poet.  "Werke  von  Hartzenbusch  u.  von  G.  de  Villalta,  s.  Brockhaus'- 
scher  Katalog,  p.  88,  L.  11  768  —  Esquilache,  Francisco  de  Borja 
y  Aragon  etc.,  geb.  ca.  1580  zu  Madrid,  gest.  ebenda  1(358.  Obras  en 
verso.  Madrid  1639  u.  oft,  T.  H  133  u.  166.  L.  II  620. 

Feijoo,  Benito  Geronimo  F.  y  Montenegro,  geb.  17ol  zu 
Campostella,  gest.  zu  Oviedo  1764.  Teatro  critico  universal  'moralphilos. 
Essays,  1726  38,  8  Bde.  und  dessen  Fortsetzung  Cartas  eruditas  1746  60, 
5  Bde.  L.  I  572.  Obras  escogidas,  p.  p.  V.  de  la  Füexte.  Madrid  1863 
—  Fernandez,  Lucas,  aus  Salamanca  Geburts-  und  Todesjahr  unbe- 
kannt!. Farsas  y  eglogas  al  modo  y  estilo  pastoril  fechas  por  L.  F.  sal- 
mantino.  Salamanca  1514,  neu  herausg.  von  M.\>'UEL  Caxete  in  Bd.  3  der 
Biblioteca  clasica  espanola.  Madrid  1867,  vgl.  Rom.  X  239.  T.  11  696  — 
Flores  y  Bianca flor,  altspan.  Roman,  gedruckt  1524  (Ort  nicht  ange- 
geben ,  Neudruck,  Madrid  1877.  Inhaltsangabe  in  Giorn.  di  filol.  Rom.  IV 
i59,  vgl.  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  VH  618. 

Garcilaso  Garcias  Laso  de  la  Vega,  geb.  1503  zu  Toledo,  gest. 
zu  Nizza  1536.  Lyrischer  Dichter;  seine  Werke  zuerst  immer  zusammen 
mit  denen  Boscans  herausgegeben.  Ausgaben  mit  Commentar  von  Fran'C. 
Saxchez  de  las  Brozas.  Salamanca  1574,  von  Fern,  de  Herrera.  Se- 
villa 1580,  von  Tomas  Tamayo  de  Vargas.  Madrid  1022,  von  Jose  Nico- 
las de  Azagra.  Madrid  1765,  von  J.  M.  Ferrer.  Paris  1827.  Biographie 
in  Bd.  16  der  Coleccion  de  documentos  ineditos  para  la  Hist.  de  Espana, 
p.  p.  B.VRAXDA  y  Salva.  T.  I  381,  L.  II  209  —  Gongora,  Don  Luis 
de  G.  y  Argote,  geb.  1561  zu  Cordova,  gest.  ebenda  1627.  Lyriker. 
Todas  las  Obras.  Madrid  1634.  Ausg.  mit  Commentar  von  Garclv  de 
Salcedo  Coronel.  Madrid  1636  4"5,  3  Bde.  Auswahl  von  G.s  "Werken  in 
Band  9  der  Sammlung  des  Don  Ramon  Fernandez.  Madrid  17S7.  T.  11 
148,  L.  n  550  —  Gracian,  Baltasar,  geb.  im  Anfang  des  17,  Jahr- 
hunderts zu  Calatayud,  gest.  1658  zu  Tarragona.  El  Criticon  allegorische 
Prosadichtung  über  das  menschl.  Leben  .  Parte  I  Madrid  1650,  P.  11  1653, 
P.  in  1664.  Sonstige  moralphilos.  Schriften:  El  Heroe,  Madrid  1639; 
El  Oräculo  manual  y  arte  de  prudencia,  Huesca  1637:  El  Discreto,  Huesca 
1640;  La  Agudeza  y  Arte  de  ingenio,  Huesca  1649  Poetik  und  Rhetorik 
des  «estilo  culto«,.  Gesammtausgg.  Madrid  1664,  1667,  1773  etc.,  2  Bde. 
T.  n  311,  L.  I  538  —  Granada,  Luis  Sarria  de,  geb.  1504  zu  Gra- 
nada, gest.  zu  Lissabon  1588.  Guia  de  Pecadores,  Salamanca  1570.  Me- 
morial de  la  vida  cristiana,  Salamanca  1566  deutsche  Uebers.  Aachen  1839, 
4  Bde.).  Libro  de  la  oracion  y  meditacion,  Salamanca  1567.  Introduccion 
al  simbolo  de  la  fe,  Salamanca  1582.  Gesammtausgg.  Madrid  1786,   19  Bde., 


554  I'^s  Spanische. 

ISOO,  6  Bde.,  1848,  3  Bde.  (=  Bd.  5,  8,  11  der  Ribadeneyra'schen  Samm- 
lung). T.  II  260,  L.  I  349  —  Guevara,  Antonio  de,  geb.  ca.  1500  in 
Biscaj'a,  gest.  1545  als  Bischof  von  Guadij  u.  Mondoiiedo.  Reloj  de  prin- 
cipes  o  Marco  Aurelio,  Decada  de  los  Cesares,  Valladolid  1539.  Epistolae 
familiäres,  1539.  Vgl.  Laxumanx,  in:  New  Shakespeare's  Society  Trans- 
actions  1880/S2,  p.  252.  T.  I  421  —  Guevara,  Luis  Velez  de  G.  y 
Duenas,  geb.  1574  zu  Ecija  (Andalusien),  gest.  zu  Madrid  1646.  Satir. 
Roman  :  El  Diable  cojuelo,  verdades  sonadas,  novelas  de  la  otra  vida  tradu- 
cidas  ä  esta  Madrid  1641.  Neuere  Ausgg.  Madrid  1812,  von  J.  M.  Ferrer 
Paris  1828,  von  Ochoa  in  Bd.  3  des  Tesoro  de  Novelistas  espailoles.  Aus- 
serdem ist  G.  Verf.  zahlreicher  Dramen,  von  denen  aber  noch  keine  Ge- 
sammtausgabe  existirt.  T.  I  660  u.  II  251,  L.  I  471,  Seh.  II  469  —  Guz- 
nian,  Fernan  Perez  de,  geb.  (unbekannt,  wo)  um  1400,  gest.  zu  Batres 
um  1470.  Redacteur  der  Cronica  del  seiior  rey  D.  Juan  IL,  erste  Ausg. 
Logrono  1517,  beste  Ausg.  Valencia  1779.  Verfasser  der  Generaciones  y 
Semblanzas  (Charakterschilderungen  ausgezeichneter  Castilianer  des  17. 
Jahrhunderts) ,  zuerst  gedruckt  im  Mar  de  Historias  (span.  Uebers.  von 
Colonna's  Mare  Historiarum),  Vallensole  1512,  beste  Ausg.  von  Llaguxo 
Amirola   zusammen  mit  Cibdareals  Centon  Epiatolario,    Madrid  1779   u. 

1790.  T.  I  153  u.  316,  L.  I  118. 

Hartzenbusch,  Juan  Eugenio,  geb.  als  Sohn  eines  deutschen 
Tischlers  zu  Madrid  6.  9.  1806.  Dramatiker  (Amantes  de  Teruel  1836, 
Dona  Mencia  1838,  Alfonso  el  Casto  1841;  Lustspiele:  la  Redoma  encan- 
tada  1839,  la  Visionaria  1840,  la  Coya  y  el  encojido  1843  .  Ensayos  poe- 
ticos  y  articulos  en  prosa  1843,  H.  hat  mehrfach  Werke  span.  Classiker 
kritisch  herausg.,  so  z.  B.  ausgewählte  Dramen  Tirso  de  Molina's  1839/42, 
12  Bde.  Obras  escojidas  de  H.  Leipzig  1S73,  2  Bde.  R.  Lehmaxx,  Don 
J.  E.H.,  in:  Herrig's  Archiv  56,  S.  459  —  Herrera,  Antonio  deH.  y 
Tordesillas,  geb.  zu  Cuellar  1549,  gest.  zu  Madrid  1625.  Historia  de 
los  hechos  de  los  Castellanos  en  las  islas  y  tierra  firme  del  mar  oceano. 
Madrid  1601/15,  4  Bde.  (beste  Ausg.  u.  d.  T.  Decadas  de  las  Indias,  Ma- 
drid 1728/30,  4  Bde.).  AVeniger  bedeutend  sind  die  übrigen  Geschichts- 
werke H.'s.  T.  II  282,  L.  I  300  —  Herrera,  Hernando  de,  geb.  (un- 
bekannt, wann)  zu  Sevilla,  gest.  (unbekannt,  wo)  1597.  Versos  (Oden,  So- 
nette, Elegien  etc.)  de  H.  de  H.,  emendados  y  divididos  por  el  en  tres 
libros.  Sevilla  1619.  Neuere  Ausg.  in  Bd.  4  u.  5  der  Sammlung  des  Don 
Ramon  Fernandez.  T.  II  139,  L.  II  303—  Historia  Trojana.  A.  Mus- 
.SAFIA,  Ueber  die  span.  Versionen  der  H.  T.  Wien  1871,  vgl.  Rom.  I  390 
—  Hita,  Erzpriester  von,  s.  Ruiz  Juan  —  Hita,  Gines  Perez 
de,  geb.  (unbekannt,  wann)  wahrscheinlich  zu  Mula  in  Murcia,  Todesjahr 
unbekannt.  Verf.  der  romantischen  Gescliichtserzählung  Historia  de  la 
guerras  civiles  de  Granada.  Saragossa  1595,  dazu  ein  zweiter  Theil  1604. 
Gesanimtausgg.  Madrid  1833,  2  Bde.  und  in  den  Novelistas  anteriores  k 
Cervantes  (=  Bd.  3  der  Ribadeneyra'schen  Sammlung).  Deutsche  Uebers. 
v.Spaldixg.  Berlin  1821.  T.  II  192\i.  228,  L.  I  262.  Wiener  Jahrb.  CXTV  27. 

Iglesias  de  la  Casa,  Jose,    geb.  1753  zu  Salamanca,  gest.  ebenda 

1791.  Poesias,    Salam.  1798,    Bare.   1820,    Paris  1821,  2  Bde.    T.  II  384, 


Das  Spanische.  555 

L.  II  723  —  Isla,  Jos6  Francisco  de  (Pseudonym:  Francisco  Lobon 
de  Salazar^  geb.  24.  4.  1703  zu  Vidanea  (Leon),  gest.  2.  11.  1781  zu  Bo- 
logna. Satirischer  Roman ;  Historia  del  famoso  predicador  Fray  Gerundio 
de  Cami)azas,  erster  Thcil  Madrid  17öS,  zweiter  Theil  ohne  Ortsangabe) 
1770,  Aiusgg.  des  ganzen  Werkes  Madrid  1770,  2  Bde.;  17S7  u.  Ib04, 
3  Bde.,  1813,  4  Bde.  Uebersetzung  des  Gil  Blas  des  Lesage  Madrid  17S7 
und  der  Fortsetzung  des  G.  B.  vonMonti  1791.  Obras  escojidas,  Madrid  1850 
[=  Bd.  11  der  Ribadeneyra'schen  Sammig.).  L.  I  580  —  Jaur  egui,  Juan 
de  J.  y  Aguilar,  geb.  1570  zu  Sevilla,  gest.  zu  Madrid  1641.  Ueber- 
setzung von  Tasso's  Aminta,  Rom  1607.  Rimas,  Sevilla  1618,  neue  Ausg. 
in  Bd.  6  der  Sammlung  des  Ranion  Fernandez.  Epos  »Orfeo«,  Madrid 
1624.  Uebers.  der  Pharsalia  des  lAican,  Madrid  1684,  neue  Ausg.  in  Bd. 
7  u.  8  der  Sammlung  des  Ramon  Fernandez.  T.  11  161,  L.  II  592  —  Jo- 
vellanos,  Gaspar  Melchor  de,  geb.  1744  zu  Gijon  (Asturien),  gest. 
zu  Vega  (Asturien)  1811.  Obras  (meist  Prosaschriften),  Madrid  1830/32, 
7  Bde.,  1845,  5  Bde.,  vgl.  Brockhaus'  Katalog  p.  88.  T.  II  386,  L.  I  627. 
Labirin to  amoroso,  vgl.  hierüber  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  V  85  — 
Larra,  Mariauo  Jose  de,  (Figaro',  geb.  1810  zu  Madrid,  gest.  durch 
Selbstmord  13.  2.  1837.  Journalist  El  Pobrecito  Hablador,  Revista  Espa- 
nola,  Observador,  El  Espanol).  Dichter  der  Novelle  El  Doncel  de  Don 
Enrique  el  Doliente,  des  Lustspiels  No  mas  mostrador,  des  Schauspiels 
Macias  etc.  Gesammtausgg.  Madrid  1837,  13  Bde.,  Paris  1848,  2  Bde. 
Vgl  Brockhaus'  Katalog,  p.  88.  T.  I  287  A.  u.  292  A.,  L.  I  692  —  [La 
Torre.  Unter  dem  Namen  eines  angeblichen  Baccalaureus  Francisco  de  la 
Torre  hat  Quevedo  im  J.  1631  eine  Sammlung  Gedichte  herausgegeben, 
welche  er  aller  Wahrscheinlichkeit  nach  selbst  verfasst  hatte,  vgl.  L.  J. 
Velasquez,  Poesias  que  publico  D.  Fr.  de  Quevedo  Villegas  con  el  nombre 
del  Bachiller  de  la  Torre.  Madrid  1753.  T.  I  639,  L.  U  250]  —  Leon, 
Luis  Ponce  de,  geb.  1527  zu  Granada,  gest.  1591  zu  Madrigal.  Dichter 
u.  Verf.  zahlreicher  asketischer  Prosasckriften.  Todas  las  Obras,  p.  p.  x\n- 
TOLIN  Merino.  Madrid  1804  16.  6  Bde.  T.  I  469,  L.  n  322,  vgl.  I  642  — 
El  Libro  de  las  aves  de  caca  del  Canciller  Pero  Lopez  de  Ayala.  Con 
las  glosas  del  duque  de  Albuquerque.  Madrid  1869  —  Libro  de  Cetreria 
de  Evangelista  y  una  Profecia  del  mismo,  p.  cou  prologo,  variantes,  uotas 
y  glosario  p.  A.  Paz  y  Mell\  ,  in:  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  I  222  —  El  Li- 
bro de  exenplos  por  A.  B.  C.  de  Climente  Sanchez,  archidiacre  de  Val- 
deras,  p.  p.  A.  Morel-F.\tio,  in:  Rom.  VII  481  —  Lista,  Alberto, 
geb.  zu  Sevilla  1775,  gest.  ebenda  1848.  Lyriker.  Ausgg.  seiner  Gedichte 
Madrid  1832,  Paris  1834,  Madrid  1837,  2  Bde.  L.  II  743  —  Lobeira, 
Vasco  de,  lebte  im  14.  Jahrb.,  war  nach  früher  allgemein  angenommener 
Ansicht  Verf.  des  verlornen,  portugies.  Originals  des  von  Garcias  Ordonez 
de  Montalvo  zwischen  1492  u.  1504  in  das  Span,  übers.  Aniadis-Romanes 
erster  Druck  Salamanca  1519).  T.  I  179  u.  H  687,  L.  I  74 ;  Dunlop- 
LlEBRECHT,  a.  a.  O.  146,  F.  WOLF  in:  Blätter  f.  litterar.  Unterhaltung 
1850,  No.  232;  Gr.\sse,  Lehrbuch  der  allgem.  Litteraturgesch.  II,  Abth.  3, 
S.  397;  L.  Brau.vfels,  Krit.  Versuch  üb.  den  Roman  A.  v.  G.  Leipzig 
1876,  vgl.  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  I  131;  Gayangos  in  der  Einleitiing  zu  sei- 


556  ^^^  Spanische. 

ner  Ausg.  des  Am.  Nach  den  neuesten  Forschungen  ist  der  portug.  Ursprung 
der  Amadissage  zu  verneinen  und  muss  Montalvo's  Werk  auf  ältere  spani- 
sche Quellen  zurückgehen.  Vgl.  auch  Portug.  Register  —  Lope  de 
Vega  Carpio,  Felix,  geb.  25.  11.  1562  zu  Madrid,  gest.  21.  8.  1635 
ebenda.  Isidro,  religiöses  Epos  in  10  BB.  1598.  La  Dragontea ,  Spottge- 
dicht auf  Francis  Drake,  den  Besieger  der  Armada,  1598.  La  Hermosura 
de  Angelica,  romant.  Epos  in  20  Gesängen,  1602.  Arcadia,  Schäferroman 
in  Prosa  mit  eingelegten  rh}'thmischen  Parthien,  1602.  El  Peregrino  en 
SU  patria,  Roman,  1604.  La  Jerusalem  conquistada,  romant.  Epos,  1609. 
Los  Pastores  de  Belen,  religiöser  Schäferroman,  1612.  La  Gatomaquia, 
komisches  Epos  in  6  BB.  1634  (in  Bd.  17  der  Sammlung  des  Ramon  Fer- 
nandez  neugedruckt).  La  Corona  tragica,  Epos  zur  Verherrlichung  der 
Maria  Stuart,  1627.  El  Laurel  de  Apolo,  allegor.  Dichtung  litterarge- 
schichtl.  Inhaltes,  1630.  La  Dorotea,  dramat.  Prosaroman,  1632.  La  Filo- 
mena,  La  Circe,  La  Andromeda,  mj-thologische  Epen,  1621/24.  Rimas  hu- 
manas  parte  I  y  II  con  la  Nueva  arte  de  hacer  comedias,  1609  (darunter 
allein  gegen  700  Sonette).  Rimas  sagradas,  1614.  Romancero  espiritual, 
1622.  Triunfos  divinos,  1625.  Ausser  diesen  lyrischen  und  epischen  Dich- 
tungen hat  L.  d.  V.  nach  seiner  eigenen,  im  J.  1632  gemachten  Angabe 
1500  Comedias  (ungerechnet  die  Autos  Sacramentales,  Loas  u.  Entremeses) 
verfasst;  von  diesen  sind  jedoch  nur  etwa  500  erhalten.  Noch  bei  L.  de 
V.'s  Leben  erschien  1604  bis  1625  (vom  J.  1617  ab  unter  seiner  eigenen 
Leitung)  eine  grosse  Sammlung  seiner  Dramen  in  25,  bzw.  28  Bänden  i), 
von  denen  jeder  12  Stücke  enthält,  darunter  freilich  manche  nicht  von  V. 
verfasste ;  die  Gesammtzahl  der  in  der  Sammlung  enthaltenen  ächten  Stücke 
beträgt  302.  Dazu  kommen  S  in  Ll'LS  de  Usategui's  (Schwiegersohn  L.'s) 
»Vega  del  Parnaso«  (Madrid  1637)  und  zahlreiche  in  Einzeldrucken  (»suel- 
tas«)  veröffentlichte  Komödien.  Ausg.  der  lyrischen  u.  epischen  "Werke 
u.  d.  T. :  Coleccion  de  la  Obras  sueltas  de  L.  de  V.  asi  en  prosa  como  en 
verso.  Madrid  1776/79,  21  Bde.  Theilweise  Ausgg.  der  Dramen:  Obras 
dramaticas  escojidas,  p.  p.  E.  Hartzenbusch.  Madrid  1S53  ff..  4  Bde.  (in 
Ribadeueyra's  Sammlung)  u.  in  Bd.  2  von  Ochoas  Tesoro  del  teatro  esp. 
Paris  1840.  ZiR  BioGRArniE  rxD  "Würdigung  L.  de  V.'s.:  Perez  de 
MoNTALVAX ,  Fama  postuma  a  la  vida  y  muerte  del  Doctor  Fray  L.  de 
V.  C.  Madrid  1636;  Lord  Holland,  Account  of  the  lives  and  writiugs 
of  L.  d.  V.  and  Guillen  de  Castro,  2''  ed.  London  1816;  R.  Southey  in 
Quarterly  Review  1818,  No.  35;  Fauriel  in  der  Rev.  d.  d.  Mondes  1.  9. 
1839;  Damas  Hinard  in  der  Notice  vor  seinen  Chefs  d'oeuvre  du  theatre 
esp.  1842;  M.  Enk  ,  Studien  über  L.  d.  V.  "Wien  1839.  Dohrn.  Span. 
Dramen.  Berlin  1841.  Schauspiele  des  L.  d.  V.,  übers,  von  ^I.  Rapp.  Hild- 
burghausen 1868/69,  vgl.  Jahrb.  f.  rom.  u.  engl.  Spr.  u.  Lit.  XIH  391. 
T.  I  533,  L.  n  403  u.  IH  179,  Sch.  H  152  —  Luzan,  Ignacio  de, 
geb.  1702  zu  Saragossa,  gest.  1754  zu  Madrid.  La  Poetica,  Saragossa  1637 
(Theorie   der  Diclitkunst  auf  aristotelischer  Grundlage).     La  razon  contra 


1)  Bd.  22  ist  in  zwei,   Bd.  24  In  drei  dem  Inhalte  nach  verschiedenen 
Drucken  vorhanden. 


Das  Spanische.  557 

la  moda  Uebersctzung  von  N.  de  la  Chauss^e's  Kührdrania  Le  Prejuge  ä 
la  mode\  Madrid  1751.  F.Wolf,  Floresta  de  rimas  modernas  castellanas 
desde  el  tiempo  de  Luzan  hasta  nuestros  dias,  eon  una  introduecion  histo- 
rica  y  eon  noticias  biogräticas  y  eritica?*.  Wien  18^7.  2  Bde.  T.  II  341, 
L.  II  li51. 

Manrique,  Gomez,  lebte  in  der  zweiten  Hälfte  des  15.  Jahrh.'s. 
Coplas  dirigidas,  herausg.  im  Caneionero  generaU  L.  II  105  —  Manri- 
que, Jorge,  gest.  1479.  Coplas  ä  la  miierte  de  su  padre.  herausg.  zuerst 
in  den  ältesten  Cancioneros.  Commentirte  Ausgg.  Madrid  1779.  T.  I  321, 
L.  n  109  —  Manuel,  Don  Juan,  Infant,  geb.  1273  zu  Escalona, 
gest.  1347.  El  Conde  Lucanor  Nov  eilen  eyclus  von  49  Erzählungen,  zuerst 
gedruckt  Sevilla  1575,  neue  Ausg.  in  Ribadeneyra's  Sammlung,  deutsche 
Uebers.  von  J.  v.  Eichexdorff,  Berlin  1840.  F.  Wolf  in  den  Wiener 
Jahrbb.  d.  Litt.  Bd.  57,  S.  192;  F.  Liebrecht  in:  Neues  Jahrb.  d.  Ber- 
liner Gesellsch.  f.  deutsche  Spr.  VIII  190;  G.  B.\IST ,  Alter  u.  Textüber- 
lieferung der  Schriften  D.  J.  M.'s.  Erlangen  (Halle)  1880  Diss.  El  libro 
della  Caza,  herausg.  von  G.  B.\IST.  Halle  1S81.  T.  I  59  u.  U  067,  L.  I  55 
—  Mariana,  Juan  de,  geb.  1537  zu  Talavera.  gest.  1623.  De  rege  et 
regis  institutione,  Toledo  1599.  Tractatus  septeni  theologici  et  historici, 
Cöln  1009.  Historia  de  rebus  Hispaniae,  Buch  1  bis  20  Toledo  1592,  Buch 
21  bis  25  ebenda  1595,  Buch  26  bis  30  Frankfurt  1616,  spanische  üebers. 
Toledo  1601,  neuere  Ausgg.  der  letzteren  Valencia  1783/96,  9  Bde.,  Ma- 
drid 1794,  10  Bde.  (mit  Minana's  Fortsetzung),  Madrid  1817/22,  20  Bde., 
Madrid  1S28  29,  9  Bde.  T.  II  274,  L.  I  318  —  M artin ez,  Alfonso, 
Erzpriester  von  Talavera.  gebürtig  aus  Toledo,  starb  in  der  zweiten  Hälfte 
des  15.  Jahrh.'s.  Compendio  breve  y  muy  provechoso  para  informacion 
de  los  que  no  tienen  experiencia  de  los  males  y  danos  que  causan  las 
malas  mugeres  ä  los  locos  amadores  etc.,  oder:  El  Corbacho  (Satire  gegen 
die  Frauen  nach  Art  des  Corbaccio  von  Boccaccio),  gedruckt  Toledo  1499, 
ebenda  1518,  Logrono  1529,  Sevilla  1547.  L.  I  105  —  Martinez  de  la 
Rosa,  geb.  zu  Granada  1789,  gest.  zu  Madrid  1862.  Vielseitiger  Dichter 
und  Prosaschriftsteller.  Obras  completas,  Paris  1845,  5  Bde.  —  Melen- 
dez  Valdes,  Juan,  geb.  zu  Ribera  del  Fresno  Estremadura)  1754,  gest. 
zu  Montpellier  1817.  Stifter  der  Dichterschule  von  Salamanca.  Vollstän- 
digste Ausg.  seiner  Gedichte  nebst  einer  von  Quintana  verfassten  Biogra- 
phie Madrid  1820,  4  Bde.,  u.  Paris  1830,  4  Bde.  T.  U  378,  L.  H  705  — 
Mena,  Juan  de,  geb.  1411  zu  Cordova,  gest.  1456.  Allegorische  Dich- 
tung El  Laberinto  oder  Las  Trecientas,  zuerst  gedr.  Sevilla  1496,  Ausg. 
mit  Commentar  von  Herx.\x  Nuxez  Sevilla  1499  u.  oft,  von  Franc.  S.\n- 
CHEz  EL  Brocex.sk  Salamanca  1582.  Gesammtausg.  u.  d.  T.  Copilacion  de 
todas  las  obras  de  J.  d.  M.  Sevilla  1528  u.  öfters  (Neudruck  Madrid  1804, 
1840j.  T.  I  303  u.  n  711,  L.  II  153  —  Mendoza,  Diego  Hurtado 
de,  geb.  1503  zu  Granada,  gest.  1575.  Schelmenroman  (»novela  picaresca«) 
Vida  de  LazarQlo  de  Tormes  y  de  sus  fortunas  y  adversidades,  zuerst  ge- 
druckt Antwerpen  1553  (Fortsetzung  eines  Anonymus  Antw.  1555;  Fort- 
setzung des  Henrique  de  Luna,  Paris  1620).  Neue  Ausg.  des  Originals 
nebst  beiden  Fortsetzungen  in  den  Novelistas  anteriores  a  Cervantes  (Bd.  3 


558  Das  Spanische. 

der  Sammlung  Ribadeneyra's)  u.  in  Bd.  1  von  Ochoa's  Tesoro  de  novelistas 
esp.  Paris  1847.  Historia  de  la  guerra  de  Granada^  zuerst,  aber  verstüm- 
melt gedr.  Madrid  1010,  erste  vollst.  Ausg.  Valencia  1776.  Neue  Ausg. 
in  Bd.  1  der  in  Kibadeneyra's  Sammlung  erschienenen  Historiadores  de 
sucesos  particulures.)  Lyrische  etc.  Gedichte,  herausg.  v.  Fray  Diaz  Hi- 
dalgo, Madrid  1610.  T.  I  398,  L.  I  207  u.  II  261.  A.  Morel -Fatio, 
Poesies  burlesques  et  satiriques  inedites  de  D.  H.  de  M.,  in :  Jahrb.  f.  rom. 
u.  engl.  Spr.  u.  Lit.  XIV  63  u.  186,  und;  Les  lettres  satiriques  de  D.  H. 
de  M.,  in:  Rom.  III  298;  J.  D.  Fesexmaie,  D.  H.  de  M.,  ein  span.  Hu- 
manist des  16.  Jahrh.'s.  München  18S1/2  u.  1884,  Progr.  des  "NVilhelms- 
gj'mn.  —  M entern ayor,  Jorge  de,  geb.  zu  Montemor  bei  Coimbra  wahr- 
scheinlich zwischen  1510  u.  1520,  gest.  1561  zu  Turin.  Schäferroraan  Diana, 
gedr.  zuerst  zu  Valencia  (1560?,  u.  dann  oft,  gute  Ausg.  Madrid  1795 
(Fortsetzung  der  Diana  durch  Alonso  Perez,  Alcalä  1562;  Fortsetzung 
durch  Gaspar  Gil  Polo  u.  d.  T.  Diana  enamorada,  Valencia  1564).  Can- 
cionero  de  las  Obras  de  J.  de  M.  Antwerpen  1554  u.  oft,  Cancionero  espi- 
ritual,  Antwerpen  1558.  Scuönherr,  J.  de  M.  u.  sein  Schäferroman  D. 
Halle  1885.  T.  II  199,  L.  I  240  u.  II  299  —  Moratin,  Leandro  Fer- 
nandez  de  (Sohn  des  Nicolas  F.  M.),  geb.  zu  Madrid  1760,  gest.  zu  Pa- 
ris 1828.  Lustspiele:  El  viejo  y  la  nifia  1790.  La  comedia  nueva  1792. 
El  Baron  1803.  La  Mogigata  1804.  El  si  de  las  Niiias  1806.  M.  verfasste 
ausserdem  ein  Werk  über  die  Anfänge  des  span.  Theaters.  Gesammtausg. 
der  Werke  M.'s  s.  nächsten  Artikel.  T.  II  412,  Sch.  III  494  —  Mora- 
tin, Nicolas  Fernandez  de,  geb.  1737  za  Madrid,  gest.  ebenda  1780. 
Lustspiel  La  Petimetra  1702.  Tragödien  Lucrecia  1764,  Hormesinda  1770 
u.  Guzman  el  Bueno  1777.  Sammlung  vermischter  Gedichte  u.  d.  T.  El 
Poeta  1764.  Lehrgedicht  La  Caza  1765.  Epos  Las  Naves  de  Cortes  1780. 
Gesammtausg.  von  seinen  u.  seines  Sohnes  AVerken  u.  d.  T.  Obras  de  Don 
N.  y  de  Don  Leandro  Fernandez  de  Moratin,  padre  e  hijo.  Madrid  1846 
(Bd.  2  der  Sammlung  Ribadeneyra's; .  T.  II  370,  L.  II  658,  Scb.  III  482 
—  Moreto,  Agustin  M.  y  Cabaßa,  Geburtsjahr  u.  -ort  unbekannt, 
gest.  1669  zu  Toledo.  Comedias,  1.  u.  2.  Bd.  Madrid  1654  Abdruck  Va- 
lencia 1676),  3.  Bd.  Valencia  1703,  einzelne  Stücke  sind  nur  in  Sueltas  er- 
schienen. Vorzüglichstes  Stück  »El  Desden  con  el  De^den«  (abgedruckt  in 
Huber's  span.  Lesebuche;  übers,  von  A.  DoHRX  in  Bd.  2.  seiner  span. 
Dramen,  Berlin  1844;  frei  bearbeitet  von  West  [Schreivogel]  u.  d.  T. 
»Donna  Diana«).  T.  II  59,  L.  III  559,  Sch.  III  328  —  Munoz,  Juan 
Bautista,  geb.  1745  zu  Museros  bei  Valencia,  gest.  1799.  Historia  del 
Nuevo  Mundo.  T.  II  391,  L.  I  010. 

Naharro,  Bartolome  de  Torres,  geb.  zu  Torres  bei  Badajoz, 
lebte  im  16.  Jahrh.  Propaladia  (Satiren,  Episteln,  Romanzen  u.  8  Come- 
dias). Neapel  1517  u.  öfters.  T.  I  240,  Sch.  I  180. 

Oliva,  Fernan  Perez  de,  geb.  1497  zu  Cordova,  gest.  1534.  Did- 
logo  de  la  dignidad  del  hombre.  Cordova  1586,  Madrid  1787,  2  Bde. 
L.  I  179. 

Perez,  Antonio,  geb.  1539  zu  Madrid,  gest.  zu  Paris  1611.  Rela- 
ciones  (Beiträge  zur  Selbstbiographie).  Paris  1598.     Briefe,  beste  Ausg.  in 


Das  kSpuiiisclie.  559 

Bd.  1  des  Epistolario  esp.  Salvador  Beumiükz  de  Castro,  A.  \\,  estu- 
dios  historicos,  Madrid  l>4-2;  Mionet,  A.  P.  et  Philippe  II,  2»'  ed.  Paris 
lS4t).  T.  II  2l>5,  L.  I  M'l  —  Poema.  El  Poema  de  Jose,  nach  der  Hds. 
der  Berl.  Nationalbibl.  herausg.  v.  H.  Morf.  Leipzig  lS8;i  —  Pulgar, 
Fernando  de,  geb.  zu  Toledo  oder  Madrid  um  1425,  Todesjahr  unbe- 
kannt, aber  nach  1482.  Cronica  de  los  Keyes  catolicos  Don  Fernando  y 
Dona  Isabel,  zuerst  herausg.  unter  dem  Namen  des  Antonio  de  Lebrija 
von  dessen  gleichnamigen  Enkel,  Valladolid  1565,  dann  Saragossa  1567, 
Valencia  1T!>U.  Claros  Varones  de  Castilla,  Sevilla  1500  und  öfters,  neuere 
Ausg.  in  Cibdarears  Centon  Epistolario.  Madrid  1775  u.  179u.  T.  I  157. 
L.  I  137. 

Quevedo,  Francisco  Gomez  de  Qu.  y  Villegas,  geb.  15Su  zu 
Madrid,  gest.  8.  9.  1645  zu  Villanueva  de  los  Infantes.  Schelmenroman 
Vida  del  gran  Tacafio.  Suenos  y  discursos  (Satiren  nach  Art  der  Lucian- 
schen  .  El  Parnaso  Espanol  y  Musas  castellanas  ^Gedichtsammlung  ,  zuerst 
Madrid  1650.  Beste  Gesammtausg.  mit  Biographie  von  Ferxaxdez  Guerra 
Y  Orbe  in  Ribadeneyras  Sanimlung.  R.  Baumstark,  D.  Fr.  de  Qu.,  ein 
span.  Lebensbild  aus  dem  17.  Jahrh.,  Freiburg  i.  B.  1S71.  T.  I  633,  L.  I 
47S  u.  II  597  —  Quintana,  Manuel  Jose,  geb.  1772  zu  Madrid,  gest. 
ebenda  1S57.  Gedichte  1795  u.  1S05.  Tragödien:  El  duque  di  Viseu  ISOl, 
Pelavo  1S05,  Roger  de  Flor,  Bianca  de  Borbon,  El  principe  de  Viana 
1S21.  Vidas  de  Espaiioles  celebres  Bd.  1,  1807,  Bd,  2,  1831,  Bd.  3,  1S33 
(Gesammtausg.  Paris  1845  .  Poesias  selectas  castellanas  desde  el  tiempo  de 
Juan  de  Mena  hasta  nuestros  dias,  Madrid  ISOS,  3  Bde.  Musa  epica  ca- 
steUana,  Madrid  1833,  2  Bde.  die  beiden  letztgenannten  "Werke  zusammen, 
Paris  1840,  2  Bde..  T.  II  393,  L.  I  703  u.  11  750  —  Palmerin  de  In- 
glaterra  Ritterroman,  vgl.  Cervantes.  Don  Quijote  16,  s.  die  Littera- 
turangaben  zum  Kap.  über  das  Portugiesische. 

Rebolledo,  Bernardino  conde  de,  geb.  1597  zu  Leon,  gest.1676. 
Obras  poeticas  del  conde  B.  de  R.  Madrid  1778,  4  Bde.  T.  11  168,  L.  II 
641  —  Refranero.  El  Refranero  general  espanol,  parte  recopilado  y 
parte  compuesto  por  Jose  Marl\  Sbarbi.  Madrid  1874  76,  6  Bde.,  vgl. 
Ztschr.  f.  rom.  Phil.  I  447  —  Reyna,  Cassiodoro  de,  gehört  zu  den 
span.  Reformatoren  des  16.  Jahrh.'s  .  E.  Böhmer,  Ein  Brief  von  C.  deR., 
in:  Rom.  Stud.  IV  483  —  Rioja,  Francisco  de,  geb.  zwischen  1575 
u.  1599  zu  Sevilla,  gest.  zu  Madrid  1659.  Poesias  de  Fr.  R.  y  de  otras 
poetas  andaluces  in  Bd.  18  der  Sammlung  des  Don  Ramon  Fernandez.  T. 
11165,  L.  II  571  —  Rojas,  Fernando  de,  lebte  wenn  überhaupt  seine 
Persönlichkeit  angenommen  werden  darf,  da  sie  nur  durch  ein  Akrostichon 
bezeugt  wird  in  der  zweiten  Hälfte  des  15.  Jahrh.'s,  Verf.  '-?]  des  \zwischen 
1480  u.  1492  verfassten)  dramatischen  Romans:  Tragicomedia  de  Calisto 
y  Melibea,  oder  nach  der  Hauptheldin  kurzweg  Celestina^,  Burgos  1499, 
Salamanca  1500,  Sevilla  1501,  Sevilla  1502  letztere  Ausg.  abschliessend  u. 
das  auf  den  Namen  des  Verf.'s  bezügliche  Akrostichon  enthaltend  .    Zahl- 


1'  Die  Frage  nach  dem  Verf.  der  Celestina     ob  Rojas,    ob  Juan  de 
Mena,  ob  R.  de  Cotaj  muss  als  noch  durchaus  offen  betrachtet  werden. 


560  ^^^  Spanische. 

reiche  Ausgg. ,  auch  in  Ribadeneyra's  Sammlung  Bd.  3  Novelistas  ante- 
riores ä  Cervantes,  p.  p.  Aribau).  Neueste  Ausg.  Barcelona  18S3.  S.  Ma- 
GMN  im  Journ.  des  Savants  April  1S43.  T.  I  215,  L.  I  148  —  Rojas, 
Francisco  de  R.  Torilla,  geb.  zu  Toledo  im  Anfang  des  17.  Jahrhun- 
derts, Todesjahr  unbekannt.  Comedias ,  Madrid  1640  45,  2  Bde.,  ebenda 
1680,  2  Bde.  T.  11  63,  L.  III  613,  Sch.  III  295  —  Komances.  Ro- 
manceros.  Cancioneros.  Silva  de  varios  romances,  Saragossa  1550 
'dazu  erschien  ebenda  in  demselben  Jahre  ein  zweiter  Theil,  in  welchem  ein 
dritter  Theil  angekündigt  wurde).  Cancionero  de  romances,  herausg.  von 
Martin  Nrcio,  Antwerpen  o.  J. ,  aber  jedenfalls  bald  (noch  im  selben 
Jahre)  nach  der  Silva  erschienen.  Cancionero  de  Romances  en  Envers  Ant- 
werpen) en  casa  de  Martin  Nucio  1550  (1555).  Die  grosse  Romanzeu- 
sammlung  des  16.  Jahrhunderts:  Flor  de  varios  y  nuevos  Romances,  parte 
1  y  2  von  Andres  de  Villalta,  Valencia  1593,  dabei  parte  3  von  Felipe 
Mey  (diese  3  Theile  bilden  Bd.  1),  quarta  y  quinta  parte  de  Flor  de  R., 
von  Sebastian  Velez  de  Gvevara,  Burgos  1594  (=  Bd.  2),  sexta  parte 
de  Fl.  de  R.,  por  Pedro  de  Flores,  Toledo  1594  (=  Bd.  3  ,  septima  y 
octava  parte  de  Fl.  de  R. ,  gedruckt  von  Juan  Iniguez  de  Lequerica  zu 
Alcalä  de  Hendres  1597  (=  Bd.  4),  Flor,  de  var.  R. ,  novena  parte,  gedr. 
von  Juan  Flamenco  zu  Madrid  1597  (=  Bd.  5).  Aus  dieser  Sammlung 
wurde  zusammengestellt  der  Romancero  general,  Madrid  1600  (neue  Auf- 
lagen 1602,  1604,  1614),  dazu  eine  Segunda  parte  von  Miguel  de  Madri- 
gal, Valladolid  1605.  Die  Romanzensammlung  in  Ramon  Fernandez' 
Coleccion  Bd.  16  u.  17,  Madrid  1796.  Silva  de  romances  viejos,  p.  p.  J. 
Grimm,  AVien  1815,  vgl.  F.  Diez  in  den  Heidelberg.  Jahrb.  der  Litt.  1817, 
S.  371  [=  F.  Diez'  Kleinere  Arbeiten  u.  Recensionen,  herausg.  von  H. 
Breymann,  S.  1).  [Altspan.  Romanzen  übers,  von  F.  DiEZ,  Frankf.  a.  M. 
1818;  Altspan.  Romanzen,  besonders  vom  Cid  u.  Kaiser  Karl's  Paladi- 
nen, übers,  von  F.  Diez,  Berlin,  aber  gedruckt  Frankfurt  a.  M.  1S21,  vgl. 
Ztschr.  f.  rom.  Phil.  IV  266].  Ch.  B.  Depping,  Sammlung  der  besten  alten 
span.  historischen,  Ritter-  u.  maurischen  Romanzen  etc.  Altenburg  u.  Leip- 
zig 1817,  vgl.  F.  Diez  in  Heidelberg.  Jahrb.  1S19,  S.  295  =  Kleinere 
Arb.  u.  Rec,  S.  10  (neue  Ausg.  der  Depp,  sehen  Sammlung  u.  d.  T.  Ro- 
mancero castellano,  coleccion  de  antiguos  romances  populäres  de  los  Espa- 
iioles,  con  introducc.  y  notas  por  Ch.  Depp.  Nuev.  ed.  con  notas  de  Al- 
c.vno-Galiano.  Leipzig  1844,  2  Bde.;  eine  span.  Ausg.  von  Vicente  Salva 
war  bereits  1825  zu  London  in  2  Bden.  erschienen,.  A.  HuGO,  Romancero 
e  historia  del  Rey  de  Espana  Don  Rodrigo,  postrero  de  los  Godos,  en 
lenguage  antiguo,  Paris  1821.  *A.  Di'kan,  Romancero  general,  6  coleccion 
de  Romances  Castellanos  anteriores  al  siglo  XVIII  recojidos,  ordenados, 
clasificados  y  anotados  por  A.  1).  Madrid  ls49/50,  2  Bde.  in  Ribadeney- 
ra's Sammlung;  vorher  hatte  I).  fünf  einzelne  Romanzensammlungen,  die 
letzte  u.  wichtigste  derselben  »romances  caballerescos«  betitelt,  1828,32  er- 
scheinen lassen,  welche  dann  von  E.  de  Ochoa  u.  d.  T.  Tesoro  de  los 
romances  y  cancioneros  espanolcs,  Paris  1838,  Abdruck  Barcelona  1840, 
zusammen  herausgegeben  worden  waren) .  Primavera  y  flor  de  romances, 
publ.  c.   introducc.  y    notas   p.   F.  Wolf  y   C.  Hofmann,    Berlin   1S56, 


Das  Spanische.  5(3  ( 

2  Bde.  *F.  Woi.F,  Ueber  die  Komanzenpoesie  der  Spanier,  in  den  Wiener 
Jahrb.  f.  Litt.  Bd.  114  u.  117,  und:  Ueb.  eine  Sammlung  span.  Romanzen 
in  fliegenden  Blättern  auf  der  Universitätsbibl.  zu  Prag,  Wien  1850.  Del 
origen  y  fürmaeion  del  romance  castellano ,  con  la  contestaeion  del  Senor 
Hartzenbusch,  in :  Discursos  leidos  ante  la  Koal  Acad.  esp.  en  la  recepcion 
publ.  del  U.  Sr.  D.  Pedro  Felipe  Monlau ,  Madrid  1S59.  K.  Stkhu,  Die 
span.  Romanzen,  Hannover  1846.  T.  I  107,  *II  47(1  u,  Suppl.  215,  L.  U  3, 
lol,  181,  372.  G.  P.,  Une  romance  esp.  ecrite  en  France  au  XV  siecle,  in: 
Rom.  I  373.  A.  Coelho,  Romances  galiciennes,  in:  Rom.  11  259.  Ro- 
mancero  general,  ou  recueil  des  chants  popul.  de  l'Esp. ,  traduct.  compl. 
av.  une  introduct.  et  des  notes  p.  D.  Hinahd,  Paris  1844,  2  Bde.  E.  Gei- 
BEL  u.  A.  F.  V.  SCHACK.  Ronianzero  der  Spanier  u.  Portugiesen.  Stuttgart 
1860  —  Rueda,  Lope  de,  geb.  (unbekannt,  wann)  zu  Sevilla,  gest.  1565 
oder  Anfangs  1566  zu  Cördova.  R.  verfiisste  vier  Comedias,  zwei  Colo- 
quios  pastoriles,  zehn  sog.  Pasos,  sämmtlich  in  Prosa,  und  zwei  Didlogos 
in  Versen.  Erster  Gesammtdruck  Logrono  1588;  die  vier  Com.  abgedruckt 
in  Bohl  V.  Fabers  Teatro  espaiiol  anterior  a  L.  de  V.  T.  I  447,  L.  III 
35,  Sch.  II  214  —  Ruiz,  Juan,  Erzpriester  von  Hita,  geb.  wahrschein- 
lich zu  Alcalä  de  Henares,  lebte  bis  nach  Mitte  des  14.  Jahrh.'s.  Humo- 
ristische Gedichte,  herausg.  von  Sanchez  in  Bd.  4  seiner  Sammlung. 
F.  Wolf  in  den  Wiener  Jahrbb.  f.  litt.  Unterh.  Bd.  57,  S.  199.  T.  I  67, 
L.  II  83. 

Saavedra,  Angel  de,  geb.  1791  zu  Cördova,  gest.  1865  zu  Madrid. 
Ensayos  poeticos,  Madrid  1813  u.  1820/21,  2  Bde.  Epen:  Florinda  1824, 
El  Moro  exposito  6  Cördoba  y  Burgos  en  el  siglo  decimo  1834  'Paris  1841). 
Romances  historicos,  Paris  1841.  Schauspiel  La  Morisca  de  Alajuar,  Paris 
1842.  L.  n  755  —  Saavedra,  Diego  de  S.  Fajardo,  geb.  1584  zu 
Algezares  Murcia),  gest.  zu  Madrid  1648.  Empresas  politicas  6  idea  de 
un  principe  pob'tico  cristiano  Fürstenspiegel).  München  1640  u.  oft.  Co- 
rona Gotica  (kritiklose  Geschichte  der  Westgothen) ,  Münster  1646  u.  öfters. 
La  Republica  literaria  (litterarische  Satire) ,  zuerst  erschienen  u.  d.  T. : 
»Inicio  de  artes  y  ciencias«  und  unter  dem  Pseudonym  Claudio  Antonio 
de  Cabrera,  Madrid  1665.  Locuras  de  Europa,  dialogo  entre  Mercürio  y 
Luciano,  zuerst  gedruckt  in  Bd.  6  des  Seminario  erudito.  Gesammtausg. 
der  Schriften  S'.s  in  Bd.  25  der  Ribadeneyra'schen  Sammlung,  Madrid 
1853.  T.  II  305,  L.  I  513  —  Salazar,  Francisco  Cervantes  de,  geb. 
1521  zu  Toledo,  Todesjahr  unbekannt.  Fortsetzung  von  Oliva's  (s.  d.)  Dia- 
logo de  la  dignidad  del  hombre.  Obras,  Madrid  1772.  L.  I  202  —  Sa- 
maniego,  Felix  Maria,  geb.  1745  zu  Laguardia,  gest.  1801.  Fabulas, 
erster  Theil  Valencia  1781,  zweiter  Theil  Madrid  1784.  Neuere  Ausg.  Ma- 
drid 1804,  1814  etc.  T.  II  375,  L.  II  690  —  Santillana,  Inigo  Lopez 
de  Mendoza  marques  de,  geb.  1398  zu  Carrion  de  los  Condes,  gest. 
1458.  Sendschreiben  an  den  jungen  Connetable  Don  Pedro  von  Portugal 
(wichtig  f.  d.  Litteraturgeschichte) ,  zuerst  gedr.  von  Martin  Sarmiente'  in 
den  Memorias  para  la  historia  de  la  poesia  y  poetas  espaiioles,  Madrid 
1775.  Los  Proverbios  od.  Centiloquio,  zuerst  gedr.  Sevilla  1494.  La  Co- 
Körting,  Encyklopädie  d.  rom.  Phil.  III.  36 


562  ^^^  vSpanische. 

medieta  de  Ponza  (alleg.  Trostgedicht  auf  die  Seeschlacht  von  Ponza),  zu- 
erst gedr.  V.  E.  de  Ochoa  in  Rimas  ineditas  de  J.  L.  de  M. ,  m.  de  S. 
Paris  1844.  El  diälogo  de  Bias  contra  Fortuna  'philos.  Lehrgedicht  .  Doc- 
trinal  de  privados  poetisches  Sündenbekenntniss).  Lyrische  Gedichte.  Beste 
Gesammtausg.  mit  Biographie  u.  Commentar.  besorgt  v.  J.  Amados  de 
LOS  Rios,  Madrid  1852.  T.  I  29^,  L.  II  130  —  Solis,  Antonio  de  S. 
y  Ribadeneyra,  geb.  1610  zu  AlcaUi  de  Henares,  gest.  zu  Madrid  1686. 
Poesias  sagradas  y  profanas,  Madrid  1692  u.  1732,  Comedias,  Madrid  16S1. 
T.  n  T2,  174,  289,  L.  I  550,  Sch.  III  387  —  Sprüchwörter.  Altspan. 
Spr.  u.  sitrüchwörtl.  Redensarten  aus  der  Zeit  vor  Cervantes  ins  Deutsche 
übersetzt.  Regensburg  1883  —  Steinbuch.  Ein  span.  St.,*!: mit  Einleitung 
u.  Anm.  herausg.  von  K.  Vollmöller,  vgl.  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  lY  15t). 

Theater.  Die  alten  Schauspielsammlungen  vgl.  v.  Müxcii-Belling- 
HATJSEN,  Ueb.  die  älteren  Sammlungen  span.  Dramen,  AVien  1842.  L.  III 
755):  1.  Comedias  de  diferentes  autores,  -wahrscheinlich  Fortsetzung  der- 
jenigen Sammlung,  welche  hauptsächlich  Lope  de  Vega's  (s.  d.)  Dramen 
umfasste;  von  ihr  sind  vorhanden  Bd.  25  (Saragossa  1632;,  Bd.  28  (Huesca 
1634  ,  Bd.  29  'Valencia  1636i,  Bd.  30  Saragossa  1636  ,  Bd.  31  (Barcelona 
1638),  Bd.  32  (Saragossa  1640),  Bd.  33  (Valencia  1642),  Bd.  42  (Saragossa 
1650),  Bd.  43  (Saragossa  1650),  Bd.  44  (Saragossa  1652,;  in  dieser  Samm- 
lung sind  zahlreiche  Stücke  Calderon's  enthalten.  2.  Comedias  nuevas 
escogidas  de  los  mejores  ingeniös  de  Espana  1652/1704,  48  Bde.,  Inhalts- 
verzeichniss  bei  Sch.  III  523.  Die  Gesammtzahl  der  Stücke  beträgt,  da 
von  den  ersten  46  Bänden  jeder  12,  der  4".  aber  9  u.  der  48.  11  enthält, 
572!  üebrigens  stellt  diese  Zahl  noch  keineswegs  die  Gesanimtsumme  der 
älteren  span.  Dramen  dar,  da  manche  Stücke  nur  in  sog.  »Sueltas«,  d.  h. 
Einzeldrucken  erschienen,  viele  auch,  so  namentlich  von  Lope  de  Vega, 
ganz  verloren  gegangen  sind,  lieber  sonstige  alte  Sammlungen  vgl.  v. 
ScHACK  in  den  Nachträgen  zu  seinem  grossen  AVerke,  p.  99  ff.  Eeläute- 
RUNGSscHRiFTEX  (vgl.  V.  ScHACK,  a.  a.  0.  III  396  u.  544) :  Gonzalez  de  Sa- 
LAS,  Nueva  Idea  de  la  tragedia  1633;  Ramos  DEL  Manzaxo,  De  hodierna 
hispana  comoedia,  in  seinem  Commentar  über  die  Lex  Julia  et  Papia  1678; 
Manuel  Guekka,  Apologia  de  las  comedias  16S2;  Hiktado  DE  Mendoza, 
Discurso  teologico  y  politico  sobre  la  apologia  de  las  comedias  que  ha  sa- 
cada  ä  luz  el  Ven.  Padre  Fr.  Manuel  Guerra  1683  (derselbe  Mendoza 
eiferte  noch  in  zwei  anderen  Schriften  »Eutrapelia«  u.  »El  Buen  gusto« 
gegen  die  Komödien;  es  antwortete  ihm  ein  gewisser  Guzman  aus  Sala- 
manca  in  der  Brochüre  Respuesta  a  un  papelon  que  publico  el  Buen  Zelo. 
Salam.  16S3);  Montuno  v  Li'yando,  Discurso  sobre  las  tragedias  espa- 
nolas,  Madrid  1750;  Llxgiet,  Theatre  csp.  mit  Einleitung)  Paris  1770, 
4  Bde.;  La  Hueuta,  Theatro  Hespanol,  Madrid  1785  ff.,  16  Bde.  (»enthält 
eine  krit.  Einleitung  u.  einige  kurze  biogr.  Artikel«);  Pellicer,  Tratado 
historico  sobre  el  origen  y  progresos  de  la  Comedia  y  del  Histrionismo  en 
Espana,  Madrid  1804,  2  Bde.;  Jovellanos,  Memoria  sobre  la  diversio- 
nes  publicas,  Madrid  1812;  Moratln,  Origines  del  Teatro  esp.,  zuerst  ge- 
druckt in  den  Mem.  de  la  Acad.  esp.,  dann  in  Ochüa's  Tesoro  del  Teatro 
esp.;  A.  ^y.  V.  Schlegel,  Vorlesungen  üb.  dramat.  Kunst  u.  Lit.,  14.  Vor- 


Das  Spanische.  563 

lesuug  vgl.  SOLGEU's  Xritik  in  dessen  Gesammelten  Schriften,  Leipzig 
1S26  ;  Heiberg.  De  poeseos  dramaticae  genere  hispanico,  praesertim  de 
Calderone  diss.  Hafniae  1S17;  Martinez  de  la  Rosa,  Sobre  la  comedia 
esp. ,  als  Anhang  zu  der  Poetica  in  den  Obras  literarias,  Paris  1S27; 
*A.  V.  ScHACK,  Gesch.  d.  dramat.  Litteratur  u.  Kunst  in  Spanien,  2.  Ausg. 
Frankfurt  a,/M.  1854,  3  Bde.;  J.  L.  Klein,  Gesch.  des  Drama's,  Bd.  8,  9, 
lU  u.  11:  Gesch.  des  span.  Drama's,  Leipzig  1871,74;  F.  "Wolf,  Ein  span. 
Frohnleichnanisspiel  vom  Todtentanz,  in  den  Sitzungsb.  der  A^'iener  Akad. 
d.  Wissensch.,  Philos.-histor.  Cl.  1852;  K..  A.  M.  Hartmann,  Ueb.  das 
altspan.  Dreikönigsspiel  etc.  Leipzig  (Bautzen)  1S80  Diss.,  vgl.  Rom.  IX 
464  u.  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  IV  443 ;  A,  Graf,  II  mistero  e  le  prime  forme 
dell'  auto  sacro  in  Espagna,  Turin  1S81  ;  A.  Fee,  Etüde  s.  l'ancien  th. 
esp.  Paris  1S73;  R.  P*RÖLSS,  Gesch.  des  neueren  Drama's,  Bd.  I:  Rück- 
blick auf  die  Entwickelung  des  mittelalterl.  Drama's,  das  neuere  Drama 
der  Spanier,  Leipzig  16S3;  V.  Calvo  Asensio,  El  teatro  hispano-lusitauo 
en  el  siglo  XIX,  Madrid  1875;  E.  Rios,  Le  theätre  contemporain  en  Esp., 
in:  Bibl.  imiv.  et  Rev.  suisse  Bd.  19  '1883',  p.  55.  Uebersetzlnoex :  Da- 
MAS  Hlnard,  Theatre  esp.  Paris  1842,  4  Bde.;  A.  v.  Schack,  Span.  Thea- 
ter, Frankfurt  a  M.  1845,  2  Bde.  Ausserdem  Uebersetzungen  ausgewählter 
Dramen  Calderon's,  Lope  de  Vega's,  Moreto's  etc.  von  Tieck  ,  Schlegel, 
Gries,  Dohrn,  Soden,  West  u.  A.,  worüber  jedes  bessere  Conversations- 
lexicon  Auskunft  giebt  —  Tirso  de  Molina  (eigentlicher  Name  Gabriel 
Tellez' ,  geb.  zu  Madrid  wahrscheinlich  im  J.  1570,  gest.  im  Kloster  Soria 
1648.  Comedias  ,59  ,  erschienen  in  5  Theilen,  Madrid  1627  bis  1636.  Kri- 
tische Ausg.  ausgewählter  Komödien  T.  de  M.'s  besorgt  von  Hartzen- 
Bi'SCH,  Madrid  1839  42,  12  Bde.;  herausgegeben  sind  M.'s  Kom.  auch  in 
Ribadene\"ra's  Sammlung,  Bd.  5  etc.,  Madrid  1850  ff.  Los  Cigarrales  de 
Toledo  Gespräche,  Anecdoten,  Gedichte  etc.,  auch  eine  Novelle; ,  Madrid 
1621,  die  Novelle  abgedruckt  in  Bd.  1  von  Ochoa's  Tesoro  de  Novelistas 
espanoles.  Deleitar  aprovechando  Gespräche,  Gedichte  etc.),  Madrid  1635. 
T.  I  671,  L.  m  394,  Seh.  IE  552  —  Toreno,  Jose  Maria  Queipo  de 
Llanos,.  conde  de,  geb.  1756  zu  Oviedo,  gest.  1843  zu  Paris.  Historia 
del  levantamiento,  guerra  y  revolucion  de  Espana,  Madrid  1835/37,  5  Bde., 
Paris  1851,  3  Bde.  L.  I  669  —  Torres  s.  Naharro. 

Ulloa,  Luis  de  U.  Pereira,  geb.  im  Anfang  des  17.  Jahrh.s  zu 
Toro,  gest.  ebenda  1660.  Obras,  Madrid  1674.  L.  U  627. 

Valdes,  Juan,  gest.  1540.  Verf.  der  Schrift  Dialogo  de  las  lenguas 
(s.  oben  S.  507;  T.  I  424.  Anhänger  der  Reformation.  M'Crie,  History  of 
the  Progress  of  the  Reformation  in  Spain,  Ediuburg  1829,  S.  140.  Eine 
Anzahl  geistlicher  Schriften  des  J.  V.  (Tratatidos,  Psalmenübers.,  Instruc- 
cion  cristiaua  para  los  ninos  ist  von  E.  Böhmer,  Strassburg  1880  83, 
herausgegeben  worden,  vgl.  auch  dessen  Artikel  in  Rom.  Stud.  III  168, 
rV  334  u.  seine  Ausg.  des  Diälogo  de  Mercurio  y  Caron,  ebenda  VI  1;  — 
Vega  s.  Lope  de  V.  —  Vi  da.  A.  Mussafia,  Ueb.  die  Quelle  einer 
altsp.  Vida  de  S.  Maria  Egipciana.  Wien  1863  —  Villegas,  Estevan 
Manuel  de,  geb.  1595  zu  Näjera,  gest.  1669.  Las  Eröticas  (Gedichte), 
Näjera  1618;    spätere  Ausgg. ,   zugleich  eine  Uebers.  des  Boethius  u.  eine 

36* 


564  Das  Spanische. 

Biographie  V.'s  von  V.  DE  LOS  Rios  enthaltend,  Madrid  1774  u.  1792, 
2  Bde.    T.  n  163,  L.  II  583. 

Yriarte,  Tomas  de,  geb.  1750  zu  Santa  Cruz  auf  Teneriffa,  gest. 
1791.  Lehrgedicht  La  Müsica  1780.  Fabulas  literarias  1782  u.  viele  andere 
Werke.  Obras  en  verso  y  prosa,  Madrid  1805,  8  Bde.  T.  II  373,  L, 
II  682. 

Zorrilla,  Jose  Z.  y  Moral,  geb.  1S17  zu  Valladolid.  Cantos  del 
trovador,  coleccion  de  leyendas  y  tradiciones  historicas,  Madrid  1840/41; 
Flores  perdidas,  Madrid  1843;  Granada,  poema  oriental  etc.  Paris  1853/54; 
Album  de  un  loco,  Madrid  1867;  Poema  religiöse,  ebenda  1869;  Composi- 
ciones  varias  ibid.  1877.  Dramen:  El  Zapatero  y  el  Hey  (Comödie),  A  buen 
juez  mejor  testigo,  Don  Juan  Tenorio. 

9.  Zur  spanischen  Geschichte:  Coleccion  de  documentos  inedi- 
tos  para  la  historia  de  Esp.  por  M.  S.\LVÄ  etc.  Madrid,  seit  1842,  bis  jetzt 

34  Bde.  —  Coleccion  de  las  cronicas  y  meniorias  de  los  reyes  de  CastiUa. 
Madrid  1779/87,  7  Bde.  —   H.  Florez,  Espana  sagrada.  Madrid  1747/86, 

35  Bde.  —  V.  Salva,  Catalogue  des  livres  anciens  espagnols  et  d'ouvrages. 
modernes  relatifs  ä  l'hist.  et  ä  la  litt.  d'Esp.  Paris  1843  —  N.  Antonio, 
Bibliotheca  Hispana  vetus  (Verzeichniss  span.  Geschichtsschreiber  von 
Christi  Geburt  bis  zum  J.  1500)  Rom  1696,  Madrid  1778,  2  Bde.  —  R.  de 
Castro,  Bibliotheca  Espanola.  Madrid  1781/86,  2  Bde.  —  J.  de  Ferreras, 
Synopsis  histor.  chronol.  de  Esp.  Madrid  1700/27,  16  Bde.  —  G.  E.  de 
Franckenau,  Bibl.  hisp.  historico-genealogico-heraldica.  Leipzig  1724  — 
*P.  A.  DOZY,  Recherches  etc.,  s.  oben  S.  543  —  Depping,  Hist.  generale 
de  TEsp.  Paris  1811  —  Modesta  Lafuente,  Hist.  gen,  de  Esp.  Madrid 
1850  ff.  —  Ortis  y  Sanz,  Manual  de  Hist.  de  Esp.,  2»  ed.,  Madrid  1841/42 
—  *G.  HuBB.\RT,  Hist.  de  l'Esp.  contemporaine.  Paris  1866/83,  6  Bde.  — 
Geschichte  von  Spanien,  begonnen  von  F.W.  Lembke  (Bd.  1,  1831),  fort- 
gesetzt von  J.  Schäfer  (Bd.  2  u.  3,  1844  u.  1861)  u.  F.  W.  Schirr- 
MACHER  (Bd.  4,  1881).  Hamburg  u.  Gotha  1831/81,  4  Bde. 


Viertes  Kapitel.  ^) 
Das  Portugiesische. 

§  1.  Bemerkungen  über  das  Sprachgebiet  des 
Portugiesischen. 

1.  Das  Sprachgebiet  des  Portugiesischen  umfasst  in 
Europa :    a)   das  Königreich  Portugal ,    b)  die   dazu  gehörigen 

1)  Die   Litteraturangaben    zu    diesem    Kapitel    sehe    man    in    dessen 
Schlussparagraph. 


Das  Portugiesische.  505 

Inseln   (Azoren .    Madeira  •  ,    c)  die   spanische  Landschaft  Gali- 
cien,   wenigstens  zu  ihrem  weitaus  grösseren  Theik\ 

2.  Die  Bevölkening  Portugals  einschliesslich  der  Inseln 
beträgt  nach  der  Zählung  von   1881: 

4  708  178, 
diejenige  der  vier  galicischen  Provinzen  (Coruna.  Lugo,  Orense, 
Pontevedra)   nach  der  Zählung  von  1883: 

1  SSI  008; 
die  Gesammtzahl   der   in   Europa  portugiesisch  Redenden   be- 
läuft sich  demnach  auf: 

G  589  186, 
welche  Zahl  jedoch   selbstverständlich   nur  als  eine  ganz  un- 
gefähre zu  betrachten  ist,  zumal  da  sie  auf  einer  verhältniss- 
mässig  weit  zurückliegenden  Volkszählung  beruht. 

3.  Ausserhalb  Eiiropa's  ist  das  Portugiesische  in  den  gegen- 
wärtigen und  früheren  portugiesischen  Colonien  mehr  oder  we- 
niger intensiv  verbreitet,  ohne  dass  auch  nur  der  Versuch  einer 
numerischen  Schätzung  gewagt  werden  dürfte.  Das  weiteste 
und  bevölkerteste  der  betreffenden  Gebiete  ist  das  Kaiserreich 
Brasilien  mit  einer  Einwohnerzahl  von  über  12  Millionen,  in- 
dessen ist  auch  dort  das  Portugiesische  keineswegs  alleinherr- 
schende  Sprache,  vielmehr  haben  sich  neben  ihm,  namentlich 
im  Innern,   noch  zahlreiche  indianische  Idiome  erfialten. 

§  2.  Bemerkungen  über  die  Geschichte  der  por- 
tugiesischen Sprache. 

1 .  Die  Abfassungszeit  der  ältesten  portugiesischen  Sprach- 
denkmäler (Urkunden)  fällt  in  den  Avisgang  des  12.  Jahrhun- 
derts. Die  Geschichte  der  portugiesischen  Sprache  lässt  sich 
demnach  nicht  eben  weit  zurück  verfolgen.  Hierzu  kommt, 
dass  wir  über  die  Sonderentwickelung  des  Volkslateins  in  dem 
später  portugiesischen  Gebiete  nahezu  jeder  Kenntniss  ent- 
behren. Es  fehlen  somit  alle  Handhaben,  um  in  die  Anfänge 
der  portugiesischen  Sprachentwickelung  Einsicht  erlangen  zu 
können,  und  folglich  entziehen  sich  auch  die  Ursachen  der 
zwischen  Spanisch  und  Portugiesisch  bestehenden  sehr  auffäl- 
ligen lautlichen  Verschiedenheit  unserer  Erkenntniss.  Zu  ver- 
muthen  steht,  dass  auf  die  eigenartige  Ent-vWckelung  des  Por- 
tugiesischen die,  wie  es  scheint,  starke  ISIischung  der  iberischen 
Urbevölkeruns:  mit  keltischen  Elementen  bedeutsamen  Einfluss 


566  Das  Portugiesische. 

geübt  hat.  Folgenreich  ist  gewiss  auch  der  Umstand  gewesen, 
dass  der  AYesten  der  Pyrenäenhalbinsel  weniger  intensiv,  als 
der  Osten,  von  germanischen  Volksstämmen  besetzt  und  auch 
(namentlich  im  Norden)  minder  stark  von  der  arabischen  In- 
vasion betroffen  wurde. 

2.  Der  portugiesische  Staat  ist  aus  kleinen  Anfängen  her- 
aus entstanden.  Im  Jahre  1095  belehnte  König  Alfons  VI. 
von  Castilien  den  Grafen  Heinrich  von  Burgund,  der  ihm  im 
Kampfe  gegen  die  Ungläubigen  erfolgreiche  Hülfe  geleistet 
hatte,  mit  der  damals  zu  Castilien  gehörigen  Landschaft  zwi- 
schen Minho  und  Duero  -  welche  nach  dem  Hafenorte  Porto 
Cale  den  Namen  «Portugal«  führte.  Schon  Heinrichs  Sohn 
Alfons  I.  nahm  nach  dem  bei  Ourique  über  die  Mauren  er- 
fochtenen  Siege  den  Königstitel  an  und  erklärte  sich  für  un- 
abhängig von  Castilien  fll40).  AVeitere  glückliche  Kämpfe 
des  jungen  Staates  gegen  die  Araber  erweiterten  allmählich 
seine  Grenzen  derartig,  dass  sein  Gebiet  im  Osten  bis  an  die 
castilische  Estremadura,  im  Süden  bis  an  das  Meer  sich  er- 
streckte. 

Die  Errichtung  eines  selbständigen  portugiesischen  Staates 
hat  ganz  wesentlich  die  Entwickelung  des  portugiesischen  Idio- 
mes  zu  einer  selbständigen  Sprache  und  namentlich  das  Er- 
blühen einer  portugiesischen  nationalen  Litteratur  gefördert. 

Der  französische  Ursprung  des  ersten  portugiesischen  Kö- 
nigshauses hat  mehrfach  Anlass  zu  der  Behauptung  gegeben, 
dass  die  lautliche  Entwickelung  des  Portugiesischen ,  welche 
mit  derjenigen  des  Französischen  unleugbar  mehrfache  Ana- 
logien zeigt ,  unmittelbar  durch  das  Französische  beeinflusst 
worden  sei.  Indessen  ist  diese  Behauptung  wissenschaftlich 
nicht  nur  nicht  beweisbar,  sondern  es  ist  auch  aus  allgemei- 
nen Gründen  ihre  Richtigkeit  von  vornherein  in  Abrede  zu 
stellen.  Eher  ist  die  Vermuthung  statthaft,  dass  keltischer 
Einfluss  gewisse  dem  Französischen  und  Portugiesischen  ge- 
meinsame Lautgestaltungen  veranlasst  habe.  Uebrigens  darf 
auch  die  Lautähnlichkeit  zwischen  Französisch  und  Portugie- 
sisch nicht  überschätzt  werden,  denn  erstlich  steht  ihr  eine 
ebenfalls  niclit  unbeträchtliche  Lautverschiedenheit  gegenüber 
(so  z.  B.  fehlen  dem  Portugiesischen  gänzlich  die  getrübten 
Vocale  des  Französischen)  und  sodann  ist  zum  Theil  die  Laut- 


Das  Portugiesische.  567 

ähulichkeit   selbst    mehr   nur  scheinbar,   als  wirklich   (so  z.  B. 
in  Bezug  auf  die  Nasalvocale). 

3.  Die  seit  dem  Beginne  der  poetischen  Litteratur  etwa 
von  Mitte  des  13.  .lalirhunderts  ab)  erfolgte  Entwickehmg  der 
Sprache  ist  arm  an  bemerkenswerthen  Thatsachen.  Als  wich- 
tigste derselben  ist  das  Emporkommen  der  Renaissancebildung 
hervorzuheben,  indem  diese  letztere  nicht  nur  eine  Fluth  ge- 
lehrter Worte  in  die  Sprache  einströmen  Hess ,  sondern  auch 
die  Litteratur  zu  ihrer  classischen  Höhe  emporfiihrte  und  da- 
durch wieder  der  Schriftsprache  ihre  endgültige  Ausbildung 
und  Festigung  verlieh. 

4.  Zwischen  dem  Portugiesischen  und  dem  benachbarten 
Castilianischen  haben  von  jeher  vielseitige  litterarische  Wech- 
selbeziehungen bestanden,  Avelche  indessen  wichtigere  sprach- 
liche Folgen  nicht  gehabt,  höchstens  auf  den  Wortschatz  ein- 
gewirkt zu  haben  scheinen.  Auch  sonst  ist  das  Portugiesische 
von  tiefer  eingreifendem  fremdsprachlichen  Einflüsse  so  ziem- 
lich verschont  geblieben.  Der  Aufnahme  französischer  Fremd- 
worte freilich  bat  es  sich  ebenso  Avenig  zu  entziehen  vermocht, 
wie  die  anderen  modernen  Sprachen :  auch  aus  dem  Englischen 
hat  es  Einiges  aufgenommen  und  ebenso  vereinzelte  Worte 
aus  anderen  Sprachen,  selbst  aus  indischen  (oder  sonst  orien- 
talischen   und  indianischen. 

Im  Allgemeinen  darf  man  wohl  sagen,  dass  die  Ent^vicke- 
lung  des  Portugiesischen  in  litt  er  arischer  Zeit  eine  sehr 
normale  und  klare  gewesen  ist,  während  die  Entwickehmg  in 
prälitterarischer  Zeit  durch  irgend  welche  unbekannte  Einflüsse 
in  abnorme  Bahnen  gelenkt  worden  sein  muss.  Jedenfalls  hat 
die  Geschichte  des  Portugiesischen  bis  zum  Beginne  seiner 
Litteratur  ein  eigenthümliches  Dunkel  um  sich,  ja  sie  ist  ge- 
radezu ein  Räthsel  zu  nennen,  wenn  man  erwägt,  dass  West- 
hispanien  doch  mit  dem  übrigen  Hispanien  im  Wesentlichen 
dieselben  politischen  Schicksale  getheilt,  mit  ihm  unter  dem 
Einfluss  der  ungefähr  gleichen  physischen  und  ethnischen  Be- 
dingungen gestanden  hat  und  dennoch  in  sprachlicher,  na- 
mentlich aber  lautlicher  Beziehung  \delfach  so  ganz  andere 
Wege  gegangen  ist.  Diff'erenzen,  wie  sie  sonst  zwischen  be- 
nachbarten Schwesterspracheu  z.  B.  Catalanisch  und  (Jastilia- 
nisch.  Provenzalisch  und  Französisch   zu  beobachten  sind,  sind 


568  ])as  Portugiesische. 

begreiflicli,  nicht  aber  ist  es  die  grosse  Differenz  zmschen  Por- 
tugiesisch und  Castilianisch,  wenn  auch  allerdings  zu  erwägen 
ist,  dass  dieselbe  in  älterer  Zeit,  als  das  Castilianische  bei- 
spielsweise den  cÄ-Laut  (j)  noch  nicht  kannte,  noch  nicht  so 
erheblich  war,  wie  gegenwärtig. 

§  3.  Bemerkungen  über  die  Geschichte  der  por- 
tugiesischen Philologie. 

1.  Mittelalterliche  grammatische  Tractate  und  Glossare, 
wie  sie  z.  B.  für  das  Französische  vorhanden  sind,  fehlen  dem 
Portugiesischen  völlig.  Die  erste  Grammatik  erschien  im  J. 
1536  unter  dem  Titel:  Grammatica  de  lingoagem  portugueza, 
ihr  Verfasser  war  Fernäo  d'Oliveira.  Seitdem  ist  in  Portugal 
selbst  die  gelehrte  Beschäftigung  mit  der  einheimischen  Spra- 
che und  Litteratur  sehr  eifrig  und,  wenigstens  theil weise,  auch 
mit  gutem  Erfolge  betrieben  und  manches  Bedeutende  geschaffen 
worden  (man  denke  z.B.  an  Vitekbg's  »Elucidarioa  1798f.  .  Na- 
mentlich aber  ist  rühmend  hervorzuheben,  dass  neuerdings  von 
A.  CoELHO  die  Methode  und  die  Ergebnisse  der  romanischen 
Philologie  in  werthvollen  Einzelschriften  für  die  Erforschung 
der  Sprache  nutzbar  gemacht  worden  sind,  dass  die  Litteratur- 
geschichte  in  Th.  Braga  einen  fast  allzu  eifrigen,  mitunter  in 
bedauerlicher  Hast  schaffenden ,  jedenfalls  aber  sachkundigen 
und  geistvollen  Bearbeiter  besitzt  und  dass  überhaupt  in  Por- 
tugal gegenwärtig  ein  verhältnissmässig  sehr  reges,  über  flüch- 
tigen Dilettantismus  hinausgehendes  philologisches  Interesse 
herrscht.  Portugal  zeichnet  sich  in  dieser  Beziehung  ehrenvoll 
vor  Spanien  aus.  NichtsdestOAveniger  bleibt  den  Portugiesen 
noch  sehr  Vieles  zu  thun  übrig,  besitzen  sie  ja  doch  zur  Zeit 
noch  keine  Avissenschaftliche  Grammatik  und  ebenso  weaig  ein 
ausreichendes  wissenschaftliches  Wörterbuch  ihrer  Sprache, 
fehlt  es  doch  auch  noch  sehr  an  kritischen  Ausgaben  der 
Sprachdenkmäler  und  Litteraturwerke. 

2.  Ausserhalb  Portugals,  besonders  auch  in  Deutschland,  ist 
der  portugiesischen  Philologie  erst  seit  etwa  einem  Jahrzehnte 
grössere  Beachtung  geschenkt  Avorden.  Bis  dalün  war  ]3iez 
so  ziemlich  der  Einzige  gewesen,  welcher  für  die  wissenschaft- 
Tiche  Erkenntniss  portugiesischer  Sprache  und  Litteratur  etwas 
gethan  hatte.  Im  Jahre  1874/ 75  erschien  C.  v.  Reinhard- 
stöttner's    kritische   Lusiadenausgabe ,    im   J.   1878   desselben 


Das  Portugiesische.  569 

portugiesische  Grammatik,  im  J.  ISSu  der  erste  Band  der  Ca- 
möes -  Uebersetzvuig  von  W.  Stokck,  drei  hochverdienstliche 
Werke,  welche  das  Interesse  für  portugiesisclie  Sprache  und 
Litteratur  belebt  und  neue  Grundlagen  für  deren  Avissenschaft- 
liches  Studium  geschaffen  haben.  Von  forderndem  Einflüsse 
war  auch  das  Erscheinen  des  von  E.  Monaci  besorgten  diplo- 
matischen Abdruckes  des  vatican.  Liedercodex  1S75  (u.  18S0). 
Ausser  den  bereits  genannten  Gelehrten  haben  sich  neuer- 
dings namentlich  A.  Morel-Fatio,  G.  Baist,  J.  Cornu  und 
besonders  auch  Carolina  Mich.\elis  Verdienste  um  die  por- 
tugiesische Philologie  erworben. 

§  4.  Bemerkungen  über  die  Dialecte  des  Portu- 
giesischen. 

Innerhalb  der  im  Königreiche  Portugal  selbst  gesproche- 
nen Sprache  sollen  nur  Avenig  erhebliche  diabetische  Differen- 
zen bestehen  vgl.  Fuchs  a.  a.  O.,  p.  61),  indessen  dürfte  bei 
der  Unzulänglichkeit  der  bisherigen  diesbezüglichen  Forschun- 
gen diese  Angabe  in  Zweifel  zu  ziehen  sein.  Erheblicher  ist 
die  Differenz  zwischen  dem  Portugiesischen  im  engeren  Sinne 
und  zAA-ischen  dem  Galicischen,  Adelleicht  dürfte  das  letztere 
sogar  ein  Anrecht  besitzen ,  nicht  als  Dialect ,  sondern  als 
selbständige  Sprache  betrachtet  zu  werden,  welche  zu  dem 
Portugiesischen  in  einem  ähnlichen  engsten  Verwandtschafts- 
verhältnisse stehen  Avürde,  wie  das  Catalanische  zu  dem  Pro- 
venzalischen.  In  dem  portugiesisch -castilischen  Grenzgebiete 
soll  eine  Art  A'on  portugiesisch-castilischer  Mischsprache  ge- 
sprochen werden.     Beachtung  verdient   der  Dialect  von  Beira. 

Ob  in  Brasilien  Ansätze  zur  dialectischen  Differenziirung 
der  Sprache  vorhanden  sind,  muss  hier  dahingestellt  bleiben, 
"da  sich  keine  Auskunft  darüber  erlangen  Hess,  jedoch  dürfte 
es  aus  allgemeinen  Gründen  zu  vermuthen  sein. 

Mehrfach  ist  das  Portugiesische  Mischungen  mit  indischen, 
afrikanischen  und  indianischen  Idiomen  eingegangen  Neger- 
portugiesisch, Indoportugiesisch  u.  dgl.). 

§  5.  Bemerkungen  über  die  Laute  des  Portu- 
giesischen. 

I.  Für  den  portugiesischen  Vocalismus  dürften  folgende 
Züge  als  charakteristisch   hervorzuheben  sein:     1.    Das  Nicht- 


570  üas  Portugiesische. 

Vorhandensein  getrübter  Vocale.  2.  Grosser  Reichthum  an 
]3iphthongen ,  namentlich  an  fallenden  Diphthongen,  deren 
zweiter  Bestandtheil  ein  auf  Attraction  oder  Vocalisirung  einer 
Explosiva  (c,  g  ^  zuweilen  anscheinend  auch  p)  beruhendes  i 
ist,  z.  B.  feira  z=feria.,  raiva  =  *rahia  f.  7'abies,  heijo  =  ha- 
sium  (hier,  wie  in  anderen  derartigen  Fällen,  ist  die  Wande- 
lung eines  ursprünglichen  a  -\-  i  zu  e  -\-  i  beachtenswerth  als 
eine  Art  von  Umlaut,  bzw.  Vocalassimilation) ,  coiro  =  corium, 
noite  =  noctem  u.  s.  av.  3.  Das  Beharren  (also  Nicht-Diph- 
thongirung)  des  lat.  e,  e,  b,  ö,  1  (I,  w,  ü).  4.  Der  Wandel  des 
lat.  au  zu  ou  (z.  B.  ouro  =  aurum^  pouco  =  paucmn,  vgl.  auch 
ouvir  mit  audire,  s.  unten  No.  14).  5.  Die  Neigung  tonloser 
Vocale  im  An-und  Inlaute  zur  Verdumpfung,  a  zu  e,  e  zu  t, 
o  zu  ü.  6.  Die  Neigung  tonloser  Vocale  im  Auslaute  zur  Ver- 
stummuiig,  namentlich  gilt  dies  von  e  nach  complicirter  Con- 
sonanz,  z.  B.  denf[e],  Ient[e];  in  der  Schrift  wird  jedoch  e  noch 
consequent  beibehalten.  7.  Anlautende  tonlose  Vocale  schwin- 
den häufig,  z.  B.  cqfäo  =  [ocjcasionem  ^) ,  Lisboa  =  [0]Iysippo , 
Duarte  =  [E]duard;  nicht  selten  schwindet  die  ganze  anlau- 
tende Sylbe,  z.  B.  relogio  =  [ho\rologium. ^  heira  =  [n  paria, 
sanJia  =  [m]sama,  portuno  =  [im^portmius. 

n.  Für  den  portugiesischen  Consonantismus  sind  vor  allen 
zwei  Züge  ganz  besonders  charakteristisch,  nämlich: 

1.  Der  Uebergang  der  lat.  Combinationen  ^'ocal  +  aus- 
lautendem ,  bzw.  gedecktem  m  oder  ti  (also  a  -\-  m,  n,  e  -{- 
7n,  ti,  i  -{-  m,  n,  o  -\-  m,  fi,  u  -\-  m,  n,  in  nasale  Lautcomplexe, 
bestehend  aus  Nasalvocal  mit  nachfolgendem  gutturalnasalen 
n  (in  der  Schrift  gewöhnlich  nicht  bezeichnet),  sowie  der  Ueber- 
gang von  lat.  Vocal  4-  ^^  +  Vocal  in  einen  analogen  Laut- 
complex  (in  der  Schrift  gewöhnlich  durch  Setzung  eines  sog. 
Til  über  den  nasalirten  Vocal  bezeichnet),  z.  B.  : 

gran[dem\  =  grcm  oder  </;•«, 

be7i[e\  =  bem  [be], 

*gardin[urn\  =  jardim    Jardl), 

bon[urn\  =  bom  [bö], 

un\um]  =  hum  («7), 


1)  Doch  darf  caj'ao,  ebenso  wie  ital.  cagiotie,  vielleicht  einem  Simplex 
*casionem  gleichgesetzt  werden. 


Das  Portugiesische.  571 

*cendent  f.   oendunt  =  oendem   [cende), 

amant  =  amäo    s.  unten), 

germatia[ni]  =  irmäa  \   über    die    Ausspruche    vgl.    Theil    II 

germanu[ni\  =  ii-fnao  I  101,  Anm. 

una  =  hunm.  Jtüa.   haue  =  htua,  lau. 

canes  =  caes.  panes  =  paes^ 

hones  =  leöes,  opiniones  =  opiniöes. 

Unter  diesen  Conihinatiouen  ist  namentlich  ao  (ursprüng- 
lich =:  lat.  (t  -\-  n  -\-  u  beliebt  und  ist  vielfach  an  Stelle  von 
einfachem  ä  und  ö  getreten,   z.  1^.  : 

amant  =  amao    und  so  alle  3  Personen  PI.,   welche  der  A- 

Conj,  folgen), 
non  =  näo, 

co7idicion[eni]    =    condigäo     (und     so    alle    Substantiva    auf 
-ioti-em) . 
Zuweilen  ist  die  Nasalirung  ganz  unorganisch  eingetreten, 
so  in  mim  =  me   (dagegen  ti  =  te),  tjiäi  =  tnafrem,  müi  neben 
mui  und  müito  neben  muito  =  multum. 

2.  Die  Neigung,  nicht  bloss  intervocalische  Explosiva 
z.  B.  gräo  =  gradum,  suar  =  sudare  ^) ,  sondern  auch  inter- 
vocalisches  '  und  w  (falls  dieses  nicht  mit  dem  vorangehenden 
Vocal  zu  einem  Nasalcomplex  verschmilzt  ,  und  zuweilen  sogar 
r  auszustossen,  z.  B,  candea  =  catidela,  cor  =  co[r\orem,  ßo  = 
ßTum.  mäo  =  ma\l\um,  nevoa  =  *nelu\Va,  voai'  =  vo[I]are, 
taes  =  ta[Pes,  moeda=  mo[ti]eta,  hoa=  bo[ti\a,  coroa  =  coro[n]a, 
doar  =  do'n^are,  proa  =^  pro  f  a,  coentro  =  coriandrum. 

In  Folge  dieser  Neigung  —  übrigens  kann  eben  nur  von 
einer  Neigung ,  nicht  von  einer  Regel  oder  gar  von  einem 
Gesetze-  •  die  Rede  sein  —  zur  Ausstossung  intervocalischer 
Consonanten  erhalten  die  portugiesischen  Worte,  verglichen 
mit  ihren  lat.  Etymis,  vielfach  das  Gepräge  gewaltsamer  Zu- 
sammenziehung und  Zerquetschung.   vgl.  z.  B.   dor  mit  do[l  o- 


\]  Vielleicht  überwiegt  aber  die  Neigung  zur  Erhaltung  der  intervo- 
calischen  Explosiva,  bzw.  zur  Verschiebung  derselben  p  :  h,  h  .  v  u.  dgl.) 
die  Neigung  zum  Ausfalle,  vgl.  No.  7,  11,  12,  13.  Mindestens  halten  sich 
beide  Tendenzen  ungefähr  das  Gleichgewicht,  ganz  abgesehen  von  gelehr- 
ten "Worten.    Nur  bei  d  ist  Schwund  wirklich  Regel. 

2  Der  Ausdruck  »Lautgesetz«  dürfte  überhaupt  allgemach  aus  der 
Grammatik  zu  beseitigen  sein,  denn  er  veranlasst,  weil  beruhend  auf  einem 
ganz  falschen  Bilde,  höchst  verkehrte  Anschauungen  von  der  Lautentwickelung. 


572  Das  Portugiesische. 

r\ern\^  namentlich  dann,  wenn  mit  dem  Consonanten  auch  der 
nachfolgende  tonlose  Vocal  geschwunden  ist,  wie  z.  B.  in 
geral  =  ffeneral[em],  j'oelho  =  genuculum^  povo  :=  populum  (wird 
jedoch  besser  unter  No.  3  angefvihrt  werden  i).  Vgl.  auch 
No.  6. 

Ausserdem   dürfte   als   für  den  portugiesischen  Consonan- 
tismus  charakteristisch  sich  Folgendes  hervorheben  lassen  : 

3.  Auslautendes  /,  dem  ursprünglich  ein  Vocal  nachfolgte 
(so  besonders  in  den  Ausgängen  -olus,  -m,  -ulus^  -jyi),  schwin- 
det gern,  z.V>.  so  ^=  so[lum\  orugo  =  oracv\lum\,  perigo  =  pe- 
ric[uhim],  diabo  =  cUabo[lum] ,  mü  =  mu\lum\.  4.  Anlautendes 
cl  und  pl  wird  zu  ch  =  frz.  ch  palatalisirt ,  z.  B.  chamar  = 
clamare  ,  chuve  ^=  clavem  ^  chcio  ^  planus  ^  cliorar  ^=  plorare, 
chegar  =  plicare\  oft  aber  wird  anlautendes  pl  zu  pr.  z.  B. 
praQü  =  platea^  praga  =  plaga.  Auch  inlautend  wird  cl  und 
pl  öfters  zu  ch^  so  z.  \^.  facJia  =  fac[u\la ^  encJier  =  imjjlere, 
ancho  =  amplo ,  öfters  aber  stellt  es  sich  als  palatalisirtes  / 
(geschrieben  Ih)  dar,  z.B.  espelho  =  spec[u]lum ,  escolho  =  sco- 
p[u]lus.  5.  Palatalisirtes  n  (geschrieben  nh)  entwickelt  sich 
nicht  nur  unter  den  sonst  im  Romanischen  üblichen  Bedin- 
gungen, sondern  entsteht  häufig  auch  aus  intervocalischem  w, 
z.  B.  farinha  =farina,  vizinho  =  vicinus.  6.  Versetzung  eines 
inlautenden  r  an  die  zweite  Anlautstelle  ist  sehr  beliebt ;  häufig 
verbindet  sich  dieser  Vorgang  mit  dem  Schwunde  inlautender 
Sylben  und  trägt  dann  dazu  bei,  den  betr.  Worten,  verglichen 
mit  ihren  lat.  Etymis,  ein  eigenartiges  zerquetschtes  und  ver- 
stümmeltes Aussehen  zu  verleihen,  vgl.  z.  B.  fresta  mit  fe- 
\iie\stra,  fragoar  =fahricare,  fremoso  ^=  formosus  etc.  Im  Aus- 
laute neigt  r,  wenn  ihm  Explosiva  [t]  vorangeht  und  tonloser 
Vocal  nachfolgt,  zvmi  »Schwunde,  z.  B.  frade  =fratrem^  rosfo 
=  rostriim,  arado  =  aratrum.  7.  Lat.  c  bleibt  guttural  vor  o 
und  ?/,  in  der  Regel  aiich  vor  a  (zuweilen  jedoch  ca  :  clia,  wo 
ch  palatal,  z.  B.  charrüa  =^  carruca]  ^  Avird  zur  Sibilans  [z  ^  s) 
vor  e  und  i.  Bemerkenswerth  ist  die  häufige  Erhaltung  eines 
intcrvocalischen  c  als  g  vor  «,  o,  u  und  als  ;::  vor  e.  i.  z.  B. 
dragao  =  draconem^  lagoa  =  /«ow[??.]a,  perigo  ^=  pericidum  (über- 
haupt  stellt   sich  das  Suffix  -culo  als  -go  dar,    während   doch 

1)  Möglich   übrigens,    dass  jioro  =  *poptts  (wovon  populus  deminutive 
Ableitung)  anzusetzen  ist. 


Das  Portugiesische.  573 

-Mo  zu  erwarten  wäre^,  prazer  =  plarere^  dizer  =  dicere  u.v.a. 
S.  Lat.  g  bleibt  guttural  vor  0  und  //,  in  der  Regel  auch  vor 
a  zuweilen  jedoch  r/rt  :ya,  woypalatal.  z.  \\.  Jalne  ^=  golbi- 
nus  ,  wird  palatal  /  vor  e  mid  i.  Intervocalisches  g  schwin- 
det oft.  namentlich  vor  e  und  i,  z.  li.  rainha  =  regina,  bainha 
=  Vagina,  ensaio  =  e.ra[g]iunu  faia  z=ifa\g]ea  in  diesen  beiden 
letzten  Fällen  dürfte  indessen  g  nicht  geschwunden,  sondern 
durch  J  in  i  aufgegangen  sein :  fagea  :  fajea  :  fajia  :  faiia  : 
fam),  liar  =  ligare .  rua  =  ruga  (dagegen  erhalten  in  pagäo^ 
rogar,  sugar  etc.  .  Auslautendes  g  wird  zu  i  vocalisirt.  z.  B, 
rei  =  reg[em].  ebenso  häufig  gedecktes  g.  z.  B.  [deido]  dedo  = 
dig[i]tum.  Verschmelzung  des  anlautenden  g  mit  nachfolgen- 
dem e  zu  i  ist  eingetreten  in  irmao .  äa  =  germatius ^  a.  9. 
Lat.  J  ist  durchweg  zur  tönenden  linguopalatalen  Spirans  ==: 
frz.  J)  geworden .  ausgenommen  in  intervocalischer  Stellung, 
z.  B.  jovem  =  jutenem.  JuUio  =  Juh'u^ .  aber  maio  =  Majus. 
10.  Lat.  h  ist  in  der  Aussprache  völlig  verstummt,  wird  aber 
im  Anlaut  von  der  Schrift  bewahrt.  11.  Intervocalisches  h 
sinkt  meist  zu  v  heraJ).  z.  B.  carväo  =  carhonem.  escrever  = 
scribere ,  ebenso  nach  Consonanten,  z.  B.  arvore  =  arborem^ 
herva  =  herba.  Ausfall  des  intervocalischen  b  ist  selten,  der 
wichtigste  der  betr.  Fälle  ist  das  Impf,  der  /-Conj.,  z.  B. 
vestia  =  testi[e\bam.  12.  Lat.  c  beharrt  in  der  Regel:  zuwei- 
len nur  schwindet  es  in  intervocalischer  Stellung,  z.  B.  7'io 
=  ricus^  bot  =  bovem.  13.  Lat.  t  behauptet  sich  meist;  in- 
tervocalisch  wird  es  zu  d  verschoben,  z.  B.  pedir  =  *petire  f. 
petere,  madeira  =  materia ;  t  mit  nachfolgendem  tonlosen  i  in 
Hiatusstellung  ergiebt  f ,  z.  B.  pago  =  palatium^  pogo  =  pu- 
teus.  moQao  =  motionem  (über  äo  für  d  s.  oben).  14.  Lat.  d 
schwindet  meist  in  intervocalischer  Stellung,  z.  B.  väo  = 
vadum ,  oiivir  =  audire ,  paraiso  =  paradisus.  ebenso  wenn  es 
in  den  Auslaut  zu  stehen  kam,  z.  B.  pe  =  ped  em]^  no  = 
nod Jim  .  sonst  behauptet  es  sich.  15.  Anlautendem  s  impurum 
wird  in  allen  volksthümlichen  Worten  e  vorgeschlagen,  z.  B. 
escrevei'  =  scribere.  Intervocalisches  ss  und  sc  yn.x(\.  häufig 
palatal  (dann  meist  x  geschrieben  ,  z.  B.  baixo  =  bcissus,  peixe 
=  piscem.  Mit  nachfolgendem  tonlosen  Hiatus  -i  vereinigt 
sich  s  zu  J,  z.  B.  cajao  =  [oc  casionem.  ausgenommen  sind  je- 
doch gelehrte  Worte,    wie   explosäo.     16.  Schwierigere  Conso- 


574  I^^s  Portugiesische. 

nanteucombinationen  sucht  die  Sprache  durch  Ausstossuug 
(z.  B.  escrito  =  scriptus,  friito  =  fructus),  Vocalisiruug  (z.  B. 
leite  =  *lacte,  douto  =  doctua) ,  Palatalisirung  (z.  B.  coxa,  s. 
No.  15,  =  cocsa),  Mouillirung  (z.  B.  coalhar  =  coag[u]lare) 
und  Vocaleiiischub  (z.  B.  guriq)a  =  grupa  ^  canitete  v.  hnif) 
zu  erleichtern.  17.  Unorganischer  Consonanteneinschub  ist  sel- 
ten, er  findet  sich  z.  B.  in  lontra  =  lutra,  pe?ite  =  ^i^ectinem, 
estrella  =  Stella. 

III.  Der  Lautcharakter  des  Portugiesischen  ist,  wie  viel- 
leicht selbst  schon  aus  den  vorstehenden  ganz  aphoristischen 
Bemerkungen  hervorgeht,  ein  sehr  eigenartiger,  sich  in  vielen 
Beziehungen  von  dem  der  übrigen  romanischen  Sprachen  weit 
entfernender.  Vielfach  steht  das  Portugiesische  in  lautlicher 
Hinsicht  dem  Französischen  nahe,  vielfach  aber  auch  wieder 
demselben  recht  fem :  auch  zwischen  Rätoromanisch  und  Por- 
tugiesisch würde  man  Züge  der  Aehnlichkeit  und  wieder  Züge 
besonderen  Gegensatzes  auffinden  können.  Was  das  Portu- 
giesische ganz  besonders  charakterisirt,  ist  die  Neigung  zur 
Wortkürzung  durch  Synkope  inlautender  und  Apokope  an- 
lautender Sylben ,  eine  Neigung ,  welche  der  Sprache ,  vom 
etymologischen  Standpunkte  aus  betrachtet,  das  Gepräge  einer 
gewissen  Zerrissenheit  verleiht  und  jedenfalls  darauf  hindeutet, 
dass  sie,  weil  erst  verhältnissmässig  spät  litterarisch  fixirt  und 
gepflegt,  eine  Art  von  lautlicher  Verwilderung  hat  über  sich 
ergehen  lassen  müssen.  Uebrigens  hat  doch  gerade  diese 
gleichsam  zackige  und  gewaltsame  Lautbehandlung  der  Spra- 
che eine  in  ihrer  W^eise  interessante ,  originelle  und  keines- 
wegs unschöne  Individualität  gegeben,  durch  welche  sie  sich 
eigenartig  unterscheidet  von  ihren  romanischen  Schwestern. 
Noch  Eins  ist  bemerkenswerth :  kaum  dürfte  irgend  eine  an- 
dere Sprache,  etwa  mit  einziger  Ausnahme  des  Englischen 
(welchem  übrigens  das  Portugiesische  hinsichtlich  des  Conso- 
nantismus  und  der  Jjautbehandlung  der  Worte  mehrfach  gleicht), 
so  verschiedener  Klangwirkung  fällig  sein,  wie  die  portugie- 
sische, denn  es  ist  in  ihr  unschwer  sowohl  höchster  Misslaut 
als  auch  höchster  Wohllaut  zu  erreichen ;  der  Klang  der  ge- 
wöhnlichen Umgangssprache  nähert  sich  mehr  dem  ersteren 
Extreme,  während  die  poetische  Sprache,  luiter  der  Hand  von 
Meistern,  wie  z.  B.  Camöes  einer  war,  trotz  aller  Nasalklänge 


Das  Portugiesische.  575 

und    sonstiger    Dissonanzen    zu    hainionischster   Tonfülle    sich 
aufzuschwingen  vermocht  hat. 

IV.  Die  Orthographie  ist  von  jeher  ein  Liehlingsthema 
der  portugiesischen  Ciranimatiker  gewesen,  ohne  dass  doch  bis 
jetzt  durchgreifende  praktische  Ergebnisse  erzielt  worden  wä- 
ren. Es  herrscht  vielmehr  hinsichtlich  der  Schreibung;  in  Vor- 
tugal  noch  sehr  die  individuelle  Willkür  und  folglich  Incoii- 
sequenz  und  Verwirrung :  es  gilt  dies  namentlich  auch  von 
der  Setzung  der  sogenannten  Accente. 

§  <>.  IJemerkungen  über  den  Wortbestand  des 
Portugiesischen. 

1 .  Wie  in  allen  romanischen  Sprachen,  sind  auch  im  Por- 
tugiesischen die  Worte  lateinischen  Ursprunges  theils  auf 
volksthüralichen  und  theils  (namentlich  in  der  Renaissance- 
periode, d.  h.  im  16.  Jahrhundert)  auf  gelehrtem  Wege  in 
die  Sprache  eingetreten.  Die  zur  ersteren  Klasse  gehörigen 
Worte  haben  die  den  Lautneigungen  der  Sprache  gemässe  Um- 
gestaltung erfahren,  während  die  mots  savants  der  schriftlat. 
Grundform  annähernd  treu  geblieben  sind.  Sehr  häufig  ist 
dasselbe  lateinische  Wort  in  doppelter  Form  übernommen  wor- 
den, wie  dies  ja  auch  anderwärts,  z.  B.  im  Französischen,  ge- 
schehen ist,  wenngleich  im  Portugiesischen  dieser  Vorgang  in 
besonders  weitem  Lrafange  eingetreten  zu  sein  scheint:  be- 
merkenswerth  ist  aber  jedenfalls,  dass  in  Folge  der  radicalen 
und  sozusagen  gewaltsamen  Lautumgestaltung,  welche  die 
volksthümlichen  Worte  häufig  erfahren  haben ,  die  zwischen 
diesen  und  den  mots  savants  bestehende  lautliche  Kluft  häutis: 
eine  auffällig  grosse  ist.  man  vergleiche  z.  li.  folgende  Dou- 
blets:  c/iama  \m&  ßamma,  ancho  und  amplo.  cliao  und  piano, 
hia.   Uta  und  hma,  hichado  und  inßado  u.  v.   a. 

Die  öfters  ^)  aufgestellte  Behauptung ,  dass  die  Zahl  der 
aus  dem  Latein  übernommenen  Worte  im  Portugiesischen  grös- 
ser  sei,  als  im  Spanischen,  ist  bis  jetzt  nicht  bewiesen  worden 
und  ist  aus  allgemeinen  Gründen  von  vornherein  für  irrig  zu 
erachten, 

2.  Iberische,  bzw.  baskische  Elemente  sind  im  Portugie- 


1    z.  B.  von  DiEFENBACH,    Ueber  die  jetzigen  rom.  Schriftspr.,    S.  39, 
Tgl.  V.  IlEixn.A.RDSTÖTT>'EU,  Port.  Gramm.,  S.  2. 


576  ^^^  Portugiesische. 

sischen  in  weit  geringerer  Zahl  nachweisbar,  als  im  Spani- 
schen. Dagegen  ist  die  Zahl  der  Worte  arabischer  Herkunft 
im  Portugiesischen  fast  ebenso  erheblich  me  im  Spanischen. 

3.  Nicht  beträchtlich  ist  das  germanische  Element  im 
portugiesischen  Wortschatze ,  doch  finden  sich  darunter  ein- 
zelne auffällige  Worte,  welche  angelsächsischer  oder  skandi- 
navischer Herkunft  zu  sein  scheinen  und  von  denen  nicht 
recht  klar  ist,  wie  sie  so  weit  nach  Süden  verschlagen  wurden. 

§  7 .  Bemerkungen  über  d  e  n  F  o  r  m  e  n  b  a  u  und  die 
Syntax  des  Portugiesischen. 

I.  Die  wichtigsten  Eigenarten  des  portugiesischen  Wort- 
formenbaues lassen  sich  in  folgenden  Bemerkungen  zusammen- 
fassen: 1.  Wandel  des  lat.  Genus  ist  (abgesehen  von  dem  Ueber- 
tritte  der  Neutra  zu  dem  Masc.  oder  Fem.)  selten;  bemerkens- 
werthe  Fälle  sind :  a  dor  =  dolore?}i,  a  cor  =  colorem^  a  ßor  = 
florem^  a  fönte  =^  fontem,  a  po)ite  =  pontem.  2.  Der  einzigen 
Form  des  substantivischen  und  adjectivischen  Sing,  und  Plurals 
liegt  (abgesehen  von  ganz  vereinzelten  Ausnahmen)  der  lat. 
Accusativ  zu  Grunde '),  im  Sing,  selbstverständlich  mit  Schwund 
des  auslautenden  -m.  Der  Auslaut  a  und  o  des  Stammes  hat 
sich  erhalten,  z.  B.  coroa  =  corona,  caminho  =  caminu  m], 
ausser  wenn  der  ihm  vorangehende  Consonant  geschwunden 
ist,  wie  in  so  =  so[lum],  nö  =  7io[dum\  povo  =  popn[lum' .  und 
wenn  ein  ihm  vorangehendes  n  nasalirt  worden  ist,  z.  B.  bo?n 
=  hon[iim\,  huni  =  un[uni\^  die  Ausgänge  -anum,  -onem  werden 
zu  -ao ,  z.  B.  mao  =  manum,  raQcto  =  ratio/iem.  Das  e  vor 
der  Accusativ-Endung  behauptet  sich  (z.  B.  carte,  2io?ife],  aus- 
genommen nach  /  und  r  (ßor,  sol]  und  wenn  der  consonau- 
tische  Auslaut  des  Stammes  geschwunden  oder  vocalisirt  ist 
[pe ,  pai ,  rei).  3.  Worte  auf  -a  bilden  den  Plural  auf  -as 
{coroa  :  coroas) ,  solche  auf  -äa  auf  -äs  oder  -ans  oder  auch 
-aas  [räa  :  ras,  rans,  räas)  ;  Worte  auf  -o  auf  -os  {caminho  : 
caminhos),  Worte  auf  betonten  Vocal  oder  Diphthong  oder 
tonloses  e  auf  -s  {pe  :  pes ,  javali  :  Javalis ,  pai  :  pais,  corte  : 
cortes),  Worte  auf  Consonant  auf  -es  {ßor  -.ßor es,  luz  :  luzes); 
auslautendes  /  fällt  dabei  aus,  z.  B.  official :  officiaes,  sol  :  soes, 
taful  :  tafues ,    ausgenommen  lyial  :  7nalcs   und   gelehrte  Worte, 


1)  Ueber  Nominativformen  vgl.  Cornu  in  Kom,  XI  79. 


Das  Portupicsische.  577 

wie  paül  :  pat'ws;  für  -il-e>> ,  -el-cs  tritt  -is,  -eis  ein,  z.  B. 
Ä;/;-//  :  Iuris,  batel  :  hateis  ;  -rto  =  anuni  wird  im  Plur.  zu  -aos 
oder  unorganisch  und  seltener  zu  -äes  (also  -rmos  gleichsam 
zu  -anes) ,  z.  B.  irmäo  :  tt-mäos,  pao  .pues,  capitao  :  capitäes, 
dagegen  -äo  =  -onem  zu  -öes ,  z.  B.  cora^äo  :  cora^öes^  leäo  : 
leöes ;  statt  des  auslautenden  m  wird  vor  dem  Plural  -s  geschrie- 
ben Ji,  z.  B.  homeyn  :  Jiomens  (auch  ho7nes.  homees]  ^  ßm  : ßns ^ 
som  :  sonSj  hum  :  huns.  Unorganische  Plurale  sind  eirö  :  eiro- 
zes.  real  :  reis,  deos  :  deoses.  Worte  auf  -s  bleiben ,  mit  Aus- 
nahme von  deos,  im  Flur,  unverändert.  4.  üie  Umschreibung 
des  Genetivs  und  Dativs  erfolgt  durch  die  Präpositionen  de 
und  a.  5.  Als  bestimmter  Artikel  fungirt  für  das  Masc.  Sg. 
0  =  [iir\ii[i7i\  PI.  06  =  iir\os,  für  das  Fem.  Sg.  a  =  [iir\a[m\ 
PI.  as  =  \ilT\a3.  Mit  de  und  a  verschmilzt  der  Artikel  zu  do, 
da,  dos,  das,  ao,  ä,  aos,  äs. 

ir.  1.  Eine  Femininform  auf  -a  bilden  die  Adjectiva  auf 
-0  [hello  :  bella ,  nur  so  ist  einförmig  und  neben  mäo  steht 
mä  aus  nui\r\a),  -äo  chäo  :  chüa ,  populär  tritt  statt  üa  oft  öa 
ein),  -u  [cru  :  crua),  -m  [ruim  :  ruima),  -ol  [hespanhol  :  hespa- 
nhold  ,  -ez  [inglez  :  inglezd ,  sowie  in  der  neueren  Sprache  die 
adjectivisch  gebrauchten  Subst.  auf  -or  [seductor  :  seductora). 
Alle  übrigen  Adj.  sind  einförmig,  einschliesslich  der  nicht 
von  Völkernamen  abgeleiteten  auf  -ez,  wie  cortez.  üie  Mas- 
culinform  santo  wird  vor  folgendem  consonantischen  Anlaut 
säo,  für  gründe  tritt  häufig  gram  und  grZio  ein.  2.  Der  Com- 
parativ  wird  analytisch  mit  mais  (im  Altportug.  zuweilen  auch 
mit  chiis  ^=  plus)  gebildet,  der  relative  Superlativ  durch  Ver- 
setzung des  Artikels  vor  den  Comparativ.  Der  absolute  Su- 
perlativ wurde  in  der  älteren  Sprache  durch  Verstärkung  des 
Positivs  mittelst  mui  oder  muito  ausgedrückt ,  in  der  neueren 
Sprache  dagegen  sind  die  gelehrten  Bildungen  auf  -issirno, 
-errimo,  -illimo  nach  lateinischem  Muster  üblich  geworden. 
Volksthümliche  Reste  der  organischen  Comparation  sind  melhor 
optimo,  peior  oder  peor  pessimo,  maior  oder  77iör  maximo,  me- 
nor  oder  meor  minimo,  daneben  honissimo,  malissimo,  grandis- 
simo.  pequenissimo.  Nicht  als  Steigerungsformen  werden  mehr 
empfunden  Bildungen  wie  exterior  exfremo  u.   dgl. 

ni.  1.  Ueber  die  Personalpronomina  sei  folgende  Ueber- 
sicht  gegeben : 

Körting,  Encyklopidie  d.  rum.  Phil.   111.  37 


578  Diis  Portugiesische. 

a)  als  Subject  fungiren  in  allen  Fällen: 

Sg.    1.  eu  2.  tu  3.  m.  eile  [el]   f.  ella  (n.  eile,  dXf^ello] 
PI.          nös      vös  elles  ellas 

b)  als   directes   Objeet  fungiren   in  Verbindung    mit    dem 
Verb : 

Sg.   1.  me  [mi)   2.   te      3,  m.  o  [lo]     f.  a  [la)     n.  o    lo) 
PI.         tios  ros  OS  as 

c)  als  indirectes  Objeet  fungiren   in  "S'erbindung  mit  dem 
Verb: 

Sg.    1.  7ne  [mi]    2.   te      3.  m.  u.  f.  Ihe  [Ihi] 
nos  fos  Ihes  [Ihis) 

d)  als  absolutes  Objeet  und  in  Verbindung  mit  Präposi- 
tionen fungiren: 

Sg.    1.  mim         2.   ti      3.  m.  eile  {el)     f.   ella 
nös  vös  dies  ellas. 

Durch  Verbindungen  der  conjunctiven  Pronomina  unter  ein- 
ander entstellen  mo  (m'o),  ma  [m'a],  mos  [m'os),  mas  [m'as]  etc. 
=  fne  0,  me  a,  me  os,  me  as  etc.;  Uio  [Ih'o),  l/ia  [Wa],  Ihos 
[Ih'os)  ,  Ihas  [Was]  =  Ihe  o  etc.;  nolo,  volo  etc.  =  7io[s^  [/]o, 
vo[s'\  [l]o  etc.  An  auf  r  und  s  auslautende  Verbalformen  treten 
die  mit  /  anlautenden  Formen  der  Pronomina  der  3,  Person, 
wobei  r  und  s  schwindet,  z.  B.  amalo  =  amar  lo,  htscamolos 
==  httscamos  los.  Die  höfliche  Anrede  erfolgt  durch  die  3.  P. 
Sg.  ,  womit  häufig  ein  Subject,  wie  etwa  o  meu  aiyiigo,  ver- 
bunden wird.  2.  Die  Formen  des  Reflexivpronomens  sind  si 
und  se.  3.  Das  Possessivpronomen  besitzt  für  den  conjuncti- 
ven und  absoluten  Gebrauch  nur  eine  Form,  nämlich: 

1.  Masc.  meti[s)  Fem.  minha[s]   [mea,  mia,  ma) 

7iosso[s)  nossa[s) 

2.  Masc.   te^^[s)  ttia[s)   {ta) 

vosso[s)  vossa[s) 

3.  Masc.  seu[s]  sua[s]   [sua). 

Durch  eingeklammertes  s  wird  die  Pluralform  bezeichnet. 
Ein  dem  ital.  loro ,  frz.  Icur  entsprechendes  Pronomen  fehlt. 
Das  attributiv  gebrauchte  Possessiv  kann  (ausser  bei  Verwandt- 
schaftsnamen) in  Anreden  und  Titulaturen  den  best.  Artikel 
vor  sich  nehmen.  4.  Die  Demonstrativa  sind:  este  =  iste,  esse 
=  ipse,  aquelle  =  eccvm  -f-  ille  (veraltet  ist  aqueste  =  eccum  -f- 
iste]  ,    sämmtlich   mit  cnts])rcchenden  Femininformen   und  den 


Das  Portugiesische.  579 

Neutralfonneu  isfo  .  üso ,  aquillo.  5.  llelativa  :  que  (uuverän- 
derlitli :  allgomeinstes  Kelativ)  ;  (juevi  (unveränderlich ;  ver- 
allgemeinerndes 11.);  0  quäl  (determinirendes  R. ) ;  cujo,  a  (ad- 
jectivisches  11.).  G.  Interrogativa :  quvm?  (persönlich  und 
substantivisch,  jMe.?  (neutral) ,  (yz/a/.i'  (adjectivisch  ,  cujo)  (pos- 
sessivadjeetivisch).  7.  Die  Indefiuita  geben  zu  besonderen  Be- 
merkungen keinen  Anlass. 

IV.  Die  Numeralia  schliessen  sich,  wie  im  iSpanischen, 
bezüglich  ihrer  Bildung  eng  an  die  lat.  Grundformen  an  (20 
tinte,  30  trinta,  40  quarenta  etc.);  füx  primus  und  ferfius  sindi 
die  Ableitungen  prwiciro  und  terceiro  eingetreten. 

V.  1.  Von  den  lat.  Temporibus  und  Modis  sind  im 
Tortugiesischen  erhalten:  Präs.  Ind..  Conj.,  Imp..  Inf.,  Ge- 
rund.; Imperfect  Ind.,  Perf.  Ind.,  Perf.  Conj.  (fungirt  als 
Conj.  Fut. :  die  betr.  Formen  lassen  sich  aber  auch  als  aus 
dem  Fut.  exact.  entstanden  auffassen,  vgl.  oben  S.  o21), 
Plusqpf.  Conj.  fungirt  als  Conj.  Impf.)  ,  das  Fut.  exact.  (s. 
oben  .  Hierzu  treten  noch  die  Combinationen  Inf.  +  Präs. 
Ind.  V.  havcr  =  Fut.  und  Inf.  +  Impf.  Ind.  =  Conditional. 
Zwischen  den  Inf.  und  das  Hülfsverb  können  auch  noch  in  der 
neueren  Sprache  conjunctive  Personalpronomina  treten.  Zur 
Bildung  der  periphrastischen  Tempora  wird  häufiger  ter  = 
tenere,  als  /laver  =  habere  verwandt,  z.  B.  tenho  cantado  üb- 
licher, als  hei  cantado. 

2.  Personalendungen:  Sg.  1.  -Jn  ist  durchweg  ge- 
schwunden, z.  B.  cante  =  cantem,  cantaca  =  cantaham,  sou  = 
sum  :  -0  ist  erhalten  im  Präs.  Ind.,  z.  B.  canfo,  geschwunden 
im  Conj.  Fut.  ^wenn  dieser  aus  Fut.  exact.  entstanden  ist), 
z.  B.  cantar:  die  Ausgänge  -a  v  i,  -i'vi  des  Perf.  Ind.  sind 
als  -ei  und  -i  erhalten,  z.  B.  cafttei,  vendi.  Isolirte  Bildungen 
der  1.  P.  Sg.  Präs.  Ind.  sind  hei  =  haheo.  sei  =  sapio,  sou  = 
sum.  vou  =  vado.  dou  =  do,  estou  =  sto.  Sg.  2.  -s  ist  durch- 
weg erhalten,  z.  B.  cantas^  cantes.  cantavas  etc. ;  in  der  2.  P. 
Sg.  Perf.  ist  -sti  als  -ste  bewahrt,  z.  B.  cantaste^  vendeste.  Sg.  3. 
-t  ist  durchweg  abgefallen,  z.  B.  canta.,  vende,  ca7ifava,  cantou. 
PI.  1.  -7nus  ist  durchweg  als  -7nos  erhalten.  PI.  2.  -tis  ist  er- 
halten als  -des  im  Conj.  Fut.,  z.  B.  cantar  des  =  canta[veritis\ 
sonst  ist  t  geschwunden  und  /  (scheinbar  ?  erhalten,  z.  B.  can- 
tais,  vendeis,  partis    i.  p>artiis).    PI.  3.    -7it  ist  erhalten  als  -m, 


580  ^^^  Portugiesische. 

z.  B.  cafitcwam,  vendem,  purtem\  -ant  wird  entweder  -am  oder 
(zu  ano  [vgl.  das  Ital.]  und  dies  zu)  -«o,  z.  B.  cantao  neben 
cantam,   ebenso  tritt  für  hahent  ein  hüo. 

3.  In  Bezug  auf  die  Betonung  ist  als  abweichend  vom 
Lateinischen  nur  zu  bemerken,  dass  die  1.  und  2.  P.  PL  Impf. 
Ind.  und  Conj.  den  Hochton  auf  der  Antepänultima  tragen, 
z.  B.  cantchcwios,  caiitävais,  catädssemos,  cafifdsseis,  vetidiamos 
etc.  Abnorm  ist  auch  die  Betonung  der  Imperfecta,  wie  tinha 
aus  venia  =  veniebam,  vgl.  unten. 

4.  Der  Inf.  hat  durchweg  sein  auslautendes  -e  verloren, 
z.  B.  cafitar,  ^;ar/'2V,  tender,  dizer  (vgl.  auch  No.  5,  Schluss- 
absatz). Dagegen  ist  das  auslautende  o  des  Gerund,  erhalten, 
z.  B.   cantando. 

5.  Der  Ableitungsvocal  -a  hat  sich  überall  erhalten,  wo 
er  im  Lat.  vorhanden  war');  in  der  1.  und  3.  P.  Sg.  Perf. 
jedoch  ist  er  durch  Einfluss  des  nachfolgenden  ?',  bzw.  u  (=  v) 
zu  e  erhöht,  bzw.  zu  o  verdumpft  worden :  cantei  =  ca7ita\v]^i., 
cantou  =  cantav[it\. 

Der  Ableitungsvocal  -i  bleibt,  wo  er  im  Lat.  vorhanden 
war,  erhalten  mit  Ausnahme  des  Sg.  und  3.  PI.  Ind.  und  des 
ganzen  Conj.  sowie  der  2.  Sg.  Imperat.  Präs.  iparto,  partes^ 
parte,  partem,  parta  etc.,  parte).  Durch  Analogie  ist  er  auf 
die  1.  P.  Sg.  des  Perf.  der  schwachen  Verba  auf  -er  [vendi, 
vendesti  etc.)  und  auf  das  Impf.  Ind.  der  ursprünglich  starken 
und  £- Verba  übertragen,  z.  B.  podia  f.  poteram,  sabia,  habia, 
vgl.   auch  nächsten  Absatz. 

In  einzelnen  ersten  Personen  Sg.  Präs.  Ind.  und  Conj. 
(im  letzteren  durch  alle  Personen)  hat  das  ursprünglich  vor- 
handen gewesene  Ableitungs-/,  bzw.  -e  lautliche  Nachwirkun- 
gen hinterlassen,  so  z.  B.  in  venho  =  renio,  tenho  =  teneo, 
ponho  =  *po7iio  f.  pono,  vej'o  =  video ,  fago  =  facio,  j'azo  = 
Jaceo,  caibo  =  capto,  sei  =  sapio  [saiba  =  sapiam),  hei  =  habeo 
[haja  =  habeam),  vgl.  ausserdem  Conjunctive ,  wie  qiieira  = 
*quaeriam.  Auch  einzelne  Imperfecta  Ind.  zeigen  lautliche 
Nachwirkung  des  Ableitungs-e ,  bzw.  -e:  vinlia  =  veniebam, 
tinha  =  *tetiiebam,  punha  =  *poniebatn. 


1)  In  der  familiären  Hede  wird  in  der  2.  P.  Sg.  Imperat.  das  auslau- 
tende a  oft  unterdrückt,  wenn  ein  conj  unctives  Personale  darauf  folgt,  z.B. 
cal-te  f.  cala-te,  vgl.  Kom.  X  589. 


Das  Portugiesische.  5S1 

Inchoativbilduug  der  ursprünglichen  /-Verba  kennt  das 
Portugiesische  nicht;  der  lat.  Inchoativausgang  -escere  wird 
zu  -scer.  z.  li.  crescere  :  cre[s)ce}\  1.  P.  Sg.  Präs.  Ind.  crego, 
cognöscere  :  conhecer^  conhe^o. 

Der  Ahleitungsvocal  -e  ist  erhalten  im  Inf.  und  in  der 
1.  und  2.  PI.  Präs.  Ind.,  z.  B.  haver,  havemos^  haveis.  Der 
Analogie  der  ursprünglichen  JE'-^  erba  folgen  in  den  genann- 
ten Formen  auch  die  starken  Verba,  z.  B.  dizer ,  dizemos, 
di'zeis  (die  Infinitive  auf  —dre  sind  folglich  zu  solchen  auf  -er 
geworden^  Ausserdem  tritt  e  überall  da,  wo  a  und  i  nicht 
angewandt  werden,  zwischen  Stamm  und  Endung,  ist  aber  in 
einigen  der  betr.  Fälle  nicht  als  Ableitungs-e ,  sondern  als 
Bindevocal  zu  betrachten,  so  in  der  2.  und  3.  Sg.  und  3.  PI. 
Präs.  Ind.  der  Verba  auf  -er  und  -ir. 

6.  Im  Präsens  zeigen  einzelne  Verbalkategoiien  Wechsel 
des  Stamm vocals,  nämlich  a)  bei  seniir  und  Comp.,  mentir  und 
Comp..  {co)i-^  de-  etc.)  fei' ir  =  ferre.  ferir  =^  ferire  ^  servir, 
vestir,  repetir.  differrr,  advertir,  competir^  despir  neben  despe- 
dir,  impedir^  etixerir,  fregir  u.  a.  wandelt  sich  in  der  1 .  P. 
Sg.  Präs.  Ind.  und  im  ganzen  Präs.  Conj.  e  zu  ^^  z.  B.  sinto^ 
se?ifes  etc.,  sinfa,  sintas  etc.;  b)  bei  acudir ,  hidir  ^  [con-, 
de-,  e)struir .  sumir.  consumir.  cuspir,  efiguh'r,  fugir^^  tussir^ 
subir,  üiirgir,  ciihrir  wandelt  sich  in  der  2.  u.  3.  P.  Sg.  und 
3.  PI.   Präs.  Ind.  und  2.  P.   Sg.  Imperat.  u  zu  o,   z.  B.  fuj'o, 

foges,  foge,  fugimos^  fugis^  fogen\  c)  bei  dormir  wandelt 
sich  in  der  1.  P.  Sg.  Präs.  Ind.,  im  ganzen  Conj.  Präs.  und 
in  der  2.  P.  Sg.  Imperat.  o  zu  w:  durmo^  dormes  etc., 
durma^  durmas  etc.,  durme\  d]  bei  sortir  wandelt  sich  in 
der  2.  und  3.  P.  Sg.  und  3.  P.  PL  Präs.  Ind. ,  im  ganzen 
Conj.  Präs.  und  in  der  2.  P.  Sg.  Imperat.  (also  in  allen 
stammbetonten.  Formen  ausgenommen  die  1.  P.  Sg.  Präs.  Ind. 
0  zwu:  sorto,  surtes.  surte^  sortimos,  sortis,  surtem,  surta. 
surtas  etc.,  surte. 

7.  Die  starke  Per fectbil düng  ist  durch  den  Uebertritt  vie- 
ler ursprünglich  starker  Verba  zur  schwachen  Bildung  'z.  B. 
vendi  für  vtndidi)  und  dmrch  den  Schwund  einiger  A'erba  er- 
heblich eingeschränkt  worden  und  macht  um  so  mehr  einen 
trümmerhaften  Eindruck,  als  starke,  d.  h.  stammbetonte  Bil- 
dung  nur   in    der    1.    und    3.    P,    ^^.    stattfindet     z.  B.  ^2  = 


5S2  I^^s  Portugiesische. 

feci,  fizeste  ^=  fecisti,  ßz  =  fecit,  ßzemos  =feci7mts,  ßzestes  = 
fecistis,  ßzeram  =fecerunt]. 

In  den  wenigen  zur  e'-Classe  gehörigen  starken  Perfecten 
ist  in  der  1.  P.  Sg.  das  i  in  Wegfall  gekommen:  vi  =  vidi^ 
vim  [vieste  etc.)  =  veni ,  daran  schliesst  sich  hinsichtlich  der 
fehlenden  Endung  quiz  =  *quaesi  f.  qtiaesivi  und  puz  =  posui 
(s.  u.).     Beharrt  hat  das  i  in  fui  v.  ser. 

Die  einzigen  Perfecta  der  se-Classe  sind  disse  =  dixi,  quiz 
=  *quaesi  und  das  veraltete  dusse  =  duxi:  über  ^j^/z  und 
trouxe  s.  u. 

In  den  wenigen  stark  gebliebenen  Perfecten  der  2«-Classe  ist 
Attraction  des  u  in  die  Stammsylbe  eingetreten :  coube  =  >a- 
pui,  souhe  =  sapui,  jouve  =  j'actd,  pude  =  potui ;  Anbildung 
ist  puz  =  posui,  Mischbildung  ist  trouxe,  gleichsam  *traxui. 

Das  Perf.  tive  v.  ter  =  tenere  erklärt  sich  wohl  aus  *tevi 
f.  *tenti  f.   tenui. 

8.  Die  Ausgänge  des  schwachen  Part.  Prät.  (od.  Perf.) 
sind  -ado  für  die  ^4-Conj.  und  -ido  für  alle  übrigen  "N^erba; 
statt  -ido  verwandte  die  ältere  Sprache  häufig  -udo.  Starke 
Participien  haben  sich  nur  sehr  wenige  in  ausschliesslichem 
Gebrauche  erhalten  [dito,  feito,  visto,  posto ;  vindo  v.  vir  = 
venire  ist  eigentlich  Gerund.).  Dagegen  sind  in  zahlreichen 
Fällen  starke  und  schwache  IJildungen  (z.  B.  aherto  und 
ahrido]   neben  einander  im  Gebrauch. 

9.  Kürzung  des  Infinitivs  findet  nur  in  wenigen  Futuren 
und  Conditionalen  statt  [direi,  ßarei,  trarei  v.  dizer,  fuzer, 
irazer) ,  während  terei ,  verei,  virei,  porei  auf  den  syncopirten 
Infinitiven  ter  =  tenere,  «er  =  videre ,  vir  =  v€}iire,  pör  = 
ponere  beruhen. 

10.  Die  periphrastischen  Tempora  aller  Verben  Averden 
mittelst  ter  (selten  mittelst  haver),  nie  mit  ser  gebildet,  z.  B. 
me  tenJio  lembrado  =  «ich  habe  mich  erinnert«  [lemhrar  = 
meni[o]rare) . 

VI.  Als  ein  origineller  Zug  der  portugiesischen  Syntax 
ist  namentlich  die  sogenannte  Flexion  des  Infinitivs  hervor- 
zuheben ;  bezieht  sich  nämlich  der  Infinitiv  auf  eine  bestimmte 
Person,  so  nimmt  er  (ausgenommen  wenn  es  die  1.  oder  3. 
Sg.  ist)  die  betr.  Personalendung  an,  also  z.  B.  Sg.  1.  cantar, 
2.  cantares,    3.   cantar,    PI.    1.  cantarmos,   2.  cantardes,   3.  ca7i- 


Uas  Portugiesische.  5S3 

tanm,  -wobei  uoc-h  das  betr.  rersonulpronomen  in  der  Sub- 
jectsform  hinzutreten  kann.  DiircU  diese  Construction,  welche 
hauti<i:  dem  lat.  Acc.  c.  inf.  gleich werthi^f  ist,  sowie  durch  die 
weit  ausgedehnte  Möglichkeit  der  ^'erbindung  des  Infinitivs  mit 
Präpositionen  zum  Ausdruck  von  Adverbialsätzen  erhält  der 
portugiesische  Periodenbau  die  Fähigkeit  zu  Kürze  und  Klarlicit. 

Einer  der  besten  Kenner  des  Portugiesischen,  C.  v.  11i:in- 
iL\RDSTÖTTXEK,  cliaraktcrisirt  in  seiner  Grammatik  p.  2  u.  17) 
die  Syntax  desselben  mit  folgenden  Worten:  «Die  portugiesi- 
sche Sprache  entwickelt  hauptsächlich  in  ihrer  Syntax,  und 
das  ist  ja  das  lebendige  Innere  einer  Sprache,  eine  Selbstän- 
digkeit im  Satzbaue,  eine  Freiheit  des  Ausdruckes,  eine  oft 
klassische  Kürze  und  Genauigkeit,  eine  Fähigkeit  der  Wort- 
bildung ,  durch  welche  sie  in  vielen  Punkten  das  spanische 
Idiom  nicht  selten  überflügelt«,  und:  «Die  portugiesische  Syn- 
tax steht  ohne  Zweifel  von  allen  romanischen  Sprachen  der 
lateinischen  am  nächsten.  Die  zierliche  Anwendung  abstrac- 
ter  Plurale,  Congruenz  und  Rection  erinnert  stets  an  das  la- 
teinische Vorbild.  Die  Stellung  der  Worte  kann  sich  nicht 
nur  in  Poesie,  sondern  auch  in  Prosa  losmachen  von  dem  den 
übrigen  Schwestersprachen  eigenen,  nur  selten  gebrochenen 
Kegelzwange:  die  Stellung  des  Genetivs  zwischen  den  Artikel 
und  das  regierende  Substantiv  ist  ein  ganz  gewöhnlicher 
Vorgang.« 

Vielleicht  ist  dies  Lob  etwas  überschwänglich ,  aber  viel 
Wahrheit  schliesst  es  jedenfalls  in  sich  ein. 

§  S .  Bemerkungen  über  die  Rhythmik  des  Por- 
tugiesischen. 

1.  Für  die  Rhythmik  des  Portugiesischen  sind  dieselben 
allgemeinen  Principien  gültig,  wie  für  diejenige  der  übrigen 
romanischen  Sprachen.  2.  Auslautender  Vocal  bildet  mit  fol- 
gendem anlautenden  Vocal  bzw.  h  -j-  Vocal)  eine  Sylbe,  doch 
finden  sich  zuweilen  Fälle  des  Hiatus.  3.  Zu  einem  Diph- 
thonge verbundene  Vocale  haben  die  Geltung  nur  einer  Sylbe, 
doch  kommen  Fälle  der  Diärese  vor.  4.  Die  beliebtesten  Verse 
sind  die  sogenannten  Redondilhen    Kurzzeilen)')  und  der  aus 


1)  Diese  Kurzzeilen  «trochäiseh«  zu  nennen,  ist  aus  bekanntem  allge- 
meinen Grunde  durchaus  unstatthaft;  selbst  die  Benennung  «ton trochäiseh« 
würde  unzutrefl'end  sein. 


584  Das  Portugiesische. 

der  italienischen,  bzw.  aus  der  spanischen  Kunstpoesie  ent- 
lehnte Endecasillabo.  Die  Redondilhen  Averden  vorwiegend 
von  der  Lyrik,  namentlich  der  erotischen,  gebraucht:  der  En- 
decasillabo ist  der  Vers  der  classischen  Epopöe  (s.  auch  No.  5). 
5.  Die  Verse  werden  durch  den  Vollreim  (in  älterer  Zeit  auch 
durch  Assonanz)  rhythmisch  mit  einander  verbunden.  Im 
Drama  ist  auch  der  Versuch  zur  Einführung^  des  sog.  reim- 
losen  fünffüssigen  Tonjambus  gemacht  Avorden'j.  6.  Die  Stro- 
phenformen entlehnte  die  ältere  portugiesische  Lyrik  vielfach 
dem  Provenzalischen ,  die  neuere  dagegen  den  Italienern  und 
Spaniern. 

§  9.  Bemerkungen  über  die  Geschichte  der  por- 
tugiesischen Litteratur. 

1.  Die  ersten  Denkmäler  der  portugiesischen  Litteratur, 
die  unten  näher  bezeichneten  Cancioneiros ,  reichen  nur  bis 
in  die  zweite  Hälfte  des  13.  Jahrhunderts  zurück.  Einige  an- 
geblich ältere  Dichtungen ,  so  namentlich  das  vermeintliche 
Volkslied  )-)No  ßgueiral  ßgueiredo^  \  a  no  fgueircd  entrey  etc.'< 
(eine  Art  ßomanze),  sind,  mindestens  in  der  überlieferten  Ge- 
stalt, für  Machwerke  späterer  Zeit  zu  erachten,  vgl.  F.  Diez. 
L'eber  die  erste  portug.  Kunst-  und  Hofpoesie,  p.    2  ff . 

2.  Innerhalb  der  portugiesischen  Litteraturgeschichte  las- 
sen sich  folgende  Perioden  unterscheiden: 

a)  Die  Periode  der  mittelalterlich  höfischen  Dichtung  von 
den  Anfängen  bis  zum  Ausgang  des   15.  Jahrhunderts). 

b)  Die  Periode  der  classischen  Dichtung  oder  die  Periode 
der  ßenaissancepoesie  (vom  Ausgange  des  15.  bis  zum  Ende 
des  IG.  Jahrhunderts)  2  . 


1)  Man  sehe  z.  B.  den  Eingang  der  Tragödie  Osmia: 

Illustres  cÖDipaiiheiros,  cnnfiär-vos 

htm  2>o(h'is  de  »um  zelo.    Niio  he  facti 

que  um  Matdio  sacrijiqiie  do  seu  cargo 

as  leis  seceras,  nem  ao  proprio  sangue  etc. 
Rhythmisch   feinfühlige  Ohrfn   werden   freilich   urtheilen  müssen,    dass  es 
um  die  Scansion  solcher  Verse  sehr  misslich  bestellt  ist  und  dass  die  ganze 
Sache  dem  Geiste  der  Sprache  widerstreitet. 

2)  Die  Dichter  dieser  Periode  pHegen  als  »Quinhentisten«  bezeichnet 
zu  werden,  indem,  wie  dies  auch  in  der  italienischen  Litteraturgeschichte 
üblich  ist,  das  16.  Jahrhundert  nach  seiner  Hundertzitier  benannt  wird 
(qui)ihcittos  =  501»". 


Das  Portugiesische.  5S5 

c^   Die  Periode  des  Epiii:onentlunns  (etwa  das  17,  Jalirh.). 

d)  Die  Periode   des  Verfalles    etwa   das   IS.  Jahrhundert). 

Auf  die  Periode  des  A'erfiilles  sind  in  diesem  Jahrhundert 
mehr  oder  minder  glückliche  Versuche  zur  Wiederbelehung 
der  Litteratur  erfolgt,  ohne  dass  doch  his  jetzt  von  einer  wirk- 
liehen Neublüthe  gesprochen  werden  könnte. 

3.  Die  mittelalterliche  portugiesische  Litteratur  trägt  einen 
durchaus  höfischen  und  kunstmässigen  Charakter,  wie  sie  denn 
axich  ganz  vorwiegend  nur  innerhalb  der  am  Hofe  kunstsinni- 
ger Herrscher  '  sich  sammelnden  ritterlichen  Gesellschaft  ge- 
pflegt ward.  Der  höfische  Charakter  spricht  sich  auch  in  der 
ganz  einseitigen  Bevorzugung  der  Lyrik  aus.  So  entbehrte 
Portugal  (ähnlich  wie  Italien,  aber  aus  anderem  Grunde  im 
Mittelalter  einer  wirklich  nationalen  Litteratur ,  um  so  mehr, 
als  die  Lp'ik  si^'h  durchaus  an  die  provenzalische  Troubadour- 
dichtung anlehnte  und  deren  Formen  und  Formeln  sich  be- 
diente. 2) 

Die,  wie  man  annehmen  darf,  werthvoUsten  Erzeugnisse 
dieser  höfischen  Lyrik  sind  in  folgenden  Liederbüchern  über- 
liefert: a)  Die  vaticanische  Liederhds.  No.  4 SO 3  oder  der  Can- 
cioneiro  des  Königs  Diniz,  Lieder  von  127  Dichtern  umfas- 
send, in  der  vorliegenden  Redaction  nicht  vor  1340  entstan- 
den, b)  Ansehnliche  Ik-uchstücke  eines  in  der  Bibliothek  des 
Real  Collegio  dos  nobres  zu  Lissabon  aufgefundenen  Cancio- 
neii'o.  Lieder  enthaltend,  welche  im  Kreise  des  Grafen  Pedro 
V.  Barcellos  (7  1354  ,  unehelichen  Sohnes  des  Königs  Diniz, 
entstanden  sind,  c  Der  von  Garcia  de  Resende  um  1500  zu- 
sammengestellte und  151G  zuerst  gedruckte  »Cancioneiro  geral», 
Lieder  des  15.  Jahrhunderts  enthaltend,  darunter  auch  solche, 
welche  nach  Form  und  Geist  bereits  der  Renaissanceperiode 
angehören.  —  Hierzu  kommt  noch  d)  der  dem  König  Alfons  X. 


1)  Namentlich  König  Dionysius  oder  Diniz  1279  bis  1323,  König 
Duarte  1433  bis  1438,  König  Johann  11.  14S1  bis  1495  und  König  Emma- 
nuel 1495  bis  1521,  die  beiden  letzteren  freilich  schon  mehr  der  folgenden 
Periode  angehörig. 

2)  Doch  i^t  einschränkend  zu  bemerken,  dass  gar  manche  in  den  Can- 
cioneiros  überlieferten  Lieder  einen  volksthümlichen  Ton  anschlagen  und 
vielleicht  auf  alte  Volkslieder  zurückgehen.  {Hundert  derartige  Lieder 
sind  neuerdings  von  "\V.   Storck  verdeutscht  worden,  s.  §  10.) 


586  I^^s  Portugiesische. 

von  Castilien  (1252  bis  1281)  zugeschriebene,  in  drei  Ildss. 
(zwei  im  Escurial,  eine  in  Toledo)  erhaltene,  über  400  Ma- 
rienlieder umfassende  gallicische  Cancioneiro. 

Ausser  diesen  Liederbüchern  besitzen  wir  aus  dieser  ersten 
Periode  nur  noch  einige  Prosaurkunden,  deren  älteste  vom 
Jahre  1192  datirt,  und  einige  Prosaschriften,  meist  asketischen 
Inhaltes  (Legenden  u.  dgl.)  ohne  ästhetischen  Werth,  vgl, 
Rom.  XI  357. 

Der  Amadis-Roman  ist  nicht  portugiesischen,  sondern 
spanischen  Ursprunges. 

4.  Unter  dem  Einflüsse  einerseits  der  erblühenden  Re- 
naissancebildung und  andrerseits  des  grossen  politischen  Auf- 
schwunges, welcher  dem  portugiesischen  Volke  und  Staate  im 
Zeitalter  der  Entdeckungen  beschieden  war,  erwuchs  vom  Aus- 
gang des  15.  Jahrhunderts  ab  eine  classische  Litteratur,  wel- 
che, obwohl  in  Hinsicht  auf  Sprache  und  poetische  Form 
durchaus  den  Renaissancecharakter  tragend,  doch  von  natio- 
nalem Gedankeninhalte  erfüllt  war  und  dem  stolzgehobenen 
nationalen  Selbstbewusstsein  volltönenden  Ausdruck  verlieh. 
Die  Hauptvertreter  dieser  Litteratur,  welche  namentlich  in  der 
Lyrik,  im  Drama  und  vor  Allem  im  Epos,  Aveniger  in  der 
Prosa ,  mindestens  relativ  Bedeutendes  geschaff'en  hat ,  sind : 
Sä  de  Mi  ran  da  (1495  bis  1558,  Renaissancelyriker,  nament- 
lich Sonettist,  doch  auch  Lustspieldichter) ,  Bernardim  de 
Ribeiro  (1475  bis  etwa  1554;  Lyriker,  Romanautor),  Gil 
Vicente  (geb.  1480  zu  Guimaräes,  gest.  zu  Evora  1536; 
Lustspieldichter  von  allgemein  litterarhistorischer  Bedeutung, 
ausserhalb  Portugals  noch  zu  wenig  gewürdigt),  Antonio 
Ferreira  (1528  bis  15G9;  Lyriker  und  Dramatiker,  Dichter 
der  Renaissancetragödie  »Inez  de  Castro«),  Pero  Andrade  de 
Caminha  (1520  bis  1598;  Lyriker),  Dom  Manoel  de  Portugal 
("  1606?  ]jyriker).  Der  hervorragendste  Dichter  der  classischen 
Periode  Portugals  und  neben  Gil  Vicente  der  einzige,  welchem 
eine  Stelle  in  der  Weltlitteratur  zukommt,  ist  Liiiz  de  Ca- 
möes  (geb.  [Tag  unbekannt]  1524  wahrscheinlich  zu  Lissabon, 
gest.  ebenda  10,  6.  1580^,  vor  Allem  berühmt  als  Dichter  des 
Epos  »Os  Lusiadas«,  einer  der  grössten  Schöpfungen  der  ge- 
sammten  Renaissancecpik,  nicht  minder  bedeutend  aber  auch 
als  Lyriker  und  Dramatiker.    Die  zahlreichen  Nachahmer,   wel- 


Das  Pürtup;icsischc.  5S7 

che  Camöes  besonders  in  der  Epik  fand,  waren  leider  ilnu 
geistig-  nicht  entfernt  ebenbürtig. 

Auf  dem  Gebiete  der  Prosa  entwickelte  nur  die  Geschichts- 
schreibung sich  zu  höherer  l)edentsamkeit. 

5.  Dem  classischen  Zeitalter  folgte  eine  Periode  des  nach- 
ahmenden Epigonenthums ,  das  sich  vorwiegend  nachahmend 
verhielt,  in  der  Nachahmung  aber,  wie  dies  meist  geschieht, 
die  Schwächen  der  copirten  Vorbilder  bis  zur  A'erzerrung  stei- 
gerte. Manierirtheit  und  AfFectation  begannen  in  der  Litte- 
ratur  untl  auch  in  der  Sprache  herrschend  zu  werden,  zumal 
der  in  Spanien  aufkommende  estilo  culto  und  Gongorismus 
seinen  unheilvollen  Einfluss  auch  auf  Portugal  erstreckte. 

G.  So  verfiel  denn  die  Litteratur  mehr  und  mehr,  wie  ja 
in  politischer  Beziehung  Portugal  seit  der  Unglücksschlacht 
bei  Alcassar  (157S)  rasch  von  seiner  Höhe  niederstürzte  und 
zeitweilig  (löSl  bis  1640)  sogar  seine  staatliche  Selbständig- 
keit verlor,  indem  es  mit  Spanien  vereinigt  ward.  Indessen 
wenn  auch  namentlich  im  IS.  Jahrhundert  die  portugiesische 
Poesie  im  Wesentlichen  zu  einer  von  Akademieen  (Arcadia, 
Nova  Arcadia)  und  Dilettantenvereinen  gepflegten  Spielerei 
herabsank,  so  sind  doch  selbst  aus  dieser  Zeit  einige  Dichter 
von  gew^isser  Bedeutung  zu  nennen,  so  namentlich  Antonio 
Diniz  1730  bis  1790",  der  Verfasser  des  originellen  burlesken 
Epos  »Hyssöpe«,  der  Bukoliker  Domingo  dos  Reis  Quita  (172S 
bis  1770),  der  Dramatiker  Manoel  de  Figueiredo  fgeb.  1725) 
und  namentlich  der  geniale,  aber  freilich  nie  zu  Klärung  und 
innerer  Harmonie  gelangte  Manoel  du  Bocage  (1765  bis  1805). 

7.  Die  politischen  Verhältnisse  des  gegenwärtigen  Jahr- 
hunderts mit  ihren  fortwährenden  Verfassungs-  und  Partei- 
streitigkeiten w^aren  der  Litteratur  w^enig  günstig,  und  so  ist 
man  denn  bis  jetzt  über  ein  sehr  achtbares ,  aber  doch  von 
keinem  vollen  und  durchschlagenden  Erfolge  gekröntes  Stre- 
ben nicht  hinausgekommen.  Reihardstöttner  spricht  sich 
(in  seiner  Gramm.,  p.  41)  über  die  neueste  Periode  der 
portugiesischen  Litteratur  melancholisch  also  aus:  «Portu- 
gal selbst  im  Gegensatze  zu  Brasilien]  hatte  nun  das  ver- 
loren und  vergessen,  Avas  überall  wohnen  muss,  um  eine 
wirkliche  Poesie  zu  schaff"en,  das  nationale  Bewusstsein.  Auch 
die  Bühne,   die  sonst  so  viel  direct  zum  Volke  spricht,  hat  in 


588  I^^s  Portugiesische. 

Portugal  neuestens  nichts  gethan.  Die  Bearbeitung  der  eige- 
nen Litteraturgeschichte  übernahm  für  Portugal  das  Ausland; 
mühsam  versuchten  Männer,  wie  Almeida  Garjiett  und  Ale- 
xandre Herculano,  ein  Echo  der  Pomantiker  in  Portugal 
wach  zu  rufen.  Wie  Garrett  mit  dem  Pomanceiro  die  alten 
Volkserinnerungen  erwecken  wollte ,  so  Avarf  er  sich  auf  die 
Pühne .  deren  Schöpfung  sein  Werk  war,  und  für  welche  er 
selbst  arbeitete  (Un  auto  de  Gil  Vicente  1&3S,  Filippa  de 
Yilhena  1S40,  Alfageme  de  Santarem  1841  ,  und  sein  bestes 
Werk:  Frei  Luiz  de  Sousa).  Man  kann  sagen,  dass  der  Ver- 
such an  der  allgemeinen  Theilnahmlosigkeit  scheiterte ,  denn 
eine  portugiesische  Litteratur  wie  in  anderen  Ländern  besteht 
zur  Stunde  nicht.  Den  Wünschen  und  Bestrebungen  der  we- 
nigen thatkräftigen,  gelehrten  und  patriotischen  Männern  Por- 
tugals ,  die  in  Kritik  und  Poesie  ihr  Vaterland  so  gern  auf 
die  gleiche  Höhe  mit  den  übrigen  Nationen  Europa's  bringen 
wollten  und  welche  hierzu  die  geistige  Macht  besässen  ,  fehlt 
jegliche  Beihülfe.  So  ist  wenigstens  im  nächsten  Jahrzehnt 
nicht  zu  erwarten ,  dass  Portugals  Litteratur  den  Kampf  mit 
den  übrigen  Culturvölkern  aufnehmen  werde.« 

Aber,  wenn  auch  die  Gegenwart  Avenig  Erfreuliches  und 
Bedeutendes  an  dichterischen  Schöpfungen  darbietet,  so  darf 
man  doch  an  Portugals  litterarischer  Zukunft  nicht  verzwei- 
feln. Nicht  geistig  herabgekommen  und  zu  geistigem  Schaffen 
unfähig  geworden  ist  das  portugiesische  Volk ,  sondern  nur 
erschöpft  und  der  Kräftigung  bedürftig  nach  den  grossen 
Geistes-  und  Waffenthaten  der  früheren  Zeit  und  nach  so 
manchen  erduldeten  schweren  Geschicken.  Die  geistige  Streb- 
samkeit jedoch  und  den  idealen  Sinn  hat  es  sich  bewahrt  — 
dafür  zeugen  das  rege  Interesse  und  der  Eifer,  welche  man 
gegenwärtig  in  Portugal  der  Erforschung  der  Sprache  und  Lit- 
teratur der  eigenen  Vorzeit  zuwendet,  und  der  empfängliche 
Sinn  und  das  Verständniss,  welche  man  für  die  Litteratur  des 
Auslandes  bekundet.  Darin  ist  verbürgt,  dass  auch  der  Poesie 
Portugals  einst  eine  Zeit  neuer  Blüthe  beschieden  sein  werde, 

8.  In  Brasilien,  dem  grossen  portugiesischen  Sprachgebiete 
Amerikas,  hat  sich  seit  der  zweiten  Hälfte  des  IS.  Jahrhun- 
derts eine  Litteratur  entwickelt,  welche  eine  originale  Indivi- 
dualität  und  bedeutsamen    Inhalt   besitzt.    Ihre  herverragend- 


Das  l'ortufriosische.  589 

sten  Vertreter  dürften  sein  Gon/.alve  de  Map^alhäes  'gel). 
ISll  zu  Rio  de  Janeiro],  der  Verfasser  des  nationalen  Epos 
)iA  Confedcraeäo  dos  Tamoyos«  und  durch  die  Tragödien  »An- 
tonio Jose»  und  «Olgiato»  der  Schöpfer  eines  portugiesischen 
Nationakhamas ,  und  Joaquim  Manoel  de  Macedo  (geb. 
1820  zu  S.  Joäo  de  Itahorahy),  der  im  Roman  wie  im  Drama 
Treffliches  geleistet  hat. 

§  10.    Litteraturangaben. 

1.  Grammatisches  u.  Sprach  geschichtliches:  FeunÄo  ü'OiJ- 
VEIliA,  Grammatica  da  linguagem  portugueza  153G  Neudruck  1871)  — 
JoÄo  DE  Baukos,  Gramm,  da  lingua  port.  153'J  —  Duaute  Nunes  de 
Le/o,  ürigem  da  Uug.  port.  1810  —  Alvako  Ferreira  de  Vera,  Ortho- 
graphia  e  modo  para  escrever  certo  na  ling.  port.  11531  —  Jo.\o  Fkanco 
Barreto,  Orthographia  da  ling.  port.  1671  —  Methode  novo  e  facillimo 
de  grammatica  franceza  e  portugueza.  Trevoux  1700  —  JoÄO  DE  MoRAES 
Madukeyra  Feyjo  ,  Orthographia  ou  arte  de  escrever  e  pronunciar  com 
acerto  a  lingua  port.  Coimbra  1739  —  Fr.  Jo.se  Freire,  Keflexocs  sobre 
a  ling.  port.  (Anfang  des  18.  Jahrh.'s)  —  Manoel  Jose  de  Paiva,  Enfer- 
midades  da  lingua  e  arte  em  que  se  ensina  a  emudecer  para  a  melhorar  1760 
—  Fr.  Luiz  DO  Monte  Carmelo,  Compendio  de  orthographia  1767  — 
Meldola,  Nova  gramm.  port.  Hamburg  1785  —  Lobato,  Arte  da  gramm. 
da  ling.  port.  Lisboa  1788  —  P.  J.  de  Figueiredo,  Arte  da  gramm. 
port.  Lisboa  1799  —  Soares  Barbosa,  Gramm,  philos.  da  ling.  port. 
2^  ed.  Lisboa  1830  —  Saraiva,  Memoria  em  que  se  pretende  que  a  lingua 
portugueza  näo  e  filha  da  latina  1837  —  CoxSTAXCio,  Gramm,  analyt.  da 
ling.  port.  Paris  1831  —  Exercicios  de  cacographia  port.  Por  M.  M.  M. 
Lisboa  1864  —  A.  F.  B.\rata,  Estudos  da  lingua  portug.  Lisboa  1873  — 
F.  P.  Brou,  Gramm,  particular  ou  estudos  sobre  as  principaes  difficulda- 
des  da  ling.  port.  Lisboa  1875  (vgl.  über  die  beiden  letztgenannten  Schriften 
die  krit.  Bemerkungen  in  dem  ersten  Supplementheft,  p.  104,  der  Ztschr. 
f.  rom.  Phil.). 

*F.  A.  CoELHO,  Questöes  da  lingua  portugueza.  Primeira  parte:  Pre- 
liminares.  O  lexico.  O  consonantismo.  Porto  u.  Braga  1874  (hochbedeuten- 
des Werk;,  vgl.  Rom.  III  310  —  *J.  Cornu,  Etudes  de  grammaire  port. 
(I  De  l'influence  des  labiales  sur  les  voyelles  aigues  atones.  11  Va  prosthe- 
tique  devant  rr  en  portugais,  en  espagnol  et  en  catalan.  III  Les  nomina- 
tifs  (leus,  meesfre,  mestre,  ladro  etc.  IV  Etymologies),  in:  Rom.  X  334,  XI 
76  —  *Th.  Braga,  Grammatica  portugueza  elementar,  fundada  sobre  o 
methodo  historico-comparativo.  Porto  1877  —  Fr.  d'Ovidio,  Grammatica 
portoghese.  Napoli  1879   (?;. 

Portugiesische  Grammatiken  für  Deutsche:  *C.  V.  Rein- 
hardstöttxer  ,  Gramm,  der  portug.  Sprache  auf  Grundlage  des  Lat.  u. 
der  roman.  Sprachvergleichung.  Strassburg  1879,  vgl.  Giorn.  di  filol.  rom. 
III  1182,  Rom.  IX  305  —  A.  V.  JuNCK,  Portug.  Gramm.  Frankfurt  a/0. 
1778  —  J.  D.  Wagener,  Port.  Sprachlehre.  Hamburg  1835  —  Jon.  Cur. 


590  I^^s  Portugiesische. 

MÜLLKR,  Port.  Sprachl.  Hamburg  1840  —  A.  E.  "VVollheim  da  Fonseca, 
Port.  Sprachl.  Hamburg  1844  u.  öfters  —  PiNHEIKO  DE  SouzA,  Gramm, 
der  port.  Spr.  Leipzig  1851  —  E.  F.  Bösche,  Neue  port.  Sprachl.  Ham- 
burg 1853,  2.  Ausg.  1877  —  Anstett ,  Port.  Gramm,  nach  üllendorf. 
Hamburg  1863    —    HEROLD,  Pract.  Lehrgang  der  port.  Spr.  Leipzig  1872. 

Grammatiken  in  englischer  u.  französ.  Sprache:  Tkansta- 
GANO,  A  new  Portuguese  Grammar.  3*''  ed.  London  1794  —  Mordente, 
Exercises  of  the  Portuguese  Language.  London  1807  —  VlEYRA,  Portu- 
guese Grammar.  Lisboa  1812  —  Laycock,  A  Gramm,  of  the  Port.  Lang. 
Leeds  1825  —  Siret,  Gramm,  frcse  et  port.  Paris  1799  —  Gabe,  Gramm, 
port.  Hamburg  1812. 

Lautliches:  *GoN9ALVES  VlANNA,  Essai  de  phonetique  portugaise 
d'apres  le  dialecte  actuel  de  Lisbonne,  in:  Rom.  XII  29  (wichtige  mit 
lautphysiologischer  Methode  geschriebene  Abhandlung)  —  J.  CoRNU,  Etu- 
des  de  phonologie  espagnole  et  portugaise  (Inhaltsangabe  s.  oben  S.  540), 
in:  Rom.  IX  71  —  J.  CoRNU,  Chute  de  Va  en  portugais  ä  l'imperatif  de 
la  premiere  eonjugaison,  in :  Rom.  X  589  —  *J.  CoRXU,  Phonologie  syn- 
tactique  du  Cancioneiro  geral,  in:  Rom.  XII  243  wichtige  Arbeit)  —  L.  L. 
BoxAPARTE,  On  Portuguese  simple  sounds  compared  with  those  of  Spanish, 
French,  English  etc.,  in  Transactions  of  the  Philological  Society  1880/81, 
Part  I,  p.  23,  vgl.  Rom.  XI  ()22  —  H.  Sweet,  Spoken  Portuguese,  in: 
Transact.  of  the  Philol.  Society  1882  —  J.  CoRNU,  Portugais  ar,  er  = 
frcs  re,  in:  Rom.  IX  580  —  A.  CoELHO,  Antigo  portuguez  cFa,  in:  Riv. 
di  filol.  rom.  I  122  —  Teza,  Note  portogh.  in  Studj  di  fil.  rom.  I  403. 

Zur  Flexionslehre:  *A.  Coelho,  Theoria  da  Conjugacäo  em  latim 
e  portuguez.  Estudo  de  grammatica  comparativa.  Lisbon  1870. 

2.  Dialectisches  u.  Folklore:  J.  Tailiian,  Notes  s.  la  langue  vul- 
gaire  d'Espagne  et  de  Portugal  au  haut  moyen-age,  in :  Rom.  VIII  609,  IX 
294  u.  429  —  J.  Leite  de  Vasconcellos,  O  dialecto  mirandez,  contribuicäo 
para  o  estudo  da  dialectologia  romanica  etc.  Porto  18S3,  vgl.  Litteraturbl. 
f.  germ.  u.  rom.  Phil.  1883,  S.  108;  und:  Dialecto  brazileiro.  Porto  1SS4 
(vgl.  auch  desselben  Verf.'s  Aufsatz  Tradi95cs  pop.  e  dialecto  do  Brazil, 
in:  Rev.  de  estudos  livres  I  408,  459,  525,  sowie  ebenda  H^  81  über  die 
dialectos  beiröes)  —  CoUeccäo  de  Aocabulos  e  frasas  usadas  na  provincia 
de  S.  Pedro  do  Rio  Grande  do  Sul  no  Brazil.  London  1856  —  A.  Coelho, 
Os  dialectos  romanicos  o  neolatinos  na  Africa,  Asia  e  America,  Sonder- 
abdruck aus  dem  Boletim  da  Socicdade  de  Geographia  de  Lisboa  1881, 
vgl.  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  V  5S0  —  H.  Scill'CUAUDT,  Kreolische  Studien. 
I  lieber  das  Negerportugies.  von  S.  Thome  (Westafriea) .  II  Ueber  das 
Indoportugies.  von  Cochim.  III  lieber  das  Indoportugies.  A'on  Diu  etc.,  in: 
Sitzungsberichte  der  phil.-hist.  Cl.  der  K.  Akad.  d.  "NVissensch.  1882,  Bd. 
101,  102;  1883,  Bd.  Iü3,  105  —  Tez.\,  Indoportoghese,  in:  Propugn.  V  129. 

Ueber  das  Gallicische  s.  oben  S.  541.*) 


1)  Nachgetragen  werde  hier:  Grüzmacher,  Zur  gallicischen  Lieder- 
poesie, in:  Jahrb.  f.  rom.  u.  engl.  Lit.  1865.  Tll.  Braga,  Sobre  a  poesia 
popolar  da  Galiza,   in:   Riv.  di  til.  rom.  II  129. 


Das  Portugiesische.  591 

Revista  d'Ethuographia  (oder  d'Ethnologia?  der  Titel  zeigt  verschie- 
dene Fassung)  c  de  Glottologia.  Estudos  e  notas  por  A.  Coeluü.  Lisboa 
3  Hefte,  vgl.  Koni.  X  310  u.  (333  —  Annuario  para  o  estudo  das  tradi9Öe8 
populäres  portuguezas  dirigido  por  L.  DK  V.\sconcellos,  seit  1SS3  — 
A.  CüELUO,  Costumes  e  crencas  populäres,  in:  Bol.  da  Soc.  de  Gcogr.  de 
Lisboa  1S81  ,  vgl.  Rom.  X  033  —  A.  Coeluo,  Ethnographia  portugueza, 
in:  Bol.  da  Soc.  de  Geogr.  de  Lisboa  2»  serie,  No.  6  (1881)  —  Th.  Buag.¥, 
Cantos  tradicionaes  do  povo  portuguez  etc.  Porto  1884,  2  Bde.  —  Z.  Cox- 
SIGLIEKI  Pedroso,  Contribuicöes  para  unia  Mythologia  populär  portugueza. 
Porto  ISSO  fl'. ,  vgl.  Ztschr.  f.  roni.  Phil.  V  41G,  und:  Tradicöes  populäres 
portuguezas  (Materiaes  para  a  ethnographia  de  Portugal :  mjthologia,  can- 
tos, usos ,  supersticoes,  proverbios,  jogos  infantis,  contos,  lendas  e  tradi- 
cöes locaes  do  nosso  pais)  Porto  ISSO  f.,  vgl.  Rom.  XII  624  —  F.  Lie- 
BRECHT,  Portugies.  Aberglaube,  in:  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  I  89  —  Braga, 
Ueb.  portugies.  Volksbücher,  in:  Era  Nova,  Juli  1880,  vgl.  Rom.  X  310 
[ —  Adagios,  proverbios,  rifäos  e  anexims  da  ling.  port.  etc.  p.  p.  F.  R.  J. 
L.  E.  L.  Lisboa  1780.1 

3.  Lexikalisches:  R.  Bluteau,  Vocabolario  portuguez  e  latino. 
Lisboa  1712  neue  Bearbeitung  von  MoRAES  Silva.  Lisboa  1789,  4.  Ausg. 
1831)  —  Diccionario  da  lingua  portugueza,  herausg.  von  der  Akademie, 
ist  über  einen,  das  A  behandelnden  Band  (Lisboa  1793)  nicht  hinaus- 
gekommen —  Jose  da  Costa,  Diccionario  etc.  Lisboa  1794  —  *Elucidario 
das  palavras,  termos  e  frases  que  em  Portugal  antigamente  se  usaräo  e  que 
hoje  regularmente  se  ignoräo  etc.  etc,  por  Fr.  Joaquim  de  Sant.a  Ro.sa 
DE  ViTERBO.  Lisboa.  Bd.  I  1798,  Bd.  II  1799  Neudruck  des  Gesammt- 
werkes  von  F.  da  Silva.  L.  1S65)  —  E.  de  Foria,  Dicc.  da  ling.  port. 
Lisboa  1S58.  2  Bde. 

Espiritu  da  lingua  port.,  extrahido  dos  decadas  do  insigne  escritor 
Joäo  de  Barros  por  A.  P.  DE  FiGUElREDO,  in:  Mem.  de  litt.  port.  p.  p. 
Acad.  Real  de  Lisboa  IH  (1792;.   111. 

Diccionario  dos  synonymos  e  de  epithetos  da  lingua  portugueza  por 
L.  RoQUETTE  e  Jose  da  Fonseca.  Paris  1S58  —  F.  de  Santo-Luiz,  En- 
saio  sobre  alguns  synonymos  da  ling.  port.  Lisboa  1824  28,  2  Bde. 

Axt.  Maria  do  Conto,  Dicc.  da  maior  parte  dos  termos  homonjTnos 
e  equivocos  da  lingua  portugueza.  Lisboa  1842. 

Jo.Äo  DE  Sous.\ ,  Vestigios  da  lingua  arabica  em  Portugal  ou  lexicon 
etymologico  das  palavras  e  nomes  portuguezes  que  tem  origem  arabica. 
2=^  ed.  Lisboa  1830  —  "\V.  J.  Exgelmanx,  Glossaire  des  mots  espagnols 
et  portugais  derives  de  l'Arabe  2.  Ausg.  Leyden  1S69,  vgl.  M.  J.  MÜLLER 
in  den  Sitzungsberichten  der  K.  bayr.  Akad.  d.  "NVissensch.  1861,  11  95  — 
Th.  Braga.  Epopeas  da  raca  mosärabe,  Porto  1S71,  S.  104  f.  es  wird  hier 
eine  Liste  portugiesischer  "^Aorte  von  angeblich  skandinavischem  Ursprünge 
aufgestellt;  —  Fr.  de  Saxto-Luiz,  Glossario  das  palavras  e  frases  da 
lingua  franceza  que  se  tem  introducidas  na  locucäo  portugueza  moderna. 
Lisboa  1827. 

A.  DAS  Ne"\"ES  Pereira,  Ensaio  sobre  a  filologia  portugueza  por  meio 
do  exame  e  comparacäo  da  locucäo  e  estilo  dos  nossos  mais  insignes  poe- 


592  l^äs  Portugiesische. 

tas  que  floreceräo  no  sec.  XVI,  in:  Mem.  de  litt.  port.  p.  pela  Aead.  Real 
des  Scienc.  de  Lisboa  t.  V  (1793),  1,  vgl.  auch  ibid.  152  u.  IV  339. 

C.  MiCHAKLis,  Studien  zur  roman.  AVortschöpfung,  Leipzig  1878  'be- 
schäftigt sich  auch  viel  mit  portug.  Etymologie;  —  A.  CoELHO,  Formes 
divergentes  de  mots  portugais  imots  populaires  u.  raots  savants),  in:  Rom. 
n  281    —    C.  Michaelis,  Portug.  Etymologien,  in:    Ztschr.  f.  rom.  Phil. 

vn  102. 

Praktische  Handwörterbücher  für  Deutsche:  WüLLHEIM  da 
FoxsECA,  Handwörterb.  der  deutsch,  u.  port.  Spr.  3.  Ausg.  Leipzig  1883 
—  E.  T.  BösCHE,  Neues  vollst.  Taschenwörterb.  d.  port.  u.  deutsch.  Spr. 
2  Ausg.  Hamburg  1876  (Beide  "Werke  genügen  nur  sehr  bescheidenen 
Ansprüchen). 

4.  Zur  Rhythmik:  A.  F.  DE  Castilho,  Tratado  de  metrificacäo 
port.  Lisboa  1851  —  Jose  da  Fonseca,  Tratado  da  versifica9äo  port.  (Er- 
scheinungsjahr u.  -ort?)  —  F.  DiEZ,  Die  erste  portug.  Kunst-  u.  Hof- 
poesie, Bonn  1863,  p.  36  ff.  —  C.  v.  Reixhardstöttxek  in  seiner  Gramm. 
S.  394  ff. 

5.  Zur  Litteraturgeschichte : 

a)  Handschriftliches  u.  Bibliographisches:  C.  Michaelis 
DE  Vascüncellos) ,  Mittheilungen  aus  port.  Hdss.,  in:  Ztschr.  f.  rom. 
Phil,  vnr  430,  598,  IX  360  —  Ueber  die  Hdss.  der  alten  Liederbücher 
vgl.  DiEZ,  Die  erste  port.  Kunst-  u.  Hofpoesie,  S.  12  ff.  —  Ueber  die 
ehemals  der  Klosterbibl.  zu  Alcobaca  gehörigen,  jetzt  meist  in  der  Kgl. 
Bibl.  zu  Lissabon  befindlichen  Hdss.,  vgl.  J.  CoRNU,  in:  Rom.  X  334 
ein  Index  codicum  Bibl.  Alcobatiae  etc.  erschien  Lisboa  1775). 

Memoria  sobre  as  origens  da  typografia  em  Portugal  no  seculo  XV, 
in:  Mem.  de  litt.  port.  p.  p.  Acad.  Real  das  Scienc.  t.  VUI  (1S14) 
1   u.  77. 

F.  DA  Silva,  Diccionario  bibliographico  portuguez.  Lisboa  1858/67, 
8  Bde.  (dazu  mehrere  Supplementbände  von  Brito  Aranha)  —  'Pinto 
DE  Mattos,  Manual  bibliographico  de  livros  raros,  classicos  e  curiosos, 
revisto  e  prefaciado  pelo  Sr.  Camillo  Castello.  Porto  1S7S,  vgl.  Ztschr. 
f.  rom.  Phil.  Bibliographie  1878,  No.  1492  —  A.  CoELUO,  Bibliographia 
critica  de  historia  e  litteratura.  Bd.  I  (mehr  nicht  erschienen).  Porto  1873/75. 

Faria  e  Sousa,  Europa  portugueza.  Lisboa  1678/80,  3  Bde.  —  Ma- 
CHADO,  Bibliotheca  Lusitana.  Lisboa  1841  152,  4  Bde.  —  Jose  M.\ria  da 
Costa  e  Silva,  Ensaio  biographico-critico  sobre  os  melhores  poetas  portu- 
guezes.  Lisboa  1850/56  —  Jose  Silvestre  Ribeiro,  Primeiros  tracos 
d'uma  resenha  da  litteratura  portugueza.  Lisboa  1853. 

Bibliotheca  para  o  povo  Sammlung  interessanter  Volksschriften,  deren 
Katalog  in  der  Bibliographie  der  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  1ST8,  No.  15uS,  zu- 
sammengestellt ist). 

Memorias  de  Litteratura  portugueza  publicadas  pela  Academia  Real 
das  Sciencias  de  Lisboa  1792  ff.  (enthalten  nur  zum  Theil  litterargeschichtl. 
Abhandlungen;  —  Annaes  da  Bibliotheca  Nacional  de  Rio  de  Janeiro,  seit 
1S76,  über  den  Inhalt  vgl.  Bibliogr.  der  Ztschr.  f.  roman.  Phil.  1879, 
No.  2419. 


Das  Portugiesische.  593 

A  Renascen9a ,  orgäo  dos  trabalhos  du  gcracäo  moderna.  Publica9äo 
mensal.  Porto  1ST9  (enthält  viele  Biographien,  vgl.  Bibliogr.  der  Ztsehr.  f. 
rom.  Phil.   ISTl»,  Xo.  2415  . 

b  Darstellende  "Werke:  Tu.  Bii.\G.\.  Historia  da  litteratura  portu- 
gueza.  Porto  1S70  ff.,  14  Bde.  (das  bänderreiche,  viel  zu  weitläufig  an- 
gelegte "Werk  ist  sehr  ungleichmässig,  oft  auch  flüchtig  gearbeitet  u.  durch- 
aus nicht  zuverlässig,  weit  besser  u.  brauchbarer  ist  B.'s)  *Manual  da 
bist,  da  litt.  poet.  Porto  1S75  (seine  grosse  Litteraturgeschichte  hat  Br.  selbst 
gegen  seine  Kritiker  vertheidigt  in  der  Schrift:  Os  criticos  da  bist,  da  litt, 
port.  etc.  Porto  18T2\  und:  Curso  de  Hist.  de  Litt.  Port.  Berlin  1886. 

Fr.  Freire  de  Carvaluo,  Primeiro  ensaio  sobre  a  hist.  litt,  de  Por- 
tugal desde  a  sua  mais  remota  origem  ate  a  presente  tempo ,  seguido  de 
difl'erentes  opusculos  que  servem  para  sua  maior  illu.stra9äo.    Lisboa  1845. 

Simon'  de  Sismondi,  De  la  litterature  du  Midi  de  TEurope  (Paris 
1813  Bd.  IV,  p.  260  bis  562  —  F.  Dexis,  Resume  de  Thist.  litt,  du  Por- 
tugal. Paris  1826  —  A.  Loiseaü,  Hist.  de  la  litt,  portugaise.  Paris  1886 
;  abscheulich  dilettantenhaf t ' . 

JuNCK,  Nachrichten  von  der  port.  Litteratur.  Frankfurt  1788  —  Bou- 
TERWEK,  Geschichte  der  portug.  Poesie  u.  Beredtsamkeit.  Göttingen  1805 
(leider  noch  immer  brauchbar). 

*F.  DiEZ,  Ueber  die  erste  port.  Kunst-  u.  Hofpoesie.  Bonn  1863  — 
Th.  Braga,  Trovadores  galecio-portuguezes  (escola  provenzal).  Porto  1871 
—  J.  DE  FoYAS,  Sobre  a  poesia  bucolica  dos  poetas  portuguezes  in  Mem. 
de  litt.  port.  p.  p.  Acad.  Real  das  Sc.  de  Lisboa  t.  I  (1792',  1  —  Bala- 
GVER  Y  Merino,  D.  Pedro,  el  condestable  de  Portugal,  considerado  como 
escritor,  erudito  y  anticuario.  Gerona  18S1  Abdruck  aus  der  Revista  de 
ciencias  histöricas  [Barcelona^  t.  H  ,  vgl.  Rom.  XI  153  —  Lopez  de  Men- 
D09A,  A  litteratura  port.  nos  seculos  X\l  e  XVH,  in  den  von  der  Acad. 
das  sciencias  herausg.  Annalen,  März  1857  bis  Febr.  1858  —  Th.  Braga, 
Historia  do  romantismo  em  Portugal.  Ideia  geral  do  rom.  Garrett,  Hercu- 
lano,  Castilho,  Li.sboa  1880  (?j  —  Th.  Braga,  Historia  dos  Quinhentistas. 
"N'ida  de  Sa  de  Miranda  e  sua  escola.  Porto  1871  —  Th.  Braga,  Historia 
do  Theatro  portuguez.  Porto  1870,71,  4  Bde.  (Bd.  1  Vida  de  Gil  Vicente 
e  sua  escola,  seculo  XYI;  Bd.  2  a  comedia  classica  e  a  tragicomedia,  sec. 
X\T  e  XVH;  Bd.  3  a  baixa  comedia  e  a  opera,  sec.  XYLII;  Bd.  4  Gar- 
rett e  OS  dramas  romanticos,  sec.  XIX(. 

A.  P.  Lopez  de  MEND09A ,  Memorias  de  litteratura  contemporanea. 
Lisboa  1S55  —  A.  R.  Ortiz,  La  literatura  portug.  en  el  siglo  XIX.  Ma- 
drid 1870  —  *Th.  Braga,  Pamasso  portuguez  moderno.  Precedido  de  un 
estüdo  da  poesia  moderna  port.  Lisboa  1877.  *; 

*F.  AVoLF,  Le  Bresil  litteraire.  Hist.  de  la  litt,  bresilienne,  suivie 
d'un  choix  de  morceaux  des  meilleurs  auteurs  bres.  Berlin  1863,  vgl.  Jahrb. 
f.  rom.  u.  engl.  Litt.  V  222. 


1    Von  grösster  "VMchtigkeit   für   die  Geschichte   der  modernen  portu- 
giesischen  Litteratur   sind   Garretfs   Memorias   biographicas ,   herausg.  von 
Amorim.  Lisboa  1884,  3  Bde.,  vgl.  Literaturbl.  f.  germ.  u.  rom.  Phil.  V  247. 
Körting,  Encyklopädie  d.  rom.  Phil.   III.  38 


594  Das  Portugiesische. 

"Weitere  Einzelschriften  über  Autoren  u.  Litteraturwerke 
sehe  man  unter  d). 

c)  Chrestomathien:  *TlI.  BliAGA ,  Antologia  portugueza,  trechos 
selectos,  coordenados  sob  a  classifica9äo  dos  generös  litterarios  e  precedida 
de  uma  poetica  historica  portugueza.  Porto  1876,  vgl.  Ztschr.  f.  rom. 
Phil.  I  453  —  Th.  Braga,  Monumentos  da  litt,  port.,  in;  Era  Nova  I  320 
(1.  Ueber  ein  port.  Fragment  einer  Uebers.  des  Erzpriesters  von  Hita. 
2.  Einige  Verse  in  den  Obras  ineditas  des  A.  Teiles  de  Menezes  werden 
als  Uebers.  von  Versen  des  Marquis  v.  Santillana  nachgewiesen.  3.  üeber 
ein  Gedicht  auf  den  Tod  der  Ines  de  Castro) ,  vgl.  lätteraturbl.  f.  germ. 
u.  rom.  Phil.  I  411. 

J.  DA  FONSECA,  Parnaso  lusitano  ou  poesias  selectas.  Paris  1826/34, 
6  Bde.  —  Beetuch,  Magazin  der  span.  u.  port.  Litt.  Weimar  1780. 

CoUeccäo  de  autores  portuguezes,  Leipzig  (Brockhaus),  seit  1866.  Bd. 
1  u.  2.  Dl.'S.s,  A.  GoNcALVES,  Cantos.  Collec9äo  de  poesias.  Bd.  3  u.  4. 
Herculano,  O  Monasticon,  Bd.  5.  Camöes,  Os  Lusiadas  (Abdruck  der 
Ausg.  Juromenha's).  Bd.  (i.  DiNiz,  As  Pupillas  de  Sr.  Reitor.  Cronica  da 
aldeia.  7  u.  8.  Romanceiro  portuguez,  p.  p.  A.  Hardung. 

d)  Ausgaben  u.  Erläuterungsschriften') :  Adagios  s.  ob.  S.  591 
Z.  16 v.o.  —  Aelteste  poetische  Denkmäler  s.  Liederbücher.  Ael- 
teste  Prosadenkmäler.  Einige  derselben  (A  Vida  de  Eufrosina,  Vida 
de  Maria  Egipcia,  Extractos  d'um  tratado  de  devocäo)  sind  herausgegeben 
von  J.  CoRNU,  in:  Rom.  XI  357  —  d'Almeida,  Novellist,  s.  Brockhaus' 
Catalog,  p.  95  —  Amadis,  s.  oben  S.  341,  548  u.  555;  vgl.  ausserdem: 
Th.  Braga,  Sobre  a  origem  portugueza  do  Amadis  de  Gaula,  in:  Riv.  di 
filol.  rom.  I  179  —  de  Amor  im,  Verf.  zahlreicher  Romane,  Novellen  u. 
Dramen;  ausserdem:  Garrett.  Memoriasbiographicas.  Vgl.  S. 593  A.  u.  Brock- 
haus' Catalog,  p.95  —  Aranjo,  Joaquim,  vgl.  C.  v.  Reinh.ardstöttner, 
in:  »Auf  der  Höhe«.  Bd.  IX  141  —  Auto  do  dia  de  Juizo  no  quäl  fallam  as 
seguentes  figuras :  S.  Joäo,  Nossa  Senhora,  S.  Pedro,  S.  Miguel,  um  Sera- 
phina, Lucifer,  Satanaz,  David,  Absaläo ,  Urias,  Caim,  Abel,  Dalila,  um 
villäo,  um  tabelliäo,  um  carniceiro,  uma  regateira  e  um  moleiro.  Emenda- 
da  pela  edicäo  de  1659.  Porto  1878  (No.  10  der  Bibliotheca  para  o  povo, 
vgl.  oben  S.  592)  —  Bernardes,  Diogo,  einige  Titel  u.  Ausgg.  seiner 
Werke  sind  bei  Reinhardstöttner ,  Gramm,  p.  XIV  verzeichnet  —  Bo- 
cage.  Obras  poeticas,  6  Bde.,  s.  Brockhaus'  Catalog,  p.  95.  Th.  Braga, 
B. ,  sua  vida  e  epoca  litteraria.  Porto  1876.  Braga  hat  auch  Bocage's 
Obras  poeticas  herausgegeben.  Porto  1875/76,  7  Bde.  —  A.  Braga,  Novel- 
list, s.  Brockhaus'  Catalog,  p.  96  —  Th.  Braga.  Der  ungemein  vielseitige 
Gelehrte  Th.  Br.,  dessen  wissenschaftliche  Werke  an  den  geeigneten  Stellen 
citirt  worden  sind,  hat  auch  mehrfache  Dichtungen,  bzw.  Sammlungen  von 
solchen  veröffentlicht  (Folhas  verdes,  Torrentes,  Tempestades  sonoras), 
8.  Brockhaus'  Catalog,  p.  96  —  Branco,  Novellist;  das  "\'erzeichniss  seiner 


1)  Zur  Aufstellung  eines  derartigen  Autorenverzeichnisses,  wie  es  für 
das  Französische  und  Spanische  gegeben  worden  ist,  reichte  das  mir  zur 
Verfügung  stehende  bibliographische  Material  nicht  aus. 


Das  Portugiesische.  595 

bekanntesten  Schriften  in  Brockhaus'  Catalog,  p.  96  —  Camöes  (s.  oben 
S.  5Sl>).  Bibliographia  Camoniana,  scrvindo  de  Catalogo  official  da  Ex- 
posicäo  Litteraria  das  P'estas.  Porto  IbSO.  Bibliographia  Camoniano  por 
Th.  Braga.  Lisl)oa  ISSO,  vgl.  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  V  136.  Annuario  da 
Sociedade  Nacional  i  Camoneana.  Vol.  I,  Porto  1881.  W.  Stouck,  C.  in 
Deutschland,  bibliogr.  Beiträge,  in :  Acta  comparationis  litterarum  universa- 
rum.  Koloszvär  [Klausenburg;  1880.  J.  DE  V.\scon'CELLOS,  C.  em  Alle- 
manha.  Paris  1  SSI.  Wichtigere  Ausgab  en:  üs  Lusiadas.  Lisboa  1572 
(ed.  princ,  welcher  angeblich  noch  im  selben  Jahre  eine  2.  folgte  ;  von Cr.\a.s- 
BECK,  Lisboa  1607  u.  öfters;  von  M.\NOEL  DK  Fahi.\  y  Sousa,  Madrid  1639; 
von  dem  Padre  Tuomas  de  Aquino,  Lisboa  1779/80,  5  Bde.;  von  Morgado 
M.\TTEUS,  Paris  1816  (mit  werthvoUer  advertencia) ;  von  Baureto  Feto  u. 
G.  MONTEIRO,  Hamburg  1834;  v.  Carvalho,  Lisboa  1843;  v.  Jose  da 
FONSECA,  Paris  1846;  die  »Edicäo  Rollandiana«,  Paris  1S48;  von  *JURO- 
MEXHA,  Lisboa  1S69,  in  Bd.  VI  seiner  Gesammtausg.  (Textabdruck  in  Bd.  5 
der  Brockhaus'schen  Colleccäo  ;  von  C.  v.  Reinhardstöttner,  Strassburg 
1874/75;  von  Th.  Braga,  Porto  1880;  von  CoELHO,  Lisboa  1880.  Ueber 
die  Textkritik  der  Lusiaden ,  vgl.  namentlich  Morgado  Mattevs  in  der 
Advertencia  seiner  Ausg.,  die  Bibliographica  crit.  de  bist,  e  litt.  I  257  S., 
C.  V.  Reexhardstöttner  in  der  Einleitung  zu  seiner  Ausg.  p.  UI  ff.  u. 
Beiträge  zur  Textkritik  der  Lus.  in  der  Bibliogr.  crit.  Heft  9  u.  10,  vgl. 
Rom.  ni  127,  AV.  Storck  in  den  Anmerkungen  zu  seiner  Uebers.  der  Lus. 
■=  Bd.  5  der  Uebers.  sämmtlicher  Gedichte),  p.  379  ff.  Von  den  Ge- 
sammtausgg.  der  Werke  C,  welche  also  ausser  den  Lus.  auch  die  lyri- 
schen Gedichte  u.  die  Dramen  umfassen ,  sind  namentlich  hervorzuheben 
diejenige  von  Juromenha  (Lisboa  1860/69,  6  Bde.)  u.  die  von  Th.  Braga. 
Porto  1874,  3  Bde.  in  der  Bibliotheca  da  Actualidade,  No.  1  bis  8.  Eine 
Sonderausg.  der  in  Endecasillabi  verfassten  h-rischen  Gedichte  hat  Th. 
Braga  veranstaltet  u.  d.  T.  Pamasso  de  Luiz  de  Camöes,  Porto  1880,  vgl. 
Ztschr.  f.  rom.  Phil.  V  493.  Zu  Camöes'  Leben  u.  Werken:  Die  Ein- 
leitungen zu  den  -wichtigeren  Gesammtausgg.  (namentlich  zu  der  von  Juro- 
menha)  u.  zu  den  besseren  Einzelausgg.  der  Lusiaden;  J.  Adamson,  Me- 
moirs  of  the  Life  and  Writings  of  L.  de  C.  London  1820,  2  Bde.  ;  F.  A. 
LoBO,  Memoria  bist,  e  critica  acerca  de  L.  de  C.  e  das  suas  obras,  in: 
Hist.  e  Mem.  da  Acad.  Real  das  Sc.  de  Lisboa  N.  S.  t.  VH  1821;  in  den- 
selben Mem.  t.  Vn  (1806)  findet  sich  eine  interessante  Vertheidigung  Ca- 
möes' gegen  die  Kritik  Laharpe's;  F.  Denis,  Notice  biographique  et  cri- 
tique  sur  C,  in  der  frz.  Uebers.  der  Lus.  von  FOURNIER  et  Des.\ULES, 
Paris  1841;  Oliveira  Martins,  Os  Lusiadas,  ensaio  sobre  C.  e  a  sua  obra 
em  relacäo  a  sociedade  portugueza  e  ao  movimento  da  renascenca.  Porto 
1872;  Evarlsta  Leoni,  Camöes  e  os  Lusiadas.  Ensaio  hist.-crit.-litt.  Lisboa 
1872;  C.  V.  Reinh.\rdstöttnee,  L.  u.  C,  der  Sänger  der  Lus.,  eine  biogr. 
Skizze,  Leipzig  1877,  2.  Ausg.  1879;  C.  Lamarre,  C.  et  les  Lusiades,  etude 
biographique,  historique  et  litt.,  suivie  du  poeme  annote.  Paris  1878; 
*Th.  Braga,  Historia  de  C,  Parte  I:  Vida  de  L.  de  C.  Porto  1873,  1  Bd., 
Parte  H:  Escola  de  C.  Porto  1874/75,  2  Bde.;  R.  BüRTON,  C,  bis  Life 
and  bis  Lusiads,   London  1S81;    M.  Lemos,    L.  de  C.  Paris  1881;    RagüL 

38* 


596  Das  Portugiesische. 

DE  NovERY,  Les  Voyages  de  C.  Paris  18S0;  May,  C.  als  Dichter  u. 
Krieger,  in:  Herrig's  Archiv  Bd.  49,  S.  121;  Helf,  L.  C.  als  Dichter,  in. 
Hist.-polit.  Blätter  1882,  S.  165;  C.  Michaelis  de  Vascoxcellos,  Neues 
zum  Buche  der  camonianischen  Lieder  u.  Briefe,  in:  Ztschr.  f.  rom.  Phil. 
VII  407,  und:  Neues  zum  Buch  der  camonianischen  Elegien,  ebenda  VII 
494  u.  Vni  1.  Uebersetzungen :  *L.  de  C.  sämmtliche  Gedichte,  zum 
ersten  Male  deutsch  von  "VV.  Storck.  Paderborn  1880/85,  6  Bde.  (Bd.  1 
bis  4  incl.  lyrische  Gedichte  u.  Verwandtes,  Bd.  5  Lusiaden,  Bd.  6  Dramen), 
vgl.  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  V  101;  Uebersetzungen  der  Lusiaden  von  C.  C. 
Heise,  Hamburg  u.  Altona  o.  J.  (-wahrscheinlich  18U6);  von  A.  Kuhn  u. 
C.  Winkler  (Theod.  Hell)  Leipzig  1807  (?),  Nachdruck  AVien  1S16;  von 
*J.  J.  C.  Donner,  zuerst  Stuttgart  1833,  vgl.  Diez,  Kl.  A.  u.  R.,  p.  138, 
von  E.  Booch-Arkossy,  Leipzig  1854  u.  1857;  von  C.  Eitner,  Hildburg- 
hausen 1869;  englisch  von  W.  J.  MiCKLE,  London  1798,  2  Bde.,  Burton, 
London  1880  u.  J.  J.  AuBERTiN,  2  Ausg.  London  1884;  französ.  z.  B.  von 
Duperrox  de  Castera,  Paris  1768,  u.  v.  Fournier  et  Desaules,  Paris  1841; 
italienisch  von  A.  Nervi,  Mailand  1882  —  Cancioneiros  s.  Lieder- 
bücher —  Cantos.  Th.  Braga,  Litteratura  dos  cantos  populäres  portu- 
guezes,  in:  Rivista  di  lett.  popolare  t.  I  117  —  Castilho,  s.  Brockhaus' 
Catalog,  p.  96  —  Chagas,  s.  ebenda  p.  96  —  Corvo,  s.  ebenda  p.  96  — 
De  Deus,  s.  ebenda,  p.  96  —  Dias,  s.  oben  S.  594  Z.  15  —  D  iniz ,  An- 
tonio D.  da  Cruz  e  Silva.  O  Hyssope,  poema  heroico-comico,  herausg. 
6i.  B.  Paris  1817.  C.  V.  Reinhardstüttner,  Der  H.  des  A.  D.  in  seinem 
Verhältnisse  zu  Boileau's  Lutrin.  Leipzig  1877  —  Diniz,  Novellist,  s. 
Brockhaus'  Catalog,  p.  96  —  Epopeas.  Th.  Braga,  Epopeas  da  raca 
mosarabe,  Porto  1871,  vgl.  Rom.  II  369  —  Garrett,  s.  Brockhaus'  Ca- 
talog, p.  95;  vgl.  *Amorim,  G.  ,  Memorias  biographicas.  Lisboa  1884,  3 
Bde.  —  Herculano,  s.  oben  S.  594  u.  unten  No.  6  —  Liederbücher. 
Chr.  E.  Bellermann,  Die  alten  Liederbücher  der  Portugiesen  des  13.  bis 
15.  Jahrh.'s  mit  Textproben.  Berlin  1840.  Ueber  die  handschriftl.  Ueber- 
lieferung  vgl.  F.  Diez,  Die  erste  port.  Kunst-  u.  Hofpoesie,  p.  12  tf. 
Der  vaticanische  Codex  No.  4803  des  Cancioneiro  des  Königs 
Diniz.  Ausgaben:  von  Caetano  Lopez  de  Moura,  Paris  1847  (unvoll- 
ständig u.  unkritisch).  *I1  Canzoniere  portoghese  della  bibl.  vat.  messo  a 
stampa  da  E.  MoN.^ci.  Con  una  prefazione,  con  facsim.  e  con  altre  illustra- 
zioni.  Halle  1875.  (Ueber  eine  frühere  Publication  vgl.  Rom.  II  265;  eine 
Ergänzung  bildet:  II  Canzioneiro  port.  Colocci-Brancuti,  ed.  E.  Molteni. 
Halle  1880.)  Th.  Bkaga,  Cancioneiro  portuguez  da  Vaticana.  Edi9äo 
critica,  restituida  sobre  o  testo  diplomatico  de  Halle,  accompanhada  de  um 
glossario  e  de  uma  introduccäo  sobre  os  trovadores  e  cancioneiros  portu- 
guezes.  Lisboa  1878,  vgl.  Bibliographie  der  Ztschr.  f.  rom.  Phil,  für  1878 
No.  1506  (F.  Wolf,  Studien  etc.  p.  700;  Grüzmacher  in:  Jahrb.  f.  rom. 
u.  engl.  Lit.  VI  357;  F.  A.  v.  Varnhagen,  Cancioneirinho  de  trovas  an- 
tigas  de  um  grande  cancioneiro  da  Bibl.  do  Vat.  etc.  Wien  u.  Paris  1870, 
vgl.  Rom.  I  119;  Th.  Braga,  ü  Cancioneiro  portuguez  da  Vaticana  e 
suas  relacöes  com  outros  cancioneiros  dos  seculos  XUI  e  XIV,  in :  Ztschr. 
f.  rom.  Phil.  I  41'.    Ueber   einen  Parallelcodex  zu  dem  Vat.  vgl.  Giorn.  di 


Das  Portugiesische.  597 

filol.  rom.  II  HS,    Rom.  VII  478  u.  62S.     Der   Cancioneiro   des  Col- 
legio  dos  nobres  zu  Lisboa,  jetzt  in  der  Bibliothek  de  Ajuda 
^Bibl.  das  Necessidades  :    Ausgg.:  Fragmentos  de  hum  cancioneiro  inedito 
que   se  acha  na  livraria  do  Iteal  Collegio  dos  nobres  de  Lisboa.    Impresso 
a  custa  de  Carlos  Stuart.    Paris  1S23.    Trovas  e  cantares  de  um  codice  do 
XIV  seculo  ou  antes,  mui  provavelmente,  o  livro  das  cantigas  do  conte  de 
Barcellos,    ed.    F.   A.   v.  Vaunhagen.     Madrid  1849.     Der   gallicische 
Cancioneiro  des  Königs  Alfons,  noch  nicht  herausgegeben,  3  Hdss., 
von  denen  zwei  im  Escurial  u.  eine  in  Toledo.    Der  Cancioneiro  geral 
des  Garcia  von  Resende.     Ausg.:    Altportugies.  Liedersammlung   des 
edlen  G.  v.  R.,    neu  herausg.  v.  E.  H.  v.  K.wsleu.    Stuttgart  1S4Ü  52  in 
den  Publicationen  des  litt.  Vereins  No.   15,  17  u.  26.    iTiTO  de  Noroxiia, 
Curiosidades  bibliographicas.  I  O  Cancioneiro  geral  de  G.  de  R.  com  a  tra- 
duccäo  do  prologo  da  edi9äo  de  Stuttgart.  Porto  u.  Braga  1871;  Th.  Bra- 
GA,  Poetas  palacianos.  Formacäo  do  Cancioneiro  de  R.  Porto  1872;  C.  Mi- 
chaelis DE  Vasconcellos,  Zum  Canc.  ger.,  in:  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  V  80; 
*J.  CoRXU,  Phonologie  syntactique  du  Canc.  ger.,  in :  Rom.  XII  243).    Der 
Cancioneiro  von  Evora  (Dichtungen  aus  der  2.  Hälfte  des  16.  Jahrh.'s 
zum  Thcil  in  spanischer  Sprache,   publie  d' apres  le  ms.  original  et  accom- 
pagne  d"une  notice  historique  et  litteraire  par  V.  E.  Hakding.  Lisboa  1875, 
vgl.  Th.  Braga,    in:   Questöes    de  Litteratura   e  Arte   portugueza   (Lisboa 
1881),  p.  238,  u.  C.  Michaelis  de  Vasconcellos,  in:  Ztschr.  f.  rom.  Phil. 
y  565  u.  Vn  94.     Vgl.  auch  Romanzen  und  Volkslieder.    —    Ma- 
cedo,    s.  oben,  vgl.  Jahrb.  f.  rom.  u.  engl.  Lit.  IV  121   —  Magalhäes, 
s.  oben  S.  589.  F.  AVolf,  Üeber  Domingo  Jose  Goncalves  de  M.  Ein  Bei- 
trag zur   Gesch.   der  brasil.  Litt.   Wien  1862.     Vgl.  Jahrb.  f.  rom.  u.  engL 
Lit.  V  222  —  Moraes,  Francisco  de,  s.  Palmeirim  —  Palmeirim 
de  Inglaterra,   Ritterroman,  verfasst  um  die  Mitte  des  16.  Jahrh.'s  von 
Fr.  de  Moraes,  erste  erhaltene  Ausg.  zu  Evora  1567  erschienen,  eine  zweite 
zu  Lisboa  1592,   neuere  Ausgg.    Lisboa  1786,    ebenda  1852    (Bd.  8  bis  10 
einer  Bibliotheca   portugueza),   vgl.  C.  MICHAELIS   DE  Vasconcellos,   in: 
Ztschr.   f.  rom.  Phil.  VI  37  u.  216.     M.  O.  Mendes,  Opusculo  ä  cerca  de 
P.  de  J.  e  de  seu  auctor.  Lisboa  1860.    *N.  DiAZ  de  Benjumea,  Diseurso 
sobre  el  P.  de  J.  y  su  verdadero  autor,  in  :  Hist.   e  Mem.  da  Acad.  Real, 
de  Lisboa.  N.  S.  iV,  2  —   Pinto,   s.  Brockhaus"  Cat.,  p.  96  —  Pratica. 
Ein  portug.  "Weihnachtsauto :  Pr.  de  tres  pastores,  herausg.  v.  C.  Michae- 
lis de  Vasconcellos —  Queiroz,  s.  Brockhaus'  Cat.  p.  96 —  Ribeiro, 
s.  ebenda  p.  96  —  Romanzen.    Romanceiro  pelo  visconde  de  Almeida- 
Garrett.    Lisboa  1863,   3  Bde.    Bd.  1  enthält  eigene  Dichtungen  A.-G.'s). 
F.  "Wolf,    Proben   portug.    u.    catal.  Volksromanzen,    in:    Sitzungsb.    der 
Wiener  Akad.  d.  Wissensch.,  philos.-hist.  Cl.  Bd.  20   (1856),  p.  17.  Portug. 
Volkslieder  u.  Romanzen,    portug.  u.  deutsch  mit  Anmerkungen,  herausg. 
von  Ch.  f.  Bellermann.  Leipzig  1864.  A.  F.  Baiuta,  Cancioneiro  portu- 
guez.    Com  um  juizo  critico  do  Ch.  Ribeiro.    Coimbra  1866.  Cancioneiro  e 
romanceiro   geral  portuguez,    confeccäo    e  estudos  por  Th.  Braga.     Porto 
1867,    3   Bde.     Floresta    de    varios    romances    colligidos    por   Th.    Braga. 
Porto    1869,   vgl.   Rom.    H    124.     Romanceiro    portuguez,    coordinado,    an- 


598  -^^^  Portugiesische. 

notado  e  aceompanhado  d'uma  introduccäo  e  d'um  glossario  por  V.  E. 
Harduxg.  Leipzig  1877  (Brockhaus'  Collec9äo  t.  7  u.  8),  vgl.  Ztschr.  f. 
rom.  Phil.  III  l'M).  Romanceiro  portugais,  choix  d'anciens  chants  portugais, 
recueülis  et  traduits  p.  M.  DE  Puymaigre.  Paris  18S1.  CONSIGLIEKI  Pe- 
DROSO,  Contribuicöes  para  um  romanceiro  e  cancioneiro  populär  portuguez, 
in:  Rom.  X  lOü.  Romanceiro  do  archipelago  da  Madeira,  colligido  e  pu- 
blicado  por  A.  11.  de  Azevedo.  Funchal  1880,  vgl.  Rom.  XII  014.  A. 
CoELHO ,  Romances  sacros ,  oracöes  e  ensalmos  populäres  do  Minho ,  in : 
Rom.  III  263 ,  und :  Romances  populäres  e  rimas  infantfs  portuguezes  in : 
Ztschr.  f.  rom.  Phil.  III  61  u.  192;  J.  Leite  de  Vasconcellos,  Versäo 
portugueza  do  romance  populär  de  Jean  Renaud,  in:  Rom.  XI  585.  Vgl. 
auch  Cantos,  Liederbücher  u.  Volkslieder  —  Sa  de  Miranda, 
s.  oben  S.  586.  Obras  Lisboa  1784.  Neue  krit.  Ausg.  besorgt  von  C.  Micha- 
elis Vasconcellos.  Halle  1885.  Th.  Braga,  Hist.  dos  Quinhentistas,  s.  ob. 
S.  593  —  Soropita,  Lobo  Fernäo  Rodrigues,  Poesias  e  prosas  ine- 
ditas  p.  com  uma  prefacäo  e  notas  de  C.  C.  Branco.  Porto  1868  —  Thea- 
ter. Braga,  Hist.  do  Th.  p. ,  s.  oben  S.  593  —  Trovadores.  Braga, 
Trovadores  galecio-portuguezes.  Porto  1871  —  Silva,  Ignacio  de  S. 
Alvarenga.  Obras  poeticas  coUegidas,  annotadas  etc.  por  J.  N.  de  SOUZA 
Silva.  Rio  de  Janeiro  1864  —  Vicente,  Gil,  Obras,  nova  edicäo  etc. 
por  J.  V.  Barreto  Feig  e  J.  G.  Monteiro.  Hamburg  1834,  3  Bde.  Obras 
completas,  Lisboa  1843.  Vgl.  F.  Wolf's  Artikel  über  G.  V.  in  Ersch  u. 
Gruber's  Encyklopädie ;  vgl.  auch  Braga,  Hist.  do  Theatro  port. ,  Bd.  I 
(s.  ob.  S.  586)  —  Volkslieder.  Port.  Volkslieder  etc.  herausg.  von  Cn. 
F.  Bellermann.  Leipzig  1861  (s.  oben  unter  Romanzen).  Th.  Braga,  Can- 
tos populäres  do  Archipelago  A9oriano.  Paris  1869,  vgl.  Rom.  II  124. 
Volkslieder  der  Portugiesen  u.  Catalanen  in  freien  Nachbildungen  von 
M.  Waldstein.  München  1865. 

6.  Zur  portugiesischen  Geschichte:  ColleC9äo  de  livros  inedi- 
tos  de  hist.  port.  publicados  por  Jose  Correo  de  Serra.  Lisboa  1790/93,  3 
Bde.  —  Portugaliae  monumenta  historica.  Olipone  1860  fF.  —  J.  Sotjsa, 
Bibl.  historica.  Lisboa  1801,  und:  Documentos  arabicos  para  a  hist.  port. 
Lisboa  1790  —  *D.  Barbosa,  Bibl.  Lusit.  hist,  crit.  et  chronologica,  na 
quäl  sc  comprehende  a  noticia  dos  autorcs  portuguezes  e  das  obras  que 
compuseräo.  Lisboa  1741  59,  4  Bde.  —  C.  FlGANlERE,  Bibliographia  hist. 
port.  ou  catalogo  methodico  dos  autores  port.  e  de  alguns  estrangeiros 
domiciliarios  em  Portugal,  que  tractaram  da  historia  civil  d'estes  reinos  e 
seus  dominios.  Lisboa  1850  —  Pinto  de  Sousä,  Bibl.  hist  de  Portugal  e 
seus   dominios   ultramarinos.   Nova  edi9äo  p.  p.  A.  DO  Cajo.   Lisboa  1801 

—  Telles  da  Silva,  Receusio  scriptorum  hist.  Lusitanae  lingua  Lusitana, 
in  seiner  Hist.  acad.  Reg.  Lusitanae.  Lisboa  1727  —  A.  Hehcvlano,  Hist. 
de  Portugal  desde  o  come9o  da  monarchia  ate  o  fim  do  reinado  de  Affonso 
IIL  3^  ed.  Lisboa  1863,  Hist  de  Portugal.  Lisboa  1849,54,  4  Bde.,  und: 
Hist.  da  origem  e  estabelecimento  da  inquisicäo  em  Portugal.  Lisboa  1863 

—  H.  ScH.iFER,   Geschichte  von  Port.  Hamburg  u.  Gotha  1836/54,  5  Bde. 


Das  Italienische.  599 

Fünftes  Kapitel. 
Das   Italienische.') 

§  1.  Bemerkungen  über  das  Sprachgebiet  des 
Italienischen. 

1.  Das  Sprachgebiet  des  Italienischen  setzt  sich  aus  fol- 
genden einzelnen  Bestandtheilen  zusammen:  ai  das  Königreich 
Italien  (s,  u.  No.  2)  ;  b)  das  südliche  Tirol;  c)  der  schweizer 
Canton  Tessin ;  d)  die  politisch  zu  Frankreich  gehörige  Insel 
Corsica.  (Dagegen  gehören  Nizza  und  Monaco  nicht  zu  dem 
italienischen  ,  sondern  zu  dem  provenzalischen  Sprachgebiete. 
Das  ffanz  eisrenartise  Idiom,  das  von  der  einarebornen  Bevöl- 
kerung  Malta's,  Gozzo's  und  Comino's.  soweit  dieselbe  nicht 
italianisirt  ist,  gesprochen  wird,  fällt  ausserhalb  des  italieni- 
schen Bereiches.) 

Ausserdem  ist  das  Italienische  unter  den  gebildeteren 
Classen  der  Bevölkerung  von  Görz,  Istrien  (Triest)  und  Dal- 
matien  und  als  Handels-  und  Verkehrssprache  in  der  ganzen 
Levante  viel  verbreitet.  Dagegen  besitzt  das  Italienische  kein 
zusammenhängendes  coloniales  Sprachgebiet  ausserhalb  Europa's. 

2.  Das  Königreich  Italien  erfreut  sich  einer  fast  völligen 
Spracheinheit.  Unterbrochen  wird  dieselbe  nur  im  Süden 
(Apulien,  Calabrien,  Sicilien)  durch  einige  kleine  albanesische 
und  romaische  neugriechische)  Sprachinseln  2]  ,  welche  durch 
vor  den  Türken  flüchtende  Albanesen  und  Griechen  entstan- 
den sind,  durch  einen  catalanischen  Bezirk  auf  Sardinien  und 
durch  einige  mehr  oder  weniger  slavische  Ortschaften  im  Udi- 
nesischen  (Friaul).  Ueber  die  deutschen  13  und  7  Gemeinden 
im  Yeronesischen  und  Yicentinischen  s.  No.  4.     Die  Italiani- 


1,  Meine  Absicht  und  mein  Wunsch  war,  das  Italienische  mit  ähn- 
licher Ausführlichkeit  zu  behandeln ,  wie  ich  es  bezüfjlich  des  Französi- 
schen gethan.  Leider  gestattet  mir  die  Rücksicht  auf  den  Kaum  für  jetzt 
die  Verwirklichung  meines  Vorhabens  nicht.  Bei  einer  etwaigen  zweiten 
Ausgabe  meiner  Encyklopädie  werde  ich  aber  durch  eine  etwas  veränderte 
Anlage  des  Werkes  Sorge  dafür  tragen,  dass  für  das  Italienische  der  an- 
gemessene Raum  verfügbar  bleibe. 

2)  Vgl.  MoKOSi,  I  dialetti  romaici  del  mandamento  di  Bova  in  Cala- 
bria,  in:   Arch.  glott.  ital.   IV  1. 


600  D^s  Italienische. 

sirimg    sämmtlicher  fremdsprachlicher  Gebiete  Italiens  ist  nur 
eine  Frage  kurzer  Zeit. 

3.  Im  südlichen  Tirol  rückt  die  italienische  Sprache,  das 
Deutsche  verdrängend,  immer  weiter  nach  Norden  vor  und  hat 
gegeuAvärtig  nahezu  Botzen  erreicht,  jedenfalls  aber  das  Trentino 
fast  völlig  in  Besitz  genommen.  Die  Bestimmung  der  Sprach- 
grenze ist  nicht  nur  schwierig,  sondern  selbst  vielfach  un- 
durchführbar, da  in  einzelnen  Bezirken  Deutsch  und  Italienisch 
noch  im  Kampfe  mit  einander  begriffen  sind  und  die  ganze 
Entwickelung  zu  irgendwelchem  endgültigen  Abschlüsse  noch 
nicht  gelangt  ist.  Aus  der  sehr  umfangreichen ,  zu  grossem 
Theile  aber  wenig  zuverlässigen  Litteratur  über  die  Sprach- 
verhältnisse in  Südtirol  seien  namentlich  folgende  Schriften 
hervorgehoben:  K.  Bernhardt,  Sprachkarte  von  Deutschland, 
2.  Aufl.,  Kassel  1849,  p.  34;  R.  Böckh,  Der  Deutschen  Volks- 
zahl und  Sprachgebiet  in  den  europäischen  Staaten,  Berlin 
18G9,  p.  143;  Chr.  Schneller,  Deutsche  und  Romanen  in 
Südtirol  und  Venetien,  in:  Petermann's  geograph.  Mittheilun- 
gen Bd.  23,  Heft  10  (Gotha  1877),  und  B.  Malfatti,  Degli 
idiomi  parlati  anticamente  nel  trentino  e  dei  dialetti  odiemi, 
in:  Giorn.  di  filol.  rom.  I  119.  Einige  weitere  Angaben  sehe 
man  in  den  Litteraturangaben  zu  §  4  des  Capitels  über  das 
Rätoromanische . 

4.  Bis  in  die  Neuzeit  hinein  bestanden  im  Gebiete  von 
Verona  und  Vicenza  zwei  nicht  unbedeutende  deutsche  Sprach- 
inseln, nämlich:  a)  die  dreizehn  Gemeinden  (tredici  comuni' 
bei  Verona:  Erbezo,  Bosco,  Val  di  Porro,  Alferia,  Velo,  Canipo 
Silvan,  Azarin,  Rovere  di  Velo,  Saline,  Tavernole,  Badia  Ca- 
lavena,  Selva  di  Progno,  San  Bartolomeo  Tedesco;  b)  die  sie- 
ben Gemeinden  (sette  comuni)  oberhalb  Vicenza  :  Pe  de  Scala 
und  San  Pietro  d'Astico,  Roccid  (?),  Roana,  Canova  u.  Campe 
Rovere,  Asiago,  Gallo,  Foza,  Enico  nebst  Lusiana,  Laverda 
und  Vallc  San  Donaro.  Vgl.  Bkknhardy  a.  a.  O.  p.  39.  Die 
Frage  nach  dem  Ursprünge  und  der  Stammesangehörigkeit 
dieser  deutschen  Bevölkerung  ist  vielfach  und  oft  in  recht 
phantastischer  Weise  erörtert  worden  (so  hat  man  z.  B.  da- 
rin Reste  der  Cimbern  oder  Ostgothen  erblicken  AvoUen), 
ohne  dass  bis  jetzt  eine  allgemein  anerkannte  Lösung  gefun- 
den worden  wäre.     Für  die   romanische  ]*hilologie    liegt   zu 


Das  ltalieni*;che.  601 

einem  Eingehen  auf  diese  Frao;e  um  so  weniorer  Anlass  vor, 
als  gesenwürtisr  die  ehemalig  deutsche  Hevölkeruntj  der  se- 
nannten  IJezirke  bereits  fast  völlig  italianisirt  ist.  Dasselbe 
Schicksal  haben  einige  kleinere  deutsche  Sprachenclaven  im 
italienischen  Alpengebiete  erlitten.     Vgl.  §  4  am  Ende. 

5.  Die  Bevölkerung  des  Königreichs  Italien  betrug  nach 
der  Zählung  vom  31.  December   1SS4: 

29073909  Einwohner. 
Die  Zahl  der  Italiener  ausserhalb  des  italienischen  Staates  ent- 
zieht sich  einer  bestimmten  Schätzung  Tessin  hatte  nach  der 
Zählung  vom  J.  ISSl:  190711,  Corsica  nach  derjenigen  vom 
J.  ISSO:  223  455  Einwohner:  die  Zahl  der  Wälschtiroler  dürfte 
sich  auf  etwa  400  000  belaufen,  und  dieselbe  Höhe  dürfte  viel- 
leicht die  Zahl  der  Italienischredenden  in  den  österreichischen 
Küstenprovinzen  erreichen).  Zu  erwägen  ist  ausserdem,  dass 
zahlreiche  Italiener  als  Arbeiter,  Kaufleute.  Künstler  etc.  im 
Auslande  leben  und  dass  namentlich  die  Zahl  der  italienischen 
Colonisten  in  Südamerika  Chile  etc.'  eine  verhältnissmässig 
beträchtliche  ist.  Alles  in  Allem  genommen  darf  die  Zahl  der- 
jenigen, welche  das  Italienische  als  ihre  Muttersprache  reden, 
vielleicht  auf  etwa  32  Millionen  veranschlagt  werden.  Nicht 
ausser  Acht  zu  lassen  ist  hierbei  allerdings  die  Thatsache, 
dass  die  zwischen  den  einzelnen  italienischen  Dialecten  be- 
stehenden Differenzen  vielfach  so  scharfe  sind,  dass  die  sprach- 
liche Einheit  zwischen  den  Angehörigen  der  betrefi'enden  Lan- 
destheile  wenigstens  praktisch  nur  durch  die  Gemeinsamkeit 
der  Schriftsprache  hergestellt  wird,  ein  Zustand,  zu  welchem 
sich  übrigens  auch  in  manchen  anderen  romanischen  Ländern 
Analogien  finden.  (Vgl.  über  Dialecte  und  Schriftsprache  un- 
ten §  4.' 

§  2.  Bemerkungen  über  die  Geschichte  der  ita- 
lienischen Sprache. 

1.  Die  Thatsache,  dass  das  Gesammtitalienische  in  allen 
seinen  Mundarten  aus  dem  Lateinischen  hervorgegangen  ist, 
setzt  voraus,  dass  das  Latein  ziir  Zeit,  als  es  zum  Eomani- 
schen  sich  umbildete,  über  ganz  Italien  als  herrschende  ^  olks- 
sprache  verbreitet  war.  Dies  war  indessen  keineswegs  der 
ursprüngliche  Zustand.  Es  war  vielmehr  Italien,  bevor  es  in 
seiner    ganzen  Ausdehnung  von  den  Römern  unterworfen  war 


602  Das  Italienische. 

und  noch  geraume  Zeit  nachher,  in  eine  grosse  Zahl  von 
Sprachgebieten  gespalten,  unter  denen  das  lateinische  anfäng- 
lich auf  sehr  bescheidene  Grenzen  angewiesen  war  Griechisch, 
Messapisch,  Oskisch  im  Süden,  Umbrisch,  Sabellisch  nebst 
verwandten  Idiomen  und  Etruskisch  in  Mittelitalien,  Gallisch, 
Ligurisch,  Illyrisch  im  Norden).  Nur  sehr  allmählich,  wenn 
auch  immerhin  verhältnissmässig  rasch,  gelang  es  den  Rö- 
mern, mit  ihrer  politischen  Herrschaft  auch  ihre  Sprache  über 
die  ganze  Halbinsel  und  die  dazu  gehörigen  Inseln  zu  ver- 
breiten. Einzelne  Idiome  leisteten  dem  Latein  hartnäckigen 
"Widerstand  und  erhielten  sich ,  mindestens  als  Sprache  der 
unteren  Bevölkerungsclassen  ,  bis  in  die  Kaiserzeit  hinein  le- 
bendig, so  namentlich  das  Oskische  und  das  Etruskische;  das 
Griechische  in  Unteritalien  wurde  von  dem  Latein  nie  völlig 
überwunden,  sondern  erst  im  Mittelalter  durch  das  Italieni- 
sche verdrängt.  Noch  erhöht  wurde,  besonders  in  späterer 
Zeit,  das  Sprachgewirr  und  zugleich  auch  das  Nationalitäts- 
gewirr im  alten  Italien  durch  die  sehr  erhebliche  Anzahl 
fremdländischer  Sclaven  (Geten,  Thracier,  Paphlagonier  etc.) 
und  durch  die  aus  Barbarenvölkern  angeworbenen  Soldtruppen. 
Nichtsdestoweniger  darf  angenommen  werden,  dass  in  den 
späteren  Jahrhunderten  der  Kaiserzeit  die  lateinische  Sprach- 
einheit im  Wesentlichen  hergestellt  war,  jedoch  kann  es  keinem 
Zweifel  unterliegen ,  dass  das  ^'olkslatein  von  vornherein  in 
den  verschiedenen  Gebieten,  über  welche  es  sich  verbreitete, 
je  nach  den  besonderen  Sprachverhältnissen,  welche  es  dort 
vorfand,  auch  selbst  eine  verschiedene  Färbung  annahm,  denn 
gewiss  konnte  es  nicht  einflusslos  auf  die  Entwickelung  des 
Volkslateins  sein,  ob  es  mit  einem  ihm  nah  verwandten 
Idiome,  wie  z.  B.  das  Umbrische  und  Oskische  es  war,  oder 
aber  mit  einer  ihm  nur  entfernt  verwandten  Sprache,  wie  z.  B. 
mit  der  gallischen  und  mess.apischen ,  oder  endlich  mit  dem 
(Avenigstens  wahrscheinlich)  nicht  zu  dem  indogermanischen 
Stamme   gehörigen  Etruskischen    in  Concurrenz  eintrat.  ^)     So 


1)  Dass  ein  Zusammenhang  zwischen  den  jetzigen  italienischen  Dia- 
lecten  mit  den  betr.  italischen  Volkssprachen,  namentlich  in  lautlicher  Be- 
ziehung, besteht,  dürfte  zweifellos  sein  so  namentlich  in  Bezug  auf  Gallo- 
Italisch  und  Keltisch  ,  indessen  gilt  es  hier  sich  vor  übertriebenen  Vor- 
stellungen zu  hüten  und  alle  Phantasien  fernzuhalten. 


I 


Das  Italienische.  G03 

waren  von  Anfang  an  die  Keime  zn  vielfacher  dialektischer 
Differen/.iiruug  gegeben.  Hierbei  ist  aus  allgemeinen  Gründen 
wahrscheinlich,  dass  diese  allmählich  eintretende  Differenzi- 
irunir  in  den  Gebieten  am  weitesten  vorschritt,  in  denen  die 
imterliegende  Sprache,  Aveil  (wie  etwa  das  Umbrische)  dem 
Latein  nahestehend,  der  Mischung  und  Verquickung  mit  dem- 
selben fähig  war. 

Mächtig  gefordert  werden  musste  einerseits  die  diabetische 
Zersetzung  des  Volkslateins  und  andererseits  die  Entwickelung 
desselben  zum  Eomanischeu  durch  den  Untergang  des  römi- 
schen Keiches  und  das  Aufhören  der  lateinischen  Schriftsprache 
und  Litteratur. 

2.  So  bestanden  zur  Zeit,  als  Italien  von  den  Germanen 
(Herulern.  Ostgothen,  Longobarden)  besetzt  ward,  eine  Anzahl 
halb  noch  volkslateinischer  halb  schon  romanischer  Dialekte 
neben  einander,  welche  aber  allerdings  bei  aller  Verschieden- 
heit doch  gewiss  auch,  schon  vermöge  ihres  gemeinsamen  Ur- 
sprunges und  ihrer  nahen  räumlichen  Beziehungen  zu  den 
Stammgebiete  des  Lateins,  genug  Gemeinsames  besassen,  um 
gegenüber  anderen  volkslateinisch  -  romanischen  Dialektcom- 
plexen  (z.B.  dem  süd-  und  nordgallischen)  eine  Art  von  Sprach- 
einheit darzustellen. 

3.  Die  zwischen  den  einzelnen  Dialekten  bestehende 
Differenz  musste  wenigstens  theilweise  noch  dadurch  geschärft 
werden,  dass  der  Einlluss  des  Germanischen  sich  auf  die  einen 
stärker,  auf  die  anderen  schAväeher  geltend  machte  und  nament- 
lich eine  bald  mehr  bald  weniger  erhebliche  Einmischung 
germanischer  Elemente  in  ihren  Wortschatz  zur  Eolge  hatte. 
Für  den  Süden  trat  hierzu  noch  als  weiterer  Anlass  zu  indi- 
vidueller Dialektdiiferenziirung  der  Einfluss  des  byzantinischen 
Griechisch  und  auch,   was  Sicilien  anbelangt,   des  Arabischen. 

4.  Die  Bildung  einer  einheitlichen,  über  den  Dialekten 
stehenden  nationalen  Schriftsprache  begann  in  Italien  erst  spät 
und  gelangte  nur  sehr  langsam  zu  einem  Avenigstens  den  Avich- 
tigsten  ZAvecken  genügenden  Abschlüsse.  Es  erklärt  sich  diese 
EntAA-ickelung  hinreichend  aus  den  politischen  Geschicken  und 
aus  den  Kulturverhältnissen  Italiens  Avährend  des  Mittelalters. 

Die  italienische  Litteratur  beginnt  mit  der  am  sicilischen 
Hofe  (Palermo)  der  Hohenstaufen  namentlich  Kaiser  Friedrich  II. 


604  l^as  Italienische. 

1212  bis  1250,  und  König  Manfred  1254,  bezw.  125S  bis  1266) 
erblübenden  Lyrik  (vgl.  unten  §  9).  Diese  in  Bezug  auf  Ge- 
dankeninhalt und  rhythmische  Form  ganz  unter  provenzalischem 
Einflüsse  stehende  Dichtung  bediente  sich  für  ihre  Hervor- 
bringungen naturgemäss  des  sicilianischen  Dialektes,  ^velcher 
aber  freilich  damals  die  für  ihn  so  characteristische  Laut- 
eigenart noch  nicht  in  der  jetzigen  scharfen  Ausprägung  be- 
sass,  sondern  dem  Lateinischen  sowie  dem  continentalen,  nament- 
lich auch  dem  centralen  Italienischen  noch  wesentlich  näher  stand. 
Da  übrigens  die  des  Sicilianischen  sich  bedienenden  Dichter 
zum  grossen  Theile  nicht  selbst  aus  Sicilien  gebürtig  und  über- 
dies meist  des  Provenzalischen  und  des  Lateinischen  kundig 
waren,  so  ergab  sich  daraus,  als  natürliche  Folge,  dass  der  für 
litterarische  Zwecke  gebrauchte  sicilianische  Dialekt  sich  ab- 
schloss  und  eine  Form  annahm ,  welche  ihn  auch  für  Nicht- 
sicilianer  verständlich  machte.  So  hörte  der  Dialekt  auf  Dialekt 
zu  sein  und  begann  die  Stellung  einer  für  die  gesammte  Nation 
brauchbaren  und  gültigen  Schiiftsprache  einzunehmen.  Schon 
Dante  (de  vulg.  eloqu.  XVI  33  ed.  Giuliani)  konnte  von  dem 
[idioma]  vulgare  illustre  [cardinale ,  aulicum .  curiale]  sagen : 
»in  qualibet  redolet  civitate,   nee  cubat  in  ulla.« 

In  der  zweiten  Hälfte  des  13.  Jahrhunderts  wurde  Mittel- 
italien (Arezzo,  Florenz,  Bologna)  Sitz  der  jungen  italienischen 
Litteiatur  und  hierdvu'ch  war  bedingt,  dass  deren  Sprache  sich 
mehr  und  mehr  dem  Mittehtalienischen  annäherte.  In  be- 
sonders nahe  Beziehung  aber  trat  die  Litteratursprache  zu  der 
Mundart  von  Florenz  in  Folge  der  hohen  Bedeutung,  welche 
seit  Ausgang  des  13.  Jahrhunderts  diese  Stadt  für  das  politische 
und  mehr  noch  für  das  geistige  Leben  Italiens  erlangt  hatte 
und,  wenn  auch  in  allmählich  sich  schwächendem  Grade,  bis 
in  die  Neuzeit  hinein  behauptete. 

Die  drei  grossen  Dichter  des  14.  Jahrhunderts  —  Dante, 
Petrarca  und  Boccaccio  — ,  welche  der  italienischen  Litteratur 
zuerst  einen  wirklich  nationalen  Charakter  und  doch  zugleich 
auch  universale  Bedeutung  verliehen ,  gehörten  durch  Geburt 
oder  doch  durch  Abstammung  Florenz  an.  Durch  ihre  Werke 
wurde  für  alle  Folgezeit  der  italienischen  Schriftsprache  das 
Gepräge  der  toscanischen,  der  florentiner  Eigenart  aufgedrückt. 

5.    So   innig    aber   auch  das  Verhältniss  zwischen  Schrift- 


Das  Italienisclie.  605 

spräche  und  flürentiuer ,  l)cz^v.  toscauischer  Mundart  sich  ge- 
staltete, so  wurde  es  doch  kein  so  inniges,  dass  jede  Scheidung 
zwischen  beiden  Spracht'ormen  geschwunden  und  der  JJegrift" 
»Toscanisch  Florentinisch;«  mit  dem  HcgrifFe  »Schriftitalienisch« 
identisch  geworden  wäre.  Ganz  abgesehen  davon,  dass  aus 
allgemeinen  Gründen  wohl  überhaupt  niemals  die  Sprache 
einer  einzelnen  Stadt  oder  Landschaft  schlechthin  zur  Litteratur- 
sprache  eines  ganzen  grossen  Volkes  zu  werden  vermag  *),  zu- 
mal wenn  dieses  letztere,  wie  das  Italienische  im  Mittelalter, 
in  eine  Vielheit  von  Einzelstaaten  zerfällt,  so  waren  in  Italien 
noch  besondere  Factoren  wirksam,  um  die  Schriftsprache  trotz 
ihres  engen  Zusammenhanges  mit  der  toscanischen ,  bezw. 
florcntiner  Mundart  doch  mit  der  letzteren  nicht  zusammen- 
fallen zu  lassen.  Erstlich  war  von  Bedeutung  schon  der  Um- 
stand gewesen,  dass  die  oben  genannten  Begründer  der  National- 
litteratur,  und  unter  ihnen  besonders  wieder  Petrarca  und 
Dante,  einen  grossen  Theil  ihres  Lebens  in  unstäten  Wande- 
rungen fern  von  Florenz  verbrachten  und  somit  schon  durch 
die  äusseren  Verhältnisse  veranlasst  waren,  ihre  heimathliche 
Mundart  im  Verkehre  mit  Anderssprechenden  abzuschleifen 
und,  wenn  auch  unbewusst,  Elemente  aus  andern  Dialekten  in 
die  Sprache  ihrer  Dichtungen  aufzunehmen.  Vielleicht  noch 
wichtiger  war,  dass  dieselben  drei  Männer  nicht  nur  Dichter, 
sondern  auch  Gelehrte  und  in  dieser  Eigenschaft  des  Lateins 
vollkommen  mächtig  waren,  ja  ihren  Ruhm  vor  Allem  durch 
ihre  lateinischen  Schriften  zu  begründen  vermeinten.  Die 
Folge  davon  musste  sein  und  war  thatsächlich,  dass  sie,  wenn 
italienisch  schreibend,  an  das  Lateinische  sich  anlehnten,  ihm 
Worte  und  Constructionen  entnahmen,  von  dem  Geiste  seiner 
Stylistik  sich  durchdringen  liessen.  So  wurde  das  Schrift- 
italienische latinisirt,  namentlich  in  seiner  Prosa,  da  diese 
naturgemäss  sich  den  lateinischen  Normen  bequemer  fügte,  als 
die  schon  durch  den  accentuirenden  llhythmus  mehr  geschützte 

1)  Auch  in  Frankreich  und  England  ist  die  Mundart  von  Isle  de  France 
(Paris],  bzw.  von  Middlesex  (London)  nicht  schlechthin  zur  nationalen 
Litteratursprache  geworden,  ebenso  wenig  in  Deutschland  das  Obersäch- 
sische Meissnische; .  Auch  im  alten  Griechenland,  dessen  sprachliche  Ent- 
wickelung  sich  am  ehesten  mit  derjenigen  Italiens  vergleichen  lässt,  war 
das  Schriftattische  und  die  attische  Volkssprache  nicht  durchaus  identisch. 
Es  ist  vielmehr  eine  Schriftsprache  immer  das  Ergebniss  eines  Compromis- 
ses  und  Ausgleiches  zwischen  mehreren  concurrirenden  Mundarten. 


606  Das  Italienische. 

Poesie.  Wer  Boecaccio's  Decamerone  oder  Filocolo  gelesen 
hat ,  weiss  wie  die  Sprache  dieser  Dichtungen  durchsetzt  ist 
mit  lateinischen  Participial-  und  Accusativ-  cum-  Infinitiv- 
constructionen  und  wie  namentlich  der  rhetorische  und  lang- 
athmige  Periodenbau  auf  Schritt  und  Tritt  an  denjenigen 
Cicero's  und  Seneca's  erinnert.  Durch  solche  Latinisirung 
aber  wurde  selbstverständlich  die  Schriftsprache  von  der  floren- 
tiner  Volkssprache  erheblich  abgedrängt  und  entfernt.  Ja,  eine 
Zeit  lang  (im  fünfzehnten  Jahrhundert)  konnte  es  scheinen, 
als  werde  die  Schriftsprache  zu  einem  halblateinischen  Ge- 
lehrtenjargon werden,  so  dass  damals  und  selbst  noch  später- 
hin, so  lange  neben  der  italienischen  eine  lebenskräftige 
lateinisch-humanistische  Litteratur  blühte,  die  Frage  allerdings 
wenigstens  theoretisch  berechtigt  war,  ob  es  nicht,  statt  zwei, 
nur  gradweise  von  einander  geschiedene  Litteratursprachen 
neben  einander  zu  brauchen,  Vernunft-  und  sachgemäss  sei, 
auf  die  litterarische  Verwendung  des  Italienischen  überhaupt 
zu  verzichten  und  das  Latein  wieder  zum  Kang  der  einzigen 
Schriftsprache  zu  erheben.  Praktisch  freilich  erwies  sich  die 
Verwirklichung  derartiger  Gedanken  als  durchaus  unmöglich, 
denn  es  sträubte  sich  dagegen  das  seit  den  Tagen  Dante's 
und  Petrarca's  mächtig  gehobene  Nationalgefühl,  und  von  ent- 
scheidender Bedeutung  war  der  Umstand,  dass  das  Latein,  so 
nahe  es  auch  dem  Schriftitalienischcn  stand,  dieses  letztere 
doch  nimmermehr  ersetzen  konnte  als  bequemes  und  allen 
Zwecken  gerecht  werdendes  Verständigungsmittel  für  alle  An- 
gehörigen der  Nation.  Dieselben  Umstände  aber,  welche  der 
Erhaltung  der  nationalen  Schriftsprache  günstig  waren,  bewirk- 
ten gleichzeitig  ihre  relative  Loslösung  von  ihrer  florentiner 
liasis.  Denn  indem  eben  die  Schriftsprache  mehr  und  mehr 
zu  einem  nationalen  Gemeinbesitze  und  geistigen  Verkehrs- 
mittel ward,  wurde  sie  auch  genöthigt,  einerseits  den  ihr  ur- 
sprünglich anhaftenden  localen  Charakter  insoweit  abzustreifen, 
als  er  ihre  Allgemeingültigkeit  beeinträchtigte,  und  andrerseits 
den  Dialekten  ausserhalb  Toscana's  wenigstens  soweit  Einfluss 
auf  ihre  fernere  Entwickelung  zu  gestatten,  als  dies  zur  Er- 
langung der  Allgemeingültigkeit  nothwendig  war.  Beides  war 
um  so  unvermeidlicher,  als  Florenz  zwar  die  Hegemonie,  aber 
keineswegs  eine  Alleinherrschaft  in  der  Cultur-  und  Litteratur- 


Das  Italienische.  007 

entwickclting  Italiens  liesass  und  durchaus  niclit  den  andern 
italienischen  Metropolen  gegenüber  eine  so  unbedingt  be- 
stimmende Kulturmachtstellung  einnahm ,  wie  etwa  Paris  in 
dem  centralisirten  Frankreich.  Neben  Florenz  waren  vielmehr 
noch  Venedig,  Mailand,  Kom,  Neapel  und  andere  Städte  an 
der  Förderung  der  Kenaissanscultur  betheiligt;  ja  alle  die 
kleinen  Fürstenresidenzen ,  in  denen ,  wie  in  Ferrara  oder 
Urbino  oder  Pesaro,  ein  kunstsinniges  Fürstengeschlecht  für 
kürzere  oder  längere  Zeit  eine  geistig  strebende  und  regsame 
Gesellschaft  um  sich  zu  sammeln  vermochte,  waren  zugleich 
ebensovielc  Bildungscentren  und  Stätten  litterarischen  Schaffens. 
Dazu  kam  die  Wanderlust  der  Humanisten  und  Poeten  und 
Künstler,  durch  welche  etwa  der  Florentiner  nach  Venedig  oder 
Neapel  und  wieder  etwa  der  Venetianer  oder  Neapolitaner 
nach  Florenz  geführt  ward  und  somit  die  Angehörigen  der 
verschiedensten  Dialektgebiete  durcheinander  gemischt  wurden. 
Das  musste  eine  Abschleifung  der  Schriftsprache  zur  uoth- 
wendigen  Folge  haben.  Aehnlich  wirkte  der  immer  lebendiger 
Mcrdende  diplomatische  Verkehr  zwischen  den  italienischen 
Einzelstaaten,  zumal  da  er  mehr  und  mehr  neben  dem  Latein 
sich  auch  des  Italienischen  zu  bedienen  begann.  Von  beson- 
derem Einflüsse  war  in  dieser  Beziehung  der  weit  ausgedelmte 
diplomatische  Organismus  der  päpstlichen  Curie. 

Unter  der  Einwirkung  der  angedeuteten  Verhältnisse  bildete 
sich  dann  die  italienische  Schriftsprache  zu  einer  Sprachform 
aus.  welche,  ohne  ihren  toscanischen  und  speciell  florentiner 
Ursprung  zu  verleugnen,  doch  über  die  Schranken  eines  localen 
Dialektes  sich  weit  erhebt  und  an  keine  Oertlichkeit  gebunden 
ist.  Von  allen  Gebildeten  verstanden,  gesprochen  und  ge- 
schrieben, ist  das  Schriftitalienisch  doch  nirgends  Volkssprache, 
es  ist  vielmehr  eine  Art  idealer  Nationalsprache,  welche  stets 
dann  angewandt  wird ,  wenn  es  um  ideale  Bestrebungen  und 
um  Dinge  von  nationaler  Bedeutung  sich  handelt,  während  in 
der  Realität  des  gemeinen  Alltagslebens  auch  der  Gebildete 
sich  gern  seines  heimathlichen  Localdialektes  bedient.  (Vgl. 
auch  unten  §  4,  No.  1). 

Die  theoretische  Feststellung  des  Verhältnisses  zwischen 
Schriftsprache  und  florentiner  Mundart  ist  seit  dem  16.  Jahr- 
hundert bis  zur  Gegenwart  das  Object  vielfacher  Erörterungen 


608 


Das  Italienische. 


und  lebhafter  litterarischer  Streitigkeiten  gewesen ,  die  in 
wissenschaftlicher  Beziehung  mitunter  fruchtbar,  weit  öfters 
aber  herzlich  unfruchtbar  sich  erwiesen  und  practisch  nicht 
selten  zu  bedauerlichen  Einseitigkeiten  geführt  haben.  (Näheres 
in   §  3). 

6.  Im  Wesentlichen  ist  das  Italienische  ,  seitdem  unter 
Einwirkung  der  latinisirenden  Renaissancetendenz  seine  Schrift- 
sprachform sich  ausgebildet  hat,  in  seiner  Entwicklung  durch 
fremdsprachlichen  Einfluss  nicht  erheblich  gestört  worden.  Die 
von  Ende  des  17.  bis  gegen  Ende  des  18.  Jahrhundert's  herr- 
schende Gallomanie  hat  zwar  eine  Menge  französischer  Worte, 
Redewendungen  und  Constructionen  in  die  Sprache  eindringen 
lassen,  aber  doch,  da  diese  Fremdlinge  wenigstens  aus  der 
besseren  litterarischen  Sprache  wieder  ausgewiesen  worden 
sind  (das  gewöhnliche  Zeitungs-  und  Romanjargon  ist  freilich 
noch  viel  damit  belastet) ,  bleibenden  Nachtheil  nicht  herbei- 
geführt. 

7.  Mit  der  in  Italien  erblühten  Renais sancecultur  ver- 
breitete sich  im  15.  und  mehr  noch  im  16.  und  17.  Jahr- 
hundert auch  die  italienische  Sprache  über  die  Länder  des 
westlichen,  zum  Theil  auch  des  nördlichen  Europas  und  er- 
langte zeitweilig  eine  ähnliche  internationale  Bedeutung ,  wie 
sie  später  das  Französische  besessen  hat.  Die  zahlreichen  Be- 
nennungen für  Begriffe  des  Heerwesens,  des  Handels,  der 
Musik,  der  Technik  etc.,  welche  das  Französische,  das  Eng- 
lische, das  Deutsche  etc.  dem  Italienischen  entlehnt  haben, 
legen  noch  jetzt  Zeugniss  von  der  früheren  internationalen 
Stellung  dieser  Sprache  ab. 

Litteraturangaben.  Eine  Geschichte  der  ital.  Sprache  ist  noch 
nicht  geschrieben  worden.  Dagegen  ist  die  Frage  nach  der  Entstehung 
der  Schriftsprache  vielfach  Gegenstand  der  Behandlung  gewesen,  nament- 
lich auch  in  neuester  Zeit.  Die  einschlägigen  hervorragendsten  Schriften 
sind  die  des  früh  verstorbenen  N.  C.vix,  La  formazione  degli  idiomi  let- 
terari,  in  ispecie  deU'  italiano  dopo  le  ultime  ricerche,  in:  Nuova  Antol. 
1874  Sept.,  vgl.  Rom.  IV  140;  Die  Streitfrage  über  die  ital.  Spr.,  in  der 
von  Hillcbrand  herausgegebenen  Italia  III  121,  und  namentlich:  *Le  Ori- 
gini  della  lingua  poctica  italiana.  Florenz  1880,  vgl.  Nuov.  Antol.  15.  Febr. 
1881,  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  IV  61Ü.  (Dagegen  behandelt  Caix'  Aufsatz:  Le 
alterazioni  generali  nella  lingua  italiana,  in  der  Kiv.  di  filol.  rom.  II  "1, 
specielle  lautgeschichtliche  Dinge.)  Treffliche  Gedanken  über  das  Ver- 
hältniss  der  Schriftsprache   zu  den  Volks  sprachformen  hat  AsCüLl  in  dem 


Das  Italienische.  G09 

Proemio  zu  Bd.  I  seines  Archivio  ausgesprochen.  Eine  gute  Zusammen- 
fassung der  Geschichte  des  Streites  über  die  Sprache  hat  U.  Canello  in 
seiner  Storia  della  lett.  ital.  nel  sec.  XVI  (Mailand  1880) ,  p.  318  ff.,  ge- 
geben. 

Ausserdem  seien  noch  folgende  Schriften  genannt:  A.  Glori.\,  Uol 
Vulgare  illustre  dal  sec.  VII  fino  a  Dante.  Venedig  1880,  vgl.  Propugn. 
XUI  293,  Rom.  IX  405,  Korn.  Stud.  V  71Ö,  Nuov.  Antol.  XXI  T'JO  (das 
Buch  ist  in  seiner  Weise  interessant  und  nicht  ohne  Werth) ,  und :  Vol- 
gare  illustre  nel  uso  e  proverbi  volg.  dell'  1200.  Venedig  1885,  vgl.  Prop. 
XVIII  1,  463  —  Baudi  DI  Vesme,  La  lingua  ital.  e  il  volg.  toscano,  in: 
Prop.  VII  1874)  2,  p.  1  u.  Vm  (1ST5),  p.  1,  vgl.  Rom.  V  500,  und:  Di 
Gherardo  da  Firenze  e  di  Aldobrando  da  Siena,  poeti  del  sec.  XII  e  della 
origine  del  volgare  illustre  ital.  Turin  180G  (B.  di  V.  steht,  da  er  an  die 
Aechtheit  der  Urkunden  von  Arborea  u.  dgl.  glaubt,  auf  einem  ganz  un- 
haltbaren Standpunkte,  immerhin  aber  sind  seine  Schriften  Icsenswerth)  — 
TosELLI ,  Origine  della  ling.  ital.  Con  un  dizionario  gallo-italico  etc.  Bo- 
logna 1881,  3  Bde.  —  L.  Gelmetti,  La  ling.  parlata  di  Firenze  e  la  ling. 
lett.  d'Italia.  Mailand  1ST4  —  V.  Pagaxo,  Dell'  antichitä  della  ling,  ital., 
in:  Prop.  XI  2,  p.  3,  Origini  e  vicende  della  ling.  ital.  XII  1,  p.  S,  DeUa 
formazione  delle  ling.  it.,  ibid.  XII  2,  p.  3,  vgl.  auch  XIII  4  u.  5,  XV  1, 
p.  5  u.  27  —  F.  Demattio,  Origine,  formazione  ed  elementi  della  ling. 
ital.  2a  ed.  Innsbruck  1S78  —  C.  v.  Reinhardstöttxer,  Die  ital  Spr., 
ihre  Entstehung  aus  dem  Lat.  etc.  Halle  1869  —  V.  Gasser,  Abstammung 
der  ital.  u.  frz.  Spr.  u.  ihr  Verhältniss  zur  lat.  Schriftspr.  Samen  1880. 
Progr.  der  Kanton-Lehranstalt. 

Vgl.  auch  die  Litteraturangaben  zu  §  3  und  4. 

§  3.  Bemerkungen  über  die  Geschichte  der  italie- 
nischen Philologie. 

1 .  Mittelalterliche  grammatische  und  lexikalische  Tractate, 
wie  "nir  sie  für  das  Französische  und  Provenzalische  besitzen, 
fehlen  für  das  Italienische :  die  grammatische  Behandlung  der 
Sprache  beginnt  vielmehr  erst  im  16.  Jahrhundert  (vgl.  unten 
in  den  Litteraturangaben  das  Verzeichniss  der  ältesten  und 
älteren  Grammatiken) .  Nichtsdestoweniger  reicht  die  Ge- 
schichte der  italienischen  Philologie  bis  in  das  13.  Jahrhundert 
zurück,   denn  ihr  Begründer  ist  kein  Geringerer,   als  Dante. 

Dante' s  Schrift  >De  vulgari  eloquentia«  (diese  Form  des 
Titels  ist  der  gewöhnlicheren  »de  vulgari  eloquio«  vorzuziehen, 
vgl.  d'Ovidio  im  Arch.  glott.  ital.  II  62)  mag  in  ihrer  schola- 
stischen, den  modernen  Leser  seltsam  anmuthenden  und  viel- 
leicht selbst  anwidernden  Form  wunderlich  luid  abstrus  er- 
scheinen, ihrem  Inhalte  nach  ist  sie  doch,  zumal  für  ihre  Zeit, 
eine    hochbedeutende    Leistung.      Dante   begnügt   sich    in    ihr 

Körting,  Encyklopädie  d.  rom.  Phil.  UI.  39 


610  Das  Italienische. 

nicht  mit  der  Erörterung  der  Frage  nach  dem  Ursprünge  und 
der  Verwendbarkeit  des  »Vulgarea  (d.  h.  der  allgemeinen  na- 
tionalen Schriftsprache)  und  nach  dem  Verhältnisse  desselben 
zu  den  Einzeldialecten,  sondern  er  greift  weiter  aus  und  forscht 
nach  dem  Ursprünge  und  dem  Wesen  der  Sprache  überhaupt; 
ausserdem  giebt  er  im  2.  Buche  eine  Art  Abriss  der  Rhythmik 
und  Poetik.  So  darf  das  Werk  mit  Fug  und  Recht  als  das 
Erstlingserzeugniss  der  modernen  philologischen  Wissenschaft 
überhaupt  und  der  mit  italienischer  Sprache  sich  beschäftigen- 
den insbesondere  betrachtet  werden. 

Aber  noch  in  anderer  Weise  ist  Dante  der  IJegründer  der 
italienischen  Philologie  geworden.  Seine  Dichtungen .  be- 
sonders aber  die  Divina  Commedia ,  waren ,  w-eil  durch  und 
durch  allegorisch,  schon  den  Zeitgenossen  nicht  ohne  AVeiteres 
verständlich,  sondern  forderten  dringend  sachkundige  Erklä- 
rung. Dante  selbst  hatte  dies  Bedürfniss  in  Bezug  auf  einzelne 
seiner  Canzonen  empfunden  und  ihm  genügt,  indem  er  für 
einige  derselben  in  der  Vita  Nuova  eine  Interpretation  gab. 
Und  kaum  war  die  Divina  Commedia  veröffentlicht,  als  die 
gelehrte  Erklärung  derselben  begann.  Einer  der  ersten  und 
bedeutendsten  Commentatoren  war  Boccaccio,  in  dessen  (un- 
vollendetem) Commentare  unter  vieler  gelehrter  Spreu  auch 
manches  Goldkorn  zu  finden  und  jedenfalls  ein  ehrliches 
Streben  nach  philologischer  Methode  nicht  zu  verkennen  ist. 
Der  durch  Dantes  Dichtung  wachgerufene  Sinn  für  philo- 
logische Interpretation  fand  einen  bleibenden  und  sehr  be- 
zeichnenden Avisdruck  in  der  Errichtung  eines  besonderen 
Lehrstuhles  für  die  Erklärung  Dante's  zu  Florenz  (1373),  dessen 
erster  Inhaber  eben  Boccaccio  war. 

Gleichzeitig  mit  der  philologischen  Interpretation  begann 
die  Litteraturgeschichtsschrcibung,  Avenn  auch  zunächst  in  der 
bescheidensten  biographischen  Form.  Die  grossen  Heroen  der 
erstehenden  classischen  Litteratur  fanden  bald  nach  ihrem  Ab- 
leben begeisterte  Biographen  —  auch  hier  eröffnet  Boccaccio 
die  Reihe  mit  seiner  doppelten  (?)  Dante- Vita :  bald  aber  wur- 
den aiich  höhere  Ziele  erstrebt,  wennschon  niclit  erreicht: 
Filippo  Villani  versuchte  gegen  Ende  des  1-1.  Jahrhunderts  in 
der  Form  eines  Cyclus  von  Biographien  eine  florentiner  Lit- 
teratur- und  Gelehrtensreschichte  zu  schreiben. 


Das  Italienische.  61 1 

2.  Hatte  das  14.  Jahrhundert  die  italienische  Piiilologie 
mindestens  hinsichtlich  einiger  Disciplinen  geschaffen,  so  führte 
das  15.  Jahrhundert  diese  Schöpfung  nicht  weiter,  sondern 
wandte  sein  Sinnen  und  Streben  mehr  der  den  Sprachen  des 
Alterthunis  hehandehulen  Philologie  zu.  Erst  im  IG.  Jahr- 
hundert begann  das  Interesse  für  die  theoretische  Erörterung 
sprachlicher  auf  das  Italienische  hezüglicher  Fragen  wieder  zu 
erwachen  und  zugleich  wurde  damals  mit  dem  Aufbau  der 
systematischen  Grammatik  und  mit  der  Regelung  der  Ortho- 
graphie begonnen.  In  letzterer  Beziehung  erwarb  sich  nament- 
lich Trissino  das  Verdienst  des  reformatorischen  ^'orgehens, 
wenn  auch  manche  seiner,  mitunter  etwas  unpraktischer,  Vor- 
schläge nicht  durchgedrungen  sind  ^so  z.  B.  der  Vorschlag, 
e  und  o  durch  e  und  w,  ch  durch  k.  palatalisirtes  /  durch  Ij  zu 
bezeichnen;  dagegen  haben  z.  B.  die  von  ihm  befürwortete 
Scheidung  zwischen  ^  und  /,  u  und  v  und  die  Bezeichnung 
von  assibilirtem  t  durch  z  Annahme  gefunden). 

Mit  besonderer  Lebhaftigkeit  entbrannte  aber  der  Streit 
imi  l^eschaffenheit  und  Namen  der  nationalen  Schriftsprache. 
Zwei  Parteien  namentlich  standen  sich  hier  gegenüber;  die 
eine  (hauptsächlich  durch  Trissino  vertreten;  für  die  »lingua 
parlata«,  die  andere  (deren  bedeutendester  Vorkämpfer  Varesi 
war)  für  die  »lingua  fiorentina«  kämpfend,  die  eine  behauptend, 
dass  der  allgemeinen  nationalen  Sprache  der  Name  der  »ita- 
lienischen« gebühre  und  dass  für  sie  in  Bezug  auf  Wortschatz 
und  Aussprache  lediglich  das  Urtheil  und  der  Geschmack  der 
Gebildeten,  nicht  aber  der  Dialect  von  Florenz  massgebend 
sein  könne  und  müsse;  die  andere  dagegen  fordernd,  dass  die 
nationale  Sprache ,  weil  von  Florentinern  geschaffen ,  auch 
florentinisch  heissen  und  bleiben  müsse  und  folglich  nicht 
hinausgehen  dürfe  über  das,  was  durch  den  florentiner 
Sprachgebrauch,  in  Sonderheit  durch  den  der  Trecentisten,  be- 
stimmt werde.  Die  Fehde,  über  deren  Einzelheiten  unten  in 
den  Litteraturangaben  Andeutungen  gemacht  werden  sollen, 
wurde  mit  einer  Leidenschaftlichkeit  geführt ,  welche  beide 
Theile  über  das  richtige  Ziel  hinausschiesscn  und  gelegentlich 
in  arge  Excentricitäten  verfallen  liess.  Jede  der  beiden  Par- 
teien hatte  zum  Tlieil  das  Recht  aiif  ihrer  Seite,  aber  eben 
nur  zum  Theile.     War  es  von  den  Vertretern  der  lingua  par- 

39* 


612  Das  Italienische. 

lata  durchaus  richtig  gehandelt,  das  Recht  einer  lebenden 
Sprache  auf  unbehinderte,  durch  keine  localdialectische  Eng- 
herzigkeit gehemmte  Entwickelung  hervorzuheben,  so  über- 
sahen sie  doch  zu  sehr,  dass  jede  Litteratursprache  fester  und 
bestimmter,  durch  die  Litteratur  selbst  gegebener  Normen  be- 
darf und  dass  diese  Normen  für  das  Italienische  damals  eben 
nur  in  den  Werken  der  grossen  Florentiner  als  der  damaligen 
einzigen  italienischen  Classiker  gefunden  werden  konnten,  dass 
es  mithin  verfehlt  -svar ,  schlechtweg  die  Unabhängigkeit  der 
Schriftsprache  von  der  fiorentiner  Mundart  zu  fordern.  Der 
Einzige,  der  im  gemässigten  Sinne  sich  aussprach  und  auf  die 
durch  sprach-  und  litterargeschichtliche  Nothwendigkeit  eines 
Compromisses  zwischen  der  lingua  parlata  und  der  lingua 
fiorentina  hinwies  sowie  auch  sehr  richtig  bemerkte,  dass  be- 
reits die  Sprache  der  Trecentisten  auf  einem  derartigen  Com- 
promisse  beruhe,  war  der  geistvolle  Cardinal  Bembo.  ^)  Aller- 
dings aber  fasste  Bembo  den  Begriff  der  lingua  parlata  in 
einer  so  engen  Weise  auf,  dass  er  für  ihn  thatsächlich  mit 
der  Sprache  der  Trecentisten  wdeder  zusammenfiel.  Der  wirk- 
lich im  Munde  des  Volkes  lebenden  Sprache  erkannte  er 
keinerlei  Hecht  der  Einwirkung  auf  die  Litteratursprache  zu, 
die  letztere  sollte  sich  vielmehr  seiner  Anschauung  nach  in 
vornehmer  Classicität  von  der  ersteren  abschliessen  und  fern- 
halten. Die  Kluft  zwischen  Bembo  und  den  Vertheidigern  des 
starren  Trecentismus  ist  demnach ,  praktisch  genommen ,  gar 
nicht  gross. 

Theoretisch  wurde  der  Sprachstreit,  wie  meist  derartige 
Principienstreite ,  zu  keinem  abschliessenden  und  Alle  be- 
friedigenden Austrage  gebracht.  Praktisch  aber  verblieb  für 
geraume  Zeit  den  Florentinern  der  Sieg;  dass  nur  das  fioren- 
tiner Toscanisch,    sowie    es  bei  den    Trecentisten   zu  finden, 


1)  U.  Cankli.O,  a.  a.  O.  p.  322,  fasst  Bembo's  betr.  Ansicht  folgen- 
dermassen  zusammen:  »11  Vulgare,  per  liii,  e  una  corruzione  del  latino 
classico,  corruzione  dctcrminata  dalla  immigrazione  de'  Barbari.  A  Firenze 
e  in  Toscana  questa  corruzione  sarebbe  stato  meuo  profunda,  e  perö  ivi 
risorse  una  lingua  letteraria,  succedanea  del  latino.  Ma  alla  costituzione 
di  questa  nuova  lingua  non  hanno  contribuito  solo  i  Fiorentini;  in  essa 
vi  sono  molte  voci  provenzali,  ed  alcune  dell'  Italia  meridionale;  essa, 
adunque,  e  il  portato  non  tanto  dun  municipio  italiano,  quanto  degli  scrif- 
tori  dun  dato  municipio,  i  quali  attingevano  materiali  anche  fuori  della 
parlata  natia.« 


Das  Italienische.  Gl  3 

correctes  Italienisch  sei  \un\  dass  diesem  allein  und  ausschliess- 
lich die  Schriftsprache  Kegel  und  Muster  entnehmen  müsse, 
wurde  feststehendes  litterarisches  Dogma.  Damit  aber  wurde 
die  Litteratursprache  zu  einem  künstlichen  und  todten  Idiome 
verknöchert,  eine  mehr  vermeintliche  als  wirkliche  Classicität 
ihr  aufgezwungen ,  die  Möglichkeit  natürlicher  Entwickelung 
ihr  geraubt  und  die  Verbindung  zAvischen  ihr  und  dem  leben- 
digen Volksthume  zerstört.  Dass  dieser  klägliche  Zustand  nur 
eintreten  konnte,  aber  auch  eintreten  musste,  weil  etwa  von 
Mitte  des  16.  Jahrhunderts  ab  die  ganze  italienische  Renaissance- 
cultur  und  -litteratur  zu  dem  steifen  und  manierirten  Kococo 
zusammenschrumpfte,  bedarf  nicht  erst  der  Bemerkung. 

Wie  in  Frankreich,  aber  erheblich  früher  als  dort,  fand 
der  sprachliche  Pseudoclassicismus  seinen  schärfsten  Ausdruck 
und  zugleich  seine  nachhaltigste  Stütze  in  einer  gelehrten  Ge- 
sellschaft, welche,  1540  unter  dem  affectirten  Namen  »Accademia 
degli  L'midiu  zu  Florenz  gegründet,  im  Jahre  15S2  diese  Be- 
nennung mit  der  nicht  minder  pretentiösen  »Accademia  dei  Crus- 
cani«,  erst  später  »della  Crusca«,  vertauschte.  Und  wie  später 
ihre  französische  Schwester,  erachtete  es  auch  schon  diese 
florentiner  gelehrte  Sprachgesellschaft  für  ihre  wichtigste  Auf- 
gabe ,  den  Wortschatz  und  die  Phraseologie  der  Litteratur- 
sprache autoritativ  festzustellen.  Es  geschah  dies  durch  Her- 
ausgabe eines  grossen,  fast  ausschliesslich  auf  toscanische  Lit- 
teraturwerke  des  Trecento  sich  gründenden  »Yocabolario«,  das 
zuerst  1612  erschien  und  dessen  fünfte  Ausgabe  seit  1S63  im 
Erscheinen  begriffen  ist  vgl.  die  Litteraturangaben  zu  §  6). 
Die  Grammatik  des  Trecentismus  aber  schuf,  die  Sprache  des 
Decamerone  zur  Grundlage  nehmend,  Lioxardo  Salviati  in 
seinen  »Avvertimenti  della  lingua  sopra  il  Decamerone«  (Venedig 
1584—86,    2  Bde.). 

3.  Eine  wirksame  Reaction  gegen  den  florentiner  trecen- 
tistischen  Pseudoclassicismus  trat  erst  gegen  Ende  des  IS. 
Jahrhunderts  ein.  als  im  Jahre  17S5  Melchior  Cesarotti's  Saggi 
sulla  filosofia  delle  lingue  applicata  alla  lingua  italiana«  er- 
schienen. Die  Tendenz  dieses  beachtenswerthen  Buches  lässt 
sich  als  eine  im  guten  Sinne  des  Wortes  natm-alistische  be- 
zeichnen. Cesarotti  wollte  der  Litteratursprache,  ohne  die- 
selbe von    der  Pflicht   der  Festhaltung  bestimmter  Normen  zu 


614  Das  Italienische. 

entbinden ,  das  Recht  einer  natürlichen  Fortentwickelnno^  ge- 
wahrt wissen  und  dadurch  auch  die  Fähigkeit  zu  Wandlungen, 
welche  den  Wandlungen  des  Volks-  und  Culturlebens  ent- 
sprechen; besonders  betonte  er  dies  in  Bezug  auf  den  Wort- 
schatz, dessen  Mehrung  durch  die  fortschreitende  Cultur  noth- 
wendig  werde,  aber  nur  dann  erfolgreich  sich  ausführen  lasse, 
wenn  die  Schriftsteller  nicht  engherzig  in  der  Wortauswahl 
seien  und  namentlich  auch  Fremdworte  nicht  principiell  ver- 
schmähen. In  ]3ezug  auf  den  letzteren  Punkt  war  Cesarotti 
wohl  in  Anbetracht  der  damaligen  Zeitverhältnisse  zu  wenig 
streng,  denn  gerade  damals  befand  sich  das  Italienische  in 
der  Nothlage,  der  Ueberfluthung  durch  Gallicismen  sich  er- 
wehren zu  müssen ,  indessen  geschah  ihm  doch  wirkliches 
Unrecht ,  wenn  er  von  seinen  Gegnern  der  Gallomanie  be- 
schuldigt ward.  An  Gegnern  aber  fehlte  es  dem  geistvollen 
Manne  wahrlich  nicht,  war  doch  der  Trecentismus  bereits  zu 
sehr  zu  einer  festen  und  in  gewissem  Sinne  auch  nationalen 
litterarischen  Tradition  geworden,  für  welche  nicht  nur  alle 
conservativ  gesinnte,  sondern  auch,  wenigstens  in  ihrer  Mehr- 
zahl, die  national  und  patriotisch  denkenden  Männer  eintreten 
zu  müssen  glaubten.  Der  bedeutendeste  unter  den  Wortführern 
des  Trecentismus  war  Antonio  Cesari.  So  entspann  sich  wie- 
der der  Kampf  der  Parteien,  doch  a\ich  jetzt  gelangte  er  trotz 
alles  Hin-  und  Herwogens  und  alles  Aufeinanderplatzens  der 
Geister  zu  keinem  Abschlüsse. 

4.  In  eine  neue  Phase  trat  der  Sprachstreit  vor  einigen 
Jahrzehnten  ein.  Zu  den  Trecentisten  und  zu  den  Natura- 
listen gesellte  sich  eine  dritte  Partei,  welche  die  lebende 
Sprache  von  Toscana  und  in  Sonderheit  wieder  diejenige  von 
Florenz  für  die  Quelle  erklärten,  aus  Avelcher  die  Litteratur- 
sprache  schöpfen  und  sich  bereichern  und  dadurch  zugleich 
sich  verjüngen  und  reinigen  müsse.  Der  Führer  dieser  Partei 
war  kein  Geringerer,  als  der  grösste  und  volksthümlichste 
Dichter  des  modernen  Italiens ,  Alessandro  Manzoni.  Schon 
im  Jahre  1840  hatte  Manzoni  seine  Theorie  praktisch  bethätigt, 
indem  er  eine  toscanisirte  Ausgabe  seines  ursprünglich  mit 
manchen  lombardischen  Idiotismen  durchsetzten  Pomans  »Pro- 
messi  Sposi«  erscheinen  Hess,  aber  erst  im  Jahre  ISGS  ver- 
öffentlichte er  in  systematischer  Form  seine  sprachlichen  Neue- 


Pas  Italienische.  0  1  5 

ningsfjedaukt'n  (die  «Proposta  Munzuniana»;  ,  für  deren  Ver- 
wirklielum<.j  er  mit  Erfolg  die  Staatsregierung  zu  interessiren 
versuchte.  Manzonis  iSchwiegersolni  ClioiUiiNi  begann  im  Jahre 
1S7U  die  Veröffentlichung  eines  ^  ocaholario  zur  Zusammen- 
fassung des  tlürentiner  Wortschatzes;  schon  der  Titel  bekundete 
durch  die  Form  jiNovo  (statt  NuOvo)  Vocabolario«  die  Horen- 
tiner  Tendenz  des  Werkes. 

Gegen  den  also  begonnenen  Versuch,  die  gegenwärtige 
Sprache  einer  einzigen  Stadt  (Florenz)  oder  doch  einer  einzigen 
Landschaft  ;Toscana)  zur  Litteratursprache  der  gesaramten 
Nation  zu  machen,  hat  als  gegen  ein  ebenso  principiell  ver- 
kehrtes wie  auch,  wenn  es  gelingen  sollte,  unheilvolles  Unter- 
nehmen beredten  und  auf  beste  Gründe  sich  stützenden  Ein- 
spruch erhoben  Italiens  und  vielleicht  Europas  grösster  Sprach- 
forscher, Giovanni  Ascoli,  im  Proemio  zum  ersten  Bande  seines 
Archivio  glottologico. 

5.  Die  durch  Diez  begründete  romanische  Philologie  hat 
in  Italien  eifrige,  verständnissvollste  und  erfolgreichste  Pflege 
gefunden  und  zwar,  wie  selbstverstäudlich.  mit  besonderer  Be- 
rücksichtigung der  italienischen  Einzelphilologie.  An  allen 
grösseren  und  selbst  an  manchen  kleineren  Hochschulen  Italiens 
bestehen  Professuren  für  die  junge  und  doch  schon  so  mächtig 
geförderte  Wissenschaft,  und  die  Namen  der  Inhaber  der  meisten 
dieser  Lehrstühle  sind  weit  über  Italiens  Grenzen  hinaus,  na- 
mentlich auch  in  Deutschland,  rühmlichst  bekannt,  viele  be- 
sitzen sogar  mit  vollem  Rechte  autoritative  Geltung.  Es  genüge 
zu  erinnern  an  den  genialen  G.  Ascoli  in  Mailand  s.  oben) '], 
A.  Graf  (Verfasser  des  grossen  Werkes  »Koma  nelle  memoria 
e  nelle  immaginazioni  del  medio  evo«)  in  Turin,  A.  Comparetti 
(Verfasser  des  »V^irgilio  nel  medio  evo«)  in  Florenz,  A.  Bartoli 
Verfasser  der  grossen  Storia  della  lett.  ital.  und  vieler  anderer 
Schriften)  in  Florenz,  I.  del  Luxgü  (Verfasser  des  grossen 
Werkes  über  die  Chronik  des  Dino  Compagni)  in  Florenz, 
P.  Rajna  (Verfasser  der  Origini  dell'  epopea  francese  und 
anderer    auf    die    altfranzösische    und    italienische  Karls-  und 


])  Ascoli  (geb.  1829)  ist  der  eigentliche  Begründer  der  vergleichenden 
Sprachwissenschaft,  der  romanischen  Philologie  und  der  wissenschaftlichen 
Dialectologie  in  Italien.  Fast  sämmtliche  jüngere  italienische  Romanisten 
sind  seine  Schüler. 


616  Das  Italienische. 

Rolandsepik  bezüglicher  Werke  sowie  mehrerer  sprachlicher 
Untersuchungen,  nächst  Ascoli  wohl  Italiens  grösster  Romanist) , 
d'Ancona  (Verfasser  mehrerer  Schriften  über  das  mittelalter- 
liche religiöse  Schauspiel  in  Italien,  einer  Geschichte  der  ita- 
lienischen Volkspoesie  etc.)  in  Pisa,  E.  Monaci  (Herausgeber 
des  portugiesischen  Liedercodex  Vatic.  etc.)  in  Rom,  Camillo 
Antona-Traversi  (Biograph  Boccaccio' s,  Foscolo's  etc.)  in  Rom, 
Francesco  d'Ovidio,  (Verfasser  scharfsinniger  sprachlicher  Unter- 
suchungen sowie  geistvoller  litterarhistorischer  EssayS;  in  Neapel, 
R.  Remer  (Herausgeber  der  lyrischen  Dichtungen  Fazio  degli 
Uberti's,  Litterarhistoriker,  Uebersetzer  von  Th.  Sundby's  Buch 
über  Brunetto  Latini)  in  Ancona ,  B .  Zumbini  (Verfasser  treff- 
licher Essays  über  Petrarca)  in  Neapel  u.  A.  Den  Italienern 
darf  wohl  auch  der  gelehrte  Triestiner  Attilio  Hortis  bei- 
gezählt werden ,  Verfasser  zahlreicher  und  grundlegender  Pe- 
trarca- und  Boccacciomonographien  (darunter  das  Riesenwerk 
Studj  sulle  opere  latine  di  Giov.  Boccacci) . 

Als  in  den  letzten  Jahren  verstorben  betrauert  die  ro- 
manische Philologie  die  hervorragenden  Gelehrten  N.  Caix 
(Florenz),  U.  Canello  (Padua)  und  V.  Imbriaki  (Neapel).  Auch 
des  schon  vor  längeren  Jahren  (1857)  geschiedenen  V.  Nan- 
Nucci's  Andenken  wird  stets  ehrend  bewahrt  werden. 

Der  italienischen  Philologie  sind,  bezw.  waren  in  Itahen 
speciell  folgende  Zeitschriften  gewidmet:  1.  II  Propugnatore, 
studi  filologici ,  storici  e  bibliografici  in  appendice  alla  colle- 
zione  di  opere  inedite  o  rare  di  vari  soci  della  commissione 
pe'  testi  di  lingua,  seit  1867  zu  Bologna  im  Verlage  von  G. 
Romagnoli  erscheinend  (bringt  manche  werthvolle,  meist  aber 
höchst  dilettantische  und  unmethodische  Arbeiten;  lässt  auch 
in  Bezug  auf  seinen  Recensionentheil  viel  zu  wünschen  übrig, 
ist  aber  nichtsdestoweniger  Jedem,  der  sich  mit  älterer  italie- 
nischer Litteratur  beschäftigt,  unentbehrlich).  2.  Rivista  di 
tilologia  romanza  diretta  da  L.  Manzoxi,  E.  Monaci,  E.  Sten- 
gel. Imola  u.  Rom  1872/75,  2  Bde.,  jetzt  eingegangen.  3.  Gior- 
nale  di  filologia  romanza  diretto  da  E.  Monaci  ,  Rom  ohne 
Jahreszahl  (das  erste  Heft  erschien  1878  im  Januar),  4  Bde., 
jetzt  eingegangen,  aber  fortgesetzt  u.  d.  T. :  4.  Studj  di  filo- 
logia romanza  pubblicati  da  E.  Monaci,  Rom  seit  1884,  bis 
jetzt  3  Hefte.     5.  Archivio  glottologico  italiano  diretto  da  G.  I. 


Das  Italienische.  (517 

AscoLi.  Rom,  Txirln,  Florenz  (b.  Löscher),  seit  1S73,  bis  jetzt 
sind  7 Ikle.  vollendet,  der  S.u.  i).  sind  im  Erscheinen  begriffen  (die 
einzelnen  »puntate«.  aus  denen  die  Hände  sich  zusammensetzen, 
erscheinen  durcheinander,  so  dass  häufig,  bevor  ein  IJand  ab- 
geschlossen, bereits  Hefte  späterer  Bände  aiisgegeben  werden). 
6.  Giomale  storico  della  letteratura  italiana  diretto  e  ridatto 
da  A.  Graf,  F.  Novati  ,  R.  Remek.  Turin,  seit  1SS3,  der 
6.  ]id.  ist  im  Erscheinen  begriffen. 

Ausserdem  erscheinen  auf  italienische  Philologie  bezüg- 
liche Artikel  vielfoch  auch  in  den  der  Geschichte  gewidmeten 
Zeitschriften.  Endlich  bringen  auch  die  grösseren  politischen 
Zeitungen,  an  denen  Italien  so  reich  ist,  häufig  in  ihren 
Feuilletons,  bzw.  in  ihren  belletristischen  Beiblättern,  werth- 
volle  philologische,  namentlich  litterargeschichtliche  Essays. 
Ueber  die  in  nicht-philologischen  (historischen,  belletristischen 
und  politischen)  Zeitschriften  erscheinenden  Artikel ,  welche 
sich  unmittelbar  oder  mittelbar  auf  italienische  Litteratur- 
geschichte  beziehen,  wird  im  »Spoglio  delle  pubblicazioni  pe- 
riodiche«  des  oben  genannten  Giomale  storico  ein  sorgfältiges 
Verzeichniss  mit  kurzen  Inhaltsangaben  geführt. 

An  kritischen  Zeitschriften  ist  in  Italien  kein  Mangel, 
indessen  fehlt  gegenwärtig  eine  von  so  allgemein  anerkannter 
Autorität,  wie  sie  die  leider  eingegangene  »Rassegna  settima- 
nale«  besass.  Im  x\llgemeinen  ist  an  dem  italienischen  Zeit- 
schriftenwesen eine  zu  grosse  Zersplitterung  und  Unstätigkeit 
zu  beklagen,  auch  will  es  scheinen,  als  ob  die  in  ihm  geübte 
Kritik  mitunter  keine  völlig  objective,  sondern  durch  persön- 
liche und  Parteirücksichten  beeinflusste  sei. 

Gelegentlich  sei  hier  bemerkt,  dass  Italien  ungemein  reich 
auch  an  belletristischen  Zeitschriften  (»Riviste«  u.  dgl.)  ist, 
von  denen  manche  sich  durch  Gediegenheit  ihres  Inhaltes 
auszeichnen;  die  empfehlenswertheste  dürfte  die  in  Florenz 
erscheinende  »Nuova  Antologia«  sein. 

6.  Ausserhalb  Italiens,  namentlich  auch  in  Deutschland, 
ist  bis  jetzt  weit  mehr  das  litterarische,  als  das  sprachliche 
Gebiet  der  italienischen  Philologie  wissenschaftlich  bearbeitet 
worden;  besondere  Anziehungskraft  haben  Dantes  Divina  Com- 
media  und  die  Renaissancelitteratur  ausgeübt.  Unter  den  ge- 
genwärtig lebenden  Romanisten  Deutschlands  haben  sich  spe- 


618  Das  Italienische. 

ciell  mit  italienischer  Philologie  beschäftigt  und  auf  diesem 
Gebiete  mehr  oder  weniger  Bedeutendes  geleistet :  A.  Ebekt 
(Verf.  eines  Handbuchs  der  ital.  Nationallitteratur) ,  A.  Tobler 
(Herausgeber  einer  ital.  Chrestomathie  und  altital.  Texte,  Verf. 
eines  Essay  über  Baidassar  Castiglione  etc.) ,  A.  Mussafia 
(Herausgeber  altital.  Texte),  A.  v.  Reumont  (Verf.  ebenso  ge- 
lehrter wie  geistvoller  Monographien  über  Lorenzo  de'  Medici 
und  Vittoria  Colonna),  K.  Bartsch  (Uebersetzer  der  Divina 
Commedia)  ,  J.  Scartazzini  (Danteforscher,  Herausgeber  des 
Canzoniere  Petrarcas  etc.),  A.  Scheffer-Boichorst  (Verf.  von 
Untersuchungen  über  die  Aechtheit  altital.  Chroniken,  nament- 
lich der  des  Dino  Compagni;  Danteforscher),  W.  Förster 
(Herausgeber  altital.  Texte),  L.  Geiger  (Verf.  einer  Petrarca- 
biographie) ,  A.  Gaspary  (Verf.  der  trefflichen  Monographie 
»Die  sicil.  Dichterschule«,  Verf.  einer  ital.  Litteraturgeschichte 
[bis  jetzt  Bd.  1  erschienen]  ,  G.  Körtesg  (Verf.  einer  Petrarca- 
und  einer  Boccacciobiographie)  u.  A. 

Von  Verstorbenen  ist  namentlich  G.  Blanc's,  des  Ver- 
fassers der  immer  noch  besten  italienischen  Grammatik,  und 
des  hochverdienten  Danteforschers  C.  Witte  zu  gedenken. 

Eine  ausschliesslich  der  italienischen  Cultur-  und  Litte- 
raturgeschichte sowie  dem  Studium  der  socialpolitischen  Ver- 
hältnisse des  gegenwärtigen  Italiens  gewidmete  Zeitschrift  gab 
der  ebenfalls  bereits  verstorbene  K.  Hillebrakd  unter  dem 
Titel  »Italia«  heraus  (Leipzig  1874/78,  4  Bde.).  Eine  »Viertel- 
jahrszeitschrift für  Cultur  und  Litteratur  der  Renaissance«  er- 
scheint unter  der  Redaction  von  L.  Geiger  seit  18S5  zu  Ber- 
lin. Unter  dem  Titel  »Italienische  Studien«  beabsichtigt  vom 
1.  Januar  1S87  ab  G.  Körting  eine  der  italienischen  Cultur- 
und  Litteraturgeschichte  gewidmete  Zeitschrift  herauszugeben. 

7.  Der  italienischen  Philologie  sind  noch  grosse  und 
schwierige  Aufgaben  gestellt.  Noch  fehlen  ja  Avissenschaft- 
lichen  Anforderungen  genügende  Darstellungen  der  meisten 
italienischen  Dialecte ,  und  doch  wird  die  wissenschaftliche 
Grammatik  des  Gesammtitalienischen  sich  erst  auf  Grund  der- 
artiger Dialectuntersuchungen  schaffen  lassen.  Noch  fehlen 
für  die  meisten  Litteratur  werke  der  älteren  wie  der  neueren 
Zeit  wirklich  kritische  Ausgaben,  und  so  lange  dieser  Mangel 
besteht ,    wird   die    Erforschung   sowohl    der   Sprache   wie    der 


Das  Italienische.  619 

Litteratiir   sich    vielfach  auf  recht  unsicherem  l^oden  bewegen 
unil  nur  provisorische  Ergebnisse  zu  erlangen  vermögen. 

Litteraturangaben  : 

a,  Aeltere  Grammatiken  (ein  Vcrzeichniss  derselben  bei  Blanc 
in  der  Einleitung  zu  seiner  ital.  Gramm.,  p.  23  tl".,  :  G.  Fortunio,  Kegole 
grammaticali  della  volgar  lingua.  Ancona  1516  —  NiccoLO  Liburnio,  Le 
vulgari  eleganzie.  Vinegia  1521  («kein  systematisches  Werk,  sondern  nur 
eine  Sammlung  von  Bemerkungen  über  den  Gebrauch  mancher  "Wörter  u. 
über  die  verschiedene  Aussprache  derselben.«  Blan'C)  —  Marcantoxio 
Flami>'Iü,  Compendio  della  volgar  grammatica.  Bologna  1521  —  P.  Bembo, 
Prose,  s.  unten  b)  —  A.  AccARlsio  da  Cento,  La  grammatica  volgare. 
Bologna  1536  —  J.  Gabriele,  Regole  grammaticali.  Yenezia  1545  —  Ri- 
NALDO  CoRSO,  Fondamenti  del  parlar  toscano.  Yenezia  1549  (»ein  ■wohl- 
geordnetes kleines  Werk,  worin  auch  der  erste  Yersuch  einer  Sjiitax  sich 
findet.«  Blanc)  —  Lod.  Dolce,  I  quattro  libri  delle  osservazioni  della 
volgar  lingua.  Yenedig  1550  öfters  neu  aufgelegt,  zuletzt  u.  d.  T.  Com- 
mentari  deUa  ling.  ital.  Libri  YII,  Yenedig  1581.  Blan'C  nennt  das  Werk 
«unbedeutend«  u.  «fehlerhaft«)  —  Sansovixo,  Le  osservazioni  della  lingua 
volgare  di  diversi  uomini  illustri.  Yenedig  1562  (ist  »eine  brauchbare  Samm- 
lung, -worin  sich  die  Prose  von  Bembo  u.  die  Grammatiken  von  Gabriele, 
Fortunio,  Rinaldo  Corso  u.  Accarisio  befinden.«  BlancJ  —  SalvL4TI,  s. 
unten  h]  —  B.  Buomattei,  Della  lingua  toscana.  Firenze  1643,  1714,  beste 
unter  der  Autorität  der  Crusca  erschienene,  mit  Noten  von  Salvini  versehene 
Ausg.  Firenze  1760,  -wiederholt  Mailand  1807)  —  Pallavicixi,  A^-verti- 
menti  grammaticali.  Rom  1661  —  Daniele  Bartoli,  II  torto  e  1  diritto  del 
non  si  puö,  esaminato  da  Ferrante  Longobardi,  cioe  dal  P.  D.  B.  Rom 
1655,  vollständigste  Ausg.  Brescia  1622  (»ein  wunderliches  Buch,  -worin 
der  Yerf.  gegen  die  meisten  Grammatiker  zu  Felde-  zieht  u.  vor  allen  Din- 
gen durch  Autoritäten  der  besten  Schriftsteller  das  zu  rechtfertigen  sucht, 
-was  ge-wöhnlich  getadelt -wird«.  Blanc  ,  und:  Ortografia  italiana.  Rom  1670, 
Mailand  1830  —  Cinonio,  Osservazioni  della  ling.  ital.  Partei  Forli  1685, 
Parte  II  Ferrara  1644  also  vor  P.  I  erschienen  ,  beste  Ausg.  besorgt  von 
L.  Lamberti.  Mailand  l&ü9  —  Aeomatari  (Subasiano)  ,  Autori  del  ben 
parlare  owero  della  favella  nobile  d'Italia,  opere  diverse.  Yenedig  1643 
(Sammelwerk,  »wovon  nur  die  ersten  6  Bde.  grammatische  Schriften  ent- 
halten«. Blanc)  —  Rogacci,  Pratica  e  compendiosa  istruzione  a'  princi- 
pianti.  Rom  1711  —  G.  GiGLI,  Regole  della  toscana  favella.  Rom.  1721  — 
Regole  ed  osservazioni  di  varj  autori  intorno  alla  lingua  toscana.  Firenze 
1725  —  CORTICELLI,  Regole  ed  osservazioni  deUa  lingua  toscana.  Bologna 
1745  ("diese  erste  regelmässige  u.  systematische  Gramm.,  in  welcher  auch 
zuerst  die  Sj-ntax  einigermassen  berücksichtigt  ist,  welche  aber  ganz  auf 
dem  strengsten  Florentinismus  ruht,  ist  die  Hauptquelle,  aus  welcher  fast 
alle  späteren  Grammatiker,  vorzüglich  auch  deutsche,  geschöpft  haben.« 
Blanc;  —  Soresi,  I  Rudimenti  della  ling.  ital.  Milano  1756  —  Fr.  Soave, 
Granmi.  ragionata  della  ling.  ital.  Milano  1816  —  Gherardixi,  Intro- 
duzione  aUa  gramm.  ital.  Milano  1825  —  Ambrosoli,  Manuale  della  ling. 


(320  l^^s  Italienische. 

ital.  Milano  182S  —  Michele  Ponza,  Gamm.  della  ling.  ital.  Torino  1834 
(»In  Fragen  u.  Antworten,  ganz  unbedeutend.  Die  Einleitung  enthält  eine 
ziemlich  vollständige  Liste  aller  bis  dahin  erschienenen  gramniat.  "Werke 
über  die  ital.  Spr.«  Bl.'^xC;. 

Die  neueren  Grammatiken,  namentlich  auch  die  von  Deut- 
schen verfassten  sind  unten  §  6  verzeichnet. 

b)  Zum  Sprachstreite:  *Pietko  Bembo,  Prose  nelle  quali  si  ragiona 
della  volgar  lingua.  Libri  III.  Vinegia  1525  u.  oft  'Dialoge.  Buch  I:  Ur- 
sprung der  ital.  Spr.,  Mundarten,  Versbau.  Buch  II:  Styl,  Verse,  Reim. 
Buch  III:  Orthographie,  Artikel,  Pronomen,  Verb,  Adverb),  vgl.  oben  S. 
(>12.  Dazu:  LoD.  Castelvetro,  Ginnte  alle  prose  di  Messer  Bembo.  Mo- 
dena  1563,  vollständig  Ausg.  erst  Neapel  1714,  später  meist  zusammen  mit 
B.'s  Prose  herausgegeben  —  *Giangiorgio  Trissino,  1.  Epistola  intomo 
alle  lettere  nuovamente  aggiunte  alle  ling.  ital.  Roma  1524  'dagegen:  LOD. 
Martelli,  Risposta  all'  epistola  del  Tr.,  ohne  Jahres-  u.  Ortsangabe,  ver- 
muthlich  aber  1524  od.  1525  erschienen;  [Angelo  FiRENZUOLA?],  Discac- 
ciamento  delle  lettere  etc.  Roma  1524;  11  Polito  di  Adriani  Fraxci  ovvero 
delle  lettere  nuovamente  aggiunte.  Roma  o.  J.,  vermuthlich  1528).  2.  Dubbj 
grammaticali.  Vicenza  1520.  3.  II  Castellano,  dialogo  nel  quäle  si  tratta 
della  ling.  ital.  Vicenza  1529,  4.  Im  J.  1529  gab  Tr.  auch  eine  Uebers. 
der  damals  wieder  bekannt  gewordenen  Schrift  Dante's  de  vulg.  eloqu. 
heraus.  Tr.  vertheidigt  die  »lingua  italiana«  gegen  die  Florentiner;  seine 
grammat.  Schriften  findet  man  zusammen  in  Bd.  2  der  Gesammtausg.  seiner 
Werke.  Verona  1729  —  (Anonym)  Discorso,  ovvero  dialogo  in  cui  si  esa- 
mina ,  se  la  lingua  in  cui  scrissero  Dante ,  il  Boccaccio  e  il  Petrarca  si 
debba  chiamar  italiana,  toscana  o  fiorentina.  Florenz  o.  J.  (1527?).  Der  Verf. 
vertheidigt  die  »florentinische«  Sprache.  —  Giambi'LLARI  [?],  Gello  ovvero 
origine  della  ling.  fiorentina.  Florenz  1545  (das  Floren tinische  stammt  von 
dem  Etruskischen  u.  dies  wieder  von  dem  Aramäischen  ab,  die  »lingua 
fiorentina  e  composta  di  etrusco  antico,  di  greco,  di  latino,  di  tedesco,  di 
francese,  e  di  qualcune  altre  simili  a  queste«)  —  Claudio  Tolommei,  II 
Cesano,  dialogo  nel  quäle  si  disputa  del  nome  con  cui  si  dee  chiamar  la  vol- 
gar lingua.  Venedig  1555  (die  Sprache  muss  »toscanisch«  heissen;  am  besten 
wird  sie  in  Siena  gesprochen)  —  Bexedetto  Varcui,  L  Ercolano,  dialogo 
nel  quäle  si  ragiona  generalmente  delle  lingue  ed  in  particolare  della  tos- 
cana e  della  fiorentina.  Florenz  1570,  der  Verf.  ist  fanatischer  Florentiner 
—  GmoLAMO  (HlEEONlMO)  Ml'ZIO  (Mütio)  ,  Le  Battaglie  jjcr  difesa  dell' 
italica  lingua,  und:  La  Varchina.  Venedig  1582.  Vertheidigcr  des  ital. 
Standpunktes,  insbesondere  Gegner  Varchi's,  gegen  dessen  Ercolano  die 
Varchina  gerichtet  ist.  —  'Leonardo  Sat.viati,  Avvertimenti  della  lingua 
sopra  il  Decamerone.  Venedig  1584/86  (unvollendete  Grammatik  auf  Grund- 
lage des  Dec,  der  Verf.  vertritt  in  entschiedenster  "Weise  den  Standpunct  des 
Florentinismus  u.  Trecentismus)  —  Ascanio  Peusio,  Discorso  intomo  alla 
conformitä  della  lingua  italiana  con  le  piii  nobili  antiche  lingue  e  principal- 
mente  con  la  greca.  Venedig  1592  (»saggio  d'un  ampio  lavoro,  in  cui  voleva 
notare  e  trascegliere  il  buono  e  il  meglio  di  tutti  i  diuletti  provinciali  per 
arrichirne   la   lingua   comune   che   meritamente   allora   si    direbbe  italiana.« 


Das  Italienische.  02  1 

Canello  a.  a.  ü.,  p.  321  —  'Cklso  Cittadini,  Trattato  dcUa  Vera  origine 
e  del  processo  e  nome  della  nostra  lingua,  verfasst  1595,  herausg.  Veuezia 
1601,  und:  Ürigini  della  volgar  toscana  favella.  Siena  1601  diese  u.  andere 
grammat.  Schriften  C.s,  herausg.  von  G.  Gigli.  Kom  1721).  C.  ist  bereits 
romanischer  Philolog  im  gegenwärtigen  Sinne  des  AVortes,  er  entwickelt, 
wenn  aucli  unbeholfen,  ganz  richtige  Ansicliten  über  den  Ursprung  des  Ital. 
aus  dem  Volkslatein  und  giebt  im  Einzelnen  ganz  überraschende  Proben 
von  gründlicher  Einsicht  in  die  Geschichte  der  Sprachentwickelung,  vgl. 
Caxello  a.  a.  O. ,  p.  326  f. ;  es  wäre  sehr  verdienstlich ,  seiner  Person  u. 
seinen  Werken  einmal  eine  eingehende  Untersuchung  zu  widmen  —  Paolo 
Bexi,  l'Anticrusca,  ovvero  il  paragone  dell'  ital.  ling.  Padova  1612,  da- 
gegen: Oklando  Pescetti.  Risposta  all'  A.  Verona  1613,  worauf  Bem 
wieder  antwortete  durch:  II  Cavalcanti,  ovvero  difesa  dell'  A.  Padova  1614 
—  Nicc.  Amenta,  Della  lingua  nobile  d'Italia  Napoli  1723/24,  2  Bde. 
(der  Verf.  bekämpft  den  engherzigen  Florentinismus,  —  RosASCO ,  Della 
lingua  toscana,  dialoghi  sette.  Torino  1777  u.  Milano  1S24  (der  Verf.  steht 
auf  dem  Standpuncte  des  Florentinismus^ 

*MELCnioR  Cesarotti,  Saggio  della  filosofia  delle  lingue  applicata 
alla  lingua  italiana.  Padova  17S5,  vgl.  oben  S.  614  —  A.  Cesari,  Sopra 
lo  stato  presente  della  ling.  ital.  Mailand  1S09.  C.  ist  Vertreter  des  trecen- 
tistischen  Purismus  —  MONTI ,  Proposta  di  alcune  correzioni  e  aggiunte 
al  vocabolario  della  Crusca.  Mailand  1817/24  (ein  Anhang  erschien  1826; 
enthalten  sind  in  dem  Werke  zugleich  auch  zwei  Abhandlungen  GirGLio 
Perticaui's ')  ebenfalls  antipuristischer  Tendenz).  M.  bekämpfte  den  tre- 
centistischen  Purismus  der  Crusca  ^für  M. :  Fr.  Villardi,  Sopra  la  lingua 
degli  Atti  dell'  Accad.  della  Crusca.  Mailand  1820,  Lampredi,  Lettere  filo- 
logiche  e  critiche  seguite  da  un  dialogo  intorno  all'  opera  del  cav.  M.  Napoli 
1820;  gegen  M. :  A.  Majer,  Della  ling.  comune  d'Italia  etc.  Venedig  1822'. 

Proposta  manzoniana  186S  iDeU'  Unitä  della  lingua  di  A.  Manzoni,  in 
Nuov.  Antol.  VII,  März  1868,  vgl.  darüber  Lambrvschim  in  Bd.  VIII  u. 
Xn  derselben  Ztschr.;  —  Giorgini,  Einleitung  zu  dem  von  ihm  heraus- 
gegebenen Novo  Vocabolario,  vgl.  oben  S.  615  —  V.  Pasquini,  Dell'  uni- 
ficazione  della  lingua.  Florenz  1872  (gegen  Manzoni  —  L.  Gelmetti.  La 
lingua  parlata  di  Firenze  e  la  lingua  letteraria  d'Italia.  Mailand  1874,  2 
Bde.  (gegen  Manzoni  —  L.  Mor.\ndi,  Le  correzioni  ai  Promessi  Sposi  e 
l'unitä  della  lingua.  Mailand  1874  vgl.  Capitani,  Voei  e  maniere  di  dire 
piü  spesso  mutate  da  Manzoni.  Mailand  1875  —  Fr.  d'Ovidio,  La  lingua 
dei  Promessi  Sposi.  Neapel  18S0  (von  demselben:  Della  questione  della 
nostra  ling.,  in:  Saggi  critici,  Napoli  1879,  p.  466)  —  Giambatt.  GIULIANI, 
Dante  e  il  vivente  linguaggio.  Florenz  1872,  und:  Moralitä  e  poesia  del 
vivente  linguaggio  della  Toscana.  Florenz  1873  (früher  schon  war  von  G. 
erschienen :  Sul  vivente  ling.  deUa  Tose.  Florenz  1853  u.  öfters)  —  Mo- 
RAXDI ,  Discorso  suU'  unitä  della  lingua  in  rispetto  alla  commedia.  Mai- 
land 1877. 


1)  Gegen  Perticari  schrieb  wieder  Giov.  Galvaxi  :  Dubbj  intorno  alla 
veritä  della  teoria  del  P.   (1834). 


622  Das  Italienische. 

Ueber  Caix'  u.  Ascoli's  Schriften,  s.  oben  S.  608  f.  Eine  sum- 
marische Geschichte  des  Sprachstreites  hat  H.  Breitinger  gegeben  in : 
Das  Studium  des  Ital.  etc.  (Zürich  1879),  p.  24  ff.,  besondere  Berück- 
sichtigung haben  dabei  Bembo  u.  Cesarotti  gefunden.  Ueber  den  Sprach- 
streit im  16.  Jahrh.  vgl.  auch  U.  Canello,  Storia  della  lett.  ital.  ncl  sec. 
XVI  (Mailand  1880),  p.  319  ff. 

Eine  eingehende  kritische  Geschichte  des  Sprachstreites  zu  schreiben, 
■würde  eine  ebenso  wichtige  wie  interessante  Aufgabe  sein,  u.  hoffentlich 
findet  sich  für  die  Bearbeitung  dieses  Thema's  bald  einmal  die  geeignete 
Persönlichkeit. 

c)  Ueber  die  Geschichte  der  romanischen  Philologie  in  Italien  ist  noch 
so  gut  Tvie  nichts  geschrieben  worden  (zu  nennen  sind  etwa  nur  ein  inter- 
essanter Aufsatz  von  P.  llAJXA:  Le  letterature  neolatine  nelle  nostre  uni- 
versitä,  in  Nuov.  Antol.  Januarheft  1878;  P.  Rajna's  Nekrolog  auf  N.  Caix 
u.  Fr.  d'Ovidio's  Nekrolog  auf  U.  Canello  im  Eingange  des  vierten  Ban- 
des des  Giorn.  di  filol.  rom. ;  die  von  ToRjOLl  verfasste  Biographie  V. 
Nannucci's  im  Eingange  des  2.  Bandes   der  3.  Ausg.    des  Manuale  N.'s). 

§  4.  Bemerkungen  über  die  Dialecte  des  Ita- 
lienischen. 

1.  Vorbemerkung.  Die  italienische  Sprache  zerfällt  in 
eine  (namentlich  in  Anbetracht  des  verhältnissmässig  geringen 
Lmfanges  ihres  Gebietes)  ungemein  grosse  Anzahl  von  Dia- 
lecten,  welche  besonders  in  Bezug  auf  Lautstand,  AVortschatz 
und  Phraseologie  vielfach  sehr  erheblich  von  einander  differi- 
ren.  Diese  Vielheit  von  Dialecten  erklärt  sich  leicht  aus  den 
vorromanischen  Sprachverhältnissen  Italiens  (vgl.  oben  S.  602), 
aus  der  geographischen  Gliederung  der  Apenninenhalbinsel 
•(Scheidung  derselben  in  durch  Gebirge  etc.  scharf  abgegrenzte 
und  auch  in  Bezug  auf  Klima,  Flora  etc.  sehr  von  einander 
abweichende  Landschaften) ,  sowie  endlich  aus  den  politischen 
Geschicken  des  Landes  (Vielheit  von  Aolks-^tämmen  und  Staa- 
tenbildungen im  früheren  Alterthum ;  A'ielheit  von  kleinen 
Gemeinwesen  im  Mittelalter :  Vielheit  von  kleinen  Staaten  bis 
in  die  neueste  Zeit;  vielfache  Mischung  der  Italer  und  Ita- 
liener mit  fremden  A'ölkern:  Punier,  Griechen,  Araber,  Nor- 
mannen, Franzosen  aufSicilien;  Griechen,  Normannen,  Sara- 
cenen  in  Calabrien ,  Apulien  und  Campanien ;  Longobarden 
besonders  im  Norden :  Ostgothen  und  andere  germanische 
Stämme  zeitweilig  über  ganz  Italien   verbreitet). 

Die  Dialecte  nehmen  in  Italien  der  Schriftsprache  gegen- 
über eine  wesentlich  andere  Stellung  ein,  als  in  den  übrigen 
Culturländern    des   modernen    Europa.     In    den  letzteren  sind 


Das  Italicnische.  623 

die  Dialecte  durch  die  Schriftsprache  dcrmasseu  zurückgedrängt 
und  niedergedrückt  worden ,  dass  sie  zu  verwilderten  Patois 
entartet  sind  und  seihst  auf  dieser  niedersten  Daseinsstufe 
noch  von  der  Schriftsprache  mit  völliger  Vernichtung  hedroht 
werden.  In  Italien  dagegen  hahen  sich  die  Dialecte  bis  zur 
Gegenwart  lehenskräftig  neben  der  Schriftsprache  behauptet. 
Denn  wenn  auch  diese  letztere  allenthalben  von  den  Gebil- 
deten, sobald  es  um  ideale  oder  üffentlichc  Dinge  sich  han- 
delt, gesprochen  und  geschrieben  wird,  so  wird  sie  doch  vom 
Volke  nirgends  gesprochen.  Auch  in  Florenz  nicht,  so  nahe 
Beziehungen  auch  die  Mundart  dieser  Stadt  in  doppelter  Weise 
zur  Schriftsprache  besitzt  vgl.  §  3).  Es  weicht  vielmehr  die 
gegenwärtige  volksthümliche  Aussprache  der  Florentiner  nicht 
unwesentlich  von  der  schriftmässigen  ab .  so  setzt  z.  B.  der 
Florentiner  o  für  schriftital.  uo  =  lat.  q  [more ,  fori,  coco, 
S0720,  omini  für  muore,  fuori,  cuoco,  suono,  uomini).  Das  Volk 
spricht  in  Florenz,  in  Eom,  in  Mailand,  in  Venedig,  in  Neapel 
und  in  allen  übrigen  grösseren  und  kleineren  Städten,  bzw.  mehr 
oder  weniger  umfangreichen  Landschaftsgebieten  die  betreffende 
locale  Mundart ,  und  auch  die  Gebildeten  bedienen  sich  im 
Privatleben  derselben  gern.  Ein  ähnliches  Verhältniss  besteht 
ja  etwa  auch  in  Niederdeutschland  (Westfalen,  Unterrhein- 
gebiet etc.)  zwischen  Plattdeutsch  und  Hochdeutsch,  aber  in 
Italien  besitzt  doch  die  Schriftsprache  nicht  entfernt  das  Ueber- 
gewicht,  welches  das  Hochdeutsch  mehr  und  mehr  gegen  das 
Platt  geltend  macht.  Damit  hängt  zusammen,  dass,  während 
in  den  übrigen  Culturländern  Europa' s  seit  dem  Aufkommen, 
der  nationalen  Schriftsprachen  die  dialectische  Litteratur  ent- 
weder völlig  abgestorben  ist  oder  doch  nur  hier  und  da  noch 
ein  Scheinleben  fristet ,  in  Italien  die  Dialecte  noch  gegen- 
wärtig auch  volles  litterarisches  Leben  besitzen,  wenngleich 
in  dieser  Beziehung,  v,-ie  leicht  erklärlich,  erhebliche  Grad- 
unterschiede bestehen  und  wenn  auch  immerhin  die  Erzeug- 
nisse der  Dialectlitteraturen  an  geistigem  Gehalt  und  ästheti- 
schem  Werth  mit  denen  der  Nationallitteratur  sich  nicht 
vergleichen  lassen. 

2.  Eintheilung  der  Dialecte.  Ascoli  hat  (Arch. 
glott.  ital.  VIII  98  ff.)  folgende  Eintheilung  der  Dialecte  Ita- 
liens entworfen: 


624  ^^^  Italienische. 

A.  Nichtitalienischen  romanischen  Sprachcomplexen  an- 
gehörige  Dialecte  («Dialetti  che  dipendono,  in  maggiore  o  minor  parte, 
da  sistemi  neo-latini  non  peculiari  all'  Italia«) :  1.  Das  Franco-Pro- 
venzalische  (im  Nordwesten  von  Piemont;  Hauptörtlichkeiten  z.  B.  Val- 
Soana,  Aosta,  Chiamorio,  Usseglio,  Viü,  Gravere,  Giaglione).  Haupteigen- 
thümlichkeit  («caratteristica  piü  saliente«) :  lat.  hochtoniges  a,  bzw.  tonloses 
a  im  Auslaute,  -wird  nach  gegenwärtigem  oder  früherem  Palatal  zu  e  oder  i, 
z.  B.  (Aosta)  zarzi  =  chercher,  iravalji  =  tracaiUer,  zevra  =  chevre,  zir  = 
eher.  2.  Das  Ladinische.  Vgl.  unten  das  Kapitel  über  das  Räto- 
Romanische. 

B.  Dem  eigentlich  italienischen  Complexe  fern  stehende, 
aber  doch  zu  keinem  nichtitalienischen  romanischen  Complexe 
gehörige  Dialekte  (»Dialetti  che  si  distaccano  dal  sistema  italiano  vero 
e  proprio,  ma  pur  non  entrano  a  far  parte  di  alcun  sistema  neo-latino 
estraneo  all'  Italia«):  1.  Das  Gallo-Italische,  welches  wieder  sich 
theilt  in  a)  das  Ligurische,  b)  das  Pie  mo  ntesische,  c]  das  Lom- 
bardische, d)  das  Aemilianische.  Diese  vier  Einzeldialecte  stimmen 
in  manchen  Zügen  mit  einander  überein,  öfters  aber  weichen  sie  von  ein- 
ander ab,  sich  dann  meist  in  ungleiche  Sondergruppen  (z.  B.  Piem.,  Lomb., 
Lig.  gegen  Aem.)  scheidend,  Haupteigenthümlichkeiten :  Piem.,  Lomb., 
Aem.  werfen  auslaut.  tonlosen  Vocal  ab,  z.  B.  öj  (Turin)  =  oculo,  voc 
(Mailand)  =  voce,  red  (Faenza)  =  rete,  dagegen  Lig.  (Genua)  ögyu,  voze 
etc.  Piem.  u.  Aem.  stossen  gern  vortonige  Vocale  ab  oder  aus  z.  B.  d/id 
=  danaro,  viin  =  vicmo,  fnocc  =  ßnochio,  womit  sich  häufig  Prosthese 
eines  a  verbindet,  z.  B.  armor  =  romore,  alve  =  levare.  Piem.,  Lig.  u. 
Lomb.  haben  ü  =  lat.  ü  \i.  ii  =  lat.  o,  oft  auch  lat.  o  in  Pos.,  z.  B.  diir 
(Turin)  =  duro,  möve  (Turin  und  Genua)  =  movere,  dorm  (Piemont;  = 
dorme.  Piem.,  Lig.  und  zum  Theil  auch  Aem.  zeigen  ei  =  lat.  e  und  i 
(Aem.  besonders  auch  in  der  Combination  e  -j-  einfacher  oder  gedeckter 
Nasal),  z.  B.  acei  (Turin  und  Genua),  av^ir  (Bologna)  =  habere,  heive  (Turin 
und  Genua),  heir  (Bologna)  =  bibere,  solameint  (Bologna  und  Parma).  Dem 
Aem.  eigenthümlich  ist  ein  =  In,  z.  B.  fein  =  Jinem,  und  6u  =  o  und  ti, 
z.  B.  udöur  =  odorem,  löuv  =  liipum.  Die  Abneigung  gegen  ie  =  e  ist 
allen  vier  Dialecten  gemeinsam.  Piem.,  Lomb.  und  Aem.  nähern  sich,  wie 
in  andern  Punkten  auch  darin  dem  Französ.,  dass  sie  lat.  ä  gern  in  einen 
E-Laut  übergehen  lassen,  z.  B.  piem.  porte  =  portare,  lomb.  guardce  = 
guardato,  aem.  ander  =  andare,  ariveda  =  arrivata.  Auslautendes  oder  ge- 
decktes m  und  n  wird  entweder  mit  dem  vorangehenden  Vocal  zu  einem 
mehr  oder  weniger  reinen  Nasalvocal  (also  ähnlich  wie  im  Französ.)  oder 
fällt  aus,  z.  B.  jjä  (neben  paii  =  jyane,  put  (Bergamo)  =  ponte,  püva  Ber- 
gamo) =  lat.  puncta.  Die  lat.  Combination  et  stellt  sich  im  Piemont.  Lig. 
u.  Lomb.  als  j<  it  oder  c  dar,  z.  B.  piem. /<i«Y,  ^ig.  fajtu,  \om\>.  far  =  fac- 
tum, piem.  teit ,  lig.  tcitu ,  lomb.  tev  =  tectum.  Intervocalisches  d  und  t 
schwindet  im  Piem.  u.  Lig.  (wie  im  Französ.),  z.  B.  rie  =  ridere,  pu6  = 
potare,  im  Piem.  kann  auch  intervocal.  c  vom  Schwunde  betroffen  werden, 
z.  B.  mania  =  matiica,  braja  =  braca.  Dem  Lig.  eigenthümlich  ist  der 
Uebergang  von  r  :  l  :  u,    z.  B.    dolore  :  duhir  :  duritr  :  duü  :  dil,   ferner  der 


Das  Italienische  (;25 

L'eberganp  von  pj,  hj,  fj  :  c',  </,  s  z.  15.  r«  =  piit,  rai'/f/a  =  rabhia,  sti  = 
^o/T,  endlich  der  (auch  im  Berjramaskischen  sich  lindende^  Uebergang  von 
»  :  }i,  z.  B.  h'ra  =  sera,  cuhtel  =  castelh.  Ein  der  ganzen  Gruppe  ge- 
meinsamer, auch  auf  die  Flexion  einwirkender  Zug  ist  der  Einfluss  eines 
ausl.  nachtonigen  i  auf  die  Vocalisation  der  Vorsylbe,  z.  B.  mailünd.  Sg. 
qtitst ,  aber  PI.  qiii«t  für  questi .  Sg.  tnes,  aber  PI.  tnis  für  «uä/,  genues. 
/>^;i«  =  hont.  In  Bezug  auf  die  Formenbildung  sind  besonders  bemerkens- 
werth  die  dritten  Personen  Sg.  Perf.  auf  jj,  z.  B.  foj)  =  fu,  ma>i<Up  =  mamlö 
(Anbildung  an  ebbe  u.  dgl.\  In  syntaktischer  Beziehung  ist  die  doppelte, 
ja  dreifache  Setzung  des  Personalpronomens  beim  Verbum  hervorzuheben, 
z.  B.  mailänd.  ti  te  cautet  =  te  te  cantas  iu  für  cantas.  Aelteste  I-itteratur- 
denkmale  sind  für  das  Mailändische  die  Dichtungen  des  Bonvesin  da  Kiva, 
für  das  Genuesische  die  Rime  genovesi  Arch.  IIlÜl  .  2.  Das  Sardische, 
welches  wieder  sich  theilt  in:  a  das  Logudoresische  central',  b  das 
Campidanes i sehe  ;südlich  ,  c  das  Galluresische  (nördlich;.  Letzteres 
nimmt  gegenüber  den  beiden  ersteren  eine  Sonderstellung  ein.  Charakte- 
ristisch ist  für  das  Sardische  die  treue  Erhaltung  der  einfachen  latei- 
nischen Vocale  also  Nicht-Diphthongirung; ,  die  Erhaltung  der  tonlosen 
Vocale,  die  häufige  Erhaltung  des  auslautenden  s  und  t,  die  Vertretung 
des  lateinischen  c  und  g  vor  e  und  i  durch  ch  =  k  [dies  jedoch  nur  schein- 
bare Alterthümlichkeit  ,  die  Auflösung  eines  inlautenden  cl  u.  dgl.  in  s, 
z.  B.  iisare  =  *usclare  =  ust[ujare,  die  Vertretung  von  nj  durch  uz,  z.  B. 
testimöniu ,  der  Uebergang  von  qua,  gua,  gu,  cu  u.  dgl.  :  bb,  z.  B.  ebba  = 
equa,  sambetie  =  sanguinem,  der  Schwund  des  intervocalischen  d  nach  dem 
Hochtonvocal,  z.  B.  röere  =  rodere,  und  (im  Logudoresischen  die  Pros- 
these eines  ^  vor  anl.  s  impurum,  z.  B.  isteUa,  üpada.  Die  in  mittel-  und 
süditalienischen  Dialecten  häufige  Erscheinung,  dass  anlautender  Consonant 
nach  vocalischem  Auslaut  als  intervocalisch  behandelt  wird,  während  er 
nach  consonantischem  Auslaut  beharrt ,  findet  sich  auch  im  Sard. ,  vgl. 
SU  oe  =  il  bove  mit  sos  hoes  :=  i  buoi  (das  Beispiel  zeigt  zugleich,  dass  das 
Sard.  ^ähnlich  wie  der  catal.  Dialect  von  Mallorca,  vgl.  oben  S.  478]  su, 
SOS,  Fem,  sa,  sas  =  ipse  etc.  als  Artikel  braucht .  In  der  Flexion  ist  be- 
merkenswerth  die  Erhaltung  des  lat.  Conj.  Impf,  timere,  timeres  etc.,  dar- 
nach auch  cantere,  canteres  etc.  ,  die  Uebertragung  des  starken  Perfectaus- 
ganges  -si  auch  auf  schwache  Perfecte,  z.  B.  caniesi,  timesi,  und  die  noch 
ganz  lose  Futurumschreibung,  z.  B.  hapo  a  matidigare  =  ho  a  mangiare  für 
mangerb.  [Das  Sardische  ist,  wie  schon  obige  kurze  Angaben  zeigen  können, 
einer  der  alterthümlichsten  vmd  interessantesten  ital.  Dialecte,  dessen  Stu- 
dium jedem  Romanisten  dringend  anzuemjjfehlen  ist;  sehr  wünschenswerth 
freilich  wäre  es,  dass  dasselbe  recht  bald  durch  Herausgabe  eines  kurz- 
gefassten  wissenschaftlichen  Compendiums  erleichtert  würde".  Die  Urkun- 
den des  Sardischen  gehen  angeblich  bis  zur  Mitte  des  12.  Jahrb. 's  zurück. 
C.  Dialecte,  welche  sich  mehr  oder  weniger  von  dem 
rein  italienischen  oder  toscanischen  Typus  entfernen, 
aber  doch  mit  dem  Toscanischen  ein  Sondersystem  roma- 
nischer Dialecte  bilden  können  (»Dialetti  che  si  scostano,  piü  o 
meno,  dal  tipo  schiettamente  italiano  o  toscano,  ma  pur  possono  entrare  a 

Körting,  EnoyklopiJie  J.  rom.  Phil.    111.  40 


(j2(j  l^'is  Italienische. 

formar  col  toscano  uno  speciale  sistema  di  dialetti  neo-latini«  :  1.  Das 
Venezianische.  Zu  unterscheiden  ist  zwischen  Altvenezianisch  oder 
Venetisch  und  Neuvenezianisch.  Krsteres,  noch  auf  dem  platten  Lande 
fortlebend,  triij^t  ladinischen,  letzteres,  das  jetzige  Volksidiom  der  .Stadt 
Venedig:,  italienischen  Charakter,  dadurch  sicli  scharf  von  dem  Gallo-Ita- 
lienischen  unterscheidend.  Haupteigenthümlichkeiten  des  Neuvenez. : 
Schwund  des  intervocal.  t,  d,  z.  B.  s^a,  crüo  =  seta,  cnido ;  Uebergang  von 
k  :  g,  z.  B.  cuogn  =  cuoeo\  Uebergang  von  cl  :  c,  z.  B.  cave  =  cfave,  oreca 
=  auricla;  z  statt  ital.  //,  z.  B.  znvene  =  giovane;  c  statt  ital.  *•  und  c, 
z.  B.  pece  =  pesce,  rtel  ^  cielo;  {/  statt  palat.  /,  z.  B.  fameija  =  fantigliu, 
Gebrauch  der  3  V.  Sg.  auch  für  die  'S  P.  PI. ;  analogische  Participien  auf 
esto,  z.  B.  tazesto=tachäo,  vgl.  Arch.  IV  393.;  Frageformen,  wie  credü  tu 
(neben  der  Aussageform  ii  credi] .  Die  ältesten  Sprachdenkmaler  des  Venez. 
reichen  bis  in  die  erste  Hälfte  des  13.  Jahrhunderts,  vgl.  Arch.  I  448,465; 
421,111245.  2.  Das  Corsische.  Haupteigenthümlichkeiten  [besonders  für 
den  südlichen  Unterdialect  der  Insel  :  tonloses-2<  für  tose.  tonloses-^> ;  ton- 
loses-« für  tose,  tonloses- e,  z.  B.  catetii  =  cateiie,  latti  =  latte;  Nicht- 
diphthongirung  des  lat.  1'  und  o,  dagegen  wird  lat.  i  zu  e,  lat.  u  zu  o-^ 
Uebergang  von  a  vor  gedecktem  r  in  e,  z.  B.  berha  ^  harha :  Uebergang 
von  //  zu  dr ;  sj-ntaktischer  'Wechsel  des  anlautenden  Consonanten ,  z.  B. 
lu  iallu  =  lo  gallo,  aber  gratt  ghiallu,  na  vella  =  una  bella,  aber  e  bella 
und  ehbella  =  et  bella;  Analogiebildung  des  Part.  Präs.  und  Gerund, 
der  A-Conj.  auf  -endu,  -ente,  z.  B.  merchetite,  lagrimendu;  der  Gebrauch 
des  Suffixes  -one  im  deminutiven  Sinne,  z.  B.  fratedroiiu  =  fratelliiHi. 
3.  Das  Sicilianisc.he  und  das  (im  weiteren  Sinne)  Neapolitanische. 
Gemeinsame  Eigenthümlichkeiten :  Erhaltung  der  lateinischen  Explosiven, 
doch  mit  mancherlei  Ausnahmen,  so  z.  B.  intervocal.  d :  r  (sicil.  virire, 
neap.  vere  =  videre);  Assimilation  von  nd.nti,  mh  .  mm,  nv  :  mm,  z.  B. 
sicil.  sinnire ,  neap.  semiere  =  scendere,  sicil.  chiummu,  neap.  chiumme  ^ 
j)inmbo,  sicil.  und  neap.  'mmidia  =  invidia;  Uebergang  von  ^^y,  bj,  rj  .  c  kj), 
<j,  s,  z.  B.  sicil.  chiaiiii,  neap.  chiane  =  piano,  sicil.  sicca,  neap.  secca  = 
sepia,  sicil.  iuri,  neap.  sore  =  Jiore ;  die  Neigung,  anl.  tonl.  i  abzustossen, 
z.  B.  sicil.  'ideiDiiri,  nea]).  'ndeinie  =  intexdere;  die  Neigung,  anl.  ;•  ein 
«vorzuschlagen,  z.B.  sicil.  arricamäri,  nenY».  aragatnarc  =  ricamare;  Erhal- 
tung d.  lat.  Plusqpf.'s  in  conditionaler  Function,  z.  B.  faceru  =farei,  accettera 
=  accetterrebbe ,  dere  =  darei ,  Erhaltung  des  neutralen  Pluralausganges 
ora,  z.  B.  jöcura  =  giuochi,  nidura  =  *nidora  für  nidi.  —  Sondereigen- 
thümlichkeiten  der  Einzeldialecte  .  a.  Sicilianisch:  Erhaltung  von  lat 
e,  (>,  X,  u,  z.  B.  teni  =  tie)te,  növu  =  nuoio,  pi/u  =  j)e/o,  jitgit  =  giogo; 
Wandel  des  lat.  e  und  tonlosen  e  zu  i,  lat.  o  und  tonlosen  o  zu  it,  z.  B. 
cridiri  =  credere,  ura  =  ora ;  lat.  Positions-f  wird  öfters  zu  «',  z.  B.  stidda 
=  Stella,  lat.  Pos.-o  öfters  zu  u,  z.  ß  furma ;  Uebergang  von  II  zu  dd,  z.  B. 
gaddu  =  gallo;  Uebergang  von  pahit.  /  zu  ghj,  z.  li.  ßgghiu  =ßglio.  Die 
ältesten  Denkmäler  des  Sicil.  reichen  bis  zur  ersten  Hälfte  des  13.  Jahr- 
hunderts hinauf  laber,  bemerkt  AscoLl  —  und  es  ist  das  sehr  zu  beher- 
zigen —  "f>  vediamo  che  i  codici  sopravissttti  itnu  sotio  del  tempo,  o  uon  ve- 
diamo  Ja  base  2>aleograJica  della  leztone  che  ci  i- conserrata» .     h.  Die  Dia- 


Das  Italienische.  (;27 

lecte  des  neapolitanischen  Festlandes.  «;  Calabrcsisch  dem 
Sicil.  eng  verwandt;.  Uebergang  vun  ^^'  zu  Ft,  z.  B.  riuri  :=  Jinre;  in  ein- 
zelnen Unterdialecten  z.  B.  in  dem  von  Otranto  Neigung  zur  Diphthon- 
girung  des  lat.  e  und  o  letzteres  in  ue) ;  theilweise  Neigung  zur  "NN'ande- 
lung  von  lat.  <i  in  e ;  theihveise  Neigung  zur  Schwächung  oder  Beseitigung 
tonloser  Vocale  im  Aus-  und  Inlaut,  z.  B.  (Capitanata]  sfazidune  ^=  soddis- 
faziotie,  'niulteite  =  üisultata.  ß,  Abruzzesisch.  Beispiele  für  den  Vo- 
calismuR  :  veive  =  viro,  rraje  =  re,  allaure  =  allora,  eraune  =  coroua, 
circhi-  =  cercare,  grenne  =  yrande,  lat.  pl,  ß  wird  nicht  zu  i;  s  palatalisirt, 
z.  B.  phui/c,  prätije  und  pübijc  =  plaugere;  Neigung  zur  Unterdrückung 
auslautender  tonloser  Vocale,  z.  B.  sinteun  la  femn  chessa  cos  =  seuteudo 
h  fetniiia  questa  cosa.  y]  Neapolitanisch  (im  engeren  Sinne)  Schwä- 
chung des  auslautenden  tonlosen  o  zu  e,  z.  B.  hiioue  =  buono\  Diphthon- 
girung  auch  des  in  Position  stellenden  lat.  e  und  n  in  bestimmten  Fällen, 
z.  B.  apierte  aber  Fem.  aperfa  =  aperta,  miiorte  aber  Fem.  morta  ^ 
morto ;  Vocaleinschub  zur  Lösung  gewisser  Consonantcomplexe,  z.  B.  ndejo 
^  odio  odj'o,  tivotre  =  dvtro  =  autro  =  aultro  =  altro,  cunvete  =^  colto  \ 
auslautendes  tonloses  i  wird  zu  e,  nachdem  es  AVandel  eines  in  der  Vor- 
sylbe  stehenden  hochtonigen  ö  zu  u  und  e  zu  i  bewirkt  hat,  z.  B.  Sg. 
cosefore  =  cucitore,  aber  PI.  coseture  aus  coseturi,  Sg.  spose  =  sposo,  aber 
PI.  spuse  aus  sjyosi,  crede  =  credo,  aber  cride  =  credi.  Die  ältesten  Denk- 
mäler des  Neapolit.  Im  weiteren  Sinne  gehören  dem  14.  Jalirhunderte  an. 
4.  Die  Dialecte  Umbriens,  der  Marken  und  der  Provinz  Kom. 
Manche  Eigenarten  der  südlichen  Dialecte  sind  auch  in  diesen  centralen 
Mundarten  verbreitet,  so  die  abruzzesische  Assimilation  von  Id  :  //  ,z.  B. 
röm.  ariscaUa  =  riscalda],  von  nd  :  nn,  von  mh  :  mm,  die  Diphthongirung 
des  in  Position  stehenden  lat.  e  und  n,  der  Uebergang  von  /  zu  r.  Dem 
Umbrischen  eigenthümlich  ist  der  Vorschlag  eines  t  fnach  ASCOLI  aus  int- 
us entstanden  oder  m  nach  AscoLi  aus  *am2md  =  apud  entstanden  vor 
die  Dativpräposition  a,  z.  B.  t-a  lu  =  a  lui,  m-al  re  =  al  re.  Die  ältesten 
Denkmäler  der  centralen  Dialecte  reichen  (insbesondere  was  Perugia  an- 
langt   bis  in  das  13.  Jahrhundert  hinauf. 

D.  Das  Toscanische.  Das  Gebiet  des  toscanischen  Dialectes  wird 
im  Wesentlichen  von  den  Gebieten  der  Städte  Florenz,  Siena,  Lucca  und 
Pisa  gebildet,  es  fallen  also  die  sprachlichen  und  die  politischen  Grenzen 
Toscana's  nicht  zusammen.  Das  Toscanische,  insbesondere  das  Florentinische 
bildet  die  Grundlage  der  nationalen  Schriftsprache,  und  folglich  sind  die 
zwischen  dieser  und  jenem  bestehenden  Differenzen  nicht  erheblich.  In- 
dessen sind  Differenzen  allerdings  vorhanden,  so  lässt  die  toscanische  Volks- 
sprache z.  B.  intervocal.  k  'c  gern  zu  einem  Hauchlaute  herabsinken  oder 
auch  ganz  schwinden,  z.  B.  funho  =  fuoco,  auch  la  hasa  =  la  casa  faber 
in  casa  .  ausserhalb  Florenz  sagt  man  o)ito,  jyonto,  gionto  für  uuto  etc. ;  in 
Florenz  selbst  wird  lat.  n  durch  o  statt  durch  uo  vertreten. 

3.    Litteraturangaben  zur  Dialectologie  u.  Folklore. 
A.    Allgemeines:    a)   Zur  Dialectologie:    *G.  J.  A.scüli,  L'Italia 
dialettale,  in  Arch.  glott.  VIII  98  (zugleich  in  der  Encyclopaedia  Britannica 

40* 


628  l^as  Italienische. 

erschienen'  ;  durch  diese  Arbeit  A.'s,  so  skizzenhaft  sie  auch  ist,  ist  Alles, 
Avas  bisher  über  die  Gesammtheit  der  ital.  Dialecte  geschrieben  worden 
ist,  weit  überholt  worden  AVerthvollste  Beiträge  zur  ital.  Dialectologie 
enthalten  auch  A.  s  Saggi  ladini  in  Bd.  1  des  Archivs  —  Feunow,  Rö- 
mische Studien,  Bd.  '6.  Zürich  1S06/S  nach  Fernow  hat  eine  kurze  Be- 
schreibung der  Dialecte  Blaxc  in  seiner  Gramm. ,  p.  622 ,  gegeben  — 
Zuccagni-Orlandini  ,  Raccolta  dei  dialetti  ital.  con  illustrazioni  etnolo- 
giche.  Florenz  1844 —  B.  Bioxdelli,  Saggio  sui  dialetti  gallo-italici.  Mai- 
land 1S53  von  demselben :  Stud.  linguistici.  Mailand  1S56;  —  Cai.x,  Origini 
etc.  s.  ob.  S.  698  —  U.  Canello,  Gli  allotropi  ital,  in  Arch.  glott.  III 
285  —  P.  Rajna,  On  the  Dialects  of  Italy,  in:  Eighth  annual  address  of 
the  President  to  the  Philological  Society  —  Fr.  d'üvidio,  Lingua  e  dialetto, 
in  Riv.  di  filol.  Turin  I  564,  und:  U.  Caxello  in  Giom.  di  fil.  rom.  I  2 
(behandelt  nur  allgemeine  sprachliche  Fragen)  —  A.  ArboIT,  Dell'  impor- 
tanza  dei  dial.   ital.  in  ordine  all'  insegnamento  della  lingua.  Parma  1881. 

MU.SSAFIA,  Monumenti  antichi  di  dialetti  ital.  Wien  1864  —  W.  För- 
ster, Un  testo  dialettale  italiano  dei  sec.  XIII,  in:  Giom.  di  filol.  rom.  11 
64  —  Confessione  latino  volgare,  ed.  e  iUustr.  da  Fleciiia.  in  Arch.  glott. 
VII  121. 

G.  Papanti,  I  parlari  italiani  in  Certaldo  alla  festa  dei  V  centenario 
di  Mess.  G.  Boccaccio.  Livorno  1875  (Uebersetzuug  der  9.  Nov.  des  1.  Ta- 
ges des  Dec.  in  die  verschiedensten  ital.  Dialecte),  vgl.  Rom.  V  496. 

b;  ZiR  Folklore:  Archivio  per  lo  studio  delle  tradizioni  popolari. 
Rivista  trimestrale  diretta  da  G.  Pitre  e  S.  Salomone-Makino.  Palermo, 
seit  1882,  vgl.  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  VI  140  —  G.  Pitre,  Bibliografia  delle 
tradizioni  popolari  in  Italia,  im  Arch.  p.  lo  stud.  delle  trad.  pop.  II  fasc.  1 
—  E.  RiRlERi,  Storia  deUa  poesia  pop.  ital.  Florenz  IST",  vgl.  Giom.  di 
fil.  rom.  I  192  —  A.  d'Ancona,  Studj  sulla  poesia  pop.  ital.  Livorno  1878, 
vgl.  Giom.  di  fil.  rom.  I  192  —  C.  Nigra,  La  poesia  pop.  ital.,  in:  Rom. 
V  417  —  Marc-Monxier,  Les  contes  pop.  en  Italic.  Paris  188ü  —  P. 
Heyse,  Ueb.  ital.  Volkspoesie,  eine  Vorlesung,  in :  Ztschr.  f.  Völkerpsyclio- 
logie  etc.  Bd.  1  —  »Piymaigre,  Folk-Lore.  Paris  1885. 

Ferr.vRI,  Documenti  per  servire  all'  istoria  della  poesia  semipopolare 
cittadina  in  Italia  nci  secoli   16  e   17,  in:  Propg.  XIII.  3,  p.  432. 

Curiositii  popolari  tradizionali  publicate  per  cura  di  G.  PiTRi:.  Vol.  I.  Usi 
e  pregiudizj  dei  contadini  della  Romagna.  Vol.  II  Avvenimenti  faceti  rae- 
colti  da  un  anonimo  siciliano  nella  prima  metä  dei  sec.  XVIII.  Palermo 
1885  —  Ferrari,  Biblioteea  di  lett  pop.  ital.  Florenz,  seit  1882  —  Canti 
e  racconti  dei  'popolo  ital.  pubblicati  per  cura  die  D.  Comparetti  e  A. 
d'Ancona.  Turin  187(178,  5  Bde.  —  F.  Cor.\zzini,  I  componimenti  minori 
della  letteratura  popolare  ital.  nei  principali  dialetti  (Canti  fanciulleschi, 
ginochi,  canti  d'amore,  novelle  etc.;  Benevent  1877  —  Ferraro,  Poesie 
pop.  religiöse  dei.  sec.  XIV  p.  p.  la  prima  volta  a  cura  di  C.  F.  Bologna 
1^77,  und  Raccolta  di  sacra  poesie  pop.  fatta  da  Giov.  Pellegrini  nel  1446 
p.  da  G.  F.  Bologna  1877,  vgl.  Giom.  di'fil.  rom.  I  247  —  A.  IvE,  Poesie 
pop.  tratte  da  un  ms.  della  Bibl.  Naz.  di  Parigi,  in:  Giom.  stör.  II  149  — 
MÜLLER-Wolff,    Egeria.    Raccolta  di  j)oesie  pop.  ital.,   cominciata  da  G. 


Das  Italienisclu-.  629 

MCli.KU,  dopo  la  di  lui  morte  terminatu  e  pubbl.  da  U.  L.  li.  WüLFF. 
Leipzig  1829  —  N.  Castagna,  Proverbi  ital.  Napoli  186S  —  P.  Fanfani, 
Priiua  centuria  di  proverbi  o  motti  ital.  d'origine  greca  e  latina.  Firenze 
1S7S  —  Passarini,  Modi  di  dire  proverbiali  e  motti  pop.  italiani,  spiegati 
e  comnientati  da  Pico  T-uri  di  Vassano,  in:  Propp.  XU  1,  p.  352,  2,  p.  181», 
XIII  1.  p.  5,  2,  p.  300,  XIV  2,  p.  332,  XV  2,  p.  373,  XVI  1,  p.  193,  2. 
p.  368,  XVIII  2,  p.   HS. 

Fr.  Sahatini,  Abelardo  cd  Eloisa  nella  tradizione  pop.  Koni.  1880, 
vgl.  Rom.  IX  Gl"  —  M.  Landau,  Le  tradizioni  giudaiche  nella  novellistica 
ital..  in :  Giorn.  stör.  I  GO  —  R.  Remer,  Contributo  alla  storia  delV  Ebreo 
errante  in  It.  in:  Giorn.  stör.  III  231  —  A.  dAncoxa,  Le  Juif  errant  en 
Italie  au  13  s.,  in:  Rom.  X  212,  vgl.  XII  112  —  St.  Pkato,  L'orma  del 
leone,  racconto  Orientale  nella  tradizione  pop.,  in:  Rom.  XII  535. 

A.  KoPIScn,  Agrumi.  Volksthüml.  Poesien  aus  allen  Mundarten  Italiens 
u.  seinbr  Inseln  gesammelt  u.  übersetzt.  Berlin  1S38  —  K.  Bartsch,  Ital. 
Volkslieder  Texte  aus  einer  Baseler  Hds.; ,  in:  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  VI  413 
—  "W.  Kadex,  Italiens  AVunderhoni.  Volkslieder  aus  allen  Provinzen  I.'s 
in  deutscher  Uebersetzung.  Stuttg.  ISSO. 

B.  Besonderes'  :  Abruzzen.  G.  Finamore,  Vocab.  dell"  uso  abruz- 
zese.  Mailand  ISSü,  vgl.  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  IV  613,  Propg.  XIII  1,  469. 
A.  DE  Nixo,  Usi  e  costumi  abruzzesi,  in:  Arch.  p.  trad.  pop.  II  fasc. 
2.  G.  Finamore,  Tradizioni  pop.  abruzzesi,  vol.  1,  Novelle.  Lanciano  1S82, 
vgl.  Propg.  XV  1 ,  p.  235 ,  Rom.  XII  622 ,  und :  Le  deduce  parole  de  la 
veretä.  Tradiz.  pop.  abr.  in:  Arch.  p.  trad.  pop.  \1  fasc.  1;  Una  leggenda 
pop.  abr.,  ibid.  II  fasc.  2 ;  Canti  pop.,  rispetti,  ninnenanne  e  canzonette  di 
Gessopalena  Abruzzo  citeriore .  Firenze  1869  —  Arezzo.  *Asc'OLl  in: 
Arch.  glott.  it.  II  443.  Fr.  Redi.  Vocab.  di  alcune  voci  aretine.  Cod.  ma- 
gliab.,  vgl.  auch  Caix,  Studi  di  etim.  etc.  p.  XXXIII  —  Arlena.  Nann.\- 
relli,  Studj  comparativi  sui  canti  pop.  di  A.  Rom.  1871  —  Belluno. 
G.  Nazari,  Parallelo  fra  il  dialetto  bellunese  rustico  e  la  ling.  ital.  Belluno 
1S73  —  Bergamo.  Anonym;  Esperimento  di  una  grammatica  bergamasca 
ital.  Milano  1S54.  S.  Z.APPETTINI,  Vocab.  bergamasco-ital.  Bergamo  1S59. 
A.  TiRABOSCHl,  Vocab.   dei  dialetti  berg.  antichi  e  moderni.  Bergamo  1S73 

von  demselben:  II  gergo  dei  pastori  bergamaschi^.  II  Goflredo  di  T.  Tasso, 
travestito  alla  rustica  berg.  da  C.  Assonica.  Venezia  1670  u.  Bergamo  1778 
■ —  Bologna.  T.  Casini,  La  coltura  bolognese  dei  sec.  XII  e  XIII,  in: 
Giorn.  stör.  1  5.  T.  Casini.  Documenti  dell"  antico  dial.  bolognese.  Bologna 
1S80.  auch  im  Propg.  XIH  1,  p.  28.  G.  Carducci,  D'alcune  poesie  popo- 
lari  bologn.  del  sec.  XIII  inedite,  estratti  dagli  Atti  della  Diputaz.  di  Storia 
patria  per  la  Romagna  Anno  IV.  Bologna  18ti6.  C.  ScALlGERl,  Discorso 
della  lingua  bolognese.  Bologna  1630.  Mont'  Albani,  Cronoprostasi  Fel- 
sinea,  owero  le  saturnali  vindicie  del  parlar  bolognese  e  lombardo,  dove 
le  origini  erudite  di  molte  voci  e  forme  di  dire.    Bologna  1653.    C.\ROLIN.\ 


1  Vollständigkeit  konnte  auch  nicht  entfernt  angestrebt  werden.  Am 
Schlüsse  des  Paragraphen  ist  übrigens  in  der  Anmerkung  ein  kleiner  Nach- 
trag gegeben,  um  dessen  Beachtung  gebeten  wird. 


(330  L)^s  Italienische. 

Coronedi-Bekti,  Grammatica  del  dialetto  bol.  Bologna  1&T4.  E.  Ferkaih, 
Vocab.  bologn.  2»  ed.  Bologna  1835.  G.  Toni,  Vocab.  compendiato  tas- 
cabile  del  dial.  bol.  Bologna  1850.  Carol.  Coronedi-Bekti,  Vocab.  bo- 
logn.-ital.  Bologna  1869/74,  2  Bde.  CoUezione  di  componimenti  scelti  in 
idionia  bol.  pubbl.  da  E.  Ferrari.  Bologna  1827/40,  7  Bde.  (mehr  nicht 
erschienen,  obwohl  12  Bde.  angekündigt  waren).  J.  Barigazz,  Poesi  in 
dialett  bulugneis.  Bologna  1875  —  Brescia.  G.  Rosa,  Vocab.  bresciano- 
ital.  delle  solo  voci  che  si  scostano  fra  loro.  Brescia  1878.  B.  Pellizzari, 
Vocab.  bresciano  e  toscano.  Brescia  1759.  G.  B.  Melchiori,  Vocab.  bresc- 
ital.  Brescia  1817,  2  Bde.  —  Brindisi.  MüRO.si  im  Arch.  glott.  IV  143 
—  Calabrien.  V.  Pagano,  Lingue  e  dialetti  di  Calabria  dopo  il  mille,  in: 
Propg.  XII  2,  p.  317.  Canti  pop.  calabresi,  p.  p.  Iaibriani,  in:  Propg.  V 
150.  Caxale,  Canti  pop.  calabresi.  Reggio  1S59  —  Campobasso  ;Neapel) 
Fr.  d'Ovidiü,  La  fonetica  del  dial.  di  C,  in:  Arch.  glott.  IV  145  —  Capo 
diLeuca.  MoROSi  im  Arch.  glott.  IV  142  —  Capri.  CoR.\zzixi,  Mazzetto 
di  poesie  pop.  di  Caprese.  San  Sepolcro  1883,  vgl.  Giorn.  stör.  II  240  — 
Chioggia.  A.  dal  Medico,  Canto  del  fpopolo  di  Ch.  raccolti  etc.  Ven. 
1872  —  Como.  Canzoni  pop.  comasche  raccolte  e  pubbl.  colle  melodie  da 
G.  B.  BoLZA,  in :  Sitzungsb.  der  AViener  Akad.  d.  "Wiss.,  Philos.-hist.  Cl. 
1853  —  Cor  sie  a.  J.  B.  F.  Ortoli,  Les  contes  pop.  de  Tile  de  Corse. 
Paris  1883,  vgl.  Rom.  XIII  168.  A.  Mattei,  Proverbii,  detti  e  massime 
Corse.  Paris  1867  —  Crema.  S.\nseverino,  Saggio  di  poesie  in  dial.  cre- 
masco.  Crema  1838  —  Crenna  (?).  Imbriani,  Fiabe  pop.  crennesi,  in: 
Arch.  p.  trad.  pop.  II  fasc.  I  —  Ferrara.  Ubaldo  Magri  Farolfi  ;d.  i. 
GiROLAMO  Baruffaldi),  La  lum'  dal  manegh,  dialoghi  famigliari  in  ling. 
ferrarese,  gedruckt  in  Bd.  III  der  opere  postume  des  Verf.'s.  Ferraro, 
Canti  pop.  di  Ferrara,  Cento  e  Pontelagoscuro  Ferrara  1877  —  Florenz. 
P.  GlACHi,  Diz.  del  vernacolo  fiorentino  etc.  Firenze  1878.  Gargiolli,  II 
parlare  degli  artigiani  di  F.  Firenze  1S76.  Arlia,  Linguaggio  degli  arti- 
giani  fiorentini.  Firenze  1876  —  Friaul  (zum  ladinischcn  Dialectgebiet 
gehörig,  vgl.  AscoLl  im  Arch.  glott.  I  474).  Testi  inediti  friulani  dei  sec. 
XIV  e  XV  raccolti  e  annotati  da  V.  Joppi,  in:  Arch.  glott.  IV  185,  vgl. 
dazu  AscoLi  ebenda  S.  312.  G.  Scala,  Vocab.  domestico  friul.-ital.  Parde- 
none  1870.  F.  Dl  Manzaxü,  Cenni  biogratici  dei  letterati  ed  artisti  friu- 
lani del  sec.  IV  al  XIX.  Udine  1885,  vgl.  Giorn.  stör.  VI  298.  Teza,  Canti 
d'amore  nel  Friule  1S67.  Ermes  conte  di  Colloredo,  Poesie  scelte  edite 
e  inedite  in  dial.  friul.  Udine  1828,  2  Bde.  Prima  e  seconda  centuria  di 
Canti  pop.  friul.  con  prelezioni  di  M.  Leicht,  Venezia  1867.  P.  ZoRlTTl, 
Raccolta  delle  poesie  friul.  edite  e  inedite.  Udine  1880  fl".  Arboit,  Del. 
dial.  friul.  e  delle  sue  canzoni  spontanee,  in:  Atti  dell'  Accad.  di  Udine 
Ser.  II  vol.  3,  und:  Violette  friul.  Piacenza  1876.  Osterm.\x.\,  Proverbi  e 
modi  proverb.  friul.  Udine  1873.  SiMZiG,  Notizie  varie  intorno  il  dial. 
friul.  etc.  Görz  1878  Progr.  Eine,  wie  es  scheint,  vollständige  Bibliographie 
auch  über  den  friaulischen  Dialekt  hat  1',.  Böhmer  gegeben  in  den  Rom. 
Stud.  VI  185  u.  233  —  Gallo -Italisch.  Gallo-it.  Predigten  aus  dem  12. 
Jahrb.,  herausg.  von  ^V.  FÖR.STER,  in:  Rom.  Stud.  IV  2  (vgl.  AscoLI  im 
Arch.  glott.  VIII  107  Anm.),  dazu  zwei  Nachträge  in;  Rom.  Stud.  IV  333 


Das  Italifiiischc.  (]',]] 

u.  V  2o2.  H.  BlONnELLI,  Saggij  sui  dial.  gallu-it.  Mailand  185;{.  Di:  (iUK- 
GORIO ,  Fonetica  dei  dial.  gallo-ital.  di  Sicilia,  in:  Arch.  plott.  VIII  304, 
vgl.  dazu  MoHOSi's  Osservazioni  e  aggiunte  ebenda  S.  4()7  —  Genua. 
La  go mag g iure.  Rinie  genovesi  della  fine  del  sec.  XIII  e  del  principio 
del  XIV,  in:  Arch.  glott.  II  161  Prose  genovesi  della  fine  del  sec.  XIV  e 
del  principio  del  XV  edite  da  A.  IvE,  in:  Arch.  glott.  VIII  1,  vgl.  zu 
diesen  beiden  Publicationen  Flechia's  Annotazioni  (Lessico  im  Arch. 
glutt.  VIII  317.  V.  Cke.'^cixi  e  G.  Belletti,  Laudi  genovesi  del  sec.  14. 
Genua  1883  Estratto  dal  Giorn.  ligustico  X  9),  vgl.  Giorn.  stör.  II  220, 
M.  St.^gliexo,  Proverbi  genovesi  etc.  Genova  1869.  G.  Olivieri,  Dizion. 
domestico  genovese-ital.  Genova  1841.  Rime  diverse  in  lingua  genovese. 
Pavia  15SS  u.  1595.  Vgl.  auch  Ligurisch  —  Lecce.  G.  Mouosi,  II 
vocalismo  del  dialetto  leccese,  in:  Arch.  glott.  IV  117.  Fr.  Ant.  d'Amelio 
DA  Lecce,  Poesie  in  ling.  lecc.  Lecce  ISOS  —  Ligurien.  *G.  J.  AscoLi, 
Del  posto  ehe  spetta  al  ligure  nel  sistema  dei  dialetti  ital.,  in :  Arch.  glott. 
II  111.  St.  Martini,  Saggio  intomo  al  dial.  ligure.  San  liemo  1870  — 
Logudoro  s.  Sardinien  —  Lombardei.  [C.  Meyer,  Sprache  u.  Sprach- 
denkmäler der  Longobardeu.  Quellen,  Gramm.,  Gloss.  Paderborn  1S77]. 
F.  XoVATI,  II  Pater  Noster  dei  Lombardi,  in:  Giorn.  di  fil.  rom.  II  122. 
Proverbi  lomb.  racc.  e  illustr.  da  B.  Samaraxi.  Milano  1860  u.  1870  — 
Lucca.  C.  MiNUTOLl,  Sul  dial.  lucchese,  in:  Atti  della  R.  Accad.  Luc- 
chese  1SS3  iXXl!  —  Mailand.  A.  Mussafia,  Darstellung  der  altmailänd. 
Mundart  nach  Bonvesin's  Schriften.  "Wien  1868  in  den  Sitzungsb.  d.  Akad. 
d.  "Wiss.  Ueber  Bonvesin  vgl.  das  aiphabet.  Verzeichniss  zu  dem  §  über 
die  Litteraturgeschichte].  *Salviom,  Fonetica  del  dialetto  modemo  della 
cittä  di  Milano.  Turin  1884.  Fe.  Cherubixi,  Vocab.  milanese-ital.  2»  ed. 
Milano  1870.  G.  Baxfi,  Vocab.  ital.-milan.  3»  ed.  Milano  1870.  T.  Maschka, 
EtjTQologische  Studien  üb.  die  mailänd.  Mundart.  Triest  (Jahr?;  Progr., 
und:  die  Conjugation  der  neumailänd.  Mundart.  Feldkirch  1870  Progr. 
CoUezione  delle  migliori  opere  scritte  in  dial.  milanese.  Milano  1816/17, 
10  Bde.  C.  M.  Maggi,  Commedie  e  rime  in  ling.  mil.  Milano  1701,  2  Bde. 
La  Gerusalemme  liberata,  travestita  in  ling.  milanese,  da  D.  Balestrieri. 
Milano  1772.  La  Novellaja  milanese,  vgl.  No.  235  der  Bibliographie  für 
das  J.  1870  des  Jahrb.'s  f.  rom.  u.  engl.  Spr.  u.  Lit.  —  Marche.  Giaxan- 
DREA,  Canti  pop.  marchigiani.  Turin  1875.  Vgl.  N.  A.  Anno  11  II  8  — 
Marigliano.  Imbriani,  46  canti  pop.  dei  dintorni  di  M.  (Terra  di  Lavoro) 
Xapoli  1871  —  Massa  Lombarda  e  Varese.  Imbriani,  Cant.  pop.  di 
M.  L.  e  V.,  in:  Nuov.  Antol.  V  1866),  190  —  Mentone.  Andrews,  Es.sai 
de  gramm.  du  dialecte  mentonais.  Nizza  1875,  vgl.  Rom.  IV  492;  Phone- 
tique  mentonaise,  in :  Rom.  XII  354 ;  l'Enigme,  conte  mentonais,  in :  Rom. 
X  244.  La  femme  avisee,  conte  mentonais,  in:  Rom.  XI  415  —  Miran- 
dola.  E.  Meschieri,  Vocab.  mirandolese-ital,  Bologna  1876  —  Modena. 
E.  Marenesi,  Voc.  domestico  del  dial.  modcnese  coUa  voce  corrispondente 
italiana.  Modena  1867.  G.  Galvani,  Saggio  di  un  glossario  modcnese  ossia 
studj  intomo  le  probabili  origini  di  alquanti  idiotismi  della  cittä  di  Modena 
e  del  suo  contado.  Modena  1868,  vgl.  u.  S.  646,  und:  Piccolo  vocab.  del  dial. 
mod.    Modena  1869.     A.  Perretti  e  A.  Capeeli,   Pamasso  modenese  dal 


032  1^^^  Italienische. 

sec.  XV  al  XVIII.  Modena  1806  —  Modica  s"  Sicilien  —  Monferrut. 
Ferkaro,  Canti  pop.  monferrini.  Torino  u,  Firenze  1870,  vgl.  Rom.  I  255 

—  Neapel.  A.  Mi'Ssafia,  Ein  altneapolit.  Regimen  sanitatis.  Wien  1S84 
(Sitzungsb.  der  Akad.  d.  Wissensch.,.  G.  Amalfi,  l'Ortografia  del  dial. 
napol.,  vgl.  Bibliogr.  Anzeiger  f.  rom.  Spr.  u.  Lit.  II  No.  1995.  C.  Macht, 
Der  neap.  Uialect,  theoretisch  u.  praktisch  erläutert.  Hof  1878.  Progr.  d. 
Studienanstalt.  F.  AVextrvp,  Beiträge  zur  Kenntniss  der  neap.  Mundart. 
Wittenberg  1S55  Progr.  R.  de  Ambra,  Vocab.  nap.-it.  Napoli  1873.  F. 
Torraca,  Studj  di  storia  letteraria  napolit.  Livomo  1884,  vgl.  Giorn.  stör. 
II  193.  Fr.  del  Tirpo,  Novelle  in  dial.  nap.  del  sec.  XV.  Genova  1869. 
A.  V.  Flugi,  Neap.  Volkslieder  des  16.  Jahrh.'s,  in:  Rom.  Stud.  I  594. 
Torraca,  Sacre  rappresentazioni  del  Nap.,  in:  Arch.  stör,  per  le  prov.  nap. 
Anno  IV,  fasc.  1,  vgl.  Rom.  VIII  471.  Collezioni  di  tutti  i  poemi  in  liug. 
nap.  Napoli  1783/89,  28  Bde.  Lo  Tasso  nap.,  zoe  la  Gierosalemme  libberata 
de  lo  sio  T.  Tasso  voltata  a  llengua  noista  da  Gabriele  Fasano.  Napoli 
1689  —  Nizza,  Saggio  sul  dial.  nizzardo,  in  confronto  coUe  lingue  romanze 
e  coi  dialetti  ital.  San  Remo  1884.  Vgl.  oben  S.  437  —  Norditalien. 
A.  MrssAFiA,  Beiträge  zur  Kunde  der  nordital.  Mundarten  im  15.  Jahrh. 
Wien  1S73,  in  den  Sitzungsb.  d.  Akad.  d.  Wissensch.,  vgl.  Rom.  III  112 
u.  Riv.  di  fil.  rom.  II  55    —    Noto.  AvoLlo,  Canti  pop.  di  N.  Noto  1876 

—  Novara.  A.  RuscoNI,  I  parlari  del  Novarese  e  della  Lomellina.  No- 
vara  1878  —  Otranto.  G.  MoROSi,  Studj  sui  dialetti  della  Terra  d'O. 
Con  appendice  sui  canti,  leggende  e  proverbi  dei  dial.  medesimi.  Lecce 
1869  —  Padua.  G.  Patrl^rchi,  Vocab.  veneziano  e  padovano.  3»  ed. 
Padua  1821.    Magagxo,  Rime  in  ling.  rustica  päd.   Venezia  1564  u.  öfters 

—  Parma.  C.  Malaspixa,  Vocab.  parmigiano-ital.  Parma  1856/59,  4  Bde. 

—  Pavia.  Dizion.  domcstico  pavese-ital.  Pavia  1829.  Carati,  Poesie  in  dial. 
pavese  e  ital.  Pavia  1877.  C.  Gambini,  Vocab.  pavese  ital.  Milano  1879  — 
Perugia.  Saggi  del  volgare  perugino  nel  trecento.  Cittä  di  Castello  1883, 
vgl.  Giorn.  stör.  II  215.  Eine  Sammlung  altperusinischer  Texte  will  E. 
MoNACi  im  Arch.  glott.  herausgeben,  vgl.  AscOLl  daselbst  VUI  121  — 
Piacenza.  I-.  Foresti,  Vocab.  piacentino-ital.  Piacenza  1836  —  Picenum. 
G.  Levi,  Una  carta  volgare  picena  del  sec.  XII,  in:  Giorn.  di  fil.  rom.  I 
234  —  Piemont.  M.  PiPixo,  Grammatica  piem.  Torino  17S3,  u. :  Vocab. 
piem.  Torino  1783.  L.  Capello  ,  Dict.  portatif  piem.-frcs.  Turin  1814. 
C.  Talli.  Diz.  piem.,  ital.,  lat.  e  franc.  2^  ed.  Carmagnola  1830,  2  Bde. 
M.  PONZA,  Vocab.  piem.-ital  e  ital.-piem.  Torino  1847.  Sant-Albino,  Gran 
diz.  piem.-ital.  Torino  1859.  U.  Rosa,  L'elemento  tedesco  nel  dial.  piem.; 
postille  etimologiche.  Torino  1883.  Molixeri,  II  Piemonte  nella  poesia  del 
medio  evo,  in:  Atti  della  Filotecnica  di  Torino  V  5.  M.  Pipino,  Poesie 
piem.  Torino  1783.  E.  Calvo,  Poesie  scritte  in  dial.  piem.  Torino  1816. 
C.  Nigra,  Canzoni  pop.  del  P.  Torino  1858.  St.  Mina,  Canzoni  piem.  e 
cenni  storici  sulla  lett.  subalpina.  Torino  1868.  A.  BoFFERlo,  Canzon. 
piem.  Neapel  1881.  G.  Ameri,  Saggio  di  canzoni  piem.  Torino  1862.  C. 
Nigra,  Versions  piem.  de  la  chanson  de  Renaud,  in:  Rom.  XI  391  — 
Pr  ato.  Livr,  Canti  pop.  della  campagna  prat.  Prato  1853  —  Reggio.  Vocab 
reggiano-ital.    Reggio  1832,  2  Bde.   —    Rom.  G.  Berxeri.  II  meo  Pataca 


Ulis  Italienische.  633 

ovvero  Koma  in  fcsta  nei  trionti  di  Vienna.  l^ocnia  giocoso  iicl  linguaggio 
romaneseo.  Roma  1095,  Neudruck  1884.  G.  C.  Peuesio,  II  Mag<j;io  roma- 
nescü  üvvcro  il  palio  conquistato,  poenia  cpico  giocoso  nel  linguaggio  del 
volgo  di  Koma.  Fcrrara  16SS.  Römische  ]{itornellen,  gesammelt  u.  herausg. 
V.  C.  Blessig.  Leipzig  ISGO.  Sabatixi.  Saggio  di  Canti  pop.  rom. ,  in: 
Rev.  di  I-ett.  i)op.  1  1  u.  167,  vgl  ebenda  I  18i>.  1).  Olckeks,  G.  Belli, 
alcune  poesie  in  dial.  romaneseo,  scelte  etc.  München  1ST8  Progr.  GxoLl, 
11  poeta  romaneseo  G.  G.  Belli  e  i  suoi  scritti,  in:  Nuov.  Antol.  1S7S  Jan. 
u.  Febr.,  vgl.  Mag.  f.  Lit.  d.  Ausl.  1878,  No.  r,i  —  Romagna.  A.  Mrs- 
SAFIA,  Darstellung  der  romagnolischen  Mundart.  Wien  1871,  vgl.  Rom.  I 
240.  A.  MoRRi,  Vocab.  romagnolo-ital.  Faenza  1840,  und:  Manuale  domestico- 
tecnologico  di  voci,  modi,  proverbi,  riboboli,  idiotismi  della  Romagna  e 
loru  corrispondente  ital.  Persiceto  1863.  A.  Mattioli,  Vocab.  romagnolo- 
ital.  Imola  1S7',),  vgl.  Propug.  XII  1,  p.  2S4.  Fekraro,  Saggi  di  canti  pop. 
racc.  a  Pontelagoscuro  Romagna  ,  in:  Riv.  di  ftl.  rom.  II  193  und:  XVI 
canti  pop.  della  Bassa  Rom.,  in:  Rev.  di  Lett.  pop.  II  —  Rovigno. 
Novelline  pop.  rovignesi  raccolte  etc.  da  A.  Ive.  "Wien  1S77,  vgl.  Giorn. 
di  fil.  rom.  I  56.  Canti  pop.  istriani  racc.  in  R.  da  A.  IvE.  Turin  1878  — 
Sabinerland.  A.  de  Nixo,  Saggio  di  canti  pop.  sabinesi.  2a  ed.  Rieti 
1869  —  Sardinien.  AVescher-Blancard,  Charte  sarde  ecrite  en  caracteres 
grecs,  in:  Bibl.  de  lEc.  des  Ch. ,  Bd.  35,  p.  256,  vgl.  Rom.  III  5i)3.  F. 
Gamurrixi  e  E.  Stengel,  Documento  in  dial.  sardo  dell'  anno  1173,  in: 
Riv.  di  fil.  rom.  I  52  u.  123.  Ueber  sonstige  sard.  Urkunden  s.  Hof.maxn's 
unten  zu  nennende  Diss.  S.  5.  V.  Di  GlovAXXl,  Dell'  uso  del  Volgare  in 
Sardegna  e  in  Sicilia  nei  see.  XII  e  XIII.  Palermo  1867.  M.\tteo  Madav, 
n  Ripulimento  della  liug.  sarda  lavorato  sopra  la  sua  analogia  coUe  due 
matrici  lingue,  la  greca  e  la  latina.  Cagliari  17S2.  R.  PoRRU,  Saggio  di 
gramm.  sul  dialetto  sardo  meridionale.  Cagliari  1811.  'G.  Spaxo,  Ortografia 
sarda  nazionale,  ossia  gramm.  della  liug.  logudorese  paragonata  all'  italiana. 
Cagliari  1840.  N.  Delius,  Der  sard.  Dialect  des  13.  Jahrh.'s.  Bonn  1868. 
V.  DÜRIXGSfeld,  Der  Dialect  von  Sassari,  in:  Jahrb.  f.  rom.  u.  engl.  Lit. 
X  399.  *G.  J.  AscoLl  im  Arch.  glott.  11  132.  'G.  Hofmaxx,  Die  logudo- 
resische  u.  campidanesische  Mundart.  Marburg  1S85,  Strassburger  Diss. 
PoRRU,  Nou  Dizionariu  universali  sardu-italiauu.  Casteddu  1832  u.  1868, 
*G.  Spaxo,  Vocab.  sardo-ital.  e  ital.-sardo.  Cagliari  18il  52.  2  Bde.  Della 
Barba,  Sul  parlare  dei  Sardi.  Reggio  d'Emilia  1880.  M.  Madau,  Le  Ar- 
monie  dei  Sardi.  Cagliari  1787.  G.  Spaxo,  Canzoni  pop.  inedite  in  dial. 
centrale  logudorese.  Cagliari  1870.  Canti  pop.  in  dial.  sassarese  con  osser- 
vazioni  sulla  pronunzia  di  S.  A.  11  principe  L.  L.  Bonaparte.  Cagliari  1873. 
P.  E.  GlARXERlo,  Primo  saggio  di  novelle  pop.  sarde,  in:  Arch.  p.  trad. 
pop.  II  fasc.  1  —  Sassari  s.  .Sardinien  —  Sicilien.  V.  Dl  Giovaxxi, 
Filologia  e  letteratura  siciliana.  Palermo  1871  u.  1879,  vgl.  Propg.  XII  2^ 
p.  272  von  demselben  erschien  früher:  La  lingua  volgare  e  i  Siciliani, 
lettera  al  prof.  J.  G.  Isola.  Palermo  1867].  C.  AvoLlo,  Introduzione  allo 
studio  del  dial.  sie.  Noto  1882.  "Wextrl'p,  Beiträge  zur  Kenntniss  des 
sicil.  Dialectes.  Halle  1880  (eine  frühere  Arbeit  desselben  Verf.'s  über  den- 
selben Gegenstand  erschien  in  Herrig's  Archiv,    Bd.  25,  Heft  1  u.  2  .    E. 


ß34  l^'^**  Italienische. 

Pariselle,  Leb.  die  Sprachformen  der  ältesten  sicil.  Chroniken.  Halle  1883 
Diss.  Hüllen,  Vocalismus  des  Alt-  u.  Neusicil.  Bonn  1884  Diss.  E.  BÖH- 
AiER,  Zur  sicil.  Aussprache,  in:  Rom.  Stud.  HI  165,  und:  Ueb.  zwei  dem 
12.  Jahrh.  zugeschriebene  sicil.  Texte,  in:  Rom.  Stud.  HI  159.  JoH.  Schmid, 
Ueb.  zwei  Msc.  sicil.  Gedichte  des  lü.  Jahrh. 's,  in:  Rom.  Stud.  III  103.  V. 
DI  Giovanni,  Sulla  stabilitä  del  Volgare  sicil.  dal  sec.  XII  al  presente,  in: 
Nuove  Effemeridi  sicil.  fasc.  VII  1 ,  vgl.  Rom.  V  255.  M.  Pasqialino, 
Vocab.  sicil.  etiraologico  ital.  e  latino.  Palermo  1785  95,  5  Bde.  V.  MoR- 
TILLARIO,  Nuovo  diz.  sic.-ital.  Palermo  1838,  2  Bde.,  3»  ed.  1879.  G.  Perez, 
Vocab.  sicil.-ital.  attenente  a  cose  domestiche  e  parecchie  arti  ed  a  taluni 
mestieri.  Palermo  1S70.  A.  Traina,  Nuov.  vocab.  sicil.-ital.  Palermo  1870. 
^IlR.A.,  Bibliografia  siciliana,  ovvero  gran  dizionario  bibliografico  delle  opere 
cdite  e  inedite  di  autori  siciliani.  2  Bde.  in  Commiss.  b.  Brockhaus  in  Leipzig'. 
V.  A.  Narbone,  Storia  della  letteratura  sicil.  Palermo  1852  ff.  F.  Evola, 
Storia  tipografico-lett.  del  sec.  XVI  in  Sicilia.  Pal.  1878,  vgl.  Propug. 
XII,  1,  p.  456.  G.  PiTRE  1.  Saggio  di  fiabe  e  novelle  pop.  sie.  PaL  1873. 
2.  Nuovo  saggio  di  fiabe  etc.,  in:  Riv.  di  filoL  rom.  I  113  und  139.  3. 
*Biblioteca  delle  tradizioni  popolari  siciliane  fBd.  1  u.  2  Canti,  Bd.  3 
Studj  di  poesia  popolari,  Bd.  4,  5,  ti,  7  Fiabe,  novelle  e  racconti,  Bd.  8, 
9,  K»,  11  Proverbi,  Bd.  12  Spettacoli  e  feste,  Bd.  13  Giuochi  fanciulleschi) 
PaL  1870,83,  vgl.  Jahrb.  f.  rom.  u.  engl.  Spr.  u.  Lit.  XV  397,  Ztschr.  f. 
rom.  PhiL  V  403  u.  408.  Propug.  XIIl  6,  Rom.  X  317.  4.  Saggio  di 
canti  pop.  sie.  ora  per  la  prima  volta  pubblicati.  Lettera  al  comm.  Zam- 
brini,  in:  Propg.  II  2,  p.  371.  5.  Delle  sacre  rappreseutazioni  in  Sicilia, 
in:  Nuove  Effemeridi  Sicil.  fasc.  VIII  129,  vgl.  Rom.  V  409  (Ausserdem 
hat  P.  noch  eine  ganze  Reilie  anderer  Monographien  über  sicil.  Folklore 
veröffentlicht,  welche  aufzuzählen  hier  zu  weit  führen  würde .  G.  Ragi'.sa 
MoLETi,  G.  Pitre  e  le  tradizioni  popolari  Pal.  1883.  L.  Lizio-BiiiNO.  Canti 
scelti  del  popolo  siciL  posti  in  versi  ital.  c  illustrati.  Messina  18(i7,  und: 
Canti  pop.  delle  Isole  Eolie  e  di  altri  luoghi  di  Sicilia ,  messi  in  prosa 
ital.  etc.  Messina  1871.  L.  ViGO,  Raccolta  amplissima  di  canti  pop.  siciL, 
2«'  ed.  (in  den  »Opere«  V.'s]  Catania  1870/74.  S.  Salomone-marino,  Canti 
pop.  sicil.  in  aggiunta  a  quelli  del  Vigo.  Pal.  1870,  und  Leggende  pop. 
siciL  PaL  1880,  vgl.  Ztschr.  f.  rom.  PhiL  IV  394.  Castelli,  Credenze  ed 
usi  pop.  siciL  PaL  187S,  vgl.  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  III  127  u.  IV  612. 
Bakonessa  DI  C.\KiNi,  Leggenda  storica  pop.  del  sec.  XVI  in  poesia  siciL 
Pal.  1S73,  vgl.  Jahrb.  f.  rom.  u.  engl.  Spr.  u.  I,itt.  XIV  240.  Canti  popo- 
lari del  circondario  di  Modica  raccolti  da  H.  A.  Gua.stalla.  Napoli  1877, 
vgl.  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  I  434.  Maspons  y  Labros,  Literatura  popolar 
di  M.,  in:  Lo  Gay  Saber,  Any  I  No.  14,  p.  209.  D.  TEMrio,  Poesie  sicil. 
Catania  1874,  4  Bde.  F.  Liebrecht,  SiciL  Volkslieder  u.  Volksräthsel,  in: 
Jahrb.  f.  rom.  u.  engL  Lit.  XII  337.  F.  GiiECiOitoviis ,  Die  siciL  Volks- 
lieder, in:  Morgenblatt  1859,  No.  4!)  f.  Laira  GoNZENBACU,  SiciL  Mähr- 
chen, aus  dem  Volksmunde  gesammelt.  Mit  Anmerkungen  von  R.  KÖHLER 
u.  einer  Einleitung  herausg.  von  ü.  Hartwig,  Leipzig  1870,  2  Bde.  Vasi, 
Osservazioni  critiche  alla  monogratia  delle  colonie  lombardo-sicule  di  L. 
Vigo,   in:    Arch,  stör.  sie.  N.  S.  IX   125.     Vgl.    auch  Gallo -Italisch  — 


Das  Italienische.  635 

Siena.  1..  liiKscil,  J.autlchrc  dos  Dialects  von  Sicna.  Ztschr.  f.  r.  l*h.  IX  Ji;<. 
G.  GakgaM,  Della  ling.  voIü:.  in  S.  nel  see.  XIII  per  una  orio^inalc  lettera 
mercantile  di  Vincenti  d'Aldobrandini  Vincenti  a  di  5  di  luglio  1260  c  pcr- 
dita  in  Francia.  Siena  1868  —  Süditalien,  Canti  pop.  delle  provincie 
meridionali  racc.  da  A.  Casetti  e  V.  Imbkiani  Turin  1871  72,  2  Bde.  — 
Teramo.  L.  Molinako  uel  Cuiauo,  Canti  del  popolo  teramano.  Napoli 
1^82.  G.  Savixi,  Osservazioni  sul  dial.  teramano.  Ancona  l&7i)  —  Titano. 
XV  canzoni  pop.  in  dial.  titano  racc.  da  V.  Imbkiani,  in:  Propg.  VI  — 
Toscana.  C.  Vksme,  Di  alcune  iscrizioni  volgari  tose,  dei  secoli  XI,  XII 
e  XIII,  in  Propg.  V  5,  vgl.  Kom,  I  264.  Gll.  Nervcci,  Saggio  d'uno 
studio  sopra  i  vernacoli  tose.  Vernacolo  montalese  contado)  del  sotto-dial, 
di  Pistoja.  Milano  1865.  G.  Giluani,  Sul  moderno  linguaggio  della 
Tose.  Turin  1S58;  Sul  vivente  ling.  della  Tose.  Turin  1860  und:  Mo- 
ralitä  e  poesia  del  vivente  linguaggio  della  Tose.  3»  ed.  Firenze  187.3,  N. 
ToMMA'^EO,  Canti  pop.  tose.,  corsi,  illirici,  greci.  Venezia  1841,  4  Bde. 
"G.  TiGUl,  Canti  pop.  tose.  3»  ed.  Firenze  1S69.  V.  Imbriam,  La  Novel- 
laja  fiorentiua.  Livorno  1877.  G.  Pitke,  Novelle  pop.  tose.  Firenze  1885, 
vgl.  Giern,  stör.  M  298.  G.  Salvador!,  Storie  pop.  tose.,  in  Giom.  di  fil. 
roni.  II  194.  G.  GlusTi,  Raccolta  di  proverbi  tose.  Firenze  1858  —  Trient. 
B.  Malfatti,  Degli  idiomi  parlati  anticamente  nel  Trentino  e  dei  dialetti 
odiceni,  in:  Giom.  di  fil.  rom.  I  119,  vgl.  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  U  629  — 
Triest.  Maixati,  Dialoghi  piacevoli  in  dialetto  vernacolo  triestino.  Triest 
1828.  Vgl.  Arch.  glott.  I  479,  IV  356.  C.  Cossa.m,  Saggio  di  proverbi 
triestini.  Triest  186U  — Umbrien.  Marcoaldi,  Canti  pop.  in  editi  um- 
bri,  liguri,  piceni,  piemontesi  e  latini  raccolti  etc.  Genua  1875  —  Val- 
Soana.  Nigra,  Fonetica  del  dialetto  di  Val-Soana,  in:  Arch.  glott.  III  1, 
und  :  n  gergo  dei  Valsuanini,  ebenda  III  53  —  Venedig  (vgl.  oben  S.  626). 
*G.  J.  AscoLI  im  Arch.  glott.  I  391  u.  448  hier  bespricht  A.  die  ältesten 
venez.  Texte;  einer  der  wichtigsten  derselben,  die  »Cronica  de  li  Impera- 
dori«,  ist  von  Ceruti  im  Arch.  glott.  III  177  herausgegeben  worden,  da- 
zu Anmerkungen  von  AscoLl  ebenda  244.  Ein  altvenet.  Text  des  Renard 
ist  herausg.  von  Putelli  in  Giern,  di  filol,  rem.  II  153.)  Gaiter,  II  dia- 
letto ven.  nei  primordi  della  ling.  ital,  in:  Arch.  venete  XX  1.  G.  D. 
NoRDO,  Prespetto  comparative  sui  dialetti  veneti  e  saggi  di  essi  dietro 
lassunte  programma,  in:  Atti  del  R.  Ist.  Ven.  di  scienze  etc.  t.  XV  fasc.  10. 
G.  BOERio,  Diz.  del  dial.  ven.  2»  ed.  Venezia  1858/59.  Patriarchi  s. 
oben  Padua.  Nov.vn,  Poeti  veneti  del  trecento.  A.  da  Tempo,  A.  Mus- 
sato  etc.,  in:  Arch.  stör,  per  Trieste  etc.  November  1881,  vgl.  Rom  XI 
(»24  u.  Giern,  stör.  I  154.  F.  Gritti,  Poesie  in  dial  ven.  Ven.  1875.  A. 
Lalberti,  Nuova  colleeione  di  poesie  scritte  in  dial.  ven.  Treviso  1835, 
3  Bde.  J.  V.  FosCARLXl,  Canti  del  pop.  v.  Ven.  1844.  Dal  Medico,  Canti 
del  popolo  venez,  raccolti  etc.  2»  ed.  Ven.  1857.  G.  Bernoni,  1.  Canti 
pop.  ven.  Ven.  1872,  vgl.  Rom  II  366,  2.  Fiabe  e  novelle  ven,  pep.  Ven. 
1873,  vgl.  Rom.  III  418,  3.  Preghiere  pop.  ven.  Ven.  1873.  4.  Legende  de 
fantastiche  pop.  ven.  Ven.  1873.  5.  Tradizioni  pop.  ven.  Ven,  1877.  Cr, 
Pasqualigo,  Raccolto  di  proverbi  ven,  Ven.  1857  58,  3  Bde.,  3»  ed. 
Treviso  1882,  vgl.  Herrig's  Archiv  Bd.  70  S.  108.    Volkslieder  aus  Venetien, 


(330  1^^"  Italienische. 

gesammelt  von  G.  WiDTEU,  herausg.  v.  A.  WoLK  Wien  1864  —  Verona. 
A.  Cescoxi  e  E.  Righi,  Canti  pop.  veronesi.  Verona  1870.  RiGHi,  Sag- 
gio  di  canti  pop.  ver,  Verona  1803  Docuraenti  delV  antico  dialetto  veronese 
(von  132G  bis  1495;,  :<  Hefte,  Verona  1S78  7!»  —  Vicenza.  A.  Al.VElw, 
Canti  pop.  tradizionali  vieentini  colla  loro  musica  originaria.  Vicenza  1844. 
ScHio,  Saggio  dcl  dial.  vic.   Päd.  1855. 

Fremde  Sprachen  in  Italien:  1).  Comtaketti,  Siiggi  dei  dialetti 
greci  deir  Italia  meridionale  Pisa  1806  —  MoKOSi,  I  dialetti  romaici  del 
mandamento  di  Bova  in  Calabria,  in:  Arch.  glott.  IV  1,  und:  Studj  sui 
dialetti  greci  deUa  terra  d'Otranto,  preceduto  (sicl;  da  una  raccolta  di 
Canti  etc.  nei  dialetti  medesimi.  Lecce  1S70.  —  F.  e  C.  Cipolla  ,  Dei 
coloni  tedeschi  nei  XIII  Comuni  Veronesi,  in:  Arch.  glott.  VIII  161  — 
M.\M).\LAUI,  Una  colonia  provcnzale  nell'  Italia  meridionale,  vgl.  Bibliogr. 
Anz.  f.  rom.  Spr.  u.  Lit.  1884,  No.  199H  —  A.  Pkeca,  Saggio  intorno 
alla  lingua  maltese  come  affine  delV  ebreo.     Malta  1880.'; 

§  5.  Bemerkungen  über  die  Laute  des  Schrift- 
italienischen. 

1.  So  erheblich,  al).solut  betrachtet,  immerhin  die  Diffe- 
renz zwischen  dem  Lautsysteme  des  Schriftitalienischen  und 
dem  des  Schriftlateinischen  auch  ist ,  so  steht  dennoch  unter 
allen  romanischen  Idiomen  das  Schriftitalienische  dem  Schrift- 
lateinischen lautlich  zweifellos  am  nächsten,  hat  dessen  Laute 
verhältnissmässig  sehr  treu  bewahrt.  Dem  Yolkslatein  da- 
gegen  dürfte    das  llumänische  lautlich  am  nächsten  kommen. 

2.  Was  den  Vocalismus  anlangt,  so  ist  das  Schriftitalie- 
nische im  Gegensatz  z.  B.  zu  dem  Französischen  und  Gallo- 
Italienischen)  frei  von  allen  Misch-  und  Nasalvocalen.  Lat.  a, 
e.  1,  ü,  zum  Theil  in  gelehrten  Worten)  auch  au  sind  rein 
bewahrt,  Veränderung  haben  nur  erlitten  e  und  ö  ;diphthon- 
girt  zu  ie  und  no],  i  zu  e),  Positions-/  und  Positions-//  ^zu  e 
und  0  .  Ein  zweiter  charakteristischer  Zug  des  schriftitalie- 
nischen A'ocalismus  ist  die  Erhaltung  des  auslautenden  ton- 
losen 0  und  e  (z.  B.  popoloy  monte),  Avodurch  zugleich  die  an- 
nähernde Erhaltung  der  lateinischen  Grundformen  wesentlich 
ermöglicht  worden  ist.    Im  Zusaramenhano-e  damit  steht  die  dem 


1)  Nachtrag  zu  den  Dialccton :  Abruzzen.  Komani,  Abruzzesismi 
raccolti.  Piacenza  JS84  —  Belluno.  Nazaui.  Diz.  bellunese-ital.  e  osser- 
vazioni  di  grammatica.  Oderzo  1S84  —  Campagna.  P.E.  ViscoXTI,  Sag- 
gio de'  canti  pop.  della  provincia  di  Maritima  e  Campagna.  Koni  IS.'io 
(wiederholt  in:  DiDlKR,  Campagne  de  Korne.  Paris  1842  ,  und:  Saggi  di 
canti  pop.  di  Koma,  Sabina,  Marittima  e  Campagna.  Florenz  1*^5^  —  Fer- 
rara.  Feuuako,  Poesie  pop.  ferraresi  in  un  ms.  del  sec.  XVIII,  in:  Arch. 
p.  trad.  pop.  II  585  —  Lombardei.   Sai.vioni,  in:  Arch.  glott.  IX   1. 


Das  Italienißche.  637 

Schriftitalienischen  überhaupt  eigene  Vurliebe  für  vocalischen 
Auslaut,  iu  Folge  deren  auch  in  der  VerbalÜexion  vocalisch 
auslautende  Analogiebildungen  begünstigt  Averden  (3.  P.  PI. 
Präs.  auf  -no  nach  Analogie  der  3.  P.  PI.  der  starken  Perf. , 
ebenso  auch  in  den  übrigen  Tempp.).  Abfall  eines  anlauten- 
den tonlosen  Vocales  ist  nicht  ganz  selten,  z.  B.  badia  = 
abbatia.  bottega  =  apotheca,  rame  =  aeramen,  stimare  =  aesti- 
mare:  besonders  wird  hiervon  das  e  der  Priip.  ex  in  Compo- 
sitis  betroffen,  z.  15.  scavare  =  ex-cacare,  scappare  =  frz. 
e-chapper .  vgl.  auch  z.  B.  sceglio  mit  ex-eligo:  mitunter  ist 
ein  ganzes  Präfix  von  der  Apokope  heimgesucht  worden,  z.  B. 
scendere  =  [de]sce7idere.  Im  Inlaut  ist  Synkope  tonloser  Vo- 
cale  nicht  eben  selten,  vgl.  z.  B.  viaggio  mit  ciat[i\cum  (und 
so  viele  andere  gleiche  Bildungen  ,  netto  mit  /nf[f^dum,  freddo 
Toxt  frig[i\dum ,  posto  mit  positum,  crollare  =  frz.  croider  mit 
(:\o}'ot[u\Jare  u.  v.  a. :  im  Allgemeinen  aber  bleiben  doch  auch 
im  Inlaut  tonlose  ^'ocale  erhalten ,  vgl.  z.  B.  cumulare  mit 
frz.  combler.  ramera  mit  frz.  chambre,  cenere  mit  frz.  cendre, 
Infinitive  wie  dxfendere  u.  dgl.  mit  ihren  frz.  Pendants  de- 
fendre  etc.  (wobei  allerdings  zu  bemerken,  dass  vereinzelt  auch 
im  Italien,  das  e  des  Infinitivausganges  ~^re  sjTikopirt  wird, 
vgl.  z.  B.  porre  mit  ponere .  meist  aber  ist  iu  diesem  Falle 
neben  der  spikopirten  auch  die  volle  Form  gebräuchlich, 
sciogliere  neben  sciCrre^  scegliere  neben  scerre),  vgl.  auch  starke 
Participialbildungen  wie  perdita,  rendita  mit  frz.  perte^  rente, 
vgl.  endlich  auch  3.  Personen  PI.  starker  Perfecta,  wie  z.  B. 
cennero .  presero  u.  a.  mit  frz.  cinre/it,  pris freut,  prirent.  Es 
bedarf  nicht  erst  der  Bemerkung,  dass  die  so  beliebte  Bewah- 
rung tonloser  Vocale  im  Inlaute .  selbst  in  der  Vortonsylbe, 
wesentlich  dazu  beigetragen  hat,  die  ital.  Wortformen  ihren 
lat.  Grundtypen  nah  zu  erhalten. 

Das  Schriftitalienische  wie  das  Italienische  überhaupt) 
scheidet  scharf  zwischen  offenem  und  geschlossenem  e  und  o; 
offenes  e  entspringt  aus  lat.  f,  e  in  Pos.  und  ae  (dazu  iq  aus 
a  -\-  attrahirtem  i.  wie  auch  sonst  e  in  ie  offen  ist,  ausg.  in 
pie  ;  geschlossenes  e  gründet  sich  auf  lat.  e.  l  und  i  in  Pos. ; 
offenes  o  hat  seinen  Ursprung  in  lat.  ö,  o  in  Pos.  (doch  mit 
zahlreichen  Ausnahmen,  namentlich  in  den  Combinationen  e  -f- 
complicirtes  n  oder  r)  und  au;  geschlossenes  o  endlich  beruht 


(j38  l^^**  Italienische. 

auf  lat.  ü,  u  in  Pos.  (doch  mit  manchen  Ausnahmen)  und  ö 
(welches  jedoch  häufig  auch  oftenes  o  ergiebt).  In  der  rich- 
tigen Unterscheidung  der  beiden  E-  und  0-Laute  besteht  wohl 
die  gi'össte  der  Avenigen  Schwierigkeiten,  welche  die  Ausspra- 
che des  Schriftitalienischen  dem  Ausländer  darbietet .  sie  ist 
aber  um  so  fühlbarer,  als  völlig  durchgreifende  Regeln  sich 
nicht  aufstellen  lassen  und  als  ausreichende  Angaben  in  den 
Lehr-  und  Wörterbüchern  fehlen.  Auffällig  ist.  dass  geschlos- 
senes und  offenes  e,  bzw.  o  im  lieime  unbedenklich  mit  ein- 
ander gebunden  werden. 

2.  In  Bezug  auf  den  Consonantismus  ist  vor  Allem  be- 
merkenswerth,  dass  inlautende,  auch  intervocalische  Explosiva 
im  Allgemeinen  erhalten  bleibt,  vgl.  z.  li.  Verruca  mit  frz. 
vemte,  negare  mit  frz.  nier ^  vita  mit  frz.  vie .  Jodare  mit  frz. 
louer  ^  coperto  mit  frz.  couvert  ^  lahhro  mit  frz.  lerre.  Ueber- 
gang  der  tonlosen  Explosiva  zur  tönenden  und  dieser  zur  tö- 
nenden Spirans  ist  allerdings  nicht  eben  selten,  namentlich 
bei  den  Labialen,  z.  B.  recipere  :  ricevere.  recuperare  :  ricove- 
rare .  dehere  :  devere ,  litus  :  Udo.  pairem  .padre^  pacare  .  pa- 
gare,  lacus  :  lago,  lacrhna  :  lagrima ,  aber  Schwund  findet  nur 
vereinzelt  statt  und  zwar  in  den  Combinatiouen  g  -\-  r  und 
V  -\-  r^  z.  B.  integrum  :  intero,  nigrum  :  nero^  bibere  :  bev[e]re  : 
bere,  libra  [:  livra^  :  lira. 

Ein  anderer  den  ital.  Consonantismus  charakterisirender 
Zug  ist  die  Veraieidung  des  consonantischen  Auslautes  (mit  Aus- 
nahme von  r  und  zuweilen  n)  durch  Abwerfung  auslautenden 
lat.  m.  s.  f  (daher  moute  =  montem.  corpo  =  corpus,  e  [vor 
Vocal  ed\  =  et,  capo  =  capui]  und  Erhaltung  des  diesen  Con- 
sonanten  vorausgehenden  Vocales.  durch  welchen  wieder  der 
ihm  voranstehende  Consonant  in  seinem  Bestände  geschützt 
wird,  vgl.  monte  mit  frz.  mont^mö,  corpo  mit  cor[ps\.  capo 
mit  cJtef. 

Vocalisation  des  l  :  ti  ist  dem  Schriftitalienischen  unbe- 
kannt, daher  z.  H.  caldo  neben  frz.  chaud .  colpo  neben  frz. 
coup.  Auch  Vocalisirung  eines  gedeckten  Gutturals  zu  i  mei- 
det das  Schriftitalienische ,  sondern  braucht  die  Assimilation 
als  Mittel  der  Erleichterung  der  schweren  Combination.  daher 
z.  \\.  fatto  neben  ixz.  faxt .  tetto  neben  frz.  toit .  notte  neben 
frz.  otuit;  in  der  Combination  nct  wird  c  s)nikopirt.  z,  B.  santo 


Das  Italienische.  639 

neben  frz.  S(ii//i,  unfo  neben  frz.  oi/if.  pianto   neben  frz.  plahif, 
depiiiio  neben  frz.   depcint. 

In  weitem  Umfange  ist  der  nrspriingliche  lat.  Consonan- 
tismns  im  Schriftitalicnischen  durch  Pahitalisirung  umgestaltet 
worden.  Die  wichtigsten  hier  in  lietracht  kommenden  Er- 
scheinungen sind:  a  lat.  k  [c]  und  g  sind  vor  e  und  /  zu  c 
und  (j  geschrieben  c.  g.  vor  dunkeln  Vocalen  ci.  gi]  palata- 
lisirt  Avorden.  b)  J  ist  durchweg  zii  g  (geschrieben  g^  vor  dun- 
keln Vocalen  gi  palatalisirt  worden,  nur  vereinzelt  bestehen 
Doppelformen  neben  einander,  von  denen  die  eine,  und  zwar 
die  weniger  übliche,  den  /-Laut  bewahrt  hat,  z.  li.  Jacopo 
neben  Giacomo ,  majo  neben  maggio.  Wie  j  wird  öfters  auch 
lat.  anlautendes  i  vor  Vocal  behandelt,  z.  B.  GiroJamo  = 
Hieronymus.  c)  Ebenso  werden  zu  *■  (geschrieben  sc  vor 
hellen .  sei  vor  dunkeln  Vocalen)  palatalisirt  anlautendes  sc, 
[ex,  bzw.  exs,  zuweilen  auch  einfaches  s  [sc  und  s  jedoch  nur 
vor  hellen  Vocalen),  z.  B.  scenclere  =  {de)scendere ^  sciagurato 
=  exauguratus ,  sciugare  =  exsuccare,  sctoperare  =  exoperare, 
sceglio  =  exeligo,  scimia  =  simia ,  scemare  v.  semi;  intervoca- 
lisches  .r  wird  theils  palatalisirt,  z.  B.  coxa  :  coscia ,  laxare  : 
lasciare,  theils  zu  ss  assimilirt,  z.  B.  laxus  =  lasso,  gedecktes 
X  wird  zu  s  vereinfacht,  z.  B.  *[e]xtranarius  :  straniero,  mixtus 
:  misto.  d)  Der  Palatalisirung  zu  s  verfällt  ebenfalls  die  Coni- 
bination  st  -\-J=i  e)  in  Hiatusstellung,  z.  B.  ostium  :  nscio, 
2)ostea  :  poscia,  angustia  :  angoscia.  e  t  -\- J  =  i  [e)  in  Hiatus- 
stellung wird  entweder  zu  z  assibilirt  (intervocalisch  zu  22), 
z.  B.  ?narzo  =  inarfius,  2)ici^~(i  ==  i^^a^^fh  pozzo  =  ptiteus,  giu- 
stezza  =  j'ustitia ,  anzi  =  aiitea  ^m.  halbgelehrten  Worten  wird 
-Ha  :  zia,  z.  B.  avariiia),  theils  zu  g  palatalisirt,  z.  B.  ragione 
=  rationem,  oft  sind  Doppelformen  vorhanden,  z.  B.  Venezia 
und  Vinegia ,  prezzo  und  pregio ;  die  Combination  pt  oder  et 
-f-y  =  i  im  Hiatiis  ergiebt  rr,  z.  B.  captiare  :  cacciare,  suciiare 
=  succiare.  lieber  st  vgl.  oben,  f)  Die  Combination  tc  vor 
Vocal  ergiebt  gij^  z.  B.  viat[i]cum  :  maggio.  g)  Die  Combina- 
tionen  d  oder  g  oder  h  oder  v  -{-j  =  i  [e]  im  Hiatus  ergeben 
g.  intervocalisch  gg,  z.  B.  deorsum  :  giuso .  hodie  :  oggi,  lilie- 
gium  :  Reggio ,  exagium  :  saggio .  cambiare  :  cangiare ,  debeo  : 
deggio,  servientem  :  sergente.  carea  :  gaggia:  zuweilen  erleidet 
auch  s  4- y  =  i  im  Hiatus   denselben  Wandel,    z.  B.    [oc\ca- 


(j40  1^*8  Italienische. 

sionem  :  cagione ,  mansionem  :  magione.  h)  Die  Combination 
Vocal  +  I  -\-j=  i  [e]  im  Hiatus  ergiebt  Vocal  +  palat.  /  (ge- 
schrieben ffli),  die  Combination  Vocal  -h  n  -{-J  =  i  (e)  im  Hia- 
tus ergiebt  Vocal  -f-  n  geschrieben  gu),  ebenso  die  Combina- 
tion Vocal  -\-  ffn  =  Vocal  4-  /^-  z.  B.  julium  =  luglio,  palea  : 
paglia ,  juniuni  :  giugno ,  vinea  :  vigna ,  verecun[d]ia  :  vergogna, 
dignum  :  degno;  öfters  jedoch  verconsonantirt  sich  J=  i  [e] 
nach  /  nnd  n  zu  </ ,  z.  15.  vetiio  :  vcngo ,  remaneo  :  remango, 
valeo  :  valgo  (daneben  caglio] .  i)  Zwischen  d,  gl .  pl .  hl .  fl 
und  folgenden  Vocal  drängt  sich  gern  ein  parasitisches  j  ein, 
durch  Avelches  das  /  erstickt  Avorden  ist,  z.  li.  cJarum  :  [cljaro  :] 
chiaro  ,  *glottus  :  [gljotto  :]  ghiotto ,  planum  :  [plj'ano]  :  piano, 
*blondus  :  [blj'ondo  :]  hiondo  ,  ßorem  :  [ßjorem  \\ßore,  flamma  : 
[ßjamma  •.^ßamma,  spec[H]lum  :  specc/ito,  vet[u]h(s  :  *vec[u]lus  : 
vecchio.  k)  Ebenso  wird  ein  r  durch  nachfolgendes  y  =  i  (e) 
in  Hiatusstellung  verdrängt,  z.  li.  ^morio  :  nmojo,  parco  :  ji>ff;b, 
* calceolarius  :  calzolajo. 

Der  Reichthum  an  Palatallauten  ist  für  das  Schriftitalie- 
nische geradezu  charakteristisch  und  trägt  wesentlich  dazu  bei, 
der  Sprache  den  ihr  eigenen  weichen  Klang  zu  verleihen,  der 
mitunter  freilich  bis  zur  Weichlichkeit  sich  steigert.  Es  zeigt 
in  Hinsicht  auf  die  Palatalisirung  das  Italienische  interessante 
Analogien  mit  dem  Slavischen. 

Im  Anlaut  duldet  das  Schriftitalienische  nur  einfache  Ex- 
plosiva ,  Expl.  -\-  r ,  Expl.  -)-  /  (vgl.  jedoch  oben) ,  zuweilen 
Expl.  -f-  n ;  auch  6-  impurum  wird  geduldet  (sehr  im  Gegen- 
satz z.  B.  zu  dem  Spanischen),  ja  die  Sprache  zeigt  für  die- 
sen Anlaut  eine  gewisse  Vorliebe,  indem  sie  anlautenden  ^'o- 
cal  vor  s  impurum  abwirft,  z.  B.  aestimo  :  stimo,  extra-  :  stra- 
u.  dgl.  ;  nur  im  Falle,  dass  gewisse  consonantisch  anlautende 
Monosyllaben  7ion ,  coti .  per ,  in)  vorausgehen ,  pHegt  dem  *• 
impurum  nach  gemeinromanischer  Weise  ein  i  vorgeschlagen 
zu  werden.  Anlautendes  pt  wird  zu  t  erleichtert,  z.  B.  Pto- 
lomaeus  =  Tolomeo  ,  ein  isolirter  Fall  ist  ptochus  (rrrw;fO(,''  : 
pitocco . 

Consouantengeraination  ist  im  Schriftitalienisehen  sehr 
beliebt  und  tritt  nicht  nur  durch  Assimihition  schwierigerer 
Consonantengruppen   \ct  :  tt^    es  :  ää  etc.) ,    sondern  auch  imor- 


Das  Italienische.  641 

ganisch  häuüg  ein  :z.  li.  pubhlico,  ohhUgo).  ^)  Intervocalisches 
pL  bl  ergiebt  ppi,  bbi,  z.  B.  pioppo  =  populus,  bibbia.  Inter- 
vocalische  geniinirtc  Consonanz  wird  in  der  Aussprache  scharf 
markirt,  z.   H.   hcl-lo. 

3.  Der  lat.  Accent  beharrt,  aber  gerade  in  Folge  seines 
Beharrens  steht  er  —  entgegen  dem  lat.  Betonungsgesetze  — 
nicht  selten  auf  der  vierten  und  selbst  auf  einer  noch  weiter 
zurückliegenden  Sylbe,  z.  \^.  recitano  ^  recitant ,  rendomivi. 
Für  Deutsche  ist  zu  bemerken,  dass  vielfach  ital.  Eigennamen, 
welche  man  a  priori  für  Paroxytona  zu  halten  geneigt  ist, 
Proparoxytona  sind,  z.  B.  Pesaro  ^  Posilippo ,  Albizzi.  Eine 
graphische  Bezeichnung  des  Accentes  findet  nicht  statt  (s.  un- 
ten No.  4\ 

4.  Die  schriftitalienische  Orthogiaphie  ist  im  Wesentlichen 
fest  geregelt  und  einfach ,  wenn  auch  noch  grösserer  Verein- 
fachung fähig.  In  mehreren  Kleinigkeiten  herrscht  noch 
Schwanken,  so  z.  B.  in  Bezeichnung  des  aus  vi  entstandenen  i, 
welches  bald  J  (d.  h.  langgezogenes  ^,  wie  es  in  mittelalter- 
licher Schrift  üblich  war  imd  das  z.  B.  auch  im  englischen  / 
'>ich((  noch  fortlebt),  bald  durch  t,  bald  durch  i  bezeichnet 
wird,  z.  B,  studj\  studi,  studi.  Die  sogenannten  Accente  die- 
nen meist  nur  orthographischen  Zwecken :  der  sog.  Gravis 
zur  Andeutung,  dass  eine  Sylbe  abgefallen,  z.  B.  veritä  für 
veritade  =  veritatem,  amb  =  amavlitY^) ,  oder  zur  Unterschei- 
dung monosyllaber  Homonyme,  z.  B.  e  =  et  und  e  =  est^ 
si  =  se  und  si  =  sie,  di  =  de  und  di  =  di[e7n\  und  ebenso  zur 
Unterscheidimg  eines  einsylbigen  Wortes  von  einem  gleichge- 
schriebenen zweisylbigen ,  z.  B.  pie  =^  pedem  und  pie  ^  piae 
(ohne  ersichtlichen  Grund  wird  der  Gravis  auch  auf  pm,  gm 
und  cid  gesetzt) ;  der  selten  gebrauchte  Circumflex  wird  gleich- 
falls zur  Unterscheidung  von  Homonymen  verwandt,  z.  B. 
cdr7'e  =  cogliere  =  coUigere ,  aber  corre  =  currit.,  törre  =  to- 
gliere  =  tollere,  aber  torre  =  turrem;  nur  der  sog.  Acut  kann 
als    wirkliches  Tonzeichen   zur  Angabe    einer   irgend   wie  auf- 


1]  Besonders  bemerkenswerth  ist,  dass,  wenn  vocalisch  auslautendes 
Wort  +  consonantisch  aulautendes  A^'■o^t  zu  einer  Worteinheit  verschmel- 
zen, der  nun  intervocalisch  werdende  Consonant  geminirt  wird,  z.  B.  e  -|- 
pure  =  eppure,  o  -+-  vero  =  ovvero.  Andrerseits  wird  lat.  Doppelconsonanz 
mitunter  vereinfacht,  z.  B.  comune. 

2)  Der  sog.  Gravis  ist  also  in  diesem  Falle  nur  Apostroph. 

Körting,  Encyklopädie  d.  rom.  Phil.  III.  41 


{j42  l^i^s  Italienische. 

fälligen  Betonung  gebraucht  werden,  z.  B.  mormorio .  restio 
u.  dgl.,  poet.  Oceäno ,  pe?ietra  für  Oceano .  penetra  (vielfach 
wird  aber  im  Druck,  namentlich  bei  den  Worten  auf  -io 
u.  dgl.,  statt  des  Acutes  der  Gravis  gesetzt),  ausserdem  wer- 
den einzelne  gleichgeschriebene,  aber  in  der  Aussprache  ver- 
schiedene Worte  dadurch  auseinandergehalten,  dass  das  syl- 
benreichere  einen  Acut  erhält,  z,  B.  hacio  (zweisylbig) .  aber 
hacio  (dreisylbig) ,  ebenso  halia  und  haha ,  malvagia  und  7nal- 
vagia  etc. 

(Lateinischen  und)  griechischen  Fremdworten  legt  das 
Schriftitalienische  seine  Orthographie  auf  (wie  im  Wesentlichen 
auch  das  Spanische  es  thut,  anders  dagegen  das  Französische 
und  Portugiesische),  es  schreibt  also/  für  ph,  t  für  th,  c  für 
ch,  i  für  y. 

Litteraturangaben  (die  vollständigen  Grammatiken  sind  in  den 
Litteraturangaben  zu  §  ;}  u.  7  verzeichneti :  Eine  treflfliche  Charakteristik 
des  Toscanischen,  auch  in  lautlicher  Beziehung,  hat  AscoLl  im  Arch.  glott. 
VIII  121  gegeben.  K.  K.  Bambelli,  Studj  ülologico-critici  suUa  genesi, 
forma  e  valore  delle  lettere  dell'  alfabeto  italiano.  Rom  u.  Turin  1S66  — 
F.  Demattio,  Fonologia  italiana,  como  introduzione  allo  studio  della  gram- 
matica  storica  etc.  Innsbruck  1875  —  N.  Caix,  Le  alterazioni  generali  nella 
ling.  ital.,  in:  Riv.  di  fil.  rom  II  71  (viel  Material  zur  ital.  Lautlehre  bieten 
auch  Caix'  Studi  di  etimologia  ital.  e  romanza.  Firenze  1878),  und:  Osser- 
vazione   sul  vocalismo  italiano.  Firenze  1875    ;Estratto  dalV  Riv.  Europea) 

—  U.  Canello,  H  vocalismo  tonico  italiano,  in:  Riv,  di  fil.  rom.  I  207 
und  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  I  510,  vgl.  Giorn.  di  fil.  rom.  I  69  —  Stokm, 
Remarques  s.  les  voyelles  atones  du  latin,  des  dialectes  italiques  et  de 
l'italien,  in:   Mem.  de  la  Soc.  de  Ling.  de  Pari.s,  II  80,  vgl.  Rom.  II  375 

—  *H.  Scuuchardt,  Phonetique  comparee.  De  quelques  modifications  de 
la  consonne  initiale  dans  les  dialectes  de  la  Sardaigne,  du  Centre  et  du 
Sud  de  ritalie,  in:  Rom.  III  1,  und:  Le  redoublement  des  consonnes  en 
italien,  ebenda  VI  593  —  Fk.  d'Ovidio,  Delle  voci  italiane  che  raddop- 
piano  una  consonants  prima  della  vocale  accentata,  in:  Rom.  W  199  — 
N.  Caix,  Süll'  influenza  dell'  accento  nella  congiugazione  di  manducare, 
adjutare,  in:  Giorn.  di  filol.  rom.  II  10  —  W.  Meyeu,  et,  fi  im  Ital..  in: 
Ztschr.  f.  rom.  Phil.  VHI  302. 

J.  Kellek,  Ueb.  die  Ausspr.  des  Ital.  in  Toscana.  Zürich  1857  —  A. 
Lincke,  Ueb.  d.  tose.  Ausspr.  des  Ital.  Stettin  1809. 

Zehle,  Laut-  u.  Formenlehre  in  Dantes  Div.  Comm.  Marburg  1886. 

§  6.  Bemerkungen  über  den  Wortbestand  des 
Schrift  italienischen. 

1 .  Der  Wortbestand  des  Schriftitulienischen  ist  zum  weit- 
aus grössten  Theile  lateinischen  Ursprunges:   unter  den  in  ihm 


Das  Italienische.  043 

enthaltenen  nichtlateinischen  Elementen  sind  die  germanischen 
die  zahlreichsten  und  wichtigsten,  wobei  namentlich  auch  die 
erhebliche  Anzahl  von  Personennamen  germanischer  Herkunft 
zu  bemerken  ist.  Die  grosse  Mehrzahl  der  germanischen  Worte, 
und  namentlich  wieder  der  Personennamen .  dürfte  auf  das 
(leider  nur  unzusammenhängend  überlieferte  Langobardische 
zurückzuführen  sein.  Dass  die  germanischen  Worte  lautlich 
thunlichst  romanisirt  worden  und  dadurch  für  den  ersten  Blick 
oft  unkenntlich  geworden  sind ,  ist  selbstverständlich ,  man 
vgl,  z.  B.  caleffare  mit  Muffen,  scaraffarc  mit  schrapfen,  guan- 
eia  mit  icank[j\a^  wanga.  tuffare  =  taufen,  gitizzare  mit  witsen 
s.  DiEZ,  Et.  Wtb.  Ha),  Gar7'ihaldi  wahrscheinlich  =  Wehr- 
baW,   Aldohrando  =  Hildebrand  etc. 

2.  Ueberaus  gi-oss  ist  die  Ableitungsfähigkeit  des  Italie- 
nischen, die  sich  namentlich  durch  Bildung  von  Substantiven 
deminutiver,  augmentativer  und  pejorativer  Bedeutung  äus- 
sert. Die  Masse  der  hieifür  verwendbaren  Suffixe  ist  gerade 
erstaunlich.  Um  dies  wenigstens  durch  ein  Beispiel  zu  ver- 
anschaulichen, seien  die  von  casa  möglichen  Ableitungen  auf- 
geführt nach  Blanc  ,  a.  a.  O. ,  p.  163):  casone  =  grosses 
Haus,  casolare,  casalone  =  grosses  verfallenes  Haus,  casamento 
=  grosses,  geräumiges  H.,  casolaraccio  =  grosses,  garstiges  H., 
casaccia  =  altes,  hässliches  H..  casoccia  =  grosses  u.  schlech- 
tes H.,  casotto  und  casotta  =  derbes  und  festes  H. ,  casuccia 
und  casuzza  =  kleines,  schlechtes  H.,  casina.  casinma,  casella, 
casellina.  casetta,  casettina^  caserella,  caserellma.  casettineUa  = 
kleines,  niedliches  H.,  casipola,  casile  =  schlechtes,  ärmliches 
H.,  casnpola  =  kleines,  erbärmliches  H.,  casale  =  Hauscom- 
plex,  Meierei,  ausserdem  z.  B.  noch  casino ,  casottina .  casi- 
naccio  etc.  Hervorzuheben  ist  auch  der  Reich thum  an  Kose- 
formen für  Personennamen,    Formen,  welche  sich  von  der  \\x- 

sprünglichen  Gestalt  des  Namens  oft  in  ähnlicher  Weise  weit 

.        .  .  .  *. 

entfernen,    wie    dies    z.   B.    im    Englischen    der  Fall   ist,    wie 

etwa  Bandifio,  Dandino,  Dino  von  [Aldo\brandino.  Pepe  v.  Gm- 

seppe,   Nozzo  v.  [Gian]nozzo  v.  Giamn  =  Giovanni.  Cesco.  Cecco 

V.  [Fra)i\cesco ,    Vigo  v.   [Lodo]vico  etc. 

3.  In  Folge  der  nicht  immer  auf  normalen  Wegen  voll- 
zogenen Lautentwickelung  sind  die  schriftitalienischen  Worte 
ihren  lateinischen  Etymis  oft  genug  recht  unähnlich  geworden, 

41* 


644  l^as  Italienische. 

so  dass  die  Identität  des  ital.  "Wortes  mit  dem  lat.  Grund- 
worte mindestens  nicht  augenfällig  ist,  man  vgl.  z.  B.  ritto 
mit  rectus .  sughero  mit  suher ,  soffice  mit  supplicem ,  spassare 
mit  expassus  v.  expandere  etc.  Hierdurch  und  ferner  durch 
die  oben  erwähnte  grosse  Vielformigkeit  der  substantivischen 
Derivata,  ausserdem  durch  die  Bildung  von  Verbalsubstanti- 
ven ,  zu  denen  im  Lateinischen  jedes  Gegenstück  fehlt  (wie 
z.  B.  soffio  von  sofßare  =^  sufßare.  giontra  v.  *juxtare)^  end- 
lich durch  das  Vorhandensein  vieler  Onomatopoieta  und  einer 
nicht  unerheblichen  Anzahl  von  Worten ,  welche  bis  jetzt  der 
befriedigenden  etymologischen  Erklärung  sich  entziehen  (z.  B. 
ciottolo,  zucca) ,  erhält  der  schriftital.  Wortbestand  doch  theil- 
weise  einen,  vom  lateinischen  Standpunkte  aus  betrac)|tet, 
fremdartigen  und  hin  und  wieder  selbst  bizarren  Charakter. 
Hierin  ist  es  begründet,  dass  auch  der  des  Lateinischen  kun- 
dige Nichtitaliener  bei  der  Lecture  italienischer  Bücher,  be- 
sonders solcher,  welche  sich  auf  Dinge  des  Alltagslebens  be- 
ziehen, das  Lexicon  nur  dann  entbehren  kann,  wenn  er  bereits 
grosse  Vertrautheit  mit  der  Sprache  erlangt  hat.  Ueberhaupt 
sind  hinsichtlich  des  Wortbestandes  zwei  Gattungen  des  Schrift- 
italienischen zu  unterscheiden:  die  höhere  Sprache,  welche 
auf  gelehrtem  Wege  unmittelbar  aus  dem  schriftlatein.  Wort- 
schatze schöpft  und  in  Folge  dessen  zum  grossen  Theile  aus 
leicht  verständlichen  mots  savants  sich  zusammensetzt,  und 
die  den  Zwecken  der  Conversation  und  Belletristik  dienende 
Sprache,  welche  vom  Lateinischen  sich  relativ  weit  entfernt 
und  enge  Fühlung  mit  dem  toscanischen,  bzw.  florentinischen 
Volksdialecte  besitzt,  gelegentlich  auch  in  den  Sonderwort- 
schatz anderer  Dialecte  hineingreift. 

Litteraturanj^aben :  'Vocabolario  degli  Accademici  della  Crusca 
vgl.  oben  S.  613).  Erste  Ausg.  Florenz,  1612,  2.  A.  Venedig  1623,  3.  A. 
Florenz  1691,  4.  A.  Florenz  1729  38,  5.  1842,  wurde  von  der  Akademie 
seibst  während  der  Publieation  zurückgezogen  u.  pflegt  nicht  mitgezählt  zu 
werden),  5.  A.  Florenz,  seit  1863,  bis  jetzt  5  Bde.  (vgl.  Fanfani,  H  Vocab. 
novello  della  Crusca.  Florenz  1877;;  ausserdem  glossirte  Ausgaben,  z.  B. 
von  Cksari,  Verona  18U6tt".  Das  Wörterbuch  der  Crusca  vertritt  mit  schärf- 
ster Einseitigkeit  den  florentinischen  Standpunct  u.  ist  deshalb  von  jeher 
sehr  berechtigten,  mitunter  sehr  scharfen  Angrifl'en  ausgesetzt  gewesen. 
^Nichtsdestoweniger  besitzt  das  Werk  höchste  sprachgeschichtliche  Be- 
deutung. (Zum  Vocabolario  bildet  eine  Art  Autorenregister  die  von  Razzo- 
Ll.Ni    e   Bacchi    della  Lega   verfasste  Bibliografia  dei  testi   di  lingua   a 


Das  Italienische.  045 

stanipa  citati  dagli  Acc.  della  Crusca.  Bologna  1879  .  Ein  »Suppleniento« 
zum  Vocab.  gab  Giikkaudixi  heraus,  Milano  1852  57,  6  Bde.  —  *Tomm.\sf.o- 
Bellini,  Dizionario  della  ling.  ital.  nuovaniente  conipilato  dai  Signori 
NiccoLO  T.  e  cav.  prof.  Prof.  Beux.\rdo  B.  con  oltre  cento  mila  giunte 
ai  precedenti  dizionari  etc.  Turin  1865  79,  4  Bde.  (vgl.  darüber  B.  Rinaldi 
im  Supplemento  des  Turiner  Journals  »il  Baretto«  vom  15.  April  ISSO,  wo 
zugleich  ein  anderes  "Werk:  Tramater-Scauaijelli,  Vocab.  universale  della 
ling.  ital.  Xapoli  187S  besprochen  wird,  cf.  Propugn.  XIII  2,  S.  'M\0  . 
T.-B.*s  Diz.  ist  das  beste  derartige  Werk  auf  ital.  Gebiete  —  P.  FAN'F.\>ri, 
Vocab.  della  ling.  ital.  Florenz  185(),  2»  ed.  1865  —  *Rigitim-Fanfaxi, 
Vocab.  ital.  della  lingua  parlata.  2»  ed.  Florenz  1875  (')F>in  unschätzbares 
Hülfsmittel  von  1648  Seiten  mit  Supplement  von  127  Seiten.  Preis  nur 
22  Lire.  Wie  im  Dict.  der  frz.  Akademie,  sind  die  Beispiele  zwar  gemacht, 
aber  sehr  gut  gemacht.«  Breitinger  a.  a.  O. ,  p.  65  ,  vgl.  Propg.  XIV  2, 
p.  92  —  GlORGlxi,  Novo  Vocabolario  della  lingua  parlata.  Firenze,  seit 
1870,  vgl.  oben  S.  615  —  Trixciiera.  Vocab.  universale.  Milano  1874  — 
B.  Melzi,  Nuovo  Vocab.  universale  della  ling.  ital.,  storico-geografico. 
scientifico,  biografico,  mitologico  ecc.  (ist  zugleich  Wörterbuch  u.  kurz- 
gefasstes  Conversationslexicon.  Turin  u.  Paris  ISSO  Preis  8  Lirel;,  vgl. 
H  Borghini  ISSO  I  No.  14  —  Von  älteren  Wörterbüchern  seien  genannt: 
Alberti,  Diz.  universale.  Lucca  1797,  6  Bde.,  und  Cardinale.  Orioli  e 
Costa,  Diz.  della  ling.  ital.  1819/26  (dazu  Supplement  von  Parex'TI.  Mo- 
dena  1823  26 . 

Zur  Kenntniss  der  Umgangssprache  sind  gute  Hülfsmittel:  Carexa, 
Nuovo  Vocab.  ital.  domestico.  Mailand  1869  —  A.  Bulgarixi,  Dialoghi 
famigliari  ossia  studj  di  lingua  parlata.  2^  ed.  Mailand  1874  —  C.  Frax"- 
CESCHI,  In  Cittä  e  in  Campagna,  dialoghi  di  lingua  parlata.  4*  ed.  Torino 
1877  —  Faxfaxh,  Una  casa  da  vendere.  Florenz  1868,  und:  Una  fattoria 
toscana.  Florenz  1877  —  Camerdti,  L'Eco  italiana.  Leipzig  1871  u.  öfters. 

Von  den  deutsch-ital. ,  bzw.  ital. -deutschen  AVörterbüchern  ist 
das  weitaus  beste  das  von  H.  Michaelis,  Vollständiges  Wörterb.  der  ital. 
u.  deutschen  Spr.,  mit  besond.  Berücksichtigung  der  techn.  Ausdrücke  des 
Handels,  der  Gewerbe,  der  Wissensch.,  des  Kriegs-  u.  Seewesens,  der 
Politik  etc.  Leipzig  1879,  2  Thle.,  vgl.  Nuova  Riv.  Liternat.  I  401,  Herrig's 
Archiv  63,  S.  441  WerthvoUe  Nachträge  zu  M.'s  Werke  hat  gegeben  W. 
Dreser  in:  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  VLH  63,  IX  375).  Die  älteren  Wörter- 
bücher von  Valextixi  (Leipzig,  seit  1831  ,  F.  A.  Weber  Leipzig  1872, 
FlLlPPl  Wien  u.  Leipzig  1817  u.  öfters  u.  a.  sind  sehr  mangelhaft  u. 
genügen  nicht  einmal  praktischen ,  geschweige  den  wissenschaftlichen 
Zwecken;  an  Filippi's  Buch  ist  indessen  zu  rühmen,  dass  es  für  die  cur- 
sorische u.  lediglich  auf  den  Inhalt  gerichtete  Leetüre  der  Classiker  leidlich 
ausreicht,  es  werde  dies  besonders  deshalb  bemerkt,  weil  das  Buch  anti- 
quarisch oft  billig  zu  haben  ist  u,  also  dann  demjenigen,  der  theuere  Werke 
sich  nicht  zu  beschaffen  vermag,  die  Anschaffung  dieses  immerhin  bei 
einiger  Geduld  erträglichen  Dizionario 's  angerathen  werden  kann. 

Ein  ungemein  praktisches  u.  zugleich  lehrreiches  lexicalisches  Hülfs- 
mittel für  Deutsche,  namentlich  für  solche,  die  nach  Italien  reisen  u.  sich 


646  Das  Italienische. 

mit  der  wirklichen  Umgangssprache,  zugleich  auch  mit  der  Landessitte  ver- 
traut machen  wollen,  ist  R.  Kleinpaul's  Ital.  Sprachführer.  Leipzig  Biblio- 
graph. Institut;  1881. 

An  wissenschaftlich  brauchbaren  Specialwörterbüchern  zu  einzelnen 
Autoren  u.  Litteraturwerken  fehlt  es  noch  fast  gänzlich;  nur  in  Bezug  auf 
Dante  ist  Einiges  gethan  (vgl.  unten),  u.  doch  wäre  es  so  wünschenswerth, 
dass  auch  der  AVortschatz,  bzw.  die  Phraseologie  z.  B.  der  sog.  sicilianischen 
Dichterschule,  Petrarcas,  Boccaccio's,  Ariost's  etc.  methodisch  zusammen- 
gestellt u.  untersucht  würden. 

Zur  Synonymik:  G.  Gkassi,  Saggio  intorno  ai  sinonimi  della  ling. 
ital.  Turin  1821,  3»  ed.  1879  —  RoMAM,  Teoria  dei  sinonimi  ital.  Diz. 
generale  dei  sin.  it.  Milano  1826  —  *Tommaseo,  Diz.  dei  sinonimi  della 
ling.  ital.  Florenz  1832,  5»  ed.  Milano  186"  —  P.  Faxfani,  Nuovo  vocab. 
dei  sinonimi  deUa  ling.  ital.,  ad  uso  delle  scuole.  Milano  1879,  vgl.  Pro- 
pugn.  XII  2,  p.  310  —  A.  Meschia,  Dei  sinonimi  della  ling.  ital.:  eser- 
cizi.  2»  ed.  Foligno  1878  —  Fischer,  Streifzüge  in  das  Gebiet  der  ital. 
Synonymik.  Magdeburg  1881  Progr. 

Zur  Etymologie:  G.  B.  Bolza,  Vocab.  genetico-etimologico  della 
ling.  ital.  Milano  1852  —  *N.  Caix,  1.  Studi  di  etimologia  italiana  e  ro- 
manza.  Osservazioni  ed  aggiunte  al  vocabolario  etimologico  deUe  lingue 
romanze  di  F.  DiEZ.  Firenze  1878,  vgl.  Rom.  YITL  616,  Giorn.  di  filol. 
rem.  I  251;  2.  Voci  nate  della  fusione  di  due  temi,  in:  Ztschr.  f.  rom. 
Phil.  I  421;  3.  Etimologie  romanze,  in:  Giorn.  di  fil.  rom.  I  48  —  *U. 
Cakello,  Gli  allötropi  ital.,  in:  Arch.  glott.  III  285  —  G.  Flechia, 
Postille  etimologiche.  in:  Arch.  glott.  III  121  im  Anschluss  an  G.  Galvam, 
Saggio  di  un  glossario  modenese.  Modena  1868j  —  G.  Storm,  Manipoletto 
d'etimologie,  in:  Arch.  glott.  IV  387  —  Bonaparte,  Max  Müller,  NiCül, 
Cn.  RlEU,  Caix,  Ueber  malato,  malattia,  frz.  malade,  in:  The  Academy  1879, 
I  304,  349,  370,  392,  523,  Giorn.  di  fil.  rom.  II  71,  Rassegna  settim.  20.  4. 
1879  —  P.  Rajxa,  tosto,  in  Giorn.  di  fil.  rom.  11  57,  vgl.  Arch.  glott.  VII 
145  —  AscoLI,  ascla  ascula,  iscla,  Ischio.  Peschio,  in:  Arch.  glott.  III  456 
u.  461,  brillo,  brio,  hrillare,  ebenda  452  —  A.  Mvssafia,  Altital.  riceutare, 
in:  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  III  270  —  L.  Havet,  L'italien  anche,  le  frcs  eu- 
core,  in:  Rom.  VHI  93  —  W.  Förster,  Das  ital.  thtnque  u.  seine  Her- 
kunft, in:  Rom.  Forsch.  I  322  —  A.  Gasp.\ry.  Zu  dem  Ausdruck  VatteP 
a  pesca  in:  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  III  257,  vgl  Rom.  VIII  628. 

G.  Flechia,  Di  alcuni  criteri  per  l'originazione  dei  cognomi  ital. 
Roma  1878  (aus  den  Memorie  della  Classe  di  scienze  morali  etc.  della  r. 
Accademia  de'  Lincei.  Vol.  II  -  P.  Faxfaxi,  Le  accorciature  dei  nonii 
propri  ital.  raccolte.  Liorno  1878,  vgl.  Flechia,  in:  Riv.  di  filol.  classica 
VIII  64  —  G.  Flechia,  Nomi  locali  d'Italia  derivati  dal  nome  delle  plante, 
in:  Atti  della  r.  Accad.  di  Torino  XV  8.  6.   1880. 

E.  Narducci,  Saggio  di  voci  ital.  derivate  dalV  arabo.  Roma  1861  — 
M.  Gatta,  Diz.  etimologico  delle  voci  di  origine  greca  piü  usitate.  Milano 
lSt;7  —  p.  ViAXi,  Diz.  di  pretesi  francesismi  e  di  pretese  voci  e  forme 
crronee  della  ling.  ital.  Firenze  1S58  —  Faxfaxi,  Lettera  dun  tedesco  sull' 
infrancesamentü  della  ling.  it.   Florenz  1871    —    C.  Allario,   I  principali 


Das  Italienische.  (547 

francesismi  da  evitarsi  iiella  ling.  parlata  e  scritta.  Turin  1879  —  K.  Ckn- 
TüNZA,   I    ]nü   eomuui  vocaboli  e  modi  errati  delle  ling.  ital.    Napoli   1879. 

J.  Ulrich,  Deutsche  Verba  im  Romanischen,  in ;  Ztschr.  f.  rom.  Phil. 
III  265    behandelt  die  \'erba  horr/ac/tiare  und  »uu/af/nare  . 

Jagemann,  Anfangsgründe  vom  Bau  und  Bildung  der  AVörter  der  ital. 
Spr.  Leipzig  18Ü0. 

Zum  Bedeutungswandel:  Manno,  Della  fortuna  delle  parole. 
Turin  1S38,  8»  ed.  1869,  und:  La  fortuna  delle  frasi  18t>7  —  G.  Hakt- 
MANN,  Ueber  die  Modificativfomien  Augmentation  u.  Diminution  in  Man- 
zoni's  Promessi  Sposi.  Wiesbaden  1S83.  Diss. 

Zur  Dante-I-exikologie:  Blanc,  Vocab.  Dantesco.  Halle  1856 
—  Bozzo,  Voci  e  maniere  del  siciliano  che  si  trovano  nella  Div.  Comm., 
in:  Propugn.  XIII  2,  p.  12  —  N.  Zixgarelli,  Parole  e  forme  della  Div. 
Comm.  aliene  dal  dialetto  fiorentino,  in:  Studj  di  filol.  rom.  I  1. 

§  7.    Bemerkungen  über  den  Formenbau  und  die 
Syntax  des  Schriftitalienischen. 

I.  Das  Sub  stantiv.  1.  Der  vocalische  Auslaut  der  lat. 
A-,  JE-  und  0-Stämme  ist  erhalten  [rosa,  effigie,  popolo ;  ver- 
einzelte Ausnahmen  bei  den  ^-Stämmen :  dl  =  diem.  fe  neben 
Jede  =ßdetn,  speme  =  spein  mit  unorganischem  analogischen  e ; 
für  glacies   ist  gJiiaccio  eingetreten ,    gleichsam  ^glacms  .     Die 

t'-Stämme  sind  zu  den  O-Stämmen  übergetreten  [frutto,  rncino), 
ebenso  die  neutralen  ^S-Stämme  [petto  ■=  pectus,  corpo  =  corpus). 
Die  übrigen ,  im  Lat.  zur  sog.  dritten  Declination  gehörigen 
Stämme  haben  das  vor  dem  (geschwundenen]  Accusativ-m 
stehende  e  erhalten ,  {dolore  =  dolore-m  ,  nazione  =  natione-m 
etc.  etc.:  auch  j9e^^^V^e  gleichsam  *pectinemi\\x pecten,  dagegen 
iiume  =  ßtitne[}i\  ,  esame  =  esa7ne[n] ,  nome  =  nome[?i])  :  aus- 
genommen sind,  abgesehen  von  den  neutralen  *S-  und  einigen 
ebenfalls  neutralen  i\"-Stämmen,  nur  die  Subst.  auf  -tät-e-m 
und  mehrere  auf  -tüt-e-tn.  welche  den  ursprünglichen  Ausgang 
-ade,  -ude  in  -ä,  ii  kürzen  [verifade,  veritä  =  Verität em,  gio- 
tentude,  gioventü  =  jutentTdem\  über  den  sog.  Accento  gi'ave 
s.  oben  S.  641),  und  mehrere  vereinzelte  Subst.,  wie  re  =  regem 
(dagegen  legge  =  legem),  fra   oder />•«  nehen  frate  =  fratrem 

dagegen  padre ,  madre) ,  jne  =  pedem ,  merce  =  merredem. 
2.  Die  lat.  Neutra  Sg.  sind  zu  den  Masculinen,  die  lat.  Neutra 
PI.  zu  den  Femininen  übergetreten.  Reste  neutraler  Form 
sind  noch  eine  Anzahl  femininer  Plurale  auf  -«,  z.  B.  le 
membra,  le  grana ,  zwischen  denen  und  den  ebenfalls  vor- 
handenen Masculinformen  BedeutungsdifFerenz  eingetreten  ist, 


g48  I^*^  Italienische. 

z.B.  h  hraccia  =  die  Arme  im  eigentlichen  Sinne,  i  hracci  = 
die  Arme  in  übertragenem  Sinne,  wie  etwa  die  Arme  eines 
Lehnsessels  u.  dgl.;  auch  bei  mehreren  ursprünglichen  Mas- 
culinen  besteht  neben  der  eigentlich  allein  berechtigten  Plural- 
form auf  'i  eine  solche  auf  -a ,  z.  B.  frutta  »Obst«  neben 
frutti  »Früchte« ,  dita  neben  dem  (seltneren)  diti  von  dito  = 
digitus.  Oefters  ist  die  Pluralform  auf  -a  zu  einem  Fem.  Sg. 
geworden,  so  dass  nun  zu  ihr  ein  neuer  Plural  auf -e  gebildet 
wird,  so  namentlich  opera  Fem.  [\\n  Lat.  PI.  v.  opus).  PI.  opere. 
Zuweilen  wird  ein  Plural  auf  -e  auch  dann  gebildet,  wenn 
der  PI.  auf  -a  die  pluralische ,  bezw.  die  collectivische  Be- 
deutung bewahrt  hat,  z.  B.  frutta  und  (aber  nur  selten)  frutte 
neben  ß-utti^  legna  und  (aber  nur  selten)  legne  »Brennholz« 
neben  legni  »Hölzer«,  auch  »Schiffe«  etc.  3.  Das  Ital.  besitzt 
für  Sg.  und  PI.  nur  je  eine  Form,  kennt  also  keine  Decli- 
nation.  Die  Lmschreibung  des  Genetiv-  und  Dativverhältnisses 
erfolgt  durch  die  Präpositionen  di  und  a.  Nur  bei  Eigen- 
namen wird  in  der  älteren  Sprache  das  Genetivverhältniss 
gern  durch  die  Endung  -i  ausgedrückt,  z.  B.  Boccaccio  = 
*Boccatius.  aber  Giovamii  Boccacci  =  Johannes  Boccatii  [ßlius]. 
4.  Der  Singularform  liegt  durchweg  der  lat.  Accusativ,  nur 
in  vereinzelten  Fällen  der  lat.  Nominativ  zu  Grunde  {moglie 
=  mulier,  suora  für  soror,  nievo  =  nepos^  serpe  =  serpens  neben 
serpente  =  serpentem  u.  a..  vgl.  dOvidio  in  seiner  unten  zu 
nennenden  Schrift  p.  56  ff.  und  Tobler  in  den  Gott,  ge- 
lehrten Anz.  1872  Stück  48,  S.  1900).  5.  Die  praktischen 
Kegeln  für  die  Pluralbildung  sind:  a)  -a  wird  -e.  wobei  vor- 
angehender Guttural  erhalten  bleibt,  z.  B.  rosa  :  rose,  oca  :  oche, 
riga  :  righe.  ß)  -o  und  -e  werden  zu  -/,  wobei  vorangehender 
Guttural  theils  erhalten  bleibt  theils  [c  :  c.  g  :  tj)  palatalisirt 
wird,  vorangehendes  i  aber  mit  dem  Endungs-?'  zu  /  (aucli  y 
geschrieben,  s.  oben  S.  641  sich  vereinfacht,  z.  B.  popolo  : 
popoli,  nazione  :  nazioni,  fico  -.ßchi,  amico  :  amici.  prodigo  :  pro- 
dighi,  asparago  :  asparagi,  dialogo  :  dialogin  und  weit  seltener) 
dialogi^  occhio  :  occhi  oder  occlij.  y\  Auf  accentuirten  Vocal  aus- 
lautende Worte  bleiben  unverändert,  z.  B.  le  virtü,  i  re  u. 
dgl.;  ebenso  bleiben  unverändert  die  Subst.  auf -ee,  z.  B.  le 
efßgie.  —  Die  Erklärung  der  Pluralformen  bietet  grosse  Schwie- 
rigkeit.     Nach    orewöhnlicher  Annahme    beruhen   sie   auf  den 


Das  Italienische.  049 

lateinischen  Nominativen  [rose  =  rosa e,  popoli  =  populi).  dar- 
nach sind  natürlich  die  Plurale  der  Worte  auf  -e  {nazione  :  nu- 
zioni]  als  Anhildungen  an  den  Plural  der  Worte  auf  -o  zu  he- 
trachten.  Wissenschaftlich  indessen  ist  diese  einfache  Erklä- 
rung doch  kaum  zulässig,  da  sie  für  die  Pluralform  eine  an- 
dere Herkunft  annimmt,  als  für  die  Singularform  {nazione  = 
Accus,  nationem .  aber  waczo/«' =  Nominativ  *nat{o?n,  ange- 
bildet an  populi)  und  die  Erhaltung  des  Gutturals  bei  den 
Subst.  auf  -a  räthselhaft  lässt  (lat.  plagae,  picae  u.  dgl.  konnte 
nur  pia(/e,  pice  etc.  ergeben,  nicht  aber  piaghe ^  piche).  Die 
Annahme,  dass  piaghe ,  piche  etc.  gebildet  worden  seien,  um 
das  lautliche  Auseinanderfallen  des  Singulars  und  Plurals  [pica^ 
aber  pice]  zu  verhüten ,  ist  um  desswillen  nicht  wahrschein- 
lich, weil  die  Sprache  bei  vielen  Masculinen  ein  derartiges 
Auseinanderfallen  nicht  gescheut  hat ,  vgl.  amico  und  amici] . 
Es  dürfte  demnach  rose  doch  =  rosas  anzusetzen  und  als  durch 
den  auch  sonst  üblichen  Schwund  des  auslautenden  s  und 
Schwächung  des  tonlosen  a  zu  e  entstanden  zu  betrachten  sein ; 
der  letztere  Vorgang  ist  im  Ital.  allerdings  höchst  ungewöhn- 
lich (vgl.  die  Singulare  rosa  etc.)  ,  findet  sich  aber  vereinzelt 
doch  auch  sonst,  z.  B.  oltre  =  ultra,  unque  =  unquam ,  forse 
=  forsan.  Veranlasst  könnte  der  Uebergang  von  «  zu  e  im 
Plural  worden  sein  durch  Anlehnung  an  die  Accusative  PI. 
auf  -e{s  ,  also  *rose[s)  für  rosas  nach  natione{s),  welches  letztere 
sich  dann  seinerseits  zu  nazio7ii  entwickelte ,  während  in  rose 
das  e  beharrte.  Bezüglich  der  Pluralformen  auf  -i  aber  dürfte 
folgende  Hypothese  sich  aufstellen  lassen.  Der  Accus.  Plur. 
der /-Stämme  der  sog.  3.  Decl.  ging  organisch  auf -Iä  (archaisch 
-eis)  aus,  z.  B.  tmvis.  puppis ,  imbris,  omnis ,  dulcis  etc.  etc. 
(vgl.  Neue,  Formenl.  der  lat.  Spr.  I  246  ff.  und  die  dort  an- 
geführten Belegstellen  aus  lat.  Grammatikern).  So  bestanden 
die  Accusativausgänge  -is  und  -es  neben  einander ,  mischten 
sich  auch  vielfach  mit  einander.  Während  nun  in  der  Schrift- 
sprache allmählich,  aber  erst  spät  (denn  noch  bei  Virgil.  Ho- 
raz  etc.  sind  Accusative  auf  -is  zu  finden)  -Is  durch  -es  ver- 
drängt ward  (also  navis  etc.  durch  tiaves),  scheint  im  italischen 
Volkslatein  -ts  vorherrschend  geworden  und  also  auch  für  -es 
eingetreten  zu  sein,  also  ''natioms  nach  nav'is  etc.  Daraus 
würden   sich  die  italienischen    Plurale   von   im   Lat.    zur  sog. 


650  ^^^  Italienische. 

3.  Decl.  gehörigen  Worten  ungezwungen  durch  AVegfall  des  6- 
erklären,  die  Phirale  der  Subst.  auf  -o  aber  sich  als  Analogie- 
bildungen betrachten  lassen,  also  z.  B.  popoli  als  entstanden 
aus  *popuU  s\  für  populds,  Anbildung  an  navl[s\  u.  dgl. 
(15ereits  Toblek  hat  in  den  Gott.  gel.  Anz.  a.  a.  O.  p.  1901 
fF.  die  gewöhnliche  Herleitung  der  ital.  Pluralformen  mit 'guten 
Gründen  bekämpft  und  -e  =  as,  -i  =  os  angesetzt ;  die  letztere 
Annahme  dürfte  jedoch  nicht  durchführbar  sein).  6.  Als  be- 
stimmter Artikel  fungiren  in  der  gegeuAvärtigen  Sprache  die  auf 
lat.  ille  etc.  beruhenden  Foraien:  Masc:  Sg.  e7,  vor  Cons.  mit 
Ausnahme  des  ä  impurum,  nach  einzelnen  vocalisch  auslauten- 
den Präpositionen ,  wie  tra ,  sopra,  soffo,  und  Conjunctionen, 
wie  c//e  und  se,  häufig  7),  lo  vor  Vocalen  (dann  jedoch  zu  F 
apostrophirt)  und  s  impurum.  PI.  i,  vor  Cons.  mit  Ausnahme 
des  s  impuiaim,  ffli  vor  Voc.  (vor  /  jedoch  zu  gl'  apostrophirt) 
und  s  impurum.  Fem.  Sg.  la  (vor  Voc.  zu  /'  apostrophirt), 
PI.  le  (wird  vor  Vocalen  selten  apostrophirt).  Die  ältere 
Sprache  Aveicht  von  der  neueren  hinsichtlich  des  Gebrauches 
der  Artikelformen  vielfach  ab,  namentlich  kennt  sie  die  jetzige 
Beschränkung  der  Anwendung  von  lo  und  gli  nicht,  lässt  das 
{  von  ffli  auch  vor  anderen  Vocalen  als  i  abfallen  z.  B.  gVam- 
hasciadori)  irnd  braucht  statt  i  häufig  e  (auch  e  geschrieben), 
auch  besitzt  sie  neben  i  und  gli  noch  eine  dritte  Form,  //.  für 
den  Plur.  Masc.  In  Iddio  =  il  dio  ist  der  Artikel  mit  dem 
Subst.  verwachsen.  Mit  mehreren  Präpositionen,  namentlich 
</^,  «,  f/a,  w,  con^  per^  au,  fra,  tra,  verschmilzt  der  Artikel  zu 
del,  al,  dal,  col,  pel,  fra'l,  trdl,  bezw.  dello,  della,  degli.  delli, 
dei.  de\  delle  etc.  etc. 

II.  Das  Adjectiv.  1.  Genusunterscheidung  findet  nur 
bei  denjenigen  Adjectiven  statt,  welche  lat.  Adj.  auf  -tis,  -a, 
[-um)  und  -er,  -a,  {-um)  entsprechen,  z.  B.  buono,  -a,  libero, 
-a;  alle  übrigen  Adj.  sind  in  Bezug  auf  das  Genus  einförmig, 
vereinzelt  nur  folgen  derartige  Adj.  der  Analogie  derjenigen 
auf  -0 ,  -a.  Die  Masculinformen  hello,  huono ,  sanio  werden 
vor  folgendem  Consonant  ausgenommen  s  imp.)  zu  hei,  buon, 
san  verkürzt,  ebenso  gründe  zu  gran,  d.  h.  lehnen  sich  prok- 
litisch  an  das  nachfolgende  Subst.  an,  wobei  zu  beachten,  dass 
dies  vier  besonders  oft  gebraiichte  Worte  sind.  2.  Die  Pluralbil- 
dung der  Adj.  ist  derjenigen  der  Subst.  ganz  analog.    3.  Von 


Das  Italienische.  651 

lat.  organischen  Coinperativformen  sind  nur  erhalten  :  migliore 
und  meglio  =  mcUorem  und  melius,  peggiore  und  peggio  =  pe- 
Jorem  und  pejus,  moggiore  und  [aber  ganz  verahet  und  atich 
in  der  alten  Sprache  nur  selten)  maggio  =  majorem  und  maj'us, 
minore  und  meno  =  minorem  und  minus  ^  piü=plus\  ausser- 
dem halb  oder  ganz  gelehrte  Worte,  wie  inferiore  u.  dgl.  Die 
analytische  Umschreibung  des  Comparativs  erfolgt  durch  piü. 
1.  Der  lat.  organische  Superlativ  ist  in  der  Function  des  ab- 
soluten Superlativ  noch  so  ziemlich  in  vollem  Umfange  er- 
halten: als  relativer  Superlativ  dagegen  fungirt  der  durch  den 
Artikel  determinirte  Comparativ. 

III.    Pronomina.      1.    Die   Formen    der    Personalpro- 
noraina sind: 
Casus  rectus: 

Sg.  1 .  io  =  ego.  1.  tu  =  tu.  3.  m.  cUo  =  ilht[m],  dafür 
eingetreten  das  unorganische  egli  (=  illet)  ;  3.  f. 
ella  =  illa[m]. 
PI.  1.  ?ioi,  2.  voi.  entstanden  aus  wo  5),  vo[s).  mit  An- 
fügung eines  unorganischen,  auf  Anbildung  an  die 
substantivischen  Plurale  auf  -i  beruhenden  i.  3.  m. 
[elli).  3.  f.  [eile),  verdrängt  durch  eglino  und  elletio, 
d.  h.  durch  elli  =  egli  und  eile  -\-  die  verbale 
Pluralendung  -tio. 
Casus  obliquus  (Accus.): 

a    absolut  und  in  Verbindung  mit  Präp.  : 

Sg.  1.  me=^me.  2.  te  =  te.  3.  m.  lui  =  Hllui,  An- 
bildung an  cui:  f.  lei  =  Sllai ,  Parallelbildung 
zu  lui. 
PI.  1.  noi.  2  uoi.  3.  m.  und  f.  loi'o  =  illorum,  mit 
Verschiebung  der  Bedeutung  (in  der  älteren  Sprache 
findet  sich  loro  auch  noch  genetivisch  gebraucht), 
b)   in  Verbindung  mit  dem  Verbum: 

Sg.  1.  mi  =  me,  2.  ti=fe,  in  Verbindung  mit  lo,  la 
u.  dgl.  me,  te.  3.  m.  lo  =  [il]lu[m]  und  //  ==  il  lum], 
la  =  [irja[m. 
PI.  1.  ><e ,  dm-ch  Schwächung  aus  no's)  entstanden), 
dafür  eingetreten  das  Localadverb  ci  =  ecce  hie. 
2.  vi.    kann  sowohl  aus  vo's]    als   auch  aus  [i]bi  er- 


552  ^^^^  Italienische. 

klärt  werden^).  3.  m.  gh ,  li  =  illi[s)  für  {llo{s), 
nach  Analogie  der  substantivischen  Plurale,  s.  oben 
S.  649  f.  f.  3.  Je  =  illa'ä  wie  rose  =  rosa[s) ,  s. 
oben  S.  649. 
Casus  obliquus  (Dativ)  in  Verbindung  mit  dem 
Verbum: 

Sg.  1.  mi^  2.  ti  ^  in  Verbindung  mit  lo .  la  w.  dgl. 
me^  te.  3.  m.  gli^  li  =  ^7/^,  in  Verbindung  mit  lo. 
la  u.  dgl.  glie.  f.  le  =  *illae  f.  Uli  (?). 
PI.  1.  ci  [ce).  2.  vi  [ve).  3.  m.  u.  f.  loro  =^  illorum. 
Die  höfliche  Anrede  erfolgt  durch  die  3  P.  Sg.  Fem. 
(welche  das  Subst.  signoria  vertritt);  für  den  Gas.  rect.  ella 
tritt  meist  der  Gas.  obl.  lei  ein.  Doch  ist  auch  voi  und .  im 
Verhältnisse  zu  Untergebenen,  tu  sehr  gebräuchlich.  2.  Die 
Formen  des  Reflexiv  ums  sind  se  (abs.)  und  si  (conj.),  Be- 
merkenswerth  ist.  dass  durch  Verbindung  der  3.  P.  Sg.  des 
Verbs  mit  dem  Reflexiv  das  dem  Ital.  fehlende  indefinite 
Pronomen  der  3.  Pers.  ersetzt  wird.  z.  B.  si  dice  »man  sagt«. 
3.  Die  Possessivpronomina  haben  für  den  attributiven  wie 
auch  für  den  absoluten  Gebrauch  folgende  Formen:  mio^  mia, 
PI.  miei,  mie;  tuo.  tua^  PI.  tuoi,  tue\  suo,  sna,  PI.  suoi,  sue\ 
nostro,  a,  i,  e\  vostro,  a,  i,  e;  loro  für  beide  Genera  u.  Numeri,  also 
unveränderlich.  Abnorm  sind  die  Pluralbildungen  fuoi.  suoi, 
vermuthlich  sind  sie  aus  Sg.  tuo,  suo  dm-ch  Anfügung  eines 
-i  nach  Analogie  der  substantivischen  Plurale  auf  -i  entstanden ; 
befremdlich  ist  auch  miei  mit  seinem  ie  =  lat.  e  neben  mio 
mit  i.  Das  attribvitive  Possessiv  wird  in  der  Regel  mit  dem 
Artikel  verbunden.  In  der  älteren  Sprache  bestehen  neben 
den  vollen  Formen  der  Possessiva  kürzere  [tno.  to.  so,  fna,  ta, 
sa),  welche  enklitisch  mit  dem  Substantiv  sich  verbinden,  z. 
B.  patremo  =  mio  padre,  vitatna  =  la  mia  vita,  ßgliuolto  =  tuo 
ßgliuolo  u.  dgl.  Dies  ^'erwachsen  des  Possessivs  mit  dem 
Subst.  erinnert  an  die  Enklisis  des  Artikels  im  Rumänischen. 


1)  "Wie  no{s)  zu  ne,  hätte  allerdings  vo[s)  zu  ve  werden  müssen  und 
möglicherweise  hat  sich  dies  ve  in  den  Combinationen  velo  u.  dgl.  wirk- 
lich erhalten ;  der  Umsprang  von  ve  zu  vi  würde  durch  Anlelinung  an  mi, 
ti,  .si  zu  erklären  sein;  befremdlich  freilich  ist,  dass  sich  kein  >ii  findet. 
—  Dass  in  ihi  =  vi  die  Tonsylbe  schwinden  konnte,  erklärt  sich,  wie  bei 
lo  =  [il  Iwn  u.  dgl.,  aus  der  rroklisis. 


Das  Italienische.  653 

4.  Demonstrat iva  sind;  a)  entstanden  aus  ipse  und  Com- 
binationen  mit  ?/>«^  :  a.)  esso  {\eia.\tet=  ijjsum;  ß)  desso  =  i{d) -\- 
ipse,  vgl.  DiEZ,  Et.  Wtb.  IIa;  y)  stesso  =  iste -\- ipsum\  Ö) 
medesimo  =  met  -\-  ipsitmmi.  b)  Entstanden  aus  iste  und  Com- 
binationen  :  a)  esto  (veraltet)  =  istum;  \ß)  sfeaso  =  iste  -\-  ipsum]. 
c)  Entstanden  aus  ecce  -\-  hoc  :  cid  (neutral),  d)  Entstanden 
aus  eccu[m]  =  ecco  +  iste :  a]  questi  (substantivisch)  =  ecculm] 
+  iste\  ß)  questo  (adject.  und  subst.)  ^)  =  ecco  +  istum:  y)  dazu 
costui,  costei,  costoro  (subst.),  Analogiebildungen  von  ecco -\- iste 
zu  Itii,  lei,  loro\  d)  cotesti,  codesti  {s,uh&i.]  =  ecco  tibi  iste ^  vgl. 
DiEZ,  Et.  Wtb.  IIa.;  e)  cotesto,  codesto  (subst.)  =  ecco  tibi  istum. 
l)  cotestui ,  Analogiebildung  von  ecco  +  tibi  +  iste  nach  lui, 
cui.  e)  Entstanden  aus  eccu'm^  =  ecco -\- ille :  a]  quegli  (subst.), 
=  ecco  +  nie,  dazu  veralteter  PI.  mit  verbalem  Siiffix  cpieglino^ 
quelleno]  ß)  quello  (adj.)  =  ecco  +  ilhim;  y)  dazu  colui^  colei, 
coloro,    Analogiebildungen   von   ecco  +  ille   zu    lui,    lei,    loro. 

5.  Relativ a  sind:  a)  che  (einförmig),  allgemeinstes  Relativ, 
=  quem  und  quod]  b)  cui  (nur  als  Casus  obliquus  und  in  Ver- 
bindung mit  Präpos.  gebraucht)  ^=  cui;  c)  il  qtcale,  la  quäle  = 
nie,  illa  -}-  qualis;  als  unbestimmtes  Relativ  (im  Sinne  des 
deutschen  »vser«)  fungirt  das  Interrogativ  chi.  6.  Interro- 
gativa  sind:  a)  chi  (persönlich  und  einförmig)  =  cjuis-,  b)  che 
(neutral)  =  quid;  statt  che  braucht  die  neuere  Sprache  gern 
che  cosa,  auch  cosa  allein;  c)  cui  (nur  als  Gas.  obl.  und  in 
Verbindung  mit  Präp.  gebraucht) ;  d)  quäle  (adjectivisch  und 
prädicativ) .  7 .  Unter  den  Indefinitis  sind  bemerkenswerth 
z.  B.  ogni  =  om7ii,  tutto  =  *tottus  für  totus,  ciascuno  =  quis- 
que  +  mius  (?) ,  ciascheduno  =  quisque  et  unus  (?) ,  vgl.  Diez, 
Et.  Wtb.,  4.  Ausg.,  p.  98,  nessuno  und  nissuno  =  nee  -\-  ipse 
+  unum,  niente  =  nec-ent  [ent  Stamm  des  auf  gelehrtem  Wege 
zu  esse  gebildeten  falschen  Part.  Präs.  ens ;  richtige  Bildung 
würde  sens  ergeben  haben,  vgl.  praesens),  teruno  +  vel  unum, 
vgl.  Diez,  Et.  Wtb.  IIa.  —  Verallgemeinerung  erfolgt  durch 
Hinzufügung  von  che  zu  chi,  che,  quäl,  zu  welchen  noch  ver- 
stärkend [si]  sia  »sei«  und  {si)  voglia  »wolle«  hinzutreten  können, 
z.  B.   chechessia,  vgl.  auch  qualsisia,  qualsicoglia  u.  dgl. 


1)  Das  Feminin   questa  venvächst  unter  Verlust  der  ersten  Sylbe  mit 
einzelnen  Substantiven :  stamattina,  stamane,  stasera,  stanotte. 


(j54  l*i»s  Italienische. 

IV.  Das  Numerale  giebt  zu  wichtigeren  Bemerkungen 
keinen  Anlass,  da  es  im  Wesentlichen  dem  Lat.  Grundtypus 
treu  gebliehen  ist  (lautlich  bemerkenswerth  sind  due  wegen 
seines  e  =  duo[s\  durch  Schwächung  des  o.  vgl.  che  mit  ywof«/]; 
sei  und  dieci  wegen  ihres  i.  welches  wohl  auf  Anbildung  an 
undici,  dodici  etc.  =  undecim.  duodecim  beruht,  sonst  aber  auch 
sich  aus  der  Vorliebe  des  Ital.  für  den  Auslaut  auf  -i  erklären 
würde:  quaranta^  cinquanta  etc.,  welche  auf  quadräginta  etc. 
zurückzugehen  scheinen).  Die  Ordinalzahlen  für  die  Zehner 
besitzen  neben  der  ursprünglichen  Fonn  eine  zweite,  Avelche 
sich  bezüglich  des  Stammes  an  die  betreffenden  Cardinalzahlen 
anschliesst,  z.  B.  venti-ventesimo  (neben  vigesimo),  trenta-tren- 
tesimo   (neben  trigcsimo  . 

V.  Das  Verbum.  1.  Das  Ital.  besitzt  folgende  Tempora 
und  Modi:  Präs.  Ind.,  Conj.,  Imp.,  Inf.,  [Part.]  und  Gerund.. 
Impf.  Ind..  Perf.  Ind.,  [Plusqpf.  Ind..  nur  in  vereinzelten,  bei 
den  alten  Dichtern  sich  in  conditionalem  Sinne  gebraucht 
findenden  Formen  der  l  und  3  Sg.  und  3  PL,  z.  B.  parlära, 
gioväran,  mövera?.,  Plusqpf.  Conj.  (verschoben  in  die  Function 
des  Impf.  Conj.);  hierzu  treten  die  pseudosjiithetischen  Tem- 
pora des  Fut.  =  Inf.  -f-  haheo,  z.  B.  {cmiterahbo  oder  canter- 
raggio  oder)  canterö^  und  des  Fut.  Impf.  (Condit.)  ,  letzteres 
kann  aus  Inf.  +  habeham  oder  Inf.  +  Jtahtii  gebildet  werden, 
z.  B.  canteria  und  canterei,  die  erstere  Bildung  ist  jedoch  ver- 
altet und  ihre  Anwendung  niu'  noch  in  der  Poesie  iind  auch 
da  bloss  für  die  1  und  3  P.  Sg.  und  3  P.  PI.  gestattet.  2. 
Personalendungen.  Sg.  1.  -m  ist  überall  abgefallen,  axisg. 
in  sum,  wo  es  zum  Bestandtheile  des  Stammes  geworden  :  son-o, 
vgl.  dagegen  posso  mit  possiitn,  cantava  mit  cantabam:  -o  hat 
sich  durchweg  erhalten:  conto  etc.  Sg.  2.  -s  ist  durchweg  ge- 
schwunden und  der  thatsächliche  Ausgang  dieser  Person  ist  -i, 
welches  an  Stelle  des  dem  -s  früher  vorangehenden  Ableitungs- 
oder Bindevocales  getreten  ist,  vgl.  canfi  mit  cantas,  cantavi 
mit  canfabas,  cantassi  mit  catitasses :  hervorgerufen  kann  dieses 
i  worden  sein  durch  die  analogische  Einwirkung  des  Ableitungs- 
vocales  -i  der  zur  /-Conj.  gehörigen  Verba  [cesti  =  vestis)  und 
zugleich  der  2.  P.  Sg.  Perf.  [cantasti  u.  dgl)  ;  möglich  ist  es 
vielleicht  auch,  in  diesem  -i  eine  volkslogische  Anbildung  an 
die    substantivischen  Plurale  auf  -i   zu    erblicken     die   zweite 


Das  Italienische.  655 

Person  gleichsam  ein  l'lur.  zur  ersten,  also  canfo  :  canti  =  po- 
polo  :  popoH) ;  am  einfachsten  aher  dürfte  das  i  als  eine  Wir- 
kung der  Vorliehe  des  Ital.  für  den  /-Auslaut  zu  l)etrachten 
sein ,  welcher  wohl  auch  das  Eindringen  des  -/  in  die  1 .  und 
3.  P.  Sg.  Präs.  Conj.  der  ^-Verha  [ranti)  und  in  die  1.  P.  Sg. 
Plusqpf.  Ind.  aller  Yerha  cantassi  etc.)  zuzuschreiben  ist.  Der 
Ausgang  -sti  der  2.  P.  Sg.  Perf.  hat  sich  erhalten  [canlanfi] 
8g.  3  -t  ist  durchweg  abgefiiUen.  vgl.  e  mit  est.  ha  mit  habet, 
vende  mit  rejidit.  Fl.  1.  -inun  =  -w?o,  vgl.  catitavamo  mit  canta- 
hamus:  für  die  l.  P.  PI.  Präs.  Ind.  und  Conj.  ist  hei  allen 
Verben  der  Ausgang  -iamo  üblich  geworden,  wohl  eine  Ueber- 
tragung  des  Ausganges  der  1.  P.  PI.  Präs.  Conj.  i^partianws, 
fariamus  u.  dgl.):  die  alte  Sprache  kannte  für  den  Ind.  Präs. 
noch  die  organischen  Ausgänge  -amo.  ~emo.  -imo.  PI.  2.  -tis 
=  te.  im  Perf.  -sti  =  sie,  beide  Endungen  mit  befremdlichem 
e  für  das  sonst  beliebte  i.  PI.  3.  das  t  der  Endung  -nt  ist 
durchweg  abgefallen  und  an  n  ein  unorganisches  o  angetreten, 
vgl.  S0710  mit  sunt,  catitatiq  mit  canfant,  cantarono  mit  canta\ve\- 
runt\  in  den  Perf.  auf  -etti  sowie  in  den  starken  Perf.  wird 
das  (volkslat.)  —erunt  durch  -ero  und  (seltener)  diu*ch  -ono  ver- 
treten, z.  B.  fecei'o  {va\A  feciono)  =fecerimt.  Auch  die  schwachen 
Perfectausgänge  -arono,  -erono,  -irono,  erscheinen  öfters  zu  -aro 
und  ar,  -ero  und  -er.  -iro  und  -ir  gekürzt.  3.  Ableitungs- 
vocal.  Der  Ableitungsvocal  -a  der  ^-Verba  ist  erhalten, 
ausser  a)  in  der  2.  P.  Sg.  Präs.  Ind.,  canti  =  cantas ,  vgl. 
oben;  /S  in  der  1.  P.  PI.  Präs.  Ind.,  cantiamo  =  cantamns, 
vgl.  oben;  \y)  im  Sg.  Präs.  Conj.,  «o,  tu.  egli  canti  =  cantem 
aus  cantaim.  -es.  -et  :  ö)  facultativ  in  der  1 .  P.  Sg.  Impf.,  in 
welcher  häufig  o  für  a  eintritt,  cantavo,  wodurch  diese  Form 
von  der  3.  P.  Sg.  passend  unterschieden  Avird;  z]  im  Fut. 
u.  Cond..  wo  a  zu  e  geschwächt,  canterö,  cantei'ei  =  cantare 
-\-  haheo.  c.  -(-  hahui.  b)  der  Ableitungsvocal"  -e  ist  durchweg 
erhalten :  a  in  der  2.  P.  PI.  Präs.  Ind.  und  Imp.  der  ur- 
sprünglichen £-Verba,  temete  =  timetis  (in  der  älteren  Sprache 
konnte  auch  die  1.  P.  Präs.  Ind.  auf  -emo  ausgehen,  tememo 
=  timemus  ;  ß)  im  Impf.  Ind.  der  urspr,  £-Verba,  tem€x>\a  = 
timebam ;  übertragen  ist  in  den  unter  a  und  ß)  genannten 
Formen  das  Ableitungs-e  auch  auf  die  ursprünglich  starken 
Verba.   credete  =  creditis .    credeva  =  credebam    schon  im  Lat. 


656  Das  Italienische. 

schAvach) ;  y)  in  dem  nach  dem  Typus  der  £-Con).  gebildeten 
Perfecten  und  Plusqpf.  (Impf.)  Ind. ,  credei  =  *crede[v]i  für 
credidi,  credessi  =  * crede[vi\ssem  für  credidissem.  Ausserdem 
ist  -e  erhalten  in  einzelnen  urspr.  Infinitiven  auf  -ere .  wie 
z.  B.  temere,  teuere,  wozu  mehrere  Analogiebildungen  treten, 
namentlich  sapere  für  sap&re,  capere  für  cap^re  (aber  ricevere 
=  recipö7'e) ,  cadere  für  cad^re,  potere  für  posse,  volere  für  velle. 
Weit  öfters  aber  ist  der  schAvache  Infinitivausgang  -ere  mit 
dem  starken  -h'e  vertauscht  worden,  vgl.  rispöndere  mit  re- 
spondere,  imiövere  mit  movere,  nuöcere  mit  nocere  etc.  In  den 
ersten  Personen  Präs.  Ind.  und  Conj.  hat  -e  sich  öfters  zu  g 
verhärtet  oder  hat  Palatalisirung  des  vorausgehenden  Cons. 
bewirkt,  vgl.  tengo  mit  tetieo,  tenga  mit  teneam,  rimango  mit 
rifncmeo,  valgo  mit  valeo ,  voglio  mit  "voleo  oder  *volio ,  dolgo 
und  doglio  mit  doleo^  "^^ggo  und  veggio  (neben  vedo)  mit  video, 
seggo  und  seggio  (neben  siedo)  mit  sedeo,  auch  caggio  (neben 
cado]  mit  *cadeo ,  deggio  (neben  devo  und  debho)  mit  deheo, 
giaccio  mit  j'aceo ,  auch  joa;b  mit  joareo.  Ein  isolirter  Fall  ist 
abbia  =  habeam  (vgl.  sapjna).  c)  Der  Ableitungsvocal  -  ?'  hat 
sich  bei  den  /-Verben  durchweg  erhalten  :  a)  in  der  2.  P.  Sg. 
Präs.  Ind.  und  Imp.,  senti  =  sentis  und  sew^e,  bei  den  inchoativ 
gewordenen  Verben  hat  jedoch  i  seine  Geltung  als  Ableitungsvocal 
verloren,  z.  B.  punisci  =  "^puniscis  {\xv  pimis;  ß)  in  der  2.  P. 
PI,  Präs.  Ind.,  sentite  =  sentitis;  y]  im  Impf.  Ind.,  sentiva  = 
senti[e]bam;  d)  in  den  schwach  gebliebenen,  bezw.  gewordenen 
Perfecten  und  Plusqpf.  (Im])f.)  Conj.,  sentii  =  *senti[v]i,  sen- 
tissi  =  * senti[ü\issem  ;  e]  im  Infinitiv,  se7itire ;  t)  im  Part.  Präs., 
sentito  =  *sentitum.  Ein  isolirter  Fall  ist  sappia  =  sapiatn 
(vgl.  abbia).  In  einzelnen  ersten  Personen  Sg.  und  dritten 
PI.  Präs.  Ind.  und  Conj.  (im  letzteren  im  ganzen  Sg.)  hat  sich 
Ableitungs-e"  zu  g  verhärtet  oder  Palatalisirung  des  vorangehen- 
den Consonanten  bewirkt,  vgl.  z.  B.  vengo  mit  venio ,  pongo 
mit  'ponio ,  salgo  mit  S(dio ,  faccio  (neben  yb)  iwii  facto,  vgl. 
auch  muojo  mit  *morio.  Von  den  /-Verben  ist  der  Ableitungs- 
vocal -^,  bzw.  ist  der  Ausgang  -iamo  auf  die  1.  P.  PI.  Präs. 
Ind.  und  Conj.  aller  Verba  und  der  Ausgang  -iate  auf  die 
2.  Pars.  Präs.  Conj.  aller  Verba  übertragen  worden;  in  der 
2,  Sg.  Präs.  Ind.  und  Imperat.  scheinen  die  Verba  auf  -ere 
und  -6re   den  Ausgang  i  angenommen  zu  haben   (s.  o.)  :  temi, 


Das  Italienische,  (357 

vendi  =  times,  time,  voidi^.  d)  Die  1.  und  3,  P.  Sg.  und  3. 
PI.  Präs.  Ind.,  der  Sg.  und  die  3.  P.  PI.  Präs.  Conj.  der  ur- 
sprünglichen E-  und  /-Verba  werden  stark  gebildet:  temo^ 
temc,  tcmono,  tcma,  temano  für  fimco,  timet,  timent^  timeam  etc., 
ebenso  sento  für  seiitio  etc.  Vielleicht  ist  auch  die  2.  P.  Sg. 
Präs.  Ind.  (und  Conj.)  derselben  Verba  als  starke  l^ildung  zu 
betrachten ,  also  se?iti  nicht  =  senüs ,  sondern  r=  se/ifis  (nach 
ve^nns)  anzusetzen  und  vcfidi  direct  aus  vemUs,  nicht  aus  einem 
analogischen  vendts  'nach  sentts]  herzuleiten.  Die  Nebenform 
der  2.  P.  Sg.  Präs.  Conj.  auf  -i  der  Verba  auf  -ere.  -ere  und 
-Ire  {fetni,  vendi,  senti  neben  tema,  venda  ^  senta  dürfte  auf 
Anbildung  an  die  entspr.  Form  der -4- Verba  beruhen.  4.  In- 
finitiv und  Futur.  Ueber  die  Verdrängungr  des  schwachen 
Infinitivausganges  -ere  durch  -ere  s.  oben.  Die  starken  Inf. 
auf  -^re  erleiden  häufig  Synkope,  z.  B.  facere  :  fare^\,  ducere  : 
durre^  dicere  :  dire^  öfters  bestehen  die  volle  und  die  synkopirte 
Form  neben  einander,  z.  B.  cöU[i\gere  (nach  c6ll[i\go  betont)  : 
cogliere  und cdrre,  exel\i]gere  :  scegliere  und  scerre^  tollere:  togliere 
und  törre.  Die  synkopirte  Form  des  Inf.  wird  selbstverständ- 
lich auch  zur  Bildung  des  Fut.  und  Cond.  gebraucht,  also 
z.  h.  farö ,  farei,  durro^  durrei\  eorrö  neben  dem  üblicheren 
coglierh ;  neben  nicht  ganz  wenigen  Infinitiven  auf  -ere  stehen 
Futura  und  Conditionale,  in  denen  e  synkopirt  ist,  z.  B.  avere^ 
aber  avro]  parere,  aber /ja;ro;  rimatiere,  aher  rimarru ;  vedere, 
aber  vedro ;  potere^  aber  potrö ;  tenere,  aber  terro  (analog,  dazu 
venire,  aber  ferro) ;  valere,  ?iher  varro;  volere,  ahev  vo7'rd.  Eine 
isolirte  Bildung  ist  sard  für  esser  +  ho  =  esse  haheo,  der  auf- 
fällige Uebergang  von  tonlos  e  zu  a  'auffällig  namentlich  weil 
sonst  gerade  im  Fut.  tonlos  a  zu  e  wird,  vgl.  cantero]  beruht 
wohl  auf  Angleichung  anyaro.  5.  Behandlung  des  Stamm- 
vocals.  Principiell  muss  stammhaftes  o  zu  iio .  stammhaftes 
^  zu  ie  diphthongirt  werden  .  jedoch  wird  diese  Entwickelung 
durch    romanische    Position   verhindert    und    imterbleibt    avich 


1)  Es  folgt  also  scheinbar  der  Inf.  der  ^-Conj.,  wodurch  auch  der 
Uebertritt  der  meisten  Formen  des  Präs.  Ind.  zu  dieser  Conjugation  her- 
beigeführt worden  sein  dürfte :  fo  =  da,  fai  =  clai,  fa  =  da,  fate  =  date, 
fanno  =  danno ;  der  Analogie  von  fo  und  do  folgen  die  Präsentia  Ind.  von 
andare,  höhere  und  *sapere:  vo,  vai,  va,  3.  PI.  vanno ,  während  die  2.  PI. 
andate  lautet;  ho,  hat,  ha,  3.  PI.  hatmo  ,  während  die  2.  PI.  der  £-Conj. 
treu  bleibt,  avete;  so  sai  sa,  sanno,  während  die  2.  PI.  der  i^-Conj.  treu 
bleibt,  sapHe. 

Körting,  Encyklopädie  d.  rom.  Phil.  III.  42 


658  I^^s  Italienische. 

sonst  häufig ,  indem  die  stammbetonten  Formen  der  Analogie 
der  flexionsbetonten  folgen.  Vorwiegend  tritt  Diphtliongirung 
nur  in  starken  Fräsen tibus  ein,  z.  B.  siedo,  siedi,  siede,  siedo?io, 
sieda,  aber  sediamo,  sedete;  [voglio,  ö  beharrt,  weil  in  roman. 
Fos.],  vuoi,  vuole,  sibev  vogliamo,  volefe;  7nuojo  =  *morto,  aber 
moriamo;  von  schwachen  Verben  diphthongiren  nur  tonare,  $o- 
nare  und  coprire  regelmässig  [tuono,  suono,  cuopro) ,  seltener 
provare  {pruovo),  trovare  [truovo),  pregare  [priego],  negare  [niego  , 
seguire  [sieguo).  Bei  einzelnen  starken  Verben  findet  dagegen 
die  Diphtliongirung  nicht  nur  im  Fräs.  Ind.,  sondern  auch  im 
Inf.  obligatorisch  statt,  z.  13.  muovo  und  rmiovere,  aber  motiamo, 
vgl.  auch  riedo  und  riedere  =  *red^re  für  redire ,  chiedo  und 
chiedere  =  qiuierere.  Die  A^erba  devo,  esco,  odo  wandeln  in  den 
flexionsbetonten  Formen  ihr  stammhaftes  e,  bzw.  o  zu  o,  bzw. 
IC,  also  ergeben  sich  z.  B.  die  Infinitive  dovere,  uscire,  udire. 
6.  Behandlung  des  consonantischenStammauslautes. 
Ursprünglicher  gutturaler  Auslaut  beharrt  (wird  also  nicht  pa- 
latal)  auch  vor  folgendem  e  und  i,  wenn  dasselbe  nicht  be- 
reits im  Latein  vorhanden  war,  wobei  gleichgültig  ist,  ob  die 
lat.  Form  der  ital.  zu  Grunde  liegt  oder  nicht,  so  bewahrt  z. 
B.  pregare  sein  g  durchweg,  folglich  auch  in  pregJn,  preghiamo 
u.  dgl.,  weil  diesen  Formen  lat.  *precas,  precamus  etc.  gegen- 
über steht  im  Conj.  Fräs,  ^jre^/^e  gegenüber  lat.  *precem  ist 
analogische  Einwirkung  der  Indicativformen  anzunehmen) ;  da- 
gegen zeigt  sich  Wechsel  zwischen  Guttural  und  Falatal  z.  B. 
\)t\cuoco  =  coq[u\o,  cuocono  =  coq[u\unt ,  aber  cuocere=^coq\xi\(^re, 
cocete  =  *coq\v^etis  für  cöquifts,  cociamo  =  coqimnus,  vgl.  auch 
z.  B.  leggo  =  lego  (wenn  nicht  leggo  =  *Iegjo  =  *hgio  anzu- 
setzen, vgl.  veggo,  seggo,  caggo  u.  dgl.),  leggono  =  legunt,  aber 
leggi  ^^^  legis ,  legge  ^=  legit ,  Icggianxo  gegenüber  legimus,  leg- 
gcte  =  *legetis  für  legifis.  Es  ergiel  t  sich  also,  dass  lat.  Gut- 
tural palatalisirt  wird,  wenn  ihm  ein  e  oder  i  Jiachfolgte.  Ein 
durch  ^'erhärtung  aus  j  entstandenes  g  1  eharrt  auch  vor  folg. 
i,  L.  B.  venga,  venghi.  Tu  der  2.  und  3.  Sg.  Präs.  Sg.  wird 
der  Stummauslaut  zuweilen  ausgeworfen,  z.  B.  tuoi  und  pxioi 
für  tuoli  und  pitofi ,  puo  =  puofe  ^vie  verifä  aus  reritate-m  . 
Ueber  sai,  hui  etc.  vgl.  oben.  7.  Inchoativ  Verstärkung. 
Die  inchoative  Vorstärkung  bcbarrt  nicht  nur,  wo  sie  bereits 
im  Lat.    vorhanden  war   [/loscere,    cresccre,    conosrcre  u.   dgl.", 


Das  Italienisclic.  659 

sondern  wird  auch  im  $<;.  und  3.  V.  1*1.  l*räs.  Ind.  und  Conj. 
den  meisten /-Verben  angefügt.  8.  Die  Perfecta  auf  -etti. 
Neben  den  nach  dem  Typus  der  £-Conj.  gebildeten  schwachen 
Perfecten  auf  -ei  bestehen  für  1.  und  3.  P.  Sg.  und  3.  PI. 
Bildungen  auf  -eiti,  -etfe,  -etfero,  z.  B.  veridetti,  vetidefte.  ren- 
dettero  neben  vendei,  rende,  venderono ;  vermuthlich  sind  hierin 
Anbildungen  an  dedi^  steti  zu  erblicken.  9.  Die  starken 
Perfecta.  Die  starke  Perfectbildung  ist  noch  in  weitem 
L'mfange  erhalten,  jedoch  stets  nur  für  die  1.  und  3.  Sg.  und 
3.  PI.,  während  die  2.  Sg.  und  1.  und  2.  PI.  schwach  aus 
dem  Yerbalstamm  gebildet  werden,  also  z.  B.  feci  fece  fecero, 
ahei  J'acesti  facemimo  faceste,  presi,  prese  presero^  aber  prendesti 
prendemmo  pretideste  etc.;  ebenso  wird  das  Plusqpf.  Impf.) 
Conj.  schwach  gebildet,  z.  B.  facessi  etc.  a]  /-Perfecta, 
ursprüngliche  z.  B.  feci.  vidi,  ven?ii,  caddi  für  cecidi  etc.,  da- 
zu aus  der  «//-Classe  z.  B.  tenni  =  femii,  volli  =  voltii,  schein- 
bar auch  crebbi  und  conobbi  =  cre-vi  und  cognd-vi,  sowie  ebbi 
von  avere  und  seppi  von  sapere ,  welche  wohl  aus  *hebi  und 
*sepi,  Anbildungen  an  feci,  reni,  zu  erklären  sind  [*sepi  :feci 
=  sapio  :  facio) .  Andrerseits  sind  aber  auch  zahlreiche  /-Per- 
fecta, namentlich  diejenigen  auf  -di  [prehendi,  occendi,  occidi 
etc.)  zur  6i-Classe  übergetreten,  ß)  ?7i-Perfecta,  nur  wenige 
erhalten,  TiQ.Vi\eui\\c\x  piacqui  =  placui,  giacqui  =  jacui,  tacqui 
=  tacui,  nocqui  ^=  nocui,  parci  =  parui,  da.z\x  nacqui  =  *na3cm; 
die  meisten  ursprünglichen  Ui-Ferf.  sind  in  die  /-.  zum  Theil 
auch  in  die  s/-Classe  übergetreten.  y)  iS'»- Perfecta,  sehr 
zahlreich,  theils  ursprünglich,  wie  z.  B.  dussi  ^=  duxi,  dissi  = 
dixi,  strussi  =  siruxi ,  scrissi  =  scripsi,  risi,  arsiu.  y.  o..,  auch 
lesai  =  *lexi  für  legi  (vgl.  dilexi,  inteUexi)  darf  hierher  ge- 
rechnet werden ;  theils  aus  den  beiden  anderen  Classen  über- 
nommen, wie  morst  für  [mo]mordi,  coi'si  für  \cu\curri,  resi  für 
7-eddidi,  valsi  fü.T  valt/i,  ca/se  für  caJuit.  10.  Particip  Präte- 
riti.  Die  schwache  Participialbildung  auf  -äio  und  -Ito  ist 
voll  lebendig  geblieben,  dagegen  ist  -eto  [deletus  u.  dgl.)  völlig 
gesch^NTinden;  ziemlichen  Umfang  hat  -Tito  gewonnen,  meist 
durch  Verdrängung  starker  Participien .  z.  B.  temdo,  valuto, 
taduto ,  conosciuto  etc.  etc.  Die  Participien  starker  Bildung 
auf  -to  haben  sich  in  den  meisten  Fällen,  in  denen  das  Suffix 
unmittelbar     an    consonaniisch     auslautenden    Stamm    antrat, 

42* 


QfjQ  Das  Italienische. 

erhalten,  z.  B.  futto,  detio,  dofto,  scritto,  chiesto  aus  quaes[t]tus, 
posto  aus  pos[t\tus^  neu  hinzugetreten  sind  z.  B.  viato  neben 
veduto  für  vüus,  rimasto  für  rcmansvs.  Die  Participialbildung 
auf  -so  hat  sich  nicht  nur  behauptet,  sondern  auch  auf  Kosten 
anderer  Suffixe,  namentlich  -to  nach  A'ocalen,  im  Umfang  ge- 
wonnen, z.  B.  messo,  p7-esso,  preso,  teso  für  tendifus.  perso  für 
perditus ,  reso  für  redditus  u.  v.  a.  Häufig  steht  neben  der 
Form  auf  -so  eine  solche  auf  -uto,  welche  üblicher  ist,  z.  B. 
perduto ,  renduto  neben  perso ,  reso ,  vissuto  neben  dem  ganz 
veralteten  visso  von  vivere.  Zu  einer  Eeihe  schwacher  Par- 
ticipien  auf  -uto  sind  Verbaladjectiva  auf  -o  vorhanden,  z.  B. 
gonßo  neben  gonfiato  =  conßatus^  privo  neben  privatus,  adorno 
neben  adornato,  vgl.  \-d.t.  ßrmtis  mit  ßrmcifus,  lacer[us]  mit /«- 
cerahis  ^  siccus  mit  siccatus;  selbstverständlich  sind  derartige 
Verbaladjectiva  nicht  etwa  als  Kürzungen  des  Particips  anzu- 
sehen ,  sondern  sie  müssen  als  selbständige  Bildungen  be- 
trachtet werden.  11.  Die  periphrastischen  Tempora  werden 
bei  den  transitiven  Verben  mittelst  avere,  bei  den  intransitiven 
und  reflexiven  mittelst  essere  gebildet ,  also  z.  B.  7w  perduto, 
aber  so7io  andato,  sono  stato,  mi  sono  rallegrato.  Wie  begreif- 
lich, finden  hier  mancherlei  kleine  Schwankungen  statt,  und 
namentlich  ist  auch  zu  bemerken,  dass  in  der  älteren  Sprache 
der  Gebrauch  von  avere  ausgedehnter  ist,  als  in  der  neueren. 
12.  Das  Passiv  wird  gewöhnlich  mittelst  essere^  nicht  selten 
aber  auch  mittelst  venire  umschrieben ,  oft  endlich  auch  re- 
flexivisch ausgedrückt. 

VI.  In  Bezug  auf  die  Adverbialbildung  ist  namentlich 
die  Vorliebe  für  den  Ausla\it  -/  beachtenswerth,  vgl.  anzi  mit 
antea,  avcmti  mit  abanfe,  poi  mit  post,  guari  =  tceigaro  u.  dgl. 
Wie  die  französischen  Adverbien  auf  -es  [certes,  gueres  neben 
gue7-e  etc.),  sind  wohl  auch  diese  italienischen  auf  -/  als  An- 
bilduugen  an  die  substantivischen  Plurale  zu  betrachten. 

VII.  In  Ilhisicht  der  Syntax  besitzt  das  Italienische 
manche  Eigenthümlichkeit,  so  z.  B.  die  grosse  Beweglichkeit 
in  der  proklitischen  oder  enklitischen  Verwendung  der  leichten 
Personalpronominalformen  und  deren  Wechsel  mit  den  schwe- 
ren (vgl.  die  recht  instructive  Beispielsreihe  bei  Blaxc  a. 
a.  O.,  p.  2G5)  ,  in  dem  weitaiisgedehnten  Gebrauche  des  Ar- 
tikels, z.  B.   auch  vor  Familiennamen;  in  dem  Ausdrucke  des 


Das  Italienische.  661 

verneinten  Imperativs  durch  den  Inf.  mit  non:  in  der  Ersetzung 
des  lat.  Gerundivs  durch  die  Verbindung  des  Infinitivs  mit  da 
[z.  V>.  casa  da  vendere  =  domus  vendenda)  \\.  dgl. 

Die  Syntax  des  Schriftital.  hat  sich  im  Trecento  und  auch 
noch  späterhin  unter  dem  Einflüsse  des  Lateins  entwickelt  und 
trägt  die  Spuren  davon  in  seiner  A'orliebe  für  Participial-, 
hzw.  Gerundial-  und  Infinitivconstructionen  und  in  seiner 
Neitjung  zum  luiu  kunstvoller  Perioden  noch  deutlich  an  sich. 
In  der  Neuzeit  ist  der  lateinische  Einfluss  durch  den  fran- 
zösischen abgelöst  worden,  "welcher  letztere  eine  gewisse  Keaction 
zu  grösserer  Einfachheit  und  Klarheit  im  Satzbaue,  namentlich 
hinsichtlich  der  Wortstellung,  zur  Folge  gehabt,  freilich  aber 
auch  das  Eindringen  von  Gallicismen  gefördert  hat. 

Litteraturangaben: 

a)  Vollständige  Grammatiken  (das  Verzeichniss  der  älteren 
Grammatiken  s.  oben  S.  619  :  R.  Forxaciari  ,  Gramm,  storica  della 
ling.  ital.  compendiata  dalla  gramm.  rom.  di  F.  DiEZ.  Parte  I  Morfologia 
Firenze  1872,  vgl.  Kiv.  di  fil.  rom.  I  57,  und:  Gramm,  dell'  uso  moderno. 
Fireuze  1S79,  vgl.  Fropug.  Xu  2,   p.  466  u.  Giom.  di  filol.  rom.  II  237. 

Von  Deutschen  verfasste  Grammatiken:  Aeltere  Gramm,  (vgl. 
Blanc  a.  a.  O.,  p.  32):  von  Moritz,  Berlin  1791,  von  Jageman'X,  Leipzig 
1801  (nach  Corticelli  gearbeitet),  Ferxow,  Tübingen  1804  u.  1816  [ein 
für  seine  Zeit  vortreffliches  AVerk),  von  A.  Wagner,  Leipzig  1819,  von 
Francesox,  Berlin  1822  u.  öfters,  von  Valentini,  Berlin  1824,  von  Mlnner, 
Frankfurt  a^M.   1830,  von  Keil,  Erfurt  1831. 

•F.  G.  Blaxc,  Gramm,  der  ital.  Spr.  Halle  1844  das  für  seine  Zeit 
vortrefflich  gearbeitete  Buch  ist,  -wie  begreiflich,  jetzt  veraltet,  aber,  vreil 
noch  durch  keine  andere  ■wissenschaftl.  Gramm,  ersetzt,  noch  immer  un- 
entbehrlich! —  *A.  Mussafia,  Ital.  Sprachlehre  in  Regeln  u.  Beispielen. 
17.  Aufl.  Wien  1883  (das  Buch  soll  nur  praktischen  Zwecken  dienen  u. 
erfüllt  diese  Aufgabe  in  bester  Weise.  Möchte  aber  doch  der  berühmte 
Romanist  u.  bewährte  Kenner  des  Altital.  u.  der  ital.  Dialecte  auch  ein- 
mal eine  -wissenschaftliche  Gramm,  ^-erfassen!)  —  C.  V.  Retnhard- 
STöTTXER,  Theoretisch-pract.  Gramm,  der  ital.  Spr.,  speciell  f.  Studierende 
u.  Kenner  der  antiken  Sprachen.  2.  Ausg.  München  1880  kann  denen  em- 
pfohlen werden,  -welche,  ohne  dem  Ital.  ein  besonderes  philologisches  Stu- 
dium zu  -widmen,  doch  eine  Anschauung  von  der  Sprache  u.  Lesefertigkeit 
er-werben  -wollen;  der  Gramm,  ist  ein  für  den  genannten  Zweck  recht 
brauchbares  Lesebuch  mit  Anmerkungen  beigegeben  ,  vgl.  Ztschr.  f.  rom. 
Phil.  IV  393  —  H.  Vockeradt,  Lehrbuch  der  ital.  Spr.  f.  d.  oberen  Classen 
höherer  Lehranstalten  u.  zum  Privatstudium.  Thl.  1  Grammatik,  Thl.  2 
Lesebuch.  Berlin  1878  (gründlich  gearbeitetes,  auch  in  wissenschaftl.  Hin- 
sicht schätzbares  Buch),  vgl.  Jen.  Lit.-Ztg.  1878,  No.  31,  Herrig's  Archiv  60, 
253   —   A.  Baragiola,  Ital.  Gramm,  mit  Berücksichtigung  des  Lateins  u. 


(562  l^^s  Italienische. 

der  roman.  Schwestersprachen.  Strassburg  18S0  (sehr  verbesserungsbedürftig), 
vgl.  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  V  57G,  Giorn.  di  fil.  rom.  II  239  —  H.  BuCH- 
HOLZ,  Ital.  Sprachlehre  f.  Schulen.  Hannover  1881. 

b)  Zur  Formenlehre  im  Besonderen:  F.  Demattio,  Morfologia 
italiana.  Innsbruck  1876,  vgl.  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  I  446  —  V.  NaxnucCI, 
Teorica  dei  nomi  della  ling.  ital.  Firenze  1847  —  Fr.  d'Ovidio,  SuU'  ori- 
gine  dell'  unica  forma  flessionale  del  nome  italiano.  Pisa  1872  (die  Ergeb- 
nisse dieser  Untersuchung  sind  zwar  unannehmbar,  indessen  ist  sie  scharf- 
sinnig geführt  und  enthält  viel  Interessantes,  ihr  Studium  ist  demnach  zu 
empfehlen),  vgl.  Gott.   gel.  Anz.   1872,  Stück  48,  S.  1SÜ2,  Riv.  di  fil.  rom. 

I  129  —  G.  Gröber,  lo  U  il  i  im  Altital.,  in:  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  I  108 
—  N.  Caix,  SuUa  declinazione  romanza.  I  L'articolo  ital.,  in:  Giorn.  di 
fil.  rom.  n  1,  und:  Sul  pronome,  in:  Giorn.  di  fil.  rom.  I  43  —  G.  Grö- 
ber, Gli,  egli,  ogni,  in:  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  II  594  —  V.  Nannucci, 
Intorno  al  pronome  hi  usato  dagli  antichi  nel  caso  retto.  Corfü  1841  — 
Mastrofini,  Teoria  e  prospetto  de'  verbi  ital.  conjugati.  Rom  1814  — 
*V.  Nannucci,  Analisi  critica  de'  verbi  ital.,  investigati  nella  loro  primitiva 
origine.  Firenze  1843  —  L.  Amedeo,  Teorica  dei  verbi  irregolari  della 
ling.  ital.  Turin  1877,  vgl.  Giorn.  di  fil.  rom.  I  249  —  COMPAGNONI,  Teo- 
rica dei  verbi  ital.,  rivista  da  P.  Fanfani.  Firenze  1865  —  N.  Caix,  Süll' 
influenza  dell'  accento  nella  conjugazione  manducare,  adjutare,  in:  Giorn. 
di  filol.  rom.  II  10,  und:   Sul  perfetto  debole  romanzo,  ebenda  I  229,  vgl. 

II  63  —  U.  Canello,  Storia  di  alcuni  participi  nell'  ital.  e  in  altre  ling. 
rom.,  in:  Riv.  di  filol.  rom.  I  9,  vgl.  ebenda  I  91  —  G.  Flechia,  Intorno 
ad  una  particularitä  di  flessione  verbale  in  alcuni  dialetti  lombardi.  Turin 
1876,  vgl.  Rom.  VI  302  —  A.  Gaspary,  Altital.  u.  altfrz.  si  für  ital.  finch^, 
frz.  jusqu'ä,  in :  Ztschr.  f.  rom,  Phil.  II  95. 

Vgl.  ferner:  W.  Meyer,  Ueber  die  schwache  Perfectbildung,  in:  Ztschr. 
f.  rom.  Phil.  IX  226  —  Marchesini,  I  ])erfetti  it.  in  -etti,  in :  Studi  di  fil. 
rom.  I  445  —  Die  Schriften  von  Zixg.\relli  u.  Zeule  s.  oben  S.  642  u.  647. 

c)  Zur  Syntax:  Pesamento,  Sintassi  comparativa  del  latino  e  dell' 
italiano.  Florenz  1867  (nach  BuElTlNGER  a.  a.  O.  p.  75  citirt,  der  wieder 
auf  Nuov.  Antol.  XXVI  verweist;  dem  Verf.  der  Encycl.  gelang  es  nicht, 
des  Buches  habhaft  zu  Averden ;  nach  Br.'s  Angabe  soll  es  sehr  umfangreich 
sein)  —  F.  Uemattio,  Sintassi  della  ling.  ital.  Innsbruck  1872,  vgl.  Riv. 
di  fil.  rom.  I  57  —  R.  Fornaciari,  Sintassi  ital.  del  uso  moderno.  Firenze 
1881,  vgl.  Propug.  XV  2,  p.  274  —  H.  Bl'CimOLZ,  Zur  ital.  Gramm. 
1.  Passiver  Inf.  Präs.  2.  Die  Präposition  a.  3.  Gerundium,  in:  Herrig's 
Archiv  LIV,   183  —  A.  Gasp.\ry,  Ueber  altital.  si  für  finche,  s.  ob. 

N.  Lundborg,  Studj  sul  congiuntivo  nella  Div.  Comm.  Lund  1884, 
vgl.  Riv.  crit.  di  lett.  it.  I  1,  28. 

O.  Knuth,  SuU'  uso  del  pronome  personale  nelle  lingue  francese  ed 
italiana.  Mülhausen  i/E.  1878  —  A.  GÜTII,  Die  Lehre  vom  Conjunctiv  mit 
Anwendung  auf  die  ital.  Spr.  Berlin  1876. 

Der   italienischen   Formenlehre   und  Syntax  fehlt  es  noch 
sehr  an  methodischer  wissenschaftlicher,  also  namentlicli  auch 


Das  Italienische.  663 

mit  IJerücksichtigimo;  der  Sprachgeschichte  vorgenommener 
liearbeituug.  Namenthch  vermisst  man  noch  eingehende  Un- 
tersuchungen über  den  Formenhestand  und  den  Satzbau  des 
Ahitalienischen ,  welche  doch  die  Grundhige  für  die  wissen- 
scliafthche  Darstellung  der  neuital.  Morphologie  und  Syntax 
abgeben  müssen  (das  Beste  hat  in  dieser  Beziehung  N.  Caix 
in  seinen  Origini  etc.  [s.  oben  S.  6 OS]  hinsichtlich  der  An- 
tiche  rime  geleistet,  aber  auch  für  eine  ganze  Reihe  anderer 
Texte  müsste  Aehnliches  gethan  werden).  Vorläufig  harrt  noch 
eine  Fülle  von  Fragen  der  Lösung.  Sehr  zu  Avünschen  ist, 
dass  wenigstens  ein  Theil  des  Fleisses  und  Strebens,  mit  wel- 
chem gegenwärtig  so  zahlreiche  jüngere  Neuphilologen  der 
Behandlung  oft  recht  unfruchtbarer  und  selbst  futiler  Themata 
aus  der  altfrz.  Philologie  sich  widmen  (man  denke  z.  B.  an 
die  zahllosen  Dissertationen  über  den  Gebrauch  des  Conjunc- 
tivs  im  Altfrz.  oder  auch  im  Neufrz, ,  welche  oft  nur  auf  eine 
schablonenhafte  und  ergebnisslose  Materialienzusammenstellung 
hinauslaufen  I )  ,  einmal  der  ital.  Philologie  zugewandt  werden 
möchte.  Es  würde  dann  auch  die  jetzt  nicht  ganz  ungewöhn- 
liche Erscheinung  seltener  werden,  dass  das  Studium  der  Neu- 
philologie lediglich  als  ein  Brotstudium  aufgefasst  und  eben 
gerade  nur  genau  in  dem  Umfange  betrieben  wird,  als  das 
Prüfungsreglement  es  unbedingt  fordert.  Damit  aber  hört  die 
Wissenschaft  auf  und  fängt  das  Handwerk  an.  Zersplitterung 
ist  schlimm ,  noch  schlimmer  jedoch  ist  engherzige  Beschrän- 
kung. 

§  S.  Bemerkungen  über  die  Rhythmik  des  Ita- 
lienischen. 

1.  Die  Rhythmik  des  Italienischen  beruht  auf  dem  accen- 
tuirenden  Principe.  Die  wiederholt  gemachten  Versuche,  das 
quantitirende  Princip  auf  das  Italienische  zu  übertragen  oder 
doch  die  antiken  Metren  accentuirend  nachzubilden  (also  Ton- 
hexameter u.  dgl.  zu  bauen)  ,  haben  bleibenden  Erfolg  nicht 
gehabt.  Der  letzte  derartige  Versuch  ist  von  keinem  Gerin- 
geren, als  von  dem  ebenso  gelehrten  wie  genialen  Dichter 
Carducci  in  den  »Odi  barbare«  unternommen  worden.  ^] 


1  Zur  Probe  seien  die  ersten  Strophen  der  Ode  »Preludio«  nebst  der 
latein.  Uebersetzung  derselben  von  A.  C'Rn'ELLfCCi  (Sei  odi  barbare  di 
G.  C.  con  la  versione  latina.  Cittä  di  Castello  1&85;  mitgetheilt: 


ßg4  Das  Italienische. 

2.  Als  Normalverse  gelten  diejenigen  mit  weiblichem  Aus- 
gange (versi  piani] ,  es  werden  daher  die  Verse  mit  männlichem 
Ausgange  als  »verstümmelte  Verse  (versi  tronchi  «  bezeichnet, 
indessen  sind  sowohl  diese  als  auch  Verse  mit  gleitendem  Aus- 
gange durchaus  statthaft.  Die  Benennung  der  Verse  bestimmt 
sich  nach  der  Sylbenzahl  der  betr.  weiblichen  Form  und 
erstreckt  sich  zugleich  auf  die  dazu  gehörige  männliche  und 
gleitende  Form,  es  wird  also  z.  B.  unter  ))Elfsylbler  (endeca- 
sillabo) «  verstanden : 

a)  ein  Vers,   dessen  zehnte  Sylbe  hochbetont  und  elfte  (und 

letzte)  Sylbe  tieftonig  ist   (verso  piano),  z.  B.; 

1        2      3     4        5         6     7       8  0    10  11 

di  vendicar  la  morte  di  Trojano  ; 

b)  ein  Vers,    der  mit   der   zehnten  hochbetonten  Sylbe  ab- 

schliesst  (verso  tronco)^  z.  B. : 

1  2     3    4  5  6  7         S      9       1^0 

delT  opera  che  mal  per  te  sife; 

c)  ein  Vers,  dessen  zehnte  Sylbe  hochbetont,  die  elfte  und 

zwölfte   (letzte)   tieftonig  sind  (verso  sdrucciolo),   z.  B. : 

12        3  4       5        6  7         8    9        10      11  1_2 

ora  cen  porta  Tun  de  duri  margini. 
Entsprechend  der  Vorliebe  des  Italienischen  für  paroxy- 
tone  Betonung  sind  die  versi  piani  weitaus  die  üblichsten, 
die  versi  tronchi  und  namentlich  die  versi  sdruccioli  werden 
meist  nur  zur  Erreichung  einer  bestimmten,  besonders  komi- 
schen Wirkung  gebraucht.    Nur  ganz  vereinzelt  und  als  Spie- 


1.  Odio  Vusata  poesia:  concede 

comoda  al  vulgo  i  Jlosci  Jianchi  e  settza 
palpiti  sotio  i  consueti  amplessi 
stetidesi  e  dorme. 

2.  A  vie  la  strofa  vigile,   bahatde 

CO  'l  plauso  e  il  piede  ritmico  nei  cori: 
per  fala  a  volo  in  colgola,  si  volge 
ella  e  repugna. 

U  ebersetzung: 

1.  Sperno  vulgataa  poptilo  Camoeuas, 
quae  patent  primo  faciles  2}fte)tti  et 
inter  amplexus  resupi)ia  ste)-/iu)it 

cotyora  so))t>io. 

2.  3Ie  tuvat  prisco  cohihere  rhythmo 

se  stropham  ad  plau.tton  pedibus  moreiitem, 
quae,   tirgeo  dum  acer,  mihi  perttnaci 
ore  repugnat. 


Das  Italienische.  665 

lerei  finden  sich  auf  drei  oder  gar  vier  tieftonige  Sylben  aus- 
gehende Verse   (versi  bisdruccioli  und  quadrisdruccioh). 

Der  Endecasillaho  ist  der  unitangieichste  der  üblichen 
Verse ;  der  kürzeste ,  aber  selbstverständlich  nur  weni*;  se- 
brauchte  Vers  ist  der  Zweisylbler  (bissillabo).  Von  den  zwi- 
schen dem  Elf-  und  dem  Zweisylbler  liegenden  Versen  ist  der 
Siebensylbler  (settenario)   der  beliebteste. 

3.  Für  die  Sylbenzählung  des  italienischen  Verses  ist 
Folgendes  zu  bemerken :  a)  Aus  lautende  Vocalcombinationen 
(wirkliche '  oder  scheinbare  Diphthonge  und  Triphthonge)  gel- 
ten, welchen  Ursprung  sie  auch  haben  mögen,  im  Innern 
des  Verses  als  einsylbig,  im  Ausgange  als  zweisylbig,  also 
z.  B.  avea  im  Versinnern  zweisylbig  iavea),  im  A^ersausgangc 
dreisylbig  {ave\a).  Von  den  inlautenden  Vocalverbindungen 
gelten  die  häufiger  vorkommenden  und  w'ieder  besonders  die- 
jenigen, welche  auf  lat.  einfachem  Vocale  beruhen,  als  ein- 
sylbig, die  selteneren  dagegen  und  wieder  besonders  diejeni- 
gen, welche  auf  lat.  Doppelvocal  beruhen,  als  zweisylbig. 
Einsylbig  sind  namentlich:  ia,  ie,  io,  iu,  ua^  ue,  zn,  uo^  z.  B. 
pia7io,  pleno ^  ßore^  ßume,  guado,  guerra,  guisa,  vuole:  einsylbig 
ist  auch  fallendes  ati,  z.  B.  causa,  während  steigendes  zwei- 
sylbig ist.  z.  B.  paura  =  *pa[v]öra.  Zweisylbig  sind  nament- 
lich: aa,  ae,  ao,  ea,  eo,  oa,  oe,  oi,  z.  B.  Abra\ain^  ma\estrOj 
Caprsi  jedoch  gewöhnlich  Paolo),  be\ato,  Teseo,  so\ave,  po\ema, 
Ave?'ro\is]  zweisylbig  werden  in  der  Regel  auch  io  und  ie  in 
den  Ausgängen  -ioso,  -ione,  -iente  gebraucht,  z.  B.  glori\oso, 
nazi\o?ie,  ori\e?ite ,  aber  auch  sonst  sind  io  und  ie  oft  zweisyl- 
big, wenn  sie  lat.  io  und  ie  entsprechen,  z.  B.  tri\onfo,  ori\entale. 
c)  Anlautende  Diphthonge  (Triphthonge  kommen  nicht  vor) 
gelten  bei  fallender  Betonung  als  einsylbig,  z.  B.  aura  (aus- 
genommen jedoch  meist  a\ere  und  öfters  Molo) ,  ebenso  bei 
Tonlosigkeit,  z.  B.  auröra,  bei  steigender  Betonung  dagegen 
als  zweisylbig,  z.  B.  a\ita,  a\uso  f.  aduso  v.  adusare,  dagegen 
auso  v.  andere,  d)  Vocalischer  Auslaut  bildet  mit  nachfolgen- 
dem vocalischem  Anlaut  eine  Sylbe ,  es  findet  jedoch  nicht 
Elision,  bzw.  Apokope,  sondern  Synizese  statt,  d.  h.  die  betr. 
Vocale  werden  sämmtlich  gesprochen,  aber  zu  einer  Sylbe 
verschliffen.     Dasselbe   gilt,    wenn    zwischen    einem   vocalisch 


656  Das  Italienische. 

auslautenden  und  einem  vocalisch  anlautenden  Worte  ein  nur 
aus  Vocalen  bestehendes  Wort  steht  oder  ein  solches  nach 
consonantischem  Auslaut,  bzw.  im  Versanfange,  einem  voca- 
lisch   anlautenden    vorangeht,    z.  B.    e  invan    Tinferno    a    lui 

s'oppose,  e  invcmo  —  Segni  ridusse  i  suoi  compagni.  Die  Syni- 
zese  wird  selbst  durch  starke  Interpunction  nicht  gehindert, 
ebensowenig  durch  die  Cäsur. 

Die  Regeln  der  Sylbenzählung  mögen  durch  folgendes 
Beispiel  veranschaulicht  werden  (Tasso,  Gerus.  lib.  I  6)  ; 

i^  2       ^  4        5       Jl  7        8    9  10   11 

Giä  '/  sesto  anno  volgea,  ch'  in  Ori\ente 

1        ^  3         4         5     ^      JL  S       J|._  10   11 

Passö  il  campo  cristia?io  all'  alta  impresa: 

1  2^4       56        i,       8        9    10     11 

E  Nicea  per  assalto  e  la  potente 

1       2  3      J,       5         6       Z      ^       ^         10   11 

Anti\ochia  con  arte  avea  giä  presa. 

1^3  ^5         67^,  ^10     11 

V  avea  poscia  in  hattaglia  incontro  a  gente 

1         2  ^        4      5    0    7   S      9  19  11 

Di  Persia  innumerahile  difesa; 

1  23JL  5üJL  '8"9     10n 

E  Tortosa  espugnata:  i?idi  alla  re\a 

i   J.      ji     i    A  -IJL       ^9    10  11 

Stagion  die'  loco,   e  T  nuovo  anno  attende\a. 

Gerade  der  durch  die  Synizese  hervorgerufene  Widerstreit 
der  aufeinander  folgenden  Vocale,  von  denen  jeder  lautbar 
bleibt  und  doch  keine  Sylbengeltung  besitzt,  trägt  wesentlich 
dazu  bei ,  den  italienischen  Versen  —  aber  freilich  nur  im 
Munde  eines  Sachkundigen  —  den  ihnen  eigenen  musika- 
lischen Wohlklang  zu  verleihen. 

4.  Der  üblichste  italienische  Vers,  dessen  sich  nament- 
lich das  Epos ,  das  Drama ,  die  Satire  und  die  Didactik  fast 
ausschliesslich  bedienen,  ist  der  Endecasillabo  ^vgl.  oben  No.  2). 
Der  Endecasillabo  wird  durch  die  Cäsur  in  zwei  ungleiche 
Hälften  zerlegt.  Die  Cäsur  liegt  entweder  nach  der  4.  oder 
ü.  Sylbe  und  ist,  je  nachdem  ihr  ein  paroxytones  oder  oxy- 
tones  oder  proparoxytones  Wort  vorangeht,  eine  cesura  piana 
oder  tronca  oder  (aber  sehr  selten  sdrucciola.  Als  Beispiele 
für  die  Cäsur  seien  die  Eingangsverse  der  Gerusalemme  libe- 
rata  angeführt : 


Das  Italienische.  667 

Canto  Vurmi  pietosc  \\  c  7  capitano 
Che  7  grau  sepölcro  ||  libcrö  di  Cristo  ; 
Molto  eijli  oprö  \\  col  senno  e  con  la  mano  ; 
Moltü  soßri  II  nel  glorioso  acquisto. 
E  iniHin  l'inferno  |1  a  lui  noppose,  e  invano 
S^  armö  d Asia  e  di  Libia  ||  ü  popol  misto  ; 
Che  il  iiel  gli  die  favorc  \\  e  sotto  ai  santi 
Segni  ridusac  ||  /  suoi  compagni  erranti. 

5.  Die  10.  und  die  4.  oder  6.  Sylbe  jedes  Endecasillabo 
sind  stets  hochbetont  und  bilden  demnach  die  beiden  festen 
Hochtonstellen  oder  Hebungen  des  Verses.  Ausser  diesen 
festen  muss  der  Endecasillabo  mindestens  noch  eine  Hebung 
besitzen,  welche  an  eine  bestimmte  Stelle  nicht  gebunden  ist; 
solcher  beweglicher  Hebungen  können  auch  zwei,  eventuell 
noch  mehrere  vorhanden  sein;  es  werde  dies  durch  folgendes 
Beispiel  (Tasso,   Gerus.  lib.  I  2)  verdeutlicht : 

0  Müsa,   tu,  II  che  di  cadüchi  allöri 
No7i  circöndi  la  frönte  ||  in  Elicöna; 
Ma  SU  nel  cielo  ||  i7ifra  i  he\äti  cöri 
Hai  di  stelle  immortäli  ||  aürea  coröna; 
Tu  spira  al  petto  mio  ||  celesti  ardöri, 
Tu  rischiära  il  mio  cänto,  \\  e  tu  perdöna, 
S'  ititesso  fregi  al  vir,  ||  s'adörno  ^V^  parte 
U  ältri  diletti  \\  che  de'  tuoi,   le  carte.  ^) 

Die  Structur  des  Endecasillabo  ist  demnach  vielfacher 
Variationen  fähig.  Vermehrt  wird  der  Klangwechsel  inner- 
halb des  Verses  noch  dadurch,  dass  von  den  nicht  hochtoni- 
gen  Sylben  mehrere  einen  Nebenton  tragen  und  folglich  hoch- 
tonige,  neben-  (oder  mittel)  tonige  und  tieftonige  Sylben  mit 
einander  gemischt  sein  können ,    so  sind  z.  B.  in  dem  Verse : 

123  4^  «  78j!._  10    11 

s'  intesso  fregi  al  ver,  s'  adorno  in  parte 
die  Sylben  4,0,    8  und  10    hochbetont,    Sylbe  2  ist  mittel- 
betont, die  Sylben   1,   3,    5,   9    11   tieftonig. 


1)  Die  Cäsur  hindert  die  Synizese   vocalischen  Auslautes  mit  vocali- 
schem  Anlaute  nicht. 


(jßg  Das  Italienische. 

Zwischen  den  Hochton-,  bzw.  Mitteltonstellen  einerseits 
und  den  Tieftonstellen  andrerseits  kann  regelmässiger  Wechsel 
sei  es  tonjambischer  oder  tontrochäischer  oder  auch  tondacty- 
lischer  oder  tonanapästischer  Art  stattfinden  (wie  z.  B.  der  eben 
citirte  Vers  y>s'  intesso  etc.«  tonjambischen  Ivhythmus  aufweist), 
so  dass  also  die  einzelnen  Verselemente  einander  an  L'mfang 
gleich  sind.  Keineswegs  jedoch  muss  eine  solche  Regelmäs- 
sigkeit  statthaben,  es  sind  vielmehr  in  der  Mehrzahl  der  Fälle 
die  einzelnen  Verselemente  einander  an  Umfang  ungleich, 
vgl.  z.   B.   den  zweiten  und  achten  der  oben  citirten  Verse: 

non  circöndi  la  fi'öti\te,  in  Elicöna, 

et  äl\tri  dilett\i,  che  de'  tuoi  \  le  carte, 

so  ergiebt  sich,  dass  der  erstere  die  Form  3  -j-  3  -f-  4  (4-  1), 
der  letztere  die  Form   1  +  3  +  4  +  2  (+  1)   zeigt. 

Aus  dem  eben  Gesagten  geht  zugleich  hervor,  dass  die 
zu  einer  Strophe,  bzw.  zu  einem  Gedichte  verbundenen  En- 
decasillabi  —  und  was  von  diesen,  gilt  auch  von  allen  son- 
stigen Versen  —  zwar  sämmtlich  die  gleiche,  z.  B.  tonjam- 
bische, Structur  haben  können,  aber  keineswegs  haben 
müssen,  sondern  vielmehr  meist  verschiedenen  Bau  zeigen. 
Gerade  auf  der  künstlerischen  Mischung  der  verschiedenen 
möglichen  Versformen  beruht  die  harmonische  Wirkung  einer 
aus  Endecasillabi  (oder  sonstigen  Versen)  bestehenden  Strophe. 

5.  Die  zu  einer  Strophe,  bzw.  zu  einem  Gedichte  ver- 
einten Verse  können  mit  einander  rhythmisch  verbunden  wer- 
den :  a)  durch  den  Vollreim ;  b'  durch  die  Assonanz ;  c)  durch 
die  sogenannte  Konsonanz,  d.  h.  durch  Uebereinstimmung  des 
oder  der  dem  letzten  Hochtonvocale  nachfolgenden  Consonan- 
ten  nebst  etwa  dazu  gehörigem  tonlosen  Vocal,  es  consoniren 
z.   B.  argento.   affrdntO,   cätltO- 

Der  Assonanz  und  der  Konsonanz  bedient  sich  nur  die 
Volkspoesie,  die  Kunstdichtung  braucht  zur  rhythmischen  Vers- 
bindung nur  den  "S'ollreim. 

Die  Kunstdichtung  kann  sich  aber  auch  des  reimlosen 
Verses  (verso  sciolto ,  libcro,  bianco)  bedienen,  und  ist  der- 
selbe seit  dem  16.  Jahrhundert  für  das  Drama,  die  Idylle  und 
die  Satire  vielfach  gebraucht  worden.  Der  erste  Dichter,  wel- 
cher  ihn    principiell   anwandte ,    war    Giangiorgio   Trissiuo   (in 


Das  Italienische.  (369 

der  Tragödie  »Sofonisba«  1524  und  im  Epos  «l'Italia  liberata 
da'  Goti«  1547).!) 

G.  Das  Italienische  ist  reich  an  festen  Strophen-  und 
Dichtungsformen.  Die  wichtigsten  der  von  der  Kunstpocsie 
gebrauchten  sind : 

a)  Die  Terzine,  eine  Strophe  bestehend  aus  drei  Ende- 
casillabi,  von  denen  der  erste  und  dritte  mit  einander  reimen, 
der  zweite  dagegen  erst  in  der  folgenden  Strophe  seine  Bindung 

findet,    also:    ahahcbcdcde Damit  der  zweite  Vers  der 

letzten  Strophe  Bindung  erhalte,  muss  ein  einzelner  Vers  das 
betr.  Gedicht  abschliessen.  b  Das  Sonett.  In  ihrer  Norm al- 
forni  besteht  diese  mancherlei  Variationen  fähige  Dichtungs- 
form aus  14  Endecasillabi,  welche  in  zwei  Strophen  Stollen) 
von  je  4  Zeilen  ;daher  quaternarj ,  Quartette  genannt)  und 
eine  sechszeilige  Strophe  'Abgesang'  getheilt  sind  (die  sechs- 
zeilige  Strophe  pflegt  man  fälschlich  in  zwei  dreizeilige  Strophen, 
Terzetti,  zu  zerlegen).  Die  Quartette  haben  gemeinsame  Reime, 
deren  Stellung  meist  ahba  abha  ist,  doch  kommen,  namentlich 
bei  älteren  Dichtern,  auch  andere  Stellungen  vor,  z.  B.  ahba 
baab  oder  abah  abab  oder  abab  baba.  Die  Schlussstrophe  'die 
beiden  Terzette  läuft  auf  zwei  oder  drei  Reimen,  deren  Stel- 
lung eine  sehr  mannigfache  sein  kann  z.  B.  bei  zwei  Reimen  : 
aabbaa  oder  abbaab  oder  abbaba;  bei  drei  Reimen:  aabbcc 
oder  abbacc  oder  abbcca  oder  acbbca  u.  s.  w.).  Eine  Er- 
weiterung der  Sonettform  ist  das  sog.  sonetto  caudato,  sie  be- 
steht darin,  dass  dem  eigentlichen  Sonette  noch  drei  Terzette 
bestehend  aus  je  einem  Settenario  und  zwei  Endecasillabi  [zu- 
sammen  also  9  ^erse)    angefügt   werden ,    wobei   die  Settenari 


1;  Bekanntlich  ■wurde  der  »Blankvers«  durch  des  Earl  v.  Surrey  Ueber- 
setzung  des  2.  und  4.  Buches  der  Aeneide  verfasst  auf  Grund  der  ital. 
Uebersetzung  des  Ippolito  de'  Medici,  veröflFentlicht  zuerst  1557  nach  Eng- 
land übertragen,  um  dort  in  gleichtaktiger  Structur  fünffüssiger  Ton- 
jambus, nicht  schlechtweg  fünffüssiger  Jambus)  der  Vers  des  nationalen 
Dramas  zu  werden.  (Erste  in  Blankversen  abgefasste  Tragödie  war  der 
»Gorboduc«  oder  »Ferrex  and  Porrex«  des  Thomas  Sackville,  später  Lord 
Buckhurst,  und  Thomas  Norton  1562\  Ueber  die  Einbürgerung  des  fünf- 
füssigen  Tonjambus  in  Deutschland  vgl.  A.  Saver,  Ueber  den  5  f.  J.  vor 
Lessings  Nathan.  AVien  1S78;  F.  Zarxcke,  Ueber  den  5  f.  J.  mit  bes. 
Rücksicht  auf  seine  Behandlung  bei  Lessing,  Schiller  und  Goethe.  Leipzig 
1805,  vgl.  auch  Berichte  der  sächs.  Gesellsch.  d.  Wissensch.  1S70,  S.  207. 
Daxxehl,  Geschichte  u.  Bedeutung  des  reimlosen  5  f.  jamb.  Verses  in  der 
deutschen  Dichtung.  Rudolstadt  1&7Ü  Progr. 


570  ^^^  Italienische. 

mit  dem  letzten  Verse  des  Sonettes,  die  je  zwei  Endecasillabi 
aber  unter  sich  reimen,  also  z.  B.  (letzter  Vers  des  eigentlichen 
Sonettes  reimt  auf  c,  ihm  folgt  dann  die  »cauda«"  erster  Settenar 
mit  dem  Heim  c  +  zwei  Endecasillabi  mit  den  Reimen  dd  + 
zweiter  Sett.  c  +  zwei  End.  e  e  +  dritter  Sett.  c  4-  zwei  End. 
ff.  —  c)  Die  Canzone.  Die  Hauptregeln  über  den  Bau  der 
Canzone  lassen  sich  etwa  folgendermassen  zusammenfassen: 
1 .  Die  Canzone  ist  ein  lyrisches ,  in  Strophen  Stanzen)  ab- 
getheiltes  Gedicht.  2.  Die  Zahl  der  Strophen  beträgt  selten 
unter  fünf  und  selten  über  zehn.  3.  Abgeschlossen  wird  das 
ganze  Gedicht  meist  durch  eine  kürzere  Schlussstrophe ,  das 
sog.  »Geleit«  (chiusa,  ripresa,  tornata,  commiato,  congedo,  li- 
cenza) ,  vgl.  unten  die  letzte  Eegel.  4.  Die  Zahl  der  Verse 
einer  jeden  Strophe  (abgesehen  von  der  Schlussstrophe)  sinkt 
selten  unter  neun  und  steigt  selten  über  zwanzig;  jede  Strophe 
(wieder  mit  Ausnahme  der  Schlussstrophe)  muss  allen  übrigen 
an  Verszahl  gleich  sein.  5.  Die  zu  einer  Strophe  verbundenen 
Verse  sind  theils  Endecasillabi  theils  Settenari  oder  (aber  weit 
seltener)  Pentasillabi.  Die  Zahl  der  Endecasillabi  überwiegt 
in  der  Eegel.  G.  Sämmtliche,  oder  doch  je  zwei  auf  einander- 
folgende  Strophen  können  gleiche  Keime  haben  und  über- 
dies noch  durch  Binnenreime  mit  einander  verbunden  sein'). 
In  der  Regel  aber  hat  jede  Strophe  verschiedene  Reime. 
7.  Jede  Strophe  zerfällt  in  Bezug  auf  den  Reim  in  zwei,  meist 
ungleiche  Hälften,  welche  rhythmisch  dadurch  gebunden  sind, 
dass  der  erste  oder  zweite  Vers  der  zweiten  mit  dem  letzten 
der  ersten  reimt.  Zwischen  der  ersten  und  zweiten  Hälfte 
besteht  in  der  Regel  eine  Sinnespause.  8.  Die  erste  Hälfte 
bildet  entweder  ein  sich  abgeschlossenes  kleines  Reimsystem 
(z.  B.  abba)  und  heisst  dann  »fronte«  oder  aber  (und  das  ist 
gewöhnlicher)  sie  zerfällt  hinsichtlich  des  Reimes  in  zwei  Einzel- 
theile,  sogenannte  «piedi«,  z.  B,  in  zwei  Zweizeilen  ibinari) 
oder  in  zAvei  Dreizeilen  ternari)  oder  in  eine  Zweizeile  +  eine 
Dreizeile  u.  dgl.  9.  Die  zweite  Hälfte  bildet  entweder  ein  in 
sich    absceschlossenes  kleines  Reinisvstcm  und  heisst  dann  »^si- 


1)  So  sind  in  Petrarca's  Canzone  » Verdi  pauni,  sanguigni,  oscuri  o 
perst«  sämmtliche  Strophen  (hirchgereimt  und  ausserdem  reimen  mit  einan- 
der die  dritte  und  vierte  Sylbe  des  je  vierten  und  die  vierte  und  fünfte 
Sylbe  des  je  sechsten  Verses. 


Das  Italienische.  071 

rima»  oder  aber  sie  zerfällt  hinsichtlich  des  Reimes  in  mehrere 
Einzeltheile ,  sogenannte  (»versus«  oder^  »volte«  oder  «com- 
binazioniif.  10.  Ist  die  erste  Stropbonhülfte  eine  »fronte«,  so 
niuss  die  zweite  ans  »volte«  bestehen ,  darf  also  keine  vsirima« 
sein,  und  umgekehrt :  ist  die  zweite  Strophenhälfte  eine  »sirimacf, 
so  muss  die  erste  aus  vpiedia  besteben,  darf  also  keine  »fronte« 
sein.  Dagegen  kann  sehr  wohl  die  erste  Hälfte  aus  »piedi« 
und  die  zweite  aus  »volte«  bestehen '^.  11.  Die  Geleitstrophe 
muss  sich  in  l^ezug  auf  Art  und  Reim  ihrer  Verse  an  die 
zweite  Hälfte  der  letzten  Strophe  anschliessen,  auch  bezüglich 
ihres  L'mfanges  zu  dieser  in  einem  angemessenen  Verhältnisse 
stehen.  Uebrigens  darf  die  Geleitsstropbe  fehlen,  wie  z.  B.  in 
Petrarca's  Canzone,  i^Mai  non  vo'  piü  cantar  com'  io  soleva«. 
—  Schliesslich  werde  der  Bau  der  Canzonen^trophc  an  folgen- 
den beiden  Beispielen  veranschaulicht: 

I.     .Petrarca,  Ganz.  X  [19\) 

Erste  Halbstrophe    (»fronte«  im  weiteren  Sinne)  zerfällt  in  die  »piedi" 
abc  +  bac. 

Gentil  mia  Donna,   i    veggio  7  Sylben 

Nel  tnover  de    vostr'  occhi  im  dolce  lume,  11        » 

C}ie  mi  inostra  la  via  cli  al  Ciel  conduce  ;  11         » 

JE7  per  lungo  costume  7        » 

Dentro  lä  dove  sol  con  Amor  seggio,  1 1         » 

Quasi  visibihnente  il  cor  traluce.  \\  1 !         » 

Zweite  Halbstrophe    »sirima«  im   engeren  Sinne) ,    deren  erster  Vers  a 
mit  dem  letzten  der  ersten  Halbstrophe  gebunden  ist. 

Quesf  e  la  vista  cK  a  ben  far  in'  indlice,  1 1 

E  che  }ni  scorge  al  glofioso  ßne\  li 

Quesf a  sola  dal  vulgo  ni'allontana:  11 

Ne  giammai  lingua  umana  7 

Contar  poria  quel  che  le  due  divine  1 1 

Lud  sentir  mi  fanno;  7 

E  quando  il  verno  sparge  le  pruine,  11 

E  quando  poi  ringiovenisce  V  anno,  1 1 

Qual  era  al  tempo  del  mio  primo  affanno.  1 1 

a  Halbstrophen  <¥.  6  u.  7)  besteht  eine  Sinnespause. 


1)  Die  Namen  »fronte«  und  »sirima«  werden  jedoch  auch  im  weiteren 
Sinne  zur  Bezeichnung  der  aus  »piedi«,  bzw.  aus  »voltc"  bestehenden  ersten, 
bzw.  zweiten  Strophenhälfte  gebraucht. 


a 

1. 

b 

2. 

c 

3. 

b 

4. 

a 

5. 

e 

6. 

«     1. 

c 

7. 

?     2. 

d 

8. 

Y     3. 

e 

9. 

Y     4. 

e 

10. 

i     5, 

d 

11. 

's    6. 

f 

12. 

^     7. 

d 

13. 

S    S. 

f 

14. 

(f    9. 

f 

15. 

Zwischen 

)eid 

a 

1. 

b 

2. 

c 

3. 

a 

4. 

b 

5. 

c 

6. 

ß 

2. 

d 

8. 

y 

3. 

e 

9. 

Y 

4. 

e 

10. 

ß 

5. 

d 

11. 

& 

6. 

f 

12. 

d 

7. 

f 

13. 

072  Das  Italienische. 

n.    (Petrarca,  Ganz.  XI  [2V.] 
Erste  Halbstrophe  (»fronte«  im  weiteren  Sinne),    zerfällt  in  die  »piedi« 
abc  +  abc. 

Ciliare,  fresche  e  dolci  acqiie,  7 

Ove  le  belle  memhra  7 

Pose  colei  che  sola  a  me  par  donna  ;  1 1 

Gentil  ramo,  ove  piacque  7 

(Con  sospir  mi  rimembra)  7 

A  lei  di  far  al  bei  ßanco  colonna  ;     ||  11 

weite  Halbstrophe  (»sirima«  in  weiterem  Sinne),  zerfällt  in  die  «volte« 
ß  7  Y  ß  +  *^  ^>  denen  der  Bindevers  «  vorangeht. 
«     1 .     c       7.     Erba  e  ßor,  che  la  gonna  7 

Leggiadra  ricoverse  7 

Con  r  angelico  seno;  7 

Aer  sacro  sereno,  7 

Ov^  Amor  cd'  begli  occhi  il  cor  m    aperse;  11 

Date  iid'ietiza  insieme  7 

Alle  dolenti  inie  parole  estreme.  11 

Zwischen  beiden  Halbstrophen  (V.  6  u.  7)  besteht  eine  Sinnespause. 

Ausdrücklich  werde  darauf  hingewiesen,  dass  nehen  den  in 
obigen  Beispielen  dargestellten  Strophenformen  noch  zahlreiche 
andere  üblich  sind,  welche  sich  von  den  angeführten  hinsicht- 
lich der  Verszalil,  der  Versmischung ,  der  Reimstellung  und 
des  Umfangsverhältnisses  der  beiden  Strophenhälften  unter- 
scheiden. Ja,  die  Zahl  der  möglichen  Variationen  ist  eine  ge- 
radezu unbegrenzte.  —  d)  Die  Ballade.  Die  B.  besteht  aus 
einer  kürzeren  Strophe,  der  sog.  «ripresa«,  welche  gleichsam 
das  Thema  des  Gedichtes  angiebt,  und  mindestens  einer 
längeren  Strophe,  deren  letzter  (und  oft  auch  vorletzter)  Vers 
mit  dem  Schlussverse  der  »ripresa«  reimen  muss.  Verszahl, 
Versart  und  Keimstellung  sowohl  der  kürzeren  wie  der 
längeren  Strophe(n  sind  an  bestimmte  Kegeln  nicht  gebunden. 
Der  Bau  der  längeren  Strophe  (n)  ist  im  Allgemeinen  dem- 
jenigen der  zweiten  Strophenhälfte  der  Canzone  analog.  — 
e)  Das  Madrigal.  Unter  M.  begreift  man  ein  kurzes  epi- 
grammartiges lyrisches  Gedicht;  bestimmte  Kegeln  über  seinen 
Bau  existiren  nicht,  doch  ist  zu  bemerken,  dass  es  öfters  aus 
zwei  oder  drei  Terzinen  mit  dem  erforderlichen  Schlussverse 
bestellt.  —  f)  Die  Ottava  rima.  Die  O.  r.  ist  eine  aus 
acht  Endecasillabi  bestehende  Strophe  mit  der  Reimstellung 
ahahahcc.  —    g)  Die  S  est  ine.     Die  S.  umfasst  sechs  Strophen 


Das  Italienische.  673 

zu  je  6  Endecasillahi  und  eine  Schlussstrophe  von  3  Versen. 
Die  Schlussworte  der  \'erse  der  ersten  Strophe  kehren ,  aber 
stets  in  anderer  Ixeihcnfolge,  in  den  Versschlüssen  der  übrigen 
Strophen  wieder  imd  bilden  also  die  durchgehenden  Reime 
^das  Schema  ist:  Nr.  1.  abcdef,  2.  faehdc,  Z.  cfdahe,  4.  echfid^ 
5.  ileacfb,  G.  hdfvra)  ;  in  der  Kipresa  müssen  diese  sechs 
Schlussworte  theils  in  der  Versmitte  theils  am  Versende  wieder- 
kehren  (Schema:  Vers   1.  -a-h,  2.   -c-d,   3.  -e-f). 

Von  den  angeführten  festen  Strophen-  und  Gedichtformen 
finden  das  Sonett,  die  Canzone,  das  Madrigal,  die  liallate  und 
die  Sestine  nur  in  der  Lyrik  Verwendung ,  die  Ottava  llima 
im  romantischen  Epos  (bei  Boccaccio,  Ariost,  Tasso  u.  A.), 
die  Terzine  vorwiegend  im  allegorischen  Epos  (so  in  Dante's  Div. 
Comm.,  in  Fazio  degli  Uberti's  Dittamondo  etc.),  ausserdem  aber 
auch  in  der  lehrhaften  und  in  der  satirischen  Dichtung  (so  z.  ]}. 
in  Ariost's  Satiren  und  Capitoli,  in  Varanos  Visioni). 

Unter  den  volksthüm  liehen  Dichtungsformen  sind 
namentlich  das  Eispetto  und  das  llitornello  oder  Stornello  her- 
vorzuheben. »Die  Rispetti  haben  verschiedenen  Umfang, 
aber  stets  gerade  Verszahl.  Das  kleinste  ist  die  Vierzeile,  und 
diese  herrscht  in  Oberitalien,  wenn  auch  nicht  ausschliesslich. 
In  Mittel-  und  Süditalien  begegnet  die  Sechszeile  häufiger  als 
die  Vierzeile ;  bei  weitem  am  beliebtesten  ist  die  Achtzeile ; 
was  darüber  hinausliegt,  die  Zehn-.  Zwölf-,  Vierzehnzeile  u. 
s.  w..  erscheint  vereinzelt.  Nur  die  einfachsten  Reimstellungen 
kommen  im  Rispett  vor.  Reime,  die  sich  einschliessen,  werden 
schon  als  etwas  zu  Künstliches  verschmäht.  Ausnahmen  sind 
selten.  Im  Süden  gilt  die  Reimkreuzung  (abab)  für  Rispetti 
jeden  Umfangs  als  das  Regelmässige.  Das  übrige  Italien  wendet 
daneben  die  Reimpaarung  an  (aabb),  beide  Systeme  wechseln 
mit  einander  ab  in  der  Vierzeile,  verbinden  sich  mit  einander 
in  den  grösseren  Massen  (ababcc,  abab|ccdd) .  Die  gleichen 
oder  ungleichen  Hälften,  in  welche  letztere  dadurch  zerfallen, 
unterscheiden  sich  auch  in  der  Innern  Form.  Die  eine,  mit 
gekreuzten  Reimen,  enthält  den  eigentlichen  Kern  des  Liedes; 
die  andere,  mit  gepaarten  Reimen,  stellt  gleichsam  ihren 
musikalischen  Nachhall  dar,  sie  knüpft  an  einen  der  vorher- 
gehenden Verse,  gewöhnlich  den  letzten,  an  und  ihr  erstes 
Verspaar  verjüngt  sich  in  jedem  folgenden.«    H.  Schuchakdt, 

Körting,  Encyklöpädie  d.  rom.  Phil.  III.  43 


674  Das  Italienische. 

Ritornell  und  Terzine,  S.  1).  «Das  Ri  tornell  tritt  besonders 
in  drei  Gestalten  auf,  als  volle  Dreizeile  (aba) ,  als  unvoll- 
ständige Dreizeile  oder  Dritthalbzeile  («  ba),  als  unvollständige 
Zweizeile  oder  Anderthalbzeile  [a  a) ;  hieran  schliesst  sich  die 
eine  oder  die  andere  seltene  Abart  an.«  (Schuchardt  a.  a. 
O.,  S.  3).  Die  beiden  Aussenverse  des  dreiteiligen  Ritornells 
sind  meist  durch  Vollreini  mit  einander  gebunden,  der  Binnen- 
vers mit  den  Aussenversen  meist  durch  Assonanz  oder  Con- 
sonanz  (s.  oben)  oder  auch  durch  Reim.  Das  liispett  sowohl 
wie  das  Ritornell  haben  meist  erotischen,  mitunter  auch  senten- 
ziösen  Inhalt.  »Beide  bewegen  sich  in  dem  gleichen  Kreis  von 
Gedanken  und  Empfindungen,  beide  bedienen  sich  derselben 
Mittel ,  sie  auszudrücken.  Hiermit  darf  wohl  in  Zusammen- 
hang gebracht  werden ,  dass  sie  zuweilen  ihre  Benennungen 
austauschen  oder  wenigstens  unter  eine  zusammenfallen. 
»Strambotto«  bedeutet  in  Sicilien  (zu  Caltanisetta)  und  Piemont 
das  Rispett,  in  den  pistojesischen  Bergen  das  Ritornell,  »Stor- 
nello«  im  grössten  Theil  von  Toscana  dieses,  zu  Rom  jenes, 
(ebenso  am  Aetna  »Sturnettu«  =  »Canzuna«) ,  im  Aretinischen 
und  in  der  Romagna,  wie  es  scheint,  das  Eine  und  das 
Andere.«  (Schuchardt,  a.  a.  O.,  p.  6).  Für  das  Ritornell 
charakteristisch  ist.  dass  in  seiner  Eingangszeile  gern  eine 
Blume  oder  eine  Frucht  genannt  und  das  Mädchen,  an  welches 
das  Gedichtchen  gerichtet  ist,  gleichsam  mit  diesem  Namen 
angeredet  wird^).  (Uebrigens  kommt  es  auch  nicht  selten  vor, 
dass  das  Mädchen  den  Geliebten  anredet). 

Die  Kunstlyrik  der  Italiener  leistet  in  formaler  Hinsicht, 
besonders  im  Sonett,  in  der  Canzone  und  in  der  Sestine,  das 
Höchste ,    ist   aber   in    ihrem    Inhalte    nur   zu   oft   frostisr   und 


1)  Z.  B. 


oder: 


oder: 


Fior  di  mentuccia. 
Beato  chi  ti  st  ringe,   e  chi  f  abbraCCia, 
Chi  te  la  bacicrä  quella  boccuccia. 

Fior  di  htpino. 
Caro  amor  mio,  jtorgftemi  la  mano, 
Accib  possa  salir  questo  scalino. 


Fioriii  di  miglio. 
Tahacco  e  buonn,  e  la  scatnla  c  meglio  : 
Mi  ricordo  di  voi  quando  lo  piglio. 
Diese  Beispiele  können  zugleich  die  Konsonanz  veranschaulichen. 


Das  Italienische.  675 

maiiierirt.  Die  Volkslyrik  bedient  sich  geradezu  naiv  ein- 
facher Formen ,  entfiiltet  aber  dennoch  entzückende  Annuith 
und  staunenswerthe  Meisterschaft  in  epigrammatisch  scharfer 
Zusammenfassung  oft  recht  origineller  Gedanken. 

I.  i  1 1  e  r  a  t  u  r  a  n  g  a  b  e  n '  > : 

Dante,  De  vulgari  cloqucntia  Lib.  U,  cap.  5  tf.  ibehandelt  besonders 
den  Bau  der  Canzone)  —  Antonio  da  Tempo,  Trattato  dellc  rime  volgari, 
composto  nel  1332,  ed.  G.  Grion.  Bologna  1809  —  Gidino,  Trattato  dei 
ritmi  volg.,  in:  Scelta  etc.  No.  105  —  G. Tkissino,  Poetica.  Vicenza  1529  — 
ZuccOLO,  Discorso  delle  ragioni  del  numero  del  verso  ital.  Venezia  1623 
—  L.  Mattei,  Teorica  del  verso  volgare  e  prattica  di  retta  pronunzia- 
zione.  Venezia  1695  —  F.  M.  Zanotti,  Dell'  arte  poetica  ragionamenti 
cinque.  Bologna  1768. 

G.  Beuengo,  Della  versificazione  italiana.  Venezia  1854  —  G.  Picci, 
Compeudio  della  guida  allo  studio  delle  belle  lettere  (3*  ed.  Milano  1865), 
p.  273  —  Zambalüi,  II  ritmo  dei  versi  it.  Turin  1874. 

Valentini,  Gründliche  Lehre  der  ital.  Aussprache,  Skansion  u.  Be- 
tonung der  ital.  Verse.  Berlin  1 834  —  E.  Kukzweil,  Traite  de  la  prosodie 
de  la  lang.  ital.  base  s.  l'analyse  etymologique  des  mots.  Paris  1S04  — 
*Blanc  in  seiner  Gramm,  p.  678  S.  —  C.  V.  llElNH.\RDSTÖTTNEli  in  seiner 

V  \  , 

Gramm,  p.  160  f.  —  F.  Zveuina,  Grundzüge  der  ital.  u.  französ.  Metrik. 
Wien  1S79,  vgl.  Herrig's  Archiv  67  S.   197. 

E.  BÖHMER,  Ueber  Dante's  De  vulg.  eloqu.  u.  insbesondere  über  seine 
Theorie  vom  Bau  der  Canzone.  Halle  1868  (Begrüssungsschrift  zur  Philo- 
logenversammlung) —  *H.  Schuchardt,  Ritornell  u.  Terzine.  Halle  1874, 
vgl.  Rom.  IV  489,  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  II  115  —  L.  Biadene,  Sul  collega- 
mento  delle  stanze  mediante  la  rima  nella  canzone  ital.  dei  secoli  13  e  14. 
Florenz  1885  (derselbe  Verf.  will  eine  Monographie  über  »la  forma  metrica 
della  canzone  ital.«  herausgeben)  —  A.  d'Ancona,  Osservazioni  ad  un  ar- 
ticolo  del  prof.  A.  Borgognoni  (in:  Nuov.  Antol.  1879,  Heft  2)  sul  sonetto, 
in:  Giorn.  di  fil.  rom.  H  72  —  F.  CoRAZZixi,  Osservazioni  sulla  metrica 
popolare,  in:  Propugn.  XHI  2,  p.  269  —  G.  TiGRl,  in:  Canti  pop.  tose. 
(s.  oben  S.  635),  p.  XLII. 

Ueber  Carducci's  Metrik  vgl.  Chiarini  ,  I  critici  ital.  e  la  metrica 
delle  odi  barb.  Bol.  187S,  vgl.  auch  Gnoli  in  Nuov.  Ant.  33. 

Wissenschaftliche  Untersuchungen  über  Rhythmik  und 
Poetik  einzelner  Dichter,  bzw.  Litteraturwerke  fehlen  fast 
noch  vollständig.  Auch  hier  also  gilt  es  noch,  Lücken  aus- 
zufüllen. Nur  ist  zu  wünschen,  dass  etwa  erscheinende  Mono- 
graphien weniger  schablonenhaft  und  gedankenlos  ausfallen 
mögen,  als  so  manche  Einzelschrift  über  altfrz.  und  prov. 
Rhythmik  es  leider  ist. 

1)  Bei  Gelegenheit  werde  hier  aufmerksam  gemacht  auf  R.  Tni'ux- 
EYSEn's  Schrift:  Der  Saturnicr  und  sein  Verhältniss  zum  späteren  rom. 
Volksverse.  Halle  1885,  vgl.  Rom.  XIV  317. 

43» 


676  ^*s  Italienische. 

§9.  liemerkungen  über  die  Geschichte  der 
italienischen   Litteratur.  i) 

1 .  Die  ältesten  Denkmäler  der  ital.  Litteratur  reichen 
nicht  über  das  13.  Jahrhundert  hinauf.  Alle  Behauptungen 
eines  höheren  Alters  sind  irrig ,  die  Denkmäler ,  auf  welche 
man  sie  stützen  wollte,  Fälschungen  (so  namentlich  die  be- 
rüchtigten «Carte  d'Arborea«) .  Auch  die  einzige  Dichtung, 
deren  Abfassung  mit  gutem  Grunde  in  das  1 1 .  Jahrhundert 
angesetzt  werden  zu  können  schien ,  ist  neuerdings  als  ein 
Werk  des  13.  Jahrhunderts  erwiesen  worden  (es  ist  der  »Eitmo 
Cassinese« ,  welcher  allerdings  in  einem  aus  dem  1 1 .  Jahr- 
hundert stammenden  Codex  überliefert,  aber  erst  nachträglich 
in  denselben  eingetragen  worden  ist  [vgl.  Propug.  VII  2,  394, 
Riv.  di  fil.  rom.  II  91  ;  Gaspary,  Gesch.  der  ital.  Litt.  I  49 
und  484];  für  völlig  abgeschlossen  darf  allerdings  die  Unter- 
suchung noch  nicht  gelten). 

2.  So  auffällig  es  auch  erscheinen  mag,  dass  die  schon 
im  14.  Jahrhundert  so  reich  erblühende  ital.  Litteratur  erst 
im  13.  Jahrhundert  ihre  Entwickelung  begonnen  habe,  so  ist 
nichtsdestoweniger  diese  Thatsache  aus  geschichtlichen  Gründen 
leicht  zu  erklären.  Eine  nationale  Litteratur  kann  stets  nur 
auf  Grund  einer  individualen  Nationalität  entstehen ,  muss  auf 
einer  solchen  beruhen ,  von  einer  solchen  getragen  Averden. 
Die  italienische  Nationalität  aber  hat  sich  erst  spät  entwickelt, 
denn  Jahrhunderte  mussten  vergehen ,  bevor  aus  den  so  ver- 
schiedenartigen Bevölkerunoselementen,  wie  sie  Italien  axis  dem 
Alterthume  und  durch  die  "N'ölkerwanderung  überkommen 
hatte  '^),   ein  wenigstens  in  den  Grundzügen  seines  Wesens  ein- 


1)  Dem  Verfasser  der  Encyklopädie,  welcher  sein  Interesse  für  die 
Geschichte  der  italienischen  Litteratur  durch  Yeröti'entlichung  mehrerer 
dieselbe  behandelnden  Einzelschriftcn  bekundet  hat,  wird  man  wohl  gern 
glauben,  wenn  er  versichert,  dass  es  ihm  Ucbcrwindung  gekostet  hat,  den 
obigen  Paragraph  auf  einige  Seiten  zu  beschränken,  wie  gebieterische 
Rücksichten  auf  den  Kaum  es  erheischten. 

Die  Daten  über  die  in  diesem  §  genannten  einzelnen  Au- 
toren und  die  Titel  ihrer  Werke  sehe  man  in  dem  §  lU  B.  ge- 
gebenen alphabetischen  Kegister. 

2)  Man  denke  an  die  Vielheit  der  altital.  Stämme,  an  die  bunt  zu- 
sammengewürfelte Menge  der  römischen  Sklavenschaft,  an  die  griechische 
Colonisation  in  Unteritalien,  an  die  Invasion  der  lleruler,  Vandalen,  üst- 
gothen,  Langobarden,  an  die  Herrschaft  der  IJvzantiner  über  Theile  Mittel- 
und  Unteritaliens,  an  die  Besetzung  Siciliens  clurch  die  Araber  und  später 


Das  Italienische.  677 

heitlifhcs  Volksthum  sich  herauszubilden  vermochte,  zuuuil  da 
dieser  Process  durch  die  politische  Zerrissenheit  der  Halbinsel 
ungemein  erschwert  war.  Wohl  wäre  es  an  sich  denkbar  ge- 
wesen, dass.  ähnlich  wie  im  mittelalterlichen  Frankreich,  so 
auch  im  mittelalterlichen  Italien ,  in  den  einzelnen  Dialekt- 
gebieten Sonderlitteraturen  sich  entwickelt  hätten.  Aber  nur 
vereinzelt  ist  dies  geschehen  (so  im  Mailändischen,  im  Venetia- 
nischen  etc.) ,  und  auch  da  nur  in  Ansätzen  und  ohne  dass 
Höheres  erreicht  worden  w'äre.  Denn  diese  Gebiete  waren 
zu  klein  und  politisch  zu  zersplittert,  bildeten  keine  Einheiten, 
sondern  zerfielen  in  Aielheiten,  entbehrten  jedes  selbst  nur 
ideellen  Zusammenhanges.  Dazu  trat,  dass  aus  naheliegendem 
Grunde  in  Italien  das  Latein  sich  am  zähesten  als  litterarische 
Sprache  zu  behaiipten  vermochte,  und  die  Anregung,  sich  des 
Volksidiomes  für  die  litterarische  Production  zu  bedienen,  hier 
nicht  in  dem  Grade  vorhanden  war,  wie  in  andern  roma- 
nischen Ländern,  deren  Volkssprache  von  dem  Latein  durch 
eine  grössere  Kluft  getrennt  war.  Endlich  aber  ist  noch  Eins 
zu  erwägen.  Italien  war  im  römischen  Alterthum  ein  litte- 
rarisch ungemein  productives  Land  gewesen.  Es  war  nur 
naturgemäss,  dass  auf  diese  lange  Zeit  der  Fruchtbarkeit  eine 
ebenfalls  lange  Zeit  der  Unfruchtbarkeit,  der  geistigen  Zeu- 
gungsunfähigkeit folgte,  zumal  da  in  den  für  Italien  so  wirren 
und  wüsten  Jahrhunderten  des  früheren  Mittelalters  die  äusseren 
Verhältnisse  die  für  litterarisches  Schaffen  denkbar  ungünstig- 
sten waren.  Daraus  erklärt  sich,  dass  auch  die  der  lateinischen 
Sprache  sich  bedienende  Litteratur  Italiens  während  des 
früheren  jSIittelalters  nichts  Bedeutendes  hervorbrachte. 

3.  Die  eigenartige  Cultur  des  Mittelalters,  wie  sie  nament- 
lich in  Frankreich,  Deutschland  und  England  sich  entfaltete, 
ist  Italien  im  Wesentlichen  fremd  geblieben,  und  folglich 
konnten  dort  auch  die  anderwärts  so  ergiebigen  specifisch 
mittelalterlichen  Litteraturmotive  (Karlssage,  Artussage,  Gral- 
sage etc.)  zu  keiner  rechten  Wirksamkeit  gelangen.  Erst  die 
im  13.  Jahrhundert  anhebende,  im  14.  Jahrhundert  feste  Ge- 
stalt   erlangende    Renaissancecultur    vermochte,    weil    hervor- 


durch  die  Normannen    -n-elche   auch  Unteritalien   oceupirten) ,    und  an  die 
Römerzüge  der  deutschen  Kaiser. 


678  ^^^  Italienische. 

gegangen  aus  dem  nationalen  Geiste,  der  nationalen  Litteratur 
geistigen  Inhalt  und  höhere  l^edeutsamkeit  zu  verleihen,  ja 
diese  Litteratur  eigentlich  erst  zu  erzeugen.  Erst  mit  der 
Renaissance  beginnt  in  der  Wirklichkeit  Italiens  Litteratur ; 
was  vor  der  Renaissance  litterarisch  geschaffen  worden  war, 
ist  fast  ausnahmslos  lediglich  in  formaler  und  sprachlicher, 
nicht  aber  in  stofflicher  und  künstlerischer  Hinsicht  von 
Interesse. 

Dass  vor  Petrarca  und  Boccaccio ,  den  eigentlichen  Be- 
gründern der  Renaissance,  Dante  die  Divina  Commedia  schuf 
und  seine  lateinischen  Prosaschriften  verfasste,  beeinträchtigt 
die  Richtigkeit  des  ausgesprochenen  Urtheiles  nicht.  Freilich 
steht  Dante  als  Theoretiker  auf  dem  I^oden  der  mittelalter- 
lichen Cultur,  und  seine  erhabene  Dichtung  ist  deren  gross- 
artigste dichterische  Zusammenfassung  und  zugleich  schönste 
Verklärung.  Aber  doch  ist  in  Dante's  Persönlichkeit  und 
Werken  Vieles  enthalten,  was  dem  ^littelalter  fremd  und  selbst 
widersprechend ,  was  Vorwegnahme  von  Gedanken  und  An- 
schauungen der  Renaissance  ist.  Jedenfalls  übt  Dante  an  der 
mittelalterlichen  Cultur  Kritik  und  bekundet  dadurch,  dass  er 
sich  ihr  geistig  überlegen,  dass  er  sich  geistig  frei  fühlt,  dass 
er  seiner  Individualität  mit  aller  Entschiedenheit  Ausdruck 
und  Geltung  zu  geben  wagt.  Durch  diese  Eigenschaft  tritt 
er  aus  dem  Mittelalter  in  die  Geistessphäre  der  Renaissance- 
zeit ein.  Uebrigens  aber  ist  Dante  ein  so  eigenartiger  und 
gewaltiger  Dichter  und  Denker,  dass  auf  dem  begrenzten  Ge- 
biete der  italienischen  Nationallitteratur  kein  hinreichender 
Raum  für  die  ihm  gebührende  Stellung  ist,  dass  vielmehr  die- 
selbe nur  innerhalb  der  Weltlitteratur  gefunden  werden  kann. 
Dante  ist  allerdings  durch  Geburt  und  Lebensgang  und  Sprache 
Italiener ,  in  seinen  persönlichen  Anschauungen  und  Empfin- 
dungen ist  er  sogar  durch  und  durch  Florentiner,  Florentiner 
selbst  im  Uebermasse,  nichtsdestoweniger  aber  ist  seine  Riesen- 
gestalt, vom  beschränkten  Standpunkte  der  ital.  Nationallitte- 
ratur aus  betrachtet  und  gemessen,  nicht  fasslich  und  begreif- 
lich, sie  wird  es  erst,  wenn  man  auf  den  weiten  Plan  der 
Weltlitteratur  sich  begiebt  und  von  diesem  aus  auf  sie  die 
Blicke  richtet.  Dante  überragt  eben,  wie  sein  Zeitalter  und 
dessen  Cultur,  so  nicht  minder  seine  Nationalität. 


Das  Italienische.  679 

4.  In  der  innigen  Verbindung  der  italienischen  Litteratur 
mit  der  Eenaissauce  sind  die  Ursachen  ihrer  Eigenart  und 
ihrer  raschen  AufltUithe.  aber  auch  die  Ursachen  ilirer  Schwüclie 
und  ihres  raschen  ^'erfalles  enthalten.  Sic  stieg  empor  mit 
der  Kenaissancecultur,  sank  aber  mit  dieser  auch  nieder.  Die 
Eenaissancecultur  war  der  Nährboden,  auf  welchem  die  italie- 
nische Litteratur  emporwuchs,  es  war  unvermeidlich,  dass,  als 
dieser  Boden  von  Fäulnisselementen  überwuchert  ward,  auch 
die  Litteratur  von  Fäulniss    und    Siechthum    ergriffen   wurde. 

Weil  auf  dem  Boden  der  Renaissance  erwachsen,  trägt  die 
italienische  Litteratur.  abgesehen  von  ihren  Erstlingserzeug- 
nissen s.  unten  No.  6) ,  von  vornherein  einen  modernen 
Charakter,  das  der  neueren  Litteratur  des  romanischen  und 
germanischen  Europa's  überhaupt  eigene  Gepräge.  Sie  ist  von 
vornherein  eine  von  humanistisch  gebildeten  und  in  der  Antike 
ihr  Kunstideal  erblickenden  Dichtern  und  Schriftstellern  Ver- 
standes- und  kunstmässig  gepflegte  Litteratur,  welche  in  erster 
Reihe  wieder  an  die  humanistisch  Gebildeten  sich  wendet  und 
jedenfalls  in  der  grossen  Mehrzahl  ihrer  Erzeugnisse  nur  eben 
für  die  humanistisch  Gebildeten  vollverständlich  und  geniess- 
bar  ist.  Nicht  die  Gesammtnation .  sondern,  wenigstens  zu- 
meist ,  nur  die  oberen ,  die  bevorzugten  Classen  der  Gesell- 
schaft vermögen  Antheil  an  ihr  zu  nehmen;  der  Masse  des 
Volkes  aber  bleibt  sie,  weil  aller  Naivetät  entbehrend,  fem 
und  fremd ;  nur  hin  und  wieder  wissen  besonders  begnadete 
Dichter  Töne  anzuschlagen,  welche  Aller  Herzen  ergreifen, 
Allen  verständlich  sind,  so  Petrarca  in  einzelnen  Sonetten 
und  Canzonen  (keineswegs  in  allen) ,  so  Tasso  im  »Befreiten 
Jerusalem«.  Sonst  aber  wahrt  die  Litteratur  ihren  exclusiven 
Charakter .  ihre  aristokratische  Vornehmheit ;  sie  meidet  das 
Volksgetümmel  und  den  Lärm  der  Strasse  und  schlägt  ihre 
Sitze  am  liebsten  in  den  Patricierpalästen  und  an  den  Fürsten- 
höfen auf.  Doch  theuem  Preis  muss  sie  für  diese  auserwählten 
Stätten  zahlen:  sie  muss  zuweilen  auf  Ernst  und  Würde  ver- 
zichten und  zu  tändelndem  Spiele  sich  herablassen,  damit  sie 
eine  auf  leichte  Unterhaltung  lüsterne  Gesellschaft  ergötze; 
sie  muss  vielfach  der  Form  den  Gedankeninhalt  opfern;  ja, 
sie  muss  auf  die  Pflege  bestimmter  Dichtungsgattungen  ver- 
zichten.    Und   so    wird   diese  Litteratur  einseitig  in  doppelter 


680  Däs  Italienische. 

Beziehung :  einseitig,  weil  sie  genöthigt  ist  zur  Hervorhebung 
des  formalen  Elementes ,  und  einseitig,  weil  sie  mit  Vorliehe 
nur  diejenigen  Gattvmgen  pflegt,  welche  den  Zwecken  geselliger 
Unterhaltung  zu  dienen  geeignet  sind,  so  die  leichte  und  be- 
sonders wieder  die  erotische  Lyrik,  das  romantische  Epos,  die 
Novellistik,  das  pastorale  Drama,  endlich  den  philosophische 
Fragen  geistvoll,  aber  doch  dilettantisch  behandelnden  Dialog 
und  das  wissenschaftliche  Themata  erörternde  Essay.  Die 
Tragödie  dagegen  kommt  über  steife  Nachahmungen  antiker 
Vorbilder  nicht  hinaus;  im  Lustspiel  wird  nur  vereinzelt  Be- 
deutsames geschaften;  das  nationale  Epos  aber  bleibt  un- 
geboren. 

Von  Italien  aus  verbreitet  die  Renaissance  sich  siegreich 
über  alle  Culturländer  Europa's  und  mit  ihr  verbreiten  sich 
die  ihr  eigenthümlichen  litterarischen  Strömungen.  Italiens 
Litteratur  wird  das  Vorbild ,  auf  welches  hinschauend  die 
Eomanen  wie  die  Germanen,  selbst  einzelne  Slavenvölker  (so 
namentlich  die  dalmatischen  Slovenen  [Ragusa]  und  die  Polen) 
neue  Bahnen  der  litterarischen  Entwickelung  einschlagen.  So 
erlangen  die  italienischen  Canzonieri  und  Novellenbücher,  nicht 
minder  das  italienische  Lustspiel  und  Schäferdrama  internatio- 
nale und  universalliterarische  Bedeutung,  mit  ihnen  zugleich 
auch  ihre  rhythmischen  Formen,  namentlich  die  von  der  Lyrik 
gebrauchten  und  vor  allen  wieder  das  Sonett. 

5.  Die  Geschichte  der  italienischen  Litteratur  lässt  sich 
in  folgende  Perioden  eintheilen ;  a)  die  Periode  der  Anfänge 
oder  der  Vorrenaissance,  etwa  von  1230  bis  zu  Petrarcas  Auf- 
treten (ca.  1330)  reichend,  b)  Die  Periode  der  Frührenais- 
sance, etwa  von  Petrarca  bis  zu  Lorenzo  de'Medici  (etwa  von 
1330  bis  1470).  c)  Die  Periode  der  Hochrenaissance,  von 
Lorenzo's  de'Medici  Auftreten  bis  zu  Ariost's  Tode  (ca.  1470 
bis  1533).  d)  Die  Periode  der  Spätrenaissance ,  von  Ariost's 
bis  zu  Tasso's  Tode  (1533  bis  1595).  e)  Die  Periode  des  Rococo 
oder  des  Verfalles,  von  Tasso's  Tode  bis  zur  Mitte  des  18. 
Jahrhunderts,  f)  Die  Periode  der  Vorromantik  oder  die  Sturm- 
und Drangperiode,  etwa  von  Mitte  des  18.  Jahrhunderts  bis 
zu  Manzoni's  Auftreten  (um  1S20).  g)  Die  Periode  der  Ro- 
mantik, von  Manzoni's  Auftreten  bis  etwa  zu  den  revolutionären 
Bewegungen    am   Ende    der   vierziger  Jahre,     h)    Die    Periode 


Das  Italienische.  681 

des  Epigonenthums,  vom  Ende  der  vierziger  Jahre  bis  zur 
GegeuAvart . 

Italienische  Sitte  ist  es ,  die  einzelnen  Jahrhundertc  als 
Litteraturperioden  aufzufassen  und  sie  mit  der  Cardinalzahl 
der  geschriebenen  IIundertzifFer  zu  benennen  (also  z.  B.  unter 
»trecento«  versteht  man  die  Zeit  von  1300  bis  1399,  unter 
»quattrocento«  die  Zeit  von  1400  bis  1499,  unter  »Cinquecento« 
die  Zeit  von  1500  bis  1599  etc.;  die  innerhalb  eines  Jahr- 
hunderts lebenden  Dichter  und  Künstler  werden  darnach  als 
»trecentisti«  etc.  bezeichnet). 

6.  Die  ersten  litterarischen  Anregungen  empfing  Italien 
von  Frankreich  (im  engeren  Sinne)  und  von  der  Provence  (im 
weiteren  Sinne) .  Französische  Trouveres  übertrugen  die  Chan- 
son-de-geste-Dichtung  nach  Oberitalien  ')  ;  freilich  fasste  die- 
selbe dort  nicht  feste  Wurzeln,  wurde  nicht  national,  sondern 
kam  über ,  sprachlich  oft  sehr  wunderliche ,  Italianisirungen 
französischer  Originale  Kolandslied,  Macaire,  Berta  de  li  gran 
pie)  und  unbeholfene  Nachbildungen  derselben,  zum  Theil  in 
französischer  Sprache  (so  die  Prise  de  Pampelune,  die  Entree 
en  Espagne)  ,  nicht  hinaus.  Ein  bedeutender  Theil  dieser 
seltsamen,  noch  nicht  genügend  untersuchten  franco-italischen 
Zwitterepik  ist  in  Handschriften  der  San  Marco-Bibliothek  zu 
Venedig  erhalten.  Indessen  wenn  auch  die  französische  Karls- 
und Eolandsdichtung  in  Italien  eine  exotische  Pflanze  blieb 
und  bald  abstarb,  so  hinterliess  sie  doch  in  dem  Yolksbuche 
»I  Reali  di  Francia«  entwickelungsfähige  Keime ,  aus  denen 
später  das  romantische  Epos  erblühen  sollte. 

Unmittelbarer,  als  diejenige  des  nördlichen,  wirkte  der 
litterarische  Einfluss  des  südlichen  Frankreichs.  Von  den 
wanderlustigen  Troubadours  der  Provence  zog  gar  mancher 
nach  dem  nahgelegenen  Italien  und  machte  die  Kunst  des 
Minnesanges  dort  heimisch.  Nicht  lange  währte  es,  dass  auch 
Italiener  zu  dem  Versuche  sich  angeregt  fühlten,   den  fremden 

1)  Oberitalien  Avar  vermöge  seiner  geographischen  Lage,  des  keltischen 
Grundcharakters  wenigstens  eines  Theiles  seiner  Bevölkerung  und  einer 
gewissen  x\ehnlichkeit  mit  Frankreich  in  seiner  geschichtliehen  Entwicke- 
lung  —  denn  wie  Frankreich  war  es  nachhaltig  durch  die  germanische  Oc- 
cupation  beeinflusst  worden  — ,  endlich  vermöge  seines  vorwiegend  gallo- 
italischen  Dialekts  für  die  Aufnahme  nordfranzösischer  Dichtung  besonders 
geeignet.  Ueber  die  franco-ital.  Dichtungen  vgl.  AV.  Meyeh  in  Ztschr.  f. 
rom.  Phil.  IX  597. 


682  Das  Italienische. 

Sängern  es  gleich  zu  thun.  So  traten  italienische  Trovatori 
auf,  zunächst  freilich  in  provenzalischer  Zunge  dichtend  (so 
z.  B.  der  Bolognese  Eambertino  Buvalello,  um  1210),  bald 
aber  auch  die  heimische  Sprache  brauchend.  Manche  der 
kleinen  Dynasten,  welche  in  Oberitalien  (Fiemont,  Ligurien) 
herrschten,  zeigte  sich  den  Sängern  hold;  wichtiger  aber  war, 
dass  der  hohenstaufische  König  Siciliens,  Friedrich  IL,  der 
jungen  Poesie  seine  Gunst  zuwandte  und  ihr  an  seinem  Hofe 
zu  Palermo  eine  Stätte  der  Pflege  bereitete.  Dort  bildete  sich 
jener  Dichterkreis,  welchen  man  als  die  »sicilianische  Dichter- 
schule« zu  bezeichnen  pflegte,  so  wenig  passend  dieser  Name 
auch  ist.  Denn  keineswegs  waren  die  betreff"enden  Dichter,  zu 
denen  übrigens  Friedrich  II.  selbst  gehörte  (ebenso  sein  Sohn 
Enzo  und  sein  Geheimschreiber  Pier  della  Vigna) ,  alle  oder  auch 
nur  in  der  Mehrzahl  Sicilianer,  sondern  sie  gehörten  vielmehr 
den  verschiedensten  Theilen  Italiens  an,  und  wenn  sie  sich 
auch,  wie  es  scheint,  alle  des  (damals  dem  Gemeinitalienischen 
und  dem  Latein  noch  näher  stehenden)  sicilianischen  Dialectes 
bedienten ,  so  mischten  sie  demselben  doch  Elemente  aus 
anderen  Mundarten  bei  und  bildeten  ihn  zu  einer  Art  gemein- 
italienischer Dichtersprache  um.  In  aesthetischer  Hinsicht 
sind  die  Dichtungen  dieser  Schule  unbedeutend  und  höchstens 
als  matter  Abglanz  der  provenzalischen  Lyrik  zu  bezeichnen, 
deren  rhythmische  Formen  nachgeahmt  und  deren  conventio- 
nelle  poetische  Formeln  entlehnt  wurden.  Nur  vereinzelt  er- 
hebt sich  ein  Lied  zu  einer  gewissen  Originalität.  So  nament- 
lich der  sogenannte  »Contrasto« ,  nach  seinen  Eingangsworten 
auch  oft  als  »Kosa  fresca«  bezeichnet ,  des  angeblichen  Ciullo 
d'Alcamo ,  ein  erotisches  Gedicht  in  dialogischer  Form ,  das 
etwas  von  der  Frische ,  Gefühlsinnigkeit  und  dramatischen 
Lebendigkeit  der  Volkspoesie  an  sich  hat. 

Von  Sicilien  aus  wurde  die  junge  italienische  Lyrik  bald 
nach  dem  Festlande  und  insbesondere  nach  Toscana  verjjflanzt ; 
Arezzo ,  Pisa ,  Siena ,  Florenz  wurden  ihre  hauptsächlichsten 
Pflegstätten ,  etwas  später  trat  auch  Bologna  in  diese  Keihe 
ein  (Guido  Guinicelli).  Vertiefung  des  Gedankeninhaltes 
hatte  diese  Wanderung  zunächst  freilich  nicht  eben  zur  Folge, 
die  Dichtung  beharrte  vielmehr  bei  der  Nachahmung  der 
Provenzalen    und    dem    conventionellen    Spiele   mit   erotischen 


Das  Italienische.  683 

Formeln  und  Phrasen,  indessen  vollzog  sie  doch  wenigstens 
den  Fortschritt,  dass  sie  volksthümlicher  wurde  und  dass  ihre 
Sprache  mehr  und  mehr  litterarische  Verwendbarkeit  und  Be- 
stimmtheit erlangte. 

Inhaltlich  bedeutender,  als  der  oft  recht  gedankenleere 
Minnesang ,  war  die  religiöse  Lyrik ,  welche  seit  Anfang  des 
13.  Jahrhunderts  (Francesco  v.  Assisi.  gest.  122G)  in  Lmbrien 
erblühte  und  deren  Hauptvertreter  Jacopone  da  Todi  (7  1306) 
ist.  In  ihr  gewannen  die  mystischen  Gedanken  und  Empfin- 
dungen, aus  denen  heraus  der  Franciscanerorden  geboren  wurde, 
tiefpoetischen  Ausdruck. 

Neben  der  religiösen  Lyrik  begann  auch  ein  religiöses 
Drama  sich  zu  entAvickeln,  das  aber  freilich  nie  die  bedeut- 
same Entfaltung  erlangte,  welche  besonders  in  Frankreich  und 
in  England  ihm  vergönnt  war. 

Die  Erstlinge  der  italienischen  Prosa  sind  sehr  bescheiden, 
aber  bezeichnend  und  hindeutend  zugleich  auf  die  spätere 
Litteratur  ist  es ,  dass  sie  vorwiegend  aus  Sammlungen  von 
anekdotenhaften  Erzählungen  bestehen  (das  Novellino  oder  die 
Ceuto  novelle  autiche ,  die  Conti  di  antichi  cavallieri,  das 
Libro  desette  Savi  u.  dgl.). 

7.  Der  Periode  der  Anfänge  folgte  rasch  und  scheinbar 
unvermittelt  die  Zeit  der  classischen  Litteratur  des  Trecento. 
Dante,  Petrarca  und  Boccaccio  sind  ihre  glänzenden  Vertreter, 
die  beiden  letzteren  zugleich  die  Begründer  der  Renaissance- 
cultur  oder  doch,   um  genauer  zu  sprechen,  des  Humanismus. 

Dante ,  Petrarca  und  Boccaccio  waren  Florentiner ,  der 
erste  und  (wenigstens  wahi-scheinlich)  der  letzte  durch  Geburt, 
der  zweite  durch  Abstammung,  aber  die  Geschicke  ihres  Lebens 
fügten  es,  dass  sie  der  Engigkeit  der  florentiner  Verhältnisse 
entrückt,  auf  weiten  Reisen  in  die  Ferne  geführt  und  zu 
langem  Verweilen  daselbst  veranlasst  wurden.  So  wurden  sie 
befähigt,  ihren  toscanischen  Dialect  zu  einer  für  ganz  Italien 
gültigen  Schriftsprache  zu  gestalten,  den  provinzialen  Charakter 
ihm  soweit  abzustreifen,  als  dies  für  höhere  litterarische  Zwecke 
erforderlich  war.  Nicht  minder  wichtig  war ,  dass  sie  auf 
ihren  Wanderungen  durch  Italien  zu  dem  Bewusstsein  ihrer 
italienischen  Nationalität  gelangten  und  also  über  den  floren- 
tiner Localpatriotismus   sich  erhoben ,    wenn  auch  nicht  völlig 


684  Das  Italienische. 

von  ihm  sich  befreiend.  So  ■ward  es  ihnen  verliehen,  Itahens 
erste  nationale  Dichter  zusein,  an  die  ganze  Nation,  nicht 
bloss  an  die  Angehörigen  eines  einzelnen  Uialectgebietes  oder 
an  die  Genossen  einer  Dichterzunft  sich  ^venden,  nationalen 
Gedanken  und  Hoffnungen  Ausdruck  geben  zu  können.  Erst 
durch  sie  gewann  der  Begriff  »Vaterland«  für  Italien  littera- 
risches Leben  und  moralische  Bedeutung. 

Was  Dante ,  Petrarca  und  Boccaccio  geleistet  und  ge- 
schaffen, es  kann  hier  nicht  dargelegt,  ja  nicht  einmal  an- 
gedeutet, es  muss  als  bekannt  vorausgesetzt  werden.  Und  be- 
kannt ist  ja  auch  genugsam ,  dass  die  Divina  Commedia ,  der 
Canzoniere  und  der  Decamerone  die  Grundvesten  und  zugleich 
die  höchsten  Zinnen  der  classischen*  Litteratur  Italiens  dar- 
stellen,  dass  ein  jedes  dieser  drei  Werke  als  unerreichtes 
Muster  seiner  Gattung  gilt  und  den  tiefgreifendsten  Einfluss 
auf  die  Dichtung  der  Folgezeit  ausgeübt  hat.  Hier  mag  nvir 
bemerkt  werden ,  dass  in  dem  üblichen  Urtheile  Boccaccio 
unterschätzt  werden  dürfte,  wenn  er  als  Dichter  unter  Petrarca 
gestellt  zu  werden  pflegt.  Er  dürfte  vielmehr  über  Petrarca 
zu  stellen  sein,  denn  er  ist  weit  vielseitiger,  phantasiebegabter 
und  gestaltungskräftiger,  als  dieser.  Freilich  ist  ja  eine  un- 
mittelbare Vergleichung  nur  auf  lyrischem  Gebiete  möglich, 
und  was  Boccaccio  auf  diesem  geleistet,  steht  allerdings  nicht 
bloss  quantitativ ,  sondern  auch  qualitativ  hinter  Petrarca's 
Liederbuch  weit  zurück,  indessen  kann  doch  darnach  nicht 
das  Gesammturtheil  über  Boccaccio  gefällt  werden,  denn  zu 
berücksichtigen  ist  doch  das  viele  Andere,  was  er  geschaffen. 
Gemeinhin  stützt  man  nun  allerdings  das  Urtheil  vorwiegend 
auf  den  Decamerone,  aber  das  ist  bei  weitem  nicht  zureichend 
und  heisst  Boccaccio  schweres  Unrecht  anthun.  Denn  man 
übersieht,  dass  Boccaccio  der  Schöpfer  des  romantischen  Epos  ist 
und  dass  er  auf  diesem  Gebiete  Meisterwerke,  wie  die  Teseide, 
den  Filostrato  und  das  Ninfalc  Fiesolano  verfasste,  W^erke, 
die  an  poetischer  Bedeutung  den  Decamerone  zweifellos  über- 
ragen. — 

Nicht  unbedingt  aber  war  es  für  die  weitere  Entwickelung 
der  italienischen  Litteratur  ein  Glück  zu  nennen,  dass  sie  von 
den  drei  grossen  Florentinern  so  rasch  zu  classischer  Höhe 
emporgeführt  worden  war,  ja.   man  könnte  versucht  sein,   darin 


Das  Italienische.  685 

eher  ein  A'erlüiiigniss  zu  erblicken.  Die  Nachalnnung  der 
Dichtungen  Dante's,  Petrarcas  und  lioccaecio's  erwies  vielfach 
sich  als  unheilvoll.  Die  Nachahmer  Dante's  lieferten  im  besten 
Falle  ungeschickte  Copien  (so  z.  15.  Fazio  degli  Uberti  in 
seinem  Dittamondo,  d.  h.  Dicta  mundi),  zuweilen  wahre  Zerr- 
bilder. Die  Nachahmer  Petrarcas  steigerten  die  schon  bei 
diesem  zu  findende  GefühlsafFectation  und  Manierirtheit  bis 
zum  Unerträglichen.  Die  Nachahmer  Poccaccio's  ergingen  sich 
mit  Behagen  in  Laseivitäten  oder  auch  in  witzig  sein  sollen- 
den Plattheiten.  So  wurden  die  Schwächen  der  grossen  Dichter 
zu  den  Quellen,  denen  eine  Fluth  abstruser  Epen,  gedanken- 
öder Sonette  und  mehr  oder  Aveniger  schmutziger  Novellen 
entströmte. 

Aber  beinahe  wäre  noch  Schlimmeres  geschehen. 

Petrarca  und  Boccaccio  hatten  nicht  allein  in  italienischer, 
sondern  auch  in  lateinischer  Sprache  geschrieben  und  gedichtet 
und  damit  die  neulateinische  Litteratur  des  Humanismus  be- 
gründet. Das  Latein  galt  ihnen  für  die  vornehmere,  der 
höheren  Litteratur  einzig  ziemende  Sprache.  Petrarca  hatte 
sogar  vermeint,  seinen  Ruhm  durch  sein  lateinisches  Epos 
»Africa«  fest  begründet  zu  haben ,  und  hatte  Geringschätzung 
seiner  eigenen  italienischen  Dichtungen  wenigstens  affectirt. 
In  der  Fortentwickelung  des  Humanismus  wirkte  die  Denkart 
seiner  Urheber  nach  und  steigerte  sich  zur  aufrichtigen  Ver- 
achtung des  »Vulgarecf ,  welches ,  betrachtet  von  dem  Stand- 
punkte des  eleganten  Latein,  als  ein  entartetes  und  plebejisches 
Idiom  erscheinen  musste.  Ein  solches  Idiom  für  litterarische 
Zwecke  überhaupt  zu  verwenden ,  musste  dem  für  unwürdig 
gelten,  der  in  der  gefeilten  Sprache  Cicero' s  und  Ovid's  sich 
auszudrücken  verstand.  Und  überhaupt  musste  bei  dem  Auf- 
blühen der  neulateinischen  Litteratur  auch  praktisch  die  Frage 
naheliegen  und  in  gewisser  Weise  sogar  berechtigt  scheinen, 
ob  es  nicht  anzustreben  sei,  als  litterarische  Sprache  lediglich 
das  Latein  zu  brauchen,  das  Vulgare  aber  auf  die  Stellung 
als  Umgangssprache  zu  beschränken  und  folglich  den  Zustand 
zu  erneuen,  welcher,  wie  man  (und  nicht  ganz  mn-ichtigi  meinte, 
im  alten  Rom  bestanden  hatte. 

So  drohte  der  italienischen  Litteratur,    kurz  nachdem  sie 
die  classische  Höhe  erstiearen.  und  zwar  nicht  ohne  Verschulden 


686  I^'^s  Italienische. 

eben  der  Männer,  welche  sie  zu  dieser  Höhe  emporgefiihrt 
hatten,  die  Gefahr  des  Unterganges.  Denn  wenn  auch  selbst- 
verständlich zunächst  nur  die  Sprache  in  Frage  kam,  so  war 
doch  mit  der  Sprache  zugleich  der  nationale  Charakter  und 
die  wenigstens  relative  Volksthümlichkeit  der  Litteratur, 
namentlich  der  poetischen ,  in  Frage  gestellt.  Man  nehme 
den  Fall  an,  dass  wirklich  das  Italienische  als  Litteratursprache 
durch  das  Latein  verdrängt  worden  wäre,  so  wird  man  schwer 
zu  glauben  vermögen,  dass  Ariost  zur  Abfassung  eines  latei- 
nischen Rolandsgedichtes ,  Tasso  zur  Abfassung  eines  latei- 
nischen Jerusalems  sich  begeistert  hätte.  Aber  auch  ange- 
nommen, dies  Aväre  geschehen,  so  würden  diese  Gedichte  doch 
lateinisch  ganz  sicher  nicht  das  geworden  sein ,  was  sie  ita- 
lienisch geworden  sind,  sicher  würde  ihnen  gerade  jene  eigen- 
artige, nicht  definirbare  holde  Anmuth  fehlen  ,  durch  welche 
so  bezaubernd  sie  wirken. 

Ein  Glück  also,  dass  die  italienische  Litteratiir  trotz  des 
Humanismus  nicht  Verzicht  leistete  auf  den  Gebrauch  der 
italienischen  Sprache.  Aber  wenn  der  Humanismus  auch  den 
vollen  Sieg  nicht  erfocht,  er  schädigte  doch  die  italienische  Lit- 
teratur schwer,  entzog  ihr  ungefähr  ein  Jahrhundert  lang  die 
besten  Kräfte,  gab  sie  der  fragwürdigen  Pflege  durch  unter- 
geordnete Geister  preis.  Daher  die  befremdliche  Oede  in  der 
italienischen  Litteratur  nach  Petrarca's  und  Boccaccios  Ab- 
leben, eine  Oede,  die  seltsam  absticht  gegen  die  gleichzeitige 
fruchtbringende  Regsamkeit  auf  humanistischem  Gebiete. 

8.  Wenn  die  italienische  Litteratur  gerettet  ward  aus  der 
dargelegten  Gefahr,  so  hat  sie  dies,  soweit  in  solchen  Dingen 
überhaupt  von  dem  Wirken  einer  Person  die  Kede  sein  kann, 
vor  Allem  dem  Wirken  des  Mannes  zu  danken ,  in  welchem 
die  ihrer  Vollreife  zustrebende  Renaissancecultur  sich  am 
klarsten  verkörperte,  dem  Wirken  Lovenzo's  de'Medici.  Der 
grosse  Mediceer ,  selbst  ebenso  humanistisch  gebildet  wie 
dichterisch  begabt,  vermählte  gleichsam  Humanismus  und 
italienische  Poesie  und  führte  dadurch  für  Italiens  Litteratur 
eine  neue  goldene  Zeit  herauf. 

Freilich  an  innerer  Bedeutsamkeit  lässt  diese  zweite 
Blütheperiode  mit  der  ersten  sich  nicht  vergleichen ,  denn  in 
so  glänzendem  Formenschimmer  die  in  ihr  entstandenen  Werke 


Das  Italienische.  687 

auch  erstrahlen ,  so  euthehren  sie  doch  nur  allzu  sehr  des 
tieferen  Gedankeninhaltes,  gleichen  oft  Früchten  mit  schönen, 
gleissendon  Schalen,  aber  fade  schmeckendem  oder  selbst  an- 
gefaultem Kerne.  Namentlich  gilt  dies  von  den  Erzeugnissen 
der  Poesie  und  unter  diesen  wieder  von  den  lyrischen  Dich- 
tungen; man  denke  nur  an  jenen  Zuckerwasserregen  von  So- 
netten und  Madrigalen,  der  damals  in  vollen  Strömen  aus 
den  Wolken  des  gedrängt  besetzten  Parnasses  sich  ergoss. 
Besser  war  es  um  die  Prosa  gestellt;  in  ihr  ward  (so  namentlich 
von  Machiavelli  xmd  Castiglione  manches  Werk  hervorgebracht, 
in  welchem  classische  Vollendung  der  Form  sich  mit  Gedanken- 
tiefe verband.  Insbesondere  wurde  der  philosophirende  Dialog 
mit  einer  Kunst  behandelt,  welcher  derjenigen  Piatons  eben- 
bürtig ist.  Mit  gefälliger  Anmuth  wenigstens  wurde  der 
Schäferroman  gepflegt  (Sanazzaro's  »Arcadia«) ,  während  von 
der  üppig  wuchernden  Novellistik  sich  dies  nur  hinsichtlich 
des  leichten  und  gefälligen  Styles ,  nicht  aber  bezüglich  der 
Composition  des ,  übrigens  oft  recht  lasciven ,  Inhaltes  be- 
haupten lässt. 

In  der  Poesie  war  die  bedeutendste  Schöpfung  jener  Zeit 
des  genialen  Ariost  romantisches  Epos  »Orlando  Furioso«.  In 
ihm  ist  das  Höchste  geleistet,  vi-as  die  nur  geselliger  Unter- 
haltung dienende  Kunstepik  zu  leisten  vermag,  und  es  ist  ge- 
leistet mit  spröden  Elementen.  Denn  schwierig  allerdings  war 
es,  die  alte  Rolaudssage.  welche  auf  der  Renaissance  schnur- 
stracks widerstrebenden  Voraussetzungen  beruht  und  die  volks- 
thümliche  Schöpfung  eines  durch  und  durch  naiven  Zeitalters 
ist,  in  ein  Gewand  zu  kleiden,  welches  die  Gesellschaft  der 
Hochrenaissance  zu  fesseln  und  zu  entzücken  vermochte.  Frei- 
lich hat  Ariost  in  diesem  Werke  an  Pulci  und  au  Bojardo 
Vorgänger  gehabt ,  aber  immerhin  ist  seine  Leistung  be- 
wundernswerth  und  besitzt  nicht  bloss  relativen,  sondern  auch 
absoluten  Werth,  hat  Anspruch  auf  einen  Platz  in  der  Welt- 
litteratur. 

Der  Dichter  des  rasenden  Roland,  der  so  anmuthig  und 
geistvoll  zu  scherzen  wusste,  war  zugleich  ein  gedankenreicher 
Satiriker,  ein  scharfblickender  Beobachter  und  Beurtheiler 
menschlichen  Thuns  und  Treibens.  In  dieser  Eigenschaft  hat 
er  auch  als  gewandter  Lustspieldichter  sich  bewährt,   hier  frei- 


688  I^äS  Italienische. 

lieh  übertrofFen  von  dem  vielleicht  grössten  aller  Menschen- 
kenner, von  Machiavelli. 

Wie  Ariost's  und  Machiavelli's  Comödien  bezeugen  (und 
auch  die  Namen  Anderer  könnten  noch  angerufen  werden), 
waren  die  Vorbedingungen  für  das  Aufblühen  eines  Lustspieles 
im  damaligen  Italien  vorhanden,  leider  aber  entsprach,  da  die 
Verhältnisse  rasch  sich  änderten ,  die  w^eitere  Entwickelung 
nicht  den  Anfängen.  Immerhin  aber  besass  die  italienische 
Renaissancekomödie,  selbst  in  der  rohen  Form  der  Commedia 
dellArte,  vermöge  ihrer  Technik  und  ihrer  scharf  ausgeprägten 
Charaktertypen  die  Kraft ,  um  befruchtend  auf  das  Lustspiel 
des  Auslandes  einzuwirken.  Kein  Geringerer  als  Moliere  ist 
ein  Schüler  der  Italiener  gewesen. 

Gänzlich  dagegen  scheiterte  der,  namentlich  von  Trissino 
(»Sofonisba«)  unternommene  Versuch  der  Begi'ündung  einer 
Renaissancetragödie ,  und  ebenso  misslang  demselben  Dichter 
die  Schöpfung  eines  nationalgeschichtlichen  Epos  (»l'Italia 
liberata  dai  Gotio).  Es  fehlte  der  Renaissance  für  die  Tragödie 
und  für  das  wahre  Epos  die  sittliche  Kraft.  Aber  wenigstens 
auf  dem  Gebiete  der  Form  hatten  Trissino' s  IScmühungen 
einen  bedeutsamen  Erfolg :  der  von  ihm  gebrauchte  verso 
sciolto  bürgerte  in  der  Litteratur  sich  ein  und  erwies  sich  als 
eine  werthvolle,  nutzbringende  Errungenschaft  (vgl.  oben  S.  66S). 

9.  Das  Zeitalter  der  Spätrenaissauce,  dessen  Hauptvertreter 
Torquato  Tasso  ist,  wird  von  dem  vorangegangenen ,  so  sehr 
es  ihm  auch  äusserlich  gleicht,  innerlich  doch  durch  eine  tiefe 
Kluft  geschieden.  Die  Renaissance  war  ihrem  Wesen  nach 
dem  Christenthume  abgewandt  und  hatte  in  ihren  litterarischen 
Schöpfungen  dasselbe  entweder  vornehm  igiiorirt  oder  auch 
mindestens  indirect  bekämpft  oder  endlich  christliche  An- 
schauungen und  kirchliche  Einrichtungen  als  Ausstattungs- 
motive und  als  Staffage  künstlerisch  verwendet.  Jetzt  aber 
erwachte  das  religiöse  Gefülil  wieder  und  liess,  nachdem  es 
eine  Zeit  lang,  wenigstens  in  vielen  Gemüthem,  den  Ideen 
der  deutschen  Reformation  sich  zugeneigt,  den  Katholicismus 
in  neuer  Lebenskraft  erstehen.  So  erfolgte  die  katholische 
Reaction  gegen  die  Renaissance;  die  letztere,  innerlich  mit 
Fäulnisselementen  durchsetzt ,  brach  zusammen .  verlor  die 
geistige    Entwickelungs-    und    Zeugungskraft    und    vermochte 


Das  Italienische.  ßgQ 

mir  noch  auf  dem  Gebiete  der  Form  ein  Scheinleben  zu 
fiiliren.  Hierdurch  ward  auch  der  Litteratur  der  Hoden  ent- 
zogen, aus  -wek-hem  sie  bis  dahin  geistige  Kraft  geschöpft 
hatte,  bedeutendes  vermochte  sie  jetzt  nur  dann  zu  leisten, 
wenn  sie  sich  durchdringen  liess  von  religiösen  Ideen.  Dies 
geschah  in  den  lyrischen  Gedichten  der  Vittoria  Colonna  und 
in  Torqiuito  Tasso's  Epos  «Gerusalemme  liberata«.  In  letzterer 
Dichtung  ist  in  wunderbarer  Weise  die  Renaissanceform  erfüllt 
worden  mit  christlichem  Inhalt,  die  Renaissance  dienstbar  ge- 
macht worden  der  Kirche.  Den  inneren  Gegensatz  freilich 
zwischen  Form  und  Inhalt  völlig  zu  verschleiern,  gelang  selbst 
Tassos  Kunst  nicht,  wie  ja  Tasso  auch  persönlich  an  dem 
Zwiespalt  zwischen  Kunst  und  Glauben  zu  Grunde  ging.  Was 
sonst  litterarisch  geschaffen  wurde,  war  schwächlich  und  weich- 
lich bis  zur  Schwammhaftigkeit,  zumal  gilt  dies  von  den  Er- 
zeugnissen der  damals  beliebtesten  Dichtungsgattungen,  dem 
Schäferroman  und  Schäferdrama  und  der  erotischen  Lyrik. 

Nicht  übrigens  allein  der  im  Culturleben  eingetretene 
jähe  Wechsel,  sondern  auch  politische  Verhältnisse  wirkten 
ertödtend  auf  die  Litteratur  ein.  Die  Renaissance  war  erblüht 
und  konnte  nur  erblühen  in  einem  Italien,  das,  wenn  auch 
von  Parteien  zerrissen  und  in  zahllose  kleine  theils  republi- 
kanische ,  theils  monarchische  Staatengebilde  zerklüftet ,  doch 
frei  war  von  Fremdherrschaft.  Das  endete  jetzt.  Sicilien, 
Neapel  und  Mailand  wurden  erst  vorübergehend  den  Franzo- 
sen, dann  für  lange  Zeit  dem  drückenden  Scepter  der  spani- 
schen Habsburger  unterworfen.  Toscana  mit  Florenz  wurde 
nach  vielfach  wechselnden  Geschicken  ein  moderner  fürstlicher 
Kleinstaat ,  über  den  die  kleinen  Nachkommen  der  grossen 
Mediceer  herrschten.  Das  übrige  Mittelitalien  mit  Rom  und 
Bologna  wurde  dem  Papste  unterthan.  Venedig  und  Genua 
allerdings  behaupteten  ihre  Freiheit,  aber  nicht  nur  ihre  Macht- 
stellung, auch  ihre  Blüthe  war  dahin.  Unter  solchen  Zustän- 
den war  Italiens  Geistesleben  rettungslos  zum  Welken  ver- 
urtheilt. 

10.  Das  Scheinleben  der  Renaissance  wurde  unter  dem 
Drucke  der  angedeuteten  Verhältnisse  mehr  und  mehr  zu  einem 
mumienhaften  Dasein.  Die  Formen  der  Kunst  wurden  zu 
Formeln   und  Schnörkeln ,    die  Manier  zur  Manierirtheit ,    die 

Körting,  Encyklopädie  d.  rom.  Phil.   III.  4-1 


690  1^*8  Italienische. 

Fülle  zum  Schwulst.  Jeglicher  Geist  entwich  aus  der  Litte- 
ratur,  jede  Freiheit  entschwand  ihr.  Die  Poesie  erstickte  fast 
in  Uebertreibung  des  Styls ,  sank  herunter  zu  halb  gelehrter, 
halb  kindischer  Spielerei. 

Der  charakteristischste  Vertreter  dieser  Zeit  ist  der  Nea- 
politaner Giambattista  Marini,  nach  welchem  der  litterarische 
Rococostyl  den  Namen  des  »Marinismus«  erhalten  hat,  jener 
aller  Natürlichkeit,  aller  wahren  Kunst  Hohn  sprechende  Styl, 
der  —  in  nur  zu  begreiflicher  Wechselwirkung  der  Litteratu- 
ren  —  in  Spanien  als  Gongorismus  oder  Cultorismus,  in  Frank- 
reich als  precieuser  Styl,  in  England  als  Euphuismus  sein 
Seitenstück  fand. 

Indessen  so  trübselig  die  Litteraturperiode  vom  Ausgange 
des  16.  bis  etwa  zur  Mitte  des  18.  Jahrhunderts  auch  war, 
Einzelnes  ist  dennoch  in  ihr  geleistet  worden,  was  wenigstens 
eine  relative  IJedeutung  besitzt  und  als  eine  Nachblüthe  der 
Renaissance  betrachtet  werden  kann,  so  in  der  Lyrik  z.  V>. 
von  Chiabrera  (der  freilich,  weil  1552  geboren,  noch  der  vor- 
angehenden Periode  zugezählt  werden  kann) ,  von  Filicaja  und 
von  Metastasio ,  in  der  unterhaltenden  Epik  z.  B.  von  Tas- 
soni  (der  seiner  Lebenszeit  nach  zum  Theil  noch  der  früheren 
Periode  angehört),  von  Bracciolini  und  von  Lippi,  in  der  Tra- 
gödie von  MafFei. 

Aber  eben  nur  Ausnahmen  und  nur  verhältnissmässig  be- 
deutsam waren  die  von  den  genannten  Männern  geschaffenen 
Dichtungen,  Die  Masse  der  Litteratur,  von  w'elcher  diese 
Ausnahmen  sich  abheben,  war  gedankenöder  Wust,  der  zum 
grossen  Theile  in  zünftigen  Dichterakademien  (»Arcadia«  etc.) 
handwerksmässig  nach  bestimmten  Schablonen  erzeugt  wui'de. 
An  Stelle  der  Dichter  waren  bezopfte  Reimpedanten  getreten, 
die,  jeglicher  Originalität  bar  und  behaftet  mit  dem  Fluche 
geistiger  Lnpotenz,  schliesslich  nach  Frankreich  hinüberschiel- 
ten, dem  französischen  Pseudoclassicismus  Formen,  Regeln  und 
Motive  abborgten. 

Eine  geringe  Entschädigung  für  diesen  jämmerlichen  Ver- 
fall der  Poesie  bot  das  Em])orblühen  der  musikalischen  Kunst 
dar  und  das  durch  die  ^  erbindung  der  letzteren  mit  der  erste- 
ren  erzeugte  Musikdrama   (Apostolo  Zeno,  Metastasio) . 

1 1 .    Um  Mitte    des    1 S .  Jaln-hunderts   endlich  begann  die 


Das  Italienische.  691 

Dämmerunj?  einer  neuen,  besseren  Zeit.  Das  italienische  Volk 
erwachte  wie  aus  schwerem  Ohnniachtsschlummer  und  kam 
wieder  zum  Gefühle  seiner  selbst,  wurde  fiiliig  seiner  grossen 
A  erjianirenbeit  sich  zu  erinnern  und  seines  Anrechts  auf  eine 
grosse  Zukunft  sich  bewusst  zu  werden.  Damit  war  der  An- 
stoss  zur  Wiedergeburt  auch  der  Litteratur  gegeben.  Ange- 
ekelt von  der  Gegenwart  und  von  der  unmittelbaren  Vergan- 
genheit, suchte  man  nach  Idealen,  denen  nachzustreben  würdig 
und  Erfolg  verheissend  sei.  Doch  über  die  Richtung,  in  wel- 
cher zu  suchen  sei,  herrschte,  Avie  begreiflich,  weder  Klarheit 
noch  Einmüthigkeit,  und  so  wurde  das  Suchen  zu  einem,  oft 
genug  unsichern  und  das  Ziel  verfehlenden  Tasten.  In  das 
classische  Alterthum  griffen  die  Einen ,  in  die  Glanzzeit  der 
eigenen  nationalen  Litteratur,  in  das  Trecento,  griffen  Andere 
zurück,  noch  Andere  meinten,  dass  Italien  berufen  sei,  dem 
französischen  Pseudoclassicismus  neues  und  höheres  Leben 
einzuhauchen,  wieder  Andere  endlich  wandten  der  englischen, 
später  auch  der  deutschen  Litteratur  sich  zu,  bildeten  Ossian 
und  Werthers  Leiden  nach,  und  predigten  die  Rückkehr  zur 
Natur,  zur  Gemüthsinnerlichkeit  und  zu  reinem  Menschen- 
thume.  So  hob  eine  Periode  des  Sturmes  und  des  Dranges 
an ,  recht  vergleichbar  mit  der  gleichnamigen  und  ungefähr 
gleichzeitigen  deutschen  Litteraturperiode,  welche  übrigens 
aus  ganz  analogen  Ursachen  hervorging.  Die  verschiedenartig- 
sten Richtungen  durchkreuzten  und  bekämpften  sich,  heftige 
Geistesschlachten  wurden  geschlagen,  laut  tobte  der  Streit  der 
Parteien.  Eine  eigentliche  Entscheidung  und  Klärung  erfolgte 
freilich  nicht  und  konnte  \im  so  weniger  erfolgen,  als  der  ge- 
gen Ende  des  Jahrhunderts  aufbrausende  Revolutionssturm 
die  Gedanken  von  den  litterarischen  auf  die  politischen  Dinge 
lenkte.  Aber  das  Eine  war  doch  gewonnen:  die  Litteratur 
war  zu  neuem  Leben  erwacht,  neue  Ideale  waren  für  sie  auf- 
gestellt, neue  Horizonte  für  sie  eröffnet,  neue  Bahnen  für  sie 
freigelegt  worden.  Und  selbst  jener  Revolutionssturm,  obwohl 
er  unmittelbar  die  litterarische  Entwickelung  störte  und  ob- 
wohl er  zeitweilig  dem  Lande  neue  Fremdherrschaft  brachte, 
■wirkte  doch  wohlthätig  und  segensreich,  denn  er  kräftigte  das 
italienische  Nationalbewusstsein  und  offenbarte  in  seinem  Wehen 
dem  Volke  Italiens  die  Möglichkeit  der  Erreichung  nationaler 

44* 


592  I^^s  Italienische. 

Freiheit  und  Einheit.  Eine  so  fragwürdige  Schöpfung  das  na- 
poleonische Königreich  Italien  auch  war,  sie  bekundete  doch 
in  ihrem  Namen  das  Recht  der  Nation  avif  staatliche  Einigung 
und  zeigte  im  Kleinen,  was  im  Grossen  möglich  sei  und  was, 
freilich  erst  nach  langem  Kingen,  später  Verwirklichung  fand. 

Eine  so  erregte  und  bewegte ,  von  den  mannigfachsten 
und  zum  Theil  einander  widerstreitenden  Gedankenrichtungen 
und  Bestrebungen  erfüllte  Zeit  war  nicht  berufen  zur  Schaf- 
fung classischer  Werke,  es  mussten  vielmehr  alle  ihre  littera- 
rischen  Hervorbringungen  das  Gepräge  des  Unfertigen,  des  in 
irgend  einer  Beziehung  unvollendeten  und  Unabgeschlossenen, 
mitunter  wohl  des  Unreifen  und  Unschönen  an  sich  tragen. 
Es  gilt  dies  auch  von  den  relativ  bedeutendsten  Leistungen, 
als  welche  etwa  Alfieri's  Tragödien ,  Goldoni's  und  Gozzi's 
Lustspiele,  Parini's  und  Casti's  Satiren,  l^iedemonte's  lyrische 
Gedichte  und  Monti's  politisches  Epos  »Cantica  in  morte  di 
Ugo  Basseville«  zu  nennen  sind.  Eine  Art  Mittelstellung  zwi- 
schen dieser  und  der  nachfolgenden  romantischen  Periode 
und  andererseits  doch  auch  wieder  eine  ganz  besondere  und 
eigenartige  Stellung  nimmt  Ugo  Foscolo  ein,  der  in  seinen 
schwermuthsvollen  Dichtungen  bald  an  Ossian,  bald  an  Goethe, 
bald  an  Young  erinnert,  bald  wieder  völlig  original  und 
genial  ist. 

Zwei  Dinge  noch  sind  für  die  in  Rede  stehende  Zeit  be- 
zeichnend: das  Entstehen  einer,  zum  Theil  poetisch  sehr  werth- 
vollen,  Uebersetzungslitteratur  und  die  beginnende  Wirksam- 
keit der  periodischen  Presse  (Gozzi's  »Osservatore  periodico«, 
Baretti's  »Frusta  litteraria«) . 

12.  Die  Periode  des  Sturms  xind  Dranges  wurde,  als  den 
wechselreichcn  Jahren  der  Revolution  und  des  napoleonischen 
Kaiserreichs  auf  längere  Zeit  die  Ruhe  der  Ermattung  folgte, 
abgelöst  von  einer  Periode  der  Romantik.  Ihr  IIau])tvertreter 
war  Alessandro  Manzoni ,  der  zugleich  —  freilich  nicht  weil, 
sondern  eher  obgleich  er  dem  Romanticisnius  huldigte  —  der 
grösste  Dichter  der  gcsammten  italienischen  neueren  Litteratur 
ist.  Aber  trotz  des  gewaltigen  Erfolges,  Avelchen  Manzoni  mit 
seinem  historischen  Romane  «I  Promessi  Sposi«  errang  —  ein  Er- 
folg, der  zahlreiche  Nachahmer  anreizte  und  eine  Zeit  lang  den 
historischen   Roman  zur   Modedichtunjjr    werden   liess   —   und 


Das  Italienische.  693 

trotz  des  lU'ifallos,  der  auch  seinen  reli<;iüsen  Dielitunfi^en  und 
seinen  Dramen  bescliied(!n  war,  Aviewohl  letzter(;n  die  Hiihnen- 
fähi<;keit  fehlte,  trotz  alledem  besass  die  Eomantik  in  Italien  aus 
all«;enieinen  wie  aus  besonderen  Gründen  keine  Lebensfiihi^- 
keit,  sondern  blieb,  was  sie  war,  eine  aus  dem  germanischen 
Norden  eingeführte,  in  der  klaren  Luft  des  Südens  nicht  recht 
gedeihende,  raschem  Welken  anlieimfallende  Pflanze.  IJezeich- 
uend  hierfür  ist ,  dass  neben  Manzoui  kein  Dichter  von  Be- 
deutung sich  nennen  lässt,  der  wirklich  voll  und  ganz  Ro- 
mantiker gewesen  wäre.  Silvio  Pellico  allerdin<,'s  neigte  dem 
Komanticismus  sich  zu  und  so  mancher  Andere  auch,  aber 
sie  wahrten  sich  doch  alle  trotz  ihrer  romantischen  Anwan- 
delungen  die  geistige  Freiheit  und  den  Zusammenhang  mit 
der  Wirklichkeit.  Der  nach  Manzoni  grösste  Dichter  des  neu- 
zeitliL-hen  Italiens,  Giacomo  Leopardi,  kann  höchstens  mit 
dem  mehr  als  zweifelhaften  Rechte  ein  Romantiker  heissen, 
mit  welchem  man  mitunter  diesen  Namen  auch  auf  Byron 
angewandt  hat.  Jedenfalls  blieb  Italien  von  jener  nebel-  und 
schemenhaften  Romantik,  wie  sie  in  Deutschland  gespukt  hat, 
glücklich  verschont,  denn  Manzonis  Romantik  w-ar  zugleich 
Realistik  und  als  solche  gesunder  Entwickelung  fähig.  Kei- 
neswegs auch  vergass  in  der  romantischen  Periode  Italiens 
Volk  die  ihm  gestellte  grosse  p(ditische  Aufgabe,  nationale 
Einheit  und  Freiheit  sich  zu  erringen,  noch  auch  vergass  die 
Litteratur  ihre  Pflicht,  mit  geistigen  Waff'en  einzutreten  für 
die  Erringung  dieses  Ideales.  Lyrik  und  Satire,  Essay  und 
Pamphlet  bereiteten  den  ersehnten  Wechsel  der  Verhältnisse 
vor,  besonders  aber  die  Satire,  da  für  sie  ein  solcher  Meister 
sich  fand,  wie  es  Giuseppe  Giusti  war. 

13.  Und  endlich  ward  verwirklicht,  was  so  lang  ersehnt 
worden  war:  Italien  erlangte  seine  Freiheit  und  Einheit, 
trat  ein  in  die  Reihe  der  nationalen  Grossstaaten  Europa' s. 
Nicht  hier  ist  der  Ort,  auch  nur  andeutungsweise  die  Ge- 
schichte der  italienischen  Freiheitskämpfe  zu  erzählen,  und 
ebenso  wenig  kann  hier  eingegangen  werden  auf  die  bisherige 
sehr  bewegte  und  stürmevolle  innere  Geschichte  des  geeinten 
Italiens.  Nur  darauf  ist  liier  hinzuweisen,  dass  der  italieni- 
sche Einheitsstaat  vor  die  denkbar  schwierigsten  politischen 
Probleme  jeder  Art  gestellt  war,   deren  Lösung  bis  zur  Stunde 


694  Das  Italienische. 

bei  weitem  noch  nicht  völlig  erfolgt  ist,  vielmehr  noch  lange 
Jahre  die  beste  Kraft  des  Volkes  in  Anspruch  nehmen  wird. 
Dies  erklärt  zur  Genüge,  weshalb  Italiens  Litteratur  in  der 
Gegenwart  nicht  eben  auf  hohem  Niveau  sich  befindet  und 
namentlich  an  grosser  Einseitigkeit  leidet.  Am  vielseitigsten 
und  verhältnissmässig  am  besten  ist  noch  die  Novellistik  an- 
gebaut, aber  freilich  ist  auch  hier  neben  einzelnem  Bedeuten- 
den (wie  z.  B.  Verga's  und,  aber  in  ganz  anderer  Weise, 
Farina's  Novellen  es  sind)  viel  Mittelmässiges  und  Schwaches, 
selbst  auch  Verwerfliches  zu  finden,  und  namentlich  ist  das 
Ueberhandnehmen  des  naturalistischen  Komans  und  der  Sen- 
sationsnovelle nach  bekannten  französischen  Mustern  zii  be- 
klagen. In  der  Lyrik  und  im  Drama  ist  nur  wenig  Hervor- 
ragendes geschafi'en  worden ,  so  in  der  ersteren  von  dem  ge- 
nialen Carducci,   im  letzteren  von  Pietro  Cossa. 

Von  höherer  Bedeutung,  als  die  poetische,  ist  in  der  Ge- 
genwart die  wissenschaftliche  Litteratur  Italiens.  In  dieser 
wird,  namentlich  auf  den  verschiedenen  Gebieten  der  Ge- 
schichtsschreibung, wahrhaft  Grosses,  nach  Form  und  Inhalt 
Vollendetes  geleistet.  Es  genüge,  an  Namen,  wie  diejenigen 
Villari's  und  Comparetti's,  zu  erinnern. 

Der  Eifer,  Ernst  und  Erfolg,  mit  welchem  im  heutigen 
Italien  die  Wissenschaften  gepflegt  werden,  und  nicht  minder 
die  Empfänglichkeit,  welche  die  Italiener  für  die  Wissenschaft 
und  Litteratur  des  Auslandes,  namentlich  auch  Deutschlands, 
bekunden  —  zahlreiche  Uebersetzungen  legen  davon  Zeugniss 
ab  — ,  bürgen  dafür,  dass  Italiens  Litteratur  in  einer  ihrer 
grossen  Vergangenheit  würdigen  Weise  sich  weiterentwickeln 
werde. 

§  10.  Hülfsmittel  für  das  Studium  der  italienischen  Lit- 
teraturge  schichte',. 

A.  Allgemeines,  a)  Handschriftliches,  Bibliographisches 
u.  dgl.  Archivio  paleografico  italiano,  diretto  da  E.  Monaci.  Rom,  seit 
1882    (enthält    photographische   Facsimili    interessanter  Urkunden   u.    Lit- 


1)  Vollständigkeit  konnte  auch  nicht  entfernt  angestrebt  werden.  (Eine 
auch  nur  einigcrmassen  vollständige  Bibliographie  der  italienischen  Litte- 
raturgeschichtü  ■würde  einen  starken  Band  füllen.)  Das  unter  B.  gegebene 
Register  ist  nur  ganz  skizzenhaft,  und  Niemand  kennt  seine  grossen 
Lücken  besser,  als  der  Verf.,  dem  aber  gleichwohl  Rücksichten  auf  Zweck 
und  Umfang  seines  Baches  eine  detaillirte  Ausarbeitung  verboten.  Ueber 
Volkslitter atur  siehe  §  3. 


Das  Italienische.  695 

teraturdcukmäler,  wie  t.  B.  des  Contrasto  des  angeblichen  CiuUo  d'Alcamo), 
vgl.  Giorn.  stör.  I  150  —  *A.  Baktoli,  I  manoscritti  della  Biblioteca 
Nazionale  di  Firenze,  descritti  da  una  societii  di  studiosi  sotto  la  dirczione 
del  prof.  B.  etc.  Firenze  seit  1879,  bis  jetzt  3  Bde.  vollendet,  vgl.  Giorn. 
di  Hl  roni.  II  241  —  I  codici  palutini  della  r.  Bibl.  Naz.  Centrale  di 
Firenze.  Vol.  I  fasc.  1.  Descrizione  di  81  Codici  palatini  a  cura  del  prof. 
B.\KTOLl.  Roma  ISSö  —  A.  Bautoli  e  T.  Casini,  11  canzioniere  palatino 
4 IS  della  Bibl.  Naz.  di  Firenze,  in:  Propugn.  XIV  1,  230;  2,  53  u.  348; 
XVII  1,  133;  2,  279;  XVIII  2,  438  —  C.\siNl,  Testi  inediti  di  antiche 
rinie  volgari  Abdruck  des  Cod.  Laur.  9,  631  Bologna  18^3  —  Üpere  della 
Bibl  Xaz.  pubblieate  dal  cav.  Feiice  Lc  Monnier  e  Successori,  descritte  ed 
illustrate  da  C.  Raineki  Biscia.  Livorno  ISSO,  vgl.  Propugn.  XIII  p.  1, 
308  u.  474  —  Mausaxd,  I  manoscritti  italiani  della  regia  biblioteca  Pari- 
gina.  Paris  1 835/38  —  MoRTARA,  Catalogo  dei  mss.  ital.  che  si  conservano 
nella  Bibl.  Bodl.  a  Oxford.  Oxford  1804  —  G.  Ratnaud,  Inventaire  des  mss. 
italiens  de  la  Bibl.  Nationale  qui  ne  figurent  pas  dans  le  catalogue  de 
Marsand.  Paris  1SS2,  vgl.  Giorn.  stör.  I  150  —  L.  Delisle,  Notice  s.  les 
mss.  disparus  de  la  bibliotheque  de  Tours  pendant  la  premiere  moitie  du 
lOOme  siede.  Paris  1883,  vgl.  Giorn.  stör.  II  185,  und:  Les  mss.  du  conte 
d'Ashburnham.  Paris  1883,  vgl.  Giorn.  stör.  ibid.  —  E.  MoN.^CI,  Communi- 
cazioni  dalle  Biblioteche  di  Roma  e  da  altre  Biblioteche.  Halle,  seit 
1875,  bis  jetzt  2  Bde.,  deren  Inhalt  jedoch  die  portugies.  Litt,  betrifft,  s- 
oben  S.  596  —  K.  Bartsch  u.  A.  Mussafia,  Una  poesia  didattica  del 
sec.  Xin  tratta  dal  cod.  Vat.  4476,  in:  Riv.  di  fil.  rom.  11  43  —  J.  Griox, 
Die  vaticanische  Liederhds.  3793,  in:  Rom.  Stud.  I  Ol  —  A.  MvssAFlA, 
Mittheilungen  aus  roman.  Hdss.  I.  Ein  altneapolit.  Regimen  sanitatis. 
"Wien  1884,  vgl.  auch  oben  S.  304  —  A.  Miola,  Le  scritture  in  volgare 
de'  primi  tre  secoli  ricercate  nei  codd.  della  Bibl.  Naz.  di  Napoli,  im  Pro- 
pugn. von  Bd.  XI  (1878J  ab  bis  Bd.  XVUI  (1885)  —  T.  Casini,  Sopra 
alcuni  mss.  di  rime  del  secolo  XIII,  in:  Giorn.  stör.  ITI  161  —  S.  Anto- 
NELLi,  Indice  dei  mss.  della  Civica  Bibl.  di  Ferrara.  Ferrara  s.  a.,  vgl. 
Giorn.  stör.  IV  283  —  G.  Mazz.\tini,  Inventario  dei  codd.  della  bibl.  Vis- 
conteo-Sforzesca  redatto  da  Ser  Facino  da  Fabriano  nel  1459  e  1409,  in: 
Giorn.  stör.  I  33  —  F.  N0V.A.TI,  Scrittori  e  possessori  di  codici,  in:  Biblio- 
filo  III  Xo.  1,  vgl.  Giorn.  stör.  I  161  —  M.  Faloci-Pulignaxi,  H  catalogo 
d'una  biblioteca  monastica  del  sec.  XII,  in:  Bibliofilo  III  No.  1,  vgl.  Giorn. 
stör.  I  161  —  Vic.  DI  GiovAXXi,  II  libro  trojano  della  Bibl.  comunale  di 
Palermo,  in:  Propugn.  V  1,  369  —  R.  Sabbadixi,  Notizie  sulla  vita  e  gli 
scritti  di  alcuni  dotti  umanisti  del  sec.  XV  raccolte  da  codici  ital.,  in: 
Giorn.  stör.  VI  163  —  P.  DE  NOLHAC,  Bibliotheque  d'un  humaniste  au 
16  s.  Catalogue  des  li^Tes  annotes  de  Muret.  Extrait  des  Mclanges  d'arch. 
et  d'hist.  p.  p.  l'Ecole  frcse  de  Rome  1883,  vgl    Giorn.  stör.  II  437'.. 

*Baxdixi,  Catalogus  codicum  latinorum  Bibliothecae  Mediceae  Lau- 
rentianae,  5  Bde.,  Florenz  1774/77  (Bd.  5  behandelt  die  Codd.  Italici), 
und:   Bibl.   Leopoldina  Laurentiana,  3  Bde.,  Florenz  1791/93. 

Haym,  Biblioteca  italiana.  Venedig  1736  (Storia,  poesia,  prose,  arti, 
ßcienzej  —  *Gamba,  Serie  di  testi  di  lingua.  Venedig  1839  —  F.  Zambkixi, 


596  I^^ä  Italienische. 

Le  opere  a  stampa  dei  secoli  13  e  14  indicate  e  descritte.  4»  ed.  Bologna 
1878,  vgl.  Giern,  di  fil.  rom.  11  79  —  L.  ll.\zzoLlM  e  A.  Bachi  della 
Lega,  Bibliografia  dei  testi  di  lingua  a  stampa  citati  dagli  Accademici 
della  Crusca.  Bologna  1878,  und:  RazzolinI,  Indice  delle  edizioni  citate 
dalla  Crusca.  Milano  1863  —  Gamba,  Bibliografia  delle  novelle  italiane  in 
prosa.  Florenz  1S33  —  G.  Papanti,  Catalogo  dei  novellieri  ital.  in  prosa. 
Livomo  1871,  vgl.  Jahrb.  f.  rom.  u.  engl.  Spr.  u.  Lit.  XIV  107  —  G.  B. 
Passano,  I  novelliere  ital.  in  prosa.  Turin  1878,  vgl.  Giorn.  di  fil.  rom. 
II  104,  Propugn.  XI  2,  3.53  —  Melzi-Toksi,  Bibliografia  dei  romanzi  di 
cavalleria  si  in  prosa  che  in  versi  ital.  Milano  1853,  3  Bde. 

G.  Melzi,  Dizionario  di  opere  anonime  e  pseudonime  di  scrittori  ital. 
o  come  ehe  sia  aventi  relazione  all'  Italia.  Milano  18-18  59,  3  Bde. 

Annuario  bibliografico  ital.,  pubbl.  per  cura  dei  Ministerio  delV  Istru- 
zione  pubblica.  Turin,  seit  1863  —  BOCCA  Fratelli,  E.  Löscher  e  M. 
Münster,  Bibliografia  d'Italia  compilata  sui  documenti  communicati  dal 
Keale  Ministerio  deU'  Istruzione  1868  ff.  —  Bibliografia  italiana.  Giornale 
deir  associazione  tipografico-libraria  italiana,  compilato  sui  documenti  comu- 
nicati  dal  Ministerio  della  pubbl.  istr.  Florenz,  seit  1866  —  D.  G.  Ber- 
Toccio,  Repertorio  bibliografico  delle  opere  stampate  in  Italia  nel  secolo 
XIX.  Rom  1876  ff. 

Bibliographische  Monatsberichte  werden  von  einzelnen  .'grösseren  ita- 
lienischen Buchhandlungen  veröfi'entlicht.  Die  Buchhandlung  von  H.  F. 
Münster  (G.  Goldschagg  Succ.  zu  Verona  u.  Leipzig  giebt  »Cataloghi  men- 
sili  di  libri  antichi  e  moderni  in  vendita«  heraus,  von  denen  bereits  72 
Nummern  erschienen  sind.  Für  ältere  ital.  Litteratur  ist  der  Verlags- 
catalog  von  G.  Romagnoli  zu  Bologna  (Specialverlag  für  Altital.)  wichtig 
u.  interessant. 

b)  Darstellende  Werke:  1.  Die  ältesten  litterargeschicht- 
lichen  Versuche:  Ph.  Villani,  Liber  de  civitatis  Florentiae  famosis  civi- 
bus  ed.  tjrALLETTl.  Florenz  1847  .italienisch  u.  d.  T.  Le  vite  d'uomini  iUustri 
Fiorentini  colle  annotazioni  dei  conte  Mazzvcuelli.  Florenz'1847).  In  Gal- 
letti's  Ausg.  sind  auch  einige  andere  litterargeschichtl.  Erstlings-  u.  Quellen- 
schriften enthalten ,  namentlich  Lionardo  Bruni's  Vite  di  Dante  e  dei  Pe- 
trarca, G.  Manetto's  Vitae  Dantis,  Petrarchae  et  Boccaccii,  Cortesius'  Dia- 
logus  de  hominibus  doctis  —  GuiLELMl'S  Pastren-gicus  (Gi'GLIELMO  da 
PA.^iTRENGO,  Zeitgenosse  Petrarca's),  De  originibus  rerum  libellus.  Venetiis 
1547  (enthält  ein  »de  scripturis  virorum  illustrium  prooemium«)  —  Ve.'^pa- 
siANO  DA  BiSTiCCi,  Vite  di  uomini  iUustri  dei  secolo  XV  ed.  A.  Bartoli. 
Florenz  1859,  und:  Commentario  della  vita  di  messer  Giannozzo  Manetti^ 
enthalten  in  Galletti's  Villani-Ausg.,  s.  oben. 

2.  Aeltere  Werke,  welche  die  ital.  Gesammtlitteratur  be- 
handeln: Crescimbeni,  Istoria  deUa  volgar  poesia.  Rom  1698  —  QuADRlo, 
Storia  e  ragione  di  ogni  poesia.  Bologna  1739  —  Mazzichelli,  Gli  scrit- 
tori d'Italia.  Brescia  1753  —  Fontamni,  Biblioteca  dell'  eloquenza  italiana. 
Venedig  1737/53  —  *TlBABOSCHl,  Storia  della  letteratura  ital.  Modcna 
1772/81,    9  Bde.    (eine   spätere  Auflage   erschien   in   den  zwanziger  Jahren 


Das  Italienische.  697 

dieses  Jahrh.'s),  ist  immer  noch  das  beste  u.  gründlichste  Werk  (abgesehen 
von  dem  bis  jetzt  erst  bis  zu  Petrarca  reichenden  Werke  Gaspary'a,  s.  u.), 
leider  aber,  wie  sehr  begreiflich,  nicht  den  gegenwärtigen  Anforderungen 
entsprechend  u.  auch  keineswegs  vollständig,  sondern  nur  bis  zum  14.  Jahrh. 
reichend.  Einer  der  Vorzüge  des  T.'schen  Werkes  ist,  dass  in  ilim  auch 
die  Culturgeschichte  berücksichtigt  wird  —  Corniani,  I  secoli  della  lett. 
italiana  dope  11  suo  risorgimento.  Brescia  1818,  zuletzt  (fortgesetzt  von 
Predahi  Turin  1856,  9  Bde.  —  Ginuuene,  Histoire  litt.  d'Italie.  Paris 
1811/35,  14  Bde.  —  SiSMONDl,  Tableau  de  la  litterature  du  midi  de  l'Eu- 
rope.  Paris  1813/29,  4  Bde.  —  G.  Maffei,  Storia  della  lett.  ital.  2»  ed. 
Milano  1834. 

3.  Neuere  Werke,  welche  die  ital.  Gesammtlitteratur  be- 
handeln: A.  Bartoli,  Storia  della  lett.  ital.  Florenz,  seit  1878,  noch 
nicht  abgeschlossen,  sondern  in  dem  letzterschienenen  7.  Bd.  (Bd.  6  fehlt 
noch)  nur  erst  bis  Petrarca  reichend;  breitspurig  angelegt  u.  überaus  un- 
gleichmässig  gearbeitet,  Einzelnes  vortrefflich.  Anderes  Avieder  ganz  schüler- 
u.  stümperhaft  schwach  indessen  sind  auch  im  "VA'esentlichen  günstige  Ur- 
theile  über  das  immerhin  schätzbare  Buch  abgegeben  worden,  vgl.  z.  B. 
Ztschr.  f.  rom.  Phil.  IV  387,  Giorn.  stör.  III  104).  Eine  deutsche  Uebers. 
hat  C.  V.  11einh.\udstöttner  herauszugeben  begonnen.  Leipzig  1881  — 
*A.  Gaspary,  Gesch.  d.  ital.  Litt.  Bd.  I.  Berlin  1885  (sehr  tüchtige  Arbeit, 
gründlich  in  der  Forschung,  wovon  namentlich  auch  die  Anmerkungen 
zeugen,  besonnen  im  Urtheil,  gewandt  u.  geschmackvoll  in  der  Darstellung. 
Vgl.  B.  CoTUONEl,  Intorno  alla  storia  della  lett.  ital.  del  prof.  A.  G.  Flo- 
renz 1SS5  u.  dazu  Rom.  XIV  315,  vgl.  auch  Giorn.  stör.  IV  419). 

Emiliaxi-Giudici,  Storia  della  lett.  ital.  Firenze  1865  —  L.  Settem- 
BREsi,  Lezioni  di  lett.  ital.  Napoli  3^  ed.  1869/72  —  Ferner  die  »Storia 
della  lett.  ital.«  betitelten  Werke  von  C.  Cantu  (Florenz  1865,  trotz  des 
berühmten  Namens  des  Verf. 's  wenig  empfehlenswerth) ,  F.  DE  Sanctis 
(3»  ed.  Napoli  1879,  2  Bde.,  sehr  subjectivj ,  G.  Invernizzi  (Turin  1881), 
MORSOLIN  iTurin  ISSl),  Cappelletti  (Turin  1884,  vgl.  Giorn.  stör.  III  4.56), 
Sanfilippo  (Palermo  1858/63,  3  Bde.)  —  C.  M.  Tallarigo,  Compendio 
della  St.  della  lett.  it.  Napoli  1879  —  F.  C.WALIERI,  Breve  storia  della 
lett.  ital.  Turin  1883,  vgl.  Giorn.  stör.  II  440  —  S.  Pucci,  Principi  di  lett. 
generale  ital.  e  comparata.  Genova  1880. 

[BouTERWECK,  Geschichte  d.  Poesie  u.  Beredtsamkeit.  Göttingen  1801/19] 
—  C.  V.  Orelli,  Beiträge  zur  Gesch.  der  ital.  Poesie.  Zürich  1810  — 
Blanc,  Ital.  Litt,  in:  Ersch.  u.  Gruber's  Encyklopädie  —  Kuth,  Gesch. 
d.  ital.  Poesie.  Leipzig  1844/47  —  K.  M.  Salek,  Gesch.  d.  ital.  Litt,  von 
den  Anfängen  bis  zur  neuesten  Zeit.  Leipzig  1S83  (überaus  schwach),  vgl. 
Deutsche  Litteraturztg.  1883,  No.  37,  Giorn.  stör.  II  2U3  —  H.  Brei- 
tingeR,  Grundzüge  der  ital.  Litteraturgesch.  Zürich  1879  (das  Buch  steht 
nicht  auf  der  Höhe  der  Leistungsfähigkeit  seines  Verf.'s)  —  A.  Scumiut, 
Grundriss  der  Gesch.  der  ital.  Litt.  Leipzig  1S85  (für  praktische  Zwecke  ganz 
brauchbares  Büchlein,  enthält  viele  Daten,  auch  eine  kleine  Bibliogra- 
phie) —  AV.  Freind,  Tafeln  der  ital.  Litteraturgesch.  Leipzig  1875. 
Perreks,  Hist.  de  la  litt.  ital.  Paris  1866. 


698  I^^ä  Italienische. 

Uebersichten  über  die  ital.  Litteraturgeschichte  sindauch 
in  den  besseren  der  unter  d  zu  nennenden  Chrestomathien 
gegeben. 

4.  Schriften  über  einzelne  Perioden  u.  Gebiete  der  ital. 
Litteratur:  a)  die  Zeit  vor  Dante:  E.  Celesia,  Storia  della  lett.  in 
Italia  nei  secoli  barbari.  Genua  1882/83,  2  Bde.,  vgl.  Giorn.  stör.  I  323  — 
[*A.  Graf,  Roma  nella  memoria  e  nelle  immaginazioni  del  medio  evo. 
Turin  1882/83,  vgl.  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  VI  128]  —  F.  Demattio,  Le  let- 
tere  in  Italia  prima  di  Dante.  Verona  1871  —  G.  Salvadori,  Prima  di 
Dante,  in:  Fanfulla  della  Domenica  10.  9.  1882  —  F.  Corrazini,  Studi 
sulla  lett.  ital.  del  primo  secolo  I  Dialetti.  Florenz  1871  —  *A.  Gaspary, 
Die  sicilianische  Dichterschule  des  13.  Jahrh.'s.  Berlin  1878  (grundlegende, 
hochbedeutende  Arbeit),  vgl.  Giorn.  di  fil.  rom.  II  100  —  E.  Monaci,  Sui 
primordi  della  scuola  siciliana  da  Palermo  a  Bologna,  in:  Nuov.  Antol.  15.  8. 
1884,  vgl.  Rom.  XIV  297  —  Weitere  Angaben  üb.  die  Sicilianer  b.  Gasparv, 
Litteraturgesch.  I  4S7  —  Die  Handbücher  von  Nannvcci  etc.  s.  unten  d). 

ß)  Ueber  Dante,  vgl.  den  betr.  Artikel  in  dem  unten  folgenden  al- 
phabetischen Verzeichnisse,  i) 

y)  Aeltere  italienische  Litteratur  überhaupt:  Caterina 
FRANCEScm-FERRUCci,  I  primi  quattro  secoli  della  litt.  ital.  dal  sec.  XII 
al  XVI.  Lezioni.  Firenze  1858,  2  Bde.  —  R.  Fornaciari,  La  lett.  ital.  nei 
primi  quattro  secoli.  Quadro  storico.  Firenze  1885,  vgl.  Giorn.  stör.  VI  409 
—  A.  Bartoli,  I  prime  duc  secoli  della  lett.  ital.  Torino  1881  (werthlose 
Zusammenstoppelung  von  allbekannten  Gemeinplätzen  u.  Phrasen),  vgl. 
Riv.  di  fil.  rom.  I  196  —  d'ANCONA,  Studi  della  lett.  ital.  dei  primi  secoli. 
Bologna  1884  (Inhalt:  Jacopone  da  Todi,  Convenevole  da  Prato,  Del  secen- 
tismo  nella  poesia  cort.  del  sec.  XV,  Ciullo  d'Alcamo)  vgl.  Giorn.  stör. 
III  259  • —  OzANAM,  Documents  inedits  pour  servir  ä  i'hist.  litt^  de  l'Italie 
depuis  le  VIII<=  jusqu'  au  Xllle  s.  Paris  1S50,  und:  Les  poetes  franciscains 
en  Italic  au  XllJe  s.  et  recherches  nouvelles  s.  les  sources  de  la  Divine 
Comedie.  2"  ed.  Paris  1855  (immer  noch  wichtige  Bücher)  —  T.  C.\sini, 
La  coltura  bolognese  dei  sec.  XII  e  XIII,  in :  Giorn.  stör.  15  —  [R.  Re- 
nier,  II  tipo  estetico  della  donna  nei  medioevo.  Ancona  1885]. 

Die  Schriften  über  die  altital.  Heldendichtung  romanzi  cavallereschi 
u.  dgl.)  sehe  man  unten  im  Register  unter  »Ariost«,  »Reali«  etc. 

J)  Die  Renaissance  des  14.  u.  15.  Jahrh.'s:  *G.  Voigt,  Die 
Wiederbelebung  des  classischen  Alterthums  oder  das  erste  Jahrh.  des 
Humanismus.  Berlin  1880  81,  2  Bde.  (klassisches  Werk)  —  A.  Bautoli, 
I  precursori  del  rinascimento.  Firenze  1877  (ziemlich  werthlos,  weil  ganz 
oberflächlich  u.  aphoristisch!  —  E.  Gebhart,  Les  origines  de  la  renaissance 
en  Italic.  Paris  1879  (geistvolles  Buch)  —  J.  A.  Symonds,  Renaissance  in 
Italy.  Vol.  I.  The  fine  Arts.  Vol.  II :  The  Revival  of  Leaming.  London 
1877,   seitdem   in   zweiter  Auflage   erschienen    (das  Buch   ist  viel  gerühmt 


1)  Hier  sei  nur  genannt:  Favriel,  Dante  et  les  origines  de  la  langue 
et  de  la  litt.  ital.  Paris  1854,  2  Bde.  (geistvoll  und  anregend,  aber  nicht 
den  jetzigen  wissenschaftlichen  Ansprüchen  genügend). 


Das  Italienische.  (399 

worden,  ohne  dass  der  Sachverständige  den  Grund  einzusehen  vermöchte) 
—  W.  Pateh,  The  Kenaissance,  Studies  in  art  and  poctry.  2'-  ed.  London 
1S77  (schöner  Druck  u.  feine  Ausstattung  sind  des  Buches  beste  ICigen- 
schaften)  —  *J.  BlucKllAKDT,  Die  Cultur  der  Renaissance  in  Italien.  3.  Aufl. 
besorgt  von  L.  GlciGKK.  Leipzig  1S77  (classisches  Buch  voller  geistreicher 
Bemerkungen,  indessen  mehr  anregend,  als  eigentlich  belehrend)  —  E. 
MÜNTZ,  La  Renaissance  en  Italic  et  en  France  ä  l'epoque  de  Charles  VIII 
Paris  1885  (das  AVerk  wendet  sich  an  das  grosse  Publicum  u.  trägt  folglich 
keinen  streng  Wissenschaft!.  Charakter,  aber  es  ist  von  einem  gründlichen 
Kenner  der  Renaiss.  verfasst  u.  verdient  wohl  gelesen  zu  werden,  namentl. 
von  denen,  welche  für  die  Kunst  der  R.  sich  interessiren)  —  IL  Jamtsciiek, 
Die  Gesellschaft  der  Renaissance  in  Italien  u.  die  Kunst.  Vier  Vorträge. 
Stuttgart  lb~\)  geistvoll  u.  anregend)  —  H.  Hettneu,  Italienische  Studien. 
Zur  Geschichte  der  Renaissance.  Braunschweig  1879  (dies  Werk  des  be- 
rühmten Kunst-  u.  Litterarhistorikers  beschäftigt  sich  vorwiegend  mit  der 
bildenden  Kunst;  —  J.  Dukas,  Recherches  s.  l'hist.  litt,  du  XV<=  s.  Paria 
1870  \ inhaltsreich  trotz  geringen  Umfanges)  —  G.  FiOKETTO,  GH  umanisti 
o  lo  studio  del  latino  e  del  greco  nel  secolo  XV  in  Italia.  Verona  1881 
(gut)  —  Meinehs,  Lebensbeschreibungen  berühmter  Männer  aus  den  Zeiten 
der  "Wiederherstellung  der  Wissenschaften.  Zürich  1795/97,  3  Bde.  ■ — 
*Mehus,  Vita  Ambrosii  Traversarii.  Florenz  1759  (reichhaltige  Materialien- 
sammlung) —  G.  Körting,  Geschichte  der  Litt.  Italiens  im  Zeitalter  der 
Renaissance.  Leipzig  1878/84,  bis  jetzt  Bd.  1  Petrarca's  Leben  u.  Werke, 
Bd.  2  Boccaccio's  L.  u.  W. ,  Bd.  3  Theil  1  die  Anfänge  der  Renaissance- 
litteratur. 

Specialschriften  über  Petrarca,  Boccaccio  etc.  siehe  unter 
B  im  Register. 

£)  Das*  16.  Jahrhundert:  A.  de  Treverret,  l'Italie  au  16^  s.  Etu- 
des  litteraires,  morales  et  politiques.  Paris  1877  (gutes  u.  anregendes  Buch, 
freilich  mehr  Essay,  als  wissenschaftl.  Darstellung)  —  *U.  Canello,  Storia 
della  lett.  ital.  nel  sec.  IG.  Milano  ISSl  (gründlich  gearbeitetes  u.  in- 
haltsreiches Buch,  leider  aber  in  seiner  Disposition  sehr  verfehlt;  —  G.  B. 
Magrini,  Studj  sul  Cinquecento.  Imola  1879,  vgl.  Propugn.  XII  1,  298 
(das  Buch  behandelt  Leben  u.  Werke  des  Francesco  Grazzini  detto  il 
Lasca)  —  DE  GoBlNEAU,  La  Renaissance  (Savonarole,  Cesar  Borgia,  Jules  11, 
Leon  X,  Michel  Ange).  Scenes  historiques.  Paris  1877  (belletristisches 
Werk  u.  nur  als  solches  aufzufassen,  aber  geistvoll  u.  originell)  —  La 
Poesia  barbara  nei  secoli  XV  e  XVI  a  cura  di  G.  Carducci.  Bologna  1881. 

Sp-ecialschriften  über  Ariost,  Tasso  etc.  sehe  man  unter 
B  im  Register. 

C;  Die  spätere  Zeit:  G.  Mestica,  Trajano  Boccalini  e  la  lett.  critica 
e  politica  del  seicento,  Discorsi.  Firenze  1878,  vgl.  Propugn.  XI  2,  348  — 
G.  Zanella,  Storia  della  lett.  ital.  dalla  metä  del  settecento  ai  giorni  nostri. 
Turin  1S81  -^  V.  Lee,  Studies  of  the  18»^»  Century  in  Italy.  London  1880 
(gut)  —  *G.  Gl'ERZüni,  II  terzo  rinascimento,  corso  di  lett.  ital.  Palermo 
1874  —  E.  Masi,  Parrucche  e  Sanculotti  nel  sec.  XVIII,  vgl.  Giorn.  stör. 
VI  430    —    G.  Carducci,   Del  rinnovamento  litterario  in  Italia,   discorso. 


700  Das  Italienische. 

Annuario  della  R.  Universitä  di  Bologna,  anno  accademico  1874/75  — 
Zanella,  Della  lett.  ital.  nel  ultimo  see.  Turin  18S6  —  M.  Landau,  Die 
ital.  Litt,  am  österreichischen  Hofe.  Wien  1879  —  Lombakdi,  Saggio  suUa 
storia  della  lett.  ital.  nei  primi  25  anui  del  see.  XIX.  Milano  1831. 

?])  Die  Gegenwart:  A.  Roux,  Hist.  de  la  litt,  contemporaine  en 
Italie  sous  le  regime  unitaire  1859  k  1874.  Paris  1874,  2  Bde.  —  D.  Bar- 
ZELLOTTI,  Die  litterarische  Bewegung  in  Italien  seit  1848,  in  K.  Hille- 
brand's  »Italia«  I  263  —  Pitre,  Profili  biografici  di  contemporanei  italiani 
Palermo  1864  —  A.  DE  Gubernatis,  Ricordi  biografici,  pagine  estratte 
dalla  storia  contemp.  lett.  ital.  Firenze  1872  —  MoLMENTi,  Impressioni 
letterarie.  2»  ed.  Milano  1875  —  G.  v.  Freiberg,  Italiens  moderne  Lyriker, 
in:  Italia  IV  153,  vgl.  auch  Yorick's  Essay  über  das  ital.  Theater  seit 
1848,  ebenfalls  in  der  Italia  II  195. 

d-)  Einzelne  Litteraturgattungcn:  A.  de  Gubernatis,  Storia 
della  poesia  lirica.  Milano  1883,  vgl.  Giorn.  stör.  II  238  —  S.  Samo.sch, 
Italienische  u.  französische  Satiriker.  Berlin  1879  —  M.  Landau,  Beiträge 
zur  Gesch.  d.  ital.  Novelle.  Wien  1875  —  Ueber  das  Drama,  vgl.  unten 
im  alphabetischen  Verzeichnisse  den  Artikel  »Theater«,  wie  überhaupt  in 
dem  erwähnten  Verzeichnisse  Angaben  über  einzelne  Litteraturgattungen 
unter  den  entspreclienden  Stichworten  zu  finden  sind. 

i)  Die  ital.  Litteratur  u.  das  Ausland:  J.  Arnaud,  Les  Italiens 
prosateurs  frcs.  Etudes  s.  les  emigrations  italiennes  depuis  Brunetto  Latini 
jusqu'ä  nos  jours.  Milano  1862  —  In  der  »Histoire  des  litt,  etrangeres« 
von  Demogeot  u.  in  den  »Histoires  des  litt,  etr.«  von  Bougeault  ist  selbst- 
verständlich auch  die  ital.  Litt,  behandelt;  eine  besondere  Bearbeitung  hat 
derselben  z.  B.  Perrens  gewidmet  in  seiner  Hist.  de  la  litt.  ital.  Paris 
1866  —  A.  Baschet,  Les  comcdiens  ital.  ä  la  cour  de  France,  Paris  1882 
—  MOLAND,  Moliere  et  la  comedie  ital.  Paris  1865  —  :Marc-Monnier, 
LTtalie  est-elle  la  terre  des  morts?  Paris  1860]  —  M.  Landau,  Die  ital. 
Litt,  am  österreichischen  Hofe.  Wien  1879.  —  (Von  den  zahlreichen  Samm- 
lungen deutscher  Uebersetzungen  ital.  Dichtungen  seien  hier  genannt,  weil 
sie  auch  für  die  Litteraturgeschichte  ein  gewisses  Interesse  besitzen:  Ita- 
lienische Novellisten,  herausg.  von  P.  IiEY.SE,  Leipzig  1877/78,  6  Bde., 
worunter  einige  freilich  abAveichend  betitelt  sind.  P.  Heyse,  Italienisches 
Liederbuch,  eine  Sammlung  ital.  Volkslieder.  Berlin  1862.  W.  Kaden, 
Italiens  Wunderhorn.  Volkslieder  aus  allen  Provinzen  der  Halbinsel  u. 
Siciliens  in  deutscher  Uebertragung.  Stuttgart  1878  —  Als  Uebersetzer 
deutscher  Dichtungen  in  das  Ital.  hat  sich  besonders  Andrea  Maffei  [im 
J.  1S85  hoch  betagt  gestorben]  ausgezeichnet). 

x)  Sammlungen  litterargeschichtlicher  Essays:  *G.  Carducci, 
Studi  letterari.  Livorno  1874  (DeUo  svolgimcnto  della  lett.  nazionale  [be- 
handelt die  Entwickelung  der  Litt,  bis  einschliesslich  zum  Cinquecento]  ; 
DeUe  rime  di  Dante;  Della  varia  fortuna  di  Dante;  Musica  e  poesia  nel 
mondo  elegante  ital.  del  see.  XIV)  —  A.  d'Ancona,  Studj  di  critica  e  di 
storia  lett.  Bologna  1880  (Inhalt:  II  concetto  dell'  unitä  politica  nei  poeti 
ital. ;    Cecco  Angiolieri ;  del  Novcllino  e  delle  sue  fonti ;  la  leggenda  d'At- 


Das  Italienisclie.  701 

tila  Hajjclhim  Dci  in  Italia)  —  A.  d'Ancona,  Varietä  storiche  e  letteraric 
Milano  l^^ö,  vtjl.  Giorn.  stör.  VI  434,  wo  auch  eine  Lebersieht  des  reichen 
Inhaltes  gegeben  ist  —  A.  V.  Kkimünt,  Saggi  di  storia  e  lettcratura. 
Florenz  1880  (II  Monte  di  Venere  in  Italia;  Milton  e  Galileo;  Delle  rela- 
zioni  fra  la  lett.  ital.  e  quella  di  Germ,  nel  seicento;  Due  soci  esteri  dell' 
Aecad.  della  Crusca;  Klogio  di  Giovanni,  re  di  Sassonia)  —  *B.  Zumbini, 
Saggi  critic'i.  Napoli  1 870  (beliandeln  haui)tsachlich  liCopardi,  ferner  Settem- 
brini's  Lezioni  di  lett.,  endlich,  u.  zwar  selir  eingehend,  Bunyan's  u.  Milton's 
religiöse  Epen?  —  U.  C.\xeli.o,  Saggi  di  critica  letteraria.  Bologna  1^77 
(Classicismo  e  romanticismo  nella  storia  universale  delle  lettere.  La  storia 
comparata  delle  letteraturc  neo-latine.  Favole,  fabliaux  e  fiabe  su  Renardo 
e  Isengrino.  11  canzoniere  portoghese  della  Vaticana.  Federico  Diez  e  la 
tilolügia  romanza.  I  due  periodi  della  lett.  tedesca.  La  giovinezza,  la  viri- 
litä,  la  vecchiaja  di  V.  Goethe.  II  Fausto  di  V.  Goethe)  —  "Fn.  d'Ovidio, 
Saggi  critici.  Napoli  1879  (F.  Ambrosoli  c  i  paralipomeni  del  Leopardi. 
Lettere  incdite  del  Leopardi  al  Bunsen.  L'epistolario  del  Manzoni.  Di  un 
recente  libro  concernente  il  ritorno  del  Manzoni  alla  fede  cattolica.  Fra 
Galdino.  La  politica  del  Manzoni.  L'indomani  della  morte  di  Niccolö  Tom- 
maseo.  Edmondo  de  Amicis  e  il  suo  »Marocco«.  Ancora  del  De  Amicis. 
Due  critici  calabresi  [Fiorentino  e  Zumbini".  Pio  Rajua  e  le  sue  »Fonti 
dcir  Ariosto«.  II  Pontano  del  Tallarigo.  II  Clodio  del  prof.  Gentile.  II 
carattere,  gli  amori  e  le  sventure  di  T.  Tasso.  Due  tragedie  del  Cinquecento. 
Nota  sul  verso  del  X  canto  dell'  Inferno  «Forse  cui  Guido  ebbe  a  disdegno«. 
Sul  Trattato  de  vulg.  eloquentia  di  Dante  AI.  La  metrica  della  canzone 
secondo  Dante.  Lingua  e  dialetto.  DeUa  questione  deUa  nostra  lingua  e 
della  questione  di  CiuUo  d'Alcamo,  risposta  al  prof.  Caix.  La  lingua  dei 
Promessi  Sposi.  Ausserdem  einige  Appendici.)  —  A.  Borgogn'oni,  Studj 
d'erudizione  e  d'arte.  Vol.  I  'Bologna  1877)  Bindo  Bonichi  e  l'Intelligenza, 
vgl.  Giorn.  di  iil.  rom.  I  59;  Vol.  II  (Bologna  1878)  p.  7.  I  poeti  italiani 
dei  codici  d'Arborea.  88  La  condanna  capitale  d'una  bella  signora.  109  I 
rimatori  della  scuola  meridionale.  219  Gentile  di  Ravenna)  • —  K.  Hille- 
BRAND,  Etudes  historiques  et  litteraires.  Vol.  I  Etudes  italiennes,  Paris 
1868,  und:  Zeiten,  Völker  u.  Menschen.  Bd.  2  AVälsches  u.  Deutsches. 
Berlin  1875  —  G.  Biadego,  Da  libri  e  manoscritti.  Verona  1883  (enthält 
u.  A.  ein  Essay  über  Maffei's  Merope),  vgl.  Giorn.  stör.  II  197. 

C;   Sammlungen,  Handbücher,   Chrestomathien  etc. 

«)  Für  Altitaliexisch  :  *Collezione  di  opere  inedite  e  rare  dei  primi 
tre  secoli  della  lingua  pubblicate  per  cura  deUa  R.  Commissione  pe'  testi 
di  lingua,  Bologna  seit  1863,  und:  Scelta  di  curiositä  letterarie  inedite  o 
rare  dal  secolo  XIII  al  XVII  in  appendice  aUa  CoUezione  suddetta ,  Bo- 
logna seit  1861  (Beide  Sammlungen  lassen  zwar  bezüglich  der  Auswahl  der 
betr.  Texte  u.  der  Methode  der  Herausgabe  sehr  Vieles  zu  wünschen  übrig 
u.  machen  bald  mehr  bald  weniger  den  Eindruck  des  Dilettantismus,  sind 
aber  nichtsdestoweniger  höchst  werthvoll  u.  für  Jeden,  der  sich  mit  älterer 
ital.  Litt,  beschäftigt,  unentbehrlich.  Die  in  diesen  Sammlungen  bisher  ver- 
öffentlichten Texte  sind  in  dem  unten  folgenden  Register  mit  Coli.  u.  Sc. 
gekennzeichnet)  —  CoUezione  di  operette  inedite  o  rare  Firenze,  seit  1882, 


702  1^*3  Italienische. 

vgl.  Giom.  stör.  I  142  • —  Biblioteca  di  lett.  popolare  italiana,  pubbl.  per 
cura  di  S.  Fekrari.  Firenze  seit  1S82,  vgl.  Giorn.  stör.  I  14.5. 

Valeriam  e  Lampredi,  Poeti  del  primo  sec.  della  ling.  ital.   Firenze 

1816,  2  Bde.    —    Villarosa,   Raccolta  di  rime  antiche  toscane.   Palermo 

1817,  4  Bde.  —  Trucchi,  Poesie  ital.  inedite.  Prato  1846,  4  Bde.  —  *Le 
Antiche  Rime  Volgari  ed.  d'Ancona  e  Comparetti  (genaueren  Titel  sehe 
man  unten  im  aiphabet.  Verzeichnisse  unter  Antiche  etc.)  —  Le  Rime  dei 
poeti  bolognesi  del  sec.  XIV  raccolte  ed  ordinate  da  T.  Ca.sini.  Bologna 
1881  —  *V.  Nannucci,  Manuale  della  lett.  del  primo  secolo  della  lingua 
ital.  3»  ed.  Firenze  1874,  2  Bde.  —  *C.  Tallarigo  e  V.  Imbrl\ni,  Nuova 
crestomazia  ital.  Vol.  I  Le  origini  e  il  Trecento.  Napoli  1882  (vorzügliches 
Werk,  dessen  zwei  letzten  Bde.  die  spätere  Litt,  behandeln)  —  A.  Bartoli, 
Crestom.  della  poesia  ital.  del  periodo  delle  origini.  Turin  18S2,  vgl.  Giorn. 
stör.  I  131,  Rom.  XI  427  —  J.  Ulrich,  Altital.  Lesebuch.  13.  Jahrh.  Halle 
1886  (für  akad.  Vorlesungen  berechnet,  hat  manche  sehr  grosse  Mängel,  auch 
vermisst  man  litterargeschichtl.  Notizen,  wie  sie  bei  Nannucci  u.  Imbriani 
zu  finden  sind),  vgl.  Literaturbl.  f.  germ.  u.  rom.  Phil.  Aprü  1886. 

ß)  Sonstige  Chre.stomathien  :  *0.  T.  Tozzetti,  Antologia  della  poesia 
italiana.  Livorno  1883,  vgl.  Giorn.  stör.  I  348  —  Rigutini,  Crestom.  ital. 
della  poesia  moderna.  Firenze  1880  —  *Baragiola,  Crestom.  ital.  orto- 
fonica.  Strassburg  1881  (recht  brauchbar  für  Studierende,  namentl.  hin- 
sichtlich der  Aussprache;  enthält  auch  Dialektisches),  vgl.  Ztschr.  f.  rom. 
Phil.  V  577  —  Nachgetragen  -werde  hier:  Fr.  Guardione,  Antologia  poetica 
siciliana  del  sec.  XIX  con  proemio  e  note  Palermo  1885,  vgl.  Propugn. 
XVIII  2,  286. 

Jagemann,  Ital.  Chrestomathie.  Leipzig,  2  Ausg.  1802,  2  Bde.  (für 
praktische  Zwecke  immer  noch  zu  brauchen)  —  L.  Ideler,  Handbuch  der 
ital.  Spr.  u.  Litt.  2  Aufl.  Berlin  1820,  2  Bde.  (ein  für  seine  Zeit  vorzüg- 
liches \\'erk)  —  *A.  Ebert,  Handbuch  der  ital.  Nationallitteratur.  Marburg 
1854,  2.  (nur  Titel-)  Ausg.  Frankfurt  a  M.  1874  (vorzügliches  "Werk  mit 
einem  trefflichen  Grundriss  der  Litteraturgeschichte). 

y)  Sammelwerke:  Die  Zahl  der  von  Buchhändlern  etc.  veranstalteten 
Sammelausgaben  von  ital.  Litteraturwerken  ist  sehr  gross,  da  aber  dieselben 
keine  wissenschaftl.  Bedeutung  besitzen ,  so  kann  von  ihrer  Aufzählung 
hier  Abstand  genommen  werden.  Es  genüge  zu  bemerken,  dass  für  prak- 
tische Zwecke  die  bei  Barbera  u.  bei  Sonzogno  (beide  in  Florenz)  er- 
scheinenden Sammlungen  durch  Billigkeit  u.  gute  Ausstattung  sich  aus- 
zeichnen (besonders  billig  ist  Sonzogno's  »Biblioteca  economica«,  das  Heft 
kostet  eine  Lira).  Unter  den  älteren  Sammlungen  zeichnen  sich  die  ver- 
schiedenen in  den  ersten  Decennien  unseres  Jahrh. 's  erschienenen  Mailänder 
Collezioni  (Classici  ital.  1802/15,  250  Bde.,  neue  Sammig.  von  Class.  1818  ff.) 
vortheilhaft  aus. 

Von  den  in  Deutschland  erschienenen  Sammlungen  ist  die  bedeutendeste 
die  in  Leipzig  bei  F.  A.  Brockhaus  herauskommende  »Biblioteca  d'Autori 
Italiani«.  Der  Inhalt  der  einzelnen  Bände  (ä  3  M.  50  Pf.j  ist  folgender: 
1.  Manzoni,  I  promessi  sposi.  2.  Leopardi,  Opere.  3.  Balbo,  Novelle. 
4.  5.  Boccaccio,  II  Decamerone.   6.  Cantu,  Margherita  Pusteria.  Racconto. 


Das  Italiunische.  703 

7.  Gu'STI,  Poesie.  Preeedute  clalla  vita  dell' autore.  8.  d'Azeglio,  jSiccolö 
de'  Lapi  ovvcro  i  Palleschi  c  i  Piapnoni.  1).  Pfi.lICO,  Le  niie  Prigioni, 
Francesca  da  liimini,  Tomnuiso  Moro  e  Poesie  scclte.  10.  Goldüxi,  Carlo. 
Commedie  seelte.  (11  Torquato  Tasso.  Le  Donne  curiose.  Un  curioso  acci- 
dente.  Terenzio.  L'Avaro  fastoso.  II  vero  Amico,  II  burbero  Benefico.) 
11.  FlORi  della  poesia  italiana  antica  e  moderna,  raccolti  da  Carolina 
MlciiAEU-s.  12.  Tasso,  La  Gcrusalemme  liberata,  ed.  G.  A.  Scautazzini. 
13.  Fanfani.  Cecco  d'Ascoli.  Kacconto  storico  del  sccolo  XR'.  14.  TiGRi. 
Selvaggia  de'  Vergiolesi.    Kacconto  storico.     15.    Alfieui.   Tragedie  scelte. 

16.  FoscoLO.     Le   iiltime    lettere    di  Jacopo   Ortis   ed   altre   opere   scelte. 

17.  Novelle  itallaxe  di  quaranta  autori  dal  1300  al  1847.  18.  Petrarca. 
II  Canzoniere,  ed.  G.  A.  ScART.\zziXL 

Massenhaft  vorhanden  sind  von  speculativen  Buchhändlern  ins  Leben 
gerufene  und  meist  von  Dilettanten  redigirte  Sammlungen,  welche  den 
Zwecken  der  Schul-  oder  Privatlectüre  dienen  zu  wollen  vorgeben. 

Unter  den  älteren  Sammelwerken  hat  eine  grosse  Verbreitung  besessen 
u.  verdient  der  in  den  dreissiger  Jahren  unseres  Jahrh.'s  in  Leipzig  bei 
E.  Fleischer  erschienene  »Parnasso  italiano«  (Bd.  1  Dantes  Div.  Comm., 
Petrarca's  Rime,  Ariost's  Orlando  furioso,  Tasso's  Gerusalemme  liberata. 
Bd.  2  Bojardo's  Orlando  inammorato,  Michelagnolo  Buonarotti's  Rime, 
Tassoni's  Secchia  rapita,  Boccaccio's  Decamerone). 

Sehr  zu  wünschen  wäre,  dass  endlich  einmal  in  Deutschland  italienische 
Litteratur werke  in  würdiger  wissenschaftlicher  Weise  für  Zwecke  des  aka- 
demischen u.  des  Privatstudiums  herausgegeben  würden,  dass  eine  Samm- 
lung entstände,  wie  sie  in  Bezug  auf  französische  u.  englische  Autoren 
von  der  Weidmann'schen  Verlagshandlung,  freilich  mit  sehr  ungleichem 
Erfolge  (Einiges  vortrefflich.  Vieles  mittelmässig.  Einiges  sehr  ungenügend) 
unternommen  worden  ist.  Als  Muster  könnte  dienen  Carducci's  Ausg.  der 
moralischen  u.  politischen  Gedichte  Petrarca's. 

Den  Italienern  aber  ist  in  Erinnerung  zu  bringen,  der  ihnen  obliegen- 
den Ehrenpflicht,  verlässliche  kritische  Ausgaben  ihrer  Klassiker  zu  ver- 
anstalten, eingedenk  zu  sein  u.  die  Erfüllung  derselben  nicht  allzulange 
zu  verzögern.  Zur  Zeit  fehlen  derartige  Ausgaben  z.  B.  sogar  noch  für 
Petrarca  u.  Boccaccio.  Es  ist  das  Vorhandensein  dieser  Lücke  wundersam 
genug,  wenn  man  bedenkt,  mit  welchem  Eifer  u.  mit  welchen  glänzenden 
Erfolgen  das  Studium  der  romanischen  Philologie  in  Italien  gepflegt  wird. 

B.  Alphabetisches  Verzeichniss  einiger  Schriftsteller  und 
Litteraturwerke  mit  Angabe  einiger  Erläuterungsschriften  : ') 
Messer  lo  Abate  da  Napoli,  um  125t),  N  I  232  —  Acerba  s.  Cecco 
d'Ascoli  —  Adriani.  Scritti  varii  editi  ed  incditi  di  G.  B.  Adriani  e  di 
Marcello  suo  figlio.  Bol.  1871.  Sc.  121  —  Alamanni,  Luigi,  geb.  1495  zu 


1)  Vgl.  die  Anmerkung  zu  der  Ueberschrift  des  Paragraphen. 

Erklärung  der  Abkürzungen:  Coli.  =  Collezionc  di  opere  inedite  o 
rare  (s.  oben  S.  701  ,  Sc.  =  Scelta  di  curiositä  etc.  s.  oben  S.  70l;,  N.  = 
Nannucci  s  Manuale,  I.  =  Imbriani's  Chrestomathie  s.  oben  S.  7u2j,  G.  = 
Gasparvs  Litteraturgesehichte  (s.  oben  S.  697;  ,  E.  =  Eberts  Handbuch 
(s,  oben  S.  7o2). 


704  l^^s  Italienische. 

Flrz.,  gest.  1556  zu  Amboise.  Opere  toscane  Lyon  1532,  2  Bde.  (Eklogen,  Sa- 
tiren, Sonette,  Hymnen,  mjthologische  Gedichte,  »Selve«,  Übers,  der  Antigene 
des  Sophokles).  Lehrgedicht  Della  Coltivazione  Paris  1546,  später  im  Par- 
nasso  ital.  Bd.  23,  Mail.  Samml.  ital.  Klass.  Bd.  53  —  Albanzani,  Donato 
de'gli  A.  Apenninigena,  Zeitgenosse  u.  Verehrer  Petrarca's,  verfasste  ar- 
gumenta zu  P's  Eklogen  (b.  HoRTls,  Scritti  ined.  di  P.  35!t,  dazu  23:5),  über- 
setzte P.'s  Buch  de  viris  illustribus  (mit  dem  Original  herausg.  v.  Razzolini 
in  Coli.  34).  Vgl.  Voigt  a.  a.  O.  I  419  —  Albergati  Francesco,  Lust- 
spieldichter des  18.  Jahrh.'s.  E.  Masi,  Lavita,  i  tempi,  gli  amici  di  Fr.  A., 
commediografo  del  sec.  XVIIL  Bologna  1878,  vgl.  Propugn.  XI  2,  422,  Nuov. 
Ant.  1878  (Juli)  S.  194  —  Albertano  daBrescia  (Albertanus  Brixien- 
sis),  erste  Hälfte  des  13.  Jahrh.  Volgarizzamento  dei  trattati  mor.  di  A.  d.  B. 
da  Soffredi  del  Grazia  ed.  S.  Ciampi.  Firenze  1832.  Dei  tratt.  mor.  di  A. 
d.  B.  volgarizz.  inedito  fatto  nel  1268  da  Andrea  di  Grosseto  a  cura  di 
F.  Selmi  Bol.  1873  Coli.  33.  De  arte  loquendi  etc.  ed  Tu.  Sundby,  in: 
Brunetto  Latinos  Levnet  etc.  p.  LXXXV.  Liber  Consolationis  et  Consilii 
ed.  Th.  Sundby.  Kopenhagen  1873.  N  11  42.  G.  I  189  u.  504  —  Alber- 
tuccio  della  Viola,  13.  Jahrh.,  N  I  351  —  Aldus  Manutius,  geb. 
1449  od.  1450  zu  Sermonetta  b.  Velletri,  gest.  1516  zu  Venedig.  F.  DiDOT, 
A.  M.  et  l'hellenisme  ä  Venise.  Paris  1875  —  Aleardo  Aleardi,  Gae- 
tano,  geb.  1810  zu  Verona,  gest.  ebenda  1878.  Prime  storie  1845.  II 
Monte  Circello  (Nachahmung  des  Child  Harold)  1846.  Lettere  a  Maria 
1848.  RafFaello  e  la  Fornarina  1857.  Ora  di  mia  giovinezza  1858.  I  setti 
soldati  1861.  Canto  politico  1862.  Canti  (Sammlung  der  lyr.  Gedichte) 
1862  —  Alessandro  Magno  s.  I  nobili  Fatti  —  Alfani,  Gianni,  um 
1250,  N  I  303  —  Alfieri,  Vittorio,  geb.  17.  1.  1749  zu  Asti,  gest. 
8.  10.  1803  zu  Florenz.  Tragedie  Vol.  I  (Antigone,  Filippo,  Polinice,  Vir- 
ginia) Siena  1783,  Vol.  II  (Agamemnone,  Oreste,  Rosmunda)  1784,  Vol.  III 
(Ottavia,  Timoleone,  Merope)  1785,  später  folgten  Maria  Stuarda,  la  Con- 
giura  de'  Pazzi,  D.  Garzia ,  Saul,  Ägide,  Sofonisbe,  Bruto  primo ,  Mirra, 
Bruto  seconüo.  Gesammtausg.  dieser  19  Trag.  Paris  1789,  6  Bde.  Ausg. 
der  gesammten  AA''erke  (darunter  Abele,  eine  »tramelogedia«  d.  i.  melotra- 
gedia,  Uebersetzungen  aus  Aeschylus,  Sophokles,  Euripides  etc.,  epische  u. 
lyrische  Dichtungen  etc.)  Piacenza  1809/11,  22  Bde.  Eine  Sammlung  der 
Tragödien  gab  Mli.ANESi,  Florenz  1855,  in  2  Bden.  heraus.  Lettere  inedite 
di  V.  A.  ed.  I.  Bernardi  e  C.  Milaxesi.  Florenz  1864.  Satire  e  poesie 
minori  ed.  G.  Carducci.  Florenz  1863.  Das  Leben  A.'s  hat  sein  Freund 
Caluso  beschrieben.  Cenfanti,  Tragedie  e  Vita  di  A.  Florenz  1S42. 
Teza,  Vita,  giorn.  e  lett.  di  A.  Florenz  1861.  Tedeschi,  Studi  suUe 
tragedie  di  A.  Mailand  1869.  G.  Mazzatini,  Le  carte  Alfieriane  di  Mont- 
pellier, in:  Giorn.  stör.  III  27,  3.'>7  IV  129.  A.  Reimont,  V.  A.  in  Alsazia, 
notizie  complementarie  del  lavoro  dell'  autore  »Gli  ultimi  Stuardi,  la  con- 
tessa  d'Albany  e  V.  A.«,  inserito  nel.  vol.  VIII  dell'  Arch.  stör.  ital.  Serie  IV, 
t.  X  disp.  5,  vgl.  Giorn.  stör.  I  153  —  Algarotti,  Francesco,  geb.  1712 
zu  Venedig,  gest.  1764  zu  Pisa.  A.  verfasste  ausser  zahlreichen  natur-  u. 
kriegswissenschaftl.,  philos.  etc.  Werken  ein  Lehrgedicht  in  Prosa  »il  Con- 
gresso    di  Citera«    1745.      Opere  Livorno  1765,    8  Bde.,    Cremona    1778/84, 


Das  Italicnisclic.  705 

10  Bde.  D.  MlcilELESsi,  Memoric  intorno  allu  vita  e  agli  scritti  del  Conte 
F.  A.  Venedig  177(t.  dann  in  Bd.  1  der  Gcsammtausg.  —  Ambra,  Fede- 
rigo  dall',  um  1290.  N  I  ;U56  —  Ambra,  Francesco  aus  Florenz,  gest. 
1559,  Verf.  der  Intriguenkomödien :  II  furto,  I  Bernardi,  la  Cofanaria  — 
Amicis  s.  De  A.  —  Amore  dispetto  per  Costanza.  Visione  di  Ugolino 
della  Casa.  Bol.  1S80.  Sc.  175  —  Angiolieri,  Cecco,  Ende  des  13.  u. 
Anfang  des  14.  Jahrh.'s.  in  Siena.  Seine  Gedichte  zum  Theil  herausg.  von 
MoLTEXi  u.  MoN.\ci,  II  Canzoniere  Chigiano ,  p.  212.  D  Ancona,  Cecco 
A.  da  Siena,  poeta  umorista  del  sec.  XIII,  in:  Nuov. Ant.  XXV  (1873)  5,  vgl. 
Rom.  III  316,  u.  Studi  di  Critica  j).  105.  G.  222  u.  509.  I  46  —  Antica 
Parafrasi  lonibarda  del  »neminem  laedi  nisi  a  se  ipso«  di  S.  Giov.  Crisosto- 
mo.  ed  AV.  Förster,  in:  Arch.  glott.  VII  1  —  Le  Antiche  Rime  volgari 
secondo  la  lezione  del  Cod.  Vat.  3793  pubbl.  per  cura  di  A.  d'ANCONA  e 
D.  CoMPARETTi  in  der  Coli,  di  op.  inedite  etc.  Bd.  I  Bol.  1873,  11  1881, 
III  18S4  fBd.  IV  wird  noch  im  J.  1880  erscheinen).  Vgl.  Ztschr.  f.  rom.  Phil. 
IX  571  —  Antonio  da  Tempo,  14.  Jahrh.  Trattato  delle  rime  volgari,  com- 
poste  nel  1332,  ed.  G.  Griüx.  Bol.  1869.  Coli.  27.  Novati,  Poeti  veneti  del 
trecento.  A.  d.  T.,  Alb.  Mussato  etc.,  in:  Arch.  storico  per  Trieste  etc. 
Vol.  I  No.  2  (Nov.  1881)  p.  130  und  S.  Morpuego,  Rime  inedite  di  Giov. 
Quirini  e  A.  da  T.,  ebenda  p.  142,  vgl.  Rom.  XI  624  —  Apollonio  da 
Tiro,  romanzo  greco  etc.  in  volgare  ital.  del  sec.  XIV  ed.  Leone  del 
Prete  Lucca  1861.  G.  p.  382  u.  534  —  Aquilon  de  Baviere.  A.  TnoMA.s, 
A.  de  B.,  roman  franco-italien  inconnu ,  in:  Rom.  XI  538  —  Arborea. 
Carte  d'A.  44  gefälschte  Codices,  angeblich  aus  Oristano,  dem  alten  Sitze 
der  regoli  von  Arborea  auf  Sardinien,  «enthaltend  Poesie  u.  Prosa  in  Vul- 
gärlatein, klassischem  Latein,  Sardinisch  u.  Toscanisch,  seit  1845  von  dem 
Minoriten  Cosimo  Manca  zum  Vorschein  gebracht«  G.  I  48).  Verwerfendes, 
die  Fälschung  evident  nachweisendes  Gutachten  der  Berliner  Akad.  d. 
AVissensch.  in  ihren  Monatsberichten  1S70,  p.  64,  vgl.  G.  Vitelli  im  Pro- 
pugn.  III  1,  255  u.  2,  436.  Bartoli  in  seiner  Litteraturgesch.  II  389. 
F.  C.\RTA  ed  E.  MiLAS,  Le  C.  d'A.  e  l'Accad.  di  Berlino,  in:  Propugn.  V 
1,  77,  178,  vgl.  Rom.  I  264  u.  395.  G.  48  u.  484  —  Aretino,  Pietro, 
geb.  1492  zu  Arezzo,  gest.  1557  zu  Venedig.  Satire:  Ragionamenti.  Tra- 
gödie :  Orazia.  Epos :  Marfisa ;  Orlandino  (vgl.  *Giorn.  di  fil  rom.  III  68  u. 
dazu  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  V  451);  Lagrime  d'Angelica,  Astolfeida.  Ausser- 
dem vieles  Andere,  darunter  viel  Obscönes  u.  Cynisches,  jedoch  auch  Er- 
bauungsschriften und  Heiligenleben.  Gesammtausg.  fehlt,  .sodass  man  auf 
die  alten  Einzeldrucke  angewiesen  ist.  Lettere  ftimigliari  Venedig  1538/51. 
Paris  1609.  Eine  so  unerfreuliche  Erscheinung  P.  A.  auch  ist,  so  ist  er 
doch  zugleich  eine  höchst  interessante  u.  für  sein  Zeitalter  ungemein  cha- 
rakteristische Persönlichkeit,  welche  es  verdienen  würde,  einmal  vom  kul- 
turhistorischen Standpunkte  aus  eingehender  behandelt  zu  werden;  bereits 
vorhanden  sind  über  ihn  folgende  Monographien :  F.  DE  S.iNCTis,  P.  A., 
in  Nuova  Antol.  1S74.  Chasles,  L'Arctin,  sa  vie  et  ses  ecrits.  Paris  1879. 
SixiGAGLIA,  Saggio  di  un  studio  su  P.  A.  Napoli  1882.  Samosch,  P.  A., 
Berlin  1681.  Üb.  die  Orazia  vgl.  Cima,  10.  delV  A.,  im  Propugn.  X  Januar- 
heft u.  folgende.  Über  seine  Lustspiele  (la  Cortigiana,  il  Filosofo,  l'Ipocrito 
Körting,  Encyklopfidie  d.  rom.  Phil.  III.  45 


706  I^"s  Italienische. 

etc.;  vgl.  Canello  a.  a.  O.  p.  236.  A.  Lrzio,  La  famiglia  di  P.  A.,  in. 
Giorn.  stör.  IV  3-39.  A.  YlRGlLi ,  l'Angelica  di  P.  A.,  in:  FanfuUa  della 
Dom.  9.  4.  18S2,  vgl.  Giern,  stör.  I  157.  A.  Tessier,  Notizia  sulle  edizioni 
della  Vita  di  P.  A.,  in:  Giorn.  degli  eruditi  e  curiosi  lbS2,  No.  3,  vgl. 
Giorn.  stör.  I  159.  A.  Lrzio,  lOrlandino  di  P.  A.,  in:  Giorn.  di  fil.  rom.  III 
68.  Lettere  scritte  a  P.  A.  Bologna  1873/74,  2  Bde.,  Sc.  132  ff.  —  Ariosto, 
Lodovico,  geb.  8.  9.  1474  zu  Reggio,  gest.  6.  6.  1533  zu  Ferrara.  I. 
Orlando  fcrioso.  Originale  Ausgg.  Ferrara  151G,  1521,  1532  u.  zahlreiche 
spätere  Ausgg.  z.  B.  Venezia  1551,  Lyon  1556  etc.  etc.,  von  neueren  mö- 
gen genannt  werden  die  von  MOLIXI  Florenz  1821  ,  von  Paxizzi  (London 
1824),  von  GiOBERTi  (Flrz.  1846  u.  Mail.  1S70),  von  Camerim  (Mail.  1869;. 
IL  Komödien  in  Prosa:  1.  La  Cassaria,  erste  datirte  Ausg.  Venezia  1525 
(vorher  eine  undatirte,  vermuthlich  aus  dem  Anfange  d.  Jahrh.'s.).  2.  I 
Suppositi,  erste  dat.  Ausg.  Siena  1523.  IIL  Komödien  in  Versen:  1.  II 
Negromante,  erste  undat.  Ausg.,  vermuthlich  Venezia  kurz  nach  1530, 
erste  dat.  Ausg.  Venezia  1535.  2.  La  Lena.  Venezia  1535.  3,  I  Suppositi 
(Umarbeitung  des  Prosastückes)  Venezia  1542.  4.  Cassaria  (Umarbeitung 
des  Prosastückes:  Venezia  1546.  5.  La  Scolastica.  Venezia  1547.  Gesammt- 
ausgg.  der  Verskomödien  Venedig  1562  u.  oft,  z.  B.  Florenz  1724  (von  der 
Crusca  citirt).  IV.  Satiren,  erste  Ausg.  s.  1.  1534,  Venezia  1550  etc.  etc. 
V.  Rime  (Sonette,  Madrigale,  Canzonen,  Capitolij,  erste  Ausg.  s.  L  1537, 
dann  Venedig  1546  etc.  etc.  Gesammtausgg.  aller  Werke  (ausser  den  ge- 
nannten sind  noch  einige  kleinere  vorhanden)  Venedig  1730,  2  Bde.,  Triest 
1857.  Gute  handliche  Ausg.  der  Opere  minori,  besorgt  von  F.  L.  POLIDORI. 
Florenz  1857,  2  Bde.  Bolza  ,  Manuale  ariostesco.  Venedig  1866.  I.  G. 
Ferrazzi,  Bibliografia  ariostesca  Bassano  1881.  Biographien  A.'s  haben 
verfasst:  G.  PiGNA  (Ausg.  d.  Orl.  f.  Vdg.  1556),  G.  Garofolo  (in  der 
Ausg.  d.  Orl.  f.  Vdg.  1584)  u.  Fornaro  (in  der  Ausg.  d.  Orl.  f.  Vdg.  1506), 
darnach  Gaetano  Barbieri  (Ferrara  1773);  K.  L.  Fernow,  das  Leben  d. 
Lud.  A.,  herausg.  v.  L.  Hain.  Leipzig  1S17.  G.  Campoui,  Notizie  per  la 
Vita  di  L.  A.  estratte  da  documenti.  Modena  1871.  Cappelli,  Lettere  di 
L.  A.  Bologna  186G.  Gli  Ariosti  da  Ferrara  cittadini  milanesi,  in:  Boll, 
stör,  della  Svizz.  ital.  VI  No.  1  u.  2,  vgL  Giorn.  stör.  III  303.  'P.  Rajxa. 
Le  fonti  deU'  Orl.  Für.  Firenze  1876,  vgl.  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  I  125.  A. 
Gaspary,  zu  A.'s  Cinque  Canti,  in  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  III  232.  Deutsche 
Uebers.  d.  Orl.  Für.  namentlich  von  Gries  (Jena  1804  9),  von  Streckfuss 
(Halle  1818  ff.)  u.  Gildemei.stek  Berlin  1883);  Uebers.  der  Satiren  von 
Ahlwardt,  Halle  1794.  Französ.  Uebers.  d.  Orl.  für.  von  C.  Hippeau 
Paris  1880  u.  Fr.  Regnard  Paris  1S80.  Allgemein  interessant  ist  über 
den  Orl.  für.  d.  Buch  Crescini'.s  Orlando  nella  chanson  de  Roland  e  nei 
poemi  dcl  Bojardo  e  dell'  Ariosto.  Bologna  1880,  vgl.  Rom.  IX  635.  Ueber 
die  Behandlung  der  Rolandssage  in  Italien  vgl.  auch  die  Artikel  »Reali«, 
»Roland«  u.  dgl  —  DelV  Arte  del  vetro  per  musaico;  tre  trattatelli  del  sec. 
XIV  e  XV.  Bologna  1864  Sc.  51  —  Artussage,  vgl.  *A.  Graf,  Appunti 
per  la  storia  del  ciclo  brettone  in  Italia,  in:  Giorn.  stör.  V  80  —  Assisi 
s.  Francesco  di  A.  —  Un  Avventura  amorosa  di  Fernando  d'Aragona, 
Duca  di  Calabria,   narrata   da  Bernardo  Dovizi   da  Bibbicna   etc.    Bologna 


Das  Italienische.  707 

16G2  Sc.  20  —  Azeglio,  Massimo  d',  geb.  18(il  zu  Turin,  geat.  1866. 
Romane:  Niccülo  de'  Lapi;  Ettore  Fieramosca.  Ausserdem  polit.  Schriften, 
Selbstbiographisches  {I  miei  ricordi)  Briefe  etc.  Vgl.  Brockhaus'  Catalog 
über  ausländ.  Litt.  (18S6\  p.  71  —  Delle  Azioni  e  sentenze  di  Alessan- 
dro  de"  Modici,  ragionamento  d'Alessandro  Cecclieregli.  Bologna  ISO.").  Sc.  66. 
Baldi,  Bernardino,  geb.  1553  zu  Urbino,  gest.  ebenda  1617.  Lehr- 
gedicht Della  Nautica.  Epos  II  Diluvio  universale  (in  ISsilbigen  Versen!). 
Idylle  Celeo  o  l'Orto.  Egloghe.  100  Apologi  (äsopische  Fabeln.  B.'s  Dich- 
tungen sind  im  Parnasso  ital.  23  fl'.  herausgegeben.  J.  Affö,  Vita  di  B. 
B.  Parma  1783.  L.  Rvrerto,  Gli  epigrammi  del  B.,  in:  Propugn.  XV  1, 
118  u.  350,  und:  Le  egloghe  edite  ed  ined.  di  B.  B.,  ebenda  XVII  1,  14 
u.  419,  2,  434)  —  Baldovino,  Francesco,  geb.  1634  zu  Florenz,  gest. 
1716  ebenda.  Verf.  eines  Gedichtes  in  der  lingua  contadinesca  »II  lamento 
di  Cecco  da  Varlungo« ,  Florenz  1694,  später  herausg.  v.  Maruini  mit 
Commentar  Florenz  1755  u.  1817.  dann  von  Clasio,  Florenz  1792,  auch 
b.  iDELEii  I  469  —  Ballate.  V.  Cian,  Ballate  e  strambotti  del  sec.  XV 
tratti  da  un  codiee  trevisano,  in:  Giorn.  stör.  IV  1.  T.  Casini,  Tre  ballate 
d'amore  del  XIII  sec.  (aus  dem  Codex  Vat.  3793)  Florenz  18S4,  vgl.  Pro- 
pugn. XVII  1,  451.  Vgl.  auch  Cantilene  —  Ballate  popolari  del 
secolo  XV  ed.  E.  Percopo.  Napoli  1884  —  Bandello,  Matteo,  geb. 
148u  zu  Castelnuovo  in  Piemont,  Todesjahr  unbekannt,  aber  nach  1561. 
214  Novelle,  Parte  1,  2,  3  Lucca  1554,  Parte  4  Lyon  1573.  Gesammtausgg. 
London  1740,  4  Bde.,  u.  Livorno  1791/93,  9  Bde.,  beste  Ausg.  von  Sil- 
VESTRI,  Mailand  1813/14.  Vgl.  Landau,  Beitr.  99  —  Bandi  Lucchesi 
del  sec.  XIV,  tratti  dai  registri  del  R.  Archivio  di  Stato  di  Lucca  per 
cura  di  S.  BoxGi.  Bologna  1863.  Coli.  1  —  Barberino,  Francesco  da, 
geb.  1264  zu  Barberino  im  Val  d'Elsa ,  gest.  1348  zu  Florenz.  I  Docu- 
menti  d'Amore  ed.  F.  Ubaldixi  Roma  1640.  Del  Reggimento  e  de'  Costumi 
di  Donna  ed.  Maxzi,  Roma  1815,  u.  C.  Baudi  di  Vesme.  Bologna  1875. 
CoU.  42.  *A.  Thomas,  F.  da  B.  et  la  litt,  provencale  en  Italic  au  moyen- 
age.  Paris  1883,  vgl.  Giorn.  stör.  III  91  u.  VI  399.  O.  Antognoni,  Le 
glosse  ai  Doc.  d'Am.  etc.,  in  Giorn.  di  fil.  rom.  IV  78,  vgl.  Giorn.  stör.  I 
160.  L  164  G.  202  u.  506  —  Baretti,  Giuseppe,  geb.  1719  zu  Turin, 
gest.  zu  London  1789,  Herausgeber  der  krit.  Zeitschr.  »la  Frusta  letteraria« 
1763.  E.  418  —  Barlaam,  s.  die  Angaben  bei  G.  535.  Vgl.  Brauxholtz, 
Die  erste  nichtchristl.  Parabel  v.  B.  u.  I.  Halle  1883  —  Barsegape  (Bas- 
cape),  Pietro  di,  lebte  im  Mailändischen  (13.  Jahrh.),  Verf.  eines  reli- 
giös. Gedichtes,  herausg.  von  Bioxdelli,  Studj  linguistici,  Milano  1856, 
p.  193  u.  Poesie  lombarde  ined.  p.  35.  G.  130  u.  494.  Ulrich  a.  a.  O. 
p.  17  —  Battecchio,  Commedia  di  Maggio.  Bologna  1871  Sc.  122  — 
Battiferri.  Lettere  di  Laura  B.  Ammanati  a  Benedetto  Varchi.  Bologna 
1S70.  Sc.  166  —  Beccaria,  Cesare,  geb.  1735  zu  Mailand,  gest.  ebenda 
1793.  Dei  delitti  e  delle  pene.  Monaco  1764  —  Belli  geb.  zu  Rom  1791, 
gest.  ebenda  1863.  Satiriker,  vgl.  GxoLl  in  Nuov.  Antol.  Bd.  36  (1877  — 
Bellincioni,  Bernardo,  gest.  1491  zu  Florenz.  Le  Rime  di  B.  B. 
riscontrate  sui  mss.,  emendate  e  annotate.  Bologna  1876  78,  2  Bde.,  Sc. 
151  u.  160  —  11  Bei  Pome.    L.  Frati,  II  B.  P.,  Corona  di  nove  sonetti 

45* 


708  ^^^  Italienische. 

allegorici  (aus  Ende  d.  15.  oder  Anfang  d.  16.  Jahrh.'s;,  in  Giorn.  stör. 
VI  223  —  Benibo,  Pietro,  geb.  1470  zu  Venedig,  gest.  1547  zu  Rom. 
Gedichte  (Oden,  Sonette,  Stanzen)  Venezia  1530,  herausg.  v.  A.  Caro.  Rom 
1548.     Briefe,    vollständigste   Ausg.    Verona    1743,    5    Bde.,    Gli   Asolani 

Dialoge  über  die  Liebe)  Venezia  1505,  1530  u.  oft.  Prose  (grammatische 
Gespräche)  Venezia  1525,  vgl.  oben  S.  612.  Ausserdem  lat.  "Werke  (Ge- 
schichte Venedigs  in  12  Bd.,  von  B.  selbst  in  d.  Ital.  übers.,  Epistolarum 
familiarium  libri  VI,  Carmina).  Gesammtausg.  der  ital.  u.  lat.  W.  von  A. 
F.  Seguezzi,  Venedig  1729,  4  Bde.  fol.;  die  ital.  W.  in  der  Mailänder 
Sammig.  der  Classici  ital.,  12  Bde.  Casa,  Vita  Bembi  ed.  A.  Zeno  in: 
Scrittori  delle  cose  veneziane.  Venedig  1718.  *V.  Cl.\N,  Un  decennio  deUa 
vita  di  M.  P.  B.  (1523/31).  Appunti  biografici  e  saggio  di  studj  sul  B.  etc. 
Turin  1885,  vgl.  Giorn.  stör.  VI  270.  B.  Morsolin,  La  ortodossia  di  P. 
B.  Venezia  1885,  vgl.  Giorn.  stör.  V  433.  Angelixi,  Di  un  codice  cartaceo 
contenente  i  carmini  di  P.  B.,  in:  Bibliofilo  III  2  (Febr.  1882),  vgl.  Giorn. 
stör.  I  162  —  Bentivoglio,  Guido,  geb.  zu  Ferrara  1579,  gest.  zu  Rom 
1644.  Opere  (Briefe,  Memoiren,  zeitgeschichtl.  Essays,  Gesandtschaftsbe- 
richte), Venezia  1644,  Paris  1648.  Memorie,  Venezia  1648.  Neuere  Ausg. 
der  Opere  storiche  Milano  1806,  5  Bde.  —  Berni,  Francesco,  geb.  gegen 
Ende  d.  15.  Jahrb. 's  zu  Lamporecchio  bei  Pistoja,  gest.  1536  (?)  zu  Florenz. 
Opere  burlesche  di  Fr.  B.  (u.  Anderer),  Theil  I  Florenz  1548  (1550/52), 
Theil  n  Florenz  1555,  Theil  III  Rom  (angeblich  üsecht,  d.  h.  Utrecht,  al 
Reno)  1726,  eine  Auswahl  davon  im  Parnasso  ital.  Bd.  27.  Orlando  in- 
namorato  (Parodie  d.  Orl.  Bojardo's)  Venedig  1541  u.  oft,  z.  B.  Neapel 
1724,  Paris  1768,  im  Parnasso  ital.  Bd.  1 1  ff .  —  Berta  de  li  gran  pie  s. 
oben  S.  314  —  Bertola,  Aurelio  de'  Giorgi,  geb.  1753  zu  Rimini, 
gest.  ebenda  1797.  Belletrist,  der  auch  manches  auf  Deutschland  u.  deutsche 
Litt.  Bezügliche  geschrieben  hat;  vgl.  über  ihn  die  ausführliche  Notiz  bei 
Ideler  a.  a.  I  511  —  Bettinelli,  Saverio,  geb.  1718  zu  Mantua,  gest. 
ebenda  1808.  Opere  edite  e  inedite  in  prosa  e  in  versi  Venedig  1799/1801, 
24  Bde.,  über  deren  theilweise  interessanten  Inhalt  man  vgl.  Ideler  I  564. 
—  Bersezio,  Victor,  geb.  1830  zu  Coni,  Verf.  der  Romane:  la  Famiglia, 
L'Amor  di  Patria,  Palmina,  l'Odio  etc. ;  der  Dramen :  Romulus,  le  Pasque 
Veronesi,  il  Perdono  etc.  Die  Romane  bilden  einen  Cyclus  nach  Art  der 
Balzac'schen  —  Betto  Mettefuoco,  aus  Pisa,  um  1250.  N  I  210  G.  78  — 
Dello  Bianco  di  Bucarello,  um  1250.  N  1301  —  Bibbiena,  Bernardo 
Dovizi[o]  da,  geb.  1470  im  Florentinischen ,  ge-st.  1520.  Verf.  d.  Lust- 
spiels »Calandria«,  zuerst  gedruckt  Siena  1521,  dann  oft,  z.  B.  auch  im 
Teatro  classico  ital.  Leipzig  1832.  Vgl.  Graf,  Tre  commedie  ital.  del  Cinque- 
cento, la  Calandria,  la  Mandragora,  il  Candclajo,  in:  Studi  drammatici.  Turin 

1878.  U.  Canello  a.  a.  O.  p.  233  —  Bindo  Bonichi  aus  Siena,  gest.  1338. 
Rime  di  B.  B.  edite  e  inedite  Bol.  18(17.  Vgl.  Borgognoni  in  seinen  Studj  etc. 

s.  oben  S.  701)  N  I  355.  G.  354  u. 530  —  Boccaccio,  Giovanni,  geb.  1313, 
nach  gewöhnlicher,  aber  unbeweisbarer  Annahme  zu  Paris,  wahrscheinlicher 
zu  Flrz.,  gest.  20.  12.  1375  zu  Flrz.  Italienische  Dichtvngex:  Novellen- 
SAMMi.uxG :  il  Decamerone.  Prosaromane  :  Filocopo  (Flor  u.  Blancheflor), 
Fiammetta.    Epen  IN  Ottave  rime:  Teseide,  Filostrato  fTroilus  u.  Crcssi- 


Das  Italienische.  709 

da\  Tsinfalc  Fiesolano  Jdyll).  Ali.EGORISIKENDES  Idyll  :  Aineto  in  Prosa, 
untermischt  mit  lyrischen  Parthien).  Satiue  :  il  Corbaccio.  Allegorisches 
Gedicht  in  Terzixen  :  l'Amorosa  Visione.  Lyrische  Gedichte:  Kime. 
Gelehrte  Werke:  a)  italienisch:  Biographi(en)  Dante's,  Bruchstück 
eines  Commentars  zu  Dante's  Div.  Com.  ;  LATEINISCH:  Genealogiae  deorum 
libri  XV;  De  niontibus,  Huminibus  etc.;  De  casibus  virorum  illustrium; 
De  claris  mulieribus.  Lateinische  Dichtingkn  :  IG  Eklogen').  Von  den 
italienischen  Werken  hat  ^Ioutiek  eine  Gesammtausg.  veranstaltet  (Florenz 
1S21/29,  12  Bde.),  welche  praktischen  Zwecken  genügt,  wissenschaftlich 
aber,  namentlich  bezüglich  der  Textkritik,  nahezu  Alles  zu  wünschen  übrig 
lässt.  Für  die  lat.  Werke  aber  fehlt  jede  Gesammtausg.  u.  man  ist  leider 
noch  immer  auf  die  alten  Einzeldrucke  angewiesen.  Auch  eine  Boccaccio- 
Bibliographie  ist  noch  nicht  vorhanden ;  d.  Buch  von  A.  Bacchi  della 
Lega  »Serie  delle  edizioni  delle  opcre  di  G.  Boccaccio«,  Bologna  187.5,  ist 
sehr  lücken-  u.  mangelhaft,  vgl.  Koni.  VI  149.  Für  die  lat.  Werke  hat 
indessen  Mortis  in  seinen  unten  zu  nennenden  Studj  eine  treuliche  Biblio- 
graphie gegeben.  Die  Briefe  B.'s  sind  von  Fr.  Corazzini  (Firenze  1877) 
in  recht  fragwürdiger  Weise  herausgegeben  worden,  obwohl  immerhin  die 
Ausg.  nicht  ohne  Verdienst  ist.  ZiR  Biographie  B.'s :  Quellen  sind  B.'s 
Werke,  besonders  seine  Briefe  sowie  die  Briefe  Petrarea's.  Aelteste  Bio- 
graphie ist  die  in  Villani's  «liber  de  civitatis  Florentiae  famosis  civibus« 
s.  oben  S.  696;  gegebene.  Die  wissenschaftl.  Biographie  beginnt,  nachdem 
bereits  Manni  (s.  u.)  Manches  dazu  beigetragen,  mit  G.  B.  Baldelli,  Vita 
di  G.  B.  Firenze  1806  (noch  jetzt  werthvoll  u.  nicht  zu  entbehren).  Neuere 
Arbeiten  sind:  M.  Landau,  G.  B.,  sein  L.  u.  s.  W.  Stuttgart  1877  (in  d. 
Ital.  übers,  von  Camillo  Aktona-Traversi,  der  Uebers.  sind  reichhaltige 
u.  gelehrte  Anmerkungen  beigegeben,  in  denen  namentlich  auch  d.  Buch 
von  Körting  [s.  u.]  eine  theils  zustimmende,  theils  ablehnende  Besprechung 
findet.  Durch  diesen  Commentar  wird  A.-T.'s  Werk  eine  unerschöpfliche 
Materialiensammlung  für  die  Boccacciophilologie,  u.  hoflentlich  wird  A.-T. 
recht  bald  auf  Grund  dieser  Materialien  eine  abschliessende  B. -Biographie 
verfassen'-);  *G.  Voigt  a.  a.  O.  I  165  ff.  u.  an  vielen  anderen  Stellen  d. 
ersten  Bandes;  G.  Körting,  B.'s  L.  u.  W.,  Leipzig  1880  (Bd.  2  der  Gesch. 
d.  Litt.  It. 's  im  Zeitalter  der  Renaiss.3).  Einzelschriften  zur  Bocc.-Biogr. 
(im  Folgenden  wird  Antona-Traversi  mit  A.-T.  abgekürzt).  KÖRTING,  Boc- 
caccio-Analekten    (über   B.'s   Geburtsort  u.   B.    Liebe   zu   Fiammetta) ,    in : 


1)  Die  Zahl  der  B.  mit  Unrecht  beigelegten  Werke  (Caccia  di  Diana, 
Geta  e  Birria,  ein  Passionsgedicht,  ein  Ave  Maria  in  Terzinen  etc.)  ist 
sehr  beträchtlich  und  mehrt  sich  noch  immer,  hier  kann  j  edoch  nicht  näher 
darauf  eingegangen  werden.  Auch  die  Frage  nach  der  Aechtheit  des  Zi- 
baldone  i Notizbuch;  möge  hier  auf  sich  beruhen. 

2)  Die  Angriffe  auf  sein  grosses  Werk  in  der  Itassegna  settimanale 
Vol.  8  Ko.  19U,  p.  127,  beantwortete  A.-T.  mit  einer  schneidigen  Brochure 
»Cicero  ])ro  domo  sua«  (ohne  Angabe  des  Druckortes  und  -Jahres,  aber 
1882  erschienen). 

3i  Unter  den  zahlreichen  Besprechungen,  welche  dies  Buch  gefunden 
hat,  ist  dem  Verf.  besonders  interessant  gewesen  diejenige  in  der  Fanfulla 
della  Domenica  vom  6.  Febr.  1882. 


710  ^^^  Italienische. 

Ztschr.  f.  rom.  Phil.  V  209,  vgl.  dagegen  Crescixi,  ebenda  IX  437.    A.-T., 

1.  Della  patria  di  G.  B.,  in  Giorn.  Nap.  di  filos.  e  lett.  Anno  III,  vol.  V 
fasc.  13  f.  18S1  (auch  als  Brochure  erschienen),  2.  Della  Patria,  della  fami- 
glia  e  della  poverta  di  G.  B.  Firenze  1881  (Estr.  dalla  Riv.  Europea,  Riv. 
Internaz.);  3.  il  Boccaccio  in  Napoli,  Ancona  1881.  [L.  Taxfani,  Niecola 
Acciaiuoli,  Firenze  1863,  ist  indirect  wichtig  für  die  Geschichte  d.  Aufent- 
haltes B.'s  in  Neapel].  R.  Reniek,  la  Vita  Nuova  e  la  Fiamraetta,  Turin 
1S79.    A.-T.,  1.  Le  prime  amanti  di  G.  B.,  in:  Fanf.  della  Dom.  7.  5.  1882; 

2.  La  Fiammetta,  in:  Fanf.  della  Dom.  18.  12.  1881;  3.  Uell'  amore  di  G. 
B.  per  Mad.  Fiamm.  secondo  alcune  idee  del  Baldelli,  in :  Preludio  (An- 
cona-Bologna)  30.  4.  1881  (dann  als  Brochure,  Ancona  1882).  4.  Della  realtä 
e  della  vera  natura  dell'  amore  di  G.  B.  per  Mad.  Fiamm.,  risposta  al  dott. 
G.  Körting.  Livorno  1 883.  R.  Renier  ,  Di  una  nuova  opinione  sull'  amore 
del  B.  (gegen  Körting)  in:  Rassegna  settim.  10.  10.  80.  A.-T.,  II  Petrarca 
estimatore  ed  amico  di  G.  B.  Ancona  1881.  A.  HoRTls,  Giov.  Bocc.  am- 
basciatore  in  Avignone  e  Pileo  da  Prata.  Triest  1875.  A.-T.,  II  B.  calunnia- 
to,  in  Fanf.  della  Dom.  12.  1.  1882  (bezieht  sich  auf  B.'s  Stellung  zu  Dante). 
Zur  Würdigung  B.'s  im  Allgemeinen  :  A.  Bartoli,  I  precursori  del  B. 
e  alcune  delle  sue  fonti.  Firenze  1876  (herzlich  schwach).  H.  Hettner, 
Petrarca  u.  B.  als  Begründer  der  ital.  Renaissancebildung ,  in :  Deutsche 
Rundschau  1875,  Heft  5  (wieder  abgedruckt  in  H's  Ital.  Stud.  Braunschweig 
1879).  Feuerlein,  Petrarca  u.  Bocc,  in  Sybels  hist.  Ztschr.  Bd.  38  S.  193. 
A.  HoRTIs ,  Per  l'inaugurazione  del  monumento  di  G.  B.  in  Certaldo  addi 
22  di  Giugno  del  1879.  Firenze  1879.  *G.  Voigt  in  Bd.  1  seines  klassischen 
Werkes,  Landau  u.  Körting  in  ihren  Biographien.  A.  Graf,  II  B.  e  la 
superstizione  Rom  1885.  Zum  Decamerone  :  Erste  Ausgaben  Venedig  1470 
u.  Mantua  1472,  Florenz  1527  (Giunti)  ;  die  moralische  Ausg.  der  vier 
akademischen  »deputati«  Florenz  1573  (dazu  Annotazioni  e  discorsi  sopra 
alcuni  luoghi  del  Dec.  di  M.  G.  B.  »fatte  da'  deputati  alla  correzione« 
Florenz  1574,  oft  neu  gedruckt,  z.  B.  Firenze  l'^57  Monnier.  Salviati's 
den  Text  verstümmelnde,  aber  für  die  Sprachgeschichte  wichtige  Ausg.  Flrz. 
U.Venedig  1582  (dazu  die  Avvertimenti  della  lingua  sopra  il  Dec.  Venedig 
u.  Florenz  1584/86).  Von  .späteren  Aussgg.  sind  beachtenswerth  die  von 
Lucca  1761  (nach  dem  Mscr.  Mannelli's),  von  Mailand  1803  (mit  Noten 
von  Martinelli),  von  Parma  1812  (mit  Noten  von  Colombo),  von  London 
1825  (mit  FoscoLo's  »Discorso  storico») ,  endlich  die  Ausgg.  Moutier's 
(Florenz  1827)  u.  von  Fanfani  (Florenz  1857).  Von  den  deutschen  Uebers. 
d.  Dec.  ist  die  älteste  von  Steinhüwkl  (15.  Jahrb.),  die  beste  die  von  C. 
Witte  mit  -werthvoUer  Einltg.  (Leipzig  b.  Brockhaus  1802  f.,  3  Bde.). 
Manni,  Storia  del  Dec,  Florenz  1742.  M.  Landau,  die  Quellen  d.  Dec. 
2.  Ausg.  Stuttgart  1884,  vgl.  Giorn.  stör.  II  407.  Cappelletti,  Studj  sul 
Dec  Parma  1880,  und:  Osservazioni  storiche  e  letterarie  e  notizie  sulle 
fonti  del  Dec,  in:  Propugn.  XVI  2,  30  bis  XVII  2,  239.  F.  Liebkeciit, 
Zum  Dec.  in:  Jahrb.  f.  rom.  u.  engl.  Spr.  u.  Litt.  XV  450.  F.  Tokraca, 
il  B.  e  i  Novellieri  francesi,  in:  Fanf.  della  Dom.  16.  7.  82.  P.  Rajxa, 
La  Novella  boccaccesca  del  Saladino  e  di  Messer  Torello,  in :  Rom  VI  359, 
vgl.  Giorn.  stör.  II  59.    C.  Paoli,  Documenti  di  Ser  Ciappelletto,  in  Giorn. 


Das  Italienische.  7  1  I 

stör.  V  329.  G.  Pixki.li,  La  moralitii  ntl  Doc,  in;  l'ropufjn.  XV  1,  'M\ 
u.  2,  97.  A.-T.,  Kaffronto  fra  la  pcste  di  Tucidide,  di  liUcrezio  e  di  G. 
B.,  in:  Propugn,  XIV  1,  299,  und:  »Senza  titolo"  (v<2;l.  Anfang  der  4.  Gior- 
nata  .  in:  Fanf.  della  Dom.  29.  1.  82.  F.  TiUBOL.vri,  Diporti  letterari  sul 
Dec.  del  B.  Pisa  1873.  L.  Gaiter,  Vocaboli  e  niodi  di  dire  dei  diaL  sici- 
liano  e  veronese  riscontrati  nel  Dec,  in:  Propugn.  XIV  1,  417  u.  XV  1, 
ISS.  ZvM  FiLOCoro:  A.  GAsr.^UY,  Filocolo  oder  Filocopo?,  in;  Ztschr.  f. 
rom.  Phil.  III  395,    vgl.    auch   unten   den  Artikel  »Fiore".     B.  ZlMHlNl,  II 

F.  del  B.  Florenz  1879  (Nuov.  Antol.  15.  12.  79.),  vgl.  Giorn.  di  fil.  rom. 
II  234.  V.  Crescini,  Flores  y  Biancaflor,  in:  Giorn.  di  fil.  rom.  IV  159. 
E.  NovATi,  Sulla  composizione  del  Filocolo,  in:  Giorn.  di  fil.  rom.  III  56. 
V.  Crescixi,  Due  Studj  riguardanti  opere  minore  del  B.  II  cantare  di 
Fiorio  e  Biancifiore  ed  il  Fil.  La  Lucia  dell'  Am.  Vis.  Padova  1882,  vgl. 
Giorn.  stör.  I  133.  Herzog,  Die  beiden  Sagenkreise  von  Fl.  u.  Bl.,  in; 
Germania  1SS2  Heft  2  auch  als  Züricher  Diss.  erschienen  ,  vgl.  Giorn. 
stör.  IV  241.  ZVM  Ameto  :  A.-T.,  La  questione  d'A.,  in:  l'üpinlone  lette- 
raria  6.  7.  82  'vgl.  auch  die  Schriften  über  B.'s  Liebe).  Canetta  Carlo, 
SuU'  A.  di  G.  B-,  in:  l'Opinione  lett.  8.  fr.  82.  Zum  Ninfale  Fies.  :  B.  ZuM- 
Bixi,  Una  storia  damore  e  morte,  in:  Nuov.  AntoL  1.  3.  84.  Zur  Fiam- 
METTA :  Canetto  Carlo,  La  F.,  in  quäl  anno  fu  scritta,  in:  l'Opinione 
lett.  25.  5.  82   (vgl.  auch  die  Schriften  üb.  die  Liebe  B.'s  .    Zum  Corbaccio  : 

G.  PiNELLI,  Appunti  sul  C,  in:  Propugn.  XVI  1,  1G9.  A.-T.,  II  C.  e  il 
Dec.  in:  Convivio  (Siracusa)  30.  4.  S3.  Zur  Amorosa  Visioxe:  Crescini, 
lucia,  non  Lucia,  in:  Giorn.  stör.  III  422,  vgl.  Riv.  Europea  1.  3.  82  u. 
Due  Studj  etc.,  s.  oben.  Axtoxa-Traversi,  Notizie  storiche  suU'  A.  V., 
in:  Studj  di  fil.  rom.  I  425.  Zu  den  Rime:  A.-T.,  Di  una  cronologia 
approssimativa  delle  R.  del  B.,  in:  Preludio  30.  1.  83  (auch  als  Brochure 
gedruckt;.  F.  Maxzo,  Delle  rime  di  M.  G.  B.,  studio  crit.,  in:  Propugn. 
XVI  1,  386.  Zu  DEX  L.\T.  "Werkex  :  *A.  HoRTis,  Studj  sulle  opere  latine 
del  B.  con  particolare  riguardo  alla  storia  della  erudizione  nel  medio  evo 
e  alle  letterature  straniere.  Aggiuutavi  una  bibliogratia  delle  edizioni.  Triest 
1S79  (ein  bewundernsTverthes  Riesen-  u.  Meisterwerk,  eine  wahre  Fund- 
grube von  Schätzen  der  Gelehrsamkeit);  von  demselben:  Accenni  alle  scienze 
naturali  nelle  opere  di  G.  B.  e  piü  particolarmente  del  libro  de  montibus, 
sUvis  etc.  Triest  1877;  Le  donne  famose  descritte  da  G.  B.  Triest  1S77; 
Cenni  di  G.  B.  intorno  a  Tito  Livio.  Triest  1877.  Zur  Vita  di  Dante : 
SCHEFFER-BoiCHORST ,  ZU  B.'s  V.  d.  D. ,  in:  Aus  Dante's  Verbannung, 
Strassburg  1882,  p.  191.  Zum  Zlbaldoxe  u.  dgl.  :  S.  Ciampi,  Monumenti 
di  un  manoscritto  autografo  di  G.  B.  Florenz  1827  (2.  vermehrte  Ausg. 
Mailand  1830),  und:  Lettera  di  Mess.  G.  B.  a  maestro  Zanobi  da  Strada, 
Firenze  1 827.  Simonsfeld  ,  Zur  Bocc.-Litt. ,  in :  Sitzungsb.  der  K.  bayer. 
Akad.  d.  "Wissensch.  Philos.-hist.  Kl.  S.  1.  81.  Unerquickliche  Polemik 
über  B.'s  Brief  an  Fr.  NeUi  zwischen  A.  Gasfary  u.  G.  Körting  in  Ztschr. 
f.  rom.  Phil.  IV  571,  V  73  u.  377  —  B  oj  ar  d  o,  Ma  tteo  Maria  conte  di 
Scandiano.  geb.  1430  auf  einem  Landsitze  bei  Ferrara,  gest.  1494  zu  Rom. 
Orlando  innamorato,  zuerst  gedr.  zu  Scandiano  1496,  dann  öfters.  Sonetti 
e  Canzoni.  Reggio  1499.  Komödie:  Timone.  Scandiano  15dO.  Gesammtausg. 


712  üi^s  Italienische. 

der  Avichtigeren  AV.  B.'s  von  G.  Ventuki,  Modena  1S20.  Beste  Ausg.  d. 
Orl.  von  Panizzi,  London  1S30,  mit  Biogr.  u.  Anm.  Deutsche  Uebers. 
von  Gries,  Stuttgart  1835/39  u.  G.  Regis,  Berlin  lb4u,  letztere  mit  sehr 
werthvollen  Anmerkungen  u.  Realglossar.  V.  Crescini,  Orlando  nella 
chanson  di  Roland  e  nei  poemi  del  B.  e  dell'  Ariosto,  in:  Propugn.  XIII 
1,  199  u.  402,  2,  33  —  Bonaggiunta  Urbiciani  aus  Lucca,  um  12.50. 
N  I  139  —  Bonaguidi,  Loffo,  um  1260.  N  I  360  G.  215  —  Bondie 
Dietaiuti,  um  1250.  N  I  200  G.  97  —  Papst  Bonifaz  VIII  (1294  bis 
1303J,  verfasste  ein  Gebet  in  Terzinen,  vgl.  N  I  421  —  Fra  Bonvesin 
da  Riva  aus  Mailand,  zweite  Hälfte  d.  13.  Jahrh.'s.  II  trattato  dei  Mesi 
ed.  E.  LIDFOR.SS.  Imola  1871  Sc.  127,  vgl.  Rom.  II  113,  Propugn.  V  2,  368. 
Streit  der  Seele  mit  dem  Körper,  Vita  beati  Alexii,  Vulgare  de  Passione 
S.  Job,  de  quinquaginta  curialitatibus  ad  mensam  (alle  diese  lehrhaften 
Dichtungen  herausg.  von  I.  Bekker  in  den  Monatsberichten  der  Berl. 
Akad.  1S51,  p.  3,  85,  136,  217.  209,  vgl.  Ulrich,  Altital.  Leseb.  p.  20;  G. 
135  u.  494  —  Bosone  da  Gubbio,  lebte  etwa  von  1280  bis  1350,  angeblich 
Verf.  »einer  Art  historischen  Romans  mit  moralisirender  Tendenz«  (G.  378; 
betitelt:  L'Avventuroso  Siciliano,  .ed.  F.  G.  NoTT  Firenze  1832  u.  Milane 
1833,  eine  andere  Ausg.  Florenz  1867,  vgl.  Del  Lungo,  DinoComp.  I  2,  1040, 
Mazzatini  in  Giorn.  di  fil.  rom.  III  4  Anm.  G.  534  —  Bovo  d'Antona, 
s.  Rajna,  I  Reali  di  Francia  I  491  G.  120  —  Bracciolini,  Francesco, 
geb.  zu  Pistoja  1566,  gest.  1645.  Lo  Scherno  degli  Dei,  burleskes  Epos 
Florenz  1618  —  Brunetto  s.  Latino  —  Bruno,  Giordano,  geb.  1550 
zu  Nola,  gest.  (verbrannt)  1600  zu  Rom.  Philosoph  (seine  Schriften  sind, 
weü  sie  nicht  zur  Litteratur  im  engeren  Sinüe  des  Wortes  gehören,  hier 
nicht  anzuführen).  Verf.  d.  Lustspiels  »il  Candelaio«,  Paris  1582,  dann 
öfters  gedruckt,  z.  B.  auch  im  Parn.  ital.  teatr.  Leipzig  1832.  A.  Graf, 
Studj  drammatici  Turin  1878.  H.  v.  Stein,  Ueb.  die  Bedeutung  d.  dich- 
terischen Elementes  in  der  Philos.  von  G.  B.  Halle  1881  Diss.  —  Buo- 
naccorso.  Prose  del  giovane  B.  da  Montemagno  etc.  Imola  1874  Sc.  141 
—  Buonarotti,  Michelagnolo  (so  besser  als  Michelangelo),  der 
berühmte  Künstler,  geb.  1475  zu  Caprese,  gest.  1564  zu  Rom.  Rime  e 
lettere ;  über  Hdss.  u.  Ausgg.  derselben  vgl.  C.  Witte,  in:  Rom.  Stud.  I 
1 ;  für  praktische  Zwecke  empfehlenswerth  ist  die  1857  b.  Barbera  erschie- 
nene Ausg.,  die  auch  Condivi's  Leben  M.'s  enthält.  S.  Grimm,  M.'s  Leben. 
Berlin  1879.  W.  Lang,  die  Gedichte  M.  A.'s,  in:  Transalpinische  Studien, 
Leipzig  1875,  I  173.  Vgl.  Reumont,  Vitt.  Colonna  S.  272  —  Burchiello, 
Domenico  di  San  Giovanni,  aus  Florenz,  Geburtsjahr  unbekannt,  gest. 
1448  zu  Rom.  Sonetti  del.B.,  del  Bellincioni  e  di  altri  poeti  Fiorentini 
alla  burchiellesca.  London  1757  —  Buvalelli  s.  oben  S.  476  —  Buzzu- 
ola,  Ugolino  (nicht  Tommaso)  da  Faenza,  zweite  Hälfte  d.  13.  Jahrh.'s 
N  I  356.  G.  78  u.  487. 

Caccia  di  Diana,  angeblich  von  Boccaccio  verfasst,  herausg.  in: 
Moutier's  Ausg.  der  Opere  Bocc.'s.  S.  Moupuugo  e  O.  Zenatti,  La  Caccia 
di  D.  Florenz  1884  —  Cammelli,  Antonio,  geb.  1440  zu  Pistoja,  gest. 
1502  zu  Ferrara.  Rime  edite  e  inedite  per  cura  di  A.  Cappelli  e  S.  Fer- 
rari. Livorno  1884,  vgl.  Giorn.  stör.  V  242  —  Cantare.   P.  R.una.  II  C. 


Das  Italienische.  "]',) 

dei  C'antari  e  il  Serventese  del  Maestro  di  tutte  l'Arti,  in:  Ztschr.  f.  rom. 
Phil.  II  220,  419,  V  1  —  Cantare  del  bei  Gherardino.  Novella  cavalle- 
resca  in  ottava  rima  del  sce.  XIV.  Bologna  ISO"  Sc.  79  —  Cantari.  I  can- 
tari  di  Cardaino  giuntovi  quello  di  Tristano  e  Lancielotto  quando  com- 
battettero  al  Petrone  di  Merlino,  poemetti  cavallereschi  ed.  P.  Rajna. 
Bologna  1873  Sc.  135,  vgl.  Kom.  IV  137  —  Cantilcne  e  ballate,  stram- 
botti  e  madrigali  nei  see.  XIII  e  XIV  a  cura  di  G.  Cakducci.  Pisa  1871, 
vgl.  Kom.  I  115  u.  VIII  73,  Giorn.  stör.  II  115  —  Cantü,  Cesare,  geb. 
zu  Brivio  1807,  gest.  1885  zu  Mailand,  Verf.  des  hist.  llomans  Margherita 
Pusteria  u.  zaiilreicher  histor.  Schriften,  so  namentl.  einer  Storia  universale 

—  C  an  Zone.  A.  Mussafia,  Una  eanzone  tratta  dal  cod.  Barberino  XLV 
47,  in:  Riv.  di  fil.  rom.  II  65.  P.  R.\jxa,  Intorno  a  due  canzoni  gemeUe, 
in:  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  I  381  —  Canzoniere.  E.  Monaci,  II  C.  Chi- 
giano  LVIII  305,  in:  Propugn.  XI  1,  199  —  Capitoli  dellc  monache  di 
Pontetetto  presso  Lucca.  Scrittura  inedita  del  sec.  XIII.  Bologna  1863 
Sc.  39    —    Cappello,    Bernardo.    Lettere  di  B.  C.    Imola  1870  Sc.  108 

—  Capponi,  Gino,  geb.  14.  9.  1792  zu  Florenz,  gest.  ebenda  3.  2.  1876, 
verfasste  u.  A.  eine  Storia  di  Repubblica  di  Firenze.  Florenz  1875,  2  Bde. 
A.  V.  Reimoxt,  G.  C,  Leipzig  1880  —  Carducci,  Giosue,  geb.  29.  1. 
1834  zu  Bologna.  Lyrischer  Dichter  (s.  das  Verzeicliniss  seiner  Werke  in 
Brockhaus'  Catalog  p.  81).  Unter  seinen  Gedichten  besonders  bemerkens- 
■\verth  die  Odi  barbare  (vgl.  oben  S.  663)  u.  die  Ode  an  den  Satan  'übers. 
V.  J.  Schanz  in:  Italia  II  258).  Verf.  zahlreicher  trefflicher  litterarhistor. 
Schriften  —  Carli,  Gianrinaldo,  geb.  1720  zu  Capo  d'Istria,  gest.  1795 
zu  Mailand,  Schriftsteller  über  Archäologie,  Nationalökonomie,  Politik  etc., 
vgl.  Ideler  I  465  —  Caro,  Annibale,  geb.  1507  zu  Civitanuova  b. 
Ancona,  ge.st.  1566  zu  Rom,  Dichter  u.  Prosaist,  namentlich  als  Epistolo- 
graph  berühmt.  Beste  Ausg.  seiner  W.  mit  Biographie  von  Seghezzi. 
Venedig  1756  —  Carte  da  giuoco  in  servigio  dell'  Istoria  e  della  Cro- 
nologia  etc.  Bologna  1871  Sc.  120  —  Casa,  Giovanni  della,  geb.  1503 
zu  Casa  in  Toseana,  gest.  1556  zu  Rom.  Moralphilos.  Schriftsteller,  Verf. 
des  Galateo  o  Trattato  dei  Costumi ,  aber  auch  Verf.  obscöner  Capitoli. 
Beste  Ausg.  seiner  "W.  mit  Biogr.  Neapel  1733,  3  Bde.  —  Castelvetro, 
Lodovico,  geb.  1505  zu  Modena,  gest.  1571  zu  Chiavenna,  Philolog  u. 
Philosoph.  Uebers.  der  Ars  poetica  des  Aristoteles  ("Wien  1570).  Verf.  einer 
Sposizione  a  29  canti  dell  Inferno  Dantesco  ed.  G.  Fraxciosi.  Verona  1886. 
Opere  critiche  ed.  Muratori,  Lyon  (Mailand  1727.  A.  Ploucher,  Della 
vita  e  delle  opere  di  L.  C.  Conegliano  1879.  F.  Sandonxini,  L.  C.  e  la  sua 
famiglia.  Bologna  1882  —  Casti,  Giambattista,  geb.  1721  zu  Prato, 
gest.  zu  Paris  1798.  Novelle  galanti  Paris  1793.  Gli  animali  parlanti.  Paris 
1802  u.  oft  —  Castiglione,  Baidassar,  geb.  1478  zu  Casatico  b. 
Mantua,  gest.  1529  zu  Toledo,  Verf.  des  Libro  del  Cortegiano ,  oft  gedr., 
z.  B.  Venedig  1574,  Padua  1760  (mit  Biogr.  von  P.  Serassi).  H.  Grimm, 
De  incerti  auctoris  litteris  quae  Raphaelis  Urbinatis  ad  Leonem  decimum 
feruntur,  in:  Jahrb.  f.  Kunstwissenschaft  IV  67  —  Caterina  da  Siena, 
geb.  1347,  gest.  zu  Rom  1380.  Opere  ed.  Gigli.  Lucca  u.  Siena  1707/15, 
4  Bde.,   dazu  Bd.  5  Rom   1717,  ein  Vocabolario  Cateriniano  enthaltend.   Le 


714  Das  Italienische. 

lettere,  ed.  N.  Tomniaseo.  Fircnze  180U,  4  Bde.  Lep-genda  minore  di  S.  C. 
da  S.  e  lettere  dei  suoi  discipoli  cd.  F.  Grottaxelli.  Bologna  1868.  K. 
Hase,  K.  v.  S.,  ein  Heiligenbild.  Leipzig  1864.  M.  A.  Migxaty,  Catherine 
de  Sienne,  sa  vie  et  son  role  dans  l'Italie  du  XIV  s.  Paris  1886  (der  Tag 
der  hl.  K.  ist  der  29.  April).  I.  455.  G.  387  u.  535  —  Cato.  A.  Tobler, 
Die  altvenezianische  Ucbcrs.  der  Sprüche  des  Dionysius  Cato.  Berlin  1883 
(Abhdlgg.  der  Akad.  d.  Wissensch.}.  Libro  di  C.  o  tre  volgarizzamenti  del 
libro  di  Catone  ed.  M.  Vax.nucci.  Milano  1829.  G.  187  u.  504.  N.  II  93. 
Ulrich,  Altital.  Leseb.  139  —  Fra  Domenico  Cavalca  »aus  Vico  Pisono, 
vom  Orden  der  Dominicaner,  gest.  1342,  Verf.  mehrerer  ascetischer  Trac- 
tate,  des  Specchio  della  Croce,  Specchio  de'  Peccati,  der  Medicina  del 
Cuore,  des  Trattato  delle  trenta  stoltizie  etc.,  übersetzte  in  seinen  Vite  dei 
Santi  Padri  (ed.  B.  SoRio.  Triest  1858,  eine  Auswahl  von  Del  LrxGO, 
Leggende  del  sec.  XIV.  Florenz  1S63,  2  Bde.)  die  unter  dem  Titel  Vitae 
Patrum  bekannte  Sammlung  von  Legenden  heiliger  Eremiten  der  ersten 
Jahrhunderte«.  G.  383  u.  535  —  Cavalcanti,  Bartolomeo.  Lettere  di 
B.  C.  Bologna  1869.  Sc.  101  —  Cavalcanti,  Guido,  geb.  spätestens  1259 
zu  Florenz,  gest.  ebenda  1300.  Die  Rime  G.  C.'s  sind  herausg.  von  Cic- 
CLAPORCi.  Firenze  1813,  von  G.  Capasso.  Pisa  1870,  von  N.  Arnüne. 
Firenze  18S1,  vgl.  Giorn.  di  fil.  rom.  III,  No.  2,  p.  111.  Faxfani,  Noterelle 
SU  un  passo  del  C,  in:  il  Fanfani  II  No.  2,  25.  1.  82.,  vgl.  Giorn.  stör.  I 
162.  P.  Ercole,  G.  C.  e  le  sue  rime.  Studio  storico-letterario  seguito  dal 
testo  critico  delle  rime  con  commento  Livorno  1885,  vgl.  Giorn.  st.  VI  402. 
T.  RoccANi,  L'amore  in  Bernardo  di  Ventadorn  e  in  G.  C. ,  in:  Propugn. 
XIV  1,  19  u.  176.  N.  II  263  G.  210  u.  507  —  Cavalcanti,  Jacopo, 
Bruder  Guido's,  gest.  1287.  N.  I  296  —  Cecco  Angiolieri  s.  Angio- 
lieri  —  Cecco  d'Ascoli,  lebte  im  letzten  Viertel  des  13.  u.  im  ersten 
Viertel  des  14.  Jahrh.'s,  verfasste  u.  A.  das  Lehrgedicht  »l'Acerba«.  Die 
Ausgg.  desselben  zahlreich,  aber  schlecht  (so  auch  die  von  Andreola.  Vene- 
ziana  1820),  vgl.  *F.  Bariola,  C.  d'A.  e  l'A.  Firenze  1879,  S.  126  ff.  E. 
Frizzi,  Saggio  di  Studj  sopra  C.  d'A.  e  l'A.,  in:  Propugn.  X  1,  468.  Car- 
DUCCI,  Studi  lett.  262.  G.  349  u.  529  —  Cellini,  Benvenuto,  geb.  1500 
zu  Florenz,  gest.  ebenda  1571.  Vita  da  lui  medesimo  scritta.  Napoli  1728 
u.  oft.  A.  Mabellim,  Delle  rime  di  B.  C.  Firenze  1885,  vgl.  Giorn.  stör. 
VI  424  —  Cene  s.  Chitarra  —  Cento  novelle  antiche  s.  Novelle  — 
Cesarotti,  Melchior,  geb.  1730  zu  Padua,  gest.  zu  Selvaggiano  b.  Pa- 
dua  (?)  1808.  Uebers.  des  Ossian,  Padua  1763  ^-oUständig  erst  1772),  Be- 
arbeitimg der  Ilias  (»la  Morte  d'Ettore«) ,  2.  Ausg.  !  Venedig  1795.  Saggio 
suUa  filosofia  delle  lingue  applicata  alla  ling.  ital.  1785  (dagegen  Galeaxi 
Napione,  Dell'  uso  e  de"pregj  della  ling.  ital.^  Opere  complete  Pisa  u. 
Florenz  lSOO/13,  40  Bde.,  wo  der  Saggio  sulla  filos.  etc.  voransteht.  Vgl. 
Ideler,  II  783,  E.  419,  Breitlnger,  Einltg.  in  das.Stud.  des  Ital.  S.  36  ff. 
—  Chanson.  C.  Nigra,  Versions  piemontaises  de  la  Ch.  de  Renaud,  in: 
Rom.  XI  391  —  Chiabrera,  Gabbriello,  geb.  1552  zu  Savona,  gest.  1637. 
Lyriker  (als  Dramatiker  u.  Epiker  ohne  Bedeutung).  Ausgg.  der  Rime  z.  B. 
Rom.  1718,  3  Bde.,  Venedig  1757,  5  Bde.,  in  den  Mailänder  Classici  ital., 
3  Bde.  —  Chiaro  Davanzati,  aus  Florenz,  um  1250.  Böhmer  in  Rom. 


Das  Italionisclic.  715 

Stiul  1  114.  X.  I  204.  U.  ;i4,  '.IG  u.  4b!t  —  Clütaira,  Cene  della,  aus 
Arczzo,  um  1260.  liC  llime  di  Folf^ore  da  San  Geniignano  e  di  C.  d.  Ch. 
d'Arczzo  ed.  Navone.  Bologna  1880.  N.  I  349.  G  211)  u.  5US.  Vgl.  auch 
Folgere  da  S.  G.  —  Ciacco  dell'  Anguillara,  13.  Jahrh.  I  '.»1.  N  191. 
G.  94  —  Cino  da  Pistoja,  geb.  1270  (wahrscheinlich  noch  früher),  gest. 
Ende  1336  od.  Anfang  1337.  Neueste  Ausg.  der  llime  besorgt  von  E.  IJlXDI 
u.  P.  F.^NF.^NI.  Pistoja  1878,  vgl.  Propugn.  XI  2,  503.  Caudicci,  Kime 
di  C.  da  P.  e  d'altri  poeti  del  sec.  XIV.  Firenzc  lS(i2.  B.vhtüli,  Stör.  Lett. 
IV  41.  T.  Casixi,  Sopra  alcunc  rime  attribuite  a  C.  da  P. ,  in:  Giorn.  di 
til.  rom.  IV  ISS.  P.  Caxal,  Sopra  una  canzone  di  C.  da  P.  etc.  (Atti  del 
E.  Istituto  vcneto  di  scienze  etc.  Serie  V,  vol.  III),  vgl.  Giorn.  di  fil.  rom. 
I  57.  L.  CnurrELLi,  Vita  e  opere  giuridiche  di  C.  d.  P.  con  molti  docu- 
menti  inediti.  Pistoja  ISSl.  G.  357  u.  531  —  Cinzio  (oder  Cinthio), 
Giovambattista  Giraldi,  geb.  um  1500  zu  Ferrara,  gest.  ebenda  1573. 
Novellencyclus  Gli  Ecatommiti,  verfasst  152S  tf.,  erste  Ausg.  1503  zu  Monte 
Kegale,  d.  i.  Mondovi  in  Piemont  (vgl.  Aug,sb.  AUg.  Ztg.  21.  10.  1870  Bei- 
lage). Canello  a.  a.  O.  182.  Landau,  Beitr.  etc.  114  —  CiuUo  s.  Con- 
trasto  —  Cocai,  Merlin  (Teofilo  Folengo),  geb.  um  1491  in  der 
Xähe  von  Mantua,  gest.  1544  zu  Campese  b.  Bassano.  Verf.  eines  burlesken 
Epos  Orlandino  1520,  herausg.  v.  PiTüCCO,  London  u.  Paris  1773  u.  makke- 
ronischer  Poesien.  Le  opere  maccheroniche,  curate  da  A.  Portioli.  Man- 
tova  18S2,  vgl.  Giorn.  stör.  II  ISl.  Canello  a.  a.  O.  p.  170  —  Codice 
della  Div.  Comm.  che  fu  del  Papa  Lambertini  etc.  ed.  Scarabelli.  Bologna 
1871,73.  Coli.  2S,  29,  30  —  Codro  Antonio  Urceo,  Humanist  des 
16.  Jahrh.'s,  Zeitgenosse  u.  Freund  des  Aldus  Manutius.  C.  Malagola, 
Della  vita  e  delle  opere  di  A.  U.  detto  C.  Bologna  1878,  vgl.  Propugn.  XI 
1,  265  —  Colon  na,  Egidio,  geb.  zu  Rom  (Jahr  unbekannt),  gest.  zu 
Avignon  1316.  Tractat  De  regimine  principum,  hiervon  eine  altital.  Uebers. 
in  zwei  Hdss.  erhalten,  noch  nicht  edirt.  N.  II  323  —  Colon  na.  Guido 
de,  s.  Guido  —  Colonna,  Vittoria,  geb.  zu  Rom  1490,  gest.  ebenda 
25.  2.  1547.  Rime,  erste  Ausg.  Parma  1538,  spätere  Ausg.  z.  B.  von  Vis- 
conti. Rom  1840,  von  Saltixi.  Florenz  1860.  Deutsche  Uebers.  von  Bertha 
Arndts.  Schaflfhausen  1858.  Die  Litteratur  über  V.  C.  hat  verzeichnet  A.  v. 
Reumoxt  in  seinem  Buche  V.  C  ,  Leben,  Dichten,  Glauben  im  16.  Jahrh. 
Freiburg  i  B.  18S1,  p.  253  ff. ;  über  dies  Buch  vgl.  Archiv,  stör.  ital.  Serie  4, 
t.  IX  disp.  5a  u.  Domenica  letteraria  1SS2  No.  15,  Mai  14.  —  Comme- 
dia.  1.  Comm.  di  Dante  degli  Allagherii  col  Commento  di  Jacopo  della 
Lana  etc.  Bologna  18116.  Coli.  38,  39,  40.  2.  Comm.  di  Dieci  Vergini, 
rappresentazione  dei  primi  secoli  della  lett.  ital. ,  tratta  da  un  cod.  della 
Riccardiana  di  Firenze  e  pubbl.  da  E.  Alvisi.  Firenze  (Jahr?).  3.  Comm. 
deir  Arte.  A.  B.vrtoli,  Scenari  inediti  della  C.  dell'  A.  Florenz  186S. 
M.  Scherillo,  La  C.  dell  A.  in  Italia.  Studj  e  profili  Turin  1884,  vgl. 
Giorn.  stör.  V  276.  A.  Neri,  Una  Comm.  dell'  A. ,  in;  Giorn.  stör.  I  75. 
MoL.\XD,  Moliere  et  la  comedie  ital.  Paris  1807.  Vgl.  auch  unten  Theater 
—  Commento  di  ser  Agresto  da  Ficaruolo  sopra  la  prima  ficata  del 
Padre  Sicco.  Bologna  1862,  Sc.  7  —  Commento  a  una  canzone  di  Fr. 
Petrarca   per  Luigi   de'  Marsili.     Bologna  1863,    Sc.  36    —    Columna   s. 


716  Das  Italienische. 

Guido  delle  Colonne  —  Commento  alla  Div.  Comni.  d'Anonimo  Fio- 
rentino  del  sec.  XIV  ed.  P.  Fanfani.  Bologna  1866/74,  Coli.  13,  14,  15  — 
Compagni  s.  Dino  Compagni  —  Le  Compagnie  dei  Battuti  in 
Koma  neir  anno  1339.  Bologna  1862  Sc.  20  —  Compendio  di  piü  ritratti 
di  Gio.  Maria  Cecchi.  Bologna  1867  Sc.  81  —  Compendio  di  Storia  Ko- 
mana  di  Lucio  Anneo  Floro.  Bologna  1S81  Sc.  ISU  —  Consiglio  contro 
a  pistolenzia  per  maestro  Tommaso  di  Garbo.  Bologna  1S66  Sc.  74  —  Con- 
tenzione  di  Mona  Costanza  e  di  Biagio  e  tre  Canzoni  di  messer  Bemardo 
Giambullari.  Bologna  1868.  Sc.  96  —  Conti,  Giusti  de',  geb.  zu  Val- 
montone  bei  Rom  (Jahr  unbekannt),  gest.  1449  zu  Rimini.  Liedersammlung 
la  bella  Mano,  wichtigere  Ausgg.  von  CoRBlNELLl.  Paris  1595,  von  Salvini. 
Florenz  1715,  von  Mazzuchelli.  Verona  1753  —  Conti  di  antichi  cava- 
lieri  ed.  Fanfani  in  Firenze  1851  u.  P.  Papa  in:  Giorn.  stör.  III  192.  N.  II 
85.  G.  171  u.  500.  Ulrich,  Altit.  Leseb.  12S  —  Dodici  Conti  morali  di 
Anonimo  Senese,  testo  inedito  del  secolo  XIII.  Bologna  1862.  Sc.  9,  vgl. 
Ztschr.  f.  rom.  Phil.  I  365  —  Contrasto  (beginnend  mit  den  Worten: 
Rosa  fresca  aulentissima) ,  volksthümlich  angehauchtes  erotisches  Gedicht 
des  13.  Jahrh.'s  (nach  1231),  angeblich  verfasst  von  einem  gewissen  Cielo 
od.  Ciullo  d'Alcamo;  heliotypisches  Facsimile  in  Monaci's  Arch.  paleograf. 
ital.  (Rom  1882),  Heft  1;  herausg.  z.  B.  von  d'Ancona  in  den  Rime  an- 
tiche  volg.  I  175  (mit  reichhaltigen  Untersuchungen)  u.  in  den  Studj  suUa 
Lett.  ital.  de'  primi  sec.  Ancona  1884,  p.  241  (vgl.  p.  366).  C.\ix,  Chi 
fosse  il  preteso  Ciullo  d'Alc.  Firenze  1879  (Estr.  della  Riv.  Internaz.  16.  3. 
79),  dagegen  d'Ovidio  in  seinen  Saggi  (s.  ob.  S.  701),  p.  466.  Vgl.  auch 
Propugn.  XVII  2,  61  u.  XVUI  2,  447.  K  1.  G.  73  u.  487  —  II  Con- 
trasto della  bianca  e  della  bruna,  ed.  S.  Ferkari,  in:  Giorn.  stör.  VI  352 
—  Croce,  Giulio  Ce,sare,  geb.  1550  zu  San  Giovanni  in  Persicato  bei 
Bologna,  gest.  1609  zu  Bologna,  Verf.  der  buffonesken  Trilogie  Bertoldo, 
Bertoldino  u.  Cacasenno.  O.  GuERRiNl,  La  Vita  e  le  Opere  di  G.  C.  C. 
Bologna  1879,  vgl.  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  III  121  —  Cronache  Siciliane 
dei  secoli  XUI,  XIV,  XV  ed.  V.  Di  Giovannl  Bologna  1866.  Coli.  10  — 
Cronica  degli  Imperadori  Romani  testo  ined.  di  ling.  Bologna  1878. 
Sc.  158  —  Cronichetta  di  San  Geminiano  composto  da  F.  Matteo  Ciac- 
cheri  Fiorentino  l'anno  1355.  Bologna  1^65.  Sc.  60. 

Dante,  Al^ljaghieri  (so  die  ursprüngliche  Form  d.  Namens,  statt 
ihrer  ist  später  üblich  geworden  ALI  ighiere,  wohl  auch  Alleghieri),  geb. 
1265  (d.  Datum  bezweifelt  von  Imbriam,  Quando  nacque  Dante?  Napoli 
1879,  vgl.  aber  AVitte  in  der  Augsb.  Allg.  Ztg.  1880  No.  16]  zu  Florenz, 
gest.  14.  9.  1321  zu  Ravenna.  Bibliographisches:  Colomb  de  B.\tines, 
Bibliografia  Dantesca.  Prato  1845/48  (hierzu  ein  Indice  generale  von  Bacciii 
DELLA  Lega,  Bologna  1883,  vgl.  Giorn.  stör.  III  142.  G.  J.  Fekr.\zzi, 
Manuale  Dantesco  [von  Bd.  2  ab  mit  dem  Nebcntitel  Enciclopedia  dantesca) 
Bassano  1863/77,  5  Bde.  iganz  verworren  in  der  Anlage  u.  liöchst  unbe- 
quem zu  gebrauchen;  hat  man  sich  aber  in  d.  wunderliche  "Werk  einmal 
hineingefunden,  so  findet  man  doch  viel  Gutes  u.  Nützliches  darin).  J.  Petz- 
hold, Bibliographia  Dantea.  2"  ed.  Dresden  1880  (lässt  Vieles  zu  wünschen 
übrig).     Die   nöthigsten  bibliogr.  Notizen    findet   man   am   bequemsten   bei 


Das  Italienische.  717 

A.  LlBIN,  Commedia  di  D.  A.  preceduta  dalla  vita  e  da  studi  preparatori 
illustrativi,  esposta  e  commentaUx  da  A.  L.  Padova  18S1  (dies  \N'erk  kann 
überhaupt  zur  ersten  Orientirun";  in  der  ])ante-Plnlolo<i;ie  gute  Dienste 
leisten  und  darf  Anfängern  empfohlen  werden,  diesen  wird  auch  die  dem 
Texte  der  Div.  Comm.  beigegebene  Prosaparaphrase  desselben  vielleicht 
willkommen  sein''.  Keichhaltige  bibliographische  x\ngaben  auch  bei  Gas- 
PARY  a.  a.  O.,  509  ff.  Biogr.\phisches  :  Aelteste  Dante-Biogr.  von  Boc- 
caccio s.  d.),  Villani  (Über  de  civitatis  Florentiae  famosis  civibus),  Leonardo 
Bruni  d'Arezzo  (in  vielen  Ausgg.  der  Div.  Comm.  abgedruckt  ,  u.  Giannozzo 
Manetti  »De  vita  et  moribus  trium  illustrium  poetarum  fiorentinorum«, 
ed.  Mkui's.  Florenz  1747).  Von  neueren  Biographien  sind  die  wichtigsten: 
*P.  Fr.\ticelli.  Storia  della  Vita  di  D.  A.  compilata  dai  documenti.  Flo- 
renz 1801  (treffliches  u.  zuverlässiges  Werk,  frei  von  jenem  Phrasenschwall, 
der  manche  andere  Dante-Biogr.  verunziert)  u.  F.  "VVegele,  Dante's  L.  u. 
"\V.  Jena  1852,  3.  Ausg.  1879  (der  Verf.  dieses  Buches  ist  Historiker  u. 
legt  in  Folge  dessen  den  Schwerpunkt  seiner  Darstellung  auf  D.'s  politische 
Thätigkeit  und  Bestrebungen;  d.  Buch  ist  demnach  etwas  einseitig),  vgl. 
Ztschr.  f.  rom.  Phil.  VII  454.  Sc.\RTAZZixis  Buch  D.  A.,  seine  Zeit,  sein  L. 
und  seine  "W.  Biel  1869,  2.  Ausg.  1879  »ist  heute  absolut  werthlos«  (so 
Gaspary  a.  a.  O.  510),  nicht  viel  besser  kann  über  desselben  Verf.'s  Ma- 
nuale dantesco  (Parte  I  Vita  di  D.  P.  11  Opere  di  D.),  Mailand  1883,  ge- 
urtheilt  werden,  wie  überhaupt  Sc.  trotz  aller  Rührigkeit,  Schreibseligkeit, 
Schneidigkeit  u.  Selbstzufriedenheit  doch  wenig  Positives  für  die  Dante- 
Philologie  geleistet  hat;  einzelne  Arbeiten  von  ihm  sind  geradezu  haar- 
sträubend, so  vor  Allem  d.  ebenso  dickleibige  u.  elegant  gedruckte  wie  in 
seinem  Inhalt  monströse  Werk  »Dante  in  Germania«,  Milano  1882/83,  in  wel- 
chem der  Verf.  Gericht  abhält  über  die  deutschen  Dante-Philologen  u.  je  nach 
seiner  subjectiven  Laune  die  Einen  verhimmelt,  die  Andern  verdonnert, 
kurz  eine  Kritik  ausübt,  wie  sie  verkehrter  gar  nicht  gedacht  werden  kann. 
Es  ist  bedauerlich  genug,  dass  Sc.  auf  so  unerfreuliche  Bahnen  gerathen 
ist ,  denn  Gelehrsamkeit  u.  Fähigkeit  sind  ihm  keineswegs  abzusprechen 
u.  bei  richtigem  Gebrauche  dieser  Eigenschaften  hätte  er  Bedeutendes  leisten 
können.  Von  Einzelschriften,  die  sich  auf  D.'s  Leben  beziehen,  seien  noch 
genannt:  Th.  P.wr,  Ueb.  die  Quellen  der  Lebensgeschichte  D's.  Görlitz 
1862.  I.  DEL  LUNGO,  Dell'  esilio  di  D.  Mailand  1881.  Scheffer-Boichorst, 
Aus  D.'s  Verbannung.  Strassburg  1882  (d.  Buch  enthält  viel  Gutes  u.  Treff- 
liches, aber  auch  sehr  viel  Phantastisches  u.  Verkehrtes),  vgl.  Rom.  XI 
614,  Giorn.  stör.  I  260,  Litteraturbl.  f.  germ.  u.  rom.  Phil.  18S2,  S.  309. 
*K.  Witte,  Dante-Forschungen  Bd.  I  Halle  1S69,  Bd.  2  Heilbronn  1879 
(enthält  mehrere  höchst  werthvolle  Abhandlungen  über  Einzelfragen  der 
D.-Biographie,  zum  Theil  früher  in  Dante-Jahrbuch  veröffentlicht).  Reiches 
Material  für  die  Dante-Biogr.  wie  für  die  Dante-Kunde  überhaupt  ist  im 
Jahrb.  d.  deutschen  Dante-Gesellschaft,  Leipzig  1867/77,  4  Bde.,  zu  finden. 


1)  Gelegentlich  werde  auch  ein  anderes  Buch  LUBlx's  genannt:  Dante 
spiegato  con  Dante  e  polemiche  dantesche,  Triest  1884,  welches  für  die 
Geschichte  der  Dante-Philologie  von  Interesse  ist,  vgl.  Giorn.  stör.  VI  2S0. 


718  Das  Italienische. 

Eine  interessante  Sammlung  von  Dante-Anekdoten  u.  Mythen  ist  Papaxti's 
Buch:  1).  secondo  la  tradizione  e  i  novellatori  Livorno  1873,  vgl.  Jahrb.  f.  rom. 
u.  engl.  Spr.  u.  Litt.  XIV  423,  luv.  di  fil.  rom.  II  60  l.  DiviNA  COMME- 
UIA  (Inferno  34  Canti,  4720  Verse  ,  Purgatorio  33  Canti  4755  Verse,  Para- 
diso 33  Canti  475S  Verse,  zusammen  also  100  Canti  mit  14233  Versen): 
Die  Hdss.  aufgezählt  bei  Ferrazzi  II  714.  Aelteste  Drucke  Foligno  1472, 
Jesi  1472,  Mantua  1472,  Neapel  1475  u.  1476  (Neudruck  der  vier  ältesten 
Ausgg.  besorgt  von  G.  Warrex,  Lord  Vernon  London  1858).  Vgl.  Fer- 
razzi II  729.  Edizioni  Aldine  Florenz  15Ü2  u.  1515  (letztere  Ausg.  liegt 
den  meisten  späteren  Drucken  bis  auf  Witte's  Ausg.  zu  Grunde).  Die 
erste  wirklich  kritische  Ausg.,  welche  gegenwärtig  als  Norm  gilt,  ist  die 
von  K.  Witte,  Berlin  1862,  wiederholt  Mailand  1S64;  bedeutend  ist  auch 
die  Ausg.  Giulianis,  Florenz  1880.  Aelteste  edirte  Commentare  der  Div. 
Comm.  sind  der  sogenannte  Ottimo,  verfasst  1322  ff.  (herausg.  Pisa  1827/29), 
der  von  Jacopo  della  Lana,  verfasst  um  1330  (s.  oben  »Commedia«),  der 
von  D.'s  Sohn  Petrus  (herausg.  v.  Vernon  Florenz  1846),  der  von  Boccac- 
cio (reicht  nur  bis  zum  17.  Gesang  d.  Inferno;  herausg.  von  MiLANESi, 
Florenz  1863,  2  Bde.),  der  von  Benvenuto  da  Imola  (herausg.  von  Tam- 
BURiNl,  Imola  1855,56,  3  Bde.  •).  Vgl.  auch  oben  unter  Castelvetro.  Die 
Zahl  der  neueren  Commentare  u.  Erläuterungsschriften  zur  Div.  Com.  ist 
massenhaft,  u.  es  kann  nicht  daran  gedacht  werden,  sie  hier  zu  verzeichnen, 
es  muss  vielmehr  auf  die  oben  genannten  Dante-Bibliographien  verwiesen 
werden.  Das  Nöthigste  findet  man  in  dem  bereits  erwähnten  Buche  Lubin's. 
Nur  auf  ein  Buch  werde,  weil  es  unentbehrlich  ist,  recht  nachdrücklich 
hingewiesen:  Blanc,  Vocabolario  Dantesco  ou  dictionnaire  critique  et  rai- 
sonne  de  la  Divine  Comedie,  Leipzig  1852,  ital.  Ausg.  Florenz  1S59  (sehr 
werthvoll  ist  auch  desselben  Verfassers  »Versuch  einer  bloss  philologischen 
Erklärung  mehrerer  dunkeln  u.  streitigen  Stellen  der  Göttl.  Com.«.  Halle 
1861/65.  Der  Anfänger  sei  darauf  aufmerksam  gemacht,  dass  ohne  Zu- 
hilfenahme eines  Commentars  die  Div.  Comm.  einfach  unverständlich  ist 
und  dass,  wer  sie  wirklich  verstehen  will,  mit  Scholastik  und  mittelalter- 
licher Theologie  sowie  mit  italienischer,  speciell  mit  florentinischer  Ge- 
schichte gründlich  vertraut  sein  muss.  "Wer  die  Div.  Comm.  dilettantisch 
zu  lesen  unternimmt,  wird  sich  in  der  Hoffnung  auf  Genuss  gründlich  ent- 
täuscht finden.  Deutsche  Uebersetzungen:  von  Bachenschwanz,  Leipzig 
1867/69  (in  Prosa),  von  Kannegiesser.  5.  Aufl.  herausg.  von  K.  Witte 
Leipzig  1873,  von  Blanc  1861,  von  ^Philalethes  (König  Johann  v.  Sachsen), 
erste  vollstdge.  Ausg.  Dresden  u.  Leipzig  1839/49,  3.  Ausg.  Leipzig  1877, 
von  P^itner,  Hildburghausen  1865,  von  AVitte,  Berlin  1865,  von  Notter, 
Stuttgart  1873,  von  *K.  Bartsch,  Leipzig  1877,  vgl.  Ztschr.  f.  rom.  Phil, 
in  277.  (Ganz  veraltet  sind  die  üebers.  v.  Streckfuss  u.  von  Kopisch, 
die  3.  Ausg.  der  letzteren,  Berlin  u.  Leipzig  1882,    hat  jedoch   durch   die 


1)  Vgl.  C.  Hegel,  Ueb.  den  historischen  AVerth  der  älteren  Dante- 
Commentare.  Leipzig  1S78.  —  Der  allerälteste  Dante-Commcntar,  allerdings 
nur  das  Inferno  i)eliandelnd,  wurde  von  Graziolo  de'  Bambagiuoli  verfasst 
und  ist  noch  nicht  edirt,   vgl.  Giorn.  stör.  II  454,   G.  52S. 


])as  luilicnisclic.  719 

ihr   von  Paikk  beigegebenen  Abhandlungen  "Werth  .    2.    La  Vita  Niova. 
Beste  Ausgg.  von  u'AxcoxA  2»  ed.  Pisa  1884,  von  Giuliani  Florenz  18S3 
(weniger  zu  rülnnen  ist  die  von  Ia:C'IAXI.  Korn  1SS3),  vgl.  über  diese  drei 
Ausg.  Giorn.  stör.  II  366,  von  AViTTE.  Leipzig  1876.    K.  IIkxiku,  La  Vita 
Nuova  e  Fiammettu     Turin    1876.     P.  Kajxa,   Per   l;i   data   della  V.  N.  e 
non  per  essa  soltanto  in  Giorn.  stör.  VI  113.     3.  Il  Coxvivio  (nicht  Con- 
vito),  beste  Ausg.  von  GlULIAXi.  Firenze  1874.     4.  De  Moxakcuia.    Beste 
Ausgg.  von  "Witte   1863/71    u.  von  *Giiliaxi,   Le  üperc  latine  di  I).  A. 
Florenz  1S7S,  vgl.  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  VI  636.    SciiEFFER-BoicnonsT  in. 
Aus  Dante's  Verbannung,  p.  105,  hat  die  Abfassuugszcit  der  Schrift  scharf- 
sinnig erörtert,     ö.  De  Elüquextia  vulgvki,  beste  Ausg.  von  Giuliani  in 
den  Opp.  lat.  di  D.  A.  E.  Böiimeu,  Ueb.  D.'s  Schrift  De  vulg.  eloqu.  etc. 
Halle    1>6S   u. :    Zu  D.'s   De  volg.   eloqu.,    in   P.om.    Stud.  IV  112.     *Fu. 
d'OviDio,  Sul  trattato  de  vulg.  eloqu.  di  D.  A.,  in:  Arch.   glott.  it.  II  59 
und  (vermehrt)  in  seinen  Saggi,  Napoli  1879,  p.  330.  6.    Quaestio  de  aqua 
ET  TEBUA:  am  besten  herausg.  von  Fuaticelli  Op.  Min.  di  D.  A.  vol.  II 
u.  von  Giuliani  in  Bd.  U  der  Opp.  lat.   AV.  Schmidt,  Ueb.  D.'s  Stellung 
in    der   Geschichte   der  Kosmographie ,    1.  Theil :    Die   Schrift  De   a.    et   t. 
Graz  1876  Progr.  G.  522.   7.  Epistülae,  herausg.  v.  Witte.  Patavii  1827, 
von  ToRRi  1842,  von  Fraticelli  in  den  Opp.  min.   8.  II  Caxzoxiere,  am 
besten  in  Fraticelli's  Gesammtausg.  der  »Opere   minori«  Dante's  Florenz 
1856/57.1)     Die  Aechtheit  anderer  Dante  beigelegter  Schriften  (Uebers.  der 
Busspsalmen,  ein  Glauben.sbekenntniss  in  Versen  etc.)  muss  als  sehr  ver- 
dächtig  erscheinen ;    acht  dagegen   dürften   trotz    mancher   Auffälligkeiten 
die  beiden  lat.  Eklogen  an  Giovanni  del  Virgilio  sein ;    herausg.   sind  die- 
selben am  besten  von  Fraticelli  in  den  Opp.  min. ;  vgl.  über  sie  Sciief- 
EER-BOICUORST,    Aus  Dante's  Verbannung,  p.   52  ö'.  >vo  manches  Verkehrte 
zu  finden  ist)  u.  KÖRTING,  Gesch.  d.  Litt.  Italiens  im  Zeitalter  der  Renaiss. 
in  362  fi".     Die  wenigen  Schriften  über  Dante's  Sprache  u.  Sprachgebrauch 
sind   oben  in  den  Litteraturangaben  zu  §  6  u.  7   bereits   genannt.     Ueber 
den  Bau   der   Dante'schen  Canzone  handelt  Böhmer  in   seiner  Schrift  de 
vulg.   eloqu. ,    über   Dante's   Poetik   Bartsch   im   Dante-Jahrb.   III   303  — 
Dante  da  Majano,  um  1300.     Seine  Gedichte  gedruckt  b.  N  I  307,  vgl. 
auch  Herrigs  Archiv  33,  411.    A.  Borgognoxi.  D.  d.  M.  Ravenna  1882  (be- 
hauptet, dass  D.'s  Gedichte  Fälschungen  seien,  vgl.  Giorn.  di  fil.  rom.  IV 
220),    dagegen  F.  NovATi,  D.  d.  M.    ed  Adolfo  Borgognoni.  Ancona  1883. 
G.  79  u.  488  —   Dati.  H  Libro  segreto  di  Gregorio  D.  Bologna   1869  Sc. 
102,  und:  La  Lettera  dell' Tsolech'  ha  trovato  nuovamente  il  re  di  Spagna, 
poemetta  in  ottava  rima  di  Giuliano  Dati  Imola  1873.  Sc.  136  —  Davan- 
zati  s.  Chiaro  D.  —  Davila,  Arrigo  Caterino,  geb.  1576  zu  Pieve  del 
Sacco  bei  Padua,  gest.  zu  San  Michele  bei  Verona  1631.   Storia  delle  guerre 
civili  di  Francia  Venedig  1630,  Paris  1644,  Venedig  1733,  London  1755,  Lon- 
don 1801,  Mailand  1807  (mehreren  der  letztgenannten  Ausgg.  ist  die  Biogr. 
D.'s  von  A.  Zeno  beigegeben)  —  De  Amicis,  Eduarde,  geb.  21.  lo.  1846 


1)  Ueber  die  Chronologie  der  Opere  minori  vgl.  A.  Nazzarexo,    Cro- 
nologia  delle  opere  minori  di  I).    Cittä  di  Castello  1885. 


720 


Das  Italienische. 


zu  Oneglia,  Verf.  zahlreicher  Novellen  u.  Reiseskizzen,  z.  B.  Bozzetti  della 
Tita  militare  1868,  Ricordi  di  Spagna  1873,  Ricordi  di  Londra  1874,  Olanda 
1S74,  Marocco  1876,  Ricordi  di  Parigi  1878  etc.  Vgl.  Breitixgek's  Aufsatz 
über  D.  A.  in  der  Essaysammlung  »Aus  neueren  Litteraturen«  Zürich  1878. 
La  Defensione  delle  donne  d'autore  anonimo,  scritt.  inedita  del  sec.  XV 
Bologna  1876.  Sc.  148  —  Dello  aus  Signa  b.  Florenz,  um  1250  N  I  223 
—  Denina,  GiovammariaCarlo,  geb.  1731  zu  Revel  in  Piemont,  gest. 
1813  zu  Paris.  Discorso  sopra  le  vicende  della  letteratura  Turin  1761. 
Saggio  sopra  la  lett.  ital.  Lucca  1762,  diese  beiden  Werke  zusammenge- 
arbeitet u.  d.  T.  Vicende  della  lett.  Berlin  1784  85,  Venedig  1788,  Turin 
1792  u.  1811.  Delle  rivoluzioni  d'Italia  libri  XXIV.  Turin  1763/70  u.  1791. 
La  Prusse  litteraire  sous  Frederic  IL  Berlin  1790  91,  3  Bde.  Vernazza, 
Vita  deir  abbate  D.  Turin  1791  in  der  Ausgabe  der  Rivoluzioni;  ;  G.  Scar- 
ROXE,  Vita  di  C.  D.  Parma  1798  —  Devozioni.  d'Ancona,  Due  antiche 
dev.  ital.,  in:  Riv.  fil.  rom.  11  5  —  Dialogus  creaturarum.  P.  Rajna,  In- 
terno  al  cosidetto  d.  c.  cd  al  suo  autore,  in:  Giom.  stör.  III  1,  IV  337  — 
Dino  Compagni,  geb.  zu  Florenz  (Jahr  unbekannt),  gest.  26.  2.  1324. 
Cronica  fiorentina.  Beste  Ausg.  von  I.  del  LiXGO,  D.  C.  e  la  sua  Cr.  Fi- 
renze  1879/80,  3  Theile  in  2  Bden. ,  durch  diese  Ausg.  sind  sämmtliche 
früheren  veraltet  u.  wissenschaftlich  unbrauchbar.  Die  wichtigsten  Schriften 
über  die  Dino-Frage:  (vgL  Del  Lungo  a.  a.  O.  I  2,  1045)  C.  Hillebrand, 
D.  C,  Etüde  bist,  et  litt.  s.  l'epoque  de  Dante.  Paris  1861  (hat  noch  kein 
Zweifel  an  der  Aechtheit).  Scheffer-Boichorst,  Die  florent.  Geschichte 
der  Malespini  eine  Fälschung,  in:  Sybel's  bist.  Ztschr.  XXIV  (1870),  313 
(wird  zuerst  die  Unächtheit  behauptet).  G.  Griox,  La  Cr.  di  D.  C.  opera 
di  Anton  francesco  Doni  Verona  1871  (werthlos  .  *ScHEFFER-BoiCllORST, 
Florentiner  Studien,  Leipzig  1874,  p.  45  bis  218  (der  Verf.  sucht  die  Un- 
ächtheit der  Chr.  nachzuweisen,  vgl.  Rom.  IV  289);  *Gött.  Gel.  Anzeigen 
1875  (sehr  bemerken swerther  Artikel  v.  Wüstenfeld).  C.  Hegel,  Die 
Chr.  d.  D.  C. ,  Versuch  einer  Rettung.  Leipzig  1875,  vgl.  Rom.  IV  487. 
Scheffer-Boichorst,  Die  Chr.  d.  D.  C.  Kritik  der  (Hegelschen  Schrift 
etc.  Leipzig  1S75.  P.  Fanfani,  D.  C.  vendicato  dalla  calunnia  di  scrittore 
della  cronica  Florenz  1875,  le  Metamorfosi  di  I).  commentate  Florenz  1877 
u.  zahlreiche  Artikel  in  der  im  Juni  1S74  begründeten  Ztschr.  »Borghini« 
(F.  hält  die  Chr.  für  unächt).  W.  Bernhardi,  Bericht  über  die  neuere 
Dino-Litt.,  in:  Sybel's  histor.  Ztschr.  N.  F.  I  77.  E.  Böhmer,  Zur  Dino- 
Frage,  in:  Rom.  Stud.  III  149.  Tn.  Paur,  Ueb.  d.  Aechtheit  der  Chronik 
des  D.  C,  in:  Dante-Jahrb.  IV  63.  P.  M.,  Un  ms.  du  XV^  s.  de  la  chro- 
nique  de  D.  C. ,  in:  Rom.  VIII  107.  H.  Buesslau,  Die  Ashburnham- 
Hdss.  d.  D.  C,  in:  Viertel] ahrsztschr.  f.  Kultur  u.  Litt.  d.  Renaiss.  I  (1S85), 
129.  Hartwig,  La  Question  de  1).  C,  in:  Rev.  historique,  t.  X^^I  64, 
vgl.  Rom.  X  627,  Arch.  stör.  ital.  Serie  IV  t.  VHI,  239,  Ztschr.  f.  rom. 
Phil.  V  601  (H.  theilt  im  Wesentlichen  die  Ansicht  Hegel's,  wonach,  um  es 
kurz,  wenngleich  nicht  ganz  genau  zu  sagen,  die  Chr.  allerdings  acht,  aber 
nicht  im  Original,  sondern  nur  in  späterer  Ueberarbeitung  überliefert  ist). 
Sciieffer-Boichorst's  Argumentation  ist  eingehend  geprüft  u.  oft  mit  Er- 
folg widerlegt  worden  von  I.  DEL  I>lXGO  a.  a.  O.  I  2,   1045  fl".     SCH.-B.'s 


Das  Italienische.  721 

letzte  Aeusserung  in  der  Frage,  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  VII  Oti,  fördert  die  Sache 
nicht.  Eine  Monographie  über  die  Üino-Frage  beabsichtigt  G,  Köktixg 
zu  veröflcntlichen.  Ueber  Dino  vgl.  auch  den  Artikel  Intelligeuza. 
N  II  209  G.  209,  360,  531  —  Dino  Frescobaldi  s.  Frescobaldi  — 
Donatz  Proensals,  vgl.  oben  S.  430;  neue  Ausg.  nach  dem  Ms.  Landau 
von  I..  BiADEXE  in  Studj  di  lil.  rom.  I  331.  Ueber  die  Verfasserfrage  vgl. 
ferner  Meulo  im  Giorn.  stör.  III  218  u.  386  u.  Grüber  ebenda  IV  203. 
Dotto  Keali  aus  Lucca,  um  1250.  N  11  208.  G.  77,  92  —  Dottrina 
dcUo  Schiavo  di  Bari  secondo  la  lezione  di  tre  antichi  testi  a  penna.  Bo- 
logna 1862  Sc.  11  —  Dozzo  Nori,  um  1250.  N  I  237  —  Drama.  A. 
Gr.\f,  Studj  drammatici  Turin  1878.  J.  L.  Klein,  Gesch.  d.  ital.  Drama's 
Leipzig  1866  69,  4  Bde.  R.  Prölss,  Gesch.  d.  neueren  Dr. 's  Bd.  1,  zweite 
Hälfte:  D.  neuere  Dr.  der  Ital.  Leipzig  1881.  Vgl.  auch  Theater  — 
König  Enso,  Sohn  Friedrich's  IL,  geb.  1225  zu  Palermo,  gest.  1272. 
X  I  63. 

Entree  en  Espagne  s.  oben  S.  319  u.  unten  Nicolas  —  Epistola. 
1.  La  E.  di  San  Jacopo  e  i  Capitoli  terzo  e  quarto  del  Vaugelo  di  sau 
Giovanni,  volgarizz.  inediti.  Bologna  1863  Sc.  3u.  2.  E.  di  Alberto  degli 
Albizzi  a  Martino  V,  volg.  da  Don  Giovanni  Dasammiuiato.  Bologna  1863 
Sc.  33.  3.  E.  di  s.  Bernardo  a  Raimondo.  volg.  del  buon  secolo.  Bologna 
1866  Sc.  68.  4.  Due  E.  d'Ovidio  tratte  dal  volg.  delle  Eroidi  fatto  da 
mess.  Carlo  Figiovanni  nel  sec.  XIV.  Bologna  1862  Sc.  21.  5.  E.  di  s. 
Girolamo  ed  Eustochio.  Bologna  1870  Sc.  110.  Vgl.  auch  Lettere.  — 
Eredia.  Rime  di  Luigi  E.  palermitano.  Bologna  1875  Sc.  142  —  Exem- 
pli.  Libro  de  li  E.,  ein  Bruchstück  daraus  nach  Ms.  d.  Brit.  Mus.  Add. 
22557  b.  Ulrich,  Altit.  Leseb.  124.  vgl.  Ulrich,  Recueil  d'exemples  en 
ancien  Italien,  in:   Rom.  XIII  27. 

Fabroni,  Angelo,  geb.  1732  zu  Marradi  in  Toscana,  gest.  1803  zu 
Pisa.  Vitae  Italorum  doctrina  excellentium,  qui  saeculis  XVII  et  XVIII 
floruerant.  Pisa  u.  Lucca  1778/1805,  20  Bde.,  u.  andere  litterargeschichtl. 
Werke  in  lat.  Spr.  Elogj  Italiani  d'illustri  Pisa  1786.  Elogj  d'uomini  illustri 
Pisa  1768.  Elogj  di  D.  A.,  di  A.  Politiano,  di  L.  Ariosto  e  di  T.  Tasso.  Par- 
ma 1806.  Ideler  I  542  —  La  Fabula  del  pistello  da  l'agliata  tratta  da 
un'  antica  stampa  e  la  questione  d'amore,  testo  inedito  del  sec.  XV.  Bologna 
1878  Sc.  161.  Vgl.  auch  Favole  —  Facezie  e  motti  dei  secoli  X\^  e 
XVL  Bologna  1874  Sc.  138  —  Farina,  Salvatore,  geb.  10.  1.  1846  zu 
Sorso  in  Sardinien,  Verf.  zahlreicher  Novellen  u.  Novellencyklen ,  z.  B. 
Due  Amori  1869,  Un  Segreto  1870,  Della  Spuma  del  mare  1877,  Oro  nas- 
costo  1S68,  Prima  che  nascesse  1879  [erster  Theil  eines  Cyclus,  dessen 
Thema  die  Darstellung  d.  bürgerlichen  Familienlebens  mit  Aelternfreuden 
u.  Aeltemsorgen  ist  ,  Si  Muore  (Theil  I  Caporal  Silvestro  etc.)  1885  — 
Due  Färse  del  sec.  XVI  riprodotte  sulle  antiche  stampe.  Con  la  descri- 
zione  ragionata  del  volume  miscellaneo  deUa  Bibl.  di  "Wolfenbüttel  contenente 
poemetti  popolari  italiani  compilata  dal  Dr.  G.  Milchsack  con  aggiunte 
di  A.  d'Ancon.\.  Bologna  1882  Sc.  187,  vgl.  Giorn.  stör.  I  145  —  I  Fatti 
di  Cesare,  testo  di  ling.  inedito  del  secolo  XV  pubbl.  a  cura  di  L.  B.AX- 
chi.  Bologna  1863  Coli.  7.  Giorn.  di  til.  rom.  II  176,  Ztschr.  f.  rom.  Phil. 

Körting,  Encjklopädie  d.  rom.  Phil.    III.  46 


722  1^''^3  Italienische. 

V  174,  Korn.  IX  507.  Gellrich,  Die  Intelligenza  etc.,  14  G.  174  u.  501. 
N  I  499   (nicht  407,  wie  G.  angiebt),  II  172.     Ulrich,  Altital.  Leseb.  127 

—  I  Nobili  Fatti  di  Alessandro  Magno,  romanzo  storico  etc.  pubbl.  a 
cura  di  G.  Grion.  Bologna  1S72  Coli.  32.  G.  3S2  u.  534  —  Delle  Fa- 
vole  del  Galfredo  pubbl.  da  Gaetano  Ghivizzani.  Lettere  di  Niccolo  Tom- 
maseo  e  Luigi  Barbiere.  Bologna  1SÜ7  Sc.  91  —  Favole.  P.  K.UNA,  Es- 
tratti  di  una  raccolta  di  f.,  in:  Giorn.  di  fil.  rom.  I  13  —  Favole  vgl. 
Hainardo  und  Volgarizzamento  —  Faytinelli  s.  Mugnone  — 
Fazio  degli  Uberti  s.  Uberti  —  II  Femia  sentenziato,  favola  di  Pier- 
jacopo  Martelli.  Bologna  1S69.  Sc.  100  —  Ferreto  de'  Ferreti,  geb. 
um  1296  zu  Vicenza,  gest.  nach  1330.  Historiae  rerum  in  Italia  gestarum 
ab  a.  1250  usque  ad  a.  131S  libri  YII  ed.  MiRATORi,  Scr.  rer.  Ital.  IX  935. 
De  Scaligerorum  origine  poema  ed.  Muratoki.  ibid.  1197;  ausserdem  zwei 
andere  histor.  Schriften.  Körting  a.  a.  O.  III  352.  M.  L.\UE,  F.  v.  F., 
seine  Dichtungen  u.  sein  Geschichtswerk.   Leipzig  1884,    vgl.  Giorn,  stör. 

V  228.  C.  CiPOLLA,  Studj  SU  F.  dei  F.,  in:  Giorn.  stör.  VI  53  —  Fie- 
rabraccia.  El  Cantare  di  F.,  herausg.  v.  E.  Stengel,  im  Jahresbericht 
d.  Univ.  Marburg  ISSO.  El  Cantare  di  F.  e  Ulivieri  ed  E.  Stengel,  mit 
einer  Abhdlg.  von  C.  Buhlmann,  Die  Gestaltung  der  Ch.  de  geste  F.  im 
Ital.,  in:  Ausg.  u.  Abh.  Heft  2  Marburg  1881,    vgl.  Ztschr.  f.  rom.  Phil. 

V  423,  Giorn.  di  fil.  rom.  III  114  —  Filangieri,  Gaetano,  geb.  zu 
Neapel  1752,  gest.  zu  Vico  Equense  1788.  Scienza  di  legislazione.  Neapel 
1780/89,  8  Bde.  Ideler  I  498.  —  Filicaja,  Vincenzo  da,  geb.  1642 
zu  Florenz,  gest.  1707.  Poesie  ital.  Florenz  1707,  auch  im  Parnasso  ital. 
Bd.  41.  Biographie  in  Fabroui's  (s.  d.)  Vitae  Italolorum  etc.  Bd.  7.  Iüeler 
II  434  —  Fimerodia  s.  Jacopone  da  Montcpulciano  —  Fiore  e  Bian- 
caiiore.  A.  Gaspary,  II  poema  ital.  di  F.  e  B.,  in  Giorn.  di  fil.  rom.  IV  1. 
Vgl.  auch  oben  Boccaccio,  Filocopo  —  Fiore  di  filosofi  e  di  molti  savi 
attribuiti  a  Brunetto  Latini.  Bologna  1865.  Sc.  63.  d'Ancona,  Studj  di 
Critica  p.  259.  G.  188  u.  504.  Vgl.  auch  Sidrach  —  Fiore  di  Virtü. 
Milano  1842.  G.  380  u.  534  —  Fioretti  1.  F.  de'  Ilimedii  contra  fortuna 
di  Fr.  Petrarca,  volg.  per  Gio.  Dassamminiato  etc.  Bologna  1807.  Sc.  80. 
2.  Fioretti  di  Sau  Francesco  con  postille  e  chiose  di  B.  Puoti.  0.  Aufl. 
Neapel  1873.  G.  384  u.  535.  I.  469  —  Fiori  di  Mcdicina  di  maestro  Gre- 
gorio  del  sec.  XIV.  Bologna  1865.  Sc.  59  —  Fiorita.  G.  M.\zzatinti,  La 
F.  di  Armannino  Giudicc,  in:  Giorn.  di  fil.  rom.  III  1  —  Firenzuola, 
Agnolo  Girolamo  Giovannini,  geb.  1493  zu  Florenz,  gest.  ebenda 
1546.  Die  Novellensammlung  »Ilagionamenti«,  zuerst  (aber  unvollständig) 
gedruckt  in  den  »Prose«  Florenz  1548.  Ausserdem  Uebersetzungen,  moral- 
philos.  u.  ästhetisirende  Dialoge,  z.  B.  einer  Della  bellezza  delle  donne, 
u.  A.  Vollständige  Ausg.  der  "Werke  Maihmd  1802.  Vgl.  Landau,  Beitr. 
zur  Gesch.  d.  ital.  Nov.,  p.  75  —  La  Fisiognomia,  trattatello  in  fran- 
cese  antico  coUa  versione  italiana  del  Trecento.  Bologna  1S64.  Sc.  42  — 
Folcacchiero  de'  Folcacchieri  aus  Siena,  um  1250.  De  Angelis,  Lettera 
apologetica  in  favore  di  F.  F.  Siena  1848.  C.  M.\zzi,  F.  F.,  rimatore  se- 
nese  del  sec.  XIII.    BoRGOGNONl,  Studj   etc.  II  209.  N  I  16.  G.  49  u.  484 

—  Folengro   s.   Cacai   —   Folsrore   da  San   Gemioniano,    um   1260.     Le 


Das  Italienische.  723 

llimc  di  F.  da  S.  G.  e  di  Ceue  dalla  Chitarra  d'Arezzo  ed.  G.  Navone 
Bologna  18S0.  Sc.  172,  vgl.  Giern,  di  fil.  rem.  I  2Ü1.  d'Ancona  in  Nuova 
Antol.  XXV  55  u.  Studj  di  critica  2üS.  N  I  ^41  G.  211)  u.  508  —  Forte- 
guerri,  Giov.,  geb.  150S  (wo?),  gest.  1582  (lebte  meist  in  Pistoja;.  Novelle 
edite  e  iucdite.  Bologna  1882,  vgl.  Giorn.  stör.  II  223  —  For  ti(n)  guerri 
od.  —  i\\  Niccolü,  geb.  1674  zu  Pistoja,  gest.  l~'.\ö.  Kieciardetto,  beste 
Ausg.  (unter  dem  Verfassernamen  Carteromaco)  Paris  (Venedig)  1734. 
Deutsche  Uebers.  von  Grie.s.  Stuttgart  1831  —  Fortini.  Trp  novelle  di 
Pietro  F.  senese.  Bologna  1877.  Sc.  155  —  Foscolo,  Ugo,  geb.  26.  1. 
1778  auf  der  Insel  Zante,  gest.  14.  9.  1827  zu  Turnham-Green.  Jacopo 
Ortis.  Venedig  1802.  Dei  sepolcri.  Brescia  1807.  Tragödie  Ajace  1811  etc., 
verfasste  u.  A.  auch  litterhi.stor.  Schriften,  z.  B.  über  Dante.  Neueste 
Ausgg.  der  Dichtungen  F.'s:  von  *G.  CillARiNl,  Livorno  1882,  vgl.  Fanf. 
della  Dom.  0.  7.  1882,  von  G.  Biagi.  Florenz  1883  (legt  den  Text  Chia- 
rini's  zu  Grunde),  vgl.  Giorn.  stör.  I  485,  von  G.  Mestica.  Florenz  1884, 
vgl.  Giorn.  stör.  IV  453,  von  P.  GoRi.  Florenz  1886.  A.  Neui,  Curiositä 
bibliografiche  foscoliane,  in:  Giorn.  stör.  III  241.  C.  Gemelli,  Della  vita 
c  delle  opere  di  U.  F.  Bologna  1861.  Sp.  de  Blvsi,  De'  parenti  di  U.  F. 
Zante  1883,  vgl.  Giorn.  stör.  II  236.  Carducci,  Adolescenza  e  gloventü 
di  U.  F.,  in:  Dom.  lett.  2.  7.  1882,  vgl.  Giorn.  stör.  I  165.  B.  MiTROVIc, 
U.  F.  a  Spalato.  Triest  1882,  vgl.  Giorn.  stör.  II  234.  Antox.\-Traversi, 
U.  F.  nella  famiglia  etc.  Mailand  (Höpli) ,  vgl.  Propugn.  XVII  2,  312; 
Studj  SU  U.  F.  Milano  o.  J.  (auf  der  Rückseite  d.  Innentitels  vermerkt: 
Varese.  Tip.  Maechi  e  Brusa  1884);  Di  un  amore  di  U.  F.  Milano  1883, 
vgl.  Giorn.  stör.  II  237.  G.  Chiarini,  Due  amori  del  F.,  in:  Dom.  lett. 
19.  u.  26.  3.  1882,  vgl.  Giorn.  stör.  I  164.     Trevisan,   Dei  Sepolcri   di  U. 

F.  2a  ed.  Verona  1883,  vgl.  Giorn.  stör.  I  485.  Antona-Traversi  ,  La 
Vera  storia  dei  Sepolcri  di  U.  T.  Livorno  1884,  vgl.  Propugn.  XVII  1,  455. 
L.  Gaiter,  Deir  immaterialitä  dell'  anima  umana  desunta  dal  carme  de' 
Sepolcri  di  U.  F.,  in:  Propugn.  XI  2,  47.  G.  Suster,  Le  Origini  delV 
Jacopo  Ortis,  in:  Propugn.  XV  2,  380  u.  XVI  1,  74.  G.  Chl^rim,  La 
Teresa  dell'  J.  O.,  in:  Dom.  lett.  10.  9.  1882,  vgl.  Giorn.  stör.  I  165,  und: 
Le  due  odi  di  U.  F.,  in;  Dom.  lett.  12.  2.  1S82,  vgl.  Giorn.  stör.  I  164. 
R.  BoxGHl,  Perche  U.  F.  non  fini.sse  le  Grazie,  in:  Dom.  lett.  17.  12.  1882, 
vgl.  Giorn.  stör.  I  165,  D.  BlANCHixi,  Lo  scritto  »Dante  e  il  suo  secolo« 
e  proprio  di  U.  F.,  in:  Propugn.  XIII  2,3  —  Francesco  d'Assisi, 
geb.  1182  ;b.  G.  142  Druckfehler  1282)  zu  Assisi,  gest.  1226.  Canticum 
Solis,  gedruckt  b.  I.  AffÖ,  De'  cantici  volgari  di  s.  Fr.  d'A.  Gua.stalla  1777, 
in  Faxfams  ital.  Uebers.  von  Ozanam's  Les  Poetes  franciseains  en  It.  au 
Xin  s.  Prato  1S54,  p.  49  b.  E.  BÖHMER  in  Rom.  Stud.  I  118  (vgl.  des- 
selben Abh.  in  der  Ztschr.  »Damari.s«  1864,  Heft  4).  VgL  R.  Boxghi  in 
Nuov.  Antol.  Serie  II  t.  XXXV,  605.  II  Settimo  Centenario  di  San  Fr. 
Assisi  1867/82,  vgl.  Giorn.  stör.  I  356.     F.  Ha.se,   F.  v.  A. ,  Leipzig  1856 

G.  142  u.  496  —  Frescobaldi,  Dino,  aus  Florenz,  Anfang  d.  14.  Jahrh.'s 
N  I  331.  G.  215  u.  217  (keine  Anm.)  —  Kaiser  Friedrich  IL,  geb.  26. 
12.  1194  zu  Jesi,  gest.  13.  12.  1250  zu  Fiorentino.  N  I  20,  G.  57  u.  71  — 
Frisi,  Paolo,  geb.  1727  zu  Mailand,  gest.  ebenda  1784.    Elogj   d'illustri 

46* 


724  l^äs  Italienische. 

Italiani.  Pisa  1786.  Mathemat.  u.  physikal.  Vgl.  Ideler  I  39"  —  Frot- 
tola.  C.  Gargiolli,  Fr.  inedita  del  sec.  XV,  in;  Proprugn.  XIV  2,  289  — 
Frugoni,  Carlo  Innocenzio,  geb.  1692  zu  Genua,  gest.  1768  zu  Parma. 
Opere  poetiche.   Parma  1779,  9  Bde.,  u.  öfters. 

Galiani.  C.  Pascal,  Sulla  vita  e  sulle  opere  di  Ferdinande  G.  Napoli 
1885,  vgl.  Giorn.  stör.  V  457  —  Galilei,  Galileo,  geb.  157-1  zu  Pisa, 
gest.  1642  zu  Arcetri  b.  Florenz.  Die  wissenschaftl.  Werke  des  grossen 
Physikers  gehören  nicht  zur  Litteraturgcschichte  im  engern  Sinne  des 
Wortes  u,  werden  deshalb  hier  nicht  aufgeführt,  verzeichnet  sind  sie  z.  B. 
b.  Ideler  I  268.  üetto,  Un  sonetto  attribuito  al  G.,  in:  Propugn.  XIV  1, 
175  —  Gambino  d'Arezzo,  versi  con  un  carme  di  Tommaso  Marzi.  Bologna 

1878.  Sc.  164  —  Gelli,  Giovambattista,  geb.  1498  zu  Florenz,  gest. 
ebenda  1565.  La  Circe,  beste  Ausg.  von  Gamba,  Venedig  1825  —  Gen- 
tile  di  Ravenna,  gest.  1404,  Verf.  der  Lamentatio  Castri  turris  etc. 
(51  Ottave),  vgl.  Borgognoni,  Studj  II  219,  vgl.  Bibliogr.  d.  Ztschr.  f. 
rom.  Phil.  1878,  No.  187  —  Geta  e  Birria.  Novella  riprodotta  etc.  Bologna 

1879.  Sc.  169,  vgl.  Propugn.  XII  2,  314  —  Gherardi  del  Testa,  Tho- 
mas, geb.  1818  zu  Terricinola  b.  Pisa,  Verf.  zahlreicher  Dramen  —  Gia- 
como  Pugliesi  aus  Prato,  zweite  Hälfte  des  13.  Jahrh.'s.  N.  I  104.  G.  70 

—  Giacomino  da  Verona.  Didactisch-religiöse  Gedichte:  De  Jerusalem 
celesti  u.  de  Babilonia  civitate  infernali,  herausg.  v.  Ozaxam,  Docuraents 
inedits  pour  servir  a  Thist.  litt,  de  l'It. ,  Paris  1850,  u.  von  Mussafia  in 
den  Monum.  antichi  di  dial.  ital.  Wien  1864  (Sitzungsb.  der  K.  K.  Akad.  d. 
W.  Phil.-hist.  Cl.  Bd.  46),  theilweise  b.  Ulrich,  Altital.  Leseb.  12.  G.  132  u. 
494  —  Giacoppo  novella  e  la  Ginevra  novella  incominciata  etc.  Bologna 
1865.  Sc.  56  —  Giamboni  s.  Latino  —  Giannone,  Pietro,  geb.  zu 
Ischitella  (Capitanata)  1676,  gest.  zu  Turin  1748.  Storia  civile  del  Regno 
di  Napoli.  Dueporte  b.  Neapel  1723,  Haag  1753,  4  Bde.  Opere  postume. 
Palmyra  (Haag)  1755.  Ideler  I  332  —  Giardeno.  F.  Ettari,  El  G.  di 
Marino  Jonata  Agnonese  (geb.  um  1403,  gest.  nach  1465),  poema  del  sec.  XV 
(Estr.  dal  Giorn.  nap.  di  filos.  e  lettere).  Napoli  1885,  vgl.  Giorn.  stör.  V 
455  —  Gibello,  novella  inedita  in  ottava  rima  del  buon  sec.  della  ling. 
Bologna  1863,  Sc.  35  —  Gidino  da  Sommacampagna,  trattato  inedito  dei 
ritmi  volgari.  Bologna  1870.  Sc.  105  —  Giovanni  dall'  Orto  aus  Arezzo, 
um  1260.  N.  I  224,  G.  77  —  Giovanni  s.  Pecorone  —  Giovanni  da 
Catignano  (oder  da  Celle)  zweite  Hälfte  des  14.  Jahrh.s.  I.  463.  G.  395 

—  Giovanni  da  Prato  s.  Paradiso  —  Giovanni  del  Virgilio  aus 
Bologna,  geb.  vermuthlich  zwischen  1290  u.  1300.  Eklogen  an  Dante,  am 
besten  herausg.  v.  Fraticelli  im  Canzoniere  Dante's.  Florenz  1861. 
SciiEFFER-BoiCHORST ,  Aus  Dante's  Verbannung,  p.  54,  Körting  a.  a.  O. 
ni  362,  G.  295.  Vgl.  auch  oben  den  Artikel  »Dante«  ziemlich  am  Schlüsse 

—  Giraldo  da  Castello,  um  1280.   N.  I  362  —   Giudice  s.  Fiorita 

—  Goldoni,  Carlo,  geb.  1707  zu  Venedig,  gest.  1793  zu  Paris,  Be- 
gründer des  modernen  ital.  Lust.spiels  u.  einer  der  bedeutendesten  unter 
den  modernen  Lustspieldichtern  überhaupt.  Opere  teatrali.  Venedig  178S, 
40  Bde.  Selbstbiographie:  Memoires  de  M.  G.  pour  servir  h  l'hist.  de  sa 
vie  et  ä  celle  de  son  theiitre.    Paris  1781.    A.  G.  Spinelli.    Bibliographia 


Das  Italienische.  725 

Goldoniana.  Saggio  riflcttente  le  cose  edite  o  in  corso  di  stampa  del  XXV 
aprile  172S  al  ü  febbr.  del  1793,  eioe  dalla  pubblicazione  dci  sonetti  udi- 
nesi  alla  morte  del  poeta.  Milano  1SS4,  vgl.  Giorn.  stur.  V  2(19.  K.  V. 
LöiiNEU,  C.  G.  e  le  sue  memorie,  in:  Archivio  veneto  XXIII  u.  XXIV, 
vgl.  Giorn.  stör.  I  155.  G.  B.  F.,  C.  G.  a  Genova,  in:  Gazz.  lett.  21.  1. 
1SS2,  vgl.  Giorn.  stör.  I  159.  'Eine  ganze  Keihe  von  übrigens  nicht  eben 
belangreichen  Goldoni-Monographicn  ist  besprochen  im  Bulletino  di  biblio- 
grafia  des  Archivio  veneto  XXVII,  vgl.  Giorn.  stör.  LH  3ül.  Zur  Abfassung 
dieser  u.  anderer  Einzelschriften,  deren  Verzcichniss  man  im  Giorn.  stör. 
III  128  Anm.  sehe,  gab  Anlass  die  Feier  der  am  20.  12.  1S83  erfolgten 
Errichtung  eines  Goldoni-Denkmals  zu  Venedig^  C.  G.  e  il  teatro  di  san 
Luca  a  Venezia.  Carteggio  inedito  '1755  65,  con  prefaz.  e  note  di  Dixo 
Mantov.\xi.  Milano  1885,  vgl.  Giorn.  stör.  IV  451.  Rossi,  Del  modemo 
teatro  comico  Italiano  e  del  suo  ristauratore  C.  G.  Bassano  1794.  E.  Came- 
RIM,  I  precursori  di  C.  G.  Milano  1872.  A.  Aloi,  II  G.  e  la  Commedia 
deir  arte.  Catania  1883,  vgl.  Giorn.  stör.  II  232.  E.  Masi,  Studj  goldoniani, 
in:  Fanf.  dclla  Dom.  2.  7.  1882,  vgl.  Giorn.  stör.  I  157.  A.  Neri,  Ane- 
dotti  gold.  Ancona  18S3,  vgl.  Giorn.  stör.  II  415.  H.  Lüder,  C.  G.  in 
seinem  Verhältnisse  zu  Moliere.  Oppeln  1883  (Leipziger  Diss.,  auch  in 
Ztschr.  f.  frz.  Spr.  u.  Lit.  Bd.  5  erschienen^ .  Trotz  des  fast  unüberseh- 
baren Umfanges  der  bereits  vorhandenen  Goldoni-Litteratur  fehlt  doch  noch 
immer  ein  wirklich  tüchtiges  u.  abschliessendes  Werk  über  den  grossen, 
noch  immer  zu  -wenig  gewürdigten  Dichter  —  Gorello  di  Ranieri  di 
Jacopo  Sinigardi  aus  Arezzo  verfasste  eine  bis  1384  reichende  Chronik 
dieser  Stadt  in  Terzinen,  vgl.  darüber  Imbr.  427  —  Del  Governo  de'  regni 
sotto  morali  esempi  di  animali  ragionanti  tra  loro.  Imola  1872.  Sc.  125  — 
Gozzi,  Carlo,  geb.  zu  Venedig  1718,  gest.  ebenda  1801.  Verf.  zahlreicher 
Märchendramen  (Fiabe],  z.  B.  Turandot,  il  Re  Cervo,  la  Donna  Serpente  etc. 
Neueste  Ausg.  der  Fiabe  von  E.  Masi.  Bologna  1885,  2  Bde.,  vgl.  Giorn. 
stör.  V  465.  Magrixi,  I  tempi,  la  vita  e  gli  seritti  di  C.  G.  2*  ed.  Bene- 
vent 1883.  E.  Masi,  C.  G.,  in:  Fanf.  della  Dom.  15.  1.  1882,  vgl.  Giorn. 
stör.  I  157  —  Gozzi,  Ga'sparo,  geb.  1713  zu  Venedig,  gest.  zu  Padua 
17S6.  Herausgeber  des  Osservatore  seit  1761.  Opere,  Venezia  1794/98  u. 
1812,  22  Bde.  Gasp.  G.  war  der  Bruder  Carlo  G.'s.  V.  Malamaxxi,  I  Gozzi, 
in:  Nuova  Rivista  1882,  No.  50  bis  58  —  Gravina,  Gianvicenzo, 
geb.  zu  Rogiano  b.  Cosenza  1664,  gest.  zu  Rom  1718.  Della  Ragione  poe- 
tica  Rom  1708.  De  Ilatragedia  Neapel  1715  u.  Anderes.  Opere.  Neapel  1756, 
3  Bde.  Opere  scelte,  Mail,  in  der  2.  Klassikersammlg.  —  Grazzinis. 
Lasca  —  Guarini,  Giov.  Battista,  geb.  1537  zu  Ferrara,  gest.  1612  zu 
Venedig.  Pastor  fido,  tragicommedia  pastorale,  aufgeführt  1585,  gedruckt 
Venedig  1590  u.  oft.  Lettere.  Venedig  1593.  Segretario  (Dialog;.  Venedig 
1594.  Idropico  fLustspiel  1613.  Rime  Venedig  1598.  Opere.  Verona  1737, 
6  Bde.  Der  Fast.  fid.  ist  z.  B.  auch  im  Leipziger  Parn.  teatr.  zu  finden 
—  Graziolo  Bambagiuoli,  aus  Bologna,  erste  Hälfte  des  14.  Jahrh.'s. 
Trattato  delle  virtü  in  100  kurzen  Einzelstrophen  cobbole; ,  gedruckt  Mo- 
dena  1865,  zum  Theil  b.  C^RDCCCI,  Rime  di  Cino  da  P.  p.  174.  G.  355  u. 
530.     Ueber  Gr.'s  Dante-Comm.  s.  oben  S.  71S  Anm.  —  La  prima  Guerra 


726  ^^^  Italienische. 

punica,  testo  di  lingua  Bologna  1878.  Sc.  165.  La  seconda  e  terza  G.  p. 
testo  di  lingua.  Bologna  1876.  Sc.  149  —  Guicciardini,  Francesco, 
geb.  1482  zu  Florenz,  gest.  zu  Areetri  bei  Florenz  1540.  L'Istoria  d'Italia. 
Florenz  1561/64,  2  Bde.,  Venedig  1738,  2  Bde.,  beste  Ausg.  Florenz  (an- 
geblich Freiburg)  1775,  4  Bde.  II  Sacco  di  Roma  nel  1527.  Paris  1664  (Di 
villa,  lettere  di  Isabella  G.  al  niarito  Luigi  [Nefl'e  Fr.'s]  negli  anni  1 535/42. 
Per  nozze  Martelli-Guicciardini.  Florenz  1883,  Giorn.  stör.  II  438)  —  Guido 
delle  Colonne,  zweite  Hälfte  des  13.  Jahrh.'s,  angeblich  Verf.  der  Hi- 
storia  Trojana  (lat.  Prosaübersetzung  des  Koman  de  Troie  von  Beneoit  de 
Ste-More,  begonnen  vor  1272,  beendet  1287),  Dichter  zweier  Canzonen. 
E.  Barth,  G.  de  C.  Leipzig  1877  Diss.  N  I  73.  I  25.  G  60  —  Guidotto 
da  Bologna,  um  Mitte  des  13.  Jahrh.'s,  angebl.  Verf.  von  II  Fiore  di 
Rettoriea,  Uebers.  der  Rhet.  ad  Herennium ,  herausg.  v.  Gamba.  Venezia 
1821.  N  II  114.  G  186  u.  503  —  Guinicelli,  Guido  aus  Bologna,  gest. 
1276,  mindestens  30  J.  alt,  seine  Gedichte  herausg.  von  Casini,  Le  Rime 
dei  poeti  bolognesi  del  sec.  XIII.  Bologna  1881.  E.  Lamma,  Saggio  di  un 
commento  alle  rime  di  G.  G.  con  un  discorso  sugli  scritt.  bologn.  del  sec. 
XIII,  in:  Propugn.  XVII  2,  174.  MoNTi ,  Notizie  degli  scritt.  bolognesi 
t.  IV  (1784).  G.  Grion,  G.  G.  e  Dino  Comp.,  in:  Propugn.  II  2,  274. 
G  103  u.  489.  N  I  31.  I  34  —  Guittone  d'Arezzo,  geb.  zu  Santa  Fir- 
mina b.  Arezzo  um  1225,  gest.  nach  1295.  Rime  di  Fra  G.  d'A.  ed.  Vale- 
KIAXI.  Firenze  1828  u.  1867.  Lettere  di  Fra  G.  d'A.  ed.  Bottari.  Rom  1745. 
RoMANELLi,  Di  G.  d'A.  e  delle  sue  opere.  Campobasso  1873.  P.  ViGO,  Delle 
Rime  di  Fra  G.  d'A  ,  in:  Giorn.  di  fil.  rom.  II  19.  d'Ancona,  Fra  G.  e  il 
signor  Perrens,  in :  Giorn.  di  fil.  rom.  I  53.  "\V.  Koken,  G.'s  v.  A.  Dichtung 
u.  sein  Verhältniss  zu  Guinicelli.  Leipzig  o.  J.   (1885)  Diss.  G.  88  u.  4S8. 

Hecatommiti  s.  Cinthio  —  Historia  della  Reina  d'Oriente  di  An- 
tonio Pucci  Fiorentino,  poema  cavalleresco  del  sec.  XIV.  Bologna  1862. 
Sc.  41. 

Inghilfredi  Siciliano  N.  I  57  —  Intelligenza,  Gedicht  von  309 
Strophen  in  Nona  Rima  (d.  i.  Ottava  Rima,  vermehrt  um  einen  9.,  auf  den 
6.  reimenden  Vers),  vermuthlich  von  Dino  Compagni  (s.  d.)  verfasst,  relativ 
am  besten  herausg.  v.  P.  Gellricii,  Breslau  1883,  mit  einer  Untersuchung 
über  die  Quellen  etc.  (theihveise  als  Diss.  erschienen).  N  I  488.  G  206  u. 
506  —  Ismera,  Francesco,  um  1290.  N  I  373  —  Delle  Istorie  di 
Giustino,  abbreviatore  di  Trogo  Pompeo,  volg.  del  buon  sec.  Bologna  1880. 
Sc.   173. 

Jacopo  dWquino  um  1250.  N  I  189  —  Jacopo  da  Lentino,  um 
1250  —  Jacopone  del  Pecora  da  Montepulciano,  in  der  2.  Hälfte 
des  14.  Jahrh.'s,  Verf.  des  allegorischen  Gedichtes  »la  Fimerodia".  R.  Re- 
NIER,  Cinque  sonetti  di  J.  da  !M.,  in:  Giorn.  stör.  I  440,  und:  Un  poema 
sconosciuto  degli  ultimi  anni  del  sec.  XIV,  in:  Propugn.  XV  1,  325.  La 
Gentile,  Rime  ined.  di  J.  da  M.  ,  in:  Giorn.  stör.  III  222  —  Jacopone 
da  Todi,  gest.  1306  zu  Collazzonc.  Eine  brauchbare  Gesammtausg.  der 
Gedichte  J.'s  da  T.  fehlt  (nur  als  Nothbehclf  kann  dienen  die  Ausg.  Tre- 
.SATTi's,  Le  poesie  spirituali  del  b.  J.  da  T.  Venezia  1617;  eine  Auswahl 
hat  gegeben  B.  SoRIo  in  Poesie  sc  che  di  fra  J.  d.  T.    Verona  1858\   Eine 


Das  Italienische.  727 

Biblio<j:raphie  clor  Gedichte  vi.  Prosaschriften  J.  d.  T.  gab  Iv  HoilMKK,  in: 
Koni.  Stud.  I  l'M,  vgl.  auch  Tobler,  in:  Ztschr.  f.  roni.  Phil.  III  178  u. 
V..  Pkkcopo,  Le  laudi  di  fra  J.  da  T.  nei  mss.  della  hibl.  naz.  di  Napoli, 
eontributo  alla  ediz.  crit.,  in:  Propugn.  XVII  2,  127.  XVIII  1,  lOG  u.  370, 
2,  136.  Mehrere  auf  J.  d.  T.  bezügliche,  bzw.  ilini  beigelegte  Prosaschriften 
hat  herausg.  E.  BÖIIMEU  in  Korn.  Stud.  I  123.  Vita  del  beato  fra  J.  d.  T. 
ed.  ToBi.EK  in  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  II  2.').  iyANCOX.\,  J.  da  T.,  il  giuUare 
di  Dio  nel  sec.  XIII,  in:  Nuov.  Antol.  15.  5.  u.  1.  6.  1880  (wieder  abge- 
druckt in  den  Studj  della  lett.  ital.  dei  primi  sec.  Bologna  1884  ,  vgl. 
Rom.  IX  188.  G  150  u.  490  —  Jennaro.  G.  Barone,  11  canzoniere  di  P. 
Jacopo  de  Jennaro,  accademico  Pontaniano,  codice  cart.  del  sec.  XV.  Na- 
poli 18S3,  vgl.  Giorn.  stör.  II  435  —  Jon  ata  s.  Giardeno. 

Katharinalegende  s.  Legende. 

Lamento.  1.  II  L.  della  Beata  Vergino  Maria  e  Ic  Allegrezze  in  rima. 
Bologna  1S02.  Sc.  15.  2.  L.  di  Fiorenza  quäl  supplica  la  Santitä  del  Papa 
ad  unirsi  con  esso  [sie]  lei  etc.  (bezieht  sich  auf  die  Ereignisse  von  1529/30). 
Bologna  1864.  Sc.  47  —  Lamenti  de'  secoli  XIV  e  XV  ed.  A.  Meüin. 
Florenz  1883,  vgl.  Giorn.  stör.  II  410  —  Lancia.  Novelle  di  ser  Andrea 
L.  Bologna  1873.  Sc.  134  —  Lancilotto.  DelP  illustre  e  famosa  hist.  di 
L.  dal  Lago,  alcuni  capitoli  a  saggio.  Bologna  1862.  Sc.  23  —  Lapo 
Gianni  aus  Florenz,  um  1250.  N  I  240  —  Lapo  (Lupo)  degli  überti  s. 
Uberti  —  Lasca,  Antonio  Francesco  Grazzini,  geb.  zu  Flrz.  1503, 
gest.  1583,  Begründer  der  Accademia  degli  Umidi  [u.  der  A.  della  Crusca]. 
Erste  Ausg.  der  Novellen  L.'s.  Florenz  (angebl.  Konstantinopel)  1743,  Lon- 
don 1756  (erste  vollst.  Ausg.),  beste  Ausg.  von  Fanfani,  Florenz  1857.  Vgl. 
LandaI',  Beitr.  z.  Gesch.  d.  ital.  Nov.  (Wien  1875),  p.  78  —  Latino,  Bru- 
netto,  geb.  zu  Florenz  ! Jahr  unbekannt,  gest.  ebenda  1294.  1.  Li  Tresors, 
hrsg.  v.  Chab.\ille.  Paris  1863  (in  der  Coli,  de  docum.  inedits  s.  l'hist.  dcFr. 
liere  serie'.  Die  altital.  Uebers.  des  Tr.  von  Bono  Giamboni  hat  herausg. 
L.  Gaiter,  Bologna  1878/83,  4  Bde.  in  der  Coli,  di  op.  ineditc  o  rare,  vgl. 
Rom.  IX  469.  Del  Tesoro  volgarizzato  di  Br.  L.,  libro  primo  edito  sul  piü 
antico  dei  codici  noti.  Bologna  1869.  Sc.  104.  2.  Tesoretto,  herausg.  v. 
Zannoni,  Florenz  1824.  u.  von  *R.  Wiese,  der  T.  u.  Favelello  Br.  L.'s, 
krit.  Text  nebst  einleitender  Untersuchung  über  Hdss.  u.  Sprache  der  Ge- 
dichte, in:  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  VII  236.  T.  Cart,  Sopra  alcuni  codd.  del 
Tesoretto  di  ser  Br.  Lat.,  in  :- Giorn.  di  fil.  rom.  IV  105,  vgl.  Giorn.  stör. 
I  160.  3.  Favelello,  mit  dem  Tes.  zusammen  herausgegeben.  4.  Pataffio 
unächt  ,  herausg.  von  L.  Franceschini.  Neapel  1878.  Die  Unächtheit  des 
P.  nachgewiesen  von  Furia  in  den  Atti  dell'  Accad.  della  Crusca  t.  II  (1829) 
p.  251.  Ch.  Nisard,  Br.  L.  est-il  l'auteur  du  Pat.  ?  et  s'il  ne  Test  pas, 
quel  est  cet  auteur  ?,  in:  Journ.  des  Savants,  Jan. — Febr.  1880  [darnach 
soll  Burchiello  der  Verf.  sein),  vgl.  Rom.  IX  341.  5.  Uebers.  von  Cicero's 
De  Inventione  (unter  d.  Titel  Rettorica  Igedr.  Rom  1546  u.  Neapel  1851;. 
6.  Uebers.  einzelner  Reden  aus  Sallust  (de  coniur.  Cat.)  u.  Livius,  b.  N  II 
268.  7.  Uebers.  der  Reden  Cicero's  pro  M.  Marcello,  pro  R.  Dejotaro  u. 
pro  Ligurio,  gedr.  Mail.  1832  u.  Neapel  1.840,  b.  N  II  282.  8.  Auszugs- 
weise Uebers.  der  Ethik  des  Aristoteles,  gedruckt  Venedig  1844.    Ob  frei- 


728  l'^s  Italienische. 

lieh  alle  diese  Uebers.  wirklich  von  Br.  L.  verfasst  sind,  muss  als  sehr 
zweifelhaft  erscheinen ;  sicherlich  nicht  von  Br.  L.  verfasst  sind  die  Fiori  di 
filosofi  (3.  d.).  üeber  Br.  L.'s  Leben  u.  AVerke:  'Th.  Slxdby,  Br.  L.'s 
Levnet  og  Skrifter.  Kopenhagen  1S69,  in  das  Ital.  übers,  von  R.  Renier, 
Florenz  1S84.  G.  VOIGT,  a.  a.  O.  I  13,  31,  395,  KÖRTING  a.  a.  O.  III  370 
G.  180  u.  19S  —  Landi.  G.  SciPlONi,  Tre  laudi  sacre  pesaresi,  in:  Giom. 
stör.  VI  212  —  Leandreide.  R.  Remer,  L'enumerazione  dei  poeti  volgari 
del  trecento  nella  L. ,  in:  Arch.  stör,  per  Trieste  I  fasc.  3,  Februar  18S2 
(nichts  mit  der  Leandreide  zu  schaffen  hat  de  Spuches'  Leandridc,  Palermo 
1881,  dieselbe  ist  vielmehr  eine  Uebers.  von  Musäus'  Hero  u.  Leander,  vgl. 
Propugn.  XV  1,  24S)  —  Legenden.  1,  A.  Graf,  Di  un  codice  Riccard. 
di  leggende  volgari,  in:  Giom.  stör.  III  401.  2.  La  1.  d'Adamo  e  d'Eva, 
testo  in  cd.  del  sec.  XIV.  Bologna  1870.  Sc.  106.  3.  La  1.  di  Sant'  Albano, 
prosa  inedita  del  sec.  XIV  e  la  storia  di  S.  Giov.  Boccadoro  in  ottava  rima. 
Bologna  1865.  Sc.  57.  4.  A.  Manxixelli  ,  Leggende  di  S.  Feliciano  in 
ottava  rima,  scritta  da  Pierangelo  Bacciolino  da  Foligno,  in:  Propugn.  XV 

1,  41  u.  399.  5.  La  1.  di  Vergogna,  testi  in  prosa  e  in  verso  del  buon 
secolo  e  la  1.  di  Giuda,  testo  ital.  antico  in  prosa  e  francese  antico  in 
verso.  Bologna  1869.  Sc.  99.  6.  Leggenda  di  S.  Giuseppe  sposo  di  Maria 
Verginc,  secondo  la  lezione  di  antichi  testi.  Imola  1884,  vgl.  Propugn.  XVII 

2,  297.  7.  A.  MUSSAFLV,  Zur  Katharincnleg.,  in  den  Sitzungsberichten  der 
Wiener  Akad.  d.  Wiss.,  Philos.-lüst.  Cl.  Bd.  LXXV,  p.  227,  vgl.  Rom.  III 
413.  8.  La  1.  di  San  Porcario,  rifacimento  del  libro  quinto  della  Vida  di 
Sant  Honorat  di  Raymon  Feraut,  ed.  E.  Stengel,  in:  Giom.  di  fil.  rom. 
I  216.  9.  E.  MONACI,  La  legg.  dei  tre  morti  e  dei  tre  vivi,  in:  Giorn. 
di  fil.  rom.  I  243.  10.  A.  Graf:  A  proposito  di  una  legg.  neroniana,  in: 
Giorn.  stör.  II  113.  11.  A.  Coen,  D'una  legg.  relativa  alla  nascita  e  alla 
gioventü  di  Costantino  Magno,  in:  Arch.  della  Societä  Rom.  di  Storia 
patria.  Vol.  V  fasc.  1,  vgl.  Giorn.  stör.  I  152  u.  Rom.  XIV  137.  12.  ToR- 
RAC.\,  Una  legg.  napoletana  e  Tepopea  Carolin gia ,  in:  Rassegna  settim. 
16.  1.  1881,  vgl.  Rom.  X  310.  13.  Legg.  minore  di  San  Caterina  da  Siena 
e  lettere  dei  suoi  discipoli,  scritture  inedite  pubbl.  da  F.  Grottanelli. 
Bologna  1868  Coli.  26.  14.  Leggende  di  alcuni  Santi  e  Beati  venerati  in 
S.  Maria  degli  Angeli  di  Firenze,  testi  del  buon  secolo.  Bologna  1S64. 
Sc.  52  u.  53.  15.  B.  Croce,  La  legg.  di  Niccolö  Pesce,  in:  Gianibattista 
Basile,  anno  III  No.  7,  Nea])el  18S5,  vgl.  Giorn.  stör.  VI  263  die  Re- 
cension  ist  viel  gehaltvoller,  als  die  Schrift)  —  Lenimo  Orlandi  aus  Pistoja, 
um  1260.  N.  I  234  —  Leopardi,  Giacomo,  geb.  29.  6.  1798  zu  Reca- 
nati,  gest.  14.  6.  1837  zu  Neapel',.  Von  L.'s  lyrischen  Dichtungen  sind  zahl- 
reiche, ja  fast  zahllose  Ausgg.  vorhanden.  Die  verbreiteteste  u.  relativ 
beste  Ausg.  ist  wohl  die  von  A.  Ranieri  (auch  in  der  Brockhaus'schen 
Biblioteca;.  Gut  ist  auch  die  zu  Rom  1882  erschienene  Ausg.  mit  Vorwort 
von  R.  BüNGHl.  Eine  gute  Leopardi-Clirestomathie  ist:  Poesie  scelte  e 
commentate,    seguite   da  un    saggio   di   bibliografia  leopardiana    a  cura  di 

1)  Eine  dem  gewöhnlichen  Bedürfnisse  voUauf  genügende  Leopardi- 
Bibliographic  hat  Baragiola  in  seiner  Dis.s. :  G.  L.,  filosofo  etc.  (Strassburg 
1876;  gegeben. 


Das  Italienische.  7  29 

L.  Cappelletti.  Parma  1^81.  vsrl.  VropuLni.  Xl\'  2,  2'.iT.  L.  s  liriefe  sind 
zu  einem  "Epistolario«  gesammelt  worden  von  VuM.  Florenz  1^114  (dazu 
ein  Appendice,  Florenz  1S79;;  vgl.  auch  A.  Tobler,  Ungedruckte  Briefe 
des  Grafen  G.  L.  an  den  Freiherrn  v.  Bunsen.  Eine  Ergänzung  der  Briefe 
L.'s  bilden  die  Lettere  seritte  a  G.  L.  dai  suoi  parenti  ed.  G.  Piekgili. 
Florenz  ISTS.  Aus  dem  sehr  umfangreichen  handschriftlichen  Nachlasse 
L.'s  ist  neuerdings  Mancherlei  herausgegeben  Avorden,  so  z.  B.  von  A.  AvoLi 
eine  Tragödie  "Pompeo  in  Egitto«,  Koma  o.  J.  I8S4?, ,  welche  L.  als  drei- 
zehnjähriger Knabe  verfasst  hat,  vgl.  Giorn.  stör.  III  446,  ferner  von  F. 
>LvNCiM  ein  »tlagellazione«  betiteltes  »ragionamento« ,  Reconati  1S85,  vgl. 
Propugn.  XVm  2,  2SS.  Die  umfangreichste  u.  bedeutendeste  Publication 
von  Ineditis  aber  sind  die:  Opere  incdite  di  G.  L.  pubbl.  sugli  autografi 
recanatesi  da  G.  Cagxoni,  Halle  1878/80,  2  Bde.  Aesthetischen  AVerth 
besitzen  übrigens  alle  diese  posthumen  Schriften  nicht,  höchstens  histo- 
risches Interesse,  das  Meiste  aber  hätte  verdient,  ungedruckt  zu  bleiben. 
Vollends  unnöthig  war  es,  belanglose  Feuilletonartikel  u.  dgl.,  die  L.  als 
junger  Mensch  geschrieben,  aus  der  Verborgenheit  obscurer  Localblätter 
wieder  an  das  Licht  zu  zerren,  wie  dies  Benedettucci,  L.,  scritti  editi  seono- 
sciuti,  spigolature.  Recanati  1885,  gethan  hat,  vgl.  Giorn.  stör.  VI  29.5. 
Ueber  L.'s  Leben,  Charakter  u.  "Werke  u.  dgl.  existirt  eine  massenhafte, 
unübersehbare  Litteratur,  wie  denn  die  dilettantische  Beschäftigung  mit  L. 
im  heutigen  Italien  geradezu  als  epidemische  Krankheit  wüthet  u.  als  ein 
bedenkliches  Sj-mptom  betrachtet  werden  rauss.  Hier  seien  folgende  neuere 
Scliriften  genannt:  Raxieri,  Sette  anni  di  sodalizio  con  G.  L.  Napoli  ISSO, 
dagegen  schrieb  Fb.  Giardioxe,  Del  libro  di  A.  R.  sopra  G.  L.  Napoli 
1881,  vgl.  auch  R.  ScHÖXER  in  der  Augsb.  Allg.  Ztg.  1880,  No.  161  f.  u. 
dOvidio  in  Rassegn.  settim.  23.  5.  1880.  C.  Rosa,  Della  vita  e  deUe  opere 
di  G.  L. ,  cenni  biografici  e  critici.  Ancona  1880.  D'Axcoxa,  La  famiglia 
di  G.  L.,  in:  Nuov.  Antol.  15.  10.  1878.  Montefredixi,  La  Vita  e  le 
Opere  di  G.  L.  Rülano  1882,  vgl.  Dom.  lett.  21.  5.  u.  4.  6.  1882.  G.  Pier- 
GILI,  La  libreria  leop.  e  la  biblioteca  comunale  in  Recanati,  in:  Bibliofilo 
1880  No.  7  bis  9  u.  1882  N.  1.  A.  Baragiola,  G.  L.  filosofo,  poeta  e  pro- 
satore.  Strassburg  1876  Diss.  Giozza,  Le  metamorfosi  del  pensiero  poetico 
di  G.  L.  etc.  Beuevento  1875,  vgl.  Nuov.  Antol.  Febr.  1876  u.  Bibliographie 
der  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  1875  76,  No.  355.  CoLAGROSSO,  Studi  sul  Tasso 
e  sul  Leopardi.  Forli  1884,  vgl.  unten  den  Artikel  T.  Tasso.  G.  Chiarini, 
Le  contradizzioni  di  G.  L.,  in:  Dom.  lett.  22.  10.  1882,  vgl.  Giorn.  stör.  I 
165  u. :  le  due  elegie  del  L.,  in:  Dom.  lett.  26.  11.  1882,  vgl.  Giorn.  stör.  I 
165.  Neuerdings  hat  F.  Guakdione  im  Propugnatore  eine  Serie  von  Artikeln 
über  L.  begonnen,  von  denen  bis  Ende  1885  erschienen  waren:  II  Bruto 
minore  di  G.  L.  XVHI  1,  188  u.  La  giovinezza  di  G.  L,  XVIH  2,  334. 
Deutsche  Uebers.  der  Dichtungen  L.'s  mit  Einleitung  über  L.'s  Leben  u. 
"Werke  von  G.  Brandes.  Hannover  1864  —  Lettera  dei  Fraticelli  a  tutti 
i  cristiani  etc.,  testo  inedito  del  buon  secolo  di  ling.  Bologna  1865.  Sc.  55 
—  Lettere.  1.  Alcune  1.  famigliari  del  sec.  XIV.  pubbl.  da  P.  Dazzi. 
Bologna  1868.  Sc.  90.  2.  L.  di  Diomede  Borghesi  u.  Quattro  L  di  Daniele 
Bartoli.  Boloena  1868.  Sc.  92.     3.  Lettere  inedite  di  uomini  illustri  bolog- 


730  Das  Italienische. 

nesi  pubbl.  da  C.  Malagola.  Bologna  1875.  Sc.  145  u.  146.  4.  Lett.  vol- 
gari,  scritte  da  Senesi  etc.  Imola  1871.  Sc.  116.  5.  Lett.  di  scrittori  ital. 
del  sec.  XVI.  Bologna  1877.  Sc.  157.  6.  A.  Capelli,  Lett.  di  celebri  scrit- 
tori ital.  dal  sec.  XV  al  XIX.  Modena  o.  J. ,  jedoch  erst  neuerdings,  etwa 
1883,  erschienen  —  Lezione  o  vero  Cicalamcnto  di  Maestro  Bartolina  dal 
Canto  de'  Bischeri  sopra'  1  sonetto:  Passere  e  beccafichi  magro  arrosto. 
Bologna  1861.  Sc.  2  —  Del  Libero  arbitrio,  trattato  di  san  Bernardo. 
Bologna  1866.  Sc.  65  —  Libro.  1.  Libro  di  Cato  s.  Cato.  2.  L.  della 
Cucina  del  sec.  XIV.  Bologna  1863.  Sc.  40.  3.  II  1.  delle  lamentazioni 
di  Jeremia  e  il  Cantico  de'  Cantici  di  Salomone,  volgarizz.  del  sec.  XIV. 
Bologna  1863.  Sc.  32.  4.  L.  deUa  natura  degll  uccelli  fatto  per  lo  re 
Danchi,  testo  antico  toscano.  Bologna  1S74.  Sc.  140.  5.  L.  degli  ordina- 
menti  della  Compagnia  di  Sta  Maria  del  Carmine,  scritto  nel  1280.  Sc.  S9. 
6.  E.  MOxNACl,  II  L.  reale,  in :  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  I  375,  vgl.  Giorn.  di  fil. 
rom.  I  50.  7.  II  L.  segreto  s.  Dati.  8.  II  Libro  dei  Sette  Savi  s.  Sette  Savi. 
9.  II  L.  di  Theodolo,  o  vero  la  Visione  di  Tantalo,  da  un  cod.  del  sec.  XIV. 
Bologna  1870.  Sc.  112.  10.  II  L.  della  vita  contemplativa ,  saggio  di  un 
volgarizz.  del  sec.  XIV.  Bologna  1862.  Sc.  16.  —  Lirici  del  secolo  XVIII 
a  cura  di  G.  Carducci.  Firenze  1871  —  Livio.  I  primi  quattro  libri  del 
volgarizz.  della  terza  Deca  di  Tito  L. ,  attribuito  a  Giov.  Boccaccio.  Bo- 
logna 1875/76.  Sc.  143  u.  153  —  Loffo  s.  Bonaguidi  —  Lorenzo  de' 
Medici,  geb.  1448  zu  Florenz,  gest.  ebenda  1492.  Lyrische  Gedichte,  ge- 
druckt u.  d.  T.  Poesie  volgari  Venedig  1554,  Bergamo  1763,  2  Bde.  Selve 
d'amore.  Pesaro  1513.  Ambra  e  la  Caccia  delFalcone;  Altercazione  ovvero 
dialogo  nel  quäle  si  disputa  tra  il  cittadino  e  il  pastore  quäle  sia  piü 
felice  vita  etc.  (philos.  Lehrgedicht) ;  Stanze  alla  contadinesca  in  lode  dellu 
Nencia  da  Barberino  (in  toscan.  Landdialect  geschrieben.  Florenz  1553; 
n  Simposio  oder  I  Beoni  (satirisches  Gedicht,  Parodirung  der  Göttl.  Korn.) 
Florenz  1552,  oft  mit  den  Gedichten  Berni's  zusammen  gedruckt.  Canti 
carnascialeschi,  gedruckt  in  der  Sammlung :  Tutti  i  trionfi,  carri,  masche- 
rate o  canti  carnascialeschi  andati  per  Firenze  da  tempo  del  Magnifico  L. 
de'  M.  fino  all'  anno  1559.  Cosmopoli  'd.  i.  lAicca)  1750,  2  Bde.  Canzoni 
a  ballo.  Florenz  156S.  Orazioni  e  laudi.  Florenz  1680.  RoscoE,  Life  of  L. 
of  M.  Liverpool  1796,  2  Bde.  (ital.  Ucbcrs.  Pisa  1799,  4  Bde.\  *A.  v.  Reu- 
MONT,  L.  de'  M.  il  M.  Leipzig  1874,  2  Bde.  (klassisches,  ebenso  gelehrtes 
•wie  schön  geschriebenes  Werk,  enthält  auch  reiche  Litteraturangaben)  — 
Lucano,  so  bezeichnete  Nann.  11  172  die  Fatti  di  Cesare  —  La  Lusig- 
naca,  novella  inedita  del  buon  sec.  Bologna  1862.  Sc.  10  —  Lyriker  s. 
Lirici. 

Macaire  s.  obenS.  325  —  Machiavelli,  Niccolö  ,  geb.  5.  5.  1469  zu 
Florenz,  gest.  ebenda  22.  6.  1527.  Discorsi  sopra  la  prima  Deca  di  Tito 
Livio.  Istorie  fiorentine  flibri  VIII  .  II  Principe,  u.  andere  Prosaschriften. 
Die  Lustspiele  Mandragola  u.  Clizia  (ausserdem  werden  ihm  beigelegt  La 
Sporta,  le  Maschere).  Gedichte  in  Terzinen :  l'Asino  d'oro,  Capitoli.  Ly- 
rische Gedichte.  Gesammtausgg.  der  "Werke  M.'s  sind  mehrere  vorhanden, 
die  beste,  vollständigste  und  neueste  ist  die  von  Fanfani  und  Pa.sserim, 
Florenz  seit  1873.    Eine  Aussr.  d.  Letterc  fami^liari  hat  veranstaltet  E.  Ai.- 


Das  Italienische.  7'31 

visi  Florenz  1SS;{,  vgl.  Giorn.  stör.  II  175.  Die  Mandragola  sowie  die 
andern  bekannteren  Schriften  M.'s  existiren  in  zahlreichen  Einzeldrucken, 
die  Mandr.  findet  man  auch  im  Leipziger  Parnas.so  teatr. ,  vgl.  über  diese 
Kom.  Graf,  Studj  drammatici.  Turin  1878.  Bestes  Werk  über  M.  *P.  ViL- 
LARI,  X.  M.  e  i  suoi  tempi,  illustrati  con  nuovi  documenti.  Florenz  1S77'82, 
3  Bde..  vgl.  Giorn.  stör.  I  112.  Ausserdem  seien  noch  genannt:  Gioda, 
M.  e  le  sue  opere  Florenz  1S74,  vgl.  Hillebrands  Italia  II  175.  Tdmma- 
SINI,  La  vita  e  gli  scritti  di  M.  nella  loro  relazione  col  machiavellismo 
Turin  1883,  vgl.  Giorn.  stör.  I  452.  Samosch,  M.  als  Comödiendichter. 
Minden  18S5,  vgl.  Giorn.  stör.  VI  2S4.  Auf  die  son-stigc  massenhafte  Ma- 
chiavelli-Litteratur  kann,  weil  sie  vorwiegend  die  polit.  Geschichte  u.  Ge- 
schichte der  polit.  Theorien  betrifl't  namentl.  was  den  Principe  anlangt), 
hier  nicht  eingegangen  werden  —  Madonna  Lionessa,  cantare  inedito  del 
sec.  XIV.  Bologna  1S66.  Sc.  89  —  Maffei,  Andrea,  geb.  1801  zu  Verona, 
gest.  1SS5,  bekannt  als  Uebersetzer  zahlreicher  deutscher  Dichtungen  — 
Maffei,  Scipione,  geb.  1675  zu  Verona,  gest.  ebenda  1755.  Tragödie 
Merope ,  vgl.  Lessing's  Hamb.  Dramaturgie  St.  42.  Zahlreiche  gelehrte 
"Werke,  z.  B.  Verona  illustrata  1732,  2  Bde.  Giuliaei,  Bibliographia  Maf- 
fejana,  in:  Propugn.  XVIII  1,  426  u.  2,  249  —  Malespini,  liicordano 
u.  Giacotto,  Ausgang  d.  13.  Jahrh.'s.  Istoria  fiorentiua  etc.,  herausg.  z.  B. 
von  MvRATORl,  Script,  rer.  Ital.  VIII  881.  Der  vonScHEFFER-BoiCHORST  in 
seinen  Florentiner  Studien  ;Leipzig  1874  geführte  Beweis,  dass  das  "Werk 
eine  Fälschung  sei,  hat  bis  jetzt  irgend  welche  Widerlegung  nicht  erfahren. 
X  II  6.  G.  177  u.  502  —  Mandaville.  I  Viaggi  di  Gio.  da  M.,  volgarizz. 
antico  toscano.  Imola  1870.  Sc.  113.  I.  Vogels,  Das  Verhältniss  der  ital. 
Versionen  der  Reisebeschreibung  M.'s  zu  den  französ.,  in:  Festschrift  dem 
GjTunas.  zu  Moers  zu  seiner  3(J0jähr.  Jubelfeier  vom  Gymuas.  zu  Crefeld 
gewidmet  —  Manfredi.  Eustachio,  geb.  1674  zu  Bologna,  gest.  1739, 
Canzoniere.  Bologna  1713,  1732  u.  ;mit  Vita]  1760,  auch  im  Parnasso  ital. 
Bd.  51  —  Manzoni,  Alessandro,  geb.  7.  3.  1785  zu  Mailand,  gest. 
ebenda  22.  5.  1873.  Inni  sacri  1810.  Cinque  Maggie  1821.  Die  Tragödien 
11  Conte  di  Carmagnola  1S20  u.  Adelchi  1822.  I  Promessi  Sposi,  verfasst 
182125,  gedruckt  1825 '27,  später  1840  in  toscanisirendem  Sinne  sprach- 
lich umgearbeitet.  Proposta  Manzoniana  1S6S,  vgl.  oben  §  4.  Interlinear- 
ausgabe der  beiden  Texte  der  Pr.  Sp.  von  Folli  Mailand  1877',.  Ausgg. 
der  Opere  complete  1840,  1S75  u.  öfters;  eine  Vita  hat  G.  Carcaxo  verfasst 
(gedr.  in  den  Ausgg.  der  Opp.  .  Die  Briefe  M.'s  sind  herausg.  Yon  Sforza, 
Pisa  1875,  vgl.  d'Ovidio  in  seinen  Saggi,  p.  30,  welche  auch  andere  auf  M. 
bezügliche  interessante  Essays  enthalten.  Beiträge  zu  M.'s  Biographie  haben 
ü.  A.  gegeben  Stoppaxi,  I  primi  anni  di  A.  M.,  C.  Caxtu,  A.  M  ,  rerainis- 
cenze  (Mailand  1876  u.  ein  Ungenannter  (S.  S.  ,  A.  M.,  la  sua  famiglia  e 
i  suoi  amici,    appunti  e  memorie,  Mailand  1885,   u.  A.  de  Guberxatis,  II 


1  Man  vgl.  auch  A.  Mabellixi.  I  Pr.  Sp.  di  A.  M.  nelle  due  edi- 
zioni  del  1840  e  del  1825  etc.  Florenz  o.  J.,  vgl.  Giorn.  stör.  IV  282.  — 
Ueber  den  Cinque  Maggio  vgl.  man  die  Studien  von  G.  Dl  Siena,  A.  M. 
e  il  5  m.  Xapoli  1S82.  vgl.  Propugn.  XV  2,  295:  über  die  Inni  sacri 
Salvagxoli,  Gli  I.  s.  di  A.  M.  Bologna  1882,  vgl.  Propugn.  XV  2.  291. 


732  ^'^^  Italienische. 

A.  e  il  Fauriel.  llom  1880  —  II  Marchese  di  Saluzzo  e  la  Griselda,  no- 
velle  in  ottave  del  sec.  XV  Bologna  1SG2  Sc.  19  —  Marco  Polo  s.  oben 
S.  326.  Ein  Bruchstück  einer  altital.iUebers.  der  Reisebeschreibung  M.  P.-'s 
hat  nach  Bartoli's  Ausg.  Ulrich,  Altit.  Leseb.  p.  134,  mitgetheilt  —  Ma- 
rini,  Giambattista,  geb.  1569  zu  Neapel,  gest.  ebenda  1625.  Adone 
Paris  1623.  La  Strage  degli  Innocenti.  Rime.  Gesamnitausgg.  scheinen  zu 
fehlen  —  Marotolo,  Giovanni,  um  1250.  N  I  238  —  Marsilio  da 
Padova,  14.  Jahrh.  Labanca  ,  M.  da  P.  riformatore  politico  e  religiöse 
del  sec.  XIV  Padua  1882,  vgl.  Giorn.  stör.  1  109.  Fanf.  della  Dom.  8.  10. 

1882,  Filosofia  delle  scuole  ital.  XXVI  1,  vgl.  -wieder  Giorn.  stör.  I  158 
u.  166  —  Martirio  d'una  fanciulla  faentina  narrato  per  Frate  Filippo  da 
Siena  nel  sec.  XIV.  Bologna  1861  Sc.  3  —  Masarello  aus  Todi,  um  1250. 
N  I  239  —  La  Mascalcia  di  Lorenzo  Rusio ,  volgarizz.  del  sec.  XIV. 
Bologna  1867  Coli.  19  u.  20.  Vgl.  auch  Trattati  di  M.  —  Mazzeo  Ricco 
aus  Messina,  um  1250.  N  I  125  —  Medici  s.  oben  Lorenzo  u.  unten 
Viaggio  —  Brieve  Meditazione  sui  benefici  di  Die  per  Agnolo  Torini 
da  Firenze,  testo  inedito  del  buon  sec.  della  ling.  ital.  Bologna  1S62  Sc. 
17  —  Menzini,  Benedetto,  geb.  1646  zu  Florenz,  gest.  1704  zu  Rom, 
lyrischer  u.  satirischer  Dichter,  Verf.  eines  Lehrgedichts  über  die  Poesie. 
Opere.  Florenz  1731  u.  Venedig  1769,  4  Bde.  Poetica  u.  Satire  in  Bd.  225 
der  älteren  Mailänder  Classikersammlung.  Vita  bei  Crescimbeni,  Vite  de- 
gli Arcadi  illustri.  Rom.  1708  —  Meo  Abbracciava  aus  Pistoja,  um 
1250.  N  I  202  u.  n  205  —  Merlino.  I  due  primi  libri  della  istoria  di  M. 
ristampati  secondo  la  rarissima  ediz.  del  1480  per  cura  di  G.  Ulrich.  Bo- 
logna 1884.  Sc.  201,  vgl.  Giorn  stör.  V  291  — Metastasio  eigentlich  Tra- 
passi),  Pietro,  geb.  1698  zu  Rom,  gest.  in  Wien  1782.  Verf.  zahl- 
reicher Musikdramen ,  lyrischer  Dichter.  Mehrfache  Ausgg.  der  Opere, 
z.  B.  Paris  17S0,  12  Bde.,  Livorno  1811,  17  Bde.  Cardvcci,  l'Epistolario 
metastas.  18S2,  vgl.  Bibliofilo,  Anno  III  No.  lü  f.  u.  Giorn.  stör.  I  162. 
Lettere  disperse  e  inedite  di  P.  M.  a  cura  di  G.  Carduccl  Vol.  I  Bologna 

1883,  vgl.  Giorn.  stör.  III  289.  Naborre  Campaxini,  Un  precursore  del 
M.  (Pietro  Pariati,  geb.  zu  Reggio  1665,  gest.  zu  Wien  1733).  Reggio- 
Emilia  1883,  vgl.  Giorn.  stör.  II  229.  G.  Carducci,  P.M.,  in:  Dom.  lett. 
10.  4.  1882,  vgl.  Giorn.  stör.  I  164.  L.  Falconi,  P.  M.  alle  corti  di  Carlo 
VI  e  di  Maria  Teresia  e  la  sua  rinomanza  ne'  sec.  XVIII  e  XIX.  Wien 
1883,  vgl.  Giorn.  stör.  III  148.  O.  Tomma.sini,  P.  M.  e  lo  svolgimento 
del  melodramma  ital.,  in:  Nuov.  Antcl.  Seriell  Vol.  33,  L.  Morando,  II 
M.  critico  c  prosatore,  in:  Fanf.  della  Dom.  9.  4.  1882.  M.  Landau,  Die 
ital.  Lit.  am  Österreich.  Hofe,  Wien  1879,  S.  62  ff.  —  Migliore  aus  Flo- 
renz, um  1250.  N  I  2,  215  G.  97  —  Milon  et  Berthe.  Vgl.  P.  Rajxa, 
Ricerchc  intorno  ai  Reali  di  Francia,  Bologna  1872,  p.  134  u.  226.  G.  493 
—  Monaci.  Rime  e  lettere  di  ser  Ventura  M.,  testo  di  lingua  (ohne  Na- 
men des  Herausgebers,  derselbe  ist  aber  E.  Monaci)  Rom  1S79.  Alcuui 
sonetti  di  s.  V.  M. ,  rimatore  fiorentino  del  sec.  XIV  (er  starb  1348;  ed. 
A.  Mabellini.  Florenz  1883,  vgl.  Giorn.  stör.  II  217  —  Monaldo  da 
Soffena,  um  1260.  N  I  353  —  Monti,  Vincenzo,  geb.  1754  zu  Fusi- 
gnano,  gest.  zu  Mailand  1828.     Tragedie  (Aristodemo,   Galeotto  Manfredi, 


Das  Italienische.  733 

Cajo  Gracco'  Mailand  ISl".  Cantica  in  niorte  di  Ugo  Basseville  17'j;{  (in 
Bd.  17  des  Parnasso  deo:li  Italiani  \iventi  u.  oft;.  Lyrische  Gedichte- 
Proposta  di  alcune  correzioni  e  ap;ij:iiinta  al  Voeab.  della  Crusca  Mailand 
ISIS  tl'..  s.  oben  S.  (>21.  lliade  Mailand  ISIO.  Prose  e  Poesie  di  V.  M.  Flo- 
renz ISIT.  B.  VicCHl,  V.  M.,  le  lottere  e  la  politica  in  Italia  dal  1750  al 
1S;KI,  vgl.  Giorn.  stör.  VI  432.  L.  A.  Ferrai  ,  Lettere  inedite  di  V.  M., 
in  :  Giorn.  stör.  V  370,  vgl.  I  87  (M.'s  Epistolario  ist  zusammengestellt  in 
Bd.  6  der  Ausg.  seiner  "Werke  Mailand  1842).  PatI'ZZI,  La  societä  vero- 
nese  e  V.  M.,  in:  Fanf.  della  Dom.  ISSO  No.  23.  F.  Zschech,  V.  M.  u. 
sein  Gedicht  auf  Hugo  Basseville.  Hamburg  1SS4  ,  vgl.  Giorn.  stör.  III 
465  —  Mostacci,  Jacopo,  aus  Pisa,  zweite  Hälfte  des  J3.  Jahrh.'s.  NX 
301.  G.  77,  7S,  80  —  Mugnone.  Rime  di  ser  Pietro  de'  Faytinelli  detto 
M.,  poeta  lucchese  del  sec.  XIV.  Bologna  1874  Sc.  139  —  La  Mula,  la 
Chiave  e  Madrigali  satirici  del  Doni  Fiorentino.  Bologna  1802  Sc.  8  — 
Muratori,  Lodovico  Antonio,  geb.  zu  Vignola  im  Modenesischen 
1072,  gest.  zu  Modena  1750,  berühmter  Geschichtsforscher  (Rcrum  Italica- 
rum  scriptores  ab  anno  acrae  christianae  500  ad  1500.  Mailand  1722/51, 
29  Bde.  Antiquitates  Italiae  medii  aevi.  Mailand  1738/42,  0  Bde.,  davon 
ital.  Uebers.  u.  d.  T.  Dissertazioni  sopra  le  antichitä  ital.  Mailand  1751, 
3  Bde.  Annali  d'Italia  dal  principio  dell'  era  volg.  sino  all'  anno  1749, 
Venedig  Mailand]  1744  ff.,  12  Bde.,  Mailand  1753  ff.,  18  Bde.  Delle  an- 
tichitä Esteusi  ed  ital.  trattato  Modena  1717  u.  1740,  2  Bde.  Della  per- 
fetta  poesia  ital.  Modena  1766,  2  Bde.  Delle  forze  della  fantasia  umana 
Venedig  1745  u.  mehrere  andere  philos.  Schriften,  überdies  Biographien 
ital.  Dichter,  theolog.  Tractate  etc.  etc.\  Opere.  Arezzo  1767  80,  36  Bde., 
Venedig  1790/1810,  48  Bde.;  Opere  minori  tanto  edite  che  inedite.  Neapel 
1707  ff.  (mit  einer  Vita).  Eine  ausführliche  Biogr.  M.'s  nebst  vollst.  Ver- 
zeichniss  von  dessen  Schriften  hat  A.  Brenna  verfasst  für  Fabroni's  Vitae 
Italorum  doctrina  excell.  t.  X,  vgl.  Ideler  I  345 —  Mussato,  Albertino, 
geb.  im  Herbst  1262  zu  San  Daniele  d'Albano  (vgl.  Zardo's  unten  zu 
nennende  Schrift  p.  8;,  gest.  31.  5.  1329  vgl.  Zardo  p.  240).  De  gestis 
Italicorum  post  mortem  Henrici  VII  libri  XII  b.  MuRATORl,  Scr.  rer.  Ital. 
X  569.  Historia  augusta  seu  de  gestis  Henrici  VII  libri  XVI  b.  Mir.  X 
9.  Ludovicus  Bavarus  b.  MUR.  X  769.  Tragoedia  Eccerinis  b.  MuR.  X 
787.  Lateinische  Dichtungen  (18  Episteln,  3  Elegien,  6  Soliloquien,  10 
Eklogen).  Gesammtausg.  der  W.  besorgt  von  Osius  u.  Pignorius.  Venedig 
1636,  ihr  Inhalt  im  Wesentl.  reproducirt  in  Graevius-Burmann's  Thes.  an- 
tiquit.  Ital.  t.  VI  p.  2  Leyden  1722.  Eine  kritische  Ausg.  der  W.  M.'s 
fehlt  leider  noch  immer.  Aelteste  Biogr.  M.'s  von  Sicco  Polentone  b.  MuR. 
X  1 ,  neue  Ausg.  nach  einem  cod.  Ricciard.  von  F.  Novati  im  Archivio 
stör,  per  Trieste  etc.  Vol.  II  fasc.  I  (Juni  18S3).  Bisher  unbekannte  Ur- 
kunden über  M.  hat  veröffentlicht  Gloria,  in  den  Atti  del  R.  Istituto 
veneto  di  scienze,  lettere  ed  arti  Serie  V  t.  6  u.  Serie  VI  t.  1.  Venedig 
1879,  K.ÖXIG,  Ueb.  d.  Herkunft  d.  A.  M.,  in:  Neues  Archiv  der  Gesellsch. 
f.  alt.  deutsche  Geschichtsk.  Bd.  7,  Göttingen  1880.  DÖNNIGE.S,  d.  deutsche 
Kaiserth.  im  14.  Jahrb.,  Berlin  1841,  t.  II,  p.  37.  ToEWES,  A.  M.  u. 
Heinrich  VII.  Greifswald  1874  Diss.  Wyciiguam,  A.  M.  Leipzig  1880.    L. 


734  IJas  Italienische. 

Cappelletti,  A.  M.  8  la  sua  tragedia  Eccerinis  Parma  1881  vorher  im 
Propugn.  t.  XI  erschienen).  *A.  Zardo,  A.  M.,  studio  storico  e  letterario 
Padova  1S84  'auf  p.  361  ist  das  einzige  erhaltene  ital.  Gedicht  M.'s,  ein 
Sonett,  zum  ersten  Male  gedruckt.  Minola,  Della  vita  e  delle  opere  di 
A.  M.  Saggio  critico.  Rom  1S84.  F.  Novati,  Nuovi  studj  su  A.  M.,  in; 
Giorn.  stör.  VI  176.  G.  Voigt  a.  a.  O.  I  16 ,  Körting  a.  a.  O.  III  3U2. 
G.  396  u.  die  dazu  gehörigen  Anm.  Nicht  von  M. ,  sondern  von  einem 
Vicentiner  Losco  verfasst  ist  die  Tragödie  Achilleis. 

Negoziazione  di  Giulio  Ottonelli  alla  corte  di  Spagna.  Bologna 
1862  Sc.  27  —  Nicolas  von  Verona,  Verf.  des  Schlusses  der  Entree  en 
Espagne  u.  der  Prise  de  Pampelune,  vielleicht  auch  eines  franco-ital.  Ge- 
dichtes über  die  Passion  Christi,  vgl.  G.  119  u.  492,  s.  auch  oben  319  unter 
Entree  —  Niecolin i,  Giovambattista,  geb.  1782,  gest.  1861,  Tragödien- 
dichter; sein  berühmtestes  Werk  ist  »Amaldo  da  Breseia«,  oftmals  gedruckt, 
recht  gute  Ausg.  mit  Einleitung  u.  werthvoUen  Anmerkungen  von  C.  Gar- 
GIOLI,  Milano  1876,  in  der  Biblioteca  delle  famiglie  —  La  Nina  Siciliana, 
Zeitgenossin  Dante's  v.  Majano  u.  angeblich  älteste  ital.  Dichterin.  N  I 
327  —  Nobili  Fatti  s.  Fatti  —  Novelle,  Novellen,  Novelletteu, 
Novellino.  1.  M.  Landau,  Beiträge  zur  Gesch.  der  ital.  Novelle.  "Wien 
1875.  2.  (Cento  Novelle  antiche  oder)  Novellino.  Beste^)  Ausg. 
von  BlAGl,  Le  Nov.  Ant.  dei  codd.  panciatichiano-palatino  138  e  tauren- 
ziano-gaddiano  193,  Florenz  1880,  vgl.  Rom.  IX  319.  Le  100  Nov.  cant. 
illustrate  ad  uso  delle  scuole  classiche  con  una  prefaz.  e  una  bibliogratia 
del  Nov.  a  cura  del  prof.  L.  Cappeletti,  Florenz  1884,  vgl.  Giorn.  .stör. 
III  140.  D'AxcoNA,  Le  Fonti  del  Nov.,  in:  Rom.  II  385  u.  III  164,  wie- 
derholt mit  Zusätzen  in  den  Studj  di  crit.  e  stör.  lett. ,  Bologna  1 880, 
p.  219.  G.  164  u.  498  f.,  N  II  64.  3.  Libro  di  Nov.  antiche,  tratte  da 
diversi  testi  del  buon  sec.  della  ling.  Bologna  1868  Sc.  93.  4.  Novelle 
d'incerti  autori  del  sec.  XIV.  Bologna  1861  Sc.  1.  5.  Due  Nov.  morali 
d'autore  anonimo  del  sec.  XIV.  Bologna  1861  Sc.  4.  6.  Nov.  del  Cerbino 
in  ottava  rima  di  un  anonimo  antico.  Bologna  1S62  Sc.  25.  7.  Novelle  di 
Marco  Mantova  scrittore  del  sec.  XVI.  Bologna  1862  Sc.  22.  8.  Novella 
di  Pier  Geronimo  Gentile  Savonese.  Bologna  1862  Sc.  20.  9.  Due  Nov. 
aggiunte  in  un  cod.  del  1437.  Bologna  1866  Sc.  71.  10.  Tre  Novelle  raris- 
sime  del  sec.  XVI.  Bologna  1867  Sc.  85.  11.  Novella  di  un  anonimo  tre- 
centista  in  ottava  rima,  in:  Propugn.  XIV  1.  198.  12.  Novellette,  esempj 
morali  e  apologhi  di  San  Bernardino  da  Siena.  Bologna  1868  Sc.  97. 
13.  Novellette.  intorno  a  Curzio  Marignolli,  scritte  da  Andrea  Cavalcanti. 
Bologna  1870  Sc.  111.  14.  Novellino  provenzale,  ossia  volgarizzamento 
delle  antiche  vitarelle  dei  trovatori,  scritte  in  lingua  d'oc  da  Ugo  di  San 
Ciro  etc.  Imola  1870  Sc.  107.  15.  L.  Cappelletti,  La  questione  suUa 
nov.  di  Belfagos,    in:    Propugn.  XIII   2,    87.     16.  A.  Gianandrea,   Della 


Ij  Aelteste  Ausgg.  waren  die  von  C.  Gualterizzi,  Bologna  1525,  und 
V.  BoRGHlNl,  Florenz  1572,  letztere  Ausg.  ist  in  kirchlichem  Sinne  castrirt. 
Neudrucke  des  Gualteruzzi'schen  Textes  Mailand  \y2'^  und  Florenz  1807. 
Vgl.  G.  500. 


Das  Italienische.  73;, 

novellu  (lel  Petit  Poncet,  in:  Giorn.  Ui  til.  roni.  11  2;il  ^behandelt  das  Vor- 
kommen des  Däumlingsmarcheus  namentl.  in  Italien).  17.  F.  Puudenzanü, 
Novelle  cavalleresche.  2»  ed.  Napoli  1879  (moderne  Dichtungen,  welche 
aber  doch,  ähnlich  wie  etwa  G.  Freytags  »Ahnen«,  ein  wissenschaftliches 
Interesse  besitzen  .  vgl.  Propugn.  XII  2,  2!).  18.  L.  CAi'l'KLLr.rn,  Novelle 
scelte  in  ogni  see.  della  lett.  ital.  e  corredate  di  note  tilologiche,  storiche 
e  biogratiche  per  uso  dclle  scuole  secondarie.  Aggiuntevi  le  notizic  sugli 
antori  delle  novelle  ed  un  indice  bibliografico.  2^  ed.  Parma  lb82,  vgl. 
Propugn.  XV  1,  237.  19.  Novellenschatz  der  Italiener,  herausg.  v.  EoH- 
TEUMEYER  u.  SiMROCK.  Berlin  1832.  lieber  Hevse'.s  Sammlung  moderner 
ital.  Nov.  s.  oben  S.  700.  Die  Novellen-Bibliographien  von  Ganiba,  Pa- 
panti  u.  Passano  sind  bereits  oben  S.  090  genannt  worden  —  Novello, 
Guidi,  um  1250.  N  I  339. 

Sei  üdi  di  Fr.  Redi.  Bologna  1S64  Sc.  44  —  Onesto  Bolognese, 
zwischen  12.30  u.  1300.  N  I  153  G.  108  u.  490  —  Orlandi,  Guido,  aus 
Florenz,  Zeitgenosse  Guido  Cavalcanti's.  N  I  297  —  l'Orlandino.  Canti 
due  di  messer  Pietro  Aretino.  Bologna  1868  Sc.  95. 

Ser  Pace  notajo  aus  Florenz,  um  1290.  N  I  371  —  Pacino  Angio- 
lieri  aus  Florenz,  um  1250.  N  I  218.  G.  97  —  Paganiuo  da  Sarzana, 
um  1260.  N  I  232.  G.  78  —  Pandolfini,  Agnolo,  geb.  1360  zu  Florenz, 
ebenda  gest.  1446,  nach  gewöhnlicher  Annahme  Verfasser  der  Schrift  Trat- 
tato  del  governo  della  famiglia  u.  diese  Annahme  hat  neuerdings  ^'IKGI^■IO 
CoRTESi,  II  G.  d.  f.  di  A.  P.  Piacenza  1881,  als  richtig  zu  erweisen  ge- 
sucht, vgl.  Propugn.  XV  1,  234.  !\ndere  dagegen  legen  die  Schrift  dem 
Leon  Battista  Alberti  bei,  vgl.  J.  Burckhardt,  die  Cultur  der  Renaiss., 
3.  Aufl.  I  196.  Gedruckt  ist  der  Trattato  oft,  z.  B.  Turin  1828,  in  Son- 
zogno's  Biblioteca  class.  econom.  Milano  1877  —  Pannuccio  dal  Bag- 
no  aus  Pisa,  um  1250.  N  I  201.  G.  7S,  87,  92  —  Paolino  Minorita 
s.  Ulrich,  Altital.  Leseb.  153  —  II  Paradiso  degli  Alberti,  ritrovi  e 
ragionamenti  del  1389,  romanzo  di  Giovanni  da  Prato,  ed.  A.  Wesselofsky. 
Bologna  1867,  3  Bde.  in  4  Theilen,  Sc.  86,  87,  88  (der  Herausg.  hat  sehr 
werthvoUe  Untersuchungen  üb.  die  Litteraturgeschichte  des  14.  Jahrh.'s 
beigefügt  — Pariati  s.  oben  unter  Metastasio  —  Parini,  Giuseppe, 
geb.  zu  Bosisio  im  Mailändischen  1729,  gest.  zu  Mailand  1799.  Das  sa- 
tirische Gedicht  II  Giorno  (Mattino  1763,  Mezzogiorno  1765,  erst  nach  des 
Verf.'s  Tode  wurden  der  Vespero  u.  die  unvollendet  gebliebene  Notte  ver- 
öffentlicht). Odi.  Opere  ed.  F.  Reixa,  Mailand  1801,  6  Bde.  (enthält  auch 
eine  Vita  P.'s) ;  die  Hauptwerke  auch  in  Bd.  13,  14  u.  24  des  Rosinischen 
Parnasso  degli  Italiani  viventi.  Pisa  1798.  Von  dem  Giorno  u.  von  den 
Oden  viele  Einzeldrucke;  von  letzteren  eine  Schulausgabe  von  Pio  Micil- 
AXGELI.  Bologna  1880,  vgl.  Propugn.  XIII  2,  452.  Einen  Commentar  zum 
Mattino  hat  PiXELLi  im  Propugn.  XVIII  2,  3  u.  380  gegeben  —  Parma 
liberata  dal  giogo  di  Mastino  della  Scala  addi  21  Maggio  1341,  canzone 
politica  di  Fr.  Petrarca  ridotta  a  migliore  lezione.  Bologna  1870  Sc.  109  — 
Paruta,  Paolo,  geb.  1540  zu  Venedig,  gest.  1598.  Della  perfezione 
della  vita  politica.  Venedig  1582.  Discorsi  politici  Venedig  1599.  Istoria 
Veneziana.    Venedig   1605    —    Passavanti,    Jacopo,    gest.    1347.      Lo 


736  Das  Italienische. 

Specchio   della  Vera  Penitenza  ed.  F.  L.  Polidori.    Florenz  1863.    I   445. 
G.  385  u.  535  —  II  Passio  o  Vangelo  di  Nicodemo  volgarizzato  nel  buon 
secolo  della  lingua.  Bologna  1862  Sc.  12  —  La  Passione  di  N.  S.  Gesü 
Cristo,  poema  attribuito  a  Giov.  Boccaccio.  Bologna  1878  Sc.   102  —  Pa- 
tecchio,  Girardo,  aus  Cremona,  erste  Hälfte  des  13.  Jahrh.'s,  vgl.  über 
ihn  u.    seine  nur   theil-weise   erhaltenen   Dichtungen  Mi'SSAFIA   im  Jahrb. 
f.  rom.  u.  engl.  Lit.  VI  222  u.  VIII  210,  Teza  in  Giorn.  di  fil.  rem.  I  233, 
NovATi  in  Giorn.  stör.  I  413  Anm.  2,  G.  138  u.  495  —  Pavesalo,    Mino 
de,  aus  Arezzo,    um  1290.  N  I  368    —    Pecorone,   Novellensammlung, 
verfasst  von    einem    gewissen  Giovanni   um    1378.     Ausgg.    Mailand   1558, 
Venedig,  1560  u.  1565  u,  oft,  beste  Ausg.  v.  G.  Pogglvli  London  (Livorno; 
1793,  wiederholt  Mailand  1804.     Landau  a.  a.  O.  p.  24.     A.  Graf,  Sopra 
la  nov.  26  del  Pec,  in:    Giorn.  stör.  III  66.     C.  Gargioli,  Una  nov.  del 
Pec,  in:  Propugn.  XV  1,  208  —  Pellico,  Silvio,  geb.  1788  zu  Saluzzo, 
gest.  zu  Turin  31.  1.  1854.     Die  autobiographische  Skizze  Le  mie  prigioni 
(Erzählung  der  von  P.  1820  bis  1830  erlittenen  Gefangenschaft).    Die  Tra- 
gödien: Francesca  da  Rimini,  Esther  d'Engaddi,  Iginia  d'Asti.    Zahlreiche 
Ausgg.    —    Persiano.    Libro  del  Gandolfo  P.  delle  medesine  de'  falconi. 
Bologna  1877    Sc.  154    —    Petrarca,    Francesco,    geb.  20.  7.  1304   zu 
Arezzo,  gest.  zuArquä  18.  7.  1374.  Bibliographiscues  :  (A.  Mars.vnd,  Bibl. 
petrarchesca.  Mailand  1826.)     AV.  FiSKE,    A  Catalogue   of  Petrarch  Books. 
Ithaka  u.  New-York  1SS2  (eine  neue  Ausg.  soll  noch  im  J.  1886  erscheinen). 
Ferrazzi,    Bibliografia  Petrarchesca  in  Bd.  5  des  Manuale  Dantesco  [oder 
Bd.  4  der  Encicloped.   dant.).    Bassano    1877.     A.   HoRTls,    Catalogo  delle 
opere  di  Fr.  P.  esistenti  nella  Petrarchesca  Rossettiana  di  Trieste,  aggiun- 
tavi  l'iconografia  della  medesima.   Trieste  1^74.    Zum  Lehex  u.  zur  Per- 
sönlichkeit P.'s:    Die  wichtigste  u.   reichste  Quelle  für  die  Kenntniss  d. 
Lebens  P.'s  sind  die  von  ihm  erhaltenen  Brief  Sammlungen,  nämlich:  1.  Epis- 
tolae  de  rebus  familiaribus   (368    Stück),    beste  Ausg.   von   Fracassetti, 
Florenz    1859  63,  3  Bde.,   davon   ital.  Uebers.   u.  d.  T.  Lettere  delle  cose 
familiari  libri  XXIV,  lettere  varie  libro  unico,  volgarizzate  e  dichiarate  con 
note  di  Fracassetti.  Florenz  1863  67,  5  Bde.  (die  Anmerkungen  Fr.'s  sind 
höchst  werthvoU  u.  reichhaltig).     2.   Epistolae   seniles  (124  Stück'i,    nur    in 
alten  Ausgg.  vorhanden    (s.  u.),  von  Fracassetti  übers,  u.    commentirt  u. 
d.   T,  Lettere   senili    volg.   e   dichiar.   con  note.   Florenz   1869/70,    2  Bde. 
3.  Epistolae  variae  (69  St.),  von  Fr.  mit  den  Epp.    de  reb.   fam.   herausg. 
u.    übers.     4.  Epistolae   sine  titulo   (d.  h.    ohne  Nennung  der  Adressaten ; 
15  St.),  von  Fr.  nicht  herausg.  u.  übers.     5.  Epi.stolarum   pocticarum  libri 
III   ed.  D.  llossETTi.    Mailand  1819  24   3  Bde.     Zu   P.s    Briefen  vgl.    man 
G.  Voigt,    Die  Briefsammlungen   P.'s,   in   den  Abh.    der  K.  Bayer.  Akad. 
d.  AVissensch.  III  CT.  XVI.  Bd.  III.  Abth.  München  1882    (bei  "dieser  Ge- 
legenheit werde  auch   eine  andere,   mit  P.   wenigstens  in   mittelbarer  Be- 
ziehung stehende  Schrift  Voigt's  genannt :  Die  handschriftl.  Uebcrlieferung 
von  C.'s  Briefen,    in  den  Berichten  d.  K.  Sachs.  Gesellsch.  d.  AVissensch. 
2.  Juli  1879,  vgl.  damit  die  Monographie  von  A.  Viertel,  Die  AViederauf- 
findung  von  Cicero's  Briefen  durch   P.    Königsberg    1879'.     Die   alten   Pe- 
trarca-A'itae  von  A'ellutello   etc.    gewähren  verglichen   mit  Briefen,    welche 


Das  Italienisclie.  737 

überdies   noch   durch  Boccaccios  Epistolarium  vervollständig:!  werden,  so 
gut  wie  gar  keine   Ausbeute.      Die  neueren   biographischen   "Werke,    de 
Sadk,    Memoires   pour   servir   la   vie   de  P.    Amsterdam    17t)l;(i7,   3    Bde., 
(unkritisches  u.  phantastisches  AVerk,  das  aber  doch  viel  werthvolles  Mate- 
rial  enthält  u.    selbst  noch  jetzt   nicht   ganz    entbehrlich   ist);   G.  B.  Bal- 
DELU,  Del  Petrarca  e  delle  sue  opere  libri  IV.  Firenze  1797,  2^  ed.   1837 
war   für  seine  Zeit  ein   gutes  Buch);    L.  G.  Blanc  in  Ersch  u.  Gruber's 
Encyklopädie  Sect.  III  Theil  19,  p.  240  (gut,  aber  jetzt  durch  Fracassctti's 
Commentare  veraltet) ;  A.  MEZifeREs,  Petrarque,  etude  d'apres  de  nouveaux 
documents.  Paris  1807  (anregend  geschrieben);  L.Geiger,  Petrarca.   Leip- 
zig 1S7  1  Jverdienstliche  Skizze);    "^G.  Voic.T  in  Bd.  1  seines  Werkes:    Die 
Wiederbelebung  des  class.  Altcrthums;  G.  Körting,  P.'s  Leben  u.  Werke. 
Leipzig  1S78;  Bartoli  in  Bd.  7  seiner  Litteraturgesch. ;  *GAsrARY  in  den 
beiden  letzten  Capiteln    des    1.   Bandes   seiner   Litteraturgesch.;   werthlos, 
um  nicht  noch  Schlimmeres  zu  sagen,   ist  H.   Reeve's  Monographie  Pe- 
trarch.   Edinburg  u.  London  1878.    Von  Schriften  über   einzelne  Episoden 
des  Lebens  P.'s  seien  genannt:  Delecluze,  P.  au  Mont-Ventoux,  in:  Re- 
vue de  Paris   13.  1.  1839.     Covture,    P.  et  Jacques  Colonne,    eveque   de 
Lombez,  in  Revue  de   Gascogne  t.   XXI  33,    vgl.   Rom.   IX   338.     RoN- 
CHDsi,  La  dimora  del  P.  in  Parma-Modena  1874.     RoMUSsi,   P.  a  Milano. 
Milano  1874.     Cittadella,  P.  a  Padova  e  ad  Arquä,  in  dem  von  CoRRA- 
Dixi  im  Auftrage   der  Stadt  Padua  herausgegebenen  Jubiläumswerke  »Pa- 
dova a  Fr.  P.  nel  quinto   centenario    dalla    [sie!]  sua  morte«.  Padua  1874. 
Malmigxati,  P.  a  Padova,  a  Venezia  e  ad  Arqua.  Padova  1874.    Petrarca 
e  Venezia  (herausg.  v.  einer  Commission  des  Ateneo  veneto).  Venedig  1874. 
Canestrini,  Le  ossa  di  Fr.  P.  Padova  1874  (interressante  Schrift  über  die 
seltsamen   Schicksale,  welche  das   Skelett  P.'s  hat    durchmachen    müssen, 
u.  über  die  neuerdings  an  demselben,  bzw.  an  dem  Schädel  vorgenommenen 
Messungen).    Ueber  P.'s  Persönlichkeit  u.  Bedeutung  haben  ausser  den  oben 
genannten  Biographen  noch  gehandelt  namentlich:  F.  de  Saxctis,  Saggio 
critico  sul  P.  Napoli  18G9.  *B.  ZvMBixi  Studj  sul  P.  (p.  1  II  sentimento  della 
natura,  p.  73  l'Africa,  p.  173  l'Imperoi.  Napoli  1878.  *Feuerlein,  P.  u.  Boc- 
caccio, in:  Sybel's  hist.  Ztschr.  Bd.  3S  S.  193.  Hettxer,  P.  u.  Bocc,  in  seinen 
Ital.  Stud.,  Braunschw.  1879   vorher  in  d.  Deutschen  Rundschau  1875  Heft  5 
erschienen).     G.  Carducci,  Discorso   presso  la   tomba  di  Fr.  P.  in  Arquä 
il  18  luglio  1874.  Livomo  1874.     A.  Hortis,    Dante  e  il  P.  Firenze  1875. 
R.  Jacoby,  P.'s  Weltanschauung,  in:  Preussische  Jahrbücher  Bd.  49  S.  567. 
ScHEFFER-BoiCHORST ,    P.  u.  Bocc.  üb.  die  Entstehung  der  Dichtkunst,  in 
Ztschr.  f.  rom.  Phil.  Yl  598.     E.  Persico,  Fr.  P.  Milano  1882,  vgl.  Pro- 
pugn.  XV  1,  236.    Die  Werke  P.'.s:  A.  Lateinische  Werke,  a.  Prosa- 
werke. I.  MoRALPniLOS.  u.  RELIGIÖSE  Tractate  :  1.  De  remedüs  utriusque 
fortunae.     2.  De  vita  solitaria.     3.  De  otio  religiosorum.    4.  De  republica 
optime   administranda    =    Ep.   Sen.   XIV  1.      5.   De   officio   et  virtutibus 
imperatoris  =  Ep.  Sen.  IV  1.     6.  De  avaritia  vitanda   =  Ep.  Sen.  VI  7 
u.  8.    7.  De  Vera  sapientia  dialogi.    II.  Historische  und  geographische 
Werke:    1.   Rerum  memorandarum  libri  IV  (vgl.    Cl.   B.iuMKER,    Quibus 
antiquis  auctoribus  P.  in  conscribendis  rerum  memorabilium  libris  usus  sit. 
Körting,  Encyklopädie  d.  rom.  Phil.  III.  47 


738 


Das  Italienische. 


Pars  prior.  Münster  1S82  Progr.).  2.  Virorum  illustrium  vitae,  herausg. 
mit  der  altital.  Uebera.  des  Donato  degli  Albanzani  von  K.\ZZ0LINI.  Bo- 
logna 1S74,  2  Bde.  3.  Vitarum  virorum  illustrium  epitome.  4.  Itinerarium 
syriacum.  III.  Polemische  Schüiftex:  1.  Contra  cuiusdam  anonymi  Galli 
calumnias  apologia.  2.  De  sui  ipsius  et  multorum  ignorantia.  3.  Contra 
medicum  qucndam  inveetivarum  libri  IV.  IV.  De  obedientia  ac  fidc  uxoria 
mythologia  (Uebers.  der  Griscldisnovelle  des  Bocc.)  =  Ep.  Sen.  XVII  3.  V. 
Keden  :  1.  Kede  gehalten  bei  der  Dichtorkrönung,  8.4.  1341.  herausg.  von 
A.  HOKTIS,  Scritti  inediti  di  Fr,  P.,  Triest  1874,  p.  311.  2.  Rede  gehalten 
am  8.  11.  1353  vor  der  Signoria  zu  Venedig,  b.  HoRTis  a.  a.  O.  p.  329, 
vgl.  R.  FuLIN,  in:  P.  e  Venezia  [s.  oben],  p.  295.  3.  Rede  gehalten  zu 
Mailand  7.  10.  1354,  nur  italienisch  überliefert,  aber  zweifellos  ursprüng- 
lich lateinisch  abgefasst,  b.  HoRTis  a.  a.  O.  p.  335.  4.  Rede  gehalten  zu 
Novara  19.  6.  1358,  b.  HoRTis,  a.  a.  O.  p.  341.  5.  Rede  gehalten  zu  Paris 
im  J.  1300,  b.  Hortis  a.  a.  O.  p.  208.  VI.  BRIEFE,  s.  oben  S.  736.  VII.  Bei- 
träge ZUR  Selbstbiographie:  1.  Epistola  ad  posteros.  2.  De  contemtu 
mundi  dialogi  III.  3.  Die  Noten  im  Handexemplar  des  Virgil  (im  Besitz 
der  Ambrosiana  zu  Mailand),  vgl.  Fracassetti,  Lett.  fam.  n241.  VIII.  As- 
ketische Schriften:  1.  Gebete,  b.  Hortis  a.  a.  O.  p.  367.  2.  Psalmi 
poenitentiales  septem.  b.  DICHTUNGEN:  1.  Das  Epos  Africa,  herausg.  von 
L.  PiNGAUD,  Paris  1872,  u.  am  besten  von  F.  Corradini  in  dem  oben  ge- 
nannten Sammelwerke  Padova  a.  Fr.  P.  p.  79.  2.  Zwölf  Eklogen,  herausg. 
v.  D.  RossETTl,  Poemata  minora  Fr.  P.  quae  extant  omnia.  Mailand  1819  24, 
3  Bde. :  dazu  von  P.  selbst  verfasste  »epitomata«,  b.  Hortis  a.  a.  O.  p.  359. 
Vgl.  L.  RuBERTO,  Le  Egloghe  del  P.,  in:  Propug.  XI  2,  244,  XII  1,  83 
u.  2,  153  (sehr  schwach).  3.  Epistolarum  pocticarum  libri  III,  von  Ros- 
SETTI  in  den  Poem.  min.  herausgegeben.  Mit  wenigen  Ausnahmen,  welche 
oben  sämmtlich  augeführt  sind,  fehlt  es  noch  an  neueren  Ausgg.  der  lat. 
Werke  P.'s.  Man  ist  daher  noch  immer  auf  die  Benutzung  der  alten  un- 
kritischen u.  von  Druckfehlern  wimmelnden  Gesammtausgg.  (z.  B.  Basel 
149G,  Venedig  1501,  1503,  Basel  1554)  oder  ebenso  schlechter  Einzeldrucke 
augewiesen.  Die  Herstellung  einer  kritischen  Ausg.  der  Opera  P.'s  sollten 
die  Philologen  Italiens  als  eine  Ehrenpflicht  betrachten.  B.  ITALIENISCHE 
Dichtungen:  1.  Le  Rime  oder  il  Canzoniere  (317  Sonette,  29  Canzonen, 
9  Sestinen,  7  Ballaten,  4  Madrigale).  Zahllose  Ausgg.,  darunter  aber  noch 
keine  wirklich  kritische  u.  abschliessende;  die  relativ  beste  ist  die  von 
Marsand,  Padua  1819/201),  jmf  -n^elcher  mit  wenigen  Ausnahmen  alle 
neueren  Editionen  beruhen,  so  z.  B.  auch  die  von  Sc.artazzini,  Leipzig 
1883,  vgl.  Giorn.  stör.  II  432.  Die  »Rime  sopra  argomenti  storici  e  morali« 
(26  Sonette,  5  Canzonen;  sind  in  musterhafter  Weise  von  G.  Carducci 
herausg.  u.  commentirt  worden,  Livorno  1876,  vgl.  Ztschr.  f.  rom.  Phil. 
HI  114.     2.   I  Trionfi,    meist  mit  den  Rime  zusammen  herausg.;    neueste 


1)  Von  älteren  Ausgg.  ist  namentlich  die  editio  Aldina  \  Venedig  1501) 
von  Wichtigkeit,  da  für  diese  das  Autograph  Petrarca's  —  damals  im  Be- 
sitze Bcmbo's  —  benutzt  wurde.  Dies  Autograph  ist  seitdem  verschwun- 
den, doch  soll  nach  einer  Notiz  in  der  Revue  critique  vom  4.  Jan.  1S8G, 
p.   13  f.,  neuerdings  HoHnung  auf  seine  ^^'iederauffindung  vorhanden  sein. 


Das  Italienische.  739 

Sonderausgg.  von  Pasqialico,  Venedig  1HT4,  u.  von  Giaxmni,  Ferrara 
1S74.  Vgl.  G.  DA  Rosa,  D  P.  e  i  suoi  trionfi,  in:  Propugn.  XV  1,  299. 
o.  Noch  unbekannte,  vermeintlich  ächte  ital.  Gedichte  P.'s  sind  öfters  ver- 
öffentlicht worden,  z.  B.  von  Thomas,  Ueb.  neu  aufgefundene  Dichtungen 
P.'s,  München  1n58;  von  Ferrato,  Rime  attribuite  a  Fr.P.  Padova  1ST4;  vgl. 
L.  FkaTI,  Di  alcune  rime  attribuite  al  P. ,  in:  Giorn.  stör.  II  350.  Gute 
l'ebcrs.  des  Canzoniere  von  Föksteu,  3  Ausg.  Leipzig  1S51;  Kekile  u. 
IJIEGELEBEX,  Stuttg.  1844  enthält  auch  eine  Uebers.  der  Trionfi;  ;  Kkigar, 
Hannover  1860  —  De  Petruciis.  Sonecti  composti  per  M.  Johanne  de  P. 
conte  di  Policastro.  Bologna  1879.  Sc.  167  —  Piacenti,  Xuccio,  aus 
Siena,  um  1280.  N  I  363  —  LaPietosa  Fönte,  poema  di  Zenone  da 
Pistoja  in  morte  di  Fr.  P.  Bologna  1874.  Sc.  137  —  Pignotti,  Lorenzo, 
geb.  1739  in  Figline  in  Toscana ,  gest.  zu  Pisa  1812,  Fabeln-  u.  Novellen- 
dichter, Geschichtsschreiber.  Favole  e  novelle.  Florenz  1S17.  Storia  della 
Toscana.  Pisa  1813  16  —  Pier  od.  Pietro  della  Vigna  od.  delle  Vigne, 
Geheimschreiber  des  Kaisers  Friedrich  II,  gest.  1249.  Epistolarum  Petri 
de  Vineis  libri  VI,  Basel  1566  Huillaed-Breholles,  Vie  et  correspon- 
dance  de  P.  de  la  V.  P.  1 865.  V.  Pagano,  Critica  storia  della  vita  e  delle 
opere  di  P.  delle  V.  in  relazione  col  suo  secolo,  in:  Propugn.  XIV  1,  212, 
vgl  XVI  2,  3,  ISO,  418  etc.,  N.  24.  G.57u.  485  —  Pindemonte,  Ippolito, 
geb.  1753,  gest.  1828.  Lyriker;  seine  Poesien  herausg.  z.  B.  in  Bd.  VII  des 
Parnasso  degli  Italiani  viventi.  Ueber  den  Bruder  Ippolito's,  Giovanni  P., 
der  gleichfalls  als  IjTischer  Dichter  sich  auszeichnete,  hat  gehandelt  G. 
Biadego,  G.  P.,  poesie  e  lett.  raccolte  ed  illustr.  Bologna  1883,  vgl.  Giorn. 
stör,  in  271  —  Pi Stola  di  san  Bemardo  ai  frati  del  monte  di  Dio,  vol- 
garizz.  del  sec.  XIV.  Bologna  1867.  Sc.  84  —  Poemetti  sacri  dei  sec. 
XIV  e  XV  ed.  E.  Percopo.  Bologna  1885.  Sc.  211  —  Poesie.  1.  Alcune 
P.  inedite  del  Saviozzo  e  di  altri  autori  tratti  da  un  ms.  del  sec.  XV.  Bo- 
logna 1878.  Sc.  108.  2.  P.  minori  del  sec.  XIV.  Bologna  1867.  Sc.  77. 
3.  P.  musicali  dei  sec.  XIV,  XV,  XVI.  Bologna  1869.  Sc.  94.  4.  Poesie 
popolari  religiöse  del  sec.  XIV.  Bologna  1876.  Sc.  152.  5.  P.  religiöse  del 
sec.  XIV.  Bologna  1881.  Sc.  179.  6.  G.  Levi,  Poesie  civili  del  sec.  XV, 
in:  Giorn.  di  fil.  rom.  II  220.  7.  Poesie  politiche  pop.  dei  secoli  XV  e 
XVI  ed.  F.  Nov.ATi  e  C.  Pellegrixi.  Ancona  1885  —  Poliziano,  An- 
giolo,  geb.  1454  zu  Monte  Pulciano  (lat.  Mons  Politiauus,  in  Toscana, 
gest.  zu  Florenz  1494.  Stanze  per  la  giostra  di  Giuliano  de'  Medici,  ver- 
fasst  um  1475,  gedruckt  z.  B.  Florenz  1513,  in:  Bd.  10  des  Parnasso  ital. 
L'Orfeo  Drama  ,  gedr.  z.  B.  in  Bd.  17  des  Parn.  ital.  Lat.  Gedichte  (Sil- 
vae  etc.).  Relativ  beste  Gesammtausg.  der  lat.  "W.  Basel  1553.  O.  Menckex, 
Hist.  vitae  et  in  litteras  meritorum  A.  P.  Leipzig  1736.  J.  M.ÄHLY,  A.  P., 
ein  Culturbild  aus  der  Renaiss.  Leipzig  1864.  L.  Rlberto,  II  P.  filologo 
Estratto  daUa  Riv.  di  filologia  e  istruz.  classica.  Anno  XII  Turin  1883, 
vgl.  Giorn.  stör.  II  432  —  Polo  s.  Marco  P.  —  Messer  Polo  aus  Reggio 
di  Lombardia,  um  1230.  N.  I  55  —  Predichc  inedite  del  B.  Giordauo  da 
Rivalto,  recitate  in  Firenze  dal  1302  al  1305,  pubbl.  da  E.  Karducci. 
Bologna  1867.  Coli.  16  —  Primi  quattro  libri  s.  Livio  —  Profezia 
sulla  Guerra  di  Siena,  stanze  del  Perella  accademico  Rozzo.  Bologna  1868. 

47* 


740  ^^^  Italienische. 

Sc.  91  —  Pronostichi  d'Ippocrate,  volgarizzati  nel  buon  sec.  della  ling. 
Bologna  1866.  Sc.  67  —  Prose  inedite  del  cav.  Lionardo  Salviati.  Imola 
1873.  Sc.  129  —  Proverbi  di  messer  Antonio  Cornazano  in  facezie.  Bo- 
logna 1^65.  Sc.  62  —  Pucci,  Antonio,  aus  Florenz,  15.  Jahrh.  A.  D'Ax- 
CONA,  XIX  sonetti  inediti  di  A.  P.,  in:  Propugn.  XI  2,  105.  C.  Arlia, 
Due  componimenti  di  A.  P.,  in.  Propugn.  XIV  1,  161.  A.  Graf,  II  Zibal- 
done  attribuito  ad  A.  P.,  in:  Giorn.  stör.  I  282  —  Pucciandone  Mar- 
telli  aus  Pisa,  um  1250.  N  I  138.  G  I  77  —  Pucciarello  di  Fiorenza, 
um  1260.  N  I  350  —  Pulci,  Luigi,  geb.  1431  zu  Florenz,  gest.  ebenda 
U87  •?;.  Morgante  Maggiore  Florenz  14S8  u.  oft,  z.  B.  auch  in  der  Mailän- 
der Klassikersammlung,  Bd.  30  bis  32.  R.  Halfmaxn  ,  Die  Bilder  u.  Ver- 
gleiche in  P.'s  Morgante  Maggiore.  Marburg  1884  (StenGEL's  Ausg.  u. 
Abb.),  vgl.  Giorn.  stör.  IV  279. 

Rainardo  e  Lesengrino  ed.  E.  Teza  Pisa  1869,  vgl.  auch  U.  Caneilo, 
Favole,  fabliaux  e  fiabe  su  Renardo  e  Isengrino,  in:  Saggi  di  crit.  lett. 
Bologna  1877,  p.  157,  und:  PUTELLI  in  Giorn.  di  fil.  rom.  II  153.  G  124 
u.  493  —  Ranieri  da  Palermo,  um  1230.  N  I  48  —  Rappresentazioni 
s.  Theater  —  I  Reali  di  Francia.  Editio  princeps.  Modena  1491.  Ausg. 
V.  Gamha.  Venedig  1821.  *P.  Rajna.  I  Reali  di  Fr.  Ricerche  seguite  dal 
libro  delle  storie  di  Fioravante  e  dal  Cantare  di  Bovo  d'Antona.  Bologna 
1872.  Coli.  31.  Mittelbar  nehmen  Bezug  auf  die  R.  di  Fr.  auch  vier  andere 
treffliche  Schriften  R.'s:  Uggiere  il  Danese  etc.,  in:  Rom.  II  153  ff.  (s.  unten 
Uggieri);  Le  origini  delle  famiglie  padovane  e  gli  eroi  dei  romanzi  caval- 
lereschi,  in:  Rom.  IV  161;  La  Rotta  di  Roncisvalle  nella  lett.  cavalleresca 
ital.  Bologna  1871,  und:  Le  Fonti  dell'  Orlando  furioso  Florenz  1S76.  (Von 
älteren  Schriften  seien  genannt:  L.  Ranke  in  den  Abh.  der  Berliner  Akad. 
d.  Wissensch,  Philos.-hist.  Cl.  1835.  G.  Paris,  Hist.  poet.  de  Charlem., 
p.  180.  H.  Michelant,  Titoli  dei  Capitoli  della  Storia  dei  R.  d.  Fr.,  in: 
Jahrb.  f.  rom.  u.  engl.  Lit.  XI  189  u.  298,  XII  60.  217  u.  396.  G.  Regis 
im  Glossar  zu  seiner  Uebers.  von  Bojardo's  Orlando  innamorato,  p.  424, 
letzterer  Artikel  ist  zur  ersten  Orientirung  in  der  bekanntlich  sehr  com- 
plicirten  Materie  recht  nützlich]  —  Redi,  Francesco,  geb.  1626  zu 
Arezzo,  gest.  1698  zu  Pisa.  Verf.  zahlreicher  naturwissenschaftl.  u.  sonstiger 
gelehrter  V^'erke,  auch  Dichter.  Opere.  Neapel  1741y42,  6  Bde.,  Mailand 
1809/11.  Lettere.  Florenz  1727  u.  1779.  Ideler  I  298  —  Reggimento  s. 
Barberino  —  Regola  dei  Frati  di  S.  Jacopo  d' Altopascio.  Bologna  1864 
Sc.  54  —  Relazione  delle  Scoperte  fatte  da  C.  Colombo,  da  A.  Vespucci 
e  da  altri  da  1472  al  1506.  Bologna  1875.  Sc.  144  —  Renard  s.  Rai- 
nardo —  Renaud  s.  Chanson  de  R.  —  La  Resurrezione  di  Gesii 
Cristo,  poema  in  ottava  rima  del  sec.  XIV.  Imola  18S3,  vgl.  Giorn.  stör. 
I  352  und  Propugn.  XVI  1,  478  —  Ricco  s.  Mazzeo  Ricco  —  Ric- 
caccio  da  Fiorenza,  um  1290  N.  I  365  —  Ricordi  di  una  famiglia  senese 
(ein  Haushaltbuch  aus  den  Jahren  1231/62)  ed.  N.  Tommaseo  in  Arch.  stör, 
ital.,  App.,  vol.  V  no  20,  p.  23.  G  164  u.  498  —  Ricordi  sulla  vita  di 
messer  Fr.  Petrarca  e  di  Madonna  Laura  scritti  da  Luigi  Peruzzi  loro  con- 
temporaneo.  Bologna  1866.  Sc.  69  (dies  Machwerk  darf  keineswegs  als  eine 
Quellenschrift  betrachtet  werden;    —    Rime.    1.  s.  Antiche   Rime;   vgL 


Das  Italienische.  74  1 

auch  oben  A  a)  u.  c\  2.  T.  Casini,  K.  medite  dci  sec.  XIII  e  XIV,  in: 
Propupn.  XV  2,  33 J,  vgl.  Ztschr.  f.  roni.  Phil.  VII  174.  3.  S.  MüKpruGO, 
Kinie  ined.  di  G.  Quirini  cd  A.  da  Tempo,  in;  Arch.  stör,  per  Triestc, 
Vol.  I,  fasc.  2.  4.  R.  ed.  e  ined.  di  Ant.  Cammelli  detto  il  Pistoia  per  cura 
di  A.  C.\rrELLl  e  S.  FERli.Uii.  Livorno  1884,  vgl.  Giorn.  stör.  V  242.  5.  P. 
Fehiueki,  Kime  ined.  di  un  cinquecentista.  Pavia  1885,  vgl.  Giorn.  stör. 
V  314.  G.  K.  di  Stefano  Vai  rimatore  pratese.  Bologna  1863.  Sc.  38.  7.  R. 
di  Poeti  Italiani  del  sec.  XVI.  Bologna  1874.  Sc.  133  —  De'  Rimedii 
dell'  una  e  dcU'  altra  fortuna  di  Mcss.  Fr.  Petrarca,  volgarizzati  nel  buon 
secolo  dell-.i  ling.  per  D.  Giov.  Dassaminiato,  Bologna  1S67  68  Coli.  17  u. 
18  —  Rinaldo  d'Aquino,  zweite  Hälfte  des  13.  Jahrh.'s.  N  I  94,  G  60 
u.  72  —  Rinuccino  aus  Florenz,  um  1250.  NI212.  G97f.  —  Rispetti 
L.  Gextile,  Cinque  risp.  inediti  del  sec.  XV.  Florenz  1881,  vgl.  Giorn. 
stör.  II  221  —  Ristoro  d'Arezzo,  2.  Hälfte  des  13.  Jahrh.s.  La  Com- 
posizioue  del  Moudo  (Prosaschrift  ,  gedruckt  Rom  1859  u.  Mailand  1864, 
theihveise  b.  N  II  192  u.  Bartoli  Storia  della  lett.  it.  III  325,  darnach 
Ulkich,  Altit.  Leseb.  145.  Vgl.  Mvssafia  im  Jahrb.  f.  roni.  u.  engl.  Lit. 
X  114.  G  185  u.  503  —  Ritmo  Cassinese,  am  besten  edirt  von  J.  GlOKGl 
u.  G.  Navoxe  in  Riv.  di  fil.  rom.  II  91.  D'Ajs'COXA  im  Propugn.  VLl  2, 
394.  E.  Böhmek  in  Rom.  Stud.  HI  143  —  Roland  s.  oben  S.  329  ff.  A. 
Keller,  die  Sprache  des  venez.  Roland  V*.  Strassburg  1884,  vgl.  Giorn. 
stör.  IV  2741  —  Roman  de  la  Rose.  E.  Monaci,  Una  redazione  ital. 
inedita  del  R.  de  la  R.,  in:  Giorn.  di  fil.  rom.  I  238.  Vgl.  auch  d'AxcoNA 
in:  Varietä  storiche  e  letterarie.  2^  serie  Milano  1885  u.  die  Ausg.  des  Fiore 
von  F.  Castets.  Montpellier  1881  — Romanzi.  P.  Rajxa,  Due  frammenti 
di  romanzi  cavallereschi,  in:  Riv.  di  fil.  rom.  I  163,  vgl.  auch  oben  Reali 
—  II  Romuleo  di  Benvenuto  da  Imola,  volgarizz.  del  sec.  XIV.  Bologna 
1867.  Coli.  21  u.  22  —  Rosa  fresca  s.  Contrasto  —  Rosa,  Salvator,  geb. 
1615  zu  Renella  b.  Neapel,  gest.  1673  zu  Rom.  Satirischer  Dichter;  erste 
Ausg.  seiner  sechs  Satiren.  Amsterdam  1719,  dann  öfters  —  Rucellai, 
Giovanni,  geb.  1475  zu  Florenz,  gest.  zu  Rom.  1526.  Lehrgedicht  Le  Api 
gedruckt  zuerst  Florenz  1539,  dann  oft,  meist  zusammen  mit  Alamanni  s 
Coltivazione.  Tragödien  Rosmunda,  Orestes  —  Ruggerone  da  Palermo, 
um  1230.  N  I  53.  G  60  —  Ruspoli,  Francesco.  Sonetti  editi  ed  in- 
editi col  commento  di  Andrea  Cavalcanti.     Bologna  1876.  Sc.   150. 

Sacchetti,  Franco,  geb.  um  1335  zu  Florenz,  gest.  ebenda  um  1405. 
Relativ  beste  Ausg.  seiner  "Werke  von  O.  GiGLl,  Florenz  1857  61.  3  Bde., 
Bd.  I  Sermoni  evangelici,  le  lettere  ed  altri  scritti  inediti  o  rare.  Bd.  II 
u.  in  Novelle.  I  431  —  II  Sacco  di  Prato  e  il  ritomo  de'  Medici  in  Fi- 
renze  nel  1512.  Narrazioni  in  verso  e  in  prosa.  Bologna  1880.  Sc.  177  u. 
178  —  Salimbene,  geb.  1221  zu  Parma,  gest.  gegen  Ende  des  Jahrh.'s. 
Chronicon,  am  besten  herausg.  in  Bd.  HI  der  Monumenta  hist.  ad  provin- 
cias  Parmensem  et  Placentinam  pertinentia.  Parma  1857.  A.  DovE,  Die 
Doppelchronik  von  Reggio  u.  die  Quellen  S.'s.  Leipzig  1873.  F.  Novati, 
La  Cronaca  di  S.,  in:  Giorn.  stör.  I  381,  und:  S.  e  il  vin  buono,  in:  Giorn. 

1)  Vgl.  auch  die  Nachträge  zu  den  Litteraturangaben  in  dem  Ver- 
zeichnisse der  letzteren. 


742 


TkLS  Italienische. 


stör.  II  344.  G.  502  —  I  Saltarelli  del  Bronzino  Pittore.  Bologna  1863, 
g(5_  34  —  n  Salterio  della  B.  V.  Maria  compilato  da  San  Bonaventura, 
volgarizz.  antico  toscano.  Bol.  1872.  Sc.  126  —  Salviati.  Rime  del  cav. 
Lionardo  S.  Imola  1871,  Sc.  117  —  Sanazzaro,  Jacopo,  geb.  1458  zu 
Neapel,  gest.  ebenda  1530.  Arcadia,  Venedig  1502  u.  oft,  z.  B.  Mailand 
1806  (mit  Anmerkungen)  u.  in  Bd.  16  des  Parnasso  ital.  (Bd.  26  dieser 
Sammlung  enthält  S.'s  Canzoniere).  Lateinische  Gedichte  (De  partu  vir- 
ginis  etc.).  F.  Tour.vca,  Gli  imitatori  stranieri  di  J.  S.  Rom  18b2,  vgl. 
Deutsche  Literaturztg.  1883,  No.  34  —  Sarpi,  Paolo,  geb.  1552  zu  Ve- 
nedig, gest.  ebenda  1623.  Istoria  del  Concilio  Tridentino.  London  1619, 
Genf  1629  etc.  Mehrere  Ausgg.  der  gesammten  AVerke,  z.  B,  Neapel  1690 
—  Savonarola,  Girolamo,  geb.  1452  zu  Ferrara,  gest.  (verbrannt)  1598 
zu  Florenz.  Die  Predigten  S.'s  sind  öfters  herausgegeben  worden,  z.  B. 
Venedig  1547,  in  neuerer  Zeit  Prato  1846.  *P.  Villari,  La  storia  di  G.  S.  e 
de'  suoi  tempi.  Firenze  1860  f.  (Anonym),  Nuovi  Documenti  e  studi  intomo 
a  G.  S.  Flrz.  1878.  Ein  die  neuere  Savonarola-Litteratur  zusammenfassender 
Artikel  in  der  R.  d.  d.  M.  15.  6.  18S0.  Vgl.  auch  A.  MoxTl,  I  Santi  e 
il  S.,  in:  Propugn.  XI  2,  357.  C.  WiTTE ,  Gottes  Frieden  nach  S.  ,  in: 
Rom.  Stud.  I  162  —  La  Scala  del  Paradiso  di  S.  Giovanni  Climaco,  testo 
di  lingua  del  sec.  XIV.  Bol.  1875.  Coli.  37  —  Della  Scelta  di  curiositä 
lett.  inedite  o  rare,  illustrazioni  del  prof.  G.  Carducci.  Bol.  1863.  Sc.  67  — 
Semprebene  aus  Bologna,  um  1250.  N.  I  136  —  Sercambi.  Novelle 
di  Giov.  S.  Bol.  1871.  Sc.  119  —  Ser  Giovanni  s.  Pecorone  —  Ser- 
mone di  San  Bernardino  da  Siena  sulle  Soccite  di  Bestiami.  Bol.  1862. 
Sc.  13  —  Due  Sermoni  di  Santo  Efrem  e  la  Laudazione  di  Josef.  Bol. 
1867.  Sc.  78  —  Serventese.  P.  R.4JXA,  Un  s.  contro  Roma  ed  un  canto 
alla  vergine,  in:  Giorn.  di  fil.  rom.  I  84  u.  II  73  —  Sette  Savi.  Diö 
ital.  Redactionen  der  S.  S.  sind:  1.  Der  handschriftl.  Erasto,  vgl.  Carducci 
Riv.  Italiana  IV  431  u.  Cappelli's  Ausg.  (s.  u.)  p.  64.  2.  Der  gedruckte 
Erasto,  vgl.  Rajna,  Rom.  VII  372,  wurde  von  Mario  Teluccini  versificirt  (1566). 
3.  II  libro  dei  Sette  Savi  di  Roma  ed.  d'Ancona.  Pisa  1864  (Bearbeitung 
des  französ.  Originals).  4.  Eine  in  einer  Hds.  des  Brit.  Mus.  enthaltene, 
ebenfalls  dem  frz.  Originale  nahe  stehende  Version,  herausg.  von  H,  Varn- 
iiAGEN,  Eine  ital.  Prosaversion  der  Sieben  Weisen,  Berlin  1881.  5.  11  libro 
dei  S.  S.  di  R.  ed.  Cappelli  Bol.  1S65,  Sc.  (;4.  6.  11  1.  dei  S.  S.  di  R. 
ed.  F.  RÖDIGER  Florenz  1883  (diese  und  die  unter  5  genannte  Version 
Ucbers.  eines  lat.  Originals,  herausg.  v.  A.  Mussafia  in  den  Sitzungsb.  d. 
Wiener  Akad.  d.  Wissensch.  Philos.-hist.  Cl.  Bd.  57  S.  94).  7.  Storia  d' 
una  crudele  matrigna  ed.  G.  della  Lucia.  Venedig  1832  u.  BoL  1862. 
Sc.  14.  8.  Storia  di  Stefano  figliuolo  d'  un  imperatore  di  Roma,  versione 
in  ottava  rima  del  libro  dei  S.  S.  ed.  P.  Rajxa.  Bol.  18S0.  Sc.  176.  Vgl. 
D.  CoMPAUETTi.  Intomo  al  libro  dei  S.  S.  di  R.  Pisa  1865,  und:  Riccrche 
intomo  al  libro  di  Sindibad.  Milano  1869.  P.  Rajxa,  Una  versione  in  ot- 
tava rima  del  libro  dei  S.  S.,  in:  Rom.  VII  22  u.  368,  X  1.  G.  173  u.  500. 
Vgl.  auch  oben  S.  332  unter  Sept  Sages  —  Sidrac.  II  libro  di  S.,  testo 
inedito  del  sec.  XIV.  Bol.  1868.  Coli.  25.  G.  381  —  Sieben  Weisen 
s.  Sette  Savi  —    Sonecti  s.  De  Petruciis    —    Cinque  Sonetti  an- 


Das  Italienische.  743 

tichi  ed.  A.  Mi'Ssakia.  Vi'kn  1^74,  v^-1.  Korn.  IV  291  —  Sonetli  giu- 
cosi  di  Antonio  da  Pistoja  e  sonetti  satirici  senza  nome  d'  autore.  Bol. 
18Ü5.  Sc.  58  —  La  seconda  Spagna  e  1'  Acquisto  di  Ponente  ai  tenipi 
di  Carlomagno,  testi  di  lingua  iuediti  dcl  scc.  XIV.  Bol.  1871,  Sc.  118  — 
Specchio  dei  peccatori  attribuito  a  S.  Agostino.  Bol.  1866.  Sc.  73  — 
Sperone  Speroni,  geb.  15U0,  gest.  1588.  Gesammtausg.  seiner  Opere 
Dialoge  etc.i.  Venedig  1740  —  Spinelli,  Matteo  Sp.  di  Giovinazzo. 
Diumali  'Annalen,  die  neapol.  Geschichte  von  1247  bis  1268  behandelnd), 
gedruckt  b.  Mik.^TORI,  Scr.  rcr.  Ital.  VII  10ö5  ;  neueste  Ausg.  von  ViGO 
und  DruA,  Neapel  1872.  Das  AVerk  ist  als  Fälschung  erwiesen  von  W. 
Beunuardi  im  Progr.  des  Luisenstädt.  Gj-mnas.  zu  Berlin  1868.  G.  166 
u.  501.  N.  III  —  StatutiSenesi  scritti  in  volgare  ne'  secoli  XIII  e 
XIV.  Bol.  1860.  Coli.  4,  5,  6  —  Stefano  Protonotario  aus  Messina,  um 
1250.  N.  I  91  —  Lo  Stimolo  d'Amore  attribuito  a  San  Bernardo,  testo 
di  ling.  inedito.  Bol.  1806.  Sc.  68  —  Storia.  1.  St.  di  Ajolfo  del  Barbi- 
cone  e  di  altri  valorosi  cavallieri  compilata  da  Andrea  di  Jacopo  da  Bar- 
beriuo  di  Valdelsa.  Bol.  1863  64.  Coli.  2  u.  3.  2.  Storia  di  san  demente 
Papa  fatta  volgare  nel  sec.  XIV.  Bol.  1863.  Sc.  31.  3.  St.  d'  una  fanciulla 
tradita  da  un  suo  amante  di  messer  Simone  Forestani  da  Siena.  Bol.  1862. 
Sc.  6.  4.  La  St.  di  Maria  per  Ravenna  scritta  nel  sec.  XV.  Bol.  1864, 
Sc.  45.  5.  St.  di  Rinaldino  da  Montalbano,  romanzo  cavalleresco  in  prosa. 
Bol.  1S65.  Coli.  II.  6.  St.  di  Fra  Michele  Minorita,  come  fu  arso  in  Fi- 
renze  nel  1389.  Bol.  1S64.  Sc.  50.  7.  St.  d'  una  crudele  matrigna  s.  oben 
Sette  Savi.  8.  La  St.  di  OttineUo  e  Giulia,  poemetto  pop.  in  ottava  rima. 
Bol.  1867.  Sc.  83.  9.  St.  di  St.  figliuolo  etc.,  s.  oben  Sette  Savi.  10.  A. 
MussAFLA.,  Sülle  versioni  italiane  deUa  St.  Trojana.  Wien  1871,  vgl.  Rom. 
I  389.  11.  St.  della  Reina  Ester  scritta  nel  buon  secolo  della  lingua.  Bol. 
1864.  Sc.  43  —  Storie.  Le  Storie  Nerbonesi,  romanzo  cavalleresco  del  sec. 
XIV  ed.  L  G.  IsoLA.  Bol.  1877  80.  Coli.  43,  44  —  Stornelli.  S.  Pieri, 
Un  migliajo  di  st.  toscani,  in:  Propugn.  XIII  1,  236,  2,  152;  XIV  1,  121, 
2,  16S  —  Strambotti.  A.  D'A^'Co^■A,  Str.  e  rispetti  dei  secoli  XIV,  XV, 
XVI.  Livorno  1876,  und :  Str.  di  Leonardo  Giustiniani ,  in :  Giorn.  di  fil. 
rom.  II  179,  vgl.  Propugn.  XIV  1,  450  ^bezieht  sich  auf  eine  Publication 
Sabatini's,  Alcuni  str.  di  L.  Giust.  Rom  1880).  Gextile,  Serenata  di  str. 
del  sec.  XV.  Prato  1SS3,  vgl.  Giorn.  stör.  II  221. 

Tancredi.  Principe  di  Salemo.  Novella  in  rima  di  Hieronimo  Beni- 
vieni  Fiorentino.  Bol.  1S63.  Sc.  28  —  II  Tancredi,  tragedia  di  Sempro- 
nio  Torelli.  Bol.  1875.  Sc,  147  —  Tasso,  Bernardo,  geb.  1493  zu  Ber- 
gamo, gest.  1569  zu  Mantua.  Lettere,  Venedig  1553  u.  Padua  1733  52, 
3  Bde.  (mit  einer  Vita  von  Seghezzi  u.  einer  Abhandig.  Serassi  s :  Intorno 
alla  patria  di  B.  e  Torqu.  T.).  Rime.  Bergamo  1749  (mit  einer  Vita  von 
Serassi;.  Ragionamento  della  poesia,  Venedig  1562.  Epos  Amadigi.  Ve- 
nedig 1560  u.  öfters,  z.  B.  Bergamo  1755.  Epos  Floridante.  Bologna  1587. 
Lyrische  Gedichte  u.  d.  T.  Amori.  Venedig  1555  u.  1560.  Imii  e  odi. 
Venedig  1560.  Lettere  inedite  di  B.  T.  precedute  daUe  notizie  intorno  alla 
vita  del  medesimo.  Bol.  1869.  Sc.  103.  Lettere  ined.  di  B.  T.  ed.  A.  PoR- 
TIOLI.  Mantua  1871  — Tasso,  Torquato,  geb.  11.3.  1544  zu  Sorrent,  gest. 


744  D^s  Italienische. 

zu  S.  Onofriü  in  Rom  25.  4.  1595.  ZvR  BIOGRAPHIE  ij  :  Aeltere  Biogr.  von 
Manso  (T.'s  Freund;  u.  Serassi,  llom  1785  u.  Bergamo  1791,  2  Bde.,  Man- 
so's  Vita  oft  den  Ausgg.  der  'SA'erke  T.'s  vorgedruckt.  Neuere  Schriften: 
Zuccala,  Vita  del  T.  Milano  1819.  Stefano  Giacomazzi,  Dialoghi  sopra  gli 
amori,  la  prigionia,  le  malattie  e  il  genio  famigliare  di  T.  T.  Brescia  1827. 
C.  MoDESTixo,  Della  dimora  del  T.  in  Napoli.  Discorso  lo  Napoli  1861, 
Disc.  2P  ibid.  1803.  M.  Gualandi,  Frocesso  fatto  in  Bologna  a  T.  T. 
Bol.  1804.  B.  Capasso,  II  T.  e  la  sua  famiglia  in  Sorreuto.  Nap.  1866. 
L.  TosTi,  T.  e  i  Beneuittini  Cassinesi.  Montecasino  1S77.  F.  L.  Cecchi, 
T.  T.  e  la  vita  ital.  nel  sec.  XYI.  Florenz  1877  (in  das  Deutsche  übers, 
von  H.  V.  Lebzeltern.  Leipzig  1S80;  das  Buch  genügt  nur  massigen  An- 
sprüchen). Fr.  d'Ovidio,  II  Carattere,  gli  amori  e  le  aventure  di  T.  T., 
in:  Saggi  critici,  Napoli  1879,  p.  185  (vortrefilich ,  aber  noch  nicht  ab- 
schliessend). G.  I.  Ferrazzi,  T.  T.  ,  studi  biogratico-critici-bibliografici. 
Bassano  1S80,  vgl.  Propugn.  XIII  2,  455  u.  XIV  1,  266.  F.  CoRRAUi,  Le 
infermitä  di  T.  T.,  in:  Mem.  del  R.  Ist.  Lomb.  di  sc.  e  lett.  Vol.  XIV 
:=  Serie  III  Vol.  V)  fasc.  III,  IS'^l,  vgl.  d'Ovidio  in  Fanf.  della  Dom. 
5.  u.  19.  2.  1882  (ein  ähnliches  psychiatrisches  Essay,  Tivie  CoiVElADl,  hat 
bereits  im  J.  1845  der  Irrenarzt  A.  Verga  u.  d.  T.  Sulla  Lipomania  del 
T.  im  Giom.  del  Istituto  lombardo,  p.  38,  veröffentlicht  .  De  Gattis,  T. 
T.  e  la  principessa  Eleonora  d'Este.  Milano  18S1.  Ferrazzi,  Del  cattolo- 
cismo  di  T.  T.  Bassano  18S1.  A.  Malmignati,  Anedotti  di  T.  T.  a  Pa- 
dova,  in:  Dom,  lett.  4.  6.  1882,  vgl.  Giom.  stör.  I  164.  P.  Antolini,  Di 
una  orazione  di  T.  T.  e  della  crouaca  di  I.  Riminaldi,  in;  Bibliofilo  18S2 
Oct.  u.  Nov.,  vgl.  Giom.  stör.  I  162.  V.  Cherbuliez  hat  Tasso's  tragi- 
sches Geschick  in  einem  Romane  »Le  Prince  Vitale«  Paris  1861,  vor- 
her in  der  Revue  d.  d.  M.  erschienen)  behandelt,  welcher,  wenn  er  auch 
durchaus  keinen  biographischen  Werth  besitzt,  doch  wegen  der  darin  an- 
gewandten psychologischen  Kunst  sehr  beachtenswerth  ist  und  jedenfalls 
eine  ebenso  anregende  wie  spannende  Lecture  gewährt.  Die  "Werke  T.'s : 
I.  Epen  :  1.  Rinaldo  1562.  Neueste  Ausg.  (zusammen  mit  dem  Amintaj  ed. 
G.  Mazzoni.  Florenz  1885,  vgl.  Giom.  stör.  VI  422.  2.  La  Gerusalemme 
liberata,  erste  vollständige  Ausg.  Casalmaggiore  u.  Parma  1581  (vorher  ein 
unvollständiger,  ohne  Genehmigung  des  Verf.'s  vcranstalteter  Druck  u.  d. 
T. ;  II  Goffredo.  Venedig  1580,  umgearbeitet  u.  d.  T.  ;  La  G.  conquistata. 
Rom  1593.  Diese  Umarbeitung,  nach  engherzigen  sachlichen  und  sprach- 
lichen Gesichtspunkten  unternommen,  hat  das  ursprüngliche  Gedicht  nicht 
nur  nicht  zu  verdrängen  vermoclit,  sondern  ist  vielmehr  von  ihm  völlig 
verdrängt  worden.  Die  G.  1.  ist  in  zahllosen  Ausgg.  erschienen  und  wohl 
in  alle  Cultursprachen,  namentlich  aber  auch  in  alle  ital.  Dialecte  über- 
setzt worden.  Vgl.  U.  GuiDi,  Annali  delle  edizioni  e  delle  versioni  della 
G.  1.  e  d'  altri  lavori  al  poema  relativi.  Bol.  1S6S.    Gleichwohl  fehlt  noch 


1)  Eine  reichlich  fliessende,  aber  mit  grosser  Vorsicht  zu  benutzende 
Quelle  für  T.'s  Biogr.  sind  seine  Briefe  und  sein  »Discorso  sopra  vari 
accidenti   della   sua  vita  scritto  a  Scipione  Gonzaga«    Bd.  8  der  Venezian. 


)uzaga' 
Gesammtausgabe/ 


l);is  Itiilienischo.  745 

eine  wissensclmftl.  Ansprüchen  voll  genüf^fcnde  kritische  und  cumuientirte 
Ausg.;  für  gewöhnliche  ZAvecke  ist  z.  B.  die  von  Scautazzini  in  Brock- 
haus' Biblioteca  d'autori  ital.  Bd.  2  gegebene  ausreichend.  Ueber  die 
Quellen  des  Gedichtes  vgl.  namentl.  d'Axcoxa  in  der  llassegn.  settim.  1 
374.  Eingehend  über  die  G.  1.  in  ästhetischer  Bezieluing  hat  neuerdings 
gehandelt  Colagkosso,  Studi  sul  Tusso  e  sul  I.eopardi.  Forli  18S4,  vgl. 
Bibliogr.  Anz.  f.  rom.  Spr.  u.  Lit.  III,  p.  lOO.  Beste  deutsche  Uebers.  der 
G.  1.  ist  die  von  Gkies  in  zahbeichen  Autlagen  in  der  Weidmauu'schen 
Buchhandlg.  zu  Berlin  erschienene.  3.  Le  Sette  Giornate  del  Mondo  Creato. 
Venedig  IGOO  'nur  die  beiden  ersten  G.),  Viterbo  l(i07  (vollständig).  II. 
Dkamex.  1.  Das  Schäferdrama  Aminta,  1572.  Vgl.  Pkllegrini,  L' Aminta 
di  T.  T.  Pisa  ISSO.  2.  Die  Tragödie  Torrismondo.  Bergamo  15S7.  III. 
Lyrische  Gedichte  ^Rime).  IV.  Pküsa-schkiiten.  1.  Philosophische, 
moralphilos.,  ästhetische  Abhandlungen  in  Dialogform,  z.  B.  Discorsi  delV 
arte  poetica,  il  Minturno  ovvero  della  bellezza,  il  Gonzaga  ovvero  del 
giuoco  etc.  2.  Briefe.  Die  Prosaschriften  sind  am  besten  von  C.  Gvasti 
(Le  Prose  diverse  di  T.  Tasso  nuovamente  raccolte  ed  emendate.  Firenze 
1875)  edirt.  Vgl.  ausserdem  A.  PouTlOLl,  Scritti  inediti  di  T.  T.  Firenze 
1?T0,  und:  Dodici  lettere  di  T.  T.  delle  quali  uua  per  la  prima  volta 
pubblicata.  le  altre  giä  sparsamente  impresso,  ora  di  nuovo  cavate  da  mss. 
Faenza  1S6S  per  nozze  Zambrini-Della  Volpe.  Gesammtausgg.  der  W.  T.'s 
erschienen  Florenz  1726,  0  Bde.,  Venedig  1722/42,  12  Bde.,  Pisa  1821/32 
(von  Rosini]  ;  die  letztere  ist  die  beste  —  Tassoni,  Alessandro,  geb. 
1565  zu  Modena,  gest.  ebenda  1635.  La  Secchia  rapita.  Paris  1622,  Rou- 
ciglione  (Rom)  1624  u.  oft,  z  B.  im  Parnasso  ital.  Bd.  36  und  in  den 
mailänder  Classici  ital.  Bd.  163.  Rime  di  A.  T.  raccolte  sui  codici  e  le 
stampe.  Bol.  ISSO.  Sc.  174.  F.  Nuxziante,  II  conte  A.  T.  e  il  seicento. 
Milano  1885  (wenig  bedeutend,  vgl.  Giorn.  stör.  V  462  Anm.  2).  U.  Ronca, 
La  S.  r.  di  A.  T.  Studio  critico.  Caltanissetta  1884  (gutes  Buch),  vgl. 
Giorn.  stör.  V  461.  T.  Casini,  Sopra  alcune  rime  di  A.  T. ,  in:  Propugu- 
Xn  1,  153  —  Tavola  Rotonda,  o  1' Istoria  di  Tristano  etc.  ed.  PoLl- 
DORI  e  Baxchi.  Bol.  1864/67.  Coli.  8  u.  9.  N.  II  155.  G.  174  u.  501  — 
Tempo  s.  Antonio  da  T.  —  Terino  aus  Castelfiorentino ,  um  1250. 
N.  I  229  —  Tesoro,  Tesoretto,  1.  s.  oben  Latino.  2.  II  T.,  eanto 
carnascialesco  mandato  a  Cosimo  I.  Granduca  da  Lorenzo  Braccesi  etc. 
Bol.  1S64.  Sc.  49  —  Testi.  T.  Casixi,  Testi  inediti  di  antiche  rime,  s. 
oben  unter  A.  a)  S.  695  —  Testi,  Fulvio,  geb.  1593  zu  Ferrara,  gest. 
1646  zu  Modena.  Lyriker.  Opere  scelte  (mit  einer  Vita;.  Modena  1S17  — 
Theater.  1.  P.  Emill^m-Giudici,  Storia  del  T.  in  Italia.  Firenze  1869. 
2.  A.  d'Axcoxa,  Origini  del  T.  in  Italia,  studj  sulle  sacre  rappresentazioni 
seguiti  da  un  appendice  sulle  rappresentazioni  del  contado  toscano.  Fi- 
renze 1S77,  und  früher:  Rappresentazioni  sacre  dei  sec.  XIV,  XV  e  XVI, 
raccolte  e  illustrate.  Firenze  1S72,  vgl.  Rom.  11  266.  3.  E.  MoNACl,  Uf- 
lizj  drammatici  dei  Disciplinati  dell'  Umbria,  in  :  Riv.  di  fil.  rom.  I  235 
u.  II  29.  4.  G.  Mazzatini,  I  Disciplinati  di  Gubbio,  in:  Giorn.  di  fil. 
rom.  in  85.  5.  G.  Padovan,  Gli  uffizj  dramm.  dei  Discipl.  di  G. ,  in: 
Arch.  stör,  per  le  Marche  e  per  1'  Umbria.  Vol  I  (1884),  fasc.  1,  vgl.  Giorn. 


74 G  Das  Italienische. 

stör.  III  299.  G.  L'  Adorazione  dei  Magi,  azione  drammatica,  ed.  A.  Baccui 
DELLA  Lega.  Bol.  1882.  Sc.  189,  vgl.  Literaturbl.  f.  germ.  u.  rom.  Phil. 
IV  228.  7.  G.  Cherubim,  Un  dramma  sacro  del  sec.  XV  (seil,  die  Pas- 
sione  des  Antonio  Rorici),  in:  II  Fanfani  25.  Febr.  1882,  vgl.  Giom.  stör. 
I  163.  8.  F.  ToiiRAC'A,  Reliquie  viventi  del  dramma  sacro  nel  Napoletano, 
in:  Giom.  di  fil.  rom.  IV  8.  9.  E.  LoMBARDi,  La  tragedia  ital.  nel  Cin- 
quecento, in:  Propugn.  XVIII  1,  202.  10.  A.  d'Ancoxa  ,  II  teatro  nian- 
tovano  nel  sec.  XVI,  in:  Giom.  stör.  V  1  u.  VI  1.  11.  C.  Braggio,  Una 
tragedia  inedita  del  risorgimento  (nämlich  »De  captivitate  ducis  Jacobi« 
des  Laudivio  de'  Nobili  da  Vezzano).  Genua  1884,  vgl.  Giom.  stör.  HI 
468.  12.  Fr.  d'Ovidio,  Due  tragedie  del  Cinquecento  (der  Edipo  des  An- 
guillara  und  der  Torrismondo  des  Tasso),  in:  Saggi  critici,  Napoli  1879, 
p.  272.  13.  A.  Graf,  Studj  drammatici.  Turin  1878  (enthält:  Tre  commedie 
del  Cinquecento  [La  Calandra,  La  Mandragora,  II  Candelaio] ;  il  Mistero  e 
le  prime  forme  dell'  auto  sacro  in  Ispagna).  14.  A.  Baschet,  Les  come- 
diens  Italiens  ä  la  Cour  de  France.  Paris  1882,  vgl.  Fanf.  della  Dom.  17, 
12.  1882.  15.  YORICK,  Das  ital.  Theater  seit  1848,  in  Hillebrand's  Italia 
Bd.  II  195.  Vgl.  auch  oben  Commedia  3  u.  Drama  —  Todi  s.  Jaco- 
pone  da  T.  —  Tommaso  di  Sasso  aus  Messina,  um  1250.  N.  I  8S  — 
Tractato  del  Diavolo  co'  Monaci,  istoria  in  ottava  rima  di  Bernardo  Giam- 
bullari.  Bol.  1866.  Sc.  70  —  Trattatello.  1.  Tr.  delle  virtü,  testo  fran- 
cese  di  Frate  Lorenzo  de'  Predicatori  e  toscano  di  Zucchero  Bencivenni 
scritt.  del  sec.  XIV.  Bol.  1863.  Sc.  26.  2.  Tr.  della  verginitä,  testo  di 
ling.  dell'  aurco  trecento.  Bol.  1864.  Sc.  46  —  Trattati  di  Mascalcia  at- 
tribuiti  ad  Ippocrate,  volgarizzati  nel  sec,  XIIl.  Bol.  1865.  Coli.  12  — 
Trattato  dell'  Arte  del  Ballo  di  Guglielmo  ebreo  pesarese,  testo  inedito 
del  sec.  XV.  Bol.  1873.  Sc.  131  —  Trattato  di  Virtü  morali.  Bol.  1S65. 
Sc.  61  —  Trissino,  Giangiorgio,  geb.  1478  zu  Vicenza,  gest.  1550  zu 
Rom.  Epos  L'Italia  liberata  da'  Goti  (27  canti  in  versi  sciolti).  Rom  1547 
u.  öfters,  zuletzt  Venedig  1837.  La  Sofonisba,  tragedia.  Rom  1524  u.  oft, 
letzte  Ausg.  mit  den  Noten  T.  Tasso's  von  F.  Paglieram.  Bol.  1S84, 
vgl.  Giorn.  stör.  IV  432.  I  Simillimi.  Venedig  1548,  Parma  1799,  Milano 
1864.  Rime.  Vicenza  1529,  Verona  1729.  Carmina  latina  et  alia.  Verona 
1726  u.  öfters.  La  Poetica.  Vicenza  1529  u.  1562.  Üebers.  von  Dante's 
De  vulg.  eloqu.  Vicenza  1529.  La  Epistola  delle  Lettere  nuovamente  ag- 
giunte  nella  ling.  ital.  1524  (Neudruck  Mailand  1864'.  II  Castellano.  Vi- 
cenza 1529  (Neudruck  Mailand  1864).  Grammatichetta.  Vicenza  1529.  Die 
sonstigen  Schriften  Tr.'s  sehe  man  in  dem  gleich  zu  nennenden  Werke 
Morsolin's  p.  XXX\T  ff.  *B.  MoRSOLlN,  G.  Tr.  o  monografia  di  un  lette- 
rato  del  sec.  XVI.  Vicenza  1878  in  der  Prefazione  macht  INI.  Angaben 
über  ältere  Biographien  Tr.'s  ,  darnach  giebt  er  eine  sorgfältige  Bibliogra- 
phie der  Werke  Tr.'s) ,  von  demselben :  Esame  d'  uno  scritto  recente  in- 
torno  all'  Italia  liberata  dai  Goti.  Venedig  1883.  Vgl.  d'Axcona  in  seinen 
Varietä  stör,  e  lett.  2^  serie,  Milano  J885,  No.  XII  —  Trojasage  s. 
Storia  10  —  Trovatori.  O.  Schultz,  Die  Lebensverhältnisse  der  ital. 
Troubadours.  Berlin  1883  (auch  in  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  VII  177  u.  IX  116), 
vgl.   Giorn.    stör.   II  395.     T.  Casini  ,    Un  trovatore   ignoto   del  sec.   XIII 


Das  Italienische.  7-17 

Luchetto  Catalusi  ,  in:   Kassefina  settim.   H.  0.  so,  vgl.  Koni.  IX    Is'.t    und 
I  trovatori    nella   Marca    trevigiana,    in:    Propugn.    XVIII    1,    1  1"J.     \'gl. 
auch  Buvalelli  u.  Zorzi. 

Ubaldini,  Ottaviano  degli,  um  1200.  N.  I  352  —  Ubaldu  di 
Marco,  Zeitgenosse  Guittones  d'Arezzo.  N.  I  208  —  Ubbie,  Ciancioni  e 
Ciarpe  del  sec.  XIV.  Bol.  ISGO.  Sc.  72  —  Üb  erti,  Fazio  degli,  geb 
im  ersten  Jahrzehnt  des  1-1.  Jahrh.'s  zu  Pisa,  gest.  nach  1308.  *Liriche 
edite  e  inedite  di  F.  degli  U.  Testo  critico  preceduto  da  una  introduzione 
siiUa  famiglia  e  sulla  vita  dell'  autore  per  cura  di  K.  Renieh.  Florenz 
1SS3  (gediegenes  u.  reichhaltiges  Werk),  vgl.  Propugn.  XVI  1,  470,  Giorn. 
stör.  I  400.  Das  Lehrgedicht  Dittamondo.  Viccnze  1474,  Venedig  15U1 
u.  1S20,  Milano  1820,  Venedig  1835  (besorgt  von  F.  Z.\X0TT0).  li.  Re- 
NIER,  Alcuni  versi  greci  del  Ditt. ,  in:  Giorn.  di  fil.  rom.  III  18-  — 
Uberti,  Lapo  degli,  aus  Florenz,  um  1270.  N.  I  259.  Grion  im  Jahrb. 
f.  rom.  u.  engl.  Lit.  X  203,  Rexier,  Liriche  etc.  G.  215  u.  508  —  Uc- 
cellaria  ovvero  discorso  deUa  natura  e  proprietä  di  diversi  uccelli  etc. 
Rom  1022,  vgl.  Propugn.  XA'I  1,  154  —  Uggieri.  P.  Rajna,  U.  il  Ua- 
nese  nella  lett.  romanzesca  degli  Italiani,  in:  Rom.  II  153,  III,  31, 
IV  398  —  Ugo  d'Alvernia.  Storia  di  U.  d'A.,  volgarizzata  nel  sec.  XIV 
ed.  A.  D.\  Berberino.  Bol.  1S82.  R.  Renier,  La  discesa  d'Ugo  d'A.  all' 
Inferno  secondo  il  codice  franco-ital.  di  Torino.  Bol.  1883,  vgl.  Propugn. 
XVI  2,  185  —  Ugucon.  A.  Toblek,  Das  Buch  von  ü.  da  Laodho.  Ber- 
lin 1884  (Denkschr.  der  Berl.  Akad.  d.  Wissensch.) ,  vgl.  Giorn.  stör.  III 
458,  Propugn.  XVII  2,  465  —  Urbano,  Novelle,  vermuthlich  von  Boc- 
caccio verfasst,  vgl.  oben  Legende  No.  11,  vgl.  auch  oben  S.  318  le  Dit 
de  lemp.  Constantin  —  Urceo  s.  oben  Codro. 

Vagantenpoesie.  F.  Novati,  Carmina  medii  acvi  Florenz  1883. 
Giesebrecht,  die  Vaganten  oder  Goliarden  u.  ihre  Lieder,  in:  Allgcm. 
Monatsschr.  f.  "Wissensch.  u.  Litt.  1853,  p.  41.  A.  Bartoli,  I  precursori 
del  rinascimento  Florenz  1877.  A.  Straccau,  I  Goliardi  ovvero  i  clerici 
vagantes  deUe  universitä  medievali.  Florenz  1880.  G  47  u.  483  —  Valerio 
Massimo,  De'  fatti  e  detti  degni  di  memoria  etc.,  testo  di  ling.  del  sec. 
XIV.  Bologna  1SÜ7.  Coli.  23  u.  24.  Saggio  del  volgarizzamento  antico  di 
Val.  Mass.  Bologna  1862.  Sc.  24  —  Varchi,  Benedetto,  geb.  1502  zu 
Florenz,  gest.  ebenda  1565.  Istoria  delle  guerre  della  Repubblica  Fioren- 
tina  etc.,  zuerst  gedruckt  Cöln  1721.  TErcolano.  Florenz  1570  u.  1730,  Pa- 
dua  1744  —  Verri,  Alessandro,  geb.  1741  zu  Mailand,  gest.  1810  zu 
Rom;  sein  berühmtestes  "Werk  :  Le  Notti  Romane  Rom  1792  u.  (vollständig) 
1804  —  Vettori.  Lettere  di  Pietro  V.  Bologna  1S70.  Sc.  115  —  Un  Viag- 
gio  a  Perugia  fatto  e  descritto  dal  Beato  Giovanni  Dominici  nel  i;'.95  con 
alcune  sue  lettere  etc.  Bologna  1804.  Sc.  48  —  II  Viaggio  di  Carlomagno 
in  Ispagna  per  conquistare  il  cammino  di  S.  Giaconio.  Imola  1871.  Sc.  123 
u.  124  —  Un  Viaggio  di  Ciarice  Ürsini  de'  Medici  nel  1405  descritto  da 
ser  Matteo  Franco.  Bologna  186S.  Sc.  98  —  I  Viaggi  s.  oben  Manda- 
ville  —  Vigne  s.  oben  Piero  delle  V.  —  Villani,  Giovanni  (v  1348), 
dessen  Bruder  Matteo  (-1-1363)  u.  Filippo,  Sohn  M.'s,  Istorie  Fiorentine 
b.    MURATORI,   Rer.   Ital.    Scr.  XIV  0  bis  770.   Einzeldruck  z.  B.    Florenz 


748  -^^^  Italienische. 

1823,  in  der  Bibl.  class.  ital.  Triest  1S57.  G  371  u.  533  —  Visione  di 
Tugdalo,  volgarizzata  nel  sec.  XIV.  Bologna  1872.  Sc.  128.  x\.  Mv.ssafia, 
Sulla  V.  di  T.  "NN'ien  1870.  A.  AVagxeu,  Vis.  Tungdali.  Lat.  u.  Altdeutsch, 
herausg.  v.  A.  W.  Erlangen  1882,  vgl.  Ztschr.  f.  rem.  Phil.  VI  125  —  La 
Visione  di  Venus  ed.  A.  d'Ancona,  in:  Giorn.  di  ül.  rom.  I  111  — 
Vita.  1.  V.  di  Fr.  Petrarca  scritto  da  incerto  trecentista.  Bologna  18C1. 
Sc.  5.  2.  V.  e  frammenti  di  Saffo  da  Mitilene.  Bologna  18G3.  Sc.  37. 
3.  V.  di  S,  Guglielma  regina  d'Ungheria  e  S.  Eufrasia  vergine  Romana 
scritta  da  Frate  Antonio  Bonfadini.  Bologna  1878.  Sc.  159.  4.  La  V.  di 
Romolo  composta  in  lat.  da  Fr.  Petrarca  col  volgarizzamento  di  Maestro 
Donato  da  Pratovecchio.  Bologna  1802.  Sc.  18  —  Vite.  1.  Le  V.  di  Numa 
e  T.  Ostilio,  testo  lat.  di  Fr.  P.  e  toscano  di  M.  Donato  da  Pratovecchio. 
Bologna  1863.  Sc.  29.  2.  Le  V.  dei  santi  Padri  s.  oben  Cavalca.  3.  Le 
Vite  degli  uomini  illustri  s.  oben  Albanzani  —  Vittoria  Colonna  s. 
Colonna  —  II  Volgarizzamento  delle  favole  dette  di  Esopo,  testo  di 
lingua  con  un  discorso  intorno  la  origine  della  favola,  la  sua  ragione  sto- 
rica  e  i  fonti  dei  volgarizz.  italici.  Bologna  1860.  Sc.  75  u.  76  —  Volga- 
rizzamento della  Istoria  della  Guerra  Giudaica  di  Josefo  Flavio  etc.  Bo- 
logna 1879.  Coli.  47  u.  48  —  Volgarizzamento  dei  Trattato  della  cura 
degli  occhi  di  Pietro  Spano.  Imola  1873.  Sc.  130. 

Zambeccari.  R.  Förster,  Francesco  Z.  u.  die  Briefe  des  Libanius. 
Stuttg.  1&7S,  vgl.  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  III  408  —  Zappi,  Giambattista 
Feiice,  geb.  1667  zu  Imola,  gest.  1719  zu  Rom.  Rime,  oft  gedruckt,  z.  B. 
Venedig  1723,  Rom  1757,  in  Bd.  42  des  Parn.  ital.  Seine  Vita  in  Cuescim- 
BENl's  Vite  degli  Arcadi  illustri  t.  IV  143  —  Zorzi  (Zorgi),  Berto- 
lome.  Der  Troubadour  B.  Z.  herausg.  v.  E.  Levy.  Halle  1883,  vgl.  Giorn. 
stör.  II  425. 

Das  vorstehende  Verzeichniss  kann,  wie  ausdrücklich  bemerkt  werden 
mag,  auf  Vollständigkeit  in  keiner  Hinsicht  auch  nur  entfernt  Anspruch 
erheben,  sondern  soll  eben  nur  einige  Hinweise  und  Anhaltepunkte  geben. 
Eine  auch  nur  einigermassen  vollständige  Bibliographie  der  ital.  Litteratur- 
geschichte  würde  mindestens  einen  starken  Band  füllen.  Denn  ungemein, 
ja  erschreckend  umfangreich  ist  die  Masse  dessen,  was  über  ital.  Littcra- 
tur  geschrieben  worden  ist.  Es  steht  dies  im  engsten  Zusammenhange  mit 
den  geschichtlichen  Schicksalen  Italiens,  vermöge  deren,  wie  für  das  poli- 
tische, so  auch  für  das  Culturleben  der  Nation  eine  Vielheit  von  Ent- 
wickelungsstätten  sich  gebildet  hat.  Machte  auch  seit  Dante's  Zeit  der 
nationale  Gedanke  mehr  und  mehr  sich  geltend  und  verlieh  er  auch  dem 
italienischen  Volke  zunächst  die  ideale  und  endlich  neuerdings  die  reale 
Einheit,  so  behauptete  sich  doch  trotz  aller  Einheitsbestrebungen  die  gei- 
stige Eigenart  und,  um  so  zu  sagen,  die  Culturautonomie  der  einzelnen 
Landschaften  und  Städte.  Selbst  der  Versuch  einer  Centralisation  des 
geistigen  Lebens  konnte  nicht  gemacht,  ja  nicht  einmal  gedacht  werden. 
Wohl  übte  Florenz  eine  Art  Culturhegemonie  aus,  aber  es  war  eine  Hege- 
monie mildester  Form,  zumal  da  sie  aller  äusseren  Machtmittel  entbehrte, 
sie    war  wirklich   nur    eine   Leitung   und  Anleitung,    keine  gesetzgebende 


Das  Italienische.  749 

Herrschaft.  So  konnten  auch  neben  Florenz  noch  Bologna,  Rom,  Neapel, 
Venedig:,  Mailand  und  andere  Städte  Centren  des  «jeistijren  Lebens  sein, 
so  konnte  selbst  an  unbedeutenden  Orten  wenigstens  zeitAveilig  unter  der 
Gunst  besonderer  Verhältnisse  geistiges  Leban  erblühen ,  wie  dies  etwa  in 
Ferrara,  in  Urbino,  in  Pesaro  und  in  so  mancher  anderen  kleinen  Resi- 
denz oder  Republik  geschah.  So  hat  fast  jede  nur  einigermassen  nennens- 
werthe  Stadt  des  städtereichen  Landes  ihre  litterarische  Vergangenheit, 
ihren  litterarischen  Ruhm,  ihre  litterarischen  Denkmale  und  Institutionen. ') 
Daher  auch  die  Vielheit  von  Universitäten,  Akadcmieen,  gelehrten  und 
poetischen  Gesellschaften.  Jede  dieser  Corporationen  aber  ist  wieder  ein 
Herd  mehr  oder  weniger  fruchtbarer  litterarischer  Thätigkeit,  deren  vor- 
züglichstes Object,  wenigstens  häufig,  die  locale  Litteraturgeschichte  ist. 
Und  so  erklärt  es  sich  denn,  dass  die  Masse  der  vorhandenen  litterarge- 
schichtlichen  Monographien,  Sammelwerke,  Gesellschaftsschriften  u.  dgl. 
geradezu  unübersehbar  ist;  so  erklärt  es  sich  auch,  dass  die  Zahl  der  aus- 
schliesslich oder  doch  gelegentlich  mit  litterarischen  Dingen  sich  beschäf- 
tigenden Zeitschriften  eine  unheimliche  Höhe  erreicht  hat^  und  voraus- 
sichtlich noch  mehr  steigen  wird.  Xun  befinden  sich  freilich,  wie  sehr  be- 
greiflich, unter  dieser  Schriftenmasse  grosse  Haufen  werthloser  Spreu, 
immerhin  ist  aber  doch  gar  nicht  selten  selbst  in  wenig  bekannten  Publi- 
cationen  und  periodischen  Blättern  auch  Gediegenes  und  Neues  anzutref- 
fen, wovon  derjenige  Notiz  nehmen  muss,  welcher  mit  dem  betr.  Gegen- 
stande sich  eingehend  beschäftigt.  'Wer  also  auf  irgend  einem  Theilgebiete 
des  weiten  Feldes  der  ital.  Litteratur  wissenschaftlich  zu  arbeiten  beab- 
sichtigt, versäume  nicht,  sorgfältige  Umschau  zu  halten  und  sich  über  die 
betr.  Specialbibliographie  eingehend  zu  Orientiren.  Für  die  bedeutenderen 
Autoren  ist  dies  übrigens  durch  die  bereits  vorhandenen  und  oben  ge- 
nannten bibliographischen  Werke   sehr   erleichtert  und   über  die  seit  dem 


1  Man  denke  z.  B.  an  Arezzo.  Diese,  heute  etwa  12  000  Einwohner 
zählende  Stadt  hat  politisch  nie  eine  hervorragende  RoUe  gespielt,  und 
doch  wie  bedeutsam  ist  sie  für  die  ital.  Litteratur  als  Geburtsort  Petrar- 
ca's,  PietroAretino's,  Accoltis,  Redi's  und  so  mancher  Anderer!  In  Deutsch- 
land ist  ja,  und  zwar  aus  ganz  analogem  Grunde,  vielfach  Aehnliches  zu 
finden  ^man  denke  z.  B.  an  Jena  oder  "Wolf enbüttel ! ) ,  aber  es  giebt  doch 
in  Deutschland  weite  Landschaften  ohne  irgend  welche  bedeutsame  litte- 
rarische Vergangenheit  so  z.  B.  das  Avestfälische  Sauerland,  ;  in  Italien 
sind  litterarisch  unfruchtbare  Strecken  so  erheblichen  Umfanges  kaum  an- 
zutreffen. 

2)  Eine  ungefähre  Idee  davon  erhält  man,  wenn  man  den  »Spoglio 
delle  pubblicazioni  periodiche«  des  Giorn.  stör,  durchblättert;  z.  B.  in  dem 
am  Schlüsse  des  5.  Bandes  gegebenen  sind  über  CO  itaL  Zeitschriften  auf- 
geführt; einzelne  derselben  erscheinen,  was  sehr  bemerkenswerth ,  in  ver- 
hältnissmässig  unbedeutenden  Orten,  wie  Foligno,  Spoleto ,  Trani ,  No- 
vara.  Diese  Zeitschriftenfülle  ist  zugleich  ein  beredtes  Zeugniss  für  das 
lebendige  Interesse  auch  des  grossen  Publicums  an  Litteratur.  Ein  ande- 
res Zeugniss  hierfür  ist  die  Sitte,  Hochzeiten  durch  litterarische  Publica- 
tionen  zu  feiern.  Freilich  hat  diese  Sitte  die  verdriessliche  Seite,  dass  die 
mitunter  recht  werthvollen  Schriften  »per  le  nozze«  meist  nicht  in  den 
Buchhandel  kommen  und  folglich  nur  schwer  oder  auch  gar  nicht  zu  er- 
langen sind. 


750  I^^s  Italienische. 

Erscheinen  dieser  "Werke  hinzugekommene  Litteratur  geben  die  Bibliogra- 
phie der  Ztschr.  f.  rom.  Phil.,  der  bibliogr.  Anzeiger  f.  rom.  Phil,  und 
namentlich  das  Giorn.  stör,  hinreichende  Auskunft;  letztgenannte  Zeit- 
schrift ist  übrigens,  weil  in  trefilichster  Weise  redigirt,  auch  sonst  Jedem, 
der  für  ital.  Litteratur  sich  interessirt,  angelegentlichst  zum  Studium,  bzw. 
zur  Lecture  anzuempfehlen,  es  ist  eine  Zeitschrift,  die  in  rühmlichster 
Weise  Zeugniss  ablegt  von  der  Gelehrsamkeit  vmd  wissenschaftlichen  Me- 
thode ihrer  Mitarbeiter,  nicht  minder  von  deren  gesundem  Urtheile  und  ihrer 
richtigen,  jedem  Pedantismus  abholden  Auffassung  litterarischer  Dinge. 

C.  Hülfsmittel  für  das  Studium  der  Italien.  Geschichte: 
1.  Grösste  und  beste  Sammlung  von  Quellenschriften  sind:  Muhatori's 
Herum  italicarum  scriptores  praecipui.  Mailand  1723/51,  25,  bzw.  2S  Bde., 
und :  Antiquitates  italicae  medii  aevi  post  declinatiouem  llom.  imperii  ad  a. 
1500.  Mailand  1738/42.  Graevius,  Thesaurus  antiquitatum  et  historiarum 
Italiae.  Lugd.  Bat.  1704/23.  30  Bde.  Monumenta  historiae  patriae.  Aug. 
Taurinorum  seit  lS3ü.  Monumenta  historica  ad  provincias  Pannensem  et 
Placentinam  pertinentia.  Parma  1855/59,  4  Bde.  TiRABOSCHi,  Biblioteca 
Modenese.  Modena  1781,  G  Bde.  üghelli,  Italia  sacra,  2»  ed.  Venedig 
1717/25,  10  Bde.  2.  Ein  die  Geschichte  Gesammtitaliens  behandelndes, 
wissenschaftlichen  Ansprüchen  genügendes  "Werk  fehlt,  und  es  ist  dies  in 
Anbetracht  dessen,  dass  Italien  bis  in  die  neueste  Zeit  hinein  nie  einen 
einheitlichen  Staat  bildete,  nicht  nur  begreiflich,  sondern  selbst  auch  be- 
rechtigt. Gross  dagegen  ist  die  Zahl  der  ^^''erke  über  die  Geschichte  der 
einzelnen  ital.  Staaten  und  bedeutenderen  Städte ,  indessen  können  hier 
auch  nicht  einmal  die  vortrefflichsten  derselben  alle  genannt  werden.  Es 
genüge  zu  bemerken,  dass  für  gewöhnliche  Zwecke  die  Italien  betrefl'enden 
Bände  der  Heeren -Ukert'schen  Sammlung  ausreichen.  Für  Florenz  sind 
—  abgesehen  von  Machiavell's  und  Anderer  historischen  Schriften,  die 
selbst  schon  wieder  in  das  Bereich  der  Litteraturgeschichte  fallen  —  die 
bedeutendsten  Werke  die  von  Gino  Capponi  (s.  oben  S.  713)  und  von  Per- 
rens, Hist.  de  Florence,  Paris  1875  ff.,  5  Bde.,  beide  freilich,  wenn  auch 
in  verschiedener  Weise,  mehr  nur  eine  Sammlung  geistreicher  Essays  und 
elegant  geschriebener  Skizzen ,  als  wissenschaftliche  und  quellenmässige 
Darstellungen.  Die  Geschichte  des  mittelalterlichen  lloms  haben  erzählt 
Papencordt  (Geschichte  der  St.  11  i.  M.  herausg.  v.  Hüfler.  Paderborn 
1857),  A.  V.  Reumont  (Gesch.  d.  St.  Rom.  Leipzig  1867/70,  3  Bde.)  und 
*GREGOROVirs  (Gesch.  d.  St.  R.  im  M.  Stuttgart  1859/72,  seitdem  aber  schon 
in  2.  Aufl.  erschienen,  8  Bde.).  Von  diesen  AYerken,  zu  denen  A.  Graf's 
schönes  Buch  »Roma  nella  memoria  e  nelle  immaginazioni  del  medio  evo« 
(Turin  1882/83,  2  Bde.)  eine  Art  Ergänzung  bildet,  ist  das  von  Gregoro- 
vius  das  hervorragendste  und  durch  Schönheit  und  Reiz  der  Darstellung 
ausgezeichnetste,  es  bietet  eine  Fülle  anregender  Ge.lanken  und  bedeuten- 
der Gesichtspunkte  dar,  wenn  auch  freilich  die  geschichtlichen  Anschau- 
ungen des  Verfassers  an  einer  gewissen  Einseitigkeit  leiden  und  die  echte 
und  rechte  Objectivität  vermissen  lassen. 

Gelegentlich  seien  hier  vier  Bücher  genannt,  deren  Inhalt  freilich  nur 
in  losester  Beziehung  zur  romanischen  Philologie  steht,   aber  docli  für  Je- 


Das  Italienische.  751 

den,  der  mit  italienischen  Dingen  sich  beschäftigt,  im  höchsten  Grade  in- 
teressant ist:  V.  V.  Hehn,  Italien.  Ansichten  und  Streiflichter.  2.  Aufl. 
Berlin  1S79  ^objective  Schilderung  der  Zustünde  des  heutigen  Italiens;  das 
letzte  Kapitel  des  Buches  »Einige  Rathschläge,  die  niclit  im  Bädekcr 
stellen^  ist  allen  Denen,  welche  nach  Italien  reisen  wollen  —  und  welcher 
Neuphilologe  wollte  das  nicht?  — ,  angelegentlichst  zur  I.ecture  und  Be- 
herzigung anzuempfehlen  .  H.  Nissen,  Italische  Landeskunde.  Bd.  1.  Land 
und  Leute.  Berlin  1SS3  »"NVie  Italien  zur  Römerzeit  aussah,  soll  in  diesem 
Handbuche  beschrieben  werden.  Der  erste  Band  versucht  ein  Gesammt- 
bild  des  Landes  zu  entwerfen,  der  zweite  wird  die  Städtekunde  enthalten.« 
Worte  des  Verf.'s  in  der  Einleitung^  A.  Trolle,  Das  italienische  Volks- 
thum  und  seine  Abhängigkeit  von  den  Naturbedingungen.  Ein  antliropo- 
geographischer  Versuch.  Leipzig  1S85  (behandelt  die  Gesundheitsverhält- 
nisse Italiens,  die  physische  Constitution,  den  Charakter,  die  Beanlagung 
etc.  der  Italiener).  J.  Bikckhaudt  ,  Der  Cicerone.  Eine  Anleitung  zum 
Genuss  der  Kunstwerke  Italiens.  4.  Aufl.,  bearbeitet  von  W.  Bode.  Leip- 
zig 1S79  ;Theil  1.  Die  antike  Kunst.  Theil  2.  Die  Kunst  des  Mittelalters 
und  der  Renaissance). 

Die  von  R.  Kleixpaul  und  von  W.  Kaden  herausgegebenen,  zum 
Theil  reich  illustrirten  "Werke  über  einzelne  Städte  und  Landschaften  Ita- 
liens sind  rein  belletristischen  Charakters,  aber  gern  wird  doch  auch  der 
Mann  der  AVissenschaft  ab  und  zu  einmal  in  Stmiden  der  Abspannung  ein 
solches  Buch  zur  Hand  nehmen  und  durchblättern;  kennt  er  Italien  noch 
nicht  aus  eigener  Anschauung,  so  wird  er  aus  Text  und  Bildern  manche 
Belehrung,  jedenfalls  aber  anregende  Unterhaltung  empfangen. 

Schlusswort.  Die  verhältnissmässige  Leichtigkeit  der  italienischen 
Sprache  verlockt  wohl  jeden  höher  Gebildeten  irgend  einmal,  namentlich 
aber  in  den  Jugendjahren,  zu  dem  Versuche  ihrer  Erlernung.  Meist  aber 
wird  dieser  Versuch  in  dilettantischster  "Weise  unternommen  und  führt 
dann  natürlich  auch  nur  zu  einem  kümmerlichen  Ergebnisse,  das  sich  al- 
lenfalls für  praktische  Zwecke  nutzbar  machen  lässt,  wissenschaftlich  aber 
werthlos  und  sogar,  weil  zu  irrigen  Anschauungen  verleitend,  gefährlich 
ist.  Der  Philolog  hüte  sich  vor  solchem  Dilettantismus.  Dem  Mediciner, 
dem  Juristen,  dem  Theologen  mag  es,  da  seine  Fachwissenschaft  mit  dem 
Italienischen  keine  unmittelbare  Berührung  hat,  genügen,  wenn  er  dieje- 
nige oberflächliche  Kenntniss  des  Italienischen  besitzt,  welche  ihn  befähigt, 
ein  italienisches  Buch  zu  verstehen  und  bei  einem  etwaigen  Aufenthalte 
in  Italien  über  die  unentbelirlichsten  Phrasen  zu  verfügen.  Anders  aber 
verhält  es  sich  mit  dem  Philologen  und  in  Sonderheit  mit  dem  romani- 
schen Philologen.  Für  ihn  ist  die  wissenschaftliche  und  gründ- 
liche Kenntniss  des  Italienischen  ein  Erforderniss ,  also  das  wissen- 
schaftliche Studium  desselben  eine  Pflicht.  Und  dieser  Pflicht  sollte 
in  weiterem  Umfange  und  mit  grösserem  Ernste  genügt  werden,  als  leider 
in  der  Regel  zu  geschehen  pflegt.  Kein  Philolog  sollte  zum  Mindesten  ver- 
säumen, sich  aus  DiEZ"  Grammatik  eine  wissenschaftliche  Uebersicht  über 
den  Bau  des  Italienischen  zu  erwerben  und  eine  Reihe  älterer  und  neuerer 
Texte  mit  philologischer  Genauigkeit    zu  lesen.    Von    dem  romani- 


752  ^^^  Italienische. 

sehen  Philologen  aber  darf  ausserdem  mit  Fug  und  Recht  erwartet  wer- 
den, dass  er  auch  über  die  italienischen  Dialecte  sich  unterrichte.  Nur 
wenn  er  dies  thut,  wird  er  befähigt  sein,  Einsicht  zu  gewinnen  in  die 
Stellung  des  Italienischen  innerhalb  der  romanischen  Sprachfamilie  und  in 
erfolgreicher  AVeise  diese  Einsicht  zu  vcrwerthen  für  die  Förderung  der 
romanischen  Gesammtphilologie. 

Auf  dem  Gebiete  der  italienischen  Einzelphilologie  ist  noch  unendlich 
Vieles  zu  thun  übrig ,  wie  vielleicht  selbst  aus  den  in  den  vorangegange- 
nen Paragraphen  gegebenen  Bemerkungen  und  Andeutungen  hat  ersehen 
werden  können.  Die  italienischen  Romanisten  sind  in  rüstigster  und  er- 
gebnissreichster Arbeit  begriffen,  um  die  Vorzeit  der  Sprache  und  Litte- 
ratur  ihres  Landes  zu  erforschen  —  möchte  ihnen  doch,  wie  bisher,  so 
auch  fernerhin  von  Seiten  der  deutschen  Fachgenossen  thatkräftige  Unter- 
stützung zu  Theil  werden!  Geschehen  wird  dies  aber  in  Zukunft  nur  dann 
können,  wenn  die  Studierenden  der  romanischen  Philologie  dem  Studium 
des  Italienischen  wieder  mehr  Zeit  und  Interesse  widmen,  als  gegenwärtig 
üblich  ist.  Das  freilich  ist  leider  nicht  zu  erwarten,  so  lange  die  unna- 
türliche Verkoppelung  des  Eomanisclien,  bzw.  des  Französischen  mit  dem 
Englischen  im  akademischen  Studium  die  Studierenden  zu  unheilvoller 
Zersplitterung  zwingt  und  sie  nur  allzu  leicht  zu  einer  realistischen  Auf- 
fassung ihres  Studiums  verleitet,  wonach  dessen  einziges  Ziel  das  leidliche 
Bestehen  des  Doctorexamens  und  der  Staatsprüfung  ist. 


Sechstes  Kapitel. 
Das  Räto-Rom<auische. 

§  1.  Bemerkungen  über  das  Sprachgebiet  des 
Riito- 11  omanischen. 

1.  Das  gesammte  riito-rom.  Sprachgebiet  »ist  sehr  deutUch 
in  drei  Theile  geschieden:  der  eine  (westliche)  reicht  vom  St. 
Gotthardt  bis  zur  Ortlergruppe,  der  zweite  von  der  Etsch  bis 
zur  Piave,  der  dritte  (östliche)  von  den  Quellen  des  Tagli- 
amento  bis  zum  Isonzo ;  der  erste  umfasst  den  grössten  Theil 
Graubündens,  der  mittlere  gehört  hauptsächlich  Tyrol  an,  der 
letzte  darf  kurz  Friaul  genannt  werden.«  (Gärtner,  Kätorom. 
Gr.,  p.  XXII,  vgl.  auch  Ascoi.i,  Saggi  ladini,  p.  1).  Jeder 
dieser  Theile  des  Sprachgebietes  bildet  zugleich  ein  Dialect- 
gebiet.     Zu  beachten  ist  ausserdem,   dass  die  drei  Theile  kein 


Das  Räto-Romanischc.  753 

creographisch  zusammenlüingendes  Gebiet  bilden,  sondern  durch 
fremdsprachliclie  italienische,  deutsche)  Gebiete  von  einander 
geschieden  sind. 

2,  Sämintliche  drei  räto-rom.  Dialectgebiete  berühren  sich 
im  Süden  mit  den  Gebieten  der  überitalienischen  lonibardi- 
schen ,  venetischen,  bezw.  venetianischen)  Dialecten.  Irgend 
welche  geographische  Grenzen  ZAvischen  den  beiderseitigen 
Dialectgrnppen  sind  nicht  vorhanden,  vielmehr  bestehen  zwi- 
schen dem  Räto-Kom.  im  eigentlichen  Sinne  einerseits  und 
dem  Lombardischen  und  Venetischen  Venetianischen)  andrer- 
seits Uebergangsdialecte ,  welche  bald  mehr  dem  Iläto-Kom., 
bald  mehr  dem  Italienischen  zuneigen  und  folglich  theils  dem 
ersteren  theils  dem  letzteren  mit  gewissem  Eechte  beigezählt 
werden  dürfen  (vgl,  auch  unten  §  4).  Auch  zwischen  Räto-Ko- 
manisch  und  Deutsch  lassen  scharfe  Grenzen  sich  nicht  ziehen,  da 
sowohl  deutsche  Enclaven  in  sonst  vorwiegend  räto-rom.  Ge- 
bieten als  auch  räto-rom.  Enclaven  in  sonst  vorwiegend  deutschen 
Sprachgebieten  zu  finden  sind  und  überdies  die  Zahl  der  zwei- 
sprachigen (und  selbst ,  wenn  das  Italienische  hinzutritt,  drei- 
sprachigen Oertlichkeiten  nicht  gering  ist.  Aehnlich  ist  das  Ver- 
hältniss  zwischen  Räto-Rom.  und  Slavisch  Slovenisch)  in  Friaul. 
Veberhaupt  ist  als  wichtig  hervorzuheben,  dass  Graubünden, 
Südtirol  und  Friaul  sprachlich  durch  und  durch  gemischte 
Landschaften  sind,  in  denen  drei,  mitunter  selbst  vier  Sprach- 
gebiete (das  räto- romanische,  das  italienische,  das  deutsche, 
das  slavische  zackig  und  eckig  durcheinander  gesprengt  sind. 
Und  nicht  minder  wichtig  ist,  dass  die  so  kraus  verschlungenen 
Sprachgrenzen  keineswegs  feste,  sondern  in  stetiger  Ver- 
schiebung begriffene  sind,  indem  in  Graubünden  das  Deutsche, 
in  Tirol  und  Friaul  das  Italienische  mehr  und  mehr  vor- 
schreitet und  das  rein  räto-rom.  Gebiet  einengt  (vgl.  auch  §  2). 

3.  Die  Zahl  der  räto -romanisch  Redenden  beträgt  nach 
Gärtners  Angaben    Gr.  p.  XXII)  : 

in  Graubünden  gegen     40  000 
in  Tii-ol  ,,,  11  000 

in  Friaul  „       464  000 

515  000 
Es  bedarf  jedoch  nicht  erst  der  Bemerkung,   dass  bei  der 

Körting,  Encyklopädie  d.  rom.  Phil.   III.  48 


754  ^^^  Räto-Romanische. 

oben  erwähnten  Unsicherheit  der  Sprachgrenzen  diese  Angaben 
eben  nur  sehr  ungefähre  sind  und  sein  können. 

4.  Die  Bezeichnung  »räto-romanisch«  ist  für  den  in  Rede 
stehenden  Dialectconiplex  die  geeigneteste,  indem  durch  )»ro- 
manisch«  seine  Zugehörigkeit  zu  der  romanischen  Sprachfamilie, 
durch  die  Beifügung  »räto«  aber  sein  ungefähres  geographisches 
Gebiet,  das  alte  Rätien,  angedeutet  wird,  wenigstens  was 
Graubünden  und  Tirol  anbelangt,  denn  Friaul  allerdings  ge- 
hörte nicht  zu  Rätien,  sondern  zu  Noricum.  Die  Graubünd- 
nerischen Dialecte  darf  man  mit  dem  Gesammtnamen  »Chur- 
wälsch«,  die  tiroler  Mundarten  mit  dem  Gesammtnamen 
»Ladinisch«  bezeichnen,  für  die  friaulischen  Dialecte  ergiebt 
sich  die  Collectivbenennvmg  »Friaulisch«  von  selbst.  Die  Be- 
nennungen »Churwälsch«  (nach  der  Stadt  Chur,  dem  Hauptorte 
Graubündens)  und  »Ladinisch«  empfehlen  sich  jedoch  nur  aus 
Bequemlichkeitsgründen,  innere  Berechtigung  besitzen  sie  nicht, 
denn  Chur  gehört  gegenwärtig  nicht  mehr  zum  räto-romani- 
schen .  sondern  zum  deutschen  Sprachgebiete  und  »ladinisch« 
d.  h.  lateinischen  Ursprungs  sind  natürlich  nicht  nur  die 
tyroler,  sondern  alle  räto-romanischen  Dialacte;  »ladinisch« 
würde  demnach  eine  passende  Gesammtbezeichnung  sein^). 
wenn  sie  nicht  der  Missdeutung  fähig  wäre,  als  ob  das  Räto- 
Rom.  dem  Latein  besonders  nahe,  näher  als  die  übrigen  roma- 
nischen Sprachen ,  geblieben  wäre.  Für  »Churwälsch«  wird 
vielfach  auch  die  Bezeichnung  »Romonsch«  gebraucht. 
Litteraturangaben  s.  zu  §  2. 

§  2.  Bemerkungen  über  die  Geschichte  des  Räto- 
Romanischen. 

1.  Die  Alpenlandschaften,  welche  jetzt  dem  räto-roma- 
nischen Sprachgebiete  angehören,  wurden  um  das  Jahr  15. 
V.  Ch.  der  römischen  Herrschaft  unterworfen,  welche  übrigens 
noch  erheblich  w^eiter  nach  Norden  bis  an  die  Donau  aus- 
gedehnt Avurde  (das  heutige  Augsburg,  Passau,  Regensburg 
waren    römische    Städte ,    ersteres    der   Hauptort    der   Provinz 


Ij  AscoLI  hat  sie  thatsächlich  anirewandt  und  auch  im  Archiv  VII  5ti7 
unter  Hinweis  auf  die  Thatsache  vertlieidigt ,  dass  Friaul,  der  bei  weitem 
bevölkerteste  Theil  des  in  Kcde  stehenden  Sprachgebietes,  nie  zu  Rätien 
gehört  hat  und  folglich  unter  die  Benennung  »riitisch«  nicht  einbegriffen 
werden  könne. 


Das  Käto-Uomanischu.  755 

Kiitia .  beziohentlich.  nat-luloiu  dit'se  iin  4.  Jahiluimlort  in 
zwei  Provinzen  Kaetia  prima  und  Kaetia  secnnda  =  ^  indelicien 
oder  das  Donaugebiet]  getheilt  worden  wnv ,  der  llauptort 
beider; . 

2.  Der  Ursprung  und  die  .Stammeszugehörigkeit  des  von 
den  Kömern  in  diesen  Alpengegenden  miterworfenen  Volkes 
der  «Rätier«  ist  dunkel,  doch  scheint  es,  als  ob  zwischen  den 
Rätiem  und  den  in  Oberitalien  sesshaften  Etruskern,  welche 
durch  die  gallische  Invasion  um  40(i  v.  Chr.  in  die  Alpen 
gedrängt  winden,  enge  Beziehungen  bestehen.  Indessen  selbst 
wenn  dies  völlig  zweifellos  wäre,  würde  doch  mit  dieser  Er- 
kenntniss  wenig  gewonnen  sein,  da  die  Herkunft  der  Etrusker 
selbst  bekanntlich  noch  immer  ein  ungelöstes  Problem  ist. 

2.  Die  Romanisirung  der  Rätier  scheint  leicht,  rasch  und 
intensiv  erfolgt  z\i  sein ;  es  darf  dies  wenigstens  aus  den  zahl- 
reichen römischen  Coloniegründmigen  geschlossen  werden,  so- 
Avie  auch  daraus .  dass  in  Rätien  nur  Auxiliartruppen ,  nicht 
Legionen  garnisonirten,  denn  letzterer  Umstand  deutet  darauf 
hin,  dass  die  römische  Regierung  besondere  militärische  Vor- 
kehrungen nicht  für  nothwendig  erachtete,  sondern  sich  ohne 
solche  des  Gehorsams  der  Bevölkerung  sicher  glaubte,  wie  denn 
auch  in  der  That  in  Rätien  nie  aufständische  Bewegungen  statt- 
gefunden haben.  Ueber  die  Ausbreitung  des  Lateinischen  in 
Rätien  (und  Mndelicien)  fehlen  alle  Nachrichten :  nach  der  se- 
ringen  Anzahl  (278)  der  aus  Rätien  erhaltenen  lat.  Inschriften 
möchte  man  fast  glauben,  dass  die  Latinisirung  keine  sehr  tief- 
greifende gewesen  sei ,  indessen  widerspricht  dem  doch  die 
Thatsache  des  Entstehens  und  w  enigstens  theilweisen  Beharrens 
romanischer  Dialecte. 

Die  Invasion  des  weströmischen  Reiches  durch  die  Ger- 
manen berührte ,  während  sie  in  Vindelicien  das  Römerthum 
rasch  zerstörte,  das  rätische  Gebirgsland  nicht,  ja  trug  dort  ver- 
muthlich  mittelbar  sogar  zur  Stärkung  des  römischen  Elementes 
bei,  indem  sie  die  Uebersiedelung  von  Italem  in  das  eine  Art 
natürlicher  Festung  bildende  Rätien  veranlasste  (vgl.  Bidinszky 
a,  a.  O.,  p.  16S;.  Erst  im  Verlaufe  der  mittelalterlichen  und 
neueren  Geschichte  wurde  das  Räto-Romanentlium  mehr  und 
mehr  durch  das  Deutschthum  zurückgedrängt  und  auf  seine 
gegenwärtigen   und  übrigens  auch  nur  provisorischen  Grenzen 

4S* 


756  Das  Räto-Romanische. 

beschränkt.      So    ist   namentlich    Chur,    einst   der   Vorort   des 
romanischen  Graubündens,  jetzt  eine  deutsche  Stadt. 

3.  Die  Räto- Romanen  sind  nie  zur  Bildung  einer  ein- 
heitlichen Nationalität  und  eines  selbständigen  Staates  gelangt. 
In  Folge  dessen  hat  sich  auch  aus  ihren  Dialecten  nie  eine 
allgemeingültige  Schriftsprache  entwickelt ;  es  hat  vielmehr  bis 
auf  den  heutigen  Tag  das  Käto-Romanische .  wenn  auch  in 
neuerer  Zeit  einzelne  seiner  Mundarten  litterarische  Pflege  ge- 
funden haben,  in  dem  Zustande  dialektischer  Zersplitterung 
verharrt.  Die  Beschränkung  jedes  Einzeldialectes  aber  auf  ein 
kleines  Gebiet  und  auf  eine  geringe  und  meist  bäuerliche  Be- 
völkerung hat  eine  oft  bizarre  Verwilderung  und  Zerklüftung 
der  Sprache  zur  Folge  gehabt.  Andrerseits  hat  die  Abge- 
schiedenheit der  räto-romanischen  Sprachgebiete  die  vereinzelte 
Erhaltung  alterthümlicher  Züge  begünstigt. 

4.  Umwohnt  einerseits  von  den  Deutschen,  andrerseits 
von  den  Italienern ,  also  von  zwei  ihm  an  Zahl  und  Cultur- 
bedeutung  gewaltig  überlegenen  Völkern  hat  das  kleine  Volk 
der  Räto-Romanen  sich  auch  in  sprachlicher  Beziehung  von  den 
mächtigen  Nachbarvölkern  stark  beeinflussen  lassen  müssen. 
Der  räto-roman.  Wort-  und  Phrasenschatz  ist  durchsetzt  mit 
deutschen  Elementen.  Die  in  einzelnen  Dialectgebieten  er- 
blühte räto-roman.  Litteratur  lehnt  sich  syntaktisch  und  styli- 
stisch an  das  Italienische ,  theilweise  auch  an  das  Deutsche 
an.  Selbst  auf  dem  Gebiete  des  Formenbaues  haben  räto- 
roman.  Schriftsteller  einzelne  Anbildungen  und  Neubildungen 
nach  italienischem  Muster  sich  erlaubt. 

5.  Die  Zukunftsgeschicke  des  Räto-Romnischen  sind  un- 
schwer vorauszusehen.  Der  in  so  viele  Dialecte  sich  zer- 
klüftenden ,  auf  so  viele  kleine  und  getrennte  Gebiete  ver- 
theilten,  von  keinem  nationalen  BcAvusstsein  getragenen,  von 
keiner  irgendwie  bedeutenden  Litteratur  gehaltenen ,  durch 
kein  nationales  Staatswesen  geschützten  Sprache  fehlt  die  Kraft, 
um  sich  neben  dem  Deutschen  und  dem  Italienischen  be- 
haupten zu  können;  sie  ist  zu  einem  vielleicht  langsamen, 
jedenfalls  aber  sicheren  Absterben  verurtheilt,  mehr  und  mehr 
wird  sie  in  Graubünden  vor  dem  Deutschen,  in  Tyrol  und 
in  Friaul  vor  dem  Italienischen  zurückweichen  in  die  ent- 
legensten  Alpenthäler    und    endlich    wird    sie    auch    dort   ver- 


Das  Räto-Romanische.  757 

klingen.  Es  steht  also  dem  Käto-lutnianischeii  dasselbe  Schick- 
sal bevor,  wie  dasjenige,  welches  z.  K.  an  dem  Corn wallisischen 
in  England  sich  bereits  erfüllt  hat  und  an  so  manchen  anderen 
kleinen  keltischen  oder  slavischen  Sprachinseln  in  England 
einerseits  und  in  Deutschland  andrerseits  sieh  noch  erfüllen 
wird.  Der  Linguist  wird  dies  beklagen ,  der  Historiker  aber 
wird  darin  ein  unabwendbare  und  schliesslich  dem  betreifen- 
den ^'olksstamme  zum  Segen  gereichende  Xothwendigkeit  er- 
blicken. 

L  i  1 1  e  r  a  t  u  r  a  n  g  a  b  e  n  : 

a)  Ueber  das  Sprachgebiet  des  Räto-Romanischen :  *As- 
COLI,  Saggi  ladini,  in:  Arch.  glott.  ital.  I  (mit  sehr  detaillirter  Karte  der 
»Zona  ladina«;  u.  ebenda  VIII  101  —  Th.  Gärtner,  Rätoroman.  Gramm., 
Heilbronn  1883,  p.  XXII  —  K.  Bernhardi,  Sprachkarte  von  Deutschland, 
Kassel  1S49,  §  4  u.  5,  vgl.  auch  KIEPERTS  Karte  von  Deutschland.  Berl. 
1S67  —  R.  BÖCKH,  Der  Deutschen  Volkszahl  u.  Sprachgebiet.  Berlin  1869, 
S.  144  —  J.  Siegfried,  Statistik  der  schweizerischen  Bevölkerung  nach 
der  Landessprache,  in:  Ztschr.  f.  Schweiz.  Statistik  1873,  Heft  3  —  Stal- 
DER,  Die  Landessprachen  der  Schweiz.  Aarau  IS  19  (darin  die  Parabel  vom 
verlornen  Sohn  in  mehreren  räto-rom.  Dialecten)  —  J.  Bidermann,  Die 
Romanen  u.  ihre  Verbreitung  in  Oesterreich.  Graz  1877,  und:  Die  Italie- 
ner im  tiroler  Provinzialverbande.  Innsbruck  1874  —  Chr.  Schneller, 
Deutsche  u.  Romanen  in  Südtirol  u.  Venetien,  in:  Petermann's  Geograph. 
Mittheüungen.  Bd.  23  ^Gotha  1S77,  10,  S.  365,  vgl.  Rom.  VII  150  —  W. 
Kellner,  Die  ital.  Bevölkerung  im  deutschen  Südtirol,  in :  Ztschr.  d.  Ge- 
sellsch.  f.  Erdkunde  zu  Berlin  XIX  316  —  B.  Malfatti,  Degli  idiomi 
parlati  anticamente  nel  Trentino  e  dei  dialetti  odierni ,  in :  Giorn.  di  fil. 
rom.  I  119,  vgl.  Ztschr.  f.  rom.  PhU.  II  629  u.  Rom.  VII  627  —  B.  Mal- 
fatti, Etnografia  Trentina,  in :  Arch.  stör,  per  Trieste  I  1 ,  vgl.  Rom.  X 
633  —  I.  Alton,  Beiträge  zur  Ethnologie  von  Ostladinien.  Innsbruck  1 880. 

b)  Zur  Urgeschichte  und  Ethnographie  Rätiens:  L.  Steub, 
Die  Urbewohner  Rätiens.  München  1843,  und:  Zur  Rät.  Ethnologie.  Stutt- 
gart 1S54  —  *C.  V.  CzöRNiG,  Die  alten  Völker  Oberitaliens  Italiker  [Um- 
brer],  Raeto-Etrusker,  Raeto-Ladiner,  Veneter,  Kelto-Romanen) .  Eine  eth- 
nologische Skizze.  Wien  1885  —  Walter,  De  Romanensibus  Helvetiae 
et  Teriolis  gentibus.  Berlin  1832  Progr.  —  S.  Jung,  Römer  u.  Romanen 
in  den  Donauländern.  Historisch-ethnographische  Studien.  Innsbruck  1S77 
—  Ml'CHAR,  Das  römische  Noricum.  Graz  1S25/26,  2  Bde.  —  A.  Bu- 
DINSZKY.  Die  Ausbreitung  der  lat.  Spr.  über  Italien  u.  die  Provinzen  des 
röm.  Reiches.  Berlin  1881,  S.  157  bis  169  —  O.  Kämmel,  Die  Entstehung 
des  österreichischen  Deutschthums.  Bd.  I:  Die  Anfänge  deutschen  Lebens 
in  Oesterreich  bis  zum  Ausgange  der  Karolingerzeit.  Mit  Skizzen  zur 
röm. -keltischen  Vorgeschichte.  Leipzig  1879  —  Planta,  Das  alte  Rätien. 
Berlin  1S72  —  G.  Scartazzini,  Aus  »Alt  Frei  Rätien«,  in;  Augsb.  Allg. 
Ztg.  1878,  S.  251. 


758  I^^s  Räto-Romanische. 

c)  Zur  Geschichte  des  Räto-Romanischen :  Planta,  Ge- 
schichte der  romanischen  Sprache  (in  englischer  Sprache  als  Bericht  an 
den  Präsidenten  der  Gesellschaft  der  Wissenschaften  17  75  erschienen,  in 
deutscher  Uebers.)  Chur  177tj  —  I.  Axdeer,  Ueber  Ursprung  u.  Geschichte 
der  räto-rom.  Spr.  Chur  1862  —  P.  Rufin atscha,  Ueb.  Urspr.  u.  AVesen 
der  rom.  Spr.  Meran  1853.  Progr. 

§3.  Bemerkungen  über  die  Ge  schichte  der  räto- 
romanischen Philologie. 

1.  Den  Beginn  der  räto-romanischen  Philologie  darf  man 
datiren  von  17  75,  in  welchem  Jahre  Planta's  »Geschichte  der 
romanischen  Sprache«  erschien  (s.  ohen),  eine  für  damalige 
Zeit  bedeutende,  jetzt  freilich  völlig  veraltete  Schrift.  Was 
vorher  gelegentlich  in  rätischen  Geschichtswerken  (wie  z.  1^. 
in  Aporta's  Hist.  reform,  eccles.  rhaet.)  oder  in  Polyglotten 
(wie  z.  B.  in  dem  Mithridates  Gesneri)  über  rätische  Sprache 
bemerkt  oder  behauptet  worden  war,  hat  jetzt  nur  den  Werth 
von  Kuriositäten.  ^) 

2.  Mit  dem  Ausgang  der  siebziger  Jahre  des  vorigen  und 
mehr  noch  mit  dem  Anfange  der  zwanziger  Jahre  dieses  Jahr- 
hunderts begann  in  Rätien  selbst  (namentlich  in  Graubünden) 
eine  ziemlich  rührige  Thätigkeit  auf  grammatischem  und  lexica- 
lischem  Gebiete.  Dieselbe  verfolgte  jedoch  meist  nur  praktische 
Ziele ,  und  wenn  sie  zuweilen  auch  nach  wissenschaftlichen 
Leistungen  zu  streben  wagte,  kam  sie  über  einen  zwar  wohl- 
gemeinten, aber  doch  mehr  schädlich  als  förderlich  wirkenden 
Dilettantismus  nicht  hinaus. 

3.  Der  Begründer  der  romanischen  Philologie,  F.  Die/, 
hat  in  dem  1.  Bande  seiner  Grammatik  dem  Eäto-Romanischen 
oder ,  Avie  er  es  lieber  nannte ,  dem  Churwälschen  —  denn 
letztere  Benennung  schien  ihm  »begrenzter  und  anspruchsloser« 
zu  sein  —  eine  kurze  Betrachtung  und  mehrfache  gelegent- 
liche Bemerkungen  gewidmet,  hat  also  immerhin  das  Verdienst 
sich  erworben,  das  Käto-Rom.  in  den  Kreis  der  romanischen 
Philologie  einbezogen  zu  haben;  aber  er  hat  sich  nicht  ent- 
schliessen  können,  das  Räto-Romanische  als  den  übrigen 
romanischen    Sprachen   ebenbürtig   anzuerkennen,    «theils  weil 


1 )  Ausgenommen  DA  Sale's  Fundamenti  princinali  della  lingua  retica 
o  griggiona  etc.  [Disentis  1729  ,  ein  Buch,  das  als  Sprachdenkmal  und 
als  ältester  grammat.  Versuch  "Werth  besitzt. 


Das  Kiito-Komanische.  759 

die  chiirAviilsche  S])rac-ho ,  durch  trenuk'  Einwiikunu;en  ver- 
dunkelt, nicht  zu  völliger  Selbständigkeit  hat  gelangen  köiuien, 
theils  aber  und  hauptsächlich,  weil  auf  ihrem  Boden  keine 
eigentliche  »Schriftsprache  zu  Stande  gekommen.«  Grössere 
Aufmerksamkeit,  als  Die/.,  schenkte  dessen  hochbegabter 
Schüler  A.  Fuchs  dem  Käto-Eomanischen,  namentlich  in  dem 
noch  immer  lesenswerthen  Buche:  Die  roman.  Sprachen  in 
ihrem  Verhältnisse  zum  Lat.     Halle   1849. 

4 .  Für  die  Missachtung,  welche  Diez  ihm  bekundete,  sollte 
das  Räto- Romanische  die  glänzende  Genugthuung  erhalten, 
dass  in  der  Folge  mehrere  der  hervorragendesten  Komanisten 
der  Gegenwart  ihm  ihre  Neigung  und  schöpferische  Thätig- 
keit  zuwandten.  Im  Jahre  1868  veröffentlichte  Stengel 
seine  Dissertation  über  den  Vocalismus  des  lat.  Elementes 
iii  den  wichtigsten  rom.  Dialecten  von  Graubünden  und  Tyrol, 
im  Jahre  1870  Schuchardt  seine  Habilitationsschrift  über 
einige  Fälle  des  bedingten  Lautwandels  im  ChvirwälschenJ) 
Epochemachend  aber  war  das  Jahr  1873:  in  ihm  erschienen 
G.  AscüLis  nicht  nur  für  die  specifisch  räto -romanische, 
sondern  auch,  und  vielleicht  mehr  noch,  für  die  allgemein 
romanische  Philologie  hochwichtigen  »Saggi  ladini«  und  in 
ihm  begann  E,  Böhmer  mit  dem  dritten  Hefte  seiner  roma- 
nischen Studien  die  lange  Reihe  entweder  von  ihm  selbst- 
verfasster  oder  doch  von  ihm  veranlasster  und  herausgegebener 
räto-roman.   Publicationen. 

Die  von  den  genannten  Gelelu'ten.  zumal  von  Ascoli  und 
von  Böhmer,  gegebene  Anregung  erwies  sich  als  sehr  frucht- 
bringend: die  räto-roman.  Philologie  wurde  rasch  zu  einem 
wesentlichen  und  eifrig  angebauten  Bestandtheile  der  roma- 
nischen Gesammtphilologie  erhoben.  Mehr  oder  minder  wich- 
tige Einzelschriften  über  räto-romanische  Dinge  erschienen  in 
rascher  Folge  aufeinander  ^l ,  ebenso  Ausgaben  räto-romanischer 


li  Im  J.  1870  erschien  auch  F.  Ravsch's  Geschichte  der  Litteratur  des 
rätu-rom.  Volkes,  ein  trotz  vieler  und  grosser  Schwächen  immerhin  ver- 
dienstliches "Werk. 

2  Als  die  bedeutendste  ist  z-\veifellos  STtJRZiXGER's  Diss.  über  die 
Conjugation  im  Rätorom.  1879;  zu  bezeichnen;  bedeutend,  nur  leider  zu 
wenig  methodisch  ist  auch  Alton's  Buch  über  die  ladinischen  Idiome 
'1879.  Gärtners  Grammatik  1883  entzieht  sich  schon  durch  die  stau- 
nenswerthe   Fülle   des  Materiales ,    das   sie  bietet,   jedem   Vergleiche;    ein 


760  Das  Räto-Romanische. 

Texte.  Fast  möchte  man.  namentlich  in  Hinblick  auf  die 
Unfertigkeit  und  Unreife  mancher  Publicationen,  die  seit  einigen 
Jahren  auf  diesem  Gebiete  herrschende  Thätigkeit  als  eine 
mitunter  zu  hastige  und  zu  wenig  besonnene  bezeichnen. 

5,  Das  Studium  der  räto- romanischen  Dialecte  hat  sich 
für  die  romanische  Gesammtphilologie  als  sehr  ergebnissreich 
erwiesen,  namentlich  in  methodischer  Beziehung  und  besonders 
wieder  hinsichtlich  der  Lautlehre.  Gerade  weil  diese  Dialecte 
zu  einer  eigentlich  schriftmässigen  Gestaltung  nicht  gelangt 
sind,  eine  nachhaltige  litterarische  Pflege  nicht  empfangen 
haben ,  sondern ,  um  so  zu  sagen ,  ganz  wild  und  frei  in  ab- 
geschiedenen Thälern  sich  entwickelt  haben,  lassen  an  ihnen 
höchst  interessante  linguistische  Beobachtungen  sich  anstellen, 
zu  denen  die  übrigen,  zu  hoher  litterarischer  Ausbildung  ge- 
langten, mehr  oder  weniger  stark  in  ihrer  Entwickeluug  von 
gelehrtem  Einflüsse  berührten  romanischen  Sprachen  bei  weitem 
nicht  so  günstige  Gelegenheit  gewähren. 

Für  den  Studierenden  der  romanischen  Philologie  kann 
es  ungemein  nutzbringend  sein,  wenn  er  mit  den  räto-roman. 
Dialecten  oder  doch  mit  einem  derselben  einmal  näher  sich 
beschäftigt.  Ueberhaupt  liesse  sich  das  Räto-Eomanische  im 
akademischen  Unterricht  sehr  wohl  als  eine  Art  Vorbereitungs- 
und Ucbungsstation  für  das  spätere  Studium  der  altfrz.  etc. 
Dialecte  verwerthen.  Jedenfalls  dürfte  das  Räto-Eoman.  ver- 
dienen, in  den  akademischen  Vorlesungen  und  seminaristischen 
Uebungen  mehr,  als  zur  Zeit  es  zu  geschehen  pflegt,  berück- 
sichtigt zu  werden.  Freilich  sind  die  vorhandenen  Hülfsmittel 
noch  etwas  unvollkommen:  Andeek's  Elementargrammatik  ist 
gar  zu  elementar  und  schulmeisterlich,  berücksichtigt  überdies 
vorwiegend  nur  das  Unterengadinische :  Gärtners  Grammatik 
ist,  um  nur  einen  äusserlichen  Mangel  zu  erwähnen,  gar  zu  wenig 
übersichtlich  und  für  Anfänger  nicht  zu  brauchen;  Ulrichs 
Chrestomathie ,  obwohl  sie  eine  »räto-romanische«  sich  nennt, 
giebt  doch  nur  oberländische  und  engadinische  Texte  und  auch 


richtiges  Urtheil  über  das  gewaltigie  Buch  wird  erst  die  Folgezeit  nach 
weiterem  Fortschreiten  der  Einzelforschung  fällen  können,  bis  letzt  muss 
man  mit  der  Freude  sich  begnügen,  dass  ein  solches  Buch  überhaupt  vor- 
handen ,  habe  es  auch  noch  so  grosse  wirkliche  oder  scheinbare  Mängel 
und  sei  es  vielleicht  selbst  auch  principiell  falsch  angelegt. 


Das  Räto-Rom:inischc',  7ßJ 

diese  keineswegs  in  der  denkbar  hesten  Weise  (vgl.  Literaturhl. 
f.  germ.  u.  rom.  Phil.  IV  477h  als  eine  störende  Lücke  wird 
auch  der  Mangel  eines  wissenschaftlichen  Zwecken  genügenden 
alle  räto-ronianischen  Dialecte  umfassenden  Wörterbuches  em- 
pfunden. 

Litteratur  an  gaben;  Kurze  und  freilich  auch  sehr  flüchtige  Skiz- 
zen einer  Geschichte  der  räto-rom.  Philologie  haben  J.  Andeer  Urspr.  u. 
Gesch.  der  rom.  Spr.  Chur  lSt)2  u.  in  der  Einleitung  zur  rätorom.  Ele- 
mentargramm, u.  F.  R.wsCH  in  der  ersten  Abtheilung  der  Gesch.  d.  Lit. 
des  räto-rom.  Volkes.  Frankf.  a.  M.  1870    gegeben. 

§  4.  Bemerkungen  über  die  Dialecte  des  Käto- 
R omanische  n. 

1.  Jeder  der  drei  Theile.  aus  denen  das  räto-romanische 
Sprachgebiet  sich  zusammengesetzt  s.  §  1)  ,  bildet  ein  be- 
sonderes Dialectgebiet,  welches  wieder  in  mehr  oder  weniger 
zahlreiche  Vnterdialectgebiete  zerfällt.  In  Graubünden  und 
Tyrol  ist  die  räto-rom.  Sprache  dermassen  dialectisch  zerrissen 
und  gespalten,  dass  man  ohne  sonderliche  Uebertreibung  sagen 
kann,  dass  jedes  Thal  seine  besondere  Mundart  habe.  ^)  Es 
besteht  dort  also  auf  kleinem  Terrain  ein  Sprachzustand .  der 
an  die  Dialectvielheit  z.  B.  im  alten  Griechenland  erinnert 
und  der  auf  romanischem  Gebiete  annähernd  auch  in  Italien 
zu  finden  ist  (vgl.  oben  S.  622  ff.  ,  nur  dass  in  letzterem  Lande 
die  bunte  Menge  der  Dialecte  von  einer  nationalen  Schrift- 
sprache überragt  wird.  Weniger  zahlreich,  als  in  Graubünden 
und  Tyrol.  sind  —  soviel  wenigstens  bekannt  —  die  Dialect- 
differenzen  in  Friaul. 

2.  Das  Räto- Romanische  Graubündens  gliedert  sich  in 
folgende  Dialecte :  A.  Das  Ober  lau  dis  che  (im  Graubündener 
Rheingebiete, .  Dieses  zerfällt  wieder  in :  a)  das  Obwaldische 
(oder  Sopraselvanischc;  am  Vorderrheine  und  b  das  Nid- 
waldische  oder  Sottoselvauische)  am  Hinterrheine.  Im  Ob- 
waldischen  bestehen  nicht  ganz  unerhebliche  Differenzen  zwi- 
schen der  von  den  Katholiken  (Hauptort  Disentis;  und  der 
von  den  Reformirten  (Hauptort  Ilanz  gesprochenen  Sprache  2), 
wie    Aehnliches    z.    B.   ja    auch   in    dem    Idiome    der   lausitzer 


1    Gärtner   unterscheidet  50   rätische   und   19   den   rätischen  benach- 
barte Mundarten. 

2;  Ueber  diese  Differenzen  vgl.  AscoLl  im  Arch.  glott.  it.  VII  413. 


762  ^äs  Räto-Romanische. 

Wenden  stattfindet.  Im  Nidwaldischen  sind  mehrere  Local- 
miindarten  zu  unterscheiden.  Ueber  das  überländische  über- 
haupt vgl.  AscoLi  I  6.  Die  Mundart  von  Filisiu-Bravugn  ge- 
hört lautlich  zum  Oberländischen,  flexivisch  zum  Engadinischen, 
vgl.  AscoLi  I  llü.  13.  Das  Engadinische  im  Graubündener 
Inngebiete,  sich  theilend  in:  a)  das  Oberengadinische,  b)  das 
Unterengadinische,  c)  die  Mundart  des  Münsterthaies. 

Mit  dem  Churwälschen  stehen  in  näheren  oder  entfernteren 
Beziehungen  die  lombardischen  Grenzdialecte.  Gärtner,  a. 
a.  O.  p.  XXIX,  classificirt  dieselben  folgendermassen :  a)  lom- 
bardische Mundarten,  in  denen  sich  hier  und  da  mit  dem  be- 
nachbarten IJündnerischen  Gemeinsames  vorfindet  (Tessin); 
b)  eine  Gruppe  nicht  rein  lombardischer,  aber  noch  weniger 
rein  raetischer  Mundarten,  die  sich  durch  eine  eigenthümliche 
Pluralbildung  (wie  tose,  eglino)  auszeichnen  (Mesocco,  Bergell), 
ostlombardische  Mundarten  mit  deutlichen  und  bedeutenden, 
sogar  morphologischen  Ueberresten  einstiger  Räticität  Pos- 
chiavo,  Livigno,  Bormio). 

3.  Das  räto-romanische  Gebiet  in  Tyrol  besteht  aus  folgen- 
den drei  Theilen  und  zugleich  Dialectgebieten :  a)  das  oberste 
Avisiothal  oder  das  Gebiet  der  Mundart  vom  Ober-Fascha; 
b)  die  obere  Hälfte  des  Grednerthales  oder  das  Gebiet  des 
Grednerischen ;  c)  das  Gaderthal  oder  das  Gebiet  des  Ladi- 
nischen  im  engeren  Sinne,  vgl.  Gärtner,  a.  a.  O.  p.  XXX. 
Uebergangsstufen  zwischen  dem  tyrolischen  Käto-Romanischen 
(oder  Ladinischen  im  weiteren  Sinne)  und  dem  Lombardischen, 
beziehentlich  und  öfters  dem  Venetischen  sind  zahlreich ,  zu 
ihnen  gehören  z.  B.  die  Mundarten  von  Sulzberg,  Nonsberg, 
Judicarien,  Buchenstein,  Ampezzo  etc.  ;  andere  Mundarten  ver- 
mitteln den  Uebergang  von  dem  Ladinischen  zu  dem  benach- 
barten Friaulischen ,  so  die  von  Colle ,  Auronzo ,  Zoldo  etc. 
Vgl.  Gärtner,  p.  XXXIII  ff. 

4.  In  Friaul  sind  drei  Dialectgebiete  zu  unterscheiden: 
a)  Innerfriaul,  b)  Carnien.  c)  Plattfriaul.  Die  unterdialectischen 
Spaltungen  sind  wenig  zahlreich  und  erheblich.  Auch  die 
Zahl  der  den  Uebergang  von  dem  Friaulischen  zu  dem  Vene- 
tischen bildenden  Mundarten  ist  gering,  da,  wo  das  Venetische 
vordringt,  keine  Mischung  einzutreten,  sondern  das  Friaulische 
einfach  verdrängt  zu  werden  pflegt. 


Das  l\äto-Komanisrhe.  763 

5.  Die  DiffiTonzcu  zwisdien  den  einzelnen  Dialecten  des 
Käto-Konianischen  sind,  da  keine  gemeinsame  Litteraturspraehe 
vennittelnd  iind  ausgleichend  über  ihnen  steht,  sehr  tief- 
greifende und  1  etrefien  nicht  nur  Lautverhältnisse  und  Wort- 
bestand .  sondern  auch  Formenbau,  Syntax  und  Phraseologie. 
Auch  zwischen  den  Unterdialecten  eines  und  desselben  Dialectes 
bestehen  häufig  recht  erhebliche  Unterschiede. 

Litteraturanfjaben :  Hauptwerke  über  die  rätorom.  Dialektologie 
sind  AscoLi's  Sag^ri  ladini  u.  Gaktxer's  Rätorom.  Grammatik;  neben 
diesen  beiden  "Werken  besitzt  Alles,  was  sonst  über  den  Gegenstand  ge- 
sehrieben ist,  nur  untergeordnetes  Interesse.  Sehr  wünschenswerth  wäre, 
dass  aus  Aseoli's  grossem  u.  herrlichem  Werke,  das  bei  aller  Klarheit 
seiner  Anlage  doch  wegen  der  Fülle  des  in  ihm  beigebrachten  Materiales 
u.  wegen  des  Mangels  an  genügenden  Registern  an  einer  gewissen  Unüber- 
sichtlichkeit leidet,  einmal  ein  den  Bedürfnissen  der  Anfänger  Rechnung 
tragender  Auszug  veranstaltet  würde.  In  ihrer  Originalform  sind  die  Saggi 
ladini  leider  für  sehr  viele  Romanisten  ein  verschlossenes  Buch,  denn  ihr 
Studium  erfordert  so  viel  Zeit  u.  Kraft,  wie  nur  Wenige  aufzuwenden  ver- 
mögen, u.  so  viele  Vorkenntnisse,  wie  jüngere  Romanisten  nur  selten  be- 
sitzen können. 

Stalder,  Schweizerische  Dialectologie.  Aarau  1S19  —  J.  A.  Bühlek, 
Comparaziun  de  divers  dialects  romonschs  (wo  u.  wann  erschienen?  Dem 
Verf.  der  Encycl.  nur  durch  das  Citat  in  Stengels  Diss.  »Ueber  einige 
Fälle  des  bedingten  Lautwandels  etc.«,  p.  4,  bekannt  —  Th.  H.\ller,  Ver- 
such einer  Parallele  der  ladinischen  Mundart  in  Enneberg  u.  Gröden  in 
Tirol,  dann  im  Engadin  u.  der  romanischen  in  Graubünden.  Innsbruck  1832. 
Ztschr.  des  Ferdinandeums  Bd.  VII  —  Ro.senkrantz,  Rhaetoromanska  sprä- 
kets  dialekter.  Under  inseende  af  C.  W.  Böttiger  kommer  at  offentligen 
försvaras  af  L.  A.  R.  Upsala  1853  —  Sllzer,  Dell'  origine  e  deUa  natura 
dei  dialetti  comunemente  chiamati  romanici  messi  a  confronto  coi  dialetti 
consimili  esistenti  nel  Tirolo.  Trento  1S55  —  R.  Martixeau,  On  the  Ro- 
monsch  or  rhaetian  language  in  the  Grisons  and  Tirol,  in:  Transactions  of 
the  Philological  Society  1 880  81.  Part.  III,  p.  402,  vgl  Rom.  XII  415  — 
Ravsch  in  seiner  Litteraturgesch.  S.  21  ff.  —  ^Schneller,  Die  roman. 
Volksmundarten  in  Südtyrol  etjTnologisch  u.  grammatisch  dargestellt.  Gera 
1870  (Bd.  I:  Literatur.  Einleitung,  Lautlehre,  Idiotikon.  Bd.  II  ist,  soviel 
dem  Verf.  der  Encyklopädie  bekannt,  nicht  erschienen  —  J.  Ch.  Mitter- 
RUTZXER,  Die  rhätoladinischen  Dialecte  in  Tirol  u.  ihre  Lautbezeichnung. 
Brixen  1856  —  Viax,  Zum  Studium  der  rhätoroman.  Dial.  in  Tyrol  oder 
Grödner  Thal.  Roveredo  1865  —  C.  Schneller,  Studi  sopra  i  dialetti  vol- 
gari  del  Tirolo  italiano.  Roveredo  1865.  Progr.  —  *J.  Alton,  Die  ladi- 
nischen Idiome  in  Ladinien,  Gröden,  Fassa,  Buchenstein,  Ampezzo.  Inns- 
bruck 1879,  vgl.  Rom.  Stud.  IV  638  —  J.  Insam,  Grammatik  der  Grödner 
Mundart,  verfasst  um  1800  Hds.  im  Besitz  der  Kgl.  Bibl.  zu  Berlin  — 
Gröden,  der  Grödner  u.  seine  Sprache.    Von  einem  Einheimischen.    Bozen 


764  -D^^  Räto-Romanische. 

1864  —  O.  Delitsch,  Grödeii,  in:  Ersch  u.  Gruber's  Encyclopädie.  Sect.  1, 
Thl.  92,  S.  32  —  E.  Böhmer,  Grednerisches,  in:  Rom.  Stud.  III  85  — 
Th.  Gärtner,  Die  Gredner  Mundart.  Linz  1879,  und:  Sulzberger  "Wörter. 
AVien  1883  Progr.  (Separatabdruck.  Leipzig  1S83)  —  E.  Böhmer,  Nons- 
bergisches,  in:  Rom.  Stud.  III  1  —  J.  Th.  Haller,  Versuch  einer  Paral- 
lele der  lad.  Mundart  in  Enneberg  u.  Gröden  in  Tirol,  in:  Beiträge,  Zur 
Geschichte,  Statistik  etc.  von  Tirol  u.  Vorarlberg  Bd.  VII  (Innsbruck  1832  , 
S.  93  —  Th.  Gärtner,  Die  Judikarische  Mundart.  "Wien  1SS2  (Sitzungsb. 
d.  Akad.  d.  "Wissensch.  ,  vgl.  I-iteraturbl.  f.  germ.  u.  rom.  Phil.  1883  Febr. 
—  A.  Redolfi,  Die  Lautverhältnisse  des  bergellischen  Dialects,  in  :  Ztschr. 
f.  rom.  Phil.  VIII  161  (der  Verf.  sagt:  »Das  Bergellische  kann  man  streng 
weder  zum  Ladinischen  noch  zum  Lombardischen  zählen :  es  ist,  so  zu  sagen, 
ein  Vermittlungsglied  zwischen  diesen  zwei  Familien  von  romanischen  Dia- 
lecten.«  Das  ist  richtig,  Avar  aber  durchaus  keine  neue  Entdeckung,  vgl. 
Gärtner  p.  XXIX  Z.  3  v.  u.,  Ascoli  I  272. 

Üeber    das   Friaulische,    vgL   oben   S.   630;    hier  werde  nur  AscoLl's 
Schrift  Süll'  Idioma  friulano  (Udine  184Bj  genannt. 

Vgl.   auch   die  Litteraturangaben   zu   den  folgenden  Para- 
graphen. 

§   5.    liemerkungen    über    die    Laute    des    Räto- 
Romanischen. 

1 .  Bei  der  grossen  und  tiefeingreifenden  dialectischen 
Zersplitterung  des  Räto-Komanischen  ist  es  begreiflich .  dass 
die  Zahl  der  durch  die  Gesammt spräche  hindurchgehenden 
lautlichen  Erscheinungen  und  Neigungen  keine  sonderlich 
grosse  ist.  Nach  Ascolt,  Arch.  glott.  VIII  102  (vgl.  auch 
Gärtner,  p.  XXIII  sind  es  die  folgenden,  welche  zugleich 
als  Unterscheidungskriterien  zviischen  Räto-Rom.  und  Ita- 
lienisch dienen  können:  a)  lat  c  und  g  vor  a  werden  palata- 
lisirt,  z.  B.  ear?i  =  it.  carne.  ß)  Das  /  in  den  Conibinationen 
cl,  pl  etc.  beharrt,  z.  B.  clefs  =  it.  chiavi.  y)  Hochtoniges  lat. 
Positions-c  -svird  zu  ie  diphthongirt.  z.  B.  inßcrn  =  it.  infet'no. 
(3  Hochtoniges  lat.  Positions-o  wird  zu  uo  diphthongirt,  z.  B. 
f uormas  =  \t.  forme;  dies  uo  sowie  das  aus  lat.  ö  in  offener 
Sylbe  entstandene  neigt  zu  dem  Uebergange  (durch  tie,  iie,  zu 
ö,  z.  B.  ördi  =  it.  orzo^  möd  =  it.  modo,  e]  Hochtoniges  lat. 
e  und  i  werden  zu  ei,  ai  diphthongirt,  z.B.  plein,  piain  =  it. 
lyieno,  peil,  pail  =  it.  pelo,  lat.  pilus.  l)  Lat.  ä  neigt,  nament- 
lich nach  Palatalen,  zum  Uebergange  in  e[^\  z.B.  quael  =  it. 
quäle.  >;  Lat.  U  wandelt  sich  in  w,  z.  i^.  piir  ^  it.  pnro. 
^)  Lat.  auslautendes  flexivisches  -s  erhält  sich  im  Plural  der 
-4-Stiimme  sowie  im  Plur.   der  im  Lat.  nach  der  so«:.   3.  Decl. 


l)i\s  Räto-KomnnischL'.  765 

tlectiremlen  Substantiva,   namentlich  der  Fen)..   z.   H.   ormas  = 
it.   animi\  clefs  =  it.  chiaci. 

2.  Im  Vebiinjen  gehen  in  der  Lautentwickelung  die  ver- 
schiedeneu riito-rom.  Mundarten  entweder  einzeln  oder  (und 
öfters)  gruppenweise  ihre  oft  sehr  von  einander  abweichenden 
Wege,  so  dass  ein  und  dasselbe  lat.  Wort  in  den  mannig- 
faltigsten Lautgestaltungen  auftreten  kann.  Gartnek  hat  dies 
durch  die  in  §  200  gegebenen  Tabellen  trefflich  veranschaulicht. 
Hier  möge  ihm  wenigstens  ein  Beispiel  entlehnt  werden;  lat. 
clai'is  erscheint  im  Räto-Rom.  und  verwandten  Mundarten  als 
klaf\  klüf,  /ilau ,  klef\  kl^f\  kle,  kidf,  tie,  fl<^,  ^/«fe,  fy/ive, 
^X^fj  ^l^fi  ^X^^j  ^X?j  ^X^f^^^  tsäre,  tsäf,  fsae  etc.  Selbst  dies 
eine  Heispiel  kann  verdeutlichen,  welch  vielseitiger  Ent- 
wickeluno-  die  lat.  Laute  im  Räto-Rom.  fähig  sind  und  wie 
lehrreich  gerade  deshalb  in  phonetischer  Beziehung  das  Studium 
der  räto-rom.  Mundarten  für  den  rom.  Philologen  ist.  Frei- 
lich hat  dieses  Studium  seine  sehr  grosse  eigenartige  Schwierig- 
keit. Auf  Grund  der  gedruckten  Texte  lässt  es  sich  nur  in 
sehr  beschränktem  Umfange  und  unter  steter  Gefahr  des  Irrens 
oder  doch  der  Nichterkenntniss  des  thatsächlichen  Lautbe- 
standes unternehmen,  da  selbstverständlich  die  verschiedenen 
—  übrigens  sämmtlich  nicht  eben  mit  grossem  Geschicke  ent- 
worfenen —  orthographischen  Systeme  des  Räto-Rom.,  welche 
für  den  Druck  massgebend  sind,  mit  den  beschränkten  Mitteln 
des  lat.  Alphabetes  den  Lautstand  des  betr.  Dialectes  nur  in 
sehr  unzureichender  und  ungleichmässiger  Weise  zum  Ausdruck 
zu  bringen  vermögen  und  überdies  immer  die  Tendenz  haben  und 
haben  müssen,  durch  das  Ignoriren  von  unterdialectischen  Diffe- 
renzen für  ein  möglichst  grosses  Gebiet  annähernde  Allgemein- 
gültigkeit zu  erlangen.  Sehr  mit  Recht  hat  daher  Gärtner  in 
seiner  Grammatik  sich  einer  an  diejenige  Böhmers  sich  an- 
lehnenden phonetischen  Schreibung  bedient,  mag  auch  immer- 
hin das  Buch  dadurch  bei  dem  ersten  Anblick  einen  wunder- 
lichen Eindruck  machen  und  eher  die  Grammatik  irgend  einer 
transscribirten  orientalischen  Sprache,  als  die  eines  romanischen 
Idiomes  zu  sein  scheinen.  Nur  das  kann  fraglich  erscheinen, 
ob  Gärtner  nicht  besser  gethan  hätte,  Ascoli's  Schreibung 
zu  brauchen,  um  seine  Grammatik  mit  den  Saggi  ladini  in 
äusseren  Einklang  zu  setzen,   denn  dass  in  beiden  Werken,   die 


766  Das  Räto-Romanische. 

einander  so  nahe  berühren  und  einander  so  vielfach  ergänzen, 
eine  verschiedene  Schreibvmg  gebraucht  ist,  ist  für  den  Leser 
mindestens  störend,  oft  anch  verwirrend.  Lebhaft  zn  wünschen 
wäre,  dass  bakl  einmal  eine  phonetische,  möglichst  zahlreiche 
Mundarten,  wenn  auch  nur  in  wenig  umfangreichen  Proben, 
berücksichtigende  Chrestomathie  mit  Glossar  zusammengestellt 
würde ;  das  Studium  nicht  bloss  ihrer  Texte ,  sondern  auch 
ihres  Glossars  würde  für  den  Anfänger  sehr  lehrreich  sein. 
Nützlich  könnte  auch  die  Herausgabe  einer  wissenschaftlich 
angelegten  räto-rom.  Polyglotte  sein,  d.  h.  einer  in  phonetischer 
Transscription  gegebenen  Uebersetzung  etwa  eines  biblischen 
Gleichnisses  oder  einer  bekannten  Fabel  in  möglichst  viele 
räto-rom.  und  diesen  verwandte  Mundarten  (dass  die  in 
Stalder's  Dialectalogie  [s.  oben  S.  7  57]  enthaltene  Polyglotte 
nicht  mehr  genügen  kann ,  bedarf  garnicht  erst  der  lie- 
merkung)  ^j . 

3.  Als  characteristisch  wenigstens  für  die,  nach  Gakt.ner's 
(S.  56  §  61)  Ausdruck,  »besten«  räto-rom.  Mundarten  ist  die 
Abneigung  gegen  die  proparoxytone  Betonung  hervorzuheben, 
eine  Abneigung,  welche  in  der  häufigen  Synkope  nachtoniger 
Sylben  Ausdruck  findet,  vgl.  z.  B.  oberengad.  dum(mdi/a,  f(jm?ia, 
dyiigvna  mit  lat.   dominicu,  femina^  nii-enem. 

4.  Durch  Apokope  vortoniger  Sylben  entstehen  im  lläto- 
Rom.  mitunter  Bildungen,  welche  von  ihren  lat.  Etymis  sich 
weit  entfernen  und  höchst  bizarr  erscheinen,  z.  B.  gnir  (pho- 
netisch geschrieben  7iyir ,  wo  7Hj  =  n)  =  [t'e]7iir[e]  (die  Mouil- 
liruns  des  n  erklärt  sich  aus  Anbildung  des  Inf. 's  an  das  Präs. 
tefiio  =  veny  \  vgl.  z.  B.  auch  zoth  (in  der  Mundart  von  Trins) 
=  *decem  octo. 


1  Junj^en  Romanisten  kann  keine  nutzbrinf^cndere  Ferienreise  ange- 
rathen  werden,  als  die  in  die  romantischen  räto-rom.  Thäler,  um  dort  an 
Ort  und  Stelle  praktische  Studien  in  Phonetik  und  Dialektologie  zu  trei- 
ben. "Wie  würde  dadurch  ihr  Oln-  geschult,  ihr  Versttindniss  für  lautliche 
und  überhaupt  für  spracliliche  Dinge  geschürft,  ihr  ganzer  wissenschaft- 
licher Gesichtskreis  erweitert  werden  I  wie  würde  ihnen  da  zum  lebendigen 
Bewusstsein  kommen,  dass  es  in  der  romanischen  Philologie  doch  auch 
noch  andere  Dinge  giebt,  als  altfranzosische  Texte  I  Ueberhaupt  sollten  die 
jungen  Komanisten  mehr,  als  bis  jetzt  zu  geschehen  pflegt,  sprachliche 
Studienreisen  in  abgelegenere  romanische  S])rachgebiete  unternenmen ;  es 
würde  das  ihnen,  der  Wissenscliaft  und  selbst  auch  der  Schule  sehr  zur 
Förderung  gereichen.  Sache  des  Staates  aber  Aviire  es,  derartige  Reisen 
durch  Gewiilirung  von  Unterstützungen  und  Begründung  von  Stipendien  zu 
erleichtern. 


Das  Räto-Romanische.  767 

Litte  rat  urangabcn:  Die  eingehendste  Behandlung  ist  der  räto- 
rom.  Lautlehre  in  AscoLi's  Saggi  ludini,  deren  erster,  556  Seiten  umfas- 
sender Theil  ausschliesslich  die  Phonetik  zum  Gegenstande  hat,  und  in 
Gaktners  Rätü-roni.  Gramm.  S.  33  bis  74  zu  Theil  geworden.  Ascoi.l'.s 
Saggi  aber  sind  nicht  nur  die  denkbar  methodischste,  reichhaltigste  und 
eingehendste  Darstellung  der  in  llede  stehenden  Materie,  sondern  besitzen 
auch  eine  weit  über  das  Gebiet  der  räto-rom.  Kinzelphilologie  hinaus- 
reichende Bedeutung.  Eines  Beweises  für  diese  Behauptung  bedarf  es 
nicht ,  da  kein  Sachkundiger  zu  widersprechen  geneigt  sein  wird.  Gele- 
gentlich aber  werde  hier  bemerkt,  dass  aus  den  Saggi  auch  sehr  Vieles 
und  Wichtiges  in  Bezug  auf  die  oberitalischen  ilombardischen ,  veneti- 
schen etc.    Dialecte  zu  lernen  ist. 

Ueber  das  Lautsystem  des  tiroler  Räto-Rom.  hat  in  verdienstlicher 
"Weise  gehandelt  J.  Alton,  Die  ladin.  Idiome    Innsbruck  1S79  ,  S.  25 — 8(i. 

Die  Bemerkungen  über  lautliche  ]  )inge  in  den  gewöhnlichen  räto-rom. 
Grammatiken  und  anderen  dergleichen  von  Dilettanten  geschriebenen  Bü- 
chern sind  einfach  werthlos. 

Dagegen  besitzen,  obwohl  vor  AscoLl's  Saggi  ladini  entstanden,  doch 
auch  heute  noch  "NVerth  E.  Stengels  Diss.  :  Vocalismus  des  lat. Elementes 
in  den  wichtigsten  romanischen  Dialecten  von  Graubünden  u.  Tyiol  Bonn 
IStiS  ,  und  H.  ScHUCHARDTs  Leipziger  Habilitationsschrift:  Ueber  einige 
Fälle  bedingten  Lautwandels  im  Churwälschen    gedruckt  zu  Gotha  ISTO  . 

Ueber  die  räto-rom.  Orthographie  vgl.  Z.  Pallioppi,  Ortografia  ed 
ortoepia  del  idiom  Romauntsch  d'Engiadin'ota.  Chur  1857,  und  Carigiet, 
Ortografia  gienerala  speculativa  Ramontscha.  Dissentis  1858. 

§  6.  Bemerkungen  über  den  fortbestand  des 
Räto-Ro  manischen. 

1.  Der  Grund-  und  Hauptbestand  des  räto-rom.  Wort- 
schatzes ist  —  ganz  entsprechend  dem  in  den  übrigen  roman. 
Sprachen  bestehenden  Verhältnisse  —  lateinisch ;  zu  demselben 
haben  sich  italienische,  germanische  und  einige  vereinzelte 
slavische  Elemente  gesellt.  Etymologisch  dunkle  Worte  des 
Räto-Rom.  aus  dem  »Rätischena  abztileiten  tind  sogar  Worte, 
die  sich  aus  dem  Lat.  oder  sonst  befriedigend  erklären  lassen, 
doch  für  »rätisch«  auszugeben,  ist  eine  Methode,  die  nament- 
lich von  eingebornen  räto-rom.  Dilettanten  in  der  Linguistik 
mit  grosser  Vorliebe  angewandt  worden  ist :  bequem  ist  dies 
Verfahren  sicherlich,  sogar  sehr  bequem  und,  wenn  von  einem 
Räto-Romanen  geübt,  mag  es  als  vermeintlich  patriotisch  gern 
entschuldigt  werden,  wissenschaftlich  aber  ist  es  einfach  ver- 
kehrt und  verwerflich,  weil  es  an  eine  unbekannte  Instanz 
appellirt,  denn  von  dem  Rätischen  ist  eben  etwas  Sicheres  ab- 
solut nicht  bekannt. 


ygg  Das  Räto-Romanische. 

2.  Die  Zahl  der  zu  den  verschiedensten  Zeiten  aus  dem 
Ital.  in  das  Räto-Rom.  eingedrungenen  Worte  ist  sehr  erheb- 
lich, wie  dies,  bei  der  Nachbarschaft  der  beiderseitigen  Sprach- 
gebiete und  bei  dem  Cultureinflusse  Italiens  auf  die  südlichen 
Alpengebiete  sehr  erklärlich  ist.  Auch  das  kann  nicht  auf- 
fällig scheinen,  dass  diese  Worte  sich  zum  Theile  auf  alltäg- 
liche Dinge  beziehen,  wie  z.  B.  formaggio  in  tyrolischen  und 
friaulischen  Mundarten,  während  das  gemeinrätische  Wort  für 
den  betr.  Begriff  auf  lat.  caseus  oder  caseolus  zurückgeht.)  Andrer- 
seits kann  es  ebensowenig  befremden,  dass  die  Büchersprache 
Anleihen  bei  dem  stammverwandten  Ital.  zu  machen  liebt  und 
ihr  nicht  nur  Worte,  namentlich  für  abstracte  Begriffe  (z.  B. 
grazia,  patria],  sondern  ab  und  zu  auch  zu  Phrasen  verwachsene 
Worte  (wie  z.  B.   cioe]   entlehnt  hat. 

3.  Charakteristisch  für  den  räto-rom.  Wortschatz  ist  die 
grosse  Anzahl  der  aus  dem  Germanischen,  namentlich  auch 
aus  dem  Deutschen  entnommenen  Bestandtheile.  Jedenfalls 
nimmt  das  Räto-Rom.  in  dieser  Beziehung  die  erste  Stelle 
unter  allen  romanischen  Sprachen  ein,  übertrifft  also  selbst  das 
doch  wahrlich  in  lexicalischer  Hinsicht  stark  germanisirte 
Französisch.  Innerhalb  des  Räto-Romanischen  aber  steht  aus 
naheliegendem  Grunde  bezüglich  der  Germanismen  das  Chur- 
wälsche  Graubündens  obenan;  in  diesem  Dialectcomplex  wer- 
den nicht  nur  äusserst  zahlreiche  Begriffe  des  häuslichen  und 
wirthschaftlichen  Lebens  sei  es  ausschliesslich  oder  doch  vor- 
wiegend oder  wenigstens  gelegentlich  mit  deutschen  Worten 
bezeichnet  (z.  B.  »bald«,  »bitter«,  »Blech«,  »blinde,  »frei«, 
»Kinder«,  »Klee«,  »Meister«  etc.  etc.),  sondern  es  haben  auch 
ganze  deutsche  Phrasen  Eingang  gefunden,  z.  B.  pit^tigot  =  »be- 
hüte dich  Gott  I«  Auch  die  churwälsche  Büchersprache  schöpft 
gern  aus  dem  deutschen  Sprachschatze  und  scheut  dabei  selbst 
vor  monströs  hybriden  Bildungen,  wie  es  z.  B.  die  Adverbien 
7nuofciUiga7)ieng  und  iapjramtng  sind,  nicht  zurück.  Reichlich 
hat  avich  das  Tirolische  deutsche  Worte  sich  angeeignet,  während 
das  Friaulische  viel  zurückhaltender  gewesen  ist ;  beide  That- 
sachen  sind  erklärlich  genug.  Trotz  der  massenhaften  Ger- 
manismen aber,  von  denen  namentlich  der  Avestliche  und  der 
mittlere  Dialectcomplex  des  Räto-Rom.  durchsetzt  ist,  ist  es 
doch  (abgesehen  von  gemeinromanischen  aus  dem  Germ,  ent- 


Das  Rüto-Romanische.  7(59 

lehiiteu  Worten)  verhältiiissmässig  sehr  selten,  tlass  ein  deutsches 
Wort  im  gesamm  t  rätischen  Gebiete  sich  eingebürgert  hat 
(vgl.   die  -\jigabeu  Gartnek's  p.    IG  ff.). 

4.  Das  Friaulische  berührt  sich  im  Osten  mit  dem  Sla- 
vischen.  welches  letztere  sich  in  früheren  Zeiten  sell)st  tief  in 
das  friaulische  Gebiet  hineinerstreckt  haben  muss,  wie  zahl- 
reiche Ortsnamen  am  Tagliamento  etc.  bezeugen.  Es  wäre 
demnach  eine  starke  Beimischung  slavischer  Elemente  im 
friaulischeu  Wortschatz  recht  begreiliich.  Nichtsdestoweniger 
ist  die  Zahl  der  Wörter  unzweifelhaft  slavischer  Herkunft  im 
Friaulischen  sehr  gering  sie  betreffen  auffalliger  Weise  nament- 
lich mehrere  Thieniamen :  hänya  Sperber,  modräs  Salamander. 
räisa  Ente,  zäba  Frosch  . 

Litterat ü rangaben:  Eine  treffliche  u.  interessante  Skizze  des  räto- 
rom.  Wortschatzes  hat  G.4.RTXER  in  seiner  Gramm,  p.  1  bis  32  entworfen, 
der  betr.  Abschnitt  ist  einer  der  besten  des  ganzen  Buches.  AVerthvollste 
u.  reichhaltigste  Beiträge  zur  räto-rom.,  insbesondere  zur  sopra-silvanischen 
Lexikologie  u.  namentlich  auch  zur  "Wortableitungslehre  hat  AscOLl  im 
Arch.  glott.  ital.  VU  492  bis  595  gegeben.  Sehr  schätzbar  ist  auch  Böh- 
mers Glossar  zu  der  Dichtung  »Zehn  Alter«,  in:  Rom,  Stud.  VI  274, 
Sonst  fehlen  wissenschaftliche  Arbeiten  über  räto-rom.  Lexikologie  noch 
fast  gänzlich,  u.  doch  sind  auf  diesem  Gebiete  so  manche  dankbare  Auf- 
gaben vorhanden,  Aufgaben,  deren  Lösung  auch  culturgeschichtliches  u. 
ethnologisches  Interesse  haben  würde.  So  z.  B.  eine  systematische  Zu- 
sammenstellung der  verschiedeneu  '\\'orte  lateinischen  oder  nicht  lateinischen 
Ursprunges,  welche  in  den  verschiedenen  Mundarten  zum  Ausdruck  des- 
selben Begriffes  gebraucht  werden  oder  doch  gebraucht  werden  können ;  das 
Augenmerk  wäre  dabei  besonders  auf  Begriffe  des  Alltagslebens  zu  richten, 
dagegen  könnten  die  verschiedenen  Lautgestaltungen,  in  denen  ein  u.  das- 
selbe "Wort  erscheint,  falls  sie  nicht  volksetj-mologischer  Art  sind,  als  für 
den  in  Rede  stehenden  Zweck  unwesentlich  nur  mit  Auswahl  gegeben 
werden. 

J.  V.  Cappol,  Nomenclatura  Romanscha  e  Todaischa.  Schuls  17TU 
Eine  andere  Nomenclatura  erschien  bereits  1744  in  Schuls  —  0.  Carisch, 
Deutsch-ital. -romanische  "Wörtersammlung  zum  Gebrauche  in  unsem  rom- 
Landschulen.  Chur  1S21,  2  Auti.  1S36,  3  Aufl.  184S  Churwälsch  —  M.  CoN- 
RADi,  Taschenwörterbuch  der  romanisch-deutschen  u.  der  deutsch-romanischen 
Sprache.  Zürich,  Thl.  I  1S23,  Thl.  II  1S2&  Oberländisch  —  Durgiai,  Anfang 
eines  deutsch-rom.  "Wörterbuches  das  Vorwort  trägt  die  Jahreszahl  1S5U; 
befindet  sich  in  der  Cantonalbibl.  zu  Chur  —  *0.  Carisch,  Taschen- 
wörterbuch der  räto-rom.  Spr.  in  Graubünden,  besonders  der  Oberländer  u. 
Engadiner  Dialecte,  nach  dem  Oberländer  zusammengestellt  u.  etymologisch 
geordnet.  Chur  1S4^  52  auf  S.  1S9  ff.  ein  Verzeichniss  einiger  bündner- 
rom.  u.  t}Tolisch-rom.  "Wörter     —    *B.  Carigiet,   Räto-rom.  "Wörterbuch.. 

Körting,  Encyklopädie  d.  rom.  Phil.   III.  49 


770  I^äs  Räto-Romanische. 

Surselvisch-deutsch.  Bonn  u.  Chur  1S82  —  Für  das  Ladinische  ist  die 
einzig;e  nennenswerthe  Arbeit  das  von  J.  Alton  in  seinem  Buche  über  die 
ladinischen  Idiome  S.  129  ff.  gegebene  umfangreiche  Glossar. 

M.  TscHUMPERT,  Versuch  eines  bündnerischen  Idiotikons,  zugleich  ein 
Beitrag  zur  Darstellung  der  mittelhochdeutschen  Sprache  u.  der  Cultur- 
geschichte  von  Graubünden.  Chur  188U/82  (berücksichtigt  das  Romanische 
nur  gelegentlich)  —  J.  MiscHi,  Deutsche  "Worte  im  Ladinischen.  Brixen 
1882  Progr. 

F.  R.A.L'.SCH,  Sprachliche  Bemerkungen  zum  Müsserkriege,  in;  Ztschr. 
f.  rom.  Phil.  II  99  (die  Bemerkungen  sind  lexikalischen  Inhalts^. 

A.  Gatsciiet  ,  Ortsetjnn.  Forschungen  als  Beiträge  zu  einer  Topono- 
mastik der  Schweiz.  Heft  :i  Bern  181)6  —  M.  R.  BucK,  Rätische  Orts- 
namen, in  Birlinger's  »Alemannia«  XII  209,  vgl.  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  IX  155 
—  Untekforscheh,  Rom.  Namensreste  a.  d.  Pusterthale.  Leitmeritz  1855. 

R.\l"SCH,  Gesch.  d.  Lit.  des  räto-rom.  Volkes,  p.  17  u.  p.  99,  giebt  an, 
dass  Z.  Pallioppi  ein  grosses  »Dizionari  dels  idioms  raetoromauntschs  con- 
gualos  con  linguas  parentedas  e  condots  a  lur  provenienza« ,  seit  18ö9  in 
35  Heften  (etwa  70  Druckbogen)  herausgebe,  das  »jedoch  wohl  erst  1872 
vollständig  erschienen  sein  wird«;  an  derselben  Stelle  nennt  Rausch  auch 
eine  gegen  Steub  gerichtete  Schrift  Pallioppi's:  Perscrutazions  da  noms 
locals.  Beide  AVerke  sind  dem  Verf.  der  Encyklopädie  unerreichbar  u. 
folglich  unbekannt  geblieben ;  bezüglich  des  ersteren  glaubt  er  übrigens 
mit  gutem  Grunde  bezweifeln  zu  müssen,  dass  es  überhaupt  im  Buchhandel 
erschienen  sei. 

§  7.  Bemerkungen  über  den  Formenbau  dfes  Räto- 
Romanischeu. ') 

Da  die  einzelnen  Dialecte  und  Unterdialecte  des  Räto- 
Rom.  auch  bezüglich  des  Fonnenbaues  mehr  oder  minder  er- 
hebliche Unterschiede  aufweisen,  so  lässt  sich  der  Formen- 
bau avich  der  Gesammtsprache  in  irgendwie  eingehenderer 
Weise  nur  unter  Berücksichtigung  wenigstens  der  wichtigeren 
Einzelmundarten  besprechen ,  was  hier  schon  aus  äusseren 
Gründen  nicht  wohl  thunlich  ist.  Uebrigens  besitzt  die  räto- 
rom.  Gesammtsprache  morphologisch  nicht  eben  viele  charakte- 
ristische Eigenheiten  namentlich  verglichen  mit  dem  Rumä- 
nischen oder  dem  Sardischen  ,  sondern  erhebt  sich  im  Wesent- 
lichen Avenig  über  das  gemeinromanische  Niveau. 

1 .  Die  subst.  .^-Stämme  bewahren .  die  0-.  T^-  und  ii- 
Stämme  verlieren  ihren  vocalischen  Auslaut,  z.  B.  rosa,  aber 
cmn  =  a?mum,  fruit  =  friictum  .   (jk'tfs  =  (jlaciem.    di  =  diej)i. 


1)  Dass  die  in  diesem  §  gemachten  aphoristischen  Angaben  fast  durch- 
weg auf  Gartneu's  Gramm,  beruhen,  wird  der  S;ichkundige  ebenso  leicht 
erkennen  als  sicherlich  billisfen. 


Das  Käto-Kümanische.  771 

Die  im  Lat.  zur  sog.  dritten  Decl.  gehörigen  Stämme  lauten 
consonantiscli  aus.  z.  W.  pun  =  punem.  not's  =^  uoctem.  krot>  = 
cTuceyn .  dolt'ti  =  dulcem  etc.  Die  neutralen  zu  Femininen 
Sing,  gewordenen)  Neutra  Flur,  bewahren  ihr  -«.  z.  li.  fodm 
=  foUa.  2.  Die  Suhst.  (und  Adj.  besitzen  für  Sing,  und  Flur, 
nur  je  eine  Form,  welche  meist  auf  dem  lat.  Aecusativ.  nur 
vereinzelt  (bei  Nominibus  actoris  auf  -tor]  auf  dem  lat.  Nn- 
minativ  beruht  z.  F.  pä'ster  =  pastor ,  daneben  aber  auch 
puifdr .  und  zwar  mit  differenziirter  Bedeutung,  denn  pä'-iter 
»Kuhhirt«,  pastär  »Hirt  für  Kleinvieh«:  senyei'  =  senior  nOoHc 
und  aeuyuJir  =  seniorem  i^Herr«."  Nur  Denn  verfügt,  wenigstens 
an  einigen  Orten  über  zwei  C'asusformeu,  den  Gas.  rect.  Deua 
Diaus)  und  den  Gas.  obl.  Diu^  zeigt  also  Decl.  wie  im  Altfrz. 
Ganz  eigenartig"  ist.  dass  Adjectiva,  Farticipien  und  Possessiv- 
pronomina im  Masc.  Sing. ,  wenn  sie  prädicativ  (und  zwar 
auch  in  Bezug  auf  Substantiva  in  obliquer  Gasusstellung  fun- 
giren.  im  Oberwäldischen  ein  -*■  annehmen,  während  sie  attri- 
butiv ein  solches  nicht  zeigen,  z.  B.  ilg  präu  ei  rerds  «die 
Wiese  ist  grün«,  aber  ilg  p'äu  verd  j)die  grüne  Wiese«,  quest 
codiscJi  ei  mes  )Hlies  Buch  ist  mein».  Ob  aber  in  diesem  -s  das 
lat.  Nominativ  -s  zu  erkennen  sei.  ist  doch  keineswegs  über 
alle  Zweifel  erhaben.  Vgl.  über  diese  sehr  interessante  svn- 
taktische  Erscheinung  Böhmer  in  Rom.  Stud.  II  210,  ferner 
Stükzinger.  a.  a.  O.  p.  9  Anm.  2  und  Ascoli  im  Arch.  glott. 
ital.  VII  426,  vgl.  endlich  Ztschr.  f.  roman.  Fhil.  I  118  Anm.  4. 
3.  Die  einzige  Form  des  Flur,  beruht  vorwiegend  auf  dem  lat. 
Accus.,  zeigt  also  den  Ausgang  -s\  indessen  sind  bei  Mas- 
culinen.  namentlich  bei  solchen,  deren  Stamm  auf  /  oder  auf 
Dental  ausgeht.  Pluralbildungen  auf  -?",  (w^enigstens  scheinbar) 
entsprechend  dem  Nom.  PI.  der  lat.  sog.  2.  Decl.,  nicht  selten, 
z.  B.  tsavai  =  cavuUi.  hie i  =  belli .  miei  =  mei ,  ponti .  poniy^ 
und  poaU  =  ^ponti  f.  pontes:  besonders  beliebt  ist  der  Flur, 
auf  -i  im  Ghurwälschen  liei  den  schwachen  Part.  Frät..  z.  B. 
purtäi  =  portati.  und  häufig  zeigen,  wenigstens  in  der  Bücher- 
sprache, auch  starke  Farticipien  diese  Bildung,  z.  B.  tnessi. 
Bei  Substantiven,  welche  auf  lat.  Subst.  auf  -ar  '-oris]  und  -o 
[-o?iiö  zurückgehen,  unterscheiden  sich  der  auf  dem  lat. 
Nominativ  beruhende  Sing,  und  der  Flur,  öfters  durch  den 
Accent.  z.   Vy.  Sg.  pc/iiede)'  =  peccäior.    aber  Fl.  pc/iiaduori  = 

49* 


772  Das  Räto-Romanische. 

peccatöres;  Analogiebildungen  sind  nicht  selten,  z.  B.  Sg.  bub. 
ri.  babs  »Väter«  und  babüns  «Voreltern«,  Sg.  m«/,  PI.  matünts, 
Sg.  ß  =ßliui> .,  Vl.ßöns,  gleichsam  ßliönes ,  Sg.  netitk  »Bräu- 
tigam«, PI.  neviUö7is  »Brautleute«;  ja  sogar  Feminina  werden 
von  dieser  Bildung  ergriffen,  z.  B.  Sg.  döna,  mäta,  PI.  du- 
HÖunfs,  matöunfs  vgl.  die  altfrz.  Casus-obliquus-Bildungen,  wie 
Ecain,  antain,  nach  Analogie  von  Charlon^  baron  u.  dgl.l  4. 
Die  Adjectiva  bilden,  gleichviel  welcher  Kategorie  sie  im  Lat. 
angehörten,  durchweg  ein  Fem.  auf  -a.  5.  Die  Comparation 
der  Adj.  ist  derjenigen  im  Italienischen  ganz  analog;  als  Com- 
parativpartikel  fungirt  plii  =  plus.  G.  Die  Pronomina  geben 
nur  zu  wenigen  Bemerkungen  Anlass.  Dass  die  Nominative 
ego  und  tu  sich  erhalten  haben,  unterscheidet  das  Eäto-Rom. 
vom  Lombardischen  und  Venetischen.  Für  vos  tritt  häuüg 
cos  +  alteros  ein'  vuzöters).  Der  Gebrauch  der  proklitischen 
lind  enklitischen  Affissi  ist  im  rheinischen  Churwälsch  im 
Schwinden,  Dagegen  liebt  man  in  Tyrol  und  in  Friaul  den 
Nom.  des  Personalpronomens  durch  Beifügung  einer  proklitisch 
o-ekürzteu  Form  zu  verstärken ,  namentlich  bei  negirtem  Prä- 
dicate,  z.  B.  tu  no  te  sos  »du  bist  nicht«.  Ille  fungirt.  wie  in 
den  meisten  andern  romanischen  Sprachen,  so  auch  im  Käto- 
Roni.  als  best.  Artikel  und  zugleich  als  Pron.  der  3.  Pers. 
Bei  den  Possessiven  findet  sich  manche  bizarre  Bildung,  so 
z.  B.  die  Prädicativformen  Sg.  nyo7i  =  inexim  und  PI.  mjos. 
nach  Gaktner  S.  US  gleichsam  meiim  -(-  Phu-al-6-  +  Plural-?'. 
Die  im  Ital.  übliche  Verbindung  des  attributiven  Possessivs 
mit  dem  Artikel  ist  im  Churwälschen  undLadinischen,  wenig- 
stens gegenwärtig,  nicht  beliebt,  nicht  selten  anzutreffen  da- 
gegen im  Friaulischen.  Als  Demonstrativa  fungiren  die  Com- 
binationen  ecctmi -{- istutn  [quist .  (juest) ,  eccum -\- illum  qucl] 
und  ecce  -\-  ilhim  [t'sel  .  Im  Oberländischen  ist  quel  das 
herrschende  Demonstrativ.  Das  in  der  Volkssprache  übliche 
einzio-e  Relativ  ist  ke\  die  Büchersprache  wendet  daneben  sehr 
gern  und  mit  einer  gewissen  Ostentation  il  qnah  an.  Das 
Interrogativ  ist  für  M.  und  F.  ki  (in  einzelnen  Dialecten 
zu  t'/^i  palatalisirt;  ,  N.  ke  tye,  ;  im  Friaul.  ist  für  ki  ein- 
«'etreten  kui.,  das  nicht  nothwendig  auf  lat.  cid  zurückgefiihrt 
werden  muss;  in  älteren  vorderrheinischen  Schriften  findet 
sich  als  Cas.  obl.  Sg.  quin,   cuinn  gebraucht,    worin  Gärtner 


Das  Käto-liomani'^ehc.  773 

lat.  quem  erkeunen  will,  doih  diiifto  die  ISache  zweifelhaft 
sein  (vielleicht  ist  zu  beachten,  dass  in  den  von  G..  S.  1U4, 
angeführten  lieispielen  cuinn .  (juiti  immer  in  Hiatusstellung 
steht),  l'nter  den  Indefiniten  giebt  es  zimi  Ausdruck  des  ver- 
lornen lat.  aliquis .  aliquid  n.  dgl.  ganz  seltsame  Bildungen, 
die  aus  gleichsam  versteinerten  lat.  Phrasen  entstanden  sind, 
z.  H.  entsityj  =  ego  non  sapio  quis  u.  dgl.  Als  indefinites 
Personale  fungirt  i?i  =  unus  (daneben  im  Oberländischen  auch 
i/is.  womit  gern,  als  wäre  es  eine  Pluralform,  das  A  erb  im 
Plur.  verbunden  wird).  Aus  dem  Ital.  haben  ogni  und  stesso 
in  die  Büchersprache  des  Engadins  Eingang  gefunden.  7;  Von 
den  lat.  Tem))oribus  und  Modis  sind  erhalten  das  Präs.  Ind., 
Conj. ,  Imp. .  Inf.  und  selten)  Gerund.,  das  Impf.  Ind.,  das 
Plusqpf.  Conj.  (in  der  Function  des  Conj.  Impf,  und  zugleich 
des  Cond.  und  das  Part.  Prät.  Das  bist.  Perf.  ist  im  lläto- 
Kom.  ein  entschwundenes,  aber  auf  litterarischem  Wege  nach 
italienischem  Muster  künstlich  neugebildetes  Tempus :  die 
lebendige  Pede  braucht  das  periphrastische  Perf.  als  erzählen- 
des Präteritum.  Die  Futurbildung  nach,  dem  Typus  Inf.  -h 
/labeo  ist  im  Churwälschen  durch  die  Combination  venio  -\-  ad 
4-  Inf.  ersetzt,  z.  B.  regfi  a  cantar  =  it.  cantero  =  lat.  canfabo: 
in  der  Büchersprache  jedoch  findet  man  auch  das  nach  ital. 
Muster  geformte  Fut.  Die  Konditionalbildung  nach  dem  Typus 
Inf.  -{-  haheham  (oder  Inf.  -(-  Jiahd]  ist  nur  wenigen,  nicht 
streng  rätischen  Mundarten  bekannt .  das  eigentlich  Rätische 
braucht  das  Plusqpf.  Conj.  als  Cond. ;  das  Friaulische  besitzt 
eine  eigenthümliche  Conditionalbildung  nach  dem  Typus  Inf. 
-f-  issern,  z.  B.  acqnistaressin.  Im  Unterengadinischen  kann 
der  Inf.  die  Endung  der  2.  P.  PI.  annehmen  und  als  Imperativ 
fungiren,  freilich  nur  in  Verbindung  mit  der  Negation,  z.  B. 
nun  tmarai  =  ne  iimete.  Die  Umschreibung  des  Passivs  er- 
folgt im  Churwälschen  durch  venire,  im  Ladinischen  durch 
venire  und  esse,  im  Friaulischen  nur  durch  esse.  S.  Was  die 
Personaleudungen  anlangt ,  so  ist  in  der  1 .  Sg.  der  Ausgang 
-m  durchweg  abgefallen  (ausgenommen  sun.  son  =  sum.  wo- 
nach analogisch  vofn  =  vado,  dun  =  do  und  Aehnliches  ge- 
bildet wird  .  z.  ^i^.  2^^0'iave  =  j)orfaha7n .  purfäs  =  porfasse7n  : 
ebenso  der  Ausgang  -o.  z.  B.  porf  :^  porfo .  doch  nimmt  die 
1.  P.   Sg.  Präs.  Ind.   gern  entweder  ein  a  an   (bildet  sich  also 


774  Das  Räto-Romanische. 

der  Sg.  an) .  porta  =  porto^  oder  aber  verbindet  sich  mit  dem 
Masc.  des  Pronomens  der  8.  P.  el  =  illum^  also  y^oWe/')  oder 
endlifli  folgt  der  Analogie  der  l .  Präs.  Conj . ,  porti  {porte) ; 
dem  lat.  porto  entsprechen  folglich  im  Räto-Rom.  vier  Formen: 
porti  porta^  portel ,  porti  iportv],  von  denen  die  dritte  die 
eigenartigste  ist.  In  dem  litterarischen  Perf.  (s.  oben  No.  7) 
fungirt  die  3.  P.  Sg.  zugleich  als  1.  P. ;  so  dass  amet  in  der 
Bedeutvmg  sowohl  =  amat•^7  als  auch  r=  amati  ist  2),  ebenso 
vendet^  sentit.  Die  2.  P.  Sg.  hat  ihr  -s  durchweg  gewahrt 
und  fügt  an  dieses  gern  das  Pron.  der  2.  P,  Sg.  in  enklitischer 
Verkürzung,  z.  B.  pörtest=  portas -\- t[u] ,  ebenso  purteveht 
u.  dgl.,  es  ist  das  ein  Vorgang,  der  auch  in  anderen  Sprachen, 
namentlich  in  germanischen,  nicht  selten  und  möglicherweise 
Wiederholung  einer  uralten  Bildungsweise  ist  (wenn  nämlich, 
wie  wenigstens  die  frühere  von  Bopp,  Schleicher,  Curtius  u. 
A.  vertretene  Annahme  war.  die  indo-germ.  Personalendungen, 
mindestens  des  Sg.,  aus  den  Personalpronominibus  hervorge- 
gangen sind.  Jedenfalls  aber  erinnert  räto-rom.  partes  +  i  aw 
lat.  portavis -\- ti] .  Die  Endung  -t  der  3.  Sg.  ist  durchweg 
geschwunden,  z.  B.  pörta,  purtäca  =  portat,  portabat.  Lat. 
-mtis  der  l.  PI.  ist  zu  -n  vereinfacht,  öfters  tritt  an  dies  -n  das 
Personale  nos  in  enklitischer  Kürzung  als  -s  an,  z.  B.  purtain 
=  portam  us]  und  piirtains  oder  ptirtaints  =  portam[us  +  [no]s. 
Nicht  selten  wird  die  1.  PI.  der  3.  PI.  angeglichen,  also 
stammbetont.  Lat.  -tis  der  2.  PI.  stellt  sich  als  -/s,  -t  imd  -5 
dar,  z.  B.  purtets,  purtüs  =  portatis ,  purtetet  =  portahatis\ 
eine  andere  Entwickelung  ist  im  Präs.  Ind.,  dass  die  Endung 
abfällt,  sodann  dass  Pron.  PI.  der  2.  P.  antritt  und  an  diese 
Bildung  wieder  die  Endung  -t  angefügt  wird,  z.  B.  pnrtävat 
=  porta[tis]  -f-  vos -\- -t[is\  (so  erklärt  G.\ktnkr  p.  113  den 
Vorgang,  vielleicht  aber  ist  besser  Angleichung  an  das  Impf, 
anzunehmen).  Die  Endung  der  3  PI-,  -nt  hat  ihr  t  verloren, 
in  Tyrol  und  in  Theilen  von  Friaul  ist  sie  ganz  geschwunden, 


1)  AscoLI  dagegen,  Arch.  glott.  VII  460,  erklärt  diese  Bildungen  als 
Anbildungen  an  affel  u.  dgl.  =  a^yi[o]. 

2;  Der  Bildung  nach  sind  diese  Formen  Italianismen,  reiitlet  =  veti- 
(htte  u.  vaidetti,  darnach  analogisch  amd  u.  svntit.  Directe  Anbildung  an 
'stetti  u.  "detti  anzunehmen,  ist  für  das  Räto-Rom.  unstatthaft.  Ueber  die 
ital.  Perf.  auf  -eiti  vgl.  oben  S.  G5it,  vgl.  auch  Teza  in  den  Studj  di  til. 
rom.  I  445. 


Das  Rätü-Kumanische.  775 

/.  1^.  porten  \uu\  porta  =  porfuuf  ^nach  Gaktnek,  p.  lOS,  ist 
in  porta  die  3  8g.  zu  erkennen ,  -welche  die  Function  auch 
der  3  PI.  übernommen  habe  ?]).  !♦.  Von  sonstigen  charak- 
teristischen Zügen  der  räto-rom.  Conj.  seien  hier,  avo  auf 
Einzelheiten  unmöglich  eingegangen  und  ebenso  unmöglich 
irgendwie  Vollständigkeit  erstrebt  werden  kann,  nur  folgende 
bemerkt :  a)  Analogische  Uebertragung  des  Ableitungsvocals  ist 
sehr  häutig,  so  ist  z.  \\.  a  aus  der  sog.  ersten  Conj.  in  die  3. 
theilweise  auch  2.'  P.  Sg.  Präs.  Ind.  aller  Conjugationen 
übertragen  worden .  also  cetula  für  remlit ,  parta  und  parchia 
für  *paftit^  ober-  und  unterengadinisch  auch  cetulastj  jMirfast 
für  cendis ,  ^partis  (vgl.  Andeer  a.  a.  ü.,  p.  30,  Stürzinger 
a.  a.  O.  p.  10  f.).  Dagegen  hat  der  Ableitungsvocal  e  in  der 
l.  und  2.  P.  PI.  Präs.  Ind.  der  yl-Verba  und  der  nach  cender 
Üectirenden  Verba  das  organische  «  und  i  verdrängt,  purtain 
=  ^porfemus  .denn  räto-rom.  ai  =  lat.  e],  tendein  =  *vendetis. 
Ableitungs-6'  und  -i  hat  in  der  1.  P.  Sg.  Präs.  Ind.  und  Conj. 
vielfach  Palatalisirung  oder  Assibilirung  des  auslautenden 
Stammvocales  bewirkt,  doch  nur  bei  Verben,  Avelche  ursprüng- 
lich ein  starkes  Perf,  bildeten  und  auch  bei  diesen  nicht  aus- 
nahmslos, z.  B.  i'ögl  =  *volio,  cegn  yVeny)  =  venio,  fetsch  ■= 
facio.  vez  =  vüleo  etc.,  dazu  manche  analogische  Bildungen, 
z.  1>.  disch  =  dico .  stögl  v.  stovair  [=  *stopere]  wie  vögl  v. 
volair.  b)  Der  Stammvocal  unterliegt  der  Diphthongirung,  z. 
B.  i'ögl  aus  vueg/,  vuogi]  =  ^völio,  daneben  vi  [aus  vie1j\  vielj, 
viei,  gleichsam  'cSlio  f.  "fö//o],  vie?i  =  vSni,  doch  finden  sich 
mancherlei  Abweichungen  und  Ausnahmen,  namentlich  wenn 
der  Stammvocal  durch  Position  geschützt  ist,  wie  in  poss; 
andrerseits  kommen  auch  Analogiebildungen  vor,  wie  z.  B. 
acieras,  aciera  =  äperia,  äperii,  angebildet  an  avier  =!  apej'[i]o, 
daneben  aber  auch  evr  =  aper[i]o,  angebildet  an  evras,  evra  = 
äperia,  üperit.  vgl.  Stürzinger  p.  43.  Der  tieftonige  Stamm- 
vocal ist  der  Verdumpfung,  unorganischem  Lautwandel  und 
der  S}Tikope  ausgesetzt,  z.  B.  sunar  =  sonare,  manar  =  *minare, 
pcher  =  peccare\  pser  ^  pensare\  öfters  fällt  die  ganze  an- 
lautende Sylbe  ab,  z.  B.  gnir  {nyir)  =  [ve]nire,  s.  auch  nächste 
Nummer,  c)  Der  Inf.  hat  das  auslautende  -e  durchweg  ver- 
loren, auch  das  nur  in  den  Auslaut  tretende  r  neigt  vielfach 
zur  Verstummung.    Synkopirte  Infinitivformen  sind  nicht  selten, 


776  Das  Räto-Romanische. 

z.  V>.  far  \u\i\.  fer  =  facere ,  ver  und  vair  =  vieler e.  rir  =  *ri- 
d^re .  mir  =  rodere ,  cuir  =  coqiiere  etc.,  vgl.  auch  vorige 
Nummer;  das  palatalisirte  n  in  gnir  (dazu  Part.  P.  gni,  er- 
klärt sich  aus  Anbildung  an  Präs.  Ind.  nenj.  d)  Die  Aus- 
gänge des  schwachen  Part.  Prät.  sind :  au  [o,  ä),  -ada  bei  den 
^-Verben;  -ieu,  -ida  nnd  -i,  -ida  bei  den /-Verben  und,  con- 
currirend  mit  -ü,  -üda,  bei  den  zur  schwachen  Conjugation 
übergetretenen  starken  Participien,  z.  B.  vendieu  und  vendü  für 
venditus.  e  In  Folge  des  Schwundes  des  Perfect  ist  die  starke 
Conjugation,  der  übrigens  nur  wenige  Verba  treu  geblieben 
sind,  auf  die  stammbetonten  Formen  des  Präs.  und  das  Part. 
Prät.  beschränkt  worden.  Die  Zahl  der  starken  Participien 
auf  -t  und  auf  -s  ist  noch  ziemlich  beträchtlich,  indessen  sind 
doch  mehrere  ursprünglich  dahin  gehörige  zur  -vtus  =  -U- 
Bildung  übergetreten,  z.  li.  tgnü,  verkürzt  giiii  (im  Unter- 
engadinischen  auch  als  Part,  zu  avair  fungirend)  =  *tenTitus. 
i)  Die  Inchoativ  Verstärkung  -isc  =  -isch,  -esc/i  in  den  stamm- 
betonten Präsensformen  ist  nicht  nur  bei  den  meisten  /-Verben, 
sondern  auch  bei  vielen  ^-Verben  Regel,  z.  B.  nicht  nur 
ßurisch{a)  und  ßuresch  =  *ßori&co  für  ßoreo,  sondern  auch  ahi- 
tesch,  gleichsam  *hahitisco  für  hahito.  g)  Analogiebildungen 
durchkreuzen  häufig  in  seltsamster  AVeise  die  organische  Con- 
jugation, so  findet  sich  z.  B.  für  lat.  es  neben  eis,  ais  und  est 
(=  es  -\-  tu)  ein  an  sum  sich  anlehnendes  sos\  lat.y*w/  erscheint 
als  fuva .  also  in  Anbildung  an  das  Impf. ;  nach  sum  werden 
angebildet  dim,  dunt  für  du  (vgl.  Stürzinger  p.  47  Anm.  1), 
vo7n  für  vado  u.  dgl.  h)  Die  flexionsbetonten  Formen  zu  rä- 
dere lauten  1.  P.  PI.  Präs.  Ind.  m^in.  2.  P.  m^is  (entsprechend 
im  Conj.),  Impf,  mdvel;  die  Herleitung  ist  dunkel.  Stürzinger, 
p.  50  Afim.  3,  setzt  mein  =  meamus  an;  Gärtner,  p.  15S. 
dagegen  construirt  amh[u]lare  :  "^amlar  :  *lare  (also  mit  Wegfall 
der  Vortonsylbe) .  dies  mit  ad  verbunden  ergab " *fl!//ar ,  oder 
*amlar  :  *amnar,  woraus  weil  man  amnar  für  eine  Verkürzung 
gehalten  habe)  amanar,  dies  :  manar.  oder  amnar  :  «mar  oder 
amnar  :  a7iar,  nar,  durch  Verstärkung  sei  aus  anar  entstanden 
andar  —  alles  dies  recht  sinnreich,  aber  auch  recht  sehr  un- 
wahrscheinlich ! 

Anmerkung,     lieber   die    räto-rom.    Syntax   fehlt   es  — 
mit  Ausnahme   dessen,    was   den    Prädicatscasus   betrifft,    vgl. 


Das  Käto-Komanische.  777 

oben  Xo.  2  —  noch  gänzlich  an  Vnteisncluingen ;  die  »Satz- 
lehre« in  Andekk's  Gramm,  verfolgt  nur  ])raktische  Z\vecke 
und  auch  diese  in  unzureichender  Weise.  Jedenfalls  aber 
würde  eine  Untersuchung  der  riito-rom.  Syntax  zu  manchem 
interessanten  und  vielleicht  auch  Avichtigen  Ergebnisse  fülueu. 
Völlig  unangebaut  ist  noch  das  Gebiet  der  räto-rom. 
Rhythmik.  Freilich  ist  auch  von  vornherein  von  darauf  be- 
züglichen Untersuchungen  nicht  eben  Vieles  zu  erwarten,  in- 
dessen würde  es  sich  doch  wohl  lohnen,  das  Thema  wenigstens 
in  Bezug  auf  das  Churwälsche  einu^al  zu  behandeln.  Es  dürfte 
sich  dabei  herausstellen,  dass  —  gegen  die  nächstliegende  An- 
nahme —  das  Räto-Rom.  in  rhythmischer  Beziehung  nicht 
unwesentlich  vom  Italienischen  sich  entfernt. 

Litteraturangaben.  Hauptwerk  für  die  räto-rom.  Gramm,  ist  das 
schon  oft  eitirte  Buch  von  Gartnek  [Heilbronn  1SS3),  vgl.  darüber  oben 
S.  759  Anni.  (Elliott  im  Am.  Journal  of  Phil.  IV  4S6  nennt  das  Buch 
mit  Recht  »a  veritable  wonder  of  untiring  patience  and  industry,  and  a 
fine  model  of  scientific  dialect  investigation»;.  —  Eine  wahre  Schatzgrube 
für  die  Morphologie  des  Räto-Rom.  u.  speciell  des  Oberwäldischen  sind 
AscoLl's  Annotazioni  soprasilvane  im  Arch.  glott.  ital.  VII  426. 

P.  J.  Andeer,  Räto-rom.  Elenientargramm.  mit  besonderer  Berück- 
sichtigung des  ladinischen  Dialects  im  Unterengadin  mit  einem  empfeh- 
lenden Vorworte  von  E.  Böhmer].  Zürich  ISSü  das  Büchlein  ist  durch 
und  durch  elementar  gehalten  und  verräth  auf  jeder  Seite,  dass  sein  Verf. 
ein  patriotischer  Rätoromane,  aber  zugleich  auch  nur  ein  Dilettant  in  lin- 
guistischen Dingen  ist.  Für  den,  welcher  einen  Ueberblick  über  die  Schrift- 
sprache des  Unterengadin  und  einige  praktische  Vertrautheit  mit  dersel- 
ben zu  erlangen  wünscht,  kann  diese  Elementargramm,  ganz  nützlich  sein, 
wissenschaftlich  aber  ist  sie  einfach  unbrauchbar  und  Anfänger  sind  sogar 
vor  ihr  zu  warnen,  da  sie  durch  sie  leicht  zu  dem  Wahne  verführt  werden 
können,  dass  das  Räto-Rom.  eine  einheitliche  und  grammatisch  fest  nor- 
mirte  Sprache  sei, .  —  Von  sonstigen  grammatischen  Schriften  seien  ge- 
nannt: D.\  S.\le,  Fundamenti  della  lingua  retica  o  grigiona.  Dissentis 
1729  —  Nova  grammatica  ramonscha  e  tudeschgia.  Dissentis  1771  —  Veit, 
Gramm,  ramonscha  per  emprender  il  langaig  tudeschg.  Bregenz  ISuö  be- 
handelt die  Mundart  von  Dissentis,  —  G.  Heixrich,  Fuormas  gramma- 
ticalas  del  linguach  tudaisch.  Chur  1S41  u.  1S55  —  M.  Coxr.\di.  Prak- 
tische deutsch-romanische  Gramm.  Zürich  182u  (stellt  die  rheinisch-grau- 
bündnerische  Mundart  dar,  —  F.  Lauchert,  Untersuchungen  über  Laut- 
u.  Formenlehre  der  räto-rom.  Sprache.  Rottweil  1S45  (behandelt  nur  die 
betonten  Vocale  —  *0.  Carisch,  Grammat.  Formenlehre  der  deutschen 
u.  räto-rom.  Spr.  f.  d.  roman.  Schulen  Graubündens.  nebst  einer  Beilage 
über  die  räto-rom.  Gramm,  im  Besondern  u.  einigen  Proben  aus  der  älte- 
.sten   räto-rom.  Prosa  u.  Poesie.  Chur   18-52,    und:    Hauptparadigmata  der 


778  ^^^  Räto-Romanische. 

roman.  Conjugation  u.  Declination  Oberländer,  Engadiner  u.  überhalb- 
steiner  Mundart).  Chur  184S  —  J.  A.  BÜHLER,  Gramm,  elementara  di  lun- 
<i:aig  Rhätü-romonsch.  Chur  1864,  und:  Curta  instrucziun  per  emprender 
il  lungatg  tudesc.  Chur  1877  —  Zacc.  Pallioppi,  La  conjugaziun  del 
verb  nel  idiom  Romauntsch  d'Engadin'ota.  Samedan  1868  —  *J.  StCrzin- 
GER,  Ueber  die  Conjugation  im  Rätorom.   Winterthur  1879.  Züricher  Diss. 

vgl.  oben  S.  759  Anm.  Die  Schrift  berücksichtigt  leider  nur  das  Grau- 
bündner  Romanisch  i  —  E.  BÖHMER,  Tirolerisches,  in:  Rom.  Stud.  III  60-5 

behandelt  u.  A.  die  Participien  auf  -est],  und:  Der  Prädicatscasus  im 
Räto-Roman.,  s.  oben  S.  771. 

§  8.  Bemerkungen  üher  die  Geschichte  der  räto- 
rom. Litteratur. 

1.  Von  den   drei  Theilen  des  räto-roman.  Sprachgebietes 
Graubünden,    Tyrol ,    Friaul)    besitzt  Graubünden  allein  eine 

Litteratur  im  eigentlichen  Sinne  des  Wortes,  Tyrol  und  Friaul 
besitzen  nur  eine  Volksdichtung,  deren  schriftliche  Fixirung 
in  Tyrol  übrigens  erst  neuerdings  begonnen  hat.  ^ 

2.  Die  churwälsche  Litteratur,  und  überhaupt  das  chur- 
wälsche  Schriftthum  reicht  nicht  über  das  IG.  Jahrhundert 
hinauf-)  ,  es  fehlt  also  jedes  mittelalterliche  churwälsche  Lit- 
teratur- und  Schriftdenkmal.  Angeregt  wurde  das  Entstehen 
der  churwälschen  Litteratur  zunächst  durch  die  in  Graubünden 
eindringende  Kirchenreformation ,  in  Folge  deren  asketische 
Schriften  in  der  Landessprache  abgefasst  und  die  Bibel ,  zu- 
mal das  Neue  Testament,  in  diese  übertragen  wurde,  so- 
dann aber  auch  durch  die  verhältnissmässig  bedeutende ,  das 
Volksbewusstsein   hebende  Kolle,    welche  Graubünden   in  den 


Ij  Ob  freilich  die  im  J.  1879  von  dem  Canonicus  S.MID  zu  Porsenü 
'Botzen,  herausgegebene  »Storia  d'  S.  Genofefa  trasportada  t'  nosc  lingaz« 
mit  Recht  auf  dem  Titel  als  »prum  Über  lading«  bezeichnet  wird,  mag  da- 
hingestellt bleiben,  sehr  glaublich  ist  es  nicht,  jedenfalls  kann  es  nur 
richtig  sein,  wenn  "ladinisch«  im  engsten  Sinne  [als  nur  das  (iaderthal  be- 
zeichnend) verstanden  wird. 

2)  Im  Oberengadin  erschien  das  erste  gedruckte  Buch  zu  Poschiavo 
im  J.  1552  Bifrun's  »cuorta  et  christiauna  Fuorma  da  intraguider  la  giu- 
ventüna«),  in  unterengadinischer  Mundart  ist  das  erste  Druckwerk  Chiam- 
pel's  Psalmenübersetzung  Un  cudesch  da  Psalms.  Basel  1562; ,  die  Reihe 
der  oberländischen  Schriftsteller  beginnt  Stefan  Gabriel  mit  seinen  Schrif- 
ten:  Unna  Stadera  da  pasar  Quala  seig  la  vera  Cardienscha,  und:  Ilg  \er 
Sulaz  da  Pievel  giuvan,  beide  Basel  1649  erschienen,  mit  vom  J.  1611  da- 
tirten  Vorwort.  Bonifaci's  Catechismus  curt  Mussameint  dels  principals 
punctys  della  christianevla  Religiun  Lindau  16(il  ist  in  der  Domleschger 
>Iundart  geschrieben,  welche  sich  im  Schriftgebrauche  nicht  zu  behaupten 
vermochte.  Zu  bemerken  ist  übrigens,  dass  durch  den  Brand ,  welcher  im 
J.  1799  das  Kloster  Dissentis  zerstörte,  vermuthlich  auch  zahlreiche  dort 
aufbewahrte  Hdss.  und  Drucke  den  Untergang  gefunden  haben. 


Das  Räto-lvomanische.  779 

schweizerisch -savoyischen  \uu\  oberitalienischen  Wirreu  jener 
Zeit  spiehe.  und  endlich  dadiirch .  dass  in  Graubünden  das 
räto-rom.  Volksthum  •wenigstens  zu  einer  Art  von  staatlicher 
Einheit  zusammengefasst  war  und  die  äussere  Möglichkeit  zu 
einer  einigermassen  selbständigen  Entwickelung  besass. 

Die  Käto-Komanen  Graubündens  haben  seit  dem  It).  Jahr- 
hundert bis  auf  den  heutigen  Tag  trotz  aller  Ungunst  der 
Verhältnisse  eine  grosse  litterarische  Regsamkeit  bekundet 
und  haben  litterarisch  geleistet,  was  ein  kleines  Gebirgsvülk- 
chen  nur  irgend  zu  leisten  vermag.  Dass  dennoch  die  iSumme 
des  Geleisteten  nur  relativ,  keineswegs  aber  absolut  eine  be- 
deutende ist  und  dass  die  räto-rom.  Litteratur  Graubündens 
im  Ernste  auch  nicht  entfernt  verglichen  werden  kann  mit 
den  Litteraturen  der  grossen  romanischen  Culturvölker .  das 
ist  allzu  selbstverständlich  und  natürlich,  als  dass  es  den  Grau- 
bündnem  irgendwie  zur  Unehre  gereichen  könnte. 

3.  Die  graxibündner  Litteratur  ist  vorAviegend  von  Geist- 
lichen ,  und  zwar  sowohl  von  evangelischen  Avie  von  katho- 
lischen, gepflegt  worden  und  trägt  demgemäss  auch  einen  vor- 
wiegend religiösen  Charakter  ,  besteht  ihrer  Haviptmasse  nach 
aus  Uebersetzungen  biblischer  Küclier.  namentlich  der  Psalmen, 
kirchlichen  Lehr-  und  Erbauungsschriften  und  religiösen  Ge- 
sängen. Die  Prosa  überwiegt  bei  weitem  die  Poesie.  Doch 
ist  bezüglich  der  letzteren  bemerkenswerth .  dass  nicht  nur, 
wenn  aiicli  hauptsächlich,  die  Lyrik  angebaut,  sondern  auch 
der  Ansatz  zur  Bildung  ^nes  geistlichen  Drama's  gemacht 
wurde. 

Auf  dem  (iebiete  der  profanen  Litteratur  wurde  nament- 
lich die  volksthümliche  Prosaerzählung  gepflegt,  welche  ihre 
Stoff"e  der  Legende  oder  Sage,  mitunter  aber  auch  der  Ge- 
schichte entlehnte. 

Das  Bedeutendste  aber,  was  die  churwälsche  Dichtung  her- 
vorgebracht hat.  gehört  der  Epik  an.  es  sind  die  beiden  histo- 
rischen Epen  ))la  Chanzun  dalla  Guerra  dalg  Chiastc  d'Müsch« 
»der  Müsserkrieg«)  und  das  »Gedicht  vom  Veltliner  Kriege«. 
Das  erstere  verfasst  um  1527  von  Gian  de  Travers.  einem  für 
die  Geschichte  Graubündens  hochbedeutenden  Manne  ^geb. 
14S3  zu  Zutz  in  Oberengadin,  gest.  ebenda  1563)  und  aus 
704  paarweis  gereimten  Langzeilen  bestehend,    behandelt  den 


7S0  l^äs  Räto-Romanische. 

im  Jahre  1525  geführten  Kampf  der  Graubündner  gegen  den 
savoyischen  Castellan  des  Schlosses  Musso  am  Comersee.  Das 
zweite,  dem  ersten  an  poetischem  Werthe  nachstehende,  aber 
volksthümlicher  gehaltene  Gedicht  '110(j  Eeimzeilen  .  verfasst 
von  Gioerin  Wietzel  (geb.  um  1G(J4  zu  Zutz  .  erzählt  die  Ge- 
schichte der  im  Jahre  1635  zwischen  den  Graubiindnern  und 
Franzosen  einerseits  und  den  Oesterreichern  andererseits  statt- 
gefundenen Kämpfe  um  den  liesitz  des  Veltlin. 

4.  In  der  churwälschen  Litteratur  der  Gegenwart  über- 
Aviegt  die  profane  Lyrik  (Hauptvertreter  etAva  Conradin  de 
Flugi,  S.  J.  Andeer.  Otto  Paul  Juvalta.  Z.  Pallioppi.  Simeon 
Caratsch  u.  A.)  und  die  Journalistik,  welche  letztere  über  ver- 
hältnissmässig  sehr  zahlreiche  Organe  verfügt.  Daneben  wird 
nach  alter  Tradition  auch  die  religiöse  Dichtung  und  die  Ab- 
fassung asketischer  Prosaschriften  eifrig  gepflegt,  nicht  mindere 
Thätigkeit  herrscht  in  Bezug  auf  das  den  Zwecken  der  Schule 
und  der  Volksbildung  überhaupt  dienende  Schriftthum :  auch 
in  der  Uebersetz'ung  fremdnationaler .  namentlich  deutscher 
Dichtungen  ist  mancher  glückliche  Versuch  gemacht  worden. 
Die  churwälsche  Litteratur  darf  keine  glänzende  Zukunft. 
kein  einstiges  goldenes  Zeitalter  erwarten  und  nicht  Anspruch 
darauf  erheben .  ein  Glied  zu  sein  in  der  grossen  Kette  der 
Nationallitteraturen.  Aber  so  lange  in  Graubündens  romanti- 
schen Thälern  noch  eine  romanische  Sprache  erklingt .  Avird 
voraussichtlich  auch  das  churwälsche  Schrifthum  sich  erhalten 
und  noch  manche  schöne  Blüthe, treiben. 

Litteraturangaben : 

a)  Bibliographisches,  Handschriftliches  u.  dgL:  *E.  BÖH- 
MER, Verzeichniss  räto-rom.  Litteratur'  ,  in:  Rom.  Stud.  VI  l(i9  bis  2KS 
(dies  höchst  verdienstliche,  bis  zum  J.  1SS5  reichende  Verzeichniss  ist  im 
"Wesentlichen  der  Katalog  von  BöumeU's  eigener  räto-rom.  Bibliothek, 
welche  inzwischen  in  den  Besitz  der  Kgl.  Bibl.  zu  Berlin  übergegangen 
ist.  Ein  Mangel  ist,  daes  dem  Verzeichniss  kein  Nominalindex  beigegeben 
wurde  .  Ausserdem  hat  Böhmek  in  seinen  Artikeln  über  das  Nonsbergische, 
das  Grednerische  u.  das  Tyrolerische  (Rom.  Stud.  III  1.  85  u.  605)  schätz- 
bare Beiträge  zur  räto-rom.  Bibliographie  gegeben  —  Bibliographie  der 
grammat.  Litt,  bei  Cmitner  p.  XLV,  auch  bei  Ravsch  in  §  1  seiner  Lit- 
teraturgeschichte  —  H.  Varniiagen].    Churwälsche  Hdss.  des  British  .Mu- 


ll "Litteratur"   ist   liier  im  Sinne  von  Schriftthum  überhaupt  aufzufas- 
sen, begreift  also  auch  die  Erbauungsschriften,  Grammatiken  etc.  in  sich. 


Das  Räto-Romanische.  '  7M 

seuni .  in:  Rom.  Stud.  IV  477  —  Verzeichniss  der  ronian.  Bücher  in  der 
Cantonsbibliolhek  von  Graubünden.  Chur  1S68  —  C.  Deciutins,  Eine 
subselvanisjche  Liederhds.,  in .  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  VI  r>4. 

b)  Sammlungen,  Chrestomathien  u.  dgl. :  Iken,  Proben  von 
Liedern  in  roman.  Spr.  aus  Chur  in  Graubünden,  in:  Mone's  Anzeiger  f. 
Kunde  der  teutsehen  Vorz6it,  Jahrg.  S  lSo9  ,  Heft  3  —  A.  Roqve-Fekkiek, 
In  recueil  de  poesies  raraonsches.  Dialecte  de  la  Haute- Engadine,  in  R. 
d.  1.  r.  1S74  Januar  ,  p.  196  —  J.  Ulrich,  Rätorom.  Chrestomathie.  Theil  I. 
Oberländisehe  Chr.  Theil  IL  Engadinisehe  Chr.  Halle  18S2  S."5  das  Buch 
hat  leider  mehrfache  empfindliche  Mängel  —  J.  Ulrich,  Räto-rom.  Texte. 
Halle  1SS;<  ^4  bis  jetzt  2  Bde.  I  Vier  nidwaldische  Texte.  II  Bifrun's 
Uebers.  des  Neuen  Testaments  [Vorwort,  Ev.  Matthäi,  Ev.  Marci)  — 
V.  Joppi,  Testi  inediti  Friulani  dei  secoli  XIV  al  XIX,  in:  Archiv,  glott. 
ital.  IV  185  bis  342,  dazu  bis  S.  356  »Annotazioni«  von  A.SCOLI  u.  dann 
bis  S.  367  ein  Essay  AscOLi's  über  das  triestiner  Friaulische  —  C.  De- 
Cl'RTINS,  Quattro  testi  sopra  silvani,  in:  Arch.  glott.  ital.  VII,  vgl. 
unten  e'  —  Rimes  ladines    mit  ital.  Uebers.    ed.  B.  Alton.  Innsbr.  1885. 

c  Darstellende  Schriften:  F.  Rausch,  Geschichte  der  Litt,  des 
räto-rom.  Volkes.  Frankfurt  a/M,  1870  der  Verf.  hat  den  besten  AVillen 
gehabt,  leider  aber  auch  nicht  eine  Ahnung  von  der  Art,  v>ie  man  Litteratur- 
geschichte  zu  schreiben  hat,  besessen;  das  Buch  ist  dilettantisch  durch  u. 
durch  u.  sollte  recht  bald  einmal  durch  ein  besseres  ersetzt  werden  ,  vgl. 
Rom.  Stud.  I  3u5  —  Muoth,  Ueber  Ursprung  u.  Verbreitung  der  räto-rom. 
Lit. ,  in:  Sonntagsblatt  des- »Bund«  1880,  15.  Febr.  bis  14.  März  —  A.  v. 
Fli'GI,  Ladinische  Liederdichter,  in:  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  IH  518  'der 
Verf.  giebt  hübsche  Proben,  auch  in  deutscher  Uebers.,  von  der  neuesten 
räto-rom.  Lyrik  ,  vgl.  auch  dessen  unten  e,  e  u.  C  genannte  Schriften  über 
die  historischen  u.  dramat.  ladin.  Dichtungen  (Ztschr,  f.  rem.  Phil.  H  515, 
IV  1  u.  256  u.  dessen  Abriss  der  lad.  Litteraturgesch.  in  seiner  Ausg.  des 
Müsserkrieges  etc. 

d  Zur  Folk-Lore:  C.  Decurtixs,  Volksthümliches  aus  dem  Unter- 
engadin,  in :  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  VI  5S2.  Studien  aus  dem  Bündner  Ober- 
lande I.  Das  räto-rom.  Märchen,  in :.  Monatsrosen  des  schweizerischen 
Studentenvereins  Stans  1876  April,  vgl.  auch  Alpina,  Organ  f.  Alpenkunde 
Churj  No.  1 ;  Ueber  Sage  u.  Volksdichtung  des  romanischen  Oberlandes, 
in:  Feuille  centrale,  organe  officiel  de  la  societe  de  Zofingue  1873  Xo.  6 
bis  8  Lausanne  ;  und:  Rätische  Studien  Unser  Räthsel,  ein  uralter  My- 
thus; der  Baumcultus  in  der  Surselva' ,  in:  Fremdenblatt  1880  No.  8,  10, 
17,  20  u.  Engadiner  Cursalon  18S1 ,  14.  Sept.  —  D.  Jecklix,  Volksthüm- 
liches aus  Graubünden.  Zürich  1874  bietet  wenig  für  das  Räto-Rom.]  — 
C.  Schneller,  Märchen  u.  Sagen  aus  "Wälschtyrol.  Innsbruck  1867  — 
E.  Böhmer,  Churwälsche  Sprüchwörter,  in :  Rom.  Stud.  II  157  —  G.  Al- 
ton, Proverbi,  tradizioni  ed  aneddotti  delle  valli  ladine  orientali  con  ver- 
sione  italiana  Innsbruck  1881,  vgl.  Literaturbl.  f.  germ.  u.  rom.  Phil.  1882 
Märzheft. 

e  EinigeTextausgabenu. Erläuterungsschriften:  «  Rechts- 
alterthCmer   u.    dgl. :    C.  Decurtins,    Ein   surselvisches  "Weisthum ,    inf 


782  1^'^s  Räto-Romanische. 

Ztschr.  f.  rom.  Phil.  VI  290;  ein  oberengadinisches  Formelbuch,  in:  Ztschr. 
f.  rom.  Phil.  VI  570.  C.  Schneller,  Statuten  der  Geisslerbruderschaft  in 
Trient  aus  dem  14.  Jahrh.  Innsbruck  Ztschr.  des  Ferdinandeunis  1S81, 
vgl.  Literaturbl.  f.  germ.  u.  rom.  Phil.  1881  Sept.  —  ßi  S.\ge.\  l'.  Legenden: 
*C.  Declrtins,  Quattro  testi  soprasilvani  I.  Oudisch  dilg  Vi-.idi  da  Jeru- 
salem, Reisebeschreibung  aus  dem  Ende  des  IG.  Jahrh. "s,  im  i\rch.  glott. 
VII  151  bis  19().  IL  Cuorta  Memoria  della  succesiun  u  diember  dils  avats, 
SCO  era  dellas  causas,  las  pli  remarcablas,  ch'en  succedidas  da  tems  en 
tems  cun  la  claustra  de  Muster,  ne  faitg  midadas  enten  nossa  tiara,  eine 
bis  zum  J.  1<)58  reichende  Chronik  des  Klosters  Dissentis,  im  Arch.  glott. 
VII  19"  bis  254.  III.  Vita  de  Soing  Giosaphat,  convertius  de  soing  Bar- 
laam ,  geistlicher  Roman,  Text  aus  der  ersten  Hälfte  des  17.  Jahrh. 's,  im 
Arch.  glott.  VII  255  bis  'JOB  dazu  eine  wortgetreue  ital.  Uebers.  von  As- 
COLI,  VII  :^65  bis  405,  und  *Annotazioni  sistematiche.  Saggio  di  morfologia 
e  lessicologia  soprasilvana ,  ebenda  S.  406  bis  ()(i2.  IV.  Roman  u  Historia 
de  Octavianus,  Kaiser  de  Roma  etc.,  Text  aus  dem  Ausgang  des  17.  oder 
Anfang  des  18.  Jahrh.'s,  im  Arch.  glott.  VII  29"  bis  ^04.  Ausserdem  hat 
Deciktins  herausgegeben;  Historia  dilg  cavalier  Pieder  de  Provenza  e 
della  biala  Magelona,  in:  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  V  4So,  u.  Deux  legendes 
surselvanes,   Vie  de  Ste-Genevieve  et  V.  de  St.   Ulrich,  in:   Rom.  XIII  60. 

—  Smid,  Storia  d'  S.  Genofefa  trasportada  t'  nosc'  lingaz.  Prüm  über  lading. 
Porsenü  1879,  vgl.  oben  S.  778  Anm.  —  y)  Fabeln  u.  Mähuchen  : 
C.  Dectjrtins,  Praulas  surselvanas,  in:  Rom.  Stud.  II  99.  G.  Ari'AGai'S, 
Fablas  e  novellas.  Chur  1878.  Vgl.  auch  oben  dl.  —  rf,  Religiöse  Schrieten: 
Aus  der  grossen  Menge  derselben  (man  sehe  Böiimek's  Verzeichniss!  seien 
hier  nur  Ulrich's  Ausg.  des  Bonifaci'schen  Katechismus,  in  Rom.  IX  248, 
u.  desselben  Räto-rom.  Texte  (s.  oben  b"),  Avelche  meist  religiösen  Inhaltes 
sind,  angeführt.  —  s,  Lyrik:  C.  Decurtinss,  Ein  ladinisches  Rügelied, 
in :  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  VII  99.  A.  v.  Flvgi,  ¥An  ladin.  Rügelied  auf  den 
Tod  des  Obersten  G.  Jenntsch,  in  der  »Rätia«  Jahrg.  III  p.  248.  G.  Ulrich, 
Canzoni  alto-engadine  di  Bravugn.  und:  Canzoni  nel  dialetto  di  Schoms  etc., 
in:  Arch.  glott.  VIII  129.  A.  v.  Flugi,  Canzuns  popularas  d'Engadina, 
in:  Rom.  Stud.  1  309,  und:  Die  Volkslieder  des  Pingadin.  Strassburg  1873, 
vgl.  Jahrb.  f.  roiii.  u.  engl.  Spr.  u.  Lit.  XIV  .382.  [J.  CouNT,  Le  ranz  des 
vaches  de  la  Gruyere  et  la  chanson  de  Jean  de  la  Bollieta,  in :  Rom.  Stud. 
I  358,  hat  nur  ganz  indirecten  Bezug  auf  das  Räto-Rom.].  P^in  altlad. 
Gedicht  in  oberengad.  Mundart  (J.  L.  Gritti's  Gedicht  über  den  Untergang 
von  Plurs  1818),  herausg.  u.  erklärt  von  A.  Rociiat.  Zürich  1874,  vgl. 
Jahrb.  f.  rom.  u.  engl.  Spr.  u.  Lit.  XIV  382,  Rom.  III  498.  Vgl.  S.  783  u. 

—  Cj  Ei'lK :  A.  V.  Fli'gi,  Historische  Gedichte  in  ladinischer  Sprache, 
in :  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  IV  256  (Essay).  Zwei  historische  Gedichte  in 
l.\din.  Sprache  aus  dem  16.  u.  17.  Jahrh.  (Müsserkrieg  u.  Veltlinerkriegj, 
zum  ersten  Male  herausg.,  übers,  u.  mit  einem  Abriss  der  ladin.  Litteratur 
eingeleitet  von  A.  v.  Flvgi  Chur  1865  (Rausch,  Sprachliche  Bemerkungen 
zum  Müsserkrieg,  in:  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  II  99,  vgl.  auch  FH'Gls  Essay 
üb.  den  Müsserkrieg  u.  die  ladinische  Litt,  des  16.  Jahrh.'s,  in:  »Die 
Schweiz«  Jahrgang  VII  (Bern  1864  ,  No.  5'.     A.  V.  Flugi,  Der  ladinische 


Das  Küto-Komanischo.  783 

Tobia,  in:  Rom.  Stud.  I  33t)  iAua°:abe.  —  /;)  Duama  :  G.  LEOXHAliDI, 
Leber  das  alte  Volkstheater  in  Graubünden,  in  :  "Die  Schweiz«.  Jalir<j.  VII 
(Bern  lSti4  No.  3.  Le  Sacrifice  d' Abraham,  mystörc  enjiadinois  p.  p. 
J.  L'luicii,  in:  Kom.  VIII  374,  vgl.  ibid.  X  24(J.  C.  Dkciutins,  Das  Som- 
vixer  Passionsspiel.  Kin  Vortrag,  in  :  Monatsrosen  des  Schweiz.  Stiidenten- 
vereins  187^  Januar.  Höuhmann,  Das  Passionssi)iel  in  Lumbrein,  in:  Ueber 
Land  u.  Meer.  Jahrg.  XXIV  No.  36.  A.  v.  Flugi,  Die  ladin.  Dramen  im 
16.  Jahrb.,  in:  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  II  515  (orientierende  Uebersicht  ,  dazu 
als  Ergänzungen:  Zwei  ladin.  Dramen  des  16.  Jahrh.'s,  ebenda  V  461, 
Ladinische  Dramen  des  17.  Jahrh.'s,  ebenda  IV  1  u.  483.  Un  drame  haut- 
cngadinois.  tragicomedia  hagida  in  Zuotz  anno  1<>73,  compognida  dal  signur 
Fad.  Viezel,  herausg.  in  der  K.  d.  1.  r.  1S85  März,  p.  121.  Die  Zehn  Alter, 
eine  räto-rom.  Bearbeitung  (dramatisches  Gedicht)  aus  dem  16,  Jahrh., 
herausg.  v.  E.  Böhmek,  in:  Rom.  Stud.  VI  239  (mit  Glossar). 

f  Zeitschriften:  Oberläxdische  :  II  Amitg  de  Dieu  e  della  Patria, 
begründet  zu  Disentis  1836,  eingegangen,  ebenso  La  Gasetta  Komonscha, 
II  Confederau,  11  Komonsch,  II  Amitg  dil  Pievel,  Nova  Gasetta  Romonscha, 
Ilg  Grischun.  La  Ligia  Grigia,  II  Novelist.  Uxterengadixischk  :  Aurora 
d'Engiadina,  Gazetta  d'E.,  II  Republicaner  (erschienen  sämmtlich  zwischen 
lS44/.i4),  II  C'orrier  Ladin  (erschien  1866,  ging  aber  bald  ein  .  Ohekexga- 
DixiscHE:  La  Dumengia-Saira.  Chur  1855/58.  Fögl  d'Engiadina  (seit  Weih- 
nachten 1857,  besteht  wohl  noch  gegenwärtige,  Fögl  Mensual  Grischun 
{erschien  1866,  ging  bald  ein),  lUtschella.  Vgl.  Rausch  a.  a.O.,  p.  lOüu.  Kli». 

Schlusswort:  Auf  die  "Wichtigkeit,  welche  das  Studium  des  Räto- 
Rom.  für  die  romanische  Gesammtphilologie  besitzt,  i.st  bereits  oben  hin- 
gewiesen worden.  Dringend  ist  demnach  dem  Studierenden  der  romanischen 
Philologie  anzurathen,  sich  mit  diesem  Idiome  einmal  wenigstens  ernstlich 
zu  beschäftigen.  Allerdings  wird  er  dabei  eigenartige  Schwierigkeiten  zu 
überwinden  haben,  schon  weil  es  an  Hülfsmitteln,  die  für  Anfänger  brauch- 
bar wären,  noch  recht  sehr  fehlt,  aber  diese  Schwierigkeiten  sind  doch 
nicht  un  überwindbar.  Zu  empfehlen  dürfte  dem  Anfänger  sein,  mit  der 
Leetüre  der  von  Decurtins  im  Arch.  glott.  VII  255  herausgegel)enen  u. 
ebenda  p.  365  von  AscoLl  italienisch  übersetzten  liegende  von  Barlaam 
u.  Josaphat  zu  beginnen  u.  an  diesem  Texte  die  Formenlehre  des  Ober- 
walddialectes  praktisch  zu  erlernen.  Hat  der  Anfänger  sich  dadurch  eine 
gewisse  licsefertigkeit  u.  einen  Einblick  in  den  grammatischen  Bau  wenig- 
stens eines  Dialectes  erworben,  so  wird  er  befähigt  sein,  das  Studium  der 
Grammatik  G.\rtxers  u.  späterhin  der  Saggi  Ascoli's  mit  Erfolg  vor- 
zunehmen ,  namentlich  wenn  er  zugleich  die  Leetüre  von  Texten  weiter 
fortsetzt.  Vor  der  Benutzung  der  Andeer'schen  Grammatik,  welche  der 
Vorgeschrittenere  nicht  'ohne  Nutzen  u.  jedenfalls  mit  Interesse  einmal 
durchblättern  wird,  ist  der  Anfänger  zu  warnen,  wie  liereits  oben  S.  777 
bemerkt  u.  begründet  wurde. 

Nachtrag.  Zu  e  s]  :  Chansons  ladines  p.  p.  l'i.HlCH,  in:  Rom.  XIV 
109.  Rimes  ladines  in  pert  con  traduzion  taliana  dal  B.  Ai.TOX.  Inns- 
bruck 18S5. 


7S4  Das  Rumänische. 

Siebentes  Kapitel. 
Das   Rumänische. 

§  1.  Bemerkungen  über  das  Sprachgebiet  des 
Rumänischen. 

1.  Das  rumänische  Sprachgebiet  bildet  kein  einheitliches 
Ganze,  sondern  scheidet  sich  in  mehrere  an  Umfang  sehr  un- 
gleiche Theile,  von  denen  der  nördlich  von  der  unteren  Donau 
gelegene  der  grösste  und  zusammenhängendeste  ist. 

2 .  Das  rumiinische  Sprachgebiet  nordwärts  der  Donau  ent- 
spricht in  seinem  Umfange  ungefähr  dem  alten  Dacien,  es 
umfasst  jedoch  mit  mancher  Einschränkung,  s.  unten):  a  das 
Königreich  Rumänien  (die  früheren  Fürstenthümer  Walachei 
und  Moldau) ;  b)  Bessarabien  (die  imgefähre  Sprachgrenze 
wird  hier  vom  Dnjestr  gebildet,  doch  liegen  rumänische  Sprach- 
inseln auch  zwischen  Dnjestr  und  Bug  und  noch  an  dem  rechten 
Ufer  des  letzteren)  ;  c)  Siebenbürgen :  d)  den  östlichsten  Theil 
von  Ungarn,  bezw.  des  ehemaligen  sog.  Banates  ungefähre 
Grenzpunkte  sind  Arad  und  Grosswardein).  e)  den  südlichen 
Theil  der  Bukowina  ungefähr  bis  zum  Pruth,  strichweise 
aber  ein  wenig  darüber  hinaus) .  —  Hierzu  kommt  noch  fj  ein 
südlich  der  Donau  zwischen  dem  Timok  und  der  Morava  liegen- 
der kleiner  Bezirk  im  Königreich  Serbien. 

In  dem  angegebenen  umfangreichen  Gebiete  wird  jedoch, 
namentlich  in  Siebenbürgen,  das  Bereich  des  Rumänischen 
vielfach  durch  fremde  —  besonders  magyarische  und  deutsche  — 
Sprachinseln  unterbrochen. 

3.  Kleinere,  inselartige  rumänische  Sprachgebiete  befinden 
sich  südlich  der  Donau  in  Macedonien,  Thracien  und  Thes- 
salien, namentlich:  al  in  dem  die  Grenze  zwischen  Albanien 
und  Macedonien  ))ildenden  Gebirgslande  (Hauptorte:  San  Ma- 
rina, Avdela,  Perivoli,  Moschopolis,  Vlacho-Klisura  ;  b  auf  dem 
Kamme  und  an  den  beiden  Seitenabhängen  des  Pindusgebirges 
(Hauptorte:  Mezzovo,  Malacassi,  Lesinitza,  Kalarites,  Kalaki,  KH- 
novo) ;  c)  im  Gebiete  des  oberen  Euenos  (oder  Fidaris)  und  Ke- 
phissos  (in  der  Umgegend  von  Zeitun),  verstreut  auch  in  anderen 


Bas  Rumänische.  7  85 

Gebieten  des  nördlichen  Ciriechenlauds.  so  im  Sptrcliiosthale.  im 
IMphrosgebirge  auf  Euböa  etc.    vgl.  Kösler  a.  a.  ().  8.  lo2). 

Höchst  wahrscheinlich  war  in  älteren  Zeiten  das  rumä- 
nische Sprachgebiet  in  Macedonien  ein  ungleich  ausgedehnteres 
und  zusammenhängenderes ,  als  gegenwärtig ,  wo  es  nur  aus 
auseinandergerissenen  Fetzen  besteht,  deren  Gräcisirung  wohl 
nur  eine  Frage  der  Zeit  ist.  Dass  übrigens  die  Rumänen  im 
nördlichen  Griechenland  nicht  ursprünglich  ansässig,  sondern 
eingewandert  sind,  ist  zweifellos. 

i.  Kleine  rumänische  Sprachinseln  befinden  sich  endlich 
auch  in  Istrien  im  Arsathale  und  auf  der  albonesischen  Halb- 
insel [in  den  Gerichtsbezirken  Castelnuovo.  Pisino  und  Albona], 
dürften  aber  bald  völlig  schwinden,  da  die  Slavisirung  unauf- 
haltsam vorschreitet  und  schon  gegenwärtig  die  istrischen 
R\imänen  mehr  oder  weniger  alle  slavisch  sprechen.  Bei  den 
einst  im  Karst  wohnenden  Rumänen  den  sog.  Cici  oder  Mor- 
lacchen .  d.  h.  Mavrovlachen)  ist  die  Slavisirung  bereits  voll- 
endet. Höchst  wahrscheinlich  sind  die  istrischen  Rumänen 
über  Dalmatieu  und  die  Insel  A'eglia  aus  dem  macedo-rumä- 
nischen  Gebiete  eingewandert. 

5 .  Von  den  Nachbarvölkern ,  namentlich  den  Deutschen 
und  den  Griechen,  wurden  und  werden  die  Rumänen  als 
oVlachen .  "NValachenw  bezeichnet,  wonach  auch  ein  Theil  des 
nördlich  von  der  Donau  gelegenen  Gebietes  den  Namen  ^> Wa- 
lachei« führt.  Die  Benennung  leitet  sich  vermuthlich  ab  vom 
ahd.  walh  »Knecht«.  Die  Neugriechen  bezeichnen  die  Daco- 
Rumänen  als  »Mavrovlachoi«  schwarze  VI.),  die  Macedo-Ru- 
mänen  als  - Kutzovlachoi«  (lahme  VI.),  für  welche  Spottnamen 
eine  befriedigende  Erklärung  noch  nicht  gegeben  ist  vgl.  je- 
doch RösLER.  a.  a.  O.   10 T. 

6.  Ueber  die  Gesammtzahl  der  Rumänen  lässt  eine  sichere 
.Angabe  sich  nicht  machen,  da  bekanntlich  in  den  Staaten  der 
Balkanhalbinsel  die  Statistik  noch  sehr  im  Argen  liegt.  Im 
jetzigen  Königreich  Rumänien  hat  überhaupt  nur  eine  Volks- 
zählung und  zwar  in  den  Jahren  1S59/G0,  also  vor  länger  als 
einem  Vierteljahrhundert,  stattgefunden  (s.  unten  .  Nach  ge- 
wöhnlicher Annahme  soll  die  Gesammtzahl  der  Rumänen  ca. 
zehn  Millionen  betragen,  wovon  angeblich  4  300  000  im  König- 
reiche   vgl.   aber  den  nächsten  Absatz  .    1171  700  in  Ungarn, 

Körting,  Encyklopädie  d.  rom.  Phil.  IJI.  50 


786  1^^3  Rumänische. 

1  500  000  in  Siebenbürgen,  360  100  in  andern  Ländern  Oester- 
reich-Ungarns,  1  600  000  in  Serbien  und  der  Türkei,  1  000  000 
im  russischen  Bessarabien  und  den  angrenzenden  Gouvernements 
wohnen. 

Die  Bevölkerung  des  Königreichs  Rumänien  (einschliess- 
lich der  Dobrudscha;  wird  officiell  auf  5  376  000  veranschlagt. 
Vor  der  Annexion  der  Dobrudscha  lebten  im  Königreiche 
angeblich  400  000  Israeliten,  200  000  Zigeuner ,  85  000  Sla- 
ven,  39  000  Deutsche,  29  500  Magyaren,  8000  Armenier.  5000 
Griechen.  2000  Franzosen,  1000  Engländer,  500  Italiener, 
2700  Türken,  Polen.  Tataren  etc.,  zusammen  also  770  700 
Nichtrumänen ;  da  nun  in  der  Dobrudscha  31  177  Rumänen 
neben  75  766  Nichtrumänen  wohnen  sollen,  so  beträgt  die 
Gesammtzahl  der  Nichtrumänen  846  466 ,  diejenige  der  Ru- 
mänen 4  529  534.  Demnach  umfasst  der  rumänische  Staat  nur 
die  kleinere  Hälfte  des  rumänischen  Volkes. 

Litteraturangaben :  Ueber  das  rumän.  Sprachgebiet  hat  eingehend 
gehandelt  FuCHS,  Die  roman.  Spr.  etc.,  p.  88  ff. ,  dessen  Hauptquellen  u. 
Gewährsmänner  Avieder  waren  Pouqueville  ,  Voyage  dans  la  Grece,  Paris 
1820/21,  5  Bde.  (Bd.  2  kommt  besonders  in  Betracht)  u.  Vaill.\nt,  La 
Romanie  ou  histoire,  langue,  litterature,  orographie,  statistique  des  peuples 
Ardialiens,  Valaques  et  Moldaves,  resumes  sous  le  nom  des  Romans,  Pa- 
ris 1844  (Bd.  H  kommt  besonders  in  Betracht).  Neuere  Specialuntersuchun- 
gen über  den  Gegenstand  fehlen.  Kurze  Angaben  (zum  Theil  auf  Leake's 
Travels  in  Northern  Greece  beruhend)  macht  Rüsler  in  seinen  romän.  Stud. 
S.  lOU  ff.  —  Ueber  die  Rumänen  in  Istrien  vgl.  Miklosich's  Angaben  in 
den  Denkschr.  der  "Wiener  Akad.  d.  Wissensch.  Bd.  32  (1882),  p.  1  f.  — 
Die  in  No.  6  gegebenen  Ziffern  sind  dem  Gothaischen  Hofkalender  vom 
J.  1886,  S.  903,  entnommen.  —  Die  Angaben  BouNTiXE.\NU's  in:  Cäle- 
torii  la  Romänii  din  Macedonia  si  Muntele  Atos,  Bucuresci  1863,  über  die 
Zahl  der  Macedo-Rumänen  .sind  offenl)ar  arg  übertrieben. 

Vgl.  auch  die  Litteraturangaben  zu  §  2. 

§  2 .  B e  m  e r  k  u n g v. n  über  die  Geschichte  de  r  r u m  ä  - 
n  i  s  c  h  e  n  S  j)  r  a  c  h  e . 

1.  Macedonien  verlor  durch  die  Schlacht  bei  Pydna  (168 
V.  Chr.^  seine  Selbständigkeit  und  Avurde  im  Jahre  146  zur 
römischen  Provinz  erklärt;  in  der  späteren  Kaiserzeit  wurden 
daraus  vier  Provinzen  gebildet  (Macedonia  prima,  M.  secunda. 
Thessalia.  Epirus  nova).  Thracien  wurde  um  das  Jahr  30  v. 
Chr.  von  den  Römern  unterworfen,  aber  erst  46  n.  Chr.  als 
Provinz    eingerichtet.      Die    Romanisirung    Macedoniens    und 


Das  Rumänische.  7S7 

Thraciens  scheint  in  luir  wtnio;  intensiver  Weise  erfolgt  zu 
sein  und  im  Wosontliehen  auf  (liejenigen  Theile  der  ein- 
heimischen Bevölkerung  sich  beschränkt  zu  haben .  welche 
dem  Einflüsse  der  sonst  in  diesen  Landschaften  verbreiteten 
griechischen  Sprache  und  Cultur  sich  entzogen  hatten. 

2.  Das  Land  zwischen  lialkan  und  Donau  wurde  im 
Jahre  29  v.  Chr.  von  den  Römern  in  Besitz  genommen  und 
unter  dem  Namen  »Moesia«  zur  Provinz  gemacht.  Von  Mösien 
aus  wurde  von  Trajan  das  nordwärts  der  Donau  etwa  zAvischen 
der  Theiss .  den  Kaii^athen  und  dem  Pruth  gelegene  Land 
erobert,  und  wurden  dai-aus  im  Jahre  lü7  n.  Chr.  zwei  Pro- 
vinzen, Dacia  superior  im  Westen  und  Dacia  inferior  im  Osten, 
gebildet.  Das  Land  soll  durch  den  langandauerndeu  und 
blutigen  Krieg  ganz  entvölkert  gewesen  und  deshalb  von 
Trajan  durch  zahlreiche,  aus  dem  ganzen  römischen  Reichs- 
gebiet gesammelte  Colonistenschaaren  besiedelt  worden  sein.  ^) 
Aber  schon  unter  Kaiser  Aurelian  (270  bis  275)  ^nirde  Dacien 
von  den  Römern  wieder  aufgegeben  und  die  dortige  Bevölke- 
rung nach  Mösien.  also  auf  das  rechte  Donauufer,  versetzt.  So 
wenigstens  berichtet  Vopiscus  -  .  Ist  diese  Angabe  buchstäb- 
lich zu  verstehen,  so  muss  angenommen  werden,  dass  Dacien 
damals  entromauisirt  und  erst  später  im  Mittelalter  durch 
Romanen,  bzw.  Rumänen,  welche  aus  den  südlich  der  Donau 
gelegenen  Gebieten  einwanderten,  neu  romanisirt  ^^~urde.  Da- 
mit würde  gut  übereinstimmen,  dass  »Walachen«  nördlich  der 
Donau  erst  im  dritten  Jahrzehnt  des  13.  Jahrhunderts  lu- 
kundlich  genannt  werden  ^  und  zwar  als  Bewohner  des  hohen 
alpenartigen  Gebirges  im  Süden  Siebenbürgens,  Die  heutigen 
Xordrumänen  wären  demnach  nicht  Nachkommen  (mindestens 


1  "Traiauus  victa  Dacia  ex  toto  orbe  Romano  infinitas  eo  copias  ho- 
minum  transtulerat  ad  agros  et  urbes  colendas;  Dacia  enim  diuturno  bello 
Decibali  viris  fuerat  exhausta.«    Eutrop.  VIll  6,  H(t  nach  "Wagnek's  Ausg. 

2,  In  der  Vita  des  Aurelian  39:  »Cum  vastatum  Illyricum  ac  Moesiam 
deperditam  videret,  provinciam  transdanuvinam  Daciam  a  Traiano  constitu- 
tam  sublato  exercitu  et  provincialibus  reliquit,  desperans  eam  posse  reti- 
neri,  abductosque  ex  ea  populos  in  Moesia  conlocavit.« 

3;  V.  M.vxiL',  Zur  Geschichtsforschung  der  Rumänen,  p.  150,  behaup- 
tet allerdings,  dass  um  das  J.  1164  das  rumänische  Volk  in  den  nördlichen 
Gebieten  der  Donau  sehr  gut  bekannt  gewesen  sei ,  und  beruft  sich  auf 
eine  Angabe  des  Xiketas  Chaniotes  —  aber  selbst  wenn  die  Sache  sich 
80  verhielte,  wie  Maxiv  glaubt,  wäre  doch  nicht  viel  damit  gewonnen, 
denn  auch  das  Jahr  1164  ist  schon  spät  genug. 

50* 


788  D^s  Rumänische. 

nicht  directe  Nachkommen^  jener  Römer,  welche  unter  Trajau 
Dacien  besiedelten,  sondern  Nachkommen  von  aus  dem  früheren 
Mösien .  Thracien  und  Macedonien  nacli  und  nach  herüber- 
gekommenen Südrumänen.  Daraus  Avürde  sich  auch  erklären, 
dass  von  dem  aller  "Wahrscheinlichkeit  nach  im  früheren  Mittel- 
alter sehr  ausgedehnten  romanischen  Sprachgebiete  südlich  der 
Donau  und  des  Balkans  gegenwärtig  nur  noch  so  wenige  und 
zusammenhangslose  Fetzen  übrig  sind :  es  wäre  eben  der 
grösstc  Theil  der  Südrumänen  aus  irgend  welchem  Anlass, 
etwa  vor  den  Türken  flüchtend ,  nach  Norden  in  das  alte 
Dacierland  gezogen. 

3.  Diese  Hypothese  von  der  nicht  unmittelbar  römischen 
Abstammung  der  heutigen  Nord-  Eumänen  ist ,  nachdem  sie 
bereits  im  vorigen  Jahrhundert  von  Sulzer  aufgestellt  worden 
war,  neuerdings  von  R.  Rösler  in  sehr  scharfsinniger  "Weise 
verfochten  worden,  hat  aber  auch  sehr  lebhaften  ^yiderspruch 
gefunden,  namentlich  bei  den  Rumänen  selbst,  deren  National- 
stolz die  direct  römische  Herkunft  des  Volkes  als  zweifellose 
Thatsache  betrachtet.  \  Und  gewiss  lassen  gegen  Rösler's 
Theorie  sich  gewichtige  Einwände  erheben.  Zwei  derselben 
seien  wenigstens  kurz  angedeutet.  Vopiscus'  Angabe  darf 
schwerlich  so  verstanden  werden,  als  ob  Aurelian  die  ge- 
sammte  (mehr  oder  weniger)  romanisirte  Bevölkerung  Daciens 
in  Mösien  jenseits  der  Donau  angesiedelt  habe,  da  eine  solche 
Massregel  sich  praktisch  kaum  durchführen  Hess;  man  wird 
vielmehr  annehmen  dürfen,  dass  ein  mehr  oder  weniger  be- 
trächtlicher Theil  der  daco-romanischen  Bevölkerung,  nament- 
lich der  bäuerlichen  und  kleinbürgerlichen  doch  in  Dacien 
zurückblieb  und  mithin  das  Land  nicht  völlig  entromanisirt 
ward.  Von  grösserem  Gewichte  noch  ist  die  Erwägung,  dass 
Rösler's  Hypothese  die  Annahme  einer  sehr  intensiven  Roma- 
nisirung  der  mösischen,  thracischen  und  macedonischen  Land- 
schaften zur  Voraussetzung  hat,  um  die  Besiedelung  der  jetzigen 
nordrumänischen  Gebiete  durch  Südrumänen  als  glaublich  er- 
scheinen zu  lassen.  Eine  derartige  Romanisirung  aber  ist  für 
die  gedachten  Landschaften  durchaus  nicht  wahrscheinlich,   da 


1    Selbstverständlich  aber  giebt  es  auch  rumänische  Gelehrte ,    welche 
die  Frage  objectiv  und  frei  von  patriotischer  Befangenheit  behandelt  haben. 


l)as  Rumänische.  789 

sie  von  Alters  her  unter  dem  Elutlusse  des  Hellenismus  standen 
und  dieser  sonst  nirgends  (ausser  in  Unteritalien,  doch  auch 
da  nur  sehr  spät  und  langsam)  von  dem  Komanismus  über- 
wunden worden  ist.  Allerdings  hat  ja  jedenfalls  im  Mittel- 
alter das  siid rumänische  Sprachgebiet  eine  viel  weitere  Aus- 
breitung, als  gegenwärtig,  besessen,  aber  dass  dieselbe  so  aus- 
gedehnt gewesen  sei.  um  die  l^asis  für  die  Rückromanisirung 
Daciens  abgeben  zu  können,  scheint  doch  sehr  zweifelhaft. 
Eher  könnte  man  geneigt  sein,  die  Romanisirung  des  Südens 
weniger  aus  der  directen  Einwirkung  des  Romerthums ,  die. 
wie  bereits  bemerkt,  keine  sonderlich  starke  gewesen  sein 
dürfte,  als  aus  der  Einwanderung  zahlreicher  Dacoromanen  zu 
erklären .  welche  vor  Petschenegen ,  Kumanen  und  andern 
Harbarenstämmen  in  das  byzantinische  Reich  flüchteten  eine 
erste  solche  Einwanderung  ist  durch  Vopiscus  verbürgt ,  es 
können  dieser  aber  in  späteren  Jahrhunderten  weitere  gefolgt 
sein).  Freilich  Hesse  sich  hiergegen  wieder  einwenden,  dass. 
wenn  die  Dacoromanen  massenhaft  nach  Süden  ausgewandert 
sein  sollen,  die  Zahl  der  jenseits  der  Donau  zurückgebliebenen 
zu  schwach  gewesen  sei.  um  sich  der  Slavisirung  oder  Magyari- 
sirung  zu  entziehen .  aber  in  Bezug  hierauf  ist  doch  zu  be- 
merken, dass  es  in  solchen  Dingen  weniger  auf  die  Zahl,  als 
auf  die  Culturüberlegenheit  ankommt  und  dass  die  Daco- 
romanen sich  im  Besitz  dieser  gegenüber  den  slavischen  und 
ural-altaischen  Stämmen  jedenfalls  befanden.  Eine  Thatsache 
scheint  nun  allerdings  entscheidend  zu  Gunsten  der  Rösler- 
schen  Annahme  zu  sprechen  :  die  kurze,  nur  ungefähr  ein  und 
ein  halbes  Jahrhundert  währende  Dauer  der  römischen  Herr- 
schaft in  Dacien.  denn  damit  scheint  die  Annahme  einer  nach- 
haltio^en  Romanisirung:  des  Landes  unvereinbar.  Aber  dabei 
ist  doch  zu  bedenken,  dass  in  Dacien  die  Verhältnisse  anders 
lagen,  als  in  den  übrigen  der  Romanisirung  verfallenen  römi- 
schen Provinzen.  In  den  letzteren  befanden  sich  die  römischen 
Colonisten  weitaus  in  der  Minderzahl  gegenüber  der  starken 
einheimischen  Bevölkerung .  und  selbstverständlich  erforderte 
da  die  Romanisirung  längere  Zeit.  Dacien  dagegen  war,  als 
es  von  den  Römern  in  Besitz  genommen  wurde .  zwar  gewiss 
nicht  völlig  menschenleer,  aber  doch  sehr  entvölkert  s.  die  oben 
citirte  Stelle  Eutrops).  zur  sofortigen  Romanisirung  des  Landes 


790  I^as  Rumänische. 

genügte  also  im  Wesentlichen  die  EinAvanderung  einer  zahl- 
reichen römischen ,  bzw.  lateinisch  redenden  Bevölkerung, 
Avelche  ihren  römischen  Charakter  auch  um  so  leichter  rein 
erhalten  konnte,  als  in  dem  hauptsächlich  nur  von  ihr  selbst 
bewohnten  Lande  der  Anlass  '>;ur  Mischung  mit  fremden  ^'ölkern 
nur  in  geringem  Masse  vorhanden  war. 

Jedenfalls  kann  das  Problem  der  Abstammung  der  (Nord-) 
Kumänen  noch  nicht  für  gelöst  gelten,  sondern  muss  für  noch 
sehr  discutirbar  gehalten  werden.  Vorläufig  ist  noch  nicht 
einmal  alles  erforderliche  Material  herbeigeschafft  und  aus- 
genutzt worden,  namentlich  der  sprachliche  Theil  der  Unter- 
suchung ist  bisher  auf  Grund  unzureichender  Hülfsmittel  be- 
handelt worden. 

4,  Vor  der  Besitznahme  durch  die  Römer  waren  die  musi- 
schen und  dacischen  Gebiete  von  zahlreichen  kleineren  und 
grösseren,  zum  Theil  einander  verdrängenden  und  zeitlich  sich 
ablösenden  Völkern  bewohnt,  unter  denen  die  Geten  und  die 
Dacier  die  bedeutendesten  waren.  Dass  diese  beiden  letzteren 
Völkerschaften  der  indogermanischen  Sprachfamilie  zugehörten, 
darf  wohl  als  zweifellos  angesehen  werden,  ob  sie  dagegen  zu 
den  Albanesen  in  nahen  verwandtschaftlichen  Beziehungen 
stehen ,  wie  dies  von  vornherein  recht  glaublich  und  in  der 
That  auch  vielfach  behauptet  worden  ist,  muss  noch  als  frag- 
lich gelten,  um  so  mehr,  als  über  die  Sprache  der  Geten  und 
Dacier  nichts  Sicheres  bekannt  ist  oder  doch  nur  in  so  win- 
zigem Masse ,  dass  Schlüsse  daraus  nicht  gezogen  werden 
können.  Das  über  dem  Getischen  vmd  Dacischen  liegende 
Dunkel  breitet  nun  auch  über  das  Kumänische  einen  Schatten, 
da,  mag  man  sich  die  den  Krieg  überdauernde  Urbevölkerung 
Daciens  auch  noch  so  gering  an  Zahl  vorstellen,  immerhin 
eine  gewisse  Einwirkung  (namentlich  lexikalischer,  vielleicht 
aber  auch  lautlicher  Art)  der  alten  Landessprache  auf  das  ein- 
gedrungene Latein  stattgefunden  haben  wird,  welche  im  Ein- 
zelnen zu  erkennen  von  grosser  Wichtigkeit  sein  Avürde. 

.').  Nachdem  Dacien  von  den  Römern  aufgegeben  worden 
war,  wurde  das  Land  —  xnid  ebenso  etwa  vom  Ausgang  des 
vierten  Jahrhunderts  ab  auch  der  gi'össte  Theil  der  südlich  von 
der  Donau  gelegenen  Provinzen  —  für  fast  ein  Jahrtausend 
lang  der  Tummelplatz  theils  durchziehender,   theils  für  kürzere 


Das  Kumänischc.  791 

oder  längere  Zeit  sicli  sessliaft  ansiedelnder  Harbarenvölker 
o;ermaniseher.  slaviselier  oder  nral-altaiselier  Herkunft  (Jotlien, 
Gepiden,  Avaren ,  Bulgaren,  Magyaren,  retschenegen,  Ku- 
manen  etc.).  Es  begann  jenes  ^virre  inid  bnnte  Durcheinander- 
schieben der  allerversehiedenartigsten  Nationalitäten .  dessen 
Nachwirkungen  noch  heute  in  dem  bizarren  \'ölkergemenge 
der  Halkanhalbinsel  so  deutlich  und  so  bedeutsam  wahrnehm- 
bar sind.  Mögen  nun  in  dieser  wüsten  Zeit  die  Vorfahren 
der  heutigen  Nordrumänen  bereits  nördlich  von  der  Donau 
oder  aber  in  den  Süddonauländern  gewohnt  haben,  es  gelang 
ihnen  ihr  Dasein  nicht  nur,  sondern  auch  ihr  romanisches 
\'olksthum  zu  behaupten,  während  so  mancher  Nachbarstamm 
in  den  Wogen  des  Völkermeeres  unterging  oder  doch  seine  Na- 
tionalität wechselte  (man  denke  z.  B.  an  die  theilweise  Ver- 
drängung der  Griechen  durch  die  Albanesen,  an  die  Slavi- 
sirung  der  tinnischen  Bulgaren  u.  dgl.).  Die  Zähigkeit,  mit 
welcher  das  Romanenthum  sich  erhielt,  scheint  darauf  hin- 
zudeuten ,  dass  seine  Träger  nationalrömischer  Abstammung 
waren ,  denn  romanisirte  Thracier  oder  Macedonier  würden 
schwerlich  dem  Andränge  fremdsprachlichen  Volksthums  Stand 
gehalten  haben.  Indessen  wenn  auch  die  Balkanromanen  (um 
diesen  allgemeinen  Namen  zu  brauchen)  ihre  Sprache  festhiel- 
ten, so  vermochten  sie  doch  das  Eindringen  massenhafter  sla- 
vischer.  albanesischer,  griechischer  und  später  auch  türkischer 
Wortelemente  in  ihre  Sprache  und  auch  sonstige  Beeinflussung 
der  letzteren  durch  fremde  Idiome  nicht  abzuwehren.  Nament- 
lich das  Slavische  übte  auf  die  inselartig  im  slavischen  Völker- 
meere  wohnenden  Nordrumänen  eine  tiefgi-eifende  Einwirkung 
aus,  in  Folge  deren  das  entstehende  nordrumänische  Schriftthum 
sogar  des  cyrillischen  Alphabetes  sich  bediente  und  dasselbe 
bis  tief  in  dieses  Jahrhundert  hinein  festhielt  (während  die 
Südrumänen  die  griechische  Schrift  annahmen) .  Verhängniss- 
voll auch  war  für  die  Nordrumänen ,  dass  sie  erst  spät  zur 
Errichtung  nationaler  Staaten  gelangten  und  dass ,  als  in  der 
Walachei  und  Moldau  sich  im  14.  Jahrhundert  endlich  sol- 
che gebildet  hatten ,  diese  weder  das  gesammte  Volk  um- 
schlossen, noch  auch  lange  nationaler  Selbständigkeit  sich 
erfreuten,  sondern  bald  türkischer  Oberhoheit  unterstanden. 
Weniger   aber   die    türkische  Herrschaft  an    sich,    als  die  Art, 


792  I^as  Rumänische. 

wie  sie  ausgeübt  wurde .  war  für  das  rumänische  ^'olksthum 
bedrohlich,  denn  dadurch  dass  die  türkische  Regierung  lange 
Zeit  principiell  die  Throne  der  Donaufürstenthümer  mit 
Griechen  Phanarioten)  besetzte,  wurde  die  Gefahr  der  Gräci- 
sirung  mindestens  der  oberen  Gesellschaftsclassen  nahegelegt. 
Endlich  aber  wandte  sich  das  Geschick  des  vielgeprüften 
Rumänenvolkes  zum  Besseren :  die  immer  zunehmende  Schwä- 
chung der  türkischen  Macht  gal)  ihm  grössere  Freiheit  und  die 
Möglichkeit  der  Vereinigung  beider  Fürstenthümer  zu  einem 
nationalen  Staate ;  die  neueste  Zeit  endlich  hat  diesem  Staate 
vergönnt,  die  volle  Unabhängigkeit  sich  zu  erringen  und  als 
Königreich  unter  einem  deutschen  Hen'scher  in  die  Reihe  der 
Culturstaaten  Europa's  einzutreten. 

6.  Die  ersten  sehr  bescheidenen  Anfänge  der  nordrumäni- 
schen Litteratur  fallen  in  die  zweite  Hälfte  des  15.  Jahr- 
hunderts, und  auch  noch  lange  Zeit  nachher  blieb  die  lit- 
terarische Entwickelung  recht  kümmerlich.  Es  erklärt  sich 
dies  hinreichend  aus  den  oben  angedeuteten  unseligen  politi- 
schen Verhältnissen,  unter  denen  Rumänien  bis  tief  in  dieses 
Jahrhundert  hinein  schmachtete.  Die  nur  dürftige  Entwicke- 
lung der  Litteratur  wirkte  aber  nachtheilig  auf  die  Sprache 
ein.  indem  die  schriftmässige  Form  derselben  nur  langsam  und 
unter  manchen  Schwankungen  sich  ausbildete.  So  blieb  das 
Nordrumänische  bis  in  die  Neuzeit  hinein  eine  durch  kein 
nennenswerthes  Schriftthum  gegen  "N'erwilderung  und  Ver- 
zerrung geschützte  Sprache ,  die  sich  nicht  viel  über  das  Ni- 
veau eines  Patois  erhob  '  mid  oft  genug  von  den  gräcisirten 
oder  französirten  oder  germanisirten  Kindeni  des  eigenen 
Landes  verachtet  ward.  Aber  in  der  Neuzeit  hat  das  arme 
Aschenbrödel  aus  der  Niedrigkeit  sich  erhoben  und  ist  mehr 
und  mehr  in  Begriff,  den  romanischen  Cultursprachen  sich 
äusserlich  möglichst  anzugleichen  und  sich  ihnen  als  eben- 
bürtisfe  Schwester  an    die  Seite  zu  stellen.     Freilich  wird  das 


1)  Die  Sprache  der  Verwaltung  und  der  Gerichte  war  bis  zum  17. 
Jahrh.  aus.schliesslich  das  Slavische  Serbische  ,  die  Sprache  der  Kirche 
das  Kirchenslavische,  vgl.  Cin.\c  in  Rom.  Stud.  IV  14.i.  In.  Bezug  auf 
die  Kirche  ist  von  AVichtigkeit,  sich  dessen  zu  erinnern,  dass  die  Rumä- 
nen allein  von  allen  Romanen  griechische  Katholiken  sind  und  in  Folge 
dessen  in  wichtige,  für  ihre  Sprache  aber  nicht  eben  erspriessliche  lie- 
ziehung  zu  den  Ostslaveu  gesetzt  wurden. 


Das  Rumänische.  793 

Norclrumiinische  wohl  ininier  in  seinem  l>unt<Temischten.  mit 
slavischen .  türkischen .  albanesischen  imtl  sonstigen  Fremd- 
dementen  durchsetzten  Wortschatze  eine  Eigenart  bewahren, 
welche  es  von  den  romanischen  Sclnvestern  scharf  unterscheidet, 
aber  diese  Eigenart  ist  nicht  eben  eine  Unzierde.  ebensowenig 
wie  die  ganz  ähnliche  Eigenart  des  Englischen  diesem  zur 
^'erunstaltung  gereicht.  Im  Interesse  der  Sprache  ist  die 
wenigstens  theilweise  lieibehaltung  dieser  FrenuUinge  sogar 
zu  wünschen,  denn  würden  sie  beseitigt,  so  könnten  sie  doch 
nur  durch  auf  gelehrtem  Wege  aus  dem  Lateinischen  ent- 
lehnte Worte  ersetzt  werden,  und  gerade  das  würde  die  Sprache 
entnationalisiren . 

Die  Südrumänen  sind  in  Folge  ihrer  Zersplitterung  und 
^'erstreutheit  unter  fremde,  ihnen  an  Zahl  und  Cultur  ungleich 
überlegene  Nationalitäten  (namentlich  unter  das  Griechenthum) 
zur  Bildung  einer  Schriftsprachform  überhaupt  nicht  gelaugt: 
ihre  Gräcisirung-  dürfte,  da  Anschluss  an  den  rumänischen 
Nationalstaat  unmöglich  scheint,  nur  eine  Frage  der  Zeit  sein. 

Litterat  u  ran  gaben: 

a  Zur  Ethnos:raphie  u.  Geographie:  Lejeax,  Ethnographie  der 
europäischen  Türkei.  Gotha  1861  —  L.  Diefenbach,  Völkerkunde  Ost- 
europa's,  insbesondere  der  Hämushalbinsel  u.  der  unteren  Donaugebiete. 
Darmstadt  1880,  und:  Die  Volksstämme  der  europäischen  Türkei.  Frankf. 
a  M.  1877  —  H.  Kiepert,  Zur  Ethnographie  der  Donauländer,  in:  Globus 
XXXIV  (1878;  No.  14  —  R.  Böckh,  Der  Deutschen  Volkszahl  u.  Sprach- 
gebiet. Berlin  1869,  p.  129  —  *Kamtz,  Donaubulgarien  u.  der  Balkan. 
Historisch-geographisch-ethnographische  Reise.studien  aus  den  Jahren  1861, 79, 
3  Bde.  —  R.  Henke,  Rumänien,  Land  u.  Volk  in  geograph.,  histor.,  Statist, 
u.  ethnograph.  Beziehung.  Leipzig  1S77  —  J.  Slavici,  Die  Rumänen  in 
Ungarn,  Siebenbürgen  u.  der  Bukowina.  AVien  u.  Teschen  18S1  —  *PiC0T, 
Les  Roumains  de  la  Macedoine.  Paris  1875,  vgl.  Rom.  V  120  —  HuN- 
FALVY,  Le  peuple  roumain  ou  valaque.  Tours  1881  —  Dora  d'Istuia,  La 
nationalite  roumaine  d'apres  les  chants  populaires,  in:  R,  d.  d.  M.  März 
1S59  —  I.  Cratiunesco,  Le  peuple  roumain  dapres  ses  chants  nationaux. 
Paris  1874  —  K.  v.  Czörnig,  Ethnographische  Karte  der  österreichischen 
Monarchie,  Wien  1855  —  *K.  Nyrop,  Romanske  Mosaiker.  Kopenh.  1885. 

A.  Saxdv,  O  pagina  despre  Romänia  dintro  geographie  imprimata  la 
Paris  in  1543,  in:  Revista  contimporanea  No.  9,  Nov.  1873  (hehandelt  eine 
merkwürdige  geogra])hische  Notiz  über  Rumänien,  welche  sich  in  einem 
1543  zu  Paris  erschienenen  Buche  findet,  vgL  Rom.  III  125  —  *Caxtimir, 
Descriptio  Moldaviae.  Bucuresci  1872  (Ausg.  nach  dem  Originalniscr.  . 

b)    Zur    politischen    Geschichte,    insbesondere    zur    Urge- 


794  l^^ä  Rumänische. 

schichte  der  Rumänen^  :  Ueber  die  Stammeszugehörigkeit  der  Geten 
u.  Dacier  ist  sehr  Vieles  u.  doch  nichts  Abschliessendes  geschrieben  worden, 
so  namentlich  auch  von  J.  Grimm  in  Kap.  9  seiner  Geschichte  der  deut- 
schen Sprache,  darnach  soll  zwischen  den  Geten  u.  Gothen  eine  nahe  ver- 
wandtschaftliche Beziehung  bestehen,  was  als  durchaus  unwahrscheinlich 
bezeichnet  werden  muss.  Kösler  's.  u.j  behandelt  in  Kap.  1  u.  2  seines 
Buches  die  Geten-  u.  Dacierfrage,  ohne  zu  einem  sicheren  Ergebnisse  zu 
gelangen).  Ueber  das  alte  Dacien  vgl.  ferner:  Gooss,  Untersuchungen  üb. 
die  Innenverhältnisse  des  trajanischen  Daciens,  in:  Archiv  des  Vereins  f. 
siebenbürg.  Landeskunde.  N.  F.  XII  (1874)  1,  107.  P.  Hasdeu,  Dina  Filma, 
Gotii  si  Gepidii  in  'Dacia.  Bucuresci  1677.  —  G.  Tocilescu,  Dacia  inainte 
de  Romani.  Buc.  1S8Ü  —  Thunmaxx,  Untersuchungen  über  die  Geschichte 
der  östlichen  europäischen  Völker.  Leipzig  1774  (wegen  des  darin  gegebenen 
Materiales  immer  noch  beachtenswerth)  —  F.  J.  Sulzer,  Geschichte  des 
transalpinischen  Daciens.  Wien  1781,  3  Bde.  (in  diesem  Buche  wurde  zum 
ersten  Male  die  Theorie  von  der  nicht  unmittelbar  römischen  Abstammung 
der  Nordrumänen  aufgestellt)  —  J.  Ch.  v.  Engel,  Geschichte  der  Moldau 
u.  Walachei,  Halle  1804,  2  Bde.  (der  Verf.  adoptirt  Sulzer's  Hypothese)  — 
M.  CoGÄLNicEANU,  Hist.  de  laValachie,  de  laMoldavie  et  desValaques  trans- 
danubiens.  Berlin  1837  —  Ro.sA,  Untersuchungen  über  die  Roraanier  oder 
sog.  Wlachen  jenseits  der  Donau.  Pest  18o8  —  Neigebavr,  Dacien.  Aus 
[sie!]  den  Ueberresten  des  class.  Alterthums  mit  besonderer  Rücksicht  auf 
Siebenbürgen.  Kronstadt  1851  —  *R.  RösLER,  Dacier  u.  Romanen,  in: 
Sitzungsberichte  der  Wiener  Akad.  d.  Wissensch.  LX  (1866),  9,  und: 
'*Romänische  Studien.  Untersuchungen  zur  älteren  Geschichte  Romäniens. 
Leipzig  1871,  vgl.  Rom.  I  238  u.  Rev.  pentre  Ist.,  Arch.  si  Filol.  I  fasc. 
2  u.  II  fasc.  1  —  A.  D.  Xenopol,  De  l'origine  du  peuple  roumain,  in: 
Rev.  hist.  XXIIl  fasc.  1  —  ^J.  JuxG,  Ueb.  die  Anfänge  der  Romanen. 
Kritisch-ethnographische  Studien,  in:  Ztschr.  f.  Österreich.  Gymnas.  1876, 
1,  81,  321,  und:  Römer  u.  Romanen  in  den  Donauländern.  Historisch- 
ethnographische Studien.  Innsbruck  1877  (bedeutendes  Buch,  gegen  die 
Sulzor-Rösler'sche  Hypothese),  vgl.  Rom.  H  470  —  J.  Biuermaxn  ,  Die 
Romanen  u.  ihre  Verbreitung  in  Oesterreich.  Wien  1877,  vgl.  Jen.  Lit.-Ztg. 
1878  No.  16,  Gott.  gel.  Anz.  1878  Stück  39,  p.  1224  —  HUNFALW,  Rumän. 
Geschichtsschreibung  u.  Sprachwissenschaft.  Aus:  Lit.  Berichte  aus  Ungarn 
1878,  Bd.  II,  Heft  3,  vgl.  Bibliogr.  der  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  1878,  No.  523  — 
•Xexopol,  Un  enigme  historique.  Les  Roumains  au  m.-ä.  Paris  1S55,  vgl. 
Rom.  XIV  587  —  *J.  L.  Pic,  Ueb.  die  Abstammung  der  Rum.  Leipzig  1880, 
vgl.  Gott.  gel.  Anz.  1881,  Stück  11,  Sybel's  hist.  Ztschr.  XLVI  549  —  L. 
ReTHY,    Der  Anonymus  über  die  Romanen  Siebenbürgens.    Budapest  1880 


r  Nicht  eigentlich  hierher  gehört  und  doch  muss  hier  genannt  wer- 
den die  wichtige  Schrift  von  MiKLOsicil,  Ueb.  die  Wanderungen  der  Ru- 
munen  in  den  dalmatinischen  Aljjcn  und  in  den  Karpathen,  Wien  1879 
(Denkschriften  Bd.  XXX  der  K.  K.  Akad.  d.  Wissensch.  ,  vgl.  über  sie  die 
gehaltvolle  Anzeige  von  IvE  in  Rom.  IX  320.  Ueber  den  Ursprung  der 
Rumänen  hat  M.  seine  Ansicht  ausgesprochen  in  den  Sitzungsb.  der  W'ie- 
•iier  Akad.   Bd.   lOl,  p.  49. 


Das  Kumänische.  7*J5 

magyarisch  geschrieben  —  V.  Maxiu,  Zur  Geschichtsforschung  über  die 
Romanen.  Deutsch  von  P.  Brostean'U.  2.  Aufl.  Leipzig  1SS5  dilettantisch  — 
*P.  HasdeV  ,  Istoria  critica  a  Komanilor.  Buc.  1S74  75,  2  Bde.  wichtiges 
Werk  ,  von  demselben  Verf. :  Originile  Craiovei  Ursprung  der  Stadt  Craiova 
in  der  kleinen  "Walachei  ,  Nationalitatea  Cumanilor  die  Nationalität  der  Ku- 
manen  u.  andere  culturgeschichtl.  Essays,  in:  Co),  lui  Traian  VIII  1,  640, 
661  —  E.  Hl"RMVZ.\CHl,  Fragmente  zur  Geschichte  der  Humanen.  Bukarest 
1878,  Tgl.  Augsb.  Allg.  Ztg.  187S,  No.  77  fl".  Beil. 

c)  Urkundenwerke,  Chroniken,  Zeitschriften:  Vexelix, 
Macho-bolgarskija  ili  dako-slavanskija  gramota.  Petersburg  184U  —  Mel- 
CHISEDEK,  Crouica  Husilor.  Dupo  documentele  Episcopiei  si  alte  monu- 
mente  ale  terei.  Buc.  ?,  1869  —  Codrescu,  Uricariul  cuprindätoriü  de 
Hrisoave,  anaforale  si  alte  acte  din  suta  XV/XIX  atingätoare  la  Moldova. 

2  Ausg.  1873,  5  Bde.  —  Documente  privitore  la  Istoria  Romänilor  culese 
de  Eudoxiu  de  Hurmazachi.  Buc.  1876/78,  7  Bde. 

Urechi,  Chronique  de  Moldavie  depuis  le  milieu  du  XIV^  s.  jusqu'ä 
l'an  1594.  Texte  roumain  avec  traduction  frcse,  notes  historiques  etc.  par 
E.  PlcoT.  Paris  1S79.  Publication  de  TEcole  des  langues  orientales  Vivantes 
—  N.  B.\LCESCr,  Istoria  Romänilor  sub  Mihaiü  vodet  Vitezul,  urmatä  de 
scrieri  diverse,  ed.  A.  J.  üdobescu.  Buc.  l'>78  —  Sixkai,  Chronica  Romä- 
nilor. Jassi  1853.  3  Bde. 

Magazinu  istoricu  pentru  Dacia  ed.  A.  F.  Lavriaxu  si  N.  Balcescu, 
Buc.  1846  48,  5  Bde.  —  Archiva  rcmäneascä  ed.  M.  Cog.^lxiceaxu.  2  Ausg. 
Jassi  1860.  2  Bde.  —  Hasdei",  Archiva  Istoricä  a  Romäniei.  Buc.  1865,67, 

3  Bde. 

d  Zur  Sprachgeschichte!  :  J.  C.  ScHULLER,  Argumentorum  pro 
latinitate  linguae  valachicae  sive  rumunae  epicrisis.  Cibinii  1S31,  und:  Ent- 
vricklimg  der  wichtigsten  Grundsätze  für  die  Erforschung  der  rumun.  oder 
walachischen  Sprache,  in:  Archiv  des  Vereins  f.  siebenbürg.  Landeskunde. 
Bd.  1,  Heft  1.  Hermannstadt  1845  —  J.  Heilmeier,  Ueb.  die  Entstehung 
der  romäischen  Sprache  unter  dem  Einflüsse  fremder  Zungen.  Aschafl'en- 
burg  1834  dem  Verf.  der  Encycl.  blieb  diese  Schrift  unerreichbar;  er  muss 
daher  dahingestellt  sein  lassen,  ob  sie  sieh  nicht  etwa  auf  das  Neu- 
griechische bezieht,  wie  die  sonstige  Anwendung  des  Epithetons  »romä- 
isch«  vermuthen  lässt,  —  A.  F.  Lauri.\xu,  Tentamen  criticum  in  originem, 
derivationem  et  formam  linguae  romanae  in  utraque  Dacia  vigentis  vulgo 
valachicae.  "Wien  1840  —  Gaster,  Stratificarea  elementului  latin  in  limbä 
romanä,  in:  Rev.  pentru  Stör..  Arch.  si  Eil.  t.  I  17  —  I.  GOLDISCH,  Die 
Latinität  der  rumän.  Spr.  Arad  1880  magyarisch  geschrieben  —  Pascvtiu, 
Origina  Romänilor  si  latinitäteä  limbei  romäne.  Arad.  1881  —  *Hasdeu 
nach  anderer  Sehreibweise  H.udev,  ,  Cuvente  den  bäträni.  Buc.  1878,79, 
2  Bde.  u.  ein  Supplementband  (Bd.  1  enthält  Urkunden  aus  den  Jahren 
1571  1636,  eine  "Wörtersammlung  aus  slavischen  Urkunden  des  16.  Jahrh.'s, 


1  Die  auf  die  Abstammung  der  Rumänen  bezüglichen  unter  b  ge- 
nannten Schriften  behandeln  meist  auch,  wenigstens  andeutungsweise,  den 
Ursprung  und  die  Entwickelung  der  rumän.  Sprache. 


796  -Das  Rumänische. 

ein  Glossar  vom  Beginn  des  IT.  Jahrh.'s  u.  die  Chronik  Mihail  Moxa  s  vom 
J.  162U.  Bd.  II  enthält  u.  A.  rumänische  Texte  des  16.  Jahrh.'s  ^ Volks- 
bücher' ;  ein  Kapitel  aus  der  rumän.  Syntax ,  ferner  reiche  Beiträge  zur 
vergleichenden  I.itteraturgeschichte.  Der  Supplementband  enthält;  I.  Con- 
spectul  controverselor :  Schuchardt,  Bariti,  Gaster,  Cihac  etc.  11.  ScHi- 
CHARDT,  Ueb.  B.  P.  Hasdeü's  altrumän.  Texte  u.  Glossen.  III.  Bariti, 
Cuvinte  din  bäträni  de  B.  P.  Hasdeu.  IV.  Gaster,  Cihac,  Sur  les  etudes 
roumaines  de  Mr.  Hasdeu.  V.  Hasdeu,  Addenda  et  Corrigenda.  VI.  Biblio- 
graphischer u.  paläographisch-historischer  Index.  Vgl.  Bibliographie  der 
Ztschr.  f.  rom.  Phil.  ISSO,  No.  S81)i)  —  B.  P.  HA.SDEr,  Fragmente  pentre 
Istoriä  limbei  romane;  elemente  dacice.  I  Ghiuj.  Cu  post-scriptum  despre 
D.  Cihac  ^i  Appendice  despre  D.  Emile  Picot'.  Buc.  1S76  ist  im  Wesent- 
lichen eine  gegen  Cihac,  speciell  gegen  einen  Artikel  desselben  in  den  Con- 
Torbiri  litteräre  vom  1.  12.  1S75  gerichtete  Streitschrift,  vgl.  Giorn.  di  fil. 
rom.  I  55). 

§  3 .  Bemerkungen  über  die  Geschichte  der 
rumänischen  Philologie. 

1.  Mittelalterliche  grammatische  und  lexicalische  Tractate 
fehlen  für  das  Kumänische  leider  völlig,  wie  denn  überhaupt 
erst  mit  dem  Ausgange  des  18.  Jahrhunderts  die  theoretische 
Beschäftigung  mit  rumänischer  Sprache  anhebt  und  zwar  zu- 
nächst auch  nur  in  sehr  elementarer  und  lediglich  praktische 
Ziele  verfolgender  Weise.  Es  ist  dies  begreiflich  genug,  wenn 
man  erwägt,  dass  bis  zum  17.  Jahrhundert  das  Slavische  die 
ausschliessliche  Sprache  der  Verwaltung  und  der  Gerichte  war 
(vgl.  Cihac  in  Rom.  Stud.  IV  143],  dass  die  Kirche  sich  des 
Altbulgarischen  als  Ritualsprache  bediente  und  dass  rumänische 
Schulen  erst  im   IS.   Jahrhundert  errichtet  wurden. 

Die  überhaupt  älteste  das  Rumänische  betreffende  gram- 
matische Schrift  dürften  die  von  der  Fürstin  Ilinca  1660  ent- 
worfenen Versuche  einer  rumänisch -lateinischen  Orthographie 
sein  (Incercäri  de  ortografia  romano-latina  ale  Domnitei  Ilinca, 
ed  Stirdza  in  Col.  lui  Traian  VIII  Sl). 

2.  Mit   dem  Ausgange  des   18.  Jahrhunderts  begann  eine 


1)  Bd.  I  führt  den  Sondertitul:  Cuvente  den  bäträni.  Limbä  romanä 
vorbitä  intre  1550  IGOU.  Studiu  palcografico-linguistic,  cu  observatiuni  filo- 
logice  de  H.  Schuchardt.  V^l.  über  diesen  Band  die  eingehende  Be- 
sprechung von  Cihac  in  Rom.  Stud.  IV  141.  Bd.  II  ist  betitelt;  Cuvente 
den  baträni.  Cartile  poporaue  ale  Romanilor  in  secolul  XVI  in  legaturä 
cu  literaturä  poporanä  ceä  nescrisa.  Studiu  de  ülologia  comparativä.  Ueber 
diesen  Bd.  u,  das  Supplement  vgl.  Rom.  IX  347  Bd.  I  ist  in  Rom.  VII 
(>.16  kurz  angezeigt  .  Leber  Hasdiu's  nach  anderer  Schreibweise  H.udeu; 
Biographie  vgl.  den  Artikel  von  G.  Mkver  in  der  Augsb.  Allg.  Ztg.  vom 
11.  Febr.   1S79. 


Das  Kumänische.  797 

ziemlich  rührige  Thätigkeit  auf  dem  Gehiete  der  nimiinisehen 
Grammatik  und  Lexikographie,  indessen  -war  dieselbe  fast  ganz 
ausschliesslich  auf  die  nächstliegenden  praktischen  Ziele  ge- 
richtet und  bekundete  sich  demnach  in  Leistungen ,  welche 
für  die  Wissenschaft  unmittelbaren  Werth  gar  nicht  besitzen. 
Nur  dem  1S25  zu  Ofen  »Budae«)  erschienenen  grossen  »Lexicon 
valachico-latino-hungarico-germanicum«  ist  ein  höherer  Werth 
zuztierkennen :  denn  das  Buch  ist  zwar,  vom  Standpunkte  der 
heutigen  "Wissenschaft  aus  betrachtet,  durch  und  durch  mangel- 
haft und  in  Beziehung  auf  Etymologie  mitunter  grauenhaft, 
war  aber  doch  für  seine  Zeit  eine  bedeutende  Leistung  und 
ist  leider  auch  heute  noch  nicht  zu  entbehren. 

3.  Die  rumänische  Philologie  als  wirkliche  Wissenschaft 
ist,  wie  die  romanische.  Gesammtphilologie  ,  begründet  wor- 
den durch  DiEz"  Gramm,  der  rom.  Sprachen,  in  welcher 
das  Rumänische  oder,  wie  Diez  es  noch  nannte,  das  Walachische 
als  romanische  Sprache  anerkannt  ^  und  —  freihch  erst  in 
der  3.  Ausgabe  ganz  und  voll  —  in  derselben  eingehenden 
Weise,  wie  die  übrigen  romanischen  Sprachen,  behandelt 
wurde. 

Es  legt  für  das  ebenso  ideale  Avie  nationale  Streben  des 
rumänischen  Volkes  sowie  für  seine  geistige  Begabung  und 
Entwickelungsfähigkeit  ein  höchst  ehrendes  Zeugniss  die  That- 
sache  ab,  dass  die  junge  Wissenschaft  der  romanischen  und 
speciell  der  rumänischen  Philologie  in  Rumänien  selbst  die 
eifrigste  und  verständnissvollste  Pflege  gefunden  hat.  Um 
diese  Thatsache  in  ihrem  vollen  Werthe  zu  würdigen,  erinnere 
man  sich  dessen,  dass  bis  vor  wenigen  Jahi-en  Rumänien  noch 
der  politischen  Freiheit  und  Unabhängigkeit  entbehrte  und 
dass  es  folglich  nicht  sehr  befremdlich  erscheinen  würde,  wenn 
die  ganze  Geisteskraft  und  Intelligenz  der  Nation  von  dem 
Ringen  nach  staatlicher  Selbständigkeit  in  Anspruch  genommen 
worden  Aväre.  Wahrlich,  die  Rumänen  haben  Grosses  da- 
mit  gethan,    dass  sie  gleichzeitig  ihren  Nationalstaat   fest  ge- 


1  Auch  Raynouard  hatte  übritjens  schon  Choix  VI,  p.  LXVIII  das 
Rumänische  für  romanisch  erklärt,  wie  DiEZ  selbst  Gr.  I*  13C  Anm.  be- 
richtet. Den  lat.  Ursprung  des  ^Rumänischen  hatte  auch  vor  DiEZ  schon 
Schiller  verfochten,  ihm  u.  Diez  folgte  dann  Laurl\xu  nach  die  Titel 
der  betr.  Schriften  s.  oben  S.  795,. 


798  ^^^  Rumänische. 

gründet  und  doch  auch  die  wissenschaftliche  Erforschung  ihrer 
Sprache  und  Litteratur  erfolgi'eich  gefördert  haben. 

Die  Zahl  der  gelehrten  Rumänen ,  welche  gegenwärtig 
auf  dem  Gebiete  der  rum.  Philologie  thätig  sind,  ist  sehr  er- 
heblich, und  mancher  hervorragende  Mann  befindet  sich  darunter, 
dessen  wissenschaftliche  Schöpfungen  für  die  romanische  Ge- 
sammtphilologie  oder  für  die  vergleichende  Sprachkunde  oder 
Litteraturgeschichte  hohe  Wichtigkeit  besitzen ;  es  seien  bei- 
spielsweise nur  Petriceicu-Hasdku  und  A.  de  Cihac  genannt: 
der  erstere  unermüdlich  thätig  als  Herausgeber  altrum.  Texte, 
als  scharfsinniger,  wenn  auch  freilich  oft  allzu  kühner  Ety- 
molog und  als  Kedacteur  der  Columnä  lui  Traian,  der  letztere 
aber  hochverdient  als  Verfasser  des  Uictionnaire  d'etymologie 
dacororaane.  Neben  diesen  beiden  Heroen  und  zugleich 
Nestoren ')  der  rumänischen  Philologie  stehen  jüngere  Gelehrte, 
die  Tüchtiges  schon  geschaffen  haben  und  mehr  noch  für  die 
Zukunft  verheissen,  so  vor  allen  M.  Gastek,  der  Verfasser 
des  inhaltsreichen  Buches  »Literaturä  popularä  Pomanä«,  und 
H.  TiKTiN,  der  in  seinen  »Stiulien  zur  rum.  Phil.«  (Lpzg. 
1884)   eine  treffliche  lautgeschichtl.  Untersuchung  geliefert  hat. 

Dass  nicht  alle  Arbeiten  der  rumänischen  Philologen  be- 
deutend genannt  werden  können,  selbst  nicht  im  relativen 
Sinne  des  Wortes,  dass  vielmehr  unter  ihnen  so  manche  mittel- 
und  untermässige ,  auch  manche  einfach  schlechte  sich  be- 
findet, bedarf  nicht  erst  der  Bemerkung,  ist  aber  auch  viel 
zu  natürlich,  als  dass  es  irgendwie  gerügt  oder  auch  nur  be- 
klagt werden  könnte.  Bedauerlich  aber  ist,  dass  selbst  die 
Grössen  und  Leiter  der  jungen  Wissenschaft  nicht  immer  von 
principiellen  Verirrungen  sich  frei  erhalten  haben,  so  z.  B. 
von  der  Siicht,  Wörter  dacischen  oder  thracischen  Ursprungs 
in  der  Sprache  aufzuspüren,  ein  Unternehmen ,  das ,  abstract 
genommen,  berechtigt  sein  mag.  aber  so  lange  ergebnisslos 
sein  muss,  als  wir  vom  Thracischen  oder  Dacischen  nicht 
mehr  als  jetzt,  das  heisst  so  gut  wie  nichts  wissen,  und  welches 
übrigens  auch  unter  allen  Umständen  nur  dann  erlaubt  ist, 
wenn  jede  Möglichkeit  fehlt,  das  betr.  Wort  aus  dem  Latei- 
nischen   oder   aus    dem    Slavischen   zu   erklären.      Bedauerlich 


1)  SoAvobl  Hasdei:   als  auch  CniAC  sind  schon  seit  langen  Jahren  lit- 
terarisch thätig. 


r)as  Rumänische.  799 

ist  ferner  etwas  Anderes.  Dass  über  wichtip^e  Principienfrajjen 
verschiedene  Gelehrte  verschiedener  Ansicht  sind,  ist  nicht  nur 
begrreillich ,  sondern  oft  auch  förderlich  und  mitunter  selbst 
nothwendig,  aber  wenn  auch  begreiflich,  so  doch  nicht  im 
Mindesten  förderlich  oder  gar  nothwendig  ist.  dass  wissenschaft- 
liche Gegner  vor  der  Oeft'entlichkeit  sich  in  gereizter  und  über 
das  sachliche  Mass  hinausgehender  Weise  befehden,  wie  dies 
in  Kumänien  öfters  geschehen  ist  (man  denke  z.  B.  an  die 
unerquicklichen  Streitereien  zwischen  Hasdeu  und  CiiiAc).  Frei- 
lich ist  ja  leider  auch  ausserhalb  Rumäniens  Derartiges  keines- 
wegs unerhört. ') 

Endlich  ist  noch  auf  Eins  hinzudeuten.  Die  rumänische 
Philologie  sieht  sich  in  Rumänien  vor  eine  praktische  Auf- 
gabe schwierigster  Art  gestellt,  vor  die  Aufgabe,  die  Schrift- 
sprache zu  fixiren ,  derselben  eine  für  absehbare  Zukunft  ab- 
geschlossene ,  für  Erzeugung  einer  classischen  Litteratur  ge- 
eignete Form  zu  geben.  Dies  Ziel  durch  Annäherung  der 
Sprache  an  das  Latein  erreichen  zu  w^ollen,  ist  ein  bei  einer 
romanischen  Sprache  gewiss  naheliegendes  und  an  sich  be- 
rechtigtes Princip.   das  ja  auch  anderwärts  für  massgebend  ge- 


1  Es  sei  hier  eine  allgemeine  Bemerkung  gestattet.  Von  DiEZ,  dem 
Begründer  der  roman.  Philologie,  wird  keine  einzige  Recension  nachge- 
vriesen  werden  können,  die  in  einem  eines  Gelehrten  unwürdigen  arrogan- 
ten Tone  geschrieben  wäre  und  die  den  davon  Betroffenen  persünlicli  hätte 
kränken ,  seine  wissenschaftliche  Ehre  für  alle  Zukunft  hätte  gefährden 
können.  Ich  glaube  auch,  dass  z.  B.  G.  Paris  eine  derartige  Kritik  nie 
geschrieben  hat,  erinnere  mich  aber  sehr  wohl,  dass  er  manche  notorisch 
nerzlich  schwache  Schrift,  die  von  anderen  Kritikern  in  Grund  und  Boden 
gestampft  wurde,  in  schonender  Weise  besprochen  und  die  Ehre  des 
Verf.'s  unangetastet  gelassen  hat,  ohne  doch  der  Sache  etwas  zu  verge- 
ben. Das  heisst  recht  und  edel  und  human  handeln.  Neuerdings  aber 
wird  in  der  Kritik  mehr  und  mehr  ein  gereizter  und  auf  Persönlichkeiten 
hinauslaufender  Ton  üblich,  der  sowohl  in  menschlicher  wie  in  Avissen- 
schaftlicher  Hinsicht  höchst  unerfreulich  ist;  ja,  mancher  Recensent  vcr- 
gisst,  um  nur  recht  schimpfen  zu  können,  mitunter  selbst  die  heilige  Pflicht 
der  "Wahrhaftigkeit  (Belege  für  diese  Behauptung  habe  ich  gesammelt,  und 
nur  die  Beherzigung  des  Spruches  »nomina  sunt  odiosa«  lässt  mich  hier 
von  ihrer  Mittheilung  absehen).  Meist  freilich  sind  es  nur  die  kleineren 
Geister,  die  sich  so  an  der  Wissenschaft  versündigen  in  der  kindischen 
Meinung,  man  werde  sie  für  um  so  »wissenschaftlicher"  halten,  je  frecher 
sie  aufzutreten  und  je  lauter  sie  zu  schmähen  verstehen.  Leider  aber  er- 
niedrigen sich  mitunter  auch  Gelehrte  von  Verdienst  und  Ruf  zu  so  un- 
würdiger Handlungsweise,  selb.st  Anfängern  gegenüber,  die  doch  das  näch- 
ste Recht  auf  wohlwollende  Schonung  haben  und  die  überdies,  weil  noch 
unerfahren ,  gegen  Kritik  am  empfindliclisten  sind ,  endlich  aber  auch  in 
ihrer  Unbedeutendheit  einem  Recensenten  von  bewährtem  Namen  ganz 
schütz-  und  wehrlos  gegenüberstehen. 


800  I^äs  Rumänische, 

gölten  hat.  Aber  man  sollte  sich  vor  Uebertreibungen  hüten, 
die  dahin  führen  müssen,  die  Schriftsprache  zu  einem  gelehrten, 
für  das  A'olk  unverständlichen  Jargon  zu  machen.  Nament- 
lich sollte  man  in  der  Latinisirung  des  Wortschatzes  sich 
massigen  und  bedenken,  dass  der  liesitz  von  Worten  slavischer 
lind  selbst  türkischer  Herkunft  der  Sprache  ebensowenig  zum 
Makel  gereichen  kann,  wie  etwa  dem  Spanischen  das  Durch- 
setztsein mit  arabischen  Worten.  Ein  zu  weit  getriebener 
Purismus  kann  nur  schaden ,  ganz  abgesehen  davon ,  dass  er 
auch  etwas  Komisches  an  sich  hat. 

4.  Für  die  Blüthe.  deren  die  rumänische  Philologie  in 
Kumänien  selbst  sich  erfreut,  legt  das  Bestehen  zweier  treff- 
licher Zeitschriften  Zeugniss  ab,  welche  zwar  nicht  aus- 
schliesslich ,  aber  doch  in  weitem  Umfang  ihr  gewidmet  sind, 
nämlich : 

Coliimnä  lui  Traianü.  Revistä  mensualä  pentru  istoriä, 
linguisticä  si  psicologiä  poporanä.  Sub  directiunea  d-lui  B.  P. 
Hasdeu.  Buc.  IS70,77  8  Bde.,  dann  seit  ISSu  in  neuer  Folge 
erscheinend ;  und : 

Revista  pentru  Storie,  Archeologie  si  Filologie  sub  direc- 
tiunea lui  G.  G.  TociLEscu  Buc.   1883  ff. 

Auch  andere  Zeitschriften,  wie  z.  B.  die  »Convorbiri 
literare«  iherausg.  von  J.  Negruzzi,  Jassi  seit  1867),  besprechen 
gelegentlich  philologische  Dinge. 

Das  umfangi-eichste  Erzeugniss  der  philologischen  Thätig- 
keit  in  Kumänien  ist  der  »Dictionariu  limbei  romäne  dupo 
insarcinarea  data  de  societatea  academica  romäna  elaboratu  ca 
proiectu  de  A.  T.  Lauriaxu  si  J.  C.  Massimii,  Buc.  1873/76, 
2  Bde. ;  leider  aber  ist  gerade  dieses  Werk  trotz  aller  seiner 
relativen  Verdienstlichkeit  doch  mit  grossen  principiellen  Män- 
geln behaftet.  *) 

5.  Ausserhalb  Rumäniens  sind  die  bedeutendesten  Ver- 
treter der  rumänischen  Philologie  Miklosicii  ,  Mussafia, 
ScHUCHARDT,  E.  PicoT  uud  CuR.  Nyrop ,  vou  welchen  fünf 
Gelehrten   die   drei   ersteren   österreichische  Universitätslehrer 


1)  H.  ScHUCHARDT  in  der  Bibliographie  der  Ztschr.  f.  rom.  Phil. 
1875  76,  No.  S-13,  urtheilt  über  das  Buch;  "Nach  vielen  Gesichtspunkten 
hin  als  verfehlt  zu  betrachten.  Sogar  an  Vollständigkeit  lässt  es  sehr  zu 
wünschen  übrig«. 


Das  KumänischL'.  gOl 

sind,  der  vierte  Frankreich,  der  fiinfte  Dänemark  angehört. 
In  Deutschland  ist  seit  Dikz  für  das  Knniänisclie  gar  nichts 
Erhebliches  geleistet  worden  •) ,  eine  Thatsache ,  die  gich  zum 
Theil  daraus  erklärt,  dass  die  meisten  deutschen  liih\iotheken 
selbst  der  nothwendigsten  Iliilfsmittel  für  das  Studium  der 
ruraäu.  Sprache  entbehren.  Sehr  richtig  ist  übrigens  die  von 
ScHUCHARDT  (Bibliogr.  der  Ztschr.  f.  rom.  Phil,  für  das  Jahr 
1875,76  unter  No.  S33)  gemachte  Bemerkung:  »Wenn  die 
Kenntniss  auswärtiger  Philologen  vom  Rumänischen  in  so 
vielen  Punkten  eine  mangelhafte  ist,  so  trifft  die  Schuld  hier- 
an vor  Allem  die  Rumänen  selbst;  auf  jeden  Fall  sind  sie 
verpflichtet,  Nachsicht  zu  üben.«  Schuld  nämlich  trifft  die 
Rumänen  insofern,  als  sie  ihre  Sprache  nach  orthographischen 
Theorien  schreiben ,  deren  Vielheit  und  Bizarrerie  dem  Aus- 
länder zur  Qual  gereichen ,  und  als  sie  noch  kein  wirklich 
brauchbares  Wörterbuch  geschaffen  haben. 

Zu  wünschen  ist  aber  lebhaft ,  dass  das  Studium  des 
Rumänischen  innerhalb  des  romanischen  Philologenkreises  all- 
gemeiner in  Aufnahme  komme  ,  damit  auch  dieser  Theil  der 
romanischen  Gesammtphilologie  die  ihm  gebührende  Pflege 
finde,  denn  dass  dies  bis  jetzt  nicht  geschehen  ist,  beginnt 
sich  mehr  und  mehr  als  eine  empfindliche  Lücke  in  dem 
grossen  Zusammenhange  der  romanischen  Sprachwissenschaft 
fühlbar  zu  machen.  Interessant  und  originell  genug  ist  übrigens 
die  rumänische  Sprache ,  um  dem ,  der  ihr  ein  wissenschaft- 
liches Studium  widmet,  seine  Mühe  zu  lohnen. 

§  4.  Bemerkungen  über  die  Dialecte  des  Rumä- 
nischen. 

1 .  Das  Rumänische  gliedert  sich  in  drei  Dialecte :  a)  das 
Daco-Rumänische  oder  das  Nordrumänische;  b)  das  Ma- 
c  e  d  0  -  Rumänische  oder  das  Südrumänische;  c)  das  Istro- 
Rumänische'^).    Das  geographische  Gebiet  eines  jeden  Dialectes 


li  Meines  AVissens  ist  sogar  noch  nie  eine  Universitätsvorlesung  über 
Rumänisch  gehalten  worden. 

2  »Nach  unserer  gegenwärtigen  Kenntniss  des  Rumunischen  dürfen 
wir  diese  und  nur  diese  drei  Dialecte  annehmen.»  MiKLOsiCH  im  Eingange 
seiner  «Beiträge  zur  Lautlehre  der  rumun.  Dialecte.«  Sitzungsb.  der  AVie- 
ner  Akad.  d.  Wissensch.  Philos.-hist.  Cl.  Bd.  98  flSSlj,  S.  519.  Gaster 
dagegen  unterscheidet  drei  Dialecte  des  Daco-Rum. :  den  walachischen  od. 
muntenischen ,  den  moldauischen  u.  den  siebenbürgischen  Ztschr.  f.  rom. 
Phil.  II  355  Anm.  3;. 

Körting,  Encyklopädie  d.  rom.  Phil.  III.  51 


g02  Das  Rumänische. 

wird  schon  durch  dessen  Namen  angedeutet,  nähere  Angaben 
sehe  man  §  l  No.  2,  3.  4.  Dass  innerhalb  des  Daco-  -vvie 
auch  des  Macedo  -  Rumänischen  wieder  irgend  welche  land- 
schaftliche SprachdifFerenzen  bestehen  z.  B.  zwischen  der 
Walachei  und  der  Moldau  oder  zwischen  der  Walachei  und 
Siebenbürgen)  dürfte  an  sich  zweifellos  sein .  und  manche 
darauf  bezügliche  Beobachtung  ist  bereits  gelegentlich  ver- 
öffentlicht worden,  aber  bestimmte  Unterdialecte  scharf  von 
einander  zu  scheiden  und  abzugrenzen,  ist  zur  Zeit  nicht 
möglich   (vgl.  aber  oben  S.  801  Anm.  2'. 

2.  Von  den  genannten  drei  Dialecten  hat  nur  der  daco- 
rumänische  eine  Schriftsprachform  entwickelt,  welche  übrigens 
noch  nicht  als  endgültig  abgeschlossen  gelten  kann.  Die 
beiden  übrigen  Dialecte  entbehren  einer  solchen  und  zeigen 
in  Folge  dessen  eine  im  Vergleiche  mit  derjenigen  des  Daco- 
Rum.  lautlich  verwilderte  Gestalt.  Das  Istro-Rumänische  lebt 
übrisrens  nur  noch  in  kümmerlichen  Resten  und  wird  sehr 
bald  völlig  von  dem  Slavischen  verdrängt  sein;  das  gleiche 
Schicksal  dürfte,  allerdings  erst  nach  längerer  Zeit,  dem  Macedo- 
Rum.  durch  das  Griechische  bereitet  werden. 

3.  Die  Hauptdiiferenz  zwischen  Daco-Runi.  und  Macedo- 
Rum.  —  das  Istro-Rum.  kann  hier  ausser  Betracht  bleiben  — 
liegt  avif  lexikalischem  Gebiete,  indem  das  erstere  mehr  slavische 
das  letztere  mehr  griechische  Elemente  in  sich  aufgenommen 
hat.  Die  lautlichen  und  flexivischen  Verschiedenheiten  sind  im 
Wesentlichen  nicht  erheblich:  von  den  lautlichen  sei  z.  B.  er- 
wähnt, dass  lat.  anl.  p  im  Macedo-Rum.  als  k  erscheint,  z.  B.  lat. 
pellia  =  drum,  pvale.  mrum.  ckiale.  und  dass  lat.  /'  im  Drum, 
sich  anlautend  behauptet,  während  es  im  Mrum.  in  h  über- 
geht, z.  B.  lat.  ferrum  =  drum,  fern,  mrum.  heru:  vgl. 
RÖSLER  a.  a.  ().  p.  137.  Namentlich  aber  ist  hervorzuheben, 
dass  im  Mac- Rum.  das  parasitische  j  tiefgreifende  Laut- 
wirkungen ausgeübt  und  wesentlich  dazu  beigetragen  hat,  die 
Lautgestaltung  vieler  mrum.  Worte  von  derjenigen  der  ent- 
sprechenden daco-rumänischen  in  scheinbar  seltsamster  Weise 
zu  entfernen  ,  man  vgl.  z.  B.  drum,  lumint^  (=  lat.  luinen  = 
h'ime  mit  dem  Suffix  -inq)  mit  mrum.  lunin^  (aus  lunjint^. 
himnjinq^  lumjm(>  oder  drum.  vin\%i\  mit  mrum.  jin  (aus  rjin 
oder  drum,  hine  =  lat.  he))e  mit  mrum.  c^'vic  (aus  djine,  hdjine. 


Das  Rumänische.  S03 

bjine).     Vgl.    Miklosku.    Denkschv.    d.    Wiener    Akad.     der 
Wissensch.   Philos.-hist.   Cl.   IUI.   \V1  (ISS2;.  p.   273. 

Litteratu  rangaben;  Ilauptquelle  für  die  Kenntniss  des  Istro- 
Rum.  sind  die  wenigen  von  Miklüsicii  u.  Ive  in  des  ersteren  »Runuini- 
schen  Untersuchungen"  Denkschr.  d.  "Wiener  Akad.  d.  Wiss.  Philos.-hist. 
Cl.  Bd.  32  [1SS2];  veröft'entlichten  Sprachdenkmäler  Uebersetzung  des 
Vaterunsers,  des  Ave  Maria,  des  Dekalogs,  des  Credo,  des  Salve  Re- 
gina; Phrasen  u.  Sprüchwörter)  sowie  die  ebenda  p.  16  genannten,  bzw. 
gegebenen  Wortverzeichnisse  u.  die  ebenda  p.  53  ff.  von  G.\UTXER  ge- 
sammelten »Materialien  zum  Studium  des  Rumän.  in  Istrien«  —  Haupt- 
quellen für  die  Kenntniss  des  Macedo-Rum.  sind:  1.  Die  sog.  nouiioriBiQic. 
des Cavalliotis  ' Ey£Ti>,aiy,  aipo  d.i.  1770;  den  vollständigen  ellenlangen  Titel 
sehe  man  bei  Miklosich  p.  190.  Das  Buch  enthält  oder  vielmehr  ent- 
hielt —  denn  es  ist  völlig  verschollen  —  unter  anderem  ein  ziemlich  um- 
fangreiches Wortregister  fgriechisch,  rumänisch  u.  albanisch,  die  beiden 
letzteren  Sprachen  in  griechischer  Transscription  ,  welches  bei  Thuxm.\xx, 
Untersuchungen  über  die  Geschichte  der  östl.  europäischen  Völker  Leipzig 
1774  ,  Theil  I  ISl  ff.,  wiederabgedruckt  u.  von  Miklosich  p.  196  ff.  in 
alphabetischer  Ordnung  u.  mit  wissenschaftlichem  Apparate  herausgegeben 
worden  ist.  2.  Die  sog.  Eliayuiyiy.r  ÖK^aay.uXia.  n£oti-/BX(ci  .tehxoi'  tbtoÜ- 
y).(t}aaoi'  rwr  TBaaÜQUjy  xoivüiv  Siu'liy.ttai'  7;rot  t^j-  ccn).r,;  ooiufäxr;; ,  xr;; 
ey  Moiaict  ß).a)(ix7^s.  rr^s  ßovXyceoixr,^  xai  xrjs  itXßnyixr;;.  Zvvxb&bIocc  etc. 
naqa  xov  etc.  Acivir;),  xov  ix  MoayonöX.Büis  'die  erste  Ausg.  erschien  an- 
geblich zu  Moschopolis,  wahrscheinlich  aber  zu  Venedig  u.  vermuthlich 
zwischen  1760  u.  1770.  aus  ihr  druckte  Leake  ,  Researches  in  Greece, 
London  1S14,  das  AVortverzeichniss  vollständig  ab;  die  2.  Ausg.,  welche 
dem  Abdrucke  bei  Miklosich,  p.  229  ff.,  zu  Grunde  liegt,  ist  ausserordent- 
lich selten,  ein  Exemplar  befindet  sich  in  der  Kaiserl.  Hofbibl.  zu  Wien  . 
Das  Hauptwerk  über  das  Istro-  u.  das  Macedo-Rum.  sind  die  schon 
genannten  in  Inhalt  u.  Anlage  höchst  werthvollen  Rumun.  Untersuchungen 
Miklosich's  1] ,  in  welche  auch  die  einschlägigen  Sammlungen  von  M.\l0- 
BESCr  Itinerar  in  Istria  si  vocabular  istriano-roman.  Jassi  1S74  .  Ive  u. 
Gärtner  aufgenommen  worden  sind. 

Von  sonstigen  Schriften  seien  genannt:  Ros.\.  Tiyyr;  x?;;  oojuaytxi; 
uyayytoaBüJs  ue  laxiyixh  yoäuuccxu.  Ofen  18u9  enthält  von  S.  39  bis  56 
mrum.  Texte)  —  Lucas  XV  11  bis  32  macedo-rum.  herausg.  von  Bojadschi, 
in:  Wiener  Jahrb.  Bd.  46  1829;,  101  —  Iliescu,  L'Escriveta  traduite  en 
dialecte  macedo-roumain  (La  delivrance  de  Dince  des  mains  des  Turcs. 
Traduit  de  la  langue  provencale  .  Mumpellie  1882  —  Album  macedo-romanü, 
sub  directiunea  lui  V.-A.  Urechia  Buc.  1880  (eine  Angabe  des  interessanten 
u.  wichtigen  Inhalts  findet  man  in  der  Bibliogr.  der  Ztschr.  f.  rom.  Phil. 
1880,  Xo.  S65,  —  Mostre  de  dialectul  macedo-romanu  de  Vangeliu  Petrescu 
(Crusovean .  Parteal:  Basmul  cu  Fet-frumosu.  Buc.  1S*^1.  Parteall:  Basme 


1    Vgl.  dazu  auch    den   Anhang  zu   M.'s   Abhandlung  über   die   slav. 
Elemente  im  Rum.  in  den  Denkschriften  der  Wiener  Akad.  Bd.  XI. 

51* 


gQ4  Bas  Rumänische. 

si  poesii  populäre  culese  si  traduse.  Buc.  1&S2  —  BojaDschi,  Romanische 
od.  macedo-wlachische  Sprachlehre.  Wien  1813  —  Massimu,  Rapeda  idea 
de  grameteca  macedonorumanesea.  Buc.  1S62  —  E.  PicoT,  Les  Roumains 
de  la  Macedoine  Paris  1875,  und:  Documents  pour  servir  ä  l'ctude  des 
dialectes  roumains,  in:  Rev.  de  ling.  et  de  philol.  comparee  V  :<,  vgl.  Rom. 
III  124  (werthvolle  Schrift,  bezieht  sich  vorwiegend  auf  das  Rumän.  im 
Banat .  —  Caragiani,  Romänii  din  Macedonia  §i  poesia  lor  populara,  in: 
Convorbiri  literare.  Annul  2  ;1S69;,  335  —  G.  AscoLl,  Studj  critici  Bd.  I 
Görz  1861  enthält  einen  Abschnitt  üb.  die  Rumänen  Istriens;  —  P.  Hux- 
FALVY,  A  Rumun  nyelv,  Budapest  ISTS,  aus  Bd.  14  der  Schriften  der 
magyarischen  Akademie  (enthält  eine  »genauere  Untersuchung  des  Macedo- 
rum.  u.  Dacorum.  u. ,  seltner,  des  Istrischen  mit  Rücksicht  auf  das  Ita- 
lienische. Von  p.  106  bis  121  eine  Liste  magyarischer  "Wörter.  Interessant 
ist  p.  109  bis  111  die  Bemerkung  über  »Filma«  gegen  Hasdeu.  Der  Verf. 
leitet  es  vom  Magyarischen  ab,  vgl.  Cihac  II  p.  XV  A.  4.«  Bibliogr.  d. 
Ztschr.  f.  rom.  Phil.  1878,  No.  538  —  P.  Ha.sdeu,  Dialectologia,  in:  Col. 
lui  Tra^anu,  April  1877  (enthält  einen  Text  in  einem  siebenbürgischen  Dia- 
lect  von  1818  . 

Mancherlei  Material  für   die   rumänische  Dialektkunde   enthalten  Ko- 
pit.\R's  Kleinere  Schriften,  herausg.  v.  Miklo.sich.  AVien  1875. 

[Da  für  das  erfolgreiche  wissenschaftliche  Studium  des  Rumän.  eine 
wenigstens  gewisse  Vertrautheit  mit  dessen  Nachbarsprachen  —  es  sind  dies, 
abgesehen  vom  Deutschen,  Albanesisch,  Slavisch  (Bulgarisch,  Serbisch,  Rus- 
sisch ,  Neugriechisch,  Magyarisch,  Türkisch  —  erforderlich  ist,  so  seien  hier 
einige  Hülfsmittel  für  deren  Studium  genannt:  1.  Albanesisch.  Kopitak, 
Abhandlung  üb.  die  alban. ,  walach.  u.  bulgar.  Spr. ,  in :  Wiener  Jahrb.  f. 
Lit.  Bd.  46  (1829).  J.  Xylander,  Die  Spr.  der  Albanesen  oder  Schkipe- 
taren.  Frankfurt  a/M.  1835.  Hahn,  Albanes.  Studien.  Wien  1853.  'Bopr, 
Das  Albanesische  in  seinen  verwandtschaftl.  Beziehungen.  Berlin  1855. 
Cam.\rda  ,  Saggio  di  grammatologia  comparata  sulla  lingua  albanese.  Li- 
vorno  1864.  *Miklo8ICh,  Albanesische  Forschungen,  in:  Denkschr.  d. 
Wiener  Akad.  d.  Wiss.  Philos.-hist.  Cl.  Bd.  19  u.  20,  vgl.  dazu  H.  ScHV- 
CHARDT,  Albanisches  u.  Romanisches,  in :  Ztschr.  f.  vergl.  Sprachforschung 
XX  241.  Dozox,  Manuel  de  la  langue  chkipe  ou  albanaise  Paris  1878. 
KfPlTORIS,  Jimqißri  neql  ir;s  nnq  ^iXßayol^  avioirv^Uti  xov  tqitov  nqog- 
wnov  xfixil  xr^f  Sit'cXExxov  x(öv  iy  '^P.Afttft  ' AXßuyöJv ,  luuXiaxa  ji;y  tw»' 
'  Y^Qcciwy,  in:  ' E(pt;uEQif  xöjy  (pt).oft((9(Ly  (Athen;,  24.  3.  1879,  und:  MtXtrr; 
laroQtxi;  xai  (ftXo'/.oyixi;  tieqI  xr;^  yXwaatjg  x«t  xov  'id^yot^  xtjjy  ' AXßfcyüiy, 
n:  To  avyyQKii/ufc  BvQiüyo;  1879,  4  «'  bis  /.  *U.  Jarxik.  Zur  alban. 
Sprachkunde.  Leipzig  1881.  *G.  Meveu,  Sprache  u.  Literatur  der  Albanesen, 
in:  Studien  u.  Essays  zur  Sprachgeschichte  u.  Volkskunde,  Berlin  1S85, 
p.  49  ff.  (eine  auch  für  den  Laien  höchst  interessante  u.  dabei  auf  gründ- 
lichster Forschung  beruhende  Abhandlung;  gleiches  Lob  lässt  sich  auch 
bezüglich  der  übrigen  in  dem  genannten  Buche  enthaltenen  Essays  aus- 
sprechen; auch  der  Nichtjjhilolog,  wenn  er  sich  nur  für  sprachliche  u. 
litterarische  Dinge  interessirt ,  dürfte  kaum  eine  anziehendere  Leetüre 
finden  können,  als  diese  schöne  Studiensammlung  des  tretflichen  Gelehrten. 


Das  Rumänische.  §05 

Hoflentlich  wird  M.  bald  eine  ulbanesische  Gntmmatik  erscheinen  lassen), 
2.  Slavisch.  «  Allgemeines.  Das  Hauptwerk  über  slav.  .Sprachkunde 
ist  *Miklosich's  hochbedeutende  »Vergleichende  Gramm,  der  slav.  Spr.« 
AVien  ISGS,  79,  4  Bde.,  ein  Werk,  das  für  die  slavische  Philologie  dieselbe 
Bedeutung  besitzt,  wie  DiEZ'  Gramm,  für  die  romanische.  Viel  Material 
findet  man  auch  in  Schafarik's  Slav.  Alterthümcrn.  in  deutscher  Uebers. 
von  H.  Wi'TTKE.  Leipzig  1S31.  Eine  treft'liche  allgemein  slavische  leider 
nur  das  Russische  nicht  berücksichtigende  Litteraturgeschichte  ist:  A. 
H.  PypiN  und  W.  D.  Spasovic,  Istorija  slavjanskich  literatur.  Peters- 
burg 1S79'S1  deutsche  Uebers.  von  T.  Pech.  Leipzig  187i>/8:<,  ."{  Bde.). 
Eine  über  alle  neueren  Erscheinungen  berichtende,  auch  auf  german.  u. 
roman.  Philologie  Rücksicht  nehmende,  in  jeder  Beziehung  ausgezeichnet 
redigirte  Zeitschrift  ist  das  »Archiv  f.  slav.  Philologie,  unter  Mitwirkung 
von  A.  Leskiex,  Nehring  u.  A.  herausg.  von  V.  Jagic.»  Berlin,  seit 
1S75.  ß  Alt-  oder  Kirchenslavisch.  A.  Schleicher,  Formenlehre 
der  kirchenslav.  Spr.  Bonn  lb52.  ^A.  Leskien,  Handbuch  der  altbulgar. 
.altkirchenslav.  Spr.  Grammatik,  Texte,  Glossar.  AVeimar  1871  (eine  2.  Ausg. 
unter  der  Presse  .  Miklosich,  Lexicon  palueosloveuico-graeco-lat.  "Wien 
1862/65.  Wer  sich  über  die  lebenden  slav.  Sprachen  kurz  orientiren  u.  practi- 
tische  Vorkenntnisse  in  denselben  erwerben  will,  brauche  das  freilich  eben  nur 
für  practische  u.  nicht  im  Mindesten  für  wissenschaftl.  Zwecke  berechnete, 
Buch  von  A.  Fröhlich,  Kurz  gefasste,  tabellarisch  bearbeitete  Anleitung  zur 
ßchnellen  Erlernung  der  vier  slav.  Hauptspr.  2  Aufl.  Wien  1872.  y  Bul- 
garisch. Zankoff,  Gramm,  d.  bulg.  Spr.  Wien  18-52.  J.  N.  Momcilov, 
Gramm,  d.  neubulg.  Spr.  4  Ausg.  TirnoMo  1881  (bulgarisch  abgefasst).  Ra- 
KOVSKIJ,  Schlüssel  der  bulg.  Spr.  Odessa  1880.  Bogoroff,  Dictionuaire 
bulgare-frcs.  Wien  1871.  Bulg.-deutsches  u,  deutsch-bulg.  Wörterb.  Sofia 
1882,  2  Thle.  &j  Serbisch.  Danicic,  Formenl.  d.  serb.  Spr.  Belgrad  18t.>3. 
Vymazal,  Serb.  Gramm.  Brunn  186;i.  Popovic,  Dtsch.-serb.  u.  serb.-dtsehes 
Wörterb.  Pancsova  1S79  81,  und:  Türkische  u.  andere  oriental.  Wörter  in  der 
serb.  Spr.  Belgrad  1884.  *Karadschitsch,  Lexicon  serbico-german.-lat. 
AVien  1852  (von  demselben  ein  dtsch.-serb.  AA'örterb.  Wien  1877  u.  Prim- 
jeri  sprsko-slavenskoga  jezika  [altserb.  Chrestomathie].  AA^ien  1857.  Danicic, 
AA'^örterb.  d.  altserb.  Spr.  Belgrad  1864,  3  Bde.  e)  Russisch.  Buslajeff, 
Histor.  Gramm,  der  russ.  Spr.  4.  Ausg.  Moskau  1875  (von  demselben: 
Chrestomathie  d.  altruss.  Literatur  u.  A'olkspoesie  [Russkaja  christomatija. 
Pamjatnici  drevne-russkoj  literat.  i  narodnoj  slovenosti]  3  Ausg.  Moskau 
1881.  Die  Zahl  der  russ.  Grammatiken  ist  sehr  beträchtlich,  leider  aber 
ist  keine  wirklich  gute  u.  empfehlenswerthe  darunter;  die  verhältnissmässig 
beste  ist  immer  noch  die  des  alten  Tappe  (6  Ausg.  Petersburg  ]82(>,  auch 
in  Dresden  u.  Leipzig  b.  Arnold),  mit  der  auch  ein  nützliches  Uebungsbuch 
verbunden  ist;  da  das  Russische  grammatische  Aenderungeu  in  neuerer 
Zeit  nicht  erlitten  hat,  so  ist  T.'s  Buch  immer  noch  brauchbar,  nur  muss 
man  nicht  gerade  Aussprache  u.  Conversation  daraus  lernen  wollen.  BoL*?/ 
Lehrgang  der  russ,  Spr.,  Berlin  1871,  ist  ein  wunderliches  Buch:  wer  sich 
damit  zu  befreunden  vermag,  kann  praktisch  etwas  Tüchtiges  lernen,  nur 
hüte   er  sich,    von   B.'s   .sprachvergleichenden  u.   etymologischen  Excursen 


§Qß  Das  Rumänische. 

etwas  zu  glauben.  Das  beste  russisch-deutsche  u.  deutsch-russ.  Hand- 
wörterb.  ist  das  von  Fkey,  Leipzig  ohne  J.  'Vorwort  datirt  1S71  in  2  Bden. 
herausgegeben.  Zur  Lecture  können  Anfängern  die  in  der  "Collection 
Manassewitsch«  {Leipzig  in  Voss'  Sortiment)  erschienenen,  durchweg  accen- 
tuirten  Texte  classischer  Werke  empfohlen  werden.  Eine  ähnliche  Samm- 
lung faber  mit  nicht  accentuirten  Texten)  erscheint  unter  dem  Titel 
Russkaja  Biblioteka  bei  Gerhard  in  Leipzig,  sie  enthält,  was  ja  sehr 
willkommen,  unter  Anderem  eine  Anzahl  TurgenjefFscher  Romane.  Bei 
dieser  Gelegenheit  werde  bemerkt,  dass  in  Anbetracht  der  immer  zu- 
nehmenden Bedeutung  der  russ.  Litteratur  und  bei  der  immer  wachsenden 
Anzahl  gediegener  wissenschaftlicher  Werke,  welche  in  russischer  Sprache 
erscheinen  (man  denke  z.  B.  an  Weseloffskt's  Moliere-Studien) ,  die 
Kenntniss  des  Russischen,  bzw.  die  Fähigkeit,  ein  russ.  Buch  ohne  sonder- 
liche Mühe  zu  lesen,  auch  den  romanischen  Philologen  immer  wünschens- 
werther,  ja  mit  der  Zeit  geradezu  nothwendig  werden  wird.  Dazu  kommt, 
dass  das  Russische  sprachlich  interessant  ist  und  vollste  Gelegenheit  zu 
lehrreichen  Beobachtungen  und  Vergleichungen  darbietet.  Die  Erlernung 
des  Russischen  ist  demnach  jedem  Philologen  anzurathen,  der,  ohne  des- 
halb sein  Hauptstudium  zu  vernachlässigen,  Kraft  und  Zeit  für  eine  solche 
Arbeit  zu  erübrigen  weiss.  Die  Schwierigkeiten  des  Russischen  sind  keines- 
wegs so  gross,  als  man  gewöhnlich  glaubt,  nur  allerdings  Aussprache  und 
Accentuation  kann  man  nur  durch  mündlichen  Unterricht  und  lange  Uebung 
erlernen ;  wer  aber  lediglich  nach  Erwerbung  der  Lesefertigkeit  strebt, 
wird  auf  autodidaktischem  Wege  sein  Ziel  ganz  gut  erreichen,  falls  er  nur 
einige  Mühe  anwendet.  Man  kann  ungefähr  so  verfahren :  man  lerne  zu- 
nächst ganz  empirisch  das  AUernothw endigste  aus  der  Formenlehre,  wozu 
selbst  ein  Büchlein,  wie  das  in  Goldschmidt's  Sammlung  praktischer  Sprach- 
führer für  Reisende  (Berlin)  erschienene  kleine  Handbuch  der  russischen 
Sprache  übrigens  besser  gearbeitet,  als  derartige  Bücher  es  in  der  Regel 
sind),  genügen  kann  und  lese  sodann  mit  Zuhülfenahme  einer  deutschen 
Üebersetzung,  aber  zugleich  mit  sorgfältiger  Benutzung  des  Lexikons  eine 
leichtere  russische  Novelle,  etwa  Puschkin's  Kapitanskaja  dotschka  (in  der 
Collection  Manassewitsch'  oder  Turgenjefl's  Njestschastnaja  (in  der  Coli. 
Manass. ,  auch  in  Gerhards  Russkaja  Bibl.)  oder  Klara  Militsch  (in  bei- 
den Samml.; ;  das  wird  anfangs  schwer  genug  gehen ,  aber  bei  ernstem 
Willen  wird  man  sich  doch  verhältnissmassig  rasch  einlesen.  Ist  dies  ge- 
lungen, so  setze  man  ja  die  Lecture  mindestens  noch  einige  Zeit  fort  (denn 
sonst  dürfte  binnen  wenigen  "\^'ochen  Alles  dem  Gedächtnisse  Avieder  ent- 
schwunden sein)  und,  wenn  irgend  möglich,  arbeite  man  nun  eine  grössere 
Grammatik  mit  Uebungsbuch  methodisch  durch.  Wer  aber  mehr  als  Lese- 
fertigkeit erreichen  und  namentlich  eine  tiefere  wissenschaftliche  Einsicht 
in  den  Bau  des  Russischen  erlangen  will,  für  den  ist  die  Erlernung  des 
sog.  Kirchenslavischen  Altbulgarischen'  unbedingtes  Erforderniss ,  wofür 
ja  in  Leskien's  oben  genanntem  Handbuch  ein  ebenso  wissenschaftlich 
gediegenes  als  praktisch  brauchbares  Hülfsmittel  vorhanden  ist.  —  3.  Neu- 
griechisch. *MlLLACU,  Gramm,  der  griech.  Vulgarsprache  in  histor. 
Entwickelung.     Berlin   1850.     FoY,    Lautsystem  der  griech.  Vulgarsprache. 


Das  Rumänische.  8(17 

Lpzg.  1879.  Defkneu,  Neogräca.  in:  C'virtius  Studien  IV  233,  und:  Arcliiv 
f.  mittel-  und  neugriech.  Philologie  Athen,  seit  18S0.  Vlaciiü«,  Neugrieeh. 
Gramm.  2.  Ausg.  Lpzg.  Ikoekhaus'  lbiS2  ,ist  insofern  empfehlenswerth, 
als  sie  die  wirklich  gesprochene  Sprache ,  nicht  die  auf  gelehrtem  Wege 
dem  Altgriech.  künstlich  nahe  gebrachte  Schriftsprache  berücksichtigt .  1). 
Sandeks,  Neugrieeh.  Gramm.  Leipzig  1881  (für  die  erste  Orientierung  recht 
nützlich,  aber  mit  einiger  Vorsicht  zu  brauchen,  weil  nicht  immer  ganz  zu- 
verlässig und  dem  lebendigen  Sprachgebrauche  nicht  genug  Rechnung 
tragend'.  'Dei-i-xek,  Zakonische  Gramm.  Berlin  1881.  "MlKLOSICll,  IJie 
slav.  Elemente  im  Neugriechischen.  Wien  1870  —  4.  Magyarisch.  Zur 
ersten  Orientirung  ganz  brauchbar:  Büocu-Akkossy,  Tud  ön  mag}'arul? 
Handbuch  der  ungarischen  und  deutsehen  Umgangssprache,  I>pzg.  1856, 
ebenso  Samaiuay  ,  Prakt.  Anleitung  zur  schnellen  und  leichten  Erler- 
nung der  ungarischen  Spr.  nach  Ahn's  Methode.  Pest  (bei  W.  Laui'FER),  in 
immer  neuen  Auflagen  erscheinend.  M.  Ballagi,  Ausführliche  Theoret.- 
prakt.  Gramm,  der  ungarischen  Spr.  f.  Deutsche  etc.  Pest  Heckenast),  in 
mehrfachen  Auflagen  während  der  letzten  Jahrzehnte  erschienen;  von  dem- 
selben :  Neues  vollständiges  Taschenwörterbuch  der  ungar.  und  deutschen 
Spr.  Pest  (Geibel),  ebenfalls  in  mehreren  Auflagen  erschienen.  Das  Studium 
des  Magyarischen  (ebenso  wie  das  des  Türkischen)  ist  besonders  denen  zu 
empfehlen,  welche  Einsicht  in  den  eigenartigen  Bau  einer  agglutinirenden 
ural-altaischen  Sprache  erlangen  wollen.  —  5.  Türkisch.  Für  die  erste 
Orientierung  ganz  brauchbar :  Fink  ,  Türkischer  Dragoman.  Grammatik, 
Phrasensammlung  und  AVörterbuch  der  türk.  Spr.  Leipzig  iBrockhaus)  1S72 
in  diesem  Leitfaden  ist,  was  das  Lernen  wesentlich  erleichtei't,  statt  des 
arabischen  das  lateinische  Alphabet  gebraucht  worden),  ebenso  ist  für  den 
gedachten  Zweck  nützlich  Heintze,  Türk.  Sprachführer.  Lpzg.  1882.  F. 
Dieterici,  Chrestomathie  ottomane,  jjrecedee  de  tableaux  grammaticaux 
et  suivie  d'un  glossaire  turc-frcs.  Berlin  1854.  J.  Goldexthal,  Ausführ- 
liches Lehrbuch  der  türk.  Spr.  Wien  1865.  A.  A\'ahrmund,  Pract.  Hand- 
buch der  osmanisch-türk.  Spr.  Giessen  1869.  Zexker,  Dictionnaire  turc- 
arabe-persan.  Leipzig  1866/76.  Die  grösste  Schwierigkeit  in  der  Erlernung 
des  Türkischen  bildet  die  für  die  Sprache  ganz  ungeeignete  arabische  Schrift 
und  die  Fülle  arabischer  und  persischer  Fremdworte ;  der  grammatische  Bau 
der  Sprache  ist  von  vollendeter  Klarheit  und  Regelmässigkeit,  ihn  kennen 
zu  lernen,  ist  hoch  interessant]. 

§  5.  Bemerkungen  über  die  Laute  des  Kuraä- 
nischen.  ij 

1.  »Die  rumän.  Sprache  besitzt  sieben  Vocale ;  «,  e,  i,  o, 
u.  a,  i.  Von  diesen  wird  einer  bei  gleichmässig  erweitertem 
Mundkanal  hervorgebracht :  a,  während  zur  Bildung  der  übrigen 


l!  Den  Lautstand  des  Rumänischen  glaubte  ich  am  besten  mit  TiK- 
TIn's  Worten  schildern  zu  können  und  habe  ich  daher  die  betr.  Stellen 
aus  seinem  schon  §  3  No.  3  genannten  Werke  ausgehoben. 


g08  Däs  Rumänische. 

die  Herstellung  einer  Enge  nothwendig  ist  und  zwar  zwischen 
den  Lippen  bei  o,  u  (Labiale  ,  zwischen  Zunge  und  hartem 
Gaumen  bei  e,  «•  (Palatale) ,  zwischen  Zunge  und  weichem 
Gaumen  (Gaumensegel)  bei  ä,  1  (Gutturale  .  o  und  w,  e  und  /, 
a  und  i  unterscheiden  sich  durch  die  Intensität  der  Articu- 
lation  der  die  Enge  bildenden  Organe,  welche  bei  o.  e.  a  ge- 
ringer, bei  u,  e,  i  grösser  ist.  In  den  Mundarten  kommen 
noch  e,  o,  d.  i.  breites  e,  o.  wie  in  frz.  ßer,  mort  hinzu.  Das 
Verhältniss  der  rum.  Vocale  zu  einander  veranschaulicht  fol- 
gendes Schema: 

i  u 

e  0 

(?)     (?) 
a 

^  (    guttural. 

Die  Vocale  o.  u,  e,  i  werden  theils  plenison .  d.  i.  als 
volle,  sylbenbildende  Vocale,  theils  seniison,  d.  i.  so  kurz  ge- 
sprochen, dass  sie  keine  Sylbe  zu  bilden  vermögen.  Das  ortho- 
graphische Zeichen  der  Semisonität  ist  -.  das  der  Plenisonität. 
die  jedoch  nur  ausnahmsweise  bezeichnet  wird,  -  :  hoü  Ochs, 
höü  pop.  für  höul  der  Ochs.  Die  Semisonen  o.  e  erscheinen 
lediglich  in  den  Diphthongen  oa.  oa  und  ea  :  foärte^  zioä,  häc, 
während  ^  und  ü  nicht  nur  in  der  Nachbarschaft  fast  aller 
plenisonen  Vocale  auftreten:  ?ffr,  maica ,  stSdüa,  copoäuca  u. 
s.  w. ,  sondern  auch  im  Auslaut  [ü  jedoch  nur  mundartlich) 
stehen  können:  mau^  orhi.  dial.  öiyiü,  locü  für  6m,  Joe  u.  s.  w. 
In  der  nur  im  Auslaute  vorkommenden  Verbindung  7<7  ist  u 
fast  allgemein  verstummt :  cerui,  öcJnn  u.  s.  w.  Ein  zwischen 
zwei  Plenisonen  befindlicher  semisoner  Vocal  gehört  zur  folgen- 
den Sylbe:  hä-ia^fu-^i6r^  rä-nil.  zi-ou^  zi-üa,  nicht  h(u-a  u.  s.  w. 
Zur  Bezeichnung  des  Accents  dient  bei  a,  e.  i,  o.  u  im  An- 
und  Inlaut  der  Acut,  im  Auslaut  der  Gravis:  dpa.  petec,  acolö. 
vazü  u.  s.  w.  ;  für  betontes  d,  1  wird  d.  i  gesetzt:  plecd.  mlnm. 
(TiKTiN,   Studien  zur  rumän.  Philologie.  [Leipzig  1884],  p.  4  f.). 

2.  »Die  Consonanten  der  rumän.  Sprache  sind:  Liquidae' 
r,  1:  Explosivae  :  tonlose;^,  t.  c  [==  k),  tönende  b.  </.  g  =  frz. 
(/  in  gant)  ;  Spiranten:  tonlose  /'.  s  (=  deutsch  ß) .  *  = 
deutsches  seh),  h    (^  deutsch  ch  in  »aclv/i,  tönende  v.  z  (=  frz. 


Das  Kumiinisclie.  809 

z),  j  (=  frz.  jl ;  Nasale:  m.  n.  )i  (=  u  in  «Junker«).«  (Tiktin, 
a.  a.  O.  p.  5).  »Von  inouillirtcn  Lauten  hes^itzt  die  Schrift- 
sprache nur  die  Combinationen  /■.  d.  i.  mouillirtes  ts,  und  «/, 
d.  i.  mouillirtes  dj.  In  den  Mundarten  dagegen  kommen  fast 
siimmtliche  Mouillirungen  der  Liquiden,  Dental-Palatalen  und 
Gutturalen  vor:  ry.  hj:  ty.  dy^  sij,  jy.  ny\  chy  (mouillirtes/?), 
ghy  (mouillirtes  g  vor  d  ,  hy  [=  deutsches  ch  in  »ich") ,  y 
(=  deutsches  j,  engliches  y  in  you\  wy.«  (Tiktin,  a.  a.  O. 
p.   5  V. 

3.  Für  den  rum.  Vocalismus  ist  vor  Allem  charakteristisch 
das  Vorhandensein  zweier  Vocale,  Avelche  als  dumpfe  oder  un- 
vollkommen gebildete  oder  unbestimmte  bezeichnet  werden 
können,  d  und  /,  ersteres  etwa  dem  frz.  dumpfen  e  in  henet 
entsprechend,  letzteres  ein  kaum  definirbarer  Laut,  welcher 
am  ehesten  noch  mit  dem  russ.  ti  verglichen  werden  kann, 
aber  auch  mit  dem  i  in  englisch  sh'  verglichen  worden  ist  (s. 
MiKLOSiCH,  Bd.  9S,  p.  523  [die  Erklärung  des  Citates  ergiebt 
sich  aus  den  Litteraturangaben]).  Jeder  lat.  tieftonige  oder 
zwar  hochtonige,  aber  kurze  Vocal  kann  in  ä  übergehen  (wes- 
halb auch  in  der  Schrift  a  häufig  durch  den  betr.  lat.  Vocal 
mit  übergesetztem  diakritischen  Zeichen  ausgedrückt  wird,  z.  B. 
gälmä  =  gallina.  frängo  =frango,  weitere  Beispiele  s.  unten. 
Nach  MiKLOSiCH ,  a.  a.  p.  525  ist  die  Entstehung  des  d 
auf  illyrischen  Einfluss  zurückzuführen .  »dafür  spricht  das 
heutige  Albanisch,  das  der  Nachfolger  des  Illyrischen  ist.«  Der 
Laut  t  ist  erst  innerhalb  des  Rum.  selbst  aus  ä  entstanden, 
vorzüglich  durch  den  Einfluss  eines  folgenden  7*  oder  n. 

Im  Einzelnen  sei  über  die  Vocale  auf  Grund  der  Dar- 
stellung MiKLOSiCH 's  1)  Folgendes  bemerkt: 

I.  Lat.  a  (MiKL.  98,  526),  a)  Tonloses  a  (die  Quantität  ist  gleich- 
gültig) im  In-  und  Auslaute  =  a,  z.  B.  gallina  :  galinii.  ß  ä  in  bestimm- 
ten Formen  =  a,  nämlich  in  der  1.  P.  PI.  Präs.;  in  der  3.  P.  Sg.  und 
1.  P.  PI.  Perf.  der  ^-Verba,   in  einigen  einsj-lbigen  Verbalformen,   im  PI. 


1;  Nicht  allenthalben  bin  ich  mit  Miklosich's  Ausführungen  ein- 
verstanden, noch  -weniger  mit  seiner  Anordnung,  dennoch  schien  es  mir 
den  Zwecken  meines  Buches  am  entsprechendsten,  der  Darstellung  des 
grossen  Romanisten  und  Slavisten  getreu  und  oft  wörtlich  zu  folgen.  Zur 
Polemik  ist  ja  hier  nicht  der  Ort,  und  überdies  widerstrebt  es  mir,  dem 
Manne,  von  welchem  ich  so  Vieles  gelernt  und  den  ich  hoch  verehre, 
selbst  da  zu  widersprechen,  wo  ich  vielleicht  gute  Gründe  dazu  haben 
würde.    Das  »jurare  in  verba  magistri«  freilich  ist  mir  abhold. 


810  l^^s  Rumänische. 

auf -e,  -uri  der  Subst.  fem.  und  in  einigen  Lehnworten,  z.  B.  portämus 
=  portämu^],  adunävit  =■  adund,  signävimus  =  semnum,  dät  =  dd.  y]  a 
vor  complicirtem  7»  oder  n  =■  u,  i ,  z.  B.  frängo  =  mrum.  frdngu,  drum. 
fringu;  so  zuweilen  auch  vor  r,  z.  B.  tardicus  :  tarziic  :  tirziü.  S  an  mit 
folg.  Voe.  =  u,  i,  z.  B.  lana  =  mrum.  iruu7,  drum.  limi.  Abgesehen  von 
diesen  und  einigen  seltneren  Fällen  bleibt  a  erhalten  sowohl  in  lat.  wie 
in  nichtlat.  Worten.  II.  Lat.  e  Mikl.  99,  b].  «)  e  =  e,  z.  B.  cresco  = 
kresk,  vgl.  aber  auch  die  folgenden  Nummern,  ß  e  =  ie  'Je) :  niedius  = 
miez  [mjez).  y)  Tonloses  e  wechselt  mit  tonlosem  i:  *cecereni  =  mrum. 
tseätsire  für  tsedtsere.  cT)  en  =  in :  arena  ^  arina.  e)  4  geht  in  f,  geschrie- 
ben ea ,  über,  wenn  die  folg.  Sylbe  a,  a  oder  e  ff)  bietet:  tela  =  teära. 
0  Nach  ^j,  b,  V,  f,  m,  t,  d,  ts,  dz,  s,  s,  r  verdumpft  ursprüngliches  oder 
aus  i  entstandenes  e  zu  2,  wenn  in  der  Nachsylbe  ein  dunkler  Vocal  folgte 
oder  folgt,  dasselbe  tritt  in  tonlosen  Sylben  ohne  diese  Bedingung  ein: 
pe[n]so  =  'a]2nis,  vid[eo  =  cädu  aber  vides  =  vezt^ ,  peccatum  =  pakät, 
vet[e]ranum  =  batrin.  j;)  -ella  =  eaua  (weil  II  :  u)  :  Stella  =  (stedua  = 
stedo  =)  stea.  ^]  Anlautendem  e  wird  j  vorgeschlagen :  erat  =  jerd ;  ver- 
einzelt geht  anlautendes  e  in  a  über:  egyaTt^s  =  argät.  III.  Lat.  i  'MiKL. 
99,  45).  «)  l  bleibt,  namentlich  t:  castigo  =  kaiiig,  felicem  =  feritse, 
müh  =■  mije,  scrlbo  =  skriu.  ß]  t  =  e  [ea]  :  piscis  ^  peste,  peäste,  eligo 
=  aleg.  y]  Tonloses  i  wechselt  mit  e,  das  in  gutt.  a,  i  übergehen  kann: 
pedica  =  peädi'ka.  ä]  Anlautendes  in  =  an,  ifi ,  das  den  Vocal  einbüssen 
kann:  integer  =  intreg  u.  ntreg.  e]  Nach  r,  dz  [z],  s,  ts,  2,  s  kann  i  in 
fl,  i  übergehen:  7-id[e]o  =  rid.  C)  Vor  p  und  »i,  sowie  nach  s  \i.  z  geht 
i  häufig  in  u  über  und  zwar,  wie  es  scheint,  durch  tV,  tu:  gener  =  zunere 
neben    dzinere.      r^]   Auslautendes    i  wird    stumm,    z.  B.  dintsj]  =  dentes. 

IV.  Lat.  0  (Mikl.  99,  60;.  «;  ö  (Quantität  ist  gleichgültig),  bleibt,  wenn 
nicht  a,  ä,  e  folgt:  locus  ^  lok,  nödus  =  nod.  ßi  Tonloses  0  =  u,  zu- 
weilen a:  occido  =  utsid,  rotundus  =  rätund.  y]  on,  om  =  un,  um,  zu- 
weilen an,  in  :  montem  =  munt,  pulmonem  =  plamina.  <f;  Betontes  o  wird 
offen  gesprochen,  oa,  wenn  in  der  Nachsylbe  a,  u,  e  folgt :  vocem  =  boätse. 
e)  Anlautendes   0   geht  in   einzelnen  Gegenden   in  uo  über :    homo  =  uoin. 

V.  Lat.  u  (Mikl.  100,  229J.  «)  u,  gleichgültig,  ob  lang  oder  kurz,  hoch- 
betont oder  tiefbetont,  erhält  sich  meist:  giila  =  güra,  fümus  =  füin, 
rümigare  =  rumegä,  Urtica  =  urdzika.  ß]  u  wird  zuweilen  o:  auctumnus 
=  tomnu  =  toamnu.  y]  Vereinzelt  wird  n  zu  « ,  i:  computo  =  compat 
neben  cumpet.  J;  Nach  bestimmten  Consonanten  wird  «zu  t:  inclüdo  = 
inklid  =  inkjid  =  inkid.  e)  Auslautendes  tonloses  ti  [o]  beharrt  nach  Vo- 
cal und  nach  muta  cum  liquida,  verstummt  aber  nach  sonstiger  Conso- 
nanz:  grai}[em]  =  greü,  tneu[s^  =  med,  asp[e]rum  =  aspru,  amb[u]lo  = 
umblu,  barbat[um\  =  barbdt,  plango  =  pling,  jedoch  wird  auch  das  ver- 
stummte M  in  Folge  slavischen  Einflusses  noch  geschrieben.  VI.  Lat  au. 
f(  au  beharrt,  doch  kann  dafür  auch  ao  und  für  dieses  wieder  0,  a  ein- 
treten: auriim  =  aiir,  aar,  adaugeo  =  adäug,  adäog.  .i  au  ^  o  [u,  oa' . 
auricula  :  urekie,  cauda  =  kodda.    y    au  =  a :   *aitcupare  =  apukä.    ä    An- 


1)  Für  betontes  7i,  ?  wird  d,  i  gesetzt. 


Das  Kiimiinisclie.  811 

lautendes  au  fällt  öfters  ab:  [ar  uncultis  =  ünkitt.  e]  Im  Makedo-Kuni. 
wird  an  nach  neuprriechiseher  Weise  zu  «r.  af:  atul^io  =  ardu,  laudo  = 
ahhihi.     Vgl.   MiKL.   100,   23'.i. 

Als  ein  eigenthümlicher  Zug  des  runi.  Vocalismus  verdient  noch  die 
Vorliebe  für  prosthetisches  a  bemerkt  zu  werden,  vgl.  z.  B.  rum.  amüre 
mit  lat.  mare,  rum.  avinu  mit  lat.  veuor.  Näheres  bei  MiKLOSicll  98,  544  ft'. 

Endlich  sei  erwähnt,  dass  m  und  //  im  Itumän.  zuweilen  anlautet, 
also  Sylbe  zu  bilden  vermag,  z.  13.  m-hijäre  aus  imhijare  =  inviare,  vgl. 
MiKLOSICH    lOO,    255. 

Vgl.  auch  die  Schlussbemerkung  zu  No.  4. 
4.  Der  rumänische  Cousonantismus  bietet  nicht  soviel 
Eigenartiges  dar.  wie  der  Vocalismiis,  sondern  lässt  nngcfähr 
mit  dem  italienischen  sich  vergleichen ,  ist  aber  freilich  in 
mancher  l^eziehung  doch  wieder  vielgestaltiger  und  weniger 
normal  als  dieser. 

Im  Einzelnen  werde,    wieder  nach  Miklosich,   Folgendes 

bemerkt : 

I.  Lat.  r'j  MiKL.  100,  257;.  «)  r  bleibt  im  Allgemeinen  erhalten 
ß)  Mouillirtes  r  pflegt  entweder  zu  r  oder  zu  j  sich  zu  vereinfachen :  pereo 
=  *p6rjii  =  pier  und  piej ,  *quaerio  =  Uer  und  tsej ,  vgl.  ital.  ckieggio, 
altfrz.  querge  =  'quaeriam.  y)  Vereinzelt  wechselt  r  mit  n  :  serenus  =  sa- 
nin  neben  sarin.  11.  Lat.  /  (MiKL.  100,  264;.  .«)  /  beharrt  im  Allgemeinen. 
ß  Mouillirtes  /  wird  im  Daco-Rum.  zu  j  vereinfacht  :  mulierem,  d.  i.  *mid- 
jere[m]  ^=  mujäre;  Macedo-  und  Istro-Rum.  bewahren  palatales /.  y)  Inter- 
vocal.  l  ^  r  :  *salem  :  sare.  d,  l  zwischen  bet.  Vocal  und  a  =  m  :  catella  = 
katseala  =  katsedua ,  Stella  =  steäua  =  stedo  =  stea.  e)  l  zuweilen  =  n  : 
similis  =  [asemnene.  HI.  Lat.  n  (MiKL.  100,  282).  «)  n  beharrt  im  All- 
gemeinen, ß,  Mouillirtes  n  wird  zu  j  vereinfacht :  vinea  =  vinj'e  =  vtje, 
mrum.  Jine.  y]  n  wechselt  gern  mit  r  :  fenestra  =  feredstra,  [hi\rundineUa 
=  ritidured  neben  rindwied,  monumentum  =  mormmt.  tf)  Vocal  -f-  ;;  öfters 
=  i  :  quantus  =  kit,  granum  =  griü  neben  grhi.  e)  [octo  =  opt],  strinctus  = 
strimptti.  IV.  Lat.  t  (Mikl.  100,  294).  «)  t  beharrt  :  medietatem  =  ziime- 
tate.  ß)  ti  =  tsi  :  suhtilis  =  subtsire;  ebenso  t  =  ts  vor  ie  aus  lat.  tt  :  terra 
tserra.  y)  -tionem  =  tsune  :  rogationein  =  rogatstme.  d,  nt  =  mrum.  nd, 
z.  B.  minduescu  v.  lat.  ment-em.  V.  Lat.  d  (MiKL.  101,  1'.  «  d  erhält 
sich  durchgängig  vor  a,  e,  o,  u,  a,  i  und  den  Cons.  :  domina  =  dodmna. 
ß  di  =  dzi,  drum,  meist  2t  :  di[v]t»a  =  dzina,  drum.  zina.  y,  Verbalsuffix 
-edi  =  mrum.  edzu,  drum,  ezu]  :  *lucredio  für  lucro[r]  =  liikredju  =  hi- 
krez'u]-  .    S,  djtme  =  [cTzune  :  *putredionem  für  putredinem  =  jmtred  zune. 

1  Das  Rumän.  besitzt  neben  dem  gemeinroman.  r-Laut  mundartlich 
auch  mouillirtes  r  u.  ausserdem  einen  »--Laut,  welchen  MiKLOSiCH  dem 
von  Deffner  :Zakon.  Gramm.  86,  SS  f.  beschriebenen  zakonischen  /• 
gleichzusetzen  geneigt  ist. 

2  Sollte  lukrez  nicht  vielmehr  =  *lucresco  anzusetzen  sein?  Aller- 
dings ist  dies  lautlich  kaum  annehmbar,  da  sonst  sc  beharrt,  aber  was 
sonst?  Vgl.  §  T,  No.  V  9. 


812  l^as  Rumänische. 

VI.  Lat.  p  (MiKL.  101.  14,  vgl.  Deukschr.  XXXII  273  .  «  p  beharrt  in 
der  Regel,  ß]  Im  Mrum.  schiebt  sich  zwischen  p  und  i  zunächst  j,  darnach 
(vor^j  t  ein,  worauf  j)  a.hi3i\\.i  :  }}{nics  =  pin  (so  drum.  ,  jjjin,  ptj'iu,  tjin. 
y]  ps  vereinzelt  =  ns  :  ipse  =  *impse,  *tmse,  tiisu.  VII.  Lat.  i  ^MlKL. 
101,  22).  «)  I)  erhält  sich  im  Allgemeinen,  ß)  b  vor  i  im  Mrum.  =  dj  : 
bene,  bine  (so  drum.;,  hjine,  bdjine,  djine,  vgl.  oben  VI,1  y)  Intervocal.  b  =  r, 
welches  häufig  ausfällt  ;  cahallus  =  cav]al  =  cal,  bibutus  =^  bevüt  =  beut. 
Die  bedeutendste  Ausnahme  wird  von  einem  Theile  der  Formen  von  habere 
gebildet,  dj  br  =  vr  =  ur  :  fahrion  =  fdvru  =  fäur.  VIII.  Lat.  r 
(MiKL.  101,  29).  «)  V  erhält  sich  im  Allgemeinen,  ß,  vi  im  Mrum.  =Ji: 
riuum  =  vin,  vjin,  jin,  vgl.  \lß,.  y]  Auslaut  r  =  ?<,  o  :  lavo]  =  lau.  <f 
Intervocal.  v  fällt  aus  :  boves  =  bot.  s]  Anlautendes  v  =  b  :  resica  = 
besika.  f)  Anlaut,  v  häufig  =  x  (geschrieben  h)  :  viola  =  hiöra  neben  viöra, 
*iwlvare  für  volvei'e  =  holbä.  rf)  Iv,  rv  =  Ib,  rb  :  pukerem  =  pülbere, 
corvum  =  corb.  IX.  Lat.  /  (MiKL.  101,  37).  «)  /  erhält  sich  meist  un- 
versehrt, ß,  ß  im  Mrum.  oft  =  /t  :  Jimits  [y.  ßo)  =  yim,  vgl.  VI  ^  .  X. 
Lat.  ?n  (MiKL.  101,  40).  «}  m  erhält  sich  meist  unversehrt,  ß  7«i' im 
Mrum.  oft  =  ni  :  donyxivi  ^  durnii,  vgl.  VI  ,9;,  der  Vorgang  beruht  also 
gleichfalls  auf  Palatalisirung.  XI.  Lat.  k  (MiKL.  101,  4  5)').  «)  A;  bleibt  vor 
Cons.,  a,  o,  u,  ä,  t  :  cap[ut]  =  kap,  coq[u]o  =  kok,  crucem  =  knitse,  frica- 
mus  =  frekäm.  ß)  k  vor  e  und  t  {ae,  oe  =  mrum.  ts,  drum,  ts  :  kervikem 
=  mrum.  tserbitse,  drum,  tserbitse,  q[u]inq  u  e  =  mrum.  tsintsi,  drum. 
tsiiitsi.  y]  kia  kia  etc.  =  tsa,  tse  etc.  :  judikium  =  iüdets ,  socius  =  sots. 
ö,  kl  vor  Vocal  =  klj  =  kj  :  auricula  =  tcrekie ,  clavem  =  kiiiiie,  kiäje. 
c  kt  =  jJ<  :  electus  =  aleptu,  lactuca  =  laptüka.  C  ks  =  2)S  :  koxa  :  koäpsa. 
doch  häufiger  ks  =  s  :  laxare  =  lasä.  XII.  Lat.  qu  (MiKL.  101,  69,.  a]  qua 
=  2}a  in  aqua  =  üpa,  quattuor^pätru,  sonst  wird /?;  y  wie  A  behandelt :  qualis 
=  kare,  quaerere  =  tseure.  XIII.  Lat.  g  (MiKL.  101,  70).  et)  g  bleibt  un- 
verändert vor  a,  0,  u,  ü,  t  und  vor  Cons.:  galhinus  =  gälbiu ,  gula  =  güra, 
granum  =  griu.  ß)  g  vor  e  und  i,  ae  und  oe  =  mrum.  dz,  drum.  dz.  y) 
gn  =^  77in  :  ligmtm  =  le)n?i,  j)ug)ius  =  pum».  d  gua  =  [g]va  =  ba  :  lmgua  = 
limha.  XIV.  Lat  j  immer  =  dz,  in  einzelnen  Gegenden  ::  jocus  =  d'zok 
und  zok,  jugum  =  dziug  (MiKL.  101,  75).  XV.  Lat.  h  MiKL.  101,  76  ist 
meist  verstummt,  nur  mundartlich,  bzw.  in  vereinzelten  (meist  nicht  volks- 
thümlichen)  "Worten  anlautend  als  x  hörbar.  XVI.  Lat.  s  (Mikl.  101,  77). 
«  s  beharrt  vor  allen  Lauten  ausser  vor  t.  ß]  «vor  i=s.  vesica  :=  besika; 
nur  wenn  i"  aus  e  entstanden,  erhält  sich  s.  y,  sti  =  sti:  hostes  =  olti. 
(f    ski  =  sti  :  sein  =  Uiu.     e)  skia  =  la :  fascia  =  fala. 

Auf  die  lleflexe  der  nichtlat.  'slavischen,  neugriechischen 
etc.)  Vücale  und  Consonanten  im  liumän.  einzugehen,  würde 
hier  zu  weit  fuhren;  es  genüge  die  Bemerkung,  dass  auch 
diese  fremden  La\ite    sich  nach  festen  —  zmn  Theil  mit  den 

IjMnvLOsicn's  Excurs  über  die  Palatalisirung  des  k,  den  er  an  dieser 
Stelle  giebt,  hat  allgemeines  Interesse  und  sollte  von  jedem  roman.  Philo- 
losren  gelesen  werden. 


Das  Uuniänischo.  S13 

aiiffesrebenen  identischen  —  Normen  entivickelt  haben.  Ebenso 
kann  hier  auf  die  Entwickehmg  der  Lautgruppen  von 
MiKLOSiCH  102,  l  bis  55  in  classischer  Weise  behandeh)  nicht 
eingegangen  werden. 

5.  Die  Kuniiinen  bedienten  sich  in  Folge  geschichtlicher 
Verhältnisse  bis  über  die  Mitte  dieses  Jahrhunderts  hinaus 
anfangs  ausschliesslich,  später  wenigstens  vorwiegend  des  cyrilli- 
schen, also  eines  slavischen  Alphabetes. 

In  sprachlicher  Beziehung  war  die  Anwendung  der  slavi- 
schen Schrift,  da  dieselbe  über  eine  grössere  Fülle  von  Zeichen, 
als  die  lateinische,  verfügte,  nicht  eben  ein  Nachtheil,  indessen 
war  mit  ihr  der  schwere  Uebelstand  verbunden,  dass  sie  zwischen 
den  Kumänen  und  den  ihnen  stammverwandten  romanischen 
Culturvölkern  Westeuropa's  eine  störende  Scheidewand  bildete, 
deren  Beseitigung  gewiss  berechtigt  war. ')  Die  endlich 
energisch  in  Angriff  genommene  und  jetzt  so  ziemlich  durch- 
geführte Vertauschung  des  cyrillischen  Alphabetes  mit  dem 
lateinischen  war  sonach  gewiss  ein  Culturfortschritt,  ganz  ab- 
gesehen davon,  dass  sie  für  ein  romanisches  Volk  eine  Art 
von  Anstandspllicht  war.  Leider  aber  machten  sich  in  der 
Uebertragunar  der  lateinischen  Schrift  auf  das  Rumänische  die 
verschiedensten ,  nicht  selten  auch  sehr  unklare  Tendenzen 
geltend.  So  entstand  ein  orthographischer  Wirrwar,  ein  Nach- 
einander- und  Nebeneinanderbestehen  verschiedener  mehr  oder 
weniger  unvollkommener  Systeme  '^j .  Von  dem  grossen  Dic- 
tionariu  limbei  romäne   wäre    zu   erwarten    gewesen,    dass    es 


l;  Verschiedenheit  der  Schrift  wirkt  viel  trennender  und  störender  auf 
die  Beziehunojen  der  betr.  Völker  unter  einander  ein,  als  man  gewöhnlich 
glaubt.  Es  Hessen  sich  da  interessante  Beobachtungen  anführen.  Gele- 
gentlich werde  einmal  die  Frage  aufgeworfen,  ob  die  allbekannte  traurige 
Thatsache .  dass  Gymnasiasten ,  welche  einem  nichtphilologischen  Studium 
sich  zuwenden,  hr  Griechisch  auffallend  rasch  zu  vergessen  pflegen,  wäh- 
rend sie  das  Lateinische  leidlich  festhalten,  nicht  zum  Theil  daraus  er- 
klärt werden  kann,  dass  die  griechischen  Schriftbilder  mit  ihren  dünnen, 
feinen  Zügen  in  dem  an  deutsche  oder  lateinische  Schrift  gewöhnten  Ge- 
dächtnisse nicht  lange  zu  haften  vermögen.  Vielleicht  also  wäre  es  päda- 
o;ogisch  empfehlenswerth,  das  Griechische  lateinisch  zu  schreiben.  Jeden- 
falls aber  würden  Xeugriechen  und  Russen,  um  von  den  Türken  gar  nicht 
zu  reden,  sich  selbst  eine  grosse  Culturwohlthat  durch  Annahme  des  latei- 
nischen Alphabetes  erweisen. 

2  Früllo  in  seinem  unten  zu  nennenden  Buche,  p.  224,  hat.  wie 
Graf  in  Kiv.  di  fil.  rom.  II  2:r2  mittheilt,  berechnet,  dass  es.  theoretisch 
wenigstens,  möglich  sei,  das  "Wort  naturaii  auf  33U  verschiedene  Weisen 
zu  schreiben. 


§14  l^^^s  Rumänische. 

endlich  einmal  Ordnung  in  diese  heillos  verfahrene  Sache 
bringen  würde.  Diese  Erwartung  hat  sich  leider  nicht  erfüllt, 
da  die  Verfasser  dieses  Werkes  einem  unpassend  etymologi- 
schen Principe  gehuldigt  haben.  So  ist  denn  die  orthographische 
Frage,  so  brennend  sie  auch  ist,  noch  nicht  gelöst.  Dass 
darunter  wichtige  Interessen  empfindlich  leiden .  ist  selbst- 
verständlich, nicht  am  wenigsten  leidet  darunter  avich  das  In- 
teresse der  rumänischen  Philologie ,  deren  Studium  im  Aus- 
lande weit  eifriger  betrieben  Avürde,  wenn  man  der  verdriess- 
lichen  Mühe  überhoben  wäre ;  eine  besserer  Verwendung 
würdige  Zeitmasse  auf  die  Bewältigung  orthographischen 
Wustes  zu  verwenden  und  sein  Gedächtniss  z.  B.  mit  den 
verschiedenen  Zeichen  für  ä  und  1  zu  belasten ;  dass  man  nach 
slavischer  Sitte  vielfach  fortfährt,  verstummtes  u  im  Auslaut  zu 
schreiben,  ist  mindestens  Papierverschwenduiig. 

Litteraturangaben: ') :  *A.  MisSAFiA,  Zur  runi.  Vocalisation,  in 
den  Sitzungsb.  der  Wiener  Akad.  d.  "VVissensch.  Philos.-hist.  Cl.  Bd.  5S, 
125  —  CD.  Georgian,  Essai  s.  le  vocalisme  roumain,  precede  d'une  etude 
historique  et  critique  s.  le  roumain.  Buc.  1876  (sehr  dilettantisch),  vgl. 
Rom.  VI  147  —  *M.  Gastek,  Zur  rumän.  Lautgeschichte.  Die  Gutturalen, 
in  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  II  355  (auch  Halle  1878  erschienen)  —  A.  Lam- 
BHIOR,  Du  traitement  des  labiales  ^>,  h,  v,  f  dans  le  roumain  populaire, 
in:  Rom.  VI  443.  L'  e  bref  latin  en  roumain,  in:  Rom.  \T)I  S5.  Essai  de 
phonetique  roumaine.  Voyelles  toniques :  A.,  in:  Rom.  IX  99,  36ü  u.  X 
346  —  *F.  MiKLOSiCH,  Beiträge  zur  Lautlehre  der  rumänischen  Dialeete, 
in:  Sitzungsb.  der  Wiener  Akad.  d.  Wissensch.  Philos.-hist.  Cl.  Bd.  98, 
519,  Bd.  99,  1,  Bd.  lüü,  229,  Bd.  IUI,  3  u.  Bd.  102,  1;  auf  p.  55  ff.  des 
letztgenannten  Bandes  werden  Verbesserungen  u.  Zusätze  gegeben  (die 
Abhandlungen  M.'s  geben  nicht  nur  eine  treffliche  u.  ausführliche  Dar- 
stellung der  rumänischen  Lautlehre,  sondern  enthalten  auch  Vieles,  was  für 
die  romanische  Gesammtphilologie  von  Interesse  ist ;  kein  roman.  Philolog, 
mag  er  nun  mit  dem  Rumän.  sich  näher  beschäftigen  oder  nicht,  sollte 
diese  classischen  Arbeiten  ungelesen  lassen,  mindestens  sollte  jeder  einmal 
den  Excurs  über  die  Behandlung  des  lat.  c  im  Roman,  lesen,  Bd.  101,  45)-), 


1)  Sehr  werthvolle  Bemerkungen  über  die  Laute  des  Rumänischen  hat 
gelegentlich  W.  Meyer  in  seiner  Schrift  über  das  Neutrum  und  in  seinen 
verschiedenen  xVbhandlungen  und  Uecensionen  so  luimentl.  Ztschr.  f.  rom. 
Phil.  IX  143  u.  223,  Literaturbl.  f.  germ.  u.  rom.  Phil.  VI  Sp.  298,  ge- 
geben. Sehr  richtig  bemerkt  M.  am  letztgenannten  Orte,  dass  das  Rum. 
»mehr  als  irgend  eine  andere  Sprache  für  die  Erkenntnis«  des  Vulgärlateins 
massgebend  ist,  sofern  es  sicn  nämlich  vor  den  Dialecten  Italiens  durch 
grössere  Alterthümlichkeit  auszeichnet  und  nicht,  wie  das  Lateinische  in 
Gallien,  von  einem  fremden  Idiome  in  seinem  ganzen  Charakter  ist  um- 
gestaltet worden<'. 

2)  Bd.   lol,   49  spriclit  M.  seine  Ansicht   über   den  Ursprung   der  Ru- 


Das  llumänische.  81.') 

—  *H.  TlKTIN,  Studien  zur  rumänischen  Philologie.  1.  Die  Diphthonge  ea 
u.  ia.  IL  Einfluss  von  §  u.  j  auf  benachbarte  Vocale.  Leipzig  1SS4  (aus- 
gezeichnete, methodische  Arbeiten'. 

Zur  Orthographie:  Köuösi,  ürthographiu  latino-valachica.  Klsenb. 
1802 —  *Maiokkscv,  Despre  scrierea  limbei  rum.  Jassi  18G6  —  J.  EuADE, 
Principie  de  orthograi)hiä  romanii.  Buc.  1870  —  '^H.  ScHUCiiAUDT,  De 
Lorthographe  du  roumain.  in:  llom.  II  72  —  Der  Abschnitt  »Ortografia 
cuventeloru«  in  der  Prefatione  des  Dict.  limbei  rom.  (vgl.  darüber  Sciir- 
CHARDT's  eben  genannte  Abhandlung  in  der  Rom.)  —  E.  PicoT,  La  societe 
litteraire  de  Bucarest  et  l'orthographe  de  la  langue  roumaine,  in:  Rev.  de 
ling.  et  de  philol.  comparee  II  78  u.  327,  III  208  —  *G.  L.  Frollo,  O 
noüa  incercare  de  solutiune  a  problemului  ortograficu,  studiu  filologico- 
criticu.  Buc.  1875,  vgL  Bibliographie  der  Ztschr  f.  rom.  Phil.  1875/76, 
No.  833  u.  Riv.  di  fil.  rom.  II  232  —  Ortografia  limbei  romanä.  Regulele 
primite  de  Acad.  rom.  Buc.  1881. 

Wie  schon  aus  vorstehenden  Angaben  hervorgehen  dürfte, 
ist  die  Lautlehre  das  bestangebaute  Gebiet  der  rumän.  Philo- 
logie :  zu  wünschen  wäre,  dass  auch  andere  Gebiete  die  gleiche 
aufmerksame,   eingehende  und  erfolgreiche  Behandlung  fänden. 

§  6.  Bemerkungen  über  den  Wortschatz  des 
Rumänischen. 

1.  Wenn  man  das  grosse  »Dictionariu  limbei  romäne« 
Laurianu's  und  Massimus  durchblättert,  kann  man  zu  dem 
Glauben  verleitet  werden,  dass  das  llumänische  vor  den  andern 
romanischen  Sprachen  sich  auszeichne  durch  die  Fülle  und 
dxirch  die  treue  lautliche  Erhaltung  der  lateinischen  Elemente 
in  seinem  Wortschatze.  Und  doch  würde  dieser  Glaube  den 
ärgsten  Irrthum  in  sich  schliessen.  Das  Dictionariu  giebt 
kein  Bild  von  dem  wirklichen  Wortschatze  der  Sprache,  eben- 
sowenig wie  es  in  Folge  seiner  etymologisirenden  Orthographie 
den  Lautstand  der  Sprache  zum  Ausdruck  bringt.  Ein  grosser 
Theil  der   in   ihm   enthaltenen  Worte  sind  rein  gelehrte,    der 


mänen  aus ;  es  sei  die  Stelle  hier  angeführt :  »Wer  über  den  Ursprung  des 
rumunischen  Volkes  nachdenkt,  wird  durch  Sprache  und  Geschichte  auf 
die  Ostküste  des  adriatischen  Meeres  gewiesen,  wo  die  tapferen  lUyrier 
wohnten  und  wo  heutzutage  ihre  trotzigen  Nachkommen  von  Zeit  zu  Zeit 
die  Aufmerksamkeit  der  Welt  auf  sich  ziehen.  Skipetaren  und  Rumunen 
sind  mit  einander  unzertrennlich  verbunden.  Diese  sind  wesentlich  roma- 
nisirte  IHmer,  jene  sind  lUyrier,  die  sich  vollständiger  Romanisirung  er- 
wehrt haben.  Der  Ursprung  der  rumunischen  Nationalität  fällt  in  jene 
frühe  Zeit ,  wo  des  Römers  Fuss  zum  ersten  Mal  den  Boden  Illyricums 
betrat.  Da  wurde  die  Entnationalisirung  der  Illyrier.  ihre  Romanisirung 
angebahnt.« 


816  Das  Rumänische. 

wirklichen  Sprache  unhekannte  Eildungen,  also  mots  savants 
im  allereigentlichsten  Sinne.  Aber  auch  von  denjenigen  im 
Dict.  angeführten  Worten,  deren  Volksthümlichkeit  anzu- 
erkennen ist,  sind  nicht  alle  lateinischen  Ursprunges,  mögen 
sie  auch  im  Dict.  ein  lateinisches  Gewand  tragen  und  auf  ein 
lat.  Etymon  zurückgeführt  sein,  so  hat  z.  B.  pellire  »abrinden« 
mit  lat.  pelUs  nichts  zu  thun ,  sondern  leitet  sich  aus  dem 
Slavischen  ab  und  ist  hell  zu  schreiben  vgl,  Cin.\c  in  Rom. 
Stud.  IV  466)1). 

In  Wirklichkeit  ist  ein  sehr  beträchtlicher  Procentsatz 
rumänischer  Worte  nichtlateinischen  Ursprunges,  ja  vielleicht 
ist  unter  allen  romanischen  Sprachen  die  rumänische  am  meisten 
durchsetzt  mit  nichtlateinischen  Lehnworten.  Es  ist  dies  die 
durchaus  natürliche  Folge  der  innigen  Beziehungen  zu  nicht- 
romanischen Völkerschaften,  in  welche  die  Rumänen  durch 
den  Verlauf  ihrer  vielbewegten  und  drangsalvollen  Geschichte 
versetzt  Avurden.  Nicht  im  Mindesten  aber  kann  der  gemischte 
Charakter  ihres  Wortschatzes  der  rumänischen  Sprache  zur 
Unehre  oder  auch  nur  zur  Unzierde  gereichen.  Zur  Unehre 
nicht,  weil  er  vom  Volke  nicht  verschuldet,  sondern  diu'ch  die 
Gewalt  der  Verhältnisse  erzeugt  worden  ist;  zur  Unzierde 
nicht,  weil  die  Lehnworte  sich  dem  Lautsystem  der  Sprache 
mehr  oder  weniger  gut  angeglichen  haben.  Der  Versuch,  diese 
Lehnworte  auszumerzen  und  sie  durch  künstlich  geprägte 
Latinismen  zu  ersetzen ,  ist ,  weil  eingegeben  von  Avarmer 
Vaterlandsliebe,  höchst  ehren werth.  aber  er  ist  principiell  ver- 
kehrt und  wird  übrigens  praktisch  voraussichtlich  scheitern. 
Die  Rumänen  sollten  sich  dessen  erinnern,  welch'  buntes  Ge- 
misch der  englische  Wortschatz  darstellt,  ohne  dass  doch  die 
Entwickelung  des  englischen  Geisteslebens  und  Nationalbe- 
wusstseins  dadurch  irgendwie  beeinträchtigt  worden  ist.  Auch 
das  Deutsche   strotzt  von   Lehn  Worten  aller   Art  2),    und   doch 


1    Auf  die  gelehrte  Wortfabrikation,    welche  im  Dict.  so  schwunghaft 
betrieben  worden  ist,  wendet  ClH.\c  a.  a.  O.  p.  467  die  Verse  an,  mit  de- 
nen einst  Konsard  seine  eigene  Sprachmacherei  be-  und  verurtheilt  hat: 
Les  Francais  qui  mes  vers  liront, 
s'  ih  ne  sont   (irecs  et  Jiomains, 
an  litu  de  ce  livre  ils  nauront 
qiiun  pesant  faix  entre  les  mains. 
2]  Weit  mehr,  als  man  gewöhnlich  glaubt,  beispielsweise  führen  nahoEU 


Das  Rumänische.  817 

(lenkt  kein  Einsichtiger  an  deren  Ausrottung.  AVird  die  künst- 
liche Latinisirung  im  Eiimänischen  noch  weiter  fortgesetzt,  so 
kann  sie  nur  d  en  fragwürdigen  Erfolg  luiben,  dass  die  Schrift- 
sprache von  ihrer  natürlichen  Grundlage,  der  lebendigen  Volks- 
sprache, abgedrängt  wird  und  zu  einem  akademischen  Jargon 
verknöchert. 

2.  Den  mächtigsten  Einiluss  auf  den  rumänischen  Wort- 
bestand hat  das  Slavische  (Altslovenischc;  ausgeübt,  denn  nicht 
nur  ist  die  Anzahl  der  eingednmgenen  slavischen  Wörter  eine 
sehr  beträchtliche '  .  sondern  es  werden  auch  mehrere  slavische 
Suffixe  in  der  Wortableitung  verwandt .  und  endlich  haben 
nicht  selten  Worte  lateinischen  Ursprungs  ihre  Bedeutung 
nach  Massgabe  der  ihnen  entsprechenden  slavischen  modificirt, 
so  hat  z.  B.  lume  neben  seiner  eigentlichen  Kedeutimg  »Lichtet 
nach  Analogie  des  slav.  svjähi  noch  die  von  »Welt«  ange- 
nommen, vgl.  MiKLOsiCH.   a.  a.  O.  p.    11. 

3.  Ausser  dem  Slavischen  hat,  aber  freilich  in  ungleich 
geringerem  Masse,  das  Xeu- Griechische ,  Einzelnes  auch  das 
Magyarische  und  das  Türkische  zum  rumän.  Wortschatze  bei- 
gesteuert. Auffällig  gering  ist  die  Zahl  der  germanischen 
Elemente :  sie  setzt  sich  fast  nur  aus  Worten  zusammen,  welche 
dem  neueren  Deutsch  entlehnt  sind.  Endlich  berührt  sich  das 
Rumänische  lexikalisch  nicht  selten  mit  dem  Albanesischen, 
es  ist  aber  wohl  noch  nicht  genügend  festgestellt,  ob  es  sich 
in  diesen  Fällen  um  Entlehnungen  handelt  oder  ob  anzunehmen 
ist,  dass  das  Rumän.  die  betr.  Worte  aus  dem  Dacischen  er- 
erbt habe  und  das  Dacische  wieder  in  nahem  Verwandtschafts- 
verhältnisse zu  dem  Albanesischen  stehe. 

Litt eraturangaben:  Lexicon  valachico-latino-hungaricum.  Budae 
1S25  dies  sog.  »Ofener  "Wörterbuch«  war  für  seine  Zeit  eine  sehr  achtbare 
Leistung,  heute  ist  es  im  Wesentlichen  nur  noch  von  historischem  Interesse, 
ganz  entbehrlich  ist  es  aber  doch  nicht;  —  *Dictionariulu  limbei  romäne 
üupo  insarcinarea  data  de  societatea  academica  romana  elaboratu  ca  proiectu 
de  A.  T.  Lairl^xu  si  J.  C.  Massiml'.  Buc.  1^71  76  2  Bde.  trotz  grösster 
principieller  Mängel    ein  werthvolles   Werk,    das   dem,    der  es   mit  Vor- 


alle Gartenblumen  Rose,  Lilie,  Tulpe,  Veilchen  etc.  .  nahezu  alle  Ge- 
müse Spargel,  Spinat.  Möhre,  Petersilie,  Rettig,  Radieschen  etc.  ,  viele 
Hausgeräthe  Tisch,  Spiegel,  Teller  etc.  nichtdeutsche  Xamen  u.s.  w.  u.  s.w. 
1  Man  sehe  die  Liste  derselben  in  Miklüsichs  unten  zu  nennender 
Schrift;  es  zählt  z.  B.  der  Buchstabe  k  in  diesem  Vocabular  allein  ca. 
lOO  Nummern. 

Körting,  Encjklopädie  d.  rom.  PLil.  111.  52 


818  Das  Rumänische. 

Vorsicht  und  Kritik  benutzt,  sehr  lehrreich  sein  kann).  Von  denselben 
Verfassern:  Glossariu  care  coprinde  vor])ele  d'in  liniba  romäna  straine. 
Buc.  1871  (»nur  als  Materialiensammlunof  brauchbar  «  MlKLOSiCH,  a.  a.  O. 
1U2,  70,  —  li.  Eltade,  Vocabularu  de  vorbe  straine  in  limba  romana. 
Buc.  1847  —  *A.  DE  CfflAC,  Dictionnaire  d'etyniologie  daco-romane.  t.  I 
Elements  latins.  t.  II  Elements  sluves,  turcs,  grecs  modernes  et  albanais. 
Frankf.  a.  M.  187Ü/79  tüchtiges  und  brauchbares  Buch,  vgl.  Korn.- I  120 
—  P.  Hasdeu,  Programma  pentru  adunarea  datelorü  privitore  la  limba 
romäna  (Progr.  zu  einem  wissenschaftl.  Wörterbuch,  welches,  betitelt  »Ety- 
mologicum  magnum  Romaniae.  Uictionarul  Limbei  istorice  si  poporane  a 
Romanilor«,  in  Bukarest  zu  erscheinen  begonnen  hat  und  gegenwärtig, 
April  1886,  bis  zu  dem  Artikel  "aflu«  vorgerückt  ist  .  Buc.  1S84;  von  dem- 
selben:  Glosse  romäne  d'in  secolul  XVI,  in  C'ol.  lui  Traian  VIII  1877) 
56!» ,  Specimen  de  dictionar  etymologic  al  limbei  romäne,  ebenda  p.  t)2ü, 
ausserdem  zahlreiche  etymologische  Beiträge  in  derselben  Ztschr.,  über  die 
in  Bd.  VII  enthaltenen,  die  besonderes  Interesse  haben,  vgl.  Ztschr.  f. 
rom.  Phil.  I  481  —  Gastek,  Stratificarea  elementului  latin  in  limba  ro- 
mäna, in;  Revista  pentru  Storia  etc.  I  17  und  34()  lesenswerthe  Abhand- 
lung), vgl.  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  VIII  140  —  RösLEU,  Die  türkischen  Be- 
standtheile  im  Rum.,  in:  Sitzungsberichte  der  Wiener  Akad.  d.  Wissensch. 
Philos.-hist.  Cl.  Bd.  50,  p.  559  —  Stephan,  Einfluss  des  Slavischen  auf 
das  Walachische.  Ostrowo  185!)  Progr.  —  *MlKLOSICIl,  Die  slavischen 
Elemente  im  Rum.,  in:  Denkschriften  der  Wiener  Akad.  d.  AVissenschaft. 
Philos.-hist.  Cl.  Bd.  12,  p.  1  ,  vgl.  Ztschr.  f.  vergl.  Sprachforschung  XI 
282  —  W.  Schmidt,  Slavisches  im  Rum.,  in:  Az  Erdelyi  Museum  egjlet 
evkönivei  1867,  26  —  A.  Edelspacher,  Rumun  elemek  a  mayar  nyelven. 
Pe.st  1875,  vgl.  Rom.  V  12()  —  Mancherlei  Etymologisches,  freilich  zum 
Theil  von  sehr  fragwürdigem  Werthe,  findet  man  verstreut  in  älteren 
Werken,  z.  B.  bei  T.  Cipakiv,  De  latinitate  linguae  valachicae,  Blasii  1S55 
Progr.;  in  KoriTAK's  Kleinen  Schriften,  Wien  1857,  in  P.  Maior's  Re- 
flexiones  etc.,  Pest  o.  J.  (Entgegnung  auf  Kopitar's  Kritik  einer  im  J.  1827 
zu  Petersburg  erschienenen  Schrift  Maior's  Ueber  den  Ursprung  der 
Walachen). 

M.  Frs8,  Zusammenstellung  der  sächsischen,  ungarischen,  walachischen 
und  deutschen  Trivialnamen  in  Siebenbürgen  wildwachsender  oder  allgemein 
cultivirter  Pflanzen,  in  :  Archiv  des  Vereins  f.  siebenbürgische  Tiandeskunde 
I  1   Hermannstadt  1843. 

N.  C.  Q,iiNTE.scu,  De  deminutivis  linguae  romanae,  vulgo  valachicae 
nominatae.  Berlin  1867  Diss.  —  St.  Steeureac,  Einige  Suffixe  zur  Bil- 
dung des  Substantivs  und  Adjectivs  im  Rumän.    Czernowitz  1832. 

*Fri'NI)ES('U,  Dictionariu  topograficu  si  statisticu  alu  Romäniei.  Buc. 
1872  ("Ausgezeichnetes  Werk,  für  ethnographiscli -linguistische  Unter- 
suchungen unentbehrlich."  Bibliogr.  d.  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  l'^75/76 
No.  842;. 

Gewöhnliche  Wörterbücher:  G.  Vextoti,  AeSixhy  diyXoiaaoy  tr,; 
'Puifxa'ixr^;  x(t\  raXXixrji  äiuXixTov.  Wien  1804  (der  Verf.  der  Encycl. 
konnte,  da  ihm  das  Buch  nicht  erreichbar  war,  nicht  constatiren,  ob  unter 


Das  Rumänische.  819 

^Fwuit'ixi;  di«).sxTo>-  Neugriechisch  oder  Runuinisch  zu  verstehen  ist,  — 
Clemens,  AVahch.  -  deutsclies  u.  deutsch-walach.  Wörterb.  Ofen  1S21  — 
A.  IszEH.  Walach.-deutsches  Wörterb.  Kronstadt  1S5U  —  G.  Baritz  und 
G.  MiNTRANV,  Deutsch.-rum.  Wörterb.  Kronstadt  1853,  2  Bde.  —  Stamati. 
Wörterb.  der  deutschen  u.  der  runi.  Spr.  Jassi  1852  —  S.  Petri,  Rum.- 
deutsches  Wörterb.  Kronstadt  1S()1  —  Dictionariu  francesco-romänu  dupre 
editiunea  de  1).  P.  Poienaru,  F.  Aron  ^i  G.  Hill  cditat  de  Teodoru  C'odrescu. 
Jassi  1S59  —  PoNTBKiANT,  Dict.  rom.-francez.  Buc.  1S02  —  Costinesci', 
Vocabular  rom.-fr.  Buc.  1870  —  T.  Codrescv  ,  Dict.  franc.-rom.  2  ed. 
Jassi  1875  76  —  G.  L.  Frollo,  Dizionario  rumeno-italiano-francese.  Pest 
1675  —  S.  Petri,  Deutsch- rum.  Taschenwörterbuch.  Hermannstadt  1S63  — 
CoDREscr,  Dict.  germano-rom.    Jassi  1851. 

Irgend  eine  hervorragende  Leistung  ist  unter  diesen  zahlreichen  Wörter- 
büchern leider  nicht  vorhanden :  meist  genügen  sie  nicht  einmal  dem  aller- 
gewöhnlichsten  praktischen  Bedürfnisse. 

§  7.  Bemerkungen  über  den  Formenbau  des  Ru- 
mänischen. 

I.  l.  Die  -4-Stänime  haben  ihr  a  bewahrt,  z.  B.  tierra: 
carta  indessen  hat  den  Ausgang  e  angenommen .  also  carte. 
Der  vocalisehe  Auslaut  der  0-  mid  t'- Stämme  ist  als  v  in 
der  Schrift  durchweg,  in  der  Aussprache  aber  nur  dann  er- 
halten, wenn  ii  mit  vorangehendem  Vocale  Diphthong  bilden 
kann  oder  als  Stützvocal  fungiren  muss,  z.  B.  pom  n].  dieih 
socrü:  das  Fem.  manus  ist  zu  den  ./1-Stämmen  übergetreten: 
munä.  Die  wenigen  überhaupt  erhaltenen  i'-Stämme  folgen 
den  ^-Stämmen :  glacia  facia,  dies  stellt  sich  als  di,  d.  i.  zi. 
dar.  Die  consonantischen  und  die  /-Stämme  zeigen  den  Aus- 
gang e.  z.  B.  pdne,  ctirte.  munte.  cerhice  etc.  2.  Die  einzige 
Singularform  beruht  auf  dem  lat.  Accus. :  auf  den  lat.  Xom. 
geht  wohl  nur  sora  =  soro7'  zurück,  und  auch  bei  diesem  Worte 
ist  die  Sache  fraglich.  3.  Die  Subst.  auf  -a  und  -a  bilden 
den  Plur.  auf  -e .  z.  B.  corona  :  corone ,  alle  übrigen  auf  -/. 
z.  B.  po77in  :  pomi,  ßoare  -.ßoari^  verme  :  vermi:  vielfach  treten 
auch  Feminina  auf  -a  zur  «-Bildung  über.  z.  B.  vaca  :  vaci. 
so  dass  also  die  Pluralbildung  auf  -/  sich  über  das  Bereich 
der  0-  und  ZT-Stämme  ausdehnt.  Ueber  die  Entstehung  dieser 
Pluralform  vgl.  oben  den  Paragraphen  über  den  italienischen 
Formenbau.  Charakteristisch  für  das  Bumänische  ist  die  um- 
fangreiche Erhaltung  und  aualogische  Ausbreitung  der  neu- 
tralen Pluralbildung  auf  e  =  a.  z.  B.  lernyiu  :  lemne  =  ligynim  : 
ligna.   vasü  :  rase  =  rasum  :  vasa.  ebenso  ursprüngliche  Neutra 

.i-2* 


820  ^äs  Rumänische. 

der  dritten  lat.  Decl. ,  z.  K.  osii  :  oase  =  *osum  f.  os  :  osso, 
und  zahlreiche  ursprüngliche  masculine  oder  feminine  0-  und 
r^- Stämme,  z.  ]i.  degetu  :  (legete  =  digihts  :  *digita  f.  digifi, 
acü  :  ace  =  acw*  :  *af«  f.  acus.  \)  Eine  noch  seltsamere  und 
zugleich  ungemein  häufige  Pluralbildung  ist  die  mittelst  des 
Suffixes  -uri,  z.  B.  corpu  :  corpuri^  furtü  :  furturi.  globii  :  glo- 
buri\  dies  -uri  dürfte  auf  *-ö/-e6  zurückgehen,  das  für  neutrales 
-ora  eingetreten  zu  sein  scheint,  also  corpuri  =  corpores  f. 
Corpora ;  dem  vollen  Klange  dieses  Pluralausganges .  Avelcher 
beide  Numeri  scharf  schied,  mag  dessen  weite  Verbreitung  zu- 
zuschreiben sein.  Häufig  bestehen  Plurale  auf -e  neben  solchen 
auf  -uri^  z.  B.  arcü  :  arce  und  arcuri.  Vor  dem  Plural  -i 
und  -e  werden  c  und  g  stets  palatalisirt,  überdies  vor  i  auch 
s  zu  s.  Phiral  -e  und  -i  üben  auf  den  Vocal  der  Stammsylbe 
häufig  umlautenden  Einfluss  aus,  vermöge  dessen  z.  ^^.  a  -\-  i 
zu  ä  +  i  Avird  [carte  :  cärti] ;  Art  und  Ausdehnung  dieses  Um- 
lautes bedürfen  noch  der  Untersuchung.  Dem  Plural  -i  vor- 
angehendes stammhaftes  i  verschmilzt  mit  diesem  zu  /,  z.  B. 
studi-ü  :  studi.  Intervocalisches  II  schwindet  vor  Plural  -i, 
während  es  sich  vor  Plural  -e  als  l  behauptet :  z.  B.  calü  = 
cavallus.  cai  =  [cava[lli  oder)  caoa[ir\o^s\  aber  stea  =  ste[ll]a^ 
Stele  =  [stellae  oder)  Stella]  s].  4.  Die  0- Stämme  haben  im 
Sing,  den  Vocativ  auf  -e  erhalten ,  z.  B.  doamne  =  domine 
gewöhnlicher  aber  fungirt  der  Nom.-Acc.  auf  -u  mit  dem 
Artikel  le  als  Voc. :  dommde) ;  analogisch  werden  solche  Vocative 
auch  zu  consonantischen  Stämmen  gebildet,  z.  B.  nepot-e.  Im 
Plural  wird  allgemein  die  artikulirte  d.  h.  die  mit  dem  enkliti- 
schen Artikel  versehene;  Form  des  indirecteu  Cas.  obl.  voca- 
tivisch  gebraucht,  z.  11  domnilor.  Feminina  auf  -a  bilden  zu- 
weilen einen  Voc.  auf  -o  z.   B.   Catharino.     h.  Der  bestimmte 


1)  Vielleicht  ist  das  Plural-f  nicht  dem  lat.  neutralen  Plural-«  g-leich- 
zusetzen,  sondern  als  durch  Schwächunfi:  aus  -o[s  ,  -us]  entstanden  zu  be- 
trachten, so  dass  es  vermuthlich  gleichen  Ursprung  mit  dem  Plural-»',  wel- 
ches ebenso  wie  das  italienische  schwerlich  =  lat.  Plural-/  ist,  haben 
dürfte.  Zuzugeben  ist  allerdings ,  dass  einerseits  die  Gleichsetzung  von 
lemne  =  ligna  mit  gewichtigen  Gründen  sich  vertheidiojen ,  diejenige  aber 
von  lemnv  =  *li(j)i(>[s  mit  ebensolchen,  namentlich  lautlicher  Art,  sich  be- 
streiten lässt.  Jedenfalls  bedarf  die  rumiin.  Pluralbildung  noch  einer  ein- 
gehenden wissenschaftlichen  Untersuchung,  die  zugleich  auch  auf  das  Ita- 
lienische sich  erstrecken  müsste.  Höchste  Beachtung  wird  dabei  verdienen 
das  Verhalten  des  auslautenden  Stammconsonanten  vor  -e. 


Das  Rumänische.  S21 

Artikel  wird  ileiu  Subst.   enklitisch  angefügt'   :  seine  Formen 
sind  : 

a)   f  ii  r  d  a  s  M  a  s  e  ii  1  i  n  ii  ni : 
Nom.  u.   Accus.  Sg.  /[it],   le     PI.  i 

indirecter  ("as.  obl.  =  Genetiv  u.  Dativ)  lui  lor[ü] 

lü  tritt  an  Subst.  auf  -u  und  -a  {do?nnul.  popal  .  le  an 
solche  auf  -e  [vermele\  an ;  das  Plural-/  verschmilzt  n  i  c  h  t  mit 
dem  Artikel-/  [domnii). 

b)    für  das  Femininum: 
Nom.  u.  Accus.  Sg.  a  PI.   le 

indirecter  Cas.   obl.  lei,  ei.   oder  u  lorü] 

Der  vocalische  Stammauslaut  schwindet  vor  den  vocalisch 
anlautenden  Formen  {ma7nu ,  häutig  inam'a  geschrieben,  = 
mama  -\-  a,  mamei  oder  mamii  =  mama  -{-  ei  oder  ii  .  Die 
Subst.  auf  ursprüngliches  -ella .  wie  sfea  ==  sfella,  bewahren 
vor  dem  Artikel  a  das  aus  //  durch  Vocalisation  entstandene  o 
also  [steo-a]  und  nehmen  im  indirecten  Cas.  obl.  Sg.  die  ältere 
Form  lei  an  steahi).  Ausser  dem  enklitischen  besitzt  das 
Eumän. .  wenigstens  für  den  Nom. .  auch  einen  proklitischen 
Artikel:  Masc  Sg.  ahi.  PI.  ai.  Fem.  Sg.  a.  PL  ah.  und  über- 
dies kann  auch  das  Demonstrativ  celu,  cea  artikelhaft  gebraucht 
werden.  6.  Das  Geuetivverhältniss  wird  nur  bei  dem  artikel- 
losen Subst.  durch  de,  sonst  durch  die  artikulirte  Form  des 
indirecten  Cas.  obl.  mit  vorgesetzter  Präp.  a  ausgedrückt  a 
do?nfiului  »des  Herrn«;  ;  zum  Ausdruck  des  Dativverhältnisses 
genügt  die  artikulirte  Form  des  indirecten  Casus  obl.  (also 
ohne  d ,  fehlt  der  enklitische  Artikel,  so  wird  dem  Subst. 
das  proklitische  ha  vorgesetzt,  z.  B.  hi  Petrü  =  Petro.  Dem 
als  directes  Object  (Accus,  fungirenden  Subst.  tritt  gern  die 
Präp.  pre  voran,  indessen  keineswegs  so  regelmässig,  wie  man 
nach  der  Angabe  älterer  Grammatiken  glauben  sollte,  es  scheint 


1  Diese  Euklisis  entspricht  der  üblichen  Stellung  des  lat  ille  domi- 
niis  iUe  besser  und  üblicher  als  ille  dnmimts  ,  das  Rumän.  ist  somit  dem 
Latein,  näher  geblieben  als  die  übrigen  roman.  Sprachen ;  die  Enklisi.s  des 
Artikels  auf  iUyrischen,  bzw.  albanesischen  Ursprung  zurückzuführen,  er- 
scheint unnöthig  Doch  auch  diese  Sache  bedarf  noch  näherer^  Unter- 
suchung. Nicht  zu  übersehen  ist  übrigens,  dass  hinsichtlich  der  Stellung 
des  Artikels  zwischen  Deutsch  Englisch,  Niederländisch  und  Skandina- 
visch die  gleiche  Differenz  besteht  wie  zwischen  dem  Rumänischen  und 
dem  sonstigen  Romanisch.  Die  Erscheinung,  dass  stammverwandte  Spra- 
chen in  dieser  Beziehung  differiren,  ist  somit  keine  vereinzelte. 


822  Das  Rumänische. 

vielmehr  der  Gebrauch   von  pre   neuerdings   mehr   und   mehr 
eingeschränkt  zu  werden. 

Wie  schon  aus  obigen  Angaben  hervorgeht,  unterscheidet 
sich  die  Flexion  des  Substantivs  im  Rumän.  in  interessanter 
Weise  von  derjenigen  in  den  übrigen  roman.  Sprachen,  den- 
noch dürften  sich  alle  Eigenthümlichkeiten  hinreichend  durch 
organische  Entwickelung  aus  dem  Latein  erklären  lassen  und 
demnach    fremdsprachlicher  Einfluss   nicht  anzunehmen  sein, 

II.  1.  Die  zweiformigen  Adj.  gehen  im  Masc.  Sg.  auf  -u^ 
im  Fem.  auf-«  aus;  viele  ursprünglich  einförmige  sind  zu  ihnen 
übergetreten,  z.  B.  acru^  f.  acra  =  acris  f.  klass.  acei'^  acris). 
Die  einfoi-migen  Adj.  lauten  auf  e  aus,  z.  B.  verde.  Das 
Feminin-«  Avirkt  umlautend  auf  ein  e  imd  o  der  Vorsylbe  ein, 
indem  ersteres  zu  ea  (e  ,  letzteres  zu  oa  (o)  wird.  2.  Bei  der 
Combination  Subst.  -h  Adj.  und  Adj.  -|-  Subst.  wird  nur  der 
erste  Bestandtheil  articulirt,  jedoch  nehmen  beide  Pluralform  an 
z.  B.  bou/ii  graSH  und  hoii  grasi.  ßdehdü  cane  \\\\(\.  Jidelii  cäni. 
3.  Der  Comparativ  wird  durch  Vorsetzung  von  mai  vor  den 
Positiv  umschrieben,  der  Superlativ  durch  Determiniiting  des 
periphrastischen  Comparativs  mittelst  celh,  cea.  Organische 
Comparationsformen  fehlen  gänzlich,  mare^maior  ['.)  hat  durch- 
aus die  Bedeutung  eines  Positivs  angenommen. 

III.  1.   Die  Formen  der  Personalpronomina  sind: 
Nominativ : 

Sg.   1.  eu  2.   tu  8  m.  elu     f.  e«,   ia 

PI.  tioi  voi  ei  eaJe 

indirecter  Gas.  obl.    (Dat.)  in  absolutem  Gebrauche: 
Sg.        mie  tie  ha  ei 

PL         noiie  =  nobis        vouc  lorn        lorü 

indirecter  Gas.   obl.   in  Verbindung  mit  dem  Verbum : 
Sg.         mi  {imi)  ii    iti]  i,  ii 

PI.         ni.  ne  ci.   ve  /i,   le 

directer  Gasus  obl.   in  absolutem  Gebrauch  : 

Sg.         mine  iine  elu         ea 

PI.  noi  voi  ei  eale 

directer  Gas.   obl.   in  Verbindung  mit  dem  Verbum : 
Sg.         me  tc  Ju   ih/),  o 

PI.          ne  ve  ii  le 


Das  Rumänische.  823 

Als  absolute  Genetive  der  l'ersonalia  fuiiffiren  die  mit  der 
Präposition  a  verlmndenen  Possessiva  [a  fmu,  a  teu.  a  nosfru, 
((  cotifra ,  a  hd .  a  ei,  a  lorü).  Die  höfliche  Anrede  erfol><t 
entweder  mit  der  2.  F.  PI.  oder  aher  durch  die  '^.  V.  S*?.  mit 
<lem  JSnhjecte  Domnia  Ta  (auch  Dovini'a  T'a  geschrie})en) . 
2.  Die  Formen  des  Reflexivs  sind  denen  der  Personalia  ganz 
analog  (ahsolut :  sie,  si/ie ,  proklit. :  fti,  se).  3.  Die  Possessi va 
haben  nur  je  eine  Form,  die  Scheidung  zwischen  coujunctiven 
xmd  absohlten  Possessiven  ist  folglich  dem  Rumän.  unbekannt; 
die  Formen  lauten  : 

meti,  mea  PI.  mei.  iyieale\   tdu,  ta   PI.  teitale;  sHi  sa  PI.  sH,  s^ile 
/iosfrü,-a         nostrfi,-e\  vostru, -a     vosfrti,-e;  Ioi-[u]       lor[ü] 

Die  Possessiva  stehen  meist  dem  (artikulirten  Substantive 
artikellos  nach:  bei  Voranstellung,  die  gewöhnlich  nur  im 
Subjects-  oder  Objects Verhältnisse  vorkommt,  nehmen  sie  den 
proklitischen  Artikel  vor  sich,  also  z.  IJ.  fratele  meu  oder  alü 
meu  frate  =  frater  lyieus  {pro  ai  mei  frati  =  fratres  nieos] . 
Sehr  beliebt  ist  es.  statt  der  Possessiva  den  ethischen  Dativ 
der  conjunctiven  Personalia,  bei  der  3.  Pers.  den  des  conjunc- 
tiven  Reflexivs  zu  brauchen,  z.  B.  ni  a  viäncatu  pänea.  wört- 
lich )ier  hat  uns  das  Brot  i'weg)gegessen<i«  d.  h.  »er  hat  unser 
Brot  gegessen«,  si  a  perdutü  hanii,  wörtlich  wer  hat  sich  das 
Geld  verloren«,  »er  hat  sein  Geld  verloren«.  4.  Als  Demon- 
strativa  fungiren  die  Kombinationen  ecce  -\-  iste  und  ecre  -+- 
iUe  =  acestü ,  -a  und  acelu,  -a.  welche  durch  Abfall  der  ton- 
losen Anlautssvlbe  zu  ^stii  und  elü  Fem.  ^la  und  acea)  se- 
kürzt  werden  können.  Das  Determinativ  ipse  erscheint  als 
ensü  insu) :  wenn  es  zur  Verstärkung  der  Personalia  gebraucht 
wird ,  tritt  ihm  die  absolute  Form  des  betr.  Pronomens  vor, 
während  die  conjunctive  ihm  enklitisch  angefügt  wird,  z.  B, 
eu  ensumi .  tioi  ensitie ,  fu  etisuti,  voi  ensive  etc.  5.  Das  üb- 
lichste Relativ  ist  care  =  qualis  auch  mit  dem  Artikel  carele 
und  carea),  wovon  indir.  Gas.  obl.  Sg.  carui,  carei.  PI.  rarorü, 
bzw.  mit  Artikel  caraia,  careia.  carora.  Neutrales  Relativ  ist 
ce ,  indirect.  Gas.  obl.  cui.  Ausserdem  ist  ein  persönliches 
Relativ  Sg.  eine.  ind.  Gas.  obl.  ebenfalls  cid,  vorhanden.  Die 
Interrogativa  sind  mit  den  Relativis  formal  identisch,  (i.  Die 
Indefinita  zeigen  manche  interessante  Bildung,  z.  B.  altü  = 
alterum,    nime  und  nimenea  =  nemo ,    neminem .    das  in  seinem 


g24  l^äs  Rumänische. 

zweiten  Theile  räthselhafte  aatfeliu  «derartig«  etc.  die  ^  erallge- 
meinerung  wird  durch  Vorsetzuug  von  vre-,  vei'i-  zusammen- 
hängend mit  foi,  vreä  »wollen«)  vollzogen,  z.  B.  vreunü  «irgend 
einer«,   vericine  »irgend  etwas«,   vericare  »wer  auch  immer". 

IV.  1.  Die  Cardinalzahlen  zeigen  manche  für  den  ersten 
Blick  befremdliche,  aber  aus  den  Lautneigungen  der  Sprache 
hinlänglich  erklärte  Formen,  z.  B.  patru  =  qtiaffuor,  optu  = 
octo ;  bemerkenswerth  ist  auch  das  Feminin  douis  neben  Masc. 
cloi.  Die  Zahlen  von  1 1  bis  1 1)  lauten  unu  spre  diece,  doi 
spre  diece  etc.  Die  Zehner  von  20  ab  werden  durch  Ver- 
bindung von  dieci  (Plur.  zu  diece)  mit  den  Einern  gebildet: 
20  dou6  dieci,  30  trei  dieci,  40  patrii  dieci  etc.,  die  lat.  Bil- 
dungen sind  also  völlig  aufgegeben.  100  =  suta,  200  =  doui 
sute  etc..  1000  =  miia,  2000  =  doue  ?nii  etc.  2.  ^ eben primus 
ist  änteiu  eingetreten;  für  secundus .  tertius  etc.  fungiren  die 
entspr.  Cardinalia  verbunden  mit  den  Artikelsuffixen  ha  für 
das  Masc,  a  für  das  Fem.,  also  1  änteiulea,  unteia  (daneben 
primulu,  prima  ,  2  doilea.  doiia  (daneben  secundidü,  secunda  , 
3  treilea,   treia,  4  patrulea,  patr\i  etc. 

V.  1.  Von  lat.  Temporibus  und  Modis  sind  im  Rumän. 
erhalten:  Präs.  Ind.,  Conj.,  Imp.,  Inf.  u.  Gerund,  (das  Particip 
ist  geschwunden),  Impf.  Ind.,  Perf.  Ind.  (im  Macedo-Rum.  ist 
bei  den  schAvachen  Verben  der  Ind.  Perf.  aufgegeben,  dagegen 
der  Conj.  Perf.  [bzw.  das  Fut.  exact.]  im  Sinne  eines  be- 
dingenden Futurs  erhalten,  vgl.  Diez,  Gr.^  59S ;  auch  im 
älteren  Daco-Rum.  finden  sich  Reste  dieser  Bildung),  Plusqpf. 
Conj.  (fungirt  als  Indicativ  Plusqpf.!)  und  Part.  Perf.,  in 
dessen  Form  sich  vielleicht  zugleich  das  lat.  Supinum  erhalten 
hat.  Ausserdem  pflegt  in  das  Conjugationsschema  einbezogen 
zu  werden  das  sehr  beliebte  Verbaladj.  auf  -toriu  ;z.  B.  can- 
fatoriu),  welches  in  seiner  Function  ungefähr  dem  Part.  Präs. 
entspricht.  2.  Die  Bildung  der  periphrastischen  Perfecte  er- 
giebt  sich  aus  folgenden  Beis])ielen :  a)  Periphrast.  Perf.  Ind. 
amii  [=z  haheo)  cascatu  »ich  habe  gegähnt«;  b^  Perf.  Conj.^^/ 
\==ßam,  Conj.  zu  sumü  »ich  bin«]  cascatu:  c'  Plusqpf.  Ind. 
(neben  der  einfachen  Form  caacasonu  aniü  fosfü  (Part.  Prät. 
zu  ütimü  »ich  bin«)  cascatu .  dj  Pluscjpf.  Cow]. ßu  fostü  ca^catü. 
ei  Fut.  I  voiu  (=  *volio)  cascd  oder  cascävoiu,  in  der  älteren 
Sprache   auch   amü    ==  Jiabeo    a  cascä.     £]   Fut.  exact.  voiu  fi 


Diis  liuraänische.  825 

[=  Jicri  f.  esse)  cascd.  g)  Impf.  Fut.  Conditional;  1.  aiiu 
entstanden  aus  sie?  cascd  oder  cascäreastii .  2.  ai  cascd  oder 
cascdreai,  3.  arü  cascd  oder  cascdrearü.  PI.  l  amü  cascd  oder 
cascdreamu,  2  «//  ra^rä  oder  cascdreati,  3  ar«/  cffÄcä  oder  ca«- 
cdrearü.  h)  Plusqpf.  Fut.  (Condit.  Prät.)  asiu ß  cascatü.  3. 
Die  Umschreibung  des  Passivs  erfolgt  a  durch  die  3.  P.  PI. 
verbunden  mit  dem  conjunctiven  Personalpron.  z.  B.  me.  te, 
lu  {ilu).  ?ie,  ve.  li  lauda  =  sie  loben,  d.  i.  mau  lobt,  mich, 
dich  ihn  etc.;  b)  in  reflexiver  Weise,  z.  ]>.  eu  ?}ie  laud  =  »ich 
lobe  mich«  =  »ich  werde  gelobt« :  c  durch  simiu  -\-  Part.  Prät., 
z.  li.  st/tnu  1audatü{a  .  4.  Personalendungen  1.  Sg.  -m 
beharrt  in  sumu  ^\  =  stim  +  analogisches  ii  Aubildung  an  die 
1.  P.  Sg.  Präs.  Ind.  z.  1».  arü  =  aro),  Anbildung  an  sumü 
ist  amic  f.  habeo  :  auch  der  Ausgang  -7nu  der  1 .  Sg.  Impf.  u. 
Plusqpf.  Conj.  arämii.  arasemii  bemht  wohl  auf  Anbildung 
an  sumü.  falls  man  nicht  vorzieht,  anzunehmen,  dass  in 
diesen  Temporibus  die  1.  PI.  zugleich  als  1.  Sg.  fungire.  Lat. 
-0  in  der  1.  P.  Sg.  Präs.  Ind.  ist  als  -ü  erhalten  (meist  frei- 
lich nur  in  der  Schrift,  ausg.  nach  ^'ocal  und  nach  Muta  cum 
liqu  und  ist  auch  auf  die  1.  Präs.  Conj.  übertragen  \ßu  = 
ßam  .  Der  Ausgang  -/  der  l.  Sg.  Perf.  ist  erhalten,  z.  B. 
ardi.  Das  -s  der  2.  Sg.  ist  durchweg  geschwunden,  Ausgang 
der  2.  Sg.  ist  -i.  sogar  in  esci  =  es.  Ebenso  ist  das  -t  der 
3.  Sg.  allenthalben  abgefallen,  ausgenommen  in  este  =  est,  wo 
f  gleichsam  zum  Stamm  gezogen  worden  ist  [este  Anbildung 
an  teme  u.  dgl.  .  Für  die  seltsame  Bildung  are  f .  habet  fehlt 
noch  eine  befriedigende  Erklärung.  Die  Endungen  -miis  und 
-fis  der  1.  und  2.  PL  sind  als  -mü  und  fi  erhalten.  Der  Aus- 
gang -?it  der  3.  PI.  ist  abgefallen,  ausgenommen  in  suntü  = 
sunt:  habent  ergiebt  au.  ebenso  -abant  im  Impf.,  z.  B.  aräu  = 
arabant,  temeau  =  *timeabant.  5.  Der  Infinitiv  bewahrt  in  der 
Function  als  Verbalsubst.  seinen  Ausgang  -re .  sonst  verliert 
er  denselben  durchgängig,  also  ard[re],  umplere\.  fugi[re].  Be- 
merkenswerth    ist.    dass   der  Inf.    immer  die  Präp.  a  vor  sich 


1  Gewöhnlicher  als  sumü  ist  die  schwer  erklärbare  Form  siiit  so  dass 
also  1.  Sg.  u.  3.  PI.  lautlich  zusammenfallen  ;  nach  L.\.MBRI0R  in  Revista 
pentru  Storia  etc.  I  37  ist  shit  Anbildung  an  eu  vetid  u.  dgl.,  dage- 
gen und  mit  gutem  Grunde,  AV.  Meyer  in  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  VIII  142. 
Möglicherweise  ist  su)nü  jünger  als  swt*  dann  würde  wohl  sumü  Anbildung 
an  a»iM  und  nicht,  wie  oben  angegeben,  dieses  Anbildung  an  sumü  sein. 


g26  l^^s  Rumänische. 

zu  haben  pflegt,  selbst  Avenn  er  syntaktisch  von  einer  andern 
Präp.  abhängt,  ö.  Der  Ableitungsvocal  a  hat  sich  ziemlich  in 
vollem  Umfange  bei  den  ursprünglichen  ^-Verben  erhalten 
ausg.  sind  namentl.  die  l.  und  2.  '^^,.  Präs.:  arü.  ari  und 
ist  ausserdem  in  das  Impf,  der  übrigen  Verba  eingedrungen: 
temeamü  ^  timeaham,  *fugiamü  =  ^fugiaham .  Im  Gerundium 
concurriren  -indü  (aus  -andu)  und  -indu.  Der  Ableitungsvocal-e 
ist  erhalten  in  der  I.  und  2.  PI.  Präs.  Ind.  (wonach  die 
1.  und  2.  PI.  Conj.  analogisch  gebildet  und  im  Impf,  der 
ursprüngl.  E-  und  starken  Verba,  auch  mancher  /-Verba,  im 
Impf,  ist  neben  e  noch  a  eingetreten :  temeamü,  s.  oben.  Ueber 
das  Perf.  auf  -ei  s.  unten.  Das  Ableitungs-e  beharrt  in  der 
1.  und  2.  P.  PI.  Präs..  im  Impf.  z.  }i.  fug  tarn  u,  wo  es  je- 
doch häufig  durch  e  verdrängt  ist,  und  im  Perf.  Ableitungs 
-i  und  -e  hat  selten  den  vorausgehenden  Stammconsonant  be- 
einflusst,  geschehen  ist  es  z.  B.  in  vom  =  *volio,  puiü  =  *pomo^ 
nicht  geschehen  dagegen  z.  B.  in  tuen  =  taceo.  zacü  =jaceo. 
7.  Flexionsbetonte  und  stammbetonte  Formen  ditferiren  mehr- 
fach in  der  Vocalisation ,  namentlich  ist  hervorzuheben ,  dass 
stammhaftes  a,  au,  o  in  den  flexionsbetonten  Formen  zu  a^ 
au^  a  verdumpft,  z.  B.  räscu ,  aber  cascämu.  S.  Die  Verba 
der  /-Klasse  nehmen  in  den  stammbetonten  Fonnen  des  Präs. 
meist  die  Inchoativverstärkung  an,  z.  B.  unesco,  unesci.  unesce, 
wiimü,  uniti,  unescü ;  ihrer  Analogie  folgen  viele  ursprünglich 
zu  anderen  Classen  gehörige  oder  abgeleitete  oder  auch  aus 
dem  Slavischen  übernommene  Verba.  9.  Eigenthünilich  ist 
dem  Kumän. ,  dass  zahlreiche  Verba  der  ^-Conj.  in  den 
stammbetonten  Formen  des  Präsens  die  Verstärkung  -edi-  = 
-ez-  annehmen,  z.  B.  ronsolezü,  consolezi,  consoleza,  consohimü, 
consolati.  consol^za.  Eine  befriedigende  Erklärung  für  diese 
Bildung  ist  noch  nicht  gegeben;  man  ist  versucht,  sie  ent- 
weder mit  der  sonstigen  Inchoativbildung  auf  -esc  zu  identi- 
ficiren .  was  freilich  lautlich  höchst  bedenklich  ist ,  oder  aber 
an  Einfluss  der  griechischen  ^'erba  auf  -linr  [l'L.ii'ikiv  u.  dgl.) 
zu  denken,  was  jedoch  auch  kaum  angänglich  sein  dürfte. 
10.  Das  Perf.  zeigt  im  Plur.  l  u.  2  eigenthümlich  erweiterte 
Bildungen:  cantäramu,  cantärati,  ebenso  Sg.  teinui^  PI. 
femtiramü,  Sg.  prinsei  \on p7-inde[re],  V\.  prinseramü,  Sg.  fugii, 
PI.  fugiramü.    DiKz,   Gr.*  595,  meint,   dass  diese  Formen  dem 


Das  Rumänische.  S27 

lat.  Plusqpf.  entnoinmon  seien,  bemerkt  aber  freilicli  zviu:leiili, 
(lass  diese  Ilerleituu^j;  nicht  frei  von  Zweifel  sei.  Wahrschein- 
lich dürfte  es  sein,  in  der  1.  und  2.  PI.  Anbilduno;en  an  die 
3.  PI.  zu  erkennen,  also  ra/ifdramu,  cantärati  angebildet  an 
cantära  (vgl.  über  diese  Bildung  Mussafia,  in:  Jahrb.  f.  rom. 
u.  engl.  Spr.  u.  Lit.  X  367  und  W.  Meyek  .  in:  Ztschr. 
f.  rom.  Phil.  1X224.  11.  Die  schwachen  Hexionsbetonten 
Perfectau Sgiinge  in  der  1.  P.  Sg.  sind:  -ai  für  die  ^-Verba, 
-//  für  die  /-Verba,  -lii  für  die  ursprünglichen  E-  und  zahl- 
reiche frühere  starke  Verba.  Die  starke,  d.  h.  stammbetonte, 
Perfectbildung  ist  völlig  aufgegeben,  indem  die  ^'-Perfecta  bis 
auf  wenig  Keste  im  Macedo-Rum.)  gänzlich  geschwunden  sind, 
die  Mi-Perfecta  den  Accent  auf  die  Ableitungssylbe  verschoben 
und  die  ^/-Perfecta  zwar  ihr  *■  bewahrt,  an  dasselbe  aber  den 
betonten  Ausgang -e/  angenommen  haben,  z.  B.  temiii  =  titnuij 
prinsei,  gleichsam  *prensevi  für  *pre[he\nsi  für  pre/iendi.  Beide 
pseudostarke  Bildungen  haben  eine  weite  Ausdehnung  ge- 
wonnen und  namentlich  die  /-Perfecta  an  sich  gezogen,  z.  B. 
cindüi  =  vendidi,  crezüi  =  credidi,  respunsei  =  respondi.  rupsei 
=  rupi.  Die  schwachen  Ausgänge  des  Part.  Prät.  sind:  -atü, 
itii  und  -utü.  letzteres  für  Verba  mit  dem  Perf.  auf  -ui.  Die 
starken  Ausgänge  sind :  -sü  für  Verba ,  deren  Perf.  auf  -sei 
ausgeht  eine  Ausnahme  wird  gleich  erwähnt  werden  ,  z.  B. 
adausü  v.  Präs.  adaugü^  Perf.  adaiisei.  plänsü  v.  Präs.  plängu^ 
Perf.  pUnsei:  und  -t  für  einige  Verba,  deren  Stamm  auf/)  = 
urspr.  p  oder  urspr.  c  ausgeht,  z.  B.  ruptü  v.  Präs.  rumpü, 
Perf.  rupsei,  coptü  v.  Präs.  cocü,  Perf.  copsei.  Die  Mehrzahl 
der  Verba  mit  stammauslautendem  c  bildet  indessen  das  Part, 
sigmatisch,  z.  B.  dusü  für  ductus .  disü  für  dicttis,  incinsü  für 
incinctus,  i?ifielesü  =  inteUectus) . 

Litteraturangaben: 

a  Grammatiken:  S.  KLEIN  DE  SzAD,  Elementa  liuguae  daco-romanae 
sive  valachicae.  "Wien  IT8OI)  —  J.  Molnar,  Deutsch -wal,  Sprachlehre. 
"Wien  1788,  2  Ausg.  Hennannstadt  1810  —  Lectione  etc.  : Kleine  rum.- 
russ.  Gramm.  .  Jassi  1789  —  Alexi,  Gramm,  daco-rom.  sive  valachica. 
"Wien  1S2G  —  MaudzELA,  Grammatica  russaska  §i  ruminiaseä.  Petersburg 
1S27,  3  Bde.  »im  reinsten  Moldauisch  geschrieben«.  TiKTIN  a.  a.  O.,  p.  103) 
—  Clemens,  AValach.  Sprachlehre.  2  Ausg.  Hermannstadt  1830  —  Glnku- 


1;  Nach   gewöhnlicher  Annahme    die    überhaupt    älteste    aller    rumän. 
Grammatiken . 


82S  Das  Rumänische. 

LüVx,  Naoertanie  pravih.  valacho-niüldavskoi  »rammatiki.  Petersburg  1810 
(»ein  durch  reichen  Inhalt  wie  durch  Verlässlichkeit  der  Angaben  sehr  em- 
pfehlenswerthes  Buch.«  MiKLOsicn,  102,  70]  —  Eliade,  Perscurtare  de 
grammaticä  limbei  romano-italianä.  Buc.  1841  —  BlazEwicz,  Theoret.- 
prakt.  Gramm,  der  daco-rom. ,  d.  i.  der  moldauisch-walachischen  Sprache. 
Lemberg  u.  Czernowitz  1844  (öfters  in  neuen  Auflagen  erschienen;  — 
Athanasescu,  Theoret. -prakt.  Gramm,  der  daco-rom.  Spr.  Lemberg  u. 
Czernowitz  1S44  —  Cumpeam',  Gramm,  romäneascä.  Jassi  184S  —  A.  Popp, 
Anleitung  zur  P^rlernung  der  rom.  Spr.  Teschen  1852  —  ClP.\Riv,  Elemente 
de  limbä  romäna.  Blasiu  1854,  2  Ausg.  ebenda  1866  —  Macakescu,  Gramm, 
rom.  pentru  classile  primarie.  7  ed.  Jassi  1858  —  Hill,  Gramm,  limb.  rom. 
Buc.  1858;  von  demselben:  Gramm,  limb.  lat.  in  comparatione  cü  limb. 
rom.  Buc.  1861  —  Bakcianu,  Theoret.-prakt.  Gramm,  der  romän.  Spr. 
Hermannstadt  1S5S  —  Munteanv,  Gramm,  rom.  Bra.sovu  1860  —  V.  MlR- 
CEscü,  Gramm,  de  la  langue  roumaine,  precedee  d'un  apercu  bist.  s.  la 
langue  roum.  par  A.  Ubicinl  Paris  1864  —  Pimnvl,  Gramm,  d.  rum.  Spr. 
f.  Mittelschulen.  Wien  1864,  neue  Bearbeitung  von  Isope.scul.  Czemowitz. 
1882  (»ein  brauchbares  Buch«.  Miklosich  102,  73)  —  Gl.use,  Leitfaden 
d.  rum.  Spr.  Galatz  1870  —  *Cipariu,  Gramm,  limb.  rom.  t.  I  Analitica. 
t.  n  Sintetica.  Buc.  1870/77  (Publication  der  Societate  academica  zu  Buka- 
rest) —  J.  Massimi'  ,  Pract.  Gramm,  der  rom.  Spr.  nach  Ahu-OUendortl's 
Methode.  Hermannstadt  seit  1S"1  in  verschiedenen  Auflagen  erschienen 
(das  Buch  ist  durchaus  elementar  u.  selbst  als  Elementarbuch  sehr  mangel- 
haft, ist  aber  immerhin  unter  den  vielen  praktischen  Grammatiken  des 
Rumän.,  die  meist  alle  gar  nichts  taugen,  noch  eine  der  relativ  brauch- 
barsten u.  enthält  mancherlei  schätzbares  Material.  Es  ist  übrigens  ein 
trauriges  Kennzeichen  für  den  gegenwärtigen  Stand  der  rumän.  Grammatik- 
litteratur,  dass  ein  so  unbeholfen  dilettantisches  Machwerk,  wie  das  in  Rede 
stehende  Buch,  doch  in  bedingter  "Weise  empfohlen  werden  muss)  —  Xe- 
GOCL\,  Rum.  Gramm.  3  Aufl.  Berlad  1874  —  De  Poxtbriant,  Rum. 
Gramm.  Buc.  1874  —  Romaxescu,  Rum.  Gr.  Buc.  1875  —  Stilescu,  Rum. 
Gr.  20.  Aufl.  Buc.  1875  —  Manliu,  Rum.  Gr.  Buc.  1876  —  Cioxca,  Prakt. 
Gramm,  d.  rum.  Spr.  Buc.  1S80  —  'Stkajan,  Manual  de  gramm.  limb. 
rom.  Partea  1  si  2  Fonetica  si  etimologia.  Buc.  1881  ist  vom  rum.  Unter- 
riclitsministerium  als  Lehrbuch  für  die  Secundärschulen  empfohlen  —  B. 
WoiTKO,  Gramm,  d.  rum.  Spr.  AVien   1883. 

Die  allermeisten  der  oben  angeführten  Grammatiken  (die  Ausnahmen 
sind  kenntlich  gemacht;  können  nicht  nur  nicht  auch  nur  den  Schatten 
eines  Schattens  von  Anspruch  auf  wissenschaftlichen  AVerth  erheben,  son- 
dern sind  auch  in  praktischer  Beziehung  höchst  unvollkommene  Arbeiten. 
Dringend  zu  wünschen  wäre  im  Interesse  der  romanischen  Philologie,  dass 
endlich  einmal  ein  für  Studierende,  welche  Rumänisch  erlernen  wollen, 
bestimmtes  Handl)uch  der  rum.  Gramm,  von  einem  wirklichen  Kenner  der 
Sprache  abgefasst  würde.  Möchte  doch  ein  Ga.steu  oder  ein  TlKTIN  zu 
dieser  Arbeit  sich  herablassen,  welche  übrigens,  so  elementar  sie  auch 
scheinen  mag,  doch  keinesfalls  leicht,  jedenfalls  aber  hochverdienstlich 
sein  würde!     Erst  wenn  ein  solches  Handbuch  vorhanden  sein  wird,    wird 


Das  Rumänische.  ^29 

auch  der  Docent  der  rumänischen  Philologie  seinen  Zuhörern  die  Be- 
schäftigung mit  dem  Kumänischeu  angelegentlich  empfehlen  können,  wäh- 
rend gegenwärtig  das  Studium  des  Kumän.  wegen  der  kläglichen  IJe- 
schaft'enheit  der  Hülfsmittel  so  mühevoll  u.  zeitraubend  ist,  dass  man  zu 
demselben  nur  etwa  denjenigen,  welcher  in  die  akademische  Laufbahn 
einzutreten  beabsichtigt,  veranlassen  darf. 

b  Einzelschriften;  «  Zur  Formenlehre :  "A.  Mussafi.\,  Zur 
rumän.  FonnenL,  in:  Jahrb.  f.  rom.  u.  engl.  Spr.  u.  Lit.  X  360  —  W. 
Meyer,  Ueb.  die  schwache  Perfectbildung  im  Rum.,  in:  Ztschr.  f.  rom. 
Phil.  IX  224.  —  S  Zur  Syntax:  SloiCEscr  si  Calinescv  ,  Manual  de 
sintaxa  romana.  Buc.  1879  —  Ciparii",  Suppliment  la  sintacticä.  Despre 
limba  romänä.  Blasiu  1S77  —  H.  TlKTix,  Zur  Stellung  der  tonlosen  Pro- 
nomina u.  Verbalformen  im  Rumän. ,  in :  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  IX  590  — 
A.  de  CraAC,  Le  type  hoino-ilh  iUe-bonus,  in:  Rom.  Stud.  IV  431  —  M. 
ScHrsTER,  Der  best.  Artikel  im  Rumän,  u.  Albanesischen.  Hermannstadt, 
Programm  des  evang.  GjTnnas.  f.  das  J.  1882  83  —  Lambriok,  Ceva  despre 
conjunctivul  romanesc  behandelt  mehr  die  Form  als  die  Syntax  des  Conj.'s  , 
in:  Revistä  pentru  Storiä  etc.  I  37,  vgl.  Rom.  XII  627  u.  Ztschr.  f.  rom. 
Phil.  VIII  142  —  y  Zur  Volkssprache:  *U.  Jarmk,  Sprachliches  aus 
rumän.  Volksmärchen.  "Wien  187  7  Progr.  der  k.  Unterrealschule  ,  vgl. 
Ztschr.  f.  rom.  PhU.  II  623. 

§  S.  B  emerkungeii  über  die  Geschichte  der  rumä- 
nischen Litteratur. 

1.  Dass  die  rumänische  Litteratur  —  das  "Wort  »Litteratun« 
hier  in  seinem  engeren  Sinne  verstanden  —  sich  erst  sehr 
spät  und  überhaupt  nur  bei  den  Nordrumänen  zu  entwickehi 
begonnen  hat  und  dass  sie  bis  jetzt  über  zwar  höchst  ehren- 
■werthe.  aber  doch  auch  im  Vergleich  zu  dem.  was  die  grossen 
westromanischen  Nationen  litterarisch  geschaffen  haben,  nur 
sehr  bescheidene  Anfänge  nicht  hinausgekommen  ist,  erklärt 
sich  zur  Genüge  aus  den  geschichtlichen  Schicksalen  des  ru- 
mänischen Volkes  und  darf  diesem  letzteren  nicht  im  Mindesten 
zur  Unehre  angerechnet  werden. 

2.  Die  Geschichte  der  rumänischen  Litteratur  lässt  sich 
in  zwei  Perioden  zerlegen ,  von  denen  die  erste  etwa  vom 
Jahre  1577.  in  welchem  zu  Kronstadt  das  erste  gedruckte  ru- 
mänische Buch,  der  Psalter  des  Coresi,  erschien,  bis  etwa  zum 
Tode  des  fürstlichen  Schriftstellers  Dimitri  Cantemir  (1723) 
sich  erstreckt,  die  zweite  aber  mit  den  zwanziger  Jahren  dieses 
Jahrhunderts  anhebt  und  zu  einem  Abschlüsse  noch  nicht 
gelangt  ist.  Aus  diesen  Angaben  ergeben  sich  die  beiden 
bedeutsamen  Thatsachen.   dass  eine  mittelalterliche  rumänische 


830  I^^s  Rumänische. 

Litteratur  nicht  existirt  —  denn  die  wenigen  rumiinisclien 
Schriften,  deren  x'Vbfassung  (ob  mit  Recht?)  in  das  15.  Jahr- 
hundert verlegt  wird,  sind,  ihre  Aechtheit  angenommen,  nur 
Sprach- ,  nicht  Litteraturdenkmäler  — .  und  dass  zwischen 
beiden  Litteraturperioden  ein  litteraturloses  Jahrhundert  (un- 
gefähr mit  der  Zeit  der  Phanariotenherrschaft  zusammenfallend 
liegt.  Es  ist  indessen  auch  hier  das  Wort  »litteraturlos«  nur 
in  seinem  engeren  Sinne  aufzufassen ,  denn  nur  hinsichtlich 
der  Kunstdichtung,  keineswegs  aber  hinsichtlich  der  Volks- 
poesie war  das   18.   Jahrhundert  beinahe  völlig  unfruchtbar. 

3.  Die  Erzeugnisse  der  ersten  Litteraturperiode  sind 
aesthetisch  so  ziemlich  werthlos.  denn  sie  bestehen  fast  ledig- 
lich aus  asketischen  Schriften  (manche  davon  überdies  nur 
Uebersetzungen  oder  Bearbeitungen  fremdsprachlicher  Originale) 
und  aus  Chroniken.  Als  Sprachdenkmale  sind  diese  "Werke 
selbstverständlich  sehr  schätzbar ,  indessen  ist  doch  bei  ihrer 
Ausbeutung  für  sprachgeschichtliche  Zwecke  kritische  Vor- 
sicht sehr  von  Nöthen ,  was  insbesondere  wieder  von  den 
Uebersetzungen  gilt  (vgl.  die  trefflichen  Bemerkungen  Cihac's 
in  Rom.   Stud.   IV  467). 

4.  Für  die  neuere  Litteratvu'periode  sind  vor  Allem 
charakteristisch  das  entschiedene  Hervortreten  der  nationalen 
Tendenz  und  zugleich  das  Streben  nach  Anschluss  an  den 
Ideenkreis  der  westeuropäischen  Culturvölker.  Pflege  haben 
bis  jetzt  namentlich  die  Lyrik  und  der  Roman  gefunden. 
Viele  der  betreffenden  Dichter  (z.  B.  Basil  Alexandri,  Kostaki 
Konaki,  Constantin  Negruzzi,  M.  Eminescu  u.  A.)  werden  in 
Rumänien  mit  Recht  hochgefeiert  und  sind  wenigstens  dem 
Namen  nach  auch  dem  Auslande  bekannt.  Dass  trotzdem  die 
rumänische  Litteratur  noch  keine  universale  Bedeutung  besitzt 
und  mit  ihren  romanischen  Schwestern  sich  noch  nicht  ver- 
gleichen darf  an  Bedeutung  und  innerem  Gehalte,  ist  begreif- 
lich genug,  und  ebenso  wird  man  es  nur  für  sehr  natürlich 
finden,  dass  diese  junge  Litteratur  zuweilen  sehr  sichtlich  an 
a\isländische  Muster  sich  anlehnt. 

5.  Ungemein  reich  entwickelt  und  gehaltvoll  ist  die  ru- 
mänische ^'olksdichtung .  für  deren  üppiges  und  glückliches 
Gedeihen  es  gewiss  sehr  förderlich  war,  dass  die  Kunstdichtung 
erst   neuerdings   die  Freude  an  naivem   Volkssange   zu   trüben 


Das  Kumiinischc.  831 

begann.  Jetzt  freilich  dürften  die  Tage  der  niniänisehen 
\'olksbarden.  der  sog.  »Id/ffan'.' ,  gezahlt  sein  und  bakl  ebenso 
der  \'ergangenheit  angehören,  wie  die  Tage  der  altfrz.  Trou- 
veres.  ^  Wie  selbstverständhch,  besitzt  die  runiänisehe  ^'ülks- 
dichtung  viel  Gemeinsames  mit  derjenigen  der  benachbarten 
ISlaven.  Albanesen,  Neugriechen  und  selbst  auch  Osmanen  und 
trügt  in  Folge  dessen  zum  Theil  einen  von  der  Avesteuropäischen 
\  olkspoesie  abweichenden ,  mitunter  bizarr  und  exotisch  er- 
scheinenden Charakter.  Andrerseits  muss  aber  sehr  nach- 
drücklich hervorgehoben  werden ,  dass  die  rumänische  Volks- 
diclitung  doch  in  einem  inneren  Zusammenhange  mit  der 
westeuropäischen  steht,  indem  sie  vielfach  die  gleichen  Stoffe 
auf  Grund  der  gleichen  Quellen  behandelt  hat,  so  z.  l^.  die 
Alexandersage .  die  Legende  von  Barlaam  und  Josaphat  etc. 
Es  bildet  in  dieser  Beziehung  die  rumänische  Volkslitteratur 
vermöge  ihrer  eigenthümlichen  geographischen  Stellung  zwi- 
schen Morgen-  und  Abendland  und  zwischen  den  verschiedenen 
grossen  Yölkerstämmen  Europas  ein  höchst  wichtiges  Glied 
in  der  giossen  Kette  der  Weltlitteratur. 

6.  Die  Rumänen  des  Königreichs  sind  alt  als  Volk,  aber 
jung  als  Nation.  Mit  ausdauernder  Berhan'lichkeit  haben  sie 
durch  ernstes  Streben  nach  den  höchsten  Gutem  der  Cultur 
den  unbestrittenen  Besitz  ihrer  Nationalität,  durch  kühne 
Tapferkeit  auf  dem  Schlachtfelde  die  Freiheit  ihres  Staates 
sich  erstritten.  Ein  Volk ,  das  so  Grosses  gethan ,  darf  mit 
stolzer  Zuversicht  von  der  Zukunft  erhoffen .  dass  sie  ihm  in 
jeder  und  also  auch  in  litterarischer  Beziehung  die  Ebenbürtig- 
keit mit  den  älteren  Culturnationen  verleihen  werde. 

Li  tteraturan  gaben: 

a,  Handschriftliches,  Inschriftliches,  Bibliographisches 
u.  dgl.:  G.  TociLESCU,  Kapport  asupra  cercetarilor  istorice  facute  in  biblio- 
tecele  din  Russia.  Buc.  1878  (»Bericht  üb.  rumän.  Mss.  des  Fürsten 
Cantemir,  die  sich  in  den  Bibliotheken  von  Moscau  und  Petersburg  be- 
finden." Bibliogr.  d.  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  1878,  No.  ö.U;  —  Reichhaltiges 
Handschriftenverzeichniss  in  Gaster's  unten  zu  nennenden  Buche  über  die 
Volkslitteratur,  p.  .077  ft'. 


1)  Vgl.  NyROP  in  der  Rom.  XIV  1-54:  »11  serait  a  souhaiter  que  quel- 
que  jeune  Roumain,  diiment  prepure  et  sans  preoccupations  ,latine3*,  se 
mit  ä  recueillir  ce  qui  reste  parmi  le  peuple  de  ces  vieilles  poesies :  mais 
il  faut  se  häter,  les  bons  ,lautari'  se  fönt  rares.« 


832  I'as  Rumänische. 

G.  TociLESCU,  Inschriften  aus  Rumänien,  in:  Archäologisch-epigraphi- 
sche Mittheilungen  aus  Oesterreich  von  Benndorf  und  Hirschfeld  1879, 
p.  40,  und.  Inscripfiune  de  la  Schitul  Verbila.  Buc.  1878,  vgl.  Bibliogr. 
d.  Ztschr.  f.  rem.  Phil.  1878,  No.  529. 

Bibliografia  romana.  Buletin  mensual  a  librariei  generale  din  Romania 
§i  a  librariei  romäne  din  streinatate.  Buc.  seit  1879,  jährlich  12  Nummern. 
—  D.  J.UICU,  Bibliografia  cronologica  romana,  sau  catalog  general  de  cartile 
romäne  imprimate  de  la  adoptarea  imprimeriei  diun  etate  secolü  XV  päna 
asta-di.     Buc.  1873. 

Zeitschriften  s.  oben  S.  800 ;  hier  sei  noch  erwähnt:  Fratilia  intru 
dreptate.  Gazeta  Romanilor  de  peste  Balcanü.  Buc,  seit  1880  ob  noch 
erscheinend  ■?. 

b;  Chrestomathien  und  Com pen dien:  GusTi,  Ritorica  romana 
Chrestomathie'.  Jas.si  1852  —  Cipariu,  Crestomatia  seu  analecte  litterarie 
Bluj.  1858  (»enthält  Lesestücke  aus  Druckwerken  des  16  und  17.  Jahr- 
hunderts und  zwar  S.  1  bis  82  siebenbügische  Drucke  aus  ersterem,  S.  83 
bis  140  siebenbürgisehe,  141  bis  203  walachische,  204  bis  248  moldauische, 
249  bis  256  ausländische  Drucke  aus  letzterem  Jahrhundert.«  TlKTlN,  a. 
a.  O.,  p.  117  Anm.j  —  *PoPU,  Conspect  asupra  literaturei  romana  si 
scrietorilor  ei  de  la  inceput  ^i  päna  asta-di.  Buc.  1875/76  2  Bde.  kurze 
bio-bibliographische  Skizzen  mit  Proben,  vgl.  Bibliogr.  der  Ztschr.  f.  rom. 
Phil.  1875  76,  No.  801;  —  *Gaster,  Crestomatia  romana  soviel  dem  Verf. 
der  Encyclopädie  bekannt,  noch  nicht  erschienen,  vgl.  aber  Rom.  XIV  155).  — 

c;  Zur  Folk-Lore:  *M.  Gaster,  Literatura  populara  romana.  Buc. 
1883  'hochbedeutendes  Werk,  das  auch  für  die  allgemeine  Litteratur- 
geschichte  von  grösster  Wichtigkeit  ist  und  von  jedem  Romanisten  gelesen 
werden  sollte,  vgl.  die  gehaltvolle  und  treulich  orientirende  Recension  von 
Kr.  NvRor  in  Rom.  XIV  149.  Eine  deutsche  oder  französische  Ueber- 
setzung  ist  im  Interesse  der  Sache  dringend  zu  wünschen  —  Siedietoria, 
redigirt  von  J.  Vl'LCanu.  Budape.st  1877  iZeitsehrift  ganz  der  Volks- 
litteratur  gewidmet,  vgl.  Bibliogr.  d.  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  1877,  No.  637)  — 
Bibliotheca  poporului  Roman.  CoUectiune  de  poesii  vechi.  Cantece  vechi 
ale  poporului  Roman.  Din  Psalmii  hü  Dositheiü  mitropolitulü  etc.  Buc 
1879  —  Cartile  poporänc  ale  Romanilor  in  secolul  XVI  in  legatura  cu 
literatur'a  poporana  cea  nescrisa  Studiu  de  P.  Hasueü.  Buc.  1880.  — 
B.  Alexaxdri,  Poesii  poporale.  Balade  Buc.  1853.  2  Bde.  (der  Heraus- 
geber, selbst  einer  der  namhaftesten  rum.  Dichter,  hat  die  Volkspoesien 
mitunter  dem  modernen  Geschmack  entsprechend  umgestaltet,  vgl.  Rom. 
XIV  154j.  —  Mariax,  Poesii  poporale  romäne,  adunate  ^i  intocmite.  Cer- 
naüti  1873/75,  2  Bde.  —  Pompiliu,  Balade  popolare  romäne.  Jassi  1870  — 
M.  Gorjean,  Romänul  glumet.  Basme ,  legende ,  traditiuni  populäre  etc. 
Buc.  1874,  vgl.  Bibliogr.  d.  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  1875  76,  No.  823.  — 
Basme  Romanilor,  herausg.  v.  C.  HiNT  Uebersetzungen  und  üriginal- 
abdrücke  rum.  Märchen  in  fiiegendon  Blättern,  Brasow  seit  1879,  vgl. 
Ztschr.  f.  rom.  Phil.,  Bibliogr.  1879,  No.  952  —  J.  C.  Fundescu,  Litera- 
tura populara.  Buc.  1875  (Märchen,  Glückwünsche,  Possen  und  Räthsel  mit 
einer  Einleitung   von  Hasdeu   über  Volkslitt. ,    vgl.    Bibliogr.    d.   Ztschr.    f. 


Das  Kumünischc.  S33 

rom.  Phil.  1S75/T6,  No.  S22  —  Paxu,  Kuledzero  de  provurburi  sau  ]mvestea 
vorbii.  Buc.  1852/53,  3  Thle.  —  HlXTKscv,  Proverbelc  Komaniluru  adunate 
§i  edate.  Uuc.  IST"  —  *TEül)üUKSCr,  Ccrcetan  asupra  piuverbolorü  romdne, 
studiu  critic  si  bibliografic.  Buc.  1877,  vgl.  Bibliogr.  d.  Ztschr.  f.  rom. 
Phil.  1877,  No.  664  —  *l8PmESCU  ,  Snove  sau  povcsti  populäre  adunate 
din  gura  poporului.  2.  Ausg.  Buc.  1879  —  M.  Gasteu,  Das  türkische 
Zuckungsbuch  in  Rum.,  in:  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  IV  66,  vgl.  Archiv  f.  slav. 
Phil.  V.  469  -r  CONTINESCU,  Probe  de  limba  ^i  literatura  Tsiganilor  din 
Jioniania.     Buc.  1S7S. 

Mari.\X,  Ornitologia  poporana  romäna.     Cernauti  IH'^'.i.  2  Bde. 

ScHWAKZi'ELD,  Practica  .si  apropuirelc  lui  Cilibi  Meise  vestitul  din  tiara 
romaneasca  adunate  si  aranjate  dupo  materii  si  precedate  de  biografia  lui 
Cilibi  Moise.     Craiova  1883. 

B.  R. ,  Aus  der  Sagenwelt  der  siebenbürger  ^Valachen,  in :  Augsburg. 
AUg.  Ztg.  1875,  No.  156  Beilage. 

*Akthi'R  und  Altert  Schott,  Walachische  Mährchen.  Stuttgart  und 
Tübingen  1845  (Uebersetzungen  mit  AverthvoUer  Einleitung)  —  Rumän. 
Volkspoesien,  gesammmelt  von  Alexaxdri  ,  übers,  von  W.  v.  Kotzebue, 
Berlin  1857  —  *M.  Kremxitz.  Rumän.  Skizzen.  Buc.  1877,  (»meisterhafte 
Uebersetzungen  von  Originalnovellen  und  Mährchen  von  Slavici,  Negruzzi, 
Gane,  Odebescu  u.  A.«  Bibliogr.  d.  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  1877,  No.  658), 
und:  Rumänische  Mährchen ,  übers,  von  M.  K.  Leipzig  1882  —  Vizolt, 
Sprüch-wörter  des  rumän.  Volkes  gesammelt  und  übersetzt.    Pancsova  1883. 

d,  Von  Monographien  über  die  rumän.  Kunstdichtung  sind  dem  Verf. 
der  Encycl.  leider  nur  folgende  wenige  bekannt  geworden :  H.  Klein,  Zur 
Litt,   der  Rumänen,    in:    Mag.   f.  Lit.   des  In-  und  Auslandes  1880,    No. 

2  u.  3  —  C.  Schrattenthal,  Zur  Gesch.  der  rum.  Litt.  u.  des  rum. 
Theaters,  in:  Deutsche  Monatsblätter  11  Heft  4,  Januar  1879  (Bremen,  — 
A.  M.\RKI,  Rum.  Schriftsteller  aus  dem  Komitat  Bihar,  in:  Hist.  Ztschr. 
N.  F.  XIV  181  —  BlANL-,  Poesia  satirica  la  Romäni.  Buc.  1881.  Vgl.  S.  834. 

Noch  sei  hier  erwähnt,  weil  anderwärts  ein  passender  Platz  sich  nicht 
bot:  Roque-Ferrier ,  La  Roumanie  dans  la  litt,  du  midi  de  la  France, 
in:  R.  d.  1.  r.  3  s.  VI  143. 

e)  Einige  Ausgaben:  Codrescu,  üricariul  cuprindetor  de  Crisove 
etc.  Jassi  1851/76.  6  Bde.  Andere  Urkundensammlungen  s.  oben  S.  795  — 
Ueber  HasdeVs  Cuvente  din  bäträni  s.  oben  S.  795  —  *M.  Copulniceanv, 
Cronicele  Romäniei  sau  Letopi^itele  Moldaviei  si  Valachiei.  2  Ausg.  (mit 
Tafeln  zur  Uebersicht  der  rum.  Geschichte  von  1766  bis  1866;.   Buc.  1*^72  74. 

3  Bde.  —  G.  Urechi,  Chronique  de  Moldavie  depuis  le  milieu  du  XIV  s. 
jusqu'  ä  l'an  1594.  Texte  roumain  avec  traduct.  frcse  etc.  par  E.  Picüt, 
Paris  1878  —  Psaltirea  publicata  romänesce  la  1577  de  Diaconulü  Coresi. 
Neue  Ausg.  mit  bibliogr.  Apparate  u.  Glossar  von  P.  HasDEU,  Buc.  18$0/S1, 
2  Bde.  —  DcsoETElu,  Psaltirea  in  versuri.  Jassi  1673  ;erstes  rum.  Litteratur- 
denkmal  in  rliythmischer  Form)  —  Dottrina  christiana  tradotta  in  lingua 
valacha  dal  padre  ViTO  PiLUTIO  DE  ViGNANELLO.  Rom.  1677  —  Conser- 
viciu  divinu  care  contine  mai  multe  rogaeiuni  si  cantari  de  la  inserare, 
manicare   §i   liturghie.     Buc.    1881    —   Gaster,   Texte   romane   inedite  din 

Körting,  Encyklopfidie  d.  rom.  Phü.    HL  53 


834  Das  Rumänische. 

secolo  XVII  in :  Rev.  pentru  Storia  etc.  I  74,  und :  Die  rum.  Condemnatio 
uvae,  in :  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  lU  399  —  [Teodorescu  ,  Viata  si  operile 
lui  Eufrosinü  Patec,  in;  Rev.  pentru  Storia  etc.  11.   1.] 

Zur  Aufstellung  eines  dem  Zwecke  dieses  Buches  entsprechenden  Ver- 
zeichnisses über  die  neurum.  Litteratur  fehlte  dem  Verf.  leider  das  er- 
forderliche bibliographische  Material.  •; 

Nachtrag.  Zu  c)  :  *K.  Nyrop  ,  Romanske  Mosaiker.  Kopenhagen 
1885  (besonders  Kap.  4)  —  Rumänische  Dichtungen,  deutsch  von  Carmen 
Sylv.\,  herausg.  von  M.  Kremxitz.  Leipzig  1881.  —  Zu  e) :  Sbiera,  Co- 
dicele  Veronetean  cu  un  vocabulariü  §i  studiü  asupra  lui.  Czemowitz  1885, 
vgl.  Literaturbl.  f.  germ.  u.  rom.  Phil.  1886  April. 


Schlusswort. 

So  lückenhaft  die  den  einzelnen  Abschnitten  dieses  Werkes 
beigefügten  bibliographischen  Angaben  auch  immer  sein  mögen, 
so  dürfte  doch  immerhin  aus  ihnen  zu  ersehen  sein,  dass  auf 
dem  Gebiete  der  romanischen  Philologie  bereits  Vieles  und 
Bedeutendes  geleistet  worden  ist.  Gleichwohl  bleibt  noch 
Vieles,  auf  einigen  Einzelgebieten  selbst  beinahe  noch  Alles 
zu  thun  übrig,  so  dass  also  der  künftigen  Forschung  und  Dar- 
stellung ein  noch  weiter  Raum  zur  liethätigung  offen  und  frei 
vorliegt.  Auf  die  in  den  Einzelgebieten  klaffenden  Lücken 
der  bisherigen  Behandlung  wurde  an  geeigneten  Stellen  bereits 
hingewiesen,  hier  aber  werde  auf  etwas  aufmerksam  gemacht, 
was  das  Allgemeine  betrifft.  Für  über  das  Gesammtgebiet 
sich  erstreckende  Untersuchungen  fehlt  es  noch  sehr  an  Unter- 
lagen ,  an  übersichtlichen  Zusammenstellungen  des  Materiales 
und  der  einschlägigen  Litteratur.  Wer  beispielsweise  gegen- 
wärtig eine  bestimmte  Laut-  oder  Form-  oder  Wortentwickelung 
durch  alle  romanischen  Idiome  verfolgen  will,  muss  sich  die  er- 
forderlichen Einzeldaten  mühselig  selbst  zusammensuchen,  wo- 
bei ihm  stets  die  Gefahr  droht,  in  Folge  der  Mangelhaftigkeit 
der  ihm  zu  Gebote  stehenden  Hülfsmittel  Vollständigkeit  nicht 


1)  Aus  dem  gleichen  Grunde  konnte  auch  ein  Paragraph  über  rumän. 
Rh)-thmik  nicht  gegeben  werden. 


Schlusswort.  S35 

erreichen  zu  können.  In  Dikz'  Grammatik  und  Wörterbuc-li 
sind  ja  allerdings  die  llauptdaten  für  die  Si)raehgeschichte 
bereits  zusammengestellt,  aber  im  Einzelnen  fehlt  Vieles  (und 
niuss  Vieles  fehlen'  ,  dessen  die  heutige  Forschung  bedarf. 
Es  sei  z.  B.  daran  erinnert,  dass  Die/,  das  Käto-Romanisclie  und 
die  italienischen  Dialecte  nur  gelegentlich  berücksichtigt  hat 
und  berücksichtigen  konnte  ,  aber  gerade  diese  Idiome  sind 
fiir  die  vorwärts  strebende  sprachliche  Forschung  von  höchster 
Wichtigkeit.  Und  ähnliche  Bemerkungen  Hessen  in  Fülle  sich 
machen.  Ueberdies  ist  es  ja  selbstverständlich,  dass  Diez'  Werke 
dem  gegenwärtigen  Standpuncte  der  vorgeschrittenen  Wissen- 
schaft nicht  voll  und  ganz  zu  entsprechen  vermögen ;  nament- 
lich gilt  dies  von  der  in  der  Gramm,  gegebenen  Lautlehre, 
die  allzusehr  nur  liuchstabenwandellehre  ist.  Es  scheint  dem- 
nach, dass  CS  für  die  Förderung  der  roman.  Philologie  sehr 
nutzbringend  sein  könnte,  wenn  einmal  etwa  die  folgenden 
Materialienzusammenstellungen  gemacht  würden : 

a)  für  die  Lautlehre:  tabellarische,  nach  lautphysiolo- 
gischen Grundsätzen  geordnete  Uebersicht  der  verschiedenen 
Erscheinungsformen,  in  denen  die  einzelnen  lateinischen,  bzw. 
germanischen,  arabischen,  slavischen  etc.  Laute  und  Laut- 
combinationen  in  den  romanischen  Einzelsprachen  und  wich- 
tigeren Dialecten  sich  darstellen. 

b;  für  die  Formenlehre:  tabellarische  Uebersicht  der 
verschiedenen  Gestaltungen,  in  denen  die  lateinischen  Wort- 
flexionsformen, in  Sonderheit  diejenigen  des  Verbums,  in  den 
romanischen  Einzelsprachen  und  wichtigeren  Dialecten  sich 
darstellen,  wobei  selbstverständlich  auch  die  durch  Formen- 
schwund entstandenen  Lücken  und  ebenso  die  eingetretenen 
Kedeutungsverschiebungen  der  Formen  anzugeben  sein  würden, 
nicht  minder  auch  die  verschiedenen  Ersatzweisen  der  auf- 
gegebenen lat.  Formen. 

c)  für  die  Syntax:  tabellarische  Uebersicht  der  in  den 
roman.  Einzelsprachen  und  wichtigeren  Dialecten  üblichen 
Ausdrucksweisen  der  IJeziehung-en  zwischen  den  einzelnen 
Satzgliedern  und  zwischen  den  logisch  zu  einer  Periode  ver- 
bundenen Sätzen:  vorauszuschicken  wäre  eine  Uebersicht  über 
die  syntaktischen  Functionsbereiche  der  einzelnen  im  Roma- 
nischen vorhandenen  Wort-  und  Wortformenkategorien,  wobei 

53* 


!536  Schlussvrort. 

sowohl  das  Schriftlatein  als  auch,  soweit  dies  möglich,  das 
Volkslatein  zu  vergleichen  sein  würde. 

d)  für  die  Wortlehre:  a)  Zusammenstellung  derjenigen 
lat.  Worte,  welche  in  alle  roman.  Sprachen  auf  volksthüm- 
lichem  Wege  übergegangen  sind,  mit  Angabe  der  betr.  verschie- 
denen romanischen  Lautgestaltungen  und  der  etwa  eingetrete- 
nen l^edeutungswandelungen,  wenn  möglich  auch  mit  Berück- 
sichtigung der  verschiedenen  Entwickelungsperioden  wenigstens 
der  wichtigeren  Einzelsprachen,  ß)  Zusammenstellung  der  lat. 
Worte,  welche  nur  in  einzelne  romanische  Sprachen  und  wich- 
tigere Dialecte,  bzw.  nur  in  eine(n)  derselben  auf  volksthüm- 
lichem  Wege  übergegangen  sind.  /)  Zusammenstellung  der 
in  alle  roman.  Sprachen  übergegangenen  germanischen  Worte 
mit  Angabe  der  verschiedenen  Lautgestaltungen  derselben  und 
der  etwa  eingetretenen  Bedeutungswandelungen,  d]  Zusammen- 
stellung der  nur  in  einzelne,  bzw.  in  eine  rom.  Sprache(n) 
übergegangenen  germanischen  Worte,  e]  Zusammenstellung 
der  auf  volksthümlichem  Wege ,  sei  es  durch  Yermittelung 
des  Lateins,  sei  es  anderswie  in  alle  oder  einzelne  oder  eine 
romanische  Sprache  übergegangenen  griechischen  Worte,  l)  Ta- 
bellarische Uebersicht  über  den  Umfang  und  die  Art  der  An- 
wendung der  lateinischen  Wortbildungssuffixe  in  den  roman. 
Einzelsprachen  und  wichtigeren  Dialecten.  r;)  Eine  ebensolche 
Uebersicht  über  die  germanischen  Suffixe.  ^)  Tabellarische 
Uebersicht  über  Umfang  und  Art  der  Eildung  von  Compositen 
•Juxtapositen  in  den  romanischen  Einzelsprachen  und  wich- 
tigeren Dialecten. 

Bei  der  Ausführung  der  angegebenen  Arbeiten  würde  es 
gelten,  sich  auf  das  rein  Thatsächliche  und  zweifellos  Fest- 
stehende zu  beschränken,  also  alles  Zweifelhafte  und  Proble- 
matische auszuschliessen  oder  doch  nur  einfach  als  solches  zu 
registrieren,  etwa  mit  Beifügung  eines  Fragezeichens.  Fs 
müssten  eben  diese  Arbeiten  nur  Materialzusammenstellungen 
sein,  wekhe  anzustellenden  Untersiichungen  als  Grundlage  zu 
dienen,  nicht  aber  selbst  Untersuchungen  in  sich  zu  schliessen 
bestimmt  sind,  vergleichbar  den  statistischen  Tabellen,  welche 
dem  Nationalökonomen  die  Unterlagen  für  die  Entwicklung 
seiner  Theorien  abgeben.  Es  Avürden  recht  nüchterne  und  in 
gewissem    Sinne    sogar   mechanische,    wenn   auch   keineswegs 


Schlusswort.  837 

leichte  Arbeiten  sein  und  dennoch  gewiss  sehr  verdienstliche. 
So  lange  sie  fehlen .  wird  die  Forschung  vielfach  auf  unzu- 
reichendem und  unsicherem  Hoden  sich  bewegen  und  nament- 
lich auch  mehr  oder  weniger  der  kritischen  Controle  ent- 
zogen sein. 

Auch  für  die  Litteraturgeschichte  wären  über  das  Ge- 
sammtgebiet  der  roman.  Philologie  sich  erstreckende  Zusammen- 
stellungen von  Materialien  sehr  wohl  ausführbar  und  gewiss 
wünschenswerth.  Namentlich  würde  die  \'ervollstiindigung  der 
schon  vorhandenen  Bibliographien  anzustreben  sein. 


DiEz,  der  Begründer  der  romanischen  Philologie,  be- 
herrschte und  bearbeitete  das  Gesammt gebiet  der  von  ihm 
ins  Leben  gerufenen  "Wissenschaft.  Dem  Meister  gleich- 
zukommen ist  selbstverständlich  nur  wenigen  auserwählten 
seiner  unmittelbaren  und  mittelbaren  Schüler  vergönnt  ge- 
wesen, aber  ihm  gleichzukommen  haben  doch  alle  diejenigen 
gestrebt,  welche  wirklich  wissenschaftliche  Ziele  verfolgten 
und  im  Studium  nicht  bloss  ein  Mittel  und  einen  Durchgang 
zum  Broterwerb  erblickten.  Möge  dies  Streben  nach  Be- 
hen'schung  des  Gesammtgebietes  auch  fernerhin  lebendig  blei- 
ben im  Kreise  der  romanischen  Philologen  1  Nur  dann  wird 
auch  auf  den  Einzelgebieten  weiterer  Fortschritt  möglich  sein, 
denn  nur  aus  dem  Ganzen  wird  das  Einzelne  erkannt. 


Berichtigungen. 


S.     Ol  Z.  15  V.  o.  statt  Bo'if  lies  Baif. 

S.     64  Z.  22  V.  u.  statt  Pelissot  lies  Pelissoli. 

S.     "3  Z.  15  V.  u.  statt  des  Sinnes  lies  dem  Sinne. 

S.     80  Z.  14  V.  o.  statt  Courier  lies  Courrier. 

S.   112  Z.  10  V.  u.   statt  guardat  :  ahnet  lies  guardat  :  guardet. 

S.  114  Z.  10  V.  o.  statt  integram  lies  inte  gram. 

S.  115  Z.  3  V.  u.  statt  bergier  lies  bregier. 

(S.  136  Z.  26  V.  u.    Das  Buch  von  Thommerel  erschien  1S41.) 

S.  139  Z.  15  V.  u.  statt  on  lies  oU. 

S.  139  Z.  8  V.  u.  statt  Veiter  lies  Victor. 

S.  175  Z.  6  V.  o.  statt  die -lies  das. 

S.  175  Z.  13  V.  o.  statt  pouce  lies  ponce. 

S.  178  Z.  17  V.  u.  statt  lateinischen  lies  lateinische. 

S.  183  Z.  19  V.  u.  streiche  sich  (sachlich  werde  bemerkt,  dass  hin- 
sichtlich des  Nominativ-s  das  Sardische  dem  Provenzalischen  und  Altfran- 
zösischen keineswegs  gleichgestellt  werden  darf,  wie  dies  nach  dem  nicht 
ganz  vorsichtigen  Ausdrucke  auf  der  angegebenen  Seite  scheinen  könnte, 
denn  nur  wenige  Substantive  zeigen  Nominativ-s  oder  bekunden  sich  sonst 
als  aus  dem  Nominativ  entstanden,  vgl.  Hofmann,  Die  logudoresische  und 
campidanesische  Mundart.  Marburg  1885,  p.   125). 

S.  192  Z.  5  V.  o.  statt  chantorem  lies  Cantorem  und  nach  seigneur 
schiebe  ein  =  seniorem. 

S.  192  Z.  7  V.  o.  statt    =  majeur  lies  =  majorem. 

S.  192  Z.  14  V.  u.  statt  (cieux)  lies  (cielsj. 

S.   192  Z.   11  V.  u.  statt  chevau  lies  cheveu. 

S.  198  Z.  12  V.  o.  lies:  Neutr.  sg.  c.  r.  il  und  cas.  obl.  le. 

S.  203  statt  §  11   setze  §  11^  und  dem  entsprechend  S.  204  §  11»^. 

S.  226  Z.  13  V.  o.  statt 'l  setze  A. 

S.  229  Z.  5  V.  u.  statt  veranlasste  lies  veranlasster. 

S.  252  Z.  2  V.  u.  im  Texte  statt  Ayrer  lies  Ayer. 

S.  282  Z.  5  V.  u.  im  Texte:  statt  en  lies  un. 

S.  301  Z.  13  V.  u.  statt  de  lies  des. 

S.  319  Z.  1   V.  o.  statt  Viallet  lies  Viollet. 

S.  336  Z.  2  V.  u.  im  Text  statt  G.  KÖRTING  lies  H.  KÖRTING. 

S.  350  Z.  24  V.  u.  statt  Grevin  lies  Grevin. 

S.  367  Z.  5  V.  o.  statt  Jürgens  lies  Jürging. 

S.  430  Z.  24  V.  u.   statt  A^'ildremuth  lies  Wildennuth. 

S.  447  Z.  14  V.  o.  statt  agran  lies  agron. 

S.  472  Z.  8  V.  o.  statt  Roland  lies  Girartz. 

S.  535  Z.  18  V.  u.  im  Text  statt  Diable  lies  Diablo  (ebenso  S.  537 
Z.  5  V.  u.   und  S.  554  Z.  8  v.  o.). 

S.  716  Z.   12  V.  u.  statt  Allighiere  lies  Allighieri. 

S.  734  Z.  4  V.  o.  statt  MiNoi.A  lies  Minoia. 

S.  738  Anm.  Das  dort  erwähnte  Autograph  Petrarca's  ist  ganz  neulich 
wirklich  aufgefunden  worden,  vgl.  Münchener  Allg.  Ztg.  vom  7.  Juni  1S86. 

S.  742  Z.   12  V.  o.  statt  159S  lies  149S. 

S.  748  Z.  6  V.  o.  statt  scritto  lies  scritta. 

S.  756  Z.  12  V.  u.  statt  Komnisclien  lies  llomanischen. 

S.  808  ff.  Da  die  von  Tiktin  gebrauchten  Typen  für  gutturales  a  und 
i  der  Druckerei,  wenigstens  tlieilwcise,  felilten,  so  mussten  dafür  a  und  i 
gesetzt  werden.  Ein  wesentlicher  Nachtlieil  dürfte  daraus  nicht  entstanden 
sein,  da  sich  ja  leicht  erkennen  lässt,  wann  ?  den  gutturalen  und  wann  es 
den  semisonen  Laut  bezeichnet. 


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