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Full text of "Englische studien. Organ für englische philologie unter mitberücksichtigung des englischen unterrichts auf höheren schulen"

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ENGLISCHE 
STUDIEN. 


Organ fiir englische philologie 


unter mitberticksichtigung des englischen unterrichtes auf höheren 
schulen. 


Herausgegeben von 


pr. EUGEN KÖLBING, 


0. 6. professor der englischen philologie an der universität Breslau. 


® od 


“. 


; ed 
has - ao e ~ 22a . 
° P} 2 vs 2 . „ » >» “u & 


Leipzig. 
O. R. REISLAND. 
1891. 


Unberechtigter nachdruck aus dem inhalt der Engl. studien ist untersagt. 
Uebersetzungsrecht vorbehalten. 


162597 


G. Otto's Hof-Buchdruckerei in Darmstadt. 


INHALT DES FUNFZEHNTEN BANDES. 


Zu Torrent of Portugal. Von 7. Zupitea nen 
Uber Dryden’s heroisches drama. Von A Holzhausen, " (Fortsetzung) 


Über die echtheit der Edmund Spenser zugeschriebenen „Visions of Petrarch“ 


and „Visions of Bellay“. Von Z. Koeppel . . 
Die mittelenglische romanze Richard Coeur de Lion und ihre quellen. 
Von F. Fentsch . . 
Collationen. Von Z. Kéolbing . . 
Der verfasser von ‘Soliman and Perseda’. Von G. Sarasin . . 
The works of Beaumont and Fletcher. (Continuation). By Z. F. Oliphant 


Il. 


Dativ und accusativ im Englischen. Von G. Wendt . 
Anmerkungen zu Macaulay’s History. VIII. Von R. Thum. . 
Die phonetik im sprachunterricht und die deutsche aussprache. Von 

A. Rambeau en 
Schwedische examenverhältnisse. Von 7. Klingharat . 


LITTERATUR. 


L 


Theodor Siebs, Zur geschichte der englisch-friesischen sprache. I. Halle 


1889. M. Niemeyer. Ref. 7. #, Minssen 
Bibliothek der angelsächsischen prosa. Begründet von Christian W. M. 
Grein. Fortgesetzt unter mitwirkung mehrerer fachgenossen von £. P. 
Wülker. 3. band: Angelsächsische homilien und heiligenleben. Her- 
ausgeg. von Bruno Assmann. Kassel 1889. Wiegand. Ref. O. Brenner 
Elene; Judith; Athelstan, or the fight at Brunanburh; and Byrhtnoth, or 


the fight at Maldon; Anglo-Saxon Poems translated by James M. Garnett. 


Boston 1889. Ref. O. Brenner 


108 


15 


AAS 


IV Inhalt 


G. Schmeding, Jacob Thomson, ein vergessener dichter des achtzehnten 
jahrhunderts. Braunschweig 1889. C. A. Schwetschke und sohn. 
Ref. 17. Koch ; 

Ludwig Wattendorf, Yssay sur Vinfluence que “Shakespeare a a exercée sur 
la tragédie romantique francaise. Premiere partie. — Essay on the 
influence which Shakespeare exercised on the French Romantic Tragedy. 
A literary Sketch. Second Part. Programm der städtischen oberreal- 
schule zu Coblenz 1888 und 1889. Ref. JZ Koch . 

Hermann Midler, Grundlegung u. entwickelung des characters Richard’s in. 
bei Shakespeare. Programm des realeyranasiuns zu Dortmund. 1889. 
Ref. WM. Koch 

K. Markscheffel, Thomas Kyd's tragddien. "Jahresbericht des realgymnasiums 
zu Weimar. 1886 und 1887. Ref. M. Koch . . 

George A. Aitken, The Life of Richard Steele. London 1889. Ref. 
E. Regel en 

Friedrich von Westenhols, Über Byron’s historische dramen. Ein beitrag 
zu ihrer ästhetischen würdigung. Stuttgart 1890. F. Frommann. Ref. 
E. Kölbing 

Le Morte Darthur by Sir Thomas Malory. The original edition of William 
Caxton now reprinted and edited by #7. Oskar Sommer. 1. Text. 
II. Introduction. London, David Nutt. 1889. 1890. Ref. Z. Kellner 
und £. Kolbing . 

Karl D. Bülbring, Geschichte der ablaute der starken zeitwörter innerhalb 
des Südenglischen. (Quellen und forschungen zur sprach- und cultur- 
geschichte der germanischen völker. Herausgegeben von B. ten Brink, 
E. Martin, E. Schmidt, 63. heft). Strassburg, Trübner, 1889. 

Adolph Wackerzapp, Geschichte der ablaute der starken zeitwörter inner- 
halb des Nordenglischen. Theil I. Die ablaute in den einzelnen denk- 
mälern. Münstersche dissertation. 1890. 

Ref. 17. Kaluza . . - 

Gustav Schleich, Über das verhältniss der mittelenglischen r romanze Ywain 
and Gawain zu ihrer altfranzösischen quelle. (Wissenschaftliche bei- 
‚lage zum programm des Andreas-realgymnasiums zu Berlin. Ostern 
1889). Berlin (R. Gärtner) 1889. Ref. 7. Kaluza 

F. Spanier, Der “papist’ Shakespeare im Hamlet. Trier 1890. Druck 
und verlag der Paulinus-druckerei. Ref. M. Koch . oo. 

Thomas Tyler, Shakespeare’s sonnets edited with notes and introduction. 
With portraits of William Herbert, earl of Pembroke; of his mother 
Mary, countess of Pembroke; and of Mrs. Mary Fitton. London, David 
Nutt, Strand W. C. 1890. Ref. M. Koch . 

Karl Theodor Gaederts, Zur kenntniss der altenglischen bühne nebst andern 
beiträgen zur Shakespearelitteratur. Mit der ersten authentischen innern 
ansicht des Schwan-theaters in London und nachbildung von Lucas 
Cranach’s Pyramus und Thisbe. Bremen 1888. C. Ed. Müller. Ref. 
L. Frénkel . en 

The Compleat English Gentleman. By Daniel Defoe. "Edited for the First 
Time from the Author’s Autograph Manuscript in the British Museum, 


Seite 


117 


118 


120 


424 


427 


429 


431 


433 


438 


Inhalt 


with Introduction, Notes, and Index. By Karl D. Bülbring. London 
Published by David Nutt. MDCCCXC. Ref. F. Bobertag . . 

The Century Dictionary. An Encyclopedic Lexicon of the English 
Language. Prepared under the superintendance of W. D. Whitney. 
Vol. I. New York: The Century Co. London: P. Fisher Unwin. 
Ref. A. LZ. Mayhew . 


Il. 
SCHULAUSGABEN. 


Sammlung französischer und englischer schriftsteller für den schul- und 
privatgebrauch. Ausgaben Velhagen & Klasing. English Authors. 
40.—48. lieferung. Ref. C. 7%. Lion . 

Textausgaben französischer und englischer schriftsteller “for den schulge- 
brauch. Gera (Reuss). Dr. Herm. Schlutter’s verlag. 

1) Julius Caesar by William Shakespeare. Herausgegeben von 
Ludwig Proescholdt. 1889. 2) Auswahl englischer dichter von 
Ernst Regel. 1890. Ref. C. Th. Lion . 

Englische übungs- bibliothek zur benutzung an höheren lehranstalten. sowie 
zum privatstudium, herausgegeben von Zangen. Dresden. L. Ehler- 
mann. Ref. A. Würsner 


METHODISCHES. 


Bruno Heims, Uber die aneignung des wortschatzes beim unterricht in den 
neueren sprachen nebst einem systematischen vokabular für das Eng- 
lische auf den unterstufen. VI. programm der Hansa-schule in Berge- 
dorf bei Hamburg. 1889. Ref. W. Swoboda . 

Die phonetik im neusprachlichen unterricht der höheren lehranstalten. 
Vierte direktorenversammlung in der provinz Schleswig-Holstein. Berlin, 
1889. Weidmann. Ref. 7. Klinghardt 

W. H. Widgery, The Teaching of Languages in Schools. London, David 
Nutt, 270 Strand W. C. 1888. Ref. 7. Klinghardt . 


GRAMMATISCHES. 


E. Nader und A. Wirener, Elementarbuch der englischen sprache. Wien. 
Alfred Hölder. Ref. 7. Alinghardt . 


Georg Dubislav und Paul Boeck, Elementarbuch der englischen sprache für 


höhere lehranstalten. Berlin 1890. R. Gaertner. Ref. W. Swoboda . 

Degenhardt, Lehrgang der englischen sprache. 50. verbesserte auflage. In 
zeitgemässer neubearbeitung. 1. Grundlegender theil. Dresden, 1890. 
Ehlermann. Ref. 4. Krummacher 


Seite 


445 


127 


136 


138 


141 


143 


458 


147 


149 


Inhalt 


Vater el Wariner. Flementarbuch der englischen sprache. Ausgabe für 
Deutschland Wien und Leipzig. 1889. Ref. IF, Mangold . 
Gere Dubistar wind Paul Berek Schulgrammatik der englischen sprache 
ti höhere lehranstalten. Berlin agi. R. Gaertner. Ref. IP. Swoboda 

Feling - Koch. Lelubuch der englischen sprache. Theil III. Oberstufe: 
Wissenschattiiche eranmmatik der engl. spr. besonders für die oberklassen 
höheren dehranstdten und zur einführung in das universitätsstudium. 
Noch der 17. auflage von prof. Fölsing’s „Lehrbuch für den wissen- 
scludtlichen unterntieht in der engel. spr.” neu besibeitet von John Kock. 
Berlin. E Goldschmidt. Ref. G. Wendt. 


MISCELLEN. 


Zu Kal Wenders Vorlesungen über Shakespeare's Macbeth. Von Z. Adding 
Zur geschichte von Shakespeares bekanntwerden in den Niederlanden. Von 
lL. Frünkel ee 
Ae. wurde (werd) divnus wit dem dav, Von 7. Zrast Widfag 
Beiträge zur kenntniss des englischen Kıeolisch. IH Das Indo-Englische. 
Von 7/7 Schuchar.dt . rn . 
Beiträge zur erklärung und text ik alt- uid nittelenglischer denkmäler. 
Von ZU Zlolthausen . >» 2.2 2200. ee 
Shakespeare miscellen, Von FÜ AL Janssen 22 2 on nn 


1. 


Die Conference on the teaching ef modern languages in Cheltenham am 
11. und 12. April 1890. Von II” Vietor en . 
Die genetische erklärung sprachlicher ausdrucksformen im unterricht. Von 
II. Klinghardt .. . en 
Die „neue methode“, im Lateinunterricht sowie im Deutschunterricht der 
volksschule. Von 27, Alinghardt . en 
Zu K. H. Schaible's Geschichte der Deutschen in England. Nachtrag. 
Von A. Feverahend 2 ee 


ZU SIR TORRENT OF PORTYNGALE. 


meter Ce 


1. V. 6 ist überliefert And in thy seruyse to ende. Kaluza, 
Engl. st. XII, 436, hat As für /4y vorgeschlagen, offenbar weil er 
God v. ı wegen des darauf bezüglichen relativsatzes that ys worthy 
and bold als subject nehmen zu müssen geglaubt hat: God... 
Yerre vse grace... his seruyse to ende. Aber man braucht nicht 
zu ändern, da man trotz der 3. pers. in dem relativsatze doch 
God als vocativ fassen kann ; vgl. Mätzner, Gr.? 2, 156; zu Athel- 
ston 420 (E. st. XIII, 389). Auch bei Shakspere 2 Hen. VI ı, 
I, IQ heisst es O Lord, that lends me life, Lend me a heart repleate 
with thankfulnesse: For thou hast giuen me u. s. w. (vgl. Abbott 
S 247[2]). V. 5 ist, da /o ende v.6 nur von Yeve vse grace v. 4 
abhängen kann, als zwischensatz in klammern zu setzen. | 

2. V. 8 Ale doughtty men fat euyr hathe byn scheint mir 
nicht richtig erhalten. Wir müssten darin doch eine anrede an 
dic zuhörer sehen (Ale = Alle), aber was soll dann Jat euyr hathe 
6yn? Auch widerspricht einer solchen auffassung /Aey in v. 9 Wher 
so that they lende. Ich möchte meinen, dass Ale aus Of entstellt 
ist: das komma hinter v. 7 ist dann natiirlich zu streichen: ‘Wenn 
ihr eine zeit lang hören wollt von tüchtigen mannern’ u. s. w. 
Aber auch dann befriedigt jat euyr hathe byn nicht besonders: 
steht ezyr vielleicht für eve, are 'früher’? vgl. Eglamour 4 ff. And 
yf ye ony yoye wylle here Of them, that beforne us were, That leved 
in grete honowre, Y shalle telle yow of a knyght. 

3. V. 16 schliesst sich, wie Kaluza a. a. o. 436 richtig 


gesehen hat, nicht recht an das vorhergehende an. Ich mächte 
E Kölbing, Englische studien. XV. 1. \ 


meinen, dass vor diesem verse die g letzten zeilen der einen 
strophe und die 3 ersten zeilen der anderen weggefallen sind. 
Von dem vater des helden wird etwas ausführlicher gehandelt 
und dann wohl auch erwähnt worden sein, dass er sich ver- 
heiratet habe: darauf konnte es heissen Sone aflyr he had a sone. 
Ist meine vermutung richtig, dann ist wygh¢t in v. 15 schwerlich 
das ursprüngliche reimwort. 

4. Nach v. 52 ist statt des kommas bei Halliwell und Adam 
ein punkt zu setzen, da das folgende etwas ganz neues ist. 

5. V. 82 ist die wortstellung unnatürlich AZ fayer forestes 
Tellvthe downe he. Ich glaube, cs ist zu schreiben Ay ff. downe 
he felles und dann im nächsten vers /r /hat contre and ryche castelles: 
die hs. hat And ryche castelles in that contre. 

6. V. 100 ist wohl zu schreiben [Vth the gyant for to fygit. 
Die hs. hat hinter gyar? noch Aeygh, das seinen ursprung ver- 
mutlich den worten gyant hyght in der nächsten zeile verdankt. 

7. V. 125 f. vermute ich Jv a forest longe and brode, Pat 
symly wase to sene. Die hs. hat And statt Paz. 

8. Kaluza (Engl. st. XII, 437) hat gewiss recht, dass in 
v. 139 Serttes, yf I hym slepyng slone das wort am ende nur inf. 
oder part. perf. pass. sein kann: er will ein wot oder had davor 
einschieben; man kann auch an dyd für yf denken. 

9. V. 140 kann nicht richtig überliefert sein; denn ohne 
zweifel will Torrent sagen, dass er den riesen nicht im schlafe 
töten dürfe. Freilich kann ich nicht mit bestimmtheit sagen, wic 
zu ändern ist: man kann daran denken, Manly statt Manfull zu 
setzen: Manly dede were yt none, ‘es wäre keine männliche that ; 
aber man könnte auch schreiben 4 manfull dede were yt wone (zu 
Athelston 577), es wäre eine schändliche that’. 

10. In Adam’s anmerkung zu v. 153 haben sich vier druck- 
fehler eingeschlichen: man lese annoyed st. anoyed, goar st. soar, 
Anitan st. huttan und streiche den punkt hinter ad. Mit nowyd 
weiss auch ich nichts anzufangen; Hall’s vorschlag scheint mir 
sprachlich und dem sinne nach unannehmbar. 

11, V. 187 f. lauten nach der hs. Ase the boke of Rome 
Zellys, They tornyd XXXII tymys. Adam hat des reimes wegen 
ellys für /ymys geschrieben unter berufung auf v. 558 f. As the 
boke of Rome tellythe, Of hys taylle he cut III elles. Aber ich zweifle, 
ob ellys für v. 188 passt. Es handelt sich da um Torrent und 
den riesen, die, mit einander ringend, einen berg hinunterrollen: 


Zu Sir Torrent of Portyngale 3 


sie drehten sich 32 mai um’ gibt einen guten sinn, nicht aber 
“sie drehten sich 32 ellen um’. Mir scheint hier die besserung 
durch einsetzung von synonymen ftir /edlys und Zymys gesucht 
werden zu müssen. Ich schlage vor Ase the boke of Rome kypys, 
They tornyd XXXII sypys. 

12. V. 198 hat Adam geschrieben Ase / herd in Rome: die 
hs. hat Ae statt 7 Zu der wiederholten berufung des dichters 
auf das boke of Rome scheint mir Jay besser zu passen, als /, 

13. Ich stimme Kaluza (Engl. st. XII, 434) bei, dass v. 
192 bis 204 in eine strophe zu bringen sind. Ich möchte aber 
hinter das v. 201 für warke zu setzende done eine stärkere inter- 
punktion (etwa einen doppelpunkt) setzen und dann fortfahren 
With a knyffe feyer and bryght Torrent with all hys myght Ther he 
gard hyme wone. In der letzten zeile lasse ich wzth hinter Zher 
weg (es wird aus dem vorhergehenden vers eingedrungen sein) 
und schreibe wone für dwel/. Kaluza’s herstellung von v. 204 lautet 
Therwith he gan hyme sion. . 

14. V. 229 schreibt Adam Zuo gattys off yron ther he fond: 
die hs. hat Zhe statt Zwo. Mir scheint eine änderung nicht 
notwendig. Der bestimmte artikel ist, da das gebäude vorher 
erwähnt worden, ganz berechtigt. 

15. V. 230 nimmt Adam an der überlieferung 7er in 
Torrent gan wonde keinen anstoss. Mir ist aber nicht bekannt, 
dass wonde im sinne von werde gebraucht wird. Ich möchte da- 
her meinen, dass wir in wonde das prät. des starken wurde sehen 
müssen, und dass gaz etwa durch ein adverbium, wie sone, zu 
ersetzen ist. 

16. V. 236 ist offenbar verderbt, aber Hall’s besserung, 
die Adam in den text aufgenommen hat, scheint mir nicht passend; 
denn warum soll ein christ nicht auch erschrecken? Adam’s eigene 
in die anmerkung verwiesene vermuthung befriedigt noch weniger. 
Mir scheint einige kühnheit nothwendig, wenn man in die stelle 
sinn hineinbringen will. Ich schlage vor Crystyn men, hym thowght, 
they were, verwandle also das erste thow in men hym und füge an 
das zweite gAf an; /hey bezieht sich auf men in v. 234. 

17. V. 265 f. sind in ganz verderbter gestalt überliefert: 
Say me now, fayer lady, Who owte thys plase schall hyght. Adam 
hat geschrieben Say me now, fayer lady, belyve, Who owte of thys 
plase schall me_dryve? Aber. Kaluza (Engl. st. XII, 437) lehnt 


diese änderung mit recht ab. Wie ihm, scheint auch mir v. 265 
ı* 


4 J. Zupitza 


in der hs. korrekt. In v. 266 dürfte wohl zunächst das wider- 
spiel des fehlers in v. 318 vorliegen, wo Adam mit recht oz? 
für ow geschrieben hat: an unserer stelle ist umgekehrt oz’? durch 
vw (= ae. @h) zu ersetzen; man erwartet, dass Torrent fragt, 
wer der besitzer des schlosses sei. Am ende des verses aber 
wird Ayght von dryghtv. 266 beeinflusst sein: wenn wir Ay schreiben, 
bekommen wir einen reim auf Jady. Für schall dürfte endlich etwa 
thys halle zu setzen sein. Also würde der ganze vers lauten [Iho 
ow thys plase, thys halle hy? 

18. V. 267 These tourres, that are so feyer and bryght ist 
natürlich zu lang. Adam hat /eyer and gestrichen: es wäre aber 
auch möglich, dass ¢hat are später zugesetzt ist. 

1g. Mit unrecht wendet sich nach meiner ansicht Kaluza 
(Engl. st. XII, 437) gegen Adam’s behauptung, dass hinter v. 276 
eine lücke anzunehmen sei. Ich glaube, dass die worte de thy 
fale v. 277 Sich unmöglich auf die frage Torrent’s v. 265 ff. be- 
ziehen können. Torrent muss wirklich etwas erzählt haben. 

20. V. 277 Zuyr me thynkythe be thy tale scheint mir ver- 
derbt. Ich nehme an, dass Zwyr zunächst an die stelle von Ay 
getreten ist, dies aber für As verschrieben oder verlesen war. 

21. V. 300 schreibt Adam für das überlieferte But onely 
gode a-lone, da der vers auf éryghi, dyght, nyght reimen muss, But 
onely godes myght. Der handschriftlichen lesart würde aber näher 
stehen But onely gode almyght. Das adj. almyght bietet die hs. 
wiederholt; vgl. v. 319. 1080. 1428. 1477. 1948. 

22. In v. 325 ist nach Kölbing’s zu Sir Tristrem 914 aus- 
gesprochener meinung /yve im reime gesetzt, obwohl vorher nur 
von fowyre good erlys sonnys die rede War; aber zu diesen vier 
jungen leuten (v. 308) ist der prinz (v. 305) als fünfter hinzuzu- 
rechnen. 

23. V. 325 ff. schreibt Adam Ozt he toke thys chyldyryn fyve, 
The feyrest that were on lyve, I-hold in anny sted ; er hat also /-hold 
als partic. genommen. Mir scheint es passender, / Aold (mit 
einem komma dahinter) getrennt zu schreiben: ich glaube‘ (vgl. 
Mätzner’s Wörterbuch II, 404 a unter « und über das synonyme / wene 
zu Athelston 184). 

24. Am anfange von v. 385 ist wohl With zu ergänzen 
(vgl. unten nr. 46) und dann nach v. 386 stärker zu interpungieren. 

25. V. 396 Messengyres to the weye braucht nicht geändert 
zu werden: Adam hat % in went, Kaluza in Engl. st. XII, 437 in 


Zu Sir Torrent of Portyngale 5 


Zoke verwandelt. Aber / steht, wie auch schon Kaluza bemerkt 
hat, ebenso v. 948 And to (alter druck Zoke) a redy weyye. Vgl. 
ferner Lydgate’s Guy of Warwick 62, 3 (Übungsbuch* p. 111) 
variante aus Harley 7333; Lydgate’s Isopus in der hs. Harl. 2251 
(Anglia IX, 9, 18) Whiche to a guarel, während die Cambridger 
hs. Whyche toke a quarell bietet (Archiv LXXXV, 24, v. 543). Es 
ist begreiflich, dass man zu dem inf. fz und part. perf. pass. Zaz 
ein prät. 4 bildete. 

26. Dass v. 435 für das aus mayne korrigierte mayney der 
hs. nicht, wie Adam gethan hat, maynerey, sondern mangery zu 
schreiben sei, hat Koeppel, Litteraturblatt 1890, sp. 19, bemerkt. 
Den in der überlieferung fehlenden reim hat Adam durch ein am 
schluss des verses angeflicktes rygh¢ hergestellt, ich möchte aber 
meinen, dass vielmehr make in dyght zu andem ist. Also A gret 
mangery let he dyght. 

27. V.507—509 hat Adam, ohne einen grund anzugeben, 
aus dem alten drucke genommen. Ich glaube, man kann sich 
bei der überlieferung der hs. beruhigen, wenn man v. 509 /ond 
im reime auf way, day, they durch say ersetzt. 

28. V. 516 f. At the schedyng of a rome Eche partyd other 
SJrome sind schwerlich richtig überliefert, obgleich sie in dem alten 
druck fast ebenso lauten: A/ a shedynge of a rome Eyther departed 
other frome. Für rome setzt Adam s. 115b fragend cross-way als 
bedeutung an. S. XI leitet er rome von ae. rum ab, aber wie 
soll man sich dann die entwicklung der bedeutung denken? 
Ausserdem möchte man nicht gerade für rome oder das wort, aus 
dem es entstanden ist, die bedeutung kreuzweg’ annehmen, sondern 
für schedyng af ar. Ich wage die vermuthung auszusprechen, dass 
yome aus rode verderbt ist. V. 517 könnte dann ursprünglich etwa 
Echs on from the other rode gelautet haben. 

29. V. 521 hat Koeppel, Litteraturblatt 1890, sp. 19, @ wellıs 
strond für a well strong vorgeschlagen, weil so der reim genau 
wird. Mir scheint es aber fraglich, ob man s/rond von einem well 
brauchte. Vielleicht ist @ zellis rond das richtige ? 

30. V. 525 He had hym nowght to were kann nicht gut 
richtig sein: Aym steht gewiss an falscher stelle. Indem ich zu- 
gleich des besseren rhythmus wegen ein /or einschiebe, schreibe 
ich He had nowght hym for to were. 

31. V. 533 lautet in der hs. Zy / haue or take othere of 
Anyght. Für othere ist natürlich order zu schreiben, wie auch Adam 


6 J. Zupitza 


gethan hat, der ausserdem or gestrichen hat. Kaluza Engl. st. 
XI, 437 bemerkt dazu, dass fam mehr als fake dem dialekt des 
denkmals entsprechen würde. Ich glaube, dass or ‘fake ursprüng- 
lich über Aaue gestanden hat und also eine glosse dazu ist. Es 
ist demnach zu lesen Zy// J haue order of knyght. 

32. V. 543 ist überliefert Of an on he wase stronge. Adam 
hat and für an geschrieben und Of and on durch off and on, 
intermittently erklärt. Aber schwerlich wollte der dichter sagen, 
dass der drache ‘ab und zu’ stark war. Ich vermuthe, dass die 
ursprüngliche lesart lautete As an oxe, he was stronge. Zwischen 
As und Of war wohl Os die zwischenstufe. 

33. V. 590 ist statt /are wohl sare zu schreiben: With 
meche care and gret sare. 

34. V. 592 hat Adam wohl mit unrecht wysly in wyghtly 
geändert. Mir scheint ‘rasch’ hier nicht zu passen, während zs/y 
‘gewisslich’, wenn auch überflüssig, doch nicht unmöglich ist. 

35. V. 597 ryde-wey ist gewiss nicht sdur - way, horse - way, 
wie das glossar erklärt, sondern == redy wey. 

36. V. 602 hat Adam für das überlieferte With-owtyn any 
delay des reimes wegen geschrieben With-owtyn any delite. Ich 
möchte meinen, dass es das natürlichste sei, für delay das sinn- 
verwandte respife zu setzen. 

37. Adam’s änderung géen (im reime auf /en) statt des 
überlieferten /orze in v. 661 scheint mir deshalb nicht unbedenk- 
lich, weil g/ez im me. nur auf sehr beschränktem gebiete vorge- 
kommen zu sein scheint: ich kenne es nur aus Barbour’s Bruce IV, 
372 als variante zu dra. Freilich bin ich zweifelhaft, wie an unserer 
stelle zu ändern sei. Das handschriftliche fhorne legt es nahe, 
an Zarne, terne zu denken, wozu v. 666 :z2 the watyr gut passen 
würde, und deshalb in der vorhergehenden zeile /arn, fern statt. 
Jen zu schreiben. Ich kann aber die formel /rythe and fern nicht 
nachweisen. Dagegen ist beliebt /rythe and fell, und darauf könnte 
man dell reimen lassen. 

38. V. 717 ist überliefert Zhe sarten with-owt lese. Adam 
hat fo sey hinter sariex eingeschoben. Ich möchte meinen, -dass 
man dem verse am einfachsten aufhilft, wenn man Zhe in Zhen 
verwandelt: ausserdem kann man wik-owten schreiben. 

39. V. 753 scheint mir Adam vor Zordes ohne noth den 
bestimmten artikel eingeschoben zu haben; vgl. z. b. v. 387. 1343. 


2047. 


Zu Sir Torrent of Portyngale 7 


40. V. 793 muss, wie ich gelegentlich schon in Engl. st: 
X, 43 bemerkt habe, &uyghtes in kynges verwandelt werden; vgl. 
v. 417 ff. Den gleichen fehler hat Adam v. 88 verbessert. 

41. V. 798 ist in der überlieferten gestalt zu kurz; es ist 
etwa he sayde einzuschieben: ‘Madam’, he sayde, ‘unto thys tyd’ 
u. 5. W. 

42. V. 808 ist vielleicht zu schreiben So sore bestad ere 
hathe he be; mir scheint ere, das in der hs. fehlt, oder ein sinn- 
verwandtes wort nicht wohl zu entbehren. 

43. V. 815 ist wahrscheinlich zu schreiben With gret solem- 
nyte, wie v. 1330; freilich könnte man auch an Wih mech solem- 
nyte denken nach v. 2436 With moche solempnite. Die hs. hat 
With nettes and s, Adam With notes and solemnyte. 

44. V. 851 braucht das in der hs. überlieferte God send 
the ways ryght nicht mit Adam nach dem alten druck in God send 
the that waye ryght geändert zu werden; vgl. v. 950 God send hym 
gattes ryght. 

45. V. 872 hat Adam fiir die handschriftliche tiberlieferung 
Ther the kyng dwellyd, um den rhythmus und reim herzustellen, 
geschrieben Zher the kyng dyd dwelle, wogegen an sich nichts 
einzuwenden ist. Aber nach v. 731 Zher ys lord gan dwell (vgl. 
zu Athelston 11) scheint es geratener, auch an unserer stelle gaz 
dwell fir dwellyd zu setzen. 

46. V. 892 ist wohl With vor lordes zu ergänzen; vgl. oben 
nr. 24. 

47. V. goo kann Torrent den riesen, gegen den er aus- 
zieht, nicht gut als Jord bezeichnen; ich glaube, dass zu schreiben 
ist Syr, fo a lond I most ryde. 

48. V. 906 müsste man, wenn der vers richtig überliefert 
wäre, vilyrly als versicherungsadverb nehmen, als welches es mir 
nicht bekannt ist: es ist dafür wohl wy¢tyr/y zu schreiben. Übrigens 
ziehe ich die interpunktion Halliwell’s an dieser stelle der Adam’s 
vor: wyttyrly scheint zu he seyd zu gehören, nicht zur direkten 
rede; ein stärkeres zeichen ist schon nach v. 908, nicht. erst nach 
v. 909 zu Setzen. 

49. Adam’s fussnote zu v. 933 ist so abgefasst, dass man 
glauben muss, in der hs. fehle nur /ozde, während vielmehr der 
ganze vers ausgelassen ist. 

50. V. 1008 schlägt Koeppel, Litteraturblatt 1890, sp. 19 f., 
für das von Adam unerklärt gelassene ermyght vor hermyng. Nie 


8 J. Zupitza 


leicht ist aber ermyghi nur eine ungeschickte schreibung für ermthe 
‘leid’, ‘weh’; vgl. Mätzner s. v. armde, Stratmann s. v. carmde. 


51. V. 1307 ist wohl ‘zu schreiben .Sr Zorent did, as he 
was wonne. Für did hat die hs. aus v. 1310 sazad. 


52. V. 1378, wo die überlieferung lautet Both be hold and 
be hyll, will Kaluza (Engl. st. XII, 438), da Aodd ‘gehdlz’, ‘wald’ 
bedeute (vgl. Adam’s anmerkung), lieber Ao/f dafür schreiben. 
Mätzner s. v. Aeld citiert aber aus Layamon II, 112 f. zeond halles 
and zeond heldes. Wenn held oder helde wirklich, wie Mätzner an- 
nimmt, identisch ist mit dem deutschen Aalde, so müssen wir cin 
ae. *heald oder *healde ansetzen, das im me. neben /eld(e) ein 
hold(e) ergeben konnte. So scheint es mir am räthlichsten, nicht 
zu ändern. 

53. Die nach v. 1392 ausgefallene zeile dürfte etwa ge- 
lautet haben He took leve of (oder at) the hende (vgl. zu Athelst. 
224). 

54. V. 1440 shipmen muss doch wohl ebenso in den sg. 
verwandelt werden, wie v. 1425: es folgt ja / /Aryve und J rede. 


55. V. 1460 liest Adam With wyld beestis to haue kyde, in- 
dem er in der fussnote bemerkt, dass 4 aus 7 gebessert sei. 
Wie er Ayde verstanden hat, finde ich bei ihm nirgends ange- 
geben und kann es mir auch nicht denken. Halliwell hat nicht 
kyde, sondern éyde gelesen, und Kölbing’s vergleichung Engl. st. 
VII, 346 bietet keine berichtigung. Ich möchte meinen, dass 
man zu Öyde zurückkehren muss, wenn auch in der hs. wirklich 
kyde stehen sollte. Zugleich aber dürfte es sich empfehlen haue 
davor zu streichen: With wyld bestis to hyde. Wir bekommen so 
einen genauen reim mit wyde, side, tyde. 


56. Mit recht erklärt Kaluza (Engl. st. XI, 438) Aodd in 
v. 1463 und 2091 für ‘hafen’; vgl. Octavian A 542 Hy ryuede yn 
a wel good hold und Sarrazin’s anm. dazu. 

57. V. 1478 ist überliefert Zo de here at his bane. Aber 
der könig kann doch nicht sagen wollen, dass er wünsche, Tor- 
rent möchte bei dem tode des riesen zugegen sein. Nach v. 1678 
That there his bane hath be (Adam’s erklärung hat Koeppel Litte- 
raturblatt 1890, sp. 21 berichtigt) ist auch an unserer stelle zu 
schreiben Zo be here his bane. | 


| 58. V.1538 ist jedenfalls ein fragezeichen zu setzen: Lord 
god, what is beste? Bei Halliwell und Adam- steht nur ein komma. 


Zu Sir Torrent of Portyngale 9 


59. V. 1540 bietet die hs. / can not rede to done. Um einen 
reim auf away : aye : may zu erhalten, schreibt Adam say statt 
done; aber es kommt hier nicht darauf an, dass Torrent nieman- 
dem einen rat geben kann, sondern dass er sich selbst kcinen 
rat weiss. Ich vermuthe / can no rede to daye. 


60. V. 1566 liest Adam As J am in venturus stad come, in- 
dem er stad, das er im glossar als cin sb. — ne. stead erklärt, 
für sad schreibt. Ich glaube nicht, dass ein me. s/ad dem ae. 
stede, ne. stead entsprechen kann, und möchte venturus = aventures 
und sad im sinne von ‘ernst’ nehmen. 


61. An. der spitze von v. 1575 ist wohl And weggefallen: 
Be that the giaunt had hym dight And cam ageyn that gentill knyght. 


62. V.1592 Zo the I haue full goode gate erklärt Adam durch 
Lam fully entitled to kill you, indem er hinzufügt Z don’t recollect to 
Juve met with any parallel passage. Ich glaube, dass eine solche 
erklärung unstatthaft ist. Für gate schlage ich vor date. Wegen 
der konstruktion vgl. die aus Alex. a. Dindym. 961 in Mätzner’s 
Wörterbuch I], 437 citierte stelle Ze han hertely hate to oure hole 
peple. 

63. V. 1600 ist wohl für vo dynt der hs. nicht bloss mit 
Adam zought zu schreiben, sondern ryght nought: so wird der 
überlieferte regelmässige rhythmus erhalten. 


64. V. 1603 giebt die hs. So evil was hitt mynt; Adam 
hat für ya des reimes wegen dÖyfhought geschrieben. Da vorher 
gesagt wird, dass Torrent’s spcerspitze in der brust des riesen 
stecken blieb, scheint mir nahe zu liegen So evil was hitt wrought. 


65. V. 1651 glaubte Adam den reim auf «ight herstellen 
zu können, indem er deterghlte statt betaught schrieb (s. die anm.). 
Aber auch so ist der reim noch nicht befriedigend. Ausserdem 
hat Adam of in fo geändert. Ich möchte vorschlagen Ze is of 
the dewll tight. Ac. tyhtan, me. tuzten, tighten werden oft vom 
teufel gebraucht. 


66. V. 1654 lautet die tiberlieferung And sai, he wold haue 
a draught. Adam stellt den reim her, indem er in der anmerkung 
schreibt He wold haue a draught, aplight. Mir scheint aber draught 
überhaupt nicht in den zusammenhang zu passen, Wenn es vor- 
her heisst, dass der riesc mit seinem crxoke das schloss verliess, 
so miissen wir doch wohl annehmen, dass er an einen kampf 
dachte. Deshalb ist jedenfalls das reimwort /g%A. Man kann 


IO J. Zupitza 


schreiben And said, he wold haue a fight, doch dürfte der vers 
wohl ursprünglich gelautet haben Axzd said, he wolde fight. 


67. V. 1743 ist wohl zu schreiben Zhe forward to fulle- 
. fyll; die hs. hat ye vor %o. 


68. V. 1748 f. schreibt Adam Zhe geauntes hede he brought 
hame And the dragons he brought, was jedenfalls wenig geschickt 
ist. Die hs. hat a/so statt des zweiten he brought. Ich schlage 
vor Zhe geauntes hede was hame And the dragons also brought, wo- 
bei the dragouns natürlich als gen. pl. (he dragons’) zu fassen ist. 


69. V. 1831 ff. hat Adam geschrieben Whan that lady was 
downe fall, On Lesu Cryste dyd she call; Down knelid that lady clene. 
Er hat die ersten zwei verse aus dem alten druck genommen, 
wo sie ganz passend sind, da dann folgt Zo defende hir with his 
honde. Aber Doun knelid that lady clene, wie er mit der hs. liest, 
(nur dass diese ciere st. clene hat) besagt doch dasselbe, wie das 
bei Adam vorhergehende. Auch sonst ist die interpolation der 
hs. aus dem alten druck nicht immer unbedenklich. 


70. Mir ist nicht recht klar, wie Adam in v. 1870 A grype 
was in the mowntayn wonne das letzte wort verstanden hat. Im 
glossar giebt er /. dwelling, living?’ Soll das heissen, dass 
wwonne für wonande steht? Nach meiner ansicht ist worze das part. 
perf. pass. von zwzne im sinne von ‘kommen; vgl. 1995 fro care 
he is wonne, wo Adam wonne durch won wiedergiebt. 


71. V. 1876 lautet in der hs. Zhe other child down gan she 
fay. Adam hat, um den reim mit <rye herzustellen, /y für day ge- 
schrieben. Aber dies würde eine verwechslung von ‘legen’ und 
liegen’ voraussetzen, die ich aus me. zeit nicht kenne. Ich schlage 
vor The other child down did she ly. 


72. Kaluza (Engl. stud. XI, 434) hat wohl mit recht an- 
genommen, dass die v. 1885— 1890 ursprünglich mit 1879— 1884 
eine strophe bildeten. Für ¢here v. 1887 schreibt er anon: ich 
habe an abone (= aboven) gedacht. V. 1890 weicht sein vor- 
schlag Zo god she made her mone von dem überlieferten Zhe sorow 
she made there weiter ab, als Z’here she made her mone, wie ich 
vermuthet habe. 

73. Ich weiss nicht, wie Adam dazu kommt, v. 1982 Of 
what lond that he is lefte durch Wherever he may be born wieder- 
zugeben. Man muss doch wohl /efte = me. &fted nehmen in 
einer an ne. fo Ziff stehlen’ anklingenden bedeutung. 


Zu Sir Torrent of Portyngale 1: 


74. V. 2004 möchte ich schreiben Other be nyght or day. 
Adam liest Be nyght and be day. Die hs. hat nach Halliwell, den 
Kölbing nicht berichtigt, Other be nyght or forme of day: wenn 
aber nicht etwa bei Adam ein versehen vorliegt, müsste in der 
hs. auch vor day noch ein de stehen. Ich vermag nicht einzu- 
sehen, warum Ofher . . . or hier unpassend sein soll. 


75. V. 2138 Full of hols it was boryn hält Adam wohl mit 
unrecht für verderbt; ich denke, dass man hier mit dere ‘schlagen’, 
‘stossen auskommt: es wurden lauter löcher in das schiff ge- 
schlagen. 

76. V. 2139 hat Adam geschrieben Zoresell and shryfte 
wold he: die hs. hat had statt wold. Ich vermute dad. 


77. V. 2186 And yaue asaute in to the town. Kaluza (Engl. 
st. XII, 437) hat mit recht an zz fo anstoss genommen, doch ist 
wohl nicht, wie er vorschlägt, /o, sondern vz fo zu schreiben. 


78. Ich glaube nicht, dass v. 2256 ursprünglich so gelautet 
haben wird, wie ihn Adam herstellt. Die hs. hat Fudle zoo was 
her that it ought, Adam schreibt Woo was her, that se it myght mit 
der erklärung Woebegone was she that must see that, viz. that the 
leopard took away her son. Nach meiner ansicht kann der dichter, 
nachdem er das wappen des Liobertus beschrieben, nicht mit her 
plötzlich auf seine mutter hinweisen, ausserdem ist zygAt nicht 
must. Ohne ein etwas gewaltsames eingreifen wird sich die stelle 
wohl nicht herstellen lassen. Man könnte etwa denken an Zwlle 
well was he dight. 


79. V. 2407 lautet in der hs. As creste is a noble lond. 
Adam nennt ihn rather odd und meint, er sei wohl ursprünglich 
mit v. 1128 identisch gewesen: Zhe creste, that on his hede shold 
stond. Aber, wenn wir diesen vers einsetzen wollten, wie stünde 
es dann mit der konstruktion? Indem ich an stellen denke, wie 
Eckenlied 24, 9 ¢ (einer brünne) won? eins landes koste bi, swer 
si vergelten solde, vermute ich Ais creste is worth a noble lond. 

80. Adam bemerkt nicht, wie Je/h in v. 2419 The prynce 
of Grece leth nere zu verstehen sei: es ist dafür wohl Zeh zu 
schreiben (vgl. zu Athelston 349). 

81. V. 2445 lautet in der hs. Come and semlend to that fyght. 
Adam hat semlend in semled verwandelt; aber der vers gewinnt in 
metrischer hinsicht, wenn man aad streicht: Come semlend to that 


Syght. 


12 J. Zupitza 


| 82. V. 2452 Trompes resyn on the wall will Koeppel, Lit- 
teraturblatt 1890, sp. 21, indem er auf v. 2621 hinweist, resyn 
in rosyn ändern; allein resyr ist (= ae. rison) nur die ältere form 
von rosyn (== ne. they rose), die allerdings gleich v. 2458 steht. 

83. V. 2461 And furthermore withouten lent kann, wie Koeppel 
a. a. o. gesehen hat, nicht richtig sein: er schlägt stent für ent 
vor. Dies ist an sich ganz passend, ich habe nur das eine be- 
denken gegen diese vermutung, dass sent (stint) keineswegs zu 
den allgemein üblichen wörtern gehört zu haben scheint. Näher 
scheint mir /ef zu liegen: freilich kann dann wer? nicht das reim- 
wort im nächsten verse sein. Nach Guy (univers.) 175 f. The 
maydenys wysche wythouten lett, And to per mete they ben sett könnte 
man an unserer stelle etwa vermuten And furthermore withoute let 
They wesh and to mete be set. Aber man wird wohl besser thun, 
in v. 2462 das überlieferte nur umzustellen: Zhey weshe and wente 
to mete; vgl. 2515 Zo they washid and went to mete, And rially they 
were sett. 

84. V. 2535 bietet die hs. Zhere of they had wonder; er 
soll mit Jg und curtesye reimen. Adam hat envye für wonder 
geschrieben: gewiss ist aber wonder an die stelle des synonymen 
ferly getreten. 

85. V. 2547 scheint ein fehler zu stecken. Nachdem Desonell 
erzählt, dass ihr ihre zwei kinder geraubt worden sind, kann sie 
nicht fortfahren / may no lenger hem hide. Ich halte hem für einc 
interpolation: als objekt zu Ade hat man sich den vorhergehenden 
satz zu denken. 

86. V. 2581 muss natürlich Ayagys für Ayng geschrieben 
werden, ausserdem fehlt davor noch irgend ein epitheton: also 
etwa With that the riche kyngys thre. 


Berlin, 30. Mai 1890. Julius Zupitza. 


a ee mn 


Dryden’s heroisches drama 13 


DRYDEN’S HEROISCHES DRAMA. 


Fortsetzung. ! 


PN NIN eee 


II. Litterarisch-kritischer theil. 


Der erste (historische) theil meiner untersuchung verfolgte 
den zweck, einen kurzen geschichtlichen überblick über die ent- 
wickelung von John Dryden’s heroischem drama zu geben und zu- 
gleich diejenigen werke festzustellen, welche unzweifelhaft zu den 
heroischen dramen des dichters gerechnet werden müssen, indem 
sich alle ingredienzien eines heroischen dramas in ihnen ver- 
einigt finden. Es sind dieses The Indian Qucen (soweit das stück 
D. gehört), The Indian Emperor, Tyrannic Love, The Conquest 
of Granada, Aureng-Zebe und die heroischen theile der beiden 
tragikomödien The Maiden Queen und Marriage a la Mode. Mit 
dieser aufstellung ist der rahmen des zweiten theiles meiner ab- 
handlung fertig gestellt. Der zweck dieses zweiten theiles wird 
nun der sein, die heroischen dramen unseres dichters nach ihren 
charakteristischen eigenschaften, ihren vorzügen und mängeln, so- 
wie ihren litterarischen bezichungen und verwandtschaften, mög- 
lichst sorgfältig zu erörtern, um ein abschliessendes gesammtbild 
dieser dichtungen zu entwerfen. Inwieweit mir diese aufgabe zu 
lösen gelungen ist, muss ich natürlich dem urteile der leser über- 
lassen; doch möchte ich nicht verfchlen, hier noch ein wort über 
die vielleicht etwas eigenthümlich erscheinende disposition dieses 
zweiten und hauptsächlichen theiles meiner untersuchung einzu- 
flechten. . Nachdem ich in verhältnismässiger kürze über die im 
wesentlichen bereits von Tüchert abschliessend behandelten quellen 
gesprochen, auch ein wort über die dramatische grundidee habe 
einfliessen lassen, habe ich mit einer vielleicht auf den ersten 
blick unverhältnismässig erscheinenden breite die motive der liebe 
und ehre abgehandelt. Nicht ohne vorbedacht ist dieses geschehen. 
Denn der leser des ersten theiles wird bereits bemerkt haben, dass 
in der behandlung dieser leitmotive des gesammten historischen 
dramas D’s. der schwerpunkt meiner aufgabe licgen musste. An 
diesen haupttheil habe ich dann den paragraphen über die charakter- 
schilderung angeschlossen. Beide theile haben zu viele und zu 


' Vgl. E. st. XUT, p. 414 fl. 


14 P. Holzhausen 


innige berührungspunkte mit einander, als dass sie hätten getrennt 
werden dürfen. Alsdann erst konnte der abschnitt über die hand- 
lung folgen, dem ich bei einer anderen dramaturgischen unter- 
suchung sicherlich einen früheren platz eingeräumt haben würde, 
was in dieser nicht wohl möglich war. Endlich bilden die drei 
letzten abtheilungen, die über die prologe und epiloge, über dialog, 
stil und diktion, sowie über die metrik handeln, einen nach meiner 
ansicht ganz passenden abschluss des ganzen. 


$ ı. Die stoffe der heroischen dramen Dryden’s und 
ihre quellen. 


The Indian Queen und The Indian Emperor sind original- 
dichtungen, auch dem stoffe nach, frei erfunden; denn, wenn 
auch das zweite der beiden stücke durch den nebentitel »The 
Conquest of Mexico by the Spaniards« andeutet, dass es sich auf 
historische verhältnisse bezieht, so sind doch diese mit solcher 
freiheit behandelt, dass fast kein zug von der wirklichen erobc- 
rung Mexico’s durch Cortez geblieben ist, wie der leser weiter 
unten sehen wird. In Tyrannic Love und Aureng-Zebe behandelt 
der dichter historische stoffe 1, ebenfalls mit grosser freiheit. In 
dem letztgenannten stücke erlaubt er sich die kühnheit, eine epi- 
sode aus dem leben eines damals lebenden indischen fürsten — 
freilich ebenfalls unter bedeutender veränderung der wirklichkeit ? 


1 Der stoff zu Tyrannic Love, die geschichte Maximins und der martyrtod 
der h. Catharina, war bereits vor Dryden in einigen französischen dramen von 
untergeordnetem werthe behandelt worden (s. die vorrede Dryden’s zu Tyrannic 
Love, Works, ed. S.-S., vol. III, p. 379). Der dichter versichert uns, nichts von 
belang den Franzosen abgeborgt zu haben. Vgl. Ward II, 505 note 3, vorrede zu 
Tyrannic Love |. c. p. 380. 

2 Es sind nicht allein die historischen fakta völlig umgestaltet, sondern auch 
der charakter des haupthelden gänzlich verändert. Der historische Aureng-Zeb, oder 
Aureng-Zeyb, grossmogul von 1660 — 1707, war eine grossartige natur, aber zugleich 
ein echt asiatischer despot, tyrannisch und rücksichtslos; der Aureng-Zebe des D.'schen 
stückes ist ein himmlisch guter, mit den vorzüglichsten eigenschaften verschwen- 
derisch ausgestatteter mensch. Übrigens steht das 1676 erschienene stück dem 
(im Januar 1673 zuerst über die bretter gegangenen) Mithridate Racine’s derartig 
nahe, dass es geradezu als nach diesem gearbeitet erscheint und man auch stoff- 
lich Racine’s Mithridate nahezu als die „quelle“ des D.’schen dramas bezeichnen 
darf. In beiden stücken betritt ein orientalischer despot die bühne, der, von 
äusseren und inneren feinden bedroht, vor der letzten entscheidenden katastrophe 
seiner kriegerlaufbahn steht — ein Napoleon vor Waterloo. Bei Racine ist es 


Dryden's heroisches drama 15 


— zu behandeln. Eine scene dieses stückes (Aureng-Zebe V, 1) 
ist dem Artaméne ou le Grand Cyrus (9. teil, 1. buch) der Scudéry 
entnommen. 

Den romanen jener schriftstellerin verdankt der dichter seine 
übrigen heroischen stoffe sämmtlich. Über diese frage hat, wie 
bercits im eingange meiner abhandlung gesagt, Aloys Tüchert in 
der erwähnten abhandlung: »John Dryden als dramatiker in seinen 
beziehungen zu Madeleine de Scudéry’s romandichtung«, progr. 
der kgl. studienanstalt in Zweibrücken (1885) gehandelt. Da sich 
diese arbeit durch philologische methode und gründliche benutzung 
des zum theil ziemlich abgelegenen matcrials auszcichnet, so kann 
ich im wesentlichen auf dieselbe zurückverweisen und mache da- 
her über diesen punkt hier, unter anlehnung an Tüchert’s abhand- 
lung, nur die nothwendigsten angaben, zumal der schwerpunkt 
meiner arbeit, wie der leser weiter unten schen wird, nach einer 
ganz anderen seite hin liegt. ! 


der gewaltige beherrscher des pontischen reiches, bei D. der (innerlich) viel 
schwächere indische kaiser. Jeder von ihnen hat zwei söhne, einen edien, auf- 
opferungsvollen, dem er nicht recht traut (Xiphares - Aureng - Zebe), und einen 
egoistischen, ränkesüchtigen, der sein vertrauen für eigennützige pläne ausnutzt 
(Pharnace-Morat). Der alte tyrann ist erfüllt von einer leidenschaftlichen liebe 
zu einem jungen königskinde (der edlen Griechin Monime bei Racine, der schönen 
Indierin Indamora bei D.), um dessen liebe die eigenen söhne mit ihm streiten, 
in loyaler weise der eine (Xiphares-Aureng-Zebe), rücksichtslos und leidenschaft- 
lich fordernd der andere (Pharnace-Morat). Die junge königin selbst schenkt ihre 
neigung erklärlicher weise dem ersteren. Nach mancherlei wechselfällen des 
schicksals geht schliesslich der alte despot zu grunde, mit ihm der verrätherische 
sohn; die liebenden werden — wiewohl in schwerer stunde — vereinigt. Dies 
sind die wesentlichsten gestalten und motive, die in beiden stücken überein- 
stimmen; dazu kommt eine menge von einzelheiten — unter anderem korrespon- 
diren theilweise die unvermeidlichen vertrauten — ; auf der anderen seite hat D., 
den traditionen der englischen bühne und seiner eigenen kunstrichtung entsprechend, 
die einfachheit des Racine’schen drama’s aufgegeben und den plan desselben durch 
einfügung neuer motive und gestalten reicher ausgestaltet. Dass er sich indessen 
auch in ton und haltung Racine nähert, habe ich bereits im ersten theile meiner 
abhandlung (und öfter) ausgesprochen. 

! Die untersuchungen Tüchert’s stützen sich zum grossen theil auf die — 
freilich durchaus mit selbständiger kritik — behandelten angaben Gerard Lang- 
baine’s, eines zeitgenossen und litterarischen gegners John Dryden’s, der sich eifrig 
angelegen sein liess, ihm und seinen zunftgenossen plagiate nachzuweisen. Dieses 
für die quellenkritik des restaurationsdramas ausserordentlich wichtige werk führt 
den titel: An Account of the English Dramatick Poets, or Some Observations 
and Remarks on the Lives and Writings of all those that have Publish’d either 
Comedies, Tragedies etc. Oxford 1691. 


ES 


16 P. Holzhausen 


Ebenfalls dem Grand Cyrus (9. theil, 3. buch) entnommen 
ist der heroische theil von The Maiden Queen (vgl. Tüchert I. c. 
p. 13 ff.). Die quelle ist die erzählung des Korinthers Philocles 
in dem genannten romane. Aus drei verschiedenen quellenparthien 
zusammengewoben, aber gänzlich den Scudéryromanen entlehnt, 
sind die (3) verschiedenen intriguen, welche zusammen das ge- 
waltige heroische drama, The Conquest of Granada, bilden. 

Die wichtigste derselben, das verhältnis Almanzors zu Almahide 
und Boabdelin, entspricht im wesentlichen der fabel des romans 
Almahide von der Scudéry (Tüchert |. c. p. 27, vgl. Ward II, 
506). Dic Lyndaraxa- (und Abdalla-) episode ist wieder dem 
Grand Cyrus entnommen (Tüchert |. c. 29) und zwar dem 1. buche 
des 9. theiles. Die dritte handlung, die liebesgeschichte des Ozmyn 
und der Benzayda, beruht auf der erzählung von Osman und Ali- 
bech in dem Scudéryschen romane Ibrahim ou l’Illustre Bassa 
(1. theil, 1. buch und 4. theil, 4. buch, s. Tüchert 1. c. s. 30). 

Der heroische theil von Marriage a la Mode endlich (Tüchert 
s. 35) fusst auf der Histoire de Sesostris ct de Timarete im Grand 
Cyrus (4. theil, 2. buch). 

Alle diese stoffe hat der dichter mit der gebührenden 
poetischen freiheit bearbeitet; man muss ferner zugeben, dass er 
die von verschiedenen seiten zusammengeholten theile von The 
Conquest of Granada nicht ohne bedeutendes geschick zu einem 
dramatischen ganzen verschmolzen hat. Weit wichtiger nun aber 
als die frage nach diesem oder jenem fetzen Scudéryscher roman- 
dichtung, den Dryden aufgegriffen und auf seine weise sich zu- 
rechtgemacht hat, weit wichtiger, sage ich, crscheint mir die 
thatsache, dass der dichter das für einen dramatiker unerhörte 
beging, von der Scudéry und ihren genossen die art und weise 
der charakterzeichnung und sittenschilderung, sowie die darstel- 
lung der leidenschaften und einen grossen theil der scenischen etc. 
requisiten, kurz, der äusscrlichen zuthaten zu seinen stücken zu 
entlehnen. Hier steht Dryden im schroffsten gegensatze zu einem 
Shakespeare. Dieser entnahm bekanntermasscn von seinen quellen, 
vorzugsweise den poetischen, z. b. den italienischen novellen, was 
das thatsächliche, stoffliche anbelangt, wenig mehr als die äusseren 
umrisse der gemälde, die er mit den reichen farbentönen seiner 
unerschöpflichen phantasie füllte, und hinsichtlich der charaktere 
entlehnte er oft kaum etwas anderes als die namen der persön- 
lichkeiten, denen er die fülle seines geistes und witzes lieh und 


Dryden’s heroisches drama 17 


sie dadurch erst zu Shakespeare’schen gestalten machte. (Um nur 
ein beispiel zu erwähnen, so bitte ich Shakespeare’s Othello mit 
dem Othello in Giraldi Cinthio’s novelle in den Hecatomithi zu 
vergleichen; s. Shakespeare’s werke, herausgegeben und erklärt 
‘von Nicolaus Delius, 5. auflage, Elberfeld 1882, vol. II, p. 492). 


$ 2. Dramatische grundidee. 


Mit dieser nachahmung der Scudéryromane hängt die fast 
völlige abwesenheit einer ethischen und dramatischen grundidee 
bei Dryden zusammen, wie solche die hohe tragödie Shakespeare’s 
stets beherrscht !, eine idec, zu deren trägern einer oder einige 
der hauptcharaktere gemacht werden. In der ganzen reihe der 
heroischen dramen Dryden’s hat kein stück eine dramatische idee 
aufzuweisen, mit einziger ausnahme von Tyrannic Love, wo der 
sieg des christenthums über das heidenthum, repräsentirt durch 
das ruhmreiche martyrium der h. Catharina und die bekehrung 
der mehrzahl der leitenden persönlichkeiten, als eine solche auf- 
gefasst werden kann. Aber auch hierin darf man kein allzu grosses 
verdienst D.’s sehen wollen, da er sein stück in zweifelloser nach- 
folge Comeille’s dichtete und sich durch die tendenz von dessen 
Polyeucte sichtlich beeinflussen liess; überdies wird die drama- 
tische handlung in dem D.’schen werke fast völlig durch die 
motive der liebe und ehre bestimmt, die grundmotive der heroi- 
schen dramen. Maximin liebt die heilige Catharina, seine gattin 
Berenice ist in leidenschaftlicher liebe für Porphyrius, den desig- 
nirten kaiser, entbrannt. Für diesen hat auch Valeria, die 
kaisertochter, eine innige neigung, während sie wiederum von 
dem feldherrn Placidius angebetet wird u. s. w. 


$ 3. Die motive derliebe und ehre und ihr entscheiden- 
der einfluss auf die handlung in den heroischen dramen. 


Nachweis dieses einflusses aus einer skizze des Indian Em- 
peror. — Die heroische »chre«: ihre überstiegenheit, äusserlich- 
keit und hohlheit. — Die heroische »liebe«: ihr schnelles ent- 
stehen. — Kälte und vernunftmässigkeit des dichters. — Das 
ingrediens der eifersucht. — Uberschwenglichkeit der verehrung 
des weiblichen geschlechtes, nach den französischen und ritter- 


1 Vgl. Ulrici, Shakespeare’s dramatische kunst. 3. auflage. Leipzig 1868, 


vol. I, pp. 397—8. 
E. Kölbing, Englische studien, XV. 1. 2 


18 P. Holzhausen 


romanen. — Sinnlichkeit der liebesleidenschaft im heroischen 
drama. — Konflikt zwischen ehre und liebe. 

Die motive der liebe und ehre, im eigentlichen sinne »heroische« 
genannt, sind die leitmotive des heroischen dramas Dryden’s und 
seiner sämmtlichen rivalen und nachbeter, Sir Roberd Howard, Lee, 
Elkanah Settle, Crowne und wie sie alle heissen mögen. Es ist 
bereits in der einleitung darauf hingewiesen worden, dass D. seine 
vorliebe für diese beiden hauptmotive seiner dramen nicht gerade 
allein den romanen der Scudery und genossen verdankt. Auch 
die französischen dramatiker haben ihren antheil daran gehabt. 
Es ist nicht zu übersehen, dass Corneille, den Dryden eifrig 
studiert hat, es war, welcher nach spanischem muster am vollen- 
detsten unter den französischen dramatikern die motive der liebe 
und ehre und den konflikt zwischen diesen beiden gefühlen dra- 
matisch behandelte, ja, zum mittelpunkte der handlung machte. 

Ich erinnere meine leser an Cid, Horace, Polyeucte und — 
last not least — an den Cinna. Ohne allen zweifel ist die licbe 
eines der hervorragendsten dramatischen motive, und gerade ihr 
kampf mit der pflicht, wenn dieser kampf wohl motivirt ist, 
ausserordentlich gut im drama zu verwerthen. So ist Corneille’s 
Cid immerhin ein grosses meisterwerk, aber wie widerwartig wirkt 
sein Cinna, dieser schwächliche liebhaber, dem nicht die begeiste- 
rung für die freiheit das schwert gegen den tyrannen geschmiedet, 
sondern den der dienst der herrin zum verschwörer gegen seinen 
wohlthäter gemacht hat! Ausserst charakteristisch ist in dieser 
beziehung die 3. scene des I. aktes, sind insbesondere die schluss- 
verse (I, 3, 117 ff.): 

Pour moi soit que le ciel me soit dure ou propice, 
Qu’il m’eleve a la gloire ou me livre au supplice, 
Que Rome se declare ou pour ou contre nous, 
Mourant pour vous servir, tout me semblera doux. ! 

Sicherlich haben derartige stellen, hat tiberhaupt Corneille’s 
schwarmerisch-heroische liebe auf D. mächtig eingewirkt. Doch 
bleibt Corneille in deren schilderung immerhin noch dichter, so- 
gar ein grosser dichter, und seine liebe eine edle, wenn auch 
vielfach platonisch verstiegene leidenschaft. Die vollständig ver- 
zerrte fratze der »heroischen liebe« dagegen, die mit einer herz- 
lichen neigung nur noch den namen gemein hat, in wirklichkeit 


1 Vgl. F. Lotheissen, Geschichte der französischen litteratur im XVII, jahr- 
hundert. Bd. II, s. 239. 


Dryden's heroisches drama 19 


aber nichts anderes ist als eine phrasenhafte, ganz und gar über- 
schwengliche anbetung eines mit kalter überlegung erwählten idols, 
diese »liebe« verdankte D. zumeist dem französischen helden- 
romane des 17. jahrhs., insbesondere den werken der mehrfach 
genannten Gomberville, La Calprenéde und der Mlle de Scud£ry. ! 

Die französischen romane bewahrten diese seltsame »leiden- 
schaft« als eine reliquie der ritterromane, in denen ja auch von 
dem helden verlangt wird, jedes, selbst das unsinnigste gebot 
seiner gebieterin unweigerlich zu erfüllen. ? 

Die sonderbare art und weise, wie die motive der liebe 
und ehre die handlung des heroischen dramas beherrschen, wird 
am besten klar werden, wenn ich eine kurze skizze von dem in- 
halt eines dieser stücke entwerfe. Dieselbe möge zugleich dem 
leser ein bild von der anlage und dem ganzen poetischen ge- 
triebe dieser dramen geben. Da Saintsbury in einer ähnlichen 
weise bereits The Conquest of Granada analysirt hat?, so habe 
ich für meinen zweck das nächst diesem grossartigste stück der 
heroischen gattung, The Indian Emperor, or The Conquest of 
Mexico by the Spaniards, ausgewählt. 

Das stück beginnt mit dem marsche des spanischen feld- 
herrn Cortez gegen die mexikanische hauptstadt. In dieser wird 
zur feier des geburtstages kaiser Montezuma’s ein grossartiges 
fest in einem tempel gefeiert. Der kaiser fordert die zahlreich 
vertretenen jungen liebhaber auf, blumenkränze zu den füssen 
ihrer schönen niederzulegen — man muss gestehen, für einen 
indianischen kaiser recht galant! Montezuma selbst, der in dem 
stücke als witwer erscheint, widmet seinen kranz der angebeteten 
Almeria, der tochter der ehemaligen, von Montezuma entthronten 
königin Zempoalla. Dass die junge dame ihn nicht allein kalt, 
sondern sogar über die massen verächtlich behandelt, thut der 
liebe des kaisers keinen eintrag. Montezuma’s söhne, Odmar 
und Guyomar, legen beide ihre kränze der Alibech zu füssen, 
Almeria’s holder schwester, welche denjenigen ihrer verehrer mit 
ihrer minne zu belohnen verspricht, welcher sich derselben am 
würdigsten zeigen werde. Ein dritter junger prinz, Orbellan, 


1 Vgl. The Life of John Dryden by Sir Walter Scott, Works ed. S.-S., 
I, 101 ff. 
2 S. Dunlop I. c. p. 369. 
8 In seinem Dryden (English Men of Letters) pp. 46—51, wiederholt in 
The Works of John Dryden ed. S-S., vol. IV, pp. 7—9. 
q* 


20 P. Holzhausen 


Almeria’s bruder, trägt eine — unerwiderte — neigung für die 
kaisertochter Cydaria im herzen. Während der festfeier haben 
die mit Cortez verbiindeten Traxallaner! den tempel umzingelt 
und beginnen — dem strikten befehle des spanischen feldherrn zu- 
wider — unter den Mexikanern ein furchtbares gemetzel, welchem 
erst durch Cortez’ dazwischenkunft einhalt geschieht. Nun mag 
es noch nicht so gar verwunderlich erscheinen, wenn ein spani- 
scher kriegsmann in hohem grade jenem romantischen ehrbegriffe: 
anhängt, desto sonderbarer aber kommt dem heutigen leser vor, 
dass der indianische fürst die gefühle seines hochedlen gegners 
nicht nur voll und ganz zu schätzen weiss: 

Grant only he, who has such honour shown, 

When I am dust, may fill my empty throne! 

(akt I, sc. 2, Works ed. S.-S., vol. II, 339), 
sondern dass er ihn an subtilität des ehrgefühls schier noch über- 
trifft. Da er indessen die forderung des Spaniers, sich mit seinem 
lande der oberherrlichkeit kaiser Karl’s V. zu unterwerfen und den 
christlichen glauben anzunehmen, nicht erfüllen kann, so bedauert 
er ungemein, gegen einen so hochherzigen feind kämpfen zu 
müssen. Der edle Spanier seinerseits hat sich beim ersten an- 
blicke in die kaisertochter Cydaria verliebt, welche seine neigung 
eben so schnell und lebhaft erwidert und nach der festfeier in 
dem tempel zurückbleibt, um gelegenheit zu einer unterhaltung 
mit dem neugewonnenen geliebten zu finden. 

In der ersten scene des zweiten aktes befragt Montezuma 
einen zauberer über die zukunft. Hierbei geht ihm natürlich sein 
liebeshandel mit Almeria über seine staatsaffären, sogar zu einer 
zeit, wo das ganze reich Mexiko in gefahr steht, verloren zu 
gehen. | | 


Not that I fear the utmost fate can do, 

Come I the event of doubtful war to know; 

For life and death are things indifferent; | 

Each to be chose as either brings content, a 
(akt II, sc. 1, Works ed. S.-S., pp. 431--2) 


sagt er als held, und fügt als romantischer liebhaber hinzu: 


Love rules my heart, and is your monarch’s king; 
I more desire to know Almeria’s mind, 
Than all that heaven has for my state designed. 
(ib. 342). 


1 Ohne zweifel sind hierunter die historischen Tlascalaner oder Tlaxcalaner 
verstanden, 


Dryden’s heroisches drama 21 


Der mexikanische kaiser ist indessen nicht der einzige, 
welcher seine liebesangelegenheiten den staatsinteressen vorzieht; 
auch Cortez lässt sich durch die bitten seiner Cydaria (mit der 
er zwischen den sich gegenüber lagernden feindlichen heeren 
eine zusammenkunft hat) bewegen, die interessen seines monarchen 
gegen die bitten der geliebten hintanzusetzen; er will den kampf 
zuerst aufschieben, dann gänzlich fahren lassen: 

No more: your kindness wounds me to the death: 
Honour, be gone! what art thou but a breath? 
I'll live, proud of my infamy and shame, 
Graced with no triumph but a lover's name; 
Men can but say. love did his reason blind, 
And love's the noblest frailty of the mind. 
Draw off my men; the war's already done. 
(akt II. sc. 2, I. c. II, p. 348). 

Aber schon ist es zu spät; denn sein unterfeldherr Pizarro 
meldet dem Cortez, dass die schlacht begonnen habe. Auch 
Cydaria nimmt, wie Dryden es darstellt, nach sitte der Indiane- 
rinnen, am kampfe teil; aber die schöne amazone ist entschlossen, 
lieber die feinde ihres landes zu schonen, als gefahr zu laufen, 
mit ihrem pfeile den geliebten zu treffen: 

I must be in the battle, but T'II go 
With empty quiver and unbended bow, 
Not draw an arrow in this fatal strife, 
For fear its point should reach your noble life. 
(akt II, sc. 2, I, c. II, p. 347). 

Im kampfgewühle wird Alibech von Odmar gerettet, während 
es Guyomar vorzieht, seinem schwer bedrängten vater Montezuma 
hülfe zu bringen, und in erfüllung dieser sohnespflicht gefangen 
wird. Cydaria wird von dem orte der gefahr durch ihren lieb- 
haber Cortez entfernt, welcher ihr begegnet und sich nochmals 
bereit erklärt, um ihretwillen alle vorteile, die er errungen, auf- 
zugeben: 

I'll of my fortune no advantage make, 
Those terms, they had once given, they still may take. 
(akt II, sc. 4, |. c. II, p. 352). 

Cortez und Cydaria führen ein recht langes gespräch, welches, 
bei aller zierlichkeit der komposition, mit seinen vielen antithesen 
und pointen sich im munde zweier liebenden recht wunderlich 
ausnimmt. Überdies dürfte es, während einer tobenden feld- 
schlacht, schon seiner länge wegen wenig angebracht sein. Cydaria 
muss bekennen, dass: 


22 P. Holzhausen 


The Spanish honour does the world excel; 
als sie aber hört, dass Cortez in früheren jahren eine geliebte 
besessen, geräth sie, obwohl ihre rivalin längst verstorben, in eine 
solch leidenschaftliche eifersucht, dass sie sich selber tödten möchte. 

Cortez giebt einen neuen beweis seiner heroisch galanten 
gesinnung. Dem gefangenen Guyomar schenkt er die freiheit, 
um ihn der gefahr zu überheben, während seiner abwesenheit 
von seinem bruder und rivalen aus dem sattel gehoben zu werden. 
Dann bewilligt er einen waffenstillstand von drei tagen und bietet 
noch einmal unter den alten bedingungen frieden an. 

Guyomar findet bald gelegenheit, dem edlen Spanier seine 
hochherzigkeit zu vergelten, als Orbellan, von der Judith-Almeria 
angestiftet, den feindlichen feldherrn meuchlerisch zu ermorden 
beschliesst. Diese scene und das folgende duell bei mondschein ! 
zwischen Orbellan und Cortez giebt dem dichter gelegenheit, den 
heroischen gefühlen der liebe und ehre so recht freien lauf zu 
lassen. Orbellan stiehlt sich ins feindliche lager, wird von Guyo- 
mar’s sklaven den Spaniern verrathen, aus deren händen ihn der 
feldherr selbst errettet. Nachdem er seinen nebenbuhler erkannt, 
fordert er ihn um der geliebten willen zum zweikampf. Echt 
ritterlich giebt Cortez seinem gegner, um den kampf gleich zu 
machen, anstatt seiner »flintgeschärften waffe« ein spanisches 
schwert. Er verwundet den Orbellan an der hand. Diese ver- 
wundung macht es ihm zu seinem grossen leidwesen unmöglich, 
den gegner zu tödten. Denn das verbietet die ritterehre. So 
entlässt er seinen feind, obwohl dieser für die edle gesinnungs- 
art des Spaniers so wenig empfindung zeigt, dass er dem Cortez 
höhnend zuruft, »er (Orbellan) gehe, seine liebe in Cydaria’s 
schönen armen zu krönen«. 

Bei der wiedereröffnung des kampfes wird Orbellan von 
Cortez getödtet, der seinerseits unmittelbar nachher von Guyomar 
gefangen wird. Almeria verlangt seinen tod. Montezuma ist in 
der äussersten verlegenheit. Schliesslich willigt er, um seiner 
liebe zu Almeria willen, in die hinrichtung des gefangenen feindes. 
Dieser aber findet nun einen verteidiger an Guyomar, der sich 
dadurch des vaters heftigen zorn zuzieht. Das giebt seinem 
bruder und rivalen Odmar gelegenheit, in ritterlicher weise für 
Guyomar einzutreten. Cortez, mit dem tode bedroht, macht die 
charakteristische bemerkung: 


1 Vgl. Ward I, 498 note 2. 


Dryden’s heroisches drama 23 


What nobler fate could any lover meet? 
I fall revenged, and at my mistress’ feet. 

(akt III, sc. 4, I. c. II, p. 368). 
Schliesslich wird die beabsichtigte hinrichtung des spanischen 
feldherrn durch den kaiser um zwei tage aufgeschoben. 

Wir stehen am ende des dritten aktes, bekanntlich dem 
höhepunkte der verwickelung im fünfaktigen drama. Im Indian 
Emperor ist der knoten allerdings fest genug geschürzt: 

Cortez ist zum tode verurteilt, doch möchte ihn der kaiser, 
von den gefühlen der grossmuth und dankbarkeit bewegt, gerne 
retten. Der spanische feldherr liebt Cydaria, Montezuma die 
Almeria, Odmar und Guyomar die schöne Alibech. Diese lage der 
dinge aber erschien dem dichter ohne zweifel noch nicht ver- 
wickelt genug, und so muss denn Almeria, die den spanischen 
feldherrn im gefängnisse ermorden will, von seiner stattlichen er- 
scheinung hingerissen, eine leidenschaftliche neigung für Cortez 
fassen. Die verwirrung wächst noch mehr, als eine hungersnoth 
in der belagerten hauptstadt Mexico ausbricht. Dies giebt der 
prinzessin Alibech gelegenheit, die tugend ihrer beiden liebhaber 
auf eine verfängliche probe zu stellen. Sie macht beiden — 
jedem von ihnen unter vier augen — den vorschlag, heimlich 
den feind in die stadt einzulassen und so, freilich unter grober 
verletzung der »ehre«, die gequälten von der hungersnoth zu er- 
lösen. Odmar willigt in blinder leidenschaft in jeden wunsch der 
geliebten; Guyomar weist den feigen anschlag zurück und, anstatt 
ihn auszuführen, macht er, mit einer handvoll entschlossener 
männer, einen überfall auf die spanischen unterfeldherren Vasquez 
und Pizarro, die er gefangen einbringt. Auch diese ruhmesthat 
hat ihm die liebe diktirt: 

I neither fought for conquest, nor for fame, 
Your love alone can recompense my flame. 
(akt IV, sc. 3, l. c. vol. II, p. 381). 

So hat Montezuma die oberhand über seine feinde gewonnen. 
Aber er verliert sie — durch wen? — durch einen gekränkten 
liebhaber, seinen eigenen sohn Odmar. Alıbech bietet nach dem 
kühnen anschlage Guyomar’s auf die spanischen feldherren als 
belohnung dem jungen helden ihre hand an und gesteht, dass 
er es Sei, dem sie im geheimen immer hold gewesen wäre. Od- 
mar schwört rache, er erbietet sich, die spanischen unterfeldherren 
zu befreien und bedingt sich als einzigen lohn, im falle der ein- 
nahme Mexico’s, den besitz einer dame aus, deren namen er den 


24 P. Holzhausen 


Spaniern verschweigt — es ist nattirlich Alibech. Inzwischen spielt 
sich eine höchst sonderbare scene in Cortez’ gefängnisse ab. Noch 
einmal bietet ihm Almeria ihre liebe und mit derselben die mexi- 
kanische krone an; Cortez schlägt alles aus; aber, von ihren- 
grossmüthigen anerbietungen gerührt, kann er sich nicht versagen, 
Almeria’s hand zu küssen. In diesem augenblicke erscheint in 
der gefängnisthüre Cydaria; sie wird im höchsten grade eifer- 
süchtig, und die drei produciren in lang ausgedehntem gespräche 
ein gut theil sentimentalen und heroischen unsinns. Während dessen 
hat Odmar die spanischen unterfeldherren aus dem gefängnisse 
entführt; diese befreien ihren general, die stadt wird von den 
Spaniern genommen: die katastrophe beginnt. 

Als erstes opfer heroischer liebe fällt Odmar, der, im be- 
griffe, seinen bruder Guyomar zu tödten, von dem Spanier Vasquez 
erschlagen wird, der ebenfalls sich in Alibech’s reize verliebt hat. 
Vasquez wiederum fällt durch Guyomar. Auf diese kampfbilder 
folgt die berühmte und berüchtigte scene, wo Montezuma mit 
seinem hohen priester gefoltert wird (auf der bühne!) !, weil er 
den Spaniern seine verborgenen schätze nicht verrathen, auch sich 
nicht zum christlichen glauben bekehren will. Während der proce- 
dur (!) führt Montezuma lange theologische gespräche mit einem 
christlichen priester und wird schliesslich durch das dazwischen- 
kommen von Cortez aus seinen qualen erlöst. In dieser scene 
zeigt sich die heroische liebesleidenschaft Montezuma’s von einer, 
man muss sagen, geradezu lächerlichen seite. Als der kaiser von 
Almeria vernimmt, dass Cortez ihre neigung zurückgewiesen, ist 
er weit entfernt, dem Spanier dank zu wissen, der cs verschmäht 
hat, sein glücklicher rival zu werden: 


Him, who could prove so much unkind to thee, 
I ne’er will suffer to be kind to me, 

(V, 2. 1. c. vol. II, p. 402), 
sagt er, worauf Almeria die wenig liebenswürdige entgegnung 
giebt: 

I am content in death to share your fate; 
And die for him I love, with him I hate. 


(ib.) 
Die schlussscene dieses merkwürdigen, einst viel bewunderten 
stiickes? gehört ausschliesslich der heroischen licbe und ehre. 


! Vgl. Ward II, 498 note 2. 
2 S, Ward II, 498. 


Dryden s heroisches drama 25 


Montezuma, Almeria und Cydaria haben sich vor den schreck- 
nissen des noch immer tobenden kampfes in einen thurm gefliichtet, 
wo Montezuma stirbt. Almeria will ihre nebenbuhlerin erdolchen; 
da klopft Cortez an die thtire, kann aber nicht herein, weil sie 
verschlossen ist. Draussen stehend, versucht der held, durch die 
stissesten worte Almeria von ihrem grausamen vorhaben abzu- 
bringen. Cydaria selbst weint und fleht; in wahrhaft naiver 
weise bittet sie die gegnerin: 

For his dear sake let me my life receive, 
worauf Almeria sehr verständig antwortet: 

Fool, for his sake alone you must not live. etc. 

(akt V, sc. 2, I. c. 11, 406). 

Die unglücklichste rolle spielt in dieser scene unzweifelhaft 
Cortez, der wieder und wieder versucht, mit gewalt die thüre zu 
öffnen, aber vergebens. Endlich verwundet Almeria ihre feindin 
und ersticht sich selbst. Die Spanier treten ein; Cortez und 
Cydaria werden nach den mannigfaltigen schicksalen, die ihre 
liebe erduldet, ein glückliches paar, ebenso Guyomar und Alibech, 
welche gleichfalls glücklich vereinigt, sich anschicken, Mexiko zu 
verlassen, da sie es mit ihrer »ehre« unvereinbar finden, in dem 
vom feinde unterjochten vaterlande länger zu leben. 

In ähnlicher weise wird auch in den übrigen heroischen 
dramen die handlungsweise der personen völlig von den motiven 
der liebe und ehre geleitet, und dieses verhältnis ist einer der 
gründe, weshalb jene stücke in ihrer anlage einander so ausser- 
ordentlich ähnlich sind. 

Denn wenn, wie bereits hervorgehoben, auch durchgängig 
staatsaktionen von grosser und grösster wichtigkeit den gegen- 
stand der handlung des heroischen dramas bilden, so sind doch 
die träger dieser handlung, mögen sie nun fürsten, feldherren 
oder staatsmänner sein, weit entfernt, nach politischen gesichts- 
punkten ihr denken und thun einzurichten. Im gegenteile, sie 
handeln bloss, wie die liebe und ehre es ihnen eingeben. Ins- 
besondere um der liebe willen kommt es jenen helden garnicht 
darauf an, sich mit ihren freunden, brüdern und verwandten zu 
tiberwerfen'! und zu schlagen; ohne grosse gewissensbisse zu 
empfinden, verrathen sie, um der geliebten willen, ihr vaterland 








I Unwillkürlich wird der leser hier wohl wieder an das über Corneille's 
dichtungen, namentlich seinen Cinna, gesagte erinnert werden. 


26 P. Holzhausen 


oder ihre partei, ja, selbst die sonst so hochgehaltene »ehre« 
muss schweigen, wenn die ieidenschaft der liebe ins spiel kommt. 

So geht in The Indian Queen der peruanische feldherr 
Montezuma, nachdem ihm die hand der Inkatochter verweigert 
worden, ohne weiteres zu den Mexikanern über, bekriegt den 
peruanischen fürsten und macht ihn und seine tochter zu ge- 
fangenen (vgl. den ersten theil dieser abhandlung, Engl. st. XIII, 
s. 426). Seine neigung zu der Inkatochter veranlasst den tugend- 
samen sohn der Zempoalla, Acacis, sich gegen seine eigene 
mutter aufzulehnen und, im bunde mit Montezuma, die befreiung 
der von Zempoalla verurteilten gefangenen zu versuchen (akt II, 
scene I). Nun würde Montezuma seine kühnheit mit dem leben 
bezahlt haben, hätte sich nicht in Zempoalla’s herzen eine neigung 
für ihn entwickelt. Andererseits ist Traxalla in liebe zu Orazia 
entbrannt (III, ı). Dieser komplikation der herzensverhältnisse 
verdanken nun sowohl Montezuma wie auch die Inkatochter ihre 
rettung; denn jeder von ihnen hat einen fürsprecher gefunden, 
der die sache der geliebten person zu seiner eigenen macht 
(IV, 1; Works ed. S.-S., vol. II, pp. 258 ff.), bis im fünften akte 
durch das auftreten der legitimen königin die sachlage eine gänz- 
liche umgestaltung erfährt. 

Wie Montezuma zu den Mexikanern übergeht, so verlässt in 
The Conquest of Granada der glorreiche Almanzor nicht weniger 
als dreimal die partei, welcher er sich und seine dienste geweiht 
hat. Jedesmal kommen liebe oder ehre ins spiel. Das erste mal 
verlässt er den Boabdelin, als der Maurenkönig nicht einwilligt, 
dem gefangenen Don Arcos die freiheit zu geben, die ihm Almanzor 
durch ritterliches versprechen zugesichert hatte. Das andere mal 
überwirft er sich mit den Zegrys, da cr die gefangene Almahide 
für sich beansprucht, und Abdalla seinen wunsch nicht befriedigen 
will (theil I, akt III, scene 1; Works ed. S.-S., IV, 77)'; bei der 
dritten gelegenheit verlässt Almanzor den Boabdelin und Granada 
unfreiwillig, von dem Maurenkönige verbannt, weil er Almahide 


! Das monstredrama The Conquest of Granada enthält bekanntlich zehn 
akte und ist äusserlich in zwei teile (parts) zu je fünf akten geteilt. Der grund 
für die zehnaktige gestalt des stückes ist lediglich die fülle des stoffes, welche 
sich nicht in fünf akten hätte unterbringen lassen. Die theilung ist eine rein 
praktische, äusserliche; ein inneres motiv für dieselbe liegt nicht vor; ebenso 
fehit ein charakteristischer abschluss des ersten theiles, etwa wie in Goethe’s Faust, 
ganz und gar. 


Dryden’s heroisches drama 27 


zur gattin begehrt hat (theil I, akt V, scene 2, 1.c. IV, 107, vgl. 
auch das. IV, 115). Auch seine zurückberufung ist von dem 
zwischen ihm und Almahide bestehenden herzensverhältnis ab- 
hängig. Alle seine heldenthaten, die ruhmreiche vertheidigung 
von Granada, seine kämpfe gegen die angreifenden Spanier, die 
er mehrfach zurückwirft, seine vertheidigung der ehre Almahiden’s 
im gottesgericht (II, V, 2; l. c. IV, 202 ff.), alle diese gross- 
thaten verrichtet er um der liebe willen; fügen wir hinzu, um 
der liebe zu einer dame willen, die als weib eines anderen durch 
ihre ehre sich verpflichtet fühlt, ihm nicht die geringste gunst zu 
schenken — abgesehen von einem handkusse und einer schärpe, 
welche letztere sie obendrein bald zurückfordert. 

Auch die im palaste Albayzyn vor sich gehende neben- 
handlung, die verschwörung Abdalla’s u. s. w., wird einzig und 
allein von der liebe diktirt, besser gesagt, der platonisch-phan- 
tastischen verehrung, welche Abdalla, der königliche bruder, und 
Abdelmelech der ehrgeizigen Lyndaraxa entgegenbringen; in diese 
beiden sich vielfach kreuzenden handlungen ist noch ein dritter 
liebeshandel, das verhältnis Ozmyn’s zu Benzayda, verflochten. 

Dieselben motive und dieselben folgen kehren wieder in 
dem trauerspiele Aureng-Zebe. In diesem stücke, in welchem 
der dichter eingestandenermassen schon dem heroischen wesen 
zügel anlegt, indem er sich bemüht, to depict the passions strongly 
and to discriminate the characters well', beläuft sich die zahl 
der rivalen, die alle die schöne königin Indamora anbcten, gar 
auf vier: der kaiser, seine söhne Aureng-Zebe und Morat und 
der alte hofmann Arimant. Auch unglücklich liebende fehlen in 
dem stücke nicht: die kaiserin Nourmahal und die prinzessin 
Melesinda, von denen die erstere in mehr als einer beziehung 
mit Zempoalla ähnlichkeit hat, während die letztere, die gemahlin 
Morat’s, sich um einen ungetreuen gatten zu tode härmt. 

Je tiefer der leser in die heroischen dramen eindringt, um 
so mehr wird er sich davon überzeugen, dass die heroischen 
passionen der liebe und ehre eben »heroische« empfindungen in 
einem ganz eigenthümlichen sinne des wortes sind, weit verschieden 
von dem, was wir anderen sterblichen unter liebe und ehre ver- 
stehen. Beide tragen, wie schon oben von der heroischen liebe 
gesagt, die färbung der ritterromane, nur noch gesteigert und 


—_ 
—. 


1 S. die einleitung zum Aureng-Zebe, Works ed. S.-S., V, 184. 


26 P. Holzhausen 


oder ihre partei, ja, selbst die sonst so hochgehaltene »ehre« 
muss schweigen, wenn die ieidenschaft der liebe ins spiel kommt. 

So geht in The Indian Queen der peruanische feldherr 
Montezuma, nachdem ihm die hand der Inkatochter verweigert 
worden, ohne weiteres zu den Mexikanern über, bekriegt den 
peruanischen fürsten und macht ihn und seine tochter zu ge- 
fangenen (vgl. den ersten theil dieser abhandlung, Engl. st. XIII, 
s. 426). Seine neigung zu der Inkatochter veranlasst den tugend- 
samen sohn der Zempoalla, Acacis, sich gegen seine eigene 
mutter aufzulehnen und, im bunde mit Montezuma, die befreiung 
der von Zempoalla verurteilten gefangenen zu versuchen (akt II, 
scene 1). Nun würde Montezuma seine kühnheit mit dem leben 
bezahlt haben, hätte sich nicht in Zempoalla’s herzen eine neigung 
für ihn entwickelt. Andererseits ist Traxalla in liebe zu Orazia 
entbrannt (III, ı). Dieser komplikation der herzensverhältnisse 
verdanken nun sowohl Montezuma wie auch die Inkatochter ihre 
rettung; denn jeder von ihnen hat einen fürsprecher gefunden, 
der die sache der geliebten person zu seiner eigenen macht 
(IV, 1; Works ed. S.-S., vol. II, pp. 258 ff.), bis im fünften akte 
durch das auftreten der legitimen königin die sachlage eine gänz- 
liche umgestaltung erfährt. 

Wie Montezuma zu den Mexikanern übergeht, so verlässt in 
The Conquest of Granada der glorreiche Almanzor nicht weniger 
als dreimal die partei, welcher er sich und seine dienste geweiht 
hat. Jedesmal kommen liebe oder ehre ins spiel. Das erste mal 
verlässt er den Boabdelin, als der Maurenkönig nicht einwilligt, 
dem gefangenen Don Arcos die freiheit zu geben, die ihm Almanzor 
durch ritterliches versprechen zugesichert hatte. Das andere mal 
überwirft er sich mit den Zegrys, da er die gefangene Almahide 
für sich beansprucht, und Abdalla seinen wunsch nicht befriedigen 
will (theil I, akt III, scene 1; Works ed. S.-S., IV, 77)'; bei der 
dritten gelegenheit verlässt Almanzor den Boabdclin und Granada 
unfreiwillig, von dem Maurenkönige verbannt, weil er Almahide 


! Das monstredrama The Conquest of Granada enthält bekanntlich zehn 
akte und ist fusserlich in zwei teile (parts) zu je fünf akten geteilt. Der grund 
für die zehnaktige gestalt des stückes ist lediglich die fille des stofles, welche 
sich nicht in fünf akten hätte unterbringen lassen. Die theilung ist eine rein 
praktische, äusserliche; ein inneres motiv für dieselbe liegt nicht vor; ebenso 
felılt ein charakteristischer abschluss des ersten theiles, etwa wie in Goethe’s Faust, 
ganz und gar. 


Dryden’s heroisches drama 27 


zur gattin begehrt hat (theil I, akt V, scene 2, 1. c. IV, 107, vgl. 
auch das. IV, 115). Auch seine zurückberufung ist von dem 
zwischen ihm und Almahide bestehenden herzensverhältnis ab- 
hängig. Alle seine heldenthaten, die ruhmreiche vertheidigung 
von Granada, seine kämpfe gegen die angreifenden Spanier, die 
er mehrfach zurückwirft, seine vertheidigung der ehre Almahiden’s 
im gottesgericht (II, V, 2; 1. c. IV, 202 ff.), alle diese gross- 
thaten verrichtet er um der liebe willen; fügen wir hinzu, um 
der liebe zu einer dame willen, die als weib eines anderen durch 
ihre ehre sich verpflichtet fühlt, ihm nicht die geringste gunst zu 
schenken — abgesehen von einem handkusse und einer schärpe, 
welche letztere sie obendrein bald zurückfordert. 

Auch die im palaste Albayzyn vor sich gehende neben- 
handlung, die verschwörung Abdalla’s u. s. w., wird einzig und 
allein von der liebe diktirt, besser gesagt, der platonisch-phan- 
tastischen verehrung, welche Abdalla, der königliche bruder, und 
Abdelmelech der ehrgeizigen Lyndaraxa entgegenbringen; in diese 
beiden sich vielfach kreuzenden handlungen ist noch ein dritter 
liebeshandel, das verhältnis Ozmyn’s zu Benzayda, verflochten. 

Dieselben motive und dieselben folgen kehren wieder in 
dem trauerspiele Aureng-Zebe. In diesem stücke, in welchem 
der dichter eingestandenermassen schon dem heroischen wesen 
zügel anlegt, indem er sich bemüht, to depict the passions strongly 
and to discriminate the characters well !, beläuft sich die zahl 
der rivalen, die alle die schöne königin Indamora anbeten, gar 
auf vier: der kaiser, seine söhne Aureng-Zebe und Morat und 
der alte hofmann Arimant. Auch unglücklich liebende fehlen in 
dem stücke nicht: die kaiserin Nourmahal und die prinzessin 
Melesinda, von denen die erstere in mehr als einer beziehung 
mit Zempoalla ähnlichkeit hat, während die letztere, die gemahlin 
Morat’s, sich um einen ungetreuen gatten zu tode härmt. 

Je tiefer der leser in die heroischen dramen eindringt, um 
so mehr wird er sich davon überzeugen, dass die heroischen 
passionen der liebe und ehre eben »heroische« empfindungen in 
einem ganz eigenthümlichen sinne des wortes sind, weit verschieden 
von dem, was wir anderen sterblichen unter liebe und ehre ver- 
stehen. Beide tragen, wie schon oben von der heroischen liebe 
gesagt, die färbung der ritterromance, nur noch gesteigert und 





1S. die einleitung zum Aureng-Zebe, Works ed. S.-S., V, 184. 


30 P. Holzhausen 


Recht verdachtig wird dicse »chre«, wenn man sieht, dass 
Montezuma und Almanzor, dic hauptrepräsentanten dieser heroi- 
‘schen tugend ', sich nicht im geringsten durch dieselbe abhalten 
lassen, ihre freunde, denen sie sich verpflichtet, und deren partei 
zu verlassen, sobald sie sich irgendwie beleidigt fühlen. Der 
glänzende, in malerische falten geworfene mantel der heroischen 
»ehre« zeigt hier bei näherer betrachtung eine bedenkliche faden- 
scheinigkeit. Es war ferner schon oben angedeutet, dass bei den 
mit vorliebe von dem dichter in scene gesetzten konflikten zwischen 
liebe und ehre die letztere bisweilen stark in die brüche geht. 
Auch hierfür bietet Almanzor’s auftreten ein merkwürdiges bei- 
spiel. Wie leicht spricht der held von seiner »ehre«, auf die 
er sich sonst so ausserordentlich viel zu gute thut, in jener be- 
rühmten scene, in welcher er seiner leidenschaft für die geliebte 
voll und ganz dic zügel schiessen lässt! Sie selbst, seine herrin, 
zu dieser zeit bereits das weib des Maurenkönigs, erinnert ihn an 
seine so hochgehaltene ehre; Almanzor erwidert: 

These, madam, are the maxims of the day, 

When honour’s present, and when love’s away. 

The duty of poor honour were too hard, 

In arms all day, at night to mount the guard. 

Let him, in pity, now to rest retire; 

Let these soft hours be watched by warm desire, 

(Cong. of Granada II, IV, 3; I. ce. IV, 192). 

Man wird zugeben, dass der wilde Maure recht hübsch zu seinem 
vortheile zu philosophiren versteht. 

Noch eigentümlicher, überspannter, bizarrer als der heroische 
ehrbegriff und was damit zusammenhängt, ist in D.’s schilderung 
die heroische liebe. Ihren entscheidenden einfluss auf die hand- 
lung in den heroischen dramen glaube ich in der von dem Indian 
Emperor gegebenen skizze beleuchtet zu haben. 

Eine für die heroische liebesleidenschaft charakteristische 
erscheinung ist zunächst ihre schnelle entstehung. Fast sämmtliche 
helden und heldinnen Dryden’s verlieben sich so schnell wie Shake- 
speare’s Romeo und Julia: Zempoalla in Montezuma, Traxalla 
in Orazia, Cortez in Cydaria, der kalte, selbstsüchtige tyrann 
Maximin in die heilige königin Ägypten’s, der wilde Maure Al- 
manzor in die tugendsame Almahide, Morat in die schöne königin 


1 Von dem letzteren dieser beiden helden wird ausdrücklich gesagt : 
Honour’s the only idol of his eyes. 
(Cong. of Gran. L 1, 1; 1. c. IV, 45). 


Dryden's beroisches drama 31 


Indamora u. s. w. Eine erste flüchtige begegnung genügt, um 
die flammen dieser liebe zu entzünden, ja, bei verschiedenen der 
Dryden’schen frauen verwandelt sich sogar mit äusserster schnellig- 
keit der brennende hass, den sie gegen einen helden fühlten, in 
die glühendste liebe; Almeria und Nourmahal dürften in dieser 
beziehung vorzügliche illustrationen zu dem französischen: »les 
extrémes se touchent« abgeben. | 

Wenn ich soeben Shakespeare’s Romeo und Julia erwähnte, 
so ist von deren süsser, tiefer, sich selbst vergessender liebe 
freilich in Dryden’s heroischen dramen wenig zu finden. Dryden, 
sagt sein biograph Scott, possessed almost an exuberant share 
of power .of intellect, but had little idea of the finer and more 
imperceptible operations of love in its sentimental modifications.! 
Sei es, dass die frivolität, die sittliche verwilderung und rohheit der 
restaurationszeit die schuld daran trägt oder das verhältnismässig 
vorgerückte lebensalter, in dem der dichter seine meisten heroi- 
schen dramen verfasste, kurzum, Dryden verstand eine wahre, 
tiefe, herzliche liebe nicht zu zeichnen, und es finden sich in 
seinen stücken wenige liebesscenen und -gespräche, die den leser 
wahrhaft ergreifen und rühren. Dies ist unleugbar, trotz des ent- 
scheidenden einflusses, welchen die »liebe« auf das denken und 
thun der helden und heldinnen ausübt. Um wahre und warme 
liebe zu empfinden, räsonniren und philosophiren Dryden’s 
liebende viel zu viel. Mit einem worte: sie reden viel mehr von 
ihrer liebe, als sie allem anscheine nach fühlen. ? 

Daher jene langen pointirten dialoge zwischen liebenden ‚3 
welche, wie Scott sagt, instead of presenting a scene of natural 


1S. The Life of John Dryden by Sir Walter Scott, Works ed. S.-S., I, 
403—4. Vgl. auch Thom. B. Shaw, A History of English Literature, 2 vol. ed. 
Lond. 1865, p. 236. Shaw bezeichnet Dryden’s charakter als always deficient in 
tenderness. 

2 Auch in diesem punkte ist neben den Scuderyromanen der einfluss Cor- 
neille’s auf Dryden unverkennbar, Corneille’s, von dessen dichtung ein geistvoller 
kunstkenner wie St. Betive sagte: »Die männer C.’s haben ein auf formen ver- 
-sessenes und leicht verletzliches wesen; sie zanken über die etikette; in der leiden- 
schaft räsonniren sie ausführlich und streiten laut mit sich selbst herum. 
seine heldinnen, seine »anbetungswirdigen furien« gleichen sich fast alle; ihre 
liebe ist spitzfindig, überlegt, raffinirt und kommt mehr aus dem kopf als aus 
dem herzen. Man fühlt, dass C. die frauen wenig kannte«. Wie vieles in diesen 
worten klingt als wären dieselben ausdrücklich über D.’s dramatik geschrieben ! 

® Ich bitte, auch den paragraphen über den dialog zu vergleichen. 


32 P. Holzhausen 


passion, exhibit a sort of pleading, or combat of logic, in which 
each endeavours to defend his own opinion by catching up the 
idea expressed by the former speaker, and returning him his 
illustration, or simile, at the rebound. (The Life of John Dryden 
by Sir Walter Scott, Works ed. S.-S., I, 103). Derartige pointen- 
reiche dialoge nehmen sich im feineren lustspiele oft recht hübsch 
aus; auch in trauerspielen sind sie recht wohl am platze in situa- 
tionen, wo nur eine der beiden personen liebt und von der andern 
zurückgewiesen, also ihre neigung nicht erwidert wird. Somit 
wären solche scenen mehr oder weniger gerechtfertigt, wie die 
zwischen Almeria und Cortez (Ind. Emp. IV, 1, l.c. II, 370—4), 
oder Nourmahal und Aureng-Zebe, wo der letztere die anträge 
seiner stiefmutter zurückweist (Aureng-Zebe IV, 1; l. c. V, 257 
—62), oder Arimant und Indamora (Aureng-Zebe II, 1, |. c. V, 
221—3). Gerade die abweisung eines liebhabers, seine anträge 
und die abschlägigen antworten, die ihm der andere theil giebt, 
sind ja recht geeignet, dem dialoge gewisse spitzen und pointen 
zu geben. Mit rücksicht hierauf finde ich gegen die, in sprach- 
licher hinsicht, glänzenden gespräche zwischen Almanzor und 
Almahide ! nicht so viel einzuwenden, als Scott gethan hat (The 
Life of John Dryden by Sir Walter Scott, Works ed. S.-S., I, 102). 
Denn es besteht zwar eine wechselseitige neigung zwischen ihnen, 
aber Almahide ist ja die verlobte und später die gattin des 
Maurenkönigs. Indes überträgt Dryden jene manier auch auf 
scenen zwischen liebenden, die sich ihrer gegenseitigen neigung 
voll bewusst sind, sich aber nichts destoweniger in den verzwick- 
testen redeturnieren gegen einander versuchen. In dieser hin- 
sicht verweise ich nochmals auf die scene zwischen Cortez und 
Almeria während der schlacht (Ind. Emp. Il, 4, 1. c. II, 352—5), 
wo Cydaria wieder und wieder auf die ehemalige geliebte des 
Cortez zuriickkommt, auf die sie so gar eifersiichtig ist. 

Von einer anderen seite zeigt sich die hochromantische 
verschrobenheit der Dryden’schen liebesscenen in dem gespräche 
zwischen Porphyrius und Berenice (Tyr. Love III, 1, 1. c. II, 


1S. Cong. of Gran, theil I, IV, 2, 1. c. 1V, 94-7, theil 1, V, 2, lc. IV, 

111—115, theil IL, IT, 3, 1.c.1V, 151—4, theil II, Il], 1, . c. IV, 157—8, theil 

II, IV, 3, lc. 191—5, theil IT, V, 2, 1. c. 1V, 210—2. Insbesondere verweise 

ich auf die berühmte scene in der gallerie, theil II, IV, 3, 1. c. IV, 191—85;: 
Almahide: That love which you can hope and I can pay, 

May be received and given in open day u. s. w. 


Dryden’s heroisches drama 33 


416—9), worin die kaiserin den wunsch des Cäsars, noch in 
diesem leben seine gattin zu werden, zurückweist und ihn dabei 
in sonderbarer weise auf die zeit vertröstet, wann sie gestorben 
sein werde. Von dieser sagt sie: 


I'll come all soul and spirit to your love. 
With silent steps PH follow you all day, 
Or else before you, in the sunbeams, play: 
I'll lead you thence to melancholy groves, 
And there repeat the scenes of our past loves. 
At night, I will within your curtains peep; 
With empty arms embrace you while you sleep etc. 
(ib. 478—9)! 

Nicht weniger ergötzlich sind die scenen, in welchen Aureng- 
Zebe’s eifersucht ausbricht, insbesondere die letzte derselben 
(A.-Z. V, 1, 1. c. V, 294 ff.). Eifersucht ist in der that ein 
beinahe notwendiges ingrediens der heroischen liebe: Orazia, 
Cydaria, Boabdelin, Aureng-Zebe u. s. w., sie sind alle im höchsten 
grade eifersüchtig. Die art und weise, wie sich diese eifersucht 
äussert, ist wieder recht charakteristisch für die schalheit dieser 
heroischen liebesleidenschaft. 

Während in Shakespeare’s Othello und Cymbeline die eifer- 
sucht der helden, des mohren und des Leonatus Posthumus auf 
das trefflichste motiviert erscheint (durch die schlauen künste des 
Jago und Jachimo), wird Dryden’s Cydaria eifersüchtig, als Cortez 
Almeria’s hand geküsst, Boabdelin, als Almahide dem Almanzor 


1 Diese nahezu unsinnige stelle wird in The Rehearsal köstlich parodirt 

(IV, 1, p. 99, Arber): 
I’l come a Humble Bee to your chaste love, 
With silent wings III follow you, dear Couz; 
Or else, before you, in the Sun-beams buz. 
And when to Melancholy Groves you come, 
An Airy Ghost, you '] know me by my Hum; 
For sound, being Air, a Ghost does well become. 
. At night into your bosom 1 will creep, 
. And Buz but softly if you chance to sleep ete. 

Ich bemerke bei dieser gelegenheit, dass ich bei The Rehearsal nur in 
akt II—-IV nach akt und scene citiren kann, da in dem Arber’schen neudruck 
nur die drei mittleren akte eine scenenbezeichnung aufweisen, die beiden andern 
akte haben eine solche nicht, nur steht zu anfang vermerkt: Actus I (resp. V); 
Scena I, die folgenden scenen sind unbezeichnet. Die bezeichnung scene I. hale 
ich natürlich nur dort hinzugesetzt, wo in jenen heiden akten thatsächlich die 
erste scene zum citiren herangezogen ist, während ich sonst nur die nummer der 
seite angegeben habe. 

F. Kölbing, Englische studien. XV, r. I 


34 P. Holzhausen 


zur belohnung für seine heldenthaten eine schärpe geschenkt hat, 
und Aureng-Zebe gar, als er seinen nebenbuhler Morat zu Inda- 
mora’s füssen sterben sieht! Von dieser eifersucht lässt sich 
freilich sagen: »Wie gewonnen, so zerronnen«. Denn während 
seine eifersucht den Othello zur schauerlichen, aber echt tragischen 
that hinreisst, während dieselbe leidenschaft auch im Cymbeline 
einen höchst interessanten konflikt hervorruft, gehen imDryden’schen 
drama die ausbrüche der eifersucht vorüber wie die launen ner- 
vöser damen. 

Man gestatte mir hier noch ein paar worte über das ver- 
hältnis der heroischen liebe zu der damenverehrung im ritter- 
romane. Wie der ritter verpflichtet war, die kapriciösesten wünsche 
seiner dame zu erfüllen, so zeigen auch die Dryden’schen helden 
in dieser richtung einen gehorsam, welcher bisweilen an die 
stücklein Ulrich’s von Lichtenstein erinnert. Es ist ferner charak- 
teristisch, dass die damen diesen gehorsam ausdrücklich als ihr 
recht beanspruchen und dieses ihren anbetern auch ganz unum- 
wunden erklären. Man höre Almahiden’s worte in The Conquest 
of Granada (teil II, V, 2, l. c. IV, 211): 

No lover should his mistress’ prayers withstand, 

Yet you contemn my absolute command, 
und das gespräch zwischen Almahide und Almanzor (The Cong. 
of Gran. theil II, II, 3, 1. c. IV, 154), wo die geliebte dem helden 
stricte befiehlt, in Granada zu bleiben, und seinem nebenbuhler, 
dem könig Boabdelin, Almahiden’s gemahl, gegen dessen feinde, 
die Spanier, beizustehen. Der held erlaubt sich — sehr natür- 
lich! — die bescheidene anfrage: 

What recompense attends me if I stay? 
und Almahide antwortet: 

You know I am from recompense debarred etc. 
vgl. The Life of John Dryden by Sir Walter Scott, Works ed. S.-S., vol. I, p. 102) 

Almanzor theilt in dieser scene das geschick der meisten 
helden des heroischen dramas: Dryden machte nämlich die aus 
den ritter- und Scudéryromanen tiberkommene verschrobenheit zur 
regel, dass die helden, um ihre grossartige uneigennützigkeit und 
entsagung zu zeigen, auf den wunsch der geliebten, ihrem durch 
altere rechte oder die neigung der dame bevorzugten neben- 
buhler selbst thiir und thor öffnen müssen, die zu der schönen 
führen. Sie besorgen ihm ihre briefe, sie machen es der dame 
möglich, ihn zu besuchen; ist der nebenbuhler im gefangnisse 


Dryden’s heroisches drama 35 


oder befindet er sich sonst in einer bedenklichen lage, so haben 
sie ihn mit gefahr ihres eigenen lebens aus derselben zu befreien. 

Placidius hat ganz recht, wenn er bei einer solchen gelegen- 
heit bemerkt: 


I am, perhaps, the first, 
Who, forced by fate, and in his own despite 
Brought a loved rival to his mistress’ sight. 
(Tyr, Love V, 1, I. c. III, 444). 
Denn er ist thatsächlich der erste held, an welchen der dichter 
dieses ansinnen stellt, doch hat er um so zahlreichere nachfolger. 
Unter diesen finde ich den unglücklichen Arimant am bedauer- 
lichsten (im Aureng-Zebe), dem der gegenstand seiner verehrung 
in wenig zarter weise ! seine grauen haare vorhält, mit denen er 
noch wage, einer blühenden schönheit den hof zu machen: 
Were I no queen, did you my beauty weigh, 
My youth in bloom, your age in its decay? 
(Aureng-Zebe II, 1, I. c. V, 221). 
Als ihr sklave ist er freilich der schönen Indamora gerade gut 
genug, und als solchen findet sie ihn auch recht brauchbar: 
And such a slave as you what queen would lose? 
(ib. 222) 
Der unglückliche muss für seinen nebenbuhler noch mehr thun 
als liebesbotschaften und dergleichen besorgen (wie Aureng-Zebe 
II, 1, l. c. V, 238); er geht sogar für Aureng-Zebe — denn 
dieser ist sein gliicklicher rival — in den tod; mehr kann man 
von einem verschmähten liebhaber wohl in der that kaum ver- 
langen! 

Aus dem gesagten dürfte hervorgehen, dass Dryden’s heroi- 
sche liebe weit mehr ein werk des reflektirenden, kalten ver- 
standes ist, als ein selbst empfundenes oder auch nur wohl nach- 
empfundenes seelisches gefühl. Allerdings hat der dichter ver- 
sucht, auch spontane äusserungen der liebesleidenschaft, ausbrüche 
eines überwallenden gefühles, zu schildem. Aber auch, wo er 
das thut, merken wir nichts von einer wahren, treuen, herzlichen 
neigung, sondern diese scenen sind vielmehr gemälde jener grob- 
sinnlichen leidenschaft, welche das brutale restaurationszeitalter 
charakterisirt und sich namentlich in den lustspielen Dryden’s 
selbst sowie in jenen der Wycherley, Congreve, Etheredge, Van- 
brugh und Farquhar abspiegelt. In dieser beziehung verweise 


ee nn u SO 


1 Vgl. Taine I. c. II, 628. 
3° 


36 P. Holzhausen 


ich abermals auf die galleriescene zwischen Almahide und Almanzor 
(Conq. of Gran. teil II, IV, 3, l. c. IV, 191—5) sowie auf jene 
scene zwischen Nourmahal und Aureng-Zebe, welche Taine (II, 
627—8) sehr streng, aber nicht ungerecht beurteilt hat. In dieser 
scene sucht Nourmahal ihren stiefsohn mit worten wie diesen zu 
verführen : 

And why this niceness to that pleasure shown, 

Where nature sums up all her joys in one; 

Gives all she can, and, labouring still to give, 

Makes it so great, we can but taste and live: 

So fills the senses, that the soul seems fled, 

And thought itself does, for the time, lie dead: 

Till, like a string screwed up with eager haste, 

It breaks, and is tuo exquisite to last? 

| (A.-Z. IV, 1, l. c. V, 261). 
Ähnliche anerbietungen macht auch Almanzor seiner Alma- 
hide (Conq. of Gran. teil II, IV, 3, 1. c. IV, pp. 193—4): 
Live but to-night, and trust to-morrow’s mind: 
Ere that can come, there's a whole life behind. 
Methinks, already crowned with joys I lie, 
Speechless and breathless, in an ecstasy ! 
Not absent in one thought: I am all there: 
Still close. yet wishing still to be more near, 

Diese sinnlichkeit der liebe im heroischen drama zeigt sich 
auch noch in anderen ztigen. Man wird kaum eine stelle in den 
sämmtlichen Heroic Plays unseres dichters aufweisen können, wo 
ein liebhaber eigenschaften des geistes oder charakters seiner 
geliebten hervorhöbe; im gegentheile zeigen sich die helden nur 
von der äusseren schönheit ihrer dame begeistert. Selbst Maximin, 
der S. Catharina so unerschrocken ihren glauben gegen die an- 
griffe eines heidnischen philosophen hat vertheidigen hören, ist 
weit entfernt, von ihrem muthe, ihrer unschuld oder frömmigkeit 
gerührt zu sein; in seinem folgenden gesprache mit Porphyrius 
schwärmt er nur von ihren schönen augen: 

Not that her charming tongue this change has bred; 
I fear, ‘tis something that her eyes have said. 
I love; and am ashamed it should be seen, 

(Tyr. Love UI, 3. 1. c. III, 406), 

und ein wenig später sagt er: 
She comes; and now, methinks, I could obey, 
Her form glides through me and my heart gives way: 
This iron heart, which no impression took 
From wars, melts down, and runs, if she but look. 
(ib. p. 409). 


Dryden’s heroisches drama 37 


Dieselbe wichtige rolle spielen in Aureng-Zebe die »glänzenden 
augen« der königin Indamora bei deren vier anbetern. ! 

Das gesagte möge zur charakteristik von Dryden’s schilde- 
rung der heroischen »liebe« und »ehre« genügen. Nur noch ein 
wort über den konflikt beider gefühle, jenes bei Corneille und 
seinen englischen nachfolgern in der heroischen dichtung so sehr 
beliebte motiv!? Dryden verwendet es gleichfalls mit vorliebe, wie 
der leser bei Cortez und Montezuma beobachtet haben wird. 
Auch. hierin findet sich genug des bizarren; anderseits mag her- 
vorgehoben werden, dass in einem stücke, im Aureng-Zebe, der 
dichter es verstanden hat, jenen konflikt in einer wirkungsvollen 
weise darzustellen. Der kaiser giebt seiner neigung zu Indamora 
keineswegs im ersten augenblicke nach, wie es sonst die helden, 
namentlich Dryden’s königliche helden, ihren leidenschaften gegen- 
über zu thun pflegen. Er selbst gesteht: 

There hangs a secret shame on guilty men, 

(A.-Z. I, 1; l.c. V, 211) 
und wenn er seinen vertrauten Arimant fragt, der ihm seine leiden- 
schaft auszureden versucht: 

Hast thou been never base? did love ne’er bend 
Thy frailer virtue, to betray thy friend? 
(ib.) 
so giebt er implicite zu, dass er sich seiner schlechten handlungs- 
weise3 wohl bewusst ist. Als sein loyaler sohn, Aureng-Zebe, 
erscheint, der seine rebellischen brüder im interesse des vaters 


1 Ich kann diese betrachtung nicht wohl schliessen, ohne auf das unheil 
zu verweisen, welches auch bei Corneille die »beaux yeux« Paulinen’s und 
Emilien’s im Polyeucte und Cinna anrichten. 

2 Davenant machte diesen konflikt zum gegenstande eines ganzen dramati- 
schen stückes, Love and Honour. (I.ondon 1649, 4°, in: The Dramatic Works 
of Sir William D’Avenant. With Prefatory Memoir and Notes. Edin. u. Lond. 
1873. vol. IH, 91—192); vgl. auch F, Quarles, ‘The Virgin Widow akt III, sc. 1 
und andere beispiele. Die darstellung dieses konfliktes wird in késtlicher weise 
in The Rehearsal parodirt: Prinz Volscius kann zu keinem entschlusse derüber 
kommen, ob er seine stiefel anziehen soll oder nicht. Die ehre gebietet ihm, 
dieselben anzuziehen (um nämlich die stadt zu verlassen), die liebe fordert das 
gegentheil. Endlich geht er ab, nachdem er den einen stiefel angezogen, den 
anderen aber ausgelassen hat. S. The Rehearsal akt III, sc. 2, pp. 85, 87 (Arber). 

3 Das schlechte seiner handlungsweise besteht darin, dass er, der vater 
von mehreren erwachsenen söhnen und gatte eines anderen weibes, die geliebte 
Aureng-Zebe’s, des getreuesten seiner kinder, begehrt und um ihretwillen schliess- 
lich den eigenen sohn zu verderben trachtet. 


38 P. Holzhausen 


besiegt hat, da tritt dem kaiser die schändlichkeit seines benehmens 
dem sohne gegenüber klarer und klarer vor augen: 

Turn the discourse: I have a reason why 

I would not have you speak so tenderly. 

Knew you what shame your kind expressions bring, 


You would, in pity, spare a wretched king. 
(A.-Z. I, 1, l. c. V, 213). 


Auch als er dem sohne die hand Indamora’s verweigert, gesteht 
er, einen harten kampf gegen seine liebe gekämpft zu haben, bevor 
er ihr ehre und vaterpflichten geopfert habe: 

Witness, ye powers, 

How much I suffered, and how long I strove 

Against the assaults of this imperious love! 

I represented to myself the shame 

Of perjured faith, and violated fame; 

Your great deserts, how ill they were repaid; 

All arguments, in vain, I urged and weighed: 

For mighty love, who prudence does despise, 

For reason showed me Indamora’s eyes. 

What would you more? my crime I sadly view, 

Acknowledge, am ashamed, and yet pursue. 

(A.-Z. II, 1, 1. c. V, 234). 

Selbst nachdem der kaiser seiner leidenschaft soweit nachge- 
geben, dass er seinen anderen sohn Morat zuriickgerufen und 
den treuen Aureng-Zebe dessen hasse preisgegeben hat, sucht er 
in einem anfalle von gewissensbissen — einer sonst bei Dryden’s 
helden seltenen erscheinung — den einst geliebten sohn zu retten: 

I feel my virtue struggling in my soul, 

But stronger passion does its power controul. — 

Yet be advised your ruin to prevent: 

[zu Aureng-Zebe, bei seite] 
You might be safe, if you would give consent. ! 


§ 4. Die charakterzeichnung. 


a) Männliche charaktere. 


Wenn, wie ich im vorhergehenden paragraphen entwickelt 
habe, die handlung in den heroischen dramen im wesentlichen 


1 Ich bitte noch zu vergleichen A.-Z. III, 1, lL c. V, 249 und IV, 1, 
l. c. V, 276—7, des kaisers reue und seine rückkehr zu seinem treuen sohne, 
ferner V, 1, I. c. V, 298, 301—2, seine letzten gespräche. 


Dryden's heroisches drama 39 


durch die noch dazu, wie wir gesehen, völlig schablonenhaft be- 
handelten motive der liebe und ehre geleitet wird: was, wird man 
fragen, bleibt da für die charakterzeichnung, was für die entwicke- 
lung dramatischer charaktere in diesen stücken übrig? Nach 
Hettner zu urteilen, freilich wenig genug. »Von motivirung«, 
sagt dieser kritiker, (Geschichte der englischen litteratur u. s. w., 
vierte auflage, Braunschweig 1881, p. 86), »von charakterzeichnung, 
von wirklich dramatischer handlung ist nirgends der leiseste an- 
klang«. Ich möchte behaupten, dass Hettner wohl ein wenig 
übertrieben hat; wer indessen so etwas wie die echt menschlichen, 
individuellen charaktere Shakespeare’s oder wie Ben Jonson’s treff- 
lich gezeichnete humours in den heroischen dramen Dryden’s zu 
finden hoffte, würde sich arg getäuscht finden. Mit ausnahme 
derjenigen oder wenigstens einiger im Aureng-Zebe, sind seine 
charaktere fast sämmtlich übertrieben; seine menschen sind ent- 
weder ungemein erhaben oder sie sind ganz bodenlose schufte 
und gemeine bösewichter. Zudem entbehren die charaktere durch- 
gehends jeder dramatischen entwickelung; sie treten fertig auf 
die bühne, wie sie dieselbe wieder verlassen. Nun kommen aller- 
dings starke wandlungen in ihrem denken und thun, ihren an- 
sichten und gesinnungen vor; aber eben diese weiss Dryden 
nicht als das resultat einer naturgemässen entwickelung hinzu- 
stellen, sondern man merkt diesen wandlungen an, dass sie in 
der laune des dichters ihren ursprung haben, welcher dabei 
seine personen als marionetten behandelt. Denn anders vermag 
man es sich nicht zu erklären, wenn durchaus gute menschen auf 
einmal entsetzliche schlechtigkeiten verüben, oder abscheuliche 
bösewichter sich im handumdrehen in reine engel verwandeln, 
ein ruhiges mädchen bei der lächerlichsten veranlassung plötzlich 
einen anfall leidenschaftlichster eifersucht bekommt, und was der- 
gleichen dinge mehr sind. 

Unter 'berücksichtigung des gesagten wird man es natürlich 
finden, dass dic charaktere insbesondere der individualität 
entbehren, dass sie mehr oder weniger typisch sind: da tritt uns 
zunächst der blutige tyrann entgegen, im römischen kaiser Maximin 
am besten verkörpert. Ein sehr respektabler soldat — das muss 
man ihm lassen — welcher die halbe welt unterworfen hat! Er 
ist ungemein selbstbewusst: 


My looks alone my enemies would fright, 


im höchsten grade selbstsüchtig und auf nichts anderes als die 


40 P. Holzhausen 


erfüllung seiner begierden erpicht; das wahre prototyp eines ab- 
soluten despoten, der sich vermisst, anderen wesen überhaupt 
jeden freien willen abzusprechen: 


I'll find that power o’er wills, which heaven ne’er found. 
Free-will’s a cheat, in any one but me; 
In all but kings, 'tis willing slavery etc. 

(Tyr. Love IV, 1, I. c. III, 430). 

Er ist nicht im stande, den leisesten widerspruch zu ertragen 
oder eine unangenehme nachricht anzuhören. So unterbricht er 
den Albinus, der ihm die kunde von dem tode seines sohnes 
bringt, mit den wahnsinnigen worten: 

Stay; if thou speak’st that word, thou speak’st thy last; 
Some God now, if he dares, relate what's past: 
Say but he’s dead, that God shall mortal be. 
(Tyr. Love I, 1, 1. c. TIL, 393)! 
Albinus soll degradirt , die soldaten decimirt werden, weil sie 
ohne den kaisersohn heimgekehrt sind. ? 


Bald nachher fahrt er seine kaiserliche gemahlin mit den 

wüthenden worten an: 

Hence from my sight! — thy blood, if thou dost stay 

(Tyr. Love I, 1, I. c. III, 396) 

und verliebt sich urplötzlich — so urplötzlich, wie es eben unter 
Dryden’s helden mode ist — in S. Catharina. Von ihr zurück- 
gewiesen, antwortet er, wie Taine (II, 624) bemerkt, mit einem 
calembourg: 

Since you neglect to answer my desires, 


Know, princess, you shall burn in other fires. 
(Tyr. Love III, 1, I. c. III, 411). 


1 Diese stelle ist parodirt in The Rehearsal akt IV, sc. 2, p. 109 (Arber), 
wo prinz Pretty-man sagt: 
Durst any of the Gods be so uncivil, 
I'Jld make that God subscribe himself a Devil. 


® Man lese auch die worte, die er spricht, nachdem er den Valerius ge- 
tötet, der ihm die nachricht von der hinrichtung der h. Catharina überbracht hat, 
welche der tyrann zwar selbst angeordnet, aber inzwischen hatte widerrufen 
wollen: 


When in my breast two mighty passions strove, 

Thou hadst erred better in obeying love. 

"Tis true, that way thy death had followed too, 

But I had then been less displeased than now. (sic!) 
(Tyr. Love V, 1, l. c. TH, 457). 


Dryden's heroisches drama 41 


Maximin ist, um es nebenher zu sagen, ein besonderer freund 
von solchen calembourgs. Etwas später macht er eine ähnliche 
bemerkung: 
Absent I may her martyrdom decree, 
But one look more will make that martyr me, 
und, indem er den Valerius niedersticht, ruft er ihm zu: 
And dost thou think | 
This lame account fit for a love-sick king? 
Go, from the other world a better bring. 
(Tyr. Love V, 1, l. c. III, 457). 
Nachdem er sich in S. Catharinen’s reize verliebt, will sich 
der herzlose tyrann sofort von seiner treuen und tugendhaften 
gemahlin Berenice scheiden lassen; ja, er denkt daran, sie, unter 
dem nichtigen vorwande, dass sie christin geworden, aus der welt 
schaffen zu lassen. So etwas wie gewissensbisse kennt natürlich 
dieser blutige wütherich überhaupt nicht, in dem sogar die liebe, 
wie der titel des stückes besagt, eine tyrannische ist. Da S. Catha- 
rina seine anerbietungen standhaft zurückweist, malt ihr der un- 
mensch mit grimmiger bosheit die qualen der räderung aus: 
Go, bind her hand and foot beneath that wheel etc. 
(T. L. V, 1, 1. ce. II, 452). 
Als er eigenhändig den Placidius erstochen, kniet er sich 
auf dessen leiche, bohrt noch zweimal sein schwert in dieselbe, 
und weist, obwohl selbst zum tode verwundet, die hülfe seiner 
begleiter zurück: 
Stand off, and let me, ere my strength be gone 
Take my last pleasure of revenge, alone, 

(T. EL. V, 1, 1c. DI, 464) 
und so stirbt er denn, bis zum letzten augenblicke die götter 
herausfordernd: 

And after thee I yo, 
Revenging still, and following ev’n to the other world my blow, 
And shoving back this earth on which 1 sit, 


I'll mount, and scatter all the Gods I hit, 
(T. L. V, 1, 1c. II, 465) 


die er sein ganzes leben lang gelastert und abgeschworen hatte. ! 


1 Vgl. den bereits oben citirten vers: 
Some god now, if he dares relate what's past, 
und die berühmte stelle (lyr. Love V, 1, I. c. Ill, 463-4): 
What had the gods to do with me or mine? etc. 
welche besonders Scott’s missfallen erregt hat. (Vgl. The Works of John Dryden 


42 P. Holzhausen 


Dem Maximin nicht ganz unähnlich ist der grimme Morat, 
der jüngere sohn des kaisers im Aureng-Zebe, der sich selbst 
(akt III, scene 1, l. c. V, 243) mit den worten einführt: 


To me, the cries of fighting fields are charms: 
Keen be my sabre, and of proof my arms, 

I ask no other blessing of my stars: 

No prize but fame, nor mistress but the wars. 


In selbstbewusstsein und selbsttiberhebung steht er keinem 
seiner mithelden nach: 


My elder brothers my forerunners came ; 
Rough-draughts of nature, ill designed, and lame: 
Blown off, like blossoms never made to bear; 
Till I came, finished, her last-laboured care. 1 
(akt V, sz. 1, Loc. V, 279). 


ed. S.-S. III, 371, Ward II, 505 note 1). Diese und ähnliche stellen dürften 
Scott’s urteil rechtfertigen, dass, während Almanzor exhibits a larger proportion 
of that extravagant achievement peculiar to the heroic drama, it may be questioned, 
whether the language of Maximin does not abound more with the flights of 
fancy, which hover betwixt the confines of the grand and the bombast and which 
our author himself has aptly termed the Dalilahs of the theatre. 
Im elisabethanischen drama könnte sich dem Maximin etwa der Sejanus 
Ben Jonson’s an die seite stellen, der dieselbe. kühnheit und vor allem den göttern 
gegenüber dieselbe herausfordernde rücksichtslosigkeit zeigt wie Dryden’s held. 
Man vgl. seinen monolog zu anfang des 5. aktes (sc. 1, The Poetical Works of 
Ben Jonson with Notes etc. by William Gifford, ed. by Lt. Col. Fr. Cunningham. 
Lond. 1874—5, vol. I, p. 314): 
Great and high, 
T he world knows only two, that’s Rome and I. 
My roof receives me not; ‘tis air 1 tread; 
And at each step, I feel my advanced head 
Knock out a star in heaven! 
Vgl. ferner die nachfolgende stelle in dem dialoge mit Terentius, der ihm die un- 
günstigen opferzeichen vorgehalten hat (l. c. p. 315—6): 
Of all the throng that fill th’Olympian hall, 
And, without pity, lade poor Atlas’ back, 
I know not that one deity, vut Fortune, 
To whom I would throw up, in begging smoke, 
One grain of incense, or whose ear I'd buy 
With thus much oil ; 
To her I care not, if, for satisfying 
Your scrupulous phant’sies, I go offer. 
1 Man lese auch die worte, die er, aus der schlacht gegen Aureng-Zebe 
zurückkehrend, äussert: 
He (Aureng-Zebe) must (viz. live): 
I kill’d him not: and a less fate’s unjust. 
(A.-Z. V, ı,l. ec. V, 279). 


Dryden’s heroisches drama 43 


Wie Maximin die götter herausfordert, so bietet Morat »der 
ganzen menschheit trotz« und, wie der römische kaiser, glaubt 
er, selbst dem schicksal gebieten zu können: 

I'm in Fate’s place, and dictate her decrees. 
(A.-Z. IV, 1, Lc. V, 263). 

Alle mittel gelten ihm für erlaubt, wenn sie ihn nur in seinem 
streben nach unumschränkter macht fördern; so verurtheilt er seinen 
bruder zum tode, betrügt seinen vater, misshandelt seine mutter 
u. dgl. m. 

Anderseits muss zugegeben werden, dass der charakter 
Morat’s einer der wenigen im heroischen drama Dryden’s ist, 
welche der dramatischen entwickelung nicht ganz entbehren. Im 
gegentheile zeigt sich bei ihm der reinigende, läuternde, veredelnde 
einfluss der liebe, wie er sonst in diesem genre wenig her- 
vortritt: 


Renown, and fame, in vain, I courted long, 

And still pursued them; though directed wrong. 

In hazard, and in toils, I heard they lay; 

Sailed farther than the coast, but missed my way: 

Now you have given me virtue for my guide, 

And, with true honour, ballasted my pride. 

(V, 1, I. c. V, 282), 

Der grimme mann stirbt endlich — die ursache seines todes ist 
nicht recht ersichtlich; nach Hettner (1. c. p. 91) scheint er an 
gebrochenem herzen zu sterben — nachdem er sich mit seinem 
treuen weibe Melesinda versöhnt und von der nichtigkeit seiner 
ehrgeizigen bestrebungen tiberzeugt hat: 


That blast which my ambitious spirit swelled, 
See by how weak a tenure it was held! 
(V, 1, I. c. V, 290). 
Das gegenbild zu diesen schlechten menschen ist nun Aureng- 
Zebe, der typus des »guten mannes«, wie jene bösewichter mit 
allen eigenschaften eines helden begabt, aber dabei ebenso ausser- 
ordentlich tugendhaft, wie Maximin ungemein verderbt ist. Ihm 
gebietet seine ehre den strictesten gehorsam gegen seinen vater 
— sehr löblich ! — aber sie treibt ihn in dieser richtung zu den- 
selben extravaganzen, wie die heroische ehre manchen der anderen 
helden zu allerdings weniger lobenswerthen unternehmungen treibt. 
Nachdem er seinen aufständischen bruder niedergeworfen, wird 
er von dem undankbaren kaiser seiner geliebten beraubt, mehr 
noch, entehrt, eingekerkert, zum tode verurtheilt. Aber das er- 


44 P. Holzhausen 


schüttert seine loyalen gesinnungen keinen moment: aus dem 
kerker befreit, zieht er augenblicklich sein schwert, um den (in- 
zwischen von seinem anderen sohne Morat verdrängten) kaiser aus 
der hand seiner feinde zu befreien ! und wieder auf den thron 
zu setzen. 

Von ähnlichem schlage ist Montezuma und noch mehr Cortez; 
der vollendetste ausdruck des Dryden’schen heldenthumes aber 
ist sein Almanzor. Der dichter selbst behauptet, ihn nach dem 
muster der renommirtesten epischen helden zugeschnitten zu 
haben: Homer’s Achilles, Tasso’s Rinaldo und der Artabanus des 
herrn de La Calprenede sollen züge zu seinem bilde geliehen 
haben? (vgl. Dryden’s Essay Of Heroic Plays, Works ed. S.-S., 
IV, 26). Einen grossen massstab will er bei der zeichnung des 
helden angelegt und ihn nicht »wie die französischen helden« 
geschaffen haben, von denen love and honour are weighed by 
drams and scruples. Das letztere kann allerdings von Almanzor 
nicht behauptet werden, der zudem durch sein verächtliches be- 
nehmen gegen gekrönte häupter, im zeitalter Ludwig’s XIV. und 
Karl’s Il., anstoss erregen musste und genug erregte. Dryden 
entschuldigt sich damit, er habe keinen ganz vollkommenen helden 
zeichnen wollen, sondern, um seinen ausdruck zu gebrauchen, a 
charakter of an eccentric virtue.3 Almanzor’s »tugend« ist frei- 
lich excentrisch genug. Er ist der kühnste, stärkste und muthigste 
held, den je ein dichter heroischer dramen geschildert: er ge- 
horcht nur seinem eigenen willen und kann buchstäblich alles: 
den mächtigsten stier tötet er im stierkampf; durch seine blosse 


1 Es sei mir gestattet, hier kurz zu bemerken, dass der historische Aureng- 
Zeb in jeder beziehung so ziemlich das gegenteil von dem poetischen that. Als 
jüngerer sohn des schah Dschihän nicht zu dessen nachfolger bestimnit, wusste 
er seine herrschbegierde anfangs unter dem schleier der frömmigkeit zu verbergen. 
Als statthalter des Dekhan aber verband er sich mit seinem älteren bruder Morat gegen 
«en ältesten Dara, liess diesen tödten, dann Morat desgleichen und endlich den 
vater im gefängnisse sterben. So bahnte er sich den weg zum throre, auf dem 
er freilich nicht ohne kraft und umsicht regierte. 

2 Am meisten Ähnlichkeit hat Almanzor wohl mit dem letzteren. Von 
dem salonhelden Ponce de Leon (in Scudery’s roman Almahide, dem der dichter 
die geschichte von Almanzor und Almahide entnahm) ist im Almanzor nur die 
galanterie geblieben. Ponce de Leon wartet seiner geliebten »mit feingedrechselten 
sonetten und madrigalen« auf, auch Almanzor bringt Almahide des abends ein 
ständchen (vgl. auch Tüchert 1. c. p. 31—32). 

3 S. die dedication, Works ed. S.-S. 1V, 16 


Dryden’s heroisches drama 45 


erscheinung beschwichtigt er den wilden aufruhr der Zegrys und 
Abencerragen; er besiegt jeden, der es wagt, sich ihm entgegen- 
zustellen: die könige von Marokko, die Mauren in Granada, die 
Spanier, welche dic stadt belagern. 


Mehr noch: der kampf erscheint bei ihm, man möchte sagen, 
wie bei den studentenduellen, als selbstzweck; schlacht und ge- 
metzel sind ihm nur sport; je mehr feinde, desto besser. 


It pleases me your army is so great, 


sagt er zu Don Arcos (Cong. of Gran. teil I, II, 1, 1. c. IV, 51), 
und etwas später, nachdem er Boabdelin’s krieger geschlagen, be- 
merkt er: 


We have not fought enough; they fly too soon; 
And lam grieved the noble sport is done. 
(Conq. of Gran. t. I, IIT, 1, 1. c. IV, 80). 


Selbstredend besitzt er in hohem grade die bei helden 
nicht ganz seltene selbstgefälligkeit: 


To do me justice does to me belong 
(Conq. of Gran. t. I, IV, 1, ]. c. IV, 80). 


Anderseits droht er seinen feinden in derartigen ausdrücken und 
rühmt seine eigene bedeutung in solcher weise, wie man das 
freilich bei romanhelden schon verhältnissmässig wenig, noch 
seltener aber bei den helden der wirklichkeit findet! (vgl. Scott’s 
einleitung zu The Conquest of Granada, 1. c. IV, 3). Nach dieser 
"richtung hin ist Almanzor’s sprache geradezu einzig in ihrer art. 


1 Almanzor’s lärmende, prahlerische sprache erinnert mich immer an den 
bombast, den bei Shakespeare nur ein held von der farbe Cloten’s (Cymbeline) 
producirt, und der seltsaın kontrastirt mit der bescheidenheit eines wahren 
helden, wie Othello ist oder Melantius, der tapfere und biderbe soldat in Beau- 
mont’s und Fletcher’s The Maid’s Tragedy. 

Während Dryden’s helden, vor allem sein Almanzor, so überaus beredt 
und wortreich sind, sagt der tapfere mohr von sich selber: 

Rude am I in my specch. 

Othello akt I, sc. 3, v. 81 (Globe edition) 

und Melantius: . . . 2. 2.2.2.0... Tm but poor 

In words woe 
The Maid’s Tragedy akt I, cf. The Dramatic Works of Ben Jonson and Beau- 
mont and Fletcher: The first printed from the Text, and with the Notes of Peter 
Whalley; the latter from the Text and with the Notes of the late George Colman. 
London 1811, vol. II, p. 3 (die ausgabe der werke Beaumont’s und Fletcher's 
von Al. Dyce war mir während der abfassung dieses essay leider nicht zu- 
gänglich). 


46 P. Holzhausen 


Als Zulema die gefangene Almahide für sich beansprucht, 
während Almanzor ihr die freiheit geben will, schleudert er dem 
Zegry seine volle verachtung mit den worten entgegen: 

Thou, single, art not worth my answering: 
But take what friends, what armies thou canst bring; 
What worlds; and, when you are united all, 
Then will I thunder in your ears, — She shall. 
(Cong. of Gran. t. I, OL 1, 1. c. IV, 76). 

Als er Almahiden’s hand von dem könige Boabdelin fordert, 

macht er diesem zum entgelt das anerbieten: 
Accept, great king, to-morrow, from my hand, 
The cap!ive head of conquered Ferdinand. 
You shall not only what you lost regain, 
But o’er the Biscayan mountains to the main, 
Extend your sway, where never Moor did reign. 
(Cong. of Gran. t. I, V, 2, I. ec. IV, 104). 

Boabdelin, zornig über seine vermessenhcit, verbannt ihn; 

Almanzor antwortet stolz: 
Where’er I go, there can no exile be: 
But from Almanzor’s sight I banish thee. 
(ib. 107). 

Der kühne flug seiner phantasic verleitet den gewaltigen 
Mauren öfter, wünsche auszusprechen oder mit drohungen um 
sich zu werfen, die in sich selbst unerfüllbar sind, aber gerade 
durch die unmöglichkeit ihrer erfüllung dem dichter besonders 
erhaben erschienen sein müssen. So sagt er zu Boabdelin, dessen 
vermählung mit Almahide bevorstcht: 

Thou darest not- marry her while I'm in sight: 
With a bent brow thy priest and thee I'll fright; 
And in that scene, 
Which all thy hopes and wishes should content, 
The thought of me shall make thee impotent. 
(Conq. of Gran. t. I, V, 2, 1. c. IV, 108).! 

In der oben auf dieser seite erwähnten scene mit Zulema 
und Abdalla sagt er seinem nebenbuhler sogar recht unvernünftiges 
zeug; man lese: 

Thou shalt not wish her thine; thou shalt not dare 
To be so impudent as to despair. 
(Cong. of Gran. t. I, IH, 1, 1. c. IV, 76). 

1 Diese stelle ist in The Rehearsal (akt IV, sc. 1, p. 103 Arber) parodirt, 
in den worten: 

Who e’er to gulp one drop of this dares think 
I'l stare away his very pow’r to drink. 


Dryden's heroisches drama 47 


An einer andern stelle heisst es sogar: 
What are ten thousand subjects such as they? 
If I am scorned — I'll take myself away. 
(Cong. of. Gran. I. c. 77). 
Das allersonderbarste exempel von bombast unter Almanzor’s 
reden ist nun aber wohl die bekannte stelle, welche mit fug und 
recht von Elkanah Settle lächerlich gemacht worden ist (vgl. Scott’s 
einleitung zu The Conquest of Granada |. c. IV, 3 ff.). Hier 
sagt der held zum könige Boabdelin: | 


If from thy hands alone my death can be, 
I am immortal, and a god to thee. 
If I would kill thee now, thy fate’s so low, 
That I must stoop ere I can give the blow: 
But mine is fixed so far above thy crown, 
That all thy men, 
Piled on thy back, can never pull it down. etc. 
(Cong. of Gran. t. I, IH, 1, I. c. IV, 77). 


Hinsichtlich seiner leidenschaften übertrifft natürlich der ge- 
waltige Maure seine mithelden ebenso weit wie in allen andern 
dingen. Er, der sich vor nichts in der welt fürchtet — den geist 
seiner verstorbenen mutter ausgenommen (!) — er liebt seine 
Almahide so inbrünstig, dass er nicht nur tausend ruhmreiche 
thaten zu ihrer ehre vollbringt, sondern auch das unerhörte zu 
wege bringt, zu einer zeit, wo er selbst ihre ehre für befleckt hält, 
für die reinheit derselben im gottesgericht einzutreten. 

Und wie bei ihm alles einerseits ins gigantische, anderseits 
ins hochideale gezeichnet ist, so ist auch Almanzor’s benehmen 
gegen seine feinde von einer solch exquisiten courtoisie, gross- 
muth und noblesse, dass er selbst leute wie die übrigen Dryden’schen 
helden noch tief beschämt. Mag er noch so verächtlich von seinen 
abwesenden gegnern sprechen, dem gefangenen und gedemüthigten 
feinde gegenüber beträgt er sich ausgesucht nobel. Ich verweise 
auf sein benehmen gegen den gefangenen Don Arcos und gegen 
den unglücklichen Abdelmelech, als dieser in ketten vor ihm er- 
scheint (Cong. of Gran. theil II, V, 1, 1.c. IV, 201). 

Bei allem, was bisher tiber den Almanzor gesagt worden ist, 
kann ich doch nicht verschweigen, dass, bei so vielem tibertriebenen 
und verzerrten in Dryden’s schilderung, der Almanzor immerhin 
eine gewisse erhabenheit behält. Zeigt er doch einen unleug- 
baren adel der gesinnung , nicht allein durch seine ritterlichen 
thaten, sondern auch durch seine hochherzige, wenn auch phan- 


48 P. Holzhausen 


tastische denkweise! Diesen adel zeigt er besonders der ehr- 
geizigen Lyndaraxa gegentiber, als ihm diese dame unzweideutige 
avancen gemacht hat: 
Fair though you are 

As summer mornings, and your eyes more bright 

Than stars that twinkle in a winter’s night; 

Though you have eloquence to warnı and move 

Cold age and praying hermits, into love; 

Though Almahide with scorn rewards my care, — 

Yet, than to change, ‘tis nobler to despair. 

My love’s my soul; and that from fate is free. 

"Tis that unchanged and deathless part of me. 

(Cong. of Gran. t. II, HI, 3, 1. c. IV, 174).! 


1 Dieser grösste der Dryden’schen helden hat, wie leicht erklärlich, den 
verfassern von The Rehearsal hinreichende gelegenheit zur karrikirung geboten. 
Er erscheint in der satire unter dem namen Drawcansir. Dieser wird vor seinem 
erscheinen von Bayes charakterisirt als a fierce Hero, that frights (so steht in 
dem Arber’schen neudruck p. 95, nicht, wie Ward, II, 507 note 2 schreibt, fights) 
his Mistriss, snubs up Kings, baffles Armies, and does what he will, without 
regard to good manners, justice or numbers. (‘The Rehearsal akt IV, sc. 1, p. 95. 
Arber. Ich bemerke bei dieser gelegenheit. dass ich mich nicht allein in den 
lesarten, was ja selbstverständlich, sondern auch, wie der leser gesehen haben 
wird, hinsichtlich der orthograpliie stets ganz genau an die mir vorliegende aus- 
gabe des betreffenden werkes halte). 

Akt IV, sc. 1, p. 103 (Arber) stört er das fest der beiden usurpatoren, 
welche die rechtmässigen könige von Brentford vertrieben und nach dieser leistung 
sich zum zechen niedergesetzt haben. Drawcansir sagt: 

He that dares drink, and for that drink dares die, 

And, knowing this, dares yet drink on, am I. 
In diesen zeilen parodirt The Rehearsal die stelle: 

He, who dares love, and for that love must die, 

And, knowing this, dares yet love on, am I. 

(Cong. of Gran. t. IH, IH, 3, 1. c. IV, 191). 

Drawcansir nimmt den usurpatoren ihre becher fort: 

You shall not know how long I here will stay; 

But you shall know Tl take my Boles away, 
wie das original (Cong. of Gran. t. I, akt IV, sz. 1, I. c. IV, 107) droht, »seine 
Almahide wegzunehmen«. 

Nachdem der held die becher geleert, geht er ab und tritt vor dem 
fünften akt nicht wieder auf. (The Rehearsal p. 129, Arber). Es wird in diesem 
akte gerade eine schlacht geliefert, als Drawcansir dazwischenkommt, auf beiden 
seiten alles erschlägt und dann die grossen worte spricht: 

Others may boast a single man to kill; 

But I, the blood of thousands daily spill. 

Let petty kings the names of Parties know: 

Where e’er I come, I slay both friend and foe ete. 
Die letzten worte beziehen sich natürlich darauf, dass Almanzor so schnell von 
einer partei zu einer andern übergeht. Vgl. Ward II, 507. 


Dryden’s heroisches drama 49 


Es sei mir noch ein kurzes wort tiber die personen von 
untergeordneter bedeutung verstattet! Die meisten derselben 
(ich verweise dabei auf manche parthien im vorausgehenden), 
Acacis, Ozmyn, Abenamar, Abdelmelech u. a. zeigen eine völlig 
»heroische« färbung. Nur einige wenige, der schwache Boabdelin 
und sein verrätherischer bruder Abdalla in The Conquest of Granada, 
sowie der kaiser im Aureng-Zebe, also mit einem worte personen, 
deren charakter weniger gelegenheit zu idealistischen übertreibungen 
bietet, diese sind realistischer aufgefasst und naturgetreuer ge- 
schildert als jene hochfliegenden helden. 


b) Weibliche charaktere. 


Der leser wird sich dessen erinnern, was ich gelegentlich 
meiner untersuchung über die heroische »liebe« gesagt habe: 
Dryden’s stärke war es nicht, die zarteren herzensgefühle zu 
schildern, die das wesen der weiblichen liebe ausmachen. Ein 
dichter nun, dessen genius gerade diese anlage mangelt, wird 
am wenigsten glücklich sein, wenn er ein weibliches wesen zu 
schildern versucht, dessen hauptsächlichste eigenschaften treue, 
sanftmut und hingebung sind. 

Die richtigkeit dieser behauptung zeigt eine lektüre des 
trauerspiels Aureng-Zebe. Der himmlisch sanften Melesinda wirft 
ihr brutaler gatte Morat vor, »dass sie ihn viel länger liebe als 
nötig sei«, ja, er verlangt von ihr, seinem weibe, ihm zu helfen, 
um das herz einer anderen frau zu gewinnen. Die treue gattin 
antwortet voller ergebung: | 

My hated face I'll not presume to show; 
Yet I may watch your steps where’er you go. 
Unseen, I'll gaze, and with my latest breath, 
Bless, while I die, the author of my death. 
(Aureng-Zebe IV, 1, I. c. V, 267). 

Dem zürnenden kaiser gegenüber sucht sie die frevle leiden- 
schaft ihres gatten zu verbergen: 

Believe not rumour, but yourself, and see 

The kindness ‘twixt my plighted lord and me, 
ja, sie küsst sogar den ungetreucn recht herzlich, vorgeblich, um 
zu zeigen, wie glücklich sie mit ihrem gatten lebe, in wahrheit 
aber, »um einen letzten abschiedskuss von ihm zu erhaschen« 


(l. c. p. 268). 
E. Kölbing, Englische studien. XV, ı. j A 


50 P. Holzhausen 


Im fünften akte bittet Morat, der ubrigens noch gerade vor- 
her einen neuen beweis seiner liebe zu Indamora gegeben hat, 
die schwergekränkte gattin um vergebung. Sogleich ist alles ver- 
gessen: die thatsache, dass der stolze sich zu einer bitte herab- 
lässt, sühnt in Melesinda’s augen jedes vergehen, wäre es auch 
noch so schwer: 

I can, I can forgive: is that a task 
To love like mine? Are you so good to ask? 
One kiss — oh, 'tis too great a blessing this! 
I would not live to violate the bliss. 
(A.-Z. V, 1, Loc. V, 291—2). 

Nach Morat’s tode theilt sie, wie Dryden die sache darstellt, 
freiwillig die flammen des scheiterhaufens, welche die sterblichen 
reste des gatten verzehren. 

My love was such, it needed no return; 

But could, though he supplied no fuel, burn. 

(A.-Z. V, 1, 1. c. V, 300), 

Das ist ihre erwiderung, als Indamora sie von dem letzten ver- 
hängnisvollen schritte abzuhalten sucht, unter dem hinweise darauf, 
dass ihr gatte sie nie geliebt und also ein solches opfer nicht 
verdient habe. Melesinda’s handeln ist das eines engels, nicht 
eines schwachen menschenkindes; das prädikat einer dramatischen 
persönlichkeit muss ihr abgesprochen werden. 


Ganz im gegensatze zu Melesinda’s himmlischer ergebung 
treten die meisten frauen ihren liebhabern gegenüber ziemlich 
pretentiös auf, wozu ihnen, wie schon oben auseinandergesetzt, 
die ihnen von Dryden nach der vorschrift der Scudéry’schen romane 
eingeräumte stellung ja das recht giebt. Das benehmen der Dryden’- 
schen frauen überschreitet in dieser beziehung sehr häufig die 
grenzen, welche das zartgefühl zieht oder ziehen sollte. Von 
diesem vorwurfe kann selbst S. Catharina nicht freigesprochen 
werden, wie Taine (II, 624) sehr hübsch entwickelt. Auf der 
anderen seite enthält gerade die tragödie der h. Catharina (Ty- 
rannic Love) eine in Dryden’s heroischem drama einzig dastehende 
schilderung eines echt weiblichen gefiihls, ich meine der zarten 
liebe einer mutter (Felicia) zu ihrer tochter (S. Catharina). Man 
vergleiche Tyrannic Love V, 1, l. c. III, 452, ausserdem Scott’s 
einleitung zu demselben stücke, ]. c. III, 372. 

Von der sinnlichkeit der Dryden’schen frauen ist gleichfalls 
schon oben die rede gewesen, hier will ich nur nachtragen, dass 


Dryden's heroisches drama 51 


der dichter die reine sinnenliebe, einer Zempoalla z. b., mit un- 
leugbarem geschicke zu zeichnen versteht. 


Auch überall da, wo Dryden gelegenheit findet, seine u. a. 
von Scott hervorgehobenen rein intellektuellen fähigkeiten voll 
und ganz wirken zu lassen, auch da ist er nicht unglücklich. So 
hat er in Almahide, der treuen verlobten und späterhin tugend- 
haften gattin eines ungeliebten mannes, die durch ihre pflicht 
gehalten ist, die glühenden wünsche ihres liebhabers fortwährend 
zurückzuhalten, ein bild echt weiblicher tugend und würde ge- 
zeichnet, wie Ward II, 507 hervorhebt.! Ich bitte, die bereits 
früher aus The Conquest of Granada angeführten umfangreichen 
dialogpartien im originale nachzulesen, und verweise im be- 
sonderen noch auf folgende stellen: 


I can no longer bear to be accused etc. 
(Conq. of Gran. t. 1, IV. 2, I. c. IV, 96). 
Why do you thus my secret thoughts pursue etc. 
(ib.) 
Deny your own desires; for it will be etc. 
(Cong. of Gran. t. II, IV, 3, 1. c. IV, 194). 
Yes; for whatever may be bought, is low etc. 
(ib.) 
und den dialog in der scene nach dem gottesgerichte (Cong. of 
Gran. teil II, V, 2, l. c. II, 210—2). 


Ich glaube, das kapitel von der charakterzeichnung nicht 
besser abschliessen zu können, als indem ich noch eine eigen- 
schaft der Dryden’schen charaktere hervorhebe, welche beiden, 
den männlichen wie den weiblichen, gemeinsam ist. Ich habe 
bereits kurz darauf hingewiesen, dass wir die individualisirung 
des modernen dramas in den Heroic Plays fast ganz vermissen, 
dass die charaktere mehr oder weniger typisch sind. Und dieser 
typen sind nur wenige, daher sehen sich denn eine anzahl jener 


1 Dies ist um so mehr anzuerkennen, als Dryden von dem, was er dar- 
gestellt hat, in dem originale fast nichts fand. Die Scudery’sche Almahide ist 
eine eitle schöne, welche »ihre liebhaber und deren gefühle nach mehr oder 
minder gelungenen sonetten und ähnlichen gedichten schätzte. Auch hat es Ma- 
deleine de Scudery »als selbstverständlich betrachtet, dass die tugend Almahiden’s 
im kampfe gegen ihre liebe den sieg davontrage, aber Dryden hat die gefahren 
dieses kampfes so geschildert, dass der leser auch wirklich daran glaubt und da- 
her um so mehr interesse an dem geschicke der königin nimmt«. (S. Tüchert 
l. c. 32—33). 

A* 


52 P. Holzhausen 


menschenbilder unter einander zum verwechseln 4hnlich. Wie 
verschieden ist im Shakespeare Romeo’s und Hamlet’s, Julia’s und 
Desdemona’s liebe, Othello’s und Leonatus Posthumus’ eifersucht, 
Othello’s, Caesar’s, Macbeth’s ruhmbegierde und heldentum! Aber 
bei Dryden ist der Mexikaner Montezuma genau so heldenmüthig, 
hochherzig, tapfer und verliebt wie der spanische feldherr Cortez 
oder der Maure Almanzor oder der indische prinz Aureng-Zebe. 
Prithee, tell me true, fragt Martin Clifford unseren dichter in 
seinen Notes upon Dryden’s Poems in Four Letters, was not this 
huff-cap (Almanzor) once the Indian Emperor, and, at another 
time, did not he call himself Maximine? (S. The Life of John 
Dryden by Sir Walter Scott, Works ed. S.-S., I note zu 131). 
Morat ist so prahlerisch, rücksichtslos und selbststichtig wie Maxi- 
min, Indamora so insolent gegen ihren unglticklichen anbeter 
Arimant wie Almeria gegen Montezuma und S. Catharina gegen 
den römischen imperator; Abdalla ist derselbe narr und lässt 
sich von Lyndaraxa genau so düpiren wie sein nebenbuhler 
Abdelmelech; die sanftherzigen, liebenden frauen Orazia, Alibech, 
Valeria, Benzayda unterscheiden sich kaum durch lichtere oder 
dunklere schattierung von einander; hinsichtlich der sanftmut und 
thränenfülle werden sie alle bloss von Melesinda übertroffen. ! 


! Mit rücksicht auf die fülle der charaktere und die charakterzeichnung 
ist Dryden, wie man sieht, von einem Shakespeare himmelweit entfernt. Näher 
stehen ihm von den elisabethanischen dichtern Beaumont und Fletcher. Auch 
diese waren ja ganz andere meister in dramatischer charakterzeichnung als unser 
John Dryden. Aber auch ihre charaktere zeigen bei weitem nicht die varietit 
der Shakespeare’schen; wenigstens kehren gewisse typen sehr häufig bei ihnen 
wieder, z. b. der tyrann, der brave, biderbe kriegsmann, die mit hingebung 
liebende frau u. a. Was Dryden anbelangt ’ so ist es Martin Clifford kaum 
zu verübeln, wenn er unserem dichter in einer allerdings ziemlich unhöflichen 
weise vorwirft: You are a strange unconscionable thief, that art not content to 
steal from others but do’st rob thy poor wretched self too. 


(Schluss folgt). 


Oberhausen, Kr. Mühlheim. P. Holzhausen. 


53 


UBER DIE ECHTHEIT DER EDMUND SPENSER ZUGE- 
SCHRIEBENEN »VISIONS OF PETRARCH« UND »VISIONS 
OF BELLAY«. 


ae 


Im jahre 1569 erschien »A Theatre wherein be represented 
as wel the miseries and calamities that follow the voluptuous 
Worldlings, As also the greate ioyes and plesures which the faith- — 
full do enioy. Deuised by S. John vander Noodt.... Imprinted 
at London, by Henry Bynnemann. Anno Domini 1569«.! Das 
buch wird eröffnet von zwei lateinischen, autor und werk preisen- 
den gedichten; in der überschrift des ersten gedichtes ist van 
der Noodt als Zatricius Antuerpiensis bezeichnet. Aus der wid- 
mung an die königin Elisabeth erfahren wir, dass der verfasser, 
dem die abhominations of the Romy:he Antechrist ein gräuel waren, 
aus seiner heimat, Brabant, nach England floh “ escape the handes 
of the bloudthirsty. Wier könne er nun gott nach seiner weise 
dienen, und voll dank für den ihm gewährten schutz, wage er es, 
der königin sein buch zu widmen. Der widmung folgen 6 ge- 
reimte Zpigrams und 15 Sonets in blank verse. Dann beginnt die 
prosa, betitelt: A Briefe Declaration of the Authour upon his visions, 
taken out of the holy scriptures, and dyvers Orators, Poetes, Philo- 
sophers, and true histories. Translated out of French into Englishe 
by Theodore Roest. Diese »erklärung« ist gegen das papstthum und 
die missbrauche der katholischen kirche gerichtet; wir haben es 
mit einer der zahllosen religiösen streitschriften jener zeit zu thun. 

Die überschrift besagt, dass die prosa aus dem Französischen 
übersetzt ist. Wir wissen überdies, dass van der Noodt’s schrift 
im jahre 1568 zu London in französischer sprache gedruckt wurde.? 
In eigenthümlichem widerspruch mit diesen thatsachen stehen die 
angaben über die quellen der gedichte. Wir lesen, dass die 6 
ersten gedichte oder Visions von dem “earned Poete M. Francisce 
Petrarche, Gentleman of Florence in toskanischer sprache geschrieben 
wurden: which because they serve wel to our purpose, I have out of 
the Brabants speache, turned them into the Englishe tongue. Mit 
»der Brabanter« oder »des Brabanters« sprache könnte allenfalls 


1 cf. Hazlitt's »Handbook« (London 1867) p. 625; Collier's »Works of 
Spenser« (London 1873, 5 vols), vol. V p. 19 anm. | 
2 cf. Hazlitt J. c. 


54 E. Koeppel 
das Französische gemeint sein, obschon es immerhin eine sonder- 
bare bezeichnung ware. Dass es sich jedoch in der that nicht 
um eine französische vorlage der gedichte handelt, scheint in 
unwiderleglicher weise hervorzugehen aus der bemerkung über 
die quelle der nächstfolgenden 11 sonette: Zhe other ten! visions 
next ensuing, ar described of one Joachim du Bellay, Gentleman of 
France, the whiche also, bicause they serve to our purpose, I have 
translated them out of Dutch into English. Nach dieser notiz hatten 
wir somit anzunehmen, dass die gedichte des Franzosen Du Bellay 
aus dem Holländischen in das Englische übersetzt worden seien. 
Die in diesen angaben liegenden widersprüche veranlassten 
mich, den quellen dieser gedichte nachzugehen. Betreffs der 
sogenannten Zpigrams — 6 zwölfzeilige strophen (abaabbccdeed) 
mit einem vierzeiligen geleite (aabb) —, welche der berühmten 
dritten canzone Petrarca’s In morte di Madonna Laura: Standomi 
un giorno, solo, alla fenestra entsprechen, bin ich dabei zu dem 
ergebnis gekommen, dass dieselben unzweifelhaft auf einer 
französischen vorlage beruhen, und dass der verfasser 
dieser französischen vorlage kein geringerer als Clement 
Marot ist. Die übereinstimmung des englischen textes mit Marot’s 
übersetzung der canzone ist eine vollkommene. Alle kleinen ver- 
sehen des Franzosen, alle freiheiten, welche er sich dem originale 
gegenüber erlaubte und die zumeist kleine erweiterungen des 
knappen italienischen textes sind, finden wir bei dem Engländer 
wieder. Der beweis ist leicht zu führen: 


Stanza I: Una Fera m’apparve da man destra 
Con fronte umana da far arder Giove, 
Cacciata da duo veltri, un nero, un bianco; 
Che I’uno e l’altro fianco 
Della Fera gentil mordean si forte 
Che’n poco tempo la menaro al passo, 
Ove chiusa in un sasso 
Vinse molta bellezza acerba morte; 
E mi fe sospirar sua dura sorte. ? 


Marot hat in dieser stanze verschiedene änderungen vorgenommen, 
und lässt die hindin schliesslich unter einem felsen zusammen- 
stürzen: 


1 Es sind 10 visions, aber 11 sonette. Den visionen geht ein einleitender 
traum voraus. 

® Le Rime di Francesco Petrarca colle note di varii; raccolte da Luigi 
Carrer, Padova 1837; 2 voli, vol. II p. 158 ff. 


Uber die echtheit der „Visions of Petrarch“ 55 


Si m’apparut vne Bische A main dextre. 

Belle pour plaire au souuerain des Dieux. 
Chassee estoit de deux Chiens enuieux, 

Vn blanc, vn noir, qui par mortel effort 

La gente Beste aux flans mordoient si fort, 

Qu’au dernier pas en bref temps l’ont menee 
Cheoir soubz un Roc. Et IA, la cruaute e 
De mort vainquit vne grande beaute, 

Dont suspirer me feit sa destinée.! 


Sämtlichen im druck hervorgehobenen abweichungen von Petrarca 
begegnen wir auch in dem englischen text: 


At my right hand a Hynde appear’d to mee, 

So faire as mote the greatest God delite; 

Two eager dogs did her pursue in chace, 

Of which the one was blacke, the other white: 

With deadly force so in their cruell race 

They pincht the haunches of this gentle beast, 

That at the last, and in short time, I spide, 

Under a Rocke, where she alas! opprest. 

Fell to the ground, and there untimely dide. 
Cruell death vanquishing so noble beautie, 
Oft makes me wayle so hard a destenie.? 


Man vergleiche ferner: 


Stanza II: Indi per alto mar vidi una Nave 
Con le sarte di seta, e d’or la vela; 
Tutta d’avorio e d’ebeno contesta; 
E’] mar tranquillo, e l’aura era soave. 


Marot hat die zweite und dritte zeile umgestellt, und spricht in 
seiner zweiten zeile zuerst vom ebenholz, in der dritten zuerst 
von den goldenen segeln und in der vierten zuerst vom wind: 


Puis en Mer haulte vn Nauire aduisoye, 

Qui tout d’Hebene et blanc Yuoire estoit, 
A voiles d’Or, et äcordes de Soye: 
Doulx fut le vent, la Mer paisible et coye. 


1 cf. Les Oeuures de Clement Marot de Cahors, Vallet de Chambre du 
Roy. Plus amples, et en meilleur ordre que parauant. A Paris, Chéz Jehan 
Ruelle, & l’enseigne de la queue de Renard en la rue sainct Jaques. 1546, 
p. 297b ff.: Des Visions de Petrarque, de Thuscan en francoys. Nach dieser 
ausgabe citiere ich. Vgl. ausserdem: Oeuvres de Clement Marot. Nouvelle 
edition, Revue sur toutes celles qui l’ont precedee; avec des Notes Historiques 
et un Glossaire des Vieux Mots; par M. Pre-Rné Auguis. Paris 1823. 5 vol.; 
tome IV p. 271 ff. 

2 cf. Collier’s Spenser vol. V p. 16 ff. Ich rekonstruire in meinen citaten 
mit hülfe der von Collier p. 25 f. angegebenen varianten den text des »Theatre« 
von 1569. 


56 E. Koeppel 


Dieselbe zeilen- und wortordnung finden wir auch bei dem Eng- 
lander: 

After, at sea a tall ship did appeare, 

Made all of Heben and white Yvorie; 

The sailes of golde, of silke the tackle were: 

Milde was the winde, calme seem’d the sea to bee. 

ib.: Poi repente tempesta 
Oriental turbö si l’aere, e Ponde, 
Che la Nave percosse ad uno scoglio. 


Marot fügt, um den reim zu gewinnen, bei, dass der felsen, an 

dem das schiff scheitert, unter der woge verborgen war: 
Que la Nef heurte vn Roc cache soubz l’onde. 

Ebenso sagt der Englander, dass das schiff 
Strake on a rock, that under water lay. 

Stanza II: E mirandol io fiso, 
Cangioss’ il ciel intorno...... 
Marot: Et ayant l’oeil fiche sur ce Laurier 

J.e Ciel entour commence A varier ... = 


While on this Lawrell fixed was mine eie, 
The skie gan everie where to overcast. 


Stanza IV: Ma Ninfe, e Muse, a quel tenor cantando, 
von Marot erweitert zu 


Mais mainte Muse, et Nymphe seulement, 
Qui de leurs voix accordoient doulcement 
Ausondel’eau......2 220020. 


von dem Engländer in noch ctwas breiterer ausführung des fran- 
zösischen textes wiedergegeben mit | 


But manie Muses, and the Nymphes withall, 
That sweetly in accord did tune their voyce 
Unto the gentle sounding of the waters fall. 


Stanza V: Ogni cosa al fin vola: 
Marot: Que diray plus? Toute chose en fin passe = 
What say I more? each thing at last we see 
Doth passe away .. 2.2.2.0... 


Stanza VI: Al fin vid’io per entro i fiori e l’erba, 
Pensosa ir si leggiadra e bella Donna, 
Che mai nol penso, ch’io non arda, e treme. 


Marot hat diese stelle richtig, aber mit umstellung der satztheile, 
übersetzt: 


En fin ie vey vne Dame si belle, 
Qu’en y songeant tousiours ie brusle et tremble: 
Entre herbe et fleurs pensiue marchoit elle, 


Uber die echtheit der „Visions of Petrarch 57 


und seiner fassung genau angepasst, lesen wir in der englischen 
version: 

At last so faire a Ladie did I spie, 

That in thinking on her I burne and quake. 

On hearbs and flowers she walked pensively. 


Chiusa: Canzon: tu puoi ben dire: 
Queste sei visioni al signor mio 
Han fatto un dolce di morir desio. 

Marot: O chanson mienne en tes conclusions 
Dy hardiment, ces six grans Visions 
A monseigneur donnent vn doulx desir 
De brefuement soubz la terre gesir = 
My Song thus now, in thy Conclusions, 
Say boldly that these same six visions 
Do yelde unto thy lorde a sweete request, 
Ere it be long, within the earth to rest. 


Die übereinstimmungen der französischen und englischen 
übersetzung der canzone Petrarca’s sind hiemit noch nicht er- 
schöpft, doch werden die citate genügen, des Engländers ab- 
hängigkeit von Marot über jeden zweifel zu erheben. 

Die vergleichung der den epigrams folgenden Iı sonets mit 
Du Bellay’s »Songe« ergibt, dass dieselben eine sorg- 
fältige, genaue übersetzung des französischen textes 
sind, mit welchem sie sich an vielen stellen wort für wort, zeile 


für zeile decken, vgl. z. b.: 

II D’or estoit le lambris, et le sommet encor 

Reluisoit escaille de grandes lames d’or: 

Le paué fut de iaspe, et d’esmeraude fine. 

O uanité du monde! un soudain tremblement etc.! = 
I] Golde was the parget; and the sielyng eke 

Did shine all scaly with fine golden plates: - 

The floore was Jaspis, and of Emeraude. 

O worldes vainenesse! A sodein earthquake, loe etc.? 
XV Finablement sur le poinct que Morphée 

Plus ueritable apparoit 4 nos yeux, 

Fasché de uoir l’inconstance des cieux, 

_ Je uoy uenir la Soeur du grand Typhée: 
Qui brauement d’un morion coiffee, 
En maiesté sembloit egale aux Dieux = 


1 cf. Les Oeuures Francoises de Joachim Du-Bellay Gentilhonme Angeuin, 
et Poéte excellent de ce temps. Reueués, et de nouueau augmentees de plu- 
sieurs Poésies non encores auparauant imprimees. A Lyon, par Antoine de 
Harsy 1575; p. 407b sq. | 

2 cf. Collier’s Spenser vol. V p. 20 sq. 


58 E. Koeppel 


XI At length, even at the time when Morpheus 
Most truely doth appeare unto our eyes, 
Wearie to see th’inconstance of the heavens, 
I saw the great Typhaeus sister come, 

Hir head full bravely with a morian armed; 
In majestie she seemde to matche the Gods. 


Man beachte ausserdem noch folgende tibereinstimmungen im 
wortschatz: I 10 temple: Temple; Il 3 front: front 4 facon : fashiond 
5 brigue: bricke 7 rats: rayes; 1114 archer: archer 11 tumbeau : tombe 
12 dure: endures 13 tempeste : tempest; IV 3 Jrizes : frises 4 double 
/ront: double front, arc: arke 5 estoit portraicte: fortraide was 6 habit: 
habite 7 char triomphal : triumphing chaire 11 forge : forgeth; N 8 
descendit : descended 9 Jestois rauy : Ravisht I was 10 barbare : 
barbarous ı1 oultrager : Outraged ı2 tronc : tronke; VII 2 s’auan- 
turer: VI 2 venture; X 3 ceste plain{t/e : VIII 3 her plaint 12 mon- 
strueux : monstrous; XI 2 a triple poincte : IX 2 with triple point 
3 dun Cedre precieux : of precious Ceder tree 4 Parfumoit lair d’une 
odeur embasmée : With Balme-like odor did perfume the aire; XII 8 
accords : X 8 accordes. Der übersetzer hat sich seinem französi- 
schen vorbild so ängstlich angeschlossen, dass er, wenn irgend 
möglich, dessen worte herüber genommen hat. An ein hollän- 
disches zwischenglied ist demnach gar nicht zu denken. 
Die betreffende notiz der prosa ist entweder ein irrthum, oder wir 
haben in ihr einen absichtlichen täuschungsversuch des übersetzers 
zu sehen, der seine arbeit schwieriger erscheinen lassen will, als 
sie wirklich war. 

Wenn wir nun im rückblick auf diese übersetzungen aus 
Marot und Du Bellay unser urteil über die kunst des übersetzers 
zusammenfassen, so müssen wir ihm das zeugnis eines gewissen- 
haften, sorgfältigen arbeiters ausstellen, der eine gute kenntnis 
der französischen sprache besass. Misverständnisse sind ihm nur 
wenige und belanglose nachzuweisen: im ersten Zpigram hat er 


das praet. (fasché me conunt estre = Petrarca: era stanco) durch 
das praes. (# grieveth me) wiedergegeben; im zweiten spricht Marot 
von der hohen see (ez Mer haulte = per alto mar), der Engländer 


von einem hohen schiff (af sca a fall shi); in dem ersten Sonet 
erscheint die letzte terzine, welche noch zur rede des geistes 
gehört: 

Lors cognoissant la mondaine inconstance, 


Puis que Dieu seul au temps fait resistance, 
N’espere rien qu’en la diuinite — 


Uber die echtheit der „Visions of Petrarch“ 59 


bei dem Engländer als ein selbständiger satz, als eine reflexion 
des träumers: 

So I, knowing the worldes unstedfastnesse, 

Sith onely God surmountes the force of tyme, 

In God alone do stay my confidence; 
in dem fiinften sonett hat sich ihm Du Bellay’s verachteter baum- 
stumpf (la souche desdaignée) in einen entrüsteten verwandelt (the 
roote in hie disdaine). Einige andere scheinbare abweichungen von 
dem französischen text erkennen wir auf den ersten blick als 
druckfehler: so haben wir VIII 2 für %ave : heaven, X 3 für 
land: sand zu lesen. Ebenso leicht wird uns auf grund des 
französischen textes die heilung eines verstümmelt überlieferten 
verses: 

vm 6 f. Where is thy glory and the auncient praise 

Where all worldes hap was reposed. 
Der zweite vers ist metrisch unmöglich, es unterliegt wohl keinem 
zweifel, dass nur ein versehen des schreibers oder setzers die 
zeile verdorben hat und dass dieselbe ursprünglich lautete: 

Where all worldes hap and honour was reposed, 
in engem anschluss an Du Bellay’s worte: 

X 7 Ov tout I’heur et I’honneur du monde fut enclos. — 

Die besprochenen englischen gedichte wären, samt van der 
Noodt’s »Theatre«, längst vergessen worden, wenn sie nicht noch- 
mals und zwar bekanntlich unter Edmund Spenser’s aegide vor 
die welt getreten wären. Im jahre 159I erschien eine sammlung 
Spenser’scher dichtungen, betitelt »Complaints. Containing sundrie 
small Poems of the Worlds Vanitie ... By Ed. Sp. London. 
Imprinted for William Ponsonbie etc. 1591«.1 In dieser samm- 
lung finden sich an achter stelle Zhe Visions of Bellay und an 
neunter und letzter stelle Zhe Visions of Petrarch. Formerly 
translated. Diese den visionen Petrarca’s angefiigte bemerkung 
ist verschieden gedeutet worden. Todd bemerkt in seiner Spenser- 
ausgabe: Spenser’s own edition notices that the » Visions of Petrarch« 
were formerlie translated. He does not say by whom. The 
translator might be himself.* Collier scheint an einer stelle zu 
zweifeln: Whether they are the productions of Spenser, it is not for 


1 cf. Hazlitt’s »Handbook« p. 573° Collier’s »Bibl. and Cr. Account« vol. 
II p. 374 f. 
2 Citiert nach Collier’s Spenser vol. V p. 8 ann. 


60 E. Koeppel 


me absolutely to determine; but the reader must observe that, in the 
title of these »Visions of Petrarch«, a notification is made that they 
were Formerly translated,! rechnet die visions jedoch wenige 
seiten später zu Spenser’s avowed transtations,* und erklärt sie 
und Bellay’s visions mit grösster entschiedenheit als Spenser’s 
eigenthum in seinem einleitenden leben des dichters: ‘hey are his, 
as it seems to us, upon the clearest evidence, because he afterwards 
published them with many alterations ..... as his own productions. 
Sehr eingehend hat sich der letzte Spenser-herausgeber, Alex. B. 
Grosart, mit der frage der echtheit dieser beiden übersetzungen 
beschäftigt. Grosart’s ausgabe selbst ist mir nicht zugänglich, 
aber herr prof. dr. Arthur Napier in Oxford hat die grosse güte 
gehabt, mir alles, was ich von Grosart’s untersuchungen für 
meine arbeit wissen musste, mitzutheilen. Da Grosart’s in be- 
schränkter auflage gedruckte, theuere ausgabe nur auf den wenig- 
sten kontinentalen bibliotheken zu finden sein wird, kann ich wohl 
nichts besseres thun, als seine ausführungen in cxtenso vorzulegen 
(cf. The Complete Works in Verse and Prose of E. Sp. vol. I, 
p. 15 ff.): 

Biographers of Spenser —— early and latest — have passed him 
from his School (only recently known) to the University. This must 
no longer be done; for in a literary point of view, in the last year 
of his attendance at Merchant Taylors’ School, he had so profited by 
the teaching of Dr. Mulcaster — more than likely had so distingut- 
shed himself as his top pupil — that he was called upon to take a 
(temporarily) silent or anonymous but prominent part in a translated 
book published in 1569, and which was »in the press« when he left 
Jor »Pembroke Halle. As it thus preceded his academic course at 
Cambridge, it demands statement and critical examination here — that 
15, before entering on his University period. 


The facts are few and simple, and still a shadow of uncertainty 
must remain over them in the absence of positive authentication. TI feel 
that before submitting my own conclusions I cannot do better then 
allow the later of my two most capable and authoritative predecessors 
to put the thing — viz., Dean Church [cf. Spenser. By R. W. Church, 
London 1879, p. 12 sq.; Engl. Men of Letters ed. by John Morley]: 





cf. ib. vol. V p. 19 anm. 
cf. ib. vol. V p. 25. 
cf. ib. vol Ip. XXII. 


eo Ww Lad 


Uber die echtheit der „Visions of Petrarch* 61 


»And in this year, apparently in the transition time between 
school and college, Spenser’s literary ventures began. The evidence is 
curtous, but it seems to be clear. In 1500, a refugee Flemish physician 
/rom Antwerp, who had fled to England from ‘the abominations of 
the Roman Antichrist’ and the persecutions of the Duke of Alva, John 
Vander Noodt, published one of those odd muscellanies, fashionable at 
the time, half moral and poetical, half fiercely polemical, which he 
called a »Theatre [ete.]« This ‘little treatise was a mixture of verse 
and prose, setting forth in general, the vanity of the world, and, in 
particular, predictions of the ruin of Rome and Antichrist; and it 
enforced its lessons ly ülustrative woodcuts. In this strange jumble 
are preserved, we can scarcely doubt, the first compositions which we 
know of Spenser’s. Among the pieces are some Sonnets of Petrarch, 
and some Visions of the French poet Joachim du Bellay, whose poems 
were published in 1508. In the collection itself, these pieces are said 
by the compiler to have been translated by him ‘out of the Brabants 
speech, and ‘out of Dutch into English. But in a volume of »Poems 
of the Worlds Vanity«, and published years afterwards (in 1591), 
ascribed to Spenser, and put together, apparently with his consent, by 
his publisher, are found these very pieces from Petrarch and Du Bellay. 
The translations from Petrarch are almost literally the same, and are 
said to have been ‘formerly translated’. In the » Visions of Du Bellay« 
there ts this difference — that the earlier translations are in blank 
verse, and the later ones are rhymed as sonnets; but the change does 
not destroy the manifest identity of the two translations. So that un- 
less Spenser’s publisher, to whom the poet had certainly given some of 
his genuine pieces for the volume, is not to be trusted, — which, of 
course, ts possible, but not probable; or unless — what ts in the last 
degree inconceivable — Spenser had afterwards been willing to take 
the trouble of turning the blank verse of Du Bellay’s unknown trans- 
lator into rhyme, the Dutchmann who dates his » Theatre of World- 
lings« on the 25% May, 1560, must have employed the promising and 
fiuent schoolboy to furnish him with an Englsh versified form, of 
which he himself took the credit, for compositions which he professes 
to have known only in the Brabants or Dutch translations. The 
sonnets from Petrarch are translated with much command of language; 
there occurs in them, what was afterwards a favourite thought of 
Spenser’s: 


62 E Koeppel 


The Nymphs 
That sweetly in accord did tune their voice 
To the soft sounding of the waters fall. 
(cf. Shep. Cal. April I. 36, June I. 8; F. Q. VI. X. 7). 

It is scarcely credible that the translator of the sonnets could 
have caught so much as he has done of the spirit of Petrarch without 
having been able to read the Italian original; and tf Spenser was the 
translator, it ts a curious illustration of the fashionableness of Itakan 
literature in the days of Elizabeth, that a schoolboy just leaving Mer- 
chant Taylors’ should have been so much interested in it. Dr. Mul- 
caster, his master, ıs said by Warton to have given special attention 
to the teaching of the English languages. 


Such are the main outward facts; but besides these, there area 
number of lesser things that go to strengthen the Spenser authorship 
of both the »blank verse« and the rhymed Sonnets of the » Theatres, 
which it is expedient to present. 


(a) It is to be noted that the assertions of Vander Noodt, »I 
have out of the Brabants speech turned them into the English tongues, 
and »l have translated them out of Dutch into English«, reach us 
through the translation of the prose part of the »Theatre« into Eng- 
lish by Roest, not directly from Vander Noodt. 


(6) tt seems most improbable that Vander Noodt should have 
commanded English enough to translate Bellay into »blank verses — 
and such blank verse as we shall see tt to be — and have allowed 
or employed Roest to translate the prose. I must express further my 
doubts of the long epistle-dedicatory to Elizabeth in English being 
Vander Noodt’s. It appears (substantially) in the French of 1568, 
and the English most probably equally belongs to Roest as the body of 
the book. Iam the more confirmed in this by a peculiarity in the title- 
page of another work by Vander Noodt which was published in Eng- 
lish in the same year with the » Theatre« (1569) — viz., »Governance 
and preservation of them that feare the Plage. Set forth by John 
Vandernoote, Physician and Surgion, admitted by the Kynge his high- 
nesse. Now newly set forth at the request of William Barnard, of 
London, Draper, 1509. Imprinted at London, by Willyam How for 
Abraham Veale in Paules churchyard at the Signe of the Lambe«. 
» Set forth« cannot be taken for ‘translated’ or ‘composed in English’, 
seeing it is repeated below as = published. So that there really is 
no evidence whatever to show that Vander Noodt commanded enough 
of English to write wt idiomatically. Besides, even were there proof 


Uber die echtheit der „Visions of Petrarch« 63 


— which there is not — that he had himself written the epistle-dedi- 
catory of the »Theatre« in English, and himself translated or compo- 
sed in English the »Governance«, to write English prose is one thing 
and English ‘blank’ and rhymed verse another. And not only so, but 
Jor a foreigner to so translate into ‘blank verse superior to Surrey’s 
blank verse rendering of the second and third books of the Eneid 
(1557), and to Gascoigne’s Steele Glasse (1575), would have been 
a literary phenomenon without precedent known to me. \ 


(c) Lt has not been observed, or at least accentuated, that the 
Petrarch Visions of 1509 are already in rhyme, and substantially the 
same as those published in 1591. Yet both (vol. IIT, p. 231) are 
equally claimed by Vander Noodt. Any argument, therefore, that rests 
upon Vander Noodt’s ‘claim’ must make him the author of the rhymed 
series as well. 

(d) Looking closely into the Petrarch [1] series, it will be felt that 
their style is decisively that of Spenser in his early manner. TI open 
ad aperturam libri, and read this: 

Then all astonied with this mighty ghoast [etc. ete] 
(Vol. III, pp. 210—11) = [Collier’s Spenser vol. V, p. 12 sq.]. 

Character and cadence are pre-eminently Spenserian here and 
throughout. That a Fleming, who employed a translator for his prose, 
could have written this Sonnet, or one line of any | of them, is such 
a stretch of fantastic criticism as may take rank with Tübingen or 
Berlin or Paris in Biblical or Homeric regions. 


() While aware that we have no evidence that Spenser 
authenticates Ponsonby’s volume, it would surely be a great rashness 
to suppose that he admitted into the »Complaints« a series written by 
Vander Noodt. Besides, the other immortal poems of the 1591 volume 
— the Spenser-authorship of which nobody has ever impugned — have 
no more authentication than the Sonnets of 15069 transferred to it; 
whilst there is this further consideration, that not only are there epistles- 
dedicatory furnished for the several pieces — among the most precious 
of these — but the whole series of sonnets — independent of the rhyme 
in what previously were ‘blank verse — reveal an author’s revision. 


(/) The Spenserian authorship is by far the most natural solu- 
tion of the problem. The blank verse, as well as the rhymed series 


1 A copy of the „Governance“ is in the British Museum Library. The 
English is much like that of Roest’s translation of the „Theatre“. Professor Craik 
first noticed the “Governance* in his “Spenser and his Poetry“, 1, 18—19. 


6 4 FE. Koeppel 


of 15069, with all their notableness and promise, bear traces of youth 
and inexperience. They are what a precocious and fluent boy might 
flinz off, especially when one considers how soon Spenser must have 
began to compose in order to produce the long series of poems lost 
and published, produced by 1579. Further: that he should turn his 
own blank verse into rhyme — no doubt soon after 1569—71 — is 
a more natural thing than that he should do so with another’s blank 
verse, even had Vander Noodt by some miracle been able to write 
blank verse transmutable into Spenserian rhyme with such singular 
economy of alteration, and with the result that no one could (meo 
judicio) ever discover that the whole texture of the rhymed form was 
not by the author of the »Visions of the Worlds Vanitiex published 
auth them. 

(g) Hence also the words »xformerly translated«, before the 
Petrarch series, assume their natural sense — which I did not percewe 
before (in Vol. III., p. 229). These Sonnets were republished from 
the book of 1569, the Bellay set were not. It was inevitable that 
Spenser any time after 1509 should feel — what we to-day feel — 
that his blank verse was rather monotonous and crude; and this being 
so, netther he nor Ponsonby would hardly care to draw attention — 
other than in this slight re-claiming way — to the primary form, 
when presenting these »Visions« with whatever attraction rhyme could 
confer. Let it also be kept in firm recollection that the 1591 volume 
not only went bodily into the collected Works of Spenser — probably 
supervised by his friend Gabriel Harvey — but that the same publisher 
published »Colin Clout« in 1595, the »Amoretti and Kpithalamium« in 
1595, the »Foure Hymnes« in 1596, and the » Prothalamion« in 1590; 
and yet with this fourfold opportunity of disavowing the »Sonnets«, 
there was not the slightest hint of such disavowal. This is decistve to 
me as to the authenticity of the entire volume of 1591. 

(h) St is surely allowable to give Vander Nooat the benefit of 
meaning by »I have turned« and »I have translated« no more than 
that he had got translations made, or at most that he had prepared 
translations into English prose of the Bellay and Petrarch pieces, to 
be dealt with by an Englishman, and which were dealt with by Edmund 
Spenser.! This being so, I must hold the Westminster Reviewer 





1 /t may be noted here that for the words ut supra the French “Le Thédtre* 
of 1568 thuns runs — “Or les autres dix visions ensuyuans, sont descriles par 
Foachim du Bellay, Gentilhomme Frangois lesquelles faisant a nostre propos day iy 
inserö...“ (Sign E V117). 


Über die echtheit der „Visions of Petrarch“ 65 


(vol. XXXI, New Series, 1809, pp. 133— 50) as needleesly harsh in 
his verdict when he writes — »Few would infer from this title that 
the best part of the book — the translations from Petrarch and Bellay 
— consists of the unacknowledged production of another author; and 
that this unknown pharisee, whilst preaching the most austere piety, 
was practising the basest literary dishonesty. There can, however be 
no reasonable doubt that such was the case« (P. 139). 

Before passing to another and wholly new aspect of the John 
Vander Noodt problem, it may interest Spensertans to have these details 
in the »Theatre« and other books of the somewhat eminent Fleming. 

First, no »Brabant« or »Dutch« translation of Petrarch or 
Bellay is known to have existed in 1569, and the earliest of the 
» Zheatre« containing these Sonnets is Cologne 1572. So that Roest 
Vander Noodt’s statement is misleading. If it did exist, it must have 
been singularly faithful to allow Vander Noodt (in such case) to repro- 
duce the Canzone with so much fidelity to the Italian. 

The first French translation of the »Theatre« now extant is the 
following, which appears to have been Roest’s text — »Le Theatre 
avguel sont exposés [etc.] par... Jean Vander Noodt«e. At end — 
»/mprime en la ville de Londres chez Jean Day 1508«. The Epistle- 
dedicatory to Queen Elizabeth is dated from »Londres, le 28 d’October, 
PAn 1508. De V. M. Tres-humble serf Jean Vander Noodt«. Com- 
paring the French with the English translation, it is found that there 
are a number of singular interpolations in the English against the 
Papists, as well as Sonnets and other slighter bits of the Original left 
untranslated... ... 

LT will now take wt for granted that to Edmund Spenser and not 
to Vander Noodt or Theodore Roest belong the »blank verse« after- 
wards rhymed and the rhymed-revised Sonnets of 1569 and 1591. But 
this is more than a »Curiosity of Literaturex. It is a central fact in 
the story of our national Literature, and specifically in the story of 
the origin and progress of that »blank versex which was predestined 
soon to grow so mighty and marvellous an instrument in the hands of 
Christopher Marlowe and Shakespeare, and onward of Miltın, Cowper, 
and Wordsworth. By the achievement of these »blank verse« Sonnets 
and the rhymed FPetrarch Sonnets, Young Spenser gave promise of 
that supremacy which he ultimately asserted over Surrey and other 
early Singers. 

1s it conceivable that thus quickened and fired by John Vander 


Noodt, there should be no note of their ‘acquaintance or friendship in 
E Kölbing, Englische studien. XV. r. b 


62 E Koeppel 


The Nymphs 
That sweetly in accord did tune their voice 
To the soft sounding of the waters fall. 
(cf. Shep. Cal. April l. 36, June 1, 8; F. Q. VI. X. 7). 
ft is scarcely credible that the translator of the sonnets could 
have caught so much as he has done of the spirit of Petrarch without 
having been able to read the Italian original; and if Spenser was the 
translator, it is a curious illustration of the fashionableness of Ttahan 
Literature in the days of Elizabeth, that a schoolboy just leaving Mer- 
chant Taylors’ should have been so much interested in it. Dr. Mul- 
caster, his master, ts said by Warton to have given special attention 
to the teaching of the English languages. 


Such are the main outward facts; but besides these, there area 
number of lesser things that go to strengthen the Spenser authorship 
of both the »blank verse« and the rhymed Sonnets of the » Theatres, 
which it is expedient to present. 


(a) Zt is to be noted that the assertions of Vander Noodt, »I 
have out of the Brabants speech turned them into the English tongues, 
and »I have translated them out of Dutch into English«, reach us 
through the translation of the prose part of the »Theatre« into Eng- 
lish by Roest, not directly from Vander Noodt. 


(6) Lt seems most improbable that Vander Noodt should have 
commanded English enough to translate Bellay into »blank versex — 
and such blank verse as we shall see it to be — and have allowed 
or employed Roest to translate the prose. I must express further my 
doubts of the long epistle-dedicatory to Elizabeth in English being 
Vander Noodt’s. It appears (substantially) in the French of 1568, 
and the English most probably equally belongs to Roest as the body of 
the book. I am the more confirmed in this by a peculiarity in the title- 
page of another work by Vander Noodt which was published in Eng- 
lish in the same year with the » Theatre« (1569) — viz., »Governance 
and preservation of them that feare the Plage. Set forth by John 
Vandernoote, Physician and Surgion, admitted by the Kynge his high- 
nesse. Now newly set forth at the request of William Barnard, of 
London, Draper, 1569. linprinted at London, by Willyam How for 
Abraham Veale in Paules churchyard at the Signe of the Lambe«. 
» Set forth« cannot be taken for ‘translated’ or ‘composed in English’, 
seeing it is repeated below as — published. So that there really is 
no evidence whatever to show that Vander Noodt commanded enough 
of English to write it idiomatically. Besides, even were there proof 


Uber die echtheit der „Visions of Petrarch“ 63 


— which there is not — that he had himself written the epistle-dedi- 
catory of the »Theatre« in English, and himself translated or compo- 
sed in English the »Governance«, to write English prose is one thing 
and English ‘blank’ and rhymed verse another. And not only so, but 
Jor a foreigner to so translate into ‘blank verse superior to Surrey’s 
blank verse rendering of the second and third books of the Eneid 
(1557), and to Gascoigne’s Steele Glasse (1575), would have been 
a literary phenomenon without precedent known to me. ' 


(c) Lt has not been observed, or at least accentuated, that the 
Petrarch Visions of 1569 are already in rhyme, and substantially the 
same as those published in 1591. Yet both (vol. III, p. 231) are 
equally claimed by Vander Noodt. Any argument, therefore, that rests 
upon Vander Noodt’s ‘claim’ must make him the author of the rhymed 
series as well. 

(d) Looking closely into the Petrarch [!] series, it will be felt that 
their style is decisively that of Spenser in his early manner. I open 
ad aperturam libri, and read this: 

Then all astonied with this mighty ghoast [ete. etc.] 
(Vol. IIT, pp. 210—11) = [Collier’s Spenser val. V, p. 12 54.]. 

Character and cadence are pre-eminently Spenserian here and 
throughout. That a Fleming, who employed a translator for his prose, 
could have written this Sonnet, or one line of any | of them, is such 
a stretch of fantastic criticism as may take rank with Tübingen or 
Berlin or Paris in Biblical or Homeric regions. 


() While aware that we have no evidence that Spenser 
authenticates Ponsonby’s volume, it would surely be a great rashness 
to suppose that he admitted into the »Complaints« a series written by 
Vander Noodt. Besides, the other immortal poems of the 1591 volume 
— the Spenser-authorship of which nobody has ever impugned — have 
no more authentication than the Sonnets of 1569 transferred to it; 
whilst there is this further consideration, that not only are there epistles- 
dedicatory furnished for the several pieces — among the most precious 
of these — but the whole series of sonnets — independent of the rhyme 
in what previously were ‘blank verse — reveal an author’s revision. 


(/) The Spenserian authorship is by far the most natural solu- 
tion of the problem. The blank verse, as well as the rhymed sertes 


1 A copy of the „Governance“ is in the British Museum Library. The 
English is much like that of Roest’s translation of the „Theatre“. Professor Craik 
first noticed the “Governance in his “Spenser and his Poetry“, 1, 18—19, 


68 E. Koeppel 


schen haben, von Grosart und anderen englischen forschern warm 
verteidigt. Ihre beweisführung geht in die breite — an das 
nachstliegende, an die erste pflicht eines jeden, der sich mit der 
verfasserfrage beschäftigen will, scheint keiner von ihnen gedacht 
zu haben. Ich meine: an eine genaue prüfung der gedichte, 
eine streng philologische vergleichung der versionen von 1569 
und 1591. Wenn wir nun, an der Spenser authorship zweifelnd, 
eine solche untersuchung vornehmen, so werden wir schon bei 
der betrachtung der »Visions of Petrarch« in unseren zweifeln 
bestärkt. Spenser hat den text von 1569 schonend behandelt. 
Er fand unter den 6 Zpigrams von 1569 vier zwölfzeilige, welche 
er zu vierzehnzeiligen sonetten ergänzte, er hat die Chiusa durch 
ein selbständiges siebentes sonett ersetzt — im übrigen hat er 
sich mit einigen geringfügigen textänderungen und metrischen 
besserungen begnügt.! Wir finden deshalb auch in dem text 
von 1591 eine eigenthümlichkeit des textes von 1569 wieder, welche 
unsere beachtung verdient: den reim foure : endure (Son. VI v. 79). 
Dieser bindung lässt sich weder aus Spenser’s »Complaints«, noch 
aus seinen dichtungen »Colin Clouts Come Home Againe«, 
»Amorctti«, »Fowre Hymnes«, »Daphnaida«, »Prothalamion« und 
»Epithalamion« ein entsprechender reim zur seite stellen. Spenser 
hält die -oure und -wre-worte streng geschieden, beide klassen 
reimen nur unter sich. ? 


Tiefer greifende veränderungen haben die aus Du Bellay 
übersetzten 11 Sonefs von 1569 erfahren: Spenser hat den blank 


—[LD_1[--.— 


ı Cf. die varianten bei Collier vol. V p. 25 f. Die metrischen besserungen 
sind, dass Spenser son. IV v. 49 den alexandriner C’#to the gentle sounding of the 
waters fall gekürzt hat zu 70 the soft sounding of the waters fall, und dass er 
son. VI v. 72 That in thinking geändert hat zu That thinking yet. 


2 Für die -oure (-our -owre -ower) reime vgl. Complaints: Ruines of Time 
v. 128, Teares of the Muses v. 476, 595. Virgils Gnat v. 135, 313, 562, 578, 
673, Ruines of Rome v. 36, 107, Muiopotmos v. 298, Visions of Bellay v. 104; 
Amoretti son. 4, 20, 64, 65; Fowre Hymnes: in Honour of Love v. 1, in Honour 
of Beautie v. 50, 71, on Heavenly Beautie v. 247; Daphnaida v. 334; Protha- 
lamion v. 13. 92, 132; Epithalamion v. 46, 68, 177, 297. Für -zre reime vgl. 
Complaints: Ruines of Time v. 174, 534, Teares v. 119, 331, Virgils Gnat v. 9, 
Mother Hubberds Tale v. 275, 611, 683, 819, 1029, Ruines of Rome v. 97, 114, 
335, Muio. v. 57, Visions of the Worlds Vanitie v. 24, 167, Visions of Bellay 
v. 85, 188; Colin Clout v. 389, 944; Amoretti son. 21, 25, 51, 59; Fowre 
Hymnes: in Honour of Love v. 183, 295, in Honour of Beautie v. 127, ot 
Heayenly Love v. 97. 


Über die echtheit der „Visions of Petrarch“ 69 


verse in reime umgesetzt. Ausserdem gibt er uns den ganzen 
»Songe« des Franzosen, 15 sonette, wahrend im »Theatre« das 
6., 8., 13. und 14. sonett Du Bellay’s ausgelassen waren.! Diese 
von Spenser hinzugefiigten vier sonette sind fiir uns von grosser 
wichtigkeit, von ihnen können wir aufschluss darüber erwarten, 
ob Spenser identisch ist mit dem übersetzer von 1569 oder nicht. 
Wir haben gesehen, dass dieser sehr ausgeprägte eigenschaften 
besitzt: eine grosse gewissenhaftigkeit und eine gründliche kenntnis 
der fremden sprache, welche bewirkten, dass er sich auch dann, 
wenn er, wie bei der übersetzung aus Marot, mit der schwierig- 
keit des reimes zu kämpfen hatte, seiner vorlage so eng wie 
irgend möglich anschloss. Ist Spenser der übersetzer von 1569, 
so müssen sich diese eigenschaften auch in den 4 sonetten, die 
er später einfügte, erkennen lassen. 


Son. VI. Du Bellay sagt, dass die wölfin mit ausgestrecktem 
halse ihre jungen leckt: 


Une Louue ie uy sous l’antre d’un rocher 
Allaictant deux bessons: ie uy & sa mammelle 
Mignardement iouér ceste couple iumelle, 

Et d’un col allongé la Louue les lecher — 


Spenser, dass sie ihren hals von ihnen abwendet: 


I saw a Wolfe under a rockie cave 

Noursing two whelpes; I saw her litle ones 

In wanton dalliance the teate to crave, 

While she her neck wreath'd from them for the nones. 


Bei Du Bellay wälzt sich die wölfin in ihrem blut: 


Je la uy de son long sur la plaine estendue . 
Poussant mille sanglots, se ueautrer en son sang, 


bei Spenser lesen wir: 


I saw her on the plaine outstretched lie, 
Throwing out thousand throbs in her owne soyle. 
Son. VIII. Du Bellay sagt, dass der fluss bedeckt war von 
einem dunklen nebel, der sich in rauchigem wirbel in die luft 
erhob: 





1 Als ersatz bietet das „Theatre“ nach den 11 Sonets Du Bellay’s vier 
sonette gleicher art mit gewaltigen, der Apocalypse entlehnten visionen, deren text 
bei Collier vol. V.p. 24 f. zu finden ist. Für unsere studie kommen diese 4 
visionen nicht in betracht, da sie Spenser nicht berücksichtigt hat. 


62 E Koeppel 


The Nymphs 
That sweetly in accord did tune their voice 
To the soft sounding of the waters fall. 
(cf. Shep. Cal. April I. 36, June I. 8; F. Q. VI. X. 7). 

ft is scarcely credible that the translator of the sonnets could 
have caught so much as he has done of the spirit of Petrarch without 
having been able to read the Itahan original; and if Spenser was the 
translator, it is a curious illustration of the fashionableness of Italian 
literature in the days of Elizabeth, that a schoolboy just leaving Mer- 
chant Taylors’ should have been so much interested in it. Dr. Mul- 
caster, his master, is said by Warton to have given special attention 
to the teaching of the English languages. 

Such are the main outward facts; but besides these, there area 
number of lesser things that go to strengthen the Spenser authorship 
of both the »blank verse« and the rhymed Sonnets of the » Theatres, 
which it ts expedient to present. 


(a) St is to be noted that the assertions of Vander Noodt, »I 
have out of the Brabants speech turned them into the English tongues, 
and »I have translated them out of Dutch into English«, reach us 
through the translation of the prose part of the »Theatre« into Eng- 
lish by Roest, not directly from Vander Noodt. 


(6) Lt seems most improbable that Vander Noodt should have 
commanded English enough to translate Bellay into »blank versex — 
and such blank verse as we shall see it to be — and have allowed 
or employed Roest to translate the prose. I must express further my 
doubts of the long epistle-dedicatory to Elizabeth in English being 
Vander Noodt’s. It appears (substantially) in the French of 1568, 
and the English most probably equally belongs to Roest as the body of 
the book. I am the more confirmed in this by a peculiarity in the title- 
page of another work by Vander Noodt which was published in Eng- 
lish in the same year with the » Theatre« (1569) — vtz., »Governance 
and preservation of them that feare the Plage. Set forth by John 
Vandernoote, Physician and Surgion, admitted by the Kynge his high- 
nesse. Now newly set forth at the request of William Barnard, of 
London, Draper, 1509. Imprinted at London, by Willyam How for 
Abraham Veale in Paules churchyard at the Signe of the Lambe«. 
» Set forth« cannot be taken for ‘translated’ or ‘composed in English, 
seeing tt ts repeated below as = published. So that there really is 
no evidence whatever to show that Vander Noodt commanded enough 
of English to write it tdiomatically. Besides, even were there proof 


Uber die echtheit der „Visions of Petrarch« 63 


— which there is not — that he had himself written the epistle-dedi- 
catory of the »Theatre« in English, and himself translated or compo- 
sed in English the »Governances, to write English prose is one thing 
and English ‘blank’ and rhymed verse another. And not only so, but 
Jor a foreigner to so translate into ‘blank verse superior to Surrey’s 
blank verse rendering of the second and third books of the Aineid 
(1557), and to Gascoigne’s Steele Glasse (1575), would have been 
a literary phenomenon without precedent known to me.‘ 


(c) Lt has not been observed, or at least accentuated, that the 
Petrarch Visions of 1509 are already in rhyme, and substantially the 
same as those published in 1591. Yet both (vol. III, p. 231) are 
equally claimed by Vander Noodt. Any argument, therefore, that rests 
upon Vander Noodt’s ‘claim must make him the author of the rhymed 
series as well, 

(d) Looking closely into the Petrarch [!] series, it will be felt that 
their style is decisively that of Spenser in his early manner. I open 
ad aperturam libri, and read this: 

Then all astonied with this mighty ghoast [ete. ete] 
(Vol. III. pp. 210—11) = [Collier’s Spenser vol. V, p. 12 sy.]. 

Character and cadence are pre-eminently Spenserian here and 
throughout. That a Fleming, who employed a translator for his prose, 
could have written this Sonnet, or one line of any | of them, is such 
a stretch of fantastic criticism as may take rank with Tübingen or 
Berlin or Paris in Biblical or Homertc regions. 


() While aware that we have no evidence that Spenser 
authenticates Ponsonby’s volume, it would surely be a great rashness 
to suppose that he admitted into the »Complaints« a series written by 
Vander Noodt. Besides, the other immortal poems of the 1591 volume 
— the Spenser-authorship of which nobody has ever impugned — have 
no more authentication than the Sonnets of 1569 transferred to it; 
whilst there ts this further consideration, that not only are there epistles- 
dedicatory furnished for the several pieces — among the most precious 
of these — but the whole series of sonnets — independent of the rhyme 
in what previously were ‘blank verse — reveal an author’s revision. 


(7) The Spenserian authorship is by far the most natural solu- 
tion of the problem. The blank verse, as well as the rhymed series 


1 A copy of the „Governance“ is in the British Museum Library. The 
English is much like that of Roest’s translation of the „Theatre“. Professor Craik 
first noticed the “Governance in his “Spenser and his Poetry“, 1, 18—19. 


72 E. Koeppel 


1569: Along the bankes of the Italian streame. 
There many auncient Trophees were erect, 
Many a spoyle, and many goodly signes 
To shewe the greatnesse of the stately race... 


Spenser: Along the bancks of the Ausonian streame: 
There many an auncient Trophee was addrest, 
And many a spoyle, and many a goodly show, 
Which that brave races greatnes did attest. 


Aber diese grössere genauigkeit, welche übrigens für die 
wahl der worte /asp und addrest wenig lob verdient, ist nur eine 
scheinbare. Bei näherem zuschauen nehmen wir erstens wahr, 
dass Spenser die kleinen versehen des übersetzers von 1569 
(cf. p. 58 f.) sämtlich ungebessert aufgenommen hat; ferner, dass 
sich der dichter von dem reime allzu oft aus der dem übersetzer 
vorgeschriebenen bahn locken lässt, vgl. z. b.: 


Son. I: C’estoit alors que le present des Dieux 
Plus doucement s’ecoule aux yeux de l’homme, 
Faisant noyer dedans l’oubly du somme 
Tout le soucy du iour laborieux, 
Quand un Demon apparut & mes yeux 
Dessus le bord du grand fleuue de Romme. 
Qui m’appellant du nom dont ie me nomme. 
Me commanda regarder uers les cieux .... 


1569: It was the time when rest, the gift of Gods, 
Sweetely sliding into the eyes of men, 
Doth drowne in the forgetfulnesse of slepe 
The carefull travailes of the painefull day: 
Then did a ghost appeare before mine eyes, 
On that great rivers bank that runnes by Rome; 
And, calling me then by my propre name, 
He bade me upwarde unto heaven looke.... 


Spenser: It was the time, when rest, soft sliding downe 
From heavens hight into mens heavy eyes, 
In the forgetfulnes of sleepe doth drowne 
The carefull thoughts of mortall miseries; 
Then did a Ghost before mine eyes appeare, 
On that great rivers banck that runnes by Rome, 
Which, calling me by name, bad me to reare 
My lookes to heaven whence all good gifts do come; 


Son. V: Et puis ie uy l’Arbre Dodonien 
Sur sept costaux espandre son umbrage. 


1569: Then I behelde the faire Dodonian tree 
Upon seven hilles throw forth his gladsome shade. 


Uber die echtheit der „Visions of Petrarch“ 73 


Spenser: Then was the faire Dodonian tree far seene, 
Upon seaven hills to spread his gladsome gleame; 


drittens, dass die reim-sonette der älteren richtigen fassung gegen- 
über manche verderbnis aufweisen, sodass, vom philologischen 
standpunkte aus, Spenser der vorwurf nachlässiger arbeit nicht 
erspart werden kann: 

Son. VII. Du Bellay sieht den vogel, der die sonne er- 
tragen kann, die höchsten berge überfliegen, die wolken durch- 
brechen und schliesslich bis zum tempel der götter emporsteigen: 

Je uy l'oyseau, qui le Soleil contemple, 

D’un foible uol au ciel s’auanturer, 

Et peu-a-peu ses ailes asseurer, 

Suyuant encor le maternel exemple. 

Je le uy croistre, et d’un uoler plus ample 

Des plus haults monts la hauteur mesurer, 


Percer la nué, et ses ailes tirer 
Jusques au lieu, ot des Dieux est le temple. 


1569: I saw hir rise, and with a larger flight 
Surmountthe toppes even of the hiest hilles, 
And pierce the cloudes, and with hir wings to reach 
The place where is the temple of the Gods. 


Spenser stellt ohne grund und gegen den plan Du Bellay’s die 
angaben über den flug des adlers um, er lässt ihn zuerst die 
wolken durchbrechen, dann die höchsten berge messen, bis er 
zu der götter wohnsitz dringt: 

I saw her rise, and with a larger flight u 

To pierce the cloudes, and with wide pinneons 

To measure the most haughtie mountaines hight, 

Untillshe raught the Gods owne mansions. 

Son. XV. Du Bellay erblickt des grossen Typhoeus’ schwester, 

die, stattlich mit einem helm geschmückt, an majestät den göttern 
gleich zu sein scheint: 


Je uoy uenir la Soeur du grand Typhee: 

Qui brauement d’un morion coiffee, 

En maieste sembloit egale aux Dieux. 
1569: I saw the great Typhaeus sister come, 

Hir head full bravely with a morian armed; 

In majestie she seemde to matche the Gods. 


Spenser sagt, dass ihr haupt, stattlich in einem helm verborgen, 


den göttern an majestät gleich zu sein schien: 
I saw Typhoeus sister comming neare; 
Whose head, full bravely with a morion hidd, 
Did seeme to match the Gods in Majestie. 


74 E. Koeppel 


Um unser urtheil über Spenser als übersetzer aus dem Fran- 
zösischen auf eine möglichst breite grundlage zu stellen, wollen 
wir noch einen blick auf seine anderen arbeiten dieser art werfen. 
Für seinen »Shepheards Calender« (1579) hat Spenser bekannt- 
lich anleihen bei Clement Marot gemacht, seine November-ekloge 
beruht auf Marot’s »Complaincte de ma Dame Loyse de Sauoye, 
Mere du Roy, en forme d’Eglogue« (druck von 1546 p. 267" ff.), 
seine Dezember-ekloge auf »Eglogue au Roy, soubz les noms de 
Pan, et Robin« (ib. p. 21” ff.). Spenser’s bearbeitung der Marot’- 
schen dichtungen ist jedoch eine durchaus freie und selbständige, 
er schliesst sich nur hin und wieder zeilenweise dem wortlaut 
seiner vorlage an, so dass er hier nicht als übersetzer erscheint.! 
Um so wichtiger ist für uns die übersetzung von Du Bellay’s 
»Antiquitez de Rome«, welche in den »Complaints« von 1591 an 
fünfter stelle erscheint: »The Ruines of Rome by Bellay«. Bei 
dieser version war Spenser sichtlich bestrebt, das original nach 
bestem können genau zu übertragen. Allein auch hier finden 
wir ihn oft auf abwegen, auch hier stossen wir — mit aller ehr- 
furcht vor dem andenken des grossen und liebenswerten dichters 
sei es gesagt — auf viele spuren flüchtiger arbeit und einer ziem- 
lich oberflächlichen kenntnis der fremden sprache. Der wort- 
schatz der französischen vorlage bietet ihm manche schwierigkeit: 
das verbum cerner »umkreisen« übersetzt er mit »sehen«,? die 
hängenden gärten Babylons verwandelt er in spitzige thürme, 3 


1 Über die art der Spenser’schen nachbildung hat sich neuerdings geäussert 
O. Reissert in seinen „Bemerkungen über Spenser’s Shepheards Calendar etc.“, 
Anglia IX 205 ff. Ein detail der November-ekloge — dass die heerden des 
trauernden schäfers aufhören zu grasen —, für welches Reissert auf Virgil ver- 
weist, findet sich übrigens auch bei Marot: 
Le grand Pasteur sa musette fendit, 
Ne voulant plus que de pleurs se mesler, 
Dont son trouppeau, qui plaindre Ventendit. 
Laissa le paistre, et se print A besler. (1546 p. 269a) 
2 Son.I: Trois fois cernant sous le uotle des cieux 
De uoz tombeaux le tour deuotieux, 
A haulte uoix trois fois ie uous appelle, 
Spenser: Thrice having seene under the heavens veale 
Your toombs devoted compasse over all, 
Thrice unto you with lowd voyce I appeale. 
3 Son. II: Le Babylonien ses haults murs uantera, 
Et ses uergers en l’air...... 
Spenser: Great Babylon her haughtie walls will praise, 
And sharped steeples high shot up in ayre. 


Über die echtheit der „Visions of Petrarch“ 75, 


für /eindre »heucheln« liest er fendre und übersetzt entsprechend, 
ohne die störung des sinnes zu beachten.! Aber auch ohne die 
klippe eines unbekannten wortes scheitert seine übersetzerkunst 
an manchen stellen. Einen neuen sohn der erde nennt Du Bellay 
das volk der Gothen, welches sich nach dem sturze Roms wieder 
in den busen der mutter verlor; bei Spenser wirft das volk die 
mauern in den busen der mutter.2 Bei dem Franzosen versengt. 
die sonne den fittich des adlers, der sich zu hoch über die erde 
erhob, bei Spenser die schwingen, welche sich über die erde 
auszubreiten pflegten.® Obwohl die alte eiche beim nächsten 
wind stürzen wird und manche junge daneben wurzel gefasst hat, 
wird doch sie allein vom frommen volke verehrt, sagt Du Bellay; 
Spenser: sie wird vom volke verehrt und viele junge pflanzen 
entsprossen ihrer rinde — der punkt, dem Du Bellay den 
stärksten ton geben will, dass die alte eiche trotzdem allein 
verehrt wird, geht bei ihm gänzlich verloren.* Nicht minder 


1 Son. XVII: Alors an uid la corneille Germaine, 
Se deguisant feindre l’aigle Romaine, 
Et uers le ciel s’eleuer de rechef — 
Spenser: Then was the Germane Raven in disguise 
That Romane Eagle seene to cleave asunder, 
And towards heaven freshly to arise. 
2 Son. XI: Ce peuple adonc, nouueau fils de la Terre, 
Dardant par tout les fouldres de la guerre, 
Ces braues murs accabla sous sa main, 
Puis se perdit dans le sein de sa mere. 
Spenser: Then gan that Nation, th’earths new Giant brood, 
To dart abroad the thunder bolts of warre, 
And beating downe these walls with furious mood 
Into her mothers bosome, all did marre, 
3 Son. XVII: Mais aussi tost que le Soleil brusla, 
L’aile qui trop se feit la terre basse — 
Spenser: But all so soone as scortching Sunne had brent 
His wings which wont the earth to overspredd. 
4 Son. XXVITE: Qui a ueu quelquefois un grand chesne asseiche, 
Qui pour son ornement quelque trophee porte, 
Leuer encor’ au ciel sa uieille teste morte, 
Dont le pied fermement n’est en terre fiche .. . 
Et bien qu’au premier uent il doiue sa ruine, 
Et maint ieuneäl’entour ait fermer la racine, 
Du deuot populaire estre seul reuere. 
Spenser: And though she owe her fall to the first winde, 
Yet of the devout people is ador’d, 
And manie yong plants spring out ofherrinde. 


76 E. Koeppel 


verdreht und entstellt ist der schluss des 22. sonetts wieder- 
gegeben. ! 

Wir haben uns nun dic frage vorzulegen: kann Spenser 
identisch sein mit dem tibersetzer von 1569? Kann ein schrift- 
steller aus derselben sprache einmal genau, in ängstlichem an- 
schluss an das original, und richtig, das andere mal ungenau 
und falsch übersetzen — ist es denkbar, dass er einmal eine 
gute kenntnis der betreffenden fremden sprache an den tag legt, 
während er sich das andere mal in derselben sehr mangelhaft 
bewandert zeigt? Diese frage könnten wir nur dann bejahen, 
wenn die schlechte arbeit der jugend, die bessere arbeit den 
reiferen jahren des schriftstellers angehörte. Wir wissen aber, 
dass die übersetzungen von 1569 die grundlage der 1591 ver- 
öffentlichten Spenser’schen bearbeitung bilden. Daraus ergibt sich 
uns, dass Spenser mit dem übersetzer von 1569 nicht 
identisch sein kann. Und jetzt, nachdem die philologische 
kritik nachgewiesen hat, dass Spenser dieser übersetzer nicht 
sein kann, hat auch noch das ästhetische urteil ein gewichtiges 
wort zu sprechen: die gedichte des »Theatre« von 1569 
zeigen keine spur der so augenfälligen färbung der 
Spenser’schen sprachc, während die »Visions of Bellay« von 
1591 den stempel Spenser’scher mache in unverkennbarster weise 
tragen (cf. p. 79 anm. 3). 

Spenser’s name ist somit von der liste der vor-Shakespeare’- 
schen blank verse-dichter zu streichen und der »Shepheardes Ca- 
lender« vom jahre 1579 als seine erste uns erhaltene publikation 
zu betrachten. 

Wer der tibersetzer von 1569 war, bleibt für mich eine 
offene frage. Gewiss nicht van der Noodt — in dieser hinsicht 


1 Son. XXII: Ainsi quand du grand Tout la fuite retournee, 
Ot trente six mil’ans ont sa course bornee, 
Rompra des elemens le naturel accord, 
Les semences qui sont meres de toutes choses, 
Retourneront encor’ A leur premier discord, 
Au uentre du Chaos eternellement closes. 

Spenser: So, when the compast course of the universe 

In sixe and thirtie thousand yeares is ronne, 
The bands of th’elements shall backe reverse 
To their first discord, and be quite undonne: 
The seedes, of which all things at first were bred, 
Shall in great Chaos wombe againe be hid. 


Uber die echtheit der ,Visions of Petrarch“ 77 


teile ich Grosart’s ansicht (cf. p. 62 f.) vollkommen. Der Aus- 
länder, der Brabanter, der sich seine französische prosa von einem 
anderen, von Theodore Roest, in das Englische übersetzen liess, 
wire sicherlich nicht im stand gewesen, so gut gebaute englische 
verse zu liefern. Die nächste anwartschaft hätte der eben ge- 
nannte Theodore Roest, der übersetzer der prosa. Ich würde 
nicht anstehen, in ihm auch den übersetzer der gedichte zu sehen, 
wenn sich nicht in der prosa jene sonderbaren angaben über die 
sprache des urtextes der gedichte fanden. Wäre Roest wirklich 
der übersetzer der gedichte. gewesen, so hätte er doch unmög- 
lich sagen können, dass er die sonette Du Bellay’s aus dem 
Holländischen übertragen habe — er müsste denn absichtlich ge- 
logen haben. Wenn wir uns an der annahme einer solch be- 
wussten täuschung stossen, müssen wir uns damit bescheiden, 
dass wir den namen des von van der Noodt gewonnenen über- 
setzers der gedichte nicht kennen. 

Zum schluss muss ich noch kurz einen zweifel berühren, 
der mir bei dieser studie gekommen ist, den ich aber als unbe- 
rechtigt abweisen musste. Im laufe der untersuchung ist der 
wunsch in mir erwacht, Spenser von der autorschaft dieser ge- 
wiss nicht meisterhaften übersetzungen aus dem Französischen zu 
befreien. Ich habe deshalb mit freude bemerkt, dass sich einige 
nicht zu verachtende handhaben zu bieten schienen, diese arbeiten 
aus dem schatze der Spenser’schen werke herauszuheben. Es 
muss uns erstens sehr auffallen, dass Spenser, der eine gelehrte 
bildung genossen hatte, einige der klassischen welt entlehnte an- 
spielungen Du Bellay’s entstellt oder vermeidet. Dieser sagt in 
einem der sonette der »Antiquitez de Rome«, dass Griechenland 
sich des olympischen bildes des Jupiter riihmen, und dass der 
Rhodier im tempel des gedächtnisses seinen coloss preisen wird 
— Spenser lässt die Zeus-statue in Olympus stehen und den coloss 
zum gedächtnis errichtet sein, als ob er nicht wüsste, dass dieser 
dem sonnengott geweiht war.! Zweimal spielt Du Bellay auf den 


1 Son. Il: La mesme Grece encor uanteuse publira 
De son grand Juppiter l’image Olympienne... 
L’antique Rhodien eleuera la gloire 
De son fameux Colosse, au temple de Memoire. 

Spenser: The same yet vaunting Greece will tell the storie 

Of Joves great Image in Olympus placed... 
The antique Rhodian will likewise set forth 
The great Colosse, erect to Memorie. 


78 E. Koeppel 


fir Rom verhangnissvollen biirgerkrieg zwischen Casar und Pom- 
pejus an — Spenser geht diesen anspielungen aus dem wege, 
das eine mal mit hülfe einer allgemeinen wendung, das zweite 
mal durch eine widersinnigkeit, indem cr sagt, dass die bürger- 
liche furie ihre hand gegen ihr eigenes herz waffnete.! Zweitens 
bemerken wir mit erstaunen die grosse unsauberkeit der reime. 
In den »Ruines of Rome« und den »Visions of Bellay« finden 
sich — von den bei Spenser überhaupt häufigen e:z reimen und 
von a:o bindungen, wie RR. son. XXI arme: storme, XXVI armes 
: stormes, XXVIII armes : wormes, ganz abgesehen — nicht weniger 
als 10 ungenügende reime,* wozu noch drei bindungen kommen, 
in welchen die betonte zehnte silbe mit der unbetonten elften 
silbe reimt.? Drittens zeigt sich, dass die sonette der »Visions 
of Petrarch«, »Visions of Bellay« und »Ruines of Rome« inner- 
halb der sonettendichtung Spenser’s eine sonderstellung einnehmen: 
sie sind nach einem anderen reimschema gefertigt. Unter den 55 
sonetten dieser 3 cyclen sind 50 nach dem schema ababcdcdefefgg 
gebildet, + welches schema in den 135 frei komponierten sonetten 


1 Son. XXIII: Ce qui aduint, quand l’enuieux orgueil 
De ne uouloir ny plus grand, ny pareil, 
Rompit ]’accord du beau pere et du gendre. 
Spenser: That came to passe, when, swolne with plenties pride, 
Nor prince, nor peere, nor kin, they would 
abide. 





A 


Son. XXXI: Tu en es seule cause, 6 ciuile fureur, 
Qui semant par les champs |’Emathienne horreur, 
Armas le propre gendre encontre son beau 
pere. 
Spenser: Thou onely cause, O Civill furie! art, 
Which, sowing in th’ Aemathian fields thy spight, 
Didst arme thy hand against thy proper hart. 
2 RR. Son. IX zaveied : palaces; XI heate : breath; XVII asunder : 
pouder, lightning : alighting; XXV harpe : darke; XXVI figure : measure ; 
XXIX forme : adorne; XXX gäther : scatter; XXXIL antiquities : bee; VB. VIII 
billowes : shädowes. 
3 RR. Son. III seckese : seest; XXII courage : rage; VB. III honour : 
emperour. 
4 abab cded efef gg VP. 6 


VB. 13 

RR. 31 50 
abab bebe dede ff VB. 2 

RR. 1 3 
abab bebe cded ee VP. Son. VII 1 
abab cdcd dede ff RR. 1 


55 Sonette. 


Uber die echtheit der „Visions of Petrarch® 79 


Spenser’s nur ein einziges mal erscheint.! Die bedeutung dieser 
internen verdachtsgründe wird noch erhöht dadurch, dass es 
durchaus nicht sicher ist, ob Spenser den druck der »Complaints« 
persönlich überwachte; der drucker William Ponsonby betont in 
der vorrede, wie schwierig es für ihn, den drucker, war, die zer- 
streuten kleineren dichtungen Spenser’s zu sammeln.? Bei der 
erwägung aller dieser umstände kommen wir leicht zu der ver- 
muthung, dass die drei übersetzungen fremdes gut sind, welches 
dem buchdrucker, dem es darum zu thun war, möglichst viel ge- 
dichte des durch die Faerie Queene berühmt gewordenen dichters 
zu sammeln, als Spenser’s eigenthum in die hand gespielt und von 
ihm bona fide unter Spenser’s werke gebracht wurden. 

Dieser nahe liegenden vermuthung dürfen wir gleichwohl 
keine berechtigung zuerkennen. In erster linie haben wir gegen 
sie auf das unläugbar Spenser’sche kolorit der sprache zu ver- 
weisen.? Das argument der nachlässigen behandlung der reime 
verliert an kraft, wenn wir uns vergegenwärtigen, dass die kleineren 
dichtungen Spenser’s — und zwar nicht nur die 1591 gedruckten 
— in technischer hinsicht oft die letzte feile vermissen lassen. * 


1 abab bebe cded ee Amoretti 87 


Worlds Vanitie 12 
Sonnets vor der F. Q. 17 
Varia 3119 





abab bece dedd ee Ruines of Time 11 
abab becd edee ff Ruines of Time 2 
Henry Peacham 1 3 
abab cded eded ff George Castriot 1 
abab ceded efef gg Amoretti Son. VIII 1 
135 Sonette. 

2 cf. Collier’s Spenser vol. I p. LXXXVII; vol. IV p. 291. 

5 Beachte z. b. im wortschatz VB. 11 enchase, dight; VU coure, sperst; 
XI ste; XW grayle, ray beschmutzen; RR. VIII emdase; XIV foolhardise; XVI 
eftsoones; XVI fray; XXII mear'd; XXIV embrew’d; XXVII pouldred; XXIX 
embrave. Spenser's vorliebe für das beiwort „silbern“ zeigt sich in VB. XI silver 
dew (Du Bellay: pluye dorée). 

* Vgl. Complaints: Ruines of Time v. 15 Mymphes : Impes, 288 divine : 
slime, 359 florish : perishe, 599 bounded : mounted ; Virgils Gnat v. 137 indevour 
" bréasdur, 154 batt : hott, 579 contempt : rent; Mother Hubberds Tale 163 other : 
gäther, 241 straine : became, 295 gather : Belwether, 387 texts : sects, 659 anon 
© Gentleman, 667 counterfisaunce : counlenaunce, 1241 dnie : infamie, 1341 dolours 
+ hénours ; Muiopotmos 36 wast : coast, 346 attempted : repented ; Worlds Vanitie 
106 forme : scorne, 111 glorie : varie. — Daphnaida 348 corrupted : glutted, 501 
endurance : tisance. — Colin Clout 76 piped : exvitd, 272 kend : hemd, 585 





80 E. Koeppel 


Gegen das bedenken des abweichenden reimschemas fällt schwer 
ins gewicht, das$ in den »Visions of Petrarch«, das siebente, 
selbständige sonett, welches das geleit der canzone Petrarca’s 
ersetzt (cf. p. 68), nach dem bei Spenser herrschenden, in 119 
sonetten verwendeten schema ababbcbccdcdee gebaut ist. Dazu 
kommt noch, dass verschiedene der in den »Complaints« publi- 
cirten gedichte bezeugen, dass Spenser Du Bellay’s dichtungen 
kannte und einen tiefen eindruck von denselben erhalten hatte, 
welcher ihn zu nachbildungen reizte. Das die sammlung eröffnende 
gedicht »The Ruines of Time« ist voll erinnerungen an Du Bellay’s 
»Songe«: Wie bei dem Franzosen Rom als goldhaarige jungfrau 
seinen sturz beklagt, weint bei Spenser die siadt Verlame als 
goldgelocktes weib über den verfall ihrer einstigen grösse und 
pracht;! wie Du Bellay, spricht auch Spenser von Rom als sieben- 
köpfigem ungeheuer;? Du Bellay versinnbildlicht die vergänglich- 
keit irdischer macht durch eine auf sand gebaute stadt, Spenser 
‚durch einen auf sand gebauten thurm;3 auch Spenser hört eine 
geisterstimme, welche die eitelkeit alles irdischen verkündet und 
auf die gottheit als einzige trostquelle verweist, in engem anschluss 
an Du Bellay’s einleitendes sonett;* Du Bellay sieht auf einer 
diamantenen säule eine goldene urne mit der asche eines grossen 
Cäsars, Spenser auf einem ehernen pfeiler eine goldene urne mit 
der asche eines grossen fürsten.? Auch die an siebenter stelle 
erscheinenden »Visions of the Worlds Vanitie« (= 12 sonette) 
sind nur ein reflex von Du Bellay’s »Songe«. An die »Antiquitez 
de Rome«, Spenser’s »Ruines of Rome« erinnert uns der titel 
»The Ruines of Time« oder — wie Spenser selbst seine dichtung 
in der widmung an die grafin Pembroke nennt — »The worlds 





Savours : labours, 629 together : ever, 835 speake : reach. — Amoretti Son. 71 
remove : about (Collier schlägt wohl mit recht vor adove zu lesen), Son. 83 
spirits : delightes (jedenfalls nur ein druckfehler, statt spirits ist sprites zu lesen). 
— Epithalamion 205 i +; trim. — Hymne of Heavenly Love 36 prescribed - 
derived. 

1 cf. Spenser’s „Visions of Bellay* Son. X; RT. v. 8 ff. 

2 cf. VB. Son. VIII; RT. v. 71 ff 

3 cf. VB. Son. XIV; RT. Son, II v. 505 ff. 

4 cf. VB. Son. I; RT. v. 580 ff. Beachtenswerth ist, dass das von Spenser 
in den VB. wiederholte versehen des übersetzers von 1569, der den hinweis auf 
die gottheit von der rede des geistes trennt (cf. p. 58 f.) in der freien nachbildung 
der RT. vermieden ist. 

5 cf. VB. Son. HI; RT. Son. VI v. 659 ff. 


Über die echtheit der „Visions of Petrarch“ 81 


Ruines«, wozu sich noch folgende stelle der »Visions of the 
Worlds Vanitie« vergleichen lässt: 

Son. XII: And ye, that read these ruines tragicall, 

Learne by their losse to love the low degree. 

Auch in der F. Q. glauben wir eine erinnerung an die »Antiquitez« 
zu erkennen. »Wie in ihrem wagen die Berecyntia, thurmgekrönt 
und froh, so viele götter geboren zu haben, zeigte sich diese 
alte stadt in ihren glücklichen tagen«, sagt Du Bellay von Rom; 
Spenser vergleicht die hochzeitlich geschmückte, Troynovant’s 
thürme als krone tragende Thamis der in ihrem wagen zu Jupiter’s 
palast rollenden, mit einem diadem von 100 thürmen gezierten 
göttermutter Cybele — nicht ganz passend, weil die Thamis bei 
ihm in männlicher gestalt, als bräutigam, erscheint.! In den »Amo- 
retti« berührt sich die erste zeile eines sonetts mit der ersten 
quatrine eines sonetts in Du Bellay’s cyklus »L’Olive«, doch liegt 
hier wahrscheinlich eine gemeinschaftliche reminiscenz an den 
anfang eines Petrarca’schen sonetts vor. ? 

Wir müssen uns deshalb wohl damit zufrieden geben, die 
übersetzungen und bearbeitungen als Spenser’s eigenthum zu be- 
stätigen, indem wir sie, gewiss mit vollstem recht, zu den von 
Ponsonby zusammengerafften jugendwerken Spenser’s zählen. Und 
von einer jugendlichen, in schaffenseifer und schaffensfreude 
glühenden dichterseele dürfen wir die »philologentugend der 
genauigkeit« nicht fordern. 


1 Vgl. Son. VI: Telle que dans son char la Berecynthienne 
Coronnée de tours, et ioyeuse d’auoir 
Enfante tant de Dieux, telle se faisoit uoir 
En ses iours plus heureux ceste uille ancienne — 
und F. ©. IV 11, 28. 
2 Amoretti Son. LVll: Sweet warriour! when shall I have 
peace with you? 
L’Olive Son. LXX: Cent mile fois, et en cent mile lieux 
Vous rencontrant, 6 ma douce guerriere, 
Le pied tremblant me retire en arriere 
Pour auoir paix auecque uos beaux yeux. 
Petrarca Son. XVII in vita: Mille fiate, o dolce mia guerrera, 
Per aver co’ begli occhi vostri pace, 
V’aggio profferto il cor....... 


München, Oktober 188g. Emil Koeppel. 


82 G. Wendt. 


I. 
DATIV UND ACCUSATIV IM ENGLISCHEN. 


Mein plan ist nach feststellung des thatsächlichen gebrauches 
dieser beiden casus im Alt- und Mittelenglischen, das verhältniss 
derselben zu einander im modernen Englisch zu untersuchen 
(objektive case), die reihe der ächten und scheinbaren transitiva 
durchzugehen und eine liste derjenigen verba aufzustellen, bei 
denen die besondere bezeichnung des dativs durch /o unentbehr- 
lich ist, endlich eine liste derjenigen, wo fo entbehrlich ist. 


Altenglisch. 


Schon im Altenglischen wechselt die synthetische (flexivische) 
bezeichnung des dativs mit der analytischen (durch die präpo- 
sition) ab; eine vorliebe für die eine oder andere weise tritt 
nicht hervor. Doch ist nicht zu übersehen, dass die stellung der 
satzteile noch nicht geregelt ist; dieselbe steht vielmehr der 
modern deutschen näher als der modern englischen. 


a) der dativ durch die flexion bezeichnet. 


1) He sealde Slcon &nne penig wid his deges weorce 
Körner (Ags. Texte. Heilbronn). p. 4. 
2) Da he det his feeder and his brödrum rehte. K. p. 8. 
— he rehte det his bröthrum. Ib. | 
3) Nordhymbre ond Eästengle hefdon Aelfrede cyninge ädas 
geseald. K. 58. 
Dagegen kann in 
_ .. Da sade se wingeardes hläford his geréfan. K. 4. 
his gerefan ebenso gut dativ wie akkusativ sein. 


~ ' 

Beim persönlichen fürwort der I. und 2. person ist für 
beide kasus bereits eine form vorhanden: mé — dé; üs — &w, 
welche, als ursprüngliche dativformen die noch hier und da vor- 
kommenden accusative méc, déc, üsic, &owic ganz verdrängt haben; 

1) Ic wille disum $temestum syllan eall swä mycel swä dé. K. 4. 

_. 2) dü dydest Aig gelice @s. Ib. (Du machtest sie gleich uns). 

 efr. Ib. Donne bit heofena rice gelic däm tn femnum. (Dativ). 
3) mé pühte (methought). 
4) syllad (det pund) dim de mé dä t$n pund bröhte K. 8. 


Dativ und accusativ im Englischen 83 


b) der dativ durch #5 bezeichnet. 


tO steht mit dem dativ. 


1) Da cw&don dä dysigan t6 dam wisum. K. 6. 
2) Dis sindon dä dömas, de se elmihtiga god self spreecende was t6 
Moyse. K. 54. 


Mittelenglisch. 


Auch der unterschied zwischen dat. Aim, hire und acc. hine, 
fie ist gefallen und damit der letzte flexivische unterschied 
zwischen dativ und accusativ überhaupt. 


Die wortstellung des Neuenglischen bereitet sich nur all- 
mählich vor; sie ist bei Chaucer willkürlicher als bei Richard 
de Hampole und Maundeville, welche dem heutigen gesetz 
schon ziemlich nahe kommen. Und doch ist unverkennbar auch 
bei Chaucer, dass die stellung schon die verwendung des be- 
zeichneten oder unbezeichneten dativs erheblich beeinflusst; in 
der Wyclif’schen Bibelübersetzung und bei Purvey ist noch 
eine unleugbare vorliebe für 40, wohl weil ihnen der lateinische 
dativ vorlag. Letzteres mag auch häufig der grund sein, 
dass bei einer reihe von verben, die auch im Me. meist schon 
ohne fo vorkommen resp. direkt zu transitiven geworden sind, sich 
fo noch findet, z. b. please, obey, menace, threaten, pray, beseech. 


Der wegfall von # bei intransitiven kommt ‘nur in den 
älteren quellen des Me. vor. 


To speak scheint im Me. ohne fo nicht mehr vorzukommen. 


1) His cosyn he gaf his heritage (Aus Peter + Langton, citirt nach Koch- 
Zupitza 115). 

2) He gave the crown the noble Constantyn. Ib. 

3) God yaf yleave Ze dyvulen to guo into the Zuyn. Ayenbite of 
Inwyt. Wülker 112, ı1. 

4) Noding ne edflihd mon so sone so his owune.heorte. David, Godes 
prophete, seide et sume time pet heo was eistert him. The Ancren 
Riwle. ‚Mätzner 8, 7. . 

5) pet hwite creviz limped to ou... .. the reade Zimped to peo pet 
beod etc. Ib. 8, 18. 

2: so muchel so Aim ever to mude cumed. Ib. 27, 4 


Die nun folgenden beispiele aus Chaucer, wo ich nur die 


2 prose Tales (mach der Morris’schen ausgabe) citire, sollen 
Gs 


84 G. Wendt 


zunächst den beweis liefern, wie wenig ein festes gesetz besteht;! 
im allgemeinen zieht er /o vor, wenn der dativ dem verbum vor- 
hergeht, auch bleibt /o nicht mehr vor dem determinativum 
mit folgendem relativsatz fort. Sonst aber lässt sich kaum eine 
regel erkennen. 


1) Sche in ful humble wise, when sche saugh hire time, sayde him 
these wordes. III, 146. 
Right thus thay 0 him seyde Ib. 460. 
2) And now, sith I have declared yow what thing is penitence. Ib. 265. 
He hath 2% hem declared his entente. 176. 
3) Zo him men most odeyen. 196. 
Fortune as his frend wold Aim obeye. 488. 
Melibe chanked God that him sente a wif of so great discrecioun. 197. 
And % oure hihe goddis ¢hanke we. 207. 
Oure Lord # (acc.) sent unto me. 142. 
It should seem that I hadde yéven fo the over me the maistry. 147. 
Considerith the power that thay han yyve # yow upon here body 
and on hen-self. 195. 
6) (Passiv !) 
It zs rather granted him to wepe. 141. 
7) (avarice) bireveth him the love that men 40 him öwen. 330. 


> 
— 


an 
wa 


Natürlich ist die rücksichtnahme auf die stellung schon 
in vielen fällen für die wahl des dativs cntscheidend. 


1) Salomon saith that right as motthes in shepes flees amnoyeth the 
clothes and the smale wormes & Zhe tree, right so annoyeth sorwe . 
to the herte. 1b. 141/42. (cfr. Mätzner 378. 1). 

(ennuyer hat im afrz. gewöhnlich den dativ nach sich). 
Neither to thi foo ne to thi freend discovere not thy seere ne thy 
foly. Ib. 153. 

3) As to us sirurgiens appertieneth that we do every wight the beste 
that we can... .and fo oure paciente that we do no damage. Ib. 143. 
cfr. Who that doth to the outher good or harm. Ib. 146. 
4) Do well to him that doth the harm, and blesse him that seith the 
harm. Ib. 164. 
cfr. precheth to hem that liste. Ib. 145. 
5) No thing yeve to hem that han neede. Ib. 330. 


2 


Nr 


Stets ohne to scheint der dativ des personalpronomens bei 
den intransitiven verben in unpersönlicher form zu stehen, wenn 
er dem verbum vorangeht. 





1 Vgl. übrigens Einenkel, Streifzüge durch die mittelenglische syntax, 
s. 105, dem es auch nicht gelingt, ein festes gesetz zu finden, dem jedoch das 
‚allein feststehende ¢ vor dem determinativum entgangen zu sein scheint. 


Dativ und accusativ im Englischen 85 


1) such thing as yow semeth best II], 152. 
cfr. kim semeth, the semeth. 1b. 267 u. 165, aber 
2) Certis som thing that som tyme semeth to you that it is good for 
to doo, another tyme it semsth to you the contrarie. Ib. 153. 
3) There is no creature so good, that him ne wantith som-what of 
the perfeccioun of God. Ib. 149. 
4) you sufficeth to have been counseiled by these counseilours. Ib. 161. 
cfr. as hem ought (162) him is enjoined (266) und weiteres 
Mätzner gr. 2, 204. 
Selbst wenn der unpersönliche ausdruck aus copula mit 
adjektiv besteht, steht der dativ des pers. pron. voran und 


ohne %. 
5) And therefore yow is detter hyde youre counseil in youre herte. 


Ib. 153. 
6) First thou shalt make no semblant wher the were lever werre or 
pees. Ib. 154. 


In’der passivkonstruktion scheint fo (nachstehend) un- 
gern zu fehlen: 
1) But now wil I speke bo you of the counseil, which was yive fo yow 
by the men of lawe. Ib. 164. 
2) Pacience..... is not wroth for noon harm that is doon to him. 
Ib. 321. 


Endlich lasse ich einige proben aus der prosa Caxton’s 
und Tyndale’s (1528) folgen, die ich nach Skeat, Specimens of 
English Literature (1394—1579) anfiihre. Hier haben wir fast 
die moderne wortstellung und damit auch im wesentlichen feste 
regeln tiber bezeichneten und unbezeichneten dativ. So erscheint 
z. b. fo say ausschliesslich mit 4 vor dem personendativ. 

1) And they promised hym faynedly that they wold do 2o her no wronge. 
92, 109 (Caxton), 

2) Anthenor sayd to hkym that he shold gyve to hym (nicht einem 
andern!) the palladyum. 89, 17 (Caxton). 

3) Fyrst god gave the childerne of israel a lawe by the honde of 
moyses in their mothertonge. 167, 8 (Tyndale). 

4) What reasonis it that we shulde be compelled to faye this scole- 
master his wages. 171, 135 (Tyndale). 


Hieran möchte ich einige fälle reihen, in denen sich der 
freiere gebrauch des unbezeichneten pronominaldativs bei intran- 
sitiven verben in neuenglischen dichtern und in der heutigen 


sprache vereinzelt (als veraltet!) erhalten hat. 
1) His lovely words her seemd 
Duc recompence. Fairy Queen I, 3, 30. 


86 G. Wendt 


2) Me, poor man! my library 
Was dukedom large enough: Shak. Tempest I 2, 109, 
3) Me, of these 


Nor skilled nor studious, higher argument 
Remains. Milton Par. Lost. IX. 41 
4) Woe is me. Dick. Chr. Car. ch. 15 (Schmidt). : 
5) Woe worth me for it! 
6) methinks, methought, meseems. 


Letztere kommen noch in der prosa bei Spenser und Ad- 
dison (Spectator) vor. S. Johnson-Latham unter methinks. Daselbst 
auch noch ein beispiel aus Spenser fiir meseems. | " 


Uber einen ähnlichen sprachgebrauch im Altfranzésischen, 
wo hier und da noch der dem verbum unmittelbar folgende oder 
vorangehende (personen)-dativ ohne & stehen kann, siehe Diez 
Gramm. III, 127 und G. Paris, Extraits de la Chanson de Roland 
ct de la vie de Saint Louis par Joinville, p. 67 und 98. 


Neuenglisch. 


Das Englische ist zwar auch nach dieser seite stark vom 
Altfranzösischen beeinflusst worden; aber während das moderne 
Französisch zwischen dativ und accusativ, abgesehen vom pers. 
pronomen, sehr streng - unterscheidet und zwar auf analytischem 
wege, stehen dem Engländer beide wege offen. Bei einer grossen 
zahl transitiver verba ist der Engländer in der lage, eine doppelte 
ausdrucksweise zu wählen —- vorausgesetzt natürlich, dass es- sich 
um ein personen- und sachobjekt handelt; entweder die franzö- 
sische — analytische (acc. + dat. mit 70) oder die, welche ledig- 
lich in der stellung der objekte zum verbum ihren ausdruck findet. 
Wie das subjekt vom objekt durch das verbum getrennt wird, 
also für diese satztheile die stellung allein massgebend ist, so kann 
die stellung auch für die unterscheidung der äusserlich und flexi- 
visch nicht mehr erkennbaren objekte entscheidend werden. 

Der dativ, als das objekt der betheiligten person, 
tritt unmittelbar hinter das verbum und vor das accu- 
sativ-(sach-)objekt. 

Mithin entspricht auch die zusammenfassung beider kasus 
unter dem namen objektive case, wie sie in den meisten eng- 
lischen, aber in-wenig deutschen grammatiken eingeführt ist, dem 
thatsächlichen verhältniss wie der geschichtlichen entwickelung 


Dativ und accusativ im Englischen 87 


vollkommen. Es dürfte sich für den unterricht empfehlen, vom 
begriff des objective case auszugehen und auf die scheidung in 
dativ und accusativ erst später zu. kommen, dann aber auch den 
präpositionalen charakter (resp. den analytischen) des mit fo ge- 
bildeten kasus, etwa unter hinweis auf scribere alicu und ad ali- 
guem, auf er hat mir geschrieben und | er hat an mich geschrieben 
recht scharf zu betonen. 

‘Denn auch der Engländer kann in jedem falle den nur an 
der stellung erkennbaren personalkasus, unter beibehaltung dieser 
stellung, durch die präposition besonders kenntlich machen; 
Macaulay z. b. thut es mit vorliebe. u 

-  Unerlässlich ist diese bezeichnung durch 4, sobald der 
dativ die stellung unmittelbar hinter dem verbum aufgiebt. Wie 
weit man in solchem falle überhaupt noch von einem kasus und 
nicht vielmehr von einer adverbialen bestimmung reden will, mag 
dahin gestellt bleiben. Immerhin ist der hinweis auf den ersatz 
des flexivischen dativ’s im Deutschen durch adverbiale bestim- 
mungen mit az, zu, gegenüber u. a. sehr zu empfehlen. 

Für den englischen satzbau ist die fähigkeit, das verbum 
mit seinen objekten kompakt zusammenzufassen, von der grössten 
bedeutung; der personalkasus erscheint in fast enklitischer form 
(vollends beim personalpronomen) an das verbum angeschmiegt, 
ohne der bedeutung des sachobjekt’s abbruch zu thun; die drei- 
theilung des satzes — subjekt mit seinen attributen, verbum mit 
den objekten, umstand — ist in einer klaren, übersichtlichen 
weise durchgeführt. 

Die gründe, aus denen zu der präpositionalen bezeichnung 
des dativ’s geschritten wird, sind keineswegs bloss gramma- 
tischer oder rhetorisch-stylistischer natur; sie sind viel- 
fach rein individuell und entziehen sich einer systematischen 
erörterung. 

Erschwert aber wird letztere besonders auch dadurch, dass 
die sprache von vornherein eine ziemlich grosse reihe von verben 
ausscheidet, bei denen die betheiligte person überhaupt nicht ohne 
fo eingeführt werden kann. Es ist ja richtig, dass bei den meisten 
derselben das dativverhältniss stärker markirt wird, der dativ also 
einen wesentlicheren satzteil bildet und dem entsprechend auch 
in der deutschen übersetzung eine entsprechende hervorhebung 
durch präposition verlangt. Aber unter einen bestimmteren, allen 
gemeinsamen gesichtspunkt lassen sich auch diese verba nicht 


88 G. Wendt 


bringen, und halte ich es daher fiir eine hauptaufgabe dieser 
arbeit, jene verba lexikalisch zu verzeichnen. 


Daneben aber erscheint auch eine prüfung der andern verba, 
bei denen die dativbezeichnung nicht erforderlich ist, geboten; 
bei ihnen ist ja die analytische bezeichnung nicht ausgeschlossen 
und muss unter umständen eintreten; aber eine lexikalische zu- 
sammenstellung auch dieser kann allein die grundlage zu einer 
wissenschaftlichen übersicht und beurtheilung des eigenthümlichen 
verhältnisses liefern; ausserdem bietet sie die bequemste hand- 
habe, um auf eine reihe wichtiger gesichtspunkte im einzelnen 
hinzuweisen. 


Aber auch darauf glaube ich mich nicht beschränken zu 
sollen; ich habe vielmehr auch die beiden kasus einzeln zu 
behandeln, zunächst den dativ, soweit er das einzige objekt ist, 
dann den accusativ, bei dem die echten und scheinbaren tran- 
sitiva zu besprechen und zu verzeichnen sind, endlich die passiv- 
konstruktion. 


Der umfang des heutigen gebrauches möge durch 
folgende beispiele festgestellt werden. 


1) His helpmate mixed Nicholas the ghost of a small glassful 
of the same compound. Dick. N. N. ch. VII. 


Die betheiligte person ist als solche durch den eigen- 
namen kenntlich, aber nicht betont; sie bedarf daher des % 
nicht. 

Dieser fall ist besonders häufig. 


2) Nicholas bought Smike a great coat. Ib. 30. 

3) The splendour and success of the Iliad raised Pope many 
enemies that endeavoured to depreciate his abilities. Johnson, 
Lives II, 228 (Tauchn.). 

4) He filled himself bumper after bumper. Van. Fair I, 67 (Tauchn.). 

5) [N hold any man fifty pounds. N.N. 

6) It is an ill wind that blows no man any good. 


Statt der eigennamen steht das persönliche fürwort, — 


unbetont — fast enklitisch: 
7) His fame raised him up enemies. Mac. Fred. II. 
8) We might refuse them (the colonists) a share in our suc- 
cesses, we could not and should not refuse them a share in 
our trials, Froude, Oceana p. 158 (Tauchn.). 


Dativ und accusativ im Englischen 89 


9) Observe with what exquisite accuracy the ballot draws the line 
between the power which we ought to give to the proprietor and 
the power which we ought not to give him. Mac. Speeches. 


Doppeltes objekt der betheiligten person in: 

10) Danella gave him and his friends as delightful a little dinner 
as could have been obtained at the café Anglais, Paris. — Mr. 
Barnes of New York, p. 139. 

11) And never do both me and her the injury you have hinted 
at. Dick. Copp. ch. 54. 


Sach- und personenobjekt (halb scherzhaft): 
12) She gives it a squeeze and me a kiss. Dick. Copp. ch. 53. 
13) Miss Jellyby gave my arm a .squeeze — and me a very signi- 
ficant look. — Bleak House ch. 31. 


Man erwartet fo me, doch erklärt sich die auslassung durch 


attraktion, vgl. damit: 
14) He seemed to fay er little attention — more, indeed, 4 yourself. 
Von Dalen 133 und 
15) The barons, deaf to the Queen's entreaties, denied her that pity 
which she had so often refused to others. Goldsm. Hist. 106. 
Betonung, gegensatz, gegentiberstellung machen den 


zusatz von fo notwendig: 

16) We call upon the electors of Northwich to pronounce emphati- 
cally against men who refuse to Ireland political equality and ¢ 
Irishmen the ordinary guarantees of freedom. DailyNews. 

17) History must do to both parties the justice which neither has done 
to the other. Mac. Hist. LV, 133. 

18) Was this the language of a true seer? or the complaint of a sour 
dyspeptic, who grudged to others the enjoyment dented to himself. 
Oceana 174. 

19) All true, said Ada, but that he is such a devoted friend to us, 
we owe to you. Bleak House ch. 60. 

20) Mr. Cobbet’s statements will not account for the custom of giving 
to the sun a masculine, and to the moon, a feminine pronoun. Latham. 
The Engl. Lang. 220. 


Das dativobjekt (mit 4). 
I. Als einziges objekt. 


Hat das verbum nur ein objekt bei sich und fallt also 
die möglichkeit an der stellung zu erkennen, ob es dativ oder 
accusativ sein soll, fort, so kann vor dem dativ /o niemals fehlen, 
einerlei ob ein accusativobjekt zu ergänzen ist oder ob wir 
es mit einem intransitivum zu thun haben. 


go G. Wendt | 


Statt /o tritt bei einer reihe von verben /r ein, um den 


nutzen, den die betheiligte person hat, schärfer zu bezeichnen. 
He who writes io his friend, lays his heart open before him. Johns. 
‘Liv. II, 263.1 wu 
He wrote to Surajah Dowlah etc. ohne weiteres object; Mac. Clive. 
He wrote to the Nabob. Ib. 
The narrative owes me nothing more than a gown owes fo a sempstress. 
Von Dalen 133. 


Unter den intransitiven kann man unterscheiden: 
a) kopulative verba, wie to de, appear, seem, remain. 
1) The victory was bo the Western Powers. Me Carthy. Hist. II, 229. 


2) The Balkans should remain to Turkey. Zeitung. 
3) What zs that 0 me? 


b) echte intransitiva, 


a) mit personalergänzung (als dativ), z. b. accrue, 
adhere, appeal, appertain, belong, cling, complain, fall (zufallen), occur, 
truckle, 


It had never occurred to him as possible, that the English would dare 
to invade his dominions. Mac. Clive. 


ß) mit sachergänzung, z. b. advert, allude, agree, amount, 
aspire, assent, attend, correspond, pander. 

Jedoch kann auch bei echten intransitiven, die durch 
die verbindung mit einem adverbialen zusatz den charakter eines 
transitivums annehmen, die betheiligte person ohne / im dativ 
stehen: 


The attachment of his countrymen stood Hastings in good stead. Mahon, 
Hist. VII, 274. 

To look (stare) one in the face. 

There is enough of interest and beauty to Zas/ any reasonable man his 
life. Tom Brown, Schooldays 5 (Tauchn.), 

To run one through the body (through one’s body). 


c) transitiva in intransitiver verwendung, d. h. 
solche, bei denen thatsächlich nur das objekt der betheiligten 
person ausgedrückt ist, indem das sachobjekt entweder als accu- 
sativ des reflexivpronomens cinfach fortgefallen oder ein 
sachobjekt zu ergänzen ist, resp. ergänzt werden kann. 

Zu ersteren gehören verba wie to attach, bow, conform, afer, 
refer, submit, surrender, take. 


1 Das hindert indessen nicht den gebrauch von % write one im leichteren 
styl und in der geschiftscorrespondenz, z. b. I will zvrize you soon. Nich. Nickleby. 


Dativ und accusativ im Englischen 9% 


1) An interest afaches vo a criminal. Bes. I], 198.1 | 
2) It was natural that such a suspicion sho attach fo him. Mac. 
Biogr. E. 279. . 
(»an ihm haften bliebe). - 
3) The government must either sadmit fo Rome, or must ‘obtain the 
aid of the Protestants. Mac. Hist. 1, 49. .. 
Zu letzteren gehören u. a. to add (verstärken), administer, 


inscribe (widmen), minister, read (vorlesen), propose (marriage). 


II. Zwei objektskasus. 


An jeder anderen stelle als an der unmittelbar hinter 
dem verbum ist der zusatz von /o unerlässlich — speciell auch 


vor dem pronomen relativum. 

1) Zo him my tale Z “ach. Coler. Anc. Mar. 

2\ The revival of “Our Boys’ at the Criterion afords once more vo 
London playgoers an opportunity of witnessing the nfost successful 
- comedy of modern times. — Daily News. 

3) He gave, however, & his master a more weighty reason for 
refusing to proceed northward, Macaulay. 

4) To the devout believer the Church promised pardons as ample as 
those with which she had rewarded the deliverers of the Holy 
Sepulchre. Mac.. Ranke. 

5) Clive was a man /o whom deception, when it suited his purpose, 
never cost a pang. Mac. Clive. | 

Eine dichterische freiheit liegt vor in: 

Its fugitive the Church he gave. Marmion III, 1 

statt: 1) he gave its fug. to the Church 

| 2) its fug. he gave to the Church 
3) To the Church he gave its fug. 
4) he gave the Church its fug. 


Die einzige ausnahme bildet it, welches, als näheres 
objekt dem dativ vorangehend, die bezeichnung desselben durch 
to nicht nötig macht, bei to fell sogar ganz wegbleiben kann. 


III. Der dativ der betheiligung ist keine person! 


Ich denke hier nicht an die fälle, wo an stelle der: person 
ein persönlich aufzufassendes substantiv (kollektiv) tritt, wie in: 
Shrewsbury’s conduct at the time of the Revolution had given the 
world a high opinion, not merely of his patriotism etc. Mac. Hist. 
V, 258. 
The Emperor had lent this armament nothing but his name. Schill. 
30jährige krieg, übers. von Morrison, s. 99. 


1 Bes, = = Besant, All Sorts and Conditions of Men. Hamburg. Asher’s 
collection. | a ' 


Hier verstebt sich dic möglichkeit der fortlassung von % 
von selbst; sie witt aber auch ein bei rem sachlichen dativ- 
objekten, besunders haufig bei 10 give, (im sinne von ver- 
leihen). 

t+ The feelings which give the passage 5 charm, would suit the streets 
A Firene z well as toe summit of the Mount of Purgatory. 
Mac. Milton 
2, We wash this publication all success. Acadenv. 
Nout can de these scemes so» much jashice. Bir. Corse. Einl. 
As painting aud music effer the Jechle mind a less laborious aeter- 
leinment, they at first rival Poetry, and at length supplant her. 
Goldsu. Traveller. Dedic. 
iy This book has plenty of those delicately smart hits which have 
gained the former productens of this autbor their popularity. 

Der dativ der sache dirckt als dativ der betheiligung auf- 
gefasst, wohl nur in familiärer rede: 

Tım Limkinwater struck the desk such a blow. Dick. N. N. ch. 37. 


“ees x. 


4 


IV. Der dativ als betonter kasus. 


Auf die nothwendigkeit, dem irgendwie hervorzuhebenden 
dativ /o beizugeben, ist wiederholt hingewiesen; aber bei einer 
reihe von transitiven verben ist schon, auf grund ihrer synony- 
mischen bedeutung, die betheiligte person an sich das wich- 
tigere, betontere objckt, kann also fo nicht entbehren. So wenig 
wie sonst, kann bei diesen verben die grenze, wo der casus auf- 
hort und das gebiet der eigentlichen praposition 4 anfängt, scharf 
gezogen werden, zumal da sich bei den in betracht kommenden 
verben auch die verwandten sprachen nicht immer mit der be- 
zeichnung durch den blossen kasus begnügen. 

Es sind das die verba, bei welchen die betheiligung in. form 
einer schuld, ancrkennung oder erklärung an sich in be- 
sonderer stärke zum ausdruck gebracht wird. 

Während z. b. io tell, send, show, allow die betheiligte person 
nebenher, ohne nachdruck einführen können, tritt die betheiligung 
in viel schärferer weise hervor bei den synonymen % say, declare, 
communicate — convey, consign, transfer —- explain, disclose — con- 
cede, acknowledge. 


In gewisser hinsicht ist dieser gesichtspunkt auch entscheidend 
bei zwei anderen klassen von zeitwörtern, wo zugleich /o zur 
vermeidung von unklarheitennö ler einen klasse, 


Dativ und accusativ im Englischen 93 


zu der verba wie ally, betrothe, introduce, present (vorstellen), remember 
(grüssen), oppose gehören, sind beide objekte personen, folg- 
lich eine unterscheidung unentbehrlich, bei der andern klasse, 
z. b. describe, discover, mention, reveal könnte der personalkasus als 
direktes objekt aufgefasst werden, dem durch den zusatz von fo 
begegnet werden muss. 


Im interesse der vollständigkeit erwähne ich hier die be- 
griffe des hinzufügens, fesselns, gewöhnens, anpassens, 
bei denen der mit 4 eingeführte kasus kaum als objekt empfun- 
den wird. 

Welches die zu den einzelnen klassen gehörigen verba sind, 
s. s. 98 fgd. 


Das accusativobjekt. 


Der objektskasus als accusativ spielt im Englischen eine 
grössere rolle als in den verwandten sprachen; das streben nach 
möglichster vereinfachung der konstruktion, also präpositionen 
nur da zu verwenden, wo es unbedingt nöthig ist, hat eine grosse 
zahl von verben, die sonst als intransitiva gebraucht werden, in 
die reihe der transitiva gerückt. 

Doch sind diese nicht alle zu echten transitiven ge- 
worden, nur die, welche den objektskasus bei der verwandlung 
ins passiv als subjekt gestatten, sind als echte transitiva auf- 
zufassen; von den andern ‘können mehrere das objekt auch mit 
einer präposition einführen, wodurch dann die bedeutung eine 
leichte veränderung erfährt. 


a) intransitiva mit dem objective case: 

1) to abide: bleiben bei, (a decision, one’s time, law-abiding) 
ertragen (a woman Van. Fair I, 273). 

2) to adjoin: gränzen an, besonders als part. praes. (fast 
präpositional). 

3) answer: entsprechen, a purpose. 
to answer to a name antworten, hören auf. 

4) avail: von nutzen sein. 


5) become: geziemen, anstehen. 
das particip decoming hat meist Lo. 
6) befall: zustossen, treffen. 


92 G. Wendt 


Hier versteht sich die möglichkeit der fortlassung von % 
von selbst; sie tritt aber auch ein bei rein sächlichen dativ- 
objekten, besonders häufig bei to give, (im sinne von ver- 
leihen). 

1) The feelings which give the passage its charm, would suit the streets 
of Florence as well as the summit of the Mount of Purgatory. 
Mac. Milton. 

2) We wish this publication all success. Academy. 

3) None can do those scenes so much justice. Byr. Corsair, Einl. 

4) As painting and music offer the feeble mind a less laborious enter- 
tainment, they at first rival Poetry, and at length supplant her, 
Goldsm. Traveller. Dedic. 

5) This book has plenty of those delicately smart hits which have 
gained the former productions of this author their popularity. 


Der dativ der sache direkt als dativ der betheiligung auf- 


gefasst, wehl nur in familiärer rede: 
Tim Limkinwater struck the desk such a blow. Dick. N. N. ch. 37. 


IV. Der dativ als betonter kasus. 


Auf die nothwendigkeit, dem irgendwie hervorzuhebenden 
dativ fo beizugeben, ist wiederholt hingewiesen; aber bei einer 
reihe von transitiven verben ist schon, auf grund ihrer synony- 
mischen bedeutung, die betheiligte person an sich das wich- 
tigere, betontere objekt, kann also Zo nicht entbehren. So wenig 
wie sonst, kann bei diesen verben die grenze, wo der casus auf- 
hört und das gebiet der eigentlichen präposition #0 anfängt, scharf 
gezogen werden, zumal da sich bei den in betracht kommenden 
verben auch die verwandten sprachen nicht immer mit der be- 
zeichnung durch den blossen kasus begnügen. 

Es sind das die verba, bei welchen die betheiligung in. form 
einer schuld, ancrkennung oder erklärung an sich in be- 
sonderer stärke zum ausdruck gebracht wird. 

Während z. b. fo tell, send, show, allow die betheiligte person 
nebenher, ohne nachdruck einführen können, tritt die betheiligung 
in viel schärferer weise hervor bei den synonymen b say, declare, 
communicate — convey, consign, transfer —- explain, disclose — con- 
cede, acknowledge. 


In gewisser hinsicht ist dieser gesichtspunkt auch entscheidend 
bei zwei anderen klassen von zeitwörtern, wo zugleich % zur 
vermeidung von unklarheiten nöthig ist. Bei der einen klasse, 


Dativ und accusativ im Englischen 93 


zu der verba wie ally, betrothe, introduce, present (vorstellen), remember 
(grüssen), oppose gehören, sind beide objekte personen, folg- 
lich eine unterscheidung unentbehrlich, bei der andern klasse, 
z. b. describe, discover, mention, reveal könnte der personalkasus als 
direktes objekt aufgefasst werden, dem durch den zusatz von fo 
begegnet werden muss. 


Im interesse der vollständigkeit erwähne ich hier die be- 
griffe des hinzufügens, fesselns, gewöhnens, anpassens, 
bei denen der mit 4 eingeführte kasus kaum als objekt empfun- 
den wird. | 

Welches die zu den einzelnen klassen gehörigen verba sind, 
s. s. 98 fgd. 


Das accusativobjekt. 


Der objektskasus als accusativ spielt im Englischen eine 
grössere rolle als in den verwandten sprachen; das streben nach 
möglichster vereinfachung der konstruktion, also präpositionen 
nur da zu verwenden, wo es unbedingt nöthig ist, hat eine grosse 
zahl von verben, die sonst als intransitiva gebraucht werden, in 
die reihe der transitiva gerückt. 

Doch sind diese nicht alle zu echten transitiven ge- 
wörden, nur die, welche den objektskasus bei der verwandlung 
ins passiv als subjekt gestatten, sind als echte transitiva auf- 
zufassen; von den andern ‘können mehrere das objekt auch mit 
einer präposition einführen, wodurch dann die bedeutung eine 
leichte veränderung erfährt. | 


a) intransitiva mit dem objective case: 

I) to abide: bleiben bei, (a decision, one’s time, law-abiding) 
ertragen (a woman Van. Fair I, 273). 

2) to adjoin: gränzen an, besonders als part. praes. (fast 
präpositional). 

3) answer: entsprechen, a purpose. 
to answer to a name antworten, hören auf. 

4) avail: von nutzen sein. 


5) become: geziemen, anstehen. 
das particip decoming hat meist 2o. 


6) befall: zustossen, treffen. 


9 4 G. Wendt 


7) boast: sich (des besitzes einer sache) rühmen. 
8) depart: scheiden, nur in »to depart this life«. 
9) escape: entgehen, z. b. one’s notice. 

10) evade: ausweichen, z. b. a task. 

i1) fail: ausgehen, z. b. my strength fails me. 

12) fit: passen, anstehen (bes. von kleidern). 

13) flee (fly): fliehen. 

i+) near: sich nähern, z. b. the coast. 

15) profit: nützen. 

16) resemble: ähneln, gleichen. 

17) scamp: fortlaufen von, z. b. one’s work (Bes. I, 200). 
18) subserve: dienlich sein (auch mit 20). 

19) suffice: befriedigen, nur a person. 

20) suit: passen, nach dem sinn sein. 

21) underlie: zu grunde liegen. 

22) wait: warten, gewärtig sein, z. b. one’s leisure. 


b) echte transitiva. 


Unter ihnen führe ich nur die auf, welche in den sprachen, 
aus denen sie ursprünglich stammen, nicht oder nicht mehr tran- 
sitiv sind. 

Verba, die, wie fo advocate, champion, countenance, face, front, 
head, lecture, einfach das substantiv in verbaler verwendüng zeigen 
und vielfach neubildungen sind, finden keine beriicksichtigung. 


1) advise: rathen. Das sachobjekt meist im infinitiv, aber 
auch advise one to a thing. 

2) aid: helfen. 

3) answer: antworten, beantworten. 

4) applaud: beifall zollen. 

5) approach: sich nähern (auch. mit é). 

6) assist: unterstiitzen: — 

7) attend: a) beiwohnen: a sitting, school, service, duty. 

b) begleiten: a person (superior in rank). 

8) believe: glauben (neben 7”). 

9) brave: trotzen. 

10) contradict: widersprechen. 

11) contravene: zuwiderhandeln. 

12) convene: zusammenrufen, einladen (a meeting). 

13) defy: trotzen. | 2 

14) disobey: ungehorsam sein. 


Dativ und accusativ im Englischen 95 


15) displease: missfallen. 

16) doubt: zweifeln (auch mit of a thing). 

17) enter: eintreten, betreten und eintreten lassen, eintragen. 
1g) emulate: wetteifern. 

19) encounter: begegnen (im kampf). 
20) equal: gleichkommen. 
21) forgive: vergeben, verzeihen (one a thing u. for a thing). 
22) follow: folgen (auch 2202 von zeitl. ereignissen). 
23) forbear, forego: sich enthalten, versagen. 
_ 24) gainsay: widersprechen. 

.25) help: helfen. 

26) imitate: nachahmen. 

27) incur: sich zuziehen, debts. 
28) invade: einfallen. 
29) indulge: nachgeben, fröhnen. 
30) join: sich vereinigen mit, treffen. 

31) meet: begegnen, befriedigen. 
32) menace: drohen. 
33) obey: gehorchen (vereinzelt noch mit /). 
34) obviate: begegnen, z. b. a need. 
35) oppose: widerstand leisten, bekämpfen. 
36) pardon: verzeihen (for a thing). 
37) please: gefallen. 
38) precede: vorangehen. 
39) recall: (to mind) sich erinnern, sich besinnen auf. 
40) recollect: sich erinnern, sich besinnen. 
41) remember: sich erinnern. 
42) renounce: verzichten auf, hingeben. 

43) report: die reden jemandes aufzeichnen. N 
44) resist: widerstehen. 
45) rival: wetteifern. 
46) serve: dienen. | | 
47) succeed: folgen (one); # a thing erben. © 

48) thank: danken. | 
49) threaten: drohen. | 
50) trust: trauen (auch mit % u. in). 
51) undergo: sich unterziehen, leiden. 
52) waylay: auflauern. 
53) withstand: widerstehen. 


96 G. Wendt 


Die passivkonstruktion. 


Bei der umwandlung ins passiv kann sowohl das sachobjekt 
als das personenobjekt zum subjekt des satzes werden — ganz 
folgerecht, da beide als objektskasus empfunden werden. In 
dem satze: 
They (one) taught him music 

ist cine doppelte passivbildung möglich: 
He was taught music 
Music was taught (to) him. 

Die erste konstruktion ist dem Engländer besonders ge- 
läufig, da sie seiner neigung, möglichst ein persönliches subjekt 
an der spitze des satzes zu haben, in hohem grade entgegen- 
kommt. 

Bei der zweiten konstruktion ist nicht zu übersehen, dass 
das verbum im passiv zu einem intransitivum wird, folglich 
beim dativobjekt das /o nicht wegbleiben kann. Doch ist die 
weglassung ganz gebräuchlich, wenn das dativobjekt ein persön- 
liches fürwort ist, weil die sprache mit leichtigkeit die »persön- 
liche betheiligung« erkennt. So findet sich der einfache objekts- 
kasus bisweilen sogar im anschluss an das 2. particip von verben, 
welche im aktiven gebrauch den zusatz von /o erfordern. 


1) Faraday when a boy was taught the business of a bookbinder. (?) 

2) For him it is sufficient to be shown the enemy Sat. Review. 

3) J was left a thousand pounds by an uncle. The Guardian no. 97. 

4) Bees, of which we are told so many wonderful things, have each of 
them a hole in their hives. Ib. 157. 

5) A young girl was sel as a schooltask to write an explanation of 
Prospice. Athenzeum. 

6) Don’t you read or get read to! Bleak House ch. 21. 

7) Hold out your hands and take the things that are offered you. 
Bes. II, 60. 

8) Every one had a great character assigned him. Tales of a Traveller. 

y) Look round this room — we havea piano /ent to us. Bes. I, 250, 

10) We have this house and furniture given fo us by a lady interested 
in us. Ib, 

11) She shrank as if she had been struck some blow. \b. 1, 252. 

12) He taught himself more than he could be taught. 1b. Il, 6. 


Ungewöhnlich ist das ausbleiben des % in: 
There were printed papers given the Audience. Arber’s Reprint of the 
Rehearsal 38, 1. 
An account of the moneys on other heads is denied the public. The 
Nation. 


Dativ und accusativ im Englischen 97 


Bei einer reihe von verben ist die verwendung der persön- 
lichen passivkonstruktion ganz besonders gebräuchlich; da- 
zu gehören /o afford, allow, ask, deny, envy, forbid, forgive, grant, 
offer, pardon, pay, promise, refuse, save, show, spare, tell, teach. 

Nöthig ist die persönliche konstruktion natürlich keines- 
wegs. 


Der objektskasus nach adjektiven und ad- 
verbien. 


An sich können selbstverständlich adjektiva und adverbia 
ihre ergänzung im objektskasus ohne präposition nicht nach sich 
haben. Einige haben indessen einen präpositionalen charakter 
angenommen und erscheinen folglich mit dem (unbezeichneten) 
objektskasus, d. h. mit dem accusativ; es mag.auch der umstand 
von einfluss gewesen scin, dass die entsprechenden verbalen be- 


griffe (approach, near, resemble, oppose) als transitiva behandelt 
werden. 


Es sind: near, nearer, nearest, next, like, unlike, opposite. 


Jo ist bei keinem derselben ausgeschlossen; der gebrauch 
schwankt bei opposite, am seltensten erscheint es noch bei “de und 
unlike; tritt es zu near, so soll ein besonders hoher grad der 
nähe ausgedrückt werden, oder es ist von seinem kasus ge- 
trennt. 


1) Near to the winter fire sat a beautiful young girl, so Like the lası 
that Scrooge believed it was the same. Christmas Carol. 

2) Unlike the celebrated herd in the poem they were not forty chil- 
dren etc. Ib. 

3) Each of the far-apart plantations is as “ke to Ihe other as the chalk- 
pits whose unprotected rims gape hungrily where they are Teast 
expected. Payn, Married Beneath Him I, 2. 

4) No three men could be, in head and heart, more slike ta‘ one 
another. Mac. Hist. VI, 167. - 

5) William determined to have another dwelling zear enough & his 
capital for the transaction of business. Mac. Hist. 4, 58. 

6) Mary was now at open war with both the two persons who were 
nearest to her in blood. Mac. Hist. VI, 282. 

vgl. Those who were nearest to him in blood. 1b. 4,58: aber 

7) He came again, and introduced the subject which was: zearest his 
heart. \b. VI, 170. 

8) William was at once too near bo them and too far from ‘them. 
Ib. IV, 50. 
E Kölbing, Englische studien. XV. 1. 71 


9 8 G. Wendt 


9) The only navigable channel ran very sear # the left bank, where 
the headquarters of the enemy had been fixed. Ib. 234. 

10) Mearer to the sea, the English had built Fort William. Mac. Clive. 

11) I was no nearer my revenge than I had been of old. R. Buchanan 
in Tauchn. Ed, 2091, 2, 170. : 

12) If she is religious, it brings her searer Heaven. Bes. II, 179. 

13) Perhaps he came unconsciously #earer io Christianity. Ib. 196. 

14) He wore a hair shirt next his skin. Green 300. 

15) He began to hope that she would sit zer? fo him at dinner. Bes. 
HI, 237. 


Verba mit to. 


Ich lasse nunmehr in alphabetischer ordnung alle diejenigen 
verba folgen, welche — nach meiner beobachtung — den 
»dativ« nicht ohne Zo einführen. Man wird also in dieser liste 
finden : 

1) alle transitiva, welche den dativ der betheiligten person 
nicht ohne /o lassen, 

2) alle intransitiva, welche den objektskasus stets mit % 
einführen, " 

3) alle verba, welche die adverbiale ergänzung meist mit 20 
anknüpfen ; letztere sind eingeklammert. 


abandon überlassen, preisgeben. 

accede (intr.) beitreten, z. b. fo a treaty, a proposition, terms. 

accommodate sich anpassen, nur mit reflex. /o circumstances, 
to conditions. 

account (intr.) rechenschaft ablegen, 40 one for a thing. 

accrue (intr.) zuwachsen, erwachsen, in den schooss fallen. 

(accustom) gewöhnen. 

acknowledge anerkennen, zugeben, einräumen (gegenüber 
jemandem). 

adapt anpassen, einrichten nach. 

add (mit ausgelassenem objekt wie ajouter a) vergrössern, 
verstärken. The closing of the shops adds fo the 
dignity of the broad thoroughfares. Bes. I, 167. 

addict sich ergeben, nur mit one’s self, z. b. fo vice, gaming. 

address trans. one anreden, a /Ang to richten an, adressiren 
mit pron. reflex. sich wenden an ( one). 

adhere (intr.) anhangen /o a party, doctrine, religion, to a person, 
opinion etc. | 


Dativ und accusativ im Englischen 99 


adjudge zuerkennen (preise). 
adjust anpassen, z. b. a garment to the body. 
administer a) trans. reichen, spenden, zu theil werden lassen 
a medicine, comfort, advice, a rebuff, rebuke, 
b) intrans. (mit ausgel. sachobjekt) befriedigen 0 
wants, pleasure, tastes, fancies. 
advert (intr.) gerichtet sein, anspielen, hinweisen auf o a 
circumstance, a subject. 
affirm versichern, betheuern. 
(affix) beifügen, anhängen, z. b. a “tle to a book. 
agree (intrans.) einwilligen, zustimmen, z. b. tw a thing, to terms, 
a proposal. 
allot zuweisen, z. b. dands to one. 
allude (intr.) anspielen auf fo a thing. 
ally verbtinden, verschwagern mit fo (with) a person. 
(annex) anhängen, annektiren. 
announce anzeigen, melden. 
apologize (intr.) sich entschuldigen for a thing to (bei) one. 
appeal (intr.) appelliren an /o one u. a thing. 
appear (intr.) scheinen, erscheinen. 
apply a) trans. anwenden auf, appliciren; one’s mind, one’s self 
fo a thing, 
b) intr. fo one sich wenden an (for a thing). 
appropriate einrichten für, anpassen a thing to a thing, to one’s 
self aneignen, z. b. sums, prerogatives, thoughts. 
arrogate meist mit /o one’s self: sich anmassen. 
ascribe zuschreiben, zurückführen auf (a thing to one u. to a 
thing). 
aspire (intr.) streben nach, z. b. honours, a throne. 
assent (intr.) zustimmen, consens geben #0 a thing. 
attach a) (trans.) fo a thing: festmachen an, beimessen / be a. 
fo one: lieben. 
b) intr. sich heften an, haften bleiben. 
attend intr. achten, passen auf — bo a thing; 2. b. to reason. 
attribute wie ascribe. 
be (intr.) sein. 
beckon (intr.) ¢o one zuwinken, 
(trans.) ove heranwinken. 
belong (intr.) gehören. 
bend beugen, unterordnen, 


100 G. Wendt 


a) trans. z. b. one’s will, one’s thoughts to the will of another. 
b) intr. sich beugen vor,:z. b. While each to his Great 
Father bends Col. Anc. Mar. 
(bind) binden, fesseln an, verpflichten zu. 
it boots nützen, z. b. Boots it to you now? Thack. Hum. 41. 
break a secret fo one: einweihen in. 
call (out) to one: einem zurufen. 
cling (intr.) sich klammern, hängen an; fo one u. a thing. 
commend anempfehlen, anvertrauen (biblisch). 
commit anvertrauen, tiberantworten. 
communicate mittheilen. 
compare vergleichen, nebeneinanderstellen. 
complain (intr.) of a thing to one sich beklagen bei jemand. 
concede einraumen. 
confess eingestehen, beichten. 
confide anvertrauen. 
confirm bestätigen. 
consecrate weihen, widmen. 
consign schicken (»consigniren«). 
correspond (intr.) entsprechen. 
convey übermitteln, vermitteln, beibringen. 
cringe (intr.) kriechen vor (z. b. 4 a master). 
crouch (intr.) kriechen vor (z. b. fo a master). 
cry (intr.) schreien z. b. fo heaven for vengeance. 
curtsy (intr.) verbeugung machen. 
declare eine erklärung abgeben, erklären. 
decree zuerkennen. 
dedicate widmen. 
defer (intr.) zurücktreten vor, sich fügen. 
deliver übergeben, abgeben. 
depute schicken an, deputiren. 
describe beschreiben. 
detail (im einzelnen) auseinandersetzen. 
devote widmen, opfern. 
dictate diktiren, befehlen. 
direct richten, adressiren an. 
disclose enthüllen, mittheilen. 
discover enthüllen, mittheilen. 
divulge enthüllen, mittheilen. 
distribute verteilen an (meist among). 


. “ ..: R 
> a . ay 


Dativ und. atedséfiv im’ Englischen > - * ~° iol 


earn gewinnen (statt fo one’s self auch for one’s self). 

endear lieb, werth machen. 

espouse verheirathen an. 

exhibit vorführen, zeigen. 

explain auseinandersetzen, erklaren. 

expose auseinandersetzen, klarmachen (aussetzen). 

expound im einzelnen erklären, bes. von der h. schrift. 
Chaucer, Prioresses Tale 74 hat noch den blossen 
objektive (km), Wyclif (bei Wülker 172, 64) expounyde 
to his disciples. 

express ausdriicken, kundgeben. 

fall (intr.) zufallen (to one’s share). 

fancy (lo one’s self) sich etwas vorstellen. 

figure to one’s self sich etwas vorstellen, ein bild machen von. 

foreshadow vorheranzeigen, ahnen lassen. 

hint einem andeutungen machen. 

image (fo one’s self) sich vorstellen. 

impart mittheilen. 

impute die schuld beimessen. 

indicate anzeigen, zu erkennen geben. 

inscribe widmen. 

insinuate andichten. 

interpret erklären, verdolmetschen. 

intimate versteckt andeuten, zu verstehen geben. 

intrust anvertrauen (one with a thing neben a fing fo one). 

introduce vorstellen, bekannt machen. 

liken vergleichen. 

manifest zeigen, offenbar machen. 

it matters angehen, wichtig sein. 

mention erwähnen (gegenüber jemandem). 

minister s. administer. 

murmur (intr.) gegenüber jemand murren, klagen. 

narrate (lang und breit) erzählen. 

nod (intr.) zuwinken (auch vor dem infin, steht der dat. mit /0). 

observe (intr.) bemerken, die bemerkung machen J should 
here observe to the reader that etc. Swift. 

obtain erlangen, erringen (neben ¢ auch Sor). 

occur (intr.) einfallen. 

open eröffnen, aufdecken. 

own einräumen. 


2 ; Dp | 
eo % « eee. i. “ott G. Wendt 


picture to one’s self sich ein bild machen von. 

preach (intr.) predigen. 

prefer vorziehen (one to an office befördern). 

prescribe vorschreiben, verordnen (¢ und /or a patient). 

present reichen, tiberreichen, schenken, vorstellen (was presented 
him. Hume VI, 456). 

proclaim laut verktinden. 

produce zeigen, vorführen, z. b. Nich. Nickl. ch. 28. 

prophesy prophezeien. 

propose vorschlagen; # a lady antrag machen (scil. marriage) 
to one’s self sich vornehmen. 

protest betheuern, feierlich erklären gegenüber jemandem. 

prove beweisen. 

quote citiren. Paine is no fool, he said to his niece, who 
quoted to him the »Rights of Man«. Green Hist, 784. 

recall: fo one the memory cf erinnern an, cf. fo recall a thing 
(to mind) sich erinnern an. 

recount (feierlich) erzählen. 

reconcile aussöhnen; one to one, one to a thing, 2. b. to matrimony. 

refer bezug nehmen auf, one to a thing einen auf etwas, jeman- 
den verweisen. 

rehearse wiederholen, 

relate erzählen, berichten. 

relinquish überlassen, fahren lassen (cf. Hume VII, 123). 

remark bemerken, eine bemerkung machen (zu) gegen jemanden. 

remit (zurückschicken) »remittiren«. | 

repeat wiederholen. | 

reply erwidern. 

report berichten; (oze die reden jemandes nachschreiben). 

represent vorstellen, klar machen. 

reserve to (for) one’s self für sich behalten, zurückbehalten. 

resign verzichten zu gunsten, für — abtreten an. 

reveal offenbaren. 

say sagen (erklären). Doch % say one nay (= bo gainsay), 2. b. 
Prince Bismarck has so long been the head boy in 
Dame Europe’s School that no one has dared /o say 
him nay. — Contemp. Review. 

sacrifice (auch intr. mit zu ergänzendem objekt) opfern. 

secure (% und for) sichern, sicher stellen, verschaffen. 

seem (intr.) scheinen. 


Dativ und accusativ im Englischen 103 


shout (intr.) zujauchzen, zurufen. 

sign (intr.) zeichen geben. 

signify zu erkennen geben, andeuten. . 

speak (intr.) anreden, sprechen mit (nur 4% speak a ship an- 
sprechen). 

stand (intr.) halten zu (fo one). 

state feststellen, als bekannt hinstellen, konstatiren. 

stick (intr.) festhalten. 

subdue unterwerfen. 

submit a) trans. @ thing to one vorlegen, unterbreiten, unter- 

werfen, 

b) intr. (oze’s se/f zu ergänzen) sich unterwerfen, fügen. 

succumb (intr.) unterliegen. 

suggest andeuten, an die hand (unter den fuss) geben, rathen 
— auch zöelf to one. 

surrender (one’s seif) sich übergeben. 

talk (intr.) reden, plaudern mit; doch können wörter wie 
English, nonsense als objekte ergänzt werden. 

tender anbieten (one’s service to the Crown). 

(tie) binden. 

transfer übertragen. 

trust a) trans. a thing to one anvertrauen (Ss. intrust), 

b) intr. trauen, vertrauen haben (% God). 

turn (intr.) sich wenden an, gegen. 

unfold entfalten, enthiillen. 

vouchsafe (gnädigst) gewähren. 

vow geloben. 

yield (intr.) nachgeben. 


Verba mit unbezeichnetem dativ. 


Bei folgenden verben ist die bezeichnung des dativs der 
betheiligten person durch die stellung zulässig; da nicht bei allen 
der dativ als subjekt der passivkonstruktion möglich oder ge- 
bräuchlich ist, wird ein besonderer zusatz darüber zu machen sein. 

accord: gewähren, zuerkennen. To be accorded a magni- 
ficent reception. 

afford: bieten, gewähren, leisten. To be afforded an oppor- 
tunity. 


: CMrdiume , FeWOhnlichor mit 4 
: Kosten. 


Ch im Passi; 
° Auch % be 
Ändigen (im k 
: Yermachen, 
deny: 


Dativ und accusativ im Englischen 105 


fling: hinwerfen, vor die füsse werfen. 

forbid: verbieten, das sachobjekt meist ein. infinitiv. Auch im 
passiv. | 

foretell: vorhersagen. 

forgive: vergeben, verzeihen. Auch im passiv. (Auch mit 
Jor a thing). | | 

forward: behändigen, übersenden. 

furnish: liefern (neben oze with). Auch im passiv (doch meist 
mit zt). 

gain:!' erwerben, verdienen. 

get: besorgen, beschaffen, verschaffen. Auch mit pron. reflex. 

give: geben. Auch im passiv und mit pron. reflex. 

grant: gewähren, zubilligen. Auch im passiv. | 

grudge: neiden, grollen wegen. Auch im passiv und mit 
pron. reflex. 

guarantee: sicherheit bieten — auch im passiv. 

hand: einhändigen, behändigen, reichen. Auch im passiv. 

leave: lassen, hinterlassen, überlassen, übrig lassen. Im sinne 
von »zu thun übrig lassen«, besonders vor folgendem 
infinitiv, steht der dativ lieber mit %. 


z. b. To be left to perfect repose. 
I had three pounds left me. . 


lend: leihen. 

lose: verlieren machen, um etwas bringen, Zo lose one all friends, 
al hearts. 

make: machen, anfertigen (abgeben). Auch mit pron. reflex. 
She made him a faithful and admirable wife. (Academy). 
To make one a present of a thing. 

mean: im sinne haben, im schilde führen; /o mean one no ill, 
no harm. Be 

notify: kund und zu wissen thun. Auch im passiv, doch ist 
die auslassung des fv nach Webster ein amerikanismus. 
In engl. zeitungen ist es im obigen sinne ohne % 
ganz gewöhnlich. . 

obtain: einbringen (neben fo auch /or), verschaffen to obtain 
him employment s. Forster Dickens I, 107. 


1 gainsay im sinne von absprechen ist mir nur einmal (in der 
D. News) begegnet: Marlborough cheated in the bread contracts, but no mortal 
man can gainsay him that march across Europe and that advance across the 
marsh, with his almost godlike calm and mastery of self in the crisis of battle. 


106 G. Wendt 


occasion: veranlassen, verursachen. Smike began to be so 
much affected by apprehension and uncertainty as 
sometimes to occasion both them and Nicholas conside- 
rable uneasiness and even alarm. Nick. Nickl. 49. 

offer: anbieten. Auch im passiv. 

order: bestellen. Im sinne von »befehlen« vgl. command. Auch 
im passiv. 

owe: schulden, schuldig sein, verdanken. Since / owe my life 
to you, let me owe you something more (Buch. II, 222). 

To owe one: einen einladen müssen (scil. ar invitation). 
pass: reichen, weitergeben. 
pay (repay): zahlen, bezahlen. Auch im passiv. 
to pay one als echter accus.: to pay for a thing etwas bezahlen. 

permit: gestatten, die (positive) erlaubnis geben. Die sache 
meist im infinitiv. Auch im passiv und mit pron. reflex. 

play: spielen. ove a trick, a sonata. 

procure: verschaffen (statt /o auch for). Auch mit pron. reflex. 

prohibit: verbieten, wehren. The commons introduced a bill 
for prohibiting all clergymen the exercise of any civil ser- 
vice. Stud. Hume 398. 

proffer: hinreichen, anbieten. 

promise: versprechen. Auch im passiv und mit reflex. 

raise: erheben, erwecken, schaffen. Auch mit reflex. 

read: lesen, vorlesen. 

recommend: empfehlen, one lo do a thing. Sind beide ob- 
jekte personen, so muss natürlich fo zum dativ treten. 
He brought you to me as the person who had recom- 
mended to him the Kidnapper of his child. Nich. Nick. 
ch. 45. ..... which I would recommend all young 
married people steadily fo resist. Ib. 

Für uns Deutsche ist die dem Engländer sehr geläufige 
umstellung zu beachten in recommend one to a step, vgl. restore, 
lose, leave. 

refuse: verweigern, abschlagen. Auch im passiv und mit reflex., 
z. b. (one’s self the pleasure). 
render: erweisen, (a service). 


restore: wiedergeben, wiederzustellen (gew. 70!) 
to be restored to health, one’s senses, freedom 
I come here to restore a parent his child. N. Nickl. ch. 45. 


return: erwidern, ove good for evil; word. for word. 
save: sparen. Auch im passiv und mit reflex. 


Dativ und accusativ im Englischen 107 


send: schicken. Auch im passiv. 

set: (setzen) geben, one an example. 

show: zeigen. Auch im passiv. 

sketch: hinzeichnen, entwerfen. I am going to sketch you our 
tri here from Washington. Dickens Forster II, 198. 

spare: ersparen. Auch im passiv und mit reflex. They wished 
to spare me, as an old man, the fatigue of ordinary 
travelling. Oceana 104. 

teach: lehren. Auch im passiv und mit reflex. 

telegraph: telegraphiren. 

tell: sagen, erzählen. Auch im passiv. 

throw: hinwerfen. 

toss: hinwerfen (geld). 

vote: (beschliessen für) votiren. Auch im passiv. The club 
voted Mr. Pickwick a pair of golden spectacles. Dick. 

whisper: zuflüstern (häufiger mit 7). 

win: gewinnen machen, einbringen (auch mit /o und /or). 

wire: »drahten«. 

wish: wünschen (auch fo wish one well). 

write: schreiben. 

yield: einbringen. 


Hamburg, ende Juni 1890. G. Wendt. 


LITTERATUR. 





I. 


Theodor Siebs, Zur geschichte der englisch - friesischen sprache. I. Halle a. S. 
Max Niemeyer. 1889. VIII und 414 ss. 8°. Pr. mk. 10. 

„Diejenigen, denen die gelegenheit geboten ist, vor der gänzlichen ver- 
nichtung friesischer sprache und sitte, die letzten überreste derselben zu sammeln, 
sollten, so viel an ihnen ist, dazu beitragen, diese der vergessenheit und dem 
baldigen untergange zu entreissen, vielleicht gelingt es noch, bisher unentdeckte 
schätze zu tage zu fördern.“ Dieser wunsch, den ref. vor mehr als vierzig jahren 
in Ehrentraut's „Friesischem archiv“ aussprach, ist in reichstem masse in er- 
füllung gegangen: hr. dr. Siebs, bis vor kurzem privatdocent an der Breslauer 
universität, jetzt in Greifswald, hat ein durch tiefe gelehrsamkeit und übersicht- 
liche klarheit ausgezeichnetes werk unter vorstehendem titel verfasst und durch 
dasselbe eine sehr fühlbare Jücke in der germanischen sprachforschung ausgefüllt. 

Es ist keine kleine aufgabe, welche sich der herr verfasser gestellt hat; 
es handelte sich für ihn darum, die verwandtschaft des Altfriesischen mit dem 
Angelsächsischen nachzuweisen, im besonderen die entwicklung des englisch- 
friesischen vokalsystems aus dem germanischen darzulegen und zu zeigen, welche 
verwandtschaftsverhältnisse zwischen den verschiedenen mundarten auf grund des 
vokalismus bestehen. 

Welche tief eingehenden studien und welchen unermüdlichen sammelfleiss 
eine solche aufgabe bedingt, und in wie ausgezeichneter weise der hr. verfasser 
derselben gerecht geworden ist, werden die leser der „Englischen studien“ aus 
folgender kurzer skizze ersehen, in welcher ref. dieses inhaltsreiche werk bei 
ihnen einführen möchte. 

Wir brauchen den leser nicht erst auf die grosse wichtigkeit des studiums 
der friesischen sprache aufmerksam zu machen; nicht allein führt dasselbe zu be- 
deutenden ergebnissen. was den ursprung des angelsächsischen elementes in der 
englischen sprache anbetrifft, sondern auch, wie der hr. verf. sagt, der lösung der 
frage über die heimat der besiedler Britanniens wird man gewiss nicht näher 
kommen, wenn man das wichtige grosse gebiet des Friesischen unberücksichtigt 
lässt. Was den ausdruck englisch-friesische sprache anbetrifft, den 
hr. dr. Siebs gewählt hat, um den eigenthümlichen charakter des gegenstandes seiner 
forschungen zu bezeichnen, so versteht er darunter „eine sprache, wie sie durch 


Th. Siehs, Zur geschichte der englisch-friesischen sprache 109 


die summe gemeinsamer lauterscheinungen der angelsächsischen und friesischen 
mundarten vertreten wird“. | 

Die Friesen bewohnten zuerst den schmalen streifen landes, der, durch 
anschwemmungen gebildet, sich an der nordseeküste Deutschlands zwischen Ems 
und Weser hinzieht und durch sümpfe und moorstrecken von dem lıöher gelegenen 
sandigen boden der sogenannten Geest getrennt ist: Situs Frisiae ab ortu usque 
ad occasum, ad Austrum tamen parum inflectando, in immensam porrectus est. 
longitudinem, in lato autem angustus est, sagt E. F. a Wicht in seinen Annales 
Frisiae. Sogar jetzt noch kann man einen unterschied in dem Plattdeutsch be- 
merken, welches die bewohner des Marschlandes und des Geestlandes im Gross- 
herzogtum Oldenburg und in Ostfriesland sprechen; in der mundart der ersteren 
hört. man noch heutzutage anklänge an die friesische sprache, wörter und wort- 
formen, die dem dialekte der letzteren fehlen. 

Nach und nach überschritten die Friesen aber die beiden ursprünglichen 
grenzflüsse, besiedelten westlich von der Ems das heutige Friesland und östlich 
von der Weser das Elbgebiet und drangen nördlich bis zur Eider vor. Wir 
können hier nicht auf die einzelnen momente in der örtlichen ausbreitung des 
Friesenstammes, noch auf die den küstenbewohnern so leichte übersiedlung auf 
den boden Britanniens übergehen und müssen diesfalls auf das uns vorliegende 
werk verweisen, in welchem dieselben ausführlich und mit, wie es dem ref. scheint, 
unumstösslicher gewissheit dargestellt sind. 

Das friesische gebiet zwischen Fli und Ems wurde um das 9. jahrhundert 
in die gaue: Westergo, Suthergo, Waldago, Ostergo, Hugmerke, Hunesga, 
Fivelga eingetheilt: Friesland östlich der Ems umfasste den Kmesga. Federga, 
Nordendi, Wanga, Asterga und Riustri (s. 10). Es ist hier nur hervorzuheben, 
dass Rüstringen, dessen landesgesetze im sogenannten asegabuche niedergelegt 
sind, für den sprachforscher vielleicht unter allen theilen des friesischen sprach- 
gebietes die grösste wichtigkeit hat und dass der verf. mit grossem rechte die 
der Rüstringer mundart angehörigen wortformen immer in erster linie berück- 
sichtigt hat. 

Nach und nach kamen die Friesen mit den nachbarvölkern in engere be- 
rührung und ihre sprache verlor die frühere reinheit, vermischte sich allmälig mit 
fremden mundarten und wurde, im laufe der jahrhunderte. vollständig durch das 
Plattdeutsche aus ihren früheren wohnsitzen verdrängt. | 

In dem kapitel über das heutige sprachgebiet giebt der hr. verf. eine ge- 
naue übersicht über die verschiedenen gegenden, in denen das Neufriesische noch 
jetzt im munde des volkes lebt; diese gebiete sind das ostfriesische, das nord- 
friesische und das westfriesische. Was das ostfriesische sprachgebiet anbetrifft, 
so hat sich die alte sprache nur da erhalten, wo die gestaltung des bodens die 
bewohner von den nachbarvölkern trennte; dies war besonders der fall auf der 
kleinen oldenburgischen insel Wangeroge, sowie im Saterlande, welches letztere 
durch ausgedehnte und früher unzugängliche moorstrecken von den umliegenden. 
ländern getrennt war. 

Die absperrung dieser beiden sprachinseln war bis zu anfang dieses jahr- 
hunderts so vollständig, dass fast niemand eine ahnung davon hatte, dass die be- 
wohner derselben eine besondere, den nachbarn unverständliche sprache redeten, 
und dass es fast keinem sprachforscher eingefallen war, sich um dieselbe zu be- 
kümmern. So konnte Wiarda in der vorrede zu seiner „Geschichte der ausge- 


LIOo Litteratur 


storbenen alten friesischen sprache (Aurich 1784)* sagen: „Sie. die wahrschein- 
lich die älteste deutsche mundart ist, verdient gewiss alle aufmerksamkeit. In 
Deutschland scheint sie noch unbekannt zu sein. wenigstens ist bisher nichts über 
sie geschrieben worden“. 

Allerdings hatte pastor Frerichs, der bis zum jahre 1834 das predigtamt 
auf der insel Wangeroge versah, angefangen, die wangerogische mundart aufzu- 
zeichnen und ein wortregister anzulegen. Aber er verliess die insel schon nach 
einigen jahren, und es war dem hofrath Ehrentraut vorbehalten, reiche sprach- 
schätze zu tage zu fördern und das ergebniss seiner auf wissenschaftlicher grund- 
lage ruhenden arbeiten im „Friesischen archiv“ (1, 3—105. 227—305. 338—416, 
I], 1-—84) zu veröffentlichen. Leider sind von letzterem nur zwei bande er- 
schienen, und nach dem tode des herausgebers sind viele von ihm gesammelte 
materialien ungedruckt geblieben oder auch verloren gegangen. 

„Es war“. wie Ehrentraut sagt, „die höchste zeit, die letzten laute dieser 
sterbenden sprache noch aufzuzeichren und zu bewalnen. Mit jedem älteren be- 
wohner der insel sterben viele ausdrücke, welche die jüngere generation nicht 
mehr kennt, daher denn wohl die enkel zur grossmutter sagen: ö’mel, weet snäckest die 
sa swer ärdig! Jüngere insulaner haben das £4 (als stimmlose und stimmhafte 
interdentale spirans) schon halb verloren, sie sagen: Auidin statt geuitthin; tre, trin 
statt art, thriit; beid statt beith ; snid, snidin statt snith, snithin ; tank statt thank; 
Zocht statt thocht*. (Fries. archiv I, 16). 

Vor einigen jahren wurden die bewohner der insel durch sturmfluthen ge- 
zwungen, ihre alte heimat mit sehr wenigen ausnahmen zu verlassen und sich auf 
den benachbarten festlande zu Hooksiel sowie bei Varel an der Jade anzusiedeln. 
Dass unter diesen umständen die Wangeroger 2%’. in sehr wenigen jahren voll- 
ständig aussterben muss, ist leicht vorauszusehen. Hr. dr. Siebs hat sich also ein 
grosses verdienst um die sprachforschung dadurch erworben, dass er keine mühe 
gescheut hat, um das noch vorhandene und nicht schon vorher aufgezeichnete 
material dieser zum Rüstringer dialekt gehörigen mundart vor dem untergange 
zu retten. 

Um zu zeigen, wie sehr sich die sprache der Wangeroger in den letzten 
fünfzig jahren verändert hat. fügen wir noch folgende beispiele bei: das wort 
dring ernte war noch im jahre 1840 vorhanden, hr. dr. Siebs hat es nicht mehr 
auffinden können; ebenso schreibt er Aal/ halb, wogegen es früher Aalv gesprochen 
wurde; dud statt des früheren Adel; rat, triü% statt thre, thrit; hunat statt hünnert; 
zyril statt zeddel; stra; statt stré; hair statt her (in beiden letzteren wörtern 
muss der neuere laut offenbar dem einflusse des Plattdeutschen zugeschrieben 
werden. 

Das Saterland liegt im äussersten südwestlichen winkel des grossherzog- 
thums Oldenburg und bildet einen theil der grenze desselben gegen Ostfriesland. 
Vom Zuydersee aus läuft ein ununterbrochener strich hochmoor durch Holland 
und einen theil der provinz Hannover; er tritt dann beim Saterlande in das 
grossherzogthun Oldenburg, durchschneidet dasselbe von südwesten nach nord- 
osten, geht über die Weser und verliert sich im herzogthum Bremen theils als 
moor-, theils als haidefläche. In diesem hochmoor liegen vereinzelte sandhögel, 
die oft von einander getrennt sind, oft auch zusammenhängen. Auf einem solchen 
sandrücken, der durchaus von tiefem hochmoor eingeschlossen ist, liegen die drei 
kirchdörfer des Saterlandes (sö’.Zterlönd) : Scharrel (sgeddel), Ramslohe (römelsse) 


Th. Siebs, Zur geschichte der englisch-friesischen sprache III 


und Strücklingen (sérazAelye), zu denen die bauerschaften Neuscharrel (nesgeddel), 
Hollen (Aodr), Utende (erde) und Bollingen (daljene) gehören. 

Ref. der sich im jahre 1846 nahe an drei monaten im Saterlande aufhielt 
und einen theil der ergebnisse seiner forschungen im Friesischen archiv (1, 165— 
276. II, 135— 227) veröffentlichte, hatte auf die verschiedene aussprache in den 
«rei dörfern des Saterlandes aufmerksam gemacht und den Scharreler dialekt seinen 
untersuchungen zu grunde gelegt, weil dieser sich den altfriesischen lautverhält- 
nissen am meisten zu nähern schien. Hr. dr. Siebs nimmt im gegentheil die 
mundart von Ramslohe-Hollen für seine grammatische darstellung als norm an. 

Lange zeit hindurch waren die Saterländer durch die eigenthümliche lage 
ihres landes von allem verkehr mit den bewohnern der umliegenden gegend ab- 
geschlossen, was die erhaltung ihrer zur Emsiger mundart gehörigen sprache er- 
klärt, aber, sowie der verkehr mit der umgegend erleichtert und häufiger gemacht 
wurde, konnten sich die Saterländer dem einflusse des Plattdeutschen nicht ent- 
ziehen und ihre sprache hat grosse veränderungen erlitten, die sich immer mehr 
fühlbar machen. Schon in jahre 1846 bemerkte ref., dass die jüngeren das 
Satersche nicht mehr so rein sprachen, wie die alten, und namentlich es liebten, 
das r durch ein g zu ersetzen, 2. b. graché für rrucht zu sagen, oder das r ganz 
auszulassen, z. b. A,öpe für Arjöpe; füge für froze; Ride für kröe, und an der 
stelle des das vw ersetzenden # ein g auszusprechen. z. b. körüg für korea. Hr. 
dr. Siebs fragt sich, ob das g in g’ucht vielleicht ein reducirtes 7 ist, was be- 
weist, dass die umwandlung der beiden konsonanten jetzt eine vollendete that- 
sache ist. Der Ramsloher dialekt ersetzte früher das nachschlagende # der Scharrel 
und Utender aussprache fast immer durch ein v, z. b. sprach Aéved anstatt Aid 
u. Ss. w. 

Grössere veränderungen sind seitdem eingetreten, wie ref. aus dr. Siebs’ 
werke ersieht; einige beispiele mögen dies beweisen: der anfangsbuchstabe in 
djü ist jetzt schon ganz abgeschliffen und das fem. des bestimmten artikels lautet 
jetzt nur noch: j#; das frühere djöß (tief) komp. djapper sup. Zjöpst ist jetzt in 
Jöp, japr, jJöpst verkürzt worden, Das w, welches nur im anlaut vorkommt, 
wurde früher meist mit der scharfen aspiration gesprochen, die sich im englischen 
wh in what, where u. s. w. erhalten hat; so in den wörtern wind, warld, wi'rne, 
wogegen es in anderen wörtern eine minder aspirirte aussprache hatte, wie in 
wripe, wröge u. s. w. Dr. Siebs giebt dem anlautenden w die aussprache des 
deutschen w (in dem worte: was), woraus zu schliessen ist, dass die scharf 
aspirirte aussprache schon ganz verloren gegangen ist. 

Von anderen veränderungen, die sich in den letzien 40 jahren vollzogen 
haben, mögen noch folgende angeführt werden: Siebs, s. 56 ads Strücklingen 
und Scharrel statt des früheren Aaeds. S. 57 Aöliw, hölw, höliz statt des früheren 
hélén. S. 58 wald, früher wöld. S. 61 bei dem altfries. dilökia ist das frühere 
satersche part. pass. 4/é'ked nicht angeführt, welches die fehlende participialform 
des zeitwortes s~ ersetzte (imperf. saz, ségs¢ und sagst, saz, plur. sezere und 
sä'zene. Präsens: sw, sjugst, sjugt; plur. s@. Imper. szug, sjdet} part. pass. 
blo ked) ; daraus ist wohl zu schliessen, dass letztere form ganz verschwunden ist. 
S. 62 fläks statt des früheren Aa.ks; ibid. wé@ksa statt wdekse; s. 63 näxt statt 
na.gd; ibid. mat statt ma.te; s. 66 fadn£ statt fadden, s. 88 möniz statt mönüg, 
s. 92 stinde, stänst, stänt statt slönde, staendst, sta.nd, plur. stinde, s. 96 tusk 
statt Züske, s. 184 zedl statt gerdel; s. 185 draz statt dräge, s. 205 bref statt 


II2 Litteratur 


brön; s. 272 twélix und Zwelif statt fweln, s. 282 sxdw statt sgön. S. 286 gant 
hat dr. Siebs nur einmal aus dem munde eines alten mannes gehört, wogegen es 
früher ganz gebräuchlich war. S. 301 /7odar statt fraur, s. 322 storw statt des 
früheren söörze. 

Diese beispiele genügen, um zu zeigen, welch bedeutende veränderungen 
in der saterschen sprache und wahrscheinlich in noch höherem masse in allen 
neufriesischen mundarten im kurzen zeitraum eines menschenalters eingetreten 
sind, und es ist zu hoffen, dass. der tüchtige und unermüdliche verfasser der Ge- 
schichte der englisch-friesischen sprache die nöthige musse und gelegenheit finden 
wird, die noch übrig gebliebenen reste der neufriesischen sprachen vor ihrem 
völligen untergange zu bewahren, und dass andere sprachforscher seinen beispiele 
folgen und auf den andern gebieten dieses sprachstammes das leisten werden, was 
die kräfte eines einzigen übersteigt. Und doch hat der verfasser des vorliegen- 
den werkes in dieser beziehung unglaubliches geleistet, indem er seine forschungen 
auch auf die anderen landschaften, in denen jetzt noch neufriesisch geredet wird, 
ausgedehnt und in denselben eine reiche ausbeute gesammelt hat. Über die gegen- 
den, in denen das Friesische jetzt schon ausgestorben ist, hat der verf. die schrift- 
denkmäler benutzt, wie die aufzeichnungen aus der Harlinger mundart durch pastor 
Joh. Cadovius-Müller, aus der wurstersprache durch Luderus Westing u. s. f. 

Das Nordfriesische wird jetzt noch auf den nordfriesischen inseln und an 
der westküste Schleswig’s gesprochen, welche der verfasser selbst bereist hat, um 
de visu et auditu die von früheren schriftstellern gemachten aufzeichnungen be- 
richtigen zu können. Er unterscheidet hier unter den festlandsdialekten: ı. Hatt- 
stedt, 2. Brecklum-Drellsdorf, 3. die halligen, und unter den inselmundarten : 
1. Osterland-Föhr. 2. Westerland-Föhr, 3. Amrum, 4. Sild, 5. Helgoland. Letztere 
insel hatte ref. ebenfalls im jahre 1846 besucht und dort die nöthigen aufzeich- 
nungen gemacht, um dieselben zu seiner „Vergleichenden darstellung der laut- 
und flexionsverhältnisse der neufriesischen mundarten und ihres verhältnisses zum 
Altfriesischen* benutzen zu können. Die vergleichung der damaligen Helgolander 
wortformen .mit den jetzigen, wie sie das werk des hrn. dr. Siebs giebt, zeigt 
auch hier den schnellen verfall dieser mundart, welche früher die vermittlung 
zwischen dem Ost- und Nordfriesischen bildete, die aber nunmehr durch die ein- 
wirkung des Plattdeutschen und des Dänischen schlimme einbusse erlitten hat. 

Ref. hatte früher den wunsch ausgesprochen, dass das Nordfriesische bald 
einen bearbeiter finden möchte, der neben der dialektischen abweichung der 
einzelnen mundarten auch ihren grammatischen bau ins auge fasse. Der erste 
theil dieses wunsches ist durch die gediegene arbeit des verfassers in ergiebigster 
weise erfüllt worden; hoffen wir, dass derselbe bald auch die grammatischen 
verhältnisse des Altfriesischen und der neufriesischen mundarten behandeln wird. 

Das Westfriesische hat dr. Siebs im jahre 1886 aufzuzeichnen gesucht, 
wobei ihm die umfangreiche schon bestehende litteratur dieser mundart natürlich 
grosse dienste geleistet hat. Das Friesische ist die volkssprache in der nieder- 
ländischen provinz Friesland, welche im norden, westen und süden durch die 
Nordsee bezw. Zuydersee begrenzt ist (s. 30). In den städten Leeuwarden, Bols- 
ward, Harlingen, Franeker, Dokkum, Snenk, Stavoren, sowie in der landschaft 
Het Bildt, wird das sogen. Plattfriesische, ein sächsisch-friesischer mischdialekt 
gesprochen, auf den inseln Terschelling und Schiermonnikoog ist das friesische 
idiom noch lebendig. Je nach ihrem relativen sprachwerthe hat der hr. verfasser 


Th. Siebs, Zur geschichte der englisch-friesischen sprache 113 


folgende eintheilung dieser mundarten aufgestellt: 1. die mundart von Hindelopen, 
2. die mundart der insel Schiermonnikoog und 3. die mundarten des übrigen 
festlandes. 


Nachdem der verf. das alte sprachgebiet und das heutige sprachgebiet be- 
handelt hat, geht er zu den sprachlichen vorbemerkungen zum vokalismus über, 
in denen er zeigt, wie das englisch-friesische vokalsystem sich aus dem germa- 
nischen entwickelt hat, und auf welche weise „die englisch-friesische sprache 
sich in eine anzahl von mundarten gespalten hat, deren nachkommen die angel- 
sächsischen und dje friesischen dialekte sind.“ 


Dann geht er zur geschichte der vokale über, welche den grössten und 
wichtigsten theil seines werkes ausmacht (s. 39—305). Es würde dem zwecke 
dieser anzeige nicht entsprechen, wenn ref. hier auf einzelheiten dieses lehrreichen 
theils des vorliegenden werkes eingehen wollte; aber er kann sich das vergnügen 
nicht versagen, an einem einzigen beispiele zu zeigen, in welch mustergültiger 
und erschöpfender weise der verfasser diesen wichtigen abschnitt behandelt hat. 
Im 1. kapitel über das germanische @ vor r + konsonant giebt dr. Siebs u. a. 
folgendes beispiel: 

„Altfriesisch dara Emsiger landrecht 46, 25. dern regelmässig in allen 
afrs. mdd. dia Ems. landr. 42, 26. dren Brockmer dialekt 165, 29. 172, 12 
kind; goth. darn, ags. dbearn, dan. darn plur. Berne, Cadovius been und dein Ost- 
frs. monatsbl. III, 294, Wangerogisch da (früher dé, plur. déner, ref.), Sater- 
ländisch éédy (früher 4é’den, plur. dédene, ref.), Hollen, Scharrel didn entstanden 
aus *dödn Strückl. (vergl. didnern Ins. Agena), Wursten dahren plur. ddéhren, nord- 
frs. barn (beerne) Outzen pag. 16, derrne plur. inschrift des Büsumer taufbeckens 
(Disse hirren dope de have wi thin ewigen ohntoncken mage lete, da shollen össe 
berrne in kressent warde), beern Heimreich’s nordfrs, chronik, dihren frs. bähren, 
baren Peters föhring. glossar 740, börn Bendixen’s hochzeitsged., dirz Hattstädter 
dial., dern Brecklum, Oland, Nordmarsch, Groede, Ockholm, Karrharde, dyarr 
Mohringer dial., d7@rn Emmelsbüll-Wiedingharde, dverz Horsb.-Wiedingh. (dan. 
lehnform ?), dir» Boldixum, Oldsum, diarz Amrum. In Boldixum und auf Am- 
rum haben diese formen die bedeutung „kleines kind“, für „kind“ gebraucht man 
lid], joran plur. Boldixum, Zety, joroen plur. Amrum, dren, siren Sild, let 
Helgoland; westfrs. der» Epkema pag. 37 (bon), béarn Halbertsma pag. 211, den 
Ost-Terschelling, Holwerd, Moddergat, Ee, Murnerwoude, Grouw, Oppenhuizen, 
Joure, Makkum, 5o&2 Schiermonnikoog, Baard, Jelsum, Tjum, das Molkwerum, 
Workum, 40m Hindelopen. dor» West-Terschelling (6yomséyon kindeskind). Die 
älteste nordfrs. form ist ders, die weiterentwicklung ist *dearn wird zu Särn 
wird zu djoern einerseits, dern wird zu "bdiarn (biarn) wird zu dirn anderseits. 
Im westfrs. wurde *doern zu doesn wird zu doen wird zu doen gewandelt; die a- 
und o-formen sind neubildungen.“ 


Nicht minder lehrreich ist die auf die geschichte der vokale folgende über- 
sicht der verwandtschaftsverhältnisse der friesischen mundarten auf grund des 
vokalismus, in welcher der verf. die entsprechungen der germanischen vokale im 
Urfriesischen ohne beziehung auf das Englisch-friesische giebt, nachdem er im 
vorhergehenden gezeigt hat, wie das Englisch-friesische sich aus dem westgerma- 
nischen vokalsystem herausgebildet hat. Was die wichtigen resultate anbelangt, 
die der verf. in diesem kapitel niedergelegt hat, so würde es uns zu weit führen, 


E. Kölbing, Englische studien. XV, x. 8 


114 i Litteratur 


wenn wir näher darauf eingehen wollten, und so begnügen wir uns, den leser 
auf das werk selbst zu verweisen. 


Was die vom verf. gewählte rechtschreibung anbetrifft, so kann ref, der- 
selben nur seinen ungetheilten beifall zollen, da er aus eigner erfahrung weiss. 
wie schwierig es ist, den gehörten laut mit seinen besonderen schattirungen durch 
schriftzeichen wiederzugeben. Als die wangerogischen aufzeichnungen in Ehren- 
traut’s „Fries. archiv“ erschienen waren, meinte dr. Lübben (Oldenb. blätter für 
stadt und land, nr. 59), es verdanke manches, was zum wesen der sprache nicht 
gehöre, nur der breiten und schleppenden zunge der insulaner sein entstehen und 
verdiene keine schriftliche bezeichnung. Mit dieser kurz absprechenden meinung 
konnte ref. sich durchaus nicht einverstanden erklären und stellte, im gegentheil, 
ganz andere anforderungen an einen dialektforscher. „Ich muss gestehen“, sagte 
ref. (Fries. archiv II, 160), „dass ich es für einen der wesentlichsten, freilich 
auch der schwierigsten punkte bei der feststellung eines dialektes durch schrift- 
zeichen halte, ganz genau die einzelnen wörter so niederzuschreiben, wie man 
sie aussprechen hört, denn wie will man anders, um ein beispiel anzuführen, 
die einzelnen, so nahe verwandten friesischen dialekte auseinander halten, wenn 
man nicht ganz genau den unterschied ihrer oft einander sehr Ähnlichen laute 
bezeichnet, wenn man nicht 2. b. die wörter, die denselben vokal, aber diesen 
in dem einen dialekte rein, in dem andern indessen mit einem übergange zu 
einem andern vokal haben, auf verschiedene weise, je nach der modifikation des 
vokals, schreibt ?* 

Die art und weise, in der dr. Siebs die verschiedenen abtönungen der 
klangfarbe in den vokalen durch besondere tonzeichen darstellt. verdient die 
grösste anerkennung und macht es jedem leser möglich, die in vorliegendem 
werke angeführten wörter genau so nachzusprechen, wie sie auf dem heimathlichen 
boden lauten. Auf den ersten blick können einige dieser lautzeichen das auge 
befremden, aber man gewöhnt sich schnell daran und kann nur den scharfsinn 
und die geduld des verfassers bewundern, womit er ein so langwieriges und müh- 
sames unternehmen durchgeführt hat. 

Den schluss des werkes bildet ein bibliographischer anhang, in welchem 
alle mit dem Altfriesischen und den neufriesischen mundarten nur irgendwie in 
verbindung stehenden werke aufgeführt sind: eine wahre schatzgrube für alle, die 
sich mit dem studium des Friesischen beschäftigen und die hier alle nöthige aus- 
kunft über die einschlagenden werke, wörterbücher, grammatiken, litteraturgeschichte, 
textdrucke, über kulturgeschichte, alterthumskunde, namenforschung, über schriften 
zum studium des West-, Ost- und Nordfriesischen finden. 

Die ausstattung des werkes ist vortrefflich; druck und papier lassen nichts 
zu wünschen übrig. 


Schliesslich drückt ref. den wunsch aus, dass der hr. verfasser, der sich schon 
durch kleinere monographien über die friesische sprache bekannt gemacht hat!, 


1 Der vokalismus der stammsilben in der altfriesischen sprache. Inaugural- 
dissertation zur erlangung der doktorwürde, der philosophischen fakultät der 
universität Leipzig vorgelegt von Theodor Siebs aus Bremen. Halle a. S. 1885. 

Die assibilirung der friesischen palatalen, von Theodor Siebs. Tübingen 
1887. 


Grein-Wülker, Bibliothek der angelsächsischen prosa 115 


bald die nöthige musse finden möge, dem ersten so werthvollen bande seiner 
Geschichte der englisch - friesischen sprache in nicht zu langer zeit einen zweiten 
folgen zu lassen. 


Versailles, im März 1890. J. F. Minssen. 


Bibliothek der angelsächsischen prosa. Begründet von Christian W. M. Grein. 
Fortgesetzt unter mitwirkung mehrerer fachgenossen von R. P. Wülker. 
3. band: angelsächsische homilien und heiligenleben. Herausgeg. von Bruno 
Assmann Kassel, Wiegand 1889. 296 ss. 8°. Pr. mk. 10. 


Die ags. prosabibliothek hat einen ganz anderen charakter als die poetische. 
Vor allem entbehrt sie natürlich der vollständigkeit, dann aber auch der plan- 
mässigen vertheilung des stoffes. Sie will nicht das beste, wichtigste zugänglich 
machen, sondern das was eben druckfertig ist. Das ist sehr zu beklagen. Wir 
bediirften so nothwendig handliche, erschwingbare ausgaben der werke Aelfred’s, 
der Chronik, der älteren originalurkunden, auch der Bibelarbeiten Aelfric’s und 
anderer, anstatt dessen werden wir in langen pausen zuerst durch die Benedic- 
tinerregel, jetzt durch einen theueren band kleinerer stücke abgefunden. Assmann’s 
auswahl umfasst 9 stücke Aelfric’s und 10 verwandte arbeiten unbekannter autoren, 
darunter eine lateinische legende (Passio Beatae Margaretae). So ziemlich der 
ganze inhalt des bandes. war schon bekannt, zumeist durch Dietrich’s arbeiten, 
aber das allerwenigste im druck veröffentlicht, schon gedrucktes konnte A. nach 
besseren üherlieferungen geben. Die benützten hss. sind sprachlich nur theilweise 
von werth für die ags. grammatik, da viele davon erst spät in der Normannen- 
zeit geschrieben sind. 


Willkommen wird besonders nr. X das Pseudo-Mathaei-Evangel., Nr. XVI. 
Über das jüngste gericht, XVI Vindicta Salvatoris, XVII Nathani Iudaei Legatio 
auch für mythologen und Eddaforscher sein. Auf die stelle in XI, wo es heisst: 
And zlcum men is swide to warnienne wid idele spr®ce.ard bat man idele leod 
ne singe on dysum dagum, be ymbe hadenscipe and ymbe galscipe geworhte 
syndon, und die bemerkungen über zauber s. 142 f. macht der herausg. selbst 
aufmerksam. Die allitterirende homilie über das buch Judith fordert von selbst 
zur vergleichung mit den fragmenten der Judith heraus; so viel ich bei flüch- 
tigem vergleich sah, ist an irgend welche abhängigkeit Älfric’s nicht zu denken. 
Den texten folgt ein verzeichniss der accente, ich hebe hier nur heraus, dass 
hand land in verschiedenen hss. das längezeichen so gut wie Aindan tragen. (S. 
Sievers Ags. gr. § 124). Die ,bemerkungen* am schluss geben rechenschaft über 
die hss., über inhalt und quelle der stücke, über abfassungszeit und behand- 
lung des textes in vorliegender ausgabe. In einem glossar sind die worte zu- 
sammengestellt die im Sprachschatz und bei Groschopp „gar nicht oder nur schlecht 
belegt” sind. Zu bedauern ist, dass glossen nicht aufgenommen sind; als ob das 
glossar nur zur erleichterung des verstehens da wäre! Beim überblättern fiel mir 
„sul, pflug“ auf, dessen quantität doch nicht so zweifellos als kürze angesetzt werden 
darf. Ich weiss nicht, ob die heutigen englischen dialekte darüber sicheren ent- 
scheid geben; der abfall des h spricht für länge. Umgekehrt dürfte trotz der 
hslichen accente zmeite und @miig mit kürze, nicht wie bei Assmann mit ce an 

g* 


116 - Litteratur 


zusetzen sein. Die citirart im glossar ist höchst unbequem; da seitentitel übeı 
dem text fehlen, sollte nach seitenzahlen, nicht nach stücknummern gezählt sein. 

Seite 245 zweifelt der herausgeber, ob AXelfrics rhythmen “verderbten 
stabreim oder den Otfrid’schen vierheber”’ darstellen. Letzteren wohl sicher nicht; 
denn ausgänge wie gewrile, fıder, lufu, magon, dage u. s. w. müssten als klingende 
gemessen werden, was zu Otfrid’s vers und seinem grundgesetz nicht passt, wenn 
auch einzelne verse gut nach Otfrid’s art gemessen werden können, z. b. And he 
us alysde, And he astah lo heofonum mit pare menniscnysse u. s. w. Dagegen 
ist die verderbtheit gegenüber den stabreimenden langzeilen gar keine grosse, 
zumal wenn wir nicht die knappen formen z. b. des Beowulf zum ausgangspunkt 
nehmen. Die ersten 6 verse des sendschreibens an Wulfget geben nach Möller’s 


system (v = voller takt, k = klingender xxx, st. = stumpfer xx, uw auf- 
taktsilben, r pausen) 
1) o{[ kr | kr + ._.|v|st Ie cElfric abbod on disum Engliscum 
== Vv =v gewrite 
2) v[kr + vcfst |v. freondlice gréte mid godes gretinge 
=_— Vv 
3) vo + olv Ik Wulfget zt Ylmandüne! Bepäm pewit 


nu her spr&con 
4)  |vise + (Jiv |k be dam Engliscum gewritum, de ic pe 
alende 
5) wi st] v + west |k Pat be wel licode pera gewrita andgit 
6 weilv[k +. |k jv and ic sede pet ic wolde be sum asen- 
dan git 
nach Sievers 1) erw. A + B, 2) A + VD. 3) Schwellv. A2 + _A, 4) B6 
+ A. 5) SD + B, 6) -A+B. Allerdings auf den stabreim verzichtete Aelfric 
oft genug, aber der rhythmus ist ein leidlich regelrechter. 





München, März 1890. O. Brenner. 


Elene; Judith; Athelstan. or the fight at Brunanburh,; and Byrhtnoth, or the fight 
at Maldon; Anglo-Saxon Poems translated by James M. Garnett MA. LL. d. 
etc. etc. Boston 188y. 


Garnett’s Beowulf schliesst sich vorliegende sammlung enge an. Eine 
gedrängte einleitung führt litterarische hülfsmittel, die ergebnisse der neueren 
forschungen über verfasser und quellen an und äussert sich über die litterarische be- 
deutung. Ich vermisse ausführlichere angaben über die thatsächlichen ereignisse, 
die den historischen liedern zu grunde liegen, sonst dürfte die einleitung kaum 
viel zu wünschen übrig lassen. Die tibersetzung legt gute texte zu grunde und 
gibt in fussnoten über die gewählten lesarten aufschluss, aber nicht, rechenschaft. 
Der übersetzer verzichtet mit recht auf den stabreim, wo er sich nicht selbst 
bot, und gibt der möglichst wörtlichen übertragung nur rhythmischen fluss, 
so dass der eindruck für den modernen leser doch annähernd der des originals 
bleibt. Es ist nicht ohne interesse zu bemerken, wie unbewusst die 5 Sievers’- 
schen typen zum durchbruch kommen — natürlich ohne die quantitätsregelung —, 
so z. b. auch D 261 Brave war-heroes. Die übersetzung soll die lektüre des 


Elene etc. Transl. by Garnett. G. Schmeding, Jacob Thomson 117 


originals erleichtern, und sie ist hiezu gewiss geeignet. Wirklich schwierige stellen 

dürften durch sie kaum erledigt sein. Nicht immer ist die übertragung von 

nebensächlichem ganz genau. Ein paar beispiele aus der Judith mögen dies zeigen: 

v. 122 hefde dä gefohten foremerne blad Judith at güde : then had she gained 
glorious honor. Judith in war. 

Vv. 126 das herw dan : the army-leaders. 

v. 128 blächleör ides : fairfaced woman (allerdings auch Sweet: /airckeeked). 

v. 135 eadhredige megd : women triumphant. 

v. 154 cow ys metod blide : your Creator is hind, da blide @num öfter in der 
bedeutung ‘einem gnädig’ vorkommt, glaube ich nach der stellung eher über- 
setzen zu müssen: euch ist der schöpfer gnädig; bei dem akt der gnade ist 
gott nicht schöpfer, kein gnädiger schöpfer, sondern ein gnädiger, freundlicher 
erretter; auch die fortsetzung cyninga wuldor passt nicht zu dem zusammen- 
hang, wenn wir edw possessiv fassen. Übrigens wäre natürlich auch dann die 
genauere übersetzung: “ihr habt einen freundlichen schöpfer”. 

v. 180 Olofernus unlifigendes : On Holofernes deprived of life, es sollte heissen: 
Holofernes’ (nämlich ead), denn sie haben ja nur das haupt des H. vor sich. 
Olofernes ist, wie unlifigendes zeigt, apposition zu Aeadorinces, nicht coordinirt 
mit hedfod. 

Ähnliche kleine versehen geben der übersetzung eine etwas falsche färbung; 
ich meine, es kommt für die richtige erfassung eines poetischen denkmales nicht 
bloss auf das genügende verständniss der die erzählung oder schilderung fort- 
setzenden worte, sondern auch auf die genaue bestimmung des nur vorübergehend 
die phantasie anregenden beiwerkes an. Wo anzunehmen ist, dass die sinnliche 
bedeutung z. b. eines epithetons dem gleichzeitigen hörer noch gegenwärtig war, 
d. h. ohne weiteres nachsinnen bestimmte vergleichende voıstellungen in ihm 
weckte, dürfen wir das epitheton nicht durch ein abgeblasstes ersetzen. 


München, März 1890. O. Brenner. 


G. Schmeding, Jacob Thomson, ein vergessener dichter des achtzehnten jahr- 
hunderts. Braunschweig. C. A. Schwetschke und sohn. 1889. V u, 94 ss. 
8%. Pr, mk. 1,80. 


Der titel ist geeignet, jeden, der sich mit den studien über die deutsche 
litteratur des vorigen jahrhunderts beschäftigt, zu befremden, denn einen dichter, 
dessen einfluss auf die deutsche dichtung auf schritt und tritt erwähnt werden 
muss, kann man doch füglich nicht zu den vergessenen rechnen. Schmeding hat 
freilich nicht an die litteraturgeschichte, sondern an weitere leserkreise gedacht; er 
hofft der „inneren zersetzung und selbstyernichtung. der die gesellschaft unserer 
tage entgegenzugehen droht“ durch die empfehlung von Thomson’s dichtungen 
entgegenzuwirken, aus ihnen „auch heute noch licht und wärme in unsere seelen 
verbreiten zu können“. Ein den verfasser gewiss ehrender, aber doch wohl 
trügerischer glaube! Um seiner arbeit gerecht zu werden, muss man die absicht, 
die ihn beim schreiben leitete, berücksichtigen. Sein buch macht keinen anspruch 
auf wissenschaftliche behandlung und bedeutung. Nach den bekannten quellen 
giebt er die umrisse von Thomson’s leben; das hauptgewicht legt er auf ausführ- 


118 Litteratur 


liche inhaltsangaben der Seasons, des gedichtes auf Newton, der Liberty und 
des Castle of Indolence; die dramen werden kürzer und vom dramatischen stand- 
punkte aus ungiinstig beurtheilt. Die ausztige sind sehr gut gemacht, so dass 
der des Englischen unkundige leser aus ihnen immerhin eine vorstellung von 
Thomson’s eigenart erhalten kann. Die beschränkte aufgabe, welche Schmeding 
sich gestellt hat, wird somit lobenswerth erfüllt. Ich meine freilich, wenn ein- 
mal eine monographie über Thomson geschrieben werden sollte, musste die auf- 
gabe selbst etwas weiter gefasst werden. Die politischen und litterarischen ver- 
hältnisse Englands, die stellung des Iehrgedichts in der englischen litteratur hätten 
wenigstens in einem einleitenden abschnitte geschildert werden müssen. Die ab- 
hängigkeit des Castle of Indolence von Pope’s Temple of Fame konnte auch in 
einer populären schrift erwähnung finden, und gerade in einer solchen. zur förde- 
rung von Schmedings absichten, sollte der name des komponisten der Jahreszeiten, 
Josef Haydn, nicht fehlen. Er vermag vielleicht am ehesten den Seasons wieder 
leser zurückzugewinnen. Einen hinweis auf Brockes und Chr. E. v. Kleist, auf 
Joh. Heinr. Schlegel’s übersetzung der trauerspiele (Kopenhagen u. Leipzig 1760) 
vermisst nur der litterarhistoriker, für den das buch ja nicht in erster linie be- 
stinimt ist. Lessing’s bemühungen um Thomson werden, freilich nicht ganz zu- 
treffend, in einer anmerkung gestreift. Von der grossen wirkung der Seasons 
in der ganzen europäischen litteratur sollte auch in einer populären arbeit über 
Thomson die rede sein; der kurze verweis auf zahlreiche übersetzungen ist doch 
zu knapp. Gelegentlich der Thomson’schen Sophonisbe mache ich auf die ein- 
leitung P Feits zu seiner übersetzung von Trissinos Sophonisbe (Lübecker 
programm 1888) aufmerksam. Des unveralteten werthes von Hettner’s darstellung 
in seiner Geschichte der englischen litteratur bin ich mir gerade bei der lesung von 
Schmeding’s buch wieder lebhaft bewusst geworden. 


Marburg i. H., März 1890. Max Koch. 


4 


Ludwig Wattendorff, Essai sur Tinfluence que Shakespeare a exercée sur 
la tragedie romantique francaise. Premiere partie. — Essay on the Influence 
which Shakespeare exercised on the French Romantic Tragedy. A literary 
Sketch. Second Part. Programm der städtischen oberrealschule zu Coblenz 
1888 und 1889. 13 und 14 ss. 4° (Progr. nr. 442 und 444). 


Mag es auch wünschenswerth erscheinen, die vollendete sprachbeherrschung 
der lehrer für neuere sprachen durch französisch und englisch geschriebene pro- 
gramme augenfällig zu machen, die gefahr liegt dabei immer nahe, dass die frage 
nach dem wissenschaftlichen werthe der arbeiten dadurch stark in den hintergrund 
gedrängt wird. Auch in den beiden vortiegenden programmen der inzwischen in 
ein realgymnasium umgewandelten Coblenzer oberrealschule kann man der sprach- 
lichen darstellung eine unbedingtere anerkennung aussprechen als es dem inhalte 
selbst gegenüber möglich ist. Der gewandte verfasser führt am schlusse die von 
ihm benutzten werke an; in wirklichkeit ist: er vollständig von Brandes „Die 
romantische schule in Frankreich“ abhängig. Ich glaube, dass Wattendorff, aller- 
dings nur dem seit der Hamburgischen dramaturgie allgemein verbreiteten urtheile 
folgend, die klassische tragödie Frankreichs zu sehr vom deutschen standpunkte 


H. Müller, Grundl. und entw. des charakters Richard’s II. I1g 


aus betrachtet. Er meint, den Franzosen fehle noch immer eine nationale tragödie, 
während die unbefangene geschichtliche — nicht die ästhetische — betrachtung 
die tragédie des siecle de Louis XIV. nicht nur als hof-, sondern als€wirklich 
nationale tragödie anerkennen wird. Jedenfalls ist es thatsächlich unrichtig zu 
behaupten, Voltaire’s dramen hätten wegen ihrer annäherung an Shakespeare heute 
noch werth, während die werke Corneille’s und Racine’s veraltet seien; im gegen- 
theile haben sich eine anzahl von ihren werken auf der bühne lebendig erhalten, 
während von Voltaire’s tragödien keine einzige mehr gespielt wird. Uber Voltaire’s 
verhältniss zu Shakespeare gibt es eine ganze reihe von abhandlungen, weitaus 
das beste, ja einzig genügende, hat H. Morf in seiner vorlesung „Die Caesar- 
tragödien Voltaire’s und Shakespeare’s“ (Oppeln 1888) gegeben, wie er auch über 
die romantische französische tragödie in seinem vortrage „Aus der geschichte des 
französischen dramas* (Hamburg 1887) treffliche bemerkungen gemacht hat. Da- 
gegen halte ich es für irrthümlich, wenn Wattendorff in den Voltaire’schen reform- 
versuchen und den litterarischen tendenzen des 18. jahrhunderts in Frankreich die 
quellen der französischen romantik sucht. Nicht von Rousseau und St. Pierre, 
sondern von Shakespeare, Goethe, Scott, Hoffmann, Byron ist die romantische 
bewegung, soweit sie sich auf das drama bezieht, ausgegangen. Die vorrede 
zum Cromwell stellt auch Wattendorff selbstverständlich in den mittelpunkt; er 
bespricht kurz Hernani, Ruy Blas, Marion Delormes, A. de Vigny’s Othello, 
Chatterton und maréchale d’Ancre, um dann ganz richtig hervorzuheben, wie 
unmöglich Vitet’s geschichtsdramen auf seine zuhörer eine wirkung aus- 
üben konnten, ähnlich der, wie sie einst die dramatisirung der rosenkriege und 
Talbot-kämpfe bei Shakespeare’s publikum hervorgerufen hatten. Frankreich hatte 
durch die revolution mit seiner eigenen geschichte gebrochen. Dem älteren Dumas 
wird Wattendorff wohl nicht ganz gerecht; es ist der einzige romantiker, dessen 
historische dramen noch im theater der porte St. Martin gespielt werden. Watten- 
dorff’s fleissige und geschickte studie liest sich ganz hübsch, selbständigen werth 
kann man ihr nicht zusprechen. 


Marburg i, H., März 1890. Max Koch. 


Hermann Müller, Grundlegung und entwickelung des charakters Richard’stIII. 
bei Shakespeare. Programm des realgymnasiums zu Dortmund. 1889. 68 s. 
4°. (Progr. nr. 348). 

Miller's abhandlung ist + gleichzeitig mit der zweiten ausgabe von Kuno 
Richard Tl. gehört. nicht nur zu den am häufigsten gespielten "Werken "shake: 
speare’s, sondern auch zu denjenigen, mit dem ästhetiker und dramaturgen mit 
vorliebe sich beschäftigen. Die textkritischen studien haben für Richard III. den 
unbedingten vorzug der folio festgestellt; der bekannten versicherung der folio- 
editoren, dass sich in des dichters manuskript kein ausgestrichenes wort gefunden 
habe, möchte ich desshalb noch nicht mit Müller unbedingt glauben schenken, 
auch die bezeichnung von Shakespeare’s handschriftlicher theaterbibliothek (s. 9) 
könnte leicht als zu bestimmte behauptung aufgefasst werden. In allem übrigen 
kann ich der gründlichen arbeit vollen beifall geben. Mit voller kenntniss der 


120 Litteratur 


literatur versucht Müller die ergebnisse seiner vorgänger zusammenzustellen, mit 
selbständigem takte, der es zugleich vermeidet, richtiges durch neue hypothesen 
zu verdrängen. In der „litterarhistorischen einleitung* wird Marlowe als vor- 
läufer Shakespeare’s charakterisirt; an die besprechung der histories reiht sich 
eine übersicht der poetischen behandlungen der geschichte Richard’s III. Bei 
Müller wie in meiner eigenen einleitung fehlt das von Drake I, 601 erwähnte 
gedicht „Bosworth Field“ von Sir John Beaumont, dem älteren bruder des 
dramatikers. Der zweite abschnitt handelt von der „grundlegung des charakters“. 
Am schärfsten hat Kuno Fischer betont, dass der charakter Richard’s ohne seine 
grossen monologe im letzten theile Heinrich’s VI. der psychologischen erklärung 
ermangele. Müller führt dies weiter aus und hebt den zusammenhang Richard’s 
mit dem auf der Elisabethanischen bühne so sehr beliebten rachemotiv hervor; 
sowohl die volksthümliche (Spanish Tragedy, Hamlet) wie die gelehrte richtung 
des dramas (Gorboduc), beide wohl durch Seneca’s Thyest beeinflusst, treffen 
hierin zusammen. Im dritten abschnitt legt Müller die „entwicklung des charakters“ 
durch zergliederung des stückes selbst dar. Die viel angefochtene werbescene am 
sarge Heinrich’s VI. nimmt er in durchaus zutreffender weise in schutz. Statt 
der in den anmerkungen öfter wiederkehrenden zurückweisung von Benedix wäre 
eine berücksichtigung Otto Ludwig’s, dessen Shakespearestudien auffallender weise 
kein einzigesmal genannt werden, gewiss lehrreicher gewesen. Delavigne’s tragedie 
wird von Hermann Müller vergleichsweise herangezogen ; eine ältere programm- 
arbeit (ich weiss nicht ob von demselben verfasser) hat diese vergleichung zum 
gegenstande: Müller, Sur les enfauts d’Edouard de Delavigne et sur les rapports 
de cette tragedie au Richard III. de Shakespeare. Fulda 1844. 

Wenn H. Müller die verwerthung des rachemotivs in den königsdramen be- 
sonders hervorhebt, so leitet das von selbst über zur betrachtung desjenigen, der 
unter den Elisabethanischen dramatikern den typus der rachetragédie am schärften 
ausgebildet hat, Thomas Kyd. Über ihn handeln die zwei progranıme von: 


K. Markscheffel, Thomas Kyd’s tragödien. Jahresbericht des realgymnasiums 
zu Weimar 1886 und 1887. 20 und 12 ss. 4°. (Progr. nr. 619 und 627). 


Markscheffel hat sich einen eng begrenzten und noch niemals selbständig 
behandelten stoff für seine untersuchung gewählt und schon dadurch seiner arbeit 
einen werth gegeben, wie er leider den meisten programmen, die mit vorliebe 
längst bearbeitete themen aufs neue umwälzen, nicht zugestanden werden kann. 
Aber auch die kritisch vorsichtige und gründliche art und weise, in welcher 
Markscheffel die gestellte aufgabe zu lösen sucht, verdient uneingeschränktes lob. 
Von Kyd’s persönlichkeit wissen wir so gut wie gar nichts; jedenfalls war er 
1600 nicht mehr am leben. Vollständig sicher ist seine autorschaft nur für die 
1594 gedruckte übersetzung von Garnier’s Cornelia bezeugt, für die Spanish 
_ Tragedy ist sie so gut wie sicher. Nun ist aber gerade die autorschaft dieser 
zwei. so schnurstracks entgegengesetzten werke höchst auffällig. Die übertragung 
von Garnier’s regelrechter tragödie reiht Kyd in die schaar jener männer und frauen, 
welche der ungezügelten volksbühne das klassicistische muster gegenüberstellen 
und womöglich das englische drama in andere bahnen lenken wollten. Kyd’s 
übersetzung muss mit den arbeiten der lady Pembroke, Daniel’s, Brandon’s zu- 
sarnmengestellt werden. Wie man natürlich dieser klassizistischen richtung wenig 
sympathie entgegenbringen kann, ist auch Kyd’s übersetzung noch niemals näher 


George A. Aitken, The Life of R. Steele 121 


besprochen worden. Markscheffel weist, was durch Förster’s kritischen apparat 
zu seiner Garnierausgabe möglich geworden ist, nach, dass Kyd erst eine der 
späteren ausgaben von Garnier’s tragödie, wahrscheinlich die dritte von 1585, zu 
grunde gelegt habe. Im ganzen übersetzt Kyd getreu, erlaubt sich indessen 
einzelne zusätze und weglassungen. Markscheffel’s bemerkung, Garnier habe mehr 
nach dem muster Seneca’s als der griechischen tragiker gedichtet, gilt nicht für 
Garnier allein. Mit wenigen ausnahmen ist für das ganze klassicistische drama 
nur an Seneca zu denken, sobald von antiker tragödie die rede ist; vgl. L. v. 
Ranke, Sämmtl. werke LI, 72. 

Die Spanish Tragedy, für deren lang anhaltende popularität Markscheffel 
die zeugnisse am schlusse seiner arbeit zusammenstellt, ist dagegen geradezu 
typisch für die volksthümliche richtung der englischen bühne. Nur in der her- 
übernahme des rache fordernden geistes als prolog lässt sie den einfluss von 
Seneca’s Thyest erkennen. Kyd’s bedeutung für den Hamlet hat neuerdings 
Gr. Sarrazin im ersten abschnitte seiner studie „Die entstehung der Hamlet-tragddie“ 
(Anglia XH, 143 ff.) untersucht. Die verwandtschaft der Spanish Tragedy mit Titus 
Andronicus hat schon Ben Jonson’s spott hervorgehoben; und doch hat der 
klassicistisch gesinnte Ben Jonson selbst 1601 zusätze zu Kyd’s werk sich be- 
zahlen lassen. Die hauptfrage bleibt, ob auch der erste theil, Jeronimo, von 
Kyd herrühre. Markscheffel kommt zur bejahung der frage. Allerdings ist styl 
und versbau! von einander abweichend, allein von Jeronimo besitzen wir nur 
einen raubdruck, der für stylistische untersuchungen keine grundlage bieten kann. 
Eine vergleichung des inhalts der beiden theile dagegen bestimmt Markscheffel 
zur annahme von Kyd's autorschaft für beide theile. Die frage nach Kyd’s 
antheil an der Tragedy of Soliman and Perseda hält Markscheffel für eine offene. 

Jedenfalls ist durch seine untersuchung zum erstenmale das ganze vorliegende 
material einer gründlichen prüfung unterzogen und, soweit es eben möglich ist, 
Kyd’s litterarische physiognomie schärfer als es bisher der fall war, gezeichnet. 
Markscheffel’s arbeit darf so als ein wirklich fördernder beitrag zur geschichte 
des Elisabethanischen dramas gerühmt werden. 


Marburg i. H. März 1890. Max Koch. 


The Life of Richard Steele by George A. Aitken in two volumes. London, 
Wm., Isbister, 1889. Pr. sh. 


Als ich im X. bande dieser ztschr. (s. 285—7) das buch über Richard Steele 
in Lang's ‘English Worthies’ von Austin Dobson anzeigte, bemerkte ich am 
schluss, dass trotz dieser schönen leistung wir noch manchen aufschluss über 
Steele durch Aitken bekommen würden. Drei jahre später ist nun Aitken’s werk 
über Steele’s leben erschienen und zwar in zwei stattlichen, trefflich ausgestatteten 
händen, von denen der erste neben der preface (XVI seiten) 419, der zweite 452 
seiten enthält. Ich gebe zuerst die übersicht des inhalts: Erster band: Book I, 
Early Years 1672--94, aet. 1—22. I. Parentage and Early Childhood. II. School 


1 Proescholdt hat in seiner besprechung dieser programme gerügt, dass 
Markscheffel bei der untersuchung von Kyd's versen Elze’s Notes and conjectural 
emendations II, 102 unbeachtet gelassen habe. 


120 Litteratur 


litteratur versucht Müller die ergebnisse seiner vorgänger zusammenzustellen, mit 
selbständigem takte, der es zugleich vermeidet, richtiges durch neue hypothesen 
wu verdrängen. In der „litterarhistorischen einleitung* wird Marlowe als vor- 
Idufer Shakespeare's charakterisirt; an die besprechung der histories reiht sich 
eine übersicht der poetischen behandlungen der geschichte Richard’s III. Bei 
Müller wie in meiner eigenen einleitung fehlt das von Drake I, 601 erwähnte 
gedicht „Bosworth Field* von Sir John Beaumont. dem älteren bruder des 
ılramatikers. Der zweite abschnitt handelt von der „grundlegung des charakters“. 
Am schärfsten hat Kuno Fischer betont, dass der charakter Richard’s ohne seine 
grossen monologe im letzten theile Heinrich’s VI. der psychologischen erklärung 
ermangele, Müller führt dies weiter aus und hebt den zusammenhang Richard's 
mit dem auf der Elisabethanischen bühne so sehr beliebten rachemotiv hervor; 
sowohl die volksthänmliche (Spanish Tragedy, Hamlet) wie die gelehrte richtung 
des dramas (Gorboduce), beide wohl durch Seneca’s Thvest beeinflusst, treffen 
hierin zusammen. Im dritten abschnitt legt Müller die „entwicklung des charakters“ 
durch eergliederung des stückes selbst dar. Die viel angefochtene werbescene am 
sarge Heinrich's Vio nimmt er in durchaus zutreffender weise in schutz. Statt 
dev in den anmerkungen Ser wiederkehrenden zurückweisung von Benedix ware 
eine berücksichtigung Otto Ludwig's. dessen Shakespearestudien auffallender weise 
kein cingigesmal genannt werden, gewiss lehrreicher gewesen. Delavigne’s tragedie 
Wind ven Hermann Müller vergleichsweise herangezogen: eine ältere programm- 
ardent (ach weiss nicht ob von demselben verfasser‘ hat diese vergleichung zum 
gegenstande: Müller, Sur les enfants dEdouant de Delavigne et sur les rapports 
de cette tragedie au Richard: UL de Shakespeare. Fulda 184 

Wenn th Müller die verwerthung des rachemotivs in den koaigsdramen be- 
sanders hervorhedt. so leiter das von selbst über zur betrachtung desjenigen. der 
unter den Ehsabethanischen dramatikern den tvpus der rachetruagedie am schärften 
ausgediktet Dat, Thomas Ki. Uber thn handeln Sie zwei programme von: 


N. Markscoherfet. Thomas Kids tragen, ahrestertent ces reaigymnasiums 
ga Wem tSSe und rS8t. do uni rt sno 3% Pregr. v7 cts und 627). 
Narsoacdede: Rat wich etme eng Degreesten wisi such lies seibstinhg 
Setwerdeiteit Med rls setre uinersceiung genäht und scnem Juldunm sumer urbeit 
etreit WELD gegede wie er lentes len weiter progrmme:. ‚De mt vrriiebe 
lange Dearbertety themen aus tele umewidlsen. cient fugestinien werien samp. 
Aber aufn de iti vermentige lon gelinificme art umt were. in weicher 
Wau Xsohedier dhe gustecte auigade cu Ose scent. Veehent uneingesciriagtes fob. 
Vor Maus verwniiehsett wie wir sa get wie gicchas. ceieniuls war er 
EAU cot Melia legen.  Woostdinéig meter ist seine autcrsciart aur für dix 
TS gelructte Ydermetzuig vor Garmiers Correma Dezeugt Tür fie Spanish 
Voageiy ig ve SY get Wie Suter. Nan ost 20er geese ue tutersenart ineser 
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George A. Aitken, The Life of R. Steele 121 


besprochen worden. Markscheffel weist, was durch Förster’s kritischen apparat 
zu seiner Garnierausgabe möglich geworden ist, nach, dass Kyd erst eine der 
späteren ausgaben von Garnier’s tragödie, wahrscheinlich die dritte von 1585, zu 
grunde gelegt habe. Im ganzen übersetzt Kyd getreu, erlaubt sich indessen 
einzelne zusätze und weglassungen. Markscheffel’s bemerkung, Garnier habe mehr 
nach dem muster Seneca’s als der griechischen tragiker gedichtet, gilt nicht für 
Garnier allein. Mit wenigen ausnahmen ist für das ganze klassicistische drama 
nur an Seneca zu denken, sobald von antiker tragödie die rede ist; vgl. L. v. 
Ranke, Sämmtl. werke LI, 72. 

Die Spanish Tragedy, für deren lang anhaltende popularität Markscheffel 
die zeugnisse am schlusse seiner arbeit zusammenstellt, ist dagegen geradezu 
typisch für die volksthümliche richtung der englischen bühne. Nur in der her- 
übernahme des rache fordernden geistes als prolog lässt sie den einfluss von 
Seneca’s Thyest erkennen. Kyd’s bedeutung für den Hamlet hat neuerdings 
Gr. Sarrazin im ersten abschnitte seiner studie „Die entstehung der Hamlet-tragédie* 
(Anglia XII, 143 ff.) untersucht. Die verwandtschaft der Spanish Tragedy mit Titus 
Andronicus hat schon Ben Jonson’s spott hervorgehoben; und doch hat der 
klassicistisch gesinnte Ben Jonson selbst 1601 zusätze zu Kyd’s werk sich be- 
zahlen lassen. Die hauptfrage bleibt, ob auch der erste theil, Jeronimo, von 
Kyd herrühre. Markscheffel kommt zur bejahung der frage. Allerdings ist styl 
und versbau ! von einander abweichend, allein von Jeronimo besitzen wir nur 
einen raubdruck, der für stylistische untersuchungen keine grundlage bieten kann. 
Eine vergleichung des inhalts der beiden theile dagegen bestimmt Markscheffel 
zur annahme von Kyd’'s autorschaft für beide theile. Die frage nach Kyd’s 
antheil an der Tragedy of Soliman and Perseda hält Markscheffel für eine offene. 

Jedenfalls ist durch seine untersuchung zum erstenmale das ganze vorliegende 
material einer gründlichen prüfung unterzogen und, soweit es eben möglich ist, 
Kyd’s litterarische physiognomie schärfer als es bisher der fall war, gezeichnet. 
Markscheffel’s arbeit darf so als ein wirklich fördernder beitrag zur geschichte 
des Elisabethanischen dramas gerühmt werden. 


Marburg i. H., März 1890. Max Koch. 


The Life of Richard Steele by George A. Aitken in two volumes. London, 
Wm., Isbister, 1889. Pr. sh. 


Als ich im X. bande dieser ztschr. (s. 285—7) das buch über Richard Steele 
in Lang’s ‘English Worthies’ von Austin Dobson anzeigte, bemerkte ich am 
schluss, dass trotz dieser schönen leistung wir noch manchen aufschluss über 
Steele durch Aitken bekommen würden. Drei jahre später ist nun Aitken’s werk 
über Steele’s leben erschienen und zwar in zwei stattlichen, trefflich ausgestatteten 
bänden, von denen der erste neben der preface (XVI seiten) 419, der zweite 452 
seiten enthält. Ich gebe zuerst die übersicht des inhalts: Erster band: Book I, 
Early Years 1672--94, aet. 1—22. I. Parentage and Early Childhood. II. School 


1 Proescholdt hat in seiner besprechung dieser programme gerügt, dass 
Markscheffel bei der untersuchung von Kyd's versen Elze’s Notes and conjectural 
emendations Il, 102 unbeachtet gelassen habe. 


122 Litteratur 


Life. III. College Life. Book If, Soldier and Dramatist 1694—1705, 1707— 
1710, aet. 22—33, 35—38. I. In the Horse-Guards. “The Procession’. II. In 
the Coldstream Guards. III. “The Christian Hero” and “The Funeral’, 1V. Land- 
guard Fort. V. “The Lying Lover’. VI. Steele’s Contemporaries. “The Tender 
Husband”. VII. Chancery Suit against Rich. Book III, First and Second Mar- 
riages 1705—4Y, aet. 33—37. I. Marriage with Margaret Stretch. II. Gentleman 
Waiter and Gazetteer. III. Marriage with Mary Scurlock. 1V. Swift in London. 
Book IV, The Lucubrations of Isaac Bickerstaff 1709—11, aet. 37—38. I. “The 
Tatler’. Il. Commissioner of the Stamp Office. IH. Dr. Sacheverell’s Trial. 
IV. Fall of the Whigs, V. Imitators of “The Tatler”. Book V, “The Spectator’ 
and “The Guardian” 1711—13, aet. 38—41. 1. “The Spectator’. II. Swift, 
Pope, and The Wortley Montagues. III. Peace Negotiations. Money Difficulties. 
IV. “The Guardian”. Book VI, Politics. Steele as Englishman 1713, aet. 41. 
I. “Cato”. Mrs. Steele’s Property. II. Election to Parliament. III. “The 
Englishman”, List of Illustrations: Richard Steele, from the Painting by 
Thornhill, 1713 (Frontispice). Mrs. Scurlock, from a Painting attributed to Dahl 
(p. 177). Richard Steele, from the Painting by Richardson, 1712 (p. 313). 
Zweiter Band: Book VI Continued 1714, aet. 41—42. IV. “The Crisis”, 
Expulsion from the House. V. Death of Queen Anne. Book VII, Manager of 
the Theatre 1714— 23, aet. 42—51. I. Honours and Rewards. II. "The English- 
man” vol. II. The Mastership of the Charterhouse. III. The Rebellion of 1715, 
and the Forfeited Estates. IV. Interest in the Theatre Mortgaged. V. Lady 
Steele in Wales. VI. In Scotland. VII. The Fish Pool. VIII. In Scotland 
again. Death of Lady Steele. IX. Dr. Woodward, Savage and Others. “The 
Spinster”. X. The Peerage Bill. Death of Addison. XI. Theatrical Licence 
Revoked. “The Theatre”. XII. The South Sea Scheme. XIII. The Scotch 
Commission and the Theatre. XIV. “The Conscious Lovers”. Book VIII, Closing 
Years 1723 — 29, aet. 50—57. I. Failing Health. Scheme for the Settlement of Debts. 
II. Litigation between Steele and other Managers of the Theatre. III. Retirement 
and Death. The Steele and Scurlock Families. IV. Conclusion. Appendices: 
1. The Steeles of Cheshire, and others. II. Fords of St. Michael’s Parish, Bar- 
bados. III. Performances of Steele's Plays. IV. Music for Steele’s Songs 
V. Bibliography (387—428). Index (429—452). List of Illustrations: 
Lady Steele, from the Painting by Sir Godfrey Kneller (Frontispice). Richard 
Steele, from the Painting by Sir Godfrey Kneller, 1712—13 (p. 38). Steele 
and his Children, from Ivories painted about 1723 (p. 294). — Aitken’s ab- 
sicht war, die lücke auszufüllen, welche in biographischer hinsicht bei Steele 
noch geblieben war. Die allgemeine würdigung des mannes und schriftstellers 
ist mit Forster eine gerechtere geworden. Aitken bemerkt sehr gut, dass es 
leichter ist, Macaulays einseitigen standpunkt nachzuweisen, als den eindruck 
abzuschwächen, den Thackeray’s zwar liebevolle, aber doch übertriebene 
herablassung und unnöthiges mitleid mit “poor Dick“ verrathende äusserungen 
dauernd hinterlassen haben. Aitken’s darstellung des charakters und der littera- 
rischen stellung Steele’s ist äusserst massvoll und gerecht, aber sein hauptverdienst 
besteht darin, dass er mit unermüdlicher ausdauer und oft entsagungsvollem fleiss 
das umfangreiche und zum theil schwer zu beschaffende material durchforscht hat, 
welches auf Steele’s leben noch neues licht werfen konnte. W.H. Wills hatte 
beabsichtigt. Steele’s biographie zu schreiben, wurde aber durch den tod daran 


George A. Aitken, The Life of R. Steele 123 


gehindert; nur einen aufsatz in ‘All the Year Round’, 1868, hat er über das er- 
gebniss seines studiums der hss. zu Kilkenny Castle verdffentlicht. Seine gattin 
hat Aitken das gesammelte zur verfügung gestellt, aber der grössere theil der ar- 
beit blieb noch zu thun übrig. Die auf Steele bezüglichen schätze von Blenheim 
House hat Dobson benutzt; aber die mehrzahl ist erst durch Aitken veröffent- 
licht worden. Die grösste fundgrube, welche durchaus neues lieferte, war das 
Londoner Public Record Office und gleich wichtig das Probate Registry zu 
Somerset House, woraus Aitken schon früher den namen von Steele’s erster frau 
mitgetheilt hat. Weitere ausbeute lieferten die sammlungen in Dublin im Public 
Record Office und Birmingham Tower. Verschiedene briefe und andere berichte 
aus dem British Museum, der Bodleiana und anderen bibliotheken sind in Aitken’s 
werk zum ersten mal abgedruckt. Der verkauf von Solly’s Bibliothek lieferte 
ebenfalls neues. Die porträts von Lady Steele und ihrer mutter, Mrs. Scurlock, 
sind auch zum ersten mal veröffentlicht. Ausserdem haben eine grosse menge 
von personen Aitken durch mittheilungen unterstützt; die Libliographie ist die 
denkbar vollkommenste. 

Wenn ich in kurzen worten mein urtheil über Aitken’s werk 
zusammenfasse, so geht es dahir, dass der verfasser in bisher unerreichter 
vollständigkeit alles zusammengetragen hat, was demjenigen, der sich ein klares 
bild von Steele’s bedeutender persönlichkeit verschaffen will, nur irgendwie von 
werth sein kann. Die gründlichkeit geht so weit, dass einzelne partieen fast er- 
müdend ausführlich geraten sind, wie die lange auseinandersetzung über Sansome’s 
theilhaberschaft am Fish Pool, das kapitel “Interest in the Theatre Mortgaged’ 
und die ‘Litigation about the Theatre’. Zuweilen habe ich den eindruck gehabt, 
als könnte manches kürzer in den text verarbeitet oder wenigstens noch mehr in 
die fussnoten verwiesen sein; womit ich indessen nicht sagen will, dass Aitken 
in Montgomery’s fehler verfallen sei, ganz heterogenes hereinzuziehen. Wo nach- 
richten über Steele fehlen, berührt auch Aitken die zeitgenossen, doch verliert 
er seinen hauptzweck nicht aus den augen. Als hesonders charakteristisch möchte 
ich folgende punkte bezeichnen: das über Mrs. Manley (I, s. 140 ff.) gesagte; nur 
ihre bemerkungen über Steele’s alchemistische bestrebungen sind richtig. Über 
Addison vgl. I, 248 f. Man beachte die zeugnisse der zeitgenossen über den ‘Tatler’ 
(I, 253 ff.), über das gute, das Steele wirkte (I, 315). Es lässt sich keine action 
for debt von seiten Addison’s gegen Steele auffinden (I, 344). Für Swift’s ver- 
hältniss zu Steele sind wichtig I, s. 380 ff. und s. 407. Neu ist die beschreibung 
der Hope Collection in der Bodleiana; Chit-Chat nr. H und III sind wohl nicht 
von Steele (II, 88—91). Steele war seiner zeit voran in religiöser duldung der 
katholiken (II, 126). Der brief David Scurlock’s (II, 246) beweist Steele’s un- 
erschütterliche charakterfestigkeit in der vertheidigung Öffentlicher tugend und frei- 
heit, daneben auch das ansehen, welches er in der familie seiner frau genoss, was 
ein günstiges licht auf sein verhältniss zu Lady Steele fallen lässt; vgl. über sie 
das achte kapitel in buch VII; über die darstellung von Steele’s frau in Tackeray’s 
‘Esmond’ vgl. I, 290. Eine hübsche zusammenfassung von Aitken’s durchaus 
objektiver werthschätzung Steele’s findet sich II, 343 —43. 

Die korrektur ist äusserst sorgfältig gelesen. An druckfehlern habe ich 
nur bemerkt: I, 211: tra¢mvirate; 230 fehlt 1) in den anm.; 234 (letzte z. d. 
anm.): refered; 336°: thowand. II, 43,: Bur (statt but); 309,,: Cozmtinuance. 

Demnach haben wir sowohl dem inhalt als der form nach ein äusserst 


124 Litteratur 


fleissiges werk vor uns. Es freut uns zu sehen. dass auch kleinere deutsche 
arbeiten, wie die von Ricken und Hartmann, berücksichtigt sind. Der preis des 
werkes, 32 sh., wenn er auch in anbetracht der schönen ausstattung durchaus 
nicht zu hoch gegriffen ist, wird viele abschrecken, dasselbe anzuschaffen; um 
so weniger sollten es sich die deutschen bibliotheken entgehen lassen; durch 
das werk sind wir wirklich wesentlich gefördert. Ich schliesse mit der be- 
merkung, dass ich mit diesem werke Aitken’s das thema für erschöpft halte 


Halle a/S., Mai 1890. Ernst Regel. 


Friedrich von Westenholz, Über Byron’s historische dramen. Ein beitrag 
zu ihrer ästhetischen würdigung. Stuttgart. Friedrich Frommann’s verlag 
(E. Hauff). 1890. 64 ss. 8°. Pr. mk. 1,20. 


Nach einigen einleitenden bemerkungen über die werthschätzung von Byron’s 
dramatischer poesie in England und Deutschland geht der verf. zur beantwortung 
der frage über, unter welchen äusseren umständen Byron ein dramatischer dichter 
geworden sei, um sich nun erst zu dem eigentlichen thema seiner schrift, einer 
eingehenden erörterung der drei historischen dramen, Marino Faliero, The two 
Foscari und Sardanapalus, zu wenden. 

Ich kann den lesern unsres blattes das studium dieser gewandt geschriebenen 
und anregenden monographie nur angelegentlich empfehlen, und auch die hier 
folgenden bemerkungen haben in erster linie den zweck, mein warmes interesse 
für das vom verf. gewählte thema ebenso wie für die ausführung desselben kund 
zu thun. So bedeutend der aufschwung ist, welchen das studium der älteren und. 
neueren englischen litteratur in den letzten jahrzehnten bei uns genommen hat, so 
hat derselbe doch gerade für das studium Byron’s noch gar wenig eingetragen; 
um so willkommener ist jeder einzelne gute beitrag nach dieser richtung. 

p. 3 f. ist die rede von der voreingenommenheit, mit der die englischen 
kritiker an Byron’s spätere werke herangetreten seien und die ungerechte be- 
handlung, die dieselben durch jene erfahren hätten. Der verf. würde uns zu 
dank verpflichtet haben, wenn er vor der darlegung seines eigenen ästhetischen 
urtheils über jedes der drei von ihm eingehender behandelten stücke eine kurze 
übersicht über die bisher ausgesprochenen meinungen englischer und deutscher 
kritiker über dasselbe geboten oder wenigstens in einer anmerkung die gerade 
für uns schwerer zugänglichen englischen recensionen in möglichster voll- 
ständigkeit aufgezählt hatte. Mir liegen folgende in der form von ausschnitten 
vor, die bestimmung von deren zugehörigkeit ich allerdings nur bei den ange- 
kreuzten habe nachprüfen können: ı) von Marino Faliero: Eclectic Rev. Vol. 
XV. N. S. p. 518 ff.; British Rev. Vol. XVII p. 439 ff.; *Quarterly Rev. Vol. 
XXVII p. 476 ff.; New Ed. Rev. Vol. I p. 237 fl.; *Monthly Rev. Vol. XCV 
p- 41 ff.; *Edinb. Rev. Vol. XXXV p. 271 ff.; New Monthly Rev. Vol. XII 
p. 461 fl., Brit. Critic Vol. XV p. 470 ff. — 2) von The two Foscari: British 
Rev. Vol. XIX p. 82 ff; “Quarterly Rev. Vol. XXVII p. 503. fl.; *Edinb. 
Rev. Vol. XXXVI p. 435 ff.; Brit. Critic Vol. XVII, 1822, p. 527 f. — 3) von 
Sardanapalus: British Rev. Vol. XIX p. 72 ff.; *Quarterly Rev. Vol. XXVU 
Pp. 492 fl.;, *Edinb. Rev. Vol. XXXVI p. 413 ff.; Brit. Critic Vol. XVII, 1822, 
p- 520 ff. 

Wenn der verf. p. 4 f. sagt, mit ausnahme von Manfred, Cain und Heaven 


‘ 


F. v. Westenholz, Über Byron’s historische dramen 125 


and Earth hätten Byron’s dramen „kaum anders als in den grösseren Byron- 
biographien, und dort auch zumeist nur im vorbeigehen, erwähnung gefunden“, 
so scheint ihm die abhandlung von J. H. Groag, Lord Byron als dramatiker. 
Linz 1877, unbekannt geblieben zu sein, welche simmtliche acht dramen des 
dichters in den kreis ihrer betrachtung zieht. 

Der plan zu Marino Faliero wurde bekanntlich schon 1817 gefasst, kam 
aber erst 1820 zur ausführung, so dass der recensent in der Monthly Rev., May 
1821, mit recht von „this long expected tragedy“ sprechen konnte. Der verf. 
möchte p. 12 f. die erklärung für diese lange unterbrechung (der ausdruck ist 
nicht richtig gewählt, denn Byron betont, dass er das stück damals erst be- 
gonnen habe) in des dichters ausschweifender lebensweise während dieses zeit- 
raums suchen, welche wohl geeignet gewesen sei, „dem geiste und der phantasie 
diejenige spannkraft zu entziehen, welche zur dramatischen production unentbehrlich“ 
sei. Indess muss er selbst in der anmerkung zugeben, Byron’s dichterischer genius sei 
in dieser zeit durchaus nicht etwa völlig gelähmt gewesen, da damals Beppo, Mazeppa 
und die beiden ersten gesänge des Don Juan entstanden seien, und dass selbst eine 
reiche dramatische production recht wohl mit einem zügellosen leben zusammenfallen 
kann, lehrt doch das heispiel der vor-Shakespear’schen dramatiker Marlowe und 
Greene zur genüge. Um so höher sind die vom verf. angeführten positiven 
gründe für die wiederaufnahme der alten idee, der einfluss der gräfin Guiccioli 
(vgl. auch Eberty, Lord Byron. Zweite ausg. II, p. 180) sowie Byron’s eintritt 
in den bund der Carbonari, anzuschlagen. — Die hauptquelle der schwächen von 
M. F. sucht der verf. ganz mit recht in dem umstande, dass der dichter es für 
genügend erachtet, die ereignisse, welche die voraussetzung der handlung bilden, 
nicht in das stück hineinzuziehen, sondern nur beiläufig im vorwort oder in einer 
note zu erörtern. Ähnlich äussert sich schon der recensent in der Quarterly Rev. 
Vol. XXVII p. 488: „... we cannot but believe that, if the story of Faliero 
(unpromising as we regard it in every way of telling) had fallen into the hands 
of the barbarian Shakespeare, the commencement of the play would have been 
placed considerably earlier; that time would have been given for the gradual 
development of those strong lines of character, which were to decide the fate 
of the hero, and for the working of those subtle but not instantaneous poisons 
which were to destroy the peace and embitter the feelings and confuse the 
understanding of a brave and high-minded but proud and irritable veteran“ 


-u. s. w. Indess erklärt sich dies verfahren ganz ungezwungen aus Byron’s eigner 


ausserung darüber, als zu welcher dichtungsgattung gehörig er das stück ange- 
sehen wissen will; ich schreibe dieselbe hier aus, weil der verf. sie trotz ihrer 
wichtigkeit tibergangen hat; es heisst in Medwin’s Journal of the Conversations 
of L. B. Vol. I. Paris 1824, p. 141: „When I published ‘Marino Faliero’ I had 
not the most distant view to the stage. My object in choosing that historical 
subject was to record one of the most remarkable incidents in the annals of the 
Venetian Republic, embodying it in what I considered the most interesting form — 
dialogue, and giving my work the accompaniments of scenery and manners studied 
on the spot...... p. 143: There was one mistake I committed: I should 
have called ‘Marino Faliero’ and ‘The Two Foscari’ dramas, historic poems, or 
any thing, in short, but tragedies or plays.“ Diese klare und freimüthige äusse- 
rung, durch welche Byron’s früher bereits brieflich und im vorwort ausgesprochene 
ablehnung der aufführung seiner stücke noch genauer präcisirt wird, eine äusse- 


126 Litteratur 


rung, die allerdings in die zeit nach dem erscheinen der schro': ablehnenden 
recensionen und nach der verunglückten aufführung des stückes im Drury-Lane- 
theater fällt, zwingt dem heutigen beurtheiler dieser tragödie einen wesentlich 
veränderten standpunkt auf. — Was der verf. p. 23 f. über das nach seiner an- 
sicht eigentliche tragische moment in M. F. sagt, ist nicht nur neu, sondern auch, 
wie mir scheint, durchaus zutreffend, und es fällt durch die geltendmachung des- 
selben der hauptvorwurf, den man gegen das drama in alter und neuer (vgl. Groag 
a.a.0.p. 7) zeit erhoben hat, nämlich dass die gründe, welche den dogen zu seinem 
verhängnissvollen unternehmen treiben, viel zu unbedeutend seien, in sich zusammen. 
Ich halte diese ausführung des verf. für die gelungenste partie der ganzen broschüre. 
Auch dem, was über die gemahlin des dogen, Angiolina, gesagt wird. kann man 
im allg. beistimmen, nur will mir die hypothese, dass Byron bei der zeichnung 
derselben neben der gräfin G. auch an seine schwester Augusta gedacht habe 
(p. 27 f.), etwas weit hergeholt scheinen. — p. 29 nimmt der verf. den monolog 
des patriciers Lioni gegen den oft dagegen erhobenen vorwurf, es stehe diese 
scene in keinem zusammenhange mit dem drama, in schutz. Indess hat sich 
Byron selbst gewissermassen auf die seite der gegner gestellt, wenn er bei der 
besprechung einer zurechtschneidung des stückes für die bühne a. a. 0. p. 145 
bemerkt: ,Lioni’s soliloquy, which I wrote one moonlight night after coming 
from the Benyon’s, ought to have been omitted altogether, or at all events much 
curtailed. What audience will listen with any patience to a mere tirade of 
poetry, which stops the march of the actor?“ 

Mit recht wendet sich der verf. p. 30 gegen die ansicht von Galt und 
Eberty, dass M. F. und die beiden Foscari hauptsächlich als politische partei- 
schriften zu beurtheilen seien, wenn es aber weiter heisst: „Es ist ja sehr mög- 
lich, dass in der wahl schon dieses revolutionären themas die zeitgenossen eine 
‘absicht’ witterten“, so ist dagegen zu bemerken, dass wenigstens in den oben 
angeführten recensionen des stückes sich auch nicht die leiseste andeutung einer 
solchen auffassung findet. — In der beurtheilung von Delavigne’s Marino Faliero 
trifft der verf. mit den ausführungen Kaiser’s, dessen Düsseldorfer programm ihm 
nicht vorgelegen hat, in der hauptsache zusammen: beide stellen das französische 
stück weit unter das englische. Neu ist bei Kaiser (p. 15) der hinweis darauf, dass 
bei Del. der doge während des ganzen stückes „als ein sich fortwährend täuschen- 
der mann“ dargestellt wird, was nicht eben geeignet sei, unsere meinung von ihm 
zu erhöhen; neu ist auch der nachweis wörtlicher übereinstimmungen zwischen 
beiden stücken (p. 12 ff.). 

Der verf. geht dann zur besprechung des zweiten historischen dramas, der 
beiden Foscari, über und erörtert hier besonders die geschichtlichen voraus- 
setzungen des stückes, soweit sie in dem drama selbst verschwiegen werden. 
Wenn Groag a. a. 0. p. 13 f. an dem stücke tadelt, dass, wie schon der titel 
zeige, unser interesse sich auf zwei hauptpersonen vertheile und dadurch die 
einheit der handlung zerstört werde, so wird dieser vorwurf durch die auffassung 
des verf. beseitigt, der p. 37 ganz richtig ‘die beiden Foscari’ als „eine tragödie 
der rache und den von diesem einzigen gefühle ganz erfüllten Loredano als den 
träger der handlung“ bezeichnet. Nur beiläufig bemerke ich: wenn der verf. 
p- 37 die bezeichnung von dem heimweh des jüngeren Foscari als „krankhaft 
gesteigert“ Elze zuweist, so übersieht er, dass kein geringerer wie Byron selbst 
dies epitheton gebraucht hat, vgl. bei Medwin a. a. 0. p. 141 f.: „.... that 


F. v. Westenholz, Uber Byron’s historische dramen 127 


the young Foscari should have a sickly affection for his native city, were no 
inventions of mine“. 

Den schluss von Westenholz’s schrift bildet die besprechung des Sardanapal. 
Der verf. hat unzweifelhaft recht, wenn er diese tragödie im gegensatz zu den 
beiden vorhergehenden stücken, wo der tragische conflikt sich aus den ereignissen 
ergab, „ein characterbild, ein dramatisches gemälde* nennt, zu dem die äussere 
handlung gewissermassen nur die staffage bildet. Die p. 49 ausgesprochene idee, 
„dass wir in dem Sardanapal ein poetisches selbstbekenntniss Byron’s zu erkennen 
haben“, ist nicht neu; vgl. u. a. Groag p. 14; die einzelausführung derselben 
gehört jedoch wieder dem verf. an. Ich vermisse dabei nur die naheliegende 
und z. b. von Groag a. a. 0. p. 18 ausgesprochene bemerkung, dass bei der 
schilderung der Zarina und ihres verhältrisses zu Sardanapal Byron an das ver- 
hältniss seiner frau zu ihm gedacht habe; ja ich möchte sogar meinen, der dichter 
habe diese figur nur um jener parallele willen überhaupt geschaffen, denn dass 
sie innerhalb des dramas eine keinesweges glückliche rolle spielt, möchte ich 
mit dem recensenten in der Edinb. Rev. Vol. XXXVI p. 433 und Groag a. a. o. 
gegen Westenholz p. 51 f. entschieden aufrecht erhalten. 

Wenn endlich der verf im anschluss an die ausführung des gedankens, 
dass Myrrha mit Teresa Guiccioli zu identificiren sei, mehrere seiten auf die 
widerlegung von Jeaffreson's behauptung wendet, Byron habe die gräfin niemals 
als mehr wie eine schätzenswerthe mätresse angesehen und sie zu keiner zeit 
aufrichtig geliebt, so hätte meiner ansicht nach für diesen zweck eine einfache 
verweisung auf das in der Ed. Rev. Vol. CLVI p. 118 f. gelegentlich einer aus- 
führlichen besprechung von Jeaffreson’s The Real Lord Byron über diesen punkt 
gesagte vollständig genügt. Dort wird nämlich gezeigt, dass J. sich in seinen 
Äusserungen über diesen punkt selbst widerspricht. Nur beiläufig will ich bei 
dieser gelegenheit darauf hinweisen, dass Carew Martin in der zeitschrift The Time (?) 
1885, p. 561 ff. im anschluss an Jeaffreson’s ausführungen die englische über- 
setzung des in einem italiänischen blatte erschienenen aufsatzes eines Signor 
Rindi über auftreten und lebensweise der früheren gräfin Guiccioli als marquise 
de Boissy bietet. Was dort über ihre ängstliche beflissenheit, die reste ihrer 
früheren schönheit zu conserviren oder über ihre liebe zu ihrem schosshunde Fanny 
berichtet wird, mag ja alles richtig sein, ist aber keineswegs geeignet, unsere 
auffassung über ihr einstmaliges verhältniss zu lord Byron auch nur im aller- 
geringsten zu alteriren. 

Dass die schrift flüssig und lesbar geschrieben ist, wurde oben schon her- 
vorgehoben. Einzelne kleine härten, wie: ‘ist... .. . schwer zu bezweifeln’ 
{p. 8) oder ‘der trunk aus dem Lethe (ebds.) fallen nicht ins gewicht. p. 6 z. 5 
vuls. 3 fürs 1. p.9 2 7 v. 0. I. de für Ae. 


Breslau, Sept. 1890. ©. Kölbing. 


II. 
SCHULAUSGABEN. 


‘Sammlung französischer und englischer schriftsteller für den schul- und privat- 
gebrauch. Ausgaben Velhagen & Klasing. English Authors. 40.— 
48. lieferung. 1) Old Foliffe by Mrs. Mackerness. Mit anmerkungen zum 


128 Litteratur 


schulgebrauch herausgegeben von F. Friedrich. 1888. 61 s. geb. 50 Pf. 
Wörterbuch dazu 25 s. geh. 20 pf. 2) Amy’s Kitchen by Mrs. Mackarness. 
Mit anm. z. schulgebr. hg. von B. Klatt. 1888. 69 s. geb. 50 pf. Wörterb. 
dazu 32 s. geh. 20 pf. 3) Zvangeline by H. W. Longfellow. Hg. v. K. Ban- 
dow. 1888. 135 s. geb. 75 pf. \Wörterb. dazu 39 s. geh. 20 pf. 3) Aladdin 
or the Wonderful Lamp. Hg. v. Hosch. 1889. 176 s. geb. 90 pf. Wörterb. 
dazu 45 s. geh. 20 pf. 5) Macbeth by Shakspere. Hg.v. Oskar Thiergen. 
1889. 170 s. geb. 80 pf. Wörterb. dazu 43 s. geh. 20 pf. 6) Zhe Lady 
of Lyons, AComedy in Five Acts by Sir Zdward Bulwer Lytton, Bart. 
Hg. v. A. Fritzsche. 1889. X u. 109 s. geb. 60 pf. Wörterb. dazu 31s. 
geh. 20 pf. 7) A Trap bo catch a Sunbeam by Alrs. Mackarness. Hg. von 
Emil Grube. 1889. VI u. 42 s. geb. 50 pf. \Vörterb. dazu 22 s. geh. 
20 pf. 8) The Sketch Book by Washington Irving. Hg. v. K. Boethke. 
Erstes bändchen. 1889. XII u. 174 s. geb. 90 pf. Wörterb. dazu 64 s. 
geh. 30 pf. 9) Benjamin Franklin’s Autobiography. Hg. v. K. Mayer. 1889. 
IX u. 151 s. geb. 75 pf. kl. 8%. Bielefeld und Leipzig. 

Das verfahren, das bei herausgabe der English Authors befolgt wird, darf 
bei den lesern der Englischen studien wohl als bekannt vorausgesetzt werden, 
es findet wohl auch bei allen, welche nicht grundsätzlich gegen die beigabe von 
erklärenden, die arbeit des schülers erleichternden anmerkungen eingenommen sind, 
im allgemeinen billigung, wenn auch vielleicht mancher der ansicht sein mag, 
dass- hie und da des guten etwas zu viel gethan sei. Insbesondere könnten wohl 
die worterklärungen eine grössere beschränkung erfahren, zumal da das jedem 
bändchen beigegebene wörterbuch, das, wenn es auch die mehrausgabe von 20 
— 30 pf. erfordert, doch von jedem schüler bezw. jeder schülerin angeschafft wird, 
diese worterklärungen wiederholt: und es ist geradezu als ein übelstand zu be- 
zeichnen, wenn wörterbuch und anmerkung sich nicht vollständig decken. So 
findet sich z. b. zu 1) s. 53 anm. 5 die anmerkung: „a Zreat ein vergnügen oder 
eine (festliche) freude seltener art, ein genuss, welchen man sich oder anderen 
mehr ausnahmsweise als gewohnheitsmässig gewährt. Ze gave his children a 
treat by taking them to the Circus.“ Wörterbuch: ,éreat (3) schmaus, hochgenuss.* 
Um dergleichen zu vermeiden, würde es sich empfehlen, die wörter, welche in 
den anmerkungen erklärt sind, nicht in das wörterbuch aufzunehmen. So ist es 
zwar ganz angemessen, wenn das wörterbuch neben der in 1) s. 53, anm. 6 er- 
klärten wendung % de in store zu store noch die bedeutung „vorrat“ angibt, abet 
für den schüler ganz nutzlos, der, wenn er in der anm. fo de in store erklärt 
findet, sich doch gewiss nicht die mühe machen wird, store im wörterbuch auf- 
zusuchen. Bei der einzelbesprechung der betreffenden bändchen erachte ich es 
als meine aufgabe, die textbehandlung, soweit sie in frage kommt, ferner die 
angemessenheit für schullektüre, endlich den inhalt der anmerkungen zum gegen- 
stand der erörterung zu machen. Vorher sei noch bemerkt, dass 5), 6) und 8) 
in doppelausgaben, ausg. A. mit anmerkungen unter dem text, ausg. B. mit an- 
merkungen in einem besonderen anhange, erschienen sind: die ausgaben B werden 
voraussichtlich grossen anklang finden, sie empfehlen sich namentlich auch, wenn 
es sich darum handelt, bei abgangsprüfungen den schülern einen reinen text ohne 
anmerkungen in die hände zu geben. 

1) eignet sich ebenso wie 2) und 7) in hohem grade zur lektüre in 
mädchenschulen, sowie zur einführung in die umgangssprache: daher sind auch 


Schulausgaben 129 


die andeutungen, welche die herausgeber in den einleitungen über das verhältniss 
der umgangssprache und der eigenthümlichen sprachweise des niedern volkes und 
der kinder zur schriftsprache geben, dankenswerth. Von den voraufgeschickten. 
allgemeinen erörterungen abgesehen, ist mir im einzelnen in 1) folgendes aufge- 
fallen. S. 8 anm. 2: with the hoar-frost sparkling: eine art (absoluter) participial- 
konstruktion mit wk zur bezeichnung eines begleitenden umstandes u. s. w.“ 
Die beifügung der präposition wétk verbietet meines erachtens absolut die an- 


nahme einer absoluten participialkonstruktion. 10, 3: mint tshar als angabe der 
aussprache von wémiature scheint mir in bezug auf den laut # nicht das richtige 
zu treffen, der hier nicht so unbetont auftritt, wie in den bei der erklärung der 
verwendeten aussprachezeichen angeführten beispielen: about, animal, action, 
distance, unfortznately. 16, 2: ,/¢ isn’t pleasant to have no dinner to give your 
children welches man... geben könnte. Der accusativ fehlt beim infinitiv 
u. s. w.“ Hier wird kein accusativ vermisst, und besser wäre die übersetzung: 
„wenn man seinen kindern kein mittagessen geben kann“, woran die allgemeine 
bemerkung angeschlossen werden könnte, dass ein infinitiv mit # häufig durch 
einen satz mit “wenn“ wiedergegeben werden kann. 20, 6 wird beiläufig for 
= trotz gesetzt: es wäre zweckmässig gewesen hinzuzufügen, dass diese über- 
setzung von for vor all oder anything zulässig ist. 37, 1: he is so busy thinking 
.... das particip ist wohl durch auslassung der präposition aus dem gerundium 
entstanden.“ Von der ungeschickten ausdrucksweise abgesehen, möchte ich die 
wendung vielmehr so erklären, dass dusy thinking zu &inem begriff verschmilzt. 
38, 7: „down-stairs' wie inside‘, in-doors', oder wenigstens mit schwebendem 
accent.“ Der zusatz des “oder u. s. w.* beweist, dass der urheber dieser an- 
merkung selbst an deren richtigkeit zweifelt: ich halte sie für falsch. 41, 1 zu 
crying with the headache: „with kausal: über = for wegen.“ Es hätte hier die 
übersetzung von zk durch vor angegeben werden sollen. 


2) 6. 7: „Dick gewöhnliche abkürzung für Robert;* wohl nur ein 
ärgerlicher schreib- und druckfehler für Richard. 33, 2: “ould pflegte ;* 
ebenso 35, 7. An beiden stellen wird in der übersetzung wozdd am besten un- 
berücksichtigt gelassen, und eine allgemeine bemerkung darüber wäre ganz ange- 
messen. 39, 1: „was to be let war zu vermiethen. In solchen sätzen mit passivem 
sinn steht im Deutschen der aktive, im Englischen der passive infinitiv.« Ohne 
dass doch im Englischen der aktive infinitiv mit passivem sinne ausgeschlossen 
wäre! gerade # Ze kommt häufig genug in diesem sinne vor. 51, 1: whom she 
thought needed care: statt der dazu gegebenen übersetzung, die ja wohl kaum 
schwierigkeit machen dürfte, hätte darauf aufmerksam gemacht werden sollen, 
dass hier eine vulgäre vermiischung zweier konstruktionen: whom she thought to 
need care und who she thought needed care vorliegt. 54, 2: ,larning u. s. w.“ 
musste auf 14, 1 verwiesen werden. 


3) Der herausgeber bezeichnet Long/fellow’s hexameter nur zum kleineren 
theil als gelungen: die spondeen seien meist trochäen, die daktylen enthielten in 
den unbetonten silben häufig wörter, die ihren ton nicht verleugnen könnten, 
wörter müssten sich unter aufgabe ihrer richtigen betonung in das metrum fügen, 
mit der cäsur sei es nicht überall genau genommen. Viele verse seien schwer 
zu skandiren. Wenn ich nun auch der herrschenden ansicht, dass der hexameter 
für die englische dichtung in noch geringerem grade als für die deutsche als vers- 

E. Kölbing, Englische studien. XV. 1. 9 


130 Litteratur 


mass geeignet ist, voll und ganz beipflichte, so sind doch die versuche bedeu- 
tender dichter — als solchen müssen wir Longfellow jedenfalls anerkennen — auf 
diesem gebiete anders zu beurtheilen. Die behandlung des hexameters in den 
neueren sprachen, in denen die silben nicht mehr nach länge und kürze, scndern 
nur nach dem tonfall gemessen werden, muss naturgemäss eine andere sein als in 
der griechischen und römischen: der dichter, der in diesem versmass seine ge- 
danken niederlegen will, wird bewusst oder unbewusst auch sich die gesetze 
dafür schaffen, und es erscheint mir eine dankenswerthere aufgabe, die von ihm 
befolgten gesetze zu erforschen, als nach grundsätzen, die von der versbehandlung 
der Griechen und Römer entlehnt sind, an seinen versen herumzumäkeln. Wenn 
einer beim lesen der verse Longfellow’s den worten nur ihre gewöhnliche be- 
tonung und die, welche der sinn verlangt, gibt, wird er wohl fast immer das 
richtige treffen und auch keinen anstoss finden, anders aber, wenn er ängstlich 
skandirt. Zu vers 12: , Waste are those pleasant farms, and the farmers for ever 
departed!“ bemerkt Bandow: „Cäsur nach farms, zu skandiren: 2 .., 4-, + || 
vu, Luu, fou, Lu oder: 4_, Lou, — || u. s. w.“ Meines erachtens bietet 
der vers fiir das lesen keine schwierigkeit, das oder ist ganz ausgeschlossen, die 
dabei erforderte starke betonung von #%ose ist durch den sinn nicht gerechtfertigt und 
die behandlung von pleasant als zwei unbetonten silben widernatirlich. Es würde 
meinem gefühl besser entsprechen, wenn das lesen der verse ganz dem leser über- 
lassen bliebe. Der 6. vers: Speaks, and in accents disconsolate answers the wail 
of the forest gilt dem hg. als ein vers ohne regelrechte cäsur. Mir erscheint er 
als ein vers von vollendeter schönheit, insofern der gedanke durch die form vor- 
trefflich wiedergegeben wird. Die interpunktion nach speaks gebietet zunächst 
einen halt, nach accents und answers sind regelrechte cäsuren und die diärhese 
nach disconsolate wirkt mit für die tonmalerei des verses. — Auf s.8 z. 3 v. o. 
lies O. Dickmann statt C. Dieckmann. — Die auf die bezeichnung der 
aussprache bei vielen weniger bekannten wörtern und namentlich bei den eigen- 
namen von dem herausgeber verwandte sorgfalt ist anzuerkennen. Auch dagegen 
ist nichts einzuwenden, dass er „eine grosse anzahl seltener wörter, deren auf- 
suchen im wörterbuch dem schüler nur zeit kostet, aber keine belehrung bietet. 
in den anmerkungen erklärt“ hat; (man erinnere sich jedoch der von mir vorauf- 
geschickten bemerkungen) und der sachlichen erläuterung ist in ansprechender 
weise ihr recht widerfahren. 420 art the Second: Fontaine-qui-bout nennt Bandow 
eine ortschaft, deren lage sich nicht nachweisen lasse, während Dickmann in 
seiner ausgabe entschieden sich dahin ausspricht: „Unter Fontaine-qui-bout kann 
nur die Bear-Spring gemeint sein, am nordende der Bear-Mountains, nördlich vom 
grossen Salzsee u. s. w.“ 

4) Aladdin or the Wonderful Lamp ist als schullektüre auch in mädchen- 
schulen minder geeignet, insbesondere da diese erzählung aus 1001 nacht der 
jugend schon durch deutsche bearbeitungen hinlänglich bekannt ist. Sie liest sich 
aber auch im englischen gewande ganz angenehm, es kann daher die ausgabe 
anderen leserkreisen wohl empfohlen werden, denen auch die vielen worterklärungen 
und sonstigen etwas elementaren anmerkungen willkommen sein werden. 39, 1: 
„no mailer eig. kein gegenstand, hier: gleich viel.“ Das hier erweckt die vor- 
stellung, als ob sonst no matter nicht die betreffende bedeutung hätte, die es je- 
doch namentlich immer dann hat, wenn what oder sonst ein indirekter fragesatz 
darauf folgt. 46, 4 enthält eine bemerkung zu for all people to shut up (dass alle 





132 Litteratur 


deshalb eine bessere übersetzung als “sie vervierfachten.“ I, 2, 41: J cannot tell. 
zu ergänzen ist what they meant, intended.“ Der sinn verlangt hier gar keine 
ergänzung; wie aus der übersetzung von 39-41 hervorgeht: „ob sie nicht be- 
absichtigten, in rauchenden wunden zu baden oder ein zweites Golgotha berühmt 
zu machen, kann ich nicht sagen.“ Zu flout in vers 49 werden im anhange nr. 6 
die erklärungsversuche Malone’s und Wright's wiedergegeben, die wohl als miss- 
lungen erachtet werden müssen; sodann wird hinzugefügt: man könnte auch über- 
seszen: ‘wo die norwegischen banner lustig im winde flattern und unseren 
truppen kühlung zufacheln.’ Denn es soll durch diese worte doch nur ausge- 
drückt werden, was später so bestimmt gesagt wird: And to conclude the victory 
fell on us.“ Mag man die begründung der übersetzung auch als richtig zugeben, 
so ist doch in dieser die erklärung der worte flout the sky umgangen. Die eı- 
klärung hat hier lediglich die aufgabe nachzuweisen, inwiefern die banner des 
himmels spotten. Nach der auffassung Byron’s, der in Childe Harold 1, 41, 3: 
Three gaudy standards flout the pale blue skys die stelle nachahmt, liegt die ver- 
spottung des himmels durch die banner darin, dass sie durch ihre bunten farben 
das blau des himmels als bleich und matt erscheinen lassen. Bringt man die 
worte mit dem folgenden and fan our people cold in engeren zusammenhang, was 
mir als die natürliche erklärungsweise erscheint, so wird der himmel durch die 
fahnen in der art verspottet, dass sie durch ihren schatten die wirkung seiner 
hitze vereiteln und durch ihr wallen ihren nunmehrigen besitzern kühlung zu- 
ächeln. — Auf die verderbtheit des &1. verses: with terrible numbers, konnte 
aufmerksam gemacht werden. I], 2, 64: „dosom interest kann einmal (d. h. ent- 
weder) heissen: die innige zuneigung, die IJuncan zum thane of Cawdor hegte, 
oder das interesse, welches ihm am meisten am herzen liegt, d. i. die wohlfahrt 
des landes.* Wohl nur das erstere, die zweite erklärung scheint gesucht und 
gezwungen. I, 3, 9: lies Ze statt Zk. I, 3, 14: the other des reimes wegen 
für the others.“ Doch nicht des reimes wegen, sondern nach Shakespere’s sprach- 
gebrauch. I, 3, 50: die Globe Edition liest thou statt that des textes. I, 3, 54: 
fantastical eig. eingebildet, hier mit ,hirngespinst‘ zu tibersetzen.* Besser wäre 
die übersetzung: nur in der einbildung vorhanden. I, 3, 57: „rapt withal voll- 
ständig verzückt“. withal ist nicht = vollständig, sondern = with, vergl. 
Wagner zu der stelle, der Abbot § :96 als beleg anführt. I, 3, 72: the thane 
of Cawdor lives. Im anhang nr. 9 erklärt der hg. seine zustimmung zu der an- 
sicht Wright’s, der die zweite scene des ersten aktes für unecht und erst später 
interpolirt hält. Die dafür angegebenen gründe erscheinen mir nicht stich- 
haltig. Was hindert uns erstens anzunehmen, dass Macbeth keine ahnung von 
Cawdor’s verrath gehabt hat? An dem „bombastischen stil“ der scene stösst man 
sich ferner mit unrecht, da es kein wunder ist, wenn der bote, der selbst an dem 
siegreichen kampfe betheiligt gewesen, bei seiner erzählung den mund etwas voll 
nimmt: dergleichen findet sich bei Shakspere zudem als einem kinde seiner zeit 
oft genug. Dass der Öleeding captain oder sergeant trotz seiner wunden eine ehre 
darin findet, überbringer der siegesbotschaft zu sein, braucht schliesslich nicht 
aufzufallen. I, 3, 74: „nof within the prospect of belief ausser dem bereiche der 
glaubwiirdigkeit.“ Die übersetzung gibt den begriff von prospect nicht gut wieder: 
besser Wagner: does not belong to those things I may look forward to with con- 
fidence. 1,3, 113: lies With statt Whit. Das diesen vers störende ¢hat bedurfte 
einer erklärung, oder der einschiebung in | ]- 13,112: „o dine = to strengthen 


Schulausgaben 133 


unterstützen.“ 2 dine wird von Shakspere besonders von heimlicher unterstützung 
gebraucht. I, 3, 116: „Glamis and thane of Cawdor! ergänze J am.“ Ein aus- 
ruf bedarf keiner ergänzung. I, 3, 120: „7%at trusted home etc. Wenn man sich 
vollständig darauf verliesse, so möchte es Euch anreizen, auch noch die königs- 
würde zu erhoffen“. Es ist nicht recht ersichtlich, wie diese erklärung aus den 
worten des dichters hervorgeht; über Aome vergl. Al. Schmidt zu Coriolan I, 4, 
38 und I, 2, 107. 1, 3. 135: „o unfix the hair das haar sträuben, zu berge 
stehen lassen; eig. herausreissen.* i uafix ist vielmehr nach Johnson eig. 0 put 
in motion losmachen. I, 3, 140: ,functon thatkraft,* besser: „lebensthätigkeit.“ 
Wagner: die verrichtungen seiner sinne. 141: „sarmise grübelei,“ vielmehr = 
conjecture, supposition. 1, 3, 151: „where = there where d. i. das buch (lies: in 
dem buche) des gedächtnisses.* I, 3, 154: ,the interim having weigh’d it nach- 
dem wir inzwischen den vorfall reiflich erwogen“. Der hg. scheint demnach die 
konstruktion nicht richtig gefasst zu haben, welche vielmehr eine übersetzung, 
wie die folgende verlangt: nachdem die inzwischen verstrichene zeit es (what 
has chanced) gewogen d. h. seinem werthe nach richtig gestellt hat. Ebendaselbst: 
„det us speak our free hearts für let us speak our minds (hearts) freely.“ Es er- 
scheint zweckmässig, vor „für“ ,dichterisch* einzuschieben. 

6) The Lady of Lyons bietet eine angemessene lektüre für mädchenschulen 
und sonstige lehranstalten sowie einen grösseren leserkreis, an realgymnasien dürfte 
sich freilich schwerlich zeit dafür gewinnen lassen. Die ausgabe Fritzsche’s ist 
dem programm der ausgaben entsprechend gearbeitet, das die sprachlichen an- 
merkungen nicht auf das durchaus nothwendige beschränkt, sondern auch dem 
angenehmen raum gönnt. Fr. gibt am schlusse der biographie und einleitung an, 
dass er von kommentirten ausgaben die von Lion (Friedberg & Mode, Berlin, 
1885), Arndt (Leonhard Simion, Berlin 1883) und Bischoff (1886) gelegentlich 
benutzt habe. S. 43, ı zu der stelle II, sc. 1: they are very suspicious of princes, 
and your family take part with the Austrians verweist Fr. nur auf 25, 2, eine 
anmerkung über das verb im plural nach sammelnamen. Hier hätte zu and die 
anmerkung aus Lion’s ausgabe: „ergänze: argwöhnen, dass“ übernommen werden 
oder, wenn der hg. dem nicht beipflichtete, der sinn der stelle erläutert werden 
müssen, der auch sein kann: „und zudem (überdies oder wie sie wissen) ergreift 
Ihre familie partei für die Österreicher (ein verdachtgrund mehr für das direk- 
torium).“ Ich benutze die gelegenheit, um einige irrthümer in meiner ausgabe 
zu berichtigen. I, 3, 1) zu Zhere’s a trifle to make merry elsewhere lies: „da ist 
(da habt ihr) eine kleinigkeit euch anderswo gütlich zu thun.* II. 1s. 27 2) zu 
Gad lies: „in flüchen häufig gebraucht für God; vergl. Baumann, Londinismen, 
unter Gad.“ S. 70, anm. 3 (V, 1) zu den worten: éy Mars, Bacchus, Apollo, 
Virorum hat Bischoff die richtige erklärung gegeben, die von Fr. angeführt wird, 
danach lies: „in der Zion Latin Grammar finden sich in den genusregeln die 
hexameter: Propria que maribus tribuuntur, mascula dicas: Ut sunt divorum 
Mars, Bacchus, Apollo; virorum Ut Cato, Virgilius, &c. vergl. Bischoff zu der 
stelle.“ Zu s. 71: doo2s füge man die anmerkung: „rangliste.“ 

7) Man vergleiche das über 1) und 2) bemerkte. 3, 1: „(1 Norno“ lies: 
1) Nor no etc. 3, 2: „Why steht als füllwort oder in nachdrücklicher sprech- 
weise.“ Wenn ich auch nicht in abrede stellen will, dass zwAy in der lebhaften 
sprechweise des volkes sich bisweilen findet, wo die gewähltere schriftsprache 
solchen einleitenden zusatz verschmäht, so steht es doch nie als ganz bedeutungs- 


134 Litteratur 


loses füllwort; häufig drückt es verwunderung aus und lässt sich dann durch ein 
fragendes was? oder ein ausrufendes ei! übersetzen, am häufigsten aber erscheint 
es wie hier im eingange einer die vorliegende sache treffenden bemerkung und hat 
die bedeutung: was das anlangt; in diesem falle wird es wohl stets passend durch 
nun wiedergegeben. 17, 2 wan lies: waz. 26, z. 6 v. o. fehlen anführungs- 
zeichen vor Ze’s crying etc. 

8) Das erste bändchen des Sketch Book enthält die skizzen Aip van Winkle, 
Rural Life in England, die 5 Christmas-Nummern und Traits of Indian Character. 
Nach den worten auf s. XI: „da für die English Authors so weit als möglich 
ausgaben veranstaltet werden, welche lesestoff für éin semester bieten, so ist 
der inhalt des Sketch Book zu diesem zweck auf mehrere bändchen von ange- 
messenem umfang vertheilt worden“ könnte man annehmen, dass das ganze skizzen- 
buch zum abdruck gebracht werden soll. Es gehört in der that zu den büchern, 
die man ganz und unverkürzt besitzen möchte, es erscheint hier am platz, an 
einen ausspruch von B. Schmitz, den er irgendwo in seiner Encyklopädie des 
philologischen studiums der neueren sprachen gethan hat, zu erinnern, den ich 
aus dem gedächtnis, für den genauen wortlaut nicht einstehend, anführe: „So sehr 
ich auch für chrestomathien bin, so würde ich mich doch durchaus dagegen er- 
klären, wenn damit das lesen und besitzen der ganzen schriftsteller aufhören 
sollte.“ Nun könnte man einwenden, dass ein vollständiges Sketch Book sich für 
einen billigen preis leicht beschaffen lässt: das wäre aber immerhin eine theil- 
weise überflüssige ausgabe, vor der ein sparsamer haushalter sich scheuen würde. 
Nach der vom hg. getroffenen auswahl erscheint die annahme einer veröffent- 
lichung des ganzen skizzenbuches ausgeschlossen, warum hätte er sonst beliebige 
skizzen herausgegriffen und dem ersten bändchen nicht die ersten Zhe Author’s 
Account of Himself, The Voyage u. s. w. einverleibt? Demnach würde ich der 
vom hg. übrigens benutzten, trefflichen ausgabe Pfundheller’s (Berlin, Weidmannsche 
buchh., in 2 bänden 4 1 m. 50 pf.) auch für den schulgebrauch den vorzug geben, 
trotzdem dass die ausgabe Boethke’s in den von ihm herausgegriffenen skizzen 
nicht schlecht gearbeitet ist. Im einzelnen bemerke ich folgendes. 2, 3: „Private 
geheim; fo tell the private truth im vertrauen gesagt.“ B. hat mit recht an der 
bemerkung Pfundheller’s: „private truth dsch. etwa = specielle wahrheit“ anstoss 
genommen; seine übersetzung ist jedoch mindestens insofern ungenau, als sie den 
begriff /rath unberücksichtigt lässt. Der gegensatz zu private liegt in various 
opinions, die natürlich in der Öffentlichkeit von diesem und jenem geäussert sind, 
gegenüber steht die privatperson des schriftstellers; also würde eine übersetzung 
wie: „wenn ich (für meine person) mir die wahrheit zu sagen erlauben darf“ 
dem sinne der worte wohl am nächsten kommen. 2, 4: „Zhan it should be als 
es gerade sein-muss.“ DB. hat richtig erkannt, dass die worte einer erklärung 
bedürfen, aber seine übersetzung dient nicht dazu, ihren sinn klar zu legen; sie 
stimmt auch nicht zu den worten, und ich glaube wohl annehmen zu können, 
dass er selbst nicht vollständig davon befriedigt gewesen ist; die übersetzung 
kann keine andere sein als: „als es sein sollte;* ich denke mir hinzu: „seinem 
charakter nach oder nach der absicht des schriftstellers, der keine grossen an- 
sprüche erhebt.* 3,5: In almost equal to the being stamped soll der artikel nach B.'s 
ansicht die prägung als bekannte thatsache bezeichnen. Er steht vielmehr deshalb, 
weil das gerundium nach % seltener ist als der infinitiv; sein gebrauch wird 
hier durch vorsetzung des artikels gerechtfertigt: 4 the being stamped „der prägung.“ 


Schulausgaben 135 


6, 6: a curtain lecture is worth all the sermons in the world for teaching würde 
ich lieber übersetzen: „eine gardinenpredigt wiegt alle predigten der welt auf, 
um... zu lehren“ als wie B. will: . . . lehrt ebenso gut wie alle predigten. . .* 
12, 2: ,t have heard zu hören. Der infinitiv des perfekts erklärt sich aus dem 
satze: if he had heard.“ Die fassung der anmerkung ist unklar. Besser Pfund- 
heller 42, 49. Der gebrauch von they would listen und they would deliberate 
im folgenden satze hätte erklärt werden können. 38, 3: lies Cowper statt 
Oowper. 39, 5: „Awrry of gaiely and dissipation jagd (der umstand, dass man 
gejagt wird) durch vergnügungen und zerstreuungen.*“ Der begriff „jagd“ für 
hurry ist irreführend: Azrry bezeichnet hier wie auch sonst tumult, bustle, com- 
motion ; freilich finde ich die übersetzung Pfundheller’s 71,9 „ gewirr“ dafür wenig 
geeignet und würde lieber die wortverbindung durch „stürmische (geräuschvolle) 
lustbarkeiten und zerstreuungen* wiedergeben. 40, z. 5 v. u. des textes: a dank 
of flowers. B. hat die worte nicht erklärt, das wörterb. hat unter dark nur die 
bedeutungen: bank, anhöhe, ufer; es .ist jedoch zweifellos (vergl. Pfundheller 
71, 14), dass a dank of flowers = ein blumenbeet. 

9) Der hg. hat die erläuterungen zu Zranklin’s Autobiography „der fassungs- 
gabe eines untersekundaners angepasst, für dessen lektüre das . . werkchen in 
erster linie geeignet erscheinen dürfte.“ Mir scheint es seinem inhalte nach an mehr- 
fachen stellen für untersekunda etwas zu hoch gegriffen (z. b. s. 3 die äusserungen 
über vanzty). Immerhin aber ist es schon in untersekunda wohl lesbar, wenn 
gleich der gesammtinhalt es eher der obersekunda zuweisen dürfte. Nehme ich 
seine bestimmung für untersekunda an, so habe ich auch gegen das von dem hg. 
in bezug auf die mittheilung von grammatikalien eingehaltene verfahren keinen 
einwand zu erheben, rücksichtlich der worterklärungen hat er ein durchaus ver- 
ständiges mass beobachtet. 3, 1 bemerkt er zu / shall indulge it: „to indulge 
wird gewöhnlich mit iz konstruiert.“ Daneben kommt das verb häufig genug mit 
einem accusativ vor. 3, 2: „not a dittle nicht wenig, erheblich.“ An einer anderen 
stelle wird als bedeutung: „gar sehr“ angegeben. Man sieht nicht recht ein, warum 
der hg. nicht der wörtlichen übersetzung den vorzug zuerkennt., sie erscheint mir 
mehr dem beabsichtigten sinne gemäss. 3, 4: „fair quarter freier spielraum.“ 
Es wäre zweckmässig gewesen, die verschiedenen bedeutungen von quarter zu 
entwickeln. 4, 4: „the eldest son being brought up; absoluter nominativ.“ Sonst 
spricht man wohl von einem absoluten accusativ: mir scheint das eine wie das 
andere für das Englische sowohl wie für das Französische nicht recht passend; 
man lasse das subjekt in der absoluten participialkonstruktion als solches gelten, 
ohne von einem bestimmten kasus zu sprechen. 7, z. 4 v. u. des textes lies: 
was unable, statt was unable; 8, 8: „in any case, wenn der sinn kondi- 
tional (iterativ) ist (if there was any case), so steht any.“ Besser: „ary in be- 
jahenden sätzen nur dann, wenn der begriff des folgenden substantivs ganz unein- 
geschränkt zu fassen ist: jeder, jeder beliebige.“ Es ist unnöthig hier 
an den gebrauch von any in bedingungssätzen zu denken. 12, 2: „one, zu er- 
ganzen trade.“ one dient hier vielmehr stellvertretend für ¢vade und steht hier 
wie auch sonst wohl vor dem adjektiv. 19, 1 zu for buying of books: die be- 
treffende anmerkung findet sich 43, 5 in richtigerer fassung. 20 z. 13 v. 0. des 
textes lies: of statt of — 52, z. 5/6 v. o. des textes lies second hand statt seond 
hand — 86, 6: „any point; die jetzige sprache verlangt hier some point.“ Ich 
möchte das nicht so ohne weiteres zugeben: „irgend ein thema, sei es, welches 
es wolle.“ 


1 36 Litteratur 


Vorstehenden besprechungen füge ich, um missverständnissen vorzubeugen, 
hinzu, dass die einzelbemerkungen nur den zweck haben, zur besserung der ausgaben 
ihr theil beizutragen; ihre brauchbarkeit wird durch die kleinen hervorgehobenen 
mängel, über die sich ja hin und wieder auch wohl streiten lässt, nicht beein- 
trächtigt. Schliesslich noch einige worte über die vierte, in doppelausgabe 1885 
erschienene lieferung der Znglisk Authors: Tales ofthe Alhambra by 
Washington Irving. Zehn skizzen aus der Alhambra. Mit anm. zum schul- 
gebr. hg. von G. Wolpert. Auch Irving’s Alhambra gehöst zu den schriftwerken, 
die ich ganz in den besitz des schülers bringen möchte. Der hg. hat es verab- 
säumt zu erwähnen, dass er die ausgabe Lion’s (Berlin, Weidmannsche buchh.), 
die übrigens in einer zweiten aufl. eine durchgreifende umarbeitung erfahren wird, 
benutzt hat, was er doch in ausgiebigster weise gethan. Es liegt mir hauptsäch- 
lich daran, einen argen fehler meiner ausgabe, den Wolpert 101, 2 mit den 
worten übernommen hat: ,¢hat what ungewöhnlich statt des einfachen wAa#“ 
(Lion’s ausg. s. 149: what fehlerhaft statt wAich) zu berichtigen. Die worte des 
textes lauten. , 7hat what I have seen is no phantasy of the brain,“ said she to 
herself, “I am confident’. Es war mir in einer mir nun schon lange unbegreif- 
lichen verblendung entgangen, dass ‘hat (dass) einen von J am confident abhängigen 
satz einleitet; wat steht hier wie gewöhnlich im sinne von that which. Wolpert 
sagt nicht, welchen text er den von ihm gewählten skizzen zu grunde gelegt hat: 
man muss die ausgabe letzter hand des verfassers, wenn man diesem sein recht 
widerfahren lassen will, heranziehen: der text aber lautet dort anders als in 
W.’s ausgabe. 


Textausgaben französischer und englischer schriftsteller 
für den schulgebrauch. Gera (Reuss), Herm. Schlutter’s verlag. 

1) Julius Cesar by William Shakespeare. llerausgegeben von Ludwig 
Proescholdé, 1889. 84 ss. geb. 60 pf. 8°. 2) Auswahl englischer gedichte von 
Ernst Regel. 1890. VI u. 64 s. geb. 70 Pf. dazu gratis anmerkungen für den 
lehrer 10 ss. geh. 

Die „Textausgaben“ verdanken ihr entstehen einem vielfach in lehrer- 
kreisen geäusserten wunsche, der auch in den verhandlungen der directoren der 
provinz Pommern im Mai 1888 einen offiziellen ausdruck gefunden hat. Es ist mir 
durchaus erklärlich, dass sich allmählich mehr und mehr eine abneigung gegen die 
nun zu solcher ausdehnung angewachsenen ausgaben mit sprachlichen und sach- 
lichen anmerkungen eingestellt hat: es sind zwar viele gute erzeugnisse aus dem 
gewaltigen wettbewerb hervorgegangen, nach meinem bescheidenen dafürhalten 
dürfte vielleicht etwas weniger als die hälfte gut, die übrige hälfte mehr oder minder 
schlecht sein —, aber die schlechten machen es schwer, die guten herauszufinden, 
und können schliesslich leicht zur verurtheilung aller mit anmerkungen ver- 
sehenen ausgaben führen. Gibt man doch auch immer noch mit vorliebe dem schüler 
reine textausgaben der griechischen und lateinischen schriftsteller in die hand und 
überlässt es der schule, nachhelfend einzugreifen, wo die eigene vorbereitung den 
lernenden nicht auf die bahn des richtigen geleitet hat oder anderweitige kennt- 
nisse, die er noch nicht besitzt, erforderlich sind, um ihn zum vollen verständniss 
des schriftstellers gelangen zu lassen. Es hat auch für den strebsamen schüler 
einen besonderen reiz, durch eigene kraft und findigkeit, die schwierigkeiten, die 
ihm der schriftsteller in form und inhalt bereitet, zu überwinden, und diese thätig- 


Schulausgaben 137 


keit ist in hohem grade geeignet, ihn an selbständiges arbeiten zu gewöhnen, 
das ziel, das er am ende seiner schulzeit erreicht haben soll. In dieser hinsicht 
billigen wir die absicht des „prospekts“, der unter 1 die beseitigung des sprach- 
lichen kommentars in den textausgaben damit begründet: „Sie wollen den lehrer 
auf eigene füsse stellen und ihm die freude nicht schmälern, seine schüler in 
gemeinsamer arbeit zu einem vollen verständniss des autors zu führen.“ Bei dem 
unternehmen ist ja doch die möglichkeit nicht ausser acht gelassen, dass es mit- 
unter für lehrer und schüler wünschenswert sein kann, kulturgeschichtliche ver- 
hältnisse und ähnliches der art, das aus nicht leicht zugänglichen quellen herbei- 
geschafft werden muss, zur erklärung heranzuziehen: deshalb ist es ganz zweck- 
mässig, wenn einzelnen werken ein anhang beigegeben wird, der je nachdem nur 
für den lehrer oder für lehrer und schüler bestimmt ist. Von dem oben bezeich- 
neten standpunkte aus dürfen auch die übrigen punkte des prospekts, die ich hier 
nicht weiter anführe, weil jeder sich leicht durch einsicht der textausgaben davon 
kenntnis verschaffen kann, auf die billigung der fachgenossen rechnen. Mögen 
also nunmehr beide bestrebungen, die in den ausgaben entweder mit oder ohne 
anmerkungen ihr arbeitsfeld suchen, friedlich neben einander hergehen und zu- 
nächst das neue, in frische und freudigkeit begonnene unternehmen der textaus- 
gaben einen gedeihlichen fortgang nehmen! Von englischen ausgaben sind bis 
jetzt die beiden oben verzeichneten erschienen, zu deren besprechung im einzelnen 
ich jetzt übergehe. 

1) Nach einem sein verfahren begründenden vorwort gibt der hg. eine 
einleitung, die von der zeit der abfassung des Fudins Cesar, der quelle, aus der 
Shakespeare schöpfte, u. dergl., sowie der herstellung des textes handelt; sodann 
macht er unter „bibliographisches“ I. die kritischen textausgaben, II. die kom- 
mentierten ausgaben, III. die quellen, IV. schriften verschiedenen inhalts für die 
ästhetische würdigung des stückes, endlich V. die auf grammatik, metrik, lexika 
bezüglichen werke namhaft, ein abriss, der nicht auf vollständigkeit anspruch er- 
heben, sondern nur die wichtigsten und am leichtesten zugänglichen werke und 
schriften verzeichnen soll und somit denjenigen, „die auch die bescheidenen 
wissenschaftlichen mittel eines landstädtchens oder auf ihre eigene bücherei an- 
gewiesen sind,“ gewiss von nutzen sein wird. Die textbehandlung selbst glaube 
ich als wohl gelungen bezeichnen zu können; im anschluss an das s. 83 und 84 
gegebene verzeichnis der wichtigsten lesarten bemerke ich darüber folgendes: 
I, 1, 26 scheint mir die vermutung Capell’s, du? with all. I am der art dem 
sinne zu entsprechen, dass sie in den text aufgenommen zu werden verdient. 
Das vorausgehende verlangt im folgenden die angabe, womit denn eigentlich der 
cobbler sich befasst, dass in dem a jedenfalls der doppelsinn des awd steckt, 
darüber sind wohl alle einig, das wird aber in der lesart der folios zu sehr ver- 
schleiert. I, 3, 65 hat der hg. die von Mitford vorgeschlagene verbesserung 
in den text aufgenommen; mir scheint die lesart der ff. von Alexander Schmidt 
vollständig gerettet zu sein. II, 1, 40 und II, 1, 59: dass der hg. Theobald’s 
verbesserung von the first of March in the ides of March in den text aufgenom- 
men hat, kann ich trotz des von Alexander Schmidt dagegen geltend gemachten 
einwandes nur billigen, es ist nicht wahrscheinlich, dass Brutus, in gedanken ver- 
loren, sich um 14 tage im monatsdatum irrt, gerade da er weiss, dass an den 
iden des März die ermordung Cisar’s geplant ist. Das fifteen der zweiten 
stelle aber mit Theobald in fourteen abändern zu wollen, ist wohl unnöthig; der 


138 Litteratur 


tag der iden selbst wird ganz im sinne des römischen kalenders mitgezählt. 
II, 1, 83: „Due für path ist Southern’s verbesserung.“ A. Schmidt zu der stelle: 
„Unter den verschiedenen verbesserungsvorschlägen rührt der beste, zt, von 
Coleridge her.“ Ich muss die frage unntschieden lassen. III, 1, 258: ich kann 
nicht recht begreifen , warum der hg. Aard ff. nicht in den text eingesetzt und 
der meiner ansicht nach müssigen muthmassung ands raum verstattet hat. I, 
2, 57: now in den vers (?) einzusetzen war unnöthig, da er doch auch so noch 
unvollständig bleibt. III, 2, 218: die zusammenziehung von do it und they are 
vorzunehmen kann wohl füglich dem leser überlassen bleiben und brauchte nicht 
in der schrift dargestellt zu werden. IV, 1, 37: die dreiste konjektur Theobald’s, 
die der hg. in den text gesetzt hat, ist für meine auffassung durch A. Schmidts 
erklärung der stelle gründlich aus dem felde geschlagen. IV, 1, 44 hätte zu der 
angabe der lesart der ff. hinzugefügt werden können, dass der vers überhaupt 
verderbt und eine einwandlose besserung bislang nicht gefunden ist. IV, 3, 5 
ist die verbesserung Malone’s von was in were in den text übernommen. A. 
Schmidt weist jedoch zu der stelle nach, dass nach deters sehr wohl der singular 
folgen kann. Ebenso lag kein zwingender grund vor, IV, 3. 54 #06de in adler abzuändern. 

2) Seit die herrschaft der chrestomathien überwunden ist, hat man wohl 
vielfach das bedürfniss für gedichttexte empfunden, die man dem schüler zum 
auswendiglernen in die hand geben kanrı, sodann auch für ein bescheidenes mass 
sonstiger dichterischer lektüre neben der der dramatiker (Shakespeare), die auch 
nur auf der obersten stufe eintreten kann. Diesem umstande verdankt z. b. die 
„Auswahl französischer und englischer gedichte zum gebrauch an realschulen 
zusammengestellt von A. Stange, Minden i. Westf., J. C. C. Bruns. brosch. 
ı mk.“ ihre entstehung. Ich würde jetzt für das Englische jedoch Regel’s auswahl 
den vorzug geben, namentlich weil sie das längere gedicht von Goldsmith, The 
Deserted Village unverkürzt bringt und dadurch mehr in dichterische ausdrucks- 
und denkweise einzuführen geeignet ist. Zu den anmerkungen für den lehrer 
hätte dazu noch auf Theodor Wolff's ausgabe von Zhe Traveller und The Deserted 
Village (Berlin, Weidmannsche buchh. 1882) verwiesen werden können). Die 30 
gedichte der sammlung sind unter die titel: „I. Dichtung und dichter, II. Natur, 
Ill. Menschheit, A. Der einzelne a) Tugend b) Liebe B. Menschliche gesellschaft 
C. Vaterlandsgefühl, D. Heldenmuth, IV. Gott und religion“ gebracht; es wird 
dadurch die auswahl für den etwa vorliegenden zweck erleichtert. 9 gedichte 
sind durch einen vorgesetzten stern als solche bezeichnet, die sich besonders zum 
auswendiglernen eignen. Die anmerkungen für den lehrer geben nicht bloss 
rechenschaft über die herstellung des textes, sondern auch das, was er sich erst 
durch mühsames und wegen mangelnder hilfsmittel unmögliches studium zur 
vollständigen erklärung zusammensuchen musste. Der billige preis, der die 
textausgaben in ihrem geschmackvoll und dauerhaft hergestellten einband u. s. w. 
überhaupt auszeichnet, wird voraussichtlich der trefflichen auswahl englischer 
gedichte eine weite verbreitung sichern. 

Thal (Herzogt. Gotha), 28. Februar 1890. C. Th. Lion. 





Englische übungs-bibliothek zur benutzung an höheren lehranstalten sowie zum privat- 
studium. herausgeg. von dr. Hangen. Dresden. Verlag von Louis Ehlermann. 

Dem ref. liegen 18 bändchen vor. Davon sind 17 als „Sammlung deutscher 

lust- und schauspiele, zum übersetzen in das Englische bearbeitet“ schon vor 


Schulausgaben 139 


jahren, nämlich von 1860— 1877, erschienen und wohlbekannt. Die sammlung 
begann mit „Wilhelm Tell“, bearbeitet von Daniel Breakell, und endete mit 
„Nathan der weise“, bearbeitet von Bludan. Sämtliche bändchen sind in ver- 
schiedenen fachzeitschriften wiederholt besprochen worden, die meisten haben 
mehrere auflagen erlebt; es erscheint somit überflüssig, sie hier alle namentlich 
anzuführen und auf dieselben nochmals des näheren einzugehen. Nach einem 
zeitraum von über 10 jahren, 1888, erschien als 18. bändchen „Geschichte 
Friedrichs des Grossen von Franz Kugler, ausgewählt uud mit anmerkungen ver- 
sehen von dr. ph. Hangen, lehrer am grossherzogl realgymnasiuur und docent 
an der technischen hochschule zu Darmstadt.“ Der umstand, dass nun ein prosa- 
werk gewählt wurde, hat wohl die änderung des titels der ganzen sammlung 
veranlasst. Der herausgeber des letzten bändchens erscheint jetzt als herausgeber 
der ganzen sammlung, das 18. bändchen sowie die neuen auflagen der früheren 
bändchen zeigen eine andere, gefälligere und dauerhaftere ausstattung. 

Zwischen dem erscheinen des 17. und des 18. bändchens liegt ein langer 
zeitraum, in welchem sich auf dem gebiete des sprachunterrichtes manches änderte. 
Die alte sammlung verdankte ihre weite verbreitung und beliebtheit der über- 
zeugung, dass die übersetzung aus dem Deutschen in die fremde sprache der beste 
und sicherste weg zur erlernung der letzteren wäre, und diese tiberzeugung ist 
heutzutage mindestens erschüttert. Es ist daher begreiflich, dass der herausgeber 
der Englischen übungs-bibliothek die nothwendigkeit fühlte, sich mit dem „geist 
der zeiten“ auseinanderzusetzen und im vorworte zum 18. bändchen die übger- 
setzung aus dem Deutschen in die fremde sprache als schulübung vertheidigte. 
Wir vermögen ihm nicht in alleın beizupflichten. Wir bezweifeln, dass bloss 
dem begabten schüler der freie aufsatz weniger schwierigkeiten verursacht, als 
die übersetzung guter, deutscher prosa in die fremde sprache; auf grund unserer 
erfahrungen sind wir im gegenteile der festen überzeugung, dass alle übungen 
der ersten art, wie umformungen, reproductionen, inhaltsangaben u. dgl., von 
allen schülern, den begabteren und den minder begabten, viel leichter und viel 
lieber gemacht werden als die sogen. exercitien. Dass die letzteren schwie- 
riger sind, leuchtet von selbst ein. Es ist sogar dem erwachsenen, dem lehrer, 
nicht leicht aus dem Englischen in idiomatisches Deutsch zu übersetzen! Wie 
lange muss man sich manchmal auf das passende wort besinnen, und der gefundene 
ausdruck ist zuweilen doch nicht zutreffend! Und das geschieht uns mit der mutter- 
sprache, die wir vollkommen beherrschen oder zu beherrschen glauben. Das 
umgekehrte, die übersetzung aus dem Deutschen in idiomatisches Französisch 
oder Englisch muss demnach für den nicht-Franzosen und nicht-Engländer um so 
schwieriger sein, es ist überhaupt unmöglich für einen, der die fremde sprache 
nicht schon gut kann, und dennoch verlangt man diese arbeit von dem schüler, 
der Französisch oder Englisch erst erlernen soll! Das resultat dieser erwägung 
ist, dass die übersetzung aus der muttersprache in die fremde sprache von der 
unterstufe des unterrichts auszuschliessen ist. 

Diese ansicht scheint in den fachkreisen immer mehr zur geltung zu kom- 
men, und es dürfte die in der schwebe befindliche frage bald nicht mehr lauten: 
Ist das exercitium im schulunterrichte der modernen sprachen angezeigt oder 
nicht? sondern: Ist das exercitium auf der mittel- und oberstufe des unterrichts 
noch festzuhalten oder auch hier aufzugeben? Wir sind nun nicht der meinung, 
dass diese so lange in ansehen gestandene schulübung gänzlich auszuschliessen sei, 


I 40 Litteratur 


wir glauben mit Münch („Zur förderung des französischen unterrichts“), dass sie 
für den schüler eine geistige zucht bedeute, die nicht zu unterschätzen ist. Wann 
und in welchem umfange soll sie also vorgenommen werden? Auch für die 
mittelstufe des unterrichts dürfte die übertragung eines deutschen originaltextes 
in die fremde sprache, d. i. die bewusste vergleichung und vertauschung zweier 
sprachen, noch zu schwierig sein. Hier wird man noch zu retroversionen greifen 
müssen, die, namentlich im beginn, sich ziemlich genau an einen vorher durch- 
gearbeiteten fremdsprachlichen text anschliessen und eigentlich nur die wieder- 
holung desselben sprachstoffes, aber vom standpunkte des Deutschen, bedeuten. 
Der versuch, Schiller, Lessing oder überhaupt einen deutschen schriftsteller ins 
Französische oder Englische zu übersetzen — es wird immer nur bei versuchen 
bleiben —, möge der’ oberstufe vorbehalten bleiben, In erster linie hat die- 
selbe, was die schriftlichen arbeiten anbelangt, wohl den freien aufsatz zu pflegen, 
in zweiter linie möge aber die übersetzung aus dem Deutschen bleiben. Auf 
dieser stufe kann sie die erlernung der sprache nicht mehr hemmen, denn die- 
selbe muss bis zu einem gewissen grade vollzogen sein, dagegen hilft sie, das 
unbewusste können des schülers in ein bewusstes umzusetzen und entspricht so 
den bedürfnisse des menschlichen geistes nach reflectirender thätigkeit, das auf 
dieser alterstufe des schülers immer stärker wird. 
Wir haben uns etwas ausführlicher mit der erörterung principieller fragen 
beschäftigt, da die 2xistenzberechtigung solcher unternehmen wie die „Englische 
tibungsbibliothek* damit im zusammenhang steht. Unter den angegebenen ein- 
schränkungen können wir uns auch ferner mit derselben befreunden. Jedenfalls 
ist diese sammlung in ibrer art vorzüglich. Die einzelnen bändchen sind von 
Engländern oder doch bekannten ausgezeichneten kennern der englischen sprache 
wie Asher, Plate u. a. bearbeitet. Zur erleichterung des übersetzens finden sich 
in jedem bändchen zahlreiche fussnoten und am schlusse ein wörterverzeichnis. 
Allerdings ist es den bearbeitern nicht immer gelungen, eine in der sache liegende 
schwierigkeit zu überwinden. Die übertragung eines deutschen originaltextes, 
namentlich eines poetischen stückes von Goethe, Schiller, Lessing u. a. ins Eng- 
lische erfordert stellenweise eine ausführliche umschreibung, wenn sie den sinn 
des originals wiedergeben soll. Dieselbe wird nun in den fussnoten häufig dar- 
geboten, so dass der schüler gerade an den schwierigen stellen nichts weiter zu 
thun hat als das abzuschreiben, was ihm der herausgeber freigebig darbietet. 
Andererseits ist manchmal doch wieder zu wenig geschehen, um dem schüler 
seine schwierige aufgabe zu erleichtern, namentlich sollten die zur anwendung 
kommenden präpositionen häufiger angegeben sein und zwar gleich hinter dem 
betreffenden englischen substantiv oder verbum, Übrigens sind sich hierin die 
einzelnen bearbeitungen nicht gleich. Wir constatiren, dass namentlich das letzte 
bändchen in jeder hinsicht sorgfältig gearbeitet ist. Dasselbe enthält auch ein 
übersichts-kärtchen der operationen Friedrich’s II. Die äussere ausstattung deı 
neueren bändchen ist, wie bereits bemerkt, gefällig und handlich. Der preis 
schwankt zwischen 80 pf. und 1 m. 50 pf. und scheint in anbetracht des um- 
standes, dass man mit dieser „Übungs-bibliothek“ u. a. zugleich eine sammlung 
von sonst theueren modernen originalwerken erwirbt, nicht zu hoch gegriffen. Wir 
machen noch aufmerksam, dass von mehreren bändchen, auch von dem letzten 
(18.) eine englische übertragung („key“) zu laben ist. Dieselbe kostet 80 pf. 
Wien, Febr. 1890. A. Würzner. 


Methodisches I Ar 


METHODISCHES. 


Bruno Heims, Über die aneignung des worschatzes beim unterricht in den 
neueren sprachen nebst einem systematischen vokabular für das Englische auf 
den unterstufen. VI. programm der Hansa-schule in Bergedorf bei Hamburg. 
1889. Progr. nr. 687. 49 ss. gross quart. 


Wie der titel sagt, zerfällt die abhandlung in zwei theile, einen theore- 
tischen (6!/, s.) und einen praktischen (37 s. ohne die titelblätter). Der erste 
stellt sich die aufgabe, die nothwendigkeit eines „systematischen vocabulars“ für 
den englischen klassenunterricht neben grammatik und lesebuch nachzuweisen; 
der zweite gibt ein solches. Die erörterungen des ersten theiles stützen sich auf 
— Schmitz, welcher sagt: „Diejenige copia verborum, welche bloss gelegent- 
lich bei der lektüre und bei sonstigen übungen erworben wird, ist eine unsichere 
lückenhafte masse. Auch der sprachschatz hat seine grammatik und 
diese ist das systematische vocabularium“. Darauf gründet Heims 
die nothwendigkeit eines solchen vocabulars für die unterstufen, obwohl sein 
gewährsmann in dem citate des verf. selbst die durcharbeitung eines solchen einer 
höhern stufe zuweist. Was seit jener halbvergangenen zeit, wo Schmitz eine 
autorität in methodischen dingen war, über den unterricht in den neueren sprachen 
geschrieben wurde, scheint für unseren verf. nicht vorhanden. Diesen vorwurf 
kann ich ihm nicht ersparen, trotzdem ich über das thema des vorliegenden pro- 
gramms selbst eine abhandlung in dieser zeitschrift veröffentlicht habe. Wenn 
nun der verf. durch die schärfe eigenen denkens und die wucht eigener erfahrung 
zu seinen methodischen aufstellungen gelangt wäre, so könnte dies mit der ver- 
nachlässigung fremder ergebnisse einigermassen versöhnen. Aber dem ist leider 
nicht so, wie wir sehen werden. 

Der gedankengang, der Schmitz zu den obigen schlüssen geführt hat, ist 
derselbe, der zur obligatorischen verwendung einer systematischen grammatik und 
eines kanons von aussprachregeln im klassenunterrichte geführt und die sprache 
zur illustration derselben gemacht hat. 

Man fand, dass die sprache in ihrem bau viele erscheinungen aufweist, 
die sich unter bestimmte gesichtspuukte bringen lassen (system. grammatik); 
zwischen der historischen orthographie und der aussprache besteht ebenfalls ein 
gewisser zusammenhang, den man unter regeln bringen kann (aussprachregeln): 
so lässt sich auch der wortschatz einer sprache in gewissen kapiteln unterbringen 
(system. vocabular). Mit diesen resultaten der reflexion wird also der schüler 
zuerst bekannt gemacht und die nach den oben aufgestellten drei gesichtspunkten 
zugeschnittene sprache wird als willkommene illustration herangezogen. Der 
schüler erwirbt also seinen wortschatz ı. durch die beispielswörter der gram- 
matik und der aussprachregeln 2. durch die lektüre 3. durch das systematische 
vocabular; daher theilt man den wortschatz 1. in „grammatikvocabeln* 2. in 
„lektürevocabeln“ 3. in ,gebrauchsvocabeln*. Die beiden ersteren lassen sich 
bequem aus einem gesichtspunkt betrachten. „Ist der schüler nur auf die 
„grammatikvocabeln“ angewiesen, so lernt er eine grosse anzahl der- 
jenigen wörter gar nicht kennen, welche er später im täglichen 
leben am häufigsten braucht“. „Die „„lektüre-vocabeln*“ aber führen 
den schüler in die umgangssprache nur mangelhaft ein“ . . . „der schüler lernt... 
eine anzahl von ausdrücken aus dem kriegs- und staatsleben kennen, für eine 


142 Litteratur 


verwendung im späteren leben findet er nur wenig“: man kann 
demnach diese beiden gruppen von vocabeln als I. die ,unbrauchbaren* bezeichnen 
und ihnen II. die „brauchbaren“ entgegensetzen! „Wenn man zur lektüre über- 
geht, so zeigt es sich, dass, wenn der schüler nur die „grammatikvocabeln“ im 
gedächtnis hat, er eine grosse anzahl neuer wörter aufzuschlagen haben wird! 
Damit geht aber eine menge zeit verloren, die .auf andere weise wahrlich 
besser verwendet werden kann“. Das heisst also, der vorhergehende grammatik- und 
aussprache-regelunterricht erweist sich beim übergang zur lektüre als ganz un- 
zulänglich. Aber die kluft ist leicht ausgefüllt. Man nimmt einen trichter und 
giesst dem schüler 37 seiten gross quart ,gebrauchsvocabeln* ein und nennt das 
dann „einen grundstock systematisch erlernter vocabeln“ oder „einen eisernen 
bestand von wörtern“. „Weil nun der wortschatz dem schüler grösstenteils be- 
kannt ist, wird der lehrer das hauptgewicht auf das verständnis schwie- 
riger konstruktionen legen können, wird der schüler im stande sein, statt 
der steifen, undeutschen wörtlichen übertragung eine übertragung in gutem 
Deutsch zu liefern (hinc ille lacrim&!) ... es wird also nicht nur eine 
schärfere anspannung der verstandeskräfte (gewiss!) sondern auch eine feinere 
ausbildung des sprachgefühls (?) erzielt“. Aber der verf. hat ja oben behauptet, 
dass die lektüre keine ,gebrauchsvokabeln* enthält, was soll dann die erlernung 
solcher für diese lektüre nützen ? 

Ich muss offen gestehen, dass mir für diese behauptungen theils das ver- 
ständnis, teils ganz und gar der glaube fehlt. Ich sehe nur, dass dieser unter- 
richt eine förmliche steeple-chase ist, bei welcher die reiter den hals brechen 
müssen, wenn sie nicht von sehr guten eltern sind, und dass die äusserungen des 
verf 's. über den sprachunterricht die herbste kritik desselben sind. Im verlaufe 
der abhandlung wird auch der vorwurf der überbürdung der schüler durch das 
plus des systematischen vocabellernens anticipirt aber nicht abgewiesen. Denn 
es folgen darauf auslassungen über den psychologischen prozess der apperception, 
von deren wesen der verf. offenbar keine richtige vorstellung hat Aufs. 10 wird 
nämlich ein beispiel gegeben, wie man bei der einprägung der „gebrauchs- 
vocabeln* zu verfahren habe, woraus erhellt, dass den schülern als „appercep- 
tionshilfen* bloss etymologische oder mythologische krücken gegeben werden. 
Es wird das wortgedächtnis eines schülers und seine sprechgewandtheit wenig 
fördern, wenn er in der absicht etwa „a dright sky“ zu sagen an „Pracht, 
Bertha = die glänzende“ denken muss. Wenn der schüler der III,—IH, Hansa- 
schule, der 34—36 wochenstunden für 10 andere gegenstände hat, im englischen 
unterricht ausser grammatik, lektüre auch noch einige tausend „gebrauchsvocabeln* 
erlernen soll, deren aneignung hauptsächlich dem häuslichen fleiss anheimfallen 
dürfte, da ja „für sprechübungen auf der schule nur wenige minuten in der 
woche übrig bleiben“, so ist wohl der vorwurf der überbürdung gerechtfertigt. 
Die welthandelsstadt Hamburg, an deren sämmtlichen schulen das Englische als 
obligatorischer unterrichtsgegenstand eingeführt ist, wo daher das Englische 
von eminent praktischer bedeutung ist, hätte auch dafür sorge tragen können, 
dass an der Hansa-schule, deren schüler, wie die „Schulnachrichten“ ausweisen, 
die anstalt verlassen, um zum grossen theile kaufleute, mechaniker, landwirthe, 
fabriksbesitzer etc. zu werden, eine grammatik, eine lektüre vorgeschrieben werde, 
bei der man nicht, wenn man etwas „brauchbares“ lernen will, auf ein trockenes, 
isolirte wörter und phrasen bietendes „systematisches vocabular“ angewiesen ist; 


Methodisches 143 


es hätte auch für eine unterrichtsmethode vorgesorgt werden sollen, die es ermög- 
licht, mehr zeit auf sprechübungen zu verwenden als „einige minuten“ wöchentlich. 

Soviel — eigentlich zuviel — über den ersten theil. Der zweite enthält 
das „systematische vokabular* (s. 12—49) nach den bekamten schlagwortern: 
1. „weltall“, 2. „erde“, 3. „wetter“ etc. abgeteilt; der 44. abschnitt enthält 
„redensarten* der 45. sprichwéOrter. Unter den „redensarten“ sind etwa 4 
kolumnen ganz gute school-phrases. Wenn einmal der verf. sich durch erfah- 
rungen und gründlichere studien eine methode wird gebildet oder eine bewährte 
gute methode mit überzeugung wird adoptirt haben, so wird er auch wissen, wie 
man seine guten school-phrases den schülern beibringt, und dass die aneignung 
eines wortvorraths nie durch das memoriren von isolirtem sprachmaterial, sondern 
nur aus der zusammenhängenden sprache bewerkstellist werden kann. Die ab- 
handlung ist zwar gut gemeint, aber schlecht gemacht, sachlich sowohl wie 
methodisch unreif. 


Graz, Januar 1890. Wilhelm Swoboda. 


Die phonetik im neusprachlichen unterricht der höheren lehr- 
anstalten. Vierte direktorenversammlung in der provinz Schleswig-Holstein. 
Berlin, Weidmann. 1889 (ss. 117—240 referate, ss. 438—441 verhandlungs- 
protokoll). 


Wenige bücher tragen einen so völlig irreleitenden titel wie die „Ver- 
handlungen der direktorenversammlungen in den provinzen des königreichs Preussen“. 
Im vorliegenden bande umfasst der wirkliche bericht über die pfingstverhandlungen 
1889 nicht mehr als 33 seiten: der „systematischen zusammenstellung der provin- 
zialen conferenzbeschlüsse über gewisse didaktische fragen“ aber widmen referenten 
und korreferenten volle 430 seiten! Die richtige bezeichnung wäre also vielmehr 
„Conferenzverhandlungen und -beschlüsse der prov. Schlesw -Holst. etc.“ 

Es ist nothwendig, sich diese sachlage klar gegenwärtig zu halten, wenn 
man zu einem richtigen urtheil über die bedeutung derartiger „verhandlungen* 
gelangen will. So liegt für uns die weitaus hervorragendste wichtigkeit des oben 
genannten bandes (31) in den seiten 117 (184) — 240, wo nur referent und kor- 
referent von verschiedenen gesichtspunkten aus berichten, was die einzelnen con- 
ferenzen der provinz über „Phonetik im neusprachlichen unterricht“ denken. 
Das was in den 2 nachmittagsstunden des 12. Juni (mittwoch) zu Schleswig die 
20 direktoren (rektoren) der provinz über diese frage verhandelt haben, kann 
schon darum wenig unser interesse fesseln, weil im protokoll nicht vermerkt ist, 
wer von den einzelnen rednern als fachmann und wer als laie gesprochen hat; 
sodann aber wird dasselbe durch seine, wenig mehr als 3 seiten (für 27 ver- 
schiedene auslassungen) umfassende skizzenhafte kürze fast werthlos. 

Welche ansichten hegen nun aber die 22 lehrerkollegien der prov. Schles- 
wig-Holstein über „Phonetik - im neusprachlichen unterricht“? Die antwort, 
welche sich auf diese frage aus den „Verhandlungen“ ergibt, lautet ungleich 
günstiger als wohl die mehrzahl der reformer erwartet haben würde. Es zeigen 
sich nämlich die volle hälfte der 22 provinzialen anstalten den 
gesichtspunkten desphonetischen unterrichts mehr oder weniger 


144 Litteratur 


zugeneigt, und in einer 12. conferenz theilen wenigstens die fachmännischen 
mitglieder, unterstützt von einigen freunden, dieselbe auffassung, wenn sie auch 
von der nichtfachmännischen majorität überstimmt werden. 


Die meisten referenten sprechen sich im sinne von these 1 des 
referenten aus: „Jeder lehrer, welcher ausspracheunterricht zu ertheilen hat, muss 
mit den wichtigsten ergebnissen der phonetik vertraut sein“ (vgl. Verh. s. 187). 


Für einen besonderen phonetischen vorkursus („selbständige betrachtung 
der sprachwerkzeuge“) erklären sich Schleswig und Ploen. Ottensen 
weist dem naturgeschichtlichen unterricht der III die aufgabe zu, die schüler im 
interesse des englischen unterrichts mit den sprachorganen bekannt zu machen. 
Rendsburg (ref. für Französisch) wünscht gleichfalls einführung der schüler der 
mittelstufe in die physiologischen vorgänge beim sprechen. Sonderburg ,theilt 
dem anfangsunterricht ein sehr hohes mass von physiologischen erklärungen zu“, 
und Lauenburg (sowie Ploen) empfiehlt u. a. die beschreibung der fremd- 
sprachlichen artikulationsbasis. Widerspruch in der conferenz fand von den be- 
züglichen referenten nur der für Flensburg. 


In Wandsbek, wo der direktor sich mit entschiedenhenheit gegen 
nhonetischen unterricht ausspricht (s. 186), weisen zwar die 14 stimmen der 
majorität „die einführung einer systematischen behandlung der phonetik in den 
schulunterricht als einen pädagogischen unfug zurück“, aber die neuphilologischen 
fachmänner (3) befinden sich auf seiten der 5 stimmen vereinigenden gegnerischen 
minorität (Verh. s. 190—191). 

Neumünster fordert aufnahme der wesentlichsten resultate der phonetik 
in die neuen auflagen der schulgrammatiken (Verh. s. 209). 

Husum empfiehlt praktische versuche mit transscribirten texten, Sege- 
berg verwirft die letzteren nur für die dauer der gegenwärtigen lehrpläne, und 
Glückstadt! erklärt sich bloss gegen den ausschliesslichen gebrauch der laut- 
schrift in der ersten zeit des unterrichts (Verh. s. 210). 

Oldesloe stellt den hauptreferenten für die direktorenversammlung, rektor 
dr. Bangert, der sich durchweg einer phonetischen durchbildung und schulung 
von lehrer und schüler zugeneigt zeigt. 

Klarer und übersichtlicher als dies hier geschehen, liess sich die stellung 
der einzelnen anstalten zur vorliegenden frage nicht wohl bestimmen, da be- 
kanntermassen die referenten und conferenzen ihre thesen freihändig aufstellen. 
und diese natürlich nur in wenigen fällen bei einer grösseren anzahl von schulen 
völlig zusammenfallen. Aber mir scheint, aus den obigen mittheilungen geht 
zweifellos hervor, dass in der that die hälfte der Schleswig-Holsteinischen confe- 
renzen und fachmänner günstig gestimmt ist für die phonetische behandlung des 
neusprachlichen unterrichts. 

Und das ist mehr, weit mehr, als selbst die sanguinischesten unter den 
freunden einer lautlichen reform des neusprachlichen unterrichts hoffen durften, 
nachdem erst die kurze spanne von 10 jahren verflossen ist, seit Trautmann in 
der Anglia mit seinem alarmrufe die agitation gegen den alten schlendrian bei 
der behandlung der aussprache im neusprachlichen schulunterrichte begann! Und 


! In anderen punkten verhält sich Gl. principiell mehr ablehnend gegen 
die anforderungen der reformer. 


Methodisches 145 


dabei ist doch noch überdies zu bedenken, dass unter den neusprachlehrern 
Schleswig-Holsteins sich auch nicht ein einziger der besonders hervorragenden 
befürworter einer phonetischen reform unseres unterrichtszweiges, der etwa einen 
starken persönlichen einfluss ausgeübt hatte, befindet. 

So viel über die stimmung in der provinz überhaupt. 

Demnächst gestatte ich mir, die aufmerksamkeit der leser auf das zusammen- 
fassende referat des rektor dr. Bangert in Oldesloe zu lenken. Aufs. 117—174 
gibt derselbe eine vortreffliche und sehr vollständige geschichte der phonetischen 
bestrebungen und ihrer gegner während des jahrzehnts 1878—88. Und wenn er 
auch bisweilen, in dem ernsten bestreben, ja die rechte mittelstrasse nicht zu 
verfehlen, etwas scharfe urtheile fällt über solche phonetiker, die ihm über das 
ziel hinauszuschiessen scheinen und selten etwas beize für die bequemen anhänger 
des aphonetischen unterrichtens übrig hat, so wird man ihm dies angesichts seiner 
recht beachtenswerthen thesen herzlich gern verzeihen. Diese werden im zweiten 
theile des referats s. 184—212 erörtert und gleichzeitig die einzelnen beschlüsse 
der conferenzen unter ihre gesichtspunkte eingeordnet. Ich glaube, der gemein- 
schaftlichen sache einen dienst zu erweisen, indem ich dieselben hier wiederhole: 

1. Jeder lehrer, welcher ausspracheunterricht zu ertheilen hat, muss mit 
den wichtigsten ergebnissen der phonetik vertraut sein. 

2. Ein systematischer unterricht in der allgemeinen phonetik und in der 
besonderen lautlehre der einzelnen sprachen ist in der schule nicht zu 
ertheilen, wohl aber ist das lautpensum jeder anstalt planmässig ein- 
zuüben. 

3. Das lautpensum des deutschen unterrichts besteht aus denjenigen lauten 
und lautverbindungen des Hochdeutschen, welche der mundartlichen 
muttersprache der schüler fremd oder nicht geläufig sind, das des 
französischen unterrichts aus den dem Hochdeutschen nicht angehörigen 
französischen lauten, der französischen wort- und satzbetonung und 
der bindung, das des englischen unterrichts aus den weder im Deutschen 
noch im Französischen vorkommenden englischen lauten und der eng- 
lischen betonungs- und verbindungsweise. 

4. Der ausspracheunterricht muss der unmittelbaren erfassung der fremden 
laute möglichst grossen spielraum lassen. Der theorie entlehnte winke 
oder eingriffe sind erst dann am platze, wenn das deutliche vorsprechen 
allein zur erzielung richtiger nachahmung nicht genügt. 

5. Der gebrauch von lauttafeln ist für den deutschen und den französi- 
schen ausspracheunterricht nicht zu empfehlen, bei der einübung der 
englischen vokale aber kann ein übersichtliches schema derselben mit 
nutzen verwendung finden. 

6. Die belehrung über die aussprache ist dem lehrer allein zu überlassen 
und hat aus den schulbüchern wegzubleiben. Insbesondere dürfen texte 
in lautschrift dem neusprachlichen anfangsunterrichte nicht zu grunde 
gelegt werden; dagegen kann eine einfache lautschrift gelegentlich zur 
grösseren verdeutlichung fremdsprachlicher lautverhältnisse vom lehrer 
an der wandtafel gebraucht werden. 

7. Die formenlehre muss sich auf die schriftsprache in ihrer gegenwärtigen 
schreibung gründen, doch ist dabei dem rein lautlichen gebührend 
rechnung zu tragen. 

E. Kölbing, Englische studien. XV. r. VS 


146 Litteratur 


These 1 und 2 unterschreibe ich ohne weiteres, these 3 scheint mir ganz 
besonders beachtenswerth, auch den thesen 4 und 5 schliesse ich mich im allge- 
meinen an, desgleichen dem ersten satz von 6. Die ablehnung der transscription 
im zweiten theil von 6 hat verf. nicht begriindet, sie entstammt bei ihm lediglich 
theoretischen combinationen und wiire darum besser, wenigstens aus den thesen 
weggeblieben. Diejenigen, welche hierin erfahrung haben, stimmen sämmtlich 
darin überein, dass die transscription für schüler und lehrer eine grosse bequem- 
lichkeit bildet, und ich füge hinzu, dass sie den schwer angestrengten stimmmitteln 
der letzteren überdies eine höchst willkommene erleichterung gewährt. Warum 
ihnen also dieselbe abschneiden? Wir sind anderseits weit entfernt, diese metho- 
dische hülfe solchen vorzuschreiben, welche nicht über gründliche phonetische 
kenntnisse verfügen. Gegen these 7 habe ich zur zeit nichts einzuwenden; man 
kann viele phonetische vortheile erreichen, ohne das hier verworfene prinzip in 
anwendung zu hringen. Und da man die mehrheit immer nur auf dem wege der 
compromisse gewinnt, so wäre ich herzlich gern bereit, den grundsatz, dass die 
formenlehre auf die wirklichen formen und nicht auf deren schreibung zu 
gründen ist, einstweilen zu opfern. Wer aber ein recht anschauliches bild ge- 
winnen will, wie ausserordentlich bequem später einmal, wenn die zeit zur ver- 
wirklichung des letztgenannten satzes gekomimen sein wird, der unterricht sich 
gestalten muss, der nehme Otto Jespernsen’s jüngst erschienenes hülfs- 
büchelchen: Zransk Lasebog efter Lydskriftmetoden (Kopenhagen, Carl Larsen, 
1889, 145 ss. kl. 8°.) zur hand. Es wird ihm wahrhaften genuss bereiten, auch 
wenn er kein wort Dänisch versteht. 

Über das „korreferat* habe ich nicht viel zu sagen. In englischen und 
nordischen zeitschriften kann man gelegentlich lächelnde anspielungen auf den 
deutschen gelehrten finden, „der das kameel aus der tiefe seines bewusstseins 
construirt“, ein geflügeltes wort, über dessen quelle ich mir leider keinen auf- 
schluss habe verschaffen können. Es lag mir aber unausgesetzt im sinne, so 
lange ich der aufgabe, den auseinandersetzungen des korreferenten zu folgen, ob- 
lag. Während dem referenten, rektor Bangert, praktische erfahrungen in phone- 
tischer anleitung der schüler hinreichend zur verfügung standen, hat der korreferent 
offenbar weder selbst je den versuch gemacht, sich der durch die phonetik ge- 
botenen hülfen zu bedienen, noch hat er dem entsprechenden unterrichte tüchtiger 
phonetiker beigewohnt. So construirt er sich denn „aus der tiefe seines bewusst- 
seins* ein bild von der art und weise des phonetischen unterrichts, bildet sich 
dann auf phonetischem wege eine vorstellung, wie der so gedachte unterricht auf 
schüler und lehrer würde wirken müssen, und gibt demgemäss dann sein urtheil 
ab. Ich glaube, ein solches vorgehen wäre in keiner anderen wissenschaft mög- 
lich; und das mindeste, was man hätte vom korreferenten erwarten sollen, wäre 
gewesen, dass er sich 4 wochen urlaub nahm und der reihe nach bei einer an- 
zahl fachgenossen, welche die ergebnisse der phonetik im unterricht verwerthen, 
hospitirte. So zerfällt aber das korreferat in eine endlose kette zusammenhang- 
loser, auf theoretischem wege aufgefundener einwände. 

Ich will indess offen gestehen, dass ich die lektüre desselben nicht ganz 
zu ende geführt habe. Nur das abschliessende citat ist mir noch aufgefallen. Es 
heisst da: „Neuerdings versichern uns meist jüngere fachgenossen, dass eine aus- 
reichende berücksichtigung der phonetik sehr wohl möglich sei, wie sie selbst 
in ein oder zwei semestern erprobt hätten. Aber wer bürgt uns, dass eine längere 


Grammatisches | 147 


erfahrung unter erschwerenden umständen nicht entgegengesetzte resultate bringen 
wird?* Nun, wer darauf hin die hände in den schooss legt — der hat es ja 
sehr bequem! Hoffentlich wird ihm die seelenruhe auch nicht durch das ge- 
wissensbedenken gestört, dass er eventuell die verantwortung dafür wird tragen 
ınüssen, wenn durch die schuld seiner unthätigkeit mehrere generationen von 
schülern noch haben unter methodischen übelständen leiden müssen, deren frühere 
beseitigung in seiner macht gestanden hätte. 


Aus den verhandlungen der direktoren (s. 438—441) scheint zu erhellen, 
dass auch nicht ein direktor über ungünstige einwirkungen an seiner anstalt vor- 
genommener versuche mit phonetischer anleitung der schülgr zu klagen gehabt 
hat. Direktor Friedländer vom realgymnasium des Johanneums in Hamburg 
(als gast anwesend), constatirt ausdrücklich, „dass viele lehrer gute erfolge mit 
phonetik errungen hätten“. Die beschlüsse der direktoren bilden im ganzen eine 
abschwächung der thesen des referenten und lehnen sich mehr an die vorschläge 
des korreferenten an, ohne jedoch eine grundsatzlicha ablehnung der phonetik 
auszusprechen. 


Reichenbach i. Schles., Okt. 1889. H. Klinghardt. 


GRAMMATISCHES. 


E. Nader und A. Würzner, Elementarbuch der englischen sprache. Wien, 
Alfred Hölder. 133 ss. 8°. Pr. 68 kr. 


Die verff. des vorliegenden Elementarbuches haben sich bereits durch ihr 
Englisches lesebuch (Wien, Alfred Hölder, 1886) sowie durch ihre kritische 
thätigkeit in verschiedenen fachzeitschriften einen namen gemacht, der sie zu den 
besten unter den vertretern des englischen unterrichts stellt. Ihre neueste arbeit 
entspricht durchaus den erwartungen, die man nach dem vorhergegangenen von 
ihnen hegen konnte. Sie ist nach klaren, billigenswerthen grundsätzen angelegt 
und mit sicherem takte ausgeführt. 

Um die stellung des ganzen buches zu kennzeichnen, genüge folgendes: 
die verff. stehen mit ihren anschauungen und überzeugungen entschieden auf dem 
boden der „neuen schule“. Aber sie wollen nicht für die relativ kleine anzahl 
derer schreiben, die bereit und fähig sind, mit büchern wie Sweet’s Elementar- 
buch oder Otto Jespersen’s kürzlich erschienenem Fransk Lxsebog zu 
arbeiten, sondern haben es sich offenbar zur aufgabe gesetzt, die vielen, die den 
neuen vorschlägen noch halb zweifelnd, halb den eigenen kräften misstrauend 
gegenüberstehen, durch eine art compromiss in die wege des reformirten sprach- 
unterrichts überzuleiten. Dieser compromiss ist so eingerichtet, dass die 
hauptgrundsätze der neuen methode darin thatsächlich durchgeführt, gleichzeitig 
aber gewisse formen der alten lehrweise, wenn auch in beschränkter ausdehnung, 
noch beibehalten sind, so dass lehrer, die mit dem direkten unterrichtsverfahren 
nur mangelhaft vertraut sind, sich gleichwohl nicht gewissermassen desorientirt 
finden, wenn sie das neue lehrbuch zur hand nehmen. 

Die laut- und leselehre legt, wie nicht anders zu erwarten stand, 
zeugniss ab von der sicheren vertrautheit der verfasser mit ihrem gegenstande. 

10* 


148 Litteratur 


Sie benutzen eine einfache aber ausreichende form der transscription, mit der sie 
im angehängten Wörterverzeichnisse ausnahmslos jedes wort versehen, die 
sie aber in lautlehre und grammatik nur dort anwenden, wo ein besonderes be- 
dürfniss für diese hülfe vorzuliegen scheint. 

Den eigentlichen schwerpunkt des neuen lehrmittels und demgemäss zu- 
gleich auch dessen umfangreichsten theil bildet ein aus kürzeren und meist wohl 
ausgewählten textstücken zusammengesetztes lesebuch, welches die verff. in 
22 kapitel eingetheilt haben, deren jedem ein passender abschnitt der grammatik 
angefügt ist. Die einzelnen sätze der letzteren werden durch beispiele belegt, 
die den schon gelagenen texten entnommen sind. Die präparation zu den 
texten wird zuerst in unmittelbarem anschluss an das lesestück gegeben, dann an 
den schluss des buches versetzt und endlich auf besondere schwierigkeiten be- 
schränkt, während der schüler im übrigen an das „Wörterverzeichniss“ verwiesen 
wird. Ganz besonders verdienstvoll und in gewissem sinne bahnbrechend ist der 
„Anhang“ mit seinen 5 seiten von aufgaben, unter denen 3 (grammatische auf- 
gaben, umformungen, fragen) der „neuen methode“, 2 (diktate, deutsche über- 
setzungsstücke) dem alten verfahren angehören, wiewohl „diktate* von den 
reformern vermuthlich weit ausgiebiger verwerthet werden als früher von den 
vertretern der grammatischen methode. Alle 5 aufgabenreihen schliessen sich eng 
an die gelesenen texte an und sind sehr geschickt ausgearbeitet. 

Hiernach wird man meinen wunsch begreifen, die verlagsbuchhandlung 
möge ihren plan, N.-W.’s lehrbücher auch in preussischer orthographie erscheinen 
zu lassen, ausführen. Ich würde mir davon eine zweifellose förderung der eng- 
lischen unterrichts bei uns versprechen. 

Indess kann ein neues lehrbuch nicht wohl gleich auf den ‘ersten wurf 
nach allen seiten hin völlig befriedigend ausfallen. Ich gestatte mir demnach 
jetzt, nicht nur um der dem leser gegenüber bestehenden verpflichtung willen, 
sondern auch zum besten des buches selbst diejenigen punkte namhaft zu machen, 
an denen ich anstoss nehme. 

An allgemeinen einwänden habe ich nur einen einzigen, wenn auch m. e. 
nicht ganz leicht wiegenden zu erheben. Ich finde nämlich das hier gebotene 
textmaterial weitaus zu umfangreich, nicht nur für die mit 3 wöchentlichen stunden 
einsetzende österreichische, sondern auch für die mit 4 wöchentlichen stunden bedachte 
preussische anfängerklasse. Auf diese allein ist nämlich das buch berechnet. Ich 
würde glauben, der vierte oder fünfte theil der gebotenen lesestücke wäre schon 
genug. Offenbar wollen die verff. den schüler durch umfangreiche lektüre mög- 
lichst rasch in englisches sprachempfinden einführen; auch brauchen sie reichliche 
texte, um in denselben immer anlehnungen für ihre grammatischen abschnitte 
finden zu können. Ich meinerseits aber finde eine zeit- und kraftverschwendung 
darin, wenn man, zumal auf den anfangsstufen, den schüler mit mehr sprachstoff 
bekannt macht, als er dauernd behalten kann: was dann wieder vergessen wird, 
hat ihn völlig unnütz beschäftigt. Und wenn beschränktere lektüre nur wenig 
grammatische „ausbeute“ gewähren sollte, so — sehe ich darin für diese klasse 
keinen sonderlichen übelstand. 

In der laut- und leselehre finde ich die umschrift des vokals in hard, 
lark, dark etc. mit är um so schlechter, als die verff. offenbar selbst sich völlig 
bewusst sind, dass hier auch nicht eine spur von einem r verlauten darf. Das- 
selbe gilt von allen andern verwandten fällen. Auch der, hier freilich nicht zum 


Grammatisches 149 


ersten male auftauchende technische ausdruck „r-abhängige vokale* ist ein über- 
aus unglücklicher: nichts kann von einer sache abhängig sein, die gar nicht mehr 
existirt. Oder ist etwa die provinz Posen als „Polenabhängig“ zu bezeichnen? 
sind die Berbern in Algier „Vandalenabhängig*? — w scheint mir als phone- 
tisches zeichen für den auslaut von dove, leave, give etc. nicht geeignet: bis auf 
das Deutsche ist bei allen in betracht kommenden sprachen v träger dieses lautes, 
und das soll man um so weniger übersehen, als zw im Deutschen überdies noch 


mehrdeutig ist. — Ein versehen liegt auf s. 10 vor, wo in der alphabetischen 
zeichentabelle der anlaut von gzeer u. ä. mit Zw, sonst aber durch das ganze 
buch hin mit 4% wiedergegeben wird. — Dass verff. die verschmolzenen formen 


der hülfszeitworte in phonetischer schrift zur anschauung bringen (aim, hiz, Siz 
— aiw, hiz, Siz etc.), ist sehr dankenswerth. Noch mehr hätten sie zu „ver- 
schmolzener“ d. i. satzaussprache angeregt, wenn sie den lehrer in geeigneter weise 
veranlasst hätten, die hülfszeitworte nur in sätzen (J am an Austrian, I have a 
new book u. Ä.) conjugiren zu lassen: 


Was die wahl der texte betrifft, so muss ich mich auch hier wieder da- 
gegen aussprechen, dass man dem 14—15 jährigen schüler in der fremden sprache 
stoffe darbietet, die dem anschauungsunterrichte der abc-schützen entnommen sind: 
The inside af a house is divided into rooms, stairs and passages. Bed-rooms are the 
rooms for sleeping in etc, — wie kann das wirkliches interesse wecken! Sweet 
hat uns ja so vortreffliche muster gegeben. Diese bemerkung bezieht sich aber 
nur auf die vier ersten kapitel. Weiterhin sind die texte durchweg sehr glück- 
lich, vielfach so, dass sie direkt in englisches leben einführen, gewählt. Was 
macht aber der lehrer, wenn er bei den schönen lesestücken Arrival in London, 
London Bridge and the Monument, The Crystal Palace etc. weder karten noch 
abbildungen zur verfügung hat? Ich für meine person würde mich an die ver- 
lagsbuchhandlung wenden und versuchen, ihr die moralische verpflichtung nach- 
zuweisen, dass sie, wenn sie ein derartiges lehrmittel veröffentlicht, auch das für 
den gebrauch desselben erforderliche hülfsmaterial irgendwie zugänglich zu machen 
hat. — Westminster Hall (kap. 21) ist nicht mehr zeitgemäss, nachdem der ge- 
sammte Supreme Count of Fudicature am 4. dezember 1887 in den prächtigen 
Courts of Justice unweit des Strand eine neue stätte gefunden haben. Auch hätte 
dem lehrer ebenda aufklärung gegeben werden sollen, was Zhe Queen's Bench, 
ein Attorney, ein Queen’s Counsel u. &. ist. 


Reichenbach i. Schles., Oktober 1889. H. Klinghardt. 


Georg Dubislav und Paul Boek, Elementarbuch der englischen sprache 
für höhere lehranstalten. Berlin 1890. KR. Gaertner’s verlagsbuchhandlung 
(Heyfelder). 142 ss. 8°. 


Es mehren sich die zeichen, dass die reformbewegung auf dem gebiete 
des sprachunterrichts doch nicht wirkungslos an den starken mauern einer ver- 
alteten orthodoxen methode abprallen werden. Wenn auch diese feste 
und grimmig vertheidigte burg nicht im sturme genommen werden wird, wie 
wohl mancher geträumt hat, so dass die bastionen und ihlrme mit gepalter 


150 Litteratur 


einstürzen und mit den aufgewirbelten staubwolken die luft verfinstern, so lässt 
doch eine lange und ausdauernde belagerung erhoffen, dass die burg keinen neuen 
sukkurs bekommt und dass manches alte mauerwerk abgebröckelt, mancher stein 
des anstosses weggeräumt werden wird, bis der friede geschlossen werden kann. 
Man wird die breschen mit neuem material füllen; die burg wird schliesslich 
einen neuen baustil aufweisen, wenn auch manches alte und brauchbare an die 
alten zeiten erinnern wird. Eine ungefähre vorstellung von dem, was sein wird, 
kann uns das vorliegende buch bieten, welches ich als einen jener kompromiss- 
versuche bezeichnen möchte, deren in neuerer zeit mehrere gemacht wurden, um 
zwischen der alten grammatischen und der neueren direkten methode zu ver- 
mitteln. Es ist bestimmt, dem englischen unterricht des ersten jahres an höheren 
lehranstalten zu grunde gelegt zu werden und hat sich daher mit den wichtigsten 
streitpunkten der methoden auseinander zu setzen. Schon in der anordnung des 
lehrstoffes schlägt es den induktiv-synthetischen weg ein, indem es zuerst die 
sprache gibt und die reflexion über die sprache folgen lässt. Es bietet also 
zunächst in 25 abschnitten leichte, rücksichtlich des einzelnen abschnittes zu- 
sammenhängende lesestücke, zuerst englisch, dann deutsch. An diese schliesst 
sich ein kleines lesebuch, das aus 13 prosaischen und 6 poetischen stücken be- 
steht; es folgt dann erst die „grammatik“, die in ,laut-“ und „flexionslehre“ 
abgetheilt ist und mit einem verzeichniss der gebräuchlichsten starken und unregel- 
mässigen schwachen zeitwörter schliesst. Eine systematische syntax ist von dieser 
unterrichtsstufe ausgeschlossen. Drei sorgfältig gearbeitete wörterverzeichnisse, 
ein nach abschnitten, zwei (deutsch-englisch und englisch-deutsch) alphabetisch 
geordnete bilden den abschluss. Wir wollen jedoch aus gründen der übersicht- 
lichkeit zuerst die aussprache- oder „lautlehre* besprechen. Es ist sehr lobens- 
werth, dass diese vom laute und nicht vom buchstaben ausgeht; nur so war es 
möglich, das auf dieser untersten unterrichtsstufe nöthige auf dem knappen raume 
von 7 seiten (69—76) verhältnissmässig vollständig zu geben. Die „lautlehre“ 
ist sehr verständig und verständlich geschrieben. Nur einige besserungsvorschläge 
mögen mir gestattet sein. Unter „ı. allgemeines* sagen die v. „Bei der hervor- 
bringung der sprachlaute kann der mund 1. geöffnet, 2. verengt, 3. geschlossen 
sein“. In der populären vorstellung decken sich ,mundverschluss* und „lippen- 
verschluss“. Es würde sich also empfehlen, eine knappe erklärung von „mund“ 
in seiner weiteren bedeutung beizusetzen. Mehr worte hätte das auch nicht in 
anspruch genommen, als die nachträgliche korrektur. „Selbstverständlich kann 
der verschluss des mundes auch auf andere weise als durch die lippen bewirkt 
werden“. Es wäre auch wünschenswerth gewesen, die aussprache der accentuirten 
vokale von der der nichtaccentuirten principiell getrennt zu behandeln. Jeden- 
falls hätten aber, wenn schon unter „gemischte laute“ auf das a (in Zrisozer) 
eingegangen wurde, auch unter „z-laute* und „o-laute* 2 (in Aappy) und o (in 
fellow) behandeln werden sollen. Übrigens würde dann a unter „e-laute* einge- 
reiht werden müssen. @ (in ZOve) nach der gebildeten Londoner aussprache der- 
selbe laut (nämlich @ in fasher), nur „kurz“ ist nicht richtig, denn die beiden 
laute unterscheiden sich auch in der qualität. Die bezeichnungsweise für diesen 
fraglichen laut, sowie auch für den laut in Aeard mittels @ resp. @ ist wegen 
der gefahr, dass deutsche schüler sie mit lippenrundung sprechen könnten wie 
ihr ö, bedenklich. Für den ersteren wäre v (gestürztes a) für den letzteren 2a 
vorzuziehen; es würde dadurch nur ein zeichen zuwachsen, da ja > ohnehin vor- 


Grammatisches 151 


kommt. Sonst ist die Jautlehre sehr brauchbar. Die transscriptionsmethode 
ist der Vietor’s nachgebildet. Ich muss aber einige ungleichmässigkeiten er- 
wähnen, die zu ebnen wären: lord, force, forge, forward, nor werden transscribirt : 
lod, fos, födz, nor etc., fö43d, no(r) etc., aber door, for etc. = doa(r), Jox(r) etc. 
bei vollständiger gleichheit der laute; dann haben wir Serious — fji’azes, dagegen 
glorious = glor'jas. 

Auch in der ,formenlehre* folgten die v. des buches Vietor’s vorgang, 
wenn auch leider nicht mehr vom laute ausgehend. Anstatt der üblichen regel 
über den unbestimmten artikel (az oder a) wäre endlich vorzuziehen: „Der un- 
bestimmte artikel ist az; das # fällt vor vokalischem anlaut weg“. Dass die v. 
in der benennung der fügungen „of the — to the mariner“ als „genetiv* und 
„dativ“ von Vietor abgewichen sind, finde ich ganz ungerechtfertigt. Im „vor- 
wort“ sagen die verf. zwar „der grammatische lernstoff beschränke sich streng 
auf die formenlehre*, das ist aber nicht so zu nehmen, dass sich die verf. jeder 
bemerkung, die über die ,formenlehre* hinausgeht, enthielten. Thatsächlich gehen 
sie auch auf ,syntaktische* erscheinungen ein, deren behandlung ja bei zusammen- 
hängendem sprachstoff unbedingt erforderlich ist, wie die englische wortstellung, 
die Zo-do-constructionen u.a. m. Es geschieht nur nicht „systematisch“, und das 
ist durchaus zu billigen, 


Die „übungen“ bestehen aus 25 abschnitten und einem ,anhang*. Jeder 
dieser abschnitte gibt zuerst einen zusammenhängenden englischen text, ein ge- 
(licht, einen dialog und meistens ein prosastück. Hierauf folgten vom 3. abschnitt 
an zwei nach sätzen abgetheilte deutsche absätze (4 und 2), die ins englische zu 
übersetzen sind. Die absätze 4 schliessen sich inhaltlich streng an den vorher- 
gehenden englischen text und sind daher eigentlich retroversionen. Wenn man 
sich auch nicht dafür erwärmen wird, den anfänger gleich von der ersten lektion 
an aus der muttersprache in die fremde übersetzen zu lassen, sondern, wenn schon 
«durchaus übersetzt werden soll, diese übungen besser für eine höhere stufe der 
spracherlernung spart; wenn auch in diesen deutschen texten die bekannten runden 
und eckigen klammern und andere graphische zeichen als übersetzungsanweisungen 
vorkomnien: so tragen wenigstens die absätze 4 nicht jenes buntscheckige narren- 
kleid der inhaltlich ganz zusammenhangslosen sätze der alten übersetzungsmethode. 


Leider lässt sich über die absätze 2 so günstig nicht urtheilen, die in der 
léblichen absicht, früher durchgenommenes zu wiederholen, allerdings inhaltlich 
nicht zusammenhängende sätze zum übersetzen aufgeben. Das erworbene sprach- 
wissen lässt sich anders festhalten. Diese abschnitte enthalten auch „sätze aus 
der umgangssprache*. Ich halte es jedoch für verfehlt, gerade diesen theil der 
sprache, der am meisten idiomatisch und daher germanismen ausgesetzt ist, durch 
übersetzungsaufgaben einzuführen. Aber diese ausstellungen werden dadurch ge- 
mildert, dass auch in diesen Z-absätzen wenigstens keine ganz neuen, unbekannten 
wörter und wendungen erscheinen, die der anfänger erst im wérterbuche suchen 
muss, sondern nur der schon erworbene wortschatz. Lobend muss hervorgehoben 
werden, dass die sprache der englischen stücke durchaus einfach und leicht, die 
auswahl der stücke sowohl der übungen als auch der „lesestücke“ im ganzen 
gut ist. Nur scheint mir, dass das gedicht , Zhe Jnchcape Bell“ für die unterste 
stufe zu lang ist. Auffallend ist auch die wahl solcher lesestücke wie „Sir Thomas 
More“, „Execution of Thomas More“ und , Thomas a Becket“. 


152 Litteratur 

Schliesslich muss anerkannt werden, dass die verf. mit besonnenheit und 
vielem geschick einen vergleich zwischen der alten und der neuen methode ver- 
sucht haben, so dass ich bei den herrschenden unterrichtsverhaltnissen das buch 
mit gutem gewissen solchen lehrern zum unterrichtsgebrauche empfehlen kann, die 
das gute von dem minder guten wohl zu scheiden wissen. 


Graz, Januar 1890. Wilhelm Swoboda. 


MISCELLEN. 





I. 


ZU KARL WERDER’S VORLESUNGEN UBER SHAKESPEARE’S 
| MACBETH. 


In diesem 1885 erschienenen werke verficht der autor, was die beurtheilung 
der hauptcharactere des stückes anlangt, vor allem zwei behauptungen: 1) p. 3: 
„Macbeth’s hauptmissethat, der meuchelmord, den er an Duncan begeht, ist so 
sehr das werk seines willens, dass die hexen und die lady nur secundirend, nicht 
dominirend dabei thätig sind“. 2) p. 72 f.: „Die figur Banquo’s ist eine con- 
ception ersten ranges. In der chronik ist er Macbeth’s mitverschworener zur er- 
mordung des königs. So war er nicht tauglich für dies stück; Sh. schuf ihn 
um, der bildung entsprechend, die er den beiden hauptfiguren gegeben. Er machte 
ihn zu Macbeth’s mitschuldigen im gewissen — und dadurch zu einer ewigen 
gestalt der tragischen bühne“. Werder betont ausdrücklich, dass beide auffassungen 
neu seien; so p. 3: „Die darlegung, welche ich, der herrschenden vorstellungs- 
weise entgegen, von ilım geben will* etc. Das.: , .... im gegensatz zu den 
anderen beurtheilern ....* p. 40: „Nur für die herren kritiker, wie es scheint, 
ist sie [sc. die rede der lady, in der sie M. an seine früheren anschläge, sich der 
krone zu bemächtigen, erinnert] nicht überraschend gewesen. Keiner derselben, 
soviel ich weiss, hat ein wort darüber verloren — ja auch über die stelle nicht 
— so frappant und so wichtig für den fortgang der handlung eben durch das 
neue, das sie bringt, sie auch ist“. Ldw. Pr[oescholdt] weist am schlusse seiner 
anzeige dieses buches, Litt. centralbl. Jahrg. 1886, p. 1500 f. allerdings darauf 
hin, „dass doch nicht alles, was der verf. als von ihm zuerst aufgefunden hin- 
stellt, wirklich neu“ sei. Dagegen bestätigt er die neuheit der auffassung der 
hauptcharactere ausdrücklich: „In diesen beiden hauptpunkten [d. h. in bezug auf 
den character des Macbeth und der lady M.] will nun das Werder’sche buch, im 
bewussten gegensatz zur gesammten bisherigen Shakespeare-kritik, eine vollständig 
neue auffassung anbahnen“. „So ist beispielsweise die beurtheilung Banquo’s eine 
von der seitherigen völlig abweichende, und wie es scheint, äusserst glückliche.“ 

Dem gegenüber möchte ich feststellen, dass, sowohl was den character 
des haupthelden und seiner gemahlin als was den Banquo’s anlangt, sich genau 
dieselbe auffassung schon in dem 1864 erschienenen werke von J. L. F. Flathe, 
Shakspeare in seiner wirklichkeit. Zweiter theil, p. 1 ff., vorgetragen findet. Zum 


154 Miscellen 


beweise begnüge ich mich mit der nebeneinanderstellung einiger bes. frappanter 
sätze in beiden werken. 

Werder p. 36: „Wann also hat Macbeth der lady den plan, den sie ihm 
vorhält, eröffnet? Vor dem stück! nirgends sonst als da. In’s fundament des- 
selben gehört er, und da das stück Macbeth ist, in’s fundament seines characters. 

. . Das also hat Macbeth gewollt, das schon geplant, ehe wir ihn kennen 
lernen! Auch die lady hat es gewusst, nur sie, aber auch sie hat uns nichts 
davon verrathen ..... Auch was ich in betreff der hexen gesagt habe, das 
wesentlichste: dass ihre wirksamkeit nur von secundärer bedeutung ist — wen 
das noch zweifelhaft geblieben wäre, der müsste jetzt doch davon überzeugt sein. 
Denn wenn ihre prophezeiung auch für Macbeth die folge hat, dass ihm durch 
die augenblickliche erfüllung des zweiten spruches ...... zum erstenmal der 
mordgedanke als wort auf die zunge kommt, so wird hiedurch das secundäre 
doch keineswegs zu einem primären, ursächlichen. Das bringt Macbeth mit, in 
seinem willen. Durch jene erfüllung wird es nur entbunden, nicht bewirkt. Es 
ist ja nur sein alter plan: nur dass dieser anstoss ihn zu der gier entflammt, sie 
auszuführen, um jeden preis.“ 

Flathe p. 103: „Wer sieht nicht, dass die lady an lauter solche dinge 
erinnert, welche der tragödie voraus liegen müssen, weil in ihr selbst davon 
keine sylbe verlautbart.! Wo wäre denn in dem stücke eine stelle und wo könnte 
sie sein, in welcher Macbeth seiner lady eröflne, dass er den könig zu ermorden 
und sich auf den thron zu schwingen gedenke ..... p. 44 f.: „Aber die er- 
mordung eines königs, besonders wenn sie sich darauf richtet, dessen krone zu 
gewinnen, ist eine kleine sache nicht . . . . Macbeth ist deshalb voller sorgen, 
sieht sich nach sicherheiten, nach hülfe um. Da findet er auf seinen wegen die 
hexen . . . Macbeth täuscht sich über sie nicht, weiss, dass sie höllenwesen sind, 
aber er befreundet sich doch mit ihnen, weil er durch sie einen festen boden, 
seis auch nur für die irdische zeit, erlangen zu können denkt.“ 

Werder p. 71: „Mit seinen aussichten auf eine zukunft verwiesen, die 
dem anscheine nach über sein eigenes dasein hinausgeht, kann er [sc. Banquo] 
nichts für dieselben thun. Zu warten hat er, und vor allenı zunächst hat er ab- 
zuwarten, was weiteres mit Macbeth geschehen wird“. 

Flathe p. 51: „Im gegentheil geschieht von ihm alles, was von den hexen 
als wesen aus dem bösen gewollt werden kann, indem er alles unterlässt, wo- 
durch Macbeth in seinem verbrecherischen laufe gehemmt werden könnte. Die 
hexen wünschen, dass . . . . Banquo nicht handele, dass er dem mordsinne nicht 
in den weg trete“. 

Werder p. 74: „Mit ehrenfestigkeit und lehnstreue is tes misslich bei 
Banquo bestellt. Denn sowie die unthat geschehen ist, schlägt er ein verfahren 
ein. ...., das ihn zum mitschuldigen des mérders macht. Kein wort, kein 
zeichen der theilnahme hat er für die prinzen, auch nicht das leiseste, geschweige 
dass er, den willen des ermordeten kénigs ehrend und schützend, für sie einträte, 
wie er seiner position nach könnte und müsste. Nicht nur als ob Malcolm gar 


. 1 Auch Hans Köster, Marginalien zu Othello und Macbeth. Jahrb. der 
deutschen Shakespeare-ges. Bd. I p. 146 ff. beschäftigt sich gerade mit dieser 
rede der lady eingehend, gelangt aber zu dem schlusse, dass sie auf eine scene 
hinweise, die in unserem texte ausgefallen ist. 


E. Kölbing, Zu Karl Werder’s Vorlesungen über Shakespeare's Macbeth 156 


nicht der ernannte thronfolger wire, sondern als ob die prinzen gar nicht exi- 
stirten, so unbeachtet lässt er sie“. p. 79: „Er — für Malcolm’s recht als schirmer 
eintreten und damit den kampf auf tod und leben gegen Macbeth, gegen dessen 
schwert und dolch aufnehmen, sich in dies wagniss stürzen für .... Malcolm!? 
Die prophezeiung im herzen? Nie ist ihm das in den sinn gekommen. Sein 
interesse liegt ja gross und breit auf Macbeth’s seite. Der bahnt ihm ja den weg. 
Denn was sein stamm, oder er für denselben, gewinnen soll, das muss der Duncan's 
doch immer erst verlieren“. | 

Flathe p. 124 f.: Stellte nun Banquo, wie die deutsche ästhetik behauptet, 
im gegensatze zu dem verführten Macbeth, in dem stücke wirklich den unver- 
führten, den tugendhaften mann dar, so müsste man sehen, wie er, nachdem die 
blutige that geschehen, und zu erwarten steht, dass der mörder trachten werde, 
die frucht davon zu ärndten, entschlossen und fest für das recht aufschreite. Das 
verfahren, welches er dabei einhalten müsste, liegt so einfach und natürlich vor, 
dass kaum ausdrücklich darauf hingewiesen zu werden braucht. Duncan ist todt, 
aber sein sohn und thronerbe Malcolm, ein tugendhafter jüngling, steht lebendig da. 
Banquo ist nach Macbeth der mächtigste und einflussreichste than. Gilt es ihm, 
dem morde seine gehoffte frucht zu entreissen, ist ihm das recht heilig, so muss 
er auftreten, und das so selbstverständliche wort: Malcolm ist nun unser könig, 
aussprechen. — Ist nun der gesetzliche staat aufrecht erhalten worden, so wird 
Macbeth nicht allein eine frucht seiner that nicht ärndten, sondern auch, wozu 
niemand mehr als Banquo wirken kann, das verbrecherische haupt unter das 
henkerbeil legen müssen. Aber von einem solchen gange der dinge mag Banquo 
nicht wissen. Würde doch dadurch die folge der dinge, welche die hexen aus- 
gesprochen haben, gestört, und die hoffnungen seiner nachkommen vernichtet. 
Wie er vor Duncan’s tode nichts that, um dessen untergang unmöglich zu machen, 
so geschieht auch jetzt nichts von ihm, wodurch der thronraub Macbeth’s gestört 
werden könnte. 

Doch genug. Eine, alle einschlägigen partien der beiden bücher um- 
fassende vergleichung kann ich bei der leichten zugänglichkeit derselben, jedem 
interessenten selbst überlassen. Dass sich die auffassung beider kritiker von 
Macbeth’s und Banquo’s character auf das allergenaueste deckt, geht doch wohl 
schon aus den hier ausgehobenen stellen mit vollster evidenz hervor. Nach einer 
erklärung für diese immerhin merkwürdige übereinstimmung zu suchen, liegt 
mir völlig fern. Dagegen schien es mir allerdings nicht ganz unwichtig, bezüg- 
lich der nach meiner langjährigen überzeugung einzig richtigen auffassung der 
hauptcharactere in einer der am meisten gelesenen Shakespeare’schen tragödien 
die priorität Flathe’s festzustellen. Das war der einzige zweck der vorstehen- 
den zeilen. 

Breslau, 19. Sept. 1890. E. Kölbing. 


ZUR GESCHICHTE VON SHAKESPEARE’S BEKANNTWERDEN 
IN DEN NIEDERLANDEN. 


I. Bei den Holländern des 18. und 19. Jahrhunderts. 


In Christophori Saxi Onomasticon literarium, sive nomenclator historico- 
criticus praestantissimorum omnis aetatis, populi, artiumque formulae scriptorum 


158 Miscellen 


Eine vollständige und dabei auch inhaltlich wirklich vollendete über- 
setzung bescherte erst neuerdings L. A. J. Burgersdijk seinem volke. December 
1888 ward diese ruhmwürdige leistung abgeschlossen, welche in den 12 bänden 
auch die lyrik Shakespeare’s, eine biographie und einen exegetisch-dramaturgischen 
kommentar enthält. „Het Nederlandsch Tooneel,“ die vom könig der Niederlande 
priveligirte gesellschaft, legt ihren aufführungen Burgersdijk’s text zu grunde.! 

Was in den letzten jahrzehnten, seit dem erwachen einer kritisch-litterar- 
historischen forschung in den Niederlanden an allerhand kleinen studien hervor- 
getreten ist, verzeichnet Albert Cohn’s längst anerkannte periodische bibliographie 
im Jhb. d. dtschn. Sh.-ges. Hier seien aus älteren und neueren veröffentlichungen 
einige wichtigere nummern herausgehoben. 1808 H. J. Meijer, Verhandeling 


over W. Shakespere (Amsterd.). — 1808 G. van Hemert, Lektuur u. s. w. 
(Amsterd.) p. 1—76 W. Sh. — 1810 Shakespeare, Minnaar Blijspel, naar het 
fransch (Alex. Duval) door C. van der Vijver (Amsterd.). — 1815 N. G. van 


Kampen, Redevoering over W. Shakespear. Voorgelezen in de Leydensche 
Afdeeling der Hollandsche Maatschappij van fraaie Kunsten en Wetenschappen, 
den 9. Dec. 1814 (Leyden). — 1823 ders., in Werken der Hollandsche Maat- 
schappij’ VI p. 216 f. (über Othello). — 1836 J. Moulin, Tegen den Heer van 
der Hoop, als beoordeelaar myner vertaling van Macbeth. — 1841 K. Sybrandy, 
Verhandeling over Vondel en Shakspeare als ‘Treurspeldichters. Uitgegeven 
door Teyler’s T'weede Genootschap (Haarlem). — 1845 J. Moulin, Omtrekken 
eener Algemeene Literatuur over W. Sh. en deszelfs Werken. Dweede deel 
(I. nicht erschienen). — 1863 A. Pannevis, Sh. en de hedendaagsche Neder- 
landsche Uitgaven en Vertalingen zijner Tooneelstukke. Kritische Bijdrage tot 
de Kennis van Dichtkunst (Utrecht); eine vorzügliche übersicht. — 1864 J. H. 
Meijer, Shakespeare, eene kritische Leventsschets (Deventer), das erste zusammen- 
fassende werk. — 1868 besprach A. C. Loffelt (der Utrecht 1867 eine gute er- 
klärende ausgabe von „Hamlet* gab) in „De Nederlandsche Spectator‘ (einer 
Sh. andauernd berücksichtigenden einflussreichen zeitschrift) in vier abschnitten 
“Nederlandsche navolgingen van Sh.’ 1874 gab prof. H..E. Moltzer zu Groningen 
eine kleine treffliche schrift “Shakspere’s Invloed op het Nederlandsch Toonell der 
XVII. eeuw’ heraus. Endlich erschien 1889 in Leyden bei E. J. Brill ein eigen- 
artiges kritisch-ästhetisches werk in deutscher sprache, des titels: „Shakespeare’s 
drama in seiner natürlichen entwicklung dargestellt. Studien über des dichters 
sprache, zeit, Kunst und poesie als einleitung zu seinen werken für den gebildeten 
leser, von dr. Timon [d. i. M. P. de Haan].“? Uber dieses berichtete M. Koch 
Engl. st. bd. XIV p. 259 f. Damit ende unser flüchtiger streifblick. 


II. Bei den Friesen des 19. jahrhunderts. 


Wohl kein anderer dichter der weltlitteratur hat die kosmopolitische be- 
deutung seiner muse wie Shakespeare dadurch erwiesen, dass seine geisteserzeug- 
nisse sogar von mundarten fremder idiome aufgenommen worden sind, denen 








1S. Jhb. d. dtschn. Sh.-ges. XXIV s. 166. Ebd. III s. 431—33 z. b. 
manches von 1867. 


2 Vgl die anzeige des unterzeichneten in d. Blttrn. f. literar. unterhltg. 
1889, nr. 49 und 51. 


L. Fränkel, Shakespeare’s bekanntwerden in den Niederlanden 159 


kaum der rang einer selbständigen schriftsprache beizumessen ist. An dieser 
stelle soll nun einmal verzeichnet werden, was sich der friesische dialekt von 
Shakespeare angeeignet hat. Früher gelieferte vereinzelte notizen, beispielsweise 
in H. G. Bohn’s ausgezeichneter Shakespeare-bibliographie in der von ihm be- 
sorgten neuausgabe von W. Th. Lowndes’ “The Bibliographer’s Manual of English 
Literature’ VIII (Lond. 1863) p. 2364a, können erst jetzt kontrolirt werden, 
nachdem uns ein so gewiegter kenner des friesischen schriftthums wie Th. Siebs 
eine — freilich ganz anderen zwecken dienende — bibliographie des letzteren 
geschenkt hat, im 1. bande seines werkes „Zur geschichte der englisch-friesischen 
sprache“ (Halle a. S. 1889). Leider ist ihm aber die vollständigkeit der biblio- 
graphischen angaben nicht sehr wichtig erschienen, so dass wir frühere mittei- 
lungen anderer zur ergänzung daneben befragen müssen. 

1829 erschien zu Grinz in oktav: De Keapman fen Venetien in Julius 
Cesar twa [Bohn a. a. o. troa!] Tooneelstikken fen Willem Shakespeare, uut it 
Ingels foarfrieske, trog R. Posthumus. — Diesen titel geben Bohn a. a. o., die 
angabe R. Köhler’s im Katalog der bibliothek der dtschn. Sh.-ges. Jhbch. XXIV 
s. 289, Siebs a. a. o. s. 379, ausserdem van der Aa, Biographisch Woordenboek 
der Nederlanden XV (1872) s. 437. An letzterem orte wird überhaupt eine 
übersicht der schriften des verfassers versucht und seine lebensschicksale knapp 
dargestellt (danach lebte Rinse Posthumus 1790—1859). Er gab weiter heraus: 
As jiemme it lye meie, in Blijspul, uut it Ingels fen W. Shakespeare, forfrys- 
ke inmei orkleerjende noten forsjoen. Dockum 1842. Kleinoktav.! Bei Bohn 
a. a. o. ist dieser titel stark entstellt, der erscheinungsort z. b. in Dorkum. Genau 
ist er angegeben bei van der Aa s. 437, kürzer bei Siebs s. 379. Aus der er- 
wähnten charakteristik des mannes, welche van der Aa gibt, sei noch der schluss- 
satz herausgehoben: ‘Ilij was tevens een warm beoefenaar der Friesche taal. 
waarin hij drie tooneel- en blijspelen van Shakespeare heeft overgezet, terwijl 
hij, nog op het laatst van zijn leven eene vertaling van diens Tempest voor 
de pers had gereed gemaakt’. Siebs führt dem entsprechend an (a. a. 0.): Uit- 
noodiging tot inteekening op een toneelstik, De storm van W. Shakespeare, uit 
het engl. in het friesch overgebr. Leeuwarden 1852. — 2. druk 1855. 

Ausserdem führt Siebs s. 369 noch eine veröffentlichung ‘Ut Shakespeare 
syn Hamlet’ von G. Colmjon an, ohne über art, ort und jahr des erscheinens 
sowie über den verfasser etwas näheres beizufügen. Von letzterem sind noch 
5 arbeiten (1862, 1875, 1877, 1879, 1883, o. j.) citirt, darunter eine litterar- 
historische ‘oer de friske skriuwery’ (Hearrenfean, 1875). Übrigens gehören so- 
wohl Posthumus als Colmjon natürlich dem west(land)-friesischen sprachgebiete an. 

Berlin, Januar 1890. Ludwig Fränkel. 


AE. WYRDE (WEORD) = DIGNUS MIT DEM DATIV. 


Bei gelegenheit der ausarbeitung meiner sammlungen zu der in meiner dis- 
sertation (Bonn 1888, s. 2) versprochenen „Syntax Alfreds* treffe ich im Beda 
auf 7 stellen, an denen das eigenschaftswort wyrde (weord) in der bedeutung 
»dignus« nicht mit dem gewöhnlich und zwar sehr häufig vorkommenden genitiv. 
sondern mit einem dativ erscheint. Die stellen sind nach der ausgabe von 
Smith: 479, 7 der was cyrice geworht and getimbrad sundorlices geweorces, and 


1 d. i. ‘As you like it’. Siebs druckt: As jimme et lije meie, in blijspil. 


158 Miscellen 


Eine vollständige und dabei auch inhaltlich wirklich vollendete über- 
setzung bescherte erst neuerdings L. A. J. Burgersdijk seinem volke. December 
1888 ward diese ruhmwürdige leistung abgeschlossen, welche in den 12 bänden 
auch die lyrik Shakespeare’s, eine biographie und einen exegetisch-dramaturgischen 
kommentar enthält. „Het Nederlandsch Tooneel,* die vom König der Niederlande 
priveligirte gesellschaft, legt ihren aufführungen Burgersdijk’s text zu grunde. ! 

Was in den letzten jahrzelinten, seit dem erwachen einer kritisch-litterar- 
historischen forschung in den Niederlanden an allerhand kleinen studien hervor- 
getreten ist, verzeichnet Albert Cohn’s längst anerkannte periodische bibliographie 
im Jhb. d. dtschn. Sh.-ges. Hier seien aus älteren und neueren veröffentlichungen 
einige wichtigere nummern herausgehoben. 1808 H. J. Meijer, Verhandeling 


over W. Shakespere (Amsterd.). — 1808 G. van Hemert, Lektuur u. s. w. 
(Amsterd.) p. 1—76 W. Sh. — 1810 Shakespeare, Minnaar Blijspel, naar het 
fransch (Alex. Duval) door C. van der Vijver (Amsterd.). — 1815 N. G. van 


Kampen, Redevoering over W. Shakespear. Voorgelezen in de Leydensche 
Afdeeling der Hollandsche Maatschappij van fraaie Kunsten en Wetenschappen, 
den 9. Dec. 1814 (Leyden). — 1823 ders., in Werken der Hollandsche Maat- 
schappij’ VI p. 216 f. (über Othello). — 1836 J. Moulin, Tegen den Heer van 
der Hoop, als beoordeelaar myner vertaling van Macbeth. — 1841 K. Sybrandy, 
Verhandeling over Vondel en Shakspeare als ‘Treurspeldichters. Uitgegeven 
door Teyler’s Tweede Genootschap (Haarlem). — 1845 J. Moulin, Omtrekken 
eener Algemeene Literatuur over W. Sh. en deszelfs Werken. Dweede deel 
(I. nicht erschienen). — 1863 A. Pannevis, Sh. en de hedendaagsche Neder- 
landsche Uitgaven en Vertalingen zijner Tooneelstukke. Kritische Bijdrage tot 
de Kennis van Dichtkunst (Utrecht); eine vorzügliche übersicht. — 1864 J. H. 
Meijer, Shakespeare, eene kritische Leventsschets (Deventer), das erste zusammen- 
fassende werk. — 1868 besprach A. C. Loffelt (der Utrecht 1867 eine gute er- 
klärende ausgabe von „Hamlet“ gab) in „De Nederlandsche Spectator“ (einer 
Sh. andauernd berücksichtigenden einflussreichen zeitschrift) in vier abschnitten 
“Nederlandsche navolgingen van Sh.’ 1874 gab prof. H..E. Moltzer zu Groningen 
eine kleine treffliche schrift “Shakspere’s Invloed op het Nederlandsch Toonell der 
XVII. eeuw’ heraus. Endlich erschien 1889 in Leyden bei E. J. Brill ein eigen- 
artiges kritisch-ästhetisches werk in deutscher sprache, des titels: „Shakespeare’s 
drama in seiner natürlichen entwicklung dargestellt. Studien über des dichters 
sprache, zeit, kunst und poesie als einleitung zu seinen werken für den gebildeten 
leser, von dr. Timon [d. i. M. P. de Haan].“? Uber dieses berichtete M. Koch 
Engl. st. bd. XIV p. 259 f. Damit ende unser flüchtiger streifblick. 


II. Bei den Friesen des 19. jahrhunderts. 


Wohl kein anderer dichter der weltlitteratur hat die kosmopolitische be- 
deutung seiner muse wie Shakespeare dadurch erwiesen, dass seine geisteserzeug- 
nisse sogar von mundarten fremder idiome aufgenommen worden sind, denen 





1S. Jhb. d. dtschn. Sh.-ges. XXIV s. 166. Ebd. III s. 431—33 z. b. 
manches von 1867. 


2 Vgl die anzeige des unterzeichneten in d. Bitten. f. literar. unterhltg. 
1889, nr. 49 und 51. 


L. Frankel, Shakespeare’s bekanntwerden in den Niederlanden 159 


kaum der rang einer selbständigen schriftsprache beizumessen ist. An dieser 
stelle soll nun einmal verzeichnet werden, was sich der friesische dialekt von 
Shakespeare angeeignet hat. Früher gelieferte vereinzelte notizen, beispielsweise 
in H. G. Bohn’s ausgezeichneter Shakespeare-bibliographie in der von ihm be- 
sorgten neuausgabe von W. Th. Lowndes’ “The Bibliographer’s Manual of English 
Literature’ VIII (Lond. 1863) p. 2364a, können erst jetzt kontrolirt werden, 
nachdem uns ein so gewiegter kenner des friesischen schriftthums wie Th. Siebs 
eine — freilich ganz anderen zwecken dienende — bibliographie des letzteren 
geschenkt hat, im 1. bande seines werkes „Zur geschichte der englisch-friesischen 
sprache“ (Halle a. S. 1889). Leider ist ihm aber die vollständigkeit der biblio- 
graphischen angaben nicht sehr wichtig erschienen, so dass wir frühere mittei- 
lungen anderer zur ergänzung daneben befragen müssen. 

1829 erschien zu Grinz in oktav: De Keapman fen Venetien in Julius 
Cesar twa [Bohn a. a. o. troa!] Tooneelstikken fen Willem Shakespeare, uut it 
Ingels foarfrieske, trog R. Posthumus. — Diesen titel geben Bohn a. a. o., die 
angabe R. Köhler’s im Katalog der bibliothek der dtschn. Sh.-ges. Jhbch. XXIV 
s. 289, Siebs a. a. o. s. 379, ausserdem van der Aa, Biographisch Woordenboek 
der Nederlanden XV (1872) s. 437. An letzterem orte wird überhaupt eine 
übersicht der schriften des verfassers versucht und seine lebensschicksale knapp 
dargestellt (danach lebte Rinse Posthumus 1790— 1859). Er gab weiter heraus: 
As jiemme it lye meie, in Blijspul, uut it Ingels fen W. Shakespeare, forfrys- 
ke inmei orkleerjende noten forsjoen. Dockum 1842. Kleinoktav.! Bei Bohn 
a. a. 0. ist dieser titel stark entstellt, der erscheinungsort z. b. in Dorkum. Genau 
ist er angegeben bei van der Aa s. 437, kürzer bei Siebs s. 379. Aus der er- 
wähnten charakteristik des mannes, welche van der Aa gibt, sei noch der schluss- 
satz herausgehoben: ‘Hij was tevens een warm beoefenaar der Friesche taal, 
waarin hij drie tooneel- en blijspelen van Shakespeare heeft overgezet, terwijl 
hij, nog op het laatst van zijn leven eene vertaling van diens Tempest voor 
de pers had gereed gemaakt’. Siebs führt dem entsprechend an (a. a. o.): Uit- 
noodiging tot inteekening op een toneelstik, De storm van W. Shakespeare, uit 
het engl. in het friesch overgebr. Leeuwarden 1852. — 2. druk 1855. 

Ausserdem führt Siebs s. 369 noch eine veröffentlichung ‘Ut Shakespeare 
syn Hamlet’ von G. Colmjon an, ohne über art, ort und jahr des erscheinens 
sowie über den verfasser etwas Whäheres beizufügen. Von letzterem sind noch 
5 arbeiten (1862, 1875, 1877, 1879, 1883, o. j.) citirt, darunter eine litterar- 
historische ‘oer de friske skriuwery’ (Hearrenfean, 1875). Übrigens gehören so- 
wohl Posthumus als Colmjon natürlich dem west(land)-friesischen sprachgebiete an. 

Berlin, Januar 1890. Ludwig Fränkel. 


AE. WYRDE (WEORD) = DIGNUS MIT DEM DATIV. 


Bei gelegenheit der ausarbeitung meiner sammlungen zu der in meiner dis- 
sertation (Bonn 1888, s. 2) versprochenen „Syntax Alfreds* treffe ich im Beda 
auf 7 stellen, an denen das eigenschaftswort wyrde (weord) in der bedeutung 
»dignus« nicht mit dem gewöhnlich und zwar sehr häufig vorkommenden genitiv, 
sondern mit einem dativ erscheint. Die stellen sind nach der ausgabe von 
Smith: 479, 7 der was cyrice geworht and getimbrad sundorlices geweorces, and 


ı d.i. ‘As you like it’. Siebs druckt: As jimme et lije meie, in blijspil. 


160 Miscellen 


his drowunge and martyrdome wyrpe — ecclesia est mirandi operis atque ejus 
martyrio condigna exstructa; 527, 38 pat he ware biscophade wyrpe = ipsum esse 
dignum episcopatu; 564, 2 de biscophade wyrpe ware = cujus magis ad susci- 
Diendum episcopatum et eruditio conveniret et aetas; 613, 13 da onfangenan denunge 
efter wyrdum dadum dam hade gehalgade == acceptum officium condignis gradu 
actibus ipse consecrabat; 618, 31 des discopes lif ic gemette biscope wyrde beon = 
vitam episcopo dignam esse comperi; 639, 31 pat he ware his biscophade wel wyrpe 
== episcopatu esse dignus inventus est; endlich 597, 26 dam wordum sona monig 
word in pat ylce gemet Gode wyrpes (Godes wordes, T.) songes to gepeodde = eis 
mox plura in eundem modum verba deo digni carminis adiunxit. Es kann also 
kein zweifel sein, dass wyrde in der bedeutung digzus auch mit dem dativ ver- 
bunden wird, eine thatsache, die bisher unbekannt gewesen zu sein scheint. Nur 
Einenkel (Streifzüge, s. 211) erwähnt eine stelle der Blickling Homilies 163, 
13, wo er »seo heall Gode weorpe funden wes« durch »Gottes werth, würdige 
übersetzt, während Flamme in seiner dissertation über die syntax der Bi. H. 
(Bonn, 1885, s.6 § 7c) weorde weniger zutreffend durch »geeignet für« wieder- 
gibt, indem er Morris’ ‘fit for’ übersetzt. Grimm, Gramm. IV? (1837), s. 747 
bemerkt bei »werih«: »die bedeutung von digrus fordert den genitive. — Alfred 
wendet in den von mir für die syntax herangezogenen 7 echten, bezw. ihm zu- 
geschriebenen werken (Beda, Orosius, Cura pastoralis, Boethius, Soliloquien, 
Psalter, Leges) bei wyrde = dignus auch gewöhnlich den genitiv an; mit 
dem dativ hat er wyrde in Or., Cp. und Bo. nur in der bedeutung »werth, 
lieb, theuer«, im Beda aber an jenen 7 stellen auch als übersetzung des lat. digzus. 
Von den 7 stellen scheinen Sweet (»Anglos. Readere, p. 195 [5. ed., p. 197]) 
und Aug. Schmidt (»Untersuchungen über könig Alfred’s Bedaübersetzung«. 
Dissert. Berlin 1889) nur die zuletzt erwähnte zu kennen, denn an diese knüpfen 
sie ihre bemerkungen. Sweet meint, wirde müsse den genitiv bei sich haben, 
die ganze stelle beweise überhaupt durch ihre ungeschickte übersetzung, dass 
Alfred nicht der verfasser sein könne; aber, wie ich gezeigt habe, kann wirde 
sehr wohl mit dem dativ verbunden werden, und ungeschickt übersetzte stellen 
gibt es auch in den andern werken Alfreds. Schmidt (a. a. o., s. 51) meint, 
»man wisse gar nicht, ob der übersetzer gode von wyrfes abhängen lassec; wie 
will Schmidt denn den ganzen satz verstehen? Er behauptet ferner, »dass dem 
übersetzer die construction des lateinischen FR überhaupt nicht ganz geläufig 
war«, und führt als beweis die folgenden beiden stellen an: 620, 24 and dar 
his lif in Gode mid wyrßre drohtunge gefylde = ibique vitam in deo digna con- 
versatione complevit ; Schmidt gibt hier selbst einen sehr naheliegenden und sicher 
richtigen grund an, weshalb A. falsch übersetzt haben kann, er hat nämlich »z 
deo« zusammengefasst. Die andere stelle ist 478, 43 wes pas heofonlican rices 
wyrpe geworden = regni caelestis dignus factus est ingressu; Schmidt sagt dabei: 
cals ob von dignus abhinge regni caelestis«, es ist gar nicht nöthig, es so aufzu- 
fassen, Alfred hat hier zwar etwas frei übersetzt, aber den sinn richtig wieder- 
gegeben. Es geht ja überhaupt aus den oben angeführten 7 stellen mit dativ, 
sowie aus den zahlreichen mit genitiv deutlich hervor, dass A. die construction 
des lateinischen digzus sehr wohl verstanden hat; bemerkenswerth ist aber, dass 
ihm für ein und dieselbe lateinische verbindung die übersetzung durch wyrfe so- 
wohl mit dem genitiv als mit dem dativ geläufig ist. 
Bonn, Februar 1890. J. Ernst Wülfing. 


I. 


DIE MITTELENGLISCHE ROMANZE RICHARD COEUR DE 
LION UND IHRE QUELLEN. 


run Tun ee 


Die mittelenglische romanze Richard Coeur de Lion 
ist zuletzt herausgegeben worden von H. Weber: Metrical Romances. 
bd. Il. Edinburg 1810. Ein bruchstück findet sich bei Wiilker: 
Altenglisches lesebuch. I. Halle 1874. p. 95 ff. (v. 6657 bis 
zum schluss). 

Die romanze enthält 7136 paarweis gereimte, viermal ge- 
hobene kurzzeilen. Über diese dichtung haben gehandelt: Warton: 
History of English Poetry. ed. Hazlitt. London 1871. bd. II. 
p. 149 ff.; ten Brink: Geschichte der englischen litteratur. Berlin 
1877. bd. I. p. 303 ff.; Körting: Grundriss der geschichte der 
englischen litteratur. Münster 1887. p. 121 f. Eine prosaanalyse 
hat gegeben Ellis: Specimens of Early English Metrical Romances. 
A new edition by Halliwell. London 1848. p. 286 ff. 

Von dieser romanze sind folgende hss. vorhanden: 

A. Die Auchinleck-hs. der Advocates Library, Edinburg, aus 
dem ersten viertel des 14. jahrh., zuletzt beschrieben von 
Kölbing: Engl. stud. bd. VII, p. 177 ff. Allerdings sind 
nur vier blätter des gedichtes Aimg ichard erhalten: 

a) Zwei blätter mit zusammen 344 versen. Die ersten 24 zeilen 
sind in der zwölfzeiligen schweifreimstrophe abgefasst. Dieses 
bruchstück der romanze ist in einem sehr seltenen buche, 
von welchem sich ein exemplar im besitze des herrn prof. 
Kölbing befindet, herausgegeben: Owain Miles and other 


inedited Fragments of Ancient English Poetry. Edinburg 
FE Kölbing. Englische studien. XV. 2, i 


162 


b) 


F. Jentsch 


1837. Uber dieses werk ist zu vergleichen Kölbing: Engl. 
stud. bd. VII, p. 290 und bd. XI, p. 497. 

Zwei andere bruchstticke sind in den beiden letzten blattern 
der Laing’schen fragmente erhalten (cf. Kölbing: Engl. stud. 
bd. VII, p. 178 und 190), nach Weber’s text v. 1745 bis 
1918 und v. 2579— 2762, also 352 verse cdirt von Kölbing: 
Engl. stud. bd. VIII, p. 115 ff. 


Dass diese unter a) und b) aufgeführten fragmente ursprüng- 


lich zusammengehörten, lässt sich ohne schwierigkeit nachweisen. 


An v. 168 des textes im Owain Miles schliesst sich un- 


mittelbar das erste blatt der Laing’schen fragmente an, während 
v. 169 ff. die fortsetzung des zweiten blattes dcr letzteren ist. 
Mit der Weber’schen ausgabe verglichen ergibt sich folgendes 
verhältniss: 


a) 
8) 
97) 
d) 


Owain Miles 1. blatt bis v. 1744. — 168 zeilen. 
Engl. stud. bd. VIH 2. „ v.1745—1918. --. 170 ,, 


Engl. stud. bd. VIII 3. „ v. 2579— 2762. — 176 ,, 
Owain Miles 4. 5, Vv. 2763—2936. — 176 _,, 





696 zeilen. 


Zwischen «) und fi) fehlen 4 folios der hs.; nach Weber’s 


text im ganzen v. 1919— 2578. 


Das übrige, was ausser diesen vier blättern mit zusammen 


696 versen von der romanze in der Auchinleck-hs. enthalten ge- 
wesen ist, wird leider als verloren angesehen werden müssen. 


B. 


Die hs. des Duke of Sutherland, eine pergamenthandschrift 
aus dem ende des 14. jahrhunderts, cf. Kölbing: Engl. stud. 
bd. VII, p. 191. Von der romanze sind 44 blätter in dieser 
hs. erhalten. Der anfang fehlt und der text beginnt erst 
mit v. 1849 der Weber’schen ausgabe. 

Additional-ms. 31042 im British museum, eine papierhand- 
schrift aus der mitte des 15. jahrhunderts, cf. Ward: Cata- 
logue of Romances in the Department of Manuscripts in 
the British Museum. bd. I. 1883. p. 944. 6380 verse; 
also auch nicht vollständig. 


. Harleian-ms. 4690, eine membrane aus dem 15. jahrhundert, 


cf. Ward: a. a.o. p. 949. Diese hs. enthält nur 1608 verse 
des gedichtes. 


Die me. romanze Richard Coeur de Lion und ihre quellen 


E. Douce-ms. in der Bodleiana zu Oxford, eine papierhand- 
schrift aus dem 15. jahrhundert, cf. Duffus Hardy: Descriptive 
Catalogue of Materials relating to the History of Great Britain 
and Ireland. ed. Rer. brit. medii aevi script. Bd. 26 ' London 
1865. p. 520. Auch diese hs. bietet nur ein bruchstück 


der romanze. 


F. Ms. des College of Arms LVIII. Einen kurzen auszug da- 
von gibt Hardy: a.a. o. p. 519. Dazu ist zu vergleichen: 
Ward: a.a.o. p. 948. Erkundigungen, die für mich über 
diese hs. in England selbst in liebenswürdiger weise einge- 


zogen wurden, ergaben nichts neues. 


G. Cajus College in Cambridge, eine membrane aus der zweiten 
hälfte des 14. jahrhunderts. Über diese hs. ist zu vergleichen 
Zupitza: Engl. stud. bd. XIV, p. 321 und 337. Dies ist die 
vollständigste hs. der romanze, welche Weber vornehmlich 


seiner ausgabe zu grunde legte. 


Ausser diesen hss. existiren noch zwei alte drucke von 
Wynkyn de Worde aus den jahren 1509 und 1528, cf. Warton: 


a. a. o. bd. II, p. 122 und Ward: a. a. o. p. 947 f. 


Die romanze ist aus dem Französischen in das Englische 


übertragen worden. Davon legt der übersetzer selbst zeugniss 


ab und zwar an mehreren stellen: 


v. 21 ff.: 


In Frensshe bookys this rym is wrought, 
Lewede menne knowe it nought; 
Lewede menne cunne French non; 
Among an hondryd unnethis on; 

And nevertheles, with glad chere, 

Fele off hem that wolde here, 

Noble justis, 1 undyrstonde, 

Of doughty knyghtes off Yngelonde. 


v. 5060 f.: 


The Frensche says he slowgh an hundryd, 
(Wheroff is made this Ynglysche sawe,) 


v. 6948 ff.: 


The Sawdon loste off hethene lawe, 
Sixty thousand in lytyl stounde, 
As it is in the Frensche i-founde. 
11* 


164 F. Jentsch 


Leider ist das original verloren gegangen, so dass es zum 
vergleich nicht mehr herangezogen werden kann. Cf. G. Paris: 
La littérature francaise au moyen age. MII. Aufl. Paris 1890. 
p- 108. 


Weber vermuthete in seiner einleitung zu Richard Coeur 
de Lion, bd. I., p. XLVI, dass das original möglicherweise in 
einer hs. des Bennet College in Cambridge gefunden werden kann. 
Dass dies nicht der fall ist, hat Ward: a. a. o. p. 948 bemerkt. 
Jenes ms. nämlich ist die »Polichronitudo Basileos, sive Historia 
Belli quod Ricardus gessit contra Saracenos, Galice«, welche in 
prosa geschrieben ist und mit dem inhalt der romanze nichts 
zu thun hat. Vergl. auch Duffus Hardy: a. a. o. p. 489. 


Während man bei einer sprachlichen untersuchung alle oben 
genannten hss. zu grunde legen müsste, wird für die vorliegende 
abhandlung, die sich mit den quellen der romanze beschäftigen 
soll, wohl ohne wesentliche gefahr für die richtigkeit der resul- 
tate der Weber’sche text genügen, dessen inhalt ich jetzt in kürze 
wiedergeben will. 


I. 


Der inhalt der romanze. 


Weber hat die romanze in seiner ausgabe in zwei haupt- 
theile und jeden dieser in einzelne capitel getheilt. Part I. (cap. 
I—IX) v. 1—3730 schildert die thaten des englischen königs 
Richard Löwenherz von der geburt an bis zur eroberung von 
Akkon. Part IH. (cap. I—VH) v. 3731—7136 berichtet von den 
einzelnen kämpfen Richard’s im Morgenlande und erzählt dann 
kurz seine rückkehr nach England und seinen tod. Der über- 
sicht wegen behalte ich diese eintheilung bei. 


Part I. 


[Cap. I, v. 1—240]. Nachdem die namen mehrerer in liedern besungener 
helden angeführt worden, wird berichtet, die romanze sei aus dem Französischen 
übertragen. Dann erzählt uns der dichter Richard’s geburt. Sein vater, könig 
Heinrich, will anfänglich nicht heirathen. Endlich entschliesst er sich auf an- 
rathen seiner barone ein weib zu nelımen. Zu diesem zweck werden boten aus- 
gesendet, um für den könig die schönste frau zu suchen. Diese treffen auf dem 


x 


Die me. romanze Richard Coeur de Lion und ihre quellen 165 


meere ein kostbar ausgestattetes schiff, auf welchem Corbaryng, könig von An- 
tiochien, mit seiner tochter Cassadorien nach England fährt. Die boten, über- 
zeugt, das schönste weib gefunden zu haben, kehren sofort mit um. In England 
findet dann die vermählung statt. Bei der kirchlichen feier wird Cassadorien 
olınmächtig und erklärt nachher, nie wieder eine messe hören zu können. So 
vergehen fünfzehn jahre. Die königin beschenkt ihren gemahl mit zwei söhnen, 
Richard und Johann, und einer tochter, Topyas mit namen. Eines tages nun 
wird Cassadorien auf befehl ihres gemahls gezwungen, der messe beizuwohnen. 
An dem augenblicke aber, wo der priester die hostie erhebt, entreisst sie sich 
«en händen des sie bewachenden ritters und entflieht, Johann und Topyas auf 
«dem arme, durch das dach. Johann fällt dabei herab und bricht ein bein. Die 
königin aber und ihre tochter werden nie wieder gesehen. Der über diesen aus- 
gang der sache sehr betrübte könig stirbt bald darauf, nachdem er Richard zu 
seinem nachfolger bestimmt hat. 

{Cap. II, v. 241—612]. Fünfzehn jahre alt wird Richard zum könig von 
England gekrönt. Der junge könig veranstaltet sogleich in Salisbury ein grosses 
turnier, in welchem er selbst, von den seinigen unerkannt, in drei verschiedenen 
aüstungen kämpft. Er erscheint als schwarzer, rother und weisser ritter in den 
schranken. Als die tapfersten ritter erweisen sich ihm gegenüber Thomas Multon 
und Foulk Doyly. Diese beiden lässt Richard nach dem tumier zu sich ent- 
bieten, entdeckt sich und theilt ihnen mit, dass er gesonnen sei, mit ihnen, als 
den wackersten rittern, nach dem heiligen lande zu ziehen Jene willigen ein. 

[Cap. II, v. 613—1234]. König Richard pilgert nun mit seinen beiden 
gefährten nach dem heiligen lande (v. 613— 648). Auf ihrer heimreise kommen 
sie durch Deutschland. Hier beleidigen sie einen sänger dadurch, dass sie seinen 
gesang verschmähen, und dieser verräth sie aus rache dafür an den Kyng of Al- 
mayne, der sie sofort gefangen setzt. Sein sohn Ardour will an Richard seine 
kraft versuchen, wird aber von diesem getödtet, weshalb die gefangenen in noch 
strengeren gewahrsam gebracht werden. Des königs tochter, Margery, die zu 
Richard in heftiger liebe entbrannt ist, schafft ihnen erleichterung. Das verhältniss 
der beiden liebenden wird indessen dem könig von Deutschland bald verrathen. 
Auf befehl desselben tritt nun eine versammlung zusammen, die über Richard zu 
gericht sitzen soll. Da man einen könig nicht zu tödten wagt, wird auf den 
rath des ritters Sir Eldryd beschlossen, ihn mit einem löwen kämpfen zu lassen. 
Wider aller erwarten bleibt Richard in diesem kampfe sieger, indem er, mit 
seinem arme durch den rachen des löwen fahrend, dessen herz herausreisst, welches 
er dann vor den augen des königs verzehrt, der ihm deshalb den namen »Richard 
Löwenherz« gibt. Richard soll nun seine freiheit wieder erhalten, wenn er dem 
kOnige von Deutschland als lösegeld die hälfte des kostbaren Kirchengeräths aller 
englischen kirchen ausliefere. Diese bedingung wird angenommen und auf das 
genaueste erfüllt. Richard ist nun wieder vollständig frei und kehrt nach Eng- 
land zurück. 

[Cap. IV, v. 1235— 1658]. Der könig und seine beiden gefährten werden 
in England freudig begrüsst. — Hierauf schildert die romanze die verhältnisse in 
Surry (= Syrien, d.h. das heilige land): das ganze land war in den händen der 
christen, die pilger konnten ungehindert zu den heiligen stätten wallfahrten; her- 
zog Mylon und graf Renaud leisteten dem anstürmenden sultan Saladin erfolg- 
reichen widerstand bis durch den verrath des grafen Joys und des Markes Feraunt 


166 F. Jentsch 


Syrien und das heilige kreuz an Saladin verloren gingen. Renaud wurde getödtet, 
und Mylon musste mit seinem weibe fliehen. Im abendlande forderte nun papst 
Urban zum kampfe gegen die ungläubigen auf und veranlasste viele fürsten 
(v. 1321— 1328), das kreuz zu nehmen. — König Richard verkündet einer 
glänzenden versammlung in Westminster die bulle des papstes Urban. Alle willigen 
mit freuden ein, unter der führung ihres königs in den kampf zu ziehen. Grosse 
rüstungen werden gemacht, und bald steht eine stattliche flotte bereit. Unter den 
kriegsmaschinen, die mitgenommen werden, werden besonders zwei hervorgehoben: 
ein hölzerner thurm (später Mate-Griffon genannt) und eine schleudermaschine, 
Robynet mit namen. Die flotte, unter dem befehle des Aleyn Trenchemer. soll 
auf des königs geheiss nach Marchyle (= Marseille) segeln, während dieser selbst 
nach Deutschland ziehen will, um von könig Modard sein lösegeld zurückzufordern. 
Der erzbischof Balduin zieht dem könige mit einem theile seines heeres über 
Braundys (= Brindisi) und Constantin (= Constantinopel) nach Palästina voraus. 
Auf seinem zuge nach Deutschland kommt Richard zunächst nach Köln, wo ihm 
auf befehl Modard’s keine lebensmittel verabreicht werden. Trotzdem aber weiss 
er sich zu helfen. Von dem mayor der stadt erfährt er dann, dass Modard sich 
mit gemahlin und tochter in Gumery (?) aufhalte. Letztere besucht ihren geliebten 
des abends mit einer grossen anzahl rittern und verweilt bis zum morgen bei ihm. 
Ilierauf gelangt Richard nach Marburette (?), wo ihm wieder inbetreff der lebens- 
mittel schwierigkeiten bereitet werden, dann nach Carpentras. Hier befindet sich 
Modard, welcher nun, erschreckt durch die nähe scines feindes, seinen widerstand 
aufgibt und sich mit Richard versöhnt, indem er verspricht, das gezahlte lösegeld 
wieder herauszugeben. Auf Richard’s bitte lässt er 100 vollständig ausgerüstete 
ritter mit nach dem heiligen lande ziehen. Ausserdem schenkt er seinem freunde 
noch zwei ringe, von denen der eine die kraft hat, vor wasser, der andere vor 
feuer zu schützen. Hierauf bricht man nach Marcyle auf, wo die flotte bereit steht. 
[Cap. V, v. 1659— 2026]. Bei gutem winde gelangt Richard bald nach 
Messina, wo er den könig von Frankreich vorfindet. Beide fürsten beschliessen 
nun, den kreuzzug gemeinsam zu unternehmen. Der französische könig sendet 
darauf an Tanker, den könig von Apulien, ein schreiben, in welchem er ihn vor 
Richard warnt, der gekommen sei, sein land zu erobern. ITlierdurch beängstigt, 
beruft Tanker seinen sohn Roger, der in Sizilien als könig herrscht, und alle 
grossen des reiches zu einer versammlung. In dieser aber beruhigt Roger seinen 
vater: Richard sei als pilger gekommen; der brief des königs von Frankreich 
enthalte nur lügen. Auf seinen rath wird Richard aufgefordert, sich zu recht- 
fertigen, weshalb dieser mit Tanker in der stadt Rys (= Reggio) zusammen- 
kommt und erklärt, dass er nach dem heiligen lande ziehe und nur einen tag auf 
Sizilien bleiben wolle. Nachdem er von dem briefe des königs von Frankreich 
kenntniss genommen, durchschaut er sofort die verrätherische absicht. Richard 
und Tanker scheiden von einander als die besten freunde. Es folgen nun streitig- 
keiten der Engländer mit den Sicilianern, Griffonen genannt, welch’ letztere von 
den Franzosen unterstützt werden. Während der feier des weihnachtsfestes er- 
scheint plötzlich in voller hast ein ritter vor Richard Löwenherz mit der meldung, 
sein bruder und viele andere ritter seien von den Franzosen und Griffonen er- 
schlagen worden. König Richard geräth darüber in die äusserste wuth. Man 
“2ift zu den waffen, und bald kommt es zum offenen kampfe, weshalb die Fran- 
:n und Griffonen die thore der stadt schliessen. — Bei der bestürmung von 


Die me. romanze Richard Coeur de Lion und ihre quellen 167 


Messina findet jenes hélzerne schloss Mate-Gryffon verwendung. Es gelingt Richard, 
durch ein unbewachtes thor in die stadt einzudringen, und bald weht von den 
wällen das banner des königs von England. Als die sieger sich einer schonungs- 
‚losen plünderung hingeben, bittet Philipp, der könig von Frankreich, fussfällig 
um gnade, worauf Richard frieden gebietet. Da kommen zwei französische 
richter (justices) geritten, Margaryte und Sir Hugh Impetyte, welche den könig 
von England verspotten. Hierüber in heftigen zorn gerathen, erschlägt dieser 
beide. Schliesslich wird auf die flehentlichen bitten eines erzbischofs ein end- 
gültiger friede abgeschlossen. 

[Cap. VI, v. 2027—2436]. Im monat März lichtet die flotte des königs 
von Frankreich die anker, um nach dem heiligen lande zu segeln und kurze zeit 
nach ihm bricht Richard Löwenherz von Messina auf. Vier (!) reich mit schätzen 
beladene schiffe segeln nach Cypern voran. Bald erhebt sich ein sturm, der den 
schiffen bedeutenden schaden zufügt. Fünf tage dauert der sturm, bis die dret 
(!) schiffe nach Lymosoune (v. 2222 Lymasour = Limasol, einer stadt auf Cypern) 
gelangen, wo sie scheitern. Die bemannung der schiffe entkommt mit genauer 
noth an die küste. Die bewohner der insel tödten einen theil der schiffbrüchigen, 
während die anderen gefangen genommen und ihrer schätze beraubt werden. Drei 
tage nachher kommt Richard ¢ a ship that stode in depe (v. 2077). Die besatzung 
desselben erzählt ihm das ungemach ihrer schiffe. Richard wird rasend vor 
zorn und sendet eine gesandtschaft an den kaiser von Cypern, bestehend aus Sir 
Stephen, William und Robert of Tournham, mit der aufforderung, die gefangenen 
und die schätze herauszugeben. Die boten werden vom kaiser höhnisch abge- 
wiesen; nach einem der gesandten wirft er sogar ein messer, ohne jedoch zu 
treffen. Sie verlassen daher eilig den kaiser. Über diese behandlung der gesandten 
macht ihm sein steward vorwirfe. Deswegen erzürnt, schneidet der grausame 
kaiser jenem die nase ab, worauf dieser sofort den boten Richard’s nacheilt. Als 
er sie eingeholt, erzählt er sein unglück und verlangt, vor den könig von Eng- 
land geführt zu werden, dem er aus rache gegen den kaiser die schlüssel zu jeder 
festung übergeben und dessen tochter mit 100 rittern zuführen will. Im höchsten 
grade unwillig über den den gesandten angethanen schimpf, befiehlt Richard seinen 
mannen, sich zum kampfe zu rüsten. Die stadt Lymasour wird erobert. Der 
kaiser sammelt die seinigen und lagert sich in einiger entfernung von der stadt. 
Hierauf erfüllt der steward das gegebene versprechen. Er erbietet sich zugleich, 
Richard und seine leute in der nacht bis dicht an das zelt des kaisers zu führen. 
Dies geschieht. Das lager wird überfallen und nur wenigen gelingt es zu ent- 
kommen, unter ihnen dem kaiser. Unermessliche schätze fallen in die hände der 
sieger. Als beutestücke des königs von England werden besonders zwei edle 
rosse hervorgehoben, Favel und Lyarde. Die nachricht, dass seine tochter in 
Richard’s gewalt sei, bestimmt den kaiser, diesen um gnade zu bitten. Richard 
nimmt seine unterwerfung an und der kaiser huldigt ihm, indem er gelobt, nie 
wieder gegen ihn die waffen zu kehren. Aber kaum hat sich der kaiser entfernt, 
als er seinen entschluss bereut. Er kommt in die stadt Boffenent (= Buffevent) 
und versucht dort, seine barone wiederum gegen Richard aufzuwiegeln, was ihm 
aber nicht gelingt. Als dieses verrätherische handeln dem könig von England 
mitgetheilt wird, lässt ihn dieser ergreifen und gefesselt in eine galeere werfen, 
die ihn mit nach dem heiligen lande führen soll. 

|Cap. VII, v. 2437— 2870]. Nachdem Richard den Earl of Leicester zum 


168 F. Jentsch 


verwalter der insel bestimmt, fährt er mit einer mächtigen flotte von Cypern ab. 
Am elften tage erblicken die Engländer ein grosses, schwer beladenes schiff. 
Richard beauftragt Aleyn Trenchemer, die bemannung des verdächtigen schiffes 
über die ladung und das ziel ihrer fahrt zu befragen. Trenchemer erhält die 
antwort, dass das schiff für den könig von Frankreich bestimmt sei und nach 
Akkon segele, erkennt jedoch bald, dass er ein sarazenisches schiff vor sich habe, 
weshalb Richard sogleich zum kampfe gegen das feindliche schiff auffordert. Ein 
hitziges gefecht beginnt. König Richard selbst verrichtet wunder der tapferkeit. 
Er ist der erste, der auf das feindliche schiff hinüberspringt und hier, den rücken 
an den schiffsmast gelehnt, mit seiner streitaxt tod und verderben in den feind- 
lichen reihen verbreitet. Nach heisser gegenwehr wird das schiff genonnien. 
Ausser dreissig Sarazenen, welche gefangen genommen werden, verlieren alle 
anderen (1600) ihr leben. Richard segelt nun weiter nach Akkon; ehe er dort- 
hin gelangt, wird er von einem spion benachrichtigt, die heiden hätten den hafen 
von Akkon durch eine kette abgesperrt, weshalb kein schiff landen könnte und 
die christlichen fürsten, welche schon sieben und mehr jahre die stadt umlagerten, 
mangel an allen dingen litten. Richard fährt nun mit einer galeere mitten auf 
die kette los und zertrennt, mit seiner axt im buge des schiffes stehend, im ge- 
eigneten augenblicke die kette.! So bereitet er sich die einfahrt in den hafen 
unter den beifallsbezeugungen der christen. Gross ist die freude über die an- 
kunft des so sehnlichst erwarteten königs.. Ihm zu ehren finden grosse festlich- 
keiten statt. Dabei wird auch ein wunder erzählt: auf einem schiffe habe eine 
windmühle gestanden; die mahlenden steine hätten ein geräusch gemacht, als ob 
menschenknochen zerrieben würden, was die Sarazenen natürlich sehr erschreckt 
hätte, dazu wäre die ganze mühle und das schiff in ein feuermeer getaucht ge- 
wesen u. s. w. Nach herzlicher begrüssung durch die christlichen fürsten, führt 
der erzbischof von Pisa Richard in ein zelt und erzählt ihm alles ungemach. 
welches die christen sieben jahre hindurch vor Akkon hätten erdulden müssen. 
Er berichtet: als sich die kreuzfahrer bei beginn der belagerung verschanzt hatten, 
eilte der sultan herbei, um sie wiederum zu belagern. — In der ersten grösseren 
schlacht zwischen den muselmännern und christen hatte sich der sieg anfänglich 
letzteren zugeneigt und die Türken waren auf der flucht begriffen. Da machten 
sich einige christen an die verfolgung eines edlen, reiterlosen rosses. Als dics 
die Sarazenen merkten, wandten sie sich plötzlich wieder gegen die christen und 
brachten ihnen eine vollständige niederlage bei. 11000 fielen in der schlacht, 
unter ihnen der kaiser von Deutschland. — Der sultan, froh über den glänzenden 
sieg, liess die leichname der erschlagenen menschen und tiere in den brunnen der 
christen werfen, wodurch natürlich das wasser vergiftet wurae und deshalb 40 000 
pilger das leben verloren. — Nach neujahr hatten die christen ein sarazenisches 
schiff verfolgt, welches den belagerten lebensmittel und waffen zuführen wollte. 
Bei diesem unternehmen kamen nicht weniger wie 1200 um. — Am st. Jakobs- 
tage schlugen die Sarazenen ausserhalb der stadt ein lager auf. Die aussicht auf 
beute verlockte die christen, dasselbe anzugreifen. Bei dem anblick so vieler be- 
waffneter (50000) wichen die heiden zurück, weshalb die kreuzfahrer ungehindert 
das lager der feinde betreten konnten. Nachdem sie von den aufgefundenen vor- 


1 Eine abbildung dieser episode findet sich als vignette auf dem titelblatte 
des oben genannten buches: Owain Miles etc. 


Die me. romanze Richard Coeur de Lion und ihre quellen 169 


rathen genügend genossen hatten, beluden sie ihre rosse mit den geraubten schätzen. 
Als sie dann das lager verlassen wollten, wurden sie von den plötzlich zurück- 
kehrenden Sarazenen überfallen, besiegt und 15000 getödtet. In dieser noth 
langten der graf von Champagne, Randulph de Glanville, der erzbischof Balduin 
von Canterbury, Hubert Gauter und andere mit ihren schaaren vor Akkon an. — 
Aber trotz dieser verstärkung hatten die kreuzfahrer von neuem zu leiden: Michaelis 
fing das wetter an, in hohem grade ungünstig zu werden. Ausserdem brach noch 
eine hungersnoth aus; 60000 starben infolgedessen. Die hungrigen mussten ihre 
rosse tödten, deren fleisch sie verzehrten. Die wenigen lebensmittel, welche noch 
vorhanden waren, waren ungemein theuer. Die allgemeine noth suchten die 
reicheren dadurch zu lindern, dass sie geld unter die armen vertheilten. — Der 
könig von England ist durch die erzählung des erzbischofs tief bewegt. 

[Cap. VIII, v. 2871—3322]. Richard lässt seine beiden maschinen, Mate- 
Griffon und Robynet, errichten und befiehlt dann, die mauern der stadt zu unter- 
miniren, besonders aber gegen den Maudit Coloun eine mine zu legen. Da die 
Sarazenen bald in grosse noth gerathen, benachrichtigen sie in der nacht durch 
fackeln den sultan Saladin von der drohenden gefahr. Letzterer sammelt darauf- 
hin sein heer, welches ausser 60000 fusssoldaten aus 315000 rittern besteht. 
Erstere haben den befehl, den graben, der das lager der christen umzieht, mit 
heubündeln auszufüllen, was auch geschieht. Ein blutiger kampf entspinnt sich. 
Zum unglück für die christen liegt ihr kühner führer krank im zelte. Der könig 
von Frankreich übernimmt deshalb den oberbefehl; ihm gelingt es auch den an- 
griff, der Sarazenen erfolgreich abzuschlagen. — Die krankheit des königs war 
vorzüglich in folge des klimas verursacht worden. Da keiner der ärzte im lager 
Richard heilen kann. sind die kreuzfahrer in besorgniss um sein leben, deswegen 
beten sie inbrünstig für seine genesung. Diese gebete haben erfolg; der könig 
von England befindet sich auf dem wege der besserung. Da verlangt er sehn- 
lichst nach schweinefleisch. Als man aber solches nirgends finden kann, gibt ein 
alter ritter dem steward des königs den rath, seinem herrn anstatt der verlangten 
speise fleisch von einem jungen und fetten Sarazenen, ordentlich zubereitet, vor- 
zusetzen; der könig werde nach genuss dieser speise vollständig gesunden. Dieser 
rath wird befolgt und dem könig mundet die mahlzeit vortrefflich, worauf er in 
einen tiefen schlaf fällt, aus dem er neugestärkt erwacht. Bald darauf zeigt er 
sich seinen, über seine rettung hocherfreuten, leuten. Mit voller kraft greift nun 
Richard in die belagerung ein. Als die schaaren des sultans den versuch erneuern, 
durch ausfüllung des grabens in das lager der. pilger zu gelangen, befiehlt Richard 

seinem heere einen allgemeinen angriff auf die Sarazenen, welche sich bald nach 
der stadt Gage (= Gaza?) zurückziehen müssen. Die christlichen kämpfer erholen 
sich von ihren strapazen. — Auch Richard ist der ruhe bedürftig. Nachdem er 
einige zeit geruht, befiehlt er dem koch, den kopf des schweines herbeizubringen, 
von welchem er gegessen zu haben glaubt. Der koch geräth darüber in grosse 
bestürzung, denn er fürchtet bei entdeckung des betruges den gerechten zorn des 
königs. ‘Trotz alledem muss er den kopf des Sarazenen bald herbeischaffen und 
die wahrheit gestehen, worauf er den könig um gnade bittet. Der könig indessen 
ist gar nicht erzürnt, sondern freut sich sogar, die erfahrung gemacht zu haben, 
dass Sarazenfleisch so wohlschmeckend sei. — Am andern morgen wird ein neuer 
sturm gegen die stadt unternommen. Da die Sarazenen nicht länger widerstand 
leisten können, erscheint ein unterhändler vor den beiden königen, der ihnen mit- 


. 


170 F. Jentsch 


theilt, dass Saladin Akkon und Jerusalem, überhaupt ganz Syrien übergeben wolle, 
wenn die christen einen jährlichen tribut von 10000 byzantinern zahlen, oder 
anstatt des letzteren Markes Feraunt zum könige von Syrien machen würden. Bei 
diesem anerbieten geräth Richard in die höchste wuth. Für ihn ist dieser mar- 
quis nur ein verräther, durch dessen schuld Akkon und Jerusalem in die hände 
der Türken gefallen sei. Vergebens verwendet sich Philipp, der könig von Frank- 
reich, bei Richard zu gunsten des marquis, vergebens wirft er seinen handschuh 
hin zum pfande für dessen treue -— Richard lässt sich nicht bewegen. In folge 
dessen bietet der unterhändler andere bedingungen an: die übergabe der stadt soll 
erfolgen, wenn den einwohnern freier abzug zugebilligt wird. Ausserdem soll 
u. a. auch das heilige kreuz bald übergeben werden. Diese bedingungen nimmt 
könig Richard an und bald ziehen die siegreichen christen in die stadt ein. Die 
besatzung bleibt bis zur erfüllung der bedingungen kriegsgefangen. 

[Cap. IX, v. 3323—3730]. Die im gefängniss schmachtenden Sarazenen 
senden boten an Saladin mit der bitte, sie auszulösen, worauf dieser eine gesandt- 
schaft mit reichen schätzen an Richard schickt. Dieser aber entgegnet den ab- 
gesandten, dass er nach gold und anderen kostbarkeiten kein verlangen trage, und 
fordert sie auf, mit ihm zu speisen. Und nun gibt er seinem marschall den auf- 
trag, den vornehmsten Sarazenen im gefängniss die köpfe abschneiden und vom 
koch zubereiten zu lassen. Die köpfe sollten mit den auf pergamentrollen ge- 
schriebenen namen der getödteten den gästen und ihm selbst vorgesetzt werden. 
Der grausame befehl wird genau befolgt. Furcht und schrecken befällt die ge- 
sandten, als sie die diener die köpfe auf die tafel bringen sehen, von denen sie 
manches antlitz, als freunden und bekannten angehörend. wiedererkennen, und mit 
immer wachsendem grausen sehen sie den könig mit appetit von dem ihm auf- 
getregenen kopfe essen. Als Richard bemerkt, dass die boten des sultans stumm 
dasitzen und nichts essen, befiehlt er, die köpfe wegzunehmen und gewöhnliche 
speisen aufzutragen, indem er sich höhnisch entschuldigt, ihren geschmack nicht 
gekannt zu haben. Nach der mahlzeit bitten die gesandten um die antwort des 
königs Diese lautet: wenn auch der sultan versuche, den pilgern die lebens- 
mittel abzuschneiden, so würden die christen trotzdem keinen mangel leiden, denn 
sie würden die erschlagenen Sarazenen verzehren, deren fleisch so schmackhaft 
wäre, und nicht eher ruhen, als bis sie sämmtliche Sarazenen aufgegessen hätten. 
Die boten kehren hierauf zu Saladin zurück und erzählen umständlich alle ihre 
erlebnisse. Hier erfahren wir auch die namen der getödteten Sarazenen. Es sind 
dies die fürsten von Damascus, Niniveh, Persien, Samaria, Egypten und Africa. 
Saladin geräth in grossen zorn über die grausamkeit des königs von England. 
Auf veranlassung seiner vasallen wird nun eine neue gesandtschaft mit noch kost- 
bareren geschenken an Richard abgeschickt, die ihm zugleich die herrschaft über 
ein weites ländergebiet anbieten soll, wenn er seinen glauben abzuschwören ge- 
willt sei. Dieses anerbieten weist Richard mit entrüstung zurück und droht, alle 
gefangenen tödten zu lassen, wenn ihm nicht am anderen tage das heilige kreuz 
überbracht würde. Als die gesandten erklären, nicht zu wissen, wohin das kreuz 
gekommen sei, befiehlt Richard sogleich, alle gefangenen, mit ausnahme von 
zwanzig, vor der stadt zu enthaupten. 60000 werden hierauf auf einen platz 
geführt. Da hören die christen plötzlich stimmen von engeln, welche zum morde 
auffordern. Erfreut über die göttliche billigung der that, lässt Richard alle ge- 
fangenen töklten. 


Die me. romanze Richard Coeur de Lion und ihre quellen 171 


Part II. 


[Cap. I, v. 3731 —4274]. Das kapitel beginnt mit einer schilderung des. 
fröhlichen monats Mai. — Richard ladet könig Philipp zu einem gastmahle ein, 
nach welchem beide fürsten nochmals ein schutz- und trutzbündniss gegen Saladin 
abschliessen. Richard will nicht länger in Akkon bleiben, sondern Saladin an- 
greifen. Er räth dem könig Philipp, nach eroberung einer feindlichen stadt 
keinem Sarazenen das leben zu schenken, der sich nicht zum christlichen glauben 
bekennen würde. Philipp verspricht demgemäss zu handeln, obwohl er im innern 
anders denkt. Philipp zieht mit seinem heere nach der stadt Taburette (?), welche 
sich unter zahlung eines grossen tributes bald ergeben will. Philipp ist sofort 
geneigt, diese bedingung anzunehmen; er fordert nur noch, dass die Sarazenen 
ihn den lehnseid leisten. Dies geschieht, worauf Philipp nach Archane (?) ge- 
langt, dessen einwohner unter denselben bedingungen ebenfalls geschont werden. 
— Unterdessen hat Richard über sein heer eine musterung abgehalten. Er theilt 
sein heer in drei theile. Den ersten befehligt er selbst, den zweiten ‘Thomas 
Multon, während den dritten Foulk Doyly führt. — Richard zieht mit seiner ab- 
theilung nach Sudan Turry (?), welches er mit list erobert. 3000 mann nämlich 
erklimmen auf sturmleitern an einem unbewachten punkte die mauern und fallen 
den Sarazenen in den rücken. Die zugbrücke wird heruntergelassen und Richard 
dringt mit den seinigen in die stadt ein, überall die feinde schonungslos nieder- 
machend. — Inzwischen ist Thomas Multon vor der festung Orglyous (?) einge- 
troffen. Ehe die belagerung beginnt, senden die Sarazenen einen der ihrigen, der 
früher christ gewesen war, in das lager der kreuzfahrer. Dieser gibt vor, aus. 
dem gefängnisse der stadt entflohen zu sein, und erbietet sich, das christliche heer: 
heimlich in die stadt zu führen. Thomas Multon aber entlarvt den betrüger und 
befiehlt, ihn aufzuhängen. Voll angst um sein leben verräth der spion alles, in- 
dem er erzählt, dass unter der zugbrücke eine tiefe grube und auf der briicke 
eine fallthür angebracht sei. Der renegat gibt nun Thomas den rath, die wurf- 
maschinen spielen zu lassen, wodurch er die stadt bald einnehmen werde. Die 
Sarazenen ergeben sich in der that, als sie von den schleudermaschinen hart be- 
drängt werden. Der befehlshaber der stadt muss die fallgrube ausfüllen lassen, 
worauf Thomas Multon seinen einzug hält, Seinem wunsche gemäss erhält der 
renegat als belohnung lebensunterhalt bis zu seinem tode und lässt sich wieder 
bekehren. Die absicht der Sarazenen, die christen in der nacht zu überfallen, 
wird von dem neubekehrten an Thomas Multon verrathen, der sogleich die thore- 
der stadt schliessen und alle Sarazenen niedermetzeln lässt. 

[Cap. I. v. 4275—4788]. Foulk Doyly ist mit seiner schaar vor der 
starken festung Ebedy (?) angelangt, die er sofort zu belagern beginnt, Er lässt 
den graben ausfüllen und die wurfmaschinen dicht an die mauern bringen. Bald 
in die höchste noth versetzt, machen die Sarazenen einen ausfall, begegnen aber 
bei den christen, obgleich sie diesen an zahl weit überlegen sind, einem so tapferen. 
widerstande, dass sie in kurzer zeit weichen müssen. Da ihnen der rückzug ab- 
geschnitten ist, sind sie den christen vollständig preisgegeben. Nachdem die thore 
erbrochen, wird in der stadt alles niedergemacht, sie selbst geplündert. Dann, 
bricht er wieder auf, um sich mit Thomas Multon und Richard wieder zu ver- 
einigen. Nach der vereinigung stösst der könig von Frankreich zu ihnen. Alle 
ziehen nun nach Akkon zurück, um dort der ruhe zu pflegen und die wunden zu 


172 F. Jentsch 


. 


heilen. Einige zeit nachher findet bei Richard ein gastmahl statt, nach welchem 
Richard, Thomas und Foulk erzählen, welche städte sie eingenommen und wie 
sie deren bewohner sämmtlich getödtet hätten. Als der könig von Frankreich 
hierauf seinerseits von der unterwerfung der städte Taburette und Archane und 
von der schonung ihrer einwohner berichtet, macht ihm Richard die heftigsten 
vorwürfe. dass er gegen seinen rath gehandelt habe, denn die Sarazenen würden 
«lie gelobte treue doch nicht halten. Dies zu erproben, wird von beiden königen 
«in neuer zug gegen die beiden orte unternommen. Die vermuthungen Richard’s 
erweisen sich als richtig. Philipp wird spöttisch empfangen und nicht in die 
stadt eingelassen, worauf beide städte mit sturm genommen und die einwohner 
getödtet werden. — Richard ermahnt jetzt den könig Philipp dringend, ihm im 
heiligen lande nicht mehr die geschworene treue zu brechen. Philipp ist im 
innern über diese zurechtweisung ergrimmt, äusserlich aber bewahrt er seine ruhe 
und gibt Richard das versprechen, ihn fürderhin aufrichtig zu unterstützen. Hierauf 
ziehen beide mit ihren heeren an der seeküste entlang, wo sie die nöthigen waflen 
und lebensmittel von ihren schiffen erhalten. 

[Cap. HI, v. 4789—5340]. Auf dem marsche nach Cayphas wird Richard 
von Saladin überfallen. Die christen kämpfen wacker; aber eine ungeheuere 
hitze, dicker staub und widrige winde sind ihnen hinderlich, sodass Richard am 
erfolge zu verzweifeln beginnt. Betend kniet er nieder. Da sieht er plötzlich 
den heiligen ritter Georg auf muthigem rosse die feindlichen reihen mordend 
«urchreiten. Das gibt ihm wieder muth. Mit gewaltigem ansturm wirft er sich 
auf den feind, der sich bald in die berge von Nazareth zurückziehen muss. Richard 
erreicht Cayphas, welches er besetzt. Am folgenden morgen setzen die kreuz- 
fahrer ihren marsch an der meereskiste fort, bis zur stadt Palestyn (= Caesarea). 
lier schlägt Richard ein lager auf, um die vorräthe zu erwarten, welche ihnen 
zu schiffe herangebracht werden sollten. — Diesen aufenthalt Richard’s benutzt 
Saladin, um eine ganze reihe christlicher festungen (v. 4894 — 4900) zu zerstören. 
Hierauf sendet er boten an Richard, welche ihn zu einem kampfe in der nähe 
«les waldes von Arsour (= Arsuf) auffordern sollen. Die herausforderung wird 
ıngenommen. — Ein ungeheueres heer Saladin’s steigt in drei abtheilungen von 
«en bergen herab. Richard theilt sein heer ebenfalls und gibt die erste schaar 
cen Templern und Hospitalitern, geführt von Jakes Deneys und Jhon de Neles. 
Diese abtheilung wird mit den Sarazenen zuerst handgemein. Jakes Deneys wird 
mit seinen beiden söhnen von den seinigen getrennt und nach tapferer gegenwehr 
getödtet. Als dies Richard erfährt, stürmt er voller wuth in die reihen der feinde, 
die vor ihm zurückweichen und bald in wilder flucht davoneilen. Auch Saladin 
flieht, von Richard verfolgt. Da er ihn nicht erreichen kann, nimmt er den bogen 
eines fusssoldaten und sendet dem sultan einen pfeil nach, der ihn an der schulter 
verwundet. — Richard bringt hierauf die nacht in der stadt Arsour zu. Am andern 
morgen lässt er durch den grossmeister der Hospitaliter, den leichnam des tapferen 
helden Jakes Deneys aufsuchen und in Jerusalem bestatten. — Richard will nun 
anit Philipp einen zug gegen Niniveh unternehmen. Da erfahren sie, dass sich 
«lie Sarazenen in der ebene von Odoh (?) sammeln und eine schlacht wagen wollen. 
Richard, der sofort den kampf aufnehmen will, ordnet sein heer in vier geschwader. 
Das erste befehligt Foulk Doyly, das zweite Thomas Multon, das dritte könig 
Philipp, das vierte Richard selbst. Dieser täuscht die feinde dadurch, dass er 
die in der schlacht bei Arsour erbeuteten sarazenischen banner entfalten lässt. So 


Die me. romanze Richard Coeur de Lion und ihre quellen 173 


gelingt es ihm, die feinde gänzlich zu umschliessen, welche, als plötzlich Richard's 
eigenes banner entrollt wird, allen muth verlieren und völlig geschlagen werden. 
Fast alle wären getödtet worden, wenn es nicht einer ahtheilung geglückt wäre, 
bei Philip's schaar durchzubrechen und nach Niniveh zu entfliehen. — Richard 
und Philipp ziehen nun nach Niniveh, das sofort hart belagert wird. Die be- 
lagerten kommen mit den christen überein, die sache durch einen einzelkampf zu 
entscheiden. Von jeder seite sollen je drei gegen einander kämpfen; der sieg- 
reichen partei solle die stadt gehören. Der kampf fällt zu ungunsten der be- 
lagerten aus. Die drei ausgesandten feindlichen admirale fallen im kampfe. Richard 
tödtet Archolyn, Thomas Multon Courdrybas, Foulk Doyly Calabre. Dem ver- 
trage gemäss erhalten die christen Niniveh, dessen einwohner sich taufen lassen. 
[Cap- IV. v. 5341-5888]. Saladin ist nach Babylon geflohen, wo ihn 
Richard und Philipp vollständig einschliessen. Letzterer aber, vom sultan be= 
stochen, zieht seine truppen bald von der belagerung der stadt zurück, angeblich 
aus mangel an lebensmittel. Am nächsten tage fragt ein bote Saladin’s hei 
Richard an, ob er geneigt sei, angesichts beider heere mit speer und schild gegen 
den sultan zu kämpfen. Es solle durch diesen kampf entschieden werden, welcher 
gott mächtiger sei: Jesus oder Jupiter. Zu diesem kampfe bietet der sultan 
Richard ein ross an, das alle anderen an muth und stärke überträfe. Richard 
willigt ein, worauf Saladin durch einen zauberktinstler zwei teufel in eine stute 
und ein füllen verwandeln lässt. Dieses ist so abgerichtet, dass es, wenn die 
stute wichert, zum saugen niederkniet. Richard, der das füllen besteigen sollte, 
wäre auf diese weise zweitellos vom sultan in dem kampfe getödtet worden. In. 
: ig Richard ein engel, der ihn mit dem plane 

massregeln anrätl. Am morgen wird 
pferde wachs in die ohren und be- 
wer führung zu folgen. Nachdem dann 
er eingenommen, werden die bedingungen 
| Saladin besiegt, erhalten die christen. 

















Kampfe aber gelingt die list 
1 . Endlich wird Saladin 
stürzt sich nun mitten 
„ und auch Philipp Ba 
Babylon seine thore Eis 
nden werden niedengemetaett 





174 F. Jentsch 


lich, sich an der arbeit zu betheiligen. Dieser aber gibt trotzig zur antwort: 
„Mein vater war kein maurer und zimmermann*. Hierdurch in die grösste wuth 
versetzt, stösst Richard mit seinem fusse den herzog vor die brust und droht, 
sein banner zu zerbrechen und in den fluss zu werfen. Dem könige von Eng- 
land rache schwörend, zieht sich der herzog mit seinen leuten zurück. Mit ihm 
gehen der herzog von Burgund und der graf von Boulogne mit ihren schaaren. 
Richard führt nun die drohung in der that aus. Nach der befestigung von Askalon 
erobert Richard Albary (?). worauf er nach der stadt Daroun (= Darum) zieht, 
deren einnahme mit grösseren schwierigkeiten verknüpft ist. Unterstützt durch 
die belagerungsmaschinen , gelingt es indessen den christen, in kurzer zeit in die 
stadt einzudringen und die Sarazenen, welche sich in den höchsten thurm zurück- 
gezogen hatten, zur übergabe zu nöthigen. Nach der einnahme von Daroun wird 
Gatrys (= Gaza?) belagert, das auf eigenartige weise erobert wird. Der befehls- 
haber hatte in der mitte der stadt eine marmorstatue, mit einer krone auf dem 
haupte, errichten lassen und den bürgern argerathen, dem könige von England, 
wenn er in die stadt einziehen und nach dem befehlshaber fragen sollte, zu ant- 
worten, dass es die statue sei. Dies wird befolgt, nachdem die Sarazenen die 
thore geöffnet haben. Richard erbietet sich mit der statue zu kämpfen; würde 
es ihm gelingen. ihr den kopf abzuschlagen, so sollten die Sarazenen an seinen 
gott glauben. Er verstümmelt hierauf in der that die statue in der angedeuteten 
weise, und alle einwohner werden christen. Richard geht nun nach Askalon 
zurück, zieht dann nach Leffunyde (?), das er ohne schwertstreich besetzt, und 
nimmt Gybelyn (= Ibelin), den einstigen sitz der Hospitaliter und "Templer ein. 

[Cap. VI. v. 6267—6656]. In Gybelyn erhält Richard schlimme nach- 
richten aus England: Sein bruder Johann habe den kanzler vertrieben und wolle 
sich zu ostern krönen lassen. Aber Richard schenkt diesem gerücht keinen 
glauben. Von Syblyn (Gybelyn?) geht er nach Bethanye (= Beitnubah) und 
erobert den ort. Nun langen neue boten aus England an, welche die ersten nach- 
richten bestätigen. In folge dessen beginnt Richard ernstlich an die rückkehr in 
die heimath zn denken. Da theilt ihm ein Sarazene mit, dass sich eine reich 
mit schätzen beladene karawane auf dem marsche zu Saladin befinde. Deshalb 
bricht er sogleich mit seinem heere auf und erreicht den zug noch in der nacht, 
verschmäht aber den rat des Sarazenen, die karawane sofort zu überfallen. 
Richard erringt dann am folgenden tage einen vollständigen sieg. Die unermess- 
lichen schätze, welche man erbeutete, werden nach Bethanye gebracht, wo sie 
von dem könig unter seine ritter und mannen vertheilt werden. — Jetzt kommen 
wieder sendboten aus der heimath: der bischof von Chester und der abt von 
St. Albon, welche ihm von neuem den plan seines bruders Johann mittheilen und 
ausserdem berichten, der könig von Frankreich sei in die Normandie eingefallen. 
Richard entschliesst sich nun, nach England aufzubrechen. Vorher aber ver- 
proviantirt er die stadt Jaffe und schützt sie durch eine besatzung, worauf er 
nach Akkon zieht. Als Saladin die beraubung der karawane erfährt, schwört er, 
grausame rache zu nehmen. In diesem augenblicke erscheint ein spion vor ihn, 
der ihm von der bevorstehenden abreise des königs von England und von der 
besetzung Jaffe’s bericht erstattet. Der sultan entbietet nun alle seine vasallen 
zum kampfe, und bald befindet sich ein ungeheures heer auf dem wege nach 
Jaffe. Vor dieser stadt angelangt, beginnt sofort die belagerung. Die christen 
miissen sich in kurzer zeit in die citadelle zurückziehen, worauf die stadt von 


Die me. romanze Richard Coeur de Lion und ihre quellen 175 


den Sarazenen genommen wird. In der nacht schicken die belagerten einen boten 
nach Akkon zu könig Richard, um schnelle hülfe zu erbitten. Dieser sendet 
seinen neffen Heinrich von Champagne mit einem heere der bedrohten stadt zu 
hülfe. Der graf von Champagne bricht sofort auf und gelangt, immer an der 
küste entlang ziehend, bis nach Palestyn. Als er hier die schaaren des Sultans, 
der ihm entgegengerückt war, erblickt, wendet er sich auf der stelle zur flucht. 
Bei Richard angekommen, erzählt er von.der übergrossen zahl der feinde. Der 
könig ist über die feige flucht seines neffen empört, den er für die folgen seines 
thuns verantwortlich macht. Dann befiehlt er allen, sofort die schiffe zu be- 
steigen, und bald segelt die flotte nach Jaffe. 

_[Cap. VII, v. 6657—7136]. Das kapitel beginnt wieder mit einer auf- 
zählung von helden, deren thaten besungen worden. Keiner aber verrichtete solche 
thaten wie könig Richard. — Dieser gelangt vor mitternacht nach Jaffe, Da er 
niemanden sieht, glaubt er, all seine ritter seien erschlagen. Am morgen indessen 
erscheint ein spielmann auf der zinne der burg, welcher die schiffe Richard’s 
bemerkt. Schnell theilt er dies den belagerten mit, und jubelnd treten diese an 
die wälle, um ihren könig zu begrüssen. Richard ruft zu den waffen, springt 
zuerst ans land und dringt, nur von einem dutzend ritter begleitet, auf die feinde 
ein, welche bald aus der stadt vertrieben werden. Die in der burg befindlichen 
christen machen einen ausfall, und mit ihnen vereint, nöthigt Richard die Sara- 
zenen vollständig zur flucht. Nachdem er sie verfolgt, wird vor der stadt das 
lager aufgeschlagen. Während des nachtmahles kommen zwei boten Saladin’s zu 
zu Richard, welche ihm rathen, sich schnell in die stadt zurückzuziehen, da 
Saladin mit einem starken heere heranrücke. In Jaffe möge er sich überlegen, 
ob es nicht besser wäre, ohne weiteren kampf nach hause zurückzukehren. 
Zornig weist dies Richard zurück: er will den feind am morgen erwarten. Die 
boten kehren zu Saladin zurück, und Richard legt sich znr ruhe nieder. Gegen 
morgen wird er von einem engel geweckt, der ihm den rath gibt, sich eilig nach 
Jaffe zu begeben; vorher aber würde er noch einen kampf mit dem sultan zu 
bestehen haben, nach welchem er frieden schliessen und nach hause zurückkehren 
solle. Richard erhebt sich sofort vom lager, besteigt sein ross Favel und fordert 
die seinigen zum kanıpfe gegen Saladin auf, der sich mit seinem heere zwischen 
die stadt und das lager der christen gelegt hatte. In der nun folgenden scblacht 
zeichnet sich wieder Richard Löwenherz besonders aus. 3000 Sarazenen treibt 
er in einen vor der stadt sich ausbreitenden sumpf. Überall greift er helfend 
ein; so rettet er seinen oheim (!) Heinrich von Champagne, der vom pferde 
gestürzt war und von Sarazenen umringt wurde. In diesem augenblick wird 
Richard durch einen boten nach der stadt gerufen, wo sich die christen in grosser 
gefahr befinden. Rasch wendet er sich mit den seinigen nach dieser seite und 
kämpft mit dem gleichen erfolge, wie bisher, so dass sich der sieg endlich an 
seine fahnen heftet und die Sarazenen die flucht ergreifen. Am anderen morgen 
überbringt eine gesandtschaft dem sultan folgende anträge: Richard wolle ent- 
weder allein gegen 25 Sarazenen kämpfen, um dadurch endgültig zu entscheiden, 
wem das land gehören solle, oder er bitte den sultan um einen waffenstillstand 
von drei jahren, drei monaten und drei tagen. Saladin willigt in die letztere 
bedingung. Am folgenden tage wird der friedensvertrag abgeschlossen, wonach 
die christen in den nächsten drei jahren ungehindert an die heiligen stätten wall- 
fahrten können. Hierauf kehrt Richard nach England zurück, wo er nur noch 
zehn jahre regiert. In Castel-Gaylard wird er erschossen. 


179 F. Jentsch 


ll. 


Die quellen der romanze. 


Das gedicht enthält eine mit sagen vermischte geschichte 
des kreuzzuges Richard’s I. von England. Indessen ist nicht zu 
verkennen, dass dem ganzen ein historischer kern zu grunde liegt. 
Man wird also mit recht vermuthen, dass der inhalt der romanze 
auf einer kompilation aus verschiedenen chroniken beruht. Will 
man nun das verhältniss der romanze zu ihren quellen feststellen, 
so muss man vor allem untersuchen, in wie weit die in der dich- 
tung geschilderten ercignisse den historischen thatsachen ent- 
sprechen, d. h. es ist zu prüfen, was der verfasser der romanze 
den einzelnen chroniken als geschichtlich entnommen, was dann 
selbständig hinzugefügt oder anderen romanzen entlehnt wurde. 
Hier bleibt freilich immer eine schwierigkeit bestehen. Da die 
englische romanze, wie ich schon oben bemerkte, eine übersetzung 
aus dem Französischen, das original jedoch verloren gegangen 
ist, so wird man nie mit sicherheit bestimmen können, welchen 
antheil der ursprüngliche verfasser, der übersetzer oder spätere 
überarbeiter an der vorliegenden form der romanze haben. Denn 
schon Ellis: a. a. o. p. 282 hat behauptet, dass dic französische 
version und allem anscheine nach auch die erste englische über- 
setzung eine authentische geschichte Richard’s I. enthalten habe, 
dass diese aber nachher durch zahlreiche romantische interpola- 
tionen erweitert worden sei. Dass sich die sache in der that so 
verhält, werde ich weiter unten zu beweisen suchen. Wenn ich 
daher von einem »verfasser« rede, so wird sich dies in dem ge- 
schichtlichen theile dieser abhandlung zumeist auf den frz. dichter 
oder auf den übersctzer beziehen müssen, während bei den hinzu- 
fügungen und entlehnungen an spätere überarbeiter zu denken ist. 


Bei der untersuchung über die quellen der romanze ist es 
mir nun gelungen, dic hauptquelle zu entdecken. Es zeigte sich 
nämlich, dass die geschichtlichen thatsachen, welche uns begegnen, 
zum grossen theile ciner chronik entlehni sind, dem Itinerarium 
Peregrinorum ct Gesta Regis Ricardi. 

Ausserdem dürften noch vier andere chronisten in frage 
kommen, aus deren werken geschöpft worden sein muss: Roger 
de Hoveden, Ricardus Divisiensis, Walter von Heming- 
burgh und Johannis Bromton. 


Die me. romanze Richard Coeur de Lion und ihre quellen 177 


Im folgenden will ich nun die belegstellen ftir die benutzung 
der einzelnen chroniken anführen. Dabei kann es sich nur darum 
handeln, zu zeigen, wie die in den letzteren geschilderten ereig- 
nisse in der romanze eingang gefunden haben. Denn wir werden 
die erfahrung machen, dass namen, zahlenangaben oder zeitbe- 
stimmungen ein sehr unsicheres kriterium fiir diese untersuchung 
sind. Es wird sich zeigen, .dass die romanze namen nennt, welche 
die quellen nicht bieten, dass ferner historische namen ganz 
willkürlich mit beliebig erfundenen erzählungen verknüpft sind. 
In betreff der zahlenangaben aber ist zu bemerken, dass einer- 
seits die romanze in den meisten fällen übertreibt, andrerseits 
jedoch eine vorliebe für gewisse zahlen (z. b. 7, 13, 15, 100), 
welche häufig wiederkehren, zeigt. Endlich sind auch die wenigen 
zeitbestimmungen, die sich finden, selten richtig wiedergegeben. 

Zu alledem kommt noch, dass kaum eine der me. romanzen 
in ihrer ursprünglichen gestalt auf uns gekommen ist, sondern 
in jüngeren fassungen und abschriften. 

So ist es unzweifelhaft mit unserer romanze Richard Coeur 
de Lion gewesen. Auf diese weise sind denn auch die mannig- 
fachen verschiedenheiten, widersprüche, ausschmückungen etc. zu 
erklären, welche die quellen nicht aufweisen. Es lag eben in 
der individualität des abschreibers, der sich berufen fühlte, ände- 
rungen im texte, theils durch hinzufügungen, theils durch streichungen 
vorzunehmen. 

Ich komme nun zu dem nachweis der quellen selbst, auf 
die ich durch das studium folgender werke aufmerksam geworden 
bin: Wilken: Geschichte der kreuzzüge. bd. IV. Leipzig 1826; 
Pauli: Geschichte von England. bd. IH. Hamburg 1853; Röhricht: 
Beiträge zur geschichte der kreuzzüge. 2 bde. Berlin 1874. 1878. 
Vorher aber möchte ich noch bemerken, dass das sich ergebende 
resultat dazu beitragen kann, das dunkel einigermassen aufzuhellen, 
welches über der abfassung der romanze, so wie wir sie jetzt | 
besitzen, ausgebreitet liegt. 


A. Itinerarium Peregrinorum et Gesta Regis Ricardi, 


ed. Stubbs: Rer. brit. medii aevi script. bd. 38' London 1864. 


Da das Itin., wie ich schon andeutete, in so nahem ver- 


hältnisse zu der romanze steht, dürfte es zweckmassig sem, Bann 
E Kölbing, Englische studien. XV, 2. Ve 


158 Miscellen 


Eine vollständige und dabei auch inhaltlich wirklich vollendete über- 
setzung bescherte erst neuerdings L. A. J. Burgersdijk seinem volke. December 
1888 ward diese ruhmwürdige leistung abgeschlossen, welche in den 12 bänden 
auch die lyrik Shakespeare’s, eine biographie und einen exegetisch-dramaturgischen 
kommentar enthält. „Het Nederlandsch Tooneel,* die vom könig der Niederlande 
priveligirte gesellschaft, legt ihren aufführungen Burgersdijk’s text zu grunde. ! 

Was in den letzten jahrzehnten, seit dem erwachen einer kritisch-litterar- 
historischen forschung in den Niederlanden an allerhand kleinen studien hervor- 
getreten ist, verzeichnet Albert Cohn’s längst anerkannte periodische bibliographie 
im Jhb. d. dtschn. Sh.-ges. Hier seien aus älteren und neueren veröffentlichungen 
einige wichtigere nummern herausgehoben. 1808 H. J. Meijer, Verhandeling 


over W. Shakespere (Amsterd.). — 1808 G. van Hemert, Lektuur u. s. w. 
(Amsterd.) p. 1—76 W. Sh. — 1810 Shakespeare, Minnaar Blijspel, naar het 
fransch (Alex. Duval) door C. van der Vijver (Amsterd.). — 1815 N. G. van 


Kampen, Redevoering over W. Shakespear. Voorgelezen in de Leydensche 
Afdeeling der Hollandsche Maatschappij van fraaie Kunsten en Wetenschappen, 
den 9. Dec. 1814 (Leyden). — 1823 ders., in Werken der Hollandsche Maat- 
schappij VI p. 216 f. (über Othello). — 1836 J. Moulin, 'Tegen den Heer van 
der Hoop, als beoordeelaar myner vertaling van Macbeth. — 1841 K. Sybrandy, 
Verhandeling over Vondel en Shakspeare als Treurspeldichters. Uitgegeven 
door Teyler’s Tweede Genootschap (Haarlem). — 1845 J. Moulin, Omtrekken 
eener Algemeene Literatuur over W. Sh. en deszelfs Werken. Dweede deel 
(I. nicht erschienen). — 1863 A. Pannevis, Sh. en de hedendaagsche Neder- 
landsche Uitgaven en Vertalingen zijner Tooneelstukke. Kritische Bijdrage tot 
de Kennis van Dichtkunst (Utrecht); eine vorzügliche übersicht. — 1864 J. H. 
Meijer, Shakespeare, eene kritische Leventsschets (Deventer), das erste zusammen- 
fassende werk. — 1868 besprach A. C. Loffelt (der Utrecht 1867 eine gute er- 
klärende ausgabe von „Hamlet* gab) in „De Nederlandsche Spectator“ (einer 
Sh. andauernd berücksichtigenden einflussreichen zeitschrift) in vier abschnitten 
“Nederlandsche navolgingen van Sh.’ 1874 gab prof. H..E. Moltzer zu Groningen 
eine kleine treffliche schrift ‘Shakspere’s Invloed op het Nederlandsch Toonell der 
XVII. eeuw’ heraus. Endlich erschien 1889 in Leyden bei E. J. Brill ein eigen- 
artiges kritisch-ästhetisches werk in deutscher sprache, des titels: „Shakespeare’s 
drama in seiner natürlichen entwicklung dargestellt. Studien über des dichters 
sprache, zeit, kunst und poesie als einleitung zu seinen werken für den gebildeten 
leser, von dr. Timon [d. i. M. P. de Haan].“2 Über dieses berichtete M. Koch 
Engl. st. bd. XIV p. 259 f. Damit ende unser flüchtiger streifblick. 


II. Bei den Friesen des 19. jahrhunderts. 


Wohl kein anderer dichter der weltlitteratur hat die kosmopolitische be- 
deutung seiner muse wie Shakespeare dadurch erwiesen, dass seine geisteserzeug- 
nisse sogar von mundarten fremder idiome aufgenommen worden sind, denen 








1 S. Jhb. d. dtschn. Sh.-ges. XXIV s. 166. Ebd. III s. 431—33 z. b. 
manches von 1867. 

2 Vgl die anzeige des unterzeichneten in d. Blttrn. f. literar. unterhitg. 
1889, nr. 49 und 51. 


L. Frankel, Shakespeare’s bekanntwerden in den Niederlanden 159 


kaum der rang einer selbständigen schriftsprache beizumessen ist. An dieser 
stelle soll nun einmal verzeichnet werden, was sich der friesische dialekt von 
Shakespeare angeeignet hat. Früher gelieferte vereinzelte notizen, beispielsweise 
in H. G. Bohn’s ausgezeichneter Shakespeare-bibliographie in der von ihm be- 
sorgten neuausgabe von W. Th. Lowndes’ “The Bibliographer’s Manual of English 
Literature’ VIII (Lond. 1863) p. 2364a, können erst jetzt kontrolirt werden, 
nachdem uns ein so gewiegter kenner des friesischen schriftthums wie Th. Siebs 
eine — freilich ganz anderen zwecken dienende — bibliographie des letzteren 
geschenkt hat, im 1. bande seines werkes „Zur geschichte der englisch-friesischen 
sprache* (Halle a. S. 1889). Leider ist ihm aber die vollständigkeit der biblio- 
graphischen angaben nicht sehr wichtig erschienen, so dass wir frühere mittei- 
lungen anderer zur ergänzung daneben befragen müssen. 

1829 erschien zu Grinz in oktav: De Keapman fen Venetien in Julius 
Cesar twa [Bohn a. a. o. troa!] Tooneelstikken fen Willem Shakespeare, uut it 
Ingels foarfrieske, trog R. Posthumus. — Diesen titel geben Bohn a. a. o., die 
angabe R. Köhler’s im Katalog der bibliothek der dtschn. Sh.-ges. Jhbch. XXIV 
s. 289, Siebs a. a. 0. s. 379, ausserdem van der Aa, Biographisch Woordenboek 
der Nederlanden XV (1872) s. 437. An letzterem orte wird überhaupt eine 
übersicht der schriften des verfassers versucht und seine lebensschicksale knapp 
dargestellt (danach lebte Rinse Posthumus 1790— 1859). Er gab weiter heraus: 
As jiemme it Iye meie, in Blijspul, uut it Ingels fen W. Shakespeare, forfrys- 
ke inmei orkleerjende noten forsjoen. Dockum 1842. Kleinoktav.! Bei Bohn 
a. a. 0. ist dieser titel stark entstellt, der erscheinungsort z. b. in Dorkum. Genau 
ist er angegeben bei van der Aa s. 437, kürzer bei Siebs s. 379. Aus der er- 
wähnten charakteristik des mannes, welche van der Aa gibt, sei noch der schluss- 
satz herausgehoben: ‘Hij was tevens een warm beoefenaar der Friesche taal, 
waarin hij drie tooneel- en blijspelen van Shakespeare heeft overgezet, terwijl 
hij, nog op het laatst van zijn leven eene vertaling van diens Tempest voor 
de pers had gereed gemaakt’. Siebs führt dem entsprechend an (a. a. 0.): Uit- 
noodiging tot inteekening op een toneelstik, De storm van W. Shakespeare, uit 
het engl. in het friesch overgebr. Leeuwarden 1852. — 2. druk 1855. 

Ausserdem führt Siebs s. 369 noch eine veröffentlichung ‘Ut Shakespeare 
syn Hamlet’ von G. Colmjon an, ohne über art, ort und jahr des erscheinens 
sowie über den verfasser etwas “niheres beizufügen. Von letzterem sind noch 
5 arbeiten (1862, 1875, 1877, 1879, 1883, o. j.) citirt, darunter eine litterar- 
historische ‘oer de friske skriuwery’ (Hearrenfean, 1875). Übrigens gehören so- 
wohl Posthumus als Colmjon natürlich dem west(land)-friesischen sprachgebiete an. 

Berlin, Januar 1890. Ludwig Fränkel. 


AE. WYRDE (WEORD) = DIGNUS MIT DEM DATIV. 


Bei gelegenheit der ausarbeitung meiner sammlungen zu der in meiner dis- 
sertation (Bonn 1888, s. 2) versprochenen „Syntax Alfreds“ treffe ich im Beda 
auf 7 stellen, an denen das eigenschaftswort wyrde (weord) in der bedeutung 
»dignus« nicht mit dem gewöhnlich und zwar sehr häufig vorkommenden genitiv, 
sondern mit einem dativ erscheint. Die stellen sind nach der ausgabe von 
Smith: 479, 7 der was cyrice geworht and getimbrad sundorlices geweorces, and 


1d. i. ‘As you like it. Siebs druckt: As jimme et \ije meic, in disp. 


160 Miscellen 


his drowunge and martyrdome wyrpe — ecclesia est mirandi operis alque ejus 
martyrio condigna exstructa; 527, 38 pat he ware biscophade wyrpe = ipsum esse 
dignum episcopatu; 564, 2 de biscophade wyrde ware — cujus magis ad susci- 
Diendum episcopatum et eruditio conveniret et aetas; 613, 13 da onfangenan denunge 
@fter wyrdum dedum dam hade gehalgade == acceptum officium condignis gradu 
actibus ipse consecrabat; 618, 31 des biscopes lif ic gemette biscope wyrpe beon = 
vitam episcopo dignam esse comperi; 639, 31 pat he ware his biscophade wel wyrpe 
== episcopatu esse dignus inventus est; endlich 597, 26 dam wordum sona monig 
word in pat ylce gemet Gode wyrpes (Godes wordes, T.) songes to gepeodde = eis 
mox plura in eundem modum verba deo digni carminis adiunxit. Es kann also 
kein zweifel sein, dass wyrde in der bedeutung digas auch mit dem dativ ver- 
bunden wird, eine thatsache, die bisher unbekannt gewesen zu sein scheint. Nur 
Einenkel (Streifzüge, s. 211) erwähnt eine stelle der Blickling Homilies 163, 
13, wo er »seo heall Gode weorfe funden wes« durch »Gottes werth, würdig« 
übersetzt, während Flamme in seiner dissertation über die syntax der BI. H. 
(Bonn, 1885, s. 6 § 7c) weorde weniger zutreffend durch »geeignet für« wieder- 
gibt, indem er Morris’ ‘fit for’ übersetzt. Grimm, Gramm. IV? (1837), s. 747 
bemerkt bei »werih«: »die bedeutung von digzus fordert den genitive. — Alfred 
wendet in den von mir für die syntax herangezogenen 7 echten, bezw. ihm zu- 
geschriebenen werken (Beda, Orosius, Cura pastoralis, Boethius, Soliloquien, 
Psalter, Leges) bei wyrde = dignus auch gewöhnlich den genitiv an; mit 
dem dativ hat er wyrde in Or., Cp. und Bo. nur in der bedeutung »werth, 
lieb, theuer«, im Beda aber an jenen 7 stellen auch als übersetzung des lat. digzus. 
Von den 7 stellen scheinen Sweet (»Anglos. Readere, p. 195 [5. ed., p. 197]) 
und Aug. Schmidt (»Untersuchungen über könig Alfred’s Bedaübersetzung«. 
Dissert. Berlin 1889) nur die zuletzt erwähnte zu kennen, denn an diese knüpfen 
sie ihre bemerkungen. Sweet meint, wirde müsse den genitiv bei sich haben, 
die ganze stelle beweise überhaupt durch ihre ungeschickte übersetzung, dass 
Alfred nicht der verfasser sein könne; aber, wie ich gezeigt habe, kann wirde 
sehr wohl mit dem dativ verbunden werden, und ungeschickt übersetzte stellen 
gibt es auch in den andern werken Alfreds. Schmidt (a. a. 0., s. 51) meint, 
»man wisse gar nicht, ob der übersetzer gode von wyrfes abhängen lasse«; wie 
will Schmidt denn den ganzen satz verstehen? Er behauptet ferner, »dass dem 
übersetzer die construction des lateinischen PR überhaupt nicht ganz geläufig 
war«, und führt als beweis die folgenden beiden stellen an: 620, 24 and der 
his if in Gode mid wyrpre drohtunge gefylde = ibique vitam in deo digna con- 
versatione complevit ; Schmidt gibt hier selbst einen sehr naheliegenden und sicher 
richtigen grund an, weshalb A. falsch übersetzt haben kann, er hat nämlich »# 
deo« zusammengefasst. Die andere stelle ist 478, 43 wes pas heofonlican rices 
wwyrpe geworden — regni caelestis dignus factus est ingressu; Schmidt sagt dabei: 
cals ob von dignus abhinge regni caelestis«, es ist gar nicht nöthig, es so aufzu- 
fassen, Alfred hat hier zwar etwas frei übersetzt, aber den sinn richtig wieder- 
gegeben. Es geht ja überhaupt aus den oben angeführten 7 stellen mit dativ, 
sowie aus den zahlreichen mit genitiv deutlich hervor, dass A. die construction 
des lateinischen digrzus sehr wohl verstanden hat; bemerkenswerth ist aber, dass 
ihm für ein und dieselbe lateinische verbindung die übersetzung durch wyrde so- 
wohl mit dem genitiv als mit dem dativ geläufig ist. 
Bonn, Februar 1890. J. Ernst Wülfing. 


I. 


DIE MITTELENGLISCHE ROMANZE RICHARD COEUR DE 
LION UND IHRE QUELLEN. 


Poe NI ew 


Die mittelenglische romanze Richard Coeur de Lion 
ist zuletzt herausgegeben worden von H. Weber: Metrical Romances. 
bd. U. Edinburg 1810. Ein bruchstück findet sich bei Wülker: 
Altenglisches lesebuch. I. Halle 1874. p. 95 ff. (v. 6657 bis 
zum schluss). 

Die romanze enthält 7136 paarweis gereimte, viermal ge- 
hobene kurzzeilen. Über diese dichtung haben gehandelt: Warton: 
History of English Poetry. ed. Hazlitt. London 1871. bd. II. 
p. 149 ff.; ten Brink: Geschichte der englischen litteratur. Berlin 
1877. bd. I. p. 303 ff.; Körting: Grundriss der geschichte der 
englischen litteratur. Münster 1887. p. 121 f. Eine prosaanalyse 
hat gegeben Ellis: Specimens of Early English Metrical Romances. 
A new edition by Halliwell. London 1848. p. 286 ff. 

Von dieser romanze sind folgende hss. vorhanden: 

A. Die Auchinleck-hs. der Advocates Library, Edinburg, aus 
dem ersten viertel des 14. jahrh., zuletzt beschrieben von 
Kölbing: Engl. stud. bd. VII, p. 177 fl. Allerdings sind 
nur vier blattcr des gedichtes Azmg Richard erhalten: 

a) Zwei blätter mit zusammen 344 versen. Die ersten 24 zeilen 
sind in der zwölfzeiligen schweifreimstrophe abgefasst. Dieses 
bruchstück der romanze ist in einem sehr seltenen buche, 
von welchem sich ein exemplar im besitze des herrn prof. 
Kölbing befindet, herausgegeben: Owain Miles and other 


inedited Fragments of Ancient English Poetry. Edinburg 
E Kölbing, Englische studien. XV. =, \\ 


162 F. Jentsch 


1837. Uber dieses werk ist zu vergleichen Kölbing: Engl. 
stud. bd. VII, p. 290 und bd. XI, p. 497. 

b) Zwei andere bruchstücke sind in den beiden letzten blättern 
der Laing’schen fragmente erhalten (cf. Kélbing: Engl. stud. 
bd. VII, p. 178 und 190), nach Weber’s text v. 1745 bis 
1918 und v. 2579— 2762, also 352 verse edirt von Kölbing: 
Engl. stud. bd. VIII, p. 115 ff. 


Dass diese unter a) und b) aufgeführten fragmente urspriing- 
lich zusammengehörten, lässt sich ohne schwierigkeit nachweisen. 


An v. 168 des textes im Owain Miles schliesst sich un- 
mittelbar das erste blatt der Laing’schen fragmente an, während 
v. 169 ff. die fortsetzung des zweiten blattes der letzteren ist. 
Mit der Weber’schen ausgabe verglichen ergibt sich folgendes 
verhältniss: 


a) Owain Miles 1. blatt bis v. 1744. — 168 zeilen. 
8) Engl. stud. bd. VIII 2. „ v. 1745— 1918. --. 17060 ,„ 


_ ») Engl. stud. bd. VIII 3. „ v. 2579— 2762. — 176 „ 
0) Owain Miles A. 5, V. 2763—2936. — 176 _,, 


696 zeilen. 
Zwischen «) und f) fehlen 4 folios der hs.; nach Weber’s 

text im ganzen v. 1919— 2578. 
Das übrige, was ausser diesen vier blättern mit zusammen 


696 versen von der romanze in der Auchinleck-hs. enthalten ge- 
wesen ist, wird leider als verloren angesehen werden müssen. 


B. Die hs. des Duke of Sutherland, eine pergamenthandschrift 
aus dem ende des 14. jahrhunderts, cf. Kölbing: Engl. stud. 
bd. VII, p. 191. Von der. romanze sind 44 blätter in dieser 
hs. erhalten. Der anfang fehlt und der text beginnt erst 
mit v. 1849 der Weber’schen ausgabe. 

C. Additional-ms. 31042 im British museum, eine papierhand- 
schrift aus der mitte des 15. jahrhunderts, cf. Ward: Cata- 
logue of Romances in the Department of Manuscripts in 
the British Museum. bd. I. 1883. p. 944. 6380 verse; 
also auch nicht vollständig. 

D. Harleian-ms. 4690, eine membrane aus dem 15. jahrhundert, 
cf. Ward: a. a.o. p. 949. Diese hs. enthält nur 1608 verse 
des gedichtes. 


Die me. romanze Richard Coeur de Lion und ihre quellen 163 


E. Douce-ms. in der Bodleiana zu Oxford, eine papierhand- 
schrift aus dem 15. jahrhundert, cf. Duffus Hardy: Descriptive 
Catalogue of Materials relating to the History of Great Britain 
and Ireland. ed. Rer. brit. medii aevi script. Bd. 26" London 
1865. p. 520. Auch diese hs. bietet nur ein bruchsttick 
der romanze. 


F. Ms. des College of Arms LVIII. Einen kurzen auszug da- 
von gibt Hardy: a. a.o. p. 519. Dazu ist zu vergleichen: 
Ward: a.a.o. p. 948. Erkundigungen, die für mich über 
diese hs. in England selbst in liebenswürdiger weise einge- 
zogen wurden, ergaben nichts neues. 


G. Cajus College in Cambridge, eine membrane aus der zweiten 
hälfte des 14. jahrhunderts. Über diese hs. ist zu vergleichen 
Zupitza: Engl. stud. bd. XIV, p. 321 und 337. Dies ist die 
vollständigste hs. der romanze, welche Weber vornehmlich 
seiner ausgabe zu grunde legte. 


Ausser diesen hss. existiren noch zwei alte drucke von 
Wynkyn de Worde aus den jahren 1509 und 1528, cf. Warton: 
a. a. o. bd. Il, p. 122 und Ward: a. a. o. p. 947 f. 


Die romanzc ist aus dem Französischen in das Englische 
übertragen worden. Davon legt der übersetzer selbst zeugniss 
ab und zwar an mehreren stellen: 


v. 21 ff.: 


In Frensshe bookys this rym is wrought, 
Lewede menne knowe it nought; 
Lewede menne cunne French non; 
Among an hondryd unnethis on, 

And nevertheles, with glad chere, 

Fele off hem that wolde here, 

Noble justis, I undyrstonde, 

Of doughty knyghtes off Yngelonde. 


v. 5060 f.: 


The Frensche says he slowgh an hundryd, 
(Wheroff is made this Ynglysche sawe,) 


v. 6948 ff.: 


The Sawdon loste off hethene lawe, 
Sixty thousand in lytyl stounde, 
As it is in the Frensche i-founde. 
Av‘ 


164 F. Jentsch 


Leider ist das original verloren gegangen, so dass es zum 
vergleich nicht mehr herangezogen werden kann. Cf. G. Paris: 
La littérature francaise au moyen age. II. Aufl. Paris 1890. 
p. 108. 

Weber vermuthete in seiner einleitung zu Richard Coeur 
de Lion, bd. I., p. XLVI, dass das original möglicherweise in 
einer hs. des Bennet College in Cambridge gefunden werden kann. 
Dass dies nicht der fall ist, hat Ward: a. a. o. p. 948 bemerkt. 
Jenes ms. nämlich ist die »Polichronitudo Basileos, sive Historia 
Belli quod Ricardus gessit contra Saracenos, Galice«, welche in 
prosa geschrieben ist und mit dem inhalt der romanze nichts 
zu thun hat. Vergl. auch Duffus Hardy: a. a. o. p. 489. 


Während man bei einer sprachlichen untersuchung alle oben 
genannten hss. zu grunde legen müsste, wird für die vorliegende 
abhandlung, die sich mit den quellen der romanze beschäftigen 
soll, wohl ohne wesentliche gefahr für die richtigkeit der resul- 
tate der Weber’sche text genügen, dessen inhalt ich jetzt in kürze 
wiedergeben will. 


I. 


Der inhalt der romanze. 


Weber hat die romanze in seiner ausgabe in zwei haupt- 
theile und jeden dieser in einzelne capitel getheilt. Part I. (cap. 
I—IX) v. 1—3730 schildert die thaten des englischen königs. 
Richard Löwenherz von der geburt an bis zur eroberung von 
Akkon. Part II. (cap. I-VI) v. 3731—7136 berichtet von den 
einzelnen kämpfen Richard’s im Morgenlande und erzählt dann. 
kurz seine rückkehr nach England und seinen tod. Der über- 
sicht wegen behalte ich diese eintheilung bei. 


\ Part I. 


[Cap. I, v. 1— 240]. Nachdem die namen mehrerer in liedern besungener 
helden angeführt worden, wird berichtet, die romanze sei aus dem Französischen 
übertragen. Dann erzählt uns der dichter Richard’s geburt. Sein vater, könig 
Heinrich, will anfänglich nicht heirathen. Endlich entschliesst er sich auf an- 
rathen seiner barone ein weib zu nehmen. Zu diesen zweck werden boten aus- 
gesendet, um für den könig die schönste frau zu suchen. Diese treffen auf dem 


Die me. romanze Richard Coeur de Lion und ihre quellen 165 


meere ein kostbar ausgestattetes schiff, auf welchem Corbaryng, könig von An- 
tiochien, mit seiner tochter Cassadorien nach England fährt. Die boten, über- 
zeugt, das schönste weib gefunden zu haben, kehren sofort mit um. In England 
findet dann die vermählung statt. Bei der kirchlichen feier wird Cassadorien 
ohnmichtig und erklärt nachher, nie wieder eine messe hören zu können. So 
vergehen fünfzehn jahre. Die königin beschenkt ihren gemahl mit zwei söhnen, 
Richard und Johann, und einer tochter, Topyas mit namen. Eines tages nun 
wird Cassadorien auf befehl ihres gemahls gezwungen, der messe beizuwohnen. 
An dem augenblicke aber, wo der priester die hostie erhebt, entreisst sie sich 
«len händen des sie bewachenden ritters und entflieht, Johann und Topyas auf 
dem arme, durch das dach. Johann fällt dabei herab und bricht ein bein. Die 
königin aber und ihre tochter werden nie wieder gesehen. Der über diesen aus- 
gang der sache sehr betrübte könig stirbt bald darauf, nachdem er Richard zu 
seinem nachfolger bestimmt hat. 

[Cap. II, v. 241—612]. Fünfzehn jahre alt wird Richard zum könig von 
England gekrönt. Der junge könig veranstaltet sogleich in Salisbury ein grosses 
turnier, in welchem er selbst, von den seinigen unerkannt, in drei verschiedenen 
wüstungen kämpft. Er erscheint als schwarzer, rother und weisser ritter in den 
schranken. Als die tapfersten ritter erweisen sich ihm gegenüber Thomas Multon 
und Foulk Doyly. Diese beiden lässt Richard nach dem turnier zu sich ent- 
bieten, entdeckt sich und theilt ihnen mit, dass er gesonnen sei, mit ihnen, als 
den wackersten rittern, nach dem heiligen lande zu ziehen Jene willigen ein. 

[Cap. II, v. 613—1234]. König Richard pilgert nun mit seinen beiden 
gefährten nach dem heiligen lande (v. 613— 648). Auf ihrer heimreise kommen 
sie durch Deutschland. Hier beleidigen sie einen sänger dadurch, dass sie seinen 
gesang verschmähen, und dieser verräth sie aus rache dafür an den Ayng of Al- 
mayne, der sie sofort gefangen setzt. Sein sohn Ardour will an Richard seine 
kraft versuchen, wird aber von diesem getödtet, weshalb die gefangenen in noch 
strengeren gewahrsam gebracht werden. Des königs tochter, Margery, die zu 
Richard in heftiger liebe entbrannt ist, schafft ihnen erleichterung. Das verhältniss 
der beiden liebenden wird indessen dem könig von Deutschland bald verrathen. 
Auf befehl desselben tritt nun eine versammlung zusammen, die über Richard zu 
gericht sitzen soll. Da man einen könig nicht zu tödten wagt, wird auf den 
rath des ritters Sir Eldryd beschlossen, ihn mit einen löwen kämpfen zu lassen. 
Wider aller erwarten bleibt Richard in diesem kampfe sieger, indem er, mit 
seinem arme durch den rachen des löwen fahrend, dessen herz herausreisst, welches 
er dann vor den augen des königs verzehrt, der ihm deshalb den namen »Richard 
Löwenherz« gibt. Richard soll nun seine freiheit wieder erhalten, wenn er dem 
könige von Deutschland als lösegeld die hälfte des kostbaren kirchengeräths aller 
englischen kirchen ausliefere. Diese bedingung wird angenommen und auf das 
genaueste erfüllt. Richard ist nun wieder vollständig frei und kehrt nach Eng- 
land zurück. 

[Cap. IV, v. 1235— 1658]. Der könig und seine beiden gefährten werden 
in England freudig begrüsst. — Hierauf schildert die romanze die verhältnisse in 
Surry (= Syrien, d. h. das heilige land): das ganze land war in den händen der 
christen, die pilger konnten ungehindert zu den heiligen stätten wallfahrten; her- 
zog Mylon und graf Renaud leisteten dem anstürmenden sultan Saladin erfolg- 
reichen widerstand bis durch den verrath des grafen Joys und des Markes Feraunt 


166 F. Jentsch 


Syrien und das heilige kreuz an Saladin verloren gingen. Renaud wurde getödtet, 
und Mylon musste mit seinem weibe fliehen. Im abendlande forderte nun papst 
Urban zum kampfe gegen die ungläubigen auf und veranlasste viele fürsten 
(v. 1321-1328), das kreuz zu nehmen. — König Richard verkündet einer 
glänzenden versammlung in Westminster die bulle des papstes Urban. Alle willigen 
mit freuden ein, unter der führung ihres königs in den kampf zu ziehen. Grosse 
rüstungen werden gemacht, und bald steht eine stattliche flotte bereit. Unter den 
kriegsmaschinen, die mitgenommen werden, werden besonders zwei hervorgehoben: 
ein hölzerner thurm (später Mate-Griffon genannt) und eine schleudermaschine, 
Robynet mit namen. Die flotte, unter dem befehle des Aleyn Trenchemer, soll 
auf des königs geheiss nach Marchyle (= Marseille) segeln, während dieser selbst 
nach Deutschland ziehen will, um von könig Modard sein lösegeld zurückzufordern. 
Der erzbischof Balduin zieht dem könige mit einem theile seines heeres über 
Braundys (= Brindisi) und Constantin (= Constantinopel) nach Palästina voraus. 
Auf seinem zuge nach Deutschland kommt Richard zunächst nach Köln, wo ihm 
auf befehl Modard’s keine lebensmittel verabreicht werden. Trotzden aber weiss 
er sich zu helfen. Von dem mayor der stadt erfährt er dann, dass Modard sich 
mit gemahlin und tochter in Gumery (?) aufhalte. Letztere besucht ihren geliebten 
des abends mit einer grossen anzahl rittern und verweilt bis zum morgen bei ihm. 
Hierauf gelangt Richard nach Marburette (?), wo ihm wieder inbetreff der Iebens- 
mittel schwierigkeiten bereitet werden, dann nach Carpentras. Hier befindet sich 
Modard, welcher nun, erschreckt durch die nähe seines feindes, seinen widerstand 
aufgibt und sich mit Richard versöhnt, indem er verspricht, das gezahlte lösegeld 
wieder herauszugeben. Auf Richard’s bitte lässt er 100 vollständig ausgerüstete 
ritter mit nach dem heiligen lande ziehen. Ausserdem schenkt er seinem freunde 
noch zwei ringe, von denen der eine die kraft hat, vor wasser, der andere vor 
feuer zu schützen. Hierauf bricht man nach Marcyle auf, wo die flotte bereit steht. 
[Cap. V, v. 1659— 2026]. Bei gutem winde gelangt Richard bald nach 
Messina, wo er den könig von Frankreich vorfindet. Beide fürsten beschliessen 
nun, den kreuzzug gemeinsam zu unternehmen. Der französische könig sendet 
darauf an Tanker, den könig von Apulien, ein schreiben, in welchem er ihn vor 
Richard warnt, der gekommen sei, sein land zu erobern. Hierdurch beängstigt, 
beruft Tanker seinen sohn Roger, der in Sizilien als könig herrscht, und alle 
grossen des reiches zu einer versammlung. In dieser aber beruhigt Roger seinen 
vater: Richard sei als pilger gekommen; der brief des königs von Frankreich 
enthalte nur lügen. Auf seinen rath wird Richard aufgefordert, sich zu recht- 
fertigen, weshalb dieser mit Tanker in der stadt Rys (= Reggio) zusammen- 
kommt und erklärt, dass er nach dem heiligen lande ziehe und nur einen tag auf 
Sizilien bleiben wolle. Nachdem er von dem briefe des königs von Frankreich 
kenntniss genommen, durchschaut er sofort die verrätherische absicht. Richard 
und Tanker scheiden von einander als die besten freunde. Es folgen nun streitig- 
keiten der Engländer mit den Sicilianern, Griffonen genannt, welch’ letztere von 
den Franzosen unterstützt werden. Während der feier des weihnachtsfestes er- 
scheint plötzlich in voller hast ein ritter vor Richard Löwenherz mit der meldung, 
sein bruder und viele andere ritter seien von den Franzosen und Griffonen er- 
schlagen worden. König Richard geräth darüber in die äusserste wuth. Man 
greift zu den waffen, und bald kommt es zum offenen kampfe. weshalb die Fran- 
zosen und Griffonen die thore der stadt schliessen. — Bei der bestürmung von 


Die me. romanze Richard Coeur de Lion und ihre quellen 167 


Messina findet jenes hölzerne schloss Mate-Gryffon verwendung. Es gelingt Richard, 
durch ein unbewachtes thor in die stadt einzudringen, und bald weht von den 
wällen das banner des königs von England. Als die sieger sich einer schonungs- 
‚losen plünderung hingeben, bittet Philipp, der könig von Frankreich, fussfällig 
um gnade, worauf Richard frieden gebietet. Da kommen zwei französische 
richter (justices) geritten, Margaryte und Sir Hugh Impetyte, welche den könig 
von England verspotten. Hierüber in heftigen zorn gerathen, erschlägt dieser 
beide. Schliesslich wird auf die flehentlichen bitten eines erzbischofs ein end- 
gültiger friede abgeschlossen. 

[Cap. VI, v. 2027—2436]. Im monat März lichtet die flotte des königs 
von Frankreich die anker, um nach dem heiligen lande zu segeln und kurze zeit 
nach ihm bricht Richard Löwenherz von Messina auf. Vier (!) reich mit schätzen 
beladene schiffe segeln nach Cypern voran. Bald erhebt sich ein sturm, der den 
schiffen bedeutenden schaden zufügt. Fünf tage dauert der sturm, bis die drei 
(!) schiffe nach Lymosoune (v. 2222 Lymasour = Limasol, einer stadt auf Cypern) 
gelangen, wo sie scheitern. Die bemannung der schiffe entkommt mit genauer 
noth an die küste. Die bewohner der insel tödten einen theil der schiffbrüchigen, 
während die anderen gefangen genommen und ihrer schätze beraubt werden. Drei 
tage nachher kommt Richard ¢ a ship that stode in depe (v. 2077). Die besatzung 
desselben erzählt ihm das ungemach ihrer schiffe. Richard wird rasend vor 
zor und sendet eine gesandtschaft an den kaiser von Cypern, bestehend aus Sir 
Stephen, William und Robert of Tournham, mit der aufforderung, die gefangenen 
und die schätze herauszugeben. Die boten werden vom kaiser höhnisch abge- 
wiesen; nach einem der gesandten wirft er sogar ein messer, ohne jedoch zu 
treffen. Sie verlassen daher eilig den kaiser. Über diese behandlung der gesandten 
macht ihm sein steward vorwürfe. Deswegen erzürnt, schneidet der grausame 
kaiser jenem die nase ab, worauf dieser sofort den boten Richard’s nacheilt. Als 
er sie eingeholt, erzählt er sein unglück und verlangt, vor den könig von Eng- 
land geführt zu werden, dem er aus rache gegen den kaiser die schlüssel zu jeder 
festung übergeben und dessen tochter mit 100 rittern zuführen will. Im höchsten 
grade unwillig über den den gesandten angethanen schimpf, befiehlt Richard seinen 
mannen, sich zum kampfe zu rüsten. Die stadt Lymasour wird erobert. Der 
kaiser sammelt die seinigen und lagert sich in einiger entfernung von der stadt. 
Hierauf erfüllt der steward das gegebene versprechen. Er erbietet sich zugleich, 
Richard und seine leute in der nacht bis dicht an das zelt des kaisers zu führen. 
Dies geschieht. Das lager wird überfallen und nur wenigen gelingt es zu ent- 
kommen, unter ihnen dem kaiser. Unermessliche schätze fallen in die hände der 
sieger. Als beutestücke des königs von England werden besonders zwei edle 
rosse hervorgehoben, Favel und Lyarde. Die nachricht, dass seine tochter in 
Richard’s gewalt sei, bestimmt den kaiser, diesen um gnade zu bitten. Richard 
nimmt seine unterwerfung an und der kaiser huldigt ihm, indem er gelobt, nie 
wieder gegen ihn die waffen zu kehren. Aber kaum hat sich der kaiser entfernt, 
als er seinen entschluss bereut. Er kommt in die stadt Boffenent (= Buffevent) 
und versucht dort, seine barone wiederum gegen Richard aufzuwiegeln, was ihm 
aber nicht gelingt. Als dieses verrätherische handeln dem könig von England 
mitgetheilt wird, lässt ihn dieser ergreifen und gefesselt in eine galeere werfen, 
die ihn mit nach dem heiligen lande führen soll. 

[Cap. VII, v. 2437— 2870]. Nachdem Richard den Earl of Leicester TOM 


186 F. Jentsch 


That thou art come among us! fiet assultus? Venit jam regum prae- 
Thorwgh thyne help we hopen, snelle stantissimus, et prae omnibus Christi- 
The Sarezynes boost doun to felle! colis bellorum peritior; modo fiat vo- 


luntas Dei.“ In rege nimirum Ricardo 
spes omnium pendebat. 


16) Bei der belagerung von Akkon unterminiren die Fran- 
zosen die mauern der stadt. 


v. 2929 fl.: Itin. p. 222: 
The Frenssche men, with gret Interea regis Franciae fosso- 
noblay, res cuniculis subterraneis sub terra 
Halp to myne that ilke day. paulatim progredientes, eo usque profe- 
That outemeste walle was doun cerant, ut muri extrema funda. 
caste, menta diruerent, etc. 


And many a Sarezyn slayn in haste. 

17) Auf die nachricht, dass die in Akkon belagerten in 
grosser gefahr seien, eilt Saladin mit seinem hcere herbei, einige 
seiner leute haben den befehl, den graben, der das christliche 


lager umzieht, auszufüllen: 


v. 2954 ft: Itin. p. 216: 
Buchches of hay he made hem Quo viso et audito, catervatim ex- 
bynde, teriores irruunt Turci, congerentes 
To goo beffore hastelyke, cujuscunque materiem generis 
To fylle full the Crystene ad fossata complenda, quo fa- 
dyke. cilius transirent nostros op- 
v. 2985 fl.: pugnaturi. 


The foot-men kast in knohches 
off hay, 
To make horsmen a redy way, 
And fylde the dyke ful upryght, 
That al the hoost entre in myght. 


ı8) Von Cayphas geht Richard mit seinem heere nach der 
stadt Palestyn. 
v. 4883 ff.: 
Ther her pavylouns they telte, 
And al to long ther they dwelte 
For to abyde her vytayle, 
That come by water, sauns fayle. 
Mit dieser stadt Palestyn ist zweifellos Caesarea gemeint. 
Es hat nämlich zu jener zeit mehrere städte gegeben, welche den 
namen Caesarea trugen. Das unsrige zwischen Akkon und Joppe 
liegende wurde zum unterschiede von den anderen auch Caesarea 
Palaestinae genannt. — Übrigens berichtet auch das Itin. p. 256, 


Die me. romanze Richard Coeur de Lion und ihre quellen 169 


rathen genügend genossen hatten, beluden sie ihre rosse mit den geraubten schätzen. 
Als sie dann das lager verlassen wollten, wurden sie von den plötzlich zurück- 
kehrenden Sarazenen überfallen, besiegt und 15000 getödtet. In dieser noth 
langten der graf von Champagne, Randulph de Glanville, der erzbischof Balduin 
von Canterbury, Hubert Gauter und andere mit ihren schaaren vor Akkon an. — 
Aber trotz dieser verstärkung hatten die kreuzfahrer von neuem zu leiden: Michaelis 
fing das wetter an, in hohem grade ungünstig zu werden. Ausserdem brach noch 
eine hungersnoth aus; 60000 starben infolgedessen. Die hungrigen mussten ihre 
rosse tödten, deren fleisch sie verzehrten. Die wenigen lebensmittel, welche noch 
vorhanden waren, waren ungemein theuer. Die allgemeine noth suchten die 
reicheren dadurch zu lindern, dass sie geld unter die armen vertheilten. — Der 
könig von England ist durch die erzählung des erzbischofs tief bewegt. 

[Cap. VIII, v. 2871— 3322]. Richard lässt seine beiden maschinen, Mate- 
Griffon und Robynet, errichten und befiehlt dann, die mauern der stadt zu unter- 
miniren, besonders aber gegen den Maudit Colown eine mine zu legen. Da die 
Sarazenen bald in grosse noth gerathen, benachrichtigen sie in der nacht durch 
fackeln den sultan Saladin von der drohenden gefahr. Letzterer sammelt darauf- 
hin sein heer, welches ausser 60000 fusssoldaten aus 315000 rittern besteht. 
Erstere haben den befehl, den graben, der das lager der christen umzieht, mit 
heubündeln auszufüllen, was auch geschieht. Ein blutiger kampf entspinnt sich. 
Zum unglück für die christen liegt ihr kühner führer krank im zelte. Der könig 
von Frankreich übernimmt deshalb den oberbefehl; ihm gelingt es auch den an- 
griff, der Sarazeneu erfolgreich abzuschlagen. — Die krankheit des königs war 
vorzüglich in folge des klimas verursacht worden. Da keiner der ärzte im lager 
Richard heilen kann, sind die kreuzfahrer in besorgniss um sein leben; deswegen 
beten sie inbrünstig für seine genesung. Diese gebete haben erfolg; der könig 
von England befindet sich auf dem wege der besserung. Da verlangt er sehn- 
lichst nach schweinefleisch. Als man aber solches nirgends finden kann, gibt ein 
alter ritter dem steward des königs den rath, seinem herrn anstatt der verlangten 
speise fleisch von einem jungen und fetten Sarazenen, ordentlich zubereitet, vor- 
zusetzen; der könig werde nach genuss dieser speise vollständig gesunden. Dieser 
rath wird befolgt und dem könig mundet die mahlzeit vortrefflich, worauf er in 
vinen tiefen schlaf fällt, aus dem er neugestärkt erwacht. Bald darauf zeigt er 
sich seinen, über seine rettung hocherfreuten, leuten. Mit voller kraft greift nun 
Richard in die belagerung ein. Als die schaaren des sultans den versuch erneuern, 
durch ausfüllung des grabens in das lager der. pilger zu gelangen, befichlt Richard 
seinem heere einen allgemeinen angriff auf die Sarazenen, welche sich bald nach 
der stadt Gage (== Gaza?) zurückziehen müssen. Die christlichen kämpfer erholen 
sich von ihren strapazen. — Auch Richard ist der ruhe bedürftig. Nachdem er 
einige zeit geruht, befiehlt er dem koch, den kopf des schweines herbeizubringen, 
von welchem er gegessen zu haben glaubt. Der koch geräth darüber in grosse 
bestürzung, denn er fürchtet bei entdeckung des betruges den gerechten zorn des 
königs. Trotz alledem muss er den kopf des Sarazenen bald herbeischaffen und 
die wahrheit gestehen, worauf er den könig um gnade bittet. Der könig indessen 
ist gar nicht erziirnt, sondern freut sich sogar, die erfahrung gemacht zu haben, 
dass Sarazenfleisch so wohlschmeckend sei. — Am andern morgen wird ein neuer 
sturm gegen die stadt unternommen. Da die Sarazenen nicht länger widerstand 
leisten können, erscheint ein unterhändler vor den beiden köwigen, dex iimen Wi- 


» 


170 F. Jentsch 


theilt, dass Saladin Akkon und Jerusalem, überhaupt ganz Syrien übergeben wolle, 
wenn die christen einen jährlichen tribut von 10000 byzantinern zahlen, oder 
anstatt des letzteren Markes Feraunt zum könige von Syrien machen würden. Bei 
diesem anerbieten geräth Richard in die höchste wuth. Für ihn ist dieser mar- 
quis nur ein verräther, durch dessen schuld Akkon und Jerusalem in die hände 
der Türken gefallen sei. Vergebens verwendet sich Philipp, der könig von Frank- 
reich, bei Richard zu gunsten des marquis, vergebens wirft er seinen handschuh 
hin zum pfande für dessen treue -— Richard lässt sich nicht bewegen. In folge 
dessen bietet der unterhändler andere bedingungen an: die übergabe der stadt soll 
erfolgen, wenn den einwohnern freier abzug zugebilligt wird. Ausserdem soll 
u. a. auch das heilige kreuz bald übergeben werden. Diese bedingungen nimmt 
könig Richard an und bald ziehen die siegreichen christen in die stadt ein. Die 
besatzung bleibt bis zur erfüllung der bedingungen kriegsgefangen. 

[Cap. IX, v. 3323 —3730]. Die im gefängniss schmachtenden Sarazenen 
senden boten an Saladin mit der bitte, sie auszulösen, worauf dieser eine gesandt- 
schaft mit reichen schätzen an Richard schickt. Dieser aber entgegnet den ab- 
gesandten, dass er nach gold und anderen kostbarkeiten kein verlangen trage, und 
fordert sie auf, mit thm zu speisen. Und nun gibt er seinem marschall den auf- 
trag, den vornehmsten Sarazenen im gefängniss die köpfe abschneiden und vom 
koch zubereiten zu lassen. Die köpfe sollten mit den auf pergamentrollen ge- 
schriebenen namen der getödteten den gästen und ihm selbst vorgesetzt werden. 
Der grausame befehl wird genau befolgt. Furcht und schrecken befällt die ge- 
sandten, als sie die diener die köpfe auf die tafel bringen sehen, von denen sie 
manches antlitz, als freunden und bekannten angehörend, wiedererkennen, und mit 
immer wachsendem grausen sehen sie den könig mit appetit von dem ihm auf- 
getregenen kopfe essen. Als Richard bemerkt, dass die boten des sultans stumm 
dasitzen und nichts essen, befiehlt er, die köpfe wegzunehmen und gewöhnliche 
speisen aufzutragen, indem er sich höhnisch entschuldigt, ihren geschmack nicht 
gekannt zu haben. Nach der mahlzeit bitten die gesandten um die antwort des 
königs Diese lautet: wenn auch der sultan versuche, den pilgern die lebens- 
mittel abzuschneiden, so würden die christen trotzdem keinen mangel leiden, denn 
sie würden die erschlagenen Sarazenen verzehren, deren fleisch so schmackhaft 
wäre, und nicht eher ruhen, als bis sie sämmtliche Sarazenen aufgegessen hätten. 
Die boten kehren hierauf zu Saladin zurück und erzählen umständlich alle ihre 
erlebnisse. llier erfahren wir auch die namen der getödteten Sarazenen. Es sind 
dies die fürsten von Damascus, Niniveh, Persien, Samaria, Egypten und Africa. 
Saladin geräth in grossen zorn über die grausamkeit des königs von England. 
Auf veranlassung seiner vasallen wird nun eine neue gesandtschaft mit noch kost- 
bareren geschenken an Richard abgeschickt, die ihm zugleich die herrschaft über 
ein weites ländergebiet anbieten soll, wenn er seinen glauben abzuschwören ge- 
willt sei. Dieses anerbieten weist Richard mit entrüstung zurück und droht, alle 
gefangenen tödten zu lassen, wenn ihm nicht am anderen tage das heilige kreuz 
überbracht würde. Als die gesandten erklären, nicht zu wissen, wohin das kreuz 
gekommen sei, befiehlt Richard sogleich, alle gefangenen, mit ausnahme von 
zwanzig, vor der stadt zu enthaupten. 60000 werden hierauf auf einen platz 
geführt. Da hören die christen plötzlich stimmen von engeln, welche zum morde 
auffordern. Erfreut über die göttliche billigung der that, lässt Richard alle ge- 
fangenen tödten. 


Die me. romanze Richard Coeur de Lion und ihre quellen 17X 


Part II. 


[Cap. I, v. 3731—4274]. Das kapitel beginnt mit einer schilderung des. 
fröhlichen monats Mai. — Richard ladet könig Philipp zu einem gastmahle ein, 
nach welchen beide fürsten nochmals ein schutz- und trutzbündniss gegen Saladin 
abschliessen. Richard will nicht länger in Akkon bleiben, sondern Saladin an- 
greifen. Er räth dem könig Philipp, nach eroberung einer feindlichen stadt 
keinem Sarazenen das leben zu schenken, der sich nicht zum christlichen glauben 
bekennen würde. Philipp verspricht demgemäss zu handeln, obwohl er im innern 
anders denkt. Philipp zieht mit seinem heere nach der stadt Taburette (?), welche 
sich unter zahlung eines grossen tributes bald ergeben will. Philipp ist sofort 
geneigt, diese bedingung anzunehmen; er fordert nur noch, dass die Sarazenen 
ihm den lehnseid leisten. Dies geschieht, worauf Philipp nach Archane (?) ge- 
langt, dessen einwohner unter denselben bedingungen ebenfalls geschont werden. 
— Unterdessen hat Richard über sein heer eine musterung abgehalten. Er theilt 
sein heer in drei theile. Den ersten befehligt er selbst, den zweiten Thomas 
Multon, während den dritten Foulk Doyly führt. — Richard zieht mit seiner ab- 
theilung nach Sudan Turry (?), welches er mit list erobert. 3000 mann nämlich 
erklimmen auf sturmleitern an einem unbewachten punkte die mauern und fallen 
den Sarazenen in den rücken. Die zugbrücke wird heruntergelassen und Richard 
dringt mit den seinigen in die stadt ein, überall die feinde schonungslos nieder- 
machend. — Inzwischen ist Thomas Multon vor der festung Orglyous (?) einge- 
troffen. Ehe die belagerung beginnt, senden die Sarazenen einen der ihrigen, der 
früher christ gewesen war, in das lager der kreuzfahrer. Dieser gibt vor, aus. 
dem gefängnisse der stadt entflohen zu sein, und erbietet sich, das christliche heer 
heimlich in die stadt zu führen. Thomas Multon aber entlarvt den betrüger und 
befiehlt, ihn aufzuhängen. Voll angst um sein leben verräth der spion alles, in- 
dem er erzählt, dass unter der zugbrücke eine tiefe grube und auf der britcke 
eine fallthür angebracht sei. Der renegat gibt nun Thomas den rath, die wurf- 
maschinen spielen zu lassen, wodurch er die stadt bald einnehmen werde. Die 
Sarazenen ergeben sich in der that, als sie von den schleudermaschinen hart be- 
drängt werden. Der befehlshaber der stadt muss die fallgrube ausfüllen lassen, 
worauf Thomas Multon seinen einzug hält. Seinem wunsche gemäss erhält der 
renegat als belohnung lebensunterhalt bis zu seinem tode und lässt sich wieder: 
bekehren. Die absicht der Sarazenen, die christen in der nacht zu überfallen, 
wird von dem neubekehrten an Thomas Multon verrathen, der sogleich die thore- 
der stadt schliessen und alle Sarazenen niedermetzeln lässt. 

[Cap. 1. v. 4275—4788]. Foulk Doyly ist mit seiner schaar vor der 
starken festung Ebedy (?) angelangt, die er sofort zu belagern beginnt. Er lässt 
den graben ausfüllen und die wurfmaschinen dicht an die mauern bringen. Bald 
in die höchste noth versetzt, machen die Sarazenen einen ausfall, begegnen aber: 
bei den christen, obgleich sie diesen an zahl weit überlegen sind, einem so tapferen. 
widerstande, dass sie in kurzer zeit weichen müssen. Da ihnen der rückzug ab- 
geschnitten ist, sind sie den christen vollständig preisgegeben. Nachdem die thore 
erbrochen, wird in der stadt alles niedergemacht, sie selbst geplündert. Dann 
bricht er wieder auf, um sich mit Thomas Multon und Richard wieder zu ver- 
einigen. Nach der vereinigung stösst der könig von Frankreich zu itmen. Ale 
ziehen nun nach Akkon zurück, um dort der ruhe zu pflegen und ie wunden Te 


172 F. Jentsch 


e 


heilen. Einige zeit nachher findet bei Richard ein gastmahl statt, nach welchem 
Richard, Thomas und Foulk erzählen, welche städte sie eingenommen und wie 
sie deren bewohner sämmtlich getödtet hätten. Als der könig von Frankreich 
hierauf seinerseits von der unterwerfung der städte Taburette und Archane und 
von der schonung ihrer einwohner berichtet, macht ihm Richard die heftigsten 
vorwürfe, dass er gegen seinen rath gehandelt habe, denn die Sarazenen würden 
«lie gelobte treue doch nicht halten. Dies zu erproben, wird von beiden königen 
«in neuer zug gegen die beiden orte unternommen. Die vermuthungen Richard’s 
erweisen sich als richtig. Philipp wird spöttisch empfangen und nicht in die 
stadt eingelassen, worauf beide städte mit sturm genommen und die einwohner 
getödtet werden. — Richard ermahnt jetzt ‘den könig Philipp dringend, ihm im 
heiligen lande nicht mehr die geschworene treue zu brechen. Philipp ist im 
innern über diese zurechtweisung ergrimmt, äusserlich aber bewahrt er seine ruhe 
und gibt Richard das versprechen, ihn fürderhin aufrichtig zu unterstützen. Hierauf 
ziehen beide mit ihren heeren an der seeküste entlang, wo sie die nöthigen waffen 
und lebensmittel von ihren schiffen erhalten. 

[Cap. III, v. 4789—5340]. Auf dem marsche nach Cayphas wird Richard 
von Saladin überfallen. Die christen kämpfen wacker, aber eine ungeheuere 
hitze, dicker staub und widrige winde sind ihnen hinderlich, sodass Richard am 
erfolge zu verzweifeln beginnt. Betend kniet er nieder. Da sieht er plötzlich 
«len heiligen ritter Georg auf muthigem rosse die feindlichen reihen mordend 
durchreiten. Das gibt ihm wieder muth. Mit gewaltigem ansturm wirft er sich 
auf den feind, der sich bald in die berge von Nazareth zurückziehen muss. Richard 
erreicht Cayphas, welches er besetzt. Am folgenden morgen setzen die kreuz- 
fahrer ihren marsch an der meeresküste fort, bis zur stadt Palestyn (== Caesarea). 
llier schlägt Richard ein lager auf, um die vorräthe zu erwarten, welche ihnen 
zu schiffe herangebracht werden sollten. — Diesen aufenthalt Richard’s benutzt 
Saladin, um eine ganze reihe christlicher festungen (v. 4894 — 4900) zu zerstören. 
Hierauf sendet er boten an Richard, welche ihn zu einen kampfe in der nähe 
«les waldes von Arsour (= Arsuf) auffordern sollen. Die herausforderung wird 
angenommen. — Ein ungeheueres heer Saladin’s steigt in drei abtheilungen von 
«len bergen herab. Richard theilt sein heer ebenfalls und gibt die erste schaar 
«en Templern und Hospitalitern, geführt von Jakes Deneys und Jhon de Neles. 
Diese abtheilung wird mit den Sarazenen zuerst handgemein. Jakes Deneys wird 
mit seinen beiden söhnen von den seinigen getrennt und nach tapferer gegenwehr 
getödtet. Als dies Richard erfährt, stürmt er voller wuth in die reihen der feinde, 
die vor ihm zurückweichen und bald in wilder flucht davoneilen. Auch Saladin 
flieht, von Richard verfolgt. Da er ihn nicht erreichen kann, nimmt er den bogen 
eines fusssoldaten und sendet dem sultan einen pfeil nach, der ihn an der schulter 
verwundet. — Richard bringt hierauf die nacht in der stadt Arsour zu. Am andern 
morgen lässt er durch den grossmeister der Hospitaliter, den leichnam des tapferen 
helden Jakes Deneys aufsuchen und in Jerusalem bestatten. — Richard will nun 
wit Philipp einen zug gegen Niniveh unternehmen. Da erfahren sie, dass sich 
‚die Sarazenen in der ebene von Odoh (?) sammeln und eine schlacht wagen wollen. 
Richard, der sofort den kampf aufnehmen will, ordnet sein heer in vier geschwader. 
Das erste befehligt Foulk Doyly, das zweite Thomas Multon, das dritte könig 
Philipp, das vierte Richard selbst. Dieser täuscht die feinde dadurch, dass er 
die in der schlacht bei Arsour erbeuteten sarazenischen banner entfalten lässt. So 


Die me. romanze Richard Coeur de Lion und ihre quellen 173 


gelingt es ihm, die feinde gänzlich zu umschliessen, welche, als plötzlich Richard’s. 
eigenes banner entrollt wird, allen muth verlieren und völlig geschlagen werden. 
Fast alle wären getödtet worden, wenn es nicht einer abtheilung geglückt wäre, 
bei Philipp’s schaar durchzubrechen und nach Niniveh zu entfliehen. — Richard 
und Philipp ziehen nun nach Niniveh, das sofort hart belagert wird. Die be- 
lagerten kommen mit den christen überein, die sache durch einen einzelkampf zu 
entscheiden. Von jeder seite sollen je drei gegen einander kämpfen; der sieg- 
reichen partei solle die stadt gehören. Der kampf fällt zu ungunsten der be- 
lagerten aus. Die drei ausgesandten feindlichen admirale fallen im kampfe. Richard 
tödtet Archolyn, Thomas Multon Courdrybas, Foulk Doyly Calabre. Dem ver-. 
trage gemäss erhalten die christen Niniveh, dessen einwohner sich taufen lassen. 

[Cap. IV, v. 5341--5888]. Saladin ist nach Babylon geflohen, wo ihn 
Richard und Philipp vollständig einschliessen. I,etzterer aber, vom sultan be- 
stochen, zieht seine truppen bald von der belagerung der stadt zurück, angeblich 
aus mangel an lebensmitteln. Am nächsten tage fragt ein bote Saladin’s bei. 
Richard an, ob er geneigt sei, angesichts beider heere mit speer und schild gegen 
den sultan zu kämpfen. Es solle durch diesen kampf entschieden werden, welcher 
gott mächtiger sei: Jesus oder Jupiter. Zu diesem kampfe bietet der sultan. 
Richard ein ross an, das alle anderen an muth und stärke überträfe. Richard 
willigt ein, worauf Saladin durch einen zauberkünstler zwei teufel in eine stute- 
und ein füllen verwandeln lässt. Dieses ist so abgerichtet, dass es, wenn die- 
stute wiehert, zum saugen niederkniet. Richard, der das füllen besteigen sollte. 
wäre auf diese weise zweitellos vom sultan in dem kampfe getödtet worden. In. 
der nacht aber erscl.eint dem könig Richard ein engel, der ihn mit dem plane 
des sultans bekannt macht und ihm gegenmassregeln anräth. Am morgen wird. 
ihm das füllen gebracht. Er stopft nun dem pferde wachs in die ohren und be- 
sehwöıt es im namen der dreieinigkeit, seiner führung zu folgen. Nachdem dann. 
beide heere ihre stellung einander gegenüber eingenommen, werden die bedingungen 
des zweikampfes eidlich bestätigt: wird Saladin besiegt, erhalten die christen. 
Babylon und das königreich Massedoyne. Unterliegt jedoch Richard, so sollen 
die christen das land für immer verlassen. Bei dem kampfe aber gelingt die list 
Saladin’s nicht, da das füllen die stute nicht wiehern hört. Endlich wird Saladin 
von Richard aus dem sattel geworfen und flieht. Dieser stürzt sich nun mitten 
in die feinde hinein, von seinen tapferen rittern gefolgt, und auch Philipp be- 
theiligt sich jetzt am kampfe. In folge dessen öffnet Babylon seine thore. Ein 
theil der einwohner lässt sich taufen; die widerstrebenden werden niedergemetzelt. 
— Nach einem aufenthalte von vierzehn tagen verlassen die beiden fürsten Babylon 
und wenden sich nach Jerusalem. Da bricht der alte streit zwischen ihnen wieder 
aus. Philipp verlangt die stadt, wenn sie eingenommen werden sollte, für sich, 
worauf Richard erwidert, dass er dann die stadt allein erobern könne. Vor zorn 
hierüber wird Philipp krank, weshalb ihm seine ärzte rathen, in die heimath 
zurückzukehren; er thut dies auch, trotz der heftigen vorwürfe Richard’s darüber, 
dass er das land verlasse, ohne sein gelübde erfüllt zu haben. 

[Cap. V, v. 5889 -6266]. Richard zieht mit seinem heere nach Jaffe 
(= Joppe), und dann nach Chaloyn (= Askalon), das er gleichfalls zerstört 
findet. Richard fordert alle fürsten auf, mit an dem wiederaufbau und der be-. 
festigung der stadt zu helfen. Alle ausser dem herzog von Österreich kommen 
dieser aufforderung nach. Deshalb ersucht Richard den herzog nochmals yersin- 


192 IF, Jentsch 


v. 6457 ff.: Itin. p. 392: 


Whenne he al this tresore wan, 
Home he wente to hys men than, 
Into the cyté off Bethanye the noble, 
With that tresore and the moble. 
He gaff theryche and the lowe, 
Off hys pourchas, goodinowe. 
He gaff hem destrers and cour- 
sours, 
And delt among hem hys tre- 
sours. 
SoRichardpartydhys purchas, 
Off al Crystendom belovyd he was. 


His itaque peractis, et sarcinis ad 
reditum aptatis, cum spoliis multis pas- 
sibus aequis revertens rex et exercitus, 
juxta praedestinatas mansiones regressi 
sunt usque juxta Bethaven, quae distabat 
quatuor milliariis a Joppe. Ibi par- 
titi suntspoliasua cum praeda. 


32) Romanze und chronik berichten tibereinstimmend, dass 
Saladin über den rückzug Richard’s von Joppe nach Akkon hoch 
erfreut ist (v. 6521 ff. und Itin. p. 397). Ebenso erzählen beide, 
dass Saladin sofort seine vasallen auffordert, sich mit ihm gegen 
Richard zum kampfe zu vereinigen (v. 6527 ff. und Itin. p. 397). 
Ausserdem wird in beiden die ungeheure stärke des heeres, das 
Saladin aufgeboten hatte, betont (v. 6534 ff. und Itin. p. 397 f. 
und 400). 


v. 6521 f.: 


Offte was Saladyn wel and woo, 
But nevyr soo glad as he was 


thoo. 
v. 6527 fl.: 
Thenne wolde he no lenger 
abyde; 


He sente abouteonylkeasyde, 
Upon lymme and upon lyff, 

Upon chyldren, and upon wyf, 

That they come to hym belyve, 

To help hym out off lond dryve 
Kyng Richard with hys grete tayle. 
To hym come many an amyrayle, 
Many a duke and many a kyng, etc. 


(Dann werden v. 6537—6544 die 
länder aufgezählt, aus denen die truppen 
Saladin’s kommen. Eine solche auf- 
zählung von ländern findet sich auch 
sonst noch in der romanze: v. 3679— 
3688 ; v. 49334937; v. 6837 —6844). 


Itin. p. 397 f.: 

1) Igitur cum exercitus nostri status 
innotuisset Salahadino, quod nostri 
summa consilii consisteret ad retro- 
cedendum, revixit spes ejus, et 
gaudio resolutusetlaetitia, 


2) sine mora nuncios destinat 
expeditissimos, cum litteris 
annulo suo signatis, ad omnes ad- 
miratos, principes regionum ditionis 
suae, et satrapas, et praefectos, etc. 


3) Nec mora, tanta concurrit 
multitudo Turcorum, ut aesti- 
marentur viginti millia equitum 
armatorum, excepta peditum infini- 
tate, quae facile numerari non posset. 


Die me. romanze Richard Coeur de Lion und ihre quellen 195 


2. Weitere erörterungen über den einfluss des Itin. auf 
die romanze. 


Nachdem ich durch die wörtlichen tibereinstimmungen und 
anklänge bewiesen habe, dass das Itin. die vorlage der romanze 
gewesen sein muss, sollen hier weitere erörterungen über den 
einfluss der chronik folgen, der sich noch in zahlreichen anderen 
stellen der dichtung ganz deutlich ausprägt. Ich will den inhalt 
der romanze, abgesehen von den schon im ersten theile ange- 
führten stellen, mit dem des Itin. vergleichen, ohne freilich alle 
plus-züge aufzuzählen, welche die chronik aufweist, da dies für 
den zweck dieser abhandlung nicht nötig ist. Hin und wieder 
werde ich auch in diesem abschnitt aus beiden werken stellen 
citiren, um durch ihre gegenüberstellung zu zeigen, dass beide 
von derselben tendenz erfüllt sind. Gleichzeitig will ich in gros- 
sen zügen die historischen verhältnisse in der romanze berück- 
sichtigen. — Um nun auch hier einige übersicht zu ermöglichen, 
dürfte es sich empfehlen, den inhalt nach bestimmten gesichts- 
punkten zu gliedern. 


1) Die gefangenschaft des königs von England in 
Deutschland. 


Die gefangenschaft Richard’s in Deutschland (v. 649 ff.) ist 
eigentlich, trotzdem sie ganz sagenhaft berichtet ist, das erste 
historische faktum, welches die romanze erzählt. Freilich muss 
es hier eben wegen jenes sagenhaften berichtes fraglich erschei- 
nen, ob der verfasser die thatsache selber aus dem Itin. geschöpft 
hat, welches übrigens in diesem punkte verhältnissmässig wenig 
bietet (p. 443 ff.). — Dass diese gefangenschaft Richards in völlig 
unhistorischer weise vor den kreuzzug gesetzt ist, werde ich an 
einer späteren stelle näher erörtern. 


2) Die schlacht bei Hittin. 


Zu anfang des cap. IV (v. 1261 ff.) deutet die romanze hin auf 
die schlacht bei Hittin, durch welche Saladin das heilige land, 
sowie das heilige kreuz gewann, und der könig Veit von Lusig- 
nau in die gefangenschaft des siegers gerieth (Itin. 14 ff.). 

Die hier in der romanze angeführten personen: Duke Mylon, 
Duke Renaud und die beiden verräther Erl Joys und Markes 

aft identisch mit solchen, von denen das 


theil auch andere namen wagen. 
\3* 


194 


F. Jentsch 


darauf ankommt, den historischen verhältnissen entsprechend zu 
schildern]. Diese episode ist auch im Itin. erwähnt. Hier ist es 
indessen nicht der graf von Champagne, der in gefahr geräth, 


sondern der graf von Leicester. 


der romanze derjenigen in der 


v. 6957 ff.: 


And the moste peryle off the batayle, 
KyngRichard seygh withouten 


fayle, 

Hyseme,SereHenry off Cham- 
payne, 

Feld off hys hors doun on the 
playn. 

The Sarezynes hadde hym un- 
dyr honde, 

To sleyen hym ful faste they 
fonde. 


It hadde been hys daye laste, 
No hadde Kyng Richard come in haste. 


Dann heisst es weiter, nach- 
dem ihn der könig befreit hat 
v. 6996 ff.: 


Kyng Richard wan the erl off 
Champayne, 

And sett hym upon a stede, 

That swythe good was at nede, 

And bad hym wende by hys syde, 

And nought a fote fro hym ryde. 


Sonst entspricht die darstellung 
quelle. 


Itin. p. 418: 

Et ecce! rex in partem respi- 
ciens vidit eminus equo dejec- 
tum nobilem comitem Leice- 
striae, quem cum egregie dimi- 
cantem rex invictus cerneret, 
ipsum a manibus improborum 
Opprimentium vivaciter eri- 
puit, et ad equum scandendum 
opem praestitit et obsequium. 


37) Endlich will ich noch zum vergleiche den schluss der 


romanze und die letzten worte 
grosse ähnlichkeit haben. 


v. 7133 fl.: 
Thus endyd Richard our kyng: 
God geve us alle good endyng, 
And hys soule reste and roo, 
And oure soules whenne we com thertoo! 


Amen. Explicit. 


des Itin. anführen, welche beide 


Itin. p. 450: 

Explicit Itinerarium Peregrinorum et 
gesta Regis Ricardi, cujus animae pro- 
pitietur pietas Ejus Qui neminem vult 
perire, Salvator mundi, Jesus Christus 
Dominus noster, Cui laus, virtus, et 
imperium. Amen. 


Die me. romanze Richard Coeur de Lion und ihre quellen 197 


ich schon oben hervorhob, ein begeisterter anhänger und ver- 
ehrer seines helden Richard Coeur de Lion ist. Desshalb sind 
des königs freunde auch seine freunde, und des königs feinde 
auch seine gegner. Nun wird der markgraf im Itin. in der that 
auch als widersacher Richard’s bezeichnet. Beide sind häufig in 
streit gerathen, indem nämlich der markgraf auf die krone von 
Jerusalem ansprüche erhob, die Richard nicht anerkennen wollte. 


3) Die rüstungen zum kreuzzuge im abendlande. 


In der romanze fordert papst Urban die abendländische 
christenheit zum schutze des christlichen glaubens auf. Dies ist 
nicht mit der geschichte in einklang zu bringen. Denn Urban III. 
wurde durch die trauerbotschaft von dem verluste des heiligen 
landes so erschüttert, dass er bald darauf starb. Von diesem 
erwähnt das Itin. gar nichts; hier wird der name des papstes 
Urban überhaupt nur einmal, nämlich an der spitze der chronik 
(p. 5) genannt. 

Was die rüstungen der abendländischen fürsten anbetrifft, 
so bemerkt die romanze ganz kurz, dass unter anderen der könig 
von Frankreich (v. 1321) und der kaiser von Deutschland (v. 1325) 
die fahrt nach dem heiligen lande angetreten hätten, und be- 
richtet dann ausführlich über den aufbruch des königs von Eng- 
land (v. 1333 ff.). Das Itin. dagegen erzählt den ganzen verlauf 
des kreuzzuges, welchen kaiser Friedrich Barbarossa unternahm. 
Auf diesen punkt komme ich weiter unten noch einmal zurück. 


Richard hatte schon zu lebzeiten seines vaters Heinrich ge- 
lobt, in den kampf gegen die ungläubigen zu ziehen, und dieser 
hatte im verein mit dem könig Philipp II. von Frankreich das 
gleiche gethan (Itin. p. 32 und 140). Richard und Philipp er- 
füllten ihr gelübde erst nach Heinrich’s tode. 


Davon ist in der romanze nicht die rede. Auffallender aber 

ist, dass sich nichts von der verabredung Richard’s mit Philipp II. 
findet, welche beide zusammen nach dem heiligen lande fahren 
wollten und: sich zu diesem zwecke in Vezelay resp. Lyon mit 
. „Suisse Da sich aber herausstellte, dass solche 
unterhaltes wegen nicht miteinander 

nig. Philipp den weg nach Genua ein, 

» nach Marseille wandte (Itin. 

sich in Messina wieder zu 


198 F. Jentsch 


treffen, um von da gemeinsam nach dem heiligen lande aufzu- 
brechen. — In der romanze begegnen sich beide fürsten zuerst 
in Messina. 

Vor seiner abreise macht Richard den bischof von York zu 
seinem stellvertreter in England (v. 1443 f.), während das Itin. 
p. 145 den bischof von Ely nennt. 


4) Der aufenthalt Richard’s in Messina. 


Auch hier sind abweichungen vom Itin. zu verzeichnen. — 
Zunächst wird Messina nicht, wie in der romanze, zu weihnach- 
ten, sondern schon im Oktober 1190 erobert, jedoch auch infolge 
eines erbitterten kampfes zwischen den Griffonen (d. h. Sizilianern, 
ebenso im Itin. Griffones genannt) und Engländern (Itin. p. 163). 
Am weihnachtstage entstanden indessen zwischen den englischen 
seeleuten und den genuesischen und pisanischen schiffern eben- 
falls streitigkeiten, die aber von könig Richard unterdrückt wurden 
(Itin. p. 174). Beide ereignisse scheint die romanze vermengt zu 
haben. — Ferner aber spielt das hölzerne schloss, welches den 
namen Mate-Griffon trägt, nicht schon während der erstürmung 
Messina’s eine rolle, sondern es wird erst nach derselben errichtet. 
Mit hülfe dieser burg wollte Richard die Sizilianer in schach 
halten (Itin. p. 168). — Mit dem Itin. übereinstimmend, hebt die 
romanze die treulosigkeit des königs von Frankreich hervor, der 
mit seinen leuten die Griffonen gegen Richard unterstützte (Itin. 
p. 160 ff.). 

In der romanze gelingt es Richard, durch ein unbewachtes 

thor, auf das ihn ein ritter aufmerksam macht, in die stadt ein- 
zudringen (v. 1904 ff.). — Das Itin. p. 162 f. schildert folgender- 
 massen: 
— — — et per posternam quandam, quam rex Angliae, secunda die adventus sui, 
ad cautelam futurorum circuiens cum duobus sociis, quasi neglectam a civibus 
perpenderat, muros civitatis cum magno impetu audacter introierunt, et portas 
civitatis diruerunt, et reliquum exercitum intromiserunt. 

Ebenso wie die romanze (v. 1773—1778) macht auch das 
Itin. p. 172 f. von einer feier des weihnachtsfestes mittheilung. — 
Die romanze gibt v. 1704 als ort der zusammenkunft zwischen 
Richard und Tankred die stadt Rys an. Diese stadt wird im 
Itin. mehreremale genannt (p. 154, 175, 332). 

Die episode mit den beiden französischen richtern Mar- 
garyte und Sir Hugh Impetyte, welche den könig von Englan- 


Die me. romanze Richard Coeur de Lion und ihre quellen 199 


beschimpfen (v. 1989 ff.), findet sich zwar nicht im Itin. In- 
dessen wird hier folgender zug berichtet. 


Es fanden zwischen den Sizilianern und Engländern täglich 
reibereien statt, die dann auch zur eroberung von Messina führ- 
ten. Bei diesem streite nun, welcher der einnahme von Messina 
vorherging, erzählt das Itin. p. 160, dass zwei Sizilianer, welche 
besonders die übrigen zu den feindseligkeiten gegen die Eng- 
länder anstachelten, den könig Richard dadurch zu täuschen 
suchten, dass sie ihm gegenüber behaupteten, es sei gar nichts 
zwischen den einzelnen parteien vorgefallen: 


Erant autem duo Longobardi nimis astuti et mendaces, quorum instinctu 
commota est turba civitatis in peregrinos. Qui tamen, ut dolositatem suam men- 
daciis palliarent, asserebant se inde venisse, et nihil mali factum fuisse. Quorum 
nomina haec sunt, Jordanus Del Pin et Margaritus. etc. etc. 


Durch diese stelle ist der verfasser der romanze zu seiner 
schilderung angeregt worden. Dass der dichter die beiden Sizi- 
lianer zu französischen rittern macht, ist leicht erklarlich. Er 
will einen neuen beweis geben von der tticke und treulosigkeit 
der Franzosen den Engländern, besonders aber Richard Löwen- 
herz gegenüber. Wo es nur irgend angeht, sucht der verfasser 
den Franzosen, denen er in jeder weise feindlich gegenübersteht, 
ctwas am zeuge zu flicken. Dieses bestreben des dichters zieht 
sich durch die ganze romanze hin, und am klarsten findet es seinen 
ausdruck in dem feindlichen verhältniss der beiden fürsten Richard 
und Philipp zu einander. 


Die romanze erzählt v. 2013 ff., dass allen streitigkeiten 
während des aufenthaltes in Messina auf die bitten eines erz- 
bischofs ein ende gemacht wurde. Es heisst v. 2013 ff.: 


An archbishop came ful soon, 
He fel on knees and bad a boon. 
Of King Richard he had a grace, 
That he would leve his strife in that place, 
And there no more harmes do, 
For Goddis sake the people to. 
King Richard granted then, 
And drew to pavylon all his men. 
To this day men may hear speak. 
How the English were there awreke. 
All the while that. they were there 
They might well buy their chaffere ; 
There was none so hardy a man 
evil. worde: spake gan. 


198 . F. Jentsch 


treffen, um von da gemeinsam nach dem heiligen lande aufzu- 
brechen. — In der romanze begegnen sich beide fursten zuerst 
in Messina. 

Vor seiner abreise macht Richard den bischof von York zu 
seinem stellvertreter in England (v. 1443 f.), wahrend das Itin. 
p. 145 den bischof von Ely nennt. 


4) Der aufenthalt Richard’s in Messina. 


Auch hier sind abweichungen vom Itin. zu verzeichnen. — 
Zunächst wird Messina nicht, wie in der romanze, zu weihnach- 
ten, sondern schon im Oktober 1190 erobert, jedoch auch infolge 
eines erbitterten kampfes zwischen den Griffonen (d. h. Sizilianern, 
ebenso im Itin. Griffones genannt) und Englandern (Itin. p. 163). 
Am weihnachtstage entstanden indessen zwischen den englischen 
seeleuten und den genuesischen und pisanischen schiffern eben- 
falls streitigkeiten, die aber von könig Richard unterdrückt wurden 
(Itin. p. 174). Beide ereignisse scheint die romanze vermengt zu 
haben. — Ferner aber spielt das hölzerne schloss, welches den 
namen Mate-Griffon trägt, nicht schon während der erstürmung 
Messina’s eine rolle, sondern es wird erst nach derselben errichtet. 
Mit hülfe dieser burg wollte Richard die Sizilianer in schach 
halten (Itin. p. 168). — Mit dem Itin. übereinstimmend, hebt die 
romanze die treulosigkeit des königs von Frankreich hervor, der 
mit seinen leuten die Griffonen gegen Richard unterstützte (Itin. 
p. 160 ff.). 

In der romanze gelingt es Richard, durch ein unbewachtes 

thor, auf das ihn ein ritter aufmerksam macht, in die stadt ein- 
zudringen (v. 1904 ff.). — Das Itin. p. 162 f. schildert folgender- 
 massen: 
— — — et per posternam quandam, quam rex Angliae, secunda die adventus sui, 
ad cautelam futurorum circuiens cum duobus sociis, quasi neglectam a civibus 
perpenderat, muros civitatis cum magno impetu audacter introierunt, et portas 
civitatis diruerunt, et reliquum exercitum intromiserunt. 

Ebenso wie die romanze (v. 1773—1778) macht auch das 
Itin. p. 172 f. von einer feier des weihnachtsfestes mittheilung. — 
Die romanze gibt v. 1704 als ori der zusammenkunft zwischen 
Richard und Tankred die stadt Rys an. Diese stadt wird im 
Itin. mehreremale genannt (p. 154, 175, 332). 

Die episode mit den beiden französischen richtern Mar- 
garyte und Sir Hugh Impetyte, welche den könig von England 


Die me. romanze Richard Coeur de Lion und ihre quellen 201 


In der geschichte findet man hierfür leicht die erklärung. 
Richard erwartete nämlich seine mutter Eleonore und seine braut 
Berengaria, tochter Sancho’s I. von Navarra. Erstere begab sich 
bald nach ihrer ankunft wieder nach England zurück, während 
Berengaria bei Richard blieb (Itin. p. 175 f.). Berengaria und 
Johann begleiteten dann Richard nach Akkon. Auf Cypern fand 
die vermählung statt. | 


Dass nun der dichter weder Richard’s schwester Johanna, 
noch seine mutter Eleonore oder seine braut Berengaria erwähnt, 
lässt sich erklären. Denn einerseits hatte er ja in cap.I erzählt, 
dass Richard’s mutter Cassadorien hiess, und dass sie mit seiner 
schwester Topyas auf so merkwürdige weise verschwand; andrer- 
seits aber durfte er nichts von seiner braut Berengaria erwähnen, 
weil er ja von einem anderen liebesverhältnisse Richard’s zu Mar- 
gery, der tochter des königs Modard, (in cap. III und iV) ge- 
sprochen hatte. 


5) Die eroberung der insel Cypern. 


Nach der abfahrt von Messina erhebt sich ein sturm und 
drei schiffe des königs von England scheitern an der küste von 
Cypern (v. 2041 ff.; Itin. p. 184). — Die schiffbrüchigen werden von 
den einwohnern, welche auf befehl des kaisers [Isaac] von Cypern 
handeln, beraubt -und theils getödtet, theils gefangen genommen 
(v. 2055 fl.). Eine ähnliche behandlung erfahren die unglücklichen 
im Itin. p. 184, 185. — Nach der ankunft des königs von Eng- 
land vor Limasol schickt dieser sogleich boten an den kaiser von 
Cypern, um ihn zur herausgabe des geraubten gutes und der ge- 
fangenen aufzufordern. Die boten werden von dem kaiser höhnisch 
abgewiesen (v. 2089 ff.; Itin. p. 188 f.). — Die boten werden in der 
romanze namentlich bezeichnet; dies geschieht weder im Itin., noch 
in den anderen noch anzuführenden chroniken. Meiner ansicht 
nach hat der verfasser diese namen selbst hinzugefügt, um die 
episode lebendiger zu gestalten. Hier sehen wir wieder, wie wenig 
ernst es der dichter mit den namen nimmt: er wählt beliebige 
und verknüpft sie mit den ereignissen, die er schildert. 


Die folgende unterwerfung des kaisers von Cypern ist der 
hauptsache nach wieder nach dem Itin. berichtet. Freilich kann 
auch hier nicht von einer bis in’s einzelne genauen schilderung 
"ie rede sein. 


200 F. Jentsch 


Diese episode gründet sich augenscheinlich auf eine stelle 
im Itin., wo erzählt wird, dass nach der versöhnung der beiden 
könige, Richard und Tankred, auf den rath des erzbischofs von 
Rouen die bei der eroberung von Messina gemachte beute den 
einwohnern zurückgegeben wird, worauf ruhe und frieden in Mes- 


sina herrscht. Die stelle lautet im Itin. p. 170: 

Denique de consilio venerabilis Rothomagensis archiepiscopi Walteri, de- 
nunciatum est, sub anathematis interminatione, ut quicquid auri vel argenti sive 
cujuslibet generis pecuniae, victorum manus diripuisset a civibus, restitueretur 
integrum. KRestitutis itaque cunctis, et quantum ad exteriorem apparentiam fir- 
miter pacificatis, cives gaudent securitate, peregrini pacis tranquillitate, fit civitatis 
status incolumis, statuuntur leges poenales in pacis praevaricatores. Ingrediuntur 
cives et egrediuntur cum peregrinis sine offensa et altercatione, renovantur omnia 
in gratiosam concordiam, laetantur universaliter singuli, et jam libere exponuntur 
venalia esui necessaria pretio satis tolerabili et hominibus et equis. 


Die dichtung bemerkt v. 2027 ff., dass Richard von weih- 
nachten bis zur fastenzeit friedlich in Messina verweilt. Das Itin. 
p. 174 gibt den ganzen zeitraum an, welchen beide könige in 
Messina zubringen, nämlich von michaelis bis nach der fastenzeit. 

Ferner erzählt die romanze v. 2031 ff., ebenso wie die chro- 
nik p. 175 und p. 177, dass der könig von Frankreich im März 
aufbricht, und dass der könig von England wenige tage später 
absegelt. 

Ein punkt ist in der romanze gar nicht berührt: der grund näm- 
lich, warum sich Richard vor dem eigentlichen kreuzzuge längere 
zeit in Messina aufhielt. Der geschichtliche thatbestand ist kurz 
folgender: Wilhelm II., könig von Sicilien, war kinderlos gestor- 
ben. Tankred von Lecce bemächtigte sich nun des thrones und 
setzte Johanna, die wittwe Wilhelm’s II. und schwester Richard’s 
von England, gefangen. Seine schwester zu befreien und ihr 
das von Wilhelm II. in seinem letzten willen ausgesetzte erbtheil, 
welches ihr auch von Tankred vorenthalten wurde, zu sichern, 
war der zweck fiir Richard’s aufenthalt in Sicilien (Itin. p. 154). — 
Dieser Tankred von Lecce ist in der romanze Tanker, der könig 
von Apulien (v. 1675). — Ferner gibt auch die romanze nicht an, 
aus welchen gründen eigentlich Richard so lange auf Sizilien 
weilt, warum er nicht eher von Messina nach Akkon aufbricht. 
Es ist dies um so befremdender, als Richard in unserem gedichte 
bei gelegenheit der unterredung mit Tanker ausdrücklich be- 
merkt v. 1727 f.: 


I wole dwelle but a day: 
Tomorwe I wole wende my way: 


Die me. romanze Richard Coeur de Lion und ihre quellen 201 


In der geschichte findet man hierfür leicht die erklärung. 
Richard erwartete nämlich seine mutter Eleonore und seine braut 
Berengaria, tochter Sancho’s I. von Navarra. Erstere begab sich 
bald nach ihrer ankunft wieder nach England zurück, während 
Berengaria bei Richard blieb (Itin. p. 175 f.). Berengaria und 
Johann begleiteten dann Richard nach Akkon. Auf Cypern fand 
die vermählung statt. 


Dass nun der dichter weder Richard’s schwester Johanna, 
noch seine mutter Eleonore oder seine braut Berengaria erwähnt, 
lässt sich erklären. Denn einerseits hatte er ja in cap. I erzählt, 
dass Richard’s mutter Cassadorien hiess, und dass sie mit seiner 
schwester Topyas auf so merkwürdige weise verschwand; andrer- 
seits aber durfte er nichts von seiner braut Berengaria erwähnen, 
weil er ja von einem anderen liebesverhältnisse Richard’s zu Mar- 
gery, der tochter des königs Modard, (in cap. III und iV) ge- 
sprochen hatte. 


5) Die eroberung der insel Cypern. 


Nach der abfahrt von Messina erhebt sich ein sturm und 
drei schiffe des königs von England scheitern an der küste von 
Cypern (v. 2041 ff.; Itin. p. 184). — Die schiffbrüchigen werden von 
den einwohnern, welche auf befehl des kaisers [Isaac] von Cypern 
handeln, beraubt -und theils getödtet, theils gefangen genommen 
(v. 2055 ft.). Eine ähnliche behandlung erfahren die unglücklichen 
im Itin. p. 184, 185. — Nach der ankunft des königs von Eng- 
land vor Limasol schickt dieser sogleich boten an den kaiser von 
Cypern, um ihn zur herausgabe des geraubten gutes und der ge- 
fangenen aufzufordern. Die boten werden von dem kaiser höhnisch 
abgewiesen (v. 2089 ff.; Itin. p. 188 f.). — Die boten werden in der 
romanze namentlich bezeichnet; dies geschieht weder im Itin., noch 
in den anderen noch anzuführenden chroniken. Meiner ansicht 
nach hat der verfasser diese namen selbst hinzugefügt, um die 
episode lebendiger zu gestalten. Hier sehen wir wieder, wie wenig 
ernst es der dichter mit den namen nimmt: er wählt beliebige 
und verknüpft sie mit den ereignissen, die er schildert. 


Die folgende unterwerfung des kaisers von Cypern ist der 
hauptsache nach wieder nach dem Itin. berichtet. Freilich kann 
auch hier nicht von einer bis in’s einzelne genauen schilderung 
die rede sein. 


202 F. Jentsch 


Dem könig von England gelingt es, den kaiser von Cypern, 
während er in seinem zelte im schlafe liegt, zu überfallen. Der 
kaiser entkommt jedoch (v. 2251 ff.; Itin. p. 192 p.). — Romanze 
und chronik erwähnen übereinstimmend die reiche beute (gold, 
silber, pferde etc.), welche man im lager des kaisers fand. Besonders 
barg das kaiserliche zelt viele kostbarkeiten (v. 2307 ff.; Itin. 
p- 194). 

Unter der beute werden zwei rosse, Favel und Lyarde, her- 
vorgehoben, v. 2319 ff.: 

Two stedes found the Kyng Richard, 

That one hight Favel, that other Lyarde, 
In the world nas not their peer, 
Dromedary, nor destrere, 

Steed rabyte, ne camayl, 

That ran so swift without fail; 

For a thousand pound y-tolde 

Should not that one be sold. 

Eines dieser rosse, namlich Favel, erwahnt auch das Itin. 
allerdings nicht, wo von der pltinderung des lagers die rede ist. 
Die chronik berichtet p. 199, dass der kaiser von Cypern, nach- 
dem er sich unterworfen, wieder entweicht. 


Nocte sequenti, instinctu cujusdam militis sui mendacis, nomine Pagani de 
Cayphas, fugit inde velociter imperator, nocturnis tenebris confisus, equo sedens 
favello peroptimo. — Ferner heisst es p. 201: Equum enim habebat favellum, 
tantae velocitatis et patientem cursus assidui, cui nunquam 
quantaelibet agilitatis alterum posse quisquam vidit aequi- 
parari. 

Dieses ross muss dann in den besitz des königs von Eng- 
land tibergegangen sein, obwohl dies das Itin. nicht besonders 
erzählt, denn es wird uns später berichtet, dass könig Richard 
in der schlacht bei Arsuf auf seinem cyprischen renner Favellus 
in die reihen der feinde stiirmt (Itin. p. 274). — Auch an einer 
anderen stelle wird das ross genannt (Itin. p. 307). 


Was den namen des rosses betrifft, so will ich bei dieser 
gelegenheit darauf aufmerksam machen, dass Fauvel ein pferde- 
eigenname ist, der in den afz. chansons de geste haufig wieder- 
kehrt. cf. Bangert: Die thiere im altfranzösischen epos. Marburg 
1884. p. 37. Das. p. 40 ist auch Liart als eigenname belegt. 
cf. Kölbing: Ipomedon. Breslau 1889. p. 469 zu v. 3892. 


Der kaiser unterwirft sich und leistet Richard den lehns- 
eid. Bald versucht er jedoch wieder seine barone gegen Richard 


Die me. romanze Richard Coeur de Lion und ihre quellen 203 


aufzustacheln, was ihm aber nicht gelingt. Diese verrätherei wird 
dem könig von England hinterbracht, der ihn aufsuchen und fes- 
seln lässt (v. 2367 ff.). — Ähnlich berichtet auch das Itin. p. 196 ff.: 
Der kaiser von Cypern ergibt sich dem könig Richard und schwört 
ihm treue (p. 196 f.) Doch entflieht er bald darauf, seinen ver- 
trag bereuend (p. 199). Hierauf wird die ganze insel erobert 
(p. 199 ff.). [Unter den burgen, die eingenommen werden, wird 
im Itin. p. 201, 202 das castellum Buffeventum genannt. In der 
romanze wird v. 2387 Soffenent als die stadt bezeichnet, in welcher 
der kaiser seine barone gegen Richard aufwiegeln will.] Der 
kaiser wagt nur geringen widerstand. Als er vernimmt, dass seine 
tochter sich in der gewalt Richards befindet, ergibt er sich. Auf 
seine bitte, ihn nicht in eisen zu schliessen, werden ihm silberne 
fesseln angelegt (p. 203). 


Vor seiner abfahrt von Cypern macht Richard den grafen 
Leicester zum verwalter der insel (v. 2439 ff... Das Itin. erwähnt 
davon nichts. 


6) Die eroberung des sarazenischen schiffes. 


Richard lässt erkundigungen einziehen. Man erhält die ant- 
wort, dass das schiff dem könig von Frankreich gehöre (v. 2475 ff.; 
Itin. 205). — Nachdem man erkannt, dass es ein feindliches 
schiff ist, entspinnt sich ein harter kampf, an welchem in der 
dichtung Richard selbst einen hervorragenden antheil nimmt 
(v. 2529 ff.; Itin. p. 207 f.). — Viele Sarazenen springen über bord. 


v. 2567 f.: Itin. p. 208 f.: 


And ovyr the borde lopen they, Turci ut mortem in navi pereuntes 
And drownyd hem in the see that day. evaderent, exsiliebant in fluctibus, nihi- 
lominus perituri, quos nostri armis ex- 
cipientes, hos occidebant, illos submer- 
gebant. 
Von der bemannung des schiffes lässt Richard dreissig am 
leben (v. 2570). Das Itin. gibt 35 an (p. 209). 


7) Richard’s ankunft in Akkon. 


Nach seiner ankunft erfährt Richard von dem erzbischof von 
Pisa die leiden, welche die kreuzfahrer bisher vor Akkon hatten 
erdulden müssen. Das Itin. gibt die einzelnen ereignisse schon 
im ersten buche. . 


204 F. Jentsch 


Nachdem die christen begonnen hatten, die stadt Akkon 
zu belagern, eilte Saladin herbei, um sie selbst wieder einzu- 
schliessen (v. 2689 ff.; Itin. p. 64). — In der ersten schlacht 
gegen den sultan waren die kreuzfahrer anfänglich siegreich, er- 
litten aber durch die zu hitzige verfolgung eines sarazenischen 
rosses eine gänzliche niederlage (v. 2701 ff.). Dieser schilderung 
liegt ein ähnlicher bericht im Itin. zu grunde. Nur wird hier die 
sache insofern anders dargestellt, als die verfolgung des einem 
Deutschen gehörigen rosses durch einige leute bei dem christ- 
lichen heere selbst die ansicht hervorrief, dass eine allgemeine flucht 
vor den Sarazenen stattfände, wesshalb die schlacht verloren ging 
(Itin. p. 70). Die romanze erzählt nun, dass in diesem kampfe der 
kaiser von Deutschland getödtet wurde (v. 2723). Wir wissen, 
dass diese angabe ganz unhistorisch ist. Schon p. 197 habe ich 
darauf hingewiesen, wie die romanze v. 1325 nur ganz kurz er- 
wähnt, unter anderen abendländischen fürsten sei auch der kaiser 
von Deutschland mit einem heere nach dem heiligen lande ge- 
gangen, während das Itin. p. 34—57 den ganzen zug des kaisers 
und auch seinen tod im flusse Kalykadnus berichtet. Da es nun 
dem verfasser der romanze darauf ankam, allein den kreuzzug 
Richard’s zu erzählen, so begnügte er sich, mit einem worte nur 
den aufbruch des kaisers von Deutschland nach dem morgen- 
lande und seinen tod zu erwähnen. So darf es uns nicht wun- 
dern, wenn er den kaiser, den historischen verhältnissen wider- 
sprechend, in einer schlacht bei Akkon fallen lässt. 

Der erzbischof theilt weiter mit, dass kurz nach neujahr 
1200 kreuzfahrer bei der verfolgung eines feindlichen schiffes ihr 
leben verloren hätten (v. 2737 ff.). Von einem solchen unglück ist 
uns im Itin. nichts überliefert. Die chronik berichtet aber, dass 
bei der belagerung von Akkon ein christliches proviantschiff durch 
die feindliche flotte weggenommen und seine bemannung getödtet 
wurde (Itin. p. 77). Es darf nicht als ausgeschlossen gelten, dass 
dieses ereigniss den verfasser der romanze zu seiner erzählung 
angeregt hat. 

Richard erfährt hierauf von einer grossen hungersnoth, in 
welcher die christen genöthigt wurden, einen theil ihrer pferde 
zu tödten und deren fleisch zu essen (v. 2822 ff.). So erzählt auch 
das Itin. p. 124 f. Die romanze spricht dann von einer geldverthei- 
lung seitens der reichen an die armen (v. 2846 ff.). Das Itin. p. 134 
berichtet in ähnlicher weise von einer sammlung, welche der erz- 


Die me. romanze Richard Coeur de Lion und ihre quellen 205 


bischof von Canterbury und andere wohlhabende veranstalten, 
um die allgemeine noth zu lindern. 


8) Die belagerung und einnahme der stadt Akkon. 


Richard bringt nach seiner ankunft die belagerung in rasche- 
ren gang, indem er wurfmaschinen aller art gegen die stadt er- 
richten lässt (v. 2878 ff.; Itin. p. 214, 219). Auch minen werden 
gelegt, besonders gegen den Maudit Coloun (v. 2905 ff.). Dieser 
Maudit Coloun ist der »verfluchte thurm«, einer der thürme, durch 
welche Akkon befestigt war, im Itin. Zurris Maledicta genannt (cf. 
p. 218, 224 etc.) — Während der belagerung wird Richard 
krank (v. 3007 ff.; Itin. p. 214). Im Itin wird die krankheit 
»Arnoldia« genannt. — Die Sarazenen, welche durch die anstürmen- 
den kreuzfahrer hart bedrängt werden, geben dem ausserhalb 
lagernden Saladin ein zeichen, die christen anzugreifen, um sie 
von der stadt abzulenken. In der romanze geschieht dies während 
der nacht durch fackellicht (v. 2939 ff.), im Itin. durch den schall 
der pauken und trommeln (p. 215). 


Die Sarazenen wollen Akkon übergeben, wenn Markes. 
Feraunt (über ihn vergl. o. p. 196) zum könig von Syrien gemacht. 
wird. Richard geräth über diese bedingung in grossen zorn. 
Dabei legt er dem Markes Feraunt folgendes zur last, v. 3239 ff.: 

He is wurs than an hound; 

He robbed syxty thousand pound 
Out off the hospytelers hand, 

That my fadyr sent intoo thys land, 
That was callyd Kyng Henry, 
Crystene men to governy. 

Mit dieser geldsumme hat es folgende bewandtniss: könig 
Heinrich U. hatte als busse für den mord seines erzbischofs. 
Thomas von Canterbury den Hospitalitern und Templern jährlich 
eine summe geldes zum besten des heiligen landes gesandt. Da- 
von erzählt auch das Itin. p. 26: 

Sane hoc inter caetera nullatenus silendum censemus, quod rex Anglorum 
Henricus pecuniam multam apud Templarios et Hospitalarios dudum congesserat, 
qua et Tyrus est defensa, et caetera regni negotia utiliter expedita. Hanc autem 
pecuniam rex magnificus pia et necessaria provisione in Terrae subsidium per 
multos annorum circulos Jerosolimam transmiserat; cujus summa, ut dicitur, in 


triginta millia marcarum excrevit. 
% 


Diesen bericht fand der verfasser der romanze in seiner 
quelle vor. Er benutzte ihn nun, indem er erzählt, Markes Fe- 


206 F. Jentsch 


raunt habe dieses geld geraubt, jedenfalls zu dem zwecke, um 
den verräther noch verdammenswürdiger erscheinen zu lassen. 

Der könig von Frankreich ergreift bei dieser gelegenheit 
für jenen Markes Feraunt partei, der in der romanze immer 
als verräther und feind der christen bezeichnet wird. Es 
muss uns dies in hohem grade wundern von einem fürsten, 
der zur vertheidigung des christlichen glaubens nach dem 
orient gekommen ist. Hierfür scheint es nur eine erklärung zu 
geben. Ich habe schon oben mitgetheilt, dass dieser marquis 
Montferrat (der ja mit Markes Feraunt identisch ist) ansprüche 
auf die krone von Jerusalem erhob. Dabei wurde er von könig 
Philipp thatkräftig unterstützt, während Veit von Lusignan, der 
rechtmässige könig von Jerusalem, in Richard Löwenherz einen 
vertheidiger seiner sache fand. Dies war ein neuer grund zu 
streitigkeiten zwischen den beiden königen des abendlandes, 
deren beziehungen zu einander ohnedies schon keine freund- 
schaftlichen zu nennen waren. Im lager vor Akkon kam es nun 
öfters zu argen misshelligkeiten zwischen den parteien (Itin. 
p. 235). Dass in unserer dichtung, wo Philipp sich für den 
heiden Markes Feraunt verbürgt, auf das nahe verhältniss zwi- 
schen ihm und dem markgrafen von Montferrat angespielt ist, 
steht ausser zweifel. Der dichter benutzt dies wieder, um den 
könig von Frankreich, welchem er durchaus nicht hold ist, in den 
augen seiner zuhörer möglichst herabzusetzen. 

Die endgültigen bedingungen für die übergabe der stadt 
Akkon sind im wesentlichen nach dem Itin. angegeben (v. 3275 ff.; 
Itin. p. 232). Besonders wird die rückgabe des heiligen kreuzes 
versprochen. — Die christen ziehen dann in die stadt ein (v. 3305 ff.; 
Itin. p. 233). — Saladin ist in der romanze schon vor der übergabe 
der stadt geflohen, während er sich im Itin. erst nach derselben 
zurückzieht (p. 234). 





9) Die niedermetzelung der sarazenischen geiseln. 


Die gesandten, welche zu Richard kommen, um ihm, wenn 
er den christlichen glauben ablegen wolle die herrschaft über ein 
grosses ländergebiet anzubieten, erklären, dass sie nicht wüssten, 
wo das kreuz sei, das sie zurückzugeben versprochen hatten. 
Darauf heisst es v. 3705 ff.: 

Quod Kyng Richard: ,Sithe it is soo 
I wot weel what I have to doo. 


Die me. romanze Richard Coeur de Lion und ihre quellen 207 


Your Sawdoun is nought slye, 

So queyntyly to blere myn eye.“ 

He callyd hys knyghtes everilkon, 

And bad hem into Acres gon, 

»And take Sarezynes syxty thousandes, 
And knytte behynde hem her handes; 
And ledes hem oute off the cyte, 

And hedes hem withouten pyté; 

And so schal I telle Saladyn, 

To pray me leve on Appolyn!* 

They were brought out off the toun, 
Save twenty, he heeld to raunsoun. 
They wer led into the place ful evene: 
Ther they herden aungeles off hevene: 
They sayde: „Seyzzyors, tuez, tues! 
Spares hem nought, behedith these !* 
Kyng Richard herde the aungelys voys, 
And thankyd God, and the holy croys. 
Ther wer they behedyd hastelyche, 
And caste into a foule dyche. 


In der geschichte ist die ursache der ermordung der sara- 
zenischen gefangenen eine andere. Für die erfüllung der kapitu- 
lationsbedingungen war eine bestimmte frist festgesetzt worden. 
Das Itin. p. 232 berichtet dariiber: 

— — et de sancta Cruce reddenda, et de captivis requirendis praefixus est 
unius mensis terminus. | 

Nachdem diese frist verstrichen ist, zögert Saladin das kreuz 
auszuliefern, obgleich er dadurch das leben der geiseln, die er 
für die rechtzeitige bedingungserfüllung gestellt hatte, gefährdet. 
Dass Saladin so handelte, wird im Itin. direkt auf göttlichen ein- 
fluss zurückgeführt; vgl. p. 241: 

Deus autem eam tunc noluit reddi in absolutionem eorum, pro quibus pro- 
mittebatur reddenda, sed ut potius perirent. 

p. 243 hören wir, dass Richard, da Saladin oddurato corde 
immer noch zögert, das kreuz herauszugeben, endlich beschliesst, 
die geiseln zu tödten: 

die Veneris proxima post Assumptionem Beatae Mariae, a civitate jussit 
educi Turcorum obsidum vinctos duo millia et septingentos ad decollandum. Nec 
mora, prosiliunt satellites, alacriter jussa complentes, et animo gratanti, ut vide- 
licet, in ultione redderent talionem, annuente gratia divind, super morte Christia- 
norum, quos ipsi peremerant arcuum missilibus vel balistarum. 

Beachtung verdient, dass in der romanze sowohl wie im 
Itin. die grässliche that gewissermassen mit göttlicher erlaubniss 
ausgeführt wird. 


208 F. Jentsch 

Hier muss ich noch erwähnen, dass nach dem Itin. p. 236 ff. 
Philipp, der könig von Frankreich, schon vor der ermordung der 
Sarazenischen gefangenen die heimreise angetreten hat, während 
er in der romanze noch längere zeit verweilt und sich an den 
eroberungszügen Richard’s im heiligen lande betheiligt. 


10) Der zug Richard’s von Akkon nach Joppe. 


Einige tage nach der hinrichtung der Sarazenen bricht Ri- 
chard Löwenherz von Akkon nach süden auf, immer an der küste 
des meeres entlang ziehend (v. 4789 ff.; Itin. p. 244 ff.). 

Auf diesem zuge wird er beiden texten zufolge, bevor er 
nach Cayphas gelangt, von Saladin überfallen. Nach der romanze 
überfallen die Sarazenen den nachtrab des heeres, welcher unbe- 
waffnet ist. Ich stelle die beiden berichte einander gegenüber. 


v. 4795 ff.: 
Saladyn it herde telle, 
And com flyngand aftyr snelle, 
With syxty thousand Sarezynes kene, 
And thoughte to doo Crystene-men tene; 
And ovyrtooke the rerewarde, 
And begunne to bekyr harde, 
Hastely swerdes they drowe, 
And many a Crystene-man they slowe. 
Unarmyd was the rerewarde , 
They fledde in haste to Kyng Richard. 


Itin. p. 250: 

Ibi propter angiportum, confusis 
acierum ordinibus, sparsim attenuati 
procedebant et indisciplinate; quod 
attendentes Saraceni repente ir- 
ruunt in veredarios et bigas 
onustas, et homines improvidos sine 
mora peremerunt et equos, et plurimum 
sarcinarum diripuerunt, et sibi resistentes 
pertinaciter pertransibant, et disperge- 
bant, et usque in oram maris caedentes 
profugabant. Ibi fit acerrimus conflictus, 
viriliter utrisque pro capitibus certan- 
tibus. 


Die romanze erwähnt nun v. 4821 ff., dass ein wagen in 
einen sumpf geräth und der wagenlenker dabei seine rechte hand 


verliert. 


And many Crystene, I telle yow sekyr, 


Hente her deth in that bekyr, 


Thorwgh a cart, that was Hubertes Gawtyre, 
That was set al ina myre. 
The carter les his hand ryght; 


Ich habe schon p. 185 nachgewiesen, dass dieser Hubert 


Gawtyr der bischof Hubert Walter von Salisbury ist. 


Betrachten 


wir nun folgende schilderung im Itin. p. 250 f.: 


Ibi cum a Turco quodam amputaretur manus dextra cum 
gladio quem strictum tenebat, cuidam Everardo homini epis- 
copi Saresberiensis, ipse vultu constanti et in nullo mutato, gladium arri- 


Die me. romanze Richard Coeur de Lion und ihre quellen 209 


puit sinistra, et adversus Turcos imminentes concludens, et in diversa gladium 
vibrans, ab omnibus animosius se defendit. 

Wir bemerken deutlich den einfluss des Itin. Diesen tapfe- 
ren Eberhard, der zu den mannen des bischofs Walter von Salis- 
bury gehörte, hat die romanze einfach zum lenker jenes wagens 
gemacht, der in den sumpf geräth. Die episode mit dem wagen 
überhaupt aber ist ohne zweifel dadurch entstanden, dass die chro- 
nik, wie wir aus der oben mitgetheilten stelle ersehen, von dem 
angriffe Saladin’s auf den nachtrab erzählt, in welchem sich die 
wagen und der tross des hecres befanden. . 


Ebenso wie das Itin. erwähnt auch die romanze die glän- 
zende tapferkeit des königs Richard bei dieser gelegenheit. Zum 
vergleiche will ich die worte der romanze und die der chronik 
anführen. 


v. 4829 ff.: Itin. p. 251: 
Kyng Richard hyed thedyr with thate, — — Johanne filio Lucae, equo velocius 
Almost hadde he come to late! admisso, regi Ricardo adhuc ignoranti 
He layde on with his ax good; rem quae acciderat indicavit. Qui 
Many Sarezynes he leet blocd. statim rapido cursu, suorum vallatus 
Ther was no armure, verrayment, agmine in extremorum rediit adjutorium, 


So good that myght withstand his dent: et gladio fulminante ferebatur in Turcos 
a dextris prosternens et a sinistris. 

Auch die erscheinung des heiligen ritters Georg (v. 4853 ff.) 

deutet hin auf die benutzung des Itin.; hier wird zwar die er- 

scheinung selbst nicht berichtet, wohl aber bei der folgenden 

beschreibung der schlacht bei Arsuf der heilige ritter Georg zwei- 

mal von den kreuzfahrern um hülfe angerufen (Itin. p. 267, 269). 


Die Sarazenen ziehen sich, vollständig geschlagen, in die 
berge von Nazareth zurück (v. 4869 f.; Itin. p. 251). 

Nach dem siege zieht Richard auf seinem marsche weiter 
und gelangt nach Cayphas (v. 4873 ff.; Itin. p. 252). Die romanze 
stellt natürlich die sache so dar, als ob Richard die stadt durch 
das treffen gewonnen hätte. 


Wir kommen jetzt zu der schlacht bei Arsuf, die am 7. Sept. 
1191 geschlagen wurde und mit einem glänzenden siege der 
christen endigte. Auch hier erkennen wir an der art und weise, 
wie dieselbe in der romanze geschildert wird, den einfluss des 
Itin. Die dichtung schmückt die erzählung wieder aus, indem sie 
Saladin dem könige von England die schlacht durch boten an- 
bieten lässt, v. 4919, f.: | 

E. Kölbing, Englische studien. XV, 


210 F. Jentsch 


Undyr the forest off Arsour 
He wolde assaye hys valour. 


Im Itin. p. 259 wird nur erwähnt: 

fama namque fuit Turcos eis in insidiis sedere in foresta de Arsur, qui 
sylvam ipsam dicebantur, igne supposito, succensuri ne transiret exercitus. 

Richard ist natürlich sofort bereit, den kampf zu wagen. 
Die romanze erzählt die vorgänge in ausführlicher weise (v. 4913 
bis 5146), ebenso gibt auch das Itin. p. 259—277 einen ausge- 
dehnten bericht. Wahrscheinlich ist der verfasser von seiner 
quelle beeinflusst worden, wenn er die länder aufzählt, aus denen 
die truppen Saladin’s zusammenströmen (v. 4931 ff.), und wenn er 
ferner demgegenüber die länder nennt, aus denen die tapferen 
ritter Richards stammen (v. 4943 ff.). Im Itin. p. 266 wird näm- 
lich auch der sarazenischen macht die blüthe der christlichen 
ritterschaft gegentibergestellt. Ich lasse den anfang der betreffen- 
den stellen folgen. 


v. 4931 fl.: Itin. p. 266: 
Many was the hethene man, Totius virtus paganismi concurrerat 
With Saladyn that come than a Damasco et Perside; a mari mediter- 
Off Ynde, off Perse, off Babylone, raneo usque ad orientem, non resederat 
Off Arabye, and off Cessoyne, etc. vel in extremis terrarum recessibus vir 


famosus vel praepotens, populus virtutis, 
gens audax bellicis exercitiis probata, etc. 


v. 4943 ff.: ibid. 
With hym ther wer, off Yngeland, Flos enim juventutis egregiae Chri- 
Wyse knyghtes doughty off hand; stianitatis, et militia probata eo con- 
Manye Frensche, folk and Templeres, fluxerat, et tanquam granorum simila 
Gascoynes, and Hospytaleres, ab aristis exserta, ab extremis finibus 
Off Provynce a fayre cumpanye, terrae, tunc temporis ibi fuit coadunata, 
Off Poyle and off Lumbardye, etc. etc. 


Ferner beruht die in der romanze (v. 1957 ff.) folgende be- 
schreibung des ungeheuren heeres Saladin’s, das die erde er- 
dröhnen macht, sicherlich auf der noch ausführlicheren darstel- 
lung im Itin. p. 262 f. 

In betreff der heereseintheilung, die Richard vor der schlacht 
vornimmt, berichtet die romanze v. 4983 ff.: 

The fyrste batayle to the Templeres 
He gaff, and to the Hospytaleres, 

Etwas anders erzählt das Itin. p. 260; hier theilt Richard 
sein heer im ganzen in fünf treffen ein, von denen das erste die 
Tempelritter, das letzte dagegen die Hospitaliter einnehmen, 


Die me. romanze Richard Coeur de Lion und ihre quellen 211 


Der in der romanze erwähnte Jakes Deneys, der mit den 
Templern und Hospitalitern zuerst gegen die feinde sprengt, dann 
mit seinen beiden söhnen von Sarazenen umringt wird und den 
heldentod stirbt, ist niemand anderes als Jakobus von Avesnes, 
dessen tapferkeit und ruhmvollen tod auch das Itin. P. 269 und 
p. 275 besonders hervorhebt. | 

Ebenso wie die romanze rühmt auch das Itin. die glänzen- 
den waffenthaten Richard’s in diesem kampfe (v. 5040 ff.; Itin. 
Pp. 270. 

Ferner führe ich das begräbniss des Jakob von Avesnes an 
(v. 5133 ff.). Das Itin. p. 276 f. theilt folgendes mit: Nach der 
schlacht ritten die Hospitaliter und die Tempelritter auf das 
schlachtfeld hinaus, um den leichnam des helden zu suchen. Sie 
fanden ihn, :umgeben von fünfzehn erschlagenen Sarazenen. Die 
leiche wurde nach Arsuf zurückgebracht und feierlich beerdigt. 
König Richard und könig Veit von Jerusalem wohnten der be- 
stattung bei. Hier möchte ich auf einen widerspruch hinweisen, 
der sich in der romanze findet. Jakes Deneys wird nämlich hier 
in Jerusalem beigesetzt (v. 5140 f.). Vorher jedoch ist Jerusalem 
als eine der städte genannt worden, welche von Saladin zerstört 
wurden (v. 4905). | | 

Richard zieht mit seinem heere nach Joppe, verweilt dort 
so lange, bis die stadt vollständig befestigt ist, und begibt sich 
dann sofort nach Askalon (v. 5889—5909). Dies entspricht nicht 
den historischen verhältnissen, denn das Itin. berichtet, dass 
der wiederaufbau der stadt Joppe zwar begonnen, aber nur sehr 
langsam fortgesetzt wurde, da viele pilger nach Akkon zurück- 
kehrten und sich dort einem frohen lebensgenusse hingaben. 
Richard musste sogar selbst dorthin aufbrechen, um die säu- 
migen an ihre pflicht zu erinnern (p. 284—286). Den aufenthalt 
Richard’s in Joppe benutzte Saladin, um Askalon zerstören zu 
lassen (p. 283). 


11) Richard in Askalon. 


In der romanze gelangt Richard von Joppe direkt nach 

‚ Askalon (v. 5909 f.). Das Itin. berichtet auch hier anders: ende 

Oktober 1191 brach Richard von Joppe auf und zog unter man- 

nigfachen kämpfen und abenteuern nach osten in das land 

hinein (p. 289 ff... Gegen ende des tahres 1191 gelangte das 

heer nach Ramlah und! ~interquartiere 
1a 


212 F. Jentsch 


bezogen wurden (p. 298). Um neujahr 1192 liess Richard 
den befehl zum aufbruche nach Jerusalem geben, was bei den 
pilgern grosse freude hervorrief; das heer gelangte aber nur bis 
Beitnubah (p. 303 f.), . wo Richard einen kriegsrath zusammen- 
berief, in welchem über die zweckmässigkeit der bestiirmung Je- 
rusalem’s beschluss gefasst werden sollte. Man entschied sich, 
die belagerung jetzt nicht vorzunehmen, sondern die wichtige 
festung Askalon wiederherzustellen. So zog das heer unverrich- 
teter sache wieder an die küste zurück (p. 308—312). 

Dies alles hat die romanze nicht wiedergegeben. Ihrem ver- 
fasser kam es augenscheinlich nur darauf an, die hauptmomente 
aus dem thatenreichen aufenthalte Richard’s im heiligen lande 
hervorzuheben. Ueber den zug, den Richard in gemeinschaft 
mit Philipp nach Jerusalem macht, werde ich weiter unten han- 
deln. "n 

V. 5981 f. erfahren wir, dass sich mit dem herzog von Oester- 
reich , welcher mit Richard in streit gerathen war (vergl. 
p. 227), auch der herzog von Burgund entfernt hat. Auch in 
dieser angabe hat sich die romanze nicht an ihre quelle gehalten. 
Letzterer verlässt nicht mit dem herzog von Oesterreich den 
könig von England bei Askalon, sondern er bricht vornehmlich 
desswegen nach Akkon auf, weil ihm Richard kein geld lieh, 
womit er seinen soldaten den rückständigen sold auszahlen konnte 
(Itin. p. 320). 

Welcher ort unter Albary, das Richard nach der befestigung 
von Askalon gewinnt, verstanden werden soll, weiss ich nicht zu 
sagen. Dieser name findet sich nicht im Itin. und ebensowenig 
in anderen chroniken. 


12) Die eroberung von Darum. 


In der schilderung der eroberung von Darum folgt die 
romanze wiederum ihrer quelle, freilich nur in grossen zügen. 
Ebenso wie diese gibt auch die romanze einen längeren bericht, 
der indessen, was uns nicht wunder nehmen wird, vielfach aus- 
geschmückt ist. 

Die romanze schildert v. 6061 ff., wie es gelingt, mit hülfe 
der maschinen den äussersten wall niederzulegen, wodurch der 
graben ausgefüllt wird und somit die christen in die stadt ein- 
dringen können; der graf Robert von Leicester ist der erste, 
welcher sein banner auf den mauern der stadt aufrichtet. Viele 


Die me. romanze Richard Coeur de Lion und ihre quellen 213 


Sarazenen fliehen in den höchsten thurm, während die anderen 
ausserhalb desselben einen harten kampf zu bestehen haben, 
v. 6077 ff.: 

The Sarezynes, .with misaventoure, 

Fled up into the heyeste toure, 

And many off hem stode withoute, 

And foughten faste in gret doute. 


Ganz ähnlich erzählt das Itin. p. 354 f.: 

-— — ef ecce, porta castri diruta est et igne supposito combusta, et cum 
petraria regis dissipata. 

Darauf bieten die Sarazenen dem könige' von England die 
tibergabe der stadt an unter der bedingung des freien abzuges ; 
sie werden indess von Richard zurückgewiesen. Hierauf stürzt 
ein thurm mit gewaltigem krachen zusammen. Die chronik fährt 
dann fort: 

Turcos a ruina fugientes raptim nostri insequuntur caedentes, qui resistere 
non valentes se intromiserunt in turrim principalem: nequissimo qui- 
dem usi consilio, universos equos suos, ne alienum cederent in usum, prius sub- 
nervaverant. Ipsis fugientibus, nostri viriliter ingrediuntur in castrum. etc. 
| Dann wird erwähnt, dass das banner des grafen von Lei- 
cester als zweites auf den mauern Darum’s aufgepflanzt wird. Die- 
jenigen Sarazenen, welche noch in den hauptthurm fliehen wollen, 
werden von den christen getödtet. | 

° Der zug, dass dem Itin. zufolge die Sarazenen ihre pferde 
unbrauchbar machen (vergl. die eben mitgetheilte stelle), findet 
auch in der romanze berücksichtigung, wo es heisst v. 6099 ff.: 

They wente quyk, withouten fable, Ze 
And slowgh her stedes in the stable; 

The fayreste destreres and stedes, 

That myght bere knyghtes in ony nedes: 

Die übergabe der stadt findet in der. romanze im wesent- 
lichen unter gleichen bedingungen statt, wie in. der: chronik. In 
jener erbieten sich die Sarazenen, .die stadt zu übergeben und 
lösegeld zu zahlen, wenn ihnen freicr abzug bewilligt wird. Richard 
fordert aber ausserdem noch völlige unterwerfung, welche be- 
dingung die Sarazenen auch annehmen. 


v. 6146 ff.: Itin. p. 355: 
„Lord, they sayd, we schole thé serve, Ipsi vero, qui confugerant in turrim 
At thy wylle with us thou doo, - — -— — — se jam in extrema neces- 
With that we may come the too.“ sitate, die Veneris ante Pentecosten, ex- 


posuerunt regiae clementiae dedendos 
in perpetuam servitutem ; 


214 F. Jentsch 


Was die schlimmen nachrichten betrifft,. welche Richard 
‘aus England empfängt, so hat sie der verfasser aus dem Itin., 
wenn auch nicht dem inhalte nach genau, entlehnt. Das Itin. 
berichtet zweimal (p. 333 f. und p. 358 f.), die romanze dreimal 
(v. 6267 ff., v. 6299 ff., v. 6467 ff.) von englischen boten, die nach 
dem heiligen lande kommen. 


Zuerst trifft der prior von Hereford ein, welcher dem könig 
Richard die gewaltthätigkeiten seines bruders Johann in England, 
der seinen kanzler vertrieben habe, meldet (vergl. v. 6267 —6275, 
wo der überbringer der botschaft allerdings nicht genannt wird). 
Diese meldung erhielt der könig schon einige zeit vor der er- 
oberung von Darum, während sie die romanze erst nach der- 
selben bringt. 

Die anderen nachrichten übermittelt der priester Johann von 
Alenzon. Er erzählt, der prinz Johann fahre fort, unterstützt von 
dem könige von Frankreich, England in verwirrung zu bringen. 
(Vergl. v. 6477 ff., wo die hiobsposten von dem bischof von 
Chestre und dem abte von St. Albon tiberbracht werden). Auch 
diese nachrichten stehen im Itin. an anderer stelle, wie in der 
romanze. | 

Die chronik hat übrigens, was die betheiligung des königs von 
Frankreich anlangt, schon vorher dessen treulosigkeit angedeutet 
(p. 237 und p. 238). 

Als Philipp von Akkon nach hause ziehen will, heisst es im 
Itin. p. 237: 

Fecit etiam rogari regem Ricardum duas sibi praestare galeas; cui rex 
gratanter duas ex melioribus contradi praecepit. Sed hujus obsequii satis in 
posterum apparuit ingratitudo. 

Ehe Philipp von.Akkon aufbricht, gelobt er Richard gegen- 
über, in der heimath nichts gegen dessen besitzungen zu unter- 
nehmen, so lange Richard abwesend wäre. Das Itin. p. 238 er- 
zählt weiter: 

Quam fideliter vero huic steterit conventioni et juramento, satis innotuit 
universis. Statim enim ut in patriam rediit, commovit terram et conturbavit 
Normanniam. 

Man vergl. mit letzterer stelle v. 6477 f., wo der bischof 
von Chestre und der abt von St. Albon melden: 


For the kyng off Fraunce, with envye, 
Hath aryvyd in Normandye. 


Die me. romanze Richard Coeur de Lion und ihre quellen 215 


13) Die plünderung der karawane. 


Von Syblyn (v. 6295; soll wohl heissen Gybelyn, denn hier- 
her war Richard, nachdem er von Darum aufgebrochen, auf seinem 
marsche gekommen, v. 6255 ff.) wendet sich Richard nach Bethanye 
und erobert es. Davon wird in der chronik nicht gesprochen. 
Mit Bethanye wird Beitnubah zu identifiziren sein. [Das Itin. 
schreibt Betenoble und Betenopolis; cf. v. 6459: the cyté off 
Bethanye the noble]. Denn Richard hatte sich anfang Juni 1192 
entschlossen, zum zweitenmale gegen Jerusalem zu marschiren, 
um es diesmal sicher zu belagern, was bei den kreuzfahrern wie- 
derum grossen jubel erregte (Itin. p. 365 f.). Das heer trat bald 
den marsch an, gelangte aber wieder nur bis Beitnubah, wo fiir 
mehrere wochen halt gemacht wurde (Itin. p. 369). Obwohl so 
Richard wieder in unmittelbarer nähe von Jerusalem war, war er 
wankelmüthig genug, auch jetzt eine bestürmung der stadt nicht 
zu unternehmen (Itin. p. 379 ff.). Diese verhältnisse sind in der 
romanze wiederum nicht berücksichtigt worden. 

Von Beitnubah aus wurden öfters streifzüge unternommen. 
Dabei gelang es dem könige von England auch, eine feindliche 
karawane, die sich auf dem wege nach Jerusalem zu Saladin be- 
fand, zu überfallen und zu plündern (24. Juni 1192). Von diesem 
angriffe auf die karawane berichtet auch die romanze, deren er- 
zählung wieder aus dem Itin. geschöpft ist. 

Wie in der romanze wird auch in der chronik Richard von 
dem herannahen der karawanen benachrichtigt. In der romanzc 
ist der überbringer der meldung ein Sarazene, der infolge der 
einnahme Darum’s dem könige von England tributpflichtig ist 
(v. 6315 ff.). Im Itin. p. 383 f. ist es der kundschafter des königs 
Bernhard, ein geborener Sarazene, mit zwei anderen Syriern. 

Die romanze berichtet nicht genau. Denn das Itin. p. 385 f. 
erzählt noch, dass der kundschafter dem könig meldet, eine der 
karawanen ziehe an einem runden brunnen vorüber, wo sie leicht 
überfallen werden könne. Der könig, welcher dieser nachricht 
nicht völlig glauben schenkt, sendet andere boten aus, die sich 
von der wahrheit jener aussage überzeugen. Und nun rückt 
Richard in der nacht vor. Am anderen tage beginnt der kampf. 

Die romanze hebt bei der kampfschilderung besonders die 
tapferkeit des königs von England hervor, der zuerst mit dem speer 
kämpft und dann mit seiner axt die Sarazenen erschlägt (v. 6417 
bis 6432). Ebenso rühmt die chronik die glänzenden thaten Richard’s. 


194 


F. Jentsch 


darauf ankommt, den historischen verhältnissen entsprechend zu 
schildern]. Diese episode ist auch im Itin. erwähnt. Hier ist es 
indessen nicht der graf von Champagne, der in gefahr geräth, 


sondern der graf von Leicester. 


der romanze derjenigen in der 


v. 6957 ff.: 


And the moste peryle off the batayle, 

KyngRichard seygh withouten 
fayle, 

Hys eme, Sere Henry off Cham- 
payne, 

Feld off hys hors doun on the 
playn. 

The Sarezynes hadde hym un- 
dyr honde, 

To sleyen hym ful faste they 
fonde. 

It hadde been hys daye laste, 
No hadde Kyng Richard come in haste. 


Dann heisst es weiter, nach- 
dem ihn der könig befreit hat 


v. 6996 ff.: 


Kyng Richard wan the erl off 
Champayne, 

And sett hym upon a stede, 

That swythe good was at nede, 

And bad hym wende by hys syde, 

And nought a fote fro hym ryde. 


Sonst entspricht die darstellung 
quelle. 


Itin. p. 418: 

Et ecce! rex in partem respi- 
ciens vidit eminus equo dejec- 
tum nobilem comitem Leice- 
striae, quem cumegregie dimi- 
cantem rex invictus cerneret, 
ipsum a manibus improborum 
opprimentium vivaciter eri- 
puit, et ad equum scandendum 
opem praestitit et obsequium. 


37) Endlich will ich noch zum vergleiche den schluss der 


romanze und die letzten worte 
grosse Ähnlichkeit haben. 


v. 7133 fi: 
Thus endyd Richard our kyng: 
God geve us alle good endyng, 
And hys soule reste and roo, 
And oure soules whenne we com thertoo! 


Amen. Explicit. 


des Itin. anführen, welche beide 


Itin. p. 450: 

Explicit Itinerarium Peregrinorum et 
gesta Regis Ricardi, cujus animae pro- 
pitietur pietas Ejus Qui neminem vult 
perire, Salvator mundi, Jesus Christus 
Dominus noster, Cui laus, virtus, et 
imperium. Amen. 


Die me. romanze Richard Coeur de Lion und ihre quellen 195 


2. Weitere erörterungen über den einfluss des Itin. auf 
die romanze. 


Nachdem ich durch die wörtlichen übereinstimmungen und 
anklänge bewiesen habe, dass das Itin. die vorlage der romanze 
gewesen sein muss, sollen hier weitere erörterungen über den 
einfluss der chronik folgen, der sich noch in zahlreichen anderen 
stellen der dichtung ganz deutlich ausprägt. Ich will den inhalt 
der romanze, abgesehen von den schon im ersten theile ange- 
führten stellen, mit dem des Itin. vergleichen, ohne freilich alle 
plus-züge aufzuzählen, welche die chronik aufweist, da dies für 
den zweck dieser abhandlung nicht nötig ist. Hin und wieder 
werde ich auch in diesem abschnitt aus beiden werken stellen 
citiren, um durch ihre gegenüberstellung zu zeigen, dass beide 
von derselben tendenz erfüllt sind. Gleichzeitig will ich in gros- 
sen zügen die historischen verhältnisse in der romanze berück- 
sichtigen. — Um nun auch hier einige übersicht zu ermöglichen, 
dürfte es sich empfehlen, den inhalt nach bestimmten gesichts- 
punkten zu gliedern. 


1) Die gefangenschaft des königs von England in 
Deutschland. 


Die gefangenschaft Richard’s in Deutschland (v. 649 ff.) ist 
eigentlich, trotzdem sie ganz sagenhaft berichtet ist, das erste 
historische faktum, welches die romanze erzählt. Freilich muss 
es hier eben wegen jenes sagenhaften berichtes fraglich erschei- 
nen, ob der verfasser die thatsache selber aus dem Itin. geschöpft 
hat, welches übrigens in diesem punkte verhältnissmässig wenig 
bietet (p. 443 ff.). — Dass diese gefangenschaft Richards in völlig 
unhistorischer weise vor den kreuzzug gesetzt ist, werde ich an 
einer späteren stelle näher erörtern. 


2) Die schlacht bei Hittin. 


Zu anfang des cap. IV (v. 1261 ff.) deutet die romanze hin auf 
die schlacht bei Hittin, durch welche Saladin das heilige land, 
sowie das heilige kreuz gewann, und der könig Veit von Lusig- 
nau in die gefangenschaft des siegers gerieth (Itin. 14 ff.). 

Die hier in der romanze angeführten personen: Duke Mylon, 
Duke Renaud und die beiden verräther Erl Joys und Markes 
Feraunt sind unzweifelhaft identisch mit solchen, von denen das 
Itin. spricht, wenn sie zum theil auch andere namen tragen. 

\3* 


196 F. Jentsch 


Duke Mylon ist eben jener Veit von Lusignan, der in der 
ungliicklichen schlacht bei Hittin gefangen genommen wurde. 
Während übrigens der könig Veit in dem kreuzzuge Richard’s I. 
noch weiter eine hervorragende rolle spielt, tritt der herzog 
Mylon in der romanze nicht mehr handelnd auf, was motivirt ist 
durch v. 1307 ff.: 


The Duke Mylon was geven hys lyff, 
And fleygh out off land with hys wyff, 
(He was heyr off that lande, 

Kyng Bawdewynes sone, I undyrstande,) 
That no man wyste nevyr sithe, 

Wher he become, ne in what kithe: 


Der andere ritter, Duke Renaud, ist kein anderer als der 
graf Rainald von Chatillon. Dafür sprechen v. 1305 f.: 


The Duke Renaud was hewe smale, 
Al to pesys, so says oure tale, 


Dasselbe schicksal erreicht den grafen Rainald auch wirklich. 
Dieser hatte den mit Saladin abgeschlossenen waffenstillstand da- 
durch gebrochen, dass er eine muselmännische karawane überfiel 
(Itin. p. 12). Als nun der graf Rainald infolge der schlacht bei 
‘Hittin in die gefangenschaft des sultans gerieth, wurde er von 
diesem mit eigener hand getödtet. Itin. p. 16: 

Inter caeteros princeps Antiochiae Reginaldus Soldani conspectibus praesen- 
tatur; cui tyrannus ipse, vel furorem suum secutus, vel viri tanti deferens excel- 
lentiae, manu propria caput emeritum et longaevum abscidit. 

Wer sind nun diese beiden verräther Erl Joys und Markes 
Feraunt? Der erstere ist augenscheinlich der graf Raimund von 
Tripolis, den das Itin. p. 13, 14 auch als verräter bezeichnet. 
Nach der chronik hat dieser graf thatsächlich in verbindung mit 
Saladin gestanden; vor allem aber wird seine flucht in der schlacht 
bei Hittin als verrätherei gebrandmarkt. 


In dem anderen verräter Markes Feraunt ist zweifellos der 
markgraf [Conrad] von Montferrat zu erkennen. An einer stelle 
der romanze findet sich übrigens noch eine andere schreibung 
des namens, die dem historischen einigermassen entspricht, 
v. 2693: Markes Manferaunt. 


Hier hat der verfasser der romanze allerdings geändert, 
denn das Itin. weiss nichts davon, dass er das heilige land an 
die Sarazenen verrathen haben soll. Diese änderung in der 
romanze hat wohl seinen grund darin, dass der dichter, wie 


Die me. romanze Richard Coeur de Lion und ihre quellen 197 


ich schon oben hervorhob, ein begeisterter anhänger und ver- 
ehrer seines helden Richard Coeur de Lion ist. Desshalb sind 
des königs freunde auch seine freunde, und des königs feinde 
auch seine gegner. Nun wird der markgraf im Itin. in der that 
auch als widersacher Richard’s bezeichnet. Beide sind häufig in 
streit gerathen, indem nämlich der markgraf auf die krone von 
Jerusalem ansprüche erhob, die Richard nicht anerkennen wollte. 


3) Die rüstungen zum kreuzzuge im abendlande. 


In der romanze fordert papst Urban die abendländische 
christenheit zum schutze des christlichen glaubens auf. Dies ist 
nicht mit der geschichte in einklang zu bringen. Denn Urban III. 
wurde durch die trauerbotschaft von dem verluste des heiligen 
landes so erschüttert, dass er bald darauf starb. Von diesem 
erwähnt das Itin. gar nichts; hier wird der name des papstes 
Urban überhaupt nur einmal, nämlich an der spitze der chronik 
(p. 5) genannt. 

Was die rüstungen der abendländischen fürsten anbetrifft, 
so bemerkt die romanze ganz kurz, dass unter anderen der könig 
von Frankreich (v. 1321) und der kaiser von Deutschland (v. 1325) 
die fahrt nach dem heiligen lande angetreten hätten, und be- 
richtet dann ausführlich über den aufbruch des königs von Eng- 
land (v. 1333 ff.). Das Itin. dagegen erzählt den ganzen verlauf 
des kreuzzuges, welchen kaiser Friedrich Barbarossa unternahm. 
Auf diesen punkt komme ich weiter unten noch einmal zurück. 


Richard hatte schon zu lebzeiten seines vaters Heinrich ge- 
lobt, in den kampf gegen die ungläubigen zu ziehen, und dieser 
hatte im verein mit dem könig Philipp II. von Frankreich das 
gleiche gethan (Itin. p. 32 und 140). Richard und Philipp er- 
füllten ihr gelübde erst nach Heinrich’s tode. 


Davon ist in der romanze nicht die rede. Auffallender aber 
ist, dass sich nichts von der verabredung Richard’s mit Philipp II. 
findet, welche beide zusammen nach dem heiligen lande fahren 
wollten und sich zu diesem zwecke in Vezelay resp. Lyon mit 
ihren heeren vereinigten. Da sich aber herausstellte, dass solche 
grossen truppenmassen des unterhaltes wegen nicht miteinander 
ziehen konnten, so schlug könig Philipp den weg nach Genua ein, 
während Richard sich von Lyon nach Marseille wandte (Itin. 
p. 150 f.). Beide fürsten beschlossen, sich in Messina wieder zu 


198 F. Jentsch 


treffen, um von da gemeinsam nach dem heiligen lande aufzu- 
brechen. — In der romanze begegnen sich beide fürsten zuerst 
in Messina. 

Vor seiner abreise macht Richard den bischof von York zu 
seinem stellvertreter in England (v. 1443 f.), während das Itin. 
p. 145 den bischof von Ely nennt. 


4) Der aufenthalt Richard’s in Messina. 


Auch hier sind abweichungen vom Itin. zu verzeichnen. — 
Zunächst wird Messina nicht, wie in der romanze, zu weihnach- 
ten, sondern schon im Oktober 1190 erobert, jedoch auch infolge 
eines erbitterten kampfes zwischen den Griffonen (d.h. Sizilianern, 
ebenso im Itin. Griffones genannt) und Engländern (Itin. p. 163). 
Am weihnachtstage entstanden indessen zwischen den englischen 
seeleuten und den genuesischen und pisanischen schiffern eben- 
falls streitigkeiten, die aber von könig Richard unterdrückt wurden 
(Itin. p. 174). Beide ereignisse scheint die romanze vermengt zu 
haben. — Ferner aber spielt das hölzerne schloss, welches den 
namen Mate-Griffon trägt, nicht schon während der erstürmung 
Messina’s eine rolle, sondern es wird erst nach derselben errichtet. 
Mit hülfe dieser burg wollte Richard die Sizilianer in schach 
halten (Itin. p. 168). — Mit dem Itin. übereinstimmend, hebt die 
romanze die treulosigkeit des königs von Frankreich hervor, der 
mit seinen leuten die Griffonen gegen Richard unterstützte (Itin. 
p. 160 ff.). 

In der romanze gelingt es Richard, durch ein unbewachtes 

thor, auf das ihn ein ritter aufmerksam macht, in die stadt ein- 
zudringen (v. 1904 ff.). — Das Itin. p. 162 f. schildert folgender- 
 massen: 
— — — et per posternam quandam, quam rex Angliae, secunda die adventus sui, 
ad cautelam futurorum circuiens cum duobus sociis, quasi neglectam a civibus 
perpenderat, muros civitatis cum magno impetu audacter introierunt, et portas 
civitatis diruerunt, et reliquum exercitum intromiserunt. 

Ebenso wie die romanze (v. 1773—1778) macht auch das 
Itin. p. 172 f. von einer feier des weihnachtsfestes mittheilung. — 
Die romanze gibt v. 1704 als ort der zusammenkunft zwischen 
Richard und Tankred die stadt Rys an. Diese stadt wird im 
Itin. mehreremale genannt (p. 154, 175, 332). 

Die episode mit den beiden französischen richtern Mar- 
garyte und Sir Hugh Impetyte, welche den könig von England 


Die me. romanze Richard Coeur de Lion und ihre quellen 199 


beschimpfen (v. 1989 ff.), findet sich zwar nicht im Itin. In- 
dessen wird hier folgender zug berichtet. 


Es fanden zwischen den Sizilianern und Engländern täglich 
reibereien statt, die dann auch zur eroberung von Messina führ- 
ten. Bei diesem streite nun, welcher der einnahme von Messina 
vorherging, erzählt das Itin. p. 160, dass zwei Sizilianer, welche 
besonders die übrigen zu den feindseligkeiten gegen die Eng- 
länder anstachelten, den könig Richard dadurch zu täuschen 
suchten, dass sie ihm gegenüber behaupteten, es sei gar nichts 
zwischen den einzelnen parteien vorgefallen: 


Erant autem duo Longobardi nimis astuti et mendaces, quorum instinctu 
commota est turba civitatis in peregrinos. Qui tamen, ut dolositatem suam men- 
daciis palliarent, asserebant se inde venisse, et nihil mali factum fuisse. Quorum 
nomina haec sunt, Jordanus Del Pin et Margaritus. etc. etc. 


Durch diese stelle ist der verfasser der romanze zu seiner 
schilderung angeregt worden. Dass der dichter die beiden Sizi- 
lianer zu französischen rittern macht, ist leicht erklarlich. Er 
will einen neuen beweis geben von der tücke und treulosigkeit 
der Franzosen den Engländern, besonders aber Richard Löwen- 
herz gegenüber. Wo es nur irgend angeht, sucht der verfasser 
den Franzosen, denen er in jeder weise feindlich gegenübersteht, 
etwas am zeuge zu flicken. Dieses bestreben des dichters zieht 
sich durch die ganze romanze hin, und am klarsten findet es seinen 
ausdruck in dem feindlichen verhältniss der beiden fürsten Richard 
und Philipp zu einander. | 


Die romanze erzählt v. 2013 ff., dass allen streitigkeiten 
während des aufenthaltes in Messina auf die bitten eines erz- 
bischofs ein ende gemacht wurde. Es heisst v. 2013 ff.: 


An archbishop came ful soon. 

He fel on knees and bad a boon. 
Of King Richard he had a grace, 
That he would leve his strife in that place, 
And there no more harmes do, 

For Goddis sake the people to. 
King Richard granted then, 

And drew to pavylon all his men. 
To this day men may hear speak. 
How the English were there awreke. 
All the while that. they were there 
They might well buy their chaffere,; 
There was none so hardy a man 
That one evil. worde spake gan. 


222 F. Jentsch 


In der romanze begibt sich Richard nach dem friedens- 
schlusse sofort nach England zurück, wo er nur noch zehn jahre 
regiert. Über sein lebensende berichtet die dichtung kurz, dass 
er vor dem schlosse Gaylard erschossen wird (v. 7127 ff.). 
Dass hier die historischen verhältnisse anders liegen, habe ich 
schon p. 195 angedeutet. Die romanze erwähnt an dieser stelle 
nichts von der gefangenschaft des königs von England in Deutsch- 
land. Diese hat sie, wie ich noch zu zeigen haben werde, aus 
gewissen gründen vorweggenommen. y 


B. Roger de Hoveden, 
ed. Stubbs: Rer. brit. medii aevi script. bd. 51! London 1870. 


Aus dieser chronik ist folgendes entlehnt: 

1) Der name des Aleyn Trenchemer. In der romanze tritt 
dieser dreimal handelnd auf. Als Richard nach dem heiligen 
lande aufbricht, ernennt er ihn zum oberbefehlshaber der flotte 
(v. 1399 ff.). Ferner wird er von Richard abgesandt, um über 
das verdächtige schiff, welchem man auf der fahrt von Cypern 
nach Akkon begegnet, erkundigungen einzuziehen (v. 2465 ff.). 
Ehe der kampf mit diesem schiffe beginnt, sagt Richard v. 2511: 

Ster you my galye, Trenchener; 

Endlich steuert Aleyn Trenchemer bei der einfahrt in den 

hafen von Akkon das schiff könig Richard’s, v. 2612 fl.: 
And Trenchemer, so says the book, 
Steryd the galey ryght ful evene, 
Ryght in the myddes off the havene. 

Rog. de Hov. erwähnt diesen namen, der sich im Itin. gar 
nicht findet, zweimal in seiner chronik, allerdings bei keiner der 
episoden, bei denen er in der romanze erscheint, sondern erst 
viel später, nämlich zum jahre 1193, während der gefangenschaft 
Richard’s in Deutschland, p. 206: 

Rex (d. i. Richard) autem Angliae misit in Angliam pro navibus, et pro 
Alano Trenchemer, gubernatore suae navis, et pro obsidibus dandis imperatori 
super pactis inter illos contractis. Mandavit, et facta sunt universa. 

Dann betritt Richard, als seine gefangenschaft zu ende war, 
und er nach Antwerpen gekommen war, zuerst die galeere des 
Alan Trenchemer, p. 235: 


Quo cum rex venisset, intravit galeam Alani Trenchemer, ut cum ea faci- 
lius transiret inter insulas; etc. 


Die me. romanze Richard Coeur de Lion und ihre quellen 223 


In der zuerst angefiihrten stelle wird Alanus Trenchemer 
als steuermann des königlichen schiffes bezeichnet; man vergleiche 
hierzu die beiden soeben citirten stellen aus der romanze. 

2) Die scene, in welcher der kaiser von Cypern seinem 
steward die nase abschneidet (v. 2123 ff.). Vergl. Ellis: a. a. o. 
p. 304 und Weber: a. a. a. bd. II, p. 354 zu v. 2142. Rog. 
de Hov. berichtet, dass beim frühstück einer seiner barone dem 
kaiser den rath gibt, frieden mit Richard zu schliessen (p. 110) 
und fährt dann fort: 

Iratus vero imperator propter hunc sermonem, percussit eum cum cultello 
quem tenebat, et amputavit nasum ejus qui consilium illud dederat: post pran- 
dium ille, qui percussus fuerat, abiit ad regem Angliae, et adhaesit ei. 

Dieser zug findet sich bei Rog. de Hov. allerdings erst 
später, nachdem sich der kaiser unterworfen und dann wieder 
gegen Richard erhoben hat. Auch die veranlassung ist eine 
andere, wie in der romanze. Hier führt der kaiser diese that 
aus, weil ihm der steward vorwürfe über die schlechte behand- 
lung der englischen gesandten macht. | 

3) Die romanze erzählt, dass der steward des kaisers von 
Cypern dessen tochter und die schlüssel zu den burgen der insel 
dem könige von England übergibt, v. 2231 ff: 

Hearken now of the steward; 

He came at night to Kyng Richard, 

And the emperours daughter him with, 

She grette Kyng Richard in peace and gryth. 


She fel on knees and gan to wepe, 
And said: „King Richard, God thee keep !“ 


Dass der steward die tochter des kaisers dem könig Richard 
ausliefert, ist vom verfasser der romanze erfunden. Nur soviel 
ist historisch, dass dieselbe bei der eroberung einer cyprischen 
burg in die hände Richard’s fällt. So berichtet auch das Itin. 
p- 202. Die schilderung in der romanze aber lehnt sich offenbar 


an diejenige des Rog. de Hov. p. 110 f. an: 

cum venisset rex cum exercitu suo ad fortissimum castellum quod dicitur 
Cherin, in quo erat filia imperatoris, exivit illa obviam regi, et cecidit prona in 
terram ante pedes regis, et tradidit ei castellum illud, misericordiam postulans. 


mm 


C. Ricardus Divisiensis, 
ed. Howlett: Rer. brit. medii aevi script., bd. 82"! London 1886. 


.ı) In der romanze gibt Richard dem Aleyn Trenchemer 
den befehl, die flotte nach Marchyle (= Marseille) zu führen. 


224 F. Jentsch 


Der könig findet dann bei der ankunft in Marseille seine flotte 
bereit, v. 1645 ff.: 
To Marcyle they ganne ryde, 


—-—— — -— | — — —— — — 


All redy they fonde ther her flete, 
Chargyd with armur, and drynk and mete, 
They schyppys armes, man and stede, 
And stoor, her folk al with to fede. 
They schyppys al be the see stronde, 

To wende into the: Holy Londe. 


Im Itin. wird die flotte direkt nach Messina vorausgeschickt, 
wo sie den könig von England erwarten soll (Itin. p. 148. 153). 
’erner aber erzählen andere chronisten (z. b. Rog. de Hov. 
p. 39), dass, als Richard nach Marseille kam, die flotte, die er 
dorthin vorausgesandt hatte, noch nicht eingetroffen war, dass 
er in folge dessen auf gemietheten fahrzeugen den weg nach 
Messina antrat. 


Die romanze muss sich also an eine andere quelle an- 
lehnen. Nun berichtet der chronist Ric. Divis. in der that so, 
wie die romanze; er erzählt p. 393: 

Classis regis de propriis mota littoribus Hispaniam circuit, et de oceano 
per arcta Africae Mediterraneum mare, quod ulterius Graecum dicitur, ingressa, 
ad Massiliam. regem ibi praestolatura, perducitur. 

Dann theilt er weiter mit, dass die könige von Frankreich 
und England, nachdem sie in Vezelay zusammengetroffen, sich 
auf ihrem marsche trennen. 

Francus (d. i. Philipp) mare nauseans per terram tendit Siciliam , Anglus 
(d. i. Richard) iturus per aquam venit contra naves suas Massiliam. 

Ferner gibt er p. 394 einige ceinzelheiten über die flotte, 
die auch in den oben citirten versen der romanze angedeutet 
sind: 

Naves, quas rex in litore jam praesto invenit, erant numero centum etc. 
Oneratur navis quadraginta equis de pretio exercitatis ad arma, et omni armorum 
genere totidem equitum et quadraginta peditum, et quindecim navigantium, et 
victualibus per annum integrum tot hominum et equorum. etc. 

2) Der könig von England gelangt in der romanze ohne 
weiteres von Marseille nach Messina, wo er ausserhalb der stadt 
sein lager aufschlägt. Ähnlich ist die schilderung von Ric. Div. 


v. 1659 ff.: Ric. Div. p. 394 f. 


The wynd was bothe good and kene, Quibus ita dispositis, rex ipse cum 
And droff hem ovvr to Messene. familia propria et majores exercitus 


Die me. romanze Richard Coeur de Lion und ihre quellen 225 


Beffore the gates offthe Gryf- cum sibi famulantibus, relicto litore, 


founs, praecedunt etc. etc. prospere Messanam 
KyngRychard pyghtehispavy- applicuerunt. — — — — — — — 
louns. Metatusque est rex Angliae 


The Kyng of Fraunce ther he founde, 
In pavylouns quarré and rounde. 
Eythyr of hem kyste othyr, etc. 


castraextracivitatem, quoniam 
rex Franciae receptus jam fue- 
rat in palatium Tancredi regis Siciliae 
intra muros. Ipso die rex Franciae, 
cognito sodalis sui et fratris adventu, 
volat in ejus occursum, nec potuit inter . 


Dann heisst es noch an einer späteren 
stelle: 


v. 1755 ff.: amplexus et oscula gesticulatio satis 
. . exprimere quantum eorum uterque gau- 
The King of France, without 
deret ex altero. 
wene, 


Lay inthe cite of Messene, 

And King Richard without the 
wall, 

Under the house of the Hospitall. 


3) Folgende darstellung scheint durch die chronik des Ric. 
Div. beeinflusst worden zu sein. 

König Richard feiert in Messina das weihnachtsfest, v. 1779 ff.: 

Then came there a knight in great haste, 

Unnethe he might draw his blast: 

He fell on knees and thus he said: 

„Mercy, Richard, for Mary maid! 

With the Frenchmen and the Gryffouns, 

My brother lyeth slain in the towns; 

And with him lyeth slain fifteen, 

Of thy knightes good and keen. etc. 
Der sich hierauf entwickelnde kampf ftihrt zur eroberung von 
Messina. | 

Ric. Div. p. 400 erzählt, dass während der friedensverhand- 
lungen Richard’s mit den Sizilianern, welche mit den Engländern 
in streit gerathen waren, sich plötzlich ein tumult erhob, der eben- 
falls die veranlassung zur eroberung der stadt Messina war, und 
fährt dann fort: 

— subito et ex improviso clamatur audita nimis voce pro foribus, „Arma, 
arma, viri! Hugo Brunus captus caeditur a Grifonibus, quicquid habet diripitur, 
et homines ejus occiduntur. “ 

4) Gleich nach seiner ankunft vor Akkon lässt Richard sein 
hölzernes schloss Mate-Griffon errichten. Auch die chronik er- | 
zählt so. | 


v. 2878 ff.: 
And arerede hys Mate-Gryffon. 
It was off tree, castel ful fyn, 
E. Kél bing, Englische stu: 


Ric. Div. p. 426 f.: 
Rex Anglorum, morae nescius, tertia 
sidionem construi 

15 


226 F. Jentsch 


To assaute with many Sarezyn, fecit et erigi castellum suum ligneum, 

That he myght into Acres seen; quod in Sicilia factum, „Mate Grifun® 
nominaverat; et ante lucanum diei quar- 
tae stetit machina juxta muros Accaronis, 
quae sua proceritate sub se positam 
despiciebat civitatem; etc. 


Dazu möchte ich bemerken, dass das Itin. den Mate-Griffon 
nur gelegentlich des aufenthaltes in Messina erwähnt (p. 168 ff.), 
‚später nicht mehr. Ric. Div. übrigens (im gegensatz zu anderen 
chronisten, welche den thurm von Richard vor seinem aufbruche 
von Messina zerstören lassen, z. b. Rog. de Hov. p. 105) hebt 
besonders hervor, dass Richard, als er von Sizilien absegelt, den 
Mate-Griffon abbrechen lässt, um ihn auf seinem kreuzzuge noch 


zu verwenden, p. 403: 
Rex Angliae relicturus Siciliam fecit defieri castellum, quod exstruxerat, 
et totam materiem secum portandam in navibus suis reposuit. 


Dies wird in der romanze nicht erst erwähnt. 


D. Walter von Hemingburgh, 
ed. Hamilton. bd. I. London 1848. 


1) Hinsichtlich der dauer des waffenstillstandes, welchen 
Richard mit Saladin abschliesst, macht die romanze folgende an- 
gabe, v. 7104 f.: 

Sayes, thre yer, thre monethys and thre dawes, 
l aske trewes off the Sawdan ete. 

Das Itin. p. 429 gibt nur einen zeitraum von drei jahren 
an, ebenso andere chroniken (cf. Wilken: a. a. o. p. 569). Nur zwei 
geschichtsschreiber berichten ähnlich, wie die romanze, nämlich 
William of Newburgh (cd. Howlett: Rer. brit. medii aevi script. 
bd. 82! London 1884. p. 378) und Walter von Hemingburgh p. 190. 
Letzterer hat diese angabe aus der chronik des W. of Newb. in 
die seinige hertibergenommen (cf. Pauli’s urtheil über die chronik 
des W. von Hemingb., p. 891). Sie berichten nämlich, dass ein waffen- 
stillstand abgeschlossen wurde: in tres annos, tres menses, 
tres septimanas, tres dies, ct tres horas. Fine benutzung 
der zuerst angeführten chronik ist wohl ausgeschlossen, da ich 
im laufe meiner erörterung nie gelegenheit hatte, sie als quelle 
heranzuziehen. Indessen ist der einfluss der anderen chronik 
wohl sicher, da ich noch weiter auf sie verweisen muss. 


Die me. romanze Richard Coeur de Lion und ihre quellen 227 


2) Die romanze gibt an, dass Richard vor dem schlosse 
Gaylard getödtet wird (v. 7132). Da das Itin. auffallenderweise 
jedoch gar nichts genaues über den tod des königs von England 
mittheilt, so muss diese angabe aus einer anderen chronik ge- 
schöpft sein. Dabei ist zu bemerken, dass die berichte der 
chronisten über den ort der katastrophe selbst, wo Richard der 
tod ereilte, auseinandergehen (cf. Pauli: a. a. o. p. 289). Die 
meisten nennen die burg Chaluz in Frankreich. Nur W. von 
Hemingb. p. 226 ff. nennt einen anderen ort, nämlich Richard’s 
eigenes schloss Gayllard, das die Franzosen besetzt hatten, und 
das Richard selbst wieder belagerte. Hier traf ihn bei einem 
rekognoszirungsritte ein pfeil von der mauer der burg, der ihn 
tödtlich verwundete. Der chronist Bromton, s. u., col. 1278 er- 
wähnt die burg Chaluz auch, verweist aber daneben auf die 
chronik des W. von Hemingb., wo sich eben Gayllard angegeben 
findet. Nach alledem ist es sehr wahrscheinlich, dass der ver- 
fasser der romanze die chronik des letzteren benutzt hat. 


_E. Johannis Bromton, 


ed. Twysden: Historiae Anglicanae scriptores X. London 1652. 


Die romanze erzählt bei der schilderung des wiederaufbaues 
von Askalon, wie der könig von England mit dem herzog von 
Österreich in streit geräth, weil dieser sich nicht an der allge- 
meinen arbeit betheiligen will (v. 5909 ff.). 

Über diesen streit berichten die geschichtsschreiber, was 
ort und veranlassung anlangt, verschieden (cf. Wilken: a. a. o. 
p. 468 ff.). Nach den mittheilungen der einen soll sich Richard 
mit Leopold von Österreich schon zu Akkon entzweit haben, 
kurz nach der eroberung dieser stadt, während andere erzählen, 
dass der streit erst bei Askalon ausgebrochen sei. Das Itin. er- 
wähnt diesen vorfall überhaupt nicht. 

In ganz ähnlicher weise, wie die romanze, erzählt nun der 
chronist Johannis Bromton den sachverhalt. Um einen vergleich 
zu ermöglichen, lasse ich beide berichte folgen. 


v. 5927 ff.: Bromton col. 1242: 


Than the duke, ful off pryde, Rex itaque omnem operam circa 
He ne wolde hem helpe for no nede. muros Ascalonis reparandos propriis 
15* 


228 


On a day Kyng Richard hym mette, 
And hendely the kyng hym grette, 
And bad hym, for hys curteysye, 
Make off the walles hys partye; 
And he answeryd in this manere: 
„My fadyr n’as mason, ne car- 
pentere; 
And though your walles should all to- 
shake, 
I shall nevir helpe hem to make.“ 
Kyng Richard pokyd gret errour 
Wrathe dede hym chaung colour; 
The duke, with hys foot, he 
smot 
Agayn the brest, God it wot, 
That on a stone he him ovirthrewe: 
It was evyl don be Seynt Mathéwe! 
Alsdann überhäuft Richard den her- 
zog mit heftigen vorwürfen und sagt 
v. 5957 fl.: 
I shall breke thy banere 
And slynge it into the ryvere!“ 
Home wente the duke ful wroth; 
And swore, by Jesu in Trynite, 
And he myghte ever hys tyme 
see, 
he be so 
awreke, 
That al the worlde scholde theroff speke. 


Off Richard sholde 


F. Jentsch 


manibus ut exemplum laborandi aliis 
daret, adhibuit. In cujus reparatione, 
ut quidam volunt, rex ad ducem Au- 
striae misit, ut partem suam pro aliqua 
portione muri reparandi cum suis ac- 
ciperet. Qui indignanter nunciis respon- 
dens, dixit, Quod pater suus nun- 
quam carpentarius vellatomus 
erat. Quam responsionem rex audiens 
& indigne ferens, cum quodam die causa 
spaciandi ivisset & dictum ducem sili 
obvium habuisset, ipsum adhuc curia- 
liter ore proprio rogavit, ut circa re- 
parationem murorum pro aliqua portione 
cum suis insisteret. Qui superbo vultu 
ei respondit, sicut superius nunciis suis 
responderat. Unde rex iratus ipsum 
statim, ut dicitur, cum pede percus- 
sit, prohibens ne de caetero vexillum 
suum in sua comitiva erigeretur. Qua- 
propter dictus dux a rege & exercitu 
Christiano versus partes suas se divertens, 
dixit, Quod si unquam tempus 
oportunum captaret, se de rege 
pro illa ignominia vindicaret. 


Bei dieser gelegenheit möchte ich noch einen anderen punkt 


zur Sprache bringen. 


Die romanze erzählt dann v. 5967 ff., dass der herzog von 


Österreich seinen schwur hält, sich an könig Richard zu rächen. 


Aus den versen geht mit sicherheit hervor, dass Richard’s früher 
tod eben durch den herzog verschuldet wird, v. 5969 ff.: 


For, thorwgh hys tresoun and trehcherye, 
And thorwgh the waytyng off hys aspye, 
Kyng Richard he dede gret schame, 

That turnyd all Yngeland to grame. 

A lytyl lenger had he most 

Have lyvyd, by the Holy Gost, 

Ovir king, duke, and emperour. 

He hadde ben lord and conquerour: 

Alle Crystyanté, and al Paynym, 

Scholde have holde undyr hym. 


Die me. romanze Richard Coeur de Lion und ihre quellen 229 


In der romanze aber héren wir nichts von einer solchen 
erfüllung des schwures. Nun hat Weber in seiner ausgabe p. 475 
anhangsweise die von einander abweichenden lesarten der hs. 
und der gedruckten romanze, welche er zu sciner ausgabe be- 
nützte, angeführt. p. 476 sagt er bei v. 7127, die gedruckte 
romanze weise an stelle der letzten zehn verse der hs., die er 
gewählt, 56 andere auf. Aus diesen geht nun hervor, dass 
Richard, das schloss des herzogs von Estryche (soll wohl iden- 
tisch sein mit Ostryke) belagernd, von einem spion erschossen 
wird. Wahrscheinlich hat der verfasser der romanze die ge- 
schichte von dem tode Richard’s — er wurde ja in der that 
bei der belagerung einer burg durch einen pfeilschuss tödtlich 
verwundet — mit dem schwure des herzogs von Österreich in 
verbindung gebracht. 


Hieran will ich diejenigen stellen schliessen, in denen es 
zweifelhaft erscheinen muss, welcher der angeführten chroniken 
der stoff entnommen ist, da sie in einzelnen fällen dasselbe be- 
richten: 

1) Der könig von Deutschland verlangt als lösegeld für 
Richard Löwenherz die hälfte der in den englischen kirchen be- 
findlichen kelche (v. 1147 ff.). Etwas ist hieran historisch. Richard 
musste seine freiheit durch ein bedeutendes lösegeld erkaufen. 
Um nun die grosse summe aufbringen zu können, wurden in der 
that silberne und goldene kelche und andere kostbarkeiten der 
kirche zu hülfe genommen werden. Auch das Itin. p. 443 be- 
richtet davon, freilich nur ganz kurz: 

Accipiebantur calices ab ecclesiis, et vasa aurea vel argentea in usus 
ecclesiasticos sacrata. 

Es bleibt zweifelhaft, ob sich nicht der verfasser in der 
näheren ausführung dieser thatsache an den bericht des Rog. 
de Hov. p. 208 ff. gehalten hat, welcher viel ausführlicher er- 
zählt. Rog. de Hov. gibt auch den brief wieder, den Richard 
an seine mutter Eleonore und seine justitiarii nach England richtet 
und in welchem er über die erhebung des lösegeldes schreibt. 
Man vergleiche damit folgende verse der romanze, v. 1173 ff.: 


Kyng Rychard dede a lettre wryte, 
(A noble clerk it gan adyte) 


230 F. Jentsch 


And made therinne mensyoun 
More and lesse, of the raunsoun. 


2) Als sich Richard anschickt, die stadt Messina zu be- 
stürmen, rufen die Franzosen und Griffonen den angreifern von 
den mauern aus höhnisch zu, v. 1820 ff.: 

„Away dogs with your taile! 


For all your bost and your orguyl, 
Men schal threste in your cuyl!* 


Von dieser beschimpfung machen zwei chroniken mittheilung, 
wenn auch nicht an derselben stelle, wie in der romanze. 


Itin. p. 155: Ric. Div. p. 397: 
Quotidiana eis irrogabant convicia, Graeculi enim et Siculi omnes hunc 
digitos suos in oculos eorum proten- regem sequentes Anglos et caudatos 
dentes, et canes foetidos appel- nominabant. 


lantes, et pluribus aliis illudentes modis: 

3) Von einem gemeinsamen zuge Richard’s und Philipp’s 
nach Jerusalem (v. 5852 ff.) kann historisch genommen, keine 
rede sein. Trotzdem bietet die romanze in ihrer darstellung zum 
theil etwas geschichtliches. 

Zunächst erfahren wir die ursache,. weshalb der könig von 
Frankreich plötzlich nach hause ziehen will, v. 5871 ff.: 


For yre become syke the kyng off Fraunce; 
The leche sayd, withouten doutaunce, 

That he myght nought hool ben, 

But he to Fraunce wolde turn agen. 

Einzelne chronisten berichten wirklich, dass Philipp krank- 
heit vorschützte, als er von Akkon aufbrechen wollte. (Ric. Div. 
p. 429; Itin. p. 236; Bromton col. 1207). 

Auch von den vorwürfen, die Richard dem könig von Frank- 
reich deshalb macht, geben mehrere chroniken nachricht. (Rog. 
de Hov. p. 123 und Bromton col. 1207). — König Richard 
spricht zu den boten Philipp’s, welche ihm dessen entschluss, in 
die heimath zurtickzukehren, mittheilen: (ich citire nach Bromton) 

Dedecus & obprobrium sempiternum sibi & regno suo erit si recedat 
imperfecto negocio pro quo venit. etc. 

Man vergleiche v. 5879 ff.: 

Kyng Richard on hym gan crye, 
And sayd, he dede gret velonye 
To wende home for maladye 
Out of the londe off Surrye, 


Tyl done were Godes servyse, 
For lyff or deth, in ony wyse. 


Die me. romanze Richard Coeur de Lion und ihre quellen 231 


Auch im Itin. p. 236 wird der aufbruch des königs von 
Frankreich gemissbilligt: 


O quam probrosum, quamve contumeliosum, adhuc imminente tanto et 
pendente negotio, ipsum velle abire, cujus intererat tantam populi multitudinem 
regere, et in opus tam pium populo Christiano tam necessarium instigare, et 
negotii tam ardui procurare processum! etc. 


Zweitens berichtet die romanze insofern etwas historisches, 
als sie überhaupt einen zug Richard’s nach Jerusalem erwähnt. 
In wirklichkeit ist ja Richard zweimal gegen diese stadt aufge- 
brochen (vergl. p. 212 und p. 215). 

4) Den zug des erzbischofs Balduin von Canterbury, welcher 
dem könig von England nach dem heiligen lande vorauseilt 
(v. 1424 ff.), erzählt das Itin. nicht besonders. Es theilt nur 
p. 93 die ankunft Balduin’s in Akkon mit (vergl. oben p. 185). 

Rog. de Hov. p. 42 und Bromton col. 1175 erzählen je- 
doch, dass eine abtheilung der kreuzfahrer unter dem erzbischof 
Balduin von Canterbury, dem bischof von Salisbury und Randulph 
de Glanville von Marseille aus auf geradem wege nach Akkon 


vorausfährt. 
Ric. Div. p. 393 und 396 weist diesen zug auch auf; aber 
bei ihm wird die fahrt erst von Sizilien aus angetreten. — Die 


romanze lässt den ort überhaupt ganz unbestimmt. 


5) Dem berichte von der zusammenkunft des königs Tanker 
(= Tankred) mit Richard in Rys (== Reggio) (v. 1703 ff.) liegen 
mittheilungen zu grunde, welche sich in zwei chroniken finden, 
nämlich bei Rog. de Hov. und Bromton. Freilich ist hier stark 
geändert. Zunächst ist der ort der zusammenkunft ein ganz anderer; 
dann gibt die romanze als grund für die begegnung nur den 
versuch des königs von Frankreich an, Richard bei Tankred an- 
zuschwärzen. Dass die verhältnisse ganz anders liegen, habe ich 
schon p. 200 erwähnt. Nach mehrfachen verhandlungen traf 
Richard mit Tankred in Catania zusammen, wo jeder zwist zwi- 
schen den beiden fürsten beigelegt und die versöhnung festlich 
begangen wurde. 

Dabei wurde Richard von dem treulosen verhalten Philipp’s 
unterrichtet; er erfuhr, wie letzterer ihn bei Tankred in einem 
briefe zu verdächtigen gesucht habe. (Vergl. Rog. de Hov. p. 98 
und Bromton col. 1195). 


6) Die erzählung von einer verwundung des sultans Saladin 
durch Richard (v. 5101 ff.) findet sich im Itin. nicht; wohl aber 


-J* - o--"- 0. 


berichten zwei andere chroniken gleichfalls bei der schilderung 
der schlacht bei Arsuf, dass Richard den sultan mit seiner lanze 
vom pferde geworfen habe. 

Walter von Hemingburgh p. 183 f. erzählt: 

-— et obviantem ei Saladinum militem quiden strenuissimum et 
eongressu militani cum lancea exceptum, equum etiam cum ‘assessore’ in terram 
prostiavit , non quidem ad mortem sed solius diei confusionem;, cum enim ipse 
ad alios se diverteret, strenue agens ipse Saladinus recuperato dextrario fugit. 
sed aegre, ete. 

Ebenso berichtet Bromton col. 1214, der diesen zug 
aus der chronik des Walter von Hemingb. entlehnt hat (cf. Pauli: 
a.a.0. p. 891). Diese episode scheint der in der romanze be- 
findlichen erzählung zu grunde zu liegen. Wenn dies der fall ist, 
dann bleibt auch hier zweifelhaft, welche von den beiden chroniken 
der verfasser der romanze benutzt hat. 


Romantische elemente. 


1) Ich will hier ganz absehen von einigen stellen, die nur 
kurzer erwähnung bedürfen. Ich meine die zweimalige aufzählung 
von helden, deren thaten besungen worden sind (v. 1—20 und 
vy. 60549 06608). Solche aufzählungen sind häufig in der mittel- 
englischen poesie.  Zirwer: Untersuchungen zu den beiden mittel- 
englischen Generides-romanzen. Breslau 1889, p. 4 hat mehrere 
belegstellen angegeben. 

Dann ist noch zu nennen die schilderung des fröhlichen 
monats Mai (ve 3731-3743), worüber sich ausführlichere erörte- 
ingen finden bei Kölbing: Arthour and Merlin. Leipzig 1890, 
yp. INN. 

2) In diesen abschnitt gehört auch folgendes; v. 241 ff. 
witel erzählt! 

Crowned after Kyng Harry, (= Henry) 
‘Thus was Rychard sykerly, 
‘That was in his XV yere; 

Dans line angabe dem geschichtlichen thatbestande wider- 
aprielt, dat loicht nachvuweixen, König Richard wurde geboren 
um A Sept. 1457 und beatieg: den thron im jahre 1189 (die kré- 
nung fand tal am 4. Sept, 218g), also im alter von 32 jahren. 
Da der dlehter aber im ersten capitel berichtet hatte, dass Cassa- 


Die me. romanze Richard Coeur de Lion und ihre quellen 233 


dorien nach der geburt Richard’s noch ftinfzehn jahre mit Heinrich 
zusammenlebte (v. 205 f. TZhus they dwellyd in fere || To the 
Syfftenthe yere), bis sie auf jene merkwürdige weise verschwand, 
und der thron bald darauf durch den tod des königs erledigt 
wurde, so musste er, um konsequent zu bleiben, Richard jenes 
alter geben. Hier ist nun darauf hinzuweisen, dass die zahl »15« 
. sehr gern als runde summe in den romanzen verwendet wird (cf. 
Kölbing: Sir Tristem. Heilbronn 1882, v. 817 anm. p. 133). 


3) Der zug, dass Richard als unbekannter ritter beim tur- 
nier in verschiedenen rüstungen kämpft (v. 251 ff.), findet sich in 
mehreren anderen me. rittergedichten wieder, z.b. im Ipomedon, 
im Sir Gowther, in der niederschottischen romanze Roswall and 
Lilian (vergl. Ward: a. a. 0. p. 734). 


Was die beiden tapferen ritter Thomas Multon und Foulk 
Doyly betrifft, die sich in diesem turnier und auch fernerhin in 
der romanze durch glanzende waffenthaten auszeichnen und an- 
theil nehmen an dem ruhme ihres königs, so hat Ward: a. a. o. 
p- 946 nachgewiesen, dass sie historische persönlichkeiten sind: 
»Thomas Multon was doubtless the Lord of Moulton in Lin- 
colnshire, who was the ancestor of the Multons (afterwards the 
Dacres) of Gillesland in Cumberland, and the Multons of Egre- 
mont. He and Fulk de Oyri are mentioned together, in the 
Historie Croylandensis Continuatio, as two of the lords of Hol- 
land in Lincolnshire, who were opposed to the Abbot and Monks 
of Croyland in the years 1189—1190: etc.« Ward’s bemer- 
kungen mögen zutreffend sein. Immerhin bleibt doch auffallend, 
dass die englischen chronisten, die Richard’s kreuzzug so genau 
schildern, nichts von jenen beiden helden erwähnen, welche in 
der romanze so ruhmvolle thaten vollführen. Ausserdem muss 
es befremden, dass die beiden ritter nur in denjenigen theilen der 
romanze handelnd auftreten, welche völlig unhistorisch sind. 


4) Das motiv der liebe, die in vielen anderen romanzen 
das eigentlich belebende element ist, findet in unserer dichtung 
nur einmal verwendung: in dem verhältniss Richard’s zu Margery, 
der tochter Modard’s, des königs von Deutschland. Zwei züge 
in diesem liebesverhältniss sind es vor allem, welche die romanze 
mit anderen gemein hat: ı) Das verhältniss der beiden liebenden 
wird durch einen ritter an den könig verrathen; 2) Margery macht 
ihrem geliebten den vorschlag, vereint mit reichen schätzen zu 


232 F. Jentsch 


berichten zwei andere chroniken gleichfalls bei der schilderung 
der schlacht bei Arsuf, dass Richard den sultan mit seiner lanze 
vom pferde geworfen habe. j 

Walter von Hemingburgh p. 183 f. erzählt: 


— — — et obviantem ei Saladinum militem quidem strenuissimum et 
congressu militari cum lancea exceptum, equum etiam cum ‘assessore’ in terram 
prostravit, non quidem ad mortem sed solius diei confusionem; cum enim ipse 
ad alios se diverteret, strenue agens ipse Saladinus recuperato dextrario fugit, 
sed aegre. etc. 

Ebenso berichtet Bromton col. 1214, der diesen zug 
aus der chronik des Walter von Hemingb. entlehnt hat (cf. Pauli: 
a. a. o. p. 891). Diese episode scheint der in der romanze be- 
findlichen erzählung zu grunde zu liegen. Wenn dics der fall ist, 
dann bleibt auch hier zweifelhaft, welche von den beiden chroniken 
der verfasser der romanze benutzt hat. 


Romantische elemente. 


1) Ich will hier ganz absehen von einigen stellen, die nur 
kurzer erwähnung bedürfen. Ich meine die zweimalige aufzählung 
von helden, deren thaten besungen worden sind (v. I—20 und 
v. 6659— 6668). Solche aufzählungen sind häufig in der mittel- 
englischen poesie. Zirwer: Untersuchungen zu den beiden mittel- 
englischen Generides-romanzen. Breslau 1889, p. 4 hat mehrere 
belegstellen angegeben. 

Dann ist noch zu nennen die schilderung des fröhlichen 
monats Mai (v. 3731—3743), worüber sich ausführlichere erörte- 
rungen finden bei Kölbing: Arthour and Merlin. Leipzig 1890, 
p. LXII ff. 

2) In diesen abschnitt gehört auch folgendes; v. 241 ff. 
wird erzählt: 

Crowned after Kyng Harry, (= Henry) 
Thus was Rychard sykerly, 
That was in his XVth yere; 

Dass diese angabe dem geschichtlichen thatbestande wider- 
spricht, ist leicht nachzuweisen. König Richard wurde geboren 
am 8. Sept. 1157 und bestieg den thron im jahre 1189 (die krö- 
nung fand statt am 3. Sept. 1189), also im alter von 32 jahren. 
Da der dichter aber im ersten capitel berichtet hatte, dass Cassa- 


Die me. romanze Richard Coeur de Lion und ihre quellen 233 


dorien nach der geburt Richard’s noch fünfzehn jahre mit Heinrich 
zusammenlebte (v. 205 f. TZhus they dwellyd in fere || To the 
Sufftenthe yere), bis sie auf jene merkwürdige weise verschwand, 
und der thron bald darauf durch den tod des königs erledigt 
wurde, so musste er, um konsequent zu bleiben, Richard jenes 
alter geben. Hier ist nun darauf hinzuweisen, dass die zahl »15« 
sehr gern als runde summe in den romanzen verwendet wird (cf. 
Kölbing: Sir Tristem. Heilbronn 1882, v. 817 anm. p. 133). 


3) Der zug, dass Richard als unbekannter ritter beim tur- 
nier in verschiedenen rüstungen kämpft (v. 251 ff.), findet sich in 
mehreren anderen me. rittergedichten wieder, z.b. im Ipomedon, 
im Sir Gowther, in der niederschottischen romanze Roswall and 
Lilian (vergl. Ward: a. a. o. p. 734). 


Was die beiden tapferen ritter Thomas Multon und Foulk 
Doyly betrifft, die sich in diesem turnier und auch fernerhin in 
der romanze durch glänzende waffenthaten auszeichnen und an- 
theil nehmen an dem ruhme ihres königs, so hat Ward: a. a. o. 
p- 946 nachgewiesen, dass sie historische persönlichkeiten sind: 
»Thomas Multon was doubtless the Lord of Moulton in Lin- 
colnshire, who was the ancestor of the Multons (afterwards the 
Dacres) of Gillesland in Cumberland, and the Multons of Egre- 
mont. He and Fulk de Oyri are mentioned together, in the 
Historiz Croylandensis Continuatio, as two of the lords of Hol- 
land in Lincolnshire, who were opposed to the Abbot and Monks 
of Croyland in the years 1189—1190: etc.« Ward’s bemer- 
kungen mögen zutreffend sein. Immerhin bleibt doch auffallend, 
dass die englischen chronisten, die Richard’s kreuzzug so genau 
schildern, nichts von jenen beiden helden erwähnen, welche in 
der romanze so ruhmvolle thaten vollführen. Ausserdem muss 
es befremden, dass die beiden ritter nur in denjenigen theilen der 
romanze handelnd auftreten, welche völlig unhistorisch sind. 


4) Das motiv der liebe, die in vielen anderen romanzen 
das eigentlich belebende element ist, findet in unserer dichtung 
nur einmal verwendung: in dem verhältniss Richard’s zu Margery, 
der tochter Modard’s, des königs von Deutschland. Zwei züge 
in diesem liebesverhältniss sind es vor allem, welche die romanze 
mit anderen gemein hat: ı) Das verhältniss der beiden liebenden 
wird durch einen ritter an den könig verrathen; 2) Margery macht 
ihrem geliebten den vorschlag, vereint mit reichen schätzen zu 


234 F. Jentsch 


entfliehen. Aber dieses anerbieten wird von dem helden zurück- 
gewiesen. 


5) Hierher glaube ich auch den romantischen zug mit den 
beiden ringen, die Modard dem könig Richard schenkt und deren 
steine vor wasser und feuer schützen (v. 1629 ff.), rechnen zu 
können. Eine bestimmte romanze, der dieser zug entlehnt sein 
könnte, vermag ich allerdings nicht zu nennen. Uebrigens sei hier 
bemerkt, dass der zug im weiteren verlaufe nirgends verwerthet 
wird. 


6) Die episode mit der gesandtschaft Richard’s an den 
kaiser von Cypern (v. 2089 ff.) schmückt der dichter aus, indem er 
erzählt, der kaiser habe nach einem der gesandten ein messer 
geworfen (v. 2108. A kmfe after Sir Robert he threw), jedoch 
ohne zu treffen (v. 2110. And it flew in a door a span deep). 
Dieser zug, dass ein könig ein messer nach jemandem wirft, in 
der absicht, ihn zu verletzen, kommt öfters in den romanzen vor, 
z. b. Sir Beues of Hamtoun ed. Kölbing. London 1885 v. 3097 ff.; 
auch im Generides (vergl. Zirwer: a. a. o. p. 6). 


7) Ich habe schon oben p. 184 darauf aufmerksam gemacht, 
dass die angabe, die christen hatten schon sieben jahre vor Akkon 
gelegen (v. 2603: sevene yer and more; v. 2671; v. 2680), nicht 
geschichtlich ist. Hier kann nun wieder darauf verwiesen werden, 
dass in jener zeit die siebenzahl für allgemeine zeitbestimmungen 
gerade in England beliebt war (cf. Kölbing: Sir Tristrem p. 95, 
anm. zu v. 48). Vergl. auch v. 6485 unserer romanze, wo Joppe 
von Richard für sevene yer, and yitt more ausgerüstet wird. 


8) Richard lässt bei der belagerung von Akkon bienen- 
körbe in die stadt werfen, welche den Sarazenen grossen schaden 
zufügen (v. 2885 ff.); v. 1384 wird auch bei ausrüstung der eng- 
lischen flotte besonders erwähnt, dass bienenkörbe mit nach dem 
heiligen lande genommen werden. Röhricht: a. a. o. bd. II, p. 204 
macht nun darauf aufmerksam, dass im Chev. au Cygne III, p. 254 
v. 26815 ff. ed. Borgnet (erschienen als bd. VI der »Monuments 
pour servir a l’histoire des provinces de Namur, de Hainaut, et 
de Luxembourg« ed. Baron de Reiffenberg, Bruxelles 1854) Akkon 
durch hineingeworfene bienenstöcke erobert worden sein soll. 
Vergl. Jahrbuch für romanische und englische literatur. bd. IV, p. 239 f. 
Auf der letzten (unpaginirten) seite des Chev. au Cygne III ist 
auch auf unsere romanze hingewiesen, und es wird die möglich- 


Die me. romanze Richard Coeur de Lion und ihre quellen 235 


keit ausgesprochen, dass der verfasser des Chev. au Cygne aus 
dieser geschöpft habe. 


Tendenziöse zusatze. 


1) Zunächst ist anzuführen die sagenhafte geschichte von 
der vermählung Heinrich’s II. mit Cassadorien, von der geburt 
Richard’s u. s. w. (v. 35 ff.). Diese romantische erzählung ist sicher- 
lich nur hinzugefügt worden, um den helden der romanze den 
zuhörern gegenüber möglichst interessant zu machen, für ihn von 
vornherein theilnahme und aufmerksamkeit zu gewinnen. — Die 
legende von dem verschwinden der mutter Richard’s ist übrigens 
keineswegs ganz von dem verfasser erfunden worden. Es existirte 
nämlich zu Richard’s I. zeiten in der that eine sage, die, was 
den kern anlangt, mit der in der romanze erzählten überein- 
stimmt: »Eine gräfin von Anjou, die ahnfrau Richard’s, sei eine 
zauberin gewesen und bei der messe mit zwei von ihren kindern 
durch das fenster der kirche geflogen.« Abergläubisch, wie Ri- 
chard war, glaubte er fest an die wahrheit dieses märchens (cf. 
Pauli: a. a. o. p. 292). Diese sage hat unser autor benutzt und 
in seinem sinne erweitert. Ueber die entwickelung der sage selbst 
vergl. Ellis: a. a. o. p. 284 ff. 

Bei dieser gelegenheit möchte ich noch auf ein charakteri- 
stisches zeichen jener mittelalterlichen romane hindeuten, dass 
nämlich ihre verfasser sich fast immer auf eine chronik oder ein 
historisches ereigniss berufen, um auf grund ihres zeugnisses die 
wahrheit der erzählung zu bestätigen. Auch in unserer romanze 
geschieht dies. Denn, um die sage von der geburt Richard’s 
seinen zuhörern oder lesern als wahr erscheinen zu lassen, führt 
der verfasser eine historische thatsache an: zur zeit Heinrich’s, 
Richard’s vater, sei Thomas a Becket, der erzbischof von Canter- 
bury ermordet worden, v. 35 ff.: 


Lordynges, herkens Leforne, 
How Kyng Rychard was borne. 
Hys fadyr hyghte Kyng Henry. 
In hys tyme, sykerly, 

Als I fynde in my sawe, 

Seynt Thomas was i-slawe ; 

At Cantyrbury at the awter-ston, 
Wher many myraclys are i-don. 


236 F. Jentsch 


2) Hier muss ich auf jenes turnier zurückgreifen, von dem 
ich schon p. 233 gesprochen habe. Dasselbe hat der ver- 
fasser in die erzählung eingeflochten, um einerseits proben von 
Richard’s ausserordentlicher stärke und ausdauer zu geben, an- 
dererseits zu einem zwecke, der sofort deutlich werden wird: der 
dichter wollte dadurch die fahrt Richard’s nach dem heiligen 
lande mit Thomas Multon und Foulk Doyly rechtfertigen. 

Jedem fällt dabei vor allem eins in’s auge. Nach der romanze 
zieht Richard zweimal nach dem morgenlande, zuerst allein, nur 
von Thomas Multon und Foulk Doyly begleitet, und dann mit 
seinem heere. Nun wissen wir, dass Richard nur einmal nach 
Palästina gegangen ist und zwar mit seinem heere, um gegen die 
ungläubigen zu kämpfen. Wir wissen ferner, dass er erst nach 
dem kreuzzuge gefangen genommen worden ist, als er, auf der 
rückkehr nach England an die küste zwischen Aquileja und Vene- 
dig verschlagen, durch Deutschland seinen weg zu nehmen ge- 
zwungen war. Von einem zwange ist in der romanze auch 
nicht die rede. In ihr wählt Richard freiwillig den weg durch 
Deutschland. Es fragt sich nun, warum der verfasser hier den 
boden der geschichtlichen wahrheit verlassen hat. Warum lässı 
er den könig von England mit seinen beiden vasallen allein nach 
dem morgenlande pilgern und ihn dann auf dem rückwege ge- 
fangen nehmen? Ich bin der ansicht, dass er es nur gethan hat, 
um ihn während der gefangenschaft mit einem löwen kämpfen zu 
lassen. So meinte der dichter, am besten den namen »Richard 
Coeur de Lion« motivieren zu können. Denn in wirklichkeit erhielt 
dieser von seinen zeitgenossen und von der nachwelt den bei- 
namen »löwe« resp. »löwenherz« nur wegen seines ganzen wesens, 
wegen seiner erstaunlichen kraft und unerschrockenheit, vielleicht 
auch desswegen, weil er mit vorliebe das bild des löwen in seinem 
wappen führte. Dass sich der dichter nicht scheute, dieses mär- 
chen von dem kampfe mit dem löwen zu erzählen, liegt ganz in 
dem charakter jener mittelalterlichen romanzen. Der dichter 
brachte einmal diese fabel hinein, um das dramatische der er- 
zählung zu erhöhen und dem rohen geschmacke des publikums 
zu huldigen, dann aber wollte er bei den zuhörern für den hel- 
den seiner geschichte wiederum bewunderung erregen durch 
schilderung seiner hervorragenden eigenschaften. Und in der 
that hat es der dichter verstanden, in geschickter weise ein aben- 
‘suer zu erfinden, bei welchem Richard’s muth und tapferkeit in 

glänzender weise zur geltung kommen konnten. 


Die me. romanze Richard Coeur de Lion und ihre quellen 237 


An dieser stelle weise ich noch auf etwas anderes hin: der 
in der romanze aufgeführte Ayng of Almayne ist keineswegs iden- 
tisch mit dem kaiser von Deutschland. Denn aus cap. IV er- 
sehen wir, dass unter anderen fürsten auch der Emperor of Al- 
mayne (v. 1325) mit einem kreuzheere nach dem orient aufge- 
brochen ist, während Richard auf dem wege nach Marseille, von 
wo er nach Sizilien übersetzen will, vorher nach Deutschland zieht, 
um Modard, den Kyng of Almayne (hier, v. 1415, wird zum 
erstenmale sein name genannt) zur herausgabe des gezahlten 
lösegeldes zu zwingen. 

Wer ist nun dieser könig von Deutschland? Historisch steht 
fest, dass Richard Löwenherz, als er in Deutschland gefangen 
wurde, in die gewalt des herzogs Leopold von Oesterreich ge- 
rieth, der bekanntlich mit Richard während des kreuzzuges in 
streit gerathen und ihm desshalb im höchsten grade feindlich 
gesinnt war. Diesen streit erwähnt ja auch die romanze (v. 5909 
bis 5990). — Man vergleiche nun folgenden bericht der romanze. 
Als Richard dem könig von Deutschland gefangen vorgeführt 
wird, bricht dieser in die worte aus, v. 712 ff.: 

— — „This ys he, so Dieu me gard! 
He it is, my dedly foo! 
He schal abeyen it, or he goo!“ 

Vorher aber haben wir nichts in der romanze gehört, was 
den Kyng of Almayne berechtigen könnte, beim ersten anblick 
Richard’s .als von seinem todfeinde zu sprechen, an dem er sich 
rächen muss. Desshalb kann, wie ich glaube, die ansicht zu 
recht bestehen, dass in diesem yng of Almayne einfach die 
verblasste gestalt des beleidigten herzogs von Oesterreich zu 
sehen ist. 

Daraus folgere ich nun, dass hier eine umstellung stattge- 
funden haben muss, dass ursprünglich die romanze den berichten 
der chronisten gemäss die gefangenschaft Richard’s in Deutsch- 
land am richtigen orte erzählt, und ein späterer überarbeiter 
erst diese änderung vorgenommen hat. 

3) Der zug Richard’s nach Deutschland zu könig Modard 
ist eine erfindung, welche wohl auf den nationalstolz des dichters 
zurückzuführen ist. Ihm kam es augenscheinlich darauf an, zu 
zeigen, dass könig Richard, einmal in freiheit gesetzt, auch 
mächtig genug war, seinen gegner zu demüthigen und ihn zur 
herausgabe des lösegeldes zu nöthigen. 


238 F. Jentsch 


4) Hierher gehört auch die schilderung der ankunft des 
königs von England vor Akkon, wie er die kette zersprengt, 
‘welche vor den hafen gespannt ist. Der dichter hat diesen zug 
wohl hineingebracht, um die romantische gestalt Richard’s noch 
deutlicher von dem gesammtbilde abzuheben. Auch die wunder- 
bare mühle, die auf einem schiffe im hafen stand, trägt dazu bei, 
die schilderung phantastischer zu gestalten (v. 2593 ff.). 

5) Ferner ist zu nennen die erzählung von der erkrankung 
Richard’s und seiner genesung, welche der dichter in das gewand 
der fabel gekleidet hat (v. 3019 ff.). Auch diese episode hat er nur 
hinzugefügt, um die darstellung romantischer zu machen. Dass sich 
Richard gerade nach schweinefleisch sehnt, ist bezeichnend. Augen- 
scheinlich hat der dichter diese speise absichtlich gewählt.. Denn 
ihm musste bekannt sein, dass den Sarazenen das schwein ein 
unreines thier sei, dessen fleisch sie nicht geniessen durften. Da- 
zu kommt noch, dass Richard es gar nicht merkt, dass er anstatt 
schweinefleisch Sarazenenfleisch zu sich nimmt. Der vergleich, 
den der dichter hier durchblicken lässt, liegt nahe. 

Ausserdem ist hier noch die grauenhafte, aus Sarazenen- 
köpfen bestehende mahlzeit (v. 3386 ff.) zu erwähnen, welche an 
die eben besprochene episode erinnert. 

Bemerken will ich, dass sich auch im Itin. ein bericht findet, der 
zeugniss davon ablegt, wie sehr die Türken in bctreff des schweine- 
fleisches abergläubisch sind. Der bericht lautet im Itin. p. 411 f.: 


Sane Turcorum gens execrabilis in comprehensa Joppe, innumeram fecerat 
eaedem infirmorum, porcorum etiam stragem non minimam, universorum scilicet 
quos invenerant. Superstitionis nimirum Mahumeticae est non manducare porcos, 
unde naturaliter ut immundos abominantur porcos, quia Mahumetum traduntur 
porci devorasse. In opprobrium igitur Christicolarum, Turci collocaverant por- 
corum cadavera commixta cum corporibus hominum peremptorum. Corpora 
denique Christicolarum in pace a Christianis sepulta sunt, Turcorum autem cada- 
vera cum porcis foetentia ejiciebant. 

Sollte der verfasser der romanze vielleicht gar durch diesen 
bericht zu seiner erzählung veranlasst worden sein? Ausserdem 
machte mich herr prof. Kölbing auf cine interessante parallele 
aufmerksam, die sich im Sir Beues of Hamtoun v. 175 ff. findet, 
wo eine fürstin, um ihren gatten in cinen hinterhalt zu locken, 
sich krank stellt und vorgibt, sie hoffe, durch den genuss von 
eberfleisch zu gesunden. 

6) Saladin lässt dem könig von Iingland durch gesandte 
die herrschaft über weite länderstrecken anbicten, wenn cr seinen 


Die me. romanze Richard Coeur de Lion und ihre quellen 239 


glauben aufgeben würde. ‚Richard weist dies natürlich zurück 
(v. 3634 ff.). Der dichter will durch diesen zug die glaubens- 
stärke seines helden hervorheben; er will zeigen, dass Richard 
auch durch die glänzendsten anerbietungen sich nicht bewegen 
lasse, dem christlichen glauben, für den er in’s feld gezogen, un- 
treu zu werden. 

7) Wohl nur, um den ruhm Richard’s zu erhöhen, lässt ihn 
der dichter in der romanze so viele städte erobern, von denen 
die geschichte nichts weiss. Schon weiter oben habe ich nach- 
weisen können, dass der dichter manche namen von städten, 
welche er in seiner quelle vorfand, sogleich mit einer eroberung 
durch Richard verknüpft. Hierher gehört auch die einnahme von 
Gatrys, das auf so eigenthümliche weise erobert wurde, und dic 
von Leffunyde (v. 6165 ff.). Gatrys scheint aus Gaza, das im Itin. 
p. 280 auch einmal Guadres genannt wird, gebildet zu sein. Ob 
unter Leffunyde ein historischer ort verstanden werden soll, weiss 
ich nicht zu bestimmen. 

8) Als Richard mit Saladin frieden schliessen will, macht 
er diesem den vorschlag, die entscheidung des ganzen krieges 
einem kampfe zu überlassen, den er allein gegen 25 Sarazenen aus- 
zufechten entschlossen sei (v. 7091 ff.). Dieses romantische element 
ist vom dichter ohne zweifel nur hineingetragen worden, um eine 
neue probe der kühnheit Richard’s zu geben. 

Schliesslich stelle ich noch die züge zusammen, welche in 
der absicht hinzugefügt sind, um den könig von Frankreich und 
damit die Franzosen überhaupt in ein möglichst ungünstiges licht 
zu stellen. 

Vorher verweise ich in: kürze noch einmal auf die stellen, 
die ich schon früher erwähnt habe und denen theilweise etwas 
geschichtliches zu grunde liegt: 

a) Philipp’s treulosigkeit in Messina, p. 198; b) der fran- 
zösische richter Margaryte, p. 199; c) Philipp’s parteinahme für 
Markes Feraunt, p. 206; d) Philipp’s einfall in die Normandie, 
p. 214; e) die feige flucht des grafen von Champagne, p. 218; 
f) Philipp’s versuch Richard bei Tankred zu verläumden, p. 231. 
Daran schliesse ich die vom dichter erfundenen züge: 

1) Die in cap. I und II des zweiten theiles der romanze 
(v. 3731—4788) geschilderten ereignisse. Diese sind vollkommen 
ubhistorisch. Da der könig von Frankreich kurze zeit nach der | 
eroberung von Akkon das heilige land für immer verliess, so 


240 F. Jentsch 


hatte er nicht mehr gelegenheit, sich an irgend welchen unter- 
nehmungen Richard’s zu betheiligen. Wir erkennen hier wieder 
das bestreben des dichters, die treulosigkeit und falschheit Philipp’s 
und der Franzosen überhaupt zu kennzeichnen. Beachtung ver- 
dient die charakterschilderung der letzteren (v. 3821— 3837), von 
der ich einige verse mittheilen will, v. 3830 ff.: 

Fyghte they cunne, with wurdes lowde, 

And telle, no man is her pere; 

But, when they come to the myster, 

And see men begynne strokes dele, 

Anon they gynne to turne her hele; etc. 

Die namen der in diesen beiden capiteln von Philipp, 
Richard, Thomas Multon und Foulk Doyly eroberten städte: 
Taburette, Archane, Sudan Turry, Orglyous und Ebedy entsprechen 
jedenfalls keinen historischen namen. 

2) Die geschichtsschreiber wissen nichts von einer schlacht 
in der ebene von Odoh und nichts von einem zuge Richard’s 
und Philipp’s nach Niniveh (v. 5157 ff.). Man beachte auch hier 
wieder, wie der dichter bestrebt ist, die zuverlässigkeit des königs 
von Frankreich in zweifel zu ziehen. Denn er erzählt ja, dass 
es bei dem treffen in der ebene von Odoh einer abtheilung Sara- 
zenen gelingt, gerade bei der stelle sich nach Niniveh durchzu- 
schlagen, wo könig Philipp im felde steht. 


3) Auch bei der unternehmung gegen Babylon (v. 5341 ff.) 
nimmt der könig von Frankreich eine höchst zweideutige stellung 
ein. Wir sehen, wie er sich zuerst von der belagerung der stadt 
zurückzieht, dann sich plötzlich aber wieder betheiligt, als er 
wahrnimmt, dass sich in dem zweikampfe zwischen Richard und 
Saladin der sieg auf die seite des ersteren neigt. 


Der einnahme von Babylon geht jener zweikampf Richard’s 
mit Saladin voraus, zu welchem letzterer zwei teufel in pferde 
verwandeln lässt, von denen er eins dem könig von England 
übersendet (v. 5439 ff.). Dass dieser ganze vorgang erfunden ist, 
leuchtet ein. Indessen füge ich hinzu, dass auch im Itin. Richard 
cinmal vom feinde pferde zum geschenk erhält. Es geschieht 
dies im letzten kampf vor Joppe, wo Saphadin, der bruder Sala- 
din’s, dem könig von England zwei pferde anbieten lässt, die 
von jenem mit dank angenommen werden (Itin. p. 419). 


4) Es bleibt mir nur noch übrig, ein wort über den zug 
Richard’s und Philipp’s nach Jerusalem zu sagen. Uber die histo- 


Die me. romanze Richard Coeur de Lion und ihre quellen 241 


rischen verhältnisse habe ich schon p. 230 gesprochen. Ich will 
nur noch einmal kurz erwähnen, dass Richard in der geschichte 
zweimal den marsch gegen Jerusalem antritt, in beiden fällen 
aber kurz vor der stadt wieder umkehrt. Wenn Richard ener- 
gischer gewesen wäre und mehr verständniss für die kriegskunst 
gehabt hätte, so hätte er Jerusalem sicherlich erobern müssen, 
wozu er auch im stande gewesen wäre. Es kann ihm deshalb 
ein vorwurf nicht erspart bleiben. Dies scheint auch der verfasser 
der romanze gefühlt zu haben. Daher sucht er den könig von 
England gleichsam zu entschuldigen, indem er allein den könig 
von Frankreich, der kurz vor dem ziele eine so unbillige forde- 
rung erhebt, für das scheitern der unternehmung gegen die stadt 
Jerusalem verantwortlich macht. 


III. 


Zur nachgeschichte der romanze. 


ten Brink: a. a. 0. p. 303 setzt die übersetzung der romanze 
in’s Englische etwa unter die regierung Eduard’s I. (1272— 1307). 
Dabei wird es von wichtigkeit sein, zu erfahren, wie die beiden 
reimchroniken des Robert of Gloucester und des Robert Mannyng 
of Brunne, welche um jene zeit geschrieben worden sind, sich 
zu der romanze stellen. 

Robert of Gloucester erwähnt bei der schilderung der 
regierung Richard’s nur einmal die romanze; cf. The Metrical 
Chronicle of Robert of Gloucester ed. Aldis Wright Rer. brit. 
medii aevi script. bd. 861 London 1887 v. 9986 f.: 

„Me ne mai nozt al telle her, ac wo so it wole iwite, 
In romance of him imad me it may finde iwrite.“ 

Benutzt hat indessen Robert diese romanze nicht, wie Bross- 
mann: Über die quellen der me. chronik des Robert von Glou- 
cester. Striegau 1887, p. 3 und 38 nachgewiesen hat. Man kann 
vielleicht annehmen, dass Robert sich verpflichtet fühlte, sie in 
seiner chronik anzuführen, weil sie in jener zeit sehr verbreitet 
gewesen sein mag. 

Anders steht es nun mit Robert Mannyng of Brunne: Peter 
Langtoft’s Chronicle as illustrated and improv’d by Robert of 
Brunne etc. ed. Th. Hearne. 2 bde. Oxford 1725. Dieser hat 


die chronik des Peter Langtoft in’s Englische übersetzt. Während 
E Kölbing, Englische siudien. XV, 2. \6 


242 F. Jentsch 


er bis zur regierung Richard’s seiner vorlage im grossen und ganzen 
genau folgt, weicht er in dem abschnitte über Richard Löwenherz 
erheblich ab, und hier erkennen wir deutlich den einfluss unserer 
romanze, auf die sich Robert Mannyng mehrere male beruft. 

Die chronik des Peter Langtoft selbst ist herausgegeben 
von Thomas Wright: Rer. brit. medii aevi script. bd. 47! !!- London 
1866 und 1868. Der abschnitt über die regierung Richard’s 
findet sich bei Peter Langtoft: bd. Il, p. 26—122, bei Robert 
Mannyng: bd. I, p. 142—206. 

Ich führe in folgendem die stellen an, wo Robert Mannyng, 
durch die romanze beeinflusst, inhaltlich von seiner vorlage ab- 
weicht: 

1) Über die abfahrt Philipp’s von Messina nach Akkon wird 
erzählt p. 157, v. I ff.: 


Whan Philip tille Acres cam, litelle was his dede, 

Pe Romance sais grete skam, who so pat pas wille rede; 

The Romancer it sais, R. did mak a pele 

On kastelle wise alle wais, wrouht of tre fulle welle etc. 
v. 10 f.: 

Pe Romance of Richard sais, he wan the toun. 

His pele. fro pat forward he cald it mate Griffoun. 


Von alledem ist bei Peter Langtoft, wie gesagt, nicht die 
rede. Hier hat der übersetzer aus der romanze geschöpft. Es 
wirdghingedeutct auf das hölzerne schloss Mate-Griffon und auf 
die eroberung der stadt Messina. 

2) Richard sendet, als er die handlungsweise des kaisers 


von Cypern vernimmt, boten zu ihm, p. 158, v. 15 f.: 
Tille Isaac lettres sent bi Roberd of Thournham, 
Sir Steuen with him went, a naper knyght William. 


Peter Langtoft erwähnt diese namen nicht, erzählt überhaupt 
hier viel kürzer; auch die oben als quellen herangezogenen werke 
weisen diese namen nicht auf (vergl. p. 201). 

Ausserdem zeigt die antwort, welche der kaiser den ge- 
sandten gibt, den cinfluss der romanze, p. 158, v. 25 ff.; cf. v. 2112 ff. 

3) Robert Mannyng berichtet, wie Richard mit seiner axt 
auf die Griffonen eindringt, p. 159; cf. v. 2197 ff. 

4) Gelegentlich der eroberung des sarazenischen schiffes 
heisst es p. 170, v. II f.: 


De kynge’s owen Galeie, he cald it Trencthemere, 
That was first on weie, & com pe schip fulle nere. 


Der name Trencthemere ist wieder aus der romanze her- 
übergenommen. Hier heisst aber nicht das schiff, sondern der 


Die me. romanze Richard Coeur de Lion und ihre quellen 243 


steuermann des königs Trenchemer, der gerade bei dieser epi- 
sode eine grosse rolle spielt, v. 2511: 
Ster you my galye, Trenchemer ; 


Zu diesem irrthum ist Robert Mannyng durch ein missver- 
standniss der nattirlich nicht interpungirten hs. veranlasst worden. 


5) Am deutlichsten aber tritt der einfluss der romanze auf 
p. 173—178 der chronik zu tage. Zum beweise führe ich die 
einzelnen stellen an, p. 173, v. 27 f. — p. 174, v. 6: 


In bargeis & galeis he set mylnes to go, 

Pe sailes, as men sais, som were blak & blo, 

Som were rede & grene, be wynde about bam blewe. 
A selly sight to sene, fire be sailes brewe. 

Pe stones were of Rynes, be noyse dredfulle & grete, 
It affraied be Sarazins, as leven pe fire out schete. 
Pe noyse was unride, it lasted alle day, 

Fro morn till euentide, ber of had many affray. 


Diese verse deuten hin auf jenes wunder, von dem ich schon 
p. 168 und 238 gesprochen habe, v. 2640—2662: 


A melle he hadde off gret maystry; 
In myddys a schyp for to stand: 
Swylke on sawgh nevyr man in land. 
Four sayles wer theretoo, 

Yelew, and grene, red and bloo. 
With canevas layd wel al about, 

Ful schyr withinne, and eke without; 
Al withinne ful off feer, etc. 


6) p. 174, v. 19 ff. erscheint der bischof von Perouse (in 
‘ der romanze v. 2673 der erzbischof von Pisa) vor Richard und 
erzählt von der hungersnoth, welche die christen vor Akkon er- 
duldeten, p. 174, v. 19 — p. 175,v.6; in der romanze v. 2817— 2845. 


7) Auf die anderen schicksalsschlage, welche die kreuz- 
fahrer vor Akkon trafen, weist die chronik mit folgenden worten 
hin, p. 175, v. 7 f. 

He told to be kyng many hard chance, 
Pat tellis here no ping, bot alle in be romance. 


Dann fahrt Robert Mannyng sogleich fort: 


He tellis in be romance, sen Acres wonnen was, 

How God gaf him faire chance at pe bataile of Cayfas. 
Sipen at Nazareth, at Pe Assompcion messe, 

At Assur he did to deth be Sarazins more & lesse. 
Siben at Japhet was slayn Fanuelle his stede, 


De Romance tellis grete pas ber of his douhty dede. 
16* 


244 F. Jentsch 


8) Ferner entsprechen p. 175, v. 15 ff. den v. 2857 bis 
2864 der romanze. 

g) Als könig Richard den bericht des erzbischofs entgegen- 
genommen, erzählt Robert Mannyng, p. 176, v. 1 ff.: 


Whan kyng R. herd, pe Cristen had suilk pyn, 
Fulle soft he him ansuerd, wepand with his ine: 
„To Criste for me biseke, Dat he gyue me pat grace, 
Pe Cristendom to eke, be Sarazins to chace.* 
Vergleichen wir folgende verse der romanze, v. 2865 ff.: 


Kyng Rychard wepte with his even bothe, 
And thus he sayde to hym forsothe: 

„Ser bysschop, bydde thou for us! 

That myght me sende sweet Jesus, 

Hys foos alle to destroye 

That they no more us anoye!“ 

10) Die Sarazenen bieten die übergabe der stadt Akkon an, 
wenn der marquis von Montferrat zum könig von Syrien gemacht 
wird, was Richard zornig zurückweist, trotzdem sich der könig 
von Frankreich zu gunsten des marquis verwendet. — Auch dieser 
zug ist aus der romanze herübergenommen ; es finden sich sogar 
sehr oft dieselben worte, welche die romanze gebraucht, p. 176, 
v. 21 fl. — p. 178, v. 5; cf. v. 3223 ff. 

11) Später erzählt Robert Mannyng vom sultan Saladin, 
p. 188, v. 21 f.: 

Soudan so curteys never drank no wyne, 
De same pe Romans sais pat is of Richardyn. 

Dieser zug, dass Richard nie wein zu sich genommen hätte, 
fehlt in der von Weber hergestellten ausyabe der romanze. Wahr- 
scheinlich hat Robert Mannyng eine andere hs. derselben vor 
sich gehabt. 

Dann muss ich noch einen punkt bertihren, der bei der 
frave über die abfassung der romanze von wichtigkeit ist. 

Bei der gefangenschaft Richard’s in Deutschland, erzählt 
Robert Mannyng, p. 198, v. 13 ff.: 

In cheynes & lede wonden, pat heuy was of peis. 
A noper pyne he had, if it may be trod, 
With iren nayles sad, it sais, his fete was schod. 

Robert, der doch sonst, wie wir aus den angeführten beleg- 
stellen ersehen, in so ausgiebiger weise aus der romanze schöpft, 
erwähnt hier nicht den kampf mit dem löwen. Das beweist, dass 
dieser erst später in die dichtung hincingekommen ist; denn 


Die me. romanze Richard Coeur de Lion und ihre quellen 245 


Robert Mannyng hätte sich sicherlich nicht gescheut, ihn anzu- 
führen, wenn er wirklich in der ihm vorliegenden romanze ent- 
halten gewesen wäre. 

Es ergibt sich aus alledem kurz folgendes: Robert Mannyng 
hat bei seiner übersetzung der chronik des Peter Langtoft die. 
romanze »Richard Coeur de Lion« benutzt, welche allerdings noch 
nicht diejenige gestalt hatte, in der sie auf uns gekommen ist. 


Suchen wir nun nach dieser untersuchung einen überblick 
über das verhältniss der romanze zu ihren quellen zu gewinnen: 

Ich habe zunächst gezeigt, dass zwischen romanze und 
Itinerarium enge beziehungen walten, sowohl was den charakter, 
als auch was den inhalt anbetrifft. Über den charakter der chronik 
habe ich schon oberni gesprochen. Hier möchte ich jedoch noch auf 
das gesammturtheil hinweisen, das Pauli: a. a. o., p. 874 f. über das 
Itin. fällt. Er hebt mit recht hervor, »wie der verfasser der chronik 
tief in der romantischen dichtung seiner zeit steckt, wie er den 
romantischen zug Richard’s und seine kämpfe mit Saladin blind 
parteiisch beschreibt.« Und dieser selbe geist weht uns aus der 
dichtung entgegen. Ausserdem möchte ich noch einmal be- 
tonen, dass der gesammtinhalt der romanze — abgesehen von 
den sagenhaften zügen sowohl, wie von denjenigen, welche anderen 
chroniken entnommen sind — verglichen mit dem inhalt des Itin., 
derselbe ist. Ich betrachte daher das Itin. als die haupt- 
quelle der dichtung. 

Daneben habe ich auf andere chroniken verwiesen, aus 
denen geschöpft worden ist. Ich nannte die werke des Roger 
de Hoveden, Ricardus Divisiensis, Walter von Heming- 
burgh und Johannis Bromton. Es zeigte sich, dass der ver- 
fasser in der regel nur da andere chroniken einsah, wo sich im 
Itin. nichts verzeichnet fand. Ich erinnere vor allem an die er- 
zählung von dem streite Richard’s mit dem herzog von Österreich 
(Joh. Bromton), von welchem das Itin., trotzdem er in jener zeit 
noch in aller gedächtniss sein musste, nichts berichtete; ich er- 
innere ferner an die nachricht von dem tode Richard’s (W. v. Hemingb.), 
über welchen im Itin. auch nichts enthalten war. 

Schwierig war es in verhältnissmässig nur wenig fällen, genau 
zu bestimmen, an welche chronik sich der autor bei seiner schilde- 
rung angeschlossen hat. 











zu als schurken hinstellt? Ich glaube vielmehr, 
ein Anglonormanne gewesen ist, der in anglon 
art seine verse niedergeschrieben. Kehren wir it 
frage, die uns beschäftigt, zurück. Es muss dé 
ob die übersetzung in’s Englische eine ganz 
Die historischen verhältnisse, die in der romanze 
deuten aber darauf hin, dass die französische 
stoffes und damit wohl auch die englische übe 
berichten der chronisten gemäss geschildert hat. 
In der berühmten Auchinleck-hs. ist ein theil u 
enthalten, der in dem oben erwähnten buche: O 
abgedruckt ist. Hier beginnt sofort nach dem pr 
zählung vom kreuzzuge. Weil nun die sagenhaften | 
der geburt Richard’s an gänzlich fehlen, glaubt 
p- 282 ff., dass dies die ursprüngliche übersetzung d 
sischen vorlage gewesen und dass die fabelhaften 
erst später hinzugefügt seien. Trotzdem nım in 
jenem abschnitt im Owain Miles darauf hi 
ee cl 
der romanze sei, halte ich die ansicht 


























Die me. romanze Richard Coeur de Lion und ihre quellen 247 


richtige. Denn noch andere gründe, dic ich schon angeführt 
habe, sprechen daftir: einmal jene umstellung der gefangenschaft 
Richard’s, welche ein bearbeiter der romanze vorgenommen (vergl. 
p. 237), und dann die nichterwähnung des kampfes mit dem 
löwen durch Robert Mannyng of Brunne (vergl. p. 244). Dazu 
kommt ausserdem: die hs., welche Weber seiner ausgabe zu grunde 
legte, befindet sich im Cajus College in Cambr. Sie ist die voll- 
ständigste, die erhalten ist, und stammt aus dem ende des 
14. jahrh.’s, während die Auchinleck-hs. dem anfang desselben 
angehört. Jene weist alle die sagenhaften elemente auf, in dieser 
fehlen sie gänzlich. 

Ich glaube daher zu folgenden schlüssen berechtigt zu sein: 

Die französische bezw. anglonormannische romanze wurde 
etwa unter der regierung Eduard’s I. in’s Englische übertragen. 
Eine abschrift dieser übersetzung enthält die Auchinleck-hs., 
und diese fassung hat Robert Mannyng benutzt. Später machte 
sich ein anderer daran, die englische dichtung umzuarbeiten. Von 
ihm wurde nun der kampf mit dem löwen, der sich während der ge- 
fangenschaft in Deutschland ereignet haben soll, hinzugefügt, da 
er den namen »Coeur de Lion« rechtfertigen wollte. Um nun 
von vornherein seinem helden ein grösseres interesse seiner zu- 
hörer zu sichern, stellte er den kampf vor den eigentlichen 
kreuzzug. Er that dies also meiner ansicht nach absichtlich, und 
nicht aus unwissenheit, wie G. Paris annimmt, der Romania IX. 
p. 543 die ganze frage gelegentlich gestreift hat. Die gefangen- 
schaft aber vor dem kreuzzuge machte eine erste fahrt nach dem 
orient nothwendig, die, weil mittel zum zweck, ganz kurz ge- 
schildert ist. Um diese erste fahrt nach dem heiligen lande zu 
motiviren, musste jenes turnier hinzugefügt werden, in welchem 
Richard die beiden tapfersten ritter erkennen wollte, um sich mit 
ihnen nach Palästina zu begeben. An die spitze des ganzen setzte 
der bearbeiter die sage von Richard’s geburt. — So erhielt unsere 
romanze ihre gegenwärtige form. 


Breslau, October 1890. | F. Jentsch. 


COLLATIONEN. 


Unter den von Ritson in seinen Ancient Engleish Metrical 
Romances herausgegebenen romanzen befinden sich nur noch 


248 E. Kölbing 


zwei stücke, welche seitdem nicht wieder in verbesserter gestalt 
veröffentlicht worden oder wenigstens im druck begriffen wären; es 
sind das Emare, Vol. II, p. 204—247 und Chronicle of Eng- 
land, das. p. 270— 1036. Ich gebe deshalb hier die resultate 
meiner collation beider stücke mit den hss., indem ich bemerke, 
dass ein früherer schüler von mir s. z. in diesem blatte einen 
parallelabdruck der vorliegenden und der in der Auchinleck-hs. 
enthaltenen fassung der versificirten chronik veröffentlichen wird. 


I. Emare. 


4 dedes | dedzs u. s. 6. 7 moder | modar. 17 ryhtwes | ryghtwes. 
49 moder |] modwr. 57 called ] kalled. 62 Nortour ] Nortzr. 
65 old ] olde. 85 knyght hyghte ] knyzt. 92 other ] obur. 
97 displayed ] dysplayed. 98 emperoer ] emperour. 110 with- 
outen | wiboutene.! 124 loveden ] lonedenc. 131 other | ob 
u. Ss. 6. 149 flower | flowr. 151 knyghtes ] knyztvs. 154 Deamondes ] 
Deamouvdes. 174 and ] & w/f. 191 fayre | fayr. 218 doun ] don. 
223 alle | all. 236 durst] durste. 260 suche] such. 264 thorne] phorne. 
272 [givyng] fehlt im ms. und ist überflüssig. 287 up ] vn (N). 
295 wrawght |] wrowght. 310 now ] am rande mit verweisungs- 
zeichen nachgetr. 320 knawe ] knowe.: Nach 331 folgt 338, 
ausgestr. 339 cuntre |] countre. 351 had | hadde. 353 i | y. 
355 longe | lange (?). 357 in ] yn. 377 sylkyn ] sylky, danach 
ein buchstabe ausradirt. 382 kowthe | kowzpe. 389 Trompus 
tabors | Trommpus tabowrs. 406 doun ] done. 407 soun ] sone. 
409 called ] calle. 411 am rande nachgetr. 434 After ] Aftyr. 
445 old quene ] olde qwene. 454 quene ] qwene. 471 see ] 
se. 496 stiward ] stward. 528 wole ] wolde. 529 he ] she. 
584 sowghte | sowzt, dahinter ein klex. 593 drynkyng | drynke. 
594 kyght ] kygh. 608 swounynge ] swonynge. 629 commaun- 
dement | commaundement (!). 635 blode | blolde (!). 639 honde ] 
hond? (?). 659 thronge ] ponge. 680 of |] © aus y corr. 705 
here ] her. 730 sewed |] shewed, h unterpunktet. 760 Thou ] 
Thow. 777 tell ] telle. 780 they ] be. 791 wente ] wet. 
792 Lord ] Lor (!). 804 Castell ] danach town &, unterpunktet. 
825 to ] danach be, unterpunktet. 838 the ] pe. they ] be. 
839 danach 837 wiederholt, aber ausgestr. 841 he: | he. 846 


1 62, 81 und 361 hat R. den schwanz am n durch ein zweites n wieder- 
gegeben. 


Collationen 249 
shalt ] shat (!). 863 Amonge ] Among. 864 lufsume ] lufsuame. 
867 Menstrelles ] Menstrelles.. 876 Lord ] lorde. 897 lytyll ] danach 
chylde, ausgestr. 909 lond | londe. 919 if |] yf. 923 changed ] 
chauzged. 943 was ] wat(!). 950 Was ] Wax(!). 989 And ] A (!). 
997 herte | hert. 1024 Segramour | egramour. 1033 Jhesu | Jhc. 
1034 wone | wene (!). 1035 glorye ] danach: Amen. Explicit 
Emare. Für th ist in den meisten fällen ) einzusetzen; als aus- 
nahme ist z. b. zu bemerken 18 That. both. 29 Frythes. 55 The. 
80 The. 88 cloth u. s. w. r ist 6fters mit einem schwung ver- 
sehen, der durch cursives e wiederzugeben wäre; so 163 herr 
und 741 Where. x hat R. im anlaute durch y wiedergegeben, 
wie 253 ge, 301 zynge u. s. w., im in- und anlaut durch gh, so 
61 tawzte, 85 knyzt u. s. w. 


II. Chronicle of England. 


32 Saithe ] saip. 60 light | lyht. 73 champioun ] chaun- 
pioun. 81 such ] suche. 86 londe ] lond. 96 bygonne ] bigonne. 
107 had ] hade. 121 was | wes. 145 Alklud | Alhdud. 222 
And ] Ant. 228 Fraunce | France. 232 all ] al. 244 caste | 
caste out. 249 was | wes. 256 his londe ] pis lond. 268 heire | 
herre. 271 was ] wes. 285 emperour ] empereour. 288 Fraunce | 
France. 301 Engelond ] Englond. 307 twenti ] tuenti. 311 
wurthe | wurche. 326 much ] muche. 336 en ] in. 349 Caunter- 
bury ] Caunterbure. 354 Southanteschyre ] Southamteschyre. 
364 Salesbury |] Salesbure. 376 and ] ant. 377 Staffordschire 
and Schropschire ] Staffordschire & Chesterschire | Derbeschire 
& Schropschire. 386 foure ] four. 388 Hereford ] danach &, 
ausradirt. 397 Northumberlonde ] Northunberlonde. 433 There ] 
Der. 444 or | er. 452 Fraunce | France. 457 come ] com. 
468 mete ] meto(!). 480 en] in. 482 ant ] an. 490 beothe ] 
beop. 511 ryghte ] ryhte. 512 was | pas. 537 tho ] pe. 
571 lyne | lyue. 574 ant tuenti |] an tuenti folle. 577 
reigned ] reignede. 598 fleysch ] fleychs(!). 615 syr ] pe (!). 
616 Fraunce ] France. 648 Fraunce | France. 654 And | 
Ant. 655 Edmond ] Edmound. v. 657 f. mit verweisungszeichen 
unten auf der seite nachgetr. 674 And ] Ant. 718 feore | feor. 
760 blode |] blod. 770 mighte ] mihte. 788 was | wes. 797 
Haneloc ] haueloc. 802 ant ] an. 821 Thourh | Thour. 831 
dede | deze. 840 wythe ] y pe. 850 repreofing | repreosing (1). 
852 sich ] such. 856 gode ] god. 878 Right ] Riht. 883 


250 G. Sarrazin 


knout ] nach k zwei buchstaben ausradirt. 889 reignede ] reigne. 
g18 Normandie ] Normaundie. 946 Faversham ] Faueresham. 
947 reigned ] reignede. 964 her ] her. 968 unneth ] vnnepe. 
977 Henry | Henre. 982 was ] wes. 1016 had ] hade. Die 
graphischen abweichungen von der hs. sind hier im wesentlichen 
dieselben wie in Emare; bei eigennamen bietet auch das ms. in 
der regel th statt der rune. 


Breslau, October 1890. E. Kölbing. 


Die alte anonyme englische tragödie von Soliman and 
Perseda (in der Select Collection of Old English Plays edd. 
Dodsley-Hazlitt V, 257 ff.) muss, obwohl erst im jahre 1599 ge- 
druckt, schon mehrere jahre vorher verfasst sein. 

Bekanntlich findet sich schon in Shakespeare’s King 
John I, 244 eine anspielung darauf: Basilisco-like, mit beziehung 
auf die figur des eisenfressers Basilisco in Soliman. 

Auch in Kyd’s Spanischer tragödie, die jedenfalls vor 
Shakespeare’s Titus Andronicus verfasst ist (vgl. Ritzenfeldt, 
Gebrauch des pron., artikels und verbs bei Thom. Kyd..... 
Kiel. Diss. 1889, s. 69), wahrscheinlich vor 1588 (Markscheffel, 
Thomas Kyd’s tragödien, Programm. Weimar 1886, 87 I, 5) ist 
von einem drama die rede, welches die geschichte von Soliman 
und Perseda zum gegenstande hat. 

Die autorschaft dieses stückes wird der hauptperson der 
Sp. Tr., Hieronimo zugeschrieben. ! Das in der Sp. Tr. einge- 
legte kurze schauspiel von Soliman und Perseda stimmt allerdings 
nur im allgemeinen gang der handlung mit dem selbständig ver- - 
öffentlichten überein, weicht in den einzclheiten der schlusskata- 
strophe zum theil ab, und enthält nur in einigen versen deutliche 
reminiscenzen an dasselbe, es verhält sich zu dem grösseren stück 
wie ein kurzer dramatischer auszug zu einem vollständigen drama. 


1 Sp. Tr. (Dodsiey-llazlitt Vol. V) s. 148: 
Hier: When in Toledo there I studied, 
It was my chance to write a tragedy 
Which (long forgot) I found this other day. 


Der verfasser von Soliman and Perseda 251 


Aus diesem verhältniss des stückes Solim. and Pers. zu der 
Sp. Tr., sowie aus der ähnlichkeit beider dramen in der compo- 
sition und im stil schloss nun schon Hawkins, dass Soliman 
ebenfalls von Thomas Kyd verfasst sei. Diese vermuthung 
ist bei anderen englischen und deutschen gelehrten vielfach auf 
zweifel gestossen (vgl. Markscheffel a. a. o. II, 11). 

Markscheffel fiihrt mehrere parallelstellen und tibereinstim- 
mungen zwischen Solim. und Sp. Tr. an, hebt diesen gegenüber 
aber die unähnlichkeit im ton und versbau hervor und lässt die 
frage unentschieden. 

Ich selbst bin bei genauer durchsicht der Sp. Tr. zu der 
ansicht Hawkins’ gekommen und glaube diese im folgenden ein- 
gehender begründen zu können, als es bisher geschehen. 

Zunächst die ähnlichkeiten und übereinstimmungen: 
Beide stücke sind rachetragödien, die mit dem mehrfachen 
morde und selbstmorde der hauptpersonen schliessen. Von kriegen 
und kämpfen ist in beiden viel die rede. In der häufung von 
hinrichtungen und mordthaten verräth sich eine gleich blutdürstige 
phantasie. Romantisch -idyllische elemente bietet daneben die 
liebesgeschichte im Solim. sowohl wie in der Sp. Tr. In beiden 
stücken rächt die heldin ihren ermordeten geliebten, indem sie 
ihren verschmähten liebhaber, den mörder, tödtet. In beiden 
tragödien sind burleske scenen eingefügt, eine stilvermischung, 
welche die meisten älteren dramendichter, auch Marlowe noch, 
verschmähten. 

In beiden dramen treten viele personen auf, die mit der 
haupthandlung nur wenig zu thun haben, wie denn überhaupt die 
composition hier wie dort nur als sehr locker und schlotterig be- 
zeichnet werden kann. 

Die bedeutsamste übereinstimmung in der composition 
ist aber, dass in Solim. wie in der Sp. Tr. geisterhafte wesen, 
allegorische figuren als zuschauer, kritiker und leiter der hand- 
lung erscheinen, und mit ihren reden die entwicklung einführen, 
begleiten und abschliessen. Freilich kommen solche figuren auch 
in anderen älteren dramen vor — ein erbtheil der moralitäten 
und der Seneca - tragödien; aber doch sonst nur in loserem zu- 
sammenhang mit der handlung. 

Auch im stil bieten beide stücke bedeutsame ähnlichkeiten. 
Klassische anspielungen, vergleiche, lateinische citate finden sich 
übereinstimmend; in der Sp. Tr. sowohl wie in Solim. wird mit 


252 G. Sarrazin 


vorliebe auf personen und ereignisse des trojanischen sagenkreises 
angespielt (Sp. Tr.: Pallas vor Pergamus, Priamus, Hector, Ajax, 
Achilles und die Myrmidonen; Solim.: Priamus , Hector, Andro- 
mache, Sinon, Ajax, Ulysses, Achilles und die Myrmidonen). 
Spanische brocken: fvcas palabras Sp. Tr.; barsolus manus — beso los 
manos Solim., und italienische: Solim. 343 Zremomundo == Tremamondao, 
in der Sp. Tr. vielfach — sind hier wie da eingestreut. Seltenc 
epitheta wie /ranslucent breast Sp. Tr. a. a. o. s. 31, Solim. s. 295 
sind gemeinsam; auf ähnliche phrasen, metaphern, vergleiche ist 
von Markscheffel a. a. o. und von mir Ang]. XII, 149 hingewiesen; 
ich füge noch hinzu Sp. Tr. 49 my second self, Solim. 296 my 
sweet second self; Sp. Tr. 159 Perseda, blissful lamp of excellence, 
Solim. 292 Zerseda’s beauteous cxcellence; Sp. Tr. 60 Zhe heavens 
are just, Solim. 297 Aeaun’s are just. 


Dass beiden dramen vorliebe für rhetorische figuren, wie 
anaphora, antithese, klimax, gemeinsam ist, hat nicht viel zu 
besagen ; auch die übereinstimmende häufige anwendung der sticho- 
mythie, und die wiederholung ganzer verse (z. b. Sp. Tr. 44, Solim. 
323) ist nicht sehr charakteristisch. 


Eine auffallende übereinstimmung scheint aber in dem 
stichomythischen frage- und antwortspiel in kurzen sätzen zu liegen: 


Sp. Tr. 101 °’7is I that love. — Whom? — Bell ’Imperia. 
But I that fear. — Whom? — Bell? Imperia, 
Solim. 324 for whom weep you? — Ah, for Ferdinando’s dying. 
For whom mourn you? — Ah, for Erastus’ flying. 


Eine sehr bedeutsame stilähnlichkeit 1 ist auch das eigen- 
thiimliche fortspinnen der gedanken durch wiederholung eines 
wortes : 


Solim. 369 The loss of half my realm, nay, crown’s decay, 
Could not have prick’d to near unto my heart, 
As doth the loss of my Perseda’s life. 
And with her life I likewise lose my love; 
And with her love my hearts felicity. 


1 Bei Lodge habe ich diese stilistische manier auch gefunden in ‘The 
Wounds of Civil War’ (Dodsley-Hazlitt VII, 168): 
I wonder why my peasant stays so long, 
And with my wonder hasteth on my woe, 
And with my woe I am assailed with fear, 
And with my fear await with faintful breath 
The final period of my pains by death. 


Der verfasser von Soliman and Perseda 253 


Dazu vergleiche man: 
Sp. Tr. 42 First in his hand he brandished a sword, 
And with that sword he fiercely waged war, 
And in that war he gave me dang’rous wounds 
And by those wounds he forced me to yield 
u. S. W. 

Schon Klein hat in der Gesch. des engl. drama’s II, 346 
auf eine Kyd eigenthümliche, dem stil spanischer dramen nach- 
geahmte rhetorische figur aufmerksam gemacht, »jene wunderliche 
recapitulationsfigur,! die am schlusse einer ausgesponnenen rede 
die schlagwörter der vereinzelten bilder und gleichnisse zusammen- 
fasst und vorbeidefiliren lässt wie flügelmänner im paradegänse- 
marsch«. Auch diese figur kommt im Solim. vor, allerdings noch 
nicht in der künstlichen ausbildung der Sp. Tr. Zu vergleichen 
sind die stellen Sp. Tr. 36 (dcast, bird, tree, stony wall), Sp. Tr. 
68 (eyes, Life, world, heavens), Sp. Tr. 163 (hope, heart, treasure, joy, 
bliss) mit Solim. 299 (words, tears, looks). 

Kyd huldigt häufig dem besonders in den 8o0er jahren 
herrschenden modestil des euphuismus. Er liebt parallele 
struktur der sätze, häufung von gleichnissen, verbindung von 
gleichklang, alliteration, reim mit antithesen, oxymora. Beispiele 
hat zum theil schon Markscheffel a. a. o. gegeben. Ich führe als 
besonders charakteristisch noch an: 

Sp. Tr. 9ı ceaseless plaints for my deceased son 

» » 161 the hopeless father of a hapless son 

»n » 44 O sleep, mine eyes, see not my love profan’d; 
Be deaf, mine ears, hear not my discontent ; 
Die heart: another joys what thou deserv’st. 

»n » 380 In time the savage bull sustains the yoke; 
Ir time all haggard hawks will stoop to lure 
In time small wedges cleave the hardest oak, 


In time the flint is pierc’d with softest stower? ; 
And she in time will fall from her disdain. 


1 So ganz ungewöhnlich ist indessen diese figur doch nicht; ich finde sie 
auch in dem alten lustspiel ‘Wily .beguiled’ (Dodsley-Hazlitt IX) s. 323: 
Care, love, loss, heart’s woe, living death. Der verfasser dieses stückes scheint 
mir auch sonst Kyd’s stil gelegentlich nachzuahmen, z. b. Wily beg. a. a. 0. s. 282 
Thrice three times Sol hath slept in Thetis? lap; Sp. Tr.8 Ere Sol had slept three 
nights in Thetis? lap; Wily 281 Aly mind — — is like a mastless ship; Solim. 
259 Shall I, like a mastless ship at sea, go every way. 

2 Euphues edit. Landmann s. 35: The softe droppes of raine pearce the 
hard Marble, many strokes ouerthrow the tallest Oke, a silly woman in time may 
make such a breach into a mans hearte, as hir teares may enter without resistaunce. 


254 G. Sarrazin 


» » 38 Yet might she love me for my valiancy! 
Ay, but thats slander’d by captivity ; 
Yet might she love me to content her sire, 
Ay, but her reason masters his desire. 


Deutlicher noch tritt die nachahmung des euphuistischen 
stils in Kyd’s prosaschrift The trueth of the most wicked 
and secret murthering of John Brewen hervor, z. b. s. 6: 
he had her fauours, whosoever had her frowns; he sate and smiled, 
when others sobbed —- — -- But as the truest lovers are commonly 
least regarded, the plaine meaning man most scorned of wndiscreet 
maidens, so came it to passe by Brewen. 


Auch in Soliman ist der einfluss des euphuistischen stils 
unverkennbar, allerdings mehr in einzelnen vergleichen, z. b.: 


Solim. 296 the fairest-shap’d, but foulest-minded man 
Solim. 286 Thou Aristippus-like didst flatter him? 
Solim. 300 — — — Perseda, whom my heart 

No more can fly than iron can adamant’ 
Solim. 297. As in the Spider good things turn to poison.* 


In einer anmerkung zur Sp. Tr. (Dodsley-Hazlitt V, 36) ist 
eine entlehnung aus Watson’s sonettsammlung Ecatompathia 
(1582) nachgewiesen. Unbeachtet geblieben aber ist, dass auch in 
einer stelle von Solim. eine nachahmung desselben dichters vorliegt: 


Solim. 333 Fair looks (lies: locks), resembling Phoebus’ radiant beams ; 
Smooth forehead, like the table of high Fove ; 
Small pencil d eyebrows, like two glorious rain-bows ; 
Quick lampiike eyes, like heavens two brightest orbs ; 
Lips of pure coral, breathing ambrosy ; 
Cheeks, where the rose and lily are in combat, 
Neck, whiter than the snowy Apenines, 


Man vergleiche die folgendenverse aus einem sonett vonWatson:° 

Euph. a. a.o. s. 87 .. at the firste the Oxe weildeth not the yoke, nor the 
Colte the snaffle, nor the louer good counselle, yet time causeth the one to bende his 
necke, the other to open his mouth, and shoulde enforce the thirde to yeelde his ryght 
to reason. 

1 Vgl. Landmann, Einl. zu Euphues s. XVI: .. Lyly’s habit of making a 
statement and then contradicting it in a sentence beginning with Ay, but. 

2 Vgl. Euphues (Landmann s. 11): the flattery of Aristippus. 

8 Vgl. Euphues a. a. 0. s. 41: As the Adamant draweth the heauy yron 





— — so beauty allureth the chast minde to loue. 

4 Vgl. Euphues a. a. 0. s. 73: Zs not poyson taken out of the Honny-suckle 
by the Spider? 

5 Leider kann ich, da mir in Kiel eine ausgabe von Watson’s Ecatompathia nicht 
zugänglich ist, nur nach einem abdruck in Dodsley-Hazlitt IX, 114 anm. citiren. 


Der verfasser von Soliman and Perseda 


two 
cn 
mn 


Her yellow locks exceed the beaten gold 
Her sparkling eyes in heav’n a place deserve, 
Her forehead high and fair of comely mould; 


On either cheek a rose and lily lies 


Her lips more red than any coral stone 
Her neck more white than aged swans that moan. 

Nun dürfen freilich auch die verschiedenheiten der 
beiden dramen nicht übersehen werden: die ungeschicktere, 
rohere composition, der geschmacklosere, weniger gefeilte, weniger 
rhetorisch zugespitzte stil, die weniger geschickte, aber oft frischere, 
mehr natürliche, mehr humoristische darstellungsweise, der unbe- 
holfenere, weniger regelmässige, reimlosere versbau ! in Soliman 
und Perseda. Auch ist zu beachten, dass in Soliman von einem 
einfluss der Seneca-tragödie nichts zu spüren, während in der 
Sp. Tr. derselbe ziemlich stark ist. 

Auch in der charakterzeichnung, die im allgemeinen wohl 
in beiden stücken ziemlich gleich unvollkommen ist, lassen sich 
vielleicht verschiedenheiten entdecken. In Solim. scheinen die 
personen weniger sicher und consequent gezeichnet zu sein, als 
in der Sp. Tr. Die züge von edelmuth und tückischer grausam- 
keit im charakter Soliman’s sind nicht recht vereinbar. Den ritter- 
lichen, edlen Erastus in einer scene als falschen spieler erscheinen 
zu lassen, verräth eine bedenklich niedrige moralische anschau- 
ungsweise. Eher begreiflich ist die mischung von spitzbübischer 
verschmitztheit und hündischer treue in der figur seines dieners 
Piston, dessen spässe frischer sind als der galgenhumor des Pedrin- 
gano in der Sp. Tr. Ziemlich roh, aber doch nicht ganz uninteressant 
gezeichnet ist auch der Bramarbas Basilisco, einer der in dramen 
jener zeit so beliebten geistigen nachkommen des alten Miles 
gloriosus’, und gewissermassen ein unvollkommenes vorbild von 
Shakespeare’s Don Adriano de Armado; Basilisco ist aber ein 
geborener Deutscher, der die ganze welt sein vaterland nennt, 
und mit lateinischer gelehrsamkeit ebenso renommirt wie mit waffen- 
thaten. In der Sp. Tr. fehlt eine ähnliche burleske figur. Perseda 
macht als tragische heldin einen sympathischeren eindruck als 
Bell’ Imperia in der Sp. Tr. 


1 Zum theil mögen die unvollkommenheiten in stil und versbau auf rech- 
nung der schlechten überlieferung zu setzen sein. 


256 G. Sarrazin 

Aber alle diese differenzen sprechen durchaus nicht gegen 
einen verfasser; sie lassen sich mit der annahme erklären, dass 
wir in Soliman und Perseda eine jugendarbeit des dichters haben, 
zu einer zeit verfasst, wo ihm die tragödien Seneca’s (von denen 
“eine englische gesammtübersetzung erst im jahre 1581 erschien) 
noch nicht genauer bekannt geworden waren. 


Wäre Solim. nicht von Kyd verfasst, hätten wirklich zu der- 
selben zeit (mitte der 80 er jahre) zwei dramatische dichter neber 
einander gelcbt, die in ihrer composition und darstellungsweise, sowie 
ihrer diction so auffallend übereinstimmten, die beide den euphui- 
stischen stil und Watson’s sonettenstil nachahmten, von denen 
der eine den anderen copirte — so könnte doch höchstens Kyd 
der nachalımer gewesen sein. Denn die anspielung in der Sp. Tr. 
lässt doch schon die existenz des drama’s von Solim. und Pers. 
voraus setzen. Dass aber Kyd in seinem besten drama sich ein 
so ungeschicktes, unreifes stück eines anderen dichters zum musteı 
genommen haben sollte, ist doch im höchsten grade unwahrschein- 
lich; noch unwahrscheinlicher, dass er es dann als ein werk seines 
helden Jeronimo ausgegeben hätte. 


Wir werden also mit grosser wahrscheinlichkeit annehmen 
dürfen, dass Solim. von Kyd selbst und zwar als ein erstlingswerk 
verfasst ist. Jugendlich ist daran die unreife, aber auch der keckere 
humor, die frische und anmuth einzelner stellen,! die vorliebe für 
erotische scenen, die lüsterne schilderung weiblicher schönheiten 
(s. 339), das prunken mit classisch-mythologischer, fremdsprachlicher 


! Namentlich jenes hübsche, fast eines Shakespeare würdige liebesgeständniss 
(Dodsley-Hazlitt V, 259): 


My love hath lasted from mine infancy, 

And still increased, as I grew myself. 

When did Perseda pastime in the streets, 

But her Erastus over-ey'd her sport: 

When didst thou, with thy sampler in the sun, 
Sit sewing with thy pheers, but I was by, 
Varking thy lilv hand’s dexterity ; 

Comparing it to twenty gracious things? 

When didst thou sing a note that I could hear, 
But I have fram’d a ditty to the tune, 
Figuring Perseda twenty kind of ways? 

When didst thou go to church on holidays, 

But I have waited on thee to and fro, 
Marking my times, as falcons watch ther fught? 


Der verfasser von Soliman and Perseda 257 


und sonstiger gelehrsamkeit. I In der Sp. Tr. sagt der alte Jeronimo 
mit beziehung auf das drama von Soliman und Perseda: 

When I was young, I gave my mind, 

And plied myself to fruitless poetry (s. 147) 
und weiter: 

When in Toledo, there I studied, 

It was my chance to write a tragedy (s. 148). 

Darf man daraus vielleicht schliessen, dass Kyd Solim. noch 
als student verfasst hat? Jedenfalls muss das sttick, wie die ent- 
lehnung aus Watson’s Ecatompathia (1582) zeigt, nach 1582 ge- 
dichtet oder überarbeitet worden sein,? höchst wahrscheinlich 
einige jahre früher als die Sp. Tr., welche um 1587—88 anzu- 
setzen ist. Kyd wird zur zeit der abfassung kaum über 30 jahre 
alt gewesen sein. 


Wir werden also annehmen dürfen, dass Thomas Kyd einige 
jahre älter als Shakespeare und Marlowe, dass er um 1555— 1560 
geboren war. 


Nun hat vor kurzem erst (in der Academy 1887, I, 346) 
Ch. Robinson die interessante entdeckung mitgetheilt, dass in 
den schülerlisten der Merchant Taylor’s School vom Oct. 1565 
‘Thomas Kydd, son of Francis scrivener als neu aufgenommener 
schüler eingetragen ist. Da der name Kydd oder Kyd (der 
dichter schrieb sich auch Kydde) nicht eben sehr häufig ist, hat 
Robinson’s vermuthung, dass dieser Thomas Kydd mit unserem 
dichter identisch ist, in der that viel für sich. Das alter würde 
recht gut passen, wenn wir annehmen, dass der neu aufgenommene 
schüler 7—10 jahr alt war. 


Der vater des dichters wäre dann also notar, und 
Thomas Kyd wäre wohl auch zu einem juristischen beruf bestimmt 
gewesen. Dazu scheint zu stimmen, dass sowohl in der Sp. Tr. 
wie in Solim. ausdrücke und wendungen vorkommen, welche einige 


1 Sogar die Apenninen (a. a. o. s. 334), der berg Aetna (a. a. o. s. 371), 
die parallelen linien, die sich nicht schneiden (a. a. 0. 335), das brennglas (a. a. o. 
261), werden zu vergleichen herangezogen. 

2 Leider ist die quelle von Solim. noch unbekannt. In Baker’s Biogr. 
Dram. I, 286 ist darüber gesagt: “Zhe plot of this tragedy is in great measure 
borrowed from the first novel in a very scarce book entitled: A courtlie Controversie 
of Cupid’s Cautels — — Translated out of French by H. W. London 1578’. Ich 
habe im Brit. Museum in London nach dem werk geforscht, aber vergeblich. 


E. Kölbing, Englische studien. XV, 2. 17 


258 G. Sarrazin 


juristische bildung und sachkenntniss verrathen, 1 dass Jeronimo, 
der held der Sp. Tr. als rechtsgelehrter geschildert wird, 2 dass 
mit einer gewissen vorliebe, wie es scheint, in der Sp. Tr. und 
in Solim. gerichtsverhandlungen dargestellt werden. 

In Nash’s vorrede zu Greene’s Menaphon heisst es von ge- 
sellen, wie der verfasser des Urhamlet (den ich Anglia N. F. I, 
125 ff. mit Thomas Kyd zu identificiren unternommen habe), dass 
es eine gewöhnliche praxis bei ihnen wäre, den beruf des ‘Noverint’, 
wozu sie geboren wären, aufzugeben und sich mit poetischen 
versuchen zu beschäftigen (fo Jeave the trade of noverint, whereto 
they were born and busie themselves with the endeavors of art). 

Diese bemerkung wiirde nun ebenfalls auf Thomas Kyd 
passen. Unter ‘the trade of Noverint’ kann der beruf eines ‘recor- 
der,? aber auch der eines ‘scrivener eines notars verstanden 
werden. 

Thomas Kyd ware demnach ein Londoner kind. Und 
in der that meine ich an der darstellungsweise seiner dramen, 
an der geringen anschaulichkeit ländlicher scenen (z. b. Sp. Tr. 
46 ff., 114 ff., 154 ff.), an dem mangelnden interesse für feld 
und wald, an der vorwiegend grossstädtischen atmosphäre 4 den 
cockney zu erkennen. jedenfalls haben nicht bloss Greene’s, 
sondern auch Peele’s, Marlowe’s, Lyly’s dichtungen (von Shake- 
speare ganz zu geschweigen) mehr ländlische frische als die Thomas 
‘Kyd’s. | 

Sicher geht aus der sprache von Kyd’s dramen hervor, dass 
er eine gelehrte erziehung erhalten hat. An einer stelle von 


1 Sp. Tr. s. 125 f.: an action of battery; an ejectio firma; s. 130 my 
lease, it cost me ten pound. . 
Solim. 281 As the lawyers use their rich clients, 
When they let the poor go under forma pauperts. 
2 Sp. Tr. 125 So J tell you this, for learning and for law, 
There is not any advocate in Spain 
That can prevail, or will take half the pain, 
That he will in pursuit of equity. 
8 Vgl. The Return from Parnassus (Dodsley- Hazlitt IX, 184): ‘Master 
Recorder? Master Noverint universi per presentes”. 
4 Vgl. Solim. (a. a. 0. s. 312) ‘And thus I bear him thorough every street’. 
Solim. (a. a. 0. s. 269) ‘When did Perseda pastime in the streets 
But her Erastus over-ey’d her sport > 
Solim. (s. 283) ‘Make privy inquiry for it through the town’. 
Jeron. s. 357 “usurer’s door — brokers’ stalls — hospitals — drinking- 
schools — dicing-houses”. 


Der verfasser von Soliman and Perseda 259 


Kyd’s Jeronimo kommen studentische slang-ausdrücke 
vor.! Darf man daraus schliessen, dass Kyd eine universität be- 
sucht hat? 

Welchem beruf sich Kyd später zugewandt hat, ist eben- 
falls unbekannt und geht auch aus dem inhalt der dramen nicht 
mit sicherheit hervor. War er jurist, wie die erwähnten juristi- 
schen ausdrücke anzudeuten scheinen ?P? Auch für den beruf des 
soldaten zeigt sich ein gewisses interesse in Kyd’s dramen, zwar 
nicht in Solim., wohl aber in Jeron. und der Sp. Tr. (vgl. Anglia 
XII, p. 148). 

War er etwa eine zeitlang auch schauspieler, wie so 
viele andere dramendichter? Der schluss der Sp. Tr. setzt jeden- 
falls eine grosse vertrautheit mit bühneneinrichtungen voraus. Die 
rolle des Jeronimo scheint einem bestimmten schauspieler von 
kleiner statur auf den leib geschrieben zu sein. In Jeron. kommen 
mehrfach gleichnisse vor, die dem bühnenwesen entnommen sind. 

In Nash’s vorrede zu Greene’s Menaphon wird der dichter 
des Urhamlet zu denen gerechnet »fhat run through every art and 
thrive by none. 

Kyd scheint nicht bloss mit der französischen, sondern 
auch mit der italienischen und spanischen sprache ver- 
traut gewesen zu sein, wie aus mehrfachen fremdsprachlichen 
citaten, redewendungen und ausdrücken sowie aus der übersetzung 
von Garnier’s Cornélie hervorgeht. Eine solche kenntniss war zu 
jener zeit in England, selbst in London, noch nicht leicht zu er- 
langen. Ausserdem ist in der Sp. Tr. (s. 152) von aufführungen 
italienischer schauspieler und von denen französischer schauspieler 
in Paris die rede. Deutet dies alles nicht darauf hin, dass auch 
Kyd, wie so viele zeitgenössische dichter, sich einige zeit im 
ausland auf dem continent aufgehalten hat? 

Für musik scheint Kyd einiges verständniss und eine gewisse 
vorliebe gehabt zu haben (vgl. z. b. Jeron. 351, 373, Sp- Tr. 43, 
44, 51, 95, 129, 132, Solim. 259, 336, 349). 


1 Jeron. (a. a. 0.) s. 367: “hast thou worn gowns in the university, tossed 
logic, suckd philosophy, ate cues, drunk cees, and cannot give a letter the right 
courtier’s crest?’ Die worte ‘cues, cees’ erklärt Steevens in einer anmerkung als 
‘Terms current in the universities for different portions of bread and beer’ und gibt 
einen beleg dafür. Einen anderen finde ich in the Return from Parn. (Dodsley- 
Hazlitt IX, 196): ‘You are at Cambridge still with size cue’. \gl. Nares’ Gloss. 
edd. Halliwell-Wright s. v. cue. 


17% 


= “a 
260 'G. Sarrazin 
Die einzige sichere thatsache ~ 





















dass er im jahre 1592 in London sicl ; 
lich in bedrängten verhältnissen. In diesem jahr 
eine kleine schrift von “Th. Kydde’, betitelt: 


after the murther was committed. Imprinted at 
Be RE RT 
Paules, at the signe of the Gun. 1592. 
Die schrift ist wiederabgedruckt in Collier's Ill 
Early English Popular Literature Vol. I, London 1863. 
Der inhalt geht aus dem titel en. 


that, when there was but twoo brethren lining in the world, the 
the first man, Adam, hee provoked the one most unnaturally to 
And albeit there was none in the world to accuse Caine for so fowle 
in his oume conceit hee might have walked securely and without blame, yı 
of the iust Abel cried most shrill in the cares of the righteous God J 
and reuenge om the murderer*, 

Ob der ‘John Kid’, welcher als verleger genannt wi 
verwandter des dichters war, ist freilich nicht sicher, 
einigermassen wahrscheinlich. Die verschiedene schreibu 
namens spricht durchaus nicht dagegen; denn einerseits 
name des dichters auch als ‘Kid’ gedruckt, andererseits er 
der name des buchhändlers auch in der form 'Kydde’ 
‘Stationers’ Registers’ (repr. Arber) wird John Kyd, 
gesehen, zuerst erwähnt unter dem 18. Febr. 1584 
‘John Kydde. Receaved of him for his admission freman of 
panie III 5 IIII d tout payé’. Ende des jahres 1592 0 
1593 muss John Kyd gestorben sein; denn der letzte 
seinen namen findet sich October 1592 (a. a. o. II, 





262 Sarees — 


unverständlich, z. b. eine rede der Perseda in der ersten scene 
(a. a. 0. s. 260) wo der vers ‘J have forgot the rest, but that's 
@. effect’, von einem ungeschickten nachschreiber eingeflickt zu 
sein scheint. Die herausgeber haben sich wohl auch keine sonder- 
liche mühe mit der herstellung des textes gegeben, sonst hätte 
nicht ein vers stehen bleiben können wie auf s, 297: What love 
means, my Erastus, pray thee tell?, wo ein richtiger sinn erst 
durch den wegfall des komma’s hinter means gewonnen wird, _ 

Manche scenen im Solim. und im Jeron. mögen wie in der 
Sp. Tr. durch nachträgliche überarbeitung erweitert sein, besonders 
die burlesken. 

‘Wenn es unter diesen umständen schon schwer ist, ein bild 
von der dichterischen eigenart und persönlichkeit Thomas Kyd’s 
zu gewinnen, so ist es noch schwerer, die rolle, welche er in der 
entwicklung des englischen drama’s gespielt hat, nach gebühr zu 
würdigen. Doch glaube ich, dass sie meistens noch unterschätzt 
wird. Vom modernen standpunkt aus, oder wenn man, wie Klein 
in der Gesch. des engl. drama’s thut, die dramatiker vor Shake- 
speare nur als dunkle folie für den grossen dichter darstellt, ist 
es natürlich sehr leicht über das rohe, übertriebene, schwülstige 
in Kyd’s dramen zu spotten. Aber nicht mit den reiferen dich- 
tungen Marlowe’s, den meisterwerken Shakespeare’s dürfen Kyd’s 
dramen billigerweise verglichen werden, sondern höchstens‘ etwa 
mit den ungefähr gleichzeitigen: Tamerlan und Titus Andronicus. 
Und es ist zu berücksichtigen, dass der dramatische stil, welchen 
Marlowe und Shakespeare schon überliefert erhielten, von Kyd 
zum grössten theil erst selbständig ausgebildet werden musste, 
Zwischen Kyd’s dramen und denen seiner unmittelbaren vorgänger 
(etwa Promos und Cassandra, Appius und Virginia, Cambyses, 
Damon und Pythias, Tancred und Gismunda, Gorboduc) besteht 
ein grosser abstand, ein grösserer als etwa zwischen der Sp. Tr. 
einerseits und Tamerlan oder Titus Andr. andererseits. Kyd’s 
tragödien, obwohl von Seneca und den älteren akademischen 
dramen (besonders, wie es scheint, Tancred und Damon und Pythias) 
beeinflusst, an französische, vielleicht auch an italienische vorbilder 
sich anlehnend, bezeichnen dennoch einen grossen fortschritt in 
der englischen dramatischen dichtung. Sie sind die ersten trauer- 
spiele, in denen wirkliches dramatisches leben zu spüren ist, Sie 
bieten zuerst nicht bloss pathetische dialoge und monologe, son- 
dern auch lebendige, spannende, wildbewegte handlung, nicht 





Der verfasser von Soliman and Perseda 26 3 


nur monotone rhetorische declamation, sondern die sprache 
wahrer, wenn auch ins wahnwitzige gesteigerter leidenschaft, ‘sie 
stellen nicht bloss dramatische figuren und abstracte typen, son- 
dem zum theil wenigstens individuell und scharf charakterisirte 
personen dar. 

Auf Shakespeare hat jedenfalls Kyd mehr als irgend ein 
anderer vorgänger eingewirkt. Schon der Titus Andronicus steht 
mehr unter dem einfluss von Kyd’s Spanischer tragödie als von 
Marlowe’s Tamerlan. In fast allen jugenddramen Shakespeare’s 
lassen sich reminiscenzen an die Sp. Tr. nachweisen (Ritzenfeldt 
a. a. 0.). Wieviel in der dramatischen bearbeitung der Hamletsage 
Shakespeare seinem vorgänger verdankt, lässt sich zwar leider 
nicht feststellen, da das alte drama nicht mehr erhalten ist, aber 
doch mit einiger wahrscheinlichkeit vermuthungsweise erschliessen 
(vgl. Anglia N. F. I, 136). Sogar bis in den Macbeth reichen 
die erinnerungen an Kyd’s dramen noch hinein (Ritzenfeldt s. 74). 
In der anwendung von rhetorischen figuren wie anaphora, anti- 
these, klimax, paralleler, parisonischer satz- und versbau, sticho- 
mythie mit gleichklang, in dem wechsel von blankversen mit reim- 
paaren und quatrains schliessen sich Shakespeare’s jugenddramen 
eng an Kyd’s stil und versbau an. 


Kiel, October 1890. Gregor Sarrazin. 


Il. 
ANMERKUNGEN ZU MACAULAY’S HISTORY. ! 


VIII. 


The scanty and superficial civilisation which the 
Britons had derived from their southern masters was | 
effaced by the calamities of the fifth century. — Die 
kargliche und oberflachliche bildung, welche die Briten von ihren 
stidlichen herren gezogen hatten, ward durch die drangsale des 
5. jahrhunderts verwischt. — Les calamités du cinquiéme siécle 
effacérent bientöt la. chétive et superficielle civilisation que les 
Bretons tenaient de leurs maitres méridionaux. ” 





1 Vergl. Engl. stud. IX, p. 391. 
2 Citate ohne buchstaben beziehen sich auf Macaulay’s Geschichte, mit C. 
auf seine Critical, mit B. auf seine Biographical Essay’s, mit S. auf Speeches 





satze die civilisation der Briten; 
aufgehenden sätzen die rede, und der vorli 
antwort auf die frage des lesers: Wie erging 
Macaulay hat die passive, Peyronnet die 
Das ist nicht zufallig: dadurch dass die en 
ob mit oder ohne präposition, zum subject des 
kann, erlangt sie den hohen vorzug, dass sie überall dé 
quemer weise sich thun lässt, auch in der regel w 
(Vergl. meine »Anmerkungen zu Macaulay’s Geschich 
 bronn 1882, p. 132). Der ausdruck gewinnt ea 
kürze und kraft. Im parlamente wurde Georg St 
gegengehalten, dass »locomotives on a rail 
horses« ; er antwortet: »A mail-coach is likely to be 
at than a locomotives. Ein altphilolog bezeichnete 
brauch des passiv als »eine misshandlung der sprache«, 
wird allerdings dem Deutschen schwer fallen, den weg zu 
der die bedeutung von to shy mit der von to be sh 
verbindet. Viel leichter wird es dem Hebräer werden; 
der hebräischen sprache zeigt ja eine merkwürdige bi 
der bedeutung; der Hebräer würde vielleicht die be 
to be shied at als Hophul von to shy fühlen. Et 
haben wir im Deutschen, wenn wir sowohl sagen: »Er 
das amt« als auch: »Er wurde mit dem amte bekle 
Weil der Deutsche und Franzose nur von einer b 
zahl von verben ein passiy bilden können, so bilden sie 
gesetz der gewohnheit sehr oft auch dann kein passi 
verb ein solches zulässt, so wird überhaupt die pass 
nachlässigt oder gemieden, man zieht der passiven fe 
mit P. auf Pitt, mit L. auf Life Letters. W. = Webster, W. E 
Editors. 
































266 R. Thum 


faith is false, worship formality and religion hypocrisy«. Life of 
W. Penn, by Dixon, Ch. 10; also few in words = scanty of words. 
— I, 275: »Such a description composed of scanty and dispersed 
materials, must necessarily be very imperfect«. 

superficial. Die englische sprache hat drei subst. für 
oberfläche: superfice, das aber sehr wenig gebraucht zu werden 
scheint, surface und superficies, und zwei subst. ftir ober- 
flächlichkeit: superficiality und superficialness. L. 4, 
155: »knowledge of wide surface and small depth« (= »masses 
of half-digested heterogeneous learning«). — Wenn es in Gill’s 
Geometry heisst: »Surfaces have length and breadth only, but 
no thickness . . . surfaces are bound by lines ... a surface is 
sometimes called a superficies. Any surface perfectly flat every- 
where is called a plane surface«, so ergiebt sich hieraus, dass 
der Englander flache und oberflache nicht streng scheidet. 


Crabb sagt: »Surface is a variation of the Latin term 
superficies, and yet they have acquired this distinction that 
the former is the vulgar and the latter the scientific term: of 
course, the former has a more indefinite and general application 
than the latter. A surface is either even or uneven, Smooth or 
rough, but the mathematician always conceives of a plane super- 
ficies on which he founds his operations. They are employed 
in a figurative sense with a similar distinction: 


‘Errours like strows upon the surface flow: 
He who would search for pearls must dive below’. Dryden. 


»Ihose who have underlaken the task of reconciling man- 
kind to their present state frequently remind us that we view 
only the superficies of life. Johnson«. (Dieser satz aus Johnson 
will wenig besagen ftir den, der dessen vorliebe fur die sesqui- 
pedalia verba kennt). 

»The superficial is that which lies only at the surface; 
it is therefore by implication the same as the shallow, which 
has nothing underneath: shallow being a variation of hollow 
or empty. Hence a person may be called either superficial or 
shallow, to indicate that he has not a profundity of knowledge, 
but otherwise superficiality is applied to the exercise of the 
thinking faculty, and shallowness to its extent. Men of free 
sentiments (freigeist) are superficial thinkers, although they may 
not have understandings more shallow than others«. 


Anmerkungen zu Macaulay’s History. VIII. 267 


Ebenso unterscheidet der Engländer in Hilpert’s wörterbuch 
oberflächlich und seicht: »The oberflächliche ‘does not 
penetrate to any depth; that which is seicht, has no depth. He 
is oberflächlich, for instance, who in the acquirement of know- 
ledge does not take proper pains to dive into the subject he is 
studying, who does not go deep into it, and consequently is 
unable to give any solid instruction in it to others.. Seichtig- 
keit however is a defect of the understanding and is opposed 
to gründlichkeit.. It is always a reproach to call an under- 
standing seicht; we may however call it oberflächlich without 
intending to imply any thing contemptible«. | 

An surface grenzt area, die (boden)flache. »The surface 
of the earth consists of land and water. The arca of the land 
is about 52 millions of square miles, and that of the water about 
145 millions«, und a plain, ebene, in der sprache des gewöhn- 
lichen lebens, und a plane in der sprache der geometrie: »a 
plane figure is a surface in which if any two points are taken, 
the straight line which joins them lies wholly in that surface«. 

civilisation — ein sehr interessantes internationales wort, 
besonders bedeutsam auch für die neuphilologie. Sind die alt- 
philologen »priester im tempel der griechisch-römischen culture, 
so sind die neuphilologen »arbeiter am bau der christlich-germa- 
nischen civilisation«, und die frage, ob der mittelpunkt des unter- 
richts in der künftigen gelehrtenschule die lektüre der alten, oder 
die lektüre der modemen schriftsteller sein soll, wird sich dar- 
nach entscheiden, ob die griechisch-römische cultur oder die 
christlich-germanische civilisation sich als das höhere erweist, als 
das höhere von den leitenden kreisen erkannt und anerkannt wird. 

Civilisation ist ein noch junges wort — man sucht es 
wohl vergebens vor der mitte des vorigen jahrhunderts — und 
es ist, wie jedes neue, von den alten vorurtheilen und vorrechten 
nur ungern und mit misstrauen zugelassen worden, es hat sich 
durch allerlei verdächtigungen hindurch mühsam die aufnahme 
in den sprachschatz der modernen welt erkämpfen müssen. So 
lesen wir in dem Dictionnaire Univ. von Boiste (vom jahre 1829): 
»Notre prétendue civilisation n’est qu’une barbarie raffinée« und 
im Grimm’schen Wörterbuche unter civilisiren und civilisirung 
— civilisation hat es nicht — lesen wir die zwei citate aus 
Kant: »Wir sind in hohem grade durch kunst und wissenschaft 
cultivirt, wir sind civilisirt bis zum überlästigen zu allerlei gesell- 
































dem begriffe der civilité oder civility, und 2) 
Worterbuch in seinem ersten theile schon zu v 

Prof. Hall (Moder Engl. p. 173) schreibt: 
the substantive of both civil and civilize — 
it was not likely to suggest, except by help of 1 
was judiciously relieved of one of its meanings by y civil 
und W. E. geben unter civilisation die bemerkun; 
»The gradual departure of all deeper significatior 
civility has obliged the creation of another word 

Littré bemerkt zu dem worte; »Civilisation 
le Dictionnaire de l’Academie qu’ä partir de I’ 
(das wort findet sich aber in der ausgabe von 1: 199: 
civiliser, ou état de ce qui est civilisé) et n'a été 
ployé que par les écrivains modernes quand la pe 
s'est fixée sur le développement de l’histoiree. _ 
bedeutungen: »1) Action de civiliser, &tat de ce 
c'est-d-dire: ensemble des opinions et des moeurs 
action réciproque des arts industriels, de la re a 
arts et des sciences, 2) Dans l’&cole de Fourier 
signifie la période particulitre de la vie sociale ot sc 
ment les nations européennes«. Die Fourier’sche fa: 
bar die richtige; denn die thatsachen schaffen den 
den begriff, der begriff schafft sich sein wort. Also 
fehlt, fehlt der begriff; wo der begriff fehlt, fehlen 
den thatsachen; d. h. vor dem entstehen des wortes 
fehlten die thatsachen, die dem begriff civilisatio: 
Die entstehung des wortes bezeichnet also einen 
wickelungspunkt in der culturgeschichte. 

Lucas gibt unter civility: »Die civilisation, ¢ 
gebräuchlich)«. Hoppe im Suppl. lex. bemerkt bei, 
der bedeutung eivilisation, kultur, bei Lucas ist ı 
gebräuchlich, sondern archaistisch zu setzeı 





270 | R. Thum 


der bedeutung des wortes bei dem schriftsteller, welcher civi- 
lisation nicht gebraucht. Man vergleiche z. b. was Lafaye über 
la civilité sagt, mit dem was Montesquieu, Espr. 19, 16 schreibt: 
»La politesse flatte les vices des autres et la civilité nous em- 
péche de mettre les nötres au jour; c’est une barriere que les 
hommes mettent entre eux pour s’empäöcher de se corrompre«. 

- Es wäre also zu wünschen, dass man von jedem bedeuten- 
deren schriftsteller der zweiten hälfte des 18. jahrhunderts wüsste, 
ob er schon das wort civilisation sich angeeignet hat, und man 
hätte wohl erwarten dürfen, dass das grosse wörterbuch von 
Murray auf diese frage eine mehr genügende antwort gegeben 
hätte. Uns interessiren zunächst die drei grossen geschichts- 
schreiber jener zeit. Was ich in betreff dieser zur beantwortung 
obiger frage beitragen könnte, wäre dieses: David Hume, dessen 
Geschichte der Stuart’s 1754—56, Geschichte der Tudor’s 1759 
chapt. I—23 im jahre 1761 erschienen sind, gebraucht noch 
civility im sinne von civilisation. Cap. 44 bezeichnet er das, 
was Macaulay an unserer stelle civilisation nennt, mit civility: 
»By all this imprudent conduct of England, the natives of its 
dependent state (d. i. the Irish) remained still in that abject 
condition into which the northern and western parts of Europe 
were sunk before they received civility and slavery from the re- 
fined policy and irresistible bravery of Rome«. Ebenso cap. I: 
»The Roman empire which had diffused slavery and oppression, 
together with peace and civility over so considerable part of the 
globe«. W. Robertson in seiner History of Scotland (erschienen 
1759) drückt das, was Macaulay an unserer stelle civilisation 
nennt, mit diesen worten aus: »Their (the Romans) long resi- 
dence in the island had polished, in some degree, the rude in- 
habitants, and the Britons were indebted to their intercourse with 
the Romans for the art of writing and the use of numbers«. In 
seiner Geschichte Karl’s V. (erschienen 1769) schreibt er: »The 
progress of science and the cultivation of literature had consi- 
derable effect in changing the manners of the European nations 
and introducing that civility and refinement by which they are 
now distinguished«. In seinem letzten werke aber, Disquisition 
on Ancient India (erschienen 1791) gebraucht er civilisation: 
Appendix V: »The attainments of the Indians in science furnish 
an additional proof of their early civilisation«. Edw. Gibbon ge- 
braucht civilisation, z. b. Decline and Fall, ch. 9: »Although the 


Anmerkungen zu Macaulay’s History. VIII. 271 


progress of civilisation has undoubtedly contributed to assuage 
the. fiercer passions of human nature, it seems to have been less 
favourable to the virtue of chastity«. 

Wo, in welchem lande ist das wort civilisation zuerst 
erschienen? Deutschland kommt wohl nicht in frage: Bailay- 
Fahrenkriger (1810) gibt zu dem englischen worte civilisation: 
»die verfeinerung; verwandlung in einen civilprozess«. Die wahl 
steht wohl zwischen England und Frankreich. Murray gibt aus 
dem anfange des vorigen jahrhunderts mehrere stellen, in denen 
civilisation als juristischer terminus sich findet: »A law, act of 
justice, or judgment which renders a criminal process civil«. 
Littré gibt auch als erste bedeutung vom verb civiliser: »Autre 
fois rendre civil une matiére criminelle. Civiliser un procés. 
Civiliser une matiére criminelle«, aber er gibt nicht das subst. 
civilisation in dieser bedeutung. Es ist also wohl anzunehmen, 
dass das wort civilisation an sich auf englischem boden zuerst 
entstanden ist, aber ob ein englischer oder ein französischer 
schriftsteller zuerst das wort in unserm sinne gebraucht hat, da- 
rüber habe ich vergebens auskunft gesucht. Ein wesentliches 
stück der civilisation ist die öffentliche meinung, public opinion, 
opinion; von diesem worte weist Lothar Bucher (Deutsche revue, 
1887, April) nach, dass es besonders durch minister Necker zu 
seiner bedeutung gelangt und von Frankreich nach England im- 
portirt worden ist. Auch bei diesem worte zeigt sich, dass mit 
der thatsache der begriff, mit dem begriff das wort entsteht. 
Denn public “opinion (ohne artikel), l’opinion (mit artikel, ohne 
publique) hat sich in England wie in Frankreich erst in der 
zweiten hälfte des vorigen jahrhunderts bilden können, ist in 
Deutschland erst seit anfang dieses jahrhunderts im entstehen 
begriffen; die voraussetzung derselben ist die freie presse. Bei 
uns ist die öffentliche meinung für viele noch eine sehr ver- 
dächtige sache, aber Macaulay, der doch nach deutscher partei- 
benennung zu den conservativen zu rechnen ist, spricht C. I, 71: 
»I know only two ways in which societies can permanently be 
governed, by public opinion and by the sword«. Die public 
opinion ist keineswegs die hin- und herschwankende aura popu- 
laris der Römer, sondern »meistentheils ist sie etwas festeres und 
unabhängigeres, der concentrirte ausdruck des zu einer bestimmten 
zeit im ganzen volke lebenden geistes und willens .... Diese 
unberechenbare macht des volkslebens in ihrer richtung zu er- 
































Civilation haben W. E. 
(perhaps corrupted from civilisation) : Intoxicati 
Suppl. gibt aus Dictionary of Phrase and 
Brewer: »A Cork orator (also ein Irländer) at a de 
was speaking on the state of Ireland before it 
land, and said: ‘Sir, the Irish had no civil 
mean — no civilation’ and sat down, too far go 
the word civilisation«. Hoppe bemerkt hierzu: 
aus solch einem vereinzelten vorkommniss sich 
meiner gebrauch entwickeln konnte«. Mir n 
von dem ursprunge des wortes sehr glaubwürdig; 
form entspringt zunächst aus einem einzelnen voı 
das wort empfahl sich in zweifacher hinsicht: 1) | 
antithese: civilisation und betrunkenheit; 2) das 
von den Engländern aufgenommen als ein weiteres 
langen liste irischer sonderlichkeiten. — Murray h 
nicht aufgenommen, — — = 
Wenden wir uns jetzt von dem stoffe des a 
seinen lauten oder lettern, zu dem geiste de 
seiner bedeutung. Hier ist zunächst darauf hina 
mutter desselben, die civility, viel edlerer art ist 
höflichkeit: »If civility be not a splendid 
least the recommendation of being genuine and hi 
nothing artificial in it: it admits of no gloss, \ 
deceive; it is the true exposition of good will, the 
of respect in inferiours, of condescension in 
humanity and kindness in equals« dagegen hd: 
politeness, »hence it is possible to be polite in fi 
being civil, or anything else that is good«, sagt 
Civil, Polite. 
Unter: »Cultivation, culture, civilisation, refineme 
er: »Cultivation is with more propriety applied 
that grows, culture to that in which it grows. The ew 
of flowers will not repay the labour unless the so 





Anmerkungen zu Macaulay’s History. VIII. 273 


by proper culture. In the same manner when speaking figura- | 
tively, we say the cultivation of any art or science... but the 
mind requires culture previously to this particular exertion of 
the powers... civilisation is the first stage of cultivation; 
refinement is the last; we civilize savages by divesting them 
of their rudiness and giving them a knowledge of such arts as 
are requisite for civil society; we cultivate people in general 
by calling forth their powers into action and independent exer-. 
tion; we refine them by the introduction of liberal arts. The 
introduction of Christianity has been the best means of civilizing 
the rudest nations. The cultivation of the mind in serious 
pursuits tends to refine the sentiments without debilitating the 
character, but the cultivation of the liberal arts may be pursued | 
to a vicious extent, so as to introduce an excessive refinement 
of feeling that is incompatible with real manliness... Culti- 
vation is applied either to persons or things; civilisation is_ 
applied to men collectively, refinement to men individually; — 
we may cultivate the mind or any of its operations; we civilize 
nations; we refine the mind or the manners«. 

Hatte Crabb seine »Synonymes« ein menschenalter später . 
geschrieben, so würde er wohl die natur der civilisation, ihren . 
weg und ihr ziel noch schärfer erkannt, und über sie sich etwas 
anders ausgesprochen haben, aber immer bleibt seine grossartige 
belesenheit und vor allem sein feines sprachgefühl und die 
klarheit und schärfe seiner unterscheidungen bewundernswerth, 
und unerklärlich ist mir, wie Joh. Storm in seinem hochverdienst- | 
lichen buche (p. 164) über Crabb’s Synonymes ein weniger gün- | 
stiges urtheil aussprechen konnte. Man vergl. 1, 64: »In mental 
cultivation (d. h. in der pflege der wissenschaften) Scotland had 
an indisputable superiority« und 2, 288: »They (the Jesuits) 
appear to have discovered the precise point to which intellectual | 
culture (d. h. bearbeitung, ausbildung der geisteskraft) can be | 
carried without risk of intellectual emancipation«. Für das deutsche 
wort kultur, insofern es eine höhere art der civilisation be- 
zeichnen soll, wäre nicht culture oder cultivation, sondern 
refinement das entsprechende wort. Allerdings schreibt Mc. 
Carthy (A History of our own times 1, 82): »Down to our. 
own time there are men and women among the social democrats — 
of cultured Germany who still cherish the hope that their idol — 


Ferdinand Lasalle will come back from the dead to lead and. 
E. Kölbing, Englische studien. XV, 2. 18 


274 R. Thum 


guide them«, aber Mc. Carthy’s styl zeigt ja vielfach die ein- 
wirkung seiner lectiire deutscher (oder auch Carlyle’scher) schriften. 

Anders verhält es sich mit dem französischen culture; 
nach Lafaye scheint das verhältniss von la culture und la 
civilisation das der ursache und wirkung zu sein: »Un peuple 
est civilisé, quand il s’est élevé plus ou moins haut audessus 
de la condition animale par ses lumieres, ses institutions, ses arts, 
son industrie, son commerce, ses moeurs, sa religion, quand il 
s’est pour ainsi dire amelioré sous tous les rapports par la 
culture<, 

Das entscheidende in Crabb’s definition ist: »Civilisation is 
applied to men collectively, refinement to men individually«. Bei 
dem worte civilisation denkt man an ein volk, nicht an einzelne 
indiviäuen; der begriff volk ist voraussetzung des begriffs civili- 
sation. Guizot beginnt seine sechste vorlesung (Hist. de la Civ.) 
mit diesen worten: »J’ai essayé de déterminer le caractére essen- 
tiel et distinctif de la société moderne comparée a la société 
européenne primitive ; j’ai cru le connaitre dans ce fait que tous les 
elements de l’etat social, d’abord nombreux et divers, se sont 
reduits 4 deux, le gouvernement d’une part, le peuple de l’autre. 
Au lieu de rencontrer comme forces dominantes, comme premiers 
acteurs de l’histoire, la noblesse féodale, le clergé, des rois, des 
bourgeois, des colons, des serfs, nous ne trouvons plus dans 
l’Europe moderne que deux grandes figures qui occupent seules 
la scéne historique, le gouvernement et le pays«. Ohne volk 
keine civilisation; daher gibt es keine altgriechische und keine 
römische civilisation. Wir übersetzen zwar demos und populus 
mit dem worte volk; aber dies ist eine der vielen unwahrheiten 
oder täuschungen, die sich durch den griechisch -lateinischen 
unterricht hindurchzichen und mit denen die sogenannten »classisch 
gebildeten« sich einander betrügen; z. b. schreibt prof. Vischer 
(»Altes und neues« Neue folge 1889 seite 270): »Das war das 
volk der schönheit, welches hier (in Athen) atlımete, das volk, 
welches in ewig mustergültigen formen der menschheit gezeigt 
hat, was schön ist, das volk, ohne das die Römer und — wir 
barbaren geblieben wären ... ein volk von philosophen und 
künstlern.« Und derselbe mann schreibt in demselben aufsatze 
s. 280: »So viel über das kapitel der ehrlichkeit (Graeca fides). 
Nicht der letzte grund des untergangs Altgriechenlands war die 
wollust, dic entnervung, die sie zur folge hatte. Wie tief sie in 


Anmerkungen zu Macaulay’s History. VIII. 275 


das eigentliche volk drang, ist nicht zu ersehen; es blieb 
doch wohl reiner als wir meinen. In christlicher zeit wird die 
griechische kirche — so wenig sie auch in Byzanz gegen die be- 
kannten laster, namentlich das unnatürlichste von allen, vermochte 
-~ doch in Hellas zügel angelegt haben«. Also zwei völker in 
Athen: das entnervte mustervolk der schönheit und das eigent- 
liche volk, d. h. das volk der sklaven. Diese zwei völker ver- 
neinen sich gegenseitig, sie verhalten sich wie ein negatives und 
ein positives eins, deren summe bekanntlich —= 0 ist. 

Aber Macaulay, wie die vorliegende stelle zeigt, weiss von 
einer griechisch-römischen civilisation. Er kennt überhaupt zwei 
civilisationen, oder auch zwei zeitalter der civilisation. C. 4, 48: 
The history of that Church (der römisch-katholischen) joins to- 
gether the two great ages of human (seltsames adjectiv!) civili- 
sation. No other institution is left standing which carries back 
to the times when the smoke of sacrifice rose from the Pantheon, 
and when camelopards and tigers bounded in the Flavian amphi- 
theatre«. 

L. 3, 49: »The immense antiquity of the Papal dignity, 
linking together the two great ages of human civilisation«.. Und 
die stilistisch schöne stelle ı, 8: »The Church has many times 
been compared by divines to the ark of which we read in the 
Book of Genesis, but never was the resemblance more perfect 
than during that evil time when she alone rode, amidst darkness 
and tempest, on the deluge beneath which all the works of an- 
cient power and wisdom lay entombed, bearing within her that 
feeble germ from which a second and more glorious civilisation 
was to spring«. 

Also Macaulay kennt zwei civilisationen, die griechisch- 
römische und die christlich-germanische. Dagegen schreibt Michel 
Chevalier (Lettres sur ’Amerique du Nord): »Indépendamment de 
notre civilisation, il en existe sur la terre une autre qui embrasse 
des populations non moins nombreuses. C’est celle de l’Orient 
le plus reculé, celle dont les avant-postes sont au Japon, et le 
corps d’armée en Chine... La civilisation de l’Orient moins 
mobile et moins active que celle de ’Occident ne s’est pas élevé 
au méme dégré de perfection que sa soeur. Il faut cependant 
lui rendre cette justice d’avouer qu’ a elle appartient la gloire 
de beaucoup d’inventions capitales, telles que la boussole, l’im- 


primerie, la poudre a canon dont nous nous faisons l’'honneur. 
18" 


2 7 6 R. Thum 


Il faut surtout reconnaitre qu’elle a résolu le probléme de main- 
tenir sous une seule loi pendant une suite infinie de siécles une 
population plus considérable que celle de l’Europe. L’empire 
romain qui était moins peuplé que la Chine n’a subsisté dans 
son intégrité que trois cents ans. L’autorité purement spirituelle 
des papes s’est étendue sur un moindre espace que celui de 
empire romain et elle n’a été positivement reconnue que depuis 
Charlemagne jusqu’a Luther ... La mise en rapport des deux 
civilisations, occidentale et orientale, est sans contredit le plus large 
sujet dont l’esprit humain puisse s’occuper; c’est l’&v&nement qui, 
aux yeux d’un ami de l’humanite est le plus gros d’espérances ... 
De nos jours, cette question cesse d’étre purement spéculative. 
Desormais, c’est plus qu’une päture pour les röves des philosophes; 
ce doit étre un sujet de meditation pour les hommes d’Etat«. 
Was immer einer von der orientalischen civilisation halten 
mag, jedenfalls ist es beschranktheit, wenn er bei dem studium 
der geschichte der menschheit nicht über den orbis terrarum 
antiquus hinausblickt, wenn er die bewohner des reiches der mitte, 
d. h. 1/4 aller erdenbewohner von seiner betrachtung ausschliesst, 
und die thatsache, dass ein reich von mehreren hundert millionen 
einen mehr als tausendjahrigen frieden geniesst, verdient die 
ernsteste beachtung; denn der krieg ist, wie der russische general 
Jomini sich ausdrückte, die antithese aller civilisation. Und woher 
der lange frieden dort? »Ach, fürst, höre mich gütig! Die 
tugend ist die grundlage aller guten regierung, und dies gute 
regiment besteht vorerst darin, dass man für die leute sorge trägt 
in betreff der zu ihrer erhaltung nöthigen dinge, das ist, wasser, 
feuer, metalle, holz, das erdreich oder der boden und getreide. 
Auch muss man daran denken, sie tüchtig zu machen und für 
einen nützlichen gebrauch der dinge unter ihnen sorgen. End- 
lich muss man verhüten, was ihrer gesundheit und ihrem leben 
schaden könnte. Siehe neun gegenstände, welche ein fürst im 
auge haben muss, um sich nützlich und beifallswürdig zu machen. 
— Ich billige, sagte darauf der fürst, was ihr gesagt habt« 
(Confucius im Chou-king nach Käuffer’s übersetzung). Unser 
junger kaiser hat sein »ich billige« durch eine wackere that aus- 
gesprochen — eine that, welche, neben dem sklavereicongress, 
für die kulturgeschichte vielleicht die bedeutendste dieses jahr- 
hunderts ist, wir dürfen ja hoffen, dass der ausgestreute samen 
aufgehen wird zu reichem segen für die kommenden geschlechter. 


Anmerkungen zu Macaulay’s History. VIII. 277 
Wir dürfen uns aber nicht wundern, dass Macaulay neben 
die christlich -germanische civilisation die griechisch -römische, 
und nur diese, stellt, die orientalische aber nicht zu kennen 
scheint: L. 4, 212: »His (Macaulay’s) thoughts were often for 
“weeks together more in Latium and Attica than in Middlesex; 
he knew the .careers. and the characters of the great men who 
paced the forum and declaimed in the Temple of Concord, as 
intimately as those of his own. rivals in Parliament and his own 
.colleagues in the Cabinet; to him Cicero was as real as Pitt, 
and Curio as Stanley; he was familiar with his Lucian and his 
Augustan Histories as other men of letters are with their Voltaire 
and their Pepys; he cried over Homer with emotion and over 
Aristophanes with laughter, and could not read the De Corona 
for the twentieth time without striking his clinched fist at least 
once a minute on the arm of his easy chair«. 

Es ‚lässt sich wohl nicht verkennen, dass das stete lesen 
lateinischer und griechischer schriftsteller nicht blos Macaulay’s 
styl, sondern auch sein denken beeinflusst hat. Er spricht wieder- 
holt von ‘den »great works of ancient power and. wisdom«, »the 
traces of ancient power and policy«; im nächsten abschnitt sagt 
er, dass die ancient civilisation, wenn auch slowly fading away, 
sich noch im 6. und 7. jahrhundert im oströmischen reiche zeigte, 
»where the court still exhibited the splendour of Diocletian and 
Constantine, where the public buildings. were still adorned with 
the sculptures of Polycletus and the paintings of Apelles« und 
seite 9: »The dome of Agrippa, still glittering with bronze, the 
mausoleum of Adrian, not yet deprived of its columns and statues, 
the Flavian amphitheatre, not yet degraded into a quarry, told to 
the pilgrim of Northumberland the story of that great civilized 
world which had passed away«. Seltsame civilisation! der riesige 
.palast des Diocletian, das Coliseum u. s. w., was erzählen diese 
bauwerke anderes als die pyramiden Egypten’s, als die geschichte 
der furchtbaren unterdrückung, des ungeheuren elendes der massen ? 
‚Das ist: nach moderner anschauung nicht civilisation, sondern 
-barbarei. Und in welch unheimlichem »glanze« strahlt der hof 
‚Constantin’s, wenn wir lesen: (Gibbon, Fall, C. 14): »The horrid 
practice, so familiar to the ancients, of exposing or murdering 
their new born infants, was become every day more frequent in 
the provinces, and especially in Italy. It was the effect of dis- 
tress, and the distress was principally occasioned by the into- 


278 R. Thum 


lerable burden of taxes and by the vexatious as well as cruel pro- 
secutions of the officers of the revenue against their insolvent 
debtors. The less opulent or less industrious part of mankind, 
instead of rejoicing in an increase of family, deemed it an act 
of paternal tenderness to release their children from the impen- 
ding miseries of life which they themselves were unable to support. 
The humanity of Constantine, moved, perhaps,! by some recent 
and extraordinary instances of despair, engaged him to address 
an edict to all the cities of Italy, and afterward, of Africa, direc- 
ting immediate and sufficient relief to be given to those parents 
who should produce before the magistrates the children whom 
their own poverty would not allow them to educate. But the 
promise was too liberal, and the provision too vague to effect 
any general or permanent benefit«. Welch eine schauerliche illu- 
stration zu dem »splendour« Constantin’s! Das aussetzen der 
kinder, von jeher schon häufig, wird noch häufiger durch die 
allgemeine noth, die besonders durch die schweren abgaben und 
durch deren grausame eintreibung hervorgerufen wurde; der kaiser 
erlässt eine verordnung, dass die behörden für die erziehung der 
armen kinder sorgen sollen, aber der staat oder die gemeinde 
ist zu arm, um dem kaiserlichen befehle nachkommen zu können, 
und das kinderaussetzen nimmt ungestört seinen fortgang. 

Aber — hält man vielleicht entgegen — du vergisst die 
»sculptures of Polycletus and the paintings of Apelles«. Aber 
wir reden hier von der civilisation; die civilisation ist für alle, 
die kunst und die belles-lettres nur für eine sehr geringe minder- 
heit. Übrigens schliesst Macaulay selbst die kunst von der civi- 
lisation aus, wenn er I, 47 sagt, dass die römische kirche in den 
letzten drei jahrhunderten dem -fortschritte der civilisation ent- 
gegengearbeitet habe; denn das lässt sich doch nicht von der 
kunst sagen. Die geschichte lehrt nur zu oft, dass pflege der 
kunst in den bevorzugten kreisen der gesellschaft zusammengeht 
mit dem intellectuellen und materiellen elend der massen. »L’art 
ne pousse trop souvent que sur une tige pourrie, sagt Labou- 
laye« (Paris en Amérique). Jedermann weiss z. b., wie zu gleicher 
zeit das römische volk in elendester verkommenheit und der römische 
hof im vollgenuss der kunst und der klassischen bildung lebte: 
»Their (die umgebung Leo des zehnten) years glided by in a 


1 Der hass Gibbon’s gegen das christenthum streift oft an’s lacherliche. 


Anmerkungen zu Macaulay’s History. VIII. 279 


soft dream of sensual and intellectual voluptuousness. Choice 
cookery, delicious wines, lovely women, hounds, falcons, horses, 
newly-discovered manuscripts of the classics, sonnets and burles- 
que romances in the sweetest Tuscan, just as licencious as a fine 
sense of the graceful would permit, plate from the hand of Ben- 
venuto, designs for palaces by Michael Angelo, frescoes by Raphael, 
busts, mosaics, and gems dug up from among the ruins of ancient 
temples and villas, these things were the delight and even the 
serious business of their lives. Letters and the fine arts undoub- 
tedly ow@ much to this not inelegant sloth«. C. 4, 119: »Die 
hebung von wissenschaft [weniger der ernsten wissenschaft, als 
der belles lettres — erlauben wir uns zu bemerken] und kunst 
durch den staat ist nur zu oft eine himmelschreiende ungerech- 
tigkeit gegen die nation gewesen. Vom ertrage des saueren 
schweisses der arbeitenden klassen des volkes hat der staat den 
hochherzigen mäcen gespielt«. Rothe, Ethik p. 779. Und selbst 
unser Goethe, obgleich er an die »von gott eingesetzte aristo- 
kratie« im gegensatz zum »einreich Christi« glaubt, hat doch 
manchmal eine regung menschlichen gefühls, z. b. wo er ausruft: 
»Hier will das drama gar nicht fort. Es ist verflucht, der könig von 
Tauris soll reden, als wenn kein strumpfwirker in Apolda hungerte« 
oder »Die verdammnis, dass wir des landes mark verzehren, lässt 
keinen segen der behaglichkeit griinen«. Luther und Leo X., das ist 
civilisation und griechisch-römische cultur oder classische bildung, 
und dieser gegensatz ist zu allen zeiten in der christlichen welt 
dagewesen. 

Es liegt uns aber fern, Macaulay des mangels an mensch- 
lichem mitgefühl beschuldigen zu wollen; wir wissen im gegen- 
theil aus Life and Letters, dass er sehr weichen herzens war, 
aber den vorwurf kann man ihm nicht ersparen, dass er über den 
schriftwerken Altgriechenlands (c. 4, 106: »the most perfect of 
human compositions«?) das volk Athens, »das eigentliche« ver- 
gessen habe. Das zeigt recht treffend die stelle c. I, 395, wo er 
Johnson vorwirft: »Of remote countries and past times he talked 

1 Ähnlich schildert Guizot jene gesellschaft »Les Grecs fugitifs apportent 
en Italie une nouvelle connaissance de l’antiquite, de nombreux manuscrits .... 
la haute Eglise se livrait avec orgueil & tous les plaisirs d’une civilisation molle, 
oisive, Elegante, licencieuse, au goüt des lettres, des arts, des jouissances sociales 
et materielles«. ° Hist. de Civ. L. 9. 


2 Dagegen 2, 299: „The English literature may boast of works not inferior 
to the noblest which Greece has bequeathed to us“. 


280 R. Thum 


with wild and ignorant presumption’, und zum beweise das wort 
Johnson’s anfiihrt: »The Athenians of the age of Demosthenes 
were a people of brutes, a barbarous people ... the mass of every 
people must be barbarous where there is no printing«. Dem 
halt Marculay entgegen: »An Athenian citizen might possess very 
few volumes... but might pass every morning in conversation 
“with Socrates', and might hear Pericles speak four or five times 
every month... he was a legislator, conversant with high ques- 
tions of alliance, revenue and war...he was a judge etc. etc. 
Johnson spricht von dem volke, von der masse des volkes, und 
Macaulay kennt nur die gentlemen von Athen. | 

| Es ist bezeichnend, dass Macaulay, wenn er in Athen oder 
dem alten Rom mit seinen gedanken weilt, ein kalter aristo- 
krat ist, der von dem volke, der menge, nichts weiss, dass er aber 
ein warmes herz fürs volk zeigt, sobald er in die christlich ger- 
manische zeit tritt: I, 45: »Of the blessings which civilisation 
and philosophy” bring with them a large proportion is common 
to all ranks, and would, if withdrawn, be missed as painfully by 
_the labourer as by the peer... Still more important is the benefit 
‘which all orders of society, and especially the lower orders, have 
‘derived from the mollifying influence of civilisation on the national 
‚character... The more we study the annals of the past, the 
more shall we rejoice that we live in a merciful age, in an 
age in which cruelty is abhorred, and in which pain, even when 
deserved, is inflicted reluctantly and from a sense of duty. Every 
class doubtless has gained largely by this great moral change, 
but the class which has gained most is the poorest, the most 
dependent, the most defenceless«. Nun, diese »blessings of 
civilisation«, diese »grcat moral change« sind nicht geworden 


1 Macaulay’s verehrung der griechischen schriftwerke scheint in späteren 
jahren etwas schwächer. »I read the Protagoras at dinner. The childisch quibb- 
ling of Socrates provokes me. It is odd that such trumpery fallacies should 
have imposed on such powerful minds. Surely Protagoras reasoned in a better 
and more manly strain. Iam more and more convinced that the merit of Plato 
lies in his talent for narrative and description, in his humour, and in his exquisite 
Greek«. I, 4, 142. 

2 Das wort philosophy ist noch in dem zustande, in welchem das 
wort civility vor der geburt des wortes civilisation sich befand; es 
schliesst noch in sich die physik und die metaphysik. Auch mit la philosophie 
verhielt es sich früher so; noch Pascal bezeichnet mit philosophie auch die 
naturwissenschaften; daher mancher irrthum in den übersetzungen seiner Pensées. 


Anmerkungen zu Macaulay’s History. VIII. 281 


durch den cinfluss der griechisch-römischen kultur, sondern im 
kampfe gegen dieselbe. 

Dass Macaulay von einer griechisch-römischen civilisation 
spricht, erscheint seltsam, wenn man S. 1, ııı,liest: »It is not 
‘necessary for me in this place that I go through the arguments 
which prove beyond dispute that on the security of property 
civilisation depends, that where property is insecure, nothing can 
“prevent a nation from sinking into barbarism...the wellbeing 
of a society depends ou the institution of property«. Wenn die 
civilisation eines volkes abhängt von der einrichtung des cigen- 
thums, wie kann civilisation dort sein, wo die grosse mehrheit 
des volkes kein eigenthum hat, sondern eigenthum ist?« A freed 
man, under the reign of Augustus, though his fortune had suf- 
fered great losses in the civil war, left behind him three thou- 
sand six hundred yoke of oxen, two hundred and fifty thousand 
head of smaller cattle, and four thousand one hundred and six- 
teen slaves... The ministers of pomp and sensuality were multi- 
plied beyond the conception of modern luxury«. Gibbon, Ch. 2. 
Welch fettgedüngter boden für die grausamkeit und die wollust! 
Tacitus berichtet, dass im jahre 62 nach Christus der urbis prae- 
fectus Padanius von einem seiner sklaven ermordet worden sci, 
und »omnis familia quae sub eodem tecto mansitaverat«, vier 
hundert sklaven, ohne unterschied des alters und geschlechts, 
werden »vetere ex more« hingerichtet, nicht weil sie bei dem 
morde sich betheiligt, sondern weil sie denselben nicht verhindert 
hatten. Dies eine beispiel genügt, in betreff der grausamkeit gegen 
die sklaven; ! was aber die entnervende wollust betrifft, so genügt 
darauf hinzuweisen, dass das verhältniss von herr und sklave noch 
viel schlimmer ist, als das verhältniss von fürst und hofgesinde in 
der schlimmsten zeit war. Ich habe nur einige wochen in einem 
sklavenstaate gelebt, aber ich verstand den ernstgesinnten neger, 
als er mir sagte: Wir leiden schwer unter der sklaverei, aber viel 
schwerer leiden unter derselben unsere masters. 

Klar ist, Macaulay hat noch keinen festen, von scharfen 
linien umschriebenen begriff von civilisation, und es spricht 


1 Hässlich ist, wenn Lasalle, um den arbeitern zu beweisen, dass sie 
schlimmer dran sind als die sklaven bei den alten Römern, auf den vornehmen 
Römer: hinzeigt, der sich um die schulen seiner sklaven kümmert, und dabei ver- 
schweigt, dass dieser Römer dies nur thut, um beim verkauf einen höheren preis 
für seine sklaven zu erzielen. 


282 R. Thum 


für seine qualität als historiker, dass der begriff bei ihm noch 
im werden ist wie die thatsache; denn wir stehen erst im anfange 
der civilisation und der begriff wird sich fiillen im fortgange der 
geschichte. Auch Guizot weist eine definition zurück: »Depuis 
longtemps et dans beaucoup de pays on se sert du mot de 
civilisation: ou y attache des idées plus ou moins nettes, plus 
ou moins étendues, mais enfin on s’en sert et on se comprend. 
C’est le sens de ce mot, son sens général, humain, populaire 
qu'il faut étudier. Il y a presque toujours dans l’acception usuelle 
des termes les plus généraux, plus de verité que dans les défini- 
tions plus précisés en apparence et plus rigoureuses de la science. 
C’est le bon sens qui donne aux mots leur signification com- 
mune, et le bon sens est le génie de l’humanite. La signification 
commune se forme successivement et en présence des faits, a 
mesure qu'un fait se présente qui parait entrer dans le sens 
d’un terme connu, on |’y recoit, pour ainsi dire, naturellement; 
le sens du terme s’étend, s’élargit, et peu a peu, les divers faits, 
les diverses idées qu’en vertu de la nature des choses mémes 
les hommes doivent rallier sous ce mot, s’y rallient en effet. 
Lorsque le sens d’un mot, au contraire, est déterminé par la 
science, cette détermination, ouvrage d’un seul ou d’un petit 
nombre d’individus, a lieu sous l’empire de quelque fait particulier 
qui a frappé leur esprit. Ainsi les définitions scientifiques sont 
en général plus étroites, et, par cela seul, beaucoup moins vraies 
au fond quc le sens populaire des termes. En étudiant comme 
un fait le sens du mot civilisation, en recherchant toutes les 
idées qui y sont comprises, selon le bon sens des hommes, nous 
avancerons beaucoup plus dans la connaissance du fait lui-méme, 
que si nous tentions d’en donner nous-mémes une definition 
scientifique, parait-elle d’abord plus claire et plus précise«. 
Aber wenn auch Macaulay’s vorstellung von der civilisation 
schwankt, so hat er doch die hauptsache, den kern derselben 
bestimmt genug bezeichnet: I, 24: »During three hundred years 
the social system had been in a constant course of improvement. 
Under the first Plantagenets there had been barons able to bid 
defiance to the sovereign and peasants degraded to the level of 
the swine and oxen which they tended. The exorbitant power 
of the baron had been gradually reduced. The condition of 
the peasant had been gradually elevated... There was still, it 
may be, more inequality than is favourable to the hap- 


Anmerkungen zu Macaulay's History. VIII. 283 


piness and virtue of our species, but no man was alto- 
gether above the restraint of law, and no man was altogether 
below its protection«. 

Also Macaulay’s ansicht ist, dass die ungleichheit unter 
den menschen in dem masse abnimmt, wie die gesellschaft- 
liche ordnung fortschreitet, und dass dieses abnehmen der 
ungleichheit förderlich oder nothwendig ist für das wohlbefinden 
und die tugend der menschheit. Abnehmen der ungleichheit, 
sagen wir; denn vollkommene gleichheit ist wohl das ziel der 
fortschreitenden menschheit, wird aber nur erreicht im reiche 
der vollkommnen geister; für das diesseits ist sie physisch un- 
möglich und auch unzuträglich; es ist keine ordnung möglich ohne 
unter- und überordnung. Auch würden bei völliger gleichheit 
manche verhältnisse aufhören, aus denen der mensch die edelsten 
freuden schöpft, durch die er zur übung der tugend angeregt 
wird. Aber freilich S. ı, 315: »The inequality with which wealth 
is distributed forces itself on every body’s notice... The reasons 
which irrefragably prove this inequality to be necessary to the 
well-being of all classes are not equally obvious«. 

Eine ganz entgegengesetzte ansicht vom gange der civili- 
sation vertritt James Stephen s. 250 ff. seiner sehr interessanten 
schrift: Liberty, Equality, Fraternity: »Real substantial inequalities 
in every respect, inequalities of wealth, inequalities of talent, of 
education, of sentiments, of religious belief, and therefore ine- 
qualities of the most binding of all obligations, never were so 
great as they are at this moment. I doubt much whether the 
power of particular persons over their neighbours has ever in 
any age of the world been so well defined and so easily and 
safely exerted as it is at present ... Equality, like Liberty, appears 
to me a big word for a small thing. The enthusiasm about it in 
recent times seems to me to have been due principally to two 
circumstances: the invidious position of the French privileged 
classes before the Revolution! and the enormous development 
of wealth in the United States ... It is also a question whether 
the enormous development of equality in America, the rapid 
production of an immense multitude of commonplace, selfsatisfied, 

1 „The case of the French privileged classes (vor der revolution) was as 
gross a case of distinction without a difference, as has ever existed in the world« 
schreibt er s. 270, und es ist nicht zu leugnen, dass der adel in England eine 


andere, eine viel wirdigere rolle in den letzten jahrhunderten gespielt hat als der 
adel auf dem continent. 


284 R. Thum 


and essentially slight people is an exploit which the world need 
fall down and worship<. 

Der doppelte widerspruch in dieser rede ist offenbar: 1) mehr 
inequality als jemals, und the enormous development of equality 
in America, wo doch die von Stephen angegebenen inequalities 
in so reichem masse vorhanden sind wie in irgend einem lande 
Europa’s. 2) sollte Stephens einsehen, dass je mehr von einander 
unabhangige inequalities es in einer gesellschaft gibt, um so ge- 
ringer die inequality ist; denn jede neuentstehende inequality 
vermindert die bedeutung der schon bestehenden: die bedeutung 
cles geburtsadels vermindert sich, wenn sich neben ihm selbst- 
ständig ein amtsadel entwickelt, die bedeutung des geburts- wie 
des amtsadels vermindert sich, wenn ein geldadel zu einfluss ge- 
langt, die bedeutung der geburt, des amtes, des geldes ver- 
mindert sich in dem masse wie der bildungsadel zur anerkennung 
gelangt u. s. w. 

Das wort cquality ist ein prüfstein der geister; offenbar 
ist in den letzten 150 jahren die europäische gesellschaft am 
raschesten vorgeschritten auf dem wege zur equality. Voltaire 
steht noch vor dieser zeit, aber er erkennt schon den fortschritt: 
»Il faut encore observer que les gains du commerce ayant aug- 
menté et les appointements de toutes Jes grandes charges ayant 
diminué de valeur reelle, il s’est trouvé moins d’opulence 
qu’autrefois chez les grands ct plus dans Je moyen ordre; et 
cela méme a mis moins de distance entre les hommes. I) n’y 
avait autrefois de ressources pour les petits que de servir les 
grands, aujourd’hui l’industrie a ouvert mille chemins qu’on ne 
connaissait pas il y a cent ans«. Si¢cle de Louis XIV ch. 36. Voltaire 
erkennt schon den fortschritt, und hundert jahre später erkennt 
der mann der englischen gentry, der sonst scharfsinnige Stephen, 
die sklaverci — le mal des maux, l’iniquit@ des iniquités, wie sie 
jeder rechtschaffene mann mit Guizot nennen wird — als das 
bessere an im vergleich mit dem modernen arbeitsverhältniss:. in 
old times the slave wäre besser dran gewesen als der »modern 
servant«. Ähnliche behauptungen habe ich oft aus dem munde 
virginischer sklavenbesitzer gehört, aber es ist bedenklich, wenn 
ein englischer gentleman auf gleichem wege mit Lasalle geht. 
Übrigens sind wohl unsre sozialdemokraten so weit aufgeklärt, 
dass sie den gang de l’esclavage au servage et du servage au 
salariat als einen fortschritt erkennen. 


Anmerkungen zu Macaulay’s History. VIII. 285 


Von den ungleichheiten, welche die fortschreitende civili- 
sation mindert oder aufhebt, sind selbstverstandlich ausgenommen 
die physischen, welche aus dem unterschiede des geschlechts, 
des alters u. s. w. hervorgehen, und die sittlichen, welche aus 
dem unterschiede von trage und fleissig, verschwenderisch und 
sparsam u. S. w. entspringen, beide werden immer bleiben, aber 
wie die civilisation fortschreitet, immer mehr zu ihrer recht- 
mässigen geltung kommen, jene werden gemildert, diese ver- 
schärft werden. Für verwahrloste kinder, für die gebrechlichen, 
die geisteskranken, für alle die, welche in der griechisch-römischen 
welt recht- und hülflos waren, sorgt die gesellschaft in den Ver- 
einigten staaten in reicher weise, wahrend tiber die vomehme wie 
gemeine liederlichkeit nirgends ein so strenges gericht ergeht 
als dort. ' 

Aber unser wort gleichheit kann überhaupt leicht miss- 
verstanden werden. Wenn ein lehrer bei besprechung der stelle 
in Schiller’s Glocke »Freiheit und gleichheit hört man schallen« 
die bemerkung machen wiirde, dass das leben in einer gesell- 
schaft, in der alle einander gleich waren, langweilig sein miisse, 
so würde er mit dem worte gleichheit eine bedeutung ver- 
binden, die weder equality nach égalité hat. Equality ist nicht 
einerleiheit; equality kann bei der grössten verschiedenheit be- 
stehen. Die bäume des freien waldes sind sehr verschieden von 
einander, die birke ist sehr verschieden von der buche u. s. w., 
aber birke, buche, fichte, eiche u. s. w. geniessen alle den- 
selben sonnenschein und empfangen denselben regen. So ist im 
walde vollkommene equality bei der grössten variety. Beim über- 
setzen aus dem Englischen kommt man oft dadurch in verlegen- 
heit, dass die deutsche sprache für similarity, resemblance, likeness, 
equality nur die zwei wörter ähnlichkeit und gleichheit hat. 
Lord Mahon schreibt in seiner geschichte: »Addison and Swift 
were equal, not alike«. 4, 317: »Lovat said that there was, in 
person and manner a most striking resemblance between Lewis 
the Fourteenth and Lochiel, and whoever compares the portraits 
of the two will perceive that there really was some likeness«. 

(Fortsetzung im ersten hefte vom bd. XVI). 


Reichenbach i. V., Dec. 1890. R. Thum. 


1 Auch die englische gesellschaft ist im grunde puritanisch, das beweisen 
die beiden fälle Dilke und Parnell. Dagegen Perikles, Julius Caesar u. s. w. 


u 


MISCELLEN. 


IT UN 


II. 
BEITRÄGE ZUR KENNTNISS DES ENGLISCHEN KREOLISCH. 


III. 
DAS INDO-ENGLISCHE. ! 


Bevor ich von der sache rede, muss ich von ihrer bezeichnung reden, 
und das wiederum kann nicht geschehen, ohne dass ich auf eine allgemeinere 
unsicherheit und unfolgerichtigkeit in unserer wissenschaftlichen kunstsprache 
hinweise. Die auf sprachliches bezüglichen zusammensetzungen mit dem binde- 
vokal o stellen sehr verschiedene arten von zusammengehörigkeit dar; um es in 
mathematischen formeln möglichst kurz zu erledigen, (X) -o- (Y) hat die werte 
von x+y,xt+t....... +9, 9° und x¥, wofür als beispiele dienen mögen: 
»serbo-kroatisch«e, »indo-germanisch«, »indo-portugiesische, »anglo-indische. Von 
den beiden ersten ausdrucksweisen sehe ich hier ab; die beiden letzten dürfen, 
weil sie in geradem gegensatze zueinander stehen, nicht nebeneinander gebraucht 
werden, wir müssen entweder im sinne von y* »indo-englische neben «indo- 
portugiesische, oder im sinne von x’ »portugieso-indisch« neben »anglo-indische 
sagen. Dass wir uns für das erstere entscheiden. das geschieht mit rücksicht 
auf die urspriinglichkeit von y*: der erste theil der zusanımensetzung gibt das 
besondere, der zweite das allgemeine an. »Indo-portugiesisch« und »Indo-englische 
bezeichnen eine besondere art des Portugiesischen, des Englischen, sie stellen sich 
vor allem dem in Europa herrschenden P. und E. gegenüber. Wenn nun die 
Engländer von »Anglo-Indian tongue« oder » Anglo-Indian literature« reden, so be- 
ruht dies nicht sowohl auf einer grundsätzlich verschiedenen anwendung der 
sprachform als auf einer missbräuchlichen verallgemeinerung. In gewissen fällen 
nämlich kann es zweifelhaft sein, was man mit bezug auf etwas zu bestimmendes 
als das besondere, was als das allgemeine ansehen soll, mit geometrischem bilde, 
welchen von zwei sich schneidenden kreisen als den grösseren. Bei dem in 
Indien lebenden Engländer kann entweder sein volksthum oder sein wohnsitz als 
das wesentlichere erscheinen, man ihn entweder »Indo-englindere oder » Anglo- 


1 Vgl. meine »Beiträge zur kenntniss des romanischen Kreolisch V. Allge- 
meineres über das Indoportugiesische« (Ztschr. f. rom. phil. XIII 476— 516). 


H. Schuchardt, Beiträge zur kenntniss des englischen Kreolisch 287 


indier« ! benennen. In ganz der letzteren ähnlichen weise sagen wir mit hervorhebung 
des geographischen und auch staatlichen gegenüber dem nationalen : » Deutschöster- 
teichere und »Deutschböhmen«; seltener »dsterreichische Deutsche«, kaum je 
»böhmische Deutschee. Nun lassen sich aber von dergleichen zusammengesetzten 
volksbenennungen nicht mit gleichem fug und recht wie das von einfachen geschieht, 
sprachbenennungen ableiten, »anglo-indisch«, »deutschösterreichisch« sind deshalb 
zn verpönen weil man dabei zunächst an eine englische art des Indischen, an 
eine deutsche art des Österreichischen denken müsste. Weniger unpassend wäre 
es, da wo das übergeordnete sich von selbst versteht, kurzweg zu sagen »indische, 
»österreichische. So findet sich z, b. »linguagem brazileira« im sinne von dem 
was man sonst »dialecto brazileiro«e des Portugiesischen nennt und was in der 
that kaum als solcher, sondern nur als eine abschattung davon gelten kann 
(»lingua brazilica« aber ist bis auf den heutigen tag für die in Brasilien am 
meisten verbreitete alteinheimische sprache, das Tupi, verblieben). Fälle einer 
derartigen übertragung, welche im Englischen durch die gleichheit der form sehr 
erleichtert wird (»Anglo-Indiane = »Anglo-englander«, »anglo-englisch«), begegnen 
uns auch sonst, z. b. »franco-canadien« für »canado-frangaise (ganz ähnlich 
wie »franco-galliquec, mit »gallo-romaine verglichen). Wie nahe das missver- 
ständnis liegt, sieht man an H. Gaidoz, welcher Rev. crit. 1882, II, 453 f. » Anglo- 
Indiane im Französischen mit »anglo-indou« wiedergabt, offenbar indem er »Indian« 
auf volk und sprache, nicht auf den wohnsitz bezieht; denn wenn er auch 
ebend. s. 463 »indien« — »>habitant de I’Inde« durch »indou« ersetzt haben will, 
so begreift er doch wohl die europäischen bewohner Indiens nicht ein. Jenes 
»anglo-indou« hat nun aber an ersterer stelle ein »anglo-négre« im gefolge (anderswo 
finde ich das richtige »négro-anglais¢), für welches das Englische, direkt wenigstens, 
nicht verantwortlich ist. 

Nach dem gesagten deckt sich das englische »Anglo-Indian« mit unserem 
»Indo-englisch« nicht vollständig. Unter diesem verstehe ich jedes Englisch welches 
sich durch die einflüsse indischer sprachen kennzeichnet, sowohl das der Hindus, 
bei denen sie als tiefere, als abändernde, wie das der Engländer, bei denen sie als 
oberflächlichere, als bereichernde auftreten. »Anglo-Indian« bezieht sich im grunde 
nur auf das letztere; ob etwa auch auf das erstere, vermag ich nicht zu sagen. 
Vergeblich habe ich nach einer genauen bestimmung des ausdrucks gesucht. In 
dem aufsatz »The Anglo-Indian Tongue« (Blackwood’s Edinburgh Magazine May 
1877 s. 541—551) stosse ich (s. 541) auf die stelle: »The mixture of English 
and native words, which we call Anglo-Indianisms, constitutes an idiom in the 
speech of the governing class, and really forms a bond of union between them 
and the governed«. Hier hat sich in den begriff von » Anglo-Indianisms« = »sprach- 
eigenthümlichkeiten der indischen Engländer« (die ja ohne betheiligung der indischen 
sprachen haben erwachsen können und insofern mit den amerikanismen auf einer 
stufe stehen) die vorstellung von indischen sprachen eingemischt und ihn ver- 
engert; »Anglo-Indian words« würden nur anglisirte indische wörter sein. Auch 
die »Introductory Remarks« zu »Hobson-Jobson: being a Glossary of Anglo-Indian 


1 Wahrend dies jetzt auch bei uns Deutschen die herrschende bezeichnungs- 
weise ist, finden wir z. b. »Indobritte« noch in der Halle’schen missionsgeschichte 
von Ostindien aus den dreissiger jahren unseres jahrhunderts (so VII, 987. 1028. 
1031). 


288 Miscellen 


Colloquial Words and Phrases, and of kindred Terms; etymological, historical, 
geographical, and discursive. By Col. Henry Yule...... and the late Arthur 
Coke Burmell...... London: John Murray...... 1886« beschränken sich 
darauf, s. XIV als gegenstand des werkes anzugeben: »all that class of words 
which, not in general pertaining to the technicalities of administration, recur 
constantly in the daily intercourse of the English in India, either as expressing 
ideas really not provided for by our mother-tongue, or supposed by the speakers 
(often quite erroneously) to express something not capable of just denotation 
by any English terme; die vorführung der verschiedenen wortgruppen, welche 
in dieses »anglo-indische«e gebiet gehören, verhilft uns zu einer schätzung seines 
umfangs, nicht zur erkenntnis seiner grenzen. Wenn das wörterbuch z. |. 
beechman, meechilmän als »Sea-Hindustanie für midshipman, caksen ebenso für 
coxwain, bullumteer als »Anglo-Sepoy« für volunteer u. s. w. verzeichnet, so haben 
sie doch als solche (in unserm sinne) anglo-indische wörter kein anrecht auf 
diesen platz, sondern nur falls sie wiederum — aber unter welchen umstanden? 
— zu indo-englischen geworden sind. Wir sehen Azssmiss als »native servant's 
word« für christmas angegeben; das scheint indo-englisch zu sein, aber der zusatz: 
»but that festival is usually styled Bard din, ‘the great day’« macht uns darin 
irre, lässt wenigstens die möglichkeit offen, dass es sich um ein anglo-indisches 
wort handelt. 

Was das Indo-englische der Engländer vom europäischen Eng- 
lisch unterscheidet, das sind, so viel ich sehe, nur wörter, ich wüsste keine hier- 
hergehörigen wendungen anzuführen. obwohl der titel von »Hobson-Jobson« auch 
»phrases« verzeichnet. Bei diesen wörtern werden wir nun vier dingen nach- 
fragen: ihren quellen, ihrer beschaffenheit, ihrer abänderung, ihrer verbreitung. 

1) Die sprachen aus denen geschöpft wird, sind vor allem die altein- 
heimischen sprachen Vorderindiens, die gaurischen (arischen) wie die dravidischen, 
besonders wiederum das Hindustani, dann andere asiatische sprachen, so das 
Persische, das Malaiische, endlich auch das Portugiesische als sprache der ersten 
europäischen gewalthaber von Indien. Es ist zu unterscheiden zwischen der 
mittelbaren und der unmittelbaren entlehnung; so sind arabische wörter zunächst 
in indische sprachen übergegangen, asiatische zunächst ins Portugiesische, z. b. 
monsoon > port. mongäo > hind. > arab. mausim, palankeen > port. palanquim > 
hind. paki (von welchem auch direkt palkee in palkee-garry), godown, »waarenhause 
> indoport. godäo > malaiisch godong. Wiederum sind portugiesische zunächst 
indisirt worden, so chabee > hind. cai > port. chave. Selbst englische wörter 
lauten von englischen lippen, wie sie in indischem munde umgemodelt worden 
sind, z. b., um die obigen mir zweifelhaften fälle zu übergehen, sim» > hind. 
(Forbes) Simkin >> champagne. Andere wie sie mit indischen endungen oder 
wörtern in verbindung getreten sind, so Zumberdar > hind. /ambardär, »repräsen- 
tativer steuerträger« von engl. number, brandypawnee > b. + hind. pani (»wassere). 
Eine der merkwürdigsten unter diesen zwitterbildungen ist dode-onjis > bowl + 
punch (> hind. panc, »fünfe); es findet sich schon im 17. jahrh. bei Englandern, 
Holländern, Deutschen, Franzosen als palapuntz, palepunts, paleponts, pale bunse, 
‚Jollepons, bouleponge, bolleponge. 

2) Die aufgenommenen wörter sind: 

a) ihrer bedeutung nach meistens solche, die sich durch alte englische 
wörter nicht ersetzen lassen würden, wohl aber durch neugebildete. Manche 


H. Schuchardt, Beiträge zur kenntniss des englischen Kreolisch 289 


erscheinen überflüssig; immerhin wird — wie es denn überhaupt kaum voll- 
kommene synonyme gibt — dem englischen wort gegenüber das indische eine 
besondere schattirung besitzen, und sich ein gewisses bedürfniss nach ihm fühlbar 
machen. »The A.-I. Tongue« s. 541 f.:»Who can ever bring himself to allow 
that the greasy half-caste menial in cotton jacket a fortnight removed from 
cleanness, whom Bombay housekeepers designate dut/er, has anything in common 
with the dignified domestic in black coat and spotless neckcloth who superintends 
our family meals in England? Is it not more appropriate to call him khansamah 
like his Bengal representative ?« 

b) Was die grammatische gattung anlangt, so ) bilden die hauptwörter be- 
greiflicherweise die überwiegende masse. Doch fehlt es auch nicht an eigen- 
schaftswörtern und zeitwörtern; und bei den letzteren ist zu bemerken, dass sie 
aus dem Hindustani nicht in der form des infinitivs, sondern in der des imperativs 
(2. pl.) von den Engländern aufgegriffen werden, z. b. & dugow, »ein boot anlegen« 
> hind. Zagäo, »bringen Sie herane, »machen Sie feste u. s. w. (das wort hat einen 
ungemein weiten bedeutungsumfang), inf. dagadnd, bo puckerow, »festnehmen« (be- 
sonders einen widerspänstigen einheimischen) > hind. pakar-do, wörtl. »fest- 
nehmen kommen Sie«, inf. Jakarnä oder > hind, pakrd@o, »lassen Sie festnehmenc, 
inf. pakyand (das causativum von ersterem). Zo dumbcow, »to brow-beat«, »to 
cow« wird in H.-J. auf hind. dam khdnd, »to eat one’s breathe, »to be silent« 
bezogen, woraus die Engländer ein transitives zeitwort gemacht hätten; aber es ent- 
spricht wohl eher dem hind. dAamkänä, »bedrohene, »schelten« (= dadkänä), welches 
ich in Forbes’ engl.-hind. wtb. sowohl unter fo cow, als unter 40 dumbfound finde, 
aus deren verschmelzung allein sich schon das indo-englische wort erklären lassen 
würde. Dass bei der gleichheit des englischen infinitivs mit dem imperativ die 
Engländer im Hindustani den kürzeren imperativ dem infinitiv vorziehen (auch im 
Chinorussischen erscheint das zeitwort in der form des russischen imperativs), 
ist begreiflich; dass sie nicht die 2. sing. wählten, welche hier wie im Englischen 
den reinen stamm darstellt, sondern die 2. pl., wird im häufigeren gebrauch der 
letzteren wurzel, welche sic hübrigens da, wo sie auf -do ausgeht, von jener (-2) 
in englischem munde nicht stark unterscheidet. 

3) Die veränderungen welche die wörter bei oder nach ihrem übertritt 
aus dem Indischen ins Englische erfahren, beziehen sich: 

a) auf die lautgestalt. Sehr häufig mischen sich englische wörter bald 
mehr, bald weniger entschieden ein. An das eben besprochene 4 dumbcow würde 
sich am besten grasseutter anreihen, in welchem H.-J. eine verderbniss von 
ghäskhodä oder ghäskäfä, »the digger, or cutter, of grass« erblickt. Aber sind 
hier nicht vielmehr die gleichbedeutenden wörter der beiden sprachen zu- 
fällig im laute zusammengetroffen (wie schon hind. gkés = engl. grass, käfnd 
= to cut)? So begegnet sich ja engl. doy, das in Indien, wohl unter dem ein- 
fluss des port. mogo, dazu gekommen ist, jeden diener zu bezeichnen, und malayal. 
boyi u. s. w. (auch hind. 5405 oder df#@i Forbes; vgl. Kreol. stud. III. 12), 
»palankinträger« (daher das 402, »sonnenschirmträger« der indischen Portugiesen, 
bei denen aber schon im 16. jahrh. nicht bloss d0y do sombreiro, sondern auch 
boy d’agua vorkommt); in letzterem sinne indo-engl. sowohl doy als palanguin 
boy. So engl. Zank mit guzer. fänki, tankh, mahr. fänken, »wasserbehälter« (als 
hind. finde ich bei Forbes: farka, »a tub made of stonese); aber ich kann nicht 


mit H.-J. dies für ein ächtindisches wort, »with a plausible Sanskrit etymology« 
KE. Kölbing, Englische studien. XV. 2. 19 


290 Miscellen 


(S. XXI) halten, sondern nur für das port. fangue, das sich sehr früh als be- 
zeichnung für die indische art der wasserbehälter festsetzte (schon in Varthemas 
reisen von 1510 finden wir es zu /ancho italianisirt). In solchen fällen ver- 
schmelzen gleichsam die beiderseitigen lautlich und begrifflich übereinstimmenden 
oder sehr ähnlichen wörter zu einem einzigen. Oder es erscheint doch das 
fremdwort nur als eine lautliche variante des älteren gleichbedeutenden wortes; 
es wird durch dasselbe angezogen und festgehalten, so indo-engl. ds >> (pers.) 
hind. das’, »genug!« durch dasta ! (»in use it always feels like a mere expansion 
of it [éasta]« — »few Hindustani words stick closer by the returned Anglo-Indian« 
H.-J.). Lautliche ausgleichung findet häufig bei auseinander liegenden, aber 
doch in einer gewissen verwandtschaft zueinander stehenden bedeutungen statt; 
so wird aus (sanskr. Arosa) hind. hos, »indische meile«: engl. coss, aber auch 
(17. jahrh.) course, so aus tamul. Aasu, singh. kasi: port. caixa, engl. cask, »eine 
asiatische münzart« = port. catxa, engl. cash, »kasse« (in ersterer bedeutung kommen 
auch engl. cass und cush vor; letztere form ist in H.-J. nicht angeführt). . Ganz 
ähnlich verhält es sich mit der engl. schreibung cas? für caste > indoport. casta, 
vindische kaste« = port. casta, »geschlecht« ; jene lehnt sich an cast, »wurfe, 
»arte, »schlage, an, mit dem meines erachtens, das port. wort von haus aus gleich 
ist (da ich die hergebrachte erklärung des letzteren als »die keusche« nicht an- 
nehmen kann). Oft aber entfernen sich die bedeutungen zweier lautlich zusammen- 
fallenden wörter so weit voneinander, dass sie nur auf eine ziemlich phantastische 
weise miteinander in zusammenhang gebracht werden können. Ich bin überzeugt, 
dass das indo-engl. dandy > hind. dändi, »bootsmann« von dem gemeinen Eng- 
länder irgendwie ans dem engl. dandy abgeleitet wird. Umgestaltet worden sind 
vermittelst solcher »volksetymologie« malaiisch kampung zu indo-engl. com- 
pound, »eingefriedigter raum um das haus« (ein englischer schriftsteller schreibt 
dafür, wohl in folge einer neuen wunderlichen deutung, compost: »I left our own 
compost«); (pers.) hind. „änsamän, »hausverwalter«, »proviantmeister« zunächst 
zu indo-engl. kkansama, consumah, aber schliesslich auch zu consumer (»probably 
with a spice of intention« H.-J.); (arab.) hind. /eddé (auch port. fwlano, »der 
und der«) zu (falaun) forlorn. 

b) Die bedeutung des indo-englischen wortes ist meist eine engere als 
die des entsprechenden indischen. Es kommen aber auch fälle von erweiterung 
vor, und unter ihnen scheint mir folgender der bemerkenswertheste. Hind. pakka 
heisst »reife, »gekocht«, »kluge, Zada »unreif«, »roh«, »dumm«; diese beiden 
eigenschaftswörter werden aber im Indo-englischen zum ausdruck aller möglichen 
gegensätze bei allen möglichen dingen verwandt. »The A.-I. Tongue« s. 543° 
»The application of this word [fakka] in Anglo-Indian parlance is practically 
unlimited, ranging from the ripeness of a plantain or mango to the possession 
of all the virtues possible to humanity. The use of cuécha, or its opposite, is 
nearly as wide.<. Ich gebe einige beispiele: 


pucka house, »steinhaus« cutcha house, »lehmhaus«. 

pucka road, »macadamisirter weg« cutcha road, »jede andere art von wege. 
pucka colour, »waschächte farbe« cutcha colour, »farbe die nicht stand halte«. 
pucka maund, seer, 6055, »grosses« cutcha maund, seer, coss, »kleines« 


gewicht oder längenmass, wo zweifaches nebeneinander 
besteht (vgl. engl. pound awir-du-pois und pound troy, 
ital. débdra grossa und libbra sottile H.-).). 


eee 


H. Schuchardt, Beiträge zur kenntniss des englischen Kreolisch 2gI 


pucka appointment, »fixirter gehalt« cutcha appointment, »nicht fixirter gehalt«. 
pucka fever, »gewöhnliches fieber« cutcha fever, »gefährliches” fieber«. 
pucka mayor, »regimentsmajor« cutcha major, »titularmajor«. 

pucka scoundrel, »erzschurke« cutcha scoundrel, »lump«. 


Ich füge einige zusammenhängende stellen aus H.-J. zur besseren erläuterung des 
gebrauchs beider wörter hinzu (sie gehören schriften aus den 50er und 60er 
jahren dieses jahrhunderts an): »Well, Jenkyns, any news?« »Nothing pucka 
that I know of.« — »In short, in America, where they cannot get a pucka railway 
they take a Autcha one instead.« — »He is such a sweet young man, though 
he is cutcha. Thank goodness, my young man is fucka, though he is only a 
subordinate Government Salt Chowkee.« — »I cannot endure a swell, even though 
his whiskers are pucka.« 

4) Der grad der verbreitung indo-englischer wörter ergibt sich zum theil 
schon aus denjenigen arten der betrachtung welche wir unter 2) und 3) erörtert 
haben. Ferner werden wörter welche sich fester eingebürgert hahen, die neigung 
zeigen, schösslinge zu treiben. Ich erwähne insbesondere die im Englischen selbst 
vorgebildete suffixlose ableitung von zeitwörtern aus hauptwörtern. (Arab.) hind. 
Jawab heisst »antwort«, jawab dena »antwort geben«, aber auch »entlassen«, »ver- 
abschieden«; das indo-engl. jawaus bedeutet demzufolge »entlassung« (von den 
dienern wird gesagt: »they ask their jawads«), vorzugsweise aber den ungünstigen 
bescheid, der seitens einer dame erfolgt, und davon dann als passives zeitwort: 
to be jawaub’d, »einen korb bekommen«. Da H.-J. keine belegstelle anführt, 
so will ich darauf hinweisen, dass schon Forbes (A Dictionary, Hindustani and 
English. London 1848) s. 196b sagt: »In Bengal, the English language has been 
enriched with an additional verb from this source; hence when a lady rejects 
a gentleman’s matrimonial overtures, the inconsolable swain is said to have been 
jawabed«). Dem indo-engl. ot > hind. Zé, »raub«, »beute« hat sich ein zeit- 
wort 20 loot, »plündern« beigesellt; ebenso sagt man indo-engl. io de dikked nach 
dikk, »belästigung«, »seccatur« > (arab. pers.) hind. di& oder aikk, »belästigte. 
Wir werden schliesslich fragen, wieviel indo-englische wörter zu englischen ge- 
worden sind, d. h. auch im mutterlande gültigkeit erlangt haben. Wenn es H.-]. 
s. XIV heisst: »A certain percentage of such words have been carried to Eng- 
land by the constant reflux to their native shore of Anglo-Indians, who in some 
degree imbue with their notions and phraseology the circles from which they 
had gone forth», so schweben dabei zunächst solche wörter vor, welche sich auf 
indische dinge beziehen; freilich hat eines und das andere dieser dinge selbst, 
wie z. b. der punsch, längst seinen indischen charakter eingebüsst. Von dem 
was darüber hinausliegt, ist kaum etwas gemeingut geworden, vom slang abge- 
sehen. So leitet H.-J. mit viel wahrscheinlichkeit das slangwort cheese, »etwas 
in seiner art vortreffliches« (»that is the cheese«) von (pers.) hind. diz, »ding« ab 
(indo-engl. »my new Arab is the real chize u. s. w.). Auch das eben besprochene 
to loot ist in den wortschatz des slangs aufgenommen worden, doch kommt es 
auch, wie H.-J. im supplement anführt, in Lord Malmesbury’s Mem. of an Ex- 
Minister (1847) vor: »Went to see Marshal Soult’s pictures which he doofed in 
Spain.« 

Im vorstehenden habe ich diejenigen indo-englischen wörter nicht berück- 
sichtigt . welche aus dem schosse der muttersprache erwachsen sind. Wiederum 
würden uns unter diesen bei dem zwecke, den wir vor augen haben, nur die interes- 

19* 


292 Miscellen 


siren, bei deren geschichte indische sprachen irgendwie beteiligt sind. Von einer 
hierauf gerichteten untersuchung aber, welche ziemlich beschwerlich und wohl 
nicht sehr erträglich sein dürfte, muss ich für jetzt wenigstens absehen. Merk- 
würdiger erscheinen, von einem ganz allgemeinen gesichtspunkt aus, gerade die 
übrigen wörter der bezeichneten klasse, die, bei denen die natur des landes, die 
beschaffenheit und zusammensetzung der dortigen englischen bevölkerung, deren 
einrichtungen und lebensgewohnheiten ihren einfluss geltend gemacht haben. Man 
erwäge z.b., warum grass-widow gerade bei den Engländern Indiens im sinne von 
unseren »strohwittwe«x vorkommt und warum gerade dort 4%, »schluck«, & Af, 
»einen schluck nehmen« zu f Af, »ein gabelfrühstück nehmen«, Affng (so noch 
zu anfang dieses jahrhs.), “i/fim, »gabelfrühstück« weiter entwickelt worden ist. 

Neben dem Indo-englischen der Engländer steht das Indo-englische 
der Indier, das nach massgabe der zahlreichen einheimischen sprachen mehr 
oder weniger variirt. Dieses gehört seiner natur nach zu den kreolischen mund- 
arten; nur stellt es sich kaum als eine solche dar, es fehlt ihm die ausbreitung 
und befestigung, deren sich, auf gleichem boden, das Indoportugiesische erfreut. 
Und doch hatten wohl schon im 17. jahrh. die Engländer angefangen, statt in 
indoportugiesischer, in englischer sprache mit ihren sklaven zu verkehren 
(s. meine Beitr. zur kenntnis des romanischen Kreol. V 506; vgl. s. 493). Am 
meisten kann noch das Butlerenglisch von Madras beanspruchen als eine 
selbständige sprachart angesehen zu werden. I1.-]. berichtet darüber: »The broken 
English spoken by native servants in the Madras Presidency; which is not very 
much better than the Pigeon-English of China. It is a singular dialect; the 
present participle (e. g.) being used for the future indicative, and the preterite 
indicative being formed by done, thus J telling = ‘I will tell’; Z done tll = 
‘I have told’; done come = ‘actually arrived’. Peculiar meanings are also 
attached to words; thus family = ‘wife’, The oddest characteristic about this 
jargon is (or was) that masters used it in speaking to their servants as well as 
servants to their masters.« Die »Times« vom 11. April 1882 s. 8¢: »The “Pidgin- 
English’ of the Madras and Bombay [aber s. unten] servants is chiefly remarkable 
for its extremely scanty vocabulary and grammar, for its love of the present 
participle active, and for its use of quasi-impersonal forms. Discovery has been 
made of a butler stealing large quantities of his master’s milk and purchasing 
the silence of the subordinate servants by giving them a share of the loot; and 
this is how the ayah (nurse) explains the transaction : 

Butler’s yevery day taking one ollock for own-sélf, and giving servants all 
half half ollock,; when ] am telling that shame for him, he is telling, Master’s 
striclly arder all servants for the little milk give it — what can I say mam, I poor 
ayah woman? 

This is pure idiomatic Madrasee boy English; the chances are that an English- 
speaking servant in Madras will use one or other of the idioms here illustrated 
in every speech that he makes.« »The A.-I. Tongue« s. 542 f.: »In Madras the 
native domestics speak English of a purity and idiom which rival in eccentricity 
the famous ‘pidgin’ English of the treaty ports in China; and the masters mechani- 
cally adopt the language of their servants. ‘Thus an Englishman wishing to assure 
himself that an order has been duly executed, asks, /s that done gone finished, 
Appoo? and Appoo replies, in the same elegant phraseology, Yes, sare, all done 
gone finished whole. The Bombay servants are generally half-caste Portuguese, 


H. Schuchardt, Beiträge zur kenntniss des englischen Kreolisch 293 


who speak a dialect of English more or less broken; but in the Bengal Presi- 
dency the English address their servants in Hindustani or Bengalee; and the domestic 
who eshpeaks Englis, is justly held at a discount in the hiring market.« Die 
gewohnheit der Englander von Madras, mit ihren einheimischen dienern in Butler- 
englisch zu verkehren, erwähnt auch die nicht sehr gut gelaunte verfasserin von 
»Gup« (Sketches of Anglo-Indian Life and Character, London 1868), Florence 
Marryat s. 15: »The usual question on reaching the portico of an Indian bungalow 
is, Can missus see? — it being a popular superstition amongst the Europeans 
that to enable a native to understand English, he must be addressed as if he 
were deaf, and in the most infantile language.« (Es handelt sich hier um eine 
überall wahrnehmbare erscheinung; vgl. meine Kreol. stud. IV, 35. Slawo-d. 
und Slawo-it. s. 36. Nachtr. II dazu s. 328). Sie bezeichnet übrigens s. 54 das 
Englisch der Madraser eingeborenen als »perfectly intelligible« — »excepting that 
like all foreigners, they are puzzled by the verbs and adverbs«. Auch von der 
dienerin Anemah wird s. 32 gesagt, dass sie »spoke English well«, gleich darauf, 
s. 33, ist aber von ihrem »broken English« die rede, Die wenigen sätzchen in 
Madraser Englisch, welche im »Gup« (indo-engl. »klatsch«) eingestreut sind, bereichern 
unsere kenntnisse davon nicht sehr: / ad right now, ma’am. Missus want amah for 
the baby? (s. 34): Master not believe she give ‘garley’! Master not believe she throw 
knives! Master now see what that missus doing (s. 45); yes, ma’am, I speaking English 
— same as missus (5.55), how I telling ? English people very clever; can do every- 
thing (s. 169). Ich habe mich vergeblich angestrengt, aus Madras eine etwas umfäng- 
lichere und mit einiger sorgfalt aufgezeichnete probe von diesem Indo-englisch zu 
erhalten, welches in abnahme zu kommen scheint. Herr prof. J. Jolly sagt mir, 
er habe auf einer englischen bühne in Calcutta eine improvisirte posse gesehen, 
in welcher das Madraser Butlerenglisch nachgeahmt wurde. Die tamulische aus- 


sprache — nicht nur ist Madras der hauptort des tamulischen sprachgebietes, 
sondern auch in der ganzen präsidentschaft gehören die meisten hausdiener der 
Europäer dem tamulischen stamm an — wird sich gewiss am allerwenigsten 


verläugnen lassen; von ihr aber findet sich in den obigen bruchstücken kaum eine 
andeutung. Zu yevery für every halte man, was Caldwell A Comparative Grammar 
of the Dravidian L. 24 ed. s. 4 sagt: »There is a tendency in all the Dravidian 
languages to pronounce e as if it were ye, and o as if it were wo« (in der an- 
merkung wird berichtet wie eine dienerin den namen Vadloor buchstabirte: yer, 
yeh, yell, yell, woe, woe, war). Yas was man als das hervorstechendste kennzeichen 
des Butlerenglisch betrachtet, der gebrauch des part. pris. (oder gerundiums) für 
das präsens (und wohl erst in zweiter reihe für das futur), ist meines erachtens 
nicht aus dem Dravidischen herzuleiten, sondern erklärt sich aus einer allgemeinen 
ursache: es pflegen die kreolischen mundarten das durative präsens, als die nach- 
drücklichere form, an stelle des einfachen präsens zu setzen; so entspricht zwar 
negerport. (Kapverden) #4 cumé, chinoport. 4 comé, tagalospan. a come lautlich dem 
esté a comer, aber begrifflich dem come der grundsprachen. Auch das perfekt mit 
done hat für den nichts tiberraschendes, der »Uncle Remus« gelesen hat. 

Die »Times« erwähnen an der oben angeführten stelle auch »the curious 
patois hardly more intelligible [als das »Pidginenglisch« der diener in Bombay 
und Madras], that is affected by the itinerant hawkers or boxwallahs in Upper 
India«. Ueber dieses Englisch der indischen hausirer (60% << hind. bakas + wala, 
»mann«) fehlt mir jede weitere mitteilung. 


294 Miscellen 


Weiter ist das Chichi oder Cheechee-englisch der mischlinge oder 
Eurasier (diese wortform selbst, für »Europasier«, versianbildlicht die verschmelz- 
ung der beiden elemente) zu nennen, von dem ich ebenfalls keine ganz klare 
vorstellung gewinnen kann; es scheint sich vorzugsweise um die aussprache zu 
handeln. H.-J. sagt: »Cheechee adj. A disparaging term applied to half-castes or 
Eurasians (corresponding to the &-ap of the Dutch in Java), and also to their 
manner of speech. The word is said to be taken from chi (Fie!), a common 
native (S. Indian) interjection of remonstrance or reproof. supposed to be much 
used by the class in question. The term is however, perhaps, also a kind of 
onomatopeia, indicating the mincing pronunciation which often characterises 
them. It should however be added that there are many well educated East Indians 
[bat den sinn von ‘Eurasians’] who are quite free from this mincing accent.« Mir 
scheint die herleitung des wortes von der interjektion, welche nicht bloss tamulisch, 
sondern auch hindustanisch (chi) ist, die annehmbarste; das malaiische ji, Zyih. 
»pfuil« wird in der kindersprache verdoppelt: dyidji. daher das zeitwort 
mendjidjikan, mentjitjik, »sich vor etwas ekeln«. Die belegstellen sprechen von 
»the hybrid minced English (known as chee-chee)« (von 1873), »the accents of her 
[the Eurasian girl] Zehi-tchi tongue« (von 1880); ich gebe ganz die wieder die 
aus der »St. James’s Gazette« vom 26. Aug. 1881 entnommen ist: »There is no 
doubt that the ‘Chee Chee twang’, which becomes so objectionable to every 
Englishman before he has been long in the East, was originally learned in the 
convent and the Brothers’ school, and will be clung to as firmly as the queer 
turns of speech learned in the same place.« In den »Panjab Notes and Queries« 
vol. 1I, 8 (Oct. 1884) finde ich n. 57: »Chhi-chhi and English. — The employers 
of this dialect do use words of English in an un-English sense. Here are 
examples : 


Chhi-Chhi. English. 
1. Zo blow one’s self. To hit one’s self. 
2. 70 get tossed. To be thrown from a horse. 
3. To cover. To sleep under a sheet or blanket. 
4. To roll a bird. To hit a bird with a stone or pellet.« 


Dazu merkt der hg. an: »It would be very useful to collect as many of these 
as possible. It is very unlikely that an English speaking community should spring 
up in India which has no connection with England and with the English, except 
officially, and not have words or senses peculiar to itself.« Ebend. s. 190 wird 
aus dem »Chhi-chhi Dialect« angeführt Aall-room »constantly used for the English 
parlour among the middle class Eurasians.«« W. F. Sinclair im »Journal of the 
R, Asiatic Society« 1889 s. 175 sagt: »....... one can hardly help noticing 
the various forms of vulgarism or solecism which go in India by the general 
name of Chee-chee. It is not easy to define this, but when you get an Anglo- 
Indian word that is not in any Asiatic language, though supposed to be Indian 
by the European using it nor in any European language, though supposed to be 
English by the native using it, you may call that word chee-chee.« Die dort 
gegebenen proben eines in solchem weitesten sinne genommenen Cfz-chi haben 
für uns kein interesse. 

Die eigentümlichkeiten des Baboo-englisch ruhen nicht in der 
grammatik, sondern im stil. Baboo > hind. dab ist eigentlich ein titel, wie 
engl. Master, Alr., Esquire; H.-J. bemerkt dazu: »in Bengal and elsewhere, among 


H. Schuchardt, Beitriige zur kenntniss des englischen Kreolisch 295 


Anglo-Indians, it is often used with a slight savour of disparagement, as character- 
izing a superficially cultivated, but too often effeminate, Bengali. And from the 
extensive employment of the class, to which the term was applied as a title, in 
the capacity of clerks in English offices, the word has come often to signify ‘a 
native clerk who writes English’.« Den zuletzt angegebenen sinn hat es in dem 
ausdruck Baboo-english, der übrigens in diesem artikel nicht vorkommt, so wenig 
wie eine umschreibung davon; nur spricht eine stelle von den »bombastic Baboos«. 
Der mehrfach angeführte aufsatz der »Times« vom 11. April 1882 s. 8 (vgl. auch 
14. Apr. s. 13°) hat zu seinem eigentlichen gegenstand das »Baboo-English«. 
Ebenfalls über das »Babu-English« handelt ein anderer in Chambers’s Journat 
vom 31. Dec. 1881 s. 840—842. Aus den vielen und unter sich wieder rechl 
verschiedenartigen proben, welche hier abgedruckt sind, wähle ich eine aus, die 
einen B. A., M. A. der universität Calcutta zum urheber hat: 

»The extreme stimulus of professional and friendly solicitation has led 
me to the journey of accomplished advantages to proceed with these elucidatory 
and critical comments; wherein no brisking has been thrown apart to introduce 
the prima facie and useful matters to facilitate the literary pursuits of lily- 
like capacities. If the aimed point be embraced favourably by the public, all 
and all grateful aknowledgments will ride on the jumping border from the very 
bottom of my heart«. 

Einleitend hierzu wird bemerkt: »The love of display is a very common failing 
among native students. This is well illustrated by the absurd manner in which 
they use long and sometimes obsolete, words in place of those of ordinary and 
every-day use. To such an extent is this sometimes carried, that it is very 
difficult to understand what the writer’s meaning is.« Diese erscheinung besitzt 
nun keineswegs, wie man zu meinen pflegt, nur ein praktisches interesse, sondern 
auch, wenn vielleicht nicht gerade ein sprachwissenschaftliches, so ein völker- 
psychologisches. Die neigung, sich in einer europäischen sprache möglichst bom- 
bastisch auszudrücken, nehmen wir ungemein oft bei gebildeten oder halbgebildeten 
der anderen rassen wahr, so bei Indianern, Negern, Tagalen u. s. w. (s. meine 
Beitr. I, 473. Kreol. stud. IV, ı2). Ich will natürlich nicht sagen, dass stili- 
sirungen wie diejenigen auf welche sich die eben gethane behauptung stützt, bei 
Europäern unerhört sind; aber sie pflegen sich auf die muttersprache und auf 
gemüthliche kundgebungen zu beschränken (so würden sich z. b. zu jener stelle aus 
dem briefe eines negers bei Baissac Le Folk-lore de Y’ile-Maurice s. 460: 
»une infinite de gracieux remerciements vous exprimeront ma reconnaissance A 
jamais oubliee en temoignage de mon estime« genügende gegenstücke aus Europa 
nachweisen lassen). In der fremden sprache, durch welche einem die bildung 
vermittelt wird, ist man bestrebt, sich möglichst »gebildet« auszudrücken; daher 
auch so manches bis zur unverständlichkeit schwülstige Latein aus jenen jahr- 
hunderten, da unsere sprachen noch nicht litterarisch entwickelt waren. Wo aber 
die muttersprache sich im besitze eines schriftthums und verschiedener stilarten 
befindet, wird man gern die gesuchteste und vornehmste auf die europäische 
sprache übertragen. Wenn wir nun in dem verhältniss des Asiaten zu dieser eine 
gewisse naivetät wahrnehmen, die auch auf der untersten stufe’ der sprachkenntniss 
sich in einer uns ganz befremdlichen weise zu äussern vermag!, so müssen wir 


1 Ich denke dabei zunächst an ein in meinem besitz befindliches unikum 
der übersetzungslitteratur. Es trägt den titel: Zes Rare Poemes | de | le Seigneur 


296 Miscellen 


doch gerecht genug sein um zuzugestehen, dass die Europäer den asiatischen 
sprachen gegenüber vielleicht eine gleich ausgedehnte naivetät zeigen. Sie ver- 
fallen oft, wo förmlichkeit und breite durch die sitte erfordert wird, in eine ver- 
letzende kürze, oft wiederum, wie z. b. im malaiischen, durch anwendung aller 
der verklammernden wörter deren nur die arischen sprachen bedürfen, in eine 
lächerliche und dunkle weitschweifigkeit. Und was wortfürwortübersetzungen 
von büchern anlangt, so hat niemand mehr darin gesündigt als die missionäre. 
Es ist begreiflich, dass die Asiaten dann und wann über das schulmeistern der 
Europäer ungehalten werden. In einem aufsatz »The English-speaking Natives 
of Upper India« (The Indian Evangelical Review April 1876 s. 470—483) sagt 
Babu Ranı Chandra Basu, Moradabad: »It is an undeniable fact that in speaking 
and writing English the educated natives, with perhaps a few rare and honorable 
exceptions, fall into glaring inaccuracies and gross mistakes. They are notorious 
for making free with and marring the English language, and their English compo- 
sitions abound with solecisms and errors at which even an ordinarily educated 
Englishman cannot help laughing. But inaccuracies of expression and faults 
of diction are in this case unavoidable. and do not indicate on their part either 
defective education or imperfect knowledge. They are, after all, natives of India. 
and it is simply absurd to expect them to write English with the ease and 
grace, the verbal accuracy and idiomatic propriety. which characterize the compo- 
sitions of an English gentleman of even ordinary education and intelligence.« 
Ich habe Kreol. stud. IV, 17 empfohlen, korrelate mischsprachen in eine 
betrachtung zusammenzufassen. In unserem falle würde es also darauf ankommen. 
das Indo-englische der Engländer und das der Indier mit dem Anglo-indischen 
der Indier und dem der Engländer zu vergleichen, mit andern worten die 
berührungen, welche zwischen den beiden sprachkreisen stattfinden, ihrem wesen 


Byron. | Traduiré en francais a la anglais par | Bomanjee Cursetjee, | une 
Negociant Parsee du Bombay. : Bombay: | Printed at the Alliance Press. | MDCCCLXI 
(4°. s. 15). Die vorrede schliesst mit den worten: A la cependant le auteur 


croit humblement que cette petit livre sera charmant de gens Francais et resté parmi 





bien excuses de son connaissance imparfait du language, quel seul lui detournet en 
traduirant le foesies de le honorable seigneur d’une beau style conforme de leur 
saveur. Die erste strophe der »Epistle to Augusta« (ed. Tauchnitz IV, 28): 
‘My sister! my sweet sister! if a name..... ’ lautet in dieser übersetzung: 


Ma saur ma saur charmant eliez fourvu, 

Que le nom la plus cheri la plus bon, 

Il serais ton, 

Montagnes et mers nous divisont mais je somme, 

Ne larme mais tendresse de le mien respondre, 

Parti ou je veux a moi la meme tues, 

Une pensie amoureuse quel point resignerais, 

La cependant sont deux choses dans mon destinée, 

Ur anivers de reder a travers et un maison parmi te. 


Wir müssen annehmen, dass der Parse wort für wort im wörterbuch nachgeschlagen 
hat; aber dabei bleibt noch vieles rätselhaft, z. b. der wiederholte gebrauch von 
parmi = with. 


H. Schuchardt, Beiträge zur kenntniss des englischen Kreolisch 297 


und ihrem ergebniss nach zu untersuchen. Es kann auf mancherlei art die an- 
eignung der fremden sprache angebahnt werden, und es ist vor allem zu beachten, 
ob und inwieweit diejenigen, deren muttersprache sie ist, den andern durch ver- 
einfachung oder annäherung entgegenkommen. Es fehlt mir aber durchaus an 
stoff, um die gegenseitigkeit zwischen dem Indo-englischen der Indier und dem 
Anglo-indischen der Engländer im einzelnen zu verfolgen, d. h. darzuthun, wie 
man von dieser und wie man von jener seite die bald grössere bald kleinere kluft 
zwischen den sprachen zu überbrücken sich anschickt. Von dem bestreben, zwei- 
sprachig zu werden, ist das bestreben ganz gesondert, die eigene sprache aus dem 
wortschatz der fremden zu ergänzen. Dies aber wird sich fast immer auf grund 
irgend welcher zweisprachigkeit verwirklichen, und es frägt sich, ob sie auf der 
gleichen oder auf der andern seite liegt. Hinsichtlich des Indo-englischen heisst 
es »The A.-I. Tongue« s. 543: »Strange to say, it must be held to have been 
initiated rather by natives than Englishmen. The Anglo-Indians, early in the last 
century. did not trouble themselves much about the oriental tongues. They might 
acquire a knowledge of Persian because it was the diplomatic language Bf the 
country, and intelligible to all educated Muhanımadans ; but the vernaculars spoken 
by the people among whom they lived and traded were altogether neglected. To 
obviate the consequent inconvenience, dubashes or ‘two-tongued men’ arose — native 
interpreters who had picked up as much English as enabled them to become the 
medium of communication between the strangers and their countrymen. The 
stamp which these men left upon official writing and communication is by no 
means wholly effaced at the present day. It was by their agency that the bulk 
of the untranslated native expressions which give a character to the speech of 
Anglo-Indians was introduced into the English language. Although succeeding 
generations of Anglo-Indians became better orientalists, and the profession of 
interpreter fell into desuetude, men still adhered to the old phraseology of the 
dubashes, and went on adding to their vocabulary whenever they fell in with a 
word of more than ordinary aptness. Each branch of the public service has 
contributed its quota to the development of the Anglo-Indian tongue: the law 
and the courts are especially well represented; the army has introduced a large 
stock of phrases, which, however. are not so generally used outside military 
circles; but, above all, intercourse with native servants has produced the most 
expressive and remarkable terms in the glossary.« Wiederum scheint das Anglo- 
indische der Indier mehr auf rechnung von zweisprachigen Engländern, als von 
zweisprachigen Indiern zu kommen. Die gegenüberstellung der indo-englischen 
und der anglo-indischen wörter veranschaulicht den austausch, der zwischen den 
beiden kulturen stattgefunden hat. Eng zusammen gehören aber das Anglo-indische 
der Indier und ihr Indo-englisch; die lautlichen abänderungen welche einzelne 
englische wörter, und die, welche das Englische im grossen ganzen erfahren hat, 
müssen der richtung nach übereinstimmen, sollten sie auch im grade verschieden 
sein. Das geht nun zwar vornehmlich die indische sprachwissenschaft, doch bis 
zu einem gewissen grade auch die englische an. Die art und weise, wie die 
laute einer sprache durch die einer andern wiedergegeben werden, ist in allen 
fällen lehrreich. In manchen erschliessen wir aus ihr geradezu erloschene laut- 
werthe, oder wir verdanken ihr, wie z. b. der darstellung des span. x in ameri- 
kanischen und malaiischen sprachen, gewisse chronologische auskünfte. Davon 
kann bei den anglo-indischen anleihen nicht die rede sein; die von so vielen so 


298 Miscellen 


gründlich betriebene englische phonetik wird von dort kaum eine direkte belehrung, 
wohl aber mancherlei bestätigung und beleuchtung empfangen. Ich will das an 
einigen beispielen zeigen, mit bezug auf besondere mir zur verfügung stehende 
hülfsmittel. Der um die indische volkskunde hochverdiente Capt. R. C. Temple! 
sandte mir 1884 seine handschriftlichen sammlungen anglo-indischer wörter, unter 
denen vor allem das zu Madras angelegte anglo-hindustanische wörterbuch (380 
folioseiten stark) der veröffentlichung wert ist. Es enthält allerdings nur mili- 
tärische ausdrücke; sie sind mit zahlreichen sätzen belegt und von anmerkungen 
begleitet, welche sich auch auf die erörterung der lautlichen veränderungen er- 
strecken. Die sprache ist das Hindustanische des südens, das Dekkanische 
(Dakhni); die schrift die persische (den wortformen ist die englische umschrift 
beigefigt). Dazu kommen lange verzeichnisse anglo-tamulischer wortformen (von 
denen doch nur wenige als wirklich eingebürgert anzusehen sind), ohne englische 
umschrift; da die wirkliche aussprache auf grund der schrift allein sich nicht mit 
völliger sicherheit feststellen lässt, habe ich es vorgezogen die tamulischen zeichen 
immer auf die gleiche weise wiederzugeben, Ich erinnere aber daran, dass die 
stimmlosen verschlusslaute sich nur im anlaut und in der verdoppelung finden und 
dass ihnen sonst die stimmhaften verschluss- oder reibelaute entsprechen, dass ¢ 
(¢) nur in der verdoppelung sein erstes element wahrt, im anlaut aber zu ¥ (s) 
wird und dass die vokale vor manchen konsonanten, insbesondere den cerebralen 
eine gewisse trübung erfahren. Die kürzeren sammlungen von anglo-teluguschen 
wörtern habe ich nicht benutzt. 


Man darf im allgemeinen erwarten, dass die mundartlichen besonderheiten 
des Englischen im munde des Indiers ausgeglichen sind. Doch scheint eine und 
die andere in den anglo-indischen wörtern sich wiederzuspiegeln. Ein fall vor allem 
verdient beachtung. Engl. ca-, ga- erscheint im Dekkanischen meistens als ya-, gya-: 


cap < hyap (auch ep) 

aid(e)-de-camp yédikyamp, yedıgyan (auch yedikam, yedıgamp)? 
carabine kyärbain (Forbes: garäbin aus dem Franz.) 

cae N kyäst, kyäst, kyäst, kyäs (auch hast) 

caution kyäsan (auch kasan) 

cavalry kydwälri, kyawalri (auch kewalri) 

gallop gydlab, kyalap | 

garrison gyärisan, gyarisan 

guard gyard, gyart, gyad, gyät, gyät, kyäd, kyat (auch gard, 


gard, gad). 


1 In seinen »Panjab [Indian] Notes and Queries« vol. II. III (1884— 1886) 
werden von ihm und auch von andern zahlreiche »Corruptions of English« d. i. 
anglo-indische wörter vorgebracht und zum teil erörtert. 


2 Wegen ye > e vgl. oben s. 8. Temple merkt zu anglo-dekk. yé > 
engl. @ an: »Natives of Southern India whether speaking Hindustani, Tamil or 
Telugu and kindred languages find great difficulty in pronouncing e or é in the 
beginning of a word, they invariably place a consonantal y before it: yet for eight, 
yever for ever etc., and it is not unusual to hear a Madras University B. A. speak 
‘of his degree as that of 47 yé or to hear him say yem y? for M. A.« 


H. Schuchardt, Beiträge zur kenntniss des englischen Kreolisch 299 


Ich vermuthe, dass hier die bekannte englische palatalisirung der gutturalen vor 
hellem @ (doch bemerke man Zyasar) im spiel ist, und zwar würde sie wohl 
in jener zeit, da sie die allgemein herrschende war, also gegen ende des vorigen 
jahrhunderts (sie lebt bis auf den heutigen tag in gewisser ausdehnung fort: sie 
ist nach Ellis s. 1235 irisch und nach Vietor Elem. der phon.? s. 170 Cockney) 
die lautform dieser wörter beeinflusst haben. Aber es frägt sich doch, ob dieses 
kya-, gya- ausschliesslich auf englische rechnung kommt; ich finde nämlich noch 
byag (neben däg, bak) > back, byäng, bydnk (neben dbäng) > bank und kofar- 
myäsfar (neben kofar-mästar, kolar-mestar) >> quarter-master. Zu diesem letzten 
worte bemerkt Temple die neigung der eingeborenen, das geschlossene engl. a 
dadurch wiederzugeben, dass sie ein y einschieben »which is not pronounced, but 
appears to affect the pronunciation of the following broad a and to close it as 
in Englishe. Er führt als beispiele yas, ydnd, hyat, myäs, myat, pyälis, syälal, 
tyank für ass, hand, hat, mass, mat, palace, saddle, tank an, aber das seien keine 
»bona fide Anglo-Hindustani words», nur versuche der einheimischen, die englische 
aussprache auszudrücken (es handelt sich also wohl bloss um die schreibung), 
während wörter wie gyaf, dyag u. s. w. wirklich so gesprochen würden. Auf 
die vulgär-englische willkür in der setzung eines anlautenden % scheinen mir zu- 
rückzugehen anglo-dekk, ide > holiday; hafıs (neben afis) > office, häfsar 
(neben afisar) > officer, hafsrät (neben äfsraf) > abstract, häms (neben dms) 
> arms, Hedwad > Edwards, indessen weiss ich nicht. ob nicht etwa das 
Dekkanische hier durch das Tamulische, welches kein & kennt, beeinflusst wor- 
den ist. 

Eine zweite ursache für die varianten im Anglo-indischen liegt in der 
grösseren oder geringeren anpassung an die lautverhältnisse der muttersprache. 
Man bemerke z. b., wie viel gestalten das engl. sguadron im Dekkanischen ange- 
nommen hat: éskwddran, iskodran, iskwädan, iskodan, iskodand, kodan, kodand, koran. 
Vielfach werden hier konsonantenverbindungen vereinfacht, z. b. rejmaf (7 wie engl.) 
> regiment, oder durch vokaleinschub aufgehoben, z. b. farup > troop, oder durch 
vokalvorschlag gestützt: isk-, isp-, isf- isf- > sc-, sp-, st- (man bemerke $ > s 
vor ¢ auch im inlaut, z. b. dgast > August, und erinnere sich an entsprechende 
wandlungen in anderen sprachen). Wiederum werden konsonanten vor konsonanten 
eingeschaltet, so in folge von silbenangleichung in inekpeksan (für inipeksan, 
inpeksan) >> inspection; sarjafnaf (daraus sarjafanf, für sarjanat [wie lEftanaf 
> lieutenant)) > sergeant; fardward > forward, oder in folge von wort- 
angleichung in agfombar >> October + September, December (vgl. mittellat. 
Octember, prov. Octembre, kirchenslaw. Oktembri u. s. w., rumän. Ocbomvrie). 
Umstellung von konsonanten ist im Dekkanischen sehr beliebt, z. b. a&far (für 
“afkal, dtakal) > article; gaunarmat > government (oder + gaunar > governor?) , 
nakcap > knapsack; paltan (für pafallan, patalén) >> battalion. In diesem letzten 
worte, das übrigens weit verbreitet sein muss (Forbes hat es), möchte ich 
p> 4 auf tamulischen einfluss zurückführen, vgl. fidiyan neben diwizan u. s. w. 
> division. 

Am wichtigsten nun für uns ist die dritte ursache der anglo-indischen 
varianten, die verschiedene auffassung der englischen laute. 

Engl. v, welches dem Hindustani fehlt, könnte hier durch w oder durch / 
wiedergegeben werden; die verschiedenhe + hone auf die art der kehlkopfartiku- 
lation gilt aber für wesentli ikulationsstelle, und 


302 Miscellen 


stance, ¢irektar, instead of director, gavarnment, instead of government, &c.« Dazu 
bemerkt Caldwell: »There is undoubtedly a measure of truth in the supposition 
advocated above. The English 4, d, and x, approach more nearly to the sound 
of the Indian linguals than to that of the dentals, especially when intensified 
by a contiguous 7. The influence of r on a contiguous @ in English is well 
known. Hence, in several grammars of the Indian vernaculars intended for the 
use of Englishmen, students are advised to begin learning the lingual sounds by 
fancying the 4 d, or # of the vernacular preceded by r. It accords generally 
also with my experience that Englishmen have less difficulty in acquiring the 
lingual sounds than in learning the peculiarly soft, distinctively dental sounds of 
the Indiar 4, d, and a». Beyond this, however, Iam unable to go. There is still 
a great gulf. I conceive, between the slightly lingualised English dentals and the 
true Indian linguals, — a gulf which many European students are never able to 
pass as long as they live.« Sievers Phon.’ s. 117: »Die englischen 4 d, welche 
von den Indiern bekanntlich als cerebrale aufgefasst werden im gegensatz zu deren 
rein interdentalen ¢, d, sind in wirklichkeit alveolar.« Dass das gewöhnliche 
engl. ¢, d mit dem ind. /, d keineswegs identisch ist, scheint nach alle dem aus- 
gemacht; aber ob ind. ¢, d interdental ist (also mehr nach vorn artikulirt wird 
als das nach Sweet postdentale engl. #2, das man sonst hinsichtlich der arti- 
kulationsstelle ihm gleichsetzt), möchte ich bezweifeln. So beschreibt z. b. 
Shakespear A Grammar of the Hindustani language 6'" ed. (London 1855) s. 12 
das ¢ als »being uttered softly by applying the tip of the tongue to the roots of 
the front upper teeth.« Allerdings sagt Hoernle A Comparative Grammar of 
the Gaudian Languages (London 1880) s. 8, dass die indischen dentalen gebildet 
werden »by striking the tongue against the edge of the upper teeth« (Platts A 
Grammar of the Hindustani Language [London 1874] s. 5: »against the edge or 
the back of the upper teeth«). Aber gegen die richtigkeit dieser beobachtung fldsst 
mir die s. 9 gethane behauptung einiges bedenken ein »that the (so-called) dentals 
of allthe Aryan languages of Europe, especially of England, when referred to the 
standard of the Indo-aryan (true) dentals are not real dentals at all, but cerebrals of 
more or less purity». Wie es sich nun auch mit den physiologischen abständen ver- 
halten mag, wir brauchen nicht anzunehmen, dass die akustischen sich in bezug 
auf ihre weite mit ihnen völlig decken; für das ohr steht engl. 4 Z dem ind. 
4, d weit näher als dem ind. ¢, d. Es ist, um mich ganz allgemein auszudrücken, 
ein hinteres ¢, Z und wird auch von solchen völkern, deren 4 d ein alveolares, 
kein interdentales ist, als hinteres empfunden (Storm Engl. phil. I, 42. Vietor 
Phon.? s. 143. 175). Temple unterpunktirt daher, im gegensatz zu der gewöhn- 
lichen umschreibung, nicht die indischen cerebralen, sondern die indischen dentalen. 
Ich folge ihm hierin nicht, werde vielmehr umgekehrt den gewöhnlichen laut 


1 Hat er dies vielleicht von Storm erfahren, welcher Engl. phil. I, 42 sagt, 
er habe sich davon, dass die indischen dentalen rein interdental seien, durch konfe- 
renz mit englischen sprachforschern, die sich lange zeit in Indien aufgehalten, 
überzeugt? Neigen nicht Engländer, auch wenn sie sprachforscher (vielleicht aber 
nicht gerade lautphysiologen) sind, dazu, die indischen dentalen möglichst nach vern 
zu sprechen, um sie von den leicht mit engl. #4, d verwechselten cerebralen be 
zu scheiden ? 


H. Schuchardt, Beitriige zur kenntniss des englischen Kreolisch 303 


des engl. 4, d, wo es nur auf den unterschied zwischen hinterem und vorderem 
Z, d, nicht auf den zwischen den verschiedenen arten des einen oder des andern 
ankommt, durch einen darunter gesetzten punkt anzeigen. 

Obwohl nun die wiedergabe von engl. 4 d durch ind. 4 d als die regel- 
mässige zu betrachten ist, so findet sich doch dafür in einem gewissen umfang 
auch 4 ad. Im Anglo-dekkanischen nehme ich anlautendes ¢ > engl. ¢ nur bei 
folgendem 7 wahr: 


tärkif (neben farkit) > target 
trat (neben fräf) trot 

triip, turup (neben trip, trup) troop 
tarn (neben farn, färn) turn. 


Anlautendes d > engl. d vor 7 in: 
drés, dris (neben drés, dris) > dress 
drammar (neben drambar) drummer 
drel (neben dril) drill, 
und vor 2, y in: 
dipläi, dipläi (neben diplai) > deploy 


distans (nehen disfans u. s. w.) distance 
dismont dismount 
disimbar (neben disimbar) December 


dyuti, düti (neben dyäti, daft) duty. 
Wo ¢, d > engl. 4 d im inlaut erscheint, geht es fast immer einem 7 
voraus, z. b.: 

ardali, ardali, ardali (neben ardali, ardali) > orderly 


infantri (neben infantri, infantri) infantry 
mastrol (neben mastrol) muster roll 
patrol (neben patrol) patrol 
santar (neben sarfar) centre 
santri, santar (neben sanjri) sentry. 


In aspital, aspital (neben aspifäl, äaspitäl) > hospital hat die form aspiri 
(neben asfitri) eingewirkt, welche wiederum auf tamul. dspettiri (teluguisch astpatyi, 
asipitri) zurückgeht. Kamanding (neben kamänding) > commanding \ehnt sich 
wohl an kamandar (neben kamändar) > commander an; in liftan (neben Jiffan, 
liftan, liftant, léftant, léftanat) > lieutenant mag f ein folgendes ¢ begünstigt 
haben. 

Dem engl. ¢, d vor r (er) entspricht zum theil tamul. ¢ vor 7 oder o, z. b.: 


tarkku > drug 
tiretars traders 
hıri tree 
frayal trial 
farstu trust 
mällirimani matrimony 
kuvätret quadrale 
mäftars mattress 
aavittar writer 


weap 


304 Miscellen 


lifigeri literary 
Metoas, Mafvac Madras 
patlao butter ; 
zum theil aber, vielleicht weniger häufig, ¢ vor 7 oder g, z. b.: 
tiren > drain 
lirevi drawee 
trayal trial 
inturular intruder 
stireikkin striking 
tind-pek draw-back 
tigaptu draft 
tipdnsipmentu transhipment 
lu iippu troop 
Matyat Madras 
eksti.aktfu extract. . 


Vereinzelt ist befremdlicherweise o für engl. tv, dr: kangaf (neben Zanti.akfu) > 
contract. 

Wir fragen zunächst, ob wir dieses schwanken zwischen 7, d und ¢, d im 
Anglo-indischen auf eine verschiedene auffassung des englischen lautes zurück- 
führen sollen. Man könnte erwarten, dass wenn engl. £, d sich nicht vollständig mit 
ind. 4 d deckt, sondern davon in der richtung auf ind. 4 d etwas abweicht, es 
dann und wann durch dieses wiedergegeben werde. Und ebenso könnte man 
darin, dass engl. 2% in den indischen sprachen zwar gewöhnlich als 2, d, aber nicht 
selten auch als /@ erscheint, eine bestätigung der oben in frage gestellten verschieden- 
heit zwischen der artikulationsstelle von engl. ¢# und der von ind. ¢, @ erblicken. 
Auf den letzteren punkt lasse ich mich deswegen nicht ein, weil die zahl der 
anglo-dekkanischen formen, in denen ich engl. #4 wahrnehme, eine zu beschränkte 
ist; ich bemerke nur beiläufig, dass ich geneigt bin, in fällen wie d# (neben di) 
> the, tarfi (neben Larti) > thirty, fartin (neben tartin) > thirteen umgekehrte 
sprech- oder schreibweise anzunehmen. Was die vertretung des engl. #4, d durch 
ind. 4 d anlangt, so kann sie im wesentlichen nicht auf rechnung der oben ange- 
gebenen ursache kommen. Wir finden sie unter ganz bestimmten bedingungen, 
vor allem bei folgendem 7. Mit beschränkung auf diesen hauptfall legen wir 
uns die weitere frage vor: haben wir es hier mit einer anpassung an indische 
lautverhältnisse zu thun? Ich vermag nicht einzusehen, warum im Hindustanischen 
engl. fr, dr oder fr, dr zu tr, dr geworden wäre; im Hindustanischen ist das 
erste zulässig, das zweite ganz gewöhnlich. Das verhältniss der anglo-tamulischen 
formen zueinander ist nicht ganz leicht zu bestimmen; es wird hier nicht nur 
der englische verschlusslaut, sondern auch das engl. ~ auf doppelte weise darge- 
stellt. Die von Caldwell s. 25 erwähnte thatsache, dass ¢ »is not pronounced 
at the beginning of any word in Tamil, like the other surds; its sound is too 
hard and rough to admit of its use as an initial«, kann hier desshalb nicht in be 
tracht gezogen werden, weil engl. ¢, d- regelmässig als tamul Z- auftritt. Es 
bleibt nur übrig, den grund für das schwanken des Anglo-indischen zwischen 4 
d und 4, d vor r im Englischen selbst zu suchen. Nun scheint auf den ersten 
blick 4, @ durch die nachbarschaft von r in ganz besonderer weise begünstigt zu 
werden. Wilson hatte in seiner Sanskritgrammatik gesagt: »We write but one 
¢ and one d, but their sounds differ in such words as trumpet and tongue, drain 


H. Schuchardt, Beiträge zur kenntniss des englischen Kreolisch 305 


and den, in the first of which they are cerebrals, in the second dentals.« Hierzu 
bemerkt Caldwell s. 36: »There is no doubt, I think, that the sound of the 
English ¢and d, in such connections, is slightly lingual, and also this semi-lingual 
sound is developed through the influence of the contiguous vr. The case would 
be stronger, however, I think, if > preceded the dental or nasal, instead of follow- 
ing it, and if the vowel preceding r were long, not short. Thus the sounds 
t, d and », in the English words mart, yard and barm, seem to me to have more 
of the character of the Indian linguals than in ¢veempet and drain.« Ich glaube 
nicht, dass engl. ¢, d irgend sonst mit mehr berechtigung durch ind. ¢, d vertreten 
wird, als in Zry, dry u. s. w., wie diese wörter nach der herrschenden aussprache 
lauten. Aber neben dieser herrschenden aussprache besteht eine andere, welche 
sich über einen nicht unbeträchtlichen theil des englischen sprachgebietes aus- 
breitet; ihr zufolge ist 4 @ gerade vor r dental. Ausführlich darüber handelt 
Ellis a. a. 0. s. 1239 f.; ich hebe folgendes heraus: »D and ¢ in connection with r 
receive a peculiar dentality all over Ireland. This dentality is not noted in conjunction 
with any other letter but 7, either immediately following, as in dr-, ¢r-, or separated 
by an unaccented vowel, as -der, -ter, the r being of course trilled..... .. We 
shall find that dental (4, @) occur frequently in English dialects, but always and only 
in connection with 7, probably (7) under precisely the same circumstances as the 
Irish dental...... It commences further south in England, in Cumberland, Westmore- 
land, Yorkshire, Lancashire, Peak of Derbyshire, etc. How did it get into Irish- 
English? It is believed to be Celtic, but I am not sufficiently acquainted with 
Celtic usages, or the English customs of Scotch and Welsh Celts in speaking Eng- 
lish, to form any opinion. Another question rises: is the Irish dentality the same 
as the Indian, French, and dialectal English?« Es werden dann die nachrichten über 
das irische ¢, @ vor 7 zusammengestellt; sie stimmen nicht ganz miteinander überein. 
Patterson schreibt: dikram, scoundthrel, tthrade, matther u. s. w. Ich vermuthe, 
dass wir es hier mit keltischen einflüssen zu thun haben: irisch 4 @ ist immer 
vorderes (ob postdentales oder interdentales, lasse ich dahin gestellt sein); wenn 
es nur in der stellung vor 7 ins Englische übergegangen ist, so muss dies daran 
liegen, dass auch das irische » immer ein vorderes ist und ein solches wenigstens 
nach ¢, d im Iro-englischen blieb; beide laute stützten sich also, während sie 
vereinzelt den englischen platz machten. Temple verweist zu dekkan. ’r, dr 
> engl. fr, dr auf diesen irismus und auf die aussprache von engl. Zrembdle. 
Indem nun die Indier das engl. 4 @ vor 7 gewöhnlich als ein hinteres, nicht selten 
aber auch als ein vorderes hören, sprechen sie es selbst bald auf die eine, bald 
auf die andere weise aus. 

Mit alle dem habe ich nichts anderes gewollt als den gang von unter- 
suchungen andeuten welche nur auf grund weit vollständigeren materials und nur 
in Indien selbst zu sicheren ergebnissen führen können. Man möge eine solche 
bespiegelung der sprachen ineinander nicht zu gering halten; sie besitzt zum 
mindesten einen methodischen vorzug: wir brauchen nicht abzuwarten, dass sie 
von selbst eintritt, wir können sie innerhalb gewisser grenzen willkürlich herbei- 
führen, wir können mit andern worten experimentiren und so die sprachwissen- 
schaft, d. h. die wissenschaft von der sprachgeschichte einer gruppe von: wissen- 
schaften annähern, in die man sie etwas voreilig hat einbeziehen wollen. 


Graz, August 1889. H. Schuchardt. 


"3lbing, Englische studien. XV. 2. 20 


306 Miscellen 


BEITRAGE ZUR ERKLARUNG UND TEXTKRITIK ALT- UND 
MITTELENGLISCHER DENKMALER. 


UU. 
4. Old English Homilies, second series. 
ed. Morris. —- E. E. T. S. 53. 


(Vgl. Stratmann, Engl. St. II. 120. Krüger, Sprache u. dialekt der 
me. homilien in der hs. B. 14. 52. Trin. Coll., Cambr. Erlangen 1885). 

33, 24 ff. Adam pe ferde ut fram pe fulle edinesse of paradis. in to pesst 
wrecheliche hateringe of pisse worelde. Durch wrecheliche hateringe wird das 
defectus von z. 23 wiedergegeben. Morris übersetzt es mit , wretched state“; 
in den Notes, p. 235 schreibt er: ,hateringe (? hatienge, see p. 177,1. 4) = hate 
fulness, misery, as opposed to edinesse, 1. 24°. Es gehört nicht, wie Mätzner 
in seinem wörterbuche sub verbo vermutet, zu schott. As4er, sondern hat ein 
unorganisches 4 und ist = ae. d&£orung ‘ermattung’, verbalsubstantiv zu ae. diorian 
‘deesse, deficere, ermatten’, das noch p. 29, 26 in der 3. sgl. ind. praes. als aäered 
‘faileth’ erscheint, vgl. Stratm.® p. 10a. 

37, 8 v. u. senibhakel, von M. durch „cloak“ übersetzt, steht doch wohl 
für szidhakel ‘stutzmantel’, zu me. sab “stutzen’, gehörig, ne. » sre. 

47, 4 v. u. On ure helendes lichame widuten sene gibt das vorhergehende 
In Christo enim corpus wieder, weswegen auch für Adendes sicher Aelende 
zu lesen ist. 

61, 3 f. De habbed Zo sinnes don heisst nicht „who have to do those 
things“ sondern: ‘who have done those sins’. 

63, 14 f. De sume of his sinnes forleted. and sume et-heled übersetzt M.: 
„Who forsaketh some of his sins and conceals others“. Dadurch wird aber nicht 
der richtige gegensatz zu forleted gegeben; wir haben einfach e£-Aelded zu schreiben 
nach z. 17: Jat we ne alhelde none on ure heorte. In der übersetzung wäre dar- 
nach „conceals* durch ‘retains, keeps back’ zu ersetzen. 

ib. letzte zeile. derue bie we bunden of wider fulnesse . and gif beden hem 
bote. Ergänze we vor deden. 

67, 10 f. ete nu leinte mete. and enes 0 dai and euene fille. Die beiden 
letzten worte bedeuten nicht „at evening let it eat its fill“, sondern ezene ist 
arljectiv in der bedeutung ‘recht, richtig’. 

ib. 9 v. u. Ze was. and wurh.and nu is. Lies wurd st. wurh. 

G1, 18 8. prestes we shewed us panne seien hem ure...sinnes. Erginze 
we vor seien. 

95, 15. and alle hie bien faire him pe pe husel underfod . ac two peroffe 
ben swiche pat no man ne mai underfo . him seluen to hele bute he haue here oder 
on him. Als object zu znderfo ist natürlich nur Ze husel zu denken, nicht „the 
others“ wie M. mit bezug auf das vorhergehende wedes ‘garments’ in klammern 
ergänzt. Dies ergibt sich auch aus den letzten zeilen derselben seite: Vo man 
pe sineged haued ne mai widuten pus wedes holi husel underfon? bute to eche 
harme etc. 








F. Holthausen, Beiträge zur erklärung u. textkritik alt- u.me. denkmäler 307 


97, 20 ff. Ure louerd pe us bit to pis gestninge . and bringe us to his holi 
feis and to his holi blod and leue us hem to bruken . and pus quedinde. Streiche 
die and vor dringe und vor pus und verbessere in dringed und leued. 


107, 2 f. Vnus quisque traitur 4 concupiscencia sua. ab- 
stractus et illectus . ech man beod bi sleht of his agene lichames luste. M. 
übersetzt deod bi sieht durch „is [tried] by slight‘ und bemerkt p. 242 unten: 
„steht = sleight. The more ordinary form is sle2?, sleizp, sleiht“. Aber offenbar 
übersetzt es das lat. trahitur abstractus et illectus und ist das part. 
praet. von dislecken oder bislecchen, vgl. ae. gesleccan, as. slekkian ‘stumpf, schlaff 
machen, schwächen’, sowie ae. aslecte ‘dissolverat’ in Wright-Wülker’s Vocab. 
385, 30 und slecken bei Stratm.? 507. . 


123, 6 f. hwile chele . wile hete. hwile hunger . wile Burst. hwile chele . 
hwile unhele. Das zweite chele ist nicht, wie M. am rande bemerkt ,repeated in 
Ms. by mistake* und deshalb in der übersetzung auszulassen, sondern bloss unter 
dem einfluss des vorhergehenden chele ‘kilte’ verschrieben für Aele ‘gesundheit’, 
wozu unhele der gegensatz. Vgl. fram hele in unhele OEH. I, 155, z. 7 v. u. 


139, 9. Ne forte cum aliis predicaret reprobus ipse fieret. 
For pat he ne wolde noht mis leued penne he men lerde. Eirgänze ben hinter mis- 
leued ‘reprobus’, vgl. misleven ‘discredit’? Stratm.® 398b. M. übersetzt unrichtig 
„live amiss“. 

145, 6 v. u. and wet man him sholden on pis woreld abuten wunien. M. 
fügt am rande zu wei fragend Ze und übersetzt: „and how men should live to 
him in this world“. Aber wet ist = Awet, hwat; wet man = ae, hwet manna 
‘was für menschen’; Aim und aduten gehören natürlich zusammen. Die über- 
setzung sollte lauten: ‘what people should live about him’. 


155, 24. and Danne folkes lorpeawes his sed sowed, 1. lorpeaw, vgl. OEHom. 
1. Ser. p. 135, 1: Denne Dezs folkes larpew his sed wule sawen. Das angehängte 
es ist offenbar eine gedankenlose wiederholung der vorhergehenden endung. 


163, 25. For de lewede man wurded his spuse mid clodes more pane mid 
him seluen. Streiche das zweite mid. | 

179, 27 ff. Nascimur in dolore..... On sore eche we hider cumen. 
Dies übersetzt M.: „In sorrow we each came hither.“ Natürlich ist ecke = ae. 
£ce ‘schmerz’, ne. ache, und die stelle bedeutet, dem lat. entsprechend: ‘In sore 
ache we come hither’. 

183, 11 f. hie Zenched fastliche par-offe to witen. Das adverb kann nach 
dem ganzen zusammenhange nur zu Zar-ofe to witen gezogen werden, und muss 
‘fast, quickly’ bedeuten: die seele denkt schnell davon zu gehn. Morris übersetzt 
unrichtig: „she continually purposeth to go therefrom‘. | 

ib. 16 finden sich von Jat bis time in z. 21 — was der herausgeber nicht 
bemerkt hat —- 10 regelmässige paarweise gereimte viertreffer: 

pat me was leof, hit was pe lod, 
‘pu ware a sele, gief ich was wrod ; 
to gode fu ware slau and let, 
and to euele spac and hwat; 
5 al pat god het, pe puht andsete, 
pat forbode pe puhte swete. 
suele wurmes mote pe chewe, 
20* 


308 Miscellen 


swo wo pe be, pat tu ne? rewe! 
Jor pine gulte ishal to® pine — 
ro rote mote fu io time! 

Die verse stimmen nur in einzelnen gedanken und wendungen mit den 
übrigen me. poetischen reden der seele an den leichnam (vgl. Varnhagen, Anglia II, 
225, III, 570 u. 597) überein, zeigen aber mit keinem dieser gedichte nähere 
verwandtschaft. 

ib. 21 f. Dus wared pe sowie Pe licame. for pat hit haued Par after 
ierned. Das letztere übersetzt M.: „it hath yearned after it.“ Aber wir müssen 
doch wohl zerned als ptcp. praet. von z-ernen = ae. ge-earnian ‘to earn, deserve, 
merit’ fassen und die stelle widergeben: ‘it hath merited accordingly’, wie M: 
Notes p. 250 fragend vorschlägt. 

187, 6 £. for Zi wilen segen cow. Lies wile ic st. wilen, vgl. 1. Ser. p. 151, 
15 v. u. per fore hit is god pet Mon ow segge. 

ib. 12 f. Ze louerd saint N., als einer der 12 apostel ist nicht Nathaniel, 
vgl. Engl. stud. XIV, s. 399 unten. 

195, 5 ff. Jat is smegh oder man to bicharren . and to bi-swiken and his 
azene wille to fremen. Alse pe fox pe mid his wrenches walt oder deor! and haued 
his wille perof ist ein interessantes zeugniss fir das bekanntsein der thiersage 
in England. 

ib. 20. Jane he bed of harme offered heisst nicht „when harm is offered 
her“, wir M. übersetzt, sondern: ‘when she is afraid of harm’. 

197, 2 f. al pat muchele husshipe! pe him sholde heren. M. fasst letzteres 
= ae. Aprian, ‘honour’; ich glaube es aber richtiger — ae. Aieran, hyran, ‘hear, 
obey’ zu nehmen. 

199, 17 f. and eche lif us biget gif we it here ofernid. M. will diget in 
bihet ‘promised’ ändern, während es ‘doch als praet. von digiten (ae. digeat) einen 
ganz guten sinn gibt. Ich übersetze also: ‘and got (gained) us eternal life’. 

ib 18 f. hercnid here gal kann nicht bedeuten „hear the devil’s charming‘, 
sondern ‘its charming’, nämlich der z. 14 erwähnten werses lore, worauf sich here 
beziehen muss. 

2ll, 15. swinch pe lichame wird übersetzt: „the body toils“, indem M. 
s. 252 unten swinch als fehler für swinched erklärt. Aber der zusammenhang und 
die wortstellung verbieten diese auffassung; swizch ist vielmehr substantiv, = ae. 
geswinc, Pe lichame dativ. Es bedeutet also: ‘toil to the body’. Auch die 
interpunktion ist zu ändern: ‘unprofitable for the soul, and toil to the body; 
thigh...... , 

213, 14 f. and buwed wenliche . Pe bed bispeke ewebruche and oder unriht 
inoh. M.’s tibersetzung: ,(and they incline pleasantly to these vices) which are 
named adultery; and other numerous wrongs —“ trifft schwerlich das richtige. 
Ich möchte Ze in Jer ändern und übersetze: “and they turn pleasantly (thither) 
where are bispoken adultery and other numerous wrongs’. 

215, 24. minezed pat me niwe clodes oder elde bete. M. hat niwe als adjektiv 
-genommen und ein verbum ergänzt, indem er übersetzt: „that they should find 
new cloths“. Aber es ist offenbar, wie dete, die 3. sgl. opt. praes. von ae. 
niwian ‘erneuern’, und wir haben also zu übersetzen: ‘that one should renew 
cloths’. 


1 we. 2 me. ° nu to. 


V. F. Janssen, Shakespeare-miscellen 309 


219, 9 f. he nemnede hire cun to more. M. übersetzt „he compared“; wir 
haben wohl zemnede = ae. ge-efnode zu lesen. 

ib. 16 f. Alse sprond word pe laste man isib pe formeste. In einer fuss- 
note versucht M. die besserung: „?Alse sprong [man of his elderne and] word, 
etc.“ und übersetzt: „so sprang |man from his elders, and] the last man shall be 
akin to the first“. Jedenfalls steht sprond für spromg, wir brauchen jedoch nichts 
zu ergänzen, wenn wir word in vord = ford ändern. Dies würde heissen: ‘so 
sprang forth the last man akin to the first’. 


5. An Old English Miscellany 
ed. Morris. — E. E. T. S. 49. 


33, 7 v. u. fo pet hi wel euen . po seide fe lord ist wohl zu bessern: fo 
De hit vel euen: ‘als es abend wurde’. 


6. The Life of St. Katherine 
ed. Einenkel. — E. E. T. S. 80. 


12, v. 220. Jch walde, king, greten pe 
zef pu understode 
$ he ane is to herien. 
Für ¥ (druckfehler?) ist offenbar 2 (fat) zu schreiben. 
56, 1186. Mes nawt iteiet to Be treo 
per he deide upon, to drahen 
buten fleschtimber. 
Ich möchte nicht mit E. “& drahen als infinitiv „to suffer“, sondern als 
part. praet. in apposition zu %e nehmen, und übersetzen: ‘that he died upon, 
drawn asunder’. 


Göttingen, Nov. 1888. F. Holthausen. 


SHAKESPEARE-MISCELLEN. 


1) ZU LLL V, 1, 27 ff. 
Holofernes sagt nach QF an dieser stelle: 

. tt insinuateth me of infamie: ne intelligis, domine? to make frantic, 
lunatic, infamie ist von Theobald in tzsanze geändert; aber auch so ist mit den 
worten 2 insinuateth me of i.“ nichts anzufangen. Man hat den fehler bisher an 
falscher stelle gesucht, er steckt nicht in me oder of, sondern in insinuateth. 
Holofernes sagt von der ,abscheulichen* aussprache des Armado: ,/¢ imsaniateth 
me“ und fügt erklärend hinzu „of insanıa“ („von insania*), „io make frantic, 
lunatic’, — Nun kann man die folgenden worte „Bor, bon, fort bon, Priscian a 
Little scratched, ’twill serve“ auf Holofernes’ kühne neubildung beziehen und be- 
darf nicht der Theobald’schen änderung. 

Zu „insaniate“ vgl. Armado’s „infamonise“ V, 2, 684. 


2) LLL IV, 2, 26—34. 


Diese worte spricht nicht Nathaniel, wie bisher angenommen, sondern 
Holofernes. Legt schon der plötzliche übergang in prosa v. 26 die vermuthung 
nahe, dass hier eine neue rede beginnt, so macht es ein vergleich dieser rede mit 


310 Miscellen 


der sonstigen ausdrucksweise des Holofernes und Nathaniel unzweifelhaft, dass 
Holofernes hier spricht. Offenbar ist Ho (in He verschrieben?) vor He hath (26) 
übersehen worden. 

3) ZU GENTL. I, 1, 117 fl. 


Der überlieferte text ist sinnlos. Speed’s worte v. 120 f. beweisen, dass 
folgendes voranging: Prot. But what said she? Speed. She did nod. rot. (der 
not versteht) What did she not? Speed. (der „What, did she nod?* verstanden 
haben will) Ay. rot. Not — Ay — why, that’s nothing. Nun ist alles (auch 
v. 122) in bester ordnung. 


4) ZU GENTL. IV, 2, 5 f. 

Hier heisst es: Silvia is too fair, too true, too holy, to be corrupted wilh 
my worthless gifts. gifts (= faculties) ist verschiedentlich verdächtigt worden. 
F. bietet die form guifts Vermuthlich schrieb Sh. shifts, ein in geesfts leicht 
umzuwandelndes wort. 

Kiel, October 1890. V. F. Janssen. 


II. 


DIE CONFERENCE ON THE TEACHING OF MODERN 
LANGUAGES IN CHELTENHAM AM 11. UND 12. APRIL 1890. 


Wenn ich, nachdem schon meine Phonetischen studien (IV, 132 ff.) einen 
bericht Ober die Cheltenhamer versammlung gebracht haben, hier nochmals auf 
diese zurückkomme, so muss das der geehrte herausgeber der Englischen studien 
verantworten. Dass es so spät geschieht, daran trage ich hingegen selbst die 
schuld. Als erster englischer neuphilologischer lehrertag verdient die Conference 
on the Teaching of Modern Languages aber wohl auch jetzt noch einige beachtung 
seitens der leser dieser zeitschrift. 

Die versammlung war veranstaltet von der 7eacher’s Guild, der Gramma- 
tical Society und W. Stuart Macgowan Esq., B. A., Cheltenham College, und fand 
im anschluss an die dritte jahresversammlung des erstgenannten über Grossbritannien 
und Irland weithin verzweigten vereines statt. Die verhandlungen der Teacher 
Guild nahmen den ganzen 10. April und den vormittag des 11., die der neusprach- 
lichen konferenz den nachmittag des 11. und den vormittag des 12. in anspruch. 
Die betheiligung auch an der neuphilologischen hauptsitzung belief sich auf mehr 
als 500 personen; die schlusssitzung war, wie dies zu geschehen pflegt, schwächer 
besucht. In dem neuphilologischen comite waren folgende anstalten vertreten: 
die universität Cambridge durch John Peile Esq., Litt. D., Master of Christ’s 
College, und Oscar Browning Esq., M. A., Fellow of King’s College; die Victoria- 
universität durch professor Kuno Meyer, Ph. D., University College, Liverpool; 
das South Wales University College in Cardiff durch professor Paul Barbier, das 
Mason College in Birmingham durch professor E. A. Sonnenschein, M. A.; Harrow 
School durch L. M. Moriarty Esq., M. A.; das Charterhouse in Godalning durch 
Mons. George Patilleau; endlich das Cheltenham College, in dessen stattlichen 
riumen die versammlung tagte, durch Rev. H. A. James, B. D. (Principal), 
W. M. Baker Esq., M. A. (Head Master of the Modern Department), W. R. 
Porcher Esq., M. A., und Mons. Paul Desages. Auch Mons. Paul Passy aus 


W. Vietor, Conference on the teaching of modern languages 311 


Neuilly sur Seine und der unterzeichnete wurden als geladene gäste dem comité 
zugetheilt. 

Die bezeichnung Conference on the Teaching of Modern Languages deutet 
schon an, dass sich die versammlung nicht mit fachwissenschaftlich-philologischen, 
sondern mit pädagogisch - methodischen fragen zu beschäftigen gedachte. Das 
programm wies fünf — nicht wie es bei uns brauch ist, vorträge, sondern fertig 
formulirte thesen und zu jedem derselben zwei, resp. drei redner auf. Dem ersten 
redner (opener) waren 20, dem zweiten (seconder) und dritten (sepporter) je 15 
und jedem sich an der diskussion betheiligenden 5 minuten als regel zur ver- 
fügung gestellt: eine einrichtung, die sich für unsere mit stoff nicht selten über- 
ladenen philologentage vielleicht zur nachahmung empfehlen liesse. 


Vier dieser fünf anträge bezogen sich auf den schulunterricht in den neueren 
sprachen und standen mit ausnahme des anders gearteten ersten durchaus auf dem 
boden der sogen. neuen methode. Die fünfte these hatte es mit einer andern 
reform, und zwar derjenigen des universitätsunterrichts in den neueren sprachen 
in England zu thun. Ich gebe die thesen im wortlaut wieder, begnüge mich 
aber im übrigen mit kurzen andeutungen, um nicht das in den Phon. studien ge- 
sagte einfach wiederholen zu müssen. ! 


These ı: »That Uniformity in the treatment of the grammar of the 
five School Languages is desirable«. 


Der redner, Rev. A. R. Vardy, M. A. (Birmingham) tadelt die grosse ver- 
wirrung, die in bezug auf grammatische bezeichnungen u. s. w. herrsche, und 
wünscht 1) in hinsicht der phonetik eine gemeinsame lauttafel für alle sprachen; 
2) gleichmässigkeit in der eintheilung der redetheile; 3) gleiche klassifikation der 
substantive, adjektive, pronomina und verba (jetzt 3 bis 9 klassen von pron. 
u. s. w.); 4) ebenso der modi (jetzt 3 bis 9). Es seien nicht sowohl neue 
termini zu erfinden als die besten unter den vorhandenen auszuwählen. — Als 
zweite rednerin sprach Miss Beale, Principal of the Ladies’ College, Cheltenham. 
Nach kurzer debatte wurde der antrag einstimmig angenommen. 


These 2: „That Phonetics should form the basis of the teaching of 
Modern Languages«. 


Als erster redner zu dieser etwas formidabel klingenden these erlaubte 
ich mir eine längere abschweifung, um der versammlung über die seitherige 
bewegung zu gunsten der phonetischen reform in Deutschland zu berichten. Nur 
zum schluss fasste ich die gründe zusammen, die für eine grössere berücksichtigung 
der gesprochenen sprache und eine bessere behandlung der lautlehre zu beginn 
des unterrichts sprechen. Monsieur Paul Passy unterstützte als zweiter sprecher 
nachdrücklich das von mir angedeutete auch durch mittheilungen aus seiner lehr- 
praxis, und Miss Laura Soames (Brighton) wies als dritte rednerin die noth- 
wendigkeit phonetischer aufklärung vor allem in betreff der muttersprache nach. 
Nach ebenfalls zustimmenden bemerkungen von Mr. Widgery, M. A. (London) 
und weiterer diskussion gab die majorität dem antrag ihre zustimmung. 

1 Das officielle protokoll der verhandlungen mit ausführlicher wiedergabe 
der hauptvorträge findet sich im Journal of Education nr. 251, June 1, 1890 
(einer zeitschrift, die über die vorgänge auf pädagogischem gebiete in England 
vortrefflich unterrichtet). 


312 Miscellen 


These 3: »That the Reading-book should be the Centre of Instruction 
in teaching a foreign language«. 

In dem zur vertheidigung dieser these gehaltenen vortrag führte Mr. Macgowan 
(der oben als mitveranstalter der versammlung genannt ist) aus, dass die grammatik 
als abstrakte todte wissenschaft .erst in eine konkrete form gebracht werden müsse, 
um für die schule leben zu erhalten: also keine grammatische regel ohne vor- 
heriges konkretes beispiel! Das lesebuch, welches den mittelpunkt des unter- 
richts bilden soll, muss nach der ansicht des redners folgende bedingungen er- 
füllen: 1) systematisch sein, d. h. eine methodische behandlung der grammatik 
ermöglichen; 2) das wichtige vor dem unwichtigen, das leichtere vor dem 
schwereren bringen; 3) ein sorgfältig gearbeitetes wörterbuch und 4) abgestufte 
englische stücke zum übersetzen in die fremde sprache mit benutzung der eben 
erworbenen grammatischen kenntnisse und vokabeln enthalten. Die benutzung 
des lesebuchs denkt sich der redner so: 1) lektüre eines sorgfältig präparirten 
textes unter leitung des lehrers; 2) erlernen eines kleinen grammatischen pensums, 
das sich aus dem gelesenen ergibt; 3) anwendung des gelernten in schriftlichem 
gebrauch.? — Die these wurde einstimmig angenommen. 

These 4: »That the value of Grammar, and the place it should occupy 
in the future teaching of Modern Languages, calls for immediate revision«. 

Der wie alle andern in englischer sprache gehaltene vortrag von prof. 
Paul Barbier (Cardiff) — als zweiter redner fungirte Mr. C. G. Steel, M. A. 
(Rugby School) — musste der vorgerückten zeit wegen abgebrochen werden. 
Mit dem vorgebrachten erklärte sich die versammlung einverstanden. 

Der letzte punkt der tagesordnung gelangte am vormittag des 12. April 
zur verhandlung, 

These 5: »That a proper supply of Teachers can be best obtained by 
establishing at our Universities an Honours Degree in Modern Languages, which 
shall adequately test a knowledge of the living languagec. 

Prof. Kuno Meyer ging davon aus, dass in England der neusprachliche 
unterricht vorwiegend noch in der hand von theilweise ganz inkompetenten aus- 
ländern liege, d. h. dem zufall überlassen sei. Es müsse an den englischen uni- 
versitäten gelegenheit zum gründlichen studium der neueren sprachen geboten 
werden. Viele grosse schulen hätten, den forderungen der zeit nachgebend, eine 
„modern side“ eingerichtet, was aber solle aus einem schüler dieser real- 
abtheilung weiterhin werden? Es bleibe ihm nichts übrig, als eine aus- 
ländische universität zu besuchen. Oxford habe seine Taylor scholarships 
und Zeachers, aber keinen vollständigen neusprachlichen kursus. An der 
Victoria - universität könne man es nur zu einem pass degree bringen. 
Ein Londoner M. A. in zwei modernen sprachen sei allerdings möglich, aber 
wieder fehle es an dem nöthigen unterricht. Nur Cambridge habe eine art ver- 
such gemacht, Französisch und Deutsch zur würde des universitätsstudiums zu 
erheben; aber das lehrpersonal sei durchaus unzureichend und der Aledieval and 
Modern Languages Tripos mehr medieval als modern. Nöthig sei akademische 
unterweisung in phonetik, vergleichender philologie, sprachgeschichte, litteratur, 
schriftsprache und gesprochener sprache mit ihren varietäten — in der form eines 
methodischen und umfassenden Honours Course. — Nachdem noch prof. Sonnen- 


1 Der vortrag ist gedruckt in Phon. studien IV, 83 ff. 


H. Klinghardt, Die genet. erklärung sprachl. ausdrucksformen i.unterricht 313 


schein als zweiter redner fiir die these eingetreten war und andere dazu das wort 
genommen hatten, fand dieselbe die einstimmige billigung der anwesenden. Wieder- 
holt gab sich in der diskussion die ansicht kund, als ob alle die vom redner 
geschilderten idealzustinde bei uns in Deutschland bereits verwirklicht wären und 
wir nicht auch noch die schwierigkeit empfänden, die forderungen der wissen- 
schaft und der praxis, des historischen und des modernen in vollen einklang mit 
«einander zu bringen. 

Recht fortschrittlich ist es jedenfalls für unsere deutschen begriffe, dass in 
dem konservativen England nicht allein »nicht akademisch gebildete« lehrer bis 
hinunter zum volks- und vorschullehrer, sondern wirklich und wahrhaftig auch 
damen an solchen verhandlungen theilnehmen und auch als redner mit nichten 
hinter andern leuten zurückstehen. Gleich aber ist — und darüber darf man sich 
freuen — diesseits und jenseits des kanals das grosse interesse, das allen auf die 
verbesserung unserer neusprachlichen unterrichtsweise bezüglichen fragen entgegen- 
gebracht wird. 


Marburg, Dezember 1890. W. Vietor. 


DIE GENETISCHE ERKLÄRUNG SPRACHLICHER AUS- 
DRUCKSFORMEN IM UNTERRICHT. 


(Vgl. E. st. XIV, p. 95—122 und p. 457—461). 


Auch von herrn dr. Teichmann in Aachen, den lesern der Anglia durch 
seine arbeit über die „Stabreimzeile in William Langlands buch von Peter dem 
Pflüger* (Anglia N. F. I p. 140—174) bekannt, habe ich beiträge zu der von 
mir unter obenstehender überschrift veröffentlichten abhandlung erhalten, welche 
ich mir nach eingeholter erlaubniss des herrn verf. nachstehend abzudrucken 
gestatte: 

„Die unter 18 besprochene individuelle ausdrucksform ZAe deaten track 
möchte ich in abweichender weise erklären. 

Der von den hufen der pferde öfters getroffene boden wird locker wie 
gartenerde, was man an den reitwegen sehen kann, und ist für fussgänger und 
«len wagenverkehr gleich unbequem. Jene finden dort in der trockenen zeit so 
- viel staub und bei feuchtem wetter so vicl schmutz, dass sie es vorziehen, neben 
der reitbalın zu gehen; die wagen aber sinken ein und lassen tiefe spuren zurück. 
Anders sieht dagegen die oberfläche des bodens aus, über den eine grosse schaar 
von menschen (eine lange prozession oder eine abtheilung soldaten) im lang- 
samen, festen schritt gezogen ist. Die strecke, die soeben noch holprig und 
voller furchen war, ist glatt und fest geworden. Hatte gerade der regen die erde 
aufgeweicht, so dass sie sich wie feuchter thon formen liess, so war sie nach 
dem vorübermarsch der schaaren glänzend, glatt und dicht wie die geschlagene 
tenne oder wie der estrich. In unsern tagen besteht der fussböden der wohn- 
stube nur in ganz armen gegenden aus der glatt geschlagenen erde oder aus 
estrich; im mittelalter aber lagen die verhältnisse anders. Denton in: England 
in the fifteenth Century (London, Bell and sons, 1888) schreibt s. 44: „The 


3 I 4 Miscellen 


superior class of houses in the country districts consisted of a large room open 
to the roof. The earth on which they stood was their own floor“ und 
fährt, nachdem er die einrichtung des schlafzimmers beschrieben hat, s. 45 fort: 
„If, however, there happened to be more persons in a house than this single 
bedroom would accommodate, the hall, if distinct from the bedroom, was used 
for this purpose. In such case a supply of fern leaves, or a sack filled with 
straw, or a litter of hay, was thrown down at night time on the earthen 
floor of the room where the guests had supped. Such was the accomodation 
provided even in royal places for the lords who waited on the King*. Der vor- 
gang, wie der boden durch schlagen mit blattförmigen brettern geebnet und fest 
gemacht wird, war in früheren jahrhunderten in England allgemein bekannt, und 
aus der wahrnehmung der ähnlichkeit eines benutzten, glatten weges mit dem 
aussehen der tenne oder des estrichs ist die ausdrucksform ¢he beaten track her- 
vorgegangen, in welcher deatex nicht die art und weise, wie der weg entstanden 
ist, bezeichnet, sondern den zustand desselben durch ein geläufiges bild an- 
deuten soll. — 

Hiernächst sei mir der versuch gestattet, die individuelle ausdrucksform 
to leave no stone unturned zu erklären. 

Eine lieblingsbeschäftigung der knaben ist das angeln. Ehe sie aber an 
den fluss oder bach gehen, dem sie zahlreiche bewohner zu entreissen hoffen, 
eilen sie in den garten, wo die erde unter vielen grossen und kleinen steinen 
selbst in den sommermonaten, der eigentlichen angelzeit, feucht bleibt und den 
geeignetsten köder, die würmer, birgt. Zuerst werden die als beutereich be- 
kannten oder verdächtigen steine umgewälzt. Bringt das erste suchen einen 
reichen ertrag, so lässt die fieberhafte freude über den glücklichen fund die knaben 
nicht ruhen, bis stein nach stein umgedreht und ein vorrath gesammelt ist, der 
über den voraussichtlichen bedarf hinausgeht. Waren aber die ersten versuche 
erfolglos, so wird erst recht nicht gerastet, bis vom letzten stein innerhalb des 
bereiches die dunkle, feuchte seite nach oben gekehrt worden ist. In dem einen 
wie in dem andern falle bleibt kein stein in seiner ursprünglichen lage. Wenn 
man nun bedenkt, dass in dem wasser- und fischreichen England gross und klein, 
jung und alt dem vergnügen des angelns mit leidenschaft obliegen, so dass 
manche sich selbst bei den reisen auf dem kontinente diesen zeitvertreib zu ver- 
schaffen suchen; wenn man ferner erwägt, dass die vorfahren keinen künstlichen 
köder kaufen konnten, sondern selbst die lockspeise unter den steinen hervor- 
holen mussten, so wird man sich ein bild von dem eifer machen können, der 
bei diesem suchen geherrscht haben mag. Es ist daher leicht begreiflich, wie 
das rastlose wenden jedes steines im abgegrenzten bezirk als treffendes bild zur 
bezeichnung einer thätigkeit gebraucht wurde, die alle erdenkbaren mittel zur 
erreichung eines zieles anwendet. So wirft auch die ausdrucksform fo leave no 
stone unturned licht auf eine seite des englischen volkslebens. 

Ich kann nicht anders als herrn dr. Teichmann in beiden fällen zu- 
stimmen. 

Doch möchte ich mir zu the deaten track of life noch einen hinweis auf 
einige französische, dasselbe bild bietende ausdrucksformen gestatten. 

Bei L,ittre& finden wir unter dattre: battre le pavé = aller et venir rans 
but, sans occupation ; battre le chemin == rendre le chemin praticable; und ferner 
unter daltu : battu == foulé (le sol battu par les pieds; chemin battu = chemin 


H. Klinghardt, Die genet. erklärung sprachl. ausdrucksformeni. unterricht 315, 


frequente. Yliernach schliesst franz. dafre auch den begriff des „stampfens* in 
sich und es liegt nahe anzunehmen, dass die englische ausdrucksform mit deater 
dem französischen fertig entlehnt wurde und sich sonach allerdings ursprünglich 
auf die „art und weise, wie der weg entstanden ist“ bezieht. Ob der Engländer 
„beaten“ noch im ursprünglichen französischen sinne empfindet, ist eine 
andere frage. 

Von Jespersen erhielt ich s. z. eine postkarte mit folgender äusserung 

(deutsch): . 
„Mit grossem interesse habe ich heute Ihre abhandlung über „Die gene- 
tische erklärung etc’* gelesen. Ich stimme Ihnen im prinzip bei, obgleich ich 
einige erscheinungen anders auffassen möchte. Der erste abschnitt war mir der 
werthvollste. In 1. glaube ich doch, dass Sie der betonung zu vieles zuschreiben ; 
zu 2. möchte ich bemerken, dass Western wohl nicht der erste ist, der die 
sehr nahe liegende erklärung gefunden hat, vergl. meine grammatik § 30 und 
wohl auch andere. In „do show me the letter !* ist show sicher infinitiv, historisch _ 
betrachtet. Die Engländer schreiben auch nicht do, sAow...., und sie sprechen 
„duw - fou - mi“, nicht mit devel stress. Ist „get the trick of it* (p. 116) 
wirklich englisch? — Sie scheinen mir nicht genug gesondert zu haben zwischen 
solchen phrasen, die in England gang und gäbe sind, und solchen metaphern 
u. drgl., die der verfasser fiir den augenblicklichen behuf schafft*. 

Hierzu bemerke ich, dass meine siimmtlichen „erklärungen“ aus der unter- 
richtspraxis heraus erwachsen, nicht auf wissenschaftliche spezialstudien gegründet 
sind; d. h. ich habe hinreichend lange jahre mich historischen syntaxstudien gewidmet 
und bin von der universität bis auf den heutigen tag dem allgemeinen gange der 
sprachwissenschaft mit so lebendigem interesse gefolgt, dass ich mich für be- 
rechtigt halte, im unterricht, wo wir ein bedürfniss vorzuliegen scheint, meinen 
schülern erklärungen zu geben, die wohl für mich innere wahrscheinlichkeit be- 
sitzen, die aber bisher weder von mir noch — soweit meine kenntniss reicht — 
von andern einer erschöpfenden spezialforschung unterworfen worden sind. Und 
so nehme ich allerdings für meine unter A, 1 gegebene erklärung die anerkennung 
in anspruch, dass dieselbe als an sich „plausibel“ gelten dürfe, auch habe ich 
die zusammenstellung fünf verschiedener eigenartiger erscheinungen unter einen 
einzigen, selbst dem schwächsten schüler leicht einleuchtenden gesichtspunkt 
didaktisch sehr wirksam gefunden, sodass ich es aus diesem grunde recht be- 
dauern würde, wenn sich meine auffassung nicht, oder wenigstens nicht in vollem 
umfange halten liesse. Allein Jespersen ist in höherem grade als ich sprach- 
“ forscher, und so liegt es mir fern, ihm gegenüber unbedingt auf meiner darstellung 
der sache zu bestehen. Vielmehr bin ich geneigt, seinen wissenschaftlichen „in- 
stinkt* höher zu schätzen als den meinigen, falls nämlich seine obige äusserung 
auf weiter nichts als einem solchen allgemeinen gefühl beruht. Hat er dagegen 
bestimmte gründe, so würde ich mich freuen, wenn er einmal bei gelegenheit 
die sache klar stellen wollte. 

Was Do show me the letter ! betrifft, so war ich mir allerdings deutlichst 
bewusst gewesen, dass mein komma zwischen do und show nicht dem englischen 
schriftgebrauche entsprach, aber die nationale interpunktionsweise, die allenthalben 
zwischen rhythmischen und logischen gesichtspunkten schwankt und überdies viel- 
fach von reflexionslosem gebrauch beherrscht wird, scheint mir keine massgebende 
instanz, und an der fraglichen stelle (A, 6) war das komma ein einfaches mittel, 


316 . Miscellen 


meine auffassung von der coordination der beiden verben anzudeuten.! Im übrigen 
würde es mir hier für die didaktische behandlung des gegenstandes kein fühl- 
barer verlust sein, meine bisherige unterrichtliche behandlung der erscheinung 
aufgeben zu müssen, da sich, mindestens für meine hiesigen schüler, die andere, 
J.’s duw - fou - mi entsprechende dialektische parallele: „ac du, t# - mr - doc - dain 
- brif tsaign!“ als gleich belehrend erweisen dürfte, 

„Z cannot get the trick of it* halte ich allerdings für ebenso englisch als 
„Z cannot get the knack of it“, ohne natürlich hier eine unfehlbarkeit in anspruch 
zu nehmen, die der vorsichtige gewiss nicht einmal bezüglich der muttersprache 
sich beilegen möchte. Die lehrer des Deutschen wissen hiervon zu erzählen. 

Rücksichtlich endlich der schlussbemerkung von Jespersen muss ich in 
der that gestehen, dass ich unter B im wesentlichen nur ausdrucksformen der 
nationalen und nicht der persönlichen sprechweise des verfassers habe erörtern 
wollen. Nur nr. 7 („Als courage was gradually oozing out at his fingers’ ends*) 
scheint mir nicht unter die erstere kategorie zu gehören, bedurfte aber m. e. um 
seiner besonderen eigenartigkeit willen einer erörterung mit den schülern. 

Indem ich hiermit den abdruck der an mich gelangten kritischen zu- 
schriften über meinen E. st. XIV heft ı veröffentlichten artikel abschliesse, 
spreche ich den herren verfassern desselben sowie herrn direktor Thum, dem 
verf. des gleichfalls auf meine abhandlung bezüglichen artikels, E. st. XIV s. 461 
—462, meinen dank für die dem gegenstande gewidmete beachtung aus, und er- 
laube mir gleichzeitig denselben der fortgesetzten aufmerksamkeit aller fachge- 
nossen zu empfehlen. Ich irre mich wohl nicht, wenn ich ihn einer solchen für 
ebenso würdig als bedürftig erachte?. 


Reichenbach i. Schl., November 1890. H. Klinghardt. 


DIE »NEUE METHODE«, IM LATEINUNTERRICHT SOWIE 
IM DEUTSCHUNTERRICHT DER VOLKSSCHULE. 


Im August d. j. veröffentlichte ich in der „Täglichen rundschau“ (Berlin), 
zufolge aufforderung der redaktion eine kurze darstellung der theoretischen ge- 
sichtspunkte wie der praktischen ausgestaltung der sogen. „neuen methode“ des 
sprachunterrichts. Dieser artikel brachte mir verschiedene freundliche zuschriften 


1 Für Klinghardt’s auffassung würden me. stellen sprechen, wie C. M. v. 
23159: Dos, fles, hepen, ye maledight! Vgl. zu Sir Tristr. v. 62 ff. E. K. 

2 Es genügt gewiss, wenn ich hier „unter dem striche* den lesern der 
Est. mittheile, dass ein herr H. Hupe sich zu dem seltsamen vorgehn gedrungen 
gefühlt hat, meiner in der Est. erschienenen abhandlung „Ueber die genetische 
erklärung etc.“ in einer andern zeitschrift, nämlich „Mittheilungen“, dem beiblatt 
der Anglia (nr. VIII, November 1890), eine kritische besprechung zu widmen, 
die meiner arbeit an länge nahezu gleichkommt (s. 234-245, kleiner und 
enger druck). 

Hier gelangt dieser herr Hupe zu folgenden persönlichen resultaten: „dass 
eine ausdrucksweise wie sie Klinghardt sich gegen Gesenius erlaubt, unwürdig 


H. Klinghardt, Die neue methode i. laut- u. deutschunterricht d. volksschule 317 


ein, in denen mir mehr oder weniger warme zustimmung ausgesprochen, 
wurde. 

Von besonderem interesse waren mir die mittheilungen eines seminar- 
lehrers, der schon vor einer anzahl jahre ein der neuen methode nah verwandtes 
verfahren beim lateinischen (privat-)unterrichte zur anwendung gebracht 
hatte. Ich bat darum den herrn verfasser derselben um die erlaubniss, seinen 
bericht hier zu veröffentlichen. Dieselbe wurde mir auch freundlichst gewährt, 
doch wünschte der urheber desselben ungenannt zu bleiben. 

Der sachliche theil seines briefes hatte folgenden inhalt: 

„Sie sagen in ihrer abhandlung, die muttersprache sei leider aus dem ersten 
fremdsprachlichen unterrichte nicht ganz fern zu halten, da man immerhin im an- 
fange doch übersetzen lassen müsse. Nach meinen erfahrungen in der lateinischen 
sprache ist das nicht nothwendig. Allerdings habe ich den versuch nur bei 2. 
privatschülern machen können, da ich eine klasse in einer fremden sprache nicht 
unterrichte. Bei diesen beiden knaben machte ich es mit vielem erfolge so, wie 
wir es in unsern volksschulen machen, wenn wir den eintretenden schülern, die 
bisher nur ihre mundart gesprochen haben, das verständniss und den gebrauch 
der hochdeutschen sprache vermitteln wollen. Ich besprach mit ihnen in freier 
rede solche gegenstände, welche sie gern hatten, gut kannten, und die ich zugleich 
in wirklichkeit oder doch im bilde mitbringen konnte, und verbannte auf diese 
weise nicht allein jeden schädigenden einfluss des übersetzens, sondern auch zu- 


ist; dass, wer einigermassen sinn für komik hat, sich [gegenüber einer von mir 
aufgestellten forderung] des lachens nicht wird enthalten können; dass der schwül- 
stige stil sich bei Klinghardt recht breit macht; dass der erfahrene leser sofort 
merken wird, dass der verfasser [meine wenigkeit] kein Englisch sprechen kann; 
dass Klinghardt die regeln bloss vom standpunkt des auswendiglernens betrachten 
zu wollen scheint und den lehrer gar nichts erklären lassen will, dass Klinghardt 
[bei der beurtheilung englischer spracherscheinungen] sich vom deutschen sprach- 
gefühl bzw. von seiner nächsten deutschen vorstellung leisten lässt [wird drei- 
mal wiederholt]* — von andern zahlreichen ausfällen ähnlicher art abgesehen. 

Eines mehreren, als dass ich die angeführte auslese hiermit niedriger hänge, 
bedarf es wohl nicht. 

Was den inhalt von herrn Hupe’s auseinandersetzungen betrifft, so wird 
mir niemand, der etwas davon gesehen hat, verübeln, wenn ich nach kenntniss- 
nahme seiner ersten seite mich nicht veranlasst fühlte, meine zeit an eine genaue 
prüfung der folgenden 10 seiten zu verschwenden. Aber auch nach einem nur 
flüchtigen blättern in denselben halte ich mich doch zu dem bestimmten urtheil 
berechtigt, dass der genannte herr die ganze tendenz meiner abhandlung überhaupt 
nicht erfasst hat. Und ferner hat sich mir bei nicht ganz wenigen stichproben 
ausnahmslos das resultat ergeben, dass derselbe in keinem falle den beweis von 
einem rechte, hier mitzusprechen, geliefert hat, — wohl aber vom gegentheil. 

Den lesern der „Mittheilungen* glaube ich eine antwort schuldig zu sein. 
Da ich mich aber unmöglich durch einen jeden, welcher druckerschwärze in an- 
spruch nimmt, zu einer zeitvergeudung nöthigen lassen kann, habe ich mir vom 
verleger und redakteur der Est. die erlaubniss ausgebeten, meinen in der Est. 
erschienenen artikel in den „Mittheilungen“ nochmals abzudrucken. So können. 
deren leser selber urtheilen. Meiner leitung dafür bedürfen sie nicht. 


318 Miscellen 


gleich das leblose buch aus dem ersten unterrichte so gut wie ganz und gar. 
Einige von den besprochenen gegenständen sind: das veilchen, die schwalben. 
das vogelnest, das pferd u. s. w. Die beschreibung eines jeden dieser gegen- 
stände umfasste zuerst nur 3 bis 5 kurze sätzchen, und selbstverständlich nur 
solche, welche in der lateinischen sprache gerade so gebaut sind, wie in der deut- 
schen. Ich sagte den schülern im anfange der stunde, dass wir jetzt z. b. das 
veilchen in der lateinischen sprache besprechen würden. nannte dann den namen 
und sprach ihnen den ersten kleinen satz ein oder anderes mal langsam und deut- 
lich vor. Die beiden knaben mussten ihn nachsprechen. Dann übersetzte ich 
ihn im zusammenhange, nicht aber wortweise, und liess die übersetzung als satz 
nachsprechen. So ging’s weiter, bis die kinder sämmtliche 3 bis 5 sätzchen nebst 
ihrer übersetzung auswendig wussten, was gewöhnlich in 10 bis 15 minuter 
fertig zu bringen war. Darnach mussten die knaben die ganze lateinische be- 
schreibung im zusammenhange sprechen und unmittelbar dahinter auch die deutsche 
ebenfalls im zusammenhange. Sobald beide dies konnten, schrieb ich die latei- 
nische beschreibung auf eine in meinem zimmer stehende wandtafel und liess 
dann lesen und übersetzen“. 

„Darauf mussten die beiden schüler die lateinische beschreibung sauber in 
ein heft schreiben, wodurch nach und nach ein erstes lesebuch entstand. Hierauf 
schrieben sie zum zwecke der einübung der schreibweise die lateinische be- 
schreibung nach dem gedächtnisse einige male auf ihre schiefertafel. Endlich 
wurden die ersten grammatischen belehrungen und übungen an den lesestoff ge- 
knüpft und der anfang zum ersten vocabelheftchen gemacht. Das ganze bean- 
spruchte für jeden gegenstand im ersten vierteljahr nur 2 unterrichtsstunden; so 
kurz wurde die beschreibung eingerichtet, damit in den knaben die lust rege 
blieb und das gefühl des könnens erstarkte. In der dritten oder vierten woche 
trat dann auch schon frage und antwort hinzu, und nach 10 bis 15 wochen griff 
ich zu kleinen beschreibungen, erzählungen, fabeln, märchen u. s. w., die ich mir 
aus verschiedenen sogen. übungsbüchern zusammensuchte, weil es damals, es war 
vor 8 jahren. ein zusammenhängendes buch (der art wie Pauli sextani liber noch 
nicht gab. Diese stoße behandelte ich dann ähnlich so, wie Sie es in der „Täg- 
lichen rundschau* schildern, die oben erwähnten rechtschreibeübungen und die 
anlage des vocabelheftchens führte ich aber auch in der folge ebenso weiter wie 
die nöthigen grammatischen übungen und belehrungen. Die klassiker behandelte 
ich in derselben weise und brachte die knaben mit gutem erfolge auf die unter- 
tertia des gymnasiums zu Münster. Sie hatten beide noch keine grammatik und 
auch kein übungsbuch in der hand gehabt, als sie in das gymnasium eintraten, 
konnten sich aber recht fertig mündlich und schriftlich ausdrücken“. 

Ob der lateinische unterricht geneigt sein, oder auch überhaupt noch die 
zeit haben wird, sich in der weise des hier geschilderten verfahrens zu verjüngen, 
weiss ich nicht. Mir ist an dieser mittheilung vor allem wichtig, dass die- 
selben ein deutliches zeugniss ablegt, wie die ideen der neuen methode nicht 
sowohl als die persönliche erfindung eines einzelnen oder einzelner anzusehen 
sind. sondern bei beginn der bewegung offenbar allgemein „in der luft lagen“ 
wie man zu sagen pflegt. Der ungenannte kollege deutet mit keinem worte an, 
dass er durch irgendwelche didaktische schriften auf sein, mit der neuen methode 
eng verwandtes verfahren geführt worden sei, ja, er scheint noch zur stunde keine 
fühlung mit der so reich entwickelten neusprachlichen reforniliteratur zu besitzen. 


H Klinghardt, Die neue methode i. laut- u. deutschunterricht d. volksschule 319 


Vielmehr hat ihn offenbar nur eigene persörfft!f® “erfahrung zum verlassen der 
alten lehrformen gedrängt und eigene persönliche erwägung ihn in bahnen gelenkt, 
die der bisherigen diametral entgegengesetzt waren. 

Ebenso ist mir von einem anderen, schon älteren kollegen, an einen nord- 
deutschen gymnasium thätig, durch einsendung eines umfänglichen manuskripts, 
welches ihm beim unterricht zur grundlage dient, der beweis geliefert worden, 
dass auch er seit jahren beim englischen unterricht in einer weise vorgeht, 
die sich nahe mit der neuen methode berührt: „mittheilung und aufnahme der 
neuen sprache von mund zu ohr, unter möglichster vermeidung eines gedruckten 
vermittlers; lebendige sprache, nicht todte grammatik; erst die laute, dann die 
zeichen u. s. w.“ Auch er scheint seinen sorgfältig im detail ausgearbeiteten 
lehrplan ganz allein für sich gefunden zu haben, und seine abwendung von dem 
üblichen grammatischen, papiernen unterrichtsverfahren datirt er bereits vom aus- 
gang der 50er jahre. 

Der oben über erfahrungen in lateinischem reformunterricht mitgetheilte 
bericht enthält mancherlei, was sicherlich den pflegern neusprachlichen reform- 
unterrichts der beachtung und erwägung würdig scheinen dürfte. Doch scheint 
es mir nicht angezeigt, dies hier des näheren auszuführen. 

Dagegen erlaube ich mir, noch aus einem zweiten briefe desselben kollegen 
einen abschnitt mitzutheilen, der mir gleichfalls das interesse der neusprachlichen 
lehrerkreise zu verdienen scheint. 

Ich hatte an den briefschreiber speciell mit rücksicht auf den umstrittenen 
punkt des übersetzens die frage gerichtet, wie denn der volksschullehrer vorzu- 
gehen pflege, wenn er seine anderssprachigen schüler, möge nun ein deutscher 
dialekt, oder Polnisch, Dänisch etc. ihre muttersprache sein, in das Hochdeutsche 
als ihre erste fremdsprache einführt. 

Hierauf wurde mir folgender aufschluss zu theil: 

„In der volksschule wird der erste deutsche unterricht nur in hochdeutscher 
sprache ertheilt. Sobald der lehrer die schüler wirklich unterrichtet, was ge- 
wöhnlich in den ersten 2 bis 3 tagen nicht geschieht, gebraucht er auch nur 
die hochdeutsche sprache. Diese wird nicht in die mundart übertragen, ebenso 
wenig geschieht das gegentheil, dass die mundart ins Hochdeutsche übertragen 
würde. Man erläutert in der volksschule aber wohl den begriff einzelner wörter 
dadurch, dass man den schülern das gleiche wort der mundart nennt; davon macht 
der geschickte lehrer sogar ausgiebigen gebrauch, obschon die strengen methodiker 
auch dies verwerfen; selbst für die schüler der polnischen etc. gebiete wollen 
die strengen methodiker dies mittel nicht gestatten. Sie verlangen im gegentheil 
eine veranschaulichung des wortinhaltes durch handlungen, bilder etc.“ 

Die literarische sprache steht von der familiensprache gebildeter wie un- 
gebildeter so weit ab, und dem zögling der volks- oder der vorschule so fremd 
gegenüber, dass man sie vom lehrtechnischen standpunkte aus entschieden als eine 
fremdsprache, für die späteren zöglinge höherer schulen als erste fremdsprache 
bezeichnen muss. Je breiter die kluft ist, welche das literarische Deutsch der 
schule vom familien-Deutsch des eintretenden kindes trennt, desto höheren vorbild- 
lichen werth hat der bezügliche deutsche schulunterricht für uns ,neusprachliche“ 
lehrer. Dem deutschen volksschulunterricht im plattdeutschen norden unseres 
vaterlandes wohnt darum grössere wichtigkeit für uns bei, als etwa demjenigen 
bairisch-österreichischer Alpengebiete. Und noch näher liegt dem berufsfelde des 


320 Miscellen, ZuK.H. Schaible’s Geschichte d. Deutschen i. England. Nachtrag 


neusprachlichen lehrers der deutsche unterricht in den volksschulen polnischer, 
dänischer und anderszungiger grenzgebiete. Es ist unmöglich, dass uns die ge- 
schlechtersalten erfahrungen der dortigen kollegen nicht reiche förderung für unsere 
zwecke gewähren sollten — wenn sich nur erst jemand finden wollte, der uns 
sprachlehrern der höheren schulen dieselben erschlösse und zugänglich machte. 

Durch die güte des seminarlehrers, dessen mittheilungen den kern dieses 

‘aufsatzes bilden, habe ich bezüglich des deutschen volksschulunterrichts in pol- 
nischen gegenden die titel einiger orientirender schriften erfahren, die ich hier 
in der hoffnung abdrucke, dass sich bald ein fachgenosse finden möge, der uns 
alles, was sich darin’an werthvollen methodischen winken vorfinden mag, in einer 
bequemen, anschaulichen abhandlung vorführt. Es sind die folgenden: 

1. Skrodzki, W. [prov.-schulrath], Anleitung zum deutschen schreib- 
und leseunterricht in utraquistischen schulen. Breslau, Ferd. Hirt: 
pr. 0,50 mk. 

2. Spohn, A. [kreisschulinspektor in Altenstein, Ostpreussen], Theoretisch- 
praktische anleitung zur behandlung des deutschen anschauungs- und 
denkunterrichts in der elementarklasse utraquistischer (polnisch-deutscher) 
schulen. Leipzig, Ed. Peters, pr. 1,25 mk. 

3. „Der schulfreund* hgg. von Schröter [kreisschulinsp. in Bonn]. 
Ist am besten durch den herausgeber zu beziehen, da nur einzelne hefte 
über den deutschen unterricht in utraquistischen schulen handeln. 


Reichenbach i. Sch., November 1890. H. Klinghardt. 


ZU K. H. SCHAIBLE’S GESCHICHTE DER DEUTSCHEN IN 
ENGLAND. NACHTRAG. 


Aus einem nachträglichen einblick in Rye’s buch “England as Seen by 
Foreigners’ ersehe ich, dassR. das Itinerarium nicht selbst gelesen, sondern nur aus der 
kurzen notiz bei Rommel gekannt hat, sowie dass Schaible’s irrthum, den Kaufm. 
von Venedig betr., auf einer flüchtigkeit im gebrauche Rye’s beruht. Für etwaige 
fortsetzer von Schaible’s werk bemerke ich noch, dass ich Burckhard’s Kirchen- 
geschichte der deutschen gemeinden in London vom j. 1798, welche der verf. 
auch im British Museum nicht auftreiben konnte, im j. 1875 bei herrn dr. K. 
Schöll, dem pfarrer an der ehemaligen Savoykirche (jetzt Fitzroy Square) und 
bekannten mitarbeiter an Herzog’s Encyclopädie, gesehen habe, welcher mir die- 
selbe als eine seltenheit zeigte. Sehr werthvolle, aktenmässige beiträge zur ge- 
schichte der deutschen evangelischen kirchengemeinden in England in diesem 
jahrh. veröffentlicht übrigens herr Krüsmann in Schiifer’s Monatsschrift für innere 
mission seit 1887. 


Zerbst, August 1890. K. Feyerabend. 


THE WORKS OF BEAUMONT AND FLETCHER. 


Pete NN eee 


Il. 


Since the first part of this paper was written, Mr. Bullen has in ‘The 
Dictionary of National Biography’ given an opinion on the authorship of most 
of these plays. He follows generally the views of Messrs. Fleay and Boyle. 
Love’s Cure he regards as Massinger and Middleton’s, and he thinks the underplot 
of The Coxcomb relating to Viola may be attributed to Beaumont, but is in 
other parts ,more frequently reminded of William Rowley than of Beaumont or 
Fletcher‘. In the Knight of the Burning Pestle it is probable that Beaumont 
had but slight help from Fletcher. In Philaster he gives Fletcher „the rhetorical 
harangue* in I. 1, ,detached passages in the fourth act“, and V. 3—4. Of King 
and no King he says truly enough that ,Fletcher’s contributions were confined 
to the fourth and fifth acts“, and of the Maid’s Tragedy, ,In the first three acts 
Fletcher’s hand cannot be traced to any noticeable extent; but he was mainly 
responsible for the fourth and fifth acts*; while of The Captain he thinks ,no 
portion can be definitely assigned to Beaumont; but Fletcher certainly had assi- 
stance from some quarter .... there are occasional traces of Middleton’s hand“. 
He adds that IV. 5 ,cannot be ascribed to Fletcher, although he probably sup- 
plied the song ‘Come hither you that love.“ Of The Scornful Lady, he assigns 
Beaumont the first two acts (apparently because „they are chiefly written in prose“), 
and Fletcher the larger share of „the later acts‘. 


Cupid’s Revenge. 


The difficulty I experienced with this play I have at last succeeded in 
overcoming. It is by Fletcher, Beaumont, Field, and Massinger. II. 6 is Fletcher 
and Field’s; II. 3—4, II. 1, and V. 1 are Beaumont and Fletcher’s; and II. 5 
(which I gave to Fletcher and Field), IV. 5 (which I gave to Field) and V. 
4b (which I gave to Beaumont and Field) are Beaumont’s.! II. 1 is, I think, 
Field’s. 


1 Bullen thinks Beaumont’s hand can be clearly traced in act II., and 
that the colloquy between Bacha and Leucippus in III. 2 is also his. 
E Kölbing, Englische studien. XV. 3. 21 


322 E. H. Oliphant 


There are many marks of alteration in this play. Telamon is described 
in the dramatis personae as ‘a Lycian lord’, but he is to all intents and purposes 
only a page. In the opening scene he and Timantus appear, but say nothing. 
while the entry of Ismenus is unmarked; in III. 4 Telamon’s entrance is entirely 
purposeless, and his silent continuance on the stage is due, I suppose, to the 
reviser and abridger’s oversight, and in I. 2 the remodeller has practically omitted 
Fletcher’s ‘4 young men and maids’. 

For Leontius, Leucippus, Bacha, and the state respectively Fletcher and 
Beaumont use duke,! marquis and prince, duchess, and dukedom; Field, duke 
and king, prince, queen, and kingdom, and Massinger, king, prince, —, and kingdom. 
In Fletcher's V. 4a Urania does not talk like the country wench that Beaumont 
makes her elsewhere. Leucippus is. throughout, of the Beaumontesque lily- 
livered order of men. 


Coxcomb. 


A proof of alteration that I overlooked, pointing to the change of scene 
I considered probable, is to be found in the words of the fo., “The scene, Eng- 
land, France’. This play must date prior to 1610, when Taylor, one of the 
performers, was acting for the Duke of York’s company. 


Captain. 


As Cooke acted in this play. it must date not later than 1611. In II. 2 
there is a song which appears (minus the final stanza) in The knight of the 
Burning Pestle (III. 1). Probably the first two stanzas are B’s., and the final 
one F’s. Whether the second author in V. 4 is F. or Rowley I cannot say; but 
certainly that scene contains some lines that are not B’s. 


Scornful Lady. 


There is some B. in IV. 1, and perhaps some F. in II. 1. When this 
comedy was acted by the King’s men in 1624, the part of the Curate was taken 
by Shanck. It was entered in the S. R. within a fortnight of B’s. death. Waller 
writes of it as F’s., but is of no authority. 


Knight of the Burning Pestle. 
Fletcher’s hand may be traced in II. 3. 


About 1612 Beaumont seems to have retired from author- 
ship, but Fletcher was so fortunate as to obtain an even greater 
partner in the person of Shakspere. I am aware that the usual 


1 Fletcher also uses the expression ‘God save the King!’ in IV. 3. 
2 But Antonio is called ‘Don’, pointing to Spain as the scene of the play. 


The works of Beaumont and Fletcher 323 


idea is that Fletcher merely revised one or two works of Shak- 
spere’s, but I will shew reasons for believing that they were act- 
ually cooperators. Let us first consider the play entered in the 
S. R. (9 9/1653) as by Fletcher and Shakspere, and entitled 


Cardenio, 


which appears in Warburton’s list as »a play« by Shakspere, and 
was destroyed by his cook. It is worthy of note that this attri- 
bution to Fletcher and Shakspere suits thoroughly the date of 
the entry in Harington’s ms. register to the effect that in May 
1613 Hemings was paid for the performance at Court by the 
King’s company of ‘Cardano’, and again in June for ‘Cardema’; 
for in 1613 Fletcher and Shakspere were both writing for the 
King’s and moreover writing together. Fleay’s supposition that 
this play is identical with Love’s Pilgrimage can scarcely be ac- 
cepted, for the story of the latter is taken from the ‘/Vovelas 
Exemplares instead of from ‘Don Quixote’, and contains no cha- 
racter called ‘Cardenio. Nor is it »The Double Falsehood, or 
The Distrest Lovers, written originally. by W. Shakespeare«, pre- 
pared for the stage and published in 1728 by Theobald, which, 
though it contains no character named ‘Cardenio’, is founded on 
the story of that name in Don Quixote; for that play contains 
nothing that could have been written by either Fletcher or Shak- 
spere.! There is a little more to be said for the identification 
of A Very Woman with the play in question; but even it con- 
tains no trace of Shakspere. I do not think we have lost many 
of Fletcher’s plays, but it is unfortunate that amongst the few 
missing ones should be a play with which the greatest of poets 
had to do. | 


The Two Noble Kinsmen. 


Was published by Waterson in 1634,? as acted by King’s 
at Blackfriars, and as the work of Fletcher and Shakspere. The 


1 The ‘Noble Person’ who gave Theobald one of the three mss. of The 
Double Falschood mentioned ‘a Tradition’ that the play was written by Shak- 
spere ‘in the Time of his Retirement from the stage’. If so, and if, as Theobald 
says, it was never acted, it could not be Cardenio; but indeed it is to be doubted 
if Shakspere’s name was on any one of the mss. | 

2 It is also, in the second fo. j 

21* 


324 E. H. Oliphant 


prologue, however, speaks of ‘the writer’; | but, though it insinuates 
that the play is a new one, this prologue shews signs of being 
by Massinger, and was in my opinion written for a late repro- 
duction after the play had undergone revision at Massingers 
hands. The external evidence of the participation in this work 
of either Fletcher or Shakspere would be worth nothing, were 
it not for the confirmation given by the internal evidence, which 
speaks (to me, at least) very clearly for the correctness of the 
attribution. Fleay thinks the date of the first representation 
Easter 1625, because Curtis Greville acted in it, who did 
not belong to the company till after 27/3/25*%, and _ because 
losses are alluded to (a reference to the trouble over The 
Game at Chess) and an anticipation of the company’s having to 
leave London. Granting however that the Curtis who took the 
part of the Messenger in IV. 2 and an Attendant in V. 3 was 
Curtis Greville, and that a date of 1626 or thereabouts is thus 
given, I think that the absence of this play’s name from Herbert’s 
Office-book is conclusive against the supposition that that is the 
date of its first production.3 Fleay gives it to Fletcher, Massinger, 
and another (? Middleton); Boyle to Fletcher and Massinger; 
and Bullen, to Fletcher, Shakspere, and Massinger. No one doubt 
the presence of Fletcher; but many critics, though not the majority, 
deny Shakspere’s part-authorship. My own view is that, originalli 
by F. and S. (c. ’12—3), the play was altered after Fletcher’ 
death (c. ’26) by M.*; and I divide it thus: 
ht is possible that the singular was used for the sake of the rhyme: 
Chaucer, the ‘breeder’ of the story, will, it is feared, say, 
„Oh fan 
From me the witless chaff of such a writer, 
That blasts my bays, and my famed works makes lighter 
Than Robin Hood.* 
2 This man belonged to the King’s company in October 1626, but mar 
have joined it any time between 1622 and then. 
® If first acted in 1625—6, would any publisher have had the impudence 
to publish it in 1634 as partly Shakspere’s? Fleay asks why, if Shakspere had 
a hand in it, it was omitted even from the folio of 1663. The answer is, tht 
it was probably looked on as principally Fletcher’s and it had already bee 
published as partly his; but moreover all the spurious dramas then published 3 
Shakspere’s were in print before Shakspere’s death, and the ignorant editors cot 
sidered that that fact made trustworthy the name or initials upon the title-page 
of every one of these plays. 
* That I am right in supposing Fletcher worked with Shakspere, and not 
with Massinger, is proved by these facts: 1) that F. and S’s. names were coupled 





The works of Beaumont and Fletcher 325 


F. — (?) I. 1a (song), II. 2—6, II. 3—6, IV. 1-2, V. 1a (—xvii), 
2, epi. 

S. — I. 1b, IL 1, WD 1-2, V. 1b, 3—4. 

S. & M. — I. 1c (from ‘A. Though much unlike’) — 4. 

F.&S. — IV. 3. 


I dare not give any opinion on J. 5: I know not whether 
to give the song to F. or to S., or the blank verse to S. or to M. 
Lamb, Coleridge, De Quincey, Hickson, Dyce, Nicholson, Little- 
dale, Skeat, Swinburne, Dowden, Furnivall, Bullen, and Hargrove 
are or were supporters of the Shakspere theory; but Hazlitt was, 
and Fleay and Boyle are, opposed to it. The usual division of 
the play is: 
I. 1 (omitting song), S.; 2, S. & F.; 3, S.; 4, S. [& M.], 5. S.; II. 1, 
F. or S.; 2-6, F.; II. 1, S. or M.; 2—6, F.; IV. 1—3, F.; V. 1a, F.; b, 
S.; 2, F.; 3-4, S. [& M.). 
Proofs of Shakspere’s participation may be found in the 
following : 
„Oh, this celebration 
Will longer last, and be more costly, than 
Your suppliants’ war! Remember that your fame 
Knolls in the ear o’th’ world: what you do quickly 
Is not done rashly; your first thought is more 
Than others’ labour’d meditance; your premeditating 
More than their actions; but (oh, Jove!) your actions, 
Soon as they move, as ospreys do the fish, 
Subdue before they touch.“ (I. 1) 


»Oh sacred, shadowy, cold, and constant queen, 
Abandoner of revels, mute, contemplative, 

Sweet, solitary, white as chaste, and pure 

As wind-fann’d snow, who to thy female knights 
Allow’st no more blood than will make a blush, 
Which is their order’s robe; I here, thy priest, 
Am humbled ‘fore thine altar. Oh, vouchsafe, 
With that thy rare green eye, which never yet 


together in the 4°., and M’s. name was omitted; 2) That M. in the prologue 
speaks as if he had no colleague; 3) that the Fletcher is of an early date — indeed. 
I would have placed it two or three years earlier than 1612; but that is ex- 
plainable by the supposition that Fletcher’s excesses were pruned and kept in 
order by the master-poet who was his fellow-labourer, as was the case in 
Henry VIII. My first impression was that W. Rowley had aided Massinger in 
the revision, and that his hand was to be detected in IV. 1, IV. 3, and V. 2; 
but the proofs of his presence are not strong enough to warrant the assumption 
of his cooperation. 

1 The first stanza of this song is quite in F’s. manner; but I don’t know 
what to say of the rest of it. 


324 E. H. Oliphant 


prologue, however, speaks of ‘the writer’; ! but, though it insinuates 
that the play is a new one, this prologue shews signs of being 
by Massinger, and was in my opinion written for a late repro- 
duction after the play had undergone revision at Massinger’s 
hands. The external evidence of the participation in this work 
of either Fletcher or Shakspere would be worth nothing, were 
it not for the confirmation given by the internal evidence, which 
speaks (to me, at least) very clearly for the correctness of the 
attribution. Fleay thinks the date of the first representation 
Easter 1625, because Curtis Greville acted in it, who did 
not belong to the company till after 27/3/25%, and because 
losses are alluded to (a reference to the trouble over The 
Game at Chess) and an anticipation of the company’s having to 
leave London. Granting however that the Curtis who took the 
part of the Messenger in IV. 2 and an Attendant in V. 3 was 
Curtis Greville, and that a date of 1626 or thereabouts is thus 
given, Ithink that the absence of this play’s name from Herbert’s 
Office-book is conclusive against the supposition that that is the 
date of its first production.3 Fleay gives it to Fletcher, Massinger, 
and another (? Middleton); Boyle to Fletcher and Massinger; 
and Bullen, to Fletcher, Shakspere, and Massinger. No one doubts 
the presence of Fletcher; but many critics, though not the majority, 
deny Shakspere’s part-authorship. My own view is that, originally 
by F. and S. (c. ’12—3), the play was altered after Fletcher’s 
death (c. ’26) by M.4; and I divide it thus: 
16 is possible that the singular was used for the sake of the rhyme: 
Chaucer, the ‘breeder’ of the story, will, it is feared, say, 
„Oh fan 

From me the witless chaff of such a writer, 

That blasts my bays, and my famed works makes lighter 

Than Robin Hood.“ 

2 This man belonged to the King’s company in October 1626, but may 
have joined it any time between 1622 and then. 

8 If first acted in 1625—6, would any publisher have had the impudence 
to publish it in 1634 as partly Shakspere’s? Fleay asks why, if Shakspere had 
a hand in it, it was omitted even from the folio of 1663. The answer is, that 
it was probably looked on as principally Fletcher’s and it had already been 
published as partly his; but moreover all the spurious dramas then published as 
Shakspere’s were in print before Shakspere’s death, and the ignorant editors con- 
sidered that that fact made trustworthy the name or initials upon the title-page 
of every one of these plays. 

* That I am right in supposing Fletcher worked with Shakspere, and not 
with Massinger, is proved by these facts: 1) that F. and S’s. names were coupled 


The works of Beaumont and Fletcher 325 


F. — (?) I. 1a (song), II. 2—6, II. 3—6, IV. 1-2, V. 1a (—xvii), 
2, epi. 

S. — I. 1b, IL. 1, WI. 1-2, V. 1b, 3—4. 

S. & M. — I. 1c (from ‘Aig. Though much unlike’) — 4. 

F. & S. — IV. 3. 


I dare not give any opinion on I. 5: I know not whether 
to give the song to F. or to S., or the blank verse to S. or to M. 
Lamb, Coleridge, De Quincey, Hickson, Dyce, Nicholson, Little- 
dale, Skeat, Swinburne, Dowden, Furnivall, Bullen, and Hargrove 
are or were supporters of the Shakspere theory; but Hazlitt was, 
and Fleay and Boyle are, opposed to it. The usual division of 
the play is: 
I. 1 (omitting song"), S.; 2, S. & F.; 3, S.; 4, S. [& M.], 5. S.; II. 1, 
F. or S.; 2-6, F.; II. 1, S. or M.; 2—6, F.; IV. 1—3, F.; V. 1a, F.; b, 
S.; 2, F.; 3-4, S. [& M.]. 
Proofs of Shakspere’s participation may be found in the 
following : 
„Oh, this celebration 
Will longer last, and be more costly, than 
Your suppliants war! Remember that your fame 
Knolls in the ear o’th’ world: what you do quickly 
Is not done rashly; your first thought is more 
Than others’ labour’d meditance; your premeditating 
More than their actions; but (oh, Jove!) your actions, 
Soon as they move, as ospreys do the fish, 
Subdue befcre they touch.“ (I. 1) 


»Oh sacred, shadowy, cold, and constant queen, 
Abandoner of revels, mute, contemplative, 

Sweet, solitary, white as chaste, and pure 

As wind-fann’d snow, who to thy female knights 
Allow’st no more blood than will make a blush, 
Which is their order’s robe; I here, thy priest, 
Am humbled ’fore thine altar. Oh, vouchsafe, 
With that thy rare green eye, which never yet 


together in the 4°., and M’s. name was omitted; 2) That M. in the prologue 
speaks as if he had no colleague; 3) that the Fletcher is of an early date — indeed. 
I would have placed it two or three years earlier than 1612; but that is ex- 
plainable by the supposition that Fletcher’s excesses were pruned and kept in 
order by the master-poet who was his fellow-labourer, as was the case in 
Henry VIII. My first impression was that W. Rowley had aided Massinger in 
the revision, and that his hand was to be detected in IV. 1, IV. 3, and V. 2; 
but the proofs of his presence are not strong enough to warrant the assumption 
of his cooperation. 

1 The first stanza of this song is quite in F’s. manner; but I don’t know 
what to say of the rest of it. 


326 E. H. Oliphant 


Beheld thing maculate, look on thy virgin! 

And, sacred silver mistress, lend thine ear 

(Which ne’er heard scurril term, into whose port 

Ne’er enter’d wanton sound) to my petition, 

Season’d with holy fear! This is my last 

Of vestal office; I am bride-habited, 

But maiden-hearted.*“ (V. 1) 


If, as is likely, Fletcher’s 
„Sure he cannot 

Be so unmanly as to leave me here! 

If he do, maids will not so easily 

Trust men again“ (II. 5) 
be a gird at Beaumont’s 

„If he deceive me thus, 

A woman will not easily trust a man“ (Coxcomb, I: 5), 
it is not improbable that Fletcher’s alliance with Shakspere followed 
a quarrel with his old friend. | : 

It is scarcely necessary for me to give proofs of the presence 


@& 


of Massinger in act I. 
‘I may add that the conclusions of Mr. Boyle as to the 
pronunciation of ‘Perithous’ and ‘Theseus’ are totally wrong. 


Henry VIII. 


was first produced under the title of ‘All is True’ at the 
Globe in June 1613, and during its performance the theatre was 
burnt to the ground. In 1623 it was published in the Shakspere 
fo., but it has never appeared in any collection of the works of 
Beaumont and Fletcher. Nevertheless, there can be no doubt 
of Fletcher’s participation in it. Boyle gives it to Fletcher and 
Massinger; and Fleay and Bullen to Fletcher, Massinger, and 


Shakspere. I divide it thus: 

F. — 1. 3—4, U. 1a, 2a, c, III. 1, 2b (cciii—cccclix), IV. 1b—2, 
V. 2a, ce (exxix—ccxiv)—4 

S. — I. 21,1. 4 II. 2a (i—cciü). V. 1 

F.& M. — II. 2b (from Cham’s, exit to Wol's.) 

S.& M. — 1.1, Il. 3 

M. — Il. 1b (from Buck's. exit), IV. 1a (to Procession), V. 2b 

(xXXV——CXxix). 


The usual idea of Fletcher or Fletcher and Massinger having 
altered Shakspere’s play falls to the ground when we see that 
Massinger has altered Fletcher’s work, and that Fletcher has nowhere 








1 With the exception of the latter part of Wolsey’s longest speech, which 
is Massinger’s. 


The works of Beaumont and Fletcher 327 


altered Shakspere’s. The play was in fact rewritten (probably in 
1615 or ’16) for production at the.Blackfriars, as shewn by the 
prologue’s assertion that it was for 
» Lhe first and happiest hearers of the town,“ 

and the shilling charge for admission; and the reviser was cer- 
tainly Massinger. That the drama has not come down to us in 
its original form is certain from the fact pointed out by Fleay 
that an old ballad speaks of the reprobates praying for »the 
fool« in All is True, on the occasion of the fire, whereas there 
is no fool in the play as we have it. 


Fleay gives only three scenes to Shakspere, and Bullen 
says the play »appears to be in the main« the work of Fletcher 
and Massinger, »some Shakespearian passages (notably the trial- 
scene of Catherine) having been incorporated«. I think most 
Shaksperian scholars will agree with me: in restoring to the great 
poet much that Boyle deprived him of to benefit Massinger. 
Massinger’s touch is not so easy to distinguish as usual, perhaps 
because his revision is a year or two earlier in date than is 
generally supposed, and perhaps because he confined himself 
largely to mere revision. Fletcher seems more in earnest (be- 
cause, I suppose, he was more on his mettle) here than else- 
where; and in consequence we have here his best work. Beau- 
mont apparently exercised a certain amount of good influence 
over him, but Shakspere seems to have exercised more. 


After the burning of the Globe, Fletcher commenced writing 
for the Lady Elizabeth’s company, and 


The Honest Man’s Fortune, 


which is known to have been acted in 1613 (and indeed, to 
judge by the names of the actors — Field, Benfield, Read, 
Taylor, Egglestone, and Basse — in the latter part of that year), 
was probably the first play he was engaged on after the involun- 
tary severance of his connection with the King’s company. In 
Feb. 1624—5, it was reallowed for the King’s, into whose hands 
it must have passed some time previously. It was first printed in 
the first fo. Fleay ascribes it to Fletcher, Massinger, Field, and 
Daborne, for no other reason than that it »is from internal evi- 
dence evidently written by four authors, of whom Fletcher and 
Massinger are two«, and that it is therefore in all probability 


328 E. H. Oliphant 


»the play of Mr. Fletcher and ours« alluded to by Daborne in 
the famous begging letter of Field, Daborne, and Massinger. Boyle 
thinks it the work of Beaumont, Fletcher, Tourneur!, and Mas- 
singer; Macaulay does not think Beaumont wrote any part of it; and 
Bullen seemis inclined to follow Fleay. For myself, I will venture 
to name only 3 of the 4 authors, and divide the play thus: 

Field — II. 2b—5, II. 3b, IV. 1, 2b 

Unknown author — 1. 1—3. II. 1, (?) 2a (to Dubois’ entry) 

F. — V. 1—3 

M. — III. 1—3a (to Mal’s. exit) 

M. and Field — IV. 2a (to Lam’s. entry) 

II. 2a I should be inclined to give to Field, but for the 
circumstance that there La-Poop is spoken of as a land-captain 
(as by Massinger), whereas Field (like Fletcher) speaks of him 
as a sea-captain. The author of this scene, whoever he was, 
called Lamira ‘Annabella’?. In the ms., the concluding speeches 
of the play are very different to those in the fos., and this alter- 
native ending is probably Field’s, though it may be the work of 
a patcher of 1624—5. 


Fleay has been very lucky in making such a good guess at 
the authorship of this work, for his division of it is almost entirely 
wrong. He gives I. 1—II. 1 to Massinger, because of the weak 
endings, II. 2—4 to Daborne; and III. and IV. to Field. Boyle, on 
the contrary, has been rather unfortunate, for he has divided the 
play with much greater correctness, but hit on the wrong authors 
in two cases. He gives I.—II. to Tourneur, III. to. M., and IV. 
to Beaumont. Bullen agrees in thinking the third act or part of 
it Massinger’s, and considers that Fleay’s »suggestion that the 
fourth act (with perhaps part of the third) belongs to Field is 
very plausible«. Acts I. and II. he gives to »some other play- 
wright:« and he denies that »a trace of Beaumont’s hand can 
be found«. That Daborne had nothing to do with the author- 
ship of this play as it stands should be plain to any one who 
has read The Poor Man’s Comfort and The Christian turn’d Turk; 
and I fear that »the play of Mr. Fletcher and ours« is lost. Boyle’s 
error in supposing the author of IV. 1 to be Beaumont is pardon- 


1 It may be noticed in favour of Boyle’s view as to the participation of 
Tourneur that the sub-title of that author’s Atheist's Tragedy is “The Honest 
Man’s Revenge’. 

2 So the fos.: the ms. has ‘Lamira’. 


The works of Beaumont and Fletcher 329 


able, for the resemblances between Field anJ Besumont are 
numerous. He probably thought of Bellario, and said »Veramour 
is from the same hand«, but the pathos of Field is of much 
the same stamp, and Veramour-is as much like Lady Honour as 
Bellario. The opening of the scene 


‘Now, Montague,. who discerns thy spirit now, 
Thy breeding, or thy blood? Here’s a poor cloud 
Eclipseth all thy splendour: Who can read 

In thy pale face, dead eye, or Lenten suit 

The liberty thy ever-giving hand 

Hath bought for others, manacling itself 

In gyves of parchment indissoluble“, 


has certainly all the »run« of Field: and this (from the same 
scene), 
„And thus we’ll breed 


A story to make every hearer weep, 
When they discourse our fortunes and our loves“, 


may be compared with the following from his part of The Knight 
of Malta (V. 1): 


Think on the legend which we two shall breed, 
Continuing as we are, for chastest dames 
And boldest soldiers to peruse and read“. 


In the Massinger- portion we find rhyme, which M. very 
soon threw aside altogether, but which he used in his earliest 
work. That nearly all III. is his is abundantly evident: 


„Alexander, 

Though styled a conqueror, was a proud thief, 
Though he robbed with an army“; (IH. 1) 

„Ami. You'll carry it? 

Long. As I live, although my packet 
Were like Bellerophon’s. What have you seen 
In me or my behaviour, since your favours 
So plentifully shower’d upon my wants, 
That may beget distrust of my performance? 

Ami. Nay, be not angry! if I entertain’d 
But the least scruple of your love or courage, 
I would make choice of one with my estate 
Should do me right in this: nor can you blame me 
If in a matter of such consequence 


I am so importunate*“ ; (II. 2) 
„We use not, 
Though servants, to take bribes“ ; (III. 3) 


and many other cxamples might be ‘adduced. 


330 E. H. Oliphant 


As for the first act, not only is it far above the powers of 
Daborne as revealed to us in his two extant plays, but it is also 
totally unlike his manner and the manner and system of versi- 
fication of any other of the writers whose names have suggested 
themselves to me. It is, with its abundance. of improper-run-on 
lines, weak endings, and short lines, and its peculiarly prosaic 
style (which is totally different from that of Massinger) so thoroughly 
individual that if there be any other work by the author in existence 
there ought not to be much difficulty in identifying him. I can 
only say that I know him not. As the original ms. was lost (on 
which account the play was relicensed), it is possible that the 
part in question.may have heen written in 1624—5. 

That it is Field, and not Beaumont, whom we discover in 
the there middle acts is shewn by the preponderance of final over 
central important pauses: though Field’s work is not easily dis- 
tinguished from that of Beaumont whose follower he assuredly 
was. As in B., we find rhymes in the midst of the blank verse, 
and the blank verse turning to prose, but he is fonder of moral 
couplets than his master. He not seldom uses Latinisms, and 
sometimes puts his sentences or phrases into peculiar form to 
suit the metre; and, like B., he had a fondness for the forms 
of expression adopted by the older dramatists, as, in Amends 
for Ladies (IV. 1), 

»You put me down — yet will not put me down«. 

His double endings are usually about 18 or 20", and his run on 
lines between 20 and 25. I cannot help thinking highly of Field: 
he is one of the sprightliest and most jovial of the humorists 
of his time, with a rattling turn for wit and the invention of 
comic situations, and his funny scenes are not only well contrived 
but also excellently carried out. His coarseness, which is con- 
siderable, is so frank and full of drunken carelessness as to be 
tolerable; and, having a good knowledge of human nature, some 
of his strokes of humorous delineation of character (degenerating 
nearly always into burlesque) are singularly happy. He is as fond 
of mock-heroic as Beaumont, though his is wanting in the ease 
that marks B.’s employment of it, and the rhymes are not as 
natural and as unobtrusive as in the work of his greater rival; 
but, on the other hand, it must be said that Field’s burlesque 
has more razson @étre. As a satirist, his shafts were directed princip- 
ally against lords and women; and in his treatment of the Jatter 


The works of Beaumont and Fletcher 331 


he alternates between distrustful bitterness and loving admiration. © 
His serious work is also like Beaumont’s and his pathos is of 
much the same simple and telling kind. He is not seen at his 
best in these ‘Beaumont and Fletcher’ plays. — 

There is no other play that can be said with absolute 
certainty to have been written between June 1613 and the death 
of Beaumont, which occured ou the 6th. of March 1615—6, and 
so this is perhaps the best place to speak of a few plays in 
which his hand is recognisable, but to which no certain date 
can be ascribed. The earliest of these is probably | 


The Faithful Friends, 


which is not to be found in either fo., and which all the critics 
reject!, Though entered by Moseley in the Stationers’ Register 
under date 29/6/60, as B. and F’s. (to whom also it is attributed 
in the ms. that survives), it was not printed till this century. It 
is clear that it has not come down to us in its original form. 2 
It is my opinion that, originally written by B. and F. at a very 
early date (say 1604), it was altered in 1613—4 by Massinger 
and Field. The date of the revision is shcwn by allusions in 
I. 1, but even without them we might consider it eminently likely 
that the association of Field. and Massinger in this play would 
be of about the same date as their combined revision of Cupid’s 
Revenge. No division of the Faithful Friends has ever yet been. 
attempted and I propose the following with diffidence: 


1 Boyle fancies it to be by the same author as The Laws of Candy and 
Noble Gentleman — probably Shirley —, an opinion that is not worthy of 
consideration; and Fleay thinks it is by Field and Daborne, though he has not 
attempted to separate their work. His assertion that the internal evidence that 
the authorship is the same as that of acts I].—IV. of Zhe Honest Man’s Fortune 
is abundant, is pretty correct, though these two authors are, not Field and 
Daborne, but Field and Massinger. 

2 The condition of the ms. shews that; and for other proofs I may cite 
the silence of Marcellus in I. 1, of Armanus and 3 others in II. 1, and of 4 
leading personages in V. 2 (this final scene being in all probability greatly cur- 
tailed towards the end), and the complete silence of Arminius; the circumstance 
that in the last scene the second senator speaks before the first; and the in- 
clusion in the dram. pers. of tapsters and messengers, though only one of each 
appears, and the omission of Dindimus and the Soldiers? 


332 EH sTimt 


B — IL :> ie Ams em > Looms. ¢ am Prs sn. 
IL 3z z rom Bas tert em = Rome Boss eur. 
IW. 3 get > speeches. >" 

B oad Feet — 13 3.53 fom Pes oe, TH R32. £ Wt 

Beet WM —L:°. se MR cn: V 3: u fe moe, te 


WwW z® 
Fan — IL «=: fest werd * tz II... 
“ — WW. 3% 
Fo—Ez 


F. emt M — U 35 Tom Mr> ar. : 

We see mn this play F.’ before be bad adv! Sa peceikar- 
mes. and B. m bis most underelopead and cme manoer. Ih 
IV. g the later = more ke the B of lager wears than be 5b 
elsewhere“; and thes extract from L > weh! Se recrenisable 
as bs: 

~l see al eart-öred jovs are Sor mi wei 

ib a ct moment I fare ww ike ber 

Ws turıei Tom paradise ere she had tastet diss. 

Or bie 2 ime inlet at bie cerosatzım.* 

Pergamus account of the battle. m the uhr of whach 
Refires finds it necessary to ask, 

‚But all this while what ini the general ™ IE 2. 
was iv improved by the author m Ame ami no King. 
Fletcher’s nearest approach to his later urle mm perhaps m [ -. 
which is full of his regularities of metre. withoat the modifi- 
cations of the svstem he afterwards developed: and m brs saii- 
tary speech in IV. 1, which it is worth while t quote: 

~Wioever writ these black bes m a devil 

Wien are as ie and envious as umsef: 

Yet. if vou can believe ‘em, ‘bs meh time 

That I were turme¢ to earth. See. there “= mv sword. 

And shus mv >reast fies open to vour furry: 

Strike. and strike home. and when mv guiities biovo.i 

Shail ve this green grass crimson. vou shail see 

How ‘ree ‘was ‘rom comıpton.” 


t But this scene mav be Pieild’s. 
2 With the excention of one speech. alluded to further on. 
3 The conciusion is Beaumont . 
* Foundet on F'etcher. 
> He alone of the ‘our authors calls Marcellus “Marcedliuc’. 
* In V. 2 he tas repeated a line from this scene: 

„Who. ireadless in dis :rtıcles. may come”. 


The works of Beaumont and Fletcher 333 


Fleay agrees with me in seeing Field’s hand'; but the 
presence of Massinger not having been previously discovered, I 
must say a word or two on the share of that writer. Here are 
two or three quotations from his work: 


„Your bitterness makes the digestion harsh: 

In my conceit, he that endeavours well, 

Though he come short of him that hath performed 
Something worth praise, deserves far more commends 
Than those that boast their actions; it takes off 

The lustre that belongs to 't. Pardon me, 

Alexander the Great had his Hephaestion, 

Philip of Spain his Lerma. Not to offend, 

I could produce from courts that I have seen 

More royal precedents, but I'll not give 

Such satisfaction to detractive tongues, 

That publish such foul noise against a man 

I know for truly virtuous‘. (I. 1) 


» Lhough grief be my remembrancer, I must 
Confess I have lost ten sons, in every part 
As hopeful, good, though not so fortunate, 
In loss of my dear Lelia‘. (IV. 3) 


„In that hell 
Your conscience shall torment ye. On my knee, 
I beg that for their sentence. 
All, Tullius! 
Learch. Death now were heaven“. (V. 2) 


Another very early play is certainly 


The Laws of Candy, 


which was first printed in the fo. of 1647, and is usually dated 
1619 or ’20, because it was acted by Taylor, Egglestone, Tooley, 
Sharpe, Lowin, Underwood, Birch, and Pollard. This list of actors 
must indeed date 1620 or thereabouts; but the play I conceive 
to have been written about 1604 or ’5, for the B. and F, parts 
are very early in style. Fleay gave it to Massinger and Field, 
considering Fletcher’s share very small indeed; but in his later 
paper on Field he makes no mention of this play, so that I suppose 
he has abandoned the idea of Field’s cooperation. Of Boyle’s 
view I have already spoken (see Faithful Friends). Bullen 


1 The opening speech of III. 3b from Bel’s. first exit is clearly his. 


334 E. H. Oliphant 


describes it as »largely by Massinger« and says »Fletcher’s hand 
can hardly be traced«. It is indeed very largely M’s.; and I 
divide it thus: 

M. — 1. ı, 2a 

B. — IL 1b (final dialogue), HL 1 

B. & M. — 1. 1a, HL 2, IV. 1a, c, 2, V. lac 

B. & F. — I. 2b (last 22 speeches), IV. 1b, V.1b (from Cas’s. 

entry to Ant’s) 
B.. F., & M. — HI. 3 
That this is a very early effort of B. and F’s. is evident 

enough from the versification, and they seem to have worked 
together on many scenes, as was not customary with them later 
on. Perhaps as good an instance as I can give of the presence 
of the two friends here is IV. ı b (from Erota’s entry to Decius’), 
the first half of which is F’s., and the rest B’s.; while II. 1 from 
Erota’s »Knows any one here what this fellow is?« to Cassilane’s 
exit is also pure B. (though, I repeat, of a very early date), the 
opening portion of the scene being just as decidedly M’s. F. 
displays the germs of his later method, and both his work and 
B’s. are obviously later than that in the Faithful Friends. This 
passage bears some resemblance to the F. of later years: 

„How have I lost a father! such a father! 

Such a one, Decius! I am miserable 

Beyond expression. 

Dec. Fie, how unbecoming 
This shews upon your day of fame! 
Ant. Oh, mischief!‘ (I. 2) 

Indeed, the whole of the final dialogue in this scene is 
immature F. As another sample of his early manner the following 
may be given: 

„Yes, you are set 
Upon a bench of justice; and a day 
Will come (hear this, and quake, ye potent great ones) 
When you yourselves shall stand before a Judge 
Who in a pair of scales will weigh your actions, 
Without abatement of one grain. As then 
You would be found full weight, I charge ye, fathers, 
Let me have justice now“. (V. 1) 

As M’s. hand has been already recognised, I need not give 
any proof of his presence. I take it that he prepared the play for 
the stage about 1620, for I assume that this and the one next 
to be dealt with were never produced in their original form. 


The works of Beaumont and Fletcher 335 


The Laws of Candy as it stands is pretty equally divided be- 
tween M. and B. It is very incorrectly printed, the verse being 
sometimes so badly cut up as to deceive one into the belief that 
it might be the work of some inferior playwright. 


Bonduca 


is another play that I assume to have been originally written at 
a very early date, but which all the critics date 1616, and give 
wholly to F.! It was first. printed in the fo. of 1647, and, as Burbage, 
Condell, Egglestone, Tooley, Ostler, Lowin, Underwood, and 
Robinson took part in it, must have been produced before Mar. 
1618—9, when Burbage died. II. 1 and IV. 4 shew decided signs 
of a second writer from whom F. has altered both scenes. These 
are full of rhyme, and the verse is altogether very crude. The 
play is, in fact, an alteration by F. of an old drama of B’s.?, 
who, if Moseley’s entries in the S. R. may be trusted, dealt with 
early British history in yet another play.2 The alteration may 
have been made either after B’s. retirement from the stage, c. ’12, 
or after his death, in ’16; but I incline to the former, on account 
of Robinson and Egglestone’s presence in the list of actors®, and 
of resemblances between this play and others dating between 
1609 and ’15.° 

! Fleay alone agrees with me in seeing the presence of a second writer, 
whom he takes to be Field; but Field would in all probability have acted in 
the play had he been part-author of it, as in Knight of Malta and Queen of 
Corinth. Besides, the style is far too crude for the Field of 1616, the earliest 
possible date for his connection with the King’s company. Nor is the second 
author’s part in the style of any of the other writers for the company between 
1610 and ’16, Jonson, Tourneur, Webster, Shakspere, or Middleton [or Massinger]. 

2 There is not much B. left: the 10 speeches succeding Curius’ entry in 
II. 1, and the 7 speeches preceding Petillius’ entry in IV. 4 (with part of the 
next 5 speeches) are his; and that is all. F. has altered his ‘Drusius’ into ‘Drusus’. 

® Madoc, entered 29/6/1660, but not printed, and now lost. 

4 These two actors acted for the King’s in 1611, and then their names 
drop out of the lists of that company, Egglestone’s till 1618, and Robinson’s 
till even later. In 1613 Egglestone was playing for the Lady Elizabeth’s, and 
probably Robinson also belonged to another company for some years after the 
burning of the Globe. | 

5 Has the excessive alliteration of parts of V. 2 ever been noticed? It is 
not usual for F. to indulge in it to quite this extent: 


„O, penny pipers, and most painful penners 
Of bountiful new ballads, what a subject, 


336 E. H. Oliphant 


Nice Valour 


is another play to which a late date is usually given, but which I con- 
sider to have been originally written by B., who imitated in it (as in 
Love’s Cure) his friend Jonson. Fleay regards it as written in ’13 by F. 
and another, and altered about ’26 by some other writer, pos- 
sfbly Middleton; Boyle thinks it F’s., altered by Rowley after the 
author’s death; while Bullen thinks much of the play strongly 
suggestive of Middleton, but the songs F’s. My view is, that, 
originally written for Paul’s or Revels’ Children by B. (to whom 
belongs the epilogue, which compare with that of Love’s Cure 
by the same author,! it was remodelled about ’ı3 or ’14 for the 
Lady Elizabeth’s company by F.,* who called it ‘The Passionate 
Madman’ (see II. 1 and IV. 1). It passed subsequently to the 
King’s company, for whom it was rewritten after F’s. death (pro- 
bably in ’26) by Middleton, who laid the scene in Genoa. That 
it was originally laid in France is evident from the names of the 
characters, the use (by both B. and F.) of the word ‘monsieur, 
the mention (by F.) of the Duchess of Valois, and the fact that 
the country is spoken of (by B., in III. 2) as ‘the kingdom’. 
That it was not originally written for the King’s is shewn by the 
absence of a list of actors’ names in the 2d fo.; and, if other 
proof be wanted that its production after ’24° was only a revival, 
it is afforded by the fact that it was not licensed by Herbert. 
My division is as follows: 

Mid. — II. 1b (after 2nd. song), V. 2, 3b (from Sham’s. 18t- entry) 


F. and Mid. — Il. 1a#, IV. 1a 
F. — 1. 1b, IH. 2b (speeches xvii—xli inclusive), d, IV. ıc 


What a sweet subject, for your silver sounds 

Is crept upon ye*. 

„And seen him kiss his sword since, court his scabbard, 
Call dying dainty dear, her brave mind mistress‘. 

»More than they make themselves: they lie 

Just like a brace of bear-whelps, close and crafty, 
Sucking their fingers for their food‘. 


1 There is the same contempt for public opinion shewn in B’s. verses on 
Volpone and the Faithful Shepherdess. 


2 It is he who is alluded to in the prologue. Lowin and Taylor also, 
in their dedication to the Wild-goose Chase, speak of his ‘innate Modesty’. 


8 In V. 3. there is an allusion to Fisher’s Folly, first published in 1624. 
* The songs are F's. 


The works of Beaumont and Fletcher 337 


B. and F. — I. 1a (to Duke’s exit!), c (17 speeches preceding Lady's 
entry), III. 2a 

B. — Ill. 3b®), IV. 1b (10 speeches preceding the Duke's exit) 

B. and Mid. — I. 1d, III. 3a (to Cupid’s exit), V. 1, 3a 

B., F., and Mid. — III. 1, 2c (12 speeches) 


As usual, B’s. presence can not be shewn by such short 
extracts as it is desirable to give in a paper like this; but the 
first speech in III. 2 and the Lady’s last speech in the same 
scene may be instanced as being wholly his, or as having under- 
gone very slight alterations by Middleton, and none by F. But 
there is not the same difficulty with regard to F., to whom most 
of the play is due, though Middleton is responsible for a greater 
number of scenes. The following must be his: 


» Lhat’s my poor virtue, Sir; 
And parcel valiant; but it’s hard to be perfect. 
The choosing of these fellows now will puzzle me, 
Horribly puzzle me; and there’s no judgment 
Goes true upon man’s outside, there’s the mischief ! 
He must be touched and tried for gold or dross, 
There is no other way for’t, and that’s dangerous too: 
But, since I’m put in trust, I will attempt it; 
The duke shall keep one daring man about him“. (IV. 1) 


Middleton’s® hand is clearly to be seen in these lines from 
II. 1: 


1 With perhaps a little Middleton. 

2 Malone states that in a common-place book he saw the song which is 
sung in this scene ascribed to Strode. That writer penned a reply to it, and 
so, I suspect, the mistake arose. There seems to be a sort of tradition that this 
song is B’s., and so, indeed, it is. 

5 Middleton’s verse, with its double and triple endings and its slurred 
syllables, sometimes bears no slight resemblance to that of F., and he occasionally 
employs too that extra emphatic syllable that is so often thought, because it 
was most frequently used by F., to have been used by that poet alone. Here 
are examples from one scene of The Changeling: 

» Lhat wishes poison to 't. How well were I now‘, 

„Would strike off both your fears; and I'll go near ’t too“; 

„Keep One to expel another: where was my art?“ 
(The context shews that this line should be read as I have marked it). 

„Ihe present times are not so sure of our side“; 

„Hardness becomes the visage of a man well“. 
He used this peculiar verse with much more judgment, and therefore with much 
less frequency, than F., but he was very fond of triple endings, and not averse 
to Alexandrines. The Changeling, The Game at Chess, The Fair Quarrel, The 
Mayor of Quinborough, and Women beware Women shew the poetry and the 

E. Kölbing, Englische studien. XV, 3. 22 


338 E. H. Oliphant 


» lis like the gift of healing, but diviner: 
For that but cures discases in the body; 
This works a cure on fame, on reputation — 
The noblest piece of surgery upon earth!“ 


»But why to me so punctual? my last thought 
Was most entirely fixed on his advancement. 
Why, I came now to put him in possession 
Of his fair fortunes, — what a misconceiver ‘tis! — 
And, from a gentleman of our chamber merely, 
Make him vice-admiral: I was settled in 't*. 
and the conclusion of I. 1 (from the Passionate Lord’s exit) 
is his. 
It is to this play that B’s. ‘Letter to Ben Jonson’ is appended 
in both fos. 
I will digress here to consider a play in the production of 
which B. had no hand, though it seems to me to belong to the 
early time with which we are now dealing. 


Woman’s Prize, 


ascribed by Herbert and a revival-prologue to F. (an ascription 
that all critics have followed, and rightly too), and first printed 
in the fo. of 1647, was acted in Oct. ’33 at Blackfriars, 1) and 
the next month at Court; but, as it has no list of actors attached 
in the 2nd. fo., it is not likely to have been written for the King’s 
company. Nor would the parodies on Shakspere which this play 
contains have been penned for the company with which Shak- 
spere was connected. 

I consider that Woman’s Prize is of two dates, 1606 or ’7 
and 1613 or 'ı4. To the earlier version belong the allusion to 
Woman Killed with Kindness in III. 4, the parody on King Lear’s 
»I will do such things : what they are, yet I know not« (1606) 


humanity that were in him, and the tragic power of which he was capable. 
There are few grander tragedies in our literature than The Changeling, few plays 
more simply and sweetly touching than The Fair Quarrel, no other such specimen 
of the comedy of Aristophanes as The Game at Chess. With those who think 
his realistic comedies better than his tragedies I cannot agree: with the ex- 
ception of The Widow and at most two or three others, they are not parti- 
cularly meritorious, though undoubtedly busy and amusing. 

I should have said that the percentages of his later period (from his first 
connection with the King’s men) are: double endings 40 to 45, triple endings 
4 to 8, run-on lines 20 to 25, rhyme 3 or 4, line-ending speeches 50 to 55. 

1 The prologue was probably written for this revival. 


The works of Beaumont and Fletcher 339 


in II. 5, a couple of comparisons with-The Woman-hater (1606), ! 
and the allusion in I. 3 to the siege of Ostend.? In July 1602 
the Admiral’s men acted Dekker’s Medicine for a Curst Wife, 
and in ’2—3 (Feb.—March) T. Heywood’s Woman Killed with 
Kindness, while in 1603 was published Dekker, Chettle, and Haugh- 
ton’s Patient Grissil, which had been acted by the same company 
in 1599—1600. The King’s company brought out a rival play 
in Shakspere’s Taming of the Shrew, and any one who thinks that 
the allusion to Ostend in I. 3 of Woman’s Prize gives a date of 
1604 may look on this play as a retort by (?) Paul’s Boys. But 
in 1606—7 the old Taming of a Shrew, on which Shakspere had 
founded his play, was entered for publication, and in 1607 Hey- 
wood’s Woman Killed with Kindness appeared in print, and this 
is I think the occasion Fletcher seized for his continuation of 
Shakspere’s play, unless, as may be, it was his drama (produced 
in that case in 1606) that caused a demand for the older plays. 
To the revision belong the comparisons with Bonduca, M. Thomas, 
Knight of the Burning Pestle, Philaster, Captain, and Coxcomb, 
and the allusion in I. 3 to Jonson’s Silent Woman (1609). Like 
most plays that have not reached us in their original form, this 
play was known by more than one title. The second ‘The Tamer 
Tamed points directly to Shakspere’s play. Strange to say, the 
scene is declared to be London,® though the characters have 
names that are Italian. Probably on its first production the scene 
was laid in Italy, as it should have been. 


1 TI]. 1 — „My nose blown to my hand“. W.-h., III. 1 — „My nose 
blow’d to my hand“. 

Il. 2 — „Put up your pipes“. W.-h., III. ı — „Put up thy pipes‘. 

(Both these passages from The Woman-hater occur in that part of III. 1 
where I detected the touch of F., and singularly confirm the correctness of my 
view). 

2 This siege ended in 1604. The lines here speak as if the siege were 
then in progress, but 1604 is rather too early a date for the play, unless we 
are prepared to place Faithful Friends and Laws of Candy even earlier. The 
prologue to The Woman-hater, however, which we know to be D’avenant’s, 
tells us that F. had worn the bays „full 20 years“, and that would take us back 
to 1604 or ’5 or an even earlier date for the commencement of F’s. carcer. 

8 Only one of the plays written by F. for the King’s had its scene in 
modern England, and that play — The Devil of Dowgate — is lost. M. Thomas, 
Wit at several Weapons, Knight of the Burning Pestle, Woman’s Prize, Night- 
walker, Scornful Lady, and Wit without Money were all written for other 
companies. 





22* 


340 E. H. Oliphant 


The Noble Gentleman 


was licensed 3/2/1625—6, but is in my opinion by B. and F.,! 
dating about 1607. If, as I suppose, F. wrote his continuation 
of Shakspere’s Taming of the Shrew in 1606 or ’7 would not this 
play whose’ central idea is similar to (and in all probability borrow- 
ed from) that of the old play on which Shakspere’s was found- 
ed belong to the same period? Ward gives it to F.; Boyle, 
to the author of Faithful Friends and Laws of Candy (who, he 
thinks, is probably Shirley); and Fleay (who considers that it 
was left in a chaotic muddle by reason of F’s. death), to F. and 
Rowley; while Bullen is of opinion that »it is impossible to assign 
to Fletcher any portions of this poor play«. The prologue, which 
was spoken at a revival, attributes it to more than one author, 
and one is justified in supposing that it is B. and F. who are 
alluded to. My division is as follows: 

B. — I. 2—42, Il. 1a23, c, II. 2!, 31, 4!, IV. 3, 5, V. lac 

F. — Il. 1b (from Mar’s. reöntry to Gent’s. entry), IV. 1 

B. & F. — I. 1, I. 13, IV. 2, 41,4, V. 1b (from Cler’s. entry to 

Jacques’ 2d. exit) 

1 I am inclined to think that the play has come down to us without the 
alterations of 1625—6, although the first three speeches of III. 3, and III. 4 
from „Your grace is well returned“ to „Is damn’d for swearing it“ read very 
like Massinger, and he may also have altered III. 2a (to Marine's exit) and the 
first 9 speeches of IV. 4a. That the play has not come down to us in its 
original form is abundantly evident; but whether the alterations were made 
by Massinger (?and W. Rowley) in ’25—6 on the original work of B. and F., 
or by F. about ’12 or 716) on the original work of B., I cannot say. Amongst 
the signs of alteration and abbreviation are the following: the Doctor, who 
appears in the list of characters, enters only in I. 1, says not a word, has only 
two-and-a-half lines addressed to him, and serves no purpose, there probably 
being a large omission after the half-line with which Marine concludes his 
remarks to him; in I. 4 Jaques requests Clerimont to lecture Marine once again, 
and Clerimont promises to; but in II. it is Jacques himself who speaks to Marine, 
while Clerimont has not stirred from his house, as shewn in III. 1; in III 1 
Jacques shews intention to move for a dukedom, and yet makes no move sub- 
sequently; there is evidently something omitted at the beginning of 1V. 2; and 
finally, Maria says in IV. 5 that her unborn child (then quick) was conceived 
on twelfth night, which may be taken to shew that the production for which 
that was written was about June or July, whereas the only production of 
which we know anything dates Feb. ’25—6. 

2 But should not (see note 37) 1. 4 be by a different writer to U. 1a 
and II. 1? 

3 „Lady. But will you go?“ 
and six succeeding speeches are an insertion by F. 

* The 16 speeches preceding Marine’s exit are wholly B’s. 


The works of Beaumont and Fletcher 341 


Fletcher's hand may be traced clearly (albeit it is early Fletcher) 
in the following: 


» Lis but to be his grace’s secretary, 

Which is my little all, and my ambition, 

Till my known worth shall take me by the hand 

And set me higher. How the Fates may do 

In this poor thread of life is yet uncertain: 

I was not born, I take it, for a trencher, 

Nor to espouse my mistress’ dairy-maid‘. (II. 1) 


„Gent. Let them kiss, 
And much good may ’t do their hearts! they must kiss, 
And kiss, and double kiss, and kiss again,. 
Or you may kiss the post for any rising: 
Had your noble kinsman ever mounted 
To these high spheres of honour now he moves in 
But for the kisses of his wife? 
Cler. I know not. 
Gent. Then I do: credit me, he had been lost, 
A fellow of no mark, and no repute, - 
Had not his wife kiss’d soon and very sweetly“. (IV. 4) 


and the last two speeches in IV. 2. B’s. hand is visible in these 
passages: 


„Well, I will marry, surely, 
And not let every man out-run me thus. 
‘Tis time to be mine own friend: I ’Il not live 
In town here, and direct the readiest way 
To other men, and be a slave myself“. (IV. 4) 


»Dar st thou not fight? Behold then, I do go, 

Strong with the zeal I bear my sovereign, 

And seize upon that haughty man himself. 

Descend the steps (that thou hast thus usurp’d 

Against the king and state) down to the ground! 

And, if thou utter but a syllable, 

To cross the king’s intent, thou art but dead. 

There lie upon the earth, and pine, and die!* (V. ı) 


The »faithfully met« of B. in III. 3 may be compared with 
his »faithfully welcome« in Nice Valour. There are also many 
similarities to Wit at several Weapons and Coxcomb,! amiongst 
which I may instance this: 


1 And also to Honest Man’s Fortune and Knight of Malta, a fact which 
made me at first think Field might have had something to do with this play. 
There are indeed many passages that might be either Beaumont’s or Field's. 


342 E. H. Oliphant 


„For he’s the sweetest-temper’d man for that 
As one can wish, for, let men but go about to fool him, 
And he’ll have his finger as deep in 't as the best“. (V. 1) 


„So sweetly-femper’d 

That he would make himself a natural fool, 

To do a noble kindness for a friend. _ (Coxcomb, V. 3) 
B’s. frequent remarks about ‘dunghill breeding’ and ‘dirt’ merit 
comparison with his remarks on country life in his Letter to Ben 
Jonson. 

There is a repetition in V. 1 of words spoken by the 

»Gentleman« in IV. 4, put in the mouth of the same individual, 
though addressed to another character. In the latter we read: 


„Stir not a foot: 
For, if you do, all your hopes are buried: 
I swear you are a lost man if you stir*; 
and in the former: 
„Do not stir a foot; 
For, if you do, you and your hope — 
I swear you are a lost man if you stir“. 
There is another play which was not licensed till after F’s. 
death (22'1/1625—6), but which, I feel certain, was, like the 
Noble Gentleman, originally written in B’s. lifetime. 


The Fair Maid of the Inn 


is given by Boyle in Zngl. stud., vol. 7, to F. and Massinger, 
and in his N. S. S. paper to F., M., and Rowley (where, however, 
he divides it only between the two former).! Fleay considers it 
F. and R’s., left unfinished by them, and completed by M.; and 
Bullen also thinks M. and R. the chief contributors, a very small 
portion being due to F. I agree with this, except that I go a 
step further, and admit the cooperation of B. The play should 
be divided thus (M. and R. taking it pretty equally between 
them) : 

M. — I. 1—3, III. 2b, IV. 1a, c, V. 3a, c 

R. — Il. 3—4, IV. 2b, V. 1b, 2, 3b (from Clown’s entry to exit) 

M. & R. — III. 2a (first 16 speeches), V. 1a (to Cesario’s entry) 

B. & M. — II. 1b (from Host’s exit) 


B. & R. — I. 1—2, II. 1a, IV. 2a (to Clown’s entry) 
B., F. & M. — IV. 1b (from ‘Zxeunt Servants’ to “Enter Mariana’) 


I am inclined to think that the play was originally written about 


1 He gives I., III. 2, and V. 3 to M. 


The works of Beaumont and Fletcher 343 


1607, ! and merely rewritten by M. and R. in ’25—6, though M’s. 
alteration may have been made at a later date, for we find his 
work mixed with R’s. in two scenes. If this drama and Noble 
Gentleman were originally produced in 1625—6 they would have 
had lists of actors attached in second fo. Plays were sometimes 
re-licensed? (e g., Loyal Subject and Honest Man’s Fortune); 
and this play is very likely to have been re-licensed because of 
the great alterations made in it; or perhaps the management of 
the theatre desired that it and the Noble Gentleman should be 
regatded as posthumous works of F., trusting to their original 
productions at another theatre, 15 or 20 years before, being for- 
gotten. Moreover, it is in the highest degree improbable that, 
if these plays were written by F. in 1625, almost all tokens of 
him would have been obliterated by the finishers or pruners of 
them. 

The signs of M. and R’s. presence are many, and, having 
been already recognised need not be further commented on. For 
a sample of B., may be given the first half-dozen speeches in II. 
I, while we see him also in the following lines from IV. 1: 

„Bian. But as I am a maid, sir (and i’ faith 
You may believe me, for I am a maid), 
So dearly I respected both your fame 
And quality, that I would first have perish’d 
In my sick thoughts, than e’er have given consent 
To have undone your fortunes, by inviting 
A marriage with so mean a one as I am: 
I should have died sure, and no creature known 
The sickness that had kill’d me. 


Ces. Pretty heart! 
Good soul, alas, alas !* 


„Oh, you’re a proud, poor man! all your oaths falsehood, 
Your vows deceit, your letters forged and wicked!“ 


and perhaps a little B. may be found between Bianca’s second 
entry and Baptista’s in IV. 2. The Fletcher portion is simply 
ridiculously small, being confined to a few lines in IV. 1; prob- 
ably most of his work was re-written by M. or R. 


1 That this is pretty close to the right date is shewn by the resemblance 
of B’s. prose here to his prose in Love’s Cure, which dates about 1607. 

2 Besides Fair Maid of the Inn and Noble Gentleman, there are two other 
plays that, coming from other companies , were re-licensed by the King’s, wz- 
Love’s Pilgrimage, and Honest Man’s Fortune. 


344 E. H. Oliphant 


As in Nice Valour, there is an allusion to the fashion of 
kissing the fore-finger; and in IV. 2 and V. 2 there are several 
allusions recalling various plays of Jonson’s. We find an allusion 
to Paracelsus and »his terrible long sword«, as in Volpone; an 
allusion to Kelly, as in the Alchemist; allusions to Butter and 
the Captain and Lamb, as in The Staple of News; an allusion to 
Ball, as in The Staple of News and The Execration of Vulcan; 
and an allusion to The New World discovered in the Moon. I 
cannot account for all these coincidences. 


Wit at several Weapons 


is considered by Fleay to be the work of Middleton, Rowley, 
and Fletcher; by Boyle, to be by F. and an unknown; and by 
Macaulay and Ward, to be F. and B’s.; while Bullen says, »In 
reading it we are strongly reminded of Middleton’s town-comedies, 
or of the mixed work of Middleton and Rowley«.! Bullen need 
not have feared to commit himself, for the play is an alteration 
by Rowley and Middleton of an older drama by B. and F. It 


should be divided thus: 

Mid. — I. 1a, c (to Greg’s. 24. entry), II. 1, III. 1a, IV. 1a, 2, 3 

R. — II. 2, 4, V. 1, 2? 

Mid. & B. — I. 1b (from Cunn’s. entry to Greg’s exit), d, III. ıc 

R. & B. — IL 2 

B. — II. 3, IV. 1b (from Pompey’s entry) 

Mid. & F. — III. 1b (from Cunn’s. 15t. entry to Old’s. 3rd.) 
Rowley at his worst is easily recognisable; at his best, not so 
easily. In this play he does not shew himself at his best. He 
has points of resemblance to his colleague Middleton, but his 
curt and unmetrical methods of expression are quite his own. 


These passages are thoroughly characteristic of him: 
„Ihe woman has conquer’d the women: they are gone, 
Which I have already complain’d to my father, 
Suggesting that Sir Gregory is fall’n off 
From his charge, for neglects and ill usage, 

And that he is most violently bent 
On Gentry’s wife (whom I have called a widow), 
And that, without most sudden prevention, 
He will be married to her. 
Cunn. ’Foot, all this is wrong! 
This wings his pursuit, and will be before me: 
I am lost for ever! 


1 Boyle gives F. I. 1--II. 1, III. 1, IV. 1; and Macaulay gives him I. 
II. 1, III, IV. 2—3, and the rest to B. 
2 Perhaps there is some B. in the Pompey portion of this scene. 


The works of Beaumont and Fletcher 


Witty.. No, stay: You shall not go, 
But with my father. On my life let it lie. 
You shall appear a friendly assistant, 
To help in all affairs, and in execution 
Help yourself only“. 


„I have had late intelligence they are now 
Buxom as Bacchus’ froes, revelling, dancing, 
Telling the music’s numbers with their feet, 
Awaiting the meeting of premonish’d friends, 
(This is questionless) little dreading yon. 

Now, Sir, with a dextrous trick indeed, sudden 
And sufficient, [’t]were well to enter on’em 

As something like the abstract of a masque‘. 


„But you see how the lady is wrong’d by it. 
She has cast away herself, "tis to be feared, 
Against her uncle’s will, nay, any consent, 

But out of a mere neglect, and spite to herself, 
Married suddenly, without any advice‘. 


and the last three speeches in II. 4. Such lines as 
claim themselves to be Middleton’s: 


„Cunn. She does abuse you still, then? 
Greg. A pox! damnably, 
Every time worse than other.! Yet her uncle 
Thinks the day holds a’ Tuesday. Say it did, Sir, 
She’s so familiarly used to call me rascal 
She'll quite forget to wed me by my own name; 


(V. 1) 


(V. 1) 


(V. 2) 


these pro- 


And then that marriage cannot hold in law, you know“. (IV. 1) 


„Niece. Now, blessings still maintain this wit of thine, 


And I ’ve an excellent fortune coming in thee! 


— — — — _ — — — — m — ow — eee 


Thou shalt be worthily welcome, take my faith for’t. 


Next opportunity shall make us. 


Cunn. The old gentlewoman has fool’d her revenge sweetly. 
Niece. ‘Las, tis her part! she knows her place so well yonder. 


Always when women jump upon threescore, 
Love shoves ’em from the chamber to the door“. 


(IV. 3) 


The epilogue »at the revising of this play« hints that F. wrote 
only an act or two. There is not indeed much of his work left, 


almost all his scenes having been rewritten, e. g., IV. 


2. 


In this work Mirabel is a girl’s name; in The Wildgoose 


Chase, it is a man’s. 


Wit at several Weapons is certainly not, as Fleay supposes, 


1 He uses a similar expression in the Changeling, II. 1. 


346 E. H. Oliphant 


identical with the lost Devil of Dowgate. Jt was first printed in 
‘the ’47 fo., as was 


Love’s Pilgrimage, 


which, like Wit at several Weapons, was not licensed by Herbert, 
and has no list of actors attached to it in the 2d. fo., and was 
therefore in all probability written for another company than the 
King’s;! though it must have passed into the hands of the King’s 
players subsequently, since we find Herbert allowing them to 
renew it in 1635. In Dec. ’33 it was acted at Court. The pro- 
logue ascribes it to more than one author, and that it is the 
original one is evident, for it speaks of the play as new. Fleay 
regards it as originally by F. and Jonson, altered at a later date 
by Shirley; and Boyle divides it between the same three authors; 
while Bullen considers it almost entirely F’s.2 The play is really 
F. and B’s., altered by Massinger and Jonson. I divide it thus: 

F. — I. 1b (final dialogue), 2, II. 2, 4, Ill. 1—3' 

B. — IV. 1b (from Mare’s. .exit to Gov’s. entry), V. 1a, 4b (from 

. Sanc’s. entry), 5b 

B. & F. — IL 1 

F.& M. — 13 

B. & M. — IV. 1a, c. 2, 3, V. 1b, 2, 3, 4a, 5a (to Eug’s. entry) 

J. —I. 1a 
The mistake that has so commonly been made of supposing that 
Shirley finished this play was started by Malone, who had no 
good grounds for the supposition. If the alteration was, as we 
may reasonably suppose, made in ’35, when Blagrove paid £ 1 
for its renewal, the remodeller cannot have been Shirley, who was 
then writing for the Cockpit company, and must almost certainly 
have been M., the regular poet of the King’s men. His hand 
will readily be distinguished in the following passages: 


„Diego. My course is now directly to some pie-house; 
I know the pages’ compass. 


1 Herbert held the office of Deputy Master of the Revels from Aug. 1623, 
but his office-book begins with Ashley’s succession to the Mastership in May 1622; 
and every play that we can with certainty declare to have been originally pro- 
duced by the King’s men has a list of actors attached to it in the 24. fo., un- 
less previously printed in 4°. The only plays, not originally belonging to the 
King’s company, that have lists are The Honest Man’s Fortune and The Coxcomb. 

2 Boyle gives J. I. 1, F. I. 2, II. 2—4, III., and IV. 2, and Shirley the 
rest; while Fleay gives F. the first three acts and Shirley the other two. 


The works of Beaumont and Fletcher 347 


Ine. I think rather 
The smock side o’ th’ town, the surer harbour 
At his years to put in“, (V. 1) 


„Ihough their eyes 
Perhaps be leaden, and might turn, mine would 
Strike out a lightning for her, and divide 
A mist as thick as ever darkness was — 
Nay, see her through a quarry“, (V. 2) 


an obvious insertion by M. in a speech otherwise wholly B’s. 


»And, though I thought not to reveal myself 
(Pardon my manners in ’t) to you, for some 
Important reasons, yet, being thus character’d 
And challengéd, know I dare appear, and do, 
To who dares threaten‘. (V. 5 


B. may be seen in the following: 

„Alas! will he not leave 
This trying all? — Madam, I do beseech you, 
Let me but speak to him, you and these by, 
And I dare almost promise you to make him 
Shew himself truly sorrowful to you. 
Besides, a story I shall open to you, 
Not put in such good words, but in itself 
So full of chance, that you will easily 
Forgive my tediousness, and be well pleased 
With that so much afflicts me“. (IV. 3) 


„When I make jests of oaths again, or make 

My lust play with religion; when I leave 

To keep true joys for her, and yet within 

Myself true sorrow for my passed deeds; 

May I want grace when I would fain repent, 

And find a great and sudden punishment !* (IV. 3) 

About a dozen lines in I. ıa are identical or almost iden- 

tical with lines in II. 2 of Jonson’s New Inn, acted by the King’s 
in Jan. 1629, and printed in 1631; and the latter part of the 
same scene is almost a duplicate of much of III. 1 of The New 
Inn. Omitting the first line and the last five lines of I. 1b, of 
the remaining 74, 24 are absolutely identical with lines in The 
New Inn, and only 6 are altogether peculiar to Love’s Pilgrimage. 
I cannot agree with Fleay that, in copying this into The New Inn, 
Jonson was merely reclaiming his own work done for the earlier 
play, for it is principally F’s. work that appears in both dramas; 
nor can I agree with those who think that the final dialogue of 


348 E. H. Oliphant 


Love’s Pilgrimage was stolen by the reviser from Jonson, for it 
is not the reviser’s work. Can it be denied that these lines 
are F’s.: 


„Every poor jade has his whole peck, and tumbles 
Up to his ears in clean straw; and every bottle 
Shews at the least a dozen; when the truth is, Sir, 
There’s no such matter, not a smell of provender, 
Not so much straw as would tie up a horse-tail, 
Nor anything i’ th’ rack but two old cobwebs 

And so much rotten hay as had been a hen’s nest‘. 


This is not like M’s. work, nor J’s.! nor Shirley’s. It is probable 
that Jonson had commenced a revision of the play, when, for 
some reason, he ceased his work (which was taken up a few 
years later by M.), and commenced The New Inn, stealing from 
the first scene of Love’s Pilgrimage the only piece of F’s. work 
he had left in it, and also repeating a few of his own lines. The 
New Inn is, strangely enough, given in Gough’s catalogue to B. 
and F.; but there is no B. in it, and no F., except what is taken 
from Love’s Pilgrimage. 

The ‘Rowl.’ who took the part of a Servant was probably 
the ‘Rowland’ who acted in The Chances. 


Four Plays in One. 


This combination of plays is regarded by the critics as B. 
and F’s., but I cannot conceive that B. should have written at 
the one time in two such diverse styles as the two first plays 
shew. Hence, it is between Fletcher, Field, and Beaumont that 
I divide the four »Moral Representations«, Field having as far 


1 Jonson’s metre is very regular, and he employs triple endings oftener 
perhaps than any other dramatist except F. and Middleton. His humour is in 
its satiric strength very different from the easy gaiety of F. and the playful 
drollery of B., and his wit is brilliant in the extreme. His plots are splendidly 
conceived and executed; and, though some of his men are, like Dickens’, mere 
personifications of humours, he is on the whole a greater drawer of character 
than the great novelist, because his touch is more true, more forceful, and more 
consistent. But even when he is not illustrating mere habits and eccentricities, 
even when his touches of nature are most happy, none of his creations, however 
well put together, live and breathe like Shakspere’s or Fielding’s or Thackeray’s. 
Not for the best of them do we feel the tender sympathy that the Duchess of 
Malfi, Orlando Friscobaldo, Captain Ager, and Mrs. Frankford inspire in us. 
They are nearly all bad and all unloveable; and even to a greater degree than 
the majority of his contemporaries, he failed to understand the nature of woman. 


The works of Beaumont and Fletcher 349 


as Cupid’s speech (which may be either his or B’s.), and F. from 
the beginning of The Triumph of Death,! the rest being B’s. 
It is true that both the Induction and The Triumph of Honour 
bear a great resemblance to B’s. earlier work, but they also have 
their points of contact with the dramas of Field. Indeed, with 
the exception perhaps of the difficulty in deciding the authorship 
of prose scenes and of the very early plays, there is, as I have 
already said, no greater difficulty than that of distinguishing the 
work of Field from that of B. B’s. style was, however, formed 
much sooner; and that, fortunately, helps to save us from con- 
fusion. As the Induction and the four plays must have been 
written at the one time, we need not doubt that we have Field, 
and not B., before us in The Triumph of Honour and the In- 
duction. Field’s rhymes have much more an air of premeditation 
than B’s. (compare in this connexion Triumph of Honour with 
Triumph of Love), and his burlesque double-ending rhymes are 
not as frequently as B’s. employed in conjunction with run-on 
lines (compare IV. 2 of A Woman is a Weathercock with Humph- 
rey’s burlesque rhyme in The Knight of the Burning Pestle). 


Judging by the cooperation of Field, and the developed 
style of B. and F., 1610 is the probable date of this drama. It 
was first printed in the fos., and must have been written for the 
Revels’ Children. 


The Night-Walker. 


On the 11th. May 1633 there was, Herbert tells us, »a play 
of Fletcher’s corrected by Shirley, called Zhe Might-Walker« acted 
at Court, and in Jan. ’33—-4 he speaks of it as »made by 
Fletcher«. In 1640 it was published by Crooke and Cooke, as 
acted by the Queen’s men at Drury Lane, and it was published 
again in ’61. Crooke in a dedication to the former edition speaks 
of it as Fletcher’s, whose name is also on the title-page; but it 
is very plain that the play is printed as corrected by Shirley. 
The allusion to Prynne’s ‘Histriomastix’ is alone sufficient to prove 
that we have not the play as it issued from F’s. pen,? and the 
same remark may be made of the assurance on the title-page of 


1 The prologue to this play may be from the pen of any one of the three. 
2 The date of Histriomastix is 1633, the very year, it is to be presumed, 
in which Shirley’s alterations were made for the Queen’s men. 


350 E. H. Oliphant 


the 4°. that it is printed as acted by the Queen’s men; and the 
double names of two of the characters! also serve to shew re- - 
vision. It cannot, as has been thought, be identical with The 
Devil of Dowgate, which was licensed for the King’s men in 
1623. As The Night-Walker is in the Cockpit list of 1639 it 
must have been written for some other company than King’s, 
either for the Revels Children before 1610—11 or (?for Lady 
Elizabeth’s) between the burning of the Globe and F’s. return 
to the King’s men. In III. 3 there is an allusion to A Woman 
Killed with Kindness, which F. had already alluded to in Woman's 
Prize. The two authors are, as all the critics are agreed, F. and 
Shirley, and the work should be apportioned thus: 


F. — I. 1b—8, II. 1—3, 4c (last 9 speeches), III. 1—2, 3b (from 
Lurcher’s entry), 5, IV. 1, 3—4 

S. — II. 4a, IV. 2, 6, V. 2a (to „Alathe goes to Maria“) 

F. & S. — I. 1a (to Heart’s. entry), II. 4b (from Lurcher’s entry), 
II. 3a, 4, 62, IV. 5, V. 1, 2b 


Fleay gives F. to the end of III. 2, and declares the rest so 
altered by Shirley as to defy separation. Boyle gives Shirley 
II. 3—4, IV. 1—2, 6, V. 2 from »Znter Heartlove« to »Znter 
Nurse«; and F., the rest. There should be no great difficulty 
in selecting the scenes wholly by Shirley, for the improper run- 
ons and weak endings and the Massinger-like run of the verse 
make his style very distinct. # 

1 Wildbrain is frequently called ‘Wildgoose’ (always by F.), but the name 
Wildbrain occurs both in the altered and unaltered scenes, Shirley probably 
having substituted it for “Wildgoose’ where he chanced on the latter. F. seems 
to have used “Toby” as a nickname for Nicholas. 

2 In this scene, the inducements of the gentlemen have been dropped out 
by the reviser, though we have Heartlove’s reply: 

»He is no friend that wishes my departure: 
I do not trouble you ;* 
“and the conclusion of the play also shews signs of alteration. 

8 Shirley’s style is often of that semi-prosaic order that marks too much of 
Massinger’s verse, and he uses pauseless weak-endings even more than that writer 
does. Polished but conventional, skilful but feeble, full of fancy but destitute 
of imagination, he is often pleasing, but rarely great. His knowledge of stage- 
requirements is noticeable throughout his plays. His great fault is the bombastic 
and absurd language he indulges in when he strives for sublimity and imaginative 
flights; and when he attempts pathos he is fondly extravagant and feebly imitative. 
He follows his predecessors in their extravagances, but is incapable of the 
passionate earnestness that makes theirs endurable, and even admirable. 
For the gloriously wild imagination and the genuine rapture of the Elizabethan 


The works of Beaumont and Fletcher 351 


Fletcher’s name for the play was, it may be presumed, The 
Little Thief. 


M. Thomas 


was printed in 1639 by Waterson, as acted at Blackfriars, with 
verses in praise of the author and his poem by R. Brome, and 
an ascription to F. As it contains many comparisons to The 
Knight of the Burning Pestle, and appears in the Cockpit list, 
under the title of ‘Fathers owne Sonne‘, ! its performance at Black- 
friars must have been prior to 1610, when that theatre was used 
by the Revels Children. These two facts, coupled with the one 
I am just about to mention, give a date of 1609. The expression 
»come from Tripoli«, in IV. 2, occurs also in Jonson’s Silent 
Woman (acted 1609), and evidently refers to some one notorious 
at that time, thus fixing the date. That the play is wholly F’s. 
is undeniable. 

In I. 1, Thomas is called Wild-oats, a name or nickname 
given to another in II. 3. The repetition in Wit without Money, 
whose plot so greatly resembles that of this play, of names of 
characters in it (Valentine, Francisco, Lance) is worthy of note, 
especially as one of these names is not English, though the scene 
of each play is laid at home. Other characters in M. Thomas 
also have foreign names. 


dramatists , he offers us false elevation and a diseased fancy. The „brave trans- 
lunary things“ of Marlowe sank in the last days of our greatest dramatic period 
to such carefully-considered twaddle as ‘hiding a lover in one’s tears’ and ‘the 
death of a hundred nightingales , because of a lady’s expression of weariness of 
their song’. He is original in his plots, and opens and conducts his plays with 
much skill. Though not great as a humorist, he shews keen powers of obser- 
vation, and is sometimes witty. His women take much the same view of the 
practical nature of chastity as F’s. 
He very often pronounces as a dissyllable the final ‘tion’ in such words 
as ‘destruction’, ‘execution’, and all too frequently ends his lines with adjectives, 
conjunctions, and such little nominatives as ‘it’. Thus, in The Witty Fair One, 
we read, 
» Lhe more I would discharge this new guest, it 
Strengthens itself within me“. 

(In the same play, there is a fine instance of an improper ending: 
„Perfectly. But I lose time: Sir Nicholas 
Treedle expects me this night in the country“.) 

1 The droll from this in Kirkman’s „Wits“ clearly identifies it with 
M. Thomas. 


352 E. H. Oliphant 


Thierry and Theodoret 

was first printed by Wakley in 1621 (anonymously), as acted by 
the King’s men at Blackfriars; and in ’48 it was published by 
Moseley as F’s., and the next year, by the same publisher as 
B. and F’s. As Fleay says, the date of the play as we have it 
must be c. 1617, but I hold that it was originally written (per- 
haps about 1607 or ’5) by F. and B., or B. alone, and was only 
revised in 1617 by Massinger, or Massinger and Fletcher.! It 
should be divided thus: 
. — I. 2, I. 1, 4a (to Thierry’s exit), IH. 2a, IV. 2 
— I. 1b, H. 2—3, IV. 1, V. 2 
. — IIL. 2b (from Thierry’s entry) 
. & F. — I. 1a (first 4 speeches) 
. & B. — IL 4b, (?) IL 1, V. 1a 
& B. — V. 1b (from Prot’s. entry) 

Dyce and Ward give the play to B. and F.; Swinburne to 
F. and M.; Bullen, to F., M., and another; Fleay, to F., M., and 
Field; and Boyle, to F., M., and the author of IV. 1 of Rollo, 
»who seems certainly to be Daborne«, and perhaps a fourth, who 
may be Field.? It has been suggested that this play is a refashioning 
of ‘Brunhowlle’ (Brunhalt), which Henslowe possessed in 1598; 
and, as I cannot convince myself that III. 1 is even partly B’s,, 
I am somewhat inclined to think that that scene is an alteration 
(by M.) of the old writer (whoever he may have been®), and it 
may be he, instead of B., whose hand is to be detected in III. 
2. If we assume the presence of this early dramatist, we must 
suppose that the play was rewritten by B. (?and F.) about 1606 
or '8 for Paul’s Children or Revels Children, and revised in ’17 
by (?F. and) M. for King’s. The third 4°. contains a prologue 
and epilogue, the former belonging to The Noble Gentleman, 4 


ASEM E 





1 Whether F. was B’s. colleague, or M’s., or both, is a point I do not feel 
able to decide. I would declare for the first of these views, but that I cannot 
see why M. should have been called on to revise a play of B. and F's. in 1617, 
when F. belonged to the same company. 

There are one or two signs of revision, scarcely perhaps worth enumeration. 

2 Boyle gives F. I. 1, II. 2, IV. 1, and V 2, and M. I. 2, II. 1, 3, IV. 2; and 
Fleay, I. 1, II. 2—3, IV. 1, and V. 2 to F., and I. 2, II. 1. and IV. 2 to M. 

8 His style is not that of Day, or Porter, or Mundy, or Chettle, or 
Haughton, or Drayton, or Middleton, or Dekker, or Jonson, or Chapman, or 
Marlowe, or Lodge. 

4 If it was spoken also at the revival of this play in 1617, the statement 
in it, that the play was „in fashion“ twenty years before, would refer to “Brun- 
howlle’; and it is not a little curious that the length of time mentioned should 
exactly suit the case. 


The works of Beaumont and Fletcher 353 


and the latter, which speaks of the drama as by one poet, being 
probably, as Fleay supposes, the epilogue to some play of Shir- 
ley’s presented at Dublin. 

If Fleay’s theory that F., M., and Field wrote in conjunction 
be correct, it is difficult to account for M’s. alteration of Field’s 
work in II. 4, IH. 1, and V. 1. In IIl. 1, we have, amongst 
other proofs of M’s. alterations: | 

» Lill now I ne’er repented the estate 


Of widower“. 


„Ihe unripe virgins of our age, to hear it, 
Will dream themselves to women, and convert 
The example to a miracle“. 


„You teach a deaf man language“. 


» What you 
Enjoy is but the banquet’s view: the taste 
Stands from your palate“. 
A specimen of B’s. prose may be found in V. 1 from Protaldye’s 
entry to the next entry of the Soldiers, these eight speeches being 
wholly his. 

Of all the plays in the 1679 fo., this alone, with the two 
exceptions of The Coronation and The Two Noble Kinsmen, 
cannot point to contemporary verses, a place among the B. and 
F. plays in the Cockpit list, a place in the first fo., or a pro- 
logue, epilogue, address, dedication, or title-page of sufficiently 
early date ascribing it to either of our authors, in proof of the 
justice of its inclusion. We find the necessary corroboration, 
not in the prologue stolen from the Noble Gentleman, nor even 
in Moseley’s ascription of it to F., but in the internal evidence. 


The Bloody Brother 


has been dated subsequently to 1623—4, because it is supposed 
to contain an imitation of Jonson’s Neptune’s Triumph;! but it 
was not licensed by Herbert, and must therefore be earlier in 
date than June 1622 — at least, in its original form. Its double 
title serves to shew that it is a play that has not come down 
to us in its original shape.® It was entered for publication by 

1 As a matter of fact. it is Jonson who has imitated F. 

2 The plays to which double titles are given in either fo. are Woman’s 
Prize, Love’s Cure, Rollo, Philaster, Nice. Valour, and Night-walker; and others 
that boast of two titles are Humorous Lieutenant, M. Thomas, the '« -* 


Dowgate , Lover’s Progress, Henry VIII., and A Very 
E. Kél bing, Englische studien. XV. 3. 


354 E. H. Oliphant 


Crooke and Sergier, 4/10 39, as by J. B., under the title of 
‘Bloody Brother, and published the same year by Allott and 
Crook, under same title, with ascription to ‘B. J. F.1 The next 
year, it was published by Lichfield as Fletcher’s, under the name 
of Rollo.” 

Hills speaks of the cook as a character of F’s., and internal 
evidence warrants his statement. Dyce and Ward both recognised 
the presence of F. and a second writer; Fleay gives the drama 
to F., Massinger, Jonson, and another; Bullen thinks it likely it 
was originally written by F. and J., and revised by Massinger for 
its revival at Court in Jan. 1636—7, and Boyle assigns it to F., 
M., Field, and another, probably Daborne. My own view is, that 
this play has, like Nice Valour, been rewritten more than once.3 
Originally by the writer * to whom belong IV. 3 and the rhyming 
parts of III. 1, it was rewritten (in 1614 or ’15 for the Lady 
Elizabeth’s, or in 1616 for the King’s) by F., J., and Middleton, 
and revised again in ’36, for the King’s, by Massinger. I thus 
apportion the scenes:® 

F. — IL, III. 1b (from „Zaith. Oh, stay there, Duke“ to Ham’s. entry), 
2, V.ıb. 2 

Massinger — I., V. 1a (to Ham’s. exit) 

? — II 1a8, c, IV. 3 


Devil of Dowgate, there are only three of these that are not alterations — 
Humorous Lieutenant, Philaster, and M. Thomas. The name Demetrius and 
Enanthe given on the ms. of the first of these may have been the author’s name 
for his play, which however was popularly called the Humorous Lieutenant, as 
Cooke’s City Gallant was known as ‘Green’s Tu Quoque’; and perhaps the title 
of ‘Father’s Own Son’ was given to M. Thomas for a revised version that has 
not reached us. The hackwork 4°. (1620) of Philaster, with all its variations 
from the accepted text may be a survival of a revision of that play, bearing 
the name of Love-lies-a-bleeding. Note that Philaster and Love-lies-a-bleeding 
figure in the list of Court plays of May 1613 as two separate plays. 

1 These initials probably stand either for ‘Ben Jonson: John Fletcher’ or 
for ‘Beaumont: Jonson: Fletcher’. It is not so easy to say what is meant by 
the ‘J., B.’. 

2 This 4°. informs us that the play was acted by the King’s men. 

8 There are several signs of alteration. 

* Not improbably B., who may have written it about the same time as 
Bonduca; but I am disposed to regard it as the work of some 16th. century 
dramatist. 

5 Fleay gives F. II., IN., and V. 2, and recognises Massinger’s hand in I. 
Boyle gives I., V. 1a to Massinger, and to F. II., III. 2, IV. 2, V. 1b (part). 2. 

6 With some Middleton between Rollo’s first entry and Gisbert’s. 


The works of Beaumont and Fletcher 355 


J. — IV. 1b (28 lines), 2 . 

Middleton — III. 1a (final dialogue), IV. 1a, c (last 3 speeches) 
Jonson’s part is not written in his best style, perhaps because it 
was merely hack-work. The Fiske of IV. 1, 2 is mentioned in 
the same author’s Devil is an Ass (1616). Though Middleton’s 
presence here has never been recognised, I think I may confi- 
dently point to these lines as being in the manner of his middle 
period: 

„Here is his brother too, sir, 
A captain of your guard, hath served you long, 
With the most noble witness of his truth 


Marked in his face and every part about him, 
That turns not from an enemy“. (IV. 1) 


»Lat. Good lady, rise, and raise your spirits withal 
More high than they are humbled: you have cause, 
As much as ever honour’d happiest lady; 
And, when your ears are freer to take in 
Your most amendful and unmatched fortunes, 
I'll make you drown an hundred helpless deaths 
In sea of one life pour’d into your bosom, 
With which shall flow into your arms the riches, 
The pleasures, honours, and the rules of princes; 
Which, though death stop your ears, methinks should ope’em. 
Assay to forget death. 
Edith. Oh, slaughter’d father!“ (II. 1) 
The first stanza of the song in V. 2 occurs with slight 
variations in Shakspere’s Measure for Measure, which dates 1603—4, 
and both stanzas are in the spurious 1640 edition of Shakspere’s 
plays. Perhaps, as Mr. Bullen suggests, the first stanza is Shak- 
spere’s, and the second, Fletcher’s; and perhaps F. is responsible 


for neither. Certainly, the first stanza cannot be his. 


The Chances 


was first printed in the ’47 fo., with a prologue declaring it to 
be F’s., and speaking of the author as dead. Fleay thinks this 
the prologue at the original production; but the play was not 
new then, or it would have appeared in Herbert’s Office-book; 
nor was it acted by the King’s men, for it has no list of actors 
attached in the 2d. fo. Whether written for the Revels Children 
in 1609 or ’10, of for the Lady Elizabeth’s about 1614, it was 
probably one of those numerous plays of F’s. that came into the 


hands of the King’s company about ’23 or ’24 (Love’s Cure, Faithful 
| 23" 


356 E. H. Oliphant — 


Shepherdess, Coxcomb, Scornful Lady, Honest Man’s Fortune, etc.). 
That it is wholly F’s. is undeniable.! The song of John Dory 
sung in III. 2 is mentioned in the Knight of the Burning Pestle, 
and is of earlier date than 1602. It is to be found in Deuter- 
omelia (1609). 


Beggars’ Bush 


was printed in both fos., and also in 4°. in 1661 by H. Robinson 
and Anne Moseley, with ascription to B. and F., and with the 
prologue and epilogue to the Captain, which they thought be- 
longed to Beggars’ Bush. Fleay and Boyle give it to F. and 
Massinger, while Bullen seems to doubt M’s. participation, and 
is of opinion that »the scenes in which the woodland life of the 
beggars is depicted are much in the manner of W. Rowley (or 
Rowley and Middleton)«. In my opinion it was originally written 
by B.? (either in 1609 for the Revels Children or c.’12 for the 
King’s), and redone by F. and M. some time between B’s. death 
and Xmas ’22, when the King’s men acted it at Court. There 
are many signs throughout the play of its having been revised: 
B. had only seven beggars; F. and M. thought there were others. 
In II. 1, a reviser supplies the preliminary » xfer Higgen, Ferret, 
Prigg, Clause, Jacqueline, Snap, Ginks and other Beggars« (probably 
because the writer of the scene had omitted the stage-direction); 
but B., to whom all the text of the scene is due, puts into the 
mouth of Higgen, »We are seven of us«. Originally Costin must 
have been the seventh, and not Jacqueline, who says not a single 
word until she enters alone (without having left the stage!). In 
Ill. 4, F. has »Änter Higgen, Prigg, Ferret, Ginks, and the rest« 
(this term not including Clause). In V. 1, M. has »Zxier Hubert, 
Higgen, Prigg, Ferret, Snap, and Ginks, “ke Boors«, the entrance 
of the last-named being an error, for B. makes Hubert say, »I, 
and four boors here to me«, and, in the next scene, we see clearly 
that Ginks was not one of the Boors. In V. 2, Costin, alluded 
to in V. 1 by Beaumont appears for the first time, and then says 
nothing. After losing Hubert, Clause, Ginks, and Costin from 
their number, Higgen says, »Snap, Ferret, Prigg, and Higgen all 

1 Gough, in his Catalogue, gives it, absurdly enough, to Shakspere. 

2 Who not improbably took his slang terms and his knowledge of the 
manners of the beggars from Dekker’s Bellman, which was published in 1608, 
F. does not employ the beggars’ language at all, but M. does in V. 1. 


The works of Beaumont and Fletcher 357 


are left of the true blood«. In IV. 4, F. speaks of »all« the 
»old lords that rebell’d« as being with Gerrard, and again of 
Gerrard’s »forces«; but all B’s. »old lords« are Ginks and Costin, 
the latter having been altogether dropped by F. and M. In the 
dram. pers., the »other Beggars« are not mentioned. Again, where 
B. introduces Vandunke, that worthy gentleman uses the catchword 
»sub rosa«; where F. introduces him, he does not use it. As all 
these signs of alteration are thoroughly confirmatory of the division 
I made before considering them, I may well feel pretty confident 
that my apportionment is correct. ‘It is this: 

F. — Il. 2b, IL, IV.! 

B. — II. 1, 2a (1 St. speech), 3%, V. 1b3, 2b. (?) epi. 

M. — I, V. 2a (to Jac’s. entry) 

M. and B. — V. 1a (to Gert’s, reéntry) *. 
Can any one doubt that this is B’s.? 


„Oh, I am miserably lost, thus fall’n 
Into my uncle’s hands, from all my hopes! 
No matter now whe’r thou be false or no, 


‘t The last speech is perhaps a relic of B. 
2 With this insertion by M.: 


„Gos. Ha, ha! 
Hemp. You ’re angry, though you laugh. 
Gos. No; now ’tis pity 


Of your poor argument. Do not you, the lords 
Of land (if you be any), sell the grass, 
The corn, the straw, the milk, the cheese, — 
Vand. And butter: 
Remember butter: do not leave out butter. 
Gos. The beefs, and muttons, that your grounds are 
stor’d with? 
Swine. with the very mast, beside the woods? 
Hemp. No; for those sordid uses we have tenants, 
Or else our bailiffs. 
Gos. Have not we, sir, chapmen, 
And factors, then, to answer these? Your honour, 
Fetch’d from the herald’s ABC, and said over 
With your court faces once an hour, shall never 
Make me mistake myself. Do not your lawyers 
Sell all their practice, as your priests their prayers? 
What is not bought and sold? The company 
That you had last, what had you for ’t, i? faith? 
Hemp. You now grow saucy“, 
® The thirteen speeches succeeding Hubert’s entry are an insertion by M. 
* From Wolfort’s entry is probably an inserti 


358 E. H. Oliphant 


Goswin; whether thou love another better, 

Or me alone; or whe’r thou keep thy vow 

And word, or that thou come, or stay; for I 

To thee from henceforth must be ever absent, 

And thou to me. No more shall we come near 

To tell ourselves how bright each other’s eyes were, 
How soft our language, and how sweet our kisses, 
While we made one our food, th’ other our feast; 
Nor mix our souls by sight or by a letter 

Hereafter, but as small relation have 

As two new gone to inhabiting a grave. 

Can I not think away myself, and die?“ ! (V. 1) 


In the 2nd. fo. all this speech is omitted, with the exception of 
the first, second, and last lines, shewing how B’s. work was curt- 
ailed in the revision. ? 

The critics an rightly agreed in considering 


Valentinian 


to be wholly F’s. It was acted by the King’s men before 1617, 
as shewn by the names of the actors — Burbage, Condell, Lowin, 
Ostler, and Underwood —, but might just as reasonably be dated 
"Ir or ’12 as ’ı6. Indeed, if The Duchess of Malfi’s date be 
"12 instead of ’16, as there is good reason to believe it should 
be, the time of this play and Bonduca must be almost certainly 
1612, since we find no mention of Ostler’s name in any play that 
can with certainty be said to be of a later date. Valentinian was 
first printed in the fo. of ’47. 
The prologue to 


The Elder Brother 


claims it as a posthumous production of Fletcher’s;3 but its name 
does not appear in Herbert’s Office-book; from which we may 


1 Compare with this last line the same author’s 
„Here I'll sit, 
And think myself away“. 
(Triumph of Love, sc. 7). 
2 There is surely something omitted too before Hubert’s speech beginning, 
„If it be worth“. 

3 „You shall hear Fletcher in it, his true strain, 

And neat expressions; living, he did gain 

Your good opinions; but now, dead, commends 

This orphan to the care of noble friends“. 


The works of Beaumont and Fletcher 359 


gather that it was either written originally by F. many years 
before, and that the King’s men, producing it after the author’s 
death, were not unwilling that it should be thought a new play, 
or that it was licensed about the end of 1625 under another 
name.! It was published in ’37 (as acted at Blackfriars, by His 
Majesty’s Servants) as F’s., in ’51 (by Moseley) as B. and F’s., 
and in ’61 as F’s. Fleay thinks it was F’s., »prepared for the stage« 
by another, »probably Massinger«;? Boyle also gives it to F. 
and M.; and Bullen says it was »probably revised and completed 
by Massinger after Fletcher’s death«. I am inclined to think it 
was written by F. about ’14 for the Lady Elizabeth’s, but rewritten 
at a later date by M. for the King’s; and I divide the scencs 
as follows: 

F. — IL—IV. 

M. — pro., I., V. 1a, c, 2, epi. 

F. & M. — V. 1b (from Mir’s. entry to And’s.) 
Boyle gives V. 1 to M.; and Fleay, the whole act to F.: other- 
wise, we are quite in accord. There is a curious similarity be- 
tween a passage in F’s. IV. 2 and a passage in III. 2 of Massinger’s 
Duke of Milan. The former goes, 

„And had been quite shot through, "tween wind and water 
By a she-Dunkirk, and had sprung a leak, sir“ , 


and the latter, 
» With a she-Dunkirk that was shot before 
Between wind and water; and he hath sprung a leak too“. 


Wit without Money 


is in the Cockpit list, and was therefore written for some other 
company than the King’s, in all probability for the Lady Eliza- 
beth’s. In ’36—7 it was acted by Beeston’s Boys, and in ’39 
was published by Crooke (with an ascription? to B. and F.), as 
acted by the Queen’s players. It contains an allusion to the 
serpent in Sussex, that dates it after August 1614, and probably 


1 But “Elder Brother’ seems to have been F’s. name for it (vide acts II. 
and III.). 

2 He has since declared the revision of this play to be Massinger’s “Orator 
or ‘The Noble Choice’, which is, I think, not very probable. 

3 The epilogue seems to distinguish between ‘the author’ and ‘the poet’: 
the former is the contriver of the play, the writer of it in its original form; the 
latter is the re” ar nlay wright of the company. 


PR | 


360 . A. Rambeau 


"14—5 is its date. All critics aré agreed rightly in giving it 
wholly to F. 

The date of F’s. return to the King’s company is not known; 
but the Globe was reopened in June ’14, and it is probable that 
he returned to his old friends as soon as possible, though we 
have no distinct proof of his presence among them before 1617. 


September 1890. E. H. Oliphant. 


Il. 


DIE PHONETIK IM SPRACHUNTERRICHT UND DIE 
DEUTSCHE AUSSPRACHE. 


Uber das thema »der phonetik im sprachunterricht und der 
deutschen aussprache« habe ich bereits in einem vortrage ge- 
sprochen, den ich erst vor wenigen tagen im »schulwissenschaft- 
lichen bildungsverein« zu Hamburg vor einer zahlreichen zuhörer- 
schaft, bestehend aus schullehrern, schulvorstehern und neuphilo- 
logen, gehalten habe. An diesen vortrag schloss sich eine leb- 
hafte debatte an, der ich einige gedanken habe entnehmen können, 
um sie für die vorliegende abhandlung zu verwerthen. Die leser 
der »Englischen studien«, neuphilologen oder speciell anglicisten, 
werden hier manches schon oft gesagte, manches schon oft er- 
örterte wiederfinden; aber vielleicht werden sie auch dies nicht 
ohne interesse lesen, weil ich es für meine besonderen zwecke 
verwandt habe, weil es mir dazu dient, um zu zeigen, wie meine 
anschauungen, meine betrachtungen über die deutsche aussprache 
unmittelbar aus der phonetischen behandlung des englischen und 
französischen unterrichts erwachsen sind, und wie nach meiner 
ansicht der fremdsprachliche und der deutsche unterricht sich 
gegenseitig auch in phonetischer beziehung ergänzen und unter- 
stützen können. 

Seit etwa I2 jahren, z. t. schon seit längerer zeit, hat sich 
allmählich im unterricht der fremden sprachen und zwar vor allem 
der lebenden fremden sprachen gegenüber der »alten«, »gram- 
matischen« oder »grammatistischen« lehrweise die sogen. »neue« 
methode, die »reformmethode«, auch die »naturgemässe« oder 
gar »natürliche« methode genannt, ausgebildet. Der erste anstoss 
zur reform der lehrweise im fremdsprachlichen unterricht ist, wie 





362 A. Rambeau 


in ernster arbeit bemüht, dieselben entsprechend den bedürfnissen 
ihres unterrichts, gemäss der eigenart der von ihnen gelehrten 
neueren, wirklich »lebenden« sprachen wesentlich umzugestalten 
und zu vervollkommnen. Dabei machte sich bei ihnen von anfang 
an der einfluss eines faktors geltend, der für das studium der 
neueren sprachen in der schule einer der wichtigsten geworden 
ist, den aber Perthes kaum kannte und jedenfalls nicht berück- 
sichtigte, der auch in der that für das studium der »todten« 
sprachen ohne grosse bedeutung ist und praktisch vielleicht nie 
in frage kommen wird. Ich meine die /autphystologie oder Phonetik, 
jene neue wissenschaft, die damals gerade in England, Nordamerika 
und Deutschland und zur selben zeit oder etwas später auch in 
Frankreich und in den nordischen reichen erblühete. Ausserdem 
darf man nicht vergessen, dass es unter den lehrern der neueren 
sprachen schon vor Perthes selbst zu zeit der unumschränkten 
herrschaft der Ploetz’schen lektionsmethode, der klug ersonnenen 
und den damals bestehenden schulverhältnissen angepassten ab- 
art der grammatischen übersetzungsmethode, immer einige vor- 
kämpfer gegeben hat, die eben, weil sie die lebenden sprachen 
als »lebende« kannten, sie auch als »lebende« zu lehren bestrebt 
waren und daher der officiellen »grammatistischen« lehrweise be- 
wusst oder unbewusst durch ihren persönlichen einfluss entgegen- 
arbeiteten. 

Heute, nach einem geistigen kampfe von etwa 10—12 jahren, 
kann man wohl sagen, dass die sache der reform auf dem ge- 
biete der lebenden fremden sprachen in den schulen Deutsch- 
land’s, wie auch der meisten übrigen kulturländer 'Europa’s und 
Nordamerika’s wenigstens in der theorie gesiegt hat. Dass dies 
in der praxis der fall ist, bezweifele ich. Aber sicherlich steht 
jetzt in Deutschland die überwiegende ‚mehrzahl der neuphilolo- 
gischen lehrer, wenn nicht praktisch, so doch theoretisch, auf 
dem standpunkte der reformmethode Es gibt wohl nur noch 
sehr wenige, die dieselbe prinzipiell abweisen und die berechtigung 
aller ihrer forderungen von vornherein bestreiten. Dass die zahl 
der überzeugten reformer, der lehrer, die die grundsätze der 
reform in ihrem unterricht mit mehr oder weniger konsequenz, 
aber jedenfalls mit bewusstsein und freudiger schaffenskraft durch- 
zuführen suchen, von jahr zu jahr zunimmt, — dies bezeugt die 
schnell anwachsende reformlitteratur auf dem gebiete der neueren 
sprachen, die zahlreichen einzelschriften und abhandlungen in 


Die phonetik im sprachunterricht und die deutsche aussprache 363 


wissenschaftlichen fachzeitschriften und pädagogischen blättern, 
dies bezeugen die reden und verhandlungen in den allgemeinen 
versammlungen der neuphilologen und in den neuphilologischen 
fachvereinen, die sich seit mehreren jahren ernstlich und eifrig 
mit fragen der reformmethode beschäftigen. 

Anstatt eine vollständige geschichte der reformbewegung zu 
geben, anstatt die ansichten aller hauptvertreter der reform, die 
in einzelheiten oft sehr von einander abweichen, jedoch in den 
wesentlichen punkten meist übereinstimmen, genau zu berichten 
und kritisch zu beleuchten, will ich im folgenden wenigstens zur 
orientirung einige thesen! wörtlich anführen, die im »Vereine für 
das studium der neueren sprachen in Hamburg-Altona« aufgestellt 
und in lebhaften, langen debatten besprochen worden sind. Einem 
vortrage »über die reform des neusprachlichen unterrichts«, den 
ich im sommer 1884 gehalten habe, sind von mir folgende thesen 
zu grunde gelegt worden: 


1. Die „gesprochene“ sprache ist nicht nebensache : lautphysiologie noth- 
wendig; keine ausspracheregeln mit ausnahmen. (Diese these wurde 
vom vereine in folgender version angenommen: „Die aussprache ist 
nicht nebensache; allgemeine lautgesetze mit lautphysiologischer be- 
gründung statt der bisherigen ausspracheregeln*). 

2. Den mittelpunkt des sprachlichen unterrichts bilde von anfang an die 
lektüre, in der und durch die vor allen dingen die sprache gelernt 
werden soll und kann. 

3. Die abstrakte grammatik dient nur zur zusammenfassung und wieder- 
holung des in der lebendigen sprache gelernten; sie muss möglichst 
kurz und übersichtlich sein. — Eine methodische grammatik A la Ploetz 
ist unnöthig. 

4. Die schulgrammatik betone die sprachgesetze statt der vielen regeln 
und ausnahmen! — Wissenschaftliche auffassung der grammatik, ver- 
werthung der resultate der sprachwissenschaft, soweit dies in der schule 
möglich ist. 

5. Möglichst freie schriftliche arbeiten im anschluss an die lektüre, zuerst 
natürlich nur blosse wiedergabe und nachahmungen,; beschränkung der 
einzelsätze, die nur in mässiger anzahl zur veranschaulichung einzelner 
grammatischer, speciell syntaktischer erscheinungen verwandt werden 
sollten und dann von nutzen sein können. — Aufsätze nur aus der 
lektüre! — Das übersetzen aus dem Deutschen in die fremde sprache 
ist nicht hauptzweck, nicht hauptprüfstein der leistungen des schülers, 
darf nur nebenzweck sein. 


1 Diese thesen sind schon früher bei gelegenheit eines berichtes über die 
thätigkeit des Hamburgischen vereins in den E. st. abgedruckt worden. Aber 
ich halte es für zweckmässig. sie hier noch einmal den lesern im zusammenhange 
meiner abhandlung vorzuführen. 


304 A. Rambeau 


6. Beständige mündliche übungen im anschluss an die lektüre: fragen 

und antworten, nacherzählungen, inhaltsangaben, vorträge, deklamationen! 

Im folgenden wintersemester (1884 5) sprach in demselben 

vereine herr dr. Lange ȟber die phonetische behandlung des 

französischen elementarunterrichts« und stellte dabei folgende 
sechs thesen auf: 


1. Den anfang des französischen elementarunterrichts bildet eine systema- 
tische artikulationsgymnastik der französischen laute. 


2. Diese übungen sind nach vorsprechen des lehrers im chor und bei 
einzelnen vorzunehmen; die tönenden dauerlaute durch singen. 


3. Die französische rede ist einzutheilen nicht in worte, sondern in erst 
kleine, allmählich immer grössere sprechtakte: innerhalb eines taktes 
darf weder pause noch stimmschluss geduldet werden. 


4. Bis auf wenige allgemeine lautbenennungen ist die ganze lautlehre nur 
übungs-, nicht lernstoff. Lautgesetze finden nur gelegentlich erwähnung. 


5. Eine buchstabenlehre wird als theorie gar nicht gegeben, sondern die 
orthographie, unter hinweis auf die in den beziehungen zwischen schrift 
und sprache herrschenden gesetze, an den vokabeln gelernt und durch 
häufige diktate befestigt. 

6. Phonetische umschrift ist höchstens bei der ersten analysis der einzel- 
laute anzuwenden, später womöglich ganz zu vermeiden. Statt dessen 
empfiehlt es sich, unter anleitung des lehrers einfache diakritische blei- 
stiftzeichen in den text zu setzen. 

Mit diesen zwei reihen von immerhin ziemlich massvollen, 
vermittelnden reformthesen, die der bisher herrschenden richtung 
des sprachunterrichts in den schulen in nicht allzu schroffer weise 
entgegentreten, vergleiche man das bei weitem konsequentere und 
radikale programm des »phonetischen vereins der lehrer der leben- 
den sprachen«, der »/onetik titfarz asoufieifan« oder »asssjAsjö fonetik 
da prif.ser do lag vivat«, Dieser verein ist von dem rühmlichst 
bekannten französischen phonetiker Paul Passy, der, wie ich 
mich selbst im persönlichen verkehr überzeugt habe, ausser seiner 
muttersprache die zwei übrigen hauptsächlichen kultursprachen, 
das Deutsche und Englische, beherrscht und auch noch einige 
andere sprachen spricht, im jahre 1886 in Paris gegründet worden. 
Er bestand ursprünglich nur aus lehrern des Englischen in Frank- 
reich, umfasst aber jetzt auch zahlreiche vertreter der phonetischen 
richtung in den andern kulturländern Europa’s und Amerika’s. 
Das programm befindet sich auf dem umschlage jeder nummer 
des »fonéetik titfar« oder »me:tr fonetik« , des organs der gesell- 
schaft, das von herrn Paul Passy in Neuilly-sur-Seine bei Paris 
herausgegeben wird und in phonetischer schrift gedruckt ist, da 


Die phonetik im sprachunterricht und die deutsche aussprache 305 


zuerst nur oder vorzugsweise für das phonetische studium des 
Englischen bestimmt war, das aber seit dem jahre 1887 das 
Deutsche und Französische in demselben masse und gelegentlich 
auch andere sprachen berücksichtigt. Es lautet folgendermassen: 


1. Was man zuerst in einer fremden sprache lernen muss, ist nicht die 
mehr oder weniger veraltete (archaische) redeweise der litteratur, son- 
dern die alltägliche, gesprochene sprache. 

2. Der lehrer muss sich am anfang bemühen, seine schüler mit den 
lauten der fremden sprache vollkommen vertraut zu machen. Zu 
diesem zweck soll er sich einer phonetischen umschrift bedienen, die 
mit ausschluss der gewöhnlichen (traditionellen) orthographie im an- 
fangsunterrichte anzuwenden ist. 

3. Der lehrer lasse zunächst die gebräuchlichsten satzformen (phrasen) 
und idiomatischen redewendungen der fremden sprache lernen. Dazu 
benutze er zusammenhängende texte, dialoge, beschreibungen und er- 
zählungen, die möglichst leicht, natürlich und interessant sein müssen. 

4. Die grammatik soll er anfangs induktiv lehren — als folge (corollar) 
und verallgemeinerung der während der lektüre beobachteten thatsachen; 
ein systematischeres studium ist dem abschliessenden unterricht vorzu- 
behalten. 

5. Die ausdrücke der fremden sprache verbinde er möglichst unmittelbar 
mit den gedanken oder anderen ausdrücken derselben sprache, nicht 
mit denen der muttersprache. Er lasse deshalb sachunterricht, an- 
schauungsunterricht und in der fremden sprache gegebene erklärungen 
möglichst oft an stelle der übersetzung treten. 

6. Wenn er später seinen schülern schriftliche arbeiten aufgibt, sollen es 
zuerst umformungen (reproductionen) von schon gelesenen und erklärten 
texten sein, dann auch von erzählungen, die er selbst mündlich vorge- 
tragen hat; danach können freie aufsätze (rédactions libres) angefertigt 
werden. Die schriftlichen übersetzungen verlege man in den ab- 
schliessenden unterricht (les versions et les themes seront gardes pour 


la fin). 

Es scheint mir unnöthig, an dieser stelle noch andere äusse- 
rungen der freunde der reform auf dem gebiete des neusprach- 
lichen unterrichts anzuführen, um zu erweisen, dass hier in der 
reformmethode die phonetik eine bedeutung erlangt hat, die sie 
für Perthes’ anhänger und nacheiferer auf dem gebiete des alt- 
sprachlichen unterrichts nicht besitzt und nicht zu besitzen braucht. 
Auch geht aus den oben angeführten thesen zur genüge deutlich 


hervor, dass das, was von d »neuen« methode wirklich 
neu ist, im grurn . “ächlich in der ver- 
werthung der 

Denn al das ausgehen 


von eine dgl., das 


366 A. Rambeau 


induktive verfahren beim erlernen der grammatischen erscheinungen, 
selbst die verwendung von anschauungsmitteln, das erklären der 
fremden sprache durch diese selbst, das sprechen und schreiben 
im anschluss an einen bestimmten inhalt, im anschluss an dinge 
und vorgänge, die man vor sich sieht, und an originale texte der 
fremden sprache u. a. m. —- alles dies ist keineswegs neu, son- 
dern uralt. Dies ist im wesentlichen dieselbe methode, die von 
jeher üblich gewesen ist, sobald ein kulturvolk mit einem anden 
in friedlichen oder feindlichen verkehr getreten und aus irgend 
welchen ursachen genöthigt gewesen ist, sich die sprache seines 
freundes oder feindes anzueignen. Anders haben auch die Römer 
nicht die sprache der von ihnen besiegten, aber in der kultur 
weit höher stehenden Griechen gelernt. Ohne diese methode 
hätte sich das Lateinische nicht als künstlich lebende sprache 
unter den gelehrten des mittelalters im westlichen Europa neben 
den aufblühenden volkssprachen erhalten können. Auf ähnliche 
weise, wenn auch besser und vernünftiger, haben auch die huma- 
nisten des 14., 15. und 16. jahrhunderts das Lateinische gelemt 
und das Griechische zu lernen versucht. Die wissenschaftliche 
erforschung fremder sprachen, die die philologen des alterthums 
vorbereitet, die des humanismus begründet und die der neuen 
zeit zugleich mit dem studium der muttersprachen zur höchsten 
blüthe gebracht haben, hat mit der eigentlichen erlernung der- 
selben an sich nichts zu thun, aber hat natürlich die art ihrer 
erlernung im guten und im schlechten sinne schon frühzeitig be- 
einflusst. 

Thatsächlich ist also die sogen. »neue« methode, wenn man 
von der phonetik absieht, in ihren hauptzügen gerade die alte 
methode; und die sogen. »alte«, grammatistische lehrweise, die 
bei der aneignung des sprachstoffes von anfang an möglichst 
deduktiv verfährt, reihen von inhaltlich nicht zusammengehörigen 
vokabeln und die grammatischen erscheinungen, die formen und 
syntaktischen verhältnisse, in kleinen gruppen am übersetzen aus der 
muttersprache in die fremde sprache und zwar zunächst jahre 
lang am übertragen von einzelsätzen übt, — diese »alte«, »be- 
währte« methode ist selbst im unterrichte der klassischen sprachen, 
wie schon Perthes richtig bemerkt hat, eine neuerung und im 
unterrichte der modernen eine blosse nachahmung. Sie hat sich 
sehr allmählich seit dem zeitalter des humanismus unter dem 
einflusse des wissenschaftlichen sprachstudiums ausgebildet. Mit 


Die phonetik im sprachunterricht und die deutsche aussprache 307 


allen ihren verhängnissvollen konsequenzen ist sie erst in diesem 
jahrhundert in den schulen zur herrschaft gelangt, als die gelehrten 
in folge der natürlichen kulturentwicklung aufhörten oder lust 
und fähigkeit verloren, das Lateinische an stelle ihrer mutter- 
sprache zu sprechen und zu schreiben, als man anfıng, die »formale 
bildung« als das hauptziel des studiums der klassischen sprachen 
hinzustellen und diesen einen ganz besonders hohen grad von 
»formalem bildungswerth« zuzuschreiben. 

Es würde mich zu weit abführen, wenn ich hier den sinn 
dieser vieldeutigen schlagwörter »formale bildung« und »formaler 
bildungswerth« feststellen oder näher prüfen wollte. Jedenfalls 
haben sie, ob richtig oder unrichtig aufgefasst, dem studium der 
klassischen sprachen einst ein erhöhetes ansehen verliehen, — 
damals als das lateinisch-sprechen immer mässiger, der lateinische 
aufsatz im gymnasium immer kärglicher wurde. Auch haben sie 
dazu beigetragen, der grammatistischen methode nicht bloss im 
lateinischen und griechischen unterricht, sondern überhaupt im 
sprachunterricht auf einige zeit den sieg zu verschaffen. Diese 
methode wurde nun als die einzig wissenschaftliche angesehen, 
die andere wurde verächtlich als unwissenschaftliche, als bonnen- 
methode bezeichnet; und man begann daher alsbald, um einem 
solchen vorwurfe zu entgehen, die lebenden sprachen ohne rück- 
sicht auf ihren praktischen nutzen ebenso »wissenschaftlich« und 
ebenso »gründlich« wie die »todten« in der schule zu lehren. 

Aber das widersinnige der »grammatistischen« lehrweise, 
besonders wenn man ihre principien im wissenschaftlichen eifer 
mit berufung auf die »formale bildung« auf die spitze treibt, ist 
im unterrichte der »lebenden« sprachen, die damit gleichsam zu 
»todten« werden und durch den stillen betrieb für die schüler 
ihren eigenthümlichen reiz verlieren, doch allzu augenscheinlich ; 
und es hat nur einer anregung und eines verhältnissmässig kurzen 
geistigen kampfes bedurft, um die gesunden und vernünftigen 
grundsätze einer naturgemässen spracherlernung auf dem gebiete 
der neueren sprachen wieder zu ehren zu bringen. Dabei hat 
die phonetik, jener neue faktor, den die neuphilologen der reform- 
methode eingefügt haben, von vornherein ausgezeichnete dienste 
geleistet. 

Eine zweckentsprechende, geschickte verwendung der resul- 
tate der lautphysiologischen wissenschaft befreit lehrer und schüler 
von der last vieler sogen. ausspracheregeln, die nur vom schrift- 





doch nicht besser und richtiger wird 
Vor allem erweist sie sich als ein 
die schüler die fremde sprache als eine wi 
als eine blosse büchersprache, empfinden zu 
Die phonetische betrachtung zeigt 
formen und syntaktische ee 
in einem ganz neuen lichte und erklärt das wahre 
eigentlich lebenden und wachsenden »gespro 
der erstarrten, todten schriftsprache, die au 
von alten, z. t. längst vergangenen c fe 
auch vielen schutt mitschleppt, en 
etymologischen werth hat, weil er lautlich im 
Französischen, so lange diese sprachen ü L 
mals vorhanden gewesen ist. Solcher nutzloser, |: € 
findet sich reichlich in beiden schriftsprachen, in der 
wohl noch mehr als in der französischen. In diese 
hauptsächlich konsonanten, die durch das vorbild d 
lateins im mittelalter und am meisten durch das 1 
klassischen Lateins seit der renaissance und zwar oft d 
etymologisirung in wörter und formen 
glück für die entwicklung der lautsprache vmnelee A 
sind, die weder im Altfranzésischen noch in seiner 
gallischen Vulgärlatein, jemals ein lautliches dasein b 
Wie verschieden nimmt sich daher das vokalreiche 
Französisch neben dem konsonantenreichen Schrift 
Wie anders klingt die echte aussprache der 
harte, holperige schülerjargon, den man unter d 
zösisch« in vielen schulen Deutschland’s und bes 
deutschland’s zu lernen pflegt oder bis vor 
pflegte, der sich die konsonantenreiche schriftsp 
nimmt und die schriftzeichen derselben durch ecl 
möglichst unfranzösische laute auszudrücken 
lässt sich auch von der englischen aussprache — 
yar mancher ausländer trotz eines lang n 
land oder Nordamerika, trotz der z 



































Die phonetik im sprachunterricht und die deutsche aussprache 369 


grammatik, durch das schriftbild verleitet und durch sein heimisches 
lautsystem irregeführt, oft infolge von schulerinnerungen, hartnäckig 
in arger weise entstellt. Wie verschieden ist das genuine English, 
mag es brittisch oder nordamerikanisch sein, mag es nach dem 
artificial standard oder nach dem Zondon standard gesprochen 
werden, von dem most curious English vieler Süddeutschen, ja auch 
von dem sonderbaren gemisch hochdeutscher und plattdeutscher 
laute, das man nicht selten in Norddeutschland als wirkliches 
Englisch ausgibt. 

Es kann daher nicht auffallen, dass die phonetik in den 
oben angeführten thesen der reformer eine so bedeutende rolle 
spielt. Häufig hört man sogar die reformmethode schlechtweg 
als die phonetische methode bezeichnen, offenbar weil die ver- 
werthung jener wissenschaft das charakteristischste merkzeichen 
dieser lehrweise im neusprachlichen unterricht ist. Aber man 
muss sich hüten, damit einen andern sinn zu verbinden und zu 
meinen, dass mit der sogen. »phonetischen methode« die phonetik 
und die aussprache die hauptsache und das hauptziel des neu- 
sprachlichen unterrichts geworden sind. Allerdings ist die »ge- 
sprochene sprache« in der schule, wie im leben, ebenso wichtig 
als die schriftsprache, die jedenfalls nichts verliert, sondern viel 
gewinnt und ihre natürlichste grundlage erhält dadurch, dass man 
mit dem erlernen der »gesprochenen sprache« beginnt und die- 
selbe im fernern verlaufe des unterrichts nie vernachlässigt. Da- 
gegen kann und darf die phonetik im schulunterricht nicht zum 
selbstzweck werden; sie kann und soll nur ein mittel. sein, um 
die aneignung der »gesprochenen sprache« zu fördern, den münd- 
lichen unterricht zu beleben und das verständniss der grammatik 
zu heben. 

Phonetische texte, wie sie in den angeführten thesen er- 
wähnt sind, d. h. kleine erzählungen und beschreibungen oder 
gedichte in phonetischer umschrift sind schon vielfach im anfangs- 
unterricht mit grossem erfolg verwandt worden, von männern wie 
Klinghardt, Quiehl, Walter in Deutschland, Passy in Frank- 
reich, Jespersen in Dänemark, Bell in Nordamerika u. m. a. 
Ich habe damit bis jetzt nur in einer privatschule versuche an- 
gestellt... Im officiellen unterricht der staatsschule habe ich es 
jedoch noch nicht zu thun gewagt — aus verschiedenen sehr ge- 
- wichtigen gründen und zwar besonders, weil mir ein lehrbuch mit 
£ “*" Nur ungern würde ich mich in den 

vu. 24 


3 7 oO A. Rambeau 


vollen klassen der Hamburgischen staatsschulen zum diktiren 
solcher texte entschliessen. Denn die umschrift, die auf den 
ersten blick so wunderlich aussieht und den schülern so fremd- 
artig entgegentritt, würde bei derartigen diktaten veranlassung zu 
den schlimmsten fehlern geben und so den nutzen der phone- 
tischen texte ganz illusorisch machen oder dem lehrer die müh- 
seligsten korrekturen aufbürden und eine arge zeitvergeudung 
verursachen. Trotzdem habe ich die überzeugung gewonnen, 
dass lehrer, die natürlich selbst das Französische und Englische 
lautlich richtig sprechen müssen, mit diesen texten entweder durch 
diktiren in kleinen klassen oder sonst durch ein lesebuch, wie 
das von Passy oder Sweet, vorzügliche ergebnisse erzielen 
können. | 

Phonetische texte sind also nach meiner ansicht unter 
günstigen verhältnissen im anfangsunterricht sehr nützlich. Aber 
sie sind nicht unumgänglich nothwendig. Jedoch unumgänglich 
nothwendig und ohne solche texte sehr wohl möglich ist eine 
gründliche, gewissenhafte phonetische schulung von anfang an 
und auf allen klassenstufen, wo Französisch und Englisch gelehrt 
wird. Diese schulung soll, was die aussprache betrifft, im unter- 
richte einigermassen den beständigen lebendigen verkehr mit den 
eingeborenen ersetzen, die auch in dieser hinsicht die besten 
lehrmeister sind, wenn man die fremde sprache im auslande zu 
lernen gelegenheit hat. 

Aber selbst hier kommt jedem, sogar dem, der von hause 
aus kein gutes, fein fühlendes gehör hat, die kenntniss der phonetik 
zu statten. Er lernt dadurch die aussprache viel schneller und 
sicherer, weil er die lautlichen unterschiede und ähnlichkeiten 
der heimischen und der fremden sprache viel leichter und genauer 
erfasst. Selbst ein langjähriger aufenthalt im fremden lande ge- 
währt an sich noch keineswegs eine sichere bürgschaft für die 
erlangung einer guten aussprache. Während meines aufenthaltes 
in den Vereinigten staaten traf ich einmal einen etwa vierzig- 
jährigen kaufmann, einen Deutschen von geburt, der schon seit 
20 jahren in Nordamerika lebte, und dessen kinder fast ganz 
amerikanisirt waren und Englisch ebenso gut wie die anderen 
Amerikaner in entsprechenden socialen verhältnissen sprachen. 
Er selbst hatte seine muttersprache fast verlernt und sprach sie 
nur noch gebrochen, aber er sprach Englisch durchaus fliessend 
und grammatisch ziemlich korrekt. Jedoch war seine aussprache 


Die phonetik im sprachunterricht und die deutsche aussprache 371 


derartig, dass die geborenen Amerikaner sagten: »/e speaks Dutch« 
oder »fHe speaks like a Dutchman«. Es war ein gemisch von deut- 
schen und englischen lauten, in dem aber die ersteren bei weitem 
vorherrschten. 

Die phonetische schulung erreiche ich in meinem klassen- 
unterricht mit hülfe von je zwei französischen und englischen 
lauttafeln !, die ich im jahre 1888 im buchhandel bei Otto Meissner 
in Hamburg habe erscheinen lassen. Es sind im wesentlichen 
dieselben tabellen, die ich früher von schülern unter meiner auf- 
sicht anfertigen liess, und die ich schon seit 1882, resp. 1883 
in Wiesbaden und dann in Hamburg stets gebraucht habe. Den 
gang meines verfahrens habe ich in einer begleitschrift zu den 
lauttafeln, die ebenfalls bei Otto Meissner im jahre 1888 erschienen 
ist, »Die phonetik im französischen und englischen klassenunter- 
richt« ziemlich ausführlich beschrieben. 

Seit einiger zeit hat man vielfach gegen die sogen. reformer 
den vorwurf erhoben, dass sie, die doch sonst im sprachunter- 
richt überall induktiv verfahren und die deduction womöglich 
ganz verbannen oder wenigstens an das ende verlegen wollten, 
in bezug auf die aussprache grade umgekehrt zu wege gingen 
und hierbei von anfang an die kleinen schüler mit einem massen- 
haften systematischen und wissenschaftlichen lernstoff, der diesen 
kaum verständlich sei, überschütteten. 

Dieser vorwurf ist durchaus unberechtigt, was mein eigenes 
verfahren betrifft, falls man sich die mühe geben will, es näher 
zu prüfen. Die phonetische übung ist im ersten jahre des unter- 
richts in der ersten fremden lebenden sprache im grossen und 
ganzen nichts weiter als eine art lautgymnastik, eine fast mecha- 
nische ausspracheübung mit hülfe der lauttabellen, die beständig 
in den ersten drei bis vier stunden und dann nur noch einige 
minuten lang an einem teile der tabellen fast in jeder stunde 
vorgenommen wird. Am anfang gebe ich nur wenige erklärungen, 
die sich jedoch im laufe des fortschreitenden unterrichts schon 
im ersten jahre allmählich mehren. Dass die schüler die benen- 
nungen der laute und lautgruppen, die ich etwa sogleich gebrauche, 


1 Leider sind diese tafeln, wie ich selbst eingestehen muss, etwas zu klein 
ausgefallen — wenigstens für grosse klassen, in denen es viele kurzsichtige schüler 
gibt. Auch könnte die schrift noch deutlicher sein. Aber trotz ihrer mängel 
haben mir die tabellen immer in allen klassen sehr gute dienste geleistet und 
sind mir in meinem unterricht unentbehrlich geworden. 


372 A. Rambeau 


behalten und richtig anwenden, dass sie die unterschiede der 
laute nach ihrer hervorbringung mit den sprachorganen, die ich 
etwa schon in den ersten wochen bertihre, von vornherein mit 
dem verstande richtig erfassen, darauf lege ich zunächst gar kein 
gewicht. Übrigens ist es selbst für kinder nicht schwer, den 
unterschied von vokalen und konsonanten, von lippenlauten und 
zungenlauten und dergl. bald zu verstehen und auch bei einiger 
nachhülfe richtig anzugeben. Aber eine vollständige verstandes- 
mässige klarheit sogar in solchen einfachen dingen ist vorläufig 
im anfangsunterrichte unnöthig, und noch unnöthiger das wissen 
der bez. namen. ; 

Dass die laute mit den entsprechenden merkwörtern während 
der übung von anbeginn in bestimmten reihenfolgen nach den 
schematen der tabellen ausgesprochen werden, — darin kann ich 
unmöglich etwas übertrieben wissenschaftliches entdecken. Dieses 
nebeneinanderstellen hat eben seinen grossen nutzen schon vom 
standpunkte der rein mechanischen lautgymnastik aus, weil es die 
richtige aussprache der einzelnen laute erleichtert. Vor allem 
aber soll es die mehr wissenschaftliche betrachtung vorbereiten, 
die in den höheren klassenstufen und zwar von anfang an im. 
Englischen, das später als das Französische beginnt, möglich und 
nothwendig ist. Ausser den wenigen französischen und englischen 
merkwörtern, die neben den lauten als vokabeln eingeübt werden, 
giebt es keinen phonetischen lernstoff, der etwa, wie der gram- 
matische, in kleinen portionen von stunde zu stunde aufgegeben, 
zu hause gelernt und in der schule abgefragt wird. 

Dass die lautliche übung, die in den ersten stunden fast nur 
mechanisch ist, nach und nach mit mehr überlegung und ver- 
ständniss seitens der schüler geschieht, dass die erklärung der 
laute allmählich wissenschaftlicher und schliesslich bei wieder- 
holungen rein systematisch wird, dies verfahren brauche ich nicht 
zu rechtfertigen. Auch die eigentliche grammatik behandele ich 
nicht anders, zuerst recht elementar und induktiv, aber allmählich 
mehr wissenschaftlich und deduktiv. Die deduktion muss den 
schluss des grammatischen unterrichts bilden, aber kann auch 
schon vorher und von anfang an in gewissen fällen das induktive 
verfahren sehr wohl begleiten und wirksam unterstützen. Man 
muss sich in allen pädagogischen dingen vor übertriebener kon- 
sequenz und pedantischer principienreiterei hüten! 

Selbstverständlich darf man die phonetische schulu 


Die phonetik im sprachunterricht und die deutsche aussprache 373 


praktische tibung nicht auf den geringen stoff, den die lauttabellen 
bieten, beschranken. Daneben muss das lesen und deklamiren 
von zusammenhängenden prosastücken und gedichten mit be- 
sonderer und ausschliesslicher berticksichtigung der aussprache 
geübt werden. Der lehrer spricht vor, und die schüler sprechen 
bald einzeln, bald zz choro nach. Anfangs sollten diese über- 
haupt kein französisches oder englisches wort, keinen französischen 
oder englischen satz aussprechen, ohne das bez. wort, den bez. 
satz vom lehrer ausgesprochen gehört zu haben. Selbst auf den 
höchsten klassenstufen empfiehlt es sich, dass man solche sprech- 
übungen von zeit zu zeit anstellt, und dass der lehrer wenigstens 
am beginn der stunde einen theil des textes, der gerade gegen- 
stand der lektüre ist, deutlich und ausdrucksvoll vorliest und 
unmittelbar danach wiederholen lässt. Nur auf diese weise können 
die schüler den richtigen tonfall der fremden sprache, den accent 
national, sich aneignen oder einigermassen rein bewahren. 

Wenn ich ein und dieselbe klasse im ersten jahre und später 
mit nicht allzu häufigen und nicht allzu langen unterbrechungen 
einige jahre hindurch im Englischen und Französischen unterrichtet 
‚habe, kann ich für meine schüler folgende drei ergebnisse der 
fortgesetzten phonetischen schulung als sicher verbürgen. Natür- 
lich sind diejenigen auszunehmen, für die ich nicht verantwortlich 
bin, weil sie später als die übrigen in die bez. anstalt eingetreten 
oder zurückversetzt worden sind. 

I. Die praktische aussprache der phonetisch und 
akustisch gut oder normal beanlagten schüler ist meiner 
eignen ganz oder fast vollkommen gleich, die der 
andern ist wenigstens leidlich. Dann ist es ein wahrer 
genuss, in den oberen klassen zur lektüre grösserer 
poetischer, in versen geschriebener werke überzugehen. 
Ich sage dies allerdings zunächst weniger in bezug 
auf das Englische, als in bezug auf das Französische, 
dessen metrik oder vielmehr rhythmik jedem Deutschen 
so eigenartige schwierigkeiten bietet und von der seiner 
muttersprache so sehr verschieden ist. Ohne eine 
gründliche phonetische vorbereitung ist das lesen der 
alexandriner der französischen dramen eine entsetzliche 
anal und unnütze zeitvergeudung. Aber auch die lektüre 

esie, der Shakespeare’schen dramen 
lich wenig verlockendes, wenig 


374 . A. Rambeau 


erfreuliches, wenn die schüler beim lesen der verse 
ihr deutsches lautsystem beharrlich einmischen, z. b. 
das 74 bald richtig = d, resp. 3, bald falsch = 3,5 
oder d, ¢ aussprechen und die stimmhaften endkonso- 
nanten der wörter der gewohnheit der deutschen aus- 
sprache gemäss konsequent stimmlos sprechen und 
dabei die vorhergehenden vokale verkürzen und ver- 
engern. 


2. Die schüler haben sich nicht nur eine praktische, 
sondern auch eine ziemlich genaue theoretische 
kenntniss des englischen und französischen laut- 
systems erworben. Dadurch sind sie am besten in 
stand gesetzt, sich selbst später im auslande und im 
verkehr mit ausländern weiter zu helfen, diese zu ver- 
stehen und sich ihnen verständlich zu machen und die 
sprechfähigkeit und sprechfertigkeit zu ver- 
mehren, zu der sie in den verhältnissmässig so wenigen 
stunden des schulunterrichts in meist überfüllten klassen 
nur den grund legen, einen immerhin nur sehr be- 
scheidenen anfang machen können. 


3. Die schüler haben nebenbei auch das lautsystem! 
ihrer muttersprache in seinen hauptzügen vom 
phonetischen standpunkte aus theoretisch kennen und 
verstehen gelernt. 


Dieses dritte ergebniss ist nach meiner ansicht nicht gering zu 
schätzen. Die erreichung desselben bereitet dem lehrer des Eng- 
lischen und Französischen keine grossen schwierigkeiten, da er 
selbstverständlich die fremden laute mit den ähnlichen oder ent- 
sprechenden verschiedenen lauten des Neuhochdeutschen und der 
etwa dialektisch gefärbten aussprache seiner schüler häufig genug 
vergleichen muss. Aber die vollständige kenntniss des deutschen 


1 Vgl. zum besseren verständniss der transcription im folgenden und vor- 
hergehenden die je zwei französischen und englischen lauttafeln, die in der oben 
erwähnten schrift „Die phonetik im franz. und engl. klassenunterricht* s. 4, 5 
und 21, 22 in verkleinertem massstabe abgedruckt sind, und die zwei deutschen 
tabellen, die ich nach dem muster derselben und in gleichem massstabe entworfen 
habe, und die sich hier auf seite 376, 377 befinden. Ausserden vgl. Vietor, 
„Elemente der phonetik und orthoepie des Deutschen, Englischen und Französi- 
schen“, 2. auflage. 


Die phonetik im sprachunterricht und die deutsche aussprache 375 


lautsystems ist jedenfalls an und für sich nicht eine aufgabe des 
fremdsprachlichen, sondern des deutschen unterrichts. 

/ Dieses ziel sollte füglich der lehrer des Deutschen in den 
höheren lehranstalten erstreben; auf dieses ziel sollte man schon 
beim lese- und sprechunterricht in der bürgerschule oder volks- 
schule und in der vorbereitungsschule hinarbeiten. Jedoch ent- 
spricht einem solchen wunsche die wirklichkeit recht wenig. Wie 
könnte es auch anders sein? In den lehrer- und lehrerinnen- 
seminarien wird meines wissens nirgends phonetik gelehrt, in den 
prüfungen der lehrer und mittelschullehrer kein allgemein phone- 
tisches wissen, keine phonetische kenntniss des Hochdeutschen 
und des dialektes des bez. landestheiles verlangt. Taubstummen- 
lehrer mögen in dieser beziehung eine ausnahme bilden; denn 
die nothwendigkeit zwingt sie, den sprachorganismus zu kennen 
und etwas von lautphysiologie zu verstehen. Auf den universitäten 
werden die vorlesungen, die von phonetik handeln, wohl von zahl- 
reichen, vielleicht jetzt von allen neuphilologen, den späteren 
lehrern des Französischen und Englischen, besucht, selten von 
eigentlichen germanisten und noch seltener von klassischen philo- 
logen; und doch bilden gerade diese beiden letzten kategorien 
von philologen die hauptmasse der lehrer des Deutschen in den 
gymnasien und den übrigen höheren lehranstalten. 

Man findet es ganz natürlich, dass man das Französische 
nach Pariser art oder sogar sans accent, das Englische nach dem 
artificial standard oder dem durch Sweet und die deutschen und 
nordischen phonetiker zu ehren gekommenen Zondon standard 
peinlich genau und sauber auszusprechen sich bemüht. Selbst 
die lehrer, die von der phonetik nichts wissen wollen, erkennen 
doch die nothwendigkeit und bedeutung einer guten aussprache 
im französischen und englischen unterricht an und halten es für 
sehr wichtige fragen (vgl. z. b. die anmerkungen der schulaus- 
gaben), ob man im Englischen /recise mit einem harten und nicht 
mit einem weichen s spricht, ob in dem worte Zngland, recognize 
u. 4. g lautbar oder stumm ist, ob im Französischen respect = 
respe oder réspek oder respekt, jai = 8, effet = efe und nicht == 
éfé lautet u. dgl. m. Aber der deutschen aussprache stehen die 
meisten gebildeten, laien und lehrer, germanisten und philologen 
aller art, sogar neuphilologen, die keine mühe und arbeit scheuen, 
wenn es gilt, sich die feinste Pariser oder Londoner aussprache 
anzueignen, ziemlich gleichgültig gegenüber. 


376 


A. Rambeau 


DEUTSCHE LAUTTAFEL I. 


Vokale. 





lang: vater; kurz: was. 


geschlossen und lang: rede; ausser der tonsilbe etwas 


verkürzt: /heater. 

(offen oder mittler) lang: fAräine; kurz: fett, fächer, 
miälnner. 

das tonlose e in vor- und nachsilben, mit wenig aus- 
geprägter artikulation, mit geringer senkung oder ver- 
flachung der mittlern zunge: gebot, bitte, wagen, thaler, 
es (unbetont). 

geschlossen und lang: mir, vied. 


offener und kurz: mid, viertel. 


geschlossen und lang: so, son. 
offen oder mittler, kurz: sonne. 
geschlossen und lang: gut, /uss. 


offener und kurz: mutter, kunde. 


geschlossen und lang: Ahöhle, schön. 
offener und kurz: wölben, köpfe. 
geschlossen und lang: kühn, asyl. 


offener und kurz: stinde, myprte. 


Dic phonetik im sprachunterricht und die deutsche aussprache 377 


DEUTSCHE LAUTTAFEL I. 


Fallende diphthonge. 


oN 
ai: sell, mai, Meyer. 
con 


au: laufen, haus. 
oi: leute, ltiust, eutenant, boi. 




















Konsonanten und mittellaute. 
engelaute _ 
verschlusslaute. (reibelaute). r-laut. Z-laut. nasale. 
weich und! hart und ||weich und| hart und . 
. , . stimmhaft. 
stimmhaft. | stimmlos. |stimmbaft. | stimmlos. 
ya |, wi | ow | Br 
Labiale. f 
—By a 
Linguale d y > © l n 
(Dentale). | , 8 
C) | 
Palatale g k S r n 
(Gutturale). © 
D) h 
Hauchlaut 








Beispiele: 






































| 
quaken u 
A) Blatt platt | wasser Tassen —_— matt 
B) da that reisen reissen | harren, | fallen nennen 
| [logiren] | sceAön | waaren _ 
C) ran Pram | Ja, Siege”) ich, sieg *| harren, lange 
gram “ | wagen* | wachen | waaren & 
D) | haus 
| 








* Nb. j ‘8 *Nb.¢ 
3 (g)-| (g, k). 


378 A. Rambeau 


Die deutsche aussprache? Sie ist so leicht und einfach. 
»Man spricht ja im Deutschen«, bemerkte kürzlich ein mir be 
freundeter lehrer, der sich mit mir über diesen gegenstand unter- 
hielt, »gerade so aus, wie man schreibt«. 


Nach dieser kurzen und klaren regel spricht man oder sucht 
man im leseunterricht zu sprechen: Aund, der vater und sein 
sohn mit d statt /, männer mit sehr offenem @ wegen des be- 
tüpfelten @ oder gar = ménér, Wiesbaden, vierzig mit langem 
i, nehmen = némen, woraus ein berühmter rechtslehrer in Strass- 
burg in seinen vorträgen und reden im eifrigen bemühen, recht 
schönes und korrektes Schriftdeutsch zu sprechen, zemzan zu 
machen pflegt. Nach derselben bündigen regel wurde kürzlich 
und wird immer von zeit zu zeit wieder in den Hamburgischen 
zeitungen die aufregende frage ohne rücksicht auf die gleich- 
mässige entwicklung der hochdeutschen sprache und den bei 
weitem überwiegenden gebrauch in den übrigen theilen des deut- 
schen sprachgebiets debattirt und entschieden, — die frage, ob 
man sfehen, stand, stuhl u. s. w. mit s oder mit $ zu sprechen hat.! 
Das schriftbild veranlasst manchen norddeutschen schulmeister, 
beim lesen und lehren auszusprechen: siegen, der sieg, sie lagen, 
er day — in allen diesen vier wörtern ein g wie in gehen oder 
dafür ein &, ohne sich jedoch dessen bewusst zu sein und konse- 
quent zu bleiben, am ende der wörter seg und (ag. Aber im 
nächsten augenblick schon wendet er im fluss der natürlichen 
rede, wo ihn orthoepische bedenken verlassen, in den bez. fällen 
statt des ihm ungewöhnlichen g oder & (am ende) die ihm ge- 
läufigen vier reibelaute? 7 — g, 34 — can: zien (sieyen), zig (szeg) ; 
lägen (lagen), lac (lag). 

Wenn jene kurze und klare regel »Sprich wie du schreibst« 
richtig wäre, dann wären die phonetischen transcriptionen der für 
ausländer bestimmten deutschen texte im »Maitre Fonétigue« sehr 
überflüssig. Dann würde man auch in bezug auf aussprache auf 
keine schwierigkeiten stossen, wenn man zum ersten male aus- 
ländern deutschen unterricht ertheilt. Aber diese schwierigkeiten 


1 Die angewandten lautzeichen finden sich auf den beigelegten deutschen 
lauttafeln. 

2 Vgl. die vier deutschen palatalen reibelaute und die zwei entsprechenden 
verschlusslaute mit den kennwörtern auf der lauttafel II: gram — kram, siege — 
sieg, wagen — wachen. 


Die phonetik im sprachunterricht und die deutsche aussprache 379 


waren durchaus nicht eingebildete, sondern sehr reelle schwierig- 
keiten, als ich vor 16 oder 17 jahren zum ersten mal ins ausland 
ging und dort Deutsch nach einer von einem Franzosen ge- 
schriebenen, jedoch von einem Stiddeutschen oder Schweizer 
inspirirten grammatik zu lehren hatte. Ich kann mich noch sehr 
wohl des erstaunens und des missbehagens erinnern, das ich 
empfand, als ich merkte, dass meine damals ganz und gar mittel- 
deutsche aussprache in vielen punkten von der von dem franzö- 
sischen grammatiker empfohlenen süddeutschen aussprache be- 
deutend abwich und beide -aussprachen sich ebenfalls von der 
schriftsprache, mit der ich bis dahin meine aussprache so ziem- 
lich identificirt hatte, nicht wenig unterschieden. 

»Sprich, wie du schreibst!« Welche schrift meint denn der 
weise urheber dieser regel? Meint er die alte orthographie oder 
die neue, etwas vereinfachte orthographie preussischer oder öster- 
reichischer oder irgend einer andern officiellen observanz oder 
die noch einfachere orthographie einiger wissenschaftlichen zeit- 
schriften ? Selbst für die sprache, deren officielle orthographie 
dem ideal einer phonetischen schrift am nächsten kommt, für die 
spanische sprache, hat die regel »Sprich, wie du schreibst« keine 
uneingeschränkte geltung. Um wie viel weniger für die deutsche, 
deren mannigfaltige officielle orthographien keineswegs ein auch 
nur einigermassen getreues bild der wirklichen aussprache, sei es 
des Hochdeutschen, sei es irgend eines dialektes geben. 

Wenn jene regel richtig wäre, dann würde ein streit über 
die hochdeutsche aussprache unter den gebildeten in Deutsch- 
land ganz unmöglich sein. So lange gebildete derselben provinz, 
derselben gegend, derselben stadt sich unterhalten, so lange aller- 
dings herrscht einigkeit, so lange ist jeder überzeugt, und die 
andern stimmen bei, dass seine und ihre aussprache die beste 
und einzig richtige ist. Aber leicht entsteht ein hitziger streit, 
noch heftiger, als er bei ähnlichen gelegenheiten bei anderen 
kulturvölkern vorzukommen pflegt, — sobald gebildete vertreter 
verschiedener deutscher volksstämme zusammensitzen und etwa, 
wie es gerade dann oft geschieht, das thema der deutschen aus- 
sprache berühren. Dann macht sich der Norddeutsche über die 
verkommene oder lächerliche aussprache des »Dr£zners«, des 
»Mainzers«, des »Schwöb« u. m. a. lustie” ° imnft der Süd- 
deutsche und Mitteldeutsche (s) 
norddeutsche aussprache - 


380 A. Rambeau 


tafel II, x ein wenig nasalirt), des »Ltibékers«, auf die harte, un- 
angenehme preussische aussprache des »Balinas« (Berliners) u. s. w. 

Dieser grimmige streit, eine wahre guerclle d’Allemand, eı- 
klärt und rechtfertigt einigermassen den einwand einer anderen 
klasse von gleichgültigen, die von einer phonetischen und ortho- 
epischen betrachtung der deutschen aussprache nichts wissen 
wollen. Sie kümmern sich weder um die regel »Sprich, wie du 
schreibst« noch um die regel, die herr von Puttkammer aufge- 
stellt hat, »Schreib’, wie du sprichst« oder vielmehr »wie du im 
edeln stile sprichst«. Beide regeln erklären sie für falsch. Da- 
her halten sie auch die deutsche aussprache keineswegs für leicht 
und einfach. Im gegentheil! Sie leugnen überhaupt das vor- 
handensein einer einheitlichen, allgemein gültigen neuhochdeutschen 
aussprache. Für sie gibt es nur eine gemeinschaftliche, von allen 
stämmen anerkannte neuhochdeutsche schriftsprache. Was die 
aussprache betrifft, so herrscht nach ihrer ansicht auf dem ganzen 
deutschen sprachgebiete eine vollkommene dialektische freiheit. 
So sagte einst der berühmte sprachforscher Schleicher, der 
verfasser eines sehr hoch geschätzten buches über die deutsche 
sprache: »Jeder Deutsche mag aussprechen, wie ihm der schnabel 
gewachsen ist«. 

Ganz unrecht haben oder hatten wenigstens diese leute nicht. 
Denn in der that gab es noch nicht, als Schleicher im besten 
mannesalter stand, und es giebt auch jetzt noch nicht in Deutsch- 
land und den sprachlich dazu gehörigen ländern eine einheitliche, 
allgemein gültige, von allen gebildeten als richtig anerkannte aus- 
sprache in dem sinne, wie es ein Französisch sans accent oder 
einen Pariser standard für die französische aussprache gibt, selbst 
nicht in dem sinne, wie man für die englische aussprache einen 
artificial standard oder seit Sweet einen Zondon standard aufge- 
stellt hat. Gegen den letzteren lehnen sich freilich die gebildeten 
klassen mancher theile des unermesslichen englischen sprachge- 
bietes und zwar nicht ohne aussicht auf erfolg auf; und es ist 
wahrscheinlich, dass cin dauernder widerstand in dieser beziehung, 
durch die verschiedenheit politischer und kultureller verhältnisse 
bedingt und unterstützt, den bruch der sprachcinheit von Great 
Britain und Greater Britain am ehesten herbeiführen oder am 
meisten beschleunigen wird. Dem deutschen sprachgebiete fehlt 
noch — und hat bisher stets gefehlt — ein gecigneter, fester 
mittelpunkt, den das Französische in Paris gefunden hat, und den 


Die phonetik im sprachunterricht und die deutsche aussprache 381 


das Englische in London, trotz aller proteste seitens der gebildeten 
ausserhalb Altenglands, zur zeit immer noch besitzt. Paris ist nicht 
bloss die politische und geistige hauptstadt Frankreichs seit dem 
ende des: mittelalters; es ist auch von jeher der hauptort der 
/ste de France gewesen, deren dialekt für die bildung der neu- 
französischen schriftsprache massgebend gewesen ist. London, 
die »metropols« der englischen welt, deren geistige oberhoheit 
allerdings nicht mehr unbestritten ist, besonders seitdem die grosse 
angelsächsische republik jenseits des atlantischen oceans empor- 
gewachsen und zu so hoher blüthe gelangt ist, ist zweifellos von 
alters her die anerkannte hauptstadt des eigentlichen Englands; 
und es liegt in Südengland, dessen dialekt der neuenglischen 
schriftsprache ihre wesentlichsten bestandtheile geliefert hat. Ganz 
anders liegen die verhältnisse in Deutschland, dessen politische 
und geistige einheit sich bis jetzt noch nie auf lange zeit hinaus 
in einem bestimmten mittelpunkt, in einer einflussreichen und volk- 
reichen hauptstadt verkörpert hat. 

Trotzdem sind sicherlich die anfänge einer einheitlichen, 
allgemein gültigen neuhochdeutschen aussprache schon vorhanden; 
sie lassen sich bereits zur zeit unserer klassischen litteratur nach- 
weisen, ja bis in’s 16. jahrhundert, in die zeit, wo die neuhoch- 
deutsche schriftsprache entstanden ist, zurückverfolgen. Jeden- 
falls besteht jetzt und, wie ich glaube, bereits seit der blüthezeit 
unserer litteratur eine gemeinsame theatersprache. Zwar sprechen 
sogar unsere besten schauspieler ihr Deutsch selten oder nie 
sans accent, selten oder nie ganz ohne provinzielle farbung, wie 
die guten französischen schauspieler ihre sprache aussprechen. 
Aber wenn es sich nicht um stücke handelt, in denen der dialekt 
oder die dialektische aussprache vorherrscht oder an gewissen 
stellen nach der absicht des dichters zum ausdruck gelangen soll, 
müssen alle schauspieler darauf achten und danach streben, in 
ihrem vortrage im grossen und ganzen eine gleiche aussprache 
durchzuführen — nicht bloss in Norddeutschland, sondern über- 
all, wo die deutsche zunge klingt. Sollte es einem schauspieler 
einfallen, in einem ernsten drama oder, wo es der dichter nicht 
besonders verlangt, zu schwäbeln oder zu sächseln, so würde er 
sicher von seinen eigenen schwäbischen oder sächsischen lands- 
leuten in Stuttgart oder Dresden verlacht und ausgezischt werden. 

Was ich über die sprache der schauspieler gesagt habe, 
gilt natürlich ebenfalls von der der opernsanger. Schon seit 





382 A. Rambeau 


längerer zeit verlangen die guten gesanglehrer auch sonst im 
chor- und einzelgesang aus nahe liegenden gründen, um die 
wirkung ihrer kunst zu heben, von den sängern eine einheitliche 
aussprache, wenn diese nicht gerade volkslieder im dialekte singen 
sollen. 

Auch in der Öffentlichen rede macht sich wenigstens in 
Nord- und Mitteldeutschland die beobachtung eines einheitlichen 
standard der aussprache oder das bestreben, einen solchen zu 
beobachten, bemerkbar. Politische redner und kanzelredner hüten 
sich stets, ihren dialekt anzuwenden, und meiden es auch zumeist, 
so viel als möglich, ihr Hochdeutsch dialektisch auszusprechen, 
falls sie nicht vor ihren engeren oder engsten stammesgenossen 
reden. Studenten kommt es lächerlich und geschmacklos vor, 
wenn etwa der ehrwürdige professor auf dem lehrstuhl der Leip- 
ziger hochschule seiner natürlichen sprechweise die zügel schiessen 
lässt und die tiefsten und erhabensten gedanken in sächsische: 
mundart vorträgt. 

In der umgangssprache herrscht in Süddeutschland selbst 
unter den gebildeten der dialekt vor. Früher geschah dies auch 
in Norddeutschland. Auch jetzt noch lassen sich Norddeutsche 
und Mitteldeutsche in den gebildeten ständen leicht sehr gehen, 
d. h. sie gebrauchen eine dialektisch gefärbte aussprache, indem 
sie jedoch die hochdeutsche schriftsprache im sinne haben, mit 
einer beimischung von einigen dialektischen oder provinziellen 
wörtern und wendungen, wenn sie mit ihren nächsten verwandten 
und freunden, mit ihren engsten stammesgenossen, mit ihresgleichen 
reden. Dies ändert sich aber sofort in der guten gesellschaft, 
wenn jene und ähnliche bedingungen fehlen, besonders wenn 
vertreter verschiedener gegenden Deutschlands zusammentreffen. 
Alsdann bestreben sich selbst die Süddeutschen, Österreicher 
und Schweizer, im verkehr hochdeutsch zu sprechen und dabei 
eine art von eigenthümlichem, von dem der Mittel- und Nord- 
deutschen ziemlich stark abweichenden s/rzdard zu befolgen, durch 
den sie sich auch häufig in ihren öffentlichen reden und ver- 
handlungen leiten lassen, und auf den sie sehr stolz zu sein 
pflegen. 

Alle deutschen stämme zeigen in ihrer dialektischen aus- 
sprache, — alle Deutschen, selbst die, die von einem bestimmten 
standard nichts wissen oder nichts wissen wollen und »sprechen, 
- wie ihnen der schnabel gewachsen ist«, zeigen in ihrer aussprache 


Die phonetik im sprachunterricht und die deutsche aussprache 383 


des Hochdeutschen gewisse gemeinsame eigenschaften, gewisse 
allgemeine ztige, fiir die die einheimischen meist ein viel weniger 
feines gefühl und gehör haben, als die ausländer, die unsere 
sprache ernstlich studirt und zu diesem zweck einige jahre in 
Deutschland und zwar in verschiedenen provinzen, staaten und 
städten verweilt oder lange zeit mit vielen individuen aus ver- 
schiedenen stämmen verkehrt haben. Solche ausländer erwerben 
sich manchmal eine erstaunliche fertigkeit im mündlichen gebrauche 
des Deutschen und, indem sie nur das gemeinsame aufnehmen 
und das verschiedene, individuelle, provinzielle bewusst oder un- 
bewusst unberücksichtigt lassen, erzielen sie nicht selten eine aus- 
sprache, wie man sie nicht besser wünschen kann, wie sie kaum 
ein geborener Deutscher der besten gesellschaft fertig zu bringen 
vermag. Ich selbst habe zwei Nordamerikaner, echte Yankees 
von unverfälschtem puritanerblut aus Vew Zngland, und auch einen 
Franzosen persönlich kennen gelernt, von deren aussprache des 
Deutschen ich dies ohne jede einschränkung behaupten muss. 
Wenn man sie in der unterhaltung reden hörte, konnte man un- 
möglich erkennen, in welchem theile, in welcher stadt Nord- 
deutschlands oder Mitteldeutschlands sie ihr Deutsch gelernt 
hatten. Nur so viel war sicher: sie hatten es nicht in Süd- 
deutschland gelemt. Sie sprachen thatsächlich sans accent; und 
wenn man durchaus etwas tadeln wollte, so konnte man nur sagen, 
dass sie »zu gut« aussprachen. 

Die zeit, wo ein mann wie Schleicher nicht ohne an- 
spruch auf wahrheit sagen konnte: »Jeder Deutsche mag aus- 
sprechen, wie ihm der schnabel gewachsen ist«, ist vorbei. Gar 
mancherlei ursachen haben zusammengewirkt, sogar die allgemeine 
umgangssprache im munde der gebildeten einheitlicher zu ge- 
stalten, die gemeinsamen züge mehr hervortreten und die trennen- 
den, der stadt, dem stamm, der provinz anhaftenden unterschiede 
mehr zurücktreten zu lassen. Es sind hauptsächlich folgende ur- 
sachen: der durch die grossartigen mittel der neuzeit ungeheuer 
gesteigerte verkehr, die freizügigkeit und der andrang nach den 
grossen städten, die politische einheit und der anfang einer staat- 
lichen centralisation, der allgemeine militärdienst, der tausende 
von jungen leuten in einem sprachlichen und lautlichen einflüssen 
leicht zugänglichen alter der engern heimath entführt und viele 
Niederdeutsche auf ursprünglich oberdeutschem sprachgebiete und 
viele Oberdeutsche auf ursprünglich niederdeutschem. sprachge- 


384 A. Rambeau 


biete längere zeit zu weilen zwingt, und nicht zum wenigsten, 
wenn auch nur indirekt, der allgemeine schulunterricht, der die 
schaar »der obern zehntausend« gewaltig vermehrt, den kreis 
der gebildeten bedeutend erweitert hat. 

Diese ursachen, besonders die letzte, beeinflussen beständig 
die volkssprache; und die eigentlichen dialekte, womit man selbst- 
verständlich nicht die dialektisch gefärbte aussprache des Hoch- 
deutschen in den verschiedenen landestheilen verwechseln darf, 
wie es so viele gebildete thun, wenn sie nicht philologische 
studien getrieben haben, — die eigentlichen dialekte scheinen 
einem langsamen, aber gewissen tode geweihet zu sein. Wir sehen 
z. b., wie im südwesten unter allerdings eigenartigen verhältnissen 
viele familien entstehen, deren kinder die norddeutsche oder 
mitteldeutsche sprache der eltern als einzige umgangssprache an- 
nehmen und ihr ganzes leben hindurch bewahren, und wie es im 
norden zahlreiche familien und darunter viele einheimische familien 
giebt — und ich meine nicht allein die »der oberen zehntausend« 
-—, deren sprösslinge das Niederdeutsche nur kümmerlich verstehen 
oder ganz und gar verschmähen. Das allmähliche aussterben der 
alten, einheimischen dialekte in manchen gegenden Deutschlands, 
vorzugsweise in den städten, bezeugen klar und deutlich die aus- 
sagen der schullehrer, die in dieser hinsicht eine ausgedehnte 
erfahrung und auch vielfach sachverständiges urtheil besitzen. 
Der sprachforscher mag es vom engen standpunkte seiner wissen- 
schaft aus vielleicht beklagen, aber er muss es als thatsache 
konstatiren und eine solche entwicklung in folge der angegebenen 
ursachen ebenso natürlich und erklärlich finden, als die frühere, 
jahrhunderte lange erhaltung der alten dialekte. 

Ähnliche ursachen haben in anderen kulturländern, in Frank- 
reich, Italien und England, in unserem zeitalter ähnliche wirkungen 
zur folge gehabt. Ähnliche ursachen, vor allem die beweglich- 
keit und der mangel an sesshaftigkeit und eine verhältnissmässig 
gute schulbildung der einheimischen bevölkerung, haben in dem 
grossen, von zwei oceanen begrenzten neuenglischen reiche das 
aufkommen wirklicher, scharf von einander geschiedener, neuer 
dialekte verhindert und der aussprache vieler millionen von ein- 
geborenen Nordamerikanern englischer, schottischer, irischer, 
deutscher u. a. herkunft eine derartige gleichmässigkeit verliehen, 
dass es selbst einem des Englischen wohl kundigen ausländer lange 
zeit nicht gelingt, an der aussprache — wenn auch vielleicht eher 


Die phonetik im sprachunterricht und die deutsche aussprache 385 


an sitten, manieren, lebensanschauungen, vorurtheilen, rede- 
wendungen und dem eigenthiimlichen gebrauch einzelner wörter 
— den Western man vom Southerner und beide vom New Zng- 
land man zu unterscheiden. 

Werden sich einst in Deutschland an stelle der alten dialekte, 
die jetzt entweder aussterben oder mit hochdeutschen elementen 
stark versetzt und entstellt werden, nach und nach neue dialekte 
bilden ? Dagegen scheint das eben erwähnte beispiel des schick- 
sals der englischen sprache in den Vereinigten staaten zu sprechen. 


Für die regelung oder fixirung einer einheitlichen aussprache 
des schauspielers, des sängers und des redners in Deutschland 
haben schon vor dem erblühen der phonetischen wissenschaft die 
werke des bekannten öffentlichen vorlesers und Schillerbiographen 
Palleske und des lustspieldichters Benedix und wohl auch die 
schriften einiger anderen, die ich jedoch nicht genau kenne, 
manches geleistet. Leider fehlte diesen verdienstvollen männern 
eine gründliche kenntniss der lautphysiologie und daher auch der 
richtige wissenschaftliche standpunkt. 

Seit der gründung des neuen deutschen reiches und der 
herstellung der politischen einheit der meisten deutschen stämme 
ist die frage einer gemeinsamen neuhochdeutschen aussprache 
noch mehr in den vordergrund getreten. Diese frage ist auch 
seitdem durch die arbeiten der deutschen phonetiker gründlich 
und wissenschaftlich, d. h. phonetisch, historisch und statistisch 
untersucht, aufgeklärt und einer entscheidung sehr nahe geführt 
worden. Damit meine ich aber nicht, wie ich hier ausdrücklich 
erkläre, weil mein vortrag in diesem punkte von einigen zuhörern 
missverstanden worden ist, — damit meine ich nicht, dass die 
phonetiker beabsichtigen oder jemals beabsichtigt haben, dem 
deutschen publikum für seine aussprache vorschriften zu machen, 
denen man gehorchen müsse, wenn man für gebildet gelten wolle. 
Von neuen regeln kann bei ihnen überhaupt nicht die rede sein. 
Es handelt sich für sie nur um die wissenschaftliche erforschung 
des thatbestandes und die objektive feststellung des herrschen- 
den oder allmählich entstehenden und durchdringenden sprach- 
gebrauches. cS 


Unter den beziiglichen arbeiten deutscher phonetiker sind 
E Kélbing, F_ Ww 


386 A. Rambeau 


vor allem die werke von Sievers, Trautmann und 
Vietor zu nennen, die sich selbstverstandlich und ver- 
nünftigerweise nicht bloss mit der phonetik fremder sprachen, 
sondern sehr eifrig mit der der muttersprache beschäftigt haben. 
Vietor hat wohl in dieser beziehung am meisten geleistet. Er 
gab früher die’ »Zeitschrift für orthographie, orthoepie und sprach- 
physiologie« heraus und ist jetzt herausgeber der rühmlichst be- 
kannten »Phonetischen studien«. Ausser seinem lehrbuch, den 
»Elementen der phonetik und orthoepie des Deutschen, Englischen 
und Französischen«, hat er zwei schriften veröffentlicht, die sich 
ganz speciell auf das thema der deutschen aussprache beziehen: 
1) »Die aussprache der in dem-Wörterverzeichniss für die deutsche 
rechtschreibung zum gebrauch in den preuss. schulen’ enthaltenen 
wörter. Mit einer einleitung: Phonetisches. Orthoepisches«; 
2) »German Pronunciation. Practice and Thecrie. The Best German 
.....« Das zweite werk hat der verfasser hauptsächlich für 
Engländer geschrieben. Er bekämpft darin die irrthümliche an- 
sicht vieler Engländer, die auch Sweet ursprünglich getheilt zu 
haben scheint, dass das Hannoveranische Deutsch (@ = 4, s. fr. 
u. engl. lauttafel I.) »/Ae best German«, das in Deutschland an- 
erkannt beste Deutsch sei. Bekanntlich wird häufig der deutsche 
lehrer in England, wenn er sich zu einer stelle meldet, ausdrück- 
lich gefragt, ob er »Hanover German« spreche. 

Die »einheitliche, allgemein gültige neuhochdeutsche aus- 
sprache«, soweit sie überhaupt vorhanden ist, stammt nicht aus 
einer einzelnen grossstadt, ist nicht an einen bestimmten mittel- 
punkt gebunden und ist sicherlich nicht das privilegium der ein- 
wohner von Hannover, einer stadt auf ursprünglich rein nieder- 
deutschem sprachgebiete. Ob sie. einst im laufe der entwicklung 
des deutschen Reiches in dessen hauptstadt, in Berlin, ihren 
mittelpunkt finden wird, wer kann dies voraussagen? Jedenfalls 
scheint es vorläufig nicht so. Denn der volksdialekt Berlin’s 
weicht allzu sehr von der schriftsprache ab; und aus der volks- 
sprache sind z. th. in die sprache der gebildeten in Berlin viele 
eigenthümlichkeiten, z. b. die konsequente j-aussprache, einge- 
drungen, die dem geschmack und der neigung der meisten übrigen 
Deutschen ausserhalb der provinz Brandenburg und der angrenzen- 
den gebiete doch allzu sehr widerstreben. Aber wer weiss, ob 
dieser widerstand in jeder beziehung lange anhalten wird? Ich 
habe schon schwäbische offiziere berlinisch sprechen hören. 


Die phonetik im sprachunterricht und die deutsche aussprache 387 


Die »neuhochdeutsche aussprache«, wie sie jetzt von den 
meisten Deutschen als richtig empfunden und daher von den 
ausläindern, wenn sie Deutsch studiren, als richtig anerkannt 
und vorzugsweise gelernt wird, ist im grossen und ganzen ein 
deutlich erkennbarer, wenn auch manchen schwankungen unter- 
worfener ausgleich zwischen norddeutscher und mitteldeutscher 
aussprache, wie die neuhochdeutsche schriftsprache auf einem 
ausgleich des Oberdeutschen (Süddeutschen) und Nicderdeutschen 
(Norddeutschen) beruht. Die neuhochdeutsehe schriftsprache ist 
bekanntlich in ihren wesentlichen zügen aus dem Mitteldeutschen 
und zwar aus dem dialekt der anwohner der Mittelelbe an der 
grenze des niederdeutschen sprachgebietes hervorgegangen — im 
16. jahrhundert, also zu einer zeit, wo jene gegend eine nicht 
geringe politische bedeutung besass und in folge des reformations- 
werkes Luther’s und seines wohnsitzes in Wittenberg in der that 
einen geistigen mittelpunkt für einen grossen theil des deutschen 
volkes bildete. Noch heutigen tages ist in der volkssprache der 
Obersachsen trotz grammatischer fehler und lautlicher unschön- 
heiten der wort- und phrasenschatz für entsprechende dinge und 
gedanken fast derselbe als in der herrschenden schriftsprache. 

Durch den einfluss der reformation, der Bibelübersetzung 
und der reformatorischen schriften, die der druck schnell und 
überall hin verbreitete, fand die entstehende neuhochdeutsche, 
zum grössten theil mitteldeutsche schriftsprache sehr schnell ein- 
gang in West- und Süddeutschland, obwohl nicht ohne wider- 
streben und lokalpatriotische proteste, jedenfalls schneller als in 
Norddeutschland, wo der niederdeutsche dialekt noch immer ge- 
schrieben und auch von den gebildeten gesprochen wurde und 
sich in seinen formen und lauten viel mehr vom obersächsisch- 
thüringischen unterschied, als die west- und süddeutschen mund- 
arten. 

Zugleich mit dem entstehen und der verbreitung der neu- 
hochdeutschen schriftsprache zeigen sich auch die anfänge, aber 
allerdings nur sehr bescheidene anfänge, einer allgemeinen neu- 
hochdeutschen aussprache. Diese beruht also naturgemäss eben- 
falls zunächst auf dem mitteldeutschen dialekt. Aber sie ist im 
laufe der zeit in ihrer weiterentwicklung sehr bedeutend vom 
Norddeutschen beeinflusst worden, dagegen gar nicht oder sehr 
wenig vom Süddeutschen. In Norddeutschland wich der nieder- 
deutsche dialebt langsam, aber beständig mehr und mehr dem 


- %* 
2a 


388 A. Rambeau, Die phonetik im sprachunterrichte 


mitteldeutschen als schriftsprache, zuerst nur als schriftsprache, 
viel langsamer und später unter den gebildeten auch als ge- 
sprochene sprache. Diese sprachen jedoch von vornherein mit 
mehr reflexion, mit mehr sorgfalt, mit grösserer achtung vor dem 
geschriebenen wort als die gebildeten in Mitteldeutschland aus, 
gerade weil ihnen ursprünglich das Mitteldeutsche eine fremde 
sprache war und sich die übliche volkssprache so stark von der 
schriftsprache unterschied. Schon frühzeitig betonen die gebildeten 
in Norddeutschland mit stolz ihre reinere aussprache; schon früh- 
zeitig, genau so wie heutigen tages, berufen sie sich gern in 
pedantischer weise bei orthoepischen streitfragen, in fällen wie 
s = s oder $ vor den konsonanten 5 und ¢ im anlaut der wörter 
(z. b. sprechen, stehen), auf das schriftbild. 


Die verschiebung der politischen machtverhältnisse mag da- 
zu beigetragen haben, dass die Norddeutschen in der that auf 
die gestaltung einer »einheitlichen, allgemein gültigen neuhoch- 
deutschen aussprache«, soweit überhaupt eine solche existirt oder 
anerkannt wird, soweit sie sich entwickelt hat oder noch entwickelt, 
einen bedeutenden einfluss ausgeübt haben und ausüben. Der 
phonetiker nennt daher diese aussprache einen ausgleich zwischen 
Mitteldeutsch und Norddeutsch oder gar Mitteldeutsch im munde 
der Norddeutschen. Ihnen verdankt sie sicherlich zum grossen 
theil ihren konsonantismus, vor allem die strenge scheidung der 
stimmhaften, weichen und stimmlosen, harten konsonanten,! eine 
scheidung, die den volkssprachen der Mittel- und Süddeutschen 
durchaus unbekannt ist. Dagegen weist die spez. norddeutsche 
aussprache des Hochdeutschen im vokalismus und in der behand- 
lung der mittellaute, besonders des 7 und häufig des /, und des 
konsonanten s, resp. $ (s. 0.) eigenthümlichkeiten auf, gegen die 
sich das sprachgefühl der Mittel- und Süddeutschen empört, die 
gewiss zum grössten theil aus den niederdeutschen dialekten her- 
rühren und in einer zu erstrebenden oder zu bewahrenden allge- 
mein deutschen, einheitlichen aussprache schwerlich berechtigt 
sind. 

Ich schliesse meine abhandlung mit dem wunsche, dass 
jeder gebildete Deutsche sich bemühen möge, sich selbst darüber 
rechenschaft zu geben, aus welchen bestandtheilen seine persön- 
liche aussprache zusammengesetzt ist, wic weit sie etwa dialektisch 


1 Vgl. oben die deutsche lauttafel II. 


Schwedische examenverhältnisse 389 


zu nennen ist, und wie weit sie dem ideal einer »allgemein gültigen, 
einheitlichen hochdeutschen aussprache« entspricht. Eine solche 
selbstprüfung kann man jedenfalls von allen lehrern des Deutschen, 
volksschullehrern und gymnasiallehrern, billiger weise verlangen 
und erwarten. Aber auch für die lehrer des Englischen und 
Französischen ist es wichtig und nothwendig, das lautsystem, das 
sie selbst und ihre schüler beim gebrauche ihrer muttersprache 
anwenden, genau zu kennen, weil sie dadurch, wie die erfahrung 
beweist, besser befähigt sind, die fremden sprachen in lautlicher 
beziehung rein und fehlerlos sprechen zu lernen und zu lehren. 


Hamburg, Dezember 1890. A. Rambeau. 


SCHWEDISCHE EXAMENVERHALTNISSE !. 


Dem patriotischen schmerze gegenüber, unser höheres schul- 
wesen so weit von demjenigen der nordischen länder überflügelt 
zu sehn, war es mir immer ein freilich sehr wenig menschenfreund- 
licher und auch nicht sonderlich stichhaltiger trost, dass wenigstens 
das schwedische universitätswesen dem deutschen handgreiflich 
nachstand und noch nachsteht. | 

Die sache ist nämlich einfach diese: Die vier akademischen 
stände der ärzte, geistlichen, lehrer und juristen in Schweden 
sind sicherlich den entsprechenden deutschen ständen an leistungs- 
fähigheit nicht überlegen. Gleichwohl hält die schwedische universität 
den studirenden unverhältnissmässig länger fest als die deutsche. 
Eine studienzeit von 6, 7, 8 jahren ist etwas ganz gewöhnliches, 
eine 9—ıOjährige keineswegs unerhört. Angesichts der gleichen 
ergebnisse der akademischen ausbildung muss man also das mass 
von zeit und geld, welches der schwedische student mehr auf- 
wendet wie der deutsche, als schlechtweg vergeudet ansehn. Und 





1 Die red. erklärt ausdrücklich, dass sie keinesweges in der lage ist, alle 
in dieser abhandlung und in der gleichfalls in diesem hefte abgedruckten be- 
sprechung von Widgery’s schrift geäusserten ansichten zu den ihrigen zu machen, dass . 
sie.aber trotzdem sich nicht entschliessen konnte, durch ablehnung derselben die 
freie meinungsäusserung in bezug auf die wichtigsten fragen der universitats- 
bildung zu beschränken. E.K. . 


die verantwortung für diese vergeudung trifft naturgemäss die 
akademischen lehreinrichtungen, um so mehr, als das von den 
schulen kommende material an jungen studenten eine minder 
unangemessene vorbildung enthalten hat als die weit überwiegende 
mehrzahl der deutschen studenten. 


Aber es scheint, als wollten jetzt auch die schwedischen 
universitäten in eine ähnliche energische vorwärtsbewegung ein- 
treten, wie die höheren schulen des landes. Und das verdienst, 
zuerst nachdrücklich die hand auf einen der wundesten, wenn 
nicht den wundesten punkt der gesammten universitätseinrichtungen 
gelegt zu haben, gebührt dem freilich wohl verschiedener be- 
urtheilung ausgesetzten, jedenfalls aber sehr regen studentenverein 
Verdandi in Upsala (gegründet 1882) !. 


Das, woran die gesammte studentenausbildung — in Schweden 
wie bei uns — vor allem krankt, das ist der schroffe gegensatz 
zwischen der absoluten bevormundung in allen lernfragen, welchem 
der schiiler bis zum letzten augenblick der schulzeit unterworfen 
ist, und der absoluten rathlosigkeit, der der student vom ersten 
moment seines universitätslebens ab überlassen wird. 


Hier nun setzte der verein V., der auch nicht wenige der 
jüngeren docenten zu seinen mitgliedern zählt, zuerst den hebel 
ein, um eine bewegung für besserung der akademischen lehr- 
verhältnisse in gang zu bringen. Und zwar versuchte man zu- 
nächst durch vermittelung des unterrichtsministers in den besitz 
eines offiziellen rathgebers zu gelangen, aus dem der neuan- 
kömmling an der universität genau ersehen könne, sowohl was 
jeder examinator für jedes besondere examen im einzelnen fordere, 
als auch auf welchem wege er am schnellsten und sichersten zur 
erfüllung dieser forderungen gelange, und aus dem er dazu ferner 
aufschluss erhalte, welche lernfächer und in welcher ausdehnung 
bezw. aufeinanderfolge er für die zwecke eines baldigen erfolg- 
reichen abschlusses seiner berufsvorbereitung zu betreiben habe. 
Als man auf diesem wege zu keinem erfolge gelangte, machte 
sich der verein rasch entschlossen selbst ans werk, setzte eine 
aus 18 mitgliedern bestehende, in 5 sektionen zerfallende kom- 


1 „Der verein Verdandi hat sich das ziel gesteckt, ein band der freund- 
schaft und des verkehrs um alle diejenigen studenten der universität Upsala zu 
Schlingen, welche auf dem boden der denk- und redefreiheit stehen und für all- 
gemein menschliche und sociale fragen interesse hegen“. 


Schwedische examenverhältnisse 391 


mission ein, und die ergebnisse von deren arbeit wurden durch 
die schlussredaktion eines fünfer-ausschusses in die form eines 
vorliegenden »Handbuchs« gebracht, welches den titel führt: 


1) Studiehandbok för dem som vid Upsala universität 
ämna aflägga filosofie kandidat-examen eller nägon af de för- 
beredande examina. Till tjänst för de studerande vid Upsala 
universitet och Stockholms högskola. Utgifven af föreningen Ver- 
dandi. Upsala, föreningen Verdandis förlag. VII und 134 ss. 
kl. 80. Hierzu ein »Tillägsblad«. 12 ss. Pr.: 1,25 kr. 


Dasselbe befasst sich vorläufig nur mit den »ersten« examini- 
bus der lehrer, juristen, theologen und mediziner. Die durch 
seine inangriffnahme gegebene anregung wirkte so schnell, dass 
noch vor abschluss desselben die betheiligten lehrer der medi- 
zinischen und der juristischen fakultät zu Upsala sich über ge- 
ordnete studienkurse für ihre schüler einigten und die Akade- 
mische vereinigung zu Lund auch ihrerseits ein dem muster des 
Upsala’schen nachgebildetes handbuch herausgab, nämlich: 


2) Studiehandbok för dem som vid Lunds universität 
ämna aflägga filosofie kandidat-examen eller nägon af de för- 
beredande examina. Utgifven af akademiska föreningen. Lund, 
Glerupska universitäts-bokhandeln, 1888. VI und 84 ss. kl. 8°. 
Pr.: 0,75 kr. 

Welcher segen sich von handbüchern wie den vorliegenden 
und wohlgeordneten unterrichtskursen erwarten lässt, kann man 
an dem beispiel des unter zustimmung der betheiligten examina- 
toren für bestehung des ersten theologischen examens vor mehreren 
jahren eingerichteten lehrkurses erkennen: statt, wie früher, in 5 
semestern, erreichen die studenten jetzt ihr ziel in 3 semestern. 
Dies bedeutet ein geschenk von einem vollen jahre lebenszeit, 
einem vollen jahre unterhaltskosten für jeden einzelnen studenten 
und zugleich auch erheblich gesteigerte arbeitsfreudigkeit während 
jener 3 semester! 


Aber das ist ja nur die Eine seite der sache. 


Niemand kann verkennen, dass ein solches »handbuch« von 
grösstem interesse auch für alle betheiligten universitätslehrer sein 
muss, die ja hier auf das bequemste sich unterrichten können, 
theils wie ihre fachverwandten kollegen an der eignen universität 
sich zu den ausbildungs- und prüfungsfragen gegenüber den 
gemeinschaftlichen examinanden stellen, theils wie die vertreter 


392 H. Klinghardt 


des eignen faches an anderen universitäten ihre lehraufgabe auf 
assen. 


Und nicht minderes interesse hat sein inhalt für uns lehre;, 
namentlich die älteren. Wir haben eine ziemlich deutliche vor- 
stellung von dem, was die universität uns als vorbereitungsstätte 
für unseren beruf gewesen bezw. nicht gewesen ist. Noch deut 
licher erkennen wir aber ihren positiven oder negativen einfluss 
an dem wissens- und urtheilsstand der jungen kollegen, die sie 
uns von zeit zu zeit als mitarbeiter im speziellen lehrfache zu- 
schickt. Ein blick nun in ein handbuch vorliegender art sagt uns 
auf der stelle, welche rathschläge und forderungen den künftigen 
lehrer am besten auf seinen späteren beruf hinlenken und vor- 
bereiten; und so sind wir eventuell in der lage, unter hinweis 
auf das vorgehn anderer hochschullehrer deutliche und klare 
bitten dem einen oder anderen fachprofessor zumal der provinzial- 
universität zu unterbreiten, der natürlich ohne unseren bericht 
schwer in der lage ist, die wirkung seines persönlichen ausbildungs- 
verfahrens auf die schultüchtigkeit der lehrer seines faches in der 
provinz zu beurtheilen. 


So viel über den prinzipiellen werth der vorliegenden hand- 
bücher. 


Und nun noch ein kurzes wort über spezifisch schwedische 
verhältnisse, deren kenntniss für das verständniss des inhaltes 
jener notwendig ist. 


Das erste examen der künftigen ärzte, geistlichen und juristen 
hat keinen eigenwerth, d. h. bringt keinen von ihnen in eine be- 
rufliche stellung und ist im ganzen nicht viel mehr als eine auf- 
frischung oder ergänzung der schulkenntnisse. So liegt es auch 
dem beginn der akademischen studien ziemlich nahe. Die hand- 
bücher können sich demgemäss verhältnissmässig kurz über sie 
fassen, trotzdem die gebotenen rathschläge vielfach in dankens- 
werthestes detail gehen, indem z. b. hier auch die besonderen 
interessen der realisten (oberrealschüler), welche medizin, der 
latinisten (realgymnasiasten), welche theologie studiren wollen und 
daher Latein und bezw. Griechisch nachzulernen haben — so wie 
viele unserer gymnasiasten event. Englisch nachholen müssen — 
wahrgenommen werden. 


Das erste lehrerexamen (/ilosofie kandidatexamen) aber hat 
selbstwerth, es kann, bei einer gewissen erweiterung, den be- 


Schwedische examenverhältnisse 393 


treffenden jungen mann bereits für den eintritt in den lehrerberuf 
befähigen. Dann wird er aber nur »adjunkt«, hat als solcher nur 
anspruch auf eine niedrigere skala von gehaltssätzen und wird 
vorzugsweise in den unteren und mittleren klassen beschäftigt. ! 
Hiernach begreift man, dass dieses examen mehrjährige vorbe- 
reitung erfordert. Worin dieselbe zu bestehen hat, wie. dieselbe 
einzurichten ist, darüber geben nun eben die handbücher für 
Upsala und Lund umfänglichst aufschluss. Die jeweiligen an- 
gaben sind von den betreffenden fachvertretern (examinatoren) 
durchgesehen und gebilligt worden. 


Für jedes einzelne prüfungsfach dieses examens bestehen 
drei censuren, zu deutsch etwa: »genügend, gut, sehr gut«, und 
die handbücher geben genau an, was der auf die eine oder andere 
censur aspirirende zu wissen hat, welche hülfsmittel und welcher 
unterricht ihm zu empfehlen sind u. s. w. 


Uns interessiren hier nur die neueren sprachen: a) Nordisch 
b) Romanisch c) Germanisch. 


Nordisch. — Dieses fach entspricht etwa unserem: »Deutsch 
für mittlere klassen.« Ausserlich bemerke ich, dass Lund die 
ertheilung der censur »sehr gut« mehr oder weniger abzulehnen 
scheint; ein grund ist nicht recht ersichtlich, aber vom stand- 
punkt des prüflings aus ein anschluss hierin an die übrigen facher 
und fachvertreter wünschenswerth. Für die pflege des Neuschwedi- 
schen wird wenig gethan. Allgemeine und spezielle phonetische 
durchbildung scheint mir unbedingte und erste voraussetzung für 
eine erfolgreiche thätigkeit des muttersprachlichen lehrers, aber 
Upsala vernachlässigt sie völlig, Lund verlangt nur »das allge- 
meinste aus der neuschwedischen lautlehre (vgl. Lyttkens und 
Wulff).« Auch im übrigen nimmt der vorgeschriebene lernplan 
wenig rücksicht auf die interessen des nachmals vom kandidaten 
zu ertheilenden muttersprachlichen unterrichts: alles einzuholende 
wissen ist mehr oder weniger sprachgeschichtlicher, kaum lite- 
rarischer art; anerkennung verdient die berücksichtigung mittel- 
alterlicher und vorgeschichtlicher realien. Die anforderungen für 
»sehr gut« (Upsala) sind hoch und scheinen sich mindestens 


— — 


1 Wer auch noch das zweite lehrerexamen ablegt (osofie licentiat-examen), 
hat auf amt und höhere gehaltsscala der „lektoren“ anrecht, die vorwiegend in 
den oberen klassen unterrichten. 


394 H. Klinghardt 


zu decken mit dem, was bei uns für »Deutsch in oberen klassen« 
verlangt wird. 


Die bedürfnisse der schule auf muttersprachlichem gebiete 
sind aber nach zwei richtungen hin von grundverschiedener natur. 
Jede anstalt braucht einmal eine art wissenschaftliches orakel für 
alle fragen sprachhistorischen charakters, denn für die mutter- 
sprache ist es wichtig, die fühlung mit der vergangenheit nicht 
zu verlieren. Sie braucht indess daneben für die bedürfnisse des 
muttersprachlichen unterrichts auch lehrer von gründlicher, pho- 
netischer wie deklamatorischer schulung (begabung), die sich 
zugleich durch die fähigkeit klaren (schönen) gedankenausdrucks 
hervorthun. Diese leistungen und gaben sind keineswegs immer 
mit sprachhistorischer gelehrsamkeit verknüpft. Ich würde darum 
ein gelehrtes und ein praktisches examen für die muttersprache 
vorschlagen. Ersteres könnte nur von philologen der einen oder 
anderen art abgelegt werden, letzteres wäre allen lehrern der 
verschiedensten fächer freizustellen und würde allein zur er 
theilung muttersprachlichen unterrichts befähigen. ! 


Romanisch. — Da es eine andere »romanische« schul- 
sprache als Französisch in den höheren schulen Schwedens nicht 
gibt, so ist die bezeichnung »Romanisch« hier, beim lehrerexamen, 
eben nur im sinne von »Französisch« zu nehmen. 


In diesem fache nun besteht offenbar, soweit die dürftigen 
angaben des L.’schen handbuches einen sicheren schluss zulassen, 
ein schroffer unterschied an den beiden schwedischen universi- 
täten bezüglich der art, wie der künftige lehrer desselben für 
seine schulthätigkeit vorbereitet wird. 


Allerdings stellt L. für die niedrigste censurstufe einige 
magere forderungen, die auf die bedürfnisse des schuldienstes 
rücksicht nehmen. Aber für »gut« wird ausserdem noch verlangt: 
bekanntschaft mit Rolandslied und Joinville (G. Paris, Extraits de 
la ch. de R. et de J.), mit der franz. poesie des mittelalters, 
dsgl. mit der franz. literatur des 16. jahrh. — dies alles, wie es 
scheint, an der hand der literaturgeschichten, nicht der quellen. 
Damit aber noch nicht genug, soll der kandidat auch noch 
leichtere italienische und spanische schriftsteller verstehen. Und 


1 Sollte also jemand, der das erstgenannte examen zu machen gedenkt, 
muttersprachlichen unterricht zu ertheilen wünschen, so müsste auch er sich dem 
zweiten, praktischen examen unterziehen. 


Schwedische examenverhaltnisse 395 


nun gar erst der angehende lehrer des Französischen, der sich 
das prädikat »sehr gut« holen möchte! Der soll auch noch die 
altfranzösischen literaturwerke im urtext lesen können, italienische 
und spanische texte nicht nur der neueren sondern auch der 
älteren zeit studirt und natürlich auch noch eine »ausführlichere 
französische literaturgeschichte« in sich verarbeitet haben. 

Ich muss gestehen, dieses programm kommt mir in der 
that hochgradig »spanisch« vor! Es überläuft mich kalt bei dem 
gedanken, mir von einem so vorgebildeten jungen kollegen meine 
französischen klassen vorbereiten zu lassen. Was haben denn all 
diese dinge mit dem französischen unterricht (der unteren bezw. 
mittleren klassen!) zu thun? Das ist ja fast ganz der alte stand- 
punkt aus der mitte dieses jahrhunderts, wo man theologen und 
altphilologen ohne jede vorbereitung den französischen unterricht 
übergab, in der naiven erwartung, er werde alles für diesen nöthige 
schon aus dem eingeführten schulbuche erlernen. Oder will ein 
schulmann behaupten, Spanisch und Chanson de Roland stünden 
wirklich mit dem französischen schulunterricht in näherer be- 
ziehung ? 

Ich mache dem betreffenden examinator, dem ich für meine 
schwedischen studien viel verdanke, keinen vorwurf. Aber nicht 
kann ich verstehen, warum nicht längst schon die lektoren und 
rektoren, welche junge nach diesem programm ausgebildete lehrer 
von ihm übernommen haben, bei ihm behufs einer änderung des- 
selben vorstellig geworden sind. Sie sind direkt verantwortlich 
für die schulergebnisse, nicht der universitätslehrer. 

Ganz anders liegen die dinge in U. Das programm wird 
mit der notiz eingeleitet: »Nur modernes Französisch für dieses 
examen!« Die angegebenen schriftsteller und hülfsmittel sind 
wohl geeignet, einen jungen mann für das ertheilen von fran- 
zösischem unterricht vorzubereiten. Nur vermisse ich eine an- 
regung zur lektüre von tagesliteratur (zeitungen und revuen ein- 
geschlossen) sowie einen hinweis auf phonetische hülfsmittel. 

Ein sehr günstiges urtheil für den vorurtheilsfreien blick 
des examinators macht die bemerkung 8 auf s. 30: »Fast alle 
vorlesungen dieses faches beziehen sich auf das zweite lehrer- 
examen. Man verliere also keine zeit mit ihrem besuche!« Hier- 
mit vergleiche man L., welches mindest einjährigen besuch der 
vorlesungen und mindestens eine genügende seminarbeit (s. 24 
Laudatur 5) verlangt. 


396 H. Klinghardt 







Germanisch. — Dies bedeutet in schwedischer examer 
auffassung: »Deutsch und Englisch.« In beiden sprachen zeg > 
L. dieselbe abweichung von U. wie im Französischen. 

An der spitze des L.’schen examenprogramms steht die 
forderung, dass kandidat beim abiturientenexamen mindestens di 
censur »genügend« im Latein erhalten haben müsse. Ja, was hat 
denn das Latein mit dem Deutschen und Englischen zu _ thu? 
Warum denn nicht lieber Spanisch verlangen, wie beim Fran 
zOsischen? Da trate doch wenigstens der »germanische« einflus 
des Westgothischen vermittelnd ein! Freilich, ob derselbe die 
mangelhafte aussprache des Deutschen seitens der schwedische 
schüler (ch = sch; rd, rt, rn, rs einlautig als supradentale d, ;, 
2, s; schwedischer tonfall in worten wie angriff, einer, knabe dt.) 
und ebenso deren mangelhafte grammatikbeherrschung (ezzes gute 
knabes, ich habe in das Deutschland gewesen u. ad.) zu heben im 
stande wäre, muss ich dahin gestellt sein lassen. 

Für die gewinnung der lehrbefähigung speziell im Deutschen 
fordert L., selbst wenn nur ein »genügend« erstrebt wird »etwa 
5 hefte (darunter 2 von Luther) aus den »Neudrucken deutscher 
literaturwerke des XVI. und XVII. jahrhunders«, und wenn es sich 
um ein »sehr gut« handelt, werden Luther, Sachs, Fischart, 
Opitz, Grimmelshausen, Abraham aS. Clara empfohlen; 
freilich auch Lessing, Herder, Schiller, Goethe, aber mit 
Tieck und den gebrüder Schlegel schliesst für den L.’er 
kandidaten die deutsche literatur — und sprachentwicklung. Es 
muss interessant sein, die sprache Tieck’s und der brüder 
Schlegel in den schwedischen schulen weiterleben zu sehen und 
zu hören. 

Die unterrichtsthätigkeit des lehrers im Englischen bereitet 
L. vor (für die censur »sehr gut«, erstes lehrerexamen) mit 
Shakespeare, Spenser, Milton, Dryden, Addison, 
Pope neben Sheridan, Scott, Byron, Moore, Dickens, 
Thackeray, Hallam, Macaulay. 

U. geht für den kandidaten dieser prüfung mit der geschichte 
der deutschen sprache und literatur nicht weiter zurück als Les- 
sing, steigt aber dafür herauf bis zu Hackländer, Ger- 
stäcker, Freytag, Julius Wolff, Moser, L’Arronge, 
Franzos, Ebers, Rodenberg, Wildenbruch u. a. 

Die ansprüche im Englischen für die censur »genügend« 
werden in U. charakterisirt durch die schriftsteller Dickens, 


HH 


te 


Schwedische examenverhältnisse 397 


Macaulay, Irving, Ouida. Bei der bewerbung um »gut« 
treten Shakespeare, Goldsmith, Sheridan und einige 
neuere hinzu; nur die zahl und mannigfaltigkeit der letzteren er- 
halten bei »sehr gut« eine ziemlich beträchtliche erweiterung. 


Auch die im U.’schen handbuch enthaltenen, recht ein- 
gehenden winke über studienwege und prüfungsanforderungen in 
diesen wie den anderen neueren sprachen athmen durchaus den 
geist des vollen verständnisses für die aufgaben der schule. 


So besteht denn sicherlich ein starker gegensatz in der 
ausbildung der neusprachlehrer auf den universitäten Lund und 
Upsala, wenigstens soviel man nach den vorliegenden handbüchern 
urtheilen kann. 


Auch die beiden handbücher unterscheiden sich deutlich 
von einander: das von U. ist das produkt sorgfältiger umfragen 
vermittelst fragebogen bei examinanden und examinirten, andere 
fragebogen waren in den buchhandlungen für jedermanns be- 
nutzung ausgelegt, und besondere frageformulare wurden auch 
den examinatoren und sonst betheiligten universitätslehrern zu- 
gesandt. Das ergebniss der schliesslichen zusammenarbeitung ! 
wurde dann den letzteren behufs durchsicht bezw. billigung noch- 
mals vorgelegt. Das von L. bildet im wesentlichen nur einen 
abdruck der von den einzelnen professoren gemachten angaben. 
Daneben fehlen aber die vielen praktischen rathschläge und winke 
über studiengang und arbeitsanordnung, die das U.’sche handbuch 
dem studenten so werthvoll machen müssen. Doch wird ähnliches 
auch vom L.’er handbuch für die zukunft versprochen. 


Einer entschuldigung, dass ich als ausländer mir erlaubt 
habe, über schwedische verhältnisse zu urtheilen, bedarf es wohl 
nicht! wenn irgend wer internationale und gegenseitigkeitsinter- 
essen hat, so ist er der stand der neusprachlehrer. Habe ich 
mich bei meinen — ursprünglich nur für den »litteratur«-theil 
bestimmten — ausführungen in irgend einem wichtigeren punkte 
vergriffen, so bitte ich die schwedischen kollegen um aufklärung. 
Endlich benutze ich die gelegenheit, um kundige zu einer dar- 
stellung der französischen prüfungen für neusprachlehrer anzu- 


1 Nach einer notiz des Aftonblad (1.X. ’87) kommt unter den 18 redak- 
tionsmitgliedern den herren laborator Hjalmar Öhrvall und docent C. V. Z. 
Chantier ein hauptverdienst an der abfassung des verdienstvollen heftchens zu 





Germanisch. — Dies bedeutet in schwedischer e 
auffassung: »Deutsch und Englisch.« In beiden sprache 
L. dieselbe abweichung von U. wie im Französischen. 

An der spitze des L.’schen examenprogramms st 
forderung, dass kandidat beim abiturientenexamen mindes! 
censur »genügend« im Latein erhalten haben müsse. Ja, 
denn das Latein mit dem Deutschen und Englischen zt 
Warum denn nicht lieber Spanisch verlangen, wie bei 
zösischen ? Da träte doch wenigstens der »germanische« 
des Westgothischen vermittelnd ein! Freilich, ob derse 
mangclhafte aussprache des Deutschen seitens der schwe 
schüler (ch = sch; rd, rt, rn, rs einlautig als supradent 
7, Ss; schwedischer tonfall in worten wie aengriff, einer, ki 
und ebenso deren mangelhafte grammatikbeherrschung (e 
knabes, ich habe in das Deutschland gewesen u. &@.) zu he 
stande wäre, muss ich dahin gestellt sein lassen. 

Für die gewinnung der lehrbefähigung speziell im De 
fordert L., selbst wenn nur ein »genügend« erstrebt wir 
5 hefte (darunter 2 von Luther) aus den »Neudrucken d 
literaturwerke des XVI. und XVII. jahrhunders«, und wenn 
um ein »sehr gut« handelt, werden Luther, Sachs, Fi: 
Opitz, Grimmelshausen, Abraham aS. Clara em 
freilich auch Lessing, Herder, Schiller, Goethe, a 
Tieck und den gebrüder Schlegel schliesst für de 
kandidaten die deutsche literatur — und sprachentwickl 
muss interessant sein, die sprache Tieck’s und der 
Schlegel in den schwedischen schulen weiterleben zu sel 
zu hören. 

Die unterrichtsthätigkeit des lehrers im Englischen 
I. vor (für die censur »sehr gut«, erstes lehrerexam 
Shakespeare, Spenser, Milton, Dryden, Ad 
Pope neben Sheridan, Scott, Byron, Moore, Di 
Thackeray, Hallam, Macaulay. 

U. geht für den kandidaten dieser prüfung mit der ges 


LITTERATUR. 


1. Chaucer. Zhe Minor Poems. Edited by W. W. Skeat. Oxford, Clarendon 
Press 1888, LXXXVI, 462 s. 8°. Pr. 10 s. 6 d. 

2. Chaucer. Zhe Legend of Good Women. Edited by W. W. Skeat. ebd. 
1889. LIV, 229 s. 8% Pr. 6s. 

3. G. Chaucer. Zhe Hous of Fame. (Text, varianten, anmerkungen). Von 
Hans Willert. Berlin, Gärtner. 1888. 45 s. 4°. (Wissenschaftliche bei- 
lage zum programm der Margarethenschule zu Berlin). 

4. Siegfried Kunz. Das verhältnis der handschriften von Chaucer’s „Legend 
of Good Women“. Breslauer dissertation [1889]. 36 s. 8°. 


Eine wirklich kritische ausgabe von Chaucer’s dichtungen ist ein längst 
gefühltes bedürfnis für alle, die sich mit dem studium des älteren Englisch be- 
schäftigen — aber weder die in den früheren jahren erschienenen texte, noch 
die vorliegenden bücher und schriften können als solche gelten, die allen be- 
rechtigten ansprüchen an eine derartige ausgabe genügen, wenn auch wohl anzu- 
erkennen ist, dass sie mehr oder weniger zur erreichung dieses zieles beitragen. 

Was zunächst die veröffentlichungen Skeat’s betrifft, so hat er sich be- 
müht, alles, was zur erklärung und deutung der texte beitragen könnte, zu sammeln, 
und so hat er auch bei seiner weitgehenden belesenheit und erfahrung als heraus- 
geber megl. sprachdenkmäler vieles herbeigeschafft, was manchem andern wohl 
entgangen wäre. Doch obwohl er deutsche forschung auf diesem gebiete wohl 
zu schätzen weiss, so hat er mancherlei übersehen, was zur vollständigkeit und 
genauigkeit seiner angaben nicht fehlen sollte. Charakteristisch hierfür ist (M. P. 
s. LXXXV) das eingeständniss, dass er ten Brink’s bekannte Chaucerstudien (1870) 
erst im jahre 1887 kennen lernte. Meinen, im I. bd. dieser zs. erschienenen, 
dann für die Chaucer Society überarbeiteten und im heft 18 (Second Series 1878) 
abgedruckten aufsatz über die Knyghtes Tale, Parlament of Foules, &c. scheint 
er nur oberflächlich gelesen zu haben, da er (s. 310) den nachweis der überein- 
stimmung der eingangsstrophen von Anelida etc. mit der Teseida mir, statt ten 
Brink zuschreibt, dagegen meine entdeckung der beziehungen des ‘Parlament’ 
zur Königin Anna auf prof. Ward, der sie mir allerdings stillschweigend entlehnt, 
überträgt (s. L.XVII). Ich möchte hier noch folgende verweise nachtragen: zur 
datirung des Mars (s. LX) s. H. Thurein’s berechnung in Festschrift d. 


400 Litteratur 


Dorotheenstädt. realgymn.“ (Berlin 1886) u. Anglia IX. 582 ff. nebst meinem 
kommentar; zu Alanus ab Insulis (s. LXV) s. meine ‘Ausgew. kl. dichtungen’ 
s. 61; die echtheit der ‘Mother of God’ (s. s. VIII) ist bereits früher (Anglia VI, 
104) von mir angezweifelt worden. — Uber die datirung des Envoy a Bukton 
(s. 390 ff.) u. The Compleynt of the Purse (s. 396) s. ten Brink’s recension, 
Literaturblatt 1883, 425 ff. (welche ansichten in der Gesch. d. engl. lit. II, 1 
s. 201 u. 212 wiederholt sind). Auch verschiedene citate aus lat. und _ afrz. 
quellen sind bereits von andern nachgewiesen, ohne dass Sk. dies immer aus- 
drücklich vermerkt. — Fern sei es jedoch von mir, diese übersehungen und aus- 
lassungen als absichtliche bezeichnen zu wollen. Sk. erkennt vielmehr selbst 
(s. LXXXV f.), und zwar mit zu grosser bescheidenheit, seine verpflichtungen 
andern forschern gegenüber an, und ich erwähne dieses umstandes nur, um künf- 
tigen benutzern seiner ausgabe vorsicht in der zuschreibung der einzelnen angaben 
und citate zu empfehlen. 

In der fast 80 seiten umfassenden ‘Indroduction’ bespricht Skeat zunächst 
die verschiedenen zeugnisse für die echtheit der Chaucer zugeschriebenen gedichte: 
des dichters eigene andeutungen, Lydgate’s verzeichniss (in welchem Sk. den aus- 
druck ‘Dant in English’ auf das Hous of Fame bezieht, s. s. XID), die angaben 
Shirley’s, und anderer kopisten, die alten drucke von Caxton, Pynson, Wynkyn 
de Worde, Thynne, Stowe. Speght, Perry bis zu Morris. Dann wendet er sich 
zur beschreibung der hss. (s. XXXVII ff.). Nach eigener angabe hat Skeat sich 
nicht mit den abdrucken der Ch. S, begnügt, sondern hat die meisten von Furnivall 
benutzten hss. selber nachgesehen, so dass seine beschreibung derselben ausführ- 
licher ist, als die notizen Furnivall’s und meine zusammenstellung derselben 
Anglia IV, 112 fl. — Ich erwähne z. b., dass nach Sk. das ms. Digby 181 einen 
unvollständigen Troilus enthält und dass die Caxton entnommenen stücke (s. XV) 
sich in zwei verschiedenen drucken finden. Ebenso erfahren wir, dass mehrere 
hss. stücke von Gower, Lydgate, Occleve u. a. enthalten (so Bodley 638, Tanner 
346, Ashmole 59, Cambridge Ff. 1. 6.), was zur abschätzung der zweifelhaften 
gedichte nicht unwesentlich ist. Aber wir vermissen genauere angaben über die 
äussere beschaffenheit der mss., über die reihenfolge, den umfang etc. der in ihnen 
enthaltenen stücke, so dass hier noch ine nachlese wünschenswerth wäre. Ebenso 
fehlen eingehende notizen über mehrere, allerdings meist unwichtigere hss.; zu 
bedauern ist, dass wir nichts näheres über das Pepys ms. 2006 u. die Longleat- 
hs. hören. Es folgen dann allgemeine erörterungen über die überlieferung, den 
inhalt, die abfassungszeit, die quellen und sonstigen beziehungen der einzelnen 
Minor Poems, die in den anmerkungen noch vervollständigt werden. Viel neues 
erfahren wir aus diesem abschnitte nicht; doch sei hier u. a. hervorgehoben, dass 
Sk. (s. LXIX) den versuch Bradshaw’s erwähnt, Anelida ‘of Zrmony’ mit der persisch- 
armenischen göttin Anähita zu identifiziren, und dass er s. LXXIX historische 
notizen zur gefangenschaft in Friesland (s. Bukton, v. 23) bringt. 

In der herstellung des kritischen textes (s. 1—222) beobachtet Skeat keine 
festen principien. Zwar gibt er in der regel einige andeutungen über die Klassifikation 
der hss. in den einleitenden bemerkungen und legt die seiner ansicht nach zu- 
verlässigste derselben seinem texte zu grunde, doch weicht er manchmal auch 
ohne ersichtlichen grund von der lesart derselben ab. Ferner gibt er in den 
varianten fast regelmässig die vom bereinigten texte abweichenden wörter und 
schreibungen der grundhs. an, notirt aber die lesungen anderer mss. nur dann, 


J. Koch, Chaucerlitteratur 401 


wenn sie ihm von interesse scheinen. Es ist ja nun, um nicht den kritischen 
apparat zu schwerfällig zu gestalten, sehr wohl statthaft, offenbare verderbnisse 
untergeordneter codices wegzulassen; aber da, wo sich zwei fast gleichwerthe 
gruppen von hss. gegenüber stehen, wäre eine fortlaufende notirung dieser varianten 
durchaus erforderlich gewesen; eher hätten die bloss graphischen abweichungen 
fortbleiben können, wenn es sich um raumersparniss handelte. Hierzu werde ich 
im folgenden einige belege geben. 

Doch zuvor sei eine prinzipielle frage kurz erörtert: die frage über den 
versbau. Die regeln, welche ten Brink (Ch.’s sprache etc. s. 168 ff.) über 
denselben aufstellt, dürfen im allgemeinen als zutreffende gelten. Zweifelhaft er- 
scheint es jedoch manchen, ob das gelegentliche fehlen des auftaktes im heroischen 
vers unzulässig sein soll. So spricht sich auch Skeat (LGW. s. XXXII ff.) für 
die zulassung dieser freiheit aus, die er mit mehreren beispielen — von denen 
später — belegt. Eine wesentliche stütze dieser ansicht erhält er in einer kürz- 
lich erschienenen abhandlung „Über das fehlen des auftaktes in Chaucers heroischem 
vers“ von Markus Freudenberger!? (Erlanger Beiträge, nr. IV), der eine anzahl 
von versen aus sämmtlichen dichtungen Ch.’s in obigem metrum zusammenstellt, 
die nach der überlieferung einen trochäischen charakter tragen. Hiernach glaube 
ich, einzelne solcher ausnahmefälle zulassen zu müssen, wo nicht der sinn, der 
rhythmus, die lesarten der besseren handschriften oder parallelstellen eine ergänzung 
erfordern oder mindestens nahe legen. Ausser dieser freiheit — die sich bekannt- 
lich beim 4hebigen vers sehr häufig findet — betrachte ich alle abweichungen 
vom regelmässigen bau als fehlerhaft und werde — wenn dies nicht schon von 
den herausgebern geschehen — verbesserungsvorschläge machen. 

Ich gehe nun auf die einzelnen gedichte näher ein, bemerke jedoch zum 
voraus, dass es nicht meine absicht ist, sämmtliche stellen, an denen ich die les- 
arten der veröffentlichten texte noch für zweifelhaft halte, zu erörtern: sondern 
dass ich nur an einigen beispielen zeigen Will, wie sich die hier zu besprechenden 
ausgaben zu früheren verhalten, und warum ich sie noch nicht als definitive be- 
trachten kann. — Ferner schicke ich voraus, dass ich diejenigen fälle, welche 
ich in früheren recensionen (Anglia, V, Anz. 91 ff, VII, Anz. 24 ff., Engl. stud. 
XI, 290 ff.) zur sprache gebracht, hier übergehe, ausser wo ich zusätze zu 
machen habe. 

I ABC. Skeat folgt derselben hs. (Cambr. Univ. Ff. 5. 30), die ich 
auch meinem texte (Critical Edition. &c.; Berl. 1883 s. 7 f.) zu grunde ge- 
legt habe, so dass er meist mit den von mir angenommenen lesarten überein- 
stimmt.2 Doch von den vorhandenen 12 mss. und dem drucke Speghts benutzt 


1 s. Litteraturblatt, 1890, nr. 12, sp. 452 ff. 

2 Es mag hier gestattet sein, dass ich die von ten Brink, Literaturbl. 
a.a.0. 421 f., mir gemachten einwendungen kurz beantworte. V. 33 ist sowohl 
die lesung den in pe, wie in pe bee dem sinne nach zulässig; daher habe ich eine 
änderung des textes der von mir für die beste gehaltenen hss. nicht für nöthig 
erachtet; v. 35 scheint mir die ersetzung von & misericorde, durch unto merci, 
trotz der syncope, nicht möglich, da der nächste vers mit But merci beginnt, 
also einen gegensatz bildet; v. 45: die verbindung wile and dede (wille und 
that) ist m. e. eine natürlichere und gewöhnlichere als wife and dede (verstand 
und that). 

E. Kölbing, Englische studien. XV, 3. 26 


402 Litteratur 


er nur 6, wovon 4, der von mir (Angl. IV, 100) mit » bezeichneten gruppe an- 
gehören, ganz vereinzelt auch einige andere; und selbst von diesen sind nicht 
alle varianten angegeben. So übergeht Sk. z. b., dass thou v. 6 in Gg, und 
v. 25 in Gg, F und anderen mss. fehlt. 
V. 4 méchte ich gegentiber Sk. (1. anm.) skandiren: 
Glorious virgin’ of alle floures flour. 
V. 73 accentuire ich wie Sk., trotz ten Br. (Ch’s. spr. etr. s. 184): 
Kalénderes enlümintd been péey, 
wobei ich mich auf einige von Freudenberger (a. a. 0. s. 11 u. 47) angeführte 
fälle berufe. Andernfalls müsste der vers als auftaktloser gelten : 
Kélender ’s enlümined, &c. 

V. 86 ändert Sk., wie ich glaube, unnöthig, jedenfalls ohne handschrift- 
liche autorität dode haue in haue boße. 

V. 132. Trotz meines verweises auf das fert d. frz. vorlage (= Ait) 
nimmt Sk. die lesart der andern gruppe von mss. an: 

So hidous is his rihtful rekeninge. Es bliebe dann aber die entstehung der 
sinnlosen lesart der übrigen hss. z# zs unerklärlich. 

V. 146 setzt Sk. mit zwei untergeordneten hss. (St. John’s, Cambr. und 
Laud) priued st. depriued, was allerdings mit dem original verglichen Gr#vé), wie 
aus metrischen gründen beachtung verdient. Das de mag von den besseren hss. 
als das gewöhnlichere willkürlich hinzugesetzt sein. 

V. 163, der auch mir in der überlieferung verdächtig vorkam, versucht 
Sk. durch weglassung von saffred zu verbessern. In metrischer hinsicht gelingt 
ihm das wohl; aber die grammatische konstruktion der stelle wird nur noch 
schwerfälliger. Vielleicht ist statt And das (bei Chaucer freilich nicht belegte?) 
prät. von drye dréz (? dreygh?) zu setzen, das den schreibern ungeläufig war und 
durch das synonym swffred ersetzt wurde. 

V. 176. Wenn t. Br. (a. a. o. § 251 u. 260) u. a. oure und youre im 
reim als zweisilbig gelten lassen will, so sehe ich nicht ein, warum dies nicht 
gelegentlich im innern des verses vorkommen soll. Vgl. CT. 286/418.1 — Wird 
diese möglichkeit geleugnet, so bleibt obiger vers nach übereinstimmender über- 
lieferung (nur die unzuverlässige hs. Harl. 2251 hat einen ganz andern wortlaut) 
auftaktlos. S. auch Skeat’s anm. 

V. 181 u. 183 sind nach der lesart der meisten hss. als metrisch unvoll- 
ständige überliefert; einige bringen nun wohl ergänzungen, von denen die des 
eben erwähnten Harl. ms. die ansprechendsten scheinen. Da jedoch dieser codex 
sonst so viele offenbare irrthümer zeigt (ich verweise z. b. auf vv. 12, 15, 21, 
43, 64, 75, 78, 89. 91, 92, 97, 106, 137, 150, 157, 160, 163), so ist es mindestens 
fraglich, ob wir in jenen die lesarten des originals zu erkennen haben. Daher 
ist es ziemlich gleichgiltig, ob man v. 181 mit Skeat nach Harl. liesst: Mow 
lady, sith thou bothe canst and wilt oder, wie ich s. 12 (mit Gg u. Speght): 
Now lady briht, side Pou canst &c. — oder vielleicht conjicirt: Mow lady, side 
pat pou etc. — V. 183 corrigirt Sk. durch vorsetzung von So nach dem Sion Coll. 
ms., während ich mit Harl. v2 Zo statt 6 geschrieben habe, jedoch in den anm. 
auch ydz£ statt dit in vorschlag bringe. 


1 S. auch Freudenberger, a. a. 0. 67 anın., wo er die zweisilbige lesung 
von sone gegen t. Br. nachweisen will. 


J. Koch, Chaucerlitteratur 403 


Es folgt bei Skeat II: The Compleynte to Pité, in welchem stück 
er wesentlich mit ten Brink’s textgestaltung (Essays on Chaucer, Part II, Ch. S.) 
übereinstimmt. Als abweichungen gibt er selbst folgende stellen an, in denen 
ich ihm, wo nichts anderes bemerkt, recht gebe. 

V. 1 lässt er das komma nach so fort. 

V. 16 liest er auftaktlos: Déed as stöoon etc. (s. t. Br. Ch’s. spr. etc 
§ 307). Wie Freudenberger s. 34 vorschlägt, möchte ich jedoch nach dem Longl, 
ms. hier setzen: Deed as a stoon, wobei ich auf Anelida v. 170, Leg. v. 2554 
verweise. 

V. 33 Sk. bleibt bei exer, das t. Br. unnöthig in ay verwandelt. S. jedoch 
des letzteren jetzige ansicht $ 263 u. vgl. v. 95. 

V. 87. Die beibehaltung von wel gibt dem verse einen besseren rhyth- 
mus; doch ist es, wie t. Br.’s nach der überlieferung der meisten mss. annimmt, 
gerade nicht erforderlich. 

V. 92. Sk. verwirft t. Br. nichtssagende lesart vertuwouse und bleibt bei 
der lesart der meisten hss.: herenus, was er mit Aerynes = Erinnyas erklärt und 
uns auf Statius, Theb. XI, 345 u. 383, verweist, von welchem unser dichter auch 
die idee, ‘Pietas’ zu personificiren, entlehnt hat. 

V. 96 Sk., For, sothly for to seyne, I bere the sore; t. Br.: For soth to 
seyne I bere the hevy sore. 

Es folgt III The Book of the Duchesse, bei dessen text sich Sk. 
nach eigener angabe (s. LIX) einiger konjekturen M. Lange’s in seiner disser- 
tation “Untersuchungen über Chaucer’s Boke of the Duchesse, Halle 1883* (s. m. 
anzeige, Anglia IV, 95) bedient hat. Gelegentlich sind auch einige von ten Brink, 
Ch.’s sprache etc. an verschiedenen stellen, bes. s. 189 gemachten besserungs- 
vorschläge. zu v. 22, 801, 184, 213 (s. 171), 481 (s. 207), wie auch solche von 
Sweet (Second Middle Engl. Primer), so v. 334 u. 378, benutzt worden. Meist 
sind jedoch Skeat’s änderungen selbständige, wenn m. e. auch nicht immer zu- 
treffende. Ich gehe einige durch. 

V. 14 setzt er unnöthigerweise swich statt sorwful, welches weder metrisch, 


da es zweisilbig gelten kann (s. z. b. v. 85), noch dem sinne nach (vgl. v. 21) 
zu beanstanden ist. 


V. 36 fügt er moot vor de ein; doch braucht das e von Aolde vor folgen- 
dem %:£ (vgl. t. Br. § 269) hier um so weniger elidirt zu werden, da zwischen 
beiden eine satzpause ist. Aus demselben grunde ist der zusatz von for (to slep) 
in v. 130 überflüssig. 

V. 39. Hier scheint mir die streichung von For weder dem sinne noch 
dem metrum nach (l. AAisicien dreisilbig) gerechtfertigt. 

_V. 67. Hätte die konjektur Lange’s wolde statt wol berücksichtigung ver- 
dient; ebenso ziehe ich dessen besserung des v. 76 (die übrigens auch t. Br., 
§ 300, vorschlägt): 

Now for to speken of his wif, 
weil sie sich nachdrücklicher dem vorhergehenden anschliesst, der Skeat’s vor, 
welcher schreibt: 70 speke of Alcyone his wyf. 


1 Doch gibt Sk. (s. 238) an, dass er die konjektur erme statt yerne selbst 
gemacht habe, ehe er ten Brink’s vorschlag zu gesicht bekommen. 


2H* 


404 Litteratur 


V. 81 u. 82 ist die wiederholung des ‘her thoghte' verdächtig, worauf 
Lange, a. a. 0. s. 13, aufmerksam macht; doch ist sein besserungsvorschlag zu 
gewagt. Wahrscheinlich beruht her thoghte so v. 82 auf dem versehen eines 
schreibers; und es wäre ein satz zu erwarten, welcher ausdrückte, was Alcyone 
nicht ‘we? deuchte, vielleicht: shat he was go (?) oder he lafte hir so (?). 

V. 86 u. 87 lauten in der überlieferung: 


That she hadde this noble wyf, 

For him, allas, she loved alderbest ; 
ich möchte sie, abweichend von Lange und Skeat so ändern: 

That hadde, allas, this noble wyf, 

For him she loved alderoest. 


V. 101 setzt Sk. für das das metrum überladende this lady: she ein, wie 
ten Brink und Lange, ohne dies besonders zu vermerken. Andere stellen, wo er die 
verbesserungen des letzteren stillschweigend annimmt. sind vv. 296, 300, 357 (un- 
nöthig), 498, 568, 570, 571, 596, 693, 745, 771, 793, 828, 829, 835, 841, 895, 
924, 971, 1090, 1139, 1159, 1234, 1322. — Die vv. 136, 150, 264 sind ebenso 
nach t. Br. s. 171 corrigirt; vielleicht auch vv, 484, 818 u. 932 nach meinen 
konjekturen. . 

V. 131. Sk. streicht right, welches t. Br., s. 189, beibehalt. Da es je- 
doch zu weit führen würde, alle änderungen des herausgebers anzugeben, beschränke 
ich mich nunmehr auf die besprechung derjenigen fälle, in denen ich bedenken 
zu erheben habe. 

V. 154 hätte #e vor siente bleiben können (vgl. t. Br. s. 189); ebenso 
237 ne vor knew. 

V. 213 schreibt Sk. mit benutzung einer konjektur ten Brink’s: Axd saw 
noght; ‘A’! quod she for sorwe; ich würde interpungiren: ‘A’! guod she ‘for 
sorwe’! (vgl. Einenkel, Streifzüge, s. 141). Doch ist auch Lange’s (s. 16) vor- 
schlag nicht übel: 

And saw noght, allas, for sorwe! 

V. 284 fl. Die deutung, die ich dieser ziemlich aunklen stelle bei meiner 
bemerkung Anglia IV, anz. 97 gab, kann ich nicht mehr aufrecht erhalten; aber 
auch Skeat’s fassung derselben genügt mir nicht recht. Ich möchte vorschlagen: 


Ne nat scarsly Macrobeus 

(He that wrot al thavision 285 
That him mette, king Scipion, 

The noble man, the Affrican, 

And which mervayl’s fortuned than) 
I trowe, arede my dremes even. 


V. 284 ist dann coude aus dem vorigen zu ergänzen; in v. 286 muss ausge- 
drückt sein, dass Scipio, nicht Macrobius, den traum hatte; v. 288 kann in der 
überlieferten gestalt nicht richtig sein; meine änderung bringt ihn wenigstens in 
den zusammenhang der konstruktion — er kann aber auch, da er sich nur bei 
Thynne findet, ganz anders gelautet haben. 

V. 348. Die gestalt, welche Sk. diesem verse gibt, weicht unnöthig weit 
von der überlieferung ab. Ich möchte mit Sweet (a. a. o. s. 40) einfach Jdothe 
weglassen und lesen: 

And I herd’ goyng up and doun, 


J. Koch, Chaucerlitteratur 405 


V. 438. Nach der erklärung Skeat’s zu diesem verse will ich die mög- 
lichkeit, dass zew im Tanner ms. und bei Thynne (s. Anglia VI, 94) richtig sein 
könne, nicht länger behaupten. 

V. 463. Abgesehen davon, ob mein restaurationsversuch des im folgenden 
eingefügten lay’s a. a.0. 98 das richtige trifft oder nicht, möchte ich darauf auf- 
merksam machen, dass Ze» vers or twelve nicht als andeutung auf ein 11 zeiliges 
lied, sondern vielmehr als eine nur ungefähre zahlangabe (== einige) aufzufassen 
ist; vgl. v. 420: Zen foot or twelve. 

V. 479 hätte nach Langes vorschlag umgestellt werden sollen: 

Is deed and is fro me agoon. 

V. 481. Die von ten Brink (§ 346) vorgenommene und von Skeat, aller- 
dings unter vorbehalt, acceptirte ergänzung von ¢he vor deth scheint mir recht 
fraglich, da letzteres hier offenbar vocativ und personificirt ist (vgl. Einenkel s. 2). 
Eher noch: o eruel deeth; doch kann die zeile auch als auftaktlos gelten. 

V. 517. Lange’s grette statt had ygret hätte sowohl in logischer wie in 
metrischer hinsicht beachtung verdient. 

V. 548. Wenn man sire zweisilbig (vgl. Ryme-Index sub -zre) und yif 
liest, ist der vers ohne einschaltung in ordnung; ebenso 746. 

V. 584. Damit es nicht scheine, als ob ich nur zu tadeln hätte, will ich 
die treffende correctur dieses verses, wie auch von 586, 599, 630 etc. hervorheben. 

V. 647. Wenn man many oon verschleift, lässt sich die überlieferte lesart 
ohne streichung halten; ähnlich v. 823 u. 1041. 

V. 659/60 will Sk. (s. anm.) chék here: chékkere reimen lassen, was mir 
doch recht bedenklich vorkommt ; mindestens müsste das e im auslaut verstummen. 
Andernfalls verweise ich auf meine konjektur Anglia v. 98: amiddes statt in the 
mid point of und auf das frz. original: Oz milieu de son eschiquier (Sk., anm. zu 
v. 618). 

V. 681. Statt meines früheren vorschlages (a. a. 0. 99) möchte ich jetzt 
lesen: My wille, whan my fers she caughte (st. she my fers). 

V. 751 ist in der überlieferten form metrisch nicht möglich; am nächsten 
läge es, Aoolly zu streichen, welches jedoch durch v. 756 gestützt wird. Ich 
möchte daher sAalt fortlassen und Do in der nächsten zeile als konjunktiv auffassen. 

V. 840 müsste maner wegfallen, um den vers auf eine richtige. silbenzahl 
zu bringen. 

V. 857 lies yelw’ statt yelow. 

V. 943. Der zusatz von avd ist unnöthig; lies hole zweisilbig. 

V. 982. Wie soll dieser vers skandirt werden? Vielleicht durch syncope 
des zweiten a in Aradye (vgl. t. Br. § 263)? S. jedoch Mars, v. 246. 

V. 1020 empfiehlt sich xolde statt wolde not. 

V. 1040. Skeat’s konjektur disse statt goddisse hat mancherlei für sich, 
scheint mir jedoch nicht nothwendig, wenn man my davor streicht und goddisse 
liest. Denn, dass die fem.-endung -esse eine solche nebenform hatte, ist bekannt 
(s. beispiele bei Koch, Gr. Ill, 2, 53; Mätzner I, 243), und wenn unser dichter 
sich gelegentlich freiheiten im reim erlaubt, wie Zelles st. -eth (v. 73) und goddis 
(Scogan 15) st. goddesse, so kann obige kaum anstoss erregen. 

V. 1050 statt des schwerfälligen 20 behold’ thald?r faireste möchte ich lesen: 
to beholden thé faireste. 

V. 1060. Aus metrischen gründen streiche ich al. 


406 Litteratur 


V. 1071. Ich würde lieber queen st. her vor Polixena ergänzen. 
V. 1188 verbessere ich in metrischer rücksicht: 
And but I tel? her, I am deed. x 

V. 1198 würde ich lieber ohne auftakt lesen und withouten in without 
verkürzen. 

V. 1266. Hier hätte die von Lange vorgeschlagene änderung von And 
in 7%a# beachtung verdient. 

V. 1315. Die einfügung von gwikly berührt sich sehr nahe mit meiner 
ergänzung /asté. 

Wir kommen zu IV. The Compleynt of Mars. 

Von den vorhandenen 9 hss.! benutzt Skeat nur 6, deren lesarten er aber 
durchaus nicht vollständig angibt, ja, selbst wichtigere bleiben unbeachtet, was 
ich sogleich an einigen beispielen veranschaulichen will. Auf die existenz der 
andern drei wird hier gar nicht hingewiesen ; der leser oder studirende darf daher 
nie vergessen, für solche fälle die Description of Mss. (s. XXXIX) nachzuschlagen. 
Ebenso fehlt die aufstellung eines stammbaums dieser texte. 

V. 1. Warum schreibt Skeat in diesem gedicht durchaus morow, sorow, 
borow, obgleich er die von Chaucer gebrauchte form sorwe etc. (s. t. Br. § 300 
anm.) wohl kennt? Dasselbe geschieht auch in andern stücken, z. b. Anelida. 

V. 2. Sk. setzt mit der oft fehlerhaften hs. Arch. Selden he rowes, während 
5 hss. you (yow), 1 your und 1 yonder für the lesen. Ich möchte you oder yond 
vorschlagen, obgleich ich den pronominalen gebrauch dieser wörter bei Chaucer 
augenblicklich nicht belegen kann. 

V. 3. Sk. liesst honouren und lässt die hier jedenfalls anzusetzende form 
honoureth, die 4 hss. bieten, gänzlich unerwähnt, obwohl sie auch sonst (v. 1 
gladeth, v. 6 fieeth) nahe gelegt wird. 

V. 7 wäre, um die des metrums wegen nöthige verschleifung anzudeuten, 
besser candle st. candel zu schreiben (nicht nur in der anm., wie Sk.). 

V. 25 u. 26 hätte Sk. die lesung des von ihm zu grunde gelegten Fairfax 
ms. (F), des reims zu singe (inf., v. 23) wegen, in departinge, morwenynge bessern 
sollen, wie es auch in mehreren andern hss. steht. Doch dieser umstand findet 
wieder keine erwähnung. 

V. 28. Die lesart Skeat’s Ransaked hath findet sich nur in F; ms. Tn 
hat st. kath: hat, Jul. Not. Aad, die übrigen lassen dies wort gänzlich fort, ms. S 
setzt ausserdem Razsit st. Ransaked. Hiervon findet sich in den varianten auch 
nicht die spur angegeben, obwohl das #ath das metrum überladet und sehr gut, 
mit dem made in v. 25 verglichen, fehlen könnte. 

V. 67 haben alle hss. ausser F, Tn u. Longl., die eine gruppe für sich 
bilden, ¢her vor ze, welches, wenn auch nicht gerade nothwendig für den zusammen- 
hang, dort recht wohl stehen könnte, ohne das versmass zu schädigen (spr. cowzzseyl’d 
u. seyd’). Auch hierüber schweigt SK. 

V. 69. Warum nimmt Sk. die nur in 2 hss. sich vorfindende form ads, 
von F abweichend, in den text auf, während er v. 70 as beibehält? 

V. 73. Als charakteristisch will ich hier nur erwähnen, dass Sk. diesen 
vers, der nach F: 7%ere is no more, but vn to bedd they go lautet, durch einen 


1 Ich rechne noch die alten drucke kurzweg hierzu (hier also Julian 
Notary’s). 


J. Koch, Chaucerlitteratur 407 


andern, unschuldigern: Mow de they broght in gladnesse out of wo (s. anm.) ersetzt. 
Analoge fälle finden sich noch mehrfach, s. anm. zur Leg., v. 1323. 


V. 89. Die vom herausg. in der anm. angedeutete weglassung von zigh 
hätte ich unbedenklich in den text gesetzt, da sonst der vers nicht skandirbar ist. 


V. 103. Aus demselben grunde würde ich hier umstellen Fad hevy he 
was etc. und Aevy he verschleifen. 

V. 113. Die lesart z»2o, die Skeat’s text bietet, findet sich nur in den 
hss. F u. Tn während alle andern vo (Harl. allerdings nur f) haben, was 
mir dem zusammenhange nach besser zu passen scheint. Man vermisst jedoch 
wiederum jede andeutung auf dieses verhältniss. 


V. 115 hat nach der überlieferung von F und den andern zu dieser gruppe 
gehörigen hss. eine silbe zu wenig; Harl., T u. Pep. bieten jedoch ein recht 
gut passendes ze vor kath. Ich verstehe daher nicht, warum Sk. aus der jüngsten 
hs. (Arch. Seld.) das überdies sinnlose so hier einfügt. 

V. 136. Ich würde interpungiren: O lady bright, Venus st. O lady, bright 
Venus. Vgl. z. b. ABC. 16 u. 62. 

V. 141 würde die umstellung: Mow helpe God den vers rhythmischer machen. 

V. 186 lesen vier hss. shal J, drei J shall; Skeat wählt letzteres. Die 
angabe dieser variante fehlt wiederum; ebenso v. 203, wo die lesart Zadies, die 
Sk. bietet, nur in den beiden, auf dieselbe vorlage zurückgehenden hss. F u. Tn 
steht; alle übrigen haben Zady ; ebenso v. 207, wo departen sich nur in der gruppe 
F Tn Longl. findet. während die übrigen mss. (Arch. Seld. hat depeynen), das 
mindestens ebenso gut passende deprauen aufweisen; ebenso v. 215, wo nur die 
arsteren die vom herausgeber adoptirte lesart enthalten, und das zweite o/ durch 
und (so T S) ersetzt werden könnte; ebenso v. 239, in welchem sich ¢o ¢hat nur 
in F findet — die andern haben 4% that. 

V. 210 ist nach der überlieferung der meisten hss. — der auch Sk. folgt 
— zu kurz. — Ms. T schiebt Jus vor wp ein, ms. S and (fälschlich) vor of 
love ; ich vermute: doshe up and doun. 

V. 246 hat die vorbenannte gruppe F Tn Longl. und diesmal auch S 
(Arch. Seld.) stones of Ynde, während T, P u. N (der druck) of fortlassen, ohne 
dass dadurch der vers geschädigt würde. Sk. folgt den ersteren, und lässt den 
letzteren umstand wieder unerwähnt. Indess scheint mir gerade die lesart stones 
Ynde die richtige und ähnlich entstanden, wie einige von Mätzner, Gramm. II, 2, 
s. 163 u. 310 erwähnte fälle (Cana Galile etc.); nämlich durch anlehnung an 
das Lateinische, hier also = Lapilli Indici oder Jndiae. So möchte ich auch den 
oben erwähnten v. 982 im B. D. bessern: Zhe soleyn fenix Arabye (phoenix 
Arabiae). Andere fälle lasse ich hier unerörtert. Ä 

Es folgt V The Parlement of Foules, über welches ich hier nur weniges 
anführen will, zumal ich bereits früher (s. Ausgew. kl. dichtungen, Anglia IV, 
Engl. stud. XI a. a. 0.) einige bemerkungen gemacht, habe. Der text Skeat’s ge- 
nügt wiederum nicht strengeren philologischen anforderungen, da er, bis auf wenige 
ausnahmen, nur das Fairfax ms. (welches er wiederum zur grundlage wählt) 
als vertreter seiner gruppe in den fussnoten citirt, wo er von demselben abweicht, 
so dass dessen lesarten als isolirte erscheinen müssen, während diese doch meist 
von den hss. B(odl.), T(anner), L(ongleat) u. z. theil D(igby) gestützt werden; 
z.b. v. 11, Vv. 13, v. 32, v. 35, v. 178 etc. — Andrerseits fehlen selbst wichtigere 


408 Litteratur 


lesarten der andern gruppe; z. b. v. 7 flete or synke st. wake or winke; x. 62 
That welles of musike ben st. well is of m. etc. 

Nr. VI betitelt Skeat Merciles Beaute: a Triple Roundel’. Es ist 
dasselbe stück, welches auch Mätzner, Sprachpr. I, 347 abdruckt. Doch obwohl 
vers und ausdruck Chaucers wohl würdig wären, ist seine echtheit nicht über jeden 
zweifel erhaben, da es nur in einer sonst nicht gerade sehr zuverlässigen hs. (Pepys 
2006), und hier noch ohne ausdrückliche bezeichnung des verfs., enthalten ist. Frei- 
lich bringt dieses ms. noch andere dichtungen Ch.’s — allein dies kann doch nicht 
als ausreichender beweis gelten. Man sollte doch nach dem vorhin besprochenen 
falle mit der ‘Moder of God’ etwas vorsichtiger sein und solche stücke lieber in 
einen anhang der ‘vermuthlich echten gedichte” verweisen. S. auch unten die 
bemerkungen zu den stücken XV u. XXI etc. 

In nr. VII Anelida and Arcite habe ich dieselben mängel zu rügen, 
wie vorhin besonders im Mars; einige beispiele mögen genügen. 

V. 12 ¢hat findet sich nicht nur im Harl. ms. (7333), sondern auch bei 
Caxton, der dagegen which fortlässt. 

V. 16. Die form szstven in den obigen texten hätte mindestens in der 
fussnote erwähnung verdient. 

V. 29. Die form d:for(e)n findet sich nicht nur im ms. F, wie Sk. an- 
gibt, sondern auch in den beiden Harl. hss., im Add. ms. und bei Caxton; da 
der vers zu kurz ist, fügt Sk. Ay (hie) aus Harl. ein; mindestens ebenso treffend 
wäre aber 47s, welches das Add, ms. bietet, gewesen. Dies bleibt jedoch un- 
erwähnt. 

V. 31 lesen Harl., Add. und Caxt. Zoenyng, welches statt ¢oken in den 
übrigen den rhythmus verbessern würde — aber Sk. übergeht diese lesart gänz- 
lich; ebenso die in v. 35, wo die genannten mss. Ox hors and foot, gegenüber 
On hors on foot in den anderen haben. 

V. 53 hat eine silbe zu viel; aber das überflüssige and vor euerich fehlt 
thatsächlich in 5 mss., ferner steht statt ewerich other to: yche other for to im 
Harl. u. bei Caxt., eine lesart, die mir am wohllautendsten klingt. Doch wird 
euerich, u. a. mit rücksicht auf v. 56, wohl beizubehalten sein. Über all dieses 
fehlt jeder vermerk. 

V. 124 wande ist wohl nur druckfehler für wende. 

V. 128 muss Ai des metrums wegen gestrichen werden; ebenso schwer 
lesbar ist der folgende vers; vgl. jedoch Pité, v. 95 u. Sk.’s anm. ebd. 

V. 149 lässt Skeat mit Harl. u. Caxt. the vor kynd of man fort, was mir 
nicht unbedenklich scheint (vgl. v. 201). Es kann aber auch bleiben, nur muss 
man # is zu einer silbe verschleifen. 

V. 171. Die angemessenste besserung dieses mangelhaft überlieferten verses 
scheint mir: 

Crampissheth al her limes crokedly 

V 182. H, Ad. u..C haben »ought whether st. never wher, eine lesart, 
die wohl in betracht kommen könnte. Sk. übergeht sie völlig, ebenso v. 185, 
wo mehrere, darunter 3 zur Fairfax-gruppe gehörige hss., dredith st. dred it 
(Harl. u. Caxt. drad(de) haben: m. e. die beste lesart. 

V 193 setzt Sk., mit anlehnung an Harl. u. Caxt. widhouten mete or sippe 
in den text und erklärt dies (s. anm.) mit ‘meat or drink’! Aber fee or shipe 
der anderen ist ganz richtig; es bedeutet ‘lohn oder sold’ und shipe ist als neben- 


J. Koch, Chaucerlitteratur 409 


form zu shepe (s. z. b. Stratmann s. v.) zu betrachten, wie oben (B. D. v. 1040) 
goddisse zu goddesse. 

V. 214 Sk. hat mit der Fairf.-gruppe io quaking; die Harl.-gruppe liest 
jedoch zz gu., was durch das gleichfalls von Zurzed abhängige iz v. 215, das 
alle hss. bieten, gestützt wird. Auch hierüber fehlt jede angabe; ebenso, dass 
v. 223 die meisten hss. called st. cleped (nur in F B Hart. 372) lesen; ebenso, dass 
letztere hss. auch v. 229 mit ihrer lesart: Alas! now hath he left me etc. allein stehen 
(die andern: Mow is he fals, allas, and causeles). 

V. 266 wäre so des versmasses wegen zu streichen, wenn man nicht 
die lesart v. 264—66 der hss. Harl., Pep. u. Caxt., die, von der lücke abgesehen, 
auch Add. u. Cambr. R. zu bieten scheinen, vorzieht: But for I was so pleyne, 
Arcite, In al my werkes much and lyte And so besy, yow to delyte, die im vergleich 
mit v. 107 u. 116 auch eine gewisse berechtigung hat und sich durch die metrisch 
bessere form des v. 266 empfiehlt, während diejenige der andern hss. sich auf 
v. 113—115 stützt. — Sk. führt die obige lesart zwar auch an, bemerkt jedoch 
nur, dass sie sich in Harl. u, Caxt. findet. 

V. 299. Acht hss. beider gruppen haben sholde st. shall — wovon jeder 
vermerk fehlt. 

V. 300 hätte die lesart der Harl.-gruppe dye st. deth wenigstens erwähnung 
verdient, zumal jener infinitiv besser dem folgenden inf. do entspricht. 

V. 313. Die mehrfach schwankenden lesarten dieses verses werden nur 
sehr unvollkommen angedeutet. Wir finden hier folgende: F, B: Who that hem 
louyth she etc. (die Sk. trotz des sich auf maz (v. 312) beziehenden hem mit 
weglassung des she acceptirt); Harl. 372: Who pat hem loueth slee; Caxt. Who 
pat hym loueth; Tn, Longl., D, Cambr. Ff.: She that hem loueth (Longl., D 
him), Harl. 7333, Add., Cambr. R: Sheo that hem trustithe — Pep. ist hier ver- 
stümmelt. — Hieraus ergibt sich mit grösster wahrscheinlichkeit als ursprüngliche 
lesart: She that him loveth etc. Ähnlich verhält es sich mit v. 318, wo die von 
Sk. aufgenommene lesart nur in 3 hss. (F, B, H. 372) erscheint, während die 
von 7 andern (Add. ist verderbt u. Pep. hat lücke) lautet: Zaue 7 ought seyde 
out of the way; ähnlich auch v. 331, wo Skeat’s lesung (swere) sich nur in den 
vorbenannten drei hss. findet, wofür die andern — von sonstigen abweichungen 
abgesehen — profren haben. In den beiden letzten fällen fehlt jede andeutung 
einer variante. 

Zu nr. VIII Chaucer’s Wordes unto Adam, etc. wäre nur zu be- 
merken, dass Skeat’s text mit dem meinen (a. a. 0. s. 12) bis auf auslassung des 
wortes for in v. 2 tibereinstimmt. 

IX. The House of Fame. 

Hier kommt neben dem texte Skeat’s der von H. Willert in betracht, 
der in die hände jenes jedoch zu spät gelangte, wie er in der einleitung sagt, 
um ihn noch genügend verwerthen zu können. Bei einem vergleiche wird sich 
zeigen, dass beide ausgaben sich öfters in der berichtigung zweifelhafter oder 
verderbter stellen ergänzen, dass manche emendationen Willert’s jedoch scharf- 
sinniger sind als die Skeat’s. Dagegen finde ich, dass W. sich Öfters zu genau 
an die von ihm zu grunde gelegte hs. F hält, wo verbesserungen sehr nahe liegen. 
So behält er v. 11 den offenbaren schreibfehler afaintom st. a fantom, wie die 
andern texte mit orthographischen abweichungen lesen, bei (vgl. den unbest. 
artikel bei ähnlichen ausdrücken v. 7—9). Öfters unterlässt er es, ein flexivisches 


410 Litteratur 


- hinter unbetontem e vor vokalanlaut zu ergänzen, was wegen des versmasses 
oder des rhythmus nothwendig ist; so v. 85. wo stonden zu lesen ist, v. 92 L 
mysdemen, v. 204 1. blowen, v. 473 |. grauen, v. 650 |. duellen, v. 886. 1. speken, 
v. 1088 lernen, v. 1456 slonden, v. 1829 tellen, v. 1880 selven — wohl auch 
v. 208 withouten. — Ferner ist es nicht ersichtlich, warum er die verderbte, 
schon des metrums wegen unmögliche form Arzstoßle v. 759 nicht mit den andem 
texten in Aristotie ändert; ja, ich würde v. 148 Ladyne, 1006 Follex, v. 1007 
Athalantes unbedenklich in Lavyne (so C, Th, P), in Pollux (so Caxt.) bezw. 
Atlantes (Pep. Athlauntres), gebessert haben, da ich Chaucer doch etwas mehr 
klassische kenntnisse als den schreibern zutraue; ebenso v. 1470 Gaunfrid in 
Gaufryde (Caxt.) oder Galfride (Th.). Was die arbeit Willert’s im übrigen betrifft, 
so vermisst man eine einleitung, als die er wohl seine dissertation über 7%e Hous 
of Fame (Berlin 1885) betrachtet wissen will (s. über diese meine anzeige Anglia VIL, 
24 ff.). Erfreulich ist der vollständige kritische apparat, den er seinem texte 
beigibt. Die ‘anmerkungen’ enthalten grösstentheils nachweise der originale des 
dichters und erläuterungen schwieriger stellen; manchmal vermisst man jedoch 
die begründung der emendationen. — Schliesslich sei erwähnt, dass im texte 
die v. 239— 426, 1759— 1762 u. 1796— 1799 wegen anstössigkeit des inhalts (!), 
fortgefallen sind. Die angabe der varianten ist jedoch vollständig. 

Ich komme nun zu einzelnen lesarten. 

V. 12 möchte ich, wie Sk. in der fussnote andeutet, aus metrischen 
gründen so streichen. 

V. 73 men cleneth bei W. ist nicht unbedenklich; entweder mass clepeth 
oder men clepe (Sk.). — Vgl. v. 535. 

V. 118. W. lässt of vor that fort, da das metrum dies nicht erfordert 
und make sich gern mit of verbindet (s. Einenkel, s. 179) wäre es besser geblieben. 

V. 127. Sk. bleibt bei der lesart der hss. FB olde werk, W. setzt die des 
ms. P und der drucke gold-werk ein, die ersterer gar nicht erwähnt. Beide geben 
hinreichenden sinn: doch da bereits v. 121 f. von ymages of gold die rede ge- 
wesen, so gewinnt olde werk hier an wahrscheinlichkeit, zumal der vers dadurch 
wohllautender wird. 

V. 131. Warum ändert Sk. hier mit Thynne ¢he temple in this temple? 
Jede angabe fehlt. 

V. 143. Z wol now singen, yif I kan W., — singe if that I can Sk. — 
ersteres mit der korrektur von say in singen und #f in yif der lesart von FB, 
letzteres die der drei anderen texte. Beide sind zulässig; ich würde mich jedoch 
für die erstere entscheiden (wo i/ jedoch bleiben könnte), da sie ein alterthüm- 
licheres gepräge trägt. Ähnliche fälle werde ich jedoch nicht weiter erwähnen. 

V. 147. Die änderung von 7» Iayle zu To Itayle bei W. ist unnöthig, 
wie auch Skeat (s. anm. zu v. 366) ersteres mit verweis auf Einenkel, 1. c. 
s. 145, beibehält. — V. 366 fehlt leider bei W., doch scheint er, nach den 
varianten zu urtheilen, hier das in demselben verhältniss stehende #2 nicht be- 
anstandet zu haben. 

V. 174 ¢hys, das W. hier mit CP setzt, verdient in logischer hinsicht 
entschieden (den vorzug vor Ais, welches Sk. nach. FB aufnimmt. 

V. 178. And eek Ascanius also halte ich trotz übereinstimmender über- 
lieferung für falsch, nicht nur weil Chaucer auch (s. LGW. v. 941) recht gut 
weiss, dass lulus und Ascanius dieselbe person sind, sondern auch, weil die 


„Bun 


J. Koch, Chaucerlitteratur - 4ıı 


entsprechende stelle der Aeneis (II, 710 ff.) ein solches missverständniss gar 
nicht zulässt, und endlich wegen der matten tautologie cek — also. Ich würde 
daher bessern: That hight Ascanius also. (Vgl. t. Brink, Ch. Stud. 88). 


V. 213 muss meines erachtens ye in she, v.215 das sinnlose prayen (FB, 
praying CThP) in prayde geändert werden, da offenbar von Venus in der dritten 
person (v. 218 Air sone, v. 219 Venus) die rede ist. 


V. 279 -283, die W. noch für unecht zu halten scheint — sein text lässt, 
wie vorhin gesagt, diese stelle ganz fort — sind von Sk. aus demselben grunde, 
den ich a. a. o. s. 28 anführe, mit recht aufgenommen. 


V. 370 haben Sk. und W., augenscheinlich unabhängig, das alas der hss. 
in Zneas verbessert. 


V. 429 fügt Sk. Aow vor Mercure ein, W. ändert diese namensform in 
Mercurius. Aber die dem verse fehlende silbe kann durch die betonung Mercure 
(s. Freudenberger, s. 42) ersetzt werden. 

V. 468. Willert’s änderung des überlieferten seez oder seyz in seyen, 
offenbar um dies wort zweisilbig lesen zu können, halte ich (vgl. t. Br. § 196) - 
nicht für unbedenklich, ebd. ist der druckfehler sygthe in syghte zu korrigiren. 


V. 475. Wenn W. what contree als lokalen accusativ auffassen will, so 
hätte er dies durch beispiele belegen sollen, da eine solche wendung meines 
wissens (s. Einenkel s. 50) sonst nicht bezeugt ist. Überdies hindert auch nichts, 
mit CThP ze einzufügen, welches dann mit dem vorhergehenden ze zu ver- 
schleifen ist. 

V. 486. Warum verlässt W. hier die vollständig richtige lesart von FB: 
mas und nimmt was aus den andern auf? 

V. 489 u. 491 sind unrichtig überliefert; sowohl Sk. wie W. suchen sie 
zu bessern. Mir ist jedoch das zweimalige »e anstössig, und ich möchte daher 
lesen: Me no maner creature,..., Ther saugh I me to rede or wysse. 

V. 535. Warum setzt Sk. hier die lesart smi£ von CThP ein, da doch 
das prät. smoot (FB) im vergleich zum folgenden (drende, gan) gefordert wird? 

V. 618 ist nach der überlieferung, der auch W. folgt, rhythmisch nicht 
sehr schön, wird jedoch durch den zusatz von goddesse hinter Venus bei Sk. nicht 
viel besser. 

V. 620 hätte W. »euertheless mit FB (P zeyertheless) ruhig beibehalten 
sollen, da zeuer oft einsilbig gelesen werden muss. 

V. 635 muss i vor preysinges des metrums wegen, wie W. thut, mit den 
jüngeren texten gestrichen werden. 

V. 691 u. 92. Ob W. gut daran thut, sonde st. sondes u. honde st. hondes 
gegen die überlieferung zu setzen, will ich dahin gestellt sein lassen; jedenfalls 
hätte er aber v. 697 doves (vgl. v. 677) beibehalten sollen. 

V. 705 ist mit W. ohne zweifel ke in she (so C.) zu ändern. 

V. 800. Sk. lässt die lesart cawsetk in CThP. unbeachtet, die W. in seinen 
text aufnimmt, allerdings ohne zu vermerken, wie er dann die satzkonstruktion 
erklären will. 

V. 823 FB lesen: yf ye have in mynde, was jedoch metrisch nicht richtig 
sein kann: CThP dagegen: yf thou have mynde, was Skeat annimmt. W. macht 
aus ersterem: (Vow have I told) the, have in mynde! Nun ist wohl f have in 
minde die gewöhnliche redewendung bei Chaucer; doch kommt auch 4 have 


412 Litteratur 


minde (Purse 26) vor, so dass hier CThP das urspriinglichere haben dürften. 
Die 2 pers. sing. erfordert der ganze zusainmenhang, 

V. 827 F. place stide, BTh styde, CP haben lücke. W. benutzt die kon- 
jektur von Morris: place or stide, während Sk. kühn che mansioun (s. anm.) ein- 
setzt, womit er vielleicht die verderbte stelle richtig emendirt. Doch würde ich 
vorsichtigerweise die erstere besserung in den text aufnehmen. 

V. 859. Sk. behält merkwürdigerweise Or colours, or rethoryke (so FB) 
bei und erwähnt nicht einmal die lesart of rk. des Thynne, die W. mit recht 
adoptirt. 

V. 872. Sk. ergänzt den mangelhaft überlieferten vers durch vorsatz von 
Quod he; besser ist wohl die einfügung von right vor good bei W. 

V. 896. Diesen ebenfalls fehlerhaften vers corrigiren Sk. u. W. auf ver- 
schiedene art; da jedoch die form adouz in allen hss. vorkommt, so möchte ich 
mit ersterem lesen: And J adoun gan loken tho. 

V. 911. Es sei hier hervorgehoben, dass beide herausgeber, wohl un- 
abhängig, fous für token emendiren; desgl. v. 1717 Zyen in Zyven. 

V. 1034. Ich glaube nicht, das “ke vor detyng in dieser antwort auf die 
frage: what is it lik? entbehrt werden kann; doch muss, wie bei Sk., der artikel 
vor diesem worte, den CTh setzen, fortfallen. 

V. 1040 bevorzugt W. mit recht die lesart von CThP. 

V. 1056 ist nach der überlieferung unrhythmisch; das »ow, welches Sk. 
einfügt, macht die sache aber nicht viel besser; ich schlage vor: For Goddes 
love now telle me (vgl. v. 1995). 

V. 1114 ändert W. das überlieferte cztee ganz ansprechend in site; doch 
ist cifee (s. v. 1049 street) nicht undenkbar. Dann müsste freilich a/ fallen. 

V. 1119 Ai, welches Skeat nach 3 texten aufnimmt scheint mir, da es 
keine direkte bezeichnung auf das unmittelbar vorhergehende hat, entbehrlich. 

V. 1177, der auch Sk. in der überlieferten form missfällt, verbessert W., 
indem er craft, welches CThP im nächsten verse zusetzen, in diesen aufnimmt; 
ich möchte dann im nächsten noch avd vor (the) curiosite ergänzen, da Ch. asyn- 
detische verknüpfungen nicht liebt. 

V. 1184 ist nicht sehr wohllautend; vielleicht kann man stome in stones 
verwandeln; ähnlich v. 1218 cornemuse in cornemuses (vgl. auch die parallelstelle 
aus Machault, bei Sk., anm.). 

V. 1221 ändert W. rede in rude, 1222 brede in brude, und es lässt sich 
wohl gegen seine begründung nichts einwenden. — Weniger befriedigt mich seine 
erklärung der räthselhaften namen Aziteris und Pseustis (1227 f.), in bezug auf 
welche er ein spätlat. gedicht citirt, in welchem ein hirt Pseustis einer hirtin 
Alithia göttersagen erzählt. Aber der zusammenhang zeigt hier, dass von pfeifern 
aller art die rede ist, und so muss erst nachgewiesen werden, dass die genannten 
personen sich in dieser hinsicht auszeichneten, um die entlehnung wahrscheinlich 
zu machen. Skeat denkt an Tyrtaeus und Thespis — doch will mir das noch 
weniger einleuchten. 

V. 1252 ist mir zweifelhaft, obwohl keiner der herausgeber daran anstoss 
nimmt. Nach pleying upon sollte man die bezeichnung eines instrumentes erwarten, 
— kann jedoch glees, welches m. w. nur „gesang, freude, musik“ bedeutet, auch 
diesen sinn haben? — Auf eine verderbtheit der stelle deutet auch die lesart 
other lees in CP. 


J. Koch, Chaucerlitteratur 413 


V. 1253 fügt W. Of hem hinzu; ich glaube, unnöthig, da which sich 
wohl auf glees (?) bezieht, und v. 1254 das objekt zu v. 1251 sein dürfte, 

V. 1274 zu Limete, mit dem W. nichts anzufangen weiss, s. d. anm. bei Sk. 

V. 1275 f. Zwischen diesen beiden versen fehlt der logische zusammen- 
hang, selbst wenn man mit CP hem vor di einfügt, wie Sk. — Entweder können 
sie, wie in F. ganz fortfallen, oder es ist zwischen ihnen eine grössere lücke 
anzunehmen. 

V. 1301 {his st. these, wie W. mit B. liest, ist mit rücksicht auf v. 1294,. 
wo nur von einem thore die rede, jedenfalls das richtige; yates ist dann genetiv. 

V. 1303 bessert W. mit recht Aa¢, die lesart von FB, in hatte (heissen). 
— Skeat nimmt dagegen die offenbar verderbte variante von CThP mit einer 
kleinen änderung auf. 

V. 1316. Es ist nicht ersichtlich. warum W. hier die lesart von P 
bevorzugt. 

Y. 1318 ist das zweite and mit rücksicht auf das metrum zu streichen. 

V. 1335 scheint W. /oote als plural 2silbig lesen zu wollen, was mindestens 
zweifelhaft wäre; besser ist es as, wie Sk. nach CThP thut, vor 7 einzufügen. 

V. 1372 folgt W. der lesart von FB und muss dann den nächsten vers 
ändern, der in allen texten (bis auf ein überflüssiges sé/f in CThP) gleichartig 
überliefert ist. Es wäre daher wohl eher v. 1374, dessen gestalt auch in CThP 
(But thus sone in a whyle she) nicht recht befriedigt, zu ändern. Sk. folgt den 
letzteren. 

V. 1406 kann of renoun or of Fame in FB ruhig bleiben, da beides 
synonyma sind (vgl. v. 1555 u. 1558). 

V. 1411. 1. Bothe tharmes (so Sk. mit anlehnung an Th.) des metrums wegen. 

V. 1416 ist wohl »odley (so Sk. mit CP.) gemeint, da modble honour (so 
die andern) recht tautologisch ist. 

V. 1425. Wenn etwas ergänzt werden soll (vgl. v. 1177), so würde ich 
lieber mit W. was vor gret st. mit Sk. and Ay dahinter einfügen. 

V. 1442. Da alle hss. other haben, einige aber olde weglassen, so ist das 
erstere wort aller wahrscheinlichkeit nach im originale gewesen, und W. hätte 
es nicht streichen sollen, zumal beide zusammen einen zulässigen sinn (denn auch 
schlachten können zu den wunderdingen der alten zeiten zählen) und einen bessern 
rhythmus ergeben. 

V. 1454 schliesst Sk. mit einem punkt, welchen W. erst hinter 1455 setzt, 
indem er 7%ese im letzten wohl als beziehungswort zu of hem, v. 1452 auffasst. 
Dass partitive genetive aber ohne ein solches bleiben können, führt u. a. Ein- 
enkel s. 102 aus. Daher möchte ich lieber der interpunktion Skeat’s folgen und 
hinter v. 1456, wie er, ein semikolon oder besser kolon setzen, es wäre dann 
vor dem objekt in v. 1460 Ther saugh J aus v. 1456 zu ergänzen. 

V. 1460. Warum schreibt W. 7%olauson (so auch in der anm.), eine 
form, die nur Th. bietet, während die übrigen die endung -a#z haben, wie auch 
Dante Zolosano ? 

V. 1483. Der zusatz von dam bei Sk. ist unndthig. 

V. 1494. W. setzt statt high the: highte, worin er von CTh unter- 
stützt wird. 

V. 1530. Sk. schreibt alles Zinnes, W. alle skinnes ; das beste wäre wohl, 
beide wörter zu vereinigen; ebenso v. 1794 no skynnes. 


414 Litteratur 


V. 1531. W. lässt mit unrecht /Ae vor mone fort, abgesehen davon, dass 
nach Einenkel, s. 4, der artikel in diesem falle nur ausnahmsweise fehlt, leidet 
durch die streichung der rhythmus. 


V. 1569 nimmt Sk. unbedenklich aus Caxt. (= Thynne) auf; aber die 
stelle ist offenbar verderbt, worauf schon die lücke einer zeile in FB deutet. 
Doch auch sonst erheben sich zweifel. Denn einmal fehlt der beim übergang 
in die direkte rede bei Chaucer übliche zusatz von gwod she oder seyde she; 
dann aber kennzeichnet sich die einfügung des verses /z Trace etc. dadurch ak 
eigene erfindung Caxton’s, dass später (v. 1585) nochmals die angabe gemacht 
wird, wie das land, wohin Fama den boten schickt, heisst. — Ob Wiillert’s 
besserung nun wirklich in jeder hinsicht das richtige trifft, kann fraglich sein; 
jeaenfalls verdient sie aber beachtung. 


V. 1662 ist ryghtfully mit den meisten hss. zu setzen, es ist nicht ersicht- 
lich, warum W. beide wörter, nur von F. unterstützt, trennt. 


V. 1682 verlangt die consecutio temp. Aadde, wie W. schreibt, trotz der 
überlieferung ath (have), der Sk. folgt. 


V. 1686 ist nach der lesart aller hss. recht holprig; W. streicht daher 
ful. Vielleicht ist aber mit rücksicht auf die von Einenkel, s. 93, angezogenen 
fälle of fortzulassen und zu lesen a potful bawme. 


V. 1702 bleibt Sk. bei clew, welches sich in FB findet; die andern haben 
turned, was dem sinne nach entschieden besser passt. W. ändert daher mit recht 
ersteres in threw. 

V. 1765 guod she, welches Sk. mit CThP. an das ende des verses setzt, 
scheint mir mit rücksicht auf denselben ausdruck in v. 1763 weniger passend als 
die lesart Ze¢ se, die W. aus dem mow det se in FB herstellt. 

V. 1775 W.’s einfügung von ye vor ZAis halte ich für eine durch den sinn 
der stelle gebotene. 

V. 1783. Die zweisilbige aussprache von sweynt, die Sk. (s. anm.) hier 
vorschlägt, ist mehr als zweifelhaft; weit einfacher ist die korrektur in sweynie ; 
so W. 

V. 1818. Ich glaube nicht, dass a vor clarioun, welches Sk. mit CThP 
streicht, hier entbehrt werden kann, doch ist cdarioun dann 2silbig zu sprechen. 

V. 1862 ist bei W., der FB folgt, recht schwerfällig; in dieser hinsicht 
verdient die lesart v. CTh, die Sk. adoptirt, den vorzug: Herestow not what they 
preyen us? 

V. 1891 ist So bei W. wohl druckfehler für 79. 

V. 1907 ff. sind ohne zweifel verderbt; denn erstlich bringt ja Chaucer 
keine neuigkeiten dorthin, sondern will solche holen, und zweitens ist drynges 
im reim st. dryngest doch höchst verdächtig. W. empfindet das auch, schlägt 
jedoch keine verbesserung vor; Skeat nimmt gar keinen anstoss an dieser stelle, 
ausser dass er v. 1908 ¢hus einfügt. — Da sich diese zeilen auf v. 1893 f. beziehen, 
so vermuthe ich etwa folgendes als ursprüngliche lesart: 

Which than ben, loo, thees tydynges, 
That bringe thee hider, and thees thynges 
That thou hast herd? — — (oder: wilt here?) 

V. 1940 verbessert Sk. mit ansprechender begründung (s. anm.¥ 4 

in Aottes. 


J. Koch, Chaucerlitteratur 415 


V. 1944 ist nur in CTh überliefert; F bricht in der mitte ab, B lässt 
eine lücke, so dass die vermuthung, dass er ein ausfüllsel Caxtons ist, sehr nahe 
liegt. Und in der that gibt er keinen sinn; vielmehr ist hier ein vergleichsatz, 
der dem vorhergehenden aöso entspricht, zu erwarten. Diesen deutet F an: As 
Jul this lo —. W. lässt diese zeile aus, während Sk. ohne bedenken CTh folgt. 
Eine ergänzung wage ich nicht, da Ch. hier jedenfalls einen kühnen vergleich 
gemacht hat, der den schreibern unverständlich war. 

V. 1960 ist die änderung Willert’s von rounyng st. rounynges (2silbig!) | 
im vergleich mit den vorhergehenden und folgenden pluralen nicht gerechtfertigt; 
dagegen sind die singulare werre (v. 1961) und rest (1962) statt der überlieferten 
plurale besser begriinJet. 

V. 1970 möchte ich, wie Sk. in der anm. vorschlägt, e2e streichen. 

V. 1984 emendirt W. wellesprynges st. welles and (of) sprynges. 

V. 2017. Sk. liest Zheffect, hält jedoch die korrektur des verderbten /rot 
in F zu frat für zulässig; W. nimmt die lesart swote aus CTh auf. 

V. 2020. Warum verändert W. das überlieferte ¢he (= thee) in than? 
Warum v. 2030 Zhis in his? 

V. 2036 ist wieder eine sinnlose ausfüllung Caxton’s, da Ch. doch nur 
die leute im hause nicht ‘wifhoute sehen konnte. W. lässt die zeile, wie FP, 
offen; Sk. nimmt jene lesart ohne kommentar auf. Vielleicht ist zu ergänzen: 
Many a thousand in a route (vgl. 2119). 

V. 2048 ist in F unvollständig; B schliesst: date or now, wie auch Sk. 
— Doch ist Zate hier sinnlos, da ja von den allerneuesten ereignissen (v. 2044) 
die rede ist. Daher folgt W. hier mit recht CTh., welche lo right now haben. 

V. 2049 trennt Sk. Zhat dar I leye als besondere redensart vom vorigen, 
worin ich ihm recht geben möchte, v. 2061 ist wohl right mit rücksicht auf 
das metrum und auf das right im nächsten verse zu streichen, wie es auch in 
CTh fehlt. 

V. 2069 ist schwerlich richtig überliefert, W. bessert 7%o fro him, that 
he ne mette; doch fehlt dann das subjekt des vordersatzes. Ich schlage daher Ze 
/rom him etc. vor. 

V. 2076 haben FB dreimal mouthe; CTh setzen für das erste tydyng, 
was dem sinne, doch nicht dem metrum nach passen würde. Sk. ändert dies in 
word, was beidem genügt. Willert vermutet, nicht ohne wahrscheinlichkeit, sof 
(= atom) dafür. 

V. 2091. Die änderung W.’s: 70 a wyndowe, oute for to pace verdient 
beachtung. Vgl. jedoch Leg. v. 2705 u. 2709. 

V. 2104 ist entschieden, wie auch Sk. es thut, oom of two zu bessern 
vgl. meine bem. Anglia a. a. o. — Auf die dort ebenfalls erörterte stelle v. 2052, 
will ich hier nicht nochmals zurückkommen. 

Eine reihe von zweifelhaften fällen habe ich übergangen; aber auch aus 
‘den angeführten wird man ersehen, dass sowohl der text Skeat’s wie der Willert’s, 
so anerkennenswerthes sie auch manchmal leisten, noch einer gründlichen über- 
arbeitung bedürfen. 

Nr. X. The Former Age. 

Skeat’s text stimmt hier grösstentheils mit meinem eigenen (Critic. Ed. 
-ı va £\ Aberein. Dass in v. 18 fs und in v. 41 were zu bessern ist, habe ich 

293 eingeräumt. — Die betonung riveres (v. 30) gegen die 


416 Litteratur 


t. Br. sich ereiferte, wird auch von Skeat vorgeschlagen, und ich möchte zur 
stütze derselben auf die von Freudenberger, s. 44, gesammelten fälle hinweisen. 
Ferner ist Fame v. 901 unzweifelhaft ryveres zu sprechen; wie nun aber ein 
wort, wie z. b. Fortune sowohl auf der zweiten silbe (so Fort. v. 8, 16, 24, 
66), als auch in flektirter form: Zörtunes (ebd. 4., Anel. 44) betont werden kann, 
so könnte vielleicht auch obige betonung bei riveres gerechtfertigt sein. 

Doch, um zu Skeat’s text zurückzukehren, will ich noch erwähnen, dass 
er v. 56 anders als ich (Fulfilled erthe of olde curtesye) ersetzt, und dass er v. 63, 
wo ich and vor tresoun an den anfang setze, And doublenesse, and tresoun etc. 
liest. Freudenberger (s. 32) hält diesen v. für auftaktlos. 

XI. Fortune. Auch hier schliesst sich Sk. meinem texte ziemlich 
genau an. Von orthographischen abweichungen abgesehen, liest er nur folgende 
stellen anders: . 

V. 2 Sk. now povre f. now poer; in der anmerkung spricht er sich jedoch 
für die lesart pouert?, mit streichung des zow aus, was nicht ohne bedenken ist, 
aber dem sinne wohl am besten entspricht. 

V. 23 knowe (so alle ausser 1 hs.) f. Avewe; worin er recht haben kann. 

V. 51 setzt Sk. ## vor ¢hee ein, gibt aber in der anm. zu, dass meine 
weglassung gerechtfertigt erscheine. 

Die bedeutendste abweichung ist jedoch, dass er die mit v. 65 beginnende 
strophe mit Morris gegen die überlieferung der Fortuna zuweist. Seine gründe 
setzt er in der anm. auseinander. 

XI. Truth. Skeat weicht nur in folgenden fällen von meinem text ab. 

V. 2 befriedigt ihn meine lesung zo Pi ing nicht; doch mich auch 
nicht die seine: wo thy good. Dass das artikellose Zing (z. b. Mars 226) ur- 
sprünglich da stand, ist für mich um so wahrscheinlicher, als jüngere schreiber 
eher geneigt sein mochten, dafür das geläufigere good zu setzen als umgekehrt. 
Auch dyvynge in Add. 22, 139 scheint mir schreibfehler für Zizg. Vielleicht 
ist aber Ji in Zee zu ändern, wie es auch in F wirklich heisst. 

V. 7 lässt Sk. mit einigen hss. Ze fort, das m. e. als objekt nicht fehlen 
darf; wahrscheinlich ist es mit mehreren mss. hinter Zrowde einzufügen, da die 
gleiche endung dieses wortes die auslassung am leichtesten erklärt. — Ich ändere 
also in diesen fällen meine früheren lesarten und gebe v. 11 meinen einwand 
gegen al = awl auf, da ich sehe, dass Ch. an reimen zwischen länge und kürze 
nicht anstoss nimmt. 

Dass das Z»voy echt sein soll, kann ich immer noch nicht glauben und 
wiederhole hier kurz meine früher angeführten gründe: 1) Es ist nur in einer, 
zwar alten, doch auch sonst nicht fehlerlosen hs. überliefert. 2) Der inhalt (s. 
namentlich vache, v. 22) zeigt wenig poetischen sinn und ist trivial. 3) Str. 3 
schliesst mit dem hinweis auf ein besseres jenseits den gedankengang wirkungs- 
voll ab. 4) Das geleit, welches der dichter seinen sonstigen balladen zufügt, 
wendet sich an bestimmte personen. 

XII. Gentilesse. Skeat's text zeigt nur in v. 20 eine abweichung von 
dem meinen: That maketh him his heir (his heir him), that wol (can) him queme. 
Rhythmisch empfiehlt sich die erstere änderung; an zweiter stelle bleibe ich aber 
bei can. 

XIV. Lak of Stedfastnesse. V. 11 behält Sk. die lesart der 
ihm zu grunde gelegten Cotton-hs. bei, ohne die einer andern gruppe 


J. Koch, Chaucerlitteratur 417 


achten, die für das hier unpassende comclusioun, welches überdies schon v. 4 als 
reimwort erscheint, collusioun einsetzt. 

XV. Against Women Unconstant — dasselbe gedicht, welches 
Furnivall schon in den Odd Texts mit zweifeln an der echtheit abgedruckt hat; 
doch hat Sk. noch andere hss., die sicher Chaucer angehörige stücke enthalten, 
verglichen. Ob es unserm dichter aber wirklich zuzuschreiben ist, steht nicht 
hinlänglich fest, da ausser gewandtheit in der form und reinheit des reimes, kein 
bestimmter anhalt zur entscheidung vorliegt. Es folgt in den mss. mehr oder 
weniger unmittelbar dem vorigen, hat jedoch inhaltlich mit ihm weiter nichts 
gemein, als dass es auch von „unstedfastnesse“ handelt. Jenes ist eine tiefernste 
mahnung an den könig — dies ein spöttisches liebesgedicht, so dass die schreiber 
wohl nur durch obige äusserlichkeit veranlasst wurden, beide nebeneinander zu 
setzen. Gehört diese “Newe-fangelnesse’ (so der titel bei Furnivall) aber wirklich 
Chaucer an, so kann es schwerlich mit Stedfastnesse, wie Skeat will, in eine 
periode gesetzt werden. 

XVI. Lenvoy a Scogan. Ich finde besonders folgende abweichungen 
von meinem text (a. a. 0. s. 18): 

V. 15 this goddes f. fe goddis ; obwohl ersteres mir auch dem sinne nach 
besser schien, wagte ich nicht, die freiheit goddis st. goddesse im reim anzunehmen, 
halte sie jetzt jedoch für erwiesen (s. t. Br. $ 328). 


V. 16. rakelnesse st. rechlesnesse. 
V. 25. Sk. stellt mit F Scogan hinter And. 
V. 28. him st. hem — alles drei fälle, die von wenig bedeutung sind. 


XVII. Lenvoy a Bukton. Ich verbessere mit Skeat v. 13 off in eft 
und v. 24 eft fallen in eft to falle. — Doch benutze ich die gelegenheit, um 
meine bedenken gegen ten Brink’s vermuthung (Literaturbl. u. Gesch. d. engl. lit. 
a. a. 0.) auszusprechen, dass v. 25 This litel writ, proverbes, or figure sich auf 
The wyf of Bathe (v. 29) statt auf das envoy selbst beziehen soll, woraus er 
dann weiter folgert, dass der prolog zur erzählung der frau v. Bath vor der ab- 
fassung oder besser der zusammenfassung der C. T. existirte. Einen beweis hat 
t. Br. bisher nicht erbracht, und auch bei nochmaligem lesen finde ich (s. S. T. 
334/4, 337/112, 338/163 ff, 339/185 ff. u. 357/829 ff.), dass gerade dieser prolog 
so eng mit dem ganzen der C. T. verknüpft ist, dass sich keine stelle zeigt, wo 
eine spätere einfügung bemerkbar sein könnte. — In den erzählungen, von denen 
wir wissen, dass sie vor der einreihung in die C. T. existirten, fehlt es dagegen 
nicht an stellen, die auf dieses verhältniss deutlich hinweisen, so in der erzählung 
der 2. nonrie (vgl. Hertzberg, s. 660) wie in der des ritters (s. Essays on Chaucer, etc. 
s. 371). — Auch die ähnlichkeit im ausdruck Bukt. v. 19 f., mit dem prol. v. 
155 ff., kann zum beweise der richtigkeit von t. Br.’s auffassung nichts beitragen. 
Endlich ist auch das späte datum des Envoy (ca. 1396, s. Skeat s. 391) zu be- 
achten. 

XVII. The Compleynt of Venus — habe ich nicht eingehender 
verglichen. 

XIX. The Compleynt of his Purse. 

V. 4. Skeat hat For mit den meisten mss., während ich 7%af setze, da 

Inlgesatz auffasse. 
entz Skeat’s von as hinter 7%a£ halte ich für unnöthig. 


en, XV. 3. Vy 





‘XX. Proverbs. Gegen die echtheit spricht der re 
embrace. 
‘Im Appendix folgen dann noch nr. XXI A C > 
XXIL An Amorous Compleint. XXII A Balade of 

































gründe, auf welche sich Skeat stützt, um diese stücke als 
fast nur innere: dem ausdruck, dem versbau, dem inhalte 1 
Chaucer angehören. Aber wie bei den vorhin kurz 

XV und XX die übrigens besser in diesen Appendix 


in denen diese stücke erscheinen, mehrere sachen von 
halten (s. s. XL f. u. XLVI). Dass sich mancherlei a 
in jenen finden, beweist nichts, da solche bekanntlich : 
ahmern vorkommen. Endlich möchte ich noch auf den reim 
J mis(se) > T-wis aufmerksam machen. (Vgl. jedoch jetzt Acad 
Auf die texte folgen die umfangreichen ‘Notes’ (s. 
vielem, was bereits von anderer seite her bekannt war, auel 
interesse bieten. Ein paar fälle sind bereits gelegentlich bei 
texte erwähnt, doch will ich hier noch kurz einige andere 
finden wir s. 235 (zu v. 15) die beobachtung, dass Chaucer ir 
vierhebigem verse gern eine volle pause zwischen je zwei 
s. 249 eine eingehende erklärung des ‘Argus’ (B. D. v. 435); 5. 
über das alte schachspiel (zu B. D. v 723); s. 269 f. über“ 
5. 270 eine längere anmerkung über ‘“dismalle’, s. 279 eine 
wort valance oder balance in Mars, v. 145; 5. 355 über 
s. 371 f. über weld (Former Age, v. 17) u. s. f. 
Den beschluss des buches macht ein ‘Glossarial 
ständig von C. Sapsworth zusammengestellt ist. Ich | 


Englisch abweichenden worte darin aufgenommen sind 

vorkommen und den gebrauch der übrigen bei Chaucer hi 
können. Dankenswerthe beigaben sind endlich ein ‘Index 0 
ee EL Ren a 

The Legend of Good Women. 

Skeat beginnt seine ‘Introduction’ mit einer ui 
gedichts, in der er der hauptsache nach ten Brink (C! 
u. a, 0,) folgt und zu dem ergebniss gelangt, dass der p 
im frühjahr 1385 entstanden sein müsse. 


J. Koch, Chaucerlitteratur 419 


Er wendet sich dann zur erklirung der doppelten form des prologs, in 
der er sich wieder Furnivall (Trial-Forewords, s. 104 ff.) anschliesst, nämlich: 
dass die in der Cambridge-hs. Gg. 4. 27 überlieferte fassung die ursprüngliche 
ei, die in der Fairfax und allen übrigen hss. vorhandene eine spätere bearbeitung 
darstelle. Auch Kunz kommt in seiner dissertation (s. 8 ff.), in welcher er etwas 
mehr auf die gründe der einzelnen abweichungen eingeht, zu demselben resultate 
und in der that lässt sich wohl keine bessere lösung dieser frage finden. Doch 
bleibt m. e. noch eine schwierigkeit bestehen: Wie kommt es, dass jene erstere 
fassung nur in einer hs. enthalten ist, die zu ein und derselben gruppe (worüber 
weiter unten) mit mehreren gehört, welche alle, so weit sie vollständig sind, die 
jüngere redaktion bieten? Die annahme von Kunz (s. 22 u. 34), dass mehrere 
mss. existirten, welche beide formen enthielten, ist mir wenig wahrscheinlich, 
da weder die schreiber noch die leser jener zeit soviel literarhistorisches interesse 
haben konnten, um zwei redaktionen derselben dichtung, die trotz mancher ver- 
schiedenheiten inhaltlich wenig von einander abweichen, zusammen aufzubewahren. 
Überdies wäre es sonderbar, dass sich in keiner der mit Gg. verwandten hss. eine 
spur jener älteren fassung vorfindet. — Am besten würde dieses eigenthümliche 
verhältniss, wie ich glaube, erklärt, wenn man annähme, dass Chaucer bereits 
einen theil der legende nebst dem ersten entwurf des prologs vollendet hatte, als 
er durch den einfluss der königin Anna zu änderungen veranlasst wurde. Diese 
ältere bearbeitung muss dann bereits durch, abschriften verbreitet gewesen sein, 
als er die jüngere in angriff nahm. Denn sonst liesse sich nicht absehen, warum 
er die verworfene form des prologs noch weiter vervielfältigen liess. Und die 
vermuthung, dass mindestens eine legende bereits bei der abfassung des prologs 
vorhanden war, legt v. 566 (bezw. 556) nahe. in welchen nach beiden bearbei- 
tungen der dichter den auftrag erhält, mit der geschichte der Cleopatra zu be- 
ginnen. Die später hinzugefügten legenden mochten dann einzeln nachgetragen 
sein, wie wir auch ein paar hss. haben (Cambr. Ff, ı. 6 u. Rawlinson C. 86), 
von denen jede nur eine legende bringt. — Es muss dann ferner angenommen 
werden, dass in einer abschrift der vorlage, aus der auch das Gg-ms. stammte, 
die ältere form des prologs durch die jüngere — die „officielle“ — fassung ersetzt 
wurde, und dass nun die mit Gg verwandten hss. aus dieser abschrift mehr oder 
weniger direkt schöpften. — Diese, wie mir’s scheint, ungezwungene erklärung 
würde das aus inneren und äusseren gründen hinreichend sicher bestimmte datum 
des prologs nicht ändern, da Chaucer ja sehr wohl im jahre 1384, die arbeit am 
Hous of Fame unterbrechend, sich der legende zugewandt und die einleitung 
im frühjahr 1385 hinzugefügt haben kann. Die umarbeitung derselben dürfte 
dann sehr bald (s. auch Sk., s. XIV) nach der fertigstellung des ersten entwurfs 
gefolgt sein. 

Indem ich verzichte, hier auf einzelheiten einzugehen, kehre ich zu Skeat’s 
ausgabe zurück. Es folgen dort abschnitte über den plan und die quellen 
der legende, bei deren darstellung er sich neben eigener und früherer forschung 
auch des aufsatzes von M. Bech im V. bd. der Anglia bedient. 

Da ich besonderes hier nicht zu bemerken hätte, wende ich mich gleich 
zum nächsten kapitel, welches über das metrum handelt, und auf welches ich 


schon kurz am eingang dies * kune hingewiesen. Ich habe dort die exi- 
stenz einzelne der überlieferung zugestanden, 
und get- auf s. XXXVI zusammen- 


vr. 


420 Litteratur 


gestellten falle kaum eine andere lesung zulassen, zumal auch Freudenberger mit 
ihm mehrfach übereinstimmt. Aber in einigen muss ich doch gegen seine auf- 
fassung und darstellung einspruch erheben. So hält er sich v. 67 an die lesart 
Suffisaunt der einen gruppe der hss., an deren spitze das bekannte Fairfax-ms. 
steht, und die er selbst (s. XLVIII ff.) in den zweiten rang stellt, während die 
andere gruppe (nicht nur die mss. A und T, wie er s. XXXVII angibt. sondern 
auch Pepys u. Addit. 9832 — im Cambr. ms. Gg liegt hier eine andere fassung 
vor) sufficient bietet, was den vers auf die richtige silbenzahl bringt. V. 224 
braucht es keiner besonderen änderung; man lese nur Maked statt Made und wende 
schwebende betonung an (t. Br. § 316); ähnlich v. 1275, wo an erster stelle 
nicht Sena’ sondern Senden (einige haben sende, andere am d das bekannte häk- 
chen) zu setzen ist, was ausserdem durch Yestem im vorhergehenden verse nahe 
gelegt wird. Vielleicht ist auch v. 1187 mit schwebender betonung zu sprechen: 
Love wol lov’ etc. V. 1324 ist hauyth in Gg, der ältesten hs., doch nicht so 
ohne weiteres abzuweisen;, überdies lässt sich das Aase der übrigen wohl auch 
zweisilbig sprechen, wenn auch das azd, welches drei hss. vorher einfügen (Pep., 
Rawl., Add.), keinen werth hat. Zu v. 1030 hätte der herausgeber wenigstens 
angeben sollen, dass die hss. T, Add. 9832 und 28617 whilom vor in, Pep. und 
Rawl. most, Seld. good vor prosperitee einfügen, so dass dann die möglichkeit, 
dass dieser vers ursprünglich vollständig war, hervorgetreten wäre — aber hier- 
über keine silbe. Zweifelhaftere fälle übergehe ich. 

Hierauf wendet sich Skeat zur beschreibung der hss., (von denen er drei, 
allerdings unvollständige, gänzlich übergeht: Add. 28617, Rawlinson C. 86, Cambr. 
Univ. Ff. ı. 6) und der drucke der legende, um dann an einer reihe von bei- 
spielen zu zeigen, wie viele verbesserungen sein text gegenüber den früheren aus- 
gaben aufweise. Und in der that bietet derselbe erhebliche vorzüge, wenn auch 
gelegentlich ausstellungen zu machen sind. Ich will einige anführen. 

V. 338 1. seynte st. seynt, wie häufig, wodurch der vers vollständig würde. 

V. 378 hat eine silbe zuviel; Sk. gibt nicht an, wie er denselben lesen 
will — vielleicht 74° harm st. the harm? Doch ist der artikel betont, da sich 
ein relativsatz auf das folgende substantiv bezieht; überdies wäre der rhythmus 
wenig wohllautend. Ich möchte daher :s streichen. 

V. 415 fügt Sk. the vor lewed folk gegen die überlieferung ein; einfacher 
wäre noch maked st. made zu lesen. 

V. 419 und 420 sind zu lang; im ersteren ist wohl Pard’ment, im zweiten 
Pal’mon zu sprechen. Doch hätte der herausgeber dies vermerken sollen. 

V. 603 hätte cher vor was bleiben können, wenn ¢houghée einsilbig ge- 
lesen wird. 

V. 638 nicht nur F, sondern 5 andere hss. (B, Th, T, A, P) lesen hertely. 

V. 641. Sk. übergeht ganz, dass Gg für and. rennyth liest, welches 
durch raf in T, vam in Th, rase in Add., tkenne in S, than in P gestützt wird. 
Der sinn des verses wäre dann: „Unter die taue fahren die scheereisen“, so 
dass vermuthlich rezre (einsilbig) die richtige form sein wird. Erhält auf diese 
weise v. 641 ein eigenes verb, so wird gleichzeitig in v. 640 eine grammatische 
ungenauigkeit beseitigt, da dann gooth sich allein auf grapenel bezieht, nicht auch, 
wie bei Sk, auf sAering-hokes. 

V. 701 ist zu lang; Sk. schweigt hierüber, entweder ist Assé’sy zu ı 


oder so zu streichen. 


lungen SE 


J. Koch, Chaucerlitteratur 421 


V. 736. Es hätte für anfänger bemerkt werden sollen, dass en bei Chaucer 
für ten times (so Th) stehen kann. 


V. 747. Zwei hss. (T u. Add.) lassen ¢at fort, wodurch der vers, wenn 
wir mit den meisten hss. séoden beibehalten, wohllautender wird, 


V. 825. Sk. übergeht, dass mez nur in der Fairf.-gruppe steht; Gg hat 
hierfür ard, die andern and he, was m. e. den besten sinn gibt. 


V. 903. Die fussnote lautet: “T. 7-fere; which the rest omit’. Diese 
angabe ist — wie sonst viele — sehr ungenau; besser ist die bemerkung s. L, 
wo angeführt ist, dass Add. 9832 zx-fere, P to-geder hat. Aber abgesehen da- 
von, dass die angabe der varianten nicht an verschiedenen stellen des buches ohne 
verweise verstreut sein sollte, ist auch das letztere citat noch unrichtig; denn 
Gg hat für i-fere - that; A und Ff fügen do/ke hinter mote ein; und die lesart in 
P lautet mit auslassung von zmoten: pat we to-geder lye. — Ahnlich verhält es 
sich mit v. 1269, wo in der fussnote die lesart Aesya in T st. watten in Gg, 
angemerkt, jedoch die fast gleichlautende pleasyne in Add. 9832 übergangen wird, 
welche jedoch auf s. LI zu finden ist, wo wieder die in T fehlt — und so noch 
in mehreren fällen. 

V. 1313 setzt Sk. mit Gg gree für das degree der andern ein; das mag 
vielleicht richtig sein, aber ist doch unverbürgt, da Gg sich durch viele schreib- 
fehler auszeichnet und sonst die lesart der übrigen in keiner beziehung anfecht- 
bar ist. 

V. 1323 fehlt wohl wegen seines anstössigen inhalts; er beginnt: 7 am 
with childe, etc. — Nun, ich weiss zwar nicht, ob Skeat’s voraussetzung, dass 
dergleichen ausdrücke die leser der Jegende verletzen würden, häufig zutreffen 
wird; wenn er solche rücksichtnahme aber für geboten hält, so hätten einfach 
lücken gelassen werden sollen (wie es auch v. 1787 ff., 1807 ff., 2324 ff. wirk- 
lich geschieht). Aber solche ergänzungen, wie v. 1644 [and leith his feith to 
wedde] st. and went with hir to bedde und ähnlich v. 2676, oder v. 1772 [Z wol 
again her see) st. she shal my leman be haben doch gar keinen werth. Übrigens 
wundert mich, dass er v. 2573 f. He gat upon his righte wyve A doghter als 
harmloser hat stehen lassen, — Vgl. meine bemerkung zu Mars, v. 73. 


V. 1338, 1370, 1457, 1460 u. 5. wäre es nicht ohne bedeutung gewesen, 
wenn Sk. angeführt hätte, dass die von ihm bevorzugten lesarten der hss. T u. 
A, bezw. C durch Add. 9832 unterstützt werden. 


V. 1649. Da greet vor mame sich nur in 2 hss. (T u. Add. 9832) vor- 
findet, dagegen right vor as in 4 derselben gruppe (C, T, A, Add. 12524; Add. 
9832 hat dafür Zyke) erscheint, lag es doch wohl näher, letzteres als korrektur 
des versmasses zu wählen, zumal der rhythmus dadurch m. e. wohllautender 
wird: “And gat him name right as a conquerour’. 

V. 1729. Sk. nimmt als erstes wort Aight aus der Fairf.-gruppe auf, 
ohne. ausser der verderbten lesart von Gg, zu erwähnen, dass sämmtliche hss.. 
die zu diesem gehören, mit 7%a£ beginnen, welches sich mit seiner beziehung 
auf so in v. 1728 noch besonders empfiehlt. 

V. 1730 wäre hinzuzufügen, dass sämmtliche 3 Add. mss. sage haben. 

V. 1736. In der bemerkung auf s. LI ist statt P, welches schon vorher 

Add. 12 524, und hinzuzufügeen, dass auch Add. 28 617 





J. Koch, Chaucerlitteratur 423 


S. 19 halt K. den v. 533 für metrisch falsch; lässt man jedoch das schwache 
e, was bekanntlich recht häufig bei Ch. geschieht, in corowne verstummen, so ist 
ar vollständig in ordnung. Was sonst die angeblich „vielfachen“ abweichungen 
m diesem verse betrifft, so ist derselbe in 6 hss. vollständig gleich überliefert; 
eine (Tn) lässt aus versehen ved fort, und zwei jüngere texte (Th und Add.) 
schieben ein überflüssiges @ vor corowne ein. Hieraus auf die unrichtige über- 
lieferung des verses zu schliessen, ist also völlig verfehlt; und unmöglich ist es, 
wie K. s. 20 will, reede fortzulassen, da hier gerade die farbe der krone be- 
schrieben wird. Ebd. ist vor dem v. 152 F in T zu verbessern. — Auf der- 
selben und der folgenden seite sucht K. mit unnützer breite nachzuweisen, dass 
gewisse auslassungen und schreibversehen in einer einzelnen hs. fehlerhaft seien» 
während ein blick auf die sonst durchweg richtige überlieferung dieses sofort 
klar legen müsste. 


S. 20 soll v. 1583: 
And in hire hate hädde routhe and wöo 
auftaktlos sein. 


S. 21 führt K. verslücken an, um zu beweisen, dass weder F aus B, noch 
B aus F stammen könne; irrig ist jedoch die angabe, dass v. 1490 und 1998 (nicht 
1999) in B vorhanden sein sollen; an letzterer stelle liegt ein späterer nachtrag 
vor. Ferner ist bezüglich des v. 487 zu korrigiren, dass er auch in F und Tn 
fehlt. 


S. 22 spricht der verf. von den „zahlreich mangelnden versen in G* bei 
der bestimmung des abhängigkeitsverhältnisses dieses und des Trin.-ms.; ebenso 
s. 27 unten. Thatsächlich sind aber in jenem nur zwei lücken (v. 1922/23 u. 2506/7) 
vorhanden; denn die unterschiede in der eigenartigen form des prologs in Gg 
und der durch ausreissen eines blattes entstandene verlust der verse 1836 — 1907 
können doch in obigem zusammenhange nicht in betracht kommen. 


S. 33 gibt K. an, dass das bruchstück in der Cambr.-hs. Ff von mehreren 
schreibern geschrieben sei; woher er dies hat, weiss ich nicht. Vermuthlich 
liegt aber eine verwechselung mit dem Pepys-ms. vor. Ebensowenig ist die be- 
hauptung zutreffend, dass Ff bis v. 790 mit Trin. und Add. 9832, von da ab bis 
830 mit Pep., und im übrigen wieder mit den ersteren übereinstinme ; man vgl. 
z. b. die vv. 765, 777. 831, 876, 890. 


Sehr unklar ist K. über das verhältniss des Thynne’schen druckes; er meint, 
dass er (s. 33) mehrere bessere hss. „etwa F, T (B, G)“ bei der herstellung. 
seines textes verglichen habe. Wenn diese ausdrucksweise besagen soll, dass Th 
entweder F und T(n) oder B und G benutzt haben soll, so wäre dies unmöglich, 
da nicht abzusehen ist, wie er im ersteren falle übereinstimmend mit den übrigen 
hss. die lücken von F T(n) (v. 249, 486, 1643 etc.) hat ausfüllen können. Will 
K. aber ausdrücken, dass Th. neben einer der ersteren auch G zu rathe gezogen 
habe, so ist dies gleich unwahrscheinlich, da dann unerklärt bliebe, warum er 
-aus diesem ms. nicht auch v. 960/61 aufgenommen hat. Im stammbaum auf s. 34 
verbindet er dann D (= Th) nur mit F und Tn). 


Wenn dergleichen unklarheiten und ungenauigkeiten natürlich auch den 


424 Litteratur 


werth der arbeit beeinträchtigen , so kann ein theil der gemachten ausstellunger 
bei einer erstlingsuntersuchung wohl entschuldigung finden. 


Berlin, August 1890. J. Koch.! 


Ike Morte Darthur by Sir Thomas Malory. The original edition of 
William Caxton now reprinted and edited by H. Oskar Sommer, Ph. D. 1. 
Text. XVI und 861 ss. 8°. II. Introduction. X und 230 ss. 8°. London, 
David Nutt. 1889. 1890. Pr.: mk. 32. 


Die geschichte dieses buches ist zum theile auch eine geschichte der eng- 
lischen literatur von ende des 15. bis zur mitte des 19. jahrhunderts, und wenn 
es nicht pointirt klänge, könnte man sagen, dass das urtheil über Morte Darthur 
in jeder periode ein spiegel des literarischen geschmackes ist. Am ende des 
15. jahrhunderts und noch lange später ist das buch Malory’s die lieblingslekture 
der höheren klassen, das sehen wir aus den vielen ausgaben und aus den an- 
spielungen der zeitgenossen. Vgl. meine zusammenstellung in Engl. stud. bd. XII 
p- 213. Beim eindringen der reformation und bei dem stetig zunehmenden 
einflusse der renaissance wenden sich die besseren geister von der ritterliteratur 
ab; es scheint, dass man in der romantik das mittelalter überhaupt bekampfte. 
Sehr charakteristisch ist hierfür das verdammungsurtheil Ascham’s, der „Papistrie‘ 
und ,Cheualrie* fast als synonyma für denselben begriff behandelt, so im Toxo- 
philus Preface und The Schoolmaster (Arber’s Reprint) p. 81. Im 17. jahr- 
hundert kommt die romantik für eine weile wieder in mode; das zeitalter der 
aufklärung ist begreiflicherweise dieser literatur nicht günstig. Aber seit Southey 
ist der roman Malory’s wieder ein vielgelesenes buch, und die dichtungen 
‘ Tennyson’s legen zeugniss dafür ab, welchen einfluss das alte werk noch in 
neuester zeit ausgeübt hat. 

Deutschem gefühle ist dieser roman ziemlich zuwider, und wir sind ge- 
neigt, mit dem ehrlichen Ascham zu sagen, „dass die ganze herrlichkeit des buches 
in zwei dingen besteht, nämlich in mord und unzucht.“ Aber der geschmack ist 
eine subjektive sache und in der literaturgeschichte haben wir über den objektiven 
sachverhalt zu berichten. Und da hat denn Sommer ganz recht, Walter Scott's _ 
ausspruch, dass Morte Darthur der beste aller romane sei, zu dem seinen zu 
machen. So denken viele Engländer von anerkannt guten geschmack. 

Ich habe diese bemerkung vorausgeschickt, weil ich erklären wollte, wie 
ein englischer buchhändler sich entschliessen konnte, ein so grosses werk drucken 
zu lassen, noch dazu ihm eine so prächtige ausstattung zu geben und einen 
deutschen gelehrten mit der ausgabe zu betrauen. Das buch, wie es uns vorliegt, 
entspricht einem doppelten zwecke: es ist eine hübsche lektüre für leute, welche 
den geschmack Walter Scott’s theilen, und eine reiche fundgrube für den gelehrten, 
der sich mit englischer sprach- und literaturgeschichte befasst. Sommer’s aus- 
gabe ist die erste, welche darauf berechnet ist, philologischen ansprüchen zu ge- 
nügen. Vor allem ist sie vollständig. Das ist bis jetzt noch keine ausgabe 

1 Ich möchte in kürze noch hinzufügen, dass ich seit der abfassung obiger 
recension mich eingehender mit einigen, in derselben berührten fragen bescht 
habe, und dass ich demnächst noch auf diese zurückzukommen gedenke. 


Le Morte d’Arthur etc., herausgeg. von Sommer 425 


gewesen. Zweitens ist sie ein treuer abdruck des originals. Ich fürchte, 
dass die englischen leser mit dem letzteren punkte nicht sehr zufrieden sein werden, 
denn der Caxton’sche druck wimmelt von druckfehlern, abgesehen davon, dass 
Caxton’s orthographie „very trying“ ist, wie mir ein beamter im Britischen museum 
sagte. Aber was dem einen recht ist, das ist dem andern billig: für den anglisten 
ist die vorliegende ausgabe ein schatz; laut- und formenlehre werden nicht minder 
wie die syntax von dem grossen werke profitiren.! 

Dr. Sommer begnügte sich aber nicht damit, einen guten zuverlässigen 
text zu bieten, sondern hat uns in einem 2. bande eine textkritische und sprach- 
liche einleitung, sowie ein ausfünrliches glossar gegeben. 

Der 2. band enthält: ı) Sir Thomas Malory and the various editions of 
I.e Morte Darthur, 2) Relation of the different editions of Le Morte Darthur 
to one another, 3) The present edition, 4) List of errors, omissions, and ortho- 
graphical irregularities in Caxton’s impression. 5) Result of the collation of 
Whittaker’s Facisimiles with the original pages, 6) Notes on the language of 
Le M. D., 7) List of the various readings between Caxton’s and Wynkyn de 
Worde’s editions, 8) List of names and places, 9) Glossary. 

Der bibliographische sowohl als der textkritische theil sind äusserst sorg- 
fältig gearbeitet; auch namen- und wortindex verdienen uneingeschränktes lob. 
Nur die sprachlichen bemerkungen sind zu sehr nach englischem geschmack. Der 

_herausgeber dachte zu sehr an dilettantenhafte leser, und das hat seiner abhandlung 
geschadet. Einige beispiele sollen diese bemerkung illustriren. 

p. 34. My is invariably rendered by „myr“: myn ende, myn unhappynes. 
Aber beide beispiele zeigen vokalischen anlaut. 

ibid. ‘hem is replaced by hem, and their is written her. 

ibid. Ae stands for himself: he weneth no knyght so good as he. 

p- 38. once „done“ occurs as second person plural: ,comsydering the 
grete dedes of armes I have sene you done.“ (Done = doen!) 

Die namenliste ist nicht nur vollstandig, sondern auch kritisch-vergleichend, 
und wir glauben es dem verfasser gerne, dass es ihn viele mühe gekostet hat, 
die 850 namen herzustellen und zu identificiren. Es braucht nicht erst gesagt zu 
werden, dass eine solche zusammenstellung für den literarhistoriker von grossem 

„_ Werthe sein wird. . 
= Dr. Sommer hat mit seiner so fleissigen und gewissenhaften ausgabe den 
dank aller anglisten verdient. ? 

London, August 1890. L. Kellner. 


Der obigen anzeige von Sommer’s buche erlaube ich mir, ein paar kurze 
beinerkungen beizufügen. 

Ich schliesse mich dem danke des ref. für die genaue und gewissenhafte 
ausgabe , die dr. S. uns von dem wichtigen prosaromane geliefert hat, voll und 


1 Die Sommer’sche ausgabe von Morthe Darthur wurde von mir in der 
abhandlung über Caxton’s syntax (Early English Text Society, Extra Series, 
LXVIM Inter. ime selbständige arbeit wäre sehr erwünscht. 

fe an die Academy (26. Dez. 1888) mittheilte, 
ind wird über die resultate seiner forschung 


einige fille an, wo N meinung die | 


nur der erste ee oute exerpte stimmt; 1 p 
‚enuyronne aboute the so many angels, that my r 
-enuyronne für einen inf. an, und I p. 640% [.: And how he ha 
ably and oute of mesure lenge riche ich enmesurably zu 


met? (397). Das erste citat lautet genau: what by 
"brought la beale Tsoud vmto joyous gard,*: also thei 
zu lande. Die zu zweit angeführte stelle ist von der y« 
und bedeutet allerdings: ‘dem ersten besten armen 
take that hors of his yefle 841% (I. 481%) einen ji 
wird unter den part. priit., „where the final » is drop 


discomfyted zusammengezogene 
dass the second person of the singular has often 
‚geführt, tow goo, thow doo, thow took und thow were. 
nach, so ergibt sich, dass bis auf dow took lauter 
‚200 107°; and thow doo = wenn du es thust 593%; 
thow were better on horsbak or I 66% -—- Von den zwei 
fache negation auf p. 41 stimmt nur der erste; denn p. 
baue entryd, ne had ycur tydynges ben, ist ne = 

Die citate scheinen bei der correctur nicht nac 
und sind darum nicht immer zuverlässig; so findet sich 
Pp. 573° (p. 35, ebenso im glossar s. v. raunge) nicht; 
(p. 38), oder due yf p. 41715 (p. 41) u. 5. we 

Was die „List of names and places“ 
‘einer solchem anführung aller namen und aller stellen, 
zelne stichproben ergaben keine auslassungen von namen, 
‚zahl der belegstellen keinesweges erschöpft ist; so fe 
Alyduke 743. bei Balyn 98, bei Blamore 743. bei 2 
und 438, bei Cormenail 314 und 422; bei Danyd 696, bei 
Gueneuer 324, bei Lamerak 737, bei Prydam 675. 





K. D. Bülbring, Geschichte der ablaute der starken zeitwörter 427 


geht und jeden im texte begegnenden namen nochmals im index auf sein vorhanden- 
sein hin nachschlägt. 

Endlich noch ein wort über das ‘Glossary’. Ich würde in ein solches, 
wenn es sich um einen so umfangreichen text handelt, wie hier, in der haupt- 
sache nur solche worte aufnehmen, die sich in den mie. lexicis noch nicht oder 
nur ganz vereinzelt belegt finden; ich vermisse u. a. durbley 500%, forhewen 
23027, grouelyng 230%, grymmynge 505°, kechen-knaue 225% und 226°°, kechen- 
boye 22533, mysfortuned 5571?, renomed 516%, repasten 234%, specyfyen 496°, 
vnlacen 230°® u. s. w., während man worte wie sadel, sawe, saye, semely, seruyse, 
sister und viele andere gern entbehrt hätte. Einen genügenden einblick in den 
wortschatz des denkmals gewährt das glossar somit nicht. 

Der versprochenen quellenuntersuchung sehe ich mit grossem interesse 
entgegen. Dieselbe wird, brieflichen mittheilungen des verf.’s zufolge, u. a. auch 
für die genauere beschaffenheit der direkten quelle von ‘Arthour and Merlin’ 
instruktiv sein. 


Breslau, Oct. 1890. E. Kölbing. 


1.-Karl D. Bülbring, Geschichte der ablaute der starken zeitwörter innerhalb 
‘des Südenglischen. (Quellen und forschungen zur sprach- und culturgeschichte 
der germanischen völker. Herausgeg. von B. ten Brink, E. Martin, E. Schmidt. 
63. heft), Strassburg, Trübner, 1889. 8° 140 ss. Pr. mk. 3,50. 

2. Adolph Wackerzapp, Geschichte der ablaute der starken zeitwörter inner- 
halb des Nordenglischen. Theil I. Die ablaute in den einzelnen denkmälern. 
Münstersche dissertation. 1890. 77 ss. Pr. mk. 1,25. 


1. Die mittelenglische grammatik ist im verhältniss zur litteraturgeschichte 
bisher etwas stiefmütterlich bedacht worden; namentlich fehlt es an zusammen- 
fassenden arbeiten über einzelne kapitel derselben oder über einzelne dialekte. 
Bülbring’s “Geschichte der ablaute der starken verba innerhalb des Südenglischen” 
füllt darum eine wirklich vorhandene lücke aus und ist für den künftigen ver- 
fasser einer ‘me. grammatik’ ebenso eine werthvolle vorarbeit, wie sie jedem 
herausgeber eines südenglischen textes von grossem nutzen sein wird. B. hat 
sich der nicht gerade leichten aufgabe in vollem masse gewachsen gezeigt. Er 
bietet uns zunächst erschöpfende belegstellen für die ablaute der einzelnen starken 
verba aus südenglischen denkmälern vom 12.— 15. jahrh. (p. 3—50), behandelt 
dann in zusammenhängender darstellung die entwickelung des ablauts im Süd- 
englischen, indem er hierbei auch die besonderen eigenthümlichkeiten einzelner 
verba gebührend hervorhebt (p. 51—122) und lässt uns endlich, was mit beson- 
derer anerkennung hervorgehoben zu werden verdient, einen einblick gewinnen 
in die tempusbildung der starken verba in einigen modernen südenglischen dia- 
lekten (p. 123— 139). Im verlaufe der darstellung streift B. verschiedene fragen 
der englischen grammatik und zeigt hierbei überall sichere kenntniss der ein- 
schlägigen verhältnisse und cine scharfe beobachtungsgabe. Wenn auch im ein- 
zelnen gegen manches sich einwendungen werden erheben lassen — sagt doch 
B. selbst in seinem schlussworte p. 140: “Über einige fragen würde ich mich 
jetzt behutsamer äussern, ein paar erklärungsversuche ganz unterdrücken’ — so 
‚bleibt immerhin gar manches hübsche resultat übrig, welches dauernd in den be- 


428 Litteratur 


sitzstand der englischen grammatik aufgenommen werden wird. So ist z. b. sehr 
überzeugend der nachweis, dass das e in den sg. pt. sed, der u.ä. lang anzusetzen 
ist (p. 53 ff.), dass nicht der ablaut des pl. pt. den des sg. beeinflusst hat, sondern 
dass umgekehrt die tendenz vorherrscht, den ablaut des sg. auch auf den pl. aus- 
zudehnen (p. 56, 116 f. u. 6.); die auseinandersetzung über die drei reihen von 
formen, die sich aus dem sg. pt. von ae. seon entwickelt haben (p. 67— 72) 
u. Ss. W. 

Die von B. durchforschten denkmäler sind p. 1 f. aufgezählt. Neben der 
chronologischen anordnung derselben wäre vielleicht auch eine strengere scheidung 
nach grafschaften oder wenigstens zwischen dem südosten und dem südwesten 
erwünscht gewesen. Nicht glücklich gewählt ist die abkürzung Ch. = ‘drei 
romanzen von Chestre’; denn wenn man der abkürzung Ch. begegnet, denkt man 
nun einmal in erster reihe immer an Chaucer, nicht an den verhältnissmässig ob- 
scuren Thomas Chestre. Eine weitere frage ist, ob B. berechtigt war, die drei 
romanzen: Octovian, Launfal und Libeaus Desconus unter der rubrik “drei ro- 
manzen des Thomas Chestre’ zusammenzufassen. Von seiten der grammatik steht 
einer derartigen zusammenfassung allerdings nicht das geringste im wege, denn 
der dialekt ist in allen drei gedichten thatsächlich derselbe; aber so ganz sicher 
ist es doch nicht, dass Th. Chestre wirklich alle drei romanzen verfasst hat, wenn 
ich mich auch nicht so ablehnend zu der frage stellen möchte, wie s. z. die recen- 
senten von Sarrazin’s Octovian-ausgabe. Ich habe mich darüber in der einleitung 
zu meiner ausgabe des Libeaus Desconus p. CLVII ff. näher ausgesprochen. 
Bei der vorbereitung dieser ausgabe hatte ich auch gelegenheit, mich von der 
sorgfalt und zuverlässigkeit Bülbring’s in dem von ihm gebotenen belegstellen- 
material zu überzeugen. Wenn auf grund meines kritischen textes einzelheiten 
zu ändern sind, so ist natürlich B., dem nur Ritson’s ausgabe zu gebote stand, 
dafür nicht verantwortlich zu machen. So ist z. b. für yyete pp. (: mete; hete : 
ysete) D 102 jetzt vielmehr der inf. ee einzusetzen, und degar (: ran pt. sg. : 
man : swan) D 1363 ist nicht pl. sondern sg. pt., denn Jey ist zu streichen und 
newe fizt als subjekt anzusehen; für roune D 1159 ist vonne zu lesen. 


Es ist zu hoffen, dass der verfasser weiterhin neben seinen sonstigen 
arbeiten auch auf dem gebiete der englischen grammatik thätig sein wird. Jedenfalls 
darf sich die englische philologie zu der neuen tüchtigen kraft, die sie in Bülbring 
gewonnen hat, glück wünschen und noch manche bereicherung von ihm erwarten. 


2. Zwar hatte Bülbring |. c. p. 68 selbst die absicht ausgesprochen, auch 
den ablaut im mittellande und im norden Englands einer eingehenderen unter- 
suchung zu unterziehen; inzwischen aber ist ihm für das Nordenglische Wacker- 
zapp mit der unter 2. angeführten arbeit zuvorgekommen , von der freilich erst 
ein theil, die belegstetlen für klasse I—1V der starken verba enthaltend, erschienen 
ist. Die zu rathe gezogenen denkmäler und abhandlungen sind auf p. 1—18 ver- 
zeichnet. Unter letzteren vermisse ich Odwart Hahn’s treffliche programmarbeit 
‘Zur verbal- und nominalflexion bei Robert Burns I. Berlin (Victoriaschule) 
1887’, welche, wenn auch in etwas engerem rahmen, ganz denselben zweck 
verfolgt, wie Wackerzapp. 

Zu nr. 2. 3. ‘Cursor Mundi’? möchte ich zunächst fragen, warum die Cot- 
ton-hs. von W. ‘A’ genannt worden ist, anstatt (mit Hupe) °C’; dadurch entsteht 
unnöthigerweise confusion, denn A? heisst bei Hupe eine ganz andere hs. Über 


G. Schleich, Uber das verhältniss der mittelenglischen romanze 429 


den dialekt des C. M. bemerkt W. p. 8: ‘Nach Hupe ist der C. M. entstanden 
im N. von Lincolnshire, vielleicht sogar im N. des Tweed. Dies wird wohl 
die richtige meinung sein; vgl. dagegen Kaluza in Engl. stud. XII, heft 3’. Das 
sieht so aus, als ob Hupe es für möglich hielte, dass der C. M. im norden des 
Tweed entstanden wäre, während ich eine gegentheilige ansicht (welche?) vertreten 
hätte. In wirklichkeit liegt die sache — wenn W. Engl. stud. XII, 453 und 
Academy Nov. 24, 1888 nochmals nachlesen will — gerade umgekehrt. Ich habe 
gesagt: es ist möglich, dass der C. M. nördlich vom Tweed, also im südlichen 
Schottland entstanden ist, während Hupe den dialekt von Lincolnshire, also einen 
mittelländischen, darin erkennen will. Jedenfalls geht aus W.’s worten hervor, 
dass auch er den dialekt des ©. M. für einen recht nördlichen hält, und damit 
bin ich ganz einverstanden. 

Bei nr. 20 “The Thornton Romances’ möchte ich um nähere auskunft da- 
rüber bitten, in welchem bande der E. E. T. S. die ‘neue ausgabe des Sir Isumbras 
von Halliwell’ enthalten ist; denn mir wenigstens ist von einer derartigen ‘neuen 
ausgabe’ nichts bekannt. 

Hoffentlich macht uns Wackerzapp fortsetzung und schluss seiner arbeit 
recht bald zugänglich! 


Königsberg i. Pr., August 1890. Max Kaltfza. 


Gustav Schleich, Über das verhältniss der mittelenglischen romanze Ywain 
and Gawain zu ihrer altfranzösischen quelle. (Wissenschaftliche beilage zum 
programm des Andreas-realgymnasiums zu Berlin. Ostern 1889). Berlin (R. 
Gärtner) 1889. 4°%. 32 ss. Pr. mk. 1. 


Durch vorstehend genannte programmabhandlung hat Schleich das in der 
einleitung zum Ywain and Gawain gegebene versprechen, nach erscheinen von 
Förster’s kritischer ausgabe des Chevalier au lion die frage nach dem verhältniss 
des englischen gedichtes zu seiner vorlage eingehender zu untersuchen, eingelöst 
und damit einen neuen, schätzenswerthen beitrag zur englischen litteraturgeschichte 
geliefert. 

Seine arbeit zerfällt in zwei theile. Auf p. 3—19 sucht Schl. der franz. 
vorlage des engl. dichters den ihr gebührenden platz innerhab des Förster’schen 
hss.-stammbaums anzuweisen. Er kommt zu dem resultate (p. 18 f.): ‘Keine 
einzige der uns erhaltenen hss. kann als unmittelbare quelle für den englischen 
dichter gedient haben; höchst wahrscheinlich hat er eine zur ß-fanıilie gehörende 
hs. benutzt und es ist nicht unmöglich, dass dieselbe dem Crestiens’schen originale 
noch näher gestanden hat als 8‘. Wenn demnach auch eine genauere einfügung 
von E in das hss.-schema sich nicht hat ermöglichen lassen, so ist Schl.’s arbeit 
darum nicht vergeblich gewesen. Gerade durch die überaus grosse sorgfalt in 
der abwägung der einzelnen lesarten, durch die berücksichtigung aller möglich- 
keiten, kurz durch die ganze detailarbeit hat Schl. klar gezeigt, dass es in solchen 
fällen nicht genügt, die übereinstimmenden lesarten zu zählen und einfach die 
majorität entscheiden zu lassen, wie es vor ihm Gärtner und Steinbach gethan 

en, sondern dass vielmehr jede einzelne stelle sorgfältig erwogen und von 
en beleuchtet sein will, ehe man eine sichere entscheidung treffen kann. 


430 Litteratur 


Es muss daher Schl.’s untersuchung fiber die stellung von E zu den frz. hss. allen 
denen, die eine ähnliche aufgabe zu bearbeiten haben, als treffliches muster 
empfohlen werden. 

Nicht geringeres lob verdient der zweite theil (p. 19—32), in dem Schl. 
das verhältniss des englischen dichters zu seiner vorlage im einzelnen näher unter- 
sucht. Die voraussetzung, von der er hierbei ausgeht: ‘Mögen auch die erhaltenen 
zahlreichen frz. hss. öfter weit von einander abweichen, ..... . so schliessen 
sie sich doch eng genug aneinander an, um sofort den gegensatz erkennen zu 
lassen, in dem zu ihnen die englische bearbeitung steht, und es lässt sich kaum 
erwarten, dass schon auf französischem boden Cr.’s dichtung eine ähnliche um- 
arbeitung erfahren haben sollte, wie der Engländer sie ihr hat zu theil werden 
lassen“ (p. 19), ist unzweifelhaft richtig. Ähnlich liegt die sache z. b. bei dem 
Rosenroman. Dort ist die zahl der frz. hss. und die abweichungen derselben 
untereinander noch bedeutend grösser; aber alle diese änderungan halten sich 
doch innerhalb eines bestimmten rahmens, und es lässt sich ziemlich sicher be- 
haupten, dass die umarbeitung des originals, wie sie uns in dem engl. fragment 
A? (etwa = v. 1705—5813 des Romaunt of the Rose; vgl. Academy vom 5. 
und 19. Juli 1890) vorliegt, nun und nimmermehr eine wörtliche übertragung 
eines französischen textes sein kann, während umgekehrt bei fragment A! und B 
(= v. 1—1704 und 5814— schluss des Rom. of the Rose) gerade die herbei- 
ziehung eines grösseren hss.-materials den charakter der übersetzung als einer 
wortgetreuen um so klarer hervortreten lässt. 

Schon vor Schleich hatte Steinbach in seiner diss. ‘Uber den einfluss des 
Crestien de Troies auf die altenglische litteratur. Leipzig 1885' das verhältniss 
von E zur frz. vorlage näher beleuchtet, und ich hatte (Engl. stud. XII, p. 89 f.) 
einige worte hinzugefügt. Dabei hatte ich u. a. bemerkt, dass Schleich in der 
einleitung zu Yw. a. Gaw. über Steinbach’s arbeit zu wenig günstig denkt, und 
dass an einer stelle etwas ironie gegen ihn durchzuklingen scheint. Hiergegen 
verwahrt sich Schl. auf p. 19 und ich benutze gern die gelegenheit, um meinen 
damals geäusserten ‘vorwurf’ zurückzunehmen. Wenn Schl. mitunter eine andere 
ansicht vertritt als Steinbach, so hat er dieselbe, namentlich in der jetzt vorliegen- 
den arbeit, ausreichend begründet und ist in allem streng sachlich verfahren. Die 
differenz zwischen Schl. und Stb. lässt sich kurz folgendermassen ausdrücken: 
Stb. hat vorwiegend diejenigen punkte hervorgehoben, wo die darstellung von E 
der Crestiens’schen überlegen ist; Schl. aber zeigt uns daneben auch die andere 
seite, nämlich die vielen züge, in welchen dem gedichte Cr.’s unzweifelhaft der 
vorzug vor der englischen bearbeitung gebührt. Ein abschliessendes urtheil muss 
natürlich beiden theilen gleiche gerechtigkeit widerfahren lassen, und so ist es 
ohne weiteres klar, dass Sclil.’s resultate richtiger sind, weil sie auf einer un- 
parteiischen beurtheilung des materials beruhen. Schl.’s endurtheil lautet (p. 32): 
‘So spiegelt sich denn in den charakteren der von ihnen gezeichneten personen 
der charakter der beiden dichter wieder: Crestiens der lebhafte, realistisch ge- 
sinnte Franzose, der englische dichter der ruhiger, idealer angelegte sohn Albion’s. 
Damit ist keineswegs gesagt, - dass die personen in E nicht auch in aufregur- 
gerathen könnten, oder dass jene bei ihrer grösseren leidenschaftlichkeit we 
gefühlswärme zeigen müssten ..... Und dem entsprechend ist die darr 
Crestiens malt mit frischeren, bisweilen geradezu grellen farben, des © 
bild sieht matter aus, ohne deshalb farblos zu sein; hat er 





432 Litteratur 


nellen stellung nicht den ausschlag geben. Spanier behauptet, dass Shakespeare 
die gelegenheit suche, katholische einrichtungen und lehren zu vertheidigen; allein 
wo ist dies der fall? die längst widerlegte zusammenstellung von Falstaff und 
Oldcastle kann kaum als solche vertheidigung gelten. In Measure for Measure I, 
3 soll Shakespeare die aufhebung der strafgesetze gegen die katholiken befür- 
worten; meine auslegungskunst reicht nicht weit genug, dies herauszufinden. In 
Macbeth’s mordthat eine verurtheilung des ganz ähnlichen verbrechens Elisabeth's 
gegen Maria Stuart zu sehen, fällt mir ebenso unmöglich. Die katholische tendenz 
des Hamlet ist schon zu wiederholten malen behauptet worden, wie andererseits 
Hamlet als sendbote des nahen reformationsgedankens verherrlicht worden ist. 
Ob protestanten oder katholiken dabei dem worte und sinne des dichters schlimmer 
gewalt angethan haben, weiss ich nicht, dass beide dem weltumspannenden geiste 
des dichters dabei nicht gerecht werden können, ist gewiss. Für den protestan- 
tischen anwalt H. Besser wie für den katholischen J. Spanier ist die erwähnung 
Wittenberg’s der ausgangspunkt ihrer erklärungen. Nach Besser lässt Shakspeare 
seinen helden an der lutherischen hochburg studiren, um ihn als vertreter des 
gereinigten glaubens seinen stumpfen und verbrecherischen, noch im katholischen 
aberglauben befangenen landsleuten als vorkämpfer gegenüberzustellen. Spanier 
legt auf Horatios Wittenberger studien das grösste gewicht. Die ermordete majestät 
von Dänemark ist die verkörperung des von Heinrich VIII. und Elisabeth = 
Claudius niedergedrückten katholicismus; als repräsentation des reformationsge- 
dankens kommt Horatio von Wittenberg, um dem begräbniss des alten königs, 
d. h. des alten glaubens und der bildung der neuen verhältnisse beizuwohnen 
(s. 15). Später, beim schauspiel, am kirchhof und am schlusse soll Horatio 
dagegen die unparteiische forschung repräsentiren (s. 104). Ich bin überzeugt. 
dass Shakespeare bei nennung Wittenbergs gar nicht an religiöse beziehungen 
gedacht hat. Er nennt gerade Wittenberg als die weitaus berühmteste aller 
nordischen universitäten; jede andere deutsche universität wäre seinen zuhörern 
unbekannt gewesen. Wittenberg kannten alle, nicht nur aus der reformationsge- 
schichte, auch aus dem so betitelten spektakelstücke Marlowe’s, ‘Dr. Faustus’. 
Die frage „über Hamlets aufenthalt zu Wittenberg“ hat A. G. Kaestner schon 1777 
im Deutschen museum (Poet. u. prosaische werke Berl. 1841 IV, 113) ohne alle 
weithergeholten erklärungen treffend beantwortet. Nach Spanier war Shakespeare 
der deutschen nation, die seinem vaterlande mit Luther’s lehre so viel unheilvolles 
herübergesendet, nicht günstig gesinnt. In den Merry Wives erklärt der wirth 
IV, 3, 74 Germans are honest men;. unter Porzia’s freiern kommt der deutsche 
trunkenbold in ihrer schilderung freilich am übelsten weg. King Edward's hilfs- 
völker sind hasty Germans and blunt Hollanders. Jago nennt Dänen, Deutsche 
und Hollander als die trinkgewaltigsten_ leute zusammen. Die anklage des dis- 
honest manners of German women in der erbrechtsfrage Heinrichs V. wird nie- 
mand als Shakspeare’s eigene meinung in anspruch nehmen wollen, eher liesse 
sich der tadel gegen die in Dentschland verfertigten uhren — Verlorne liebes- 
mühe III, 192 — auf persönliche erfahrung deuten; die zwei anspielungen auf 
deutsche jagd und deutschen eber sind gleichgiltig. Wo bleiben da die belege 
für Shakespeares abneigung gegen die ketzerischen Deutschen ? nur ihren zauberer 
Faust wirft Bardolph den Deutschen vor. Die anspielungen auf Deutsche und 
deutsche verhältnisse bei den Elisabethanischen dramatikern hat Elze in der ein- 
leitung zu Chapman’s „Iragedy of Alphonsus, emperor of Germany* zusammen- 


Th. Tyler, Shakespeare’s sonnets etc. 433 


gestellt; auch dabei ergibt sich kein beweis für Spanier’s behauptung. Richtig 
bleibt nur, dass die vorkämpfer des englischen protestantismus mit vorliebe ihre 
waffen deutschen abhandlungen und deutsch-lateinischen dramen entnommen haben; 
diese beziehungen sind in Herford’s „Studies in the literary relations of England 
and Germany in the 16. century* übersichtlich dargestellt. Es ist freilich nur 
eine nebenbemerkung Spanier’s, auf die ich damit eingegangen bin; immerhin 
verlohnt es sich, gelegentlich auch die tragfähigkeit dieser nebenstützen zu prüfen. 

Nach Spanier ist Hamlet ebenso wie die Divina commedia allegorisch zu 
deuten Die allegorie in dem italienischen lehrgedichte würde auch ohne Dante’s 
bestimmite erklärung jeder leser fühlen. Dem Shakespeare’schen drama ist das 
allegorische der moralities vorangegangen und auch das lateinische reformations- 
drama liebt auf beiden seiten die allegorie. Spanier weist dem Hamletdrama 
„religiös-politische absichten zu und betrachtet dasselbe in seinen grundgedanken 
allegorisch“. Gertrude ist England, das durch die ehebrecherischen thaten Hein- 
rich’s VIII., Claudius — der name soll an den muttermörder Claudius Nero er- 
innern — vom katholicismus, dem alten Hamlet losgerissen wurde. Hamlet selbst 
„ist das bild eines in derreformatorischen welt und denkweise lebenden, beunruhigten, 
unerleuchteten geistes, der das wahre sucht und das rechte will; der auf unsicherem 
boden schwankend, durch höhere gnade* — eben die geistererscheinung, d. h. 
die göttliche offenbarung der kirche — „ins licht der wahrheit gestellt werden 
und für sein dasein die entsprechende richtung und aufgabe erhalten soll. Hamlet’s 
aufklärung analogirt hiernach einen religiösen erleuchtungsprozess“ (s. 22). In 
seinem zögern, das dem englischen volke als strafbild vorgehalten wird, „hat 
Shakespeare die psychologie feiger unbotmässigkeit gegen gottgegebene pflicht 
porträtirt, mitsammt den feinen trugfarben, die sie. sich selbst und andere täuschend, 
annehmen mag.“ Nicht ohne geschick führt Spanier seinen allegorischen grund- 
gedanken an den einzelnen personen und handlungen durch. Geht man auf seine 
allegorische voraussetzung ein, so klingt manche einzelne erklärung gar nicht übel. 
Aber von der ganzen allegorie wird ein vorurtheilsloser betrachter doch nur ur- 
theilen können : The earth hath bubbles as the water has, And these are of them. 


Breslau, Sept. 1890. Max Koch. 


Thomas Tyler, Shakespeare’s sonnets edited with notes and introduction. 
With portraits of William Herbert, earl of Pembroke; of his mother Mary, 
countess of Pembroke; and of Mrs. Mary Fitton. London: David Nutt, 
Strand W. C. 1890. XIX, 316 ss. 8°, 


Gelegentlich der beprechung des buches von Fritz Krauss: ,Shakespeare’s 
selbstbekenntnisse nach zum theil noch unbekannten quellen“ habe ich in den 
Englischen studien VI, 244—250 schon einmal meinen standpunkt gegenüber der 
sonettenfrage dargelegt. Ich habe die auf Massev’s auslegung sich stützenden 
deutungen von Krauss zurückgewiesen, war und bin aber auch keineswegs ge- 
willt in den sonetten mit Delius und Otto Gildemeister blosse spiele der dichte- 
rischen phantasie und modepoesie zu sehen. Neben entschieden conventionellen 
motiven der italienisch-englischen sonettendichtung haben wir scharf individuell 
geartete züge, in denen selbsterlebtes zu tage tritt. Bekenntnisse aus Shakesqeaxe’s 

E. Kölbing, Englische studien. XV, 3. UW 


434 Litteratur 


leben sind in den sonetten enthalten, allein wir haben eben „dichtung und wahr- 
heit“ vor uns ohne die hilfsmittel, welche es uns ermöglichen, bei lebens- und 
liebesgeschichten neuerer dichter wirklichkeit und poetische ausbildung zu unter- 
scheiden. Und wie schwer ist es selbst mit diesen zahlreichen hilfsmitteln geworden, 
z. b. in Goethe’s sonettencyklus an Minna Herzlieb oder den römischen elegien 
den thatbestand aus seiner dichterischen umhüllung herauszuerkennen. Gibt man 
einmal autobiographische bestandtheile für Shakspeare’s sonette zu, so muss man 
natürlich bestrebt sein , hilfsmittel heranzuziehen, welche eine feststellung der 
personen, vielleicht auch der thatsachen ermöglichen. Nach dieser richtung hin 
haben die englischen forscher seit Malone mit eifer und scharfsinn, öfter auch 
mit einer übelangebrachten phantastischen spitzfindigkeit sich bemüht. Die vor- 
liegende untersuchung und ausgabe von Thomas Tyler gehört unstreitig zu den 
besten und inhaltreichsten arbeiten auf diesem gebiete. Ich kann zwar nicht seine 
ergebnisse als vollständig sichere, d. h. für die deutung der sonette entscheidende 
anerkennen, wie dies Brandl in seinem aufsatze in der Münchener allgemeinen 
zeitung gethan hat; allein dies hält mich nicht ab, Tyler’s arbeit freudige aner- 
kennung zu zollen. Die deutschen arbeiten finde ich bei Tyler zu wenig be- 
rücksichtigt; er sondert z. b. die sonette in festverbundene gruppen, kennt aber 
E. Stengel’s fördernde untersuchung über die sonetten als cyklus — Engl. st. IV, 
1—34 — nicht. Seine englischen vorgänger kennt Tyler gründlich und hat, wo 
er sich mit ihnen auseinandersetzt, fast immer recht. Seine untersuchung ist vor- 
urtheilsfrei und besonnen, er zeigt genaueste umfassende kenntnisse, ohne die an- 
ziehend fortschreitende darstellung zu überladen. Die parallelstellen in den an- 
merkungen sind sehr geschickt gewählt, die sprachliche wie die sachliche erklärung 
kommen zu ihrem rechte. 

Die einleitung zu den sonetten umfasst 154 seiten, auf den folgenden 
steht je ein sonett mit anmerkungen, welche zuerst den inhalt knapp in prosa 
angeben, dann einzelne ausdrücke erläutern. Die reihenfolge der sonette ist wie 
in der ausgabe von 1609; Tyler hält, im gegensatze zu Stengel ihre anordnung 
für richtig. Sonett 1—126 bilden die erste, 127 — 152 die zweite serie, die beiden 
der griechischen anthologie nachgebildeten sonette 153 und 154 stehen für sich. 
Innerhalb der serien unterscheidet Tyler mehrere gruppen, von denen er einige 
treffend als „poetische episteln* zusammenfasst. In der annahme solcher poetischer 
briefe, aus mehreren sonetten gebildet, stimme ich Tyler völlig bei. Allein die 
wichtigste frage bleibt: an wen sind diese sonettenbriefe in der ersten serie ge- 
richtet? und des weiteren, lässt sich über die dunkle schöne der zweiten serie 
etwas sicheres ermitteln? Im vorletzten, 18. cap., der einleitung gibt Tyler eine 
„sketch of the history of interpretation,“ in der er freilich etwas einseitig die- 
jenigen früheren erklärer hervorhebt, welche gleich ihm selbst den grafen Pembroke 
zum helden der freundschaftsonette wählten. Diejenigen,welche bisher für Southampton 
sich entschieden haben, bilden aber wohl die mehrzahl; Tieck hat auf dieser 
grundlage sein „Dichterleben“ aufgebaut. Die annahme blossen spieles der dichte- 
rischen einbildungskraft weist Tyler als „surprising“* zurück. „The intensity of 
feeling which they display is not to be mistaken and the incidents alluded to 
cannot be conceived of as fiction“. Tyler sieht, wie ich schon 1882 that, wahr- 
heit und dichtung in den sonetten gemischt. „The sonnets as a whole are con- 
cerned with actual fact. At the same time we must beware of treating them as 
though they were mere prosaic history.“ In der erklärung selbst ist Tyler nicht 


Th. Tyler, Shakespeare’s sonnets etc. 435 


immer dieser nothwendigen einschränkung sich genügend bewusst geblieben. 
Entschiedener hat er den, mir ebenfalls richtig scheinenden grundsatz durchge- 


führt, „that a single Shakespearian sonnet is comparatively seldom an indepen- 
dent poem.“ 


Mere’s erwähnung der unter Shakespeare’s freunden bekannten sugred sonnets 
1598, und zwar wie Tyler hervorhebt erst gegen das ende der Palladis Tamia, 
und die veröffentlichung der „niemals zuvor gedruckten sonette“ im frühjahr 1609 
bilden die festen pole im schwankenden wechsel der auslegungen. Tyler sucht 
nun in den sonetten selbst nach genaueren merkmalen der zeitlichen entstehung. 
Ich habe schon in meiner Shakespearbiographie s. 140 bemerkt, dass die sonette 
zu verschiedenen zeiten entstanden sein müssen. In sonett 16 und 32 entschuldigt 
der dichter sich mit der bescheidenheit des anfängers, dass seine schülerhafte feder 
nur unfruchtbare reime, armselige rohe verse schreibe, ganz im einklange mit 
der widmung von Venus und Adonis, welche die unpolished lines und so bad 
a harvest beklagt. In einer reihe anderer sonette spricht der des ruhmes sichere 
dichter, sonett 18, 19, 55, 60, 65, 81, dessen eternal lines jedes denkmal von 
stein und erz überdauern werden. Ich finde nicht, dass Tyler diese thatsache 
berücksichtigt hat, während mir die von ihm behauptete abhängigkeit des sonetts 
55 von Meres nicht glaubhaft erscheint. Die pessimistische grundstimmung der 
sonette vergleicht Tyler mit verwandten ausdrücken in einer reihe von dramen, 
erwähnt dabei aber nicht, dass sonett 25 und 29 aus einer ganz andern gemüths- 
lage herausgedichtet sein müssen. Bestimmte jahreszahlen, um die es Tyler zu 
thun ist, lassen sich freilich durch diese belege für die zeitlich getrennte ent- 


stehung einzelner gruppen nicht gewinnen. Massey hatte sonett 107 auf den tod 
Elisabeth’s gedeutet. 


The mortal moon hath her eclipse endur’d. 


Tyler weist diese auslegung mit recht zurück; hat er aber recht, den vers 
und das ganze sonett als anspielung auf Essex’ putsch vom 8. Februar 1601 zu 
deuten ? „the fools of Time“ in sonett 116 und 124 soll geradezu auf Essex und 
die seinen gehen, „who have liv’d for crime“, ihren aufstandsversuch, und „die 
for goodness“, das allgemeine mitgefühl für the good earl, das nach seiner hin- 
richtung im volke ausdruck fand.! Die aussicht auf ein endloses friedliches alter 
enthalte den hinweis auf den frieden, der nach Essex’ fall zwischen Elisabeth und 
könig James von Schottland befestigt wurde. Ist diese von Tyler jedenfalls sehr 
geschickt gegebene auslegung richtig, so ergibt sich nicht nur der feste zeitpunkt 
für diese sonette, sondern auch die nahezu zweifellose gewissheit, dass 1601 
Shakespeare zu Southampton in keinem näheren verhältnisse mehr stand. Sout- 
hampton sass wegen seiner verbindung mit Essex peinlich angeklagt im kerker. 
War Shakespeare dem gönner seiner jugendepen noch in freundschaft verbunden, 
so konnte der gentle poet nicht gerade in dieser weise über Essex und seine 
verbündeten sprechen. Ja man konnte ihm bei jeder parteinahme gegen Essex’ 
anhänger die widmung von Lucrece vorhalten; darauf soll sich nach Tyler sonett 





1 Ich will keineswegs Shakespeare zum parteigänger von Essex machen, 
allein ich habe, nicht eigentlich im gegensatze zu Tyler’s deutung, immer bei 
sonett 25 an Essex gedacht. Den warrior famoused for worth hatte Shakespeare 
ja auch in Henry V. mit ehren genr" 


W"* 


436 Litteratur 


125 beziehen. Shakespeare erklärt dem freunde (der sonette), dass seine liebe unab- 
hängig von äusseren einwirkungen bleibe, ein früheres verhältniss dagegen nur 
auf outward honoring sich bezogen habe. Tyler findet auch die nichterwähnung 
Southampton’s in der widmung der folio so auffallend, dass ihm dies eine be- 
stätigung seiner ansicht wird: ein näheres persönliches verhältniss zwischen Sout- 
hampton und Shakespeare habe nie stattgefunden oder sei doch nicht von dauer 
gewesen. Gleichzeitig mit den für 1601 festgesetzten sonetten ist auch 104 ent- 
standen, in dem der dichter erklärt, vor drei jahren den freund zum erstenmal 
gesehen zu haben. 1598 aber ist William Herbert, der spätere lord Pembroke, 
dem mit seinem bruder gemeinsam die folioausgabe gewidmet ist, zuerst nach 
London gekommen. Den only begetter W. H. der buchhandlerwidmung von 1609 
deutet Tylor wie andere vor ihm auf William Herbert. Seine freundschaftliche 
theilnahme für Shakespeare ist durch die widmung des folio sicher bezeugt. 
Herbert war am 8. april 1580 geboren; man hielt es daher für unwahrscheinlich, 
dass Shakespeare den achtzehnjährigen so dringend zur heirath auffordere. Nun 
sind aber im Record Office briefe vorhanden, welche bestätigen, dass Herbert’s 
eltern, besonders seine mutter 1597 und 1598 eifrig eine heirath für ihren ältesten 
zu stande zu bringen wünschte, und dieser „immoderately given up to women“ 
scheint nicht grosse lust zur ehelichen zähmung gehabt zu haben. Shakespeare’s 
aufforderung an den jungen freund, für ehliche nachkommenschaft zu sorgen, würde 
also gut für diese verhältnisse W. Herbert’s passen. Dass wir das gleiche motiv 
im dritten buche von Sidney’s Arcadia verwendet finden, kann noch nichts gegen 
eine thatsächlich im leben vorhandene grundlage dieser poetischen heirathsan- 
mahnung beweisen. Dagegen ist mir jetzt bei erneutem durchgehen der sonette 
ein anderer umstand doch recht störend aufgefallen. Shakespeare war nicht nur 
wohl bewandert in seines lands geschichten, er hat auch verehrungsvoll zu den 
grossen adelsgeschlechtern emporgeblickt. Nichts liegt näher, als dass nun die 
mahnung, ein erlauchtes geschlecht fortzuführen, in gedichten an den stammbhalter 
eines alten grossen namens an der spitze stehen würde. In den uns bekannten 
sonetten findet sich auch nicht die leiseste anspielung darauf. Man mag ein- 
wenden, gerade die solches enthaltenden sonette seien im drucke weggelassen 
worden, weil die persönlichkeit eben geheim bleiben sollte. Allein dieser hin- 
weis auf des hauses adel brauchte ja noch nicht die Pembrokes oder Southamp- 
tons zu nennen. Ich muss gestehen, dass mir dies neuaufgetauchte bedenken nicht 
unbedeutend scheint. 

Pembroke’s verhältniss zu lady Penelope Rich sollte nach Krauss’ halt- 
loser darstellung die grundlage des die schwarze schöne behandelden cyklus ge- 
bildet haben. Tyler stellt die belege für ein anderes verhältniss Pembroke’s zu- 
sanımen. Im Februar 1601 sandte Elisabeth den grafen ins gefängniss, weil eine 
ihrer hofdamen, Mrs. Mary Fitton geb. 1578 zu Gasworth, hofdame seit 1595, 
sich von ihm schwanger fand. Der graf „confesseth a fact, but utterly renounceth 
all marriage.“ Mrs. Fitton hatte später noch zweimal das gleiche missgeschick ; 
vor ihrem fehltritte mit Pembroke, dem eine für ungiltig erklärte erste ehe mit 
einem sonst unbekannten capitain. sie war später ein zweitesmal verheirathet, 
vorangegangen zu sein scheint, war sie bei der königin in great favour. Sie 
betheiligte sich an aufführungen von masques und war Shakespeare’s truppe sehr 
gewogen. Ihr durfte William Kemp 1600 die beschreibung seiner künstlerfahrt, 
eigentlich seines künstlertanzes „Nine daies wonder“ widmen. Eine zeugin er- 


Th. Tyler, Shakespeare's sonnets etc. 437 


zählt von ihr, dass in der zeit ihrer liebschaft mit lord Pembroke „she would 
put off her head tire and tucke upp her clothes and take a large white cloake, 
and marche as though she had bene a man to meete the said Earle out of the 
Courte.“ Der freund der sonette hat ein liebesverhältniss mit der von Shake- 
speare geliebten schwarzen schönen. deren charakter der dichter nicht achten 
konnte, gehabt. Pembroke hat wie urkundlich erwiesen 1601 das unplatonische 
liebesverhältniss mit Mary Fitton unterhalten: sie soll die schwarze schöne der 
sonctte sein. Tyler selbst betont, dass irgend eine beziehung zwischen Shakespeare . 
und Elisabeth’s ehrendame sich nicht erweisen lasse. Was er aus der bekannten 
anekdote, wie William the conqueror Richard III. — Burbadge bei einer bürgers- 
frau den rang abläuft und aus the Returne from Pernassus beibringt, um „the 
scandal concerning Shakespeare in 1601“ zu konstruiren, hat für eine beziehung der 
sonette auf Mrs. Fitton nicht die geringste bedeutung. Die zeugnisse, dass Mrs. 
Fitton a black beautie gewesen, hat Tyler den sonetten selbst entnommen, offenbar 
kein beweiskräftiges verfahren. Dass der jüngling, den der dichter zum heirathen 
auffordert, und der freund, welcher sich durch die schwarze schöne zum verrath 
an der freundschaft verführen lässt, dieselbe person sei, ist wenigstens nicht von 
allen erklärern zugestanden; doch will ich dies nicht bestreiten. Tyler’s nach- 
weise sind zweifelsohne für jeden, den die sonettenfrage beschäftigt. höchst an 
ziehend; allein es fehlt sehr weit, dass nun auch ein beweis für die identität der 
schwarzen schönen mit Mrs. Mary Fitton irgend wie erbracht wäre. Dagegen 
stimme ich ganz mit Tyler überein, für Rosalinde in Love’s labours lost und die 
dunkle schönheit der sonette dasselbe urbild anzunehmen. Auf Mark Anton’s lob 
der dunklen stirn der schönen Kleopatra und Theseus’ verspottung der tollen ver- 
liebten, die auf brauner mohrenstirn Helena’s schönheit sehen, habe ich selbst früher 
schon hingewiesen. Tyler erinnert an Romeo's erste geliebte Rosaline, white 
and pale with black eyes, und bringt damit in zusammenhang, dass auch die 
Rosaline in Love’s labours lost ursprünglich nicht als dunkle schönheit gedacht 
gewesen sei; III. 2, 198 wird sie noch bezeichnet: „a whitely wanton with a 
velvet broad with two pitch balls stuck in her face for eyes“. Tyler glaubt an 
eine überarbeitung des lustspiels, und erst bei dieser sei Rosaline nach dem vor- 
bilde Mary Fitton’s umgestaltet worden. Dass für die princess of France und 
ihre ladies Elisabeth und damen aus ihrem hofstaate die vorbilder gewesen sein 
mögen, wird man Tyler gerne zugestehen können. An die doppelte redaktion 
der Verlornen liebesmühe dagegen will ich noch immer nicht recht glauben; 
wenigstens die scheinbare wiederholung V. 2, 827 und 847 darf man nicht als 
beweis dafür heranziehen. 

Die beziehungen der sonette auf Pembroke und Mary Fitton nachzuweisen 
hat ‘Tyler sich zur hauptaufgabe gemacht; er hat sich aber nicht darauf beschränkt, 
sondern auch eine reihe anderer fragen eingehend erörtert oder wenigstens angeregt. 
In sonett 86 ist von einem versemacher die rede, der Shakespeare die gunst des 
gefeierten freundes zu entwenden sucht. Nach Minto’s vorgang sieht auch Tyler 
in diesem rival poet Gg. Chapman; zu seiner verspottung habe Shakespeare, 
Troilus und Cressida geschrieben. Das letztere halte ich nach W. Hertzberg’s 
untersuchungen für völlig ausgeschlossen. In einem oder dem andern zuge mag 
eine spitze gegen den übersetzer der Iliade verborgen sein: aber die ganze tragi- 
komödie ist sicherlich nicht zur verspottung Chapmann’s oder der homerischen 
Griechen geschrieben worden. Was Tyler über Marston’s und Drayton’s ver- 


438 Litteratur 


hältniss zu den sonetten beibringt, kann als sichere ergänzung unserer kenntniss 
der Elisabethanischen dichter gelten. Weniger einverstanden wird man mit dem 
über Shakespeare’s philosophy in the sonnets gesagtem sein können. Tyler glaubt 
an eine einwirkung Giordano Bruno’s auf Shakespeare. Nach R. Beyersdorff’s 
gründlicher prüfung der viel erörterten frage (Oldenburg 1889) kann von solcher 
einwirkung nicht mehr die rede sein, es sei denn, dass sich die dichterische ein- 
bildungskraft daran erfreuen will, Shakespeare und Bruno einander gegenüber zu 
stellen, wie dies Heinrich v. Stein in dem tiefsinnigen dialoge „Denker und 
dichter (Helden und welt. Dramatische bilder. Chemnitz 1883) in so ergreifend 
schöner weise gethan hat. 
Breslau, Sept. 1890. Max Koch. 


Karl Theodor Gaedertz, Zur kenntniss der altenglischen bühne nebst andern 
beiträgen zur Shakespeareliteratur. Mit der ersten authentischen innern ansicht 
des Schwan-theaters in London und nachbildung von Lucas Cranach’s Pyramus 
und Thisbe. Bremen 1888. Verlag von C. Ed. Müller. 8. VIII und 79 S.! 
Pr.: mk. 2,40. 

Wir haben es hier mit einer der bedeutsamsten bereicherungen zu thun, 
die im laufe der letzten jahre der geschichte des englischen dramas zu theil ge- 
worden sind. Theils auf äusserst glücklichen funden, theils auf den ergebnissen 
einer sorgfältigen umschau in allen verfügbaren hilfsmitteln der forschung baut sich 
der inhalt des vorliegenden werkchens auf. Keine einzige der bisher erschienenen 
recensionen? hat versucht, dem verfasser auf seinen theilweise eigenthümlich ver- 
schlungenen pfaden nachzugehen und ihm aus einer selbstprüfung der werthvollen 
mittheilungen gerecht zu werden. Man verarge es mir darun nicht, wenn ich, 
.von der grösse des gewinnes ehrlich überzeugt, etwas nachdrücklicher auf diesen 
aufmerksam mache, als man sonst in bücheranzeigen beliebt. Namentlich halte 
ich es für nothwendig, die 1. und die 4. der fünf spenden zusammenzufassen und 
daraus ein gesammtbild zu formen, dessen konstruktion dem verfasser selbst nicht 
möglich war, weil ihm die materialien für den vorletzten abschnitt erst unmittelbar 
vor dem abschlusse in den schoss fielen. Dr. Karl Theodor Gaedertz, ein 
gelehrter, der an der königlichen bibliothek zu Berlin und auf tüchtig ausgenutzten 
studienreisen ausgedehnte bibliographische kenntnisse erwarb, war allerdings fast 
stets vom glück begünstigt, wenn er auszog, dunkle punkte in der neueren literatur 
durch unbekanntes, verstecktes, verschollenes zu erhellen. Aber eine gute dosis 


1 Das späte erscheinen dieser inhaltreichen anzeige erklärt sich dadurch, 

dass leider deren erste niederschrift durch die post in verlust gerathen war. 
Die red. 

2 Mir sind bekannt von 1888: W. Archer, A sixteenth century playhouse, 
The Universal Review nr. 2 june; Academy 840, June 9, p. 390 f. (K. Blind); 
Beilg. z. (Münchn.) Allg. ztg. nr. 172, 22. Juni (A. Weiss), Neue freie presse, 
Herbst (K. Blind); Notes and Queries 22. Sept. p. 221 f. (W. Rendle); Blatter 
f. lit. unterh. nr. 39 s. 616 f. (H. Lébner); Liter. centralbl. nr. 43, Okt. 20, 1489—9]1 
(W. Creizenach); von 1889: Herrig’s Archiv 82, 491—493 (J. Bolte); Shakespeare- _ 
jahrbuch 24, 165 (L. Préscholdt); Anglia 12, 206 f. (E. Flügel). 


K. Th. Gaedertz, Zur kenntniss der altenglischen bühne ete. 439 


wissenschaftliche kühnheit. eifer, rege umschau und sichere kombinationsgabe ver- 
mochten oft seine untersuchungen zu jenen zielen zu fördern, an denen wir so 
gern seinen fleiss und seine ausdauer begrüssen. . 

Das erste kapitel bringt unerwartete aufschlüsse „Zur kenntniss der 
altenglichen bühne“. Was wir hier lernen, ist, so beklagenswerth auch manche 
lücke in dem neuen material sein mag, nicht mit gold aufzuwiegen. Gaedertz 
entdeckte 1887 in einem auf der universitätsbibliothek zu Utrecht aufbewahrten 
manuskript in quart, das die aufschrift trägt: „A. van Buchell. Aantekeningen 
van den meest verschillenden aard; excerpten uit handschriften en boeken enz. 
enz.“, auf p. 132 ‘geteekende Afbellding van het theater genaand de Zwaan te 
London’. Dieser merkwürdigen abbildung, die Gaedertz in einem äusserst gut 
geratenen facsimile bietet, sind die worte „Ex obseruationibus Londinensibus 
Johannis de Witt“ untergesetzt. Die anfänglich an ort und stelle gehaltenen nach- 
forschungen ergaben für die ausbeutung dieser notiz wenig festes und brauchbares. 
Es gelang nur, als urheber dieser wichtigen zeichnung Johannes de Wit,! kanonikus 
von St. Marie zu Utrecht, am 1. Oktober 1622 zu Rom verstorben (Caspar 
Burman, Traiectum eruditum p. 451), festzustellen. Sein tagebuch über die von 
ihm unternommene englische reise aufzufinden schien undenkbar. Doch fand sich 
als ersatz eine erläuternde notiz des Arend van Buchell(ius), eines bedeutenden 
juristen und humanisten (1565—1641), der aus der handschrift des ihm eng be- 
freundeten de Witt die zeichnung des Schwantheaters kopirt hatte. Diese aus- 
lassung geht zweifelsohne auf die originalerklärung zurück. Erst nachdem Gaedertz 
Utrecht längst verlassen und sein büchlein bereits fertiggestellt hatte, glückte es 
dem universitätsoberbibliothekar P. Tiele und dem reichsarchivar S. Müller. will- 
kommene ergänzungen in weiteren Londoner reiseschilderungen, biographischen 
nachrichten und vielen briefen de Witt’s aufzustöbern. Gaedertz nahm diese noch 
als vierten abschnitt auf. Seine genaue nachvergleichung von daten und sach- 
angaben legte nun de Witt’s aufenthalt in London endgiltig auf den sommer 1596 
fest. Daraus erklärt sich auch der bedauerliche zufall, dass jener Shakespeare, 
den gerade damals in der heimat weilenden, nicht kennen gelernt und zum un- 
auslöschlichen dank der nachwelt geschildert hat. 

Wenden wir uns nun zu dem theaterbilde und der begleitenden an- 
merkung. Letztere erzählt, London besässe ‘amphiteatra IV visendae pulcritudinis’, 
‘von denen ‘duo excellentiora’ im süden jenseit der Themse lägen, ‘a suspensis signis 
Rosa et Cygnus nominata’. “Theatrorum autem omnium prestantissimum est et 
amplissimum id cuius intersignium est cygnus (vulgo te theatre of te cijn) quippe 
quod tres mille homines in sedilibus admittat’. Es seien, unter verweisung auf 
Bolte’s konjekturen in Herrig’s Archiv 82, 492, hier einige änderungsvor- 
schläge eingeschaltet. p. 6 zl. 12, möchte ich statt des verderbten ‘dispari et 
structura’ lesen ‘dispari exstructura (wozu mittellat. exstructor und exstructorius 
zu vergleichen), ebd. zl. 21 ‘nasutissimos quosque’ (gerade den gewieftesten) statt 
‘n. quoque’. In der s. 7 gegebenen übersetzung habe ich auszusetzen die wieder- 
gabe von scaena durch “handlung” statt durch “aufführung’, von Biscopgat durch 
‘bischofsstrasse’ (der appositionssatz bezieht sich doch auf portam!), von adser- 
uantur durch ‘gehalten werden’ statt ‘in obhut sind’ (mit dem nebengedanken der 
dressur), von ligneis suffultum columnis durch ‘von hölzernen säulen getragen’ statt - 


1 Vgl. van der Aa, Biographisch Woordenboek der Nederlanden XX, 340. 


440 Litteratur 


‘auf hölzernen säulen gestützt’, von ‘ob illitum marmoreum colorem’ durch ‘wegen 
der wie mit marmorstrichen überzogenen farbe’ statt “infolge der aufgetragenen 
marmorähnlichen farbe’. Bei der letzten besserung muss Gaedertz gegen Bolte's 
vorwurf des missverständnisses vertheidigt werden; ein solches liegt vielmehr 
seitens Bolte’s vor, während Gaedertz s. 12 angibt: „Das baumaterial bestand 
aus dem feuer- oder flintstein, der stark marmorirt ist mit weisslichen. leicht 
bläulichen, oft auf schwach gelb-röthlichen strichen. Dazu waren die säulen 
marmorähnlich bemalt.“ Diese kleinigkeiten richtig zu stellen, verlangt der wunsch, 
in der benutzung des neuen hilfsmittels ganz sicher zu gehen. Übrigens beinträch- 
tigen diese unbedeutenden unebenheiten das verständniss nicht. S. 7—18 entwickelt 
Gaedertz mit allseitiger Klarheit ausführlich und übersichtlich auf grund der ver- 
blassten federskizze bau und einrichtung des Schwantheaters. Wir heben als 
wesentlich folgendes heraus. Errichtet wurde das theater „in oder um 1593“. 
war ein Öffentliches und blieb mehrere jahrzehnte das umfänglichste London’. 
Im gegensatz zu den holzgebäuden verwandter bestimmung bestand es aus stein. 
Der innenraum war eirund (woraus sich nun Shakespeare Henry V., I chor. 13 
und Ant. and Cleop. V 2, 81, sowie Ben Jonson ed. Gifford, I 318 erklären). 
die eigentliche bühne und das stehparterre unter freiem himmel und drei- 
seitig von drei stockwerken für zuschauerplätze umgeben. Unten rechts und 
links des scenenraums sass die vornehme besucherschaft, in dem die rückwand 
bildenden gebäude befand sich zu ebener erde die garderobe, eine treppe hoch 
eine logenreihe für gönner, unbeschäftigte schauspieler und die musik („gegebenen 
falls wurde auch von dort aus mit agirt*, wie ich mir What vou will Ill 1, 
105 ff. Andrew infolge 2, 6 ff. denke!). Das zweite stockwerk zeigt hier 
— ausser zwei der bühne zugewandten fenstern (die m. e. im bedarfsfalle einen 
thurm fingiren konnten) — in einer dach- und umfassungsmauern überragenden 
höhe eine seitenthür, aus der heraustretend man also wie aus der vogelschau 
den strom und die stadt übersah. Hier steht ein trompeter, der eben bläst 2, wahr- 
scheinlich um damit ins stück eingreifend die ankunft eines fürsten anzuzeigen. 
kaum Gaedertz’ ansicht gemäss um den umwohnern des schauspielhauses „die 
laute ankündigung vom baldigem beginn der vorstellung* zu geben (wie es aller- 
dings sonst als eröffnungszeichen bezeugt ist). Denn „die vorstellung hat be- 
reits begonnen“, ja, es steht nichts der annahme im wege, dass schon eine reihe 
von auftritten vorgeführt worden sind. Drei personen zeigt das koulissen- und 
dekorationslose ‘proscenium’ eine herrin in weitem bauschig-faltigen gewande — 
dies ist trotz der von Gaedertz gerügten undeutlichen zeichnung erkennbar — 
und eine nahe freundin oder vertraute in der hoftracht der Elisabethanischen zeit 
sind im gespräch, als von rechts in raschem laufe ein bote auftritt, um den sicht- 
lich harrenden eine nachricht zu überbringen. Ein martialischer schnurr- und 
knebelbart kennzeichnet sofort seinen kriegerischen beruf. Leider fehlt jegliche 
erklärende notiz zu der aufgenommenen dramatischen scene, die de Witt sicher- 


1 So stellt es auch die musterwiedergabe der „Meininger“ dar. 

2 An seinem instrument hängt ein stofflecken mit dem eingearbeiteten 
bilde eines schwans: ein ebensolches ist auf der fahne. die auf dem obersten 
giebel dieses hintererundhauses weht. deutlich erkennbar. zugleich symbol des 
theaters und aufforderung zum eintritt (wie 7. b. auf eisbahnen in Mitteldeutsch- 
land noch heute). 


K. Th. Gaedertz, Zur kenntniss der altenglischen bühne etc. 141 


lich wie den ganzen riss während der vorstellung — vielleicht vom ersten rang 
rechts (Gaedertz meint, obwohl links personen eingezeichnet und die einzelheiten 
schärfer sind, vom zweiten rang links) aus — fixirte. Wenn Shakespeare’s 


„Macbeth“ nicht fast ein jahrzehnt jünger wäre, so möchte ich an Macb. I 4, 
31 ff. denken; eine durchmusterung aller erhaltenen bez. 1596 en vogue befind- 
lichen stücke der zeit möchte auf die spur helfen. Begnügen wir uns vorderhand 
mit der nicht genug zu bedankenden erweiterung unserer völlig brachen Kunde 
«ler Shakespeare’schen bühne, über die bis dato eigentlich nichts authentisches 
verwendbar war. Was ein Nicolaus Delius 1853 in der schrift „Über das eng- 
lische theaterwesen zu Shakspeare’s zeit“ s. 7—16 über die bühneneinrichtung 
zusammenfassend vorbrachte, kann nun erst kontrolirt bezw. modifizirt (vgl. 
Gaedertz s. 14 a. 15 u. s. 15 a. 17) werden, und was moderne praktiker wie 
graf W. Baudissin, Rud. Genee vermutheten, fällt fast ausnahmslos hintenab. 
Welche vage hypothesen noch jüngst — überdies nach Gaedertz’ veröffentlichung 
— im schwange waren, beweise beispielshalber der aus aller herren besitz zu- 
sammengeklaubte mosaikbericht bei J. G. Hagmann, „Die englische bühne zur 
zeit der königin Elisabeth“ (Hamburg 1889) s. 19 ff., der das gute aus Elze’s 
phantasie einer globustheater-vorstellung stiehlt.! Angesichts der bisherigen un- 
umschränkten herrschaft der krassesten irrthümer muss das grosse verdienst der 
Gaedertz’schen mittheilungen ganz besonders betont werden. Diese verfehlen auch 
nicht, in einer zeit, die die Shakespeare’sche bühneneinrichtung (auf dem Münchener 
hoftheater) theilweise neu aufleben und sogar theoretisch zurückverlangen ? sieht, 
auf „die einfachheit und schlichtheit“ jener hinzuweisen (s. 16). Mögen sie fürder 
klärend wirken und neue funde derart im gefolge haben! 

Um recht interessante funde handelt es sich auch in dem bereits berührten 
vierten abschnitte, den Gaedertz erst nachträglich seinem werkchen einverleibt 
hat. Auf ein zweites in Utrecht aufgekramtes handschriftliches excerpt des Arend 
van Buchell, „Ex obseruationibus Londinensibus Johannis De Witt“, gestützt, bringt 
er anziehende nachrichten Witt’s über ein ihn als Holländer interessirendes (s. 55) 
denkmal in der Westminsterkirche. Ausserdem erwächst ihm aus einer grossen 
zahl von briefen (6 originale an van Buchell, 48 an diesen und Lambert van 
der Burch in abschrift) und mannigfachem zerstreuten material eine fast lückenlose 
biographie des mannes, über den Gaedertz in einem satze charakterisirend sagt 
(s. 57): „Seine persönlichkeit ist an und für sich interessant, seine literarische 
thätigkeit bedeutend, zumal durch ein manuskript, das den namen Johannes de 
Witt nicht minder unsterblich machen wird, wie dies seine etwaige überlieferung 
von Shakespeare-nachrichten gethan hatte.“ Es kann hier nicht der ort sein, seine 
umfassende, epochemachende und auf jahrelangen gediegenen studien fussende 
„Wirksamkeit als alterthums- und kunstforscher“ genauer zu verfolgen. Er muss 
auf diesem gebiete einen rastlosen wissensdurst besessen haben, wenn man die 
fortwährenden hinweise auf frisch angeeignetes liest. Seine ausarbeitungen sind 
spurlos verschwunden, kein nachruf meldet von ihm. Gaedertz fordert s. 64 mit 
nachdruck eine energische enquéte nach diesen schätzen, unter denen er nament- 

1 Vgl. meine recension in den „Blättern für liter. unterhaltung“ 1890 
nr. 39 s. 621; s. auch Carriere, Die poesie? s. 596 f. 

2 Vgl. z. b. Rud. Genée, Die entwickelung des scenischen theaters und 
die bühnenreform in München (Stuttg. 1889). 


442 Litteratur 


lich ein von de Witt mehrfach erwähntes gesammtverzeichniss der maler und ge 
mälde (Coelum Pictorium) hervorhebt. Nach meinem dafürhalten würden sich 
aber die originalschilderungen seiner fahrten in die englische und in die fran- 
zösische residenz einen noch höheren rang erringen. Sie müssten uns gewiss das 
ganze Londoner bildungs-, geistes- und literaturleben jener jahre in all seinen 
zahllosen reichen lichtstrahlen wie in einem brennpunkte zusammenfassen und 
ahnen lassen, wie farbenprächtig es in der äusseren kunstwelt aussah, die einen 
Shakespeare gebar und mit luft und sonnenschein versorgte. Einen matten ein- 
blick in diese verlorene fille gewähren die von Gaedertz p. 65— 75 abgedruckten 
briefe de Witt’s. Gaedertz selbst aber verlangt nicht zu viel, wenn er als der, 
der „den ersten fingerzeig gegeben“, „dem zukünftigen beneidenswerthen heraus- 
geber nahen“ möchte (s. 64) mit den worten des Johannes de Witt: „In hisce 
tuis curis etiam nominis nostri memineris. Immortalem me plane eo modo et 
divinum efficies.“ 

Den zweiten hauptbestandtheil des Gaedertz’schen buches bildet eine „Zum 
zwischenspiel im Sommernachtstraum “ betitelte abhandlung, die trotz 
ihres geringen umfanges von 11 seiten eine wahre fülle von anregungen bietet. 
Im British Museum geriet Gaedertz ein wie folgt überschriebener vierblattdruck 
in die hände: “Ein kurtze Vermanung, vleissig zu bitten für vnsern Keyser, Fürsten, 
Graffen vnd herrn, das sie ytzt zu Speyer auff dem Reichstag entlich etwas 
Christlichs möchten beschliessen vnd ausrichten. Johan. Sauroman’. Dieser kleine 
theologische traktat ist den bibliographischen kompendien sowie den kirchenge- 
schichtlichen und historischen einzelstudien völlig unbekannt geblieben; nur von 
Joh. Gottfr. Weller, dem herausgeber von „Altes aus allen Theilen der Geschichte, 
oder Alte Urkunden, alte Briefe und Nachrichten von alten Büchern mit an- 
merkungen“ (Chemnitz 1762, 6. stück) fand ihn Gaedertz auf s. 793 angeführt. 
Der undatirte druck ist auf den inhalt hin mit sicherheit ins jahr 1526 zu setzen 
und ging nach der schlussnotiz aus der berufenen offizin von Georg Rhau in 
Wittenberg hervor. Uns interessirt aber der druck lediglich wegen des titelholz- 
schnitts. Der text des ersten blattes ist nämlich „einem in renaissancegeschmack 
ornamentirten sockel oder denkstein, der sich inmitten einer landschaft erhebt“ 
gleichsam eingeprägt. Gaedertz macht es über alle massen wahrscheinlich, dass 
J.ucas Cranach’s eigene hand oder wenigstens unmittelbare anleitung diesen höchst 
kunstvoll erdachten holzschnitt ausgeführt hat. Darüber mag ein fachmann ent- 
scheiden. Jedenfalls kennt man wenigstens drei anderweitige gestaltungen des- 
selben stoffs durch Cranach, und dieser stoff ist nun die schlussscene der fabel 
von Pyramus und Thisbe.! Gaedertz’ nächstes ziel ist die sichere annahme 
eines vor jener flugschrift erschienenen buchs über Pyramus und Thisbe. Er 
folgert in dieser weise: der grosse eigenartige holzstock, dessen man zu jenem 
schnitt bedurfte, kann von einem manne wie Cranach oder Cranach’scher schule 
nicht „für ein kirchenpolitisches pamphlet“ ersonnen, ebensowenig von dem ver- 
leger nur für diesen angesichts der beabsichtigten weiten verbreitung billig an- 
gesetzten verlagsartikel riskirt worden sein; ausserden zeigt die vorliegende typo- 


1 Gaedertz hätte als grundsätzliche stütze seines verfahrens H. Green, 
Shakespeare and the Emblem-Writers (1868) heranziehen können, der z. b. bei 
Seb. Brandt u. a. die quelle für eine grosse zahl Shakespeare’scher bilder, sentenzen 
und ausdrücke, namentlich auch sagenartiger, nachweist. 


K. Th. Gaedertz, Zur kenntniss der altenglischen bühne etc. 443 


graphische wiedergabe (bei Gaedertz getreu reproducirt) „spuren der abnutzung, 
die auf einen vorhergegangenen starken gebrauch hindeuten“, und letzterer war 
eben hier bloss eine art abklatsch. „Jene alte, verlorene oder hoffentlich nur 
verschollene bearbeitung der Pyramus- und Thisbe-fabel war vielleicht die quelle 
für Shakespeare’s zwischenspiel im Sommernachtstraum.* Gaedertz stützt diese 
vermutung auf folgende thatsachen. Die beiden ersten verlagsartikel des nach- 
mals berühmten Londoner buchdruckers und -händlers Richard Tottel(l), aus dem 
jahre 1553, tragen auf dem titelblatt jenen von Sauroman’s „Vermanung“ be- 
kannten holzschnitt, mit geringfügigen abweichungen, die sich aus benutzung 
einer nach dem deutschen originalstock hergestellten neuen platte erklären liessen. 
Dieser holzschnitt wird gewisslich von dem jungen verleger nicht für den titel- 
schmuck jener inhaltlich ganz andersartigen werke hergestellt worden sein. Er 
zierte zweifellos eine schrift, die die geschichte von Pyramus und Thisbe be- 
handelte, wahrscheinlich eine übersetzung jenes angenommenen Rhau’schen ver- 
lagsartikels. Dass eine solche existirte, wird wahrscheinlich durch das fehlen 
des holzschnitts auf den neuauflagen jener beiden werke von 1557 bezw. 1561 
sowie auf allen sonst nachweisbaren Tottel’schen verlagsartikeln, insbesondere 
den 1557 erschienenen „Songes and sonettes written by the right honorable Lorde 
Henry Howard late Earle of Surrey“,? wo es p. 16b heisst: 
With vapord eyes: from whence such streames auail 
As Pyramus did on Thisbes brest bewail. 

Es ist nun im register der Londoner buchhändlergilde für 1562 ‘the boke of 
Perymus and Thesbye’ als von der censur durchgelassen notirt, und Warton- 
Hazlitt, Hist. of engl. poetry IV 297 bemerkt über dieses — nicht erhaltene — 
werk: „copied perhaps in the Midsummer Nights Dream. I suppose a translation 
from Ovid’s fable of Pyramus and Thisbe“. Erschienen ist es bei Thomas Hacket, 
der öfters für sich auch bei Henry Denham drucken liess, der wiederum auch 
für Tottel’sche verlagswerke, z. b. Painter’s „Palace of Pleasure“ (1566 f.) den 
druck besorgte. Es ist z. b. nicht ausgeschlossen, dass dieser Denham 1553 
jenes boke für Tottel und 1562, nach ablauf des privilegs, für Hacket druckte 
und dass dieses werk von Shakespeare benutzt wurde. Denn Shakespeare hat 
aus A. Brooke’s “The Tragicall Historye of Romeus and Juliet’ (1562) den stoff 
seiner tragödie entlehnt und aus dem erwähnten „Palace of Pleasure“ mehrfach | 
die grundlage der dramatischen fabel geborgt: beide werke aber sind bei Tottel 
erschienen. Dasselbe gilt von der erwähnten Surrey’schen sammlung. Shakespeare 
spielt auf sie an Merry wives of W. I ı, 205 f.: ‘I had rather than forty shil- 
lings, Ihad my Book of Songs and Sonnets here’. Letztere, Gaedertz entgangene 
thatsache zieht mehr als die von ihm angeführte, dass die verleger der 1. quarto 
des Midsummer night’s dream und der fünf Hamlet-quartausgaben in derselben, 
der Fleetstreet wohnten wie Tottel; denn bekanntlich sind alle diese drucke un- 
rechtmässig. Diese reihe von neuen fakten und hypothesen ist gewiss äusserst 
interessant, aber kaum doch ohne weiteres anzunehmen. Betont werden soll 
hier im gegensatz zu den meisten recensenten des Gaedertz’schen buches, dass 
seine annahme durchaus möglich und nicht mit billigem spotte blind abzuweisen 
ist. Um ein hauptargument dagegen anzuführen, so ist nicht beachtet, dass Shake- 

2 Vgl. die Chemnitzer programmabhandlung von H. Fehse, Henry Howard 
Earl of Surrey (1883). — Die obigen verse sind in Schwabacher lettern gedruckt! 


444 Litteratur 


speare’s übliche quelle für antik-mythologische stoffe Arthur Golding’s 1567 e- 
schienene übersetzung von Ovid’s Metamorphosen war,! die er stets nach seinem 
grundsatze, den ersten bequemen stoff aus der nächstliegenden quelle zu entlehnen. 
heranzog. Ausserdem standen Shakespeare in den originalen englischen litteratur- 
werken des 16. jahrhunderts vielfache erwähnungen der geschichte von Pyramus 
und Thisbe zu gebote, aus denen er sachliche .nahrung für seine vortreffliche 
parodie? saugen konnte. Ausser der angezogenen stelle in Surrey’s sammlung, 
die er erwiesenermassen kannte, mochten ihm, dem verehrungsvollen freunde alles 
volksthümlichen und insbesondere auf dem felde der poesie, jene lieder aus dem 
zweiten und dritten jahrzehnt des jahrhunderts geläufig sein, die neuerdings 
E. Flügel aus seiner reichhaltigen abschriftensammlung mitgetheilt hat.3 Über- 
haupt wird die Pyramusfabel in England vorher noch des Öfteren bearbeitet 
worden sein, wie ja auch z. b. 12 jahre nach Shakespeare’s tode von dem zehn- 
jährigen Abraham Cowley in „an epical romance written in a six-line stanza of 
his own invention*.4 Auch Shakespeare selbst hielt offenbar den (ausser durch 
Gower früh auch schon durch Chaucer in der ‘Legend of good women’® ver- 
wertheten) stoff für so allgemein bekannt, dass er Tit. Andr. II 4, 40 und Rom. 
and Jul. II 4, 45 verschiedene personen bezügliche anspielungen in den dialog 
einstreuen lassen kann. Als weiterer beleg für die beliebtheit stehen hier noch 
die folgenden verse aus einem damals entstandenen gedichte ‘Love's Solace’: 
Be thou my lovely Pyramus, | I le be thy constant Thysbe. ® 
Eine grosse sammlung von beispielen, auch englischen für den äusserst mannigfaltigen 
ausbau des Pyramusmärchens während des mittelalters gedenke ich demnächst 
vorzulegen, gelegentlich einer ergänzung des bei G. Hart, Ursprung und verbreitung 
der Pyramus- und Thisbesage (I. 1889), zusammengetragenen materials. Auch 
Gaedertz, der sich bereits 18817 mit vorstudien zu einer abschliessenden arbeit 
über die Pyramusfabel beschäftigte, verfügt über vielerlei neues. Er gerade durfte 
eine hypothese von oben beschriebener tragweite aufstellen, wo er den Pyramus- 
stoff seit jahren unter der feder hat und in England selbst gründliche nachsuchung 
hielt. Der theoretische und prinzipielle werth sei besonders gern anerkannt. 

' Allerdings übertreibt W. Davenport Adams, Dictionary of engl. lit. p. 392: 
in the burlesque interlude of Pyramus and Thisbe, allusion is apparently (!) made 
to Golding’s translation of Ovid’s Metamorphoses. 

2 Diesen gesichtspunkt muss man im auge behalten (was Gaedertz leider 
übersah). Gerade er erweckt doch manchen zweifel an der benutzung eines 
buches, wie es Gaedertz vermuthet. Denn Shakespeare wollte eben die herrschaft 
des mythologischen firlefanz im zeitgenössischen schriftthum karikiren. An welches 
vor-Shakespeare’sche drama Max Koch, Neuausg. des Schlegel-Kaufmann-Voss’schen 
Shakespeare (Cotta), Il 239 denkt, weiss ich nicht. 

3 Anglia X 13—20 und 631 (wonach als möglicher ausgangspunkt Gowers 
Confessio Amantis III erscheint). 

* The Encyclopaedia Britannica ?V1 532a, wo das gedicht nicht günstig 
beurtheilt wird. 

5 Zuerst gedruckt bei Urry p. 343; vgl. Canterbury Tales v. 4483. 

8 The Roxburghe Ballads ed. by Ch. Hindley II p. 275. 

7 Gabriel Rollenhagen, sein leben und seine werke. s. 14 und 84—98. 
Vgl. Zur kenntniss d. altengl. b. s. 25. 


D. Defoe, The Compleat English Gentleman, herausgeg. von Bülbring 445 


Das dritte kapitel des büchleins bringt hübsche glossen „Zu Washington 
Irving's Skizzenbuch* und zwar zu dessen glanzstelle, dem berichte über 
Stratford! am Avon. Gaedertz besuchte das städtchen ende August 1886 zur 
erholung von halbjähriger bibliotheksarbeit in London, Oxford und Cambridge. 
Hier ward ihm von dem bibliothekar in Shakespeare’s geburtshaus, Richard 
Savage, ein manuskript vom jahre 1828 zugänglich, das Irving’s (der 1815, 1821 
1831 ‘Shakespeare’s birthplace’ besuchte) text nebst 37 abbildungen und vielen 
anmerkungen von kapitän James Saundes’ (gest. Juli 1830) hand enthält. Saundes’ 
kommentar setzt sich aus zahlreichen einzelerläuterungen zusammen, die auf ge- 
nauester orts- und menschenkenntniss Stratford’s und denkender belesenheit in 
Shakespeare’s dramen beruhen. Manches davon ist für die Shakespearephilologie, 
anderes für die geschichte der neuenglischen litteratur recht belehrend, so die mit- 
theilungen über Mary Hornby und über Sir Thomas Lucy’s park sowie über das 
Lucy-spottgedicht des lokaldichters John Jordan (1746—1809),? endlich zwei 
nette chronikale aufzeichnungen in Savage’s tagebuch. 

Den schluss des werkes bildet ein nachtrag „Zu Cohn’s ‘Shakespeare 
in Germany’. Gaedertz, der gründliche monograph Gabriel Rollenhagen’s, 
verfolgt hier das von ihm ermittelte abhängigkeitsverhältniss eines in dem ‘Ander 
Theil der Englischen Comoedien vnd Tragoedien’ (1630)5 Eev—Ffv abgedruckten 
kleinen singspiels zu 4 personen von Rollenhagen’s ‘Amantes amentes’,* wie ganz 
klar ein vergleich des hier kurz erzählten inhalts mit dem Gaedertz, Gabr. Rollenh. 
s. 19—33 gebotenen auszug ergibt. Selbst ganze wendungen, insbesondere spruch- 
artige, ja scenarische angaben sind wörtlich herübergenommen. Hier zeigt sich 
also (was Gaedertz auch für andere erzeugnisse der “englischen comödianten’ ver- 
muthet) ableitung aus deutscher quelle, die dem grossen Briten und seinen lands- 
männischen zunftgenossen nicht tributpflichtig ist. 

Alles in allem: die veröffentlichung des dr. Gaedertz ist nach wahrster 
gebühr entschieden den anerkennenswerthesten thaten auf dem gebiete der neueren 
Shakespearekunde beizuzählen. Nur die wenigsten verstehen glücksfunde auch 
so eifrig und geschickt auszunutzen. 

Nachtrag. Zwei umstände, die vielleicht mittelbar für Gaedertz’ an- 
nahme eines deutschen buches über die Pyramusfabel sprechen, sind auch: 1) der 
auffallende anklang des deutschen Hamlet-dramas des 16. jahrhunderts an Shake- 
speare’s Pyramus (vgl. R. v. Liliencron, Deutsche rundschau, Nov. 1890, s. 291). 
2) J. Spangenberg, Evangelia dominicalia in versiculos versa, Wittenberg 1539, 
gedruckt und verlegt von Georg Rhau, enthält eine ganz andere, obwohl eben- 
falls der sagenwelt des klassischen alterthums entnommene titelbordüre. 


Leipzig, Sept. 1890. Ludwig Fränkel. 


1S. 33 ist im titel aus versehen Statford gedruckt. 

2 Vgl. Elze, W. Shakespeare s. 120 u. nachträge dazu. 

8 Der sog. ‘Liebeskampff” (vgl. Creizenach’s ausg. der ‘Schauspiele d. engl. 
komödianten’, Stuttg. 1889, p. CVII ff.). Vgl. R. Köhler im Shakespeare-jahrb. 


1, 406. 
4 Im Literar. centralbl. 1888 p. 1491 ist hier irgend etwas missverstanden. 


446 Litteratur 


The Compleat English Gentleman. By Daniel Defoe. Edited for the First Time 
from the Author’s Autograph Manuscript in the British Museum, with Intro- 
duction Notes, and Index. By Karl D. Bülbring, M. A., Ph. D. London 
Published by David Nutt. MDCCCXC. (LXXXIV + 295 s. 8°). 

Daniel Defoe gehört zu den bekanntesten und zugleich unbekanntesten 
schriftstellern der neueren zeit. Sein name ist als der des verfassers des welt- 
berühmten Robinson Crusoe in aller munde, und doch ist es noch heut zu tage 
ausserordentlich schwierig, sich ein richtiges und einigermassen vollständiges bild 
der persönlichkeit und des litterarischen wirkens des interessanten und seltsamen 
mannes zu machen. Die gründe liegen allerdings zum theil in den äusserst engen 
beziehungen, welche zwischen seinen schriften und der geschichte seines vater- 
landes zu seiner zeit obwalten, doch sehr viele schwierigkeiten des richtigen 
verständnisses bereitet auch der persönliche und schriftstellerische charakter des 
mannes selbst. Daher ist alles, was über sein leben und seine meinungen neue 
aufschlüsse geben kann, als sehr schätzenswerthe gabe aufzunehmen , besonderen 
dank aber verdient es, dass der herausgeber der vorliegenden, bisher ungedruckten 
schrift Defoe’s uns auslassungen desselben bietet, welche ein, wie der titel zeigt, 
sehr wichtiges kulturhistorisches thema betreffen und, wenn nicht erschöpfend und 
durchaus abgerundet, doch ausführlich und eingehend sind. 

Die einleitung des herausgebers umfasst 75 seiten (IX—LXXXIV), wovon 
aber nur 22 auf die einleitung im engeren sinne kommen, das übrige gibt eine 
sehr schätzenswerthe ergänzung zu dem von Defoe selbst behandelten gegenstande, 
eine art historischen unterbau dazu, nämlich eine „History of the meanings of 
the word „gentleman“ und „The education of the upper classes of England in 
former times“. Diese partien sollen hauptsächlich den leser in den stand setzen, 
die Defoe’sche abhandlung voll zu würdigen, und von diesem gesichtspunkte aus 
erscheinen sie in der that namentlich für einen Nichtengländer sehr nothwendig. 
wenn sie auch für den, welcher sich fachmännisch etwa mit der geschichte der 
pädagogik jener zeit beschäftigt, vollständige auskunft weder bieten können noch 
wollen. In der eigentlichen einleitung bestrebt sich der herausgeber mit dem 
besten erfolg, seinen lesern die sicherheit zu geben, dass sie einen völlig authen- 
tischen text des berühmten autors in der hand haben. Sein verfahren bei der 
wiedergabe hatte mit nicht geringen schwierigkeiten zu kämpfen, muss aber durch- 
aus gebilligt werden. Mr. Bickley, beamter des Britischen museums, hat die ab- 
schrift angefertigt und der herausgeber die urschrift bei der korrektur der druck- 
bogen genau verglichen. 

Dass herr Bülbring sich nicht auf vermuthungen eingelassen hat, warum 
Defoe die schrift nicht habe drucken lassen, gereicht ihm nach des ref. ansicht 
zum lobe. Begonnen worden ist der druck, denn der erste druckbogen ist vor- 
handen und liegt dem manuskript bei, ein glücklicher zufall für den entzifferer 
des nichtgedruckten. 

Der text geht bis seite 278, hierauf folgen noten des herausgebers (und 
Mr. Bickley’s), dann der index. Was die anordnung des Defoe’schen textes an- 
belangt, so scheint es dem referenten, als ob die beiden introductions, welche 
der herausgeber in seine einleitung verwiesen hat, so gut wie die dem text vor- 
angestellte eben hier hätten ihren platz finden können. Es sind nämlich von 
Defoe ihrer drei entworfen worden, von denen herr Bülbring aus inneren gründen 
die zweite als die schliesslich zum druck bestimmte angesehen hat, der alte druck- 


W. D. Whitney, The Century Dictionary A47 


bogen aber beginnt mit dem anfange der eigentlichen abhandlung nach der intro- 
duction. Wichtig ist die sache freilich nicht, da ja thatsachlich alle drei introduc- 
tions vorhanden sind und nur unaufmerksame Jeser irregeführt werden können. 

Da referent meint, nur Bilbring’s, nicht Defoe’s leistung besprechen zu 
sollen, sei nur gesagt, dass der ,Compleat English Gentleman“ ein überaus 
interessantes buch ist, nicht allein fir den gelehrten, den ernste forschungen zu 
ihm führen werden, sondern auch unterhaltend durch den glänzenden stil und die 
vielen eingestreuten anekdoten und apophthegmen. 

Die ausstattung des buches ist in jedem betracht musterhaft. Möchten 
wir in diesem punkte von den Engländern noch recht viel lernen ! 


Breslau, Oktober 1890. Felix Bobertag. 


The Century Dictionary. An Encyclopedic Lexicon of the English Language. 
Prepared under the superintendence of W. D. Whitney, Ph. D., Professor of 
Comparative Philology and Sanskrit in Yale University. In Six Vols. Vol. I. 
New-York: The Century Company; London: T. F. Unwin. Pr.: mk. 


To all serious students of our language, whether on its literary or on its 
philological side the appearance of a large English dictionary, edited by a com- 
petent scholar, must be an important event hailed with delight and welcomed 
with keen interest. It is true that in England the Philological Society and the 
Oxford University Press are giving us the ,New English Dictionary“, which is 
making steady and satisfactory progress, and which is characterised by a work- 
manship so perfect that there remains nothing to be desired, whether one look 
for comprehensiveness of scope or accuracy in detail; still it must be admitted 
that there is plenty of room for an English dictionary written by American 
scholars and intended especially for the use of the American public. The circum- 
stances of life in the United States, the geographical conditions, the social and 
political institutions, differ in so many respects from the familiar circumstances 
of the old country, that there have necessarily arisen many words quite foreign to 
English ears, and many special or technical uses of words quite unknown on 
this side of the Atlantic. And besides, when scholars in England consider how 
wide is the subject of English lexicography and how it bristles with difficulties, 
they are ready to give a hearty welcome to any scholars, coming from any quarter, 
who promise to add to our knowledge, and to help us in clearing up some of 
the many doubtful points which have long waited for solution. 

The sixth part of this grand undertaking already lies before us in a magni- 
ficent volume of 1,200 pages, printed in 3,600 columns, the size of the printed 
page being as nearly as possible the same as in the „New English Dictionary“. 
The last word in the first volume is „Conocephalitidae“ ; the Oxford dictionary, 
it may be noted, in its first volume of 1,240 pages does not get so far as this, 
the volume containing simply A and B. The publishers may be heartily con- 
gratulated on the external appearance of this very handsome book. It is quite 
evident that no expense has been spared to make the work as attractive as pos- 
sible to the general public. The paper is remarkably good and pleasant to the 
eye, the type is excellently clear, and the illustrations (one of the special features 


448 Litteratur 


of the book) are beautifully executed. We are told in the Preface, signed by 
Prof. Whitney that the idea of the Century Dichonary (henceforth designated by 
us C.) originated about eight years ago, when it was proposed to adapt the 
„Imperial Dictionary“ to American needs. ‘The plan was to construct a general 
dictionary of the English language which should be serviceable „for every lite- 
rary and practical use“, containing a collection of technical terms and, in addition 
to the strict definitions, such encyclopedic matter with pictorial illustrations as 
would constitute a convenient book of general reference. As regards the voca- 
bulary, the Preface tells us that C. ,is designed to be a practically complete 
record of the main body of English speech from the time of the mingling of 
the old French and Anglo-Saxon to the present day“; that it therefore includes 
Middle English words, words of the sixteenth and seventeenth centuries, and a 
large number of dialectical and provincial words. Prof. Whitney tells us that 
the etymologies, have been written anew, in accordance with the established 
principles of comparative philology, and that there is given in this dictionary 
for the first time the history of many words of which the etymologies were 
previously unknown or erroneously stated. 

Such is the plan of the work; let us take now a few points, in order that 
we may be able to judge in some measure how the plan has been carried out. It 
must be allowed that in comprehensiveness of vocabulary C. surpasses every 
dictionary of the English language already completed. As compared with the 
Oxford dictionary we should judge, as far as we have been able to go into the 
matter, that C. does not fall very far short of that magnificent Thesaurus in the 
number of Main Words recorded in alphabetical order. We have noticed some 
omissions of words which appear in the Oxford dictionary, but we need not 
attach much importance to such sins of omission, as the words left out are mostly 
words quite lately imported into England from remote lands in various parts of 
the world, and of extremely rare occurrence in general literature. 

One of the weakest points in the American dictionary is the supply of 
quotations; the ‚value of the book would hardly have been impaired, if this 
feature had been entirely absent. The quotations have the appearance of having 
been put in here and there rather for the sake of ornament, for the look of the 
thing, than for any real help they give to the understanding of the word treated. 
In truth, the supply of quotations is poor and meagre in the extreme. A very large 
proportion of the most important words are not illustrated by any quotation or 
vouched for by any literary evidence whatever, or are only provided with one 
or two quotations of no significance, snatched up at random from some modern 
writer. All the quotations are undated, and most of them are furnished with 
references absurdly vague, and perfectly useless for the purpose of verification 
or of accurate study. No attempt has been made to give a chronological ,catena* 
of passages, or to make the word tell its own history by a carefully selected 
array of quotations. It is hardly necessary to say how vastly superior is the 
Oxford dictionary in this respect! Perhaps the most valuable feature to be 
noted in the „New English Dictionary“ is the abundant supply of carefully 
selected quotations, provided with exact dates (of authorship and edition), and 
minutely accurate references to title of work, volume, page, line, arranged in 
chronological order, and serving to illustrate every special meaning of the Main 
Word. Here we have the perfection of scholarly workmanship. 


The Century Dictionary 449 


We night have expected perhaps that C. would have provided the pecu- 
liarly American word „Britisher“ with an illustrative quotation, but we are left quite 
in the dark as to when and where this colloquial term for an Englishman began 
to be used. The only quotation for ,brand“ a sword is taken from Tennyson’s 
»Morte d’Arthur“, although the word has a many-centuried history in English, 
occurring in this sense in the ,Beowulf*, and continuing in poetical use to the 
present day. The only quotation given under ,Burgher“ is taken from the In- 
troduction to „English Guilds‘ (E. E. T. S.), which was written in 1870. We 
will just give a few instances of some hopelessly vague and perfectly useless 
references: Longfellow, „London Times“, Chesterfield on p. 1118 col. 1; Dryden, 
Stillingfleet, Thackeray, Southerne, „London Times* on p. 1122; Addison’s 
„Spectator“, ,Quarterly Review“ on p. 859; Whewell on p. 857; Irving on 
p- 856; Dickens on p. 1163; Is. Taylor on p. 1129. Blackwood’s Mag., Jer. 
Taylor on p. 1181. 

And now we come to the strictly etymological portion of the American 
dictionary — the part which deals with the form-history of the words, and with 
their relation to cognates in the related languages. To our thinking, it would 
have been a great advantage to the dictionary if all the Comparative Philology 
had been left out; it takes up an immense amount of room without adding one 
iota to the scientific value of the book. We find here no evidence whatever of 
independent investigation; and after a good deal of careful examination we are 
unable to report one single instance of a successful original etymology. We have 
been unable to discover any instance even of an advance made in the direction 
of the solution of a difficult phonological problem. If any one will take the 
pains to compare what pretends to be etymological exposition in C..with the 
admirably neat and scholarly workmanship of Dr. Murray in the ,New English 
Dictionary“ and of Prof. Kluge in his ,Etymological Dictionary of the German 
Language“, he will see at once by the contrast how vague is the exposition, 
how careless and slipshod the arrangement, how inaccurate the scholarship, so pain- 
fully apparent on nearly every page of the American volume. There is no sign 
whatever that any one of the editors has taken the trouble to master the rudi- 
ments of Indogermanic, Germanic, or Romanic philology; the doctrines of the 
new school of philologists as taught by Brugmann, Osthoff, Stolz and many 
others do not seem to have dawned upon the Centurions. Dr. Murray and Prof. 
Kluge in giving the etymology of a Teutonic word always attempt with the aid 
of the cognate forms to rise to the Germanic type, and having ascertained this 
they rise by similar comparison of cognate forms to the pre-Germanic type; the 
whole statement being made methodically, with a beautiful clearness. How far 
removed is this excellence from what we find in C.! Again and again the student 
will meet with some venerable absurdity, which one had hoped kad long ago 
vanished from the etymological dictionary. This weakness of C. in comparative 
philology is all the more surprising as America can boast of some English 
scholars well trained in Germany in scientific method. It is a pity that Dr. Whitney 
could not have summened to his assistance Dr. A. S. Cook, his colleague in 
Yale University, the learned collaborateur of Prof. Sievers. 

As evidence in support of this adverse judgment a few instances must suffice. 
And first let us take some errors in Teutonic phonology. 

Adder: C. gives the original quantity of the stem vowel of this word 

E. Kölbing, Englische studien. XV, 3. 29 


450 Litteratur 


as short; surely OE. »eddre represents an older wédre, corresponding to OHG. 
nätara, OS. nddra, see Sievers, 230, Kluge’s Dict. Amaze: C. traces the word 
back only as far as ME., however OE. amasod (pp.) occurs in Wulfstan’s Ho- 
milies, ed. Napier, p. 137. Bad: C. states that this word appears to exist in 
some OF. local names; it is a pity that these local names are not mentioned. The 
word dad is connected by C..with OE. orpede — an etymology suggested some 
years ago by Leo. and alleged by C. to be the only etymology that fairly satis- 
fies the phonetic and historical conditions; this is an unlucky pronouncement. 
as no argument in favour of the connexion of the word dad with OE. orped 
‘grown up, bold, strenuous’ can be brought forward either from equivalence of 
form or probable development of meaning. The treatment of dad in C. is shock- 
ingly confused and slipshod; the compiler actually makes an attempt to reconcile 
Prof. Zupitza’s possible derivation of dad from OE. deddel with Leo’s wild and 
utterly unsatisfactory conjecture. Barrow: C. equates this word with Olr. 
örigh ‘mountain’, these words however cannot be precise phonetic equivalents. 
as the vowels do not exactly correspond; darrow, from OE. deorz is from an 
Indg. root dAergh, whereas Olr. drigh is from the weak stem dArg%. The sign 
of equality as employed in C. has an extremely loose and vague signification. 
Very often it denotes nothing more than some remote relationship between forms. 
Bio-: C. states that OE. cwicu, E. guick = Goth. kwius; this equation leaves 
the second ¢ in cwicz wholly unaccounted for; with the second guttural of OE. 
ewicu compare the Latin forms vivo = *veigvo and its perfect vixi = "veigsei. 
Bird: C. suggests that did may stand for *dyrd from OE. deran ‘bear’; this is 
an absolutely impossible etymology, as the forms in the oldest texts prove that 
the original stem vowel was 7, and not y (from z). Blight: C. states that the 
first certain instances occur in Cotgrave and Sherwood, 17th cent.; surely there 
can be no doubt that the word ddight occurs in the form ddectha in the Corpus 
Glossary, one of the oldest English texts. Board: C. states that „another form 
of OE bdord appears transposed in OE. dred“, this is an inexact account 
of the matter: C. seems to assert that we have here only an instance of meta- 
thesis of the liquid; dord and éred are really in ablaut relation, and we have 
here a change of grade. Booth: C. derives this word from Old Danish "doch; 
surely the original vowel must have been long, as is proved both by the Eng- 
lish form, and by MHG. dwde. Bosom: C. connects this word with OE. doh 
‘arm’, explaining dosom as the space between the two arms: this is hardly a satis- 
factory etymology, as the meaning of the Germanic *dogaz cannot be proved 
to have ever been ‘the fore-arm’, but seems to have been ‘the shoulder, upper 
arm’: it is difficult to connect OE. 50% with its meaning of ‘shoulder’ with OE. 
bdsm meaning ‘breast’. But a still more serious objection to this etymology is 
that it leaves without explanation the latter part of the word, as -sma is not a 
known Germanic suffix. Bread: probably. according to C., from the root of 
bréowan ‘brew’, this explanation cannot be correct as the word dread originally 
was not applied to the substance, but appears to have meant first ‘piece. bit, 
fragment’; the root of OE. dread, Germ. *draudas apparently had the sense of “break”. 
Breast: C. says the origin has been sought in the root which has given OE. 
berstan, mod. E. durst; this conjecture belongs to the prescientific stage of ety- 
mological enquiry; any connexion between OE. drcost and OE. derstan is quite 
out of the question, as the two words belong to different vowel-series. Breeze: 


The Century Dictionary 451 


supposed, according to C., to be an irregular reduction of *drimsa; the OE. 
forms of dreeze ‘gad-fly’ are bréosa, briosa, briusa (see Sweet's OET.); the word 
brimse ‘gadfly’ is not found in an English text before the 16th. cent.; there 
appears to be no ground whatever for supposing any connexion between the 
two words breeze and drimse (see Kluge, s. v. dveme). Bridegroom: C. derives 
the word with inserted 7 from ME. dridegome; the fact is that groom has no 
etymological connexion with ME. gome whatever. and the two words have per- 
fectly distinct meanings; ME. gome = OE. guma, Germanic hase guman- ‘a man’, 
whereas ME. grome = Icel. grömr, Geim. type gromaz ‘a lad, stripling’ (see 
Mätzner). Bridle: C. says „root unknown“; surely there can be no doubt that 
OE. dridel, brigdil is from the root of dregdan ‘to pull, twitch’, so OHG. Drittel 
is from OHG. éretian. Brim: C. confuses together two perfectly distinct words; 
OE. érim ‘the roaring, raging surf, the sea, water’, and ME. drimme ‘border, edge, 
brink’, connected with MHG. drem ‘edging, border’. Brine: C. asserts that this 
word is due to a particular use of OE. dryre ‘a burning’, and at the same time 
tells us that this dryze = Dutch drizz; the fact is, OE. brine (bryne) = MDutch 
brine, cp. Flem. drijne (bréne); these forms with 7 as the stem vowel can have 
no connexion with OE. éryne ‘burning’, with y (from z). Bring: C. says 
that the strong forms, such as OE. dringan and brungen (pp.) are probably as- 
sumed after the analogy of verbs like sizg !; this is an utterly absurd hypothesis; 
the Gothic, OS. and OHG. forms of dringan prove that these strong forms were 
no afterthought but that they originated the secondary weak causal forms; these 
strong forms are not due to analogy but belong to the very oldest stratum of 
the language; C. writes the preterites as though they had a short stem vowel, 
of course the vowel is really long — OE. drohte, Goth. drähta; the editors seem 
unaware that a nasal has been lost in this preterite. Brow: C. says that OE. 
bru “eye-lashes’ is closely related to OE. dréw, dreaw ‘eye-lid’; a connexion be- 
tween these two words has never yet been satisfactorily made out; OF. dru 
may be referred to a Germanic type dräs, cp. Gr. opevg, Skr. bhris ‘eye-brow’, 
whereas OE. dr&w = dr2wä for Germ. dr@hwä, in ablaut relation with Goth. 
brahw ‘twinkle’; hence it is obvious that the two words belong to different 
vowel-series. Bully: C. connects dzdly with doudder, explaining the original 
meaning of dzdly to be a noisy, blustering fellow. but this meaning was com- 
paratively late; it was used far earlier as a term of endearment, meaning sweet- 
heart, darling, or, fine fellow, gallant, such is the common Shaksperian use. 
Burd: C. identifies this poetical word for ‘woman, lady’ with the word dride, 
OE. éryd; but on phonetic grounds this equation is obviously impossible; no 
probable etymology of éurd has yet been found. Callow: C. supposes that 
OE. calu is a genuine Germanic word, cognate with Lat. calvus; it is much 
more reasonable both on phonetic and on historical grounds to take OE. calu 
as well as OHG. chalo to represent a very early Germanic borrowing 
from the Latin, see Kluge s. v. kahl. Cenegild: this form is a blunder of C.’s 
for OE. cyne-gild ‘the payment for a King’s life’; the word is wrongly explained 
by C. as an expiatory mulct exacted from one who had killed another and paid 
to the Aindred of the deceased! see Schmid. Gesetze, p. 551. Char: C. states 
that OE. cigrran, cyrran (Anglian eprran) = OFris. kéra; this is obviously im- 
possible, the vocalism of the Frisian word being entirely different from that of 
the English one, OE. cifrran represents a Germanic type Zarzjan, whereas OFris. 
19° 


452 Litteratur 


kera, Du. keeren represents a Germ. type Aairizjan, see Franck, also Helten, p. 22 
Chatter: C. actually connects this word with OE. cwedax ; this is a most un- 
fortunate guess, as chatter is a comparatively modern word of onomatopoeic 
English origin, whereas OE. cwedan represents a primitive Germanic verb oc- 
curring in every Germanic language; besides, any connexion between chater and 
OE. cwedan is quite out of the question on phcnetic grounds. Child: C. says 
that OE. cild is probably a modification of *cind, which may have been due to 
the influence of Goth. 4a “the womb’!; fancy the form of an English word 
being influenced by an East Germanic form!; the fact is, OE. cd is not a con- 
taminated form from Germanic 4inda-, but is of quite a different origin, namely 
from the root 42%-, whence the Gothic word above cited. Chill: C. derives 
chill from OE. cigle ‘cold’ mixed with OE. cede ‘cold’!; but the substantive chill 
is really quite a modern word, due to the verb cAézd/, a form not easy to be-ex- 
plained; at any rate the modern cilZ ‘coldness’ must be kept quite distinct from 
OE. cigle Anglian cele; the reference to OE. céle is a superfluity of naughtiness: 
this word would have given Zee in mod. English, cp. the Shaksperian verb eel 
‘to keep the pot cool. Chough: C. derives this word from ME. cheo, a form 
existing in no Middle English text, and from OE. *céA a capriciously invented 
hypothetical form; in fact neither of these forms, if correct, could have 
given chough in mod. English, it is impossible to get beyond ME. cAoze for 
the English word; the relationship with the other Germanic forms has not yet 
been satisfactorily made out. Clay: related, according to C., to clog /; C. writes 
OE. clég as if the word had a short vowel, consequently we are left quite in 
the dark as to the vocalism of the Germanic type which was #aijo, belonging 
to the 7 vowel-series; this makes any relation to clog ‘a wooden shoe’ clearly 
impossible. Climb: C. says that this word is from the original Germanic verb 
kliman ; this fails to account for the 6 found in the oldest cognate forms: OE. 
climban really represents a West Germanic Alimdban a nasalised form from the 
root Aid, cp. OE. clifian ‘to adhere’. Clip: C. says that connexion between 
clip ‘to embrace’ and clip ‘to cut’ is uncertain: it might have been said with 
perfect safety that any connexion between OE. clyppaz ‘to embrace’ = *kluppjan 
and Icel. £dippa ‘to clip, cut’ = Alippjan was quite impossible on account of 
divergence of meaning; the primitive meaning of the latter word seems to have 
been ‘to make a sharp sound’. Clough. C. derives this word from Icel. lof 
‘cleft? with guttural g/ for original f!; this etymology is supported by no known 
analogy; the OHG. form 4% found in names of places (see Férstemann) taken 
with the OE. *clöA (which may be legitimately inferred) points to the disap- 
pearance of an original nasal, cp. the modern German dialect word Aéimge ‘a ravine’. 
occurring in names of places. Clover: C. gives a very confused account of 
the form history of clover, OF. elafre, with ai as the original Germanic stem 
vowel; the common Middle English and modern dialect form claver is due to 
a parallel OF. form clafre, with a shortening of the vowel before /r. Clutch: 
why should OF. geleccan be cited under this word? the words ao not correspond 
either in initial consonant or in the vowel of the stem. 

Komanic Errors. 

Abase: C. derives this word immediately from OF. adaissier ; but this 
form would have given adease, abeace in mod. English: the ME. forms point 
rather to Anglo-F. aéasser as the original French type, cp. mod. Eng. pace from 


The Century Dictionary 453 


OF. pas, Lat. passum. Ankle: C. connects the base of this word with OF. 
Aanche!; but the French word is derived from a Germanic type Aanka, cp. mod. 
G. hanke, see Mackel, 57, Scheler. Badge: According to C. this word is 
probably connected with OE. déah, Icel. daugr ‘a ring, circlet’ through an OF. 
dage; but a Romanic a does not correspond to Germanic ax; Germanic Jauga- 
is found in Old French, in Prov. éaue and in OF. dou; the etymology of budge 
has not been discovered yet. Bawdstrot: C. says that this word is only 
found in French in the form éaudestrot; the form daudestrot occurs in the 14 h.. 
century Anglo-F. text Zes Contes moralises de Nicole Boson (lately edited by 
M. Paul Meyer). Boistous: C. is not able to furnish any Anglo-F. equivalent; 
the word occurs in Bozon in the form Jdoystouse which is glossed by ‘rude, 
rugueux’ by M. Paul Meyer; the learned French editor says „on ne saurait le 
confondre avec Jdvisteus, boiteux“. Broil; no Anglo-F. form is cited by C; 
éroiller ‘to burn’ occurs in Bozon, see the glossary; this drosller can have no 
connexion whatever with mod. G. drühen as C. states; this guess is absolutely 
worthless, as it leaves the ‘2 mouillée’ unaccounted for. Broker: C. 
connects this word with OE. éreécan; this is an etymology absolutely untenable 
both on phonetic and on historical grounds; éroker represents Anglo-F. drokeör 
== medieval Latin drocatorem ‘one who broaches or taps a cask’, also ‘one who 
retails wine from the tap’; the earliest meaning of the English word was 
‘retailer. Bronze: C. derives the It. dromzo from medieval Latin *drunitium ; 
but this etymology is objectionable on phonetic grounds; the type "drunitium 
would have given drunisso in Italian not éromzo, as the vowel # in a stressed 
syllable does not disappear in Italian, see Demattio, Fonologia Italiana, 1875 
§ III, p. 32. Bucket: C. gives us the choice of two entirely unsupported 
and improbable derivations; the suffix -e¢ might have led the editors to surmise 
a French origin of the word; the word occurs in Bozon in the form doket, and 
in the sense of a vessel used for drawing up water from a well, see also Gode- 
froy s. v. doquet and duguet; the ulterior origin of Anglo-F. doke¢ has not been 
discovered. Burglar: C. derives this word from an assumed Anglo-F. form 
*bourglaire = bourg ‘borough’ Zaire, Lat. latro ‘robber’!; this etymology is quite 
contrary to historical evidence; the earliest appearance of the word is in the 
Anglo-Latin form durglator in Bracton (13¢- cent.), a substantive derived from 
the Anglo-Latin verb durgwlare, see Ducange, ed. Favre, svv. Burgulator, Bur- 
garia; a ‘burglator’ was not necessarily a robber, his object in entering a house 
might be something else than plunder. Buskin: ‘C. derives this word from 
Dutch érozeken (now spelt droosken), and connects drozeken with Jdorse ‘purse’!; 
this etymology of the Dutch word is decidedly to be rejected on phonetic 
grounds; Franck says that drozekex is of unknown origin, but that in no case 
can it be a genuine Dutch word; the word probably entered the Romanic family 
of languages through Spanish, cp. dorzeg#i ‘buskin’, a word marked by Minsheu 
as of foreign origin. Carminative: It is a pity that, besides giving the correct 
etymology of this word, C. should have given as an alternative explanation the 
somewhat childish guess found in Ogilvie’s Dictionary that carminative is from 
the Low Lat. carminare ‘to charm’, because such a remedy acts suddenly as a 
charm ; in illustration of the correct derivation of the medical term carminative 
from carmen ‘a card for wool’ we may cite from Florio. It. carminare ‘to card 
or teazell wool, also to make grosse humors fine and thin. Carnival. C. 


454 Litteratur 


explains this word as probably a corruption of medieval Latin carnelevamen 
‘the solace of the flesh’, permitted in anticipation of the Lenten fast; l.ittre 
explains carnelevamen as the putting away or removal of flesh (as food), and 
there is no doubt that Littré is right, as we find a great number of Latin terms 
referring to strove-tidc, having carzi- as the first element of the word, and in 
every case ‘flesh? means meat, animal food, and not the carnal element of man in 
its theological sense, see Mew English Dictionary, Causeway Causey: C. 
treats these forms as if causeway were a mere corruption of casey; the fact 
is, causeway is really a tantological compound, representing cazsey way, as 
shown by the Promptorium forms. Chafe: C. derives OF. cAaufer from Lat, 
calefacere; the It. calefare points to a Romanic type calefäre as the source of 
chaufer; cp. F. faire = Lat. fac’re, facere, see Bartsch and Horning § 103. 
Chance-medley: C. gives no etymology. and does not explain the nature 
of the compound; it is an Anglo-F. expression — chance medlée meaning a mixed 
or mingled chance or casualty; there was the more reason for explaining the term, 
as it has sometimes been taken to mean ‘a medley by chance’, Charlatan: 
C. says that Sp. charlar is probably an alteration of It. Zarlare ; this is obviously 
wrong, as it fails to explain It. eiarlare or Roumanian charrar ‘to prattle, babble’; 
besides, Sp. cha- cannot represent an older ?a-, although Sp. cA- may some- 
times stand for an older p2-, see Diez Dict.*, p. 439. Charlet: C. says that 
the origin of this word is obscure; charlet is a term derived from French cookery, 
being the name of a dish composed of milk and minced boiled pork; ME. cAarlet 
or charlette represents French chair daitée i. e. flesh cooked with milk, see 7wo 
I5th. cent, Cookery Books, ed. Austin, E. E. T.S., 1888. Chaudron: C. says that 
this word, which is well known as a term used in medieval cookery is not 
found in Middle English, the word occurs in the form eAaudoun in the work 
cited above, cp. OF. chaudun ‘entrails’ in Godefroy; the word is a derivative 
from Lat. calidus ‘warm’, referring originally to the reeking entrails of an animal 
just slaughtered, this Romanic cookery term spread far and wide, cp. MIIG. 
kaldüne ‘entrails, Polish Zalduny, Croatian kalduni ‘lungs’, Bohemian Zaldoun 
‘entrails’, see Kluge (s. v. Aaldaunen). Chief: C. derives OF. chef from Lat. 
caput, the word is really due to the Vulgar Latin *capum, cp. It. capo, Sp. cabo. 
Lat. caput (cap’t) could not have given chef in Old French; the ¢ would have 
remained, as in OF. det = Lat. deb’t, debet, see Bartsch and Horning. § 123. 
Chinch: C. derives ME. chinche from OF. chiche ‘miserly’; the nasalised form 
chinche ‘avare’ is found in Anglo-French, see glossary to Bozon. Choerogry!: 
C. makes no mention of the Middle English form of this word, occurring in the 
Wyclif-Purvey version of the Bible (Deut. 14.7), namely, crogrile, an Anglo- 
French form, see Bozon, p. 57. Cigar: C. says that the Sp. ceigarro was ori- 
ginally the name of a kind of tobacco grown in Cuba, but no etymology is 
given, Barcia the Spanish lexicographer supposes a connexion of cigarro with 
Sp. cigarra ‘vicada’, from the cigar having the form of this insect. Citizen: 
C. derives ME. csesein immediately from AF. *"estesein written by a mistake for 
OF. citeien (“citezen), the s being confused with 3 = ı!!; this is obviously 
absurd, as the normal ME. spelling of the word was cesesan, which is due to 
the Anglo-F. form estesein found instead of the OF. ciéeain ; for the s representing 
the original dental compare F. caserne, Prov. caserna = Lat. guaterna, see Diez‘, 
p. 537, Scheler® (s. v. caserne). Clergy: under this article C. confuses two 


1 
‘ 


The Century Dictionary 455 


words which ought to be kept quite distinct, namely (1) ME. clergie = Fr. 
clergé, the clerical order, clergymen, representing OF. clergié, Lat. clericätum, (2) 
ME. clergie = Fr. clergie instead of the regular “clerchie, cp. Prov. clercia, from 
a Romanic type *cler(i)cia clerkly skill, learning. Clough: under this article 
C. confuses two words, which ought to be kept quite distinct, one of them 
being of Germanic, the other of Romanic origin; we have already explained the 
etymology of clough ‘ravine’; clough ‘a sluice’ is quite a different word; an older 
spelling was clow which really stands for clowse; the word occurs in the Ancren | 
Riwle in the form clause and in the sense of a dam; ME. cluse — Late Lat. 
clüsa ‘a closed place, a dam, sluice’, a word found also in Germany, cp. OHG. 
chitsa ‘dam on a mountain stream’, see Academy, n°. 916, p. 341. Cockatrice: 
C. says that this word is a corruption of ME. cokedrill from Lat. crocodilus ; 
this etymology is disproved by the older forms of OF. cocatriz, namely caucatris, 
Port. caleatrix which point to a Latin type calcatricem, most probably used in 
the sense of ‘one closely pursuing’, Cockney: this word is derived by C. from 
an OF. *coguine == Lat. coguinätum, taken in the sense of a child fed in the 
kitchen!; this is obviously absurd, as Low Lat. coguimare means t6 cook, and 
coguinatus could only mean ‘somebody or something cooked’; besides, the normal 
spelling of cockney in Middle English was cokenat which does not point to a 
Latin type in -dwem-: in a letter to the Academy (n® 940) Dr. Murray advances 
some solid arguments in support of the view that cockney is an English com- 
pound, the word meaning etymologically ‘a cock’s egg’. Colonel: C. should 
have pointed out that in the case of this word we write and print one form 
(colonel), and use in ordinary conversation quite a distinct form (curnel from 
coronel) ; these two forms came to us from different countries, coronel being the 
Spanish form coronel (see Minsheu), and colonel coming to us direct from the 
French colonel a word borrowed with many other military terms from the Italian 
colonello, literally the chief of a column; the Spanish word is also borrowed 
from the It. colonello. 

Celtic Errors. 

We find in C., as in many etymological dictionaries of the English language 
that have preceded it, an extraordinary readiness to explain any word that hap- 
pens to be of exceptional difficulty or extreme doubtfulness as of Celtic origin. 
It is needless to say that nearly all these Celtic etymologies are erroneous; accurate 
scholarship is steadily diminishing the list of Celtic words in English. In the 
future English etymologists will no doubt have the honesty and courage to say 
of a dark and doubtful word that the etymology is unknown, instead of relegating 
it to that paradise of the ignorant and would-be omniscient etymologist — the 
Celtic domain. The following words are without the slightest reason, historical 
or phonetic, referred by C. to Celtic origins: — bat (staff), dray (sloping ground), 
brecham (horse-collar), drill (flat fish) drisk, brisket, brose, bucket, bullace, cabin, 
carol, cesspol, chaudron (entrails), clout, cockle (darnel). The following errors will 
show that Celtic philology is not a strong point in this dictionary: — Bragget: 
under this article C. says that Ir. dracaim ‘I ferment’ is perhaps akin to Eng. 
brew! Brier: C. equates this word with Gael. preas!; an utterly impossible 
equation, as OE. érér (Anglian drör) does not correspond with Gael. preas either 
in vowel or in initial consonant or in final consonant. Clean: C. compares 
OE. cléne with Ir. glan!; a comparison which surely would not have been 


456 Litteratur 


made, if the editors had remembered that the diphthong in cééme must have been 
originally of, and that this of is represented in Irish by the sounds oe, of and 
ae, ai, see Brugmann § 82. Celt.: C. states that this word is perhaps akin t 
the Lat Gadii!, and to the Celtic Gad!!, also that the Welsh Cels#ad ‘a Cet, 
a Gael? means ‘a dweller in coverts’; all which shows that the editors have not 
taken the trouble to find out the proper Gaelic form of the word Gee. 

Miscellaneous Etymological Errors. 

Besides the errors already mentioned which have been found in Teutonic, 
Romanic and Celtic or pseudo - Celtic words, a not inconsiderable quantity of 
erroneous statements might be gleaned from the articles which deal with Greek 
and Latin words, and which refer for purposes of comparison to other languages 
of the Indo-Germanic family. Antenna: it is surely a wild guess to suppose 
that antenna also antemna is possibly a corruption ‘through nautical use, of a 
form of Gr. arırstseır, poet. avre(vey!; I think C. would have done better to 
have adopted the suggestion of Stolz in Iwan Miller's Handbuch, that antemna 
= antepnae from root AP., just as damnum = dapno-, cp. Gr. danarı,. Ape: 
the suggestion that OE. apa, Olr. aa, OBoh. of is a cognate of Gr. x7nox 
Skr. 4afi has nothing whatever to recommend it, and had better be dismissed 
from consideration, see Franck (s. v. aap). Blade: C. suggests that OE. dad 
ınay be a cognate of Lat. folium and Gr. puAlor!; but what has the vocalism 
of these two words OS. d/a-d@ and Gr. pvddov = poi-ıor to say to this com- 
parison?, see Brugmann § 109 f. Break: C. says that OE. drecan perhaps = 
Gr. Gnyrvra!; this is quite out of the question; OE. drecan is derived from an 
Indg. root dhkreg, cp. Lat. frag the stem of framgo, whereas Gr. önyrvpı represents 
an older Fonyrvu.., see Henry, Precis, 51: Brugmann § 167. Caurus: C. equates 
Lat. Corus (written as if it had a short stem vowel) with Goth. skära ‘a storm’; 
this equation supposes that c- represents an older sc-; it is certainly better, with 
Wharton (Etyma Latina) to equate Lat. caurus with Lith. széaure ‘the north 
wind’, see Fick VI. 697. Cemetery: C. connects Gr. xeium with Lat. gz«es!; 
but xsive is from an Indg. root 4e7-, see Brugmann § 590, whereas gwies is 
from an Indg. root gyé- see Feist, Gothic Etymology, § 237. 

Whether the Century Dictionary may be generally depended upon as accurate 
in matters of history and fact can, of course, only be proved by constant use 
and frequent verification. In turning over the pages we have noted the following 
errors. Ballow: this Shaksperian word is not a misprint for „batton“, as is 
suggested by C.; Bailey (1742) has „Ballow, a pole, a long stick, quarter-slaff: 
in Middle English the word occurs in connexion with timber, as ‘dalowe tymbre’: 
in the Prompt. éadwe occurs in the sense of smooth (planus), see New English 
Dict. (s. vv. dallow, balgh). Buttery: C. says that this is a word formerly 
applied in colleges to a room where liquors, fruits and refreshments were kept 
for sale to the students; the word is not obsolete in England at any rate: it is 
the ordinary well-known technical term for the place where bread, butter, cheese 
and ale are still kept in the colleges at Oxford and Cambridge; a loyal Oxonian 
or Cantab. would shudder at the suggestion from Yale University that this historic, 
characteristic University word has already become obsolete on the shores of the 
Cam and the Isis! Canterbury bell: this is not now the popular name of 
the plant Campanula Trachelium, nor was the name given to it by Gerard be- 
cause of its abundance about Canterbury, as is stated by C.; the fact is, Gerard 


The Century Dictionary 457 


‘objected to the name, because the flower in question was hot abundant about 
‘Canterbury; the name is perhaps connected with the small bells worn on their 
horses by the Canterbury pilgrims. Cap: under this article C. refers to Isidore 
-of Seville (who died 636) as the authority for an etymology; the citation is 
really from Papias (about 1053); the passage was erroneously attributed to Isidore 
by Ducange, and succeeding etymologists have handed down the mistake without 
taking the trouble or the precaution to verify the reference. Carfax: C says 
that carfax is only used now as the name of a place where four roads meet 
in Oxford, England; this old Anglo-French word occurs as a place-name in 
Exeter, and is used as an appellative in Sussex. Cat: under this article C. 
borrows from Brewer an absurd derivation of the phrase „to turn a cat-in-pan“ ; 
Brewer thinks that the phrase may be the French fourner cote en peine (to turn 
sides in trouble). Churchgoing: In Cowper's expression „the church-going 
bell* the word churchgoing is not an adjective, with the meaning ‘giving notice 
to go to church’, but it is a substantive, the phrase meaning ‘the bell connected 
with church-going; for the construction compare the first element in the com- 
pound words ‘a wadking- stick’, ‘a looking- glass’. „Claw-back: the verb is due 
to a blunder in Richardson’s dictionary, copied into C. without verification, see 
on this point the New English Dict. Cock®: C. gives this word as meaning the 
notch of an arrow; it is a mere phantom word, resting on no evidence whatever! 
Cockle: this is another phantom word, since cockle = a young cock is a 
mere error in Johnson, founded on a misprint for ‘cocke’ in Spenser’s Skepherd’s 
Calendar ; this was fully explained in Todd’s Johnson (1818), but in spite of 
this correction the absurd blunder has found a conspicuous place in the hospit- 
able pages of Dr. Whitney’s dictionary. Cockaigne: under this article the 
word cockney in the phrase ‘the king of Cockney’ in the old rime about ‘the castle 
of Bungay’ is stated by C. to mean London; obviously the editors have never 
heard of the ‘King of Cockeneys’ in the Christmas Revels of the Inns of Court; 
moreover they quote this bit of Tudor English as evidence for the existence 
of the word cockney in the sense of ‘London’ as early as the reign of Henry II. 
Harrision in 1577, the original collector of the rime pronounced it to be merely 
„an idle toie*. Compame: C. introduces this extraordinary word into the 
word-list, and it has an article all to itself; it is not really a word at all, but 
a phrase — com ba me, i. e., ‘come kiss me’; the elucidation of this Chaucerian 
crux is due to the penetration of Professor Skeat. 

Enough perhaps has been brought forward to show that the Century 
Dictionary is not a thoroughly trust-worthy guide, and that it gives ample proof of 
careless workmanship and inaccurate scholarship. The fact is the dictionary is 
being turned out at a rate of speed that absolutely forbids sufficient attention 
being paid to difficult points. 


Oxford, March 5, 1891. A. L. Mayhew. 


458 Litteratur 


Il. 
METHODISCHES. 


W.H. Widgery, The Teaching of Languages in Schools. London, David Nutt 
270 Strand, W. C. 1888. 80 ss. kl. 8°. 


Die reform des sprachunterrichts scheint in Deutschland und Osterreich 
praktisch wie theoretisch am meisten entwickelt. Im skandinavischen norden 
haben ihre ideen starken theoretischen wiederhall gefunden, aber die praktische 
verwirklichung derselben findet wohl an den exameneinrichtungen dieser länder 
ein theilweise schwer zu überwindendes hindenis. Was in Frankreich 
für die reform des sprachunterrichts geschieht, dürfte über das gebiet der von 
P. Passy ausgeübten, starken persönlichen anregung nicht hinausgehen. Eben- 
sowenig lässt sich von einer, weite kreise der englischen höheren lehrerschaft 
durchziehenden reformbewegung sprechen. Die Société Nationale des professeurs 
de frangais en Angleterre ist allerdings durch die macht der dinge aus sich selbst 
heraus zu bestrebungen gelangt, welche unzweideutig nach der richtung der deutsch- 
skandinavischen reformprinzipien hin convergiren (vgl. Swoboda’s artikel über 
diesen verein, Est. XI, 458). Aber praktisch ist wohl auch von ihren mitgliederm 
noch wenig für eine weithin reichende änderung der dinge geschehn. Ein stand 
einheimischer neusprachlehrer ist jenseits des Kanals erst in den anfängen seiner 
bildung begriffen. Die Grammatical Society hat das verdienst, die fünf schul- 
sprachen zum erstenmale unter einem einheitlichen gesichtspunkte betrachtet zu 
haben; aber sie fehlt gleichzeitig, wenn ich recht informirt bin, darin, dass sie 
die starken methodischen differenzen, welche sich, je nachdem der unterricht in 
der muttersprache, in den lebenden oder in den todten fremdsprachen ertheilt 
wird, auf grund der verschiedenen unterrichtsziele mit nothwendigkeit ergeben, 
nicht hinlänglich berücksichtigt. Überdies spielt grammatik in jedem gesunden 
sprachunterricht eine nebenrolle. 


Voll und ganz auf dem boden der continentalen reformideen befindet sich 
dr. Sweet, der denselben ja mehr wie irgend ein anderer überhaupt erst mit hat 
herstellen helfen. Aber ihm steht keine gelegenheit zu gebote, seine sätze im 
klassenunterricht praktisch zu erproben, und ein einfluss derselben auf die ein- 
heimischen neusprachlehrer dürfte sich leider kaum in nennenswerthem umfange 
nachweisen lassen. Miss Soames in Brighton schränkt ihre unermüdliche 
propaganda im wesentlichen auf die phonetische seite des sprachunterrichts ein. 


Mr. Widgery dagegen, lehrer an der University College School in I.ondon, 
scheint in seinem ganzen wollen und denken, seinen ausgängen und zielen, seiner 
vertrautheit zumal mit der deutschen reformliteratur so sehr ein und derselben 
sphäre mit ihr anzugehören, dass. ich von seinem etwaigen eingreifen in die con- 

“tinentale erörterung der sprachunterrichtsreform und seiner vermittelung unserer 
anschauungen an seine englischen berufsgenossen die glücklichsten folgen erwarte. 
Ich zweifle nicht, dass herr Widgery binnen nicht zu ferner zeit anerkannter- 
massen in einer reihe mit den schulthätigen führern der sprachunterrichtsreform 
in Skandinavien, Frankreich und Deutschland stehen wird, und ich empfinde es 
als keine geringe ehre, dass es mir vergönnt ist, denselben gewissermassen bei 
den lesern dieser zeitschrift einzuführen. 


Methodisches 459 


Dieses urtheil stellte sich bei mir fest, als ich zum ersten mal den genuss 
hatte, von seiner oben genannten schrift kenntniss zu nehmen, und die neuerliche 
zweite lesung derselben hat den ersten eindruck nur vertieft. 

Ihrer besonderen besprechung schicke ich die bemerkung voraus, dass W. 
offenbar neigung für historische sprachstudien wie für historisches studium der 
pädagogik besitzt. Trotzdem ist ihm ein klarer, unbefangener blick für die be- 
dürfnisse der gegenwart verblieben, und nur ganz vereinzelt haben ihn jene lieb- 
habereien auf abwege geführt, so wenn er s 10 vorschlägt, englische kinder vor 

dem 13. lebensjahre einen sprachgeschichtlichen kursus in Englisch der Queen 
Anne-zeit, Shakespeare, Chaucer, sowie in bruchstücken aus dem Angelsächsischen 
durchmachen zu lassen. Auch das charakteristisch mit „PAtlology“ tiberschriebene 
kapitel (s. 53—59) lässt gelegentlich erkennen, dass verf. trotz all und alledem 
doch nicht ungern historisch-etymologische erörterungen schon in die schule ein- 
führen möchte. S. 57 meint er: „..... But this we shall scarcely see in our 
time, as it demands from English masters in English schools a philological knowledge 
of English.“ Aber so lange der lieutenant ohne historische studien der strategik 
in der steinzeit seine compagnie führen lernt; so lange die gebrüder Mannesmann 
ohne historische studien über den gebrauch der walze bei den alten Egyptern zu 
ihrem epochemachenden schrigwalzverfahren gelangen konnten: so lange werde ich 
mich nicht von ernstlichen zweifeln losmachen können, ob wirklich der satz 
richtig ist, dass im unterschied von jenen gebieten auf dem felde der pädagogischen 
thätigkeit der erfolg bei der einführung der jugend in das wissen und wirken der 
gegenwart vorbereitet werde bzw. bedingt sei durch fachhistorische kenntnisse 
der lehrer. 

Weiten blick bekundet W., wenn er meint: „So lange wir in unserem 
berufe durchkommen, wenn wir mit grosser fachgelehrsamkeit ein bischen routine 
verbinden, anstatt dem wesen der kindesseele ein eingehendes studium zu widmen, 
so lange werden wir uns trotz all unserer begeisterung, unserer hingabe und 
schweren arbeit nicht über das geistige niveau der kräuterfrau und des feldscheers 
erheben“ (s. 59). Im selben sinne heisst es kurz vorher (s. 58): „Die fachkunde 
des studirenden lehrers muss dem pädagogischen gesichtspunkte untergeordnet 
werden“. Ein anfang hiermit wäre für Deutschland gemacht, wenn man den 
künftigen lehrer verhinderte, sich als studiosus irgend einer cabbalistischen -istik 
oder -logie zu bezeichnen, und ihn dafür anhielte, sich seiner würde als „student 
des lehrfaches (schulfaches)* bewusst zu werden. Natürlich könnte er die vor- 
studien seines berufes auch nur in einer „lehrfakultät (schulfakultät)* betreiben. 
Für die ausbildung zum akademischen lehramt sowie für die ausschliessliche 
pflege der wissenschaft, welche beide grundverschiedenen aufgaben gegenwärtig 
mit der dritten, junge leute für das höhere lehrfach auszubilden, seltsam verquickt 
sind, würde sich daneben in einfacher weise ausreichend sorge tragen lassen. Be- 
züglich der englischen verhältnisse fordert W. eine selbständige, besondere prüfung 
für das lehrfach (schools or a tripos for teachers), und sodann insonderheit für die 


I Die bessere pädagogische einsicht bricht der persönlichen liebhaberei 
gegenüber auf das entschiedenste durch ebenda: „Zr spite of fondness for the sub- 
ject, the writer has come, after some considerable experience, to the belief that the 
tntrusion of comparative philology inio school work is positively harmful.“ Und 
so öfter. 


460 Litteratur 


künftigen neusprachlehrer völlig gleichberechtigten zutritt zu allen stipendien 
sowie nachmals zu den angesehensten stellungen des lehrberufs. 

Bei der vergleichung des werthes der todten und der lebenden sprache 
kommt verf. zu ergebnissen, die jeder einsichtige mit ihm theilen wird. Die 
von ihm für den unterrichtsplan vorgeschlagene sprachenfolge ist: Englisch, Frar- 
zösisch, Deutsch (in absätzen zwischen dem eintritt in die schule und dem 14. jahre); 
darnach spaltung der künftigen fremdsprachlehrer in eine klassische linie ; die Latein 
mit vollendetem 14., Griechisch mit vollendetem 16. jahre beginnt, Französisch 
mittlerweile aufgebend, und in eine moderne linie, welche Englisch, Französisch 
und Deutsch in zunehmend wissenschaftlicher weise zu betreiben anfängt. 

Aus einer ebenso geistvollen wie gelehrten skizze über die geschichte der 
graminatischen systeme und anschauungen (s. 11—24), die aber vollständig nach- 
gelesen werden muss, um rechten genuss zu gewähren, hebe ich nur zwei charak- 
teristische sätze hervor: „Vom modernen Englisch als von einer corrumpirten form 
des Altenglischen zu reden bedeutet nichts mehr und nichts weniger, als wenn 
jemand den modernen hinterlader als eine corruption des alten steinschlossgewehres 
bezeichnen wollte“ (s. 19). Dies ist die schlagendste fassung einer anschauung, 
die ich seit jahren gehegt habe, die vielleicht noch mancher andere theilt, die aber 
leider noch keineswegs sich der wünschenswerthen allgemeinen anerkennung er- 
freut. Und doch wirkt die verkennung der wahren sachlage in bezug auf das 
verhältniss der sprachstufen zu einander in mehr als einer beziehung überaus 
schädlich. Rückhaltlos stimme ich W. auch zu in dem anderen satze: „Wenn man 
Latein zu zeitig anfängt, so ermuntert man nur die auffassung, als ob sprachen 
mit dem auge zu erkennen seien, als ob der buchstabe wichtiger wäre als der laut, 
als ob es überflüssig wäre, seine gedanken in einer fremden sprache ausdrücken 
zu können, als ob sprachen mosaikartig aus paradigmen und syntaxregeln zu- 
sammengesetzt wären, und viele andere ansichten der art, die der wahrheit direkt 
ins gesicht schlagen“. 

Von s. 24 bis s. 59 beschäftigt sich verf. ausschliesslich mit der „Neuen 
methode.“ Die.er hauptheil zerfällt in die capitel: ,Phonetisches* (s. 24-37). 
„Vom lesebuche und dessen gebrauch (s. 34—37)* „Grammalik* s. 37—44 — 
mit dem bezeichnenden motto „Aagis offendit nimium quam parum“ versehen — 
„Vom übersetzen“ (p. 44—50), „Der wortschatz* (s. 50—53) und endlich „Philo- 
logie und schule* (s. 53—59). 

Phonetisches. — „Die fähigkeit, eigene gedanken flüssig in einer fremden 
sprache auszudrücken, bedingt beträchtliche geistige anstrengung. Die erforder- 
liche vorgängige geistesarbeit verleiht einen weit höheren grad geistiger schulung 
als selbst eine übermässige beschäftigung mit grammatik (s. 32). — Der s. 33 
ausgesprochenen billigung der „Französischen sprechübungen* von Joh. Storm 
kann ich nicht zustimmen. Ebensowenig kann ich dem verf. beitreten, wenn er 
ebenda dem lehrer mit wärme empfiehlt, häufig den schülern texte vorzulesen, 

@ die ihnen schon bekannt sind. Gelegentlich mag das ja geschehen, aber die freie 
wiedererzählung derselben, auge in auge, ist ungleich wirksamer, desgleichen die 
antwort heischende frage. 

Das lesebuch und dessen gebrauch. — Kurze textstücke, vorlesen 
derselben durch den lehrer, erst ganz, dann in worttakten, nachlesen durch die 
schüler, interlineare übersetzung durch lehrer, nachübersetzung durch schüler, fragen 
und antworten im fremden idiom über den vorliegenden text, grammatische aus- 


Methodisches 461 


nutzung des gelesenen! nach durcharbeitung mehrerer stücke — all diese vor- 
schlige des verf. treffen durchaus zusammen mit der von mir geübten praxis. 
Einige differenzen sind von geringer bedeutung. Nur die am schluss der durch- 
nahme eines textes geforderte übertragung in leidlich gute, ja seitens des lehrers 
in idiomatische muttersprachliche form möchte ich abweisen: sie erscheint auf 
der einen seite unnöthig, auf der andern entschieden schädlich. Das paradigma- 
ableiern wird mit recht verurtheilt, satz-flektiren dafür empfohlen. Auch der tadel, 
welchen verf. der nebeneinanderstellung nah verwandter formen wie z. b. „der 
band, die see“ neben „das band, der see“, widmet, ist ein sehr verdienter. 
Grammatik. — „Die aufgabe der grammatik ist eine ausschliesslich 
subsidiäre. Sie hat weiter nichts zu leisten als, dass sie dem kind bereits ge- 
läufige thatsachen unter gesichtspunkte ordnet, die dasselbe schon selbst halb ge- 
fühlt, halb im lesebuch gesehen hat.“ — „Wir müssen erst gelernt haben, in einer 
sprache zu denken, bevor wir anfangen können, über dieselbe nachzudenken.“ 
— „Die beispiele müssen ausschliesslich moderner prcsa entnommen werden.“ 
— „Die grammatik hat aufs klarste zwischen der logischen und 
der idiomatischen seite der sprache zu unterscheiden“ — 
Wechsel zwischen intensiver und cursorischer lektüre wird empfohlen. In den 
oberen klassen sollen die meisterwerke der fremden literatur den mittelpunkt des 
unterrichts bilden, der künftige kaufmann auch mit den mannigfaltigsten fremd. 
ländischen realien („everything that bears on the life of to-day“) bekannt gemacht 
werden. Hiergegen möchte ich aber bemerken, dass die sogen. „meisterwerke 
der fremdländischen literaturen* m. e. nur so lange noch im schulunterricht zu 
dulden sind, als die erkenntniss sich noch nicht genügend verbreitet hat, dass für 
die „humane“ ausbildung der schüler die muttersprachliche literatur ausschliesslich 
geeignet ist, während bezüglich der fremden literaturen der schüler nur soweit 
zu führen ist, dass er zeitgenössische werke zu verstehen vermag. Proben aus 
Shakespeare, Racine u. a. sollen damit nicht ausgeschlossen sein. Und was den 
künftigen kaufmann betrifft, so kann dieser auf der schule die fremdländischen 
realien (fremde volks- und landeskunde) am ehesten entbehren, weil ihn später 
sein beruf sicher mit vielem wissenswerthen dieser art bekannt machen wird. 
Aber gerade der nachmalige nic ht-kaufmann muss auf der schule mit den frenıden 
realien gründlich bekannt gemacht werden, da ihm in der folgezeit keine ge- 
legenheit kommt, das verabsiumte nachzuholen. Die fremden literaturwerke aber 
will verf. direkt, unter ausschluss von übersetzung und grammatischer interpre- 
tation gelesen wissen. „While we gaze with rapt attention and drink in the beauty 
of the Venus of Milo, is our delight enhanced by remembering that the marble is made 
of calcium oxide and carbonic acid gas? It is an indignity to turn a master piece 
of literature into a happy hunting-ground for compound plurals or even for the rules 
of the subjunctive? Shall we learn anatomy on the body of our dead friends >“ 
Doch ich breche hier ab mit meinen auszügen, um nicht den käufern der 
überaus lesenswerthen schrift allzuviel vorwegzunehmen. 
Von der kernigen kraft des stils, über die unser verf. verfügt, liefert die 
eben mitgetheilte stelle eine gute probe, Die anordnung des stoffes gibt insofern 
! Verf. exemplificirt am Deutschen. Ich gestatte mir, ‘ausländische leser 
der Est., welche die „neue methode“ auf das Deutsche anwenden wollen, auf diesen 
umstand hinzuweisen. 


4Us ZELL 8 CCR LE 


zu ausstellungen veranlassung, als sich öfters in einem kapitel auseinandersetzungen 
finden, die ebenso gut in einem anderen platz hätten. 

Die vorliegende schrift erschien zuerst in der gestalt von sechs verschiedene 
artikeln des Journal of Education von 1888. Die Educational Times, Januar 18% 
brachte einen umfänglicheren aufsatz aus W.’s feder speziell über Class Teaching 
of Phonetics as a Preparation for the Pronunciation of Foreign Languages, de 
die gleichen glänzenden eigenschaften aufweist, wie die hier besprochene arbeit. 
und mündlich ergriff W. zu dem nämlichen gegenstande das wort auf der ver 
sammlung der Teachers’ Guild of Great Britain and Ireland zu Cheltenham, im 
april d. j., auf welcher die betreffende sitzung durch einen vortrag Vietor's 
eingeleitet wurde (vgl. oben p. 310—313). 

Um das bild von W.’s schriftstellerischer thatigkeit abzurunden, nenne ich 
noch die gegenstände einiger seiner recensionen, die mir zufällig zu händen ge 
kommen sind: Zestaloszi, his Life and Works, by Roger de Guimps; Lehrproben 
und lehrgänge etc. hgg. von Frick und Richter; Harvard Studies in Classical 
Philology, edited by a Committee of the Classical Instructors of Harvard University; 
A First Aryan Reader, consisting of Specimens of the Aryan languages which con- 
stitute the basis of Comparative Philology. In welchem verhältuiss die angeführten 
besprechungen stehen zu dem gesammten umfange von W.’s kritischer thätigkeit 
und zu dem ganzen kreise wissenschaftlicher gebiete, denen er interesse zuwendet. 
vermag ich mangels genügender unterlage nicht zu sagen. 


Reichenbach i. Schl.. Oktober 1890. H. Klinghardt. 


GRAMMATISCHES. 


Degenhardt, Lehrgang der englischen sprache. 50. verbesserte auflage. In zeit- 
gemässer neubearbeitung. 1. Grundlegender theil. Dresden, Ehlermann, 1890. 
290 ss. 8°. Pr. nık. 2. 

Vorliegende neubearbeitung will „die gesunden und fruchtbaren gedanken 
der heutigen lehrretorm verwirklichen* helfen, ohne doch an die stelle des bis- 
herigen buches ein ganz neues zu setzen. Die fassung der regeln ist bündiger 
und übersichtlicher geworden. Die „leseschule* ist der heutigen phonetik ange- 
passt, und zwar so, dass in $ 1—-7 von den lauten, und erst weiterhin von der 
schrift ausgegangen wird. Die menge der vocabeln und die zahl der einzelsätze 
ist beschränkt, die der zusammenhängenden lesestücke vermehrt worden; die 
neuen in die lektionen eingeschobenen stücke beziehen sich, zum theil in brief- 
form, auf haus, garten, stadt, land u. s. w.; zwei derselben (s. 22, 23) sind aus 
dem lesebuch der früheren auflagen an ihre jetzige stelle gerückt worden. Die 
. bezeichnung der aussprache erfolgt statt der früher angewandten (für Nichteng- 
länder unzulänglichen) Walker’schen bezeichnung durch eine grössere anzahl dia- 
kritischer zeichen, welche unter beibehaltung der gewöhnlichen orthographie den 
buchstaben (mit allmählich zunehmender sparsamkeit) angefügt werden. Hierdurch 
hat die lautbezeichnung an genauigkeit sehr gewonnen, besonders sei die sorg- 
fältige unterscheidung der stimmhaften und stimmlosen konsonanten erwähnt. 
Etwas complicirt sehen diese wortbilder z. th. aus; und referent gesteht seine 


bars tr . 
Grammatisches 463 


vorliebe für eine reine transscription, bei welcher jeder laut nur einem zeichen 
entspricht und umgekehrt, und die stummen buchstaben ganz wegfallen; doch ist 
er nicht in der lage, dem, was der bearbeiter über die praktischen vorzüge seines 
systems bemerkt, eigene erfahrungen mit reiner transscription gegenüber zu stellen. 
Was die hauptsache ist: die aussprache ist durchweg richtig angegeben (nur o in 
Jorehead § 29 wird besser kurz, a in female § 12 lang gesprochen, § 3 steht 
für „kurz“ und ,halblang* dasselbe zeichen u wohl durch druckfehler; in ingland 
§ 10 sollte wie in hunger § 6 das g fett gedruckt oder beide male doppelt ge- 
setzt sein). Recht zweckmässig ist manches für den ersten unterricht entbehrliche 
in fussnoten verwiesen und der wiederholung vorbehalten worden. Schätzbare 
zugaben sind die „syntaktischen regeln in beispielen des lesebuches“ s. 245— 248, 
und die zusammenstellung idiomatischer ausdrücke s. 274—280. 

Dass von den pluralformen peoples und pease die erstere nicht ferner abzu- 
lehnen (1. 37), die letztere für anfänger entbehrlich ist, habe ich im Central-organ 
f. realsch. December 1889 (zu Schmidt’s gramm.) zu zeigen gesucht (s. auch 
Baumann. Londinismen s. 87: a good jorum of Zeas). In Seven-Year’s s. 213 
steht der apostroph unrichtig. Neben‘ der schreibung oxese/f (|. 24) hätte die 
(ältere und) gewöhnlichere one’s self wenigstens auch erwähnung verdient. In 
sachlicher hinsicht möchte ich 1) beanstanden, dass „the German language“ 
(worunter man doch ohne besondere angaben das neuhochdeutsche versteht) 
„the foundation of the Dutch, the Danish, the Swedish and the English“ sein 
soll; 2) fragen; war Jerome schon „ex-king of Westphalia“, als Napoleon in 
Spanien krieg führte? (s. 210). 

Zusammenfassend kann man sagen, dass die bearbeitung eine erhebliche 
verbesserung des schon in seiner früheren gestalt von tüchtigen kennern (s. vor- 
wort) gelobten buches darstellt. Der massstab einer reform, welche überhaupt 
keine deutschen übungssätze will, darf bei der beurtheilung billiger weise nicht 
‚angelegt werden. 


Kassel, Sept. 1890. M. Krummacher. 


Nader und Würzner, Elementarbuch der englischen sprache. Ausgabe für 
Deutschland. Wien und Leipzig. 1889. 133 ss. 8°. Pr. mk. 1,30. 


Unzweifelhaft haben wir hier eines der besten elementarbücher vor uns. 
Nach einer musterhaft „kurzen laut- und leselehre“ (10 s.) folgen sofort zusammen- 
hängende „lesestücke* — 51 an der zahl — „und grammatik*. Die auswahl 
der lesestücke ist vortrefflich. Sie beziehen sich „inhaltlich theils auf bekannte 
vorgänge in natur und leben, theils auf land und leute in England“. „Formell 
zerfallen sie in erzählungen, beschreibungen, zwiegespräche und kleinere gedichte. 
‚Sie sind der mehrzahl nach den Royal Readers, den Globe Readers und Waddy’s 
English Echo entlehnt; einige wenige stammen aus Pitman’s Phonetic Readings 
und aus Sweet’s Elementarbuch*. Das einzige, was ich an den lesestücken aus- 
setze, ist, dass die ersten stücke und einige spätere zum theil zurecht gemacht 
‚sind, wie The storm, The old man and the dog, Spring, Sommer, Autumn, 
Winter, u.s. w. Doch muss man zugeben, dass sie sehr geschickt gemacht sind. 
‚Lieber allerdings hätte ich von vorn herein originale stücke gewünscht. Die 


464 Litteratur 


erzählungen wie The widow's lamp, Take care of the minutes, Try again, 
Don’t be too sure, Washington and the corporal, A miner hero sind stofflich wie 
der form nach vorzüglich geeignet für den standpunkt unserer tertia. Die ge- 
spräche, deren verfasser nicht angegeben ist, führen mit der sprache zugleich in 
London ein: Arrival at London, Covent Garden Market, London Bridge and 
the Monument, Crystal Palace, An Examination, Cricket u. s. w. Vor Gesenius 
zeichnet sich das vorliegende buch durch reichhaltigkeit und angemessenheit des 
stoffes aus, vor Vietor-Dörr dadurch, dass es nichts zu kindliches enthält, vor 
dem noch reichhaltigeren und weniger elementaren Wershoven-Becker dadurch. 
dass es auch die grammatik behandelt, vor dem ebenfalls trefflichen Dubislav-Boek 
(Berlin, 1890) dadurch, dass die gespräche besser ausgewählt sind. Mit letzterem 
buch hat Nader und Wirzner die meiste Ähnlichkeit; nur sind dort mehr histo- 
rische und naturwissenschaftliche, hier mehr dem unmittelbaren leben entnommene 
stoffe vorhanden. Beide wie auch Vietor-Dörr enthalten eine gute auswahl von 
gedichten, bei Nader-Würzner schliessen sich dieselben oft geschmackvoll inhalt- 
lich den vorausgegangenen erzählungen an, wie z. b. ‘Little things’ an “The widow's 
lamp’, ‘the Clock’ an ‘Take care of the minutes’, “Persevere’ an “Try again’, u. s. w. 

Die grammatik wird in 22 kapiteln auf grund des lesestoffes „in metho- 
discher auswahl und anordnung* vorgeführt. Da deutsche übungsstücke zur 
rückübersetzung doch nur in ganz geringer quantität (5 seiten) im anhang gegeben 
sind, so sehe ich die nothwendigkeit dieser methodischen eintheilung der gram- ' 
matik um so weniger ein, als der englische text, über welchem bereits die über- 
schriften zur grammatik des kapitels stehen, doch nicht immer diejenigen gram- 
matischen erscheinungen illustrirt, welche in dem darunter stehenden grammati- 
schen kapitel durchgenommen werden sollen. Offenbar ist dabei vorausgesetzt, 
dass dabei auch auf frühere stücke zurückgegangen wird. Ich habe beispielsweise 
das 8. kapitel auf den grammatischen inhalt controlirt. Das thema darin ist: 
„Demonstrativ-, relativ-, determinativ- und interrogativpronomen“. Aber in dem 
text fehlen ‘that? als relativ und demonstrativ, this, these, who, whose, whom. 
Im 9. kapitel „perfekt und plusquamperfekt“ habe ich zwar 17 plusquamperfekta, 
aber kein einziges perfekt im texte gefunden. Warum also die grammatik nicht 
lieber systematisch zusammenstellen? Übrigens ist dieselbe klar und sauber 
gearbeitet, die fassung der regeln ist knapp und gut; sie hätte oft wohl noch 
knapper sein können nach meinem geschmack. In einer schulgrammatik halte 
ich es nicht für nöthig, z. b. eine regel wie folgende zu geben, die der lehrer 
aus dem vorliegenden paradigma mündiich entwickeln kann: „Das futurum und 
conditionalis wird also vermittelst der hilfsverba shall und will gebildet und zwar 
in der weise, dass beim 1. futurum u. s. w. (p. 40). Dasselbe gilt vom schluss 
der kapitel 9, 11, 12 u. a. m. Sollte man nicht „orthographische veränderungen 
des verbs, der pluralbildung und der komparation besser in einem gemeinsamen 
kapitel behandeln? Beim akkusativ mit dem infinitiv habe ich beispiele mit to 
see und to hear vermisst. Dass „die präpositionen mit dem akkusativ verbunden 
werden“ p. 16, würde ich angesichts von ‘up to’ bis, ‘out of? aus u. a. nicht so 
ohne weiteres sagen. — Dass thou sogar aus der, konjugation verbannt wird 
(I am, you are, he is) ist in Deutschland wohl nach Sweet's vorgang mode ge- 
worden (vgl. Dubislav-Bock), in England aber noch nicht durchgedrungen, (vgl. 
Sonnenschein, English Grammar, London 1889). — p. 28 fehlt in nr. IV ein bei- 
spiel für its. — p. 31 wenn gesagt wird: „this bezeichnet das näherliegende. 


Grammatisches 465 


that das entferntere“, so ist doch nöthig, darauf hinzuweisen, dass im Englischen 
that sehr weit in die sphäre von unserem ,dieser“ hinüber greift. — Der aus- 
druck „Die hinweisenden fürwörter haben nur eine form für alle geschlechter 
und casus“ ist ungeschickt; denn die form this ist weder genetiv, noch dativ, 
wenn man überhaupt hier von „casus“ reden will. 

In der lautlehre rühme ich ausser der kürze das kapitel III. „r-abhängige 
vokale“, sowie dass von den konsonanten nur die „vom Deutschen abweichenden“ 
behandelt sind. Die transscription ist eine eigene, aus Sweet und Vietor ge- 
mischte. Im allgemeinen halten sich N. und W. an Sweet, gehen aber zuweilen 
noch über ihn hinaus, z. b. indem sie den ersten vokal in upon u. s. w. dem 
ersten in about, continue gleich setzen. Denselben laut hat nach N. und W. 
moment, children in den zweiten silben, während Sweet bei moment ein 1 notirt. 
Auf letzteren gründet sich wieder die gleiche notirung von passage (2. vokal), 
learned (2.), likeness (letzter) mit dem ersten vokal von because, besides und 
dem letzten in body u. s. w. Ich höre hier unterschiede und kann mich mit 
Sweet daher in diesem wie in einigen anderen punkten nicht befreunden. Dass 
von der aufstellung einer vokal- und konsonantentabelle abgesehen ist, billigen 
wir. Ich halte sie überhaupt nicht für nöthig; wer sie aber für nöthig hält, 
wird in der that besser daran thun, sie an der wandtafel vor den augen der 
schüler entstehen zu lassen. 

Für anhänger der transscription würden N. und W. „falls diesbezügliche 
wünsche geäussert werden, eine umschrift der texte in einem besonderen hefte 
erscheinen lassen‘. 

Die präparation ist anfangs unter dem text, später stückweise im anhang 
- gegeben. Dazu ist aber noch ein alphabetisches wörterverzeichniss beigefügt, in 
dem jedes wort transscribirt ist. 

Ein anhang enthält 1) grammatische aufgaben, die mir überflüssig erscheinen, 
2) umformungen, 3) fragen, wie sie jeder lehrer selbst bilden können muss, 
4) kleine diktate in englischem text, 5) deutsche übungsstücke zur stücküber- 
setzung, welche wie 1—4, „den stoff durchaus nicht erschöpfen, sondern nur an- 
regung und muster darbieten wollen“. Die verfasser glauben „den berechtigten 
forderungen der alten und der neuen methode rechnung getragen zu haben und 
geben sich daher der hoffnung hin, dass ihr buch von anliängern beider richtungen 
in der schule mit nutzen gebraucht werden könne“. Wir können das buch vor 
allem seiner guten auswahl der lesestücke wegen vom standpunkt der neueren 
richtung nur empfehlen. 


Berlin, Nov. 1890. W. Mangold. 


Georg Dubislav und Paul Boeck, Schulgrammatik der englischen sprache 
für höhere lehranstalten. Berlin 1891. R. Gaertner’s verlagsbuchhandlung 
(Heyfelder) 152 ss. 8°. Pr. 

@ 


Dem in dieser zeitschrift besprochenen ,Elementarbuch* haben dieselben 
verfasser eine grammatik folgen lassen, die dazu bestimmt ist, dem unterricht in 
der englischen satzlehre an höheren lehranstalten zu grunde gelegt zu werden. 
Das buch bedient sich grossen und kleinen druckes: grossgedruckt ist alles, das 

E. Kölbing, Englische studien. XV. 3. Ww 


466 Litteratur 


den verfassern als wichtig erscheint und zur systematischen durchnahme bestimnt 
ist, während das kleingedruckte, minder wichtige, bloss den vorgeschrittenen 
schüler instand setzen soll, sich in besonderen, ihm ‘bei der lektüre sich darbieten- 
den fällen raths zu erholen. Diese scheidung ist zu billigen, denn der gramma- 
tische lernstoff besteht aus solchem material, das der lernende durchaus zu seinen 
eigenthum machen muss, um es mündlich und schriftlich nachahmen zu können, 
andererseits aus solchen sprachlichen erscheinungen, die er bloss verstehen muss, ohne 
dass er je so weit kommen wird, sie auch selbständig anwenden zu müssen. Das erstere 
muss er können, das letztere braucht er bloss zu wissen. Es handelt sich 
nur darum, zu definiren, was das wichtige und das minder wichtige ist. Es is 
gar keine aussicht vorhanden, dass in dieser frage je einstimmigkeit erzielt werde. 
Das mehr oder weniger hängt ja nicht bloss vom lehrer, sondern von den ver- 
schiedensten umständen ab. Aber ref. glaubt auf allgemeine zustimmung rechnen 
zu können, wenn er seine meinung dahin ausspricht, dass von dem, was der 
schüler vollständig beherrschen soll, das vom deutschen sprachgebrauch abweichende 
‘gerade das wichtigste sei. Er kann sich daher nicht damit einverstanden erklären, 
dass z. b. der gebrauch von church, school, college, prison, heaven, hell, paradist 
ohne artikel, sowie die idiome on condition, to sentence to death, to shake hands 
(§§ 121 und 122); der eigenthümliche plural von 4fe (§ 137); der genitiv dook- 
seller’s (shop) (§ 144); der plural the Spanish and French fleets (§ 158); die per- 
sönliche konstruktion von & happen, chance; to be sure, likely (§ 219) u. a. m. 
ins kleingedruckte gehöre. Dagegen wäre wieder manches wie z. b. § 258 
(gebrauch des konjunktivs), da das buch selbst richtig bemerkt „der konjunktiv“ 
sei „in der umgangssprache sowohl in der gesprochenen wie der geschriebenen 
nahezu geschwunden“, wieder nicht gross zu drucken, dagegen wohl „die um- 
schreibungen des konjunktivs“ durch may, should u. s. w. 

Eingeleitet wird das buch mit einer lautlehre ($ 1—5), welche die 
ergebnisse der phonetik für die schule verwerthet. Nur kleinigkeiten sind aus- 
zustellen, z. b. ist die angabe „» derselbe laut wie Z in far, nur kurz“ ungenau, 
die umschreibung des lautes in #7 durch @ nicht glücklich, das > in seven, travel 
nicht nothwendig. Der lautlehre folgt die „formenlehre* und nimmt 5/, des 
ganzen buches ein (5—57). Da nun diese grammatik der satzlehre zu grunde 
gelegt werden soll und die formenlehre schon in dem Elementarbuch eine ziem- 
lich ausführliche behandlung erfahren hat (76— 100), so scheint mir, die formen- 
lehre einen viel zu breiten raum einzunehmen. Die „grammatik“ sollte nur er- 
gänzungen zu dem elementarbuch enthalten, während thatsächlich vieles nur 
wiederholt wird, was die schüler nach durchnahme des Elementarbuches ohnehin 
schon wissen und können müssen. Diese wiederholung erklärt sich r. aus der 
absicht der v., dieses buch auch in fällen brauchbar zu machen, wo das Elemen- 
tarbuch nicht in gebrauch ist, was jedoch im „vorwort“ bemerkt sein sollte. 
Die englische ,formlehre* ist überhaupt sehr reformbedürftig, denn wenn der 
terminus ,formenlehre“ mit „flexionslehre“ gleichbedeutend zu nehmen ist, so 
wird vieles darin untergebracht, -was nicht hineingehört, wie „das geschlecht der 
hauptwörter“, die zahlwörter, der gebrauch der präpositionen u. s. w. Die in 
verschiedenen, zerstreuten §§ (22, 24. 60, 61, 62, 63) gegebenen orthographischen 
regeln sollten unter zwei §§ behandelt sein: 1. veränderung des auslautenden y 
und o bei antritt einer bildungssilbe. 2. verdoppelung von konsonanten nach 
kurzem accentuirten vokal. 


Grammatisches 467: 


Die „deklination* wird noch ganz in alter weise vorgetragen, da wohl: 
aus praktischen gründen immer noch of the man ein genitiv, 40 the man ein dativ 
heissen, obwohl auch im Deutschen z. b. „könig von Baiern“ und ‚er sagte zu 
mir“ nicht als kasus aufgefasst werden. Aber weil das Deutsche 4 flektirte. 
kasus hat, so muss sie auch das Englische haben. Was würde man aber dazu 
sagen, wenn in slavischen schulen dem Englischen ausser dieser 4 noch z. b. ein 
lokativ (in the room) und ein instrumental (ztth the man) aufgenöthigt würde? 
Diesem beginnen stünde nach dem beliebten vorgange nichts entgegen. Die bei- 
behaltung der englischen „deklination“ beruht nur auf langer schlechter gewohn- 
heit und führt zu ganz kuriosen angaben. ! 

Bei der formenarmuth der englischen sprache ist das kapitel über die 
wortstellung das wichtigste und sollte in einer grammatik, die in einem vorge- 
schritteneren stadium des unterrichts benützt werden soll, das erste sein. Die regel- 
mässige wortstellung und die „inversion“ sollten zusammenhängend erörtert, nicht 
über eine reihe von $$ zerstreut sein (129, 130, 140, 149— 152, 190, 193, 203, 204, 
161, 162, 170, 171, 167). Der begriff „inversion“ sollte alle abweichungen. 
von der regelmässigen wortstellung umfassen, z. b. all the world, so great a man 
u. a. Freilich hängt der gebrauch der ,inversion* im weiteren sinne so innig mit 
dem satzaccent zusammen, dass dieser in einer englischen grammatik im zusammen- 
hange mit der wortstellung an beispielen erläutert werden müsste, wenn man 
eben in den grammatiken auch auf die lebendige, laute und nicht hauptsächlich 
auf die todte. gedruckte sprache rücksicht nähme. R. behält es sich. übrigens 
vor, auf diesen gedanken noch ausführlich in dieser zeitschrift zurückzukommen. 
Diese auffassung würde eine bedeutende zusammenziehung aes stoffes und eine 
lessere übersicht desselben ermöglichen. Auch in anderen kapiteln Hesse sich 
in rationeller weise sparen. R. legt auf die einfachheit, durchsichtigkeit und 
übersichtlichkeit einer englischen grammatik das hauptgewicht. Wenn sich auch 
in der vorliegenden grammatik in dieser beziehung noch manches thun liesse, so 
ist sie doch auf dem richtigen wege, das in früheren zeiten verwickelte zu ver- 
einfachen und das früher getrübte durchsichtig zu machen. Der lehrstoff ist 
wirklich „nach möglichkeit beschränkt“ und bietet trotzdem dem schüler alles, 
was er zu wissen nöthig hat. R. kann deshalb auch die grammatik von Dubislav 
und Boeck zum unterrichtsgebrauch an mittelschulen empfehlen. 


Graz, November 1890. Wilhelm Swoboda. 


Fölsing-Koch, Lehrbuch der englischen sprache. Theil II]. Oberstufe: 
Wissenschaftliche grammatik der engl. spr. besonders für die oberklassen höherer 
lehranstalten und zur einführung in das universitätsstudium. — Nach der 17. 
aufl. von prof. Fölsing’s „Lehrb. für den wissenschaftl. unterr. in der engl. 
spr.“ neu bearb. von John Koch. Berlin. Emil Goldschmidt. 468 s. 8°. 
Pr. mk. 5. 

Mit diesem bande erreicht eine arbeit ihren abschluss, über deren ersten 
und zweiten theil (Elementarbuch und Mittelstufe) ich seiner zeit in den Engl. 


1 Vgl. die besprechung von „Neuere schriften zur methodik des neusprach- 
lichen unterrichts* (Engl. stud. XVI, 1). 
a" 


468 Litteratur 


stud. berichtet habe. Fand ich besonders am lehrbuch manches zu tadeln, so 
kann ich diesem 3. theil fast uneingeschränktes lob spenden. Je mehr sich Koch 
von Fölsing losmacht, um so vortrefflicher ist die leistung; bei diesem 3. theil 
nun kann von Fölsing überhaupt keine rede mehr sein. Die zusätze sind so be- 
deutend und mannigfach , das von Fölsing gebrachte so völlig umgeändert, dass 
es sich wohl empfehlen dürfte den namen Fölsing „nicht unnützlich zu führen“. 
Selbst die Fölsing entlehnten beispiele sind der zahl nach so gering, andererseits 
Koch’s selbstgesammelte oder anderweitig entlehnte so überwiegend, dass Fölsing 
doch höchstens als stiller partner angesehen werden kann und nicht länger in der 
firma figuriren sollte. 

Was der verf. im vorwort als ziel hinstellt, muss im grossen und ganzen 
als erreicht angesehen werden. Nicht ausschliesslich zum gedächtnissmässigen 
aneignen ist diese grammatik bestimmt, sondern sie setzt reifere schüler voraus, 
die eines ,nachschlagebuches* bedürfen, in dem sie auch über das vom gewöhn- 
lichen wege abliegende aufklärung finden und das, wie verf. mit recht hinzusetzt, 
auch zu eigener beobachtung und im anschluss daran zu specialarbeiten anregung 
bietet. Ich möchte nach dieser richtung hin die arbeit Koch’s als ganz besonders 
verdienstlich hinstellen und sie, unter dem gesichtspunkt des unfertigen der ganzen 
englischen grammatik, weniger freilich fortgeschrittenen schülern, als studenten, ja 
jüngeren wie älteren kollegen auf's angelegentlichste empfehlen. Es zeichnet 
Koch’s arbeit vor den meisten engl. grammatiken aus, dass die ganze methode 
keineswegs dogmatisch ist. Vollkommen vertraut mit den ergebnissen der modernen 
sprachforschung und nicht minder fest in grammatischer schulung, hütet sich Koch 
dennoch vor allzustarkem theoretisiren. Ihm ist offenbar auch die moderne form 
der sprache geläufig, und diese kenntniss des jetzt gesprochenen Englisch hat 
ihn vor dem fehler bewahrt, dem mächtig dahinrollenden strom unserer ersten 
verkehrsstrasse ein gar zu enges bett anzuweisen. Ich habe selten bei einer 
grammatik so lebhaft den wohlthuenden eindruck empfangen, dass alles auf eigener 
beobachtung beruht, dass sich nicht gewisse fehler, die ein angesehener grammatiker 
etwa vor 50 jahren mal gemacht hat, wie eine ewige krankheit fortschleppen. 
Die selbständigkeit zeigt sich indess nicht nur in der eigenen beobachtung, sondern 
mindestens ebenso stark und, in den meisten partien, recht vortheilhaft in der an- 
ordnung und gruppirung. So gestehe ich, dass ich z. b. aus dem kapitel über 
die präpositionen, denen ich selbst seit langen jahren ein grosses interesse widme. 
eine fülle von belehrung und aufklärung gefunden. Die behandlung des verhältnisses 
von dativ und accusativ, worüber ich in einem früheren heft der E. st. selbst den nieder- 
schlag langer beobachtung zum besten gegeben, ist vom methodischen wie wissen- 
schaftlichen standpunkt als gleich gelungen zu bezeichnen. Musterhaft sind auch die 
modalen verba (hilfsverba) behandelt; für nicht regelmässige besucher England’s 
auch das ganze V. kapitel: die wortbetonung im einfachen satz, womit die in- 
vertirte wortstellung sehr passend in organischen zusammenhang gebracht 
ist. Nicht ganz so lobend kann ich mich über die behandlung des zusammen- 
gesetzten satzes aussprechen: zwar ist mit einer peinlichen sorgfalt auf die syste- 
matik desselben bedacht genommen; aber doch nicht ohne gar zu starkes schema- 
tisiren. Koch scheint mir hier dem system zu liebe manches recht überflüssige 
unnöthig breit zu behandeln und zwar vielfach verleitet, wie ich annehmen möchte, 
durch die quellen, welche hauptsächlich die grundlage seiner beobachtung bilden. 

Was die letzteren betrifft, so möchte ich überhaupt nicht mit dem be- 


Grammatisches 469 


dauern zurückhalten, dass nach weise älterer grammatiker (Wagener, Fölsing) 
Goldsmith’s Vicar of Wakefield so sehr stark herangezogen wird; gerade hier ist 
für die modernen bedürfnisse die Fölsing’sche erbschaft nicht begehrenswerth. 
Es gibt ja immer noch viele leute, die zumal in Deutschland für den Vicar 
schwärmen, selbst als schullektüre (ohne irgend etwas auszulassen!): aber der 
styl ist doch halb veraltet, mag sich das auch weniger nach der idiomatischen 
und grammatischen seite zeigen als nach der konstructivischen. Ähnliches lässt 
sich auch im allgemeinen gegen das zu starke heranziehen Shakespeare’scher prosa 
sagen. Die kritik, welche Koch unter anderm an Dickens übt, hätte auf die 
älteren schriftsteller erst recht angewandt werden sollen; die grammatik würde 
dann mit noch grösserem recht ein bild des modernen Englischen sein. 

Der neuere und neueste roman, die leitartikel der grossen 
zeitungen, die Essays der Periodicals hätten eine stärkere be- 
rücksichtigung finden sollen; nicht nur aus principiellen 
gründen. Denn der junge student ist vor dem vorurtheil zu be- 
wahren, dass der begriff des classischen mit Macaulay steht 
und fällt, eine so aktuelle sprache, wie das Englische, die in 
erster linie eine verkehrssprache sein will, empfängt ihre ge- 
setze nicht nur von einer schule, nicht von einem besonders 
„feinen schriftsteller*, sondern steht unter dem einfluss be- 
gabter tagesschriftsteller, mögen sie diesseits oder jenseits 
des grossen wasser’s englisch schreiben. Ein hinweis hierauf 
ist für studenten um so unerlässlicher, als das beständige zu- 
rückgehen auf grammatik, stylistik und vokabelschatz der 
fossilen sprache, zum theil auch der französischen, manchen 
jünger der neuphilologie in ganz falsche bahnen lenkt, ihn 
auch den werth längeren und häufigeren aufenthaltes in Eng- 
land unterschätzen lehrt. 

Dass dies auch Koch’s auffassung von der sache ist, lehrt die art und 
weise, wie er den modernen gebrauch thatsächlich berücksichtigt; leider sind nur 
der Leisure Hour und dem Athenaeum (vereinzelte) belege entnommen. Auch sagt 
er in dem vorwort selbst, dass „eine erschöpfende darstellung nicht beabsichtigt 
ist“. Wenn Koch dazu der raum gefehlt hat, so möchte ich auf die entbehrlich- 
keit so manches belegsatzes verweisen, wenn er aber befürchtet, dass „eine 
grössere fülle von material eher verwirrend als aufklärend gewirkt haben würde*, 
wenn er nur die aufmerksamkeit und den appetit des lernenden anregen will, so 
muss ich das gerade bedauern: eine so breit angelegte wissenschaftliche gram- 
matik der modern englischen sprache sollte unter allen umständen das jetzt in 
grammatischer beziehung feststehende bringen, und gerade Koch 
scheint uns der mann, die grammatik nach dieser seite erschöpfend zu behandeln. 
Ich werde den beweis bringen müssen , dass nicht nur principiell in dieser rich- 
tung mehr zu thun war, sondern auch aus rein praktischen gründen, da sich die 
berücksichtigung gerade des modernsten sprachgebrauchs noch viel- frucht- 
barer gezeigt hätte. 

Misslich ist der stete hinweis auf des verf.’s Engl. lesebuch, da die an- 
schaffung doch von studenten kaum zu verlangen und die dort verwertheten 
quellenschriftsteller nur zum theil ein recht darauf haben, in einer so gründlichen 
wissenschaftlichen grammatik herangezogen zu werden . 

® 


470 Litteratur 


Die einleitung gibt in knapper form einen überblick über herkunft 
und entstehung der engl. sprache. Ihr schliesst sich im „2. buch“ die lautlehre 
mit der orthographie an. Jene wird durch phonetische erörterungen (unter be- 
nutzung eines kopfquerschnittes (nach Henke) eingeleitet, die nicht mehr bringen. 
als das absolut nöthige, (was für manchen studirenden vielleicht nicht genug ist). 
Das sehr ausführliche kapitel über aussprache und schreibung der englischen laute, 
verräth den praktisch geschulten phonetiker. Die eingestreuten allgemeinen und 
besonderen winke für die aussprache unter gelegentlicher zuhülfenahme der trans- 
scription sind im höchsten grade schätzenswerth; speciell habe ich das was Koch. 
in s. 27—30 über nebentonige und unbetonte vokale sagt, noch in keiner gram- 
matik so gut dargestellt gefunden; es wird durch die praxis vollkommen bestätigt.. 

Im einzelnen habe ich nur folgendes zu bemängeln: 

Die kurze aussprache von deez scheint mir immer seltener zu werden (§ 24). 

Bei leisure (24, 11, 5) ist nicht auf die ebenso verbreitete aussprache mit 
i hingewiesen, vielleicht nur aus versehen auf das Z in sieve (24, I, 4). 

In § 25, VI, 1 ist egwal unter quality, quarrel u. a. gerathen, dann misste- 
nicht das e den ton haben. 

Dass im auslaut nicht o¢ und ai sondern oy und ay geschrieben werden, 
konnte irgendwo gesagt werden. 

mo mit nachdruck gesprochen (26 am ende) = mow habe ich von ge- 
bildeten nicht gehört (32, I, 6). 

Ich meine, dass Awat statt what, Awite statt white weniger der gezierten 
rede angehört, als irisch und in Amerika sehr beliebt ist. 

Bei der aussprache von Greenwich und Berwick sollte erwähnt werden, 
dass in Jpswich das ww lautet. 

Das kapitel über die wortbildung ist recht übersichtlich und gibt das 
wünschenswerthe. Empfehlen möchte ich bei der grossen zahl von wörtern, von 
denen so viele nur selten vorkommen, die häufigere beifügung des wortaccentes, 
womit manchem studiosus sehr gedient sein dürfte. Das könnte auch sonst in 
der grammatik häufiger geschehen oder aber — gar nicht. 

Was die betonung angeht ($ 69 f.), so vermisse ich einen hinweis auf 
das zurückweichen des accentes in wörtern wie admirable, comparable. 

Die eigentliche grammatik zerfällt in die flexion, den einfachen satz 
und den zusammengesetzten satz; unter der flexion fasst K. die einzelnen wort- 
arten vom artikel bis zur interjection zusammen, und gerade hier findet sich eine 
grosse zahl lexikalischer und stylistischer zusätze, für die der studirende dem 
verfasser ganz besonders dankbar sein wird; denn es sind meist einzelheiten, die 
nur dem kenner der sprache aufzufallen pflegen. Was hier zumal über das der 
schrift- oder der umgangssprache angehörende gesagt wird, ist hieb- und stichfest. 
Was ich dazu bemerken möchte, soll mehr zur ergänzung dienen. Im allgemeinen 
dirfte es sich nur empfehlen, trotz des sehr zuverlässigen index, das inhaltsver- 
zeichniss etwas ausführlicher zu gestalten, für die flexion sowohl wie vor allem 
für die letzten beiden abschnitte, wo das selbständige gruppiren der satzarten das 
auffinden erschwert. 

§ 88. 2 ist das über pound gesagte angreifbar; folgt noch die angabe 
von anderen münzsorten, so steht pound ohne pluralzeichen; damit hat das pound 
in a five-pound note an dieser stelle nichts zu thun. 

§ 88, 3 Dass statt peoples meist nations stehen soll, könnte nachgerade 


Grammatisches 471 


gänzlich aus den grammatiken verschwinden; „it is a distinction without a diffe- 
rence“. Überhaupt könnte das in § 88, 3 über „einige andere wörter verschiedenen 
ursprungs, die kollektiven oder numeralen sinn haben“ gesagte schärfer gefasst 
werden; speciell dürfte sich in der fussnote statt „gewisse fischarten haben als 
kollektiva kein plural-s“ die fassung empfehlen: die zur nahrung dienenden fisch- 
‚arten (vgl. die Sattler’schen untersuchungen). 

Nicht gefallen will mir auch die fassung der anm. zu 91, 2, 6: „Diese 
wörter (optics, ethics u. verw.) werden als plurale, meist jedoch als singulare be- 
handelt“. Sollte Koch nicht in der lage sein, festzustellen, welcher numerus 
studirenden am meisten zu empfehlen ist? — Doch unzweifelhaft der plural, der 
eben nie falsch ist, während der singular direkt falsch sein kann. Ich darf viel- 
feicht einige interessante notizen hier beifügen: 

Phonetics will also become by itself a definite science (Whitney). 

These are mistaken tactics (Daily News). 

After all this physics and metaphysics (Ib.) halb scherzhaft. 

Wage statt wages ist jetzt ganz gebräuchlich | 

news (§ 91, 2, d) darf auf keinen fall mit means auf eine stufe gestellt 
werden. Ob das wort als sing. oder plur. zu behandeln ist, scheint den Engländern 
selbst zweifelhaft; vielleicht nimmt Sattler sich dieses wortes mal an. Zu denen, 
welche es überhaupt nicht als plural zulassen, gehört der litterarhistoriker C. A. 
Ward, der in den Notes and Queries (6, II, 157) schreibt: Some days since I 
read “The news from Afghanistan are very ominous’ Perhaps this is a sufficiently 
dry purism to choke breathing like the atmosphere in a flour mill. — Auf mews 
they zu beziehen, verurtheilt auch die Sat. Review; leider habe ich mir nur die 
thatsache notirt. — Wenn lexika und grammatik hier und da für zews als plural 
beispiele bringen, so fehlt doch der beleg, und für die beispiele die quellen- 
angabe. 

Wie a gallows, ist auch a barracks gebräuchlich, z. b, Thack. Irish 
Sk. Book II, 101. — In der Ed. Rev. finde ich sogar ¢his pains : an alms selbst 
in Mac. Hist. 

Envirous kommt eigentlich recht selten vor, und soll dann meist mit 
französischer aussprache gesprochen werden; es scheint fremdwort geblieben 
zu sein. 

§ 94. Die weitaus gebräuchlichste form ist Brazil, nicht the Brazils, 
wie auch Kressner (Lord Clive 44, anm.) annimmt. 

§ 100. Die deutsche comparation bei bitter, handsome, clever, pleasant, 
gehört nicht bloss, wie K. will, der umgangssprache an. 

§ 101. elders kann ausser ,vorfahren* auch „ältere leute“ bedeuten. 

§ 106. Was den (sonst schwankenden) gebrauch des best. art. vor den 
die sprache eines landes bezeichnenden adjectiven betrifft, so möchte ich auf die 
von .Zupitza (Koch-Zupitza) gemachte sehr richtige beobachtung hinweisen, dass 
nach /rom der artikel nie fehlt. 

§ 107a widerspricht a heretic der von Koch selbst in § 80 gegebenen 
regel: vielleicht druckfehler ? 

§ 115. Bei who? empfiehlt sich die angabe, dass es auch pluralisch gebraucht 
wird, z. b. Who shall be the rectors of our daily rioting. Milton Pr. W. II, 73. 
Auch Koch scheint mit allen grammatikern anzunehmen, dass who vor folgendem 
genitiv nicht möglich ist, dagegen verweise ich auf folgende sätze: 


® 


472 Litteratur 


Who of her admirers would not feel glad and proud to leave, 
such fragrant blossoms offered to him in so light and graceful a way. 
Academy. 
Who of us do not possess similar treasures. 
J. Payn, Thicker than Water II, 80. 
Yet who of all the subjects of his benevolence has ever sug- 
gested etc. Ib. II, 280. 

§ 120. Für every one adjektivisch wäre ein beispiel am platze ge- 
wesen, ein hinweis erwünscht auch auf die verbindung each and every, die 
sehr gewöhnlich ist, auch substantivisch gebraucht wird, z. b. Pickwicks ch. 39. 
Auch wird auf each, wie every body so häufig durch their zurückgewiesen, 
dass davon notiz zu nehmen ist. 

§ 122. Dass nobody keinen genit. part. auf sich folgen lässt, ver- 
misse ich. 

Unregelmässige verba: nr. 52 to flee infin. wird mehr und mehr 
durch to fly verdrängt. 

Nr. 78: bereaved besonders mit artikel: die waise, die hinterbliebenen. 

Auch bei bade, strew, swollen, doest, doeth wäre die aussprache- 
bezeichnung erwünscht, die sonst ja bei den unr. verben berücksichtigt ist. 

Nr. 59: „upheld meist im inf. u. präsens“. —? Vgl. u. a. Mac. Clive: 
Meer Jaffier could be upheld on the throne only by the hand which had placed 
him on it. 

Zu 61: understand möchte ich mir die frage erlauben, welche bewandniss 
es mit dem particip understanded hat. Ich finde es mit anführungszeichen in 
verbindung mit Of the people hier und da in der Sat. Review, in der tagespresse 
und in Skeat. Spec. of E.Lit. in der einl. zu Tyndale: The extract here printed 
contains a splendid defence of the wisdom of translating the Scriptures into a 
tongue ‘understanded of the people’. 

Nr. 89 lade etc.; für loaded gibt Koch nur die bedeutung „geladen“ 
an: es kommt indess auch für beladen vor, z. b. Crabb, Syn: The diligent bee 
returns loaded with his booty. 

§ 135. Ein hinweis auf das in der presse so häufige, halb scherzhafte 
there be some who etwa unserem „es soll leute geben, die etc.“ wäre wohl 
angezeigt. 

In $ 138 soll das kreuz vor gewissen adverbien anscheinend, wie beim 
verbum ($ 133), „jetzt nur in der poesie gebräuchlich oder ganz veraltet“ be- 
zeichnen; wenigstens ist eine specielle erklärung dieses zeichens nicht gegeben. 
Und doch passt diese charakteristik gewiss nicht auf thither, hither, whither, 
whence, hence; eher schon mag sie zutreffen bei thence, yond, yon, 
yonder, vollkommen aber nur bei oft. Es ist ja richtig, dass die erst ge- 
nannten von vielen schriftstellern ganz gemieden werden (z. b. Thackeray: ‘Here’ 
is grammar) (statt hither), andere aber protestiren gegen diesen gebrauch entschieden. 
Mich dünkt, der student kann sich auf keinen fall mit dem blossen begnügen. 
Gerade dieses wäre ein punkt, über den man in einer solchen grammatik auf- 
schluss oder genauere angaben erwartet. 

§ 158. By Jingo (St. Gingoulph?). — Dieser ausruf kommt schon in 
“The stoops to conquer’ (act V) vor. Brewer’s Dict. of Phrase and Fable führt 
Jingo zurück auf das baskische , Jainko“ = the Supreme Being zurück. — Punch 

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Grammatisches 473 


brauchte das wort gern in bezug auf Beaconsfield, dessen anhänger Jingoes hiessen. 
‘Jingoism’ könnte man mit (englischem) chauvinismus übersetzen. 

§ 170, 34. stand tr. aushalten; „poniren“. — Was heisst p. hier? 

§ 194. Will und would sind doch nur in der 3. person für „pflegen“ 
anwendbar! 

§ 222. Bei elect und appoint ist as vor dem 2. accus. nicht unge- 
wöhnlich, bei election und appointment sogar ndthig. 

§ 226, anm. To think fit lässt # meist weg, bei think proper 
schwankt der gebrauch. 

§ 243. Ist independent wohl durch ein versehen (vgl. § 246, 2) unter 
das complement /rom gerathen. 

§ 244. partake in ist ungewöhnlich statt p. of 

§ 247, 3. treat statt treatise (on) kommt wohl nicht mehr vor. To 
think on gibt K. als veraltet und vulgar; veraltend mag es sein; immer- 
hin ist es häufig in der Bibel; aber vulgar? 

§ 297. Gegen die auch bei Koch stehende regel, dass das demonstrativum 
vor folgendem possessivum „veraltet oder dichterisch ist“ constatire ich, dass die 
verbindung in der that ganz gewöhnlich ist. Macaulay braucht sie in den Speeches, 
wie. in den Essays (z. b. Milton: On this his festival); — ganz: gewöhnlich ist 
sie ferner bei Thackeray und in den Notes and Queries. 

Zu den präpositionen, über die ich mich schon lobend ausgesprochen 
habe, möchte ich bemerken, dass bei der definition von a nicht nur der punkt, 
sondern auch der begriff der grenze, der erreichten höhe, zu betonen ist. 
dass mir in by water. by land, dy nicht causal, sondern instrumental zu sein 
scheint. Bei der untersuchung von over und above (§ 331) ist nicht der „ver- 
hältnissmässig kleine abstand von dem bestimmungspunkte“ der haupt- 
gesichtspunkt, sondern ob an eine bedeckung gedacht wird oder nicht, was bei 
Koch zurücktritt. Vgl. over and above, das eine gewöhnliche verbindung ist. 
„Underneath öfter auch in der gewöhnlichen. prosa* — ? 

§ 333. in the middle soll nur räumlich sein? cfr. In the middle of 
June; about the middle of the century. | 

§ 351. Bei as late as, as early as konnte auf so late as, so early as 
mit etwas veränderter bedeutung hingewiesen werden, hier oder $ 466, wo aber 
auch von der möglichkeit, dass es auch in der verneinung as — as heissen kann, 
keine rede ist. a . u 

The wreck was not as utter as it seemed. Green Hist. III, 42. 
The ladies were not as experienced as the gentleman. 
Coningsby IV, 8. 
The obstacles are not believed to be as great as it was found they 
would be. Times. 
vgl. auch Koch, Lehrbuch s. 136. Her friends did not like him as much as 
she did. 


§ 357. „ere selten und meist poetisch*. ere long, ere now, selbst eve 
this sind doch modern. 

§ 387. despite of („fast veraltet“) findet sich häufig in leitartikeln. 

§ 388. „beloved of“ konnte als noch modern erwähnt werden. 

§ 394. Es lässt sich heute nicht mehr behaupten, dass das adverb „nur 
selten und ausnahmsweise“ zwischen # und den infinitiv tritt. 


* 


o 


474 Litteratur 


Die inversion ist, wie bereits gesagt, eins der besten kapitel; dass hier 
mehr als irgendwo sonst, das der sprache eigenthümliche betonungsgesetz zur 
geltung kommt, muss als entschiedener fortschritt der methodik, speciell der schul- 
methodik, bezeichnet werden. Damit möchte ich jedoch nicht behaupten, dass 
dieses gebiet erschöpfend genug behandelt ist. Zunächst, scheint mir, sollte be- 
merkt werden, dass nach den in § 411 angegebenen, die inversion des subject's 
bedingenden adverbien nicht nur im hauptsatz, sondern auch im nebensatz die 
inversion eintritt, z. b.: 

The curse of serfdom lay so heavy on Germany and lasted to so late 
a period that at neither extreme of the social scale has the nation 
recovered from it. Ed. Rev. 

Was den nachsatz angeht, auf den Koch § 519 noch besonders zu 
sprechen kommt, so waren doch fälle wie die folgenden zu erörtern: 

As the Reformation did not find the English bigoted Papists, so 
neither was it conducted in such a manner as to make them zealous 
Protestants. Mac. Burleigh a. His Times. 

While he was meditating these great designs, arrived intelligence 

. Mac. Warr. Hastings. 

Cfr. ebenfalls nach einem vordersatz mit while: took place an event. 

Mac. Hist. I, 44. 


Rhetorisch: 
On the day on which the Long Parliament revived, revived also 
its old quarrel with the army. Mac. Hist. 


Der vordersatz wird als erweitertes adverbium behandelt und das über die 
stellung desselben an der spitze des satzes gesagte wäre nur auf die hier belegten 
fälle auszudehnen (§ 409). 

§ 286, wo von der stellung des präpositionalen komplementes bei adjectiven 
die rede ist, vermisst man eine notiz in bezug auf die hier stark um sich greifende 
deutsche wortfolge, worüber Earle, Engl. Phil. $ 556 spricht, der auch einige 
belege gibt. Ich füge als besonders charakteristisch an: 

On that to me memorable evening 
von Wordsworth (zum Anc. Mar.). — Zu loben sind solche verbindungen natür- 
lich keineswegs, aber sie verlangen berücksichtigung, wie auch die andere, mehr 
anerkannte verbindung, welche in dem titel eines buches erscheint: 
The Corn and Cattle producing Districts of France. 

Es fehlt auch der sehr häufige fall, dass der ablat. auctoris mit dy zwischen 
hülfszeitwort und particip tritt: 

The country is by foreign invaders called Wallachia. Earle § 7. 

§ 437 und 441 hätte erwähnt werden sollen, dass what nicht nur für 
that which, sondern auch fir those which stehen kann. Die grammatiker 
geben für diesen ganz gewöhnlichen gebrauch keinerlei belege, so dass vielleicht 
einige meiner notizen willkommen sein werden. 

Troilus and Cressida seems to us infinitely more correct — than 

what are called the most correct plays of the most correct dramatists. 
Mac. Essay on Moore’s Life of Byron. 

What were called likenesses of him, appeared in illustrated 
newspapers by the dozen. Ed. Rev. 
English ideas or what were supposed to be so. Not. a. Quer. 


Grammatisches 475 


Koch’s auffassung vom einfachen konjunktiv, z. b. § 451 beim konditional- 
satz und § 478 ist durch die Thum ’schen untersuchungen nicht beeinflusst worden. 
Ich bin nicht der ansicht, dass überhaupt der gebrauch Macaulay’s, oder gar der 
seiner History der allein klassische ist, dass folglich von einem flexivischen 
konjunktiv im Englischen überhaupt keine rede mehr sein könnte. Aber anderer- 
seits darf doch auch Koch ihn nicht als mit dem indicativ gleichberechtigt be- 
handeln und ihm principiell, z. b. den irrealen bedingungssatz zuweisen. 

Es sei übrigens hier auch auf das aufmerksam gemacht, was B. Schmitz 
in seiner grammatik gegen den gebrauch des konj. sagt und citirt (IV. aufl. 
§ 204). 

§ 454, 2. I can’t be put in jail without you are. Soll dieses bei- 
spiel aus den Three Cutters (Lesebuch 255) den schluss gestatten, dass without 
in dieser verwendung anders als in der leichten unterhaltung gestattet ist? — 
Warum dann nicht auch against als conjunction erwähnt in sätzen wie against 
hecomes back? | 

§ 464. „Nach no other, any other steht jedoch auch than“. Ist 
da than nicht das gewöhnliche, ja correctere? (Vielleicht ein druckfehler; „auch“ 
wäre zu streichen). | 


Der druck ist nicht sehr correct. Ich gebe im folgenden nur die stöıen- 
den drückfehler. 

§ 12,4 und $ 27,5. cocao statt cacao; oder ist cocao etwas besonderes? 

§ 17, anm. 2. ‘conoisscur st. connoisseur. 

§ 37, 2. Ptolomy st. Ptolemy. 

§ 61, 15. couart st. couard. 

§ 72, 6. hospitable st. hdspitable. 

§ 87, 1. women st. woman. 

§ 88, 3c. hier muss wohl fom, nicht Zur geschrieben werden. 

§ 90. axis pl. st. axes. 

S. 105, z. 16 v. u. fellow st. follow. 

§ 141, 2. linnen st. linen. 

§ 158a, anm. God’s books st. looks. 

§ 170, 13. enlistened st. enlisted. 

S. 221, z. 8 v. o. fell st. felt (felt auch im lesebuch!) 

S. 257, letztes wort: ascendency. 

§ 287a. chaplan st. chaplain. 

§ 335, 2d. the takes st. he takes. 

§ 37a, letzte zeile fehlt de vor deficient. 

S. 353, z. 5 v. 0. sport st. spot. 

S. 354, vorletzte z. Catholicks st. Catholics. 

S. 356d. vermillion st. vermilion. 

$ 413a. place st. peace. 

§ 417b. resolve st. revolve. 

S. 395, vorletzte z. is st. Aas. 

S. 398, z. 7 v. o. fehlt himself hinter present. 

Der druck ist deutlich, die ausstattung vorzüglich, der preis im verhältniss 
sehr niedrig. 
Hamburg, Juli 1890, G. Wendt.