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Full text of "Englische Studien"

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HANDBOUND 
AT  THE 


UNINERSITY  OF 
TORONTO  PRESS 


4 


7^3  C 


ENGLISCHE  STUDIEN 

DRITTER  BAND. 


1J 


ENGLISCHE 


STUDIEN. 


Herausgegeben 


D-^-  EUGEN  KÖLBING, 

ao.  Professor  der  englischen  Philologie  an  der  Universität  Breslau. 


III.  band. 


Verlag  von  Gebr.  Henninger. 

\880. 
Parts.  £on6on. 

(67.  Rue  Richelieu.)  [57  &  59.  I.udgate  Hil 

F.  Vieweg,  Librairie  A.   Franck.  Trübner  &  Co. 

I(ciü*!?or!. 

(5J4.    Broadway.) 
B.  Westermann  &  Co. 


3 

^6 


^cf-S 


Unberechtigter  nachdruck  aus  dem  inhalt  der  Engl.  Studien  ist  untersagt. 

Uebersetzungsrecht  vorbehalten. 


INHALT  DES  DRITTEN  BANDES. 

v^^^-v^^,  .  Seite 

Die  Folk-lore  society  in  London.     Von  Felix  Liehrecht i 

Notizen  zur  altenglischen  grammatik.     Von  F.  H.  Stratmann 13 

Beiträge  zur  feststellung  und  erklärung  des  Shakspearetextes.     III.     Von  Ed. 

Ticssen 15 

Zu  Pope's  Essay  on  criticism.     Von  Felix  Bobertag 43 

Kleine  beitrage   zur  erklärung  und  textkritik  englischer  dichter.     I.   II.     Von 

E.  Kölbi?tg 92.  273 

Die  wissenschaftliche  grammatik  und  der  englische  Unterricht.    Von  W.  Vietor  106 
Chaucers 'House  of  Farne'  in  seinem  verhältniss  zu  Dante's 'Divina  Commedia'. 

Von  A.  Rambeau 209 

Verbesserungen  zu  altenglischen  Schriftstellern.     Von  F.  H.  Stratmann    .     .  268 
Ueber   die  bestimmte  (schwache)  form  der  adjective   im  Altenglischen.     Von 

F.  H.  Stratmann 272 

Altengl. -ere  (-sere,   -are).      Von  F.  H.  Strattnann 273 

Zur  englischen  balladenpoesie.     Von  Felix  Liebrecht 334 

Ueber    die    wähl    des    lesestoffes    im    englischen  Unterricht  auf  der  realschule 

erster  Ordnung.     Von  Hugo  Ottmann 338 

Tomas  Beket,  epische  legende,  von  Laurentius  Wade  (1497),  nach  der  ein- 
zigen h.  im  Corp.  Chr.  Coli.  Cambr.     298,   p.   I  ff.  herausgegeben  von 

C.   Horstmann 409 

Zur  altenglischen  glossenlitteratur.     Von  E.  Kölbing 469 

Notizen  zur  angelsächsischen  grammatik.     Von  F.  H.  Stratmann    ....     462 
Report  of  the  Tests  Commitee  of  the  St.  Petersburg  Shakspeare  Circle  Febr. 

28th    1880.     By  y.  Harrison,  J.   Goodlet  and  R.   Boyle 473 

LITTERATUR. 

Sammlung  altenglischer  legenden ,  grösstentheils  zum  erstenmale  heraus- 
gegeben von  C.  Horstmann.  Heilbronn,  Henninger.  1878.  Von 
E.  Kölbing 125 

Reinhold  Baumstark ,    Thomas  Morus.     Freiburg,   Herder.      1879.      Von 

7-    Caro 135 

Vincenz  Knauer,  William  Shakspeare,   der  philosoph  der  sittlichen  welt- 

ordnung.      Innsbruck,   Wagner.      1879.     Von    0.  S.   Seemann      .      .      138 

JiTarl  Knortz,  Longfellow.    Literar-historische  Studie.    Hamburg,  Grüning. 

1879.     Von  F.  Bobertag 144 

Friedrich  Kluge,  Beiträge  zur  geschichte  der  germanischen  conjugation. 
Quellen  und  forschungen.  XXXII.  Strassburg ,  Trübner.  1879. 
Von  H.  Moeller 14S 

M.   Konrath ,    Beiträge    zur    erklärung    und    textkritik   des  William   von 

Schorham.     Berlin,   Weidmann.      1878.     Von  ^.  Kölbing      .      .      .      164 

Felix  Liebrecht ,    Zur  Volkskunde.     Alte  und  neue  aufsätze.     Heilbronn, 

Henninger.     1879.     Von  E.  Kölbing 172 

Lehr-  und  üi)ungsbücher  für  die  englische  spräche.  III.  A.  Grammatik 
und  littcraturgeschichte.  Von  G,  IVendt.  B.  Schulausgaben 
englischer  classiker.  Von  //.  Ottmann.  IV.  Von  C.  Deutsch- 
bein^  VV.  Münch ,  C.  Humbert  und  //.  Ottmann.  V.  Von 
//.    Ottmann 174.  387.      510 

Programmschau.     I.     Von  E.  Kölbing 190 

Litterarische  Notizen 198.  4CX>     530 

Rev.  Walter  IV.  Sheat,  An  etymological  Dictionary  of  the  English 
Language  arranged  on  an  historical  basis.  Oxford ,  Clarendon- 
Press.   1879—80.     Part.   I.  II.     Von  /''.  //.  Stratmann      .      .     356.     505 


VI  Inhalt. 

Seite 
Karl    Warticke,    On    the    Formation    of   English    Words   by   means    of 

Ablaut.     Halle,  Niemeyer.     1878.     Von  David  Asher 357 

Danion   T.  Snider,    System  of  Shakespeare's  Drama  s.     In  two   Volumes. 

St.  Louis,  Jones.     1877.     Von  C.  Blasius 359 

The    Works  of   William  Shakspere.     Edited,  with  a  prefactory  memoir, 

critical  notes,   and  introductory  notices,   by   W.    IVagner.     Hamburg, 

Grädener.      1879.     Von   O.  S.  Seema?tn 369 

Ä'arl    Ehe,    Eine    aufführung    im    globus- theater.      Weimar,    Huschke. 

1878.  Von   0.  S.  Seemann 369 

E.  Hermann ,  Die  bedeutung  des  Sommernachtstraums  für  die  Shake- 
speare-biographie  und  die  gcschichte  des  englischen  dramas. 
Erlangen,   Deichert.      1877.    —    Derselbe:  Shakespeare  der  kämpfer. 

Die    polemischen    hauptbeziehungen  des  Midsummer-Night's  Dream 
und    Tempest    urkundlich    nachgewiesen.      Abth.    I — IV,      Erlangen, 
Deichert.      1879.      Von    0.  S.  Seemann 370 

0.    Brenner,     Angelsächsische    sprachproben    mit    glossar.       München, 

Kaiser.     1879.     Von  Karl  Körner       379 

La  chanson  des  runes,  texte,   introduction  et  notes  par  Botkine.    Hävre, 

1879.  Von  Karl  Körner 380 

A  M.  de  Sainte- Ciaire,  A  dictionary  of  English,   French,  and  Germans 

idioms ,  figurative  expressions ,  and  proverbial  sayings.  London, 
Dulau  &  Co.     Part.  I.     1878.     Von   W.   Vietor 381 

Berichte  über  englische  Gesellschafts-publikationen.  I.  —  New  Shakspere- 

Society.    Series   I,   6.  Series  IV,  2.    Series  VI,  6.    Von  O.  S.  Seema/in     398 

An  etymological  Dictionary  of  the  English  Language  arranged  on  an 
historical  basis  by  the  Rev.  IValter  IV.  Skeat ,  M.  A.  Part.  II. 
Oxford:   at  the  Clarendon  Press.      1880.      Von  F.   H.   Stratmann    ,     505 

Notes  on  Elisabethan  Dramatists  with  conjectural  eraendations  on  the  text. 

By  K'arl  Elze.     Halle,  Niemeyer.      1880.     Von  0.  S.  Seemann       .     506 

Franz  Baacke:  Vorstudien  zur  einführung  in  das  verständniss  Shake- 
speare's. Vier  Vorlesungen.  Berlin ,  Angerstein.  Von  0.  S.  See- 
mann         f)0% 

A  throw  for  a  throne ,  or  the  prince  unraasked.  By  the  lata  sergeant 
Time ,  with  an  introduction  and  references  by  Chancery  Lane,  Esq. 
London,   Wilson  and  Son.     Von    O.  S,  Seemann 509 

MISCELLEN. 

Das  neapler  fragment  von  Sir  Isumbras.     Von  E.  Kölbing       ....  200 
Vorlesungen  über  englische  philologie  an  den   Universitäten  Deutschlands, 
Oesterreichs  und  der  Schweiz,    im   sommersemester   1879,  im  Winter- 
semester _  1879 — 1880,  im  sommersemester   1880    .    .    .    p.   203.  404,  536 

Zeitschriftenschau 205.  406.  538 

Berichtigungen.     Von   O,  Brenner 207 

Eingegangene  recensionsexemplare 207.  407.  540 

Wilhelm   Hertzberg.     Von    W.  Sattler 401 

Nachträge  zu  Englische  Studien  Bd.  IL     Von  F.  H.  Stratmann    .     .     .  403 

Zu  Richard  Rolle  de   Hampole.      Von  E.  Kölbing 406 

Berichtigungen 408 

The  Dublin    ms.    of  the    alliterative    romance  of  Alexander.     By  J.   H. 

Hesseis 531 

Havelok  the  Dane  and  the  Norse  king  Olaf  Kuaran.    By  Gustav  Storm  533 

Eine  unbekannte  handschrift  des  Ancren  Riwle.     Von  E.  Kölbing    .      .  535 

Berichtigung.     Von  E.   Kölbing 54I 

Nachträge  und   Berichtigungen 542 


DIE  FOLK-LORE  SOCIETY  IN  LONDON. 


Nachdem  es  längere  zeit  im  werke  gewesen  war,  eine  derartige 
gesellschaft  zu  gründen ,  ist  dies  nach  Überwindung  verschiedener 
Schwierigkeiten  endlich  im  vorigen  jähre  geglückt,  und  aus  dem  mit- 
gliederverzeichnisse  ersehen  wir,  dass  sich  eine  ansehnliche  reihe  eng- 
lischer gelehrten  von  ruf  derselben  angeschlossen.  Wir  nennen  bei- 
spielsweise den  frühern  minister  Gladstone,  Sir  John  Lubbock,  Max 
Müller,  E.  B.  Tylor  (verfasser  der  Early  History  of  Mankind, 
von  Primitive  Culture  u.  s.  w.),  W.  R.  S.  Ralston  (verfasser  von 
The  Songs  of  the  Russian  People,  von  Russian  Folk- 
Tales  u.  s.  w.),  dann  den  veteran  der  Folk-Lore,  William  J.  Thoms 
(herausgeber  der  Notes  and  Queries)  und  so  noch  viele  namen  von 
gutem  klang,  so  dass  sich  wol  annehmen  lässt,  dass,  wenn  die  theil- 
nahme  der  mitgHeder  sich  nicht  blos  auf  die  Zahlung  der  jährlichen 
beitrage  beschränkt,  sondern  auch  in  wirksamerer  weise  bei  der 
herausgäbe  der  gesellschaftschriften  sich  kundthut,  letztere  in  nicht 
langer  zeit  eine  bedeutende  stelle  in  der  betreffenden  literatur  einzu- 
nehmen versprechen.  Bis  jetzt  ist  von  denselben  der  erste  band  er- 
schienen (Folk-Lore  Record,  vol.  I),  auf  dessen  inhalt  ich  hier 
etwas  genauer  eingehen  wiU,  um  dann  noch  einige  andere  auf  > Volks- 
kunde« bezügliche  bemerkungen  und  mittheilungen  daran  zu  knüpfen, 
die  meist  England  angehen. 

Den  in  rede  stehenden  band  eröffnen  S  o  m  e  West  S  u  s  s  e  x 
Supers titions  lingering  in  1868.  Collected  by  Char- 
lotte Latham.  Es  sind  ungefähr  200  nummern  von  mannigfachem 
interesse,  denen  ein  beigefügter  alphabetischer  index  eine  erhöhtere 
brauchbarkeit  verleiht.  Allerdings  finden  sich  unter  den  aufgeführten 
abergläubischen  meinungen  und  Vorstellungen  sehr  viele  auch  anders- 
woher bekannte,  weil  sie  nämlich  auch  in  andern  provinzen  Englands 

E.  Kölbing,  Englische  Studien.    III.     i.  I 


2  F.  Liebrecht 

angetroffen  werden,  wie  schon  aus  den  'Choice  Notes  from  »Notes 
and  Queries't.  Folk  Lore'.  London  1859.  hervorgeht;  indess  ist  es 
doch  von  Wichtigkeit,  die  provinzielle  Verbreitung  derselben  näher  kennen 
zu  lernen,  abgesehen  davon,  dass  sich  oft  genug  Verschiedenheiten 
in  einzelnen  puncten  herausstellen.  —  Auf  vergleichende  Zusammen- 
stellungen mit  in  andern  ländern  vorhandenem  aberglauben  geht 
frau  Latham  nicht  ein ;  ich  selbst  will  folgende  hervorheben ;  so  heisst 
es  hinsichtlich  der  elster  (18):  »Perhaps  it  is  the  hope  of  averting 
by  extreme  civility  the  evil  which  the  magpie  is  about  to  bring  upon 
them  that  induces  Sussex  people  of  every  class  to  take  off  their  hats 
and  bow  to  this  bird  whenever  it  suddenly  appears  on  their  left  hand.« 
Dies  weist  auf  einen  ehemaligen  elsterncultus  hin,  wie  von  einem 
solchen  sich  auch  jetzt  noch  spuren  in  Poitou  finden,  wo  auf  den 
gipfel  eines  hohen  baumes  ein  strauss  von  haide  und  lorber  der 
elster  zu  ehren  angebunden  wird,  weil  sie  den  einwohnern  durch 
ihr  geschrei  den  nahen  wolf  anzeigt :  porter  le  crepe  ä  la  pie ;  Grimm, 
Deutsche  mythol.^,  640.  Eine  elster  zu  tödten  bringt  grosses  Un- 
glück, wie  Grose  s.  v.  Pianet  anführt,  was  gleichfalls  auf  ihre  heilig- 
keit  hinweist ;  und  auch  wenn  sie  sonst  für  hexen  und  daher  für 
Unglücksvögel  gelten  (Kuhn,  Westfäl.  sagen  2,  51),  so  weist  dies 
darauf,  dass  sie  ehedem  für  göttinnen,  die  in  ihrer  gestalt  erschienen, 
angesehen  wurden;  vgl.  Grimm  a.  a.  o.  991  und  frau  Latham  (i) 
und  (2).  Andern  elsteraberglauben  aus  Norwegen  s.  in  meinem  buch 
»Zur  Volkskunde«.  Heilbronn  1879,  ^'  3^1>  ^^-  ^20.  122.  — 
(23)  »Another  egg  superstition  is  that  the  bottom  of  the  shell  should 
always  be  broken  through  by  you  after  you  have  eaten  the  contents  .  .  . 
to  disappoint  the  witches  who  would  otherwise  put  out  to  sea  in 
them.«  Dieser  aberglaube  findet  sich  wie  in  Deutschland  und  Holland 
so  auch  in  Portugal  wieder;  s.  Zur  Volkskunde,  s,  375.  — 
(35)  »Those  women  who  would  avoid  becoming  mothers  of  an 
overwhelming  progeny  must  not  allow  any  one  to  rock  their  cradles 
when  they  are  empty: 

If  you  rock  the  cradle  empty 
Then  you  shall  have  babies  pleuty.« 

Das  wiegen  leerer  wiegen  ist  vieler  orten  verpönt,  selbst  in 
China,  doch  der  grund  wird  verschiedentlich  angegeben;  s.  Zur 
Volkskunde,  s.  361  f.  —  (69)  »Some  of  us  think  that  at  a  certain 
period  the  cuckoo  changes  into  a  hawk.«  Von  einem  bauern,  der 
seine  frau  ermordet  hatte,  heisst  es  in  einer  schwedischen  sage,  dass 
er  von  unserm  Heiland,  als  dieser  einst  mit  Petrus  im  lande  umher- 


Die  Folk-Lore  Society  in  London  2 

zog,  in  einen  kuckuk  verwandelt  wurde  und  dieser  »noch  heutzutage 
sein  mörderisches  wesen  beibehalten  hat;  denn,  nachdem  er 
kuckuk  gewesen  ist,  verwandelt  er  sich  in  einen 
Sperber,  und  der  erste  vogel,  auf  den  er  stösst,  ist  die  kleine 
bachstelze ,  die  seine  pflegemutter  gewesen  war  und  ihn  auf- 
erzogen  hatte«.      Hyltdn  - Cavallius,    Wärend    och   Wirdame   i,    345, 

—  (83)  »Not  many  years  ago  a  farmer  residing  on  the  western 
border  of  Sussex  and  Surrey  seriously  declared  that  the  witches 
were  in  the  habit  of  riding  his  horses  by  night,  as  they  were 
often  found  by  him  in  the  morning  covered  by  dirt  and  Perspiration, 
and  in  a  State  of  great  exhaustion.  This  marvel,  too,  like  many  of 
our  ghost  stories  might  probably  be  accounted  for  by  the  lawless 
practice  of  the  gangs  of  smugglers,  who  took  the  liberty  of  borrowing 
the  farmers'  horses  for  the  night-work  of  bringing  up  their  kegs  of 
brandy  from  the  coast.«  Es  verhält  sich  jedoch  hiermit  ganz  anders, 
s.  Grimm  a.  a.  o.  11 93  f.;  und  schon  bei  Lucrez  4,  986  ff.  heisst  es: 

Quippe  videbis  equos  forteis,  quom  membra  iacebunt 
In  somnis,  sudare  tarnen  spirareque  semper, 
Et  quasi  de  palma  summas  contendere  vireis 
Aut  quasi  carceribus  patefactis  saepe  quiete. 

—  (85)  »If  you  nail  a  horseshoe  that  you  have  picked  up  over 
your  door  it  will  prevent  all  witches  and  evil  spirits  crossing  the 
threshold.«  Dies  ist  auch  schwedischer  und  irischer  aberglaube; 
Grimm,  Deutsche  myth.\  anhang,  s.  CXV,  nr.  151;  Scheible's 
Kloster  9,  85  (nach  dem  Ausland  1836,  nr.  179);  s.  auch  Simrock, 
Deutsche  myth.4  357   und  Cox,  Mythol.  of  the  Aryan  Nations  2,   127. 

—  (103)  »Matrimonial  and  other  fortunes  are  also  told  by  the  white 
marks  on  the  finger  nails.  The  seers  commence  with  the  thumb, 
and  say  'a  gift',  and  judge  of  its  probable  size  by  that  of  the  mark 
etc.«  Vgl.  Wuttke,  Der  deutsche  volksaberglaube  u.  s.  w.,  2.  Aufl., 
§  309.  —  (115)  »We  hive  another  infallible  remedy  for  whooping 
cough  in  whatever  may  be  prescribed  by  the  rider  of  a  piebald 
horse.«  Thorburn,  Bannii  or  our  Afghan  Frontier.  London  1876, 
p.  151  hörte  dort  die  mutter  eines  kindes,  das  die  bräune  hatte, 
sagen :  »I'U  go  out  on  the  road  to  morrow,  and  ask  the  first  horse- 
man  I  see  riding  a  grey  horse  what  remedy  to  apply,  and  whatever 
he  says  I'U  do.«  Vgl.  Zur  Volkskunde,  s.  361,  nr.  7.  —  (127) 
Ein  gebet  gegen  den  Zahnschmerz:  »As  Peter  sat  weeping  on  a 
marvel  [marble  ?]  stone,  Christ  came  by  and  said  unto  him,  Peter, 
what  hailest  thou  —  Peter   answered    and   said  unto  him,    My  Lord 

I* 


A  F.  Liebrecht 

and  my  God,  my  tooth  eaketh.  Jesus  said  unto  him,  Arise,  Peter, 
and  be  thou  hole ;  and  not  the  only  but  all  them  that  carry  these 
lines  for  my  sake,  shall  never  have  the  tooth  ake.«  Frau  Latham 
fand  dies  gebet  auf  dem  vorsetzblatt  eines  Book  of  Common 
Prayer,  welches  aus  dem  besitz  eines  landmannes  in  Sussex  in  den 
ihrigen  übergegangen  ist  und  woraus  sie  es  verbati  m  et  literatim 
abgeschrieben.  Sie  fügt  hinzu:  ;xThe  belief  is  that  the  possession  of 
a  bible  or  a  prayer  book  with  this  legend  written  in  it  is  a  charm 
against  tooth-ache!«  Ein  ähnliches  gebet  gegen  Zahnschmerz  findet 
sich  bei  Wuttke  (aus  Westf.):  »Petrus  stand  unter  einem  eichbaum; 
da  kam  unser  herr  Christus  und  sprach  zu  ihm :  'Was  fehlet  dir,  du 
bist  ja  so  traurig?'  Da  sprach  Petrus:  'Warum  sollt'  ich  nicht  traurig 
sein  r  meine  zahne  wollen  mir  verfaulen.'  Sprach  unser  herr  Christus : 
'Geh  hin  in  den  grund,  nimm  wasser  in  den  mund  und  spuck  es 
wieder  in  den  grund.'  Im  namen  des  vaters  u.  s.  w.«  Im  lütticher 
lande  hat  man  folgendes  gebet  gegen  den  Zahnschmerz :  »Apolline, 
que  fais-tu  lä?  Je  suis  ici  pour  mon  chef,  pour  mon  sang  et  pour 
mon  mal  de  dents.  Apolline,  retourne  -  toi ;  si  c'est  une  goutte  de 
sang,  eile  tombera;  et  si  c'est  un  ver,  il  mourra.  Dites  cinq  pater, 
cinq  ave  ä  l'intention  des  5  plaies  de  N.  S.  J^sus,  et  faites  le  signe 
de  la  croix  sur  la  joue  avec  le  doigt  en  face  du  mal  que  l'on  ressent, 
disant:  Dieu  t'a  gudri,  et  vous  etes  gudri.«  —  (128)  »For  the  eure 
of  rupture  in  the  children.  A  child  so  afiflicted  must  be  passed  nine 
times  every  morning  on  nine  successive  days  at  sunrise  through  a 
cleft  in  a  sapling  ash  etc.  etc.«  Hinsichtlich  derartiger  heilungen 
vermittels  durchkriechens  oder  durchziehens  durch  spalten  und 
höhlungen  in  bäumen,  felsen  u.  s.  w.  (man  nennt  dies  b  ö  g  e  1  n , 
s.  Simrock,  Deutsche  myth.^  537),  wodurch  ursprünglich  eine  sym- 
bolische neu-  oder  Wiedergeburt  bewerkstelligt  werden  soll,  s.  meine 
bemerkungen  zu  Gervas.  von  Tilbury,  s.  170  f.  und  Zur  Volks- 
kunde, s.  397.  —  (140)  »Recipe  for  hydrophobia:  a  slice  of  the 
liver  of  the  dog  that  bit  you,  to  be  boiled  and  eaten.  (141)  An 
approved  remedy  for  wounds  inflicted  with  a  sharp  Instrument  (akin 
to  Sir  Kenelm  Digby's  sympathetic  eure  by  the  anointing  of  the 
weapon  that  made  the  wound ;  see  also  Bacon's  Natural  History, 
nr.  998)  is  to  keep  it  polished  and  bright  until  the  injured  part  is 
healed.«  Diese  beiden  nummern  gehören  zusammen  und  bilden  ein 
ganzes  in  folge  der  homöopathischen  grundidee,  dass  das,  was  schadet, 
auch  heilt;  s.  hierüber  Zur  Volkskunde,  s.  353  f.,  nr.  21.  — 
(193)    »If  the  feathers  of  game-birds,    or   of  pigeons,    are   mixed  up 


Die  Folk-Lore  Society  in  London  e 

with  the  other  feathers  of  the  bed  on  which  a  dying  person  lies, 
they  are  supposed  to  prolong  the  death  -  struggle. «  Dies  ist  auch 
norwegischer  aberglaube ;  s.  Zur  Volkskunde,  s.  331,  nr.  156, 
wonach  auch  die  hühner  eine  sogenannte  'unruhfeder'  am  leibe 
haben.  —  (194)  »Doors  and  Windows  are  frequently  thrown  wide 
open  in  the  Chamber  of  death,  in  order  that  the  spirit  may  have  a 
freer  passage  when  it  leaves  the  body;«  und  in  der  weiter  unten  zu 
erwähnenden  abhandlung  The  Folk-Lore  in  France,  p.  102, 
heisst  es:  »In  L' Examen  de  las  Supersticius  (r),  a  theological 
tract,  the  penitent  is  asked  whether  he  has  ever  removed  the  roof 
from  a  sick  man's  hat,  that  the  soul  might  more  easily  fly  away.« 
Die  diesem  aberglauben  zu  gründe  liegende  Vorstellung  habe  ich  ein- 
gehend erörtert  Z  u  r  Volkskunde,  s.  371  ff.,  nr.  31.  —  (195)  »The 
belief  is  very  common  that  a  mother's  longing  to  keep  her  dying 
child  on  earth  lengthens  its  last  struggles,  and  that  violent  grieving 
for  the  dead  will  prevent  their  resting  in  their  graves  in  peace.« 
Auch  anderwärts  findet  sich  dieser  glaube  vielfach  wieder ;  s.  Grimm, 
Deutsche  myth.^,  885,  sowie  meine  anführungen  in  Gervas.  von 
Tilbury,  197  f.  und  in  den  Gott.  gel.  anz.  1861,  s.  437  ;  füge  ferner 
hinzu  Grohmaun,  Aberglauben  in  Böhmen  und  Mähren,  s.  113, 
nr.  845  und  s.  190  zu  nr.  1345  ;  Rochholz,  Schweizersagen  aus  dem 
Aargau  2,  304  und  Hardung,  Romancero  Portuguez.  Leipzig  1877. 
II,  150  ff. :  Santo  Antonio  e  a  Princeza.  Zu  den  klassischen 
citaten  Schenkl's  in  Pfeiffer's  German.  11,  451  (zu  K.  M.  nr.  3), 
füge  endlich  noch  den  appendix  epigramm.  nr.  125  (in  der  Anthol. 
Gr.  ed.  Jacobs,  vol.  II.     Leipzig   18 13): 

»"Aqji  ytrsiciCorra  fx'6  ßäaxuvog  rignuae  öniuwv 

oxKüxuiörA^TTi^  sari/ov  eis  ki'<St]v' 
fifJTSQ  i/J^,  &Q^vci)V  ftnonctvfo,  Xrj^ov  6(Svi)^ucöv 

Xnl  X07T(TWV   «V'd'^f  olxTov  ünoaTQiqiXKi." 

Der  eben  besprochene  aberglaube  ist  der  letzte  in  der  Sammlung 
der  frau  Latham,  welche  die  umfangreichste  mittheilung  des  vor- 
liegenden bandes  bildet.  Demnächst  folgen  vermischte  (Miscellane- 
o  u  s)  aufsätze  und  zwar  zunächst  Notes  on  Folk  Tales  von 
Ralston,  worin  derselbe  in  ganz  vortrefflicher  weise  und  mit  grosser 
sachkenntniss  die  bedeutendsten  der  letzterschienenen  arbeiten  auf 
dem  gebiete  der  märchenliteratur  sowie  die  natur,  die  beschaffenheit 
und  den  ursi)rung  der  märchen  und  bei  dieser  gelegenheit  auch 
den  von  Hahn  in  seinen  griechischen  und  albanesischen  märchen  ge- 
machten versuch  einer  classifizirung  der  märchenstoffe  bespricht,  dessen 


6  F.  Liebrecht 

vortheile  und  schwächen  er  darlegt,  seine  behauptungen  durch  ein- 
gehende Untersuchung  einzelner  erzählungen  unterstützend,  worauf  er 
dann  seine  eigene  ansieht,  wie  eine  derartige  eintheilung  vorzunehmen 
sei,  an  der  Sammlung  der  brüder  Grimm  darthut.  Der  aufsatz  ist 
im  höchsten  grade  lesenswerth.  Demnächst  folgt  Folk-I. ore  of 
France  von  A.  Lang,  eine  kurze  skizze  dieses  gegenständes  ent- 
haltend ,  dann  Some  Japan  Folk-Tales,  mitgetheilt  von 
C.  Pfoundes,  zur  zeit  wohnhaft  zu  Tokio  in  Japan,  von  denen  jedoch 
einige  schon  aus  Mitford's  Tales  of  Old  Japan  bekannt  sind 
(nämlich  The  bewitched  Tea-Kettle,  Momotaro  undTamo 
Mono  Maye,  bei  Mitford  The  accomplished  and  lucky 
Tea-Kettle,  The  Adventures  of  little  Peachling  und  The 
Vampire  Cat  ofNabeshima,  obwol  letztere  erzählung  viel  aus- 
führlicher ist  und  mancherlei  abweichungen  enthält);  die  sage  von 
Susa  No  and  the  Orochi  findet  sich  auch  in  J.  F.  Campbell's 
Circular  Notes  und  daraus  in  Zur  Volkskunde,  s.  72  f. 
Bemerkenswerth  ist  in  dieser  sage  der  zug,  dass  der  drache,  der  das 
mädchen  verschlingen  soll,  durch  absichtlich  hingestellte  gefässe  mit 
starkem  getränke  berauscht  und  in  diesem  zustande  von  Susa  No  ge- 
tödtet  wird.  Dieser  zug  findet  sich  in  zahlreichen  erzählungen  wieder ; 
s.  Benfey  im  Ausland  1858,  nr.  34  (wiederholt  im  Orient  und 
Occident  i,  346),  Kuhn,  Herabkunft  des  feuers  u.  s.  w., 
s.  ^;^ — 36,  F.  L.  W.  Schwartz ,  Sonne,  mond  und  sterne, 
Beriin  1864,  s.  79  f.  —  A  Folk-Tale  of  theHidatsa  Indians 
und  Various  Superstitions  of  the  Hidatsa  Indians  sind 
mitgetheilt  von  E.  B.  Tylor  nach  einem  die  ethnographie  dieses 
Volkes  behandelnden  werke  von  Washington  Mathews.  Unter  anderm 
heisst  es  darin:  »It  is  believed  by  some  of  the  Hidatsa,  that  every 
human  being  has  four  souls.  They  account  for  the  phenomena  of 
gradual  death,  where  the  extremities  are  apparently  dead  while  con- 
sciousness  remains,  by  supposing  the  four  souls  to  depart  one  after 
another  at  different  times.  When  dissolution  is  complete,  they  say 
that  all  the  souls  are  gone,  and  have  joined  together  again  outside 
of  the  body.«  Vgl.  hierzu  das  von  mir  oben  bd.  I,  s.  176  ff.  (Drei 
Seelen)  mitgetheilte,  —  In  Chaucer's  Night  S  p  e  1 1  bespricht  Thoms 
die  stelle  in  The  Miller's  Tale: 

»Lord  Jhesu  Crist,  and  seynte  Benedyht 
Blesse  this  hous  from  every  wikked  wight, 
Fro  nyghtes  verray,   the  white  Paternostre 
When  wonestow  now,  seynte  Petres  soster.« 


Die  Folk-Lore  Society  in  London  y 

Hinsichtlich  des  verray  verweist  Thoms  auf  die  in  Kuhn  und 
Schwartz's  Norddeutschen  sagen,  s.  508,  erwähnte  Wera,  Werra. 
Das  white  Paternostre  stammt  aus  dem  Enchiridion  Papae 
Leonis  »first  pubHshed  at  Rome  in  Latin  in  1502,  and  several 
times  reprinted  and  early  translated  into  French,  in  which  language 
it  has  passed  through  many  editions.«  Die  französische  Übersetzung 
des  in  rede  stehenden  gebets  lautet  wie  folgt:  »Petite  Paternotre 
blanche,  que  Dieu  fit,  que  Dieu  dit,  que  Dieu  mit  en  Paradis.  Au 
soir  m'allant  coucher,  je  trouvis  trois  anges  ä  mon  lit  couches,  un 
aux  pieds,  deux  au  chevet,  la  bonne  Vierge  Marie  au  milieu,  qui  me 
dit  que  je  me  couchis,  que  rien  ne  doutis.«  S.  hierüber  Zur  Volks- 
kunde, s.  3C)i  f.,  nr.  7.  Der  dritte  punkt  in  der  stelle  aus  Chaucer, 
nämlich  »seynte  Petres  soster«  bleibt  unerklärt.  —  Hierauf  folgen 
Plant-Lore  Notes  to  Mrs.  Latham'sWest  Sussex  Super- 
stitions von  James  Britten,  woraus  ich  folgendes  anführe.  In  der 
letztgenannten  Sammlung  lautet  nr.  61:  »The  watchfulness  of  the 
Evil  Spirit  makes  it  dangerous  to  go  out  nutting  on  a  Sunday,  and 
worthy  mothers  may  be  heard  warning  their  children  against  it  by 
assuring  them  that,  if  they  do  so,  the  Devil  will  hold  down  the 
branches  for  them.  We  have  a  saying  amongst  us,  'as  black  as  the 
Devil's  nutting-bag',  which  seems  associated  with  this  belief. «  Hierzu 
bemerkt  herr  Britten:  »In  Sufifolk  and  Kent,  and  in  Lincolnshire, 
Holy  Rood  Day  (sept.  14'^)  was  supposed  to  be  the  special  occasion 
when  nutters  were  likely  to  meet  the  devil,  or  'to  come  to  grief  of 
some  kind'.  This  is  the  more  stränge,  seeing  that  the  same  day 
was  recognised  by  others  as  especially  suited  to  nutting.  Thus  in 
'Grim  the  CoUier',  Act  II,  sc.   1   we  have  the  lines : 

'To  morrow  is  Holy  Rood  day 
When  all  a  nutting  take  their  way'.« 

Indess  dieser  scheinbare  Widerspruch  löst  sich  alsobald,  wenn  man 
sich  erinnert,  welcher  natur  der  oben  erwähnte  'grief  of  some  kind' 
ist,  gegen  den  namentlich  »worthy  mothers«  ihre  kinder  (und  be- 
sonders wol  ihre  töchter)  zu  warnen  pflegen ;  denn  «ein  nieder- 
deutsches Sprichwort  sagt,  wenn  viele  nüsse  wachsen,  giebt's  viele 
kinder  der  liebe;  in  der  Montagne  noire  (in  den  Cevennen)  heisst 
es:  'lorsque  l'annde  est  fertile  en  noisettes,  il  y  a  beaucoup  de 
naissances  illegitimes';  im  Elsass  'wo's  nusse  git,  git's  au  bengel'.« 
Mannhardt  in  der  zeitschr.  f.  deutsche  mythol.  3,  100.  Das  nüsse- 
sammeln,    wobei    mädchen   und  junge    burschen   in    der  heimlichkeit 


g  F.  Liebrecht 

der  Wälder  und  dichten  gebüsche  in  die  nächste  berührung  kommen, 
erklärt  das  entstehen  dieser  Sprichwörter  auf  die  leichteste  weise.  — 
Yorkshire  Local  Rhymes  and  Sayings  (verfasser  nicht  ge- 
nannt). Hier  wird  unter  anderm  ein  rechtsalterthum  besprochen,  auf 
welches  auch  John  Taylor  'the  water  poet'  in  den  folgenden  zeilen 
anspielt : 

»At  Hallifax  the  law  so  sharpe  doth  deale, 
That  whoso  more  than  thirteen  pence  doth  steale, 
They  have  a  jyn  that  wondrous  quick  and  well 
Sends  thieves  all  headless  into  heaven  or  hell.» 

Ueber  dieses  Halifax  Gibbet  Law  s.  auch  Zur  Volks- 
kunde, s.  430.  Aber  so  expeditif  auch  in  dieser  Stadt  die  gerech- 
tigkeit  gegen  tuchdiebe  gehandhabt  wurde,  so  ist  es  doch  eine  Über- 
treibung, wenn  es  in  einem  älteren  werke  heisst:  »men  will  before 
they  deliberate,  first  executing  [sie]  the  prisoner,  then  enquiring  of 
his  demerits,  as  men  say  they  doe  at  Halifax;--.;  wozu  ich  bemerke, 
dass,  wenn  schon  nicht  genannte  Stadt,  aber  doch  andere  in  diesem 
rufe  Stehen ,    nämUch  Lidford  (Co.  of  Devon) ,  wie  der  reim  besagt : 

»First  hang  and  draw, 

Then  hear  the  cause  by  Lidford  law ; « 

S.  Blount's  Tenures  of  Land  etc.  ed.  Carew  Hazlitt.  Lond. 
1874,  p.  195  ff.,  und  in  demselben  sinne  spricht  man  auch  von 
Jedwood  justice,  wie  ich  irgendwo  gelesen;  doch  heisst  letztere 
Jeddart  justice  in  der  Westm.  Rev.  July  1849,  P-  45^-  —  Di- 
vin ation  by  theBlade-Bone  von  Thoms  behandelt  einen  be- 
kannten gegenständ;  s.  Tylor's  Primitive  Culture  i,  124  f.  (2  <^-  ed. 
deutsch  ebenfalls  i,  124);  Grimm, Deutsche myth.^  1233  erwähnt  diesen 
aberglauben  als  sich  auch  bei  den  Circassiern  findend;  er  fand  sich 
femer  bei  den  vlämischen  ansiedlern  in  Wales  (Girald.  Cambr. 
Itin.  Cambriae  i,  11),  die  ihn  wol  aus  ihrer  heimath  mitbrachten, 
und  in  einem  afghanischen  gedichte  heisst  es:  »When,  with  the 
mind,  I  examined  the  Shoulder  bone  of  prediction,  I  saw 
that«  etc.;  s.  Selections  of  the  Poetry  of  the  Afghans  etc.  by  Captain 
H.  G.  Raverty.  London  1862,  und  endlich  heisst  es  bei  Idrisi  (tra- 
duit  par  Jaubert.  Paris  1836,  p.  234):  »Toutes  ces  tribus  (Berber- 
stämme zwischen  Telemsan  [Tlemcen]  und  Tahara,  letzteres  von 
ersterem  vier  tagereisen  und  ebenso  w^eit  vom  meere  entfernt)  . .  .  sont 
remarquables  par  leur  sagacite ,  par  leur  esprit  et  surtout  par  leur 
habilite   dans   l'art    de   lire    dans    l'avenir    au  moyen    de    pronostics 


Die  Folk-Lore  Society  in  London  n 

tirds  de  l'omoplate  des  moutons.«  —  Index  to  the  Folk-Lore 
in  the  first  Series  of  Hardwicke's  'Science  Gossip', 
vols.  I  — 12  (1865  — 1876),  von  James  Britten,  gewiss  eine  sehr  ver- 
dienstliche arbeit  für  die  besitzer  dieser  Zeitschrift ;  mir  selbst  war  sie 
jedoch  bisher  (zu  meiner  schände  muss  ich  es  gestehen)  auch  nicht 
einmal  dem  titel  nach  bekannt,  was  ich  dem  index  zufolge  um  so 
mehr  hinsichtUch  des  inhalts  bedaure.  —  Some  Italian  Folk- 
Lore  von  Henry  Charles  Coote  gibt  die  Übersetzung  von  zehn  mär- 
chen  der  Comparetti'schen  Sammlung.  Er  sagt:  »Signor  Comparetti's 
collection  consists  of  seventy  tales.  With  it  as  a  whole  I  have  no 
business  at  present,  my  only  intention  being  to  deal  with  those 
stories  which  have  their  counterparts  in  France,«  und  bemerkt 
schliesslich :  »My  extracts  could  be  easily  and  largely  augmented,  but 
they  are  sufficient  to  show  as  well  the  close  affinity  between  the  two 
mythologies ,  as  also  another  fact ,  that  French  fairy  tales  are  not 
Gallic  and  local  except  by  accident.  They  have  come  into  Gaul 
from  some  where  eise.  They  have  not  grown  up  there.«  Wenn 
jedoch  der  Verfasser  hinsichtlich  der  in  Perrault's  'Cendrillon'  vor- 
kommenden pantoufles  de  verre  äussert,  dieselben  seien  nur 
»an  invention,  er  perhaps,  a  mistake  of  M.  Perrault,  for  pantoufl  es 
de  V a i r ,  «  so  scheint  dies  nicht  richtig,  da  auch  in  Campbell's  Tales 
of  the  West  Highlands  in  einer  version  des  märchens  'von  der 
königstochter,  die  ihr  vater  heirathen  wollte',  gleichfalls  gläserne 
schuhe  vorkommen.  —  Hierauf  folgt  ein  aufsatz  Wart  and  Wen 
C  u  r  es  von  James  Hardy  und  endlich  ein  anderer  F  a  i  r  i  e  s  a  t 
Ilkley  Wells  von  Charles  C.  Smith.  —  Hiermit  enden  die  selb- 
ständigen aufsätze,  und  daran  reihen  sich  dann  Notes,  Queries  etc. 
Erstere  enthalten  kurze  auf  'Folk  Lore'  bezügliche  notizen,  die 
Queries  dagegen  fragen  über  denselben  gegenständ,  um  deren  be- 
antwortung  gebeten  wird;  so  z.  b.  heisst  es  p.  246:  »The  Merry 
Dun  of  Dover.  Many  years  ago  I  heard  a  gentleman ,  who  in 
early  life  had  been  in  the  merchant  service,  give  an  account  of  a 
remarkable  phantom-ship  called  'the  Merry  Dun  of  Dover',  a  vessel 
of  such  enormous  proportions  that  a  boy  who  had  been  sent  up  to 
the  mast-head  was  a  grey-headed  old  man  by  the  time  he  got  back 
on  the  deck.  I  have  an  impression  that  he  quoted  an  old  bailad 
on  the  subject,  but  as  to  this ,  I  am  not  quite  certain.  Can  any- 
body  furnish  the  complete  legend  of  'the  Merry  Dun  of  Dover ?'c 
Eine  Verweisung  auf  Müllenhoft's  sagen ,  märchen  und  lieder  aus 
Schleswig-Holstein  und  Lauenburg.    Kiel  1845,  s.  235  f.  nr.  CCCXXIII 


lO  F.  Liebrecht 

»Das  Riesenschiff  Mannigfual«  dürfte  diese  frage  vielleicht  erledigen. 
Auch  in  der  schleswiger  sage  heisst  es  unter  anderem :  ^/Die  matrosen, 
die  jung  in  die  takelage  hinaufklettern,  kommen  bejahrt,  mit  grauem 
bart  und  haar,  wieder  herunter,«  ganz  ebenso,  wie  die  englische  sage 
berichtet.  —  Den  schluss  des  bandes  bilden  zwei  selten  Notices 
and  News,  worin  wir  z.  b.  folgendes  lesen:  >:'Members  of  the  So- 
ciety will  be  glad  to  learn  that  the  government  has  determined 
to  bear  the  expence  of  Publishing  the  Bushman  collections  made 
by  Dr.  Bleek,  and  now  carried  on  by  Miss  Lloyd.  Miss  Lloyd, 
to  whom  the  task  of  continuing  Dr.  Bleek's  Bushman  investi- 
gations  has  been  entrusted ,  is  thinking  of  starting  a  periodical 
of  small  size  devoted  to  Bushman,  Hottentot,  and  Kaffir  Folk-lore.« 
Inzwischen  ist  die  erste  Heferung  dieser  Zeitschrift  erschienen  und 
mir  von  miss  Lloyd  freundlicher  weise  zugesandt  worden;  sie  trägt 
folgenden  titel :  Folk-Lore  Journal,  edited  by  the  Working  Committee 
of  the  South  African  Folk-Lore  Society.  Vol.  I.  —  Part.  L  January 
1879.  Cape  Town  1879.'  Die  mitgetheilten  drei  thiermärchen  (eins 
der  Kaffern,  zwei  der  Setschuäna)  geben  sowol  das  original  wie  die 
Übersetzung,  worüber  ich  an  andererstelle  ausführlicher  berichten  werde. 
Ich  habe  mich  oben  gelegentlich  des  Halifax  Gibbet  law 
auf  Blount's  Tenures  ofLand  andCustomsofManors  be- 
rufen und  will  nun  hier  noch  bei  dieser  gelegenheit  einige  andere  in 
demselben  werke  erwähnte  bemerkenswerthe  Tenures  besprechen ;  so 
heisst  es  s.  v.  Bockhampton,  Co.  of  Berks  (ed.  HazHtt 
p.  29  f.):  »William  Hoppeshort  holds  half  a  yard-land,  in  that  town, 
of  our  lord  the  King,  by  the  service  of  keeping  for  the  King  six 
damsels,  to  wit,  whores,  at  the  kost  of  the  King.  This  was  called 
pimp-tenure  (Willielmus  Hoppeshort  tenet  dimidiam  virgatam  terrae 
in  eadem  villa  de  domino  Rege,  per  servitium  custodiendi  domino 
Rege  [1.  Regi]  sex  damisellas,  sc.  meretrices,  ad  custum  domini  Regis. 
Plac.  Coron.  apud  Windesor,  12  Edw.  I.  Rot.  28  in  dorso. — Jacob's 
Law  Di  ct.,  sub  voce  Pimp-Tenure).«  Von  dem  ausdruck  mere- 
trices heisst  es  an  einer  anderen  stelle  (s.  v.  Gateshill  p.  126): 
»The  word  meretrices  was  heretofore  used  for  lotrices,  or  laun- 
dresses.  —  Blount.  Tralatitious  Terms,  meretrix  meant  formerly 
what  it  now  means.  Gustos  metricium  pubhce  venalium  in  Lupanari 
de  Roth.  —  A  [i.  e.  Allan  of  Dariington,  s.  p.  XII].«  Letztere  er- 
klärung  ist,  wenigstens  was  die  in  rede  stehende  stelle  betrifft,  sicher- 
lich die  richtige,  was  nicht  nur  aus  der  bezeichnung  pimp-tenure 
zur    genüge   erhellt,    sondern    auch    durch    folgende    stelle   aus  Rud. 


Die  Folk-Lore  Society  in  London  l  j 

Hildebrand's  'Beiträge  zur  Sittengeschichte  des  mittelalters'  (Ger- 
mania lo,  133)  bestätigung  erhalten  dürfte:  »Also  gab  man,  wie  es 
scheint,  einem  gaste  auch  eine  Jungfrau  als  gesellen  [gesellschafter], 
wie  ja  Jungfrauen  und  frauen  einem  helden  auch  sonst  zu  besonderen 
ehren  mannesdienst  thaten,  den  schild  abnahmen,  die  rüstung  an- 
legten u.  drgl.  Das  biligen  ist  wohl  nur  eine  erweiterung  dieser 
gesellikeit,  die  schon  dem  -entarten  der  sitte  angehört;  eine 
ähnliche  sitte  kommt  übrigens  bei  wilden  stammen,  z.  b.  im  südHchen 
Afrika  vor,  dass  man  einen  gast  in  ähnlicher  weise  versorgt.  Bei 
uns  war  sie  noch  im  16.  Jahrhundert  fürsten  gegenüber 
in  gebrauch,  nur  dass  man  dazu  hilfe  aus  dem  frauen- 
hause  suchte.«  Ueber  die  weite  Verbreitung  dieser  sitte  und  nicht 
nur  unter  wilden  Völkern  s.  meinen  aufsatz  »Die  Zimmerische  chronik« 
in  der  Zeitschrift  für  deutsche  culturgeschichte.  Neue  Folge.  1872. 
I,  371  ff.,  wo  die  angeführten  stellen  sich  noch  leicht  vermehren 
Hessen.  Ja,  man  kann  sogar  fragen,  ob  das  in  rede  stehende  tenure 
von  Bockhampton  nicht  ursprünglich  darin  bestand,  dass  der  lehns- 
mann  seine  eigene  frau  oder  tochter  dem  lehnsherrn  bei  dessen  ein- 
kehr  in  seinem  hause  beilegen  musste  und  ob  dieser  dienst  nicht 
erst  später  die  obige  mildere  gestalt  erhielt.  Eine  lehnsleistung  dieser 
art  würde  dem  rohen  geist  der  älteren  zeit  vollkommen  entsprochen 
haben;  vgl.  Zur  Volkskunde,  s.  416  ff.  —  Shirefield,  Co.  of 
Hants  (p.  278).  »John  de  Wintershul  holds  the  manor  of  Shire- 
field, in  the  county  aforesaid  by  the  serjeanty  of  finding  a  serjant  to 
keep  the  hired  female  servants  in  the  army  of  our  lord  the  king 
(Johannes  de  Wintreshul  tenet  manerium  de  Shyrefend,  in  com.  prae- 
dicto ,  per  serjantiam  inveniendi  unum  serjantum  ad  custodiendum 
meretrices  in  exercitu  domini  Regis).«  Auch  hier  ist  das  wort  me- 
retrices,  wie  es  scheint ,,  unrichtig  durch  'hired  female  servants' 
übersetzt ;  denn  jener  'serjantus  ad  custodiendum  meretrices  in  exercitu 
domini  Regis'  findet  sich  auch  in  den  deutschen  beeren  des  16.  Jahr- 
hunderts als  hurenweibel  wieder.  Grimm,  Wörterb.  s.  v.  erklärt 
diesen  so:  »Weibel,  der  die  aufsieht  über  die  einem  beere  nach- 
ziehenden gemeinen  weiber,  überhaupt  über  den  tross,  den  man  huren 
und  buben  nannte  (Frisch  i,  477c),  führte;«  und  Schmeller-Frommann 
Wörterb. =^  2,  829:  »Hurenweibel,  der  den  tross  und  huren  und 
buben  in  der  zucht  hatte.  Fronsperger  v.  1555.«  Die  huren  bildeten 
ursprünglich  wol  den  hauptgegenstand  der  zucht  dieses  weibels, 
von  dem  er  auch  den  namen  erhielt.  —  Essington,  Co.  of 
Stafford:   »The  lord  of  the  manor  of  Essington  (either  by  himself. 


12  F.  Liebrecht 

deputy,  or  Steward)  oweth,  and  is  obliged  yearly  to  perform,  service 
to  the  lord  of  the  manor  of  Hilton,  a  village  about  a  mile  distant 
from  this  manor.  The  lord  of  Essington  is  to  bring  a  goose  every 
New-Year's  Day,  and  drive  it  roimd  the  fire,  in  the  hall  of  Hilton, 
at  least  three  times  (which  he  is  bound  to  do  as  mesne  lord;,  whilst 
Jack  of  Hilton  is  blovving  the  fire.  This  Jack  of  Hilton  is  an  image 
of  brass  of  about  twelve  inches  high,  kneeling  on  his  left  knee,  and 
holding  his  right  band  upon  his  head  and  his  left  upon  pego,  or  his 
viretrum  (1.  veretrum),  erected,  having  a  little  hole  at  the  mouth,  at 
which  being  filled  with  water,  and  set  to  a  strong  fire,  which  makes 
it  evaporate  like  an  aeolipile ,  it  vents  itself  in  a  constant  blast ,  so 
strongly  that  it  is  very  audible,  and  blows  the  fire  fiercely.  —  VVhen 
the  lord  of  Essington  has  done  his  duty,  and  the  things  are  per- 
formed  he  carries  his  goose  into  the  kitchen  of  Hilton  Hall,  and 
delivers  it  to  the  cook ,  who  having  dressed  it ,  the  lord  of  Essing- 
ton, or  his  deputy,  by  way  of  further  service,  is  to  carry  it 
to  the  table  of  the  lord  paramount  of  Hilton  and  Essington, 
and  receives  a  dish  of  meat  from  the  lord  of  Hilton's  table  for  his 
own  mess,  and  so  departs.«  Wir  haben  es  hier,  wie  ich  glaube,  mit 
einem  uralten  opferdienst  zu  thun  und  daher  in  dem  oben  geschil- 
derten 'Jack  of  Hilton'  ein  ursprünglich  heidnisches  götzenbild  zu  er- 
kennen, wie  deren  noch  mehrere  vorhanden  sind  und  von  denen  das 
Manneken  -  piss  zu  Brüssel  das  bekannteste  ist.  Sie  stellten  wahr- 
scheinlich den  durch  seinen  ingens  priapus  ausgezeichneten  Fricco 
(Freyr,  Fro)  dar,  s.  J.  W.  Wolf,  Beiträge  zur  deutsch,  mythol.  i, 
io6  ff.,  und  über  den  frodienst  der  Sachsen  in  England  s.  die  von 
A.  Kuhn,  Westfäl.  sagen  2,  137  aus  Kemble's  werk  mitgetheilten 
stellen ,  wo  das  simulacrum  priapi  ganz  besonders  hervorgehoben 
wird.  Es  ist  daher  auch  wohl  anzunehmen,  dass  der  jetzt  noch  auf 
demschloss  zu  Sondershausen  befindliche  vielbesprochene  Püsterich, 
obgleich  ihm  der  (früher  vorhandene?)  priapus  fehlt,  wegen  seiner 
im  übrigen  mit  'J^ck  of  Hilton'  genau  übereinstimmenden  gestalt 
ebenso  wie  dieser  ursprünglich  ein  götzenbild  darstellte,  worauf  übri- 
gens auch  die  sich  daran  knüpfenden  sagen  hinweisen.  Bechstein 
nämlich  in  seinem  'Sagenschatz  des  Thüringerlandes'  4,  54  erzählt 
über  den  Püsterich  folgendes:  »Einer  der  letzten  burgmänner  auf 
Rothenburg,  ein  herr  von  Tütcherode,  liess  eine  unterirdische  kapelle 
von  Schutt  und  steinen  räumen ;  da  ward  ein  seltsames  metallenes 
bild  gefunden,  in  eines  dicken  knaben  gestalt,  unförmlich,  welcher 
eine  band  auf  das  haupt,   die  andere  auf  den  linken  Schenkel  gelegt 


Die  Folk-Lore  Society   in  London  l  ^ 

hielt,  und  kniete.  Es  war  aber  das  linke  bein  halb  abgebrochen  und 
der  rechte  fuss.  Auf  dem  haupte  und  am  munde  befand  sich  eine 
kleine  Öffnung.  Von  diesem  bilde  ging  bald  die  allgemeine  sage, 
dass  es  ein  götzenbild  aus  der  heidenzeit  gewesen,  und  weil  es  die 
eigenschaft  hatte,  wenn  entzündlicher  stoff  in  dasselbe  gefüllt,  jede 
der  zwei  Öffnungen  verkeilt  und  das  bild  auf  glühende  kohlen  gesetzt 
wurde,  mit  geräusch  die  pfropfe  von  sich  zu  stossen  und  rauch  und 
flammen  gleichsam  auszupuhsten,  so  wurde  es  püsterich,  pühster  ge- 
nannt. Damit  sollen  nun  die  heidenpriester,  wo  die  Rotenburg  nachher 
erbaut  wurde,  einen  tempel  gehabt  (man  nennt  noch  den  weg,  der 
von  Kelbra  durch  den  wald  emporführt,  den  heimweg,  und  ein  stück 
land,  etliche  morgen  gross,  den  haingarten,  was  an  heidnische  opfer- 
stätten  erinnert)  und  manches  gaukelwerk,  das  volk  zu  schrecken  und 
ihm  zu  drohen,  verübt  haben.«  An  der  identität  des  durch  'Jack  of 
Hilton'  und  den  'Püsterich'  dargestellten  gegenständes  lässt  sich 
durchaus  nicht  zweifeln,  und  dass  dies  ein  götzenbild  gewesen,  ist 
nach  dem  gesagten  mehr  als  wahrscheinlich ;  aus  welcher  zeit  aber 
die  jetzt  noch  vorhandenen  metallfiguren  stammen,  die  wol  nach- 
bildungen  älterer  bilder  sein  mögen,  ist  schwer  anzugeben.  Die  eigen- 
schaften  der  dampfkugeln  (aeolipilae)  waren  den  alten,  namentlich 
den  Römern  (Vitruv)  bereits  bekannt;  von  ihnen  mochten  sie  die 
Germanen  (die  priester?)  gelernt  und  sie  bei  gewissen  götterbildern 
in  anwendung  gebracht  haben. 

Lüttich. 

Felix  Liebrecht. 


NOTIZEN  ZUR  ALTENGLISCHEN  GRAMMATIK. 


ap. 

Holtzmann  meint,  gram,  i,  193  und  223,  dass  angls.  ap  nicht 
möglich  sei  und  eap  dafür  eintreten  müsse.  Diese  regel  scheint  mir 
nicht  begründet  zu  sein.  Betrachten  wir  die  zum  beweise  angeführten 
Wörter:  clapu  könnte  bei  langem  a  kein  u  haben,  vergl.  Sievers  in 
Paul's  und  Braunes  Beiträgen  i,  490;  dann  kann  aber  auch  das 
dazu  gehörende  clapian  kein  ä  haben ;  (ge)tap,  tapian  kommt  sicher 
auch  ursprünglich  a  zu,  woraus  später  teapian,  wie  mndrd.  aus  tawen, 


H 


F.  H.  Stratmann 


tauwen,  touwen,  althd.  aus  zawen,  zowen  (d.  i.  zouwen)  entstand; 
vergl.  Grimm,  Gram.  (3.  ausg.)  i,  92.  Die  s.  181  als  brechungen 
aufgestellten  ea  (fea[p],  hreap,  streap)  sind  =  got.  au. 


t 

soll  nach  F.  Koch,  gram,  i,  86,  schon  im  14.  Jahrhundert  den  laut 
ei  (ai)  gehabt  haben;  als  beweis  führt  er  an  airn  (eisen)  >.Man.  ^v-, 
eie:  hie  Chaucer.  Damit  andere  forscher  nicht,  wie  W.  Scherer, 
z.  gesch.  d,  d.  spr.  130,  dadurch  irre  geleitet  werden,  bemerke  ich 
hierzu,  dass  diese  behauptung  durchaus  unbegründet  ist :  airn ,  wenn 
es  wirklich  in  Maundevile  für  iren  steht  (ich  kann  es  weder  seite  4, 
noch  cap.  4  finden)  kann  nur  ein  fehler  sein,  denn  s.  50  findet  sich 
richtig  iren ;  eie  (gespr.  eje)  in  Chaucer-manuscripten  ist  eigenthüm- 
lichkeit  des  Schreibers,  da  Chaucer  ie  (ie)  schreibt,  C.  t.  a  2680 ;  vergl. 
ausserdem  A.  Ellis,  On  early  Engl.  pron.  p.  573. 

Dass  nach  R.  F.  Weymouth,  der  überhaupt  keine  Veränderung 
der  laute  zugiebt,  i  in  Süd-England  von  jeher  den  laut  ei  gehabt 
haben  soll,  On  Engl.  pron.  p.  11,  will  ich  nur  beiläufig  ervvähnen. 


Orchard 


ist  nicht,  wie  ich  in  der  zweiten  aufläge  meines  altengl.  Wörterbuches 
angenommen  habe,  aus  angls.  ortgeard,  sondern  aus  orceard,  das 
wahrscheinHch  für  früheres  ortceard,  ortgeard  (wie  craeftca  für  craeftga) 
steht,  entstanden.  Also  der  gewöhnliche  Vorgang:  altengl.  cha  = 
angls.  cea.  Ich  mache  auf  diesen  irrthum  aufmerksam ,  weil  ten 
Brink,  Anglia  i,  523,  dadurch  zu  einer  falschen  folgerung  veranlasst 
worden  ist. 


k  für  d. 

Eine  merkwürdige  vertauschung  von  d  mit  k  findet  sich  in 
toke   Mat.    (ed.  by  Hardwick)    13,   15    und  24,  51  =  tode   (gen. 

pl.),  ibid.   13,  42,  tope  25,  30. 
d^rke  st.  gen.  a.  ex.   2237  ;  prompt.   119  =  derde. 
kain  Havel.  31  und   1327  =  thain,  ibid.   2184. 


Notizen  zur  altenglischen  grammatik  je 

Ich  muss  mich  vorläufig  damit  begnügen,  die  thatsache  zu  con- 
statiren  und  fränkisch  (kölnisch)  wik,  riken  =  wid,  riden,  zur  ver- 
gleichung  beizubringen. 


Nom.  und  accus,  pl.  der  mascul. 

Dem  grundsatze  des  Altenglischen,  das  s  im  nomin.  und  accus. 

plur.  der  masculina  zu  bewahren,  gegenüber  zeugen  folgende  beispiele, 

deren  zahl  sich  wol  noch  vermehren  lassen  wird,  von  dem  zeitweisen 

Vorhandensein  einer  neigung,    das  selbe,    wie  im   althd.,    aufzugeben. 

cnihte  La^.   28403^),  geste  st.  gen.  a.  ex. ^),    Hörn,  fische  Trev.^), 

erle  Rob. 

Krefeld. 

F.  H.   S  trat  mann. 


BEITRÄGE  ZUR  FESTSTELLUNG  UND  ERKLÄRUNG  DES 
SHAKSPEARETEXTES. 


III.  *) 

Coriolanus. 

A.  I.  sc.  I.  He  did  it  to  that  end: 

That  weist  nicht,  wie  D.  erklärt,  auf  das  folgende  hin,  sondern  auf 
die  vorhergegangene  äusserung  des  ersten  bürgers :  but  that  he 
pays  himselfwith  being  proud.  Statt  des  Colons  ist  also 
ein  semicolon  zu  setzen. 

Ibid.     Thou  rascal,  that  art  worst  in  blood  to  run, 
D.    versteht    unter    rascal    ein    mageres    wild.     Es   bedeutet    einen 
elenden  hund,  von  schlechtester  race  zum  jagen,   der  anfangs  voraus- 
rennt, aber  nicht  bis  zu  ende  aushält. 


i)   Dieselbe    form   fordert   der   reim  an    mehreren  andern  stellen,    z.  b.  9858, 
pe  king  and  alle  his  cnihtes 
wakeden  alle  nihte. 

2)  Die  belegsteilen  sind  aus  dem  wörterbuche  zu  ersehen. 

3)  Noch  im  neuengl. :    I20  fish  were  caught.     The  Standard,   Febr.  17,   1879. 

4)  Vgl.   bd.   II,   hcft   I    u.    2,   p.    185   u.  440. 


i6  Ed.  Ti essen 

Ibid.  Worshipful  mutiners, 

D.  meint,  mutin  er  werde  wie  p  ioner,  enginer,  auf  der  ersten 
silbe  betont.  Das  ist  nicht  richtig ^  mutin  er  wird  wie  das  verbum 
to  mutine  auf  der  zweiten  silbe  betont,  im  gegensatz  zu  mu tineer, 
welches  der  betonung  von  to  mutiny  folgt. 

Ibid.  He  is  grown 

Too  proud  to  be  so  valiant. 
Wahrscheinlich  muss  hinter  proud  ein  komma  stehen  und  die  stelle 
übersetzt    werden:    er   ist    zu    stolz   geworden,    als  dass  er  so  tapfer 
sein  dürfte. 

Ibid.     Opinion,  that  so  sticks  on  Marcius,  shall 
Ofhis  demerits  rob  Cominius. 
His  demerits,    das  sich  wie    his  fault s   in  des  Brutus  folgender 
rede  nur  auf  Cominius  beziehen  kann,  will  D.  auf  Marcius  beziehen. 

Sc.  4.  Thou  art  left,   Marcius: 

In  Verbindung  mit  der  folgenden  klage  um  des  Marcius  verlust,  der 
mit  dem  eines  theuren  kleinods  verglichen  wird,  ist  statt  left  ohne 
zweifei  lost  zu  lesen. 

Sc.  5.  See  here  these  movers, 
D.  sieht  in  dem  worte  movers  die  doppelte  bedeutung:  regsame, 
geschäftige  leute,  und:  leute,  die  nicht  stand  halten.  Das  wort  kann 
zwei  andere  bedeutungen  haben,  die  hier  besser  passen.  Movers 
sind  leute,  die  in  öffentlichen  Versammlungen  antrage  stellen,  und 
auch  leute,  die  ihre  wohnung  wechseln  oder  andern  beim  umziehen 
behülflich  sind.  Marcius  sieht  die  Römer  mit  allerlei  hausrat 
beladen. 

Sc.  6.  Butforourgentlemen, 

D.  meint,  Marcius  nenne  die  plebejer  im  beere  (the  common  file) 
ironisch  our  gentlemen,  übersetzt  also  but  for  durch:  aber  was 
betrifft.  Die  stelle  heisst  in  Verbindung  mit  dem  folgenden:  Wären 
unsere  edeln  nicht  gewesen,  —  der  plebs  verkroch  sich  wie  die 
maus  vor  der  katze.  D.'s  erklärung  gibt  die  widersinnige  construction : 
der  dem  Cominius  berichtete,  die  Volsker  hätten  die  Römer  zurück- 
geschlagen, meldete  zwar  die  Wahrheit,  aber  unsere  herren  plebejer 
verkrochen  sich  wie  die  maus  vor  der  katze. 

Ibid.     O  me,  alone! 
Das  heisst  unzweifelhaft,  wie  Heath  es  auffasst :  lasst  mich  los !     Die 
von  D.  und    andern  versuchten   abweichenden  deutungen    sind  wenig 
befriedigend. 


Beiträge  zur  feststellung  und  erklärung  des  Shakspearetextes.    III  l  y 

Sc.  8.     Not  Afric  owns  a  serpent,  I   abhor 
More  than  thy  fame  and  envy. 
D.    erklärt   envy    durch  hassenswürdigkeit.     Würde    Sh.  sagen:     ich 
verabscheue    deine     hassenswürdigkeit?      Aufidius     verabscheut     den 
Marcius,  weil  dieser  berühmt  ist  und  um  seinen  rühm  beneidet  wird. 
Sc.  9.     Well  might  they  fester   ^gainst  ingratitude, 
And  tent  themselves  with  death. 
tent   lässt   sich  nur  gewaltsam  erklären  und    muss    sehr  wahrschein- 
lich   taint    heissen.     Wenn    des  Marcius  wunden    vergessen  würden, 
wäre  es  nicht  mehr  als  billig,  dass  sie,    gegen  den  Undank  sich  auf- 
lehnend, in  eiterung  und  tödtlichen  brand  übergingen. 

Ibid.  To  undercrest  your  good  addition. 
D. :  »To  undercrest  erklärt  Heath  richtig  mit  to  wear  beneath 
the  crest  asapart  ofacoatofarms.«  Der  beiname  Corio- 
lanus  ist  entweder  zu  denken  als  etwas  über  IV^arcius  schwebendes, 
an  das  mit  seiner  helmzier  hinanzureichen  er  sich  bemühen  will, 
oder  als  eine  urkimde,  unter  die  er  sein  wappen  drücken  will. 
Sc.   IG.  I  cann  ot, 

Being  a  Volsce,  be  that  I  am. 
D. :     »Als  Volsker   kann  ich  mich    nicht  in  meiner  eigentlichen  natur 
zeigen   oder    geltend   machen.«     Eher   ist    wahrscheinlich:    ich    kann 
nicht  ertragen,  das  zu  sein,  was  ich  als  Volsker  bin. 

Ibid.     Embarquements  all  of  fury, 
Embarqiiements     ist     so     augenscheinlich     ein     druckfehler     für 
embarguements,    dass  letzteres  hätte  in  den  text  gesetzt  werden 
sollen. 

A.  II.  sc.  I.  Said  to  be  so  mething  imperfect,  in  fa- 
voving  the  first  com  piain  t. 
D. :  »Es  heisst  von  mir,  ich  sei  etwas  schwach  darin,  dass  ich  die 
erste  klage  oder  beschwerde  begünstige,  dass  ich  dem  ersten  sich 
beschwerenden  recht  gebe,  ohne  die  sache  weiter  zu  untersuchen.« 
W^ie  ist  das  nur  denkbar?  Menenius  wirft  gleich  darauf  den  tribunen 
i^or,  als  richter  ungerecht  und  ungeduldig  zu  sein ;  sollte  er  dies 
:hun,  nachdem  er  zugegeben  hätte,  ihm  selbst  werde  ähnliches  zur 
ast  gelegt?  The  first  complaint  heisst  unter  andern:  das  erste 
ibel.  Vielleicht  ist  darunter  die  strafe  der  erbsünde  zu  verstehen : 
nit  schmerzen  sollst  du  kinder  gebären.  Menenius  als  alter  jung- 
;esell  mag  zugeben  wollen,  dass  er  in  bezug  auf  das  schöne  ge- 
chlecht  schwach  gewesen  ist. 

E.  Kölbing,  Englische  Studien.     III.     i.  2 


l8  Ed.  Tiessen 

Ibid.     set  up   the   bloody  flag  against  all  patience, 
D. :    ^Jhr  erklärt  aller  geduld    den  krieg,    zieht  gleichsam  die  blutige 
kriegsflagge  auf.'^     Die  tribunen  thun  dies,  wenn  die  kolik  sie  quält; 
unter    dieser   muss   ein   mit    blutabgang   verbundenes    leiden    zu   ver- 
stehen sein. 

Sc.  2.  who  bonneted  into  their  estimation  and  report. 
To  bonnet,  meint  D.,  sei  ein  sonst  nicht  vorkommendes  verbum. 
Es  kommt  allerdings,  soviel  ich  weiss,  bei  Sh.  nur  an  dieser  stelle 
vor;  das  ähnlich  gebildete  to  cap  findet  sich  dagegen  im  Othello: 
Three  great  ones  of  the  city,  in  personal  suit  to  make 
me  his  lieutenant,  oft  capp'd  to  him.  D.  liest  freilich  off- 
c  a  p  p  '  d. 

Ibid.     We  recommend  to  you,  tribunes  ofthe  people, 
Our  purpose  to  them. 
Nicht:    was  wir  dem"  volke  zugedacht  haben,    sondern:    was  wir  von 
ihm  verlangen. 

Sc.  3.     For  once  we  stood  up  about  the  corn, 
Nach  D.'s  auffassung  steht    for  für  because;    der  satz  hiesse  also: 
weil  wir  einmal  wegen  des  getreides  aufstanden.     Dann    müsste    we 
aber  vor  once  stehen.     For  heisst  hier   denn,    und  in    once  steckt 
when;  denn  einmal,  als  wir  wegen  des  getreides  aufstanden. 

Ibid.     Your  enigma? 
D.:    »Elliptisch  für:    ist   das    ein   räthsel,    v/as  ihr  mir    da  aufgebt?« 
Nein:    was  ist  die  auflösung  eures  räthsels? 

Ibid.     beofftothemmostcounterfeitly:  1 

D. :  »To  be  off  to  =  sich  mit  jemandem  abfinden.«  Es  wäre 
interessant,  die  autorität  für  diese  Übersetzung  zu  kennen.  Be  off 
to  them  heisst  dasselbe  wie'  bonnet  to  them:  nimm  die  kopf- 
bedeckung  vor  ihnen  ab. 

Ibid.  Iwill  not  sealyourknowledgewith  showingthem, 
(seil,  my  wounds.)  Dies  passt  nicht  zu  Coriolans  sarkasmen;  ich 
möchte  einer  weiteren  erwägung  anheimgeben,  ob  statt  s  e  a  1  vielleicht 
sc  ab  gelesen  werden  könne. 

Ibid.     Why  in  this  wolvish  toge  should  I  stand  here, 
In    der    schrift   über    Colliers    alten    corrector    verwarf   D.    das    wort 
togue,    für   tongue    der    ersten    fol.,   welches  er  jetzt ,    freilich  mit 
ungewöhnlicher    Orthographie,    adoptirt.      Es    dürfte    sich    empfehlen, 
hier    auch    eine    zweite    emendation   des    alten    correctors    gelten    zu 


Beiträge  zur  feststellung  und  erklärung  des  Shakspearetextes.    III  jq 

lassen  und  woolless  togue  zu  lesen,  was  allen  erklärungen  und 
anderweitigen  änderungen  von  woolvish  tongue  vorzuziehen  und 
mit  dem  späteren:  his  humble  weeds,  in  Übereinstimmung  ist. 
Eine  wölfische  toga  lässt  sich  ja  erklären,  wenn  man  annimmt, 
Coriolan  vergleiche  sich  dem  wolf  im  schafskleide ;  die  erklärung  er- 
scheint aber  doch  gar  zu  gezwungen. 

Ibid.  He  has  it  now;  and  by  his  looks,  methinks, 
'Tis  warm  at  his  heart. 
D. :  »Es  kocht  in  seinem  herzen  vor  Ungeduld  und  ingrimm.«  Ganz 
gewiss  nicht;  it  in  'tis  warm  at  his  heart  bezieht  sich  auf  it 
in  he  has  it  now:  es  erwärmt  sein  herz;  er  ist  erfreut  oder  stolz, 
sein  ziel  erreicht  zu  haben.  Im  augenblick  des  erfolges  vergisst  man 
der  überstandenen  mühe ;  der  tribun  ist  schwerlich  ein  so  schlechter 
menschenkenner,  um  in  diesem  augenblick  in  Coriolans  herzen  Un- 
geduld und  ingrimm  vorauszusetzen.  Man  denke  an  die  stelle  im 
Macbeth :  Thouhast  itnow,  king,Glamis,  Cawdor,  all  etc. 

Ibid.  that  we  labour'd 

(No  impediment  between)  but  that  you  must 

Gast  your  election  on  him. 
D. :    »Der   Zwischensatz    ist   elliptisch:    ohne   ein  dazwischentreten  zu 
gestatten. «     Wahrscheinlicher :  als  ginge  es  nicht  anders ;  als  hindere 
den  Coriolan  nichts,  zum  consul  gewählt  zu  werden. 

Ibid.  This  mutiny  were  better  put  in  hazard, 
Than  stay,  past  doubt,  for  greater. 
D. :  »Es  ist  besser,  den  gegenwärtigen  aufstand  zu  riskiren,  als  über 
ein  bedenkliches  zaudern  hinaus  auf  einen  grösseren  zukünftigen  auf- 
stand oder  anlass  zum  aufstände  zu  warten.«  Past  doubt  heisst 
nicht :  über  ein  bedenkliches  zaudern  hinaus ;  die  richtige  Übersetzung 
der  stelle  ist :  der  ausgang  des  gegenwärtigen  aufstandes  ist  ungewiss ; 
dennoch  ist  es  besser  ihn  zu  wagen,  als  abzuwarten,  ob  zu  anderer 
zeit  ein  grösserer  aufstand  mit  unzweifelhaftem  erfolge  ins  werk  ge- 
setzt werden  kann. 

A.  III.  sc.  I.  'T  was  from  the  canon. 

Johnson  erklärt  dies  durch  contrary  to  the  established  rule, 
Mason  durch  according  to  rule;  D.  hält  erstere  erklärung  für 
die  plausiblere;  sie  sind  beide  falsch.  Coriolan  fragt:  Mark  you 
his  absolute  shall?  Darauf  antwortet  Cominius  ironisch:  es  war 
aus  den  gesetztafeln,  —  wie  z.  b.  thou  shalt  not  kill. 

2* 


2  0  Ed-  Tiessen 

Ibid.  The  hörn  and  noise  o'  the  monster's, 
D.  meint,  of  the  monster's  sei  ebenso  incorrect  und  ebenso 
Shakspearsch,  wie  a  bastard  of  the  king's  deceased  in 
K.  John.  Zwischen  beiden  stellen  ist  ein  erheblicher  unterschied; 
der  Sprachgebrauch  a  son  of  myfather's,  einer  von  meines  vaters 
söhnen,  ist  weder  incorrect  noch  specifisch  Shakspearsch ,  während 
weder  Shakspeare  noch  sonst  ein  Engländer  schreiben  würde ;  the 
hörn  and  noise  of  the  monster's  (statt  monstcr),  weil  das 
ungeheuer  nicht  mehr  als  ein  hörn  hat  und  nicht  mehr  als  einen 
lärm  macht.  Dagegen  wäre  wieder  ganz  correct:  a  hörn  and  noise 
of  the  monster's. 

Ibid.  That  is  the  way  to  lay  the  city  flat; 
Diesen  und  die  drei  folgenden  verse,  worin  die  fortdauer  des  tribunats 
mit  den  schärfsten  worten  als  verderblich  bezeichnet  wird,  gibt  D. 
dem  Cominius ;  der  natur  der  sache  nach  kann  nur  Coriolan  sie 
sprechen.  Die  unmittelbar  darauf  bezügliche  antwort  des  Sicinius -' 
This  deserves  death,  will  D.  in  der  consequenz  jenes  irrthums 
an  des  Sicinius  frühere  rede:  You  are  at  point  to  lose  your 
liberties  etc.,  anknüpfen. 

Ibid.  Sir,  those  cold  ways 

That  seem  like  prudent  helps,  are  very  poisonous. 
Die  von  Johnson  vorgeschlagene  lesart  very  poisons  ist  unzweifel- 
haft richtig.     Hinter  ways  gehört  ein  komma. 

Ibid.  Stand  fast; 

We  have  as  many  friends  as  enemies. 
Auch    dies    kann    nur  Coriolan    sprechen ;    D.    lässt    den    besonnenen 
Cominius  sich  der  allgemeinen  stimme  der  Senatoren  widersetzen. 

Ibid.  To  eject  him  hence, 

Were  but  one  danger,  and  to  keep  him  here, 
Our  certain  death. 
Theobalds   lesart   our    danger    gibt   eine  bessere    antithese  zu  our 
certain   death   und   an  und  für  sich  einen  besseren  sinn;    sie  ge- 
hört unbedingt  zu  den  zweifellosesten  emendationen. 

Ibid.  the  service  of  the  foot, 

Being  once  gangren'd,  is  not  then  respected 
For  what  before  it  was  — 
D.    interpungirt    den    satz    ohne    noth    als  unvollendeten ;    durch  ein 
fragezeichen  geschlossen,    gibt  er  einen  vollständigen  sinn  :    wird  also 
der    dienst   des   fusses,    wenn    dieser    einmal   schadhaft  geworden  ist. 


Beiträge  zur  feststellung  und  erklärung  des  Shakspearetextes.    III  2  l 

nicht  mehr  in  bezug  auf  die  Vergangenheit  geschätzt?  —  überein- 
stimmend mit  den  früheren  worten  des  Menenius :  Ol  be's  a  limb 
that  has  but  a  disease. 

Ibid.  Where  he  shall  answer,  in  a  lawful  form, 
In  peace,  to  his  utmost  peril. 
D. :  »To  his  utmost  peril  ist  wörtHch  =  auf  seine  äusserste  ge- 
fahr,  oder  umschrieben :  wenn  Coriolan  sich  nicht  verantwortet,  so 
setzt  er  sein  leben  aufs  spiel.«  Auf  seine  äusserste  gefahr  heisst: 
at  his  utmost  peril;  tohis  utmost  peril  heisst :  seiner  äusser- 
sten  gefahr;  Coriolan  soll  sich  gegen  alle  anklagen,  auch  gegen  die 
ihn  aufs  äusserste  gefährdenden,  in  frieden  verantworten  dürfen. 

Sc.   2.  whowaswont 

To  call  them  woollen  vassals; 
Was    woollen    vassals     für    einen    sinn    gibt,     ist    unerforschlich. 
Wooden  vessels  hat  Volumina  die  plebejer  genannt. 

Ibid.     When   one  but  of  my  ordinance  stood  up, 
Ordinance,    von  D.  durch    autorität,    ermächtigung,    erklärt,    steht 
offenbar  für  order,    stand,    und  ist  so  auch  von  Johnson  aufgefasst 
worden. 

Ibid.     I  have  a  heart  as  little  apt  as  yours, 
Die  von  dem  CoUierschen  corrector  hier  eingeschobene  zeile : 
To  brook  control  without  the  use  of  anger, 
welche  ü.   nicht    einmal  in  der  anmerkung  erwähnt,   hätte   aufnähme 
in  den  text  verdient.    Das  unvermittelte  auftreten  des  ausdrucks  my 
use    of  anger    in    der    nächsten  zeile    lässt  in  der  that  vermuthen, 
dass  eine  zeile  ausgefallen  ist. 

Ibid.     But  with  such  words,  that  are  but  roted   in 

Yourtongue,  thoughbutbastards,  and  syllables 
Ofno  allowance,  to  your  bosom's  truth. 
Die    überaus    einfache    Wiederherstellung    der    offenbar    verdorbenen 
zweiten  zeile : 

Your  tongue,  but  bastard-thoughts,  antl  syllables 
scheint   den   herausgebern   bisher   entgangen    zu    sein.      Statt    roted 
durfte  rooted  zu  lesen  sein. 

Ibid.     Yet,  were  there  but  this  single  plot  to  lose, 

This    mould    of    Marcius,    they    to    dust    should 
gri  n  d  i  t , 
Wenn    this  single  plot,    wie  D.  meint,    den  fleck  erde  bedeutete. 


2  2  Ed.  Tiessen 

auf  dem  Marcius  gerade  steht,  würde  es  diesem  sehr  gleichgültig 
sein,  ob  this  single  plot  zu  staub  zermahlen  würde  oder  nicht. 
Es  bedeutet  aber  das  stück  erde,  aus  dem  er  besteht.  Das  hinzu- 
gefügte this  mould  of  Marcius,  dieser  erdenklos,  aus  dem  er 
gemacht  ist,  lässt  darüber  vollends  keinen  zweifei. 
Ibid.  Come  all  to  run:  let 

Thy  mothcr  rather  feelthy  pride,  than  fear 
Thy  dangerous  stoutness; 
Run,  für  ruin,  einer  der  wenigen  druckfehler  der  Deliusschen  aus- 
gäbe. —  D.  bemerkt  zu  der  stelle:   :^To  fear  mit  dem  accusativ  = 
um  etwas   besorgt  sein.     Volumnia  will   lieber  die  schlimmen  folgen 
seines  stolzes  handgreiflich  fühlen,    als  stets  in  ungewisser  besorgniss 
leben  vor  den  gefahren,    die    sein  stolz   mit  sich  bringen  kann.«     In 
dem  Worte  rather  handelt  es  sich  um  das,  was  Coriolan  soll,  nicht 
was  Volumnia  will.     Lass  alles    in  trümmer  gehen ;    lass  lieber  deine 
mutter  deinen  stolz  fühlen,  als  deine  gefährliche  hartnäckigkeit  fürchten 
(und  dich    davon    abzubringen    suchen).     To    fear    kann   hier   auch 
direct  active  bedeutung  haben :  besorgt  oder  bedenklich  machen. 
Sc.  3.  Given  hostile  strokes,  and  that  not  in  the  presence 
Of  dreaded  justice,  but  on  the  ministers 
That  do  distribute  it; 
D. :    »Not   ist  emphatisch  gebraucht:    er  hat  die  feindlichen  streiche 
geführt  nicht  in  der    anwesenheit  der  ehrwürdigen  gerechtigkeit,    was 
vielleicht  verzeihlich    gewesen  wäre,    sondern  etc.«     Das    hat    keinen 
sinn ;  Coriolan  wird  ja  eben  beschuldigt,   in  gegenwart  der  ehrwürdi- 
gen   gerechtigkeit    feindliche    streiche    geführt   zu    haben ;    not  kann 
nur  eine,  allerdings  ungewöhnliche,  ellipse  für  not  only  sein. 
A.  I.  sc.    I.  y our  son 

Will  or  exceed  the  common, 
Der  doppelsinn,    den   D.  hier   herauslesen  will:    Euer  söhn  wird  aus 
dem    kämpfe   mit   den    plebejern    siegreich   hervorgehen,    kann   nicht 
darin  liegen. 

Sc.   5.  Thouhastbeatmeout 

Twelve  several  times. 
Nach  D.s  meinung  gehört  out  nicht  zu  beat,  sondern  out  twelve 
several  times  heisst:  volle  zwölf  male. 

Ibid.     He  will  mow  down  all  before  him,  and  leave  his 
passage  polled. 
To  poll,  von  D.  durch  entblössen,  ausplündern  erklärt,  heisst:   das 


Beiträge  zur  feststellung  und  erklärung  des  Shakspearetextes.  III  23 

kopfhaar  kurz  abschneiden,  die  ränder  eines  documents  glatt  be- 
schneiden. Hier  bedeutet  es  wahrscheinlich :  die  köpfe  abschneiden. 
Vergl.  sc.  6.  As  many  coxcombs,  as  you  threw  caps  up, 
will  he  tumble  down. 

Ibid.    Reason:  becausethey  thenlessneedoneanother. 
Seil.:  the  reason  is;  nicht,  wie  D.  will,  it  is  reason. 

Sc.  6.  as  many  coxcombs. 

coxcombs  heisst  hier  weder  narrenmützen  noch  narren,  sondern 
Schädel. 

Sc.  7.  So  hated,  and  so  banish'd:  but  he  has  a  merit, 
To  choke  it  in  the  utterance. 
Wenn  man  liest:  he  has  but  a  merit,  wird  der  sinn  hergestellt, 
ohne  dass  es  nöthig  ist,  mit  D.  hinter  banish'd  eine  unausfüllbare 
lücke  zu  vermuthen.  Das  verdienst,  welches  Coriolan  hat,  hat  er 
nur,  um  es  in  der  geburt  zu  ersticken. 

Ibid.     And  power,  unto  itself  most  commendable, 
Hath  not  a  tomb  so  evident  as  a  chair, 
To  extol  what  it  has  done. 
D.s  eigene    erklärung,    wie   die  Stauntons    und  wie  die  vermeintliche 
emendation  Leos    sind    so    wenig  befriedigend,    dass    man  sich    billig 
wundern    darf,    die   von    andern    herausgebern    angenommene    lesart 
hair  für  chair,  welche  alle  Schwierigkeiten  der   stelle  beseitigt,  gar 
nicht  erwähnt  zu  finden. 

A.  V.  sc.   I.     It  was  a  bare  petition  of  a  State 
To  one  whom  they  had  punish'd. 
bare   heisst    zwar    krhl   und   bloss,    wird   aber   hier  vielleicht   besser 
durch    unfruchtbar    übersetzt.      Das    gnadengesuch    eines    Staats ,    an 
einen,    dem   dieser    Staat    selbst   keine    gnade   erwiesen ,    kann    nicht 
anders  als  unfruchtbar  sein. 

Ibid.  what  he  would  do, 

He  sentin  writingafterme,  —  whathewouldnot; 

Bound  with  an  oath  to  yield  to  his  conditions: 
D. :  »Er  verpflichtete  mich  durch  einen  eid,  seinen  bedingungen  mich 
zu  fügen. «<  Aus  des  Cominius  erzählung  geht  klar  hervor,  dass 
Coriolan  nur  das  eine  wort  »rise!«  zu  ihm  gesprochen,  ihn  dann 
mit  einem  stummen  wink  entlassen  und  ihm  seine  bedingungen  schrift- 
lich nachgeschickt  hat.  In  demselben  schreiben  ist  gesagt  worden, 
Coriolan  sei  durch  einen  eid  gebunden,   sich  selber  diesen  bedingungen 


24 


Ed.  Tiessen 


ZU  unterwerfen,    d.  h.    er  könne    schlechterdings  nichts  mehr    für  die 
Römer  thun. 

Sc.  2.  Ihavetumbledpast  thethrow,  and  inhispraise 
Have  almost  stamp'd  the  leasing. 
Es  ist  nicht  denkbar,  dass  Menenius  das  eben  gebrauchte  bild  plötz- 
hch  fallen  lassen  sollte;  ich  vermuthe  in  leasing,  ausser  der  be- 
deutung :  lüge,  die  vielleicht  verloren  gegangene :  hinterwand  einer 
kegelbahn  oder  Umzäunung  eines  b o wling-green,  an  welche  die 
über  das  ziel  hinausgerollte  kugel  angeprallt  wäre. 
Sc,  3.  A  ver  y  li  ttle 

I  have  yielded  to. 

D.  begnügt  sich  anzumerken:  >^to  in  der  zweiten  folioausg.,  too  in 
der  ersten.«  Weder  die  eine  noch  die  andere  lesart  gibt  einen  sinn. 
Aus  dem  folgenden  ergibt  sich,  dass  Coriolan  sagen  will:  nur  einer 
Wenigkeit  hätte  es  bedurft,  um  mich  zum  nachgeben  zu  bewegen; 
daher  will  ich  niemand  mehr  anhören.  Die  emendation:  I  had 
yielded  to,  liegt  hienach  auf  der  band. 
Ibid.  out  of  that  I'll  work 

Myself  a  former  fortune. 
D.  ist    mit    der   erklärung:    ein   glück,    wie  Aufidius   es   besass,    ehe 
Coriolan  zu  ihm  kam,  nicht  zufrieden,  sondern  will  lesen :    ein  glück, 
das  in  der  vordersten  reihe  steht.    Diesen  begriff  hat  former  nicht. 


Troilus  and  Cressida. 

A.  I.  sc.  I.  Before  the  sun  rose,  he  was  harnessedlight, 
Dies  giebt  keinen  guten  sinn,  selbst  wenn  man  mit  D.  light  durch 
behend,  gewandt,  übersetzen  dürfte.  Ohne  zweifei  ist  tight  zu 
lesen. 

Ibid.  Pand.  Himself?  Alas,poorTroilusl  Iwouldhewere. 

Cress.     So  h  e  is. 

Pand.     Condition,  Ihad  gone  barefoot  tolndia. 
D.:  »Condition  steht  elUptisch:   unter   der  bedingung  (d,  h.  dass 
Troilus  er  selbst  wäre)  wollte  ich  barfuss  nach  Indien  gehen.«     Um- 
gekehrt :  Wenn  ich  barfuss  nach  Indien  gegangen  wäre,  wäre  Troilus 
er  selbst. 


Beiträge  zur  feststellung  und  erklärung  des  Shakspearetextes.  III  2K 

Ibid.     Cress.     Will  he  give  you  the  nod? 
Pand.       You  shall  see. 

Cress.     If  he  do,  the  rieh  shall  have  more. 
Das  heisst:    wer  hat,  dem  wird   gegeben:  Pandarus  wackelt    ohnehin 
mit  dem  köpfe.     D.  erklärt  irrthümlich:  »Wenn  er  Euch  weiter  nichts 
gibt,  als  ein  kopfnicken,  so  besitzen  die  reichen  mehr  als  Ihr.« 

Sc.  3.      Sith  every  action  that  has  gone  before, 
Whereof  we  have  record,  trial  did  draw 
Bias  and  thwart. 
Hinter  draw  fehlt  ein  komma. 

Ibid.     As  venerable  Nestor,  hatch'd  in  silver, 
D.  hat  wahrscheinlich  das  wort  arms,  wappen,  bei  einem  englischen 
commentator   missverstanden;    er  erklärt,    to  hatch   bedeute:  etwas 
auf    Waffen   einlegen ,    eingraben.     Nestors    greises    haar    umgibt   das 
antlitz  wie  ein  silbernes  wappenfeld. 

Ibid.     When  that  the  general  is  not  like  the  hive. 
Die  deutung,  dass  unter  the  general    nicht  das  volk,  sondern  der 
feldherr  verstanden  sei,  ist  nicht,  wie  D.  meint,  die  plausiblere,  son- 
dern die  einzig  mögliche.    Die  ganze  rede  des  Ulysses  soll  die  noth- 
wendigkeit  der  centralisation  des  befehls  nachweisen. 

Ibid.     Insisture, 
Dieses  wort,    dessen  erklärung  D.  Schwierigkeiten  macht    und  das  er 
als  druckfehler  für  in  fixture  anzusehen  geneigt  ist,  hat  vermuthlich 
dieselbe    bedeutung,    wie    consistency.      Die    lesart    in    fixture 
würde  den  sinn  des  ganzen  satzes  hoffnungslos  verderben. 

Ibid.  Peaceful  commerce  from  dividable  shores, 
D. :  »Wenn  commerce  und  dividable  ihre  gewöhnliche  betonung 
behalten  sollen,  so  ist  vor  peaceful  ein  wort  wie  or  oder  and  zu 
setzen.«  Dann  erhielte  freilich  commerce  die  gewöhnliche  betonung, 
aber  es  entstände  eine  neue  Schwierigkeit,  indem  dividable  in  sehr 
ungewöhnlicher  weise  dreisilbig  gelesen  werden  müsste. 

Ibid.     Such  to-be-pitied  and  o'er-wrested  seeming 
Da  o'er-wrested    einen    durchaus    angemessenen    sinn    gibt,    ent- 
behrt  D.s.    conjectur,    Sh.    möge    o'er-jested    geschrieben   haben, 
des  anhalts. 

Ibid.     And  with  a  palsy,  fumbling  on  his  gorget, 
Palsy    ist  adjectivisch ,    fumbling  subjectivisch  gebraucht,  ersteres 
mit  der  bedeutung  paralytisch;  das  komma  hinter  palsy  muss  daher 
fortfallen. 


20  Ed.  Tiessen 

Ibid.  The  purp  ose  is  perspicuous  even  as  substance, 
Whose  grossness  little  characters  sum  iip: 
D. :  »Der  zweck  ist  so  sichtbar,  wie  ein  körperhches  wesen,  dessen 
ganzes  aus  einzelnen  kleinen  zahlen  besteht,  dessen  totalität  sich  in 
einzelnheiten  berechnen  oder  wahrnehmen  lässt.«  Perspicuous 
heisst  aber:  durchsichtig;  a  substance  whose  grossness  little 
characters  sum  upist  eine  Substanz,  deren  dicke  mit  einer  kleinen 
zahl  auszudrücken  ist,  also  eine  dünne  und  deshalb  durchsichtige 
Substanz.  Sollte  D.  mit  dieser  auffallenden  erklärung  einem  eng- 
lischen commentator  gefolgt  sein? 

A.  III.  sc.    I.  love'sinvisiblesoul 

Die  conjectur:    visible   soul   ist  so  unzweifelhaft,  dass  danach  der 
text  hätte  berichtigt  werden  müssen. 

Ibid.  Come,  your  disposer  is  sick. 
Dass  Pandarus  den  von  Paris  gebrauchten  ausdruck  disposer  wie- 
derhole, weil  er  ihn  nicht  verstehe,  ist  nicht  glaublich ;  offenbar  legt 
er  nur  einen  andern  sinn  hinein.  Der  satz  hat  offenbar  den  sinn : 
ihr  seid  auf  dem  holzwege;  möglich,  dass  disposer  so  viel  wie 
dispositor,  regierender  planet,  bedeutet.  Man  denke  an  die  stelle : 
the  moist  star,upon  whose  influence  Neptune'sempire 
Stands,  was  sick  almost  to  doomsday  with  eclipse. 

Sc.  2.  When  that  the  watery  palate  tastes  indeed 
Love's  thri  ce-reputed  nectar? 
Dass  die  lesart  der  Qs.,  thrice-repured,  kein  druckfehler,  son- 
dern weit  besser  ist,  als  thri  ce-reputed,  unterliegt  schwerlich 
einem  zweifei.  D.  erklärt  the  watery  palate  als  den  durstigen 
gaumen,  der  wie  der  wasserziehende  mond  den  nectar  der  liebe  be- 
gierig einsauge.  Die  erklärung  liegt  weit  näher;  watery  palate 
heisst:  wässernder  gaumen.  Der  mund  wässert  dem  Troilus  nach 
jenem  nectar. 

Ibid.     As  true  as  steel,  as  plantage  to  the  moon, 
Plantage,  nach  D.  pflanzung,    heisst  plantago,    wegerich.     Ver- 
muthlich  gehört    dieser,    wie  unter  andern    die    mondraute,    botry- 
c  h  i  u  m ,    zu   den    pflanzen ,    auf  welche  dem  monde    ein  einfluss  zu- 
geschrieben wurde. 

Sc,  3.     I  do    not  strain  at  the  position, 
D. :   »Ulysses  urgirt  nicht  so  sehr  den  satz,«   —   »to    strain  at  ist 
eigentlich  =  an    etwas  drücken.«     Es    steht  hier  in   demselben  sinn, 


Beiträge  zur  feststellung  und  erklärung  des  Shakspearetextes.  III  27 

wie   in    to    strain    at    gnats    and    swallow    cameis,     mucken 
seihen  und  kameele  verschlucken,  also  =  an  etwas  anstoss  nehmen. 

A.  III.  sc.  3.  Howsomemencreepinskittishfortune's 
hall, 
Whiles  o  thers  play  the  idiots  i  n  hereyes. 
D. :  »Während  andere  sich  lächerlich  machen,  indem  sie  sich  eifrig 
um  Fortunas  gunst  bemühen.«  Gerade  das  gegentheil  ist  gemeint: 
die  glücksgöttin  hat  ihre  äugen  auf  sie  geworfen,  aber  sie  sind  zu 
blöde,  es  zu  bemerken.  Wie  passte  die  stelle  sonst  auf  Achill 
und  Ajax? 

Sc.  4.  w  h  e  n  I  a  m  h  e  n  c  e , 

ril  ans  wer  to  my  lust; 
D. :  »Wenn   ich  fort  bin ,    will  ich  antworten    nach  meinem  belieben , 
will  ich  auf  dein  begehren  thun,  was  mir  beliebt.«     To  my  lust  ist 
aber  dativ;  Diomed  will  nicht  dem  Troilus  antworten,  sondern  seiner 
eignen  lust,  d.  h.  seine  lust  büssen. 

Sc.  5.     Blow,  villain,  tili  thy  sphered  bias  cheek 
Outswell  the  colic  of  puff'd  Aquilon. 
Ohne  zweifei  ist  sphered-biass '  d  zu  lesen. 

Ibid.  And  wide  unclasp  the  tables  of  their  thoughts 
To  every  tickling  reader. 
D.  übersetzt:  »Jedem  leser,  den  es  kitzelt.«  Es  heisst  aber:  Jedem 
leser,  der  sie  kitzelt,  —  also  entweder  these  encounterers  oder 
the  tables  of  their  thoughts.  Wenn  ich  nicht  irre,  gibt  es  in 
England  einen  Volksglauben ,  dass  die  seekrabbe  die  muscheln  am 
gelenk  kitzelt  und  dadurch  nöthigt,  sich  zu  öffnen. 

Ibid.  What  shall  be  done 

To  him  that  victory  commands? 
D. :  »Demjenigen,  den  der  sieg  zum  sieger  bestimmt.«     Umgekehrt: 
that   ist    subject,    victory    object:    demjenigen,    der  dem  siege   ge- 
bietet. 

Ibid.  So  be  it;  either  to  the  uttermost, 
Or  eise  a  breath. 
Die  anmerkung,  in  der  D.  auf  an  after-dinners  breath  in  a.  II. 
sc.  3  verweist,  scheint  nicht  zutreffend.  Ajax  und  Hcctor  sollen  sich 
nicht  eine  motion  machen,  wie  man  sie  sich  nach  tische  macht,  son- 
dern so  lange  kämj)fen,  bis  sie  einhalten  müssen,  um  athem  zu 
schöpfen. 


28  Ed.  Tiessen 

Ibid.     For  Hector,  in  his  Ijlaze  ofwrath,  subscribes 
To  tender  objects; 
In  dem  als  belegstelle  aus  K.  Lear  citirten :  All  cruels  eise  sub- 
scrib'd,  ist  to  subscribe  wahrscheinlich  transitiv  gebraucht. 

Ibid.         any  drop  thou  borrow'dst  from  th}'  mother, 
My  sacred  aunt, 
Sacred  heisst  hier  schwerlich:  verklärt,  selig;  vielmehr:  mir  heilig, 
unverletzlich. 

Ibid.  I  shall  forestal  thee,  lord  Ulysses,  thou! 
Das  thou!  ist  mit  der  anrede  lord  Ulysses  in  keinen  Zusammen- 
hang zu  bringen ;  es  wäre  nur  an  der  stelle  nach  einem  schimpf- 
oder  Spottnamen  ,  und  auch  dann  nur ,  wenn  diesem  namen  ein  an- 
deres thou  voranginge.  Die  von  D.  verworfene  lesart  though  ist 
daher  unbedenklich  aufzunehmen. 

A.  V.  sc.  2.     May  worthy  Troilus  be  half  attach'd 

With  that  which  here  his  passion  doth 
express? 
To  be  attached  übersetzt  D.:  ergriffen  sein  oder  empfinden,  muss 
also  may  hier  durch  kann  übersetzen.  Es  heisst  aber:  darf,  und  to 
attach  hat  hier  denselben  sinn,  wie  anderswo  in  I  attach  your 
Word:  Darf  Troilus  auch  nur  halb  beim  worte  genommen  werden 
für  das,  was  seine  leidenschaft  spricht? 

Sc.  3.  For  we  would  give  as  much  to  violent  thefts, 
So  versucht  D.  die  verdorbene  stelle  der  Fol.:  For  we  would 
count  give  much  to  as  violent  thefts,  wieder  herzustellen; 
gleichzeitig  bezeichnet  er  im  text  eine  vorhergegangene  zeile  als  aus- 
gefallen und  ergänzt  deren  inhalt  in  der  anmerkung  recht  gewaltsam. 
Das  wunderbarste  ist,  dass  ihm  Tyrwhitts  richtige  lesart:  For  we 
would  give  much,  to  use  violent  thefts,  bekannt  war.  For 
steht  für  be  cause. 

Ibid.     Their  eyes  o'ergalled  with  recourse  oftears; 
Recourse  of  tears,  von  D.  mit  thränenstrom  übersetzt,  hat  ver- 
muthlich    die    doppelte    bedeutung:    wiederholter    thränenerguss   und 
thränenreiche  bitte. 

Sc.    II.     Sit,    gods,    upon   your   thrones,    and    smile   at 
Troyl 
Zwischen  dieser  lesart  und  der  Warburtons :  smite  at  Troy,  scheint 
sich  die  wage  auf  die  seite  der  letzteren  zu  neigen. 


Beiträge  zur  feststellung  und  erklärung  des  Shakspearetextes.  III  20 

Ibid.  And  thou,  great-sized  coward, 

Womit  hat  Diomed  verdient,  dass  D.  diesen  ausdruck  auf  ihn  be- 
zieht? Great-sized  ist  ein  charakteristisches  epitheton  für  Achill; 
ein  feigling  wird  dieser  mit  recht  genannt,  weil  er  eben  den  Hector 
meuchlings   umgebracht    hat. 


The  Tempest. 

A.  I.  sc.    2.     VVho   having,    unto    truth,  by   telling  of  it, 
Made  such  a  sinner  ofhis  memory, 
To  credit  his  own  lie,  — 
By  telling  ofit  kann  nicht   ohne  bestimmte  beziehung   aufgefasst 
werden,  sondern  sich  nur  auf  his  own  lie  beziehen. 
Ibid.  out  o'the  Substitution, 

And  executing  the  outward  face  of  royalty, 
With  all  prerogative: 
Dies   gehört    nicht    zu    dem    vorhergehenden :  he    did  believe  he 
was   indeed    the   duke,  sondern  zu  dem  folgenden:  he  nee   his 
ambition  growing. 

Ibid.  On  their  sustaining  garments  not  a  blemish, 
Sustaining  garments  können  nur  die  kleider  sein,  welche  die 
schiffbrüchigen  über  wasser  hielten.  Die  von  D.  als  die  wahrschein- 
lichere bezeichnete  erklärung:  die  kleider,  welche  ohne  schaden  das 
meerwasser  über  sich  ergehen  Hessen,  gibt  für  die  ganze  zeile  fol- 
gende Übersetzung:  auf  ihren  kleidern,  welche  das  seewasser  ohne 
schaden  über  sich  ergehen  Hessen ,  hatte  dasselbe  keinen  flecken  zu- 
rückgelassen. 

Ibid.     And  are  upon  the  Medi  ter  ranean  flöte, 
B  o  u  n  d  s  a  d  1  y  h  o  m  e  f  o  r  N  a  p  1  e  s , 
Flöte  übersetzt  D.  durch  fleet;  es  bedeutet  afloat;    sie  sind  auf 
dem  mittelmeer  unterwegs. 

Ibid.  urchins 

Shall   forth,  at  vast  of  night,  t  hat  the  y  may  work 
All  exercise  on  thee: 
In    der  Fol.    heisst    es  in    dieser    stelle:  Shall    for    that    vast  of 
night  that  they  may  work,  all    exercise  on  thee:  die  tiefe 


30 


Ed.    Tiessen 


nacht  wird  als  die  zeit  bezeichnet,  in  der  es  den  kobolden  erlaubt 
ist,  ihr  wesen  zu  treiben.  Die  von  ü.  als  evidente  textverbesserung 
adoptirte  lesart  ist  eine  erhebliche  Verschlechterung. 

Ibid.  He  does  hear  me, 

And  that  he  does  I  weep:  myselfam  Naples; 
D. :   »Da  er  todt  und  ein  geist  ist,  so  kann  er  mich  hören,  und  dass 
er  das  kann,    das  beweine  ich.«     Die   richtige  erklärung  ist  viel  ein- 
facher: der  könig  von  Neapel  hört  mich,  denn  ich  bin  es  selbst. 

Ibid.  I  fear,  you  have  done  yourselfsome  wrong: 
D. :  »Ferdinand  hat  sich  selbst  zu  nahe  gethan,  indem  er  sich  für 
verwaist  und  demnach  für  den  könig  von  Neapel  hält  und  erklärt. '< 
Prospero  stellt  sich  indess,  als  halte  er  Ferdinand  weder  für  einen 
könig,  noch  für  den  söhn  eines  königs,  und  spricht  dies  gleich  dar- 
auf noch  rücksichtsloser  aus. 

Ibid.     Make  not  too  rash  a  trial  of  him,  for 
He's  gentle,  and  not  fearful. 
Das    für    das    verständniss    der    stelle    massgebende    wort  rash  un- 
beachtet lassend,  erklärt  D.  fearful  durch  schrecklich  und  gentle 
durch  sanft,    nennt    folglich  SmoUets  richtige  erklärung:    he  is  of  a 
lofty  spirit  and  not  to  be  intimidated,    »zu  gesucht«. 

A.  IL  sc.  I.  He  could  not  miss  it. 
D. :  »Er  konnte  in  seiner  Schilderung  der  insel  nicht  fehlgehen.«  — 
Adrian  schildert  die  insel  als  uninh  abitable  and  almost  inacc  es- 
sible  und  stockt  dann;  Sebastian  hilft  ihm  spottend  ein:  yet;  nun 
sagt  Adrian  wirklich  yet,  und  Antonio:  er  konnte  das  jedennoch 
nicht  verfehlen. 

A.  III.  sc.   I.     But  these  sweet  thoughts  do  even  refresh 
m  y  1  a  b  o  u  r  s  ,  •'•» 

Most  busiest  when  I  do  it. 
Most   busie   lest    der    Fol.    ist    ohne    sinn,    most   busiest    hier 
aber  geradewegs  widersinnig.      Das  richtige  most  busiless  liegt  ja 
so  nahe. 

Sc.  3.     Praise  in  departing. 
D.  erklärt,    »lobe  nicht  zu  früh,«    hält  also    praise   für  das  verbum, 
während   es   das  hauptwort   ist.     Prospero    will   sagen ,    Alonso    lobe, 
wie    man   Schauspieler  beim   abgange,    oder  vielleicht   wie    man  ster- 
bende lobt. 

A.  V.  sc.   I.     That  now  lie  füll  and   muddy. 
Füll,  irrthümlich  für  f  o  u  1. 


^Beiträge  zur  feststellung  und  erklärung  des  Shakspearetextes.  III  -7  1 

The  Winter's  Tale. 

Zu  den  gründen ,  welche  dafür  sprechen ,  dass  der  entwurf  zu 
diesem  stück  noch  unter  Elisabeth  entstanden  und  dass  es  zu  einer 
apologie  Anna  Boleyns  bestimmt  gewesen  ist,  kann  ich  vielleicht 
einen  hinzufügen.  A.  I.  sc.  2  des  wintermärchens  heisst  es : 
Still  virginalling 
Upon  his  palm?  — 
Dies  seltene  wort  virginalling  gewinnt  nun  eben  dadurch  an 
Interesse,  dass  das  Stammwort  virginals  in  den  acten  des  processes 
gegen  Anna  Boleyn  vorkommt.  —  Mark  Smeton,  der  am  hofe  Hein- 
richs als  musiker  in  gunst  gestanden,  war  einer  von  denen,  die  des 
ehebruchs  mit  der  königin  beschuldigt  wurden,  und  soll  zugleich  der 
einzige  gewesen  sein,  der  sich  schuldig  bekannt  und  das  bekenntniss 
auf  dem  schaffot  wiederholt  hat.  In  einem  briefe  des  gefangen- 
wärters  der  königin  an  Cromwell  heisst  es,  zu  den  ihr  beigegebenen 
frauen  habe  sie  geäussert,  Smeton  sei  niemals  in  ihrem  zimmer  ge- 
wesen, ausser  in  Winchester,  und  dort  habe  sie  nach  ihm  geschickt, 
to  play  on  the  virginals.     (Froude,  Hist.  of  Engl.)  — 

A.  I.  sc.   2.  but  were  they  fal  se 

As  o'erdyed  blacks, 
D. :  »O'erdyed  blacks  scheint  nach  einer  Sh.' sehen  ideenassocia- 
tion  die  nur  äusserlich  aufgetragene,  übertünchte  trauer  zu  bedeuten. 
Andere  erklären  =  trauerzeug,  dessen  ursprüngliche  schwarze  färbe 
durch  eine  andere  aufgetragene  hindurchscheint.  Mit  einer  deutung 
Hanmers :  blacks  dyed  too  mach,  and  therefore  rotten, 
stimmt  eine  conjectur  Stauntons  überein:  oft -dyed  blacks,  was 
auch  in  Websters  Duchess  of  Malfi  vorkommt.«  Schade  um 
diesen  aufwand  von  Scharfsinn:  blacks  sind  schwarze  und  o'er- 
dyed blacks  eben  weiss  angemalte  schwarze. 

Ibid.  whom  I  from  meaner  form 

Have  bench'd,  and  rear'd  to  worship. 
Wenn,    wie  D.  meint,    bench'd  mit  rear'd    to  worship  zu  ver- 
binden wäre,  müsste  das  komma  fortfallen.     Ben  che  d  heisst  indess 
raised    to    the    bench,    auf  die    richterbank    erhoben;    man  kann 
daher  nicht  construiren  benched  to  worship. 

Ibid.     I  am  appointed  him  to  murder  you. 
Ich  bin  als   derjenige  ausersehen,  der  Euch  ermorden  soll.     Die  von 
D.  für  möglich  gehaltene  erklärung :  ich  bin  ihm  ausersehen  oder  be- 


2  2  ^tl.  Tiessen 

Stimmt,  Euch  zu  morden,  ist  ganz  unzulässig;  eher  noch  könnte  man 
vielleicht  mit  riicksicht  auf  die  frage:  By  whom,  Camillo?  ver- 
muthen :   I  am  a p  p  o i  n  t  b y  h  i m. 

Ibid.  by  a  man  which  ever 

Profess'd  to  him , 
Die  erklärung:    »der  sich  immer  zu  ihm  bekannte, -■<   ist  nicht  genau; 
der  sinn  ist :  der  sich  immer  gegen  ihn  für  seinen  Freund  ausgab. 
A.  II,  sc.    I.  this  business 

Will  raise  us  all. 

To  laughter,  as  I  take  it. 
To   raise    to   laughter  erklärt   D. :    »dem   gelächter  preisgeben.« 
Es  heisst :  zum  lachen  erregen. 

Sc.  2.  norguiltyof, 

If  any  be,  the  trespass  of  the  queen. 
D. ;  »If  any  be  bezieht  sich  auf  das  folgende  trespass:  wenn 
die  königin  wirklich  gefehlt  hat.'-<  Er  construirt  also:  if  there  be 
any  trespass.  Die  richtige  construction  ist:  if  any  one  be 
guilty  of  the  trespass  of  the  queen,  wenn  überhaupt  irgend 
jemand  des  der  königin  zur  last  gelegten  vergebens  schuldig  wäre. 
Sc.  3.  for  the  harlot  king 

Is  quite  beyond  mine  arm,  out  of  the  blank 
And  level  of  my  brain,  plot-proof; 
D. :   »Brain  ==  das  gehirn,  das  plane  zum  verderben  des  Polixenes 
ersinnt ,    wird    näher  bestimmt  durch    plot-proof  =  gegen  solche 
anschlage  gesichert.«    Unverständlich.     Plot-proof  bezieht  sich  auf 
Polixenes,  nicht  auf  das  gehirn  des  Leontes. 

Ibid.  Who's  there? 

Who's  there  wird  wie  w h o  w a i t s ?  gebraucht,  um  einen  diener 
herbeizurufen.  In  der  that  antwortet  dem  Leontes  ein  diener:  My 
lord,  —  während  D.s  erklärung  gemäss,  wonach  der  könig  nun 
erst  die  im  hintergrunde  wartenden  hofleute  gewahr  würde,  einer  von 
diesen  antworten  müsste. 

Ibid.  your  physician, 

Your  most   obedient  counsellor,    yet  that  dares 
Less  appear  so  in  comforting  your  evils, 
Than  such  as  most  seem  yours. 
Das    appear    so,    welches    D.    auf  your  physician   und    your 
counsellor  bezieht,  bezieht  sich  nur  auf  das  most  obedient  in 


Beiträge  zur  feststellung  und  erklärung  des  Shakspearetextes.  ITI  ^^ 

your  most  obedient  counsellor;  Pauline  wagt,  weniger  gehor- 
sam zu  scheinen,  als  des  königs  anscheinend  ergebenste  diener. 

Ibid.     A  mankind  witch! 
Eine  hexe  aus  menschhchem  geschlecht,  im  gegensatz  zu  den  hexen, 
die  nicht  von  der  erde  und  doch  auf  ihr  sind;    keineswegs,    wie  D. 
erklärt,  ein  mannweib. 

A.  III.  sc.  3.  A  savage  clamour!  — 

Well  mayl  getaboard!  —  This  is  thechase; 
I  am  gone  for  ever. 
D.  fasst  a  savage  clamour  als  den  lärm  der  jagd,  und  this  is 
the  chase  als  das  gejagte  thier.  A  savage  clamour  bezieht 
sich  nur  auf  das  gebrumm  des  baren;  this  is  the  chase  aller- 
dings auf  eine  jagd,  nur  dass  dabei  der  bär  den  Jäger  und  der  mensch 
Antigonus  das  wild  vorstellt.  Davon  weiss  der  alte  schäfer  nichts, 
der,  wie  aus  seiner  folgenden  rede  hervorgeht ,  in  der  that  jagdlärm 
im  gewöhnlichen  sinne  zu  hören  geglaubt  hat. 

A.  IV.  sc.  3.  He  teils  her  something 

That  makes  her  blood  look  out. 
Hierzu  nur  eine  reminiscenz.  Colliers  alter  corrector  liest :  that 
wakes  her  blood,  —  look  on't.  Lothar  Bucher  pries  in  einem 
seiner  briefe  an  die  Nationalzeitung  diese  vermeintliche  Wiederher- 
stellung des  grundtextes,  die  auch  D.  in  seiner  schrift  über  den  alten 
corrector  gelten  Hess,  während  er  sie  jetzt,  mit  recht,  unerwähnt  lässt. 

Ibid.  necklace-amber, 

Perfume  for  a  lady's  Chamber; 
Dass  per fume,  wie  D.  für  wahrscheinlich  hält,  apposition  zu  neck- 
lace-amber  sein    sollte,    ist  deshalb  nicht  möglich,  weil  bernstein 
nur  dann  als  wohlgeruch  dienen  kann,  wenn  er  verbrannt  wird.    Mit 
bernsteinkorallen  pflegt  man  nicht  zu  räuchern. 

Ibid.     Clamour  your  tongues,  and  not  a  word  more. 
Clamor     your     tongues     sagt    der    clown    für    c  h  a  r  m     your 
tongues. 

Ibid.     Five  justices'  hands  at  it, 
J  u  s  t  i  c  e  s ,    von  D.  unbestimmt   mit   gerichtspersonen  übersetzt ,  sind 
friedensrichter. 

Ibid.  ma  r  ry  her; 

And(with  my  best  ende  avours  in  your  ab  sence) 
Your  discontenting  fathcr  strive  to  qualify, 

Kölbing,  Englische  Studien.    U\.     1.  3 


34 


Ed.  Tiessen 


D.  glaubt,  Sh.  habe  den  faden  der  construction  verloren  und  zu 
strive  to  qualify  Camillo  als  subject  gedacht.  Die  construction 
ist:  and  where  you,  with  the  help  of  my  endeavours  in 
yourabsence,  may  strive  to  qualifyyour  father. 

Ibid.  If  I  thought  it  were  a  piece  of  honesty  to 
acquaint  the  king  withal,  Iwould  not  do't: 
D.:  »Wenn  ich  glauben  könnte,  es  sei  ein  redliches  stück  vom  prin- 
zen,  das  ich  seinem  vater  verrathen  könnte,  so  würde  ich  es  nicht 
thun.«  —  Der  prinz  ist  im  begriff,  sich  heimhch  davon  zu  machen, 
und  Antolycus  sagt :  Wenn  ich  glaubte ,  es  würde  redlich  gehandelt 
sein,  den  könig  damit  bekannt  zu  machen,  würde  ich  es  nicht  thun. 

Ibid.     hath  not  my  gait  in  it  the  measure  of  the  court? 
I n  i t  kann  sich  nur  auf  m y  gait  beziehen,  heisst  also  in  i t s e  1  f. 
Ibid.  and  on  this  stage 

(Where  we  offen  d er s  now)    appear,    soul-vex'd, 
And  begin,  why  to  me? 
Für  diese    vermeintliche    Verbesserung    der   fol. ,    welche   letztere    die 
parenthese  erst  nach  appear  schliesst,  ist  D,  um  so  mehr  zu  tadeln, 
da  ihm  Steevens'  Wiederherstellung  bekannt  war: 

(Where  we  offenders  now  appear,)  soul-vex'd, 
Begin:   »And  why  to  me?« 


Cymbeline. 

A.  I.  sc.    I.  I  never  do  him  wrong, 

But  he  does  buy  my  injuries  to  be  friends. 
D.  übersetzt  to  be  friends:  »als  ob  es  wohlthaten  oder  freunde 
wären«,  und  bezweifelt  Malones  ganz  natürliche  erklärung,  der  könig 
kaufe  die  kränkungen,  welche  die  königin  ihm  zufügt,  ihr  zu  theurem 
preise  ab ,  damit  sie  nur  wieder  gut  mit  ihm  sei.  Es  könnte  sich 
nur  etwa  fragen,  ob  to  be  friends  auf  my  injuries  zu  beziehen 
sei,  so  dass  nicht  die  königin,  sondern  die  kränkungen,  die  sie  ihm 
zufügt,  versöhnt  werden  würden. 

Ibid.     And  sear  up  my  embracements  from  a  next 
With  bonds  of  deathl 


Beiträge  zur  feststellung  und  erkläning  des  Shakspearetextes.  III  ^  c 

Warum   hier   nicht    Singers    selbstverständliche   emendation    seal   up 
in  den  text  aufgenommen  worden,  ist  schwer  zu  fassen. 

Ibid.  I'll  place  it 

Upon  this  fairest  prisoner. 
Fairest  prisoner  ist  Imogens  arm,  nicht  sie  selbst. 

Ibid.  Fiel  —  you  must  give  way. 

Fie  bezieht  sich  nicht  auf   die  Verwünschungen  des  königs,    sondern 
ist  wie  das  folgende  gegen  Imogens  hartnäckigkeit  gerichtet. 

Sc.  4.     As  he  could  make  me  with  this  eye  or  ear 
Distinguish  him  from  others. 
In  der  Fol.  steht  his  eye  or  ear;  dies  bedurfte  keiner  Verbesserung. 
Der  sinn  ist :  so  lange  er  sehen  oder  hören  konnte,  dass  ich  ihn  von 
andern  unterschied. 

Sc.  5.  we  had  very  many  there  could  behold  the  sun 
with  as  firm  eyes  as  he. 
D. :  »Der  zuversichtlich  genug  war,  um  selbst  den  hellen  bUck  der 
sonne  auszuhalten.«  Die  redensart  ist  eine  sprüchwörtliche  und  der 
französische  edelmann  will  damit  nur  sagen,  dass  viele  seiner  lands- 
leute  es  mit  Posthumus  in  den  diesem  nachgerühmten  eigenschaften 
aufnehmen  konnten. 

Ibid.  rather  shunned  to  go  ev6n  with  what  I  heard, 
than  in  my  every  action  to  be  guided 
by  others'  experiences: 
D. :  sPosthumus,  als  junger  mann  auf  reisen,  vermied  eher  sich  nach 
dem  zu  richten,  was  er  von  andern  hörte,  als  dass  er  sich  in  jedem 
thun  durch  die  erfahrungen  anderer  hätte  leiten  lassen. «  Gerade  das 
gegentheil  ist  gemeint :  Posthumus  scheute  sich  vielmehr,  auch  nur  so 
weit  zu  gehen,  wie  er  hörte,  dass  er  gehen  dürfe,  als  sich  in  jeder 
seiner  handlungen  durch  anderer  erfahrungen  leiten  zu  lassen.  Sonst, 
will  er  sagen,  hätte  er  sich  nicht  so  leicht  darein  gefügt,  den  fran- 
zösischen edelmann  einen  streit  beilegen  zu  lassen,  der  seinem  ge- 
reiften urtheil  jetzt  keineswegs  als  ein  geringfügiger  erscheint. 

Ibid.  though  I  profess  myself  her  adorer,  not  her 
friend. 
D.:  »Wenn  er  auch  in  folge  solcher  erklärung  eher  für  ihren  anbeter, 
als  für  ihren  liebhaber  gelten  sollte.«  Nein:  obwol  er,  d.  h.  un- 
geachtet solcher  erklärung,  sich  als  ihren  anbeter,  nicht  als  ihren 
geliebten  bekennt. 

3* 


36 


Ed.  Tiessen 


Ibid.     You  are  a  friend,  and  therein  the  wiser. 
You  are  afraid,  wie  Warburton  liest,  ist  klärlich  das  richtige. 

Sc.  6.  And  shall  do. 

Dies  antwortet  Pisanio  auf  die  worte  der  königin:  Think  on  my 
words;  es  heisst  natürlich:  I  shall  think  on  them.  D.s  er- 
klärung  lautet:  >:•  Pisanio  wird  nicht  nur  daran  denken,  sondern  auch 
handeln  (do).''< 

Sc.  7.  but  yet  heaven's  bounty  towards  him  might 

Be  us'd  more  thankfully.   In  himself,  'tis  much; 
In  you,  —  which  I  accounthisbeyondall  talents,  — 
Whilst  I  am  bound  to  wonder,  I  am  bound 
To  pity  too. 

Ihm  hat  der  himmel  an  eigenen  talenten  viel  verliehen ;  in  euch,  in 
der  ich  sein  über  alle  talente  schätzbarstes  besitzthum  sehe,  muss 
ich  die  ihm  vom  himmel  erwiesene  wohlthat  nicht  nur  anstaunen, 
sondern  auch  bedauern.  Dies  scheint  dem  sinn  der  schwierigen  stelle 
besser  zu  entsprechen,  als  einerseits  D.s  erklärung  und  andererseits 
Stauntons  Veränderung  der  interpunction,  bei  der  die  letzten  beiden 
Zeilen  in  der  luft  schweben. 

Ibid.  then  by-peeping  in  an  eye 

Einzig  möglich  ist  1  i  e  p  e  e  p  i  n  g. 

Ibid.  with  diseas'd  ventures 

Nicht,  wie  D.  erklärt,  sie  selbst  setzen  sich  aufs  spiel,  sondern  wer 
sich  mit  ihnen  einlässt. 

Ibid.     The  credit,  that  thy  lady  has  of  thee, 
Deserves  thy  trust; 

D.  erklärt,  der  gute  glaube,  den  Imogen  in  betreff  ihres  gatten  hege, 
verdiene  das  zutrauen,  das  er  ihr  schenke.  Dann  wären  die  folgen- 
den worte:  and  thy  most  perfect  goodness  her  assur'd 
credit,  ohne  genügenden  gegensatz;  the  credit  thy  lady  has 
of  thee  heisst  aber  auch  wörthch :  der  credit  in  dem  sie  bei 
dir  steht. 

Ibid.  andshallmakeyourlord 

That  which  he  is,  new  o^er: 
Nicht :    ich    werde    euren  gemahl  wieder    für    das    erklären,    sondern : 
noch    einmal    so    sehr  zu  dem  machen,    was  er  ist;    seil,    indem  ich 
ihm  unsere  Unterhaltung  berichte. 


Beiträge  zur  feststellung  und  erklärung  des  Shakspearetextes.   III  -j-j 

A.  IL  SC.  3.  thou  wert  dignified  enough, 

Even  to  the  point  ofenvy,  if't  were  made 
Comparative  foryourvirtues,  tobestyled 
Nach  D.  bezieht  sich  it  auf  to  be  styled;  es  bezieht  sich  auf  the 
point  of  envy:  würden  eure  beiderseitigen  tugenden  nach  dem 
massstabe  gemessen,  mit  dem  der  schärfste  neid  misst,  so  erwiese 
man  dir  ehre  genug,  hiesse  man  dich  etc. 

A.  III.  sc.  2.     I  see  before  me.  man;  —  norhere,  nor  here, 
Nor  what  ensues,  but  have  a  fog  in  them, 
That  I  cannot  look  through. 
Die    interpunction    und    D's    derselben    entsprechende    erklärung    der 
ersten  zeile  ist  keinenfalls    richtig ;   ausserdem  muss  sie    der  Intention 
des  dichters  gemäss  unzweifelhaft  lauten : 

I  see  before  my  eyes  nor  here,  nor  here, 
wenn  auch  Sh.  selbst  geschrieben  haben  sollte:    before  me,    man. 

Sc.  4.  Yourmeans  abroad, 

You  have  me,  rieh; 
Ihr  habt  mich,   der  ich  reich  bin,  ist  der  klare  sinn;  D.  will  zu  rieh 
suppliren  means. 

Sc.  5.  This  paper  is  the  history  ofmy  knowledge 
D.  spricht,  mit  beziehung  auf  Pisanio's  aussage  a.  V.  sc.  5.,  von 
einem  angeblichen  briefe  des  Posthumus.  Der  brief,  von  dem  dort 
die  rede  ist,  a  feigned  letter,  ist  ein  wirklich  von  Posthumus  an 
Imogen  geschriebener  brief,  der  erdichtete  thatsachen  meldet  und  den 
Pisanio  ihr  in  der  zweiten  scene  des  dritten  acts  überreicht  und  von 
ihr  zurückempfängt. 

Ibid.  true  to  thee, 

Were  to  be  false,  which  I  will  never  be 
To  him  that  is  most  true. 
Der  sinn  wird  durch  ein  komma  am  schluss  der  zweiten  zeile  wesent- 
lich verbessert. 

A.  IV.  sc.  I.  alike  conversant  in  general  Services,  and 
more  remarkable  in  single  oppositions: 
Cloten  sagt,  er  sei  ebenso  vertraut  wie  Posthumus  mit  dem  öffent- 
lichen dienst  im  allgemeinen,  und  hervorragender,  wenn  man  seine 
einzelnen  befähigungen  denen  des  Posthumus  gegenüberstelle.  D.  ver- 
steht unter  general  Services  kriegsdienst  in  reih  und  güed,  und 
unter  single  oppositions  Zweikampf,  wo  der  einzelne  mit  dem 
einzelnen  kämpft. 


38 


Ed.  Tiessen 


Sc.  2.  Co  ward  s  father  cowards,  and  base  things  sire  base: 
D.  hält  to  father  und  to  sire  für  synonym,  und  übersetzt  letzteres 
durch:  zum  vater  haben,  als  vater  anerkennen.  To  father  heisst 
aber  jedenfalls:    vater  von  einem  sein. 

A.  V.  sc.   I.  yousomepermit 

Tosecond  illswith  ills,  each  eider  worse, 
And  make  them  dread  it,  to  the  doers'  thrift. 
Um  Theobalds  naheliegende  emendation  dreaded  für  dread  it 
nicht  annehmen  zu  dürfen,  schliesst  D.  sich  der  abenteuerlichen  er- 
klärung  M.  Masons  an,  der  them  auf  some  bezieht  und  thrift 
durch  Seelenheil  erläutert.  Dreaded  für  dread  it  gelesen,  heisst 
die  stelle :  andern  erlaubt  ihr,  übel  auf  übel  zu  häufen,  eins  schlimmer 
als  das  andere,  und  macht  diese  übel,  zum  nutzen  der  thäter,  ge- 
fürchtet. 

Sc.  3.  the  enemy  full-hearted, 

Lolling  the  tongue  with  slaughtring, 
D. :    »Der  feind   streckte    gleichsam  wie  ein  raubthier   die  zunge  aus, 
um  das  blut  des    gemetzeis   zu   schlürfen.«     Nein,    es   hing   ihm  wie 
einem  ermüdeten  hunde  die  zunge  aus  dem  halse ;    er  war  erschöpft 
vom  schlachten. 

Ibid.  who  deserv'd 

So  long  a  breeding, 
D. :    »Er   verdiente   wohl  eine    so   lange  erhaltung  des  lebens.«     Er- 
haltung des  lebens?   Die  stelle  bezieht  sich  auf  an  ancientsoldier, 
und    so   long   a  breeding  heisst:    eine  so  lange  Übung  im  kriegs- 
handwerk. 

Ibid.     Or  we  are  Romans, 
D.  h.  sonst  sind  wir  für  euch  Römer;    doch  nicht  mit  dem   von  D. 
angegebenen    sinn,    dass    sich    Belarius    mit    seinen    söhnen    zu    den 
Römern  schlagen  wolle. 

Ibid.     For,  being  now  a  favourer  to  the  Briton, 
Stauntons  erklärung,    being  a  favourer   beziehe    sich  auf  das  un- 
mittelbar vorhergehende  h  i  m ,  sc.  d  e  a  t  h  ,  ist  zweifellos  richtig. 

Sc.   5.     Your  daughter,  whom  she  bore  in  hand  to  love 
With  such  integrity, 
D.:   »D.  h.  sie  Hess  die  Imogen  fälschlich  glauben,  dass  sie  sie  liebte.« 
Imogen  wusste,   woran  sie  mit  der  königin  war;    diese  spiegelte  den 
Übrigen  vor,  dass  sie  Imogen  liebe. 


Beiträge  zur  feststellung  und  erklärung  des  Shakspearetextes.   III  ^Q 

Ibid.  I  see  a  thing 

Bitter  to  me  as  death. 
D.    meint,    dies   beziehe   sich   auf  die  gefan genschaft  des  Posthumus. 
Imogen  sieht  aber  nur  erst  den  Jachimo,    und    dessen  anblick  ist  es, 
was  ihr   bitter    ist   wie    der    tod,     Posthumus    wohnt  unerkannt    dem 
verhör  und  geständniss  Jachimo's  bei,   und  tritt  dann  erst  hervor. 

Ibid.     Ifthis  be  so,  the  gods  do  mean  to  strike  me 
To  death  with  mortal  joy. 
D. :    »Mortal  joy  =  eine  freude,  welche  tödtet.«     Das  ist  zweifel- 
haft;  mit  einer  tödtenden  freude  tödten,    wäre  keine  geschmackvolle 
ausdrucksweise.     Die  freude  selbst  ist  todt,  wenn  Imogen  todt  ist. 

Ibid.     I  had  a  feigned  letter  ofmy  master's 
Auch  hier  spricht  D.  von  einem  falschen  briefe  des  Posthumus.    Der 
brief,    wie   schon    oben   ausgeführt,    war    echt;    nur    sein   inhalt    auf 
täuschung  berechnet. 


King  Henry  the  Eigth. 

A.  I.  sc.   I.     Whom  from  the  flow  of  gall  I  name  not, 
D.  versteht:  ich  mache  ihn  aus  ärger  nicht  namhaft.     Es  heisst  viel- 
leicht eher:  ich  nenne  ihn  nicht  aus  ärger  so,  sc.  top-proud. 

Sc.   2.     By  sick  interpreters   (once  weak  ones) 
Statt  once  ist  or  zu  lesen. 

Ibid.  To  every  county 

Where  this  is  question'd, 
D. :    »Wo   es    bis  jetzt   gerichtliche    Untersuchungen    wegen    der   ver- 
weigerten Steuer  gab.«     Vielmehr:  wo  die  rechtsgültigkeit  der  steuer- 
forderung  bestritten  wird. 

Ibid.     How  grounded  he  his  title  to  the  crown 
Upon  cur  fail? 
U p o n  o u r  fail  heisst   upon  our   dying  without  issue,    nicht 
blos:    nach   unserm    abieben,    für   den    fall,    dass  wir  nicht  mehr  da 
wären. 

Sc.  3.     Short  blister'd  breeches, 
D. :    »Kurze   und    dabei    wie   blasen    dickgeschwollene    hosen.*      Die 


40 


Ed.  Tiessen 


blase,  an  welche  D.  denkt,  heisst  bladder;  blister  ist  eine  blase 
auf  der  haut  und  blistered  heisst  mit  solchen  blasen  bedeckt,  ein 
bild,  welches  auf  die  mit  i)uffen  besetzten  hauts  de  chausses  der 
zeit  ganz  anwendbar  ist. 

Ibid.     An  honest  country  lord,  as  I  am,  beaten 

A  longtime  out  ofplay,  may  bring  his  plain-song, 
And  have  an  hour  of  hearing;  and,  by'r  lady, 
Held  current  music  too. 
D. :  »Einige  hgg.  ändern  willkürlich  das  held,  zu  dem  I  supplirt 
wird,  in  hold  um.«  Dass  held  nicht  in  hold  umgeändert  werden 
darf,  ist  richtig;  aber  wie  soll  zu  held  I  supplirt  werden?  Der  sinn 
ist:  his  plain-song  is  held  to  be  current  music. 

Sc.  4.     Here's  to  your  lordship;  and  pledge  it,  Madam, 
For  'tis  to  such  a  thing,  — 

Für  lordship,  welches  in  den  vers  nicht  passt  und  sich  auf  den 
cardinal  beziehen  müsste,  ist  jedenfalls  ladyship  zu  lesen.  Lord 
Sands  gehorcht  der  aufforderung  des  cardinals:  cheer  your  neigh- 
bours,  indem  er  seiner  nachbarin  zutrinkt.  Er  fordert  sie  auf,  ihm 
bescheid  zu  thun,  und  das  to  such  a  thing,  mit  der  antwort  der 
dame :  you  cannot  show  me,  lässt  vollends  keinen  zweifei. 

A.  IL  sc.   I.  I  now  seal  it; 

And    with   that   blood  will  make   them  one 
day  groan  for't. 

D.  bemerkt:  »Mit  dem  blute,  mit  welchem  ich  meine  treue  und 
Wahrheit  besiegele,«  construirt  also:  I  will  with  that  blood  make 
them  groan  for  it.  Die  richtige  construction  ist:  with  that 
blood  which  will  make  them  groan  for  it.  Statt  des  Semi- 
kolons hinter  seal  it  muss  folglich  ein  komma  stehen. 

Sc.  2.  Rome,  the  nurse  ofjudgment, 

D. :  »Rom,  von  dem  jedes  endurtheil  ausströmt.«  Danach  wäre  bei 
j  u  d  g  m  e  n  t  an  die  milch  aus  der  ammenbrust  zu  denken.  J  u  d  g  - 
ment  ist  indess  als  das  forensische  urtheilsvermögen  und  Rom  als 
dessen  ernährerin  aufzufassen. 

Sc.  3.     Yet,  ifthat  quarrel,  fortune,  do  divorce 
It  from  the  bearer, 

That  quarrel,  Fortune,  hält  D.  für  die  zänkische  Fortuna.  Es 
bedeutet:  jener  scheidungsgrund,  die  laune  des  glucks. 


Beiträge  zur  feststellung  uud  erklärung  des  Shakspearetextes.  III  41 

Se.  4.     Where    power s    are    your    retainers,    and    your 
w  o  r  d  s , 
Domestics  to  you,    serve  your  will,    as't  please 
Yourself  pronounce  their  office. 

Dabei  kommt  heraus:  your  words,  being  domestics  to  you, 
serve  your  will.  D.  hätte  also  besser  gethan,  Tyrwhitt's  lesart 
w a r d  s  aufzunehmen :  Where  powers  are  your  retainers, 
your  wards,   your  domestics,  and  serve  your  will. 

A.  III.  sc.   I.     Take  heed,  forheaven's  sake,  take  heed, 
lest  at  once 
The  bürden  of  my  sorrows  fall  upon  ye. 
A  t    once,    sofort ,    kann  nicht  gemeint  sein ;    once  stellt  vers    und 
sinn  her. 

Sc.  2.  Within  these  forty  hours  Surrey  durst  better 
Have  burnt  that  tongue  than  said  so. 
D.:  »In  wenigen  tagen  würde  Surrey  alles  darum  geben,  mich  nicht 
beleidigt  zu  haben,  weil  ihn  die  räche  dafür  treffen  wird.«  Diese 
auslegung  entspricht  weder  dem  Wortlaut  noch  dem  thatsächlichen 
zusammenhange.  Wenn  von  der  zukunft  die  rede  sein  sollte,  könnte 
es  nicht  heissen  within  these  forty  hours;  damit  sind  die  eben 
vergangenen  vierzig  stunden  gemeint.  Ferner :  der  cardinal  weiss, 
dass  er  hoffnungslos  in  Ungnade  gefallen  ist,  kann  also  nur  von  der 
Vergangenheit  sprechen.  Noch  vor  kaum  vierzig  stunden  hätte  Surrey 
eher  seine  zunge  verbrannt  als  Wolsey  einen  verräther  geheissen. 

A.  IV.  sc.   I.  Ne ver  greater , 

Nor,  I'll  assure  you,  better  taken,  Sir. 
Better  taken,  von  D.  mit:  besser  eingerichtet,  erklärt,  heisst  besser 
aufgenommen,  willkommen  geheissen. 

A.V.  sc.  2.  Men'sprayersthenwouldseekyou,  not  their  fears. 

D. :  »Zu  fears  ist  dem  sinne  nach  ein  anderes  verbum  als  seek, 
das  nur  zu  prayers  recht  passt,  hinzuzudenken.«  Warum?  Man 
würde  Euch  dann  aus  liebe,  nicht  aus  furcht,  den  hof  machen. 

Ibid.  To  me  you  cannot  reach,  You  play  the  spaniel, 
Die  D.  bekannte  emendation:  To  me,  you  cannot  reach,  you 
play  the  spaniel,  musste  in  den  text  aufgenommen  werden. 

Ibid.     Now  let  me  see  the  proudest 

He  that  da  res  most,    but  wag  bis  finger  at  thee: 


A2     Ed.  Tiessen,  Beiträge  zur  feststellung  und  erklärung  des  Shakspearelextes.   III 

The  proudest  he,  that  dares  most,  ist  undenkbar.  Man 
muss  lesen :  let  me  see  the  proudest,  he  that  dares 
most,  etc. 


Pericles. 


A.  I.   sc.    I.  testy  wrath 

Could  never  be  her  mild  companion. 
Dass,  wie  D.  vermuthet,  her  mild  companion  so  viel  heissen 
solle  wie  companion  ofher  mildness,  darf  man  selbst  bei  dem 
unbekannten  dichter,  dessen  werk  Pericles  grösstentheils  ist,  nicht 
vorau.«;setzen.  Mild  ist  einfach  ein  druckfehler,  entweder  für  wild 
oder  für  vild. 

Sc.  2.  That  time  ofboth  this  truth  shall  ne'er  convince, 
To  convince,  von  D.  durch  bezwingen  erklärt,  heisst  in  bezug  auf 
truth:  der  falschheit  überweisen. 

A.  HI.  sc.   I.     Quiet  and  gentle  thy  conditions! 
Conditions   sind  ebenso  hier  wie  in  der  von  D.  citirten  stelle  aus 
Timon  nicht  lebensverhältnisse,  sondern  naturanlagen. 

A.  IV.  sc.  6.     O,  Sirl    I  can  be  modest.  — 

That  dignifies   the   renown  of  a  bawd,   no 

less  than  it   gives  a  good   report  to  a 

number  to  be  chaste. 

Die  naheliegende   emendation    whore   für  number   scheint  keinem 

der   herausgeber   eingefallen    zu    sein.     D.    findet   an    dem   sinnlosen 

number  gar  nichts  auszusetzen. 

Stettin. 

Ed.  Tiessen. 


F.  Bobertag,    Zu  Popes  Essay  on  criticism.  a^ 


ZU  POPES  ESSAY  ON  CRITICISM. 


Bereits  im  ersten  bände  der  Engl.  Studien  s.  529  habe  ich  ge- 
legenheit  genommen,  auf  die  treffliche,  aber,  wie  es  scheint,  noch 
nicht  vollendete  ausgäbe  der  Popeschen  werke  und  briefe  von 
Whitwell  Elwin  aufmerksam  zu  machen.  Nicht  allein,  weil  mir  die 
ausgäbe,  welche  ich  damals  nur  aus  der  Quarterly  Review  kannte, 
jetzt  selbst  vorliegt,  mag  mir  gestattet  sein,  noch  einmal  mit  wenigen 
Worten  darauf  zurückzukommen,  sondern  auch,  weil  die  nachstehende 
abhandlung  die  bestätigung  dessen,  was  ich  damals  behauptete,  liefert, 
nämlich,  dass  »mr.  Elwin's  Pope«  für  alle  ferneren  eingehenden  Pope- 
studien unentbehrlich  sein  dürfte.  .  Denn  ich  verdanke  derselben 
eine  anzahl  notizen  und  hinweise,  welche  andere  ausgaben  nicht 
hätten  liefern  können,  oder  die  wenigstens  nur  mit  hülfe  eines  ausser- 
halb Englands  kaum  zu  erreichenden  materials  und  mit  grosser  mühe 
wären  zu  finden  gewesen.  Abgesehen  hiervon  bieten  Popes  werke 
in  dieser  kostbaren  ausstattung  ebenso  wie  noch  eine  ganze  reihe 
von  bedeutenden  dichtem,  für  deren  'würdige  äussere  erscheinun^ 
wir  England  fortdauernd  die  freigebigsten  opfer  bringen  sehen ,  uns 
Deutschen  anlass  zur  bewunderung  und  nachahmung,  und  ohne 
zweifei  interessant  ist  es  auch ,  wie  deutlich  sich  in  Elwin's  Pope 
zeigt,  dass  in  England  zwischen  dem  gelehrten  und  dem  gebildeten 
publicum  nicht  der  scharfe  unterschied  wie  bei  uns  besteht.  Es  ist 
nicht  blos,  dass  in  England  in  den  gebildeten,  bücher  lesenden  und 
kaufenden  schichten  der  gesellschaft  mehr  geld  und  mehr  guter 
wille,  es  für  bücher  auszugeben,  vorhanden  ist  als  in  Deutschland, 
und  man  infolge  dessen  dort  ein  buch ,  welches  die  ansprüche  des 
gebildeten  und  des  gelehrten  zugleich  befriedigt,  und  noch  dazu  in 
sehr  splendidem  druck  und  papier,  auf  den  markt  bringen  kann, 
während  man  hier  mit  zwei  ausgaben,  einer  für  den  fachmann  und 
einer  für  das  grössere  publicum ,  beide  aber  möglichst  billig ,  der 
nachfrage  entgegen  zu  kommen  würde  versucht  haben.  Es  ist  auch 
eine  nicht  zu  verkennende  thatsache,  dass  in  England  die  ansprüche 
des  gelehrten  überhaupt  denen  des  gebildeten  näher  stehen ,  sie  sind 
allgemeinerer  art,  aber  weniger  streng  in  gewissen  einzelnen  gebieten, 
sie  gehen  von  ästhetischem,   culturhistorischem,  moralischem  interesse 


44  ^-  B'Jbertag 

ebenso  aus  wie  von  philologischem  und  literarhistorischem,  das  philo- 
logische und  literarhistorische  interesse  macht  sich  bei  weitem  nicht 
so  einseitig  als  bei  uns  ,  aber  auch  lange  nicht  so  energisch  geltend 
und  sucht  sich  seine  befriedigung  mit  einem  geringeren  aufwände 
von  mittein  und  methode.  Da  wir  auf  die  literarhistorischen  bezüge 
von  Popes  Essay  on  criticim  weiter  unter  einzugehen  haben  werden, 
so  sei  es  hier  nur  gestattet,  durch  einige  beispiele  anschaulich  zu 
machen,  wie  weit  unsere  sprachwissenschaftlichen  ansprüche  an  be- 
scheidenheit  hinter  denen,  die  die  neueste  Pope-ausgabe  voraussetzt, 
zurückstehen. 
Zu  V.   171 

Some  figures  monstrous  and  mis-shaped  appear 

ist  die  bemerkung  Wakefields  angeführt   iA  violation  of  grammatical 
propriety,    into    which    many   of  our  first  and  most  accurate  writers 
have  fallen.     »Mishapen»')  is  doubtless  the  true  participle.« 
Zu  v.   233—34 

A  perfect  judge  will  read  each  work  of  wit 
With  the  same  spirit  that  its  author  writ: 

findet  sich  eine  note  De  Quinceys  ^The  Bible  never  descends  to  the 
mean  colloquial  preterites  of  »chid«  for  »did  chide«  or  »writ« 
for  »did  writec^ ,  but  always  uses  the  full-dress  word  »chode«  and 
»wrote«.  Pope  might  have  been  happier  had  he  read  his  Bible 
more,  but  assurely  he  would  have  improved  his  English.« 
Zu  v.   692 

And  the  monks   finished  what  the  Goths  begun 

lesen  wir  wieder  von  Wakefield :  Here  he  form^s  the  tenses  wrong.': 
Es  kann  nicht  einen  augenblick  zweifelhaft  sein,  dass  es  in 
Deutschland  keinem  Studenten  der  modernen  philologie  einfallen  wird, 
eine  solche  bemerkung,  wie  die  drei  angeführten  zu  machen  oder, 
falls  sie  von  einem  gelehrten  früherer  zeiten  gemacht  worden  sind, 
aufzuwärmen.  Und  einmal  angenommen ,  aber  nicht  zugegeben, 
wenigstens  nicht  für  deutsche  ^•erhältnisse ,  dass  diese  noten  für  die 
nicht  gelehrten  leser  nützlich  oder  nothwendig  seien,  so  ist  ersichtlich, 
dass  man  sie  bei  uns  in  einer  ausgäbe ,  die  auch  für  gelehrte  be- 
stimmt  ist,   unbedingt    bei    seite  lassen  müsste.     Doch  will  ich  mich 


i)  Ob  mishapen  für  misshapen  ein  druckfehler,  eine  schruUe  Wakefields  oder 
auf  irgend  eine  art  zu  rechtfertigen  ist,  vermag  ich  nicht  zu   entscheiden. 


Zu  Popes  Essay  on  criticism  ac 

feierlich  gegen  den  verdacht  verwehrt  haben,  als  sollten  hiermit  die 
englischen  literatoren  überhaupt  oder  die  verdienst-  und  pietätvollen 
herausgeber  Popes  insbesondere  lächerlich  gemacht  werden.  Ja  nicht 
einmal  ein  Vorwurf  soll  ihnen  damit  gemacht  sein,  denn  zu  bestimmen, 
was  sie  ihrem  englischen  publicum  darzubieten  haben,  masse  ich  mir  in 
keinem  punkte  an,  nur  die  Verschiedenheit  ihres  und  unseres  literari- 
schen lebens  soll  durch  die  heranziehung  der  gewählten  beispiele 
aufgezeigt  werden.  Und  gern  mögen  wir  Deutschen  anerkennen, 
dass,  wenigstens  was  die  vollständige  verwerthung  des  in  den  grossen 
dichtem  enthaltenen  bildungsstoffes  zum  nutzen  des  geistigen  lebens 
der  gesammten  nation  anlangt ,  die  art ,  wie  die  Engländer  so  etwas 
anfassen,  unserem  verfahren  den  rang  abläuft. 

Mit  dem  gesagten  sind ,  wie  mich  dünkt ,  die  gesichtspunkte 
bereits  zum  grossen  theil  angedeutet ,  von  denen  aus  ein  ausländer 
es  unternehmen  darf,  zu  den  arbeiten  der  Engländer  für  die  hervor- 
ragendsten werke  ihrer  grossen  dichter  und  Schriftsteller  etwas  hinzu 
zufügen ,  sowie  auch  die  rechtstitel ,  auf  die  ein  Deutscher  die  hoif- 
nung  stützen  kann ,  hiermit  nichts  werthloses ,  wenn  auch  nur  be- 
scheidenes^ /u  liefern.  Was  die  literarhistorische  behandlung  anlangt, 
so  dürfte  die  Verschiedenheit  der  richtung  des  deutschen  betrachters 
vielleicht  vorzugsweise  in  einer  consequenteren  und  weiter  ausgreifen- 
den nutzbarmachung  der  thatsache  liegen,  welche  unser  Hettner  am 
besten  in  den  worten  ausdrückt ,  mit  denen  er  seine  geschichte  der 
englischen  literatur  und  zugleich  die  der  literatur  des  XVIII.  Jahr- 
hunderts überhaupt  eröffnet.  »Goethe  vergleicht  die  geschichte  der 
Wissenschaft  mit  einer  grossen  fuge ;  die  stimmen  der  Völker  kommen 
erst  nach  und  nach  zum  Vorschein.  Namentlich  für  die  literatur  der 
letzten  Jahrhunderte  ist  dies  gleichniss  äusserst  bezeichnend.  Die 
drei  grossen  culturvölker ,  die  Engländer,  Franzosen  und  Deutschen, 
setzen  der  reihe  nach  ihre  stimmen  ein ;  das  eine  volk  führt  das  thema 
fort,  wo  es  das  andere  abbricht ;  und  durch  alle  drei  geht  ein  so  durch- 
aus in  sich  einiger,  gemeinsamer  grundton,  dass  nirgends  ein  wahrhaft 
lebenskräftiger  gedanke  auftaucht,  der  nicht  sofort  das  allgemeine 
eigenthum  der  ganzen  gebildeten  weit  wird.«  An  und  für  sich  neues, 
d.  h.  bisher  noch  ganz  unbekanntes  material  zur  erweiterung  unserer 
erkenntniss  historischer  thatsachen  und  persönlichkeiten  herbeizu- 
schaffen, wird  die  pflicht  und  der  vorzug  der  gelehrten  sein,  welche 
den  einzelnen  erscheinungen  national  und  geographisch  zunächst 
stehen ,  und  den  Vorwurf,  dies  nicht  genügend  gethan  zu  haben,. 
k9,nn   man   den    Engländern   bei    keinem    ihrer    bedeutenden   männer 


4  6  F.  Bobertag 

machen,  im  gegentheil,  sie  gehen  hierin  bis  ins  kleinste.  Eine  ganz 
rohe  Zeichnung,  welche  die  gesichtszüge  von  Popes  mutter  rlarstellen 
soll ,  wird  uns  nifht  vorenthalten ,  sie  schmückt  den  ersten  band 
unserer  ausgäbe,  und  wir  werden  auch  belehrt,  dass  sich  das  original 
im  besitze  des  herrn  Edward  Cheney  Esq.  befindet.  Doch  liegt  es  hie 
und  da  in  der  art,  wie  die  Engländer  für  ihre  grossen  schriftsteiler 
sorgen ,  dass  ein  ausländer  material  heranziehen  kann ,  welches  in 
seiner  beziehung  zu  einer  bestimmten  forschung  neu  ist,  oder  wenig- 
stens neu  behandelt  werden  kann  oder  muss.  Und  auch  das  bringt 
diese  art,  deren  resultat  im  wesentlichen  eine  vervollkommnete  form  der 
ausgaben  cum  notis  variorum  ist,  mit  sich,  dass  manche  fragen  und 
Streitpunkte  auf  einer  stufe  der  unentschiedenheit  stehen  bleiben,  welche 
nicht  in  der  natur  der  sache  liegt ,  mag  nun  eine  erschöpfende  ent- 
scheidung  bei  der  einzelnen  frage  denkbar  und  thunlich  sein  oder  nicht. 
Wenn  Johnson  gesagt  hat:  «The  Essay  on  Criticism  is  one  of  Popes 
greatest  works,  and  if  he  had  written  nothing  eise,  would  have 
placed  him  among  the  first  critics  and  the  first  poets  cet.  und  Lady 
Mary  Montegue :  >J  admired  mr.  Pope's  Essay  on  Criticism  at  first 
very  much ,  because  I  had  not  then  read  any  of  the  ancient  critics, 
and  did  not  know  that  it  was  all  stolen,«  so  ist  das  erste  ein  so 
schiefes  und  oberflächliches  urtheil  und  das  zweite  eine  so  kahle 
absprecherei,  dass  man  beides  entweder  ganz  weglassen  oder  schärfer 
in  seiner  Unrichtigkeit  nachweisen  könne ,  als  in  der  einleitung  ge- 
schehen ist.  Johnson  lässt  eine  anschauung  von  poesie  erkennen, 
welche  kein  gebildeter  des  volkes,  das  Chaucer  und  Shakspeare  her- 
vorgebracht hat,  haben  darf,  und  ihre  herrlichkeit  ist  einfach  un- 
verschämt gegen  einen  mann,  der  denn  doch  an  geistiger  Selbständig- 
keit und  kraft  noch  bedeutend  über  ihr  steht. 

Doch  hierauf  müssen  wir  zurückkommen  ,  und  es  ist  zeit ,  dass 
wir  zur  sache  selbst  übergehen. 

Vom  Standpunkte  der  geschichte  des  geschmackes  in  der  poesie 
ist  vielleicht  der  Lockenraub  das  interessanteste  werk  Popes,  der 
Essay  on  criticism  ist  seine  interessanteste  schrift  schlechthin,  ohne 
Voraussetzung  und  gesichtspunkt ,  für  jeden  literarisch  gebildeten. 
Wer  nur  immer  sinn  für  schlagenden  ausdruck,  feinen  geschmack, 
geistvolle  einfalle,  sinnreiche  bemerkungen  hat,  dem  muss  es  eine 
freude  sein ,  diese  kleine  lehrdichtung  wiederholt  zu  lesen.  Dazu 
kommt  für  den  ausländer,  der  entweder  mit  bewustsein  zu  seiner 
Übung  oder  doch  wenigstens  theilweise  unwillkürlich  in  seine 
spräche  überträgt,    die  deutlichkeit ,    mit   der  hier  die  starken  seiten 


Zu  Popes  Essay  on  criticisni  a-j 

der  englischen  spräche  hervortreten,  namentlich  ihre  Fähigkeit,  die 
grösste  knappheit  mit  der  grössten  klarheit  zu  verbinden.  Kein 
wunder,  dass  der  Essay  on  er.  in  dem  engUschen  Schulunterricht 
eine  so  bedeutende  rolle  spielt,  denn  er  bietet  eine  in  eminentem 
sinne  bildende  lectüre.  Dieses  urtheil  über  den  ersten  allgemeinen 
eindruck  wird  sicher  bestehen  bleiben  müssen ,  wenn  auch  manche 
einzelheiten  für  sich  genommen  im  gegensatze  zu  dem  ganzen  stehen. 
Freilich  wird  durch  das  bewusstwerden  des  unmittelbarsten  eindruckes 
bei  einem  solchen  gedichte  wenig  klarheit  über  seinen  literarischen 
Charakter  vermittelt  werden,  und  aus  der  höhe  des  interesses,  welches 
es  uns  einflösst,  auch  wenn  wir  es  ohne  jede  Voraussetzung  lesen,  geht 
nicht  hervor,  dass  es  von  bestimmten  gesichtspunkten  aus  betrachtet 
weniger  interessant  sein  wird.  Schon  die  abstracte,  rein  schematische 
frage ,  welcher  gattung  es  angehöre ,  führt  auf  erwägungen  von  ver- 
hältnissmässig  grosser  tragweite.  Es  ist  eine  didaktische  dichtung, 
und  zwar  die  letzte  lehrdichtung ,  welche  in  den  neueren  Hteraturen 
eine  grosse  rolle  gespielt  hat.  Es  ist  auch ,  so  zu  sagen ,  in  seiner 
art  die  letzte  abrundung  des  von  Horaz  als  gegenständ  poetischer 
behandlung  aufgefassten  themas,  denn  Horaz  dichtete  über  die  dich- 
tung, später  folgen  ihm  hierin  nach,  Vida,  Lope,  Boileau  und  andere 
weniger  bekannte,  so  dass  das  thema,  wieweit  es  überhaupt  in  versen 
zu  behandeln  sein  mag,  erschöpfend  behandelt  sein  mochte.  War  es  nun 
nicht  ein  feiner  und  zeitgemässer  einfall,  noch  eine  dichtung  über  das 
schreiben  über  dichtungen  zu  schreiben?  Pope  schloss  auch  hier  ab, 
er  that  das ,  was  noch  fehlte ,  was  allein  vernünftigerweise  noch  zu 
der  Sache  geschehen  konnte.  Wer  zuletzt  zu  worte  kommt ,  hat  ein 
grösseres  verdienst ,  wenn  er  manches  neue  vorbringt ,  als  der  erste 
redner,  wenn  er  lauter  neues  sagt,  und  wenn  in  Popes  Essay  nichts 
neu  wäre ,  als  jener  gedanke ,  der  uns  zunächst  allein  interessirt ,  so 
wäre  dieser  gedanke  der  ausführung  und  durchführung  werth,  und 
Pope  hätte  dadurch  anspruch  auf  eine  stelle  im  gefolge  des  Horaz. 
Aber  auch  dass  ein  junger  dichter  als  erstes  grösseres  werk  eine 
didaktische  dichtung  schafft,  ist  für  die  aufifassung ,  die  jene  zeit  von 
der  poesie  hatte,  bedeutend.  Zweifel  an  der  berechtigung  einer 
dichtung,  deren  hauptzweck  belehrung  war,  fielen  damals  in  ganz 
Europa  keinem  menschen  ein.  Wenn  jemand  damals  in  England, 
Frankreich  oder  Deutschland  Lessings  bekannte  ansieht  über  den 
werth  eines  kleinen  liedchens  im  vergleiche  mit  einem  grossen  lehr- 
gedicht  geäussert  hätte,  so  würde  man  ihm  eine  zu  niedrige  auf- 
fassung  von  der  moralischen   und    geistigen  würde    der    poesie    vor- 


48  F-  Bobertag 

geworfen    haben ,   und    wie  philisterhaft  ist   nicht  noch  die  auslegung 
der  schweizer  kritiker  von  dem  miscere  utile  dulci ! 

Schliesslich  ist  zur  allgemeinen  Schätzung  von  Popes  Essay  und 
seiner  Originalität  doch  auch  darauf  aufmerksam  zu  machen ,  dass 
er,  wie  von  den  ersten  versen  an  durch  das  ganze  gedieht  hin- 
durch aufs  deutlichste  hervortritt,  die  absieht  hatte,  die  literarischen 
zustände  seiner  zeit ,  das  treiben  der  englischen  dichter,  Schöngeister, 
kritiker  zu  schildern,  wie  er  es  kannte  und  im  guten  und  schlimmen 
selbst  erfahren  hatte.  Elwins  ausgäbe  liefert  genügendes  material, 
namentlich  durch  den  briefwechsel ,  um  sich  darüber  ein  urtheil  zu 
bilden ,  wie  weit  er  in  der  Verwirklichung  dieser  absieht  gekommen, 
und  man  wird  nicht  blos  anzuerkennen  haben,  dass  er  deswegen  lob 
verdient,  weil  er  uns  in  lebhaften  zügen  und  meist  trefflichen  bildern 
Skizzen  von  charakterköpfen  und  typen  des  damaligen  belletrtistischen 
lebens  in  England  liefert ,  sondern  er  hat  hierin  mehr  geleistet ,  als 
er  beabsichtigte,  indem  seine  eigene  person  und  sein  charakter  als 
mensch  und  Schöngeist,  wie  er  aus  dem  Essay ,  seinen  bemerkungen 
dazu  und  den  darauf  bezüglichen  briefen  entgegentritt,  in  diesem 
bilde  eine  grell  beleuchtete  hauptfigur  und  nothvyendige  ergänzung 
des  ganzen  darstellt.  Was  kann  bezeichnender  sein  als  der  zank 
zwischen  Pope  und  Dennis,  welchem  jener  seine  grimmig  glotzenden 
äugen  vorgerückt  hatte,  worauf  dieser,  in  der  Überzeugung,  nunmehr 
ganz  gemein  werden  zu  dürfen,  antwortete,  Pope  könne  sich  glücklich 
schätzen,  nicht  in  dem  von  ihm  so  hoch  gepriesenen  alten  Griechen- 
land geboren  zu  sein,  weil  dann  sein  leben  (seiner  unglücklichen 
körperbildung  wegen)  nicht  länger  gewesen  sein  würde  als  das  eines 
seiner  gedichte,  nämUch  einen  halben  tag.  Und  wenn  leider  auch 
in  unseren  tagen  ungerechte  literarische  angriffe  persönlich  ausfällige 
antworten  hervorrufen,  so  dürfte  die  kleinliche  art  und  weise  doch 
unmöglich  geworden  sein,  mit  der  Dennis  sich  beklagte,  dass  ihm  Pope 
durch  seinen  angriff  zu  einer  zeit  ärger  bereitet  habe,  als  es  ihm 
ohnehin  (schulden  halber)  schlecht  ging.  Hierauf  hat  Pope  zunächst 
allerdings  geäussert,  wenn  er  das  gewusst  hätte,  so  würde  er  seinen 
satirischen  ausfall  unterdrückt  haben,  später  hat  er  aber  nicht  unter- 
lassen können,  der  öffentlichkeit  mitzutheilen ,  welcher  art  das  miss- 
geschick  seines  gegners  gewesen '). 


i)  Die  den  lärm  verursachenden  verse  Pope's  waren  585 — 587  des  Essay: 
But  Appius  reddens  at  each  word  you  speak, 
And  Stares,  tremendous,  with  a  threat'ning  eye, 
Like  some  fierce  tyrant  in   old  tapestry, 
vergl.  Elwins  Pope,  vol.    II,  s.    12  ft". 


Zu  Popes    Essay  on  criticism  ^n 

Zur  literarhistorischen  betrachtung  eines  dichterischen  erzeug- 
nisses  gehört  auch  die  aufmerksamkeit  auf  sein  verhältniss  zu  der 
persönlichen  entwickelung  des  Verfassers.  Auch  hierbei  stösst  der 
forscher  auf  thatsachen,  die  ihn  komisch  berühren  müssen.  Ich  be- 
daure,  nicht  den  ganzen  passus  in  der  einleitung,  der  über  die  ab- 
fassungszeit  des  Essay  handelt  und  in  welchem  das  material  zur  be- 
stimmung  derselben  mit  grosser  sorgfalt  zusammengetragen  zu  sein 
scheint,  hierher  setzen  zu  können,  und  das  nur  auszugsweise  mit- 
theilen zu  müssen,  was  unverkürzt  viel  mehr  objectiven  humor  bieten 
würde.  Auf  den  titel  der  quartausgabe  von  1 7 1 7  setzte  Pope ; 
»written  in  1709«;  erzählt  hat  er,  die  dichtung  sei  1707  entstanden; 
Warbuton,  der  am  genauesten  über  Popes  arbeiten  unterrichtet,  aber 
ein  sehr  grosser  Verehrer  des  dichters  und  ein  ziemlicher  querkopf 
war,  nennt  den  Essay  das  werk  eines  noch  nicht  zwanzigjährigen 
Verfassers,  was  Pope  nur  bis  mai  1708  gewesen  ist.  Ein  andermal 
hat  Pope  selbst  gesagt,  er  habe  den  Essay  1709  geschrieben,  ein 
andermal,  er  habe  ihn  1706  Walsh  gezeigt,  und  so  weiter.  Die  summa 
ist,  dass  es  mit  der  sehr  frühen  abfassungszeit  (vor  1709)  wohl  eine 
ähnliche  bewandtniss  haben  wird,  wie  mit  Heinrich  Heines  adliger 
mutter ,  d.  h.  Popes  eitelkeit  wird  ,  sich  an  einen  nicht  mehr  nach- 
zuweisenden umstand  anklammernd,  ihn  bewogen  haben,  im  gespräch 
seine  leistung  zurück  zu  datiren,  um  die  gut  klingende  wendung  von 
den  noch  nicht  zwanzig  jähren  zu  stützen.  Wir  halten  uns  an  die 
zeit  der  ersten  ausgäbe,  17  n,  und  an  den  unbezweifelten  umstand, 
dass  der  Essay  eine  zeit  lang  ungedruckt  gelegen  hat.  Dies  genügt, 
um  die  dichtung  als  ein  jugendwerk  zu  bezeichnen,  denn  demnach 
muss  es  fertig  gewesen  sein,  ehe  Pope  sein  dreiundzwanzigstes  jähr 
vollendet  hatte. 

Fassen  wir  nun  den  Essay  on  criticism  als  jugendwerk  genauer 
ins  äuge ,  so  wird  sich  ein  doppeltes  abnormes  verhalten  nicht  ver- 
kennen lassen.  Vorzüge,  welche  sonst  jugendliche  dichter  und  ihre 
werke  zu  haben  pflegen,  frische  der  empfindung,  vorwalten  einer 
unerschöpflichen  phantasie  über  die  reflexion,  leidenschaftlicher  aus- 
druck,  tiefe  der  seelenstimmung ,  kurz  alle  die  eigenthümlichkeiten, 
die  das  innere  leben  des  Jünglings  von  dem  des  mannes  unter- 
scheiden und  sich  in  seinen  Worten  und  handlungen  ausdrücken,  sind 
hier  nicht  zu  finden.  Es  kann  nichts  verschiedeneres  geben  als 
unseren  Essay  und  Werther,  Götz,  Die  räuber,  Cabalc  und  liebe,  oder 
auch  um  bei  den  englischen  dichtem  zu  bleiben  und  das  beispiel 
eines  wesentlich  reflectirenden  und  subjectiven  dichters  heranzuziehen, 

E.  Kölbing,   Englische  Studien.     III.     i.  4 


CQ  F.  Bobertag 

Shelleys  früheste  dichtungen.  Was  aber  die  feliler  betrifft,  welche 
von  jugendlichen  dichtem  begangen  zu  werden  pflegen,  so  finden 
sich  alle  diejenigen,  welche  nicht  mit  den  fehlenden  Vorzügen  des 
juvenil-poetischen  typus  untrennbar  verbunden  sind.  Die  mangel- 
hafte beherrschung  der  form  tritt  verhältnissmässig  hervor,  es 
kommen  plattheiten  und  härten  des  stils  vor,  die  consequenz 
der  gedanken  lässt  sich  zuweilen  vermissen ,  und  einige  male 
mangelt  den  urteilen  und  auffassungen  die  volle  geistige  durch- 
dringung. 

Auf  der  anderen  seite  aber  setzen  uns  die  starken  seiten  des 
Essay  erst  recht  in  Verwunderung,  wenn  wir  das  jugendliche  alter 
des  Verfassers  in  betracht  ziehen.  Von  Johnsons  urteil:  »a  work, 
wich  displays  such  extent  of  comprehension,  such  nicety  of  distinction, 
such  acquaintance  with  mankind,  and  such  knowledge  both  of  ancient 
and  modern  learning,  as  are  not  often  attained  by  the  matur 
est  age  and  longest  experience  <^<  ist  das  lob  der  menschenkenntniss, 
wie  sie  selten  von  dem  reifsten  alter  und  der  längsten  erfahrung  er- 
reicht wird,  mindestens  nicht  übertrieben.  Pope  zeigt  auch  hier, 
dass  er  ein  genie  erster  klasse  für  diese  art  der  erkenntniss  war,  es 
lässt  sich  als  einzige  Vervollkommnung  seiner  anläge  in  dieser  rich- 
tung  nur  noch  hinzudenken,  dass  er  ein  besserer  mensch  hätte  ge- 
wesen sein  können,  und  es  ist  ein  tragisches  geschick  in  der  literatur, 
dass  sich  mit  einer  solchen  urtheilskraft  für  moralische  qualitäten 
nicht  ein  grösseres  und  wärmeres  herz  verband.  Aber  wer  darf  den 
Stab  über  einen  schwächlichen  jungen  mann  brechen,  der  glänzende 
begabung,  brennenden  ehrgeiz,  einen  der  schönsten  köpfe,  die  es  je 
gegeben  hat,  und  einen  buckel  besass,  wenn  in  einer  kleinlichen  zeit 
und  in  mehrfach  unangenehmen  Verhältnissen  —  man  denke  an  sein 
glaubensbekenntniss  —  in  seiner  seele  bitterkeit ,  neid  und  anderes 
giftkraut  aufwuchs  ? 

Auch  der  »extent  of  comprehension '<  und  die  .nicety  of  dis- 
tinction« Popes  tritt  trotz  der  einzelnen  in  dieser  beziehung  eine 
art  Jugendlichkeit  verrathenden  stellen  deutlich  hervor.  Er  ist  sich 
auch  seiner  stärke  wohl  bewusst,  Unklarheit,  mangel  an  feinheit  des 
Verstandes  und  geschmackes,  »dullness«,  wie  er  sich  gern  ausdrückt, 
weiss  er  am  schärfsten  zu  tadeln,  »sense«  führt  er  im  gegensatz  dazu 
nur  allzuoft  im  munde,  und  dasselbe  gilt  von  dem  noch  dazu  be- 
denklich vieldeutigen  »wit«.  Es  mag  hierfür  und  zugleich  für  die 
verhältnissmässige  unvollkommenheit  der  form  als  beleg  dienen,  dass 
er  das  wort  s  e  n  s  e  zehnmal,  das  wort  w  i  t  zwölfmal  allein  im  reime 


Zu  Popes    Essay  on  criticism  c  j 

verwendet,  letzteres  nicht  einmal  immer  mit  correcter  bindung'). 
Doch  darf  dergleichen  nicht  als  hauptsache  für  die  verhältnissmässige 
unreife  oder  richtiger  mangelnde  künstlerische  reife  des  Essay  geltend 
gemacht  werden ,  das  hiesse  Pope  als  einen  versifex  behandeln  und 
beurtheilen.  Die  erste  stelle  nehmen  die  mängel  ein,  welche  wir 
bemerken,  wenn  wir,  um  Popes  eigene  worte  zu  brauchen, 

Still  with  itself  compared  his  text  peruse, 
das  heisst  diejenigen  ,  welche  von  den  ihm  später  eigenen  Vorzügen 
am  meisten  abstechen.  Das  sind  aber  ohne  zweifei  die  Verstösse, 
welche  aus  einer  mangelhaften  anwendung  des  Verstandes  hervor- 
gehen und  in  der  schon  angedeuteten  inconsequenz  des  gedankens 
oder  mangelhaften  geistigen  durchdringung  des  Stoffes  sich  zeigen. 
Um  wenigstens  einige  beispiele  anzuführen,  sei  auf  die  ziemlich  grobe 
Verwechselung  von  poesie  und  musik  in  der  sonst  in  glänzendem 
Stile  gehaltenen  stelle  v.  374  ff.  hingewiesen,  sowie  auf  den  aus  der 
neigung,  die  sachen  möglichst  auf  die  spitze  zu  treiben,  entstandenen 
Widerspruch  zwischen  v.  20 

Most  have  the  seeds  of  jiidgment  in  their  mind 
und  V.  27, 

And  some  made  coxcombs  nature  meant  but  fools, 

denn  die  von  der  natur  zu  thoren  bestimmten  gehören  dem  zu- 
sammenhange nach  mit  zu  den  oben  charakterisirten  leuten.  Von 
der  jugendlichen  neigung ,  alles  recht  positiv  und  uneingeschränkt  zu 
behaupten,  lässt  sich  Pope  noch  mehrere  male  zu  Übertreibungen 
und  ungenauigkeiten  hinreissen,  und  am  meisten,  dünkt  mich,  in  der 
stelle  V.  52  ff.,  wo  er  zu  der  behauptung  gelangt,  dass  sich  verstand 
und  gedächtniss  nicht  in  einem  individiuum  verbinden  können.  Den 
jungen  gelehrten,  der  seine  gleichnisse  bisweilen  aus  büchern  statt 
aus  der  Wirklichkeit  nimmt,  verrathen  solche  Schiefheiten  wie  die, 
dass  er  den  maulthieren  das  beiwort  heavy  giebt  (v.  39)  wovon 
ihnen  gerade  das  gegentheil  zukommt,  und  dass  er  dem  äuge  eines 
gelbsüchtigen  die  schwäche  zuschreibt,  alles  gelb  zu  sehen,  wobei  er 
dem  Lucrez  nachgesprochen  hat.  "Wenn  ich  mich ,  wie  selbst- 
verständlich, bei  der  anführung  dieser  beispiele  auf  die  in  den  noten 
Elwins  gegebenen  urtheile  hervorragender  Engländer  stütze ,  muss 
ich   zwar  darauf  hinweisen,    dass   die  beispiele    allerdings    aus    jenen 


i)    Nämlich    mit    dclight    237  :   238    und    mit    lighl    301    :  302,     vergl.    cinl. 
s.  25  f. 


52  F-  Bobertag 

noten  noch  zu  vermehren  sind,  dass  ich  aber  nicht  mit  allen 
ausstellungcn ,  die  dem  dichter  von  seinen  landsleuten  gemacht 
worden  sind,  einverstanden  sein  kann.  Manches  im  commentar  ist 
denn  doch  wohl   »hypercritical').« 

Von  Boileau  muss  unten  noch  des  weiteren  die  rede  sein,  an 
dieser  stelle  darf  nicht  unberücksichtigt  bleiben ,  dass  ein  allgemeiner 
vergleich  von  Boileaus  art  poetique  mit  unserem  Essay  sehr  leicht 
die  klarere  und  einfachere  disposition   des  Franzosen  bemerken  lässt. 

Mit  den  dem  Popeschen  werke  eigenen  zuge  von  Jugendlichkeit 
steht  die  grosse  fülle  von  gelehrsamkeit,  welche  darin  ausgelegt  wird, 
in  einem  sehr  nahen  verwandschaftsverhältniss  ,  und  schon  deswegen 
wäre  sie  werth ,  einen  augenblick  dabei  zu  verweilen ,  auch  wenn 
Johnson's  »Knowledge  both  of  ancient  and  modern  learning«  nicht 
zu  einem  gewissen  Widerspruche  reizte.  Der  überreiche  ausputz  der 
dichtung  mit  citaten,  anspielungen ,  literarischen  namen  und  be- 
merkungen  mag  theils  seine  veranlassung  in  dem  Stoffe  haben,  theils 
auch ,  mit  dem  masse  jener  zeit  gemessen ,  weniger  durch  übermass 
anstossen  als  bei  unserem  geschmack.  Aber  die  gelehrten  dinge 
selber  und  einzeln  betrachtet,  zeigen  allzuoft,  dass  Pope  um  jeden 
preis  recht  viel  »learning«  zu  zeigen  bestrebt  war,  auch  um  den 
preis  der  ungenauigkeit  und  schieflieit  seiner  angaben.  Gleich  die 
Schilderung  des  Verhältnisses  zwischen  kritik  und  poetischer  production 
bei  den  Griechen  (v.  92 — 105),  in  welcher  ein  enges  ineinander- 
greifen beider  behauptet  wird,  passt  auf  keine  periode  der  griechi- 
schen literatur,  aber  besonders  gegen  das  ende  hin,  wo  er  auf  die 
verschiedenen  theoretiker  der  alten  zu  reden  kommt  und  einen  kurzen 
abriss  der  geschichte  des  guten  geschmacks  zu  geben  versucht,  wird 
das  gesagte  einleuchtend.  Was  von  Dionysius  von  Harlicamass  gesagt 
wird,    ist   nichtssagend   und    verräth  ebenso   wie  die  darauf  folgende 


i)  Z.  b.  V.   II   und   12 

In  poets  as  true  genius  is  rare 
True  taste  as  seldom  is  the  critics  share 
scheint  mir  den  tadel  einer  »extravagant  assertion«  nicht  zu  verdienen,   denn  Pope 
redet  hier  nicht  von  einer  angemessenen  Würdigung  poetischer  erzeugnisse,   sondern 
von  der  aufgäbe   kritischer  schriftsteiler,    und  sein    recht,    die   ansprüche   an   einen 
kritiker  hoch  zu  spannen,  ist  durchaus  unbestreitbar.    Auch  die  verse  112  und  113 
Some  on  the  leaves  of  ancient  authors  prey, 
Nor  time  nor  moth  e'er  spoiled  so  much  as  they 
scheinen    mir   mit   unrecht    getadelt   zu    werden.     Durch    verkehrte   auslegung  und 
schlechte  edition   kann   ebensogut  bewirkt    werden,    dass   gute  bücher  ihren  zweck 
nicht  erfüllen,    als  wenn  sie  von  der  zeit  und  den  motten  beschädigt  worden  wären. 
Es  ist  eben  hier  nicht  an  ein  vernichten,    sondern  an  ein  beschädigen  zu  denken, 
und  dann  ist  das  gleichniss  durchaus  correct. 


Zu  Popes    Essay  on  criticism  e^ 

bemerkung  über  Petronius,  dass  sich  Pope  entweder  gar  nicht  oder 
doch  sehr  oberflächhch  mit  diesen  Schriftstellern  beschäftigt  hatte. 
Das  schlimmste,  was  ihm  passirt,  möchte  aber  sein,  dass  er  als  den 
dichter,  welcher  die  blüthezeit  der  italienischen  kunst  und  dichtung 
repräsentiren  soll,  Hieronymus  Vida  nennt,  der  ihm  freilich  als  be- 
arbeiter  des  nächsverwandten  themas  leicht  einfallen  konnte,  der  aber 
in  keinem  falle  Dante,  Petrarca,  Ariosto  und  Tasse  in  schatten  stellen 
durfte.  In  doppelter  beziehung  schief  ist  der  inhalt  der  verse 
715—718 

But  we,  brave  Brilons,   foreign  laws  despised, 

And  kept  unconquered,   and  uncivilized; 

Fierce  for  the  liberties  of  wit,   and  bold 

We  still  defied  the  Romans,  as  of  old. 

Denn  die  behauptung,  dass  der  geschmack  der  Engländer  in  der 
dichtung  von  fremden  einflüssen  frei  geblieben  sei,  ist  gerade  im 
munde  Popes  fast  monströs,  und  dass  die  alten  Briten  den  Römern 
getrotzt,  ist  nicht  mehr  und  nicht  weniger  als  das  gegentheil  von 
der  thatsächlichen  Wahrheit.  Und  wenn  auch  Pope  in  den  folgenden 
versen  die  erste  der  behauptungen  einschränkt,  so  mildert  dies  nicht 
die  Schiefheit  derselben,  denn  dass  einige  leute  von  feinerem  geschmack 
auf  die  alten  hingewiesen,  ist  eine  verschwindende  nebensache  gegen- 
über der  abhängigkeit  gerade  der  von  Pope  repräsentirten  richtung 
von  dem  klassisch-französischen  geschmacke.  Nationale  eitelkeit  als 
eine  gewisse  entschuldigung  von  Popes  Verblendung  gelten  zu  lassen, 
scheint  mir  in  anbetracht  seines  gesammten  Charakters  als  Schriftsteller 
und  mensch  nicht  angemessen.  Hier  und  anderwärts ,  wo  er  zum 
rühme  seines  Vaterlandes  zu  weit  geht,  dürften  eher  concessionen  an 
die  nationale  eitelkeit  seiner  landsleute,  welche  damals  nach  Smollets 
Schilderung  besonders  stark  und  naiv  gewesen  sein  muss,  als  ausbrüche 
wirklichen  innerlichen  vaterlandsgefühls  und  nationalstolzes  zu  sehen 
sein.  Doch  sei  eingestanden ,  dass  der  ärger  und  die  schäm ,  die 
unser  einer,  sobald  er  auf  den  punkt  des  nationalgefühls  zu  reden 
kommt,  über  seine  eigenen  deutschen  landsleute  empfindet,  der  neid, 
den  der  sitdiche  werth  der  komischsten  patriotischen  vorurtheile  der 
Engländer  in  uns  erregt,  vielleicht  das  urtheil  über  die  herzlichkeit 
von  Popes  Patriotismus   trübt. 

Aber  im  Griechischen  sind  wir  bessere  menschen ,  und  da 
kleinigkeiten  auch  manchmal  ergötzlich  sind,  will  ich  es  den  eng- 
lischen gelehrten  nicht  ungestraft  hingehen  lassen,  dass  sie  ihrem 
dichter    den   »Stagyrite«    nicht   aufgemutzt.     Die   Vaterstadt   des   Ari- 


CA  F.  Bobertag 

stoteles  heisst  tj  ^layeiQog  bei  Herodot,  Thukydides  und  Strabo, 
TU  ^raysiga  bei  Diogenes  Lautius,  t]  ^zayeiQa  bei  Dio  Chrysotosmus, 
niemals  und  nirgend  aber  ^xayvga.  Und  um  noch  eine  ziemlich 
untergeordnete  kleinigkeit  zur  spräche  zu  bringen :  Warton  bemerkt 
zu  Pope  V.  267  ff.,  wo  die  anekdote  von  don  Quijote  erzählt  wird: 
The  incident  is  taken  from  the  Second  Part  of  Don  Quixote ,  first 
written  by  Don  Alonzo  Fernandez  de  Avellanda,  and  afterwards 
branslated  or  rather  imitated  and  newmodelled  by  no  less  an  Author 
than  the  celebrated  Le  Sage  (Ehvins  comm.  s.  49  anm.  6.)  Diese 
notiz  ist  ungenau,  denn  schon  John  Dunlop  hat  bemerkt,  dass  diese 
geschichte  nicht  in  dem  originale  des  Avellaneda  steht,  sondern  von 
Le  Sage  eingeflochten  ist ;  vgl.  Dunlop-Liebrecht  s.  334,  Doch  nun 
mag  es  mit  der  gelehrsamkeit  genug  sein,  und  nur  noch  erwähnt 
werden ,  dass  bei  Pope  falsche  historische  auffassungen  vorkommen, 
welche  seiner  zeit  und  kirche ,  nicht  aber  ihm  zur  last  fallen ,  wie, 
dass  die  Gothen  als  typus  der  barbarei  verwendet  werden,  und  sein 
ausfall  auf  Wilhelm  III.  und  seine  zeit.  (v.  692  und  544  f.). 

Aus  dem  thema  des  Essay  on  criticism  geht ,  wie  bereits  ange- 
deutet, der  eminent  literarische  Charakter  der  dichtung  und  die  grosse 
zahl  und  mannigfaltigkeit  der  darin  hervortretenden  literarischen 
bezüge  mit  nothwendigkeit  hervor,  und  demgemäss  drängt  sich  jedem 
wissenschaftlichen  betrachter  diese  seite  auch  als  die  wichtigste  auf. 
Wenn  wir  diese  hauptsache  nunmehr  ins  äuge  zu  fassen  uns  an- 
schicken, so  dürfte  der  Übersichtlichkeit  wegen  sogleich  eine  Unter- 
scheidung zu  machen  sein.  Es  handelt  sich  um  litterarische  bezüge  von 
zweierlei  art ,  erstens  um  die  Verwandtschaft  oder  abhängigkeit, 
der  Popeschen  dichtung  von  anderen  literarischen  erzeugnissen, 
zweitens  aber  um  die  ansichten  Popes  über  literatur  und  poesie 
überhaupt  und  die  in  seinem  gesichtskreis  gezogenen  erscheinungen 
aus  diesem  gebiete  insbesondere. 

Als  Überleitung  von  der  eben  besprochenen  gelehrsamkeit  des 
Essay  zu  seinen  bedeutenden  und  interessanten  literarischen  bezügen, 
welche  diese  bezeichnung  im  vollen  sinne  verdienen ,  kann  uns  ein 
hinweis  auf  die  blossen  anklänge  oder  nachbildungen  einzelner  stellen, 
auf  die  »imitations^:,  wie  man  das  damals  nannte,  dienen.  Ohne  den 
nachweisungen  solcher  bezüge  in  der  neueren  litteratur  die  bedeutung 
zuzuschreiben ,  die  sie  in  der  mittelalterlichen ,  in  der  zeit  der  ge- 
schriebenen bücher,  haben  und  die  ihnen  noch  jetzt  von  manchen 
beigelegt  zu  werden  scheint,  halte  ich  diese  imitations  denn  doch  bei 
Pope  der  beachtung  für  werth,  weil  sie  für  seine  schriftstellerei  und  die 


Zu  Popes    Essay  on  criticism  ec- 

einer  ganzen  anzahl  von  dichtem  seiner  zeit  bezeichnend  sind  und 
als-  eine  zierde,  ein  beweis  von  belesenheit  und  geschmack  galten. 
Die  ausdrücklichsten  Zeugnisse  hierfür  sind  die  noten  Popes  und 
Warburtons,  worin  sie  auf  die  parallelstellen  aus  alten  autoren  hin- 
weisen, und  eine  stelle  aus  dem  Hieronymus  Vida,  den  Pope,  v/ie 
oben  bemerkt,  über  gebühr  erhebt,  scheint  ihm  bei  seinem  ver- 
fahren vorgeschwebt  zu  haben.  Wenigstens  enthält  sie  so  auffällig 
genau  die  anweisung  dazu,  dass  es  gestattet  sein  möge,  sie  als 
klassischen  ausdruck  der  mode,  welcher  Pope  allerdings  in  den 
grenzen  eines  verständigen  und  selbständigen  talentes  huldigt,  die 
aber  in  ihrem  extrem  zu  den  centones  führte,  hier  herzusetzen.  Sie 
lautet  Poet.  lib.  III.  v.   210  ff.  ^) 

Atque  ideo   ex  priscis  semper  quo  more  loquamur 

Discendum,  quorum  depascimur  aurea  dicta, 

Praecipuumque  auidi  rerum  populamus  honorem. 

Aspice  vt  exuuias,  veterumque  insignia  nobis 

Aptemus:  rerum  accipimus  nunc  clara  reperta, 

Nunc  seriem,  atque  animum  verborum,  verba  quoque  ipsa 

Nee  pudet  interdum  alterius  nos  ore  locutos. 

Cum  vero  cultis  moliris  furta  poetis, 

Cautius  ingredere,  et  raptus  memor  occule  versis 

Verborum7indiciis,   atque  ordine  falle  legentes 

Mutato:  noua  sit  facies,  noua  prorsus  imago. 

Munere  (nee  longum  tempus)  vix  ipse  peracto 

Dicta  recognosces  veteris  mutata  poetae. 

Saepe  palam  quidam  rapiunt,  cupiuntque  videri 

Omnibus  intrepidi,  ac  furto  laetantur  in  ipso 

Deprensi,  seu  cum  dictis,  nihil  ordine  verso, 

Longe  alios  iisdem  sensus  niira  arte  dedere, 

Exueruntque  animos  verborum  impune  priores: 

Seu  cum  certandi  jjriscis  succensa  libido, 

Et  possena  diu,  sed  enim  male  condita  victis 

Extorquere  manu  iuuat,  in  meliusque  referre : 

Ceu  sata,  mutatoque  solo  felicius  olim 

Cernimus  ad  coelum  translatas  surgere  plantas. 

Pope  hat,  wenn  er  auch  weder  im  entferntesten  so  viel,  noch  so 
oft  wie  Vida  mit  den  Worten  die  gedanken  borgte,  doch  in  der 
that  alle  arten  der  entlehnung  von  einzelheiten  genau  nach  den 
Worten  seines  lehrers  ausgeführt,  sowohl  wo  er  die  »imitation»  notirt, 
als  wo  der  hinweis  fehlt.  Ich  muss  zur  einzelnen  begründung  dieser 
thatsache    auf  den    in    dieser   beziehung   äusserst    mühsam    und  sorg- 


i)  Ich  citire  Vida  nach  der  ausgäbe  von  Ch.  A.  Klotz.     Altenburgi   1766. 


e6  F-  Bobertag 

fältig  hergestellten  commentar  bei  Elwin  verweisen.  Aus  ihm  ergiebt 
sich  auch  der  grosse  umfang  des  kreises  von  dichtem  und  prosaikem, 
welche  Pope  dieser  art  von  literarischen  complimenten  und  anleihen 
für  würdig  erachtet  hat,  während  ich  mich  hier  auf  seine  Vorgänger 
im  engsten  sinne,  Horaz,  Hieronymus  Vida  und  Boileau  beschränke, 
deren  werke  ich  genau  verglichen  und  aus  ihnen  noch  manches 
den  bereits  bemerkten  anklängen  hinzufügen  konnte. 

Die    einzelnen  vergleiche  mögen  sich    nach  der  folge  der  stellen 
in  Popes  Essay  richten. 

Pope  V.  48 — 51. 

Be  sure  yoiirself  and  your  own  reach  to  know, 
How  far  your  genius,  taste,  and  learning  go  ; 
Launch  not  beyond  your  deplh,  but  be  discreet 
And  mark  that  point  where  sense  and  dullness  meet. 

Horat.  d.  a.  p.   38 — 40. 

Sumite  materiam  vertris,  qui  scribitis,  aequam 
Viribus  et  versate  diu,  quid   ferre  recusent. 
Quid  valeant  humeri. 

Hier.    Vida.  poet.  1.  I,  39.  40. 

Tu  vero  ipse  humeros  explorans  consule  primum, 
Atque  luis  prudens  genus  elige  viribus  aptum. 

Pope  V.   68  —  73. 

First  follow  natura,  and  your  judgment  frame 
By  her  just  Standard,  which  is  still  the  same: 
Unerring  nature,  still  divinely  bright, 
One  clear,    unchanged,  and  universal  light, 
Life,  force,  and  beauty,  must  to  all  impart, 
At  once  the  source,   and  end,  and  test  of  art. 

Hier:  Vida.  poet.  1,  U,  455 — 458. 

Praeterea  haud  lateat  te,  nil  conarier  artem, 
Naturam  nisi  vt  assimulet,   propiusque  sequatur. 
Hanc  vnam  vates  sibi  proposuere  magistram: 
Quicquid  agunt,  huius  semper  vestigia  servant. 

Boileau  a.  p.  eh.  I,  37.  38. 

Aimez  donc  la  raison.     Que  toüjours  vos  ecrits 
Empruntent  d'elle  seule  et  leur  lustre  et  leur  prix. 

Die    folgende    parallele    bietet    wenig  wörtlichen    anklang,    aber 
desto  mehr  ähnlichkeit  des  gedankens,  und  zeigt  dabei,    wie  Boileau 


Zu    Popes  Essay  on  criticism  c*r 

im  ausdruck  derselben   sache  viel  klarer   war  als  Pope,  der  bei  dem 
bestl-eben,  sich  recht  gesucht  auszudrücken,  undeutlich  geworden  ist: 

Pope  V.  80—86. 

Some,  to  whom  heav'n  in  wit  has  been  profuse, 

Want  as  much  more,  to  turn  it  to  its   use ; 

For  wit  and  judgment  often  are  at  strife, 

Though  meant  each  other's  aid,  like  man  and  wife. 

'Tis  more  to  guide,  than  spur  the  muse's  steed; 

Restrain  his  fury,  than  provoke  his  speed ; 

The  winged  courser,  like  a  gen'rous  horse, 

Shows  most  true  mettle  when  you  check  his  course, 

Boileau  a.  p.  eh.  I,   39 — 48. 

La  plüpart  empörtes  dune  fougue  insensee, 

Toüjours  loin  du  droit  sens  vont  chercher  leur  pensee. 

Ils  croiroient  s'abaisser  dans  leurs  vers  monstrueux, 

S'ils  pensoient  ce  qu'un  autre  a  pu  penser  comme  eux. 

Evitons  ces  exc^s.     Laissons  ä  ITtalie 

De  tous  ces  faux  brillans  l'eclatante  folie. 

Tout  doit  tendre  au  bon  sens:  mais  pour  y  parvenir, 

Le  chemin  et  glissant  et  penible  ä  tenir. 

Pour  peu  qu'on  s'en  ecarte,  aussi-tot  on  se  noie. 

La  raison,  pour  marcher,  n'a  souvent  qu'une  voie. 

Pope  96. 

(Greece)  Held  from  afar,  aloft,  th'immortal  price. 

Vida.   p.  1.  in,  8—10. 

Jam  te  Pierides  summa  en  de  rupe  propinquum 
Voce  vocant,  viridique  orstentant  fronde  coronam 
Victori  .   .    . 

Boileau  a.  p.  eh.  IV,  230. 

Et  vous  montrer  de  loin  la  couronne  et  le  prix. 

Pope  119 — 121. 

Know  well  each  ancient's  proper  character; 
His  fable,  subject,  scope  in  ev'ry  page ; 
Religion,  country,   genius  of  his  age: 

Horat.  d.  a.  p.    114 — 117. 

Intererit  multum  Davusne  loquatur  an  heros, 
>Iaturusne  senex  an  adhuc  florente  iuventa. 
Fervidus,  et  matrona  potens  an  sedula  nutrix, 
Mercatorne  vagus  cultorne  virentis  agelli, 
Colchus  an  Assyrius,  Thebis  nutritus  an  Argis. 


-g  1'".   Bübertag 

Boileau  a.  j).  eh.    III,    112 — 114. 

Conservez  a  chacun  son  propre  charaiere. 

Des  si^cles,  des  pai's,  ^tudiez  les  moeurs 

Les  climats  fönt  souvent  les  diverses  humeurs. 

Poi)e  V.   124—129. 

lic  Ilomer's  works  your  study  and  delighl, 

Read  them  by  day,  and  meditate  by  night; 

Thence  form  your  judgment,  thence  your  maxims  bring, 

And  trace  the  muses  upward  to  their  spring. 

Still  with  itself  compared,   his  text  peruse  ; 

And  let  your  comment  be  the  Mantuan  muse. 

Horat.   d.  a.  p.   268.  269. 

....  Vos  exemplaria  graeca 
Nocturna  versate  manu,  versate  diurna. 

Hieron.  Vida  p.  1.  I,    109— 114. 

lamque  igitur,    mea  cura,  puer  penetralia  vatum 
Ingrediatur  et  Aonia  se  proluat  \-nda. 
Janique  sacrum  teneris  vatem  veneretur  ab  annis, 
Quem  Musae  Minci  herbosis  aluere  sub  antris, 
Atque  olim  similem  poscat  sibi  numina  versum, 
Admirans  artem,  admirans  praeclara  reperta. 

ibidem   123  —  128. 

Nee  non  interea  Graios  accedere  vates 
Audeat  et  linguam  teneris  assuescat  vtramque 
Auribus,  exercens  nunc  hanc,  nunc  impiger  illam. 
Nulla  mora  est :  nostro  Aeneae  conferet  igneis 
Aeacidem  flagrantem  animis,  Ithacumque  vagantera, 
Atque  ambos  saepe  impellet  concurrere  vates, 

Boileau  a.  p.  eh.  II,  27.  28. 

Que  leurs  (Theocrite  et  Virgile)  tendres  ecrits,  par  les  Graces  dictes, 
Ne  quittent  point  vos  mains,  jour  et  nuit  feuilletes. 

Pope  V.  152—155. 

Great  wits  sometimes  may  gloriously  oftend, 
And  rise  to  faults  true  critics  dare  not  mend; 
From  vulgär  bounds  with  brave  disorder  part, 
And  snatch  a  grace  beyond  the  reach  of  art. 

Boileau  a.   p.  eh.  IV,  78 — 80. 

Quelquefois  dans  sa  course  un  esprit  vigoureux 
Trop  resserre  par  l'art,  sort  des  r^gles  prescrites, 
Et  de  l'art  meme  apprend  ä  francher  leurs  limites. 


I 


Zu  Popes    Essay  on  criticism  eg 

Pope  V.    171  — 174. 

Some  figures  monstrous  and  mls-shaped  appear, 
Considered  singly  or  beheld  to  near, 
Which,  but  proportioned  to  their  light  or  place, 
Due  distance  reconciles  to  form  and  grace. 

Horat.  d.  a.  p.  361 — 363. 

Ut  pictura,  poesis:  erit,   quae,  si  propius  stes, 
Te  capiat  magis,   et  quaedam,  si  longius  abstes ; 
Haec  amat  obscurum,   volet  haec  sub  luce  videri. 

Pope  V.    180. 

Nor  is  it  Homer  nods  but  \ve  that  dream. 

Horat.  d.  a.  p.  359. 

quandoque  bonus  dormitat  Homerus. 

Pope  V.  239 — 242. 

But  in  such  lays  as  neither  ebb  nor  flow, 
Correctly  cold,  and  regularly  low, 
That,   shunning  faults,  one  quiet  tenor  keep, 
We  cannot  blame  indeed,   but  we  may  sleep. 

Boileau  a.  p.  eh.  I,   71 — 74. 

Un  Stile  trop  egal  et  toujours  uniforme, 

En  vain  brille  ä  nos  yeux;  il  faut  qu'il  nous  endorme. 

On  lit  peu  ces  auteurs  nes  pour  nous  ennuier, 

Qui  toujours  sur  un  ton  semblent  psalmodier. 

Pope  V.  257.  258, 

And  if  the  means  be  just,  the  conduct  true, 
Applause,  in  spite  of  trivial  faults,  is  due. 

Horat.  d.  a.  p.  351—353 

Verum  ubi  plura  nitent  in  carmine,  non  ego  paucis 
Offendar  maculis,  quas  aut  incuria  fudit 
Aut  humana  parum  cavit  natura  .... 

Pope  V.   335. 

Be  not  the  first  by  whom  the  new  (words)  are  tried. 

Horat.  d.  a.  p.  129.    130. 

Rectius  Iliacum  carnicn  diducis  in  actus, 
Quam  si  proferres  ignota  indictaque  primus. 

Pope  358. 
Leave  such   to  tune  their  own  duU  rhymes    .    .    . 


6o  F.  Bobertag 

Büileau  a.  p.   eh.  IV,  53 — 55. 
Gardez  vous  d'imiter  ce  rimeur  furieux, 
Qui  de  ses  vains  6crit  lecteur  harmonieux, 
Aborde  en  r^citant  quiconque  le   salue;  .  .  . 

Der  ganze  abschnitt  Popes,  worin  er  von  dem  sprachlichen 
ausdrucke  und  dem  gebrauche  und  bau  der  verse  handelt,  v.  305 — 
383  lehnt  sich  an  Hieronymus  Vida  1.  III.  namentlich  von  v.  329  ab 
sowohl  in  bezug  auf  den  inhalt  als  auf  einzelheiten  des  ausdruckes 
auffallend  an,  und  es  genügt  nicht,  um  dieses  verhältniss  zu 
veranschaulichen,  einzelne  stellen  des  neulateiners  als  parallele  zu 
Popes  (365) 

The  Sound  must  seem  an  echo  to   the  sense 

auszuheben,  jedoch  sind  beide  abschnitte,  besonders  der  in  dem 
überhaupt  viel  breiteren  Vida  zu  lang,  um  sie  hier  ganz  mitzutheilen, 
wesshalb  ich  diesmal  nicht  umhin  kann,  dem  leser  das  selbstaufschlagen 
zuzumuthen.  Nur  sei  noch  bemerkt,  dass  die  weiter  oben  schon 
bemängelte  stelle  Popes  (374 — 383),  wo  er  musik  und  verskunst 
identificirt,  sich  da  findet,  wo  er  mir  die  spuren  seines  Vorbildes  zu 
verlassen  scheint.  Auch  deswegen,  aber  nicht  allein  deswegen, 
möchte  ich  diese  entlehnung  als  die  bedenklichste  bezeichnen,  die 
sich  Pope  überhaupt  erlaubt  hat. 

Pope  418 — 423. 

What  woeful  stuff  this  madrigal  would  be, 
In  some  starved  hackney  sonneteer,  or  me ! 
But  let  a  lord  once  own  the  happy  lines, 
How  the  wit  brightens !  how  the  style  refines ! 
Before  his  sacred  name  flies  every  fault. 
And  each  exalted  stanza  teems  with  thought ! 

Horat.  d.   a.  p.  3S2 — 384. 

Qui  nescit,  versus  tarnen  audet  fingere.     Quidni? 
Liber  et  ingenuus,  praesertim  census  equestrem 
Summam  nummorum  vitioque  remotus  ab  omni 

und  ib.  428. 
.    .    .    clamabit  enim :    Pulchre !    bene !    recte ! 

Boileau  a.  p.  eh.  I,   193 — 197. 

Un  flatteur  aussi-tot  cherehe  a  se  recrier. 

Chaque  vers  qu'il  entend  le  fait  extasier. 

Tout  est  charmant,  divin;  aucun  mot  ne  le  blesse ; 

II  trepigne  de  joie,  il  pleure  de  tendresse : 

II  vous  comble  par  tout  d'eloges  fastueux. 


Zu  Popes    Essay   on  criticism  6l 

Pope  V.  444.  445. 
Scotists  and  Thomists,  now,  in  peace  remain, 
Amidst  their  kindred  cobwebs  in  Duck-lane. 

Boileau  a.  p.  eh.  III,   331—333. 

Leurs  tas  au  magasin,  Caches  ä  la  lumiöre, 
Combattent  tristement  les  vers  et  la  poussiere. 
Laissons-les  donc  entre  eux  s'escrimer  an  repos; 

Pope  V.  514.   515. 
Now,  they  who  reach  Pamassus'  lofty  crown, 
Employ  their  pains  to  spum  som  others  dov^Ti. 

Boileau  a.  p.  eh.  IV,   115 — 118. 

Du  merite  eclatant  cette  sombre  rivale 
Contre  lui,  chez  les  grands ,  incessament  cabale, 
Et  sur  les  pi^s  en  vain  tachant  de  se  hausser, 
Pour  s' egaler  a  lui,   cherche  ä  le  rabaisser. 

Pope  V.  520.   521. 

To  what  base  ends,   and  by  whats  abject  ways, 
Are  mortals  urged  through  sacred  lust  of  praise. 

Boileau  a.  p.  eh.  IV,   119.    120. 

Ne  descendons  jamais  dans  ces  läches  intrigues. 
N'allons  point  a  l'honneur  par  des  honteuses  brigues. 

Pope  V.  610 — 621. 

Such  shameless  bards  we  have ;    and  yet,  'tis  true, 

There  are  as  mad,  abandoned  critics  too. 

The  bookfui  blockhead,   ignorantly  read, 

With  loads  of  learned  lumber  in  his  head, 

With  his  own   tongue  still  edifies  his  ears, 

And  always  list'ning  to  himself  appears. 

All  books  he  reads,  and  all  he  reads  assails, 

From  Dryden's  Fables  down  to  Durfey's  Tales. 

With  him  most  authors  steal  their  works,  or  buy ; 

Garth  did  not  write  his  own  Dispensary. 

Name  a  new  play,   and  he's  the  poet's  friend 

Nay,  showed  his  faults  —  but  when  would  poets  mend? 

Boileau  a.   p.  eh.  IV,   59 — 68. 

Je  vous  Tai  deja  dit,   aimez   qu'on  vous  censure, 
Et  souple  ä  la  raison,  corrigez  sans  murmure. 
Mais  ne  vous  rendez  pas  d^s  qu'un  sot  vous  reprend. 
Souvent  dans  son  orgueil  un  subtil  ignorant, 
Par  d'injustes  d^goüts  combat  toute  une  pi^ce ; 
Blame  des  plus  beaux  vers  la  noble  hardiesse. 


62  F.  Bobertag 

On  a  beau  refuter  ses  vains  raisonnements: 
Son  esprit  se  complait  dans  ses  faux  jugements; 
Et  sa  foible  raison,  de  clarte  d^pourvüü, 
Pense,  que  rien  n'^chappe  ä  sa  debile  vüe. 

Pope  V.  622 — 625. 

No   place  so  sacred  from  such  fops  is  barred, 

Nor  is  Paul's  church  more  safe  than  Paul's  churchyard  : 

Nay,  fly  to  altars;   there  they'll  talk  you  dead ; 

For  fools  rush  in  where  angels  fear  to  tread. 

Horat.  d.   a.   p.   475. 

Quem  vero  arripuit,    tenet,    occiditque  legendo. 

Boileau  a.  p.  eh.  IV,  53—58. 

Gardez  vous  d'imiter  ce  rimeur  furieux, 

Qui  de  ses  vains  ecrits  lecteur  harmonieux, 

Aborde  en  recitant  quiconque  le  salüe ; 

Et  poursuit  de  ses  vers  les  passans  dans  la  nie. 

II  n'est  temple  si  saint,  des  anges  respect^, 

Qui  soit  contre  sa  muse  un  Heu  de  surete. 

Pope  V.    702. 

Stones   leaped   to    form   and   rocks   began   to    live. 

Horat.  d.  a.  p.  394 — 396. 

Dictus  et  Amphion,  Thebanae  conditor  arcis, 
Saxa  movere  sono  testudinis  et  prece  blanda 
Ducere  quo  vellet. 

Boileau  a.   p.   eh.  IV,   147 — 150. 

Qu'aux  accens,   dont  Orphee  emplit  les  monts  de  Thrace, 
Les  tigres  amollis  depouilloient  leur  audace: 
Qu'aux  accords  d' Amphion  les  pierres  se  mouvoient, 
Et  sur  les  murs  Thebains  en  ordre  s'elevoient. 

Boileau  a.  p.  eh.  IV,   205.   206. 

Quelle  savante  lyre,  au  bruit  de  ses  exploits, 
Fera  marcher  encor  les  rochers  et  les  bois  ? 

Hiermit  mag  es  genug  sein ,  obwohl  die  angeführten  beispiele 
noch  bedeutend  vermehrt  werden  könnten,  »Wer  suchen  will 
im  wilden  tann ,  manch  waffenstück  noch  finden  kann.  Ist  mir 
zu  viel  gewesen.«  Denn  es  kam  mir  namentlich  darauf  an,  die  art 
und  weise,  wie  Pope  entlehnte,  anschaulich  zu  machen,  und  es  wird 
für  den,   welcher  das  hier  gebotene  aufmerksam  vergleicht,    deutlich 


Zu    Popes   Essay  on  criticism  6^ 

werden,  dass  zunächst  der  lady  Montague  urtheil  ein  sehr  unberech- 
tigtes ist,  ja  sein  unrecht  würde  nur  noch  deuthcher  hervortreten, 
wenn  jemand  das  verzeichniss  solcher  anklänge  zu  einer  möglichst 
absoluten  Vollständigkeit  brächte.  Der  unterschied  zwischen  Pope 
und  einem  plagiarius,  der  sich  aus  noth  mit  fremden  federn  schmückt, 
ist  ein  sehr  grosser.  Pope  nimmt  —  das  geht  aus  der  mehrzahl  der 
oben  angeführten  stellen  hervor  —  aus  seiner  erinnerung  Wendungen 
und  einzelne  ausdrücke,  die  bei  der  lectüre  seiner  Vorgänger  sich 
jener  eingeprägt  hatten ;  doch  sein  gedanke  war  meist  vorhanden, 
ehe  er  nach  einem  ausdrucke  im  gedächtnisse  suchte  und  ihn  fand, 
er  war  in  den  meisten  fällen  dessen ,  was  er  meinte ,  sicher ,  ehe  er 
sich  zu  anwendung  einer  »Imitation«  bei  der  darlegung  seiner  ge- 
danken  entschloss. '  Oft  bringt  er  die  worte,  die  er  entlehnt,  in  einem 
modificirten  sinne  und  in  anderer  Verbindung  vor  —  das  kürzeste 
beispiel  ist  der  schlummernde  Homer  —  und  wenn  stellen  gefunden 
werden  können,  in  denen  die  anlehnung  Popes  an  den  ausdruck 
eines  dem  seinigen  nicht  ganz  gleichen  gedankens  auf  die  klarheit 
seines  ideenzusammenhangs  nicht  vortheilhaft  eingewirkt  hat,  so 
gehören  dergleichen  einerseits  zu  den  bereits  erwähnten  juvenilen 
schwächen  des  Essays,  andererseits  sprechen  sie  im  gründe  genommen 
doch  ebenso  gut  für  die  Selbständigkeit  seines  denkens.  *  Doch  darauf 
ist  zurückzukommen ,  hier  liegt  uns  die  präcisirung  dessen ,  was  mit 
der  ihm  zugeschriebenen  Selbständigkeit  des  denkens  gesagt  sein  soll, 
nahe,  ehe  wir  das  innere  verhältniss  seines  werkes  zu  denen  seiner 
Vorgänger  besprechen.  Negativ  muss  diese  präcisirung  freihch  zuerst 
sein ,  denn  Popes  Selbständigkeit  ist  nichts  weniger  als  schöpferisch, 
neue  ideen  über  die  sache,  neue  gesichtspunkte  bei  auffassung  des 
Wesens  der  poesie  hat  er  nicht;  es  fällt  in  die  äugen,  dass  er  nie 
daran  denkt,  etwa  allgemeine  ansichten,  die  früher  gegolten  hatten, 
zu  beseitigen,  nach  seiner  meinung  war  an  dem,  was  Horaz,  Hieron. 
Vida,  Boileau  von  dem  wesen  der  poesie  hielten,  nichts  zu  ändern, 
die  kunst  des  dichters  ist  genau  dieselbe  geblieben ,  was  ihre  grund- 
erfordernisse  und  princiiiien  anlangt.  Aber  die  selbständige  beobach- 
tung  des  einzelnen ,  die  scharfe  l)etrachtung  der  vielen  besonderen 
und  zum  theil  kleinen  dinge,  die  zu  beachten  sind,  das  ist  seine 
starke  seite.  Der  ganze  Essay  besteht  aus  meist  feinen  bemer- 
kungen,  und  diese  bemerkungen  sammelte  Pojie  bei  seiner  lectüre 
und  in  der  theilnahme  an  dem  literarischen  leben  seiner  zeit.  Er 
hat  sie  schon  deswegen  in  eminentem  sinne  selbst  gemacht,  weil  sein 
starkes    selbstbewusstsein,    seine   sellistliebe,    seine    grosse  eitelkeit  in 


64  f  •  Bobertag 

persönlichster  weise  an  den  Vorgängen  in  der  weit  der  »wits» 
interessirt  und  in  mitleidenschaft  gezogen  war.  Dies  verleiht  seiner 
dichtung  eine  scharfe  frische,  welche  wir  mit  vergnügen  empfinden, 
auch  wenn  wir  nicht  immer  wissen  können,  welche  obscuren  kritiker 
er  bei  den  Charakteristiken  der  fehlerhaften  methoden,  dichtungen  zu 
beurtheilen,  lebhaft  vor  äugen  hatte,  und  in  welcher  weise  nicht  bloss 
sein  guter  geschmack,  sondern  seine  eitelkeit  durch  ausstellungen  an 
eigenen  oder  durch  bewunderung  fremder  erzeugnisse  verletzt  worden 
war.  Viele  von  den  literarischen  bezügen  dieser  art  sind  in  den 
anmerkungen  von  mr.  Elwins  Pope  erklärt,  alle  zu  erklären  wird 
natürUch  nicht  möglich  sein,  da  der  dichter  selbst  es  verhindert  hat. 

Hauptsache  für  uns  bleibt  Popes  inneres  verhältniss  zu  seinen 
speciellen  Vorgängern,  das  heisst  die  beziehung  des  Inhalts  seines 
Werkes  zu  dem  inhalte  der  Art  poetique  Boileaus  und  der  lateinischen 
dichtungen  von  Vida  und  Horaz.  Ich  will  nicht  wiederholen,  was 
ich  bereits  an  anderer  stelle  im  allgemeinen  über  das  thema  Popes 
und  sein  verhältniss  zu  dem  Boileaus  ausgesprochen,  es  wird  sich 
aber  zeigen,  dass  Popes  beziehungen  zu  Boileau  die  engsten  und 
interessantesten  sind,  und  dass  der  Engländer  direct  an  den  Fran- 
zosen angeknüpft  hat,  grund  genug,  auf  dieses  verhältniss  zunächst 
näher  einzugehen. 

Seine  meinung  über  Boileau  theilt  Pope  selbst  im  Essay  mit. 
Nachdem  er  die  blüthe  der  künste  und  der  poesie  in  der  zeit  der 
renaissance  in  Italien  geschildert  hat,  wobei,  wie  bereits  bemerkt, 
Hieronymus  Vida  als  Vertreter  der  poesie  viel  zu  gut  weg  kommt, 
fährt  er  v.  709  fort: 

But  soon  by  impious  arm  from  Latium  chased, 
Their  ancient  bounds  the  banished  Muses  passed. 
Thence  arts  o'er  all  the  northem  world  advance, 
But  critic-learning  flourished  mort  in  France; 
The  rules  a  nation,  born  to  serve,  obeys ; 
And  Boileau  still  in  right  of  Horace  sways. 

Das  unzutreffende  der  folgenden  stelle : 

But  we,  brave  Britons,  foreign  laws  despised, 
And  kept  unconquered,  and  uncivilized; 
Fierce  for  the  liberties  of  wit,   and  bold, 
We  still  defied  the  Romans,  as  of  old 

ist  bereits  aufgezeigt  worden,  es  ist  aber  klar,  dass  Pope  seinen 
landsleuten  in  bezug  auf  den  eifer  für  die  freiheit  des  poetischen 
geistes  nicht  recht  giebt,  sondern  vielmehr,  wenn  er  auch  vorhin   den 


Zu   Popes    Essay  on  criücism  6^ 

sclavensinn  der  Franzosen  als  grund  ihres  gehorsams  gegen  die 
regeln  der  kritik  bezeichnet  hat,  doch  in  diesem  punkte  von  den 
Engländern  denselben  sinn  verlangt,  denn  er  fährt  fort; 

Yet  some  there  were,   among  the  sounder  few 
Of  those  who  less  presumed,  and  better  knew, 
Who  durst  assert  the  juster  ancient  cause, 
And  here  restored  wit's  fundamental  laws. 

Darin  liegt  eine  rückhaltlose  anerkennung  der  Verdienste  Boileaus 
als  kritiker,  wie  schon  in  der  hervorhebung  der  blüthe  der  kritik  bei 
den  Franzosen,  aber  allerdings  verdeckt  durch  die  behauptung,  dass 
die  von  Pope  gut  geheissenen  kritiker  die  gerechtere  sache  der  alten 
gegen  die  unbotmässigen  englischen  dichter  —  vielleicht  befand  sich 
Shakspeare  unter  der  ungesunderen  mehrzahl  —  verfochten  hätten. 
Dass  auch  hierin  etwas  schiefes  liegt,  dass  Pope  in  einem  ähnlichen 
irrthum  befangen  war,  wie  die  Gottschedsche  schule,  wenn  sie  be- 
hauptete, den  Engländern,  aber  nicht  den  Franzosen  zu  folgen, 
während  sie  die  von  den  Franzosen  abhängigen  Engländer  nach- 
ahmte, wird  sich  sogleich  zeigen. 

Er  fragt  sich,  an  welcher  stelle  Popes  thema  und  sein  gedanken- 
gang  sich  mit  Boileaus  berührt ;  die  bedeutung  der  aufstellung  grade 
dieses  themas  durch  Pope  ist  schon  bezeichnet  worden ,  und  es  ist 
hinzuzufügen,  dass  Pope  seinen  stofif  gemäss  seinem  thema  disponirt. 
Dies  zeigt  sich  darin,  dass  Pope  im  gegensatze  zu  allen  seinen  Vor- 
gängern, auch  zu  denen  im  weiteren  sinne,  d.  h.  den  Schriftstellern, 
welche  seit  Aristoteles  über  poesie  geschrieben,  nicht  die  verschiedenen 
gattungen  der  poesie  in  betracht  zieht ,  geschweige  denn  sie  zu  ein- 
theilungsmomenten  im  plane  seines  gedichtes  macht.  Das  viele,  was 
er  über  poesie  vorbringt,  muss  sich  den  theilen  der  disposition  unter- 
ordnen, welche  sich  aus  dem  wesen  und  den  arten  der  kritik  er- 
geben. Wenn  also  aufrecht  zu  erhalten  ist,  dass  Pope  über  poesie 
ebensoviel  wie  über  kritik  spricht,  so  steht  doch  fest,  dass  er  sein 
werk  nur  in  rücksicht  auf  die  aufgäbe,  über  kritik  zu  reden,  angelegt 
und  geplant  hat,  und  soweit  steht  er  Boileau  ganz  selbständig  gegen- 
über, als  dieser  eben  über  poesie  handelt  und  nach  diesem  thema 
seine  musterhafte  disposition  gebildet  hat.  Nun  aber  redet  Boileau 
nicht  allein  über  poesie,  sondern  auch  über  kritik,  und  insofern  ist 
Popes  Essay  nicht  eine  abhandlung  über  ein  ganz  selbständiges  thema, 
sondern  eine  ergänzung,  ja  zum  theil  eine  erweiterung  Boileaus. 

Es  lohnt  sich  zum  zwecke  der  genaueren  erläuterung  dieses 
Verhältnisses,    welches  viel  positiver  und  specieller   ist,    als  man  sich 

E.  Kölbing,  Englische  Studien.     HI.     i.  5 


56  F.  Bobertag 

ohne  besondere  veranschaulichung  vorstellen  kann,  dem  gedanken- 
gange  Boileaus  nachzugehen  und,  an  dem  von  Pope  nicht  benützten 
rasch  vorbeieilend,  bei  den  stellen,  wo  er  einsetzt,  etwas  mehr  auf 
das  einzelne  zu  sehen,  wobei  allerdings  die  bedeutung  der  wörtlichen 
anklänge  gegen  die  anschaulich  werdende  Verwandtschaft  der  gedanken 
ziemlich  in  schatten  treten  wird. 

Boileau  beginnt  sein  lehrgedicht  mit  der  Versicherung,  dass  natür- 
liche begabung  für  den  dichter  unbedingt  nothwendig  sei,  dann  aber 
müsse  einsieht  in  die  besondere  art  seines  talents  vom  dichter  ge- 
fordert werden,  ferner  gesunder  sinn  und  verstand.  Zu  vermeiden 
sind  extreme,  Weitschweifigkeit,  einförmigkeit ,  niedrigkeit  des  stils, 
schwulst.  Es  folgen  ermahnungen  zur  genauigkeit  im  versbau,  an  sie 
knüpft  sich  ein  blick  auf  die  entwickelung  der  französischen  literatur 
von  Villon  bis  auf  Malherbe,  mit  besonderer  rücksicht  auf  die 
metrische  form.  Weiter  mahnt  Boileau,  klar  und  grammatisch  richtig 
zu  schreiben,  sich  nicht  zu  übereilen,  viel  feile  zu  gebrauchen  und 
sowohl  gegen  sich  selbst  ein  strenger  kritiker  zu  sein,  als  auch  das 
urtheil  einsichtsvoller  freunde  zu  beachten.  Verschaffet  euch,  so  führt 
er  diesen  punkt  von  v.  i86  bis  zum  ende  des  ersten  gesanges  weiter 
aus,  verschaffet  euch  freunde,  bereit  euch  zu  censiren,  sie  seien  die 
aufrichtigen  vertrauten  eurer  Schriften,  die  eifrigsten  gegner  eurer 
fehler.  Ihnen  gegenüber  soll  man  sich  der  anmassung  des  autors 
entledigen,  doch  vom  freunde  den  Schmeichler  wol  unterscheiden, 
denn  viele  klatschen  beifall,  die  uns  verspotten  und  betrügen.  Rathen 
soll  man  sich  gern  lassen,  niemals  loben.  Diese  Schmeichler  sind 
an  ihrem  lauten,  entzückten,  uneingeschränkten  beifall  kenntlich,  die 
Wahrheit  ist  nie  so  ungestüm,  der  verständige  freund  ist  streng,  un- 
erbittlich gegen  die  fehler  und  nachlässigkeiten  in  stil  und  anordnung, 
duldet  keinen  schwulst,  tadelt  bald  den  gedanken,  bald  den  ausdruck, 
nimmt  bald  an  einer  unklaren  satzbildung,  bald  an  einem  zweideutigen 
wort  anstoss.  Freilich  wollen  die  dichter  dergleichen  oft  nicht  hören, 
spielen  gleich  die  persönlich  beleidigten  und  haben  auf  alles  eine 
rechthaberische  antwort,  obwol  sie  behaupten,  die  kritik  zu  lieben, 
aber  nur,  weil  sie  jemand  suchen,  dem  sie  ihre  gedichte  vorlesen 
können.  Haben  sie  dies  bei  einem  erreicht,  so  suchen  sie  andere 
u.  s.  w.,  und  haben  deshalb  erfolg,  weil  es  ebenso  viele  thörichte 
bewunderer  wie  thörichte  dichter  gibt.  Ein  narr  findet  immer  einen 
noch  grösseren,  der  ihn  anstaunt. 

Der  zweite  und  dritte  gesang  handeln  von  den  einzelnen 
gattungen:    idyll,    elegie,   ode,    sonett,    epigramm,    rondeau,    ballade, 


J 


Zu    Popes    Essay  on  criticism  67 

madrigal,  satire,  vaudeville,  tragödie,  deren  wesen,  geschichte  u.  s.  w. 
ausführlicher  besprochen  wird,  heldengedicht,  komödie. 

Der  vierte  gesang  nimmt  einen  neuen  anlauf  mit  allgemeinen 
regeln  über  die  dichtkunst.  In  der  poesie  soll  man  nur  nach  dem 
höchsten  grade  der  Vollkommenheit  streben.  Das  haupthinderniss 
ist  Selbstüberschätzung,  das  beste  mittel  dazu  ist  gute  kritik.  Auf 
sie  kommt  Boileau  von  v.  59  des  vierten  gesanges  an  zurück.  Ohne 
murren  soll  man  sich  der  Vernunft  beugen  und  bessern,  ohne  sich 
jedoch  dem  tadel  eines  narren  zu  fügen.  Denn  ein  spitzfindiger 
Ignorant  greift  wol  aus  unbegründetem  Widerwillen  ein  stück  an, 
tadelt  die  edle  kühnheit  der  schönsten  verse.  Man  mag  seine  eitlen 
erörterungen  widerlegen,  so  viel  man  will,  grade  seine  falschen  ur- 
theile  machen,  dass  er  sich  für  geistreich  hält,  und  so  schwach  sein 
verstand,  so  gross  seine  Unklarheit  ist,  er  meint  doch,  nichts  entgehe 
seinen  blöden  äugen.  Seine  rathschläge  bringen  gefahr,  wer  sich  an 
sie  hält,  begeht  fehler.  Einen  solchen  censor  aber  soll  man  wählen, 
der  von  gesundem  verstände  geleitet  und  von  gelehrsamkeit  erleuchtet 
ist.  Sein  sicherer  griffel  findet  sogleich  die  stellen  heraus,  deren 
schwäche  man  sich  selber  verhehlt,  er  gibt  uns  in  fällen,  wo  wir 
uns  unsicher  fühlen  und  schwanken,  durch  seine  entscheidung  ge- 
wissheit und  Zuversicht.  Er  wird  dir  sagen,  dass  ein  begabter  dichter 
in  echter  begeisterung  bisweilen  die  ihn  beengenden  kunstregeln  durch- 
brechen und  sich  gerade  darin  als  echter  künstler  bewähren  kann. 
Aber  solche  vollkommene  kritiker  finden  sich  selten,  mancher  macht 
gute  verse  und  hat  über  die  leistungen  anderer  gar  kein  urtheil. 

Nachdem  Boileau  in  v.  85  und  86  seine  eigene  werthe  person 
als  ein  solches  kleinod  präsentirt  hat,  beginnt  er  mit  dem  bekannten 
gedanken,  dass  das  utile  cum  dtdci  in  der  poesie  zu  geben  sei,  eine 
reihe  von  ermahnungen,  welche  sich  an  die  eben  angestellten  er- 
örterungen des  Wesens  eines  wahren  kritikers  insofern  sehr  gut  an- 
schliessen,  als  sie  zum  grössten  theile  sich  sowol  auf  das  verhalten 
des  dichters  als  des  kritikers  beziehen  lassen. 

Auch  moralische  qualitäten  sind  nothwendig.  Die  seele  und  die 
sitten  des  dichters  spiegeln  sich  in  seinen  werken,  nur  edle  bilder 
jener  sollen  in  diesen  sich  darbieten,  verwerflich  sind  die  Schrift- 
steller, welche  der  ehre  und  tugend  gefahren  bereiten  und  das  laster 
reizend  darstellen.  Doch  haben  die  allzustrengen  finsteren  geister 
unrecht,  welche  von  der  liebe  in  der  poesie  gar  nichts  wissen  wollen, 
hier  kommt   es  allein  auf  die  behandlung  an.     Da  talent  ohne  gutes 

herz  nichts  hilft,  so  soll  der  Schriftsteller  vor  niedriger  eifersucht  sich 

5. 


68  ^^  Bobertag 

hüten,  welche  ein  kennzeichen  der  mittelmässigkeit  ist.  Sie  spinnt 
als  finstere  nebenbuhlerin  des  glänzenden  Verdienstes  bei  den  grossen 
ihre  ranke.  Da  ihre  versuche,  sich  über  jenes  zu  erheben,  fruchtlos 
ausfallen,  sucht  sie,  um  die  gleichheit  herzustellen,  es  herabzuziehen. 
Ebendeshalb  soll  der  dichter  in  seiner  kunst  nicht  seinen  ewigen 
beruf  erblicken,  er  soll  die  freundschaft  pflegen,  treue  und  glauben 
halten,  nicht  bloss  in  seinen  werken  anmuthig  und  liebenswürdig  sein, 
sondern  auch  mit  menschen  zu  verkehren  und  zu  leben  wissen,  ferner 
nur  um  des  ruhmes  willen  arbeiten,  nicht  um  schmutzigen  gewinn, 
wenngleich  dem  edlen  geiste  auch  der  gerechte  lohn  seiner  arbeit 
zukommt. 

Denn  (v.  133),  um  als  lohnendes  handwerk  betrieben  zu  werden, 
dazu  ist  die  würde  der  poesie,  welche  ihr  wegen  ihres  engen  Zu- 
sammenhanges mit  der  gesammten  cultur  zukommt,  eine  zu  hohe.  Die 
rede  ist  die  stimme,  das  organ  der  Vernunft.  Ehe  dieses  organ  im 
Stande  war,  die  Vernunft  geltend  zu  machen^  herrschte  unter  den 
menschen  die  natürliche  rohheit  (la  grossi^re  nature).  Dieser  zustand 
der  brutalen  gewalt  hatte  ein  ende,  als  die  kunst  der  rede  der  roh- 
heit entgegentrat,  die  in  wäldern  zerstreuten  menschen  sammelte, 
Städte  gründend  und  das  verbrechen  mit  strafen  ahndend  Sicherheit 
schuf.  Diese  Ordnung,  so  meldet  die  sage,  war  die 
frucht  der  ersten  verse:  des  Orpheus  worten  gehorchten  die 
wilden  thiere,  denen  Amphions  die  steine,  in  versen  erklangen  die 
Orakelworte  ApoUons  aus  dem  munde  des  gottbegeisterten  priesters. 
Homer  und  Hesiod  traten  auf,  die  poesie  ward  die  lehrerin  der 
Weisheit  für  die  menschen.  Darum  zollten  ihr  die  Griechen  göttliche 
Verehrung,  erst  die  dürftigkeit  späterer  zeiten  Hess  die  kunst  ihrer 
hohheit  vergessen  und  zum  käuflichen  gewerbe  werden.  Darum 
sollen  die  dichter  sich  erinnern,  dass  Apollo  ihnen  nichts  als  einen 
namen  und  einen  lorbeer  verheisst.  Freilich,  ein  hungriger  dichter 
wird  nicht  auf  dem  Hehkon  wandeln  können,  aber,  das  ist  auch  in 
unseren  zeiten,  wo  das  talent  so  erhabenen  schütz  findet  und  ein 
erleuchteter  fürst  dem  Verdienste  den  mangel  abwehrt,  nicht  zu  be- 
fürchten. 

Hieran  schliesst  sich  nun  der  obligate  höfische  preis  Ludwig  XIV. 
auf  eine  feine  und  passende  weise  an.  Auf  diese  letzte  höchst  be- 
deutende gedankenreihe  Boileaus  (von  v.  133  an)  haben  wir  zurück- 
zukommen ,  zuvörderst  wenden  wir  uns  zu  den  vorher  ausführlicher 
ausgehobenen  erörterungen  zurück,  welche  in  dem  deutlichsten  und 
nächsten   verhältniss    zu  Popes    thema   und   seiner  entfaltung   stehen. 


Zu   Popes    Essay  on  criticism  6  g 

Boileau  kommt,  wie  wir  gesehen,  in  zwei  abschnitten  seines  werkes, 
im  ersten  und  im  vierten  gesange,  auf  den  nutzen  und  das  wesen 
der  echten  kritik  zu  sprechen,  und  zwar  behandelt  er  an  der  ersten 
stelle  den  wahren  kritiker  im  gegensatze  zum  Schmeichler,  an  der 
zweiten  im  gegensatze  zum  krittler. 

Es  liegt  sogleich  auf  der  hand,  dass  Pope  diese  grunddisposition, 
welche  in  den  erörterungen  Boileaus  liegt,  aufgenommen  hat.  Auch 
bei  ihm  zerfallen  die  schlechten  beurtheiler  poetischer  werke  in  un- 
verständige oder  niedrig  gesinnte  bewunderer  und  in  superkluge  oder 
böswillige  tadler.  Die  einzelnen  unterabtheilungen  gewinnt  er,  indem 
er  die  vorurtheile  oder  die  sonstigen  geistigen  und  moralischen 
schwächen,  welche  die  urtheile  eines  schlechten  kritikers  entwerthen 
können,  besonders  bespricht.  Den  fehlem  stellt  er  die  entgegen- 
gesetzten guten  eigenschaften  gegenüber,  zu  anfang  und  ende  seiner 
erörterungen  gibt  er  allgemeine  betrachtungen,  und  zwar  zu  anfang 
über  die  geistigen  erfordernisse  eines  guten  kritikers  sowie  über  die 
objectiven  quellen  gesunder  kritischer  grundsätze,  zu  ende  über  die 
persönliche  beschafifenheit  eines  idealen  beurtheilers  in  bezug  auf 
geistige  bildung  und  moralische  gesinnung.  Dass  hierbei  die  Schil- 
derung der  krittler  ausführlicher  wird  als  die  der  Schmeichler,  liegt 
in  der  natur  der  sache  und  in  der  grösseren  manichfaltigkeit  der 
anlasse,  die  Pope  hatte,  sich  persönlich  über  ungerechte  und  unfähige 
kritiker  zu  ärgern. 

Es  dürfte  überflüssig  sein,  hier  noch  auf  einzelheiten  einzugehen, 
um  nachzuweisen,  dass  Pope  einerseits  wirklich  an  die  beiden  ab- 
schnitte über  den  nutzen  und  die  bedingungen  einer  echten  kritik 
bei  Boileau  anknüpft,  dass  er  viele  gedanken  Boileaus  über  poesie 
an  passender  stelle  in  seine  erörterungen  über  kritik  einflicht,  dass 
er  aber  in  der  bereits  näher  bezeichneten  weise  seine  Selbständigkeit 
wahrt.  Denn  die  genaue  kenntniss  des  Popeschen  Essay  muss  ja 
hier  vorausgesetzt  werden,  und  je  eingehender  die  lectüre  desselben 
sein  wird,  um  so  mehr  wird  sich  das  gesagte  im  ganzen  und  im 
einzelnen  bestätigen. 

Einen  hinweis  auf  Popes  Selbständigkeit  grade  in  der  benützung 
Boileauscher  gedanken  und  Wendungen  sind  wir  ihm  aber  noch 
schuldig.  Wir  haben  schon  oben  zu  den  verscn  Popes  68 — 73  be- 
merkt, dass  ihm  hierbei  ausser  einigen  versen  Vidas  sicherlich  für 
seinen  vers  72  der  37.  und  38.  vers  des  ersten  gesanges  Boileaus 
vorgeschwebt  haben  muss,  und  dem  aufmerksamen  leser  wird  nicht 
entgangen  sein,    dass  bei  dem  Franzosen   von  der  Vernunft,    bei  dem 


•jO  ■  F,  Bobertag 

Engländer  von  der  natur  die  rede  ist.  Dieser  umstand  gewinnt  an 
bedeutung,  wenn  wir  die  verse  Boileaus,  welche  den  beiden  aus- 
gehobenen vorangehen,  beachten,  nämlich  v.  27 — 36; 

Quelque  sujet  qu'on  traite,   ou  plaisant,  ou  sublime, 
Que  toüjours  le  bon   scns  s'accorde  avec  la  rime. 
L'un  et  l'autre  vainement  ils  semblent  se  hair; 
La  rime  est  une  esclave,  et  ne  doit  qu'obeir. 
Lors  qu'ä  la  bien  chercher  d'abord  on  s'evertue, 
L'esprit  ä  la  trouver  aisöment  s'habitue. 
Au  joug  de  la  raison  sans  peine  eile  fl6chit ; 
Et  loin  de  la  gener,  la  sert  et  l'enrichit. 
Mais  lors  qu'on  la  neglige,  eile  devient  rebelle ; 
Et  pour  la  ratraper  le  sens  court  apr^s  eile 
Ainiez  donc  la  raison.     Que  toüjours  vos  Berits 
Empruntent  d'elle  seule  et  leur  lustre  et  leur  prix. 

Wenn  wir  hierzu  den  ganzen  Zusammenhang  der  Popeschen 
stelle  von  v.  68  —  79  vergleichen,  so  muss  in  die  äugen  springen, 
dass  Pope  auch  die  ganze  ausgehobene  stelle  des  Boileau  im  sinne 
gehabt,  ohne  grade  sich  ihr  in  mehr  als  ein  paar  ausdrücken,  die 
übrigens  auch  deutlich  die  vermittelung  der  englischen  Übersetzung 
von  Soame  und  Dryden  aufzeigen ') ,  wörthch  anzuschliessen.  Von 
diesen  anklängen  aus  aber  zu  dem  urtheile  zu  gelangen,  dass  Popes 
gedanke  von  dem  Boileaus  abhängig  gewesen  sei,  wäre  vorschnell 
und  ungerecht.  Denn  während  Boileau  die  einkleidung  des  sinnes 
durch  den  reim  dem  sinne  und  somit  die  poetische  form  dem  ver- 
nünftigen Inhalt  entgegensetzt,  lässt  Pope  diesen  gegensatz  ganz  fallen 
und  stellt  die  natur  an  die  stelle  der  Vernunft  und  dieser  die  kunst 
gegenüber.  Dass  die  begriffe  Popes  natur  und  kunst  denen  Boileaus 
Vernunft  und  vers  nicht  an  deutlichkeit  und  greifbarkeit  gleichkommen, 
ist  gewiss,  aber  eine  sache  für  sich.  Zeigt  sich  aber  Popes  gedanke 
schon,  wenn  wir  allein  das  verhältniss  dieser  beiden  kurzen  stellen 
betrachten,  selbständig,  so  gewinnt  er  noch  mehr  an  ursprünglich- 
keit, wenn  wir  ihn  im  zusammenhange  mit  der  ganzen  denkweise 
des  dichters  auffassen.  Boileau  redet  von  der  natur  als  einer  quelle 
der  poesie  niemals,  überhaupt  weiss  er  den  begriff  natur  nicht  in  ein 
positives  verhältniss  zur  kunst  zu  setzen,  ja  er  gebraucht  seinen  begriff 


i)  Die  stelle  der  Übersetzung  lautet  nach  dem  commentar  s.  37,  anm.  4: 

Love  reason  then,  and  let  whate'er  you  write 

Borrow  from  her  its  beauty,   force  and  light. 

Ob  die  vorhergehenden  verse  dieser  Übertragung  weitere  anklänge  mit  Popes  stelle 

zeigen,    kann  ich  nicht    feststellen,    da   mir  der    text   derselben  nur  in  den  citaten 

Elwins  vorliegt. 


Zu  Popes    Essay    on  criticism  y  I 

von  natur   so,    dass   sie  in  einen  schroffen  gegensatz    zur  cultur  und 
kunst  tritt.     Ch.  IV,   133   ff.: 

Avant  que  la  raison,  s'expliquant  par  la  voix, 
Eüt  instruit  les  humains,  eüt  enseigne  les  lois 
Tous  les  hommes  suivoient  la  grossi^re  nature. 

Pope  stellt  dagegen  seine  natur  durch  andere  stellen  noch  in  ein 
licht,  welches  verräth,  dass  er  mindestens  danach  rang,  die  poesie 
auf  eine  ihm  ihrem  wesen  nach  vielleicht  noch  dunkle,  aber  objectivere 
quelle  zurückzuführen.     V.  88  ff.: 

Those  rules  of  old  discovered,   not  devised, 
Are  nature  still,  but  nature   methodised ; 
Nature,  like  liberty,  is  but  restrained 
By   the  same  laws  which  first    herseif   ordained. 

V.    130 — 140: 

When  first  young  Maro  in  his  boundles  niind 
A  work  t' outlast  immortal  Rome  designed, 
Perhaps  he  seemed  above  the  critic's  law, 
And  but  from  nature's  fountain  scorned  to  draw; 
But  when  t'examine  every  part  he  came, 
Nature  and  Homer  were,  he  found,  the  same. 
Convinced,   amazed,  he  checks  the  bold  design: 
And  rules  as  strict  his  laboured  work  confine, 
As  if  the  Stagyrite  o'erlooked  each  line. 
Leam  hence  for  ancient  rules  a  just  esteem ; 
To  copy  nature  is  to  copy  them. 

V.  235  f: 

Sur\'ey  the  whole,   nor  seek  slight  faults  to  find 
Where  nature  moves,   and  rapture  warms  the  mind; 

V.  293  ff.: 

Poets,  like  painters,   thus  unskilled  to  trace 
The  naked  nature,   and  the  living  grace, 
With  gold  and  jewels  cover  ev'ry  part. 
And  hide  with  Ornaments  their  want  of  art. 
True  wit  is  nature  to   advantage  dressed ; 

V.  311   ff. : 

False  eloquence,   like  the  prismatic  glass, 
Its  gaudy  colours  sprends  on  ev'ry  place; 
The  face  of  nature  we  no  more  survey, 
All  glares  alike,  without  distinction  gay  : 

V.  484   ff.: 

So  when  the  faithfuU  pencil  has  designed 
Seme  bright  idea  of  the  mastcr's  mind, 


»7  2  F.  Bobertag 

Where  a  new  world  leaps  out  at  his  command, 
And  ready  nature  waits  upon  his  hand  u.  s.  w. 

V.  652: 

Who  conquered  nature,   should  preside  o'er  wit. 
V.    724: 

Nature's  chief  master-i)iece  is  writing  well. 

Man  wird  zugeben  müssen,  dass  sich  aus  diesen  stellen  —  in 
den  anderen,  wo  das  wort  nature  vorkommt,  braucht  es  Pope  in 
dem  conventioneilen  sinne  des  gewöhnlichen  lebens  —  keine  besonders 
lichtvolle  anschauung  gewinnen  lässt,  aber  es  leuchtet  auch  ein,  dass 
man  Pope  unrecht  thut,  wenn  man  annimmt,  er  meine  Aveiter  nichts 
als  Homer,  wenn  er  natur  sage').  Es  ist  nicht  zu  bezweifeln,  dass 
sich  ihm  die  Wirkung  seines  unklaren  und  ziemlich  formlos  gedachten 
naturbegriffes  in  der  poesie  am  deutlichsten  in  Homer  darstellte,  dass 
er  weiter  keine  concreten  Vorstellungen  als  die  poesie  des  Homer  zur 
erläuterung  dessen,  was  er  mit  seiner  natur  wollte,  würde  beizubringen 
gewusst  haben.  Aber  mindestens  eine  in  hohem  grade  selbständige 
Wendung  der  auffassungen  Popes  gegenüber  Boileau,  deren  verdienst 
grade  durch  die  klargelegte  thatsache  der  vielfachen  anknüpfung  an 
seinen  Vorgänger  noch  mehr  ins  licht  gestellt  wird,  haben  wir  ihm 
denn  doch  hier  zuzuschreiben.  Wenn  er  die  natur  als  quelle  der 
kunstregeln  darstellt,  wenn  er  verlangt,  dass  man,  wo  sie  nur  vor- 
handen sei,  unbedeutende  fehler  übersehen  solle,  wenn  er  sie  mit  der 
lebendigen  anmuth  zusammen  und  dem  äusserUchen  schmucke  in  der 
kunst  als  das  höhere  und  zu  seiner  darstellung  höhere  fähigkeiten 
erheischende  hinstellt  u.  s.  w.,  so  brauchten  wir  wol  nicht  unsere 
tiefere  historische  einsieht  in  das  wesen  der  poesie,  um  zu  erkennen, 
dass  hier  keineswegs  ein  blosser  Wechsel  technischer  ausdrücke  mit 
geringer  modification  der  bedeutung  vorliegt.  Dass  wir  grade  in  dem 
lichte  unserer  erweiterten  einsichten  auch  einen  ansatz  zu  wesentlichem 
fortschritt  zu  erblicken  haben,  wird  sich  später  zeigen. 

Zunächst  haben  wir,  um  nicht  abzuirren,  noch  einiges  über  Popes 
verhältniss  zu  seinen  zwei  anderen  Vorgängern  hinzuzufügen.  Ueber 
Popes  meinung  und  seine  einzelnen  beziehungen  zu  und  entlehnungen 
aus  Vida  will  ich  das  schon  gesagte  nicht  wiederholen.  Dass  er  sich 
in  der  Stellung  seines  themas  und  der  anordnung  seiner  theile  nicht 
an  diesen  anschliessen  konnte ,    liegt   in   der  art   und  disposition  von 


i)  Vergl.  den  commentar,    s.  37,  anm.  2. 


Zu    Popes  Essay   on  criticism  •»  -t 

Vidas  poeticorum  11.  IIL  Denn  Vida  gibt  in  deutlichem  hinblick 
auf  Quintilian  eine  abhandlung  de  institutione  poetae,  d.  h.  ein  ideal 
der  lateinisch- humanistischen  renaissancebildung ,  die  in  einem  per- 
fecten  versifex  gipfelte,  und  als  dessen  höchste  aufgäbe  betrachtete 
Vida  die  möglichste  erreichung  des  musters  aller  dichter,  Virgil. 
Wenn  also  Pope  auch  den  classiker  der  zeit  Leos  X.  als  dichter 
übermässig  hoch  stellt,  so  weicht  er  doch  in  der  Würdigung  der  an- 
tiken classiker  als  theoretiker  nicht  unbedeutend  von  ihm  ab.  Vidas 
Oberflächlichkeit,  mit  der  er  Virgil  über  Homer  stellte,  zeigt  sich 
schon  in  den  oben  zu  Pope  v.  124 — 129  ausgehobenen  stellen, 
noch  deutlicher  in  einem  briefe  an  die  Cremoneser,  worin  er  sagt : 
....  Virgilius  noster,  quem  poetarum  omnium  (non  de  nostris  tan- 
tum,  verum  etiam  de  Graecis  loquor)  facile  principem  ponimus. 
Huius  ego  quoties,  patres  optimi,  diuinum  poema  lego,  videtur  vir  ille 
mihi  non  tantum  historiam  scribere ,  sed  de  ea  ipsa  arte  praecepta 
tradere  voluisse ,  quantum  Graecis  ipsis ,  a  quibus  hanc  disciplinam 
accepimus,  defuisset,  ü/que  de  hac  arte  dicendiitn  esse,  quod  de  caeteris 
Omnibus  dici  posset,  nostros  videlicet,  quae  ab  aliis  accepere,  ea 
semper  meliora  reddidisse. ') 

Von  diesem  albernen  gerede  sticht  denn  doch  die  art,  wie  Pope 
das  verhältniss  Virgils  zu  Homer  darstellt  (vergl.  die  bereits  aus- 
gehobenen verse  124  — 140  s.  58  und  71  dieses  aufsatzes)  sehr  vor- 
theilhaft  ab ,  unbeschadet  alles  dessen ,  was  man  gegen  seine  auf- 
fasstmg  und  bearbeitung  des  Homer  und  seine  poetische  aus- 
schmückung  der  nachricht  des  Servius  ^)  sagen  mag.  Aber  mehr 
als  alles  andere  lehrt  uns  sein  Homer  selber,    dass    wir  auch  in  den 


i)  Ich  entnehme  diese  stelle  aus  der  Klotzschen  ausgäbe  M.  Hieronymi 
Vidae  de  arte  poetica  libri  tres.  Commentarium  de  poetae  vita  et  carminibus 
addidit  Christ.  Adolphus  Klotzius.  Altenburgi  1766.  Der  brief  entstand  auf  grund 
der  bitte  der  Cremoneser  an  Vida,  ihnen  das  buch  zu  übergeben.  Er  that  es, 
und  es  wurde  auf  kosten  seiner  Vaterstadt  veröffentlicht.  Die  oben  cursiv  ge- 
druckte stelle  lautet  bei  Klotz,  der  sie  selbst  als  verdorben  bezeichnet,  »quoue  de 
hac  arte  est,  quo^.  Ich  habe  sie  verbessert,  ohne  für  mehr  als  den  richtigen  sinn 
einstehen  zu  können. 

2)  Die  bemerkung  des  Servius  zu  Virg.  Ecl.  VI,  3 
Quum  canerem  reges  et  proelia  .  .  . 
lautet :  Gesta  regum  Albanorum,  quae  coepta  omisit,  nominum  asperitate  deterritus. 
Cl.  Donati  vita,  Virg.  VIII.  Scripsit  etiam,  de  qua  ambigitur,  Aetnam.  Et  mox 
cum  res  Romanas  inchoasset,  offensus  materia,  et  nominum  asperitate,  ad  Bucolica 
transiit;  maxime  ut  Asinium  Pollionem,  Alphenum  Varum,  et  Cornelium  Gallum 
celebraret.  —  Man  sieht,  dass  hier  von  dem,  was  Pope  erzählt,  auch  nicht  ein 
wort  steht,  und  Popes  verfahren  illustrirt  auf  eine  schlagende  weise,  wie  ihm  jeder 
gedanke  an  eine  historische  entwickelung  der  poesie  abging  und  er  nicht  im 
mindesten  daran  zweifelte,  dass  Virgil  genau  dieselbe  auffassung  wie  er  gehabt 
haben  müsse.  Auch  dies  tr.Hgt  zur  bestimmung  der  engen  grenzen  bei,  in  denen 
sich  Popes  gedanke  an  den  Zusammenhang  von  natur  und  poesie  bewegte. 


y4  r.  Bübertag 

Worten  richtiger  Würdigung,  die  ilim  Pope  hier  widmet,  nur  eine 
nicht  zur  fruchtbringenden  einsieht  reifende  mehr  oder  minder  dunkele 
ahnung  einer  Wahrheit  vor  uns  lialjcn,  deren  klarere  erkenntniss  mit 
der  entdeckung  ihrer  tragweite  nothwendig  hätte  verbunden  sein 
müssen  und  sich  mit  der  Überschätzung  des  versifex  Vida  nicht  hätte 
vertragen  können.  Dass  aber  Pope  weit  entfernt  war,  zu  sehen,  wie 
tief  seine  gelegentlichen  gedanken  an  den  Zusammenhang  \  on  natur 
und  poesie  in  alle  doctrin  und  thcorie  einzugreifen  bestimmt  waren, 
zeigt  sich  uns  wol  am  deutlichsten  aus  der  oben  mit  den  anderen 
ausgehobenen  stelle  v.  130 — 140  (s.  71  dieser  abhandlung),  welche, 
wiefern  ich  Popes  denkart  und  ausdrucks weise  nicht  im  ganzen  miss- 
verstehe, den  zweck  hat,  die  ahnung  oder  unklare  Vorstellung,  die 
ihn  anzog,  deren  er  sich  aber  nicht  zu  bemeistern  wusste,  dadurch 
bestimmter  zu  machen,  dass  er  einen  grossen  theil  derselben  fahren 
liess  und  sich  auf  den  bestimmt  formulirten  grundsatz  von  der 
mustergültigkeit  der  alten  zurückzog.  Dass  aber  hier  ein  zurückziehen 
und  aufgeben  wirkUch  vorliegt,  beweisen  wieder  die  anderen  stellen, 
die  doch  deutlich  zeigen,  dass  sich  das,  was  Pope  natur  nennt,  auch 
anderwärts  als  bei  den  alten  findet,  und  der  ausdruck  natur  verbietet 
anzunehmen,  Pope  habe  sich  dieses  unklar  geahnte  prinzip  der  poesie 
so  gedacht,  dass  es  sich  nur  aus  den  alten  dichtem  einem  neueren 
offenbaren  und  mittheilen  könne.  Aber  dem  sei,  wie  ihm  wolle,  klar 
ist,  dass  von  einer  abhängigkeit  der  gedanken  Popes  von  denen 
Vidas  keine  rede  sein  kann,  und  dass  Pope  durch  seine  ansieht  von 
Homer  und  Virgil  sich  von  seinem  Vorgänger  wesentlich  zu  seinem 
V ortheil  unterscheidet.  Und  dieses  urtheil  muss  zur  ehre  Popes  denn 
doch  noch  sehr  verallgemeinert  werden.  Grosse  und  tiefe  gedanken 
sind  überhaupt  nicht  die  sache  des  kunstreichen  bischofs  von  Alba, 
und  wenn  auch  Pope  seine  theorie  der  plagiate  an  ihm  selbst  und 
^■ielen  anderen  in  praxis  umgesetzt  hat,  so  ist  der  wesentliche  unter- 
schied wieder  der,  dass  eben  Pope  zu  seinen  gedanken  und  be- 
merkungen  ausdrücke  und  Wendungen  entlehnt,  Vida  aber  mit  den 
Worten  auch  die  gedanken  nimmt,  wie  er  sie  findet,  und  nur,  da  es 
auf  verwerthung  der  copia  verborum  und  phrasium  ankommt,  darauf 
sieht,  dass  die  mit  den  zusammengestellten  werten  und  phrasen  nun 
einmal  verbundenen  gedanken,  um  mit  Rabener  zu  reden,  auf  eine 
ohngefähre  weise  zusammenhängen  —  eine  geistige  leistung,  die  frei- 
lich bis  heutigen  tages  die  eigentliche  seele  der  lateinischen  stil- 
übungen  ist. 

Dass,     um    auf    den    erfinder    der    poesie    über    die    poesie    zu 


I 


Zu   Popes    Essay  on  criticism  «e 

kommen,  Pope  wol  befähigt  war,  die  starken  Seiten  des  Horaz  zu 
würdigen  und  sein  talent  in  ein  erspriessliches  verhältniss  zu  dem 
Römer  zu  setzen,  liegt  auf  der  band.  Q.  Horatius  Flaccus  und 
Alexander  Pope  sind  zwei  geistesverwandte ,  wie  es  vielleicht  in  der 
literatur  wenige  gibt.  So  verschieden  die  bedingungen  waren,  unter 
denen  ihre  talente  reiften,  die  talente  selbst,  das,  was  beide  von 
geburt  zum  dichter  mitbrachten,  glichen  einander  in  seltener  weise, 
nur  dass  Horaz  mit  einer  grösseren  masse  derselben  mischung  von 
Stoffen,  mit  einem  höheren  grade  derselben  Verbindung  von  kräften 
ausgestattet  war.  Was  wunder,  dass  es  Pope  auch  ^•erstanden  hat, 
seinen  ältesten  und  angesehensten  Vorgänger  vortrefflicher  als  irgend 
einen  anderen  dichter  zu  charakterisiren  :  v.  653  ff. 

Horace  still  charms  with  graceful  negligence, 

And  without  method  talks  us  into  sense ; 

Will,  like  a  friend,   familiarly  convey 

The  truest  notions  in  the  easiest  way. 

He,  who  supreme  in  judgment,  as  in  wit, 

Might  boldly  censure,  as  he  boldly  writ, 

Yet  judged  wit  coolness,   though  he  sung  with  fire ; 

His  precepts  teach  but  what  his  works  inspire. 

und  ebenso  natürlich  ist  es,  dass  es  Pope  gelingen  musste,  sich  Horaz 
im  besten  sinne  zum  muster  zu  nehmen  und  seinem  vorbilde  mit 
gutem  erfolge  nachzueifern.  Im  besten  sinne  nahm  er  ihn  sich  zum 
muster,  indem  er  nicht  Horazische  gedanken  breit  trat  oder  sein 
werk  mit  citaten  und  anklängen  aus  der  Ars  poetica  spickte  —  denn 
er  bleibt  hierbei,  zumal  wenn  wir  die  mode  seiner  zeit  in  rechnung 
ziehen,  in  den  bescheidensten  grenzen  —  sondern  indem  er  den  leb- 
haften Stil,  den  kurzen,  gedrängten  und  doch  leichten  ausdruck  und 
die  vortrefflichen  bilder  und  vergleichungen  des  vollendetsten  stihsten 
unter  den  römischen  dichtem  zu  erreichen  strebte.  Was  den  erfolg 
"dieses  strebens  betrifft,  so  habe  ich  nirgend  die  bemerkung  gefunden, 
dass  Popes  stil  dem  des  Horaz  weit  näher  stehe,  als  der  des 
Boileau ,  will  mir  aber  deshalb  das  verdienst,  dies  zuerst  entdeckt 
zu  haben,  nicht  zuschreiben,  weil  es  zu  deutlich  vor  äugen  liegt, 
vorab  die  bilder  und  gleichnisse ,  und  natürlich ,  weil  diese  stil- 
elemente  am  mindesten  von  der  Verschiedenheit  der  spräche  und 
nation  alterirt  werden ,  dann  aber  auch  die  muntere  rede ,  die  von 
einem  gegenstände  scheinbar  planlos  und  doch  logisch  auf  den 
anderen  springt,  oder  zu  ihm  gleitet  oder  ihn  anstreift,  die  scharfen 
antithesen,  die  sinnschweren  Wörter,  die  anschaulichen  immer  con- 
creten  Vorstellungen,    welche    nie   oder  sehr   selten    das  vcrständniss 


•7  6  F-  Bobertag 

hemmen,  aber  fortwährend  den  leser  hindern,  flüchtig  über  den  text 
hinwegzueilen.  Das  verhältniss  der  auffassungen  Popes  und  seiner 
kunstprincipien  zu  den  anderen  dichtem  und  theoretikern,  welche  in 
seinem  Essay  charakterisirt  oder  wenigstens  erwähnt  werden,  stimmt 
mit  dem  Standpunkte,  den  er  den  eben  besprochenen  gegenüber  ein- 
nimmt, sehr  wohl  zusammen,  wobei  seine  aus  oberflächlicher  kennt- 
niss  hervorgegangenen  einzelnen  irrlhümlichen  angaben  natürlich 
nicht  in  betracht  kommen.  In  betreff  dieser  letzteren  sei  auf  Elwins 
commentar  hingewiesen,  aber  auch  die  stellen  des  Essay,  welche 
alte  und  neue  dichter  ausser  den  schon  erwähnten  erwähnen,  können 
wir  sehr  kurz  abmachen,  obwohl  sich  ein  halbes  hundert  dichter  und 
gelehrte  in  den  744  versen  versammelt  finden.  Unter  den  dichtem 
seines  eigenen  Zeitalters  erhält  Dryden  selbstverständlich  die  erste 
stelle,  und  es  ist  ein  feiner  ausdruck  von  Popes  fester  Überzeugung 
hiervon,  dass  er  ihn  nicht  direct  lobt,  sondern  seine  grosse  als  all- 
gemein anerkannt  voraussetzt  wie  v.  383  : 

And  what  Timotheus  was,  is  Dryden  now 

V.  458  ff.: 

Pride,   malice,   folly,   against  Dryden  rose, 
In  various  shapes  of  parsons,  critics,  beaus ; 

Might  he  return,   and  bless  once  more  our  eyes, 
New  Blackmores  and  new  Milbournes  must  arise: 

And  such  as  Chaucer  is,   shall  Dryden  be 

All  books  he  reads,  and  all  he  reads  assails, 
From  Dryden' s  Fables  down  to  Durfey's  Tales 


V.  483: 
V.    616    ff. 


Als  bezeichnend  kann  auch  noch  erwähnt  werden,  dass  Pope  an  der 
zuzweit  ausgehobenen  stelle  denn  doch  nicht  umhin  kann,  sofort 
hinzuzufügen  v.  464 : 

Nay,  should  great  Homer  lift  his  awful  head, 
Zoilus  again  would  start  up  from  the  dead. 

Argumenta  ex  silentio  mögen  sehr  oft  sehr  verdächtig  sein,  aber 
bisweilen  sind  sie  nicht  allein  unverdächtig,  sondern  höchst  charak- 
teristisch und  interessant,  und  wenn  man  dies  von  irgend  einem 
solchen  argumentum  sagen  kann,  so  gilt  es  von  der  bedeutung,  die 
dem  schweigen  Popes  über  Shakspeare  in  der  ganzen  gedanken- 
masse  seines  Essay  beigelegt  werden  muss.  Freilich,  wo  sollte  denn 
Pope   von    Shakspeare    reden?     In    seiner    dichtung    war    so    wenig 


Zu    Popes  Essay  on  criticism  yy 

platz  für  Shakspeare  wie  in  einer  Gellertschen  fabel  für  den  ge- 
fesselten Prometheus  sein  würde,  eine  dem  heroen  zum  zehnten  theile 
gerecht  werdende  Würdigung  hätte  ja  Boileaus  und  Popes  ganzes 
ästhetisches  system  in  stücke  zersprengt.  Eine  neue  zeit  musste 
neue  ausgangspunkte  der  betrachtung  bringen,  ehe  man  von  begriff- 
lichen grundsätzen  und  anschauungen  aus ,  ehe  man  im  zusammen- 
hange einer  mehr  oder  weniger  systematischen  theorie  Shakspeare 
zu  würdigen  vermochte.  Man  kann  darin,  dass  Pope,  der  in  seinem 
werke  über  poesie  den  namen  Shakspeares  nicht  einmal  nennt, 
noch  auf  ihn  irgendwo  anspielt,  eine  ausgäbe  desselben  versucht  hat, 
eine  andeutung  sehen,  dass  Pope  selber  nahe  an  der  grenze  jener 
neuen  zeit  stand,  und  es  ist  die  aufgäbe  des  letzten  abschnittes  dieser 
abhandlung,  dies  aus  seinem  Essay  selber  nachzuweisen  und  zu  be- 
leuchten. 

Das  bedürfniss,  Popes  Stellung  als  theoretiker  klar  zu  erkennen, 
seine  doctrinen  nicht  allein  scharf  zu  formuliren ,  sondern  sie  auch 
mit  den  anschauungen,  auf  denen  er  fusste,  und  mit  denjenigen, 
denen  die  seinigen  weichen  mussten ,  in  die  richtige  Verbindung  zu 
setzen,  ist  nicht  schwer  nachzuweisen  und  ergibt  sich  aus  mehreren 
gründen.  Ich  habe  versucht,  in  der  bereits  in  diesem  blatte  ver- 
öffentlichten abhandlung  über  seinen  Lockenraub  die  einseitigkeit  und 
■consequenz  seiner  ansichten  von  der  poesie  an  seiner  kunstübung 
aufzuzeigen.  Von  einem  solchen  dichter  sind  wir  jedenfalls  auch 
stark  ausgeprägte  theoretische  anschauungen  zu  erwarten  berechtigt, 
deren  interesse  durch  den  umstand,  dass  der  Lockenraub  dem  Essay 
on  criticism  nachfolgte,  nur  gesteigert  wird,  ein  umstand  der  aber 
zugleich  erklärt,  warum  wir  die  auffassungen  Popes  im  Essay  nicht 
in  dem  grade  wie  sie  aus  dem  Lockenraube  indirect  sich  ergeben, 
.entwickelt  zu  tage  treten  sehen  werden. 

Ferner  verdient  der  theoretische  inhalt  von  Popes  Essay  des- 
wegen besondere  aufmerksamkeit ,  weil  diese  dichtung  nicht  allein, 
wie  in  Elwins  ausgäbe  nachgewiesen  ist,  in  England  in  den  schulen 
bis  auf  die  gegenwart  eine  nicht  unbedeutende  rolle  spielt,  sondern 
auch  in  Deutschland  unterrichtliche  Verwendung  findet.  Wie  ich  in 
dieser  ganzen  abhandlung  bemüht  gewesen  bin,  den  pädagogischen 
gebrauch  des  Essay  im  äuge  zu  behalten  und  durch  hinweis  auf  die 
Schwierigkeiten  wie  den  nutzen  einer  eingehenden  lectüre  auf  die 
nothwendigkeit  einer  sehr  sorgfältigen  sachlichen  und  sprachlichen 
erklärung  beim  schulgebrauch  aufmerksam  zu  machen,  so  möchte  ich 
hier  noch  ausdrücklich  das  bedürfniss  betonen,  die  schüler  einer  real- 


lyg  F.  Bobertag 

schul-prima  bei  der  lesung  des  essay  auf  die  besonderen  und  von 
den  jetzt  geltenden  in  mehreren  jjunkten  abweichenden  auffassungen 
Popes  aufmerksam  zu  machen.  Denn  nur,  wenn  dies  in  einer 
klaren  und  verständlichen  weise  geschieht,  kann  einer  Verwirrung 
des  geschmackes  und  des  denkens  über  ästhetische  dinge  vorgebeugt 
werden,  welche  in  den  oberen  classen  der  realschule  durch  die  ge- 
ringere lectüre  der  alten,  die  geringere  sprachliche  bildung  der  real- 
schüler  und  ihre  ausgebreitetere  bekanntschaft  mit  der  viel  bunteren 
und  an  gegensätzen  reicheren  neueren  litteratur  ohnehin  näher  liegt 
als  auf  den  gymnasien.  Die  freude,  Popes  Essay  on  criticicm  mit 
seinen  schillern  zu  lesen,  welche  der  realschullehrer  vor  dem  gym- 
nasiallehrer  voraus  hat,  wird  er  durch  ein  Studium  Popes  erkaufen 
müssen ,  welches  nicht  weniger  mühsam  sein  dürfte ,  als  die  Vor- 
bereitung auf  die  lectüre  des  Tacitus,  Plato  oder  Horaz  in  der  gym- 
nasial-prima. 

Endlich  aber  gehört  Pope  zu  denjenigen  englischen  dichtem, 
deren  grundsätze  und  kunstübung  in  unserem  vaterlande  schnelle  und 
lebhafte  aufmerksamkeit  erregten,  weil  Popes  thätigkeit  in  eine  zeit 
fiel,  da  sich  der  geschmack  Deutschlands  anschickte,  grade  Über- 
wirkungen von  der  art,  wie  sie  von  der  französirenden  schule  der 
Engländer  ausgehen  konnten,  leicht  aufzunehmen,  denn  das  bekannt- 
werden Popes  in  Deutschland  fällt  in  die  Gottschedsche  zeit.  Die 
Verwandtschaft  des  geschmackes  in  der  Gottschedschen  schule  mit 
Pope  ist  bekannt  und  auch  weiter  oben  schon  angedeutet  worden ;. 
ich  beschränke  mich  deshalb,  indem  ich  auf  den  abschnitt  des 
Deetzschen  buches  »Pope  in  Deutschland«,  zu  dessen  ergänzung  das 
folgende  zugleich  dienen  soll,  verweise,  auf  den  Essay  on  criticicm. 
Nachzutragen  ist  folgende,  wenn  man  ihre  qualität  an  und  für  sich 
allein  berücksichtigt,  nicht  mit  unrecht  ziemlich  der  Vergessenheit 
anheimgefallene  schrift:  »Versuch  einer  critik  aus  dem  Englischen 
des  herrn  Pope.  Nebst  einem  versuche  einer  critik  über  die  deut- 
schen dichter'),  auch  einer  zugäbe  einiger  kleineren  Schriften,  von 
M.  Gottfried  Ephraim  Müller.  Dresden  1745,  bei  George  Conrad 
Walther,  königl.  hof-buchhändler. «  In  der  vorrede  redet  der  Ver- 
fasser, welcher  im  jähre  1745  evangelischer  pfarrer  in  der  umgegend 
von  Dresden  war  und  sein  fortkommen  dem  in  den  kleinen  Schriften 
gerühmten  grafen  Brühl  verdankte,  von  der  französischen  bearbeitung 


i)    Dieser  eigene  versuch  ist  hier   nur  neu  abgedruckt.     Vergl.  Beyträge  zur- 
crit.  historie.     Stück  XXIX.     (Leipz.   1842.)     Nr.  9.     Bd.  8.     S.   173. 


Zu    Popes  Essay  on»  criticism  n  q 

des  Essay  on  criticicm  durch  den  abbe  Resnel ,  erwähnt  Brockes 
und  der  Gottschedin  Übertragungen  aus  Pope,  behauptet  aber,  dass 
die  seinige  die  älteste  sei,  da  er  sie  1736  angefangen  und  schon 
länger  als  zwei  jähre  zu  stände  gebracht  habe.  Ob  er,  wie  gleich- 
falls in  der  vorrede  versprochen  wird,  später  weitere  nachrichten  über 
die  poesie  der  Engländer  gegeben  hat,  weiss  ich  nicht.  Der  Über- 
setzung des  Essay  ist  der  überaus  incorrect  interpungirte  text  — 
woher  er  ihn  habe,  sagt  Müller  nicht')  —  gegenüber  gestellt,  und 
ihr  anfang  lautet: 

Wer  sagt  mirs,   welcher  wohl  der  ungeschicktste  bleibt? 
Ob  der,  der  elend  denkt?    ob  der,   der  übel  schreibt? 
Doch,  unter  beiden,  ists  ein  schlimmeres  verbrechen, 
Den  witz  uns  zu  verdrehn,  als  die  geduld  zu  schwächen. 
Nun  hat  man  zwar  nicht  hier,  noch  dort  noch  minder,  recht ; 
Was  einer  elend  schreibt,   das  tadeln  zehne  schlecht. 
Vor  dem  hat  sich  ein  thor,   für  sich  allein,  verlohren ; 
Jetzt  macht  sein  albrer  reim,  in  prosa,  noch  mehr  thoren! 

Hat  unser  urtheil  nicht  mit  uhren  viel  gemein  ? 
Ein  jeder,  sind  sie  schon,  im  gang,   nicht  überein, 
Wird  doch  der  seinen  traun.     Giebts  lauter  gute  dichter? 
Und  sind  die  critici  nicht  oft  die  schlechtsten  richter? 
Wen  zur  critik  und  kunst  des  himmels  reines  licht 
Nicht,  von  natur  bestimmt,  der  taugt  zu  beyden  nicht. 
Lasst  andre,  dies  verstehn,  auch  andre   herzhaft  tadeln, 
Die  lehren,   die  sich  selbst,   durch  eigne  Schriften,  adeln. 
Auf  eignem  witz  bestehn,  ist  der  scribenten  brauch. 
Thuns  nicht  die  critici,  mit  ihrem  urtheil  auch? 

Will  man  die  urtheilskraft  mehr  und  genau  ergründen, 
So  wird  man  ihren  sitz,  fast  bei  den  meisten,  finden 
Man  bringt  zwar,  von  natur,   ein  dunkles  licht  heraus ; 
Doch  auch  den  schwächsten  strich  zieht  man  vollkommen  aus, 
Entwerft  den  besten  riss,  vom  grossen  bis  zum  kleinen, 
Und  wählt  die  färben  schlecht,  wie  elend  wird  er  scheinen  ? 
So  schadet  falsche  kunst  der  trefflichsten  natur. 
Der  schulen  irrlicht  führt  auf  manche  falsche  spur; 
Und  manche  macht  der  wahn  und  dünkelwitz  zum  thoren, 
Und,  wenn  er  Weisheit  sucht,  geht  sein  verstand  verlohren. 

Doch  genug!  Das  mitgetheilte  genügt,  um  Pope  glücklich  zu 
preisen,  dass  er  diese  Übersetzung  seines  werkes  nicht  gelesen  hat. 
Grade  seine  trefflichste  eigenschaft,  die  klarheit,  ist  in  dem  deut- 
schen   gewande    so    in    ihr   gegenthcil    verkehrt,    dass    kein    mensch 


i)  Vergleiche  die  interessanten  notizen  bei  Deetz  a.  a.  0. 


;go  F.  Bobertag 

namentlich  den  letzten  passus  ohne  das  Englische  verstehen  kann. 
Man  »bringt  hier  gar  kein  licht  heraus '<,  nicht  einmal  ein  dunkles, 
kurz  Müller,  der  in  seinen  kleinen  gedichten  wie  in  der  kritik  seiner 
landsleute  keine  üble  lust  zeigt,  so  etwas  wie  ein  deutscher  Pope  zu 
werden,  hat  sein  vorbild  in  vielen  stellen  gar  nicht  verstanden. 

Doch  fassen  wir  Popes  ansichten,  die  lehren  des  theoretikers, 
ohne  uns  auf  den  Standpunkt  der  beurtheilung  des  dichters  zu  stellen, 
ins  äuge ,  um  sie  im  lichte  der  entwickelung  des  theoretischen 
denkens  über  die  poesie  zu  erblicken.  Die  erinnerung  daran,  dass 
wenige  Jahrzehnte  nach  Popes  blüthezeit  sich  eine  auf  erforschung 
der  poesie  entlegener  zeiten  und  Völker  gegründete  anschauung  der 
Sache,  welche  den  namen  der  historischen  auffassung  vollkommen 
verdient,  zu  gestalten  anfing,  genügt,  um  uns  zu  überzeugen,  dass 
Pope  wenigstens  der  zeit  nach  dieser  reform  der  theorie  nahe  stand. 
Was  seine  anschauungen  an  und  für  sich  betrifft,  so  ist  zunächst  zu 
bemerken,  dass  er  nach  seiner  eigenart  und  angemessen  der  ent- 
wickelungsstufe,  die  er  bei  abfassung  des  Essay  on  criticicm  erreicht 
hatte,  sie  zwar  klar,  aber  mit  mässigung  und  ohne  Schroffheit  vor- 
trägt. Wir  knüpfen  an  das  an,  was  weiter  oben  über  seinen  ge- 
brauch des  Wortes  und  begriffes  »nature«  gesagt  ward,  um  Popes 
Selbständigkeit  gegenüber  den  Vorstellungen  Boileaus  zu  würdigen. 
Es  bedarf  keines  besonderen  nachweises,  dass  Pope  mit  den  sätzen 
v.  297  : 


V.   139.   140: 


und  V.  724 


True  wit  is  nature  to  advantage  dressed. 

Learn  hence  for  ancient  rules  a  just  esteem 
To  copy  nature  is  to  copy   them. 

Nature's  chief  master  —  piece  is  writing  well. 


die  grundanschauung,  welche  aller  kunstpoesie,  wonach  die  poesie 
etwas  auf  grund  allerdings  natürlicher  begabung  zu  erlernendes  ist, 
aber  immer  von  dem  einzelnen  durch  lernen  von  denen  ,  die  es 
früher  gelernt  haben,  begriffen  wird,  zu  gründe  liegt,  deutlich  aus- 
spricht. Auf  die  gefahr  hin,  langathmig  genannt  zu  werden,  oder 
denen,  die  in  nichts  anderem  als  neuem  material  und  textkritischen 
erfolgen  kennzeichen  wahrer  wissenschaftlichkeit  erbUcken,  etwas  zu 
sagen,  was  sie,  ohne  direct  widerlegt  werden  zu  können,  vorgeben 
dürfen,  längst  gewusst  zu  haben,  muss  ich  mir,  um  die  Vorstellungen 
Popes  vor  einer  unbilligen  beurtheilung  zu  schützen,  erlauben,  auf 
eine  oberflächliche  betrachtungsweise  aufmerksam  zu  machen,  welche 


Zu    Popes  Essay    on  criticism  8l 

allerdings  nicht  von  irgend  einer  wissenschaftlichen  schule  vertreten 
oder  sonst  wie  in  der  wissenschaftlichen  methode,  mit  der  jetzt 
literarhistorische  forschungen  betrieben  werden,  scharf  zur  geltung 
gebracht,  doch  durch  Schulbücher,  Unterricht,  übUche  Stichwörter  und 
so  weiter  sich  fester  gesetzt  hat,  als  gut  ist,  und  zu  deren  beseitigung 
sich  gerade  in  rein  wissenschaftlichen  arbeiten  wenig  gelegenheit 
bietet.  Es  ist  die  ansieht,  dass  nach  der  auffassung  der  dichter, 
welche  in  näherem  verhältniss  zur  französischen  classik  stehen,  also 
derjenigen,  welche  mehr  oder  weniger  einseitig  in  ihren  dichtungen 
den  begriff  der  kunst-  oder  gelehrten-poesie  verwirklichen,  die  poesie 
darum  etwas  erlernbares  sei,  weil  sie  »reine  verstandessache«  sei. 
Diese  durchaus  oberflächliche  auffassung,  welche  sich  einem  wirk- 
lichen eindringen  in  die  denkweise  der  jener  richtung  angehörigen 
männer  entgegensetzt,  wird  nicht  blos  mit  grosser  plumpheit  auf  den 
gegensatz  zwischen  Gottsched  und  den  Schweizern  angewendet ,  so 
dass  es  herauskommt,  als  ob  nach  Gottsched  die  poesie  so  etwas 
wie  mathematik  gewesen,  und  Bodmer  und  Breitinger  die  phantasie 
und  das  gefühl  entdeckt  hätten,  sondern  sie  drängt  sich  auch  mit 
allerlei  falschen  berufungen  auf  Lessing  und  Herder  in  die  Würdigung 
der  französischen  classiker  ein  und  verwirrt  folgerichtig  auch  das 
verständniss  eines  dichters  wie  Pope.  Ist  denn  überhaupt  alles  in 
dem  masse  reine  verstandessache,  als  es  geeignet  ist,  von  vielen  er- 
lernt zu  werden?  Angenommen,  dass  der  an  sich  recht  wenig  bie- 
tende ausdruck  »reine  verstandessache <;  auf  die  mathematik  voll- 
kommen passte,  so  müsste  die  mathematik  unter  den  schuldisciplinen 
diejenige  sein,  welche  allen  ohne  unterschied  der  individuellen  be- 
gabung  am  leichtesten  verständlich  zu  machen  wäre,  wogegen  die 
tägliche  erfahrung  den  lautesten  protest  erhebt.  Wir  wollen  uns  hier 
nicht  dabei  aufhalten,  zu  erhärten,  wie  in  unserem  Jahrhundert  die 
von  den  romantikern  ausgegangene  und  von  gewissen  theologischen 
schulen  in  ihrer  weise  unterstützte  feindschaft  gegen  den  verstand, 
die  dann  in  historischen  und  philologischen  disciplinen  ihr  analagon 
in  einer  abneigung  gegen  begriffliches  denken  fand,  in  einer  zugleich 
abstracten  und  plumpen  auffassung  und  anwendung  der  Kantschen  Unter- 
scheidung zwischen  erkennen,  begehren,  fühlen  irrthümlich  eine  art  recht 
zu  finden  meinte,  sondern  wir  wollen  nur  gegen  die  einfühning  von 
begriffen,  die  einst  ihre  jetzige  rolle  nicht  spielten,  in  die  denkweise  der 
Vorzeit  protestiren.  Wenn  man  jenen  plumpen  gegensatz  «wischen  dem 
verstände,  der  so  viel  unheil  angerichtet  haben  soll,  und  dem  so- 
genannten gefühl,  welches  als   Universalmittel   angepriesen  wird,  ganz 

E.  Külbing,  Englische  Studien.    UI.     i.  u 


82  F-  Bobertag 

bei  Seite  lässt,  wird  man  sich  leicht  in  die  Vorstellungen  der  dichter 
und  theorctiker  finden,  welche  die  poesie  so  auffassten,  wie  eine 
Wissenschaft,  zu  der  man  natürliche  begabung,  fleissiges  Studium  und 
tüchtige  lehrer  und  Vorbilder  braucht.  In  welcher  Wissenschaft  kann 
man  denn  ohne  natürliche  begabung  dazu  fortschritte  machen,  und 
kann  man  in  irgend  einer  grosses  leisten  ohne  so  etwas  wie  genier 
Und  liegt  denn  das  so  ohne  weiteres  auf  der  band,  dass  es  mehr 
grosse  gelehrte  als  grosse  dichter  gibt?  Die  Humboldte,  Kante  und 
Grimme  sind  nicht  dichter  gesät  als  die  Goethe  und  Schiller,  kurz 
es  lag  der  irrthum  früherer  zeiten  gar  nicht  darin,  dass  sie  die  summe 
der  bedingungen,  die  den  einzelnen  grossen  dichter  machen ,  der 
summe  derjenigen,  welche  den  einzelnen  grossen  gelehrten  machen, 
sich  im  ganzen  als  gleichwerthig  dachten,  und  zwar  lag  der  irrthum 
hierin  deshalb  nicht,  weil  das  gar  kein  irrthum  ist,  sondern  sie  ver- 
kannten die  Qualität  der  bedingungen  und  die  grössere  abhängigkeit 
des  dichters  und  künstlers  überhaupt  von  weiteren  bedingungen, 
die  zu  denen  des  gelehrten  in  viel  weniger  enger  beziehung  stehen : 
nationalität ,  spräche,  religion,  äussere  lebensverhältnisse ,  politische 
zustände  und  dergleichen.  Wenn  es  einer  sache  erst  einen  rechten 
anstrich  gibt ,  wenn  man  sie  dialektisch  fasst,  so  können  wir  sagen : 
sie  betrachteten  die  poesie  eben  darum  als  sache  des  einzelnen,  weil 
sie  sie  als  sache  aller  betrachteten,  denn  was  sache  aller  ist,  das  ist 
eben  auch  sache  des  einzelnen,  nicht  sache  der  grösseren  gemein- 
schaften  und  gruppen,  die  zwischen  der  menschheit  und  dem  indivi- 
duum  liegen.  Wo  die  grösseren  und  kleineren  gemeinschaftsformen 
als  solche  träger  der  cultur  sind,  in  den  culturgebieten,  welche  das 
Vorhandensein  und  das  leben  gewisser  gemeinschaftsformen  voraus- 
setzen, hat  eben  der  einzelne  bestimmter  und  enger  begrenzte  be- 
dingungen des  Schaffens  als  in  anderen,  die,  wie  die  Wissenschaften, 
nur  von  der  geistigen  beschafifenheit  einzelner  menschen,  dem  Vor- 
handensein oder  der  erreichbarkeit  des  geistig  zu  erfassenden  ma- 
terials  und  ganz  allgemeinen  bedingungen  der  entwickelung  eines 
einzelnen  geistes  abhängig  sind.  Was  in  der  zweiten  hälfte  des 
vorigen  Jahrhunderts  gefunden  wurde,  war  dies,  dass  die  poesie  ein 
sich  forterbender  schätz  der  Völker,  ein  nationalbesitz  sei,  man  soll 
sich  aber  doch  darüber  nicht  täuschen,  dass  diese  bemerkung  viel- 
leicht allerdings  einigen  genies  oder  tiefsinnigen  geistern  aufgedämmert 
wäre,  niemals  aber  allgemeine  geltung  gewonnen  und  sich  als  ein 
das  völlig  empirische,  historische  und  philologische  forschen  be- 
herrschendes  axiom  festgesetzt  hätte,    wenn    man   nicht   eine  anzahl 


Zu    Popes  Essay  on  criticism  83 

von  dichtungen  kennen  gelernt  hätte,  denen  die  kraft  des  poetischen 
eindruckes  von  allen  in  einem  sehr  hohen  grade  zugesprochen 
werden  musste,  die  aber  nach  ihrer  beschaffenheit  auf  eine  sehr  viel 
andere  weise  entstanden  sein  mussten,  als  dichtwerke  bei  modernen 
und  hochgebildeten  Völkern  zu  entstehen  pflegen,  und  als  man  sich 
seit  Aristoteles  her  die  entstehung  von  dichtungen  zu  denken  ge- 
wohnt war.  Wer  da  glaubt,  dass  die  mit  dem  aufschwunge  der 
speculativen  philosophie  in  Deutschland  ja  unleugbar  verbundenen 
tieferen  einsichten  in  das  wesen  aller  kunst  und  somit  auch  der 
poesie  in  den  arbeiten  der  männer,  welchen  wir  die  feststellung  der 
eben  erwähnten  thatsachen,  denen  wir  unsere  jetzige  auffassung  von 
der  entstehung  der  Homerischen  dichtungen ,  des  Nibelungenliedes, 
vieler  abschnitte  im  Alten  testamente  u.  s.  w.  verdanken,  eine  rolle 
spielen,  der  muss  nie  einen  blick  in  die  beweisführung  eines  F.  A. 
Wolff,  eines  Lachmann  gethan  haben.  Niemand  kann  gegen  jede 
ästhetisch-philosophische  theorie  widerhaariger  sein,  als  gerade  diese 
meister  der  höheren  kritik,  aber  gerade  diese  fast  fanatische  rein- 
erhaltung  der  philologischen  methode  war  nothwendig,  um  die  tiefere 
erkenntniss  der  poesie  des  kindes-  und  Jünglingsalters  der  Völker,  als 
etwas  an  sich  selbst  thatsächlich  ausgemachtes  fest-  und  vor  der 
mitleidenschaft  von  den  Veränderungen  der  philosophischen  Systeme 
und  Standpunkte  sicher  zu  stellen.  Es  soll  nicht  geleugnet  werden, 
dass  uns  die  Kantische  philosophie  und  die  sich  an  sie  anschliessende 
speculative  entwickelung  auch  allein  tiefere  einsichten  in  das  wesen 
des  schönen,  der  kunst,  der  poesie  zugeführt  haben  würde,  als  sie 
Pope  und  seine  Zeitgenossen  und  Vorgänger  besassen,  aber  man  darf 
sich  wol  fragen,  was  aus  diesen  einsichten  in  der  neuesten  zeit,  da 
die  speculative  philosophie  in  abgang  kam  und  den  grössten  theil 
ihres  machtgebietes  im  stich  lassen  musste,  da  zugleich  von  den 
lehrstühlen  der  geschichte,  philologie,  theologie,  physik,  physiologie, 
botanik,  chemie  und  so  weiter  gegen  Hegel  und  die  seinigen  das 
kreuz  gepredigt  wurde ,  würde  geworden  sein ,  wenn  unsere  richti- 
geren auffassungen  von  poesie  nicht  längst  bessere  stützen  gefunden 
hätten. 

Weiter  auf  diese  Vorgänge  im  wissenschaftlichen  leben  des 
letztverflossenen  Jahrhunderts  einzugehen,  ist  nicht  nöthig ,  da  wir 
dies  hier  nur  deshalb  zu  thun  haben,  um  zu  zeigen  ,  dass  man  von 
ihnen  eben  abstrahiren  muss ,  um  denen ,  die  vor  ihnen  lebten  und 
dichterisch  thätig  waren,  nicht  unrecht  zu  thun,  wenigstens  ihrer 
anschauungsweise,  ihrem  bewusstsein  von  dem,  was  sie  schufen.    Denn 

6» 


84  F.  Bobertag 

dass  wir  ihren  poetischen  erzeugnissen  selbst  von  unserem  fort- 
geschrittenen Standpunkte  aus  nicht  entfernt  den  poetischen  werth 
zusprechen  können,  welchen  ihnen  ihre  Zeitgenossen  beilegten,  glaube 
ich  schon  früher  in  bezug  auf  Pope  entschieden  genug  ausgesprochen 
und  auch  begründet  zu  haben.  Wenn  man  anders  den  eben  hervor- 
gehobenen wissenschaftlichen  fortschritten  des  letzten  Jahrhunderts 
die  tragweite  und  bedeutung  beimisst,  wie  ich  sie  eben  andeutete, 
wird  man  sich ,  dünkt  mich  ,  leicht  in  Popes  ansieht  finden  können, 
ja  man  wird  einerseits  sagen  müssen ,  dass  er  nach  dem  umfange 
seiner  erfahrung  über  beschaffenheit  und  entstehung  von  dichtungen, 
nach  dem  ihm  vorliegenden  literarhistorischen  material  nicht  anders 
denken  konnte.  Man  wende  hier  nicht  ein,  dass  Pope  ja  den  Homer 
kannte.  Ohne  analogien ,  ohne  induction ,  ohne  beobachtung  einer 
anzahl  von  erscheinungen ,  welche  von  einander  nicht  abhängig 
sind,  ist  eine  feststellung  von  gesetzen  historischer  entwickelung  nicht 
möglich,  und  den  historischen  Wissenschaften  fehlt  das  sichere  mittel, 
analogien  zu  erzwingen,  welches  den  naturwissenschaften  zur  seite 
steht,  das  experiment.  Man  sehe  nur  Popes  Homer  an,  so  wird 
man  bemerken,  dass  er  in  Homer  das  sah,  was  er  aus  analogie  der 
anderen  ihm  vorliegenden  dichtungen,  welche  kunstdichtungen,  werke 
einzelner  waren,  zu  sehen  und  zu  beobachten  gewohnt  war,  und  man 
soll  auch  nie  vergessen,  dass  denn  doch  die  philologisch -historische 
kritik  an  dem  NibelungenUede,  dem  Alten  testament,  den  liedern  der 
Edda  u.  s.  w.  ein  material  gefunden  hat,  an  welchem  sie  die 
Verschiedenheit  in  der  entstehung  von  dichtungen  aus  kindlichen  und 
jugendlichen  kulturperioden  von  dem  schaffen  der  einzelnen  kunst- 
dichter klarer  und  schärfer  ins  licht  zu  stellen  vermochte,  als  an  der 
Ilias  und  Odyssee.  Aber  nicht  allein  Popes  theoretischen  Standpunkt 
in  seinen  grundlagen  wird  man  sich  dann  als  historisch  begründet 
voUkomm.en  erklären  können,  sondern  man  wird  auch  die  Sicherheit 
bewundern  müssen,  mit  der  er  die  letzten  consequenzen  zog,  mit  der 
er  zu  einem  resultate  kam,  welches  schliesslich  als  der  gedanke 
bezeichnet  werden  muss ,  der  seinem  Essay  die  berechtigung  des 
themas ,  der  anläge  und  durchführung  gegenüber  den  verwandten 
arbeiten  seiner  Vorgänger  verlieh  und  eben  darum  auch  als  der 
eigentliche  schlüssel  zum  verständniss  und  zur  Würdigung  dieses 
Werkes  anzusehen  ist. 

Es  ist  bereits  ausgeführt  worden ,  dass  Popes  Essay  schon  des- 
halb das  recht  der  neuheit  zukommt,  weil  er  auf  den  gedanken 
gekommen  war,   den  gedichten  über  die  poesie  ein  gedieht  über  das 


Zu    Popes  Essay  on  criticism  85 

urtheilen  und  denken  über  die  poesie  hinzuzufügen.  Es  ist  aber  noch 
zu  zeigen,  dass  wir  hier  nicht  blos  eine  rein  logische  oder  dialektische 
reflexion  vor  uns  haben,  die  in  infinitum  fortgesetzt  werden  kann,  so 
dass  auf  die  theorie  der  theorie  oder  die  kritik  der  kritik  eine  theorie 
zur  dritten  potenz  und  eine  kritik  der  kritik  der  kritik  u.  s.  w.  mit 
demselben  recht  folgen  könnte.  Nein,  Popes  unternehmen  beruht 
auf  einem  klaren  und  reellen  gedanken,  eben  jener  nur  bei  ihm 
fruchtbar  gewordenen  letzten  consequenz  der  von  ihm  aufgenommenen 
und  wohldurchdachten  anschauungen ,  und  dieser  gedanke  ist  die 
Überzeugung  von  der  absoluten  untrennbarkeit  der  theorie  und  praxis 
in  der  poesie.  Die  Überzeugung  steht  für  Pope  so  fest'),  dass  man 
von  ihm  sagen  kann,  er  behaupte  die  völlige  identität  des  dichters 
und  des  kritikers,  der  kritiker  sei  ihm  soviel  kritiker,  wie  er  dichter 
ist,  und  der  dichter  soviel  dichter,  wie  er  kritiker  ist.  Nur  muss 
man  Pope  so  verstehen,  dass  die  gleichmässige  ausbildung  beider 
thätigkeiten  oder  fähigkeiten  in  einer  person  eben  sein  ideal  ist  — 
wahrscheinlich  sah  er  dies  vollständig  nur  in  sich  selbst^)  zur 
Wirklichkeit  geworden.     Aber  man  darf  nicht  den  versen  1 1   ff . 

In  poets  as  true  genius  is  rare, 
True  taste  as  seldom  is  the  critic's  share; 
Both  must  alike  from  heav'n  derive  their  light, 
These  born  to  judge,  as  well  as  these  to  write. 

die  meinung  unterlegen,  dass  von  zwei  verschiedenen  menschenklassen, 
dichtem  und  kritikern,  ausgesagt  werden  soll,  sie  seien  beide  auf 
natürliche  anläge  angewiesen,  sondern  man  muss  sich  t  o  judge  und 
to  write  als  zwei  beschäftigungen  denken,  die  vollkommen  nur  dann 
betrieben  werden  können,  wenn  sie  von  einer  person  betrieben  wer- 
den.    Und  demgemäss  sind  auch  die  verse  28  ff. 

In  search  of  wit,   these  lose  their  common  sense, 

And  then  turn   critics  in  their  own  defence ; 

Each  bums  alike,  who  can,  or  cannot  write, 

Or  with  a  rival's,  or  an  eunuch's  spite. 

All  fools  have  still  an  it  ching  to  deride, 

And  fain  would  be  upon  the  laughing  side. 

If  Maevius  scribble  in  Apollo' s  spite, 

There  are  who  judge  still  worse  than  he  can  write. 

aufzufassen.  Wit  ist  in  Popes  terminologie  mehr  die  productive  kraft, 
common    sense  mehr  die  fähigkeit  der  beurtheilung    des    schönen 


i)  Es  bedarf  nur  der  andeutung,    das.s    auch  Boileau  sich    dieser   auffassung 
genähert  hat.     Cf.   s.  67  dieser  abh.  —  =)  Wie  auch  Boileau.     S.  67. 


36  F.   Bobertag 

in  der  poesie,  jene  braucht  man  zum  dichten,  diese  zur  kritik,  beide 
sind  aber  nur  zusammen  recht  lebens-  und  leistungsfähig ,  und  die 
trennung  der  praxis  und  theorie,  dass  jemand  vom  dichter  zum 
kritiker  wird,  Hegt  in  nichts  anderem,  als  dass  ihm  beides  fehlt.  Wo 
beide  thätigkeiten  von  verschiedenen  personen  ausgeübt  werden ,  da 
ist  das  eben  ein  zeichen,  dass  die  beanlagung  zu  beiden  fehlt.  Wer 
aus  mangel  an  productivem  talent  theoretiker  wird,  thut  dies  aus 
ganz  verwerflichen  gründen,  nämlich  weil  er  seine  eigenen  schlechten 
erzeugnisse  in  schütz  nehmen  will ,  weil  er  spott-  und  tadelsüchtig 
ist,  weil  das  gefühl  seines  Unvermögens  neid  und  hass  gegen  den 
berufneren  hervorbringt.  Kurz,  es  werden  in  diesen  versen  zustände 
geschildert,  welche  durch  ihre  offenbare  unerspriesslichkeit  zeigen 
sollen,  dass  die  theilung  der  arbeit  hier  verderblich  und  durchaus 
verwerflich  sei.  Dass  diese  auffassung  die  richtige  sei,  lehren  die 
beiden  verse   1 5  und  1 6 : 

Let  such  teach  others  who  themselves  excel, 
And  censare  freely,  who  have  written   well, 

die  den  kürzesten  und  klarsten  ausdruck  von  Popes  meinung  ent- 
halten und  nur  darum  leicht  ihrer  tragweite  nach  unterschätzt  werden 
können,  weil  Pope  unmittelbar  darauf  sagt: 

Authors  are  partial  to  their  wit,  'tis  true, 
But  are  not  critics  to  their  judgement  too? 

eine  ausdrucksweise,  welche,  wenn  man  den  sinn  der  beiden  vorher- 
gehenden verse  nicht  scharf  auffasst  und  genau  festhält,  gleich  wieder 
so  verstanden  werden  kann,  als  ob  Pope  hier  denn  doch  für  die 
theilung  der  arbeit  einträte.  Der  sinn  und  die  logische  Verbindung 
der  vier  verse  ist  aber  genau  besehen  so :  nur  diejenigen ,  welche 
selbst  ausübende  künstler  sind,  sollen  sich  der  theorie  unterfangen 
und  kritik  üben.  Dies  ist  nun  leider  nicht  so,  darum  stehen  sich 
dichter  und  kritiker  rechthaberisch  und  eigensinnig  gegenüber,  ohne 
sich  verständigen  und  ohne  sich  gegenseitig  belehren  und  unterstützen 
zu  können.  Wenn  man  Pope  auf  grund  der  kurzen  geschichte  der 
kritik,  welche  er  weiter  unten  gibt,  gefragt  hätte,  wie  er  denn  seine 
behauptung  mit  dem  preise  des  Aristoteles  vereinigen  könne,  so  würde 
er  vielleicht  weniger  in  Verlegenheit  gewesen  sein,  als  wir  auf  den 
ersten  blick  glauben  möchten.  Er  würde  geantwortet  haben,  dass 
eine  ausnähme  die  regel  nicht  störe,  und  dass  Aristoteles  wol  nur 
seiner  vielen  beschäftigung  wegen  nicht  dazu  gekommen  sei,  als 
dichter  aufzutreten.     Dass  er  es  gekonnt,  habe  er  ja  doch  bewiesen, 


Zu    Popes   Essay  on  criticism  g- 

die  beispiele  von  Horaz  und  Boileau  seien  massgebender,  es  müsse 
ja  auch  nicht  jeder  das,  was  er  verstehe  und  könne,  als  schriftsteiler 
öffentlich  zeigen.  Es  würde  uns  zu  weit  führen  und  Wiederholungen 
in  unerwünschter  anzahl  zur  folge  haben,  wenn  wir  auf  alle  die 
stellen,  bei  denen  man  die  eben  entwickelte  anschauung  Popes  im 
äuge  behalten  muss,  eingehen  wollten,  und  eine  fortlaufende  erklärung 
des  gedankenzusammenhangs  im  Essay  ist  ebensowenig  meine  absieht 
wie  eine  vollständige  darstellung  seines  Systems.  Dass  aber  Pope 
selbst  zwar  das  bewusstsein  hatte,  er  habe  eine  consequenz  gezogen, 
welche  auf  grund  der  geltenden  auffassungen  logisch  richtig  sei,  aber 
doch  ahnte,  dass  sie  wohl  auf  anfechtungen  stossen  würde,  geht 
auf  interessante  weise  daraus  hervor,  dass  er  zwei  stellen  classi- 
scher  autoritäten  als  stützen  seines  satzes  herbeizieht,  eine  aus  der 
Rhetorik  ad  Herennium,  die  er  für  eine  schrift  Ciceros  hielt,  und 
eine  aus  Plinius.')  Er  irrte  sich  hierin  nicht,  denn  Elwins  an- 
merkungen  zeigen,  dass  sich  gewichtige  stimmen  gegen  seine 
behauptung  erhoben.  "Wenn  ich  auch  diesem  commentare  die 
kenntniss  der  interessanten  stellen  Roscoes  und  Addisons  verdanke, 
möge  es  doch  nicht  für  unbescheiden  gelten,  dass  ich  die  art  und 
weise,  wie  die  sache  im  commentare  behandelt  wird,  nicht  als  sach- 
gemäss  bezeichnen  kann.  Man  mag  davon  absehen ,  dass  das  erste 
der  lateinischen  citate  als  ciceronianisch  ohne  remedur  stehen  ge- 
blieben ist,  denn  ich  weiss  nicht ,  ob  die  für  den  erklärenden  lehrer 
hier  liegende  falle  m  England  ebenso  gefährlich  sein  mag,  als  sie 
bei  uns  ohne  zweifei  ist.  Aber  es  ist  nicht  in  der  Ordnung,  dass 
eine  klare  behauptung ,  deren  bedeutung  für  den  Standpunkt  Popes 
jedem  literarhistorisch  und  ästhetisch  gebildeten  leser  einleuchten 
muss,  eben  nur  als  einzelne  schiefe  behauptung  behandelt  wird,  da 
doch  die  nothwendigkeit ,  historisch  auf  diesen  punkt  einzugehen, 
grade  durch  die  stelle  aus  dem  Tatler,  »It  is  ridiculous  for  any  man 
to  criticise  on  the  works  of  another  who  has  not  distinguished  him- 
self  by  his  own  Performances, <;  sich  von  selbst  nahe  legt.  Es  hat 
doch  seine  in  der  entwickelung  der  theorie  liegenden  gründe,  dass 
ein  Roscoe  ganz  anders  urtheilte  und  dass  Addison  den  19.  october 
17 10^)  ganz  ebenso  urtheilte  wie  Pope,  wenn  man  unter  theorie 
nicht    allein    das    systematisch    ausgebildete    und    buchmässig    fixirte 


i)  Die  erste  lautet:  »Qui  scribit  artificiose,  ab  aliis  commode  scripta  facile 
intelligere  poterit,«  die  zweite:  »De  pictore,  sculptore,  fictore,  nisi  artifex,  judicare 
noii  potest.«  —  2)  Dass  Pope  diese  stelle,  wie  es  im  commentar  als  möglich  hin- 
gestellt wird,  copirt  habe,  ist  aus  chronologischen  gründen  nicht  anzunehmen. 


88  F.  Bobcrtag 

nachdenken  über  die  dichtkunst,  sondern  die  von  den  Vertretern  des 
literarischen  Charakters  einer  zeit  festgehaltenen  und  bei  ihrer  kunst- 
übung  in  anwendung  gebrachten  ansichten  und  einsichten  versteht. 
Der  Charakter  der  periode  Popes  mit  seiner  Verständigkeit  und  seiner 
richtung  auf  das  moralische,  wie  er  sich  in  den  moralischen  Wochen- 
schriften Spectator,  u.  a.  ausspricht,  wie  er  das  ganze  schriftstellerische 
wirken  Addisons  bezeichnet,  diese  Verständigkeit,  welche  zugleich 
und  untrennbar  gesunder  menschenverstand,  moralische  vernünftigkeit 
und  geläuterter  ästhetischer  geschmack  zu  sein  sich  bestrebt,  bildet 
den  hintergrund,  auf  dem  wir  den  gedanken  Popes,  der  in  den 
Worten  --^Let  such  teach  others  u.  s.  w.'<  liegt,  zu  erblicken  haben, 
um  ihn  richtig  zu  würdigen.  Wenn  nun  Pope  diesen  gedanken  klar 
ausspricht  und  ihn  in  seinem  ganzen  Essay  festhält,  ja  durch  ihn  — 
und  dies  dürfte  noch  ein  hauptbeweis  für  die  bedeutung  jener  verse 
sein  —  durch  ihn  sich  zu  dem  hirngespinnst  des  engen  ineinander- 
greifens  der  theorie  und  kunst  bei  den  Griechen  verführen  las  st,  wenn 
er  Horaz  hauptsächlich  lobt,  weil  er  dichter  und  theoretiker  zugleich 
war ,  wenn  dann  eine  auffallende  parallelstelle  bei  Addison ,  welcher 
selber,  wie  auch  andere  hervorragende  persönlichkeiten,  mit  gleichem 
erfolge  producirte  und  kritisirte,  gefunden  wird,  so  haben  wir  es  hier 
mit  einer  damals  in  geltung  stehenden  allgemeinen  ansieht  zu  thun, 
welche  Addison  und  Pope  nur  besonders  scharf  formulirten.  Und 
nun  messe  man  einmal  die  relative  Wahrheit  und  berechtigung  jener 
Vorstellungen  von  der  erlernbarkeit  der  poesie  und  der  einheit  von 
theorie  und  kunst  —  nicht  an  Shakspeare,  Nibelungenlied  und 
Psalmen,  sondern  an  Popes  eigener  poesie,  an  dem  Lockenraub  und 
an  dem  Essay  über  den  menschen,  so  kann  man  nicht  nur  fragen: 
was  ist  denn  hier  auffallendes?  sondern  man  muss  fragen:  was  kann 
verständlicher  sein  und  was  hängt  besser  und  klarer  zusammen  als 
eine  solche  ideenreihe? 

Wie  mir  scheinen  will,  wird  aber  in  dem  commentar  zu  der  in 
rede  stehenden  stelle  Popes  nicht  allein  der  Wichtigkeit  und  tragweite 
derselben  kein  genügendes  recht,  sondern  auch  der  sinn  seiner  worte 
an  und  für  sich  dürfte  vielleicht  nicht  scharf  genug  aufgefasst  sein. 
Ich  brauche  nur  auf  das,  was  ich  schon  weiter  oben  S.  85  zur 
vertheidigung  Popes  hinsichtlich  der  zwei  verse  11  und  12  gesagt 
habe,  hinzuweisen  und  zu  bemerken,  dass  die  äusserung  Roscoes 
wie  die  des  commentars,  um  gegen  Pope  gerecht  zu  sein,  scharf 
zwischen  dem  schriftstellerischen  auftreten  als  beurtheiler  und 
theoretiker  und  dem  masse  der  urtheilsfähigkeit ,    welches    die    rechte 


Zu    Popes  Essay  on  criticism  gn 

Würdigung  eines  kunstwerkes  bedingt ,  unterscheiden  müssten ,  was 
beide  nicht  thun.  Die  verse  15.  16  legen  diese  nothwendigkeit 
durch  das  wort  teach  nur  noch  viel  näher,  obwohl  mir  es  nicht  im 
mindesten  zweifelhaft  erscheint ,  dass  Pope  auch  bei  dem  t  r  u  e 
taste  in  V.  12  ganz  klar  und  ausscMiesslich  an  die  befähigung  zur 
literarischen  kritik  über  werke  der  dichtkunst  gedacht  hat.  Pope 
schreibt  überhaupt  seinen  Essay  vom  ersten  bis  zum  letzten  buch- 
staben  für  solche,  welche  ästhetisch-kritische  abhandlungen,  Zeitungs- 
artikel oder  bücher  verfassen  wollen ;  gebildeten  Leuten  eine  anleitung 
zum  genusse  von  dichtungen  zu  geben,  ist  ihm  niemals  eingefallen, 
und  jene  Verfasser  von  kritischen  Schriften  sollen  nach  seiner  meinung 
ihre  berechtigung  zum  urtheilen  durch  eigene  poetische  leistungen 
nachweisen. 

Als  ergebniss  dieser  ganzen  erörterung  steht,  für  mich  wenigstens, 
also  fest,  dass  Pope  nicht  allein  mit  vorbedacht  den  satz  von  der 
nothwendigen  einheit  von  kritik  und  production  auf-  und  seinem 
Essay  voranstellt,  sondern  dass  er  damit  auch  etwas  durchaus  in 
den  auffassungen  seiner  zeit  begründetes,  etwas  damals  ganz  ver- 
nünftiges und  richtiges  sagt.  Wie  wir  über  die  ganze  gruppe  von 
anschauungen ,  auf  der  sein  satz  ruht ,  also  auch  über  diesen  satz 
hinweggekommen  sind,  habe  ich  schon  anzudeuten  mich  bemüht,  imd 
es  scheint  mir  hier  nicht  der  ort,  weder  weit  ausgreifende  beziehungen 
in  der  literatur  des  vorigen  Jahrhunderts  aufzusuchen,  noch  die 
Wandelungen  des  geschmackes  ins  einzelne  zu  verfolgen.  Aber  eins 
möchte  ich  noch  fragen:  Wären  wir  Deutschen  denn  wirklich  viel 
klüger  als  Pope,  wenn  die  entwickelung  unserer  nationalliteratur  nicht 
über  Lessing  hinausgekommen  wäre? 

Ehe  ich  aber  völlig  abschliesse,  möchte  ich  noch  darauf  hin- 
weisen, dass  wir  in  den  theoretischen  dichtungen  Popes  und  Boileaus, 
so  sehr  sie  im  ganzen  als  endpunkte  einer  langen  entwickelung,  als 
abschliessend  zu  betrachten  sind,  dennoch  bereits  die  spuren  und 
keime  der  nach  ihnen  deutlich  durchbrechenden  tieferen  einsieht  in 
das  wesen  der  poesie  vorfinden.  Wir  dürfen  uns  auch  deswegen 
hierbei  noch  einen  augenblick  aufhalten,  weil  es  billig  ist,  dass  nicht 
blos  gezeigt  werde,  inwiefern  der  Engländer  über  den  Franzosen, 
sondern  auch,  inwiefern  dieser  über  jenen  hinausgeht,  dass  also  beide 
in  einzelheiten  ihrer  zeit  vorauseilen. 

Freilich  nur  in  einzelheiten  und  auch  nur  ahnend  und  die 
ahnung  nur  flüchtig  festhaltend.  Bei  Pope  haben  wir  diese  ahnungen 
einer  tieferen  einsieht   in   der  einführung  der  Vorstellung   »natura  <   zu 


QO  F.  Bobertag 

finden,  und  es  ist  in  bezug  hierauf  schon  zur  genüge  nachgewiesen 
worden ,  wie  wenig  entwickelte  begriffe  alles  zeigt ,  was  er  darüber 
sagt.  Es  mag  hier  nur  noch  aus  dem  gesichtspunkte ,  von  dem  wir 
in  diesem  augenblick  die  sache  betrachten,  hinzugefügt  werden ,  was 
uns  bei  der  vergleichung  des  Popeschen  und  Boileauschen  gedanken- 
ganges  nicht  interessiren  konnte ,  nämlich  dass  P'opes  begriff  von 
der  natur,  wiefern  sie  in  bezug  zur  kunst  tritt,  zwei  modificationen 
hat,  eine  subjective  und  eine  objective.  Wenn  wir  jene  als  natürliche 
anläge  bezeichnen,  diese  als  Wirklichkeit,  so  verbessern  wir  die 
unfertigen  gedanken  des  dichters,  aber  es  ist  kein  zweifei,  dass  in 
der  einen  Vorstellung  die  keime  zu  dem  begriffe  >^genie<^^ ,  in  der 
anderen  die  zu  dem  begriffe  >matur«  liegen,  und  es  ist  bekannt,  dass 
diese  begriffe  oder  vielmehr  die  sie  bezeichnenden  worte  —  denn 
die  grosse  menge  hat  nur  mit  worten  zu  thun  —  wenige  decennien 
nach  Pope  das  feldgeschrei  der  neuerer  auf  ästhetischem  gebiete 
wurden.  Somit  liegen  in  den  stellen  Popes,')  wo  »nature«  in  einem 
auf  die  poesie  bezogenen  sinne  vorkommt,  meiner  meinung  nach  die 
wichtigsten  ahnenden  ausblicke  des  dichters  auf  die  zukunft  vor. 
Es  ist  aber  nicht  im  mindesten  zweifelhaft,  dass  diese  ideenkeime, 
hätten  sie  zur  entwickelung  bei  ihm  gelangen  sollen ,  nicht  allein 
seine  theoretischen  einsichten  auseinander  gesprengt ,  sondern  auch 
seine  kunstübung  aus  dem  geleise  gebracht  und  lahm  gelegt  haben 
würden.  Der  dichter,  welcher  auf  den  durch  den  Lockenraub  er- 
worbenen lorbeeren  ausruhen  wollte,  musste  sich  gegen  die  bedeutung 
des  »genies«  und  der  »natur«   ablehnend  verhalten. 

Auch  bei  Boileau  finden  wir  stellen ,  welche  schon  an  Vor- 
stellungen anklingen,  die  weit  später  erst  zur  geltung  gelangten,  weil 
sie  erst  in  einer  anderen  zeit  ihrer  tragweite  nach  gewürdigt  werden 
konnten.  Ich  meine  hier  namentlich  die  stelle,  deren  gedankengang 
schon  auf  seite  68  angegeben  und  als  höchst  bedeutend  bezeichnet 
worden  ist.  Was  Boileau  hier  sagt ,  tritt  zwar  nicht  so  mit  dem 
deutlichen  augenscheine  der  neuheit  wie  die  Pope'sche  »nature«  auf, 
denn  stellen,  welche  von  der  poesie  alles  gute  für  die  menschen  ab- 
leiten, sind  so  alt  wie  die  poesie  selber,  und  es  soll  die  möglichkeit 
nicht  bestritten  werden,  dass  Boileau,  wie  bei  vielen  anderen  stellen, 
so  auch  bei  v.  133  ff.  des  vierten  gesanges  aussprüche  oder  längere 
ausführungen  von  antiken  Schriftstellern   im    äuge   gehabt   hat  (sicher 


i)  Ich  will  diese  stellen  nicht  noch  einmal  einzeln  herbeiziehen,  da  es  dem 
leser  sehr  leicht  werden  muss,  meine  ausführungen  in  ihnen  begründet  zu  finden 
und  sie  oben  schon  zusammengestellt  sind. 


Zu    Popes  Essay  on  criticism  91 

wol  die  stelle  Ciceros ,  wo  ratio  und  oratio  sinnig  nebeneinander 
gestellt  werden),  aber  es  wird  schwerlich  vor  Boileau  jemand  mit 
solcher  klarheit  und  soviel  tiefblick  die  würde  der  poesie  aus  ihrem 
zusammenhange  mit  den  idealeren  gebieten  der  kultur  hergeleitet 
haben.  Die  poesie  als  die  cultivirte  rede  überhaupt,  als  die  erste 
form  des  ausdruckes  der  kultur  in  der  spräche,  als  die  sprachliche 
form  des  menschlichen  gemeinschaftsbewusstseins,  des  rechts,  der 
religion,  das  sind  ideen,  die  wir,  nur  in  glänzenderer  und  gereifterer 
gestalt,  bei  Herder  und  Jacob  Grimm  wiederfinden.  So  nahe  ist  denn 
doch  niemand  früher  und  auch  unter  Boileaus  Zeitgenossen  keiner 
der  anschauung  gekommen,  dass  die  poesie  ursprünglich  nichts 
anderes  war ,  als  der  sprachliche  ausdruck  für  das  alles ,  was  über 
das  gemeine  tägliche  leben  des  leibes  und  das  egoistische  interesse 
des  einzelnen  menschen  hinauslag.  Wenn  Boileau  länger  bei  dieser 
ideenreihe  verweilt  hätte ,  so  würde  er  sicher  auf  die  folgerung  ge- 
kommen sein,  dass  die  poesie  überall  älter  sei  als  die  prosa,  dass  die 
einzelnen  gattungen  sich  aus  einer  urpoesie  müssten  entwickelt  haben, 
dass  die  poesie  der  urzeit  ein  besitz  der  Völker  gewesen  sei,  und  auf 
eine  menge  von  dingen,  welche  ihn  an  einsieht  hoch  über  leute  wie 
Scaliger,  Gerardus,  Vossius  u.  s.  w.,  die  ihn  an  gelehrsamkeit  wie 
riesen  überragten ,  gestellt  haben  würden.  Zu  solchen  folgerungen 
war  noch  nicht  die  zeit  da,  warum,  braucht  nicht  erst  erörtert  zu 
werden.  Das  ergebniss  aber  steht  fest,  dass  die  beiden  grössten 
theoretiker  und  feinsten  geschmacksrichter  der  rococcozeit  jeder  auf 
einem  anderen  punkte  einer  tieferen  einsieht  in  das  wesen  der  poesie, 
als  sie  selbst  vertraten ,  nahe  gekommen  sind ,  und  zwar  Pope  einer 
tieferen  psychologischen  und  philosophischen,  Boileau  einer  historischen 
auffassung.  Ob  ich  vielleicht  in  dem  bemühen,  möglichst  genau  die 
grenzen  der  einsieht  Popes  festzustellen ,  etwas  zu  weit  gegangen 
bin,  mögen  andere  beurtheilen,  und  dies  wird  sich  namentlich  zeigen, 
wenn  es  jemand  unternimmt,  den  ganzen  gedankengehalt  des  Essay 
genau  zu  zergliedern  und  zu  systematisiren ,  so  wie  ich  die  punkte, 
welche  mir  historisch  die  wichtigsten  schienen ,  schärfer  aufzufassen 
versucht  habe.  Als  umfassendste  Vorarbeit  hierzu  dürfte  immer  noch 
Warburtons  commentar  anzusehen  sein ,  doch  kann  man  dem ,  der 
ihn  wort  für  wort  zu  benutzen  hat,  nicht  gerade  dazu  gratuliren. 

Breslau,  märz  1879. 

Felix  Bob erta  a;. 


Q2  E.  Kölbing 


KLEINE  BEITRÄGE  ZUR  ERKLÄRUNG  UND  TEXT- 
KRITIK ENGLISCHER  DICHTER. 


I. 

i)  Beövulf  V.   i68  f.: 

N6  he  pone  [g]if  stol  gretan  moste, 
mä|)dum  for  metode,  ne  his  myne  wisse. 

Nach  den  früheren,  im  ganzen  wenig  gelungenen  erklärungen 
dieser  stelle  sind  kürzlich  zwei  neue  aufgestellt  worden,  welche  beide 
der  beachtung  werth  erscheinen,  Körner  (Engl.  stud.  II.  p.  249) 
versteht  unter  gif  stol  den  thron  gottes^  und  meint,  die  myne  zeige 
sich  in  der  spendung  von  kleinoden.  »Grendel  bewohnte  nebelige 
moore  und  den  menschen  unbekannte  gegenden,  in  düsteren  nachten 
hielt  er  sich  in  Heorot  auf,  da  ihm  das  himmlische  reich 
verschlossen  war.«  Ich  kann  mich  mit  dieser  auffassung  aus 
mehreren  gründen  nicht  befreunden.  Erstens  glaube  ich  nicht,  dass 
es  angeht,  den  artikel  pone  durch  das  folgende:  for  metode,  zu 
erklären,  wie  K.  will;  pone  muss  vielmehr  auf  ein  vorhergehendes 
subst,  zurückweisen.  Zweitens  aber  passt  viaddiim  schwerlich  zur 
bezeichnung  eines  so  geistigen  dinges ,  wie  der  gabenstuhl  gottes. 
Und  endlich  scheint  mir  der  von  Körner  geforderte  gedanke  dem 
zusammenhange  fremd  zu  sein:  vor  und  nach  diesen  versen  ist  nur 
von  dem  schaden  die  rede,  welchen  Grendel  in  der  halle  Heorot 
anrichtet ;  dass  derselbe  sich  vergebens  nach  dem  eintritte  in  das 
himmlische  reich  gesehnt  haben  sollte,  scheint  mir  der  ganzen 
theologischen  auffassung  dieses  unthiers  (um  mich  so  auszudrücken) 
seitens  des  dichters  oder  der  dichter  zu  widersprechen. 

Eine  zweite  deutung  versucht  Wülcker,  Anglia  I.  p.  185  f.  Er 
bemerkt  sehr  richtig:  »Wenn  man  gelesen  hat,  wie  Grendel  grämlich 
und  zornig  über  den  bau  von  Heorot  ist,  dann,  dass  er  nachts  in  die 
halle  geht,  aus  welcher  die  Dänen  vor  ihm  geflohen,  liegt,  meiner 
ansieht  nach,  die  frage  am  nächsten,  nicht,  warum  setzt  er  sich 
nicht  auf  den  in  der  halle  stehenden  thron,  sondern,  warum  reisst 
er  nicht  die  ganze  halle  zusammen?«  Er  versteht  demzufolge  unter 
gif  stol  die  ganze  halle  Heorot  und  gibt  gretan  durch  angreifen ,  ver- 
heeren,   wieder.     Soweit  bin  ich  ganz  mit  ihm  einig;    wenn  er  aber 


Kleine  beitrage  zur  erklärung  und  textkritik  englischer  dichter.   I  g  7 

die  folgenden  worte:  7ie  his  mytie  wisse,  übersetzt  mit:  noch  trug  er 
verlangen  darnach  (das  vorhergesagte  zu  thun) ,  so  vernichtet  er 
selbst  wieder  das  ansprechende ,  welches  in  seiner  auffassung  lag. 
Wozu  dann  vorher  die  pathetische  Versicherung,  dass  der  Schöpfer 
ihn  an  der  Vernichtung  der  halle  hindert,  wenn  er  selbst  keine  lust 
dazu  hat?  Und  auf  die  frage,  warum  er  kein  verlangen  darnach 
trug,  fehlt  uns  vollends  die  antwort;  Wülcker  hat  diese  frage  auch 
nicht  aufgeworfen.  Ich  verstehe  die  obigen  worte  so :  und  wusste 
auch  nichts  von  seiner  (sc.  des  Schöpfers)  absieht,  d.  h.  er  wusste 
nicht,  dass  es  in  des  Schöpfers  plan  lag,  ihn  bei  einem  seiner  besuche 
in  der  halle  zu  verderben,  sonst  würde  er  dieselbe  überhaupt  nicht 
einmal  betreten  haben.  Myfie  in  der  bedeutung:  cogitatio,  intentio, 
ist  durch  die  parallelstellen  bei  Grein  hinreichend  gesichert.  Andrer- 
seits konnte  dem  hörer  oder  leser  die  beziehung  dieser  worte  nicht 
lange  zweifelhaft  bleiben,  da  gleich  im  nächsten  abschnitte  des 
gedichtes  der  held  Beövulf,  den  der  schöpfer  als  Werkzeug  für  die 
ausführung  seines  planes  benutzt,  in  die  erzählung  eingeführt  wird. 
Ich  übersetze  also  v.  168  f:  Nicht  vermochte  er  den  königssitz 
zu  zerstören ,  das  prachtgebäude ,  vor  dem  schöpfer ,  noch  wusste 
er  etwas  von  seiner  absieht.  Ohne  diese  erklärung  für  unfehlbar 
halten  zu  wollen,  möchte  ich  sie  wenigstens  zu  weiterer  erwägung 
empfehlen. 

2)  Assurapcioun  de  notre  dame,  edd.  Lumby); 
fragment  (==  A)  v.   163  f 

Sone,  help  me  nu  ihc  haue  ned, 
pat  me  haue  of  pe  feond  no  dred. 

V.   164  lies  ine  (=  ihc  ?ie)  für  i/ie. 

3)  Das.  v.   226: 

And  hym  |)uste  heo  was  sori. 

fyusfe  wird  im  glossar  p.  138  für  diese  stelle  mit  »thought« 
wiedergegeben  und  von  pi/ite,  it  seemed,  getrennt.  Ich  wusste  aber 
wirklich  nicht,  von  welchem  verbum  diese  form  abzuleiten  sein  sollte. 


*)  Eine  Untersuchung  über  die  quelle  dieses  gedichtes  muss  ich  so  lange  auf- 
schieben, bis  ich  mir  eine  abschrift  der,  wie  es  nach  den  p.  125  f.  gegebenen 
proben  scheint,  sehr  wichtigen  Cambridger  hs.  Dd.  I.  I.  verschaffen  kann.  Nur 
das  sei  bemerkt ,  dass  die  behauptung  des  herausgebers  (p.  VIII) ,  von  den  zwei 
von  Tischendorf  edirten  lat.  fassungen  des  Transitus  Mariae  »the  latter  corresponds 
almost  exactly  with  our  english  Version«  schon  insofern  unrichtig  ist,  als  lat.  B. 
von  der  vision  des  Thomas  nichts  weiss.  Auch  von  der  Interpunktion  der  ausgäbe, 
die  nicht  immer  ganz  so  sorgfältig  ist,  als  man  es  wünschen  sollte,  sehe  ich  im 
folgenden  ab. 


«4,  E.  Kölbing 

Nun   bemerkt   Lumby    selbst    p.    IX,    dass    in   der  hs.    öfters  s  für  3 
geschrieben  sei;  es  ist  also  sicherlich  auch  hier  ßi/^fe  zu  lesen. 

4)  Vollständige  version   desselben    gedichtes  (=  B) 

V.   18  ff.: 

He  callid  no  men  mo  him  to 

and  Seide:   »Womnian,  lo  here  pi  sone, 

and,  man,  take  hure  to  moder  in  good  wone, 

and  penkef)  on  niy  sorwe  nowe, 

how   I  hange  here  abowe, 

how  I  hange  apon  a  tre, 

ful  sore  I  wote  hit  rewef)  pee. 

Dass  hier  schon  Jesus  seine  mutter  der  obhut  des  Johannes 
übergibt,  ist  unpassend,  da  dieses  factum  v.  52  ff.  noch  einmal 
berichtet  wird.  Durch  die  vergleichung  von  engl.  A  ergibt  sich, 
wie  dieser  fehler  entstanden  ist.     Es  heisst  nämlich  dort  v.   16  ff.: 

Ne  clepede   he  hym  feren  no  mo, 

and  sede:    »Wif,  lo  her  pi  child, 

f)at  on  pe  rode  is  ispild: 

nu  ihc  am  honged  on  pis  tre, 

wel  sore  ihc  wot,  hit  rewep  pe. 

Ein  minstrel,  der  das  lied  vortrug,  setzte  für  c/iiM,  v.  17,  sone 
ein ,  wodurch  ihm  die  folgende  zeile  aus  dem  gedächtniss  kam ;  er 
erinnerte  sich  nun  zur  unrichtigen  zeit  an  das  bekannte :  Mulier,  ecce 
filius  tuus!  (Joh.  19  v.  26)  und  bezog  so/ie  fälschlich  auf  Johannes,, 
statt  auf  Jesus,  was  ihn  veranlasste,  auch  das:  Ecce,  mater  tual  im 
folgenden  verse  beizufügen.  Es  ist  das  ein  interessantes  beispiel  für 
die  beeinflussung  des  textes  durch  mündliche  Überlieferung ;  denn  bei 
einer  abschrift  hätte  das  ja  nicht  passiren  können. 

5)  Das.  v.   26  ff. : 

Wipowte  gilt  I  pole  dede; 

but  pei  have  wille  to  louen  me, 

for  wham  I  hange  on  pis  tre, 

the  Jewis  me  deden  mychel  schäme, 

ther  of  hadde  I  neuer  blame. 

Ich  weiss  nicht,  wie  der  herausgeber  v.  27  verstanden  hat:  so 
wie  die  worte  hier  stehen,  scheinen  sie  mir  keinen  sinn  zu  geben.. 
Die  entsprechenden  verse  in  A  lauten  (v.  22  fif.): 

Bipute  gult  ihc  polie  pis  ded. 

Mine  men  pat  a^te  me  to  loue, 

for  whan   ihc    com   fram   heuene    abuue, 

me  hauep  idon  pis  ilke  schäme. 

Ihc  naue  no  gult,  hi  bup  to  blame. 


Kleine  beitrage  zur  erklärung  und  textkritik  englischer  dichter.  I  gs 

Aus  A  V.  23  ergibt  sich,  dass  wir  B  v.  27  natu  für  haue  ein- 
zusetzen haben :  Aber  sie  haben  keinen  willen,  mich  zu  lieben  etc. 

6)  Das.  V.   75  f.: 

Thei  louede  hure  wel  with  al  here  myzt, 
sehe  it  serued  and  pat  was  ryjt. 

Der  herausgeber  macht  dazu  die  randbemerkung :  She  serves  all 
that  need  aid.  Im  glossar  ist  seruen  nicht  aufgeführt,  und  so  ver- 
muthe  ich ,  dass  er  die  worte :  sehe  it  serued,  missverstanden  hat ; 
serued  steht  gewiss  für  deserued,  also:  sie  verdiente  es,  sc.  dass  man 
sie  hebte;    vgl.  Guy  of  Warwick,  edd.  Zupitza,  v.  2581   f.: 

I  loue  the  dewke  ouyr  all  thynge ; 
he  hath  hyt  seruyd,  wythoute  lesynge. 

Dass  an  der  entsprechenden  stelle  von  A  (v.  70:  for  heo 
seruede  hem  7vel  ri^te)  seruen  anders  aufgefasst  ist,  darf  uns  nicht 
irre  machen. 

7)  Das.  V.  225  f.: 

lohan  and  pe  apostles,  where  so  |)ei  bene, 
schulle  alle  come  for  to  sene. 

Die  entsprechende  stelle  in  A  (v.  221   f.)  lautet: 

lohan  and  pe  apostles,  whei  hy  be, 
alle  hi  schulle  come  to  me. 

Es  ist  deshalb  in  B  v.  226  hinter  come  sicherlich  j}ie  einzuschalten. 

8)  Das.  v.  317  ff.: 

Than  seide  Petyr  to  seynt  Ion: 
»Whi  art  pou  so  sory  a  mon  ? 
Whi  wepistou  and  what  is  pee? 
For  felaschip  teile  fiou  me, 
I  schal  p)ee  seie,  seynt  Ion, 
whi  I  am  so  sory  a  mon. 
But  seie  me  fürst,  for  godes  loue, 
whi  ^e  am  hider  icome, 
and  weryn  so  wide  isprad ; 
seiep  what  haf)  50U  hidre  ilad?« 

Die  vorliegende  Schreibung  dieser  zeilen  in  der  ausgäbe  ist 
widersinnig;  darnach  würde  die  ganze  rede  v.  318 — 26  dem  Petrus 
angehören,  der  doch  v.  327  aufs  neue  zu  sprechen  anfängt.  Mit 
V.  321  muss  vielmehr  die  rede  des  Johannes  einsetzen,  der  auf 
die  frage  des  Petrus  antwortet.  Dieser  durch  den  Zusammenhang 
geforderte  sinn  wird  gewonnen,   wenn    wir    mit  einer  unbedeutenden 


q6  E.  Kölbing 

änderung  in  v.  321  seyd  für  seynt  schreiben.  Der  fehler  in  der  hs. 
erklärt  sich  leicht  dadurch ,  dass  der  Schreiber  gewohnheitsmässig 
seytit  zu  dem  namen  Jon  fügte,  während  andrerseits  Jon  öfters  ohne 
dies  adj.  erscheint,  vgl.  v.  308.  Ebenso  gut  kann  natürlich  auch 
seid  vor  scynt  ausgefallen  sein,  wodurch  der  vers  noch  gebessert  wird. 
Die  richtigkeit  dieser  auffassung  hat  Lumby  selbst  durch  seine  rand- 
bemerkung:  St.  John  first  enquires  how  he  7vas  come ,  anerkannt. 
Um  so  auffallender  ist  seine  textconstruktion. 

9)  Das.  V.  605  ff, : 

He  ^af  hem  alle  his  blessinge 
and  stye  to  heuen  f)er  he  is  kynge. 
To  hym  fio  seide  seynt  Jon : 
Felawes,  go  we  soone  anon  etc. 

Zu  V.  12  1  bemerkt  Lumby  richtig ,  him  sei  =  hetn  oder  letzteres 
dafür  einzusetzen.  Ebenso  verhält  es  sich  aber  auch  mit  dem  him 
in  V.  607,  wo  offenbar  nicht  Christus,  sondern  die  apostel  angeredet 
werden. 

10)  Das.  V.  609  f. 

And  turne  we  |)is  processioun, 
and  synge  we  faire  |)orw  |)is  toun. 

Was  soll  turne  mit  dem  blossen  accusativ  hier  heissen?  Man 
kann  doch  die  procession  nicht  umwenden  lassen,  ehe  sie  über- 
haupt arrangirt  ist!  Es  ist  wol  hinter  we ,  to  einzuschieben:  und 
wenden  wir  uns  zu  dieser  procession. 

11)  Das.  V.  611  ff. : 

Ther  was  a  lew  hem  amonge, 
off  pe  apostles  harde  pe  songe, 
to  f)e  beere  he  cam  lepand  etc. 

Der  herausgeber  macht  zu  dieser  stelle  die  randbemerkung : 
A  crip^led  Jew  hears  their  sotig ,  as  they  go  through  Jerusalem. 
Dass  der  fragliche  Jude  ein  krüppel  ist,  scheint  Lumby  aus  v.  665  f. 
zu  schliessen : 

Off  fote,  of  honde  he  hadde  myzt, 

alle  his  lymes  bicome  ful  ry^t. 

Er  Übersieht  aber  dabei,  dass  derselbe  erst  zur  strafe  für  den 
beabsichtigten  frevel  an  Maria's  leiche  den  gebrauch  seiner  glied- 
massen  verloren  hat;  vgl.  Transitus  Mariae  B,  bei  Tischendorf 
p.  131  u. :  Et  ecce  unus  ex  illis,  qui  erat  princeps  sacerdotum 
Judaeorum  in  ordine  suo,  repletus  furore  et  ira  dixit  ad  reliquos  etc. 


Kleine  beitrage  zur  erldärung  und  textkritik  englischer  dichter.  I  q^ 

P.  132:    Et   statim    aruerunt   manus    ejus   ab    ipsius    cubitibus  et  ad- 
haeserunt  lecto. 

12)  Das.  V,  621  f.: 

Praie  pi  lord,  ^if  I  mai  so  be, 
that  he  haue  mercy  on  me, 

V.  621  ist  it  für  /  zu  lesen. 

13)  Das.  V.  623  ff. : 

»Thenke«,  quod  pe  lewe,    »what  I  pee  dede, 

when  pou  was  wdth  us  in  pat  stede, 

when  pi  lord  was  ytakyn, 

and  pou  haddest  him  forsakyn. 

Oure  mayne  pee  knewe  pat  ilke  nyjt 

bothe  bi  speche  and  by  syzt, 

and  seiden  alle,  for  I  stode  pee  bi, 

that  pou  was  of  Jhesus  companye. 

Thou  seidest  with  wordes  and  with  pouzt, 

for  sope  pat  pou  knewe   him  nouzt. 

Praie  pi  lord  of  moche  myzt, 

and  his  moder  pat  art  so  bry5t  etc. 

Ich  habe  diese  lange  stelle  ausschreiben  müssen,  da  es  auf  den 
Zusammenhang  ankommt.  Der  Jude  erbittet  Petri  fürsprache  bei 
gott,  indem  er  sich  auf  einen  dienst  beruft,  den  er  jenem  früher 
geleistet  haben  will.  Er  hatte  ihn  nämlich  gegen  die  beschuldigung 
vertheidigt,  dass  er  ein  anhänger  Christi  sei;  vgl.  Tisch,  a.  a.  o. 
p.  132:  Memos  esto  quod,  quando  in  praetorio  ancilla  ostiaria  te 
recognovit  et  dixit  ceteris  ut  calumniarentur  tibi,  tunc  ego  locutus 
sum  pro  te  bona;  Konr.  v.  Heimesfurt,  Mariae  himmelfahrt  v.  694 
(HZ.  Vm.  p.  186): 

do  schuof   ich  daz  man  dich  lie  gän, 
bes.    auch  Marien    himmelfahrt,    herausg.   von  Weigand,    v,   1266  ff. 
(HZ.  V.  p.  549): 

Las  dir  gedenken  wi  ich  dir 

gefriste  zveinmal  dinen  lip, 

do  daz  cananesche  wip  [so  nach  Haupt' s  emend.] 

dich  inme  garten  ane  sprach 

so  vbelliche  vn  iach 

dv  weres  Jesvs  ivngeren  ein; 

do   sprach   ich   alles   vor   dich    nein. 

Wie  ist  nun  im  englischen  gedichte  der  in  den  gesperrt  ge- 
druckten Worten  der  anderen  Versionen  enthaltene  gedanke  wieder- 
gegeben?    Doch  sicherlich  nicht  in  v.  629:  for  I  stodc  pee  bi;  diese 

E.  Kölbing,  Englische  Studien.     III.     i.  7 


gS  E.  Kölbihg 

eingeschalteten  worte  können  nur  den  sinn  haben:  (ich  muss  das 
wissen,  sc.  dass  alle  dich  beschuldigten)  denn  ich  stand  neben  dir. 
Verschwiegen  kann  aber  der  dichter  den  gedanken  nicht  haben,  auf 
welchen  der  Jude  bei  seiner  bitte  das  hauptgewicht  legt.  Ich  schlage 
desshalb  vor,  v.  631  /  seit/e  für  /0«  seidest  einzusetzen.  Dadurch 
wird  der  geforderte  sinn  gewonnen ,  namentlich  auch  volle  Über- 
einstimmung mit  dem  zuletzt  citirten  mhd.  gedichte  erzielt.  Ausser- 
dem ist  in  V.  634  is  für  art  zu  lesen. 

14)  Das.  V.  758  ff.: 

Thei  leide  fe  bodi  in  a  stone 
and  bileft  alle  in  pat  stede, 
as  oure  ladi  hadde  hem  bede, 
and  wüke  {)er  al  {)at  nyjt 

Lumby  macht  die  randbemerkung :  They  leave  the  body ,  tut 
watch  tiear  iL  Das  ist  mindestens  ungenau ;  er  scheint  bileß  transiti\ 
aufgefasst  zu  haben:  sie  Hessen  (den  körper)  ganz  an  der  stelle, 
während  es  intransitiven  sinn  hat :  sie  blieben  alle  an  der  stelle. 

15)  Das.   V.  769  f. : 

That  manna  bitokened  hure  clene  lyf, 
that  sehe  was  modre,  maide  &  wyf. 

Ich  möchte  hier,  indess  nur  vermuthungsweise ,  für  v.  770  die 
lesung  vorschlagen : 

that  sehe  was  modre  &  maidenwyf. 

modre  und'  wyf  sind  keine  rechten  gegensätze.  Vgl.  Wülcker,  Alt- 
englisches lesebuch  I,  8,  48: 

maiden,  wif  and  fol  wymmon, 

WO  Ziipitza,  Ztschr.  f.  österr.  gymn.  1875  p.  131  vorschlägt,  maiden- 
wif  als  ein  wort  zu  lesen,  um  einen  schärferen  gegensatz  zu  uymfnon 
zu  gewinnen.     Vgl.  auch  das  bekannte :  7nater  et  puella. 

16)  Das.  v.  821  fr.: 

Thou  ne  woldest  leue,  Thomas, 
that  oure  lord  fram  deth  ras. 
Come  pou  art  mysbileuyd 
and  tales  ynow  J)ou  canst  fynde. 

Die  zwei  letzten  verse  müssen  schon  des  fehlenden  reimes  wegen 
als  verderbt  angesehen  werden,  und  ich  wundere  mich,  dass  der 
herausgeber  w€der  einen  besserungsversuch  gemacht,  noch  den  schaden 


Kleine  beitrage  zur  erklärung  und  textkritik  englischer  dichter.  I  qq 

Überhaupt  ferwähnt  hat.  Der  vers  Hesse  sich  dadurch  herstellen, 
dass  man  schriebe : 

Come,  misbileuyd  art  pou 

and  tales  canst  |)ou  fynde  ynow. 

Aber  auch  Come  passt  nicht  sonderlich.  Ist  es  in  Thomas  zu 
ändern  ? 

17)  Floriz  and  Blauncheflur,  v.   257  fF.,  261  ff.,  701  ff. 
Anglia    I,     p.    473    f.     hat     Zupitza     eine    anzahl     stellen    der 

Lumby' sehen  ausgäbe  dieses  gedieh tes  besprochen  und  die  dort  ge- 
botenen lesungen  theils  emendirt,  theils  anders  erklärt  als  der  Heraus- 
geber. Auffallend  ist  mir  dabei  nur,  dass  er  das  zunächst  liegende 
mittel  zum  verständniss  und  zur  besserung  des  textes,  nämlich  das 
französische  original,  dabei  ganz  unbeachtet  gelassen  hat,  ob- 
wol  dasselbe  längst  gedruckt  und  leicht  zugänglich  ist.  Ich  trage 
die  vergleichung  desselben  für  die  drei  in  betracht  kommenden  stellen 
hier  nach.    Zu  v.  257  ff.  vgl.  frz.  (Floire  et   Blanceflor,  ed.  du  Meril) 

p.  69'  f.: 

Les  gardes  qui  en  la  tor  sont, 
les  genitaires  pas  n'en  ont. 

Zu  V.   261   ff.  Vgl.  frz.  p.   70,   II   ff.* 

Li  amirals  tel  cos  turne  a, 
que  une  ferne  o  lui  tenra 
un  an  plenier  et  noient  plus. 

Zupitza's   änderung    von   sune  (v.  262)  in  ivtme,    die  er  nur  mit 
»vielleicht«  einführt,  erhält  dadurch  eine  wesentliche  stütze. 
Zu  v.  701   ff.   vgl.  frz.  p.  109,  9  f.: 

Moult  volentiers  dont  trestornassent 
le  jugement,   se  il  osassent. 

Zupitza's  Schreibung  fay  für  say  wird  dadurch  als  richtig  er- 
wiesen. Verwechselung  von  /  und  s  oder  ein  druckfehler  liegt  wie  bei 
Zup.  no.  49  (48  ist  ein  druckfehler)  auch  in  Assumpcioun  A  v.  138  vor: 

for  ihc  was  fent  as  messager, 
WO  natürlich  sent  zu  lesen  ist. 

18)  Das.  V.   127   ff. : 

And  5erne  he  hap  his  oste  biso5t, 
])at  he  him  helpe  wi|)  al  his  l^o^t, 
in  Babilloine  o{)cr  wher  abeo, 
fiat  he  mi^te  hire  iseo. 

Der  Herausgeber  erklärt  a  in  v.  1 29  in  glossar  durch  hc,  bezieht 

7* 


loo  E.  Kölbing 

also  das  pron.  auf  Floriz,  aber,  wie  mir  scheint,  mit  unrecht.  Es 
handelt  sich  ja  nicht  darum,  ob  er  in  Babylon  oder  sonstwo  ist, 
sondern  wo  Blauncheflur  sich  aufhält,  da  er  sie  sehen  will;  a  ist 
also  =  she. 

19)  Das.  V.  616  : 

Sonc  wcre  herc  sore^^ren  cu]). 

So  druckt  Lumby.  sorcyrcn  wird  im  glossar  nicht  erklärt  und 
ist  mir  wenigstens  völlig  unbekannt.  Das  vom  herausgeber  durch 
cursivdruck  als  abgekürzt  bezeichnete  er  ist  gewiss  zu  streichen ; 
könnte  nicht  das  von  ihm  für  er  gelesene  häkchen  eine  Verlängerung 
des  /  von  7nup  in  der  vorhergehenden  zeile  sein  ?  Der  sinn  der 
zeile  ist  dann  ganz  klar:  bald  wurden  ihr  sorgen  kund.  Dem  zu- 
sammenhange nach  würde  man  freilich  lieber  het?i  statt  here  lesen. 
Im  originale  fehlt  diese  erwägung. 

20)  SirDegrevant,  herausgeg.  von  Halliwell,  v.  205  ff. : 

Sir,  and  he  may  as  he  ment, 
his  game  wolt  he  never  Stent, 
thyself  and  he  may  the  hent, 
I  teile  the,  for  y-schent. 

So  interpungirt  der  herausgeber  v.  207  fif.,  aber  nach  meiner  Über- 
zeugung unrichtig;  wie  er  sie  aufgefasst  hat,  ist  mir  nicht  klar  ge- 
worden.    Ich  schreibe: 

thyself,  and  he  may  the  hent, 
I  teile  the  for  yschent. 

und  übersetze :  Dich  selbst,  wenn  er  deiner  habhaft  werden  kann,  ich 
erkläre  dich  für  geschändet  \  teilen  findet  sich  oft  mit  dem  part.  yschent 
verbunden,  meist  allerdings  ohne  for;  vgl.  Marina,  edd.  Böddeker 
v.   104  u.   152  (s.  auch  Engl.  st.  II,  p.  512  f.). 

21)  Das.  v.  557  fif. : 

I  wolde  aske  tham  na  mare 
but  hyr  body  all  bare, 
and  we  frendes  for  evermare, 
what  doel  that  I  drye ! 

Halliwell  macht  keine  bemerkung  zu  der  stelle,  aber  es  scheint 
mir  unzweifelhaft,  dass  v.  559  hinter  we  ein  verbum  ausgefallen  ist, 
vielleicht  rvere ;  vgl.  v.   562  :   Think,  that  3*?  ere  eneniys. 

22)  Das.  V.  1113  ff.: 

He  was  stalwor^th  in  stoure, 
ffor  he  loved  paramoure ; 


Kleine  beitrage  zur  erklärung  und  textkritik  englischer  dichter.   I  iqi 

^     the  lady  lay  in  the  toure 
that  shuld  be  hys  mak. 

Ich  halte  diese  interpunktion  für  unrichtig,  weil  ich  lady  als 
object  zu  he  loved  auffasse ;  andrerseits  ist  lady  allerdings  auch  subject 
zu  lay.  Ich  streiche  also  das  semicolon  nach  paramoure  und  mache 
ein  comma  hinter  toure;  der  sinn  ist:  denn  er  liebte  heiss  die  dame, 
welche  in  dem  thurme  sich  befand,  die  seine  gemahlin  werden  sollte ; 
vgl.  Sir  Bevis  v.  34  fif. : 

Of  Almayne  J)at  emperur 
hire  hadde  loved  paramur 
wel  par  beforen. 

23)  Gregorius-legende  nach  der  Vernon-hs.  (edd. 
Horstmann  in  Herrig's  Archiv,   1876)  v.  411: 

f)e  clop  of  selk  heo  kneu^  on  him  a  boue,   |)at  heo  tok  him  in  to  fie  flood. 

Der  herausgeber  fragt:  »<?«  him  aboue  st.  him  obone,  wie 
Havel,  itiele  obofte,  wel  obone  ?<(■  Zupitza  bemerkt  dazu  (Steinmeyers 
Anzeiger  III,  p.  94),  diese  vermuthung  sei  ihm  unbegreiflich.  »Wie 
will  H.  him  obone  hier  verstehen?  Hoffentlich  nicht:  das  seidne 
kleid  sah  sie  auf  seinen  knochen?  Denn  eine  solche  geschmacklosig- 
keit  wird  er  doch  dem  dichter,  den  er  so  hoch  stellt,  nicht  zutrauen. 
Meinte  er  aber  etwa  abo7ie  als  nördliche  form  =  abotie,  so  hätte  er 
nicht  die  formein  aus  dem  Hav.  herbeiziehen  sollen.  Ich  sehe  in 
dem  pleonasmus  on  him  aboue  keinen  grund ,  die  stelle  für  verderbt 
zu  halten.«  Der  erste  grund,  der  Horstmann  zu  seiner  änderung  be- 
stimmte, lag  jedenfalls  in  der  gewinnung  des  besseren  reimes  zu  sone, 
und  da  n  und  u  meist  sehr  ähnlich  geschrieben  werden,  so  er- 
scheint die  correctur  an  sich  als  ganz  unbedenklich.  Es  ist  ferner  der 
form  nach  bei  texten,  die  nicht  gerade  dem  süden  angehören,  oft 
schwer  oder  gar  nicht  zu  entscheiden,  ob  abone  =  above  oder  = 
o?i  bone  ist.  Klar  ist  freiUch  die  bedeutung  in  Eger  and  Grine 
v.  305  ff.  (Bishop  Percy's  Folio  Manuscr.  I,  p.  Ti(>z)'. 
Shee  gaue  me  2  shirts  of  raines  in  fere, 
put  them  next  my  body ;  I  haue  them  here, 
and  my  owne  shee  did  abone, 

wo  abone  =  darüber.     Fraglich    ist  dagegen   der  sinn  des  wortes  in 
Sir  Amadas  v.  614  ff.  (bei  Weber  III,  p.   269): 

»Sir,  at  the  yate  ther  is  a  knyght, 
the  feyrest  that  euer  Y  sey  in  syght, 


I02  £•    Kölbing 

markyd  vnder  mone, 
sir,  on  a  mylke-wbyte  stede, 
the  same  colour  bis  is  wede, 
that  h?  hase  9  bone. 

abone  reimt  mit  sone  und  mone,  ist  also  der  form  nach  gesichert. 

Was  endlich  den  sinn  angeht,  so  scheint  mir  die  schärfe,  mit 
welcher  Zupitza  Horstmann's  conjectur  als  »gesch macklos '<  abweist 
und  sogar  für  unbegreiflich  erklärt,  nicht  ganz  gerechtfertigt  zu  sein, 
da  me.  bon  oder  bones  öfters  für:  «leib«  gebraucht  wird,  ohne  dass 
damit,  wie  bei  unserem  »knochen«,  an  den  nebensinn  der  unschönen 
magerkeit  gedacht  würde;  vgl.  z.  b.  Sir  Perceval  v.  266  ff.  (Thornton 
romances  p.  11),  wo  es  von  dem  beiden  der  erzählung  heisst: 

'  The  chylde   hadd    nothyng  that  tyde, 

that  he  my^te  inne  bis  bones  hyde, 
bot  a  gaytes  skynne. 

Le  bone  Florence  of  Rome  v.   97   ff.  (Ritson  III,  p.  5): 

He  had  more  mystyr  of  a  gode  fyre, 
of  bryght  brondys  brennyng  schyre, 
to  beyke  hys  boones  by. 

Bei  Mätzn^r,  Spiachpr.  II,  i,  p.  171  finde  ich  diese  bedeutung  nicht 
berücksichtigt.  Ich  v^^ill  durch  das  gesagte  über  die  obigen  stellen  im 
Gregorius  und  Sir  Amadas  keinesweges  endgültig  entschieden  haben, 
doch  sieht  sich  vielleicht  dadurch  jemand  veranlasst,  bei  der  lectüre 
auf  ähnliche  ausdrücke  zu  achten. 

24)  Politische  lieder  IV,  v.  64  (Böddeker:  Altenglische 
dichtungen  p.   in): 

f)at  f)0u  shalt  me  wedde  and  weide  to  wyf. 

Böddeker  macht  zu  diesem  verse  die  anmerkung :  »weide.  Da 
dieses  verbum  nicht  nur :  regieren,  beherrschen,  sondern  auch :  be- 
sitzen, bedeutet,  so  ist  die  annähme  eines  irrthums  (weide  für  wele) 
nicht  absolut  geboten. «  Böddeker  hat  sehr  wol  daran  gethan,  sich  so 
vorsichtig  auszudrücken,  denn  die  änderung  von  weide  in  wele  würde 
direkt  falsch  sein.  Die  verba  tuedde  und  beeide  kommen  nämlich 
wiederholt  neben  einander  vor,  genau  in  demselben  sinne  wie  hier; 
vgl.  Amadas  v.   428  ff,  (Weber  III,  p.  261): 

Ther  schall  no  mon  hur  wed  ne  weide, 
bot  he  that  beyres  hym  best  in  feld ; 
he  schall  wyn  her  theyre. 


Kleine  beitrage  zur  erklärung  und  textkritik  englischer  dichter.  I  j^-} 

Auch  einzeln  wird  weide  oft  vom  ehelichen  besitze  gebraucht; 
vgl.  The  squyr  of  lowe  degre  v.  369  ff.  (bei  Ritson  III,  p.  160): 

But  yf  he  myght  that  lady  wjmne, 
in  wedlocke  to  weide  withouten  synne, 
and  yf  she  assent  hym  tyll, 
the  squyer  is  worthy  to  have  none  yll. 

Le  bone  Florence  of  Rome  v.  352  flf.  (bei  Ritson  III,  p.  16): 

But   sir,    he    seyde,    al    so    mote  y  the, 
thyn  eyen  mon  sehe  never  see, 
to  weide  yyt  nodur  to  wynne, 

Instructiv  für  diese  bedeutung  von  weide  ist  auch  Sir  Perceval 
of  Galles  v.   1338   ff.   (Thornton  romances  p.   52): 

Who  that  may  his  bon  be, 

salle    hafe  this   kyngdome   and    me, 

to  weide  at  his  wille. 

25)  Maximion  v.  11   (das.  p.  245): 

purpre  «S:  pal  he  droh. 

Böddeker  citirt  zu  diesem  verse  aus  Halliwell :  The  robes 
of  persons  of  rank  are  constantly  mentioned  as  made  of  purpure 
palle,  und  fügt  hinzu:  »Hiernach  sollten  wir  annehmen,  dass 
&  zu  elidiren  wäre.«  Aber  die  Wortfügung:  purpre  and  pal  kehrt 
auch  sonst  wieder,  wenn  auch  nicht  gerade  häufig;  vgl.  The  anturs 
of  Arther  at  the  Tarnewathelan  II,  v.  5  f.  (bei  Robson :  Three  early 
english  metrical  romances  p.    i): 

Hur  hud  of  a  haa  hew,  that  hur  hede  hidus, 
of  purpure  and  palle  werke,   and  perre  to  pay. 

Das.  XXXV,  v.   I   (a.  a.  o.  p.   16): 

Hit  was  prudlyche  ypi5te  of  purpure  and  palle. 

26)  Geistliche  lieder  XVII,  v.  76  (das.  p.   227): 

f)yn  Gune  tleysh,  |ie  world,  pe  fend. 

So  wurde  die  zeile  von  mir  gegen  Bödd.  auf  grund  der  lesart 
der  Laud  hs.  in  diesem  blatte,  bd.  II.  p.  508,  geändert.  Das.  p.  539 
habe  ich  noch  zwei  parallelen  für  die  Zusammenstellung  dieser  drei 
feinde  des  menschen  aus  William  von  Schorham  mitgetheilt.  Es  ist 
vielleicht  nicht  überflüssig,  darauf  hinzuweisen,  dass,  wie  freilich  auch 
von  vorn  herein  zu  erwarten  war ,  dieselbe  nicht  blos  in  englischen 
gedichten  vorkommt.     Sie    kehrt  z.  b.  auch  wieder   in   dem  altfranz. 


I04  ^-   Kölbing 

gedichte :    Le   besant    de   dieu   (herausgeg.  von  Martin,    Halle  1869) 

V.   40g  ff. : 

Chescun  home  a  treis  enemis. 
L'un  est  chescun  jor  en  son  vis, 
que  james  ne  s'en  partira 
e  tuteveies  li  rira. 
Li  autres  est  soz  sa  chemise, 
e  li  tiers,  qui  les  dous  atise, 
est  entor  lui  e  nuit  e  jur: 
mes  Tome  aureit  si  grant  peor, 
se  11  veeit  celui  el  vis, 
que  11  s'enragereit  tut  vis : 
por  ceo  se  ceile  le  cuvert, 
qu'il  ne  vait  mie  a  descovert. 
Cist  est  l'ancien  enemi, 
qui  tuz  jorz  a  home  trai. 
C'est  eil  qui  fist  home  pecchier 
e  sur  defens  le  fruit  mangier. 

Eine  weitere  parallele  aus  dem  Chasteau  d'amour  des  Robert 
Grosseteste  bringt  Martin  p.  XVIII  f.  bei,  desgl.  eine  aus  Boner's 
Edelstein  p.  124.  Ich  wiederhole  die  frage  Martin's  a.  a,  o, :  »Wo 
findet  sich  wol  zuerst  diese  auch  von  meister  Eckhart  (ed.  Pfeiffer  114, 
15)  wiederholte  trilogie?« 

27)  Chaucer,  Canterbury  tales,  Prol.  v.  52  f.: 

Ful  ofte  tyme  he  hadde  the  bord  bygonne 
aboven  alle  naciouns  in  Pruce. 

Morris  äussert  sich  in  der  6.  aufläge  seiner  aus  wähl  aus  Chaucer 
p.  119  noch  sehr  zweifelhaft  über  diese  stelle,  indem  er  bemerkt: 
Some  commentators  think  bord  =  board,  table,  so  that  the 
phrase  signifies:  he  had  been  placed  at  the  head  of  the  dais,  or 
table  of  State.  Dann  wird  noch  Marsh's  vermuthung,  bord  oder 
bourd  sei  =  mhd.  buhiirt,  erwähnt.  Es  kann  um  so  weniger  ein 
zweifei  über  die  richtigkeit  der  ersteren  erklärung  obwalten,  als  die- 
selbe phrase  in  genau  derselben  bedeutung  noch  sonst  wiederkehrt, 
wo  von  einem  buhurt  schlechterdings  nicht  die  rede  sein  kann;  vgl. 
The  cokwoldes  daunce  v.  200  ff.'): 

Than  seyd  thei  all  at  a  word, 

that  cokwoldes  schuld  begynne  the  bord 

and  sytt  hyest  in  the  halle. 


i)  citirt  aus  Halliwell's  noten  zu  Sir  Eglamour  of  Artois  (Thornton  romances 
286). 


Kleine  beitrage  zur  erklärung  und  textkritik  englischer  dichter.  I         iqc 

Ein  synonymer  ausdruck  ist:  the  deyse  beginnen,  vgl.  Sir  Eglamour 
of  Artois  V.   1258  fF. : 

Two  kyngys  the  deyse  began, 

syr  Egyllamowre  and  Cr}-styabelle  thai;. 

28)  Das.  V.   169  ff.: 

And  whan  he  rood,  men  mighte  his  bridel  beere 
gynglen  in  a  whistlyng  wynd  as  cleere, 
and  eek  as  lowde  as  doth  the  chapel  belle. 

Morris  citirt  in  der  anmerkung  p.  124  f.  parallelen  aus  Wycliffe 
und  Spenser.  Es  ist  nicht  uninteressant,  dass  dieser  sport  auch  in 
den  früheren  romanzen  wiederholt  erwähnt  wird ;  vgl.  Le  bone 
Florence  of  Rome  v.   166  ff.  (bei  Ritson  III,  p.  8): 

Thorow  the  towne  the  knyghtes  sänge, 
and  ever  ther  bryght  brydyls  ränge, 
makeyng  swete  mynstralcy. 

Launfal  v.  949  ff.  (bei  Ritson  I,  p.   211): 

Her  sadell  was  semyly  sett, 

the  sambus  wer  grene  felvet, 

ipaynted  with  ymagerye, 

the  bordure  was  of  belies 

of  ryche  gold  and  nothyng  elles, 

that  any  man  myghte  aspye. 

King  Alisaunder  v.   175  ff.  (bei  Weber  I,  p.   12): 

A  muyle,  al  so  whit  as  mylk, 
with  sadel  of  gold,  semely  of  selk, 
was  ybrought  to  theo  quene, 
with  mony  bellis  of  selver  schene, 
yfastened  on  orfreys  of  mounde, 
that  hongon  adoun  to  theo  grounde, 

Eger  and  Grine  v.  974  ff.    (Bishop  Percy's  Folio  manuscript.  I, 

p.  384  ff-): 

His  steed  was  of  a  furley  kinde, 

with  raines  of  silke  raught  to    his  band, 

with  bells  of  gold  theratt  ringand. 

In  einer  note  zu  der  zuletzt  angeführten  stelle  verweist  Furnivall 
auf  Chaucer.  Die  schellen  scheinen  also  entweder  am  zügel  oder 
am  sattel  befestigt  gewesen  zu  sein. 

Breslau,  im  mai  1879. 

E.  Kölbing. 


lO^  W.    Victor 


DIE    WISSENSCHAFTLICHE    GRAMMATIK     UND 
DER   ENGLISCHE  UNTERRICHT. 


Wenn  auch  die  praktische  lösung  der  pädagogischen  tagesfrage 
»gymnasium  oder  realschule?«  wol  noch  in  der  ferne  steht,  so  haben 
wir  doch  allem  anschein  nach  von  der  nächsten  zukunft  nur  eine 
zunähme  in  der  entfremdung  zwischen  den  beiden  Schwesteranstalten 
zu  erwarten.  Die  grenzlinie,  welche  schon  deutlich  genug  zwischen 
dem  humanistischen  und  dem  realistischen  gebiete  hervortritt,  wird 
denn  auch  den  altsprachlichen  und  den  neusprachlichen  Unterricht 
immer  schärfer  von  einander  scheiden.  Die  lateinischen  stunden  in 
der  realschule  wie  die  französischen  und  englischen  im  gymnasium 
werden  für  beide  parteien  mehr  und  mehr  zu  verlorenen  positionen 
im  feindesland. 

Von  manchen  seiten  wird  nun  freilich  behauptet,  der  schulbetrieb 
der  klassischen  sprachen  sei  von  dem  der  neueren  nach  ziel  und 
methode  so  gründlich  verschieden,  dass  man  die  äussere  trennung 
als  konsequenz  der  inneren  betrachten  könne.  Das  gegentheil  von 
dieser  behauptung  scheint  mir  eher  zuzutreffen.  Je  mehr  man  dort 
von  der  einseitig  philologisch-kritischen,  hier  von  der  rein  mechanisch- 
praktischen verwerthung  der  sprachen  zurückkommt,  je  mehr  man 
beiderseits  einsieht,  dass  es  ohne  verständniss  keine  kenntniss 
gibt,  desto  näher  rücken  sich  die  ziele.  Die  einheit  der  auffassung 
und  der  arbeit  auf  allen  gebieten  der  heutigen  Sprachwissenschaft 
bietet  eine  sichere  bürgschaft  dafür,  dass  auch  der  innere  zusammen- 
schluss  der  sprachlichen  disziplinen  auf  unsern  schulen  aller  äusseren 
Spaltung  zum  trotz  in  der  zukunft  nur  enger  werden  wird;  denn 
jeder  neuen  entwicklungsphase  in  der  Sprachwissenschaft  folgt  eine 
solche  im  Sprachunterricht.  Sprachwissenschaft  und  naturwissenschaft 
hinwieder  verknüpft  immer  fester  das  verwandtschaftUche  band  der 
historisch-vergleichenden  forschung.  Man  klagt  über  die  stets  wachsende 
menge  heterogener  disziplinen  auf  unsern  lehranstalten.  Wer  weiss? 
Vielleicht  krystaUisirt  sie  die  zukunft  zu  einer  einzigen,  vielseitigen, 
aber  durchsichtigen  lehre  von  der  natürlichen  entwicklung. 

Sicherlich  aber  nicht  die  nächste  zukunft.  Wie  langsam  die 
schule   dem   fortschritt   der    Wissenschaft    nachfolgt,    das    zeigen  sehr 


Die  wissenschaftliche  grammatik  und  der   englische  Unterricht  107 

deutlich  unsere  lehrbücher.  In  der  absieht,  »die  forderungen  der 
wesenthch  umgestalteten  Sprachwissenschaft  mit  denen  des  praktischen 
Unterrichts  möglichst  in  einklang  zu  bringen«,  veröffentlichte  Georg 
Curtius  vor  siebenundzwanzig  jähren  seine  griechische  schulgrammatik. 
Für  das  Lateinische  wäre  die  lösung  dieser  aufgäbe  an  sich  schon 
minder  schwierig  gewesen;  und  doch  besitzen  wir  noch  heute  in 
Deutschland  keine  lateinische  schulgrammatik,  die  es  gewagt  hätte, 
in  die  fussstapfen  jenes  bahnbrechenden  werkes  zu  treten;  nur  die 
Vorläufer  lassen  sich  bis  jetzt  blicken.  Am  wenigsten  ist  von  dem 
einfluss  der  modernen  Sprachwissenschaft  noch  in  unserer  französisch- 
englischen schullitteratur  zu  verspüren,  wie  sehr  auch  einerseits  die 
romanisch -englische  philologie  und  andrerseits  der  neusprachliche 
Unterricht  an  bedeutung  und  ausdehnung  in  den  letzten  jähren  ge- 
wonnen haben.  Diese  auf  den  ersten  blick  befremdliche  thatsache 
erklärt  sich  leicht  aus  dem  umstand,  dass  unsere  französischen  und 
englischen  schulgrammatiken,  weit  davon  entfernt,  eine  eigne,  grund- 
verschiedene methode  zu  befolgen,  es  bei  der  nachahmung  der  in 
den  lateinischen  und  griechischen  gerade  herrschenden  methode  be- 
wenden lassen.  Kein  zweifei,  dass  auch  das  zum  ziele  führt.  Warum 
aber  hinter  schwerer  belasteten  Wegweisern  zurückbleiben,  wenn  weg 
und  ziel  so  klar  vor  äugen  liegt?  Die  aufgäbe,  die  ergebnisse  der 
wissenschaftlichen  grammatik  für  die  schule  zu  verwerthen,  ist  doch 
bei  den  modernen  sprachen  ungleich  dringlicher  und,  zumal  beim 
Englischen,  auch  ungleich  leichter  als  bei  den  klassischen. 

Die  wissenschaftliche  grammatik  bezieht  sich  bis  jetzt  fast  aus- 
schliesslich theils  auf  die  sprachlaute,  theils  auf  die  flexionsformen. 
Während  die  ersteren  nun  bei  einer  todten  spräche  sich  nur  mit 
mühe  aus  den  erhaltenen  Schriftwerken  annähernd  erschliessen  lassen, 
sind  sie  bei  einer  lebenden  durch  lautphysiologische  Untersuchungen 
auf  direktem  wege  verhältnissmässig  leicht  und  sicher  festzustellen ; 
und  für  das  Englische  ist  in  dieser  bezi^hung  schon  recht  viel  ge- 
than.  Auch  in  bezug  auf  die  flexion  bietet  gerade  das  heutige  Eng- 
lisch den  grossen  vortheil ,  dass  bei  der  Sparsamkeit  des  neueng- 
lischen in  der  Verwendung  flexivischer  mittel  und  bei  seiner  nahen 
Verwandtschaft  mit  unserer  hochdeutschen  muttersprache  der  Zu- 
sammenhang seiner  flexionsformen  sowol  unter  sich  als  auch  itiit 
den  entsprechenden  hochdeutschen  ein  ausserordentlich  klarer  und 
instruktiver  ist.  Wie  sehr  sich  in  der  that  gerade  beim  englischen 
Unterricht  das  wissenschaftlich  richtige  zugleich  als  das  praktisch  vortheil- 
hafteste  bewährt,  hoffe  ich  durch  die  folgende  detailbetrachtung  zu  zeigen. 


Io8  W.    Victor 


I.     LAUTLEHRE. 


Unsere  englischen  grammatiken  beginnen  nach  dem  vorbild  der 
lateinischen  und  griechischen  mit  dem  aiphabet  und  knüpfen  daran 
bemerkungen  über  die  ausspräche  der  buchstaben.  Dieses  verfahren 
ist  bei  den  klassischen  sprachen  allerdings  fast  das  einzig  mögliche, 
da  unsere  kenntniss  des  altgriechischen  und  altrömischen  lautbestandes 
in  den  blütheperioden  beider  sprachen  zur  aufstellung  eines  physiologisch 
genau  begründeten  lautschemas  nicht  ausreicht.  Andererseits  dürfen 
wir  immerhin  annehmen ,  dass  die  uns  überlieferten  Schreibungen 
wenigstens  annähernd  lautgetreu  die  beiden  sprachen  in  ihrer  klassi- 
schen zeit  darstellen.  Wird  nur  noch  der  in  bezug  auf  die  nicht 
bezeichnete  lateinische  vokalquantität  eingerissenen  aussprachebarbarei 
ein  ende  gemacht  (und  man  ist  ernstlich  daran) ,  so  ist  den  an- 
sprüchen,  welche  Lateinisch  und  Griechisch  als  todte  Schriftsprachen 
in  rein  lautlicher  hinsieht  an  die  schule  machen  können,  fürs  erste 
genüge  geleistet. 

Anders  steht  es  mit  den  neueren  sprachen.  Hier,  wo  die  laute 
selbst  der  Untersuchung  zugängUch  sind,  brauchen  wir  nicht  von  den 
buchstaben  auszugehen,  und  damit  ist  im  gründe  schon  gesagt,  dass 
wir  es  auch  nicht  dürfen.  Es  kann  uns  ja  nur  darum  zu  thun 
sein,  den  schülern  zu  einem  einblick  in  den  lautorganismus  selbst, 
nicht  in  das  buchstabenabbild  desselben,  zu  verhelfen.  Wir  dürfen 
die  Schrift  um  so  weniger  zum  ausgangspunkte  nehmen,  je  unvoll- 
kommener dieselbe  den  lautbestand  wiedergibt.  Die  heutige  englische 
Schreibung  thut  dies  aber  bekanntlich  in  möglichst  unvollkommener 
weise.  Gibt  sie  uns  doch  statt  des  bildes  der  spräche,  wie  sie  jetzt 
im  reiferen  alter  aussieht,  ein  gemälde,  welches  dieselbe,  von  wenigen 
strichen  abgesehen,  in  jüngeren  jähren  darstellt.  Sie  überlässt  es 
dem  beschauer,  sich  die  jugendhchen  züge,  einen  nach  dem  andern» 
in  die  gereifteren  zu  übersetzen  und  so  sich  selbst  mühsam  das  ge- 
mälde im  geiste  umzumalen.  Kein  wunder,  wenn  auch  das  so  ent- 
stehende porträt  gar  oft  kein  wohlgetroffenes  wird  und  der  maier  das 
original  nachher  vielleicht  nie  mehr  mit  unbefangenen  äugen  an- 
sehen lernt. 

So  wie  ein  klarer  einblick  in  den  genetischen  Zusammenhang 
und  die  Verwandtschaft  der  sprachlaute  bei  der  alphabetischen  be- 
handlung  der  lautlehre  fast  unmöglich  wird,  so  stösst  auch  die  er- 
fassung  der  einzelnen  laute  an  und  für  sich  bei  diesem  verfahren  auf 
grosse   Schwierigkeiten.     Denn    einmal   wird   der    einzelne   laut   nicht 


Die  wissenschaftliche  grammatik  und  der  englische  Unterricht  jog 

nach  seiner  ihn  erst  fest  bestimmenden  Stellung  zum  ganzen  laut- 
organismus  erkannt,  und  zweitens  ruft  die  ihm  anhaftende  Verkleidung 
durch  das  schriftzeichen  oft  ein  nachher  schwer  zu  bekämpfendes 
vorurtheil  in  bezug  auf  die  natur  des  lautes  hervor. 

Die  im  Englischen  gebrauchten  buchstaben  sind  dem  schüler  als 
solche  von  vornherein  bekannt.  In  vielen  fällen  ist  der  unterschied 
zwischen  den  beiden  lauten,  welche  dasselbe  zeichen  einerseits  im 
Englischen  und  andererseits  im  Deutschen  repräsentirt,  ein  solcher, 
der  dem  ungeschulten  obre  des  schülers  durchaus  entgeht.  In  allen 
diesen  fällen  legt  der  schüler  sofort  dem  buchstaben  auch  für  das 
Englische  denselben  werth  bei,  den  er  ihm  im  Deutschem  oder  ge- 
nauer, in  seiner  provinziellen  ausspräche  des  Deutschen,  tagtäglich 
zu  geben  gewohnt  ist ,  und  setzt ,  was  das  schlimmste  ist,  allen 
späteren,  wenn  auch  noch  so  häufigen  korrekturen  von  selten  des  lehrers 
die  grösste  hartnäckigkeit  entgegen.  Ist  der  unterschied  zwischen 
den  beiden  lauten  so  bedeutend,  dass  der  schüler  sich  für  seine  aus- 
spräche von  dem  schriftzeichen  emanzipiren  muss,  so  setzt  er  doch 
wieder  nur  denjenigen  laut  seiner  heimatlichen  mundart,  der  für  seine 
auffassung  dem  gehörten  am  nächsten  oder  gar  gleich  kommt,  und 
verfährt  dann  wie  oben.  Wie  viele  schulen  gibt  es  z,  b.  in  Süd- 
und  Mitteldeutschland,  in  denen  die  tönenden  verschluss-  und  reibe- 
laute  des  Englischen  und  Französischen  nicht  tonlos,  ja  wie  viele,  in 
denen  tonloses  th  und  tönendes  th,  tonloses  s  und  tönendes  s  nicht 
allesammt  als  tonloses,  weiches,  dorsales  s  —  in  jedem  falle  doppelt 
falsch  —  gesprochen  werden?  Aber  auch  in  norddeutschen  schulen 
gibt  es  aussprachen,  die  das  prädikat  »grauenvoll«,  welches  Traut- 
mann der  »in  der  grossen  mehrzahl  unserer  schulen«  gehörten  aus- 
spräche beilegt,  vollkommen  verdienen. 

Wissenschaftliche  und  praktische  interessen  fordern  hier  gleich 
dringend  baldige  abhilfe.  Gründlich  helfen  kann  uns  hier  meiner 
ansieht  nach  nur  eine  durchgreifende  reform  der  lautlehre  nach  dem 
zuerst  von  Trautmann,  Anglia  I,  s.  588  ff.  aufgestellten  programm. 
Wir  dürfen  nicht  warten,  bis  die  wissenschaftlichen  grammatiken  von 
Koch,  Mätzner  und  Fiedler  ihre  lautlehre  umgestaltet  haben  \  denn 
diese  behandeln  ja  neben  dem  heutigen  Englisch  zugleich  die  Schrift- 
sprache früherer  perioden,  und  unsere  praktischen  crfordernisse  exi- 
stiren  für  sie  nicht.  Wir  müssen  vielmehr  direkt  aus  den  lautj)hysio- 
logischen  quellen  schöpfen.  Selbstverständlich  kann  es  sich  nur 
darum  handeln,  die  schüler  mit  den  nllereinfachsten  und  wichtigsten 
thatsachen  aus  der  lautphysiologie  bekannt  zu  machen.     Zu  unserem 


i'lO  VV.    Victor 

zwecke  reicht  das  vollkommen  hin,  und  dass  auch  die  im  Stoffe 
liegenden  Schwierigkeiten  keine  unüberwindlichen  sind ,  haben  wol 
die  Trautmann'schen  vorschlage  gleich  zur  genüge  bewiesen.  In 
meiner  kürzlich  erschienenen  forme7ilehre  {Engl,  schülgrammatik, 
I.  theil)'^)  habe  ich  den  versuch  gemacht,  bei  noch  viel  grösserer  be- 
schränkung  das  nöthige  zu  bieten.  Ich  darf  im  allgemeinen  wol 
auf  das  von  Trautmann  und  mir  a.  a.  o.  gegebene,  sowie  auch  auf 
meine  bemerkungen  Engl.  Studien  II,  s.  226  ff.  verweisen  und  will 
nur  den  letzteren  in  bezug  auf  einige  von  Trautmann  noch  nicht  er- 
ledigte punkte  einzelnes  hinzufügen. 

I.     Vokale. 

Eine  scheidung  von  »i«  und  »i'  (offenes  >/«),  sowie  von  »u« 
und  »ü«  (offenes  »?^«),  wie  ich  sie  in  §  3  meiner  schülgrammatik 
vorgenommen  habe,  wird  vielleicht  von  dieser  oder  jener  seite  ge- 
tadelt werden.  Dass  das  kurze  englische  »/'«  und  das  kurze  eng- 
lische »?^«  in  der  that  gleich  »i«  und  »ü«  sind,  wird  freilich  niemand 
bestreiten.  Aber  für  die  schule  könnte  die  Unterscheidung  überflüssig 
erscheinen.  Norddeutsche  schüler,  deren  eigenes  kurzes  »/«  eben- 
falls gleich  »1«  ist,  werden  allerdings  sogar  ganz  von  selbst,  wenn 
sie  überhaupt  kurzes  »/«  sprechen,  das  richtige  treffen,  süddeutsche 
aber  überall  ihr  helleres  kurzes  »i«  eintreten  lassen.  Nur  im  auslaut 
(wie  in  very)  ist  der  offnere  laut  auch  dem  süddeutschen  ohre  ohne 
weiteres  deutlich;  ein  umstand,  der  nicht  selten  die  irrige  meinung 
veranlasst,  als  ob  das  auslautende  kurze  »/«  im  Englischen  von  dem 
inlauteaiden  verschieden,  nämlich  ersteres  gleich  »i«,  letzteres  gleich 
»i«  sei.  Gleich  müssen  beide  jedenfalls  gesprochen  werden.  Dass 
es  aber  nicht  gleichgiltig  ist,  ob  man  »i«  oder  »i«  setzt,  sondern 
dass  die  offnere  ausspräche  »i«  auch  praktisch  wichtig  sei,  beweist 
u.  a.  auch  —  Punck,  der  seine  englisch  redenden  Franzosen  bekannt- 
lich consequent  tnees  statt  miss  sagen  lässt.  Wer  Piijich  nicht  gelten 
lassen  will,  der  vergleiche  Ellis,  Ott  Early  Efiglish  pronunciation,  IV, 
s;  1105^:  »No  Englishman  naturally  says  (siks)^);  it  would  sound 
to  him  like  (siiks)^)  seeks\  and  fe\v  are  able  to  produce  the  sound 
without  much  practice.  It  is  best  reached  by  pronouncing  seek,  teat, 
peep  with    great  rapidity.     This  (i)'*)  is  the  touch-stone  of  foreigners, 


i)  Leipzig  (Teubner)   1879.  —  ^)  (')  bei  Ellis  bedeutet  reines  »i«.  —  3)  Die 
Verdopplung  (ii)    drückt  die  länge  aus.   —  4)  (i)  ist  offenes  »i«. 


Die  wissenschaftliche  grammatik  und  der  englische  Unterricht  m 

especially  of  romance  nations.  It  occurs  in  Icelandic,  and  is  often 
heard  in  the  North  of  Germany.« 

Mit  »ü«  verhält  es  sich  geradeso.  »This  vowel«,  heisst  es  bei 
Ellis  a.  a.  o.  IV,  s.  1114'^,  »dififers  from  (u)'),  as  (/)  from  (i),  and 
just  as  an  Englishman  finds  (bit)  very  difficult  and  (b/t)  easy,  so 
(b«k)  is  to  him  easy,  and  the  Scotchman's  (buk)  so  difficult  that  he 
puts  it  down  as  (buuk),  heard  in  Yorkshire.  Distinguish  also  English 
p7i//  (p«l)  and  French  pou/e  (pul)  from  each  other,  and  from  poo/ 
(puul),  heard  for  pii//  in  Shropshire.« 

Auch  langes  *z«  und  y>u«  vor  r  sind  in  Wahrheit  gleich  langem 
»i«  und  »ü».  Ellis  sagt  darüber  a.  a.  o.,  IV,  s.  1099* :  »There 
are  four  of  these  {x}")  diphthongs  in  English,  in  ear,  air,  oar,  oor, 
which  are,  I  believe,  in  the  pronunciation  of  strict  Speakers  («i,  eei, 
ooJ,  ura)^) ,  that  is  (//',  de',  öo',  ?/«')"♦)  when  not  before  a  vowel, 
and  (//'r,  ^er^),  öo'r,  mi'r)  always  before,  and  admissibly  not  before, 
a  vowel.«  Man  vergleiche  ferner  Sweet,  A  history  of  English  sounds, 
s.  67  (»In  the  present  English  hardly  any  vowel  has  the  same  sound 
before  r  as  before  other  consonants«)  und  sonst,  namentlich  den 
Zusatz  hinter  dem  inhaltsverzeichniss :  »Note  also  the  tendency  to 
lower  uu^)  before  r,  as  shown  in  the  almost  universal  ybb(r)'^)  for 
yuur  (possessive  of  yuu).  In  the  vulgär  pronunciation  this  is  carried 
out  in  all  words,  so  that  the  combination  unr  is  entirely  lost.  Thus 
we  have  pbb?^)  for  pmtr ,  shbbd  for  shuur  etc.'<  Man  darf  unbe- 
denklich dazu  fügen,  dass  in  allen  diesen  fällen  der  laut  in  der  ge- 
bildeten ausspräche  wenigstens  zu  langem   »ü«   geworden  ist. 

Langes  »^;«  vor  r,  welches  Walker  und  folglich  auch  unsere 
Schulwörterbücher  noch  theils  als  »o«  (z.  b.  in  pork),  theils  als  »o« 
{z.  b.  \Ti  fofk)  bezeichnen,  ist  überall  gleich  langem  offenem  »d«. 
Sweet  setzt  durchgängig  sein  »^«.  Ellis  gibt,  wie  G.  Bell  und,  von 
der  länge  abgesehen,  auch  M.  Bell,  in  der  oben  zitirten  stelle,  IV, 
s.  1099'',  den  laut  als  (00),  d.  h.  langes  offenes  italienisches  und 
französisches  »0«,  an  und  bemerkt,  dass  noch  offneres  »(?<!:  (die 
länge  des  vokals  in  loani)  ausserordentlich  häufig  sei ;  und  er  schreibt 


•  )  Man  vgl.  die  anmerkungen  zu  der  soeben  zitirten  stelle,  —  2)  Das  um- 
gekehrte (i)  bezeichnet  bei  Ellis  das  nicht  anlautende,  vokalische  »;«.  Vgl.  unten 
»mittellaute«.  —  3)  (ee)  ist  die  länge  von  »e«  in  »E.  r/ic-t,  G. /(tt,  ¥.  Ji'f/ic  ,■ 
(ou)  die  länge  von  »I.  o  aperto,  F.  homme* ;  über  (ü)  und  (im)  s.  die  vorher- 
gehenden anmerkungen. —  ■♦)  Der  akut  deutet  betonung  an ;  der  apostroph  «simple 
voice«.  —  5)  (e)  ist  geschlossenes  »^<  :  »F.  £■'/»•«.  —  6)  Bei  Sweet  langes  »u«.  — 
7)  ^00*  bei  Sweet  ist  langes  offenes  »6«.  —  8)  Umgekehrtes  ».'«  ist  offenes 
j»Ö«  (but) 


112  W.    Victor 

auch  bisweilen  so.  Auch  gebildete  Engländer,  die  nicht  lautforscher 
von  fach  sind,  erklären  übereinstimmend,  dass  sie  nicht  daran  dächten, 
den  von  Walker  statuirten  unterschied  zu  machen. 

Den  umgekehrten  fehler  begehen  Walker  und  seine  nachschreiber, 
wenn  sie  für  den  vokallaut  in  pain  und  pair  dasselbe  zeichen  setzen. 
Von  dem  ersteren  laut  nachher.  Den  letzteren  bestimmt  Ellis,  wieder 
in  der  mitgetheilten  stelle  IV,  s.  1099^,  theils  als  (ee),  d.  h.  als 
länge  des  mittleren  >^e«  in  met,  theils  als  (ce),  d.  h.  als  länge  des 
französischen  und  itahenischen  geschlossencti  »^«  (==  »^«).  Die  an- 
gäbe in  den  lesenswerthen  Notes  on  pronmiciaüon  vor  Webster's 
Wörterbuch  stimmt  zu  dem  ersten  theil  der  Ellis' sehen;  die  bezeich- 
nungen  von  M.  Bell  (von  der  länge  abgesehen)  und  Smart  ebenfalls. 
Sweet  dagegen  schreibt  stets  tcc«  (langes  offenes  »6«).  Hiemach 
setzt  man  am  besten  langes  mittleres  »e«  (e)  an;  doch  lässt  sich 
wol  auch  die  bei  uns  gewöhnliche  bezeichnung  des  »langen  ä«  vor 
r  als  »äh«   rechtfertigen. 

Unverantwortlich  und  fast  unbegreiflich  ist  hingegen  die  in 
unsern  Schulbüchern  immer  wieder  von  neuem  vorgebrachte  behaup- 
tung,  dass  man  das  (geschriebene)  »lange  iz«  in  fate  und  das  »lange 
ö«  in  note  wie  »eh«  (oder  gar  »äh<-<  1)  und  oh  spreche.  Ich  weiss 
nicht,  wie  lange  man  schon  in  England  auch  in  andern  als  rein 
fachwissenschaftlichen  Schriften  lehrt,  dass  beides  keine  einfachen 
vokallängen,  sondern  diphthonge  seien.  Jedenfalls  kann  man  es  schon 
seit  fünfzehn  jähren  in  den  nicht  etwa  auf  die  amerikanische  aus- 
spräche basirten  Notes  vor  Webster's  Wörterbuch  (1864)  lesen.  Sehr 
klar  und  bündig  spricht  sich  sodann  wenigstens  seit  187 1,  wahr- 
scheinlich aber  schon  viel  länger,  Gull  in  seinem  vortrefflichem  auf- 
sätzchen On  pronunciation  vor  dem  (in  etymologischer  hinsieht  werth- 
losen)  Wörterbuch  von  Ogilvie  aus:  »Six  of  the  vowels  are  diph- 
thongs,  of  which  three,  viz.  those  in  the  key-words,  fate,  pine  and 
oil,  end  in  e  of  ine,  and  those  in  iiote,  tiibe,  and  pound,  end  in  o 
of  move.«  Auch  der  praktische  Orthographie  -  reformer  Evans  sagt, 
A  plea  for  spelling  reform  (1877)'),  s.  25:  »The  independant  long 
sound  that  corresponds  nearest  to  e  in  pen  (that  is,  a  in  vane,  ai  in 
vain,  ei  in  vehi)  when  not  occurring  before  r,  we  regard  as  often, 
if  not  always,  diphthongical  in  English  speech. « =) 


i)  Zuerst  in  Pitman's  Phonetic  Journal  gedruckt.  —  2)  Die  in  England  ge- 
brauchten Schulgrammatiken,  sogar  die  gründlichen  werkchen  von  Smith  und  Mason, 
stehen  freilich  noch  auf  dem  alten  Standpunkte.  Pmich  hingegen,  der  seine  lands- 
leute  fay  aytay  (j'ai  ete)  u.  dgl.  sagen  lässt,  hat  auch  hier  wieder  bessere  ohren^ 


Die  wissenschaftliche  grammatik  und  der  englische  Unterricht  u^ 

Wichtiger  für  uns  ist  das  urtheil  der  lautphysiologen  und  or- 
thoepisten  von  fach.  Wie  es  damit  steht,  sagt  uns  Sweet  a.  a.  o., 
s.  70:  »The  diphthongic  character  of  our  /<?'  and  öd  has  been  dis- 
tinctly  recognized  by  our  leading  phoneticians ,  especially  Smart 
and  Bell.«  Er  bemerkt  dann,  Bell  analysire  die  zwei  diphthonge  als 
»^/«,  y>öu«  ;  er  jedoch  finde  in  seiner  eignen  ausspräche,  dass  die 
zweiten  demente  nicht  völlig  entwickeltes  »/«  und  »2^«  seien,  sondern 
in  der  mitte  zwischen  ^00«  imd  ->uu«,  bezw,  »^'<  und  »/«  ständen 
(also,  wie  ja  auch  meist  bei  unsem  deutschen  diphthongen,  »ü«  und 
»i«  sind),  und  fährt  fort :  »This  indistinctness  of  the  second  elements 
of  our  e'i  and  öu  explains  the  difficulty  many  have  in  recognizing 
their  diphthongic  character.  Mr.  Ellis,  in  particular,  insists  strongly 
on  the  monophthongic  character  of  his  own  ees  and  00s.  I  hear  his 
ee  and  00  as  distinct  diphthongs,  not  only  in  his  English  pronun- 
ciation,  but  also  in  his  pronunciation  of  French,  German  and  Latin. « ') 
Sehen  wir  denn,  Avas  Ellis  selbst  darüber  sagt.  Er  erklärt  a.  a.  o., 
IV,  s.  1108''  (wo  er  M.  Bell's  »key-word«  eigA^  bespricht),  die  aus- 
spräche »(/i),  or  rather  fäj,  and  even  (aeV)«  =')  von  Südengländern, 
namentlich  von  leuten  aus  Essex,  gehört  zu  haben,  aber  die  Ver- 
kürzung des  ersten  elements  sei  ungewöhnlich,  und  man  könne  höch- 
stens auf  fe'eij  bestehen.  »The  sound^,  fährt  er  fort,  -is  insisted  on 
by  Smart,  who  says,  'The  English  alphabetic  accented  a,  in  the 
mouth  of  a  well-educated  Londoner,  is  not  exactly  the  sound  which 
a  French  mouth  utters  either  in  /^e  or  in  /e^e,  being  not  so  narrow 
as  the  former,  nor  so  broad  as  the  latter.  Moreover,  it  is  not  quite 
simple,  but  finishes  more  slenderly  than  it  begins,  tapering,  so  to 
speak,  towards  the  sound'  of  e  in  me.«  ElHs  wendet  dagegen  ein, 
das  erste  element  laute  ihm  wenigstens  feej  [langes  geschlossenes  »e«]. 
Es  gebe  übrigens  Londoner,  die  in  der  that  den  laut  zu  fij  [^^ii] 
hinübergleiten  liessen,  wie  denn  auch  oft  französische  lehrer  über 
die  ausspräche  (hoouUei)  statt  (hoote)^)  klagten;  aber  die  hörbarkeit 
dieses  fij  sei  nicht  immer  die  gleiche.  Hierauf  geht  Ellis  zu  seiner 
eignen  ausspräche  über  und  legt  Verwahrung  ein  gegen  die  von  dem 
schottischen    phonetiker    Murray    vorgenommene    abänderung    seines 

i)  Diese  stelle  zitirt  Max  Müller  in  einem  artikel  On  spelUng,  der  nach  der 
aprilnnmmer  der  1876er  Fortnightly  Review  von  Pitman  in  »gradual  phonotypy« 
separat  gedruckt  worden  ist.  Das  ee  und  00  obiger  stelle  ist  in  diesem  Wieder- 
abdruck (s.  32)  fälschlich  als  »i«  und  »ü«  verstanden,  und,  wie  es  nach  dem 
ganzen  Zusammenhang  aussieht,  auch  wol  im  original.  Es  sind  aber  »e«  und  >ö' 
bei  Sweet  gemeint.  —  2)  (a*)  ist  der  laut  in  »E.  man,  .a/,  sad^.  Ueber  (e,  i,  i) 
und  nachher  (ccl)  s.  o.  —  3)  Zugleich  auch  mit  zerebralem  statt  dentalem  t. 
Kölbing,  Englische  Studien.    III.     i.  8 


114 


W.    Victor 


(ce,  oo)  in  (iei,  öou),  zu  der  Murray,  wie  Ellis  zitirt,  folgendes  be- 
merkt hatte:  >J  have  ventured  to  diffcr  from  Mr.  Ellis's  transcrip- 
tion ')  only  so  far  as  to  write  the  long  ä  and  ö  (eei,  oou),  as  they 
are  ahvays  pronounced  in  the  south,  and  as  I  seem  to  hear  them 
from  Mr.  Ellis  himself,  although  he  considers  them  theoretically  as 
only  (ee,  oo).«.  Nach  einer  abschweifung  über  ähnliche  holländische 
laute  spricht  sich  Ellis  dann  dahin  aus,  dass  er  niemals  (^e\)  oder 
(c'i)  mit  vollkommenem  (i)  und  selten  oder  niemals  (iei,  ä)  mit  voll- 
kommenem (i)  sage,  sondern  höchstens  zu  einem  nachher  als  »pala- 
talised  voice«  bestimmten  (j)  übergehe.  >I  admit,  however'<,  fügt 
er  aber  ausdrücklich  hinzu,  »that  in  speaking  English,  and  especially 
in  such  words  as  pay,  7nay,  say,  before  a  pause,  my  (ee)  is  not  uni- 
form,   but    alters   in   the    direction  of  (i) I  think   also   that  I  am 

inclined  to  this  vanish  before  (t,  d,  n)  in  eight,  weight,  plate,  paid, 
pain,  but  not  so  decidedly  nor  so  regularly  as  in  the  former  case.« 
Vor  (p,  b,  m;  k,  g)  weiss  Ellis  von  diesem  »vanish«  nichts.  Mit 
der  bemerkung  dagegen:  »I  think  that  generally  the  vanish  vanishes 
when  the  utterance  is  rapid,  as  in  'äorta,  aerial'i  geht  er  sogar  noch 
weiter  als  die  meisten  andern  phonetiker,  die  in  diesem  falle  den 
laut  als  jedesmal,  nicht  nur  gewöhnlich,  monophthongisch  betrachten. 

In  bezug  auf  das  ganz  analoge  »^«  in  tiote  kann  ich  mich  nun 
kürzer  fassen.  Ich  setze  nur  hierher,  was  Ellis  a.  a.  o.,  IV,  s.  115  2  ^ 
darüber  sagt:  >As  regards  my  own  pronunciation,  I  feel  that  in 
know,  sow  V.,  etc.,    regularly,  and  in  710,  so,  etc.,  often,    I  make  this 

labial  change,    indicated  by  (oo\v)  2) I   think   that  (00)  developes 

into  (odw)  most  readily  before  the  pause,    the  (k)  and  (p)  series 

I  find  the  tendency  least  before  the  (t)  series.  This,  however,  is 
crossed  by  the  vocal  action  of  (1,  n,  r),  which  develope  a  precedent 
('h)^),  easily  rounded  into  ('hrc),   and  hence  generating  (oo'a').«*) 

Das  endresultat  ist  offenbar  kein  anderes  als  das,  dass  wir  trotz 
Ellis'  abweichender  theorie  in  der  schule  zu  lehren  haben :  ä  m  fate 
und  ö  in  note  sind  diphthonge,  deren  zweites  dement  vi«  und  »u^, 
oder  genauer  (gerade  wie  bei  den  deutschen  diphthongen)  »i«  und 
»ü«  ist. 

Die  ersten  glieder  beider  diphthonge  bestimmt  Trautmann  a.  a.  o., 
s.  587   als  »6«   und  »ö«.     Nach  den  oben  zitirten  angaben  der   eng- 


i)  Eine  von  Murray  in  seinem  buche  Dialect  of  South  Scotland  abgedruckte 
»paläotypische«  Umschrift  des  loo.  psalms.  —  2)  (w)  ist  »diacritic,  labial  modi- 
fication  of  preceding  letter«.  —  3)  »A  scarcely  audible  (a)  [»o«] ,  as  Cockney 
park«.  —  4)  Vgl.  auch  Ellis  a.  a.  o.,   I,  s.  234. 


Die  -wissenschaftliche  grammatik  und  der  englische  Unterricht  1x5 

lischen  phonetiker  dürfen  wir,  wie  mir  scheint,  doch  höchstens  »ei« 
und  »oü«  ansetzen.  Die  ausspräche  >t7"  und  »bu«-  (mit  offenem 
»6«  und  »ö«)  weist  Sweet  a.  a.  o.,  s.  71  zuerst  ausdrücklich  der 
»populär  Speech«  zu  und  nennt  sie  nachher  eine  »peculiar  exaggera- 
tion«,  die  allerdings  auch  bei  gebildeten  nicht  selten  sei.  Da  unsere 
Schüler  nur  zu  sehr  zu  der  offenen  ausspräche  wenigstens  des 
»langen  ^«  hinneigen,  so  ist  es  vielleicht  noch  besser,  mit  Bell  und 
Ellis  auf  >;d«  und  ;ö'-<  als  erstem  dement  zu  bestehen. 

Ueber  die  halbvokale  y  und  w  ist  von  den  lautphysiologen  viel 
gestritten  worden,  aber  hier,  wo  es  sich  um  die  Schulpraxis  handelt, 
wenig  zu  sagen.  Die  halbvokalische  natur  des  w  scheint  der  sache 
nach  allgemein  anerkannt,  und  ebenso  die  genaue  analogie  zwischen 
w  und  j'.  Auf  grund  der  von  Ellis  a.  a.  o.,  IV,  s.  1149^  ff.  unter 
bezugnahme  auf  Brücke,  Merkel  etc.  gegebenen  auseinandersetzung, 
wonach  y  nicht  die  tönende  palatale  spirans  (der  tönende  laut  zu 
ch  in  fnilch)  ist,  habe  ich  dasselbe  nicht  wie  Trautmann  als  »j«  zu 
den  konsonanten  gestellt ,  sondern  dem  w  (")  analog  auch  wirklich 
als  halbvokal  (')  behandelt. 

Der  Verbindung  wh  widmet  Ellis  a.  a.  o.,  IV,  s.  1125^  ff.  nicht 
weniger  als  vierzig  enggedruckte  spalten.  ^)  Trotz  allem,  was  er  dort 
über  wk  vorbringt,  dürfen  wir,  glaube  ich,  für  die  schule  von  der 
definition  und  darstellung  »h"«  (zu  gunsten  von  »"h«  oder  »"h"«) 
nicht  abgehen.  Dass  die  aspiration  sehr  häufig  ganz  unterbleibt, 
mag  der  schüler  gelegentlich  hören. 

2.     Konsonanten  und  Mittellaute. 

Bei  der  behandlung  der  konsonanten  ist  nächst  dem  unter- 
schied zwischen  verschlusslauten  und  reibelauten  vor  allem  der  unter- 
schied zwischen  tonlosen  und  tönenden  lauten  klar  zu  machen.  Der 
Süd-  und  mitteldeutsche  schüler  muss  zu  allererst  tönende  konsonanten 
hören  lernen.  Gibt  der  lehrer  die  nöthigen  bemerkungen  über  die 
bildung  der  laute,  insbesondere  über  die  mitwirkung  der  Stimmbänder 
bei  den  tönenden,  und  spricht  er  dann  die  lautpaare  ^p« — »b-, 
»f« — »v«  etc.  mit  recht  deutlicher  Unterscheidung  der  beiden  laute 
wiederholt  vor,  so  hat  der  schüler  den  unterschied,  welchen  er,  ohne 
darauf  hingewiesen  zu  sein,  niemals  hören  würde,  bald  erfasst.  Die 
mehrzahl  der  schüler  ist  nun  auch    sogleich    im  stände,  die  gehörten 


i)  Einige  davon    kommen   allerdings  auf  einen    interessanten  exkiirs  über  die 
neuindische  ausspräche  des  Sanskrit. 

S* 


1 1 6  W.    Victor 

lautpaare  ohne  besondere  Unterstützung  richtig  nachzusprechen.  Bei 
den  tönenden  verschlusslauten  b«,  d<,  /g«  bedarf  es  freilich  im 
anfang  noch  grosser  aufmerksamkeit  und  häufiger  nachhilfe  von 
Seiten  des  lehrers.  Auch  zeigen  viele  süd-  und  mitteldeutsche  schüler 
anfänglich  grosse  abneigung  gegen  das  bestimmtere  tönende  labio- 
dentale »v«  und  wollen  dafür  ihr  mattes  tonloses  bilabiales  w  setzen. 
Gegen  die  einschmuggelung  von  .f-lauten  aller  art  für  die  beiden  /// 
muss  man  ebenfalls  beständig  auf  der  hut  sein. 

Weniger  widerstand  findet  im  norden  und  im  süden  zerebrales 
»r«  und  »b<,  die  mir  schon  wegen  der  eigenthümhchen  klangfarbe 
unerlässlich  scheinen.  Aber  auch  bei  >^n«,  »d«,  »t«,  >^z'<,  >^§'<')  sollte 
man  auf  der  zerebralen  ausspräche  bestehen,  wenn  es  auch  in  der 
that  nicht  leicht  ist,  dieselbe  durchzusetzen.  Denn,  wie  Sievers, 
Grundzüge  der  lautphysiologie,  s.  50  hervorhebt,  gerade  diese  eigen- 
thümliche  zungenstellung  gibt  neben  der  lippenpassivität  der  eng- 
lischen ausspräche  ihre  charakteristische  färbung.  So  bemerkt  auch 
EUis  a.  a.  o.  IV,  s.  1095^:  »Lepsius  quotes  the  /  in  tmvn  as  an 
example  of  the  dental  t:  and  this  is  a  common  mistake  of  foreigners, 
and  one  of  the  greatest  obstacles  in  the  way  of  their  acquiring  the 
pronunciation  of  English«,  und  s.  1096^:  »It  is  strictly  necessary 
in  a  work  inten ded  for  English  people ,  to  make  the  distinction 
between  the  usual  English  (t  d)  and  foreign  dental  (t  d)  clear  to 
the  eye.«  ^) 

Ein  buchstabe,  mit  dem  man  es  in  der  schule  sehr  leicht  zu 
nehmen  pflegt,  ist  das  r.  Und  doch  bildet  das  r  einen  der  schwie- 
rigsten punkte  in  der  neuenglischen  lautlehre. 

Mit  dem  anlautenden  r  kann  man  sich  schon  eher  abfinden. 
Obwohl  Ellis  a.  a.  o.,  IV,  s.  1098^  f.  Bell's  »untrilled  (r)«  nicht  als 
normales  gelten  lassen  will,  so  scheint  es  mir  doch  das  beste,  in 
der  schule  zu  lehren,  dass  (wie  auch  Sievers  a.  a.  o.,  s.  52  erklärt) 
englisches  r  schwingungslos  ist;  denn  auch  bei  dem  EUis'schen  an- 
lauts-r  sind  jedenfalls  die  Schwingungen  im  vergleich  zu  denen 
des  deutschen  dentalen  und  Uvularen  r  verschwindend  gering. 


1)  In  bezug  auf  »z«  und  »s«  darf  man  grössere  freiheit  der  artikulation  gestatten, 
da  neben  der  zerebralen  auch  die  alveolare  vorkommt.  Es  versteht  sich  von  selbst, 
dass  man  bei  der  übersieht  der  laute  beide  mit  den  oben  angeführten  zusammen- 
stellt.—  2)  Die  letztere  Forderung  würde  man  umgekehrt  ja  auch  an  ein  für  Deutsche 
bestimmtes  buch  stellen  müssen.  Um  die  phonetischen  wortbilder  nicht  mit 
diakritischen  zeichen  zu  überladen,  habe  ich  in  meiner  Schtdgrammatik  die  eng- 
lischen zerebralen  laute  nicht  besonders  bezeichnet,  aber  den  unterschied  von  den 
deutschen  in  §  8  stark  hervorgehoben.  Dass  er  konsequent  beobachtet  wird,  kann 
nur  der  lehret  durchsetzen. 


Die  wissenschaftliche  grammatik  und  der  englische  Unterricht.  1x7 

Eine  ganz  eigenthümliche  rolle  spielt  nun  aber  das  englische  r, 
wenn  es  nicht  im  anlaut  steht.  Nach  Ellis  a.  a.  o.,  IV,  s.  1099^ 
ist  es  hier  ein  (0-  :  ähnlicher)  unbestimmter  laut,  dem  man  das  von 
Ellis  als  gerollt  angesehene  anlauts-r  hinzufügen  könne,  aber,  ausser 
vor  vokalen,  selten  hinzufüge.  Mit  den  vorhergehenden  vokalen 
bilde  es,  wie  oben  schon  zitirt,  die  vier  durch  ear,  air,  oar,  oor  dar- 
gestellten diphthonge.  Nach  Sweet  a.  a.  o.,  s.  67  schwächt  sich 
auslautendes  r  zu  einem  blossen  »vocal  murmur<;  ab  oder  wird  auch 
ganz  abgeworfen,  vor  einem  vokal  jedoch  stets  beibehalten.  Dass 
beide  dasselbe  meinen,  zeigt  Sweet's  Schreibung,  der  nicht  anlautendes 
r  nur  durch  »p«  (=»0«)  bezeichnet,  wenn  ein  konsonant  folgt,  hin- 
gegen durch  »^r«,  wenn  ein  vokal  folgt,  oder  wenn  das  r  im  wort- 
auslaut  steht,  also  im  anlaut  des  nächsten  wortes  ein  vokal  folgen 
kann.  Wir  könnten  nun  das  auslautende  r  geradezu  als  »o«  be- 
handeln und  würden  damit  dem  stark  gerollten  r  vieler  deutschen 
Schüler  wenigstens  im  auslaut  einen  riegel  vorschieben.  Anlautendes 
und  nicht  anlautendes  r  würden  aber  dann  in  einem  grade  ver- 
schieden erscheinen,  welcher  der  Wirklichkeit  nicht  entspricht,  und  der 
Schüler  würde  das  anlautende  /-  dann  erst  recht  seinem  deutschen  r 
gleichsetzen.  Auch  müsste  er  dann  doch  wieder  besonders  dahin 
iristruirt  werden,  hinter  dem  >o«  das  r  in  der  bindung  wirklich 
auszusprechen.  Ich  glaube,  es  ist  zugleich  theoretisch  und  praktisch 
das  beste,  den  schüler  von  vornherein  zur  zerebralen,  nichtgeroUten, 
tönenden ')  ausspräche  des  englischen  r  anzuhalten  und  alle  r  der 
Schrift  als  solche  »r«  zu  behandeln.  Vor  einem  vokal  wird  ein  so 
artikulirtes  r  schon  von  selbst  etwas  deutlicher,  und  zwar  gerade 
deutlich  genug  hervortreten. 

Auch  das  r  nach  »ä«  kann  man,  wie  mir  scheint,  unbedenklich 
stehen  lassen.  Denn  wenn  auch  in  der  that  der  aussprachliche  unter- 
schied von  father  und  farther  nach  Sweet  »purely  imaginary<^  sein 
wird"),  so  darf  man  doch  nicht  vergessen,  dass,  wie  z.  b.  Sweet 
a.  a.  o.,  s.  7 1  erinnert,  auch  das  >  ä>  in  father  kein  reiner  mono- 
phthong,  sondern  mit  einem  >sHght  vocal  murmur«  verbunden  ist. 
TJebrigens  schreibt  Sweet  selbst  ^fMciing-  (farthing)  neben  -ifand^r^ 
(father),  und  sogar  ^>hart'.  (hart,  heart) ;  dagegen  >star<i.,  >far<i.,  ttar» 
etc.  (wo  das   »r'--   nur  für  die  bindung  gilt). 

Eine  andere  Schwierigkeit  liegt  noch  in  der  frage,  wie  weit  eng- 


i)  Dass  der  ton  in  der  Verbindung  //■  oft  verloren  geht  und  r  fast  zu  »ä« 
wird,  sage  man  dem  schüler  gelegentlich.  —  ')  Ma-v  Müller  will  d.is  a.  a.  o., 
s.  32  nicht  zugeben. 


1 1  8  W,  Victor 

lisches  ;-  als  silbenbildend  zu  betrachten  sei.  Ueber  /,  vi,  n  in  fällen 
^'\^  principal,  s€Ven  sagt  Ellis  a.  a.  o.,  IV,  s.  1108'':  >/The  tendency 
is  clear  towards  syllabic  ('1,  'm,  n),  but  there  is  much  'educated'  or 
rather  'oithogra]jhic'  resistance.«  Sicherlich  wäre  es  thöricht,  von 
unsern  schülern  einen  unterschied  zwischen  principal  und  principle 
u.  dgl.  zu  verlangen.  Sogar  Verfechter  einer  vereinfachten  prak- 
tischen Orthographie  verzichten  bereits  auf  einen  besonderen  vokal 
vor  /,  m,  n  von  7ieedle,  bosoni,  cven. 

Es  versteht  sich  hiernach  beinahe  von  selbst,  dass  das  überhaupt 
fast  zum  vokal  gewordene  »r«  im  Englischen  ebenfalls  silbenbildend 
vorkommt,')  und  dass  wir  die  unbetonten  endsilben  ar,  er,  ir,  or,  7ir, 
yr  etc.  sämmtlich  als  blosses  silbenbildendes  »r«  aufzufassen  haben. 
Wenn  Sweet  ydaaß^rv.  (laughter)  etc.  schreibt,  so  bezieht  sich  das 
angehängte  »r«  wie  bei  T>star«.  (star)  etc.  eben  nur  auf  die  bindung 
und  »9«  steht  für  auslautendes  »r«.  Ellis  schreibt  sogar  bird  bloss 
mit  vokahschem  »r« :  (bad)  und  bemerkt  dazu  a.  a.  o.,  IV,  s.  1156'': 
»Whether,  as  I  speak,  the  words  bird  bud  are  distinguished  other- 
wise  then  by  the  length  of  the  glide,  or  of  the  (d),  I  am  not  sure, 
but  .  .  .  the  effect  is  that  of  (baad,  bad).« 

Nun  noch  ein  wort  über  die  bezeichnung  der  laute  zur 
veranschaulichung  der  ausspräche.  Die  annähme  der  von  Trautmann 
vorgeschlagenen  neuen  zeichen  verbietet  sich  für  den  druck  von 
selbst.  Wie  sehr  ich  aber  auch  die  von  ihm  so  konsequent  durch- 
geführte Scheidung  der  zeichen  für  tönende  und  für  tonlose  laute  zu 
würdigen  weiss,  so  müssen  wir,  glaube  ich,  dennoch  soweit  wie  nur 
möglich  die  buchstaben  des  lateinischen  alphabets  schon  um  des- 
willen beibehalten,  weil  deren  Verwendung  dem  schüler  auf  die  ein- 
fachste weise  einen  einblick  in  die  geschichte  des  englischen  laut- 
wandels  vermittelt.  Man  braucht  ihm  dann  nur  zu  sagen,  dass  im 
allgemeinen  die  buchstaben  im  Englischen  ursprünglich  dieselben 
lautwerthe  gehabt  haben,  wie  noch  jetzt  im  Deutschen,  dass  aber  die 
englische  Orthographie  im  grossen  und  ganzen  auf  dem  Standpunkte 
des  15.  Jahrhunderts  stehen  geblieben  ist.  Sieht  er  nun  late  und 
»leit«  neben  einander,  so  weiss  er,  dass  late  geschrieben  wird,  weil 
das  wort  früher  »late«  gesprochen  wurde,  und  begreift,  dass  sich 
dieses  »ei«  durch  langes  »d«  und  »d«  hindurch  aus  dem  »ä«  ent- 
wickelt hat.  2) 


i)  Man  vgl.  country  (3-silb.),  sir  (2-silb.)  etc.  bei  Shakspere.  —  2)  Der  primaner 
müssle  ohnehin  erfahren,  dass  zu  Shakspere's  zeit  anders  gesprochen  wurde  als  jetzt 
(a  in  man  noch   »a«,    u  in  but   »ü«,   a  in  bake    »ä-<,   ea  \x\  feast  »e«    etc.). 


Die  wissenschaflliche  grammatik  und  der  englische  Unterricht  i  i  g 

Eben  weil  nun  der  schüler  etwas  von  dem  wie  und  warum  ver- 
steht, ist  auch  die  gefahr,  dass  er  beim  englisch-schreiben  durch  die 
nebeneinanderstellung  der  gebräuchlichen  (late)  und  der  phonetischen 
Schreibung  (»leit«)  in  Verwirrung  gerathe,  nicht  gross.  Auch  will  ich 
keineswegs  die  lautgetreue  bezeichnung  zu  derselben  Verwendung 
empfehlen,  welche  die  Walker'sche  in  manchen  lehrbüchem  gefunden 
hat.  Der  text  des  lehrbuches,  welches  meines  erachtens  vorwiegend 
lesebuch  sein  muss,  dürfte  überhaupt  keine  Vokabelverzeichnisse  ent- 
halten. Die  phonetische  wiedergäbe  würde  sich  also  nur  in  dem 
angehängten  wörterbuche  finden  und  ausserdem  je  nach  bedürfhiss 
an  der  schultafel  angewandt  werden.  Im  letzteren  falle  mag  man 
zur  vorsieht  jedesmal  die  gebräuchliche  Schreibung  danebensetzen 
und  die  phonetische  etwa  in  klammern  einschliessen.  Am  besten 
knüpft  man  dabei  wohl  an  die  lautirübungen  an,  die  jedenfalls  nütz- 
hcher  sind  als  das  gewöhnhche  buchstabiren,  namentHch  als  das 
buchstabiren  mit  enghscher  benennung  der  buchstaben  (z.  b.  »si,  ei, 
*ü,  dzi,  eit?5,  ti«  —  »köt«).  Der  schüler  soll  sich  klar  darüber  sein 
und  bleiben :  die  buchstaben  sind  dieselben  wie  im  Deutschen ;  aber 
die  laute  —  darauf  kommt  es  anl 

Dass  die  schüler  recht  bald  mit  dem  gesetz  der  konsonantischen 
lautverschiebung  bekannt  werden ,  ist  eben  so  fruchtbringend  wie 
leicht  durchführbar.  Bei  Schülern,  die  zugleich  Lateinisch  oder  gar 
auch  Griechisch  lernen,  ist  natürlich  die  erste  stufe  (unverschobene 
konsonanten)  mit  zu  berücksichtigen.  Passende  beispiele  bieten  sich 
gelegentlich  dar  \  für  die  erste  erläuterung  findet  man  auch  z.  b.  in 
Fiedler's  Wissenschaftlicher  grammatik  der  englischen  spräche!,  2.  aufl., 
s.  3  ff.  geeigneten  stoff. 

II.     FLEXIONSLEHRE. 

Entschliesst  man  sich,  die  lautlehre  in  der  angedeuteten  weise 
in  der  schule  zu  behandeln,  so  wird  der  schüler,  wie  ich  hoffe,  nicht 
nur  zu  einer  klareren  erkenntniss  der  neuenglischen  laute  und  zu 
grösserer  korrektheit  und  Sicherheit  in  deren  gebrauch  gelangen, 
sondern  damit  auch  zugleich  den  jetzigen  lautbestand  als  moment 
einer  fortschreitenden  lautentwicklung  begreifen  lernen.  In  derselben 
weise  können  und  müssen  wir,  wie  mir  scheint,  unsere  schüler  zu 
einer  mehr  historischen  auffassung  auch  der  flexionslehre  hinführen, 
indem  wir  auch  in  dieser  hinsieht  vor  allem  den  thatsächlichen 
sprachstand  in  ein  möglichst  klares  licht  stellen.  •) 

i)  Welche  rolle  die  fle-xion  in  der  spräche  spielt,  welche  funktionell  sie 
bei  den  nomina  und  verben  hat  —  mit  andern  worten,    warum  es  Itberhaujit  eine 


I20  W-    Victor 

Besitzt  die  jetzige  sprachperiode  an  und  für  sich  nur  ebensoviel 
historisches  recht  wie  jede  der  früheren,  so  hat  sie  in  der  schule 
ohne  zweifei  ein  grösseres ;  und  wenn  man  an  das  heutige  Englisch 
den  flexionsmassstab  einer  älteren  zeit  anzulegen  und  in  dem  grossen 
formenreich thum  ein  ideal  zu  erblicken  pflegt,  hinter  dem  die  Sprache 
nun  immer  weiter  zurückbleibt,  so  ist  das  eine  auffassung,  die  viel- 
leicht in  die  studirstube ,  sicherlich  aber  nicht  in  das  schulzimmer 
gehört.  Die  gelehrte  forschung  mag  mit  bedauern  auf  die  trümmer 
der  alten  formenherrlichkeit  hinschauen;  die  schule  kann  in  ihnen 
nur  ruinen  sehen,  aus  denen  das  neue  leben  der  jetzigen  spräche 
erblüht  ist. 

Und  verfall  der  flexionsformen  ist  doch  auch  nicht  verfall  der 
spräche.  Das  Neuenglische  hat  auf  den  gebrauch  von  personal- 
endungen  fast  gänzlich  verzichtet.  Die  spräche  ist  darum  keines- 
wegs verarmt ;  sie  zieht  es  nur  vor,  die  personalverhältnisse  wieder 
durch  getrennt  stehende  fürwörter  zum  ausdruck  zu  bringen.  Ja 
man  darf  behaupten,  dass  das  formenarme  heutige  Englisch  sprach- 
lich über  dem  formenreicheren  Angelsächsischen  oder  gar  dem 
Griechischen  und  dem  Sanskrit  steht.  Wo  das  Englische  mit  /  do. 
we  do,  you  do,  they  (oder  einfach)  do  ausreicht,  muss  das  Sanskrit 
bei  auch  zweilautiger  wurzel  (d^a)  einen  apparat  von  achtzehn  (statt 
sieben)  silben  und  fast  fünfzig  (statt  fünfzehn)  lauten  in  bewegung 
setzen  1 

Verkümmern  wir  daher  auch  der  lebenden  englischen  flexion 
zum  mindesten  in  der  schule  ihr  gutes  recht  nicht.  Erstens  dürfen 
wir  nicht  in  herkömmlicher  weise  die  neuenglische  flexionslehre  auf 
die  Orthographie  statt  auf  die  laute  gründen,  und  zweitens  wenigstens 
so  lange  auf  neue  Verhältnisse  keine  ihnen  nicht  entsprechenden 
alten  bezeichnungen  anwenden,  als  wir  diese  bezeichnungen  daneben 
auch  noch  in  dem  alten  sinne  gebrauchen  wollen  und  müssen. 

Letzteres   geschieht    in    unsern    Schulbüchern    ganz    regelmässig 


flexion  gibt:  darüber  pflegt  sich  der  schüler  (der  die  ganze  grammatik  meist  als 
unabwendbares  übel  mit  stoischem  gleichmuth  über  sich  ergehen  lässt)  durchaus 
nicht  so  klar  zu  sein,  wie  man  es  denken  könnte.  Es  wird  daher  auch  beim  Eng- 
lischen nicht  überflüssig  sein,  die  nominal-  und  die  verbalflexion  der  nachherigen 
eintheilung  entsprechend  etwa  mit  folgenden  kapitelübersichten  zu  eröffnen : 

Die  flexion  der  hauptwörter  ist  i)  bezeichnung  der  zahl,  d.  h,  Unterscheidung 
der  mehrzahl  von  der  einzahl ;  3)  Bezeichnung  der  /alle,  d,  h.  der  Beziehungen  des 
Wortes  zu  andern  Wörtern  im   satze.     Beides  zusammen  nennt  man  deklination. 

Die  flexion  der  Zeitwörter  ist  i)  bezeichnung  der  zeit;  2)  der  redetveise ;  j)  der 
zahl;   4)  der  person;  j)  der  grundform.     Alles  dies  zusammen  heisst  konjugation. 

(Die  lateinischen  termini  lasse  ich  nur  der  kürze  halber  hier  weg.) 


Die  wissenschaftliche  grammatik  und  der  englische  Unterricht  121 

z.  b.  bei  der  behandlung  der  deklination.  Verbindungen  wie  of  ihe 
child  oder  to  iny  friefid  sind  auch  im  modernsten  Englisch  eben  nichts 
anderes  als  Verbindungen  einer  präposition  mit  einem  kasus,  und 
nicht  selbst  erst  kasus :  ersteres  nicht  der  genitiv  von  the  child,  denn 
dieser  heisst  the  chiUfs;  letzteres  nicht  der  dativ  von  my  friend, 
denn  dieser  ist  mit  dem  akkusativ  zum  objektiv  zusammengewachsen 
oder,  wenn  man  lieber  will,  in  den  akkusativ  aufgegangen  und  lautet 
mit  diesem,  gerade  wie  der  nominativ,  my  Jriend.  Dass  im  Eng- 
lischen bei  den  namen  lebender  wesen  sehr  häufig  und  bei  den  sach- 
namen  fast  durchgängig  Umschreibungen  mit  of  und  to  (aber  auch 
for  etc.)  eintreten,  wo  wir  im  Deutschen  den  genitiv  oder  dativ 
setzen,  ist  nicht  nur  kein  grund  dafür,  jene  Umschreibungen  genitiv 
und  dativ  zu  nennen,  sondern  vielmehr  ein  grund  dagegen,  da  wir 
auch  im  Deutschen  neben  unsern  kasus  ganz  gleiche  Umschreibungen 
in  ganz  analoger  weise  verwenden.  Eine  derartige  bezeichnung  mag 
anfänglich  dem  schüler  eine  kleine  mechanische  Übersetzungshilfe 
sein;  auf  die  dauer  wird  sie  ein  grosses  verständnisshinderniss  für 
ihn  bilden. 

Viel  bedenklichere  folgen  noch  hat  der  erstgenannte  fehler 
unserer  sämmtlichen  Schulbücher,  bei  der  dai  Stellung  der  flexion  statt 
der  spräche  selbst,  wieder  in  zu  getreuer  nachahmung  der  griechisch- 
lateinischen Schulgrammatik ,  die  schrift  zu  gründe  zu  legen.  Der 
schüler  lernt  z.  b.  bei  der  deklination,  der  regelmässige  plural  werde 
durch  anhängung  von  s,  nach  den  »vier  Zischlauten  (I)  s,  sh,  x  und 
r/ü«  von  CS,  gebildet.  Horsc  und  erst  recht  judge  folgen  nun  für  ihn 
natürhch  der  >regel<',  nicht  der  für  die  Zischlaute  geltenden  »aus- 
nähme«, während  sie  in  Wahrheit  auf  zischlaute  ausgehen  und  >ez« 
(oder  »iz«)  als  endung  annehmen.  Dass  das  e  von  horscs  und  judgts 
» mitgesprochen <'  wird,  muss  er  nun  freihch  als  neue  »ausnähme« 
noch  dazu  lernen ;  warum  es  so  ist,  erfährt  er  meistens  nicht.  Wenn 
nun  auch  noch  das  angehängte  jt  in  allen  fällen  gleich  gesprochen 
wird  (und  das  geschieht  vielfach),  so  bekommt  der  schüler  nun  und 
nimmer  ein  richtiges  bild  von  der  englischen  pluralbildung,  und 
wenn  er  alle  die  gebräuchlichen  regeln  sammt  zugehörigen  aus- 
nahmen zehnmal  auswendig  wüsste.  Noch  weniger  ahnt  er,  dass 
genau  die  nämliche  dreitheilige  bildung: 

ez  nach  den  Zischlauten  (z,  s,  z,  t)  \ 
z       „       andern   tönenden  lauten  als  z  und  z ; 
s        „  ,,        tonlosen         ,,        ,,     s     ,,     s 

nicht  nur  beim  regelmässigen  plural,    sondern  auch  beim  genitiv  der 


122  ^'  Victor 

einzahl    und    der   nicht    regelmässig   (auf    >>ez'<,   »z«,   »s«)    gebildeten 
mehrzahl,  und  endlich  bei  der    3.  person    singularis  im  indikativ  des 
präsens  zur  anwendung  kommt,  und  dass  mit  hinzunahme  der  durch- 
aus analogen  regelmässigen  präteritum-  und  partizipbildung  durch 
ed  ?iac/t  de7i  lauten  d  und  t ; 
d        ,,       andern  tonenden  als  d  \ 
t        ,,  ,,        tonlosen      ,,    t 

der  formen  auf  »iii«  flngj,  der  komparation  und  der  adverbialbildung 
der  ganze  regelmässige  flexionsapparat    zusammengestellt  ist. 

Die  Zusammenstellung,  welche  an  wissenschaftlicher  genauigkeit 
wie  an  praktischer  kürze  kaum  etwas  zu  wünschen  übrig  lassen  wird, 
ist  aber  in  der  that  eine  vollständige ;  denn  was  neben  den  auf  die 
angegebene  art  regelmässig  gebildeten  an  flexionsformen  noch  übrig 
bleibt,  sind  theils  kontraktionen,  theils  reste  früher  lebendiger,  jetzt 
aber  versteinerter  bildungen. 

Da  wird  man  wohl  einwenden,  diese  völlige  nichtberücksichti- 
gung  der  Orthographie  würde  die  grösste  konfusion  in  den  schrift- 
lichen arbeiten  der  schüler  im  gefolge  haben.  Im  gegentheil.  Die 
Schüler  wissen  schon  von  der  lautlehre  her,  dass  sogar  in  der  ver- 
wahrlosten Orthographie  nicht  blosse  willkür  herrscht.  Man  zeige 
ihnen  durch  eine  übersichtliche  Zusammenstellung  von  orthographi- 
schen regeln^),  dass  auch  in  der  Schreibung  der  flexionsformen 
gleiche  fälle  überall  gleich  behandelt  sind,  und  sie  werden  ortho- 
graphische Verstösse  viel  leichter  vermeiden,  als  wenn  sie,  wie  seither, 
für  jeden  fall  eine  besondere  regel  zu  lernen  und  zu  befolgen  hätten. 
Auf  jene  Zusammenstellung  ist  bei  jedem  von  ihr  betroffenen  para- 
graphen  der  flexionslehre  zu  verweisen.  ^) 


i)  Die  in  meiner  Schulgrammatik  (§  14)  gegebene  setze  ich  mit  weglassung 
der  beispiele  hierher: 

7)  Stummes  y>e«  fällt  ab  vor  »ed«,  »er«,  »es«,  »est«,  *ing« ;  nach  »u«  auch 
vor  »ly«   (noch  kürzer:  vor  flexions-^  etc.). 

2)  Statt  »ie«  7uird  »y«  geschrieben  vor  ting«, 

$)  Statt  »0«  wird  »oe«  geschrieben  vor  »s«. 

4)  Statt  »y«  wird  nach  einem  konsonanten  »ie«  geschrieben  vor  »s«. 
jj  Statt    »y«    wird  nach    einem  konsonanten    »i«  geschrieben  vor   »ed«,    »ert, 
»est«,  »eth« ;  bei  mehrsilbigen  Wörtern  auch  vor  »ly«. 

ö)  Ein  einfacher  endkonsonant  wird  nach  betontem  kurzeiu  vokal  verdoppelt 
vor  »cd«,   »er«,   »esti-,   »ing«;  eififaches  »l«  auch  nach  unbetontem. 

y)   »II«   wird  vor  »ly«   vereinfacht. 

Bem.  i)  s)  ^)  gdten  auch  für  die  alte  personalendung   »eth«, 

2)  Einzelne  «ausnahmen«  sind  hier  allerdings  nicht  zu  umgehen;  denn  wenn 
z.  b.  bei  manchen  Wörtern  auf  o  im  plural  oes,  bei  andern  os  geschrieben  wird, 
so  ist  das  eben  nur  orthographische  willkür.  Statt  nun  dem  schüler  mit  hin- 
weis  auf  die  lektüre  einfach  zu  sagen;  Die  Wörter  auf  »io«,  sowie  einige  auf 
»o«    behalten    »0«,    plagt   man    ihn    mit    os-    und    ö^j-listen ,    die    sehr   schwankend 


Die  wissenschaftliche  grammatik  und  der  englische  Unterricht  123 

Die  eintheilung  der  flexionsformen  in  regelmässige  und  veraltete 
unregelmässige  wird  ebenfalls  von  vielen  selten,  und  zwar  auf  das 
entschiedenste  missbilligt  werden.  Der  ausdruck  »regelmässig«  gilt 
ja  vielen  geradezu  für  unwissenschaftlich:  in  der  grammatik,  pflegt 
man  zu  sagen,  gebe  es  keine  Unregelmässigkeit.  Die  natürlichen  ge- 
setze  gelten  freilich  in  den  sprachen  ebenso  gut  wie  sonst  aus- 
nahmslos. Aber  nicht  überall  und  nicht  immer  überwiegt  dasselbe 
gesetz ;  und  wenn  eine  bildung  als  in  einer  gewissen  sprachperiode 
nicht  regelmässig  bezeichnet  wird,  so  ist  damit  nicht  gesagt,  dass 
sie  nicht  gesetzmässig  sei  oder  nicht  auch  einmal  regelmässig  ge- 
wesen sein  könnte.  So  ist  es  mit  den  nicht  auf  »ez«,  »z«  oder  »s« 
gebildeten  englischen  pluralen,  und  so  auch,  von  einigen  kontraktio- 
nen  abgesehen,  mit  den  nicht  auf  »ed<,  »d«  oder  »t«  gebildeten, 
präteritalformen.  Die  spräche  überträgt  ihnen  keine  neue  arbeit  und 
gibt  ihnen  so  zu  sagen  nur  noch  das  gnadenbrot.  Das  wird  man 
vielleicht  zugeben,  aber  trotzdem  das  streichen  der  »starken  verben« 
als  besonderer  der  regelmässigen  oder  » schwachen •-<  paralleler  klasse 
für  aller  historischen  grammatik  widersprechend  erklären.  Gesetzt 
denn,  wir  nehmen  eine  solche  starke  klasse  an.  Welche  verben  ge- 
hören hinein?  Auch  solche,  welche  früher  einmal  stark  waren,  oder 
nur  diejenigen,  welche  jetzt  stark  sind?  Mourn,  swallow,  weigh, 
fare,  glide  u.  a.  waren  im  Altenglischen  oder  Angelsächsischen  stark. 
Niemand  denkt  daran,  diese  verben  noch  jetzt  zu  den  starken  zu 
rechnen.  Also  setzen  wir  nur  diejenigen  verben  in  die  starke  klasse, 
welche  heutzutage  stark  sind.  Das  kennzeichen  kann  nur  »präteritum- 
bildung  ohne  suffix«  sein.  Für  burst  z.  b.  ist  nun  weder  in  der 
starken,  noch  in  der  schwachen  klasse  räum ;  und  —  wird  man  feed, 
nieet  etc.  unter  den  starken  verben  dulden  wollen?  —  Noch  weniger 
ist  es  möglich,  die  denn  etwa  glückhch  zusammengebrachten  starken 
verben  wieder  nach  reduplikation  und  ablaut  in  so  und  so  viele 
Unterklassen  zu  vertheilen,  die  allen  perioden  der  ^historischen  gram- 
matik«  zugleich  entsprächen. 

Wir  werden  uns  auch  hier  wieder  mit  dem  \  ersuche,  einer  ein- 
zigen Periode,  und  zwar  der  jetzigen,  gerecht  zu  werden,  begnügen 
müssen.     Ich  schlage  folgende  eintheilung  vor: 

i)  Regelmässige  präteritumbildung  (s.  o.). 


sind  und  deren  wörter  dem  Schüler  auch  nicht  zur  hälfte  in  seiner  praxis  je  vor- 
kommen. Armer  tertiancr !  Warum  lässt  man  ihn  nicht  lieber  ein  Longfellow- 
sches  gedieht  lernen  oder  im  freien  umherspringen ! 


124      ^^'  ^'^^'^''>  ^''^  wissenschaftliche  grammatii<  und  der  englische  Unterricht 

2j  Anäere  Präteritumbildungen. 

a)    Verwandlung  des  auslauts  d  in  t. 
bj  Blosse  Veränderung  des  Stammvokals. 

c)  Anfügung  von  d    oder  t    und  zugleich  Veränderung  im  prä- 
sensstatnme  selbst. 

j)  Präteritumstamm  gleich  dem  präsensstamm. 

Mit  Heranziehung  wenigstens  des  Neuhochdeutschen  ist  die  histo- 
rische entwickking  der  einzelnen  gruppen  zu  erläutern. 

Die  anordnung  der  unter  2)  und  3)  gehörigen  verben  lässt  man 
wohl  am  besten  den  schüler  nach  einer  ihm  vorliegenden  alphabeti- 
schen liste  der  »verben  mit  unregelmässigen  Stammformen':^  selbst 
besorgen.  Nach  derselben  liste  mag  er  auch  die  im  Englischen  und 
Neuhochdeutschen  erhaltenen  starken  formen  in  einer  art  petrefakten- 
sammlung  vergleichend  nebeneinanderstellen. 

Dass  wir  endlich  die  formen  mit  (e)st  und  t/iou  aus  dem  para- 
digma  zu  der  3.  person  singularis  auf  eth  in  die  anmerkung  ver- 
weisen müssen,  ist  schon  von  anderer  seite  wiederholt  hervorgehoben 
worden. 

Die  Zusammenstellung  der  konjugationsformen  zu  vollständigen 
paradigmen  gewinnt  sehr  an  klarheit,  wenn  man  nach  dem  von  der 
Sanskrit-grammatik  gegebenen  beispiel  einer  Scheidung  der  spezial- 
tempora  und  der  allgemeinen  tempora  die  einfachen  und  die  zu- 
sammengesetzten Zeiten  auseinanderhält. 

Wiesbaden. 

W.  Vietor. 


LITTERATUR. 


Sammlung  altenglischer  legenden,  grösstentheils  zum  ersten  male  heraus- 
gegeben von  C.  Horstmann.  Heilbronn.  Gebr.  Henninger.  1878.  IV  und 
228  SS.    80.     Pr.   M.  7,50. 

Dr.  Horstmann,  dessen  name  auf  dem  gebiete  der  altenglischen  legenden- 
forschung  bereits  einen  guten  klang  hat ,  beschenkt  uns  hier  mit  einer  Samm- 
lung von  einzelnen  legenden ,  welche  als  vorläuferin  seiner  grossen  ausgäbe 
des  südenglischen  legendencomplexes  für  die  Early  english  text  society  anzusehen 
ist.  Das  buch  zerfällt  in  zwei  haupttheile:  I.  Sammlung  des  ms.  Vernon,  bruch- 
stück  einer  metrischen  Übertragung  von  legenden  aus  des  Jacobi  a  Voragine: 
»Legenda  Aurea«.  II.  Einzellegenden,  i.  Kindheit  Jesu;  abdruck  zweier  hand- 
schriften.  2.  Canticum  de  Creatione,  zwei  verschiedene  behandlungen  der  sage 
von  Adam  und  Eva,  die  eine  in  sechszeiligen  Strophen,  die  andere  in  kurzen  reim- 
paaren  abgefasst.  3.  Zwei  fassungen  der  legende  von  Magdalena ;  die  erste,  in 
langzeilen  von  acht  hebungen,  deren  je  zwei  durch  reim  gebunden  sind,  ist  der 
südenglischen  legendenmasse  entnommen ;  die  zweite  version  ist  in  kurzen  reim- 
paaren  abgefasst.  4.  Marina.  5.  Eufrosyne,  beide  in  kurzen  reimpaaren,  6.  Cristine, 
von  William  Paris,  in  achtzeiligen  Strophen.  7.  Dorothe,  in  demselben  versmasse. 
8.  Erasmus,  in  reimpaaren,  nach  zwei  hss.  edirt.  9.  A  disputisoun  bytwene  a 
cristenemon  and  a  Jew,  in  sechszehnzeiligen  Strophen.  10.  Roberd  of  Cisyle,  nach 
fünf  hss.  kritisch  edirt.  Das  letzte  stück:  pe  lyff  of  Adam  and  Eue,  in  prosa, 
bezeichnet  der  herausgeber  als  »Beilage  zur  Creatio  mundi. 

Den  Wiederabdruck  des  Canticum  de  Creat.  und  der  legende  der  Eufrosyne, 
die  bereits  in  der  Anglia  und  in  den  Engl.  Studien  aufnähme  gefunden  hatten, 
kann  ich  im  blick  auf  die  fülle  von  ungedrucktem  material  nicht  ganz  gerecht- 
fertigt finden,  zumal  da  doch  wol  jedem  käufer  dieses  buches  jene  beiden  fach- 
blätter  zur  Verfügung  stehen  dürften,  i)  Ich  hätte  statt  dessen  z.  b.  gern  die  von 
H.  p.  227  erwähnte  zweite  prosaversion  der  Adams-legende  edirt  gesehen,  damit 
uns  dies  material  vollständig  vorläge.  Anders  steht  es  bei  der  Marina,  da  Horst- 
mann's  buch  und  Böddekcr's  Altcnglische  dichtungen,  wo  dieses  stück  p.  254  ff. 
steht,  ziemlich  zu  gleicher  zeit  erschienen  sind. 


i)  Ich  will,  um  einer  unrichtigen  auslegung  dieser  worte  vorzubeugen,  aus- 
drücklich bemerken,  dass  sich  iierr  Ilorstmann  über  die  aufnähme  der  Eufrosyne 
in  diese  Sammlung  in  aller  form  mit  der  Verlagshandlung  und  mir  verständigt  hat. 


120  Litteratur 

Die  bei  der  wiedergäbe  der  hss.  befolgten  principien  sind  im  wesentlichen 
dieselben,  wie  in  Horstmann' s  früheren  ausgaben;  die  auflösungen  von  abkürzungen 
sind,  was  man  nur  billigen  kann,  durch  cursivdruck  markirt.  Weniger  sagt  es 
mir  zu,  dass  die  hälften  von  compositis  in  ihrer  trcnnung  belassen  sind.  Hier 
hätte  wenigstens  die  Zusammengehörigkeit  durch  einen  bindestrich  angedeutet  werden 
sollen.  Im  übrigen  haben  wir  keinen  grund,  daran  zu  zweifeln,  dass  hier  wie 
sonst  die  ausgaben  auf  sorgfältigen  und  äusserst  gewissenhaft  gefertigten  abschriften 
beruhen.  Der  beigegebene  apparat  ist  freilich  ziemlich  knapp  und  beschränkt 
sich  auf  das  allernothwendigste.  Eingehendere  berücksichtigung  der  quellen  finden 
wir  nur  im  ersten  theile  des  buches,  wo  der  lateinische  urtext  aus  der  Legenda 
Aurea  mit  eingestreuten  bemerkungen  über  sein  verhältniss  zu  der  englischen  Über- 
tragung am  fusse  der  selten  beigegeben  ist,  ein  verfahren,  für  welches  man  dem 
herausgeber  nur  dankbar  sein  kann.  Wenn  der  Verfasser,  abgesehen  von  diesem 
abschnitte,  sich  wenig  oder  gar  nicht  auf  quellenuntersuchungen  einlässt,  so  liegt 
eine  hinreichende  entschuldigimg  dafür  in  dem  umstände,  dass  er  durch  die  Ver- 
hältnisse gezwungen  ist,  an  einem  orte  zu  leben,  wo  ihm  die  dazu  unentbehrlichen 
hülfsmittel  (die  überdies  schwer  zu  transportiren  sind:  ich  denke  bes.  an  die  Acta 
Sanctorum)  nicht  zu  geböte  stehen. 

Ich  gehe  nun  zu  einzelbemerkungen  über. 

I.     Sammlung  des  ms.  Vernon. 

1.  S.  Paula.  V.  92:  clannes  of  bodi  in  clofing.  Vielleicht  ist  and  clofing 
zu  lesen;  vgl.  lat. :   munditiam  corporis  atque  vestium.  —  V.   134  ff.  lauten: 

Whon  i   sauh  |)at  heo  so  louh, 

aut  of  {)e  hous  I  me  drouh. 

And  whon  J)at  i  was  out  iworf)e, 

I  abod  til  heo  com  forpe; 

pen  I  him  asked  hou  he  hedde  isped 

of  J)e  wordus  |)at  I  him  red. 

Im  Urtexte  entspricht:  Cum  beatus  pontifex  post  »nilia  horamenta  exiissei 
foras^  quae7-enti  ?nihi  quid  egisset,  etc.  Zu  pontifex  bemerkt  Horstmann:  »engl.  /, 
sc.  Jerom«.  Das  beruht  auf  einer  Verwechslung;  v.  134 — 136  ist  vom  Übersetzer 
hinzugefügt,  auch  dem  sinne  nach  leicht  entbehrlich;  ivx  pontifex  (=  engl,  pope, 
V.  132)  steht  im  engl,  heo  (==  he,  v.  137).  —  V.  191  versicles  entspricht  genau 
dem  lateinischen  versiculos  der  vorläge;  Horstmann  hat  solche  direkte  wortgleich- 
heit  öfters  durch  gesperrten  druck  der  betr.  lat.  worte  angedeutet ;  es  ist  nur  zu 
bedauern,    dass  er  das  nicht  noch  viel  öfter  gethan  hat.  — 

2.  S.  Ambrosius.  Diese  legende  sowie  die  folgende  hatte  auch  ich  vor 
mehreren  jähren  copirt  in  der  absieht,  dieselbe  später  herauszugeben:  unsere  ab- 
schriften stimmen  ganz  genau  zusammen;  einige  kleine  differenzen  sind  belanglos; 
nur  lese  ich  v.  150  wol  richtiger  wimmen  statt  Horstmaim's  wommen;  fe  für  feiy 
v.  683,  ist  wol  nur  ein  druckfehlen).  —  Zu  v.  752  fragt  der  herausgeber  in  der 
anmerkung:    »Im~ms.  fehlt  ne?     V.   751   ff.  lauten: 


i)  Gegenüber  einer  hämischen  auslassung  in  der  Anglia  I,  p.  376  ist  viel- 
leicht die  bemerkung  nicht  überflüssig,  dass  ich  nach  wie  vor  wesentlichere  differenzen 
zwischen  meinen  copien  und  den  ausgaben  anderer,  wo  mir  solche  aufstossen,  be- 
sprechen  werde ;    freilich  bin    i  c  h   mir  bewusst ,    das    im    Interesse   der    sache   zu 


C.  Horstmann,  Sammlung  altenglischer  legenden  I  2  7 

.  .  .   He  bad  him  leeue  neuer  pQ  mo 
pat  ha  made  deol  and  wepte  so, 
for  pei  passed  J)is  world  fro  etc. 

Das  übersetze  ich  so:  Er  bat  ihn,  desshalb  noch  lange  nicht  zu  glauben,  er 
empfände  schmerz  und  weinte  so,  weil  sie  aus  dieser  weit  gegangen  seien,  über- 
einstimmend mit  der  lat.  direkten  rede :  iVe  me  ptitetis  ßere  quod  recesserint.  Die 
einsetzung  eines  ne  in  v.  752  würde  geradezu  fehlerhaft  sein.  —  V.  804  bezeichnet 
Horstm.  das  wort  message  durch  ein  ausrufungszeichen  als  auffallend ;  ich  kann 
an  der  redensart:  senden  on  message,  nichts  auffälliges  finden.  —  v.  1031.  per] 
I.  per.  —  V.    1035  f.  lautet  in  der  hs.  und  bei  Horstm. : 

Sire,  he  seide,  wi{)  myn  entent 
is  to  receyue  f)e  sacrament. 

7vip  wird    zu  streichen    sein;    vgl.  Chaucer   B.    v.    142:    But  schortly  for    to 
teile  is  myn  entente;  wip  kann  irrthümlich  aus  der  vorigen  zeile  wiederholt  sein. 
3.     De  quadam  virgine  in  Anthiochia  (sie!).     V.  228  f.: 

pat  I  to  auoutrie  am  icome, 
mayde  mowe  passe  hol  and  sume! 

Horstm.  bemerkt  zu  v.  228:  «Das  relat.  ist  ausgelassen  nach  /.«  Um  uns 
den  ausfall  eines  relat.  pron.  nach  einem  personalpronomen  im  Englischen  glaub- 
lich zu  machen,  müssten  doch  wol  erst  parallelstellen  beigebracht  werden.  Ich 
vermuthe,  dass  am  zu  streichen  und  icome  für  das  part.  praet.  zu  halten  ist,  — 
V.  299.  ownekynde]  1.  owne  kynde  mit  der  hs.  Ebenso  v.  430  mypreyere]  1. 
my  preyere. 

5.  S,  Bernard.  V.  103,  Hinter  ^<7j;/)cV  gehört  ein  colon.  —  V.  iio.  hire 
ist  wol  zu  streichen.  —  V.  Ii6.  Der  sinn  von:  he  was  not  boren,  ist  mir  nicht 
klar.  —  V.  334:  a  mon  to  kepe  him  seif  to  nessche.  Vgl.  zu  der  construction 
Chaucer,  Cant.  tales  B.  v.  665:  It  is  ful  fair  a  man  to  bcre  him  evene;  ähnlich 
wird  auch  zu  beurtheilen  sein  Zup.  Uebungsbuch  p.  63,  v.  81  [aus  Patience]: 
pis  is  a  mervayl  message  a  man  for  to  preche  \  amonge  enemys  so  mony  etc.  — 
V,   742  topurdel]  1.  topur  del. 

6.     S.  Augustin.     V.  84.  laddej  1.  radde.  —  V.  136  f .  : 

Heo  sauh  bi  hire  stonde  a  child  louely 
and  asked  hire  pe  cause  whi 
pat  heo  was  so  sori. 

Horstm.  bemerkt  zu  v.  137:  »relativisch«.  Diese  bemerkung  wäre  zu  4 
V.  277  f.; 

Mi  lord  god,  of  mihtes  most, 
and   bouht  vs  alle  pal  weren  lost. 

sowie  zu  Eufrosyne  v,  647: 

per  was  a  monk  &  hadde  but  on  ei^e, 

thun ,  während  andere  leute  dabei  nur  von  dem  beweggrunde  ausgehen,  dem 
betr.  fachgenossen  etwas  anhängen  zu  können.  Uebrigens  beruhen  bei  mir  der- 
artige angaben  in  der  regel  auf  collation  des  gedruckten  textes  mit  der  hs.,  wo 
versehen  so  gut  wie  ganz  ausgeschlossen  sind.  K. 


128  Litteratur 

am  platze  gewesen ;  hier  handelt  es  sich  wol  einfach  um  eine  auslassung  des  sub- 
jectes,  welches  im  vorigen  satze^als  object  fungirt  hat.  Vgl.  Zup.  zum  Guy  v.  lo, 
wo  ähnliche  stellen  namhaft  gemacht  werden.  Es  hätte  dort  auch  auf  Heyne's 
anm.  zu  Beöv.  v.  49  verwiesen  werden  können.  Uebrigens  ist  —  beiläufig  be- 
merkt —  diese  construction  nicht  auf  die  mittelenglische  spräche  beschränkt;  vgl. 
Aelfric,  Genesis,  cap.  37,  v.  25 :  And  pa  hig  -aioldon  etan,  hig  gesäwon  twegen 
Ysma/uiitisce  wegfarende  tuen  ciivian  0/  Galaad,  and  laeddon  zvytlgemang  on 
hira  olfendum  and  tyrwan  and  stacten  on  Egypta  land.  Vgl.  Gottfr.  v.  Strassb' 
Tristan  v,   10222  ff. : 

Frouwe,  gedenket  wol  dar  an, 

daz  ich  iu  guot  unde  leben 
an  iuwer  ere  hän  ergeben, 
unde  empfi enget  mich  also. 


Das.  V.   1053 1   f.: 
V.   455   f.  lauten; 


Da  dunket  mich  sin  rede  guot, 
und  rate  ouch,  daz  ir  ez  tuot. 


I  hem  bar  longe  in  my  f)0uht 
And  in  to  sloupe  pei  me  brouht. 

Horstmann  markirt  broiiht  durch  ein  ausrufungszeichen  und  bemerkt  zu 
V.  456:  T>in  to  statt  out  of?  Ich  glaube  nicht,  dass  zu  ändern  ist,  denn  der  eng- 
lische vers  ist  eine  genaue  Übersetzung  der  entsprechenden  lat.  werte:  et  assumc- 
hant  gravcm  torporetn,  was  doch  wol  heissen  soll :  und  brachten  mich  zu  tiefem 
nachsinnen.  Die  Übertragung  ist  freilich  mehr  wörtlich  als  geschickt.  Dagegen 
glaube  ich,  dass  im  folgenden  verse  (457):  To  Mm  fat  com  doun  fro  fe  valeye  \ 
of  wepyng  =  lat.  et  adscendenti  a  convalle  plorationis,  für  doun,  up  einzusetzen 
ist.  —  Anm.  zu  v.  902.  363  ff.]  L  563  ff. 

7.  Savinian  et  Savina.  V.  46.  Der  punkt  hinter  floure  ist  in  ein 
comma  zu  verwandeln.  —  v.  83  ff.  halte  ich  für  einen  fragesatz,  ebenso  wie  die 
entsprechenden  worte  des  lat.  urtextes.  Die  einfügung  von  pou  in  v.  86  hinter 
but  scheint  mir  gerechtfertigt.  —  V.  160.  Nach  also  ist  durch  versehen  ein  punkt 
statt  eines  comma' s  gesetzt. 

II.     Einzellegenden. 

1.  Kindheit  Jesu.  Es  sind  unter  diesem  titel  zwei  verschiedene  re- 
censionen  desselben  gedichtes  hinter  einander  abgedruckt:  die  einzel Überlieferung 
der  ersten  ist  unstreitig  besser,  aber  die  zweite  übertrifft  sie  wesentlich  an  Voll- 
ständigkeit. Das  verhältniss  beider  fassungen  zu  einander  sowie  zu  dem  lat.  Ur- 
texte und  der  wegen  mehrerer  eigenthümlichkeiten  sehr  interessante  dialekt,  in  dem 
die  dichtung  ursprünglich  abgefasst  ist,  bedarf  noch  einer  genaueren  Untersuchung. 
Ueber  eine  episode  dieser  dichtung  vgl.  Engl.  st.  II,  p.  117  f.  Ich  bemerke  hier 
nur  weniges.  Zu  a).  V.  123.  Auch  ich  las  in  der  hs.  erst  Freud  es,  habe 
aber  bei  der  revision  derselben  die  lesung  H'reudes  herausbekommen;  jedenfalls 
wird  man  also  die  stelle  noch  einmal  nachsehen  müssen.  —  V.  420 : 
He  deyid  throu  here  nyste. 

Was  bedeutet  nyste  ?     Ich  möchte  vorschlagen,  zu  schreiben : 
Throu  here  nyfie  deyid  he, 
he  im  reime  auf  be  —  fre  —  gle. 


C.  Horstmann,    Sammlung  altenglischer  legenden  I2q 

Zu  b).     V.   113: 

Wyth  a  wold  yew  gan  pay  mete. 
Für  a  wold  ist  wol  an  old  zu  lesen  (vgl.  a  v.   109).   —  V.    133: 

Frawdys  was  wrope  and  nydel  ode. 

Zu  ode  bemerkt  Horstm. :  ^ode  st.  loode.-«  Das  wort  wiederholt  sich  Cantic. 
V.  286:  ^tct  bad  me  Michel  wip  ward  od  (im  reime  z.\if  god).  Dass  in  beiden 
fällen  od  für  tvod  verschrieben  ist ,  ist  nicht  wahrscheinlich ;  ich  glaube  eher  an 
eine  entlehnung  vom  nord.  odr,  um  so  mehr,  als  neben  od  auch  ooth  vorkommt 
(Prompt,  parv.  372  und  531,  bei  Stratm.3  p.  647).  —  Mit  Horstmann's  bemerkung 
zu  V.  350  vgl.  jetzt  Stratmann,  Engl.  st.  II,  p.  316  f.  Es  ist  erwähnenswerth, 
dass  während  dort  in  allen  beispielen  auf  das  urspr.  c  ein  /  folgte,  hier  diese  Ver- 
wandlung von  j  in  sc  auch  vor  t  vorkommt,  vgl.  poscte  v.  351.  foscescon  Le 
bone  Florence  of  Rome  v.  1180;  niascun  =  masoun,  Floriz  and  Blaunch.  edd. 
Lumby  v.  326.  —  V.  526: 

Y  wend  pat  ye  had  be  wolde  men. 

Für  wolde  lies  wode. 

2.  Canticum  de  Creatione.  a)  aus  ms.  Trin.  Coli.  Oxf.  57.  Vgl.  hierüber 
Engl.  st.  II,  p.  269  ff.  u.  in  den  literar.  notizen.  —  V.  280  f.  perfore  he  oiuip  wip 
leine  atzd  lytn  j  Worschipen  nie,  and  y  7io:;t  hym.  lerne  tind  lym  können  doch  kaum 
verschiedene  worte  sein,  sondern  dasselbe  wort  mit  verschiedener  färbung  des 
Stammvokals.  Solche  Verbindungen  sind  ja  allerdings  nicht  unerhört,  vgl.  Böddeker, 
Altengl.  dicht,  p.  170:  pat  swete  and  swote,  indessen  doch  nur,  wenn  eine  be- 
sondere emphase  beabsichtigt  wird,  was  hier  nicht  gerade  der  fall  ist ;  vielleicht 
ist  für  lerne,  lipe  zu  lesen  ^  lip  and  lim  ist  eine  sehr  häufige  Verbindung,  die  auch 
in  diesem  gedichte  noch  wiederkehrt.  —  V.  564.  Nach  noz,t  streiche  den  punkt, 
der  in  dem  abdruck  in  der  Anglia  auch  wirklich  fehlt.  — 

b)  aus  ms.  Auchinl.  Edinb.  Von  diesem  gedichte  sind  nur  zwei  frag- 
mente  überliefert,  deren  erstes  nach  Laing's  druck  wiedergegeben  ist,  während  der 
abdruck  des  zweiten  auf  einer  copie  der  miss  Toulmin  Smith  beruht.  Laing's 
ausgaben  sind  im  ganzen  ziemlich  zuverlässig,  daher  auch  dieses  stück  wenig  be- 
denken rege  macht.  —  Für  lectrure,  v.  49,  ist  zu  lesen  lettrurc,  vgl.  z.  b.  Eu- 
frosyne  v.  55;  c  und  t  sehen  sich  im  Auchinl.  ms.  sehr  ähnlich.  —  Für  iniduerd 
(v.  130)  ist,  wie  Zupitza  (Anz.  f.  d.  a.  IV,  p.  249)  zu  demselben  worte  im  Purg. 
s.  Patr.  v.  118,  4  richtig  bemerkt  hat,  midnerd  zu  lesen;  «  und  u  werden  im 
Auchinl.  ms.  sehr  ähnlich  geschrieben.  —  V.  203.  yf  mi  pcnance  weren  ybroke. 
Ich  weiss  nicht,  wie  sich  Horstmann  den  plural  des  verbums  bei  penance  zurecht 
gelegt  hat,  begreife  aber,  wie  Laing  zu  dieser  lesung  gekommen  ist.  Wahrschein- 
lich bietet  die  hs.  wer ;  dies  häkchen  pflegt  Laing  unrichtig  durch  cn  aufzulösen ; 
vgl.  meine  anm.  zu  St.  Patr.  Purg.  v.  137,  5  (Engl.  stud.  I,  p.  113).  Mag  nun 
diese  vermuthung  richtig  sein  oder  nicht ,  jedenfalls  ist  were  zu  schreiben.  — 
V.  402  interpungirt  Horstmann :  and  dede  hein  in  pe  way,  to  gon.  Er  sieht  also 
to  gon  für  eine  art  apposition  zu  den  vorigen  worten  an  ;  das  komma  nach  way 
ist  aber  zu  streichen ,  da  don  oft  in  diesem  sinne  mit  to  und  dem  inf.  verbunden 
wird,  vgl.  Mätzner,   Sprachpr.  II,    i    p.  656. 

Kölbing,  Englische  Studien.    111.   1.  9 


j^Q  Litteratur 

3.  Magdalena,  a)  aus  ms.  Laud.  108,  fol.  190.  Diese  Fassung,  welche, 
wie  oben  bemerkt ,  einen  integrirenden  Iheil  der  südlichen  legend^nmasse  bildet, 
hat  der  herausgebet  jedenfalls  als  gegenstück  zu  der  folgenden  isolirten  version 
hier  zum  abdruck  gebracht,  was  an  sich  nur  zu  billigen  ist ;  indessen  wundere  ich 
mich,  dass  er  gerade  ms.  Laud.  108  zu  gründe  gelegt  hat,  da  diese  hs.  nachweis- 
lich von  allen  —  wenigstens  mir  bekannt  gewordenen  —  legendenhandschriften 
am  freiesten  mit  dem  texte  geschallet  hat,  namentlich  auch  in  der  Orthographie 
viele  absondcrlichkeiten  aufweist ;  ich  würde,  wenn  man  nicht  eine  kritische  aus- 
gäbe bieten  wollte,  was,  wie  ich  gern  zugebe,  bei  diesen  texten  mit  besonderen 
Schwierigkeiten  verbunden  ist,  ms.  Harl.  2277  gewählt  haben.  Beim  beginn  neuer 
abschnitte  hat  Horstm.  die  zeilen  eingerückt,  ebenso  wie  in  früheren  texten;  aber 
auch  hier  ist  dies  zuweilen  mitten  im  satze  geschehen,  z.  b.  v.  86,  132,  190, 
206  etc,   wo  mir  der  grund  nicht  ersichtlich  geworden  ist. 

Diese  version  der  Magdalenen-legende  schliesst  sich  im  allg.  genau  an  die 
lat.  fassung  der  Legenda  aurea  (bei  Grässe  p.  407  ff.)  an;  nur  ist  die  scene  in 
dem  hause  des  pharisäers  ausführlicher  als  dort  nach  Luc.  7  v.  36  ff.  behandelt. 
Ich  halte  da  eine  stelle  im  engl,  texte  für  verderbt.  Es  ist  von  dem  Wucherer 
(usurer)   die  rede,  welcher  zwei  Schuldner  hat;  da  heisst  es  v.    120  ff.: 

And  nopur  of  heom  nadde,  ^wareof  pe  dette  forto  5elde. 
Huy  zolden,  po  he  it  creuede,  ase  pe  bok  us  telde. 
zwe|)ur  of  heom  tweine  cudde  him  more  loue  J)o?« 
»Maister,  he  pat  more  5af,  me  |)inche,    so  mote  i  go.« 

Die  erste  hälfte  von  v.  121  übersetze  ich:  Sie  zahlten,  als  er  es  forderte;  darin 
liegt  aber  ein  widersprach  zur  vorigen  zeile:  Keiner  hatte  soviel,  um  die  schuld  zu 
bezahlen.  Wir  erwarten  nach  dem  urtexte  v.  42:  Der  Wucherer  schenkte  beiden 
die  summe.  Freilich  vermag  ich  nicht,  durch  eine  einigermaassen  plausible  con- 
jektur  diesen  sinn  herzustellen  und  wäre  begierig,  die  lesung  der  anderen  hss. 
kennen  zu  lernen.  Diesem  sinne  entsprechend  ist  dann  auch  in  den  Worten : 
Maister ,  he  pat  more  Zaf ,  pat  als  dativ  aufzufassen  und  zu  übersetzen :  Meister, 
der,  dem  (er)  mehr  gab.  ßat  als  dativ  ist  wiederholt  belegt,  vgl.  Zup.  zum  Guy 
V.  5462,     Sonst  bemerke  ich  zu  diesem  texte  folgendes. 

v.  121,  Die  form  telde  versieht  Horstm.  mit  einem  ausrufungszeichen ;  aber 
die  form  ist  auch  sonst  nachzuweisen  (z.  b.  Seven  sages  v.  798;  vgl.  Stratm.3 
p.  559)  und  ohne  alle  Schwierigkeit  auf  ae.  tealde  zurückzuführen.  —  v.  163.  Dem 
in  den  Wörterbüchern  nicht  angegebenen  Worte  ohne  wird  in  der  anm.  mit  recht 
altnordischer  Ursprung  vindicirt;  nur  lautet  die  altn.  form  nicht  Sims,  wie  H.  an- 
gibt, sondern  Slmr.  —   v.  483.     Nach  mu7-ie  fehlt  ein  comma.  — 

Die  zweite  version ,  aus  dem  berühmten  Auchinleck  ms.  in  Edinburg ,  ist 
nach  abschriften  von  miss  Toulmin  Smith  und  mir  edirt.  Die  wenigen  differenzen, 
die  Horstmann's  abdruck  von  meiner  copie  aufweist,  sind  von  geringem  belang. 
Nur  in  v.  129  liegt  offenbar  ein  missverständniss  vor.  Die  zeile  lautet  nach  meiner 
lesung:  of  ihüs  in  carnaccun.  Die  letzten  zwei  worte  sind  zusammenzuziehen 
und  zu  lesen :  incarnacciun  =  fleischwerdung,  was  vorzüglich  gut  zum  sinne  passt 
(vgl.  auch  Cantic.  de  Creat.  v.  1183:  fro  pe  incarnacioim  of  Jhesu^.  c  mit 
einem  darüber  gesetzten  striche  oder  länglichen  haken  ist  gerade  in  dieser  hs. 
oft  durch  ci  aufzulösen.  Die  copistin  hat  dafür  d  gelesen ,  und  in  folge  dessen 
hat    Horstm.     in    Carnacdun    gedruckt    und    dazu    bemerkt:      -»carnacdum    st. 


C.  Horstmann,  Sammlung  altenglischer  legenden  x?l 

capharnaum?'t  Aber  es  wäre  doch  merkwürdig,  wenn  Magd,  aus  dem  leben  Christi 
gerade  nur  seine  begegnung  mit  dem  hauptmann  von  Capemaum  herausgegriffen 
hätte!  —  Ich  finde  es  ferner  nicht  richtig,  dass  H.  die  12  nach  v.  560  weg- 
geschnittenen verse  nicht  mitgezählt  hat ,  zumal  da ,  wie  aus  meiner  copie  zu  er- 
sehen war,  die  anfangsbuchstaben  der  zeilen  erhalten  sind ;  für  den  fall ,  dass  sich 
in  Zukunft  noch  eine  zweite  hs.  dieser  dichtung  finden  sollte,  theile  ich  dieselben 
hier  mit:  S,  J),  &,  H,  O,  5,  B,  B,  V  (?),  p,  J),  Y  (?).  —  Warum  sind  v.  153  und 
172  eingerückt?  —  v.  228  f.:  T^if  foii  rnii^t  pi  lord  so  prein  \  of  whom  pat  pou 
so  prechep  ous  etc.  Auffallend  ist  die  form  prechep ,  wofür  man  prechedest  oder 
preched  er\va.rte.\..  —  v.  371:  Loke  atow  no  more  wepe.  Horstm.  bemerkt  dazu: 
i>atow  =  pat  powi  ,  scheint  also  anzunehmen,  dass  am  anfang  /  abgefallen  ist. 
Aber  at  ist  eine  nicht  seltene  conjunction  nordischen  Ursprungs ,  die  sich  so  gut 
wie  pat  mit  pow  verbinden  kann,  vgl.  Mätzner  a.  a.  o.  p,  131.  —  V.  621  ff.  lauten 
in  der  hs. : 

J)o  he  f)is  tiding  herd  pan. 

Maximin,  pe  holi  man, 

He  ponked  hei^eliche  Jhesu  Crist 

J>at  he  of  pat  tiding  wist 

pat  sehe  him  f)e  bode  sent. 

Horstmann  vermuthet  v.  625  für  sehe  him,  iche  tim,  was  ich  nicht  zu  verstehen 
bekenne ;  es  handelt  sich  doch  blos  um  eine  einmalige  botschaft.  Zudem  bietet 
die  überlieferte  lesart,  wie  mir  scheint,  gar  keinen  anstoss,  nur  muss  man  nach 
wist  (v.  624)  ein  komma  setzen  und  diese  und  die  folgende  zeile  als  parallelsätze 
ansehen :  er  dankte  Jesu  Christ  dafür ,  dass  er  von  dieser  neuigkeit  künde  erhielt, 
dass  sie  ihm  die  botschaft  sandte. 

Ueber  die  legende  von  der  Marina  (4)  vgl.  Engl.  st.  II,  p.  509  ff, 

5.  Euphrosyne.  Dies  gedieht  ist  eine  ziemlich  wortgetreue  Übersetzung 
der  ersten  lateinischen  version  in  den  Acta  Sanctorum  Febr.  II,  p.  537 — 41.  Als 
beweis  schreibe  ich  hier  nur  den  urtext  zu  der  schönen  klagerede  des  Pathnucius 
aus,   als  er  seine  tochter  vermisst,   engl.   v.   377 — 86.     Sie  lautet  lat. : 

Heu,  heu,  filia  dulcissima!  Heu  lumen  oculorum  meorum,  consolatio  vitae 
meae !  Quis  meam  invasit  facultatem?  Quis  meam  possessionem  sparsit?  Quis 
vineam  meam  siccavit?  Quis  meam  lucernam  extinxit?  Quis  spem  meam 
fraudavit  ?  Quis  pulchritudinem  filiae  meae  violavit  ?  Quis  putas  lupus  agnam 
meam  dissipavit?     Qualis  locus  talem  vultum  tegit? 

Am  Schlüsse  dieser  rede  begegnen  wir  allerdings  einer  verschiedenen  auf- 
fassung  in  beiden  texten ,  ohne  dass  sich  die  Verwandtschaft  derselben  auch  hier 
ganz  bestreiten  Hesse ;  lat. :  Terra,  terra,  non  celes  sanguinem  meam,  donec  videam, 
quid  Eufrosynae  1  filiae  meae,  contigerit;  engl.  v.  393  f.:  Alias,  eorpe ,  pou  dost 
me  pyne  \  pou  kniest  pe  blöd  of  Enfrosyne.  Ausser  dieser  abweichung  habe  ich 
mir  nur  noch  eine  andere  angemerkt ;  lat.  \  ....  et  putavimus,  quod  pater  illius, 
qui  eam  desponsaverat ,  venerit  et  tulerit  eam ;  engl.  v.  361  f.:  pen  supposed  hir 
fader  pat  he  hedde  hire  fet  \  pat  scholde  hire  "vedde  loipoute  let.  Diese  diffcrenz 
mittels  einer  conjectur  im  engl,  texte  zu  beseitigen,  empfiehlt  sich  um  so  weniger, 
als  dieser  sachlich  zur  zweiten  lat.  version  (A.  S.  p.  543»)  stimmt:  arbitrabatur 
(sc.  pater)  eam  abiisse  ad  sponsum, 

9« 


j^2  Litteratur 

Engl.  V.  301  ff. : 

J)e  abbot  seide  to  him   ri^l  j)us: 

j){)ou  art  welcome,  dwellc  her  wif)  vs ! 

What  is  \)i  name?«   f)cn  seide  he. 

»Smaragdus«  heo  seide,  »men  callen  me«. 
Horstmann,  Engl.  st.  I,  p,  306  bemerkt  zu  v.  303:  »/le  wol  st.  s/ie,  da  304 
/wo«  und  ebenso  im  zweiten  abdruck:  "he  st.  s/ie.-'<  Aber  ich  sehe  gar  keinen 
grund,  /le  auf  die  Jungfrau  zu  beziehen,  zumal  da  in  der  folgenden  zeile  /leo  seide 
folgt;  V.  303  ist  zu  übersetzen:  Wie  ist  dein  name?  sagte  er  dann.  Vgl.  lat. : 
Dicit  ei  senex:  iBene  venisti ,  fili:  ecce  rnonasterium ;  si  placet,  habita  iiobiscum. 
Et  dicit  ei  senex  ille:  Quod  est  nomen  tnnvi?  Dicit  ei:  Smaragdus.  —  Zu 
V.  560:  Bt(t  in  to  helle  wepen  and  gon,  bemerkt  Horstmann  in  beiden  ausgaben: 
»Der  vers  scheint  fehlerhaft.«  Gewiss,  aber  das  richtige  ist  sehr  leicht  herzustellen  ; 
man  lese:  But  wepen  and  in  to  helle  gon;  vgl.  lat.:  yam  descendam  lugens  in 
inferniim.  —  V.  657.     Der  punkt  hinter  bisette  ist  zu  streichen. 

6.  Cristine,  von  William  Paris.  Dies  gedieht  schliessl  sich  inhaltlich 
an  die  fassung  der  Cristinen-legende  in  der  Legenda  aurea  (bei  Grässe  p.  419  ff.) 
an;  vgl.  u.   a.  v.  161  f.: 

IVhithotityne  honour  and  shame  1  I  say ,  j  abhomynabille  to  gode  arte 
ßoit  =  lat.:  Sine  honore  et  ptidore  et  abominabilis  deo.  V.  177  f.:  She  saide: 
Christyne ,  my  doughter  derc ,  \  Of  bothe  myue  yene  pou  arte  the  lighte  =  lat.: 
Filia  mea  Cristina,  luinen  octilorum.  V.  291  f.:  Shc  saide:  Fülle  vnhappy 
mane!  \  Of  Criste  pis  grace  rcsceyuede  hatte  I.  =  lat.:  Ctii  illa:  stulte  et  infelix, 
a  Christo  hatte  accepi  gratiam!  Dass  trotzdem  nicht  direkt  diese  fassung  als 
quelle  des  gedichtes  anzusehen  ist,  lehrt  der  umstand,  dass  LA.  für  den  namen 
Dyons  (v.  305)  Elius  (p.  420 3 )  bietet,  während  die  sonst  sehr  gekürzte  version 
in  den  Acta  Sanctorum  Julii  V,  p.  496  auch  Diott  liest.  Ebenso  nennt  LA. 
nicht  den  namen  des  vaters  der  heiligen ,  und  den  namen  des  Zauberers  {Marces, 
v.  407)  finde  ich  sonst  nirgends  angegeben.  Darum  ist  es  auch  schwer  zu  ent- 
scheiden, ob  v.  57 — 64,  V.  81 — 88,  V.  125 — 28,  v.  145 — 52,  v.  235  f.,  v.  273 — 80, 
V.  355 — 60,  V.  470 — 80,  für  die  sich  in  LA.  nichts  entsprechendes  findet,  eigen- 
thum  des  dichters  oder  aus  seiner  vorläge  entnommen  sind.  —  V.  223  f.  interpungirt 
Horstmann  folgendermassen : 

Thou  arte,  fader,  y  teile  it  the, 
Of  Satane  fende,  pat  cursyde  wyghte. 
was  er  jedenfalls  übersetzen  will  durch:  Du  stammst,  vater,  ich  sage  es  dir,  vom 
Satan,  dem  feinde,  her,  dem  verfluchten  wesen.  Der  lat.  urtext :  tu  es  pater  ipsius 
Sathanae,  lehrt,  dass  das  komma  nach  arte  zu  streichen  ist.  —  V.  284.  He  luiste  in 
worlde  what  he  niyghte  done.  Der  sinn  verlangt  niste  für  wiste,  denn  aus  prinzip 
schlägt  sich  niemand  selbst  vor  die  stirn  (v.  285  f.).  Dieselbe  änderung  ist  in  dem  fast 
gleichlautenden  v.  482:  He  zuiste  in  ivorlde  whate  he  da  niyghte,  vorzunehmen,  wie 
schon  das  bitte  der  folgenden  zeile  lehrt.  Diese  abweichung  von  der  hs.  ist  um 
so  unbedenklicher,  als  noch  ein  drittes  mal  dieselbe  w  für  n  bietet,  vgl.  Horst- 
mann's  bemerkung  zu  v.  344.  —  V.    301   ff.: 

Thus  he  thrette  hire  euer  nyghte. 

Thate  she  shulde  one  fe  morne  alway ; 

Yit  was  he  dede  for  alle  his  myghte, 

Ande  Cristyne  lyuede  a  merye  maye. 


C.  Horstmann,   Sammlung  altenglischer  legenden  123 

Der  sinn  von  al-way  in  v.  302  ist  mir  nicht  klar;  schon  wegen  des  gegen- 
satzes  von  dede  und  lyuedc  in  den  folgenden  zeilen  vermuthe  ich ,  dass  statt 
dessen  deie  zu  lesen  ist.  —  V.  516.  Statt  des  punktes  hinter  fro  ist  ein  komma 
zu  setzen. 

7.  Dorothe  aus  ms.  Harl.  5272.  Wenn  Horstm.  bemerkt  (p.  191):  »Diese 
leg.  ist  eine  freie  Übertragung  der  lat.  leg.  d.  s.  Dorothea  i.  d.  Leg.  Aur.«  ,  so 
übersieht  er,  dass  die  Dorotheen- legende  bei  Grässe  (p.  910)  unter  den  klein 
gedruckten  nachtragen  steht ,  die  mit  der  LA.  nichts  zu  thun  haben.  Im  übrigen 
trifft  diese  angäbe  zu.  Schon  das  gleiche  metrum  deutet  darauf  hin,  dass  dies 
gedieht  und  das  vorhergehende  demselben  Verfasser  (William  Paris)  beizulegen 
sind  ;  stehen  sie  doch  auch  (H.  p.  183)  in  der  hs.  hinter  einander.  —  Auffallend 
ist  der  construction  nach  v.  288 :  Deoclisian  and  Maximian  pene  emperouris  of 
Home,  eine  art  absoluter  nominativ,  falls  nicht  vielmehr  etwas  verdorben  ist. 
Im  lat.  entspricht  ( p.  9 1 1 8 ) :  sub  Diocletiano  et  Maxirniano  imperatoribiis 
Romanorttm. 

8.  Erasmus.  Der  recensent  im  Lit.  centralblatt  (1879,  p.  214)  hat  schon 
mit  recht  geltend  gemacht ,  dass  hier  der  abdruck  zweier  hss.  sich  nicht  recht- 
fertigen lässt.  Das  gedieht  ist  eine  sehr  gekürzte  Übertragung  der  Erasmus- 
legende  im  anhange  der  LA.  (p.  890  ff.).  —  \.  8.  Nach  pryncipally  ist  der 
punkt  in  ein  komma  zu  verwandeln.  —  V.  65.  And  after  shreive  anone  cavi 
aiiother.  Wenn  auch  allenfalls  after  als  adv.  angesehen  und  shreive  zu  another 
genommen  werden  kann,  so  ist  es  mir  doch  viel  wahrscheinlicher,  dass  nach  after, 
this  ausgefallen  ist. 

9.  A  disputisoun  bytwene  a  cristenemon  and  a  Jew.  Der  heraus- 
geber  bemerkt  über  dieses  gedieht,  es  sei  «im  dialecte  und  wahrscheinlich  vom 
dichter  der  Susanna«.  Das  wäre  nach  Trautmann's  Untersuchung  (vgl.  Engl. 
St.  II  p.  268)  ein  Schotte  und  wahrscheinlich  identisch  mit  dem  Verfasser 
des  Morte  Arthure.  Freilich  bedarf  diese  frage  noch  einer  eingehenden  Unter- 
suchung. 

10.  R  oberd  of  Cisyle.  Von  diesem  interessanten  gedieht  wird  uns  hier 
eine  kritische  ausgäbe  geboten.  Es  ist  zu  bedauern,  dass  wir  über  die  quelle  der 
englischen  fassung  gar  nichts  wissen ;  nur  ist  sehr  wahrscheinlich,  dass  ihr  ein  frz. 
fabliau  zu  gründe  liegt.  Ueber  verwandte  Stoffe  vgl.  v.  d.  Hagen's  Gesammt- 
abenteuer,  bd.  I. 

Beilage  zur  Creatio  Mundi;  Jie  lyff  of  Adam  and  Eue  aus  ms. 
Vernon  fol.  393.  Der  ausgäbe  zu  gründe  liegt  eine  abschrift  Furnivall's.  — 
P.  220,    uff.: 

J>e  watres  vndur  heuene  Crist  made  togeder  weende,  and  alle  heore  stremes, 
in  a  luytel  stounde ,  and  sende  hem  forji ,  for  |iat  Jie  druye  eorj^e  schulde  bringe 
forj)   fruit;   and  {jo  he  cleped  |)is  waler  gcdcring. 

Das  letzte  sätzchen  kann  unmöglich  richtig  sein;  mindestens  nuiss  esheissen; 
and  po  he  cleped  pis  ivater-gedeting  tnere.  Vielleicht  sind  aber  auch  noch  hinter 
cleped  mehrere  worte  weggefallen  und  wir  haben  zu  lesen :  and  po  he  cleped  pat 
druye  eotpe  and  cleped  pis  ivater-gedering  tnere.  Das  augc  des  Schreibers  konnle 
leicht  von  dem  ersten  cleped  auf  das  zweite  abirren;  vgl.  Gen.  cap.  i  v.  10:  Et 
vocavit  deus  aridain ,  tcrram ,  congregationcsqtic  aquarttin  apcllavit  maria. 
P.  221,   29; 

I  was  er  eny  of  50U  weore,  I  wol  be  euere  to  Jie  he.xte. 


134 


Litteratur 


Man  lese  euene  für  euere;  vgl.  z.  27 :  and  I  tuoI  be  lyk  /<•  hexte  fat  is 
abouen  vs.  —  P.  222,  27:  And:  »Neddre  etc.  Hinter  and  sind  doch  wol  einige 
Worte,  wie:  god  spac  to  ße ,  ausgefallen,  wobei  dann  natürlich  neddre  nicht  zur 
rede  gehören  würde.  —  P.  226,    13 : 

And  |)o  louh  Adam  and  neuer  aryst. 
Hinter  louh  hat  der  herausgeber ,  um  es  hervorzuheben ,  ein  fragezeichen  gesetzt, 
ich  weiss  aber  nicht  recht,  warum,  denn  diesen  zug  bieten  die  anderen  Versionen 
auch;  vgl.  Cantic.  v.  847  f.  :  Whanne  Adam  hadde  it  herd  al  sayn,  \  He  lawed 
lowde,  so  7vas  he  fayn,  \  for  alle  his  grete  mone.  Leg.  of  the  h.  r.  p.  71, 
V.  329:  And  in  his  life  pan  ones  he  logh.  Auch  der  form  nach  ist  das  wort 
nicht  auffallend.  —  P.  226,  17:  alle  skinnes\  1.  alles  kinnes.  —  P.  227,  11, 
Die  Worte :  and  of  his  moder ,  stehen  durch  einen  schreib-  oder  druckfehler  zwei- 
mal im  texte.  —  P.  227,  22  f. : 

For  Adames  children,  po  pe  folk  haden  rif  Adames  pynen,  but  soone  etc. 

Ich  glaube,  dass  dieser  satz  verderbt  ist,  weiss  aber  keine  Besserung  vorzu- 
schlagen. 

Ich  füge  endlich  ein  alphabetisches  verzeichniss  derjenigen  in  den  vorliegen- 
den texten  vorkommenden  worte  bei ,  welche  weder  bei  Stratmannn  3 ,  noch  bei 
Mätzner  und  Halliwell  aufgeführt  sind.  Es  wäre  wünschenswerth ,  dass  jeder 
herausgeber  sich  dieser  für  ihn  am  wenigsten  mühevollen  arbeit  selbst  unterzöge. 

affluence,  affluentia,  p.  81;  afturmete,  nachmittag,  p.  17;  apt,  aptus, 
p.  68;  benfesour,  wolthäter,  p.  77;  blessedhed,  heiligkeit,  p.  82;  bordel- 
place,  lupanar,  p.  28;  bordel-sted,  dass.,  p.  32;  chef-moneye,  capitale, 
p.  55;  vgl.  Mätzner  s.  v.  chef;  chefprest,  presbiter,  p.  71;  comendable, 
commendabilis ,  p.  18  ff.;  crauen,  unpersönlich  gebraucht,  p.  48:  Aftur  opur 
matere  par  pe  nou^t  craue  =  nach  anderem  Stoffe  darf  dich  nicht  verlangen; 
Mätzner  s.  v.  crauen  hat  diesen  gebrauch  nicht  belegt;  durable,  ausdauernd, 
p.  109;  edificacioun,  erbauung,  p.  52;  eloquensye,  eloquentia,  p.  82; 
emperorite,  potestas  imperii,  p.  22 ;  enprisonement,  gefangenschaft,  p.  48; 
feruor,  gluth,  p.  192;  forseid,  vorhin  erwähnt,  p.  97;  fortalt,  ver\\ünscht? 
p.  205;  fortrauay  len ,  fatigare,  p.  97;  fotpage,  pedissequa,  p.  74;  gilerie, 
überlistung,  p.  225;  gloren,  glänzen,  p.  47;  sonst  nur  in  der  bedeutung  spectare 
belegt  (Stratm. 3  p.  270;  Hall.  p.  403);  griuelin  g,  stupefactus,  p.  94;  halsnien, 
beschwören  (=halsien),  p.  161;  hedook,  dolor  capitis,  p.  42 ;  japerye,  nugae, 
p.  70;  meble,  beweglich,  p.  48;  bei  Hall.  p.  547  nur  als  plur.  angeführt; 
mihtinesse,  magnificentia,  p.  83  ;  mielch- wumman,  amme,  p.  156;  mysse- 
kend,  schlecht  unterrichtet,  p.  116;  morre,  welche  färbe?  p.  109  zweimal; 
nobelte,  Vornehmheit,  p.  70;  olme,  wüthend,  p.  152;  vgl.  Horstm.  anm. 
z.  d.  St.;  ouerreden,  überlesen,  p.  81  ;  outen,  manifestum  facere,  p.  179; 
pament,  pavimentum,  p,  22;  post-comoun,  der  gesang  nach  der  communion, 
P-  59)  proportiont?  p.  74;  pourpul,  purpur,  p.  206;  prostrat,  se  pro- 
sternens,  p.  97;  rehet,  fröhlichkeit ,  p.  207;  vgl.  Horstm.  z.  d.  st.;  repref, 
Vorwurf,  p.  128;  repreyne,  arguere ,  p.  15;  reuoken,  revocare,  p.  55; 
skofen,  spotten,  p,  97;  bei  Stratm. 3  p.  490  ist  nur  das  subst.  angeführt; 
sharment,  zauber,  ^  charment,  p,  108;  vgl.  shaunce,  Sir  Degr.  v.  1079;  sikel, 
kränklich,  p.  151;  sonenny^ht,  sonntagsnacht,  p.  162;  tapissen,  tabescere, 
P-  70;  vgl.  Horstm.  z.  d.  st.;  translaten,  transferre,  p.  84;  trauaylen,  in 
activem  sinne:  fatigare,  p.  177;  tre-croppe,  baumkrone,  p.  120;    unlikenes, 


Reinhold  Baumstark,   Thomas  Morus  j-jc 

dissimilitudo,  p.  65;  unlofsum,  unangenehm,  p.  74;  unschomefast,  scham- 
los, p.  23 ;  un  trist,  treulos,  p.  79;  Stratm.  führt  nur  das  subst.  auf;  werkere, 
operosus  ,  p.  83  ;  v  e  r  s  i  c  1  e ,  versiculus  ,  p.  7;  wikked-tonged,  mit  böser 
zunge,  p.   77;  vyleynliche,   bösartig,   p.  75  ;  voluptuosite,  jucunditas  p.   74. 

Ich  will  diese  anzeige  nicht  schliessen ,  ohne  nochmals  das  verdienst  zu  be- 
tonen ,  welches  herr  Horstmann  sich  durch  abdruck  und  bearbeitung  so  vielen 
wichtigen  und  neuen  materiales  aus  der  me.  legendenlitteratur  ervvorben  hat.  Möge 
es  ihm  nicht  an  zeit  und  ausdauer  fehlen,  seine  grössere  legenden-ausgabe  zu  einem 
glücklichen  abschlusse  zu  führen ! 

Breslau,  april  1879.  E.   Kölbing. 


Reinhold  Baumstark,    Thomas    Morus.      Freiburg   im    Breisgau,    Herder' sehe 
Verlagsbuchhandlung.     1879.     Preis  M.  2. 

Von  jeher  war  Thomas  Morus  ein  lieblingsgegenstand  ultramontaner  geschichts- 
schreiber,  der  namentlich  gelegentlich  aufgekommener  conflicte  zwischen  Staat  und 
kirche  als  ein  leuchtendes  muster  eines  blutzeugen  hervorgekehrt  wurde ,  der  am 
unzweideutigsten  nur  eben  lediglich  um  des  päpstlichen  primats  und  seiner  juris- 
direction  willen  von  der  höchsten  Staffel  menschlichen  glucks  und  menschlicher 
ehren  herabstieg  und  mit  der  sokratischen  ironie  eines  Girondisten  den  köpf  auf 
den  henkerblock  legte.  Und  die  thatsache  ,  dass  der  tragische  opfergang  in  einer 
für  die  kirche  so  ungemein  wichtigen  epoche  stattfand,  dass  der  Vorgang  eine 
episode  in  jenem  weltgeschichtlichen  drama  bildete,  da  England  sich  der  herrschaft 
Roms  mit  einem  energischen  entschlusse  entzog,  gab  dem  schon  an  sich  für 
kirchlich  gesinnte  gemüther  so  erbaulichen  thema  einen  hintergrund ,  der  die 
persönlichkeit  des  lordkanzlers  wie  sein  Schicksal  noch  mit  einem  besondern  relief 
ausstattete.  An  der  vielfaltigen  forschung  und  behandlung  dieses  lebenslaufs 
haben  sich  auch  wiederholt  deutsche  schriftsteiler  betheiligt,  und  ich  darf  ins- 
besondere auf  die  fleissige  und  sinnige  schrift  Rudhard's  an  dieser  stelle  um  so 
mehr  hinweisen ,  als  die  vorstehend  angezeigte  populärer  gehaltene  darstellung  in 
nicht  geringem  masse  von  jener  abhängig  zu  sein  scheint.  Herr  Reinhold  Baum- 
stark weiss  sich  zwar  an  vielen  stellen  seines  buches  in  ausgesprochenem  eifer  mit 
der  Originalität  seiner  meinungen,  ansichten,  behauptungen  zu  affichiren,  aber  bei 
genauerer  betrachtung  findet  man,  dass  die  abweichungen  dieser  neusten  darstellung 
im  wesentlichen  nur  auf  den  dem  Verfasser  eigenthümlichen  ethischen  anschauungen 
beruhen,  welche  herr  Baumstark  dem  leser  nicht  vorzuenthalten,  recht  beflissen  ist. 
Es  geht  ein  sehr  subjectiver  zug  durch  die  erzählung,  und  am  ende  derselben  haben 
wir  von  den  maximen,  lebensansichten  und  Weltanschauungen  des  herrn  Reinhold 
Baumstark  beinahe  ebensoviel  erfahren  als  von  denen  des  Thomas  Morus.  Das 
bezieht  sich  sogar  auf  äussere  umstände.  Er  kann  es  z.  b.  »nicht  begreifen  und 
erklären«,  wie  ein  mann  von  der  richtung  des  Morus  (d.  h.  nach  der  uliramuntanen 
auffassung)  eine  Vorliebe  für  Lucian  fassen  konnte ;  nicht  als  ob  er  gegen  Lucian 
ein  vorurtheil  hätte  —  bewahre  —  hat  er  docii  selbst  (herr  B.)  »in  mehreren 
seiner  Schriften  sich  Lucian  genannt,  ohne  bis  auf  den  heutigen  tag  in  den  fall 
eines  gewissensscrupels  gekommen  zu  sein«.  Diejenigen  also,  welche  die  anonyme 
literatur  unserer  tage  verzeichnen ,  erhalten  demnach  die  schöne  notiz ,  dass  der 
Lucian    des    deutschen    kullurkampfes    im     19.    Jahrhundert    in    Kirchhöfen     bei 


136 


Litteratur 


Krotzingen  scrupellos  zu  hause  ist.  Was  dem  Lucian  von  Kirchhöfen  an  den 
»meisten  schriftstellerischen  bearbeitungen  des  grossen  kanzlers«  vornehmlich  als 
mangel  erschien,  bestand  in  drei  dingen:  »Erstens  bezwecken  sie  zu  absichtlich 
und  zu  ausschliesslich  die  Verherrlichung  ihres  gegenständes«  (das  geht  auf  Rudhard 
besonders) ;  »zweitens  stellen  sie  ihn  zu  losgelöst  vom  hintcrgrund  seiner  zeit,  nur 
als  einzelfigur  und  nicht  als  theil  eines  grossen  gesammtbildes  dar«  (das  geht  auf 
Rudhard) ;  und  drittens  »verwenden  sie  zwar  sehr  grosse  mühe  auf  entfaltung  und 
Schaustellung  ernster  und  gründlicher  gelehrsamkeit  (das  geht  namentlich  auf 
Rudhard),  aber  zu  wenig  fleiss  auf  eine  den  leser  anziehende  und  befriedigende 
sprachliche  darstellung«.  »In  allen  diesen  beziehungen  strebt  herr  B.  nach  dem 
gegentheil«  —  aber  wie  wir  leider  hinzusetzen  müssen,  bis  auf  den  einen  punkt 
von  der  Schaustellung  der  ernsten  und  gründlichen  gelehrsamkeit  nicht  mit 
besonderem  glück.  In  diesem  einen  eben  erwähnten  punkte  aber  gelingt  ihm  der 
gegensatz  gegen  die  »meisten  bearbeitungen«  ganz  vortrefflich,  und  da  dies  dem 
»streben«  des  Verfassers  entspricht,  so  wollen  wir  nicht  untersuchen,  ob  nicht  und 
wie  viel  bei  diesem  erfüllten  vorsatz  eine  gewisse  natumothwendigkeit  mitgewirkt 
hat.  Sonst  aber  fällt  die  arbeit  des  herrn  B. ,  wenn  anders  die  »meisten 
darstellungen«  wirklich  an  den  bemerkten  fehlem  litten ,  doch  nur  mit  diesen 
»meisten«  auf  dieselbe  linie.  Denn  wenn  auch  unser  Verfasser  seinen  beiden  in 
der  that  nicht  absolut  lobt  und  »verherrlicht«  ,  so  sind  doch  die  leisen  schatten, 
die  er  an  ihm  zu  bemerken  hat,  wesentlich  nur  in  dem  mangel  an  Übereinstimmung 
zwischen  Morus  und  herrn  Baumstark  begründet ,  der  in  solchen  fällen  immer 
hervorhebt,  wie  er  selbst  unter  den  gegebenen  bedingungen  gehandelt  haben  würde. 
So  z.  b.  würde  er,  klüger  wie  Morus,  von  seinem  könige  zum  dienste  für  den  Staat 
berufen,  überhaupt  nicht  unter  die  politiker  gegangen  sein.  Das,  und  die  kleinen 
paganistischen  Schäkereien  in  der  Utopia  und  allenfalls  noch  die  thatsache,  dass 
der  lordkanzler  nicht  zeitig  genug  den  köpf  aus  der  gefahr  zu  ziehen  wusste,  das 
sind  so  die  dunkeltöne,  die  herr  B.  seinem  bilde  behufs  differenzirung  von  den 
»meisten«  aufsetzt. i)  Nicht  die  »meisten«,  aber  manche  haben  früher  immer  einen 
dunklen  schatten  in  dem  leben  des  Morus  in  seiner  starren  ketzerverfolgung ,  in 
der  rücksichtslosen  weise  gefunden ,  mit  welcher  er  hängen ,  köpfen ,  verbrennen 
liess ,  als  er  die  macht  in  bänden  hatte ;  aber  herr  B.  ist  gerade  in  diesem  punkte 
der  entschiedene  apologet  seines  beiden,  der  »von  den  31  monaten  seiner  kanzler- 
schaft  nach  den  englisch-katholischen  (!)  forschungen  nicht  weniger  als  zwei- 
undzwanzig (sie!)  ohne  blutvergiessen  um  der  religion  willen  gelassen  hat«. 
Und  insofern  es  sich  »bestimmt«  nur  um  »rückfällige  und  nicht  reuige  ketzer« 
gehandelt  hat,  fällt  nur  gar  jeder  »persönliche  Vorwurf«  in  sich  selbst  zusammen. 
Wir  müssen  herrn  B.  darin  vollkommen  recht  geben,  dass  jedes  nur  auf  die 
»Verherrlichung«  des  Thomas  Morus  ausgehende  lebensbild  sich  von  der  Wahrheit 
in  vielen  stücken  wird  entfernen  müssen,  aber  wir  bestreiten  der  uns  vorgetragenen 
biographie  licht  und  schatten  irgendwie  der  Wahrheit  gemäss  vertheilt  zu  haben, 
und  wir  bestreiten  dem  tendenziösen  und  befangenen  autor  durchaus  den  besitz 
der  freien  gesichtspunkte,  von  denen  einzig  und  allein  die  Wahrheit  oder  ein  ver- 


1)  Unter  anderem  macht  unser  Verfasser  dem  Thomas  Morus  einen  vor\vurf 
daraus,  dass  er  sich  kein  vermögen  gesammelt  hat.  Das  sei  Christenpflicht,  aber 
Morus  hätte  eben  seine  geringschätzung  des  reichthums  von  »den  verirrten 
heidnischen  philosophen«  gelernt.     Das  kommt  davon!!! 


Reinhold  Baumstark,   Thomas  Monis 


137 


hältnissmässiger  grad  von  Wahrheit  erlangt  werden  kann.  Wir  geben  herm  B. 
selbstverständlich  auch  darin  recht ,  dass  zu  einem  klaren  verständniss  der  In- 
dividualität des  Morus  und  zu  einer  psychologischen  erklärung  der  Widersprüche 
zwischen  dem  Verfasser  der  Utopia  und  dem  ketzerhammer  und  dem  katholischen 
blutzeugen  man  nur  durch  die  einordnung  der  erscheinung  in  »das  gesammtbild 
der  zeit«  gelangen  kann,  aber  wir  bestreiten  ihm  nach  der  gelieferten  probe  ein- 
mal die  fähigkeit,  das  mächtige,  vielfach  verschlungene  und  mit  ungemeiner  grosse 
umkleidete  »gesammtbild«  gerade  dieser  epoche  zu  liefern,  und  zweitens  bei  der 
befangenheit  und  einseitigkeit  der  anschauungen  des  Verfassers  die  ernste  absieht, 
ein  solches  darzustellen.  In  einem  wirklichen  gesammtbilde ,  das  übrigens  (siehe 
ausser  den  Engländern  Ranke,  Englische  gesch.  Bd.  I)  auf  herm  Baumstark  gar 
nicht  erst  gewartet  hat,  würde  es  z.  b.  einen  nicht  unwichtigen  räum  eingenommen 
haben,  einen  wie  grossen  antheil  an  dem  abfall  Englands  von  dem  römischen 
System  ebensowohl  als  an  dem  Justizmorde  des  Morus  die  thorheit ,  Verblendung, 
nachlässigkeit,  Verkommenheit  und  habgier  der  römischen  curie  und  ihrer  creaturen 
gehabt  haben ;  in  einem  wahren  gesammtbilde  würde  die  grosse  katastrophe  in 
England  nicht  lediglich  als  persönlicher  ausfluss  der  despotischen  anlagen 
Heinrichs  VIII.  dargestellt  worden  sein ,  sondern  gezeigt  werden ,  dass  diese  nur 
den  kleinen  anstoss  gaben,  um  das  ohnehin  bis  an  den  rand  gefüllte  gefäss  zum 
überlaufen  zu  bringen,  und  den  Wolsey  und  den  Campeggi  dürften  keine  phrasen- 
gewobenen mäntelchen  umgehängt  werden,  blos  weil  sie  cardinäle  waren.  Und 
dass  die  abfälligen  Schimpfereien  auf  den  humanismus ,  in  dessen  eigenartigem 
wesen  einzig  und  allein  die  auflösung  für  das  räthsel  gesucht  werden  muss,  dass 
der  fürsprecher  der  demokratischen  republik ,  der  ämter-  und  priesterwahl ,  des 
communismus  und  der  ausgedehntesten  religionstoleranz  mit  dem  anbeter  des 
päpstlichen  primats ,  dem  ketzerfeind  und  dem  Vorkämpfer  der  römischen  Juris- 
diction in  einem  köpfe  platz  hatten ,  dass  die  geringschätzung  des  humanismus  in 
der  art  unseres  Verfassers  in  dem  gesammtbilde  nur  vorkommen  könnten,  wenn  es 
auf  eine  Verzerrung  ankäme,  wird  keinem  unbefangenen  sich  entziehen.  Auch 
würde  in  einem  gesammtbilde,  das  weniger  mit  den  färben  der  tendenz  und  mehr 
mit  denen  unbehinderten  Wahrheitstriebs  gemalt  wäre,  Erasmus  wol  eine  liebevollere 
beurtheilung  und  kennzeichnung  erhalten,  als  von  dem  Lucian  von  Kirchhöfen, 
der  denn  doch  vielleicht  gut  gethan  hätte,  sich  die  frage  vorzulegen,  ob  er  nicht 
in  einen  »gewissensskrupel«  fallen  könnte,  wenn  er  mit  mehr  Verwegenheit  als 
berechligung  vermöge  seines  dünnen  wissens  sich  herausnimmt,  den  imposantesten 
aller  cisalpinischen  humanisten  anzugeifern.  Uebrigens  lässt  der  Verfasser  denn 
doch  die  möglichkeit  zu ,  dass  selbst  Morus  aus  »menschlicher  eitelkeit«  auf  die 
freundschaft  »mit  dem  ersten  gelehrten  der  zeit«  einiges  gewicht  gelegt  haben 
könne;  gewisses  darüber  weiss  freilich  nur  gott,  »dem,«  wie  herr  B.  bescheiden  sich 
ausdrückt,  »ich  in  seinem  urtheil  nicht  vorgreifen  darf«  ,  —  aber  eventuell  könnte 
er  es  also.  Was  doch  so  ein  ultramontaner  Lucian  nicht  alles  kann,  schade  dass 
er  so  wenig  darf.  Eins  aber,  müssen  wir  sagen,  kann  herr  Baumstark  wirklich 
nicht :  nämlich  eine  so  ungemein  schwierige  geschichtsepoche  und  einen  so  ganz 
eigenartigen  Staatsmann  schildern ,  wie  er  sich  vermessen  hat.  —  Es  bleibt  uns 
also  nur  noch,  den  dritten  fehler  der  »meisten  bearbeitungen«  des  in  rede  stehenden 
gegenständes  zu  berühren,  nämlich  den  mangel  einer  ''anziehenden  und  befriedigenden 
sprachlichen  (sie!)  darstellung«.  Es  lässt  sich  nicht  verkennen,  herr  B.  schreibt  den 
hübschen  glatten  styl  der  kulturkämpferisch  geübten  Zeitungsschreiber,  welcher  am 


138 


Litteratur 


passenden  und  unpassenden  orte  immer  die  erbauliche  homilie  mit  besonderem 
geschielt  einzuflechten  und  von  jedem  erzählten  sofort  die  moralische  nutz- 
anwendung  zu  ziehen  versteht,  aber  was  die  »sprachlich  befriedigende  darstellung« 
anbetrifft,  so  müssen  wir  gestehen,  dass  uns  die  des  herrn  B.  noch  weniger 
befriedigt,  als  ihn  die  der  »meisten«.  Denn  die  »meisten«  schreiben  z  b.  nicht: 
»ins  bett  zu  liegen«  (s.  124),  »vereigenschaftet«  (s.  115),  »die  herbe«  (s.  152), 
»mönchische  strengheiten«  (s.  219),  »heiligmässig«  (s.  226),  »zum  beweise  wurde 
sich  berufen«  (s.  240);  »sie  können  die  altgriechische  literatur«  (s.  94);  auch 
dürfte  es  wol  kaum  befriedigen  ,  zu  lesen :  »das  verhältniss  der  herrschaft  zum 
dienstboten  ist  in  unserer  zeit  fast  allenthalben  ein  rein  formelles,  abstractes  (sie !) 
vertragsverhältniss«.  Vermuthlich  hängt  es  mit  dem  »streben«,  keine  gelehrsamkeit 
zur  schau  zu  stellen,  zusammen,  w^enn  herr  B.  (s.  205)  Heinrich  VIII.  einmal 
»von  dem  heiligen  stuhle  eine  kaiserliche  (!)  kröne«  erhalten  lässt,  oder  wenn  er 
den  bekannten  historiker  der  spanischen  literatur  in  München,  »v.  Schach«  (s.  211), 
und  das  bekannte  mitglied  der  florentiner  platonischen  akademie  (s.  22)  Pico  di  (!) 
Mirandola  nennt,  und  schon  im  elften  lebensjahre  »1474«  (1!)  sterben  lässt.  Aber 
da  es  sich  dabei  um  die  gelehrsamkeit  nicht  handelt,  sondern  nur  um  gesunden 
sinn,  den  zur  schau  zu  stellen  ja  nicht  prohibirt  ist,  möchte  ich  mir  nur  noch  die 
frage  erlauben,  wie  sich  herr  B.  die  form  des  landes  »Utopia«  denkt,  wenn  er 
ihm  eine  grösste  breite  von  200,000  schritt  und  einen  umfang  von  500,000  schritt 
gibt.  Wird  da  das  land  nicht  ein  gar  zu  handtuchmässiges  aussehen  bekommen  ? 
Nach  Morus  soll  aber  Utopia  bekanntlich  einen  das  meer  einschliessenden  halbkreis 
—  ein  amphitheater  bilden.  Indessen  ist  bei  Rudhard  auch  schon  von  den  2-  und 
500,000  schritten  zu  lesen. 

Breslau.  J.  Caro. 


Vincenz    Knauer.     William    Shakespeare,    der    philosoph    der    sittlichen    welt- 
ordnung.     Innsbruck.     Wagner' sehe  buchhandlung.     1879.     Pr.  M.  6. 

Gibt  es  eine  sittliche  weltordnung  oder  ist  diese  ziemlich  beliebte  ausdrucks- 
weise nur  ein  missbrauch  der  deutschen  spräche?  Der  begriff  des  sittlichen  fällt 
ganz  und  gar  in  die  Sphäre  des  menschengeistes ;  Selbstbeherrschung  und  rücksicht 
auf  fremdes  wohl  und  wehe  bilden  die  grundlagen  der  Sittlichkeit,  und  von  beidem 
zeigt  die  weltordnung  keine  spur,  sie  folgt  starren  gesetzen,  kümmert  sich  nicht  im 
mindesten  um  lust  und  leid  empfindender  wesen  und  hat  auf  die  prädicate  sittlich- 
unsittlich eben  so  wenig  anspruch,  wie  auf  irgend  welche  andere  bezeichnungen 
menschlichen  beifalls  oder  missvergnügens.  Wol  gibt  es  eine  sittliche  weit,  die 
weit  menschlichen  thuns  und  lassens ,  deren  Ordnung  der  mensch  feststellt ,  eine 
sittliche  weltordnung  aber  existirt  nicht.  Und  Shakespeare  ein  philosoph?  Dass 
er  eine  selbständige  und  vollkommen  abgeschlossene  lebens-  und  Weltanschauung 
besass,  hat  nie  jemand  bezweifelt,  ein  wirklich  grosser  dichter  Avird  stets  auch  ein 
helldenkender ,  das  allgemeine  intuitiv  auffassender  köpf  sein  müssen  und  der 
grosseste  aller  dramatiker  war  es,  wie  sich  von  selbst  versteht,  im  höchsten  grade; 
will  man  ihn  deshalb  einen  philosophen  nennen,  so  mag  man  das  immerhin  thun, 
glücklich  gewählt  aber  finden  wir  den  titel  des  vorliegenden  buches  durchaus 
nicht.  Es  enthält  eine  art  von  blumeniese  aus  Shakespeare's  stücken  ,  nach  sehr 
verschiedenartigen  gesichtspunkten,  mitunter  um  lieblingsansichten  des  Verfassers  zu 


V,  Knauer,   W,  Shakespeare,   der  philosoph  der  sittlichen  weltordnung    i^g 

illustriren ,  ausgewählt,  und  durch  erläuterungen ,  parallelstellen  aus  zahlreichen 
anderen  Schriften ,  exkurse  und  herzenserleichterungen  mannichfacher  art  vermehrt 
und  verlängert.  Das  Vorwort  bemerkt:  »Die  vielfach  mir  dringend  empfohlenen 
werke  von  Ulrici,  Gervinus  und  Rümelin,  die  theilweise  sich  mit  dem  hier 
von  mir  behandelten  thema  beschäftigen,  habe  ich  vor  Vollendung  meines  buches 
absichtlich  nicht  gelesen,  um  meine  eigene  auffassung  in  keiner  weise  durch 
die  macht  eines  mir  überlegenen  geistes  beeinflussen  zu  lassen.  <?  Dieser  stolzen 
bescheidenheit  gegenüber  behält  die  forderung  ihr  recht,  dass  vor  dem  druck 
einer  schrift  der  Verfasser  derselben  mit  der  gesammten  einschlagenden  literatur 
möglichst  genau  sich  bekannt  gemacht  habe.  Dr.  Knauer  ist  offenbar  nicht  der 
mann ,  der  es  liebt  zum  hundertsten  mal  zu  sagen ,  was  neun  und  neunzig  mal 
schon  gesagt  worden,  oder  thesen  zu  vertheidigen,  die  längst  \viderlegt  sind,  diese 
übelstände  vermeidet  man  nur,  wenn  man  das  bereits  veröffentlichte  kennt  und  von 
der  eigenen  arbeit  unerbittlich  streicht,  was  nicht  neu  oder  nicht  haltbar  ist.  Den 
hochgenuss,  den  er  bei  seiner  durch  zwei  Jahrzehnte  fortgesetzten  arbeit  häufig 
empfunden,   bezahlt  der  aufmerksame  leser  nicht  selten  mit  ermüdung. 

Aus  dem  ersten  abschnitt,  »Die  menschliche  Willensfreiheit«,  wird  schwerlich 
jemand  erfahren,  was  dr.  Knauer  unter  Willensfreiheit  versteht.  Erst  soll  der 
mensch  frei  sein ,  weil  er  ein  selbstbewusstes  wesen  ist ,  das  wenigstens  über  den 
gebrauch  eines  theils  seiner  kräfte  sich  selbst  zu  bestimmen  vermag  (p,  9) ;  mit 
dem  selbstbewusstsein  soll  der  freie  wille  stehen  oder  fallen ;  die  Willensfreiheit 
besteht,  so  lange  überhaupt  das  klare  selbstbewusstsein  vorhanden  und  unser  geist 
nicht  von  äusseren ,  leiblichen  einflüssen  getrübt  und  in  seiner  Wirksamkeit  ge- 
hindert ist  (p.  13).  Dann  aber  wird  die  Locke' sehe  definition ,  der  auch  wir  bei- 
stimmen, als  richtig  angenommen,  und  die  lautet:  »Sind  die  auf  den  willen 
wirkenden  motive  von  der  einsieht  des  besseren  erleuchtet,  so  heisst  er  frei«  (p,  14). 
Wie  steht  es  nun  mit  der  freiheit  der  Jago,  Edmund,  Richard  III  ?  Von  der  ein- 
sieht des  besseren  sind  sie  doch  wahrlich  nicht  erleuchtet,  und  trotzdem  vertritt 
dr.  Knauer  die  Willensfreiheit  dieser  Scheusale.  Er  äussert  (p,  18):  »Ueberhaupt 
müssen  wir  uns  vor  dem  irrthum  sicher  stellen  ,  als  ob  mit  der  behauptung  der 
menschlichen  Willensfreiheit  auch  behauptet  würde,  dass  alle  oder  auch  nur  die 
meisten  willensacte  der  menschen  aus  freiem  entschluss  erfolgten.  Im  gegentheil 
kann    und    muss    sogar    zugegeben    werden,     dass    die    mehrzahl    derselben    ohne 

eigentliche    wähl    und    entscheidung    vor    sich    gehe Dies    führt    uns 

folgerichtig  zu  zwei  der  interessantesten  erwägungen ;  einmal  nämlich  zur  annähme 
eines  doppellebens  und  doppelten  lebensprinzips  im  menschen,  einer  geistig  selbst- 
bewussten  und  freien  Substanz  in  lebendiger  Verbindung  mit  einem  bruchtheil  des 
allgemeinen  unfreien  naturprinzips ,  .  .  .  .  und  zweitens  zu  der  .  .  .  bemerkung, 
dass  der  höchste  grad  der  freiheit  eben  nicht  wahlfreiheit  ist,  sondern  entschieden- 
heit  des  willens ,  daher  bei  bereits  mit  sich  fertigen  Charakteren  ,  sei  es  im  guten 
oder  im  bösen,  an  die  stelle  des  wählens  und  entschliessens  die  entschlossenheit 
tritt.«  Das  stimmt  schlecht  zu  Locke's  erklärung,  nach  welcher  entschlossene 
Schurken  ganz  gewiss  unfrei  sind.  Nach  der  annähme  unseres  autors  bestehen  wir 
aus  einem  freien  und  einem  unfreien  prinzip,  die  mit  einander  oft  ringen.  Allein 
er  spricht  sich  nicht  klar  darüber  aus,  ob  er  uns  frei  nennt,  wenn  das  freie  prinzip 
siegt,  und  unfrei,  wenn  das  unfreie  die  oberhand  behält;  er  legt  den  ton  immer 
und  immer  wieder  auf  das  selbstbewusstsein,  so  p.  258:  »Das  vollkommen  klare 
selbstbewusstsein  aber  ist  die    conditio    sine   qua    non    des  freien  willens.«     Wann 


140 


Litteratur 


aber  ist  z.  b.  Edmund's  selbstbevvusstsein  vollkommen  klar?  Während  er  mit  aus- 
gezeichneter Überlegung  seine  schandthateu  ausführt  ?  Während  er  beim  herannahen 
des  todes  ruft:  >Gutes  möcht'  ich  thun  ,  trotz  meiner  eignen  art.«?  Oder  ist  es 
vollkommen  klar  in  der  ersten  langen  periode  seines  lebens  und  in  der  zweiten, 
leider  so  kurzen,  gleichfalls?  Das  wörtchen  »frei«  erhält  erst  dann  einen  sinn,  wenn 
hinzugefügt  wird,  wovon  das  »frei«  genannte  frei  ist.  Folgt  der  wille,  frei  von  bösen 
antrieben,  der  Vernunft,  so  heisst  er  im  gewöhnlichen  Sprachgebrauch,  wie  Locke 
richtig  erklärt,  »frei«.  Aber  dabei  ist  nicht  zu  vergessen,  dass  die  Vernunft,  von 
welcher  er  somit  abhängt,  bei  den  verschiedenen  Individuen,  ohne  ihre  eigene 
Verschuldung,  einen  sehr  verschiedenen  grad  hat  und  sogar  bei  demselben 
Individuum  nicht  in  jedem  augenblick  gleich  stark  ist.  Die  Jugend,  welcher 
dr.  Knauer  sein  buch  widmet,  wird  sich  in  seinem  ersten,  grundlegenden  kapitel 
schwerlich  zurechtfinden,  und  wenn  sie  daselbst  liest  (p.  11),  es  ergebe  sich  aus 
dem  selbstbewusstsein  und  der  freithätigkeit  »mit  nothwendigkeit  der  schluss  auf 
die  substantielle,  monadische,  einfach  geistige  natur«  des  ich,  wird  sie  nicht  fragen : 
wie  kann  etwas  substantielles,  monadisches,  einfach  geistiges  jemals  zu-  oder 
abnehmen,  jemals  sich  verändern  ?  Wird  etwa  behauptet,  das  ich  des  neugeborenen 
und  das  ich  des  gereiften  menschen  ist  unverändert  dasselbe  geblieben  ?  Die 
antwort  auf  diese  wohlberechtigten  fragen  fehlt. 

Im  zweiten  kapitel  »Das  sogenannte  unlösbare  problem  des  idealismus  gelöst 
durch  Shakespeare.  Beigabe:  Shakespeare  als  Vorläufer  Kant's»  wird  der  unter- 
schied zwischen  träum  und  wachen  und  die  frage  erörtert,  »existirt  eine  aussen- 
welt,  oder  bin  vielleicht  ich  das  einzige  existirende  wesen?«  Das  thema  interessirt 
den  Verfasser  äusserst  lebhaft  und  seine  Voreingenommenheit  macht  ihn  sogar  ein- 
mal ungerecht.  Schopenhauer  meint  (p.  38),  »wenn  jemand  angekleidet  schlafe, 
mittlerweile  aufwache ,  etwas  unternehme ,  was  keine  spur  seines  geschehenseins 
hinterlasse,  und  dann  wieder  fortschlafe,  so  gebe  es  nach  dem  abermaligen  erwachen 
für  die  Wirklichkeit  des  geschehenen  durchaus  kein  sicheres  merkmal.«  Darin  hat 
er  unbedingt  recht.  Dr.  Knauer  entgegnet ,  ich  erlaube  mir  anzumerken ,  »dass 
ich  selbst ,  der  ich  in  meinem  berufe  zu  allen  stunden  der  nacht  zu  kranken  ge- 
weckt werde,  dieser  behauptung  Schopenhauers  in  folge  hundertfacher  erfahrung 
widersprechen  muss.«  Er  hat  aber  im  eifer  übersehen,  dass  Schopenhauer  mit 
gutem  bedacht  gesagt  hat:  »was  keine  spur  seines  geschehenseins  hinterlasse«. 
Durch  diese  worte  verliert  dr.  Knauers  einwand  alle  kraft,  denn  sein  thun  hinter- 
lässt  ja  jedesmal  spuren  und  hoffentlich  die  wohlthätigsten. 

Viel  interessantes  und  anregendes  enthalten  die  drei  folgenden  abtheilungen, 
»Das  geistige  und  leibliche  in  Shakespeare's  menschen«  ;  »Das  erbliche  im 
menschen.  Mit  einem  excurs  über  physiognomik« ;  und  »Shakespeare's  erotik« ; 
doch  fordern  sie  auch  häufig  zu  entschiedenem  Widerspruch  heraus.  Nur  ein  paar 
beispiele.  Einen  dualismus  zwischen  körper  und  geist,  wie  er  p.  72  ff.  vertreten 
wird ,  erkennt  selbst  der  weitestgehende ,  bornirteste  materialismus  an.  Wer  hätte 
jemals  geleugnet ,  dass  gedanken  und  gefühle  andere  arten  von  phänomenen  sind 
als  die  mechanischen,  physikalischen  und  chemischen  Verrichtungen  des  lebenden 
körpers?  Die  prinzipienfrage  dreht  sich  nur  darum:  ob  jene  noch  selbstständig 
fortbestehen ,  wenn  diese  aufgehört  haben ,  und  das  substantielle ,  monadische, 
einfach  geistige  ich  dr.  Knauer's  bleibt  reine ,  dem  beweis  nicht  zugängliche 
glaubenssache.  Auch  der  geist  im  Hamlet  beweist  dem  ungläubigen  nichts,  und 
wenn   der    Verfasser   einmal   vorurtheilsfrei    lesen    wollte,    was    z.    b.    dr.  Hermann 


V.  Knauer,  W,  Shakespeare,  der  philosoph  der  sittlichen  weltordnung    j^j 

Baumgart  in  seiner  trefflichen  schrift  über  Hamlet  ausführt,  so  würde  er  sehen, 
wie  anders  und  doch  wie  logisch  zusammenhängend  sich  die  grandiose  tragödie 
auffassen  lässt.  Höchst  wunderlich  und  .'nur  durch  die  Voreingenommenheit  des 
Verfassers  für  seine  seelentheorie  begreiflich  ist  sein  schluss,  (p.  83)  Horatio  denke 
an  die  doppelnatur  des  menschen,  wenn  er,  von  Bernardo  gefragt:  »Wer  da? 
Horatio?«  erwidert:  »Ein  stück  von  ihm.«  (A  piece  of  him.)  Hätte  das  »Ein 
stück  von  ihm«  diese  bedeutung,  so  entstünde  ja  die  frage,  welches  stück  wir 
denn  vor  uns  haben,  den  körper  ohne  den  geist  foder  den  geist  ohne  den 
körper  ?  —  Ganz  und  gar  gegen  unseren  geschmack  verstösst  die  aufdröselung  der 
balkonscene  in  Romeo  und  Julie ,  um  das :  omne  animal  post  coitum  triste,  an 
Romeo  zu  erweisen !     Und  wesshalb  müssen  denn  die^zeilen 

»I  doubt  it  not ;  and  all  these  woes  shall  serve 
For  sweet  discourses  in  our  time  to  come, « 

durchaus  auf  deutsch  lauten  : 

»Ich  zweifle  nicht,   und  all  dies  leiden  dient 
In  Zukunft  uns  zu  heiterem  geschwätz;« 

wesshalb  nicht  lieber: 

Gewiss,  gewiss,   und  all  dies  leiden  wird 
Dereinst  uns  noch  zu  süssem  kosen  dienen. 

Gedanken  und  bemerkungen  von  allerlei  art  umfasst  das  folgende,  längste 
kapitel  »Zur  ethik,  herzenskunde  und  religion.«  Manches  darin  liest  sich  ganz 
gut,  manches  leidet  an  breite,  z.  b.  die  abhandlung  über  stolz  und  eitelkeit,  die 
sich  kurz  durch  die  sätze  erledigen  lässt:  der  stolze  handelt  für  sich,  um  in  seinen 
eigenen  äugen  zu  bleiben,  was  er  ist;  der  eitle  handelt  für  andere,  um  in  deren 
äugen  mehr  zu  scheinen  als  er  ist.  Manches  leidet  an  resultallosigkeit ,  z.  b.  die 
causerie  (der  Verfasser  selbst  gebraucht  diesen  ausdruck  für  seine  darstellungsweise) 
über  die  unzuverlässigkeit  des  weiblichen  geschlechts.  Henry  Percy  verschweigt 
seinem  Käthchen ,  was  Brutus  seiner  Porlia  anvertraut.  Wozu  dergleichen  ? 
Manches  ist  mehr  als  zweifelhaft,  z.  b.  die  behauptung  (p.  177),  dass  gute  köpfe 
nicht  viel  geistige  getränke  vertragen.  Gegen  Cassio  und  den  prinzen  Johann 
stellen  wir  Agathon,  Aristophanes  und  Sokrates  aus  Platon's  gastmahl.  —  Manch- 
mal bleibt  nichts  übrig,  als  bedenklich  den  köpf  zu  schütteln,  z.  b.  wenn  der 
Willenstheorie  des  autors  zu  liebe  (p.  176)  der  »geistige  adel«  Richard's  III,  der 
sich  in  seiner  Selbstbestimmung  offenbart ,  und  die  thatkraft  und  Selbständigkeit 
des  imponirenden  könig  Claudius  gegenüber  dem  wortreichthum  und  der  thaten- 
armuth  Hamlel's  zum  Vorschein  kommen;  wenn  (p.  213)  Leontes'  eifersucht  eine 
»nicht  ganz  grundlose«,  dennoch  aber  (p.  283)  Hermione  eine  »falsch  beschuldigte« 
sein  soll ;  wenn  kurzweg  (p.  220)  zu  lesen  steht :  »Je  mehr  die  geschichtsforschung 
zu  den  letzten  quellen  ihrer  erkenntniss  vordringt ,  desto  deutlicher  wird ,  dass  in 
dem  vielbesungenen  goldenen  Zeitalter  die  ganze  menschheit  in  ähnlicher  weise 
wie  jene  eingeborenen  Amerika's  unter  ihren  unmittelbar  aus  der  väterlichen  gewalt 
hervorgegangenen  Stammeshäuptern  friedlich  die  erde  bebaute« ;  (??")  wenn  die 
schöne  und  verführerische,  aber  pflichtvergessene  und  leichtfertige  Jessica,  die  ihren 
vatcr  schamlos  bestiehlt,  eine  »erquickende  erscheinungs  tine  »holde  Wunderblume 
aus  dem  morgenlande«,  »ein  stehender  typus  unter  den  Judenmädchen«  (p.  231.  232) 
genannt   wird!    —    Auch    das    grosse    problem    kommt  zur  besprechung  (p.  304): 


142 


Lilteratur 


«Wie  kann  mit  der  existenz  eines  gottes,  das  heisst  doch  eines 
höchst  weisen  und  gütigen  Urhebers,  erhalters  und  lenkers  der 
weit,  das  böse  überhaupt  bestehen?"  Dr.  Knauer  meint,  nur  bei  zwei 
Weltanschauungen  könne,  ernsthaft  genommen,  von  einer  theodicee  die  rede  sein, 
erstens  beim  Parsismus,  nach  welchem  ein  gutes  und  ein  böses  prinzip  sich  von 
ewigkeit  her  feindlich  begegnen  und  Ormuzd  also  gerechtfertigt  ist,  wenn  er 
Ahriman  bekämpft,  so  viel  es  irgend  in  seinen  kräften  steht ;  und  zweitens  bei 
der  Weltanschauung  Shakespeare's,  wie  er  sie  seltsamer  weise  bezeichnet.  »In 
dieser  ist  die  geschöpfliche  freiheit  so  hoch  gestellt,  dass  ohne  frage  das  sie  miss- 
brauchende geschöpf  befähigt  ist,  seinem  schöpfer  in  ähnlicher  weise  gegenüber 
zu  treten,  wie  Ahriman,  der  beherrscher  der  finsterniss,  dem  lichtgott  Ormuzd. 
Sobald  gott  ein  freies  wesen  schafft,  in  dem  sinne  nämlich,  in  welchem  Shake- 
speare die  freiheit  nimmt  (??),  hat  selbst  der  allmächtige  und  allwissende  seiner 
alimacht  und  allwissenheit  schranken  gesetzt,  die  er,  ohne  sich  selbst  untreu  zu 
werden,  ohne  die  freiheit  des  geschöpfes  und  mit  ihr  seinen  göttlichen  schöpfer- 
willen  aufzuheben,  nicht  verletzen  darf.  Was  hindert  uns  aber  dann,  ein  von 
anbeginn  her  von  gott  gesetztes,  mit  noch  grösserem  einfluss  auf  die  gesammt- 
schöpfung  als  wir,  die  bewohner  des  kleinen,  dunklen  planeten  erde,  ausgerüstetes 
wesen  anzunehmen,  welches  in  seiner  freigewollten  abkehr  von  gott  eine  rolle 
spielt,  wie  jener  biblische  »lügner  vom  anbeginn",  der  darum  auch  als  Satan, 
d.  h.  Widersacher,  Beizebub  (ursprünglich  Baal-Zebub,  d.  h.  gott  der  miss- 
schöpfung,  des  Ungeziefers)  und  sogar  als  »fürst  dieser  weit«  bezeichnet  wird.« 
Was  uns  hindert  ?  So  lange  wir  nur  phantastisch  das  bild  ausmalen ,  nichts ; 
sobald  aber  die  logik  mitredet,  alles.  Ein  freies  wesen  lässt  sich  nicht 
schaffen.  Der  schöpfer  mag  es  anfangen,  wie  er  will,  das  geschaffene  bleibt 
von  ihm  abhängig,  denn  er  hat  ihm  ja  alles  und  jedes  verfertigt  und  zugemessen, 
Stoff  und  form,  körper  und  geisl,  triebe  und  Widerstandskraft.  Und  ehe  er 
dieses  wesen  schuf,  ehe  der  allmächtige  und  allwissende  seiner  allmacht  und 
allwissenheit  schranken  setzte,  wusste  er  da  nicht,  dass  er  seiner  alimacht  etwas 
undenkbares  zumuthe,  nämlich  den  ungedanken:  erst  aus  nichts  etwas  zu  machen, 
und  dann  nicht  zu  wissen,  ob  es  nach  wünsch  gerathen  sei,  es  prüfen  zu  müssen. 
Der  mensch,  der  vorgefundene  stoffe  verarbeitet,  probirt  nachher,  ob  er  seinen 
zweck  erreicht  hat,  der  schöpfer  aber ,  der  selbst  seine  Stoffe  erschafft,  kennt  ihre 
schwäche  und  stärke  auf's  haar  genau  und  braucht  nicht  mehr  experimente  zu 
machen.  Wo  man  diese  hirngespinnste  logisch  anfasst,  da  zerreissen  sie  wie 
Spinngewebe,  das  nur  auf  fliegen  berechnet  ist,  die  freilich  drin  hängen  bleiben. 
Eine  theodicee  hat  diese  Weltanschauung  nicht;  sie  steht  rathlos  vor  dem 
dilemma:  entweder  gott  schuf  die  weit  und  schuf  mit  ihr  auch  das  übel;  oder 
Gott  schuf  die  weit  und  das  übel  kam  gegen  seinen  willen  in  seine  schöpfung. 
Im  ersten  fall  gibt  es  keine  theodicee,  im  zweiten  gibt  sich  diese  Weltanschauung 
als  eine  selbständige  auf  und  fällt  mit  dem  Parsismus  zusammen.  Shakespeare 
ist  ein  treuer  Spiegel  des  lebens  und  ein  solcher  wirkt  ethisch ;  theologie  und 
metaphysik  sind  sehr  achtungswerthe  richtungen  des  geistes,  aber  das  leisten  sie 
nicht,  was  der  spiegel  des  echten  dichters  leistet.  Dr.  Knauer  wendet  mit  recht 
das  auf  die  bibel  gemünzte  dislichon  auf  Shakespeare  an: 

Hie  liber  est,  in  quo  quaerit  sua  dogmata  quisque, 

Invenit  in  illo  dogmata  quisque  sua,   — 


V.  Knauer,   W.  Shakespeare,   der  philosoph  der  sittlichen  weltordnung    iax 

es  müsste  wunderbar  zugehen,  wenn  sich  in  ihm  nicht  eine  Weltanschauung  fände, 
welche  gar  keiner  theodicee  bedarf.  Sie  sähe  im  menschen  ein  wesen,  das  nur 
relatives  erfassen  kann,  die  idee  des  absoluten,  des  unfassbaren  aber  eben  dess- 
wegen  bilden  muss.  Das  gute  und  seine  gegensätze,  das  übel  und  das  böse, 
fallen  in  das  gebiet  des  relativen,  und  mit  ihnen  alles,  was  gelingen  und  miss- 
lingen  kann,  was  mit  zwecken,  planen,  absichten,  strebungen  u.  s.  w.  zusammen- 
hängt, hinter  diesem  gebiet  aber  fordert  die  menschliche  Vernunft  die  ahnung  des 
absoluten.  Dem  gebühren  dann  keine  menschlichen  qualitäten  mehr,  weder  ein- 
fache noch  zur  höchsten  potenz  erhobene,  denn  da  sie  alle  der  Sphäre  der  rela- 
tivität  entnommen  sind,  so  müssen  sie  mit  einander  in  Widerspruch  gerathen,  jede 
muss  der  Vollständigkeit  wegen  ihren  gegensatz  fordern,  die  liebe  den  hass,  die 
Vernunft  die  beschränktheit,  die  kraft  die  schwäche,  und  im  absoluten  verschwindet 
das  relative.  In  dieser  Weltanschauung  bedarf  nichts  der  rechtfertigung  als  das 
handeln  des  menschen,  und  je  mehr  in  den  menschen  das  gefühl  der  verantwort- 
lickeit  zunimmt ,  desto  sicherer  ist  auf  das  gesteigerte  wohl  der  gesellschaft  zu 
rechnen . 

Ausser  einem  präludium  über  Patriotismus  (p.  273)  gehört  noch  der  ganze 
letzte  abschnitt  » Shakespeare' s  Stellung  zur  rechtsphilosophie  und  zur  socialen 
frage«  der  politik  an.  Der  Verfasser  plaudert  über  dieses  weitschichtige  thema, 
wie  über  so  viele  andere,  natürlich  nicht  erschöpfend  oder  durchgreifend,  aber 
nicht  uninteressant.  Bisweilen  kann  man  ihm  beipflichten,  bisweilen  nicht.  Ihm 
gilt  Buckingham  in  Richard  III.  (p.  344)  als  »der  rechte  Stereotypabdruck  dessen, 
was  man  heutzutage  mit  dem  namen  servilliberalismus  bezeichnet.«  Buckingham 
ist  gewissenlos,  um  des  persönlichen  vortheils  willen  zu  wirklichen  schandthaten 
fähig;  was  berechtigt  dr.  Knauer  zu  der  unerhörten  behauptung:  »Die  meisten 
jener  zeugenfertigen  und  superklugen  Girondisten ,  die  unter  dem  messer  der 
guillotine  verbluteten,  waren  seines  wurfes?«  Bekanntlich  sind  unter  umständen 
absolute  monarchieen  und  republiken  ebenso  brauchbare  Staatsformen  wie  con- 
stitutionelle  monarchieen,  und  daher  ist  es  falsch  zu  sagen  (p.  360):  »jDem 
menschen  aber,  der  synthese  von  geist  und  natur,  entspricht  als 
die,  seinen  beiden  lebenselementen  gleich  massig  rechnung  tra- 
gende regierungsform  die  gemässigte  monarchie  mit  erblichem 
thron  und  adel  und  gewissenhafter  Vertretung  aller  im  Staate 
vorhandenen  geistigen  potenzen.«  Ueber  die  beste  staatsform  ent- 
scheiden nicht  von  allem  concreten  abstrahirende  raisonnements,  sondern  die  that- 
sächlichen,  aus  der  historischen  entwickelung  des  jedesmal  in  rede  stehenden 
Volkes  her\'orgegangenen  umstände.  Was  sollte  beispielsweise  die  heutige  Schweiz 
mit  der  gemässigten  monarchie  und  erblichem  thron  anfangen,  und  menschen, 
die  aus  geist  und  körper  bestehen,  sind  doch  die  Schweizer  auch  ?  Endlich  wird 
noch  die  sociale  frage  behandelt,  mit  welcher  tiefe,  erhellt  aus  dem  schluss  des 
buches:  »Doch  wäre  es  bei  redlichem  zusammenwirken  ein  leichtes,  die  nunmehr 
unaufschiebbare  sociale  reform  noch  jetzt  in  der  zwölften  stunde~ohne  jede  gefahr 
und  gewalt  den  unsauberen  bänden  der  massenhetzcr  von  profession  zu  entwinden, 
um  bald  genug  mit  Miranda  sprechen  zu  können: 

»O  wunder! 
Wer  sind  die  herrlichen  geschöpfe  hier?  — 
Wie  schön  der  mensch   ist!  Wack're  neue  well, 
Die  solche  bürger  trägt!« 


144 


Litteratur 


Allerdings,  es  wäre  ein  leichtes,  bei  redlichem  zusammenwirken,  d.  h.  wenn  die 
gebildeten  und  besitzenden  klassen  ihre  Überlegenheit  nicht  missbrauchten ,  und 
gleichzeitig  die  ungebildeten  und  armen  schichten  aufhörten,  unerfüllbares  zu  ver- 
langen, wenn  alle  weit  ihre  pflicht  und  Schuldigkeit  thäte.  Wären  die  menschen 
von  jeher  vernünftig  gewesen,  so  gäbe  es  keine  socialen  fragen,  da  sie  aber,  der 
mehrzahl  nach,  weder  die  »bessere  einsieht«  hatten  und  haben,  noch  ihr  folgten 
und  folgen,  wenn  sie  sie  hatten  und  haben,  so  —  werden  papier  und  drucker- 
schwärze  für  unabsehbare  zeit  zu  den  dringendsten  bedürfnissen  der  denkenden 
menschheit  zählen.  — 

Dresden.  O.  S.  Seemann. 


Karl  K  n  o  r  l  z :  Longfellow.  Literar  -  historische  Studie.  Hamburg.  Herman 
Grüning.     1879.     123  seilen.     8°. 

Populäre  monographieen  über  beliebte  dichter  der  gegenwart  und  jüngsten 
Vergangenheit  sind  ein  bedürfniss,  mehr  noch  für  die  gebildeten  als  für  die  ge- 
lehrten. Denn  die  kenntniss  jener  wird,  wenn  sie  aus  den  werken  der  dichter 
unmittelbar  geschöpft  wird,  stets  eine  mehr  oder  weniger  unvollständige  und  un- 
übersichtliche sein.  Fast  niemand  wird  sich  auf  diesem  wege  ein  gesammtbild 
des  lebens  und  der  thätigkeit  eines  ihn  ansprechenden  dichters  verschaffen,  aber 
ein  solches  zu  besitzen,  daran  wird  jedem  liegen,  der  nicht  bloss  einige  seinen 
Stimmungen  und  anschauungen  entsprechende  gedichte  oder  gar  nur  »schöne 
stellen«  mit  befriedigung  hinnimmt,  sondern  über  den  schriftsteiler,  von  dem  er 
manches  oder  vieles  kennt ,  auch  etwas  verhältnissmässig  vollständiges ,  ab- 
gerundetes und  zusammenhängendes  wissen  möchte.  Und  auch  solchen,  die  von 
diesem  bedürfniss  kein  bewusstsein  haben,  ist  mit  dessen  befriedigung  gedient, 
wobei  mir  eine  danie  einfällt,  welche  M.  Saphir  liebte,  aber  einzig  und  allein 
wegen  des  »reizenden«  gedichtes  »Möchte  wissen,  wenn  ich  bald  begraben  werde 
sein«,  da  ihr  die  anderweitigen  erzeugnisse  dieses  ätherischen  lyrikers  unbekannt 
waren . 

Zu  den  dichtem,  denen  es  unter  umständen  ähnlich  ergehen  könnte,  gehört 
unzweifelhaft  Henry  W.  Longfellow,  und  darum  wäre  die  Studie  von  Karl  Knortz 
eine  dankenswerthe  arbeit,  auch  wenn  der  Verfasser  die  oben  bezeichnete  aufgäbe 
einer  monographie  in  der  form  eines  populären  essay  weniger  klar  aufgefasst  und 
weniger  lobenswerth  gelöst  hätte. 

Das  buch  zerfällt  in  zehn  abschnitte :  Lyrische  gedichte,  Idyllen,  Der  spanische 
Student,  Die  »Goldene  legende«.  Göttliche  tragödie.  Christus,  Hiawatha,  Wirthshaus- 
geschichten  (»Tales  of  a  Wayside  inn«),  Neuengland-tragödien,  Dante-übersetzung, 
prosaische  Schriften.  »Poems  of  Places,  Poets  and  Poetry  of  Europe.«  Man  muss 
ohne  bedenken  anerkennen,  dass  der  herr  Verfasser  dasjenige,  was  der  hauptzweck 
einer  solchen  monographie  immer  sein  soll,  nämlich,  wie  schon  angedeutet,  ein 
übersichtliches  und  deutliches  gesammtbild  von  der  individuellen  poetischen  an- 
läge, der  entwickelung  und  den  werken  des  dichters  zu  geben,  nicht  anders  als 
geschickt  und  sachgemäss  geleistet  hat.  Referent  hat,  wie  wahrscheinlich  sehr 
viele  Zeitgenossen,  Longfellow  in  seiner  Jugend  kennen  gelernt  und  verdankt  ihm 
nicht  blos  einen  theil  seiner  kenntniss  der  englischen  spräche,  sondern  hat  sich 
auch  selbstverständlich  für  seine  dem  Jünglingsalter  so    sehr   zusagende   poesie  da- 


Karl  Knortz,  Longfellow  I^c 

mals  erheblich  begeistert,  »A  Psalm  of  life.  What  the  heart  of  ihe  young  man 
Said  to  the  psalmist«  und  j>Footsteps  of  angels»  nebst  einem  stück  der  Golden 
Legend  in  deutsche  verse  übertragen,  freilich  mit  keinem  anderen  erfolge  als  der 
einsieht  seiner  mangelhaften  befähigung  zu  diesem  geschäft.  Jedenfalls  spricht  es 
für  die  darstellung  des  herrn  Knortz  nicht  allein,  dass  referent  eine  anzahl  der 
vor  zwanzig  jähren  empfangenen  poetischen  eindrücke  dadurch  wieder  lebendig 
werden  fühlte,  sondern  auch,  dass  er  mehrfach  infolge  der  vollständigen  und  ver- 
ständigen erörterungen  des  Verfassers  sich  davon  überzeugte,  dass  er  damals  Longfellow 
überschätzt  hat.  Ja  er  kann  nicht  umhin  zu  gestehen,  dass  er  in  einigen  punkten 
nicht  übel  lust  hatte,  vielleicht  noch  weiter  als  herr  Knortz  zu  gehen.  In  bezug 
auf  »die  Goldene  legende«  —  um  gleich  etwas  hervorzuheben  —  glaube  ich  in 
der  that,  dass  man  seine  ausstellungen  schärfer  ausdrücken  und  strenger  motiviren 
kann,  Sie  ist  denn  doch  ein  durchaus  verfehltes  product  eines  talents,  welches, 
zur  gemüths-  und  gedankenreichen  lyrik,  zur  darstellung  von  zarten  und  edlen 
sittlichen  zuständen  und  naturstimmungen ,  so  wie  religiöser  motive  geschaffen, 
sich  gelüsten  Hess,  seine  äugen  vermessen  zum  Faust  zu  erheben  —  denn  dies  ist 
die  verirrung  und  das  unglück  des  dichters.  Zwei  dinge  haben  in  der  dichtung 
meines  erachtens  alles  in  schiefe  Stellung  gebracht  und  confundirt,  erstens,  dass 
Longfellow  den  Lucifer  den  Urheber  des  heilungsplanes  sein  lässt,  wodurch  der  dichter 
augenscheinlich  die  herrschaft  über  den  stoff  verloren  hat,  und  zweitens,  dass  er 
durch  kirchen-  und  bibelgläubige  auffassung  des  grössten  theiles  des  legendarisch- 
mythologischen  Stoffes  die  tief  philosophische  oder  meinetwegen  symbolische  Ver- 
wendung und  belebung,  die  freilich  nicht  in  seinen  kräften  lag,  eliminirte.  Das 
bestreben,  sich  mit  den  classikern  anderer  nationen,  wie  es  scheint,  vornehmlich 
der  deutschen,  zu  messen,  bildet  überhaupt  einen  wesentlichen  charakterzug  an 
Longfellow,  vielleicht  ist  das  aber,  wie  auch  herr  Knortz  im  ganzen  die  Sache 
aufzufassen  scheint,  weniger  ein  charakterzug  des  dichters  und  des  menschen  als 
des  Amerikaners,  obgleich  es  bei  dem  anspruchslosen  und  bescheidenen  persön- 
lichen Charakter  Longfellows  zweifelhaft  bleibt,  was  er  sich  eigentlich  hierbei  ge- 
dacht hat.  Jedenfalls  ist  es  eine  beantwortung  verdienende  frage,  ob  wol  Long- 
fellow selber  geglaubt  habe,  mit  der  Goldenen  legende  so  etwas  wie  einen  Faust 
gemacht,  mit  seinem  Schiffsbau  Schiller' s  Glocke  übertrumpft  und  mit  seiner  Masque 
of  Pandora  die  Prometheussage  corrigirt  zu  haben.  Dagegen  spricht,  dass  Long- 
fellow nicht  allein  ein  guter  Übersetzer  war,  was  ohne  eine  gewisse  bescheidene 
hingebung  nicht  wol  denkbar  ist,  dafür  die  bei  den  nicht  übersetzten,  sondern 
als  gegenstück  nachgebildeten  dichtungen  deutlich  hervortretenden  anstrengungen, 
selbständige  auffassungen  geltend  zu  machen  und  den  stoff  gründlich  zu  ver- 
ändern. Da  ich  nicht  weiss ,  ob  das  gesammte  dem  herrn  Verfasser  vorliegende 
material  anhaltspunkte  zur  entscheidung  hierüber  bietet,  kann  ich  es  ihm  natür- 
lich nicht  zum  Vorwurf  machen ,  dass  er  nichts  entschieden  hat.  Dass  er  selbst 
in  Amerika  gelebt  und  den  Schauplatz  des  lebens  und  wirkens  Longfellows  aus 
eigener  anschauung  kennen  gelernt  hat,  erhöht  den  werth  seines  werkchens  be- 
trächtlich ;  kann  man  doch  zum  verständniss  eines  solchen  lyrikers  und  erzählers 
als  Longfellow  war,  niemals  genug  von  seinem  privatleben  wissen. 

Nicht  eine  tadelnde  ausstellung,    sondern    nur  eine  vielleicht  von   dem  herrn 

Verfasser  oder  auch  anderen  zu  benutzende  andeutung   soll  es   sein,    wenn  ich  mir 

erlaube,    darauf   aufmerksam    zu  machen,    dass   die    schon    berührten    anlehnungen 

Longfellows    an    deutsche    dichter    nicht    ohne    frucht    zun^    gegenstände  einer  be- 

Kölbing,  Englische  Studien.    III.    i.  lO 


146 


Litteratur 


sonderen  und  eingehenden  behandlung  gemacht  werden  könnten.  Es  sei  mir  ge- 
stattet, dies  an  einer  stelle  aus  den  Footsteps  of  angels,  die  mir  schon  lange  auf- 
gefallen ist,  nachzuweisen. 

Gleich  die  erste  strophe  dieses  gedichts  lautet: 

When  the  hours  of  Day  are  numbered, 

And  the  voices  of  the  Night 

Wake  the  belter  soul,  that  slumbered, 

To  a  holy,  calm  delight ; 
Wir    haben    hier   offenbar    eine    reminiscenz    an    Goethes    Faust    (Theil  I.     Studir- 
zimmer ;  Faust  mit  dem  pudel  hereintretend)  vor  uns: 

Verlassen  hab  ich  feld  und  auen 

Die  eine  tiefe  nacht  bedeckt, 

Mit  ahnungsvollem,  heil'gem  grauen 

In  uns  die  bessre  seele  weckt. 
Das  >Wake  the  better  soul«  lässt  keinen  zweifei  über  die  anlehnung  aufkommen. 
Dies  wäre  nun  allerdings  nichts  besonders  wichtiges  und  eines  unter  ein  paar 
hundert  beispielen ,  die  sich  unschwer  heraussuchen  lassen.  Interessant  aber  ist 
es,  dass  Longfellow  hier  Goethe  richtiger  verstanden  zu  haben  scheint,  als  sein 
mit  recht  berühmtester  erklärer  Heinrich  Düntzer.  Denn  dieser  sagt  noch  1857 
in  seinem  commentar  s.  220,  anm.  i  zu  der  grammatisch  ohne  zweifei  fehler- 
haften stelle".  »Auffallend  ist  im  vierten  verse  die  einheit  weckt,  wofür  man 
wecken  erwartet,  da  als  subject  nur  feld  und  auen  genommen  werden  kann. 
Weniger  hart  würde  die  stelle  sein,  wenn  im  zweiten  verse  statt  die,  das  stände, 
was  sich  zunächst  auf  feld  allein  beziehen  würde.« 

Meine  auffassung,  die  ich  Longfellow  verdanke  —  wir  dürfen  den  Ameri- 
kanern auch  andere  dinge  als  tabak,  kartoffeln  und  nähmaschinen  verdanken  — 
geht  dahin,  dass  »weckt«  um  jeden  preis  auf  »nacht«  zu  beziehen,  Düntzers  Vor- 
aussetzung, dass  nur  »feld  und  auen«  als  subject  genommen  werden  können,  un- 
richtig sei.  Ich  sagte  um  jeden  preis,  es  wird  sich  aber  sogleich  zeigen,  dass  der 
preis,  den  wir  zahlen,  geringer  ist  als  was  es  sich  Düntzer  kosten  Hess.  Faust 
hat  eben  feld  und  auen  verlassen,  also  steht  er  nicht  mehr  unmittelbar  unter 
ihrem  eindrucke,  und  die  empfindungen,  die  sie  in  tagesbeleuchtung  in  ihm 
weckten,  waren  ja  auch  anderer,  zuletzt  weit  bedenklicherer  natur  gewesen  als 
seine  jetzigen,  waren  nichts  weniger  als  aus  seiner  besseren  seele  gequollen.  Wenn 
man  endlich  annimmt,  dass  allein  feld  und  auen  die  bessere  seele  wecken,  so 
passt  das  ahnungsvolle,  heilige  grauen,  mit  dem  sie  sie  dann  wecken  würden, 
so  wenig  dazu,  dass  Faust  etwas  ganz  unverständliches  sagen  würde,  wogegen 
dies  zur  nacht  vortrefflich  stimmt.  Eine  grammatische  härte  bleibt  nun  allerdings, 
wie  schon  angedeutet,  auch  bei  meiner  auffassung  bestehen  —  denn  vorschlage 
zur  textverbesserung  sind  hier  ausgeschlossen  — ,  aber  wägen  wir  den  fehler, 
welchen  Goethe  nach  Düntzer  macht ,  gegen  den  ab ,  welchen  ich  glaube  an- 
nehmen zu  müssen,  so  ist  der  vortheil  auf  meiner  seite,  da  die  beziehung  des 
Wortes  weckt  auf  feld  und  auen  —  vom  sinne  ganz  abgesehen  —  ein  grober 
congruenzfehler  zwischen  subject  und  prädicat  ist,  die  auf  nacht  dagegen  nur 
einen  subjectwechsel  in  einem  zusammengezogenen  relativsatze  voraussetzt.  Der 
unbedingt  bessere  sinn  und  der  verhältnissmässig  geringere  grammatische  anstoss 
bei  meiner  erklärung  dürften  die  entscheidung  meines  erachtens  sehr  leicht 
machen. 


Karl  Knortz,   Longfellow  l^y 

Es  liegt  nicht  in  meiner  aufgäbe,  von  den  einzelnen  theilen  des  Knortzschen 
buches  inhaltsangaben  zu  liefern,  die  oben  angegebenen  capitelüberschriften, 
■welche  eine  zweckmässige  und  verständige  disposition  darstellen,  sagen  dem, 
welcher  sich  über  Longfellow  unterrichten  will,  genug  davon  und  empfehlen  die 
lectüre  des  buches.  So  bleibt ,  da  es  keinen  zweck  hat ,  meine  etwa  in  ein- 
zelnen punkten  noch  von  dem  herm  Verfasser  abweichenden  ansichten,  geltend  zu 
machen,  nur  noch  übrig,  einiges  zu  erwähnen,  was  man  lieber  hinwegAvünschen 
möchte,  nicht  infolge  abweichender  auffassungen,  sondern  lediglich  im  interesse 
des  Werkes  selber.  Hierher  gehören  einzelne  mängel  des  im  ganzen  sehr  an- 
sprechenden, weil  lebhaften  und  klaren  stiles.  Warum  auf  seile  i  die  aufgäbe, 
»den  Charakter  der  lyrischen  poesie  mit  einem  einzigen  worte  so  erschöpfend  und 
genau  wie  möglich«  zu  bezeichnen,  eine  »selbstgestellte«  genannt  wird,  ist  nicht 
abzusehen,  und  muss  auffallen,  da  es  doch  schliesslich  niemandes  willkür  ist,  dinge, 
von  denen  er  redet,  richtig  und  bündig  zu  bezeichnen.  Das  vorhergehende  »will» 
motivirt  das  »selbstgestellte«  nicht,  denn  hier  will  man  eben,  was  man  soll  und  muss. 

»Die  rührende  legende  von  Christum  und  der  tochter  des  sullans«  ist  ein 
lapsus  calami,  welcher  in  Deutschland,  wo  bildung  und  verstand  noch  sehr  viel 
mit  lateinischem  masse  gemessen  wird,  einen   für    den  Verfasser  ärgerlichen  anstoss 

erregen  wird.     Eben   in    diese    kategorie   gehört    s.    69  einem gefühllosem 

manne.  S.  70  ist  die  rede  von  Bodmer's  Noachide  und  Patriarchaden,  es  muss 
heissen  und  anderen  P. 

An  einigen  stellen  wird  der  wissenschaftlich  gebildete  einen  höheren  grad 
von  genauigkeit  in  den  thatsächlichen  angaben  wünschen,  und  an  anderen  geht 
der  herr  Verfasser  zu  weit  mit  seinen  verwerfenden  urtheilen  über  historische  er- 
scheinungen,  über  die  ein  solches  urtheil  bei  gründlicher  kenntniss  und  Über- 
legung eben  nicht  gefällt  werden  kann.  Luther  als  den  buchstabenhelden  (s.  74) 
des  Protestantismus  zu  bezeichnen,  ist  nicht  möglich,  von  keinem  Standpunkte 
aus,  da  er  sich  gerade  mit  dem  buchstaben  bekanntlich  mehrfach  geniale  will- 
kürlichkeiten erlaubt  hat.  Was  dem  herm  Verfasser  in  dem  satze  auf  s.  72  »der 
Apostelgeschichte  zufolge ,  in  der  wir  nichts  über  seine  (des  Judas  Ischariot)  ver- 
meintliche (warum  vermeintliche  ?)  reue  erfahren,  findet  er  seinen  tod  durch  einen 
Sturz,  wobei  jedoch  nicht  gesagt  wird,  ob  derselbe  ein  zufälliger  oder  absichtlicher 
warn  für  eine  Verwechselung  oder  sonst  für  ein  irrthum  passirt  ist,  weiss  ich  nicht, 
aber  Apostelgesch.  I,  18  steht:  Dieser  hat  erworben  den  acker  um  den  ungerechten 
lohn  und  sich  erhenket  und  ist  mitten  entzwei  geborsten,  und  alle  seine  ein- 
geweide  ausgeschüttet.«  Dass  Longfellow  den  verräther  auf  Hakeldama  den 
Selbstmord  begehen  lässt  ist  allerdings ,  wie  herr  Knortz  vorher  richtig  bemerkt, 
nicht  historisch  zu  rechtfertigen. 

Der  satz  auf  s.  70  »höchstens  liest  man,  wenn  einen  sein  beruf  zwingt, 
jedem  in  die  literaturgeschichte  eingesargten  schund  eine  gewisse  aufmerksamkeit 
zu  schenken,  die  ersten  drei  gesänge  (des  Messias),  um  sich  zu  vergewissem,  dass 
die  allgemeine  annähme,  dieselbe  hätten  die  Unsterblichkeit  Klopstocks  zu  ver- 
antworten, auf  sicherer  basis  beruhe«  gibt  keinen  klaren  sinn.  Wenn  Klopstocks 
Unsterblichkeit  keine  calamität  ist,  kann  von  verantworten  keine  rede  sein,  wenn 
der  herr  Verfasser  meint,  dass  die  beregte  allgemeine  annähme  falsch  sei,  muss 
er  sagen  »ob  die  a.  a«  .  .  .  auf  sicherer  basis  beruhe,  oder  »dass  sie  auf  keiner 
sicheren  basis  beruhe«.  Uebrigens  stimme  ich,  letzeren  fall  angenommen,  mit  ihm 
überein ,     denn    Klopstocks    Unsterblichkeit    beruht    auf    den    Verdiensten ,     die    er 

lo* 


148 


Litteratur 


sich  um  die  belebung  der  deutschen  literatur  durch  seine  gesammtthätigkeit  er- 
worben, obgleich  seine  werke  uns  nicht  mehr  ein  schatten  von  dem  sind,  was  sie 
seinen  Zeitgenossen  waren ;  auf  den  ersten  drei  gesängen  des  Messias  beruhte  nur 
sein  ansehen  und  sein  rühm  bei  den  Zeitgenossen,  welche  wiederum  das  mittel 
für  ihn  wurden,  belebend  und  gestaltend,  namentlich  auf  die  entwickelung  einer 
edlen  poetischen  sj^rache,  einzuwirken  und  dem  seinerzeit  eben  nothwendigen 
idealismus  in  der  poesie  eiiigang  zu  verschaffen.  Ob  herr  Knortz  das  wort  schund 
auf  Klopstocks  Messias  auch  anwenden  will,  wird  nicht  ganz  klar,  ist  es  der 
fall,  so  muss  man  diese  stilistische  wendung  beklagen,  weil  es  ihm  an  kraft- 
ausdrücken fehlen  wird  ,  um  Schönaichs  Hermann  und  gedämpfte  Hunnen,  sowie 
Hoffmannswaldaus  galante  gedichte  zu  bezeichnen,  wenn  er  einmal  auf  sie  zu 
reden  kommen  wird. 

Die  notiz  (s.  56),  dass  die  Legenda  aurea  des  Jacobus  a  Voragine  ihren  namen 
der  aufnähme  der  geschichte  vom  armen  Heinrich  verdanke ,  kann  schon  deshalb 
nicht  richtig  sein,  weil  sich  diese  geschichte  eben  nicht  in  dem  J.  a  Voragine  findet. 

Doch  diese  und  einige  ähnliche  Verstösse  sind  einzelheiten ,  welche  den  ge- 
sammtwerth  des  buches  nicht  besonders  vermindern ,  so  dass  es  ohne  bedenken 
möglichst  weiten  kreisen  zur  lectüre  recht  warm  empfohlen  werden  kann. 

Breslau,  mai   1879.  Felix  Bobertag. 

Friedrich    Kluge:     Beiträge     zur    geschichte    der    germanischen    conjugation. 

(Quellen  und  forschungen  XXXII.)     Strassburg,  Trübner,  1879.    IX  und  166  ss. 

8°.     Pr.:  M.  4. 

Das  vorliegende  buch  behandelt  in  den  kapiteln  II,  III,  V  das  germanische 
Präteritum,  den  aorist  im  Germanischen  und  das  germanische  präsens.  Als  ein- 
leitung  ist  vorangeschickt  kap.  I  'Zum  vocalismus'  und  eingeschaltet  ist  kap.  IV, 
betitelt  'Das  germanische  accentgesetz',  ausserdem  sind  noch  einige  excurse  ein- 
gefügt, die  zur  erklärung  einzelner  punkte  des  consonantismus  nöthig  waren.  Ich 
will  im  folgenden  nur  die  wichtigsten  ergebnisse  des  buches  vorführen  und  einige 
punkte,  in  denen  ich  ihm  widersprechen  muss,  hervorkehren,  und  zwar  nicht  die 
Ordnung  des  buches  einhaltend,  sondern,  der  bessern  übersieht  wegen  und  damit 
nicht  zusammengehöriges,  wie  die  bemerkungen  über  die  reduplicirenden  verben, 
auseinandergerissen  werde,  in  der  reihenfolge,  in  welcher  diese  gegenstände  in 
unsem  grammatiken  behandelt  zu  werden  pflegen. 

Mit  vollem  rechte  ist  den  'Beiträgen  zur  geschichte  der  germ.  conjugation' 
das  einleitende  kapitel  zum  vocalismus  vorangestellt  worden,  denn  es  gibt  die 
nothwendige  grundlage ,  auf  der  sich  alles  übrige  aufbaut.  Der  \'f.  spricht  sich 
(s.  32  ff.)  für  die  ansieht  aus,  dass  das  in  ursprünglich  betonter  silbe  stehende  (im 
verbum  im  präsens  erscheinende)  ai  au,  in  Europa  ei  eu,  die  ursprüngliche  ge- 
slalt  der  wurzel  darstellt,  das  in  unbetonter  silbe  eintretende  /  u  dagegen ,  das 
früher  als  »wurzelvocal«  galt,  aus  jenem  geschwächt  ist.  Dieselbe  ansieht  ist 
früher  schon  für  die  auf  /  und  ti  ausgehenden  wurzeln  von  Leo  Meyer  (Vergl. 
gr.  I,  343),  für  sämmtliche  /-  und  7/-wurzeln  zuerst  von  L.  Geiger  (Urspr.  u.  ent- 
wickelung der  menschl.  spr.  I,  164  ff.,  429  ff.),  dann  von  Begemann  (Schw.  prät. 
I,x,  II, xl)  ausgesprochen,  vgl.  auch  Kern,  Taalkundige  bijdragen  I,  33  ff.,  und  die 
aum.  von  Joh.  Schmidt,  Kuhn's  Ztschr.  XXIV,  312:  jetzt  haben  gleichzeitig  mit 
dem  vf.  verschiedene  gelehrte  unabhängig  von  einander  dieselbe  ansieht  aufge- 
stellt,   Fick  in  Bezzenberger's  Btr.  IV,    167   ff.,    Paul  in  seinen  und  Braune's  Btr. 


F.  Kluge,    Beiträge  zur  geschichte  der  germanischen  conjugation         j^g 

IV,  439,  VT,  Il6  und  in  seinem  Vortrag  auf  der  philologenversammlung  zu  Gera, 
der  ref.  Kuhn's  Ztschr.  XXIV,  518  f.  (soeben  auch  F.  de  Saussure  in  dem  unten 
genannten  buch  s.  124  ff.),  und  dieselbe  wird  keinem  zweifei  mehr  unterliegen 
können.  Die  grundsprache  besass  demnach  nur  a-wurzeln.  —  Mit  der  herleitung 
der  /  u  aus  ai  au  stimmt  vorzüglich  zusammen  die  von  BrugTnan,  Stud.  IX,  285  ff- 
begrüriÖete  annähme  selbstlautender  r  n  m  der  grundsprache  (aus  denen  die  im 
part.  prät.  erscheinenden  germ.  ttr  til  un  uni),  ai  au  :  i  u  =  ar  an  '.  r  n.  Diese 
consequenz  weist  aber  Kluge  ab.  K.  nimmt  statt  selbstlautender  liquiden  und 
nasale  für  die  grundsprache  lautgruppen  an  (von  ihm  durch  kleineren  druck  ge- 
kennzeichnet), bestehend  aus  schwachem  vocal  und  schwacher  liquida  oder  eben 
solchem  dem  verklingen  nahe  kommendem  nasal.  Diese  annähme ,  in  der  er  mit 
andern  zusammentraf,  ist  aber  inzwischen  widerlegt  worden,  l)  schon  durch  die 
von  K.  selbst  s.  19  gemachte  bemerkung,  dass  im  Sanskrit  >&  ^  vor  selbstlautendem 
r  und  dem  Vertreter  von  selbstlautendem  nasal  k  g  bleiben ,  krmi-  wurm ,  gata- 
gegangen  (aus  gmtd-),  während  sie  sich  hätten  in  palatale  wandeln  müssen,  wenn 
zwischen  dem  k  g  und  dem  r  n  m  der  vocal  der  ursprünglichen  Wurzelsilbe  in 
reducirter  gestalt  wie  K.  will  sich  erhalten  hätte,  2)  durch  die  von  Bezzenberger 
in  seinen  Btr.  III,  133  ff.  gemachten  .beobachtungen  'zur  lehre  von  den  silben- 
bildenden consonanten'.  Aus  den  letzteren  ergibt  sich,  a)  dass  den  in  frage 
stehenden  liquiden  und  nasalen  kein  vocal  voraufgegangen  sein  kann,  denn  un- 
erklärlich wäre  sonst  litauisch  Mgas  lang  aus  *  Igas  aus  *dlgas,  griech.  inschr. 
ßagvce/uevor  =  /naovdfisvov  aus  *^^v..,  das  s/r  aus  sr  in  lit.  sfirna  reh  = 
böhm.  si-na  und  ebenso,  wie  hinzugefügt  werden  kann,  das  st  statt  s  in  unserm 
germ.  worte  an.  stormr  ae.  as.  storm  hd.  stürm  m.  aus  *  srmä-,  *  srmt-  (s.  Kern, 
Taalk.  bdr.  I,  38),  b)  dass  wenigstens  den  nasalen  auch  kein  vocal  gefolgt  sein 
kann,  griech.  Saavg,  aus  *  SvGvi,  da  a  zwischen  vocalen  beseitigt  wäre.  (Dass 
dem  /  u  selbstlautendes  r  n  m  parallel  ging,  ist  jetzt  3)  klargestellt  durch  den 
glänzenden  nachweis  Saussures  s.  239  ff.,  dass  auf  dieselbe  weise  wie  die  ge- 
dehnten t  ü  auch  gedehnte  selbstlautende  r  n  w,  genauer  selbstlautende  -|-  mit- 
lautende /  u,  r  n  m,  in  der  grundsprache  erwachsen  sind.)  Kluge's  einziger  ein- 
wand (s.  33)  gegen  das  selbstlautende  r  n  /«,  dass  dieses  auch  in  der  reduplica- 
tionssilbe  vorliegen  müsste,  ist  leicht  zu  beseitigen  (s.  u.  s.  151):  K.  selbst  würde 
dagegen  protestiren,  wenn  man  mit  der  entsprechenden  bemerkung  sein  zweites  a 
der  grundsprache  abweisen  wollte.  Es  bleibt  also  gegen  K.  bei  der  annähme 
silbenbildender  r  n  ni  der  grundsprache,  welche  nicht  wunderbarer  sind  als  die 
ebenso  entstandenen  silbenbildenden  /  «  m  in  tonloser  silbe ,  geschrieben  el  en 
em,  in  nhd.  Wörtern  wie  vogel,  boden,  handeln,  haltend  aus  ahd.  al  an  am.  Aus 
silbenbildenden  r  n  der  grundsprache ,  hervorgegangen  in  unbetonter  silbe  aus 
}'a  na  nach  consonanten ,  sind  auch  die  germanischen  ru  nu  im  präsens  got. 
trtidan,  den  participien  brukans  u.  s.  w.  entstanden,  nicht  mit  K.  aus  schwachem 
rn  mit  folgendem  schwachen  vocal,  s.  Brugman,  Kuhn's  Ztschr.  XXIV,  25S2, 
ref.  ebd.  5052,  Kluge  s.  38  ff.,  64  f.,  Paul,  Btr.  VI,  iio  ff.  —  Der  hauptsatz 
in  dem  von  K.  entworfenen  System  des  vocalismus  geht  dahin,  die  grundsprache 
habe  nicht  ein  «,  sondern  zwei  von  vorne  herein  verschiedene  «-laute  besessen, 
aus  denen  sich  zwei  ß-reihen  entwickelt  haben.  Der  eine  a-laut  sei  vertreten 
durch  griech.  «  germ.  e,  das  mit  griech.  o  germ.  a  ablautet,  der  andere  durch 
griech.  a  ==  germ.  a,  ablautend  mit  griech.  ä  germ.  ö.  Derselbe  satz,  der,  als 
der  vf.  schrieb,  durchaus  neu  war,   ist  inzwischen  auch  von  anderer  seite  aufgestellt 


ISO 


Litteratur 


worden,  von  Brugman  und  Osthoff,  Morph,  unters.  I,  14  anm.,  238  anm.,  Paul, 
Btr.  VI,  III:  Kluge  aber  war  der  erste,  der  ihn  ausführlich  zu  begründen  suchte, 
indem  er  zeigte,  dass  griech,  «  =  germ.  a  (von  Kluge  »ai»  ,  von  Osthoff  und 
Paul  i>A«  geschrieben)  mit  e  (dem  »aj«)  und  o  (dem  »dj«  der  grundsprache) 
in  keinem  ablautsverhältniss  steht.  Es  bedurfte  dazu  des  im  letzten  paragraphen 
des  buchcs  gegebenen  nach  weises,  dass  in  dem  germ.  a  des  präsens  der  verben 
wie  Jaran  for  und  der  reduplicirenden  verben  zwei  verschiedene  vocale,  der  eine 
«^  griech. -lat.  o,  der  andere  =  griech. -lat.  <z,  zusammengefallen  sind,  und  dass- 
nur  die  verben  mit  a  =  griech. -lat.  o  formen  von  ablautenden  verben  (mit  e  im 
präsen.s)  neben  sich  haben  können.  Fälle  wie  nord.  pjörr  =  javQOs,  taurus, 
ahd.  epur  ==  lat.  aper,  die  der  vf.  aber  gar  nicht  erwähnt,  können  den  satz,  dass 
das  griech. -lat.  a  und  das  c  grundverschieden  sind,  nicht  umstossen,  denn  mehr- 
fach ist  unter  consonantischem  einflusse  a  secundär  aus  ai  ==  europ.  e  hervor- 
gegangen (vgl.  Kuhn's  Ztschr.  XXIV,  521),  und  manchmal  -wird  auch  das  um- 
gekehrte geschehen  sein.  Für  die  germanische  grammatik  wird  die  Unterscheidung 
zweier  vocalreihen,  die  wir  die  ^-reihe  und  die  a-reihe  zu  nennen  haben  werden, 
für  alle  zeit  ihre  richtigkeit  behalten  und  von  praktischem  nutzen  sein :  die  ver- 
gleichende grammatik  aber  kann  sich  unmöglich  dabei  beruhigen.  Die  statuirer 
des  zweiten  a  werden  schwerlich  recht  behalten,  wenn  sie  sagen.  Kluge  (s.  16), 
die  möglichkeit,  dass  die  beiden  «-reihen  späte  entwickelung  einer  einzigen  seien, 
müsse  mit  'entschiedenheit  geleugnet  werden',  Paul  (a.  a.  o.),  dass  diese  beiden 
reihen  auf  'zwei  grundvocale'  zurückzuführen  seien,  und  dass  'es  keine  silbe  gab, 
welche  nicht  den  einen  von  ihnen  enthielt',  Osthoff  (s.  268),  das  feminine  indo- 
germ.  -ä-  habe  mit  dem  -a-  der  masculina  und  neutra  phonetisch  nichts  zu 
schaffen,  sondern  sei  'ein  suffix  von  völlig  anderer  herkunft',  sondern  es  wird  sich 
wahrscheinlich  herausstellen,  dass,  ebenso  wie  die  alte  dreitheilung  unserer  wurzeln 
in  z-,  ti-  und  ö-wurzeln  denselben  sinn  hatte,  welchen  eine  theilung  der  semitischen 
•wurzeln  in  »a)  b)  wurzeln  mit  j  und  v  als  mittlerem  consonanten,  c)  sämmtliche 
übrige«  gehabt  hätte,  die  annähme  von  zweierlei  a-wurzeln  etwas  ähnliches  ist, 
wie  wenn  im  Semitischen  einander  entgegengesetzt  würden  »a)  wurzeln  mit  äleph. 
als  erstem,  zweitem  oder  drittem  radical  und  b)  sämmtliche  übrige  wurzeln».  Das 
charakteristische  derjenigen  a-reihe ,  die  sich  in  a  und  ä  bewegt ,  wird  ein  con- 
sonantisches  dement  gewesen  sein,  welches  die  eigenschaft  hatte,  ein  vorangehendes 
oder  (im  anlaut)  folgendes  a^  (das  in  der  letzten  zeit  der  grundsprache  ein  ä  ge- 
wesen sein  wird)  in  reines  a  zu  wandeln,  und  das  mit  vorhergehendem  vocal  a 
ZVL  reinem  langem  ä  zusammenschmolz.  Schreiben  wir  dieses  dement  mit  Osthoff" 
und  Paul  A.  Die  feminina  auf  -0  sind  gegen  das  a  (01,  s.  152  u.)  des  masculins 
neutrums  um  dieses  dement  reicher,  -ä  =  -aA  (die  feminina  auf  skr.  -t  gr.  -la 
sind  -tA).  i)  Dasselbe  lange  ä  enthält  i,i^&w,  zu  dem  sich  alsdann  ().a9^ov  ver- 
hält genau  so  wie  zu  Xslnfa  Hmov,  zu  (ffvyco  S(fvyov:  im  Germanischen  sehe 
ich  das  entsprechende  lange  ä  des  präsens  in  den  verben  wie  blotati,  hrbpan. 
Dieses  lange  ä  mit  Kluge  »aa«  oder  mit  Osthoff  und  Paul  »^2«  zu  schreiben 
erscheint  mir  als  ein  Schematismus,  der  thatsachen  verkehrt:  verhielte  sich  wirk- 
lich t  '•  o  =  a  :  ä,  also  kürze  zu  kürze,  wie  kürze  zu  länge,  dann  würde  daraus 
folgen,  dass  die  beiden   »grundvocale«  nicht  allein  qualitativ,    sondern  auch  quan- 


i)  Das  Germ,  und  das  Ostital.  setzen  für  den  nom.  sing,  -ä^  (aus  -öj^)  voraus. 
Das  ä  ist  nicht  mehr  als  das  neutr.  as  neben  a  ein  »>suffix  von  völlig  andrer  herkunft«. 


F.  Kluge,    Beiträge   zur   geschichte  der  germanischen  conjugation         ici 

titativ  verschieden  gewesen  wären.  Dem  lat.  rädo  und  vädo  gegenüber  sind  mir 
skr.  räda(ti)  und  ae.  wadan  mit  ihren  genossen  wie  goth.  alan,  lat.  alo,  aorist- 
präsentien  wie  skr.  tudä(ti),  goth.  trtidan,  lat.  dl-vido.  i)  Dass  kurzes  a,  wie  es 
im  Gr.-Iat.  erscheint,  ebenso  wie  z  und  u  auf  ursprünglich  unbetonte  silbe  hin- 
weist, hat  ref.  schon  Kuhn's  Ztschr.  XXIV,  468  auf  grund  seiner  beobachtungen 
behauptet.  Die  betonten  kurzen  a  sind  nicht  anders  zu  beurtheilen,  als  die  zahl- 
reichen betonten  turn,  z.  b.  in  vr  ka-  wolf  und  den  von  Kluge  s.  21  ange- 
führten germ.  Wörtern.  Die  verben  auf  -ja-  wie  hafja  =  lat.  capto,  die  früher 
in  unserer  klasse  noch  zahlreicher  gewesen  sein  werden,  skr.  nd(ja(ti),  ndhja(tij, 
verhalten  sich  den  verben  mit  i  u  r  n  derselben  präsensklasse  völlig  analog. 
Hübschmann  und  mit  ihm  Kluge  (s.  53)  schliessen  aus  dem  mit  dem  skr.  und 
lat.  i  u  unvereinbaren  griech.  f  der  reduplicationssilbe  in  Xikoma,  7i^(f€vya  sehr 
wahrscheinlich,  die  grundsprache  habe  bei  den  i-  und  «-wurzeln  im  singular  des 
perfects  «i,  im  plural  /  und  u  als  vocal  der  reduplicationssilbe  gehabt.  Dass 
auch  bei  den  A-v/urzeln ,  wie  die  thatsachen  lehren  ,  so  gut  wie  bei  sämmtlichen 
übrigen,  im  singular  des  perfects  Cj  in  der  reduplicationssilbe  galt,  gr.  r^^JjA«,  ist 
bei  unserer  auffassung  natürlich:  für  K.  ist  es  auffällig  und  nur  als  »uralter, 
bereits  indogerm.  fall  von  uniformirung  des  reduplicationsvocals«  zu  deuten. 
Wir  dürfen  annehmen,  dass  im  plural  bei  den  «-  und  r-wurzeln  ein  selbstlautendes 
«  [s.  Bezz.  III,  312]  r,  bei  den  ^-wurzeln  ein  a  in  der  reduplicationssilbe  seine  stelle 
hatte,  —  K.,  indem  er  bei  diesem  Schlüsse  die  i-  und  u-itihe  nicht  als  innerhalb, 
sondern  als  ausserhalb  der  a-reihe  stehend  betrachtet ,  schliesst  aus  der  existenz 
eines  langen  i  und  t't,  dass  es  auch  in  beiden  a-reihen  je  eine  dehnung  geben  müsse. 
Bei  der  aufsuchung  dieser  begeht  er  aber  eigenthümliche  missgriffe.  Die  dehnung 
der  £r-reihe  soll  griech.  w,  die  der  a-reihe  gemeingriech.  t],  im  Germ,  sollen  beide 
dehnungen  in  dem  einen  e  (das  er  ungut  als  germ.  ä  ansetzt)  got.  e  zusammen- 
gefallen sein.  Griech.  w  soll  =  germ.  e,  dagegen  in  der  Wurzelsilbe  nie  = 
germ.  ö  sein  (es  gibt  aber  ein  germ.  ü,  das  europ.  ö  ist  im  perfect  der  verben  wie 
reda  rah'op).  Das  europ.  ^  ist  sicher  nicht  mit  Kluge  vocal  der  y^-reihe :  K.  setzt 
die  Wurzel  von  Tl9r\fii^  indem  er  von  ^t-  schweigt,  als  ^-wurzel  an,  ebenso  die 
von  se-  säen  (vgl.  Brugman,  Morph,  unters.  I,  33)  und  sämmtlichen  verben  e-ö. 
Es  gab  in  der  letzten  periode  der  grundsprache  zu  den  drei  kürzen  a-i  a^  a  (mit 
Collitz  e  o  d)  drei  entsprechende  längen  äi  ä-^  ä  [e  ö  a):  bei  K.  erscheinen  diese 
in  den  nothwendig  den  leser  verwirrenden  gestalten  0 '  ä  j  «2  (es  nimmt  über- 
haupt in  den  sprachwissenschaftlichen  büchern  derjüngsten  zeit  eine  Schriftsprache 
überhand,  die  nur  für  die  äugen  leserlich,  für  die  zunge  unle.sbar  ist). 


i)  Vgl.  Fick,  Bezz.  Btr.  IV,  169  ff.,  ref.  Kuhn's  Ztschr.  XXIV,  519.  Dieselbe 
ansieht  ist  soeben  ausführlich  dargelegt  in  dem  buche  von  Ferd.  de  Saussure, 
Memoire  sur  le  Systeme  primitif  des  voyelles,  Lpz.  1879,  s.  51  ff.  Saussure  stellt 
ausser  dem  A  noch  ein  zweites  wurzelhaftes  element  derselben  art  auf  für  wurzeln 
wie  stufe  '  und  2  rfw-,  stufe  o  Jo-,  und  er  hätte  für  wurzeln  wie  stufe  «  &r\-  germ. 
de-,  2  germ.  de-,  o  ^g.  skr.  /li-  lat.  a  in  ratus ,  satus  (s.  140  ff.)  nach  meiner 
ansieht  noch  ein  drittes  aufstellen  sollen.  Diese  wurzelhaften  demente  werden  als 
consonan tische  {A  die  tönende,  E  die  tonlose  kehlkopfspirans  ? ,  O  das  kehlkopf-r?) 
aufzufassen  sein.  Die  schwache  stufe  vor  consonanten  entstand  wol  nicht  durch 
»ausfall  des  öj«,  sondern  durch  kürzung  nach  früher  geschehener  contraction,  »  u 
wäre  kürzung  von  e  ö,  contraction  von  a-^i  a^u  in  unbetonter  silbe.  —  Am  besten 
schreiben  wir  die  wurzeln  nach  wie  vor  diu,  kap,  ark  ,  atig ,  ghua  und  daneben 
dann  sk  folgen ,  pk  kochen  ,  indem  wir  in  semitischer  weise  nur  die  consonanten 
schreiben  statt   saka,  paka,  dajava,   kaeipa,  'araka,   ^avaga,  g/iai'a'a. 


152 


Litteratur 


Den  consonantismus  berührt  der  vf.  nur  gelegentlich.  S.  132:  die  Ordnungs- 
zahlen hatten  im  Germanischen  nach  der  verschiedenen  betonung  theils  ein  /  im 
Suffix  (ahd.  ftordo,  ahtodo,  -zcndo),  theils  d  (ahd.  siliunto,  niunto^  zehanto);  das 
Altenglische  hat  das  /  verallgemeinert,  wie  das  Gothische,  soweit  es  uns  überliefert, 
das  (/.  S.  25  anm.,  131  beseitigt  K.  eine  ausnähme  von  Vemer's  gesetz:  goth. 
-fafs  =  skr.  päti-s  in  iruffads,  hundafads  etc.  zeigt  darum  d,  weil  in  diesen 
compositen  ursprünglich  das  erste  glied  den  ton  trug,  in  den  genannten  beispielen 
dessen  endvocal.  Diese  erklärung  ist  ohne  zweifei  die  richtige:  auch  ref.  hat 
sich  bei  lesung  des  Verner'schen  aufsatzes  die  sache  alsbald  so  zurecht  gelegt.  — 
S.  127  ff",  gibt  K.  einen  'excurs  über  gothisch  dd  und  ge\  Er  zeigt,  dass  die 
gemeingermanischen  Verstärkungen  der/  v,  aus  denen  die  goth.-nord.  verschluss- 
laute -\-  j  V  hervorgingen,  im  ursprünglichen  accent  ihren  grund  haben:  die  Ver- 
stärkung ist  eingetreten  nach  ursprünglich  betontem  kurzem  vocal,  z.  b.  in  an. 
negg  n.  herz  das  K.  =  vöo^  aus  ^nöjos  setzt,  doch  unterbleibt  die  Verstärkung 
des  J  vor  v  und  die  des  v  vor  j\  z.  b.  in  goth.  niujts,  sie  tritt  aber  nicht  ein 
nach  ursprünglich  unbetontem  vocal,  wie  in  goth.  /reis  =  skr.  prijä-s.  So  er- 
klärt sich  der  grammatische  Wechsel  der  verben  wie  ae.  bUowan  bleaw  —  blwwon 
blo-iven  (Holtzmann,  Altd.  gr.  224),  den  aber  das  Gothisch-nordische  durch  analogie- 
bildungen  auszugleichen  pflegt.  Dem  gesetz  widerspricht  (goth.)  nitin  neun:  der 
grund  wird  nicht  der  von  K.  vermuthete  gewesen  sein,  dass  sich  das  zahlwort 
'neun'  in  gemeingerm.  zeit  in  seiner  betonung  an  'acht'  anschloss,  sondern  die 
vorliegende  form  wird  aus  den  obliquen  casus  des  Germani.schen  stammen,  die 
ebenso  wie  im  Indischen,  worauf  auch  K.  hinweist,  das  suffix  betonten,  ebenso 
stammt  das  hd.  (Notk.)  fünf  und  das  ihm  entsprechende  lat.  quinque  mit  dem 
Vertreter  eines  betonten  silbenbildenden  nasals  aus  den  obliquen  casus  (urspr. 
pdnkn^  instr.  pnkabhis  aus  pnkabhis).  Zu  goth.  * faus  an.  fär  aus  germ.  favä- 
stimmt  nicht  das  vom  verf.  bei  seite  gelassene  ae.  feaiu  (ne.  few") :  dieses  ist  wol 
germ.  fauvä-  aus  *faugvä-  =  lat.  pauctts.  —  Den  Vertretern  der  velaren  laut- 
reihe der  grundsprache  im  Germanischen  ist  s.  42  ff.  ein  excurs  gewidmet.  In 
welchem  falle  erscheinen  die  velaren  der  grundsprache  im  Germ,  als  //-'  ff)  "v  f^'i 
in  welchem  als  reine  kg  h?  Der  verf.  sucht  zu  zeigen,  dass  die  labiale  affec- 
tion  vor  hellen  vocalen  (germ.  e  i)  eintritt,  daher  goth.  kvens,  vor  dunkeln  aber 
unterbleibt,  goth.  haidiis.  Sie  tritt  femer  nicht  ein  im  anlaut  vor  consonanten, 
wol  aber  im  silbenauslaut  vor  folgendem  r  l  n.  Der  stamm  germ.  hva-  der 
starken  casus  des  Interrogativs  müsste  die  labiale  affection  dem  hve-  der  schwachen 
casus,  gen.  goth.  hvis  =  gr.  t^o,  abl.  ahd.  hwemu  u.  s.  w.,  verdanken. i)  Ebenso 
würde  die  differenz  goth.  saihvan  ahd.  se/ian  mit  K.  von  germanischer  flexion 
seho  sehvezi  stammen  (als  unterscheidendes  merkmal    zwischen  den  beiden  zweigen 


i)  Die  ß-stämme  sind  alle  a^-,  also  e-stämme:  das  a^  hat  ursprünglich  nur 
in  den  starken  casus  seine  stelle.  Die  endung  des  gen.  plur.  m.  n.  got.  -/  ist 
-äjw,  d.  i.  Ol  mit  dem  von  Osthoff,  Morph,  unters.  I,  207  ff.  nachgewiesenen  suffix, 
dieselbe  endung  wahrt  das  als  possessiv  verwandte  as.  ti/a,  iuwa  fries.  u/e,  iuwe 
(Behaghel  ebd.  276  f.).  Die  endung  des  abl.  sing,  -ä^d  zeigt  sich  in  got. 
hvamme-h ,  hvarjatnme-h ,  und  den  lat.  adverbien  auf-?,  S.  C.  facilumed ,  osk. 
amprußd,  der  instrum.  -ä^  in  goth.  hve,  fe,  sve.  Griech.  toTs  ist  umgebildet  nach 
TO«',  ebenso  osk.  -;'/}.f,  umgekehrt  lat.  ht  nach  loc.  his,  abl.  hibiis,  ibus  (Neue  22  196) 
mit  a-^i  =  skr.  tebhjas ,  ebhjas.  Ein  rest  des  -öj  in  der  composition  sind  die 
griech.  (f(Q^-novog  etc.,  s.  Osthoff,  Das  verbum  in  der  nominalcomp.  167. 
(S.  dazu  Saussure  s.  90  f.,    118  anm.) 


r.  Kluge,    Beiträge  zur  geschichte  der  germanischen  conjugation         ij-j 

des  Germanischen  aber  ist  Zimmer' s  'ostgerm.  kv  gv  kv  =  westgerm.  k  g  h'  zm. 
streichen:  in  ae.  stincan  etc.  musste  das  v  im  Englischen  und  Deutschen  nach 
langer  silbe  lautgesetzlich  schwinden,  es  zeigt  sich  aber  im  Friesischen  regelmässig 
am  ?<-umlaut,  z.  b.  Sylt  stjunk  stinken,  sjung  singen,  junk  euch  beiden,  jzink 
(*djunk)  dunkel,  Ijtmg  heidekraut).  S.  39  nimmt  K.  anstoss  am  einfachen  k  in 
goth.  gabruka  =  ahd.  brocco  :  die  Wörter  verhalten  sich  wie  ahd.  pah  =  ae.  becc 
(s.  Kuhn's  Z.  XXIV,  507),  das  kk  ist  aus  kv  entstanden  (velaren  auslaut  darf  man 
schliessen  aus  skr.  bhanäkti  :  brekan  ^  bhunakti  :  brükari).  Auch  hier  würde  das 
kv  nach  K.s  regel  aus  den  obliquen  casus  stammen,  vgl.  ae.  sacu  gen.  etc.  sacce. 
Es  spricht  manches  für  K.s  annähme ,  obwol  einzelne  formen  wie  ae.  hwosta 
husten  (das  hw  vom  verb  *  hwdfan,  ne.  wheezef)  dagegen  sprechen.  Ich  glaube 
aber,  dass  die  frage  nach  den  bedingungen,  unter  denen  die  labiale  affection  hervor- 
tritt, nicht  innerhalb  der  germanischen  grenzen  entschieden  werden  kann.  Wir 
können  goth.  hva  gewiss  nicht  von  lat.  quod  und  auch  das  germ.  /  gewiss  nicht 
vom  gr.  n  (=  urspr.  /&)  trennen.  Sollte  aber  Kluge's  annähme  richtig  sein,  so  ist 
doch,  dass  die  labialisirung  im  Germanischen  wie  Kluge  und  vor  ihm  Holtzmann 
wollen  mit  der  palatalisirung  im  Indisch-iranischen  im  engsten  Zusammenhang 
stehe,  unmöglich:  es  könnten  nur  gleiche  bedingungen  aus  gleichem  auf  ver- 
schiedenen gebieten  von  grund  auf  verschiedenes  hervorgerufen  haben.  Unmöglich 
kann  im  Germanischen  k  g  vor  hellen  vocalen  kv  gv  geworden  sein,  während  es 
im  Indoiranischen  palatal  ward :  dieser  Übergang  wäre  vor  dunkeln  vocalen  erfolgt, 
vor  hellen  findet  er  sich  gewiss  nirgends.  Wenn  K.s  regel  richtig  ist,  kann  die- 
selbe, glaube  ich,  nur  so  erklärt  werden,  dass  die  'velaren'  mit  Havet  und  Collitz 
(Bezz.  Btr.  III,  192)  in  der  grundsprache  nicht  einfache  ,^-laute,  sondern  /6«-laute 
oder  geradezu  /&-laute  +  v  waren ,  in  welchen  lautgruppen  das  v  vor  einem 
helleren  vocal  blieb,  während  es  vor  einem  ihm  selbst  ähnlicheren  dunkeln  vocal 
schwand,  i)  Die  indisch-iranische  palatalisirung  ii^tx  k  g  gh  vor  hellen  vocalen 
berührt  K.  auch  s.  8.  Ich  bemerke  hier,  dass  ich  noch  an  keiner  stelle,  wo  von 
der  wichtigen  entdeckung  die  rede  war,  2)  welche  den  meisten  deutschen  forschem, 
wenigstens  den  an  der  peripherie  wohnenden,  zuerst  durch  Collitz  laconischen 
ausspruch  Bezz.  Btr.  II ,  305  bekannt  ward ,  auf  die  vollkommene  analogie  hin- 
gewiesen gefunden  habe,  welche  zu  dem   indisch-iranischen   Übergang   der  k  g  vor 


i)  Gegen  Collitz  aber  muss  ich  daran  festhalten,  dass  die  'palatalen  nicht 
/&-laute  Sans  phrase,  sondern  wirkliche  palatale  waren:  der  im  osten  unseres 
Sprachgebiets  eingetretene  palatalismus  und  die  fälle  der  /-epenthese,  denen  Collitz 
die  note  s.  190  widmet  (die  aber  nicht  zur  stütze  einer  sonstigen  ansieht  heran- 
gezogen sind ,  sondern  weil  sie  selbst  eine  erklärung  zu  fordern  schienen) ,  sind 
nur  aus  ki  oder  kj  etc.  zu  erklären.  Da.ss  palatales  k  nicht  zu  velarem  werden 
kann,  darf  der  am  wenigsten  behaupten,  welcher  lehrt,  dass  e  lm  a  werden 
konnte.  Im  Dänischen  auf  Seeland  geht  k  g  -\-  j,  wie  es  auf  Fünen  gesprochen 
wird ,  vor  hellen  vocalen  regelmässig  in  (palatales)  k  g  über,  gjcrnc  (mit  je  =^  an. 
ia) ,  jetzt  Seel.  gerne.  —  Kluge  schreibt  die  palatalen  der  grundsprache  i'  g, 
während  er  die  velaren  durch  einen  untergesetzten  strich  kennzeichnet.  Ich 
schreibe  die  palatalen  der  grundsprache,  wie  sclion  früher  f  ?:  mit  denselben  zeichen, 
wie  sie  uns  vom  Ae.  ungesucht  geboten  werden,  schreibe  ich  die  palatalen  des 
Sanskrit  und  des  Iranischen ,  es  scheint  mir  jedem  gesunden  geschmack  zu 
widersprechen,  wenn  das  Indisch-iranische  neuenglisch  0,  }')  transskribirt  wird. 

2)  Bei  Saussure  s.  iiS  sehe  ich,  dass  derselbe  in  den  M6m.  de  la  soc.  de 
lingu.  [III,  359],  die  mir  nicht  zu  geböte  stehen,  dasselbe  geselz  dargelegt  hat, 
das  bei  uns  Collitz  und  Verner  fanden. 


154 


l.itteratur 


a  =  curup.  e  in  palatalc  das  Französische  bietet.  Sanskr.  ca-  %a-  in  carus  kessel 
=»  an.  hverr,  ^änis  wcib  =  goth.  kvens  ist  auf  genau  demselben  wege  aus /t/z- ^<7- 
entstanden,  wie  franz.  cha-  ja-  in  char  carrus,  afrz.  jal  gallus  aus  lat.  ca-  ga-. 
Man  sagt,  dass  im  Französischen  lat.  c  g  vor  a  zu  cli  j  geworden  sei:  dass  aber 
ein  a  dieses  bewirkt  habe,  ist  völlig  unmöglich.  Vielmehr  ging  im  Galloromani- 
schen  jedes  lateinische  a  wie  im  auslaut  so  im  inlaut  in  ä  über  (wie  das  a  im 
Englisch-friesischen),  cäntäre,  viiccä,  cäu/ä,  und  dieses  ä  wirkte  die  palatalisirung 
des  c  g.  (Dass  c  g,  vor  diesem  ä  stehend,  aus  dem  Gallisch-lateinischen  ins  Ger- 
manische stets  als  palatale  herübergenommen  wurden,  ne.  cheefe  caseus,  cheap  zu 
lat.  caupo,  gegenüber  kitchen  coquina,  suchte  ich  in  meiner  'Palatalreihe'  (Leipzig 
1875)  s.  60  zu  zeigen.)  Zu  gleicher  zeit  erfuhr  k  g  vor  e  /,  das  nur  in  jungem 
germ.  wörtem  bestand,  dieselbe  palatalisirung,  nachdem  die  gemeinromanische 
durch  e  i  bewirkte  vollendet  war.  Dieses  ä  ging  dann  später  (genau  so  wie  das 
ä  aus  a  im  Friesischen,  fries.  agc  =  ae.  cage^  beides  aus  äugä ,  aber  fries.  stre 
aus  sträu)  vor  mehrfacher  consonanz,  also  auch  vor  mitlautendem  u  -j-  consonant, 
in  a  über,  ausser  vor  den  Vertretern  von  lat.  verschlusslaut  -];•  r  l ,  daher  franz. 
chcvre  aber  chape  aus  cäprä,  cäppä.  Genau  so  wie  chofe  aus  cäu/ä  aus  caufa 
entstand    sanskr.    präs.  codati  aus  cäudäti  aus  kdudati. 

S.  59  ff.  sucht  K.  eine  erklärung  des  im  plur.  prät.  der  verben  mit  e  im 
präsens  und  folgendem  einfachen  consonanten  erscheinenden  germ.  c.  Seinen 
negativen  resultaten  kann  man  hier  nur  durchaus  zustimmen,  setun  kann  unmög- 
lich lautgerecht  aus  der  grundform  hervorgegangen  sein,  aus  der  sanskr.  sedtis  auf 
lautgesetzlichem  wege  entstand.  K.  findet  nur  zwei  fälle,  in  denen  c  durch  er- 
satzdehnung  aus  e  entstanden  sein  könnte,  goth.  mcna  mond  und  an.  vär  =  lat. 
ver.  Dieses  letztere  wort  ist  ausser  im  Nordischen  und  dem  me.  (schott.)  zver  auch 
im  Nordfriesischen  in  sämmtlichen  mundarten  als  einzig  übliche  benennung  des 
frühlings  vorhanden  und  zwar  als  masculin,  auf  rj  auslautend,  z.  b.  Sylt  urs  Amrum 
wos  (aus  7vurs),  welches  rs  vielleicht  durch  Versetzung  des  r  entstand,  wie  in  afr. 
ür/e  Rq.  Si^g,  ?r/V«  eisen  (Sylt  =).  Aber  K.  erkennt  mit  recht,  dass  uns  das  /  in 
diesen  beiden  wörtem  für  unsere  frage  wenig  hilft.  Als  einzige  fomien,  in  denen 
das  ie  lautgesetzlich  entstanden  sein  kann,  weist  er  schliesslich  auf  etttn  und  das 
verlorene  ezun.  K.  meint,  es  'wird  mancher  geneigt  sein,  das  e  von  jenen  beiden 
formen  ausgegangen  sein  zu  lassen:  er  selbst  theilt  diese  erklärung  'nur  unter 
allem  vorbehält'  mit.  Ich  halte  bis  zu  dem  punkte,  wo  der  verf.  sich  uns  ent- 
zieht, seine  ausführung  für  richtig,  und  ich  wage  es,  mich  hier  zu  jenen  'manchen' 
zu  stellen,  die  herum  aus  etuvt  erklären  möchten,  denn  mir  steht  diese  erklärung 
seit  längerer  zeit  fest :  nur  ist  mir  das  ed-  in  ctutn  =  edimus  nicht  contraction 
aus  e-ed-,  sondern  von  anderer  art.  Jessen,  Tidskr.  for  filologi  I,  205  unten  f. 
hat  gezeigt,  dass  auch  im  sing,  gemeingermanisch  e  galt,  goth.  fr-et^  an.  ät,  ae. 
dt ,  ahd.  äz,  fr-äz,  dem  e  in  lat.  edi,  gr.  %S-r\Sa,  skr.  äda  entsprechend.  Es 
existiren  von  den  consonantisch  auslautenden  einsilbigen  (d.  i.  der  conj.  auf  -7ni 
folgenden)  stammen  der  aoristpräsentien  mit  dem  vocal  e  keine  formen  mit  0 : 
es  gibt  von  es,  ed,  ei,  präs.  esmi  etc.,  kein  os,  od,  oi  (griech.  ot/uog  =  skr.  ema-s 
ist  eimo-s  mit  dem  von  Fick,  Bezz.  Btr.  I,  10  ff.  dargelegten  Übergang  von  c 
in  o).  Ein  o  erscheint  nur  von  zweisilbigen  wurzeln  auf  -e  (den  sog.  themati- 
schen vocal):  Oj  scheint  «2  zu  werden,  wo  in  der  folgenden  silbe  ein  a^  ge- 
schwunden ist,  wir  haben  3Äa2r  neben  Mara  mit  Oj  (jenes  in  skr.  bibharmi), 
raiigk    neben    raigha    (skr.    Whmi   neben    Xfixw),    -Ö2«/-    aus    anta    (formen    wie 


F.   Kluge,    Beiträge  zur  geschichte  der  germanischen  conjugation         jce 

XoiTtos  wären  ra2i^  +  ß).  Jene  ed  es ,  zu  denen  ursprünglich  auch  wol  sed 
sitzen  gehörte,  hatten  im  perf.  sing.  ?.  i)  Auch  im  Lateinischen  sind  die  perfecta 
wie  s^di  nicht  auf  lautlichem  wege  aus  solchen  wie  tnemini  hervorgegangen:  das 
lateinische  und  germanische  c  des  perfects  hat  mit  dem  skr.  e  in  sedtis  nicht  das 
geringste  gemein,  nur  im  Altirischen  ist  wie  im  Indischen  ein  f-perfect  durch  er- 
satzdehnung  entstanden  (s.  Windisch,  Kuhn's  Ztschr.  XXIII,  246  ff.).  Sobald  ed 
und  genossen  im  Germanischen  wie  in  den  verwandten  dialekten  im  präsens  in  die 
klasse  europ.  dherö  übergetreten  waren,  konnten  deren  perfecte  auf  die  dieser 
klasse  einwirken.  Zum  sing,  mit  e  (in  den  formen  nach  Wirkung  der  auslauts- 
gesetze  angesetzt),  et  s?f,  gehörte  ein  plural  mit  kurzem  e,  e(um,  setufn.  Welche 
gestalt  zu  gleicher  zeit  die  perfecte  der  verben  wie  heran,  gebart  hatten,  sehen  wir 
an  den  präteritopräsentien :  »tag  megutn  (s.  Kluge  s.  62,  vgl.  ref.  Kuhn's  Ztschr. 
XXIV,  448)  neben  man  mtinu/n,  skal  sktilum  ohne  reduplication,  also  gab  gebum 
(nicht  gegbum),  stal  stulutn,  brak  briikum.  et  eturn  konnte  sich  in  dieser  gestalt 
nicht  halten,  so  wenig  wie  fcr  farum.,  weil  der  vocal  des  plurals  dem  des  präsens 
gleichlautete:  die  länge  des  singulars  ward  daher  auch  dem  plural  mitgetheilt 
etum,  setum  =  sedimus,  genau  wie  sköbum  =  scäbimus,  gr.  Te&rjXaiuiV.  In  der- 
selben läge  aber  befand  sich  gab  gebum.  Einzig  mag  megum  blieb,  weil  hier 
kein  grund  zur  beseitigung  bestand  und  weil  die  form  als  präsens  empfunden 
ward,  alle  andern  perfectplurale  mit  kurzem  e  aber  schlössen  sich  der  Umformung 
von  etum  zu  ettim  an,  gebum.  (Ebenso  gingen  feminina  wie  ahd.  geba  goth.  giba 
in  solche  wie  das  jüngere  gäbe  über).  Auch  der  einzige  vorhandene  reduplicirte 
perfectplural  von  gleicher  silbenzahl,  dedum  -un  =  skr.  dadhimd,  dadhiis,  ae. 
dedon  (über  ae.  didon  as.  dedun  s.  u.),  machte  diese  Wandlung  mit,  goth.  *  de  dun, 
ae.  dddun,  as.  dädun,  ahd.  tätun.  Dafür  wirkte  der  sing,  mit  a,  ^ab,  auf  den  sing, 
mit  e:  * set  musste  einem  sat  weichen.  Einzig  et  hielt  sich,  doch  musste  es 
später  im  hd.  az  der  Übermacht  erliegen.  Später  als  gab  *  gebum,  dürfen  wir  an- 
nehmen, verloren  die  verba  wie  b7-ak  *  brtikiim  (doch  s.  d.  anm.)  ihren  ursprünglichen 
plural,  indem  sie  sich  der  analogie  von  sat  setum  anschlössen,  weit  später  wohl 
die  verba  stal  *  stuium,  am  spätesten,  nämlich  erst  vor  unseren  äugen  im  deutschen, 
erlagen  die  verba  mit  anlautendem  cons.  -\-  r  n,  auslautendem  sk  st  (doppeltem 
geräuschlaut ,  von  K.  nicht  sehr  gelungen  'unechte  doppelconsonanz'  genannt), 
der  analogie,  ahd.  brästum  neben  an.  as.  ahd.  brustum\  s.  Kluge  s.  62 — 66. 

Das  beste  des  vielen  guten  in  Kluge's  buch  ist  meiner  ansieht  nach  das 
über  die  starken  verben  mit  a  im  präsens  an  zwei  getrennten  stellen  gesagte, 
kap.  II,  §  2  'Die  germ.  reduplication  und  ihre  geschichte'  und  kap.  V,  §  2  'Zur 
wZ-conjugation'.  Selbst  wenn  das  buch  nichts  weiter  enthielte  als  diese  beiden 
abschnitte,  würde  es  als  ein  sehr  nützliches  und  zu  rechter  zeit  erschienenes  zu 
bezeichnen  sein.  Dass  die  reduplicirenden  verben  im  Germanischen  im  perfect  die 
reduplicationssilbe    betonten ,     war     schon    aus     verschiedenen     indicien     bekannt. 


1)  Die  wurzeln  sind  die  von  Saussure  s.  166  ff.  verzeichneten,  ursprünglich  wol 
Z'-wurzeln  (s.  o.  151*).  Nach  S.  gehörte  auch  bhreg  brechen,  hierher:  das  (von  K. 
geleugnete)  germ.  ö  aus  älterem  ö  zeigen  ae.  broc  torrens  ahd.  bruoch  palus,  ae. 
sot  fuligo  =  lit.  sodis  zum  caus.  sodmti  slav.  saditi  setzen  (unser  satjari  ist  eine 
neubildung ,  jünger  als  das  prät.  sat).  Zu  erwarten  war  für  den  perfectsingular 
dieser  verben  europ.  ö  (vgl.  ^JwJij):  das  e  ist  wol  eingetreten  nach  der  glcichung 
präs,  a  perf.  ä,  also  präs.  e  perf.  e.  saislep  dankt  sein  c  unsern  verben,  in  den 
plural  drang  das  e  in  setum  zugleich  mit  sesleputii. 


156 


Litteratur 


S.  72  ff.  führt  K.  einen  dieses  unwiderleglich  beweisenden  umstand  auf,  der  bis 
dahin  eigenthümlicherweise  übersehen  war:  der  grammatische  Wechsel  bei  den 
reduplicirenden  vcrben  weicht  ab  von  dem  bei  den  ablautenden  verben  üblichen, 
die  reduplicirenden  verben  mit  grammatischem  Wechsel  haben  auch  im  singular 
des  prät.  ebenso  wie  im  plural  und  im  part.  prät.  den  tönenden  wurzelauslaut 
und  nur  im  präsens  den  tonlosen.  Dies  beweisen  prät.  ae.  feng,  hing  zu  fort, 
hon.  Vom  früheren  Wechsel  des  p  d  in  /alfan  stammt  die  doppelform  ahd. 
falJan  und  faltan.  Goth.  skaidan,  ae.  scädan  im  gegensatz  zu  fries.  sketha,  ahd. 
sceidan  haben  den  tonlosen  consonanlen  des  präsens  dem  tönenden  der  übrigen 
verbalformen  erliegen  lassen,  während,  wenn  der  grammatische  Wechsel  der  bei 
den  ablautenden  verben  geläufige  gewesen  wäre,  das  Gothische  überall  /  zeigen 
und  das  Ae.  und  Ahd.  den  Wechsel  gewahrt  haben  würden.  Das  verb  kann  un- 
möglich aus  einer  auf  urspr.  d  oder  dh  auslautenden  wurzel  hervorgegangen  sein, 
also  mit  caedo  (Fick  13,  815)  nichts  zu  thun  haben.  K.  erschliesst  mit  Sicherheit 
ein  zu  gründe  liegendes  skait-  (skit):  ich  freue  mich,  diesem  und  zugleich  noch 
einem  andern  wichtigen  Schlüsse  des  Verfassers  die  bestätigung  geben  zu  können, 
indem  ich  die  von  dem  verf.  nicht  gleich  gesehene,  vielleicht  aber  inzwischen  ge- 
fundene etymologie  hinzufüge  (s.  u.).  —  Das  a  der  verben  wie  faran  for  und 
der  reduplicirenden  ist  entweder  =  gr.-lat.  a  oder  =  gr.-lat.  o,  danach  sondern 
sich  diese  verben  in  zwei  gruppen  gänzlich  verschiedenen  Ursprungs,  die  im  Ger- 
manischen zusammengefallen  sind.  Die  einen  sind  verben  wie  alan  =  lat.  alere, 
aukan  augere,  zusammengestellt  von  K.  s.  67  und  159  f.  (zu  streichen  \9.\.  fallan, 
denn  'Kuhn  Btr.  VIII,  2'  beweist  eben  das  gegentheil) :  diese  beruhen  auf 
.<4-wurzeln  und  bei  ihnen  sind  nebenformen  von  ablautenden  verben  unmöglich. 
Die  andern,  wie  malan  =  lat.  moiere ,  zusammengestellt  s.  152  und  160  f. 
(haldan  hat  a  =  0  \w  colo^  vgl.  ßovxoJ^os,  goth.  haldandans  ßoOxovres !  zu  ver- 
gleichen sind  die  Zusammenstellungen  Scherer's,  zGDSz  249  ff.,  267  ff.),  können 
ein  ablautendes  verb  mit  e  im  präsens,  oder  reste  eines  solchen,  neben  sich  haben. 
So  steht  an.  ve/ia  neben  ahd.  roa/zan,  an.  ve//a  neben  ahd.  ~va//an  ae.  7vea//an, 
an.  brjöta  neben  ae.  briatan.  Perfecte  von  ablautenden  verben  neben  redupli- 
cirenden sind  z.  b.  an.  sveip  svipum,  prät.  zu  sveipa,  a.&.  gang  zm.  gang  an.  Kluge 
erkennt,  eine  frühere  vermuthung  Delbrück's  aufnehmend,  in  dem  präsens  dieser 
verben  wie  ahd.  wahan,  gangan  ein  urspr.  reduplicirendes  präsens  auf  -7ni.  Die 
reduplication  schwändet  wie  in  as.  dorn  =  ri&Tifii,  die  Stammabstufung  wird  auf- 
gegeben und  das  verb  auf  -mi  tritt  schliesslich  in  die  conjugation  auf  -ö  über, 
wie  goth.  iia  aus  e'dmi.  Diese  reduplicirten  und  jene  ablautenden  verben  stehen 
neben  einander  als  zwei  präsensformen  von  derselben  wurzel ,  wie  skr.  bibharmi 
und  bhärämi,  ciketmi  und  cetämi,  Delbrück  stützte  seine  annähme  durch  die  ent- 
sprechung  goth.  fara  =  skr.  piparmi,  aus  pipäirmi,  Kluge  fügt  noch  zwei  be- 
weisende beispiele  aus  derselben  klasse  hinzu.  Ein  beispiel  aus  den  redupli- 
cirenden verben,  das  K.  vermisst,  gibt  skaida,  hervorgegangen  gemäss  dem  ge- 
sagten aus  urspr.  skiskäjtmi.  Diese  form  liegt  vor  in  skr.  ciketmi  ich  unter- 
scheide, nehme  wahr.  Der  bedeutung  nach  verhalten  sich  das  germanische  und 
das  indische  verb  zu  einander  genau  so  wie  xqivco  und  cemo.  Vgl.  das  ver- 
hältniss  von  blandan  mischen  (das  also  a^  hat)  zum  adj.  blind.  Die  geistigere 
bedeutung  der  indischen  sprossen  unserer  wurzel  haben  wir  in  unserem  beschcid 
(wissen,  sagen),  zs,.  gisked,  ae.  gescäd  ~u>itan,  mhd.  bescheiden,  verständig,  klug. 
Unser  mhd.  geschide  gescheit  stimmt  in  der  Wurzelsilbe  genau  zu  skr.  cetas  n.  einsieht. 


F.  Kluge,    Beiträge  zur  geschichte  der  germanischen  conjugation         jcn 

Skr.  k//a-  m.  wille,  begehren  berührt  sich  mit  unserm  entscheid,  ae.  scadan  decernere. 
Der  form  nach  verhält  sich  skaidan  zu  skr.  w.  cit  genau  so  wie  stautan  zu  tud, 
lat.  tundere^  perf.  skaiskaid  ist  =  skr.  ciketa  wie  staistaut  =  tutöda.  Den  anlaut 
sk  für  skr.  cit  =  slav.  «7  beweist  lit.  skaityti  etc.  (vgl.  Curtius,  Grundz.  *  481): 
im  Sanskr.  ist  das  s  abgefallen  wie  in  pdfjämi,  im  Germ,  haben  wir  neben  der 
form  mit  s  die  ohne  j  in  haidus  =  skr.  ketü-s  helle,  an.  keid  n. ,  ae.  hador 
ahd.  heitar  (:  skr.  citrä-  =  goth.  baitrs  :  bitter)  wie  nicht  selten ,  z.  b.  an.  fjorr 
=  j-//«-,  fries.  strote  kehle  =  ae.  prote,  fries.  skokka  pl.  garben  (ne.  shock)  =  nd. 
hocken.  Ich  halte  das  bestehen  der  entsprechung  skaida  =  cikettni  für  eine  nicht 
geringe  bestätigung  der  durch  Kluge  in  engeren  grenzen  neu  begründeten  an- 
nähme Delbrück's.  Das  verbum  auf  -mi  mit  a  =  gr.-lat.  0  und  das  neben  ihm 
mögliche  präsens  auf  -ö  mit  e  in  der  Wurzelsilbe  hatten  ursprünglich  nur  ein 
perfect.  Die  reduplicirenden  verben  mit  a  =  gr.-lat.  o  besassen  ursprünglich  ein 
ablautendes  perfect.  Während  K.  noch  s.  83  für  an.  sveip  svipum  zu  sveipa  die 
erklärung  Wimmer's  aus  einem  ablautenden  verb  svtpa  die  'einzig  mögliche'  nennt 
und  die  annähme,  das  perfect  habe  (natürlich  gleichzeitig  mit  den  perfecten  zu 
ablautenden  verben,  vor  der  Verschiebung  des  accents  auf  die  reduplicationssilbe) 
die  reduplication  einfach  aufgegeben,  als  unwahrscheinlich  abweist,  sieht  er  s.  162 
im  perfect  gang  des  Beöw.  (pl.  * gungon)  das  perfect  zu  gangan  wie  es  bei  un- 
getrübter entwickelung  sich  gestalten  musste.  Ein  solches  ablautendes  perfect  zu 
einem  seiner  präsensform  nach  reduplicirenden  verb  konnte  natürlich  ein  ab- 
lautendes verb  neu  ins  leben  rufen,  svaip  svipum  ein  *  sveip  an.  —  Im  §  3  des 
kap.  II  wendet  sich  der  verf.  speciell  zum  reduplicirten  prät.  im  Altenglischen. 
S.  97 — 100  gibt  er  eine  Zusammenstellung  der  hierher  gehörigen  ae.  präterital- 
formen,  die  dankenswerth  ist.  Neben  dem  ältesten  synkopirten  typus,  reord  aus 
rerod,  und  dem  ^-typus,  sced  aus  skeskaid,  ist  bei  weitem  überwiegend  der  eo- 
typus,  reozu  aus  rirow.  Zur  erklärung  dieses  t'ö-typus  stellt  K.  die  hypothese  auf, 
derselbe  sei  ausgegangen  von  verben  mit  anlautendem  tu  oder  cons.  -|"  "'S  '"^ 
denen  er  nach  Unterdrückung  des  wurzelvocals  durchaus  gesetzmässig  eingetreten 
sei,  wewald  weivld  weold,  hwehwop  hwehwop  hwewop  hweivp  hweop,  und  habe 
sich  von  diesen  formen,  10  an  der  zahl,  auf  etwa  25  weitere  verben  ausgedehnt. 
Ich  glaube  nicht,  dass  diese  ansieht  aufrecht  zu  halten  ist.  Wie  das  ae.  c  im 
redupl.  prät.  nicht  von  dem  e  der  verwandten  dialekte,  ahd  ea,  zu  trennen  ist, 
so  das  ae.  eo  nicht  von  dem ,  wenn  auch  in  geringerer  ausdehnung  erscheinenden 
ahd.  eo.,  an.  j6.  Ohne  über  die  art  wie  die  einsilbigen  präterita  aus  den  älteren 
zweisilbigen  reduplicirten  hervorgegangen  sind  an  dieser  stelle  irgend  etwas 
weiteres  sagen  zu  wollen,  glaube  ich,  dass  an  der  ansieht  festzuhalten  ist,  für 
welche  die  thatsachen  sprechen,  dass  der  /ö-typus  von  dunklerem  wurzelvocal  her- 
rührt, der  ^-typus  von  einem  zur  zeit  der  aufgebung  der  ursprünglichen  redupli- 
cirten formen  in  der  alten  Wurzelsilbe  vorhandenen  helleren  vocal.  co  haben  also, 
was  K.  selbst  'der  erwägung  anempfiehlt',  sämmtliche  verba  rnit  germ.  c  und  au. 
Zu  jenen  gehören  auch  alle  verben  wie  cmncan  cncow  da  diese  germanisch  im 
präsens  ^,  im  perfect  ö  hatten,  soweit  hier  nicht  der  synkopirte  typus  platz  griff, 
leort  neben  Icot  aus  lelot  {cniozv  entstand  zunächst  aus  kckno-u,  wie  sco'v  aus 
SCS07V,  nicht  aus  einem  germ.  kcknea  wie  K.  s.  68  vermuthet  seiner  ansieht 
wegen,  dass  gr.-lat.  ö  nicht  =  germ.  r',  sondern  =  germ.  e  sei,  und  dass  die 
verba  c  —  ^  von  y4-wurzeln,  die  e — e  von  nicht  .-/-wurzeln  stammen,  cnicnv  ist 
genau  =■  lat.  növi^  das  lat.  v  des  perfects  und  das  7v  unserer  verben  ist  identisch). 


158 


LiUeratur 


slep  setzt  also  eine  der  gothischen  genau  entsprechende  fijrm  mit  dem  präseas- 
vocal  im  pcrfect  voraus.  Das  alid.  ia  as.  e  an.  e  setzt  bei  allen  verbcn  derselben 
klasse  diesen  präsensvocal  voraus,  indem  die  form  der  perfecte  wie  goth.  saislep 
sich  verallgemeinerte,  auch  im  Ae.  ruft  das  prät.  slep  nachbildungen  hervor,  lit, 
ondred.  Für  den  synkopierten  typus  mit  eo  kann  man  die  regel  aufstellen:  derselbe 
stellt  sich  im  Ae.  ein  bei  allen  mit  einfachem  r  oder  /  anlautenden  verben,  an  rädan 
schliesst  sich  ondradan  an ,  nur  das  prät.  von  rowan  konnte  sich  der  analogie  der 
zahlreichen  präterita  auf  e-ow  von  verben  der  beiden  gruppen  präwan  und  growan 
nicht  entziehen.  Nur  für  die  verba  mit  germ  ai  könnte  Kluge's  hypothese  richtig 
sein  :  das  eo  in  siuapan  swcop  neben  hatan  ket,  läcan  lec,  scadan  sctd  kann  in  der 
that  vom  7u  stammen,  und  sceod  eine  analogiebildung  sein.  Das  \)r'i.i.  geong  (so  ist, 
wie  ich  glaube,  zu  schreiben)  giong  neben  /eng,  heng  steht  seit  langem  auf  meiner 
liste  der  Wirkungen  eines  ursprünglichen  palatals  im  Germanischen  (welche  die  von 
Kluge  s.  46  mit  recht  verlangte  eingehendere  nachprüfung  früher  von  mir  vor- 
gebrachter resultate  zum  zwecke  hat) ;  wenn  durch  die  wirkung  des  palatals, 
welcher  erklärung  Kluge  s.  84  zustimmt,  gefan  und  getan  zu  geofan  und  geotan 
und  ein  präsens  gingan  zu  geongan  wird  (mit  e  =7),  dann  konnte  auch  ebenso' 
ein  gegang  zu  geögang  werden,  woraus  geong.  Die  ae.  präteritalformen  der  re- 
duplicirenden  verben  mit  germ.  a  vor  /  oder  n  -j-  cons.  lassen  sich  dann  unter 
die  folgende  formel  bringen,  wenn  auch  nicht  zugleich  erklären:  i)  die  verba  mit 
/  -)-  cons.  haben  im  prät.  ae.  eo,  woraus  durch  Verkürzung  eo,  in  folge  der 
Wirkung  des  «-farbigen  /,  2)  nasal  -j-  cons.  a)  nn  hat  eo,  b)  nasal  -j-  media  hat 
e,  blcnd,  feng,  heng,  geng  (gieng),  doch  gilt  neben  dem  letzten  auf  grund  spe- 
cieller  lautvorgänge  giong.  Vgl.  Scherer,  Ztschr.  f.  ö.  g.  24,  298  ff.,  zGDSz  283  f. 
Ueber  goth.  iddja  und  das  verhältniss  von  ae.  eode  zu  demselben  haben  der 
verf.  (kap.  III,  §  2)  und  der  ref.  (Kuhn's  Ztschr.  XXIV,  432  anm.)  zu  gleicher 
zeit  im  wesentlichen  die  völlig  gleiche  ansieht  ausgesprochen.  Goth.  iddJa  ist 
aorist  oder,  was  hier  genau  dasselbe,  imperfect  von  iA  gehen:  die  3.  sing,  ist 
germ.  eijö,  nach  Kluge's  gesetz  aus  ijäf,  genau  entsprechend  dem  skr.  djät,  die 
I.  sing,  hat  die  gestalt  der  3.  sing,  angenommen  (dem  verf.  ist  auch  die  l.  sing, 
lautlich  =  skr.  äjäm).  Die  2.  sing,  ist  nicht  belegt :  keiner  bezweifelt,  dass  sie 
iddjes  lautete,  keiner  zweifelt  also  daran,  dass  im  Gothischen  die  analogie  des 
schwachen  prät.  wirken  musste  (für  den,  welcher  mit  Paul,  Btr.  VI,  209  ff.  annimmt, 
dass  im  germ.  yV  z\x  je  geworden,  ist  goth.  *  iddjes  aus  älterem  eijöz  ein  vorzüg- 
liches beispiel).  Goth.  iddjedun  hält  ref.  für  die  nämliche  speciell  gothische 
analogiebildung:  der  verf.  hält  es  für  möglich,  dass  es  eine  germanische  bildung 
sei,  nach  dem  vorbild  von  dedun  neben  dedun  in  der  gestalt  cjedun  neben  ejun 
geschaffen  (dann  wäre  doch  wol  *ejun  entstanden).  —  ejö,  woraus  goth.  iddja, 
musste  ae.  *  eo  werden.  Die  erklärung  der  vorliegenden  ae.  form  eode  pl.  eodon  (mit 
eo  =  me.  /,  was  me.  reime  zeigen,  s.  jetzt  ten  Brink  Ztschr.  f.  d.  a.  XXIII,  65)  gibt 
sich  leichter  nach  der  ansieht  des  verf.,  die  aber  auf  sehr  schwacher  basis  steht, 
als  nach  der  des  ref.  Dem  verf.  ist  eodon,  nach  dem  sich  dann  eode  bildete, 
regelrecht  aus  jenem  *  eijedun  hervorgegangen.  Ich  nehme  dagegen  an,  dass  das 
prät.  *  eo  pl.  *  eo-n  (in  dieser  oder  schon  früher  in  älterer  gestalt),  für  den  ge- 
brauch unmöglich  geworden,  auf  englischem  boden  zu  eo-de  So-don  sich  umbildete. 
Der  Vorgang  ist  genau  derselbe  wie  z.  b.  im  italien.  eravamo  aus  lat.  erämus. 
Dieselbe  ist  die  ansieht  ten  Brink's  (aao.  66),  wenn  man  bei  ihm  präteritum  statt 
perfect  lesen  darf:    ten  Brink  erkennt  in    der  ersten  silbe  von  ae.  io-de  das  starke 


F.  Kluge,  Beiträge  zur  geschichte  der  germanischen  conjugation  leg 

Präteritum,  das  im  Gothischen  in  der  gestalt  iddja  erscheint,  von  dem  Angeln  als 
stamm  zur  bildung  eines  schwachen  prüteritums  verwandt.  (Vgl.  lat.  stäbam,  ge- 
baut auf  dem  gründe  eines  älteren  * stä-m  =  griech.   iaTi\v). 

Das  Präteritum  des  verbs  'tun'  und  dessen  verhältniss  zu  den  endungen  des 
schwachen  Präteritums  wird  von  K.  fast  ebenso  erklärt  wie  von  Scherer  zGDS« 
321  ff.  Ae.  dide,  ahd.  teta  erklärt  K.  im  kap.  II,  §  4  als  ein  perfect,  das  goth. 
* daido  gelautet  hätte,  dem  perf.  saiso  zu  vergleichen,  aus  germ.  i.  sing.  *  dedöa, 
3.  *dedöe.  War  die  endung  der  i.  sing.  perf.  mit  Brugman  -m,  dann  ist  goth. 
-0  aus  -p-m  richtig  angesetzt,  war  sie  aber  mit  Kluge  -a,  dann  musste  schon  in 
der  grundsprache  die  endung  der  i,  sing,  wie  die  der  3.  sing,  durch  contraction 
mit  dem  vocal  der  Wurzelsilbe  schwinden,  germ.  didö,  woraus  goth.  »didac,  im 
westgerm.  aber  eine  form  auf  -u,  ae.  »dedtid  hätte  entstehen  müssen.  Goth.  saiso 
ist  germ.  (3.  sing.)  sesöve  =  lat.  (mit  stufe  i  statt  2)  sevit,  das  v  musste  nach  ö 
im  Ostgerm,  schwinden.  Nach  goth.  2  sing,  saisost  erschliesst  K.  ein  *  daidost, 
dessen  reflex  er  im  ae.  didest  sieht.  Das  st  in  saisost  aber  ist  als  Vertreter  eines 
älteren  vt  anzusetzen,  wenn  Verner  Ztschr.  f.  d.  a.  XXI,  431  f.  mit  recht  das  st  in 
goth.  ansts,  alabrunsts,  ahd.  brunst,  runsi,  kunst,  den  prät.  onsta,  konsta  aus  urspr. 
vt  erklärt  hat:  im  Nordfriesischen  erscheint  im  prät.  und  part.  pass.  eben  der- 
selben (redupl.)verben,  die  im  Ae.  das  w  zeigen,  statt  des  erwarteten  d  ein  st, 
Amrum  z.  b.  rtist  ruderte,  gerudert  (aus  roste,  rost)  sonst  ist  dies  nordfries.  s  dem 
in  an.  rera,  sera  gleichzusetzen  und  auf  das  s  des  schwachen  aorists  zurückzu- 
führen). Ref.  sieht  mit  Bezzenberger  (Zacher's  Ztschr.  V,  475)  in  ae.  dide,  ahd. 
teta  ein  imperfect.  Das  /  in  dide  weist  auf  das  /  der  präsensreduplication  = 
griech.  t,  bei  zu  gründe  gelegter  perfectreduplication  würde  ae.  /  statt  e  des 
grundes  entbehren.  Das  präsens  germ.  dömi  ist  nicht  genau  =  griech.  Ti&rifxt, 
sondern  wäre  ein  'Tt^w/j.c,  das  germ.  wahrt  wahrscheinlich  den  urspr.  vocal  a^ 
der  reduplicirten  präsentien,  dhidhä^mi  wie  pipd^nni,  während  das  griechische  den 
vocal  des  urspr.  aoristpräsens  annahm,  dhiiini  wie  ä-ismi:  germ.  ö  und  griech.  e 
verhalten  sich  hier  wie  umgekehrt  yvta-  zu  kne-.  Ebenso  ist  also  das  germ.  im- 
perfect ein  urspr.  ä  dhidhd^m  und  wäre  ein  gr.  "iTi&wv.  Das  ahd.  as.  -a  fries. 
ae.  -e  aus  -ö-m  ist  dasselbe  wie  im  acc.  fem.,  die  3.  sing,  hat  die  gestalt  der 
I.  sing,  angenommen.  Das  germ.  ö  zeigt  die  2.  sing.  as.  dedos  mit  herübernahme 
der  primären  endung  aus  dem  präsens  as.  dos,  ahd.  tttos,  das  regelrecht  aus  dJsi 
entstand,  ebenso  ist  das  engl. -fries.  st  dasselbe  wie  im  präsens  ae.  des-t  aus  dösi. 
K.  erklärt  mit  Scherer  as.  dedos  durch  formübertragung  aus  dem  schwachen  Prä- 
teritum, während  ae,  didest  dem  schwachen  prät.  sein  st  mitgetheilt  haben  soll. 
Für  Scherer  und  Kluge  ist  die  Übereinstimmung  der  endungen  des  vermeintlichen 
perfects  des  verbs  'tun'  und  des  schwachen  präteritums  auf  mechanischem  und 
zum  grössern  theile  auf  psychologischem  wege  secundär  erwachsen,  während, 
wenn  wir  in  as.  deda,  ae.  dide  ein  imperfect  sehen,  diese  Übereinstimmung  eine 
selbstverständliche  und  nothwendige  ist. 

Das  schwache  präteritum  hat  sicher  (Scherer  zGDS^  323)  die  endungen  des 
aorists.  Das  deutsche  -a  fries.-engl.  -e  der  i.  sing,  ist  das  eben  gesehene  (älteres  -o 
aus  -ö-m  s.  bei  Begemann  184).  Das  westgerm.  ö  zeigt  die  2.  sing.  ahd.  -os,  dasselbe 
ö  mit  aufgegebener  Stammabstufung  zeigen  die  alemannischen  und  im  Isidor  auf- 
tretenden pluralformen  -om  -or  -on.  Den  endungen  des  schwachen  präteritums 
im  Gothisch-nordischen  liegt  aber  nicht  mit  Kluge  -c-m  etc.,  sondern  -e-m  -e-s  -e-t 
zu  gründe.     Das  altnord.  -a  der  i.  sing,    kann    -e-m  oder  -ö-m  sein,    das  goth.  -a 


j6o  Litteratur 

an.  -/■  der  3.  sing,  aber  ist  genau  -e-t,  2.  sing.  goth.  -es  an.  -ir  ist  genau  -i-s. 
Das  an.  -ir  ist  Kluge  'dunkel',  obwol  er  das  richtige  vermuthet ,  das  gothische 
-des  aber  ist  er  genöthigt,  mit  Holtzmann  und  Job.  Schmidt  auf  eine  sehr  com- 
plicirte  weise  aus  dem  perfect  zu  erklären,  da  er  der  ansieht  ist,  dass  dem  griech. 
id^g  skr.  ädhäs  ein  goth.  »das«  hätte  entsprechen  müssen  (goth.  fadar  entstand 
nicht  aus  germ.  fadii-,  sondern  ist  entweder  der  vocativ  mit  goth.  ar  aus  er,  oder 
es  ist  germ.  fade  =  lit.  -e  skr.  -ä,  ebenso  dann  an.  fadi-r  etc.,  das  r  wie  im 
Südeurop.  nach  der  analogie  der  übrigen  casus  nachträglich  angefügt).  Dem  goth. 
plur.  -edum  -/  wird  ein  -em  -ep  mit  aufgegebener  Stammabstufung  zu  gründe  ge- 
legen haben  (s.  u.).  Die  differenz  zwischen  dem  gothisch-nordischen  -e-m  und 
dem  deutsch-englischen  -ö-m  sei  hier  einstweilen  nur  constatirt:  einzuräumen  ist, 
dass  ein  germ./«"  aus  y^  in  goth.  iddjes  diese  differenz  wie  andere  derselben  arl 
(Osthoff,  Morph,  unters.  I,  249  ff.)  lösen  könnte,  der  zu  gründe  liegende  vocal  müsste 
wie  in  iddja  und  lat.  eram  germ.  ö  =  südeurop.  ä  sein  (wenn  das  schwache 
Präteritum  mit  dem  aorist  griech.  *  fd^v  etwas  zu  thun  haben  sollte,  dann  müsste 
wie  das  griech.  das  7]  des  aorists  ins  präsens,  so  das  westgermanische  das  ö  des 
präsens  in  den  aorist  hinübergenommen  haben). 

Dem  verf.  gibt  es  zwei  wirklich  vorliegende  germanische  indicative  des  aorists, 
goth.  iddja  und  das  -ida  des  schwachen  präteritums.  Das  schwache  prät.  erklärt 
der  verf.  s.  Iioff.  (Amelung's  annähme  Ztschr.  f.  d.  a.  XXI,  229  ff.  aufnehmend 
und  modificirend)  als  eine  periphrastische  bildung,  bestehend  aus  dem  acc.  eines 
nomens  und  dem  aorist  ida  ^  €&riv,  lausida  löste  =  ^laus  ida*  »machte  los«. 
Die  zusammenrückung  habe  nach  dem  wirken  der  auslautsgesetze  stattgefunden, 
indem  das  verb  sich  dem  nomen  enclitisch  anschloss.  Diese  ansieht  des  Verfassers 
ist  unhaltbar:  er  selbst  gibt  sich  in  bezug  auf  dieselbe  «keinen  grossen  hoffnungen 
hin«.  Hätten  wir  nur  das  Sanskrit  und  das  Germanische,  dort,  neben  den  peri- 
phrastischen  bildungen  des  perfects  abgeleiteter  verben,  in  den  Veden  die  ent- 
sprechende bildung  des  aorists,  wie  viddm  dkar,  plur.  äkrati  (Benfey  vollst,  gr. 
§  854),  dem  das  griech.  sein  uxr]v  ly^vovTO  an  die  seite  setzt,  im  Germanischen 
das  schwache  präteritum,  und  hätten  wir  keine  andern  verwandten  dialekte  vor 
äugen,  dann  läge  zur  aufstellung  einer  Zusammensetzungstheorie  fürs  Germanische 
die  berechtigung  vor.  So  aber  ist  es  durchaus  unstatthaft,  das  germanische 
schwache  prät.  von  völlig  gleichartigen  bildungen  der  ve^^vandten  dialekte  zu 
trennen,  um  ihm  eine  besondere  erklärung  anzupassen.  In  der  art  der  bildung 
stimmt  zum  germ.  schwachen  prät.  der  griechische,  aus  intransitiver  zu  passivischer 
bedeutung  gelangte  schwache  aorist  auf  -^r]v.  Das  lateinische  imperfect  auf  -bam 
stimmt,  zwar  nicht  lautlich  im  consonanten  (s.  Osthoff,  Jen.  litztg.  1878,  s.  486), 
aber  in  der  art  der  anfügung  dieses  elements  genau  zum  germ.  schwachen  prät, 
(am)äbat  verhält  sich  durchaus  wie  (salb)oda,  ebenso  stimmt  das  litauische  im- 
perfect auf  (3.  sing.)  -davo.  Keine  erklärung  des  germanischen  schwachen  Prä- 
teritums ist  annehmbar,  welche  nicht  gestattet,  die  genannten  formen  in  ent- 
sprechender weise  zu  erklären.  Den  präteriten  goth.  kunfa,  pühta  etc.  sucht  K. 
in  einem  excurs  s.  1 20  ff.  gerecht  zu  werden ,  indem  er  diese  schwachen  präterita 
zu  starken  verben  als  neubildungen  erklärt,  erzeugt  durch  den  analogieschluss,  part. 
nazida-  :  ktmpa-,  also  prät.  (goth.)  -ida  :  kitnpa.  —  Den  griechischen  starken 
intransitiv-,  dann  passivaorist  auf  -y\v  hat  Brugman:  Morph,  unters.  I,  71  ff.  ohne  frage 
richtig,  den  schwachen  aorist  auf  -d^-r\v  befriedigend  erklärt.  Wie  Brugman  von 
%pX-y]-v  ausgehend  über   t(fävr\v  zu    li.v&r]v    gelangte,    so   haben  wir  für  amäbam 


F.  Kluge,   Beiträge  zur  geschichte  der  germanischen  conjugation         jöi 

von  eram  aus  es-ä-m,  für  lit.  -davo  vom  litauischen  prät.  3.  sing,  (lik)-o,  i.  2.  plur. 
-ome  -Sie  (nach  cons.  -j-  urspr.  7  -e  -eme  -ete)  auszugehen,  im  gegensatz  zu  Scherer, 
dem  (zGDSz  322)  griech.  i(fäv7]V,  lat.  era»i,  lit.  /ik<)  durch  falsche  analogie  aus 
dem  periphrastischen  aorist  gr.  -x^riv,  lat.  -bam,  lit.  -davo  erzeugte  weitere  forma- 
tionen  sind:  so  ist  also  auch  im  Germanischen  von  einem  aorist  auf  -ä-m,  oder 
auf  -e-m  wie  (ßlrjv,  oder  auf  -ö-i>i  wie  taXwv  auszugehen,  um  zum  /-präteritum 
und  zum  schwachen  prät.  zu  gelangen.  Einen  aorist  auf  -ä-tn  wie  erafti  sahen 
wir  in  ejä-m,  goth.  iddja:  diese  eine  form,  und  ebenso  das  lat.  eram,  werden 
ursprünglich  genossen  gehabt  haben.  Aoriste  von  der  art  wie  lit.  liko,  griech. 
lXinr\  ('blieb  zurück'  =  'ward  verlassen'),  mit  dem  augment  dreisilbig,  sind  im 
Germanischen  schwer  von  neubildungen  aus  dem  plural  des  perf.  nach  der  analogie 
des  Singulars  des  schwachen  prät.,  wie  es  z.  b.  älteres  nhd.  stige  und  unser  -wurde 
sind,  zu  unterscheiden.  Die  nord.  präteriten  keil,  freri  können  solche  ältere 
aoriste  sein  (gusct,  pruset).  Als  ein  solcher  erscheint  ferner  olli,  prät.  zu  valda: 
da  das  perfect  reduplicirend  sein  musste,  liegt  die  möglichkeit  einer  neubildung 
aus  dem  plur.  perf.  hier  ferner  als  bei  jedem  andern  verb.  Das  prät.  oUi  ullu 
zeigt,  durch  seinen  vocal,  dass  das  a  in  valda  ein  «2  sein  muss,  durch  sein  // 
aus  Ip,  dass  dem  d  nicht  ein  dh,  sondern  ein  t  zu  gründe  liegt  (das  präs.  an. 
valda  wie  falda  =  goth.  falpan,  das  Id  des  präs.  aus  dem  perf.,  das  //  des  prät. 
aus  dem  älteren  präs.):  dasselbe  t  zeigt  altir.  ßaith  f.  (/-stamm)  herrschaft ,  die 
slavisch-litauischen  Wörter  (Fick,  Wb. 3  II,  469,  Joh.  Schmidt,  Voc.  II,  125) 
müssen  also  aus  dem  germanischen  entlehnt  sein,  dem  sie  auch  fast  zu  ähnlich 
sehen.  Es  hindert  uns  ferner  nichts  im  ae.  prät.  funde  fand  (s.  Kluge  126 
anm.)  einen  aorist  zu  sehen  (*pntd-ni):  jedenfalls  können  wir  die  form  hier  des 
beispiels  wegen  als  solchen  verwenden.  Wie  es  mit  den  genannten  präteriten 
auch  stehe,  das  Germanische  und  ebenso  das  Italische  werden  gleich  dem  Litaui- 
schen den  alten  starken  aorist  auf  den  thematischen  vocal  (gus6-m,  pnt6-7n),  der 
nach  dem  verlust  des  augments  diesen  dialekten  zur  bezeichnung  der  Vergangen- 
heit nicht  mehr  genügte,  durch  einen  nach  Vorbildern  wie  ejä-m,  hä-tn  neuge- 
schaffenen abgelöst  haben,  ebenso  bildet  das  Italische  den  conj.  präs.  der  verben 
auf  -o  nach  der  analogie  der  verben  mit  dem  auslaut  A,  legam,  mit  ä  statt  mit 
ö  t,  nach  eain  von  ja  (das  c  durch  Übertragung  von  eo  aus  eimi).  Zu  gleicher 
zeit  musste  ein  /-präteritum  (-to-m),  das  für's  Germanische  vorauszusetzen  ist,  wie  es 
im  Griechischen,  i^fxct^Tov,  sßXaatov  (Curtius,  Das  verbum  d.  g.  sp.  II,  10),  und  in 
weiter  ausdehnung  im  Irischen  besteht  (Windisch,  Kuhn's  Btr.  VIII,  442  ff.),  diese 
Umbildung  (zu  -tä-ni)  mitmachen.  Zu  beachten  ist,  dass  an.  olla,  2l&.  funde  C^vltd-in, 
pntd-in)  vor  der  endung  ein  t  hatten.  Ein  /-präteritum  von  der  art  wie  wir  es 
voraussetzen,  ist  ahd.  forahta  (*prktd-mj  neben  dem  participium  goth.  faurhtSy 
ae.  forht,  as.  ahd.  foraht.  Derselben  'art,  nur  eines  präsens  auf  -to-,  wie  ahd. 
foralitan,  neben  sich  entbehrend,  sind  fulita,  hatihta,  vaurhia,  ahd.  ivorahta  zu 
präsentien  auf  -jo-  (s.  Kluge  s.  120  flF.,  148  f.).  Hinzuzufügen  ist  sohta,  das  in 
allen  dialekten  ausser  dem  Gothischen  hierhergehört,  ahd.  suo/ita,  mhd.  suchte 
(Weinhold  Mhd.  gr.  §  369) :  das  an.  sotta  und  ebenso  die  nordfries.  furm  setzen 
mit  nothwendigkeil  ein  germ.  /-präteritum  voraus.  Das  verbum  ist  ein  starkes : 
das  präsens  sokjan,  genauer  * sokvjan  (das  Nordfriesischc  fordert  das  f),  steht 
neben  einem  *  soka/i,  das  in  dem  hd.  suohhan,  wo  es  der  Wirkung  des  /  cntbelirt, 
gefunden  werden  kann ,  nicht  anders  als  neben  vopan  vopjan,  neben  hropan 
hröpjan  (nordfries.),  ni^h^n  flokan  ßokjan  (fries.,  iiiederd.),  dieses  =  slav. //«?<? 
Kölbing,  Englische  stiulicn,     IIT.     i.  II 


102  Litteratur 

griech,  nl^oau)  (zu  gründe  liegt  den  verschiedenen  präsensfurmen,  nl^yvv/ui, 
n)ti^<o,  \?Li.  plango,  wobei  wir  vom  ^-laut  absehen,  ein  2i[\.ts  pldgmi  plagmes). 
Vgl.  brukan,  goth.  hrtikjan.  Das  o  des  prät,  sohta  stammt  vom  präsens,  oder 
zugleich,  wie  das  a  in  brähta,  pähta  und  as.  warahta ,  vom  perfect ,  das  in  der 
gestalt  ivark,  brang,  *fank,  *baug,  * sesok,  feßok  neben  dem  prät.  worhta  etc. 
bestanden  haben  muss,  bis  perfect  und  präteritum  in  der  function  zusammenfielen. 
Dasselbe  a  zeigt  in  einigen  fällen  auch  das  irische  /-präteritum.  —  Dem  germani- 
schen d  des  Präteritums  der  denominativen  verba  ist  nicht  anzusehen,  ob  es  aus 
einem  t  vor  betonter  endung  oder  aus  einem  dh  hervorgegangen  ist.  Die  bildung 
ist  aber  entschieden  leichler  zu  erklären,  wenn  wir  das  d  mit  Begemann  als  laut- 
gesetzliche entwicklung  eines  /  ansehen.  Auch  im  Irischen  erscheint  das  ursprüng- 
lich gleiche  /  unter  verschiedenen  bedingungen  in  verschiedener  gestalt ,  nach 
vocalen  als  spirant  th,  woraus  d.  Wir  hätten  dann  im  Germanischen  nur  6in 
schwaches  präteritum,  ein  /-präteritum.  Bestand  im  Germanischen  in  grösserer 
ausdehnung  neben  einer  präsensbildung  auf  -jo-  ein  präteritum  auf  -/ä-,  und  be- 
standen neben  demselben  keine  andern  noch  geläufigeren  Vorbilder  für  die  Schaf- 
fung eines  Präteritums,  —  andere  sind  uns  fürs  Germanische  nicht  bekannt  — , 
dann  konnte  für  die  denominativen  verben,  welche  ja  nicht  von  jeher  bestanden, 
sondern  zum  grössten  theile  erst  in  jüngerer  zeit  erwachsen  sind,  ein  präteritum 
in  keiner  andern  gestalt  geschaffen  werden,  als  in  der  es  uns  wirklich  vorliegt. 
Sowol  vom  präsens  aus  gesehen,  3.  sing,  vr'g-je-ti,  tnk-je-ti ,  bhügh-je-ti ,  prät. 
vrg-td-t  etc.,  also  präs.  jugd-je-ti  jocht,  prät.  jugä-td-t,  als  auch  vom  part.  pass. 
aus  (unser  verfahren  ist  hier  das  dem  K.'s  entgegengesetzte),  vrg-to-s  etc.,  ebenso 
jugä-to-s,  domi-to-s,  also  prät,  domi-td-t,  i.  sing,  -td-m,  germ.  tamidd^  zähmte: 
das  ergebniss  war  das  gleiche.  Da  aber  germ.  d  auch  urspr.  dh  sein  kann,  und 
im  Griechischen  und  Litauischen  ein  schwaches  präteritum  mit  dh  besteht ,  so 
bleibt  die  möglichkeit,  dass  wir  im  Germanischen  neben  dem  /-präteritum, 
goth,  vaurhta ,  ein  (/Ä-präteritum ,  tamida ,  haben.  Wollen  wir  dieses  an- 
nehmen, dann  müssen  wir  verfahren,  wie  Brugman,  Morph,  unters.  I,  78  für 
das  Griechische  verfuhr:  wir  müssen  als  ausgangspunkt  für  das  a%-präteritum  ein 
präsens  auf  -dho-  aus  dem  Germanischen  aufsuchen,  wie  für  das  /-präteritum  das 
geläufige  präsens  auf  -/f-,  neben  dem  präteritum  in  ahd.  forahtan  erhalten,  die 
Vorbedingung  war.  —  Unsere  germanischen  präterita,  die  starken  wie  goth.  iddja, 
an.  olla,  ae,  futtde^  die  schwachen  wie  vaui-hta  und  endlich  tamida,  wahrten  wie 
lat.  erämus,  lit.  likome  den  langen  vocal  im  plural :  erhalten  ist  dieser  zustand 
beim  schwachen  prät.  im  ahd.  Is.  -dorn  -dS>i,  alem.  -ton  -tot  -ton.  Gothisch 
musste  entstehen  I.  pl.  *iddjem^  *vaiu-htem,  *ta>Hldcm,  2.  -ep.  Das  vorliegende 
-e-dum,  -e-dup  ist  ein  product  wie  die  endung  der  2.  plur.  perf,  im  Spanischen, 
-e-is  (amästeis  d.  i.  *-ste-tts  aus  -stis,  entstanden  durch  anlehnung  an  die  übliche 
endung  z.  b.  in  habe-is  aus  -tis).  Die  gothische  form  setzt  für  die  zeit,  wo  dieselbe 
geschaffen  ward,  ein  -dum  -dup  -dun  (-e-dum)  als  sehr  geläufige  endung  voraus. 
Das  germanische  verb  besass  drei  scharf  von  einander  geschiedene  zeiten,  präsens, 
Präteritum  (oder  lieber  imperfect)  und  perfect.  Neben  dem  schwachen  präteritum 
muss  natürlich  auch  ein  schwaches  perfect  bestanden  haben,  wie  es  die  verwandten 
sprachen  besitzen,  ein  /^-perfect  wie  das  griechische,  oder  ein  z^-perfect  wie  das 
lateinische,  3.  sing,  -vit,  i.  plur.  -vimiis,  was  sich  im  Germanischen  ausnehmen 
würde  als  ein  3.  sing.  * salbä-ve^  3.  plur.  *salbö-vihi,  oder  ein  /-perfect  wie  das 
sabellische,    3.  sing,  -ted,   3.  plur.   -tens  (aus  -tet  -fnt  nach  Bugge,  Kuhns  Ztschr. 


F.  Kluge,   Beiträge  zur  geschichte  der  germanischen  conjugation  i6^ 

XXII,  385  ff.),  welches  germanisch  3.  sing.  * salbö-pe,  3.  plur.  salbö-dt'in  sein 
würde,  gothisch  2.  sing,  «salbo-st«,  3.  »-/«,  plur.  »-dum  -dtip  -dune.  Dieses 
/-perfect  dürfen  wir  dem  Germanischen  mit  ziemlicher  Sicherheit  zuschreiben.  Das 
Germanische  besass  ein  /-präteritum  und  ein  /"-perfect ,  wie  das  Sabellische  neben 
dem  italischen  6h-  (ital.  /"-)  -imperfect  auch  ein  i$,^-perfect  besass.  In  jüngerer 
zeit  mussten  im  Germanischen  präteritum  und  perfect  zusammenfallen,  da  sich  bei 
betonung  der  Stammsilbe  der  plural  des  starken  Präteritums  *fundöm,  vom  plur. 
perf.  fundum,  und  ebenso  die  plurale  des  schwachen  Präteritums  und  perfects 
durch  ihre  tonlose  endung  nur  wenig  unterschieden.  Das  vergangenheitstempus 
der  denominativen  verben,  wie  es  sich  beim  zusammenfall  der  bedeutungen  des 
imperfects  und  perfects  festsetzte,  fügte  im  Nordischen,  Englisch-friesischen  und 
dem  grösseren  theile  des  Deutschen  zu  den  singularformen  des  schwachen  Prä- 
teritums die  plural-  (und  optativ-)formen  des  schwachen  perfects.  Das  starke 
Präteritum  nahm  ebenso,  so  weit  es  sich  überhaupt  vor  dem  perfect  hielt,  im  plural 
(und  opt.)  die  endungen  des  perfects  an,  an.  olli  ullu,  keri  kuru,  ae.  funde  ftindon, 
zu  gleicher  zeit  setzte  sich  das  prät.  des  verbs  'tun'  zusammen  aus  dem  sing,  des 
imperfects,  ae.  dide,  as.  deda,  ahd.  teta,  und  dem  plural  etc.  des  perfects,  ae.  dadun 
as.  dädun  ahd.  tättm  (s.  o.  s.  155,  ae.  didon  und  as.  dedtin  werden  analogiebildungen 
nach  dem  sing.  sein).  Im  Gothischen  trug  wol  *  dida  *  dedtin  dazu  bei,  dass  sich 
zum  sing,  iddja,  skulda,  fiasida  der  plur.  -edim  bildete ,  ausserdem  gab  es  gewiss 
damals  noch  eine  schwache  if-conjugation  (slav.  -e-ti,  präs.  -e-Jett),  z.  b.  ein  goth. 
*  fallen  sich  freuen,  in  deren  plur.  perf.  -edun  eine  geläufige  endung  war  (diese 
und  ebenso  die  goth.  o-  und  a/-conj.  werden  erst  später  das  -dun  des  perfects  in 
-dedun  gewandelt  haben).  Der  sing,  des  schwachen  perfects  erwies  sich  als  nicht 
mehr  brauchbar:  präsens  und  perfect  waren  im  sing,  nicht  genügend  unterschieden. 
Von  den  endungen  des  schwachen  perfects  aber  (2.  sing.  *  salböst,  3.  *  salböp) 
stammen  wol  die  suffixe  der  2.  3.  sing,  des  präsens  im  Englisch-friesischen  -st  -p, 
und  ebenso  auch  sonst  erscheinendes  -st  in  der  2.  sing.  —  Ref.  ist  also  der 
ansieht,  dass  Begemann  (Schw.  prät.  Berlin  1873,  Ergänzung  Berlin  1874)  wie  in 
seiner  erklärung  des  ablauts,  so  auch  in  der  des  schwachen  Präteritums  in  der 
hauptsache  vollständig  recht  hatte. 

Kluge's  buch,  wenngleich  an  einigen  stellen  etwas  breit,  ist  sehr  reichhaltig: 
ich  habe  bei  weitem  nicht  auf  alles  eingehen  können,  z.  b.  des  verf.  bemerkungen 
zum  accentgesetz  und  zur  Chronologie  des  verbs  unerwähnt  gelassen  und  noch 
verschiedene  vom  verf.  aufgeworfene  fragen  nicht  berührt.  K.  lässt  von  den  ver- 
wandten sprachen  das  Slavische  und  Litauische  so  gut  wie  ganz  unberücksichtigt, 
obwol  die  heranziehung  derselben  an  einigen  stellen,  z.  b.  s.  18  die  anführung 
der  slav.-lit.  entsprechungen  der  germ.  ur  ul  un  um,  dem  zwecke  dienlich  ge- 
wesen wäre,  doch  ist  ihm  hieraus  ein  Vorwurf  nicht  zu  machen.  Gegen  her- 
gebrachte etymologien  zeigt  der  verf,  eine,  wenn  auch  mir  in  einzelnem  zu  weit 
gehende,  sicher  lobenswerthe  skepsis.  Von  seinen  eignen  aufstellungen  auf  diesem 
gebiete  ist  einiges  sehr  gut,  entschieden  zurückzuweisen  ist  aber  seine  herleitung 
des  goth.  piuda  mit  pius,  pivi  aus  einer  wurzelform  tiv  (s.  12),  aufgestellt,  unter 
verschweigung  der  formen  des  entsprechenden  wortes  im  Litauischen,  Keltischen 
und  Italischen,  zur  beseitigung  des  eu  in  unbetonter  silbe.  Dass  ei  cu  ursprünglich 
nur  in  betonter,  /  u  nur  in  unbetonter  silbe  stehen  konnte,  ist  zwar  ein  sicheres 
lautgesetz:  trotzdem  finden  sich,  von  accentverrückungen  abgesehen,  die  in  der 
richtung  vom  suffix  nach  der  Stammsilbe  zu  geschehen  pflegen,    einige   bildungen, 

II» 


j6«  Litteralur 

die  in  ihrer  uns  vorliegenden  gestalt  gegen  dieses  gesetz  Verstössen,  so  sicher 
tctitd,  germ.  f>cndS  (goth,  fiiitiia,  an.  fjöd  etc.),  ebenso  z.  b.  die  Wörter  deivö-s 
(liviis,  veicö-s  haus.  Goth.  pius,  ßivi  sind  tek"ö-s,  lekxi'A^  dazu  an.  fjönn  diener 
mit  pjöna  etc.  dienen  aus  Ickuno-s.  —  Die  art,  wie  der  verf.  die  germanischen 
grundformen  ansetzt,  ist  sehr  anfechtbar.  Er  will  diese  (s.  VIII)  'nicht  in  ihrer 
jüngsten  gestalt,  sondern  in  einer  der  grossen  accentvcrschiebung  vorausgehenden' 
geben,  und  in  den  corsonanten  geht  er  auf  die  zeit  vor  dem  cons.  auslautsgesetz 
zurück,  das  ihm  jünger  ist  als  die  lautverschiebung,  dabei  aber  setzt  er  die  vocale 
in  einer  gestalt  an,  die  im  ganzen  betrachtet,  gegenwärtig  erst  etwa  ein  und  ein 
halbes  Jahrtausend  alt  ist,  einer  solchen  die  (vom  ä  aus  t  und  fürs  Gothische  auch 
wol  vom  o  aus  «  abgesehen)  zwar  im  räumlichen  sinne,  nicht  aber  das  wort  in 
zeitlichem  sinne  genommen ,  eine  gemeingermanische  gewesen  ist.  Er  schreibt  / 
für  e  vor  nasal  ■\-  cons.  trotz  Tacitus  Fenni  und  jüngerer  lehnwörter,  die  für  die 
erkenntniss  der  zeit  des  Übergangs  des  e  in  i  einen  anhält  bieten,  wie  vientha, 
S.  147  lehrt  K.,  dass  präsentia  auf  -ja  wie  biiijan,  ha/Jan  sich  in  den  gruppen 
vegan,  akan  zu  halten  vermochten  wegen  der  gleichheit  des  präsensvocals:  diese 
erklärung  ist  gewiss  richtig,  aber  erst  dann,  wenn  K.  nicht  das  i  'bereits  in  ge- 
meingerm.  zeit'  entstanden  sein  lässt,  sondern  bedja-  als  germ.  präsensstamm  an- 
setzt. Haben  wir  neben  Fenni  Hertminduri,  Burgundiones,  Burcana  (Plin.  IV, 
27)  u.  dgl. ,  so  schliesse  ich  daraus,  dass  silbenbildendes  «  r  im  Germanischen 
nicht  on  or,  sondern  sofort  nn  ur  ward,  mit  einem  ?<,  das  später  zu  0  ward  unter 
denselben  bedingungen  wie  das  ii  der  grundsprache.  Die  ansetzung  gemein- 
germanischer ('  für  u  verdankt  ihre  entstehung  dem  Schlüsse:  'aussergoth.  e  ist  älter 
als  goth.  /,  folglich  o  älter  als  goth.  ti .  Der  schluss  ist  falsch,  weil  unser  germ. 
0 ,  das  einmal  dem  e  parallel  war ,  gerade  den  entgegengesetzten  weg  einschlug, 
indem  es  zu  a  ward,  oleum  (lautend  oleu)  goth.  alev.  Germanische  o  aus  u  hat  es 
wol  gegeben,  aber  auch  diese  wurden  a  (ahd.  «r-  ae.  a-  aus  oz-^  entstanden  vor 
der  Verschiebung  aus  iis  vor  tönenden  lauten,  wie  germ.  vor  der  Verschiebung 
nezdo  nest,  germ.  ez,  hd.  er,  aus  is).  —  Der  wortindex  zu  K.'s  buch  erfüllt  seinen 
zweck  nur  sehr  unvollkommen,  da  die  meisten  Wörter  im  buche  überhaupt  nicht 
in  ihrer  uns  vorliegenden  goth.,  an.,  ae. ,  ahd.  gestalt.  sondern  in  ihrer  germ. 
grundform  angeführt  sind:  auch  diese  hätten  unter  der  bezeichnung  'Germanisch' 
ins  Wortregister  aufgenommen  werden  müssen. 

Die  Schwierigkeiten,  welche  der  druck  bot,  sind  im  ganzen  vorzüglich  über- 
wunden. Druckfehler  finden  sich  mehrere,  einige  «i  statt  öj  (s.  34,2.  160,24), 
und  andere,  die  aber  im  zusammenhange  kein  missverständniss  hervorrufen  können 
[s.  77,29  1.  nach,  79,27  bläsinn,  85,23  Vocal.  II,  445,  107,12  dikiiiäs,  IIS»?  mörfredo, 
123,25  bdiiga,  133,5  ^^«  23,118,  ebd.  7  ahd.  zehanio,  145,31  Verb.,  i6i,g  ae. 
(statt  an.)  162,37  Prät.  (statt  Präsens)],  ausser  s.  45  anm.,  wo  doch  gewiss  'mög- 
licherweise' statt   'unmöglicherweise'  zu  lesen  ist. 

Kiel. 

Hermann  Möller, 


M.  Konrath,    Beiträge  zur  erklärung  und  textkritik  des  William  von  Schorham. 
Berlin,  Weidmann' sehe  buchhandlung.     1878.     63  ss.  80.     Pr. :  M.  2,50. 

Thomas  Wright's  ausgäbe  der  dichtungen  des  William  von  Schorham  erschien 
1849.     Sie    genügte   bekanntlich    den    ansprüchen,    welche    man    heute    an    einen 


M.  Konrath,  Beiträge  zur  erklärung  und  textkritik  des  W.  v.  Schorhain  iße 

kritisch  edirten  text  stellt ,  nicht  im  mindesten.  Freilich  war  auch  die  aufgäbe, 
einen  solchen  herzustellen ,  keine  leichte ,  denn  die  einzige  handschrift ,  welche 
existirt  oder  bis  jetzt  wenigstens  bekannt  geworden  ist,  ist  nicht  etwa  das  original, 
sondern  eine  abschrift,  gefertigt  von  einem  manne,  welcher  selbst  schon  an  vielen 
stellen  seine  vorläge  eben  so  wenig  verstanden  hat ,  wie  etwa  —  um  ein  gerade 
dem  ref.  nahe  liegendes  beispiel  zu  wählen  —  der  Schreiber  der  venetianischen 
hs.  IV  des  frz.  Rolandsliedes  die  seinige.  Zum  überfluss  hat  sich  auch  noch  ein 
selir  ungeschickter  correktor  gefunden ,  der  den  text  —  wenn  auch  gewiss  in  der 
besten  absieht  —  nach  kräften  verschlechtert  hat.  Wenn  man  bedenkt,  dass  zu 
alledem  noch  eine  ziemliche  anzahl  lesefehler  Wright's  kommen,  so  wird  zuzugeben 
sein,  dass  die  philologische  bearbeitung  dieses  dichters  eine  ebenso  schwierige  wie 
dankbare  aufgäbe  sein  musste.  Und  doch  ist  in  den  dreissig  jähren,  die  seit  er- 
scheinen der  ausgäbe  hinter  uns  liegen,  verhältnissmässig  wenig  dafür  geschehen. 
Mätzner ,  Morris  und  Wülcker  in  ihren  lesebüchern ,  sowie  Zupitza  in  seiner  be- 
sprechung  des  letzteren,  haben  zwar  manche  stellen  in  den  von  ihnen  abgedruckten 
stücken  emendirt ,  aber  eine  revision  des  gesammten  textes  auf  grund  einer  neuen 
collation  der  hs.  hatte  bisher  niemand  vorgenommen.  Dieser  aufgäbe  hat  sich 
nun  dr.  Konrath  unterzogen  und  bietet  uns  in  der  obengenannten  schrift  die 
resultate  seiner  Untersuchungen  dar,  jenachdem  das  ms.  selbst  im  verhältniss  zu 
Wright  das  richtige  bietet  und  den  sinn  in  befriedigender  weise  herstellt  oder  die 
emendation  erst  durch  conjecturen  gewonnen  werden  muss.  Am  übersichtlichsten 
wäre  es  vielleicht  gewesen,  wenn  diese  beiden  classen  wirklich  getrennt  worden, 
d.  h.  der  verf.  uns  erst  die  ergebnisse  der  collation  vollständig  mitgetheilt  und 
dann  seine  eignen  erörterungen  über  den  text  hätte  folgen  lassen.  Indess  will  ich 
darüber  mit  ihm  nicht  rechten.  Doch  bedaure  ich ,  dass  der  verf.  sich  darüber 
nicht  ausspricht,  ob  er  alle  falschen  lesungen  Wrigftt's  in  seiner  schrift  notirt 
hat;  so  muss  man  bei  weiteren  forschungen  immer  fürchten,  auf  unsicherem  gründe 
zu  bauen.  Konr.  bemerkt  ausdrücklich  (p.  4) ,  er  werde  nur  solche  conjecturen 
bringen,  die  entweder  eine  ungezwungene  begründung  finden  oder  einer  solchen 
gar  nicht  bedürfen,  und  fügt  zur  erläuterung  hinzu:  «Denn  ich  glaube,  dass  es 
besser  sei,  ein  verderbniss  stehen  zu  lassen,  wie  es  ist,  als  durch  eine  geschraubte 
erklärung  oder  gewaltsame  Veränderung  des  textes  eine  im  besten  falle  problema- 
tische heilung  versuchen  zu  wollen.«  Um  gleich  hieran  anzuknüpfen  ,  so  ist  die 
beobachtung  allerdings  sehr  richtig,  dass  j^eine  beträchtliche  zahl  verderbter  stellen 
für  jetzt  wenigstens  einer  völligen  heilung  trotzen  dürften« ;  andrerseits  wäre  es 
aber  auch  für  jemanden,  der  sich  so  eingehend  mit  dem  texte  beschäftigt  hat,  wie 
Konrath,  leicht  gewesen,  alle  nach  seiner  ansieht  unverständlichen  oder  verderbten 
stellen,  etwa  am  Schlüsse  seiner  arbeit,  summarisch  aufzuführen ;  es  würde  dadurch 
nicht  nur  die  aufmerksamkeit  der  faciigenossen  auf  dieselben  gelenkt ,  sondern 
auch  dem  beurtheiler  der  vorliegenden  leistung  seine  arbeit  präcisirt  und  dadurch 
wesentlich  erleichtert  worden  sein. 

Um  zu  dieser  selbst  überzugehen,  so  ist  es  nicht  zu  leugnen,  dass  etwa  die 
hälfte  der  von  Konrath  vorgenommenen  emendationen  geradezu  auf  der  band 
lagen  und  von  jedem  gefunden  werden  mussten,  der  mit  einiger  Sorgfalt  den  text 
durchnahm ;  die  andere  hälfte  —  und  das  ist  immer  noch  eine  recht  stattliche 
anzahl  —  verdient  warme  anerkennung  und  liefert  ein  gutes  zeugniss  für  den 
Scharfsinn  und  die  tüchtige  philologische  methode  des  Verfassers.  Die  meisten 
besserungen  sind  überzeugend;    aber  auch,    wo  man  das  nicht  direkt  sagen  kann, 


l66  Litteratur 

gestehe  ich ,  nichts  besseres  an  die  stelle  setzen  zu  können.  Ich  beschränke  mich 
darum  auf  ein  paar  beiläufige  bemerkungen. 

Die  äiiderung  auf  [>.  143  der  Wright' sehen  ausgäbe  von  /ooi;  in  /00z,  welche 
Mätziier  noch  nicht  vorgenommen  hatte ,  wird  direkt  bestätigt  durch  Hugo  de 
St.  Victore,  welcher  bei  bes])rechung  der  confirmation,  um  die  es  sich  hier  ja  auch 
handelt,  sagt  (Op.  ed.  J.  P.  Migne  II,  p.  459):  Chrisma  ex  oleo  et  balsamo 
conficitur ,  quin  per  oleum  infusio  gratiae ,  per  balsamum  odor  honae  famae 
designatur.  Geradezu  übersetzt  findet  sich  diese  stelle  bei  Schorham  p.  43  :  For 
bäume  toknef  lyues  /00s,  |  cy/e  mercy  to  ivynne. 

Die  letzte  Strophe  auf  p.  20  bespricht  Konrath  auf  p.  15.  Mit  seinen 
dortigen  ausführungen  bin  ich  ganz  einverstanden ,  nur  halte  ich  es  für  wahr- 
scheinlich, dass  für  my  chalis  in  der  ersten  zeile  fc  chalis  zu  lesen  ist;  vielleicht 
auch  in  my  blöde  für  of  my  blöde?  Vgl.  Luc.  22,  v.  20:  Hie  est  calix  novum 
testamentum  in  sanguine  meo. 

P.  31 10  will  Konrath  (p.  22)  für  Ine  folke  lesen:  To  fe  folke.  Der  vers 
wird  hier  wie  in  der  folgenden  zeile  glatter,  wenn  der  artikel  wegbleibt.  —  Zu 
p.  60 3  hat  vor  Konrath  (p.  34)  schon  Mätzner  s.  v.  abere,  me  ergänzt.  —  Konr. 
p.  38.  S.  89]  1.  S.  80. 

Zuweilen  könnte  der  verf.  seine  behauptungen  noch  schärfer  fassen ;  so 
bemerkt  er  z.  b.  p.  43  u.  zu  Wright  p.  991  ff.: 

And  elles  nere  hy5t  nau^t 
Forbode  amange  pe  hestes  tenne: 
|)e,  f)at  seggep  hyt  nys  nau5t 
So,  hare  wy^t  hys  al  to  fienne. 

»Forbode  wird  des  rythmus  wegen  besser  zur  vorhergehenden  zeile  genommen, 
desgleichen  So«.  Diese  änderungen  in  der  abgrenzung  der  Zeilen  sind  vielmehr 
unumgänglich  nöthig. 

P.  94^  ff.  Ueber  diese  stelle  handelt  Konrath  p.  41  ;  er  streicht  mit  recht  ne 
auf  z.  3.  Es  ist  aber  wol  auch  ausserdem  für  And  teile,  z.  2,  Bot  teile  zu 
schreiben,  schon  wegen  des  fanne  in  der  folgenden  zeile. 

P,  1 1519  ff.  Vgl.  Konrath  p.  50.  Er  lässt  den  punkt  hinter  bep ,  z.  22, 
stehen ;    aber  die  folgenden  zeilen : 

Wanne  hy  y{50u5t  bep  o[)er  yspeke 
Oper  ydon  in  stat 
A^e  pe  lawe  of  god,   to  breke 
J)e  hestes  pat  he  hat. 

gehören  doch  sicherlich  zu  demselben  satze ,  so  dass  der  punkt  in  ein  komma  zu 
verwandeln  ist. 

Ich  glaube  ferner,  dass  neben  den  von  Konrath  richtig  gebesserten  und  den 
von  ihm  und  uns  als  vorläufig  unheilbar  anzusehenden  stellen  sich  doch  noch  eine 
ganze  anzahl,  von  dem  Verfasser  nicht  berücksichtigter,  findet,  wo  die  emendation 
nicht  so  sehr  fern  liegt.  Ein  paar  davon,  die  dem  unterzeichneten  bei  der  lectüre 
aufgefallen  sind,  mögen  hier  kurz  besprochen  werden, 
i)  P.  1620  ff,: 

perfore  ne  habbep  pat  ping 

Nauzt  böte  pe  bare  signe. 


M.  Konrath,  Beiträge  zur  erklärung  und  textkritik  des  W.  v.  Schorham   i(5y 

Die  parallelstelle  p.   i6  6  f. ; 

For  hi  ne  fonge|)   nau^t  pat  ping, 

Bote  pe  bare  signe 
weist   darauf  hin ,    dass    naui^t   zur  vorhergehenden    zeile  zu  ziehen  ist.     Vielleicht 
ist  es  geradezu  hinter  habbep  einzuschieben. 

2)  P.   20i7: 

He  toke  pe  coppe  wip  pe  wyne  and  water. 
Die  zeile  ist  auffallend  lang;  pe  vor  xuyne  ist  wol  zu  streichen. 

3)  P.  92  7  ff.: 

Ten  bestes  havej)  yhote  god, 

Ase  holy  wryt  ous  tealde, 

O  pe  two  tablettes  of  ston 

Wy|)  hys  fynger  bealde. 

He  hys  wrot  Moyses  bytoke 

Wylom  by  da^es  ealde  etc. 
So  interpungirt  Wright,  und  scheint  damit  sagen  zu  wollen ,   dass  yhote  und 
0  pe  two  tablettes  zusammengehört,   ebenso  dass  ivrot  Substantiv  ist  und  von  bytoke 
abhängig.     Beides  ist  aber  unmöglich.     Es  ist  vielmehr  zu  schreiben : 

Ten  bestes  havej)  yhote  god, 

Ase  holy  wryt  ous  tealde ; 

O  pe  two  tablettes  of  ston 

Wip  bis  finger  bealde 

He  hys  wrot  [and]  Moyses  bytoke 

Wylom  by  dajes  ealde  etc. 
Die  einschiebung  von  and  in  der  vorletzten  zeile,  die  das  metrum  nicht  stört, 
wird  kaum  zu  umgehen  sein.     Zur  construction  vergleiche  man  noch  p.  92  i5 ;    In 
ston  ich  wot  pat  he  hys  wrot. 

4)  S.   9213  f.: 

To  wyse  man  hou  schal  wel 
pese  ten  bestes  healde. 
Des  metrums  und  sinnes  wegen  ist  hinter  hou  wol  he  einzuschieben. 

5)  P.  95  8  : 

Be-hyjt  pe  childe  oper  py  best. 

Für /f  ist  wahrscheinlich//  zu  schreiben.     Die   Schreibung   Be-hy^t   ist  natürlich 
auch    fehlerhaft ;    I.   Be  hyjt  =  Sei  es. 

6)  P.  9618.  Hier  müssen  wol  acht  zeilen  ausgefallen  sein,  da  zu  defaittt  — 
caiite  noch  zwei  reimworte  fehlen,  und  ebenso  zu  tenty  —  sente.  Oder  stecken 
gerade  in  diesen  reimworten  fehler?  Eine  weitere  auslassung  von  zwei  versen  in 
diesem  gedichte  hat  Konrath  p.  46  nachgewiesen, 

7)  P.   979  ff.: 

And  pat  pou  ne  werche  nauzt, 

Ac  gest  to  pyne  gloutynge, 

Oper  in  eny  oper  folke 

In  pleye  of  pretynge. 

pou  halst  wel  wors  pane  masseday, 

panne  manne  myd  hys  workynge ; 

parefore  to  pe  al  yhoUiche 

pat  day  to  holy  pynge. 


l68  Litteratur 

Der  sinn  ist  offenbar  folgender:  Wenn  du  auch  nicht  arbeitest,  statt  dessen 
aber  den  feiertag  in  schwelgerei  oder  mit  sonstigem  unfug  hinbringst ,  hältst  du 
ihn  noch  weniger  als  der,  welcher  arbeilet.  Vgl.  Ayenbite  of  Inwyt  p.  "] ^  fif. : 
Ac  more  zenci^cp  pe  ilke,  fet  dispendef  pane  zonday  and  pe  festes  ine  zenne  and 
ine  hordoni  and  in  opre  zennes  ayc  god.  Diesem  sinne  gemäss  ist  erstens  /«?  für 
pat  zu  schreiben,  eine  vertauscliung,  die  nach  Konrath's  ausführungen  (p.  6  f.)  bei 
Schorham  öfters  vorgenommen  werden  muss.  Z.  lo  ist  ftlr  pyne,  Pyne  zu  setzen, 
wie  wahrscheinlich  auch  die  hs.  bietet.  Nach  pretynge  ist  statt  des  punktes  ein 
komma  zu  setzen,  da  mit  z.  13  der  nachsalz  beginnt.  Z.  13  f.  enthält  eine  auf- 
forderung  zu  heiligem  wandel  am  sonntag;  es  muss  z.  15  do  pe  für  to  pe  ge- 
schrieben werden  ;  diese  construction  von  don  ist  überhaupt  nicht  selten  und  kehrt 
auch  bei  Schorham  noch  öfters  wieder;  vgl.  p.  176:  and  do  kam  to  devocioun ; 
p,  93":  Do  pe  to  nonc  lecherye ;  p.  10418:  pan  pat  to  scnne  hym  dep.  Z,  12 
verstehe  ich  nicht. 

8)  P.  989  f.: 

And  he  fiat  spillej)  mannes  lyf, 

Venjounse  hyt  schel  awyte. 
Was  bedeutet  aioyte  ■>     Ist  etwa  dafür  acwite  zu  lesen:   Rache  wird  es  wettmachen, 
sühnen?     Uebrigens  ist  z.  8  i\xr  /ytel.  lyte  zu  schreiben,  wegen  des  reimes:  smyte  — 
atwyte  —  acivyte. 

9)  P.  98 19: 

And  5et  seint  Johan  pe  wangelyst, 

■pe  wangelyst  ist  gewiss  als  ein  wort  zu  schreiben  ,  denn  ich  bezweifle  ,  dass  hier 
das  anlautende  e  wegfallen  könnte.  Auch  hier  (vgl.  Konr.  p.  52)  passt  yohn 
besser  in  den  vers  als  jfohan.     Wie  mag  die  hs.  hier  lesen? 

10)  P.  9822  : 

He  seche  {)at  he  hym  sla^e. 

Lies:  sechep.  Die  hier  angezogene  stelle  steht  l  Joh.  3  v.  15:  Omnis ,  qui  odit 
/fairem  suum,  homicida  est.  Den  reimworten  zufolge  [dra^ep  —  gnaz,ep  —  drawep 
[1.  dra^epl)  erwartete  man  sla^ep ;  aber  wie  verträgt  sich  das  mit  der  construction 
des  Satzes? 

11)  P.   9915  abbe'\  1.   7iabbeP 

12)  P.    I003  ff.  : 

To  hermy  in  body  man 

0|)er  in  hys  ojier  pynge, 

Oj)er  in  hys  saule,    and  J)at  hys  worst, 

In  peryl  for  to  brynge. 
In  peryl  for  to  brynge  steht  parallel  zu  to  hermy;  daher  ist  wol  i>i  vor  hys  saule 
zu  streichen. 

13)  P.   1024   ff.: 

And  |)ey  man  be  fram  belle  ywered 

J>our5  repentaunce  here, 

^et  ne  may  naujt  some  man  be  spared 

Fram  purgatories  fere, 

pat  he  ne  schel  soffry  |5er  hys  who, 

As  he  hiis  here  atenkt, 

And  her  nys  fer  namore  {)erto 

panne  hys  fer  dereynt. 


M.  Konrath,  Beiträge  zur  erklärung  und  textkritik  des  W.  v.  Schorham   i6q 

Atenkt  ist  sinnlos ;  es  ist  attcynt  (atteinen  =  überführen)  zu  schreiben ,  reimend 
auf  dereynt.  Der  sinn  der  letzten  zwei  zeilen  ist  nicht  klar.  Vielleicht  könnte 
man  schreiben: 

And  per  nys  fer  namore  perto, 

f)anne  hys  her  dereynt. 
=  Und  dort  (sc.  im  purgatorium)  ist  des  feuers  nicht  mehr,  als  hier  bewiesen  ist, 
nämlich  in  bezug  auf  seine  sünden.  Der  sinn  des  ganzen  satzes  wäre  dann :  Dem 
feuer  im  Purgatorium  kann  niemand  entgehen,  wenn  er  auch  der  hölle  entflieht. 
Er  muss  da  sein  leid  erdulden ,  je  nachdem  er  hier  überführt  ist ;  dagegen  hat  er 
allerdings  dort  auch  nicht  mehr  zu  leiden ,  als  er  hier  verschuldet  hat.  Vgl. 
p.    1034  f.: 

And  5et  pe  tyt  f)e  lasse  fer, 

Whanne  f)e  falp  to  be  dead, 
worin    ein   ähnlicher  gedanke  liegt.     Doch   möchte    ich    dieser   conjectur    keine   zu 
grosse  Sicherheit  beimessen. 

14)  P.    109 17  ff.: 

Of  senne  alle  manere 

Seve  develen  prynces  bef), 

J)at  sevene  [ms.  pene]  certeygne, 

f)at  Cryst  kest  out  hyt  sey{), 

Of  Marie  Maudeleyne, 

J)at  goospel  J)at  ne  weyp. 
So  Wright  und  wol  auch  die  hs. ;  tveyp^  wenn  richtig,  könnte  von  we^en  = 
weigh ,  abgeleitet  werden,  was  hier,  wie  mir  scheint,  keinen  sinn  gibt,  oder  von 
weggen  =  agitare,  was  auch  nicht  passt.  Vielleicht  ist  leyp  oder  le^p  (vgl.  p.  100 7) 
zu  lesen.  Die  geistlichen  dichter  weisen  oft  darauf  hin ,  dass  die  heilige  schrift 
nicht  lügt.     Der  ganze  satz  würde  dann  so  zu  construiren  sein: 

J>at  sevene  certeygne, 

{)at  Crist  kest  out,  hyt  se^l^ 

Of  Marie  Maudeleyne 

|>at  goospel,   ]f)at  ne  le5|). 
=  Sicherlich   die   sieben,    welche   Cristus    austrieb;     das    erzählt    von   M.    M.    das 
evangelium,  welches  nicht  lügt. 

15)  P.    II2I3: 

{)ys  senne  hys  over  nyce. 
over  nyce  ist  als  ein  wort  zu  schreiben.     Das   komma    am    Schlüsse    der  folgenden 
zeile  ist  zu  streichen. 


16)    P.   II46  f.: 


Es  ist  wol  zu  lesen: 


Of  glotonye  hys  foure, 
f)e  boke  spekep  openlyche. 


Of  glotonyes  foure 

J)e  boke  spekef)  openlyche. 
Denn   erstens    kann    man    z.  6    doch  wol    nicht    wiedergeben    durch:    \'on   Völlerei 
kommt  viererlei ,    da   eben   die    im  folgenden  genannten  sünden  nur  abarten  dieses 
lasters    sind,    und   ferner   würde    z.   5   in    der  luft  schweben.     Ich    übersetze:    Von 


170 


Litteratur 


vier  arten  von  Völlerei  spricht  das  buch  in  klarer  weise.  Aehnlich  heisst  es  im 
Ayenbite  of  J.  p.  5li8fif. :  pis  zenne  [sc.  glotounye]  him  to-delf  ase  be  saynt 
Gregory e  ine  vif  bo^^es.  Vor  ine  vif  maneres  nie  zene^ef  be  mete  and  be  drinke. 
Oper  uor  fet ,  fet  tne  cth  and  dryngf  to-uore  time.  ofer  to  lostuolliche.  ofer 
out  of  mesure.  ofer  to  ardontliche. 

17)    P.    115 13  f.: 

And  ofte  hyt  dof)  moni  kepe 
|>at  man  vk-akynge  f)encke[). 

Wegen  wakynge  ist  es  mir  sehr  wahrscheinlich ,  dass  z.  13  ftir  mony  kepe, 
mon  i  slepe  zu  lesen  ist.  Für  fenckep  ist  wol  wegen  des  reimes  mit  bryngef, 
fingef  einzusetzen ;  freilich  könnte  auch  umgekehrt  bringef  in  hrengep  geändert 
werden,   vgl.  p.  61^. 


18)    P.   116 1  f.: 


And  ist  zu  streichen. 
19)    P.   117 1  f. 


Her  by  fiou  my^t,  man,  yseo, 
And  hou  here  ende  hys  sour. 


Meche  hys  pat  me  synge^  and  redep 
Of  hyre  pat  al  mankende  gladeji, 

Es  ist  gledep  zu  schreiben,  vgl.  Ayenb.  p.   2661  gledye,   p.  2383  glediep. 
20)    P.  118 10  ff.: 

And  |50u  me  bede,  soster,   synge, 

And  alle  into  one  songe  brynge 

Here  swete  joyen  fyve. 

Ist  für  and^  z.   10,  ac  zu  schreiben?     Vgl.  p.    118,  z.  16.     Um  einen  gegen- 
satz  handelt  es  sich  beide  male. 
21)    P.   13219  ff.: 

{)ou  ert  Hester,  fiat  swete  I)ynge, 
And  Assever,  pe  ryche  kynge, 
{)ey  hej)  ychose  to  hys  weddynge, 
And  quene  he  he|)  avonge ; 
In  Mardocheus,   J)y  derlynge, 
Syre  Aman  was  yhonge. 

In  Mardocheus  ist  unverständlich ;  ist  vielleicht  of  für  in  zu  lesen  und  das 
Semikolon  nach  avonge  zu  streichen  ?  Dann  würde  der  sinn  sein :  Ahasver  hat 
dich  aus  Mardachai's  hand  zur  königin  empfangen.  Mardachai  hatte  Esther  ja  in 
der  that  adoptirt. 

22)    P.   1332  f.: 

J)Ou  erte  pe  ryjte  nayre  Rachel, 
Fayrest  of  alle  wymman. 

nayre  verstehe  ich  nicht.  Da  n  und  ii  in  der  hs.  kaum  zu  unterscheiden  sind 
(vgl.  Konr.  p.  10),  so  lese  ich  uaire.  Der  Superlativ  desselben  wertes  in  der 
nächsten  zeile  hindert  das  nicht,  diese  häufung  dient  nur  der  emphase. 


M.  Konrath,  Beiträge  zur  erklärung  und  textkritik  des  W.  v.  Schorham    j  y  x 

23)  P.   135 '3  ff.: 

J)at  eny  soche  be  crystene  man, 

God  forbede,  and  naugt  for  pan 

Wey  soep  al  day, 

|)at  menye  ycrystnedde  were 

Farefj  ryt  ase  hy  nere 

Naujt  of  pe  fay. 
Hinter  menye  ist  ein  relativpronomen  nicht  zu  entbehren ;    wir  gewinnen  das 
richtige   sehr   leicht  dadurch ,    dass  wir  nach  day  ein  kolon  setzen  und  die  worte : 
ßa<  menye,   umstellen. 

24)  P.   137^  ff.: 

fjaj  f)at  be  fals,  me  may  aspye 
•  By  wytnesse  of  philosophye 

And  Clerkes  feie. 
Wie  sonst  öfters  /a§  für  pat  der  hs.  einzusetzen  ist,  so  hier  wol  fat  für  /a?, 
denn  der  sinn  ist  doch:  Dass  das  falsch  ist,  kann  man  erkennen.     Ob  feU  richtig 
ist,  ist  mir  auch  noch  nicht  ganz  sicher;  man  erwartet  ein  wj/«.  of  phil.  paralleles 
Substantiv,  welches  von  Clerkes  (plur.)  abhängt. 

25)  P.   138 19  ff.: 

Ever  was  pys  ylke  my^tte, 
And  ever  wor^,  bye  gode  ryte: 
Ne  say  naujt  nay ! 
Hou  mytte  hyt  and  eft  bygynne, 
pet  nede  ne|)  of  none  gynne, 
Ac  al  do  niey  ? 
Nach  Hou  myite  hyt  fehlt  offenbar  ein  verbum ,    welches  einen  gegensatz  zu 
eft  bygynne  bildet ;  es  wird  also  deye  oder  cese  zu  ergänzen  sein. 

26)  P.   1394  ff.: 

Herto  acordep  oure  fay, 

{)at  holy  cherche  ne;  eche  day 

Wel  merye  syng|). 

In  a  song  ofte  by  note: 

Quicunque  vult  pet  hys  yhote, 

Ryjt  ase  me  singe|). 
singeß  im  reime  auf  syngf  ist  sehr  matt ,  und  überhaupt  hat  die  schlusszeile ,  so 
wie  sie  hier  steht,  wenig  sinn.  Es  ist  unbedenklich  pingß  für  singef  einzusetzen ; 
vgl,  Ayenb.  p.  18  iS;  ase  7ne  fingp.  Uebrigens  hat  Konrath  (p.  16  f.)  schon 
darauf  hingewiesen,  dass  in  unserer  hs.  die  dentalen  Spiranten  zuweilen  verwechselt 
werden. 

27)  P.   1443  ff: 

He  hedde  nede  of  none  gynne. 

Ne  jet  hou  ne^,  to  wonye  ynne, 

{)ou  kepe  nym. 
Für   hou    ist   wol    nou    zu    lesen.     Der    dichter    spricht    von    dem    gegensatz 
zwischen  der  zeit  vor  erschaffung  der  weit  und  jetzt,  und  meint,   gott  habe  damals 
so    wenig    einer    wohnung    bedurft    als    jetzt.     Denselben    gegensatz    haben    wir 
p.   147  16  ff. 


172 


Lilteratur 


28)  P.    1456; 

\Vyf)oute  crede. 

Diesen    ausdruck  verstehe    ich    nicht;    vielleicht    ist    zu   schreiben:     iVypouU 
dredc. 

29)  P.   147 16  ff.: 

Ac  o  blysse  hys  nys  naujt  folfeld, 
hys  ist  überflüssig. 

30)  P.   150 10  ff.: 

Hy  [)at  ne  hylde  wyf)   pe  left, 
Stale  wo.xe  f^at  nevere  eft 
senejy  ne  niyjtte. 
Steckt  in  Stale  woxe  vielleicht  das   adj.   stalworpe?     Dann    würde    der   sinn 
des  Satzes  sein:    Sie,  die  es  nicht  mit  der  linken  hielten,  die  braven,  die  konnten 
in  Zukunft  nicht  mehr  sündigen;    vgl.   p.    15020:    fat  chose  ary^t  and  faste  stode. 
Noch    ein    schlusswort.      Die    Wright'sche    ausgäbe    der    gedichte    Williams 
von    Schorham    ist    nicht    nur    schlecht ,    sondern    auch    selten.     Möchte    desshalb 
Konrath    seinen    »Beiträgen«    recht    bald    eine    neue    ausgäbe    des    dichters    folgen 
lassen ! 

Breslau,  april  1879. 

E.  Kölbing. 


Felix    Liebrecht:     Zur    Volkskunde.       Alte     und    neue    aufsätze,      Heilbronn. 
Gebr.  Henninger.     1879.     XVI  u.  522  ss.     80.     Pr. :  M.   12. 

Es  war  eine  vortreffliche  idee  von  Felix  Liebrecht,  seine  seit  einer  langen 
reihe  von  jähren  in  den  verschiedensten  Zeitschriften  erschienenen  kleineren  und 
grösseren  abhandlungen  zur  sagen-  und  märchenkunde ,  zur  novellistik ,  zu  den 
Volksliedern ,  zur  mythologie ,  zur  allgemeinen  litteraturgeschichte  und  kenntniss 
besonderer  ausdrücke  und  redensarten  bei  verschiedenen  Völkern  hier  sorgfältig 
^evidirt  in  einem  stattlichen  bände  dem  publikum  darzubieten.  Ich  fasse  mich  über 
das  buch  hier  kurz,  erstens,  weil  dasselbe  einer  besonderen  empfehlung  nicht  bedarf, 
es  auch  an  berufeneren  lobrednern  nicht  fehlen  wird,  und  zweitens,  weil  dasselbe 
seinem  inhalte  nach  nur  zu  einem  geringeren  theile  dem  gebiete  der  englischen 
Philologie  direkt  angehört.  Speciell  hieher  gehören  die  aufsätze:  Zu  den  Nugae 
Curialium  des  Gualterus  Mapes  (p.  25  ff.),  Godiva  (p.  103  ff.),  Schottischer  aberglaube 
(p.  358  ff.),  Kiltgang(p.  378  ff.),  Skimmington  (p.  384),  Zur  englischen  volkslitteratur 
(p.  481  ff.),  Englische  redensarten  (p.  493  f.).  Fander,  fanner  —  Gooseberry 
(p.  499  f.),  Erkyin  (p.  500  f.).  In  einer  ganzen  anzahl  anderer  aufsätze  sind 
wenigstens  englische  parallelen  zu  den  darin  behandelten  sagen  und  gebrauchen 
besprochen,  so  zum  Mäusethurm  (p.  3).  Endlich  aber  —  und  darin  liegt 
nach  meiner  ansieht  ein  hauptwerth  des  vorliegenden  werkes  —  wirkt  das  buch 
durch  die  zur  vergleichung  beigebrachte  fülle  von  material  äusserst  anregend  auf 
den  leser ;  vielerlei ,  was  demselben  auf  den  betreffenden  gebieten ,  sei  es  bei  der 
lectüre  oder  bei  der  beobachtung  des  Volkslebens  unklar  geblieben  ist,  wird  dadurch 
in    ein    neues    licht   gerückt   werden ,    und    ich    zweifele    nicht    daran ,    dass    diese 


Felix  Liebrecht,   Zur  Volkskunde. 


173 


Wirkung  in  manchen  nachtragen  und  neuen  belegen  von  verschiedenen  Seiten  sich 
bekunden  wird.  So  will  denn  auch  ich  zum  Schlüsse  ein  paar  anspruchslose 
bemerkungen  beifügen,   die  sich  bei  der   lectüre  ergeben  haben. 

In  dem  aufsatze:  Romulus  und  die  Weifen  (p.  17  ff.)  spricht  der  verf.  über 
den  umstand ,  dass  bei  alten  Völkern  die  abstammung  eines  menschen  von  einem 
thiere  nicht  für  etwas  schimpfliches ,  sondern  vielmehr  für  eine  ehre  angesehen 
wurde;  vielleicht  darf  man  vergleichen  Helgakv.   Hundingsbana  I,  v.   19; 

En  ek  hefi,  Helgi, 

Hi^dbrodd  kvedinn 

konung  öneisan 

sem  kattar  son. 
P.  47  f.  wird  die  sage  von  Sylvester  II  behandelt  und  litteratur  darüber 
angegeben ;  man  vergleiche  die  Übertragung  dieser  sage  auf  pabst  Celeslin ,  über 
die  ich  Engl.  st.  II ,  p.  267  gesprochen  habe.  P.  49.  Ueber  die  beschlafung 
todter  frauenzimmer  vgl.  die  Saga  af  Damastu  ok  Jöni  Smälands  konungi ;  hier 
will  der  riese  Alheimr  die  reize  der  todten  Gratiana  geniessen ,  weil  er  bei  ihren 
lebzeiten  nicht  dazu  gekommen  sei  (Germania  XVII,  p.  195);  dieselbe  saga  ist 
p.  59  f.  zu  vergleichen,  wo  es  sich  um  das  zurückkehren  scheintodter  aus  dem 
grabe  handelt.  —  Zu  p.  239  ff.  vgl. ,  was  die  Partonopeus-sage  und  verwandte 
Stoffe  anlangt,  Bartsch's  Germanistische  Studien  II,  p.  55  flf. ,  namentlich  p.  106  ff. 
(analyse  der  Gibbons  saga  und  des  neuisl.  märchens  Sigurdr  Köngsson), 
sowie  Reinh.  Köhlers  soeben  erschienenen  interessanten  aufsatz:  La  Fabula  del 
Pistello  da  l'agliata  (Zeitschr.  f.  rom.  phil.  III,  p.  73  ff.).  —  Die  abhandlung : 
»Ein  fuchsmythus  (p.  26O  ff.)  war  mir  bei  herausgäbe  des  Skaufhalabälkr  (Beiträge 
p.  242  ff.)  leider  unbekannt  geblieben,  —  Die  sage  von  dem  hegenden  faden  (p.  305) 
könnte  mit  den  schicksalsfäden ,  welche  die  Nomen  weben ,  verwandt  sein ;  man 
vergl.  die  bekannte  stelle,  Helgakv.   Hund.  I,   v.   3  ff. 

Sneru  'pxr  af  afli 

«frl^gpattu, 

{)ä  er  borgir  braut 

f  Bralundi ; 

\>XT  um  greiddu 

gullin  simu 

ok  und  mänasal 

midjan  festu. 

pXT  austr  ok  vestr 
enda  fälu, 

Jjar  atti  1  o  fdu  ngr 
1  a  n  d  d  m  i  1 1  i  etc . 

Man  hat  die  letzten  zeilen  so  aufgefasst,  als  ob  dadurch  Helgi's  reich  in 
bezug  auf  seine  grenzen  bestimmt  werde ;  es  hindert  uns  aber  nichts,  anzunehmen, 
dass  durch  eine  derartige  hegang  sein  reich  geschützt  werden  soll. 

E.  Kölbing. 


174 


lyitteratur 


LEHR-  UND  ÜBUNGSBÜCHER  FÜR  DIE  ENGLI.SCHE;SPRACHE.    HI. 
A.     Grammatik  und  lilteraturgeschichte. 
Prof.   dr.  A.   Hoppe.     Lehrbucli    der  englischen  spräche    für   schulen   (nicht  für 
den  Selbstunterricht).     Erster  theil ;  elenientarbuch.     Mit  besonderer  berücksichti- 
gung  der  ausspräche   und    angäbe    letzterer   nach    dem    phonetischen    System  der 
methode  'l'oussaint-Langenscheidt.     Berlin.    I-angenscheidt.    326  ss.     M.   2,40. 
Wir    sagen    dem    bekannten    verf.     des    supplem.    lex.    unseren    aufrichtigen 
dank,    dass    er    seine    gründliche   kenntniss    der    engl,  .spräche  in  einer  der  schule 
höchst  willkommenen  weise  verwerthet  hat.     Das  vorliegende  »elementarbuch  c  ver- 
dient  uneingeschränktes    lob    und    wird    der   aufmerksamkeit    der   fachcollegen    an 
jeder  art    von    schulen   —    auch  realschulen  I.  O.!    —   auf's   wärmste    empfohlen. 
Wir  gestehen  offen,  nach  vielen  selten  hin  neue  gesichtspunkte   für  den  Unterricht 
daraus  erhalten  zu  haben. 

Zu  gründe  gelegt  ist  dem  ganzen  lehrgange  das  T.  L.  aussprachesystem, 
für  dessen  Vorzüge  das  buch  einen  glänzenden  beleg  bietet.  Voran  gehen  »Vor- 
übungen im  lesen  der  aussprachezeichen  und  im  hervorbringen  der  dem  Englischen 
eigenthümlichen  laute.«  Jedes  der  folgenden  (15)  kapitel  zerfallt  in  zwei  theilc, 
ausspräche  und  grammatik,  denen  sich  entsprechende  Übungen  anschliessen.  Bis 
kap.  VII  ist  für  die  Übungen  die  ausspräche  interlinear  gegeben  (also  das  wort 
im  text  nicht  entstellt !)  Für  ausspräche  wie  grammatik  ist  die  zahl  der  Übungs- 
stücke (also  der  deutschen  und  englischen)  jedesmal  drei,  wodurch  auch  ver- 
schiedenen kursen  rechnung  getragen  werden  kann.  Jedem  stück  geht  eine  reihe 
neuer  (möglichst  etymologisch  gruppirter)  vocabeln  vorher.  Keine  derselben  er- 
scheint ohne  ihre  nummer  als  nachweis,  wo  die  ausspräche  im  Zusammenhang 
nachzusehen  ist ;  letzterem  zwecke  dient  ausserdem  ein  doppelregister  am  ende 
des  buches. 

Die  methode  ist,  wie  man  sieht,  nicht  ganz  neu ;  das  verdienstliche  liegt 
in  der  consequenten  und  peinlich  gewissenhaften  durchfühning.  In  diesem  masse 
ist  auch  unseres  wissens  die  ausspräche  noch  nicht  als  hauptfactor  für  die  er- 
lernung  des  Englischen  behandelt  worden.  Es  ist  hier  in  der  that  für  den 
lernenden  kaum  möglich,  eine  falsche  ausspräche  in  sein  ehr  aufzunehmen.  Mit 
vollem  recht  lässt  H.  keinen  unterschied  zu  zwischen  elementarer  und  »der  höheren 
ausspräche,  welche  die  s.  g.  feinheiten  umfasst«  (einl.).  Es  ist  ja  auch  in  erster 
linie  zu  erstreben,  dass  der  schüler  jedes  neue  wort  nicht  nur  richtig  geschrieben 
sieht,  sondern  auch  richtig  aussprechen  hört.  Darum  bleibt  im  text  das  wortbild 
unverändert ;  und  den  richtigen  laut  hat  der  schüler  längst  im  ohr,  ehe  er  das 
wort  praktisch  anwendet.  Nach  demselben  grundsatz,  einer  falschen  gewöhnnng 
des  ohres  möglichst  vorzubeugen,  wird  gleich  im  i.  kapitel  über  »das  lesen  der 
-Wörter  im  Zusammenhang«  gehandelt ,  ein  punkt,  der  in  fast  allen  lehrbüchem 
übersehen  ist  —  ferner  in  kap.  VIII  über  haupt-  und  nebenton  und  den  einfluss 
des  accentes  auf  die  ausspräche  unbetonter  silben.  In  vielen  dieser  falle  dürften 
Engländer  selbst  vom  verf.  aufklärung  über  ihre  ausspräche  erhalten. 

Je  weiter  das  werk  fortschreitet,  desto  grösseren  räum  nimmt  das  gramma- 
tische ein.  Nur  wer  den  Stoff  in  dem  grade,  wie  H.,  beherrscht,  ist  im  stände, 
mit  richtigem  tact  wesentliches  vom  unwesentlichen  zu  scheiden.  Was  gegeben 
ist,  scheint  uns  unanfechtbar.     Wie  in   der  ausspräche,    erhält  der   schüler  auch  in 


Lehr-  und  Übungsbücher  für  die  englische  spräche.    III  I  y  e 

diesem  theile  nur  das  gute  und  klassische  und  dieses  in  einer  bestimmten,  knappen 
form.  Ein  gutes  stück  arbeit  steckt  jedenfalls  in  den  beispielen.  Der  verf.  ist 
mit  erfolg  bestrebt  gewesen,  auch  hier  selbstständig  vorzugehen,  und  seine  muster- 
sätze  weniger  anderen  derartigen  büchern  zu  entnehmen  als  guten  originalschrift- 
stellem.  Die  beispiele  werden  mit  dem  fortschreiten  des  lernen  inhaltsvoller; 
auch  in  den  lesestücken  zeigt  sich  eine  wolberechnete  Steigerung.  Im  Deutschen 
wie  Englischen  wird  dem  lehrer  das  vorwiegen  des  sprüchwörtlichen  willkommen 
sein.  Gelegentliche  anmerkungen,  besonders  synonymischer  natur,  sind  wol  ge- 
eignet, den  Schüler  auch  nach  anderen  selten  hin  anzuregen,  enthalten  zudem 
auch  manches,  was  sich  sonst  nicht  in  den  lehrbüchern  findet. 

Das  buch  soll  »für  den  Privatunterricht,  wie  er  gewöhnlich  betrieben  wird^ 
sowie  für  die  mittelschule  ganz  ausreichen«  (vorwort).  Der  vortheil  eines  buches 
—  also  mit  ausschluss  von  besonderem  lexikon  und  lesebuch  —  ist  allgemein 
anerkannt.  Wir  glauben  nur,  dass  sich  das  vom  verf.  im  vorwort  angedeutete 
bedürfniss  —  eine  reihe  von  deutschen  stücken,  welche  lediglich  mit  hülfe  des 
elementarbuches  zu  übersetzen  wären  —  sehr  bald  herausstellen  wird.  Wir 
unsererseits  würden  kein  bedenken  darin  finden ,  wenn  das  buch  selbst  in  diesem 
sinne  erweitert  und  auch  gegen  den  schluss  die  lectüre  zusammenhängender  stücke 
mehr  berücksichtigt  würde ;  beides  könnte  auf  kosten  der  einzelnen  sätze  ge- 
schehen, wenigstens  der  englischen,  deren  zahl  wir  in  jedem  fall  mehr  ein- 
geschränkt sehen  möchten.  Danach  müsste  dann  allerdings  auch  der  index  ein- 
zurichten sein,  und  es  dürfte  sich  vielleicht  empfehlen,  denselben  auch  dahin  zu 
erweitern,  dass  wörter  aufnähme  finden ,  die  in  der  ausspräche  abweichen,  ohne 
doch  im  buche  selbst  vorzukommen ;  mit  anderen  worten  wir  wünschten,  dass 
dieses  elementarbuch  auch  dem  mittelschüler  über  seine  Schulzeit  hinaus  ein  blei- 
bendes hülfsmittel  zu  sein  noch  geeigneter  gemacht  würde. 

In  bezug  auf  die  äussere  einrichtung  möchten  wir  empfehlen,  die  paragraphen 
resp.  kapitel  neben  die  nummern  der  selten  zu  setzen,  um  das  jetzt  recht  schwie- 
rige aufsuchen  derselben  zu  erleichtern.  Vielleicht  auch  dürfte  das  streben  nach 
raumersparniss  im  interesse  grösserer  Übersichtlichkeit  etwas  zurückzudrängen  sein; 
das  reiche  material  stellt  durch  seine  enge  gruppirung  und  sein  an  sich  etwas 
buntes  aussehen  an  die  lernlust  oft  zu  grosse  anforderungen ;  selbst  mancher  lehrer 
lässt  sich  gewiss  durch  diesen  übelstand  abhalten,  dem  buche  die  ihm  zukommende 
beachtung  zu  schenken. 

Die  correctheit  des  druckes  ist  bei  einer  arbeit,  welche  eine  so  ungewöhn- 
liche detailausführung  verlangt ,  besonders  Janzuerkennen.  Störende  druckfehler 
sind  uns  nur  in  geringer  zahl  aufgestossen.  Hier  sei  nur  erwähnt,  dass  s.  223 
wollen  (neben  swoln)  und  mown  (neben  mowed)  vergessen  ist,  sowie  s.  205  neben 
bereft  des  jetzt  gebräuchlichen  bereaved.  Für  mediocrity  in  der  bedeutung 
»mittelstand«  (s.  127)  fehlt  mir  ein  beleg.  Die  ausspräche  wßss'-köt  für 
waistcoat  (s.  51)  wird  von  Webster  wol  mit  recht  auch  für  England  als 
»colloquial«  bezeichnet.  Lomond  (Loch  L.)  hört  man  an  ort  und  stelle  nur  mit 
langem   o. 

Der  verf.  verspricht  für  die  oberste  stufe  der  realschule  —  als  zweiten 
theil  des  lehrbuches  —  eine  »grammatik«.  Möchte  dieselbe  bald  erscheinen 
und  der  pädagogik  auf  diesem  gebiete  nicht  weniger  elire  machen ,  als  das 
elementarbuch  ! 


176 


Littcratur 


Prof.  dr.  Sachs:  Synchronistische  tabellc  zur  politischen  und  litterärgeschichte 
Frankrcich's  und  England's.  Nebst  anhang.  Zum  gebrauch  in  den  oberen 
klassen  der  schulen.     M.  0,60. 

Diese  tabelle,  deren  zweck  ist  »lehrern  und  schtilem  zum  nachschlagen  und 
vergleichen  zu  dienen«  ist  an  sich  eine  verdienstliche  arbeit.  Nur  wünschten  wir, 
dass  sie,  für  das  Englische,  wenigstens  gleichmässiger  und  nach  einem  leicht  er- 
kennbaren grundsatze  gearbeitet  wäre.  Als  führerin  durch  die  klassische  litteratur 
ist  sie  zu  fragmentarisch,  auch  nicht  ganz  zuverlässig.  Für  den  lehrer  mag  viel- 
leicht hier  und  da  eine  programmarbeit  erwünscht  sein ;  der  werth  einer  solchen 
ist  für  den  schüIer  meist  null ;  für  letzteren  würde  auch  u.  a.  ein  hinweis  auf 
Hettner  richtiger  sein,  als  das  werk  Pinkerton's  oder  von  Mrs.  Gore,  eine  er- 
wähnung  von  Prior  und  Gay  und  Grays  Elegy  wichtiger,  als  die  angäbe  der 
jähre,  in  denen  Scott's  romane  erschienen  sind.  Der  lehrer  verfügt  über  andere 
mittel,  sich  zu  orientiren.  Für  die  revue  des  deux  mondes  gibt  es  ein  gutes 
register  und  für  die  programme  hat  Varnhagen  ein  gleiches  ausgearbeitet ;  wol 
aber  würde  für  den  lehrer  ein  hinweis  auf  die  gar  nicht  erwähnten  englischen 
Zeitschriften  wichtig  sein.  Während  letzterer  also  vielfach  überflüssiges  findet,  geht 
es  dem  schüler  nicht  besser,  da  er  auch  auf  werke  verwiesen  wird,  die  ihm  nach 
dem  heutigen  stand  unserer  Schülerbibliotheken  und  auch  nach  dem  durchschnitts- 
standpunkte  seiner  eigenen  bildung  kaum  zugänglich  sein  dürften.  —  Eine  genaue 
revision  ist  wünschenswerth.  Die  form  Lion-Heart  ist  jedenfalls,  wenn  sie  über- 
haupt vorkommt,  die  ungewöhnliche  neben  The  Lion-Heartes  oder  Coeur-de-Lion ; 
Euphues  erschien  1579,  nicht  1590;  man  schreibt  Lady  W.  Montagu  (ohne  e). 
S.  16  steht  1777 — 1859  H.  Hallam,  nichts  weiter ? !  Bei  Irving  (der  s.  I5mitlrwing 
geschrieben  ist)  fehlt  z.  b.  das  leben  von  Goldsmith,  bei  Bulwer's  romanen  Rienzi. 
Es  scheint,  als  wenn  überhaupt  der  Verfasser  nur  seiner  individuellen  neigung  bei 
der  auswahl  der  aufzunehmenden  werke  und  Verfasser  gefolgt  wäre.  Vanity  Frir 
erschien  1847 — 48,  nicht  1846.  Ein  ^^Appendice  pour  servir  d'introduction  a  la 
lecture  des  principaux  ouvrages  dramatiques  des  litteratures  frangaise  et  anglaise« 
ist  bis  auf  eine  kleine  abhandlung  über  die  einrichtung  des  englischen  theaters 
französisch  geschrieben,  übrigens  recht  orientirend.  Die  »most  important  modern 
theatres«  (kurz  vorher  liest  man  theater)  lassen  einige  vermissen,  welche  in  den 
letzten  jähren  das  klassische  Schauspiel  pflegen,  z.  b.  Lyceum,  Princess  of  Wales' 
Theatre,  während  dadler's  (nicht  daddler's)  wells  erst  seit  ganz  kurzer  zeit 
»revives  Shakespere's  plays«  und  Covent-Garden  nur  für  die  oper  ist. 

Nach  alledem  würde  die  tabelle  nach  unserm  dafürhalten  einer  günstigeren 
aufnähme  sicher  sein,  wenn  sie  hauptsächlich  das  interesse  des  schüIers  berück- 
sichtigte ;  denn  die  idee  im  anschluss  an  die  politische  geschichte  eine  tabellarische 
Übersicht  über  die  culturgeschichte  und  litteratur  zu  geben,  muss  als  glücklich 
bezeichnet  werden. 

Dr.  W.  Vietor:  Englische  schulgrammatik.  Erster  theil.  Formenlehre.  Leipzig, 
Teubner  1879, 

Wir  müssen  es  uns  vorbehalten,  auf  diese  arbeit  nach  dem  erscheinen  des 
zweiten  theiles  des  lesebuches  zurückzukommen,  das  in  kurzem  erscheinen  soll. 
Der  verf.  ist  mit  vielen  fachmännern  der  ansieht,  dass  durch  die  stärkere  betonung 
der  lectüre  zusammenhängender  lesestücke  auch  in  den  neueren  sprachen  bessere 
resultate  beim  Unterricht  erzielt  werden  würden.    Die  methode  ist  gerade  in  bezug 


Lehr-  und  Übungsbücher  für  die  englische  spräche.    III.  lyy 

auf  die  neueren  sprachen  weniger  neu ;  auch  ist  sie  nicht  für  jede  art  von  schulen 
angebracht.     Darauf  aber  wird  später  zurückzukommen  sein. 

Die  vorliegende  formenlehre  ist  jedenfalls  eine  vortreffliche  arbeit.  Sie  em- 
pfiehlt sich  zunächst  durch  die  consequente  durchführung  der  lautlehre  nach  den 
(ich  meine  von  Helmholtz  entwickelten)  gesetzen.  So  viel  ich  weiss,  ist  das  zum 
ersten  mal  in  einer  schulgrammatik  geschehen ,  der  versuch  scheint  völlig  ge- 
lungen; er  allein  rechtfertigt  die  arbeit  des  verf.  Endlich  erscheint  die  englische 
ausspräche  auch  dem  schüler  im  lautlichen  zusammenhange,  und  nicht  als  reine 
Willkür ;  auf  grund  dieser  eintheilung  des  alphabetes  wird  er  sich  sicherer  und 
schneller  orientiren  ;  in  jedem  falle  tritt  auch  dem  schüler  sofort  die  wissenschaft- 
liche Seite  der  ausspräche  entgegen.  Die  weitere  ausführung  derselben  überlässt 
verf.  dem  lehrer ;  wir  hoffen  indess,  dass  demselben  im  lesebuche  ein  gewisser 
methodischer  resp.  praktischer  gang  vorgezeichnet  werden  wird.  Gestehen  wir 
nur,  dass  die  klage  des  Verfassers  (in  der  einleitung)  über  die  »vielfach  wahrhaft 
barbarische  ausspräche  der  schüler«  ihre  berechtigung  auch  in  bezug  auf  viele 
collegen  hat,  die  auf  das  formalbildende  element  dieser  Übungen  oft  zu  geringen 
werth  legen.     Auch  denen  wird  das  bücheichen  manchen  guten  wink  geben. 

Mit  der  eigentlichen  formenlehre  sind  wir  nicht  weniger  einverstanden.  In 
knapper,  verständlicher  fassung  ist  die  flexionslehre  nach  den  resultaten  der 
historischen  Sprachforschung  gegeben ;  zu  besonderer  empfehlung  gereicht  die  bei- 
behaltung  des  objective  case,  wodurch  dem  schüler  eine  falsche  auffassung  des 
Verhältnisses  zwischen  dativ  und  accusativ  von  vorn  herein  unmöglich  ge- 
macht wird. 

In  folgenden  kleinen  ausstellungen  möge  der  verf,  unser  interesse  an  der 
Verbreitung  des  buches  erkennen. 

§  5  scheinen  mir  neben  si  zur  bezeichnung  von  weichem  seh  (z)  zu  und  su 
zu  fehlen. 

§  21 :  die  Übersetzung  von  »deer«    durch  »hirsche«    ist  wol  nicht  zutreffend. 

§  41  scheint  uns  bem.  2  nicht  glücklich  gefasst  zu  sein;  »hundred  und 
thousand  bekommen    nur   dann    im    plural  die  endung  s,    wenn  sie  allein  stehen.« 

§  59:  some  what  neben  what  als  Substantivpronomen  scheint,  besonders  für 
die  schule,  gewagt. 

§  80:  die  ausspräche  (kurz!)  bin  für  been  ist  wol  die  allein  zulässige. 

S.  26:  bade  wird  gesprochen,  als  stände  bad.  Neben  sat  fehlt  die  andere 
Schreibweise  säte,   sowie  das  part.  rode,  welches  gebräuchlicher  ist  als  ridden. 

Der  druck  ist  bis  auf  forget  (s.  27)  statt  forgot  durchweg  correct;  die  aus- 
stattung  die  bekannte  gute  der  Teubnerischen  ausgaben. 

Dr.  J.  W,  Zimmermann.  Grammatik  der  englischen  spräche,  mit  vielen  be- 
legstellen  und  Übungsstücken  für  die  oberen  klassen  höherer  lehranstalten. 
Neunte,  durchaus  verbesserte  aufi.     Halle.     Schwetschke   1878.     279  s. 

Zimmermann's  »lehrbuch«  und  »grammatik«  gehören,  nach  der  zalil  ihrer 
auflogen  zu  urtheilen,  zu  den  verbreiteisten  hülfsmitteln  des  englischen  Unterrichtes. 
Jenes  hat  in  6  jähren  12  unveränderte  auflagen  erlebt,  von  der  grammatik  er- 
schien die  erste  im  jähre  1867.  Wenn  wir  trotzdem  in  das  allgemeine  lob  nicht 
einstimmen,  so  werden  wir  das  schon  des  weiteren  motiviren  müssen.  Die  neue 
aufläge  bietet  dazu  um  so  mehr  Veranlassung,  als  sie  als  durchaus  verbessert  be- 
Kölhi  n  g.  Englische  Studien.    III.    i.  12 


178 


Litteratur 


zeichnet  wird    und    in    der    that    auf  schritt    und    tritt    die    sorgfaltigste  Überarbei- 
tung zeigt. 

iJas  »wissenschaftlich«  der  ersten  aufläge  steht  nicht  mehr  auf  dem  titel- 
blatt  mit  recht ;  denn  obgleich  der  verf.  eine  in  sich  abgeschlossene  behandlung 
der  grammatik  und  speciell  der  syntax  gibt,  ist  dieselbe  nicht  wissenschaftlich  zu 
nennen.  Wir  fürchten  auch,  es  wird  einige  zeit  vergehen,  ehe  wir  unsem  schalem 
eine  solche  englische  grammatik  werden  in  die  hand  geben  können,  wie  es 
Lattmann  für  die  lateinische  spräche  erreicht  hat ;  die  englische  Unterrichtsmethode 
scheint  noch  nicht  so  weit  vorgeschritten  zu  sein.  Doch  liegt  ein  trost  darin, 
dass  man  sich  an  vielen  gelehrtenschulen  noch  nicht  hat  entschliessen  können, 
eine  nach  der  Lattmann'schen  methode  gearbeitete  grammatik  einzuführen ;  noch 
herrscht  fast  absolut  Ellendt-Seifert ;  wie  wenig  anspruch  er  aber  auf  die  herr- 
schaft  hat,  zeigt  eine  abhandlung  von  dir.  Marg  im  programm  des  gymnasiums 
Meseritz  (1878). 

Die  ursprüngliche  eintheilung  ist  beibehalten:  l)  formenlehre  und  Wort- 
bildung ;  2)  Satzverhältnisse ;  3)  hülfstabellen.  Das  sehr  sorgfältig  gearbeitete 
Wortregister  dagegen  ist  jetzt  nicht  mehr  am  ende  des  buches  (wo  es  doch  pas- 
sender ist) ,  sondern  vorangestellt.  Die  unterabtheilungen  behaupten  dieselbe 
reihenfolge.  Im  kleinen  aber  ist  mit  einem  unverkennbaren  fleisse  überall  gefeilt 
und  revidirt,   und  manches  früher  störende  ausgemerzt. 

Aber  der  hauptmangel  des  buches  tritt  uns  aus  der  neuen  aufläge  noch  mehr 
entgegen.  Unter  der  breite  und  Weitschweifigkeit  leidet  die  klarheit.  Wir  ver- 
weisen speciell  auf  die  behandlung  der  reflexiven  verba  (§§  335 — 346)  des  be 
stimmten  artikels  (352 — 366).  Auch  können  wir  es  in  einer  solchen  grammatik 
nicht  billigen,  dass  bald  vom  deutschen  bald  vom  englischen  sprachgebrauche 
ausgegangen  wird.  Das  fremde  idiom  soll  grundsätzlich  den  ausgangspunkt  bilden ; 
damit  verträgt  sich  sehr  wol  eine  gelegentliche  bezugnahme  auf  verwandte  gram- 
matische erscheinungen  in  anderen  sprachen.  Manches  detail  würde  durch  diese 
behandlungsweise  zu  sparen  sein,  während  es  hier  der  auffassung  des  idiomatischen 
geradezu  hinderlich  ist.  Als  beispiel  greifen  wir  §§  323  und  329  heraus:  Dort 
werden  die  verba  des  wegnehmens  und  vorenthaltens  (to  conceal,  hide  etc.)  er- 
wähnt, hier  werden  im  gegensatz  zum  deutschen  Sprachgebrauch  »verba,  welche 
eine  trennung,  entfernung  und  befreiung  ausdrücken»  mit  derselben  construction, 
wie  jene  (from)  angeführt.  Nun  aber  liegt  beiden  regeln  dieselbe  grammatische 
auffassung,  die  der  trennung,  zu  gründe ;  diese  ist  zu  entwickeln,  dann  ergeben 
sich  die  einzelfalle  von  selbst ;  letztere  alle  aufzusuchen  und  anzuführen,  ist  nicht 
die  aufgäbe  einer  grammatik.  —  Wir  dürfen  auch  nicht  auf  eine  wissenschaftliche 
besprechung  der  präpositionen  verzichten;  den  versuch  sollte,  nachdem  doch  die 
vorarbeiten  von  Mätzner  gemacht  sind ,  jede  wirkliche  grammatik  machen,  damit 
wir  endlich  dahin  kommen,  jenes  reiche  gebiet  für  unsere  oberklassen  wissen- 
schaftlich ergiebig  zu  machen.  Es  muss  unter  allen  umständen  von  der  englischen 
präposition  ausgegangen  und  womöglich  ihre  begriffliche  erweiterung  oder  Ver- 
engung auf  grund  der  sprachgeschichtlichen  entwickelung  dem  schüler,  für  den 
das  Englische  ein  hauptfach  ist,  mitgetheilt  werden;  daneben  kann  ja  ein  anhang 
phraseologischer  art  praktischen  zwecken  dienen,  etwa  als  memorirstoff,  bei  dem 
die  rücksicht  auf  die  deutsche  präposition  zu  entscheiden  hat. 

Auf  der  andern  seite  würden  wir  gern  darauf  verzichten,  das  gesammte 
gebäude  der  grammatik  wieder  aufgeführt  zu  sehen.     Ist  es    nöthig,    des  breiteren 


Lehr-  und  Übungsbücher   für  die  englische  spräche.    III.  I^q 

vom  wesen  des  einfachen  und  zusammengesetzten  satzes  zu  sprechen ,  oder  vom 
subject  und  object,  wenn  schülern,  wie  doch  vom  Verfasser  angenommen  wird, 
diese  begriffe  längst  durch  das  Lateinische  oder  Französische  geläufig  geworden 
sind?  Wir  halten  daher  diesen  ganzen  apparat  für  mehr  oder  weniger  bailast. 
Auch  möchten  wir  principiell  erklären,  dass  nach  unserer  ansieht  eine  zu  häufige 
rücksichtnahme  auf  lateinische  oder  französische  grammatik  für  das  englische 
nicht  angebracht  ist;  der  schüler  ist  nur  zu  geneigt,  das,  was  neben  jenen 
sprachen  als  armuth  erscheint,  die  einfachheit  des  grammatischen  baues,  für 
eine  armuth  in  der  spräche  überhaupt  zu  halten  und  sich  dadurch  vom  erkennen 
der  Schwierigkeit,  abhalten  zu  lassen,  die  eben  auf  einem  ganz  anderen  ge- 
biete liegt. 

Eine  Scheidung  zwischen  wirklichem  regime  und  blosser  präpositionaler  er- 
gänzung  vermisst  man  bei  Z.  durchweg.  S.  178  stehen  to  look  at,  to  bark  at, 
to  play  at,  auf  einer  linie!  Die  an  sich  richtige  bemerkung  in  s.  333:  »Auch  die 
verba  und  einige  adjective  sind  durch  verschiedene  präpositionen  zu  ergänzen, 
wenn  verschiedene  beziehungen  auszudrücken  sind«  sollte  viel  früher  gemacht 
werden  und  kann  an  dieser  stelle  nur  irre  führen.  Wohin  muss  man  kommen, 
wenn  bei  ausdrücken  wie  z.  b.  to  ask  for,  after,  to,  der  schüler  auf  das  auswendig- 
lernen  verwiesen  wird,  auf  das  erlernen  so  und  so  vieler  combinationen,  welche 
auch  die  vollständigste  tabelle  nicht  bieten  kann!  Dann  treffen,  wie  es  z.  b. 
§  333  geschieht,  phraseologische  ausdrücke  zusammen,  welche  schlechthin  nur 
lexikalisch  geordnet  werden  können :  »To  break  of  entwöhnen  von  —  to  break 
in  (a  horse)  dressiren  —  to  break  in  on  herfallen  über«  etc.  Was  hat  (gram- 
matisch!) in  mit  a  horse  zu  thun:  und  wie  verschieden  ist  die  grammatische 
function  von  »to  break  in  on«  von  »to  break  one  of?«  —  Wenn  irgendwo,  muss 
sich  auf  diesem  reichentwickelten  gebiete  die  grammatik  hüten,  zu  viel  zugeben; 
dieser  gefahr  aber  konnte  Z.  um  so  leichter  entgehen,  als  er  am  ende  des  buches 
sehr  sorgfältige  und  vollständige  tabellen  der  complemente  gibt.   — 

Was  letztere  betrifft,  so  würde  sich  wiederum  Nr.  V  bedeutend  reduciren, 
wenn  in  der  casuslehre  das  verhältniss  von  dativ  und  accusativ  klargestellt  wäre. 
Z.  will  77  verba  auswendig  lernen  lassen,  welche  abweichend  vom  deutschen 
transitiva  sind  ! 

Die  meisten  regeln  sind  zu  breit  und  nicht  recht  klar  gefasst ;  einen  knappen 
ausdruck  findet  der  verf.  fast  nie;  mit  dem  einprägen  derselben  sieht  es  also  be- 
denklich aus.  §  340,  I  heisst  es:  »Mit  dem  reflexivum  pflegen  im  Englischen 
namentlich  nur  solche  transitiva  gegeben  zu  werden,  als  deren  object  man 
sich  einen  anderen  gegenständ  zu  denken  geneigt  ist,  als  das  persönliche  sub- 
ject selbst.«  Hier  zeigt  sich  eine  gute  beobachtung  des  Sprachgebrauches  so 
verklausulirt,  dass  der  schüler  sich  schwer  hindurchfinden  wird.  —  In  §  170  be- 
spricht der  verf.  einen  bekannten  gebrauch  der  Elisabethanischen  zeit  (z.  b.  con- 
federate  auch  als  part.  =  confederated,  vgl.  Abbot,  Shakespere  grammar,  §  loi) 
in  einer,  wie  uns  scheint,  irreleitenden  weise:  »Von  den  Zeitwörtern,  die  aus  dem 
lateinischen  part.  perf.  entstanden  sind,  kommen  mehrere  zugleich  als  eigenschafts- 
wörter  vor.  Doch  wird  in  der  heutigen  prosa  die  form  des  englischen  part.  ]>erf. 
durchweg  vorgezogen,  und  besonders  in  zusammengesetzten  Zeiten  ausschliesslich 
gebraucht.«  Die  abweichung  von  »der  heutigen  prosa«,  die  doch  allein  von  Z. 
behandelt  wird,  konnte  wol  überhaupt  unerwähnt  bleiben  oder  in  einer  anmerkung 
angebracht  werden,  für  die  lectüre  Shakespere's. 

12» 


jJ5o  Litteratur 

Der  anglicismus:  He  lias  been  dead  these  seven  ycars  findet  seine  einfachste 
erklärunjj  durch  den  gebrauch  des  demonstratifs,  wie  das  deutsche:  ich  bin  diese 
woche  nicht  bei  ihm  gewesen.  Es  braucht  also  gewiss  nicht  (s.  233)  von  einer 
dem  Deutschen  nicht  geläufigen  auffassung  gesprochen  zu  werden ;  ebenso  wenig 
scheint  uns  das  beispiel  aus  W.  Irving :  »he  is  dead  and  gone  these  eighteen 
years«  eine  abweichung  von  der  regel  zu  statuiren,  wenn  letztere  nur  auf  natür- 
liche weise  erklärt  wird,  wenn  man  nämlich  these  im  äuge  behält.  —  Und  warum 
soll  §  234  »Here  I  bring  you  a  letter"  nicht  auch  im  Englischen  erlaubt  sein? 
Muss  da  immer  I  hr.ve  broiight  stehen?  Wozu  da  eine  regel?  Lässt  doch  der 
verf.  selbst  §§  230  und  242  den  gebrauch  des  präsens  statt  des  futur's  zu,  was  ja 
in  vielen  fällen  auch  nur  dem  leichteren   gcnus  dicendi  angehört. 

«With  (§  331,  10)  gibt  meistens  die  Ursache  abnormer  zustände  an:  pale 
with  —  angry  with  —  to  part  with  —  to  comply  with«  etc.  etc.  Was  soll  man 
sich  bei  dieser  erklärung  denken,  und  wie  darf  man  in  dieser  weise  zusammen- 
stellen ? 

Aus  einer  vergleichung  von  §§  248,  249,  439,  2  ergibt  sich  eine  Unklarheit 
in  bezug  auf  den  passivischen  gebrauch  des  part.  praes.  in  »the  house  is  building.» 
Was  ist  das  eigentlich  richtige?  Z.  scheint  darüber  keine  feste  ansieht  gebildet 
zu  haben,  obgleich   die  frage  schon  von  Mätzner  (II,   55)  entschieden  ist. 

In  §  259  scheint  es  bedenklich  —  mit  rücksicht  auf  den  sehr  gewöhnlichen 
fehler,  im  bedingten  satze  die  einfache  tempusform  zu  wählen  —  I  had  =•  ich 
hätte  zu  setzen. 

Wegen  ihrer  Vollständigkeit  und  Zuverlässigkeit  halten  wir  die  formenlehre 
für  den  besten  theil  des  buches.  Nur  können  wir  den  werth  ganz  vereinzelter 
hinweise  auf  die  alte  spräche  nicht  einsehen.  Letztere  würden  gerechtfertigter 
erscheinen,  um  z.  b.  the  —  the  (je  —  desto)  und  to  go  a  —  fishing  zu  erklären. 
Von  jenem  spricht  Z.  als  bestimmtem  artikel  (wenigstens  muss  es  der  schüler 
so  auffassen);  weiter  heisst  es:  »der  artikel  a  tritt  als  verstümmelte  präposi- 
tion  auf.« 

Statt  der  sehr  zahlreichen,  meist  aber  recht  kurzen  beispielssätze  würden  wir 
lieber  weniger,  aber  vollständigere  und  oft  auch  (z.  b.  s.  170)  inhaltsreichere 
sehen.  Die  angäbe  der  quellen  ist  in  vielen  fällen  unterlassen;  man  wird  daher 
die  frage  verzeihen,  ob  alle  sätze  guten  originalschriftstellem  entnommen  sind. 
Hier  und  da  ist  uns  ein  zweifei  aufgestiegen.  Woher  ist  z.  b.  Teil  the  stranger 
come  in  (§  309).  It  has  done  raining?  —  Aehnliches  schwanken  in  der  behand- 
lung  von  dingen,  die  man  in  einem  Schulbuch  doch  nicht  als  bloss  äusserlich  be- 
zeichnen kann,  zeigt  sich  in  der  terminologie ;  neben  »verba«  »wie  pronomen" 
finden  sich  formen  wie  »femininis«,  »conditional  perfecti«,  »reflexiva«  in  steter 
abwechslung,  ebenso  steht  bald  der  accent  zur  bezeichnung  der  ausspräche,  bald 
fehlt  er. 

Im  einzelnen  sei  folgendes  bemerkt.  §  355  ist  für  theatre  im  abstracten 
sinne  kein  beispiel  gegeben.  Wir  fürchten,  der  Verfasser  konnte  kein  solches 
finden.  —  §  38  fehlt  die  form  bereaved  neben  bereft;  jenes  ist  jetzt  gebräuchlicher. 
—  §  258  wünschten  wir  eine  bestimmte  erklärung  über  den  gebrauch  des  con. 
junctiv's  im  guten  modernen  Englisch.  Die  (nach  Schmitz  gegebene)  anmerkung 
verwirrt  den  schüler  vollends. 

§  303  fehlen  neben  to  accept  of  die  verba  admit,   approve,  allow. 

§  347;  nay  als  negation?  —  Ist  veraltet. 


Lehr-  und  Übungsbücher  für  die  englische  spräche.    III.  l8l 

§  421,   3  passt  bei   »I  had  as  lief«  nicht   das  beispiel  für  den  infinitiv. 
§  468:   ''but  what  statt  but  (that)«    ist  wol  kaum  zu  empfehlen. 
Die  zahl  der    druckfehler    ist    unbedeutend,    störend    nur   s.   143  dehne  statt 
defini.     Die  ausstattung  des  buches  ist  zu  loben. 

Dr.  W.   Reuter.     Lehrbuch   der    englischen,  spräche.      Für   höhere   lehranstalten 
bearbeitet.     2.   aufläge,   umgearbeitet  und  erweitert.     Saarlouis   1877.     Stein. 

Dieses  lehrbuch,  dem  wir  im  allgemeinen  eine  günstige  aufnähme  prophezeien 
möchten,  befolgt  einen  von  dem  gewöhnlichen  ziemlich  abweichenden  gang.  Es 
zerfällt  in  zwei  haupttheile,  denen  eine  »Vorschule«  (ausspräche  und  Übersicht  der 
redetheile  enthaltend)  vorausgeschickt  ist ;  der  erste  haupttheil  (cursus)  zerfällt 
wieder  in  drei  stufen:  i)  Formenlehre.  2)  Erweiterung  derselben  und  das  nöthigste 
aus  der  syntax.  3)  Deutsche  Übungsstücke,  woran  sich  in  einem  »Anhang«  eine 
»auswahl  von  lesestücken  in  prosa  und  versen«  schliesst.  Der  zweite  cursus  ent- 
hält die  syntax  und  zwar  in  englischer  spräche.  Letzterer  ist  an  sich  entschieden 
zu  loben;  der  schüler  sieht  zum  theil  bekannte  dinge  in  einem  neuen  und  voll- 
ständigeren gewande.  Femer  ist  zu  loben,  dass  die  Übungsstücke  sich  nicht  an 
einzelne  regeln  anschliessen,  sondern  an  ein  ganzes  kapitel. 

Im  Vorwort  vermissen  wir  eine  bemerkung  darüber,  für  welche  schulen  an 
eine  einführung  besonders  gedacht  ist.  Der  titel  sagt  »für  höhere  lehranstalten«. 
Welche  sind  damit  gemeint?  Schwerlich  realschulen  I.  Ordnung?  Für  mittel- 
schulen  reicht  es  schon  darum  nicht  aus,  weil  der  phraseologische  theil  unberück- 
sichtigt geblieben.  Am  geeignetsten  scheint  es  uns  für  schulen,  wo  das  englische 
fakultativ  getrieben  wird,  und  für  den  Privatunterricht. 

Fleiss  und  geschick  muss  man  dem  verf.  besonders  in  der  behandlung  der 
I.  stufe  nachrühmen.  Die  regeln  sind  —  im  anschluss  an  vorgedruckte  beispiele 
—  knapp  und  gxtt  gegeben.  Letzteres  lässt  sich  mit  rücksicht  auf  grammatische 
Zuverlässigkeit  von  der  weiteren  arbeit  weniger  sagen  und  schlägt  in  das  gegen- 
theil  um,  sobald  die  regeln  im  englischen  gewand  erscheinen.  Die  fassung:  Ad- 
jectives  are  used  as  abstract  substantives  with  the  article  (s.  141)  ist  mindestens 
unklar,  wenn  nicht  geradezu  falsch.  S.  144  wird  für  den  mustersatz  Nr.  10: 
»she  was  beauty's  seif«  (NB.  doch  wol  keine  gewöhnliche  construction !)  die  regel 
gemacht :  »Jnstead  of  itself  referring  to  an  abstract  noun  we  sometimes  find  the 
possessive  case  foUowed  by  seif.«  Was  heisst  s.  147  unten:  »That  (relativum) 
is  never  used,  when  its  autecedent  is  a  clause  of  a  sentence?«  Die  Unterscheidung 
zwischen  shall  und  will  (s.  150)  ist  sehr  bedenklich;  und  welche  consequenzen 
könnte  nicht  ein  schüler  aus  der  regel  s.  155,  3  ziehen,  dass  »intransitive  verbs 
are  put  into  the  passive  voice  by  changing  the  dative  case  into  the  subject  ?<r  — 
Die  behandlung  der  präpositionen  hat  der  verf.  sich  etwas  leicht  gemacht ;  will 
man  da  überhaupt  definitionen  geben,  so  muss  es  genauer  geschehen  ;  in  keinem 
falle  mag  man  die  deutsche  bedeutung  missen ;  warum  diese  weggelassen  ist,  sieht 
man  nicht  recht  ein. 

In  den  beispielen  verräth  sich  eine  grosse  Selbständigkeit ;  sie  sind  meistens 
neu  gesammelt  und  auch  im  elementaren  theile  gut  gewählt.  Die  zusammen- 
hängenden Übungen  verdienen  ein  gleiches  lob ;  nicht  recht  wollen  uns  dagegen 
die  englischen  lesestücke  der  zweiten  stufe  gefallen,  die  einige  recht  schwerfällig 
stylisirte  anekdoten  enthalten. 


l82  Litteratur 

Eine  gründliche  behandlung  der  ausspracheregcln  sollte  ein  solches  lehrbuch 
nicht  vermissen  lassen.  Die  vorgedruckten  leseübungen  können  sie  nicht  ersetzen. 
Sollte  aber  der  verf.  dies  für  eine  neue  aufläge  beabsichtigen,  so  möchten  wir  u.  a. 
empfehlen,  das  o  in  »nor«  nicht  dem  o  in  »nord«  gleichzustellen,  und  den  laut 
ou  genauer,  als  durch  den  hinweis  auf  »thau«  zu  erklären,  und  s.  7  die  endung 
son  in  allen  eigennamen  scharf  sprechen  zu  lassen. 

In  bezug  auf  Interpunktion  und  Silbentrennung  herrscht  eine  grosse  willkür. 
Sachlich  möchten  wir  bemerken,  dass  s.  23  das  2.  particip  von  ride  gewöhnlich 
rode  heisst,  dass  s.  55  to  avail  und  cuntent  mit  unrecht  unter  die  »eigentlichen 
reflexiva«  aufgenommen  sind,  dass  (s.  56)  neben  I  grieve  auch  die  unpersönliche 
form  existirt.  Ileisst  »wits«  *wilze«?  S.  64  scheint  es,  als  wenn  man  nur  to  get 
an  admission  sagen  könnte.  S.  135  wird  the  =  je,  desto  als  »article«  bezeichnet  1 
Warum  soll  to  yield  =  eintragen  nicht  den  objective  case  ohne  to  nach  sich 
haben  ? 

Die  zahl  der  druckfehler  ist  nicht  unerheblich ;  besonders  störend  sind  s.  14 
Per  perfect  Teuse ;  s.  62  which  statt  wish  ;  s.  135,  4  prec^^ded ;  s.  146  proposi- 
tion  statt  preposition ;  s.  150,  6  opion  statt  opinion;  s.  165  boarder  statt  border; 
s.    174,  18   tiding  statt  tidings. 

Dr.  Chr.   Rauch.     English    Repetitional  Grammar.     Englische  repetitions-gram- 
matik.     Berlin  1879.     Oehmigke.     80.    118  s.      i   M. 

Eine  recht  fleissige  arbeit,  die  sich  zu  repetitionen  im  ganzen  wol  empfiehlt^ 
Ueber  den  werth  des  englischen  theiles  aber  möchten  wir  hauptsächlich  aus  zwei 
gründen  streiten;  einmal  wird  man  doch  zu  einer  Wiederholung  sich  des  kürzesten 
weges  bedienen,  also  nur  den  deutschen  theil  benutzen ;  dann  aber  können  wir 
nicht  zugeben,  dass  die  behandlung  der  grammatik  in  englischer  spräche  dem 
lehrer  ein  »zwar  enges,  aber  so  nützliches  gebiet«  gewährt,  »auf  welchem  er  die 
Schüler  zu  einer  geläufigen  beherrschung  des  ausdruckes,  zum  sprechen  über  einen 
■wissenschaftlichen  gegenständ  anleiten  kann.«  Und  wenn  wir  auch  einräumen, 
dass  die  englische  fassung  der  regeln  recht  viel  abwechselung  im  ausdruck  bietet, 
so  ist  dieselbe  doch  keine  lectüre,  welche  die  allgemeine  sprachliche  bildung  bei 
dem  Schüler  erheblich  zu  fördern  vermöchte ;  noch  weniger  würde  das  Englische 
einen  geborenen  Engländer  befriedigen,  welcher  deutsche  schulen  in  seiner  mutter- 
sp räche  zu  unterrichten  hat.  —  Wenn  wir  somit  vom  englischen  theile  absehen, 
so  müssen  wir  vom  deutschen  sagen,  dass  derselbe  das  nöthigste  in  sachgemässer 
und  praktischer  weise  zusammenstellt  und  auf  die  gewöhnlichsten  fehler  stete 
rücksicht  nimmt ;  freilich  darf  das  nicht  so  weit  gehen,  dass  man  vor  all  what 
direct  warnt;  das  ist  ein  gefährliches  mittel,  fehlem  vorzubeugen.  Hier  und  da 
macht  sich  eine  unnütze  gelehrsamkeit  breit,  z.  b.  bei  den  unregelmässigen  verben, 
■wo  doch  der  hinweis  auf  andere  sprachen  nicht  im  Interesse  einer  repetition  liegen 
kann.  Dem  im  Vorwort  ausgesprochenen  grundsatz,  »das  nothwendige,  aber  auch 
nur  das  nothwendige«  zu  geben,  wird  verf.  mit  dem  fortschreiten  des  buches  all- 
mählich untreu  ;  es  nähert  sich  da  mehr  oder  weniger  einer  systematischen  gram- 
matik ;  soll  sie  aber  das  sein,  so  würden  wir  gegen  manchen  punkt,  z.  b.  das 
gerundium,  »I  am  to«  und  besonders  die  präpositionen  erhebliche  einw/sndungen 
machen  müssen.  Andererseits  möchten  ■wir  für  eine  »Repetitional  Grammar« 
gerade    den    phraseologischen    bestandtheil    der    präpositionen,    etwa    in   form    von 


Lehr-  und  Übungsbücher   für  die  englische  spräche.    III.  183 

tabellen  zum  auswendiglernen  empfehlen,  derselbe  kommt  bei  R.  am  schlech- 
testen weg. 

Zu  s.  46  und  47  bemerken  wir,  dass  and  oft  auch  nach  thousand  stehen 
muss.  —  S.  73  soll  ea  in  heard  wie  in  leapt  gesprochen  werden.  —  S.  38: 
»Speaking  of  the  languages  we  say :  the  English,  the  French«  als  »Remark«  zum 
art.  def.  ist  wol  ein  versehen.  —  S.  16  steht  zweimal  das  unenglische  apostrophy 
statt  apostrophe.  —  S.   18  das  veraltete  ancient  für  ensign  =  fahne. 

Für  eine  neue  aufläge,  die  wir  dem  bücheichen  wünschen  möchten,  müssen 
wir  eine  gründliche  revision  des  druckes  empfehlen ;  die  zahl  der  druckfchler  ist 
im  höchsten  grade  störend  ;  wi-thout  s.   88  würde  besser  with-out   zu  trennen  sein. 

Dr.  K.  M eurer.  Englische  Synonymik.  Für  den  schulgebrauch  zusammen- 
gestellt und  erläutert.     Cöln.     Roemke  &  Co.    1879.     120.     168  s.     M.   1,50. 

Wir  glauben  im  sinne,  wenn  nicht  aller,  sicherlich  der  meisten  fachcollegen 
zu  handeln,  wenn  wir  dem  verf.  für  diese  Synonymik  unsere  volle  anerkennung 
aussprechen,  sowie  der  Verlagsbuchhandlung  unsern  dank  für  die  gefällige  aus- 
stattung  des  sehr  handlichen  büchelchens.  Eine  Synonymik  für  oberklassen  ist  ein 
lange  gefühltes  bedürfniss,  dem  durch  das  sog.  bescheiden  auftretende  werkchen 
wesentlich  abgeholfen  wird.  Es  ist  nach  den  besten  englischen  quellen,  denen  es 
auch  die  beispiele  entlehnt,  bearbeitet,  geht  aber,  was  ein  hauptvorzug  ist,  vom 
deutschen  begriffe  aus ;  ein  doppeltes  register  erleichtert  das  auffinden  der  be- 
handelten gruppen. 

Bei  einer  solchen  arbeit,  die  unseres  wissens  ausser  Melford  und  Klöpper 
die  einzige  dieser  art  für  das  Englische  in  Deutschland  ist,  versteht  es  sich  von 
selbst,  dass  man  in  der  gruppirung  der  Synonyma,  in  der  heranziehung  des  einen 
oder  weglassung  des  andern  nicht  immer  mit  dem  verf.  übereinstimmen  wird ; 
manches  ist  bei  der  ganzen  Zusammenstellung  individuell.  Aber  der  anfang  zu 
einer  sich  erweiternden  und  vervollkommenden  schulsynonymik  scheint  uns  recht 
glücklich  gemacht  zu  sein;  der  rahmen  ist  gegeben,  und  wenn  vielleicht  viele 
collegen  auf  das  hineinziehen  des  etymologischen,  hie  und  da  auch  auf  bestimm- 
tere definitionen  grossen  oder  den  grösseren  werth  legen,  auch  recht  häufige  Wörter, 
wie  etwa  to  want  —  to  need,  snake  —  serpent,  ape  —  monkey,  waare,  kleider, 
noch  darin  vermissen,  so  kann  das  alles  leicht  nachgeholt  werden  in  späteren  auf- 
lagen, die  wir  der  »Synonymik«  in  recht  grosser  zahl  zu  wünschen  keinen  anstand 
nehmen. 

Hamburg. 

Dr.   Gustav  \V e n  d  t . 

B.     Schulausgaben  englischer  classiker. 
Pictures  from  Italy  by  Ch.   Dickens.     Für  die  oberklassen  höherer  lehranstalten 

mit  anmerkungen  und  erläuterungen  ,    herausgegeben    von  d  r.  Th.  Weischer. 

Leipzig  und  Cöln.     C.   Reissner  &  Ganz  1879.     M.    1,25. 

Die  wähl  des  Stoffes  motivirt  der  herausgeber  im  vorwort  so :  Unseres  wissens 
ist  vorstehendes  werk  des  unsterblichen  humoristikers  zu  schulzwecken  bisher  noch 
nicht  veröffentlicht  worden,  und  hoffen  wir  daher  (?)  durch  herausgäbe  desselben 
unserer  studirenden  Jugend  einen  wesentlichen  dienst  zu  leisten.«  Wenn  man 
schon  in  der  Wissenschaft  an  der  verdienstlichkeit  mancher  editio  princeps  unserer 
publikationslustigen  zeit  zweifeln  darf,  so  hat  in    der   pädagogik    die  heranziehung 


184  Litteratur 

neuen  lesestoflfes  nur  dann  berechtigung,  wenn  er  durch  seine  innere  vortrefflich- 
keit  bereits  vorhandenes  verdrängen  kann.  Gegen  den  grundsatz,  dass  nur  das 
beste  gerade  gut  genug  für  die  jagend  sei,  Verstössen  die  publikationen  der 
modernen  philoIogie  nur  zu  häufig.  Der  altklassische  schulmann  ist  durch  die 
bcschränkthcit  des  gebieles  und  durch  die  zum  theil  Jahrhunderte  lange  tradition 
in  der  wähl  des  lesestoffes  weniger  missgrilTen  ausgesetzt.  Die  modernen  sprachen 
sind  erst  sehr  spät  zur  anerkcnnung  ihrer  wissenschaftlichen  berechtigung  gelangt, 
und  rücksichtlich  der  schulischen  behandlung  sind  die  Vertreter  derselben  noch 
weit  von  der  Übereinstimmung  und  also  best  begründeten  festigkeit  entfernt, 
welche  den  Unterricht  im  Lateinischen  und  Griechischen  so  vorzüglich  auszeichnen. 
Man  liest  z.  b.  auf  allen  gymnasien  in  tertia  Caesar,  in  secunda  Vergil,  in  prima 
Horaz ;  kann  dem  ein  ähnlicher  allgemein  anerkannter  canon  in  den  modernen 
sprachen  entgegengestellt  werden  ?  Und  doch  ist  solche  conformität  aus  mehr  als 
einem  gründe  wünschenswerth  und  wird  erzielt  werden  müssen. 

Die  wähl  des  herausgebers  kann  unsere  billigung  nicht  finden.  Denn  weder 
gehört  das  werk  zu  den  besten  leistungen  des  autors,  noch  ist  der  behandelte 
gegenständ  für  den  schüler  besonders  anziehend  oder  fruchtbar.  Wenn  im  Vor- 
wort »auf  die  prächtige  Schilderung  des  römischen  carnevals«  besonders  verwiesen 
wird,  so  scheint  es,  dass  es  für  sekundaner  doch  weit  wichtigere  dinge  gibt,  auf 
welche  sie  ein  halbes  oder  gar  ein  ganzes  jähr  hindurch  fleiss  und  aufmerksamkeit 
zu  concentriren  haben,  als  die  gelungenste  darstellung  des  römischen  camevals, 
die  sie  übrigens  bei  Goethe  finden.  Zu  einem  vergleich  mit  der  »italienischen 
reise«  und  dem  »zweiten  aufenthalt  in  Rom«  fordern  die  Pictures  from  Italy 
geradezu  heraus  und  halten  ihn  doch  —  in  der  hier  gebotenen  gestalt  —  am  aller- 
wenigsten aus.  —  Wird  dadurch  also  das  ansehen  der  ausländischen  Hteratur  ge- 
fördert? Auch  ist  die  oft  stark  subjektive  und  satirische  darstellung  des  eng- 
lischen humoristen  weit  weniger  für  die  schule  passend  als  die  ruhige  des  deut- 
schen dichters.  Kurz,  das  buch  verdient  die  auszeichnung  nicht,  an  der  erziehung 
unserer  jugend  mitzuarbeiten. 

Auch  die  pädagogische  behandlung  genügt  unsern  ansprüchen  nicht ;  tadel 
verdient  es,  wenn  die  anmerkungen  dinge  erklären,  die  der  schüler  bei  einiger 
aufmerksamkeit  selbst  finden  kann.  Die  note  i  auf  p.  i  war  ganz  unnöthig, 
denn  aus  p.  7  und  8  kann  jeder  schüler  das  nöthige  schliessen.  Soll  denn  die 
lectüre  nur  eine  art  von  repetition  grammatischer  regeln  sein,  oder  soll  sie  nicht 
vielmehr  alle  kenntnisse  und  fähigkeiten  des  jungen  geistes  in  anspruch  nehmen? 
Wozu  also  diesen  so  leichten  und  vielleicht  ganz  interessanten  schluss  vorweg 
nehmen?  Dasselbe  gilt  von  p.  131,  2.  Der  schüler  kann,  sobald  ihm  ein  ganzes 
vorgelegt  wird,  nicht  oft  genug  darauf  hingewiesen  werden,  dass  er  die  erklärung 
nur  in  dem  buche  selbst  und  in  seinem  geiste  zu  suchen  hat;  und  je  mehr  ein 
buch  sich  selbst  erklärt,  um  so  mehr  taugt  es  für  die  schule.  —  Was  soll  p.  15 
zu  the  Lilliputian  men  die  note:  »Gullivers  Travels  v.  Swift  1667 — 17450:? 
Entweder  kennt  der  schüler  die  Lilliputian  men  aus  seiner  märchenlectüre,  und 
dann  ist  die  note  überflüssig,  oder  er  kennt  sie  nicht,  und  dann  hilft  sie  ihm 
nichts.  Ebenso  ungenügend  ist  p.  130  die  bemerkung:  »The  Castle  of  Otranto, 
titel  einer  erzählung  von  Horace  Walpole«  ;  hier  wäre  eine  Charakteristik  dieser 
Schauergeschichte,  oder  eine  passende  Inhaltsangabe  der  betreffenden  stelle  nöthig 
gewesen.  —  Auch  die  lexikalischen  anmerkungen  müssen  zum  theil  getadelt 
werden;    p.  97,  2    heisst   to  back  nicht   »hinter  etwas  herfahren«,  sondern  »rück- 


Lehr-  und  Übungsbücher  für  die  englische  spräche.    III.  185 

-vvärts  fahren"  =  to  drive  backward;  p.  98,  2  ist  to  take  down  mit  »ausräumen« 
übersetzt;  es  muss  aber  ^»herausnehmen«  oder  »herunternehmen«  heissen,  da  die 
leute  doch  nicht  hinter  dem  glas  sassen.  Nicht  immer  ist  der  beste  ausdruck  ge- 
troffen, und  das  darf  man  doch  von  der  Übersetzung  des  lehrers  für  den  schüler 
verlangen:  p.  99,  2  abreast  »in  einer  reihet'  für  »nebeneinander«;  es  wird  hier 
ja  von  zwei  dimensionen  gesprochen.  —  Ungenau  ist  auch  p.  123,  i  what  with 
—  what  with  »theils  —  theils«  ;  das  with  muss  zu  feel  giddy  construirt  und  also 
in  der  note  gestrichen  und  das  semicolon  nach  sulphur  muss  durch  ein  komma 
ersetzt  werden.  —  Einige  leichte  setzerfehler  wird  der  schüler  selbst  verbessern 
können.  —  Die  bezeichnung  der  ausspräche  der  eigennamen  ist  das  beste.  — 

Tales  of  a  Grandfather,  being  a  History  of  Scotland  by  Sir  \V.  Scott.  Aus- 
gewählt mit  anmerkungen  und  theilweiser  accentuirung  von  dr.  David 
Bendan.  Mit  einer  karte  von  Schottland  und  regententafel .  Berlin  1879. 
Friedberg  &  Mode.     Ausgabe  mit  Wörterbuch. 

Von  der  schottischen  geschichte  ist  gewiss  jedem  professor,  der  sie  nicht  zu 
seinem  Studium  gemacht  hat,  nicht  mehr  bekannt,  als  was  man  bequem  auf  einen 
bogen  zusammendrucken  könnte.  Der  herausgeber  legt  hier  tertianem  ein  buch 
von  21  bogen  vor,  welches  die  geschichte  Schottlands  bis  1625  behandelt.  Er 
muss  also  wol  der  ansieht  sein,  dass  die  schüler  so  ziemlich  alles,  was  sie  gelesen 
haben,  wieder  vergessen  dürfen.  Dieser  meinung  aber  müssen  wir  auf  das  ener- 
gischste entgegen  treten.  Bei  der  langsamen  schullectüre  ist  der  geist  gezwungen, 
so  lange  und  so  intensiv  bei  den  einzelnen  momenten  der  vorgelegten  erzählung 
zu  verweilen,  dass  bei  einer  massig  guten,  d.  h.  nicht  allein  grammatikalien  trak- 
tirenden  Interpretation  das  gedächtniss  die  hauptzüge  des  Stoffes  in  sich  aufnehmen 
muss  und  soll.  Es  folgt  hieraus,  dass  man  unrecht  thut,  den  jugendlichen  geist 
an  einem  stoff  zu  bilden,  der  sich  in  seinen  bildungsgang  nicht  organisch  einfügt. 
Nun  die  ausgäbe  selbst.  Voraus  geht  eine  kurze  skizze  von  Scott's  leben. 
Wir  haben  an  derselben  den  stil  zu  rügen  und  die  constante  Schreibung  Waverly 
Novels.  Wir  vermissen  das  wichtigste,  die  angäbe  der  bedeutung  des  dichters 
für  die  Weltliteratur.  Während  ferner  The  Vision  of  Don  Roderick,  Rokeby, 
Bride  of  Triernan,  The  Lord  of  the  Isles,  The  Field  of  Waterloo,  Harold  the 
Dauntless  aufgezählt  werden,  findet  man  von  den  romanen  ausser  Waverley  nur 
Ivanhoe,  Kenilworth,  Woodstock  und  Nigel  genannt. 

Die  anmerkungen  unter  dem  texte  enthalten  der  »vorrede«  zufolge  syn- 
taktische und  grammalische  regeln  nur  sehr  spärlich  »um  dem  lehrer  nicht  gänz- 
lich das  wort  abzuschneiden«  ,  dagegen  »etymologische,  synonymische,  geogra- 
phische und  sachliche  erklärungen  in  reichlicher  menge«.  Zunächst  muss  bemerkt 
werden,  dass  für  den  geistigen  Standpunkt,  dem  man  diese  erzählungen  eines 
grossvaters  als  nahrungskost  anbieten  darf,  in  den  anmerkungen,  wenn  nicht  quan- 
titativ, doch  sicherlich  qualitativ  zu  viel  geschehen  ist.  Für  die  arbeitstheilung 
möchte  der  lehrer  von  vorneherein  dem  herausgeber  vielleicht  wenig  erkenntlich 
sein,  da  er  ihn  nur  in  der  schulgrammatik  zum  worte  kommen  lassen  will.  Doch 
gemach ;  er  wird  mehr  als  genug  zu  thun  haben,  wenn  nicht  mit  den  gramma- 
tischen Schwierigkeiten  des  autors,  doch  mit  der  berichtigung  seines  herausgebers. 
p.  10,  13  ist  ganz  müssig,  da  der  Deutsche  die  englische  construction  nach- 
machen kann,  wie  auch  der  Engländer  die  vom  herausgeber  gewünschte  wendung 
hätte    brauchen    können.     Dasselbe   gilt   von    p.     16,9  etc.      p.    ll,9    wird    »sich 


x86  Litteratur 

empören«  ein  echtes  reflexivverb  genannt.  Da  echte  reflexivverba  solche  sind, 
die  nur  das  rcflexivpronomen  als  object  zu  sich  nehmen,  Wendungen  aber  wie: 
»diese  frechheit  empörte  alle«,  »du  empörst  mich  mit  deiner  frechheit«  etc.  durch- 
aus correct  sind,  so  ist  >sich  empören«  kein  echtes  reflexivverb.  ]).  20,  5  liesst 
man:  »was  come  =  had  come,  war  da«  also  eine  anmerkung,  die  cunfundirt, 
was  sie  hätte  trennen  sollen  etc.  p.  245,  7  zu  indebtcd  :  das  b  ist  stumm,  auch 
die  ausspräche  von  doubt,  debt,  erklärt  sich  aus  dem  franz.  doute  und  dette,  und 
weil  eine  media  nicht  mit  einer  tenuis  sich  verbindet,  ohne  jene  in  eine  tenuis  zu 
verwandeln;  vergleiche  scriptum,  haupt  etc.«  Niemand  wird  diese  anmerkung 
sonderlich  klar  finden  ;  für  das  Deutsche  ist  sie  in  dieser  fassung  geradezu  falsch 
cf.  treiben,  trift ;  graben,   gruft ;   mögen,  macht;  bringen,  bracht  etc. 

Das  schlimmste  aber,  und  in  dieser  hinsieht  müssen  wir  das  buch  geradezu 
für  gefährlich  erklären,  ist  die  etymologie.  Auch  wir  theilen  mit  dem  herausgeber 
die  ansieht,  dass  die  resultate  auch  dieser  Wissenschaft  schulzwecken  dienlich  ge- 
macht werden  können,  ja  sollen.  Wir  erkennen  sogar  in  ihnen  ein  vortreffliches  mittel 
zur  verstandesbildung  durch  begriffsentwickelung,  durch  welches  die  modernen 
sprachen,  da  sie  sich  der  beiden  wichtigsten  glieder  der  germanischen  und  romani- 
schen Sprachfamilie  bedienen  können,  den  altklassischen  gefährlich  überlegen  sind ; 
aber  wir  sind  weit  davon  entfernt,  alle  wörter,  die  in  den  bildungskreis  der  schule 
gehören,  etymologisch  behandeln  zu  wollen.  Wir  beschränken  vielmehr  die  ety- 
mologie ausschliesslich  auf  den  bereich  der  für  den  schüler  fassbaren  regeln. 
Wenn  m.in  ihn  beispielshalber  knight  knecht,  night  nacht,  brought  brachte  etc. 
zusammenstellen  und  dann  das  gesetz  abstrahiren  lässt,  dass  ght  cht  entspricht, 
so  wird  er  sich  dieses  vermeintlich  selbst  erworbenen  besitzes  freuen  und  freudig 
gebrauch  davon  machen.  Das  wichtige,  weil  bildende  und  productive,  ist  nicht 
die  kenntniss  des  etymons  in  einem  einzelnen  falle ,  sondern  das  mehreren  ein- 
zelnen fällen  zu  gründe  liegende  allgemeine.  —  Doch  der  herausgeber  hat  seinen 
Standpunkt  in  der  vorrede  zum  Wörterbuch  selbst  bezeichnet,  freilich  nicht  mit  der 
nöthigen  präcision.  Er  sagt :  »In  dem  vorliegenden  wörterbuche  sind  vorzugs- 
weise die  ausspräche  und  etymologie  berücksichtigt  worden.«  Etwas  weiter  unten 
heisst  es  dann:  »Es  kam  dem  Verfasser  gar  nicht  auf  eine  wissenschaftliche  ety- 
mologie der  englischen  wörter  an,  sondern  er  wollte  nur  dem  schüler  einen  finger- 
zeig  oder  besser  eine  feste  (!)  handhabe  geben,  durch  welche  er  das  neue  wort 
vermöge  der  ideenverbindung  sich  besser  aneignen,  einprägen  und  wieder  leicht 
ins  gedächtniss  zurückrufen  könnte.«  Das  heisst  also,  der  herausgeber  begnügte 
sich  da,  wo  er  die  etymologie  nicht  glaubte  geben  zu  sollen,  mit  mnemotech- 
nischen kunstgriffen.  Die  mnemotechnik  ist  aber  heutzutage  überall  da,  wo  sie 
irrthum  erzeugen  könnte,  von  der  pädagogik  verworfen  worden.  Mit  recht.  Das 
wichtigste  ist  das  wie,  nicht  das  was.  Sodann  aber,  das  nothwendige  —  dafür 
muss  der  planvolle  Unterricht  sorgen  —  wird  dem  gedächtniss  weit  naturgemässer 
durch  repetition  eingeprägt,  das  übrige  kann  man,  wenn  es  anders  nicht  zu  be- 
festigen ist,  getrost  dem  zufall  preisgeben.  —  Das  bedenklichste  aber  ist,  dass  der 
verf.  zwischen  wirklicher  etymologie  und  mnemotechnischem  mittel,  keine  durch- 
gehende Unterscheidung  macht.  Welch'  eine  Verwirrung  muss  nun  in  den  jungen 
köpfen  entstehen !  —  Was  soll  der  schüler  anfangen  mit  p.  9,  7  ^^franz.  rage 
(rasen)  vergl.  wrath  und  roth  (werden  vor  zorn)«  ?  Hier  sind  aus  pädagogischer 
rücksicht  drei  wurzeln  zusammengeworfen :  rabies ,  vräd  und  rauds.  Was  mit 
p.   245,  I    »fickle  verwandt  mit  lat.  vacillare   und    unserm  wackeln«?     Was  sollen 


Lehr-  und  Übungsbücher  für  die  englische  spräche.     III.  l8y 

femer  die  vielen  mit  dem  fragezeichen  versehenen  etymologien  ?  Will  der  verf. 
auch  diese  als  eine  feste  handhabe  betrachtet  wissen  ?  Nicht  wenige  etymologien 
sind  geradezu  falsch:  p.  9,  2  »fierce  von  ferus  oder  ferox  wild«  p.  9,  3  heathens 
>die  heiden  von  heath  die  haide,  das  flache  land,  im  gegensatz  zu  den  Städten, 
wo  das  christenthum  zuerst  platz  griff.«  Wol  sind  beide  Wörter  desselben  Stammes, 
aber  sie  sind  in  falsche  ideenverbindung  gesetzt;  der  heide  ist  nach  seinen  wilden 
sitten,  nicht  nach  seinem  wohnsitz  benannt.  In  derselben  anmerkung  heisst  es 
dann  mit  tadelnswerthem  mangel  an  präcision  weiter:  »von  paganus  kommt  auch 
pays  und  paysan.«  p.  4,  4  »ous  ist  eine  adjectivendung ,  entstanden  aus  der 
franz.  endung  eux,  euse.«  Der  verf.  war  zu  dieser  falschen  anmerkung  keines- 
wegs dadurch  genöthigt,  dass  er  nicht  auf  das  Altfranzösische  rekurriren  durfte. 
Er  musste  einfach  sagen:  der  lat.  endung  -osus,  welche  »voll  von«,  »reich  an« 
bedeutet,  entspricht  die  franz.  endung  -eux,  euse,  und  die  engl,  ous.  —  p.  248,  i 
»Frith  oder  Firth  von  lat.  fretum«  ;  und  p.  lO,  5  liest  man;  »Zigeuner  (Zieh- 
Gauner)  ! «   — 

Der  bereits  gerügte  mangel  an  präcision  und  consequenz  macht  sich  sehr 
oft  bemerkbar.  So  heisst  es  in  der  vorrede  zum  Wörterbuch :  »Die  deutsche  sperr- 
schrift  ist  oft  als  mittel  auf  die  ableitung  hinzudeuten  angewandt  worden.«  Wes- 
halb fehlt  das  etymon  bei  able,  während  man  unter  first  liest  "superl.  zu  fore«  ? 
Weshalb  fehlt  es  bei  adopt?  etc.  Weshalb  ist  aggression  von  aggressum  her- 
geleitet? etc. 

Dass  der  herausgeber  einen  versuch,  ja  sogar  einen  für  die  fachgenossen  be- 
achtenswerthen ,  gemacht  hat ,  den  englischen  Unterricht  durch  etymologisiren 
interessanter  zu  machen,  soll  bereitwilligst  anerkannt  werden,  dass  dieser  versuch 
aber  zu  der  für  die  schule  unumgänglichen  Vollkommenheit  gediehen  sei,  muss 
nicht  minder  entschieden  in  abrede  gestellt  werden. 

Shakespere-lesebuch.  Als  erste  stufe  der  Sh.-lectüre  für  höhere  lehr- 
anstalten  ausgewählt,  mit  erklärenden  anmerkungen  und  einem  abriss  der 
Sh. -grammatik  versehen  von  dr.  Karl  M eurer.  Dazu  ein  Wörterbuch, 
C.  Roemke  &  Co.     Cöln  1879.     Pr. :   M.    1,20  und  M.  0,40. 

Soweit  die  ansichten  hinsichtlich  der  wähl  des  lesestoffes  sonst  differiren 
mögen,  darin  ist  man  einig,  dass  der  primaner  der  realschule  in  die  Schöpfungen 
des  meisters  des  modernen  dramas  eingeführt  werden  soll,  wie  dem  primaner  des 
gymnasiums,  gleichsam  als  belohnung  seiner  griechischen  Studien,  die  ideale  weit 
des  Sophocles  sich  aufthut.  Das  internationale  interesse,  welches  seit  dem  letzten 
viertel  des  vorigen  Jahrhunderts  der  genius  Sh.'s  ohne  Unterbrechung  fand,  ist  der 
grund,  dass  nicht  nur  die  wissenschaftlichen  Untersuchungen  zu  einem  epoche- 
machenden abschluss  gediehen ,  sondern  ihre  resultate  in  einer  zahl  weit  ver- 
breiteter Standard  works  leicht  zugänglich  geworden  sind.  So  kann  der  lehrer  mit 
sicheren  strichen  den  literarischen  hintergrund  zeichnen,  von  dem  die  riesengestalt 
Sh.'s  sich  abhebt ;  er  kann  die  idecn  des  dichters  entwickeln,  seine  ausdrucks- 
weise analysiren,  kurz  Sh,  ist  im  weitesten  sinne  schulreif  geworden.  Diese  gün- 
stigen Verhältnisse  haben  eine  reihe  von  Schulausgaben  hervorgebracht,  zu  denen 
auch  diese  beiden  bücheichen  gehören.  Der  verf.  hat  sein  lesebuch  für  die 
Sekunda  bestimmt.  Er  beabsichtigt  also  —  streng  pädagogisch  vom  leichten  zum 
schwereren  vorschreitend  —  den  schüler  so  weit  zu  fördern,  dass  ihm  Sh,  auf 
prima  nicht  mehr  fremdartig  vorkomme. 


l38  Littcratur 

Es  ist  klar,  dass  auf  diese  weise  die  sachliche  und  ästhetische  interpretation 
in  der  obersten  klasse  an  tiefe  und  genuss  bedeutend  gewinnen  milsste.  Allein 
es  fragt  sich,  ob  man  es  dennoch  nicht  vorziehen  wird,  dem  sekundaner,  dessen 
geist  nicht  fragmente,  sondern  wol  ein  ganzes  verlangen  kann,  ein  anderes  werk 
vorzulegen,  dessen  gedankliche,  wie  grammatische  Schwierigkeit  zu  Sh.  eine  Vor- 
stufe bilden  würde.  Ref.  wenigstens  möchte  sich  nicht  dazu  entschliessen,  die 
lectüre  in  secunda  zu  einer  präparation  auf  Sh.  herabzudrücken. 

Das  lesebuch  zerrällt  in  drei  theile.  —  Der  erste  enthält  54  kurze  stellen 
gnomischen  inhaltes ,  der  zweite  18  längere  stücke,  die  der  verf.  nach  ihrem 
Inhalte  besonders  betitelt  hat:  i.  Der  fiuss  aus  Gent,  of  Ver.  II,  7;  2.  der 
Schwimmer.  Temp.  V,  l  etc.  Diese  beiden  abtheilungen  sind  es  namentlich,  die 
uns  in  Opposition  zu  ihm  bringen.  Das  drama  ist  seiner  natur  nach  ein  so  or- 
ganisches ganze,  dass  dem  dichter  durch  eine  solche  zerbröckelung  stets  unrecht 
geschielit.  Dazu  kommt ,  dass  uns  selbst  durch  glänzendste  einzelheiten  den 
geistigen  ansprüchen  eines  secundaners  weniger  genüge  geleistet  zu  werden 
scheint,  als  durch  ein  ganzes,  das  doch  stets  eine  vielfach  zusammengesetzte  ge- 
dankenentwickelung  bietet.  Der  secundaner  wird  im  Lateinischen,  Französischen, 
in  der  mathematik,  den  naturwissenschaften  bereits  zur  Umfassung  einer  stattlichen 
gedankenreihe  angespannt ;  aus  welchem  gründe  will  man  das  Englische  von  der 
betheiligung  an  der  höchsten  pädagogischen  aufgäbe,  der  bildung  des  geistes,  aus- 
schliessen?  Derselbe  Vorwurf  trifft  zum  theil  auch  noch  den  dritten  abschnitt, 
welcher  grössere  zusammenhängende  stücke  aus  dem  Merchant  und  aus  Caesar 
enthält ,  denen  zum  verständniss  kurze  Inhaltsangaben  haben  vorausgeschickt 
werden  müssen. 

Die  hauptabsicht  des  verf.  war,  den  schüler  mit  den  grammatischen  eigen- 
thümlichkeiten  bekannt  zu  machen.  Er  ist  dabei  selbst  mit  raumverschwendung 
verfahren.  Denn  als  eine  solche  muss  man  es  bezeichnen,  wenn  die  regeln  viel- 
fach zuerst  unter  dem  text  und  dann  noch  verweise  auf  die  betreffenden  para- 
graphen  des  anhanges  gegeben  werden.  Hätten  nicht  die  verweise  allein  genügt  ? 
Trotzdem  fehlt  manches;  so  p.  12,  i  die  regel  über  die  bedeutung  des  mit  the 
substantivirten  adjectivs,  p.  63,  2  die  von  Alex,  Schmidt  gemachte  beobachtung 
über  den  Wechsel  des  accents  zweisilbiger  adj.  und  part.  Falsch  ist  p.  100:  »das 
adv.  steht  bisweilen  statt  des  adj.,  z.  b.  In  Belmont  is  a  lady  richly  left,  auch 
der  sinn  ist  durchaus  nicht  =  a  rieh  lady  is  left,  sondern  =  in  Belmont  lives 
an  orphan  lady  who  has  a  large  inheritance.  Oberflächlich  ist  p.  59  zu  what 
says  the  silver  with  her  virgin  hue  ?  Die  anmerkung:  »silver  ist  hier  als  Fem. 
gebraucht.  Gr.  §  4«  (wo  man  übrigens,  wie  immer,  auch  nichts  weiter  findet) ; 
her  ist  hier  durchj  virgin  veranlasst,  und  dieser  einfluss  des  attributiven  begriffes 
auf  die  grammatische  form  ist  ein  Charakteristikum  Sh.'s  Das  fehlen  des  arlikels 
in  dem  verse  With  spectacles  on  nose  and  pouch  on  siele  musste  p.  26,  7  um  so 
mehr  durch  die  form  der  englischen  bühnenweisungen  erklärt  werden,  als  die 
ganze  stelle  so  anhebt:  All  the  world's  a  stage.  And  all  the  men  and  women 
merely  players,  und  so  schliesst:  Last  scene  of  all  etc.  p.  33,  7  hiesse  es  besser: 
Tiber  bei  Sh.  immer  ohne  arl.  —  Dass  die  auslassung  des  rel.  pronomens  im 
nominativ  heutzutage  durchaus  unstatthaft  sei,  ist  auch  nicht  richtig;  cf.  Koch, 
Historische  grammatik,  bd.  II2,  v.  Zupitza  p.  294. 

Wenn  der  verf.  nur  darüber  »aufschluss  zu  ertheilen  versucht  hat,  was  der 
schüler  sich    nicht    selbst    erklären    kann«,    so    erscheint    es   uns  überflüssig,  wenn 


Lehr-  und  Übungsbücher  für  die  englische  spräche.    III.  l8g 

z.  b.  p.  13,  I  meaner  =  lower,  poorer  erklärt  wird,  p.  13,  3  taste  of  =  suffer, 
p.  13,  8  finds  =  feelä.  Diese  erklärungen  beruhen  auf  einer  Unterschätzung  der 
geistigen  reife  der  secunda.  Uebrigens  verstösst  namentlich  die  zweite  gegen  den 
geist  der  stelle;  die  bedeutung  von  taste  darf  nicht  verloren  gehen,  und  auch  of 
ist  ausdrucksvoll,  p.  46,  3  war  eine  Verweisung  —  wenn  überhanpt  eine  an 
merkung  nöthig  war  —  auf  das  folgende  vorzuziehen,  p.  58,  4  ist  Launcelot 
nicht  ein  bursche  »der  es  zu  nichts  bringt<',  sondern  vielmehr,  wie  Schmidt  im 
gegensatz  zu  Delius  richtig  erklärt,  einer,  von  dem  der  Jude  keinen  vortheil  hat, 
der  ihm  alles  durchbringt  =  good  for  nothing.  p.  42,  10  wird  Ate  so  erklärt : 
»eigentlich  die  furie  der  Zwietracht,  hier  die  rächerin  des  Unrechts«.  Ate  aber  ist 
eigentlich  die  Verblendung,  die  unwiderstehliche  gewalt,  die  den  menschen  zur 
unthat  fortreisst.  —  An  dem  Wörterbuch  missfällt,  dass  der  verf.  nicht  überall  von 
der  grundbedeutung  ausgegangen  ist;  die  ableitung  der  passenden  bedeutung  hätte 
dann  in  den  meisten  fällen  der  arbeit  des  Schülers  überlassen  sein  können.  Falsch 
ist   »gnarl  nagen«. 

Bibliothek  van  Buitenlandsche  Schrijvers,  onder  Redactie  van  T.  H.  De  Beer, 
Leeraar  aan  de  Hoogere  Burgerschool  te  Goes.  Nr.  4.  Dickens,  The  Chimes, 
uilgegeven  door  T.  H.  De  Beer.  Maasluis,  J.  van  der  Endt  &  Zoon. 
Fr.    1,40. 

Wir  haben  es  hier  jedenfalls  nicht  mit  einer  Schulausgabe  zu  thun.  Denn 
abgesehen  davon,  dass  ein  Schulbuch  wol  auch  in  Holland  als  solches  bezeichnet 
wäre,  schliesst  schon  die  nahe  beziehung  des  sujets  zu  der  socialen  frage  unserer 
tage  die  Chimes  von  der  schule  aus.  Der  herausgeber,  ein  enthusiastischer  Ver- 
ehrer von  Dickens  muse,  hebt  in  einer  kurzen  einleitung  über  seinen  autor  die 
lebenswahrheit  seiner  darstellungen  hervor,  die  er  gegen  den  Vorwurf  tendenziöser 
färbung  nicht  durchaus  glücklich  vertheidigt.  In  einer  zweiten  einleitung  be- 
leuchtet er  dann  die  behandlung  der  socialen  frage  in  den  Chimes.  Auch  hier 
findet  er  überall  Übereinstimmung  mit  der  Wirklichkeit.  Er  wird  nicht  müde,  die 
philanthropische  darstellung  der  untersten  Volksschicht  mit  eigenen  worten  zu  be- 
kräftigen ;  so  hat  er  es  sich  nicht  versagen  hönnen,  am  ende  nach  einer  längeren 
apostrophe  p.  133:  »O,  gij,  die  dit  leest  etc.  noch  Southey's  Complaint  of  the 
poor  als  wirkungsvolles  Schlussstück  hinzuzufügen.  Diese  freude  an  dem  Stoff  ist 
auch  seiner  behandlung  zu  gute  gekommen. 

In  den  toelichtingen  sind  die  schwierigeren  Wörter  und  Wendungen  unter 
dem  texte  treffend  übersetzt;  wo  dies  nicht  genügte,  kurze  sprachliche  erklärungen 
hinzugefügt.  Die  erläuterungen  zeugen  von  lebendiger  auffassung  des  mährchens, 
genauer  kenntniss  des  englischen  lebens,  von  beherrschung  der  spräche,  belesen- 
heit in  der  englischen  und  deutschen  litteratur  und  feinem  verständniss  der  dich- 
terischen Intentionen  cf.  p.  41,  9.  Die  aanteekeningen  (p.  125 — 134)  machen 
auf  einige  eigenthümlichkeiten  des  Stiles  aufmerksam,  freilich  ohne  in  die  tiefe  zu 
gehen ;  besonders  aber  sollen  sie  das  verständniss  einzelner  scenen,  personen  und 
motive,  die  vielleicht  von  einem  flüchtigen  leser  nicht  genügend  gewürdigt  werden 
möchten,  durch  hervorhebung  des  wichtigen  fördern.  Für  den  ernst,  mit  dem 
der  herausgeber  an  dem  buche  gearbeitet  hat,  spricht  schon  deutlich  p.  131  die 
anmerkung  zu  p.   108.  —  Nach  dieser    probe  zu  urtheilen,    muss  man  dem  unter- 


190 


Litteratur 


nehmen,  das  sich  auch    auf   französische    und    deutsche  werke  erstreckt,    das  beste 
gedeihen   wünschen. 

Wkiluurg  a/lahn. 

H u go  Ottmann. 


PROGRAMMSCHAU.') 

I. 

Barlaam    und   Josaphat,    eine    prosaversion    aus    ms.   Egerton  876,    fol.  301. 

Von  C.   Horst  mann.     [Programm    des   königl.  kathol.  gymnasiums  zu  Sagan. 

Progr.  von   1877,   no.    166.]     Sagan   1877.     17  ss.    40. 

Nach  einer  einleitung,  die  in  kurzen  zügen  den  werth  und  charakter  der  alt- 
englischen litteratur  vorführt,  macht  uns  Horstmaun  mit  einer  prosasammlung  von 
legenden  bekannt,  die  in  drei  hss.  erhalten  ist  und  deren  Inhalt  p.  5  f.  genau 
angegeben  wird.  H.  äussert  sich  nicht  darüber,  aus  welcher  zeit  die  hss.  stammen 
und  somit  ist  es  ohne  autopsie  und  genaue  vergleichung  einzelner  stücke  unmöglich, 
festzustellen,  wie  diese  Sammlung  sich  zu  Caxton's  Golden  Legend  verhält.  Nach 
einigen  notizen  über  graphische  eigenthümlichkeiten  der  hss,  (p.  6)  folgt  der  text 
(p.  7 — 17)  der  Barlaams-legende,  der  als  eine  willkommene  ergänzung  der 
vom  herausgeber  früher  edirten  poetischen  Versionen  dieses  Stoffes  zu  bezeichnen 
ist.  Derselbe  ist  nur  in  zwei  von  den  erwähnten  drei  hss.  erhalten,  da  die  dritte 
an  der  entsprechenden  stelle  defect  ist. 

Ueber  das  verhältniss  der  beiden  hss.  zu  einander  äussert  sich  Horstmann 
dahin,  ms.  Egerton  876  (E)  sei  »correkter  und  ursprünglicher»  als  ms.  Harl.  4775  (H) 
und  »scheine  diesem,  wie  aus  manchen  eigenthümlichen  lesarten  zu  schliessen,  als 
vorläge  gedient  zu  haben«  (p.  5).  »Als  vorläge  des  ms.  Harl.  glaube  ich  eben 
ms.  Egert.  ansehen  zu  müssen,  da  öfter  gerade  ein  fehler  des  ms.  Egert.  zu 
eigenthümlichen  lesarten  anlass  gegeben  hat«  (p.  17).  Horstmann  hat  dem- 
gemäss  E  seiner  ausgäbe  zu  gründe  gelegt  und  diesen  text  mit  der  peinlichsten 
genauigkeit  wiedergegeben,  die  sich,  was  ich  nicht  billigen  kann,  auch  auf  die  in 
der  hs.  recht  ungleichmässige  interpunktion  erstreckt.  Von  den  Varianten  von  H 
sind  »die  wichtigeren  und  charakteristischen«  in  den  noten  angeführt,  während 
die  lesarten  dieser  hs.  nur  dann  in  den  text  aufgenommen  sind ,  wenn  E 
offenbare  fehler  aufweist.  Je  wünschenswerther  es  erscheinen  muss ,  die  ganze 
Sammlung  edirt  zu  sehen ,  um  so  weniger  wird  eine  kurze  nachpriifung  von 
Horstmann's  verfahren  überflüssig  erscheinen. 

Die  vorliegende  englische  version  der  Barlaams-sage  ist  —  um  zunächst 
Horstmann's  mittheilungen  nach  dieser  seite  hin  zu  ergänzen  —  eine  ziemlich 
wortgetreue  Übersetzung  der  lat.  fassung  in  der  Legenda  aurea  des  Jac.  a  Voragine 
(edd.  Grässe,  p.  811  ff.).  Es  wird  also  zunächst  zu  untersuchen  sein,  ob  etwa 
einzelne  lesarten  von  H.    genauer   zu  LA.  stimmen ,    als  E.     Das    ist   in    der   that 


i)  Wenn  durch  einführung  dieser  rubrik  der.  Engl.  stud.  H,  p.  294  auf- 
gestellte, grundsatz  über  die  besprechung  von  programm-abhandlungen  aufgegeben 
erscheint,  so  dürfte  dies  in  dem  theilweise  veränderten  charakter  des  blattes  eine 
hinreichende  erklärung  finden.  Die  red. 


Programmschau  I  n  I 

der  fall.  Man  beachte:  Engl.  E.  p.  7,  13  f.:  and  zuhanne  he  herde  tt ;  H.  :  and 
whanne  the  kinge  herde  it;  LA.  p.  811  :  Quod  rex  audiens.  —  P.  8,  56  f.: 
E.:  and  ther  for  ye  will  leite  the  glorie  of  this  worlde  and  becoine  a  monke;  H. 
bietet  ixix  ye:  saie  that  ye.  LA.:  et  idcirco  gloriam  regni  te  velle  derelinquere  et 
monachorum  habitum  assumere  a sseras.  Hier  liegt  die  vermuthung  nahe,  dass 
der  Schreiber  von  E.  statt  des  ersten  ye  gleich  das  zweite  geschrieben  hat.  — 
E.  p.  12,  26  f.:  where  he  shulde  neuer  finde  ?nete  ne  clothe ;  H.  liest  nother  für 
neuer,  und  dem  entsprechend  LA.  p.  817:  ubi  nee  cibum  nee  vestimentum 
inveniens.  —  E.  p.  13,  2  f.:  it  semithe  tue  that  thou  hast  more  thanne  LXV  yere 
of  age.  H.  bietet  die  zahl  LXX;  vgl.  LA.  p.  818:  Amplius,  pater,  mihi  appares 
LXX  annorum.  Ebenso  heisst  es  in  der  norde,  poet.  version  v.  821  f.  (Horstm., 
Altengl.  legenden  p.  236):  Fader^  pine  elde yf  pou  wolde  ken,  \  pou  semes  of  sexty 
leeres  and  ten;  süde.  version  v.  784  ff.  (a.  a.  o.  p.  135) '•  '^eiivis,  quap  fosaphat, 
and  more  iwis,  \  for  I  it  may  segge  al  wit  oute  wene,  \  pat  pou  art  of  elde  s  i  x  ty 
ger  and  tene.^)  Die  zahl  LXV  kann  leicht  aus  p.  12,  91  (XLV)^hier  eingedrungen 
sein.  —  E.  15,  49  ff. :  and  thanne  the  tnaister  squier  that  was  about  the  hing 
Saide  to  hym  in  his  borde.  in  Ins  borde  bekenne  ich  nicht  recht  zu  verstehen  ;  H. 
hat  statt  dessen:  in  game ,  und  LA.  p.  821:  spathantis  regis  lud  endo  dixit.  — 
E.  p.  16,  33;  Horstm.  bemerkt  unter  18):  »H.  fügt  hinzu:  and  also  beddis  richelie 
araied ^  welcher  zusatz  sich  auch  in  den  poetischen  Versionen  findet.«  Es  ist  mir 
unbegreiflich,  dass  er  aus  dieser  Übereinstimmung  keine  weiteren  Schlüsse  gezogen 
hat;  die  gleichheit  ist  natürlich  auf  den  gemeinsamen  urtext  zurück  zu  führen, 
LA.  p.  822:  lecti  lucidi  cum  pretiosissimis  ornamentis.  —  E.  p.  16,  57  f.:  and 
thanne  Theodore  come  with  hym  to  the  kinge;  H.  liest:  and  thanne  Th.  come  to 
hym  with  the  kinge  =  LA.  p.  823:  Tunc  Theodas  cum  rege  ad  cum  intravit.  — 
E,  p.  16,  73:  and  lefte  his  kingdom  to  his  sone;  H.  schreibt  für  his:  alle  the 
=  LA.  p.  823:  et  totum  regnum  filio  suo  ditnittens.  —  Es  ergibt  sich,  dass 
an  einer  ganzen  anzahl  von  stellen  H. ,  E.  gegenüber,  die  ursprüngliche  lesart 
bietet.  Wenn  Horstmann's  annähme,  dass  E  die  vorläge  von  H  war,  richtig 
wäre ,  so  müsste  also  der  Schreiber  von  H  seinen  text  nach  der  lat.  Urschrift 
durchcorrigirt  haben ,  was  wenig  glaublich  erscheint ;  viel  näher  liegt  es  doch ,  E 
und  H  aus  einer  gemeinsamen  vorläge  (x)  abzuleiten;  was  Horstm.  p.  17  übei 
das  verhältniss  von  H  zu  E  bemerkt,  ist  dann  auf  das  verhältniss  von  H  zu  x  zi 
übertragen.  Diese  gemeinsame  vorläge  von  E  und  H  muss  aber  schon  eine  copie 
und  zwar  keine  sehr  sorgfältige  ,  gewesen  sein ;  dies  ergibt  sich  aus  einer  anzahl 
gemeinsamer  fehler,  aufweiche  Horstmann  nur  theilweise  hingewiesen  hat.  Gleich 
der  erste  satz  ist  unvollständig,  da  zu  Barlaham  das  verbum  fehlt ;  ich  vermuthe,  dass 
zeile  2  für  whotn ,  him  einzusetzen  ist;  in  LA.  weicht  die  construction  ab.  — 
P.  7,  22:  O  thou  /ole  of  thi  witte.  Diese  worte  sind  schwerlich  richtig  über- 
liefert; nach  fole  ist  wol  and  und  ein  adjectiv  ausgefallen,  von  dem  of  th.  iu. 
abhängt;  vgl.  LA.  p.  811:  0  stulte  et  mentis  perdite.  —  P.  7,  24:  thou  hast  made 
a  childes  play.  Nach  inade  ist  the  zu  ergänzen ;  vgl.  LA.  a.  a.  o.  :  ludum 
pHcrorutn  te  fecisti.  —   P.  8,   68:   tvent  statt  wcnd ^  —  P.   9,   32.     Nach  sight  sind 


")  Wenn  es  in  derselben  fassung  v.  7S3  heisst;  /  wot ,  quap  pis  oper ,  fvf 
and  sixty  ger  myn  elde  ist,  so  ist,  was  Horsiuiann  übersehen  hat,  für  sixty  un- 
zweifelhaft fourty  einzusetzen ,  nicht  nur  weil  so  alle  übrigen  Versionen  lesen, 
sondern  weil  sonst   die  pointe  des  ganzen  satzes  verloren   geht. 


192 


Litteratur 


mehrere  zeilen  weggefallen,  LA.  p.  813  z.  10  v.  u.:  Alia  autem  vice  qutndam 
valde  senem  —  z.  7  v.  u. :  visionis  miractiltitii.  Im  Engl,  erscheint  die  erwähnung 
der  lengthe  of  langt  lyff  ganz  unvermittelt.  —  Interessant  ist  die  folgende  stelle, 
p.  9,  52  ff. :  and  spake  'luith  the  kinges  yongest  sone.  Nach  dieser  lesart  hätte  der 
könig  auf  einmal  mehrere  söhne,  während  p.  7,  53  ausdrücklich  berichtet  wurde, 
dass  er  nach  langer  zeit  endlich  6inen  söhn  bekommen  hatte.  Denn  so  wie  hier 
von  the  kinges  yongest  sone  die  rede  ist,  so  gleich  darauf  z.  57  und  71  von  the 
kinges  eldest  sone.  Darin  muss  also  ein  fehler  stecken.  LA.  p.  814  heisst  es: 
accedensque  paedagogo  filii  regis  locutus  est;  vgl.  süde.  version  v.  250 
(a.  a.  o.  p.  120):  fat  to  pe  childus  mayster  ryzt  he  is  icome ;  norde. 
Version  v.  282  (a,  a.  o.  p.  219):  pe  kynges  sone  ftiaysler  he  fond  at  hom.  Was 
die  prosaversion  anlangt ,  so  kann  man  allerdings  in  zweifei  .sein ,  ob  man  es  mit 
einem  versehen  des  Übersetzers  oder  des  Schreibers  von  x  zu  thun  hat;  mir  ist  am 
wahrscheinlichsten,  dass  in  der  vorläge  von  x  die  worte:  the  kinges  sones  inayster, 
undeutlich  geschrieben  oder  verlöscht  waren,  die  lesung  von  x :  the  kinges  yongest 
sone  also  auf  einer  verunglückten  conjectur  beruht ;  der  Schreiber  dieses  textes 
sah  sich  dann  genöthigt ,  an  den  angeführten  stellen  zur  Unterscheidung  eldest 
vor  brother  einzuflicken ;  an  anderen  hat  er  das  freilich  vergessen ,  und  so 
ist  z.  64  f.  das  1  ichtige :  of  the  kinges  sone  und  z.  76  to  the  kinges  sone  stehen 
geblieben.  An  der  letzteren  stelle  hat  die  hs.  H  diese  unrichtige  Scheidung  zwischen 
mehreren  prinzen  consequenter  weiter  geführt ,  wenn  sie  liest :  the  kinges  oldest 
sone,  his  brothir.  —  Dass  p.  ii,  44  hevi  für  7nen  zu  schreiben  ist,  bemerkt  auch 
der  herausgeber  in  den  noten ;  vgl.  LA.  p.  816:  Arbtisttila  uniiiscujusque  vita  est, 
quae  per  horas  diei  et  noctis  quasi  per  nmrem  album  et  nigrtim  incessanter  con- 
sumitur.  P.  12,  35.  pei-shedenj  \.  perisheden.  —  P.  13,  54  f. :  wherfor  thi  pride 
and  wicked  wille  hathe  >nade  this  zuode  ayenst  nie  with  good  right.  The  astronomers 
in  thi  birthe  saide  etc.  Diese  sätze  sind,  so  wie  sie  hier  stehen,  mehrfach  fehler- 
haft. Erstens  sind  die  worte:  this  zuode,  sinnlos  und  auch  der  besserungsversuch 
von  H:  me  thus  zvoode ,  ist  missglückt;  für  this  ist  the  einzusetzen;  ziiode  ist 
natürlich  ein  infinitiv.  Zweitens  kann  der  könig  doch  unmöglich  sagen,  sein  söhn 
wüthe  gegen  ihn  »mit  gutem  rechte«.  Die  worte  with  good  right,  hinter  welchen 
in  E  ein  punkt  steht,  gehören  vielmehr  zum  folgenden  satze;  vgl.  LA.  p.  819: 
Quapropter  pravitas  voluntatis  tuae  et  contentio  effrenata  adver sus  caput  meum  te 
ins anire  fecit.  Merito  astrologi  in  nativitate  tua  dixerunt  etc.  P.  14,  54  ist 
für  Caldees,  Greces  einzusetzen;  vgl.  LA.  p.  820:  Graeci  quoque  nefandos  homines 
deos  putant.  —  P.  14,  63  f.  Horstm.  macht  unter  6)  darauf  aufmerksam,  dass 
her  sich  auf  die  Venus  bezieht;  abgesehen  davon,  dass  auf  den  vorigen  zeilen 
ausschliesslich  von  Jupiter  die  rede  war,  gibt  y^r  :=  denn,  z.  63,  gar  keinen  sinn; 
hinter  avoutrie  muss  der  schreiber  von  x  einen  ganzen  satz  ausgelassen  haben,  vgl. 
LA.  p.  820:  .  .  .  .  ut  adulteria  committeret .  Venerem  quoque  deat?i  adulteram 
esse  dicu7tt ;  nam  aliquando  habuit  moechum  Martern,  aliquando  Adonidem.  — 
P.  16,  29  f. :  and  the  fruit  of  that  place  was  right  faire  to  be  had.  So  nach 
Horstmann's  angäbe  beide  hss.  Für  had  ist  wol  seen  zu  lesen;  vgl.  LA.  p.  822: 
visu  speciosissinii. 

Von  den  hier  aufgeführten  fällen  sind  diejenigen  zu  scheiden ,  wo  der 
englische  text  eine  Verschlechterung  des  lat.  originales  repräsentirt,  ohne  dass  man 
es  wagen  dürfte,  Verbesserungen  vorzunehmen.  Dahin  gehört  p.  7,  25  f.:  yef 
tkou    wilt   here    a  ptaier   of  me;    LA.    p.   811:    si   hujus   a   me  rationem  audire 


Programmschau  j  q  ^ 

desideras.  —  P.  il,  i8  f. :  and  [so  ist  mit  Horstmann  für  they  zu  lesen]  letyn  her 
evyn  cristen  deye  for  htinger ;  LA.  p.  8i6:  et  animas  s  uas  fame  mori permittunt. 
In  der  that  handelt  es  sich  gar  nicht  um  die  hartherzigkeit  derer,  die  die  weit 
lieben,  sondern  um  die  Vernachlässigung  des  seelenheiles.  Der  Übersetzer  oder 
abschreiber  scheint  den  übertragenen ,  geistigen  sinn  des  »vor  hunger  sterben* 
nicht  verstanden  zu  haben.  —  P.  1 1  ,  54  ff. :  .  .  .  .  //^  that  hiiithe  the  -uiorlde  is 
like  to  a  man  that  hadde  III  frendes,  of  zvhiche  he  loued  the  fürst  astnoche  as  hym 
selff-,  the  secounde  a  litell  lasse  thanne  hym  selff ,  and  the  thridde  as  litell  or  not. 
Vgl.  LA.  p.  816:  Similes  sunt  iterum  mundi  amatores  ho  mini ,  qui  tres  amicos 
haöuit,  quorum  umtm  plus  quam  se,  sectmdtim  tantum  quantum  se,  tertium  fninus 
quam  se  et  quasi  nihil  dilexit  =  süde.  poet.  vers.  v.  507  ff.,  norde,  vers.  v.  543  ff. 
In  der  prosaversion  ist  die  liebe  je  um  einen  grad  heruntergeschraubt,  was 
geschmacklos  erscheint,  und  was  heisst :   as  litell  or  not  ?  as  für  a  ? 

Es  erhellt  aus  diesen  Zusammenstellungen ,  dass  für  eine  kritische  ausgäbe 
dieser  legendensammlung,  wenigstens  so  weit  nur  zwei  handschriften  zur  Verfügung 
stehen,  E  zwar  zu  gründe  zu  legen  ist,  die  abweichenden  lesarten  von  H  aber 
viel  öfter  in  den  text  aufzunehmen  sind,  als  Horstmann  dies  gethan;  sind  sprach- 
lich beide  lesungen  möglich ,  so  entscheidet  der  lateinische  Urtext.  In  der  ge- 
staltung  des  textes  über  x  hinauszugehen,  wird  häufig  unthunlich  sein ,  aber  jede 
sachliche  differenz  zwischen  LA.  und  der  englischen  prosa  wird  in  den  anmerkungen 
erörtert  werden  müssen. 

Ich  knüpfe  daran  noch  einige  weitere  bemerkungen  zu  dem  von  Horstmann 
construirten  texte.  P.  7,  $1  ^,:  In  this  mene  tyme  that  the  hinge  had  no  childe 
bi  his  wiff  longe  tyme,  atte  the  laste  he  hadde  a  sone ,  and  was  called  Josephat. 
Horstmann  bemerkt  unter  3):  »that  zu  tilgen.«  Ich  glaube  jedoch,  dass  wir  dazu 
kein  recht  haben ,  denn  die  allerdings  sonderbare  und  unbehülfliche  englische 
construction  schmiegt  sich  ziemlich  eng  an  die  des  Originals  an,  LA.  p.  8ii: 
Intcrca  dum  rex  liberos  non  haberet ,  puer  ei  piilcherrimus  nascitur  et  yosaphat 
appellatur;  that  entspricht  direct  dem  lat.  dum.  —  P.  13,  30  f.:  and  feined  that 
he  had  take  barlaam.  Horstm.  versieht  das  wort  barlaam  hier  mit  einem  ein- 
geklammerten ausrufungszeichen ,  um  es  als  auffallend  zu  bezeichnen.  Ich  finde 
aber  an  demselben  nichts  bemerkenswerthes ,  vgl.  LA.  p.  819:  se  Barlaam  cepisse 
dixit.  —  P.  15,  41  ff.:  and  thanne  there  was  brought  before  hym  horses  and 
Juelles ,  golde  and  siluer  and  precious  stones ,  and  mani  other  thinges ,  and  tolde 
hym  the  valu  of  eueri  thinge.  Dass  das  subject  eines  satzes  fehlen  darf,  wenn 
dasselbe  wort  als  casus  obl.  im  vorigen  vorgekommen  war,  ist  bekannt;  vgl.  o. 
]).  128.  Dass  dies  aber  auch  möglich  sein  sollte,  wenn  das  wort  in  der  passiven 
construction  des  vorigen  satzes  verborgen  liegt ,  ist  mir  wenigstens  neu ,  und  ich 
glaube  vorläufig  noch,  dass  vor  tolde,  thei  einzuschieben  ist.  Das  fehlen  des 
pron.  vor  blamed ,  p.  16,  52,  ist  dagegen  nicht  zu  beanstanden.  Endlich  beachte 
man  das  and  am  eingange  des  hauptsatzes  p.   16,   10. 

Ohne  das  verdienst  schmälern  zu  wollen ,  welches  herr  Horstmann  sich  auch 
durch  die  vorliegende  publication  um  die  englische  philologie  erworben  hat,  kann 
ich  doch  nicht  umhin ,  darauf  hinzuweisen ,  dass  die  nichtberiicksichtigung 
der  lateinischen  quelle  sich  gerade  bei  dieser  arbeit  in  recht  empfindlicher 
weise  geltend   macht. 

Kölbing,  Englische  Studien.    IIT.    i.  I3 


I QA  Litteratur 

Ernst  Regel;  An  inquiry  into  the  phonetic  peculiarities  of  Barbour's  Bruce. 
[Nachgelieferte  arbeit  zum  programm  der  realschule  erster  Ordnung  mit  Vorschule 
zu   Gera.     Ostern    1877.     Progr.    von   1877,   no.   577.]     Gera  1877.     22  ss.     40. 

Nach  einer  summarischen  Übersicht  über  begriff  und  geschichte  des  schottischen 
dialektes  stellt  sich  der  verf.  die  aufgäbe,  durch  vergleichung  der  lautverhältnisse 
in  Barbour's  Bruce  mit  denen  im  Cursor  mundi  den  nachweis  zu  liefern,  dass  die 
altscholtische  spräche  der  in  den  gleichzeitigen  nordenglischen  denkmälem  ver- 
tretenen sehr  nahe  verwandt  ist ,  wobei  noch  vielfach  das  moderne  Schottisch, 
repräsentirt  durch  Bums,  berücksichtigung  findet. 

Die  arbeit  ist  mit  augenscheinlicher  liebe  zur  sache  gefertigt,  die  belegstellen 
durchweg  vom  Verfasser  selbst  gesammelt.  Freilich  leidet  dieselbe  auch  an  nicht 
unerheblichen  schwächen.  Erstens  ist  die  übergrosse  abhängigkeit  des  verf.  von 
Koch  in  bezug  auf  die  construction  des  englischen  Vokalsystems  tadelnswerth. 
Der  aufbau  des  Vokalsystems,  wie  es  regel  p.  5  f.  genau  nach  Koch  bietet,  war 
von  diesem  selbst  aus  Schleicher's  Compendium  entlehnt ;  dass  man  seit  dem  er- 
scheinen dieser  beiden  verdienstlichen  werke  über  jenen  punkt  zu  wesentlich 
anderen  ansichten  gelangt  ist,  z.  b.  die  annähme  der  Verstärkung  von  a,  i,  u  durch 
a  und  ä  ganz  antiquirt  ist,  scheint  herrn  Regel  unbekannt  zu  sein.  P.  9  ist  wieder 
die  entwickelungsreihe :  /,  e,  eo  statt  e,  eo,  i  aufgestellt  u.  s.  w.  Femer  sind  die 
kenntnisse  des  verf.  bezüglich  der  ältesten  periode  der  englischen  spräche  und  der 
gesetze,  nach  denen  die  entwickelung  der  laute  sich  vollzieht,  noch  keinesweges 
sicher  zu  nennen.  Ich  greife  einzelne  belege  heraus.  S.  7  o.  heisst  es:  »some- 
times  a  inclines  to  /  in  Ags.  (v.  Koch  I,  37).  In  the  same  way  we  see  in  the 
Bruce:  hing  IV,  30  (ags.  hangan)  =■  to  hang.«  Aber  ae.  (=  ags.)  existirt 
hangan  nicht,  sondern  nur  hon  und  hangjan.  Unter  der  Überschrift  eä  (ebendas.) 
vermengt  Regel  kurzes  und  langes  ca,  wenn  er  neben  bcald  und  eald,  neäh  (goth. 
nehv)  und  geär  =  year  anführt.  S.  8  wird  ae.  fager  mit  langer  stammsylbe 
(f^gcr)  angesetzt.  Das.  wird  unter  c  als  »modification  of  b"  —  nebenbeigesagt, 
ist  »modification«  eine  wenig  gelungene  wiedergäbe  von  »umlaut«  —  auch  heran 
=  to  hear  angeführt ;  das  der  nicht  vorkommende  ae.  inf,  secjan  für  secan  oder 
secean.  P.  10  wird  schott.  bknke  und  blink  von  ae.  blican  abgeleitet,  was  laut- 
lich unmöglich  ist.  Das.  wird  der  ae.  inf.  sla?i  =  to  slay  statt  sleän  ange- 
setzt u.  s.  w. 

Trotz  dieser  mängel  der  vorliegenden  abhandlung  möchte  ich  den  Verfasser 
dringend  aufmuntern ,  seine  altenglischen  Studien  fortzusetzen  und  zu  vertiefen, 
da  ich  nicht  daran  zweifle,  dass  er  dann  im  stände  sein  wird,  reiferes  und  besseres 
auf  einem  gebiete  zu  leisten,  auf  dem  es  noch  so  sehr  an  arbeitern  fehlt. 

H.  R  ehr  mann:  Essay  concerning  Anglo-Saxon  poetry.  [Jahresbericht  über  die 
höhere  bürgerschule  zu  Lübben.  Progr.  von  1877,  no.  88.]  Lübben  1877. 
20  ss.  40. 

Der  verf.  dieser  abhandlung  hat  sich  durch  die  wähl  des  Stoffes  selbst  der 
möglichkeit,  eine  selbständige,  wissenschaftliche  leistung  an  den  tag  zu  fördern, 
beraubt;  m.  a.  w.,  die  idee,  auf  20  quartseiten  über  angelsächsische  poesie  im 
allgemeinen  schreiben  zu  wollen,  ist  von  vorn  herein  als  eine  verfehlte  zu  be- 
zeichnen. Dies  urtheil  wird  nicht  alterirt  durch  das  zugeständniss,  dass  die  ab- 
handlung allerdings  von  einiger  belesenheit  in  den  ags.  dichtem  zeugt,  sowie 
dass  bes.  abschnitt  4    (Anglo-Saxon   poetry  compared  with  that   of  Gemiany)  und 


Progranimschau  XQ5 

15  f.  (Paraphrases  and  metaphors ;  eraphaticalness  of  diction)  einige  recht 
hübsche  beobachtungen  enthalten.  Der  sprachliche  ausdnick  lässt  manches  zu 
wünschen  übrig. 

Dr.  Ehlerding:  German  and  Latin  elements  in  the  English  language.  [Pro- 
gramm der  städtischen  höheren  bürgerschule  zu  Nauen.  Progr.  von  1877,  no.  90]. 
Nauen  1877.     9  ss.    40. 

Die  abhandlung  ist  durchaus  werthlos,  da  sie  nur  allbekannte  dinge  wieder- 
holt, die  in  jeder  wissenschaftlichen  grammatik  zu  finden  sind. 

Dr.  Löwe;  Ueber  die  phraseologie  der  englischen  spräche  mit  belegstücken  aus 
einer  deutsch -englischen  phraseologie  des  verf.  [Herzogliche  höhere  bürger- 
schule zu  Bernburg.  VIII.  Jahresbericht.  Progr.  von  1877,  no.  555].  Bernburg  1877. 
40   SS.     40. 

Der  Charakter  dieser  abhandlung,  die,  wie  der  titel  schon  besagt,  ein  Vor- 
wort zu  und  auszüge  aus  einem  seitdem  längst  erschienenen  buche  desselben  verf. 
bietet,  also  auf  selbständigen  werth  keinen  anspruch  macht,  enthebt  mich  der  Ver- 
pflichtung,  dieselbe  hier  eingehender  zu  besprechen. 

M.  Kr  um  mach  er:  Geschichtliche  und  literarhistorische  beziehungen  in  Shak- 
speare's  Hamlet.  [Progr.  der  realschule  I.  ordn.  zu  Elberfeld.  Progr.  von  1877, 
no.   389].     Elberfeld    1877.      22  ss.  40. 

Der  verf.  dieser  abhandlung,  welcher  sich  mit  der  neueren  Hamlet-litteratur 
wol  vertraut  zeigt,  beschäftigt  sich  mit  den  zügen  des  dramas,  welche  weder  aus 
Saxo  noch  aus  poetischen  zwecken  hergeleitet  werden  können,  und  unterwirft  die 
annähme  mancher  erklärer,  dass  wir  es  hier  theils  mit  anspielungen  auf  geschicht- 
liche ereignisse,  theils  mit  einflüssen  anderer  Schriftwerke  zu  thun  haben,  einer 
kritischen  nachprüfung.  Das  resultat  derselben  ist  —  und  darin  kann  man  dem 
verf.  nur  beistimmen  —  im  wesentlichen  ein  negatives:  weder  aus  der  gleich- 
zeitigen schottischen  (Maria  Stuart)  noch  aus  der  englischen  (graf  Essex)  oder 
dänischen  und  schwedischen  geschichte  lassen  sich  auch  nur  mit  einiger  Sicher- 
heit motive  zu  dem  drama  ableiten.  Die  erörterung  über  den  Euphues  (p.  13  ff.j 
erscheint  innerhalb  des  rahmens  dieser  arbeit  als  unnöthig  breit ;  der  Verfasser 
hätte  wol  einige  bekanntschaft  mit  dem  inhalte  und  Charakter  dieses  romans 
voraussetzen  können,  um  so  mehr,  als,  soviel  ich  sehe,  die  frage  nach  dem  ein- 
fluss  des  Euphuismus  auf  Shakspeare's  werke,  nicht  wesentlich  gefördert  wird. 
Bekanntschaft  mit  den  Schriften  Giordano  Bruno's  wird  aus  den  stellen,  welche 
Kr.  nach  Tschischwitz  anführt,  nicht  entfernt  bewiesen,  wie  ersterer  mit  recht  be- 
hauptet; dagegen  ist  Shakespeare's  bekanntschaft  mit  Puttenham's  Art  of  english 
poetry  zuzugeben.  Den  schluss  der  lesenswerthen  arbeit  bildet  eine  kurze  erörte- 
rung über  die  juristischen  kunstausdrücke  im  Hamlet. 

Köhler:  A  glance  at  Lord  Byron  as  a  dramatist.  [Wissenschaftliche  abhand- 
lung zu  dem  Jahresbericht  des  Grossherzoglichen  Marien-gymnasiums  zu  Jever. 
Progr.  von   1877,   no.   542].     Jever  1877.      11   ss.    40. 

Der  verf.  geht  von  dem  Byron  so  oft  gemachten  Vorwurf  aus,  er  zeichne  in 
all  seinen  dichtungen  nur  sich  selbst,  es  fehle  ihm  die  schöpferische  befähigung, 
manichfaltige  charactere  zu  schildern.     Nach  des  verf,  ansieht  wird   dies  widerlegt 


tgö 


Litteratur 


durch  Hyron's  dramcn ,  in  denen  zwar  schliesslich  wieder  derselbe  Charakter  zu 
tage  tritt,  wie  in  den  übrigen  dichtungen,  während  die  sonstigen  motive;  wirk- 
lich tragische  conflicte,  ausbrüche  der  leidenschaft,  starke  ausjjrägung  von  liebe 
und  hass  u.  s.  w.  uns  diese  einseitigkeit  möglichst  vergessen  lässt.  Er  wirft 
ferner  die  frage  auf,  wie  l'yron  dazu  gekommen  ist,  sich  an  das  klassische  drama 
mit  seinen  gesetzen  anzuschliessen.  Der  verf.  führt  dieselbe  zurück  auf  die  er- 
bitterung  über  die  scharfe  kritik,  die  seinen  Hours  of  Idleness  zu  theil  geworden 
war:  unter  anschluss  an  die  klassischen  schriftsteiler  und  gewissermassen  unter 
dem  schütze  derselben  tritt  er  allen  anders  gesinnten  entgegen.  Dazu  kam  — 
und  darin  schliesst  sich  der  verf.  an  Brandes  an  —  sein  Widerspruchsgeist,  der 
ihn  Pope  verehren  Hess,  weil  die  Lake  school  poets  nicht  aufhörten,  ihn  anzu- 
greifen. Im  folgenden  weist  der  verf.  aus  der  darlegung  der  verschiedenen  ent- 
wickelung  der  griechischen  und  der  modernen  tragödie  nach,  dass  die  letztere 
ihrer  entstehung  und  ihren  Stoffen  |nach  sich  für  die  beobachtung  der  einheiten 
nicht  im  geringsten  eignete  und  dass  die  spätere  einführung  derselben  ein  nutz- 
loser kämpf  gegen  das  im  volksbewusstsein  eingewurzelte  gewesen  wäre,  wie  sich 
an  der  ungünstigen  aufnähme,  welche  Byron's  dahin  zielender  versuch  in  England 
fand,  deutlich  genug  zeigt.  Je  weniger  aber  Byron  selbst  wegen  der  subjectiven 
richtung  seiner  poesie  sich  zum  dramatiker  eignete ,  um  so  erklärlicher  wird  uns 
seine  abneigung  gegen  Shakspeare  und  die  litteratur  des  Elisabethanischen  Zeitalters 
überhaupt,  die  gerade  die  eigenschaften  in  hohem  masse  aufzuweisen  hatte,  welche 
ihm  fehlen.  Am  Schlüsse  gibt  der  verf.  eine  eintheilung  von  Byron's  dramen 
und  fügt  einige  bemerkungen  über  das  wichtigste  seiner  historischen  dramen, 
Sardanapalus,  bei. 

Man  wird  den  zwar   nicht    neuen,    aber   geschickt    entwickelten    urtheilen    des 
verf.  ohne  bedenken  beistimmen. 

W.  J.  Rehdans:  An  exact  accounl  and  critical  examination  of  Sir  Walter 
Scott's  poem :  »The  Lady  of  the  lake«.  [Beilage  zum  programm  des  königl. 
kathol.  gymnasiums  zu  Culm.    Progr.  von  1878,   no.  4].    Culm  1878.    31   s.    40. 

Die  abhandlung  zerfällt  in  6  abschnitte.  Der  erste  handelt  von  Scott's 
epischen  dichtungen  im  allgemeinen  und  stellt  die  urtheile  der  verschiedenen 
kritiker  über  die  Lady  of  the  lake  zusammen ;  der  zweite  bespricht  die  ver- 
schiedenen in  dem  gedichte  zur  anwendung  kommenden  metra;  der  dritte  gibt 
eine  klare  Übersicht  über  die  geographischen  Verhältnisse,  woran  sich  unter  IV 
geschichtliche  notizen  schliessen.  V  schildert  die  bewohner  des  schottischen  hoch- 
landes,  ihre  kleidung  und  waffen,  ihre  Wohnungen  und  sonstige  lebensweise,  so- 
wie ihren  Charakter.  VI  gibt  den  ersten  theil  einer  Inhaltsangabe,  deren  fort- 
setzung  am  Schlüsse  in  aussieht  gestellt  wird. 

Der  mit  W.  Scott's  werken  vertraute  leser  wird  in  dem  heftchen  nichts 
neues  finden;  der,  welcher  zum  ersten  male  an  die  dichtung  herantritt,  wird  die 
fliessend  und  gewandt  geschriebene  abhandlung  zur  orienlirung  gern  durch- 
blättern. 

A.  Wienhold:  Kurze  darstellung  der  philosophischen  anschauungen  Thomas 
Carlyles.  Hauptsächlich  nach  dessen  Sartor  Resartus.  [V.  Progr.  der  städti- 
schen realschule  zu  Borna.    Progr.  von  187S,  no.  448].    Borna  187S.    14  ss.    40. 


Programmschau  igy 

Eine  sehr  ansprechende  skizze,  offenbar  hervorgegangen  aus  warmem  In- 
teresse für  den  autor  und  einem  eingehenden  Studium  seiner  Schriften.  Es  ergibt 
sich,  dass  die  schrift:  Sartor  Resartus  im  wesentlichen  als  eine  Selbstbiographie 
Carlyle's  anzusehen  ist,  in  der  derselbe  seinen  geistigen  entwickelungsgang  schil- 
dert. In  seinen  philosophischen  anschauungen  berührt  er  sich  vielfach  mit  Kant, 
Fichte  und  Novalis.  Dabei  erbaut  sich  seine  philosophie  auf  dem  gründe  der 
ethik,  und  die  christliche  religion  ist  die  krönende  glorie,  der  leib  und  die  seele 
unserer  modernen  cultur.  Diejenigen  kritiker,  welche  ihn  einen  pantheisten 
nennen,  verkennen  seine  ansichten  durchaus ;  dagegen  ist  seine  Vorliebe  für  den 
puritanismus  deutlich  hervortretend.  Wenn  der  verf.  am  Schlüsse  den  wünsch 
ausspricht,  es  möchte  jetzt,  nachdem  Carlyle  den  Faust  ins  Englische  übertragen 
habe,  sich  doch  auch  recht  bald  jemand  finden,  der  den  Sartor  Resartus  in  ein 
deutsches  gewand  kleide,  so  kann  man  diesem  wünsche  nur  beistimmen.  Uebrigens 
dürfte  gerade  der  verf.  vorliegender  abhandlung  durch  seine  Vorstudien  dieser 
aufgäbe  in  besonderem  masse  gewachsen  sein. 

Dr.  Gustav  Schneider:  Ueber  die  ausspräche  der  englischen  vocale  im 
13,  Jahrhundert  und  vordem;  die  fortentwickelung  derselben  im  14.,  16.,  17. 
und  18.  Jahrhundert  bis  zur  endgültigen  feststellung  ihrer  ausspräche.  [Progr. 
der  Wöhlerschule  zu  Frankfurt  a.  M.    Progr.  von  1878,  no.  335].    Frankfurt  a.  M. 

1878.      45    SS.     40. 

Diese  ziemlich  umfangreiche,  in  englischer  spräche  abgefasste  abhandlung 
über  ein  wichtiges  thema  der  historischen  englischen  grammatik  ist  leider  wenig 
mehr  als  ein  plagiat  von  A,  Ellis  berühmtem  werke:  On  early  english  pronuncia- 
tion,  welches  vom  verf.  nicht  ein  einziges  mal  citirt  wird.»)  Ein  paar  mal 
auf  den  ersten  selten  verweist  er  auf  Koch's  und  Mäzner's  (sie!)  grammatiken, 
spricht  auch  mehrmals  von  dem  gelehrten  Hicks  (sie!)  p.  11,  am  öftesten  jeden- 
falls citirt  er  seine  History  of  the  english  language,  die  er  offenbar  für  ein  sehr 
epochemachendes  werk  hält.  Belege  für  meinen  oben  ausgesprochenen  Vorwurf 
zu  geben,  halte  ich  für  unnöthig ;  jeder  leser,  der  die  betreffenden  abschnitte  in 
beiden  büchern  neben  einander  hält,  kann  sich  ohne  langes  suchen  davon  über- 
zeugen. Dass  herr  Schneider  die  abschnitte  anders  anordnet  wie  Ellis,  auch 
eine  anzahl  beispiele  selbst  aufgesucht  und  seine  beobachtungen  an  seinen  eng- 
lischen und  schottischen  pensionären  (p.  25  f.)  mit  verwerthet  hat,  das  ändert 
natürlich  an  dieser  thatsache  nicht  das  mindeste.  Abschnitte,  wo  er  selbständio- 
zu  sein  versucht,  wie  in  Chapter  I,  wimmeln  von  missgriffen  und  falschen  auf- 
fassungen ;  man  höre  z.  b.  p.  4:  '>Ea  varies  with  e  and  even  y :  neah  (nigh, 
nahe),  nehst  and  nyhst  (nighest ,  next,  am  nächsten).  Von  einem  unterschied 
zwischen  ea  und  ed  oder  von  umlaut  scheint  der  verf.  nie  etwas  gehört  zu  haben. 
P.  5  :    ^  is  a  sound  which   is  more  frequently  short  than  long ;    it   is  no  original 

sound,   but  arises  from  a  ox  i This   sound    is    little    used    and    less   so, 

when  it  is   long:    bletsian^    blessian    (to  bless,  segnen)  — •    see    Mäzner's   grammar. 
But    ed    or    eo   were    used    instead :    redd   or    read   (red    —    roth) ;    deoful   (devil , 

teufel).     When  long,  e  is  like  ?:   herun  or  hyrutt   [sie!]    (to  hear,  hören) 

P.  6:    U  passes  intofo  (varying  with  io)\   in  some  words  it  is  e  which  is  more 
prevailing  in   the  pronunciation,   in  others  it  is  o  which    is  more    distinctly    heard: 


l)  Ellis  name  wird  einmal  genannt  (p.  22). 


IqS  Litteratur 

Jreopan    (crec]),    kriechen);    deof    (deep,    tief);    höf   (love,    lieben);   ßeoge    (fly, 

fliege)  — p.  24:   The    o   sound   is    interchanged    for  a;    this  interchange 

had  already  taken  ])lace  in  the  Semi-Saxon  period,  owing  to   the  influence  of  the 

North-Anglian  dialect Als  beispiele    werden  gerlond   und  hond   angeführt. 

Sapienli  sat ! 

Albert  Verron:  The  construction  or  arrangement  of  words  and  sentences  in 
the  present  english  language.  Part  II.  Construction  of  the  members  of  a 
sentence.  [Sechsundzwanzigster  Jahresbericht  über  die  realschule  erster  Ordnung 
zu  Münster  für  das  Schuljahr  1877 — 78.  Progr.  von  1878,  no.  311].  Münster 
1878.     24  s.    40. 

Eine  in  elegantem  English  geschriebene,  klar  und  durchsichtig  abgefasste 
Zusammenstellung,  die  der  natur  der  sache  nach  zwar  keinen  selbständigen  wissen- 
schaftlichen werth  für  sich  in  anspruch  nehmen  kann,  wol  aber  geeignet  ist,  für 
Übungen  im  englischen  ausdruck  in  oberklassen  deutscher  schulen  zu  gründe  ge- 
legt zu  werden.  Die  gegebenen  belege  scheinen  durchweg  auf  selbständigen 
Sammlungen  zu  beruhen.  Vielleicht  entschliesst  sich  der  verf.,  die  einzelnen  in 
Programmen  verstreuten  abschnitte  mit  der  zeit  zu  einem  buche  zu  verarbeiten ; 
ich  glaube  nicht,  dass  er  sich  dadurch  den  Vorwurf  zuziehen  würde,  die  vor- 
handenen grammatischen  hülfsmiltel  um  ein  überflüssiges  vermehrt  zu  haben. 

Zwei  weitere  programm-abhandlungen,  welche  nicht  sowol  dem  gebiete  der 
englischen  litteraturgeschichte  als  vielmehr  dem  der  philosophie  und  der  pädagogik 
angehören,  mögen  zum  Schlüsse  wenigstens  erwähnung  finden: 

Zwerschke:  Hume's  Enquiry  concerning  human  understanding,  in  bezug  auf 
den  fortschritt  der  erkenntnisstheorie  gewürdigt.  [VI.  Jahresbericht  über  die 
städtische  höhere  bürgerschule  zu  Striegau.  Progr.  von  1877,  "o.  184].  Striegau 
1877.     19  s.    40. 

Stapelfeld:  Locke  on  education.  [VII.  Jahresbericht  über  die  realschule  zweiter 
Ordnung  zu  Crimmitschau  auf  das  Schuljahr  1877/78.  Progr.  von  1878,  no.  450.] 
Crimmitschau   1878.     29  s.    40. 

E.  Kölbing. 


LITTERARISCHE  NOTIZEN. 

Nicolaus    Delius:     Abhandlungen     zu    Shakspere.      Elberfeld.      Verlag     von 
R.  L.  Friderichs.     1878.     XXVI  u.  448  ss.     80. 

Da  die  hier  in  einem  sammelbande  vorliegenden  abhandlungen  sämmtlich 
schon  im  Jahrbuche  der  deutschen  Shakespeare-gesellschaft  abgedruckt  sind,  so  sind 
wir  hier  einer  eingehenden  besprechung  derselben  überhoben.  Viele  Interessenten, 
welche  zwar  das  erwähnte  Jahrbuch  nicht  mithalten,  wol  aber  die  berühmte 
Shakespeare  -  ausgäbe  von  Delius  besitzen ,  werden  diese  Separatausgabe  seiner  ab- 
handlungen als  ein  willkommenes  Supplement  zn  der  ersteren  begrüssen. 


Litterarische   notizen 


199 


Vita  Adae  et  Evae.  Herausgegeben  und  erläutert  von  Wilhelm  Meyer 
aus  Speyer.  Aus  den  Abhandlungen  der  k.  bayer.  akademie  der  Wissenschaften 
I.  cl.  XIV.  bd.  III.  abth.  München,  in  commission  bei  G.  Franz.  1879. 
66  ss.     40. 

Diese  schöne  arbeit  verdient  hier  insofern  erwähnung ,  als  auch  mehrere 
englische  Versionen  der  höchst  interessanten  legende  existiren,  über  die  ich  Engl, 
stud.  II,  p.  269  ff.  kurz  gehandelt  habe.  In  einem  theile  der  modernen  Versionen 
ist  die  Adams-sage  mit  der  vom  kreuzholze  Christi  verquickt ;  vgl.  a.  a.  o. 
p.  271  ft". ,  wo  ich  leider  die  Legends  of  the  holy  rood ,  edd.  Morris,  unberück- 
sichtigt gelassen  habe.  Es  hat  bereits  lateinische  fassungen  gegeben,  welche  diese 
Verschmelzung  aufweisen ;  wenn  dieselbe  eingetreten  ist,  wird  noch  einer  weiteren 
Untersuchung  bedürfen. 

E.  K. 


M  IS  GELLEN. 


DAS  NEAPLER  FRAGMENT  VON  SIR  ISUMBRAS. 

Da  wir  nach  einer  notiz  in  der  Anglia  I,  p.  393  eine  neue  kritische  ausgäbe 
des  Sir  Isumbras  zu  erwarten  haben,  so  ist  vielleicht  die  mittheilung  des  Neapler 
fragmentes,  dessen  anfang  von  D.  Laing  in  den  Reliquiae  ant.  II,  p.  67  und  von 
Halliwell,  The  Thornton  romances,  Lond.  1844,  p.  269  abgedruckt  ist,  nicht  un- 
willkommen. Ich  habe  es  1876  an  ort  und  stelle  copirt.  Das  bruchstück  beträgt 
übrigens  nicht  121  Zeilen,  wie  Laing  angibt,  sondern  122. 

He  l>at  made  hepe  (!)  hevyn  ant^  erthe 
And  al  this  worlde  in  daies  sevyn, 
That  is  ful  of  myghth. 
Send  US  alle  his  blessyng, 
5     Las  and  more,  olde  and  yong, 
And  kepe  us  day  and  ny^t. 
Y  wol  you  teile  of  a  kny5t, 
That  was  doujty  in  ilke  a  fight, 
In  towne  and  eke  in  fielde. 
10     Ther  durst  no  man  his  dynt  abide 
With  spere  ne  with  Schilde. 

Man  he  was  riebe  ynowe, 
Ox  to  drawe  in  his  plowe 
And  stedis  in  his  stalle. 
15     Man  he  was  curteyse  and  hynde, 
Every  man  was  his  frende, 
He  was  lord  of  alle. 

Curteis  and  hynde  he  was, 
His  name  was  clepid  sir  Isombrase, 
20     Bothe  curteis  and  fre. 

The  grettist  of  his  curtesy 
Ne  couthe  ther  no  man  discry, 
A  fülle  good  man  was  he. 
Giemen  he  lovid  in  halle 
25     And   zave   ham    robus  of   riebe  palle, 
Bothe  golde  and  eke  fe. 
Of  curtesie  he  was  kyng, 
His  curtesie  had  no  endyng, 
In  worlde  is  none  so  fre. 


Das  Neapler  fragment  von  Sir  Isumbras  201 

30  As  feire  a  wife  had  he, 

As  eny  in  erthe  my5t  be, 
As  y  teile  it   ^owe ; 
And  knave-childryn  had  he  thre, 
As  feire  as  eny  my^t  be, 
35     For  thei  were  feire  ynowe. 

Into  his  hert  a  pride  was  brou5t, 
pai  of  god  is  workis  he  had  no  rou^t, 
His  merci  for  to  nemne. 
So  longe  he  rayned  in  hi5e  pride, 
40     That  god  nolde  no  lengir  abide, 
But  send  to  him  a  stevyne. 

So  hit  bifiUe  uppon  a  day, 
The  kny5t  went  furthe  him   to  play, 
His  forest  for  to  se ; 
45     And  as  he  went  in  a  narowe  way, 
A  fowle  he  hurd  him  to  say, 
That  säte  uppon  a  tre 
And  seid:  Welcome,  Isumbras, 
Thow  hast  for5ete  whate  thou  was 
50     For  pride  and  gold  an  fe. 

The  kynge  of  hevyn  wel  gretith  the: 
In  ^outhe  oper  elde  thou  getist  poverte. 
And  chese,  whethir  thou  haddist  lever  to  be. 
With  careful  hert  and  sikyng  sere 
55     He  fiUe  uppon  his  kneys  there 
And  his  hondis  up  he  hilde: 
»Worldis  welthe  y  wol  forsake 
And  to  Cristis  merci  me  take, 
Myne  hert  to  him  y  ^ilde. 
60     In  yowthe  y  may  ride  and  go, 
In  ilde  y  may  nou^t  do  so, 
Mi  bonus  wol  wax  olde. 
Lord,   5if  thi  wille  be, 
Yn  youthe  send  hit  me, 
65     And  welthe  in  myne  elde. 

Awey  the  fowle  takith  his  fli^t 
And  al  alone  leuys  the  kny^t, 
Ful  sone  he  went  his  way ; 
And  whan  he  had  the  fowle  forlore, 
70     His  stede,  that  was  so  1151  bifore, 
Vndir  him  gan  die. 
His  houndis   and  his  hawkis  bothe 
Wenten  to  wode,   to  him  were  lothe, 
Ilke  one  to  dyvers  way. 
75     What  wondir  was  |ian,   [lei  he  were  wo: 
On  fote  him  hovith  for  to  go, 
To  payne  turnyth  alle  his  play. 


202 


85 


90 


Miscellen 

And  also  bi  the  wude  hc  went, 
A  litil  knave  was  to  him  sent, 
80     Thal  come  him  a5ayne. 

He  come  to  tel  him  a  wond^r  -  lithing, 

That  brende  wal  (!)  al  his  thing 

And  his  bestis  slayne: 

Lord,   ther  nys  nou;!  kft  on  lyve, 

liut  5oure  childryn  and  50ur  wyve, 

Bi  ihü  that  me  bou5t! 

He   seid:    ^if  thei  may   on  lyve  be, 

Mi  wife   and  my  childryn  III, 

Alle  drede  me  rijt  nou^t. 

And  alle  he  went  silve  alone, 
His  hurde-men  [mett]  he  ilke  one ; 
He  seid:  Whate  eylith  yowe? 
pey  seid,  her  fee  was  from  hem  revid: 
»Lord,  no  thing  is  yowe  bilevyd 
95     An  ox  to  your  plowe ! 

Thei  wept  alle  and  did  hem  ille. 
The  kny5t  bade  ham  alle  be  stille: 
I  ne  wete  yow  this  wo! 
God  jevith  us  and  god  take, 
100     And  at  his  Wille  riche  he  make 
And  pore  men  also. 

A  deleful  si5t  he  gan  ther  se: 
His  wife  and  his  children  thre 
Out  of  the  fyre  were  fled, 
105     As  nakid,  as  thei  were  borne ; 

Thei  sittith  stille  undur  a  thorne, 
Brent  (?)  out  of  hare  bed. 
Ne  chongid  he  no  thing  of  his  ble, 
Tille  he  sawe  ham  nakid  be, 
110     That  ere  were  comely  clad. 

The  ladi  bade  ham  be  blithe: 
Y  se  your  fadur  come  ful  swithe, 
For  no  thinge  be  ye  adradl 

Thei  wepte  alle  and  made  gret  care. 
115     The  knyjt  bade  ham  leve  har  fare 
And  wepe  not  so  sore. 
Alle  that  care  that  we  be  yn, 
It  is  for  our  wikkid  syn: 
Worthe  we  were  wel  more. 
120     And  we  al  conne  no  work  wirch, 
Our  frend  of  us  schulle  be  jirch, 
Over  londe  y  rede  we  fare.  E.  K  ö  1  b  i  n  g . 


Vorlesungen  über  engl,  philologie  an  den   Universitäten  Deutschlands  etc.      203 

VORLESUNGEN  ÜBER  ENGLISCHE  PHILOLOGIE  AN  DEN 

UNIVERSITÄTEN   DEUTSCHLANDS,  ÖSTERREICHS  UND 

DER  SCHWEIZ, 

IM  SOMMERSEMESTER    1879. 

Basel:  Englisches  kränzchen:  lectüre  des  Beovulf  —  pro  f.  Heyne.  Eng- 
lisches kränzchen  —   pro  f.   Soldan. 

Berlin:  Englische  grammatik,  IL  theil ;  flexionslehre  —  pro  f.  Zupitza. 
Shakspeare's  Heinr.  IV,  I.  th.  —  derselbe.  Im  seminar  —  Pierce  Ploughman 
derselbe.  Syntactische  Übungen  unter  Zugrundelegung  von  Imman.  Schmidt; 
Uebungsbeispiele  zur  einübung  der  englischen  syntax  —  lector  Napier. 
Uebungen  im  englisch-schreiben  und  sprechen  —  derselbe. 

Bern:  Byron,   ausgewählte  dichtungen  —  privatdocent  Weber. 

Bonn:  Angelsächsische  grammatik  —  pro  f.  Birlinger.  Historische 
grammatik  der  englischen  spräche  —  pro  f.  Delius.  Shakspeare's  Tempest  — 
derselbe.  Anfangsgründe  der  englischen  spräche  —  pro  f.  Bise  ho  ff.  Fort- 
setzung der  anfangsgründe  der  englischen  spräche  —  derselbe.  Englische  gram- 
matik für  geübtere,  mit  mündlichen  und  schriftlichen  Übungen  —  derselbe. 
Englische  gesellschaft  —  derselbe. 

Breslau:  Erklärung  ausgewählter  stücke  aus  Zupitza' s  Altenglischem  übungs- 
buche  —  privatdocent  Kölbing.  Englische  abtheilung  des  seminars  für  rom. 
und  engl,  philologie,  lectüre  des  me.  gedichtes :  Sir  Tristrem,  und  besprechung 
freier  arbeiten  —  derselbe. 

Czernowitz:  Vac. 

Erlangen:  Romanisch  -  englische  gesellschaft:  Shakspeare's  Merchant  of 
Venice  —  pro  f.  Vollmöller. 

Freiburg  i.  B. :  Angelsächsische  grammatik  und  erklärung  des  Beövulf  — 
prof.  Paul. 

Giessen:  Chaucer's  Canterbury  Tales  —  prof.  Lemcke.  Romanisch- 
englische gesellschaft  —  derselbe. 

Göttingen:  Shakspeare's  König  Lear  —  prof.  Th.  Müller.  Uebungen 
in  der  engl,  spräche  —  derselbe.  Angelsächsische  grammatik  und  lectüre  des 
Beövulf  —  privatdocent  Bechtel. 

Graz:  Englische  grammatik  und  lectüre  —  lector  Oppler.  Vorlesungen 
in  engl,  spräche  über  engl,  litteratur  —  derselbe. 

Greifswald:  Angelsächsische  und  altenglische  sprachproben  nach  Zupitza's 
Übungsbuch  —  prof.  Hoefer.  Beövulf  —  prof.  Schmitz.  Vergleichende 
etymologie  und  Synonymik  der  französischen  und  englischen  spräche  —  der- 
selbe. Im  seminar:  Byron  —  derselbe.  Byron's  leben  und  werke  nebst  er- 
klärung des  Manfred  —  privatdocent  Varnhagen.  Mittelenglische  Übungen 
nach  Zupitza's  Übungsbuch  —  derselbe. 

Halle:  Geschichte  der  angelsächsischen  literatur  —  privatdocent 
Gering.  Angelsächsische  grammatik  und  erklärung  ausgewählter  angelsäch- 
sischer Sprachdenkmäler  —  derselbe.  Milton's  Samson  Agonistes  —  prof. 
Elze.  Uebungen  des  englischen  seminars  —  derselbe.  Englische  syntax  — 
derselbe.  Elemente  der  englischen  spräche  —  lector  Aue.  Shakspeare's 
Merchant  of  Venice  —  derselbe.  Praktische  Übungen  im  englischen  seminar 
—  derselbe. 


204 


Miscellen 


Heidelberg:  Geschichte  der  englischen  litteratur  von  Milton  —  Byron  — 
pro  f.  Ihne.  Im  germanisch -romanischen  seminar:  Englisch -deutsche  und 
deutsch-englische  Übungen  — derselbe;  altenglische  Übungen  —  privatdocent 
Neumann. 

Innsbruck.  Englische   spräche,     l.  curs.,    elementargrammatik  mit  Übungen 

—  lector  Roes.     2.  curs.,  exercises  on  the  rules  of  syntax  —  derselbe. 

Jena:   Bcövulf  —   prof.   Sievers. 

Kiel:  Interpretation  von  Chaucer's  Canterbury  Tales  und  praktische 
Übungen  im  neuenglischen  —  prof.  Stimmin g.  Altenglische  grammatik  — 
privatdocent  Möller.  Altenglische  Übungen  —  derselbe.  Shakspeare's 
Macbeth  mit  erläuterungen  —  lector  Heise.    Englische  Übungen  —  derselbe. 

Königsberg:  Englische  Übungen  im  seminar  —  prof.  Kissner. 

Leipzig:  Entwicklung  des  englischen  dramas  bis  Shakspeare;  über 
Shakspeare's  leben  und  werke  —  prof.  Wülcker.  Geschichte  der  angel- 
sächsischen litteratur  nebst  erklärung  der  kleineren  angelsächsischen  denkmäler  — 
derselbe.  Altenglische  Übungen  nach  seinem  altenglischen  lesebuche  II  (?)  — 
derselbe.  Geschichte  der  englischen  litteratur  im  17.  und  18.  Jahrhundert  — 
privatdocent  Traut  mann.  Neuenglische  Übungen  (übersetzen  aus  dem  Deut- 
schen ins  Englische)  —  derselbe. 

Lemberg:  Englische  spräche  —  lector  Kropiwnicki. 

Marburg:  Chaucer's  Canterbury  Tales  —  prof.  Stengel.  Uebungen  des 
roraaniich-englischen  seminars  —  derselbe. 

München:  Shakespeare's  Julius  Caesar  (continued)  —  prof.  Breymann. 
Im  seminar:  stilistische  und  textkritische  Übungen  —  derselbe;  praktische 
übungtn  im  übersetzen  —  derselbe.    Interpretation  von  Shakespeare's  Richard  II. 

—  prof.  Bernays.     Germanische    Übungen  (Angelsächsisch  und    Altenglisch)  — 
prof.  Hofmann,     Angelsächsische  prosa  —  privatdocent  Brenner. 

Münster:  Geschichte  des  franz.  und  engl,  drama's  im  mittelalter  —  prof. 
Körting.     Shakspeare's   leben    und    werke  —  derselbe.     Altenglische  Übungen 

—  derselbe. 

Prag:  Englische  spräche  —  lector  Holzamer. 

Rostock:    Chaucer's  Canterbury  Tales  —  privatdocent  Lindner. 

Strassburg:  Geschichte  der  englischen  litteratur  seit  1500  —  prof.  ten 
Brink.  Im  seminar:  Spenser  —  derselbe.  Einführung  in  das  Studium  der 
englischen  spräche  —  lector  Levy.  Jtlilton's  Paradise  lost  —  derselbe.  Im 
seminar:  Sheridan's  Comedies  —  derselbe. 

Tübingen:  Milton' s  Paradise  lost  —  prof.  Milner.  Englische  gram- 
matik —  derselbe.     Im  seminar  f.  n.  spr. :  Englisch  in  2  cursen  —  derselbe. 

Wien:  Englische  raetrik  in  historischer  entwickelung ,  I.  theil  —  prof. 
Schipper.  Erklärung  von  Miltons  Jugendgedichten  —  derselbe.  Im  seminar: 
Textkritische  Übungen  über  die  englischen  Alexiuslegenden  —  derselbe.  Prak- 
tische Übungen  —  derselbe. 

Würzburg:  Englische  Übungen  —  prof.  Mall. 

Zürich:  Byron  et  ses  oeuvres  (franz.  Vortrag)  —  prof.  Breitinge r. 
Byron's  epische  gedichte,   Übersetzung  und  erklärung  —  derselbe. 


Professor  N.  Delius  in  Bonn  hat  seine  professur  niedergelegt ,    um    sich  von 
jetzt  ab  nur  mehr  litterarischen  arbeiten  zu  widmen. 


Zeitschriftenschau 


205 


ZEITSCHRIFTENSCHAU. 
Anglia  II,  2.  3.  heft.  Abhandlungen.  Zur  versbildung  der  Anglo- 
Normannen.  Von  H.  Suchier.  Zu  mittelenglischen  gedichten ;  I.  Zu  den  streit- 
gedichten  zwischen  körper  und  seele.  IL  Eine  Marienklage.  III.  Ein  scherz. 
Von  H.  Varnhagen.  Byron's  verhältniss  zu  Pope.  Von  S.  Levy.  Beiträge 
zur  neuenglischen  präpositionslehre.  IV.  Von  W.  Sattler.  Ueber  die  angel- 
sächsischen gedichte  von  Gudlac.  Von  F.  Charitius.  Zu  Marlowe's  Faust.  Von 
W.  V/ agner.  Dryden's  bearbeitung  Chaucer' scher  gedichte.  I.  Palamon  and 
Arcite.  II.  Cock  and  fox.  Von  O.  Schoepke.  Aus  englischen  bibliotheken. 
I.  Salisbury  und  London:  Te  deum  laudamus.  Hymnus  Athanasii.  4,  psalm. 
Chaucer's  Boetius,  Angels.-lat.  Sprüche.  II.  Exeter:  Exeterbuch.  Das  gedieht 
Ruine:  einleitung,  text  und  anm.  Botschaft  des  gemahls.  Von  R.  Wülcker. 
How  the  Plowman  learned  his  Pater  Noster.  Von  R.  Köhler.  Golagrus  and 
Gawain.  Einleitung.  Text.  Von  M.^Trautma nn.  Das  ags.  gedieht  Andreas  und 
der  dichter  Cynewulf.  Von  A.  Fritzsche.  Thomas  Wright.  Von  R.  Wülcker. 
Nachträge.  Zu  Anglia  II,  253.  Zu  Anglia  II,'  230  u.  246.  Von  R.  Wülcker. 
A  couple  of  protests.  Von  F.  Furnivall.  Recensionen  und  anzeigen. 
Altenglische  dichtungen  des  ms.  Harl.  2253.  Mit  grammatik  und  glossar  her- 
ausgeg,  von  dr.  K.  Böddeker,  Berlin  1878.  Von  J.  Schipper.  Drei  Shakspeare- 
studien  von  E.  Hermann.  I.  Die  bedeutung  des  Sommernachtstraumes  für  die 
Shakspearebiographie  und  die  geschichte  des  engl,  dramas.  Erlangen  1S77.  Von 
L.  Proescholdt.  i.  Chr.  Marlowe's  Tragedie  of  Doctor  Faustus.  Wilh  intro- 
duction  and  noles  by  W.  Wagner.  London  1877.  2.  Marlowe's  Tragical  History 
of  doctor  Faustus,  and  Greene's  Honourable  History  of  Friar  ßacon  and  Friar 
Bungay.  Edited  by  A.  W,  Ward.  Oxford  1878.  Von  W.  Wagner.  Angel- 
sächsisches glossar  von  H.  Leo.  Alphabetischer  index  dazu  von  W.  Biszegger. 
Halle  1877.  Von  E.  Sievers.  Ueber  die  neuesten  Veröffentlichungen  des  Chaucer- 
Society.  Von  J.  Koch.  A  dictionary  of  English,  French  and  German  idioms, 
figurative  expressions  and  proverbial  sayings  by  A.  M.  De  Sainte-Claire.  Berlin 
1878.  Von  D.  Asher.  Nachtrag  von  M.  Trautmann.  Aufruf  zur  Sammlung 
•  für  die  Shakspeare-bibliothek.  Verzeichniss  der  eingelieferten  recensionsexemplare. 
Eine  bibliographie  von  1877  'st  diesem  hefte  wenigstens  leider  noch  nicht  bei- 
gegeben. Dagegen  sind  beigebunden  2  blätter,  deren  Inhalt  sich  betitelt :  Einige 
bemerkungen  zu:    Englische  Studien  II,    s.   265.1) 


i)  Die  leser  beider  blätter  brauchen  nicht  zu  fürchten  ,  dass  auch  ich  ihre 
geduld  für  vier  selten  persönlichen  Streites  in  anspruch  nehmen  werde,  zumal  der 
Inhalt  von  Wülcker's  »Bemerkungen«  nur  geeignet  ist,  meiner  früheren  erklärung, 
dass  «ich  mich  ausser  stände  sehe,  eine  derartige  pulemik  weiter  fortzusetzen«, 
weitere  begründung  zu  verleihen.  Wer  unbefangen  das  von  beiden  selten  vor- 
gebrachte nachprüft,  wird  nämlich  sich  ohne  grosse  mühe  davon  überzeugen  können, 
i)  dass  die  Anglia  in  der  that  unregelmässig  erscheint  (vgl.  z.  b.  Wülcker's  ver- 
sprechen p.  1,0  f.  mit  dem  wirklichen  erscheinen  des  heftesl).  2)  Dass  herr 
Wülcker  sich  wissentlich  einer  Unwahrheit  schuldig  macht,  wenn  er 
p.  2  behauptet,  er  habe  in  seinem  urthcil  über  meine  Ormulum-vergleichung  »nur 
des  herrn  doctors  [vgl.  Lessing's  Antiq.  bricfe  no.  57:  »Was  ist  denn  etc.]  eigenste 
Worte  abgedruckt«.  Die  worte,  welche  ich  Engl,  st,  I,  p.  541  als  entstellung 
markirte ,  die  er  hier  aber  natürlich  verschweigt  [^White's  fehler  fallen  fast 
alle  in  eine  abtheilungt]  ,  gehören  einzig  und  allein  dem  »herrn  profcssor« 
an.     3)  Dass  es  sich  an  der  von  Wülcker  unter  5)  angezogenen  stelle  ganz  und  gar 


2o6  Miscellen 

Jahrbucli  der  deutsclien  S  li  a  kesp  carc -gcsel  Ischaf  l  ,  lieraus- 
gegeben  von  Karl  Elze.  Vierzehnter  Jahrgang.  K.  Elze,  Eine 
auffUhrung  im  Globus- theater.  Einleitender  vertrag  zur  Jahresversammlung  der 
deutschen  Shakespeare -gesellschaft.  A.  Freiherr  v.  Loen,  Jahresbericht  für 
1877 — 78.  Vorgetragen  in  der  Jahresversammlung  zu  Weimar  am  24.  april  1878. 
Bericht  über  die  Jahresversammlung  zu  Weimar  am  24.  april  1878.  W.  Bolin, 
Hamlet  in  Schweden.  Paul  Wislicenus,  Zwei  r.euentdeckte  Shakespeare- 
quellen. J.  Thümmel,  Ueber  die  sentenz  im  drama,  namentlich  bei  Shakespeare, 
Goethe  und  Schiller.  R.  Prölss,  Werder's  Hamlet -Vorlesungen.  T  h,  Elze, 
Italienische  skizzen  zu  Shakespeare.  Zweite  folge.  N.  Delius,  Fletcher's 
angebliche  betheiligung  an  Shakespeare's  King  Henry  VHI.  R.  Gericke, 
Romeo  and  Juliet  nach  Shakespeare's  manuscript.  W.  Wagner,  Neue  con- 
jecturen  zum  Mucedoros.  Derselbe,  Verbesserungsvorschläge  zu  Shakespeare. 
G.  Freih.  Vincke,  König  Eduard  IH.  —  ein  bühnenstück?  Statistischer 
überblick  über  die  Shakespeare -aufführungen  deutscher  bühnen  vom  i.  juli  1877 
bis  30.  juni  1878.  Wolf  Graf  Baudissin  —  Theodor  Döring  —  W.  G.  Clark. 
Shakespeare  in  Island.  N.  Delius,  Ueber  die  letzten  publicationen  der  »New 
Shakspere  Society«.  Litterarische  Übersicht.  Miscellen:  I.  Englische  Schauspieler 
in  Kassel.  II.  John  Spencer  in  Regensburg.  III.  Hamlet  in  Regensburg.  IV.  Zu 
sonelt  121.  A.  Cohn,  Shakespeare  -  bibliographie  1877  und  1878.  Zuwachs  der 
bibliothek  der  deutschen  Shakespeare-gesellschaft  seit  mitte  märz    1878.     Aufruf. 

Archiv  für  das  Studium  der  neueren  sprachen  und  litteraturen. 
Herausgegeben  von  L.  Herrig.  61.  band.  Heft  2  —  4.  H.  Isaac, 
Zu  den  sonetten  Shakespeare's.  IV.,  p.  177  —  200.  V.,  p.  393 — 426.  Re- 
censionen.  K.  Leo,  Angelsächsisches  glossar.  Von  E.  Henrici,  p.  336. 
Fiedler  und  Sachs,  Wissenschaftl.  grammatik  der  engl,  spräche.  1.  bd.  2.  aufl. 
Von  V.  Witthöft,  p.  337.  O.  Ritter,  Anleitung  zur  abfassung  von  englischen 
briefen  mit  zahlreichen  englischen  mustern  und  deutschen  Übungen.  Von 
Wolpert,  p.  348.  G.  Garcke,  Englische  schulgrammatik.  II.  theil.  Neu 
bearbeitet  von  H.  Fernow.  Von  G.  W  e  n  d  t ,  p.  346.  C.  Humbert ,  Englands 
urtheil  über  Moli^re.  Von  Mahrenholtz,  p.  348.  Four  chapters  of  North' s 
Plutarch  etc.     Edited  by  F.   A.  Leo. 


nicht  um  collationen,  sondern  um  eine  editio  princeps  der  Patriks-legende  und 
um  die  grundsätze  bei  der  auflösung  von  abkürzungen  handelte,  und  dass  Wülcker, 
um  die  richtigkeit  meiner  behauptung  nicht  zugeben  zu  müssen ,  dieselbe  lieber 
gefälscht  hat.  Der  die  Ebert'sche  arbeit  betreffende  Vorwurf  hebt  sich  dadurch 
ganz  von  selbst. 

Am  Schlüsse  gibt  sich  W.  den  anstrich ,  als  ob  die  »angriffe«  nur  von  mir 
ausgegangen  wären,  und  erklärt,  er  werde  mir  nur  noch  antworten,  wenn  ich  ihn 
als  autor  angreife.  Nun,  er  hat  es  sich  von  einem  fachgenossen,  der  sogar  eifriger 
mitarbeiter  seiner  Zeitschrift  und  mit  der  begründung  der  Studien  garnicht  ein- 
verstanden ist ,  ohne  Widerspruch  zu  erheben  ,  sagen  lassen  ,  der  ärger  der  Anglia 
über  die  begründung  der  Studien  habe  sich  »in  nicht  ganz  passender  weise  luft 
gemacht«.  Dadurch  wird  die  Sachlage  genügend  gekennzeichnet.  Was  den  zweiten 
punkt  aber  anlangt ,  so  empfehle  ich  ihm  als  thema  für  eine  solche  »antworte 
meine  bemerkungen  über  seinen  commentar  zu:  BIou  northerne  wind  (Engl.  stud.  II, 
p.  504  f.),  in  denen  er  einen  sogar  recht  kräftigen  angriff  auf  sich  »als  autor«  finden 
wird.  Ich  aber  schliesse  mit  der  Versicherung,  dass  solche  angriffe,  wie  sie 
z.  b.  die  herren  Wülcker  und  Brandl  gegen  mich  gerichtet  haben,  mir  die  freude 
an  meinem  uneigennützig  ins  leben  gerufenen  unternehmen  am  allerwenigsten  zu 
verderben  geeignet  sind.  E.  K. 


Eingegangene  recensionsexemplare  207 

Zeitschrift  für  deutsches  alterthum  und  deutsche  litteratur. 
XXIII.  band.     B.  ten  Brink:  eode,  p.  65—67. 

Anzeiger  f.  d.  a.  u.  d.  1.  5.  band.  Cynewulfs  Elene,  herausgegeben 
von  J.  Zupitza.  Von  B.  ten  Brink.  M.  Konrath:  Beiträge  zur  erklärung 
und  textkritik  des  William  von  Schorham.     Von  H.  Varnhagen. 

Academy,  1879.  Besprechung  von  Holt's  ausgäbe  des  Ormulum,  p.  330. 
R.  Ellis,  On  two  passages  in  Keats  ,  p.  414.  E.  Dowden,  Wordsworth  and 
Bums,   p.  479.  

BERICHTIGUNGEN. 

Eine  nochmalige  collation  der  von  mir  buchstäblich  abgedruckten  texte  in 
meinen  »Angelsächsischen  sprachproben«  ergab  einige  berichtigungen,  die  ich  hier 
mittheilen  will.  L.  s.  246  ofslogon ;  28  zweimal  twa  hund  statt  swa  hund,  dagegen 
swa  him;  356durhteoä;  36S  dod;  383  beon;  452  fiam ;  466  geladedon;  473  pxt; 
48iiJ)ses,  ebd.  gedeauas ;  5o3  ne;  53  7  Trumwine;  55  v.  3  upstige ;  59  9  swidre; 
von  accentuirten  i  ist  nur  ein  theil  von  mir  bezeichnet,  ae  mit  '  konnte  ich  nicht 
wiedergeben.  Ausserdem  sind  leider  einige  druckfehler  stehen  geblieben ;  ich  sehe 
von  leicht  zu  verbessernden  versehen,  wie  d  statt  d,  ab  und  notire  hier:  s.  10 13 
cyddon ;  133  gewilnjende;  17 10  fiära;  191  edre;  562  stowe  v.  15  ele ;  682  äht ; 
681  ceht ;  775  foding ;  80'  -Isedan ;  93**  säwol ;  in  einigen  infin.  ist  -on  statt  -an 
stehen  geblieben.  Die  etwa  fehlenden  worte  des  glossars ,  wie  asfre ,  godgild, 
awecgan  u.  a.,  sind  vom  lehret  leicht  zu  ergänzen,  Forwernan  heisst  » verweigern <r, 
leöd  kommt  bekanntlich  auch  im  sing,  vor;  of^yrst  ist  ^  ofpyrsted.  Weitere 
sachliche  besserungen  von  anderer  seite  sind  mir  am  willkommensten. 

München,   12.  juli  1879.  Oscar  Brenner. 


EINGEGANGENE  RECENSIONSEXEMPLARE.') 

Bis  zu  abschluss  dieses  Heftes  sind  ausser  von  den  oben  besprochenen  von 
folgenden  werken  recensionsexemplare  bei  der  redaction  eingegangen: 

f  La  chanson  des  runes.  Texte  anglo-saxon,  traduction  et  notes  par 
L.  Botkine.     Havre ,  Imprimerie  Lepelletier,   rue  sery  47.      1879. 

Robert  Gericke:  Romeo  and  Juliet  nach  Shakespeare's  manuscript. 
Separatabdruck  aus  dem  Shakespeare -Jahrbuch ,    band  XIV. 

f  An  etymological  dictionary  of  the  english  language,  arranged  on  an  historical 
basis.  By  the  Rev.  Walter  W.  Skeat,  M.  A.  Part.  I.  A  — dor.  Oxfordi.  At 
the  Ciarendom  press.    1879. 

■)■  Herm.  Bretschn eider:  Englisches  lesebuch  für  real-  und  höhere  biirger- 
schulen,  nebst  wörterbucli  mit  aussprachebezeichnung.  Hannover.  Hahn'sche 
buchhandlung.     1879. 

t  Wiemann:  Englische  schiilerbibliothek  I.    Gotha.    G.  Schloessmann.    1879. 

fGeorgeBoyle:  Idiomatisches  Englisch  für  Deutsche.  Eine  Sammlung  der 
gebräuchlichsten  redensartcn  und  anglicismen.  Berlin,  verlag  von  V,  A.  Herbig. 
1878. 


i)    Die    mit    einem  f   bezeichneten    Schriften    werden    im    niiclisten   hefte   der 
Studien  besprochen  werden. 


2o8  Miscellen 

•(•Georg  Storme:  Materialien  zum  übersetzen  aus  dem  Deutschen  ins 
Englische.     2.  aufl.     Hannover.     Carl  Meyer.      1876. 

•)•£.  Hermann:  Drei  Shakespeare-studien.  I.  Die  bedeutung  des  sommer- 
nachtstraums  für  die  Shakespeare  -  biographie  und  die  geschichte  des  englischen 
dramas.  Erlangen.  Deichert.  1877.  U.  Shakespeare  der  kämpfer.  Die  po- 
lemischen hauptbeziehungen  des  Midsummer-Night's  Dream  and  Tempest  urkund- 
lich nachgewiesen.  Abtheilung  I.  Shakespeare  wider  John  Lyly.  Erlangen. 
Deichert.     1879. 

Joh.  Storm:  Engelsk  filologi.  Anwisning  til  et  videnskabeligt  Studium  af 
de  engelske  sprog.  For  studerende,  laerere  og  viderekomne.  I.  Det  levende 
sprog.     Kristiania,     Forlagt  af  Alb.  Camniermeyer.     1878. 

Thum:  Anmerkungen  zu  Macaulay's  History  of  England.  [29.  Jahresbericht 
der  realschule  mit  progymnasium  zu  Reichenbach  i.  V.  1879,  progr.  no,  480.] 
Reichenbach  i.  V.     1879. 

M.  Kummacher,  Englische  miscellen.  [Vierter  bericht  der  städtischen 
höheren  töchterschule  zu  Kassel.]     Kassel.      1879. 

f  H.  von  Hagen,  Ueber  die  altfranz.  Vorstufe  des  Shakespeare' sehen  lust- 
spieles  »Ende  gut  alles  gut«.     Hallenser  dissertation.     1879. 

f  Karl  Warnke,  On  the  formation  of  english  words  by  means  of  ablaut. 
Halle  a.  S.     Niemeyer.     1878. 

fAngelsächsische  sprachproben  mit  glossar  von  Oscar  Brenner. 
München.     Kaiser.     1879. 


Zeitschrift  für  romanische  philologie.  Herausgegeben  von  G.  Gröber. 
III.  band.  Heft  i.  Supplementheft  II,  bibliographie  1877.  Halle  a.  S.  Nie- 
meyer.    1879. 

Anglia.  Zeitschrift  für  englische  philologie.  Herausgegeben  von  R.  P.  Wü  1  k er 
und  M.  Traut  mann.    II.  band.    2.  und  3.  heft.     Halle  a,  S.     Niemeyer.     1879. 


Engl,  stud.,  bd.  II,  p.  268,  z,  2  f.  sind,  als  auf  einem  versehen  meinerseits 
beruhend,  zu  streichen. 

E.  K. 


Pierer'sche  hofbuchdruckerei.     Stephan  Geibel  &  Co.  in  Altenburg. 


CHAUCER'S  'HOUSE  OF  FAME'  IN  SEINEM  VER- 
HÄLTNISS  ZU  DANTE'S  ^DIVINA  COMMEDIA'. 


INHALT. 

Einleitung.     Chaucer  und  die  italienische  litteratur. 

§  I.     Aehnlichkeit   des    'House   of  Farne'    und   der    'Divina   Commedia    im 
allgemeinen. 
§  2 — 15.     Aehnlichkeit  in  einzelnen  zügen. 

§  2.  Die  anrufungen  im  'House  of  Farne'  und  in  der  'Divina  Commedia'. 
§  3.  Die  genauigkeit  Chaucer's  und  Dante's  in  der  Zeitangabe  ihrer  Visionen. 
§  4,     Die    Inschrift   auf  der  wand  des   tempels    der   Venus  —   die  Inschrift 

über  dem  thor  der  hölle. 
§  5.     Virgil  und  die  gemälde  im  tempel  der  Venus. 
§  6.     Die  einöde  im  ersten  buch  des  'House  of  Farne'  —  der  dunkle  wald 

im  ersten  gesang  der  'Divina  Commedia'. 
§  7.     Dante's    drei    träume    im   'Purgatorio'    und   der    adler    in    beiden    ge- 

dichten. 
§  8.     Chaucer's  adler  —  Dante's  Virgil  und  Beatrice. 

§  9.     Phaethon    und   Icarus    im   Inf.   XVH    und    im  zweiten   buch   des  eng- 
lischen  gedichtes. 
§  10.     Die  lange  rede  des  adlers  über  die  luft,  den  laut  und  den  n\{. 
§  II.     Der  eisfelsen  im   dritten   buch  des  'House  of  Fame'  —  der   berg  der 

reinigung  in  Dante's  'Purgatorio'. 

§  12.     Chaucer   und  Dante   gestehen   beide    die   Unzulänglichkeit  ihrer  kräfto 

ein  —  der   eine    bei   der   Schilderung    der   Schönheit   des  palastes  der 

Fama  —  der  andere  bei  der  beschreibung  des  paradieses. 

§  13.     Der  hofstaat  der  königin  Fama  —  die  hierarchie  in  Dante's  'Paradiso'. 

§   14.     Der  palast   des   gerüchtes    (House   of    Rumour)  —    Par.  XXVHI  und 

Inf.  III. 
§  15.     Einige  zerstreute  parallelstellen. 
Schluss. 


Kölbing,  Englische  Studien.     III.     ?.  I4 


2IO  A.  Rambeau 

BÜCHER,    SCHRIFTEN  UND    AUSGABEN,    DIE  IN    DER  AB- 
HANDLUNG BENUTZT  ODER  ERWÄHNT  WORDEN  SIND. 

Tlie  Poetical  Works  of  Geoffrey  Chaucer.  Editcd  by  Richard  Morris.  With 
Memoir  by  Sir  Harris  Nicolas.  London:  Bell  and  Daldy  York  Street  Covenl 
Garden.     In  Six  Volumes.     (Erste  vorrede  von  l866.) 


The  Poetical  Works  of  Geoff.  Chaucer.  In  Fourtecn  Volumes.  The  Mis- 
cellaneous  Pieces  from  Urry's  Edition  1721,  the  Canterbury  Tales  from 
Tyrwhitt's  Edition  1775.  Edinburg:  At  the  Apollo  Press,  by  the  Martins, 
Anno   1782. 

Thomas  Tyrwhitt,  Introductory  Discourse  to  the  Canterbury  Tales.  —  In 
seiner  ausgäbe  der  poetischen  werke  des  Geoffrey  Chaucer.  London :  George 
Routledge  and  Sons.     1874. 

Sir  Harris  Nicolas,    Life  of  Chaucer.     In  Richard  Morris'  ausgäbe. 


A   Compendious    History    of    English    Literature,    and    of   the    English  Language, 
from  the  Norman  Conquest.     By  George    L.  Craik,     2  Vol.     London   1861. 


History  of  English  Poetry  from  the  I2th  to  the  Close  of  the  l6th  Century.  By 
Thomas  Warton.  Edited  by  W.  Carew  Hazlitt.  In  4  Volumes. 
London  1871. 

Etüde  sur  G.  Chaucer  considere  comme  imitateur  des  trouv^res.  Par  E.-G. 
Sandras.     Paris   1859. 

Chaucer.  Studien  zur  geschichte  seiner  entwicklung  und  zur  Chronologie  seiner 
Schriften  von  Bernh.  ten  Brink.     Münster  1870. 


Geoffrey    Chaucer's   Canterbury  -  Geschichten ,    einleitung.      Von    Wilhelm   Hertz- 
berg.     Hildburghausen  1870. 

Chaucer     in    seinen    beziehungen    zur     italienischen     literatur.      Dissertation     von 
Alfons  Kissner.     Marburg  1867. 


E.  Fiedler,  Zur  beurtheilung  des  Chaucer,  im  Archiv  für  das  Studium  der 
neueren  sprachen  und  literaturen ,  herausgegeben  von  Herrig  und  Viehoflf, 
II,  p.    151   f.,   390  f.     Jahrgang  1847. 


Hertzberg,     Nachlese    zu    Chaucer,    Jahrbuch    für    romanische    und    englische 
literatur,  herausgegeben  von  L.  Lenicke  VIII,  p.   129  f.     Jahrgang  1867. 


Adolf  Ebert,  Kritik  des  buches  von  Sandras  über  Chaucer,  Jahrbuch  für  ro- 
manische und  englische  litteratur,  herausgegeben  von  A.  Ebert,  IV,  85  f. 
Jahrgang   1862.  

Bilder  aus  Alt-England  von  Reinhold  P  auli,  Gotha  1876:  VII,  Zwei  dichter, 
Gower  und  Chaucer,   p.   192  f. 


Chaucer's  'House  of  Farne'  in  seinem  verhältniss  zu  Dante's  'Divina  Commedia'    2  1 1 
La  Divina  Commedia  di  Dante  Allighieri,  ed.  Carlo  Witte,   Berlino  1862. 


Dante  Alighieri's  Göttliche  Comoedie,  metrisch  übertragen  und  mit  kritischen  und 
historischen  erläuterungen  versehen  von  Philalethes,   3  th.     Leipzig   1868. 


Vocabolario  Dantesco  par  L.  G.  Blanc,    Leipsic   1852. 


P.  Virgilii  Marouis  Aeneis,   ed.  Forbiger,  Lipsiae  1845. 


F.  Ovidii  Nasonis  Metamorphoses,  ed.  Jahn,  Lipsiae    1832. 


Francesco   Petrarca.     Rime    con    l'interpretazione   di    Giacomo   Leopardi    e    con 
note  inedite  di  Eugenio  Camerini,     Volume  Unico.     Milano   1876. 


Pope's    Works.      Edited    by   Joseph    Warton.      Basil:     printed    and    sold    by 
J.  J.  Tourneisen   1803. 


Einleitung.  Nachdem  bekanntlich  schon  Tyrwhitt  auf  Chaucer's 
italienische  quellen  hingewiesen  (Introductory  Discourse  to  the  C.  T.) 
und  auch  Warton  in  seiner  Geschichte  der  englischen  poesie  (II,  296) 
erklärt  hatte,  Chaucer  habe  die  werke  Dante's  und  anderer  italienischen 
Schriftsteller  gekannt,  erhob  sich  eine  starke  Opposition  gegen  diese 
ansieht:  Sir  Harris  Nicolas  und  Craik  waren  es,  die  den  einfluss  der 
italienischen  Utteratur  auf  Chaucer's  werke  und  selbst  seine  kenntniss 
der  italienischen  spräche  in  Zweifel  zogen.  Der  erstere  sagt  in  seinem 
'Life  of  Chaucer'  p.  14,  15:  'That  Chaucer  was  not  acquainted  with 
Italian,  may  be  inferred  from  his  not  having  introduced  any  Italian 
quotation  into  his  works,  redundant  as  they  are  with  Latin  and 
French  words  and  phrases.'  Craik  sagt  in  seiner  Englischen  litteratur- 
geschichte  I,  272  :'....  it  is  by  no  means  certain  that  it  was  so, 
and  some  circumstances  seem  to  make  it  rather  iniprobable  that  Chaucer 
was  a  reader  or  Student  of  Italian.'  —  und  s.  276 :  'It  may  be 
questioned ,  then ,  if  much  more  than  the  fame  of  Italian  song  had 
reached  the  ear  of  Chaucer.'  Jedoch  haben  bereits  mehrere,  be- 
sonders deutsche,  gelehrte  diese  radicale  ansieht  bekämpft  und  zu 
widerlegen  gesucht,  und  sie  haben,  der  eine  mehr,  der  andere  weniger, 
Chaucer's  kenntniss  der  italienischen  litteratur  und  die  abhängig- 
keit    seiner    geistigen    erzeugnisse    von    derselben    betont:     Fiedler'), 

i)  Im  Archiv  für  das  Studium  der  neuern  sprachen  und  literaluren,  II,  150: 
'In  meiner  beurtheiiung  von  Craik's  Ilistory  of  English  Litcraturc  and  Lcarning 
(Blatter  für  literarische  Unterhaltung  1846,  p.  154—156)  habe  ich  gegen  Craik 
und  andere  zu  zeigen  versucht,  dass  Chaucer  wirklich  italienisch  verstamlen  haben 
muss,  und  dass  er  aus  den  grossen  italienischen  dichtem  des  vierzehnten  Jahr- 
hunderts nicht  nur  stolTe  für  seine  gedichte  entlehnte,  wundern  häufig  lange  stellen 

14* 


2  12  '^-   Rambeau 

Sandras'),  Pauli*),  Ehert^),  Hertzberg'*),  Kissner^),  ten  Brink^)  und 
andere. 

Chaucers  'House  of  Farne'  geliört,  wie  ten  Urink  in  seinem  buch 
über  Chaucer  erwiesen  hat,  zu  der  zweiten  periode  seiner  litterari- 
schen erzeugnisse  —  zu  jener  jjeriode,  die  nach  der  rückkehr  des 
dichters  von  seiner  ersten  italienischen  reise  im  jähre  1373  beginnt 
und  sich  bis  1384  ausdehnt,  vgl.  ten  Brink  s.  37.  Während  dieser 
ganzen  periode  zeigt  er  sich  abhängig  besonders  von  der  italienischen 
litteratur,  während  der  französische  einfluss  in  der  ersten  periode 
seines  geistigen  Schaffens  vorherrscht^). 

Nach  Sandras  (s.  122)  und  Kissner  (s.  68)  war  es  Pope 8),  der 
zuerst  die  behauptung  aufstellte,  dass  Chaucer  die  idee  seines  'House 
of  Fame'    von  Petrarca's    'Trionfo  della  Fama'    erhalten    hat^).      Die 

wort  für  wort  übensetzte' ;  —  und  II,  401:  'Ueber  das,  was  Chaucer  dem  Italieni- 
schen verdankte,  habe  ich,  wie  schon  oben  gesagt,  bereits  in  den  Blättern  für 
literarische  Unterhaltung  gesprochen'.  —  Prof.  ten  Brink  bemerkt  in  seinem  buch 
über  Chaucer  s,  186,  dass  diese  kritik,  auf  die  sich  Fiedler  hier  bezieht,  gar  nicht 
an  der  angegebenen  stelle  zu  finden  ist.  [Doch  vgl.  diese  ztschr.  1846,  no.  (nicht 
pag.)   154—156.     E.  K.] 

i)  Er  spricht  über  den  einfluss  der  italienischen  litteratur  auf  Chaucer's  gedichte 
in  seiner  'Ftude  sur  Chaucer',  allerdings  mit  einer  gewissen  Parteilichkeit  für  die  'trou- 
vöres'.  S.  41  scheint  er  es  fast  zu  leugnen,  dass  Chaucer  viel  aus  Dante  entlehnt  hat; 
aber  wenigstens  in  bezug  auf  das  'House  of  Fame'  unterschätzt  er  durchaus  nicht 
Dante's  einfluss,  wie  wir  weiter  unten  sehen  werden.  —  2)  Vgl.  'Bilder  aus  Alt-Eng- 
land' s.  213:  'Mit  welcher  ehrfurcht  gedenkt  er  Dante's  und  schaltet  in  geschickter 
Übersetzung  sogar  verse  aus  der  Göttlichen  comuedie  ein'.  —  3)  In  seiner  kritik  von 
Sandras'  buch,  Jahrbuch  IV.  —  4)  Er  tritt  Sir  Harris  Nicolas  entgegen  in  der  einleitung 
zu  seiner  Übersetzung  der  Canterbury-geschichten  s.  43,  anm.  68,  und  Jahrb.  VIII, 
s.  156  billigt  er  Kissner's  argumentation,  in  der  dieser  beweist,  dass  Chaucer  verse 
des  Boccaccio  unmittelbar  übersetzt  hat.  —  5)  Vgl.  seine  schrift:  'Chaucer  in  seinen 
beziehungen  zur  italienischen  literatur'.  Er  beweist  darin  Boccaccio's  directen  ein- 
fluss auf  Chaucer  durch  eine  sorgfältige  vergleichung  einiger  ihrer  werke,  aber  er 
unterschätzt  offenbar  (s.  66)  Dante's  einfluss  auf  Chaucer's  poesie.  Er  glaubt,  dass 
Dante's  geist  zu  erhaben  gewesen  ist,  als  dass  Chaucer  zu  weilergehenden  nach- 
ahmungen  von  ihm  hätte  angeregt  werden  können.  —  6)  In  seinem  buch  über 
Chaucer  von  s.  39  an.  —  7)  Ich  verweise  wieder  auf  ten  Brink's  Untersuchungen.  — 
8)  Aber  sieh  ten  Brink's  anm.  52:  'Hat  Pope  vielleicht  die  ihm  beigelegte  ansieht 
in  der  vorrede  zur  ersten  ausgäbe  seines  Temple  of  Fame  (vgl.  Chalmers  E.  P,  I, 
XIV)  ausgesprochen  ?  In  der  mir  vorliegenden  ausgäbe  (l'he  works  of  Alexander 
Pope.  London  1736,  III,  i  ff.)  habe  ich  sowohl  in  dem  kurzen  advertisement, 
als  auch  in  den  anmerkungen  eine  dahin  gehende  äusserung  vergebens  gesucht'. 
Auch  ich  konnte  eine  derartige  bemerkung  weder  in  dem  'advertisement'  vor  dem 
'Temple  of  Fame'  in  Joseph  Warton's  ausgäbe  von  Pope's  werken  (Basil. :  printed 
and  sold  by  J.  J.  Tourneisen  1803)  vol.  II,  s.  55  finden,  noch  in  der  note,  die 
am  anfang  der  ersten  ausgäbe  dieses  gedichtes  stand  und  deren  beibehaltung 
J.  Warton  für  zweckmässig  hielt.  In  dieser  note  bespricht  Pope  die  allegorische 
poesie  und,  indem  er  fortfährt,  sagt  er  nur:  'Almost  all  the  poems  in  the  old 
Provengal  liad  this  turn ;  and  from  these  it  was  that  Petrarch  took  the  idea  of 
his  poetry.  We  have  his  'Trionfi'  in  this  kind;  and  Boccace  pursued  in  the  same 
track.  Soon  after  Chaucer  introduced  it  here,  whose  'Romaunt  of  the  Rose', 
'Court  of  Love',  'Flower  and  the  Leaf,  'House  of  Fame',  and  sonie  others  of  his 
writings,  are  master-pieces  of  this  sort'.  —  9)  Th.  Warton  ist  sogar  geneigt,  zu  glauben, 
dass  seine  ursprüngliche  quelle  eine  provengalische  dichtung  gewesen  ist,  vgl.  II,  33  i . 


Chaucer's  'House  of  Farne'  in  seinem  verhältniss  zu  Dante's  'Divina  Commedia' 


213 


grundlosigkeit  dieser  hypothese ,  die  sich  Kissner  (s.  68)  noch  nicht 
entschliessen  konnte  als  falsch  abzuweisen,  ist  von  ten  Brink  (s.  89) 
überzeugend  nachgewiesen  worden').  Was  die  beiden  gedichte  ge- 
meinschaftlich haben ,  ist  nur  zufäUig :  sie  bestehen  beide  aus  drei 
theilen,  und  Petrarca' s  gedieht  sowie  das  dritte  buch  des  'House  of 
Farne'  erwähnen  personen ,  die  sich  rühm  erworben  haben.  Dies  ist 
die  ganze  ähnlichkeit.  Petrarcas  dreith eilung  in  seiner  hymne  ist 
nur  willkürlich,  während  sie  in  Chaucer's  allegorischem  gedieht  durch 
den  fortschritt  und  die  entwicklung  der  erzählung  bedingt  und  noth. 
wendig  gemacht  ist.  Es  ist  ein  anderes  italienisches  gedieht,  dem 
Chaucer  die  idee  zu  seinem  'House  of  Fame'  entnommen  hat : 
Dante's  göttliche  comoedie.  Schon  Sandras  (s.  117  f)  und  nach 
ihm  —  vollständiger  —  ten  Brink  (s.  89  f.)  haben  den  übermäch- 
tigen einfluss  des  Dantischen  geistes  auf  Chaucer  in  seinem  'House 
of  Fame'  bewiesen ;  er  zeigt  sich  in  der  that  in  diesem  gedieht  in 
viel  grösserem  maasse  als  in  irgend  einem  andern  werke  Chaucer's. 
In  der  folgenden  abhandlung  will  ich  versuchen,  eine  genaue 
und  gründliche  vergleichung  von  Dante's  'Divina  Commedia'  und 
Chaucer's  'House  of  Fame'  zu  geben-),  und  hoffentlich  wird  der  leser 
sehen,  dass  einige  neue  punkte  der  ähnlichkeit  und  analogie 
von  mir  entdeckt  sind,  und  einige  andere,  die  schon  vor  mir  be- 
sprochen oder  berührt  worden  sind,  hier  in  einem  etwas  verschiedenen 
licht  erscheinen.  Vielleicht  knüpfe  ich  später  einmal  an  die  vor- 
liegende arbeit  an,  um  sie  zu  erweitern  und  zu  vervollständigen.  Ich 
würde  noch  zu  untersuchen  haben ,  wie  weit  sich  der  einfluss  der 
Dantischen  und  dann  überhaupt  der  italienischen  poesie  auch  in 
andern  werken  Chaucer's  erstreckt,  und  so  würde  ich  mit  benutzung 
der  seit  der  Veröffentlichung  von  Kissner's  schrift  in  diesem  gebiete 
erschienenen  arbeiten  und  erreichten  resultate  ein  gesammtbild  von 
Chaucer's  beziehungen  zur  italienischen  litteratur  zu  entwerfen  im 
Stande  sein. 


i)  Uebrigens  sagt  sclion  Sandras  (s,  122):  'Mais  entre  l'hymnc  italicn  et  la 
Satire  anglaise,  aussi  riebe  en  fantaisie  qu'en  r(Jflexions  philosopliiques,  il  est  diffi- 
cile  de  saisir  des  points  de  contact'.  u.  s.  \v.  —  2)  Oft  hat  der  englische  dichter 
nicht  nur  aus  Dante,  sondern  auch  aus  andern  quellen  zu  gleicher  zeit  geschöpft. 
Abgesehen  von  Dante  ist  nämlich  Chaucer's  'House  of  Fame'  noch  von  Virgil, 
Ovid,  Cicero's  'De  republica'  und  Macrobius'  'Comnient.  in  Somnium  Scipionis', 
dem  'Roman  de  la  rose',  von  Hoclius,  Alanus  de  Insulis  und  Machault  beeintlusst 
worden,  vgl.  ten  Brink  s.  95 — loi.  In  meiner  abhandlung  kommen  nur  einige 
dieser  quellen  in  betracht  —  in  allen  fällen,  wo  ihr  einlluss  wahrscheinlich  oder 
möglicher  weise  mit  dem  Dante's  zusammentrifft. 


214 


A.  Rambeau 


§  1.  Sowohl  Chaucer's  'Housc  of  Fame'  als  Dante's  'Divina 
Commedia'  beschreiben  einen  träum  oder  eine  vision  als  ein  be- 
deutendes ereigniss  im  leben  ihres  Verfassers ;  beide  gedichte  haben 
dieselbe  eintheilung  in  drei  bücher:  eine  eintheilung,  die  durch  die 
besondere  und  eigenthümliche  entwicklung  in  jedem  der  beiden  ge- 
dichte bedingt  ist.  Und  doch  —  auf  den  ersten  blick  —  wie  ver- 
schieden erscheinen  diese  gedichte  in  ihrem  Inhalt  und  colorit ! 
Weder  das  erste  noch  das  zweite  noch  das  dritte  buch  des  'House 
of  Farne'  entsprechen  ihrem  inhalte  nach  genau  den  drei  bezüg- 
lichen theilen  der  göttlichen  comoedie.  Und  wie  stark  contrastirt 
der  feierliche  ernst,  den  man  in  der  ganzen  'Divina  Commedia'  von 
anfang  bis  zu  ende  bewundernd  wahrnimmt,  gegen  den  muthwilligen 
und  humoristischen  ton'),  der  oft  genug  in  Chaucer's  gedieht  trotz 
des  ernsthaften,  demselben  zu  gründe  liegenden  characters  das 
lächeln  des  lesers  erregen  muss.  Wie  komisch  ist  jene  stelle  im 
zweiten  buch ,  wo  Chaucer  beständig  in  furcht  und  angst  schwebt 
und  kaum  dem  adler  zu  antworten  wagt,  wenn  dieser  ihn  zu  trösten 
und  zu  ermuthigen  sucht;  und  wie  launig  und  scherzhaft  ist  des 
adlers  anrede  z.  b.  II,  v.  377 — 379: 

He  gan  and  seyde,   'Be  seynt  Jame, 
Now  wil  we  speken  al  of  game. 
How  fairest  Ihou  ?'   quod  he  to  nie. 

Ferner  sind  die  scenen  des  dritten  buches  eher  grotesk  und 
sonderbar  als  grossartig.  Dante  hat  in  der  englischen  nachahmung 
seine  epische  majestät  verloren :  was  im  italienischen  gedieht  erhaben 
und  grossartig  ist,  wird  oft  in  Chaucer's  versen  fantastisch,  vgl. 
Sandras  s.  120.  Während  Dante's  überirdische  und  doch  (wenigstens 
im  ersten  theil)  so  naturwahre  Schilderung  in  uns  fast  den  glauben 
erweckt ,  dass  wir  wirklich  sehen ,  was  er  thut ,  und  wirklich  hören, 
was  er  spricht,  so  dass  wir  oft  unwillkürlich  die  unwirklichkeit  der 
von  ihm  erzählten  begebenheiten  vergessen ,  liebt  es  der  englische 
dichter  den  leser  von  zeit  zu  zeit  daran  zu  erinnern,  dass  alles,  was 
er  beschreibt  und  erzählt,  weiter  nichts  als  ein  träum  ist. 

Tlius  in  dreaming  and   in  game, 
Endeth  this  lytel  booke  of  Fame. 


i)  Kissner  (s.  71 — 72)  sieht  sogar  nur  eine  satirische  tendenz  im  dritten  buch 
und  ist  geneigt,  eine  absichtliche  ironie  dem  ganzen  gedieht  zuzuschreiben,  indem 
er  von  einem  tiefsinnigen  grundgedanken ,  wie  ihn  Sandras  in  der  englischen 
dichtung  erkennt,  nichts  wissen  will.  Vgl.  Sandras  s.  120:  'C'est  le  poete  qui  se 
console  du  present  an  entrevoyant  l'avenir'. 


Chaucer's  'House  of  Farne'  in  seinem  verhältniss  zu  Dante's  'Divina  Commedia' 


215 


Mit  diesen  worten  schliesst  Chaucer  sein  gedieht  (III,  1079 — 80), 
an  dessen  anfang  er  gesagt  hat  I,  57 — 58: 

....  But  oonly  that  the  holy  roode 

Turne  us  every  dreme  to  goode ;  .    .   .    . 

Ganz  dem  entsprechend  macht  der  leicht  dahin  hüpfende  acht- 
sylbige  vers,  den  Chaucer  selbst  n  'lyght  and  lewed  ryme  (III,  6) 
nennt,  den  eindruck  des  neckischen,  spielenden  gegenüber  dem 
würdevollen  ernst  des  feierlich  dahingleitenden  elfsylbigen  verses  der 
göttlichen  comoedie '). 

Nichts  desto  weniger  kann  man  bei  einer  genauen  prüfung  der 
beiden  gedichte  eine  gewisse  analogie  und  Übereinstimmung  selbst 
in  ihrer  anläge  und  in  dem  allgemeinen  sinn  der  in  ihnen  enthaltenen 
allegorien  entdecken.  Sowol  der  Verfasser  der  'Divina  Commedia 
als  der  dichter  des  'House  of  Fame'  schauen  bereits  auf  ein  ziemlich 
langes ,  arbeitsreiches  leben  zurück ;  beide  haben  einen  punkt  in 
ihrem  leben  erreicht,  wo  sie  sich  unglücklich  fühlen  und  mit  sich 
und  ihrer  läge  unzufrieden  sind.     Dante  ist 

Nel  mezzo  del  cammin  di  nostra  vitaa) 

und  hat  also  bereits  sein  35.  jähr  vollendet;  er  hat  sich  im  dunklen 
wald  des  irrthums  und  der  sünde  verirrt  und  ist  nicht  im  stände, 
allein  ohne  beistand  den  richtigen  weg  zu  finden  und  aus  dem  wald 
herauszukommen  (Inf  I).  Er  hat  sich  von  der  betrachtung  der 
göttlichen  dinge  abgewandt  und  Aveltlichen  bestrebungen  hingegeben, 
da  er  thätigen  antheil  an  der  aufregenden  politik  seiner  Vaterstadt 
Florenz  genommen  und  sich  in  die  Streitigkeiten  ihrer  zwei  poli- 
tischen Parteien  eingelassen  hat^).  Dies  ist  der  sinn  von  Beatrice's 
rede  und  Dante's  bekenntniss  in  Purg,  XXX,  XXXI,  weim  wir  ihre 
Worte  des  allegorischen  gewandes  entkleiden  und  sie  mit  allem ,  was 
wir  von  dem  leben  des  grossen  Italieners  während  jener  zeit  aus  der 
geschichte  wissen ,  vergleichen.  Dante  hat  wol  seinen  irrthum  er- 
kannt, er  empfindet  reue,  aber  es  ist  niemand  da,  der  ihm  in  seiner 
unglücklichen  läge  helfen  kann  (Inf.  I,  anfang),  -  Chaucer's  gemüth 
war  zur  zeit  der  abfassung  seines  gedichtes  in  einem  ähnlichen  zu- 
stand,   natürlich    muss    man  die  Verschiedenheit  des  Charakters,    der 


0  Vgl,  ten  Brink,  s.  iio  und  s.  88 — 89.  Er  nennl  Chaucer's  gedieht  eine 
comödie  nach  Dantischem  muster,  ein  heiteres  und  leichtes  gegenstück  zur 
'Divina  Commedia'  (s.  90).  —  2)  Inf.  I,  i.  Vgl.  Philalcthcs'  anni.  in  seiner 
Übersetzung  der  göttlichen  comoedie.  —  3)  Noch  im  jähre  1300  —  in  dem  jähre, 
in  das  Dante  seine  vision  versetzt.  Vgl.  Philalethes'  anm.  Inf.  I,  i  und  am 
schluss  des  ersten  gesanges. 


2i6  A.  Rambeau 

nationalität  und  der  socialen  Stellung  der  beiden  dichter  in  anschlag 
bringen.  Das  leben  des  englischen  dichters  hat  sich  trotz  seines 
eifrigen  strebens  und  Schaffens  so  gestaltet,  dass  er  sich  gedrückt 
und  gedemüthigt  fühlen  muss.  Denn  um  seine  existenz  zu  sichern, 
ist  er  gezwungen,  den  grössten  theil  seiner  zeit  seinen  alltäglichen, 
eintönigen  geschäften  als  steuercontroleur  (comptroUer  in  the  custom- 
house)  zu  opfern;  er  muss  tag  aus  tag  ein  eine  mühselige  arbeit 
verrichten ,  der  er  als  fein  fühlender  dichter  keinen  geschmack  ab- 
gewinnen kann,  die  ihn  vielmehr  anwidert  und  sogar  einen  lähmen- 
den, abstumpfenden  einfluss  ('petrifying' ,  wie  Tyrwhitt  sagt,  vgl.  II, 
148)    auf  seine    dichterische    thätigkeit    ausübt.     Vgl.    H.    o.    F.    II, 

144—152'): 

For  when  thy  labour  doon  al  ys, 
And  hast   ymade  rekenynges, 
Instid  of  reste  and  newe  thynges, 
Thou  goost  home  to  thy  house  anoon, 
And,  also  dombe  as  any  stoon, 
Thou  sittest  at  another  bocke, 
Tyl  fully  dasewyd  ys  thy  looke, 
And  lyvest  thus  as  an  heremyte, 
Although  thyn  abstynence  ys  lyte. 

und  III,  922—928 : 

Soch  routhe  hath  he  of  thy  distresse, 

(That  thou  suffrest  debonairly, 

And  wost  thy-selfen  outtirly, 

Disesperat  of  alle  blys, 

Syth  that  fortune  hath  made  amys 

The  frot  of  al  thyn  hertes  reste 

Languish  and  eke  in  poynt  to  breste,)  .... 

Empfindlich  für  lob  und  tadel  oder  Vernachlässigung,  wie  jeder 
autor,  fühlt  er  sich  in  seinem  dichterstolz  beleidigt,  da  seine  littera- 
rischen erzeugnisse,  die  fruchte  einer  ziemlich  langen  dichterlaufbahn 
(von  1366 — 84)  bei  seinen  Zeitgenossen  nicht  die  wol  verdiente,  von 
ihm  erhoffte  anerkennung  gefunden  haben ,  wie  wir  aus  einer 
anspielung  im  'House  of  Fame'  (III,  783  f.)  schliessen  können,  wo 
er  mit  komischem  pathos  versichert,  er  mache  sich  nichts  aus  rühm, 
vgl.  ten  Brink,  s.  107  —  8.  —  Wenn  Chaucer  sein  alltägliches  ge- 
schäft  beendet  hat,  ist  es  seine  einzige  erholung,    sich    zu  seinen  ge- 


i)  Schon  Tyrwhitt  (Preface  X,  note  e)  erklärte  diese  stelle  als  eine  an- 
spielung auf  jenes  amt.  Chaucer  war  steuercontroleur  von  1374  bis  13851 
vgl.  ten  Brink  s.  114,  Hertzberg,  Canterbury-geschichten,  einl.  s.  31,  auch 
Craik  I,  282. 


Chaucei's  'House  of  Fame'  in  seinem  verhältniss  zu  Dante's  'Divina  Commedia'    217 

liebten  büchern  zu  begeben  (vgl.  II,  149);  er  beschäftigt  sich  dann 
eifrig  mit  dem  Studium  der  dichter :  Dante's ,  den  er  ja  gründlich 
kennt ,  wie  wir  aus  mehrern  stellen ,  die  wir  später  zu  besprechen 
haben  werden ,  ersehen  können ,  besonders  aber  Virgil's.  Dies  be- 
deutet offenbar  der  gläserne  tempel  der  Venus ,  wohin  er  sich  im 
träum  versetzt  glaubt  (I,  119 — 479),  und  dessen  wände  er  mit  ge- 
mälden,  die  der  Aeneide  entnommene  scenen  darstellen,  geschmückt 
sieht,  vgl.  ten  Brink  s.  loi — 2.  Aber  sobald  er  es  wagt,  aus  diesem 
zaubertempel  herauszugehen ,  d.  h.  seine  bücher  und  dichterischen 
Studien  zu  verlassen ,  —  sogleich  wird  er  an  sein  einsames  freuden- 
loses dasein  erinnert :  er  sieht  nichts  als  eine  weite ,  dürre  wüste 
rings  um  den  tempel  (I,  480—491).  Diese  trübe  gemüthsstimraung 
des  englischen  dichters  oder ,  wenn  wir  wie  Chaucer  allegorisch 
sprechen  wollen ,  diese  einöde ,  in  der  sein  geist  nach  dem  verlassen 
seines  Zufluchtsortes  sich  befindet,  entspricht  der  traurigen,  ver- 
lassenen läge  des  itaUenischen  dichters  im  i.  canto  des  Inferno  i — 62. 
Aus  dem  unerträglichen  zustand  geistigen  elends  werden  beide 
dichter  durch  den  directen  beistand  des  himmels  erlöst,  vgl.  Inf.  II, 
H.  o.  F.  II,  100  f.,  III,  917  f.:  Dante  wird  durch  die  weiten,  die 
jenseits  des  grabes  liegen,  die  höUe,  das  fegefeuer  und  das  paradies, 
geführt  und  sieht  am  ende  seiner  wunderbaren  reise  die  gottheit 
selbst,  so  dass  er  den  rechten  weg,  den  er  verloren,  finden  kann 
(cf.  Inf.  II,  98  f.  und  Purg.  XXVI,  58)'),  und  es  ihm  von  nun  an 
unmöglich  wird,  sich  je  von  gott  wieder  abzuwenden  (cf.  Par. 
XXXIII,  loi,  102).  Chaucer  wird  in  den  stand  gesetzt,  den  palast 
des  ruhmes  (House  of  Fame,  III  —  v.  777)  und  den  palast  des 
gerüchts  (House  of  Rumour,  III,  910 — 1068)  zu  sehen,  um  sich  von 
der  nichtigkeit  des  ruhmes  zu  überzeugen,  nach  dem  er  vergeblich 
gestrebt  hat,  da  er  noch  immer  trotz  seiner  bisherigen  litterarischen 
leistungen  ziemlich  unbekannt  ist^),  und  um  'new  tidings'  zu  hören, 
nach  denen  er  sich  in  seinem  vereinsamten  leben  gesehnt  hat^),  so 
dass    er    dadurch  getröstet   und    mit   seinem   geschick   versöhnt   wird 


1)  Quinci  su  vo  jier  non  esser  piii  cieco. 

2)  Cf.  ten  Brink  s.    107  und  sieh  oben.  —  3)  Cf.   H.  v.  F.  III,    794— 799 : 

Quod  Y,   'That  wyl  Y   teilen  the, 

The  cause  why  Y  stonde  here. 

Sonime  newe   tydyngis  for  lo  lere, 

Somme  newe  thingo,  Y  not  what, 

Tydynges  other  this  or  that, 

Of  lüve,  or  suche  tliinges  glade 


2l8  A.  Rambeau 

und   gestärkt   und    erfrischt   an   seine    arbeit  zurückkehren  kann.     Cf. 
H.  o.  F.  III,   1077 — 1078: 

Whcrefore  to  study  and  rede  alway, 
I  purpose  to  do  day  by  day. 

Es  ist  die  philosophie ,  die  unter  dem  allegorischen  bild  eines 
göttlichen  Sendboten  Dante  sowol  als  Chaucer  über  ihren  traurigen 
zustand  emporhebt  und  sie  zur  erkenntniss  der  Wahrheit  führt ;  denn 
der  vogel  des  Jupiter,  der  adler,  der  Chaucer  hinauf  zum  palast  des 
ruhmes  'bct^aeefi  hcaven  arid  earth  and  scci  (II,  207)  trägt,  bedeutet 
die  tröstende,  belehrende  philosophie')  für  den  englischen  dichter 
ebenso  wie  der  vom  himmel  gesandte^  weise  führer  Virgil  für  Dante. 
Selbstverständlich  hat  aber  jeder  der  beiden  dichter  seine  eigne 
Philosophie ,  die  zu  seinem  eigenthümlichen ,  individuellen  Charakter 
passt,  vgl.  §  8.  —  Erst  am  ende  des  zweiten  buches  erreicht  Chaucer 
das  ziei**ei}ier  hiftreise ,  so  dass  in  dieser  hinsieht  das  dritte  buch, 
in  dem  er  erst  den  palast  des  ruhmes  und  den  palast  des  gerüchts 
sieht,  der  ganzen  Wanderung  Dante' s  durch  die  hölle,  das  Fegefeuer 
und  das  paradies  vom  3.  canto  des  ersten  theiles  bis  zum  schluss 
der  göttlichen  comoedie  entspricht.  Das  zweite  buch,  wo  der  adler, 
indem  er  Chaucer  durch  die  luft  trägt,  ihm  von  dem,  was  er  sehen 
soll,  bericht  erstattet  und  ihm  erzählt,  zu  welchem  zweck  und  von 
wem  er  (der  adler)  zu  ihm  gesandt  worden  ist,  würde  dann  genau 
dem  I.  canto  von  v.  gi  an  und  dem  2.  des  Inferno  entsprechen, 
wo  Dante's  führer.  Virgil,  sich  über  denselben  gegenständ  auslässt. 
Jedoch  ist  zugleich  das  zweite  buch  des  englischen  gedichtes,  da  es 
eine  luftreise  beschreibt,  in  vielen  punkten  speciell  mit  der  Wanderung 
Dante's  durch  die  lO  Sphären  oder  regionen  des  himmels  in  seinem 
dritten  theile,  dem  paradiese ,  zu  vergleichen.  Aber  andererseits  ist 
dieser  theil,  da  er  das  ende  und  letzte  ziel  der  Dantischen  vision 
schildert,  auch  dem  dritten  buch  des  'House  of  Fame',  wo  Chaucer 
ja  das  ziel  seiner  reise ,  die  beiden  paläste ,  wirklich  erst  sieht  und 
auf  grund  eigner  anschauung  beschreibt,  analog,  und  wir  werden 
später  mehrere  übereinstimmende  zügc  im  dritten  theil  des  italieni- 
schen und  im  dritten  buch  des  englischen  gedichtes  zu  verzeichnen 
haben.  Sie  beginnen  z.  b.  mit  derselben  anrufung  des  Apollo,  und 
hier  sind  Chaucer's  worte  eine  fast  wörtUche  Übersetzung  der 
Dantischen   verse  (Par.  I,   13  f.).     Die    anrufung  der  musen  und  des 


i)   Vgl.    ten  Brink  s.   103  — 104 ;    er   verweist   auf  II,    464 — 470,    471 — 476. 
Vgl.  auch  Sandras  s.   121  — 122. 


Chaucer's  'House  of  Farne'  in  seinem  verhältniss  zu  Dante's  'Divina  Commedia'     219 

gedankens  ('Thought'J  an  der  spitze  des  zweiten  buches  hat  dagegen 
sehr  wenig  oder  fast  nichts  rcit  der  anrufung  der  musen  am  anfang 
von  Dante's  'Purgatorio'  (I,  8  f.)  gemein  und  ist  vielmehr  eine  Über- 
tragung der  anrufung,  die  wir  im  2.  canto  (von  v.  7  an)  seines  'In- 
ferno' finden  1);  und  zwar  stehen  diese  sich  entsprechenden  anrufungen 
(H,  o.  F.  II,  IG  f.  und  D.  C.  Inf.  II,  7  f.)  in  beiden  gedichten  an 
jener  stelle,  wo  die  dichter  sich  eben  anschicken,  ihre  phantasie-reise 
anzutreten,  vgl.  ten  Brink  s.  90.  Dies  ist  der  grund,  warum  die 
anrufung  am  anfang  des  ersten  buches  des  'House  of  Farne'  (von 
v.  67  an)  nichts  analoges  im  ersten  theile  des  Dantischen  gedichtes 
haben  kann;  auch  entspricht  weder  der  einleitende  discurs  über 
Visionen  und  träume,  mit  dem  Chaucer  sein  gedieht  eröffnet,  noch 
die  beschreibung  des  tempels  der  Venus ,  mit  der  er  fast  das  ganze 
erste  buch  (v.  119 — 479)  ausfüllt,  als  ganzes  genommen,  irgend  einem 
abschnitt  in  der  'Divina  Commedia.  —  Uebrigens  verweist  Chaucer 
direct  auf  Dante's  'Inferno'  im  ersten  buch  bei  der  Schilderung  von 
Aeneas'  höUenfahrt,  v.  447  —  50: 

Which  who-so  willeth  for  knowe, 
He  most  rede  many  a  rowe 
On  Virgile  or  in  Claudian, 
Or  Daunte,  that  hit  teile  kau 2). 


Nachdem  wir  im  vorhergehenden  einen  gewissen  grad  von  all- 
gemeiner ähnlichkeit  und  Übereinstimmung  zwischen  Chaucer's 
'House  of  Farne'  und  Dante's  'Divina  Commedia'  festgestellt  haben, 
wollen  wir  im  folgenden  diese  Verwandtschaft  der  beiden  gedichte 
oder  diese  abhängigkeit  Chaucer's  von  Dante  durch  constatirung 
mehrerer  besonderer  züge,  die  die  zwei  gedichte  gemeinschaftlich 
haben  und  in  denen  sie  einander  ähnlich  sind,  bestätigen  und  näher 
erläutern.     Wir  sprechen  zuerst  von  den  anrufungen. 

§  2.  Chaucer  beginnt  planmässig  jedes  seiner  drei  bücher  mit 
einer  anrufung  gerade  so  wie  Dante  (Inf.  II,  Purg.  I,  Par.  I).  und, 
wie  bereits  oben  bemerkt,  hat  er  am  anfang  des  zweiten  und  dritten 

1)  Wir  haben  nachher  genauer  über  diese  anrufungen  unter  den  'besondern, 
ähnlichen  zügen'  im  folgenden  paragraphen  zu  sprechen.  —  2)  Im  zweiten  buch 
spielt  Chaucer  an  der  stelle,  wo  von  Sternen  die  rede  ist,  vielleicht  auf  Dante's 
paradics  an,  wo  ja  so  oft  ausführlich  von  dem  wesen  der  gestirne  gehandelt  wird, 
vgl.  H.  V.  F.  II,   504—505: 

1  leve  as  wele,  so  God  me  spede, 

Hern  that  write  of  this  matcrc, 


220  ^-   RjiTnbeau 

buches  zwei  von  Dante's  anrufungen  (Inf.  II,  Par.  I)  genau  nach- 
geahmt. Obgleich  in  der  anrufung,  die  die  erzählung  des  ersten 
buches  einleitet  (v.  66  f.)  und  die  der  englische  dichter  an  den  gott 
des  Schlafes  (god  of  sleep)  richtet ') ,  sich  nichts  entdecken  lässt, 
was  irgendwie  einer  stelle  der  göttlichen  comödie  ähnlich  wäre ,  so 
findet  man  doch  in  dem  unmittelbar  darauf  folgenden  gebet  Chaucer  s 
zu  gott  für  *hem  that  hyt  Iure  (I,  83)  etwas,  was  uns  an  die  ersten 
verse  von  Dante's  'Paradiso'  erinnert,  insofern  er  gott  nennt: 

'.   .   he  that  niover  ys  of  alle 

That  is  and  was,  and  ever  shalle'  (I,  81  —  82). 

Vgl.  Par.  I,   1-3: 

La  gloria  di  colui  che  tutto  move 
Per  l'universo  penetra  e  risplende 
In  una  parte  piü,   e  meno  altrove.  — 

Die   feierliche   anrufung   im    zweiten   buch    des  'House  of  Farne 
lautet  V.   IG — 20  : 

Now  faire  blisfuUe,  O  Cipris  2), 
So  be  my  favor  at  this  tyme ! 
And  ye  me  to  endite  and  ryme 
Helpeth,  that  on  Pamaso  dwelle, 
Be  Elicon  the  eiere  welle. 

O  Thought,  that  wrote  al  that  I  matte, 
And  in  the  tresorye  hyt  shette 
Of  my  brayne !   now  shal  men  se 
Yfany  vertu  in  the  be, 
To  teilen   al  my  dreme  a  r y g h t ; 
•'    Now  kythe  thyn  engyne  and  might! 

Die  verse  12 — 20  sind  (vgl.  §  i)  eine  ziemlich  wörtliche,  wenn 
auch  stark  erweiterte  Übersetzung  von  Inf.  II,  7 — 9: 

O  Muse,  o  alto  ingegno,  or  m'aiutate; 
O  mente  che  scrivesti  cio  ch'io  vidi,  * 
Qui  si  parra  la  tua  nobilita te3). 

Ohne  zweifei  entsprechen  diese  Dantischen  verse  am  genauesten 
Chaucer's  anrufung  der  musen  und  des  gedankens ;  aber  der  eng- 
lische   dichter    mae   dabei   auch  zu  gleicher  zeit  noch  an  andere  an- 


i)  Hierbei  wurde  Chaucer  von  Machault's  'Fontaine  amoureuse'  beeinflusst, 
cf.  ten  Brink  s.  100,  Sandras  s.  118.  —  2)  Auch  Dante  nennt  Venus  (als  stern) 
'la  bella  Ciprigna  ,  Par.  VIII,  2.  —  3)  Vgl.  ten  Brink  s.  90;  in  einer  anm.  s.  185 
bemerkt  er,  dass  Chaucer  das  ital.  'mente'  und  lat.  ^mens'  mit  'thought'  zu  über- 
setzen pflegt. 


Chaucer's  'House  of  Farne'  in  seinem  verhältniss  zu  Dante's  'Divina  Commedia'     22  1 

rufungen  der  musen,    die  wir  in  der  göttlichen  comoedie  finden,    ge- 
dacht haben.     Vgl.  Inf.  XXXII,   10—12: 

Ma  quelle  Donne  aiutino  il  mio  verso  , 
Ch'  aiutaro  Amfion  a  chiuder  Tebe, 
Si  che  dal  fatto  il  dir  non  sia  diverso. 

Purg.  I,   7  —  12: 

Ma   qui  la  morta  poesl  risurga, 

O  sante  Muse,   poich^  vostro  sono, 

E  qui   Calliope  alquanto  surga, 

Seguitando  il  mio  canto  con  quel  suono 

Di  cui  le  Piche  misere  sentiro 

Lo  colpo  tal,  che  disperar  perdonoi). 

Par.  XVIII,   82-87: 

O  diva  Pegasea^),  che  gl'   ingegni 

Fai  gloriosi,    e  rendili  longevi 

Ed  essi  teco  le  cittadi  e  i  regni, 

lUustrami  di   te,   si  ch'   io  rilevi 

Le  lor  figure  com'   io  1'  ho  concette; 

Paia  tua  possain  questi  versi  brevi. 

(v.  87  =  H.  o.  F.  II,   20.) 
Purg.  XXIX,  37-42: 

O  sacrosante  Vergini,  se  fami, 

Freddi,  o  vigilie  mai  per  voi  soffersi, 

Cagion  mi  sprona,   ch'  io  merc^  ne  chiami. 

Or  convien  ch'   Elicona  per  me  versi 

Ed  Urania  m'aiuti  col  suo  coro, 

Forti  cose  a  pensar,  mettere  in  versi. 

V.  40,  WO  Dante  das  wort  'Elicona  zur  bezeichnung  der  musen- 
quelle  auf  dem  berg  Helicon  gebraucht ,  scheint  Chaucer  veranlasst 
zu  haben,  dem  'Elicon  das  epitheton  'the  clere  welle  zu  geben 
(II,   14).   - 

Sandras  s.  122 — 3,  Kissner  s.  70  und  ten  Brink  s.  93  haben 
schon  die  ähnlichkeit  und  Übereinstimmung  in  der  feierlichen  an- 
rufung  des  Apollo,  mit  der  der  dritte  theil  des  'House  of  Farne'  so- 
wol  als  der  'Divina  Commedia'  anfängt,  hervorgehoben.  Vgl.  H. 
o.  F.  III,   I  — 19: 

O  God  of  science  and  of  lyght, 
Apollo,  thurgh  thy  grete  myght, 

i)  Von  dieser  anrufung  der  musen  sollte  man  wegen  der  stelle,  wo  sie  an- 
zutreffen ist  (cf.  §1),  erwarten,  dass  sie  den  Chaucer'schen  versen  am  anfang  des 
zweiten  buches  (10 — 20)  am  ähnlichsten  sein  würde,  aber  in  der  that  entspricht 
sie  denselben  am  allerwenigsten.  —  ^)  =  Musa,  vgl.  Philalethes'  anm. 


A.  Kambeau 

This  lytel  laste  boke  thou  gye  ! 

Nat  that  I  wilne  for  maistryc 

Here  art  poetical  be  shewed. 

But,  for  tlie  ryiuc  ys  lyglit  and  lewcd, 

Yit  niake  hyl  suniwliat  agrcable, 

Though  sonime  vers   faylc  in  a  sillable ; 

And  Ihat  I  do   no  diligencc, 

To  shewe  crafte,  but  o  sentence. 

And  yif  devyne  vertu  thow, 

Wilt  helpe  me  to  shewe  now, 

That  in  myn  hede  ymarked  ys, 

(Loo,  that  is  for  to  menen  this, 

The  Ho  US  of  Farne  for  to  descryve) 

Thou  shalt  tho  sc  me  go  as  blyve 

Unto  the  next  laurer  Y  see, 

And  kysse  yt,  for  hyt  is  thy  tree. 

Now  entreth  in  my   brest  anoon. 


Par.  I,   13—27 


Ob  uono  Apollo,  all'  ultimo  lavoro 
Fammi  del  tue  valor  si  fatto  vaso, 
Come  domandi  a  dar  l'amato  alloro. 
Infino  a  qui  Tun  giogo  di  Parnasso 
Assai  mi  fu,  ma  or  con  ambo  e  due 
M'  h  uopo  entrar  nell'  aringo  rimaso. 
Entra  nel  petto  mio  e  spira  tue 
Si ,  come  quando  Marsia  i)  traesti 
Della  Vagina  delle  membre  sue. 
O  divina  virtü,  se  mi  ti  presti 


i)  Chaucer  erwähnt  Marsyas  und  sein  Schicksal  im  dritten  buch  au  der  stelle, 
wo  er  die  pfeifer  Cpipers)  rings  um  den  palast  des  ruhmes  (Hotise  of  Farne)  und 
unter  ihnen  Marsyas  erblickt,  v.   139 — 142: 

And  Marcia  that  lost  her  skynne, 
Bothe  in  face,  body,  and  chynne, 
For  that  she  wolde  envien,   loo, 
To  pipen  bet  than  Apollo. 

Der  englische  dichter  hielt  offenbar  'Älarcia  für  eine  frau  (cf.  her,  she)  und  Hess 
sich  wahrscheinlich  durch  die  ital.  form  'Marsia  täuschen,  die,  verglichen  mit  der 
masculinen  endung  '«/  im  lat.  und  '0'  im  ital.,  wie  eine  feminine  form  aussieht. 
Mindestens  beweist  dieser  fall,  dass  Chaucer  beim  begehen  des  Versehens  nicht 
sowol  an  lateinische  als  vielmehr  an  italienische  verse  gedacht  hat ;  und  vielleicht 
hat  er  sich  dabei  der  form  'Marsia'  in  den  oben  erwähnten  versen  der  göttlichen 
comoedie  erinnert,  und  dies  ist  um  so  eher  möglich,  da  die  erw  ähnung  der  'Marcia 
(v.  139)  von  der  stelle,  die  jene  Dantischen  verse  wiedergiebt  (v.  i  — 19),  gar 
nicht  so  sehr  weit  entfernt  ist.  —  Uebrigens  hat  schon  Craik  (I,  287)  dies  ver- 
sehen Chaucer's  bemerkt,  aber  er  hat  sich  wol  gehütet,  daraus  einen  schluss  zu 
ziehen,  der  mit  seinem  zweifei  an  Chaucer's  kenntniss  der  italienischen  spräche 
und  litteratur  unverträglich  gewesen  wäre. 


Chaucer's  'House  of  Farne'  in  seinem  verhältniss  zu  Dante's  'Divina  Commedia'     223 

Tanto,  che  l'ombra  del   beato  regno 
Segnato  nei  mio  capo  io  manifesti, 
Venir  vedra'  mi  al  tuo  diletto  legno, 
E  coronarmi  allor  di  quelle  foglie, 
Che  la  materia  e  tu  mi  farai  degno. 

Wenn  Dante  kurz  darauf  einen  hohen  grad  von  bescheidenheit 
beweist,  indem  er  v.  34 — 36  sagt: 

'Poca  favilla  gran  fiamma  seconda: 
Forse  retro  da  nie  con  miglior  voci 
Si  preghera  perch^  Cirra  risponda'. 

SO  finden  wir  auch  diesen  zug  gerade  an  derselben  stelle  des  eng- 
lischen gedichtes,  allerdings  in  ganz  verschiedener  weise  ausgedrückt, 
vgl.  oben  III,  4 — 8. 

§  3.  Im  ersten  gesang  der  göttlichen  comoedie  giebt  Dante 
genau  die  tages  -  und  Jahreszeit ,  in  der  seine  vision  stattfindet ,  an : 
er  tritt  nämHch  seine  reise  im  frühling  früh  am  morgen  an,  vgl.  Inf. 

I>  37—41: 

Tempo  era  dal  principio  del  mattino 

E  il  sol  montava  su  con  quelle  stelle 
Ch'  eran  con  lui,   quando  l'amor  divino 
Mosse  da  prima  quelle  cose  belle.  — , 

Aus  einer  andern  stelle  (Inf.  XXI,  112 — 114)  erfahren  wir,  dass 
der  tag  des  aufbruchs  der  todestag  Christi  im  jähre  1300  ist.  Vgl. 
Philalethes'  anmerkungen  zu  diesen  beiden  stellen,  ausserdem  in 
bezug  auf  die  Chronologie  der  göttlichen  comoedie  Inf.  XX,  126, 
Inf.  XXIX,  10,  Purg.  X,  14,  Purg.  XVIII,  76.  —  Der  englische 
dichter  hat  es  sich  angelegen  sein  lassen,  in  seiner  Zeitangabe  ebenso 
bestimmt  wie  sein  vorbild  zu  sein ;  bevor  er  uns  seinen  träum  er- 
zählt, erwähnt  er  zweimal  das  genaue  datum  der  begebenheit. 
Vgl.  H.  o.  F.  I,  63: 

.  .  .  The  tenlhe  day  now  of  Decembre ;  .  .  . 
I,    108 — 114: 

Now  herkeneth,  as  I  have  yow  seyde, 

What  that  I  niet  or  I  abreyde. 

Of  Decembre  Ihe  tenthe  day, 

Whan  hit  was  nyght,  to  slepe  I  lay, 

Ryght  ther  as  I  was  wonte  to  done, 

And  Tille  on  slepe  wonder  sone,  .... 

§  4.  Kaum  ist  Chaucer  eingeschlafen ,  so  träumt  es  ihm ,  er 
befände  sich  in  einem  gläsernen  tempel,  dem  tempel  der  Venus.  In 
nachahmuns  seines  italienischen  Vorbildes  lässt  er  uns  hier  auf  einer 


224 


A.  Kamben  u 


wand  eine  inschrift  sehen ,  die ,  wie  eine  art  einleitung ,  die  folgende 
beschreibung  der  gemälde,  mit  denen  die  wände  geschmückt  sind, 
ankündigt.     H.  o.  F.  I,   141  —  50: 

I   fonde   that  on  a  walle  ther  was 

Thus  writen  on  a  table  ofbras: 

'I  wol  now  say  yif  I  kan, 

The  armes,  and  also  the  man, 

That  first  came,   thorgh   bis  destanee, 

Fugityfe  of  Troy  countree. 

In  Itayle    with  ful   moche  pyne, 

Unto  the  strondes  of  Lavyne.' 

And  tho  began  the  story  anoon 

As  I  shal  teile  yow  echoen. 

Diese  inschrift  ist  sehr  passend  eine  freie  Übersetzung  der  ersten 
verse  des  wohlbekannten  Vorspiels  von  Virgil's  Aeneide,  v.  i — 3: 

yVrma  virumque  cano,  Trojae  qui  primus  ab  oris 
Italiam  fato  profugus  Laviniaque  venit 
Litora,    .... 

Sie  bereitet  den  leser  für  die  gleich  darauf  geschilderten,  der 
Aeneide  entnommenen,  mannigfaltigen  scenen,  die  in  den  Wandgemälden 
des  tempels  dargestellt  sind ,  vor :  gerade  so  wie  jene  berühmte  in- 
schrift, die  Dante  über  dem  thore  der  hölle  erblickt,  uns  die  furcht- 
baren, herzerschütternden  scenen  vorausahnen  lässt,  die  Dante  eben 
im  begriff  ist  bei  seiner  Wanderung  durch  die  unterweit  mit  eignen 
äugen  zu  sehen  und  unserem  geiste  vorzuführen.    Vgl.  Inf.  III,  i — 12: 

'Per  me  si  va  nella  cittä  dolente. 

Per  me  si  va  nell'  eterno  dolore, 

Per  me  si  va  tra  la  perduta  gente. 

Giustizia  mosse  il  mio  alto  fattore: 

Fecemi  la  divina  potestate, 

La  somma  sapienza  e  il   primo  amore. 

Dinanzi  a  me  non  für  cose  create, 

Se  non  eteme,   ed  io  eterna  duro: 

Lasciate  ogni  speranza,  voi,  ch'  entrate!' 

Queste  parole  di  colore  oscuro 

Vid'  io  scrilte  al  sommo  d'una  porta. 

§  5.  Virgil  ist,  wie  man  leicht  erkennt,  sowol  für  die  'Divina 
Commedia'  als  für  das  'House  of  Fame'  von  hoher  bedeutung,  und 
seine  Aeneide  ist  jedenfalls  von  grossem  einfluss  auf  beide  gewesen. 
Oflfenbar  theilt  Chaucer  Dante's  liebe  und  achtung')  für  den  grossen 


i)  Virgil  ist  Dante's  verehrter  führer,  herr  und  meister,  vgl.  Inf.  II,    140: 
'Tu  duca,  tu  signore  e  tu  maestro.' 
Beinamen,  die  seine  liebe,  hochachtung,  bewunderung  und  dankbarkeit  für  seinen 


Chaucer's  'House  of  Fame'  in  seinem  verhältniss  zu  Dante's  'Divina  Commedia' 


225 


lateinischen  dichter;  denn  er  führt  in  seinem  gedieht  zu  wiederholten 
malen  den  namen  Virgil's  an  und  beruft  sich  auf  ihn  als  gewährs- 
mann  drei  mal  im  ersten  buch  ^),  wo  er  die  in  der  Aeneide  erzählten 


meister  bezeugen,  finden  sich  in  grosser  menge  im  'Inferno'  und  'Purgatorio'. 
Vgl.  Purg.  XVIII,  2  L'alto  Dottore,  7  quel  padre  verace,  13  dolce  Padre  caro  ; 
Purg.  IX,  43  /'/  mio  conforto ;  Inf.  VIII,  7  al  mar  di  tutto  il  senno;  Purg.  XXIII, 
13  O  dolce  Padre;  Purg.  XXV,  17,  XXVII,  52  Lo  dolce  Padre  mio;  Purg.  XXVII, 
41  al  savio  Duca;  Purg.  XXI,  131  AI  mio  Dottor;  Par.  XV,  26  nostra  maggior 
Musa.  Gleich  im  ersten  gesang  seiner  göttlichen  comoedie  bringt  er  dem  be- 
wunderten genius   seines    lehrers  in  begeisterter  rede  seine   huldigung   dar,    Inf.  I, 

79-87  : 

'Or  se'    tu  quel  Virgilio,   e  quella  fönte, 

Che  spande  di  parlar  si  largo  fiume  ?' 

Risposi  lui  con  vergognosa  fronte. 

'O  degli  altri  poeti  onore  e  lume, 

Vagliami  il  lungo  studio  e  il  grande  amore. 

Che  m'ha  fatto  cercar  lo  tuo  volume. 

Tu  se'  lo  mio  maestro  e  il  mio  autore : 

Tu  se'  solo  colui,   da  cui  io  tolsi 

Lo  hello  Stile,  che  m'ha  fatto  onore.' 

Und  wenn  er  Statins  im  Purg.  XXI,  94 — 99  sagen  lässt: 

'AI  mio  ardor  für  seme  le  faville. 

Che  mi  scaldar,   della  divina  fiamma, 

Onde  sono  allumati  piu  di  mille; 

Dell'   Eneida  dico,  la  quäl  mamma 

Fummi,  e   fummi  nutrice  poetando : 

Senz'  essa  non  fermai  peso  di  dramma.' 
und  im  Purg.  XXII,  64—65: 

' Tu  prima  m'inviasti 

Verso  Parnasso  a  ber  nelle  sue  grotte,   .  .   .' 

und  wenn  er  zu  Statius  im  Purg.  XXI,   124 — 126  sagt: 

'^Questi,  che  guida  in  alto  gli  occhi  miei, 
E  quel   Virgilio,  dal    quäl   tu  togliesti 
Forza  a  cantar  degli  uomini  e   de'  Dei.'    — , 

so  sehen  wir  deutlich,  dass  Dante  mit  diesen  worten  ausdrückt,  was  er  selbst  für 
Virgil  fühlt  und  was  er  selbst  ihm  zu  verdanken  glaubt.  Ausser  Purg.  XXI,  97 
(sieh  oben)  weist  er  in  seinem  gedieht  noch  mehrere  mal  direct  auf  Virgil's  Aeneide 
hin:  Inf.  V,  13;  Inf.  XXVI,  82;  Par.  XV,  26  —  und  besonders  Inf.  I,  73—74, 
wo  Virgil,  der  ihm  eben  plötzlich  als  retter  im  dunklen,  gefahrvollen  wald  er- 
schienen  ist,   sich  ihm  zu  erkennen  giebt: 

'Poeta  fui,   e  cantai  di  quel  giusto 

Figliuol  d'Anchise ' 

I)  H.  o.  F.  I,  375-378: 

ßut  al  the  maner  how  she  dyede, 
And  al  the  wordes  that  she  seyde, 
Who-so   tu  knowe  hit  hath  purpos. 

Rede  Virgile  in  Eneydos, 

I,  447—450: 

Which  who-so  willeth  for  knowe, 
He  most  rede  many  a  rowe 
On  Virgile  or  in  Claudian, 
Or  Daunte,  that  hit  teile  kan. 
Kölbing,  Englische  stiiUicn.    III.    2.  I5 


2  20  A.  Rainbeau 

thaten  und  abenteuer  für  die  beschreibung  der  Wandgemälde  des 
Venustempels  benutzt.  Auch  Dante  liebt  es  hier  und  da,  interessante, 
für  seine  zwecke  i)assende  stellen  aus  dem  werke  seines  meisters  zu 
erwähnen  oder  anzudeuten,  und  es  trifft  sich  hierbei  ziemlich  häufig, 
dass  Chaucer  unter  den  mannigfaltigen  scencn,  die  in  jenen  gemäldcn 
dargestellt  sind,  denselben  gegenständ  behandelt,  der  gelegentlich 
auch  von  dem  italienischen  dichter  verwerthet  worden  ist.  Wenn 
nun  an  solchen  stellen  einige  ausdrucksweisen  und  Wörter  des  'House 
of  Farne'  den  von  Dante  gebrauchten  ähnlich  oder  gleich  sind ,  so 
wird  dies  wol  oft  nur  zufällig  sein,  und  man  kann  nicht  zweifeln, 
dass  Chaucer  auch  hier ,  gerade  so  wie  in  den  scenen ,  von  denen 
sich  nichts  in  der  göttlichen  comoedie  findet,  unmittelbar  die  verse 
Virgil's  selbst  übertragen  hat.  Jedoch  ist  man  berechtigt  anzunehmen, 
dass  diese  ähnlichkeit  einzelner  Wendungen  und  Wörter,  wenn  sie  sich 
wirklich  an  den  betreffenden  stellen  zeigt,  wenigstens  von  einer 
dunkeln  erinnerung  Chaucer's  an  entsprechende  verse  des  Dan- 
tischen gedichtes  herrühren  kann,  und  es  ist  auf  alle  fälle  möglich, 
dass  der  engUsche  dichter  manchmal  an  derartigen  stellen  nicht 
bloss  Virgil ,  sondern  zugleich  auch  Dante ,  der ,  wie  wir  bereits  ge- 
sehen haben  und  noch  sehen  werden,  an  so  vielen  andern  stellen 
seines  'House  of  Farne'  sein  vorbild  gewesen  ist ,  bewusst  oder  un- 
bewusst  nachgeahmt  hat.  Ist  es  ja  doch  keineswegs  gegen  seine 
gewohnheit,  verschiedene  autoren  zu  gleicher  zeit  auf  sich  einwirken 
zu  lassen  (vgl.  einleitung),  und  es  lässt  sich  oft  nicht  entscheiden, 
ob  er  bei  einem  gegenstände  mehrere  quellen  vor  äugen  gehabt  und 
zusammen  benutzt,  oder  einer  derselben  den  vorzug  gegeben  und  sie 
ausschliesslich  für  seinen  zweck  verwerthet  hat.  Der  leser  möge 
selbst  urtheilen  und  die  folgenden ,  sich  auf  scenen  der  Aeneide  be- 
ziehenden parallelverse  des  'House  of  Fame'  und  der  'Divina  Com- 
media'    vergleichen ,    von   denen    einige    nur   eine    sehr   geringe  oder 


Chaucer  spielt  auf  Virgil  an,  ohne  seinen  namen  ausdrücklich  zu  nennen,  I,  311 — 314: 

In  suche  wordes  gan  to  pleyne 

Dydo  of  hir  grete  pej'ne, 

As  me  mette  redely; 

None  other  auttour  alegge  I. 
Im  dritten  buch,  v.   153 — 154,  sagt  er: 

Ther  herd  I  trumpen,   Messenus, 

Of  whom  that  si:>eketh  Vergilius. 


und  V.  393—395 


That  Latyn  poete  V  i  r  g  i  1  e  , 
That  bore  hath  up  longe  while 
The  fame  of  pius  Eneas. 


Chaucer's  'House  of  Fame'  in  seinem  verhältniss  zu  Dante's  'Divina  Commedia' 


227 


gar  keine  ähnlichkeit  aufweisen,  abgesehen  davon,  dass  sie  denselben 
Stoff  behandeln. 

H.  o.  F.  I,   151— 156: 

First  sawgh  I  the  destruccioun 

Of  T  r  o  y  ,  thorgh  the  Greke  Synonn, 

With  his  false   forswerynge, 

And  his  chere  and  his  lesynge 

Made  the  hors  broght  into  Troye, 

Thorgh  which  Troyens  lost  al  her  joye. 

Inf.  XXX,  98,   118: 

L'altro  h  il  falso  Sinon  greco  da  Troia 

Ricorditi,  spergiuro,  del  cavallo,  .... 

Inf.  XXVI,  59—60: 

L'aguato  del  caval  che  fe'  la  porta 
Ond'  usci  de'  Romani  il  gentil   seme.  — 

H.  o.  F.  I,   157  — 161,   163,   166 — 168: 

And  aftir  this  was  grave,  alias, 

How  1 1  y  o  u  n  assayled  was 

And  wonne,  and  kynge  Priam  yslaine. 

And  Polite  his  sone,  certayne, 

Dispitously  of  daun  Pirrus 

Whan  that  she  sawgh  the  castel  hrende, 

And  how  he  fled,  and  how  that  he 

Escaped  was  from  al  the  pres. 

And  tooke  his  fader,  Anchises, 

Inf.  XXX,   13-15: 

E  quando  la  fortuna  volse  in  basso 
L'altezza  de'  Troian  che  tutto  ardiva, 
Si  che  insieme  col  regno  il  re  fu  casso,  ... 

Purg.  XII,  61—63: 

Vedeva  Troia  in  cenere  e  in  caverne: 
O  Ilion,   come  te  basso  e  vile 
Mostrava  il  segno  che  H  si  discerncli) 


i)  Das  oben  erw.Hhnte  bild  von  der  Zerstörung  Troja's  geliört  zu  den  sculp- 
turcn  oder  hautrcliefs,  mit  denen  Dante  bei  seiner  Wanderung  durch  das  fegefeuer 
den  weissen  marmorfclsen  des  ersten  gesimses  (io?-nicc)  auf  dem  bcrg  der  reinigung 
bedeckt  sieht,  und  welclie  beispiele  der  demuth  (esem/'i  J'  umililä,  Purg.  X,  29  f.) 
und  beispiele  bestraften  stolzes  (esenipi  di  supcrbia.,  Purg,  XII,  16  f.)  darstellen. 
Ich  halte  es  für  möglich,  dass  Chaucer  von  diesen  bedeutsamen  bildern,  die  sicli 
nach  einander  im  'Purgalorio'  Dante's  blicken  zeigen,  zu  der  hübschen  idee  an- 
geregt worden  ist,  Virgil's  poesie,  mit  der  sich  sein  geist  gerade  zur  zeit  der  ab- 
fassung  seines  'House  of  Farne'  viel  beschäftigte  (cf.    §   i),  der  anschauung  seiner 

15* 


2  38  ^-  I^ambeau 

Inf.  I,   73—75: 

.  .  .  canlai  di   quel   giusto 

Figliuol  d'  Anchisc  che  venne  da  Troia, 

Poich^  il  superbo  Ilion  fu  combusto,  — 

H.  o.  F.  I,   240—244,  256—261,  373—374: 

She  made  Eneas  so  in  grace 
Of  Dido,   quene  of  that  contree, 
That,   shortly  for  to  teile,  she 
Became  hys  love,  and  lete  hyni  doo 

That  that  weddynge  longeth  too 

shee 

Made  of  hym,  shortly  at  00  worde, 
Hyr  lyfe,   hlr  love,  hir  luste,  hir  lorde ;    u.  s.  w. 
....  She  rofe   hir  seife  to  the  herte, 

And  dyede  thorgh  the  vvounde  smerte  .... 

Par.  IX,  97—98: 

Ch^  piü   non  arse  la  figlia  di  Belo, 
Noiando  ed  a  Sicheo  ed  a  Creusa,  .... 

Inf.  V,  61—62: 

L'  altra  h  colei,  che  s'ancise  amorosa, 

E  ruppe  fede  al  cener  di  Sicheo ;  .   .  .   .  — 

H.  V.  F.  I,  439—450: 

And  also  sawgh  I  how  Sybile 
And  Eneas,  beside  an  yle, 
To  helle  wente,   for  to  see 
His  fader  Anchyses  the  free. 
How  he  ther  fonde  Palinurus, 
And  Dido,  and  eke  Deiphebus, 
And  every  torment  eke  in  helle 
Sawgh  he,  which  is  longe  to  teile. 
Which  who-so  willeth  for  knowe, 
He  most  rede  many  a  rowe 
On  Virgile  or  in   Claudian, 
Or  Daunte,   that  hit  teile  kan. 

Dante,  auf  dessen  Schilderung  der  höllenqualen  Chaucer  hier  in 
der  letzten  zeile  hinweist,    erwähnt  zweimal  die  von  Virgil  berichtete 


leser  in  einer  reihe  von  charakteristischen  gernälden  bei  der  Schilderung  des  Venus- 
tempels im  ersten  buch  vorzuführen.  Man  beachte,  dass  beide  dichter  die  ver- 
schiedenen scenen  ihrer  bilder  mit  einander  nur  dadurch  verbinden,  dass  die  neuen 
scenen  einfach  mit  Worten  wie  e  vedea  (Purg.  X,  49),  vedca  (Purg.  XII,  25,  31, 
34),  vedeva  (Purg.  XII,  28,  61),  vedea  io  (Purg.  XII,  43)  —  First  sawgh  I 
(I,  151),  And  next  that  sawgh  I  (I,  162),  And  I  saugh  next  (I,  174),  Ther 
sawgh  {saugh)  I  (I,   193,   198,  209,  212,  219,  221  u.  s.  w.)  eingeführt  werden. 


Chaucer's  'House  of  Fame'  in  seinem  verhältniss  zu  Dante's  'Divina  Commedia      220 

Wanderung  des  Aeneas  durch  die  geisterweit:  im  allgemeinen  im 
Inf.  II,   13 — 27,  wo  D.  zu  V.  sagt: 

'Tu  dici,   che  di  Silvio  lo  parente, 

Corruttibile  ancora,  ad  immortale 

Secolo  ando,   e  fu  sensibilmente.'    u,  s.   w. 

Dann  spielt  er  im  Par.  XV  auf  die  schöne  stelle  der  Aeneide  (Hb. 
VI.  684  f.)  an,  wo  Aeneas  von  seinem  vater  in  den  elysäischen  ge- 
filden  erblickt  wird,  vgl.  Philalethes'  anm.,  v.   25 — 27: 

Si  pia  l'ombra  d'  Anchise  si  porse, 
Se  fede  merta  nostra  maggior  Musa, 
Qu  ando  in  Elisio  del  figlio  s'accorse. 

Dido  versetzt  Dante  in  den  zweiten  kreis  (cei-chio)  der  hölle 
unter  die  fleischlichen  sünder  (carnali),  Inf.  V,  85 : 

Cotali  uscir  della  schiera  ov'   ^  Dido,   .  .  . 
und  vgl.  oben,  v.  61 — 62.  — 
H.  o.  F.  I,   457—458: 

And  how  he  Turnus  reft  his  lyfe, 

And  wanne  Lavina  (=  Lavinia)  to  his  wife;  .  .  . 

Dante  deutet  dieselben  ereignisse,  die  von  Chaucer  im  ersten  buch 
von  V.  451  an  erzählt  werden,  in  einer  der  visionen  an,  die  auf  dem 
dritten  gesims  (cornice)  des  berges  der  reinigung  (Purg.  XVII)  seiner 
entzückten  phantasie  erscheinen  und  beispiele  des  Jähzornes  (esempi 
diracondia)  darstellen:  er  sieht  in  dieser  vision  Lavinia  (v.  34 — 39), 
wie  sie  über  den  Selbstmord  ihrer  mutter  Amata  wehklagt.  Vgl. 
Purg.  XVII,  37—39: 

Ancisa  t'  hai  per  non  perder  L  a  v  i  n  a ; 

Or  m'  hai  perduta ;  io  son  essa  che  lutto, 

Madre,  alla  tua  pria  ch'  all'  altrui  ruina. 

Morris  schreibt  'Lavinia  in  seiner  ausgäbe  (H.  o.  F.  I,  458), 
jedoch  so,  dass  man  sieht,  dass  er  selbst  erst  das  '/'  eingeschoben 
und  in  der  ihm  vorliegenden  handschrift  ^Lovina  gefunden  hat ; 
Urry  liest  in  seinem  text  'Lavina\  Bei  Dante  ist  die  form  'Limittd 
im  Purg.  XVII,  37  durch  den  reim  gesichert,  obwol  er  die  form 
'Lavinia  innerhalb  des  verses  126  Inf  IV  (im  'Limbo')  gebraucht: 
.  .  .  .  e  vidi  il  re  Latino 
Che  con  Lavinia  sua  figlia  sedea. 

Die  echte  lateinische  form  dieses  namens  ist  'Lavinia  ;  vgl.  Virg. : 
Filia  prima  manu   flavos  Lavinia  crines  .... 
(cf.  Philalethes   anm.  zu  Purg.  XVII,  39).  —  Man    würde   daher    zu 


230 


A.   Kamljeau 


dem  schluss  berechtigt  sein,  dass  Chaiicer  die  form  'Lcmind  nur 
deshalb  angewandt  hat,  weil  er  sich  irgend  eines  italienischen 
verses,  wo  dies  wort  im  reim  zu  finden  ist,  vielleicht  sogar  gerade 
der  erwähnten  stelle  im  Purg.  XVII  erinnerte,  —  wenn  es  nicht 
schiene,  als  ob  es  bereits  zwei  formen  in  der  lateinischen  spräche, 
wenigstens  für  das  adjectiv  dieses  namens  (Laviniis .  Lavinius) ,  ge- 
geben hätte"). 

§  6.  Ueber  die  bedeutung  des  dunkeln  waldes  am  anfang  der 
göttlichen  comoedie  und  der  dürren ,  weiten  wüste  am  ende  des 
ersten  buches  des  'House  of  Fame'  haben  wir  bereits  in  §  i  ge- 
sprochen und  constatirt ,  dass  sie  den  trüben  geistigen  zustand  der 
beiden  dichter  zur  zeit  der  abfassung  ihrer  werke  allegorisch  aus- 
drücken. Ausser  der  allgemeinen  ähnlichkeit  der  idee  zeigt  sich  hier 
in  beiden  gedichten  eine  gewisse,  wenn  auch  wenig  in  worten  greif- 
bare analogie   in   den  einzelheiten  der  Schilderung.     Vgl.  H.  o.  F.  I, 

480 — 491 : 

When  I  oute  at  the  dores  came, 
I  faste  aboute  me  behelde, 
Then  sawgh  I  but  a  large  fei  de, 
As  fer  as  that  I  myghte  see, 
VVithouten  toune,  er  house,  er  tree, 
Or  bussh,  or  gras,  or  eryd  londe; 
For  al  the  felde  nas  but  sende, 
As  smale  as  man  may  se  yet  lye 
In  the  desert   of  Lybye ; 
Ne  no  maner  creature, 
That  ys  yformed  be  nature, 
Ne  sawgh  I  me  to  rede  or  wisse. 

Inf.  I,  2 — 7  : 

.  .  Mi  ritrovai  per  una  selva  oscura, 
Chö  la  diritta  via  era  smarrita. 
Eh  quanto  a  dir  quäl  era  \  cosa  dura 
Questa  selva  selvaggia  aspra  e  forte, 
Che  nel  pensier  rinnuova  la  paura ! 
Tanto  ^  amara,  che  poco  ^  piü  morte:  .   .  . 


i)  Vgl.  Aen.  I,  2 — 3: 

....  Laviniaque  venit  —  Litora 

Einige  herausgeber  schreiben  hier  ^ Lavinaque ,  cf.  Forbiger's  anm.  —  Chaucer  ge- 
braucht übrigens  bei  der  Übersetzung  dieser  worte  (cf.  §  4)  'Lavyne  im  reim  und 
zwar  entweder  für  'Lavina  =  Lavinia\  wie  in  I,  458,  oder  wol  für  die  sladt 
Lavinium.     Vgl.  I,   147 — 148; 

....  In  Itayle,  with  ful  moche  pyne, 

Unto  the  strondes  of  Lavyne  (Lavine  bei  Ürry). 


Chaucer's  'House  of  Farne'  in  seinem  verhältniss  zu  Dante's  'Divina  Commedia'    231 

In  V.  64  desselben  gesanges  nennt  Dante  den  öden  ort,  wo  er 
sich  befindet,  'grau  disertd  und  in  v.  29  den  bergabhang  am  ende 
des  bewaldeten  thales  'la  piaggia  disertd .  Er  ist  nicht  nur  durch 
die  gefahr  drohende  erscheinung  des  panthers,  des  löwen  und  des 
wolfes  (v.  32 — 60)  erschreckt,  sondern  schon,  bevor  er  sie  zu  gesicht 
bekommt,  —  gerade  so  wie  Chaucer  —  durch  die  traurige  einsam- 
keit  und  rauheit  der  gegend.  Der  englische  dichter  betet,  von 
furcht  und  angst  ergriffen,  zu  Christus  (I,  492 — 495): 

'O  Christe',   thought  I,    'that  art  in  blysse, 
Fro  fantome  and  illusioun 
Me  save !'  and  with  devocioim 
Myn  eyen  to  the  hevene  I  caste 

Dante  ruft  in  seiner  gefahrvollen ,  verzweifelten  läge  Virgil,  der, 
ihm  zuerst  unbekannt,  plötzlich  vor  seinen  äugen  erscheint,  um  hilfe 
an,  V.  64 — 66  : 

Quand'  io  vidi  costui  nel  gran  diserto, 

Miserere  di  me,  gridai  a  lui, 

Qual  che  tu  sii,   od  ombra,   od  uomo  certo.  — 

Schliesslich  bitte  ich  den  leser,  Dante's  beschreibung  der  wüste 
oder  beide,  die  den  dritten  cirkel  (girone)  des  siebenten  kreises  (cerchio) 
der  hölle  bildet,  zu  betrachten  und  H.  o.  F.  I,  482 — 488  (siehe  oben) 
mit  Inf.  XIV,  8  — 15  in  bezug  auf  gleichartige  Wendungen  und  Wörter 
zu  vergleichen: 

(v.  8 — 9)     Dico  che  arrivammo  ad  una  landa, 

Che  dal  suo  letto  ogni  pianta  rimove. 
(v.  13 — 15)     Lo  spazzo  era  un'   arena  arida  e  spessa, 
Non  d'  altra  foggia  fatta  che  colei, 
Che  fu  da'  pi^  di  Caton  giä  soppressa. 

(v.   15  =  der  libyschen  wüste,  cf.  Philalethes' anm.)  — 

§  7.  Wir  haben  oben  (§1)  bemerkt,  dass  sich  Dante's  gross- 
artige Vision  von  Chaucer's  träum  besonders  dadurch  unterscheidet, 
dass  er  sie  so  beschreibt,  als  ob  alles  von  ihm  erzählte  sich  nicht 
im  träum,  sondern  in  der  Wirklichkeit  zugetragen  hätte ,  als  ob  seine 
reise  durch  die  drei  reiche  der  geisterweit  ein  wirkliches  ereigniss 
seines  lebens  gewesen  wäre.  Jedoch  hat  Chaucer  im  'Purgatorio' 
drei  träume  (IX,  i  f.,  XVIII,  143  f.  und  XIX,  i  f.,  XXVII,  91  f.) 
vorgefunden,  bei  deren  Schilderung  der  italienische  dichter  fast  eben- 
so umständlich  und  genau  als  Chaucer  (I,  109 — 119,  III,  1069  f.) 
berichtet ,  wann  und  wie  er  einschlief  und  ,  nachdem  er  ein  traum- 
gesicht    gesehen    hatte,    aufwachte.      Sicher    hat    der    goldgefiederte 


232 


A.  Rambeau 


adler,  den  Dante  im  ersten  dieser  träume  erblickt,  dem  englischen 
dichter  die  hauptsächlichen  züge  zu  seiner  schönen  Ix-schreibung  des 
wunderbaren,  allegorischen  adlers  am  ende  des  ersten  und  am  an- 
fang  des  zweiten  buches  —  und  vielleicht  auch  l>is  zu  einem  ge- 
wissen grad  die  idee  zu  seiner  phantastischen  luftreise  im  zweiten 
buch  an  die  band  gegeben»).  Vgl.  Purg.  IX:  Dem  dichter  träumt, 
er  sehe  einen  adler,  wie  er  hoch  oben  am  himmel  schwebt,  v.19 — 21  : 

In  sogno  mi  parea  veder  sospesa 

Un'  aquila  nel  ciel  con  penne  d'  oro, 

Con  r   all  aperte, 

Chaucer  erweitert')  diesen  kurz,  aber  um  so  prachtvoller  aus- 
gedrückten gedanken  zu  einer  längern  Schilderung,  wie  er  sich  über- 
haupt darin  gefällt,  alle  einzelheiten  mit  der  kunst  vollendeter  klein- 
malerei  und  mit  behaglicher  breite  auszumalen ,  so  dass  er  sich 
manchmal  selbst  in  seinen  worten  wiederholt.     Vgl.  I,  496 — 507  : 

Thoo  was  I  war  at  the  laste, 

That  faste  be  the  sonne,  as  hye 

As  kenne  myght  I  with  myn  ye, 

Me  thought  I  s  awgh  an  egle  sore, 

But  that  hit  semede  moche  more 

Then  I  had  any  egle  seyne. 

But,  this  as  soothe  as  deth  certeyne, 

Hyt  was  of  golde,  and  shone  so  bryght, 

That  never  sawgh  men  such  a  syght, 

But-if  the  hevene  hade  ywonne 

AI  newe  of  God  another  sonne  ; 

So  shon  the  egles  fetheres  bryghte,    .... 

Der  adler  beginnt  zu  kreisen  und  ist  bereit  herabzuschiessen. 
Purg.   IX,  21,  25 — 28: 

edacalareintesa:  

Fra  me  pensava:  Forse  questa  fiede 
Pur  qui  per  uso,  e  forse  d'  altro  loco 
Disdegna  di  portarne  suso  in  piede. 
Poi  mi  parea  che  roteato  un  poco,  .  .  , 

H.  o.  F.  I,  508,  II,  21  —  25: 

And  somewhat  dounwarde  gan  hyt  lyghte. 

This  egle  of  whiche  I  have  yow  tolde, 

That  shone  with  fethres  as  of  golde, 

Which  that  so  highe  gan  to  sore, 

I  gan  beholde  more  and  more, 

To  se  her  beaute  and  the  wonder; 

0  Vgl.  Sandras  s.  119  f.,  ten  Brink  s.  92.  —  2)  Vgl.  auch  die  folgen- 
den verse. 


Chaucer's  'House  of  Farne'  in  seinem  verhältniss  zu  Dante's  'Divina  Commedia' 


333 


Plötzlich  schiesst  der  adler  herab ,  so  furchtbar  oder  so  schnell 
wie  der  blitz.     Purg.  IX,   29: 

.  .  .  Terribil  come  folgor  discendesse,   .  .  . 

H.  o.  F.  II,   26 — 32  : 

But  never  was  ther  dynt  of  thonder, 

Ne  that  thynge  that  men  calle  foudre, 

That  smote  sommetyme  a  toure  to  powdre, 

And  in  his  swifte  comynge  brende, 

That  so  swithe  gan  discende, 

As  this  foule  when  hyt  behelde, 

That  I  a-roume  was  in  the  felde;   .   .    . 

Der  adler  ergreift  den  dichter  und  trägt  ihn  hoch  hinauf  zum 
himmel  empor.     Purg.  IX.  30 : 

.   .  .  E  me  rapisse  suso  infino  al  foco  ,  .  . 

H.  o.  F.  II,  33—40: 

And  with  hys  grymme  pawes  strenge, 

Withyn  hys  sharpe  nayles  longe, 

Me,   fleynge,  in  a  swappe  he  hente, 

And  wilh  hys  sours  ayene  up  wente, 

Me  caryinge  in  his  clawes  starke, 

As  lyghtly  as  I  were  a  larke, 

How  high,  I  cannot  teile  yow, 

For  I  came  up,  Y  nyste  how 

Als  Dante  im  träum  den  adler  erblickt,  wie  dieser  noch  oben 
am  himmel  schwebt,  erinnert  er  sich  der  sage  des  Ganymed.  Purg, 
IX,   22 — 24: 

Ed  esser  mi   parea  la  dove  furo 

Abbandonati  i  suoi  da  Ganimede 

Quando  fu  ratio  al  sommo  consistoro. 

An  dieselbe  geschichte  muss  auch  Chaucer  denken,  während  er 
schon  in  den  klauen  des  adlers  emporgetragen  wird.  H.  o.  F.  II, 
76,  80—84: 

'O  Güd',   thought  I, 

'I  neyther  am  Ennock,  ne  Elye, 

Ne  Romulus,   ne  Ganymede, 

That  was  ybore  up,   as  men   rede, 

To  hevene  with  daun  Jupiter, 

And  made  the  goddys  bottiler. ' 

Der  adler,  der  böte  des  Jupiter  (II,  loi  — 103),  redet  Chaucer  V« 
mannes  vois  an  (II,  48).  Auch  dieacn  zug  liat  vielleicht  der  eng- 
lische   dichter    der    göttlichen    comoedie    entnommen :     im    sechsten 


234 


A .  Rambeau 


kreis  des  paradieses,  der  sphaere  des  Jupiter,  trifft  Dante  das  symbol 
des  kaiserthums,  den  aus  wunderbaren  lichtem  zusammengesetzten 
adler  (aquila  imperiale),  der  zu  ihm  spricht,  vgl.  Par.  XVIII, 
XIX,  XX.  — 

Zugleich    wird    man    kaum    die    möglichkeit    bestreiten    können, 

dass    Chaucer's    beschreibung    der    Schnelligkeit    und    des    aussehens 

seines   allegorischen    adlers  noch  von  einer  andern  stelle  des  'Purga- 

torio'  beinflusst  worden  ist:  Purg.  II,    13 — 45,    wo  sich  ein  engel  in 

einem    boot    mit    ungeheuerer    geschwindigkeit    der    insel    oder    des 

meerumflossenen  berges  der  reinigung  nähert,    indem    er  seine  flügel 

als  segel  gebraucht.    Man  vergleiche  einige  analoge  ausdrücke  in  den 

bezüglichen    versen    der  beiden    gedichte   und  beachte  die  thatsache, 

dass    die  entsprechenden  stellen  gewissermaassen  das   einleiten,    was 

•    die  dichter  im  zweiten  theil    ihrer   werke    erzählen  wollen.     Dies 

würde  demnach  einer  jener  fälle  sein,    wo    zwei   oder  mehr  reminis- 

1  cenzen    zugleich    bei     der    Schilderung     desselben     gegenständes    an 

I  Chaucer's  geist  vorübergezogen  sind,    ohne   dass  er  mit  bevorzugung 

'   einer,    die   andere,    resp.    die    andern  ganz  und  gar  zurückzudrängen 

vermocht  hat.     Vgl.  Purg.  II,   13,  16 — 18: 

Ed  ecco 

.   .  .  .  m'   apparve,  s'  io  ancor  lo  veggia, 

Un  lume  per  lo  mar  venir  s  i  r  a  1 1  o , 

Che  il  mover  suo  uessun  volar  pareggia. 

H.  o.  F.  I,  496  f.: 

Thoo  was  I  war  at  the  laste,  .... 
oder,  wie  Urry  liest: 

Tho  was  I  wäre,  lo!  at  the  laste,  .... 
und   11,    26 — 30   (siehe   oben),    verse,    die    von    den  obigen  versen 
des  zweiten    gesanges    des  'Purgatorio'  in   der  form  sehr  verschieden 
sind,  aber  auch  eine  wunderbare  Schnelligkeit  schildern. 
Vgl.  ferner  Purg.  II,   21 — 23,  37 — 38: 

Rividil  piü  lucente  e  maggior  fatto. 
Pol  d'  ogni  lato  ad  esso  m'  appario 

Un  non  sapeva  che  bianco: 

.  .  .  Poi  come  piu  e  piü  verso  noi  venne 

L'  uccel  divino,  piü  chiaro  appariva;  .... 

H,  V.  F.  I,  503—504,  II,  24—25  f.: 

Hyt  was  of  golde,  and  shone  so  bryght, 

That  never  sawgh  men  such  a  syght 

.  .  I  gan  beholde  more  and  more, 

To  se  her  beaute  and  the  wonder;   u.  s.  w. 


Chaucer's  'House  of  Fame'  in  seinem  verhältniss  zu  Dante's  'Divina  Commedia'    2'?< 

§  8.  Der  adler,  der  Chaucer  durch  die  luft  hinauf  zur  hohen 
Stadt  und  bürg  des  ruhmes  im  zweiten  buch  trägt  und  ihm  gegen 
ende  des  dritten  buches  noch  einmal  entgegentritt,  ist  ein  symbol 
der  Philosophie,  aber  einer  sehr  humoristischen  art  von  philosophie, 
die  ihn  tröstet  und  mit  seinem  loos  versöhnt  (cf.  §  i) ,  und  ent- 
spricht, wie  man  leicht  erkennt,  sowol  dem  Virgil ,  der  als  repräsen- 
tant  der  menschlichen  Weisheit  oder  philosophie  Dante  durch  die 
höUe  und  das  fegefeuer  führt,  wie  der  Beatrice,  die  als  sinnbild  der 
göttlichen  Weisheit  oder  theologie  ihn  durch  das  himmlische  paradies 
geleitet.  Einerseits  weist  der  adler  mehr  analogie  mit  der  gestalt 
der  Beatrice  auf,  weil  sie  ihren  Schützling  in  die  luft  hinauf  zu 
den  Sternen  erhebt  und  ihn  durch  die  zehn  reiche  des  himmels 
führt;  andererseits  gleicht  er  wieder  mehr  der  person  des  Virgil, 
weil  es  vor  allen  dingen  und  zu  allererst  Virgil  ist,  der  Dante  in 
seiner  traurigen,  gefährlichen  läge  trifft,  aus  derselben  befreit  und 
ihm  zum  führer  wird  (Inf.  I.  62  f.),  und  weil,  wie  wir  oben  (§  i,  2) 
gesehen  haben,  die  anrufung  am  anfang  der  Wanderung,  die  Dante 
mit  Virgil  unternimmt,  (Inf.  II,  7  f.)  mit  der  anrufung  vor  Chaucer's 
luftreise  in  des  adlers  krallen,  abgesehen  von  erweiterungen ,  zum 
grössten  theil  identisch  ist. 

Chaucer  ist  halb  todt  vor  angst,  als  er  vom  adler  ergriffen  und 
hoch  hinauf  zum  himmel  emporgetragen  wird  (II,  41 — 45),  und 
fürchtet  sich  auch  noch  (v.  76  f.)  lange  nachdem  er  wieder  zu 
bewusstsein  gekommen  ist  (v.  56).  Der  adler  schilt  ihn  wegen 
seiner  angst,  II,  48 — 49 : 

....  and  seyde,    'Awake ! 

And  be  thou  not  agaste,  for  shame!' 

Auch  Virgil  macht  dem  Dante  wegen  seiner  feigen  furcht  vor- 
würfe, als  dieser  die  reise  durch  die  geisterweit  mit  ihm  anzutreten 
zögert,  Inf.  II,  121 —  123: 

'Dunque  che  ^  ?  perch^,  perchö  ristai  ? 
Perch^  tanta  vilta  nel  core  allette? 
Perch^  ardire  e  franchezza  non  hai?'   — 

Danach  spricht  der  adler  freundlich  zu  Chaucer  und  sucht  den 
erschreckten  zu  beruhigen  (II,  51 — 91).  In  ähnlicher  weise  hat  Virgil 
seinen  Schützling  zu  ermuntern ,  als  dieser  den  muth  verliert ,  nach- 
dem er  vergebens  den  berg  der  tugend  (il  dilettoso  monte)  zu  er- 
klimmen versucht  hat,  Inf.  I,  76  —  78,  und  im  'Purgatorio' ,  als  er 
von  dem  mysteriösen,  gold-gefiederten    adler   geträumt  hat  und  beim 


236 


A.  Rambeau 


erwachen  von  dem   vergangenen  träum  noch  geängstigt  wird.     Purg. 

IX,  40—43.  46—49: 

....  Che  mi  sco.ss'  io,   si  comc   dalla  faccia 
Mi  fuggi  il  sonno,  e  diventai   ismorto 
Come  fa  1'  uom  che  spavenlato  aghiaccia, 
.  .  .  .   Non  aver  tema,  disse  il  mio  Signore: 
Fatli  sicur,   ch^  noi  siamo  a  buon  punto: 
Non  stringer,  ma  rallarga  ogni  vigore. 
Tu  se'   omai  al  Purgatorio  giunlo ;    .  .    .   . 

Vgl.  damit  H.  o.  F.  II,  41 — 45,  6^ — 69,   72  —  74: 

For  so  astonyed   and  asweved 
Was  every  vertu   in  my  heved, 
What  with  bis  sours  and  with  my  drede, 
That  al  my  felynge  gan   to  dede; 
For-whi  hit  was  to  grete  affray. 
....  And  thoo  gan  he  me  to  disporte, 
And  with  wordes  to  comforte, 
And  sayede  twyes,   'Seynt  Mary ! 
Thou  arte  noyouse  for  to  cary, 
And  nothynge  nedith  it,   pardee ; 
For,  al-so  wis  God  helpe  me, 

As   thou  noon  härme  shalt  have  of  thi» ; 

Let  see !  darst  thou  yet  loke  nowe  ? 
Be  ful  assured,  boldely, 
I  am  thy  frende.'    .... 

Beim  lesen  dieser  verse  möge  man  sich  erinnern,  dass  der  eben 
erwähnten  stelle  des  Dantischen  gedichtes  die  beschreibung  des 
adlers  (Purg.  IX)  voraufgeht,  die  wir  schon  oben  (§7)  gelegenheit 
hatten  mit  der  erscheinung  des  adlers  in  Chaucer's  gedieht  zu  ver- 
gleichen. —  Als  Chaucer  nachher  von  neuem  durch  einen  fürchter- 
lichen lärm,  der  von  dem  palast  des  ruhmes  herkommt,  erschreckt 
wird,  ermuthigt  ihn  der  adler  wieder,  indem  er  sagt  II,   535 — 537: 

'Nay  drede  the  not  therof,  quod  he, 

Hyt  is  nothinge  wille  biten  the, 

Thou  shalt  non  barme  have  truely.'  i)  — 

1)  Aus  der  göttlichen  comoedie  füge  ich  noch  zwei  andere  parallelstellen 
hinzu.  Inf.  XVII:  Dante  zögert,  als  er  das  ungeheuer  Geryon  erblickt,  das  ihn 
und  seinen  führer  durch  die  luft  in  den  achten  kreis  ('cerchio')  der  höUe  hinab- 
tragen soll,  und  wird  nun  von  Virgil  ermahnt,  vor  ihm  auf  den  rücken  des  un- 
gethüms  zu  steigen,  v.  81 :  * 

....  'Or  sii  forte  ed  ardito   .  ,   .   ,' 
Purg.  XXVII,   20 — 36:  Dante  fürchtet  sich,  in  das  feuer  der  reinigung  einzutreten, 
und  sein  führer  spricht  zu  ihm  folgendermaassen  v.  31 — 32: 
Pon  giü  omai,  pon  giü  ogni  temenza, 
Volgiti  in  qua,  e  vieni  oltre  sicuro;   .  .  .  . 


Chaucer's  'House  of  Fame'  in  seinem  verhältniss  zu  Dante's  'Divina  Commedia' 


237 


Beide  dichter  stellen  ungefähr  dieselben  betrachtungen  an ,  die 
natürlich  der  besonderen  läge  eines  jeden  angemessen  sind:  Dante, 
bevor  er  seine  Wanderung  antritt,  indem  er  noch  zögert,  Virgil  zu 
folgen,  —  Chaucer  am  anfange  seiner  luftreise,  indem  er  schon  in 
den  krallen  des  adlers  liegt.     Vgl.  Inf.   II,   10 — 13   f.: 

lo  cominciai:   Poeta,  che  mi   guidi, 
Guarda  la  mia  virtü,   s'   ella  h  possente, 
Prima  che  all'   alto  passo  tu  mi  fidi. 

Diese  worte  richtet  Dante  mit  zagendem  herzen  an  seinen  führer ; 
und,  indem  er  fortfährt,  gedenkt  er  des  Aeneas  und  des  St.  Paul,  die 
die  geisterweit  gesehen ,  ohne  ihren  verweslichen  körper  verloren  zu 
haben,  und  sagt  zuletzt  v.  31 — 36: 

Ma  io  perch^  venirvi  ?  o  chi  '1  concede  ? 
lo  non  Enea,  io  non  Paolo  sono: 
Me  degno  a  cid  nh  io  n^  altri  '1  crede.      Etc. 

Ebenso  wird  Chaucer,  als  der  adler  mit  ihm  zum  himmel  empor- 
fliegt, dadurch  an  das  Schicksal  derer  erinnert,  die  vor  ihm  in  einer 
ähnlichen  läge  gewesen  sind.     H.  o.  F.  II,   76 — 84: 

'O  God',   thought  I,  'that  madeste  kynde, 

Shal  I  noon  other  weyes  dye? 

Wher  Joves  wol  me  stellefye, 

Or  what  thinge  may  this  sygnifye? 

I  neyther  am  Ennok,  ne  Elye, 

Ne  Romulus,  ue  Ganymede, 

That  was  ybore  up,  as  men  rede, 

To  hevene  with  daun  Jupiter, 

And  made  the  goddys  bottiler.'  i) 

Kaum  sind  ihm  diese  recht  beunruhigenden  gedanken  aufgestiegen, 
da  weiss  sie  auch  schon  der  adler.     II,   85 — 91  : 
Loo,  this  was  thoo  my  fantasye ! 
But  he  that  bare  me  gan  espye, 
That  I  so  thought  and  seyde  this: 
'Thou  demest  of  thy-selfe  amys ; 
For  Joves  ys  not  theraboute, 
I  dar  wel  putte  the  out  of  doute, 
To  make  of  the  as  yet  a  sterre ' 

Dies«)  erinnert  uns  an  die  fähigkeit  Virgil's^)  und  Beatrice's, 
Dante's  geheime  gedanken  wahrzunehmen'*).   — 


i)  Cf.  ten  Brink  s.   91.  —  3)    Vgl.  auch  II,  4S4: 

'Lat  be',  quod  he,   'thy  fantasye,   .  .  .  .' 

3)  Cf.  ten  Brink  s.  91.  —  "«)  Vgl.  Purg.   XV,    127—129: 
Ed  ei:   Se  tu  avessi  cento  larve 
Sopra  la  faccia,  non  mi  sarien  chiuse 
Le  tue  cügitazion,  quantunque  parve. 


238 


A.  Kambcau 


Die  lange  rede  (II.  92  f.),  die  der  adler  auf  diese  freundlichen 
Worte  (II,  85 — 91)  folgen  lässt,  und  in  der  er  seinem  Schützling 
den  zweck  seiner  sendung  erklärt ,  entspricht  der  rede  Virgil's  im 
ersten  (v.  91  f.)  und  im  zweiten  'canto'  des  'Inferno'  (cf.  §  i);  und 
in  den  versen,  mit  denen  der  adler  seinen  langathmigen  discurs  ein- 
leitet, II,  92 — 96: 

'.  .  .  But  er  I  bere  the  raoche  ferre, 
I  wol  the  teile  what  I  am, 
And  whider  thou  shalt,   and  w  h  y  I  c  a  m 
•  To  do  thys,   so  that  thou  take 

Goode  herte,  and  not  for  fere  quake.' 

—  bemerkt  man  eine  gewisse  Übereinstimmung  (vgl.  ten  Brink  s.  91) 
mit  Virgil's  worten  in  Inf.  II,  49 — 51: 

'Da  questa  tema  acciocch^  tu  ti  solve, 
Dirotti,  perch'  io  venni,  e  quel  che  intesi 
Nel  prinio  punto    che  di  te  mi  dolve.' 

Vorher  hat  Virgil  bereits  dem  Dante  gesagt  (Inf.  I,  67  —  75),  ^''^^ 
und  was  er  ist.  Vgl.  damit  oben  H.  v.  F.  II,  93  und  ausserdem 
V.  IOC — 103.  —  Wie  wir  aus  diesen  reden  Virgil's  und  des  adlers 
sehen,  sind  beide  Sendboten  des  himmels.  Der  adler  ist  vom 
donnergott  Jupiter  gesandt  (II,  100 — 104),  um  Chaucer  für  den  eifer, 
den  er  durch  seine  poetischen  werke  im  dienste  der  Venus  und  des 
Cupido  bewiesen  hat,  zu  belohnen  (II,  107 — 130)  und  ihn  aus  seinem 
arbeitsamen  und  doch  einsamen  imd  langweiligen  leben  (II,  136 — 
152)  auf  einige  zeit  hinauf  zum  hause  des  ruhmes  (II,  155)  zu 
bringen;  der  dichter  soll  dort  'new  tidings  hören  (II,  167)  und  so 
frischen  muth  und  anregung  zum  poetischen  schaffen  erhalten  (v.  163). 
Den  Virgil  haben  ,tre  donne  betiedette  fiella  co?-te  del  cield ')  geschickt. 
Eine  derselben  ist  Beatrice  (II,  70),  und  sie  ist  es,  die  dem  Virgil 
den  göttlichen  auftrag  übermittelt  und  ihm  befiehlt,  Dante  zu  helfen, 
als    dieser   in  todesgefahr  schwebt  und   sich  vergebens  bemüht,    sich 


—  und  zahlreiche  andere  stellen:  Inf.  X,  18,  XVI,  118 — 122,  XIX,  39,  XXIIT, 
25—30,  XXVI,  73—74,  Purg.  XIII,  76,  XVIII,  4—8.  —  Dante's  führerin  im 
paradiese,  Beatrice,  liest  als  repräsentantin  der  göttlichen  Weisheit  die  innersten 
gedanken  seines  geistes  mit  noch  grösserer  klarheit.     Vgl.   Par.   XXIX,   IO — 12: 

Poi  comincio :   Io  dico,   non  domando 

Quel  che  tu  vuoli  udir,  perch'  io  1'   ho  visto 

Dove  s'  appunta  ogni  ubi  ed  ogni  quando. 

—  und  Par.  I,  85,  II,  27—28,  IV,  16,  19,  VII,  16,  52,  XIV,  10  f.,  XVII,  4,  7, 
XXI,  49—51,  XXVII,    103,  XXVIII,  97  f. 

i)  Vgl.  Inf.  II,  124 — 125  und  vorher.  Sieh  Philalethes'  erklärung  dieser 
allegorischen  frauen  Inf.  II,  anm.  20.  Die  erste  derselben  ist  danach  die  Jung- 
frau  Maria. 


Chaucer's  'House  of  Farne'  in  seinem  verhältniss  zu  Dante's  'Divina  Commedia' 


239 


von  der  sünde  zu  befreien  (Inf.  II,  106 — 108,  Purg.  XXX,  109  — 
138):  Er  soll  ihn  dadurch  retten,  dass  er  ihm  die  schrecken  der 
hölle,  ^le  pei'dute  gejiti  (Purg.  XXX,  138),  und  'qucgli  spirti  che  purgan 
se  (Purg.  I,  66)  zeigt.  —  Barmherzigkeit  und  mitleid  ist  der  innere 
grund  des  auftrages,  den  Virgil  und  der  adler  empfangen  haben. 
Vgl.  H.  o.  F.  II,   106,   153—154: 

Certeyn  he  hath  of  the  r  o  u  t  h  e ,    .  .    ,  . 

And  therfore  Joves,  thorgh  hys  grace, 

Wol  that  I  bere  the  to  a  place,    .... 

So  sagt  auch  Virgil  im  Inf.  II,  Beatrice  habe  zu  ihm  folgender- 
maassen  gesprochen  (v.  69,  72): 

L'  aiuta  si  ch'   io  ne  sia  c  o  n  s  o  1  a  t  a 

Amor  mi  mosse,    che  mi  fa  parlare '). 

Was  den  ausdruck  beim  verkünden  der  botschaft  betrifft,  so  kann 
man  wenigstens  am  anfang  der  verse,  in  denen  Virgil  und  der  adler 
ihren  Schützlingen  erzählen ,  wohin  sie  sie  bringen  wollen,  und  was 
dieselben  sehen  sollen^),  eine  gewisse  analogie  nicht  verkennen. 
Vgl.  H.  o.  F.  II,   154—156,  164  f. 

...  I  bere  the  to  a  place, 

Which  that  hight  the  House  of  Fame,  .  .  . 

For  truste  wel  that  thou  shalt  here, 

When  we  be  come  there  as  I  seye, 

Mo  wonder  thynges,  dar  I  leye, 

Of  Loves  folke  moo  tydynges,  u,  s.   w. 

Inf.  I,   114  f . : 

E  trarrotti  di  qui  per  loco  eterno, 
Ove  udirai   le  disperate  slrida, 
Vedrai  gli  antichi  spiriti  dolenti, 
Che  la  seconda  morte  ciascun  grida : 
E  poi  vedrai  color,    che  son   contenti 
Nel  fuoco,  u.  s.  \v. 

Der  adler  ist  immer  bereit ,  Chaucer  über  alles ,  was  sie  auf 
ihrer  reise  treffen  oder  sehen,  und  was  derselbe  sonst  zu  wissen 
wünschst,  auskunft  zu  geben.  In  derselben  weise  handeln  Dante's 
führer,  Virgil    und  Beatrice:    beispiele    finden  sich  fast  in  jedem  ge- 


i)  Ferner  antwortet  Dante  im  Purg,  XXVI,  als  ihn  die  biissenden  seelen 
des  siebenten  kreises  fragen,  warum  er,  obwol  noch  nicht  gestorben,  dorthin  ge- 
kommen sei,  V.  59 — 60 : 

Donna  ^  di  sopra  che  n'  acquista  grazia, 
Per  che  il  mortal  pel  vostro  mondo  reco. 
2)  Vgl.   Dante,    Inf.  I,   114 — 123,  Chaucer   weitliüifig  und,    wie  gewöhnlich, 
mit  mehr  einzelhciten  als  Dante,  II,   154 — 216. 


240 


A.  Rambeaii 


sang  •).  Auch  werden  sowol  Chauccr  als  Dante  von  ihren  führern 
auf  bemerkenswerthe  dinge  oder  erscheinungen  aufmerksam  gemacht. 
Z.  b.  sagt  Beatrice  in  der  Sphäre  des  Saturn,  Par.  XXII,   19 — 24: 

'Ma  rivolgili  omai  inverso  altrui  ; 
Ch'  assai  illustri  spiriti   vedrai, 
Se  com'  io  dico  1'   as petto  ridui.' 
Com'   a  lei  piacque  gli  occhi  dirizzai, 
E  vidi  cento  sperule,  che  insieme 
Pill  s'  abbellivan  coi  mutui  rai. 

Vgl.  H.  o.  F.  II,  417—426: 

'Now  turne  upward,'  quod  he,  'thy  face, 

And  beholde  this  large  place, 

This  eyre ;  but  loke  thou  ne  be 

Adrad  of  hem  that  thou  shalt  se; 

For  in  this  regioun  certeyn, 

Dvvelleth  many  a  citezeyn, 

Of  which  that  speketh  dann   Plato. 

These  ben  eyrysshe  bestes,  lo!' 

And  so  saw  Y  alle  that  meynee, 

Boothe  goone  and  also  flee. 

Wenn  der  adler  sich  immer  sehr  freundlich  in  seinem  gespräch 
zeigt  und  mit  Chaucer  in  ganz  familiärer  weise  plaudert^),  so  ist 
dies,    abgesehen  von  dem  humoristischen  ton  seiner  plauderei,    sehr 


1)  Als  Chaucer  endlich  seine  furcht  und  angst  los  geworden  ist,  wünscht  er 
von  dem  adler  näheres  über  den  palast  des  ruhmes  zu  erfahren,  II,  546  f.,  und, 
als  er  im  dritten  buch  den  adler  wieder  erblickt,  nachdem  er  eben  den  palast  des 
ruhmes  verlassen  hat,  verlangt  er  auch  die  wunder  des  palastes  des  gerüchtes 
(House  of  Ru7nour)  zu  sehen,  III,  905  f.  Ebenso  ist  Dante,  nachdem  er  Virgil's 
rede  vernommen  hat,  bereit,  ihm  zu  folgen,  und  begierig,  die  wunder  der  hölle 
und  des  fegefeuers  zu  sehen,  vgl.  Inf.  I,  130  f.,  II,  136  f.  Ausserdem  gibt  es 
zahlreiche  stellen,  wo  Dante  seinen  fiihrer  um  auskunft  über  dinge,  die  er  auf 
seiner  Wanderung  sieht,  bittet,  z.  b.  Inf.  X,  4  f.  Der  adler  und  Virgil  erfüllen 
gern  diesen  wünsch  ihrer  Schützlinge.     Vgl.  H.  o.  F.  III,  934 — 936: 

' And  wisse  and  teche  the  aryght, 

Where  thou  maist  most  tydynges  here, 
Shaltow  here  anoon  many  oon  lere.' 
Inf.  X,    16—18: 

'Pero  alla  dimanda  che  mi  faci 
Quinc'   entro  satisfatto  sarai   tosto, 
Ed   al  disio  ancor  che  tu  mi  taci.' 

2)  Der  adler  nennt  Chaucer  in  der  anrede  'heausir'  (II,   135)    oder  'Geß'rey 
(221);   er  sagt  zu  ihm  II,   74:     'I  am  thy  frende.' 

II,  377—379: 

'.  .  .  Be  seynt  Jame. 

Now  wil  we  speken  al  of  game. 

How  fairest  thou  ?' 


III,  910 — 911  : 


'Petre !    that  is  myn  entente,' 

Quod  he  to  me ;    'therfore  Y  duelle, 


Chaucer's  'House  of  Fame'  in  seinem  verhältniss  zu  Dante's  'Divina  Commedia' 


241 


wol  mit  dem  wohlwollenden  benehmen  von  Dante's  führem  zu  ver- 
gleichen. Virgil  nennt  ihn  'Figliuol  mid ,  Inf.  III,  121,  Purg. 
XXVII,  20^),  und  sogar  seine  erhabene  freundin  Beatrice,  die  er 
gewöhnlich  ^Madonna  oder  'Donna  mid  nennt,  redet  ihn  mit  'fratd 
an,  Par.  VII,  58,    130.   — 

Sowol  Chaucer  als  Dante  werden  während  ihrer  reise  durch 
die  himmlischen  regionen  von  ihren  führern  ermahnt,  von  ihrem 
hohen  Standpunkt  auf  das,  was  unter  ihnen  liegt,  herabzublicken. 
H.  o.  F.  II,  380—381 : 

.  .  .  'Now  see,'  quod  he, 

'By  thy  trouthe,  yonde  adoune/   .  .  . 

Par.  XXII,   128 — 129,  Beatrice  spricht: 

'.   .  .  .  Rimira  in  giü,   e  vedi  quanto  mondo 
Sotto  li  piedi  gia  esser  ti  fei ;   .   .   .  .' 

und  wieder  XXVII,  76—78: 

Onde  la  Donna,  che  me  vide  assolto 
Dell'  attendere  in  su,  mi  disse :  Adima 
II  viso,  e  guarda  come  tu  sei  volto. 

Sie  schauen  herab.     H.  o,  F.  II,  388 — 395  : 

And  Y  adoun  to  loken  thoo, 
And  behelde  feldes  and  playnes. 
And  now  hilles,  and  now  mountaynes, 
Now  valeys,   and  now  forestes, 
And  now  unnethes  grete  bestes, 
Now  lyveres,  now  citees, 
Now  tounes,  and  now  grete  trees, 
Now  shippes  seyllynge  in  the  see. 

Nachher  blickt  Chaucer  wieder  hernieder,  ohne  dazu  besonders 
aufgefordert  zu  sein,  v.  456— 461 : 

Tho  gan  I  loken  under  me, 

And  behelde  the  ayerisshe  bestes, 

Cloudes,  mystes,  and  tempestes, 

Snowes,  hayles,  reynes,   wyndes. 

And  hir  gendrynge  in  hir  kyndes, 

Alle  the  wey  thrugh  whiche  I  came ;  .  .  .   . 


1)  Purg.  XXVII,  44-45  ■• 

indi  sorrise 

Come  al  fanciul  si  fa  ch'   h  vinto  al  pome. 
Vgl.  H.  o.  F.  II,  454—455: 

And  gladded  me  ay  more  and  niore. 
So  feythfuUy  to  me  spake  he. 
Kölbing,  Englische  Studien.    III.   i.  l6 


24^2  ^'   Ranibeau 

Pai.  xxir,  133—135.  151— 153: 

Col  viso  ritornai  per  tutte  e  quantc 
Le  sette  spere,  e  vidi  qucsto  globo 

Tal,  ch'    io  sorrisi  del  suo  vil  sembiante ; 

L'  aiuola  i)  che  ci  fa  tanto  feroci, 
Volgendom'   io  con  gli  etemi  Gemelli 
Tutta  ni'   apparve  dai  colli  alle  foci. 

und  wieder,  Par.  XXVII,  79  —  84: 

Dair  ora  ch'   io  avea  guardato  prima, 
Io  vidi  mosso  me  per  tutto  1'   arco 
Che  fa  dal  mezzo  al  fine  il  primo  clima ; 
Si  ch'  i  o  V  e  d  e  a  di  lä  da  Gade  il  varco 
Folie  d'  Ulisse,  e  di  qua  presso  il  lito 
Nel  quäl  si  fece  Europa  dolce  carco. 

Chaucer,  der  während  dieser  gespräche  mit  dem  adler  höher  und 
höher  steigt  (II,  453),  denkt  und  fühlt  (II,  462 — 482)  dabei  ähnlich 
wie  Dante  im  ersten  canto  des  'Paradiso',  als  er,  Beatrice  an- 
schauend ,    mit  ihr  hoch  hinauf  zu  den  Sternen  fliegt.     Vgl.  H.  o,  F. 

II,  471—476: 

Thoo  gan   V  wexen  in  a  were. 
And  seyde,  'Y  wote  wel  Y  am  here ; 
But  wher  in  body  or  in  gost, 
I  not  ywis,  but  God,  thou  wostl'z) 

i)  Dies  wort,  mit  dem  Dante  seine  Verachtung  für  die  kleinheit  und  gering- 
fügigkeit  unserer  erdkugel  ausspricht,  und  das  er  auch  Par.  XXVII,  86  in  dem- 
selben sinn  und  in  ähnlichem  Zusammenhang  gebraucht,  erinnert  an  den  ausdruck 
'prikke'  womit  Chaucer  die  erde  kurz  nach  der  ersten  der  oben  erwähnten  stellen 
des  zweiten  buches  vergleicht,  II,  396 — 399 : 

But  thus  sone  in  a  while  hee 

Was  flowen  fro  the  grounde  so  hye, 

That  al  the  worlde,  as  to  myn  ye, 

No  more  semede  than  a  prikke;  .  .  .  . 
'Aiuola'  bedeutet  nach  Blanc  eine  dreschtenne  und  drückt  als  bezeichnung  der 
erdoberfläche  ungefähr  dieselbe  idee  wie  ein  punkt  (prikke  =  point,  cf.  Morris 
Gloss.)  als  bezeichnung  der  von  hoch  oben  erblickten  und  daher  unendlich  winzig 
erscheinenden  erde  aus.  Ich  halte  es  deshalb  wegen  des  Zusammenhanges,  in  dem 
die  betreffenden  Wörter  von  Dante  und  Chaucer  angewandt  sind,  für  wahrschein- 
lich, dass  sich  der  englische  dichter  jener  zwei  stellen  der  Göttlichen  comoedie 
oder  wenigstens  der  ersten  erinnert  hat ,  wenn  er  auch  zu  gleicher  zeit  an  einen 
satz  im  'Somnium  Scipionis  de  republ.'  VI,  16  gedacht  haben  mag.  Diesen  hält 
ten  Brink  (s.  97)  für  das  wirkliche  original  von  H.  o.  F.  II,  398 — 399.  — 
2)  Denselben  gedanken,  der  von  Chaucer  in  den  versen  473 — 474  und  von  Dante 
in  den  v.  73 — 75  ausgedrückt  ist,  kann  man  in  der  bekannten  Paulinischeu  stelle 
finden,  wo  der  apostel  von  seiner  entzückung  im  dritten  himmel  sagt,  sie  sei  ge- 
schehen, 'ob  im  k'örper,  ob  ausser  devi  körper,  ich  weiss  es  nicht,  gott  weiss  es'. 
Vgl.  Philalethes'  anm.  zu  Par.  I,  75.  Chaucer's  verse  übersetzen  St.  Paul's  worte 
sogar  wörtlicher,  und  diese  mögen  als  die  gemeinschaftliche  quelle  für  beide  dichter 
betrachtet  werden;  indess  zeigt  der  Zusammenhang  der  ganzen  stelle  in  H.  o.  F. 
II,  471  f.,  dass  dem  geiste  des  englischen  dichters  dabei  die  Dantischen  verse 
vorschwebten,  obwol  er  sich  zugleich  der  genauen  worte  des  apostels  erinnerte. 


Chaucer's  'House  of  Fame'  in  seinem  verhältniss  zu  Dante's  'Divina  Commedia'    243 

For  more  clere  entendement, 
Nas  me  never  yet  ysent. 

Par.  I,  70—75: 

Trasumanar  significar  per  verba 

Non  si  poria;  pero  1'  esemplo  basti 

A  cui  esperienza  grazia  serba. 

S'  io  era  sol  di  me  quel  che  creasti 

Novellamente,  Amor,   che  11  cielgoverni, 

Tu  il  sai,  che  col   tuo  lume  rai  levasti. 

Nachdem  sich  der  adler  noch  zum  schluss  erboten  hat,  den  dich- 
ter über  die  gestirne  zu  belehren,  wofür  aber  dieser  scherzhafterweise 
eine  völlige  gleichgültigkeit  fingirt  (II,  491,  503)'),  langen  sie  end- 
lich (II,  515)  in  der  nähe  des  palastes  des  ruhmes  an.  Die  Schil- 
derung ihres  nahens  weist  einige  analogie  mit  dem  anfang  von  Inf. 
III,  wo  Virgil's  und  Dante's  eintritt  in  die  hölle  beschrieben  wird-), 
wenn  nicht  in  worten  und  Wendungen,  so  doch  wenigstens  im  ge- 
dankengang,  auf:  Sie  hören  beide  —  Chaucer  beim  nahen  und  Dante 
beim  eintreten  —  ein  furchtbares  geräusch;  die  art  desselben  und 
sein  Ursprung  werden  genau  beschrieben,  H,  o.  F.  II,  517 — 533, 
Inf.  III,  22 — 30;  beide  werden  von  furcht  ergriffen-^);  es  entspinnt 
sich  ein  gespräch  zwischen  dem  geführten  und  dem  führer  in  betreff 
des  geräusches  und  des  ortes,    wo  es  entsteht,    H.  o.  F.  II,  517 — 

537.   546—574,  Inf.  III,  32—51-   — 

Wie  Virgil  nicht  den  Dante  in  das  himmlische  paradies,  das 
eigentliche  ziel  seiner  reise,  begleitet  (Inf.  I,  123)  und  im  Purg. 
XXX,  49  plötzlich  verschwunden  ist,  so  befiehlt  der  adler  dem 
Chaucer,  allein  weiter  zu  gehen  (II,  543),  nachdem  er  ihn  in  eine 
Strasse  der  Stadt  des  ruhmes  auf  seine  füsse  gestellt  hat.  Virgil 
überlässt  Dante  seinem  eignen,  nun  gereinigten  willen,  Purg.  XXVII, 
131,  140 — 141,  nachdem  er  ihn  durch  die  hölle  und  das  fegefeuer  hinauf 
zum  irdischen  paradies  (paradiso  terrestrc)  geführt  hat,  und  weist  auf 


1)  Er  glaube,  sagt  er  (II,  505) ; 

,  .  .  Hem  that  writc  of  this  matere,  .  ,  . 
Mit  diesen  worten  meint  er  unter  anderen  wol  auch  besonders  Dante,  vgl.  eine 
anm.  in  §  i.  —  2)  Wir  werden  weiter  unten  seilen  (§  14),  dass  das  heulen  und 
schreien,  das  Virgil  und  Dante  bei  ihrem  eintritt  in  die  hölle  hören,  zugloicli  auch 
dem  tumult  und  lärm,  der  aus  dem  palast  des  geriiclilcs  hervorkommt  (im  dritten 
buch),  entspricht,  besonders  da  eine  andere  stelle,  die  sich  in  beiden  gedichten 
findet,  ganz  in  der  nähe  von  der  beschreibung  des  geräusclies  anzutreffen  ist.  — 
3)  Vgl.  Inf.  III,   24,  31: 

Perch'  io  al  cominci.ir  ne  lagrimai. 
.  .  .  Ed  io,  ch'  avea  d'  orror  la  testa  cinta,    .... 
Cliaucer  drückt  den  grad  seiner  furcht  auf  leomische  weise  aus,   II,  534: 
But  yt  dütli  me   for  ferc  svvete. 

16* 


2  44  ^"   ^^""b*^^" 

Beatrice,  als  seine  künftige  führerin,  hin  (v,  136).  Die  menschliche 
Weisheit  kann  Dante  fortan  nichts  mehr  helfen ;  an  ihre  stelle  tritt 
daher  die  göttliche  Weisheit:  Beatrice  erscheint  ihm,  Purg.  XXX, 
sie  will  von  nun  an  im  himmlischen  paradiese  seine  lehrerin  und 
führerin  sein,  Purg.  XXXIII,  24  f.  —  Der  adler  verabschiedet  sich 
(II,  577  f.)  von  Chaucer  am  fusse  des  felsens,  auf  dem  der  palast 
des  ruhmes  erbaut  ist :  die  philosophie,  die  den  geist  des  dichters  der 
ihn  abstumpfenden  langeweile  der  alltäglichen  geschäfte  entrissen  und 
hinauf  zu  den  wundern  des  himmels  versetzt  hat,  lässt  ihn  nun  allein. 
Er  hat  im  palast  des  ruhmes  alles  mit  seinen  eignen  äugen  zu  sehen, 
er  ist  fortan  auf  sein  anschauungsvermögen,  auf  die  erfahrung,  wie  er 
selbst  sagt,  angewiesen.  Der  adler  will  ihn  durch  seine  eigne  er- 
fahrung den  beweis  von  dem,  was  er  ihm  während  der  luftreise  von 
dem  palast  des  ruhmes  erzählt  hat ,  selbst  finden  lassen ;    er  sagt  II, 

368-75: 

'.  .  .  .    '1  hou  shalt  have  yet,    or  hit  be  eve, 

Of  every  word  of  thys  sentence, 

A  preve  by  experience; 

And  with  thyn  eres  heren  wel, 

Toppe  and  taylle,  and  everidel, 

That  every  word  that  spoken  ys, 

Cometh  into  Farnes  House,  ywys, 

As  I  have  seyde ;  what  wilt  thou  more  ?' 

Diese  erfahrung  (experience)'-')  entspricht  daher  im  dritten  buch 
des  'House  of  Fame'  der  göttlichen  Weisheit  oder  theologie  in  Dantes 
'Paradiso' ;  aber  es  fehlt  eine  vollständige  analogie,  weil  die  erfahrung 
in  Chaucer's  gedieht  nicht  personificirt  ist.  Man  mag  ten  Brink  zu- 
geben, dass  eine  allegorische  Verkörperung  dieser  geistigen  kraft  im 
dritten  buch  leicht  zu  entbehren  ist.  Aber  der  englische  dichter 
zeigt  sich  darin  nicht  consequent ;  denn  der  adler,  der  ausserhalb  des 
palastes  des  ruhmes  geblieben  ist ,  trifft  Chaucer  wieder  nahe  bei 
dem  palaste  des  gerüchtes  (III,  900)  und  trägt  ihn  dort  hinein  durch 
ein  fenster  (III,  939).  Ausserdem  darf  man  nicht  den  geheimniss- 
vollen mann  vergessen,  der  innerhalb  des  palastes  des  ruhmes  den 
dichter  plötzlich  anredet  (III ,  779),  ihm  einige  auskunft  über  den 
palast  des  gerüchtes  ertheilt  und  ihn  dann  in  das  thal,  wo  dieser 
palast  liegt  (III,  827),  hinabführt.  Demnach  entsprechen  in  dem 
letzten    theil    des    dritten   buches  der  mann  und  der  adler  zusammen 


i)  ten  Brink  (s.  105)  nennt  die  fähigkeit,  auf  die  Chaucer  künftig  ange- 
Aviesen  ist ,  'productive  phantasie' .  Wegen  des  v.  370  (II)  möchte  ich  sie  eher 
geradezu  erfahrung  oder  anschauungsvermögen  nennen. 


Chaucer's  'House  of  Farne'  in  seinem  verhältniss  zu  Dante's  'Divina  Commedia'    245 

der  Beatrice,  die  den  Dante    in   und    durch  das  himmlische  paradies 
geleitet.  — 

Wir  haben  also  gesehen,  dass  die  allegorischen  gestalten,  deren 
sich  Dante  und  Chaucer  in  ihren  gedichten  bedienen,  sich  in  mancher 
hinsieht  analog  sind,  und  dass  Chaucer  auch  in  diesem  punkt  vom 
italienischen  dichter  beeinflusst  worden  ist.  Jedoch  war  er  nicht  im 
Stande,  in  der  durchführung  seines  planes  in  bezug  auf  die  personi- 
ficationen  ebenso  consequent  als  sein  vorbild  zu  sein. 

§  9.  Mit  recht  bemerkt  ten  Brink  (s.  q8),  dass  der  anfang  der 
stelle  im  zweiten  buch  des  'House  of  Fame',  wo  Chaucer  die  milch- 
strasse  erblickt  (II,  427 — 431),  auf  die  Ciceronische  darstellung  der- 
selben im  'Somnium  Scipionis  de  republ.'  VI,  16  hindeutet.  Indess 
hat  der  englische  dichter  ohne  zweifei  bei  der  Schilderung  von 
Phaethon's  abenteuer  (II,  432 — 448),  an  das  er  durch  den  anbhck 
der  milchstrasse  erinnert  wird,  an  einige  versa  in  Dante's  Inferno 
XVII  gedacht  ^) ;  dieser  erzählt  nämlich  hier,  wie  er  auf  dem  rücken 
des  Geryon  durch  die  luft  hinunter  zum  achten  kreise  (cerchio)  der 
höUe  getragen  wird,  und  vergleicht  die  angst,  die  er  während  dieses 
rittes  empfindet,  mit  der  furcht,  von  der  Phaethon  und  Icarus  er- 
griffen worden  sind,  als  sich  dieselben  in  einer  ähnlichen  läge  be- 
fanden. Die  verse,  in  denen  Chaucer  die  sage  von  Icarus  zum 
gegenständ  des  gespräches  der  zwei  luftreisenden  macht,  indem  der 
adler  durch  die  unermessliche  höhe,  zu  der  sie  bereits  in  ihrem 
fluge  emporgestiegen  sind,  daran  erinnert  wird,  sind  in  der  that 
nicht  weit  von  der  stelle  entfernt,  wo  der  englische  dichter  von  dem 
Schicksal  des  Phaethon  spricht.  Vgl.  Inf.  XVII,  106 — 108  2): 
Maggior  paura  non  credo  che  fosse, 
Quando  Feton  abbandonö  li  freni , 
Per  che  il  ciel,  come  pare  ancor,  si  cosse:  .   .  .  . 


i)  Vgl.  ten  Brink  s.  92  —  93,  Sandras  s.  121,  Kissner  s.  69 — 70.  —  Ovid's 
beschreibung  von  Phaethon's  fahrt  im  wagen  des  Sonnengottes  (Metamorph,  II, 
150  f.)  hat  jedenfalls  dem  englischen  dichter  auch  einige  züge  an  die  hand  ge- 
geben, vgl.  ten  Brink  s.  97,  Warton  II,  332.  Ueberhaupt  hat  Chaucer  in  der 
ganzen  Schilderung  seiner  luftreise  die  mannigfaltigsten  reminiscenzen  verwerthet. 
Sandras  (s.  120)  verweist  auf  Cicero,  Virgil,  üvid,  St.  Paul,  Boetius,  —  die  alle 
analoge  Situationen  beschrieben  haben.  —  2)  Auf  die  sage  von  Phaethon  spielt 
Dante  auch  noch  an  einigen  andern  stellen  seiner  'Divina  Commedia'  an ;  er  nennt 
die  sonne  Par.  XXXI,    124 — 125: 

.  .   .   .  i  1  t  e  m  o  che  mal  guido  Fetonte,   .   .   .    . 

—  Phaethon  selbst  Par.  XVII,  3: 

Quei  ch'  ancor  fa  li  padri  a'    figli  scarsi ;  .  .  ,  . 

—  den  thierkreis  Purg.  IV,   71 — 72: 

la  strada, 

Che  mal  non  seppe  carreggiar  Feton,    .... 


246  •^'  R-'^mbeau 

H.    O.   F.  II,    428,  432—435,   443—446: 

Se   yonder,  loo,  the  galoxie, 
.  ,  .  Thal  ones  was  ybrente  wyth  hete, 
Whan  the  sonnes  sonne,  the  rede, 
That  highte  Phetoun,  wolde  lede 
Algate  his  fader  carte,   and  gye. 
....  and  lat  the  reynes  goon 
Of  his  hors ;  and  they  anoon 
Gönne  up  to  mounten,  and  doun  descende, 
Til  both  the  ayre  and  erthe  brende;  ..  .  . 

Dante  fährt  fort  Inf.  XVII,   109  — 113: 
N^  quando  Icaro  misero  le  reni 
Senti  spennar  per  la  scaldata  cera, 
Gridando  il  padre  a  lui :    Mala  via  tieni. 
Che  fu  la  mia,  quando  vidi  ch'  i'  era 
Neil'  aer  d'  ogni  parte, 

Vgl.   H.   O.   F.  II,  405 — 407,  411 — 416: 

....   'No  wonder  nys/ 
Quod  hc;   Tor  half  so  high  as  this, 
Nas  Alexandre  Macedo 
.  .  .  Ne  eke  the  w  rech  che  Didalus 
Ne  his  childe,  nyse  Ykarus, 
That  fleegh  so  highe,  that  the  hete 
His  wynges  malte,  and  he  fei  wete 
In   myd   the  see,  and  ther  he  dreynt, 
For  whom  was   maked  moch  compleynt. 

§  10.  Um  ZU  beweisen,  dass  die  epische  erhabenheit  der  gött- 
lichen comoedie  in  der  englischen  nachahmung  verloren  gegangen 
ist,  sagt  Sandras  (s.  120):  .  .  .  'il  (le  trajet)  se  change  bientot  en 
une  espece  d'ascension  d'a^ronautes ,  qui  s'entretiennent  sur  des  ma- 
tieres  seien tifiques'.  Aehnlich  urtheilt  Kissner  s.  71.  Jedoch  hat 
bereits  ten  Brink  (s.  92)  darauf  hingewiesen,  dass  es  im  Dantischen 
gedieht  durchaus  nicht  an  analogien  zu  der  langen,  naturgeschicht- 
lichen erörterung  im  zweiten  buch  des  'House  of  Fame'  (v.  221 — 344) 
fehlt.     Der  gegenständ  dieses  Vortrages  und  die  art  und   weise ,    wie 


An  die  erste  dieser  drei  stellen  klingen  im  H.  o.  F.  II  die  verse  434 — 435  (sieh 
oben)  an.  —  Ausserdem  glaube  ich,  dass  Chaucer  den  griechischen  namen  der 
milchstrasse  'galoxie'  (v.  428,  bei  Urry:  Galaxie  =  ne.  galaxy)  sehr  wol  von 
Dante,  der  dieselbe  Par.  XIV,  99  'galassia'  nennt,  gelernt  haben  kann ;  wenigstens 
ist  es  nicht  absolut  nothwendig,  mit  ten  Brink  (s.  98)  anzunehmen,  dass  er  den 
griechischen  namen  dem  commentar  des  Macrobius  I,  4  (galaxias)  entnommen 
hat.  Das  wort  kommt  übrigens,  wie  ten  Brink  erwähnt,  auch  bei  Martianus  Ca- 
pella,  dessen  werk  Chaucer  ebenfalls  gekannt  zu  haben  scheint  (cf.  ten  Brink 
s.  99),  vor. 


Chaucer's  'House  of  Fame'  in  seinem  verhältniss  zu  Dante's  'Divina  Commedia'     247 

derselbe  darin  behandelt  wird ,  sind  keineswegs ,  wie  Sandras  und 
Kissner  zu  glauben  scheinen,  ganz  gegen  den  geschmack  des  grossen 
italienischen  dichters').  Die  ungeheuere  Weitschweifigkeit,  die  wir 
darin  bemerken,  beruht  allerdings  zum  theil  auf  Chaucer's  vorliebe 
für  kleinmalerei,  und  wir  haben  schon  mehrmals  beobachten  können, 
wie  er  sich  darin  gefällt ,  jedes  ding  mit  allen  seinen  einzelheiten  in 
behaglicher  breite  zu  beschreiben ;  indess  sind  auch  in  der  göttUchen 
comoedie  einige  stellen  ähnlichen  inhalts  von  nicht  unbeträchtlicher 
länge ,  vgl.  die  anm.  Ferner  darf  man  nicht  die  rede  des  adlers 
eine  unnütze  episode  nennen ;  denn  sie  ist  mit  der  haupterzählung 
ebenso  gut  als  jene  zahlreichen  wissenschaftlichen  oder  dogmatischen 
erörterungen  der  'Divina  Commedia  verbunden,  insofern  sie  ebenfalls 
dazu  dient,  den  dichter  über  ihm  unverständhche  dinge  aufzuklären, 
und  ihm  darin  auseinandergesetzt  wird ,  warum  jeder  laut  empor- 
steigen, und  warum  der  palast  des  ruhmes  (House  of  Fame)  in 
der  luft  zwischen  himmel,  erde  und  see  (II,  207)  liegen  muss,  vgl. 
ten  Brink  s.  92.  —  Beide  dichter  äussern  betreffs  des  gravitations- 
gesetzes  sehr  ähnliche  ansichten ,  wobei  einige  der  von  ihnen  ge- 
brauchten ausdrücke  ziemlich  identisch  sind.    Vgl.  Par.  I,  109 — 117^^): 

Neil*  ordine  ch'  io  dico  sono  accline 

Tutte  natura,  per  diverse  sorti, 

Piü  a  1  p  r  i  n  c  i'p  i  o  loro  e  men  vicine ; 

Onde  si  movono  a  diversi  porti 

Per  lo  gran  mar  dell'   essere,  e  ciascuna 

Con  istinto  a  lei  datOj  che  la  porti. 

Questi  ne  porta  il  foco  inver  la  luna, 

Qesti  nei  cor  mortali  ^  permotore, 

Questi  la  terra  in  s^  stringe  ed  aduna. 

H.  o.  F,  II,  221  —  228,  234 — 238,   245  —  247: 
'Geffrey,    thou  wost  ryght  wel  this, 
That  every  kyndelyS)  thynge  that  is, 

1)  Man  vergleiche  jene  oft  spitzfindigen,  scholastischen  vortrage,  die  von 
Virgil,  Beatrice  und  andern  geistern  über  physicalisclie,  dogmatische,  theologische 
und  philosophische  fragen  dem  Dante  gehalten  werden:  z.  b.  Virgil's  discurse"  über 
die  eintheilung  der  untern  hölle  gemäss  den  drei  arten  von  lästern  in  der  Aristo- 
telischen ethik  (Inf.  XI),  über  die  eigenschaften  der  geister  (Purg.  III),  über  die 
liebe  (Purg.  XVII,  XVIII),  dann  Marco  Lombardo's  Vortrag  über  den  eintluss  der 
constellationen  und  den  freien  willen  (Purg.  XVI)  und  Statius'  abhandlung  über 
die  entstehung  der  seele  (Purg.  XXV).  Im  'Paradiso'  werden  an  mehreren  stellen 
die  verwickeltsten  fragen  von  Heatrice  mit  grosser  subtilität  und  manchmal 
auch  Weitschweifigkeit  erörtert:  Par.  I,  IV,  VII,  VIII,  XIX,  XX,  XXVIII;  in 
Par.  XXIX,  10-  145  lässt  sie  sich  weitläufig  über  die  erschaffung  der  engel  und 
ihre  zahl,  und  in  Par.  II,  61  —  148  über  die  Ursache  der  mondflecken  und  die 
verschiedenen  lichter  der  gestirne  aus.  —  2)  Es  ist  ein  theil  eines  jener  langen 
wissenschaftlichen  vortrage  der  Beatrice,  sieh  die  vorhergehende  anm  — 
3)  kyndely  =  natural  (Morris'  Gloss.). 


248 


A.   Uambeau 


Ilatli  a  kyndely  stcde  ther  he 

May  best  in  hyt  conservcd  be; 

Unto  whicjhe  place  every  thynge, 

Thorgh  his  kyndely  enclynynge, 

Moveth   for  to  come  to, 

Whan  that  it  is  awey  therfro. 
.  .  .  Ryght  so  sey  I,  be  fire,  or  soune, 

Or  smoke,   or  other  thynges  lyglite, 

Alwey  they  seke  upward  on  highte, 

While  eche  of  hem  is  at  his  large; 

Lyghte  thinges  upwarde,   and  dounwardc  charge. 

(bei  Urry:  Light  thinges  up  and  hevie  down  charge.) 
.  .  .  Thus  every  thinge  byhisreasoun 

Hath  his  propre  mansyoun, 

To  which  he  seketh  to  repaire, ' 

Mit  bezug  auf  das  feuer  vgl.  H.  o.  F.  II,  234  f.  (und  223 — 224) 
mit  Purg.  XVIII,   28—30: 

Poi  come  il  foco  movesi  in  altura, 
Per  lasua  forma  ch'   h  nata  a  s  a  1  i  r  e 
Ladove  piu  in  sua  maleria  dura;    .  .   .  . 

Diese  Übereinstimmung  der  beiden  gedichte  in  wissenschafdichen 
ansichten  und  sogar  ausdrücken  mag  sich  theihveise  durch  den  um- 
stand erklären  lassen,  dass  Dante  und  Chaucer  ungefähr  in  dem- 
selben Zeitalter  gelebt  haben,  und  beide  die  schüler  der  scholastischen 
Philosophie  gewesen  sind.  Aber  wenn  Chaucer  II,  249  —  252  den 
adler  sagen  lässt: 

'Loo,  this  sentence  ys  knowen  koiithe 

Of  every  philosophres  mouthe, 

As  Aristotile  and  daun  Platoun, 

And   other  clerkys  many  oon  .  .  .  .'  — , 

SO  irren  wir  uns  wol  nicht  in  der  annähme,  dass  in  der  letzten  zeile 
auch  auf  Dante  als  einen  der  'clerks'  angespielt  wird.  Uebrigens  hat 
dieser  dem  Aristoteles,  welchen  Chaucer  als  einen  gewährsmann  für 
die  von  ihm  ausgesprochenen  theorien  bezeichnet,  offenbar  die  philo- 
sophischen ansichten ,  die  er  im  elften  canto  des  'Inferno'  vorträgt, 
entnommen ').   — 


i)  Denn  er  meint  Aristoteles'  ethik  und  physik,    wenn  er  Virgil  sagen  lässt, 
Inf.  XI,   79—81,   loi — 104: 

'Non  ti  rimembra  di  quelle  parole, 
Colle  quai  la  tua  Etica  pertratta 
Le  tre  disposizion  che  il  ciel  non  vuole; 
.  .  .  E  se  tu  ben  la  tua  Fisica  note. 
Tu  troverai  non  dopo  molte  carte, 
Che  r   arte  vostra  quella,  qnanto  puote, 
Segue, ' 


Chaucer's  'House  of  Farne'  in  seinem  verhältniss  zu  Dante's  'Divina  Commedia'     240 

Am    schluss  seiner  ebenso   langen  als    gelehrten    erörterung    (II, 

221 — 344),    die   der   adler   drolliger   weise   einen    einfachen    beweis 

(v.  346) 

'Withouten  any  subtilite 

Of  speche,  or  gret  prolyxite  ,  .  .' 

(II,  347 — 348  nennt,  will  er  nun  auch  wissen,  ob  Chaucer  ihn  wirk- 
lich verstanden  hat  (II,  345 — 363).  Er  wünscht,  dass  der  sinn 
seiner  worte  richtig  und  vollständig  von  seinem  Schützling  erfasst 
wird,  ebenso  wie  Virgil  im  Purg.  XVIII,  2 — 3,  nach  seinem  discurs 
über  die  liebe ;  und  um  das  verständniss  seiner  worte  zu  erleichtern, 
hat  er,  wie  Beatrice  im  Purg.  XXXIII,  dieselben  dem  schwachen 
intellect  seines  zuhörers  angepasst.  Beatrice  sagt  zu  Dante,  nachdem 
sie  ihm  die  von  ihm  kurz  vorher  gesehene  allegorie  vom  wagen, 
greif  und  bäum  zu  erklären  versucht  hat,  Purg.  XXXIII,  73 — 77  : 

Ma  perch'   io  veggio  te  nello  intelletto 
Fatto  di  pietra  ed,   impietrato,   tinto, 
Si  che  t'  abbaglia  il  lume  del  mio  detto, 
Voglio  anco,  e  se  non  scritto,  almen  dipinto, 
Che  il  te  ne  porti  dentro  a  te, 

Vgl.  H.  o.   F.  II,  346,  352—355: 

'.  .  .  Have  I  not  preved  thus  symply,   .  .   . 
Pardee,  hit  oughte  the  wel  lyke ; 
For  harde  langage,  and  hard  matere 
Ys  encombrouse  for  to  herei) 
Attones ;   wost  thou  not  wel  this  ?' 

§  11.  Der  eisfelsen  (röche  of  yse  III,  40),  auf  dessen  spitze 
Chaucer  das  ziel  seiner  luftreise,  den  palast  oder  das  haus  des 
ruhmes,  erblickt  (III,  26),  ist  in  mancher  hinsieht  analog  dem  berg  der 
reinigung,  auf  dessen  gipfel  Dante  und  Virgil  das  irdische  paradies 
(paradiso  terrestre ,  Purg.  XXVIIy'  finden ;  dies  ist  der  ort ,  von  dem 
der  italienische  dichter  mit  Beatrice  aufbricht ,  um  das  letzte  ziel 
seiner  Wanderung,  das  himmlische  paradies  zu  erreichen  (Purg. 
XXXIII,  145).  Der  fels  des  'House  of  Fame'  und  der  berg  der 
göttlichen    comoedie   sind    beide    hoch    und    steil    und    schwer   zu  er- 


Vgl.  Philalethes'  anmerkungen.  —  Aristoteles  und  Plato,  die  auch  der  englische 
dichter  zusammen  nennt  (II,  251),  erwähnt  Dante  als  j)hilosophen,  die  sich  ver- 
geblich bemüht  haben,  das  'warum'  der  dinge  zu  erkennen,   Purg.  III,  43 — 44: 

Io  dico   d'   Aristo  tele  e  di   Plato, 

E   di   molti  altri 

i)  Urry  liest: 

Is  incombrous  for  the  to  here  .... 


250 


A.  Kambcau 


Steigen :     für  Dante    und  Chaucer   ist   es    eine  mühevolle    arbeit ,    die 
höhe  hinaufzuklimmcn')-     Vgl.  H.  o.  F.  III,   25 — 29: 

.  .  .  IIow  1  gan  to  Ihys  place  aproche, 
That  stood  upon  so  hygh  a  röche, 
Hier  slant  there  noon  in  Spayne. 
But  up  I  clombc   \v  i  t  h  alle  p  a  y  n  e  , 
And  though   to  clymbe  grevede  me, 


Purg.  III,  46—51 : 

Noi  divenimmo  intanto  al  pi^  del   monte: 
Quivi  trovammo  la  roccia  si  erta, 
Che  indarno  vi  sarien  le  gambe  pronte. 
Tra  Lerici  e  Turbia,  la  piü  diserta, 
La  piü  romita  via  h  una  scala, 
Vcrsü  di  quella,  agevole  ed  aperta, 

—  nachher  IV,   19  f,  und  dann  v.  40 — 43: 

Lo   sommoer'   alto  che  vincea  la  vista, 
E  la  costa  superba  piü  assai, 
Che  da  mezzo  quadrante  a  centro  lista. 
Ig  era  lasse,  .... 

§  12.  Endlich  ist  Chaucer  auf  dem  gipfel  des  hohen  felsens 
angelangt;  aber  bevor  er  uns  von  dem  palast  und  dem  hofstaat  der 
edlen  königin  (III,  319)  Fama  zu  erzählen  beginnt,  sieht  er  sich  ver- 
anlasst ,  zu  erklären ,  dass  es  seine  und  jedes  menschen  kräfte  über- 
steige, die  wunderbare  Schönheit  dieses  ortes  zu  schildern  (III,  77  — 
92).  In  ähnlicher  weise  gesteht  auch  Dante  die  Unzulänglichkeit 
seiner  dichterischen  kraft  am  anfang  des  Taradiso'  ein,  bevor  er  die 
erhabenen  wunder  des  himmels  zu  besingen  sich  erkühnt.  Vgl.  H, 
o.  F.  lU,  76  —  92: 

.  .  .  And  fonde  upon  the  cop  a  woone, 
That  alle  the  men  that  ben  on  lyve 
Ne  han  the  kunnynge  to  descrive 
The  beaute  of  that  ylke  place, 
Ne  coude  casten  no  compace 
Swich  another  for  to  make, 
That  myght  of  beaute  be  hys  make ; 
Ne  wonderlyche  so  ywrought, 
That  hyt  astonyeth  yit  my  thought, 
And  maketh  alle  my  wytte  to  swynke 
On  thilke  castel  to  bethynke. 
So  that  the  grate  beaute 
The  caste,   the  curiosite 

1)  Cf.  Sandras  s.   123,   Kissner  s.    70. 


Chaucer's  'House  of  Farne'  in  seinem  verhältniss  zu  Dante's  'Divina  Commedia'    251 

Ne  kan  I'not  to  yow  devyse, 

My  wit  ne  may  me  not  suffise. 

But  natheles  alle  the  substance 

I  have  yit  in  my  remembrance;  .... 

Par.  I,  4 — 12  : 

Nel  ciel  che  piu  della  sua  luce  prende 
Fu'  io,   e  vidi  cose  che  r  i  d  i  r  e 
N^  sa,  n^  puo  chi  di  lassü  discende; 
Perch^,  appressando  s^  al  suo  disire, 
Nostro  intelletto  si  profonda  tanto. 
Che  retro  la  memoria  non  puo  ire. 
Veramente  q  u  a  n  t '  io  del  regno  santo 
Nella  mia  mente  potei  far  tesoro, 
Sara  ora  materia  del  mio  canto»), 

Dass  Chaucer  sich  auch  hierbei  von  seinem  italienischen  vorbild 
hat  beeinflussen  lassen,  ist  um  so  wahrscheinlicher,  weil  die  anrufung 
des  Apollo,  mit  welcher  der  dritte  theil  der  göttlichen  comoedie  und 
des  'House  of  Fame'  eingeleitet  wird,  und  die,  Avie  wir  früher  (§  2) 
gesehen  haben ,  in  beiden  gedichten  zum  grossen  theil  identisch  ist, 
sich  ganz  in  der  nähe  der  betreffenden  stellen  befindet:  diese  an- 
rufung steht  nämlich  in  Chaucer's  gedieht,  einige  zeilen  vorher,  am 
anfang  des  dritten  buches ,  während  Dante  dieselbe  unmittelbar 
darauf  folgen  lässt. 

§  13.  Sandras  sagt  in  seinem  buch  über  Chaucer  (s.  125):  'Les 
groupes  de  poetes ,  de  menestrels ,  de  Jongleurs,  ainsi  que  les  cate- 
gories  de  suppliants  qui  viennent  demander  oubli ,  cdlebrite ,  gloire 
solide,  vaine  r<fputation,  sont  imites  de  la  hierarchie  qui  rdgne  dans 
le  pays  des  ämes,  tel  qu'  il  s'est  revele  k  Dante'.  Man  muss  wol 
mit  ten  Brink^)  die  allgemeine  richtigkeit  dieser  behauptung  zugeben. 
Denn  jene  verschiedenen  gruppen ,  aus  denen  der  königliche  hof- 
staat  der  Fama  im  dritten  buch  des  englischen  gedichtes  besteht, 
werden    unsern    blicken    in    einer    ähnlichen    Ordnung    und    mit  einer 


i)  Zu  wiederholten  malen  bekennt  Dante,  dass  es  ihm  unmöglich  ist,  die 
Schönheit  der  Beatrice  zu  beschreiben,  und  es  ist  merkwürdig,  wie  an  den  ver- 
schiedenen stellen  eine  gewisse  Steigerung  des  ausdruckes  im  bekenntniss  seiner 
Unfähigkeit  wahrzunehmen  ist:  Purg.  XXXI,  139  — 145,  Par.  XVIII,  8 — 12, 
Par.  XXIII,  55 — 60,  Par.  XXX,  19  f.,  31  f.  Einige  der  dabei  gebrauchten  wörter 
und  rcdeweisen  erinnern  an  ähnliche  in  Chaucer's  vcrsen  III,  76 — 92,  besonders 
in  den  ersten,  wo  von  der  Schönheit  des  ortes  gesprochen  wird  (v.  79,  82) ;  indess 
kann  diese  Ubereinstinnnung  möglicher  weise  eine  rein  zufällige  sein.  —  »)  Wie 
schon  dieser  gelehrte  bemerkt  hat,  verkannte  Kissner  (_s.  71")  die  bedeutung  des 
Wortes  'hierarchie'  ;  Sandras  versteht  darunter  offenbar  nicht  bloss  die  neun  rang- 
ordnungen  von  engein  im  28.  canto  des  'Paradiso',  sondern  alle  seelencategorien 
des  Dantischen  himmels. 


252 


A.   Rambeau 


ähnlichen  mannigfaltigkeit  vorgefiihrt ,  wie  die  verschiedenen  rang- 
klassen  von  seligen  geistern ,  die  die  hierarchie  des  himmels  im 
Taradiso'  bilden.  Vor  allem  kann  man  die  schaaren  der  sänger, 
erzähler  (gestiours)  und  spiellcute  (III,  103 — 164),  die  in  nischen 
oder,  wie  Chaucer  sagt ,  'habitadcs  rings  um  den  palast  der  Fama 
aufgestellt  sind  und  von  rühm  (fame)  'singen  und  sagen' '  j ,  mit  den 
sieben  categorien  von  seelen  vergleichen,  die  in  den  sieben  planeten- 
regionen  vertheilt  sind  und  ihr  seliges  leben  damit  zubringen ,  dass 
sie  lobgesänge  zu  ehren  gottes  und  der  himmelskönigin  Maria  er- 
schallen lassen  (Par.  II — XXI).  Zugleich  ist  die  anordnung  der 
seligen  geister  des  neuen  und  alten  bundes,  die  auf  den  blättern 
der  himmlischen  rose  im  Empyraeum  (Par.  XXXII)  sitzen  und  ver- 
schiedene reihen  und  gruppen  bilden,  analog  der  aufstellung  der 
Sänger  und  musiker  auf  den  für  die  einzelnen  schaaren  abgesonderten 
platzen  um  den  palast  der  Fama.  Auch  die  übrigen  bewohner  der 
letzten  drei  regionen  des  Dantischen  himmels  sind  nicht  von  der 
vergleichung  auszunehmen:  die  neun  rangordnungen  der  engel  in  der 
neunten  sphäre  erscheinen  wie  neun  chöre  von  himmlischen  spiel- 
leuten,    die  beständig  gottes  lob  singen.    Vgl.  Par.  XXVIII,  94 — 96  : 

lo  sentiva  osannar  di  coro  in  coro 

AI  punto  fisso  che  li  tiene  all'    ubi, 

E  terra  sempre,   nel   quäl  sempre  foro ;   .  .   . 

und  V.   118 — 120,  wo  Dante  von  drei  dieser  gruppen  sagt: 

Perpetualmente  Osanna  sverna 

Con  tre  melode,  che  suonano  in  tree 

Ordini  di  letizia,  onde  s'  interna. 

Die  zwölf  Schriftsteller  und  dichter,  die  von  Chaucer  namentlich 
angeführt  werden  und  auf  pfeilern  neben  dem  throne  der  königin 
Fama  stehen  (III,  329—429)  nennt  Sandras  (s.  123)  sehr  passend 
die  Würdenträger  (dignitaires)  ihres  hofes.  Sie  repräsentiren  die 
rühm  verkündende  geschichte  und  dichtkunst,  und  ihnen  entsprechen 
somit    als    verkündiger    der    religiösen    Wahrheit    jene    24    lehrer    der 


i)  Vgl.  H.  o.  F.  III,   103—110: 

And  eke  in  ech  of  the  pynacles 
Weren   sondry  habitacles. 
In  whiche  stode,  alle  withoute, 
Ful  the  castel  alle  aboute, 
Of  al  nianer  of  mynstralles, 
And  gestiours,  that  teilen  tales 
Bothe  of  wepinge  and  of  game, 
Of  alle  that  longeth  unto  Fame. 


Chaucer's  'House  of  Farne'  in  seinem  verhältniss  zu  Dante's  'Divina  Commedia' 


253 


christlichen  kirche  (Dottori  della  Chiesa)  in  der  vierten  sphäre  des 
himmels,  die  sich  in  zwei  concentrischen  flammenkreisen  —  zwölf 
im  innern,  zwölf  im  äussern  —  um  Dante  drelien  (Par.  X — XIII).  — 
Die  pfeiler,  auf  denen  die  schriftsteiler  und  dichter  des  hofes  der 
königin  Fama  stehen,  sind  aus  verschiedenen  metallen  und  Stoffen 
verfertigt  oder  sonst  wie  in  ihrem  aussehen  unterschieden');  es  wird 
dadurch  der  verschiedene  character  ihrer  Schriften  ausgedrückt,  ge- 
rade so  wie  die  planeten  Mond,  Mercur,  Venus,  Sonne,  Mars,  Jupiter 
und  Saturn,  deren  regionen  von  den  sieben  rangordnungen  der  seligen 
geister  in  Dante's  'Paradiso'  bewohnt  werden ,  die  mannigfachen 
grade  der  Seligkeit  oder  des  gnadenstandes  derselben  anzeigen ,  vgl. 
Par.  III,  82,  90.  —  Mehrere  oder  vielmehr  die  hervorragendsten 
der  dichter,  die  in  Chaucer's  'House  of  Fame'  als  Würdenträger  des 
hofes  der  königin  Fama  auftreten ,  sind  von  Dante  als  die  berühm- 
testen Vertreter  der  antiken  poesie  in  die  vorhöUe  (Limbo,  Inf.  IV) 
versetzt^):  alle,  ausgenommen  Statius.  Vgl.  Inf  IV,  86 — 90,  Virgil 
spricht  zu  Dante : 

Mira  colui  con  quella  spada  in  mano, 

Che  vien  dinanzi  a*  tre  si  come  sire, 

Quegli  \  Omero  poeta  sovrano, 

L'  altro  e  Orazio  satiro,    che  viene, 

Ovidio  h  il  terzo,  e  1'  ultimo  Lucano. 

Chaucer  zählt  diese  dichter  in  derselben  reihenfolge  auf,  nur  dass 
er  Virgil  an  stelle  des  Horaz  setzt.     H.  o.  F.  III,  375—376: 
Ful  wonder  hye  on  a  pilere 
Of  yren,   he,   the  gret  Omere;    .   .. 

V-   391—393.   396—397.  407—409: 

Tho  saugh  I  stonde  on  a  pilere, 
That  was  of  tynned  yren  clere, 
That  Latyn  poete  Virgile;   .  ,  . 

i)  Vgl.  III,   340—343: 

.  .  .  Upon  a  piler  stonde  on  highe, 

That  was  of  1  e  d  e  and  yren  fyne, 

Ilym  of  secte  Satumyne, 

The  Ebrayke  Josephus  the  olde,    .   .   . 
Chaucer   nennt   das  eisen    '■Martes  mctaV    (356),    das   blei   'the  metal  of  Sattime' 
(359)-  —  Statius  steht 

'Upon  an  yren  piler  stronge, 

That  peynted  was,  al  endclonge, 

With  tigres  blöde  in  every  place,  .  .  .'  (367 — 369); 
Homer  '0«  a  pilere  of  yren  (375 — 376);  Virgil  'on  a  pilere,  that  uuis  of  tynned 
yren  clete'  (391 — 392);  Ovid  auf  einem  pfeiler  von  kupfer  (397);  Lucan  auf  einem 
pfeiler  ^Of  yren  wroght  ful  stiirnily  (408);  Claudian  auf  einem  pfeiler  von 
Schwefel  'lyke  as  he  rcere  'ivoode  (418).  —  =)  Cf.  Sandras  s.  124,  tcn  IJrink  s.  94. 
—  Kissner  (s.  71)  erkennt  darin  keine  analogie. 


2CA  A.  Rambcau 

And  next  hym  on  a  piler  was 

Of  coper,  Venus  clerke,  Ovide,  .   .  ,  . 

Thoo  saugh   I   on  a  pilcr  by, 

Of  yren  wroght  ful  sturnily, 

The  grete  poete,  daun  Lucan,   .... 

Auch  Virgil ')  gehört   von  rechtswegen    zu  der  erlauchten  gesell- 

schaft  der   berühmten  dichter  des  alterthums  im  'Limbo'  der  'Divina 

Commedia' ;    denn    er    wird    hier  auf  folgende  weise  willkommen  ge- 

heissen,  Inf.  IV,  80 — 81: 

Onorate  1'  altissimo  poeta ; 

L'  ombra  sua  torna,  ch'  era  dipartita. 

Statius,  den  Chaucer  zuerst  in  der  reihe  der  dichter  erwähnt, 
wird  von  Dante  im  fünften  kreis  des  fegefeuers  getroffen  ;  und  zwar 
erscheint  er  deshalb  nicht  in  der  vorhöUe  zusammen  mit  den  andern 
dichtem  des  alterthums,  weil  er,  wie  Dante  annimmt,  gegen  das 
ende  seines  lebens  heimlich  zum  christlichen  glauben  bekehrt  worden 
ist,  vgl.  Sandras  s.  124  und  Philalethes'  anm.  Purg.  XXII,  83.  Im 
Purg.  XXI,   88 — 92   sagt  Statius,  indem  er  von  sich  selbst  redet; 

Tanto  fu  dolce  mio  vocale  spirto, 

Che,  Tolosano,   a  sä  mi  trasse  Roma, 

Dove  mertai  le  tempie  ornar  di  mirto. 

Stazio  la  gente  ancor  di  la  mi  noma: 

Cantai  di  Tebe,  e  poi  dal  grande  Achille,  .  .  . 

Vgl.  H.  o.  F.  III,  370—373: 

The  Tholauson  that  highte  Stace, 
That  bare  of  Thebes  up  the  fame 
Upon  his  shuldres,  and  the  name 
Also  of  cruelle  Achilles. 

Somit  macht  der  englische  dichter  denselben  fehler  wie  Dante  =), 
indem  er  Tolosa  (Toulouse)  für  den  geburtsort  des  Statius  hält, 
während  dieser  wahrscheinlich  in  Neapel  geboren  wurde,  cf.  Phila- 
lethes' anm.  Purg.  XXI,  89.   — 

Wenn  man  zugibt,  dass  der  hofstaat  der  königin  Fama  der 
hierarchie  des  Dantischen  paradieses  entspricht,  so  wird  man  auch 
nicht  eine  gewisse  analogie  zwischen  der  Jungfrau  Maria,  der  königin 
des  himmels,  und  der  göttin  des  ruhmes  (Goddesse  of  renoim  III,  316) 
oder  königin  (v.  319)  Fama,  welche  die  erhabene  Stadt  des  ruhmes 
beherrscht ,    leugnen    können ;     allerdings    haben    dennoch   ten   Brink 


i)  Ueber  die  bedeutung  des  Virgil  für  beide  gedichte  sieh  §  5.  —  2)  Auch 
Hertzberg  (Nachlese  zu  Chaucer,  Jahrb.  VIII,  163)  glaubt,  dass  Chaucer  diese 
irrige  ansieht  seinem  italienischen  vorbilde  zu  verdanken  hat. 


Chaucer's  'House  of  Fame'  in  seinem  verhältniss  zu  Dante's  'Divina  Commedia' 


255 


(s.  96)  und  Sandras  (s.  123)  recht,  wenn  sie  darauf  hinweisen,  dass 
die  persönliche  erscheinung  der  göttin  (H.  o.  F.  III,  279  f.)  sehr 
an  die  Virgilische  beschreibung  der  Fama  in  der  Aeneide  IV,  176  f., 
181  f.  erinnert.  —  H.  o.  F.  III,   266 — 277: 

But  in  this  lusty  and  ryche  place, 
That  Farnes  halle  called  was, 
Ful  moche  prees  of  folke  ther  nas, 
Ne  crowdyng,  for  to  mochil  prees. 
But  al  on  hye,  above  a  dees, 
Sit  in  a  see  imperialle, 
That  made  was  of  a  rubee  alle, 
\Vhich  that  a  carbuncle  ys  ycalled, 
Y  saugh  perpetually  ystalled, 
A   femynyne  creature ; 
That  never  formed  by   nature 
Nas  suche  another  thing  yseye, 

Man  vergleiche  diese  und  die  vorhergehenden  und  folgenden 
verse  mit  Dante's  Schilderung  der  himmlischen  rose  (Rosa  Celeste)  im 
Empyraeum.     Par.  XXX,   124 — 127,  61 — 66: 

Nel  giallo  della  rosa  sempiterna, 

Che  si  dilata,  digrada  e  redole 

Oder  di  lode  al  sol  che  sempre  verna,   .... 

E  vidi  lume  in  forma  di  riviera 

Fulgido  di  fulgore,  intra  due  rive 

Dipinte  di  mirabil  primavera. 

Di  tal  fiumana  uscian  faville  vive 

E  d'   ogni  parte  si  mettean  nei  fiori. 

Quasi  rubin  che  oro  circonscrive. 

In  der  rose  befindet  sich  die  unzählige  menge  der  seligen  geister, 
V.   112  — 114: 

Si  soprastando  al  lume  intorno  intorno 
Vidi  specchiarsi  in  piü  di  mille  soglie, 
Quanto  da  noi  lassu  fatto  ha  ritorno. 

Dieses  reich  wird  von  der  Jungfrau  Maria  regiert,  die  auf  dem 
höchsten  kreis  am  rande  der  himmlischen  rose  ihren  sitz  hat ,  Par. 
XKXI,   115— 117: 

Ma  guarda  i  cerclii  fino  al  piu  remoto, 
Tanto  che  veggi  seder   la  Regina, 
Cui  questo  regno  ^  suddito  e  devoto. 

Der  himmelskönigin  dienen  mehr  als  tausend  engcl,  Par.  XXXI, 

130—132: 

Ed  a  qucl  mezzo,   con  le  penne  sparte. 

Vidi  piü  di  mille   Angeli  feslanti, 

Ciascun  distintu  e  di  fulgore  e  d'  arte. 


256 


A.    Kamheau 


Vgl.  ferner  H.  o.  F.  III,  303 — 316.  Die  musen  stehen  um  den 
thron  der  göttin  Fama  und  preisen  in  laut  schallenden,  harmonischen 
gesängen  ihren  namen : 

But,  Lorde !   thc  pcrry  and  the  richcsse 

I  saiigh   sittyng  on  this  godessc ! 

And  Lord !   the  hevenysshe  melodye, 

Of  songes  ful  of  armonye, 

I  herd  aboutc  her  trone  ysonge 

That  al  the  paleys  walles   ronge ! 

(So  senge  the  myghty   Muse,  she 

That  cleped  ys  Caliope, 

And  hir  eighte  sustren  1)  eke 

That  in  her  face  semen  meke) 

And  evermo  eternally, 

They  synge  of  Farne  as  thoo  herd  Y, 

'Herycd  be  thou  and   thy  name, 

Goddesse  of  renoun  or  Fame.' 

Vorher  (220 — 22 1)  rufen  ihre  herolde: 

'.  .  .  God  save  the  lady  of  thys  pel, 
Our  oune  gentil   lady  Fame,   .  .  .' 

Auch  zum   rühme    der   himmelskönigin    Maria    ertönen    liebliche 

melodien.  In    der    achten    Sphäre    des  paradieses   dreht  sich  Gabriel 

in   gestalt  einer  fackel  um  Maria  Stella  maris,  und  singt  das  lob  der 

herrin  des  himmels'^),  Par.  XXIII,  97  — 100: 

Qualunque  melodia  piü  dolce  suona 
Quaggiü,   e  piü  a  s^  l'anima  tira, 
Parrebbe  nube  che  squarciata  tuona, 
Comparata  al  sonar  di  quella  lira,  .... 

Der  lobgesang  des  engeis  Gabriel  wird,  als  dieser  zu  singen 
aufhört,  von  den  andern  lichtgestalteten  geistern  fortgesetzt,  Par. 
XXIII,   110 — III,   127  —  129: 

e  tutti  gli  altri  lumi 

Facean  sonar  lo  nome  di  Maria. 
.  .  .  Indi  rimaser  li  nel  mio  cospetto, 

Regina  coeli  cantando  si  dolce 
Che  mai  da  me  non  si  parti  il  diletto. 

Vgl.  auch  Par.  XXVI,  67—69: 

un  dolcissimo  canto 

Risono  per  lo  cielo,  e  la  mia  Donna 
Dicea  con  gli  altri:    Santo,   Santo,  Santo. 


1)    Dante    nennt    die    musen    in     ähnlicher    weise    Polinnia    con    le    suore, 
Par.  XXIII,   56.  —  2)  Donna  del  cid,  Par.  XXIII,   106. 


Chaucer's  'House  of  Fame'  in  seinem  verhältniss  zu  Dante's  'Divina  Commedia'     2  t;  7 

—  und  Par.  XXVII,    1—3  : 

AI  Padre,   al  Figlio,  allo  Spirito  Santo 
Coniinciü :   Gloria,   tutto  il  Paradiso, 
Si  che  m'   inebbriava  il  dolce  cantoi}. 

Was  das  aussehen  der  königin  Fama  selbst  betrift't  (III,  278 — 
302),  so  findet  man  selbstverständlich  in  Dante's  gedieht  nichts  genau 
entsprechendes,  da  in  demselben  die  person  der  Fama  nicht  auftritt; 
aber  wenn  auch  Chaucer  den  grössten  theil  dieser  Schilderung  Virgil 
entlehnt  hat  (siehe  oben),  so  ist  es  doch  möglich,  dass  er  dabei 
zu  gleicher  zeit  durch  einige  verse  der  göttlichen  comoedie  beein- 
flusst  worden  ist ,  oder  wir  müssen  annehmen ,  dass  beide  dichter, 
Chaucer  sowol  als  Dante ,  einige  züge ,  die  sie  in  bezug  auf  diese 
oder  eine  ähnliche  beschreibung  gemeinschaftlich  haben ,  von  der- 
selben quelle  —  von  Virgil  2)  erhalten    haben.     Die   gestalt    und    die 


i)  In  den  versen  218 — 316  iJII)  mag  Chaucer  auch  einige  züge  verwende: 
haben,  die  er  in  jener  stelle  der  göttlichen  comoedie  fand,  wo  Dante  den  Iriumph 
der  kirche  (Trionfo  della  Cliiesaj  im  irdischen  paradiese  (Faradiso  Tcrrestre)  und 
das  erscheinen  der  Beatrice  schildert,  Purg.  XXIX,  XXX:  so  entsprechen  die 
herolde,  welche  der  königin  Fama  ihren  gruss  zurufen  und  aus  der  halle  des  pa- 
lastes  kommen,  als  Chaucer  eben  eintritt  (^III,  218  f.),  den  24  greisen  des  triumph- 
zuges,  die  singend  die  baldige  ankunft  der  Beatrice  ankündigen,  Purg.  XXIX,  S5 — 87  : 

Benedetta  tue 

Nelle  figlie  d'   Adamo,  e  benedette 

Sieno  in  eterno  le  bellezze  tue. 
2)  Um  diese  frage  in  ein  helleres  licht  zu  stellen,    citire  ich  die  bezüglichen 
parallelverse  aus  dem  'House  of  Farne'  und  der  Aeneide.     H.  o.  F.  III,  278 — 286: 

For  altherfirst,  soth  for  to  seye, 

Me  thoughte  that  she  was  so  lyte, 

That  the  lengthe  of  a  cubite, 

Was  lengere  than  she  semede  be ; 

This  was  gret  marvaylle  to  me, 

Hir  seif  so  wonderly  streighte, 

That  with  hir  fete  the  erthe  she  reighte. 

And  with  her  hed  she  touched  hevene, 

Ther  as  sliynen  sterres  sevene. 
Aen.  IV,    176 — 177 : 

Parva  metu  primo,  mox  sese  adtollii  in  auras, 

Ingrediturque  solo,   et  caput  inier  nubila  condit.  — 
H.   o.  F.  287 — 292: 

And  therto  eke,  as  to  my  witte, 

I  saugh  a  gretter  wonder  yitte, 

Upoii  her  eyen  to  beholde, 

But  certeyn  V  hem  never  tolde. 

For  as  feele  yen  hadde  she, 

As  fetheres  upon  foules  be,   .  .  .  . 
Aen.  IV,   iSi— 182: 

MonstvunT  horreurfum,   ingens,  cui,  quot  sunt  corpore  plumae. 

Tot  vigilcs  oculi  subter,   mirabile   dictu — 

H.  o.  F.  298  —  300: 

And  soihc  to  teilen  also  shee 

Had  also  feie  up  stondyng  eres 

And  tonges,  as  on  bestes  heres ;   .    .  . 
Kölbing,  Englische  Studien.    Hl.     2.  I7 


258 


A.  Rambeau 


äussere  erscheinung  der  Fam.i,  wie  sie  vom  englischen  dichter  be- 
schrieben wird,  erinnert  nicht  wenig  an  Dante's  groteske  Schilderung 
des  Lucifcr  im  Inf.  XXXIV,  28  f. :  Lucifer  ist,  wie  die  göttin  Famj 
(III,  283 — 286),  von  ungeheuerer  grosse,  v.  30—33;  sein  haupt  hat 
drei  gesiebter  (v.  38—45)  und  sechs  äugen  (v.  53),  vgl.  v.  37—38: 

O  quanto  parve  a  me  gran  maraviglia, 
Quando  vidi  tre  faccc  alla  sua  testa ! 

cf.  H.  o.  F.  III,  287  —  291;    ein  flügelpaar  ragt  unter  jedem  antlitz 

hervor,  v.  46 — 47  : 

Sotto  ciascuna  uscivan  due  grandi  all, 
Quanto  si   convenia  a  tanto  u  c  c  e  1 1  o  ;    .   .  .  . 

cf.   H.   O.    F.  III,   301 — 302.   — 

Ausserdem  lässt  sich  noch  die  erscheinung  des  geheimnissvollen 
greifes,  der  Christus  als  den  gottmenschen  bedeuten  soll,  im  Purg. 
XXIX  —  XXXI  zur  vergleichung  heranziehen.  Das  aussehen  dieses 
wunderbaren  greifes  wechselt  beständig,  Purg.  XXXI,   122  —  126: 

La  doppia  fiera  dentro  vi  raggiava, 
Or  con  uni,   or  cor»  altri  reggimenti, 
Pensa,  lettor,  s'  io  mi  maravigliava, 
Quando  vedea  la  cosa  in  s^  star  queta, 
E  neir   idolo  suo  si  trasmutava. 

So  ändert  sich  fortwährend  die  grosse  der  Fama,  vgl.  III,  279 — 
286  in  der  anm.  —  Vgl.  ferner  Purg.  XXIX,   109,    112  — 114: 

Esso  tendea  in  su  l'una  e  1'  altr'   ale  .  .  . 
Tanto  salivan,  che  non  eran  viste; 
Le  membra  d'  oro  avea,  quanto  era  uccello, 
E  bianche  1'  altre  di  vermiglio  miste. 

V.  112  entspricht  dem  v.  285  im  dritten  buch  des  'House  of 
Farne'  (siehe  anm.),  die  beiden  letzten  verse  (113  — 114)  erinnern  ein 


Aen.  IV,    183: 

Tot  linguae,  toticfem  ora  sonant,  tot  subrigit  auris,  — 

H.  o.  F.  III,  301—302: 

And  on  hir  fete  wexen  saugh  V 

Partriches  -winges  redily, 
Aen.  IV,   180: 

....  pedibus  celerem  et  pemicibus  alis.  — 
Chaucer  missverstand   den   sinn    dieses   verses,    indem  er  pemicibus  mit  perdicibus 
verwechselte.  —  Die  verse  174— 175»  Aen.  IV; 

Fama,  malum  qua  non  aliud  velocius  uUum 

Mobilitate  viget, 

sind   vom   englischen    dichter   in  Dido's  leidenschaftlicher   declamation    gegen   die 
böse  Fama  (unkke  Farne)  I,  349  f.  benutzt  worden,  cf.  ten  Brink  s.  95. 


Chaucer's  'House  of  Farne'  in  seinem  verhältniss  zu  Dante's  'Divina  Commedia' 


259 


wenig  an  die  v.  296 — 297   (HI),    die   nichts    analoges  in  Virgil's  be- 
schreibung  der  Fama  haben,: 

Hir  beere  that  oundye  was  and  crips, 
As  burned  gold  hyt  shoon  to  see. 

Diese  annähme  gewinnt  dadurch  an  wahrscheinhchkeit,  dass  die 
vier  mystischen  thiere  der  Apocalypse,  die  Chaucer  an  derselben  stelle 
des  dritten  buches  erwähnt,  von  Dante  in  den  versen ,  die  der  Schil- 
derung des  greifes  ^■orausgehen ,  genau  beschrieben  werden .  Purg. 
XXIX,  92,  94 — 96,   IOC,   103 — 105  : 

Vennero  appresso  lor  q  u  a  1 1  r  o  a  n  i  m  a  1  i ,  .  .   .   . 

Ügnuno  era  pennuto  di  sei  ali, 

Le  penne  piene  d'  occhi;    e  gli  occhi  d'  Argo, 

Se  fosser  vivi,  sarebber  cotali 

Ma  leggi  Ezechiel,  che  li  dipigne  .... 
E  quali  i   troverai  nelle  sue  carte, 
Tali  eran  quivi,  salvo  ch'   alle  penne 
Giovanni  h  meco,  e  da  lui  si  diparte. 

Vgl.  H.  o.  F.  III,  291—295: 

For  as  feele  yen  hadde  she, 
As  fetheres  lipon  foules  be, 
Or  weren  on  the  bestes  foure, 
That  Goddes  trone  gunne   honoure, 
As  Johann   writ  in  thapocalips. 

Zum  hofstaat  der  Fama  gehören  auch  die  schaaren  von  bitl- 
stellern'),  die  vor  dem  thron  der  göttin  erscheinen  (III,  436  f.),  um 
sie  um  rühm  oder  guten  ruf  wegen  ihrer  guten  werke  (v.  468,  523, 
572),  um  Vergessenheit  ihrer  guten  handlungen  {v.  606,  618),  um 
rühm  trotz  ihres  unthätigen,  faulen  lebens  (v.  643,  684),  trotz  ihres 
schlechten  lebens  (v.  723)  imd  sogar  wegen  ihrer  bösen  handlungen 
(v.  740)  zu  bitten.  Diese  neun  categorien  sind  zwar  zusammen  mit 
den  andern  gruppen  des  königlichen  hofstaates  der  Fama,  wie  Sandras 


I        i)  Sie  nähern  sich  mit  grossem  l.Hrm  der  halle  des  riihnies,    III,   431 — 435: 
A  Iherdanoyse  aprochen  blyve, 

'  That  ferd  a s  b e e n  d o o n   in  an  h i  v e , 

Ayen  her  tynie  of  oute  fleyinge ; 

Ryghl  suche  a  maner  m  u  r m  u  ry  n  g  e  , 

For  al  the  world  hyt  semode  mo. 
Dasselbe  gleichniss  —  wenn    auch    in   kürzerer   fassung  —    findet    sich    in  Dante's 
Inf.  XVI,    I — 3,    wo    sich    der    dichter    dem    abgrunde    nähert,    der   den  siebenten 
kreis  (cerchio)  der  hölle  von  dem  achten  trennt, : 

Gia  era  in  loco  ove  s'   udia  il  rimbombo 

Deir  acqua  che  cadea  nell'  allro  giro, 

Simile  a  quel  che  1'  arnie  fanno  rumho;  .  .   . 


260  A.  Rambeau 

schon  bemerkt  hat  (siehe  oben),  eine  nachahniung  der  hierarchie  des 
Dantischen  paradieses ;  aber  wenn  wir  sie  allein  betrachten  und  er- 
wägen, wie  jede  dieser  neun  schaaren  von  bittstellern  einen  ver- 
schiedenen Charakter  repräsentirt  oder  wenigstens  von  den  andern 
abgesondert  auftritt,  und  wie  sie  alle  nach  einander  auf  ihr  gesuch 
ihr  besonderes  urtheil  von  der  richtenden  Fama  empfangen,  so 
müssen  wir  wol  an  den  plan ,  der  nicht  blos  in  Dantes  j^aradies, 
sondern  überhaupt  in  seinem  ganzen  gedieht  herrscht,  erinnert  werden. 
In  der  that  scheinen  mir  die  neun  klassen  von  bittstellern  ganz 
analog  jenen  mannigfaltigen  categorien  der  sündigen,  büssenden  und 
seligen  seelen  in  den  neun  kreisen  des  'Inferno' ,  in  den  sieben 
kreisen  des  'Purgatorio'  und  in  den  sieben  planetenregionen  des 
'Paradiso'  zu  sein ,  von  denen  jede  in  ihrer  eignen  weise,  je  nach 
ihren  verschiedenen  sünden,  fehlem  oder  tugenden,  entweder  in  der 
hölle  leidet,  oder  im  fegefeuer  büsst,  oder  im  paradies  die  himmlische 
Seligkeit  geniesst.  Natürlich  muss  man  bei  diesem  vergleich  von 
einem  punkt  ganz  absehen :  während  gerechtigkeit,  strenge  gerechtig- 
keit  die  entscheidungen  des  Dantischen  gottes  lenkt,  fällt  die  Fama 
in  Chaucer's  gedieht  ihre  urtheilssprüche  mit  launenhafter  willkür,  und 
diese  Ungerechtigkeit  ist  gerade  der  hervorstechendste  charakterzug 
dieser  göttin  (III,  448 — 458). 

§  14.  Nachdem  wir  oben  (§  2,  12,  13)  gesehen  haben,  dass  das 
dritte  buch  des  'House  of  Farne'  in  mehrern  punkten  dem  'Paradiso' 
der  'Divina  Commedia'  analog  ist ,  tragen  wir  kein  bedenken ,  auch 
anzunehmen,  dass  sich  Chaucer  bei  der  beschreibung  des  palastes  des 
gerüchtes  (House  of  Rumoiir),  die  das  ende  des  dritten  buches  einnimmt, 
durch  den  28.  gesang  des  'Paradiso'  hat  beeinflussen  lassen.  Dieser 
palast  ist  von  dem  palast  des  ruhmes  (House  of  Farne) ,  wo  die 
königin  Fama  mit  ihrem  hofstaat  ihren  eigentlichen  sitz  hat,  nicht  zu 
trennen ,  sondern  hängt  in  der  that  eng  mit  demselben  zusammen ; 
denn  die  gerüchte  und  neuigkeiten  (tidings),  die  aus  dem  palaste  des 
gerüchtes  entweichen ,  fliegen  sofort  zu  ihrer  gebieterin ,  der  göttin 
Fama ,  die  ihnen  nach  ihrer  beschafifenheit  ihren  namen  gibt  und 
ihre  dauer  bestimmt  (III,  1020  f.),  cf.  ten  Brink  s.  106 — 107.  In 
Chaucer's  Schilderung  des  palastes  des  gerüchtes  sind  es  drei  dinge, 
die  an  die  neunte  Sphäre  des  Dantischen  himmels,  den  'Cielo  Cristal- 
lino',  im  Par.  XXVIII  erinnern:  der  grosse  umfang  des  palastes,  die 
erstaunliche  Schnelligkeit  seiner  Umdrehungen  und  die  unzählige 
menge  von  leuten,  die  der  englische  dichter  dort  antrifft.  —  Im  Par. 
XXVIII,   16 — 36  sieht  Dante  einen  hell  leuchtenden    punkt,    der  die 


Chaucer's  'House  of  Farne'  in  seinem  verhältniss  zu  'Dante's  Divina  Commedia'     261 

einheit  und  iintheilbarkeit  gottes  bedeutet ,  und  neun  feurige ,  con- 
centrische  kreise,  die  sich  unaufhörlich  um  diesen  punkt  drehen:  der 
erste  und  engste  der  kreise,  der  dem  'primum  mobile'  entspricht  (cf. 
Philalethes'  anm.  zu  Par.  XXVIII),  bewegt  sich  mit  einer  jede  andere 
bewegung  übertreffenden  geschvvindigkeit,  v.  25 — 27  : 

.  .  .   .  intorno  al  punto  un  cerchio  d'igne 
Si  girava  si  ratto,   ch'  avria  vinto 
Quel  moto,   che  piü  tosto  il  mondo  eigne. 

Vgl.  H.  o.  F.  III,  916,  834—836: 

So  faste  hit  whirleth,  lo,  aboute 

And  evermo,   so  swyft  as  thought, 
This  queynte  hous  aboute  wente, 
That  nevermo  stille  hyt  stente 

Grenzenlos  ist  der  umfang  des  äussersten  kreises,  der  den  wun- 
derbaren tempel  lichtgestalteter  engel  einschhesst,  Par. XXVIII,  53  —  54  ; 

In  questo  miro  ed  angelico  templo, 

Che  solo  amore  e  luce  ha  per  confine ;   .  .  .  . 

und  vgl.  V.  31 — 33.  —  Auch  der  palast  des  gerüchtes  ist  von  un- 
geheuerer grosse,  III,  887 — 889: 

And  loo,   thys  hous  of  which  I  write, 

Syker  be  ye,   hit  nas  not  lyte ; 

For  hyt  was  sixty  myle  of  lengthe,   .... 

Zahllos  ist  die  schaar  der  engel,  die  in  gestalt  von  funken  die 
neun  feuerkreise  bilflen,  Par.  XXVIII,  92  —  93: 

Ed  eran  tante,  che  il  numero  loro 

Pill  che  il  doppiar  degli  scacchi  s'  ininiilla. 

Auch  die  zahl  der  leute,  die  Chaucer  innerhalb  und  ausserhalb 
des  palastes  umhergehen  sieht,  ist  grösser,  als  man  je  zusammen  er. 
blickt  hat,  H.  o.  F.  944 — 952.  — 

In  bezug  auf  ausdrücke  und  Wörter  zeigt  allerdings  Chaucer's 
beschreibung  des  palastes  des  gerüchtes  eine  grössere  und  genauere 
Übereinstimmung  mit  einer  stelle  im  Inferno'),  in  der  vorhalle 
(Vestibolo)  der  höhe ,  wo  der  italienische  dichter  den  langen  zug 
der  Seelen  derer, 

'Che  visser  senza  infamia  e  senza  lodo,'   (III,   36) 
und 

•Degli  angeli  che  non  furon  libelli, 

N^  für  fedeli  a  Dio,   ma  per  s^  furo,'   (III,  3S — 39) 

erblickt.     Dies  ist  wieder  einer  jener  fälle ,    wo    sich  zwei  oder  mehr 
i)  Auf  diese  parallelstelle  hat  bereits  ten  Brink  (^s.  94)  hingewiesen. 


202  A.  Rambeau 

reminiscenzen    zugleich    dem    gciste    des    englischen    dichters    bei    der 
darstelliing  desselben  gegenständes  aufgedrängt  haben.     Vgl.  Inf.  III, 

52—57: 

Ed  io,   che  riguardai,  vidi  una  insegna, 

Che  g  i  r  a  n  d  o  correva  t  a  n  t  o  r  a  1 1  a  , 

Che  d'  ogni  posa  mi  pareva  indcgna: 

E  dietro  le  venia  si  lunga  tratta 

Di  gente,   ch'  i'  non  avrei  mai  creduto, 

Che  morte  tanta  n'  avesse   disfatta. 

Vgl.  H.  o.  F.  III,   916,  834 — 836  (oben  citirt)  und  v.  944 — 950: 

But  whiche  a  congregacioun 
Of  folke,  as  I  saugh  rome  aboute, 
Some  within  and  some  withoute, 
Nas  never  seen^  ne  shal  ben  eft, 
That,  certys,  in  the  worlde  nys  left, 
So  many  formed  be  Nature, 
N e  d e d  e  so  many  a  creture,   .... 

Gleich  nach  v.  836  und  v.  950  (von  v.  952  an)  folgt  die  be- 
schreibung  des  grossen  geräusches,  das  aus  dem  palast  des  gerüchtes 
hervortönt,  und  daher  lässt  sich  dieses  wol  auch  mit  dem  getöse 
und  getümmel,  das  Dante  und  Virgil  vernehmen,  als  sie  die  vorhalle 
der  hölle  betreten,  kurz  vor  v.  52  im  dritten  canto  des  Inferno,  ver- 
gleichen, obwol  sich  dabei  keine  wörtlich  übereinstimmenden  ausdrücke 
nachweisen  lassen  (vgl.  §  8).  —  Uebrigens  darf  man  nicht  ausser 
acht  lassen,  dass  das  eigentliche  und  hauptsächliche  vorbild  für  den 
palast  des  gerüchtes  (Hozise  of  Rumotir)  und  auch  theilweise  für  den 
palast  des  ruhmes  (House  of  Farne)  in  dem  Chaucer'schen  gedieht 
das  haus  der  Fama,  wie  es  von  Ovid  in  seinen  Metamorphosen  XII, 
39 — 63  beschrieben  wird,  gewesen  ist:  diese  abhängigkeit  Chaucer's 
vom  lateinischen  dichter  tritt  besonders  klar  in  bezug  auf  das  ge- 
räusch,  die  zahllosen  eingänge,  die  grosse  menge  von  leuten,  die  zu 
dem  orte  kommen,  und  die  herumfliegenden  gerüchte,  her\"orO.  Der 
einfluss  des  grossen  Italieners  auf  die  Schilderung  der  zwei  häuser 
oder  paläste  ist  offenbar  nur  secundär  und  kann  nur  im  Zusammen- 
hang mit  andern  stellen ,  wo  sich  sein  einfluss  auf  das  englische  ge- 
dieht mit  grösserer  deutlichkeit  zeigt,  erkannt  und  verstanden  werden. 

§  15.  Im  letzten  capitel  habe  ich  noch  über  einige  zerstreute 
stellen    des    'House    of  Farne'    zu    sprechen ,    in    denen  Chaucer  den- 


i)  ten  Brink  (s.  96)  vergleicht  H.  o.  F.  II,  204  f.  mit  Metam.  XII,  39  f., 
H.  o.  F.  II,  525  f.  mit  Met.  XII,  48  f.,  H.  o.  F.  III,  855  f.  mit  Met.  XII, 
44  f.  und  H.  o.   F.   III,  944  f.  mit  Met.  XII,   53  f. 


Chaucer's  'House  of  Farne'  in  seinem  verhältniss  zu  Dante's  'Divina  Commedia'     263 

selben  gegenständ,  wie  Dante  in  einigen  versen  der  göttlichen  co- 
moedie ,  behandelt  oder  andeutet ,  und  in  denen  er  wahrschein- 
licher oder  nur  möglicher  weise  ihm  nachgeahmt  hat  oder  sich 
durch  verse  des  italienischen  gedichtes  hat  beeinflussen  lassen.  — 
Nach  der  erzählung  von  dem  elenden  geschick  der  Dido  im  ersten 
buche  führt  der  englische  dichter  in  v.  388 — 426  mehrere  beispiele 
von  männern ,  die  sich  wie  Aeneas  treulos  gegen  ihre  geUebte  ge- 
zeigt haben,  an.  Die  meisten  personen  oder  ereignisse,  um  die  es 
sich  in  diesen  beispielen  handelt,  erwähnt  auch  Dante  an  verschie- 
denen stellen  seiner  göttlichen  comoedie.    Vgl.  H.  o.  F.  I,  388 — 396: 

Loo  Demophon,  duke  of  Athenys, 
How  he  forswore  hym  ful  falsly, 
And  trayied  Phillis  wikkidly, 
That  kynges  doghtie  was  of  T  r a c e , 
And  falsly  gan  hys  tenne  pace ; 


Par.  IX,  97 — 102: 

Ch&  piü  non  arse  la  figlia  di  Belo  (=  Dido), 
....  N^  quella  Rodopeia  (=  Phyllis),   che  delusa 
Fu  da  Demofoonte,  n^  Aleide 
Quando  lole  nel  cor  ebbe  richiusa. 

H.  o.  F.  I,  397—404: 

Eke  lo  how  fals  and  reccheles  » 

Was  to  Breseyda  Achilles, 
And   Paris  to  Enone, 
And  Jason  to  I  s  i  p  h  i  1  e , 
And  eft  J  a  s  o  n  to  M  e  d  e  a , 
Ercules  to  Dyanira; 
For  he  left  her  for  Y  o  1  e , 
That  made  hyni  Cache  hi»  deth,   parde. 

Jason  ist  von  Dante  in  die  erste  bulge  (bolgia)  des  achten  kreises 
(cerchio)  der  hölle  unter  die  Verführer  versetzt  worden,  um  dort  für 
den  an  der  Hypsipyle  und  der  Medea  begangenen  verrath  bestraft 
zu  werden.     Inf.  XVIII,  86,  91 — 93,   95 — 96: 

Quelli  ^Jason 

Ivi  con  segni  e  con  parole  ornate 

Isifile  ingannu,  la  giovinetla. 

Che  prima  tutte  l'altre  avea  ingannate  .... 

Tal  colpa  a  tal  martiro  iui  condanna; 

Ed  anco  di  M  c  d  c  a  si  fa  Vendetta. 

Vgl.  auch  H.  o.  F.  III,  323 — 324: 

Hercules, 

Th.U  with  a  shert  hys  lyfc  Ics! 


264  ^-   Rainbcau 

Auf  diehf  sage  von  Hercules  und  Dei.iniia  sj^ielt  der  italienische 
dichter  im  Inf.  XII,   67—69  an: 

quegli  i  Nesso 

Che  inori    per  la  bella  Deianira, 
E  fc'    di  st  la  Vendetta  egli  stesso. 

Auch  die  geschichte  von  Theseus  und  der  Ariadne,  die  Chaucer 
im  ersten  buch  v.  405 — 426  ziemHch  ausführlich  erzählt,  ist  von 
Dante  im  Inferno  wenigstens   angedeutet.     H.  o.   F.  I,  405 — 414: 

ricnv  fals  eke  was  he,  Theseusi); 

Thal,  as  the  story  telleth  us, 

How  he  betrayed  Adriane; 

The  devel  be  hys   scmles  bane: 

For  had  he  lawghed,   had  he  loured, 

He  moste  have  be  devoured, 

Yf  A  d  r  i  a  n  e   ne  had  ybe. 

And,  for  she  had  of  hym  pite, 

She  made  hym  fro  the  dethe  escape, 

And  he  made  hir  a  ful  fals  jape ;  .  .   .   . 

Vgl.  Inf.  XII.  16  —  20;  Virgil  sagt  zum  wüthenden  Minotaurus 
beim  hinabsteigen  zum  ersten  cirkel  (gironc)  des  siebenten  kreises 
(cerchio)  der  hölle: 

Forse 

Tu  credi  che  qui  sia  il  duca  d'  Atene, 
Che  SU  nel  mondo  la  morte  ti  porse  ? 
Partiti,   bestia,   ch^  questi  non  viene 
Ammaestrato  della  tua  sorella,   .   .   .    . 

Mit  dem  anführen  der  vorhergehenden  parallelstellen  habe  ich 
nicht  sagen  wollen,  dass  Chaucer  die  kenntniss  der  darin  behandelten 
oder  angedeuteten  fabeln  des  alterthums  durch  das  Studium  der  gött- 
lichen comoedie  erhalten  hat.  Selbstverständlich  waren  diese  und 
ähnliche  antike  sagenstoffe  ein  gemeingut  des  mittelalters ,  und  das 
verzeichniss  von  verlassenen  geliebten  und  treulosen  liebhabern  (I, 
388 — 426)  verdankt  der  englische  dichter  offenbar  zum  grössten  theil 
dem  Ovid  als  seiner  letzten  und  ursprünglichen  quelle;  er  selbst 
verweist  auch  kurz  vorher  (I,  379^  auf  Ovid's  Episteln  (oder  He- 
roiden),  die  jedenfalls  auch  dem  italienischen  dichter  bekannt  gewesen 
sind.  Jedoch  können  wir  wol  mit  einem  ziemlich  bedeutenden  grad 
von  gewissheit  annehmen,  dass  alles,  was  Chaucer  in  Ovid  von  den 
durch    den    verrath    ihrer    liebhaber    unglücklich    gewordenen    frauen 


i)  Urry  liest: 

Ho\\-  false  was  eke  1 )  u  k  e  Theseus,  . 


Chaucer's  'House  of  Farne'  in  seinem  verhältniss  zu  Dante's  'Divina  Commedia'     26  ^ 

gelesen  und  für  das  erste  buch  seines  'House  of  Farne'  verwerthet 
haben  mag,  nicht  bloss  durch  seine  eigne  phantasie,  sondern  auch 
durch  andere  reminiscenzen ,  besonders  durch  die  erinnerung  an 
einige  stellen  der  göttlichen  comoedie,  die  er,  wie  wir  zur  genüge 
gesehen,  so  gründlich  studirt  hat,  in  seinen  versen  nicht  unwesentlich 
modificirt  worden  ist.  Wenigstens  glaube  ich,  dass,  wenn  der  dichter 
des  'House  of  Farne',  den  Demophoon  und  den  Theseus  herzöge 
nennt  (duke  of  Athenys  I,  388;  bei  Urry :  Duke  Theseus  \,  40 5 \  dies 
wahrscheinlich  die  Übersetzung  eines  italienischen  ausdruckes  ist, 
vgl.  //  duca  d'Atefie  Inf.  XII,   17.  — 

Vom  hass  der  Juno  gegen  das  thebanische  geschlecht  berichten 
Chaucer  und  Dante  mit  ähnlichen  worten.     H.  o.  F.  I,   198 — 201  : 

Ther  saugh  I  the,   crewel  Juno, 
That  art  daun  Jupiteres  wife, 
That  hast   yhated,  al  thy  lyfe, 
Alle   the  Troyanysshe  bloode,   .  .   . 

Inf.  XXX,   1—3: 

Nel  tempo  che  Giunone  era  crucciata 
Per  Semele  contra  il  sangue  tebano, 
Come  mostro  una  ed  altra   fiata,    .   .  .  . 

Gegen  das  ende  des  zweiten  buches  drückt  der  englische  dichter 
eine  geringe  entfernung  ungefähr  auf  dieselbe  weise  aus,  als  Dante 
an  zwei  stellen  seiner  göttlichen  comoedie.     H.  o.  F.  II,   538 — 540  : 

And  with   this  word  both  he  and  V 

As  nygh  the  place  arryved  were 

Asmenmaycastenwithaspere. 

Inf.  XXXI,  82—84: 

Facemmo  adiinque  piu  lungo  viaggio 

Volti  a  sinistra ;  ed  al  trar  d'   un  balestio 

Trovammo  l'altro  assai  piu  fiero  e  maggio. 

Purg.  III,  67—69: 

Ancora  era  quel  popol  di  lontano, 

Dico,  dopo  li  nostri,  mille  passi, 

Quanto  un  buon  gittator  trarria  con  niano«),  .  .. 

1)  Die  zweite  stelle  ist  besonders  ähnlich  den  üben  erwähnten  versen  des 
'House  of  Farne'.  Aber  da  die  bezeichnung  der  entfernung  mittelst  eines  Ver- 
gleiches mit  einem  speerwurfe  oder  armbrustschus^e  so  sehr  gewöhnlich  ist,  si.' 
kann  Chaucer  diesen  ausdruck,  dun  er  in  II,  53S — 540  gebraucht,  sehr  wol  selbst 
gebildet  oder  von  irgend  einem  andern  schriftsteiler  als  Dante  entlehnt  haben. 
Jedoch  bleibt  immerliin  die  mögHchkcil  bestehen,  dass  er  denselben  seinem  ita- 
lienischen vorbilde  zu  verdanken  hat,  da  es  ja  so  viele  andere  fälle  giebt,  wo  er 
Dante  augenscheinlich  nachgeahmt  und  seine  verse  mehr  oder  weniger  wörtlich 
übertragen  hat. 


266  ^-  l^ambcau 

Der  stand  der  nerromanten,  die  in  Chaucer's  gedieht  auch  zum 
hofstaat  der  göttin  Fama  gehören  und  von  ihm  gleich  nach  den 
Sängern  und  spielleuten  aufgeführt  werden  (III,  169 — 191)  >  spielt 
auch  bei  Dante  eine  rolle :  die  Schwarzkünstler  und  Wahrsager  nehmen 
die  vierte  ])ulge  (bolgla)  des  achten  kreises  (cerchioj  der  hölle 
(Inf.  XX)  ein.  Man  beachte,  wie  beide  dichter  das  geschärt  der 
hexen  und  zauberer  in  ähnlicher  weise  darstellen.  H.  o.  F.  III, 
172 — 180 : 

.  .  .   Olde  wiches,  sorceresses, 
That   use  exorsisaciouns, 
And  eke  thes  fumygaciouns ; 
And  Clerkes  eke,  which  könne  wel 
Alle  this  magikes  naturel, 
That  craftely  doon  her  ententes, 
To  maken,  in  certeyn  ascendentes, 
Ymages,  lo,  thrugh   which  magike, 
To  make  a  man  ben  hool  or  syke. 

Inf.  XX,   116 — 117,   121 — 123: 

Michele  Scotto  fu,  che  veramente 
Delle  magiche  frode  seppe  il  gioco. 
.   .  .  Vedi  le  triste  che  lasciaron  l'ago, 

La  spuola  e  il  fuso,  e  fecersi  i  n  d  i  v  i  n  e ; 
Fecer  malie  con  erbe  e  con  ima^o. 

Simon  Magus,  der  vom  englischen  dichter  unter  den  zauberern 
(Syvion  Magus  III,  184)  erwähnt  wird,  steht  an  der  spitze  der  dritten 
bulge  (bolgia)  desselben  kreises  im  vorhergehenden  gesange  und  hat 
der  klasse  der  sünder ,  die  sich  in  dieser  befinden ,  den  namen  ge- 
geben (Shnoniaci) ;  Inf.  XIX  beginnt  mit  folgendem  ausruf: 

O   Simon   mago,   o  miseri  seguaci,    .... 

Proserpina  wird  von  Chaucer  (III,  421 — 422) 

'Proserpyne, 

That  quene  ys  of  the  derke  pyne,' 

genannt.     Dante  bezeichnet  (Inf.  IX,  43 — 44) 

'le  feroci  Erine' 
als 

'le  meschine 

Della  regina  dell'   eterno  pianto.' 

Den  letztern  ausdruck  bezieht  Blanc  (Voc.  Dant.)  auf  die  Proser- 
pina, während  Philalethes  (cf.  anm.  v.  44)  darunter  Hecate  verstan- 
den wissen  will.  — 


Chaucer's  'House  of  Farne'  in  seinem  verhältniss  zu  Dante's  'Divina  Commedia' 


267 


Inf.  XXXI,   12  — 13  sagt  der  italienische  dichter,  indem  er  Nim- 
rod's  hörn  meint; 

Ma  io  senti'  sonare  im  alto  corno, 

Tanto  ch'  avrebbe  ogni  tuon  fatto  fioco,  .  .  . 

So  vergleicht  Chaucer  den  lauten  klang  der  trompete  des  Aeolus 
mit  dem  schall  des  donners,  III,  590 — 592: 

And  blew  it  est,  and  west,   and  southe. 
And  northe,   as  lowde  as  any  thunder, 
That  eyery  wight  hath  of  hit  wonder,   .... 


Schluss.  In  unserer  Untersuchung  glauben  wir  den  einfluss  von 
Dante's  'Divina  Commedia'  auf  Chaucer's  'House  of  Fame'  nicht  bloss 
indem  allgemeinen  gedankengang  und  der  anläge  dieses  gedieh  tes 
(§1),  sondern  auch  in  vielen  einzelnen  punkten  (§2 — 15)  zur  genüge 
dargelegt  zu  haben.  Unter  diesen  übereinstimmenden  und  ähnlichen 
Zügen  haben  wir  mehrere  stellen  bemerkt,  wo  Chaucer,  wenn  auch 
meistens  ziemlich  frei,  die  verse  seines  grossen  Vorbildes  übersetzt 
hat ,  und  wir  schliessen  daraus ,  dass  er  die  göttliche  comoedie  im 
original  gelesen  und  studirt  haben  muss,  weil  wir  gar  keinen  eng- 
lischen schriftsteiler  kennen,  der  zur  zeit  oder  vor  der  zeit  Chaucer's 
das  Dantische  gedieht  oder  andere  italienische  werke  in  seine  mutter- 
sprache  übertragen  hätte.  Dieser  schluss  erhält  dadurch  mehr  Wahr- 
scheinlichkeit, dass  wir  im  dritten  buch  des  'House  of  Farne'  v.  139 
eine  italianisirte ,  lateinische  wortform  Marcia  (=  Alarsia  statt  Mar- 
syasj ,  die  der  englische  dichter  wie  eine  weibliche  behandelt,  ent- 
deckt haben').  Wir  müssen  natürlich  diesen  fall  zusammen  mit 
jenen  zahlreichen,  von  Kissner  (s.  15  — 17)  angeführten  fällen  er- 
wägen, in  denen  Chaucer  sich  für  die  reime  seines  gedichtes  'Troilus 
and  Creseide'  derselben  Wörter,  als  Boccaccio  für  die  reime  seines 
'Filostrato' ,  bedient,  vorausgesetzt,  dass  diese  Wörter  sowol  in  der 
italienischen  als  englischen  spräche  vorhanden  sind ,  indem  einige 
derselben  gar  nicht  im  Lateinischen  gefunden  werden;  dazu  kommen 
noch  einige,  nur  äusserlich  anglisirtc,  rein  italienische  und  eigentlich 
unenglische  Wörter  und  Wendungen  innerhalb  seiner  verse  (cf.  Kissner 
s.  17)  und  eigennamen,  die  im  reime  eine  italienische  endung  statt 
der  lateinischen  aufweisen   (cf  Kissner  s.    18  — 19). 

Alle  diese  thatsachen  —  zusammengenommen  —  beweisen  fast 
zur  evidenz,  dass  Chaucer  einen  italienischen  t  c  x  t  von  Dante's 


')  Vgl.  eine  anni,  in    §  2. 


2^8  V.  II.  Sliatmann 

Göttlicher  comoedie  sowol  als  von  andern  italienischen  werken  (vgl. 
Kissner,  ten  Brink  u.  a.)  benutzt  hat,  —  dass  er  die  italienische 
spräche  wirkHch  verstanden  und  die  italienische  litteratur 
durch  eignes  Studium  der  originale  gekannt  hat.  Endlich  ist  uns 
glücklicher  weise  ein  factum  aus  dem  leben  des  dichters 
bekannt,  welches  die  Wahrscheinlichkeit  unseres  Schlusses  zur  gewiss- 
heit macht.  Aus  aufgefundenen  Urkunden  wissen  wir,  dass  er  sich 
schon  vor  der  abfassung  des  'House  of  Farne'  (1384)  zweimal  — 
von  1372  bis  1373  und  von  1378  bis  1379  —  im  vaterlande  Dante's 
aufgehalten  hat ').  Es  ist  unglaublich ,  dass  Chaucer  während  dieses 
zweimaligen  aufenthaltes  in  Italien  die  gelegenheit  versäumt  haben 
könnte,  die  italienische  spräche,  deren  bereits  damals  bedeutende 
litteratur  er  mindestens  dem  rufe  nach  schon  vorher  gekannt  haben 
musste,  zu  lernen. 

Marburg,  märz  —  Strassburg,  oct.   1879. 

A.  Rambeau. 


VERBESSERUNGEN    ZU    ALTENGLISCHEN 
SCHRIFTSTELLERN. 


Old  English  Homilies,  first  Series, 

s.  II,  z.  2,  in  dem  satze  wet  we  on  pisse  middelerd  liuien  sod 
scrift  ist  pet,  anstatt  wet,  und  luuen  (luven),  anstatt  liuien, 
zu  lesen. 

s.   15,   z.  26,  pu  tobreke  wed  durge,  lies  peddunge. 

s.   29,  z.   13,  ist  ^itseres,  anstatt  ^itteres,  zu  lesen. 

s.  33,  z.  18,  pah  ^e  gan  of  sunne  (lies  sume)  ower  sunne  to  böte. 

s.  41,  z.   26;  strengre  pen  eani  purg  (lies  ping)  to  polien. 

s.  53,  z.  26,  pet  is  pes  deofles  hindene,  anstatt  hindene  ist  wahr- 
scheinlich hindere  (impedimentum)  zu  lesen. 

s.  97,  z.  33,  widutan  fore  (ferer). 

s.    121,  z.   14,  ist  grette,  anstatt  greite,  zu  lesen. 

s.   157,  z.   5,  hate  (anstatt  hare)  teres,  wie  s.  155,  z.  28. 


1)  Vgl.  ten  Brink,   anm.  30  und  31. 


Verbesserungen  zu  altenglischen  Schriftstellern  260 

La^amon, 

V.   1448.     to  nimen  his  heortes  &  his  hindes: 
&  al  pa  deor  Jjat  ich  finde, 
hindes    erweist    sich    durch     den    reim    als    Schreibfehler    für    hinde 
(acc.    pl.    fem.}.     Aehnliche    fehler  finden    sich    noch    viele ,    die    der 
künftige  herausgeber  nicht  unberücksichtigt  lassen  darf. 

'^-  4537-     P^i^)  ^''it  al  towöde  to  scifren. 
anstatt  towöde  ist  towede  (d.  h.  towende)  zu  lesen. 
V.  5097.     cussede  and  cluppede  : 
cudie  meies. 
cussede    und    cluppede    kann    nur    für    cussed    und    clupped    stehen, 
da  das   praeteritum    custe    und   clupte   heisst:     der  fehler  erklärt  sich 
leicht  dadurch ,    dass    der    Schreiber    den   strich  durch  das  d  für  das 
abkürzungszeichen  für  e  gehalten  hat. 

V.   8091.      pe  kirig  warp  riches  per  in: 
riches   ist    nicht    »riches«,    wie   Madden    meint,    sondern  =    richels, 
recheis  (incense),  Diction.  456  a. 

V.  8621.     AI  swa  heo  pus  leien  stille: 
&  bidiemde  heore  wille. 
cK:   bidiemde  ist  Schreibfehler  für   and- ,    oder    anbidende ,     was  durch 
die  lesung  des  jüngeren   manuscripts  (abidinge)  bestätigt  wird. 

V.    17 130.     For  mi  gjest  is  bfeliwis : 
Madden  druckt  bael  iwis  und  übersetzt  btel  durch  wrathful  (im  Glos- 
sary  steht  bael  ezul),    ohne  begründung;   b^eliwis  (=  bjeluwis)  ist  alt- 
isl.  bolviss,  malum  portendens. 

V.  17402.     and  cumed  mid  stre(n)gde : 
^if  ^e  hine  ma^en  sturien. 
an  statt  cumed  ist  wol  cunned  (cxperiviini)  zu  lesen. 
V.  30607.     heo  wunden  up  seiles  to  coppe. 
coppe  ist  wol  schreib-  oder  lesefehler  für  toppe;  vgl.  v.    1339. 
V.  30664.     mid  navere  nare  lisse: 
pat  Edwine  hit  nuste. 
navere  ist  Schreibfehler  für  ncnevere;    lisse  schreib-  oder  lesefehler  für 
liste,  wie  der  reim  lehrt. 


270 


!•",  II.  Stratniann 


Hali  Meidenhad, 
s.   7,  z.    14,   spa  (lies  spa)  hit  fared. 
s.   II,  z.   21,  Ha  mei  eft  greuen,  lies  grenen. 

z.  26,  worldes  alefnesse  (lies  alesnesse)    Jnirh  hwan  |5e  (lies 
pe)  beon  iburhen. 

z.  28,  f>u  a  liest,  lies:  ahest. 
s.   13,  z.  9,  totpeame,  anstatt  totvveane? 
s.   15,  z.    16,  tospelled,  anstatt  to  swolled. 

■/..   22,  overstihen,  anstatt  overstiken. 
s.  21,  z.  29,  iwis  (lies  i  |)is)  world. 
s.  23,  z.  32,  hwat  kep  to  (lies  kepte)  him. 

z.  35,  as  pe  (lies  pe)  ear  biheten. 
s.   25,  z.   14.  Aut  (lies  ant)  te  unseli  horlinges. 
s.   27,  z.   29,  ist  wol  tpemen,  anstatt  tweinen,  zu  lesen, 
s.  35,  z.   18,  ga  pe,  anstatt  pe. 

s.  37,  z.  21,  &  nule  widhuhe  (lies  pidbuhe)  pat  ping. 
s.  39,  z.  2,  spidre,  anstatt  spidre. 
s.  43,  z.   17,  as  ewel  (lies  ase  pel)  ander  grei  as  under  grene. 


King  Hörn  (ed.  by  R.  Lumby), 

V-  353-     Rymenhild  .  .  . 

Gan  lynne  wij)  hire  mupe 
lynne  ist  verschrieben,  wenn  nicht  verlesen,  für  lyhhe  (hlihhe). 

V.   1013.     Hi  strike  seil  &:  mäste 
anstatt  &  ist  wahrscheinlich  on  zu  lesen. 

V.   1250.     pat  neure  (hi)  ne  scholde 
Hörn  neure  bitraie 
neure  ist  ein  Schreibfehler  für  no(h)wer  (nusquam)  •). 


Floriz  and  Blauncheflur-), 

V.   129.     In  Babilloine  oper  wher  abeo 

abeo  steht  für  (h)a  beo. 


i)  Anders  Mätzner,  Sprachproben  I,   l,  p.   227.     E.  K. 

2)  Vgl.  bd.  III,  I,  p.  99  f.  Der  vorliegende  aufsatz  Stratmanns  ging  bei 
der  red.  anfaug  oct.  ein,  als  das  erste  heft  dieses  bandes  eben  ausgegeben  wurde. 
Unser  beider  bemerkungen  zu  Fl.  and  Bl.  sind  also  ganz  unabhängig  von  ein- 
ander entstanden.  E.   K. 


Verbesserungen  zu  altenglischen  Schriftstellern  271 

V.   190.     &  to  Daris  beon  iknewe 
iknewe  für  iknowe;  ebenso  v.  401. 

V.   218.     bipute   ist  =  wijjute;    das    b    kann    ich    mir    nur 
als    verunstaltetes  oder  verlesenes  p  erklären ;  vgl. 

fia  (l..pa)  wes  his  du^ede  La^.  8281, 
wozu   der  Herausgeber  bemerkt:   »sie  man.  pr.,  but  the  tail  of  the  p 
erased  man.  sec.« 

V    286.     ist,  anstatt  cassidoines,  calsidoines  und 

V.   288.     anstatt  oniche,  onicle  zu  lesen. 

V.   298.     Schulle  sute  arewe  under  {)at  treo 
lies  sitte  a  rewe. 

V.  305.     Ha  bulmej)  up  so  he  were  wod 
bulmej)  ist  wulmej)  =  welmef).     Diction.  629b,  vgl.  v.   218. 

V.  497.     Ac  pe^  Floriz  for^e  rae 
for^e  ist  verschrieben  für  fordete. 

v.  616.     Sone  were  here  sore^^/'cn  cup 
natürlich  sore^en;  was  der  Herausgeber  für  ein  abkürzungszeichen  ge- 
halten hat,  kann  ich  mir  nicht  denken. 

v.  675.     anstatt  guld  ist  gult  zu  lesen. 

Nachtrag.  Herr  prof  Skeat,  den  ich  ersucht  hatte,  das  ms. 
noch  einmal  einzusehen,  schreibt  mir  eben :  »In  Consulting  Floriz 
and  Blauncheflur  to  day,  I  found  the  ms.  beautifuUy  and  clearly 
written;  you  can  hardly  misread  it.  The  points  you  speak  of  are 
nearly  all  correctly  printed.  L.  129,  a  beo,  the  a  being  a  little  way 
from  beo.  L.  288,  oniche  looks  more  like  onicle;  it  is  either  1,  or 
an  imperfect  h.  L.  298,  sute  may  be  sitte;  if  so,  the  t  is  very 
Short,  and  the  i  not  dotted.     L.  616,  sore^'en.  > 

Krefeld. 

F.  H.  S tratmann. 


272 


K.   H.  Siralmanu 


ÜBER  DIE  BESTIMMTE  (SCHWACHE)  EORM  DER 
ADJECTIYE  IM  ALTENGLISCHEN. 


Da  dieser  theil  der  englischen  grammatik  bisher  noch  nicht 
ausführlich  behandelt  worden  ist,  so  glaube  ich  vielen  lesem  einen 
dienst  zu  erweisen ,  wenn  ich  meine  notizen  darüber  hier  mittheile. 
Die  c[uellen  sind  abgekürzt  wie  im  wörterbuche. 

J)U  efela  {jeop  &  släpe  Mat.  25,  26.  {)as  hälgan  gastes  12,  31. 
J)am  pisen  pere  7,  24.  Jjane  strängen  12,  29.  on  mine  spidre 
healfe  20,  23.  pCi  gödan  (göden)  5,  45  u.  13,  48.  ge  desigen  &: 
blindan  23,  17.  pa  Ijlinde  9,  28.  pas  heagestan  Luke  i,  35.  [pas 
heagestes   i,  32.] 

pe  pisa  mon  hom.  i,  107.  se  gode  man  237.  pes  hälgan 
(häl^a,  hälfen,  häl^e)  gastes  99  u.  loi.  [pes  liviendes  godes  sune 
83J.  of  pe  formen  243.  on  pere  aide  la^e  87.  f)ös  blaca  tadden 
53.  pä  hälie  da^es  11.  pes  riche  men  53.  of  pä  ilca  men  43.  mid 
p\  häli^e  potien  239. 

pes  ilce  geares  Sax.  chron.  251  u.  255.  [pes  ilces  geares  252, 
254  u.   257.]     on  pa  iica  tima  251.     on    pone    seolve    minstre  255. 

pe  aide  king  La^.  2959.  pes  riche  kinges  2901.  [pes  he^es 
kinges  44.]  pene  melden  nomen  7125.  pan  ilke  stude  124.  päre 
iedelen  yElienor  42.  pa  ufere  hand  2482.  pä  riehen  2616.  pä 
qvike    men  2480.     on    pön  ilke  dawen   2403. 

pene  füle  put  a.  r.  88.  i  den  ilke  hüse  68.  o  de  sike  halve 
112.     pe  ate(l)liche  pinen  116. 

pan  ilke  song  o.  a.  n.  742.  after  päre  longe  tale  140.  pan 
ahte  manne  389. 

pen  aide  deovel  Kath.   1189.     pe  deade  fd/e  todten)  1060. 

pe  gode  mannes  bene  Orm.   1459. 

of  pe  kveade  beste  ayenb.  26.  pe  greate  Ihordes  16.  of  pe 
greaten   139. 

Aus    diesen    beispielen    geht  hervor ,    dass  das  Altenglische  sich 

genau   an   das  Angelsächsische   anschliesst    und    abweichungen   selten 

vorkommen. 

Krefeld. 

F,  H.  Stratmann. 


Altengl.  -ere  (-sere,  -are)  273 

ALTENGL.  -ERE  (-^RE,  -ARE). 

angels.  -ere,  althd.  -äri,  -eri,  mhd.  -sere,  -ere,  got.  -areis  (-äreisr), 
lat.  -  ärius  (?) ')  habe  ich ,  nach  der  bisher  geltenden  ansieht  ^) ,  im 
Wörterbuche  mit    kurzem  e  geschrieben ;  nach  wiederholter  erwägung 

der  reime 

Hamun  pe  ridere: 

smat  his  a^ene  ifere.     La^.   9289. 

&  mid  him  brohte  here : 

an  hundred  ridaere.      15089. 

möchte  ich  jetzt  wol,  für  La:5amons  zeit,  langen  vokal  annehmen. 

Ich    mache    diese   mittheilung,     um    mitforscher   zu  veranlassen, 

diesen  punkt  in  betrachtung  zu  ziehen. 

Krefeld. 

F.  H.  Stratmann. 


KLEINE  BEITRÄGE  ZUR  ERKLÄRUNG  UND  TEXT- 
KRITIK ENGLISCHER  DICHTER. 


II. 

zu    DER    MITTELENGLISCHEN    STORY   OF    GENESIS    AND 

EXODUS. 

Vorbemerkung.  Von  diesem  gedichte  sind  ausser  den  zwei 
ausgaben  von  Morris  (The  Story  of  Genesis  and  Exodus,  an  early 
english  song,  about  a.  d.  1250.  Now  first  edited  from  a  unique 
ms.  in  the  library  of  Corpus  Christi  College,  Cambridge,  with  intro- 
duction,  notes  and  a  glossary,  by  Richard  Morris.  London  1865.  — 
Second  and  revised  edition.  1873)  einzelne  abschnitte  in  englischen 
lesebüchern  abgedruckt  und  commentirt  worden,  nämlich  i)  v.  29 — 
408  in  Wülcker's  Altenglischem  lesebuch,  2)  v.  1281  —  1346  in 
Zupitza's  Altenglischem  Übungsbuch;  3)  v.  1907 — 2536  in  Mätzner's 
Altenglischen  sprachproben  I.  i.  Wo  ich  abweichende  auffassungen 
dieser  gelehrten,  Morris  gegenüber,  unerwähnt  lasse,  stimme  ich  mit 
ihnen  überein.    In  demselben  falle  lasse  ich  Morris'  eiirene  besserunErcn 


i)   s.  Pott,    Etymol.  forschungen  2,   596,  —    2)    Grimm,    I).  gram.    2,    12S; 
Iloltzmann,  Altd.  gram,  i,    i,   5. 

E.  K  öl  hing,  Englische  Studien.    III.     3,  18 


274  ^-  Kölbing 

in  der  zweiten  aufl.  unbcsprochen.  —  Die  folgenden  erörterungen 
stützen  sich  zum  grössten  theil  auf  die  quelle  des  gedichtes,  die 
Historia  scholastica  des  Petrus  Comestor  (Hs.),  welche  ich  citire  nach 
Patrolügire  cursus  completus  ed.  I.  P.  Migne.  Series  II.  Tom. 
CXCVIII.  Das  verdienst,  diese  vorläge  gefunden  oder  sie  wenigstens 
zuerst  als  solche  bezeichnet  zu  haben ,  gebührt  ten  Brink  (Gesch.  d. 
engl.  litt.  I  p.  247).  Noch  sei  bemerkt,  dass  wenn  ich  hier  und  im 
folgenden  immer  nur  von  »dem  gedichte«  spreche,  ich  damit  einer 
eingehenderen  Untersuchung  über  den  oder  d  i  e  dichter  von  Genesis 
und  Exodus  durchaus  nicht  vorgreifen  will  (vgl.  ten  Brink  a.  a.  o.  p. 
248);  eine  weitere  prüfung  dieser  frage  liegt  ausserhalb  des  rahmens 
meiner  abhandlung. 

i)  V.   I   f.: 

Man  og  to  luuen  dat  rimes  ren, 
de  Wissed  wel  de  logede  men, 

Morris'  randbemerkung :  »Man  ought  to  love  those  who  instruct 
the  lewd«,  ist  mindestens  ungenau;  de  bezieht  sich  auf  rimes:  Man 
soll  den  verlauf,  die  entwickelung  des  reimgedichtes  lieben,  welches 
laien  gut  unterrichtet.  V.  6  ist  hem  auffallend,  gegenüber  him  v.  3, 
9,   II,   12. 

2)  V.   35  f.:  ■ 

Wit  and  wisdam,  and  luue  godd, 
and  fer  ear  bidohte  al  in  his  modd, 

Wülcker  versteht  richtig:  »Verstand,  weisheit  und  liebe  [ist]  gott,« 
und  verbindet  damit  die  folgende  zeile.  Aber  wenn  er  in  der  anm. 
zu  V.  36  sagt:  »Unser  dichter  liebt  es,  wie  v.  49 — 52,  v.  167  u.  s.  w. 
zeigt ,  verba  aus  dem  zusammenhange  ergänzen  zu  lassen ,  so  darf 
man  wol  hier  ergänzen:  Wit  and  wisdom  and  luue  is  god,<s.  so  be- 
merke ich,  dass  wenigstens  die  zwei  von  ihm  beigebrachten  stellen 
ohne  beweiskraft  sind;  denn  v.  49  ff.  ist  was  boren  einfach  aus  dem 
vorigen  satze  zu  ergänzen,  nicht  aber  aus  der  luft  zu  greifen,  und 
was  V.  167  :  And  de  sexte  dais  ligt,  anlangt,  so  wird  doch  beim  ver- 
gleich von  V.  114,  130  etc.  und  beim  blick  auf  die  verstümmelte 
form  des  verses  kein  kritiker  darüber  in  zweifei  sein ,  dass  cajn  nur 
durch  die  nachlässigkeit  des  copisten  ausgefallen  ist.  Ich  glaube 
also,  dass  auch  v.   35  is  direkt  in  den  text  zu  setzen  ist. 

3)  V.  45  ff-: 

Of  hise  Word,  du  wislikei)  mune, 
Hise  Word,   dat  is,  hise  wise  sune, 

i)  wi'ssike  bei  Morrisz  ist  natürlich  druckfehler. 


Kleine  beitrage  zur  erklärung  und  textkritik  englischer  dichter.  II         275 

de  was  of  hin  fer  ear  bi-foren 
Or  ani  werldes  time  boren. 

Wie  Morris  und  nach  ihm  Wülcker,  v.  45  aufgefasst  haben,  wenn 
sie  so  interpungiren,  weiss  ich  nicht.  Der  sinn  ist  doch  wol :  In  be- 
treff seines  wortes  sei  weishch  dessen  eingedenk  etc.  Dem  entspre- 
chend schUesse  ich  mich  bezüglich  der  interpunktion  des  folgenden 
verses  an  Wülcker  an. 

4)  V.  54  flf. : 

Hali  froure  weit  oc  dat  migt; 
FoT  dhre  persones  and  on  reed, 
On  migt  and  on  godfulhed. 

Morris  übersetzt  v.  54  in  auf!.'  p.  120:  »Holy  comfort  wiel- 
deth  [exercises]  also  that  might  [the  Holy  Ghost] ;  in  aufl.= 
p.  120:  also  that  might  [the  Holy  Ghost]  wieldeth  holy  con- 
solation,«  was  —  nur  etwas  klarer  ausgedrückt  —  auf  dasselbe 
herauskommt:  migf  wird  als  subject,  hali  froure  als  object  aufgefasst. 
Ohne  auf  die  erklärung  der  stelle  sonst  weiter  einzugehen,  bemerkt 
Wülcker  mit  recht,  hall  froure  sei  die  Übersetzung  von  paracletus. 
Dann  ist  aber  hali  froure  ==  Holy  Ghost,  und  als  subject  anzusehen : 
der  heilige  tröster  verfügt  auch  über  diese  macht.  Das  ist  aber 
auch  die  einzige  auffassung  von  v.  54,  die  sich  mit  den  zwei  fol- 
genden Versen  in  logischen  Zusammenhang  briri^gen  lässt. 

5)V.  73f-: 

dis   ik  wort  in  ebrisse  wen, 

He  witen  de  sode  dat  is  sen. 

Wülcker  bemerkt  zu  v.  73:  »Diese  stelle  übersetzt  Morris  p.  121  : 
This  Word  is  according  to  Hebrew  opinion  (tradition)?  Welches 
wort?  Wir  müssen  word  im  sinne  von  gerücht,  erzählung,  nehmen, 
wie  es  sich  auch  z.  b.  in  Orm  7152  findet.«  Er  scheint  also  zu 
übersetzen :  Diese  erzählung  ist  hebräischer  tradition  entsprechend. 
Dann  ist  aber  doch  wol  nach  ^oort,  is  einzuschieben.  Die  richtigkeit 
dieser  erklärung,  die  ja  im  wesentlichen  Morris  schon  beabsichtigte, 
wird  bestätigt  durch  Hs.  cap.  IV :  Illud  primo  die ,  istud  secundo 
factum  est;  et  cum  hujus  diei  opus  bonum  fuerit,  ut  creterorum, 
tarnen  non  legitur  de  eo:  vidit  Deus  quod  esset  bonum.  Tradunt 
enim  Hebraei,  quia  hac  die  angelus  factus  est  diabolus 
Satana el,  id  est  Lucifer. 
6)  V.  78  ff.: 

His  firnic  kindo  dei  was  a-gon, 

On  walkenes  turn  wid  dai  and  nigt 

Of  fourc  and  twcnti  time    rigt ; 

i8* 


2^6  E«  Kölbing 

des  frcnkis  men  o  francc  nioal 
it  nemnen  »un  iur^naturaU. 
And  euere  gede  de  dai  biforn, 
siden  dat  newe  werld  was  boren, 
Til  ihcsus  crist  fro  helle  nam  etc. 

Die  vermuthung  tcn  Brink's  (a.  a.  o.  p.  247),  der  dichter  habe 
ausser  seiner  hauptquelle  vielleicht  den  Comput  des  Philipe  von 
Thaun  für  sein  werk  benutzt,  stützt  sich  wol  hauptsächlich  auf  diese 
stelle,  vgl.  Li  cumpoz  (edd.  Mall.  Strasb.   1873)  v.  323  ff.: 

Luur  apelent  jur 
E  la  nuit  tenebrur; 
Sin  est  divisiun 
Par  itele  raisun : 
Li  uns  est  puplials, 
Li  altres  n  a  t  u  r  a  1  s ; 
Li  puplials  cuntient 
Duze  hures  s|  maintient: 
E  li  na  t Urals  j  urz 
Vint  e  quatre  en  sun  curs. 
V.    271    ff.: 

Nuls  hom  ne  se  merveilt 
Ne  pur  90  ne  s'esveilt, 
Que  la  nuit  ainz  numai 
E  le  jurn  puis  posai ; 
La  nuit  ert  devant  jur, 
Quant  nostre  creatur 
Le  jurn  devant  posat 
E  la  nuit  tresturnat 
Par  sa  surrectiun 
E  par  mult  grant  raisun. 
E  qo  signefiat 
Qu'en  pechiet  nus  truvat 
E  de  grant  tenebrur 
Traist  les  sons  a  luur, 
Ki  ja  nen  iert  trublee 
Ne  pur  nuit  obscuree. 

Zu  dieser  zweiten  stelle  habe  ich  keine  parallele  in  der  Hs. 
finden  können  ;  zu  der  ersten  dagegen  vgl.  Hs.  Gen.  cap.  III :  Et 
sie  completus  est  dies  unus  naturalis.  Indess,  wenn  der  dichter 
auch  diesen  technischen  ausdruck  an  sich  aus  andern  quellen  hat 
lernen  können,  wie  von  Philipe  von  Thaun,  so  beweist  gerade  die 
anführung  des  französischen  namens ,  dass ,  wie  ten  Brink  a.  a.  o. 
sehr  richtig  bemerkt,  ihm  »wenigstens  die  normannische  klerikale 
poesie  nicht  fremd  war.«    Bei  der  zu  zweit  angeführten  stelle  handelt 


Kleine  beitrage  zur  erklärung  und  lextkritik  englischer  dichter.  11        2  7  7 

es  sich  nur  um  gleichheit  des  Inhaltes,   die  leicht  durch  die  annähme 
einer  gemeinsamen  quelle  erklärt  werden  könnte. 

7)  V.  95  ff. : 

do  god  bad  ben  de  firmament 
AI  abuten  dis  walkne  sent, 
Of  waters  froren,  of  yses  wal, 
dis  middel  werld  it  luket  al. 

Für  walken,  7uolken  gibt  Wülcker  p.  227  b  nur  die  bedeutung: 
wölken  (sie!)  an.  Aber  v.  96  ist:  dis  walkne  doch  sicherlich  wieder- 
gegeben durch:  dies  himmelsgewölbe ;  vgl.  Bödd.,  Alte,  dicht,  p.  179: 
ase  sterres  bep  in  welkne.  V.  97  f.  übersetze  ich :  .  .  .  .  von  gefrorenen 
wassern ,  von  einem  eiswalle ,  es  umschliesst  diese  weit  ganz.  Vgl. 
Hs.  cap.  IV  :  Fecit  ergo  ea  die  deus  firmamentum  in  medio  aquarum, 
id  est,  quandam  exteriorem  mundi  superficiem  ex  aquis  congelatis,  ad 
instar  crystalli  consolidatam  etc.  Soweit  läge  also  gar  kein  bedenken 
vor.  Aber  Wülcker  stösst  sich  an  dem  ausdruck:  yses  wal,  und  be- 
merkt zu  V.  97  :  ■»yses  wal,  vielleicht  yses  sival?  Hall,  to  lie  in  the 
swale,  i.  e.  in  the  cold  air.  North. -Frb.  S7vale  =  shade,  in  Opposition  to 
sunshine,  bs.  let  us  walk,  or  sit,  in  the  swale.«  Kühl,  frisch,  scheint 
in  der  that  die  ursprüngliche  bedeutung  dieses  wahrscheinlich  auf 
das  isl.  svalr  zurückzuführenden  adjectivs  zu  sein ;  die  bedeutung : 
schattig,  ist  wol  erst  davon  abzuleiten ;  ob  isl.  svalar ,  ein  bedeckter 
gang,  welches  Stratm.  ^  p.  547  a  herbeizieht,  auch  hierher  gehört,  er- 
scheint mir  zweifelhaft.  Also  hier  nach  Wülcker's  meinung :  kühle 
eismassen.  Aber  man  spricht  wol  von  gefrornem  wasser  im  gegen, 
satz  zu  flüssigem,  auch  von  eiskaltem  wasser  im  gegensatz  zu  warmem ; 
aber  was  das  e  i  s  betrifft ,  so  dürfte  die  hinzufügung :  kühl,  als 
überflüssiger  luxus  zu  bezeichnen  sein,  da  bekanntlich  dasselbe  nie 
warm  ist;  überdies  weiss  ich  für  den  gebrauch  des  plur.  von  zs  keine 
parallelstellen.  Stünde  also  STcal  im  ms. ,  so  würde  es  in  wal  ge- 
ändert werden  müssen. 

8)  V.   147  f : 

In  geuelengdhe  worn  it  mad, 
in  Reke-fiUe,  on  sunder  shad. 

Zu  V.  148  behandelt  Wülcker  in  einer  langen  anmerkung  den 
namen  Rckcßlle.  Er  schwankt  zwischen  märz  und  sept.  und  sagt 
darüber  schliesslich:  »Am  meisten  dürfte  sich  vielleicht  empfehlen, 
JRekeßlle  =  märz  zu  nehmen,  d.  h.  die  zeit  von  mitte  märz  bis  mitte 
april.  Dieser  termin  umfasste  alsdann  ein  acquinoctium  (v.  148)  und 
könnte    auch   april   genannt  werden.«     Diese   auffassung   dürfte   sich 


278  E,  Kölbing 

aber  nicht  nur  »vielleicht  am  meisten  empfehlen«,  sondern  steht 
vielmehr  unanfechtbar  fest.  Die  erschafifung  der  gcstirne  wurde  nach 
dem  berichte  des  dichters  (v.  147)  so  gehandhabt ,  dass  dadurch 
aequinoctialzeit  entstand.  Um  welches  acquinoctium  es  sich  aber 
handelt,  kann  uns  nicht  zweifelhaft  sein ,  wenn  wir  uns  der  ziemlich 
bekannten  tradition  erinnern ,  dass  die  erschaffung  der  weit  in  den 
märz  falle;  unser  commentator  bemerkt  darüber  cap.  V:  In  Martio 
factum  (sc.  mundum)  dogmatizat  Ecclesia.  Wülcker  wendet  freilich 
ein:  »Allein  wie  verhält  sich  dazu  v.  3134,  wo  gott  zu  Moses  sagt: 
dis  sal  gure  firmest  moned  ben?  Denn  im  September  beginnt  das 
jüdische  jähr.«  Er  legt  sich  dann  die  sache  dahin  zu  recht,  dem 
dichter  möge,  da  er  mit  dem  Latein  vertraut  war  (vgl.  v.  13),  vor- 
geschwebt haben ,  dass  mit  dem  märz  zwar  nicht  das  jüdische ,  wol 
aber  das  alte  römische  jähr  begann.  Zum  glück  können  wir  einer  so 
künstlichen  erklärung  entrathen.  Mit  dem  monat  Tisri,  dessen  an- 
fang  auf  den  14.  sept.  unsrer  Zeitrechnung  fällt,  beginnt  allerdings 
das  jüdische  bürgerliche  jähr;  das  jüdische  festjahr  aber,  um  das  es 
sich  doch  hier  in  erster  reihe  handelt,  beginnt  mitte  märz ;  der  erste 
monat  desselben,  Nissan,  dürfte  also  mit  Rekefille  identisch  sein. 
Dazu  stimmt  vortrefflich ,  was  Petrus  Comestor,  Hs.  Exodus  cap. 
XXV  bemerkt:  »Iterum  dixit  Dominus  ad  Moysen:  Mensis  iste  sit 
vobis  primus  in  mensibus  anni  (Exod.  XI).«  Hie  est  Aprilis,  id  est 
lunatio    Aprilis,    quae  in   Martio    saepe    inchoat.     Hie  dicitur  ab  He- 

braeis    Nissan Congruentius    videtur    fieri    ab    Hebr^is    in 

Martio,  in  quo  et  mundus  conditus  legitur.  Dass  diese  bestimmung 
über  den  Jahresanfang  zusammenhängt  mit  der  einsetzung  des  Passah- 
festes ,  und  dass  dies  nicht  im  sept.  gefeiert  wird ,  sondern  gerade 
eben  im  Nissan,  hat  Wülcker  bei  seiner  ganzen  argumentation  ausser 
acht  gelassen  1  —  Nach  Rekefille  hätte  W.  das  von  Morris  richtig 
gesetzte  comma  beibehalten  sollen. 

9)  V.   173: 

And  him  to  fremen  and  do  frame. 

So  ms.  Wülcker  folgt  Morris'  vorschlage,  indem  er  to  für  do 
in  den  text  setzt,  da,  wie  er  richtig  bemerkt,  eine  infinitiv  -  form  do 
sich  sonst  im  gedichte  nicht  belegen  lasse ;  diese  habe  stets  don  ge- 
lautet. Ich  finde  nur  nicht,  dass  die  Verwandlung  einer  media  in  die 
tenuis  eine  leichtere  änderung  ist,  als  die  hinzufügung  eines  Striches  über 
dem  0;  dö  =  don;  don  frame  findet  sich  auch  v.  2540:  he  dede  de 
Ebris  frame. 


Kleine  beitrage  zur  erklärung  und  textkritik  englischer  dichter.    II        279 

10)  V.   205   f.: 

God  seif  dor  quile  liket  is, 
An  un-lif  quuanne  it  wile  mis. 

Neben  seinem  Vorschlag ,  unlif  in  tmlik  zu  verwandeln ,  den 
Wülcker  mit  recht  adoptirt  hat,  erwähnt  Morris  in  aufl.^  noch  kurz 
als  zweite  erklärung:  ■>->unlif=  displeasing.«  In  aufl.^  dagegen  heisst 
es:  -»un-lifh  evidently  an  error  for  un-lief  =  displeased  =  O.  E.  ufi- 
leqf.«  Dazu  stimmt  die  Übersetzung  von  v.  204 — 206:  »^Vhilst  it 
(the  soul)  followed  holy  will,  |  God's  seif  the  while  is  pleased,  |  And 
displeased  when  it  loves  sin.«  Aber  erstens  ist  v.  204  gewiss  dem 
sinne  nach  zur  vorigen  zeile  gehörig,  denn  dor  quiles  im  Vordersatz 
und  dor  quile  im  nachsatz  wäre  doch  sehr  hart.  Ferner  könnte  ja 
allerdings  lef  oder  unlef  persönlich  gebraucht  werden,  was  öfters 
vorkommt ;  aber  liket  is  kann  nicht  heissen :  is  pleased ,  und  durch 
Morris'  erklärung  wird  ein  neuer,  dem  zusammenhange  fremder  ge- 
danke  eingeführt :    vgl.  Hs.  cap.    IX :     Similitudo   in   virtutibus ,    quia 

bona,  justa,    sapiens Similitudine  vero  s^epe  privatur.    Wir 

werden  also  um  so  mehr  bei  der  früheren  erklärung  bleiben  müssen, 
als  nach  des  herausgebers  eigner  notiz  das  f  von  lif  in  der  hs. 
einem  verstümmelten  k  ähnlich  sieht. 

ir)  V.   229  f . : 

And  heled  him  dat  side  wel, 

dat  it  ne  wrocte  him  neuere  a  del. 

wrocte  ist  nicht  mit  Wülcker  p.  228  von  wrecchen ,  erwecken,  abzu- 
leiten ;  es  muss  vielmehr  heissen :  schmerzte,  wie  schon  Morris  richtig 
gesehen  hat;  vgl.  ae.  veorc  in  der  bedeutung:  mühsal,  schmerz. 
Diese  bedeutung  muss  dann  auf  das  davon  abgeleitete  verbum 
vyrcean  übergegangen  sein.  Hs.  bietet  allerdings  nichts  entsprechen- 
des, wol  aber  Cursor  Mundi  v.  627  f . :  Vte  of  his  side,  als  sais  fe  bokc,  \ 
W it-oteit  sare  a  rib  he  tok.  Vgl.  Caedm.  Gen.  v.  179  f. 
12)  V.  309  ff. : 

Get  ic  wene  I  can   a  red, 

dat  hem  sal  bringen  iwel  sped ; 

for,  gef  he  don,  dat  god  forbead, 

dat  sal  hem  bringen  to  do  dead. 

And  sal  get  dis  ilke  dai, 

dor  buten  hunte,  if  ic  mai. 

buten  hunte  erklärt  Morris  in  der  ersten  aufläge  durch:  >without 
search,  or  hunting,  without  delay,«  was  Wülcker  schon  mit  recht  zu- 
rückgewiesen  hat.     In   aufl."    fügt   er   hinzu :    or   thereabout  to  hunt 


2?o  ^-   Kölbing 

or  search ,  und  kommt  damit  der  richtigen  erklärung  näher ;  ich 
weiss  nur  nicht,  wovon  dieser  Infinitiv  nach  seiner  ansieht  abhängen 
soll.  Wülcker  schlägt  fragweise  vor,  zu  übersetzen:  Darum,  nach 
diesem  ziele  jage  ich,  ob  ich  es  vermag.  Das  fehlen  von  y  wäre 
da  doch  ziemlich  hart.  Es  ist  mir  unbegreiflich,  dass  beiden  heraus- 
gebern  die  einfachste  interpretation  dieser  zeilen  entgangen  ist;  v. 
313  f.  sind  zusammenzunehmen  und  zu  übersetzen:  und  will  noch 
diesen  selben  tag  darnach  jagen,  ob  ich  es  vermag;  afid  sali  v.  313 
schliesst  sich  an  an  Get  ic  wene  v.  309.  Wie  Wülcker  v.  314  auf- 
gefasst  hat,  wenn  er  davor  einen  punkt  setzt,  ist  mir  nicht  ersichtlich. 

13)  V.  324  f. 

Quat  oget  nu  dat  forbode  owold 
dat  a  tre  gu  forboden  is, 

Wülcker  gibt  v.  324  wieder  durch:  »Was  soll  dieses  machtgebot 
(=  dat  forbode  of  tuold)  ?'i  Wenn  er  die  von  Mätzner  zu  v.  t  944  ge- 
sammelten parallstellen  beachtet  hätte,  so  würde  er  diese  vermuthung 
wahrscheinlich  unterdrückt  und  Morris'  deutung  acceptirt  haben. 

14)  V.  345  ff.: 

Unbuxumhed  he  hauen  hem  don, 
Unbuxumhed  is  hem  cumen  on: 
Unwelde  woren  and  in  win 
Here  owen  limes  hem  widin. 

unbuxumhed  hat  Wülcker  richtiger  erklärt  als  Morris,  aber  in  der 
deutung  von  v.  347  f.  irren  beide;  Morris:  »Their  own  limbs  within 
them  were  powerless  and  in  strife;«  Wülcker,  ihm  folgend:  »denn  es 
waren  (wurden)  schwach,  geriethen  in  streit,  ihre  eigenen  glieder  an 
ihnen.«  Der  umstand,  dass  »schwach  werden«  und  »in  streit  ge- 
rathen«  nicht  dasselbe  ist,  scheint  auch  dem  deutschen  Herausgeber 
keine  skrupel  bereitet  zu  haben.  Ich  übersetze:  Sie  (sc.  Adam  und 
Eva)  waren  schwach,  und  in  aufruhr  ihre  eignen  glieder  an  ihnen. 
Vgl.  Hs.  cap.  XXII:  Et  sicut  inobedientes  fuerunt  suo  superiori,  sie 
et  membra  cceperunt    moveri  contra  suum  superius ,    id  est  rationem. 

15)  V.  351  f.: 

do  gunen  he  same   sriden, 
And  limes  in  laues  hiden. 

Sehr  auffallend  ist  das  fehlen  eines  Possessivpronomens  oder  artikels 
vor  same  und  liynes.  Ist  vor  beiden  Worten  here  einzusetzen?  Das 
metrum  würde  dadurch  nicht  zerstört,  sondern  eher  verbessert  werden. 

16)  V.  359: 

Quo  seide  de  dat  du  wer  naked 


Kleine  beitrage  zur  erklärung  und  textkritik  englischer  dichter.   II        281 

Wülcker  setzt  am  Schlüsse  dieser  zeile  gar  kein  zeichen ,  Morris 
in  beiden  auflagen  ein  semicolon.  Der  sinn  verlangt  ein  Fragezeichen. 
Ich  glaube ,  dass  hinter  dieser  oder  der  folgenden  zeile  eine  anzahl 
verse  ausgefallen  sind,  die  den  inhalt  von  Gen.  3,  11  — 13  ent- 
hielten ,  der  doch  im  laufe  der  erzählung  nicht  gut  entbehrt  werden 
kann. 

17)  V.  437  f.: 

for  dat  he  made  him  manige  fon, 
(Jor  he  dhogle  he  stonden  agon. 

Morris 2  fasst  p.  208  a  stondeti  als  pl.  prät.  auf  und  übersetzt: 
opposed.  Aber  das  müsste  doch  stodeii  agon  heissen  (vgl.  v.  3543). 
Ich  halte  stonde  für  einen  infinitiv  und  übersetze:  dadurch  machte 
er  sich  manche  feinde;  dort  gedachte  er  ihnen  zu  widerstehen. 
Dann  muss  freilich  für  das  zweite  he  in  v.  438  hem  geschrieben 
werden.  Vgl.  Hs.  cap.  XXVIII:  Civitates  munivit,  et  timens  quos 
Icedebat,  ob  securitatem  suos  in  urbibus  collegit. 

18)  V.  441  f.: 

Teilen  ic  wile  so  birde  bad, 
Adam,  caym,  enos,  iraab. 

Vgl.  Hs.  cap.  XXVIII:  Porro  Henoch  genuit  Irad.  Sowol 
wegen  der  lat.  namensform  als  wegen  des  reimwortes  bad  wird  Iraad 
für  Iraab  einzusetzen  sein. 

19)  V.  457   f.: 

Of  merke  and  kinde  and  helde  and  ble 
sundring  and   sameni[n]g  tagte  he. 

Morris  bemerkt  p.  130:  yfnerke  refers,  perhaps ,  tho  the  form, 
shape  etc.  of  the  cattle.  Ich  beziehe  diesen  ausdruck  auf  Hs.  a.  a.  o. : 
et  greges  ordinavit  et  characteribus  distinxit;  also  etwa:  nach  dem 
merkzeichen. 

20)  V.  459  f.: 

Jobal  is  broder  song  and  glew, 
Wit  of  musike,  wel  he  knew. 

Die  brüder  können  doch  nicht  beide  Jobal  heissen  ^  v.  459  ist 
dafür  gewiss  Tobal  (=  lat.  Tubal)  zu  lesen. 

21)  V.  525  f.: 

dur  is  writen  quat  agtc  a  wold, 
dat  dis  werld  was  watcr  wuld. 

Morris  sagt  p.  131:  -»watcr  wold,  destroyed  by  water,  wold 
may  =  walled ,    flooded ,    from  laalle/!. «     Diese  herleitung  ist  sicher- 


282  E-  Kölbing 

lieh  unrichtig.  Ich  (ühre  wo/ä,  wie  in  v.  255,  auf  weiden  zurück; 
water  7vold  ist  wol  als  ein  wort  zu  fassen  und  zu  übersetzen  mit : 
durch  wasser  überwältigt. 

22)  V.  607  : 

de  seuendai  est  ut  it  tog. 

Hier  ist  die  von  Morris  p.  131  vorgeschlagene  änderung  von  estm 
eß,  die  für  v.  77  mit  recht  zurück  gewiesen  ist,  gerechtfertigt;  vgl. 
Hs.  cap.  XXXIV:  Post  dies  septem  iterum  emisit  eam. 

23)  V.  635  ff.: 

God  gat  it  a  token  of  luuen, 
Taunede  him  in  de  wa[l]kene  abuuen 
Rein-bowe,   men  cleped  read  and  blo. 

So  interpungirt  Morris  und  übersetzt  demgemäss  p.  234:  />God 
granted  it  in  token  of  love,  |  showed  him  in  the  welkin  above  | 
a  rainbow,  they  call  it,  red  and  blue.«  Dabei  ist  namentlich  auf- 
fällig, dass  reinbowe  ohne  artikel  steht  und  men  cleped  sonderbar 
nachhinkt ,  denn  mit  reed  and  blo  kann  man  diese  worte  doch  un- 
möglich verbinden.     Ich  interpungire  so : 

God  gat  it;  a  token  of  luuen 
taunede  him  in  de  walkene  abuuen, 
reinbowe  men  cleped,  reed  and  blo. 

Das  heisst :  Gott  gewährte  es  [sc.  die  bitte  des  Noah] ;  ein 
liebeszeichen  wies  er  ihm  oben  in  den  wölken;  regenbogen  nennen 
es  die  menschen,  roth  und  blau.  Vgl.  Hs.  cap.  XXXV:  Pepigit  eis 
deus ,  quod  ultra  non  fieret  diluvium ,  et  in  signum  foederis  hujus 
posuit  arcum  suum  in  nubibus,  wodurch  wenigstens  meine  anordnung 
der  ersten  worte  unterstützt  wird.  Im  übrigen  glaube  ich ,  dass  die- 
selbe gar  keiner  rechtfertigung  bedarf. 

24)  V.  651  f.: 

AI  it  is  writen  ic  teilen  mai 
of  his  kin  bi  his  liue  dai. 

Ich  vermuthe,  dass  für  al  it,  als  it  oder  as  it  zu  lesen  ist,  denn 
die  form  al  für  als  =  wie,  ist  mir  wenigstens  unbekannt  und  der 
sinn  ist  doch:  Wie  es  geschrieben  ist,  will  ich  es  erzählen  etc. 

25)  V.  715  ff.: 

dor  fader  and  bredere  and  childre  and  wif 
Him  bi-stoden  wid  sorwes  strif; 
do  dogte  thare  on  his  mod, 
long  bigging  is  here  nogt  god. 


Kleine  beitrage  zur  erklärung  und  textkritik  englischer  dichter.   II         283 

Morris  gibt  als  inhalt  dieser  verse  an :  »Much  strife  was  there 
between  father  and  brother,  children  and  wife.  Terah  did  not  care 
to  remain  long  in  this  town.«  Terah  wäre  also  wegen  in  seiner 
famiüe  ausgebrochener  Streitigkeiten  ausgewandert.  Aber  erstens  ist 
bistanden  ein  nicht  selten  gebrauchter  euphemismus  für  bestatten, 
vgl.  V.  1455  f.:  Boden  ysaac  and  ystnael  \  Hmi  bi-stoden  wurlike 
and  weh  Vgl.  auch  v.  3857  f.  Ferner  heisst  5/rz/"  nicht  nur  streit, 
sondern  auch:  ungemach,  mühsal,  vgl.  v.  268:  deades  strif.  Ich 
übersetze  also:  Da  bestatteten  ihn  vater  und  brüder  und  kinder  und 
weib  mit  mühseliger  trauer. 

Für  den  Zusammenhang  mit  den  zwei  folgenden  zeilen  vgl.  Hs. 
cap.  XLI :  Thare  ergo  odio  habens  terram  propter  luctum  Aran,  nee 
Valens  sustinere  injurias  quae  fiebant  ei ,  ut  ignem  coleret,  statuit 
peregrinari.  Die  worte  nee  —  coleret  sind  vom  engl,  bearbeiter 
nicht  berücksichtigt  worden ;  auf  sie  v.  715  f.  zu  beziehen ,  wäre 
natürlich  ganz  unthunlich. 

26)  V.  739  f.: 

Sex  ger  and  fiftene  mo 
Adde  Abram  on  is  elde  do. 

Für  sex  ist  natürlich  sexti  zu  lesen;  vgl.  Gen.   12,  4. 

27)  V.  741  f.: 

Abram  tok  loth  wid  sarray, 

Hise  agte,  and  erue  he  ledde  him  bi, 

Morris  setzt  in  beiden  auflagen  ein  comma  hinter  agte,  scheint 
also  hise  agte  als  apposition  zu  Sarray  aufzufassen:  »his  wealth,« 
was  man  nicht  billigen  kann ;  agte  und  erue  gehört  unzweifelhaft 
zusammen. 

28)  V.  755  f: 

God  quad  to  abram:   »al  dis  lond 
sal  cumen  in  to  is  kinnes  hond.c 

So  Morris.  Aber  entweder  ist  is  in  di  zu  verwandeln,  oder 
al  —  hond  als  indirekte  rede  anzusehen  \  dass  das  letztere  richtiger 
ist,  beweist  v.  827  f.:  der  het  god  abre  dat  tagte  lond  \  Sal  cumen 
al  in  his  kinnes  hond,  wo  es  auch  Morris  nicht  eingefallen  ist,  rede- 
striche zu  setzen. 

29)  V.   797   ff. : 

Vt  of  egipte,  riche  man, 
Wente  abram  in  to  lond  canaan ; 
And  loth  hise  neue  and  sarray 
bileften  bi-twen  betel  and  ay, 


284  ^-  Kölbing 

dor  he  qiiilum  her  wisten  wunen, 
Or  hc  weren  to  cgipte  cumen. 

Wenn  wir  so  interpun[(ircn ,  erhalten  wir  den  sinn  ,  dass  Abram 
weiter  in  das  land  Canaan  zieht ,  während  Lot  und  Sara  zwischen 
Betel  und  Ay  zurückbleiben,  eine  angäbe,  die  thatsächlich  unrichtig 
wäre.  Es  ist  vielmehr  das  semicolon  nach  canaan  zu  streichen  und 
nach  Sarray  ein  comma  zu  setzen.  Vor  bilcftcn  ist  and  oder  he  zu 
ergänzen,  was  stilistisch  durchaus  nicht  hart  erscheint. 

30)  V.  811   ff.; 

dor  wunede  abram  henden  ebron, 

dat  bürge  an  oder  man  lid  on, 

It  atted  cariatharbe, 

On  engle  speche  fowre  cite ; 

fowre  arbe  cariatht  am  in, 

for  dat  fowre  biried  dor  ben. 

man  in  v.  812  ist  sinnlos;  es  ist  nani  dafür  zu  lesen;  vgl.  Hs. 
cap.  XLV:  Hebron  civitas  est,  quae  et  Cariatharbe  dicitur.  V.  815 
bedarf  wenigstens  einer  erklärung ,  die  erst  durch  vergleichung  des 
lat.  Urtextes  ermöglicht  wird;  Hs.  cap.  XLV:  Hebron  civitas  est, 
quae  et  Cariatharbe  dicitur,  id  est  civitas  quatuor.  Arbe  enim  quatuor, 
Cariath  civitas;  ibi  enim  sepultus  est  Adam  maximus  etc.  Ich  über- 
setze also  V.  815  f :  Vier  (arbe)  sind  in  Cariath ,  weil  dort  vier 
begraben  sind.  Genau  genommen  hätte  ja  Cariath  auch  erklärt 
werden  sollen. 

31)  V.  825  f.: 

Quor  abram  wunede,  dor  wex  bi 
An  ok'  dat  was  of  gibi. 

gibi  führt  Morris  unter  den  eigennamen  auf,  ohne  eine  weitere 
erklärung  beizufügen.     Man  vgl.  Hs.  a.  a.  o. :    Habitabat    autem  ibi 

Abram    circa    quercum    vel    terebinthum Quam    pro   nomine 

Josephus  vocavit,  dicens:  »Habitabat  Abram  circa  ilicem«  quae 
vocatur  Agyga ,  vel  Ogig ,  vel  Dirpsi.  Sollte  in  of  gibi  der  name 
Ogig  stecken?  Warum  Morris  ok  mit  einem  apostroph  versehen  hat, 
ist  mir  nicht  klar  geworden. 

32)  V.  863: 

dre  hundred  men  and  XIII  wigt. 

Gen.  14,  14  ist  von  318  knechten  die  rede.  Da  sonst  der 
dichter  in  der  wiedergäbe  der  zahlen  sehr  genau  zu  sein  pflegt,  so 
ist  wol  anzunehmen,  dass  nach  X  ein   V  ausgefallen  ist. 


Kleine  beitrage  zur  erklärung  und  textkritik  englischer  dichter.  II.        28 S 

33)  V.  867  f.: 

dat  hird  he  folged  als  to  dan, 
On  heued-welle  of  flum  iordan, 

Morris  fasst  (p.  212  s.  v.  dati)  dan  auf  als  ein  ortsadverb,  doch 
vgl.  Gen.  14,  14  und  Hs.  cap.  XL  VI:  et  prosecutus  est  eos  usque 
Dan,  qui  est  unus  de  fontibus  Jordanis,  et  ab  eo  oppidum  Dan 
dictum  est,  quod  nunc  Penasas  dicitur.  dan,  wofür  wol  besser  dan 
zu  schreiben  ist,  ist  also  ein  Ortsname. 

34)  V.  869  f. : 

dor  he  wenden  ben  siker  on  nigt ; 
Abram  he  brogte  wel  newe  figt. 

Obwol  he  in  v.  870  allenfalls  als  apposition  zu  Abram  an- 
gesehen werden  könnte,  so  wäre  doch  he  =  kern  dem  sinne  viel 
angemessener;  vgl.  Hs.  a.  a.  o. :  et  irruit  super  eos  nocte.  Vgl.  v. 
1009,  wo  ebenfalls  hinter  Abraham  he  für  hem  überliefert  und  vom 
herausgeber  richtig  abgeändert  worden  ist. 

35)  V.  873  f.: 

so  heg,  so  long,   ne  spared  hem  nogt, 
Alle  he  ben  dor  to  gronde  brogt. 

Sollte  long  wirklich  richtig  sein?  Ich  vermuthe  dafür  log  oder 
low;  vgl.  Havel,  v.  1324:  To  pe  shole  covien  heye  afid  lowe.  Etwa 
auch  he  für  hem?  he  wäre  dann  auf  Abram  und  seine  leute  zu 
beziehen. 

36)  V.  885  f. : 

for  lotes  luue  fei   him  dus  rigt, 
borwen  he  ben  wel  of  dat  figt. 

V.  885  umschreibt  Morris  in  der  randnote  so:  »All  this  he 
did  for  love  of  Lot,«  wobei  he  sich  natürlich  auf  Abram  bezieht. 
Dieser  aufifassung  widerstrebt  aber  das  verbum  feil  c.  dat. ,  welches 
mehr  auf  ein  leiden ,  als  auf  eine  thätigkeit  hinweist.  Ich  glaube 
also,  dass  him  =  hem,  wie  öfters,  und  der  sinn  ist:  Wegen  [Abram's] 
liebe  zu  Lot  geschah  ihnen  so,  wozu  die  nächste  zeile  sehr  gut  passt. 

37)  V.  909  f.: 

Sodomes  king  bed  dor  abram, 
AI   agte  and  erf,  wid-uten  man, 
Alle  hes  hadde  wid  mighte  bi-geten. 

Morris  bemerkt  dazu  p.  137:  y>wid-ntc)i  man  =  exccytt  the  men. 
The  rhyme  seems  to  require  us  to  read  nam ;  the  meaning  would 
then    be:    without   exception   or   reserve.«     Erstens    weiss    icli    nicht, 


286  E.   Kölhing 

wie  er  diese  letztere  bedeutung  aus  7iavi  gewinnen  könnte ,  und 
zweitens  spricht  der  urtext  deutlich  genug  für  die  alte  lesung-,  vgl. 
Gen.  14,  21:  Da  mihi  animas,  cetera  tibi  tolle.  Zu  dem  ungenauen 
reime  vgl.  übrigens  v.  921  f.:  bigan:  ahram ,  woran  der  herausgeber 
nicht  anstoss  genommen  hat. 

38)  V.  917   f.: 

Ebruis  seiger»,  wune  hem  vvex  her 
To   algen  ilk   fiftcne  ger, 
for  loth  was  fifti  winter  hold, 
Quan  abram  him  bi-told. 

Morris  macht  die  randbemerkung :  Then  first  began  the  custom 
of  keeping  the  x5th  year  holy.«  Das  steht  aber  mit  dem  ßfii  der 
folgenden  zeile  in  direktem  Widerspruch.  Für  fiftene  muss  es  also 
etwa  ßftude  heissen.  Vgl.  Hs.  cap.  XLVII :  ob  hoc  autem  institutus 
est  quinquagesimus,  quia  tunc  erat  Lot,  ut  dicunt  quidam, 
quinquaginta  annorum. 

39)  V.  929  f. 

Quad  he:   »quat  sal  me  weldes  wäre, 
Quane  ic  child-les  of  werlde  fare; 
Damak  eliezers  sune. 
In  al  min  weide  sal  he  wunen?« 

Nach  V.  932  hat  ein  punkt  und  nicht  ein  Fragezeichen  zu 
stehen;  dagegen  gehört  letzteres  hinter  v.  930.  Vgl.  Gen.  15,  3 
und  Hs.  cap.  XL VIII :  Quid  dabis  mihi  ?  Ego  vadam  absque  liberis, 
ac  Damascus  filius  Eliezer  procuratoris  mei,  erit  hseres   meus. 

40)  V.  937  ff.: 

dre  der  he  toc,  ilc  dre  ger  hold, 
And  sacrede  god  on  an  wold; 
of  godes  bode  he  nam  god  kep, 
A  net,  and  a  got,   and  a  sep ; 
Euerilc  of  dese  he  delte  on  two. 
And  let  hem  lin  on  sunder  so, 
Vndelt  hes  leide  quor-so  hes  tok; 
And  dor  a  duue  and  a  turtul  ok, 
Sat  up  on-rum  til  heuene  he  tok. 
And  of  do  doles  kep  he  nam 
Gredi  foueles  feilen  dor-on, 

V.  943  Übersetzt  Morris:  »Undivided  he  laid  them  where- 
so  he  took  (brought)  them,«  und  bemerkt  dazu:  »This  line  refers 
to  the  ■»duue  and  a  turtuh  in  the  foUowing  line.  See  Gen.  XV,  10.« 
Mir  scheint  aber ,    dass  dieser  sinn  erst  dann  gewonnen  wird ,    wenn 


Kleine  beitrage  zur  erklärung  und  textkritik  englischer  dichter.  II.       287 

wir  V.  943  und  944  umstellen ,  was  ich  denn  auch  unbedenklich 
empfehlen  möchte.  Ferner  geht  der  herausgeber  ohne  ein  wort  weg 
über  den  fehlenden  reim  in  v.  945  f. :  tok  —  nam,  der  sonderbarer 
weise  als  etwas  ganz  selbstverständliches  p.  253  unter  -ok  im 
Index  of  rimes  figurirt,  während  er  doch  schlechterdings  unmögÜch 
ist.  Der  fehler  scheint  in  tok  zu  stecken :  nachdem  der  abschreiber 
einmal  die  beiden  vorhergehenden  zeilen  vertauscht  hatte,  konnte  er 
am  Schlüsse  der  folgenden  leicht  dadurch  irre  gemacht  werden,  dass 
in  seiner  vorläge  in  der  that  auf  ok  das  reimwort  tok  folgte,  und 
dasselbe  anstatt  des  neuen  reimwortes  zu  nam  einsetzen.  Und  ab- 
gesehen davon  lässt  sich  die  diesem  worte  im  glossar  p.  211a  vin- 
dicirte  bedeutung:  took  (notice),  schwerlich  rechtfertigen.  Was  frei- 
lich an  die  stelle  von  tok  zu  setzen  ist,  vermag  ich  vorläufig  nicht 
zu  sagen.  Vgl.  Hs.  cap.  XL VIII:  aves  autem  non  divisit  (=  v. 
943  f.),  et  dum  exspectaret  praeceptum  dom.ini  de  modo  immolandi 
(v.  945  f.),  descenderunt  volucres  super  cadavera  (v.  947).  Man  er- 
wartet für  tok  ein  verbum  des  sehens,  und  für  sat  up  eher  sat 
domi.  Ich  muss  die  völlige  heilung  dieser  stelle  einer  geschickteren 
band  überlassen.  Nach  v.  546  gehört  ein  colon ;  Morris  setzt  gar 
kein  zeichen. 

41)  V.   948  f. : 

dat  dogte  abram  wel  iwel  don, 
kagte  is  wei,  whan  it  was  nigt, 
do  cam  on  him  vgging  and  frigt. 

kagte  is  wei  gehört  zum  vorigen  satze  und  ist  durch  eine 
schärfere  interpunktion  von  den  folgenden  worten  zu  trennen,  welche 
eine  ganz  neue  scene  einleiten.     Vor  kagte  ist  wol  6^  ausgefallen. 

42)  V.  959  f.: 

oc  siden  sulde  in  here  hond, 
bi-cumen  dat  hotene  lond. 

Das  comma  hinter  hofid  ist  sinnlos. 

43)  V-  965  f.: 

Ghe  bitagte  abre  maiden  agar; 

Ghe  wurd  wid  childe  and  hem  two  bar. 

ford  siden  ghe  bi  abram  slep, 

Of  hire  leuedi  nam  ghe  no  kep, 

lieber  v.  966  bemerkt  der  herausgeber  keine  sylbe.  Und  doch 
liegt  der  sinn  der  worte:  and  hcm  trao  bar,  durchaus  nicht  so  ganz 
auf  der  Oberfläche.  Man  vgl.  zunächst  v.  2145  f.:  do  7vas  vndcr 
/lim    dannc  putifar   \    and  Jus   7vif ,    dat  hcm    so    fo-bar.     Morris    er- 


288  E-  Kölbing 

klärt  to-bar  im  glossar  p.  211^  durch:  falsely  accused,  eine  bedeu- 
tung,  die  offenl)ar  nur  für  die  letztere  stelle  gemacht  ist  und  über- 
dies zu  kern  nicht  passt.  Mätzner  zu  v.  2145  möchte  für  heni ,  hini 
schreiben  und  to- bereu  mit  distress,  affHct,  übersetzen,  eine  bedeu- 
tung,  die  durch  die  beigebrachten  parallelstellen  nicht  genügend  ge- 
rechtfertigt erscheint.  Vielmehr  hat  to  -  beren  die  bedeutung :  aus 
einander  bringen,  verfeinden ,  und  diese  passt  an  beiden  stellen  ganz 
gut.  Potiphar's  frau  brachte  ja  wirklich  durch  ihre  Verleumdung 
Zwietracht  zwischen  Potiphar  und  Joseph ,  und  ebenso  kam  durch 
Hagar  streit  zwischen  Abram  und  Sara,  vgl.  Gen.  6,  5.  Es  wird 
also  für  two  bar,  to-bar  zu  lesen  sein.  Auch  v.  1292  steht  two 
statt  to.  Der  grund  des  anstosses  wird  im  folgenden  verse  berichtet^ 
es  ist  da  also  wol  for  statt  ford  zu  schreiben. 

44)  V.  981   f.: 

And  seide  ghe  sulde  sunen  wel 
And  timen  and  clepen  it  smael. 

Morris  bemerkt  zu  stnael:  »A  metrical  license  for  ismciel.<i 
Aber  es  wäre  doch  auffällig,  wenn  gleich  das  erste  mal,  wo  der 
name  genannt  wird,  er  in  entstellter  form  erschiene.  Worauf  soll 
sich  ferner  //  beziehen?  Das  wort  child  ist  vorher  nicht  vorge- 
kommen. Dagegen  ist  ein  object  überhaupt  entbehrlich,  da  es  schon 
im  verbum  sunen  liegt  und  daraus  leicht  ergänzt  werden  kann.  Ich 
glaube  also ,  dass  ii  stnael  zusammen  zu  ziehen  und  iistnael  als  für 
istnael  verschrieben  anzusehen  ist. 

45)  V.   1003   f.: 

Quuo  ne  bar  danne  is  merk  him  on 
fro  godes  folc  sulde  he  be  don. 

is  könnte  sich  doch  höchstens  auf  godes  in  der  folgenden  zeile 
beziehen,  was  sehr  gezwungen  erscheint.  Man  erwartet  dis  merk, 
nämlich  die  beschneidung,  von  der  vorher  die  rede  war.  Vgl. 
Hs.  cap.  L. :  cujus  caro  circumcisa  non  fuerit,  peribit  anima  illa  de 
populo  suo. 

46)  V.   1013: 

bred,  kalues  fleis,  and  flures  bred, 

Aufl.^  p.  168  hat  Morris  anerkannt,  dass  bred  gebraten  heisst 
und  dass  also  das  comma  nach  diesem  worte  zu  streichen  ist;  eben- 
so aufl.2  im  glossar  p.  176a.  Dagegen  ist  im  texte,  wol  nur  aus 
versehen,  das  comma  stehen  geblieben;  vgl.  Hs.  cap.  LI:  et  vitu- 
lum  assatum. 


Kleine  beitrage  zur  erklärung  und  textkritik   englischer  dichter.  II         28g 

47)  V.    102g   f .  : 

Ghe  glente  and  dhogte,  migte  it  not  ben, 
And  ghe  dat  sulde  her  wid  childe  be  sen. 

glentc  gibt  Morris  im  glossar  p.  1 88a  durch:  »looked  affrighted, 
stared  in  astonishment, «  wieder,  und  fügt  hinzu:  »It  signifies  originally 
merely  to  shine,  look.«  Von  dieser  grundbedeutung  lässt  sich  aber 
eben  so  gut  die  bedeutung:  schmunzeln,  ableiten,  und  diese  fordert 
hier  der  Zusammenhang.  Die  construction  der  folgenden  zeile  ist 
entstellt;  das  sie  eröffnende  and  ist  wahrscheinlich  nur  vom  Schreiber 
nach  analogie  der  zwei  nächsten  zeilen  angefügt.  Ich  lese :  dat  ghe 
sulde  her  wid  childe  be  sen. 

48)  V.   1045   fif. : 

Quad  god:    »find  ic  dor  ten  or  mo, 
Ic  sal  meden  de  stede  for  do.« 
Durste  Abraham  freinen  nunmor, 
Oc  wente  agen   wid  herte  sor. 

Vor  V.  1046  erscheint  die  erzählung  merkwürdig  abgekürzt,  ein 
umstand ,  den  ich  auf  eine  auslassung  seitens  eines  abschreibers  zu- 
rückführen möchte.  Es  brauchen  nur,  was  sogar  sehr  wahrscheinlich 
ist ,  mehrere  sätze  mit  Quad  god.  begonnen  zu  haben ,  so  konnte 
leicht  das  äuge  des  abschreibers  von  dem  ersten  auf  das  letzte  ab- 
irren. Für  eine  solche  auslassung  spricht  namentlich  der  ausdruck 
in  V.  1047  '  Durste  Abraham  frei7ien  nunmor,  während  er  doch  blos 
(iine  frage  gestellt  hat.  Uebrigens  ist  die  randbemerkung  des  heraus- 
gebers :  »God  promises  to  spare  the  cities  for  the  sake  of  five  right- 
eous,'?;  die  in  beiden  auflagen  steht,  ungenau,  denn  v.  1045  ^^t  nur 
von  te7i  or  mo  die  rede. 

4g)  V.    1067   f. : 

He  boden  him  bringen  ut  o-non, 
do  men  dat  woren  didir  in-gon. 

Das  comma  nach  ut  onon  ist  zu  streichen. 
50)  V.   1084  ff.: 

If  da  frend  hauest  and  wi[l]t  don  red, 
Bid  him,   or  day,  redi  ben, 

Zu  him  V.  1085  bemerkt  Morris  nichts,  wahrscheinlich,  weil  er 
frend  für  einen  sing,  hält;  dagegen  spricht  aber  v.  10S7  :  sulen  he. 
Frend  kommt  auch  sonst  als  plur.  im  gcdichte  vor,  z.  b.  v.  1775. 
Also  ist  wol  hcm  für  him  zu  lesen. 

E.  Kölbing,   Englische  Studien.     III.     2.  I9 


290  E.  Kölbing 

51)  V.   1103   f.: 

do  an^jeles  seiden:   "we  suleii   it  sren, 
dor  quile  du  will  d(jr-innc  bcii ; 

Morris  sagt  p.  140:  »srcn,  if  correct,  might  signify  screen ,  but 
it  seems  to  be  an  error  iox  fren ,  to  set  free,  and  hence  to  save." 
Ich  finde,  dass  sren,  decken,  beschützen,  sehr  gut  passt,  zu  einer 
änderung  also  kein  grund  vorliegt.  Hinter  v.  1104  gehört  ein  punkt 
und  das  zeichen  des  redeschlusses. 

52)  V.   1107   f.: 

Oc  siden   loth   wcnle   ut    of  hine, 
breiide  it  dhunder,   sanc  it   erde-dine. 

lieber  hine  sagt  Morris  p.  140:  >hi7ie  =  him,  the  name  of  the 
town  being  regarded  as  of  the  mascuHne  gender.«  Aber  das  ist  doch 
sehr  unwahrscheinhch ,  besonders  da  die  Stadt  gleich  im  folgenden 
verse  als  neutrum  betrachtet  wird,  hine  ist  wol  vielmehr  eine  Schrei- 
bung für  hinne  =  heonene. 

53)  V.   1147  f-: 

Hu  he  migten  vnder-gon 

Here  fader,   dat  he  ne  wore  dor  gon. 

Der  sinn  der  zweiten  zeile  ist  mir  unklar :  Wie  sie  ihren  vater 
betrügen  möchten,  dass  er  nicht  dorthin  ginge  oder  gegangen  wärer 
Man  erwartet  allenfalls,  dass  er  nicht  von  hinnen  ginge,  d.  h.  ent- 
weder an  einen  andern  ort  oder  aus  der  weit,  sc.  ehe  sie  ihren 
zweck  erreicht  hätten.  Ich  wage  nicht,  eine  bestimmte  änderung 
vorzuschlagen ,  um  so  weniger ,  als  der  lat.  commentar  uns  keinen 
anhält  bietet. 

54)  V.   1151  ff.: 

....  And  on  eider  here  a  knaue  bi-geten, 

dis  ne  mai  nogt  ben  for-geten. 

dis  maidenes  deden  it  in  god  dhogt, 

de  fader  oc  drunken  ne  wiste  he  it  nogt. 

Dieser  interpunktion  zufolge  gehört  v.  1 1 5  2  dem  sinne  nach 
zum  vorigen.  Aber  gerade  diese  geschichte  ist  pikant  genug,  um 
eine  ausdrückliche  mahnung,  sie  nicht  zu  vergessen,  überflüssig  er- 
scheinen zu  lassen.  Die  mahnung  gehört  vielmehr  zu  der  in  den 
zwei  folgenden  versen  enthaltenen  erwägung.  Es  ist  also  nach  bi- 
geten  ein  punkt,  nach  for-geten  ein  colon  zu  setzen.  Zu  v.  1154 
ist  zu  bemerken,  dass  ein  sätzeverknüpfendes  oc  allerdings  am  ende 
wie    am    anfange    des    satzes    stehen   kann ,    aber  doch  schwerlich  in 


Kleine  beitrage  zur  erklärung  und  textkritik  englischer  dichter.   II  2QI 

der  weise  wie  hier  in  der  mitte;  ausserdem  ist  die  zeile  zu  lang  und 
somit  wol  dies  oc  einfach  zu  streichen. 

55)  V.   1168: 

bi-twen  cade  and  vr,  y-wis. 

Für  vr  ist  wol  Sv7-  zu  lesen;  vgl.  Gen.  20,   i. 

56)  V.   1195  f.: 

J)0  wulde  god  bi-sewen  so 

of  olde  abraham  and  o  sarra  so. 

Die  in  den  anmerkungen  zur  zweiten  aufläge  von  Morris  zu  v. 
1195  gemachte  notiz:  -»so  in  this  line  seems  an  unnecessary  ad- 
dition  of  the  scribe's,«  gehört  offenbar  vielmehr  zu  v.  1x96  und  er- 
scheint für  diese  als  berechtigt,  so,  v.  1195,  wird  als  soa  zu  lesen 
sein,  um  auf  sa7-ra  reimen  zu  können;  vgl.  Wülcker  zu  v.  81.  Dem 
abschreiber  erschien  der  reim  ungenau  und  er  fügte  so  bei. 

57)  V.   121 1  f.: 

Wintres  ford-wexen  on  ysaac, 
And  ysmael   was  him  un-swac. 
Often  it  gan  ysaac  un-framen, 
And  ysmael  pleide  hard  gamen. 

V.  121 2  Übersetzt  Morris  p.  143:  ;  And  Ishmael  was  to  him 
(Isaac)  disagreeable.-;  Er  ^xW2lX\.  uustvac  durch  displeasing,  distasteful, 
unter  hinweis  auf  ein  ae.  swcec ,  savour,  taste.  Diese  ableitung  er- 
scheint mir  aber  wenig  begründet  und  ich  ziehe  hauptsächlich  in 
rücksicht  auf  den  Zusammenhang  die  auch  von  Stratmann^  p.  603  b 
fragweise  vorgeschlagene:  unschwach,  d.  h.  stark,  kräftig,  vor;  vgl. 
elde  swac  v.  1528,  wo  ich  keinen  grund  sehe,  mit  Morris  gegen  die 
hs.  eldes  wac  abzutheilen.  Morris'  erklärung  passt  nämlich  nicht  zum 
folgenden  verse,  denn  worauf  soll  sich  //  beziehen?  während  nach  unsrer 
erklärung  es  auf  Ysmael's  stärke  zurückweist,  die  für  Ysaac  allerdings 
unangenehme  folgen  hatte,  denn  Ysmael  pleide  hard  gatnen.  Vgl.  zu 
dieser  stelle  Hs.  cap.  LVI :  Dumque  simul  luderent  Israael  et  Isaac, 
major  laedebat  minorem. 

58)  V.   1261   ff.: 

Ilis.  IX.  was  tema  for-dan, 
Is  dor  a  ku[njglond  tenian  ; 
And  XII.  of  de  cedinia, 
Het  a   kunglond  esten   fro  da. 

Der  erklärung  von  v.  1261  f.  auf  p.  144  entsprechend  ist  das 
comma  vor,  nicht  hinter  for-dan  zu  setzen.  V.  1163  ist  falsch 
überliefert  •,  man  lese :  and  of  de  XII.  Cedima.    Endlich  schlägt  Morris 

19* 


2Q2  E.   K(>lbing 

fragweise  vor,  cstcn  in  c/ten  zu  verwandeln,  was  im  blick  auf  flen 
lat.  Urtext  zurückzuweisen  ist.  Man  vgl.  Hs.  cap.  LVI :  'J'hemain 
nonus,  a  (juo  Themam,  ([uae  est  ad  austrum  ;  Cethunia  ultinius,  a  quo 
Cethema,  (jua;  est  ad  orientem. 

59)  V.  1345  f-: 

Sarra  was  fagen   in  kiiuies  wune, 
dat  hire  bilcf  dat   tlere  sune. 

Morris  übersetzt  v.  1345:  '»Sarah  was  naturally  glad  ;  ///  kindcs 
icnine  =  after  the  manner  of  kinde  (natiire).«  Zupitza  verweist  p. 
134^  s.  v.  wunc  auf  7f^7/,  wonne,  und  gibt  hier  als  me.  formen:  icufine, 
7uune  an,  die  letztere  jedenfalls  in  rücksicht  auf  die  vorliegende  stelle. 
Unter  kind  scheint  er  p.  85  ^  dasselbe  zu  verstehen  wie  Morris,  wenn 
er  als  bedeutungen  angibt:  natur,  natürliche  eigenschaft ,  art,  ge- 
schlecht. Er  will  also  wol  übersetzen :  Sara  war  erfreut  in  natürlicher 
wonne.  Ehe  man  eine  solche  neue  deutung  aufstellt,  sollte  man  aber 
doch  die  verwandten  ausdrücke  in  demselben  gedichte  in  betracht 
ziehen.  Man  vgl.  also  v.  971  :  G/ic  hcld  hire  hard  in  dralles  zvune  — 
nach  art  einer  magd.  V.  1655:  Laban  fagnede  him  in  frendes  wune  — 
wie  ein  freund  zu  thun  pflegt.  V.  1405  f . :  Sent  he  was  dider,  for  kinde 
7vune,  I  After  a  wif  to  ysaac  his  sune  —  nach  gewohnheit  der  Verwandt- 
schaft, d.  h.  entsprechend  der  sitte,  die  frau  aus  der  eignen  Verwandt- 
schaft zu  wählen.  V.  1651  f.:  And  kidde  he  was  hire  inouies  sune^  \ 
And  kiste  hire  after  kind  es  ivune  —  wie  es  unter  verwandten  üblich 
ist.  So  wird  also  auch  liier  ///  kindes  wune  heissen :  nach  gewohn- 
heit der  Verwandtschaft,  d.  h.  wie  es  von  einer  mutter  zu  erwarten 
war.  Jene  erklärung  von  imtnc  ist  aber  auch  vom  sprachlichen 
Standpunkte  aus  verwerflich,  denn  wenn  auch  diese  form  mit  ein- 
fachem n  hier  möglich  wäre  [Stratm.^  p,  656  a  führt  kein  beispiel 
dafür  an,  doch  vgl.  gutie  v.  3135],  so  müsste  dem  dialekte  des 
gedichtes  zufolge  die  form  winne  oder  mindestens  wine  lauten  und 
könnte  nicht  mit  sune  reimen.  In  einer  zweiten  aufläge  des 
:>Uebungsbuches«  dürfte  also  diese  vermeintlich  bessere  deutung  zu 
redressiren  sein. 

60)  V.   1366  ff.: 

Wid  michel  swiuc  he  dider  cam 
At  a  welle  wid-uten  de  tun ; 
dor  he  leide  hise  semes  dun, 

Vgl.    Hs.    cap.    LX:    Perrexitque    Mesopotamiam    ad    Charbem, 

urbem  Nachor.     Multo    quidem  tempore    et  labore Fecit 

autem  camelos  accumbere  juxta  puteum  aute  urbem,  impotatos  nolens 


Kleine  beitrage  zur  erlclärung  und  textkritik  englischer  dichter.   II         203 

introducere.  Aus  dem  urtexte  ergibt  sich ,  dass  des  Herausgebers 
interpunktion  unrichtig  ist ;  nach  cam  gehört  ein  semicolon,  während 
das  hinter  tun  stehende  zu  streichen  ist. 

61)  V.    1389  f.: 

for  kindes  luue  he  was  hire  hold, 
Wid  beges  and  ringes  boden  of  gold. 

Das  couima  nach  hold  ist  zu  streichen,  da  doch  wol  hold  wid 
zusammengehölt:  seine  freundlichkeit  zeigend  durch,  obwol  ich  in 
andern  germ.  dialekten  eine  ähnliche  Verbindung  nicht  nachzuweisen 
vermag. 

62)  V.   1408: 

To  ysac-is  bi-ofte  wile  ic  crauen. 

Der  herausgebet  hat  vergessen ,  nach  dieser  zeile  den  schluss 
der  rede  zu  bezeichnen. 

63)  V.   141 1  f.: 

Quan  god  haued  it  so  bi-sen, 
Alse  he  sendet,   als  it  sal  ben. 

Diese  zwei  zeilen  hat  Morris  in  klammern  eingeschlossen,  wol 
um  anzudeuten,  dass  sie  eine  nicht  zur  erzählung  gehörige  erwägung 
des  dichters  enthalten.  Sie  sind  aber  vielmehr  als  rede  Labans  auf- 
zufassen, wenn  das  auch  nicht  direkt  ausgesprochen  ist,  vgl.  Gen.  24, 
50:  Responderunt  Laban  et  Bathuel:  A  domino  egressus  est  sermo, 
non  possumus  extra   placitum  ejus  quidquam  aliud  loqui  tecum. 

64)  V.    143 1   f.: 

Or  he  wel  homward  cumen  was, 
Ysaac  was  cume  to  gerasis. 

Der  schlechte  reim :  7vas  :  Gerasis  ist  schwerlich  ursprünglich. 
Im  Urtexte  lautet  der  name  Gerara ,  daher  also  wol  Gerasas  oder 
Geraras  zu  lesen  ist.  Dass  der  abschreiber  eigennamen  entstellt 
hat,  ist  uns  ja  schon  öfters  begegnet'). 

65)  V.  1455  f-- 

boden  ysaac  and  ysmael 

Him  bi-stoden  wurlike  and  wel. 

Morris'  Übersetzung:  »mourned  for  (bewailed)  him  worthily  and 
well«,  ist  aus  dem  Wortlaute  nicht  zu  gewinnen.     Dass   bistatidcn  ein 


1)  Ich  kann  also  diesen  reim  so  wenig  wie  v.  II 59  f.:  <',*,'''''■  undcrgon  als 
beleg  ansehen  für  «eine  ganz  eigenthüniliche  form  in  dem  gleichklang  derselben 
consonanten  am  ende  der  verse«  (llilmer:  lieber  die  spräche  der  ae.  Story  of 
Genesis  and  Exodus.  Sondcrsh.  1876,  p.  3).  Im  letzteren  falle  ist  einfach  a^on 
einzusetzen;  vgl.   v.   2243  ^•'-  'K^^^" ■   '•"'«• 


2  94  '''•  '"^'''biiig 

euphemistischer  ausdruck  zu  sein  scheint  für  Ijestatten,  wurde  bereits 
u.  unter  25)  bemerkt.  Hier  wird  diese  ansieht  direkt  bestätigt 
durch  den  lateinischen  urtext ,  Hs.  caj>.  I.XII:  Et  sepelierunt  eum 
Hismael  et  Isaac  in  spekinca  duplici  cum  uxore  sua. 

66)  V.    1465   ff.: 

(lo  wurd  rebecca  childre  bere, 
dat  ghe  feite  ful  time  in  gcre ; 
At  on  burdene  ghe  under-stod 
two  de  weren   hire  sibbe  blöd. 

V,  1467  f.  Übersetzt  der  herausgeber  so:  »At  one  bürden  she 
bore  two,  who  were  to  her  akin  of  blood'«  Aber  ich  glaube  nicht, 
dass  under-stod  den  sinn  von  bore  haben  kann.  Ich  schlage  dem- 
nach folgende  interpunktion  von  v.  1466  ff.  vor:  dat  ghe  feite  ful 
time  in  gere  \  at  on  burdetie ,  ghe  jmder-stod ,  \  two  de  weren  hire 
sibbe  blöd  =  so  dass  sie  die  ganze  zeit  im  jähre  (d.  h.  während 
ihrer  Schwangerschaft)  fühlte  bei  einer  bürde  zwei,  so  begriff  sie,  die 
ihrem  blute  entstammt  waren. 

67)  V.  1469  f.: 

Alse  dhute  hire  day  and  nigt, 
Alse  he  wrogten  and   figt. 

Morris  bemerkt  zu  v.  1470:  •i>and=  an  =  in;  or  eise  y^^/ must 
be  an  error  for  fagt  =  fought;  and  nigt  =  nagt.<s-  Aber  da  die 
zeile  auch  ausserdem  auffallend  kurz  ist ,  liegt  es  doch  viel  näher, 
vor  and  den  ausfall  eines  synonymums  zu  ßgt  anzunehmen  und  etwa 
camp  zu  ergänzen  \  vgl.  Lay.  v.  4347  :  comp  and  ifiht. 

68)  V.    148 1   f.: 

Esau  wilde  man  buntere 
And  Jacob   tarne  man  tiliere. 

Das  fehlen  des  verbums  ist  auffällig;  vielleicht  ist  nach  EsaUy 
was  ausgefallen. 

69)  V.   1503  ff.: 

de  firme  sune  at  ofTrende  sei 

Was  wune  ben  scrid  semelike  and  wel, 

and  sulde  auen  de  bliscing 

Or  or  de  fader  dede  his  ending; 

And  at  heg  tide  and  at  gestning, 

de  gungere  sune  geuen  de  bliscing, 

Ich  musste  der  construction  des  satzes  wegen  die  ganze  stelle 
ausschreiben,  obwol  ich  specieller  hier  nur  mit  den  zwei  letzten 
Zeilen  zu  thun  habe.   Morris  gibt  p.   147   heg  tide  wieder  durch :  hey 


Kleine  beitrage  zur  erklärung  und  textkritik  englischer  dichter.  II  295 

(high)  days;  Stratm.^  p.  2 98 ^  führt  das  wort  an,  vergleicht  mhd. 
hochzit  und  setzt  fragweise  die  bedeutung :  nuptials  an.  In  dem 
Worte  liegt  diese  bedeutung  wenigstens  an  sich  nicht,  und  auch  im 
Urtexte  ist  sie  nicht  angedeutet ,  vgl.  Hs.  cap.  LXVIII :  Habebat 
enim  primogenitus  vestem  specialem,  qua  induebatur,  tantum  in 
sacrificio  offerendo ,  et  recepturus  finalem  benedictionem  a  patre. 
Ipse  in  solemnitatibus,  in  conviviis  benedicebat  minoribus.  Aus 
dieser  stelle  erhellt  auch ,  dass  die  unter  dem  texte  stehende  bemer- 
kung  des  herausgebers  zu  giingere:  an  error  for  eider e ,  irrig  ist;  de 
gungere  sone  (=  lat.  minoribus)  ist  als  dativ  aufzufassen. 

70)  V.   1519  f.: 

An  hundred  so  mikel  wex  his  tile. 
So  may  god  fride  dor  he  wile. 

Morris  übersetzt  p.  148:  »A  hundred  times  as  much  waxed  his 
honour,  so  may  god  prosper  where  he  will.«  Im  glossar  dagegen 
gibt  er  tile  durch  gain  wieder.  Stratm.^  p.  563^  setzt  fragend  die 
bedeutungen:  cultus,  fructus,  dafür  an.  Das  wort  scheint  sonst  nicht 
vorzukommen,  hängt  aber  offenbar  mit  tilie  und  tilien  zusammen  und 
muss  hier  »bodenertrag«  heissen.  Vgl.  Gen.  26,  12:  Sevit  autem 
Isaac  in  terra  illa ,  et  invenit  in  ipso  anno  centuplum ,  benedixitque 
ei  dominus.  Dieselbe  bedeutung  hat  tilyyng,  Bödd.  Alte,  dicht, 
p.   102. 

71)  V.   1527  f.: 

And  helde  gede  on  ysaac, 
Wurdede  sighteles  and  elde  swac. 

wurdede  steht  hier  für  weard.  Doch  würde  es  unrichtig  sein, 
die  letztere  form  dafür  einzusetzen ;  denn  es  handelt  sich  um  eine 
form  Verwechselung  zwischen  den  verben  laurden  fieri,  und  wurdien, 
aestimare,  in  ähnlicher  weise  wie  im  verlaufe  der  spräche  im  praet, 
feallan  und  fellan  verwechselt  werden,  vgl.  Zup.,  Anz.  f.  d.  a.  IV, 
p.  256.  Anders  Mätzner  zu  v..  201 1.  Stratmann  erwähnt  diese 
form  nicht.     Umgekehrt  steht  v.   1826  wurde  statt  wurdede. 

72)  V.  1545  f.: 

danne  he  wiste  him  on  gode  sei, 
He  him  bliscede  holdelike  and  \ve]. 

Der  sinn  wird  verbessert,  wenn  wir  on  gode  sei  zur  zweiten  zeile 
ziehen,  also  das  comma  nicht  nach  sei,  sondern  schon  nach  ///>// 
setzen.     Der  urtext  bietet  nichts   entsprechendes. 


2g6  E-   Kölhing 

73)  V.   1547  f-: 

"Heucne  dew  and  crdes  fetthed, 
Of  win  and  olie  fulsum-hed.« 

Morris  hat  p.  149  diese  zwei  veise  richtig  übersetzt;  aber  dieser 
blosse  nominativ  oder  accus,  ohne  verbum  ist  doch  sehr  auffallend. 
Man  erwartet  etwas  dem  lat. :  det  tibi  deus ,  entsprechendes ;  oder 
ist  vor  Heuene  eine  von  blisccde  abhängige  präposition  weggefallen^ 
so  dass  eine  direkte  rede  überhaupt  nicht  vorliegt?  Letzteres  ist  mir 
das  wahrscheinlichste. 

74)  V.    155 1   f.: 

Wel  blide  and  fagen  was  iacol)  do, 
for  blisced  he  wente  his  fader  fro. 

Nach  v.  1552  ist  eine  lücke  in  der  erzählung,  denn  es  wird  mit 
keinem  worte  berührt,  dass  Esau  erscheint  und  um  den  segen  bittet. 
Das  kann  freilich  allenfalls  auf  zwei  zeilen  gestanden  haben  ;  soviel 
wird  also  mindestens  als  ausgefallen  anzusetzen  sein.  Die  Wahr- 
scheinlichkeit von  lücken  haben  wir  ja  auch  früher  schon  constatirt ; 
vgl.  unter  16)  u.  48). 

75)  V.   157 1   ff. 

do  gan  esau   dangen  and  sen, 
Quilc  is  bliscing  migte  ben ; 
In  heuene  deu,  and  erdes  smere, 
Gatte  hhn  bliscing  dat  him  was  gere. 

In  V.  157 1  ist  für  esau,  ysaac  einzusetzen,  denn  es  ist  Isaac's, 
nicht  Esau's  sache,  den  segen  zu  überlegen;  ebenso  wird  für  v. 
1573  f.  Isaac  als  subject  verlangt.  Vgl.  auch  Hs.  cap.  LXXII : 
Cumque  et  ipse  a  patre  benedictionem  postulasset,  et  patri  haesi- 
tanti  in  quo  ei  benediceret,  vehementer  instaret,  motus  Isaac,  ait. 
Zu  V.  1574  bemerkt  Morris  p.  149:  -granted  him  blessing  that  was 
precious  to  him;  gere  is  evidently  an  error  for  dere ,  beloved,  dear, 
precious.«  Aber  gere  ist  doch  wol  ==  ae.  gearu  =  paratus:  der 
segen,  der  noch  für  ihn  bereit,  d.  h.  übrig  war. 

76)  V.   1577   f.^ 

Quad  esau   »grot  sal  bi-cumen, 
And  wreche  of  iacob  sal  binumen«. 

Diese  verse  übersetzt  Morris  so:  »Quoth  Esau:  The  time  of 
mourning  shall  pass  away,  and  I  shall  take  vengeance  of  (on)  Jacob.« 
Erstens  hat  bi-awien  nicht  die  bedeutung:  pass  away,  und  zweitens 
wird    gerade    der    umgekehrte    sinn    gefordert,     vgl.    Gen.    28,   41: 


Kleine  beitrage  zur  erklärung  und  textkritik   englischer  dichter.  II  207 

Venient  dies  luctus  patris  mei.  Was  die  Übersetzung  des  folgenden 
verses  anlangt ,  so  ist  dieselbe  natürlich  ungenau  ,  wodurch  stets  der 
zweck  der  Übertragung  verfehlt  wird.  Es  handelt  sich  doch  um  den 
sinn  von  bi-nuf/ieti.  Im  glossar  der  ersten  aufläge  wird  dies  wort 
mit  bereft,  taken  away,  rescued,  placed ,  und  speciell  für  diese  stelle 
mit :  be  taken  erklärt.  In  der  zweiten  aufläge  ist  dieselbe  von  den 
übrigen  ganz  getrennt.  Die  von  M.  gegebene  erklärung  ist  ja  richtig, 
aber  es  müsste  dann  auch  im  texte  für  bifuwien,  be  numen  geschrie- 
ben werden. 

77)  V.   1579  ff.: 

Oc  rebecca  wiste  dat  dhogt, 

dat  hate  was  in  hise  herte  brogt, 

for-di  ghe  iacob  warnen  gan, 

And  sente  him  to  his  broder  laban. 

Für  his,  V.  1582,  ist  hire  zu  schreiben,  denn  Laban  war  bekannt- 
lich nicht  lacob's,  sondern  Rebecca's  bruder. 

78)  V.   1594: 

Ne  bode  ic  no  lengere  werides  lif. 

Hinter  diese  zeile  gehört  das  zeichen  der  geschlossenen  rede. 

79)  V.    1599  ff.: 

Long  weie  he  gan  to-ward  aram, 
bi  cananeam  ford  he  nam, 
And  wulde  nogt  dat  folc  bi-twen 
Herberged  in  here  huses  ben. 
He  lay  bi  luzan  ut  on  nigt. 

Der  herausgeber  macht  die  randbemerkung :  »Jacob  went  a  long 
way  about,  in  order  to  avoid  the  houses  of  the  Canaanites.  At 
Luz  he  tarried  all  night.«  Diese  angäbe  beruht  auf  einer  falschen 
auffassung  des  Zusammenhanges.  Erstens  hat  v.  1599  nicht  den 
sinn:  Er  machte  einen  grossen  umweg  auf  seiner  reise  nach  Haran, 
sondern  nur:  Er  trat  den  langen  weg  nach  Haran  an,  heist  also 
weiter  nichts,  als  was  Gen.  28,  10  steht:  Pergebat  Haran.  Für  den 
ausdruck  vgl.  v.  1633:  Longe  weie  he  siden  ouer-cam.  Der  wünsch, 
die  häuser  der  Canaaniter  zu  vermeiden ,  hat  vielmehr  zur  folge, 
dass  er  sich  im  freien  lagert.    Vgl.  Hs.  cap.  LXXII :  Per  Chananneam 

vero  iter  faciens,    timuit  incolas    terrre Timuit  ergo   Jacob, 

apud  aliquem  provincialium  introire  et  sub  divo  jacebat.  Cum  auteni 
venisset  juxta  Luzam  vespere  etc. 

80)  V.   1609  ft". : 

And  de  louerd  der  uppe  a-buuen 

Lened  dor-on ;  and  [Jacob]  wurd  ul-suuen, 


2g8  K.  Kölbing 

Morris  bemerkt  dazu:  T>Lened  =  leaned;  Init  the  ms.  also 
sanctions  leued  =  remained  ;  a7id  [Jacob]  7vurd  ui-sui/en .  and  Jacob 
became  cast  out  of  (aroused  from)  bis  sleep.«  Der  urtext  lautet, 
Gen.  28,  13:  et  dominum  innixum  scalae  dicentem  sibi.  Daraus 
ergil)t  sich  zunächst ,  dass  die  Icsung  leued  abzuweisen  ist.  Ferner 
ist  allerdings  der  sinn  der  folgenden  worte  richtig  angegeben  ,  aber 
die  einschiebung  von  Jacob  ist  unthunlich ,  weil  dadurch  die  zeile  zu 
lang  wird:  wir  gewinnen  denselben  sinn  und  zugleich  eine  con- 
struction ,  welche  sich  auf  das  engste  an  die  der  Vulgata  anschliesst, 
wenn  wir  statt  lened ,  lened  ■=  lenend  schreiben.  Dann  ist  von  v. 
1603  ^Vi  Jacob  stets  das  subject  und  braucht  hier  nicht  neu  eingefügt 
zu  werden. 

81)  V.    1627: 

Her  ic  sal  offrendes  here  don. 

Die  identischen  worte  her  und  here  in  derselben  zeile  können 
nicht  richtig  sein.  Selbst  wenn  man  das  erste  streicht,  ist  die  zeile 
noch  lang  genug. 

82)  V.   1637  ff.: 

And  dre  flockes  of  sep  dor-bi, 

dat  dor  abiden  al  for-di; 

dor  was  nogt  wune  on  &  on, 

dat  orf  dor  to  water  gon, 

Oc  at  set  time  he  sulden  samen, 

dor  hem-self  &  here  orf  framen. 

In  diesen  zeilen  bekundet  die  interpunktion  der  ausgäbe  mehr- 
fach eine  unrichtige  auffassung.  Erstens  gehört  v.  1638  nach  for- 
di  kein  semicolon ,  sondern  ein  colon ,  da  der  grund  erst  in  den 
folgenden  zeilen  genannt  wird;  ferner  ist  v.  1639  das  comma  nach 
on  &=  on  falsch :  entweder  muss  es  ganz  w-egfallen  oder  wenigstens 
vor  011  Q^  on  stehen ,  denn  der  sinn  ist :  es  war  nicht  sitte,  dass 
die  schafheerden  einzeln  zur  tränke  gelassen  %vurden.  Endlich 
muss  wol  auch  v.  1641  das  comma  nach  samen  wegfallen.  Morris 
sagt  zwar  p.  150:  sulden  safnen  =  should  assemble,«  und  nimmt 
letzeres  wol  im  intransitiven  sinne,  zieht  also  honseif  auf  der  folgen- 
den zeile  zu  framen.  Ich  dagegen  ziehe  es  zu  samen :  sie  sollten 
sich  dort  versammeln  und  ihr  vieh  versorgen.  Denn  es  ist  doch 
nicht  die  rede  davon ,  dass  die  hirten  dort  wasser  trinken  wollen. 
Zu  der  ganzen  stelle  vgl.  Hs.  cap.  LXXIV:  ....  et  venit  ad  pu- 
teum  in  agro ,  opertum  lapide  grandi ,  juxta  quem  tres  greges  acccu- 
babant.     Cumque    dixisset   pastoribus,     ut  adaquarent  greges,    et  ad 


Kleine  beitrage  zur  erklärung   und  textkritik  englischer  dichter.   II         200 

pastum  reducerent,  accepit  morem  ibi  esse,  non  amoveri  lapidem, 
donec  omnes  greges  convenirent,  nee  Heere  greges  particulatim 
adaquare. 

83)  V.  1643  ff.: 

Jacob  des  hirdes  freinen  gan, 
Hu  fer  ist  heden  to  laban ; 
Wel  he  seiden  and  swide  wel, 
»loc !  her  his  dogter  rachel.r< 

Morris  bemerkt  über  diese  verse  nichts,  aber  ich  halte  das  über- 
Heferte  für  verderbt.  Zunächst  war  v.  1644  als  direkte  rede  zu  be- 
zeichnen. Ferner  ist  die  folgende  zeile  sehr  merkwürdig:  Wol  sagten 
sie  und  sehr  wol:,  und  v.  1646  ist  keine  antwort  auf  Jacob's  frage. 
Nun  vergleiche  man  Gen.  29,  5  f . :  Quos  interrogans :  Numquid,  ait 
nostis  Laban,  filium  Nachor?  Dixerunt:  Novimus.  Sanusne  est? 
inquit.  Valet ,  inquiunt ,  et  ecce  Rachel ,  filia  ejus ,  venit  cum  grege 
suo.  V.  5  ist  im  engl,  gedichte  etwas  anders  gefasst;  statt  die  hirten 
zu  fragen ,  ob  sie  Laban  kennen ,  fragt  er ,  wie  weit  es  bis  zu  ihm 
sei.  Sachlich  kommt  beides  auf  dasselbe  heraus.  Aber  das  Wel 
und:  swide  wel  von  v.  1645,  welches  uns  oben  so  auffällig  war,  be- 
kommt sofort  einen  befriedigenden  sinn ,  wenn  wir  diese  worte  als 
zur  rede  des  hirten  gehörig  und  als  wiedergäbe  des  lat.  Valet  1  an- 
sehen. Daran  schliesst  sich  dann  v.  1646  genau  so  an,  wie  die 
entsprechenden  worte  der  Vulgata.  Aus  alledem  folgt  aber,  dass 
nach  V.  1644  ein  verspaar  ausgefallen  ist,  in  welchem  die  ant- 
wort der  hirten  auf  Jacob's  erste  frage  und  die  zweite  frage  Jacob's 
über  das  befinden  seines  oheims  enthalten  war.     Ich  schreibe  also : 

Jacob  des  hirdes  freinen  gan : 
»Hu  fer  ist  heden  to  laban?« 


»Wel«!   he  seiden,  and:    »swide  wel! 
loc  her  his  dogter  rachel ! « 


84)  V.   1647  f.: 

Sep  he  driuen  dis  welle  ner, 
for  ghe  hem  wulde  wattre  der. 

he  driuen  ist  auffallend;  erwartet  wird  vielmehr:  ghe  drof,  denn 
wir  wissen  sonst  nichts  davon ,  dass  die  anderen  hirten ,  die  ja 
Laban's  schafe  gar  nichts  angehen,  sie  ihr  zur  tränke  getrieben 
hätten;  vgl.  Gen.  29,  9:  nam  greges  ipsa  pascebat.  Hat  vielleicht 
der  abschreiber  he  driuen  nach  analogie  von  he  seiden,   v.   1645,  ge- 


200  E.   Kölbing 

bildet?     Doch    würde    ich    nicht    wagen,    ohne    wthercs  jf/ie   drof '\n 
den  text  zu  setzen. 

85)  V.    1657   f.: 

Jacob  tolde   him  for  quat  lie  sw.inc 

So  fer,  and  laban  herte  ranc ; 

He  cude   liim  der-of  wel    gret  dhanc. 

V.  1658  übersetzt  Morris  durch:  and  Laban's  heart  was  wrung 
(with  pity)«,  allerdings  fragweise,  und  fügt  hinzu:  >for  ra?ic  read 
wranc  =  wrang.«  Diese  auffassung  ist  gewiss  irrig:  die  ausdrucks- 
weise wäre  doch  zu  sonderbar,  herte -ranc  ist  wol  ein  zusammen- 
gesetztes adjectiv  und  epitheton  von  Laban;  vgl.  Orm.  v.  9622: 
Jleh  falle  and  ra?mc  onn  corpe.  Dann  ist  natürlich  auch  das  semi- 
colon  hinter  ranc  durch  ein  comma  zu  ersetzen. 

86)  V.   1663  f.: 

Laban  bi-tagte  him,  siden  to  sen, 
His  hirdenesse  dat  il  wel  ben. 

Das  comma  muss  hinter  siden  stehen;  vgl.  Hs.  a.  a.  o.:  Tan- 
dem curam  gregis  eum  habere  decrevit. 

87)  V.   1703  f.: 

Lia  siden   two  sunes  bar, 
Zabulon(.)  last(.)  or  ysakar. 

Aus  anmerkungen  und  glossar  der  ausgäbe  ist  nicht  zu  ersehen, 
wie  Morris  diese  stelle  aufgefasst  hat.  Nach  last  muss  ein  comma 
stehen :  Zabulon  zuletzt ,  vorher  Ysakar.  Die  sonderbare  ausdrucks- 
weise erklärt  sich  dadurch ,  dass  es  für  den  dichter  schwierig  war, 
die  eigennamen  im  reime  zu  verwerthen.     Vgl.  Gen.  30,   18  ff. 

88)  V.   1709  ff.: 

Longe  haued  nu  iacob  ben  her, 
wid  laban  fülle  .XIH.  ger; 
Leue  askede  hem  hom  to  faren, 

Da  V.  1 7 1  o  nur  von  Laban  die  rede  gewesen  ist ,  so  ist  wol 
hem  (v.   17 11)  in  hwi  zu  verwandeln. 

89)  V.   1715  f.: 

serue  he  scrided  dat  .VII.  ger, 
dat  he  bi-leue  and   serue  him  her. 

Mit  Morris'  erklärung  von  v.  17 15  bin  ich  nicht  einverstanden; 
vor  allem  anstössig  ist  mir  das  zweimalige  serue,  am  anfang  v.  17 15 
und  in  der  mitte  von  v.  17 16.  Vielleicht  ist  gerne  (=  eifrig,  leb- 
haft) für  serue  zu  lesen  und  dat  in  v.   1716  zu  streichen. 


Kleine  beitrage  zur  erklärung  und  textkritik  englischer  dichter.  II  -joi 

90)  V.    1719    f.: 

forward  is  mad  of  alle  sep, 
Of  ones  bles  iacob  niin  kep, 
And   if  of  do   spotted  cumen, 
do  sulen  him  ben   for  hire  numen. 

Aufifallend  ist  der  inf.  nim,  der  doch  wol  nicht  so  ohne  weiteres 
sich  an  forward  is  7tiad  anschliessen  kann.  Vielleicht  ist  sul  vor  nim 
weggefallen;  vgl.  sulen  in  v.   1722. 

91)  V.   1745   f.: 

danne  fleg  he  to  mesopotaniam, 
And  drog  to-ward  cananeam. 

Für  to  mesopotaniam  muss  es  frotn  inesopotatiiam  heissen,  denn 
Caram  liegt  eben  in  Mes. ;  vgl.  v.  1359  fF. :  Abraham  sente  eliezer  \ 
to  lond  mesopotanie  fer,  \  To  caram,   dor  is  fader  lay. 

92)  V.   1771    f . : 

f)0  [q]wad  iacob:   »yuel  ist  bitogen. 
Min  swinc  a-buten  din  holde  drogen. 

Morris  bemerkt  p.  151  zu  v.  177 1:  -»yuel  ist  bitogen,  evil  is 
there  accused  =  wrongfuUy  has  accusation  been  made  i.  e.  I  am 
accused  of  a  crime,  bitogen ,  the  p.  p.  of  biteon,  signifies  also  be- 
fallen, bitogen  may  be  an  error  for  bilogen.<i.  Zu  v.  1772:  »My 
labour  about  thy  property  is  drawn  (taken  up) ,  i.  e.  I  am  troubled 
about  thy  property.«  Diese  erklärung  ist  vollständig  verfehlt.  Der 
sinn  dieser  verse  ist  vielmehr :  Uebel  ist  angewendet  meine  mühe, 
ertragen  um  deinen  reichthum.  [Nachträglich  sehe  ich,  dass  Mätzner, 
Wtb.  I  p.  274  diese  auffassung  zu  theilen  scheint].  Vgl.  Hs.  cap. 
LXXIX:  Iratusque  Jacob  improperavit ,  quod  pro  diligenti  servitio 
viginti  annorum  non  meruerat,  ut  ipse  omnem  supellectilem  suam 
scrutaretur. 

93)  V.   1777   f.: 

And  make  we  it  her  an  hil  of  ston, 
Name  of  witnesse  be  der-on. 

//  ist  Überflüssig  und  wol  zu  streichen. 

94)  V.    1799  f.: 

And  iordan  he  dede  ouer  waden, 
Orf  &  nien,  wid  weide  laden. 

Das  comma  am  Schlüsse  von  v.  1799  ist  zu  streichen,  denn  dede 
bedeutet:  Hess,  machte,  nicht:  that,  als  umschreibendes  verbum. 


^02  E.   Külljing 

95)  V.    1820   ff.; 

dat  ste[cle]  was  calci  phanuel, 
for  he  nam  ouer  phanuel ; 
And  it  wurd  ligt  and  he  sag  wcl 
Quor  esau  a-gen  him  cam. 

V.  1821  ist  unverständlich;  die  statte  kann  nicht  Phanuel  ge- 
nannt worden  sein,  weil  er  dieselbe  überschritt.  Offenbar  soll  aber 
auch  in  dieser  zeile  der  name  gar  nicht  erklärt  werden;  vgl.  Gen. 
32,  31:  Ortusque  est  ei  statim  sol ,  postquam  transgressus 
est  Phanuel.  Für /c;r  wird  also /^r^/  zu  schreiben  sein;  die  um- 
gekehrte Verwechselung  beobachteten  wir  oben  unter  43).  Hinter 
V.    1820  gehört  ein  punkt,  hinter   1821   ein  comma. 

96)  V.  1837  f.: 

dat  newe  bürg  was  him  to  frame, 
Mad  and  cald  of  is  owen  name. 

Morris  erklärt  him  to  frame  durch :     for   his    own   use,  wogegen 

nichts  einzuwenden  ist.  Aber  mad  gehört  sicherlich  dazu:  für  seinen 

eigenen  nutzen  erbaut.  Das  comma  hinter  frame  ist  also  zu  streichen. 

97)  V.   1899  f.: 

Oc  esau,   seyr  [and]  edon 
Lond  ydumeam  wunede  on. 

a7id  fehlt  in  der  hs.  und  ist  vom  herausgeber  ergänzt.  Ich 
halte  diese  ergänzung  für  unrichtig.  Vgl.  Hs.  cap.  LXXXV:  Et 
rediit  Esau  ad  montana ,    quai  dimiserat ,    et  dicta  est    terra    Idumaea 

ab  Edom  ,     quae    prius  Bosra   dicebatur Videtur   etiam  in 

Genesi  quod  eadem  terra  ante  Esau  etiam  dicta  fuit  Seir.  Dieser 
erörterung  zufolge ,  die  der  dichter  adoptirt  zu  haben  scheint ,  ist 
also  Seyr ,  Edon  und  Ydtwiea  identisch.  Für  and  wird  demnach  or 
zu  lesen,  und  Lond  ydumeam,  als  apposition  dazu,  in  commata  ein- 
zuschliessen  sein. 

98)  V.   1907   f: 

For  sextene  ger  Joseph  was  cid, 
Quane  he  was  in   to  Egipte  sold. 

Mit  diesen  versen  beginnt  der  abschnitt,  welchen  Mätzner  in 
seinen  Sprachproben  abgedruckt  hat.  Er  hätte  indess  zwei  verse 
früher  anfangen  sollen ,  trotz  der  initiale,  die  ihn  bestimmt  zu  haben 
scheint ,  da  das  for  doch  entschieden  auf  die  beiden  vorhergehenden 
seilen :  XII  ger  or  ysaac  was  dead  \  Jacobes  sunes  deden  un-red; 
zurückweist. 


Kleine  beitrage  zur  erklärung  und  textkritik  englischer  dichter.  II        ■503 

99)  ^^-    I915    f- 

for-di  wexem  wid  gret  nid 
And  hate,  for  it  in  ille  lid, 

Mätzner's  conjectur  {wid  him  für  ivicf)  ist  der  \on  ihm  nicht 
erwähnten  von  Morris,  welcher  lesen  will :  for-di  he  wexeti  wid  gred 
nid,  unbedingt  vorzuziehen.  In  der  folgenden  zeile  ist  Morris'  einschub 
von  herte  hinter  ille  mit  Mätzner  aus  metrischen  wie  sachlichen 
gründen  zu  verwerfen.  Aber  auch  seine  erklärung:  quia  situm  est 
in  malo ,  ist  wenig  befriedigend.  Man  erwartet  den  sinn :  weil  es 
ihnen  übel  gefiel.  Aber  wenn  es  auch  anginge,  in  in  hevi  zu 
ändern,  so  dürfte  doch  die  zusammenziehung  von  liked  zu  lid  sich 
schwerlich  sonst  belegen  lassen.  Allerdings  wäre  es  genau  derselbe 
fall,  als  wenn  in  nordenglischen  denkmälern  tan  für  taken  vorkommt. 

100)  V.   1923 : 

do  Seide  his  fader, :   »hu  mai  dis  sen 

Zupit/^a  bemerkt,  Ztschr.  für  österr.  gymn.  1875  p.  125,  Morris 
sei  in  der  zweiten  aufläge  bezüglich  der  erklärung  dieser  stelle 
Mätzner  gefolgt  »ohne  ihn  zu  nennen.«  Das  ist  aber  nicht  die 
einzige  stelle ,  wo  Morris  so  verfahren  ist ;  ich  habe  mir  noch  v. 
1934,  1989,  1992,  2030,  2042,  2062,  2119,  2179,  2280,  2302, 
2487,  2510,  2524  notirt.  Ich  bin  weit  entfernt,  dem  vortreff- 
lichen ,  in  all  seinen  arbeiten  so  uneigennützigen  englischen  ge- 
lehrten, den  Vorwurf  böswilligen  verschweigens  machen  zu  wollen ; 
aber  das  wort  Suum  cuique,  hat  doch  auch  bei  der  philologischen  er- 
klärung alter  denkmäler  sein  recht  und  seinen  werth. 

loi)  V.   1933   f  : 

In  sichern  feld  ne  fonde  hem  nogt, 
In   dotayin  he  fond  liem  sogt. 

Zu  v.    1943  bemerkt  Mätzner  nach  Morris,    zvurde  sei  =  icurd 
he;  ebenso  ist  Yner  fonde  ^=  fond  he. 
102)  V.    1993  f. : 

So  niichel  fe  dor  is  hem  told, 

He  hauen  him  bogt,  he  hauen  sold. 

V.  1994  bietet  eine  eigenthümliche  ausdrucksweise,  die  bei 
Morris  luid  Mätzner  unbesprochen  geblieben  ist.  Der  sinn  kann  ein 
zweifacher  sein,  entweder:  So  wie  sie  [sc.  die  Ismaeliter]  ihn  gekauft 
hatten ,  so  haben  sie  ihn  nun  wieder  verkauft ;  oder  —  und  dieser 
deutung    würde  ich  den  vorzug  geben:    Sie  [sc.  Potiphar]  haben  ihn 


304  ^-  Kölbing 

gekauft,  jene  [sc.  die  Ism.]  haben  ihn  verkauft,  d.  h.  es  wurde  soviel 
geld  geboten,  dass  der  handel  zum  abschluss  kam. 
103)  V.    1995  ff.: 

Putifar  was  wol  riche  mall, 

And  he  bogte  iose]>h  al  fordan 

He  wulde  don  is  kxhur-hed 

wid  ioseph,  for  liise  faire-hed, 

Oc  he  wurd  do  so  kinde  cold, 

To  don  swilc  dede  adde  he  no  wold ; 

swilc  selde  cam  him  fro  a-buuen, 

God  dede  it  al  for  ioseph  luue[n]. 

Bissop  in  eliopoli 

Men  seid  he  was  siden  for-di. 
Mätzner  bemerkt  zu  v.  1999:  »Das  fürwort  ist  hier  und  im  fol- 
genden verse  nicht  wol  auf  Joseph ,  sondern  auf  Pharao  [offen- 
bar verschrieben  für  Potiphar]  zs  beliehen.  Die  randbemerkung 
von  Morris :  'But  Joseph  was  strengthened  from  above' ,  deutet 
darauf,  dass  er  die  fürwörter  auf  Joseph  bezog,  wie  dies  mit  ///w 
v.  2001  allerdings  geschehen  könnte,  obgleich  nicht  nothwendig  ist. 
Denn  was  v.  2003  etc.  folgt,  berechtigt,  alles  auf  Potiphar  zu  be- 
ziehen.« Dazu  ist  zu  sagen,  dass  das  him  in  v.  2001  doch  auf 
keinen  fall  auf  Joseph  bezogen  werden  dürfte ,  wegen  des  folgenden 
verses :  God  dede  it  al  for  ioseph  Itiue.  Morris'  oben  von  Mätzner 
citirte  randnote  verstehe  ich  überhaupt  nicht.  Ferner  will  Mätzner, 
im  anschlusse  an  Morris,  offenbar  v.  2001  f.  dem  sinne  nach  zum 
vorigen  ziehen,  da  er  nach  v.  2000  nur  ein  semicolon,  nach  v.  2002 
einen  punkt  setzt.  Aber  der  dichter  hätte  doch  unmöglich  die  ge- 
schlechtliche impotenz  des  Potiphar  als  swilc  selde  bezeichnen  können  1 
Dieser  ausdruck  bezieht  sich  vielmehr  auf  das  folgende,  v.  2003  f. 
Des  Potiphar  ernennung  zum  bischof  von  Heliopolis  war  wirklich  ein 
glück,  weil  eine  hohe  ehrenstellung  damit  verbunden  war.  Es  gehört 
also  hinter  v.  2000  ein  punkt,  da  hier  der  satz  abgeschlossen  ist. 
V.  2002  ist  eine  eingeschobene  bemerkung.  Vgl.  zu  dieser  ganzen 
stelle  Hs.  cap.  LXXXVIII:  Sed  tradunt  Hebr^ei,  quod  videns  Joseph 
elegantem ,  .emit  eum  ut  misceretur  ei.  Dominus  autem  custodiens 
Joseph,  illum  adeo  infrigidavit,  ut  deinceps  impotens  fuerit  coire,  et 
tanquam  eunuchus  esset ,  ita  quod  videntes  eum  hierophanti  are- 
factum,  de  more  suo  eum  pontificem  HeHopoleos,  id  est  domus  solis, 
creaverunt,  et  honoratior  erat  quam  ante  in  principatu.. 
204)  V,   2035   f.: 

de  wite  is  hise(.)  de  right  is  hire, 

God  al:migtin  de  sode  shire. 


Kleine  beitrage  zur  erklärung  und  textkritik  englischer  dichter.  II        ^05 

Es  ist  mir  unbegreiflich,  wie  Mätzner  der  ersten  aufläge  von 
Morris  darin  folgen  konnte,  dass  er  erst  hinter  v.  2036  die  rede 
schliessen  lässt.  Ich  verstehe  namentHch  nicht,  wie  er  dann  v.  2035 
hire  erklären  will.  Morris  hat  in  aufl.^  richtig  die  rede  schon  mit 
V.  2034  schliessen  lassen.  V.  2035  f,  enthalten  eine  persönliche 
bemerkung  des  dichters. 

105)  V.   2051   f.: 

Joseph  hem  seruede  dor  on  sei, 
at  here  drink  and  at  here  mel. 

Mätzner:  »<?«  sei  wie  an  sei,  on  a  time.«  Ich  halte  die  er- 
klärung: timely,  welche  Morris  im  glossar  für  v.  1537  aufstellt,  auch 
hier  für  die  richtigere  -,  vgl.  Gen.  40 ,  6 :  Ad  quos  quum  introisset 
Joseph  mane  et  vidisset  eos  tristes  etc. 

106)  V.   2053  f. : 

He  herde  hem  murnen,  he  hem  freinde  for-quat 
Harde  dremes  ogen  awold  dat. 

Da  v.  2053  ungebührlich  lang  ist,  so  ist  wol  das  zweite,  sehr 
leicht  entbehrliche  kein  zu  streichen.  Dass  hinter  for-quat  bei 
Mätzner  gar  kein  zeichen  steht,  beruht  wol  nur  auf  einem  versehen, 
denn  diese  zeile  mit  der  folgenden  zusammen  zu  nehmen ,  ist  doch 
unmöglich. 

107)  V.  2191   f.; 

For  do  was  Josep  sore  for-dred, 
dat  he  wore  oc  dhurg  hem  for-red. 

Morris' ,  von  Mätzner  citirte ,  auch  in  der  zweiten  aufläge  bei- 
behaltene erklärung  ist  natürlich  falsch.  Mätzner's  deutung:  >that 
he  also  (Benjamin)  were  through  them  destroyed,«  wird  zum  über- 
fluss  noch  durch  das  lat.  original  als  richtig  bestätigt;  vgl.  Hs.  cap. 
XCIII :  Timebat  enim,  ne  forte  et  in  illum  aliquid  deliquissent. 

108)  V.   2204  ff.: 

Wrigtful  \ve  in  sorwe  ben, 
for  \ve  sinigeden  quilum  or 
on  hure  broder  michil   mor, 

Morris  und  Mätzner  erklären  wrigtful  durch  sinful ,  guilty ,  was 
dem  Wortlaute  nach  natürlich  auch  richtig  ist.  Aber  das  ist  nicht 
der  sinn,  welchen  der  Zusammenhang  fordert;  wir  erwarten  vielmehr: 
Mit  recht  sind  wir  in  sorgen:  vgl.  Gen.  42,  21:  Merito  h.Tc 
patimur,  qtiia  peccavimus  in  fratrem  nostruni.  Ist  das  ic  zu  streichen 
und  rigtful  zu  schreiben? 

E.  Külbing,  Englisclie  Studien.     HI.     i.  20 


3o6  E.  Kölbing 

109)  V.  2235   f.: 

do  quad  iudas:   »us  sal  ben  hard, 
If  we  no  holden  him  non  fonvard. 

Mätzner  versäumt  es,  wie  Morris,  aufl.',  nach  Joruiard  das 
zeichen  des  redeschlusses  zu  setzen.  Morris  aufl.^  hat  das  rectificirt. 
Dasselbe  gilt  für  agcn,  v.   2250. 

110)  V.   2241   f . : 

do  quad  he:   »quan  it  is  ned, 
And  ne  can  no  bettre  red'. 

quan  it  is  ncd  übersetzt  Mätzner  durch:  since  it  is  necessary. 
Aber  das  von  ihm  selbst  angeführte:  Si  sie  necesse  est,  beweist, 
dass  quan  hier  wie  oft  =  wheti  ist.  Ferner  dürfte  für  das  von 
Morris  in  der  Übersetzung  supplirte ,  von  Mätzner  sogar  in  den  text 
aufgenommene  ic ,  v.  2242,  besser  no?i  ergänzt  werden:  und  wenn 
niemand  sonst  einen  besseren  rath  weiss. 

II  i)  V.   2291    f . : 

He  dede  hem  wassen  and  him  biforen 
And  sette  hem  as  he  weren  boren. 

Weder  Morris  noch  Mätzner  merken  an ,  das  eines  der  beiden 
and  überflüssig  ist.     Ich  halte  das  zweite  für  unberechtigt. 

112)  V.   2298 — 2304. 

Diese  verse  sind  in  sofern  von  besonderem  interesse,  als  weder 
in  der  Genesis  noch  in  Hs.  sich  ein  ähnlicher  passus  findet.  Ich 
muss  es  unentschieden  lassen ,  ob  sie  auf  der  phantasie  des  dichters 
beruhen  oder  auf  einer  anderen  quelle. 

113)  ^'-  2335   ff-: 

Wid-dan  dat  du  fride  Beniamin; 
ic  ledde  ut  on  trewthe  min, 
dat  he  sulde  ef[t]  cumen  agen 

Mätzner  schiebt,  nach  dem  vorgange  von  Morris,  v.  2336  nach 
iedde,  him  ein.  Aber  man  könnte  doch  auch  ein  rel.  pron.  im  acc. 
suppliren:  welchen  ich  ausführte  etc.  Damit  wäre  die  Überlieferung 
gerechtfertigt.  Belege  für  den  ausfall  des  rel.  pron.  in  diesem  ge- 
dichte  habe  ich  Germ.  XXI  p.  371   zusammengestellt. 

114)  V  2371   f.: 

Al-so  feie  ödere  dor-iil. 

He  bad  ben  in  is  faderes  wil, 

Das  comma  nach  dor-til ,  welches  sich  bei  Morris  und  Mätzner 
findet,  ist  als  unrichtig  zu  streichen. 


Kleine  beitrage  zur  erklärung  und  textkritik  englischer  dichter.  II         ^07 

116)  V.   2405  f.  : 

siden  ic  gan  on  werlde  ben, 
Her  vten  erd,   man-kin  bi-twen ; 

Mit  diesen  versen  schliesst  Jacob's  rede ,  in  der  allerdings  der 
Schlussgedanke  fehlt,  Gen.  47,  9:  et  non  pervenerunt  usque  ad  dies 
patrum  meorum ,  quibus  peregrinati  sunt.  Die  folgenden  vier  verse, 
welche  von  den  herausgebern  noch  mit  zu  der  rede  gerechnet  werden, 
sind  nur  eine  ausführung  folgender  worte  des  conimentators ,  Hs. 
cap.  XCVIII :  Peregrinationis  dixit ,  quia  sancti  vitam  hanc  pro  in- 
colatu  habent.  In  Jacob's  munde  würden  sich  diese  worte  höchst 
sonderbar  ausnehmen. 

116)  V.  2432  : 

He  dogt  wid  hem  raste  to  hauen. 

Für  hem  ist  wol  him  zu  schreiben  und  nur  auf  Christus  zu  be- 
ziehen ,  von  dem  ja  auch  zunächst  vorher  allein  die  rede  war. 
Aehnlich  Hs.  cap.  C :  Cura  fuit  sanctis  sepeliri  in  terra,  qua  sciebant 
Christum  resurrecturum.  Uebrigens  ist  die  randbemerkung  bei  Morris 
in  beiden  ausgaben  falsch :  »Jacob  bad  Joseph  promise  to  bury  him 
in  Hebron,  where  Abraham  was  laid,  and  his  eiders  before  him.« 
In  den  anmerkungen  p.  158  dagegen  sind  die  worte:  and  his  eldere 
(v.   2429)  richtig  bezogen. 

117)  V.   2497  f. : 

Alle  he  feilen  him  dor  to  fot, 
to  beden  mede  and  bedden  oc. 

Mätzner  bemerkt:  »Der  zusatz  and  bedden  oc,  ist  als  überflüssige 
ausführung  auffällig.«  Daraufhin  wahrscheinlich  versucht  Morris  in 
der  zweiten  aufläge  eine  neue  erklärung:  -»bedden  oc  =  heoden  oth 
=  to  ofifer  oath  [of  obedience].«  Das  ist  mindestens  recht  nach- 
lässig ausgedrückt,  denn  oc  kann  doch  unmöglich  =  ofh  sein. 
Morris'  meinung  ist  aber  offenbar,  beoden  und  od  wirklich  in  den  te.Kt 
zu  setzen,  was  in  anbetracht  dessen,  dass  das  entsprechende  reimwort 
fot  lautet,  recht  annehmbar  erscheint.  Durch  den  urtext  wird  diese 
conjectur  allerdings  nicht  unterstützt. 

118)  V.   2539  f: 

Pharao  kinges  rigte  name 
Vephres,   he  dede  de  ebris  frame ; 

Ich  kann  nicht  glauben ,  dass  dieser  satz  richtig  überliefert  ist. 
Erstens  ist  für  kinges  wol  hing  des  zu  lesen:  der  könig  Pharao, 
dessen  richtiger  name  Vephres  [ist],    er   begünstigte  die  Ebräer.     Da 

20* 


3o8  E.   Kölbing 

ferner  N  und  V  sich  in  den  hss.  sehr  ähnlich  zu  sehen  pflegen,  so 
wird  man  wol  auch  berechtigt  sein,  Ncphrcs  für  Vep/ires  einzusetzen ; 
vgl.  Hs.  ?'.xodus,  cap.  II:  Ab  illo  enim,  sub  quo  fuit  Joseph,  qui  pro- 
prio nomine  dictus  est  Nephres,  octavus  regnavit  etc. 

119)  V.   2551   ff.: 

J)o   sette  sundri   hcm   to  waken 

His  tigel   and    lim,   and  walles   maken, 

burges  feien ;  and  ramesen 

durge  here  swinc  it  walled  ben. 

Morris  bemerkt    zu   v,   2553:  !>/eten   seems    to    be   an    error  for 

seien,     made.«      Doch    vgl.    Exod.  i,    11:     Aedificaveruntque    urbes 

tabernaculorum  Pharaoni ,  Phitom  et  Ramessen.  Das  engl,  feien  ist 
demnach  jedenfalls  =  Phitom,  also  ein  eigenname ,  wodurch  Morris' 

besserungsvorschlag  sich  erledigt.  Natürlich  ist  nun  auch  das  semi- 
colon  hinter  fctcn  zu  streichen. 

120)  V.  2560  ff. : 

He  deden  hem  crepen  dikes  long, 
And  wide  a-buten  burges  gon, 
And  cumen  der  ear  was  non ; 
And  if  dat  folc  hem  wulde  deren, 
de  dikes  comb  hem  sulde  weren. 

V.  2560  Übersetzt  Morris  so:  »They  caused  them  to  creep 
along  (or  through)  dikes,«  und  fügt  hinzu:  »dikes  =  oe.  diches, 
may  here  signify  subterraneous  passages ,  burrows ;  or  perhaps  dikes 
=  sewers,  from  the  allusion  to  muc  and  fen.«  Was  hier  gemeint 
ist,  erfahren  wir  ganz  genau  aus  dem  commentar,  wo  es  a.  a.  o. 
heisst:  Tertium  etiam  addidit  opus,  secundum  Josephum,  ut  fluvium 
per  multas  derivationes  dividerent,  et  circumdarent  civitates  fossatis, 
ne  eas  inundare  fluvius  valeret.  Ich  kann  mir  nun  zunächst  nicht 
vorstellen,  dass  v.  2560  richtig  überliefert  ist.  Ist  crepen  richtig,  so 
ist  hem  zu  streichen ,  denn  es  ist  doch  nicht  sowol  davon  die  rede, 
dass  die  Ebräer  in  den  graben  herumkriechen,  als  dass  sie  dieselben 
erst  auswerfen  müssen  5  also:  Sie,  d.  h.  die  kinder  Israel,  Hessen 
lange  graben  dahinkriechen ,  sich  erstrecken.  Aber  sonderbar  bleibt 
der  ausdruck  und  mir  ist  creopen  in  dieser  übertragenen  bedeutung 
sonst  nicht  vorgekommen.  Viel  gewaltsamer  wäre  es  freilich ,  wenn 
man  crepen  in  deinen  verwandeln  wollte,  doch  vgl.  Lay.  I,  394: 
Heo  leiten  deluen  diches.  P.  Langt,  v.  13684:  For  to  delven  a  dych. 
Dann  wäre  natürlich  hem  beizubehalten  und  he  auf  die  Egypter  zu 
beziehen.     Ferner  sagt  Morris  allerdings  nicht  direkt,  wer  subject  zu 


Kleine  beitrage  zur  erklärung  und  textkritik  englischer  dichter.  II         309 

gon  und  ciwien  ist,  aber  auf  grund  seiner  Übersetzung  von  v.  2561  f.: 
»And  wide  about  (through)  the  cities  to  go,  |  And  come,  where  none  had 
been  before,«  möchte  ich  glauben,  dass  er  diese  zeilen  auf  die  Ebräer 
bezieht.  Es  sind  aber  nach  dem  obigen  und  bes.  nach  v.  2564  f. 
die  dikes  gemeint.  Für  v.  2564  finde  ich  nichts  entsprechendes  im 
original;  zu  comb  bemerkt  Morris:  »crest  or  top(?).«  Es  ist  darunter 
offenbar  der  durch  die  ausgeworfene  erde  entstandene  dämm  zu  ver- 
stehen. Mit  dat  folc  sind  die  IsraeHten  selbst  gemeint,  nicht  im  all- 
gemeinen  »their  ennemies«, 

121)  V.   2592  ff. : 

dre  moned  haued  ghe  him  hid, 
durste  ghe  non  lengere  him  for-helen, 
Ne  ghe  nc  cude  de  wateres  stelen. 

Morris  macht  zu  v.  2594  die  note:  »Nor  could  she  take  him 
stealthily  (secretly)  of  (from)  the  water;  or  stelen  may  signify  to  still, 
to  quiet.«  Beide  erklärungen  sind  sprachlich  und  sachlich  unmög- 
lich. Exodus  und  der  commentar  lassen  uns  im  stich.  Vielleicht 
ist  wateres  verschrieben  für  waiteres,  welches  Stratm.^  p.  618^  bei 
Wich  in  dem  sinne  von  speculator  nachgewiesen  hat;  stelen  hiesse 
dann :  entziehen,  und  de  waiteres  wäre  als  dativ  anzusehen.  Dadurch 
würde  wenigstens  ein  erträglicher  sinn  gewonnen. 

122)  V.  261 1   ff. : 

Egipte  wimmen  comen  ner, 
And  boden  de  childe  leiten  der, 
Oc  he  wente  it  awei  wid  rem, 
Of  here  bode  nam  he  no  gern, 

Morris  übersetzt  diese  vier  verse  folgendermassen :  »Egypt's 
women  came  near,  |  And  bad  [her]  leave  the  child  there,  |  But  she 
took  it  away  with  a  cry  (scream)  ;  |  Of  their  command  took  she  no 
heed.«  In  der  randnote  heisst  es  gar:  »Egyptians  wanted  her  to 
destroy  the  child.«  Eine  sehr  verunglückte  interpretation I  leiten  ist 
nicht  =  let ,  lassen ,  wie  es  Morris  versteht ,  auch  nicht  etwa  = 
impedire;  es  ist  vielmehr  mit  einer  kleinen  Veränderung  teilen  zu 
schreiben;  vgl.  v.  2621  :  on  was  teile  he  softe  atied  lagt.  Ich  über- 
setze demnach :  Egyptische  frauen  näherten  sich  und  boten  dem 
kinde  ihre  brüste  dar;  und  er  drelite  sie  mit  geschrei  weg;  um  ihr 
anerbieten  bekümmerte  er  sich  nicht.  Die  richtigkeit  dieser  auf- 
fassung ,  die  an  sich  schon  nicht  sehr  fern  lag ,  wird  schlagend  be- 
stätigt durch  den  commentar,  vgl.  Hs.  cap.  V.:  Et  cum  ^'gyptiffi 
plures  ei  admovissent  ubera  ad  lactandum,  faciem  avertebat. 


•jjo  ^-   Külbing 

123)  V.   2643  f.: 

Bissop  Eliopoleos 

sag  dis  timing,  &  up  hc  ros. 

Morris  bemerkt:  »tfis  timitjg  =  this  occiirence,  this  timely  assi- 
stance.'<  Die  erste  crklärung  ist  richtig;  die  zweite  mir  wenigstens 
für  diese  stelle   völlig  unverständlich. 

124)  V.   2654: 

And  he  toc  is  hu  migt  he  it  dolen, 

So  lesen  beide  auflagen.  In  der  ersten  p.  159  übersetzt  der 
herausgeber  dieser  interpunktion  entsprechend :  »and  he  took  (con- 
sidered)  how  he  might  use  them  (i.  e.  what  he  niight  do  with 
them).«  Dass  diese  erklärung  haltlos  war,  hat  M.  selbst  eingesehen 
und  sie  in  der  zweiten  aufl.  durch  folgende  ersetzt:  ^and  he  took 
them;  hou  was  he  able  to  bear  it?«  Diese  interpretation ,  die  ich 
für  richtig  halte ,  erfordert  aber  auch  eine  veränderte  interpunktion 
im  texte;  es  ist  zu  schreiben:  And  he  toc  is;  hu  migt  he  it  dolen} 

125)  V.  2675   ff.: 

Teremüth  un-edes  migte  timen 
dat  moyses  sal  wid  hire  ford-nimen, 
Or  haue  he  hire  pligt  &  sworen, 
dat  him  sal  feid  wurdful  ben  boren. 

Morris  übersetzt:  j^Teremuth  scarcely  might  bring  it  about  (pre- 
vail)  I  That  Moses  shall  with  them  forthgo,  |  Ere  she  have  her  pled- 
ged  and  sworn,  ]  That  to  him  shall  be  borne  (kept)  honourable  faith,« 
und  bemerkt  dazu :  zS'jG.  hire,  an  error  for  heni,  them.  2677.  he  == 
ghe  ==  she.«  Man  fragt  sich  bei  dieser  erklärung  zunächst,  weshalb 
denn  Teremüth  die  betheiligung  des  Moses  am  kriegszuge  so  schwer 
durchsetzen  konnte,  da  doch  die  Egypter  von  ihren  göttern  gerade 
eben  an  einen  Ebräer  gewiesen  waren  ?  Wenn  ferner  he  =  she  ist, 
also  sich  auf  die  prinzessin  bezieht,  auf  wen  soll  sich  dann  hire  be- 
ziehen? Oder  soll  auch  in  diesem  verse  hire  für  hem  verschrieben 
sein?  Der  lat.  commentar  führt  uns  auf  die  richtige  erklärung  der 
ganzen  stelle;  Hs.  cap.  VI:  ...  ^gyptii  acceperunt  responsum,  ut 
auxiliatore  uterentur  Hebrseo ;  et  vix  obtinuerunt  a  Terimith ,  ut 
exercitui,  quem  paraverant,  Moysen  praeficeret  ducem,  prius  prsestitis 
sacramentis ,  ne  ei  nocerent.  timen  ist  ebenso  aufzufassen,  wie  in  v. 
1763  f.:  Ic  was  for-dred  de  migte  timen,  \fro  me  dine  doutres  bi-nimen. 
Dort  übersetzt  es  Morris  durch:  occur,  happen,  befall,  doch  erwarten 
wir  vielmehr  den  sinn :  gefallen,  belieben ;  denn  das  gefürchtete  hing 


Kleine  beitrage  zur  erklärung  und  textkritik  englischer  dichter.  II         ^n 

doch  von  dem  willen  Labans  ab.  Vielleicht  Hesse  sich  diese  be- 
deutung  durch  die  mehrmals  im  gedichte  nachweisbare:  gedeihen 
(vgl.  Morris  zu  v.  2361),  vermitteln?  Ich  fasse  also  auch  hier  Tereinuth 
als  dativ  und  ümen  als:  belieben.  Wenn  ferner  v.  2676  hem  im 
texte  stünde,  so  wäre  dagegen  nichts  einzuwenden ;  aber  der  lesung 
hire  steht  doch  gewiss  das  untadelige  und  dem  Urtexte  entsprechende: 
Jure  =  exercitus,  näher.  Vgl.  auch  v.  2679:  Moyses  was  loiiered  of 
dat  here.  he  in  der  folgenden  zeile  sind  natürlich  die  Egypter.  Ich 
übersetze  also :  Teremuth  mochte  es  kaum  gefallen  (d.  h.  sie  war 
wenig  damit  einverstanden),  dass  Moses  mit  dem  heere  fortziehen 
soll ,  ehe  sie  ihr  gelobt  und  geschworen  haben  ,  dass  ihm  ehrenvolle 
treue  gehalten  werden  soll. 

126)  V,   2681   f.: 

Bi  a  lond  weige  he  wente  rigt, 
And  brogte  vn-wamede  on  hem  figt. 

unwarnede  gibt  Morris  p.  161  durch:  unexpected  wieder.  Diese 
bedeutung  lässt  sich  jedoch  aus  dem  worte  nicht  gewinnen.  Es 
kann  vielmehr  nur:  ungewarnt,  heissen  und  muss  auf  hem,  d.  h.  die 
Äthiopier ,  bezogen  werden ;  vgl.  Hs.  a.  a.  o. :  per  terram  duxit 
exercitum  itinere  breviori,  ut  improvisos  .-^thiopes  prseveniret.  Auf- 
fallend ist  dabei  allerdings  die  Wortstellung.  Ist  zu  schreiben:  And 
brogte  on  hem  vn-warnede  figtc'  Dieselbe  lesart  lässt  sich,  wie  Morris 
ganz  richtig  bemerkt,  in  v.  480  für  unwarde  einführen;  auch  die 
von  uns  aufgestellte  bedeutung  passt  dort  sehr  gut. 

127)  V.   2692 : 

Luue-bonde  hire  ghe  it  dede  for-di. 

So  schreibt  Morris  in  beiden  auflagen;  luue-bonde  gibt  er  im 
glossar  p.  195*' durch:  power  of  love,  wieder.  Wie  er  aber  dann 
den  rest  der  zeile  verstanden  hat,  ist  mir  unfasslich.  Für  bonde  ist 
bond  zu  schreiben  und  dies  als  die  3.  pers.  sing,  praet.  von  binden 
aufzufassen,  das  angehängte  e  ist  wahrscheinlich  aus  dem  bonde  in 
der  folgenden  zeile  hier  eingedrungen.  Nach  hire  gehört  ein  comma. 
Also :  Liebe  band ,  fesselte  sie ;  deshalb  that  sie  es.  Für  den  aus- 
druck  vgl.  Sir  Tristrem  v.  791  :  Sonve  so   Tristrem  band,  u.  sonst. 

128)  V.   2699: 

He  was  of  an  strong  migt  wis, 

^Er  war  in  einer  starken  macht  weise  wäre  doch  ein  höchst 
sonderbarer  ausdruck;  trotzdem  bemerkt  Morris  kein  wort  zu  iliesem 
verse.    Man  vgl.  Hs.  a.a.O.:  Proinde  Moyses  tamiuam   vir  peritus 


-^12  E.  Kölbing 

astrorum  duas  imagines  sculpsit  etc.  Ich  bin  auf  grund  dieser 
Worte  überzeugt,  dass  der  dichter  geschrieben  hat :  He  was  of  astro- 
fio?nye  wis.  Es  leuchtet  sofort  ein,  dass  meine  conjectur,  wie  sie 
vortrefflich  zum  urtexte  stimmt,  so  auch  dem  überlieferten  texte 
ausserordentlich  nahe  steht.  Zu  entfernen  ist  nur  das  n  von  an  und 
der  untere  schwung  des  g  in  sträng;  y  steht  in  der  Schreibung  ig 
nahe  und  ebenso  ist  /  von  e  in  den  hss.  oft  schwer  zu  unterscheiden. 
Der  idee  des  abschreibers  lag  das  wort  astrotwmye  hier  fern  und  so 
zerlegte  er  es  in  ihm  geläufige  worte.  Zu  der  construction  vgl.  Ha\ . 
V.   282  :  of  alle  peives  was  she  wis. 

129)  V.   2703  f. : 

He  fest  is  in  two  ringes  of  gold, 
Gaf  hire  de  ton,  he  was  hire  hold. 

Morris  bemerkt  zu  v.  2704:  >^Two  lines  seem  missing  after  this 
line.  We  might  supply  the  foUowing :  And  quan  awei  nimen  he 
wolde  I  Gaf  hire  de  toder,  he  was  hire  colde.v.  Ich  gebe  zu,  dass 
diese  vermuthung  scharfsinnig  ist :  gleichwol  lehrt  der  commentar, 
dem  dies  geschichtchen  entnommen  ist,  dass  sie  auf  einem  irrthum 
beruht ;  Hs.  a.  a.  o. :  Cumque  paribus  annulis  eas  inseruisset,  alterum, 
scilicet  oblivionis  annulum,  uxori  praebuit,  alterum  ipse  tulit,  ut  sie 
pari  amore,  sie  paribus  annulis  insignirentur.  Coepit  ergo  mulier 
amoris  viri  oblivisci,  et  tandem  libere  in  ^gyptum  regressus  est. 

130)  V.   2719  f.: 

wende  he  dat  non  egipcien 

dat  hadde  it  wist,  ne  sulde  a  sen. 

Morris  übersetzt:  »He  weened  that  no  Egyptian  |  Had  known  it, 
or  should  have  seen  it.«  dat  neben  it  in  derselben  zeile  ist  schwer- 
lich richtig;  dat  dürfte  fälschlich  aus  der  vorigen  zeile  wieder- 
holt sein. 

131)  V.    2752  fif.: 

And  dede  hem  tidelike  to  tune  gon ; 
And  ben  sone  hon:i  numen; 
And  b[i]foren  here  fader  cumen, 

Das  semicolon  hinter  v.  2752  und  2753  ist  in  ein  comma  zu 
verwandeln ;  das  subject  zu  ben  liegt ,  wie  oft ,  in  dem  hem  der 
vorigen  zeile. 

132)  V.  2766 : 

first  Gerlon,  siden  eliezer. 
Hs.  cap.  VII  bietet  Gerson;  da  s  und  /  in  den  hss.  leicht  zu 


Kleine  beitrage  zur  erklärung  und  textkritik  englischer  dichter.  II  713 

verwechseln  sind,    so  sind  wir  berechtigt,    Gersoti  für  Gerlon  in  den 
text  zu  setzen. 

133)  V.   2787  f.: 

Nu  am  ic  ligt  to  fren  hem  deden, 

And  milche  and  hunige  lond  hem  queden. 

queden  heisst  hier  nicht :  to  promise ,  wie  es  in  der  anm.  zu 
dem  verse  übersetzt  wird ,  sondern :  einräumen ,  überlassen ,  was  in 
den  Zusammenhang  viel  besser  passt;  vgl.  Exod.  3,  8:  ....  et 
educam  de  terra  illa  in  terram  bonam  et  spatiosam ,  in  terram  quse 
fluit  lacte  et  melle. 

134)  V.   2803  f.: 

Werp  nu  to  token  dun  dat  wond.« 
And  it  warp  vt  of  hise  hond, 
and  wurd  sone  an  uglike  snake, 

In  V.  2804  darf  das  subject  schwerlich  fehlen;  es  ist  wol  he 
it  zu  schreiben,  aber  im  verse  nur  als  eine  sylbe  zu  zählen,  vgl. 
V.   2807. 

135)  V.   2808: 

And  it  a-non  a  wond   it  bi-cam. 

Dem  Stile  unseres  denkmals  ist  das  doppelte  it  nicht  angemessen 
und  ich  trage  deshalb  kein  bedenken,  das  zweite  zu  streichen,  obwol 
ich  nicht  bestreiten  will,  dass  sich  für  einen  solchen  überfluss  von 
pronominibus  aus  anderen  dichtungen  parallelen  beibringen  liessen. 

136)  Vi  2817   ff.: 

Louerd,  ic  am  wanmol,   vn-reken 
Of  wurdes,  and  may  ic  Juel  speken. 
Nu  is  ford  gon  de  dridde  dai, 
Sende   an  oder;  bettre  he  mai.« 

V.  2819  gibt  in  diesem  zusammenhange  keinen  sinn,  denn  gott 
spricht  hier  mit  Mose  zum  ersten  male.  Der  verlangte  sinn  ist  am 
klarsten  ausgesprochen  im  commentar,  Hs.  cap.  IX :  Et  ait  Moyses : 
Obsecro,  Domine,  mitte  alium ;  nam  impeditioris  lingure  factus  sum, 
ex  quo  locutus  es  ad  servum  tuum,  nee  etiam  eloquens  sum  ab  heri  et 
nudius  tertius.  V.  2819  ist  offenbar  eine  wiedergäbe  von  nudius  tertius. 
Man  vermisst  aber  im  engl,  gedichte  vor  diesem  verse  den  gedanken : 
und  ich  bin  nicht  beredt  geworden  seit  — .  Entweder  ist  ein  vers- 
paar ausgefallen  oder  der  dichter  hat  seine  vorläge  missverstanden. 
Auf  jeden  fall  ist  v.  2819  dem  sinne  nach  zum  vorigen  zu  nehmen, 
während  der  folgende  vers  ein  separater  satz  ist. 


•JI4  E.   Kölbing 

137)  V.  2843  ff.: 

An   angcl,  wid  an  dragen  swcrd, 

In  de  weie  made  him  offerd, 

for  dat   he  ledden  feren   swike, 

de  sulden  him  deren  witterlike. 
Zu  V.  2845  niacht  der  Herausgeber  die  anmerkung:  uferen 
swike,  unfaithful  companions ,  that  is ,  bis  two  sons  wbo  were  un- 
circumcised.  hc  =  they  rtfers  to  Moses  and  bis  wife."  Die  erstere 
erklärung  ist  scbon  desbalb  unricbtig,  weil  Moses  überbaujjt  nur  zwei 
söbne  bat  (v.  2765)  und  andrerseits  v.  2841  ausdrückbeb  angegeben 
ist,  dass  nur  der  eine  unbescbnitten  war.  So  können  also  unter 
feren  stvike  nicbt  zwei  unbescbnittene  kinder  gemeint  sein.  Desbalb 
wäre  es  aucb  widersinnig,  wenn  unter  he  Moses  und  sein  weib  ver- 
standen wären.  Da  ferner  v.  2844  und  2846  mit  hhn  docb  nur 
Moses  gemeint  sein  kann ,  so  vermutbe  icb ,  dass  für  he  ledden  ,  he 
ledde  zu  lesen  und  aucb  dies  auf  Moses  zu  bezieben  ist.  Unter /rr^« 
s'iüike  ist  dann  Moses'  frau  und  die  zwei  söhne  zu  versteben.  Vgl. 
Hs.  cap.  X :  ....  occurrit  ei  Dominus ,  id  est  angelus ,  evaginato 
gladio,  et  volebat  occidere  Moysen,  scilicet,  quia  uxorem  ducebat  et 
filios  contra  voluntatem  Dei ;  essent  enim  impedimento. 

138)  V.   2876  ff.: 

ic  wäre  al  dat  du  was  binumen, 
And  swanc  and  michil  sorwe  dreg, 
Get  ist  vnsene  hu  ic  it  bi-teg  ? 

Morris  übersetzt  v.  2876  so:  :>I  defended  so  tbat  tbou  wast 
rescued.«  Aber  ivarc  kann  docb  unmöglich,  wie  p.  216^  und  p. 
XXXVI  angenommen  wird ,  sing,  prset.  des  scbwacben  verbi  wergen 
sein!  Mätzner,  Wtb.  I  p.  257^  nimmt  bmumen  für  beraubt,  macbt 
aber  zu  %uarc  ein  fragezeicben.  Vielleicbt  ist  bare  =  barg  dafür  zu 
lesen,  was  dem  sinne  nacb  sebr  gut  passen  würde:  leb  rettete  alles, 
dessen  du  beraubt  warst.  —  V.  2878  gibt  Morris  so  wieder:  :Yet  is  it 
unseen  (it  is  a  secret)  bou  I  accompbsbed  it?«  eine  deutung,  die  mir 
ziembcb  dunkel  erscheint.  Der  sinn  ist  vielmebr :  Nocb  bat  es  sieb 
nicbt  berausgestellt ,  wie  icb  sie ,  d.  b.  meine  arbeit  und  sorge ,  an- 
gewandt babe.  Vgl.  v.  3625  f.:  VII.  moned  dor-btiten  he  ben,  \  And 
here  swinc  wel  he  bi-ten.  Dem  sinne  nacb  stimmt  dazu  aucb  Hs. 
cap.  XI:  ....  et  commemoravit  labores  et  pericula  quje  pro  eis 
tulerat,  et  quod  pro  eis  condignam  non  acceperit  retributionem. 

139)  V.   2888  ff.: 

More  swinc  do  was  hem  leid  on. 
Hem-seluen  he  fetchden  de  chaf 


Kleine  beitrage  zur  erklärung  und  textkritik  englischer  dichter.  II  ■?  i  c 

de  men  dor  hem  to  gode  gaf. 
And  dog  holden  de  tigeles  tale. 

Auffallend  ist  v.  2888  das  einfache:  he  fetchden ,  wo  es  sich 
um  eine  neue,  erst  in  ausführung  zu  bringende  forderung  Pharao's 
handelt;  und  wovon  ist  v.  2891  der  inf.  holden  [das  prset.  dieses 
verbums  lautet  in  diesem  denkmal  held\  abhängig?  Für  he  fetchden 
ist  vielleicht  zu  lesen :  he  sulden  fetchen,  wodurch  die  zeile  noch  nicht 
ungebührlich  verlängert  würde ,  von  diesem  sulden  würde  dann  auch 
holdeil  abhängen;  oder  es  ist  für  he  fetchden,  to  fetchen  zu  lesen; 
dann  würden  beide  inf.  von  v.   2888  abhängig  sein. 

140)  V.   2903  f. : 

Min  milche  witter  name  eley 
He  knewen  wel,   and_^ely. 

In  der  anmerkung  zu  v.  2903  ist  der  herausgeber  in  zweifei, 
ob  er  milche  durch  great  oder  durch  mild  wiedergeben  soll.  Die 
identificirung  mit  michel  würde  schon  wegen  der  dann  zu  statuiren- 
den ,  auffallenden  metathesis  Schwierigkeiten  bereiten  \  ferner  aber 
weist  der  lat.  urtext  auf  die  richtigkeit  der  anderen  erklärung  hin ; 
Hs.  cap.  XII  ....  sed  pietatem  et  sapientiam,  ad  quas  pertinent 
Eli  et  Eloi  Vel  non   indicavi. 

141)  V.   2933  —  2939. 

Die  vorläge  dieser  verse  ist  mir  unbekannt.  Vgl.  o.  zu  v.  2298  ff. 

142)  V.   2959: 

lannes  and  mambres,  wiches  wod, 

Hs.  cap.  XIV  liest  Tannes  für  lannes.  I  und  T  ist  in  den  hss. 
sehr  ähnlich,  daher  wol  nur  ein  lesefehler  des  alten  abschreibers  oder 
des  herausgebers  vorliegt.  Für  diese  und  ähnliche  stellen  wäre  eine 
nochmalige  einsieht  der  handschrift  wünschenswerth. 

143)  V.   2967    f : 

And  aaron  held  up  his  hond, 
to  de  water  and  de  more  lond ; 

Da  Morris  zu  diesem  verse  nichts  bemerkt  und  überdies  das 
wort  more-lond  im  glossar  und  bei  Stratm.  ^  p.  402  ^  fehlt,  so  ist  die 
notiz  vielleicht  nicht  überflüssig,  dass  more-land  =  sumpfland,  moor- 
land ;  vgl.  Hs.  cap.  XVI :  die  ad  Aaron  ut  extendat  manum  super 
llumina,  rivos  et  paludes. 

144)  V.   2991   f. : 

And  do  dede  men  and  herf  wo, 
Anger  and  tene,  sorge  and  wo. 


-Jl6  E.  Kölbing 

Dies  doppelte  wo,  noch  dazu  im  reime,  kann  nicht  ursprünglich 
sein.  Ich  vcrmuthe  mo  für  das  erste  luo:  menschen  und  \ieh  ausser- 
dem.    Derselbe  reim  findet  sich  v.  353   f. 

145)  V.   2999  f-: 

for  euere  eld  dis  king  on-on, 
And  wernede  dis  folc  vt  to  gon. 

on  on  ist  getrennt  zu  schreiljen  :  denn  immer  hielt  dieser  könig 
an  einem  fest. 

146)  V.  3053  ff.: 

od  Seide  de   folc  to  pharaon, 
»Nu  ic  wot  we  haue  niis-don ; 
Moyses,  do  dis  weder  charen, 
And  gu  sal  [ic]   leten  ut-faren. 

Morris  macht  die  randnote :  »The  Egyptians  beseech  Moses  to 
remove  this  plague.«-  Daraus  ergibt  sich,  dass  er  de  folc,  v.  3053, 
für  das  subject  des  satzes  hält.  Aber  die  darauf  folgende  rede  kann 
unmöglich  vom  egyptischen  volke  halb  an  Pharao,  halb  an  Moses 
gerichtet  sein ;  überdies  hat  auch  das  volk  garnichts  zu  erlauben. 
Vielmehr  ist  Pharao  subject  und  de  folc  to  =  to  de  folc,  ein  Sprach- 
gebrauch, der  ja  nichts  auffallendes  hat. 

147)  V.  3061   f. : 

dis  weder  is  softe,   And  dis  king  hard, 
And  breked   him  eft  dat   forward, 

hhn  als  sing,  liesse  sich  allenfalls  für  einen  dat.  ethicus  er- 
klären; wenn  wir  aber  v.  3099  f,  vergleichen:  His  herte  do  wurd 
dwcrt  a?id  hard,  |  And  al  he  brak  hem  [dat]  forward,  so  ergibt  sich, 
dass  him  entweder  in  hem  zu  ändern,  oder  selbst  für  eine  plural- 
form anzusehen  ist. 

148)  V.  3115  f.: 

AI  we   sulen  is  wid  vs  hauen ; 

»Woldff,  quad  god,   »wile  dor-of  crauen« 

So  interpungirt  Morris  und  gibt  wold  im  glossar,  p.  220^  durch 
sacrifice  wieder.  Aber  diese  bedeutung ,  welche  an  sich  sehr  gut  in 
den  Zusammenhang  passte ,  ist  für  das  wort  garnicht  nachzuweisen. 
Morris  hat  sie  wahrscheinlich  blos  erschlossen  aus  dem  part.  wold, 
welches  er  durch  killed ,  slain ,  übersetzt  und  unrichtiger  weise  von 
ae.  cwelian  ableitet,  während  es  vielmehr  von  7vealdan  kommt.  Ich 
übersetze:  Macht,  sprach  gott,  will  ich  darüber  beanspruchen,  ge- 
stehe   aber    gern,    dass    diese    deutung    wenig    befriedigt.     Vgl.    Hs. 


Kleine  beitrage  zur  erklärung   und  textkritik  englischer  dichter.  II        -?  j  y 

cap.  XXXIII:  Nee  remanebit  ex  eis  ungula,  praesertim  cum  adhuc 
ignoremus  quid  debeamus  immolare.  Ich  empfehle  die  stelle  vor- 
läufig zu  weiterer  erwägung. 

149)  V.  31 19  f.: 

for  se  ic  gu  more-ouer  nu, 
dead  sal  me  wreken  ouer  gu. 

So  bietet  die  hs.  In  der  ersten  aufl.  schlägt  Morris  fragweise 
be  für  vie  vor,  übersetzt  aber  in  den  noten  p.  162  :  ^Death  shall 
wreak  me  over  you  (i.  e.  you  shall  be  punished  with  death).«  In 
der  zweiten  aufl.  hat  er  aber  be  in  den  text  aufgenommen  und  über- 
setzt p.  163:  »Death  shall  be  avenged  over  you«,  eine  construction, 
die  mir  als  neuenglische  nicht  ganz  unbedenklich  erscheint  —  doch 
das  muss  der  herausgeber  natürlich  besser  wissen  —  die  ich  aber 
als  mittelenglische  überhaupt  nicht  acceptiren  kann.  Ich  halte  die 
von  Morris  aufgegebene  erklärung,  welche  die  lesart  der  hs.  bei- 
behält ,  noch  jetzt  für  die  richtige ;  das  einzige  auffallende  daran  ist, 
dass  für  ouer  nicht  das  gewöhnlichere  on  oder  of  steht.  Vielleicht 
ist  ouer  nur  aus  der  vorigen  zeile  eingedrungen. 

150)  V-  3133  ff-: 

Siden  quad  god  to  moysen, 
»dis  sal  gure  firmest  moned  ben, 
do  gune  men  de  mone  sen 
In  april  Reke-fille  ben.« 

Dieser  interpunktion  zufolge  gehörten  v.  3135  f.  noch  zu  der 
rede  gottes,  während  dieselben  vielmehr  die  Übertragung  einer  notiz 
des  commentator's  enthalten.  Vgl.  Hs.  cap.  XXV:  Iterum  dixit 
Dominus  ad  Moysen:  Mensis  iste  erit  vobis  primus  in  mensibus  anni.« 
Hie  est  Aprilis,  id  est  lunatio  Aprilis  quae  in  Martio  ssepe  inchoat. 
Die  rede  umfasst  also  nur  v.  3134. 

151)  V.   3x38   ff.: 

danne  he  lereden  hem  newe  wunen ; 
»Euerilc  ger,  more  to  munen, 
Euerilc  hus-folc  de  mai  it  dauen 
On  ger  sep  oder  on  kide  hauen. 

Wenn  he  Icrcdcn  hcm  richtig  überliefert  ist ,  so  heisst  das :  sie 
lernten  für  sich,  was  ja  erträglich  ist,  ebenso  wahrscheinlich  ist  mir 
aber,  dass  lerede  für  lereden  zu  schreiben  und  auf  gott  zu  beziehen 
ist;  vgl.  Hs.  a.  a.  o. :  Et  adjecit  dominus:  Decima  die  etc.  Wie 
dem  auch  sei,  so  ist  es  unrichtig,  v.  3138  —  53  als  directe  reilc  zu 
bezeichnen ,    wie    dies   der  herausgeber  gethan  hat ;    dagegen  spricht 


^t8  E.  Kölbing 

schon  das  sulde  in  v.  3 141.  Endlich  möchte  ich  noch  fragen,  wovon 
V.  3140  der  inf.  hauen  (denn  an  die  dritte  jjers.  pkir.  prais.  zu 
<lenken,  wie  in  v.  3680,  verl)ietet  der  /usamnienhang)  abhängig  sein 
soll?     Ich   vermuthe,   dass  suld  davor  ausgefallen   ist. 

152)  V.  3151    ff.: 

lleucd  and  fet,  and  in   rew  mete[n] 
lesen  fro  de  bones  and  eten, 
Wid  wridel  and  vn-lif  bread. 

Morris  erklärt  rew  im  glossar  p.  202^  durch:  bitter,  und  führt 
es  auf  ae.  hreinv  zurück,  welches  aber  meines  wissens  diese  bedeutung 
nicht  hat;  in  rew  mete  =  in  bitterer  speise,  soll  also  heissen:  in 
bitteren  kräutern,  was  eine  sehr  sonderbare  ausdrucksweise  wäre. 
Dem  zusammenhange  nach  muss  inrew-mete  =  intestina  sein;  vgl. 
Exod.  12,  9:  Caput  cum  pedibus  ejus  et  intestinis  vorabitis.  Hängt 
inrew  etwa  mit  hrif ,  venter ,  zusammen  ?  Vgl.  mldrif ,  Zwerchfell, 
wofür  auch  midref  vorkommt,  vgl.  Stratm.  s.  v.  Zu  wridel  bemerkt 
Morris:  »Can  it  mean  haste?  (see  Ex.  12,  11).  At  first  sight  it 
seems  to  be  a  derivative  of  7virt  (by  metathesis  wrii) ,  an  herb ;  but 
the  mention  oi  reTti  ineie[n]  in  1.  315 1  renders  this  rather  doubtful.'! 
wridel  =  haste,  ist  natürlich  nur  eine  willkürlich  gerathene  bedeu- 
tung, die  sich  auf  nichts  stützen  kann.  Da  wir  nun  inrew-mete 
anders  erklärt  haben,  hindert  uns  nichts,  wridel  als  herbs  zu  nehmen, 
vgl.  Exod.   12,  8:   et  azymos  panes  cum   lactucis  agrestibus. 

153)  V.  3154  ff.: 

de  bi-leuen  brennen  he  bead. 
»de  dure-tren  and  de  uuerslagen, 
wid  ysope  de  blöd  ben  dragen ; 
dat  nigt  sal  ben  fest  pasche.« 

Auch  hier  ist  Morris  im  irrthum,  wenn  er  v.  3155 — 57  als 
directe  rede  kennzeichnet;  denn  wovon  soll  der  inf.  ben  abhängen? 
Und  auch  das  sal  in  der  folgenden  zeile  zwingt  dazu  nicht,  ben 
dragen  ist  offenbar  von  bead  abhängig,  hinter  dem  nun  natürlich  ein 
comma  zu  stehen  hat.  Aber  auch  so  kann  v.  3155  f  wol  noch 
nicht  in  Ordnung  sein ;  ich  möchte  fragweise  vorschlagen :  on  dure- 
tren  and  uuerslagen  \  zmd  ysope  de  blöd  ben  dragen  =  er  gebot .  dass 
auf  thürpfosten  und  die  obere  schwelle  mit  ysop  das  blut  aufgezogen, 
gemalt  werden  sollte.  Vielleicht  liegt  auch  der  fehler  in  de  blöd. 
Vgl.  Exod.  12,  7:  Et  sument  de  sanguine  ejus  et  ponent  super 
utrumque  postem  et  in  superliminaribus  domorum ,  in  quibus  come- 
dent  illum. 


Kleine  beitrage  zur  erklärung  und  textkritik  englischer  dichter.   II         ^  I  Q 

154)  ^"-    3172: 

for  here  swinc-hire  he  nu  hauen ; 

swinc-hire  gibt  Morris  in  der  ersten  aufl.  p.  163  wieder  durch: 
wages,  labour-hire ,  übersetzt  also  wol  den  vers  so :  denn  sie  haben 
jetzt  ihren  arbeitslohn.  In  aufl.^  wird  die  ganze  zeile  so  übersetzt: 
»For  their  toil  they  now  have  hire.<;  Diese  Übertragung  halte  auch 
ich  für  richtig ;  nur  muss  dann  der  verbindungsstrich  zwischen  swinr 
und  hire  fortfallen. 

155)  V.  3183   f.: 

Oc  de  ail   haued  so  wide  spiled, 
dat  his  graue  is  dor-vnder  hiled, 

ail  erklärt  Morris  hier  wie  v.  3066  durch:  hail.  Er  scheint  an 
die  Wirkungen  des  hageis  zu  denken,  der  als  eine  der  plagen  Egypten 
verwüstet  hatte.  Aber  es  wäre  doch  merkwürdig,  wenn  dessen 
Wirkungen  so  lange  fortgedauert  hätten.  In  der  that  beruht  auch 
diese  auffassung  auf  einer  falschen  lesart;  vgl.  Hs.  cap.  XXVII: 
Factum  est  autem,  ut  Nilus  praeter  solitum  adhuc  inundaret  terram, 
in  qua  erat  sepulchrum  Joseph.  Für  ail  ist  also  ////  zu  lesen.  Wie 
diese  verschreibung  entstanden  ist,  lässt  sich  freilich  nicht  ausmachen. 

156)  V.  3217   f.: 

On  horse  fititi  dhusent  men, 
X  score  dhusent  of  fote  ren. 

fifiti  ist  doch  wol  nur  ein  Schreibfehler  i\\x  fifti.  of  fote  ren  über- 
setzt Morris  p.  164  durch:  swift  of  foot.  Aber  ein  adj.  reu  =  swift 
ist  sonst  nicht  nachweisbar.  Dagegen  existirt  ein  subst.  rcji  =  course, 
an  welches  wol  hier  zu  denken  ist:  200000  von  fusslauf,  d.  h.  von 
fussvolk. 

157)  V.  3225   f.: 

And  if  he  dore  ben  bi-set, 
Ilk  he  sulen  ben  hunger  gret. 

he  sullen  bett  verstehe  ich  nicht.  \''ielleicht  ist  In-re/i  für  l>cn  zu 
lesen ;  der  abschreiber  übersah  das  abkürzungszeichen  für  ;•(•.  Ueber 
die  bedeutung  von  bereu:  tragen,  eidulden,  vgl.  Matzner,  Wtb.  I 
p.   206   f. 

158)  V.  3255  f.: 

Bi-foren    hem    fleg   an    skige    brigt 
dat    nigt    hem    made    de  weige    ligt ; 

V.  3256  ist  doch  wol  zu  übersetzen:    welche   nachts    ihnen  den 


•7  2  0  E.  Kölbing 

weg  hell  machte.    Aber  ich  bezweifle,  dass  der  blosse  acc.  nigt  diese 
bedeutung  haben  kann.     Man  erwartet  dafür  nigtes  oder  o  nigt  (vgl. 

V.   3293)- 

159)  V.  3269   f.: 

dor-quiles  ben  do  kinges  cunien 
Ouer,   and  hauen  de  londes  numen  ; 

Morris  schlägt  am  rande  fragweise  vor,  kindes  für  kinges  zu  lesen. 
Diese  conjectur  kann  unbedenklich  in  den  text  gesetzt  werden,  vgl. 
Hs.  cap.  XXXI:  filii  autem  Israel  secundum  Josephum  ad  contra- 
positam  venerunt  terram. 

160)  V.  3295  f.: 

pe  fifte  suriuren  dat  he  deden, 
In  de  desert  sur,  on  drie  steden. 

Das  comma  nach  dedeft  beweist,  dass  der  herausgeber  dat  für 
ein  relativ-pronomen  hält;  da  jedoch  kein  hauptsatz  darauf  folgt,  so 
ist  es  als  demonstr.  pron.  anzusehen,  welches  die  vorhergehenden 
Worte  wieder  aufnimmt;  demgemäss  ist  das  comma  nach  deden  zu 
streichen  :  Den  fünften  aufenthalt,  den  machten  sie  in  der  wüste  Sur, 
an  trockener  statte. 

161)  V.  3305  f.: 

An[d]  then  and  sexti  palme  tren 
bi  do  welles  men  migte  sen. 

Morris    schlägt   am    rande   fragweise    vor,  te?i  für  then   zu  lesen 
Diese    conjectur    ist   in   den   text    zu  setzen,    vgl.  Exod.   15,    27:  et 
septuaginta  palmse. 

162)  V.  3331  : 

Quad  moyses!  loc !  her  nu  bread, 
Morris    hat  nach  ;///,  is  in  klammern  hinzugefügt.     Diese  ergän- 
zung  scheint    mir    nicht    nothwendig   zu  sein,    vgl.   v.   1646:  loc  her 
his  dogter  rachel! 

163)  V.  3337   f.: 

for  it  malt  at  de  sunne-sine, 
Oc  oder  fir  for-hadede  hine. 

forhadede  erklärt  Morris  in  der  ersten  aufläge  p.  164  durch:  con- 
secrated  it  by  burning,  und  wiederholt  diese  deutung  aufl.^  p.  185  ^. 
Daneben  schlägt  er,  allerdings  zweifelnd,  p.  165  vor,  forhardede  = 
hardened,  zu  lesen.  Stratm.^  p.  216''  macht  nur  ein  fragezeichen 
zu  dem  worte.  Die  zuletzt  angeführte  vermuthung  des  herausgebers 
erweist  sich    nun  wirklich  als  richtig;    vgl.  Hs.    cap.  XXXIV:   .... 


Kleine  beitrage  zur  erklärung  und  textkritik  englischer  dichter.   II        ^  2  I 

quia,  cum  incalescebat  sol ,  liquefiebat ,  quod  miraculosum  erat ,    cum 
ad  ignem  durum  fiebat. 

164)  V.  3355   f.: 

Harde  he  bi-haluen  der  moyses, 
And  to  god  he  made  is  bi-men. 

Der  reim:  moyses:  bimen  wird  p.  243  im  Index  of  rimes  ange- 
führt. Aber  moyses  ist  sicherlich  nur  ein  Schreibfehler  für  moysen. 
Derselbe  reim   findet  sich  wieder  v.   2893  f. 

165)  V.   3371  : 

He  weite  dor  stone  and  iaboch, 

Vgl.  Hs.  cap.  XXXVI:  Hos  dicit  Josephus  pugnaces,  inhabi- 
tantes  Goboch,  vel  laboth,  et  Petram.  Daraus  ergibt  sich,  dass 
stone  die  englische  Übersetzung  von  Petra  und  also  als  ein  eigenname 
anzusehen  ist.     Bei  Morris  fehlt  das  wort  im  Index  of  names. 

166)  V.  3387  f.: 

Quane  it  wurd  war,   vr  and  aaron 
He  is  under-leiden  wid  an  ston, 

In  V.  3387  haben  wir  den  nicht  seltenen  fall,  dass  zu  zwei, 
durch  und  verbundenen,  eigennamen  das  verbum  im  sing,  tritt;  das 
comma  hinter  war,  welches  erst  in  der  zweiten  aufläge  eingesetzt  ist, 
ist  demnach  zu  streichen.  V.  3388  übersetzt  Morris:  »They  supported 
them  with  a  stone,«  wobei  them  auf  hondes  (v.  3385)  zu  beziehen 
ist.  Diese  Übertragung  entspricht  der  Überlieferung,  aber  es  er- 
scheint doch  bemerkenswerth ,  dass  der  englische  dichter  damit  von 
seiner  vorläge  abweicht;  vgl.  Exod.  17,  12:  Manus  autem  Moysi 
erant  graves;  sumentes  igitur  lapidem,  posuerunt  subter  eum,  in  quo 
sedit;  Aaron  autem  et  Hur  sustentabant  manus  ejus  ex  utraque  parte. 

167)  V.  3408  ff.: 

And  tagte  him  siden  witterlike 

Vnder  him  helpe.s  ödere  don, 

dat  folc  stering  to  streng[t]hen  on. 

helpes  wird  im  glossar  p.  190*  durch  helpers  übersetzt.  Ich 
bezweifle  aber,  dass  helpes  diese  bedeutung  haben  kann  und  glaube 
vielmehr,  dass  helpers  in  den  text  zu  setzen  ist. 

168)  V.  3447   f.: 

If  ye  listen  lefful  to  me, 
Ic  wile  min  folc  owen  be. 

Morris  bemerkt  zu  v.  3448:  »May  we  not  read:  Ic  7i<iU  min 
folc   cnoT-oen    be    =    I    will    be    known    to    my    people?«      Er   würde 

E.  Kölbing,  Englische  Studien.     III.     3.  21 


•12  2  E-  Küllnng 

diese  vermuthung  nicht  aufgestellt  haben,  wenn  er  die  vorläge  dieser 
verse  beachtet  hätte;  vgl.  Exod.  ig,  5:  Si  ergo  audieritis  pactum 
meum,  eritis  mihi  in  peculium  de  cunctis  jwpulis.  Diesem  sinne 
entspricht  das  überlieferte  ganz  genau ;  höchstens  wäre  man  geneigt, 
hinter  wik ,  ye  einzuschieben ,  aber  auch  das  kann  leicht  aus  der 
vorigen  zeile  supplirt  werden. 

169)  V.  3450  f.: 

And  him  heten  euerilc  del, 
dat  hem  bided,  sulen  he  don. 

Ich  glaube  nicht,  dass  v.  3451  sich  das  fehlen  des  subjectes 
rechtfertigen  lässt;  nach  dat  ist  hc  einzuschieben.  In  v.  3450  lässt 
sich  he  eher  aus  Israel  in  v.  4449  suppHren ,  aber  auch  hier  scheint 
die  kürze  des  verses  auf  einen  ausfall  hinzudeuten. 

170)  V.  3455  ff.: 

Abute  dis  munt  du  merke  make, 
If  erf  or  man  dor-one  take, 
It  dead  dolen,  wid  stones  slagen, 
Or  to  dead  wid  goren  dragen. 
dis  frig[t]ful  [folc]  dus  abiden, 
Quiles  dis  daiges  for[d]  ben  gliden.« 

Die  blosse  präsensform :  It  dead  doleji ,  ist  hier ,  wo  es  sich  um 
ein  gebot  handelt ,  auffällig ,  obwol  nicht  unmöglich ;  indessen  ist 
mir  auch  auf  grund  der  Wortstellung  wahrscheinlich,  dass  hinter  //, 
sal  oder  sulen  ausgefallen  ist.  V.  3459  f.  zieht  Morris  mit  unrecht 
zu  der  rede  gottes ;  sie  enthalten  einfache  erzählung.  Dies  hat  der 
herausgeber,  wie  es  scheint,  p.  166  durch  seine  Übersetzung  an- 
deuten wollen,  aber  seine  interpunktion  im  texte  steht  damit  in 
Widerspruch. 

171)  V.  3461   ff.: 

J)e  dridde  daiges  morge  quile, 
dunder  and  leuene  made  spile, 
On  dis  munt  stod,  and  skies  cast, 
And  dinede  an  migtful  hornes  blast. 

Spile  übersetzt  Morris  in  den  anmerkungen  beider  auflagen  mit 
ravage ,  destruction ,  was  sicherlich  falsch  ist,  denn  es  steht  nirgends 
etwas  davon,  dass  die  blitze,  oder  gar  der  donner,  Verheerungen  an- 
gerichtet hätten.  Aufl.^  p.  207  dagegen  erklärt  er  es  mit  sport, 
play,  was  auch  nicht  sehr  gut  passt.  Das  wort  ist  im  Englischen 
selten  und  darum  schwer  zu  erklären ;  vielleicht  ist  tnade  spile  wieder- 
zugeben durch:    trieben  ihr  wesen;    diese  bedeutung  würde  auch  für 


Kleine  beitrage  zur  erklärung  und  textkritik  englischer  dichter.  II         ^23 

V.  2977  passen.  V.  3463  übersetzt  Morris:  »On  this  mount  stood 
a  cloud's  shadow;  and  =  an  =  a  (see  1.  3475)«').  In  dem  verse, 
auf  welchen  M.  hier  verweist,  steht  an  für  and,  was  sehr  gewöhn- 
lich ist.  Aber  dadurch  wird  doch  nicht  die  umgekehrte  möglichkeit 
bewiesen ,  dass  and  für  a  stehen  kann !  Das  ist  auch  in  der  that 
undenkbar.  Mätzner,  Wtb.  I  p.  402,  s.  v.  cast  sagt:  ■>>du?ider  arid 
leuene and  skies  cast  [wurf  des  luftgewölbes ,  als  Umschrei- 
bung von  nubes  densissima,  Exod.  19,  16].«  Er  fasst  also  die  drei 
Worte:  dunder ,  leuene  und  skies  cast  als  einander  parallelstehend,  wol 
zu  dem  verbum:  made  spile  gehörig.  Aber  wie  mag  er  sich  dann 
die  Worte:  On  dis  munt  stod ,  zurecht  gelegt  haben?  Der  einzige 
ausweg  wäre  die  annähme ,  dass  vor  On  ein  relat.  pron.  im  nom. 
zu  suppliren  wäre:  der  blitz,  [welcher]  auf  diesem  berge  stand,  was 
doch  wiederum  sachlich  nicht  angeht.  Ich  kann  nach  alledem  nicht 
umhin,  auf  Morris'  Übertragung  von  v.  3463  zurückzukommen,  nur 
dass  ich  nicht  and  =  a  ansetze,  sondern  einfach  atid  als  für  a7i 
verschrieben  hinstelle,  und  letzteres  in  den  text  setze;  also:  Auf 
diesem  berge  stand  die  form  einer  wölke,  wodurch  der  sinn  des  lat.: 
et  nubes  densa  operuit  montem,  ganz  klar  ausgedrückt  wird.  Das 
comma  nach  stod  ist  dann  natürlich  zu  streichen. 

172)  V.  3466: 

Slep  dor  non  de  dane  up-waked. 

Das  kann  doch  nur  heissen :  'Es  schlief  dort  keiner  der  da  auf- 
wacht' ,  während  gerade  der  umgekehrte  sinn  verlangt  wird ;  diesen 
gewinnt  man  aber  sofort,  wenn  man  dane  in  da  ne  zertheilt;  vgl. 
V.  554:  dat  it  ne  wexc  at  inore  hun-frame. 

173)  V.  3469  f.: 

Oc  he  cam  faiger  and  fer  hini  to 
And  gan  wid  hem  speken  so. 

Statt /rt;4''^r  ist  \\o\  faigen  zu  lesen,  vgl.  Hs.  cap.  XXXIX:  Tan- 
dem Isetus  apparuit  Moyses.  hini  brauchen  wir  nicht  in  kern  zu 
ändern,  da  es  sich  auf  folc,  v.  3468,  beziehen  kann. 

174)  V.  3474  ff.: 

Oc  he  de  slog,   gu  for  to  wreken, 
Egypte,   an  weige  made  in  de  se, 
And  let  adam  fonden  de  tre 
de  noe  barg,  and  abraham 
Ledde  vt  in-to  lond  canaan ; 


i)  Dieser  aufstellung  schliosst  sich   Ilihner  a.  a.  o.  p.   29  an. 

21' 


324  ^-  Kölbing 

Of  olde  abraham   and  of  sarra  bigeten 

Dede  ysaac,  of  olde  teten  ; 

de  gaf  ysaac  so  manige  sunen, 

de  Josep  dede  so  riche  wunen. 

V.  3476  f.  Übersetzt  Morris  so:  »and  who  let  Adam  discover 
the  tree  which  preserved  Noah,  and  led  Abraham'  etc.  Stratm.' 
p.  192a  scheint  dieser  erklärung  beizustimmen,  insofern  auch  er  let — 
barg  als  einen  satz  aufführt.  Aber  ich  muss  bekennen ,  dass  die 
seltsame  sage  nie  zu  meinen  ohren  gedrungen  ist ,  die  davon  er- 
zählt,  dass  Adam  einen  bäum  entdeckt  hat,  welcher  später  Noah 
rettete.  Die  erklärer  müssen  sich  darunter  wol  die  arche  vorgestellt 
haben,  aber  erstens  kann  diese  nicht  de  tre  genannt  werden,  und 
zweitens  hat  Adam  dieselbe  nicht  entdeckt ,  sondern  Noah  sie  selbst 
erst  erbaut.  Diese  deutung  dürfte  also  einigermassen  bedenklich 
sein.  Ich  setze  nach  tre  ein  comma  und  übersetze :  Und  den  bäum 
Adam  versuchen  liess,  welcher  (sc.  gott)  Noah  rettete  und  Abraham 
ausführte  in  das  land  Canaan.  Zu  dieser  bedeutung  von  fonden  vgl. 
V.  3367  f.  dat  stede  was  cald  temptatio,  \  for  he  do  god  fondeden  so. 
Dass  meine  Übersetzung  einen  vernünftigen  sinn  gibt,  wird  wol  nie- 
mand bestreiten.  Der  urtext  stimmt  freilich  nur  theilweise  zu  derselben  ; 
er  lautet  für  v.  3471  ff.,  Hs.  a.  a.  o.:  Hodie  non  audietis  Moysen,  filium 
Aram,  et  locabeth ,  sed  illum  qui  pro  vobis  percussit  Egyptum  ,  qui 
per  mare  iter  dedit,  [qui  cibum  de  coelo  misit,  potum  de  petra  con- 
cessit],  per  quem  Adam  de  fructibus  terrae  commedit,  Noe  ex  im- 
bribus  ereptus  vel  exceptus  est ;  Abraham  Chananzeam  obtinuit,  Isaac 
natus  est  de  senibus,  Jacob  prole  ditatus,  Joseph  sublimatus.  —  Aus 
diesen  worten  der  vorläge  ergibt  sich  femer  noch,  dass  v-  3481  für 
ysaac,  iacob  in  den  text  zu  setzen  ist,  wie  Morris  p.  166  nur  frag- 
weise vorschlägt.  V.  3482  überträgt  M.  so:  vand  who  gave  Joseph 
such  rieh  gifts  (abilities).«  Ich  halte  wunen  für  einen  infinitiv  und 
übersetze :  und  welcher  Joseph  so  herrlich  wohnen  liess ;  dieselbe 
construction  von  don  findet  sich  v.   3479  f. 

175)  V.  3487  ff-'- 

He   ledde  hem  to  de    muntes    fot, 
Non  but  non  fordere  ne  mot, 
And  on  is  broder  aaron. 

Morris :  »None  might  go  further  except  Nun,  |  And  also  his 
brother  Aaron.«  Nun  für  non  einzusetzen,  empfiehlt  er  auch  am  rande 
des  textes.  Aber  wer  ist  denn  dieser  räthselhafte  Nim,  dem  hier  auf 
einmal    eine    so  wichtige   sendung  anvertraut  wird  und    der  sonst  im 


Kleine  beitrage  zur  erklärung  und  textkritik  englischer  dichter.  II         ^25 

ganzen  gedichte  nicht  wieder  vorkommt?  Mir  ist  nur  e'in  mann 
dieses  namens  bekannt,  nämlich  der  vater  Josua's ;  dieser  war  aber 
doch  nicht  zugleich  der  bruder  Aaron's.  Kurz,  mir  ist  diese  ver- 
muthung  des  herausgebers  nicht  recht  begreiflich.  Die  sache  liegt 
sehr  einfach:  der  abschreiber  hat  statt  Moyscs ,  wie  seine  vorläge 
bot,  das  am  anfange  der  zeile  stehende  non  aus  versehen  noch 
einmal  geschrieben.  Vgl.  Hs.  a.  a.  o. :  Ascenderunt  autem,  domino 
jubente,  Moyses  et  Aaron,  ultra  terminos ;  sacerdotes,  id  est  majores, 
et  populus  non  transierunt. 

176)  V.  3513   f.: 

False  witnesse  dat  du  ne  bere, 
Ne  wid  de  lese  no  ma[n]   ne  dere. 

Der  bestimmte  artikel  vor  lese  ist  auffällig;  man  erwartet  dafür 
di.  Die  idee  dieser  zeile  ist  dem  commentar  entnommen;  Hs.  cap. 
XL  wird  zu  diesem  geböte  bemerkt;  Hie  prohibet  omne  mendacium. 

177)  V.  3533  f.: 

And  nemeld  it  beseel. 

Arid  two  ödere  to  maken  it  wel. 

beseel  ist  nach  v.  3621  und  Exod.  31,  2  in  besseleel  zu  corri- 
giren.  In  bezug  auf  nemeld  bemerkt  Morris  p.  166:  t> nemeld  ■= 
neniend  =  nemned ,  named ,  appointed.«  Das  wort  nemlen  neben 
nemnen  kommt  auch  sonst  noch  vor,  vgl.  Stratm.^  p.  415 '^j  der 
übrigens  die  vorliegende  stelle  nicht  anführt;  der  sinn  des  wortes 
kann  nur:  ;  nennen  <  oder  >  ernennen«  sein;  daran  kann  sich  aber 
nicht  der  acc.  der  person  und  der  sache  schliessen ;  hinter  nemeld 
ist  wol  to  ausgefallen. 

178)  V.  3557: 

»Loruerd,   mcrci!«   quad  moyses. 

In  beiden  auflagen  gibt  Morris  an,  die  hs.  lese  lonerd;  aber 
warum  hat  er  nicht  die  gewöhnliche  form  des  wortes :  loiierd,  in  den 
text  gesetzt,  wie  v.  3563  im  selben  falle?  Was  mag  es  überhaupt 
mit  der  form:  loruerd  für  eine  bewandtniss  haben?  V.  3661  steht 
dieselbe  wieder  im  texte,  und  hier,  wie  es  scheint,  auf  grund  der  hs. 
Und  auch  in  einer  kentischen  predigt,  Zup.  Uebungsbuch  XIX,  27,  ist 
lorverde  überliefert.  Wenn  nicht  wirklich  eine  solche  nebenform  von 
louerd  existirt  hat,  so  ist  eine  derartige  Wiederholung  desselben 
Schreibfehlers  mindestens  merkwürdig. 

179)  V.  3593  f.: 

On  oder  stede  men  writen  sen, 
XXIII  dhusent  dat  dor  ben. 


7  20  E-  Kölbing 

Es  handelt  sich  nicht  darum,  wie  viele  anwesend  oder  be- 
theiligt waren,  sondern  wie  viele  an  jenem  tage  starben.  Hinter 
dar  ist  also  wol  dead  ausgefallen. 

i8o)  V.  3603   f.: 

Or  du  dis  folc  wid  milche  mod, 
Or  do  min  name  ut  of  din  boc. 

Da  Morris  es  zwar  für  nöthig  gehalten  hat,  tnilc/ic  mod  zu  er- 
klären, dagegen  or  in  v.  3603  weder  in  den  noten  noch  im  glossar 
erwähnt,  so  muss  man  vermuthen,  dass  er  or  —  or  mit  aut  —  aut  über- 
setzt hat.  Dann  würde  aber  in  v.  3603  das  verbum  fehlen,  or  ist  in 
diesem  verse  vielmehr  der  imperativ  von  oren,  ae.  ärian,  gnädig  sein ; 

vgl.  Orm.  V.  5702  ff.  amid  drihhtin  att  hiss  endedayL^ Shall 

arenn  him  annd  millcenn  himvi.  Also:  Sei  du  barmherzig  gegen  dies 
volk  mit  mildem  sinne  oder  etc.  Vgl.  Exod.  32,  32:  aut  dimitte 
eis  hanc  noxam,  aut,  si  non  facis,  dele  me  de  libro  tuo  quem 
scripsisti. 

181)  V.  3647  f.: 

dis  folc  is  after  softe  togen, 

And  hauen  swinc  in  weige  drogen. 

Morris  übersetzt  v.  3647  :  »This  folk  has  after  pleasure  gone,« 
und  gibt  im  glossar  p.  206''  für  diese  stelle  als  die  bedeutung  von 
softe  an :  lust,  pleasure.  Also  :  das  volk  ist  seinem  vergnügen  nach- 
gegangen? Aber  dieser  sinn  passt  nicht  und  auch  für  softe  lässt 
sich  obige  bedeutung  nicht  nachweisen.  Ich  übersetze:  Das  volk  ist 
ruhig  nachgezogen,  nämlich  der  wölke. 

182)  V.  3654: 

And  brenninge  he   calde  dat  stede. 

brenninge  gehört  in  den  namenindex;  vgl.  Num.  11,  3  und  Hs. 
Num.  cap.  XIV:  ....  vocavitque  nomen  loci  illius  Incensio. 

183)  V.  3693  f.: 

Moyses  bi-sogte,  and  sehe  wurd  fer 
And  frend,  and  cam  dat  broder  ner. 

frend  wird  weder  in  den  noten  noch  im  glossar  erklärt; 
ich  bekenne  es  nicht  zu  verstehen  und  weiss  auch  keine  sichere 
besserung  vorzuschlagen ;  nur  vermuthe  ich ,  dass  in  frend  and  ein 
part.  praes.  steckt,    \v\q  fagnand  =  laetata,   oder  etwas  ähnliches. 

184)  V.  3724: 

And  wenden  in-to  egipte  agen; 


Kleine  beitrage  zur  erklärung  und  textkritik  englischer  dichter.  II         327 

An  das  ende  dieser  zeile  gehört  statt  des  semicolon's  ein  punkt 
und  das  zeichen  der  geschlossenen  rede. 

185)  V.  3747  f.: 

Oswas  was  moyses  eam, 
And  chore  was  is  bernteam 

Der  hier  Oswas  genannte  mann  heisst  Num.  16,  i  Isaar.  Viel- 
leicht ist  an  eine  Verwechselung  der  initialen  O  und  /  zu  denken, 
sei  es  von  seiten  des  alten  abschreibers  oder  des  jetzigen  copisten 
der  hs. 

186)  V.  3751   f.: 

Hem  two  .II.  hundred  man, 
And  two  do  .XL.  and  ten. 

Morris'  vermuthung,  dass  v.  3752  to  für  huo  zu  schreiben  sei, 
ist  zu  billigen.  Dagegen  ist  es  ihm  merkwürdiger  weise  entgangen, 
dass  in  diesem  satze  das  verbum  fehlt;  nach  hem  ist  etwa  folweden 
zu  ergänzen;  vgl.  Hs.  cap.  XX:  complices  secum  habuit  ducentos 
quinquaginta  de  levitis  majoribus. 

187)  V.  3759  ff.: 

To-morwen  bed  her  alle  redi, 
And  ilc  gure  oder  stonde  bi ; 
And  ilc  gure  hise  reklefat, 
And  fier  dor-inne  and  timinge  on  dat. 

V.  176 1  fehlt  wiederum  das  verbum;  ich  ergänze  takc  vor  hise\ 
vgl.  Hs.  a.  a.  o. :  ToUite  turibula  vestra.  Zu  Urninge  bemerkt 
Morris  p.  167:  a timinge  seems  to  be  an  error  for  time  ge,  wait  ye.« 
Es  bedeutet  vielmehr :  räucherwerk,  und  entspricht  dem  lat.  thymiama, 
auf  das  es  auch  sprachlich  zurückgeführt  werden  muss.  Die  endung 
-nge  beruht  allerdings  wol  auf  einer  entslellung  durch  die  schuld  des 
abschreibers.     Vgl.  Hs.  a.  a.  o :   .et  ponite    thymiama  super  ea. 

188)  V.  3768  ff.: 

Moyses  wid  folc  is  to  hem  numen, 
In  here  teld  he  stouden  agen 
Moyses  and  vr,    [&]  ne  wulde  gon. 

So  schreibt  Morris  im  texte,  während  er  in  der  anni.  zu  v. 
3770  die  änderung  von  vr  in  vt  vorschlägt.  Die  richtigkeit  dieser 
vermuthung  ist  so  evident ,  dass  der  herausgeber  gut  thun  wird ,  sie 
in  einer  neuen  aufläge  in  den  text  zu  setzen  und  den  personennamen 
Vr  im  Index  of  names  zu  streichen.  Dagegen  beruht  die  Verweisung 
auf  Num.  16,  12  auf  einem  versehen;  es  handelt  sich  vielmehr  um 
V.  25   f. 


328  E.   Kölbing 

189) -V.    3777: 

Swilc  eiidesid  vn-bi-wcn  hauen. 

Im  glossar  p.  181''  heisst  es:  ^Endesid  may  be  an  error  für 
unsid,  from'<  (?).  Allerdings  kommt  dies  genau  so  wie  endedäg  ge- 
bildete wort  nur  hier  vor,  aber  das  ist  kein  grund ,  es  zu  verwerfen : 
vielmehr  hätte  der  dichter  gar  keinen  passenderen  ausdruck  wählen 
können :  Eine  solche  letzte  reise  treten  sie  unerwartet  an.  Eine  art 
reise  war  es  ja  in  der  that,  vgl.  Num.  16,  t^^:  descenderuntque  vivi 
in  infernum. 

190)  V.   3781   ff.: 

For  chore  wel  wisle  dat 

Gret  fier  wond  vt  of  is  reclefat, 

And  üf  is  fere  on   and  on, 

V.  3781  verstehe  ich  nicht  und  der  herausgeber  schweigt  über 
diesen  vers.  Was  wusste  denn  Chore  wolr  Und  worauf  bezieht 
%\cy\  for ?  Vielleicht  ist  für  iviste,  mite  zu  lesen:  In  bezug  auf  Chore 
wisse  wol  dieses:  etc.  Hs.  bietet  keinen  weiteren  anhält:  Sed  ec 
ignis  egressus  est  de  thuribulis  Core. 

191)  V.  3785   f.: 

Oc  aaron  al  hol  and  fer, 
Cam  him  no  fieres  swade  ner. 

Aaron  könnte  allenfalls  als  absoluter  nominativ  aufgefasst  werden ; 
ich  glaube  aber  eher,  dass  stod  dahinter  ausgefallen  ist;  vgl.  Hs.  a. 
a.  o. :  Aaron  st  ante  illseso. 

192)  V.  3796: 

dor  [h]aued  a  skie  hem  wel  bi-togen. 

Das  erst  in  aufl.^  in  klammern  zu  aiied  gefügte  h  ist  wieder 
zu  streichen,  da  dieselbe  form  auch  sonst  noch  ohne  h  vorkommt, 
vgl.  v.   2425.     Ebenso  steht  es  natürHch  mit  adde  v.   3804. 

193)  V.  3871   f.: 

Ones  he  smot  dor  on  de  ston, 
And  miste,   and  sag  de  water  gon. 

Für  de  watcr  muss  es  tio  water  heissen.  Vgl.  Hs.  cap.  XXIV: 
Cum  ergo  percussisset  prius  virga  silicem,  quia  desperaverat ,  n  o  n 
manaverunt  aquse.     Secundo  vero  ictu  etc. 

194)  V.  3916: 

Oc  he  slugen  king  of  basaan. 

Aus  der  randnote:    »The  king  of  Bashan  is  slain«,  sowie  daraus, 


Kleine  beitrage  zur  erklänmg  und  textkritik  englischer  dichter.  11        ^29 

dass  Oc  in  dem  namenverzeichniss  fehlt,  ergibt  sich,  dass  Morris  oc 
für  die  partikel  hält.  Dann  wäre  aber  das  fehlen  des  artikels  vor 
king  auffällig.  Oc  ist  unzweifelhaft  der  narae  des  königs,  vgl. 
Num.  21,  32:  Et  occurrit  eis  Og  rex  Basan.  Also:  Oc  schlugen  sie, 
den  könig  von  Basan. 

195)  V.  3927   f.: 

Balaam  wid-[h]eld  him  dor  dat  nagt 
To   witen   quat  him   sal  wurden  tagt. 

him  =  hem;  vgl.  Num.  22,  8:  Ille  respondit:  Manete  hie  nocte 
et  respondebo  quidquid  mihi  dixerit  dominus. 

196)  V.  3935  f.: 

O  morgen  seide  he:  »fare  ic  nogt, 
for  bode  is  me  fro  gode  brogt. 

Auch  hier  ist  wo\  for- bode  zu  schreiben,  wie  v.  3932  und  324, 
vgl.  Num.  22,  13:  Ite  in  terram  vestram,  quia  prohibuit  me 
Dominus  venire  vobiscum. 

197)  V.  3941  fif. : 

J)og  balaac  king  me  goue  hold, 

His  hus  ful  of  siluer  and  of  gold, 

Ne  mai  ic  wenden  her  bi-neden«; 

Godes  wurd  is  cumen  als  it  is  queden ; 

Oc  or  or  ge  wenden  agen, 

dis  nigt  ic  sal  fonden  and  sen«. 

Wie  der  herausgeber  wenden  in  v.  3943  auffasst,  ist  aus  dem 
glossar  nicht  zu  ersehen.  Die  vergleichung  des  Urtextes  zeigt  den 
richtigen  weg  für  das  verständniss ,  Num.  22,  18:  Si  dederit  mihi 
Balac  plenam  domum  suam  argenti  et  auri,  non  potero  immutare 
verbum  domin i,  dei  mei,  ut  vel  plus,  vel  minus  loquar.  Daraus 
ergibt  sich,  dass  das  semicolon  nach  bi-neden  zu  streichen  und  erst 
nach  zvurd  zu  interpungiren  ist.  Ich  übersetze  also:  Ich  kann  nicht 
hier  unten  gottes  wort  abwenden  ;  es  ist  gekommen ,  wie  es  ausge- 
sprochen war.  her  bineden  heisst:  hier  auf  der  erde,  im  gegensatz 
zum  himmel,  vgl.  v.  9 :  Her  bi-neden  and  dmid  ahmen.  Zu  is  cunicn 
ist  godes  wurd  als  subject  zu  suppliren.  Auffallend  erscheint,  dass 
V.  3946  zu  fonden  und  sen  das  object  fehlt.  Doch  ist  dies  so  leicht 
hinzuzudenken,  dass  es  unberechtigt  sein  würde,  desshalb  den  ausfall 
eines  verspaares  anzunehmen. 

198)  V.  3957  ff-: 

Sellic  dogte  balaam  for-di, 
And  bct  and  wentc   it  to  de  sti 


T-jQ  E.  Kölbing 

Bi  -  twcn  two  Walles  of  ston  ; 
Eft  stod  dis  angel  hiin  agon. 

Das  semicolon  gehört  liinter  sfi,  und  die  beiden  folgenden  verse 
sind  dem  sinne  nach  zusammen  zunehmen,  vgl.  Num.  22,  23:  Quam 
cum  verberaret  Balaam  et  vellet  ad  semitam  reducere,  stetit  angelus 
in  angustiis  duarum  maceriarum,  quibus  vineaa  cingebantur. 

199)  V.  3977   f.: 

So  was  dis  were  to  wunder  brogt, 
dhog  de  asse  spac,  frigtede  he  nogt. 

Morris  übersetzt  v.  3977  :  So  was  this  man  to  mischief 
(grief)  brought«.  Diese  erklärung  passt  aber  nicht  zu  dem  inhalte 
der  folgenden  zeile.  Den  beabsichtigten  sinn  bietet  Hs.  a.  a.  o. : 
Assuetus  iste  monstris  ad  vocem  asinae  non  expavit.  Aus 
den  überlieferten  worten  dürfte  dieser  sinn  freilich  schwer  zu  ge- 
winnen sein,  und  da  auch  ich  eine  sichere  besserung  nicht  vorzu- 
schlagen weiss,  muss  die  stelle  eines  geübteren  kritikers  warten. 

200)  V.  4015  f. : 

He  wente  on  oder  stund  or  stede, 
Betre  timing  dor-fore  he  it  dede, 

V.  4016  wird  vom  herausgeber  so  übertragen:  »He  did  it  for 
better  success«.  Wie  er  diesen  sinn  aus  den  überlieferten  worten  ge- 
winnen will,  ist  mir  unklar  geblieben ;  das  hätte  doch  etwa  heissen 
müssen:  For  betre  timing  he  it  dede.  Und  v.  4015  könnte  dann  nur 
heissen:  Er  wandte  sich  zu  anderer  zeit  oder  anderem  orte,  was 
sonderbar  ausgedrückt  wäre,  abgesehen  davon,  dass  v.  4012:  And 
ledde  heni  deden  on  oder  stede.,  schon  dasselbe  erzählt  war;  übrigens 
muss  dort  wol  hini  für  hem  stehen,  vgl.  Num.  23,  14:  Cumque 
duxisset  eum  in  locum  sublimem.  Ich  glaube  also,  dass  v.  4015 
wefide  für  wente  zu  lesen  ist,  wie  v.  4017  steht,  diese  worte  konnten 
ja  von  einem  abschreiber  leicht  verwechselt  werden  —  und  inter- 
pungire  dann  so :  Jfe  ivende  on  oder  stund  or  stede  \  betre  titning[e] ; 
dor-fore  he  it  dede  =  Er  hoffte  zu  anderer  zeit  oder  ort  besseren 
erfolg;  desshalb  that  er  es.  Vgl.  zum  sinne  Hs.  cap.  XXXIII: 
.  .  .  secundum  errorem  gentilium  putans  omnia  locis  inesse  et  tem- 
poribus,  et  deum  sicut  hominem  posse  mutari. 

201)  V.  4045  f. : 

Oc  dan  balaam  wente  a-gen, 
Tagte  he  balaam  quat  migte  ben 
dis  folc  to  dere  etc. 


Kleine  beitrage  zur  erklärung  und  textkritik  englischer  dichter.  II  231 

Morris  macht  die  richtige  randnote:  »Balaam  teaches  Balak  how 
to  injure  the  Israelites«.  Trotzdem  hat  er  übersehen,  dass  der  ab- 
schreiber  in  v.  4046  aus  versehen  wieder  balaam  statt  balaac  ge- 
schrieben hat.  Oder  liegt  etwa  nur  ein  durch  beide  auflagen  gehen- 
der druckfehler  vor? 

202)  V.  4049  ff. : 

»de  ginge  wimmen  of  din  lond, 
faiger  on  sigte  an  softe  on  hond. 
And  brigte  on  hewe,  on  speche  glad, 
"Wid  dgere  sal  ic  sondes  sad 
de  du  ten  vt  gen  dis  man. 

V.  4052  Übersetzt  Morris  p.  168  so:  »in  haste  shall  I  set  apart 
as  messengers«.  Diese  deutung  ist  schon  insofern  verfehlt,  als  Balaam 
zwar  den  rath  gibt,  mit  der  ausführung  desselben  aber  gar  nichts  zu 
thun  hat.  Auf  den  zu  erwartenden  sinn  weist  Hs.  cap.  XXXIV: 
.  .  .  consilium  dedit  eis,  ut  virgines,  quarum  specie  illudi  posset 
castitas,  circa  tentoria  Israel  cum  exeniisvenalibus  mitterent. 
Dadurch  erklären  sich  wenigstens  sofort  die  worte  sondes  sad  als: 
gute  gerichte.  Da  ferner,  wie  schon  bemerkt,  der  Sprecher  mit  der 
ausführung  des  Vorschlages  nichts  zu  thun  hat,  so  muss  sal  ic  ver- 
dorben sein.  Nun  übersetzt  der  commentator  selbst  exenia  in  einer 
note  durch  peregrinorum  fercula ;  es  handelt  sich  also  um  für  die 
Israeliten  seltene,  auffallende  gerichte;  vielleicht  ist  demnach  sal  ic 
in  sellic  zu  ändern  und  für  dgere,  dere  zu  schreiben.  Also :  mit  kost- 
baren, seltenen  und  guten  gerichten.  Das  einzige,  was  meines  er- 
achtens  bei  dieser  erklärung  bedenken  erregen  könnte,  ist  die  häufung 
von  unverbundenen  adjectiven  bei  dem  worte  sondes.  Wenn  jemand, 
ohne  der  überliefenmg  gewalt  anzuthun,  diesen  übelstand  beseitigen 
kann,  so  soll  mir  seine  Verbesserung  willkommen  sein.  Jedenfalls 
kommt  inzwischen  meine  deutung  der  Wahrheit  näher,  als  die  des 
herausgebers. 

203)  V.  4059  ff.: 

Bute-if  du  migt  forden  dis  red, 
And  hem  fro  godes   luue  led, 
And  fonde  to  wenden  dus  here  dhogt, 
for  \vi  ne  wopen  ne  helped  nogt«. 

Morris :  »unless  thou  canst  follow  this  advice  and  Icad  them 
from  god's  love,  and  seek  to  turn  thus  their  thought,  for  war  nor 
weapon  helpeth  not«.  Ich  vermag  das  for  zu  anfang  der  letzten 
zeile  weder  im  Urtexte  noch  in  der  neuenglischen  Übertragung  zu  ver- 


-j  •!  2  E.  Kölbing 

Stehen,  es  sei  denn,  dass  man  den  mit  Buteif  eingeleiteten  satz  zum 
vorigen  zieht  und  mit  for  einen  neuen  satz  beginnen  lässt,  was  in- 
haltlich nicht  angeht.  Ich  glaube  demnach,  dass  for  zu  streichen 
ist ;  vgl.  zum  sinne  dieser  verse  Hs.  a.  a.  o. :  .  .  .  ut  eos  transgredi 
leges  patrias  facerent,  et  deos  colerent  alienos,  ut  sie,  deo  suo  irato 
eis,  vel  ad  modicum  tempus  humiliarentur ;  deo  enim  eis  propitio, 
nee  bella  nee  pestis  aliqua  eos  corriperent. 

204)  V.  4066 : 

In  sichin   singede   Israel. 

Gemeint  ist  S'ittim  (Num.  25,  i).  Da  nun  ch  und  ///  wie  in 
anderen  hss.  so  in  dieser  sich  graphisch  sehr  nahe  zu  stehen  pflegen 
(vgl.  V.  3299  f.),  so  darf  hier  ohne  bedenken  sithhn  in  den  text  ge- 
setzt werden. 

205)  V.  4077  f.: 

Godes  wreche  dor  haued  of-slagen 
XXIII  dusent  of  dagen. 

Da,  wie  schon  öfters  bemerkt,  der  dichter  die  zahlen  genau  zu 
reproduciren  pflegt,  so  sei  erwähnt,  dass  nach  Num.  25,  9  XXJIII  z\x 
schreiben  wäre.  Ebenso  ist  wol  nach  Num.  26,  51  v.  4090  für  XX, 
XXX  zu  lesen. 

206)  V.  4092  ff.: 

Was  non  of  hem  told  in  tale  or, 
do  moyses  tolde  hem  and  aaron, 
dan  [h]e  gunnen  fro  egipte  gon. 
Vten  iosue  and  caleph. 
Alle  alles  he  driuen  in  deades  weph. 

Der  punkt  nach  gon  ist  zu  streichen;  vgl.  Num.  26,  65  und 
Hs.  cap.  XXXVI :  inter  quos  nullus  fuit  eorum  qui  numerati  fuerant 
a  Moyse  et  Aaron,  praeter  Josue  et  Caleb. 

207)  V.  4109  f. : 

God  hem  andswerede :    »iosue 
Ig  wile  ben  loder-man  after  de. 

Für  hem  muss  him  gelesen  werden ;  vgl.  dagegen  Wülcker  zu 
V.   180. 

208)  V.  4127   f . : 

do  .XII.  twelue  kinderedes,  on  and  on, 
He  gaf  bliscing  bileue  gon. 

bileue  erklärt  der  herausgeber  p.  174^  durch  quickly,  indem  er 
es  wahrscheinlich   mit    bi  Ufe  identificirt,    was    nicht    gebilligt  werden 


Kleine  beitrage  zur  erklärung  und  textkritik  englischer  dichter.  II  -iß •? 

kann,  gon  sieht  er  als  part.  prset.  an  und  gibt  es  p.  i88a  durch 
departed  wieder ;  also :  rasch  verschwunden ;  aber  wir  erwarten  doch 
eher :  ehe  er  ging,  oder :  in  der  absieht  zu  gehen ;  also  etwa :  bi  leue 
[to]  gon  =  um  mit  (ihrer)  erlaubniss  zu  gehen?  Indessen  befriedigt 
diese  erklärung  noch  nicht  ganz.  Ausserdem  muss  natürlich  v.  4127 
entweder  XII  oder  twchie  \vegfallen. 

209)  V.  4132   ff . : 

durg  god  him  was  siden   dat   on. 

der  he  starf  inne.     de  moab  lond, 

His  bodi   was  biried  wid  angeles  hond, 

Ueber  den  sinn  von  v.  4132  geben  die  anmerkungen  keinen 
aufschluss.  Man  kann  doch  nur  übersetzen:  durch  gott  ward  ihm 
darauf  das  allein  zu  theil.  Aber  damit  würde  auf  etwas  noch  zu  er- 
zählendes hingewiesen,  während  das  hier  gemeinte  —  das  sehen  des 
gelobten  landes  —  schon  in  den  vorhergehenden  versen  berichtet 
war.  Vielleicht  ist  für  siden,  giuen  zu  lesen,  obwol  ich  die  ver- 
schreibung  nicht  zu  erklären  vermag.  V.  4133  ist  der  ganz  sinnlose 
punkt  nach  inne  zu  streichen,  vgl.  Deut.  34,  5 :  Mortuusque  est  ibi 
Moyses,  servus  domini,  in  terra  Moab. 

210)  V.  4153: 

Esdras  is  witnesse  of  [his]  sage. 
He  was  wel  wis  of  de  olde  läge. 

Dass  vor  sage  ein  wort  ergänzt  werden  muss,  ist  wahr,  nur 
dürfte  his  nicht  die  richtige  ergänzung  bilden.  Vgl.  Hs.  Deut.  cap.  XX: 
Hoc  capitulum  finale,  ut  ferunt,  apposuit  Esdras,  sicut  ab  illo  loco: 
»Ascendit  Moyses«  usque  ad  hunc  locum  ferunt  Josue  apposuisse. 
Unter  sage  ist  also  die  erzählung  von  dem  tode  des  Moses  gemeint; 
es  ist  folglich  dis  statt  his  einzusetzen. 


Wenn  ich  diese  kritischen  notizen  zu  einem  der  hervorragendsten 
englischen  gedichte  des  13.  Jahrhunderts  hiermit  verötfendiche,  so 
bilde  ich  mir  keinesweges  ein,  überall  das  richtige  getroffen  oder  auch 
nur  alle  der  erklärung  bedürftigen  stellen  erörtert  zu  haben.  Gar 
manche  erklärungen  des  herausgebers  sind  mit  stillschweigen  über- 
gangen, nicht  weil  ich  mit  denselben  einverstanden  war,  sondern  nur, 
w-eil  ich  nichts  besseres  zu  bieten  wusste.  Schon  wenn  es  mir  ge- 
lingen sollte,  durch  meine  arbeit  die  aufmerksamkeit  der  fachgenossen 


334 


F,  Liebrecht 


in  höherem  grade  als  sie  ihm  bisher  zu  theil  geworden,  auf  dieses 
interessante  denkmal  zu  lenken ,  würden  die  vorhergehenden  seilen 
nicht  umsonst  geschrieben  sein. 


Breslau,  im  sept.  1879. 


E.  Kölbing. 


ZUR  ENGLISCHEN  BALLADENPOESIE. 


In  der  »Collection  of  seventy-nine  Black-Letter 
Ballads  and  Broadsides,  printed  in  theReign  of  Queen 
Elisabeth  between  the  years  1559  and  1597  etc.  London 
1870«    befinden    sich   zwei    bailaden,    von   denen   die   eine    (p.   227) 

so  lautet : 

»What  lyfe  ist  beft?     The  nedy  is  füll  of  woe  and  awe, 

The  welthy  füll  of  brawles  and  quarells  of  the  law ; 

To  be  a  maryed  man  how  much  art  thou  beguiled, 

Seeking  thy  reft  by  carking  still  for  houfhold,  wif  and  child! 

To  tili  it  is  a  toyle  to  grace  t-)  a  gredy  gaine, 

And  such  as  gölten  is  wilh  drudging  and  with  paine. 

A  fhrewd  wyfe  bringes  debate,  —  wiue  not  and  neuer  thriue. 

Children   are  a  Charge,  —  childlefs,   the  greateft  lack  aliue ; 

Youth  witlefe  is  and   frayle,  age  fickly   and   forlorne ; 

Then  best  it  is  to  dye  betime,   or  neuer  to  be  borne.« 

Die  andere  ballade,  überschrieben   »A  Paradox«   (p.  192),  lautet: 

»What  lyfe  is  beft  to  lead  in  cittya)  or  in  towne? 

In  th'  one  both  witt  and  wealth,   court  getts  us  great  renown ; 

The  country  keepes  in  health,   bringes  quietnes  of  mind, 

Where  wholfome  ayre  with  exercife  and  pretty  Sportes  we  find. 

Wed  and  thou  haft  a  bed  of  folace  and  of  ioye; 

Wed  not  and  haue  a  reft  without  anoy  3) ; 

The  fetled  loue  is  fafe,  fwete  is  the  loue  at  large  ; 

Thy  children  are  thy  com  forters,  no  childrun  are  no  charge ; 

Youth  lufty  is  and  getts,  age  honnord  is  and  wife; 

Then  not  to  dye  or  be  vnborne  is  beft,  by  my  aduife.« 

Der  herausgeber  bemerkt  zu  ersterem  gedichte;  »This  is  in 
manuscript  and  signed  by  the  initials  I.  G.  in  a  monogram.  It  is 
similar  in  character   and  evidently    by  the    same  writer  as  the  poem 


i),  to  graze?  —  2)  country?  —  3)  Dieser  vers  ist  unvollständig. 


Zur  englischen  balladenpoesie  -?  -?  e 

already  printed  at  p.  192,  but  it  is  on  a  separate  paper,  and 
apparently  another  essay.«  Ob  es  sich  damit  so  verhält,  steht  dahin; 
denn  beide  balladen  sind  Übersetzungen  oder  bearbeitungen  zweier 
epigramme  der  Anth.  Gr.  1.  IX,  no.  359,  360,  deren  ersteres  (von 
Posidippos  oder  dem  komödiendichter  Plato)  fragt,  »welchen  lebens- 
pfad  man  wol  einschlagen  solle.  Auf  dem  markte  {ayoQÜ,  forum) 
herrsche  streit  und  arges  treiben,  zu  hause  aber  sorgen;  auf  dem 
lande  grosses  mühsal ;  auf  der  see  schrecken ;  in  der  fremde,  wenn 
man  was  besitzt,  ängstlichkeit 5  wenn  man  nichts  besitzt,  so  ist  es 
noch  schlimmer.  Ist  man  verheirathet,  so  fehlt  es  nicht  an  kümmer- 
nissen  \  bleibt  man  ledig,  so  lebt  man  verlassen ;  hat  man  kinder,  so 
hat  man  verdruss ;  ein  kinderloses  leben  ist  Verödung.  In  der  jugend 
handelt  man  unverständig,  im  alter  dagegen  ist  man  erschlafft.  Wenn 
man  also  zu  wählen  hätte,  so  sollte  man  entweder  nicht  geboren 
werden  oder  gleich  nach  der  geburt  sterben.« 

Hierauf  nun  antwortet  Metrodoros  in  dem  zweiten  epigramm, 
»dass  man  jeden  lebenspfad  einschlagen  könne;  denn  auf  dem  markte 
finde  man  rühm  und  rüstiges  treiben,  zu  hause  aber  erholung ;  auf 
dem  lande  den  reiz  der  freien  natur ;  auf  der  see  gewinn ;  in  der 
fremde,  wenn  man  was  besitzt,  ansehen ;  wenn  man  nichts  besitzt, 
helfe  man  sich  selber.  Ist  man  verheirathet,  so  lebt  sich's  im  schösse 
der  familie  gar  gut;  bleibt  man  ledig,  so  lebt  man  noch  besser;  hat 
man  kinder,  so  hat  man  freude,  ein  kinderloses  leben  aber  ist  sorgen- 
frei. In  der  jugend  ist  man  kräftig,  im  alter  dagegen  geehrt.  Man 
hat  also  nicht  nöthig  zu  wählen,  ob  man  lieber  nicht  geboren  werden 
oder  gleich  nach  der  geburt  sterben  solle;  denn  beides  ist  gut.« 

Nach  dem  hier  mitgetheilten  also  möchte  es  scheinen,  als  ob 
der  Verfasser  der  ersten  bailade  nur  das  epigramm  no.  359  gekannt 
oder  auch  dasselbe  allein  nur  habe  übertragen  wollen,  während  der 
besitzer  der  gedruckten  balladen,  welcher  auch  das  darauf  folgende 
epigramm  kannte,  durch  eine  Übersetzung  desselben  jenem  antwortete 
imd  letztere  auf  einem  losen  blatte  der  sammlung  einfügte.  — 

In  den  Roxburghe  Ballads.  Edited  by  Charles  Hindley. 
London  1873  befindet  sich  vol.  I,  p.  409  ff.  ein  »Song  of  an  Eng- 
lish  Merchant,  borne  at  Chichester«,  worin  berichtet  wird,  wie  dieser 
kaufmann  in  der  Stadt  Emden  bei  einem  streite  einen  mann  tödtetc 
und  deshalb  zum  tode  verurtheilt  wurde.  Als  er  bereits  auf  dem 
schaffot  stand  und  nur  noch,  che  er  sein  haupt  auf  den  block  legte, 
der  wittwc  und  den  zwei  kleinen  kindern  dos  von  ihm  umgebrachten 
eine  grössere  geldsumme  vermachte, 


ZZf' 


F.  I.iebreclit 

j>Thi.s  was  no  sooner  spoke, 
But  that  to  Stint  his  griefe, 
Ten  goodly  Maids  did  proffer  him 
For  love  to  beg  his  life: 
This  is  our  law,   quoth  they, 
We  niay  your  death  remove, 
If  you,  in  lieu  of  uur  good  will 
will  grant  to  us  your  love. 

Brave  Englishman,  quoth  one, 
'Tis  I  will  beg  thy  life! 
Nay,   quoth  the  second,   it  is  I, 
If  I  must  be  thy  wife ! 
'Tis  I!  the  third  did  say; 
Nay,   quoth  the  fourth,   'tis  I. 
So  each  one  after  other  said, 
still  waiting  his  reply.« 

Der  kaufmann  jedoch  will  das  anerbieten  der  Jungfrauen  nicht 
annehmen,  bis  endlich  eine  derselben  erklärt,  sie  wolle  ihm  im  tode 
folgen  und  zusammen  mit  ihm  sterben,  da  sie  ihn  innig  liebe. 

»But  can  it  be,  hee  said, 
That  thou  dost  love  mee  so?  — 
'Tis  not  by  long  acquaintance,  sir, 
whereby  true  love  doth  grow !  c 

Der  kaufmann  wurde  gerührt,  ebenso  das  umstehende  volk,  das 
in  ein  beifallsgeschrei  ausbrach, 

»And  said  it  had  great  pitie  been 
so  sweet  a  man  should  die.« 

I  goe,  my  Love,  shee  said, 
I  riin,  I  flye  for  thee! 
And,  gentle  Headsman,  spare  a  while 
My  Lover's  life  for  mee ! 
Unto  the  duke  shee  went, 
WTio  did  her  griefe  remove; 
And  with  an  hundred  Maidens  more, 
shee  went  to  fetch  her  Love. 

With  musicke  soundlng  sweet 
The  formost  of  the  traine, 
This  gallant  maiden  like  a  Bride, 
Did  fetch  him  backe  againe: 
Yea  hand  in  hand  they  went 
Unto  the  church  that  day. 
And  they  were  married  presently 
in  sumptuous  rieh  array. 


Zur  englischen  balladenpoesie  -y-y-j 

Diese  bailade  gründet  sich  auf  einen  alten  weitverbreiteten  rechts- 
brauch oder  gewohnheitsrecht,  das  ich  in  meinem  buche :  Zur  Volks- 
kunde, p.  433  f.  besprochen,  und  wonach  ein  Verbrecher  von  der 
todesstrafe  befreit  wurde,  wenn  eine  Jungfrau  sich  entschliessen  konnte, 
ihn  zu  heirathen.  — 

In  denselben  Roxburghe  Ballads  vol.  I,  p.  434  fif.  begegnen  wir 
einer  bailade,  überschrieben  »Faire  fall  all  good  Tokens  or  A  pleasant 
new  Song,  not  common  to  be  had,  Which  will  teach  you  to  know 
good  tokens  from  bad';.  Sie  enthält  eine  grosse  zahl  von  Wahr- 
zeichen, aus  denen  man  die  zukunft  erkennen  kann,  und  die  alle 
scherzhafter  art  sind,  wie  etwa  folgende : 

»He  that  hath  gain'd  much  silver 

and  doth  possesse  much   gold, 
It  is  a  token  that  he  shall  be  rieh, 

if  he  his  substance  hold : 
But  he  that  hath  but  little  störe 

and  spendeth  all  and  something  more, 
It  's  a  token  that  he  shall  dye  poore, 

to  say't  you  may  be  bold;« 

und  von  gleicher  art  sind  alle  andern  Vorzeichen.  Das  ganze  lied 
erinnert  an  das  deutsche  von  der  :>Zigeunerin«  in  Simrock's  Volks- 
lieder nr.  368,  wo  es  heisst: 

»Gieb  blanker  bruder  gieb  mir  wein, 
Und  lass  die  hand  mich  sehn, 
So  will  ich  wahrhaft  prophezein 
Was  sicher  wird  geschehn. 

Merk  auf  es  ist  ein  hohes  wort 
Und  liegt  viel  Weisheit  drin, 
Sind  vierundzwanzig  stunden   fort, 
So  ist   ein  tag  dahin. 

Sobald  es  nacht  geworden  ist 

Sind  alle  katzen  grau, 

Und  wenn  der  mann  die  männin  küsst, 

So  küsst   er  seine  frau.«     U,  s.  w. 

Zwischen  dem  engHschen  und  dem  deutschen  volksliede  herrscht 
eine  gewisse  innere  Verwandtschaft;  doch  sind  wol  beide  selbständig 
entstanden.  — 

Die  in  rede  stehende  Sammlung  enthält  auch  vol.  II.  p.  312  ft. 
eine  bailade,  betitelt  .The  little  Bar ly-Corne«,  eine  der  zahl- 
reichen Versionen,  die  mit  demselben  namen  in  England  und  Schott- 
land   verbreitet    sind ,     obwol    Burns'    bearbeitung    dieses    stoftes    die 

E.  Kölbing,   Englische  Studien.     III.     2.  22 


338 


H.  Ottmann 


bekannteste  sein  dürfte.  Aber  auch  in  Deutschland  war  letzterer  nicht 
unbekannt ,  wie  ich  entnehme  aus  dem  antiquarischen  katalog  von 
Calvary  &  Co.  in  Berlin  1864,  nr.  45,  p.  16,  wo  aufgeführt  ist: 
;v  Wurst -Beschreibung,  Span -Neue.  Darinnen  nicht  allein  von  unter- 
schiedlichen Nationen  der  Missgeburten,  der  ketzerischen  Würste,  son- 
dern auch  von  Verfertigung  der  echten  Sächsischen  Würste  gehandelt 
wird,  Wobey  auch  Martyrologia  Hordei,  wie  das  Edle 
Gersten-Korn  so  viel  Marter  ausstehen  muss;  zum  Druck 
befördert  durch  Marcus  Knackwurst,  übersehen  durch  Johann  Wurst- 
horn,  Stadschreibern  in  dem  Westphalischen  Schwein-Paradiese.  Ge- 
druckt zu  Schweinfurth  im  Lande  Wursten  durch  Hans  Darm.  1689.  4.' 

I.ÜTTICH. 

Felix  Liebrecht. 


ÜBER  DIE  WAHL   DES   LESESTOFFES   IM   ENG- 
LISCHEN UNTERRICHT  AUF  DER  REALSCHULE 
ERSTER  ORDNUNG. 


Die  aufnähme  des  Englischen  in  den  kreis  der  schuldisciplinen 
ist  noch  nicht  zwei  lehrergenerationen  alt,  und  erst  seit  jüngster  zeit 
konnte  der  Staat  über  lehrkräfte  verfügen,  welche  das  Studium  der 
englischen  spräche  wissenschaftlich  hatten  betreiben  können.  Bedenkt 
man,  dass  bei  diesem  mangel  einer  sichern  und  allen  gemeinsamen 
grundlage  den  lehrern  vielfach  eine  dilettantenhafte  Sprachfertigkeit 
als  lehrziel  vorschwebte,  so  wird  man  die  unfertige  vielköpfigkeit  im 
englischen  Unterricht  sehr  begreiflich  finden.  Vornehmlich  zeigt  sich 
diese  in  dem  mangel  an  Übereinstimmung  in  der  behandlung  der 
grammatik  und  in  der  wähl  der  lectüre.  Während  selbst  im  Fran- 
zösischen einige  treffliche  leistungen  auf  dem  gebiet  der  schulgramma- 
tik  viel  antiquirte  lehrbücher  von  der  concurrenz  ein  für  alle  mal 
ausgeschlossen  haben,  und  man  die  pädagogische  methode  wol  im 
grossen  ganzen  als  gefunden  bezeichnen  kann,  machen  in  der  eng- 
lischen grammatik  noch  die  verschiedenartigsten  producte  sich  das 
terrain  streitig.  Nicht  minder  weit  divergiren  die  ansichten  über  den 
zu  wählenden  lesestoft".  Die  vielfach  ungebührlich  vorherrschende 
richtung  auf  die  praktische  Verwendung  der  spräche  hat  hier  einer 
anzahl   von    Schriftstellern   den  weg  in  die   deutsche    schule  geöffnet, 


Ueber  die  wähl  des  lesestoffes  im  englischen  Unterricht  etc.  339 

welche  diese  auszeichnung  nicht  im  mindesten  dem  von  ihnen  be- 
handelten, oft  sehr  unbedeutenden  stofif,  sondern  lediglich  ihrer  glatten, 
dem  conversationston  und  dem  briefstil  nahestehenden  spräche  ver- 
danken. Da  die  menge  solchen  mittelgutes  gross  ist,  so  sieht  man 
sich  in  einen  embarras  de  richesse  versetzt,  aus  dem  oft  genug  nur 
rein  persönliche  rücksichten  geholfen  haben  mögen,  zumal  die 
pädagogische  tradition  noch  keinen  anhält  bot.  Denn  wenn  die 
tradition  für  die  lebenden  sprachen  auch  weniger  autorität  haben 
wird,  als  für  die  alten,  insofern  als  die  lebendige  entwickelung 
des  lehrobjektes  den  Unterricht  nie  zu  todter  abgeschlossenheit  ge- 
langen lassen  kann,  so  würde  doch  die  entwickelung  der  englischen 
spräche  und  litteratur  in  der  hier  in  rede  stehenden  zeit  ein  aufgeben 
einer  tradition,  falls  sie  bestanden  hätte,  nicht  bedingt  haben.  Die 
actuelle  divergenz  ist  aber  um  so  betrübender,  als  die  aussichten  auf 
eine  baldige  Verständigung  über  die  einheitliche  wähl  der  schulautoren 
eine  sehr  geringe  ist.  Zunächst  wird  man  die  sehr  menschlichen 
äusserungen  verletzten  Selbstgefühles  fürchten  müssen ;  die  einzelnen 
anstalten,  resp.  lehrer,  werden  geneigt  sein,  an  der  einmal  getroffenen 
wähl  festzuhalten.  Und  das  mittel,  sie  zur  vertheidigung  derselben 
zu  nöthigen?  —  Die  direktoren-conferenzen  haben  bis  jetzt  unsrem 
gegenstände  zu  wenig  aufmerksamkeit  geschenkt,  und  bis  zur  Schei- 
dung der  realschule  von  dem  gymnasium  in  diesen  berathungen  wird 
man  eine  gründliche  und  erfolgreiche  behandlung  unserer  frage  um 
SO  weniger  erwarten  können ,  als  die  erstere  bei  den  Vorsitzenden 
provinzialschulräthen  nicht  selten  auf  missgünstige  vorurtheile  stösst. 
So  lange  aber  die  frage  nur  privater  erörterung,  etwa  in  gelegent- 
lichen Programmen,  überlassen  bleibt,  so  lange  es  ihr  nicht  gelingt, 
die  allgemeine  aufmerksamkeit,  wenigstens  der  zunächst  betheiligten, 
zu  gewinnen  und  zu  fesseln,  sei  es  in  folge  einer  officiellen  anregung, 
sei  es  in  folge  einer  bedeutenden  darstellung,  —  so  lange  steht  zu 
befürchten ,  dass  das  bedeutende ,  was  gelegentlich  zu  ihrer  lösung 
beigetragen  wird ,  die  beabsichtigte  und  wünschenswerthe  Wirkung 
nicht  hat,  weil  die  indolenz  jeder  und  der  egoismus  jeder  nicht  selbst 
gewünschten  neuerung  feind  ist.  Inzwischen  besteht  bei  erfahrenen 
Schulmännern  der  wünsch  nach  bescitigung  der  buntsclieckigen  Ver- 
schiedenheit, welche  hinsichtlich  der  Icctüre  auf  unsren  realschulen 
sich  findet.  Diesem  wünsche  haben  wir  die  »Bemerkungen  über 
die  französische  und  englische  lektüre  in  den  obern 
reale  lassen«  (Ruhrort,  Brendow  (!^' Sohn  1879)  "^'on  dr.  Münch, 
direktor  der  realschule  erster  Ordnung   zu  Ruhrort  a.  Rhein ,    zu  ver- 


34° 


n.  Ottmann 


danken,    welche   er  seinem  Jahresbericht  1878    -1879  vorausgeschickt 
hat.    Diese  »Bemerkungen",  behandeln  zur  hSlfte  also  auch  unser  thema. 

Der  Verfasser  erkennt  die  ganze  Wichtigkeit  der  frage,  wenn  er 
verlangt,  dass  »die  lectüre  im  mittelgrund  der  Studien  bleiben  muss> 
(p.  4).  Deswegen  aber  soll  sich  der  lesestoff  durch  seinen  Innern 
werth  als  würdig  erweisen;  er  meint  (p.  5)  »mit  einem  worte  etwa 
das,  was  man  im  deutschen  Unterricht  lesen  würde,  wenn  es  deutsch 
geschrieben  wäre.«  Diese  kurze  formel  ist  wol  nicht  sehr  glücklich 
und  nur  im  gegensatz  zu  der  ansieht  aufgestellt,  welche  von  der  be- 
deutung  des  lesestoffes  für  die  geistige  ausbildung  des  schülers  mehr 
oder  weniger  absehend,  die  entscheidimg  den  rein  sprachlichen  gründen 
zuweist;  aber  um  so  kräftiger  drückt  sie  die  ansieht  des  Verfassers 
aus,  der  das  hauptcriterium  in  dem  gedankengehalt  findet.  Und  wer 
könnte  ihm  aufrichtig  die  Zustimmung  dabei  versagen?  Lässt  sich 
doch  a  priori  annehmen,  dass  dem  manne,  der  bedeutende  gedanken 
producirt,  auch  die  correcte  form  zu  geböte  stehen  wird,  während  die 
correcte  form  oft  genug  inhaltslos  ist.  Aber  die  grossen  Schriftsteller 
schreiben  meist  nicht  die  spräche  des  gemeinen  lebens,  und  in  der 
conversation  erörtert  man  nur  ganz  ausnahmsweise  bedeutende  ge- 
danken; so  wird  der  schüler  mit  dem  elevated  style  bekannt,  und  die 
diction  des  gewöhnlichen  lebens  bleibt  ihm  fremd.  Wenn  er  auch 
seine  eigenen  gedanken  in  einer  »preciösen«  form  mit  einiger  ge- 
läufigkeit  aussprechen  könnte,  so  wird  es  ihm  doch  unmöglich  sein, 
den  auseinandersetzungen  eines  Engländers  aus  seiner  gesellschafts- 
sphäre,  geschweige  eines  unter  ihm  stehenden,  zu  folgen.  Dieser 
einwurf  trifft  unsern  Verfasser  keineswegs  unvorbereitet.  Er  hat  ihn 
sogar  vorausgesehen,  aber  in  richtiger  erkenntnis  der  Stellung  der 
schule  zum  leben  weist  er  diese  banausische  aufgäbe  zurück,  er  vin- 
dicirt  dem  fremdsprachlichen  unterrichte  auch  auf  der  realschule  die 
höchste  aufgäbe:  die  bildung  des  geistes  und  des  Charakters.  Darum 
hebt  er  es  wiederholt  hervor,  dass  die  ansieht  verkehrt  sei,  »dass  die 
»deutsche'  ausbildung  im  deutschen  Unterricht  allein  gegeben  werden 
könne«  (p.  11);  und  er  hegt  die  Überzeugung,  dass  auch  der  real- 
schule erster  Ordnung  ein  idealer  charakter  anhaften  soll  (p.  4). 

P.  6 — 8  geben  dann  eine  skizze  von  der  verschiedenartigkeit  der 
lectüre  auf  den  verschiedenen  anstalten,  die  sich  nicht  allein  auf  das 
quantum,  die  autoren,  sondern  in  sehr  befremdendem  grade  auch  auf 
die  classen  erstreckt,  in  denen  dieselben  autoren,  dieselben  werke 
dem  unterrichte  zu  gründe  gelegt  werden.  Wol  nur  aus  übertrie- 
bener  rücksichtnahme  —  das  material    ist  ja  aus   allen  zugänglichen 


Ueber  die  wähl  des  lesestoffes  im  englischen  Unterricht  etc.  ^aj 

Programmen  geschöpft  —  ist  die  nennung  der  anstalten  unterblieben. 
Eine  rein  tabellarische  Übersicht,  nach  richtigen  gesichtspunkten  auf- 
gestellt, wäre  hier  vermuthlich  recht  lehrreich  gewesen :  das  alter  der 
anstalt,  ihre  geographische  läge,  alter  und  rang  der  lehrer  etc.  hätten 
wohl  fruchtbare  gesichtspunkte  abgegeben,  und  selbst  die  geschichte, 
■welche  diese  sache  (sicherlich  auch  hat,  wäre  —  nicht  bloss  für 
unsere  frage  —  instructiv  gewesen.  Doch  der  Verfasser  hat  nur 
»bemerkungen«  liefern  wollen;  wir  haben  also  kein  recht,  eine  nach 
irgend  einer  seite  erschöpfende  abhandlung  von  ihm  zu  fordern.  — • 
Auf  p.  g  beginnt  das  scrutinium :  »Wie  ist's  nun  mit  dem  ge- 
halt  der  gewählten  lectüre?«  Zuerst  wird  die  leichtere  waare  der 
privatlectüre  und  der  cursorischen  classenlectüre  zugewiesen  :  »Es  mag 
da  die  liebenswürdige  Dickens'sche  erzählung,  vielleicht  der  Scott'sche 
roman ,  es  mag  Longfellow,  auch  Marryat,  auch  Goldsmith's  Vicar 
seine  rolle  spielen,  und  eigenthch  ist  auch  nur  hier  Irving's  Sketch 
Book  am  platze«  (p.  lo).  Darauf  wird  die  frage  aufgeworfen: 
»Und  welche  nahrung  ist  es  denn,  die  wir  unserer  Jugend  als  regel- 
mässige bieten  sollen?«  Die  »bemerkungen«  stellen  hier  noch  ein- 
mal »einige  allgemeine  gesichtspunkte«  auf,  die  bei  der  wähl  mass- 
gebend sein  sollen :  »Was  nur  das  gefühl  angeht,  sei  es  auch  das 
moralische,  kann  nicht  der  stoff  werden,  den  mann  und  Jüngling  mit- 
einander in  ernster,  treulicher  arbeit  bewältigen,  nicht  die  nahrung, 
durch  welche  dieser  seinen  geist  zur  stufe  jenes  emporbilden  soll.«  — 
»Das  denken  muss  vor  allem  in  anspruch  genommen  werden  (auch 
bei  tüchtiger  poesie  ist  das  in  erster  linie  ja  doch  der  fall).  Das 
denken  des  Schülers  aber  muss  auch,  wenigstens  nachdem  er  zeit  ge- 
habt hat,  einzudringen,  die  gedanken  des  autors  wirklich  bewältigen 
können,  so  dass  kein  residuum  bleibt  von  blossem  wortstoff,  vager 
empfindung  oder  nebelhafter  Vorstellung.«  Sodann  lässt  der  Verfasser 
die  einzelnen  litterarischen  genres  revue  passiren.  Er  erinnert  kurz 
an  die  mängel  der  historiker,  missbilligt  aber  zu  grosse  strenge,  weil 
sonst  schwerlich  auch  nur  einer  sich  behaupten  könnte.  Die  scrupel, 
welche  Robertson,  Hume,  Lingard,  Macaulay  erregt  haben,  müssen  — 
er  spielt  bei  den  drei  ersten  nur  auf  sie  an  —  nicht  so  schwer- 
wiegend sein,  als  ihre  Vorzüge ;  denn ,  wie  Münch  selbst  eingangs 
dieses  abschnittes  sagt:  »Für  die  historiker  verlangt  man  fast  allent- 
halben, verlangen  durchweg  die  autoritäten  den  breitesten  räum.«  Er 
empfiehlt  sodann  besonders  die  biographie  (j).  12),  ohne  eigentlich 
ein  repertoir  dafür  zu  geben.  Ob  man  lebensbeschreibungen  von 
»männern    der    friedlichen    Wissenschaft«   zulassen    dürfe,    »hängt  mit 


342 


H.  Ott  mann 


allgemeinen  wichtigen  fragen  zusammen ,  die  die  zukunft  zu  lösen 
haben  wird:  (p,  13).  Die  /rein  exactwissenschaftlirhen  Schriften 
werden  kurz  zurückgewiesen  mit  den  werten:  >/ Machen  wir  nicht 
einen  wichtigen  Unterrichtszweig  zur  magfl  eines  andern.  Behalten 
wir  das  hohe  ziel  einer  allseitigen,  harmonischen  ausbildung  oder  viel- 
mehr anregung  im  äuge.«  Freilich  scheint  diese  ansieht  des  Ver- 
fassers nur  für  den  heutigen  stand  der  naturwissenschaften  zu  gelten, 
nicht  für  den,  den  er  voraussieht,  da  »die  naturwissenschaften  in  den 
deutschen  Unterricht  hineinreichen  werden.«  —  Er  urtheilt  ferner,  j'dass 
alles,  was  in  die  Sphäre  der  flüchtigen  essays,  der  plauderei,  auch  der 
briefe,  und  auch  fast  alles,  was  in  die  bloss  litteraturgeschichtliche 
schlägt,  keinen  regulären  lectürestofif  abgeben  kann;«  nur  Macaulay's 
Milton  scheint  ihm  zu  verführerisch  imd  Clive  und  Hastings  ent- 
rücken ihm  leider  den  jugendlichen  geist  in  eine  zu  fern  liegende 
Sphäre.  —  »Die  grossen  parlamentsredner  der  Engländer«  werden 
»in  sorgfältiger  auswahl  und  Zubereitung«  als  >/ angemessene«  lectüre 
bezeichnet.  —  Ueber  die  philosophischen  werke  urtheilt  Münch  — 
zugleich  eine  probe  seiner  wenig  entschiedenen  spräche  —  p.  14  so: 
»Wenn  eine  so  ernste  anforderungen  stellende  lectüre  den  meisten 
nicht  nahe  genug  zu  liegen  scheinen  w^ird,  so  wird  man  doch  mit 
nichten  sich  ihr  gegenüber  unter  allen  umständen  ablehnend  verhaltea 
dürfen.  Nur  wird  das  terrain  für  eine  geistige  bethätigung  dieser 
art  doch  immerhin  mehr  im  deutschen  Unterricht  zu  finden  sein.«  — 
Zur  poesie  übergehend,  will  Münch  die  lyrik  mit  vollem  recht  auf 
»eine  massige  anzahl  von  proben«  beschränkt  wissen.  Von  der  epi- 
schen dichtung  erscheint  ihm  the  Paradise  Lost  am  unbedenklichsten. 
Das  drama  repräsentirt  allein  Shakespeare,  dessen  Caesar,  Macbeth, 
Coriolanus ,  Richard  II.  und  Merchant  of  Venice  allgemein  in  die 
erste  linie  gestellt  werden.  Am  schluss  lehnt  es  der  Verfasser  ab,  ein 
facit  zu  ziehen  und  einen  canon  zu  entwerfen,  denn  nur  wenige  wür- 
den sich  binden  wollen  oder  beherrschen  lassen.  Auch  sei  seine  ab- 
sieht nur  gewesen,  es  fühlbar  zu  machen  (p.  18),  »dass  das  was 
unserer  lectüre  noch  recht  eingehender,  strenger  und  vielseitiger  prü- 
fung  unterliegen  müsse.«  Jedermann  und  insonderheit  wir  sind  dem 
Verfasser,  den  ernster  idealismus  und  ruhige  besonnenheit  auszeichnen, 
für  seine  bemerkungen  zu  grossem  danke  verpflichtet,  \venn  gleich 
wir  im  ganzen  eine  entschiedenere  spräche  und  zuweilen  ausführungen 
statt  zager  andeutungen  gewünscht  hätten.  Die  abhandlung  macht 
den  eindruck,  als  hätte  der  Verfasser  mit  vielem  zurückgehalten  aus 
furcht,  kein  echo  zu  finden  oder  polemik  hervorzurufen  ;  der  Verfasser 


Ueber  die  wähl  des  lesestoffes  im  englischen  Unterricht  etc.  ^43 

fühlte  sich  vielfach  allein,  wo  er  gerne  einen  kampfgenossen  zur  seite 
gehabt  hätte. 

Wir  wenden  uns  nun  der  frage  zu:  Weshalb  ist  eine  einheit- 
hche  schullectüre  anzustreben  ? 

Wenn  es  englische  werke  gibt,  die  sich  gar  nicht  oder  weniger 
als  andere  zu  lehrmitteln  eignen  —  eine  Voraussetzung,  die  wol  nie- 
mand im  ernste  bestreiten  wird,  —  so  folgt  ebenso  unstreitig,  dass 
es  einige  bücher  geben  muss,  die  dem  schulzwecke  am  besten  dienen. 
Da  ferner  —  darin  sind  die  pädagogen  einig  —  die  Schulzeit,  speciell 
die  dem  englischen  Unterricht  zufallende,  im  verhältniss  zu  dem  zu 
erreichenden  ziel  gar  kurz  bemessen  ist,  so  wird  es  pflicht  jedes 
lehrers  sein,  die  möglich  beste  methode,  die  möglich  besten  lehr- 
mittel  anzuwenden.  Also  werden  die  werke,  welche  bei  der  prüfung 
sich  als  die  geeignetsten  herausgestellt  haben,  alle  andern  verdrängen 
müssen.  Diese  argumentation  ist  nicht  neu  und  scheint  pedantisch, 
aber  sie  ist  darum  nicht  minder  am  platze.  —  Wie  erklärt  sich  nun 
die  Verschiedenheit?  Besteht  verdacht,  dass  die  schullectüre  vielfach 
ohne  Überlegung  gewählt  sei?  Welcher  grund  liegt  denn  vor,  zu  be- 
zweifeln, dass  jede  anstalt  oder  jeder  fachlehrer  mit  grösster  gewissen- 
haftigkeit  bei  der  auswahl  verfahren  sei?  Keiner,  bezüglich  der  ge- 
wissenhaftigkeit ,  aber  angesichts  der  weit  aus  einander  gehenden 
Wahlresultate  genug,  bezüglich  der  wahlcompetenz  —  ganz  abgesehen 
von  der  Verschiedenheit  des  ins  äuge  gefassten  lehrziels.  Ja,  es  liesse 
sich  sogar  denken,  dass  bei  der  Schwierigkeit  der  aufgäbe  in  manchen 
punkten  das  richtige  überhaupt  noch  nicht  gefunden  sei.  Die  päda- 
gogik  ist  in  praxi  eine  kunst;  ihre  ausübung  besteht  in  der  jederzeit 
passenden  anwendung  der  auf  ihrem  gebiete  gemachten  erfahrungen. 
Diese  aber  sind  bis  jetzt  weder  in  einer  zu  systematischem  aufbau 
genügenden  Vollständigkeit  vorhanden  —  wir  erinnern  beispiels  halber 
nur  daran,  dass  eine  so  wichtige  frage  wie  die,  wann  induction,  wann 
deduction  anzuwenden  sei,  für  den  sprachlichen  Unterricht  noch  gar 
nicht  entschieden  ist  —  noch,  so  weit  sie  gemacht  sind,  gemein- 
gut  aller  altern ,  geschweige  der  Jüngern  pädagogen  geworden. 
Während  ferner  die  taktischen  leistungen  der  höheren  officiere  einer 
scharfen  praktischen  prüfung  unterliegen ,  wird  die  tüchtigkeit  eines 
lehrers  noch  keineswegs  darnach  beurtheilt,  wie  weit  er  sich  die  all- 
gemein angenommenen  pädagogischen  grundsätze  zu  eigen  gemacht 
hat  und  bei  seinem  unterrichte  anwendet.  Wie  wäre  es  sonst  mög- 
lich, dass  hier  ein  erster  oberlehrer  bei  Plato  wie  bei  Homer  immer 
nur  auf  die  hypothetischen  sätze    zurückkommt   und   von    den   ideen 


344 


H,  Ottmann 


des  ersteren  und  der  Schönheit  des  zweiten  zum  höhn  seiner  schüler 
nichts  weiss?  Oder  dass  dort  ein  anderer  bei  Moliere  unablässig 
versfüsse  nachzählt,  ein  dritter  bei  Shakespeare  nur  nach  abweichungen 
vom  modernen  Sprachgebrauch  sucht?  —  Wenn  solche  arge  fehler 
bei  der  interpretation  durchaus  nicht  selten  sind,  ist  man  da  nicht 
zu  der  ansieht  berechtigt,  dass  nicht  alle  fachlehrer  bei  der  wähl  der 
lectüre  competent,  wenigstens  bei  weitem  nicht  gleich  competent  sind  r 
Und  darum  soll  man  den  unleugbaren  missgriffen  vorbeugen,  sich 
über  einen  canon  einigen,  der  —  das  mag  vor  der  band  unausge- 
schlossen bleiben  —  einige  parallelglieder  haben  könnte. 

Welche  gründe  liegen  denn  vor,  jedem  lehrer  oder  jeder  anstalt 
die  wähl  ganz  frei  zu  lassen?  Sollen  nicht  alle  realschüler  von  den- 
selben anfangen  zu  demselben  ziele  geführt  werden  ?  Wie  kann  das 
anders  geschehen,  als  auf  demselben  wege  und  an  denselben  lehr- 
mitteln?  —  Man  kann  einwenden,  —  und  hat  es  gethan  (cf.  auch 
Münch,  Bemerkungen  p.  9)  —  dass  die  verschiedene  individualität 
des  lehrers  wol  auch  ganz  verschiedenen  Stoff  erheischt,  und  dass  der 
eine  seiner  ganzen  anläge  und  bildung  nach  die  schüler  an  einer 
moralischen  erzählung  so  weit  fördert,  als  der  andere  an  einem  histo- 
riker.  Dass  dieses  bis  auf  die  vocabelkenntniss  in  rein  sprachlicher 
beziehung  der  fall  sein  könnte ,  soll  zugegeben  werden ;  allein  die 
Verschiedenheit  der  genres  und  ihrer  ideenkreise  wird  doch  bei  ge- 
nauerer erwägung  das  paritätische  verhältniss  aufheben,  je  nachdem 
man  der  moral  oder  den  historischen  thatsachen  die  grössere  päda- 
gogische Zweckmässigkeit  zuschreibt.  Aber  dieser  hätte  seine 
schüler  an  dem  historiker,  jener  an  der  moralischen  erzählung  nicht 
so  weit  gefördert,  wie  sie  es  an  den  Stoffen  ihrer  eigenen  wähl  ver- 
mocht haben.  Will  man  diesen  einwurf  gelten  lassen,  so  müsste  man 
mit  dem  Wechsel  des  lehrers  auch  jedes  mal  auf  wünsch  des  letztern 
Wechsel  der  lectüre  eintreten  lassen.  Sodann  aber  —  und  das  ist 
das  w^ichtigste  —  je  mehr  pädagogische  erfahrungen  man  zu  seinem 
eigenthum  macht  und  je  mehr  freude  man  an  der  lehrthätigkeit  als 
solcher  gewinnt,  um  so  mehr  wird  das  persönliche  interesse  zurück- 
treten ,  das  pädagogische  hervortreten ,  so  dass  der  stoff ,  der  aner- 
kannter massen  dem  erziehungszwecke  am  besten  dient,  auch  der 
am  meisten  willkommene  ist.  Kurz,  wer  der  individualität  des  lehrers 
sogar  auf  die  wähl  der  lectüre  einfluss  gestattet,  verkennt  die  selbst- 
lose aufgäbe  der  pädagogik. 

Eine  concentration  der  lectüre  auf  einige  wenige  werke  muss 
ganz  vorzüglich  dem  unterrichte  zu  gute  kommen.    Die  pädagogische 


Ueber  die  wähl  des  lesestoffes  im  englischen    Unterricht  etc.  •?45 

schriftstellerei,  welche  jetzt  zu  einer,  fast  möchte  man  sagen,  unüber- 
sehbaren, jedenfalls  aber  unübersichtlichen  breite  angeschwollen  ist 
und  noch  immer  im  wachsthum  begriffen  scheint,  wird  sich  in  ihren 
tüchtigsten  repräsentanten  eben  diesen  auserwählten  werken  zuwenden 
mit  der  allgemeinsten  beifalles  sichern  absieht,  zu  zeigen,  wie  sie  am 
besten  für  die  schule  auszunutzen  seien.  Dann  lässt  sich  hoffen,  dass 
aus  dem  commentar  zu  Schulausgaben  alles,  was  nicht  hineingehört, 
verschwinden,  das  unzuverlässige  und  falsche  durch  das  richtige  er- 
setzt werden  wird.  Dann  darf  man  wol  auch  hoffen  —  was  nicht 
weniger  noth  thut  —  pädagogische  ausgaben  entstehen  zu  sehen,  die 
auch  dem  erfahrenen  lehrer  eine  dankenswerthe  anregung  und  Weiter- 
bildung bieten,  dem  jungen  aber  zur  einführung  in  die  methode  und 
ihre  praktische  anwendung  ganz  unentbehrlich  sein  werden.  Wir 
verstehen  unter  pädagogischen  ausgaben  solche ,  die  den  text  in 
extenso  so  behandeln,  wie  es  der  lehrer  in  der  classe  thun  soll.  Wir 
besitzen  ein  vortreffliches  buch ,  welches  nicht  nur  die  theorie  des 
deutschen  aufsatzes  entwirft,  sondern  auch  in  praxi  lehrt,  wie  der 
lesestoff  zu  themen  zu  verarbeiten  und  die  schüler  zu  ihrer  behand- 
lung  anzuleiten  seien.  Eine  nicht  minder  verdienstliche  that  wäre 
eine  theoretische  interpretationslehre  mit  concreten  beispielen  und 
mustern  oder  ausführliche  bearbeitung  einzelner  werke  von  diesem 
gesichtspunkte  aus.  Eine  allen  oder  auch  nur  den  wesentHchsten 
pädagogischen  ansprüchen  genügende  interpretation  ist  eine  der 
schwierigsten  leistungen,  und  es  fehlt  nicht  an  männern,  die  im  lehr- 
amt  ergraut  sind  und  dieser  aufgäbe ,  ich  will  nicht  sagen ,  nicht 
immer,  sondern  vielmehr  immer  nicht  gewachsen  sind.  Sie  nimmt 
den  lehrer  nach  so  vielen  selten  in  anspruch,  dass  es  überaus  schwer 
ist,  den  anforderungen  der  grammatik,  des  lexikons,  der  sachlichen 
erklärung,  der  richtigen  darstellung  des  gedankens  etc.  gerecht  zu 
werden.  Und  doch  hängt  davon  ausserordentlich  viel  ab.  Man  be- 
hauptet, wenigstens  lehrt  das  unsere  erfahrung,  nicht  zu  viel,  wenn 
man  sagt,  dass  nur  in  den  seltensten  fällen  die  diesen  vier  theilen 
der  interpretation  gewidmete  zeit  und  mühe  in  normalem  verhältniss 
stehen.  Wie  häufig  absorbirt  das  wort  den  geist !  Dass  hier  also  ein 
immenses  arbeitsfeld  liegt,  wird  jeder  zugeben.  Wir  wählen  noch  ein 
concretes  beispiel ,  mit  absieht  ein  sehr  einfaches,  aus  Dickens 
A  child's  History  of  England,  einem  vielfach  zur  schullectüre  benutzten 
werke,  das  auch  Münch  p.  12  für  tertia  a  und  secunda  b  cmi)fichlt. 
Dort  heisst  es  in  der  erzählung  von  den  Streitigkeiten  zwischen 
Johann  und  seinem  neffen  Arthur :    The  people  of  Brittany  had  becn 


-746  !!•  Otlmann 

fond  of  hini  from  his  birth ,  and  had  requested  that  he  might  Ije 
called  Arthur,  in  remembrance  of  that  dimly-famous  English  Arthur, 
of  whoni  I  told  you  early  in  this  Ijook,  whom  they  believed  to  have 
been  the  brave  friend  and  companion  of  an  old  king  of  their  own. 
Dass  diese  stelle  in  beziehung  auf  grammatik  und  worterklärung  für 
Obertertianer  und  für  untersecundaner  nicht  ganz  gleich  behandelt 
werden  kann,  liegt  auf  der  hand ;  z.  b.  die  synonyma  von  to  request 
zu  behandeln,  scheint  uns  für  die  obertertia  verfrüht.  Noch  grösser 
ist  der  unterschied  hinsichtlich  der  Sacherklärung,  Dem  Obertertianer 
genüge  die  Weisung  des  autors,  wenn,  was  ich  augenblicklich  nicht 
controliren  kann,  er  anders  eine  abgeschlossene  erklärung  bietet;  in 
der  untersecunda  wird  von  dem  stände  der  historischen  und  littera- 
turgeschichtlichen  kenntnisse  ein  weiteres  eingehen,  und  der  grad 
desselben,  auf  Arthur  und  den  weiterhin  im  texte  erwähnten  Merlin 
abhängig  zu  machen  sein.  Wie  geschieht  dies  am  besten?  Wie 
schildert  man  diese  nebelhaften  gestalten  der  geschichte  und  der 
epischen  dichtung,  so  dass  man  allen  verständlich  wird  und  der 
poetische  reiz  doch  nicht  ganz  verloren  geht?  Gäbe  es  eine  päda- 
gogische ausgäbe  dieser  History  of  England,  so  wäre  mit  ihrer  be- 
handlung  dieser  stelle  ein  festes  fundament  für  weitere  Verbesserungen 
gegeben ;  jetzt  bleiben  alle  auf  diese  stelle  gewandten  bemühungen 
vereinzelt,  und  das  gelungene  auf  den  unmittelbaren  Wirkungskreis 
des  Anders  beschränkt.  Es  versteht  sich  von  selbst,  dass  diese  stelle 
verhältnissmässig  nur  sehr  geringe  Schwierigkeiten  hat;  aber  es  sollte 
gezeigt  werden,  wie  auch  stellen,  die  nicht  zu  den  »harten  nüssen« 
gehören,  selbst  bei  fleissiger  präparation  nicht  immer  glücklich  be- 
handelt werden  mögen.  —  Eine  solche  ausgäbe,  wie  wir  sie  im  sinne 
haben,  müsste  auch  eine  musterübersetzung  enthalten.  Die  über- 
setzungskunst  ist  keine  leichte,  und  ihr  wesen  wird  ganz  verschieden 
aufgefasst:  bald  wird  möglichst  wördicher  anschluss  an  das  original 
verlangt,  so  dass  die  Übersetzung  den  deutschen  sprachcharakter  ver- 
leugnet, bald  ein  flüssiges  glattes  Deutsch,  in  dem  niemand  das  ori- 
ginal erkennt.  Die  englische  spräche  besitzt  bei  aller  Verwandtschaft 
mit  der  deutschen  eine  anzahl  grosser  und  höchst  wirkungsvoller 
syntaktischer  freiheiten,  deren  unsere  muttersprache  entbehrt.  Sie  hat 
ausserdem  in  ihrem  Wortschätze  viele  sehr  bezeichnende  und  charakte- 
ristische ausdrücke  und  Wendungen,  mit  deren  wiedergäbe  nicht  der 
Schüler  allein  oft  vergebHch  ringt.  Wenn  z.  b.  in  jener  oben  citirten 
stelle  dr.  Gustav  Schneider  (Englisches  lesebuch^,  Frankfurt  a.  M. 
1876)  dimly-famous  erklärt:  matt  bekannt,    d.  h.  wenig  bekannt,  so 


Ueber  die  wähl  des  lesestoffes  im  englischen  Unterricht  etc.  ■y^n 

scheint  uns  dieser  ausdruck  den  sinn  des  Originals  nicht  zu  treffen  ; 
es  heisst  vielmehr  »sagenhaft  berühmt«,  aber  doch  genügt  diese  Ver- 
sion nicht  ganz,  denn  sie  entfernt  sich  dem  wort  nach  zu  weit 
vom  englischen  ausdruck.  Vielleicht  gibt  es  eine  auch  nach  dieser 
seite  befriedigende  Übersetzung.  Gerade  in  beziehung  auf  das  fin- 
den des  treffenden  wortes  kann  man  sagen,  dass  der  eine  nur  nach 
langer  mühe  oder  nie  auf  das  verfällt,  was  dem  andern  —  viel- 
leicht in  folge  einer  zufälligen  ideenassociation  —  von  selbst  kommt. 
Und  doch  handelt  es  sich  nur  um  ein  wort ;  man  erlasse  es  uns,  eine 
längere  passage  anzuführen.  Dass  die  hier  nur  kurz  berührten 
Schwierigkeiten  der  grammatischen  behandlung,  der  sacherklärung, 
der  Übersetzung  sich  unausgesetzt  wiederholen,  und  dass,  je  nachdem 
sie  mehr  oder  weniger  glücklich  vom  lehrer  überwunden  werden,  der 
Unterricht  in  ganz  verschiedenem  grade  fruchtbringend  und  erspriess- 
lich  sein  muss,  bedarf  ebenso  wenig  eines  beweises,  wie  dass  es 
wünschenswerth  wäre,  dass  man  in  unserer  zeit,  wo  man  dem  flüch- 
tigsten und  unbedeutendsten  dauer  und  bestand  zu  verleihen  im 
Stande  ist,  die  unzweifelhaft  zahlreichen  glücklichen  lösungen  von 
interpretationsschwierigkeiten  im  interesse  des  pädagogischen  fort- 
schrittes  fixirte,  sammelte  und  der  öffentlichkeit  übergäbe.  Je  grösser 
aber  das  repertorium  ist,  aus  dem  die  einzelnen  schulen  ihre  lectüre 
hervorholen,  um  so  weniger  fortschritte  wird  die  methode  der  inter- 
pretation  machen.  Also  auch  darum  ist  eine  bedeutende  einengung 
des  arbeitsfeldes  höchst  wünschenswerth ,  dass  die  arbeitskraft  in  die 
tiefe  gehe. 

Nachdem  wir  nun  gezeigt  haben ,  dass  aus  der  masse  des  vor- 
handenen materials  das  beste  sich  muss  auswählen  lassen,  dass  ferner 
triftige  gründe  für  die  berechtigung  der  isolirung  der  einzelnen  an- 
stalten  nicht  vorgebracht  sind ,  noch  schwerlich  vorgebracht  werden 
können ,  dass  endlich  für  die  methode  und  Sicherheit  des  englischen 
Unterrichts  überaus  viel  bei  der  Übereinstimmung  unmittelbar  und 
mittelbar  wird  gewonnen  werden ,  wollen  wir  nunmehr  die  gesichts- 
punkte  angeben ,  welche  nach  unserer  meinung  bei  der  wähl  des 
lesestoffes  massgebend  sein  müssen. 

Das  Englische  dient  als  schuldisciplin  zunächst  dem  obersten 
zwecke,  den  die  realschule  hat.  Setzt  man  nun  das  wesen  dieser  in 
die  Vorbereitung  zum  praktischen  leben,  so  wird  man  auch  im  fremd- 
sprachlichen Unterricht  so  viel  als  möglich  die  richtung  auf  das  prak- 
tische einschlagen  müssen.  Theilt  man  aber  der  realschule  die  auf- 
gäbe zu,  ihren  schillern  vornehmlich  an  den  naturwissenschaften,  der 


348 


H.  Ottmann 


itiathematik  und  den  modernen  sprachen  diejenige  reife  des  geistes 
zu  geben,  welche  wir  kurz  als  >^maturität«  bezeichnen,  so  wird  fliese 
ideale  aufgäbe  zum  weitaus  grössten  theil  dem  sprachlichen  Unterricht 
zufallen.  Der  Charakter  desselben  schwankt  innerhalb  eben  der 
gränzen  wie  der  der  realschule  und  wird  auch  erst  mit  diesem  fest- 
gestellt werden.  Wer  stetig  das  ziel  verfolgt ,  seine  schüler  in  all- 
gemein geistiger  hinsieht  in  dem  sprachlichen  Unterricht  so  weit  zu 
fördern,  als  dies  der  charakter  der  modernen  sprachen  und  litteraturen 
zulässt,  wird  mit  diesem  ziel  zugleich  das  andere  erreichen :  die  real- 
schule auf  gleiche  höhe  mit  dem  gymnasium  heben.  Dass  dieses 
ziel  überhaupt  erreichbar  ist,  dass  speciell  den  modernen  sprachen  die 
kraft  innewohnt,  die  sie  mit  den  alten  an  pädagogischer  leistungsfähigkeit 
rivalisiren  lässt ,  das  ist  nicht  bloss  unsere  Überzeugung ,  das  ist  ein 
urtheil,  das  im  publicum  bereits  platz  gegriffen  hat  und  noch  immer 
mehr  eingang  finden  wird,  je  grösser  die  fortschritte  der  romanischen, 
anglischen  und  germanischen  philologie  sein,  und  je  emsiger  und  ge- 
wissenhafter ihre  resultate,  soweit  es  angeht,  auch  pädagogisch  werden 
verarbeitet  werden.  —  Seitdem  nun  den  abiturienten  der  realschule 
erster  Ordnung  gewisse  Studienfächer  zugänglich  gemacht  worden  sind, 
ist  der  kämpf,  in  welchen  die  beiden  höchsten  schulanstalten  noth- 
wendigerweise  eintreten  mussten,  durch  den  entschiedenen  erfolg,  den 
die  inferiore  errungen  hat,  in  eine  phase  getreten,  welche  niemand 
für  stabil  halten  wird.  Der  sieg  hat  jene  partei  gereizt,  diese  zu 
weiterem  vordringen  ermuthigt.  Diese  Situation  ist  für  die  vordringende 
von  dem  denkbar  grössten  vortheile,  da  sie  sie  immer  von  neuem  an 
ihre  pflicht  mahnt,  ihre  kräfte  aufs  höchste  anzuspannen.  Dadurch 
aber  —  und  das  scheint  uns  entscheidend  —  dass  der  unmittelbare 
Zusammenhang  der  realschule  mit  der  Universität  hergestellt  ist  und 
in  noch  immer  höheren  grade  erstrebt  wird,  ist  eigentlich  ihr  idealer 
Charakter  bereits  entschieden.  Wenn  sie  sich  anheischig  gemacht  hat, 
moderne  philologen  für  die  Universität  vorzubilden ,  so  liegt  ihr  auch 
hinfort  ob,  die  sprachen  —  damit  haben  wir  es  hier  zu  thun  —  mit 
all  der  Sorgfalt  und  dem  fleisse  zu  behandeln,  die  es  dem  gymnasium 
möglich  gemacht  hat ,  so  zahlreiche  und  vortreffliche  jünger  der  alt- 
klassischen philologie  heranzubilden.  Dann  besteht  vor  allem  die 
aufgäbe  für  sie,  die  schullectüre  auf  das  gewissenhafteste  zu  wählen, 
das  gute  dem  besten,  das  gemeine  dem  edlen,  das  niedrige  dem  er- 
habenen zu  opfern.  Dann  muss  die  lectüre  dem  jugendlichen  geiste 
die  edelste  nahrung  bieten  :  einen  tiefen ,  ethischen  gehalt ,  reife  und 
bedeutende  gedanken  in  vollendeter  form.  —  Dieses  princip  schliesst 


Ueber  die  wähl  des  lesestoffes  im  englischen  Unterricht  etc.  -j^q 

von  vornherein  alle  technologischen  und  naturwissenschaftlichen 
Schriften  von  der  classenlectüre  aus. 

Ein  anderer  grundsatz  ergibt  sich  daraus,  dass  das  Englische 
sich  selbst  zweck  ist.  Der  schüler  soll  die  englische  spräche  so  weit 
kennen  lernen  und  sich  aneignen,  dass  er  englische  prosa  und  eng- 
lische poesie  —  besondere  Schwierigkeiten  abgerechnet  —  mit  Sicher- 
heit und  einiger  leichtigkeit  in  das  Deutsche  übertragen  kann ,  dass 
er  ferner  dinge ,  die  seinem  ideenkreise  angehören ,  ohne  sonderHche 
Verstösse  gegen  grammatik  und  lexikon  schriftHch  behandeln  oder 
sich  mündlich  mit  einiger  geläufigkeit  über  sie  aussprechen  kann. 
Das  ist  dab  lehrziel.  Weder  wird  also  ein  überblick  über  die  englische 
litteratur  von  ihm  verlangt,  noch  kenntniss  der  alten  spräche,  noch  — 
und  darauf  legen  wir  viel  nachdruck  —  die  fertigkeit  zu  conversiren. 
Die  Sprechübungen  sollen  also  nicht  einen  »kleinen  Engländer« 
züchten,  sondern  sollen  die  geisteskraft  stählen  durch  die  dreifach 
schwierige  aufgäbe,  das  in  fremder  spräche  gesprochene  rasch  und 
richtig  aufzufassen ,  zugleich  den  respondirenden  gedanken  zu  produ- 
ciren  und  zwar  in  englischer  form.  Hieraus  folgt,  dass  alle,  welche 
in  ihrer  wähl  über  Shakespeare  zurückgreifen  wollen  (cf.  Münch  p.  7 
»selbst  an  Chaucer  —  den  Prologue  der  C.  T.  —  wird  leise  ge- 
dacht«), einen  argen  fehlgrifif  thun.  Ebenso  wenig  vermögen  wir  den- 
jenigen beizustimmen ,  welche  die  benutzung  einer  Chrestomathie  em- 
pfehlen. Das  litterargeschichtliche  bild,  das  man  damit  geben  will, 
entbehrt  doch  des  Zusammenhanges  und  der  festen  züge,  welche  allein 
verständniss  und  behalten  ermöglichen.  Dagegen  leistet  ein  solches 
buch,  das  von  allem  etwas  bietet,  ohne  je  ein  ganzes  auch  nur  in 
den  grundzügen  zu  geben ') ,  der  unseligen  vielwisserei,  die  im  prak- 
tischen leben  wie  auf  der  Universität  von  so  verderblichen  folgen  ist, 
den  bedenklichsten  Vorschub. 

Wir  unterlassen  es ,  alle  folgerungen  aus  dem  zweiten  princip 
zu  ziehen,  und  wenden  uns  zum  dritten,  das  sich  aus  dem  verhältniss 
des  EngUschen  zu  den  übrigen  disciplinen  ergibt.  Man  hat  schon 
lange  den  grundsatz  aufgestellt  und  vielfach  durchgeführt,  dass  der 
fremdsprachliche  Unterricht  durch  seinen  lectürcstoft"  den  realicn,  vor- 
nehmlich   der  geschichte,    und  der  litteratur  so  viel    als  möglich    zur 


i)  Dies  ist  von  Ploetz  im  Manuel  bei  den  klassischen  dramen  geschehen ; 
wird  aber  das  verlangen  nach  dem  ganzen  durch  solche  vivisection  nicht  getödtet  ? 
Beide,  Ploetz'  Manuel  und  Ilerrig's  IJritish  authors,  haben  es  zu  sehr  auf  litterar- 
geschichtliche Vollständigkeit  abgesehen,  um  für  die  schule  verwendbar  zu  sein: 
Tikfoi'  fjfuiav  nuvxog- 


35° 


II.   Ottinann 


Unterstützung  dienen  solle.  In  der  that  muss  dieser  grundsatz  als 
eine  der  glücklichsten  entdeckungen  auf  dem  gebiete  der  pädagogik 
betrachtet  werden.  Wählt  man  nun  solche  abschnitte  der  historie, 
von  welcher  der  schüler  im  geschichtsunterrichte  bereits  ein  summa- 
risches bild  erhalten  hat,  so  muss  bei  richtiger  behandlung  dem 
Schüler  die  Wichtigkeit  der  kenntniss  des  details  zum  bewusstsein 
kommen,  d.  h.  man  erzeugt  oder  nährt  den  im  praktischen  wie  im 
wissenschaftlichen  leben  nicht  hoch  genug  zu  schätzenden  trieb  nach 
erkenntniss  der  letzten  Ursachen.  Und  bei  diesem  genre  sollte  man 
meinen ,  würde  die  wähl  nicht  schwer  werden.  Denn  welches  volk 
kann  sich  grösserer  geschichtsschreiber  rühmen,  als  das  englischer 
Aber  man  hat  oft  an  dem  parteistandpunkte  der  englischen  historiker 
anstoss  genommen.  Ich  glaube,  mit  unrecht.  Erstens  w'ird  man  doch 
stets  nur  ausgewählte  Partien  aus  den  historikern  lesen  können  ;  so- 
dann scheint  es,  verkennt  man,  wie  lehrreich  gerade  eine  abweichende 
darstellung  sein  kann,  sobald  der  belehrende  interpret  die  irrthümer 
und  ihre  möglichkeit  aufzeigt.  In  der  schule  soll  der  jüngling  lernen, 
wie  er  ein  buch  zu  lesen  habe  ;  er  darf  nicht  ohne  kritik  recipiren. 
Daraus  aber  folgt,  dass  wir  historische  Stoffe  erst  einem  reiferen  geiste 
vorlegen  würden ,  vor  der  secunda  jedoch  für  unzweckmässig  halten. 
Dann  aber  müssen  die  so  beliebten  und  weit  verbreiteten  kinderbücher 
von  Scott  und  Dickens  von  der  liste  der  schuUectüre  ein  für  alle  mal 
gestrichen  werden ;  ihre  darstellungsweise  ist  dem  ernst  der  geschichte 
zu  wenig  angemessen.  Man  kann  getrost  behaupten,  dass  kein  buch, 
das  ein  französischer  oder  englischer  autor  für  die  Jugend  seines 
landes  bestimmt  hat,  ein  gutes  deutsches  Schulbuch  abgibt.  Der 
grund  liegt  auf  der  hand.  Ist  das  buch  gelungen ,  so  hat  der  Ver- 
fasser seinen  gegenständ  dem  jugendlichen  fassungsvermögen  voll- 
ständig angepasst,  d.  h.  der  junge  leser  kann  alles  selbst  verstehen, 
er  soll  also  eines  lehrers  entrathen.  Dagegen  muss  die  schuUectüre 
über  dem  niveau  des  schülers  stehen ;  der  interpretirende  lehrer  soll 
ihm  das  volle  verständniss  erst  erschliessen ,  so  dass  der  jugendliche 
geist  durch  die  kraft  und  kunst  seines  beistandes  sich  staunend  zu 
der  geistigen  höhe  des  autors  gehoben  fühlt.  Dieser  gewnnn  ist  ein 
unvergleichlich  höherer  als  der  einiger  Jahreszahlen  und  namen.  Wer 
mit  diesem  ernst  die  englische  schuUectüre  auffasst,  der  muss  die 
beiden  oben  genannten  geschichtsbücher  für  den  schulgebrauch  als 
unzulänglich  erklären.  —  Man  darf  aber  auf  der  anderen  seite  die 
anforderungen  an  die  fassungskraft  des  schülers  auch  nicht  über- 
spannen.    Man  darf  ihn  nicht  in  ein    ihm   ganz   fremdes    gebiet   ver- 


iJeber  die  wähl  des  lesestoffes  im  englischen  Unterricht  etc.  ßci 

setzen,  in  das  sich  nur  die  bevorzugten  mit  mühe  hineindenken  und 
das  den  jungen  jähren  durchaus  fern  liegt.  Das  geschieht  aber  un- 
seres erachtens,  wenn  man  »parlamentsreden«  schillern  vorlegt.  Wir 
knüpfen  unsere  auseinandersetzung,  um  dem  Vorwurf  vager  allgemein- 
heiten  zu  entgehen,  an  Edmund  Burke's  reden  On  American  Taxation 
und  On  Conciliation  with  America  von  dr.  J.  C.  A.  Winkelmann,  Gotha 
1864.  Es  liegen  uns  hier  also  zwei  der  bedeutendsten  reden,  von 
einem  der  bedeutendsten  redner  aller  zeiten  vor,  die  sehr  wol  geeignet 
sind ,  eine  eingehendere  kenntniss  eines  historisch  sehr  bedeutenden 
factums  zu  vermitteln.  Die  ausgäbe  zeichnet  sich  durch  sorgsamen 
fleiss  aus.  Prüfen  wir,  ob  sie  unsere  ansprüche  zufriedenstellt.  Zu- 
nächst erregt  es  bedenken,  dass  der  herausgeber  eine  mehr  als  dreissig 
Seiten  umfassende  historische  einleitung')  hat  geben  müssen,  um  ein 
rechtes  verständniss  zu  ermöglichen.  Der  schüler  wird  also ,  selbst 
wenn  ihm  die  befreiung  von  Nordamerika  aus  dem  geschichtsunter- 
richt  bekannt  ist,  eine,  sagen  wir  es  geradezu,  übergrosse  masse 
von  details  in  sich  aufzunehmen  haben.  Diese  dem  gedächtniss  zu 
übergeben ,  wird  dem  lehrer  mindestens  fünf  bis  sechs ,  dem  schüler 
wol  noch  mehr  stunden  kosten.  Die  lectüre  selbst  macht  dann  die 
kenntniss  der  parlamentarischen  technologie  nothwendig,  deren  wahre 
bedeutung  doch  erst  recht  verstanden  wird,  wenn  man  viel  zeit  auf 
ihre  erklärung  verwenden  kann.  Auch  auf  die  geschichte  der  eng- 
lischen Constitution  muss  man  nicht  selten  näher  eingehen  und  wird 
sich  darin  doch  auf  dürftige  fragmente  beschränken  müssen.  Soll  die 
Übersetzung  endlich  einigen  werth  haben ,  so  wird  auch  sie  die  dem 
schüler  völlig  fremde  spräche  des  parlaments  nachzuahmen  haben. 
Man  sieht,  da  die  fremdartigkeit  des  sujets  es  fast  unmöglich  macht, 
an  bekanntes  anzuknüpfen ,  so  wird  die  [xaiixaTiyir]  xexvi]  hier  zu 
schänden ,  der  schüler  wird  fast  nur  receptiv ,  nicht  productiv  sein 
können.  Schon  dieses  ist  ein  grosser  übelstand  \  schlimmer  aber  noch, 
dass  das  neue,  was  er  aufnimmt,  ganz  ausserhalb  des  kreises  der 
schule  liegt ,  welche  weder  das  gebiet  der  politik  betreten ,  noch  ge- 
flissentlich ein  politisches  interesse  wecken  darf.  Wenn  Münch  p.  1 1 
wünscht,  dass  in  der  lectüre  die  »beziehung  zum  öffentlichen  leben 
(d.  h.  keineswegs  bloss  zum  politischen)  möglichst  vorwiegen«  solle, 
so  scheint  uns  dieser  forderung  durch  die  historiker  ein  völliges  ge- 
nüge geleistet  zu  werden ;  wir  stimmen  Schrader  durchaus  bei ,  der 
die  politischen  redner  dem  schüler  vorenthalten  wissen  will.  —  Aber 


i)  Dazu  kommt  noch  eine  biographie  Burke's  auf  12  seilen. 


352 


II.  Ottmann 


auch  der  deutschen  Htteraturgcschichte  kann  die  englische  lectüre  we- 
sentliche dienste  leisten.  Mit  recht  verlangt  man  für  das  achtzehnte 
Jahrhundert  von  dem  abiturienten  eine  bedeutende  quellenkenntniss. 
Der  lehrer  des  Deutschen  kann  und  muss  bei  dieser  wichtigsten  werde- 
pcriode  unseres  modernen  geistes  im  gymnasium  auf  Homer  und 
Sophokles  recurriren.  Und  die  realschule,  die  ihren  Zöglingen  diese 
dichter  nur  in  Übersetzungen  vorführen  kann — ?  Die  realschule  soll 
dafür  durch  eine  gründliche  bekanntschaft  mit  Shakespeare  und  Milton 
entschädigen.  Es  ist  nicht  nöthig  hier  zu  zeigen,  welch  ein  mächtiger 
bundesgenosse  der  erstere  unserem  grossem  kritiker  war,  ebenso  wenig 
wie  dass  der  andere  das  feuer  des  Titan  -  dichters  ununterbrochen 
nährte. 

Es  bleibt  nun  noch  übrig,  den  entwurf  eines  canons  zu  ver- 
suchen auf  grund  der  gewonnenen  principien.  Er  soll  nur  die  classen 
secunda  b  und  a  und  prima  umfassen;  in  der  tertia  wird  die  zeit 
doch  fast  ausschliesslich  jedenfalls  überwiegend  von  der  grammatik 
in  anspruch  genommen  sein.  Wir  setzen  also  voraus,  dass  der  schüler 
in  die  untersecunda  mit  einer  sicheren  kenntniss  der  formenlehre  und 
der  wichtigsten  syntaktischen  regeln  eintrete. 

Für  die  secunda  b  schlagen  wir  nun  Defoe's  Robinson  Crusoe 
vor.  Diese  wähl  wird  vielleicht  frappiren ;  wir  wissen  wenigstens 
nicht ,  dass  man  diesen  Vorschlag  schon  einmal  gemacht  und  aus- 
geführt hat.  Gleichwol  wagen  wir  ihn  und  bitten,  ihn  einer  kritik 
zu  unterziehen ,  weil  uns  dieses  berühmte  buch  viele  Vorzüge  zu  ver- 
einigen scheint,  die  man  schwerlich  alle  noch  einmal  zusammen  finden, 
dürfte.  Es  ist  genugsam  bekannt,  welch  hervorragende  rolle  dieses 
buch  in  der  geschichte  der  deutschen  pädagogik  spielt ;  aber  vielleicht 
haben  die  philantropen  dieses  buch  heut  zu  tage  mehr  in  misscredit 
gebracht.  Es  wird  daher  nöthig  sein,  seine  Vorzüge  kurz  anzugeben. 
Das  buch  ist  vollständig  von  ethischen  gedanken  durchsetzt,  ohne 
dass  irgendwo  sich  moralisirende  suada  zeigte;  es  bietet  der  phantasie 
nicht  nur  einen  reizvollen  stoff,  sondern  führt  so  präcise  bilder  vor, 
dass  ein  auffassen  des  ganzen  und  aller  theile  auch  für  den  jugend- 
lichen geist  durchaus  möglich  ist.  Das  buch  stellt  in  unnachahmlicher 
einfachheit  und  Schlichtheit  die  anfange  der  cultur  bis  zur  Staaten- 
bildung dar;  der  lehrer  wird  also  oft  gelegenheit  haben,  die  schüler 
auf  die  bedeutsamkeit  des  ihnen  schon  längst  bekannten  romans. 
hinzuweisen :  das  buch ,  bei  welchem  der  spielende  knabe  manch 
thörichten  träum  gesponnen ,  weckt  in  dem  Jüngling  bei  ernster  be- 
trachtung  grosse   und    tiefe  gedanken,    eine  neue  weit  geht  ihm  auf^ 


Ueber  die  wähl  des  lesestoffes  im  englischen  Unterricht  etc.  ■sc-i 

er  ahnt  die  Wahrheit  der  poesie.  Sodann  aber  kann  man  sich  kaum 
einen  Stoff  denken,  der  günstiger  wäre  für  die  anfange  von  Sprech- 
übungen :  die  schHcht  historische  darstellung,  die  klare  gegenständlich- 
keit,  die  den  Übergang  zum  gewöhnlichen  leben  nahe  legenden  Ver- 
hältnisse etc.  Auch  die  spräche  ist  einfach  und  doch  nicht  zu  leicht, 
nur  würde  es  wol  gerathen  sein ,  in  der  Schulausgabe  hier  und  da 
zu  gunsten  des  modernen  Sprachgebrauchs  kleine  änderungen  vor- 
zunehmen ,  denn  noch  dürfen  dem  schüler  keine  archaismen  be- 
gegnen. 

Nachdem  die  anfange  aller  geschichte  dem  schüler  in  dich- 
terischem gewande  entgegen  getreten,  soll  er  auf  obersecunda  mit 
der  pragmatischen  geschichte  bekannt  werden.  Das  thatsächliche, 
das  er  den  hauptmomenten  nach  schon  kennt ,  soll  in  seinen  ma- 
teriellen und  ideellen  Ursachen  und  in  seinen  vielverzweigten  Wir- 
kungen ihm  vorgeführt  werden.  Natürlich  kann  diese  eingehendere 
kenntniss  nur  für  einige  besonders  wichtige  epochen  der  geschichte 
gegeben  werden.  Weil  nun  die  englischen  historiker  sich  durch  ihren 
grossen  umfang  auszeichnen ,  und  auch  weil  dem  schüler  ein  sich- 
versenken in  alle  details  wie  dem  geschichtsforscher  nicht  zugemuthet 
werden  kann ,  so  scheint  es  geboten ,  sich  mit  passenden  umfang- 
reichen ausschnitten  aus  der  historik  zu  begnügen,  etwa  nach  art  der 
Historical  Series  von  Hermann  Schütz.  Wir  gewinnen  damit  einen 
fesselnden ,  in  ethischer  wie  allgemein  bildender  beziehung  eminent 
fruchtbaren  stoff,  welcher  den  schüler  zugleich  mit  einer  litterarischen 
gattung  und  ihren  Vertretern  bekannt  macht,  in  welcher  die  Engländer 
ausgezeichnetes  geleistet  haben.  — 

Der  schüler  hat  sich  mittlerweile  für  das  historische  gebiet  eine 
sichere  und  auch  umfassende  vocabelkenntniss  und  die  fähigkeit  des 
raschen  Verständnisses  der  erzählenden  prosa  erworben.  In  einem 
Sommersemester  soll  ihn  daher  auf  prima  Macaulay's  erstes  capitel 
der  History  of  England  in  die  reflexion  über  grössere  geschichts- 
perioden  einführen,  und  das  zweite  capitel  desselben  werkes  dann 
eine  glänzende  probe  kulturhistorischer  ausfüUung  der  grossen  umrisse, 
welche  ihm  die  politische  geschichte  bietet,  geben.  —  Bisher  ist  vielleicht 
mit  ausnähme  einiger  wenigen  gedichte  von  Wordsworth ,  Hemans, 
Longfellow,  die  etwa  in  tertia  gelegentlich  eine  stelle  gefunden  haben, 
dem  schüler  nur  prosa  vorgelegt  worden.  Mit  gutem  bedacht.  Die 
englische  spräche  zieht  zwischen  der  poetischen  und  der  diction  der 
prosa  eine   scharfe   demarcationslinie,    und  schon  dadurch  ist    es    an- 

£.   Kölbing,  Englische  Studien.     HI.     a.  23 


354 


H.   Ottmann 


gezeigt,  zuerst  eine  umfangreiche  und  sichere  kenntniss  der  prosa- 
sprache  zu  erstreben.  Dazu  kommt,  dass  man  zum  verständniss  der 
poesie  eine  grössere  geistige  reife  voraussetzt.  Wir  haben  sie  daher 
bis  zu  dem  Zeitpunkte  verschoben,  da  der  zöghng  bereits  einen  grossen 
theil  des  besten  unserer  vaterländischen  htteratur  kennt  und  zum  theil 
sogar  bereits  verarbeitet  hat ,  so  dass  er  für  die  Schönheit  des  poeti- 
schen ausdrucks,  für  die  feinheit  der  form,  für  die  dichterische  auf- 
fassung  bereits  empfänglich  ist.  In  einem  anderen  sommersemester 
soll  ihm  dann  Miltons  Paradise  lost  ein  würdiges  beispiel  erhabener 
poesie  geben.  Zwei  Wintersemester  aber  muss  Shakspeare  occupiren. 
Die  meisten  von  uns  erinnern  sich  gewiss  jetzt  noch  gerne  an 
die  stolze  freude ,  die  sie  empfanden ,  als  sie  die  erste  zeile  von 
Sophokles  lasen  und  griechischer  wohllaut  sie  in  den  tempel  geleitete, 
von  dem  aus  die  weit  und  das  leben  in  idealer  Verklärung  sich  dar- 
stellt. Was  dem  gymnasium  Sophokles,  das  muss  der  realschule 
Shakspeare  werden.  Er  ergreift  den  jugendlichen  sinn  nicht  so  leicht, 
wie  der  griechische  dichter,  aber  er  übertrifft  letzteren  um  vieles  an 
dramatischer  kraft.  Wir  ersparen  es  uns  dies  mal,  auf  eine  musterung 
der  einzelnen  stücke  einzugehen.  Dass  wir  der  lyrik  keine  stelle 
in  unserm  canon  angewiesen  haben,  wird  jeder  pädagoge  erklärlich 
finden  und  billigen. 

Noch  ein  wort  über  die  privatlectüre.  Viele  und  darunter  Münch 
widerrathen  sie.  Man  sagt,  dass  kraft  und  zeit  des  schülers  genugsam 
in  anspruch  genommen  sei,  und  was  davon  noch  frei  sei,  dürfe  der 
deutschen  lectüre  nicht  entzogen  werden.  Zudem  sei  es  gefährlich, 
den  Schüler  daran  zu  gewöhnen,  minder  sorgfältig  zu  lesen.  Diesen 
einwänden  begegnet  man  einfach  damit,  dass  man  nicht  schwierige 
autoren  zur  privatlectüre  wählt,  sondern  solche,  denen  die  kraft  des 
Schülers  für  sich  allein  gewachsen  ist.  Und  dabei  verfährt  man  dann 
am  sichersten,  wenn  man  ihm  zur  privatlectüre  auf  der  oberen  classe 
das  buch  in  die  band  gibt,  das  in  der  nächst  unteren  zur  statarischen 
diente.  Er  hat  sich  bereits  in  das  buch  genügend  eingelesen  und 
soll  nun  die  probe  ablegen  —  und  das  ist  der  überaus  wichtige  zweck 
der  privatlectüre  — ,  ob  er  im  stände  ist,  zunächst  wenigstens  für 
diese  schrift  der  hilfe  des  lehrers  zu  entrathen.  Durch  dieses  ver- 
fahren und  bei  massvollen  pensen  wird  nicht  nur  kein  erhebliches 
zeitquantum  der  deutschen  lectüre  entzogen,  sondern  das  freudige 
gefühl  der  allmählich  sich  entwickelnden  Selbständigkeit  wird  die  ar- 
beit auch  zur  angenehmen  machen.  Nach  stufenweiser  entwöhnung 
von  des   lehrers  Unterstützung  könnte  man    dann    im    zweiten  prima- 


üeber  die  wähl  des  lesestofFes  im  englischen  Unterricht  etc.  -?c£ 

jähre  den  versuch  einer  —  natürlich  bis  auf  gewissenhafteste  con- 
trole  —  gänzHch  selbständigen  lectüre  wagen  etwa  mit  The  prisoner 
of  Chillon,  Ivanhoe,  the  Christmas  Carol  etc. 

Wir  sind  am  ende  unserer  diesmaligen  auseinandersetzung.  Wie 
weit  unsere  vorschlage  tadel ,  wie  weit  sie  lob  verdienen,  mögen  un- 
sere erfahreneren  berufsgenossen  entscheiden.  Unsere  absieht  war 
nicht  sowol,  einen  pretenciösen  canon  zu  entwerfen,  als  vielmehr 
die  Ventilation  einer  frage  wieder  anzuregen  und  womöglich  in  fluss 
zu  bringen,  von  deren  lösung  wir  uns  für  die  realschule  die  grössten 
vortheile  versprechen. 

Weilburg  a/lahn. 

Hugo  Ottmann. 


LITTERATUR. 


An  etymological  Dictionary  of  the  English  Language  arranged  on  an  historical 
basis  by  the  Rev.  Walter  W.  Skeat,  M.  A.,  Elrington  and  Bosworth  pro- 
fessor  of  Anglo-Saxon  in  the  Universily  of  Cambridge.  Part.  I.  A  —  Dor. 
Oxford;   at  the  Clarendon  Press.     MDCCCLXXIX. 

Dieses  werk  ist  ganz  anders  angelegt  und  viel  reichhaltiger  als  Wedgewood's 
Dictionary:  es  enthält  alle  gebräuchlichen  wörter.  Von  jedem  worte  wird  zuerst 
eine  kurze  geschichte,  dann  die  verwantschaft  und  endlich  der  Ursprung  gegeben. 
Die  in  den  letzten  jähren  erschienenen  hilfsmittel  sind  fleissig  benutzt.  Dass  das 
buch  somit  viel  neues  und  gutes  bietet,  brauche  ich  kaum  zu  sagen ;  die  mir  auf- 
gefallenen mängel  sind  folgende :  s.  3  a ,  unter  a  back,  hätte  nicht  abakke  (aus 
Pauli' s  schlechter  ausgäbe  von  Gower;  das  ms.  hat  sicher  a  bak),  sondern  a  bac 
(bak),  Stratm,  Diction.  3  ed.  p.  41b,  als  m  (alt)engl.  angegeben  werden  sollen: 
bac  ist  hier  accusativ.  s.  7b,  acre,  altengl.  aker  (masc),  nicht  akre.  s.  13a,  ag-, 
angnail  ist  altfris.  og-,  ongneil.  s.  14a,  bei  ait  hätte  altengl.  eit  (Diction.  177  b) 
angeführt  werden  sollen,  s.  27b,  anvil,  altengl.  anfeit,  anfeld,  angels,  anfilt,  ist 
nicht  von  althd.  anevalz  zu  trennen  und  nur  auf  fealdan  zurückzuführen,  s.  31b, 
dass  arbour  =  harbour  (altengl.  hereber5e)  ist,  scheint  mir  lange  noch  nicht  aus 
gemacht  zu  sein;  s.  altengl.  arber  (Diction.  37a),  Das  adjectivische  arch  ist 
nichts  anderes,  als  das  in  archbishop,  archfiend ;  angls.  earg,  earh  wird  im  neu- 
engl.  zu  (provinz.)  arrow ,  argh,  ergh ,  wie  mearg,  mearh  zu  marrow,  beorg  zu 
barrow ,  bargh.  s.  32b,  art ,  angls.  eart;  das  northumbr.  ard  ist  nicht  älter, 
sondern  entartet:  die  personenendung  t  ist  aus  dem  präterit.  (vergl.  scealt)  ein- 
gedrungen, s.  43  b,  avast  ist  wahrscheinlicher  ital.  abbasta,  span.  abasta,  als 
houd  vast.  s.  45  b,  awe  ist  nicht  angls.  oga,  sondern  altisl.  agi  =  angls.  ege. 
Das  unter  awkward  angeführte  altisl .  öfigr ,  afigr  ist  nicht  vorhanden ,  ebenso- 
wenig altsächs,  avuh.  s.  46a,  awn  ist  altengl.  awene,  agune  (fem.)  gr.  a/va;  s. 
Diction.  41a.  Nicht  set  awork,  sondern  a  work,  steht  bei  Shakespeare,  s.  47  b, 
bacon,  mhd.  bache,  nicht  backe,  s.  48b,  bag.  altisl.  baggi  ist  nicht  =  belgr, 
sondern  altfranz.  bague.  s.  49  a,  balk,  altisl.  balki  (n-stamm),  nicht  balkr.  s.  51b, 
bare,  angls.  baer,  nicht  bare.  s.  52  a,  bark,  altisl.  berkja,  gehört,  nach  form  und 
bedeutung,  nicht  dazu;  angls.  beorcan  mit  brecan  zu  identificiren  ist  sehr  gewagt, 
s.  55b,  beach  (uferkiesel)  hat  lautlich  und  begrifflich  nichts  mit  schwed.  backe 
(hügel)  gemein,  beard,  altengl.  beard,  berd,  nicht  berde.  s.  56b,  bed,  altengl. 
bed,  nicht  bedde;   an  der  angeführten  stelle   »Chauc.  Prol.  291«,  kommt  das  wort 


W.  Skeat,  An  etymological  Dictionary  of  the  English  Language  -jcy 

nicht  vor;  Chauc.  C,  t.  ed.  Furniv.  a  293  (ed.  Wright  295)  steht  beddes  (gen. 
singul.).  Die  altengl.  form  von  beech  ist  beche,  s.  Diction.  49b,  wo  auch  die 
angls.  form  bece  belegt  ist.  s.  60b,  besom,  angls.  nur  besma,  nicht  besem. 
Wie  bet  (wette)  =  abet  sein  kann,  sehe  ich  nicht  ein.  s.  63a,  bight  ist  altengl. 
bijt  und  wahrscheinlich  angls.  byht;  s.  Diction.  73  b.  s.  64  a,  bird,  angls. 
bridd  (^=  bridj,  ja-stamm),  kann  auf  keine  weise  von  bredan,  das  selbst  im  angls. 
nicht  einmal  nachgewiesen  ist ,  abgeleitet  werden,  s.  64  b,  bissen,  angls.  blsene, 
aus  bt  und  sene ,  nicht  für  biseond.  Bit  (bisse)  ist  angls.  bita  gen.  bitan  (masc.) ; 
angls.  bite  gen.  bites  ist  neuengl.  bite  (biss);  s.  Diction.  75  a.  s.  66  a,  bleach, 
altengl.  blechen,  angls.  bl^can ,  von  bläc ,  bl&c,  Diction.  78a.  Bleak,  altengl. 
bleik;  bleiken,  Havel.  470,  ist  nom.  pl.  s.  66  b,  bless,  angl.  bletsian  hat  eben- 
sowenig mit  blissian  gemein,  wie  s.  67a,  angls.  bilde,  mit  blican .  s.  68.  die  be- 
merkungen  über  blotch,  blunder,  blunt,  blur,  blurt  wären  besser  fortgeblieben. 
Blush  ist  angls.  blyscan,  s.  Diction.  81  b.  Bluster,  altengl.  blustren,  kann  nicht  wol 
mit  altisl.  blästr  verglichen  werden,  s.  69  b,  hole  ist  altengl.  bol,  nicht  hole.  s.  71b, 
bother  =  pother ,  altengl,  puderen,  s.  73  a,  bower,  altengl.  bour,  nicht  boure  ; 
an  der  angeführten  stelle  steht  der  gen.  boures.  s.  73  b,  brad  ist  zunächst  altengl. 
brad  (Diction.  88  a).  s.  74  a,  braid,  altisl.  bregda,  brigda  ist  kein  von  dem  subst. 
bragd  abgeleitetes  verb,  sondern  ein  wurzelverb;  da  nun  die  prämisse  falsch  ist, 
so  muss  auch  der  schluss  falsch  sein.  s.  76  a,  breese  (bremse)  ist  altengl.  brese 
(Diction.  93a),  angls.  breosa,  briosa  (Leos  gloss.  511).  s.  78b,  broil  (backen), 
altfranz.  bruiller  (Roquefort  gloss.  i,  190).  s.  79a,  broom,  altengl.  brom  (masc), 
nicht  brome;  an  der  angeführten  stelle  steht  bromes  (nom,  pl.);  s.  Diction.  96a. 
s.  107  a,  chill ,  holl.  kil,  ist  durchaus  verschieden  von  altengl.  chile ,  chele;  über 
das  verb  chill,  altengl.  chillen,  vergleiche  Grimms  D.  wörterb.  5,  511.  s.  113a, 
claw  (klaue)  ist  weder  mit  clew  (knäuel),  noch  mit  cleave  (kleben)  verwandt ;  die 
Wurzel  ist  erhalten  in  altisl.  kla  (kl& ,  klo,  kleginn).  s.  Il6a,  clove,  altengl. 
clove,  angls.  clufe,  nicht  cluf;  s.  Diction.  122b.  s.  I33bi  coop,  zunächst  altengl. 
cope.     s.    144a,  cross  beruht  auf  altisl.  kross. 

Krefeld,   ii.  juli  1879.  F.  H,  Stratmann. 


On  the  Formation  of  English  Words  by  Means  of  Ablaut.  A  Grammati cal  Essay 
by  Karl  Warncke.  Ph.  D.  Halle  a.  S.  Max  Niemeyer,  1878.  54  ss.  8°. 
Pr.  m.   I,  20. 

In  dieser  gründlichen  monographie  über  die  bildung  englischer  Wörter  ver- 
mittels des  ablauts  tritt  der  Verfasser  in  die  fusstapfen  Friedrich  Koch's,  dessen 
von  dr.  Eugen  Wilhelm  nach  dem  tode  des  Verfassers  1873  herausgegebene 
»Linguistische  allotria«  (Eisennch,  J.  Bacmeister)  auch  auf  diesem  speciellen  ge- 
biete bahnbrechend  waren,  wenigstens  so  weit  es  sich  um  eine  wissenschaftliche 
anordnung  der  laut-,  ablaut-  und  reimbildungen  handelte.  Sein  nachfolger, 
Warncke,  der  ausserdem  selbstverständlich  noch  alle  seine  ül>rigen  Vorgänger,  eng- 
lische wie  deutsche ,  benutzt  hat ,  hat  den  gegenständ  noch  erschöpfender  dar- 
gestellt und  auch  die  durch  ablaut  gebildete  conjugation  der  sogenannten 
starken  verben  und  den  daraus  hervorgehenden  Substantiven  und  adjecliven  seiner 
betrachtung  unterzogen.  Natürlich  ist  er  auch  hier  wieder  Koch  gefolgt,  und  hat 
dessen  Classification    der   verben,    wie  er  sie  in  seiner  historischen  grammatik  auf- 


358 


Littcratur 


gestellt,  adoptirt.  Ich  habe  an  der,  wenn  auch  nicht  umfang-  doch  inhaltreichen 
Schrift  nur  einige  wenige,  theils  sachliche,  theils  formelle  oder  stilistische  aus- 
stellungcn  zu  machen,  und  da  ich  der  Überzeugung  bin,  dass  der  rechte  mann  der 
Wissenschaft  in  einer  beurtheilung  seiner  leistung ,  namentlich  in  einer  fachzeit- 
schrift,  nicht  blos  gelobt,  sondern  auch  belehrt  sein  will,  so  will  ich  sie,  so  un- 
bedeutend meine  belehrung  auch  gegenüber  der,  die  man  aus  seiner  schrift 
schöpfen  kann,  sein  mag,  auch  nicht  vorenthalten. 

Sachlich  also  bemerke  ich ,  dass  s.  8  «bulrush«  nicht  als  beispiel  vom 
deutschen  u-laut  vor  oh  angesehen  werden  darf,  wie  es  nach  der  aufstellung  dort 
den  anschein  hat;  denn  man  spricht  rush  aus.  Möglich,  dass  Wamcke  nur  einen 
weiteren  beleg  für  u  vor  1  damit  beabsichtigt  hat;  dann  ist  aber  seine  absieht 
nicht  klar  genug  ausgedrückt  (typographisch  wäre  das  sehr  leicht  gewesen)  und 
hätte  auch  die  ausnähme  von  der  unmittelbar  vorangehenden  regel  angegeben 
werden  sollen. 

S.  21.  Weder  rimple  noch  rumple  ist  mir  in  der  bedeutung  von  »to  knit 
one's  brows«,  welche  sie  »besonders»    (particularly)  haben  sollen,  bekannt. 

Wenn  der  Verfasser  am  Schlüsse  den  gebrauch  des  ablautes  als  specifisch 
teutonisch  bezeichnet ,  so  vergisst  er  oder  weiss  vielleicht  nicht ,  dass  er  auch  in 
den  semitischen  sprachen  eine  grosse,  ja  viel  grössere  rolle  spielt  als  in  den  ger- 
manischen ,  insofern  durch  änderung  des  vocals  (und  was  ist  das  anderes  als  ab- 
laut  ?)  aus  dem  einfachen  activen  verbo  (dem  kal  im  Hebr.)  die  causative  und 
passive  form  (aus  lamad,  limed  und  lumod,  also  a — i  —  u)  gebildet  wird.  Whitney 
sagt  zwar  in  seinem  »The  Life  and  Growth  of  Language«  (Henry  S.  King  &  Co., 
London,  1875.  s.  249),  nachdem  er  das  arabische  verb  in  seinen  vielfachen  ab- 
wandlungenbesprochen: »These  forms  at  once  suggest  our  sing,  sang,  etc.,  already 
often  used  as  illustrations ;  yet  there  is  an  immense  difference  between  the  two 
cases«,  doch  sehe  ich  nicht  ein,  wesshalb  man  den  semitischen  ablaut,  der  ja, 
wie  eben  angedeutet,  ganz  regelrecht  geordnet  ist,  wenn  anders  Heyse  und  andere 
nach  ihm  recht  behalten,  dass  dem  a  die  erste  Stellung  in  der  entwickelung  der 
form,  i  und  u  die  zweite  Stellung  in  derselben  auf  der  wurzel  gebührt.  E  und  o 
können  nach  ihm  nur  die  dritte  stufe  einnehmen  und  in  der  reinen  wurzel  nicht 
vorkommen,  was  er  durch  die  reihenfolge  brach,  brich,  bruch,  brechen,  gebrochen 
belegt.  Nun  auch  im  Hebräischen  sehen  wir  die  bildung  des  Infinitivs  und 
particips  präsens  durch  o  und  e  (lam^d,  lom^d)  sowie  das  e  in  piel  und  das  o  in 
puol  die  zweite  stelle  einnehmen,  freilich  auf  dem  Wurzelbuchstaben.  Wenn  aber 
der  ablaut  im  Semitischen  mehr  bewirkt  als  im  Teutonischen ,  wenn  er  ausser  der 
Verwandlung  der  tempora  auch  noch  andere  Veränderungen  im  worte  hervorbringt, 
und  ihm  eine  causative  und  passive  bedeutung  zu  geben  vermag,  ist  das  ein 
grund,  eine  solche  bildung  »unorganisch«  zu  nennen,  wie  Whitney  in  der  oben 
angeführten  stelle  es  thut?  Es  scheint  mir  eine  solche  Unterscheidung  auf  reinem 
vorurtheil  oder  einer  gewissen  Voreingenommenheit  zu  beruhen,  und  wenn  einst 
die  von  Fürst  und  Raumer  behauptete  Verwandtschaft  der  semitischen  mit  der 
arischen  sprachfamilie  besser  begründet  und  endgiltig  festgestellt  sein  wird,  dann 
wird  man  wol  auch  den  semitischen  ablaut  als  gleichwerthig  mit  dem  germanischen 
ansehen. 

Sprachlich  sind  mir  allerdings  mehrere  ungenauigkeiten  aufgefallen ,  wenn- 
gleich ich  die  schrift  auch  nach  dieser  seite  hin   im  ganzen  nur  beloben  kann.   Zu- 


K.   Wamcke,  On  the  Formation  of  English  Words  3^0 

nächst  stiess  ich  auf  s.  7  und  passim  auf  die  falsche  präposition  Jto«  nach  inherent, 
was  »in«  nach  sich  haben  muss. 

ibid.  f.  i.  (for  instance)  ist  keine  gebräuchliche  abkürzung,  sondern  e,  g. 
oder  (doch  selten)  f.  e.  (for  example). 

p.  8.  »when  11,  1  -)-  cons.,  or  sh  are  following«  ist  eine  unrichtige  anwen- 
dung  der  umschreibenden  form:  es  muss  heissen  follow.  Ebenso  (ibid.)  verhält 
es  sich  mit  dem   iwhich  are  also  displaying«. 

ibid.  Hier  fiel  mir  zuerst  das  so  oft  vorkommende  »on  the  other  side«  für 
hand,  auf.     Letzteres  begegnete  mir  nur  einmal. 

p.  9.      »that  might  engage  us  to  think»   sollte  heissen:  induce  us. 

p.  II.  j>a  secondary  part«  ist  nicht  ganz  idiomatisch,  wenigstens  nicht  in  der 
dortigen  Verbindung;  eher:  a  subordinate  part.  Der  ganze  satz  ist  überhaupt  sehr 
unklar  gefasst. 

ibid.  für  »we  shall  little  hesitate«  wäre  hesitate  little  oder  besser  noch  :  we 
have  little  hesitation,   zu  setzen  gewesen. 

ibid.  »Has  already  been  exposed«  ist  unenglisch;  es  müsste  heissen:  stated. 
Ebenso  das  »a  great  part  of  the  words«  in  der  folgenden  zeile ,  wo  es  (a  great) 
number  of  the  w.  heissen  sollte. 

p.  13.  Der  satz  »But  in  no  other  point«  bis  »as  here«  ist  mehrfach  un- 
richtig, jjhas«  sollte  vor  »the  liberty«  stehen.  "In  no  other  point«  und  >so 
much  set  forth«   sind  beide  nicht  idiomatisch. 

p.  14.  «no  small  a  number«.  Die  transposition  des  artikels  tritt  nach  dem 
Worte  no  nur  dann  ein,  wenn  ihm  der  comparativ  folgt ;  nach  dem  positiv  ist  er 
überflüssig. 

p.  15  z.  2  v.o.  Für  »completely«  müsste  complete  stehen,  da  es  sich  auf  die 
»list  of  words«  ,  nicht  aber  auf  entweder  das  vorangehende  give  oder  das  nach- 
folgende to  compile   bezieht. 

p.  19  »devolves  from  such  articles«  ist  unenglisch.  Man  spricht  von  devolve 
upon,   nicht  dev.  from.     Der  verf.  meinte  wol:  is   evolved  from. 

Es  lasse  sich  jedoch  niemand,  der  das  behandelte  thema  gründlich  studiren 
möchte,  durch  diese  kleinen  ausstellungen  abhalten,  sich  das  schriftchen  anzu- 
schaffen. 

Leipzig,  im  september  1879.  David   Asher. 


System    of    Shakespeare's    Dramas.     By  Den  ton  T.   S  nid  er.     In    two  volumes. 
St.  Louis:    G.  J.  Jones  and  Company  1877.  i) 

Aus  dem  fernen  westen  der  neuen  weit  kommt  ein  werk  über  den  so  viel- 
fach erklärten  und  vielfach  so  unerklärlichen  britischen  dichter  zu  uns.  iWas 
kann  da  überhaupt  noch  neues  gesagt  werden?«  wird  mancher  fragen,  der  einen 
blick  auf  die  Shakespeare-litteratur  unserer  zeit  geworfen  hat.  Zehn  generationen 
sind  seit  den  lebzeiten  des  grossen  dichters  vorübergezogen,  und  wie  ein  an- 
schwellender   Strom    sind  die  Schriften  über  Shakespeare  rings  um  seine  werke  an- 


i)  Da  weder  das  Shakespeare- jalirbuch  nocii  die  Anglia  eine  bi.sprechung 
dieses  werkes  gebracht  haben,  so  dürfte  diese,  freilich  etwas  spät  erscheinende  an- 
zeige desselben  noch  immer  vielen  willkommen  sein.  Die  red. 


360 


Litteratur 


gewachsen ,     bis    man    kaum   ein   land  mehr    findet ,    das    nicht   seine   Shakespeare- 
gelehrten   und  kritiker,  seine  Shakespeare-clubs  und  gesellscliaften  hätte. 

Und  doch  gibt  Snider's  bucli  wesentlich  neues.  Er  selbst  sagt  in  seiner 
einleitung,  die  ein  Schlüssel  zu  dem  ganzen  werke  ist,  zuerst,  was  der  leser  nicht 
darin  finden  wird.  Das  philologische  dement,  grammatikalische,  metrische,  kurz 
zum  text  gehörige  und  andere  ähnliche  Untersuchungen,  sind  gänzlich  weggelassen. 
Die  historische  seile  ist  ebensowenig  berücksichtigt.  Das  rein  litterarische  dement, 
die  art  der  kritik,  welche  die  Schönheiten  des  dichters  hervorhebt,  fehlt  ebenfalls: 
»die  poesie  Shakespeare's  muss  dem  leser  überlassen  bleiben,  denn  sie  wendet 
sich  an  das  gefühl  und  die  einbildungskraft,  während  sich  die  kritik  an  den 
verstand  wenden  sollte.« 

Das  ziel  des  buches  ist  vielmehr:  »jedes  drama  als  ein  ganzes  zu  zeigen,  in 
seinen  gedanken ,  seiner  Organisation  und  den  Charakteren ;  dann  die  verwandten 
dramen  in  ein  grösseres  ganze,  nach  ihren  gemeinsamen,  fundamentalen  principien 
zu  gruppiren,  und  endlich  alle  dramen  des  dichters  als  ein  ganzes  zu  betrachten 
—  kurz  Shakespeare  in  eine  einheit  zusammenzufassen.'« 

»Das  drama  ist  auf  die  ethische  weit  basirt,  seine  collisionen  müssen  sich  auf 
elemente  stützen ,  welche  der  ethischen  weltordnung  inne  wohnen ,  und  seine 
lösungen  müssen ,  wenn  sie  wahr  —  und  das  ist  dasselbe  wie  künstlerisch ,  sein 
sollen,  in  Übereinstimmung  mit  dieser  Ordnung  sein.  Deshalb  sollten  wir,  um  das 
drama  beurtheilen  zu  können,  etwas  von  dieser  ethischen  weit  wissen,  wir  sollten 
ihre  Widersprüche  und  harmonieen  kennen,  ihre  principien  und  die  art  ihrer  Unter- 
ordnung, oder  wenn  wir  diese  dinge  nicht  schon  wissen,  so  kann  das  drama  uns 
die  nöthige  belehrung  geben.« 

Hier  kommen  wir  auf  den  punkt,  in  dem  Shakespeare's  wahre  grosse  liegt. 
Andere  Schriftsteller  haben  ihn  vielleicht  in  der  Vollendung  der  form ,  in  der 
meisterschaft  der  spräche ,  in  der  Schönheit  der  bilder ,  in  der  Charakteristik  oder 
in  der  Organisation  der  handlung  erreicht.  Unerreicht  aber,  erhaben  über  allen 
steht  Shakespeare  in  seinem  verständniss  der  ethischen  weltordnung. 

Diese  seite  seines  genius,  welche  immer  sehr  unvollständig  aufgefasst  und 
gewöhnlich  in  den  aufsätzen  der  kritiker  gänzlich  übergangen  ist  ,  bildet  die  basis 
von  Snider's  beurtheilung.  Er  führt  uns  also  zuerst  in  die  ethische  weit  des 
dichters  ein,  zeigt  uns  ihre  Organisation  und  die  abstufung  ihrer  principien,  welche 
sehr  verschiedener  art  sind  und  deshalb  oft  in  conflict  kommen.  Das  höher 
stehende  princip  muss  das  niedrigere  unterwerfen.  Das  was  am  wahrsten  ist,  muss 
die  überhand  behalten ,  denn  das  gesetz  ist  überall  Unterordnung  unter  das  ver- 
nünftige. 

»Die  ethische  weit  wird  in  zwei  abtheilungen  eingetheilt:  die  institu- 
tionelle und  die  moralische.  Beide  sind  im  Shakespeare' sehen  drama  dar- 
gestellt. Beide  sind  formen  einer  rationellen  weltordnung.  Die  erstere  ist  ob- 
jectiv,  ausserhalb  des  individuums  existirend,  obwol  sie  zugleich  ein  product 
seiner  innersten  geistigen  natur  ist.  Die  letztere  ist  subjectiv ,  liegt  im  Indi- 
viduum selbst,  und  bestimmt  es  nach  seinen  eigenen  ideen  von  recht  und  pflicht 
zu  handeln. 

Institutionen  scheinen  etwas  gänzlich  ausserhalb  des  menschen  liegendes  zu 
sein,  und  doch  sind  sie  wirklich  die  Schöpfungen  seiner  Vernunft.  Sie  scheinen 
zu  Zeiten  ihm  sogar  feindlich,     aber   sie  sind  in  Wahrheit  sein    grösster   schütz,    ja 


T.  Snider,  System  of  Shakespeare's  Dramas  -»Öi 

sogar  die  nothwendige  bedingung  seiner  rationellen  existenz.  Nur  durch  sie  kann 
er  sich  über  die  engen  grenzen  der  Selbstsucht  zu  einem  universellen  leben  empor- 
schwingen. Von  ihrem  geist  erfüllt  hat  er  das  göttliche  in  sich  und  vermag  er 
sich  zu  dem  heroischen  charakter  zu  erheben.  Das  Individuum  kann  durch  sie 
instinctiv  oder  bewusst  geleitet  werden.  Das  erste  list  die  gewöhnlichere,  das 
zweite  die  vollkommenere  weise;  oder  es  kann  sich  ihnen  widersetzen,  und  sie  mit 
erbarmungsloser  feindschaft  verfolgen.  Daraus  entstehen  die  coUisionen  in  diesem 
bereiche. 

Die  institutionellen  demente  können  in  folgende  4  unterabtheilungen 
eingetheilt  werden: 

i)  das   eigenthum 

2)  die  familie 

3)  der  Staat 

4)  der  welthistorische  geist.  i) 

Wir  dürfen  nicht  vergessen,  dass  dies  an  und  für  sich  nur  principien,  ge- 
danken  sind ,  dass  sie  erst  durch  das  medium  des  Individuums  zur  Wirklichkeit 
werden  können.  Der  mensch  muss  mit  ihrem  geiste  erfüllt  sein ,  dann  ist  er  ihr 
träger,  ihr  repräsentant.  Sie  werden  so  zur  tiefsten  grundlage  des  Charakters. 
Aber  das  Individuum  ist  der  freie  wille,  es  kann  alle  die  institutionellen  principien 
als  führer  seiner  handlungen  verwerfen ,  und  seiner  eigenen  ansieht  von  pflicht 
folgen.  Auf  diese  weise  kann  der  gewissenhafte»  mensch ,  der  es  ehrlich  und  auf- 
richtig meint,  in  einen  Zwiespalt  mit  dem  ganzen  bereich  der  institutionen  kommen, 
von  der  höchsten  bis  zur  niedrigsten.  Hier  treten  wir  in  eine  neue  Sphäre  ein, 
die  zweite  grosse  abtheilung  der  ethischen  weit:  das  moralische  element. 

Es  gehört  ebenso  in  das  bereich  der  ethik  wie  das  institutionelle  element. 
Auch  hier  finden  wir  Unterordnung  unter  ein  höheres  gebot ,  welches  jetzt  das 
innere  gesetz  der  pflicht  ist.  Das  Individuum  hat  hier  in  sich  selbst  den  absoluten 
Prüfstein  seines  Verhaltens,  es  stellt  sich  selbst  als  das  höchste  über  alles ;  es  folgt 
seiner  eigenen  ansieht  vom  recht  gegenüber  den  bestehenden  formen  des  rechts. 
Das  subjective  gewissen  greift  so  die  objectiven  institutionen  an  und  zerstört  sie. 
Dies  ist  der  grösste  Widerspruch  unseres  eigenen  Zeitalters ,  der  überall  zu  den 
heftigsten  kämpfen  führt ,  von  deren  intensität  Shakspeare's  werke  nur  einen 
schwachen  schattenriss   geben. 

Aber  die  ethische  weit  hat  auch  ihre  negative  seite ,  welche  im  Shakspeare'- 
schen  drama  hinlänglich  dargestellt  ist.  Das  individuum,  welches  diesen  negativen 
geist  repräsentirt,  streitet  gegen  beide,  sowol  das  moralische  wie  das  institutionelle 
element,  und  es  kann  für  dasselbe  keine  ethische  rechtfertigung  geben.  Man  kann 
hier  zwei  classen  bemerken,  die  mit  manchen  zügen  in  einander  übergehen:  i)  der 
gleichgültige   schlechte    mensch ,    der  jede    Unterordnung    verweigert    oder   unfähig 


1)  Dieser  world-historical  Spirit  —  wir  würden  ihn  vielleicht  mit  Wallenstein 
den  weltgeist  nennen  —  bedarf  der  erklärung.  Snider  gibt  sie  in  folgenden 
Worten :  .  .  .  .  the  world-historical  Spirit  ,  .  is  a  power  above  the  State,  destroying 
it,  or  calling  it  into  existence,  in  accordance  with  the  higliest  principle  of  History. 
Nations  rise  and  fall ;  there  must  be  soniething  which  conlrols  these  mighty 
changes.  It  is  the  suprome  ethical  authority,  whose  clearesl  indication  is  found 
in  the  two  Roman  plays  which  portray  the  transitiun  from  the  Republic  to  the 
Empire,   but  it  is  really  the  deep,  governing  principle  of  the  entire  Ilistorical  Serie.-. 


-?62  Litteratur 

dazu  ist  und  nur  seinen  begierden  folgt,  und  der  thätige  schlechte  mensch,  welcher 
sucht,  die  ganze  ethische  weit  in  ihren  beiden  formen  zu  zerstören. 

Die  folgende  tabellarische  Übersicht  mag  dazu  dienen,  das  allgemeine  resultat 
dieser  eintheilung  der  ethischen  weit  zur  anschauung  zu  bringen. 

!cigenthum 
familie 
Staat 
weltgeschichtlicher  geist 


Die    ethische 
weit 


moralisch       1 

(subjectiv)      /  '^^^  g^'^'"  '^^  gewissens 


j   der  natürliche  mensch 
°         I  der  Schurke 

Viele  werden  es  für  zweifelhaft  halten ,  ob  der  dichter  ein  ethisches  system, 
wie  es  eben  auseinander  gesetzt  ist ,  mit  bewusstsein  ausgearbeitet  und  es  in  der 
abstracten  spräche  der  philosophie  formulirt  habe.  Solch  eine  procedur  war  seiner- 
seits durchaus  nicht  nöthig  für  seine  poetische  arbeit.  Es  war  ausreichend ,  dass 
er  wahrhaft  und  vollständig  die  praktische  weit  ergriff,  und  ein  bild  von  ihr  in 
ihren  wesentlichen  zügen  gab.  Das  schliesst  die  soeben  dargelegte  ethische  grund- 
lage  ein. 

Die  Charaktere  des  dramas  sind  die  träger  dieser  abstracten  ideen.  Eins 
oder  mehrere  der  erwähnten  principien  müssen  von  dem  Individuum  besitz  ergreifen 
und  zu  den  bewegenden  triebfedern  seiner  handlungen  werden.  Darin  liegt  der 
tiefste  grund  des  charakters,  welcher  nur  in  seinen  beziehungen  zur  ethischen  weit 
richtig  verstanden  werden  kann.  Hieraus  folgen  auch  die  drei  classen  der  charactere : 
die  institutionelle  person ,  die  moralische  person  und  die  negative  person  oder  der 
Schurke. 

Die  Shakespeare-kritik  ist  besonders  reich  an  character-analysen.  Seit  Schlegel 
hat  es  eigentlich  nur  eine  methode  gegeben,  um  Shakspeare's  dramatische  kunst 
zu  kritisiren,  obgleich  in  anderer  hinsieht  die  Verschiedenheit  gross  genug  gewesen 
ist.  Diese  methode  bestand  darin ,  zuerst  irgend  ein  abstract  moralisches  oder 
psychologisches  princip  als  die  idee  des  Stückes  hinzustellen,  und  dann  die  ver- 
schiedenen charactere,  einen  nach  dem  andern  vorzunehmen,  je  nach  der  laune 
des  kritikers.  Die  Shakespeare  -  essays  sind  eigentlich  nur  eine  reihenfolge  von 
character-beschreibungen  gewesen,  ohne  innerlichen  Zusammenhang,  eine  gallerie 
von  porträts  in  zufälliger  anordnung.  Jede  architektonische  proportion ,  jede  ent- 
wicklung  des  individuums,  jede  bewegung  des  ganzen,  kurz  alles,  was  gerade  be- 
sonders dramatisch  ist,  muss   auf  diese  weise  weggelassen  werden. 

Dies  ist  der  schwierigste  theil  der  Shakespeare-kritik,  und  Snider  hat  seine 
eigene  methode ,  die  dramatische  struktur  und  die  dramatische  bewegung  zu  ver- 
folgen, dargelegt.     Er  bedient  sich  dazu  der  fäden  und  bewegungen. 

l)  Der  dramatische  faden  kann  in  seiner  composition  eine  einzelne 
person  oder  eine  oder  mehrere  gruppen  benutzen.  Die  leser  Shakespeare's  haben 
ohne  zweifei  die  gruppe  mit  ihrer  central  -  figur  bemerkt,  um  welche  die  unter- 
geordneten charactere  sich  sammeln.  Zuweilen  durchlaufeu  diese  gruppen  das 
stück  getrennt ,  öfter  noch  verschlingen  sie  sich  mit  anderen  gruppen.  Aber  der 
faden  sucht  in  Übereinstimmung   mit   den    in    frage    stehenden  principien   zu    com- 


T.   Snider,  System  of  Shakespeare's  Dramas  ^6^ 

biniren.  Er  kommt  mit  anderen  fäden  in  streit  oder  vereinigt  sich  mit  ihnen ,  je 
nach  dem  bedürfnisse  der  handlung.  Der  faden  legt  deshalb  besonderen  werth 
auf  den  gedanken.  Es  mag  derselbe  sein,  wie  der  der  gruppe,  oder  auch  ein  ver- 
schiedener. Der  zweck  dieser  fäden  ist,  [die  Organisation  des  Stückes  kräftig  her- 
vortreten zu  lassen.  Die  anzahl  der  fäden  ist  in  den  verschiedenen  dramen  ver- 
schieden ;  ihre  zweckmässige  anordnung  ist  einer  der  wichtigsten  punkte  der 
dramatischen  kunst.  Zu  viele  verursachen  zusammengesetztheit  und  Verworrenheit, 
zu  wenige  bringen  einfachheit  und  kahlheit  hervor.  Die  fäden  sollten  ausserdem 
im  drama  bis  zu  einem  gewissen  grade  verschlungen  sein,  obgleich  sie  in  der  kritik 
sorgfältig  getrennt  werden  müssen.  Jenes  sucht  die  verschiedenartigen  elemente 
zusammenzuschmieden,  während  diese  die  spalten  entdecken  muss,  mögen  sie  auch 
noch  so  geschickt  vereint  sein. 

2)  Die  dramatische  bewegung.  Jeder  faden  bewegt  sich  vorwärts  zu 
einem  gipfelpunkt ,  und  das  ganze  bewegt  sich  vorwärts  zu  einem  gipfelpunkt, 
dann  kommt  ein  Übergang  zu  einem  neuen  gedanken  und  einer  neuen  Sachlage. 
Alle  fäden,  welche  sich  zusammen  durch  eine  phase  der  handlung  bewegen,  nennt 
man  eine  bewegung  des  Stückes ,  worin  sich  immer  ein  gemeinsames  princip  der 
Übereinstimmung  oder  des  Zwiespalts  finden  sollte.  Dann  folgt  eine  neue  phase, 
welche  sich  logisch  aus  der  vorhergehenden  entwickelt ,  dieses  ist  wieder  eine  be- 
wegung mit  ihren  verschiedenen  fäden,  von  denen  jeder  für  sich  entwickelt  werden 
muss.  Die  Schlussbewegung  ist  die  auflösung ,  welche  alle  fäden  zusammen  in 
einklang  bringt. 

Selbst  wenn  man  zweifelt,  ob  sich  Shakespeare  das  gerüst  jedes  seiner  dramen 
genau  so  m.it  der  feder  vorgezeichnet  habe ,  so  ist  doch  nicht  zu  bezweifeln  ,  dass 
er  eine  methode  der  arbeit  besass,  ein  bestimmtes  System  von  regeln,  welches  ihn 
bei  seinem  schaffen  ebenso  leitete,  wie  die  griechischen  Schriftsteller  sich  durch  die 
festen  regeln  ihrer  kunst  leiten  Hessen. 

Die  lebensgesetze  des  poetischen  Schaffens  bestimmen  den  schaffenden  lange, 
bevor  die  theorie  die  kunstformeln  dafür  gefunden  hat,  und  in  seinen  besten 
stunden  mag  der  dichter  eine  innere  freiheit  und  grosse  erhalten,  welche  ihn  weit 
über  die  beschränktheiten  seiner  zeit  erhebt,  sagt  G.  Freytag  in  seiner  Technik  des 
dramas,  und  wenn  wir  das  recht  haben,  dies  wort  auf  irgend  einen  dichter  der 
neuzeit  anzuwenden,  so  dürfen  wir  es  sicher  von  dem  einen  behaupten,  der  bahn- 
brechend den  germanischen  geist  mit  seiner  freien  Selbstbestimmung,  als  kunst- 
object  an  die  stelle  des  antiken  helden  und  des  unerbittlichen  fatums  setzte. 

Die  Shakespeare' sehen  dramen  gewinnen  n  der  scharfen  beleuchtung,  welche 
Snider's  analysen  bis  in  das  innerste  gewebe  der  liandlungen  und  motive 
dringen  lässt ,  eine  klarheit  und  durchsichtigkeit ,  die  uns  ihren  wahren  wcrth  im 
hellsten  lichte  zeigt.  Selbst  diejenigen  werke,  welche  auf  den  ersten  blick  am 
wenigsten  geeignet  scheinen,  die  grossen  und  unveränderlichen  gesetze  der  ethischen 
weit  zur  darstellung  zu  bringen,  gewinnen  unter  dieser  beleuchtung  eine  logische 
consequenz,  einen  inneren  Zusammenhang  der  charactere  und  handlungen,  der  be- 
gebenheiten  und  ihrer  Wirkungen. 

Nehmen  wir  Othello!  —  Der  erste  eindruck ,  den  dieses  drama  auf  den  Icser 
macht,  ist  sicherlich  nicht,  dass  die  Unschuld  belohnt  und  das  laster  bestraft  werde. 
Die  motive  für  den  Untergang  Dcsdemona's  sind  nicht  so  klar,  dass  unsere  theil- 
nahme  für  die  schöne  und  unschuldige  frau  des  mohren  sie  anders  als  das  opfer 
der  blinden    eifersucht    betrachten   könnte.      Ihr    Schicksal    scheint    uns,    ohne    ihr 


3^4 


Litteratur 


eigenes  verschulden,  dem  fatum  der  alten  näher  stehend ,  als  unserer  eigenen  auf- 
fassung  von  schuld  und  strafe.  Es  hat  etwas  zufälliges,  unberechenbares  und  un- 
verhältnissmässiges  in  seiner  dämonischen  willkUr.  Ebenso  scheint  die  eifersucht 
des  mohren  schwer  vereinbar  mit  seiner  natur,  von  der  selbst  Jago  sagt : 

The  Moor  is  of  a  free  and  open  nature 

that  thinks  men  honest  that  but  seem  to  be  so. 

Eine  solche  natur  war  nicht  angelegt  zur  eifersucht,  und  trotzdem  wählt  Jago 
gerade  diesen  weg,  um  den  mohren   und  Dcsdemona  zu  verderben. 

Doch  folgen  wir  Sniders  leitung:  Das  drama  ist  in  drei  wesentliche  ab- 
theilungen  oder  bewegungen  getheilt.  Die  erste  enthält  den  äusseren  conflict  in 
der  familie.  Das  recht  der  tochter ,  einen  mohren  zum  gemahl  zu  wählen,  ist 
gegen  den  willen  des  vaters  bestätigt.  Beide  theile  wenden  sich  an  den  Staat, 
welcher  zu  gunsten  der  heirath  entscheidet ,  und  Othello  führt  seine  frau  trium- 
phirend  fort.  Desdemona's  schuld  ist  hier  angedeutet.  Aber  der  Staat,  der  keinen 
unterschied  der  racen  in  seinen  gesetzen  kennt,  gibt  Othello  nicht  nur  recht  in 
seinem  Zwiespalt  mit  Brabantio,  er  überträgt  ihm  auch  den  Oberbefehl  aufCypern. 
Der  Soldat  und  held  Othello  ist  für  den  Staat  der  erste  träger  seiner  existenz. 

Die  zweite  bewegung  zeigt  den  inneren  conflict  in  der  familie  zwischen  mann 
und  frau.  Das  verheirathete  paar,  obgleich  erfolgreich  in  seinem  äusseren  zwist 
mit  dem  vater,  wird  jetzt  entzweit,  denn  zwischen  so  verschiedenen  characteren 
ist  keine  sichere  und  dauernde  ethische  einheit  möglich.  Eifersucht  muss  entstehen. 
Jago  ergriff  nur  das,  was  schon  vorbereitet  war,  und  benutzte  es  zu  seinen  eigenen 
zwecken.  Die  dritte  bewegung  ist  die  Vergeltung,  welche  jedem  menschen  die 
folgen  seiner  eigenen  thaten   heimbringt. 

Das  drama  setzt  die  liebe,  entführung  und  heirath  von  Desdemona  und 
Othello  voraus.  Diese  bilden  den  einzigen  faden  der  ersten  bewegung.  Durch 
diese  Verbindung  kommen  drei  hauptpersonen  in  conflict.  Zuerst  der  abgewiesene 
freier  Roderigo ,  der  vom  vater  verworfen  ist  und  anscheinend  von  der  tochter 
nicht  beachtet  wurde.  Trotzdem  besteht  er  auf  seinen  Werbungen.  Das  grosse 
ziel  seines  lebens  ist,  ihre  band  zu  gewinnen,  und  er  ist  willig,  bedeutende  summen 
dafür  zu  opfern.  Durch  diese  schwäche  wird  er  ein  Spielzeug  vonjago's  intriguen, 
der  ihn  mit  hoffnungen  hinhält  und  aus  seiner  börse  nach  belieben  zieht. 

Der  zweite  feind  ist  Jago ,  dessen  hass  nicht  so  sehr  gegen  die  heirath  als 
gegen  die  person  Othello's  gerichtet  ist.  Daher  spielt  er  nur  eine  untergeordnete 
rolle  in  der  ersten  bewegung  des  drama's,  eine  um  so  wichtigere  freilich  in  der 
zweiten  coUision.  Es  ist  eine  der  ersten  pflichten  des  kritikers,  die  verschiedenen 
motive,  welche  Jago  leiten,  zu  entfalten  und  in  gehörige  Ordnung  und  klarheit  zu 
bringen.  In  seiner  Unterhaltung  mit  Roderigo  gibt  Jago  als  grund  seines  hasses 
an ,  dass  er  im  dienst  zurückgesetzt  sei ,  indem  ein  weniger  erfahrener  und  ver- 
dienter officier  ihm  von  Othello  vorgezogen  wäre.  Von  jetzt  an  will  er  für  sich 
selbst  sorgen,  da  niemand  anders  seine  ansprüche  beachtet.  Er  nimmt  sich  vor, 
alle  mittel,  die  er  in  der  gewalt  hat,  für  seine  zwecke  zu  gebrauchen.  Alles, 
ehrlichkeit,  treue,  moralität  soll  mit  füssen  getreten  werden,  wenn  es  ihm  im  wege 
steht.  —  Aber  um  sein  ziel  zu  erreichen,  braucht  er  Verstellung.  »Ich  bin  nicht, 
was  ich  bin!«  —  ist  seine  kurze  und  treffende  erklärung. 

Jago  behauptet  in  der  stärksten  weise  die  Oberherrschaft  der  vemunft.  Der 
mensch  kann  aus  seinem  körper  und  seinen  begierden  machen,  was  er  will.    Aber 


T.  Snider,    System  of  Shakespeare's  Dramas  -iße 

seine  Vernunft  erhebt  sich  nicht  über  subjective  Schlauheit.  Er  erkennt  die  be- 
deutung  keines  ethischen  princips  an.  Die  tugend  ist  nur  schein ,  liebe  nur  be- 
gierde,  der  ruf  eine  einbildung.  Schon  Roderigo  gegenüber  hat  er  sich  verstellt, 
indem  er  ihm  das  falsche  motiv  seines  hasses  gegen  Othello  angegeben.  Darin 
schon  handelt  er  in  Übereinstimmung  mit  seinen  grundsätzen.  Seine  worte  sind 
nur  für  Roderigo  bestimmt,  den  er  als  Werkzeug  zu  gebrauchen  wünscht,  und  dem 
er  deshalb  irgend  eine  erklärung  als  motiv  seiner  handlung  geben  muss.  Aber 
der  wahre  grund  vonjago's  hass  ist  in  seinem  ersten  und  auch  in  dem  folgenden 
Selbstgespräch  gegeben,  doch  nie  in  seinem  gespräch  mit  anderen.  Er  glaubt,  dass 
Othello  seine  frau  zur  untreue  verleitet  habe. 

AjThe  thought  thereof 

Does  like  a  poisonous  mineral  gnaw  my  inwards, 
And  nothing  can  or  shall  content  my  soul 
Till  I  be  evened  with  him« 

sagt  er  zu  sich  selbst,  den  er  sicherlich  keinen  grund  hatte  zu  täuschen.  Auch 
ist  es  nicht  mit  seiner  berechnenden  Schlauheit  vereinbar,  anzunehmen,  dass  er  sich 
irrte.  Dieses  motiv  ist  seiner  räche  angemessen,  ohne  dasselbe  wäre  Jago  ein 
unnatürlicher  charakter,  eine  monstrosität.  Snider  legt  auf  diesen  punkt  ein 
hauptgewicht.  —  Zwar  lässt  sich  nicht  mit  völliger  bestimmtheit  nachweisen,  dass 
Othello  wirklich  gethan,  was  Jago  von  ihm  vermuthet  —  wahrscheinlich  ist,  nach 
läge  der  dinge,  dass  sein  verdacht  gerechtfertigt  war,  wenngleich  der  dichter  keinen 
grund  haben  konnte,  in  irgend  welche  einzelheiten  einzugehen  —  zweifellos  ist, 
nach  Snider,  dass  hier  der  hauptantrieb  zu  Jago's  handeln  liegt.  Er  meint, 
man  begeht  einen  psychologischen  irrthum ,  wenn  man  die  Zurücksetzung  als  das 
hauptmotiv  seines  hasses  ansieht.  Jago  ist  nicht  der  mann,  einem  andern  die 
Wahrheit,  sich  die  lüge  zu  sagen.  Warum  hat  denn  Shakspeare  sich  des  Selbst- 
gesprächs bedient,  wenn  er  nicht  den  innerlichen  grund  seines  handelns  ausdrücken 
wollte,  den  er  anderen  nicht  mittheilen  konnte?  Dass  die  kränkung  seiner  mili- 
tärischen ehre  in  Jago's  herz  ein  feindseliges  gefühl  gegen  seinen  vorgesetzten  her- 
vorrief, Süll  nicht  geläugnet  werden ,  allein  Snider  glaubt  nicht ,  dass  jemand 
um  solcher  kränkung  willen  nicht  nur  den  vorgesetzten ,  sondern  auch  dessen  frau 
werde  tödten  wollen.  Etwas  schlimmeres  als  den  tod  über  einen  menschen  zu  ver- 
hängen, der  einen  untergebenen  nicht  avanciren  liess,  wäre  ganz  und  gar  nicht  im 
verhältniss  zu  der  beleidigung ;  aber  seine  frau  auch  mit  zu  vernichten ,  wäre  ge- 
radezu schaudererregend.  Dann  wäre  Jago  ein  ungeheuer,  ein  wildes  thier,  und 
brauchte  überhaupt  gar  keine  motive ,  selbst  die  Vernachlässigung  der  beförderung 
nicht,  um  irgend  einen  act  von  toller  grausamkeit  zu  begehen.  Aber  was  wird 
dann  aus  dem  werth  und  der  Schönheit  des  dramas?  —  Ausserdem  ist  es  Shake- 
speare's regel,  alle  seine  bedeutenderen  charactere  zu  motiviren.  Solch  ein  geschöpf 
wie  ein  reiner,  ungemischter  Schurke  (the  villain  pure  and  simple)  kommt  in  keinem 
seiner  werke  vor.  Das  zweite  motiv  ist  daher  das  wahre,  und  zugleich  ein  voll- 
kommen genügendes.  Jago's  famijie  ist  durch  Othello  zerstört,  deshalb  will  Jago 
die  familie  seines  feindes  wieder  zerstören.  Deshalb  ist  Desdemona  in  die  Ver- 
geltung eingeschlossen.  Er  vergilt  so  dem  mohren  gleiches  mit  gleichem.  Sein 
betragen  ist  logisch,  und  seine  räche  ist  nur  so  gross,  wie  die  empfangene  be- 
leidigung. 

Der  dritte  gegner  der  heirath  ist  der  vater.    Hier  haben  wir  den  wesentlichen 


366 


IJtteratur 


theil  der  ersten  bewegung :  den  conflict  der  familie ,  der  in  den  Staat  übertragen 
wird.  Durch  Jirabantio's  opiiosition  entsteht  die  collision,  welclie  Shakspeare  immer 
mit  besonderer  Vorliebe  behandelt ;  das  recht  der  wald  der  tochter  gegenül>er  dem 
willen  der  eitern. 

Man  hat  oft  geglaubt,  dass  das  tragische  geschick  Desdemona's  durch  ihren 
ungehorsam  motivirt  sei,  aVier  diese  auffassung  verträgt  keine  prüfung.  Shakespeare 
rechtfertigt  überall  das  recht  der  wähl',  wo  es  der  einzige  Streitpunkt  ist.  Darin 
ist  er  dem  modernen  rechtsgefühl  treu.  Es  kommt  der  frau  zu ,  iiiren  mann  zu 
wählen,  denn  sie,  und  nicht  ihr  vater ,  sollen  mit  ihm  die  einheit  der  empfindung 
bilden,  welche  die  basis  der  familie  sein  muss.  —  Doch  selbst  wenn  wir  einen 
grad  von  schuld  in  solchem  betragen  finden ,  so  ist  es  sicherlich  keine  tragische 
schuld,  welche  die  Zerstörung  des  individuums  rechtfertigt.  Shakspeare's  ethischer 
codex  i.st  ganz  entschieden  gegen  eine  solche  annähme ,  denn  er  vermittelt  diese 
conflicte  stets  durch  den  triumph  der  tochter. 

Der  fall  von  Romeo  und  Julia  kann  nicht  als  beweis  gelten,  denn  auch  er 
hat  einen  besonderen  grund  des  tragischen  geschicks.  Sicherlich  entspringt  Julia' s 
Schicksal  nicht   der  Opposition  gegen  die  vom  vater  bestimmte  heirath. 

Es  muss  also  ein  anderes  motiv  gefunden  werden,  und  der  dichter  hat  nicht 
versäumt  es  anzudeuten.  Es  liegt  in  der  thatsache ,  dass  zwischen  mann  und  frau 
die  Verschiedenheit  der  racen  existirt.  Eine  ethische  einheit  ist  unter  solchen  um- 
ständen unmöglich.  Der  abstand  ist  zu  weit,  wenigstens  in  dem  jetzigen  zustande 
der  menschheit.  Die  familie  ist  wie  alle  anderen  Institutionen  auf  Vorschriften  ge- 
gründet. Diese  Vorschriften  haben  für  die  ehe  gewisse  grenzen  festgestellt,  welche 
nicht  verletzt  werden  können,  ohne  das  ethische  gefühl  zu  verletzen.  Das  princip 
der  Vorschrift  ist  jedem  Zeitalter  und  allen  nationen  in  verschiedenem  grade  eigen. 
Alle  wahrhaft  moralischen  menschen  theilen  es ,  und  diejenigen ,  welche  es  über- 
treten, werden  als  verworfene  betrachtet.  Der  unterschied  des  ranges  zerstört  oft 
die  möglichkeit  einer  ethischen  einheit,  wenn  auch  die  betreffenden  von  derselben 
race  und  aus  demselben  lande  sind. 

Es  fehlt  nicht  an  einer  rationellen  basis  für  ein  so  starkes  gefühl.  Sie  be- 
steht darin,  dass,  wo  ein  so  grosser  unterschied  existirt,  die  einheit,  welche  von 
der  familie  verlangt  wird,  unmöglich  ist.  Beide  theile'wissen,  dass  sie  ein  ethisches 
Clement  der  ehe  verletzt  haben,  daher  kommt  der  dunkle  argwöhn,  dass  ein  anderes 
ethisches  element  der  ehe :  die  keuschheit ,  ebenso  leicht  verletzt  werden  könnte. 
Deshalb  wird  die  eifersucht ,  welche  Othello  rasend  macht ,  wol  selten  verfehlen, 
solcher  Verbindung  zu  entspringen ,  und  sie  zu  einer  quelle  von  bitterkeit  und 
elend  zu  machen. 

Desdemona  ist  eine  ehe  eingegangen ,  welche  für  die  familie  unmöglich  ist, 
deshalb  wird  sie  durch  dieselbe  vernichtet.  Das  wahrhaft  tragische  element  ihres 
characters  wird  nun  erklärlich.  Auf  der  einen  seite  ist  sie  die  reinste  und  un- 
schuldigste der  frauen.  Ihre  liebe  und  hingebung  sind  vollkommen.  Sie  ist  in 
ihrer  Stellung  als  frau  so  treu,  dass  viele  menschen  keine  rechlfertigung  für  ihr 
Schicksal  finden.  Aber  während  sie  im  höchsten  grade  dem  einen  ethischen  prin- 
cipe treu  ist,  verwirft  sie  das  andere  gänzlich.  Das  ganze  bereich  der  Vorschriften, 
welches  sich  auf  den  unterschied  der  racen  gründet,  verwirft  sie  und  heirathet 
einen  Afrikaner.  Während  sie  in  schönster  weise  der  familie  treu  ist,  ist  sie  dem 
gesetz  ,  worauf  die  familie  beruht ,  untreu.  Der  ehe  zu  liebe  verletzt  sie  die  be- 
dingung    der   ehe.     Das    tragische    pathos  liegt  deshalb  in  der  thatsache ,    dass  sie 


^  ; 


T.  Snider,  System  of  Shakespeare' s  Dramas  207 

den  mann  heirathet,  den  sie  liebt,  was  ihr  recht  ist,  und  doch  dabei  sich  in  schuld 
bringt.  Die  collision  mit  ihrem  vater  ist  zulässig ,  die  mit  ihrer  race  nicht ;  das 
heisst,  die  eine  ist  nicht  tragisch ,  das  andere  ist  es.  Wenn  Othello  kein  mohr 
wäre,  so  würde  kein  motiv  für  Desdemona's  geschick  da  sein,  und  umgekehrt, 
wenn  sie  kein  unrecht  durch  ihre  verheirathung  beginge,  so  wäre  es  schwer  zu 
sagen,  weshalb  der  dichter  sich  die  unnöthige  mühe  gemacht  haben  sollte,  Othello 
zu  einem  mohren  zu  machen. 

Eine  richtige  beurtheilung  dieses  gegenständes  ist  nicht  ohne  Schwierigkeiten 
in  unserer  zeit.  Dergleichen  ansichten  werden  leicht  als  vorurtheile  behandelt. 
Aber  es  scheint  keinem  zweifei  zu  unterliegen  ,  das  Shakespeare  die  race  als  ein 
ethisches  dement  der  ehe  auffasst,  und  sie  der  keuschheit  an  die  seite  setzt.  Auch 
unterscheidet  er  sich  darin  nicht  sehr  von  der  grossen  majorität  der  jetzigen  mensch- 
heit.  Der  philanthrop  müsste  noch  gefunden  werden,  der  willig  wäre,  seine  tochter 
einen  Afrikaner  heirathen  zu  lassen.  Seine  abneigung  entspringt  nicht  nothwendiger 
weise  aus  vorurtheil ,  sondern  aus  der  Überzeugung ,  dass  eine  solche  Verbindung 
unethisch  ist.     Das  leben  des  paares  -würde  eine  fortwährende  tragödie  sein. 

Die  zweite  bewegung  zeigt  den  inneren  conflict  in  der  familie ;  einen  conflict, 
der  alle  theilnehmer  vernichtet.  Die  scene  ist  nach  Cypern  verlegt,  und  Othello 
ist  der  erste  machthaber  der  insel.  Der  Zwiespalt  mit  der  äusseren  weit  ist  ge- 
schlichtet; der  innere  Zwiespalt  entwickelt  sich.  Jetzt  wird  Jago  zur  hauptfigur. 
Sein  zweck  ist,  das  paar  zu  trennen.  Er  hält  Roderigo,  Cassio  und  Emilie  mit 
einer  band,  Othello  und  Desdemona  mit  der  anderen.  Das  complot,  um  die  ehe 
des  mohren  zu  zerstören,    wird  durch  alle  Stadien  der  intrigue  verfolgt. 

Jago's  methode  ist,  bei  Othello  die  wildeste  eifersucht  zu  entflammen.  Aber 
der  mohr  ist  von  einem  edlen  offenen  character,  nicht  misstrauisch  oder  zur  eifer- 
sucht geneigt.  Das  problem  ist  jetzt  zu  zeigen ,  wie  ein  mensch  ohne  anläge  zur 
eifersucht ,  doch  zur  tödtlichsten  eifersucht  gebracht  werden  kann.  Ohne  ein  er- 
klärendes motiv  würde  Othello's  character  ein   Widerspruch  sein. 

Hier  zeigt  sich  die  ganze  berechnende  Schlauheit  Jago's,  und  in  ihm  haben 
wir  zugleich  eine  der  meisterhaftesten  psychologischen  characterzeichnungen  des 
dichters.  Jago  kennt  den  einen  punkt  in  Othello's  character,  der"  dem  misstraueii 
offen  ist,  und  er  baut  seine  plane  darauf.  Von  dem  halbangedeuteten  verdacht, 
der  schlauen,  scheinbar  beruhigenden  warnung  :  »Othello  beware  of  jealousy«,  welche 
die  eifersucht  anregen  muss,  bis  zum  höhepunkt  ist  alles  scharf  berechnet.  Othello's 
vertrauen  ist  zerstört,  sein  argwöhn  rege  gemacht,  und  bis  zu  dem  punkt  der  an- 
klage ,  hat  sich  sein  offner ,  vertrauender  character  in  einen  zustand  von  wahn- 
sinnigem argwöhn  und  blinder,  eifersüchtiger  wuth  bringen  lassen,  für  den  es 
keinen  andern  ausgang  gibt,  als  durch  den  tod  Desdemona's  die  beleidigte  ehre 
zu  rächen.  Ohne  die  Voraussetzung  der  eigenen  schuld  wäre  diese  Wandlung  un- 
denkbar. Die  böse  that  sinkt  tief  in  das  bewusstsein  des  thäters,  und  färbt  sein 
ganzes  späteres  leben.  Ungesehen  und  ungeahnt  von  der  weit  prägt  sie  sich  der 
eigenen  seele  ein,  und  bahnt  so  den  weg  für  die  Vergeltung  an.  Eine  solche 
characterdarstellung  wiegt  die  moralpredigten  eines  ganzen  Zeitalters  auf.  Sie  ist 
es ,  die  den  Othello  zu  einem  der  bedeutendsten  von  allen  Shakespeare' sehen 
dramen  macht. 

Die  dritte  bewegung  des  Stückes ,  die  Vergeltung,  folgt.  Die  tragische  Vor- 
bereitung der  früheren  theile  ist  jetzt  zum  abschluss  geführt.  Roderigo  greift 
Cassio    an,    aber  wird    von   Jago    getödtet.     Es    ist    seine    gerechte  strafe,    denn  er 


368  Litteratur 

beabsichtigte  Verführung  und  mord.  Othello  hat  Desdemona  getödtet.  Eifersucht 
und  verletztes  chrgefühl  haben  ihr  werk  vollbracht.  Jage  wird  entlarvt.  Seine 
bösen  plane  werden  von  Emilie  biosgelegt.  Jago  versucht  sie  zum  schweigen  zu 
bringen,  und  da  er  das  nicht  kann,  erdolcht  er  sie.  Othello  sieht  die  Wahrheit 
plötzlich  aufleuchten.  Er  selbst  will  jetzt  nicht  länger  leben.  Sein  versuch,  Jago 
zu  tödten,  misslingt.  Der  letztere  hat  grösseresj^unrecht  vom  mohren  gelitten,  als 
er  ihm  zugefügt,  deshalb  kann   er  von  ihm  seine  strafe  nicht  empfangen. 

Indem  Snider  den  gesammtinhalt  des  Stückes  zusammenfasst ,  fmdet  er, 
dass  diese  tragödic  sich  hau]jtsächlich  mit  einer  bezielning  der  familie,  —  der 
von  mann  und  frau  —  obgleich  der  vater  Desdemona's  auf  kurze  zeit  erscheint, 
beschäftigt.  Es  zeigt  drei  paare,  die  alle  drei  in  regelmässiger  abstufung  negative 
»phasen«  —  wie  er  es  nennt  —  der  ehe  darstellen.  Zuerst  Othello  und  Desde- 
mona, deren  Verbindung  sich  auf  liebe  und  treue  gründet,  die  aber  doch  der  noth- 
wendigen  bedingung  der  familie  widerspricht.  Deshalb  wird  ihr  bund  zerrissen 
und  beide  sterben.  Das  zweite  paar  ist  Jago  und  Emilie,  welche  verheiralhet  sind, 
aber  keine  gefühlsgleichheit  als  basis  ihrer  ehe  haben.  Beiden  fehlt  es  an  liebe 
und  wahrscheinlich  auch  an  treue.  Auch  sie  werden  vernichtet.  Das  dritte  paar 
ist  Cassio  und  Bianca,  die  nicht  verheirathet  sind,  aber  doch  die  beziehungen  der 
beiden  geschlechter  in  feindschaft  gegen  die  existenz  der  familie  zeigen.  Beide 
bleiben  am  leben.  Der  dichter  scheint  andeuten  zu  wollen,  dass  sie  keine  tragische 
Verletzung  einer  Institution  begangen  haben ,  in  die  sie  gar  nicht  eingetreten  sind. 
Daneben  laufen  mehrere  verschlingungen  dieser  personen ,  welche  andere  negative 
»phasen«  der  ehe  zeigen,  wie  die  beziehungen  zwischen  Othello  und  Emilie,  und 
die  eigenthümliche  Stellung  Roderigo's  und  Desdemona's.  Im  allgemeinen  ist  das 
eheliche  band  der  familie  geschildert,  und  das  drama  kann  deshalb  die  tragödie 
von  mann  und  frau  genannt  werden. 

Diese  bemerkungen  mögen  genügen ,  um  dem  deutschen  leser  einen  begriff 
von  dem  Snider' sehen  buch  zu  geben.  Auf  den  ersten  blick  wird  ihm  manches  darin 
auffallen:  vielleicht  flösst  ihm  schon  der  titel  »System  des  Shakespeare'schen 
drama's«  bedenken  ein.  Denn,  lässt  sich  der  genius  m  ein  System  zwingen,  oder 
hat  er  nach  einem  solchen  gearbeitet  ?  Indessen  kann  erwiedert  werden  ,  dass  bei 
der  Universalität  des  Shakespeare'schen  geistes  manchem  auch  wieder  eine  orien- 
tirung  in  bezog  auf  die  verschiedenen  gebiete,  die  er  berührt,  willkommen  sein 
mag.     Eine  solche  ist  in  unzweifelhaft  verständiger  weise  von   Snider  gegeben. 

Hervorzuheben  ist ,  dass  durch  die  scharfe  beleuchtung ,  in  die  der  Verfasser 
die  einzelnen  stücke  stellt,  die  übersichtliche  gruppirung  sowol  der  handlung  wie 
der  personen,  namentlich  aber  durch  die  enge  Verknüpfung  der  motive 
der  hauptpersonen  mit  der  handlung  manche  stücke  (vornehmlich  Othello, 
aber  auch  andere,  man  vergleiche  Macbeth)  ein  neues  Interesse  gewinnen. 

Mit  der  klarheit  und  Übersichtlichkeit  des  Inhalts  geht  hand  in  hand  eine 
sehr  klare  und  durchsichtige  darstellung,  welche  überall  den  geschulten  denker 
und  einen  philosophisch  wie  ästhetisch  gebildeten  geist  verräth.  Die  nachlässige 
Schreibweise,  deren  sich  einzelne  unserer  Schriftsteller  auf  diesem  gebiet  bedienen, 
findet  sich  in  dem  buch  des  Amerikaners  nirgends :  sein  stil  zeigt  überall,  dass  er 
von  dem  ernst  und  der  würde  seines  gegenständes  erfüllt  ist.  Auch  die  art  von 
polemik,  wie  sie  gerade  in  bezug  auf  Shakespeare  von  manchen  deutschen  kritikem 
betrieben  wird ,  liegt  ihm  fem.  Nirgends  jenes  mitleidige  achselzucken  über  den 
unverständigen  dilettantismus  oder  über  die   »sog.    kritik«    u.    dgl.:    Snider  spricht 


W.  Wagner,  The  Works  of  William  Shakspere  -?6q 

seine  meinung  aus  in  klarer  verständiger  spräche,  die  sich  offenbar  an  das  gebildete 
publikum  im  allgemeinen  richtet  und  überlässt  diesem  publikum  seine  meinung  zu 
theilen  oder  zu  verwerfen. 

So  können  wir  denn  mit  gutem  gewissen  dieses  buch  der  aufmerksamkeit  der 
Shakespearefreunde  empfehlen,  indem  wir  es  zugleich  als  ein  erfreuliches  zeichen 
begrüssen,  dass  auch  in  dem  vielgeschmähten  dollarlande  der  sinn  für  poesie 
und  die  ideale  des  lebens  mehr  und  mehr  boden  gewinnen  und  sich  be- 
festigen wird. 

Wiesbaden,  april  1879.  C.  Blasius. 


The  Works  of  William  Shakspere.  Edited,  with  a  prefatory  memoir,  critical 
notes,  and  introductory  notices,  by  W.  Wagner,  Ph.  D.  Part.  i.  Hamburg. 
Karl  Grädener.     1879. 

Von  dieser ,  in  der  form  der  Asher' sehen  CoUection  of  English  authors  ge- 
druckten, neuen  ausgäbe  Shakespeare's  liegen  uns  »The  Tempest«  vollständig,  die 
»Two  Gentlemen  of  Verona«  bis  fast  zum  ende  des  zweiten  actes  vor ;  das  ver- 
sprochene »prefatory  memoir«  fehlt  noch.  So  weit  sich  bis  jetzt  urtheilen  lässt, 
hält  der  rühmlich  bekannte  herausgeber  alles ,  was  der  verlagsbuchhändler  an- 
kündigt, er  liefert  einen  sorgfältig  nach  den  ältesten  und  besten  quellen  her- 
gestellten text,  mit  vollständiger  angäbe  der  lesarten  der  ersten  folio-ausgabe,  einer 
auswahl  der  von  früheren  herausgebern  gemachten  conjecturen  und  bringt  auch 
mehrere  selbstständige  Verbesserungen.  Die  beiden  einleitungen  orientiren  über 
Chronologie  und  quellen  und  geben  die  resultate  der  neuesten  forschungen.  Was 
den  Vorwurf  betrifft,  Shakespeare  lasse  in  den  »Two  Gentlemen«  den  Proteus  zum 
kaiser  gehen  und  dann  beim  herzog  von  Mailand  auftreten ,  so  schiebt  professor 
Wagner  die  schuld  auf  die  ersten  editoren,  »who  joined  two  different  versions  of 
one  and  the  same  play  without  paying  any  attention  to  the  inconvenience  thus 
created.«  Aber  Steevens  und  Mason  haben  darauf  aufmerksam  gemacht,  dass  gar 
kein  versehen  stattfinde ,  da  sowol  deutsche  kaiser  gelegentlich  in  Mailand  resi- 
dirten,  als  auch  während  ihres  aufenthaltes  in  dieser  stadt  noch  herzöge  von  Mai- 
land vorhanden  waren.  —  »Titus  Andronicus«  und  »Pericles«  stehen  schon  in  der 
1833  ini  Verlage  von  Ernst  Fleischer  in  Leipzig  erschienenen  Shakespeare-ausgabe ; 
die  hier  besprochene  wird  neben  diesen  beiden  als  unecht  angefochtenen  stücken 
auch  noch  »Edward  III«  und   »The  two  noble  kinsmen«   enthalten. 

Dresden,  O.  S.  Seemann. 


Karl  Elze:  Eine  aufführung  im  globus- theater.  Vortrag  bei  der  14.  Jahres- 
versammlung der  deutschen  Shakespeare -gesellschaft  zu  Weimar  am  24.  april 
1878.     Weimar.     Verlag  von  AI.   Iluschke.      187S. 

Gewiss  haben  die  zuhörer  dem  kenntnissreiclien  vortragenden  lauten  beifall 
gespendet,  und  die  leser  werden  ihm  gleichfalls  dank  wissen  für  seine  lebhafte 
Schilderung  der  theaterverhältnisse  Londons  im  anfang  des  17.  Jahrhunderts,  so 
wie  für  die  menge  der  sonstigen  interessanten  notizen  über  persönlichkeiten  und 
zustände  jener  zeit.  Auch  die  form,  in  welcher  er  so  viel  wisscnswerthes  anmuthig 
Kölbing,  Englische  Studien.    III.  3.  24 


T  ^  o  Litteratur 

vorbringt,  das  gespräch  zwischen  dem  augsburger  goldschmied ,  der  behäbigen 
bürgersfrau  aus  der  city  und  dem  kaufmannslehrling ,  verdient  anerkennung,  nur 
der  ort  der  Unterhaltung  ist  möglichst  unpassend  gewählt;  die  drei  plaudernden 
benutzen  eine  Vorstellung  des  Hamlet,  um  während  derselben  einander  ihre  erleb- 
uisse  und  bemerkungen  mitzutheilen.  Wir  freilicli  erfahren  dadurch  gar  manches 
und  amüsiren  uns  vortrefflich,  aber  sollen  wir  glauben,  dass  die  nachbarschaft  ge- 
duldig ertrug,  was  für  sie  doch  nur  störendes  geschwätz  sein  konnte? 

Dresden.  O.  S.  Seemann. 


E.  Hermann:  Die  bedeutung  des  Sommernachtstraums  für  die  Shakespeare- 
biographie und  die  geschichte  des  englischen  dramas.  Zugleich  die  zweite  voll- 
ständig umgearbeitete  aufläge  der  Studie  über  Shakespeare's  Midsummer-night's 
Dream.  Erlangen,  verlag  von  Deichert.  London,  Fr.  Thimm.  Newyork, 
Westermann  &  Comp.  1877. 
Derselbe:  Shakespeare  der  kämpfer.  Die  polemischen  hauptbeziehungen  des 
Midsummer- Night' s  Dream  und  Tempest  urkundlich  nachgewiesen  v.  E.  Her- 
mann. Abth.  I.  Shakespeare  wider  John  Lyly.  Abth.  II.  Shakespeare  wider 
Ben  Jonson  (Tempest  und  Volpone).  Shakespeare  und  Spenser  (Willy  und 
Aetion).  Abth.  III.  Skakespeare  wider  Greene,  Marlowe  und  Nash.  Abth.  IV. 
Die  abfassungszeit  des  Sommernachtstraums.  Erlangen ,  verlag  von  Deichert. 
London,   Fr.  Thimm.     Newyork,  Westermann  &  Comp.    1879. 

Wenn  »Grammatici  certant  et  adhuc  sub  judice  lis  est«  ,  so  bleibt  es  dabei, 
auf  endgiltige  entscheidung  muss  man  verzichten.  Hat  einer  die  Streitfrage 
.'durchaus  studirt,  mit  heissem  bemühn«,  so  ist  er  partei  geworden,  darf  also  nicht 
richten,  und  redet  er  als  laie,  so  fehlt  ihm  die  corapetenz.  Können  die  sach- 
verständigen sich  nicht  verständigen,  dann  gibt  es  überhaupt  keine  Verständigung, 
das  ist  das  endergebniss  unserer  lectüre  des  ersten  der  oben  genannten  bücher. 
Der  Verfasser  behauptet  (p.  2)  »Shakespeare's  drama,  welches  den  titel  »A  Mid- 
summer-Night' s  Dream  führt,  ist  eine  allegorische  dichtung» ,  und  diese  ansieht 
sucht  er  bis  in  die  geringfügigsten  kleinigkeiten  durchzuführen.  Die  tendenz  des 
Sommemachtstraums  (p.  23)  »ist  gegen  die  demoralisirenden  und  erschlaffenden 
eindrücke  der  ausschreitungen  einer  grob  sinnlich  erregten,  namentlich  aber  sexuell 
überreizten  phantasie  gerichtet.«  (p.  156)  »So  behaupte  ich  denn  mit  bestimmt- 
heit:  der  Sommernachtstraum  ist  wirklich  jene  die  reform  der  englischen  bühne 
behandelnde  dichtung;  und  ich  behaupte  ferner,  Shakespeare  hat  das  auch 
klar  und  deutlich  ausgesprochen  ...»  Er  zählt  das  stück  zu  den  sogenannten 
masken-dramen ,  welche  bekanntlich  um  kunstregeln  und  Wahrscheinlichkeit  sich 
nicht  zu  kümmern  brauchten,  und  sagt  (p.  173)  »dass  es  dem  dichter  erst  möglich 
gewesen  sein  kann,  unsere  maske,  welche  zum  grossen  theile  eine  komische  parodie 
seiner  eigenen  tragödie  ist,  zu  dichten,  nachdem  er  sich  jähre  lang  in  der  ein- 
gehendsten weise  mit  seinem  Stoffe  beschäftigt  hatte,  und  dadurch  dessen  absoluter 
herr  geworden  war.«  Er  sieht  in  der  Titania  (p.  52)  »die  geburtshelferin  der 
dichterischen  phantasiegestalten,  die  königin  dieser  traumweit  der  phantasie;  man 
mag  sie  kurzweg  den  genius  der  dichterischen  phantasie  nennen.«  Ihm  gilt 
Oberon    als    (p.    56)     »die    durch    reflexion    zu    den    gesetzmässigen   bedingungen 


E.  Hennann,  Die  bedeutung  des  Sommemachtstraums  etc.  ^71 

unseres  daseins  zurückgelangende  Vernunft,  die  geistige  natürlichkeit  selbst. <r 
Er  erklärt  (p.  56)  »Mein  Standpunkt  ist  kurz  folgender:  elfenkönig  Oberen  und 
elfenkönigin  Titania  sind  zusammen  die  Vertreter  der  poesie  in  abstracto ,  wie 
Theseus  und  Hippolyta  die  Vertreter  der  poesie  in  concreto  d.  h.  der  englischen, 
strenger  noch  der  Shakespeare'schen  poesie.  Denn  Theseus  ist  der  dichter 
selbst  und  Hippolyta  seine  geschulte ,  geläuterte  phantasie ,  etwa  in  derselben 
weise,  wie  Titania  und  Oberon  sich  als  genien  der  poesie,  d.  h.  der  härm o nie, 
des  ordnenden,  wesentlich  kritischen  geistes,  und  der  phantasie 
gegenüberstehen  und  ergänzen.  Den  ersteren  theil  beider  Seelenfunktionen  fasst 
Shakespeare  als  den  männlichen  theil  des  dichtergeistes  auf  und  personificirt  ihn 
in  Oberon.  Die  phantasie  dagegen  erscheint  ihm  als  weib ,  das  der  herrschaft 
und  befruchtung  durch  jene  erstere  hälfte  bedarf;  sie  wird  daher  durch  Titania 
vertreten.« 

'  Herr  Hermann ,  der  seine  collegen,  die  Shakespeare-forscher,  fast  immer  sehr 
derbe  anfasst,  schont  sich  selbst  nicht  im  geringsten.  Er  schreibt  (p.  92);  »In 
der  ersten  aufläge  meiner  Studien  habe  ich  nachzuweisen  gesucht ,  dass  Robin  der 
geist  der  satire  sei.  Ich  muss  ehrlich  gestehen,  dass  ein  verkümmerterer  gedanke 
sich  kaum  je  in  meinen  schädel  geschlichen  hat.  Gerade  das  reflectirende  element 
des  Satirikers  hat  Shakespeare  nicht  weniger  von  Robin  Good-fellow  fern  gehalten, 
wie  die  volksage;  beide  behandeln  ihn  als  kind,  als  muthwillig  schalkhaftes  und 
echt  kindisch  täppisches  kind-.  .  .  .  Ich  nehme  daher  hiermit  meine  erste  deutung 
Robins  reumüthig  zurück  und  begnüge  mich  fortan  in  ihm  den  repräsentanten  des 
neckischen  zufalls  in  kindesgestalt  zu  sehen«.  In  ähnlicher  weise  rectificirt  er  sich 
häufig ,  man  darf  also  dem  autor  seine  rauhe  manier  nicht  gerade  schlimm  aus- 
legen;  wie  unangenehm  sie  auch  berührt,  ihm  schadet  sie  am  meisten.  Wie  aber 
steht's  mit  der  neuen  deutung  ?  Wird  er  sich  nicht  entschliessen  müssen  eine 
dritte  zu  suchen,  die  besser  passt?  Denn  für  Oberon,  den  »ordnenden,  wesentlich 
kritischen  geist«  schickt  es  sich  durchaus  nicht,  einem  »täppischen  kinde«  ,  dem 
»neckischen  zufall«  ,  die  ausführung  seiner  befehle  anzuvertrauen.  Shakespeare, 
der  »sich  jähre  lang  in  der  eingehendsten  weise  mit  seinem  stoffe  beschäftigt 
hatte«,  war  nicht  der  mann,  der  solche  fehler  beging..  Entweder  ist  Oberon  nicht 
der  wesentlich  kritische  geist  oder  Puck  nicht  der  neckische  zufall. 

In  Theseus  erblickt  der  Verfasser  (p.  97)  »die  irdische  Verkörperung  des 
vernunftgemässen  gebrauches  der  dichterischen  phantasie« ,  Theseus  ist  ihm  »der 
dichterfürst«  ,  und  bei  Hippolyta  glaubt  er  die  deutung  wagen  zu  dürfen  (p.  9S) 
»in  dem  weibe,  was  (?)  dem  zeugenden  dichterfürsten  liebend  zur  seite  steht,  seine 
kunstrichtung ,  d.  h.  sein  kunstideal  verkörpert  zu  sehen«.  Schritt  vor  schritt 
angelt  herr  Hermann  nach  allegorien  und  findet  (p.  102)  »die  Ortsbestimmung  in 
a  wood  of  Crete  besagt  also  einfach :  auf  einem  englischen  tiieater«.  Erstaunt 
würde  man  fragen,  wie  ist  dergleichen  möglich?  hätte  man  nicht  auf  der  vorher- 
gehenden Seite  schon  gelesen:  »Es  lässt  sich  keinen  augenblick  daran  zweifeln, 
dass  er  (Shakespeare)  die  bedeutung  des  namens  Kreta  =  Candia  sehr  wol  kannte, 
und  Kreta  hier  für  das  häufig  von  ihm  gebrauchte  Albion  gesetzt  hat.  Das 
»Gehölz«  (wood)  stellt  in  seiner  allegorie  die  bühne  dar;«  .  .  .  Tappt  man  einmal 
auf  einem  dunkeln  irrweg,  dann  kommt  man  leicht  zu  wunderlichen  gesiebten. 
Als  erläuterung  der  worte  des  Theseus,  act.  IV,  scene  I:  »My  hounds  are  bred 
out  of  the  spartan  kind«  heisst  es  (p,  103)  »Gehen  wir,  wie  wir  zweifellos 
müssen ,    bei  dem  verständniss  dieser  gleichnissrede  von  dem  vergleiche  aus ,    dass 

24* 


,  «  2  Litteratur 

Oberon  des  Theseus  förster  ist,  so  gewinnen  wir  von  selbst  die  Vorstellung,  dass 
unter  Thesetls'  hunden  dessen  gedanken  und  Vorstellungen  zu  verstehen  sind  ,  mit 
denen  er  im  Wildparke  der  dichtkunst  jagt.  Was  aber  sagt  Theseus  von  diesen 
jagenden  gedanken  ?    iVur  einige  punkte  seien  hervorgehoben :  er  rümt  von  ihnen  • 

their  heads  are  hung 
With  ears  that  sweep  away  the  moming-dew. 

Wie  Oberon  sich  an  der  fröhlichen  morgensonne  erfreut,  so  rühmt  der  dichterfürst 
Theseus  von  sich ,  dass  seine  gedanken  vom  frischen  morgenthau  gestärkt  und 
gelabt  werden;  .  .  .  Theseus  rühmt  aber  ferner  von  seinen  spürenden  gedanken, 
sie  seien  slow  in  purfuit,  vorsichtig  und  bedächtig  auf  ihrer  suche,  um  nicht  von 
der  rechten  fährte ,  vom  rechten  ziele  abzukommen ,  sondern  mit  den  zugleich 
zweckmässigsten  und  schönsten  mittein  das  wahrhaft  dichterische  zu  schaffen;« 
u.  s.  w.  In  solch  dürre  steppen  kann  ein  verständiger,  kunstsinniger  mann  sich 
verlaufen,  wenn  der  böse  geist  der  deutelei  sich  seiner  bemächtigt ! 

Wollte  man  herm  Hermann  die  bodenlosigkeit  seines  Standpunktes  klar 
machen,  so  würde  man  ein  buch  schreiben  müssen,  und  überzeugen  würde  man 
ihn  doch  nicht,  denn  er  glaubt,  und  der  echte  glaube  ist  unerschütterlich 
und  gründefest;  wir  begnügen  uns  mit  zwei  nicht  allzu  langen  bemerkungen. 
Nach  Seite  225  soll  »das  hauptthema  unserer  maske  nicht  sowol  die  feier  der  an- 
kunft  eines  bühnenrefomiators,  sondern  die  heilung  der  Titania  sein«.  Betrachten 
wir  diesen  Vorgang.  Die  ganz  gesunde  elfenkönigin  —  angeblich  die  phantasie  — 
liegt  im  streit  mit  ihrem  galten ,  —  angeblich  dem  kritischen  geist  —  dem  sie 
ein  kind  nicht  ausliefern  will ,  das  sie  einer  verstorbenen  freundin  zu  liebe 
erzieht.  Sie  ist  in  vollem  recht ,  er  im  unrecht ,  aber  er  ist  der  stärkere ,  macht 
sie  absichtlich  geisteskrank,  zwingt  sie  auf  diese  höchst  unedle  manier  zur  nach- 
giebigkeit  und  versetzt  sie  dann  wieder  in  ihren  früheren,  gesunden  zustand  zu- 
rück. Selbstverständlich  bedient  er  sich  bei  beiden  thaten  der  Zauberkunst,  und 
schwerlich  geht  es  mit  rechten  dingen  zu,  wenn  jemand  in  diesen  scenen,  wie 
anmuthig  sie  auch  sind,  den  kern  des  ganzen  sieht.  Und  noch  ein  zweites.  Hätte 
der  Verfasser  recht,  wie  unzweckmässig  verfuhr  dann  Shakespeare,  als  er  ein  stück 
schrieb ,  das  alle  weit  falsch  und  nur  herr  Hermann  richtig  versteht.  Er  selbst 
macht  sich  den  einwand  (p.  206):  »Wie  war  es  möglich,  dass  das  englische 
theaterpublicum  sich  durch  ein  so  complicirtes  gewebe  feinster  Symbolik,  wie  das- 
jenige des  Sommernachtstraums  nach  meiner  auffassung  ist ,  hindurch  finden 
konnte,  so  dass  es  den  dichter  verstand?«  Uns  dünkt  die  antwort,  welche  er 
auf  diese  wichtige  frage  ertheilt,  sehr  ungenügend.  Aus  gründen,  die  er  für  un- 
zweifelhaft erklärt,  nimmt  er  an,  dass  das  stück  zur  einweihung  des  Globus- 
theaters gedichtet  sein  muss ,  »der  festival  summerday,  der  hier  gefeiert  wird,  ist 
nicht  der  wirkliche  Johannistag,  sondern  die  Inauguration  des  Globe«.  Die  sache 
scheint  uns  durchaus  nicht  zweifellos  gewiss ,  aber  vielleicht  hat  er  recht.  Was 
würde  daraus  folgen?  Er  sagt  (p.  239):  »Nun  stelle  man  sich  aber  die  erste 
aufführung  des  Sommemachtstraums  unter  solchen  Verhältnissen  vor,  wie  ich  sie 
so  eben  als  möglich  (!)  geschildert  habe,  und  man  vsärd  zugestehen  müssen,  dass 
alsdann  die  Symbolik  und  allegorik  des  Stückes  sofort  eine  so  deutliche  spräche 
reden,  dass  der  zuschauer  unfehlbar  die  tendenz  des  dichters  in  der  hauptsache 
erkennen  musste.  Das  erste  auftreten  Bottoms  mit  seinen  genossen,  die  namen 
dieser  künstlerheroen  an  sich  schon,  mussten  ihm  sagen,  in  welche  Sphäre  er  versetzt 


E.  Hermann,  Die  bedeutung  des  Sommernachtstraums  etc.  7-j  x 

war.  Damit  war  aber  auch  der  Schlüssel  zum  verständniss  der  Titania  gegeben, 
und  wer  diesen  hat,  für  den  ist  das  ganze  kein  geheimniss  mehr«.  Unserer  an- 
sieht nach  ist  Titania  auch  ohne  Bottom  ganz  verständlich  und  man  kann  sie  ver- 
stehen, ohne  in  ihr  die  symbolisirte  phantasie  zu  erblicken,  die  erst  krank  gemacht 
werden  muss,  um  dann  geheilt  zu  werden.  Unser  autor  fährt  fort:  »Dass  alle 
details,  namentlich  die  feinen  satirischen  anspielungen  sofort  gleich  allgemein  ge- 
fasst  sein  sollten,  ist  undenkbar;  sehr  unwahrscheinlich  ist  mir  aber  auch,  dass 
bei  diesen  ein  allgemeines  verständniss  beabsichtigt  ist;  die  detailarbeit  ist  für 
die  einzelnen  wissenden  und  kenner,  nicht  für  das  publicum  im  grossen  ganzen 
berechnet.  Das  grosse  publicum  soll  nur  durch  die  grossen  reformatorischen 
ideen  in  ihrer  ganzheit  gepackt  und  fortgerissen  werden.  Und  diese  möglich- 
keit  war  dem  dichter  allerdings  dadurch  geboten,  dass  er  das  glück  hatte,  an  die 
eröffnung  des  Globe  anknüpfen  zu  können.  Ohne  jenen  grossartigen  historischen 
Zusammenhang  aber  verliert  der  Sommernachtstraum  sein  Interesse ,  wie  auch 
Troilus  und  Cressida]  nur  aus  seinem  zeitgeschichtlichen  zusammenhange  heraus 
verstanden,  empfunden  und  gewürdigt  werden  kann.<t  Wir  entgegnen:  bestand 
das  grosse  publicum  des  Globe  aus  dem  s.  212  geschilderten  rohen,  brutalen 
mob ,  so  war  es  absolut  unfähig,  »die  grossen  reformatorischen  ideen«  auch  nur 
zu  ahnen,  und  bestand  es,  wie  wir  annehmen,  der  mehrheit  nach  aus  gebildeten 
dementen,  so  bedurfte  es  der  grossen  reformatorischen  ideen  gar  nicht,  um  die 
Zuschauer  zu  fesseln,  wie  wir  heute  noch  gefesselt  werden,  wir,  die  von  jenen 
ideen  nicht  das  mindeste  bemerken.  Der  Sommernachtstraum  erhält,  wie  der  Ver- 
fasser (p.  10)  unbefangen  eingesteht,  »unsere  phantasie  in  ununterbrochener  thä- 
tigkeit«  ,  und  der  hohe  werth  des  Stückes  beruht  eben  darauf,  dass  es  gebildete 
menschen  fortwährend  in  anregendster  weise  unterhält.  Wie  Beethoven  den  ersten 
satz  seiner  C-moll  Symphonie  aus  einem  höchst  einfachen  thema  herausgesponnen, 
so  Shakespeare  den  Sommernachtstraum  aus  dem  trivialen  satze:  Liebe  macht 
blind.  Er  hat ,  ohne  an  sie  zu  denken  ,  seinen  commentatoren ,  forschem ,  aus- 
und  hineinlegern  wacker  zu  thun  gegeben,  und  sie  arbeiten  munter  und  unver- 
drossen. Fände  der  meister  die  nöthige  müsse  um  sich  mit  ihnen  zu  beschäftigen, 
wie   Theseus  würde  er  gar  manchem  sagen : 

I  will  hear  that  play ; 

For  never  any  thing  can  be  amiss, 

When  simpleness  and  duty  tender  it. 


Our  sport  shall  be,   to  take  what   they  mistake : 

And  what  poor  duty  cannot  do. 

Noble  respect  takes  it  in  might,  not  merit. 


Mühsame  und  umfassende  arbeiten  hat  das  oben  als  zweites  genannte  werk 
offenbar  gekostet ,  nur  erquickt  es  ebenso  wenig  als  das  erste.  Es  zeigt  dieselbe 
rückhaltslose  Offenheit  im  eingeständniss  der  zahlreichen  irrthümer  des  autors, 
aber  auch  dieselbe  Schroffheit  im  aburtheilen,  dieselbe  geringschätzung  anders 
denkender,  dieselbe  Voreingenommenheit  für  seine  absonderliche  auffassung.  Nach 
kräften  hat  herr  Hermann  die  Übersichtlichkeit  erschwert.  In  der  über  vierzig 
Seiten  langen  einleitung  redet  er  (p.  30,  34,  36,  37)  von  einer  menge  von  ab- 
handlungen ,    die    er    vorlegen   wird ,    aber  ein  einfaches    inhaltsverzeichniss ,    wie 


374 


Litteralur 


andere  Schriftsteller  es  ihren  werken  beifügen,  fehlt  leider.  Er  erblickt  fort- 
während Intentionen  des  dichters,  Fingerzeige  und  beziehungen ,  wo  kein  anderer 
sterblicher  sie  wahrnimmt,  er  ist,  wie  er  (p.  9)  zugesteht,  *der  einzige  von  allen 
Shakespeare -commentatoren,  der  im  Sommemachtstraum  einen  wesentlich  theo- 
retisch-ästhetischen inhalt  findet«.  Alle  achtung  vor  dem  muth,  mit  welchem  er 
seine  Überzeugung  vertritt.  Bekehrt  er  die  weit,  so  wird  sein  rühm  dereinst  gross 
sein,  vorläufig  muss  er  die  Unannehmlichkeiten  seiner  Stellung  ertragen.  Er  sieht, 
was  kein  anderer  sieht ,  also  entweder  sind  die  andern  blind ,  oder  er  leidet  an 
hallucinatiorien ,  und  für  blind  halten  die  andern  sich  nicht.  .Schwerlich  wird  der 
aufsatz  »Lyly's  Gallathea  und  .Shakespeare's  Sommemachtstraum«  irgend  jemand 
davon  überzeugen,  dass  Shakespeare  mit  seinem  stück  ästhetisch-theoretische  lehren 
verkünden  wollte,  oder  dass  er  auf  die  Gallathea  besondere  rücksicht  nahm ,  aber 
man  wird  sich  wundern,  weshalb  herr  Hermann  (p.  60)  meint,  Theseus  habe  die 
beiden  athenischen  liebespaare  aus  dem  wirrsale  der  müssiggängerischen  liebe 
befreit.  Müssiggänger  im  sinne  unseres  autors  waren  die  aristokratischen  herren 
und  damen  vor  beginn  des  Stückes  und  sie  bleiben  es  nach  dem  schluss 
desselben.  Mit  Lysander  und  Demetrius  treiben  Oberon  und  Puck  ihr  neckisches 
spiel ,  Hermia  und  Helena  gerathen  nur  durch  die  beiden  Jünglinge  in  mitleiden- 
schaft,  sie  lieben,  unverändert  und  treu,  jene  ihren  Lysander,  diese  ihren  Deme- 
trius, —  wo  findet  sich  eine  spur  von  der  rolle  des  befreiers,  die  Theseus  zufallen 
soll?  Er  trifft  zufällig  die  schlafenden,  er  befiehlt,  sie  durch  hörnerschall  und 
Jagdgeschrei  zu  wecken,  aber  von  ihrer  Verblendung  befreit  sind  die  beiden 
jungen  Athener  vorher  schon  durch  Oberon  und  Puck.  Warum  soll  das  hom- 
blasen  ein  »Oberon'sches«  (p.  300)  sein?  Hat  Oberon  etwa  dem  jagdgefolge  des 
Theseus  zauberhörner  verliehen?  Wo  steht  eine  sylbe  davon?  Wo  erfahren  wir 
etwas  von  der  «entschiedenen  geistesvervvandtschaft« ,  von  dem  »unaufgeklärten, 
unsichtbaren  Zusammenhang«  (p.  63  Bed.  d.  som.)  zwischen  Theseus  und  Oberon? 
Litterar-historisch  bei  weitem  wichtiger  (p.  60),  aber  lange  so  häufig  nicht 
(p.  lOl)  wie  zwischen  dem  Sommemachtstraum  und  der  Gallathea  sollen  die  be- 
ziehungen des  Sommernachtstraums  zu  Lyly's  Woman  in  the  Moone  und  Endimion 
sein.  Ihrer  vermeintlichen  ^Wichtigkeit  angemessen  füllen  sie  zweihundert  und 
einige  siebenzig ,  mitunter  recht  dürre,  selten.  Da  wird  uns  zugemuthet  einzu- 
sehen (p,  114),  »dass  die  rückkehr  zum  idealen  naturzustande  das  eigentliche 
ästhetische  ziel  des  Sommemachtslraums  ist;«  da  soll  uns  gezeigt  werden,  (p.  I2i) 
»Oberon  repräsentirte  in  des  dichters  Vorstellung  das  auf  fester  moralischer  grund- 
lage  ruhende  ideal  des  ästhetisch  schönen ,  und  Robin  die  angeborene  anläge  zu 
diesem  ideal;«  da  sollen  wir  lernen,  Puck- Robin  sei  die  figur,  welche  »die  na- 
tionale kindesunschuld  Englands  vertritt«  (p.  162).  Einmal  über  das  andere 
räumt  herr  Hermann  seine  »vollkommene«  missdeutung  angeblich  symbolischer 
figuren  und  stellen  auf  das  freimüthigste  ein.  Er  bekennt  (p.  162 — 163),  dass 
er  die  stelle  in  Robins  Zauberformel ,  die  mit  den  Worten  beginnt :  »Jack  shall 
have  JilU  »betreffs  ihres  symbolischen  gehaltes  vollkommen  missdeutet«  habe,  dass 
die  Sache  »gerade  umgekehrt«  liege.  Er  gesteht  (p.  309),  dass  er  irrte,  als  er 
Hippolyta  für  die  Vertreterin  von  Shakespeare's  muse  nahm ,  vielmehr  soll  sie 
jetzt  »neben  Theseus,  dem  dramaturgen,  die  Schauspielkunst«  vertreten.  Diese 
Unsicherheit  wiederholt  sich  gar  oft ,  trotzdem  aber  wird  er  keinen  augenblick  irre 
an  seiner  grundüberzeugung :  symbolisch  gedeutet  muss  werden .  Sein  unauf- 
hörliches schwanken,  sein  ewiges  behaupten  und  widerrufen  liefert  seinen  gegnem 


E.  Hermann,  Die  bedeutung  des  Sommemachtstraums  etc.  275 

das  beste  argument.  Wie  soll  man  glauben,  Shakespeare  habe  fast  in  jeder  zeile 
des  Stückes  symbolisirt  und  allegorisirt ,  wenn  der  mann ,  der  es  versichert ,  selber 
so  wenig  im  klaren  darüber  ist,  was  Shakespeare  eigentlich  meinte!  Eine  Ver- 
ständigung mit  dem  autor  ist  nicht  möglich,  er  sieht  durch  eine  allegorisch- 
symbolisch gefärbte  brille,  und  wenn  er  sie  ablegt,  erscheinen  ihm  die  thatsachen 
in  falschem  licht.  Nur  noch  ein  einziges  beispiel.  Er  sagt  (p.  162),  Lysander 
werde  von  seinem  liebestaumel  »so  jammervoll  willenlos,  gleich  einem  glocken- 
klöppel,  zwischen  Hermia  und  Helena  hin  und  her  geworfen,  wie  nur  immer  die 
marklose  gestalt  des  lylyschen  Endimion  wankend  zwischen  der  Cynthia  und 
Tellus  hin  und  her  gezerrt  werden  kann.«  Ausführlich  hat  herr  Hermann  den 
Inhalt  des  Endimion  mitgetheilt,  und  nach  dieser  mittheilung  besteht  die  ähnlich- 
keit  zwischen  Lysander  und  Endimion  höchstens  darin,  dass ,  genau  besehen, 
beide  nicht  schwanken.  Endimion  schwankt  nie  zwischen  Cynthia  und  Tellus, 
sondern  heuchelt  gegen  die  letztere.  Die  zuschauer  erfahren  das  in  deutlichen 
Worten  (p.  66):  »With  Tellus,  faire  Tellus,  have  I  dissembled«.  Lysander 
schwankt  ebenso  wenig.  Er  wird  durch  Zauberei  für  einige  stunden  geisteskrank, 
kein  ruhig  überlegender  mensch  macht  ihn  verantwortlich  für  das,  was  er  als  irr- 
sinniger redet  und  fühlt;  so  lange  er  bei  vollem  verstände  ist,  liebt  er  treu  seine 
Hermia,  von  heuchelei  ist  bei  ihm  gar  nicht  die  rede,  und  doch  findet  unser 
autor  die  beiden  Charaktere  ähnlich.  Wie  soll  man  mit  einem  manne  über  färben 
disputiren,  dem  schwarz  vorkommt,  was  alle  andern  leute  roth  sehen? 

Wir  sagten  oben:  hätte  der  Verfasser  recht,  wie  unzweckmässig  verfuhr  dann 
Shakespeare,  als  er  ein  stück  schrieb ,  das  alle  weit  falsch  und  nur  herr  Hermann 
richtig  versteht.  Den  gleichen  einwurf  hat  privatim  ein  Verehrer  der  Alexander 
Schmidt' sehen  auffassung  erhoben,  und  zwar,  wie  der  autor  (p.  307)  berichtet, 
auf  persönlich  verletzende  art ,  in  einem  polterigen,  ihm  gegenüber  durch  und 
durch  unangemessenen  brief.  Obschon  er  selbst  gewiss  nicht  als  muster  der  höf- 
lichkeit  gelten  darf,  obschon  er  erwarten  muss,  das  echo  seiner  eigenen,  oft  sehr 
kräftigen  ausdrücke  zu  vernehmen,  mag  der  ton  des  Schreibens,  das  wir  nicht 
kennen,  zu  missbilligen  sein,  jedenfalls  mangelt  der  antwort,  die  auf  der  genannten 
seile  ertheilt  wird,  vorläufig  alle  beweiskraft.  Dass  er  heute  mit  seiner  auffassung 
allein  dasteht,  gibt  herr  Hermann  ohne  weiteres  zu,  dann  aber  liegt  es  doch  auf 
der  hand,  dass  er,  wenn  er  sich  glauben  oder  überhaupt  nur  freundliches  gehör 
verschaffen  will,  deutlich  nachweisen  muss,  zu  Shakespeare's  zeit  wäre  seine  art 
das  stück  anzusehen,  die  allgemeine  gewesen.  Das  hätte  der  an  fang  sein  müssen 
und  nicht  das  obendrein  vorläufig  fehlende  ende.  An  der  citirten  stelle  heisst 
es  (p.  308) :  »Ich  werde  dagegen  an  Nash's  Summer's  Last  Will  and  Testament, 
sowie  an  dem  Aetion  in  Spenser's  Colin  Clont  zeigen,  dass  diese  beiden  dichter, 
deren  autorität  gegenüber  sich  wol  selbst  Schmidt  bescheiden  muss ,  in  der  that 
meine  auffassung  des  Sommemachtstraums  theilen,  und  jeder  einsichtsvolle  wird 
darin  einen  unumstösslichen  beweis  für  meine  auffassung  finden.«  In  der  uns 
vorliegengen  abtheilung  wird  das  grosse  versprechen  noch  nicht  erfüllt,  und  die 
Worte  (p.  320) :  »Ich  glaube  nicht,  dass  irgend  einer  meiner  leser  jetzt  noch  einen 
zweifei  an  den  ästhetisch  polemischen  beziehungen  des  Sommemachtstraums  zum 
Endimion  im  grossen  ganzen  hat,«  scheinen  uns  keinesweges  gerechtfertigt.  Im 
gegentheil,  wir  glauben,  noch  ist  niemand  überzeugt,  und  wiederholen,  wenn  der 
Verfasser  nicht  allererst  zweifellos  nachweist,  Shakespeare's  Zeitgenossen  hätten 
im    Sommernachtstraum    ein   stück    gesehen,    das    tlieoretisch  -  ästhetische    doctrinen 


376 


Litteratur 


durch  allegorisch-symbolische  figuren  verbreiten  sollte,    so  verschwendet  er  nutzlos 
bei  der  mitwell  seine  mühe  und  seine  zeit. 


Etwa  zehn  wochen,  nachdem  obige  Zeilen  geschrieben  waren,  ging  uns  die 
zweite  abtheilung  von  »Shakespeare  der  kämpfer«  zu,  »Shakespeare  wider  Ben 
Jonson  (Tempest  und  Volpone).  Shakespeare  und  Spenser  (Willy  und  Aetion).« 
Was  wir  von  der  ersten  sagten,  gilt  auch  von  dieser,  sie  bekundet  grossen  fleiss 
und  regen  eifer  für  die  vertretene  sache,  aber  der  autor  sieht  theils  mehr,  theils 
anders  als  seine  mitmenschen,  er  geräth  deshalb  in  Streitigkeiten  mit  ihnen,  über- 
zeugt sie  selten  und  nur  in  nebendingen,  und  wird  sich  kaum  je  von  anderen 
überzeugen  lassen.  Aller  weit  ist  es  unzweifelhaft,  dass  in  manchen  von  Shake- 
speare's  stücken  anspielungen  auf  personen  und  vorfalle  seiner  zeit  enthalten  sind, 
vermuthlich  gehen  die  worte  (in  dem,  Theseus  vorgelegten  programm  der  vor- 
bereiteten Schaustellungen)  : 

»The  thrice  three  Muses  mouming  for  the  death 
Of  leaming,  late  deceas'd  in  beggary.» 

satirisch  gegen  Spenser,  vielleicht  ist  der  Tempest  des  dichters  abschied  von  der 
bühne ,  aber  an  die  hier  wieder  versuchte  symbolisirung  glauben  wir  nicht, 
Shakespeare  soll  sich  das  verdienst  vindicirt  haben,  »die  englische  Schauspielkunst 
indirect  als  dichter  bis  zu  der  erreichbaren  höhe  gefördert  zu  haben.  Diese 
historische  thatsache  versinnbildlicht  er,  indem  er  den  Ferdinand  von  seinem  vater 
Alonso  und  dessen  begleitern  Antonio  und  Sebastian  durch  Prospero's  zauber 
trennen,  dann  aber,  nachdem  er  eine  periode  schwerer  dienstbarkeit  bei  Prospero 
überstanden,  durch  Miranda's  einfluss  zu  einem  leben  idealer  naturschönheit  über- 
führen lässt«  (p.  386).  Ariel's  Wesenheit  »bezeichnet  die  befreiung  der  phantasie 
von  den  fesseln  der  gemeinen  empirischen  Sinnlichkeit,  des  historischen  Stoffes 
mit  allen  seinen  unästhetischen  und  unharmonischen  Zufälligkeiten»  (p.  369). 
»Der  Vertreter  der  Schauspielkunst  ist  im  Tempest  Ferdinand«  (p.  385).  »Der 
sonstige  inhalt  des  Tempest  ist  im  wesentlichen  eine  Versinnbildlichung  der  kämpfe, 
welche  der  dichter  glücklich  bestanden,  und  denen  zum  trotz  es  ihm  durch  gottes 
wunderbare  fügung  möglich  geworden,  seiner  tochter  [der  dichtkunst]  nicht  blos 
das  leben  zu  retten,  sondern  sie  auch  zur  musterhaften  Schönheit  an  leib  und 
seele  auszubilden <r  (p.  389).  Die  analyse  von  Ben  Jonson' s  Volpone  zeigt,  dass 
Ben  Jonson  sich  fruchtlos  bemühte,  Shakespeare  lächerlich  zu  machen,  eine  fehde, 
von  Seiten  Shakespeare' s  gegen  Ben  Jonson  geführt,  können  wir  aus  dem  Tempest 
nicht  herauslesen.  Herrn  Hermanns  chronologische  Untersuchungen  sind  gründlich 
und  scharfsinnig,  seine  bestimmungen  der  zeit,  in  welcher  der  Sommernachtstraum 
und  der  Sturm  auf  die  bühne  gekommen,  aller  Wahrscheinlichkeit  nach  richtig, 
was  wir  jedoch  am  gespanntesten  erwartet  haben,  das  fehlt  noch,  nämlich  der 
nachweis,  dass  des  dichters  Zeitgenossen  herrn  Hermanns  allegorische  auffassungen 
theilten.  Zwar  widmet  er  der  elegie  Spenser's  »The  Teares  of  the  Musesi  und 
dessen  »Colin  Clonts  Come  Home  Againe«  volle  hundert  selten,  zwar  erhebt  er 
es  fast  zur  gewissheit,  dass  mit  dem  »pleasant  Willy«  des  ersten  gedichts  und  dem 
Aetion  des  zweiten  nur  Shakespeare  gemeint  sein  kann,  allein,  was  beweist  das 
für  die  kühne  behauptung,  Shakespeare's  Zeitgenossen  hätten,  gleich  herrn  Her- 
mann ,    den    Sommernachtstraum   symbolisch   aufgefasst  ?     Spenser    schildert    unter 


E.  Hermann,  Die  bedeutung  des  Sommernachtstraums  etc.  ■}^^ 

der  maske  von  schäfern  die  dichter  am  hofe   der  königin  Elisabeth.     Die  in  rede 
stehenden  verse  lauten : 

And  there,  though  last  not  least,  is  Aetion, 

A  gentler  shepherd   may  nowhere  be  found, 

Whose  muse,   füll  of  high  thoughts'  invention. 

Does  like  himself  heroically  sound. 
Es  gehört  eine  überreiche  phantasie  dazu,  in  diesen  zeilen  die  symbolische  natur 
des  Sommemachtstraums  zu  finden.  Nash  wird  in  dieser  abtheilung  nur  flüchtig 
erwähnt;  eine  Inhaltsangabe  seines  »Summer's  Last  Will  and  Testament«,  und 
was  weiter  zugesagt  ist,  nebst  mehreren  anderen  abhandlungen  \vird  erst  die  noch 
zu  erwartende  dritte  serie  bringen.    Möge  sie  überzeugender  ausfallen  als  die  zweite. 


Endlich  empfangen  wir  die  dritte  und  vierte  abtheilung  von  »Shakespeare 
der  kämpfer«,  mit  den  Überschriften  »Shakespeare  wider  Greene,  Marlowe  und 
Nash«  und  »Die  abfassungszeit  des  Sommernachtstraums«.  In  der  vorrede  reicht 
hier  der  Verfasser  seinen  gegnern  die  hand  zur  Versöhnung,  er  gibt  ihnen  recht 
mit  ihrem  gefühl ,  dass  der  Sommemachtstraum  nichts  sei  als  ein  heiterer  träum, 
beansprucht  aber  für  sich  als  historiker  das  verdienst,  eine  menge  der  thatsachen 
enthüllt  zu  haben,  welche  dem  dichter  die  unterläge  für  seine  traumvisionen 
lieferten.  Er  gesteht  zu,  die  leser  auf  einem  »holperigen  pfade«  geführt,  sie  durch 
die  masse  der  von  ihm  entdeckten  anspielungen  fast  erdrückt  zu  haben,  aber  »es 
kann«,  wie  er  sagt,  »kein  glänzenderes  zeugniss  für  die  künstlerische  Vollendung 
des  Sommemachtstraums  geben,  als  dass  heute  die  ästhetik  durch  meine  anti- 
quarischen nachweisungen  sich  so  gekränkt  fühlt.  Ueberall  ist  der  allerdings 
massenhafte  fremde  stoff  nichts  gewesen  für  Shakespeare  als  historisches  motiv, 
wie  ich  dies  ja  auch  immer  gesagt  habe;  die  formgebung,  also  die  eigentliche 
kunstproduction,  ist  durchaus  selbstständiges  werk  geblieben,  deren  gesetze  die 
Organisation  seines  ganzen  kunstwerks  vorgeschrieben  haben«.  Auf  diesem  boden 
kann  jedermann  friedlich  neben  ihm  hergehen.  Treuherzig  bekennt  er  auch  dieses- 
mal  wieder  irrlhümer,  in  die  er  verfallen,  wir  unsererseits  mögen  manches  für  blos 
von  ihm  untergelegt  halten,  woran  Shakespeare  wirklich  gedacht  hat,  aber  wenn 
es  bei  dem  vergleich  von  Shakespeare's  Oberen  mit  dem  Auberon  im  Hues  de 
Bördele  (p.  581)  heisst:  »Auberon  ist  der  sittliche  läuterer  Huon's,  wie  Shake- 
speare's Oberen  der  sittliche  läuterer  Titania's  und  der  athenischen  jeunesse  dor^e«, 
so  verharren  wir,  aus  den  oben  bereits  angeführten  gründen,  in  unserem  Unglauben. 
Ebensowenig  vermögen  wir  einzusehen,  es  sei  (p.  583)  »der  schütz  des  jungfräu- 
lichen amazonenthums  gegen  die  lockenden  Verführungen  Titania's,  was  den 
Oberen  bewogen,  endlich  gegen  Titanien  einzuschreiten«,  und  was  sonst  in  diesem 
genre  herrn  Hermann  gewiss  erscheint.  Vielleicht  hat  Shakespeare  Dunbar's  alle- 
gorisches gedieht  »The  golden  Terge«  gekannt,  einen  einfluss  dieser  dichtung  »auf 
Oberon's  vision  und  einige  andere  theile  des  Sommemachtstraums«  nehmen  wir 
aber  trotz  des  Verfassers  darstellung  nicht  deutlich  wahr,  und  Shakespeare's  Oberon 
will  uns,  auch  nach  dem,  was  herr  Hermann  mittheilt,  in  keine  sichtbare  be- 
ziehung  zu  Greene's  Oberon  treten.  Ein  anhang  zur  dritten  abtheilung  »Die  be- 
ziehung  des  Sommemachtstraums  zu  Christopher  Marlowe  und  Thomas  Nash« 
bringt  ausführlich  den  inhalt  von  Nash's  »Summer's  Last  Will  and  Testament«. 
An  der  absieht  Nash's,    den  Sommemachtstraum  zu  verhöhnen,    kann  kein  zweifei 


378 


Litteratur 


obwalten.     Durchaus   nicht    überzeugt    sind  wir  von    der  richtigkeit  der  Hermann'- 
schen  Übersetzung  der  bekannten  stelle  der  I'yramus-   und  -Thisbe-comödie, 

Most  radiant  Pyramus,  most  lily-white  of  hue  ,  .  .  etc. 
Sollte  z.  b.  Shakespeare,  um  Lyly  zu  verspotten,  sich  ein  »höchst  lilienhaft  un- 
schuldiges geschrei«  (p.  617)  erlaubt  haben?  Und  gesetzt,  unser  autor  träfe  das 
richtige,  dann  hätte  Shakespeare  in  höchst  verzwickter  weise  der  Thisbe  worte  mit 
folgendem  sinn  in  den  niund  gelegt:  Pyramus,  der  du  bis  zu  Lyly,  Marlowe, 
Nash  etc.  strahlst,  du  abgeschmackter  Lyly,  du  talentvoller  aber  verwilderter 
Greene,  du  geistreicher  spötler  Nash,  du  holdseliger  Jude  Marlowe,  gewiss  werde 
ich  mit  dir,  Pyramus,  am  tölpels  grabe  zusammentreffen.  —  Angenommen,  Shake- 
peare  hätte  das  wirklich  gewollt,  dann  müsste  er  sich  damit  entschuldigen,  das» 
auch  dem  besten  einmal  etwas  geistloses  aus  der  feder  fliessen  könne.  Keinenfalls 
beweist  die  Nash'sche  satire,  der  Sommernachtstraum  sei  eine  allegorische  dichtung; 
es  liegt  doch  eine  gewaltige  kluft  zwischen  dem  Vorhandensein  mehrfacher  an- 
spielungen  und  beziehungen  auf  personen  und  ereignisse  jener  zeit  und  einer  sym- 
bolisirung,  in  welcher  z.  b,  Theseus  der  dichterfürst  Shakespeare,  und  die  ohren 
von  Theseus'  hunden  .Shakespeare' s  gedanken  bedeuten  sollen. 

Die  vierte  abtheilung:  »Die  abfassungszeit  des  Sommernachtstraums«  hat  den 
zweck,  Hermann's  ansieht,  das  stück  sei  zur  eröffnung  des  neuerbauten  Globus- 
theaters im  jähr  1595  geschrieben,  über  jede  anfechtung  zu  erheben.  Ob  die 
sachverständigen  überzeugt  sind  oder  ob  sie  den  gründen  gründe  entgegenstellen, 
wird  die  zukunft  entscheiden,  uns  fehlt  die  specialkenntniss,  die  erforderlich  ist, 
um  in  dieser  frage  zu  einer  eigenen  meinung  zu  berechtigen.  Je  mehr  wir  uns 
in  die  deductionen  des  Verfassers  einsenken,  desto  wahrscheinlicher  wird  uns  die 
richtigkeit  seines  glaubens ;  allein  wir  dürfen  nicht  vergessen,  dass  bei  dem  mangel 
an  sicheren  nachrichten  die  scharfsinnigsten  combinationen  und  constructionen  auf 
schwankendem  gründe  stehen,  dass  die  gelungensten  conclusionen  in  nichts  zer- 
fallen, wenn  eine  einzige  der  zahlreichen  prämissen  sich  als  falsch  ausweist.  Dass 
Shakespeare  in  Italien  gewesen  ist,  dass  er  auf  dem  hin-  oder  rückwege  durch 
Deutschland  gekommen,  gilt  dem  Verfasser  für  gewiss,  er  bezweifelt,  dass  es  beide 
male  geschah  (p.  752),  er  lässt  »ihn  mit  gott  anfang  oder  mitte  1591  England 
den  rücken  kehren«,  lässt  ihn  ein  jähr  fortbleiben,  er  kommt  (p.  765)  «zu  dem 
nicht  unbedeutenden  resultate,  dass  Shakespeare  selbst  augenzeuge  einer  aufführung 
der  Schönen  Sidea  durch  englische  comödianten  zu  Nürnberg  gewesen  ist,  und 
dass  es  die  erinnerung  an  dieses  erlebniss  ist,  was  auf  den  Tempest  eingewirkt 
hat,  insbesondere  auf  den  auftritt  eingewirkt,  wo  Ferdinand  zum  holztragen  ver- 
dammt ist«  u.  s.  w.  Warum  nicht?  Allerdings  darf  man  auch  fragen:  woher 
wissen  Sie  das? 

Shakespeare-forscher  werden  nicht  umhin  können  sich  mit  dem  werk  ein- 
gehend zu  beschäftigen,  da  es,  abgesehen  von  seiner  excentricität,  oft  eine  polemik 
entwickelt,  die  beachtung  verdient,  und  bisweilen  ansichten  aufstellt,  die  einer 
Prüfung  werth  sind.  Shakespeare-verehrer  mögen  probiren,  wie  weit  sie  im  stände 
bleiben,  dem  für  seine  ideen  begeisterten  autor  zu  folgen. 

Dresden,   october  1879.  O.  S.  Seemann. 


O.  Brenner,  Angelsächsische  sprachproben  mit  glossar  ^-jg 

Angelsächische  sprachproben  mit  glossar  von  O.  Brenner.     München  1879;  VIII 
und  104  SS.     Pr. :  Mk.  1,80, 

Mit  plan  und  ausführung  des  vorliegenden  werkchens  können  wir  uns  nur 
vollständig  einverstanden  erklären.  Die  texte  sind  mit  verständniss  ausgewählt  und 
gewähren  einen  hinreichenden  einblick  in  den  sprachzustand  zu  den  verschiedenen 
Zeiten;  auch  sind  in  einem  anhange  der  nordhumbrische  und  kentische  dialekt, 
wenngleich  etwas  spärlich,  vertreten.  Nach  62  selten  text  folgen  deren  etwa  40 
mit  dem  glossar,  der  erstere  ist  bis  p.  22  normalisirt,  von  da  ab  aber  in  der  Ortho- 
graphie der  mss.  Gegen  etwaige  vorwürfe  in  bezug  auf  die  normalisirung  hat  sich 
der  Verfasser  schon  im  vorhinein  durch  seine  bemerkung  gedeckt ,  sie  sei  »stark, 
vielleicht  auf  kosten  der  Wahrheit  im  ganzen«.  Dahin  dürften  z.  b.  gehören  p.  10 
qf  sinufii  geworhtutn  für  gcworkte,  eine  häufige,  bereits  in  meiner  »Flexionslehre« 
berührte  erscheinung;  p,  14,  16,  20  sindon  für  sind;  p.  26  würde  ich  die  häufige 
form  ärSd  ohne  die  anmerkung  (lies  ärceded)  gelassen  haben  u.  a.  m.  Die 
änderung  von  be-pceht  (p.  10)  in  bewäht  halte  ich  für  verfehlt,  ersteres  steht 
im  ms.,  es  entspricht  besser  dem  sinne,  und  ist  aus  dem  Ags.,  häufiger  noch 
aus  dem  Ae.  zu  belegen.  Das  glossar  zeigt,  dass  wir  es  nicht,  wie  ich  zuerst 
annahm,  mit  einem  druckfehler  zu  thun  haben.  Im  ersten  hefte  des  III.  bandes 
dieser  Zeitschrift  gibt  der  Verfasser  selbst  einige  berichtigungen,  denen  ich  hier 
noch  folgende  anreihe  —  von  ausgefallenen  interpunctions-  und  accentzeichen, 
Verwechselung  von  d  und  d  u.  ähnl.  nehme  ich  keine  notiz  — :  p.  4^  lies  ge'uorhte, 
93  undergeat,  20 2  fästed!  (fästan?),  26»  wit ,  2710  tilge  on.  Im  glossar  sind 
ausgefallen:  aweged  9,1,  besceran  89,  (Dtihnuna?  187),  folcriht  267,  (geornung, 
das  p.  20 8  nach  des  Verfassers  ansieht  vielleicht  zu  lesen  wäre),  gelcd  523,  land- 
gemerc  168,  sundorfeoh  279,  wtfcydde  22 1;  auch  wendelsä  30 2  \ir\A  unleanod  296 
hätten  angeführt  sein  können.  In  andern  fällen  würde  es  für  die  zeitersparniss 
bei  der  häuslichen  Vorbereitung  des  Studenten  vielleicht  erwünscht  gewesen  sein, 
bei  der  wirklich  im  text  vorkommenden  form  eines  Wortes  wenigstens  einen  hin- 
weis  auf  die  normalisirte  anstatt  diese  allein  zu  besitzen ;  so  bei  andcfn  auf  ondefn, 
bei  yrfe  auf  erfe,  bei  fnimest  auf  forma^  bei  gieinen  auf  geniefi,  bei  myn^iing  auf 
nünijung,  bei  niede  auf  /leade,  bei  geivyld  auf  ^oeldan  etc.  Gegen  die  angäbe 
der  bedeutung  der  wörter  lässt  sich  wenig  einwenden ,  ebenso  gegen  die  an- 
genommenen ursprünglicheren  formen.  Aus  der  ansetzung  einer  der  letzteren 
gearcian  =  arkon  ergibt  sich,  dass  der  Verfasser  dieses  wort  für  ein  compositum  hält. 
Dagegen  spricht,  dass  letzteres  kaum  in  einem  andern  dialekte  vorkommen  dürfte 
und  im  Ags.  entschieden  nicht  vorhanden  ist,  femer  das  part.  pass.  bei  Layamon 
i^arked,  indem  wir  alsdann  die  compositionspartikel  ge  zweimal  hätten:  i5arked  = 
ge  -  ge  -  arked.  Wir  werden  wol  eine  nebenform  von  gcatiman  anzunehmen  haben. 
Das  wort  findet  sich  besonders  häufig  im  Ae. ;  sollte  der  Verfasser  also  anderer 
meinung  sein,  so  wäre  es  interessant  deren  begründung  zu  vernehmen.  Ortsnamen 
hätte  ich  gerne  mehr  erklärt  gesehen;  dass  z.  b.  Grantabrycg  =  Cambridge  ist, 
wird  der  Student  nicht  leicht  errathen  und  ist  gut  zu  wissen ;  mir  war  Granta's 
halls  bei  Byron  (then  would,  unroofd,  old  Granta's  halls  pedantic  inmates  füll 
display)  lange  unverständlich.  In  bezug  auf  Sillcndc  hätte  ich  Thorpe's  er- 
klärung  =  Seeland,  verworfen  und  die  jetzt  gewöhnlichere  angenommen ;  im  nach- 
trag  findet   sich  übrigens:   Sillcnde  =  Holstein  (Sliland?). 

An  diesen  kleinen  ausstellungcn,  die  den  werth  der  arbeit  nicht  beeinträclvtigen, 
mag  es  genügen.    Wir  freuen  uns  über  das  sehr  brauchbare  und  sorgsam  gearbeitete 


ßSo  Litteratur 

bücheichen,  das  bei  äusserst  niedrifjem  i)reise   auch  äusserlich  sich  hübsch  präsentirt 

und  bei  seinem  bequemen  format  zur  mitnähme  in  da>»  colleg  ganz  geeignet  erscheint. 

Die  weiteste  Verbreitung  ist  demselben  zu  wünschen  und  wird  ihm  auch  kaum  fehlen. 

Hamhurg,  october  1879.  Karl  Körner. 


La  chanson  des  runes,  texte,  traduction  et  notes  par  Botkine.     Havre  1879. 

Der  vorliegenden  Übersetzung  des  ags.  Runenliedes  gehen  einzelne,  deutschen 
gelehrten  entlehnte,  bemcrkungen  über  die  runen  im  allgemeinen  voraus  (p.  3-— 9), 
die  wol,  um  ihren  zweck  zu  erreichen,  etwas  ausführlicher  hätten  ausfallen  dürfen. 
Dann  folgt  der  textabdruck  genau  nach  Grein  nebst  der  Übersetzung  (p.  9 — 15), 
schliesslich  die  anmerkungen  von  p.  15 — 23.  Der  Verfasser  scheint  unseren  früheren 
rath  beherzigt  zu  haben,  denn  er  hat  sich  dieses  mal  mehr  als  in  seiner  Über- 
setzung des  Beowulf  bemüht  »ä  rendre  en  frangais  toutes  les  toumures  du  modele« 
und  sich  vorgenommen  »de  ne  sacrifier  aucun  detail  de  composition  pour  atteindre 
une  plus  grande  elegance  de  style«.  Nach  meiner  ansieht  hätte  die  wörtlichkeit 
der  Übersetzung  indess  vielleicht  eine  [noch  grössere  sein  dürfen,  um  den  rechten 
nutzen  zu  stiften.  Wie  ich  die  sache  ungefähr  auffasse,  möge  der  Verfasser  aus 
dem  zweiten  theile  meiner  binnen  kurzem  erscheinenden  "einleitung«  ersehen. 
Nur  dafür,  dass  einzelnes  nicht  wörtlich  genug  wiedergegeben  oder  nicht  richtig 
gefasst  ist,  will  ich  ein  paar  beispiele  anführen,  da  weitere  bemerkungen  sich  aus- 
schliesslich gegen  Grein,  dem  Botkine  durchweg  folgt,  richten  und  eine  längere 
auseinandersetzung  beanspruchen  würden;  hierzu  fehlt  mir  augenblicklich  die  müsse. 
Str.  I  gif  he  wile  for  drihtne  domes  hleotan  ist  übersetzt  durch:  s'il  veut  choisir  la 
gloire  du  seigneur,  anstatt  durch  s'il  veut  participer  ä  la  gloire  devant  le  (en  face 
du)  s.  Str.  7  ivnrcna  gekwäm  är  and  ivtwist  de  byd  odra  käs :  de  tous  les  proscrits 
dans  le  deniiment  l'appui  et  la  ressource,  für  l'a.  et  la  r.  (subsistance)  ä  chacun 
des  proscrits  qui  est  depourvu  d'autres  choses;  str.  %  wen  ne  briiced  de  can  weäna 
lyt:  l'espoir  ne  jouit  point;  il  connait  peu  de  maux  etc.  anstatt:  celui  qui  (ne) 
connait  (que)  peu  de  maux  n'a  pas  besoin  de  l'espoir;  die  von  Grein  vorgeschlagene 
änderung  wenne  =  wynne  ist  bei  dieser  auffassung  der  stelle  wol  überflüssig ; 
Str.  9  hnvgl  Jnüyr/t  0/  heofones  lyfte  durch  :  la  grele  est  portee  par  l'air  du  ciel, 
anstatt  durch  1.  gr.  tombe  (du  haut)  de  l'a. ;  str.  10  fehlt  die  Übersetzung  von 
geJnvcvdre;  str.  13  wynan  on  edle  wird  zu  lesen  sein:  wynna  on  edle  und  wie 
parallel  zusammengehören  heard  hrusan  ftsst  und  wyrtrutiium  undenuredod,  so 
hyrde  fyres  wynna  on  edle  (vgl.  dazu  edelwynri)  =  Wächter,  Unterhalter  des  feuers 
am  freudensitze  (in  der  trinkhalle).  In  str.  16  scheint  mir  sigel  doch  das  tages- 
gestirn,  die  sonne  zu  bezeichnen,  demgemäss  schlage  ich  vor  in  dem  folgenden 
verse  /lim  für  /line  zu  lesen,  welches  erstere  sich  bei  verben  der  bewegung  ja  so 
überaus  häufig  findet.  Ibid.  od  hi  brimhengest  bringed  to  lande ;  nach  der  Über- 
setzung: jusqu'ä  ce  qu'ils  am^nent  leur  coursier  marin  au  rivage  liegt  hier  ein 
constructionsfehler  vor;  es  muss  heissen:  jusqu'a  ce  que  le  c,  m.  les  ram^ne  au  r.  ; 
Str.  18  scheint  geladen  =  bewachsen,  nach  der  Übersetzung  charge  de  für  couvert 
de  mit  gehladen  verwechselt  zu  sein;  str.  19  fehlt  die  Übersetzung  von  for  eorlum 
und  ebenso  str.  23  die  von  on  bolde  o/tust  etc.  Also  immer  noch  genauer!  und 
damit  die  rechte  philologische  genauigkeit  erreicht  werden  kann,  möchte  ich  mir 
den  rath  erlauben,    vorläufig    an   die   Übersetzung   und   bearbeitung  der  leichteren, 


1 


A.  M.  de  Sainte-Claire,  A  dictionary  of  English,  French,  and  German  idioms     -jgi 

erzählenden  stücke  zu  gehen;  vielleicht  auch  wäre  es  gerade  für  einen  Franzosen 
eine  dankbare  aufgäbe,  die  fehler  bei  Taine  in  seiner  sonst  so  trefflichen  Histoire 
de  la  lit.  angl.  zunächst  in  den  ags.  stellen  durch  eine  correctere  Übersetzung  der- 
selben auszumerzen.  Daneben  aber  sei  dem  Verfasser  warme  anerkennung  für  seine 
fleissigen,  uneigennützigen  bestrebungen   ausgesprochen  1 

Hamburg,  october  1879.  Karl  Körner. 


A  dictionary  of  English,  French,  and  Gennans  idioms,  figurative  expressions,  and 
proverbial  sayings,  by  A.  M.  de  Sainte-Claire,  B.  A.,  B.  Sc.  and  L., 
assisted  by  E.  Pasquet  for  the  French,  and  by  dr,  O.  Kölscher  for  the  German, 
London,  Dulau  &  Co.  (Berlin,  Langenscheidt'sche  Verlagsbuchhandlung.)  1878. 
Part  I,  VIII  und  48  s.     gr.  40.     Pr. :  3  sh. 

Die   vorrede   dieses    auf  ungefähr   vierzehn    hefte   berechneten    englisch-fran- 
zösisch-deutschen idiomatischen  Wörterbuchs  geht  von  der  unbestreitbaren  thatsache 
aus,   dass  die  meisten  leute,  welche  eine  fremde  spräche  erlernt  und  vielleicht  fünf 
oder  gar  zehn  jähre   auf  grammatik,    übersetzen  und  andere   schriftliche  Übungen 
verwandt  haben,   weit  davon  entfernt  sind,   diese  spräche  wirklich  zu  beherrschen. 
Den  grund  sieht  der  Verfasser   in   der   grossen    menge    der   nicht    in    den    bereich 
der  grammatik  fallenden  idiomatischen  ausdrücke,    die,  wie  der  Verfasser  sagt,    gar 
kein   individuelles  dasein  haben,    sondern   nur  in  der  vergleichung  mit  einem  a/Ur 
ego  in  einer  andern  spräche  existiren,    wörtlich  übersetzt  aber  entweder  gar  keinen 
oder  doch  einen  andern  sinn  ergeben.     Da  sich    die  idiomatischen  Wendungen  auf 
wohldefinirte,  praktische  regeln  nicht  zurückführen  lassen,    fährt  der  Verfasser  fort, 
so  bleibt  nichts  übrig   als   das  auswendiglernen.     Doch   so  etwa    125,000  [?]  fran- 
zösische und  82,000  [?]  deutsche  idioms   auswendig  zu  lernen,    das  darf  man  nach 
.der  ansieht   des   Verfassers   wol   von   einem  professional   linguist,    nicht   aber   von 
einem  gewöhnlichen  sterblichen  erwarten.     Für  accompUshed  könne   nun  aber  nie- 
mand gelten,    der   nicht   wenigstens  einige  tausend   idioms  bewältigt  hat.     Wer  es 
so  weit  nicht  gebracht  hat,  der  muss  zu  einem  buche  seine  Zuflucht  nehmen,   wird 
aber  in    den    gewöhnlichen   Wörterbüchern    in    der   regel    vergeblich   hilfe    suchen. 
Damit  hat  der  Verfasser  jedenfalls  wieder  recht;   und  wenn  er  es  nun  unternommen 
hat,  in  einem  zunächst  für  Engländer  berechneten  nachschlagebuch  die  im  vergleich 
zum  Französischen  und  Deutschen  idiomatisch  erscheinenden  englischen  Wendungen 
und  redensarten  nebst   ihren    französischen  und   deutschen  äquivalenten  zusammen- 
zustellen,   so  darf  er  gewiss    auf  den  dank   nicht  allein  seiner  landsleute,    sondern 
auch  derjenigen  Franzosen    und  Deutschen   rechnen,    welche    in    einer   der   beiden 
für  sie  fremden  sprachen  zu  schreiben  haben.     Letztere,    Franzosen  und  Deutsche, 
können    freilich    nur   dann    von    dem    buche    gebrauch  machen,    wenn   sie   bereits 
wissen,  unter  welchem  englischen  Stichwort  ihre  eigne,  französische  oder  deutsche, 
Wendung   zu   suchen   ist.     Bei   der   einrichtung   des  buches  war   es  nämlich   (nach 
angäbe  der  vorrede)    der  plan  des  Verfassers,    eine   alphabetische   Classification 
eines    jeden  wertes    in    der   englischen    spräche    zu    geben,    welches   nach  seiner 
Stellung   im    satze   oder   in  folge    eines   bedeutungswechsels,    den   es  durch  die  an- 
wendung    verschiedener    pr.äpositionen  oder    adverbien    erfährt,    im    vergleich    mit 
seinem  französischen   oder  deutschen  äcjuivalent  entweder  für  sich  ein  /(//('///  bildet 
oder  den  satz,  in  welchem  es  vorkommt,  idiomatisch  machen  hilft. 

Die  alphabetische  anordnung  der  englischen  Stichwörter  macht  das  auffuulen 


382 


Litteratur 


derselben  sehr  leicht.  Es  fragt  sich  aber,  ob  der  suchende  auch  immer  gerade 
in  demjenigen  wort,  unter  welchem  der  verfxsser  die  betreffende  wendung  ver- 
zeichnet hat,  das  Stichwort  vermuthen  wird.  Mir  scheint  der  Verfasser  in  dieser 
hinsieht  nicht  durchaus  das  richtige  getroffen  7.u  haben.  So  liegt,  um  gleich  beim 
ersten  artikel  (a)  zu  bleiben,  das  idiomatische  der  ausdrücke  luhat  a  beauty ;  what 
a  pity^  doch  offenbar  nicht  in  dem  <7,  sondern  in  den  Substantiven  beauly  (wo 
allerdings  7uhat  a  beauty  shc  is,  nicht  aber  das  einfache  zuhat  a  beauty  steht)  und 
pity.  Die  Wendungen  Iie  dicd  an  exile  in  France;  he  was  born  a  cripple ;  he  died 
a  rieh  vian  sollten  meines  erachtens  unter  die  und  born  stehen.  He  is  not  much 
of  an  artist  würde  ich  ebenfalls  nicht  hierher,  sondern  unter  mttch  setzen,  und 
auch  /  have  a  good  mind  to  whip  you  gehört  nicht  unter  a,  sondern  unter  juind, 
wenn  auch^  rein  äusserlich  betrachtet,  gerade  das  wörtchen  a  »den  satz  im  ver- 
gleich mit  seinem  deutschen  äquivalent  (ich  habe  grosse  lust  Sie  durchzuprügeln) 
idiomatisch  machen  hilft«.  Eine  so  mechanische  auffassung  hat  der  Verfasser  mit 
recht,  auch  abgesehen  von  der  »anwendung  verschiedener  präpositionen  und  ad- 
verbien«,  nicht  durchgeführt.  Es  ist  nur  zu  bedauern,  dass  er  nicht  überall  den 
in  andern  Wörterbüchern  geltenden  grundsatz  befolgt  hat,  ohne  rücksicht  auf  »das 
[meist  doch  wol  richtiger:  das  unter  mehreren  vorhandenen  gerade  gewählte] 
deutsche  oder  französische  äquivalent«  das  den  kern  der  redensart  bildende  wort, 
in  der  regel  Substantiv  oder  verb,  zum  Stichwort  zu  machen.  Die  vom  Verfasser, 
wie  wir  oben  gesehen  haben,  adoptirte  definition  eines  idiom  ist  offenbar  nicht  die 
richtige.  In  all  haste  z.  b.  ist  und  bleibt  ein  idiomatischer  ausdruck,  gleichviel, 
ob  das  deutsche  äquivalent  zufällig  ganz  entsprechend  »in  aller  eile«  lautet  oder 
nicht.  Hiemach  wären  nach  meiner  ansieht  in  dem  vorliegenden  hefte  nicht 
wenige  Wendungen  an  ihrer  jetzigen  stelle  zu  streichen  und  anderwärts  unterzu- 
bringen. Es  versteht  sich  von  selbst,  dass  in  manchen,  wohl  zu  erwägenden  fällen 
die  aufnähme  unter  zwei  Stichwörtern  zugleich  nicht  nur  statthaft,  sondern  geradezu 
nothwendig  ist. 

Ein  Missstand  ist  es,  dass  die  durch  die  alphabetische  anordnung  bei  den  Stich- 
wörtern allerdings  erzielte  »facility  with  which  reference  can  be  made«  (vorrede) 
sich  nicht  auch  auf  die  zu  einem  und  demselben  Stichwort  gehörigen  redensarten 
erstreckt.  Das  alphabetische  princip  Hess  sich  hier  freilich  nicht  wol  durchführen, 
da  die  mit  dem  Stichwort  in  den  einzelnen  fällen  verbundenen  Wörter  oft  ganz 
willkürlich  gewählte  beispiele  sind  und  sein  müssen.  Warum  aber  sind  nicht  z.  b. 
einerseits  die  ausdrücke  he  is  a  lawyer  (chemist,  tailor) ;  is  he  a  Frenchman  {an 
Fnglishman,  a  German)  ?;  she  is  a  zvidow;  the  child  is  an  orphan;  he  is  a  pri- 
soner  of  the  State  —  andrerseits  he  died  an  exile  in  France ;  he  was  born  a  cripple  ; 
he  died  a  rieh  man,  dann  wieder  what  a  fine  day  it  has  been;  what  a  scoundrcl; 
what  a  pity ;  what  a  beauty;  zuhat  a  noise  you  fnake  etc.  zusammengestellt? 
Noch  mehr  vermisst  man  eine  bestimmte  Ordnung  z.  b.  unter  about.  Hier  stehen 
die  Wendungen  mit  der  präposition  und  diejenigen  mit  dem  adverb,  beide  in  den 
verschiedensten  bedeutungen,  bunt  durch  einander.  Es  kostet  in  der  that  mühe, 
die  phrasen  do  not  go  about  in  that  dress ;  he  is  to  weak  yet  to  get  about  rnuch ; 
he  is  always  travelling  about;  how  did  that  come  about?;  what  are  you  loitering 
about? ;  everything  was  lying  about  in  confusion  etc.  mit  den  Verbindungen  to  go 
about,  to  get  about  etc.  aus  Wendungen  wie  /  have  seen  him  about  it;  call  about 
the  end  of  the  week;  what  are  you  thinking  about? ;  don't  say  anything  about  it 
etc.,  wo  about  mit  dem  zeitwort  nicht  enger  zusammenhängt,  herauszufinden.    Je 


A.  M.  de  Sainte-Claire,  A  dictionary  of  English,  French,  and  German  idioms     ^o^ 

länger  der  artikel,  desto  schwieriger  wird  natürlich  das  aufsuchen  einer  redensart. 
Man  muss  eben  sämmtliche  angeführten  idioms  von  anfang  bis  ende  durchlesen. 
Schon  bei  den  grösseren  artikeln  des  vorliegenden  heftes,  welche  übrigens  die  in 
der  vorrede  als  maximum  in  aussieht  gestellte  anzahl  von  300  redensarten  noch 
lange  nicht  erreichen,  ist  das  eine  recht  zeitraubende  arbeit. 

Wenn  sich  der  Verfasser  vorgenommen  hat,  jedes  englische  wort,  welches 
selbst  oder  mit  andern  ein  idiom  bildet,  aufzuführen,  so  ist  sein  ziel  zu  weit  ge- 
steckt, als  dass  es  auf  den  ersten  anlauf  hätte  erreicht  werden  können.  Vieles 
bleibt  natürlich  noch  nachzutragen.  Vielleicht  kann  der  Verfasser  bei  einer  zweiten 
aufläge  von  den  folgenden,  beiläufig  gemachten  notizen  manches  verwerthen.  Die 
in  dem  wörterbuche  ganz  fehlenden  Stichwörter  bezeichne  ich  durch  *. 
a.  —  as  a  teacher,  as  an  author  als  lehrer,  als  schriftsteiler; 
as    a    beverage    for     break/ ast     or    supper    als     getränk    beim     frühstück     oder 

abendessen; 
of  a  dull  rvhite  von  schmutzig  weisser  färbe,  schmutzig  weiss ; 
grew  a  darker  bitte  wurde  dunkler  blau  ; 
painted  a  bright  red  grell  roth  angestrichen ; 
Romola.     A  Novel.     Romola.     Roman ; 
a  new  edition  neue  ausgäbe. 
(Anderes,  wie:  this  tnay  be  taken  as  a  specimen  dies  mag  als  probe  gelten; 
to  win  as  a  prize  als  preis  gewinnen ; 
to  feel  a  sense  of  .   .  .  das  gefühl  (gen.)  haben ; 
to  have  a  prospect  of  .  .    .  (die)  aussieht  auf  .   .   .  haben ; 
to  win  a  reptitation  for  .  .  .  sich  einen  namen  durch  .  .  .  machen  etc. ; 
at  a  late  hour  zu  später  stunde ; 
with  a  loud  voice  mit  lauter  stimme ; 
upon  a  large  scale  in  grossem  massstabe; 
in  a  State  «t/"  ...  im  zustand  (gen.) ; 
in  a  Position  to  .  .  .  \x\.  der  läge,  zu  ... ; 

/  am  not  a  man  to  .  .   .  ich  bin  nicht  der  mann,  der  .  .  .  etc. ; 
to  raise  to  a  rank  -uiith  ...  zu  demselben  rang  wie  .   .   .  erheben ; 
in  a  Word  mit  einem  wort ; 
at  a  glance  auf  einen  blick ; 
in  a  breathing  in  einem  athem ; 
to  a  man  wie  ein  mann  etc. 
steht  wol  besser  bei  den  betreffenden  Substantiven) ; 

* abatement.     of  which  no  —  can   be  made  woran  nichts  nachgelassen  werden 
kann ; 
ab  out.     to  go  —  one  s  usual  occupations  seinen  gewöhnlichen  geschäften  nach- 
gehen ; 
above.     —  human  nature  übermenschlich; 
absent.     beard —  bart  fehlt; 
*  abstraction.     to  express — s  abstractes,  abstracte  begriffe  ausdrücken; 
acces sion.     his  —  to  our  cause  sein  beitritt  zu  unsrer  sache; 
accident.     —  retained  him  er  wurde  zufällig  zurückgehalten,    aufgehalten; 
according,     —  to  circumstances,    —  to  size  je    nach    umständen,    je   nach  der 

grosse ; 
the  Gospel  —  to  St.  John  evangelium  St.  Johannis  ; 


384 


Litteratur 


account.     on  no  —  (whatever)  auf  keinen  fall; 

to  give  little  —  0/  .  .  ,  wenig  (zu)  berichten  (wissen)  über; 

—  s  differ  die  berichte  weichen  ab ; 
to  take  into  —  in  rechnung  bringen  ; 
action.     quick  in  —  schnell  bei  der  hand; 

ivith  keyless  —  ohne  Schlüssel  (am  bügel)  aufzuziehen; 

actual.     the  —  thing  gerade  das ; 

add.     if  to  this  is  —  ed  a  .  .  ,  kommt  hierzu  ein  .  .  .; 

to  —  fuel  to  the  fire  öl  ins  feuer  giessen ; 

address,     to  —  in  prayer  im  gebet  anrufen; 

adjoin.     —  ing  entrance  to  .  .  .  eine  thüre  von  .  .  .; 

admission,     —  luith  address  card  einlass  gegen  vorzeigen  der  karte; 

advance  (v.).    to  be  — d  vorgeschoben  sein  (mil.) ; 

(n.)  ?io  —  in  priccs  Preiserhöhung  findet  nicht  statt ; 

advantage.     to  show  more  to  —  ein  vortheilhafteres  aussehen  geben; 

displays  to  the  best  —  lässt  im  günstigsten  lichte  erscheinen ; 

advice.     by  his  —  auf  seinen  rath; 

affect,     — s  the  mind  with  .   .  .  erfüllt  mit  .   .    .; 

affection.     the  suhject  of  his  — s  der  gegenständ  seiner  Zuneigung; 

afford,     — s  grounds  for  hopes  lässt  hoffen; 

—  j  btit  little  hope  lässt  nur  wenig  hoffnung  übrig; 
after,     wave  —  ivave  welle  auf  welle; 

age.     a  stout  bov  of  his  —  ein  für  sein  alter  kräftiger  knabe; 
" ag ent.     at  all  —  s^  of  the  tisual  —  ^  in  allen  (den  gewöhnlichen)  niederlagen ; 
aggravate.     to  —  into  .  .  .  sich  zu  .  .  .  verschlimmem; 
aghast,     —  with  astonishment  starr  vor  staunen; 
agony,     silent  —  stummer  schmerz; 
in  an  —  of  terror  in  todesangst ; 
in  an  —  of  tcars  in  thränen  aufgelöst ; 
is  —  for  her  ist  ihr  fürchterlich ; 
agr eeable.     if —  to  him  wenn  ihm  das  recht  ist; 

aid  (v.).     — s  to  convey  a  clearer  meaning  trägt  zur  Verdeutlichung  bei; 
(n.)  to  give  —  hilfe  leisten; 

aiin.     to  take  a  long  —  at  .   .   .  lange  nach  .  .  .  zielen; 
aj a  r.     absohitely  —  sperrangelweit  offen ; 
alar/n.     —  ed  by   (neben  7vith)  .  .  .  beunruhigt  durch  .   .  .; 
a  II.     by  —  the  best  makers  aus  den  ersten  (renommirtesten)  fabriken ; 

—  through  Italy  durch  ganz  Italien; 

—  in  all  alles  in  allem ; 

allow.     — s  the  heat  to  pass  through  it  ist  ein  (guter)  Wärmeleiter; 
allowance.     a  liberal  —  to  schools  bedeutende  ermässigung  für  schulen; 
alone.     he   was  left  —  to   his   own   reflections    er    sah  sich   seinen    eignen   ge- 

danken  überlassen ; 
alter  na  te.     — d  7vith  .  .  .   abwechselnd  mit  .    .  .; 
am  id.     —  shotits  of  laughter  unter  schallendem  gelächter; 
afio  n.     ever  and  —  dann  und  wann ; 

announce.     Messrs.  N.  äf  Co.  beg  to  —  N.  &  Cie.  beehren  sich  anzuzeigen; 
another.     —  Alexander  ein  zweiter  Alexander; 


A.  M.  de  Sainte-Claire,  A  dictionary  of  English,  French,  and  German  idioms     ^85 

answer  (v.).     to  —  rvith  one's  head  that  ,  .    .    mit  seinem  köpf  dafür  haften, 
dass  .  .  . ; 

to  her  request  he  —  ed  auf  ihre  bitte  (hin)  antwortete  er; 

to  —  to  one  to  (inf.)   ...  es  em.  gegenüber  verantworten,   dass  man  .  .  .; 

(n.)  no  —  was  returned  es  erfolgte  keine  antwort; 

answerable.     to  stand  —  to  the  laws  vor  dem  gesetz  verantwortlich  (zu  ver- 
antworten) sein ; 

anticipate.     to  — from  the  perusal  of  .   .  .  schon  aus  .  .   .  (er)sehen ; 

any.     a  house  of  —  »lagnitude  ein  einigermassen  grosses  haus; 

appear.     as  — s  f'om  ,  .   .  wie  aus  .    .    .  erhellt; 

ap p earance,     to  —  dem  anschein  nach; 

is  equal  in  —  to  sieht  aus  wie  (gleicht) ; 

has  every  —  of  .  .  .  sieht  genau  aus  wie  .  .  .; 

makes  a  striking  —  gewährt  einen  auffallenden  anblick; 

his  positively  last  —  will  take  place  in  ...  er  tritt  zum  unwiderruflich  letzten 
male  in  .  .  .  auf; 

apple.     the  —  of  my  eye  mein  augapfel ; 

application.     on  —  auf  wünsch  (auf  verlangen); 

inay  de  had  on  —  to  .  .  .  ist  von  ...  zu  beziehen ; 

app  ly.     it  came  to  —  aftenvards  to  .   .  .  es  wurde  später  auf  .  .  .  angewandt ; 

apprehend.     every thing  is  to  — ed  das  schlimmste  ist  zu  fürchten; 

apprehension.    they  trembled from  — s  of .  ,  .  s\q.  zitterten  (aus  furcht)  vor  .  .  .; 

without  entertaining  any  —  of  .  .  ,  ohne  im  geringsten  an  ...  zu  denken ; 

arm,     to  withhold  one's  — from  .  .   .   seine  hand  von  .  .  .  abziehen; 

7vitA  an  infant  in  his  —  mit  einem  kind  auf  dem  arm ; 

to  clasp  one  in  one  s  arms  einen  in  die  arme  schliessen ; 
* armour.     in  complete  —  in  voller  rüstung; 

arms.     clash  of — ,  force  of —  waffengeklirr,  Waffengewalt; 

brother  in  —  Waffenbruder; 

to  take  (up)  —  die  waffen  ergreifen ; 

to  gather  in  —  unter  die  waffen  rufen  (treten); 

to  get  under  arms  unter  die  waffen  treten ; 

to  summon  to  —  zu  den  waffen  rufen ; 

the  drums  beat  to  arms  die  Trommeln  rufen  zu  den  waffen ; 

arise.     — s  into  a  hill  erhebt  §ich  zu  einem  hügel; 

around.     ifnmediatcly  —  his  person  in  seiner  unmittelbaren  Umgebung; 

array.     — ed  with  paper  caps  mit  papiermützen  ausstaffirt; 

article.     to  avoid  rieh  — j  of  diet  fette  speisen  vermeiden; 

as.     —  for  .   .   .  was  .  .  .  betrifft ; 

so  —  to  (inf.)  so,   dass  .   .  . ; 

—  7ve  read  on,  —  I pass  beim  weiterlesen,  im  vorbeigehen; 
gradually  tapering  —  it  rises  sich  nach  oben  verjüngend ; 

/  thoiight  —  miich  ich  habe  es  mir  wol  gedacht ; 

is  —  old  —  the  ^th  Century  findet  sich  schon  im  (stammt  aus  dem)  4.  jaiirh. ; 

—  distinguished  from  ...  im  unterschied  von  .    .  . ; 

—  /  may  say  möchte  ich  sagen  ; 

in  —  good  hands  in  ebenso   guten  bänden  ; 
Kölbing,  Englische  Studien.    III.     3.  25 


386 


Litteratur 


ask.      — for  B.'s  pens  man   fordere   B.-feflern; 

to  —  shelter  um  obdach  bitten; 

aspect.     to  wear  a  gloomy  —  einen   düstern  anVjlick   gewähren,    einen  dilstem 
eindruck  machen ; 

assert.     to  —  oneself  to  l>c  .  .   .  behaupten   ...  .   zu  sein; 

/  heard  this  —  ed  to  be  .  .  .  ich  habe  versichern  hören,  dass  dies  .  .  .   ist; 

assist.     — ed  by  unter  mitwirkung  von    .   .  .; 

to  —  in  .  .  .  in  (bei)  .   .  .  unterstützen  (beistehen) ; 

a s so ci ate.      —  in  command  mitbefehlshaber; 

at.  —  Hearing  these  words,  he  .   .  .  als  er  diese  werte  hörte  etc; 

attach.    possesses   all  the  solemnity   of  feeling  —  ed  lo  .  .  .  macht  ganz  den 
feierlichen  eindruck  (gen.)  .  .  .; 

attack.    for  —  zum  angriff; 

giving  security  from  the  —  of  burglars  diebessicher ; 

atteinpt.    the  first  — s  at picture-writing  die  ersten  versuche  in  der  bilderschrift; 

attend.     evening  pai'ties  —  ed  privatvorstellungen  in  abendgesellschaften ; 

all  happiness  —  you!  alles  glück  sei  mit  dir!  ; 

attention,    to give  (one's)  —  to  sth.  seine  aufmerksamkeit  einer  sache  schenken  ; 

special  —  given  to  .   .   .  specialität :  .   .  . ; 

to  invite  —  to  .  .  .  aufmerksam  machen  auf  .    .   . ; 

to  call  (particttlar)  —  to  .  .   .  (besonders)  aufmerksam  machen  auf  .   .  . ; 

to  draw  one's  —  upon  (neben  to)  .   .  .  jmds.  aufm,  auf  .  .  .  lenken ; 

object  of  —  to  him  gegenständ  seiner  aufmerksamkeit; 

with  the  dosest  —  to  econoniy  durchaus  auf  sparen  berechnet; 
*  au  gilt,    for  —  /  kno~ii  soviel   ich  weiss; 
*aug7ir.     this  — j-  i II  for  .  .  .  das  ist  eine  schlimme  Vorbedeutung  für  .  .   .; 

awake.     to  —  />vw  sbimber  aus  dem  Schlummer  erwachen. 

An  der  deutschen  wiedergäbe  der  englischen  ausdrücke  (von  der  französi- 
schen rubrik  dürfen  wir  hier  absehen)  lässt  sich  vieles  tadeln.  Wenn  die  Über- 
setzung wirklich  dem  in  der  vorrede  angegebenen  zweck  entsprechen  soll ,  so 
muss  sich  der  deutsche  ausdruck  in  allen  den  fällen  von  dem  englischen  emanci- 
piren,  wo  eine  wörtliche  Übertragung  kein  »idiomatisches  Deutsch«  sein  würde, 
andrerseits  dürfte  aber  auch  nicht  ohne  noth  eine  von  der  englischen  abweichende 
Wendung  gewählt  werden.  Gegen  beides  ist  häufig  gefehlt.  Beispiele  finden  sich 
wieder  gleich  auf  der  ersten  seile.  Bei  »er  ist  ein  advocat  (apotheker,  Schneider) « 
wäre  das  »ein«  besser  weggeblieben.  »Verlassen  Sie  Ihre  schlechte  lebensbahn« 
documentirt  sich  sofort  als  Übersetzung  des  englischen  abandon  yottr  evil  cotirse  of 
life.  What  is  it  all  about?  heisst  doch  eher  »was  gibt's  denn  eigentlich?«  als 
»was  soll  das  heissen?«  That  is  jiist  about  it  ist  durch  »so  steht's  mit  der  sache« 
auch  nicht  glücklich  wiedergegeben.  What  are  you  talking  about!  ist  wol  nicht 
»was  schwatzen  Sie  denn  da?«  sondern  »das  verstehen  Sie  ja  gar  nicht!«  »Die 
uhr  ist  im  begriff  zehn  zu  schlagen«  müsste  heissen  »die  uhr  wird  sogleich  zehn 
schlagen«  etc.  Der  herausgeber  wird  sich  in  bezug  auf  den  deutschen  text  für 
die  folge  wol  noch  mehr  correcturen  von  selten  seines  deutschen  mitarbeiters  ge- 
fallen lassen  müssen  als  in  der  vorliegenden  ersten  lieferung.  Dass  nicht  etwa 
der  letztere,  dr.  O.  Hölscher,  an  den  mangeln  der  deutschen  abtheilung  die 
schuld    trägt,     beweist   z.    b.    die   nach   englischen    quellen    ganz    musterhaft    ge- 


Lehr-  und  Übungsbücher   für  die  englische  spräche.    IV  ^87 

schriebene  einleitung  zu  seiner  soeben  in  der  Weidmann' sehen  Sammlung  er- 
schienenen Schulausgabe  von  Robertsons  Karl  V. 

Im  ganzen  genommen  ist  de  Sainte-Claire's  Dictionary  of  English,  French, 
and  German  idioms  jedenfalls  ein  recht  brauchbares,  praktisches  buch.  Für  die 
gründliche  eigne  kenntniss  einer  spräche  kann  dasselbe  selbstverständlich  keinen 
ersatz  bieten.  Denn  nicht  nur  grammatisches  und  idiomatisches  Französisch  oder 
Deutsch  sind,  wie  der  Verfasser  in  der  vorrede  bemerkt,  zwei  sehr  verschiedene  dinge, 
sondern  auch  zwischen  einer  Zusammenstellung  von  grammatischen  regeln  nebst 
einer  coUection  idiomatischer  Wendungen  und  dem  lebendigen  Organismus  einer 
spräche  ist  ein  sehr  grosser  unterschied.  So  lange  wir  fremde  sprachen  an  ein- 
zelnen regeln  und  sätzen  lernen  wollen,  werden  wir  allerdings  auf  ein  wirkliches 
verständniss  der  spräche  von  vornherein  verzichten  und  froh  sein  müssen,  wenn  in 
praktischen  fragen  unsrer  rathlosigkeit  ein  werk  wie  das  vorliegende  zu  hilfe 
kommt. 

Wiesbaden,  november  1S79.  W.  Victor. 


LEHR-  UND  ÜBUNGSBÜCHER  FÜR  DIE  ENGLISCHE  SPRACHE. 

IV.') 

Englisches  lesebuch  für  real-  und  höhere  bürgerschulen  nebst  Wörterbuch  mit  aus- 
sprachebezeichnung  von  H.  Bretschn eider,  realschul-oberlehrer.  Hannover, 
Hahn'sche  buchhandlung  1879.     8°,   344  selten.     Pr. :  Mk.  2,40. 

Schon  wieder  eine  neue  englische  Chrestomathie ,  wird  mancher  der  herreu 
fachgenossen  ausrufen ,  hat  sie  denn  auch  eine  berechtigung  zu  ihrer  existenz  ? 
Wir  stehen  nicht  an,  ihr  dieselbe  aus  voller  Überzeugung  zuzusprechen  und  zwar 
um  so  mehr,  da  sie  namentlich  für  solche  schulen  berechnet  ist,  die  das  Englische 
nur  zwei  bis  drei  jähre  treiben,  die  sich  also  nicht  gut  auf  die  lectüre  verschiedener 
Schriftsteller  einlassen  können,  und  da  sie  nach  einigen  seiten  hin  neue  und  nach 
unserem  dafürhalten  praktische  wege  eingeschlagen  hat.  So  hat  der  herr  Verfasser 
nicht  abgerissene  stücke  über  die  verschiedensten  gegenstände  ausgewählt,  sondern 
in  der  bauptsache  sich  darauf  beschränkt,  lesestücke  vorzuführen,  deren  Inhalt  sich 
auf  England  und  englische  Verhältnisse  bezieht.  Deshalb  finden  \vir  nicht  nur  eine 
fast  zusammenhängende  erzählung  der  englischen  geschichte  von  the  Invasion  of 
Britain  by  J.  Caesar  bis  James  I.  (nach  der  jugendschriftstellerin  Mrs.  Markham), 
sondern  auch  viele  stücke  über  Englands  geographische  läge,  klima,  politische  und 
kirchliche  Verfassung ,  producte ,  heer,  flotte ,  über  englische  sitten  und  gebrauche, 
ferner  biographien  einiger  hervorragender  männer  wie  Shaksjieare,  Milton ,  Scott, 
Penn,  Stephenson  u.  s.  w.  Dabei  ist  die  geschichte  sehr  geschickt  mit  charakteri- 
stischen ausschmückungen  versehen,  so  z.  b.  die  geschichte  Alfreds  mit  dessen  be- 
kanntem dramatisirten  .aufenthalte  beim  hirten,  die  geschichte  Kanuts  mit  dem  ge- 


i)  Eine  uns  vorliegende,  ausführliche  liespiechung  der  Wciilmann' scheu 
»Sammlung  englischer  Schriftsteller  mit  deutschen  anmerkungen«  musste  leider  aus 
niangel  an  räum  für  das  nächste  heft  zurückgelegt   werden.  Die  red. 

25* 


388 


Litteratur 


sprach  zwischen  ihm  und  seinen  höflingen ,  die  geschichte  Jakobs  mil  einigen 
proben  aus  der  bibelübersetzung ,  die  biographie  Shakspeares  mit  2  Tales  von 
Ch.  Lamb  (ihe  Merchant  of  Venice  und   the  Taming  of  the  Shrew). 

In  ähnhcher  weise  ist  das  ganze  bis  Seite  221  durchwoben  mit  passenden 
fabeln,  anecdoten,  erzälilungen,  gesprächen  u.  s.  w.  Alsdann  folgen  von  seile  221 
bis  244  verschiedene  gedichte ,  von  seile  245 — 252  die  vocabeln  zu  nr.  i — 12,  von 
seile  253 — 267  bemerkungen  über  vorkommende  synonyme  und  erklärungen  über 
personen  und  sachcn',  von  seile  268  —  338  das  alphabetische  Wörterbuch,  von 
seile  340 — 342  die  ausspräche  der  eigennamen.  Den  schluss  bildet  eine  karte  von 
England  mit  den  im  texte  vorkommenden  Ortschaften.  Der  stil  der  betreffenden 
leseslücke  ist  meist  einfach  und  leicht,  weder  hochtrabend,  noch  niedrig-komisch, 
noch  satirisch. 

Lob  verdient  auch  die  äussere  ausstattung ,  die  beigegebenen  porträts ,  der 
druck  und  das  papier  des  buches,  sowie  der  massige  preis  (mk.  2,40). 

Nach  alle  dem  ist  zu  erwarten,  dass  das  buch  sich  in  unsern  schulen  bald 
bahn  brechen  und  eine  zweite  aufläge  erleben  wird ,  in  welcher  dann  die  noch 
vorhandenen  mängel  beseitigt  werden  können. 

Als  solche  sehen  wir  zunächst  eine  kleine  inconsequenz  in  der  aussprache- 
bezeichnung  an.  Während  nämlich  der  gewöhnliche  kurze  laut  der  vocale  a,  e,  i, 
o,  y  mit  ä,  ö,  i,  e,  y  bezeichnet  ist,  nimmt  der  herr  Verfasser  beim  gewöhnlichen 
kurzen  u  zu    einem  punkte  unter  dem  u,  also  u,  seine  Zuflucht. 

Auf  seile  IX  heisst  es:  »Die  mit  einem  zeichen  versehene  silbe  hat  auch  den 
accent.  Bei  mehreren  zeichen  ist  das  der  betonten  silbe  grösser  und  fetter  ge- 
druckt.« Leider  ist  dies  mehrmals  nicht  der  fall,  oder  der  unterschied  der  typen 
ist  so  gering,  dass  er  nicht  leicht  zu  erkennen  ist,  z.  b.  seile  5  Augustin,  seile  248 
Römän,  seile  251  real,  seile  308  melamürphöse,  seile  399  muscülär.  Wir  möchten 
herrn  Breischneider  für  diese  fälle  empfehlen,  entweder  den  betreffenden  vocal 
fett  drucken  zu  lassen ,  oder  die  betonte  stelle  mit  einem  '  zu  versehen. 

Endlich  sind  eine  verhältnissmässig  grosse  zahl  von  druckfehlern  stehen  ge- 
blieben ;  ausser  den  bereits  seile  343  angeführten  sind  uns  noch  mehrere  aufgefallen, 
so  z.  b.  seile  12  minstrel  statt  min'strel,  seile  127  herring  st.  herrings,  seile  154 
bans  St.  buns,  seile  246  säid  (?),  seile  249  persue  und  persuit  richtig  im  texte 
seile  4  pursue  und  pursuil,  seile  308  mortgage  st.  morfgage,  seile  328  stifle  st. 
stlfle;  seile  341  muss  es  vor  Aesop  unten  st.  oben  heissen. 

Trotz  dieser  mängel ,  die  den  werlh  des  buches  nur  wenig  beeinträchtigen, 
gehört  diese  Chrestomathie  zu  den  besten ,  und  können  wir  sie  daher  namentlich 
für  realschulen  II.  o.  und  verwandte  anstallen  aus  voller  Überzeugung  warm 
empfehlen. 

Georg  Slorme,   Materialien    zum  übersetzen  aus  dem  Deutschen    ins  Englische. 

Lyceum  I.  Hannover.       Zweite   aufläge.      Hannover,    Carl    Meyer.     1876.      8°. 

96  seilen.     Pr. :   geh.  mk.   i . 

Wer  neben  den  Übungsstücken  der  in  seiner  schule  eingeführten  grammatik 
noch  Stoff  zum  übersetzen  braucht ,  der  findet  hier  einen  geeigneten ;  denn  das 
buch  enthält  172  prosaische  und  13  poetische  stücke.  Durch  die  unten  stehenden 
englischen  vocabeln  wird  die  Übersetzung  den  schülern  sehr  erleichtert  werden ; 
freilich  hätten  die  Wörter  mit  einer  aussprachebezeichnung  versehen  sein  sollen, 
denn  oft  genug  werden  nun  die  schüler  um  der  ausspräche  willen  doch  das  lexikon 


Lehr-  und  Übungsbücher  für  die  englische  spräche.    IV  389 

zu  rathe  ziehen  müssen.  Hier  und  da  fehlt  auch  die  Übersetzung  eines  wortes, 
das  sie  möglicherweise  nicht  einmal  im  Wörterbuch  finden  werden,  z.  b.  seite  2 
ein  altermann  (d.  h.  rathsherr,  stadtrath),  seite  21  speisestunde. 

Was  übrigens  die  Übertragung  deutscher  gedichte  in  eine  fremde  spräche  von 
selten  der  schüler  betrifft ,  so  können  wir  uns  mit  derselben  nicht  befreunden. 
Leidet  schon  die  prosa  durch  die  Übersetzung,  so  noch  vielmehr  die  poesie.  Wenn 
die  Übersetzung  der  letzteren  noch  einigen  werth  haben  soll ,  so  müsste  sie  wenig- 
stens in  entsprechendem  versmasse  und  reimen  gemacht  werden ,  und  das  dürfte 
doch  von  unsern  schülern  zu  viel  verlangt  sein. 

Abgesehen  von  diesen  wenigen  ausstellungen  ist  das  buch  wegen  der  mannig- 
faltigkeit  seines  Inhaltes  und  der  einfachheit  des  satzbaues  namentlich  für  die 
beiden  secunden  der  realschulen  empfehlenswerth. 

Idiomatisches  Englisch  für  Deutsche.  Eine' Sammlung  der  gebräuchlichsten  redens- 
arten  und  anglicismen  von  George  Boyle,  professor  der  englischen  spräche 
an  der  königl.  preussischen  vereinigten  Ingenieur-  und  artillerieschule,  docenten 
an  der  berliner  akademie  für  moderne  philologie.  Berlin  1878.  Verlag  von 
F.  A.  Herbig.     Pr. :   ungeb.  mk.    1,20. 

Dies  buch  enthält  auf  140  seilen  in  deutscher  alphabetischer  Ordnung  eine 
Sammlung  der  geläufigsten  und  nützlichsten  redensarten  der  deutschen  und  eng- 
lischen spräche,  die,  wie  der  herr  Verfasser  in  der  vorrede  sagt,  vor  acht  jähren 
begonnen  und  in  dieser  zeit  oft  in  der  schule  und  im  Privatunterrichte  angewendet 
worden  ist.  In  einem  anhange  finden  sich  die  häufigst  citirten  stellen  aus  der 
bibel  und  den  beliebtesten  englischen  Schriftstellern,  namentlich  Shakespeare.  Durch 
diesen  inhalt  hilft  das  buch  einem  gefühlten  bedürfnisse  ab.  Denn  wenn  die 
schüler  die  Schwierigkeiten  der  syntax  überwunden  haben  und  zur  anfertigung  freier 
arbeiten  übergehen  sollen ,  finden  sie  neue  Schwierigkeiten  namentlich  darin  ,  dass 
sich  viele  ausdrücke  gar  nicht  wörtlich  übersetzen  lassen.  Das  vorliegende  buch 
wird  in  vielen  fällen  hierbei,  sowie  bei  Sprechübungen  sehr  gute  dienste  leisten. 

Was  die  idiomatischen  ausdrücke  an  und  für  sich  anlangt ,  so  dürfte  daran 
kaum  etwas  auszusetzen  sein;  höchstens  hätte  noch  öfter  ein  zweiter  ausdruck 
angegeben  werden  können,  z.  b.  seite  46  einem  gesellschaft  leisten  to  keep  one 
in  countenance,  dazu  noch  das  gewöhnlichere  to  bear  (keep)  one  Company,  seite  68 
er  legt  sich  darauf  he  makes  it  his  study,    dazu  noch  to  apply  one's  seif  to. 

Aus  dem  gesagten  ergibt  sich ,  dass  das  buch  in  den  obersten  classen  recht 
gut  zu  gebrauchen  ist. 

Zwickau,  Deutsch  bein. 

W.  Schlee,  Die  geschichte  Englands.  Erster  theil :  Von  der  Britenzeit  bis  1399. 
Für  die  oberen  classen  der  realschulen  I.  o.  zum  übersetzen  ins  Englische  be- 
stimmt und  mit  lexikalischen  und  grammatikalischen  bemerkungen  versehen. 
Bielefeld,  in  commission  bei  M.  Pfeffer.      1879. 

Die  für  den  Unterricht  in  den  neueren  sprachen  an  den  realschulen  angesetzte 
Stundenzahl  ist  zu  klein,  als  dass  die  lehrer  in  diesen  fiichern  nicht  d.irauf  bedacht 
sein  sollten,  die  zeit  möglichst  auszukaufen.  Sie  müssen,  in  ermangelung  eines 
besseren,  auch  die  der  grammatik,  d.  h.  die  dem  übersetzen  in  die  fremde  spräche 
gewidmete  zeit  dazu  benutzen,  um  ihre  schüler   mit  der  geschichte    und  lilteralur- 


390 


Litteratur 


geschichte  des  Volkes  bekannt  zu  machen.  Aus  diesem  gründe  möchte  ich  ihnen 
ftlr's  Französische  besonders  die  Bertram'schen  Übungsbücher  und  das  von  Wiillen- 
weber  empfehlen. 

Für  das  Englische  scheint,  dem  titel  nach,  Jaep's  England  einen  ähnlichen 
zweck  zu  verfolgen ;  jedoch  ist  mir  das  buch  noch  nicht  zu  gesicht  gekommen. 
Die  vorliegende  arbeit  von  Schlee  spricht  schon  auf  dem  Umschlag  ihren  zweck 
deutlich  aus. 

Sie  macht  nicht  darauf  anspruch,  eine  neue  quellenmässigc  forschung  zu  sein, 
sondern  ein  aus  verschiedenen  englischen  und  deutschen  geschichlswerken  ab- 
geleitetes hülfsmittel,  um  den  englischen  Unterricht  in  den  oberen  classen  der  real- 
schulen  sachlich  zu  vertiefen,  indem  sie  die  schüler  genauer  mit  der  ge- 
schichte  der  Verfassung  und  mit  dem  leben  des  Volkes  bekannt  macht. 

Der  Verfasser  hat  sich  bemüht,  einfaches,  gutes  Deutsch  zu  schreiben  und 
nicht  die  muttersprache  im  interesse  der  leichtigkeit  der  Übersetzung  verdreht,  was 
noch  manchmal  zu  geschehen  pflegt.  Unten  an  den  selten  finden  sich  hinweisungen 
auf  die  grammatik  von  Gesenius  (Halle,  Gesenius),  welche  den  schüler  an  einige 
besonders  wichtige  grammatische  erscheinungen  der  englischen  spräche  erinnern 
sollen.  Häufig  wird  durch  eine  frage  das  nachdenken  auf  den  synonymischen 
unterschied  verschiedener  ausdrücke  hingelenkt.  Neben  diesen  grammatischen  finger- 
zeigen  finden  sich  vocabeln ;  personennamen  nur  da ,  wo  die  englische  form  sich 
von  der  deutschen  unterscheidet.  Der  Verfasser  hat,  wie  er  erklärt,  alle  diese  be- 
merkungen  nicht  am  ende  des  buches  zusammengestellt,  weil  das  buch  für 
solche  schüler  bestimmt  ist,  die  bereits  wissen  sollen,  dass  sie  nicht  für  den  lehrer, 
sondern  für  sich  lernen. 

Ich  habe  das  buch  genau  durchgelesen  und  im  grossen  und  ganzen  bin  ich 
mit  demselben  einverstanden.  Der  stoff  ist  in  einer  dem  zweck  entsprechenden 
weise  bearbeitet.  Beispielsweise  mache  ich  auf  einige,  für  schüler  besonders  lehr- 
reiche stellen  aufmerksam :  seite  9  die  ableitung  der  endungen -cester  und  -coln  aus 
castra  und  colonia,  street  aus  strata ;  seite  30  die  ableitung  der  endung  by  in  vielen 
Ortsnamen  in  Yorkshire,  Lincoln,  Nottingham ,  überhaupt  in  dem  ganzen  Danelaw 
aus  dem  dänischen  bye  =  dorf,  Stadt,  flecken;  seite  61  die  bemerkung  über  das 
verhältniss  der  englischen  und  französischen  demente  in  der  englischen  spräche 
des  18.  Jahrhunderts,  lieber  diesen  gegenständ  hat  sich  Walter  Scott  in  dem  an- 
fang  seines  Ivenhoe  in  einer  ebenso  richtigen  wie  geistreichen  und  interessanten 
weise  ausgesprochen.  Die  stelle  sollte  keinem  schüler  der  obersten  classen  un- 
bekannt sein ,  und  verdiente  in  dem  buche  abgedruckt  zu  werden.  Passend  ist 
femer  die  hinweisung  auf  die  Canterbury  Tales  seite  80,  die  erklärung  von  curfew 
Seite  84  und  85 ,  vvo  wiederum  auf  Scott's  Ivanhoe  hingewiesen  werden  könnte  • 
die  besprechung  der  Magna  charta  seite  99 ;  die  hinweisung  auf  Shakspeare 
seite  105;  die  erklärung  des  titeis  Prince  of  Wales  seite  119,  die  bemerkung 
über  die  krönung  der  englischen  könige  seite  123,  über  die  commons  und  die 
Magna  charta  seite  127  bis  zum  schluss  des  capitels ;  und  endlich  die  hinweisung 
auf  Shakspeare  seite  166.  Die  grammatikalischen  fingerzeige,  fragen  und  hin- 
weisungen auf  Synonyma  sind  gleichfalls  zweckentsprechend.  Dass  an  mancher 
stelle  dem  einen  in  dieser  hinsieht  zu  viel,  dem  andern  zu  wenig  des  guten  gethan 
sein  mag,  versteht  sich  von  selbst, 

Soll  ich  nun  noch  bemerken,  was  ich  bei  einer  etwaigen  zweiten  aufläge  an 
dem    buche    geändert   wünschte,    so   wäre    es    vor    allem    die    stelle   der  vocabeln. 


Lehr-  und  Übungsbücher  für  die  englische  spräche.  IV  ^gi 

Freilich  hat  der  Verfasser  recht,  dass  die  schüler  der  ersten  classe  wissen  sollen, 
dass  sie  für  sich  und  nicht  für  den  lehrer  lernen.  Weiss  aber  ein  jeder,  was  er 
wi.ssen  soll?  Und  selbst  wenn  man  es  weiss,  handelt  man  nicht  oft  gegen 
besseres  wissen  und  gewissen  ? 

Mit  der  sprachlichen  behandlung  des  Stoffes  bin  ich  im  ganzen  einverstanden. 
Dasjenige ,  was  ich  in  dieser  hinsieht  verändert  sehen  möchte ,  bezieht  sich  meist 
auf  den  gebrauch  von  fremdwörtern  ,  die  Wortstellung  und  die  zu  häufige  Wieder- 
holung derselben  ausdrücke  rasch  auf  einander. 

So  z.  b.  Seite  32,  zeile  6  von  oben  steht  »cousin«  statt  »vetter«,  seite  36  in 
der  dritten  zeile  und  in  der  mitte  »monarchie«  und  »des  legitimen  nachfolgersf. 
Warum  nicht  »königsherrschaft«  und  »rechtmässig«;  seite  37  oben  »gouverneure« 
für  »Statthalter«,  seite  160  ganz  unten  Hesse  sich  »frivole  anklage«  vielleicht 
durch  »unbegründete  a,«  wiedergeben.  Freilich  möchte  hier  vielleicht  das  fremd- 
wort  um  des  darin  enthaltenen  nebensinnes  den  vorzug  verdienen.  Gerade  von  den 
Franzosen  kann  man  lernen,  dass  man  fremdwörter  nur  da  anwenden  soll,  wo  sie 
gar  nicht  zu  entbehren  sind.  Vorliegendes  buch  leidet  nicht  mehr,  vielleicht  we- 
niger an  dem  genannten  fehler  als  die  meisten  anderen ,  die  in  Deutschland  ge- 
druckt werden.  Aber  gerade  wegen  der  grossen  Verbreitung  desselben  ist  es  nöthig, 
dass  darauf  aufmerksam  gemacht  werde.  Einen  komischen  und  manchmal  wider- 
lichen eindruck  machen  diese  fremdwörter  in  büchern,  wo  auf  die  Franzosen  und 
auf  die  armuth  und  Jämmerlichkeit  ihrer  spräche  geschimpft  wird ;  und  da  findet 
man  sie  eben  am  meisten. 

Ein  anderer  punkt ,  in  dem  man  von  den  Franzosen  lernen  kann ,  ist  die 
Wortstellung,  und  es  gibt  schwerlich  etwas,  worin  bei  uns  mehr  gefehlt  wird.  In 
dieser  hinsieht  mache  ich  auf  folgende  stellen  aufmerksam.  Seite  37  oben: 
»Die  adlig  wegen  ihres  landbesitzes  warenc,  besser  »die  wegen  ihres  1.  adlig 
waren«.  Seite  52,  zeile  11 :  Statt  »sein  mann  mit  leib  und  und  gliedern  sein«, 
besser  »mit  1.  und  g.  sein  m.  s.«  Seite  81  unten;  Statt  »selbst  indessen  auf  dem 
festlande  durch  fehden  mit  seinen  rebellischen  vasallen  zurückgehalten<,  lieber  »selbst 
i.  durch  f.  m.  s.  r.  v.  auf  dem  f.  zurückgehalten«. 

Endlich  die  Wiederholung  derselben  ausdrücke.  Seite  37  steht  in  vierzehn 
Zeilen  achtmal  »waren«,  dazu  mehrmals  »viele«  und  »sehr  viele«  rasch  aufeinander, 
sogar  in  einer  zeile  »aber«  und  »stand«  beide  wiederholt,  wo  sich  das  eine  »aber« 
leicht  in  »jedoch«  umwandeln  liess.  Seite  42  unten  kann  ein  aber  in  »auch«  um- 
geändert werden,  um  die  Wiederholung  des  wortes  zu  vermeiden:  »Auch  war  dafür 
gesorgt«. 

Einige  druckfehler:  Seite  31,  zeile  il  von  unten  steht  »Eanterbury«  für 
»Canterbury«  ;  seite  45,  zeile  l  »das«  statt  »dass«  ;  seite  lOl  unten  »abschiessen« 
statt  »abschliessen«  ;   seite  163  unten:  des  herzog  statt  herzogj. 

Nun  noch  folgende  einzelheilen.  Seite  37  oben  heisst  es:  »alle  übrigen 
der  angelsächsischen  bevölkerung«,  lieber:  »die  ganze  übrige  agls.  bevölkerung«. 
Seite  42  unten:  »diese  härten  zu  mildem«,  muss  heissen:  »dass  diese  härten  ge- 
mildert werden«.  Seite  46  unten  lies:  ixias  sogenannte-  trivium«  statt  ^tüm  so- 
genannte« trivium.  Seite  72  oben:  »die  kämpfe  Heinrichs  IL,  welche  er«,  besser: 
»die  kämpfe,  welche  Heinrich  IL«.  Seite  88,  zeile  6  finden  wir  wieder  einen  in 
unsern  neueren  Schriftstellern  überaus  häufig  Ivorkommenden  fehler:  Richard«, 
heisst  es  daselbst,  »blieb  in  gefangenschaft ,  aus  der*.  Da  gefangenschaft  ohne 
artikel    steht ,    kann    »der«    sich    nicht    darauf  zurückbeziehen.     Seite   1 10,    zeile  5 


392 


Litteralur 


lies;  »eiiKT-f  jüngere«  sohnes«  statt  »ein  jüngerer  söhn«.  Seite  145  in  der  mitte 
stellt:  »durch  die  bevölkerung  dieser  Stadt  mit  Engländern«,  muss  heissen:  »da- 
durch, dass  er  diese  Stadt  mit  Engländern  bevölkerte«. 

Die  von  mir  gemachten  ausstellungen  mögen  zeigen,  dass  ich  das  buch  auf- 
merksam gelesen,  und  wenn  ich  es  zum  schluss,  auch  wegen  seiner  formellen 
eigenschaften,  nochmals  empfehle,  dieser  empfehlung  mehr  werth  geben.  Was 
die  fortsetzung  betrifft,  so  wäre  es  vielleicht  rathsam,  sie  kürzer  zu  fassen,  damit 
nicht  die  brauchbarkeit  des  buches  unter  dem  zu  grossen  umfang  leide. 

Bielefeld.  C.  Humbert. 

Englische  Chrestomathie  von  F.  A.  Nicolai.     Iserlohn.     Bädecker.      1879. 

Dem  »bedürfniss  der  englischen  lectüre  auf  der  ganzen  mittleren  stufe  höherer 
lehranstalten«  durch  eine  neue  Chrestomathie  entgegen  zu  kommen,  was  der  heraus- 
geber  als  sein  ziel  bezeichnet,  halten  wir  für  einen  richtigen  gedanken.  Unter  der 
Unzahl  von  englischen  lehrbüchern ,  die  fort  und  fort  entstehen ,  fehlt  es  auch  an 
Chrestomathien  nicht.  Aber  entweder  machen  sie  sich  durch  angäbe  der  Wort- 
bedeutungen unter  dem  texte  für  besonnenen  Unterricht  unmöglich ,  oder  es  wird 
durch  gänzliches  fehlen  eines  vocabulars  dem  jungen  schüler  mehr  als  gut  ist  zu- 
gemuthet,  oder  man  hat  an  auswahl  und  anordnung  des  Stoffes  anstoss  zu  nehmen. 
Wie  die  auswahl  der  in  den  oberen  classen  zu  lesenden  Schriftsteller  mit  viel 
Willkür  und  incompetenz  geschieht,  so  kann  auch  für  die  Chrestomathie  der  mittel- 
stufe  weit  mehr  gewissenhaftigkeit  gefordert  werden.  Dass  aber  auf  dieser  stufe, 
ober-tertia  und  unter-secunda,  eine  Chrestomathie  überhaupt  gebraucht  werde,  halten 
wir  für  sehr  wünschenswerth.  Denn  der  anhang  von  lesestücken ,  welchen  die 
grammatischen  lehrbücher  für  diese  stufe  zu  geben  pflegen,  ist  knapp ;  es  ist 
schon  dem  lehrer  zu  viel  zugemuthet,  wenn  er  immer  dasselbe  lesen  soll,  und  den 
Schüler  regt  es  an,  ein  eigenes  lesebuch  zu  haben;  sogleich  aber  einen  autor  ein- 
zuführen ,  empfiehlt  sich  deswegen  nicht ,  weil  auf  grössere  mannigfaltigkeit  des 
Stoffes  zu  mehrerer  orientirung  in  der  spräche  und  zur  gewinnung  eines  ordent- 
lichen vocabelschatzes  werth  gelegt  werden  muss. 

Der  versuch  Nicolai's  bewegt  sich,  um  dies  sogleich  zu  sagen,  in  den  bahnen, 
die  auch  wir  einschlagen  würden  und  längst  eingeschlagen  zu  sehen  wünschten. 
Bei  befriedigender  äusserer  ausstattung  enthält  die  Chrestomathie  ein  reiches  ma- 
terial,  grosse  mannigfaltigkeit  bei  guter  Ordnung,  lauter  abgerundete  und  durchweg 
für  den  schüler  geeignete  und  interessante  stücke.  Sie  vermeidet  die  sonst  sich 
so  breit  machenden  kinderbücherextracte,  sie  steigt  bis  zu  Schriftstellern  wie  Milton, 
wie  Carlyle,  zu  rednern  wie  Brougham  hinauf,  und  verlässt  auch  in  diesen  frag- 
menten  doch  nicht  eigentlich  das  niveau  der  jungen  leser.  In  dem  poetischen 
theile  sind  allerdings  vorwiegend  die  gedichte  vertreten,  welche  einmal  herkömm- 
licher weise  in  dergleichen  anthologien  figuriren  und  welche  sich  keineswegs  alle 
so  besonders  eignen.  Byron's  »Fare  thee  well«  z.  b.  ist  durchaus  kein  gedieht 
für  kinder,  und  wie  man  es  als  solches  verwenden  will,  ist  eigentlich  unbegreiflich, 
dennoch  figurirt  es  stets  in  diesen  Sammlungen.  Mit  etlichen  sachen  von  Tennyson 
und  auch  von  Moore  ist  es  kaum  anders.  (Eine  andere  neuere  Chrestomathie  hat 
es  freilich  sogar  für  passend  gehalten,  als  allerersten  lectürestoff  für  die  abtheilung 
der    »Unterstufe«    Moore's    »Last   rose   of  summer«    zu   geben !)     Dass  bei  Nicolai 


Lehr-  und  Übungsbücher  für  die  englische  spräche.   IV  ■jq'i 

unter  den  gedichten  die  Ordnung  vom  leichteren  zum  schwereren  durchgeführt  sei, 
können  wir  nicht  überall  finden ;  das  ist  überhaupt  nicht  leicht,  und  übrigens  eine 
majigelhafte  folge  hier  kein  unglück.  Dass  das  sentimentale  stark  vorwiegt,  ist 
einer  jener  züge ,  die  sich  nun  einmal  in  englischen  anthologien  herkömmlich 
finden.  Dafür  fehlt  aber  auch  kräftigere  poesie  nicht,  und  die  aufnähme  der  stücke 
aus  Shakspeare,    Milton  und  Byron  ist  nicht  zu  missbilligen. 

So  hätten  wir  denn  das  buch  gern  willkommen  geheissen  und  zum  practischea 
gebrauch  empfohlen.  Aber  wir  haben  auch  ausstellungen  zu  machen ,  und  zwar 
gewichtige.  Ja,  dieselben  sind  so  gross,  dass  wir  uns  trotz  allem  gesagten  mit 
dem  buche  —  vorläufig  wenigstens  —  durchaus  nicht  befreunden  können  und 
dürfen.  Mit  obigem  ist  im  gründe  doch  nur  der  plan  anerkannt,  der  ja  bei  einer 
Chrestomathie  immerhin  die  hauptsache  ist.  Die  gesammte  ausführungsarbeit  aber 
lässt  gewaltig  zu  wünschen  übrig.  Wir  können  schon  nicht  gleichgültig  sein  gegen 
die  grosse  zahl  von  druckfehlern,  welche  das  buch  durchziehen  (mit  Narative  com- 
position  beim  register  beginnend,  und  so  weiter,  im  poetischen  theile  am  störendsten 
hervortretend,  aber  dann  namentlich  auch  anstössig  im  Wörterbuch,  wo  »to  get 
assistance  hülfe  leisten«,  »night-grown«,  «occurrenje«,  »streng///«,  »to  draw  a  com- 
parison  einen  verdienst  machen«  herausgegriffene  beispiele  sind.)  Das  verzeich- 
niss  dieser  errata  zu  entwerfen  fühlen  wir  uns  nicht  veranlasst.  Schlimmer  ist, 
dass  die  fassung  der  noten  durchweg  von  ärgerlicher  nachlässigkeit  ist.  Auf  ge- 
wähhheit  des  ausdrucks ,  auf  sprachliche  und  sachliche  präcision ,  auch  nur  auf 
stilistische  correctheit  wird,  wie  es  scheint,  durchaus  nicht  reflectirt.  Die  gelehrten- 
titel  des  herausgebers  auf  dem  titelblatt  contrastiren  seltsam  mit  der,  um  ein  ganz 
gelindes  wort  zu  gebrauchen,  unwissenschaftlichkeit  seiner  glossen.  Da  dieser  Vor- 
wurf nicht  leicht  ist,  so  muss  uns  gestattet  sein,  etliches  beweismaterial  hieher- 
zusetzen, von  dessen  erläuterung  wir  aber  vollständig  absehen  dürfen.  Pag.  55: 
Doge,  der  oberste  Staatsbeamte,  welcher  auch  Duke  of  Venice  hiess.  59:  The 
Moors ,  Einwohner  von  Mauritiania  (jetzt  die  Barbareskenstaaten)  im  norden  von 
Afrika.  Sie  waren  ein  zweig  der  Araber  oder  Mohamedaner,  Sie  heissen  auch 
Saracenen  d.  h.  östliche  Völker.  61:  A  new  route  to  the  East.  Dieser  weg  ist, 
bis  zu  einer  ausdehnung  wenigstens,  ersetzt  durch  den  Suezcanal.  70:  The  Co- 
lisaeum,  ein  sehr  grosses  amphitheater  in  Rom,  in  welchem  kämpfe  mit  wilden 
thieren  und  andere  Vergnügungen  aufgeführt  wurden.  83  :  The  Rocky  Mountains. 
Diese  gebirgskette  durchzieht  ganz  Nordamerika ,  von  norden  nach  süden.  Der 
höchste  berg  dieses  gebirges  ist  Freemont  Peak  ...  in  den  Wind  River  Moun- 
tains ...  Im  norden ,  in  den  Chippewayan  Range  gibt  es  noch  einige  höhere 
berge,  z.  b.  Mount  Hooker  und  Mount  Brown  etc.  87:  Orpheus  ,  .  .  Seine  ge- 
schicklichkeit  als  dichter  und  musiker  ging  so  weit,  dass  felsen  und  bäume  ihm 
folgten.  106:  Bedouins ,  ein  stamm  herumwandernder  Araber,  welche  in  zelten 
wohnen  und  in  Arabien  und  einigen  theilen  Afrika's,  welche  an  Asien  grenzen, 
vereinzelt  und  zerstreut  leben.  108:  German  Diet,  die  Zusammenkunft  der  fürsten, 
welche  den  bund  des  deutschen  reiches  bildeten.  Diet  hiessen  diese  Zusammen- 
künfte, weil  die  Sitzungen  von  tag  zu  tag  stattfanden  (lat.  dies  ein  tag).  Die 
letzte  Zusammenkunft  fand  im  jähre  1866  in  Frankfurt  statt.  Das  parlament  des 
neuen  deutschen  kaiserreiches  kommt  in  Berlin  zusammen,  ib.:  Feudalisni ,  das 
regierungssystem,  unter  welchen  länder  von  einem  vasallen,  von  einem  oberen  oder 
höheren  gehalten  wurden,  und  zwar  unter  der  bedingung,  dass  der  erstere  dem 
letzteren    militärische    dienste    leiste.      Iil:    Talmud,    das   buch,    welches   das  alte 


394 


Litlcrauir 


jüdische  gesetz  enthält.  141  :  The  Samson.  Sanison  war  der  grosse  militärische 
richter  und  befreier  Israels  etc,  ib.:  The  Epicurean.  Die  Epicuräer  waren  die 
nachfolger  des  Epicurus,  welcher  271  v.  Chr.  starb.  Ihr  charakteristisches  merkmal 
war  das  vergnügen.  142  :  The  Sophist.  Die  Sophisten  waren  eine  untere  klasse 
von  lehrcrn  in  Athen,  welche  sich  mit  Wortspielen  beschäftigten. 

Wer  wird  noch  weitere  belege  hören  wollen  !  Sie  ständen  reichlich  zur  Ver- 
fügung, Unter  solchen  umständen  kann  eine  praktische  Verwendung  der  Chresto- 
mathie gar  nicht  eigentlich  in  frage  kommen  und  eine  Verbreitung  des  buches 
könnte  nur  durch  künstliche  mittel  erwirkt  werden.  Zum  mindesten  würden  wir 
der  Verlagshandlung  rathen,  eine  gratis -beilage  zu  offeriren  und  zu  versenden, 
welche  den  leser  in  den  stand  setzte,  binnen  einiger  stunden  mit  dem  rothstift  die 
hunderte  von  emendationen  vorzunehmen,  welche  die  unumgängliche  Vorbedingung 
der  brauchbarkeit  bilden  würden.  Kommt  es  zu  einer  zweiten,  in  den  genannten 
beziehungen  umgearbeiteten  aufläge,  so  wollen  wir  dem  buche  die  anerkennung 
wünschen  und  zollen,  die  es  für  jetzt  durch  jene  gebrechen  verscherzt. 

Ruhrort.  W.  Münch. 

Englisches  lesebuch  für  höhere  lehranstalten.  Mit  erklärenden  anmerkungen, 
präparation,  Wörterbuch,  aussprachebezeichnung.  Von  dr.  F.  J.  Wershoven 
und  A.  L.  Becker.     Cöthen.     Otto  Schultze.      1880. 

An  englischen  lesebüchem,  die  für  die  erste  stufe  der  lectüre  bestimmt  sind, 
besteht  kein  mangel ;  die  oft  wiederholten  versuche  liefern  einen  evidenten  beweis 
für  die  Schwierigkeit  der  aufgäbe.  Die  spräche  muss  sich  innerhalb  der  grenzen 
des  für  die  schule  wichtigsten  wortvorrathes  bewegen ;  in  der  ausdrucksweise  muss 
ein  allmählicher  fortschritt  von  dem  beiden  sprachen  verwandten  zu  dem  speci- 
fisch  englischen  typus  wahrgenommen  werden;  der  stil  soll  schlicht  und  einfach 
sein,  die  prosa  bei  weitem  überwiegen.  Der  stoff  darf,  da  die  rein  sprachliche 
Seite  der  lectüre  noch  am  meisten  aufmerksamkeit  und  fleiss  verlangt,  nur  wenig 
anspruch  an  die  fassungskraft  des  Schülers  erheben,  ohne  doch  eines  ernsten  In- 
teresses zu  entbehren.  —  Das  uns  hier  vorliegende  buch  zeichnet  sich  scharf 
genug  von  andern  producten  derselben  kategorie  aus.  Wershoven,  der  in  seinen 
Studien  eine  realistische  richtung  zu  verfolgen  scheint  (cf.  Technical  Vocabulary 
english  and  german.  I^eipzig,  Brockhaus  1876),  hält  dafür,  dass  »das  fremdsprach- 
liche lesebuch  mit  dem  lande,  der  anschauungsweise,  den  eigenthümlichen  Verhält- 
nissen des  fremden  volkes  einigermassen  bekannt  machen«  soll.  Er  hat  daher 
»besonders  solche  darstellungen  gegeben,  welche  sich  auf  England  und  seine  be- 
wohner  beziehen«.  Zugleich  aber  erkennt  er  die  richtigkeit  der  forderung  an,  dass 
der  lesestoft"  den  »Zusammenhang  mit  den  übrigen  Unterrichtsgegenständen«  suchen 
soll.  Er  hat  daher  besonders  der  englischen  geschichte  und  der  geographie  des 
britischen  reiches  genügendes  und  ansprechendes  material  entlehnt ;  auch  die 
naturwissenschaften  sind  mit  sechs  nummern  vertreten.  Man  wird  diese  wähl  im 
ganzen  gewiss  sehr  billigen.  Gegen  einzelnes  muss  man  aber  wol  einspruch  er- 
heben, z.  b.  gegen  das  stück  p.  43  betitelt:  History  of  England  in  the  Ijth 
Century  aus  Macaulay's  geschichtswerk.  Ich  zweifele,  ob  ein  Obertertianer  folgen- 
den satz  verstehen  kann:  Then  it  was  that  the  great  English  people  was  formed, 
that  the  national  characler  began  to  exhibit  those  peculiarities  which  it  has  ever 
since  retained,    and    that    our  fathers   became  emphatically  islanders,    islanders  ont 


Lehr-  und  Übungsbücher  für  die  englische  spräche.   IV  ^ge 

merely  in  geographica!  position,  but  in  their  politics ,  their  feelings  and  their 
manners.  Solche  reflexionen  haben  doch  erst  einen  werth,  wenn  sie  sozusagen 
eine  latente  detailkenntniss  frei  machen.  Welcher  Obertertianer  aber  ist  im  besitz 
der  zum  wahren  verständniss  des  obigen  satzes  nöthigen  geschichtskenntnisse  ?  Ich 
glaube,  die  erfahrung  lehrt  sie  sogar  nicht  bei  jedem  primaner  und  Studenten 
vorauszusetzen.  Ebenso  anfechtbar  ist  stück  6  auf  p.  34,  welches  einige  allgemeine 
betrachtungen  aus  Mommsen's  Römischer  geschichte  bringt.  The  shores  of  this 
Inland  sea  were  in  ancient  times  peopled  by  various  nations,  belonging  in  an 
ethnographical  and  philological  point  of  view  to  different  races,  but  constituting 
in  their  historical  aspect  one  whole.  Gehören  solche  betrachtungen  nicht  in  ein 
collegium  historicum?  Auch  das  achtzehnte,  umfangreichere  stück  (p.  52):  The 
cid  english  drama,  wäre  besser  ausgeschieden  worden.  Denn  von  der  art  der 
kirchlichen  aufftihrungen  gibt  diese  nummer  doch  kein  bild,  und  der  schüler  ver- 
fugt nicht  über  die  kenntnisse,  die  darin  vorausgesetzt  werden:  the  drama,  as  in 
Greece  so  in  England,  began  in  religion.  —  Their  »Dumb  Showc  and  their 
»Chorus«  leave  their  trace  in  the  regulär  drama.  —  Was  nützt  es  ferner  zu  wissen: 
Ralph  Roister  Doister  is  our  earliest  picture  of  London  manners ;  it  is  divided 
into  regulär  acts  and  scenes  and  is  made  in  rime,  wenn  man  mit  dem  inhalt  un- 
bekannt bleibt  ?  Gegen  das  ganze  richtet  sich  vernichtend  die  frage :  ist  es  rath- 
sam,  den  schüler  mit  einer  erscheinung  in  der  entwickelung  des  fremden  Volkes 
bekannt  zu  machen,  so  lange  er  die  entsprechende  seines  eigenen  volkes  —  auch 
nicht  einmal  oberflächlich  kennt?  —  Auffallend  ist  es  auch,  dass  wir  p.  71  einem 
kurzen  ausschnitt  aus  Macaulay's  Lord  Clive  begegnen  —  The  black  hole!  Und 
die  Passages  from  the  Bible,  die  uns  schon  p.  25 — 28  begegnen,  wie  sollen  sie 
die  billigung  der  pädagogen  finden  ?  Wir  wollen  nicht  hoffen,  dass  die  rücksicht 
auf  die  litteratur,  in  die  nach  Wershoven  (cf.  Vorwort)  ein  lesebuch  ebenfalls  ein- 
führen soll,  ihn  zu  diesen  missgriffen  verführt  habe.  Auch  einige  curiosa  sind 
aufgenommen:  A  Ride  on  an  Alligator  und  Round  the  World.  Aber  das  werth- 
volle  und  gute  überwiegt  doch  bei  weitem,  und  ein  lesebuch  bietet  immer  die 
glückliche  chance,  dass  die  revidirende  wähl  des  lehrers  das  unpassende  übergehe. 
Eine  besonders  gute  auswahl  hat  der  Verfasser  in  der  Poetry  getroffen.  — 

Zu  den  16  ersten  stücken,  meist  fabeln,  hat  der  Verfasser  vollständige  prä- 
parationen  am  ende  des  buches  gegeben.  Er  hat  sich  dabei  nicht  auf  die  angäbe 
sämmtlicher  vocabeln  beschränkt,  sondern  auch  an  allerlei  grammatische  regeln  er- 
innert. Dies  neue  verfahren  wird  gewiss  mit  beifall  aufgenommen  werden.  Aber 
für  verfrüht  halten  wir  die  synonymischen  anmerkungen.  Wem  noch  die  Ortho- 
graphie der  verba  auf  y  nicht|geläufig  ist,  dem  muss  man  eine  Unterscheidung  von 
to  teil  und  to  say,  von  to  hear  und  to  listen  noch  nicht  zumuthen.  Hinter  der 
präparation  folgen  dann  nach  art  der  Questionnaires  in  Ploetz'  elementarbuch 
Questions,  die  man  nicht  minder  willkommen  heissen  wird.  Der  schüler  ist  so  in 
den  stand  gesetzt,  auf  die  eventuellen  fragen  des  lehrers  die  antwort  vorzubereiten, 
so  dass  den  sehr  nützlichen  Sprechübungen  nicht  zu  viel  zeit  geopfert  zu  werden 
braucht.  Von  p.  11  ab  sind  jedem  stück  nur  kurze  anmerkungen  beigegeben 
worden,  die  manches  lehrreiche  enthalten,  was  der  schüler  sonst  schwerlich  irgend- 
wo finden  möchte.  Erfreulich  ist  es  ferner,  dass  der  Verfasser  hier  oft  an  das 
Französische  angeknüpft  hat;  auch  das  Lateinische  hätte  er  mehr  heranziehen 
können,  z.  b.  to  a  man  =  ad  unum  omnes,  während  die  beiden  ableitungen  aus 
dem  Griechischen    (p.  177)    besser  weggeblieben    wären.  —    Die    bezeichnung    der 


396 


Litteratur 


ausspräche  ist  durcliweg  sorgfältig  und  gut;  er  bedient  sich  dabei  dreissig  Schlüssel- 
wörter. —  Das  Wörterbuch  aber  enthält  manche  liicke;  wir  haben  folgende  vo- 
cabelii,  zum  theil  unbekanntere,  vergeblich  darin  gesucht:  agog  (p.  151),  to  baßte 
(p.  152),  to  bawl  (p.  152),  to  bequeath  (p.  84),  to  brace  (p.  152),  casement 
(p.  157),  colleague  (p.  78),  compliance  (p.  79),  crazy  (p.  157),  to  crop  out  (p.  38), 
to  dangle  (p.  152),  firkin  (p.  27),  to  forego  (p.  80),  to  gall  (p.  152),  gambol 
(p.  152),  to  glitter  (p.  41),  gorgeous  (p.  41),  hale  (p.  154),  loop  (p.  152),  to 
lumber  (p.  154),  mighty  (p.  31),  mop  (p.  153),  to  muffle  (p.  155),  to  pave 
(p.  103),  to  pillage  (p.  41),  rashness  (p.  79),  to  reek  (p.  152),  rig;  to  run  a  rig 
(p.  152),  to  root  (p.  146),  to  run  up  (p.  38),  to  scamper  (p.  154),  to  scorch 
(p.  41),  to  smoke  (p.  41),  to  sparkle  (p.  41),  sexton  (p.  157),  to  snort  (p.  152), 
salvation  (p.  162),  to  season  (p.  162),  to  stray  (p.  76),  to  loss  (p.  41),  to  trundle 
(p.  153),  turnpike  (p.  152).  Auch  manche  Jandere  Unebenheiten  finden  sich,  so 
namentlich  Ungleichheit  in  der  behandlung  der  gleichlautenden  substantiva  und 
verba.  —  Jeder  sachverständige  weiss,  welch  eine  dornenvolle  arbeit  die  anfertigung 
eines  glossars  ist;  —  aber  lehrt  nicht  die  erfahrung,  dass  eine  so  auffällige  un- 
vollkommenheit  von  dem  nachtheiligsten  einflusse  auf  die  lust  und  den  fleiss  des 
Schülers  ist,  der  rath  und  hilfe  da  suchen  soll,  wo  er  sie  so  oft  nicht  gefunden? 


Englische  schüler-bibliothek,  herausgegeben  von  dr.  A.  Wiemann,  rector  der 
höheren  bürgerschule  zu  Eilenburg.  I,  bändchen:  biographien  berühmter  männer. 
Mit  einem  verzeichniss  der  redensarten.  Gotha.  Schloessmann  1879.  160.  ii6ss. 
»In  seiner  encyclopädie  des  philologischen  Studiums  der  neueren  sprachen 
gibt  prof.  B.  Schmitz  denen,  die  sich  fertigkeit  im  zusammenhängenden  schreiben 
erwerben  wollen,  unter  anderen  den  rath,  solche  werke  zu  lesen,  die  sich  durch 
einfachheit  oder  vielmehr  'individualitätslosigkeit'  ihrer  spräche  auszeichnen.  Ich 
glaube,  auch  als  erste  lectüre  möchten  solche  werke  sich  eignen.  Das  hat  mich 
bewogen,  vorliegende  'lebensbeschreibungen  berühmter  männer'  (sie  sind  der  Penny 
Cyclopaedia  entnommen)  herauszugeben.«  Wir  haben  hier  nicht  den  von  Schmitz 
aufgestellten  grundsatz  zu  discutiren,  aber  die  anwendung,  welche  Wiemann  von 
ihm  macht,  erscheint  sofort  sehr  bedenklich.  Encyclopädische  artikel  verfolgen 
zumeist  den  zweck,  den  gereiften  mann,  der  die  politischen  und  socialen  Verhält- 
nisse seiner  zeit  versteht  oder  doch  zum  mindesten  mit  klarem  bewusstsein  mitten 
in  ihnen  lebt,  und  der  im  grossen  und  ganzen  eine  bereits  abgeschlossene  bildung 
besitzt,  rasch  zu  orientiren.  Sind  sie  daher  verständig  abgefasst,  so  werden  sie  in 
knappester  kürze  die  wissenschaftlichen  resultate  der  hauptsache  nach  zusammen- 
stellen. Sie  werden  mithin  jener  wärme  entbehren,  welche  den  liebevollen  antheil 
des  Verfassers  an  seinem  gegenstände  bekundet,  jener  wärme,  welche  jeder  selbst- 
ständigen einzeldarstellung  eigen  ist,  und  deren  der  jugendliche  geist  in  so  hohem 
grade  bedarf.  Die  kürze  ferner,  welche  für  das  erfahrene  mannesalter  berechnet  ist, 
wird  dem  schüler  zur  sibyllinischen  dunkelheit,  denn  bei  ihm  mangeln  all  die  Voraus- 
setzungen, welche  die  encyclopädie  machen  muss.  —  Aber  wenn  diese  aprioristische 
ansieht  in  diesem  concreten  falle  falsch  wäre?  —  Nach  art  der  vitae  des  Cornelius 
Nepos,  die  auf  vielen  anstalten  den  schüler  in  die  lateinische  lectüre  einführen, 
hat  der  Verfasser  zehn  lebensbeschreibungen  ausgewählt:  Miltiades  p.  i — 6, 
Leonidas  p.  6 — 8,   Themislocles  p.  8 — 22,   Hannibal  p.  22 — 35,   Tiberius  Gracchus 


Lehr-  und  Übungsbücher  für  die  englische  spräche.  IV  ■jgy 

p.  36 — 41,  Gaius  Gracchus  p.  42 — 45,  Attila  p.  46 — 54,  Charlemagne  p.  54 — 62, 
Columbus  p.  62 — 77,  Wallenstein  p.  77 — 98.  Zunächst  ist  es  schwer,  ein  durch- 
greifendes principium  electionis  zu  erkennen.  Wenn  man  schon  an  Nepos'  werk, 
das  (loch  nur  fragmentarisch  auf  uns  gekommen  ist,  die  lücken  in  der  Zusammen- 
stellung getadelt  hat,  so  muss  man  diesen  Vorwurf  hier  mit  noch  viel  grösserem 
rechte  erheben.  Sodann  beschränkt  sich  das  lateinische  buch,  so  wie  es  uns  vor- 
liegt, hauptsächlich  auf  die  beiden  wichtigsten  Jahrhunderte  der  griechischen  ge- 
schichte,  während  hier  der  schüler  innerhalb  eines  Schuljahres  —  das  quantum 
dürfte  gerade  hinreichen  -^  durch  einen  Zeitraum  von   2000  jähren  gejagt  wird. 

Zum  einzelnen.  Dass  in  den  dem  antiken  alterthum  angehörenden  biographien 
hier  und  da  eine  moderne  färbung  bemerkbar  ist,  wird  man  bei  ihrer  quelle  ebenso 
erklärlich  und  natürlich  finden ,  als  wenig  empfehlend  für  ein  Schulbuch.  Von 
einem  prime  minister  of  Athens  mag  ein  populärer  schriftsteiler  allenfalls  reden, 
aber  in  unsem  schulen  wollen  wir  diesen  terminus  vermeiden.  —  Wie  weit  die 
darstellung  zuweilen  die  fassungskraft  eines  Obertertianers  übersteigt,  beweist  unter 
andern  folgender  passus :  Heeren  has  briefly  noticed  the  transition  which  took 
place  in  the  character  of  Athenian  statesmen  from  the  warrior  like  Themistocles 
and  Miltiades  to  the  warlike  rhetorician  like  Pericles,  and  thence  to  the  orator 
who  to  his  rhetorical  skill  united  no  military  prowess  (p.  5).  Mit  diesen  worten 
wird  ein  gebildeter  mann,  auch  ohne  genauere  kenntniss  der  griechischen  ge- 
schichte,  einen  tiefen  sinn  verbinden,  denn  er  kennt  die  gegensätze,  auf  welche  es 
hier  ankommt,  aus  eigener  erfahrung,  und  weiss,  welch  einen  gewaltigen  einfluss 
der  leitende  Staatsmann  auf  den  charakter  seines  volkes  oder  umgekehrt  dieser  auf 
jenen  ausübt ;  aber  für  einen  Obertertianer,  dem  der  begriff  des  rhetorician  schwer- 
lich klar  werden  wird,  sind  solche  reflexionen  zu  hoch.  —  Manche  betrachtungen 
sind  auch  schief,  so,  wenn  es  von  Miltiades  heisst:  he,  whom  all  ages  have 
regarded  as  the  defender  of  liberty,  began  his  career  as  an  arbitrary  ruler,  and 
on  only  one  occasion  in  his  whole  life  was  engaged  on  the  side  of  freedom  (p.  4). 
Seinen  hass  gegen  die  Perser  hatte  Miltiades  mit  grosser  furchtlosigkeit  mehrfach 
bethätigt,  so  bei  der  brückenwache,  im  jonischen  aufstände;  zwar  war  er  ein 
aristokrat  und  TVQarvog,  aber  gereichte  es  ihm  deshalb  minder  zur  ehre,  dass  er 
amicior  omnium  libertati  quam  suae  dominationi  war?  Will  Wiemann  tertianem 
den  unterschied  zwischen  nationaler  und  demokratischer  freiheit  erklären?  —  Zu 
oft  sind  nur  anspielungen  vorhanden,  wo  eine  den  quellen  folgende  detailerzählung 
wünschenswerth  wäre.  The  Parians  defended  themselves  braveiy,  and,  if  we  may 
believe  Herodotus,  Miltiades  had  recourse  to  magic,  in  the  practise  of  which  he 
received  a  wound  etc.  (p.  4).  Diese  erzählung  des  Herodot  wird  den  Schülern 
gewiss,  und  wahrscheinlich  auch  dem  grössten  theil  der  lehrer  unbekannt  sein ; 
wäre  hier  nicht  wenigstens  eine  kurze  inhaltsangabe  von  Herodot  VI,  132  als 
anmerkung  nöthig  gewesen?  —  Die  nachtheilige  Wirkung  des  encyclopädischen 
Stils  zeigt  sich  auch  in  der  vita  des  Columbus.  Wenige  Charaktere  dürften  so  an- 
ziehend für  die  jugend  sein  als  der  berühmte  Genuese:  hier  ist  die  geschichte  so 
rührend  wie  ein  roman,  selbst  die  romantische  Staffage  ist  reichlich  vorhanden. 
Muss  die  geschichte  von  dem  edlen  märtyrer  seiner  idee  nicht  nothwendiger  weise 
einen  tiefen  ethischen  eindruck  im  gemüthe  des  lesenden  hinterlassen?  Aber  frei- 
lich nicht,  wenn,  wie  hier,  alles  mit  wenigen  Schlagwörtern  abgethan  wird !  —  Die 
sehr  spärlichen  anmerkungen  beziehen  sich  fast  ausschliesslich  auf  die  ausspräche, 
besonders  der  eigennamen ;  nicht  priicis  genug  ist  p.  I  :    j^ch  in  eigennamcn  wie  k«, 


398 


Litteratur 


vergleiche  Chattain,  Chaucer  etc.  Zur  sachlichen  erklärung  ist  nur  sehr  gering- 
fügiges gesteuert,  ein  halbe-^  dutzend  lakonischer  daten  aus  der  litteraturgeschichle ; 
aber  auch  diese  sind  nicht  immer  gegeben,  \>.  15  fehlt  z.  b.  bei  Ctesias  jede  be- 
merkung.  Auch  den  allerdings  bekannten,  s])anischen  versen :  A  Castilla  y  a 
Leon  Nuevo  mundo  dio  Colon  —  die  acentos  agudos  fehlen  auch  im  texte  — 
hat  der  herausgeber  es  nicht  für  nöthig  erachtet,  eine  Übersetzung  beizugeben.  — 
Entschiedenes  lob  verdienen  dagegen  die  p.  99— 116  angehängten  redensarten,  die 
zum  memoriren  sich  eignen  und  dem  schüler  auch  bei  der  präparation  gute  dienste 
leisten  können,  sobald  man  consequent  die  kenntnis-,  der  grundl>edeutung  aller 
vocabeln  von  ihm  verlangt. 

Weiijuro  a'Lahn.  Hugo  Oltmann. 


BERICHTE   ÜBER   ENGLISCHE  GESELLSCHAFTS  -  PUBLI- 

CATIONEN. 

I. 

New  Shaksperei)  Society.  Series  I,  6.  Series  IV,  2.  Series  VI,  6.  Publisht 
for  the  New  Shakspere  Society  by  N.  Trübner  &  Co.,  57,  59,  Ludgate  Hill, 
London,  E.  C,   1879. 

Die  seit  1874  bestehende  New  Shakspere  Society  erstaltete  im  juli  1875  den 
ersten  bericht  über  ihre  thäligkeit,  im  august  1879  hat  sie  den  zweiten  veröffent- 
licht und  gleichzeitig  die  bücher  versendet,  welche  sie  in  diesem  jähre  herausgiebt. 
Ihre  publicationen  vertheilen  sich  auf  acht  serien,  I  The  Society's  Transactions ; 
II  Shakspere's  Plays;  III  Originals  and  Analogues  of  Shakspere's  Plays ;  IV  Shak- 
spere-Allusion  Books ;  V  The  Contemporary  Drama;  VI  Works  on  Shakspere's 
England ;  VII  Mysteries,  Miracle-Plays,  Interludes,  Masks,  Comedies  elc,  up  to 
Shakspere's  time;  VIII  Miscellanies.  Nur  die  erste,  vierte  und  sechste  der  serien 
konnten  diesesmal  berücksichtigt  werden  und  zwar  jede  mit  nur  einem  bände,  da 
die  verfügbaren  gelder  mehr  nicht  erlaubten.  Sollte  durch  eingehen  rückständiger 
beitrage,  den  zutritt  neuer  mitglieder,  oder  durch  Schenkungen  die  casse  wachsen, 
so  würde  noch  die  zweite  serie  bereichert  werden,  Henr}'  V:  c.  a  revisd  edition  of 
the  Play,  by  Walter  G.  Stone,  Esq.   liegt  zum  druck  bereit, 

»Transactions  of  the  New  Shakspere  Society  1877^1879.  Part  II.  A  Time- 
Analysis  of  the  Plots  of  Shakspere's  Plays:  I.  Comedies.  II.  Tragedies.  III. 
Historie«.  By  P.  A.  Daniel.«  lautet  der  titel  des  zur  ersten  section  gehörenden 
Werkes.  In  sehr  interessanter  weise,  —  so  erzählt  der  bericht,  —  war  von  prof. 
Wilson,  mr.  Halpin  und  prof.  Grant  White  die  frage  angeregt  worden,  -sne  lange 
zeit  in  jedem  stück  Shakspere's  verfliesse.  Der  comite  glaubt,  eine  genaue  be- 
antwortung  dieser  frage  stehe  in  enger  beziehung  zu  Shakspere's  kunst,  und  da  er 
fand,    dass  mr.  Daniel  das  von  mr.  Halpin  aufgestellte  zeitgerüst  des  Merchant  of 


i)  So  buchstabirt  der  dichter  seinen  namen  in  den  einzig  unzweifelhaft  echten 
Unterschriften,  die  von  ihm  vorhanden  sind. 

(The  Founder's  Prospectus  of  Nov.   1873.     Revisd.) 


Berichte  über  englische  gesellschafts-publicationen.  I  •9qq 

Venice  mit  leichter  mühe  umstürzte,  so  ersuchte  er  ihn,  seine  forschungen  zu  er- 
weitem und  für  künftige  kritiker  von  Shakspere's  »long  and  short  time»  die  zahl 
der  tage  festzustellen,  welche  die  handlung  jedes  Stückes  erfordert,  die  zeit  zu  be- 
stimmen, welche  vom  anfang  jedes  Stückes  bis  zu  dessen  ende  verstreicht.  Mr.  Daniel 
ist  dem  wünsch  nachgekommen  und  die  frucht  seiner  mühe  wird  nun  dem  publi- 
cum vorgelegt.  Eine  auf  seine  angaben  gestützte  theorie  hat  der  autor  noch 
nicht  gegeben,  er  fordert  auf,  seine  berechnungen  und  Veranschlagungen  erst  sorg- 
sam zu  prüfen.  Bei  Romeo  und  Julie  und  bei  Julius  Caesar  hat  sich,  wie  aus 
zwei  anmerkungen  her\'orgeht,  Widerspruch  bereits  erhoben.  Mr.  Daniel  wartet 
auf  weiteren,  natürlich  wohlbegründeten,  und  bittet  die  leser  seiner  Schemata  um 
ihre  gedanken  über  die  »long  and  short  time  theory«.  Der  bericht  meint  (p.  8): 
»It  was  clear  that  no  salisfactory  theory  of  Shakspere's  art  in  dealing  with  the 
immensities,  or  nothings,  of  Time  and  Space  could  be  got  at,  unless  the  facts 
were  first  ascertaind,  to  found  the  theory  on.»  Das  ist  gewiss  richtig,  nur  darf 
man  an  der  möglichkeit  zweifeln,  Shakspere's  theorie  der  kunstgemässen  Ver- 
wendung von  zeit  und  räum  im  drama  ausfindig  zu  machen,  selbst  wenn  es  fest- 
stehen wird,  wie  er  in  jedem  seiner  stücke  die  zeit  behandelte;  ja,  man  darf 
fragen,  ob  überhaupt  für  diesen  theil  der  dichterischen  thätigkeit  eine  theorie 
möglich  ist? 

Zur  %aerten  serie  erscheint  »Shakespeare's  Centurie  ofPrayse;  Being  Materials 
for  a  History  of  Opinion  on  Shakespeare  and  his  Works,  A.  D.  1591  — 1693. 
By  C.  M.  Ingleby;  LL.  D.  Second  Edition,  Revised ,  with  many  Additions. 
By  Lucy  Toulmin  Smith«,  ein  buch,  das,  wie  mr.  Ingleby's  vorrede  zur  ersten 
ausgäbe  vorweg  erklärt,  keineswegs  nur  lob  enthält,  sondern  seinen  titel  vielmehr 
dem  vorherrschenden  Charakter  seines  stoftes  entlehnt.  Hier  und  da  kommt  auch 
tadel  zum  Vorschein  bei  den  massenhaft  zusammengetragenen  stellen  genannter 
und  anonymer  dichter  und  schriftsteiler  aus  dem  Jahrhundert  1591 — 1693;  man 
sieht,  Shakspere's  rühm  ist  noch  nicht  objectiv  befestigt,  er  fasst  allmälig  erst 
Wurzel.  Grosse  männer,  wie  Lord  Brooke,  Lord  Bacon,  Seidon,  Sir  John  Beau- 
mont,  Henry  Vaughan,  Lord  Clarendon  nennen  weder  seinen  namen,  noch  spielen 
sie  je  auf  ihn  oder  eines  seiner  werke  an.  Seine  volle  grosse  wird  noch  von  nie- 
mand erkannt,  die  ihn  am  höchsten  schätzen,  vergleichen  ihn  mit  Spenser,  Sidney, 
■Chapman,  Jonson,  Fletcher  und  geringeren,  und  weisen  ihm  gewöhnlich  den 
zweiten  platz  an.  Aber  auf  seine  dichtungen  und  personen  wird  immer  und  immer 
wieder  bezug  genommen  und  eine  sehr  dankenswerthe  liste  (p.  469)  gibt  über- 
sichtlich die  zahl  und  die  seite  der  mitgetheilten  stellen,  —  Falstaff  hat  damals 
den  stärksten  eindruck  gemacht  —  nebst  einem  zeichen,  ob  das  citat  vor  oder 
nach  1642  fällt.  Zur  vorliegenden  zweiten,  von  Lucy  Toulmin  Smith  besorgten 
ausgäbe  hat  die  dame  eine  besondere  vorrede  geschrieben.  Durch  notizen  dr. 
Ingleby's,  mehrerer  freunde  und  correspondenten,  sowie  durch  eigene  Studien  ist 
es  der  herausgeberin  gelungen,  die  anzahl  der  citate  und  anmerkungen  von  228 
auf  356,  und  die  der  in  den  anhängen  erwähnten  werke  von  25  auf  41  zu  erhöhen. 
Manche  anführungen  liefern  \\nchtige  data  zur  feststellung  der  chronologischen 
•Ordnung  der  stücke,  und  glänzend  erfüllt  die  mühsame  arbeit  ihren  zweck:  alles 
zu  sammeln,  was  im  besagten  Jahrhundert  über  Shakspere  und  seine  werke,  direct 
oder  indirect,  gedruckt  oder  handschriftlich  sich  auffinden  lässt. 

Für  die  sechste  serie,  Shakspere's  England,  sorgt  »Phillip  Stubbes'  Analomy 
of  tlie  Ahuses  in  England  in  Shakspere's  Vouth,  A.  D.   15S3.     Part.   L    (CoUated 


400 


Littcratur 


with  other  Editions  in  1583,  1585,  and  1595.)  With  cxtracts  from  Stubbes'  Life 
of  bis  Wife,  1591,  and  bis  Perfect  Pathway  to  Felicitie,  1592  (1610),  and  BP. 
Haliington  on  the  Ten  Cummandments,  1588:  also  The  Fourtb  Book  of  Thomas 
Kirchmaier's  (or  Naogeorgus's)  Regnum  Papismi,  or  Popish  Kingdome  (English 
by  Barnabe  Googe,  1570),  on  Populär  and  Popish  Superstitions  in  1533.  Edited 
by  Erederick  J.  Furnivall«.  Das  splendid  ausgestattete,  höchst  curiose  buch  bringt 
auch  eine  heliographische  wiedergäbe  (von  M.  Dujardin)  des  Virtue'schen  kupfer- 
stichs :  die  procession  der  königin  Elisabeth  zur  hochzeit  des  Lord  Herbert  und 
der  Miss  Anne  Russell  in  Hunsdon  House,  Blackfriars,  am  16.  juni  1600;  holz- 
schnitte  Elisabelhischer  kostume  und  ein  memorandum  über  dieselben  von  dem 
Rev.  J.  W.  Ebsworth ;  einen  bericht  über  Stubbes  und  seine  werke,  und  notizen 
über  die  kleider  und  sitten  seiner  zeit.  Wir  bemerken  noch,  dass  diesesmal  §  2 
des  ersten  theiles  von  Stubbes'  Anatomy  vorliegt,  dass  §  i  bereits  1876  erschienen 
ist,  und  dass  der  zweite  theil  des  Werkes,  im  manuscript  fertig  hergestellt,  nur  auf 
die  geldmittel  wartet,  die  erfordert  werden,  um  ihn  in  die  weit  treten  zu  lassen. 
Dresden.  O.  S.  Seemann. 


LITTERARISCHE  NOTIZEN. 

Edward  Dowden,  Shakspere ,  sein  entwickelungsgang  in  seinen  werken.  Mit 
bewilligung  des  Verfassers  übersetzt  von  Wilhelm  Wagner.  Heilbronn.  Verlag 
von  gebr.  Henninger.     1879.     Pr.   M.   7,50. 

Die  zweite  aufläge  der  englischen  ausgäbe  dieses  werkes  hat  in  diesem  blatte 
(bd.  I,  p.  513  ff.)  eine  sehr  anerkennende  besprechung  erfahren,  so  dass  wir  es 
nur  mit  freude  begrüssen  können,  dass  dasselbe  nun  durch  eine  deutsche  Über- 
setzung auch  weiteren  kreisen  zugänglich  gemacht  wird.  Was  aber  den  werth  der 
Übersetzung  als  solcher  betrifft,  so  wird  derselbe  durch  den  namen  des  Verfassers 
schon  hinreichend  verbürgt ;  Dowden  selbst  spricht  sich  in  einem  briefe  an  den  Über- 
setzer darüber  folgendermassen  aus:  I  am  sure,  the  task  was  a  difficult  one;  as 
far  as  I  can  judge,  you  have  succeeded  admirably.  I  have  tumed  to  several  para- 
graphs  which  I  thought  might  be  particularly  difficult  to  translate  and  you  seem 
to  me  not  only  to  have  conveyed  the  meaning  but  to  have  preserved  more  of  the 
form  of  the  original  than  I  should  have  supposed  possible. 

E.   K. 


W.  Dreser,  Englische  Synonymik  für  die  oberklassen  höherer  lehranstalten  sowie 
zum  Selbststudium.    Wolfenbüttel.    Druck  und  verlag  von  Julius  Zwissler.     1879. 

Von  diesem  buche  liegt  uns  der  erste  probebogen  vor.  Auf  grund 
desselben  erlauben  wir  uns,  schon  jetzt  unsere  herren  fachgenossen  auf  diese  neue 
Synonymik  hinzuweisen;  denn  sie  zeichnet  sich  aus  durch  klare  definition  der 
begriffe,  durch  reiche  auswahl  der  belegstellen  und  durch  weise  berücksichtigung 
der  etymologie.  Wir  behalten  uns  vor,  ausführlicher  auf  dieses  buch  zurückzu- 
kommen,  so  bald  es  vollständig  erschienen  ist. 

Zwickau.  C.  Deutschbein. 


M  I  S  C  E  L  L  E  N, 


WILHELM    HERTZBERG. 

Am  7.  juli  d.  j.  starb  zu  Bremen  nach  längerer  schmerzlicher  krankheit  ein 
mann,  dessen  name  weit  über  die  mauern  seiner  adoptirten  heimath  hinaus  als 
Schulmann  wie  als  gelehrter  einen  gleich  guten  klang  hat. 

Wilhelm  Adolf  Boguslav  Hertzberg,  geb.  zu  Halberstadt  den  6.  juni  1813, 
studirte  1831 — 1835  '"^  Halle  und  Bonn.  Nachdem  er  in  Halle  promovirt  und 
sein  Probejahr  in  Halberstadt  abgehalten,  wurde  er  ostern  1837  in  das  seminar 
für  gelehrte  schulen  in  Stettin  aufgenommen  und  bekleidete  eine  damit  verbundene 
hülfslehrerstelle  am  dortigen  gymnasium.  Seit  1840  an  der  höheren  bürgerschule 
in  Elbing  angestellt,  wurde  er,  kaum  32  jähr  alt,  im  frühjahr  1S45  ^^^™  director 
derselben  ernannt.  In  dieser  Stellung  verblieb  er  dreizehn  jähre,  bis  er,  einem 
rufe  nach  Bremen  folgend,  im  September  1858  die  leitung  der  dortigen  handels- 
schule  übernahm,  dieselbe  aber  ostern  1866  bei  prof.  Gravenhorst's  abgange  mit 
der  des  gymnasiums  vertauschte. 

Dies  der  äussere  rahmen  eines  reichen  lebens.  Denn  ein  reiches,  wie  un- 
gemein thätiges  leben  war  es,  aus  dem  ihn  der  tod  noch  in  seiner  vollen  geistigen 
kraft  dahingerafft.  Hertzberg's  bedeutung  als  schulmann  zu  würdigen,  ist  hier 
nicht  der  ort.  Ebenso  kann  seiner  vielseitigen  und  anregenden  thätigkeit  auf  po- 
litischem wie  auf  religiösem  gebiete  nur  im  vorbeigehn  gedacht  werden;  in  Ver- 
sammlungen und  vereinen  aller  art  wirkte  er  unermüdlich  mit  rath  und  that,  und 
wusste  sich  bei  aller  entschiedenheit  seines  auftretens  die  allgemeine  achtung,  die 
anerkennung  auch  andersgesinnter  zu  gewinnen.  Daneben  entfaltete  er  eine  be- 
deutende litterarische  thätigkeit,  deren  eine  seite  ihm  auch  ein  andenken  bei  den 
lesern  dieser  blätter  sichert.  Von  haus  aus  klassischer  philologe,  wurde  er  durch 
einen  zufall  dem  Studium  der  neueren  sprachen  zugeführt,  indem  er  im  winter  1849 
sich  genöthigt  sah,  aushülfsweise  den  Unterricht  des  Englischen  selbst  zu  über- 
nehmen, weil  der  betreffende  lehrer  bei  der  mobilmachung  eingezogen  war.  Dies 
jst  denn  auch  der  Wendepunkt  in  seiner  litterarischen  thätigkeit ;  wenn  auch  manche 
Übersetzungen  römischer  dicliter  noch  in  eine  spätere  zeit  fallen,  so  wandte  sich 
Hertzberg  doch  fortan  mit  Vorliebe  dem  Englischen  zu,  und  seine  erst  1866  ver- 
öffentlichte Chaucer-übersetzung  war  bereits  in  Elbing  vollendet  und  oft  in  freundes- 
kreisen  vorgelesen  worden. 

Ein  feiner  kenner  des  klassischen  alterthums  und  seiner  sprachen,  besass  er 
aber  dieselben  umfassenden  kenntnisse  auf  dem  weiten  gebiete  der  deutschen 
K öl b  ing,  Englisclie  Studien.    111.     2.  26 


4o; 


Miscellen 


lil'cratur  wie  der  modernen  sfirachen.  Haben  seine  Übersetzungen  ihm  einen 
dauernden  platz  in  unserer  litteratur  gesichert,  so  dürfen  seine  leistungen  für 
Clhaucer  geradezii  als  bahnbrechend  bezeichnet  werden.  Neben  einem  feinen  gefühl 
für  den  rhythmischen  woiilklang  der  spräche,  für  dichterische  Schönheiten,  besass 
er  die  gäbe,  dieselben  voll  und  rein  zum  ausdruck  zu  bringen,  und  selbst  mit 
einem  reichen  humor  begabt,  hatte  er  das  volle  verständniss  für  denselben,  wo  er 
ihn  bei  anderen  fand.  Für  die  Vielseitigkeit  des  eigenen  geistes  spricht  die  grosse 
Verschiedenheit  der  von  ihm  übersetzten  Schriftsteller  und  werke. 

Hertzberg  war  aber  kein  Übersetzer  im  gewöhnlichen  sinne  des  wortes ;  ver- 
stand er  es  meisterhaft,  in  form  und  ausdruck  das  original  mit  all  seinen  fein- 
heiten  und  eigenthümlichkeiten  wiederzugeben,  so  dass  es  nicht  blos  ein  fremder 
gast  in  deutscher  gewandung  erscheint,  so  vergass  er  darüber  keineswegs  die 
nöthige  rücksicht  auf  eine  getreue  wiedergäbe  des  sinnes.  Mit  der  gewandtheit 
des  Übersetzers  verband  er  vielmehr  den  ganzen  Scharfsinn,  die  interpretationskunst, 
die  kritische  methode  des  geschulten  philologen,  und  unterstützt  eben  so  sehr 
durch  die  vielseitigste  belesenheit  wie  durch  ein  gedächtniss,  das  ihn  selbst  in 
einzelheiten  nicht  leicht  im  stich  Hess,  leistete  er  in  der  erklärung  nicht  geringeres 
als  auf  dem  gebiete  der  Übersetzung.  Ein  schlagendes  beispiel  dafür  ist  seine 
bereits  erwähnte  Chaucer-übersetzung.  Die  auch  dem  umfange  nach  bedeutende 
einleitung,  die  zahlreichen  anmerkungen  enthalten  eine  fülle  interessanter  Unter- 
suchungen, geistvoller  bemerkungen,  und  geben  ein  überaus  lebendiges  und  an- 
ziehendes bild  nicht  nur  von  der  persönlichkeit  des  dichters,  seinen  lebensverhält- 
nissen,  schriften  und  seinen  Verdiensten  um  die  bildung  der  englischen  spräche, 
als  deren  »angelstern«  er  bereits  von  seinem  unmittelbaren  nachfolger  und  schüler 
Lydgate  gepriesen  war,  sondern  auch  von  dem  lande,  den  zeiten,  in  denen  er  ge- 
lebt, mit  ihren  von  der  gegenwart  so  verschiedenen  und  doch  wieder  das  ver- 
ständniss der  gegenwart  bedingenden  anschauungen  imd  brauchen.  Charakteristisch 
für  seine  art  zu  arbeiten  ist,  wie  er  mit  hülfe  eingehender  astronomischer  be- 
rechnungen  seines  freundes  prof.  Scherk  aus  der  von  früherem  erklärern  nicht  be- 
achteten andeutung,  v.    17,  321   ff.: 

»Somit  begann  des  mondes  ascension 

Im  Sternbild  waage  sich  gemach  zu  heben, 

Als  wir  des  dorfes  end'  erreichten  eben.« 

den  28.  april  1393  mit  Sicherheit  als  die  zeit  feststellte,  »in  welche  Chaucer  sich 
die  Canterbury  Tales  verlegt  dachte«.  Hertzberg  selbst  bezeichnete  dies  freilich 
nur  »als  einen  der  triumphe,  welchen  die  mathematische  und  astronomische  Wissen- 
schaft bisweilen    auf  dem  gebiete  der  geschichte  feiert". 

Trotz  aller  erfolge  indessen,  die  er  auf  litterarischem  gebiete  errungen,  ver- 
leugnete sich  keinen  augenblick  seine  liebenswürdige  bescheidenheit ;  sie  bewies  er 
auch  in  dem  täglichen  verkehr  mit  freunden  und  jüngeren  collegen,  und  wie  er 
stets  bereit  war,  anderen  vom  eigenen  reichen  wissen  mitzutheilen,  so  stand  er 
nie  an,  selbst  bei  anderen  rath  und  aufschluss  über  fragen  einzuholen,  die  ihm 
zweifelhaft  erscheinen  mochten.  Mittheilsam  wie  er  war,  fühlte  er  das  bedürfniss 
des  geistigen  austausches,  sei  es  in  mündlicher  Unterhaltung,  sei  es  in  schriftlichem 
verkehr,  und  so  hatte  er  sich  bis  in  die  neue  weit  hinaus  einen  grossen  kreis  von 
freunden  und  Verehrern  gewonnen,  die  alle  seinen  verlust  schmerzlich  empfinden 
und  aufrichtig  betrauern  werden. 


Wilhelm   Hertzberg  AO'i 

Von  den  zahlreichen,  in  Zeitschriften  und  zeitungen  zerstreuten  abhandlungen 
und  aufsätzen  sind  nur  die  bedeutenderen  in  nachstehende  chronologische  Übersicht 
von  Hertzberg's  Schriften   aufgenommen. 

1835.     Quaestionum  Propertianarum  specimen  de  S.  Aurelii  Propertii  amicitiis  et 

amoribus. 
1838.     Uebersetzung  des  Properz. 

1843 — 1845.     Propertius.     3  bände  in  lateinischer  spräche. 

1845 — 1846.  Ueber  den  begriff  der  antiken  elegie  in  seiner  historischen  ent- 
wicklung.      (Prutz,  Litterarhistorisches  taschenbuch.) 

1846.  Babrios'    fabeln   übersetzt,    nebst    abhandlung    über    die   historische    ent- 

wicklung  der  fabel. 

1847.  Uebersetzung  der  alexandrinischen  eiegiker.     (Zeitschrift    für    alterthums- 

wissenschaft,) 
1854.     Uebersetzung  der  erotischen  gedichte  des  Ovid. 
1856.     Uebersetzung    der   kleineren   gedichte,    welche  dem  Virgil    zugeschrieben 

werden. 
1859.     Uebersetzung  von  Virgil' s  Aeneis. 

1861.  Uebersetzung  von  vier  comödien  des  Plautus. 

1862.  Uebersetzung  von  Catull's  gedichten. 
1864.     Uebersetzung  von  neun  Satiren  des  Juvenal. 

1864.     Zur  geschichte   und   kritik  der   deutschen  Übersetzungen   antiker  dichter. 

(Preussische  Jahrbücher.) 
1853.     Uebersetzung  von  Tennyson's  gedichten. 
1864.     Uebersetzung  von  Scott' s  Lord  of  the  Isles. 

1866.  Uebersetzung  von  Chaucer's  Canterbury  Tales. 

1867.  Nachlese  zu  Chaucer.     (Jahrb.  für  roman.   und  engl,  litteratur.) 

1868 — 1871.  Uebersetzung  von  Shakespeare's  Heinrich  VIII.,  Liebes  leid  und 
lust,  Comödie  der  irrungen.  Die  beiden  Veroneser,  Titus  An- 
dronicus,  Troilus  und  Cressida,  Ende  gut  alles  gut  und  Cym- 
beline  für  die  neue  ausgäbe  der  Schlegel-Tieck' sehen  Übersetzung, 
mit  einleitung  und  erklärung. 

1871.  Die    quellen    der    Troilus -sage    in    ihrem    verhältniss     zu    Shakespeares 

Troilus  und  Cressida.     (Jahrb.  d.  Shakespeare-ges.  bd.  6.) 

1872.  Lord  Byron.     (Preussische  Jahrbücher.) 

1873.  Uebersetzung  der  Californischen  novellen  von  Bret  Harte. 

1878.     The  Libell  of  English  Policye.     1436.     Text  und  metrische  Übersetzung. 
1878.     Metrisches,    grammatisches,    chronologisches    zu    Shakespeare's     dramen 
(Shakespeare-jahrb.  bd.    13.) 

Bremen,  im  october  1879.  W.  Sattler. 


NACHTRÄGE  ZU  ENGLISCHE  STUDIEN,  BD.  II. 

S.  118:  Ane  (al-one)  2975,  (uni)  15354  und  24747,  (imam)  4903,  sonst 
dne;  1^'ve  (rcliqutum)  23233,  sonst  läve;  &h  (habet)  I3479i  sonst  dh;  glJed 
(lapsus  est)  195 17,  sonst  gläd ;  r*d  (rode)  195 16,  sonst  rdd ;  sith  (lapsus  est) 
24043  und  27635,   sonst  sdh ;    scÄ;n  (shonc)   20608,    neben  scdn ;    biswibc  (iecepit) 

26  • 


ÄQ,  Miscellen 

13508  und   17456,   sonst  biswäc  ;   wJet  (o?<J«)  7262   und   26072,  sonst  wdt ;   ifufeten 

(vocatus)  6992   und    7018,   sonst  ihaten ;     bdut  CboatJ   23321,    sonst  bdt ;    |>*  (tum) 

1253,   2869,   7271  und  15 113,  sonst  {)ä.     Sollte  i:  in  den  beiden  letzten  fällen  ein 

Schreibfehler  für  a  sein? 

S.  317      embscntden  Luke  1,   59. 

ofsclawen  La^.  554.     isclawen   1047. 

sclade  (dat.)  1.05.  5644*. 

F.   H.  Siratmann. 


VORLESUNGEN    ÜBER    ENGLISCHE    PHILOLOGIE    AN    DEN 

UNIVERSITÄTEN    DEUTSCHLANDS,    ÖSTERREICHS    UND 

DER  SCHWEIZ, 

IM  WINTERSEMESTER   1879/80. 

Basel:  Shakespeare's  Hamlet  —  pro  f.  Soldan. 

Berlin:  Abriss  der  altenglischen  litteraturgeschichte  und  erklärung  von 
Kynewulf's  Elena  —  pro  f.  Zupitza.  Geschichte  der  englischen  litteratur  seit 
Elisabeth  —  derselbe.  Im  engl,  seminar:  Textkritische  Übungen  an  einem  ge- 
dichte  des  13.  oder  14.  Jahrhunderts  —  derselbe.  Anfangsgründe  der  englischen 
spräche  —  lector  Napier.  Im  seminar:  Uebungen  im  mündlichen  und  schrift- 
lichen gebrauche  der  englischen  spräche  —  derselbe. 

Bern:   Vac. 

Bonn:  Ueber  Shakespeare's  leben  und  werke  —  prof.  honor.  Delius. 
Anfangsgründe  der  englischen  spräche —  prof.  Bischoff.  Uebungen  über  fran- 
zösische und  englische  spräche  in  seiner  gesellschaft  —  derselbe.  Grammatik 
der  englischen  spräche  —  derselbe. 

Breslau:  Geschichte  der  englischen  litteratur  bis  zum  elisabethanischen 
Zeitalter —  privatdocent  Kölbing.  Anfangsgründe  der  englischen  spräche  — 
derselbe.  Englische  abtheil uiig  des  seminars  für  romanische  und  englische 
Philologie:  Interpretation  des  Beöwulf  und  besprechung  freier  arbeiten  — 
derselbe. 

Czernowitz:   Vac. 

Erlangen:  Historische  grammatik  der  englischen  spräche:  lautlehre  — 
prof.  Vollmöller.  Ueber  Shakespeare's  leben  und  werke  —  derselbe.  Ro- 
manisch-englische gesellschaft:   Sheridans  School  for  scandal  —  derselbe. 

Freiburg  i.  B. :  Vac. 

Gi essen:  Romanisch-englische  gesellschaft  —  prof.  Lemcke.  Im  neu- 
philologischen seminar:  Englische  Stilübungen  —  prof.  Pichle r.  Leetüre  und 
interpretation  englischer  Schriftsteller  —  derselbe. 

Göttingen:  Angelsächsische  grammatik  und  Beöwulfslied  —  prof.  Th. 
Müller.  Uebungen  in  der  englischen  spräche  —  derselbe.  Angelsächsische 
Übungen  —  privatdocent  Bechtel. 

Graz:  Englische  grammatik  und  lectüre —  lector  Oppler,  Vorlesungen 
in  englischer  spräche  über  englische  litteratur  —  derselbe. 

Greifswald:  Seminar  für  französische  und  englische  philologie,  die  münd- 
lichen Übungen   anschliessend   hauptsächlich    an  Shakespeare's  comödien  —  prof. 


Vorlesungen  über  engl,  philologie  an  den  Universitäten  Deutschlands  etc.      ^05 

Schmitz.  Alt-  und  mittelenglische  Übungen  nach  Zupitza's  Altenglischem  übungs- 
buche  —  privatdocent  Varnhagen. 

Halle:  Shakespeare' s  leben  und  werke  —  pro  f.  Elze.  Das  pseudo- 
Shakspeare'sche  lustspiel  Mucedoros  —  derselbe.  Uebungen  des  englischen 
Seminars  —  derselbe.  Angelsächsische  Übungen  (Beöwulf)  —  privatdocent 
Gering.  Englische  extemporalia  —  lector  Aue.  Macaulay's  essays  Lord 
Clive  und  Warren  Hastings  —  derselbe.  Praktische  Übungen  im  englischen 
Seminar  —  derselbe. 

Heidelberg:  Die  syntax  der  englischen  spräche  —  pro  f.  Ihne.  Im 
germanisch-romanischen  seminar :  Englisch-deutsche  und  deutsch-englische  Übungen 

—  derselbe.  Historische  grammatik  der  englischen  spräche  —  privatdocent 
Neu  mann.  Im  germanisch-romanischen  seminar :  Altenglische  Übungen;  Chaucer 
und  Spenser  —  derselbe. 

Innsbruck:  Englische  spräche,  i.  curs,  elementargrammatik  mit  Übungen  — 
lector  Roes.  2.  curs  (in  englischer  spräche),  einübung  der  syntax  und  Chresto- 
mathie —  derselbe.     Shakespeares  King  John  —   derselbe. 

Jena:  Vac. 

Kiel:  Uebungen  im  Neuenglischen  —  pro  f.  Stimming.  Shakespeare's 
King  John  —  lector  Heise.     Englische  grammatik  —  derselbe. 

Königsberg:  Historische  grammatik  der  englischen  spräche  —  pro  f. 
Kissner.     Interpretation  ausgewählter  altenglischer  denkmäler  —  derselbe. 

Leipzig:  Altenglische  litteraturgeschichte  bis  1500  —  prof.  Wülcker. 
Erklärung  von  Shakespeare's  Tempest  mit  Zugrundelegung  eines  nicht  moderni- 
sirten  textes  —  derselbe.  Altenglische  Übungen  —  derselbe.  Historische 
grammatik  der  englischen  spräche  —  privatdocent  Trautmann.  Uebungen 
im  lesen  und  sprechen  des  Neuenglischen  —  derselbe. 

Lemberg:   Englische  spräche  —  lector  Kropiwnicki. 

Marburg;  Shakespeare's  Romeo  and  Juliet  —  prof.  Stengel.  Romanisch- 
englisches seminar  —  derselbe. 

München:  Altenglische  Übungen  —  prof.  Hofmann.  Marlowe's  life  and 
works,  critical  study  of  his  dr.  Faustus  (im  seminar)  —  prof.  Breymann. 
Französisch-englische  Übungen  als  Vorbereitung  für  das  seminar  —  derselbe. 
Erklärung  von  Shakespeare's  Hamlet  —  prof.  Bernays. 

Münster:  Encyclopädie  und  methodologie  der  romanischen  und  englischen 
philologie  —  prof.  Körting.     Altenglische  Übungen    —  derselbe. 

Prag:  Englische  spräche  —  lector  Holzamer. 

Rostock:  Historische  englische  grammatik  —  privatdocent  Lindner. 

Strassburg:    Englische  metrik  —  prof.  ten  Brink.     Marlowe's  Faustus 

—  derselbe.  Im  seminar:  Altenglische  Übungen  —  derselbe.  Shakespeare's 
Much  ado  about  nothing  —  lector  Levy.  Englische  syntax  —  derselbe. 
Uebungen  im  englischen  seminar  —  derselbe. 

Tübingen:  Beuwulf  —  prof.  v.  Kelle  r.  Shakespeare's  As  you  like  it, 
und  Hamlet  —  prof.  Mi  Ine r.  Englische  grammatik  —  derselbe.  Curse  im 
seminar  —  derselbe. 

Wien:  Historische  grammatik  der  englischen  spräche —  prof.  Schipper. 
Englische  metrik,  II.  theil  —  derselbe.     Im  seminar,    obere  abth. :    Altenglische 


AOG  Miscellen 

Übungen  nach  Zupitza's  Altenglischem  Übungsbuch:  untere  abth.  :  Praktische 
übunf^en  im  Neuenglischen  —  derselbe. 

Würzburg:    Ilislorische  gramniatik  der  englischen  spräche —  prof.  Mall. 

Zürich:  Shakespeare's  Hamlet  (Übersetzung  und  erklärung)  —  prof. 
li  r  e  i  t  i  11  g  e  r. 

ZU  RICHARD  ROLL?:  DE  HAMPOLK. 

English  Prose  Treatises  of  R.  R.  de  H.  ed.  by  George  G.  Perry,  London 
1866  p.  8  findet  sich  folgender  satz : 

ffor  many  are,  {lat  never  have  halde  pe  ordyre  of  lufe  agaynes  {laire  frendys 
sybbe  or  ffremede,  bot  outhire  Jiay  lufe  |)aym  over  mekill  or  {)ay  lufe  pam 
over  lyttill,  settand  thaire  thoghte  unryghtwysely  on  thaym,  or  |)ay  lufe  thaym 
over  lyttil,  yf  f)ai  doo  moghte  all,  as  f)ey  wolde  tili  ])ame. 

Weder  Perry,  noch  die  übrigen  herausgeber  der  Moralia  de  natura  apis 
(Mätzner,  Engl,  sprachpr.  I,  2,  p.  127,  Zupitza,  Altengl.  Übungsbuch  p.  57, 
Wülcker,  Altengl.  lesebuch  I,  p.  117  f.)  haben  angemerkt,  dass  die  oben  gesperrt 
gedruckten  worte,  or-lyttill,  zu  streichen  sind.  .Sie  sind  nicht  blos  überflüssig,  da 
sie  gleich  darauf  widerholt  werden,  sondern  unterbrechen  sogar  den  Zusammenhang, 
da  der  mit  settand  beginnende  satz  nur  eine  erläuterung  der  worte :  outhire  pay 
lufe  paym  over  mekill,  enthält,  sich  also  unmittelbar  an  diese  worte  anzuschliessen  hat. 

E.  Kölbing. 

ZEITSCHRIFTENSCHAU. 
Anglia  III,  heft  i.  Abhandlungen.  Zur  te.xtkritik  des  'King  Lear'. 
Von  A.  Schmidt.  Zu  Anglia  I,  5  ft'.,  195  ff.  und  286  ff.  Von  J.  Zupitza. 
Eine  unbekannte  handschrift  der  Ancren  Riwle.  Von  J.  Zupitza.  Ueber  Dryden's 
bearbeitung  Chaucer' scher  gedichte.  (Schluss.)  Von  O.  Schöpke.  Zu  mittel- 
englischen gedichten:  IV.  Zu  den  Sprüchen  des  heil.  Bernhard.  V.  Noch  einmal 
zu  'Long  Life'.  Von  H.  Varnhagen.  Beiträge  zur  präpositionslehre  im  Neu- 
englischen. Von  W.  Sattler.  Zur  angelsächs.  Übersetzung  der  Dialoge  Gregors. 
Von  H.  Krebs.  Der  Beöwulf  und  die  isländische  Grettissaga.  Von  H.  Gering. 
Zu  Marlowe's  Faustus.  Von  L.  Pröscholdt.  Beiträge  zur  erklärung  englischer 
Schriftsteller:  I.  O.  Collman:  Zu  Addison.  II.  H.  Varnhagen:  Zu  Shake- 
speare. Ein  angels.  leben  des  Neot.  Von  R.  P.  Wülcker.  Ueber  die  aus- 
lassung  des  engl,  relativpronomens.  Von  O.  Lohmann.  Disguised  Compounds 
in  Old-English.  By  H.Sweet.  The  preterite  of 'cuman'.  By  H.Sweet.  English 
etymologies.  By  H.  Sweet.  Heinrich  Leo.  Von  R.  P.  Wülcker.  Berichtigung 
zu  Anglia  II,  p.  441.  Von  R.  P.  Wülcker.  Recensionen  und  anzeigen. 
Englische   Studien.     Herausgegeben    von    E.    Kölbing.     Von  R.  P.  Wülcker.*) 


i)  Ich  habe  aus  dieser,  einen  druckbogen  langen  besprechung  wenigstens 
soviel  gelernt,  dass  Wülcker  gesonnen  ist,  seine  persönlichen  angriffe  gegen  mich 
als  redakteur  mit  den  üblichen  waffen  (widerholung  des  schon  mehrmals  vor- 
gebrachten —  natürlich  spielen  die  Stratmann' sehen  emendationen  zu  Eule  und 
nachtigall  wieder  eine  hauptrolle  !  — ■  Verdrehungen  meiner  worte  etc.)  fortzusetzen, 
freilich  wol  mehr  zu  seiner  eignen  genugthuung,  als  zur  befriedigung  der  leser  der 
Anglia.  Meinem  früher  ausgesprochenen  entschlusse  gemäss  denke  ich  nicht  daran, 
auf  diese  kleinlichen  häkeleien  zu  repliciren.  E.   K, 


Zeitschriftenschau 


407 


Ueber  die  neuesten  Veröffentlichungen  der  Chaucer-Society.  Von  J.  Koch.  Shake- 
speare's  dramatische  werke.  Erläutert  von  Prölss.  Von  I>.  Pröscholdt.  Besprechung 
einiger  Schulbücher  und  bemerkungen  über  die  r-laute.      Von  M.  Trautmann. 

Archiv  für  das  Studium  der  neueren  sprachen  undlitteraturen. 
Herausgegeben  von  L.  Herrig.  62.  band.  i.  2.  heft.  H.  Isaac,  Zu  den 
Sonetten  Shakespeares.  VI.,  p.  i — 30.  Schluss,  p.  129 — 172.  C.  Stoffel: 
Der  accusativus  cum  infinitivo  mit  for  im  Englischen,  p.  209 — 216.  Recensionen. 
Anglia.  II.  band.  i.  heft.  Von  D.  Asher,  p.  117  f.  Sonnenburg,  Grammatik 
der  englischen  spräche  nebst  methodischem  Übungsbuche.  6.  aufl.  Von  B.  Leh- 
mann, p.  217  ff.  Sachs,  Synchronistische  tabelle  zur  polit.  und  literärgesch. 
Frankreichs  und  Englands,  p.  226  f.  Schlessing:  Handbuch  der  engl,  conver- 
sationssprache.  Von  D.  Asher,  p.  227.  Gesenius,  A  bock  of  english  poetry  for 
the  use  of  schools.  Shakspere-lesebuch.  Von  K.  Meurer.  Th.  B.  Macaulay, 
History  of  England.  Ein  abschnitt  aus  dem  ersten  cap,  bearbeitet  von  F.  C. 
Schwalbach,  p.  229.  Programmenschau.  Homburg,  Die  composition  des  Beöwulf, 
Barlaam  und  Josaphat ,  eine  prosaversion  aus  ms.  Egerton  876.  Von  C.  Horst- 
mann. E.  Regel:  An  in.quiry  into  the  phonetic  peculiarities  of  Barbour's  Bruce, 
p.  231—234. 

Litteraturblatt  für  germanische  und  romanische  philologie. 
Unter  mit  Wirkung  von  Karl  Bartsch  herausgegeben  von  ().  Behaghel 
und  F.  Neumann.  Nr.  i.  2.  P.  17  ff.  An  etymological  Dictionary  of  the 
English  Language,  arranged  on  an  historical  basis.  By  the  Rev.  Walter  W. 
Skeat.  Part  I,  A — Dor.  Von  Henry  Nicol.  P.  60  f.  M.  Konrath,  Beiträge 
zur  erklärung  und   textkritik  des  William  von  Schorham.     Von  K.    Böddeker. 

Anzeiger  für  deutsches  alterthum  und  deutsche  litte ratur, 
6.  band,  i.  heft.  Altenglische  dichtungen  des  ms.  Harl  2253.  Mit  grammatik 
und  glossar  herausgegeben  von  K.  Böddeker.  Von  J.  Zupitza,  p.  1^38.  Eng- 
lische Alexiuslegenden  aus  dem  XIV.  und  XV.  jahrh.  Herausgegeben  von 
J.  Schipper.     Von  J.   Zupitza,   p,  38 — 49. 

Zeitschrift  für  österreichische  gymnasien.  1879.  Altengl.  dichtun- 
gen etc.  edd.  Böddeker.     Bespr.  von  H.  Varnhagen.     P.  S39 — 55. 


EINGEGANGENE  RECENSIONSEXEMPLARE.  ^ 

Bis  zu  abschluss  dieses  heftes  sind  ausser  von  den  oben  besprochenen  von 
folgenden  werken  recensionsexemplare  bei  der  redaction  eingegangen : 

Karl  Elze:  Notes  on  Elizabethan  dramatists  with  conjectural  emciulatioiiN 
of  the  text.     Halle.     Niemeyer.     1880. 

f  J.  Hensel:  CoUection  polyglotte  de  proverbes.  SiJrücluvörtliche  lebens- 
regeln  in  fünf  sprachen.  Deutsch,  englisch,  französisch,  italienisch,  lateinisch. 
Berlin,  Kortkampf.     [1879]. 

f  John  Earle:  A  book  for  the  beginner  in  Anglüsa.\on  comprising  a  shorl 
grammar,  some  selections  from  the  gospels  and  a  parsing  glossary.  Second  cdition. 
Oxford,  at  the  Clarendon  Press.     I S79. 


i)   Die    mit   f   bezeichneten    schriften  werden  im   nächsten   hefte  der  Studien 
besprochen  werden. 


4o8 


Misccllen 


Alfred  Katterfeld;  Roger  Ascham.  Sein  leben  und  seine  werke  mit 
besonderer  berücksichtigung  seiner  berichte  über  Deutschland  aus  den  jähren  1550 — 
'553-      Strassburg.     Karl  J.  Trübner.    1879. 

•f  Franz  Baacke:  Vorstudien  zur  einführung  in  das  verständniss  Shake- 
speare's.  Vier  Vorlesungen,  gehalten  in  dem  vom  berliner  bezirksverband  des 
deutschen  lehrervereins  gebildeten:  «Institut  wissenschaftlicher  Vorlesungen  für 
lehrer«      Berlin.     Angerstein.     [1879.] 

f  Beöwulf.  Mit  ausführlichem  glossar  herausgegeben  von  Moritz  Heyne. 
Vierte  aufläge.      Paderborn.     Schöningh.    1879. 

f  H.  Sweet.  An  Anglo-Saxon  Reader.  Second  edition.  London.  Mac- 
millan  and  Co.     1879. 

Bibliotheca     normannica.      Denkmäler    Normannischer    litteratur     und 

spräche,  herausgegeben  von  H.  Suchi er.    I.   Reimpredigt.  Halle.    Niemeyer.    1879. 

Maistre   Wace's   Roman   de  Rou   et  des  ducs   de  Normandie.     Nach  den 

handschriften  von  neuem  herausgegeben  von  dr.  Hugo  Andresen.    Zweiter  band. 

Heilbronn.     Gebr.   Henninger.      1879. 

Alt  französische  bibliothek,  herausgegeben  von  dr.  Wendel  in 
Förster,  i.  band.  Chardry's  Josaphaz,  Set  Dormanz  und  Petit  Plet.  Dichtungen 
in  der  anglonormannischen  mundart  des  XH.  jahrh.  Herausgegeben  von  John 
Koch.  Heilbronn.  Gebr.  Henninger  1879. —  2.  band.  Karl' s  des  grossen  reise 
nach  Jerusalem  und  Constantinopel.  Ein  altfranzösisches  gedieht  des  XI.  jahrh. 
Herausgegeben  von  Eduard  Koschwitz.     Heilbronn.     Gebr.  Henninger.    1880. 

Hugo  Ott  mann:  Die  Stellung  von  V4  in  der  Überlieferung  des  altfran- 
zösischen Rolandsliedes.  Eine  textkritische  Untersuchung.  (Marburger  dissertation.) 
Heilbronn.     Gebr.  Henninger.    1879. 

An  etymological  dictionary  of  the  english  language,  arranged  on  a  historical 
basis.  By  the  Rev.  Walter  W.  Skeat.  M.  A.  Part  II.  Oxford.  At  the 
Clarendon  Press.   1879.  

Zeitschrift  für  romanische  philologie.  Herausgegeben  von  G.  Gröber. 
III.  band.     Heft  II.  III.     Halle  a/S.     Niemeyer.     1879. 

Anglia.  Zeitschrift  für  englische  philologie.  Herausgegeben  von  R.  P. 
Wülcker  und  M.  Trautmann.    III.  band.    Heft  I.    Halle  a/S.    Niemeyer.    1879. 

Zeitschrift  für  neu  französische  spräche  und  litteratur  mit  besonderer  berücksichti- 
gung  des  Unterrichts  im  Französischen  auf  den  deutschen  schulen,  herausgegeben 
von  G.  Körting  und  E.  Koschwitz.  Band  I.  Heft  I.  Oppeln  und  Leipzig. 
Eugen  Franck.      1879. 

Litteraturblatt  für  germanische  und  romanische  philologie.  Unter  mitwirkung 
von  K.  Bartsch  herausgegeben  von  O.  Behaghel  und  F.  Neu  mann.  Nr.  1.2. 
Heilbronn.     Gebr.  Henninger.     1880. 


BERICHTIGUNGEN. 

Band     II,  p.  5038  herrscher]  1.  häscher. 

'1    )!    P-  5*^3 15  mindestens  gesagt]  1.  zum  mindesten. 

n         ..    P-  533  14  aus  ä]  1.  nur  ä. 

„   III,  p.  2779  f.  wiedergegeben]  1.  wiederzugeben. 

Pierer'sche  hofbuchdruckerei.    Stephan  Geibel  &  Co.  in  Altenburg. 


THOMAS  BEKET. 

EPISCHE   LEGENDE,    VON  LAURENTIUS    WADE    (1497), 

nach    der   einzigen    hs.    im    Corp.    Chr.    Coli.    Cambr.   298,    p.   i  ff., 
herausgegeben  von  C.  Horstmann. 


Dieses,  in  form  und  stil  den  legenden  Lydgate's  nachgebildete 
eposartige  gedieht  des  Laurentius  Wade,  eines  klostermönches  von 
Canterbury,  nach  seiner  eigenen  angäbe  grösstentheils  aus  den 
»Tomys«  des  Herbert  Bosham  übertragen,  während  die  sage  von 
der  wunderbaren  geburt  des  Thomas  und  2  miracula  dem  bischof 
Johanes  von  Exeter  entnommen  sind  (der  dichter  selbst  gibt 
gewissenhaft  überall  seinen  »auctor«  an),  ist  einzig  im  Ms.  298  des 
Corp.  Chr.  Coli,  zu  Cambridge  erhalten.  Dieses  ms. ,  fol. ,  papier, 
c.  1500  geschrieben  (gleichzeitig  mit  der  dichtung) ,  enthält  ausser 
diesem ,  den  anfang  bildenden  gedichte  werthvoUe  lateinische  prosa- 
schriften  zur  geschichte  der  kirche  von  Canterbury,  so:  De  jure  et 
primatu  Dorobornensis  ecclesie  super  Eboracensem ,  anno  1072  que 
Lanfrancus  proclamabat  (erzählt  die  gründung  und  geschichte  dieser 
kirche  und  seiner  erzbischöfe ,  auch  des  Thomas  Beket) ;  Donaciones 
et  acquisiciones  maneriorum  cum  ecclesüs  totius  prioratus  ecclesie 
Cantuar.  concesse  et  confirmate ;  dann  De  Regibus  Anglorum  (ab)  anno 
dom.  662  (eine  chronik  bis  1485);  De  archiepiscopis  Cantuar.  quanto 
tempore  in  archiepiscopatu  vixerunt  et  in  quo  gradu  et  dignitate 
prius  erant  ab  a.  d.  599;  dann  Obitus  domini  Thome  Bonghier 
presbit.  cardinalis  et  Cantuar.  Archiepiscopi.  Hierauf  folgt  in  alt- 
englischer  prosa  The  descrypcion  of  the  pageantes  made  in  the  Cyte 
of  London  att  the  recevynge  of  the  most  excellent  pryncys  Charlys 
the  fyfte  Emperoure  and  Henry  the  VIH  kynge  off  Englonde.  Dann 
noch  latein.  Nomina  monachorum  ecclesie  Cantuar.,    und   endlich  in 

Kölbing,  Englische  Studien.    III.    3.  26** 


4IO 


C.   Horstmann 


anderer    älterer    band    Cronica    de    successionibus    et    gestis   Eborac. 
archiepiscoporiim  (u.  a.  des  h.  Paulin,  Cedde,  Johannes,  Wilfrid). 

Der  dichter  gibt  eine  Verherrlichung  seines  »kirchlichen«  beiden, 
in  einer  weise,  wie  sie  nur  in  den  besten  oder  schlimmsten  zeiten  der 
./hero-worship':  möglich  ist.  Das  gedieht  ist  ein  interessantes  denkmal 
einer  zeit,  die,  von  der  natürlichen  spräche  der  poesie  verlassen,  unter 
dem  Studium  der  lateinischen  rede  ganz  in  den  bann  der  lateinischen 
syntax  gerathen  ist ,  deren  fremdartigste  constructionen  ( absolute 
participien ,  accus,  c.  inf. ,  relativer  satzanschluss ,  eingeschaltete 
Sätze,  auslassung  der  fürwörter  als  subjecte)  und  kühnste  y^erioden 
nachgebildet  werden;  man  könnte  sagen,  die  rede  steht  unter  der 
herrschaft  des  particips ,  welches  als  träger  des  Satzes  oft  selbst  das 
verbum  finitum  verdrängt. 

Das  ms.  ist  voll  von  abbreviationen ,  deren  auflösung  mehrfach 
schwierig  ist.  Im  nachfolgenden  abdruck  ist  die  die  pluralendung 
bezeichnende  schleife ,  im  einklang  mit  der  vorherrschenden  endung, 
durch  js  aufgelöst;  er  ist  beibehalten  (doch  könnte  dafür  in  euer, 
fader  u.  s.  w.  ebensogut  auch  ir,  yr  gesetzt  werden) ;  w'  durch  wyf/i ; 
p  mit  strich  durch  ar  bei  parson  (so  meist  ausgeschrieben,  doch  auch 
person  1765),  p^rfitt  (aber  ptv-fecte),  parteyne,  durch  er  bei  pmll, 
p<?;'ceve  (ausgeschrieben  1842),  p<?rforme  (ausgeschrieben  2 2 1 6),  durch 
or  bei  temp<;^al],  fav£7rd,  gegeben.  Das  ^artige  zeichen,  welches  sonst  ur 
vertritt  und  bei  p?/rse  1383,  creat//re  vertreten  muss,  habe  ich  in  ow^, 
yow^,  rigow^,  towo=  durch  r  (ebensogut  wäre  re),  in  pow^  =  poor 
durch  r,  aber  in  dem  ebenso  geschriebenen  pow^  =  power,  welches 
sowohl  mit  howTe  953,  rygow^  666,  hono^  699,  looi  (dieses  reimt 
mit  before  702),  confessour  435,  confortour  1696,  als  auch  mit 
here  1163,  1835  reimt,  also  einsilbig  und  zweisilbig  zugleich 
verwendet  ist,  durch  ur  (pow//;-,  ebensogut  wäre  powor)  gegeben, 
welches  nach  bedürfnis  einsilbig  (vgl.  dooure  1954)  oder  zweisilbig 
(vgl.  prayour)  gelesen  werden  mag ;  für  Cant^bury  findet  sich  aus- 
geschrieben Cantorbury.  cöii  ist  durch  c/on  aufgelöst;  oft  ist  nicht 
zu  unterscheiden,  ob  cion  oder  tion  (z.  b.  mencion  oder  mention)  zu 
lesen  ist  (aber  stets  ction).  —  Lästig  für  den  herausgeber  ist  be- 
sonders der  gebrauch  der  striche  und  schleifen  an  wortschliessenden 
11,  d,  g,  h  und  ht,  m,  n  (fast  alle  so  schliessenden  w'örter  haben  diese 
zeichen)  und  oft  an  p  (pp) ,  k,  f  (ff),  während  t  stets  ohne  solche 
erscheint  (doch  ist  das  häufige,  mit  t  und  te  wechselnde,  tt  wol  nur 
aus  der  verdickung  des  in  älteren  mss.  häufigen  haarstriches  an  t 
entstanden);    diese    zeichen    sollen    nach    alter    tradition    und   auch 


Thomas  Beket,  epische  legende  All 

wohl  noch  nach  der  absieht  des  Schreibers  e  bezeichnen,  ^\^e  es  sich 
auch  in  vielen  fällen  (z.  b.  ande  1051,  frome,  kinge,  wiffe,  bisshoppe, 
Lodowyke)  ausgeschrieben  findet  (jedoch  nicht  nach  11,  ht),  obwol  es 
ohne  jede  geltung  als  laut  oder  Casusbezeichnung  ist.  Die  Schreiber 
folgten  in  ihrem  gebrauche  der  tradition,  wie  auch  noch  die  ältesten 
drucke  diese  schleifen  bewahrt  haben ;  je  jünger  die  hs.  ist ,  desto 
zahlreicher  und  willkürlicher  werden  diese  zeichen,  die  besonders  im 
anfang  des  15.  Jahrhunderts  (auch  in  schottischen  mss.)  wuchern.  Die 
consequenz  würde  verlangen ,  sie  alle  durch  e  aufzulösen  oder  alle 
wegzulassen ;  nur  dürfte  man  im  letzteren  falle  nicht  vergessen,  dass 
auch  das  ausgeschriebene  e  am  ende  so  vieler  Wörter  keine  andere 
geltung  hat  als  diese  zeichen  selbst ;  auch  in  der  mitte  der  Wörter 
hat  sich  e  oft  eingeschmuggelt,  wie  bei  sayed,  cowed  u.  a. 


Herbertum  Bosue,  virtute  virum  renitentem, 
Inclita  gesta  Thome  penna  sequatur  arans. 
Cuius  scripta  sequor  cum  Ruth,  que  messis  aristas 
Rure  Booz  legit  sedula  terga  sequens. 
Messuit  Herbertus,  sed  ego  iam  colligo  spicas, 
Gesta  Thome  pingens,  qui  m//ii  prestet  opem, 
Scribere  quod  valeam  sacra  gestaque  texere  metro, 
Que  cum  rore  rigent  celibe  corda  pia. 


Here  begynnyth^  the  lyff«  offe  Seynt  Thomas  off  Cantorbury  archAysshoppif, 
translatyd«  in-to  our^  vulgare  tonge  owt  off  a  boke,  callyd^  Thomys,  by  a  brotherc- 
off  Crislys  Church^  in  Cantorbury.  Except  the  pröcesse  off  his  marvylous  byrthif 
and^  II  myracles,  the  whichf  wrythyth^  and^  tochethf  on^  Johnt'  Bysshopp^  off 
Exceter ,  as  shalbe  knowen^  by  thys  wrytynge :  Secundum  Johanem  Exoniens. ,  as 
for  a  directe  wnto  the  reder;;  to  knowe  the  ont'  prt^cesse  ffrom^  the  other«".  For 
the  translatour  off  this  litilk  werke  hath^  takenif  ffor  his  cheffe  auctor«*  Mastert' 
Herbert  Bosham,  auctor  off  the  forsayd«  boke  off  Thomys.  ad  laudem  dci  omni- 
potentis  &  laureati  sui  Martiris  Thome. 


Prologus  in  vitam  sei  Thome. 

O  ye  Vi-rtuous  soutvayns,  spiritualk-  andf  tef/iporaWe, 
And^»  a\\e  ye  deuoute  people ,   botht*  more  and<'  lesse, 
Thatt  thys  now  shallf  here,  hartely  I  ]v-(7ye  yow  all«' 
To  Supporte  my  imp<7-fect/on<-,  off  low  ly  gentylnesse ; 


412 


C.  Horstmann 


5  For  the  lyeff?  hcr^  I  purpose  wyth  your  pacience  to  reherse 
Off  seynt  Thomas,  the  Llissedr  laureatt  martir  dcre, 
Thatt  dyed^  ffor  the  churchys  ryght^'  onely  in  Crist^5  werr^. 

And^  so  to  begynne,  for  me  grace  here  procure 
Thys  blissed^  Thomas,  Cristj5  ffamoiis  clerke, 
lo  Thatt  now  by  hys  swett  meanr  I  may  so  endure 
God<'  only  to  be  pleased^  in  thys  prirsent  werke, 
To  the  encrese  off  hys  fame  eu^rmore  ftyff  &  sterke 
Our  motherr,  all^-holy  church^,  in  liberty  to  vphold^. 
Andt'  thus  now  to  pr(7cede  'wyih  your  ffavor^?  I  shalbe  bold^. 

Incipit  vita  cum  actibus  Archimartiris  Thome  Cantuariensfs 
archiepiscopi ,  translata  a  Laurentio  Wade,  claustrali 
commonacho  ecclesie  xpi  Cantuariensis. 


De  mirabili  ortu  sei  Thome.     Scdm  Johanem  Exoniensem. 

1 5   The  custome  off  alk-holy  churchd*  is  laudable  &  ffamous 

Off  glorious  sayntji  lyves  to  make  memorialk'. 

So  now  off  this  archymartyr  off  Ynglond<r  victorious 

I  px^rpose  -wyth  your  pacience  to  make  suwme  rehersall^, 

Thatt  for  the  churchi?  ryght^  gatt  the  laurealk. 
2o  Born^  att  Londons,  Gilbert  Bekett  hyght^  his  ffathers  name, 

A  burgesse  off  Londone,  a  xm.ne  off  vertuous  ffame. 

De    peregrinacione    Gilberti   Beket    in    terram    sanctam ,     et 
incarceracione    eius    ibidem ,     cum    famulo    suo    Ricardo 
nomine. 
The  which^  in  hys  bachellery  toke  the  holy  Crosse, 
Content  -wyth   a  s<:'ruant,  thatt  hyght^  Richarde, 
And^  went  into  the  holy  londe  off  a  sadde  p/^rpose: 
25   To  visett  there  the  holy  placys,  off  deuoc/on^  inwardr. 
And^  as  they  romyd^  by  the  fyld_j'^  the  sepultur«?  toward^, 
Takyn^  were  wyth  saresons,  and^  in-to  pr/son^  cast  anon^  — 
As   one  John^ ,    bisshop^   off  Excetere ,    in   his    wrytyng^   makith^ 

mention^. 

De  custode  carceris  nomine  Admiraldo,  et  filia  eius  Matilde. 
Auetor  off  this  inicyalk  pr^cesse,    the  whichf  Herbert  doth^  nott 

toche  — 
30  Wnder  a  mast^r  Jaylerr,  thatt  Admyraldd?  hyght^, 

By  the  space  off  a  yere  &  an^  halff^  —  the  wylL:  off  god<?  was  soche. 
The  which<?  Admyrald^  hadc  a  doughtrr,  füll«'  fayr  wnto  syght^, 
Whos  name  was  Mawde,  as  this  auctor  shewytht"  ryght^: 
The  which^  wnto  this  Gylberte  Bekett  cast  all^  here  love 
35   And^  synglarly  hym^  loved<?  all<'  erthly  men<?  above. 

De  familiari  collocucione  Admiraldi  cum  Gilberto. 
Thys  Admyrald^  above  alk'  thatt  in  his  danger^  wer^ 


Thomas  Beket,  epische  legende  4l5 

And^  wndyr  his  custody,  this  Gylbert  wold^  have,  of  favowr,  sure, 
Some  tyme  att  his  tabyll^,  and«?  wold^*  cowmyn^  w^yM  hym<?  there 
Off  dyu^rse  ryty^-  &  sectys  aftyr  his  wylk  and^  plesur^; 
40  And^  to  here  oflf  owr  fayth^  gave  grete  delyte  &  eure, 
The  which^  Gilbert  hym^  shewydi?,  shortly  to  expresse, 
As  this  auctor  rehersith^  in  his  autentyke  processe. 

De  Matilde,  filia  Admiraldi,  custodis  carceris. 

Then  aft^rwardi?  this  Mawde,  as  this  auctor  seyth^, 
Game  wnto  Gilbert  wyf/i  mynde  attentyff^ 
45   And^  shewyd^  hym^  alk  hyr  harte,    how  she  wold<?  take  our«?  fayth^ 
Yff  thatt  he  wold^  hyr  mary  &  take  hyr  to  hys  wyff^, 
And^  also  wold^  delyu^r  hym^  owt  off  his  danger^  ryffe. 
The  which^  he  diffymylyd^  to  pr^mytt  hyr  anon^, 
Ferynge  the  fifar^  subtyle  caste  off  ffemynyn^  decept/on^. 

50  Then^  lernyd^  she  off  hym^  this  engliffTi  word_j'5  thre: 
Englond^",  Londons,  Bekett,  &  kept  them^  well^*  in  mynd^. 
And^  aft^r  on^  a  nyght  sodenly  brake  prison^  he, 
WyfA  Richarde,  his   man^  &  lovynge  seruant  hynde ; 
And^  so  cam^  to  Englonde,  v.yf/i  soch^'  shyffte  as  they  cowd^  fynde. 

55   And^  whent'  this  mayd^  hard^-  off  this,  grete  sorow  she  toke  then^, 
Bycause  she  had^  hym<'  lost,  that  she  loved^  above  a.\\e  men^. 

De  fuga  Matildis  in  Angliam  post  Gilbertum. 

When  aft^r  she  ffownde  a  season^,  anont*  she  gan^  p^rsue, 
Forgetynge  ffather  &  mother,  pmiyly  on<?  a  nyght, 
And^  cowpanyed^  her  wyf/i  pylgrymys,  &  so  in-to  Englond^  drewe. 
60  Andt'  att  the  last  cam^  wnto  Londons,  as  sone  as  she  myght«?. 
In  vyle  aray,  as  the  story  shewythi?  \vs  ryght^, 
Wandrynge  by  the  stretys,  and^  euer  thus  cryed«'  ahvay: 
London^",  Bekett,  as  this  auctor  doth^  reporte  &  say. 

De  aduentu  Matildis  in  ciuitatem  London. 

The  children^  off  the  citee  folowynge  her^  alk-abowte 
65  Wppon^  hyr  wondrynge,  &  castyd^'  vyle  mogg^  in  hyrt'  face. 

Then<:  off  a  chaunce  the  forsayde  Richarde  came  owte, 

Herynge  off  such^  a  stranger,  to  se  whatt  she  was. 

The  which^  anon^  he  knew,  &  she  hynKr  in  thatt  case. 

And    when^     thatt    she    hym<?    saw,     fifor    Joy    iyWe    downr    & 

sownde,') 
70  As  this  auctor  reportyth^,  off  whomr  I  take  my  grownde. 

Then  hastely  this  Richarde?  vnto  his  masttr  ran<', 
And^  shewydd'  hym^*  oflf  hyr  cowmynge  the  soithf-  truly. 
When^  Gilbert  herd^  off  this,  lyke  a  very  gentilmaiv 
Cowmawndyd^  his  s^rmaunte  to  haue  hyr  in  by  <S:  by 


i)  sownde  st.  swounde. 


4M 


C.    Horstmann 


7  5   Into  a  füll  sadf  mat^-^'ne-ys  howse,  as  shewyth^  the  story. 
Where  off  alk  thyngy^  necessary  myriistredd"  was  she 
And^  iorihe-wyth  newly  arayde,  acordynge  to  hyr  degree. 

Quomodo  Gilbertus  consuluit  episcojjuni  London  de  Matilde. 

Then  Gilbert  dowtynge  in  mynde  whatt  way  myght  take, 
Havynge  suspecte  the  cause  off  hyr^  cowmynge  her^, 
80  Shortly  wnto  Paules  drew  for  hyr  sake 

Andc-  questyned^"  wyth  the  bysshop^  off  London«?  \htxe 
Whether^'  he  myghtif  mary,  or  noo,  wylh  herr^, 
Bycause  she  was  ant'  hethyn^  woman«', 
And  nott  cristynedr,  att  thatt  season^»  than^. 

85  And^  when^"  Gilbert  had^  shewydr  the  hole  pr^cesse  by  &  by, 
How  off  hyrr^  in  hednesse  fyrst  toke  acquayntance 
And^  matrymony  \\:u\c  diffymylyd^  •wyth  \\yne  co«dicionally,  — 
As  I  before  haue  made  by  rehersalk  playne  remewbraunce : 
To  the  whichi'  anon^  spake  a  sad^  man^  off  substance, 

QO  The  bisshop^  off  Chichestyr^,  in  voyce  off  prophecy 

And^  sayd^,  thatt  for  his  church^  god^  had^  pr^vyd^  som^'  gret 

thyng  p^rby. 

De  baptismo  Matildis  et  nuptijs  inter  Gilbertum  et  ipsam. 

Then^    by    the     counselh'     off    the     bysshoppj'jr    this    mayden^ 

cr/stnydd'  was, 
And^  att  hyrr<?  baptym^  VI  bysshoppj's  present  wer^. 
And^  soithdy  anont'  aftyr  wythyn^  shorte  space 
95   Solemply  wer  maryed^,  as  the  story  makyth^  mynde  herr. 
And^  in  the  fyrst  nyght^  thatt  they  lay  in  co/nugalli?  maner^, 
Our^  blessed^  patrone,  laureate  martyr  Thomas, 
Betwen^  thenii^  boithd'  was  begotyni? :  soch^  was  ther^  fortunat  grace. 

De  secunda  peregrinacione  Gilberti  ad  terram  sanctam. 

The  next  day  folowynge  sadly  thowght  Gilbert  thoo 
100  Wnto  the  holy  londe  to  take  hys  way  agaynf 

In  way  off  pilgrymage,  as  showitht*  ws  this  aucto«;-  loo. 

For  the  whichf  chawngyd^"  mrrvelously  his  chere,  c^v'taynd". 

This  p^^-cevynge  his  wyfife  to  hym^  anon^  sayd^  playn<?: 

»Syr,  whatt  is  hitt  now  thatt  in  countenaunce  so  thowghtfulk  ye  bee  ? 
105  Off  alk  loves,  the  cause  disclose  yow  now  wnto  me  1  v. 

To  whom^  thani?  spake  this  Gilbert  anon^  forth(?-ryght^ 
And^  sayd^:    »dere  wyffe,  ffrome  yow  I  muste  departe 
Agayn^  wnto  the  holy  londe  by  the  grrt'ce  ofF  god^  almyght«?; 
Now  have  I  her<?  wnto  yow  shewyd^  soithly  all^  my  harte.« 
110  To  the  which  anon^  she  spake  fülle  smarte 

And^'  sayd^:   »syr^,  I  pray  yow,  yfif  yow  wylk  thedrr  agayn^  reche, 
Lett  Richarde'  rest  wyt/i  me,  as  an^  Int^vp/rtor  for  my  speche ! « 

Off  this  Gilbert  was  glad^,  as  this  auctor  makitht'  reme/z/b^rt-unce, 


Thomas  Beket,   epische  legende  Äl"? 

Disposed^  his  howse,  his  wyffe,  and<'  seruantys  also 
115   Andt'  obsequyously  demawndyd«^,    off  veray  spowsely  plesaunce, 
This   Richarde  to   serve  his  wyff  in  his  absence  thoo. 
Thus  sadly  in  alk  goodly  man«-  departyde,  his  pylgr/mage  to  do. 
And^  in  his  absence  many  visions  in  her^  slepe  had^  I-wys 
His  wyff,    and^  on^  off  themr,    as  this  aucto//r  rehersith,  truly 

was  this: 

Visio  facta  Matildi  in  absencia  sponsi. 

120  She  thowght  thatt  the  Tamys  flod«?  in-to  hyrr^  läppe  ran^  — 
On^  a  nyght  as  she  lay  in  hyre'  slepe   &  dreme. 
By  the  which^*  was  prt'nosticat  anon<'  forihe-wj^A  thanc? 
Thatt  she    sholdd'    bere  a  childe'  which^   shold^   be    fulk  gret   in 

the  reame, 
The  lyght<?  off  whos  fame   shold^  overalk  geve  his  sheme, 
125   Havynge  grete  people  wnder^»  his  gou^rnaunce  &  curt-: 

Toknyd    by    the    waters,     aft<^r     the     reuelac/on^    off    blissed^ 

Johnr,   sur^. 

Dies  Natiuitatis  sei  Thome  Cant(uarensis)  archiepiscopi. 

Moo  visions  she  hadr,  whichf  I  now  over-passe  &  lett  goo,  — 
As  this  auctor^  rehersith^  iS:  shewithr  in  his  boke,  — 
Bycause  I  wold^  be  shoite  now  her^  in  my  processe  lo  — 
130  Who  lyst  them^  know,  wppon^  his  werke  lett  them^  loke. 
And^  now  shalh'  I  shew  whatt  day  his  natiuite  boke : 
The  day  off  seynt  Thomas  off  Inde  truely  hitt  was, 
And^"  aftyr  hym^  callyd^  andr  namydr  Thomas. 

Regressio  Gilberti  in  Angliam. 
Then^  aftrr  thre  yer^  past  &  an^  halff  truely 

135   This  Gilbert  retorned^  home  to  his  wyfe  agayn<? 
From^  the  holy  londe,  as  shewyth^'  ws  the  story, 
And^  foundt'  v/yf/i  hyrr.:'  this  elegant  childe  Thomas,  playn^. 
Off  the  which*'  he   was  inwardly  very  glad^  (^  fayn«' 
And  hyghly  thankyd^'  godi?  in  hys  mynd<'  manyfold^ 

140  Thatt  he  had<r  sent  hym^  this  childr,    fiilh;  angelyke  to  behold^. 

Thys  chyldr  off  god<?  chosynr,  In.spiredr  \\y///  aWc  grace, 
Wnto  scole  sett  by  hys  lovynge  frendj'^  dere, 
Wondyrfully  toke  doctryne  withynr  a  lytilh'  space, 
Before  alk  his  compers  thatt  in  the  scole  were. 
145  Fyrst  att  A.B.C  his  lesson^  dyd^  take  &  lere, 
Submyttyng^   hymr-silff  wnder^  dew  correct/onr 
Att  scole  \vy//i  palme  c^  rode,  off  vrrtuous  subiect/on«'. 

Here  off  his  childhod^?  I  shortly  oiuv-passe 
And^  fewe  thyngri-  toche  dont'  in  that  tendre   age, 
150  Except  now  here  I  shalU'  shew  by  goddj'^y  grace 
Thatt  the  noble  clerke  wrythr  off  triie  reportage, 
Master  Herbert  Boshamr,  a  discipylh'  off  his  fulU-  sage : 


^  1 6  C.    Horstmann 

The  which«?  rehersith^,  wnto  mynde  as  I  drawe, 

Off  a  visyon^,  in  his  yougyth^-»)  thatt  blissed^  Thomas  sawe. 

Visio  facta  sco  Thome  in  infirmitate  existenti.  (Tho.  I.) 

155   Sorr  visett')  wyt/i  a  fevyr,  cast  all^  in  a  gret  swett, 
As  in  his  bed<?  lay,  langwysshynge  full^'  sore : 
A  certayn^  fayre  lady  humbly  dydt'  hynit'  grete, 
Off  Statur^  and  bevvty  nom-  such^  sene  before: 
The  which^  wnlo  his  helth^  dyd^"  hymr  restore, 

160  And^  wnto  his  handj'^  delyu^rd^  II  keys  off  gold^  pur^, 
Saynge  wnto  hym^  thes  word_;^^  thatt  folowyth^,  sur<?: 

»Thomas ,  thes  keys,  now  takyn^  her^  wnto  the, 
They  be  the  II  keys  off  celestialk  paradyse, 
Thatt  in  thy  custody  her(?-aftyr  shalbe« 
165  \<!yth  thys  vanyffhyd^,  as  the  story  doith<r  devyse. 
And<^  by  hyr^  made  hole,  fromt'  his  bed^  dyd^  aryse. 
Consyderyng<r  the  yerys  off  childhod^  overgon^  &  past, 
Wnto  allr  curialyte  &  yTiyne  stody  gave  alk  his  cast. 

De  continencia  Sei  Thome.  (Tho.  IL) 

Yett,  off  a  godly  gyfte,  amonge  the  T^g)'s  sensuall^" 

170  Off  flowrynge  youth^',  Inwardly  abhorred(?  sor^ 
Obloquy  and^*  dedly  lesynges  \\yth-z}iS.e, 
Wyth  sobyr  loke  shonysshed  hitt  as  venym^  eu^rmor«?; 
How-be-hitt  he  folowed^  the  pompe  off  secular^  lor^, 
Eu^r  yett  wyih  holy  seynt  Bryce  kept  v^rtuous  chastyte, 

175  As  Herbert  makyth  mynd<?  who  list  hym^  serch^  &  see. 

Fyrst  curyous  in  his  yough(t)^=)  sStcr  a\\e  cowrtly  gyse, 
And^  sodenly,  by  hym^-sylff  alon^  as  he  wente, 
Enspiredif  so  vfyth  grace,  thowght^  agayn^  to  aryse 
And^  to  renew  his  olde  lyf^,  thatt  he  had^  myfpente. 
180  Aftyr  the  wylk  off  godi?  anon^  verament 

Game  vnto  Theobaldd',   a  godly  spiritualk  man^, 
Archbisshop<f  off  Cant/^rbury  andt*  metropolitane". 

Quomodo  Theobaldus  fecerat  ipsum  archidiaconum  Cantuar. 

Soch^  was  his  grace,  thatt  Theobald^  hym^  toke 
In-to  hys  s^ruyce  and^  ga\e  hyme  his  ordres  alk, 
185  Except  pr/sthodi?.   who  lyst  Herbert  se  &  loke, 
There  shalk  he  fynde  my  trew  testymonyallr: 
Ine  which<:  p;-<?cesse  he  makyth^  memorialk 
Thatt  Theobald^  hym^  made  archdiacon^*  off  Cant?^rbury, 
For  vertu  &:  cu;/nynge,  to  gyde  that  sad^  consistory. 


i)  Ms.  1.  eher  visett  als  bisett,  so  auch  2047.  —  2)  st.  youthe  od.  1.  yongithe? 


Thomas  Beket,  epische  legende  aij 

Quomodo  cancellarius  Anglie  factus  est. 

190  This  blessedt'  Theobald.?,  callynge  to  remewbraunce 
Off  our^  Thomas  the  grete  pollicy  &  prudence, 
Evyr  so  circuwspecte  in  gret  thyngji'i'  oft*  substance, 
Gave  vnto  hym^  grete  lavde  wytA  sobyr  sad«'  adu^rtence. 
So  sore  spronge  the  fame  off  his  magnificence, 

195   Thatt  hitt  cam<'  att  the  last  vnto  the  kyng^y.y  ere: 

For  the  which^  off  Englond^  made  hym«'  his  Chaunceler^. 

Herbert  in  his  boke  thus  playn^  makitht'  ment/on<?: 
Lyke  as  our^  Thomas  in  wysdom^  dydt'  encrese, 
So  euer  in  favor  off  veray  entere  affection«? 
200  The  kynge  hym^  had^,  off  prmcely  hyghnes, 

Nonc"  off  councelk  so  nere  —  soch^  was  his  besynes. 
For  whatt  ourt'  Thomas  dyd^  in  causys  lowe  or  grete, 
Ever  off"  the  kynge  ffulk  gretly  was  accepte. 

De  obitu  Theobaldi  Cant(uariensis)  archieiscopi  et  electione 
sei  Thome.    (Tho.  III.) 

When  thatt  Theobaldt-  from  this  iyght^  &  sheme 

205   Off  this  p/rsent  lyffe-  was  takent'  hens  away 

Aftyr  the  course  off"  deth^:  sort'  morned^  alk  the  reame, 
Fun<7-ally  was  buryedf  andf  depe  laydt'  wndyr  clay : 
Anont'  in-to  Fraunce,  wher  as  kynge  Henry  lay, 
Wordc'  off  this  came.  and^,  as  sheAvyth<?  ws  the  story, 

210  Sent  ovyr,  ow;-  Thomas  to  be  archbisshopt'  off"  Cantw-'-bury, 

By  Richarde  de  Luce,   wyf/i  a  lettyr  off  legacy 
Wnto  prior  Wybert  andr  all<'  the  hole  co/zuent 
Off  Cant/f-rbury :  thatt  they  anon<?  sholdf  hy 
"Wnto  Westmynistert'  in  Londons,  to  chose,  off  this  entent, 
215  Wyt/i  other  statys  off  the  londe  off  wyllfulk  consent, 
Solemply  in  the  name  off  the  holy  trynyte 
Chauncelert'  Thomas  archbisshop^  off  Canturhuiy  see. 

Visio  facta  sco   Thome  in  itinere. 

AffttT-  his  elect/on^  to  Cant?/;-bury  dyd^  drawe, 
The  day  to  abyde  off  his  holy  consecrac/on*?. 
220  In  his  iornay  on^  a  nyght^  in  a  visyont'  sawe 
Aperyngc  wnto  hymf  ane  honorable  parson«' 
Thatt  gave  hym^  X  talent).»',  and^  so  vanysshedt'  his  \isiont': 
The  whicht-  secretly  shewyd;'  wnto  a  clerke  oft"  hys, 
Herbert  off  Bosham<',  thatt  wrote  this  story  Iwys. 

De  consecracion^  sei  Thome. 

225  Removed<?  fromr  Londons,  as  Herbert  dothf  reporte, 
Came  vnto  Cant/^rbury,  consecrat  for-to  be. 
Grete  confluence  oft"  people  theder  dyd^"  resort, 

Kölbing,  Englische  Studien.    III.     3.  27 


4i8 


C.  Horstmann 


Lordj'S  cS;  cowmens,  wnto  that  solewpnytee. 
The  saterday  oft"  pentecost  made  jjristc  was  he, 
230  The  nex(t)  day  folowyng^  consecratt  truely  was 

On  holy  trynyte  sonday,  our^  blessed^  prelat  Thomas. 

Contencio  inter  episcopos  quis  eorum  consecraret  eum. 

Before  his  consecrac/on^  fyll<'  a  grete  variaunce 
Amonge  the  bisshoppv5  ffor  this  solewpnytee 
W)'/'//yn<'  themr-silft"r,  as  the  story  makith^  reme?«braunce, 
235  Thatt  day  who  shold^'  hedr-my nisten-  be. 

The  archbisshopp^'  oft"  Yorke  sayd<',  hitt  shold«-  be  he. 
»Nay«,  seid^  Henry  off"  Wynchester^',   >^oft'  duty  myn^  office, 
For  now  the  see  oft"  Londons  voyd^  &  vacant  is.< 

The  bysshop<'  off"  Rochestert'  tho  spake  &  sayd^ : 
240   »Nay  verely,  hitt  is  I,  off"  old^  antiquytec    — 
Andt'  for  hymt'-silft't-  this  reasonr  he  laydr: 
»Off"  off'yce  I  chapleynr  wnto  Cant^/rbury  see.« 
Them'  shortly  they  agred^,   for  peace  &  ^nytee, 
Thatt  the  bysshopp^  off"  Wynchester^  here  shold<f  do  the  dede. 
245  And^  so  by  hymt'  was  consecrate,  in  Herbert  as  we  rede. 

The  solempnyte  past  off"  his  holy  consecrac/ont', 
Castyngt"  away  hys  purpylU'  wedjFJ"  alk 
Sodenly  changed^  newly  iorthc-wj/Zi  anon<? 
Boith^  lyfe  &  conu^rsac/on^  acordynge  to  his  palli?, 
250  To  be  as  a  myrrore  wnto  his  subiectj-i-  alk'; 

Gave  hym^  to  prayor,  wach^  &  contemplac/on<?  — 
Thus  renewyd<?  his  \\f(e  off^  a  godly  inspirac/on^. 

De  prima  mensa  corporali  et  primo  mandato. 

When^  the  sonne  had  w/Z/^drawe  his  lyght^ 
And^  the  mone  by  derke  lyst  shew  hyr^  face, 
255  In  the  dullt'  silence  oft"  the  derke  nyghtf 
Thyrtene  powr  men^  had^  our^  Thomas, 
Gyrt  wji/i  ane  apvrne,  in  a  secret  place 
A(n)d^  gave  every  mant"  a  grote,  as  shewyth  the  story, 
Also  wasshydt'  ther^  fete  nyghtly  by  &:  by. 

De  secunda  mensa  corporali  et  secundo  mandato. 

260  The  ffyrst  mawndey  don^  in  the  dulnes  off  the  nyght^, 
A  new  Company  cam^  yn<',  by  nombre  XII,  anon^, 
Sett  down^,  by  an^  officer^'  servyd  anon^  forth-ryghtf 
Wjt/i  wasshyng^  &  metjs  in  fulk  plentuous  foysonr, 
Noo  syluer^  vesselk  att  thatt  godly  convyvion^, 

265  Callyd^  the  II<^^,  in  the  crispyng^  off"  the  day. 

Thus  co/ztynually  vsed^  our^  blessedr  p?-^latt  alL'way. 

De  tercia  mensa  corporali  et  tercio  mandato. 

The  III<^«  mawnday  in  the  ffulk  lyghtt'  oft"  the  day 


Thomas  Beket,   epische  legende  4IQ 

Ordynyd^  to  be  had^,  off  a  godly  devoute  ^ele, 
The  powr  men^  had^  yn^,  mynistred^  (oTthe-wytk  allway, 
270  Namydt'  prt'bendarijs,  a  hundreth«?,  att  that  mele 
By  brothrenf,  deputydr  wyf/i  hitt  so  to  dele, 
Thatt  bare  the  pursys  off  custome  euer  iha.ne 
For  the  pow;-  people,  as  the  story  reherse  can<r. 

Et  ita   nouus  homo  nouum  hominem  Cristum  induit. 

Thus  our^  Thomas  renewyngt'  hys  old^  lyff^ 
275   Had^  thes  III  mawndes,  repr^rsentyng^  thus 

The  thre  masses  don^  att  the  bUssed^  fest  Natiff^ 

Off  oun'  redemerif,  swett  Crist  Jesus ; 

With^  this  new  oblac/on^'  and^  sacrifice  misterious 

Furbiffhynge  the  fyhh<;'  off  a.\\e  rusty  vanyte, 
280  By  chaunce  off  a  new  lyff^  toke  a  new  Natiuitee.  — 

O  ye  p/rlattri-  alle,  oft"  devotiont'  pure  here 
Lett  nott  this  swete  obstruaunce  yowr  handv-s-  now  passe, 
Our  goddly  prHatt  wnto  yow  here  examplere, 
As  yow  have  herd^:  now  folow  ye  thatt  trace, 
285  Nyghtly,  as  he  dyd^,  yo^^r  lyifly  tyme  and^  space, 
Folowyng^  our^  savyoure,  bUssed^  Crist  Jhesu, 
Thatt  thys  fifyrst  ordeynyd«?  both^  ffor  hym^  &  yow !  — 

De  mensa  sacre  scripture. 

Afift^r  this  obs^ruaunce,  wy^/i  a.\\e  devotion^ 
Done  by  his  own<?  p^rson^  secretly  in  the  nyght^, 
290  Made  mention^  off  befor^,  and^  alk  follyi^  to  reste  gon^ ; 
Contente  wji/i  a  Utilk  slep^,  went  to  his  stody  ryght^ 
Wjf/i  a  clerke  off  his,  thatt  Herbert  Bosham^  hyght^, 
And^  gaderyd«?  owt  off  scryptun'  morcellv^  on^  by  on^, 
His  mynd^  to  fede  wjt/i  spirituallt'  refectionf. 

295  Feryng^  off  holy  scryptur^r  the  grete  sentence  derke, 
Off^  veray  grete  wysdonid"  determyd^'  in  hys  mynd^ 
Att  stody  never  to  be  wjf/iowt  som^  ffamous  clerke, 
Thatt    by    his    vertuous    instruct/ond'    the    Hghtf    off    scr/pt?/re 

myght<'  fyndr. 
His  lectur^  redd^,  cowmaundyd«'  our^  prHatt  kynd^ 

300  His  redar^»  to  departe.  andt'  ever  alon^  wold^*  bee, 

In  lecturd*  &  prayourt',  tylU'  thatt  the  clok^  smote  three. 

Secundo  hie  de  mensa  altaris. 

Thus  ffed(?  att  the  table  oKc  holy  scrypturf 
Andr  spyrytually  refresshyd^'  wvf/i  thatt  swete  brede, 
Openly  canv  forth<',  afttv-  the  story  sure, 
305  Att  thre  off  cloke  —  thus   we  fyndf  &  rede  — 
So  att  another  lyk  tab/lle  hymt'  to  refeede: 

27* 


420 


C.   Ilorstmann 


Wyth  allt'  (leuotion<',  as  the  story  dotlif  devyse, 
Toke  his  swete  mele  off  god(l).y  dyvyne  s^ruyce. 

The  brede  off  this  mele,  cullyd«'  divyne  s^rvyce, 
310  Thiis  bakyn^  att  the  ovyn^  off  bornynge  devoc/on<'; 
Preparyd«?  our  prdatt  in   alU'  goddly  wyse, 
Goyngf  to  the  table  off  the  blessed  consecrac/on^  — 
The  heddt'-table   callydi^'  off  ourc  saluac/on^ : 
Wher  he  recevydf  in  fforme  off  brede  tv:  wyne 
315  The  very  body  off  Criste,  our^  v^-z-tuoiis  Thomas  benygne. 

Nö/a  quoii  archiepiscopus  non  celebrauit  cotidie  ob  reueren- 
ciam  sacramenti. 

The  dayes  I  ovtrgoo  andf  shortly  lett  them  passe 
Thatt  he  wnto  churchr  camr  ofif  a  goddly  mynd^', 
W)'///  alk  devot/bn^  att  seasons   to  here  his  masse. 
For  dayly  he  wold^  nott  synge  —  thus  we  rede  &  ffyndf  — 
320  Only  off  reurrence,  by  confessionc  off  his  mynd^, 

Sayng^  -vfyth  blessed<?    centuryon^   this    blissed^  prdatt  Thomas: 
»Lord^,  I  nott  wordy  to  receyve  the  into  my  synfulk  place.« 

De  feruenti  deuocione  sei  Thome  in  celebracione. 

And^  when^  he  was  revestyd^  as  a  p^rlatt  spyrytualk, 
Pr^cedyng<?  wnto  the  awter  in  his  pontificalk  aray, 
325   Solempily  to  do  sacryfyce  and^  to  make  oblac/on^  wj/Zz-alk 
For  hym^  &  for  alk  other:  mekyd«;-  hymt'  invvardly  alkway, 
And^  in  his  devoc/ons  the  terys  on^  the  awter  lay ; 
So  fervently  ont'  the  passiont'  off  Cryst  his  mynd^  layd<', 
That  his  devociont'  was   n\oxe  p^rcevyd^  then^  the  \iordys  thatt 

he  sayde. 

330  Ofif  his  mynd^  to  rep/rsse  the  vaveryng^  thowghty^  vayne 
Thatt  sodenly  fiyttydf  in  the  holy  masse  whyle ; 
»Ofif  cathecumynis«   callyd^,  as  shewyth^  the  story  playn<r, 
Callyd^r  for  a  boke,  his  mynde  to  reconcyle, 
By  blessed<?  Anselme  made  wndyr  an^  elegant  style ; 

335  For  his  enchiridion^  had^  in  his  handj)'5-,  certayne, 
Ofif  swete  meditac/ons  to  qwyk  his  mynd^  agayne. 

Qualiter   festinanter   peregit   celebracionem    propter  diuersas 
caiisas. 

Att  this  hygh^  sacryfice  fifulh'  shortly  woldf  he  bee, 
Feeryng^  ylk  angellj.f  thatt  wer  inWe  p^rhycyous, 
As  vayn^  thowghtj'^y  ffiiyttynge  ofif  prone  fifragilitee 
340  In  myend<?  att  thatt  swete  oblac/oni?  fifulk  glorious. 
Thus  ordyryd^  hymi?-silff  this  prdatt  vertuous 
Wyth  short  devocion^  ther  vayni?  corsys  to  subdue, 
And^  thus  hastely  he  recevyd^  owr  savyo?^r  Cryst  Jesu. 


Thomas  Beket ,    epische  legende  42 1 

Qualis  fuerat  in  auditorio. 

The  solempnytee  off  the  masse  fynyffhedr  &  doone", 
345  Went  from^'  the  churchd'  aftyr  the  maner  &  guyse 
Wnto  the  auditory  -wyth  alk  hys  anon^, 
Accordyng  to  his  charge ,  the  lawe  to  exercyse ; 
And^  satt  as  a  Jugge,  to  execute  Justyce, 
Wj'M  hys  brethren^  andt"  bysshoppj'i'  cowprovynciall^, 
350  By  lawe  to  discusse  alk  causys  sutalk. 

De  euitacione  auaricie. 

The  vicious  receyte  oft"  false  avaryce, 
Had^  whilom^  in  the  courte  onely  for  mede  — 
By  which^  was  defacyd^  the  ftame  oft'  Justyce  — 
Wtterly  he  refused^;  in  his  story  as  we  rede; 
355  From<'  such«'  suspecte  receytj's  he  kept  hym^  in  dede, 
Ande  oft"  alk  them^'  in  whos  causis  he  had^  besynes 
Not  one  halpeny  wold^  take:  except  a  disshe  oft"  gentilnes, 

The  which^,  oft"  curtesy  &  vertuous  vrbanytee, 
Euermore  thowght,  he  myght^  nott  gladly  refuse. 
360  Thus  kepte  he  hym^'-silfi"  fronif  false  cupiditee, 

Tn  example  oft"  other :  this  was  his  dayly  wse.  — 

O  allt'  ye  Jugg_)'5,  this  to  your^  mynd^  reduce, 

Off"  goddly  remembrance  folowyng«?  this  blissed^  man<r! 

And^  grace,  dowtles,  wyth  yow  euer  shalk  folowe  than(?.  — 

Nichil  emitur  aut  venditur  in  causis ,    nee   cera    nee  cartule 
nee  sigillum. 

365  Nott  onely  our  Thomas  the  fifalse  covetyce  dyd^  ftbrsake 
Oft"  goldf  &  syluer,  as  the  story  dotht'  devyse, 
Butt  as  vyle  mowggt'  euermore  woldr  hitt  take, 
Tredyng^  hitt  wnder  ftbte  in  hatt  oft"  false  avaryce ; 
Oft"  veray  compassion«'  andf  trew  ^ele  oft"  Justice 

370  All^  thynge  was  so  cowmyn^  in  courte  &  in  howseholdf 

Thatt  wax,  cartule,  nor  seale  ther  sholdt-  be  boughtf  ^^'  soldt". 

Showydi?  by  anc  abbatt,  as  the  story  doth<-  reherse, 
Havynge  in  courte  causis  to  be  execute ; 
Nowe  to  one,  now  to  an^  other  offierd«*  wyth  gladnes 
375  Large  gold^,  to  be  sped«*  shortly  off  his  fwyte; 
His  profers  refused<?  off"  thenif  there  depute 
To  be  officers,  andd'  spedd«*  wj7//outent-  syluerc  or  goldf. 
Thus  covetyce  leyd<^  aparte,  Justyce  was  wpholdf. 

De  mensa  cori)orali  Archiepiscopi. 

Afftr/-  the  wse  custymable  oft"  the  p;-<'latt  than«-, 
380  When6'  thatt  oft"  the  courte  alh'  causys  discussed«'  wen-, 
Frome  the  auditory  went  this  blessydc  man«- 
Abowt  hyghf  noone  directly  wnto  dynere; 


422 


C.  Horstmann 


Grace  sayd^,  satte  downt'  afterr  his  manerr 
In  the  my(ldj.f  offe  the  table,  and^  his  clerkv^  hadr  tlianif 
385  Att  his  ryght^  hand^,  and^  att  his  left  handc  monkv^  (S:  rehgiowJ  men^. 

His  ffamous  clerkji.f  nott  sene  in  the  chawncery 
Off  fulk  grete  wysdomr  and^r  sad«*  discretionr 
Yett  att  his  table  they  eiK-rmore  satt  ffull*?  nye, 
Most  metely  so  to  bee,  for  ther^  cowmunycac/onf. 
390  Knyghtes  &  other  gentyl|;.y  satt  by  thein<?-silff  alont* 
Att  a  syde-table,  apoynted*:  honestly  for  ther  degree, 
Lyst  the  lectur^  off  his  bord<^  wnto  themt-  shold(?  tedious  bee. 

De  lectura  in  mensa  sei  Thome, 

Off  old^  ordynaunce  befor  hym^  redde  the  lectura 
His  crosse-beran',  and^  for  hym^  was  made  a  seete. 
395  And^  att  certayn^  pawsys  this  blessed^  prdatt,  sure, 

Wold^  cowmyni?  off  thatt  lectura,   &  som^'-tyme  wold<?  eete. 
Dyu^'rsitees  off  day//tes  hadde  euer  att  his  mete, 
And^  ftullt'  sobyrly  had  hys  ey  wnto  the  bordv^  alk 
Rewardynge  -wyt/i  hys  own^:  dysshe  ou^r  alle  the  hall^. 

De  nobiUum  filijs  nutritis  cum  archipresule. 

400  Yonge  gentilmen^,  lordr^  sonnys  off  byrth^  bore, 
Hadd<'  dayly  att  bord^,  byfore  hymt'  forto  kerve, 
Off^  duty  so  proclaymydt',  as  his  pr^decessours  dyd^  before: 
The  second^  chyld^r  alkway  obsequyously  hym<'  dyd<'  serve. 
Lyke  as  the  kynge  the  heyer^r  wold«-  take  &  conserve, 

405   So  eu^r  the  archbisshopp«?  off  old^  antiquytee 

The  second^?  son<;-  had^,  off  veray  ryght^  &  dutee. 

Habuit  secum  regis  fiUum  et  regni  heredem. 

Amonge  a.\\e  his  yongt'  lordj'5  as  a  pr/nce  pr^emynent 
In  byrth^  &:  blod^'  had^  the  kyngy^  owne  so/me 
And^  heyer^,  whichd?  was  eu^rmore  homble,  dylygent, 
410  Off  fifylialk  lowlynes  and^  hartly  entere  afifectiont', 
This  prdatt  att  his  table,  wyi/i  gladd*  subiection^ 
Dayly  to  serve  hym^.  ever  redy  wold^  he  bee, 
Seynge  att  his  bord<?  the  ordyr  off  humanytee. 

To  whom^  this  pMatt  wjf/i  smylynge  cowntenaunce 
415  Att  his  table  haddt'  wordj'^  off  lordly  plesur^, 

This  yonge  prmce  to  please  off  bourdly  plesaunce, 

Consyderynge  his  byrth^  off  gladd^  v^rtuous  norture. 

Furder  now  lett  ws  see  wjf/i  sadf  mynd^  demure 

Howe  thatt  his  borde  shone  bryghtf  out'ralk 
420  Wyt/i  clergy,  younge  prmcys,  and^  dayntes  most  specialis. 

Furnesshedi'  was  his  table  wyf/i  great  dayntes  certayn^ 
Off  dyuers  man(?/-s.   yet  lytyll^  toke  he  off  thatt, 


Thomas  Beket,  epische  legende  42? 

Off  sobyr^  discreczbn^  from^  alk  surfetty^  dyd^  hym^  refra)Ti^ 
And^  fedd^  hym^-silff  moderatly,  this  v^rtuous  prdatt. 
425  A  brother  off  his  on^  a  seasom-,  thatt  att  his  table  satt, 
Off  holy  conu<?/-sac/on6?,  notyde  this  prelatt  goode 
Bycause  thatt  he  fedd^  hym^  ^vyth  so  grete  chaunge  off  foode. 

The  whichf  our  blessedi?  Thomas  p^rcevyd^  ffullf  welk, 
And^  sayd^  to  hym^:    »my  brother,  wyth  greter  gredynesse 
430  Thow  etyst  thy  hard^  bene,  (Sc  mor  off^  hitt  hast  thy  fylk 
Than^  I  off  my  fesaunte  iwWe  delicat  in  swetnes.« 
This  brother  wsed^  groce  metys,  as  the  story  doth^  expr^sse, 
And^  our  Thomas  for  alk  his  delycat  refection^ 
Wnethys  feit  in  his  body  eny  flesshly  rebellyon^. 

Qualiter    euitabat    cantilenas    dissolutas    siue    ad    lasciuiam 
pertinentes. 

435  A  brother^  off  ours  and^  a  discrete  confessour 
Off  hyva.e  thys  secretly  in  confessiont'  knew.  — 
O  sober  v^rtuous  temp^raunce,  alk  was  by  thy  pow//r, 
Wyth  thy  suster  abstynence,  ffulk  hygh^  in  vertew !  — 
And^  e\xer  hys  bord^  voyde,  as  the  story  dotht'  ws  shew, 

440  Off  alk  man^r  off  karoUj'j'  &  songj'^  dissolute, 
Sowndyng^  to  luxury  off  harpe,  pipe  and^  lute. 

Qualis  fuerat  in  ordinibus  celebrandis. 

Now  forthere'  lett  ws  proced^  and^  mencion^  her  make, 
In  ordyrs  gevyngf  off  whatt  behavyowr  he  was. 
The  saterday  oüc  pentecost  pr/sthodt'  dydf  he  take, 
445  As  was  shewyde'  befor^,  owr  blessedt'  p/rlatt  Thomas. 
In  septembr^  folowyngc,  as  the  tyme  came  to  passe 
Off  quattuor  tempore,  ordyrs  \xyt/i  fulk  gret  solempnytee 
In  his  own^  pr^pyr  parsont-  devowtly  halowydt'  hee. 

Obsequyously,  sobiirly,  andf  wyfh  great  inward^  ffeer^, 

450  Dredyng<?  off  eny  other  the  offensefulk  lyfff 

Thatt  shold^  take  ordres  in  his  presence  theerf, 
Wnder  thes  wordj'i-  he  spake  anon«?  ffulk  ryfft' : 
»Brothreni',  r&xnonhre  yow  wyth  myndt'  intentyfft', 
Andt'  suffer  nie  nott  here  in  the  name  off  Jesu 

455   ^V>'///out  serchf  off  conscience  to  sett  my  handv.y  on^  yow.« 

Behold^  we  now   here,  w^yth  vertuous  sobernes 
How  by  hys  dredfull«'  sercht'  toke  sure  experience 
In  discussynge  off  his  charge  wyth  veray  gret  besynes, 
Thatt  the  worme  off  slewythf  sholdc  not  bytc  his  conscience. 
460  Füllt'  holsome  exhortac/ons  had^r  eu<r  in  audience 
Opynly  wnto  o.\\c  themt'  thatt  ordres  shold«-  take, 
In  discharge  off  hys  conscience,  as  the  story  me//cion^  doth  make. 


424 


C.  Horstmann 


De    prMijs')    ecclesie    perditis    que    a    laicis    recuperanda 
censuit.  (XVI.) 

Now  aft^r  the  imp^'rfection«-  oft'  my  riule  dulnes, 
Only  off"  grace  andr  goddjj   meke  suff'crance, 
465  Here  I  overpasse  off"  bis  spiritiiall^:'  hesynes 

And^  shortly  now  shalk  shew  off  bis  tewporall^'  demaunce, 
How  off  bis  lost  londj'5  wold<'  make  recoveraunce, 
Takerii'  from^  bis  cburcb^,  lyst  move  a  question^ 
Wnto  tbe  heed^-statj'.>-  oft"  the  land^r,  off"  a  Juste  intentiond". 

470  Callynge  wnto  mjnde  the  wayes  wnpr^fytable 

Oft'  bis  pr^-decessow/'S ,  ff"or  lake  off"  dew  callynge, 
Or  eis  by  o])\:)ressiom'  made  weke  and^  wnhable 
Off  wordly  chaunce  in  ihexe  wnstable  beynge  — 
'V\'^her  pow«r  is  grete  non^  hasty  recoverynge ; 

475  Yett  owr  Thomas  fferyng^  noo  worldly  myght, 

Wher  opynly  he  baddf  wronge,  callyd^  for  bis  ryght^. 

The  man^r  londri-  lost  aft^r  tbe  vulgare 
"Were  callyd^  fee-fermys,  p^rteynynge  wnto  bis  table : 
Tbe  which^  att  bis  co;'«myng^-in  all  occupiers  excludydr  wer 
480  And^»  the  maners  in  his  own^  hand^'i-  had^-  firme  &  stable 
W^/z^out  eny  eflchetynge  or  p/vcesse  off"  lawe  sutable. 
For  wher  tbatt  lie  knew  thatt  he  was  wrongfully  Iniuryed^, 
Fulk  wysely  wnto  bis  pr^pyr  ha.ndys  alk  lol\i'5  recovered^. 

And^  chefly  wnto  recover  gave  his  saddr  appliaunce. 
485  For  tbe  ff"ee  thatt  was  callyd^  off"  Will/^mi  de  Rose 

Sevyn^  knyghtjj-  ff"eeys,  off"  longe  contynuaunce, 

Off"  the  wbicbt'  by  eflchetynge  hadd^'  takynt-  a  grete  losse. 

Tbis  matyr  he  delayed^  aff"trr  his  saddd'  purpose, 

Abydyng^  tbe  kyngvj-  cowmynge-over  agayn^, 
490  Tbatt  was  in  Norma;;dy,  to  haue  Justice  certayn^. 

Contencio  inter  archiprefulem  et  comitem  Glourrnie. 

Att  thatt  präsent  tyme  ff"yll<'  a  grete  varyaunce 
Bytwen^  hym«?  &  the  Erle  oft"  Glosyter  tyghtt- 
For  tbe  castylk  off"  Tonbryge  wjf/i  tbe  partenawnce 
Thatt  yold^  honiage  to  the  archbisshopp^'  oft"  oldt*  duty  &  rygbtf. 
495   Tbe  Erle  wrothf  sent  over  wjf/i  alk  his  myghtt' 

Wnto  the  kyngjs  good^  grace :  or  he  sboldt'  comt'  over^. 
From^  wbos  desyre  the  kynge  removedt-  hys  eer<' 

De  aduentu  Regis  in  Angliam. 

Andi?  herd^  hym^  nott;  butt  as  a  p/vnce  fulld'  glorious 
Made  sayle  in-to  Ynglondt'  ande  havenydr  att  Soutbamptoner 
500  Fulk  pr(?sperously,  as  mynt'  auctor  shewyth  ws, 

i)     Ms.  pri^diis. 


Thomas  Beket ,   epische  legende  A^e 

There   recevyd^   off   the   archbisshopp^  wjt/i   the   yonge   pr/nce, 

his  son^, 
And^  off  many  other  grete  sta.tys  wnder  reuerent  salutac/on^. 
So  where  the  kynge  wjf/i  our^  Thomas  hadd^  mett, 
Off  hym^  hadd^  gretter  Joy  then^  off  his  sonc  that  he  begett. 

De  famihari  colloquio  inter  Regem  et  archiepiscopum. 

505   Our  Thomas  considerynge  the  kyngi'^  ffatigac/on^', 
Thatt  he  had^  by  the  occasion«?  off  the  stormy  see, 
Off  the  kyng<?  toke  leve  wnd^'r  humble  salutac/ont' 
Andi?  home  wnto  his  hostage  wy^/i  aWc  his  cowpany  went  he. 
The  next  day  mett  wy^/i  the  kynge,  apoyntedt'  so  to  be. 

510  Andi?  went  to-gedres  in  famyhar  co;«municac/on^, 

Wyf/i  gretter  Joy  thent'  I  can^  here  reherse  or  make  off'  menc/on^. 

De  recessu  archipresuHs  a  rege. 
Aftyr  this  glad^  familiaritee  wy^/iyne  dayes  ffew 
Our*?  Thomas  wjtA  the  yonge  pr/nce  toke  leve  off  the  kynge. 
His  adu^rsaryes  wyf/idrQw  them^,  &  there  facys  wold^  nott  shew, 
515   Bytwene  the  kynge  &  hym^  the  gret  love  p^rcevynge; 

They  hyd^'  them^,  they  went  away,    ther  quareUji"  dissimylynge. 
And^  our  Thomas  wjt/i  Joy  enowght'  retornyd«'  home  agayne 
W>'/^  his  ahiwpne ,    the  yonge  pr/nce :    so   wyllynge    the   kynge, 

certayne. 

De  profectione  archipresuHs  ad  consilium  Turonense.   (XVII.) 
Anon^  äfft«?;-  this  ffulk  shortly  then^  sent 
520  Blissed^  pope  Alexander,  the  III'^^  off  thatt  name, 
Wnto  a.\\e  cristen^  churchis,  off  this  entent : 
Att  Turonense   to   haue  a  counselk',    &  ou/-  Thow^/s  to    be    att 

that  same, 
For  a  fcisme  thatt  was  wnto  the  churche  grete  dififame. 
Andt'  ffor  the  whichf  (!)')  owr  blissedf  p/rlatt  p/rparydt'  hym^  anon^ 
525  Att  that  generaWe  counselk  to  be  in  his  own^  pr^^pyr  p^^-son^. 

Havynge  \vy(/i  the  kyngjs  goode  grace  dayes  off  cowmynycac/on^, 
Or  thatt  he  was  alle  redy  to  passe  ou<7-  the  see, 
And<?  delyUd'Adt'  wnto  hymt^  tlie  yonge  p/-/nce,  his  sonn-. 
Soo  wj'Z/i  Ucence  hadd^,  camc'  wnto  Romeney, 
530  Wher  he  toke  shyppe,  andf  havend«'  att  Graveney 
In  Flawnders,  and^  worshypfully  there  receyvydt'  was 
Off  Erle  PhiHpp^',  owr  prt'latt  vertuous  Thomas. 

De  receptione  archipre(su)Us  in  Normannia  a  nobilibus  patrie. 
The  next  day  camf  to  hym<-  the  nobles  ot^"  Norma//dy 
Wj^/i  alle  the  Joy  thatt  they  cowedf  devise  or  make  \ 
535  Grete  hono^r  and  worshypp*'  he  haddr  ther«'  truely, 

And^  thorought'  alh-  the  contree  lyke  a  pr/nce  was  take 
By  cytees  &  castell  r^r  ffbr  the  kyng  1  y  sake ; 

i)  1.  forthe-wyth. 


426  ^'   Horstmann 

Where  as  he  went  wnclyr  the  kyngji  dominac/on^ 

Grete  chcr<r  hc  hadd^  in  euery  good^  cytee  dv:  town^. 
540  'Ihe  111'^'=  day  folowyng<'  \vy//i  grete  worshypp^  sure 

Att  Thorens,  a  towre,  was  recevyde  owr  blesscd^  Thomas, 

And^  wjf/i  the  koniyng^  off  this  holy  prdatt  demure 

\\\e  the  hole  cytee  made  grete  Joy  ^:  solace : 

>.\tt  whos  cowmynge  grete  multitude  ther  was 
545   Off  cyty^ens  and^  Strange  archbisshopp^'5  than^, 

Cardinallyj  also,  to  welcom^r  this  blessed^  man«?. 

De  aduentu  archipresulis  ad  summum  pontificem. 
Off  theni^  thatt  folowed^  so  grete  was  the  multitude, 
When<?  thatt  he  came  to  salute  the  popys  holynesse, 
BothdT  off  yonge  &  old^,   lernyd^"  &  alsoo  rüde, 
550  Thatt  the  pope  was  constrayned^  by  force  off  that  prese 

His  chambre  to  fforsake:  and<?  cam^  owt  \vvf/i  a.]\e  gladnesse 
His  parson^  to  see,  recevyd<?  hym<?  &  off  cowpassion^  prest, 
Left  hym^  wnd^r  thiswordi'^:  »goo,  brother«',  &  take  thy  restl« 

De  reuersione  archiepiscopi  in  Angliam  consilio  finito. 

By  certayn^  dayes  the  counselk  ther  halowedi?  &  don^, 
555   Off  ^^s  church^  to  renevv  the  pr/uylegyes  oldi? 

Wnto  the  popys  holynesse  made  humble  peticion^. 

Off  the  which^  he  hadd^  a  graunte :  desyre  whatt  he  wold(?. 

This  had^,    wyt/i  licence  retorned^,  as  he  shold^, 

Home  in-to  Ynglond«?,  andf,  shortly  to  expresse, 
560  Off  the  kynge  was  v/yf/i  alle  reu^rence  recevyde  &  gladnesse. 

De  duobus  episcopis,  v^  Wyntoniensi  et  Herefordensi. 
Theys  dayes  stode  vacant  in  his  provynce 
The  bysshoprych^  off  Wynchest^;-,  &  off  Hereford^  eke. 
Wnto  Wynchestre  electe  was  oonf  Roger  wvf/i  reuerence, 
The  'ErVys  son^  off  Glocert^r,  ffulk  v^rtuuos,  meke; 

565   Wnto  the  see  off  Herforde  electe  in  man^r  lyke 
Robert  de  Molondown^,  a  fulk  nobile  man^, 
A  gret  clerke  also  forsoitht-  called^'  then^». 
Thes  bisshopp;'^  II,  befor  off  made'  remewbraunce, 
For  holy  lyfe  &  cu«nyngr  consecrat  ther  wer»? 

570  Off  owr  blessed  Thomas,  wyf/i  solempne  obs^ruaunce 
By  ordinatt  instituc/om',  consuetude  &  manere; 
The  which^  euer  (toke  hede) ')  wjf/i  a  goddly   mynd^  here 
Thatt  noon^  by  hym<?  consecrat  mowghtt'  bee 
Butt  lyff  &  conu^/-sac/on^  wj'M  his  charge  dyde  agree. 

De  dedicacione  monasterij  de  Redynge. 
575  Afft^r  this  consecrac/ons  callyd^  ow;-  vtvtuous  prdatt 
A  certayn^  off  the  bysshoppji  comprovyncialk, 
The  monastery  off  Redynge  to  halow  is:  dedycatt,  — 


i)  Im  ms.  fehlt  das  verb ;   oder  1.   im  reime  had  fere  ? 


Thomas  Bekett,  epische  legende  427 

The  kynge  soo  wyllynge  &  präsent  amonge  them^  alk,  — 
Bylte  &  ffowndyd^  by  his  grawndfader,  a  man^  ryallf, 
580  Whos  body  &:  bonys  rest  in  thatt  monastery  — 

On^  whos  blessed^  swete  sowie  now  ]hesu.  haue  mercy ! 

De  Translacione  Sei  Edwardi   Regis   et  Confess(oris)    apud 
West(mynyster). 

Thatt  same  yere  our^  Thomas  and^  blissed^  prdatt 
Game  to  Westmynyster,  the  kynge  wyllynge  soo, 
Gloryous  seynt  Edwarde  soleniply  to  translate, 
585  The  kynge  beynge  präsent,  wyf/i  many  statj'^  moo, 
Bysshoppji'^,  abhatys,  monkes,  thatt  dede  to  doo. 
And^  toke  wpp^  this  bhssed^  corse  «St  shryned«?  hitt  rychely 
Amonge  the  gloryous  saynt^y^  thatt  ther  rest  &  ly. 

De  initio  dissentionis  inter  Regem  et  archiepiscopum.  (XVIII.) 

The  grete  dissention^  here  fyrst  thus  grew 

590  Bytwen^  the  kynge  &  owr  blyssedi?  Thomas 

By  men^  off  the  church<'  —  sorowfulk  here  to  rew  — 
Thatt  gave  themt'  inordinatly  wnto  vycious  trespas. 
Amonge  alk'  att  a  season^  a  pryste  taken^  was 
By  the  ffrendj'j'  off  one  slayn^,  accused^  off  homicyde, 

595  Browght^  wnto  his  ordinary,  Justyce  to  abyde. 

Thys  pryst  was  taken^  in  the  bisshopp/^f  provynce 
Off  Sarysbury,  the  which^  was  his  ordynary  thoo. 
The  preyst  denyed^  his  deede  &  offense, 
Shewyng^  thatt  he  was  wrongfuUy  doo  wntoo, 
600  And^  axte  his  purgat/onc  wj'///owtyn^  eny  wordj.y  moo. 

The  which<:  he  cowed^r  nott  make:  bat  takynt'  as  in  hitt  defecte 
And^  soo  there  co/zvycte,  on^  thatt  he  was  detecte. 

Qualiter  eps  Sar.   consuluit   archiepiscopum    et   de  sentencia 
archiepiscopi. 

The  bisshopp^,  seyng^  thys,  to  the  archbisshopp^  sent 
To  have  his  sadd^  advyce,  counselU'  <;^:  reed<:: 
605  The  lay  growgynge  to  avoyde :  off  this  entent, 

Thatt  in  his  correctiont'  he  myght<'  suerly  procede. 

The  archbisshopp6'  this  sentence  gave  shortly  in  dede 

Thatt  the  preyst  sholdf  be  depryvedf  off  alU-  churchly  autorytee 

And^  putt  in-to  a  monastery,  in  p^rpetualh-  penaunce  to  bee. 

Item  de  Canonico  Lincolniensi. 

610  Also  abowte  this  tyme  another  mysfortune  befelh' 
By  a  certayndT  chanonf  off  Lyncolif  sce,  thatt  was 
Called^  Philippt'  de  Broys,  as  the  story  dothc  ws  teilt': 
Off  whomr  a  cowiilaynte  was  made  wnto  the  kyng  )'.y  good^*  gracQ 
By  a  Jugge  off  his  wppont'  this  grcvous  trespas, 


428  C-  Horstmann 

615   Sayng^  how  thatt  this  Philipiv  openly  in  audience 

Rebiikyd^  hyrrid'  wyth  gret  wordvJ  ^:  sett  hym^*  att  noo  reu^rence. 

Nott  only  v/yih  hym^  was  grevcdr  Ihc  kynge  here  in  dede, 
IJutt  yfyf/i  o\\e  the  churchr,   as  was  shewyd^"  to  uw;-  Thomas. 
Für  the  which^  this  Philippe  he  acytedr,  as  we  rede, 
620  Sharply  hymt'  to  ponysshe  on»^  this  greate  trespasse  — 
To  paece  so  the  kyng;-^  mynde,  thus  here  his  wylk  was; 
This  pryste  openly  -wyi/i  roddys  was  bete  fulk  sore, 
Banysshed^  and^  depryvedf  fromr  allr  his  prystly  honour^. 

'J"he  kynge  as  yett  nott  content  y/yth  thys, 
625   P»ycause  he  was  nott  ponysshede  by  hand^'j  temporalk, 

The  which^  off  Ire  desyred^,  fafe  here  he  feryd^"  Iwysse 

The  ryguous  resistens  ofif  owr  Thomas  spiritualk  — 

The  kyng6'  ever  styfir<?  to  susteyn^  his  pow«r  ryalk, 

The  archbisshopp^  in  lyke  wyse  ever  as  styffV  as  hee 

630  The  church^  to  preserue  andr  kepe  hytt  in  lybertee. 

The  kynge  here  heryng^  by  frowardr  relacion^ 
Thatt  he  cowedd"  nott  kepe  wnder  soch^  open^  offence 
Donr  by  the  church^,  ffor  ther  easy  spiritualh'  correctionr : 
Callyd^  our  Thomas  wyih  allr  bysshoppj'^f  ofif  his  provynce, 
635   The  clergy  hoole,  to  apere  before  hys  hy  presence 
In  London/:  att  Westmynyster  wj7//0W'tyn^  eny  delay 
Acordyng^  to  his  mynd^  ont'  a  ccriaync  deputyd^  day. 

The  cause  openly  expownedr  expressly  there 
Off  there  callynge,  the  kynge  thus  spake  a-lofte : 
640  Yff  eny  pö-rson^  off  the  church^  wer  taken^  ever-where 
V^yth  open^  dedly  cryme,  anon(?  he  shold^  be  browghti? 
To  temporalk  execut/on^,  as  he  hadi?  des^ruyd^*  and^  sowght?, 
Lyst  he  shold^  contynew,  thys  reason^  for  hym<'  aleagynge, 
More  proner  to  be  noyfulk  by  hys  cursydt'  lyvynge; 

645  W_y^/;out  sSxcr  spiritualk  payn^  a  bodely  shold^  sewe  — 
Off  ther  ordres  the')  amyssyon^  havyng^  noo  regard«' 
The  whicht',  in  contemplaciont"  off  ther  ordres  fulL'  of  \ertue, 
Abasshyd^  were  nott  to  shew  such<?  opend'  vyces  wtwardc; 
And^  sayd^  they  were  worse  in  his  dorne  inwardd' 

650  Then^  eny  other  in  ther  syghtly  for-passynge  owtrage, 

Havynge:  off  holy  ordres  the  grete  dygnytee  &  p;7uylage; 

Wherfore  more  sharper  they  constrayned^  shold^  bee, 
In  soch^  open*?  transgresses  fowndr  fectyff  or  guylty, 
By  ryguousnesse  off  lawe  cyvylL-  to  have  penalytee ; 
655  For  soo  in  the  canon^  is  shewydd'  evydently: 

Gast  them  in-to  temporalk  handvjr,  takynd"  wyfh  soch^r  vylony, 


i)  Ms.  tho! 


Thomas  Beket,  epische  legende  420 

And^  lett  them^  have  aher  ther  wyckyd^  deserte 

The  sharpe  ponyshment  of  lawe  te7;/poralk  that  is  so  smerte. 

Thys  consell^  hadd^  the  kynge  ofif  such^  thatt  were  experte 
660  In  both^  lawes  and^  ffavordc  his  grete  hye  \')arsone, 
As  men^  lernyd^,  openly  and^  nott  in  secrete  coverte 
Shewydf  thatt  alle  suche  by  there  dorne  andf  reason^ 
Sholdt'  nott  take  exile  nor  in  monastery  punyabnt'  — 
Thus  mente  they  by  the  II  pr/stj5  remembredf  before, 
665  Which^  toke  m^rcyfulk  correction^  aftyr  spirytuall^  lore ; 

For  aWe  such«?  as  had^  des^ruyd^  off  lawe  the  grete  rygowr 
Shold^  nott  in  monasterys  take  corrigible  penaHtee, 
Nether  shold^  be  exiled^  by  eny  spiritualk  ordinary  pow«r, 
Butt  rather<?  shold^  be  sentt  to  the  hand^y^  off  the  temporaltee 
670  And^  eu^'r-more  aftr/-  as  s^ruantj'i'  ther  to  bee 

In  p<?rpetualk')  s^ruytute  wnder  the  sharpe  correction^ 
Ofif  temporalk  iustice,  ffor  ther  open^  transg(r)ession^ ; 

Addynge  yett  here  thatt  wnder  the  lawe  off  Moises 
Thatt  alle  transgressours  wjT'/zowtynt?  eny  ordyr  off  excepc/on^ 
675   Bodely  sholdt'  be  ponysshedd'  after  the  qualitee  off  ther  transgresse, 
Body  for  body,  ey  for  ey,  thus  recevyng^  the  grete  payn^  talyon^, 
As  the  peple,  so  the  prest,  aft^r  goddj'i'  iuste  flagycion^, 
Favordd'  by  no  grace  for  pmiylege  or  dignytee, 
Butt  more  sharper  then«'  eny  other  they  sholdt  correcte  bee. 

680   :)My  sout'/'a.ne  lordt',  kynge  andt'  pr/nce  belovedt'  dere, 
Our  mother,  alk'-holy  churcht',  is  mother  in  generalis 
Off  kyngdome  &  prysthodf;    the  which^  hath^  now  here 
Two    kyng^'^ ,    two   lawes ,    two   Juredictions ,    two    coz/strayntj  .y 

w^'M-allt'. 
Two  kyngj'5:  the  kynge  ofif  hevyn*:'  Crist  Jh<'^us  immortalU', 

685  The  kyng^  off  the  erthf;  two  lawes:  tewporallt'  &:  dyvyne; 

Two  Juredictions :  Juredictiont'  spiritualk'  &  te;«porall<',  as  we  fyne ; 

Two  constrayntj'j' :  one  for  the  body  ys, 
Another  for  the  sowie,  to  brydylU'  the  mynde. 
And<'  neyther  ofif  themt-  sup^vfluous  may  be  Iwys, 
6go  And^  thes  suffice,  as  we  rede  andt'  fitynde. 

Wherfor,  we  ofif  the  churchr,  ofif  owr  spiritualU-  kynde 

In  ordres  havyng^r  a  tokynt'  mysteryous 

In  the  crown^  off  owr  hedd^,  owr  kynge  is  above,  Jht'^-us: 

Ofif  whomt'  ment-  ofif  the  church*'  take  ther  dignytee, 
695   Ordres  and«?  office;  thatt  wndyr  noo  kynge  terestrialk 

Ofif  co«gruence  and^r  reasonc  the  churchf  may  goodly  bee, 
Havyngf  ther  great  pow«r  ofif  the  kynge  celestyallf. 


i)  ms.  perpetuauall.     Nach  679  ist  eine  lücke? 


430 


C.   Horstmann 


To  whorn^  pr/nces  resort  andi?  take  ther  powur  ryall^* 
Off  septyre  and^-  swerd^',  to  hold^-  wpp  ther  knyghtly  honour. 
700  Wherfor    he    is    owr     kynge,     thatt     hathd-    gevyn«'     \vs     soch^ 

powur. 

For  wndyr  his  lawe  we  governaunce  novv  take 
By  the  constituc/ons  off  old^  fathers,  thatt  were  before 
For  WS  so  prövydyd^:   how  may  eny  pr/nce  now  a  wrake 
By  crueltee  on^  hym^  thatt  gave  hymt'  his  honöur^", 
705   Wnpetefully,  seyngr  in  his  handi'j  the  lorde  off  all^"  socourr, 
Andt'  tho  handj'j^  wyf/iout  reuerence  to  byndt'  in  vylony, 
Drawyngi?  wnto  the  galowes,  as  a  lay  thefe,  to  dy? 

Hitt  beco?;/myth^  nothynge  a  pr/ncely  magnyficence 
Thatt  handv^  to  toche  in  eny  vylynous  wyse 
710  Off  whome  enery  kynge  taketh^  in  his  presence 

Both<'  grace  andr  the  blessyng^  off  celestiallc  benefice; 

By  whos  mystery  allf  your  comfort  fyrst  dotht-  aryse, 

For  att  the  altarf  by  office  off  mynystraciont' 

They  grace  wnto  yow  pr^curc  to  your  eu^z-lastyngi"  saluacion^. 

715  Trowthr  hitt  is,  and^  agreth^"  metely  vfjt/i  reason<:, 
Thatt,  iff  eny  off  the  church^  be  putt  aparte 
From^  allt'  prestly  honotir  ffor  open^  oftencj'^  donr 
And<'    soo    fronid'    the    church^-    delyu^rdt-    wnto    the    tewpt'ralk 

handr^  smarte, 
To  be  in  temporalk  s^ruytute  aftyr  ther  desert, 

720  Stondyngi?  wnder  the  pow?/r  off  seculare  Jurediction^, 

So  takyn^  as  oon^  off  yowrs  and«?  wnd^r  yowr  correction^r ; 

And^  therfore,  here-aftyr  thorowgh^  such^  myschaunce 
Iff  eny  off  ws  falk  in-to  the  infliction^  off  temp<?ralk  iustice, 
Thatt  is  nott  ow-'-s  aftyr  churchly  ordinaunce 
725  Butt  yowrs  —  and^  noont'  may  hitt  goodly  despice  — : 
Your  sharpe  executiont'  off  the  swerd^'  doth^  aryse 
Fulk  resonably  to  be  alowed^,  iff  your  iustice  wyf/i  equytee 
Be  execute  w^///out  malice  or  fauorable  parcialitee. 

As  ffor  this  thatt  ye  adde,  shewyng^  on^  this  wyse : 
730  Thatt  we  owght  none  to  banysshe  off  reason^  manifoldi? 
Out  off  eny  pr^vynce  off  very  trew  iustice, 
Bycause  the  land^  yowrs  by  pow//r  off  temporallr  hold.?: 
Wnto  this  here  we  answere  wnder  wordri'  cold^ 
Thatt  owr  kynge  is  lord^"  ovrr  yow  &  off  yo?/r  londri'  alle 
735   And^  is  the  fulnesse  theroffi?,  as  holy  Dauid^:  makith^  memorialk. 

So  now  than^  by  the  ordinaunce  decreedt-  so  byfore 
Off  owr  holy  faders,  by  owr  kyn^.y  grete  auctoritee, 
Lordt'  off  alld"  the  ertht-,  by  whos  legacy  eucrmore 
Hole  pow/zr  we  take  thatt  rewelk  the  spiritualtee : 
740  Sonie?  tyme  we  banyssh  and^  by   pn^iscriptiont'  co/^dempne  we 


Thomas  Beket,   epische  legende  •2-ji 

AÜer  the  grefe  off  the  dafawte  thatt  is  shewyd^  &  don^  — 
Excepte  only  deth^,  which^  longeth^  to  your  execution^. 

Beholdi?  we  now  here:  here  be  svverdj'^  two, 
Wnder  whos  constraynti,s-  andt'  sharpe  auctorytee 
745   Stondith^  spiritualk  correctiond'  and^  temporalk  alsoo, 

Both^  Joyned^  in  on^,  and^  noo  rebellyon^  in  them^  may  bee ; 

Iff  on^  cannott  helpe,  another  may  supplee 

Off  thes  twoo  lawes  the  execution^  playnt', 

And^  thes  suffice,  as  the  gospell^'  shewyth^,  certayn<\ 

750  Bycause  thatt  ye  say  we  arrr  prone  to  alU'  yllt-, 

Onely  off  this  defawte,  aftyr  yowr  opynyon^, 
-    Deniyng^  in  owr  offene;.?  folowyng^'  fy//fulk'')  wylk 

Hitt  gretly  requyretht'  strayte  temporallc  execution<'; 

Int'  somd;  hitt  may  be  so  as  the  offence  is  don^ ; 
755  Yett  lett  WS  here  take  brethr  havyngt'  thes  swerd_>'j'  twoo 

By  sad^  examinacionr,  or  executiont'  we  doo. 

Albe-hitt  pr/str.y  andf  decans  off  the  oldt'  testament 
For  opyn^  offene;.?  had^  ther  bodely  punytion«-: 
Whatt  dotht'  hitt  force  now  att  this  tyme  present, 
760  Syth^  owr  new  kynge  in  his  new  lawes  is    fiük'  off  remyssyon^, 
Hys  Jugeme«t_>'5  newe,  for  the  oldr  are  past  andt'  gonr? 
Wherfor^  now,  sout'^-ane  lorde  off  pr/ncely  magnyficence, 
Procure  ws  noo  new  constrayntji^  in  Jobardy  off  conscience!« 

Forsoth^"  the  kynge  wjf/i  this  nott  gretly  amovedt'  was, 

765   Safe  onely  here  trobledt'  off  yrefulh'  manere, 

Seyng^  agayn^  hym^'  owr  archbisshoppr  Thomas 
Wjf/i  his  cowprovyncyallys  in  one  how  consta;/t  they  were. 
He  moved^  this  questyon^  among^"  them^-  alh'  there : 
Whether  they  entendydc  wj'//;owt  eny  symulaciont- 

770  The  statutj'5-  to  obs^rtie  thatt  longedc  to  his  crown«'? 

Wnto  the  which^,  wy^/i  councelh'  hadc  before 
Off  his  cowprovyncialfcy  and^  lernyd^-  ment-  fulk  wyse, 
The  archbisshopp  answerd^:   to  observe  them^  eurrmore, 
The  churchf  honoi/r  savedt',  a.{ter  reason^-  &:  iustice. 
775   And<r  thus  the  alle'  agreedt-  wndr/-  one  sadf  advyce, 

Except  bisshopp<'  Hillary  off  Chichester,  a  man<'  hiWr  good*?, 
Made  chaunge  off  sentence,  to  peace  the  kyngj'i'  mode. 

The  kyngji'5  mode  nothynge  wjt'M  this  redrefl, 
Butt,  yfyf/i  rebukj'i-  for  wrath^,  yre  and<-  hatt 
780  Heryngr  off"  alle  the  bisshoppjjr,  wjf/i  sorow  was  opprest, 

Thatt  sayd<' :  »savyng<'  the  church^-  hono/zr,':  retornedr  to  the  prdatt 
And<'  sayed«':  ffulh-  venym?/jr  was  the  sentence  off  thatt; 
Wherfore  he  asked<',  and<'  off  hitt  madc  repetycion^-  aga)ii<': 
Iff  his  statutj'i-  they  woldf  obstvue  w)7//owtyn/-  oMectiont'  playnr. 

i)  Ms.  sylfuUt'. 


432 


C.   Horstmann 


785  The  archbisshopp^  wnto  this  full<'  sobyrly  anon^  spake 
An(l<'  sayd<':  tliatt  he  wj///  hys  off  trcw  fydelitce 
Woldr  obsrrue  his  Statut)-^  &  v/yt/i  hilt  an^  othc  take  — 
The  church^'  honowr  saved<^  and^*  kept  in  libertee ; 
In  other  wyse  by  newe  cohertion^*  he  neurr  bownde  wold<'  bee, 

790  Shewyng^  thatt  old^  fathers  off  the  church^  eurrmore 

Haddr  decreed^"  for  men^  off  the  church^,  sog  to  be  swore. 

The  day  past,  the  nyght<'  dravvyng  fast  on^, 
Allt'  the  day  sore  vexyd^,  the  kyngc  arose  in  his  rage, 
Nott  salutyngt'  the  bisshopp_>'5  for  grete  indignacion«'. 
795  The  bisshoppis  also  arose  andr  went  wnto  ther  hostage. 
And^  in  ther  removyng^'  he  thatt  myndyd^"  to  swage 
The  kyng  Vi'  mode,  the  archbisshoppr  rebukyd^  sore, 
Bycause  he  chaunged<'  ther  sentence  wr/Z/out  couwsell^'  had^  before. 

The  next  day  the  kynge  in  his  hott  wyldf  mode 
800  Askyd^'  off  the  archbisshopp^  by  a  strayte  repeticion^ 
Munic/ones  &  honowrs  thatt  the  archbisshopp<'  good^ 
Off  hym^  hadr  takynr  before,  and^.'  soo  was  discharged^  anon^ 
Off  the  Chauncellers  office,   in  short  conckisionc. 
The  kynge  noo-man^  sakityngr,  in  the  crispyngr  off  the  day, 
805  As  for  a  token<^'  off  grete  Ire,  wnto  Londons  toke  his  way. 

Som^  off  the  bisshoppj'i  folowed<?  anon^  -wyth  grete  fere 
Hastely  the  kynge,  onely  off  this  entent, 
Off  chaungeable  mynde  to  folowe  his  manere, 
The  archbisshopp^'  forsakynge,  as  men^'  inobedient, 
810  Wj'///outynf'  licence  off  hymr,  knowlege  or  assent. 
Iff  this  were  well^  don^,  alk  such«?  as  now  be  gone 
By  course  off  deth^,  god^  Juge  them*?  one  by  one  — 

For  hitt  is  nott  co;nienient  on^  me  here  to  take 
Sochd'  Jugement,  or  prdattj'^  frowardly  to  mysdeme. 
815  Butt  one  thynge  I  knowe,  and<?  an^  note  here  I  make: 

Thatt   grete    peryll<?  is   in   false  brethren^  —  how    doth^   hit   to 

yow  se(me)? 
Fro  the  begynnyng^  off  the  world^'  in  eur;-y  realme 
Wnto  the  end^  theroff<:  this  shallf  nott  fayle  to  endure ; 
A\\e  other  pmllj'i  may  rest,  butt  this  wnethis,  füllt-  sure. 

820  Amonge  the  bytter  agonyes  andt'  temptac/ons  all^ 
The  p^rilk  off  ffalse  brethren*'  dayly  kepitht'  werr^ 
W)'//;  thenit^  thatt  goddt'  onely  by  his  grace  doth^  calk 
Wnto  his  saved^  nombre.  ffor  as  goldf  the  ffurnor  (!) 
And^  as  the  fflayle  wnto  the  graynf  is  tryer^, 

825  So  wnto  a  ryghtuous  man^  evyr  wytho^\\.yne  dowte 
Is  a  brother  false,  who  Hfl  to  sercht'  the  trowthd"  owt. 

As  chaff  blown^  away  by  course  off  the  wynde, 

Soo  forsoke  the  bisshoppj^y  owr  blissed^  Thomas  here, 


Thomas  Beket,   epische  legende  A-y-y 

Except  a  fewe  wjf/i  ws  lefte  behynd»?, 
830  Aude  they  only  taryd<?  prevely  for^  fere. 
Alone  we  abode,  alone  we  satt  here, 
By  many  dayes  abydynge  the  kyng;;'^  good^  grace, 
Hopyngt'  off  comforte.  thus  alon^  taryed^  owr  Thomas. 

Forsoth^  {orthe-wjf/i  many  statys  grete, 

835  This  behold }Tig^,  off  very  grete  cowpassion^ 

The  archbisshopp  they  exhortedf  andif  sore  dyd^  entrete 
To  desyre  the  k}'ngj'5  grace  off  a  sadd^  entencion^; 
And<?  whatt  godnes  ther  grew,  they  shewyd^  in  conclusyon^, 
Off  peace,  ande'  whatt  evyll^  off  discencion^;'  eke  — 

840  Thus  talkydf  they  as  fryndj.f  wjiA  this  prdatt  meke; 

Addyngt'  also,  whatt  sympulnesse  ther  grewe 
By  the  occasyon^  off  one  litillt'  word<?  contencyous, 
Andt'  whatt  ingratitude  off  hitt  dyd^  folow  &  sew 
In  losyngd'  off  the  kyngj\f  favo«r,  thatt  was  so  benyvolous 
845   Wnto  hym^-  before,  sharply  shewyng^"  thus ; 

And^  thatt  now  shold^  lake  off  dissencion^  ryfif^, 

Movedi?  to  chaunge  the  sentence  thatt  caused^  all^'  the  stryff^, 

Alk'  off  this  litilk  slawndryng^  word^,  before  off  made  me/zcioni?, 
;>Savyng<'  the  church^  honour-i,   rehersydt'  by  owr  Thomas, 
850  As  hitt  ronr,  aüer  the  kyngj'i-  grogefulk  opynyont', 
Wjf/i  the  which^'  inwardly  he  sore  movedt'  was,  — 
Andd'  here-wppon^^  was  growndyd^»   alle   seynt  Thomas  trespasse. 
The  which^  he  to  chaunge  desyryd  was  gretly. 
In  swagyng<?  off  the  kyngj'i-  mode,  that  peace  myght^  grow  therby. 

855   Tofore  a\\e  other  here  fyrst  made  pifrsuasyon^ 

Off  Chichester  see  bisshopp^  Hillary. 

Wherfor,  thus  p(!';-suadydd',  in  short  conclusion^ 

The  archbisshopp^  wnto  Oxenford^'  went  füllt-  hastyly, 

Off  this  entent :  to  make  p/'^mys  by  &  by 
860  The  sentence  to  chaunge  thatt  moved^  the  kynge  to  Ire, 

And<?  offerdr  gladly  for  peace  to  folow  alk'  his  desyre. 

Wherby  the  kyngr.J  mode  su^ynvhatt  alaydt'  was, 
Andr  shewyd«'  by  countenaunce  grett^v  lovyng^'  chere 
Then^-  he  shewydc  before,  wnto  owr  blessed«'  Thomas, 
865  Butt  nothyngt'  as  he  dydt'  aft^r  his  old<'  manere. 
The  kynge  tho  saydi?  thatt  he  wyllyd^*  here 
An^  obligacion^  to  be  hadd^  wnder  alk-  ther  seale 
Hys  statutj'.?  to  ratyfy,  by  the  story  as  we  feie. 

Wj/Zi  this  camt*  forth^  wjM  alk  hasty  resorte 
870  Sochd'  as  off  longe  tyme  haddt-  bene  malicyous-wyse 
Prone  to  alU-  ylk",  as  the  story  doth«-  reporte, 
Andt'  they  pr/suadyd«-  the  kynge  aftyr  theyr  sotell<-  advyse 
To  expresse  here  his  statutvjr  sodenly  att  a  tryce. 

K öl  hing,  Englische  Studien.    HI.    3.  28 


4  •7  4  C'  Horstmann 

The  kynge  tlnis  prrsuadydi-  saydt-:  off  auncyon/'  lordjj  old^ 
875   The  knowiegc  oft"  ther  reheise  and^  councell^-  abyde  wold^. 

And('  thatt  here-aftyr   noo   controversy    sholdt'  aryse  or  sprynge 
Bct\ven<'  the  spiritualtee  and<'  the  lord;.?  temporall<' 
By  reasonr  off  eny  scisme  or  occasyonr  off  usuri^yng,^-  — 
Andt'  this  testified*'  \vell<-  .spoken<-  was  off  the  lordji  all<-. 
880  Yett  this  aftyr  the  trewyth^-  in  effecte  very  mortall^' 

And^  foomf  was  off  eu^Hastyng^'  debate,  in  short  condusyon^, 
Ministryng<?  for  swete  hony  eysyllr,  gall<r  andr  poyson^'.  — 

O  cursyd^  envy,  mother  off  all<'  c-ontentionr, 
Foome  off  detraction^',  which^-  sorowest  in  pr^sperytee, 
885  Whatt  hast  thow  browght  ynr  by  thy  sotellr  invencion^ 
Warrr  here  for  peace,  that  Joyest  in  adur/'sitee  — 
Thus  ioyned^:  to  Sathan^,  onely  by  thy  soteltee 
Wnd^r  color  off  peace  begynnyng^  here  debate 
Betwen^  the  kynge  here  andt-  owr  wrtuous  p;rlatt!  — 

890  Yett  the  kynge,  oft"  grete  love  to  be  thowghtr,  shewydf  here 
Peace  betwen^  the  churcht'  and^  the  tempt?raltee  — 
Butt  in  conclusyonr  full^  Htill^  hitt  dyd^  apere  ; 
Att  Clarendowne  callyd^»  off  his  gret  auctorytee 
A  counsellr  gen^-rallr,  thatt  satisfied^'  he  mowght^  bee, 

895   Off  all^  his  lordj.j,  desyredf  ther  fullr  sore 

All<?  thyngj'j'  to  be  p^rformyd^  promysed^  hymt  before. 

Where  in  the  pr^-sence  off  the  councelk  liole 
Fyrst  to  folow  here  the  kyngj'i-  ententt 
Our  Thomas  made  preas  wv//^outyn^  eny  dole, 
900  To  p^rforme  the  kyngj,?  wylU'  off  wylfulL'  consent 
In  manrr  wj//i  an^  oth^,  this  pr<'latt  reucrent ; 
This  sentence  levynge  off  originall^'  dissencion^" 
»The  churchd'  hono?/;-  saved^r«,   before  oft"  madi"  mewcion^. 

Andf  wjiM  on^  consent  in  this  man^r  alk  hole  wyllydd'  to  seale 
905  The  bisshopp_i'5,  thatt  were  prrsent  there,  cowprovyncyall^, 
The  which^  before  att  Oxenford^  hadr  councelh'  so  to  dele, 
By  grete  p^rsuasyon^  oft"  stat_r5,  lordes  temporallr, 
Andi?  in  the  induction^'  off  this  charytee  causyd^  all^ 
WytA  ffratemalli?  compassion^',  as  the  story  makyth  mynd^  — 
910  Who  lyst  Herbert  reede,  the  trowth^'  there  shalk  he  fynd^. 

In  this  gretly  sorowyd^  owr  Thomas  here : 
Two  blessedi?  pr^lattj-i'  off  compassion^  inwardly 
Lyfl  by  pryncely  powur  they  shold«'  be  in  daungere, 
Henry,  bysshoppd'  off  VVynchest<'r,  and^-  Jocelyn^-  off  Sarysbury  — 
915  For  thes  two  good^'  ment'  oft"  rancor^  andt'  envy 

Were  eurr  hadir  suspecte  in  causys  concernyng^-  the  churcht': 
Wherfore  ow/-  Thomas  thowght  sobyrly  alL'  thyng6'  to  werch«?. 

The  Statut/^  rehersyd^  by  aunfyon^  lordj«^  temporall^', 


Thomas  Beket ,  epische  legende  4^X 

Chosyn^  by  the  hole  councelk  themr  to  open^  &  shewe 
920  Byfor^  the  avchbisshoppr  andf  his  brethrenf  all*': 
Ourr  Thomas  answerdf  thus  wnd^'r  wordj'i'  fewe: 
»My  lordj.f  all<',  thatt  sytt  now  here  arewe, 
In  thes  statutvi'  I  nothyng^  experte,  god^  to  borow, 
.  The  day  now  passith^:  deferre  we  a.\\e  tylk  to-moro\ve«. 

925   \V)'///  this  answere  plesyd^,  the  hole  counsell^  arose 
Andc  att  there  departure  drew  to  ther  hostage  a.\\e. 
The  next  day  they  ressemblydd-  att  thatt  counselk'  dose. 
Where  off  the  Statut vi'  was  made  opend'  rehersall^, 
And^  theiY  the  articles  knowend'  amonge  the  lordj'^f  alk, 

930  Andd"  ofif  soch^  as  knewe  themt'  many  wer^  shewyd^  and^  layde, 
Off  envy   hadd^   to    owr  Thomas ,    to  make  the  church^   hand- 

mayde. 

The  kynge  ofif  this  in  knowlege  very  Ignorant, 
In  the  feri?  sotelk'  fraude  here  off  dissention^' 
Off  enmys  wnto  ow;-  Thomas,  in  the  churchr-cause  constant, 
935  Havynge  noo  knowlege  off  ther  corrupte  ententionr  — 

Yonge  bothd'  two  in  this,  as  the  story  makith^  mentionr,  — 
Saf^  only  by  the  relacion^  off  ansyonr  lordr^  old«!-  — 
As  myn»?  auctor  shewyth<?,  who  lyst  his  boke  behold^. 

Off  the  selff  statutj.y  thatt  parteynede  wnto  the  kynge, 
940  Concernynge  the  libertee  off  his  grete  powur  ryallr, 

An^"  endentur^  was  cast  forth^',  ow?-  Thomas  p/rsent  beynge. 

Off  the  whichd"  now  here  shalbe  made  memorialU', 

Andr  specially  thenii;'  toch^  by  a  short  rehersall^ 

Thatt  causedd'  ow/-  new  martyr  only  to  dy, 
945   As  Herbert  mynr  auctor  shewyth,  who  lyst  se  his  story. 

i)  The  fifyrst  article  was  this,  by  his  pr^cesse  as  I  see: 
Thatt,  iff  ther  fyllf  eny  co«trou<7-sy  off  varyance  to  aryse. 
Betweni'  seculars  «S:  clerk^'i-,  or  amonge  clerk/.y  for  the  auctorytee 
Ofif  adwowsonr  a.ndc  p/rsentacion«?  ofif  eny  benefyce, 
950  In  the  tewporalh'  courte  shold^  be  tretyd^  &  det^;-myd<-  by  Justice. 
Our  Thomas  here  fyrst  spake  &  sayd<':   dedly  thys  sowndt-, 
Andd"  by  this  wyckydr  inue^cion«-  the  churchr  shold«-  be  co/ifowndi  ; 

This  sore  rebukyngc,  also  shewyd<'  att  thatt  how;- 
Whatt  incowuenience  wnto  the  church*-  shold<'  falh% 
955   Prrcevynge  here  thatt  pristj'i'  by  temporalL-  powwr 

Sholdr  be  dismyssed*-  from^  ther  propyr  Juge  spirituall^-; 
Andf  the  knolege  off  this  controuersy  was  for  no  Juge  tewporall^, 
Saf^  onely  this  longethi?  wnto  the  spiritunll^  courte, 
Or  eis  the  churchc  by  this  sholdif  take  dobulif-  hurte. 

960       2)  Here  folowethr  an^  other  article  wykkvd<-,    wrytyn«-  in  this 

byll<-, 
The  whichc-  dedfully  begynnythc-  thus  now  here : 

2S» 


43Ö 


C.  Horsmann 


Thatt,    iff  clerky^   were   attached^   or   accused^  off  eny  ofifense 

full^'  yll«", 
Off  this  warned^,  before  a  temporallif  Juge  they  sholfi^-  apere 
And<'  there  before  hym^  geve  a  full<'  answere ; 
965   In  causes  examyned^',  yff  they  had^  convicte  bee, 

Wnto  the  church^'  never  aft^r  for  comforte  they  shold^  flee. 

Wnto  this  havynge  ere  -wyih  sobyr  sad^  adurrtisment 
And<'  here  havynge  a  more  clere  parfytt  wnderstondynge, 
Ourr  archbisshopp  p^vccvydt'  off  a  godly  entent 
970  Thatt  alk  was  dedfullr  conteyned<:  in  thatt  wrytyng<'; 
Andd'  by  hitt  he  knew  the  fyrst  toke  his  hedt'-spryngf 
Off  envyous  conspiracy  and^  venemous  malyce, 
The  suburrsyon«'  off  all^  spirituall^  liberty  as  this  playnly   dyd^ 

exp;-<'sse. 

For  here  he  knevve  by  this  wyckyd^  dedefulk  decree 
975  Thatt  clerkj'^  in  causys  bothr  spirituall^   and^  tewporall^ 
Wnto  the  kyngj.?  officers  browght^'  shold<'  bee 
To  take  execucionr,  agayn^  dX\c  lawe  spiritualk  ^ 
By  this  grete  inco//uenience  mowith^  chaunce  &  falk 
Wnto  men^  off  the  churchr,  thowght^  owr  Thomas, 
980  The  which^  wtterly  he  daTnpned(f  in  the  audience  that  he  was. 

3)  Folowyngly  here  was  shewyd^  an^  other  wyckyd^  decree, 
Wrytyn<?  in  the  same  bylk,  and^  evyn^  thus  hitt  was : 
Nott  lawfull^?  for  archbisshoppj'^  &  grete  pßrsons  off   dignytee, 
W_v///owten^  Hcence  off  the  kynge  owt  off  the  realme  to  passe; 
985  And^  iff  hitt  hadd^  so  plesid^  the  kyngj-r  good^  grace 
Them^  to  licenciatt,   a  prf myse  they  sholdt'  make  sure : 
In  goyng^  and«?  co;«mynge  to  hym^  noo  hurte  pr(?cure. 

The  archbisshoppt'  wnto  this  made  saddr  obiection«:', 
Vcrcexynge  by  this  thatt  owt-pilgrymages  &  vowes  off  volu«tee 
990  Here  shold^'  sease,  by  the  sentence  off  this  prtmiulgation^, 

And^  ever  aftyr  wnto  the  churchi-  obedience  voyde  sholdt'  bee, 
The  realme  as  a  prison^-  by  this  inventyff^  crueltee ; 
The  hedd^-pfl-rsons  off  thatt  same  shold«:  stondf  in  wors  cowdicion^ 
Then^  p^rsons  p^-matt,  wndyr  srruytute  and^  law  subiection^. 

995    »Whatt,  and^  hitt  so  befell^,  off  a  devoute  mynd^  here 
Pilgrymage  were  vowedi?  wnto  holy  places  oner  the  see, 
The  cause  honest  and^*  Juste?  or  whatt,  iff  eny  dissenciont' were 
Betwen«?  the  hedde-prmce  off  the  churchf  »Sc  the  prmce  off  the 

tewp^raltee : 
The  church^  calUth^  in  causys  off  necessitee, 
1000  The  kynge  inhibith^  off  hy  pryncely  powwr  — 

To  whom^  shalk  we  obey  and^  fyrst  geve  here  hono//;-: 

Shold^  nott  the  church^'  haue  here  pr^'eminence, 
Off  whom^  all^  prynces  take  ther  powz^r  ryalle-. 


Thomas  Beket,  epische  legende  4^7 

As  hitt  is  shewyd^  before  ?  now  then^,  ofif  congruence, 
1005   Cristvj'  vicar^  oweth^  to  be  obeydd?  here  in  especiall^ 
Before  eny  other  kynge  or  prynce  terestriall<'. 
For  WS  hitt  behoveth^,  as  scripture  reherse  can^, 
Godd^  more  to  obey  than^  eny  erthly  mane'. 

Forsoth^,  men^  off  the  church^  wnto  the  kynge  thus  bounde, 
loio  Both^  vowe  &  obedience  aft^r  the  forme  now  here 

Off  this  wyckyd^"  article,  all*?  shold^  be  in  the  kyngjs  honde, 
Wnto  the  church^  in  grete  pmudice,  as  by  this  hitt  shold*?  apere. « 
The  archbisshopp^  to  this  spake,  &  agreidd'  in  sadi^  manere: 
Thatt  none  owte  off  the  realme  shold.?  passe  wiMout  licens  hadd^ •, 
1015  Butt  to  ley  a  caucyon^'  by  ane  ooth^-,  wtteAy  he  hitt  forbadd^. 

4)  Here  folowyth^  an^  other  article,  wher  wyllythi?  by  ordinaunce 
The    kynge:    thatt   none    thatt    holdith^   off   hym*?   as    for   ther 

chefe  hedd^', 
Lord),?  nether  ther  mynysters,  by  eny  chaunce  off  varyaunce 
The  church^  shold^  exco;;/munycatt,  by  his  decree  &  reed^; 
1020  In  his  londe  also  none  Interdiction^  sholdr  procede, 

He  beyngc  in  his  realme,  butt  he  hadd'  knowlege  off  hitt  before, 
Or  his  chefe  Juge  in  his  absence  —  decreid^  thus  eurrmore; 

Thatt  in  his  courte  mowght<?  be  had^  ordyr  off  Justyce, 
There  to  be  tretyd^  &  endydd',  tochyngr  &  co//cernyng<'  the  kynge 
1025  Andt'  all^  causes  off  the  churchr,  he  decreid<',  hitt  sholdc  suffice 
In  thatt  courte  to  be  endydr  aft^v-  iuste  discussynge. 
In  the  ordinaunce  off  thys  Statute  owr  Thomas  präsent  beyng(? 
Bare  wytnesse  playn^  thatt  the  churchd"  by  this  shold^-  bee 
Ever  wnder  bondage  and^  voydd-  from^  all^  libertee; 

1030   »Prestj,y,    which^  ar^  chosen^  as  dukj5  and<'  pr/ncys  spiritualk 
Goddj'^  people  to  guyde,  by  this  deprivyde  sholdr  be 
Off  all^  spiritualk  knyghthod^,  the  whichr  off"  the  pr/nce  celestiall^ 
They  fifyrst  toke  ther  swerd^'  off  ther  grete  auctorytee 
x\nd<'  pow//r  have  to  wnlose  andr  byndr  oft"  ther  hy  sou^rantee 

1035   Kyngys  &  -princys,  as  holy  Dauidi'  makithr  mynde  — 

Who  list  his  psalter^'  loke,  ther  shalL-  he  hitt  rede  &  fynde; 

So  prcstj's  by  thys,  as  dukes  off  cristenr  knyghthoddf*, 
Fronv  ther  honour  shold^-  be  here  putt  aparte, 
Wnto  whomt'  longethi'  oft"  veray  spiritualhodd«* 
1040  To  discerne  goodf  from<'  ylh-  aftyr  ther  propyr  arte, 

And^  the  clene  fromt-  the  poUute,  the  leprous  to  feuyr  &  parte 

Aftyr  the  discrecion^  off  ther  grete  auctorytee 

Andr  ffulk  arbitrement,  by  powur  off  ther  spiritualltee.cv 

5)  Iff  the  archdecan^-  p^-r-case  here  as  meane  ordinary  were 
1045  In  causys  hadd^*  &  pr^cesse  off  eny  appellacyon<- : 

Iff  the  p?^>cesse  in  his  courte  knowenr  cowed«'  nott   be  endyd<f 

there, 


438  ^-    Hürstniann 

Wiito  the  bys.shop<',  «S:,  nott  ther  sped<',  wnto   the  a^chbisshop^• 

sholdf  make  appellac/on<' ; 
And<-  iff  the  archbusshop^'  fawted«-  off  Juste  execucionr, 
The  controurrsy  wnto  the  kynge  sholdt?  retorne  agayn^ 
1050  Andc    soo    only    by    his    wyllt-    in    the    archbisshopp>,y    courte 

endyd<:  playn<'. 
Anon«-  wnto  this  wj//i  bokh-  spech^  ande  face 
Our^  Thomas  answerd^  andr  saydr:  by  this  ])romu\ga.ctone 
All^  arch<bisshopp^.y  as  pmures  shold^"  be  in  this  case, 
Iff  by  ther  consent  this  sholde  be  sofferd^-  andt-  donr, 
1055   Shewed^'  among^  all^  in  the  takynge  off  ther  pallyon^; 
Addynge  this  dedly  to  be  sofferd^-  in  grete  preiudice 
Wnto  the  churcht*  off  Rome,  to  the  which«»  frely  alle  flee  for  Justice. 

6)  Another  article  amonge  alli"  now  foloweth  here 
Shewyd^  wndyr  this  dedly  canon<',  the  church^'  to  oppresse, 

1060  As  the  Story  makyth^-  myndf  in  sorowfullr  manere, 
The  which^  thus  begynnythr,  as  I  shall^-  reherse: 
The  vacac/ons  off  archbisshoppryches ,  &  so  forth ,  to  expresse, 
Offe  bisshopryches,  abbayes,  pWoryes,  hole  in  generalis' 
The  rentjs  and^  owt-charges  woldf  haue  of  ther  londj.y  all^. 

1065  Wnto  this  shortly  spake  owr  archbisshop«?  then^* 

And^  sayd^:    »nott  sittynge  wnto  a  pr/ncely  magnyficence 
To  hold^  by  eschetynge  the  goodjs  off  powr  menr; 
As  for  a  grete  argument  agayn^  prynces  off  reu^rence, 
For  the  goodj'^  off  powr  menc  causethd"  nott  in  sentence 

1070  The  helpe  off  a  princj'i'  sowie,  socowr  or  redemption^, 
As  openly  here  is  shewydt'  by  this  wyckydf  invencion^. 
How-be-hitt  thatt  other  before  in  tymes  past 
PdT-aventdV-  in  ther  tyme  off  lyklyhod^-  have  so  don^, 
The  consequence  off  hitt  as  sacrilege  att  the  last 

1075   Toke  finallf  ende,  in  playnf  conclusyon^'. 

And^  iff  we  wppon^  this  may  take  noo  correction«', 
The  churcht"  to  assist,  aftyr  owr  powur  andf  myghtt-, 
Yett  we  shall«'  neu.?;-  consent  agayn^  the  church^  ryght^.« 

7)  Here  foloweth^  in  thatt  same  irregulär«'  canon^: 

1080  Thatt,  when«"  the  churchf  stoddf  viduatt  off  hyr  spirituallf  make, 
And^  the  dayes  past  off  hyr  funeraWi'  weyemetacyont' : 
The  kynge  sholdt'  demawnd^,  hyr  mornyng<-  to  a-slake, 
Be  a  new  election<?  thatt  a  spo\yse  she  sholdt'  take 
Off   his    pr^pyr    choyse,     andt-    in    his    chapellf    the    election^ 

sholde  bee, 

1085   Hys  wyse  lord_;'^  prrsent  wjf/i  fulk  grete  solempnytee. 

Our^  archbisshopp^  here-wyi/i,  as  a  grete  hedd^-patrone, 

In  this  as  in  all«?  other  havyng^  counsell<r  before, 

Anone'  answerd^:  by  this  new  lawe  &  new  forme  off  election^, 

Newly  inducte  agaynt'  the  ordinaunce  of  the  church<f  eutv-more. 


Thomas  Beket,  epische  legende  4^0 

logo  The  holy  institucion<?  off  Rome  by  this  shold^  be  forlore; 
The  whichc  was  nott  lawfulU'  for  a  syngular^  neweltee 
No  kynge  to  brynge  ynr  agayni?  the  churchys  libertee. 

•■>  Nether  hitt  behoueth^  hymt'  wjy/zout  the  grete  auctorytee 
Off  owr  holy  father,  the  pope,  and^  the  hole  churcht'  \nyuerssL\le, 
iog5   Most  specially  on^  soch^  parsons  grete  off  dignytee 

In    the    churcht,    as    by    a    new    ordinaunce,    in    soch^    an^ 

ilond^'  small^ 
To  chose  eny  p/rlatt  by  his  grete  pow«/-  ryall^; 
And^  he  his  wyll^f  hadd^   here ,    alle   shold^   torne   the  churcht 

to  grame, 
For  3.\\e  owt-kyngj'i-  wold^  take  example  off  thatt  same^« 

II  CO  Also  here  addyng^,  as  in  way  off  grete  reasonf: 

-vSoch^  spiritualk  princjs  and^  parsons  off  grete  dignytee, 
Gov^rnowrs  off  so  grete  people,  to  procura'  ther<?  saluacion^, 
Shold^  take  this  election^-  amonge  the  rüde  layfee') 
And^  in  placj'5  where  j)rmcys^)  obsequiously  honoz^rd^  bee«  — 

1105   Tobe  chosynd'  and^  confyrmed^'  in  eny  soch^*  place 
Inwardly  sorowed^  owr  blessedr  prelatt  Thomas  ; 

Answeryng^  alsoo  wndyr  this  saddd'  obiection^': 
»How-be-hitt  thatt  here-before  p;-/nces^)  in  tyme  past 
Haue  so  donr,  as  tyrantes,  by  cruelk  vsurpacion^, 
II IG  Wnlawfully  they  dyd^,  aftrr  ther  wylfulU-  cast. 

Wherfort'  owr  forefathers,  wnto  the  churcht'  thatt  were  fast, 

The  electionf  haue  approbatt  ordynedr  by  the  churche. 

Who  varyetht'  agayn^,   the  contrary  wnlawfulU'  dotht'  worch^.«  — 

Off  this  statutj'j,  by  ws  now  openly  here  exprest, 
II 15   Oryginall^  cause  ofif  the  hate  shewydt'  to  ow/-  Thomas, 
Forgyedd'  so  by  enymyes  thatt  were  fullr  redy  c^  p;rst 
The  churcht  to  oppresse,  off  a  malicious  compasse  — 
How  opync  hitt  is  now  by  there  dedly  trespasse 
The  Just  cause  shewyd^  off  owr  prelattys  pr^scripcion<' 
II 20  As  eke  ofif  hys  martyrdom^,  in  full<'  short  conclusiont- !  — 

The  statutis  wrytyn^  andf  exp/rssyd«-,  byfore  ofif  made  mez/ciont', 
In  the  forme  ofif  an^-  endenture,  att  thatt  councelU*  gen^valL-, 
The  kynge  demaundydf  owr  Thomas  andr  the  bisshopprj-  one 

by  one 
In  confirmacionr  ofif  his  desyre  to  sett-to  ther  seali\y  alL*. 
1 1 2  5   Owr  archbisshoppt",  wvf/i  this  to  bretht-  in  especialh- 
Sore  movedf-,  yett  lothe  here  the  kynge  to  displease, 
Full^  wysely  made  delay,  tylh-  by  councelL-  he  myghtt-  take  ease. 

Consyderynge  here  wyt/i  saddd'  adu<rtisment 
Fyrst  the  frawdi'^'*)  dole  off  his  ennymyes  all(-, 


i)  1.  laytee.   —  »)  Ms.  a  p/vncjj.  —  3)  ms.  princens.  —  ■♦)  1.  frawd«^: 


440 


C.  Horslmann 


1130  In  mynd(r  vvylled^'  never  to  geve  ffull^  assent 

To  sett-to  his  seale,  Ijutt  to  hono?/r  his  [irince  ryall^ 
Amonge  the  grete  \ordvs  att  thatt  audience  gen^rall^, 
Thatt  hy  this  tlier  gretc  malyce  he  niyght^-  peace  &  stenl  — 
Thus    euer    owr    blessed^    archbisshopp^    in    myndr    thowght^ 

&  ment. 

1135   Prrceyvyng^  inwardly  how  weyghty  this  acte  was, 

And^  also  wj/Z/owt  counsell^  thowght  nothyngr  wold^"  doo, 
Oft"  this  amongr  hys  bretlirenr  owr  blessedr  prrlatt  Thomas 
Hadd^  sadd^  cowmunycacyon^  att  thatt  season^  theo. 
A  bylk  off  this  articles  he  toke  wjt/i  hyrnt*  also, 

II 40  The   archbisshopp^   q/')  Yorke   an^   other  had^,    as    the    story 

doth^  say, 
The  kynge  the  thyrde.    so  fro  the  courte  we  toke  owr  way. 

De  archipresulis  mesticia  et  planctu. 

Forsoith^',  in  owr  iorney  owr  holy  blessed^  pr^latt 
Above  alle  maner^  sore  trobulyd^  was  in  mynde ; 
Musynge  by  hym^-sylff^,  from^'  a.\\e  Company  segregate 
1145  Rode  alone,  and^  spake  to  none,  agayn^  his  old^  custom^  kynde 
The  cause  off  this  thought^  to  owt-serch<?  and^  fynde 
A  disciple  off  his,  thatt  wrote  this  story  here, 
Prifsumedt'  and(f  sayde :   >4ordif,  whatt  is  hitt  thatt  yow  chaunge 

yowr  chere?« 

Wnto  whom^  the  archbisshopp^  thus  spake  &  sayed^: 
II 50   »No  marvelk  forsoithi?  all^-be-hitt  now  I  chaunge  my  chere, 

To  see  the  church^-  off  Inglond^  by  me  now  made  handmayde 
Thatt  my  prrdecessoz/rs  so  prudently  have  rulydd"  many  a  yere 
Amonge  so  grete  p^rellj'i',  as  the  wrytynge  caiw  wyttnes  bere, 
For     whom^    wnto    blod^-shedynge    they    have    fowght^'    here- 

before  — 
1155   Andc  now  by  my  wrechydnes  subdued^  for  eurrmore!« 

De  consolacione  discipuli  ad  magistrum. 

Wjt/i  word;'5  off  consolacyonr  wnto  hym^  tho  spake 
Hys  dere  belovedt'  disciple,  Herbert,  certayn<i': 
»My  lorde,  now  trust  in  godd',  andif  lett  yo?/r  sorow  aslake  1 
And^r  iff  thatt  ye  haue  falled^,^)  yett  mekely  aryse  agaym'! 
1160  Petyr  denyed^  Crist,  as  the  gospelle"  shewyth^  playn.?, 
And^  sorowed^  wyf/i  teerys  the  falk  off  his  denyeng^, 
Andf  afftrrward^'  was  made  stronge  in  his  agayn^-rysynge. 

Wherfor^  I  trust  thatt  god^  hath^     sewyd^  now  here 
Whatt  trobylk  yow  shalld"  suffer  onely  now  for  his  sake, 
1165  The  which^"  frome  the  palace  by  pr/ncely  pow?/r, 

And^  nott  oft'  the  church<?,  pr^sumed^  thys  see  to  tak^.« 


i)  ms.  or  St.  0/,  —  2)  falled  st.  failled. 


Thomas  Beket,  epische  legende  44^  X 

\Nyfh  this,  as  the  story  mencyon^  doth^  make, 

His  sorovv  aslaked^,  andr  somwhatt  comforte  was 

Off  thes  consolatory  vfordys,  owr  blessedd*  pr<?]att  Thomas. 

Qualiter  archipresul  a  viro  di^ostoMco  sit  absolutus. 

1170  Afiftyr  thys  -wyth-yne  few  dayes,  callyng  wnto  mynde 

The  grugge  off  his  consciens,  ow;-  blessed^  p;rlatt  Thomas, 
In  allt'  goodly  haste,  a  remedy  to  seke  and^-  fynde, 
Sent  wnto  the  pope,  wnder  whos  \)0\\ur  alk  was 
SorowfulL'  hartj'i-  to  wnlose  off  eny  spir3^tuall^  trespas ; 

1175  -^  medicyne  sowght,  in  showynge  off  his  wounde, 

By  a  byllt'  made  his  confessyonr,  andr  so  a  remedy  fownde 

In  the  meane  whyle  thatt  his  messanger^  went, 
Absteynedi!'  hym^  from^*  the  altar^,  off  fulk  grete  contrytyon^', 
Abowte  XL  dayes :  tylle'  thatt  the  pope  had^  hym^  sent 
II 80  By  hys  messanger^  wyth  a  wrytyngr  the  grace  off  his  absolucion^. 
The  whichr  shortly  came  agaynr,  ande  why?  in  conclusyon^: 
The  pope  att  SenoiT^e  tho  lay  in  Fraunce 
For  a  scisme  thatt  was ,    as    the   story  makith^'  remewbraunce. 

Off  whom«',  besyde  the  benefytt  off  his  absolucion^, 
II 85   Grete  consolacion^  toke  by  wrytynge  apostolicall^, 
Exhortedt'  also  off  lovynge  paternall^'  affection^ 
Strongely  to  susteynt'  wyih  gladnes  his  charge  pastoralk. 
Thus  by  the  pope  asoyled^'  and^  confortyd^  v^yth-a\\e, 
Fulk  spiritually  was  refresshyd^  att  theis  brest^'i-  twayn^ 
1190  Off  owr  mother,  holy  church^,  this  blessed^"  pz-iflatt,  playn^'. 

Forsoithr,  as  we  haue  now  here  sayedr  before, 
Consyderyngr   thatt  att  Senon^  the  pope  so  nygh^  was, 
And^  thynkyng^'  thatt  confessiom'  most  helfulk  eU(?/-more 
By  wrytyngt'  cowedt'  nott  be,  nor  owght  to  be,  in  no  case : 
1195  Wherfore  pr^'vyly  here  thowght  owr  blessedf  Thomas, 
Noon<^  knowyng^,  the  see  to  attempt  and«'  take 
And«'  so  in  his  own^  prt';-son<'  wnto  the  pop<'  his  co//fession<'  make. 

Amonge  alh'  the  statutri',  before  off  made  rehersall^, 
Was  this:  thatt  noo  pn-latt  or  parson^  off  grete  reutvence 
1200  The  realme  shold^'  passe  w^VZ/oute  licence  specialis 

Haddt'  off  the  kynge  or  ofü"  his  chefe  Jugge  in  his  absence  ; 
Yett  the  arch<'bisshopp<',  nott  fiferynge  this  offence, 
Attemptydr  twyse  the  see,  andr  dryvynr  to  lond<'  agayn«- 
MXer  the  wyllr  off  godr,  by  his  dement  so  resisted<'  playn«-. 

1205   \Nyih  this  openly  knowenr,  the  people  astonyd«-  wer<-, 

And^  off  hitt  ekr  m<rvelyd«-  the  nobylles  of^"  the  londt-  all«-, 
The  bisshopp).y  trobled<-,  the  kynge  gretly  moved«-  inwardly  here 
Thatt  so  sodenly  lu-  durst  p/vsumc  to  breke  his  statutjjr  regalU*. 
The  archbisshoppt'    wnderstandynge    thatt    his    p/v'nce   beloved«' 

specialL' 


442 


C.    Ilorstmann 


I2  10  Wyih  this  sorc  amoved^,  andf  god^  thoughu-  nott  plesyd^  eke, 
Hastely  went  to  Wodstoke,  ffor  he  loved^  the  kynge  none  lyke. 

The  kynge  dissimulynge  allr  thatt  off  hym^  he  harde, 

Andf    recevyd^'     hym^    wyth    hcmour ,     yett    nott     wyih     soch^ 

hartely  plesurt- 
As  he  was  wonte ;  off  the  which^  coniectyd^  inward^ 
12I5   Our^  Thomas  he  enformed^  off  his  hasty  pr^vy  departur^, 
Dissimulyd^  as  in  Jape  one  to  hedwyte  hym^  sure 
As  to  be  thowght^  why  he  durste  be  so  bold^ 
To  forsake  his  londr  as  nott  able  them^  two  to  holdr. 

The  archbisshopp^:  forsoith^  havyng^  knowiege  here 
1220  Thatt  the  good^  harte  off  the  kynge  haddd"  loste  &  mynde, 
Departydt'  wyth  licence,  sorowfuUy  in  countenaunce  &  chere 
And^  thowght^  wythyne  hyme-silff,  as  by  his  story  we  ffynde. 
The  whichr  secretely  to  his  shewydr,  his  balys  to  wnbynde, 
Thatt  eu<:/'more  aftrrwardi'  shamefuUy  wold^r  geve  place 
T  2  2  5   Or  manly  stonde  by  his  quarell^,  our^  blessed^  prdatt  Thomas. 

De  citacione  archipresulis  apud  Northamptoii. 

Aftyr^  thes  referendaryis  in  voyce  off  dedly  sowne 
Maliciously  shewydt"  wnto  the  kyngj'^  good^  grace 
Thatt  owr^:  prelatt  the  statut;,r  off  Clarendowne 
Wold^  nott  observe,  wnto  the  which^  he  sworne  was. 
1230  Wppont'  the  whicht'  the  kynge  acyted^  our^  Thomas 
P^remptory  to  appere  wv//;outynt'  eny  delay 
AttNorthampton^  pöHiament  before  hym^  wppon^  a  deputyd^  day. 

For  CCCCCli  (!)')  beynge  chaunceler^  owr  Thomas 
Att  thatt  pörleament  sore  trobuled^  agaynst  alk  ord^r  ofF  ryght^ 
1235   Accusedt'  off  ptvjury  andf  Juged<'  shortly  by  the  bisshoppjj  was. 
For  the  which^"  wnto  Rome  made  appellacion^:  tyght^, 
Departydif  fromt'  thatt  p^-Heament  secretly  by  nyghtr, 
His  discipulk  wyth  hym^,  that  this  story  wyth  his  pent?  dyd^  grave, 
And^  att  Eastry  hyd^  hym^  in  a  prevy  conclave. 

De  recessu  archipresulis. 

1240  Where  thorow  a  litillc  hole  herd^'  allf  srruyce  dyvyne, 
The  people  nott  knowyngf  thatt  in  the  church^  were, 
And^  aftyr  masse  this  prelatt  devowtt  andr  benynge 
Blessed*'  them^  alk  wyth  many  a  salt  bitter  teere. 
And^  on^  alh'  fowlonday  w_;7/?owt  eny  shypp-governer^ 

1245  Conveyd^  was  by  two  prestj5  in  the  darkenes  befort'  day 
In  a  litill^'  böte,  a.r\de  havenyd^  in  Flaundres  att  Graveney. 

Qualiter  archipresul  Pontiniacum  ad  peregrinandum  elegerit. 
And^  so  forth^"  fro  thens,  shortly  to  procede, 
Game  wnto  Senon^r,  where  as  the  pope  lay. 


i)  So  das  ms. ;  der  sinn  dieser  stelle  ist  mir  verborgen. 


Thomas  Beket ,  epische  legende  AA-y 

And^  by  the  pope  gladly  cowmend^',  in  his  story  as  we  rede, 
1250  Wj'//^  grete  reurrence  wnto  the  pr^'clare  monastery  offPountenay: 
Where  liberally  was  mynystred^  and^  allt'  his,  day  by  day, 
Off  all^  mancr  thyngj,y  necessary  wjf/i  alle  hartly  corage, 
Nygh^    by     the     space    off    II     yere    in     his     grete     p^Hious 

pilgrmiage. 

Ther  beyng^  in  grete  quyett  the  archbisshopp^  and^  alk  his, 
1255  Kynge  Henry  wnto  the  pope  his  Imbassiators  sent. 
And<'  there  nott  sped^  off  ther^  cowmynge  Iwys: 
W>//i  the  which^  the  kynge  amoved^  and^  gretly  discontent, 
For  Ire  then^  demaundydt'  he  anon^  verament 
Alk  the  archbisshoppj'5'  goodj'i'  eschetyd^  to  be, 
1260  And^  alk  his  pr^geny  to  be  exiledr,  off  very  grete  crueltee. 

De  exilio  cognacionis  sei  Thome. 

None  sparyng^  alas  —  whatt  was  his  grete  cruelnes !  — 
The  tendre  infantj'i-  thatt  in  the  cradellj'j'  lay, 
The  agedd'  fathers  impotent,  wj'Mout  pyte,  marcyles, 
Women^  in  childbede,  alle  banysshedf  ont'  a  day. 
1265   Demawndyd^  thatt  the  churdv  for  hym^»  sholde-  nott  pray  — 
The  which^  for  heretyly^  and^  wnfaythfuU^  people  all^ 
0ns  a  yere,  the  church^,  hath^  a  specialli?  memorialkl 

And^  a.\\e  soch^  off  his  kyn^  thatt  were  off  lawfulk  age 
Chargid^  to  be  swom^,  only  off  this  entent  — 
1270  Straytly  on^  a  boke,  in  his  ffuryous  rage  — 

The  sorow  off  blessed^  Thomas  to  encrefe  &  augment : 
Thatt  they  sholdt'  nether  tary,  sese  ne  Stent 
Tylltr  they  hadt'  founde  hymf  owte  —  a  cruellf  dede,  alas. 
And^  SO  camt'  to  Pownteney,  where  as  seynt  Thomas  was. 

1275   The  pope  &  kynge  Lodowyke,  thatt  reignedt'  tho  in  Fraunce, 
Heryng^  off  this  for-passynge  cruellt'  dede, 
Hasty  made  provision^  for  ther  bodely  sustenaunce, 
Off  charitabyll^'  cowpassyonc,  in  this  story  as  we  reede. 
Suchr  was  ther  grace  in  ther  necessitee  andf  neede, 

1280  Thatt  bettyr  they  lyvedr  ther^,  wj'//;outynd'  wordj.y  moo, 

Thant'    euer   they    dydc    in   Englondt'   —    the    wyllf    off    gode 

was  soo. 

The  cruelty  off  this  ordinaunce  begant-  ffyrst,  as  we  fynde, 
A   certayn^'   childf   off   p<7'dicion<',    thatt    Ra//nulffe    de    Brooks 

hyght.-, 
The  which^  off  oldi*  malyce  hatyd^  our^  Thomas  in  mynde 
1285  Andf  wnd<r  the  kynge  hadt-  the  archbysshoprych«-.   this  cruell^r 

wyckyd«-  knyght 
Dyspoyled«'  off  his  goodj'j,  as  a  tyrant,  all«-  thatt  he  myghtt-  — 
Yctt  p;vservyd<'  he  the  goodii  off  the  monkvj-  in  Cant<rbury : 
This  don^  by  the  wyll<-  off  god<'  ^^  \^rior  Wybert_;'.f  grete  poUicy. 


444 


C.  Horstmann 


Qualiter  archiepiscopus  cepit  arcius  viuere. 

Forsoitlu-  her^  considerynge,  this  \Yrtuous  godly  prdatt, 
1290  The  grete  multitude  off  liis  lynage  putt  in  proscryption^-, 

Wyih  the  which^  the  payn^  off  his  exile  was  augrgentydt'  by  thatt, 
Yett  disposed^-  hym^  to  lyve  strayter^',  off  a  godly  entencyoni?; 
Bcsyde  the  sherte  off  here  thatt  next  hys  body  had^  on^, 
And^  sharpe  disciplyn^  thatt  he  toke  prevely  in  way  off  penaunce, 
1295   Content    was    wj7//    inilme/ztarijs    aftr/-  Cistercine«cialli'   reguläre 

obsmiaunce. 

By  the  which^*  grete  abstinence  fyll^  in-to  a  sekenes, 
Off  yowthi'  norysshed<'  wpp  wyih  delicatt  metj'i-  playn^. 
Secretly  counsellydr  to  leue  his  grete  straytnes 
'J'hillt'')  thatt  he  was  restoredc'  wnto  his  helthr  agayn^, 
1300  Chaunged^  his  dyett :  made  hole  anont'  certayn^, 
Lovyd^  by  god<'  in  his  grete  werk;.«-  a\\e 
Thatt  fqworgeth^^)  &  sparith^  whomt'  by  raercy  Hfl.e  ca.\\c. 

Qualiter  archiepiscopus  motus  est  a  Pontiniaco. 

Kynge  Henry,  aftr/-  this,  off  Inwardt'  bernyngr  Ire 
Sent  over  {onre  Thomas  tho  beyng^  att  Pownteney) 
1305   To   the   generali«'    chaptrr    off  Cistersence,    ande   straytly    dyd^ 

theme  requyr(e), 
On^  Jobardy  off  ther  possessions   thatt  wnd<r  his  domynyoni?  lay 
To  avoide  his  enemy  thatt  they  hade  socourd«*  many  a  day. 
Wppone  this,  certayne  fathers  in  the  hole  chapt^'r  name 
Game  to  our^  Thomas  and^  shewyd^  hym^-  evyn^  this  sarae 

13 IG  Andi?  besowghtt'  hymr  off  charytee  wxth  alk  humble  reuerence 
Off"  lordly  consideracion^'  wnto  his  myndd"  calk, 
Thatt  by  hym^  ther  ordyr  myght^  take  none  inco«uenyence. 
Wnto  the  whiche  onxc  Thomas  gaffe  this  sade  responsalle : 
»Fathers  &  brothrene,  entyrly  belovede  alle, 

13 15  By  niyn^  occasionr,  ftulk  sory  wolde  I  bee, 

To  see  yoiir  hourte  that  haue  shewyde  ws  so  grete  humanytee.« 

De  recessu  archipresulis  a  Pontiniaco. 

Addynge  also  ande  sayde  one  this  lowly  manere: 
Thatt,  where  hitt  plesithe  gode  to  provyde  off  his  goodnesse 
For  hyme  ande  his  a  place,  he  wolde  nott  tary   there. 
1320  Ande  so  toke  his  leve  wj//i  love  att  his  recesse, 

Sent  to  kynge  Lodowyke,    besowghte   hyme  off  his  hyghenesse 
To    soco«r    hyme    ande    his ,     ffor    att    Pownteney    no    \engcr 

myghte  tary, 
Ande    shewyde    hyme    the  cause  why:    by^)  the  occasyone  off 

kynge  Hariy. 


1)  Ms.  thilk  St.  tili.  —  =)  =  scourgeth.   —  3)  Ms.  by  by. 


Thomas  Beket ,   epische  legende  445 

The  kyng^  heryng^  thys,  fore  m<?rvyled^  in  his  mynd^ 
1325  And^  shewydi?  all^  thatt  he  hard^  wnto  thern«?  thatt  stode  abowte, 
Sayeng^:   »O  relligion^,  wher^  shall^  we  the  fynde? 
Which^'  we  belefte  dede  to  the  world^  wjf/iowtyne  dowte, 
The  world^  now  feryng^,  ft'rom^  the  thow  haste  cast  owte, 
Recevydf'  as  a.nc  exile   in  causis  for  the  church^. 
1330  Alasse,  o  relligioni?,  why  hast  thow  thus  now  werch<?!« 

Wyf/i  this  he  retorned<'  wnto  the  messang^r  agayn^, 
Sayeng«':    »go  to  thy  lord^  and^  shew  thus  in  my  name: 
Thatt  I  ofif  hym^  and^'  all^  his  ham<?')  fulk  gladd*  and  fayn^. 
And^  alk  the  world^  hym^  forsake,  yett  shalk  I  nott  doo  the  same. 
1335   Byd^  hym^  chose  anone,  and^  putt  me  in  noo  blame, 
Att  his  own^  plesur^  in  my  diciont-  and<?  take  a  place, 
And^  all^  ihyngys  I  shall^  proyyde  for  hym^  by  goddj'j'  grace.« 

The  messang^r  this  heryng^,  licenciatt  to  retorne 
Wnto  our^  Thomas,  andd"  shewydf  hym^  the  kyngj'5  mynde, 
1340  Gladly  the  kyng^  thankydr,  andt'  att  Senon^^'  chose  to  soiowrne, 
The  cytye  so  cowmodious,  the  people  hberall^  andt'  kynde, 
Plenty  ofif  alk  thynge  ther^  euery  mant'  myght^  fynde. 
Soo  from^  Pountenay,  two  yer^  aftr;-  his  hard^  pilgrymage, 
Departyde,    in    love    off  the    brothrenr,    andt:  to  Senon^t'   toke 

his  viage. 

De  sompno  archipresulis  in  recessu  a  Pontiniaco. 

1345  The  day  off  owr  departyng^,  in  owr  Jornay  as  we  wentt, 
Our^  archbisshopp^  sodenly  begann  to  chaunge  his  chere : 
Sorowfully  syghed^,  v/yf/i  terys  his  face  besprentt, 
And^  nothyng^  mery  aftyr  his  oldt'  manert-. 
The  abbatt  ofif  Pownteney  wnto  hym^  drewe  füll.;'  nere, 

1350  Off  this  entent,  shortly  now  to  expresse: 

To  inquyre  and^  know  the  cause  off  his  hevynesse  — 

As  a  frynd^  famyhar^,  wayteng^  a  metely   season^. 
Tho*)  whom^  owr  Thomas  thus  spake  andd"  sayde: 
»O  father  abbatt,  noo  wondert'  heiY'  by  reason^ 
1355  All^-be-hitt  now  my  mynde  wy//i  sorow  be  ou^rfplayde. 

Be  secrett  now  my  lyfe-tyme,  as  my  tnist  in  yow  is  laydel« 
»Yes,  godly  prHatt,«   sayd<?  the  abbatt,   »thatt  shalL-  bee  j 
Off  trust    whatt    thatt    yow    shew ,    shall^   neu^v  be    difcou^rdt' 

by  me.« 

Wj/*/^  this  sayed^'  to  the  abbatt  owr  blessed^-  Thomas  dere: 
1360   »My  fatheiv  abbatt,  in  a  dreme  me  thowght<'  this  nyght<- 
The  kynge  off  Englond^-  and<'  I  before  the  pope  were 
In  his  auditory,  onely  fibr  the  church<-  ryght«- 


1)  Aam  =  am,  mit  unorgan,  //.  —  2)  ms.  tlio  st.  to. 


^,46  C.  Horstmann 

Stry\ yngiT.  the  pope  toke  my  j>arte  ande  fau^rd^-')  me  wj///  alld- 

his  rayght^', 
The  cardina11;'5  yfy/h  the  kynge.    and/-   \vi7//  thatt  me  thowght^ 

than^ 
1365   IUI  knyghti'j  wytk  bryghtr  s\verd_}.y  paryd^-  my  brayn<:-pan^. 

Andr  by  this  reuelacion^  forsoith  I  knowe 
Thatt  I  nott  as  a  dreme  in  vayn<'  shold<'  hitt  take  here, 
The  which/"  now  viyth  sorow  I  amr  overthrowe. 
Nott  onely  for  the  vision^  is  alU'  my  moornyng^  chere  — 
1370  For  the  whiche  1  owght^*  in  a.\\e  humble  manere 

Yold<-  thank_).f  to  godc,  while  I  haue  my  lyfly  breth/-, 

Thatt  in  my  slepe  thus  hathr  shewyd^  the  ordyr  off  my  deth^  — 

Butt  onely  now  for  them^  I  sorow  most  in  my  harte 
Thatt  have  now  folowed«'  &  sufferd^'  grete  troble  for  me, 
1375   The  whiche?  suerly,  I  know,   by  detht*  when^  I  shall<f  parte, 

As  shepe  wantyng^  ther  herdman^  disp^rsyd^  they  shall<-  bee.« 
This  vision^  wnto  another^'  abbatt  secretly  shewydr  he, 
Thatt  testimony  in  the  mowth^  myght^  stondt'  off  twaynr, 
So  thatt  his  vision^  aftyr  his  deth^  shold^  nott  be  had^  in  vayn^. 

Quahter  archipresul  Senonis  a  Francis  sit  exceptus. 

1380  Thus    Jornayng^,     from^    Pountenay     to    Senon^^    cam<'    ow;- 

Thomas, 
And^  off  blissed^  hew  recevyd^  (of)^)  the  archbisshoppc  off  thatt 

cyty 
In  grete  Joy  yvyih  the  clergy  and^  all^  the  people  thatt  ther^  was, 
And^    off   the    kyngys    pwrse   full<?    plentuously  mynystred^  in 

eu^ry  degree. 
And^  whenr  thatt  kynge  Lodowyke  aftyr  hys  owne  voluntee 
1385   Game  to  the  cytye :  wnto  the  churchd'  fyrst  wold^  resorte, 

And^  aft^r  wnto  owr  Thoraas  as  a  prynce,  hym^  to  comforte. 

De  commendacione  Francorum. 

As  old«?  bok_;'j  wryte  andi?  make  memoriall^', 
The  people  off  Fraunce  Avere  stronge  &  myghtj' 
In  lusty  fresshe  eloquence,  prompte  andr  naturalis. 
1390  Butt  whatt  be  they  now  aftyr  the  new  storyr 

Most  largefull.^  in  guyftv^,  replenysshed^  allii'  wyfh  mercy, 
Specially  wnto  oppressyd^  strangers,  thatt  banysshedi?  bee, 
Glad<'  euer  to  comforte,  off  Inwardt-  entere  pytee. 

Thatt  we  haue  sene  att  ey  ande'  also  herdt'  and^'  feite 
1395  In  pt'/'fecte  knowlege  by  very  true  experience, 

How  noble  Fraunce  hath,?  wyth  ws  gentilly  delte  — 

The  historiall^  thus  wrytith^,  who  liste  sech^  his  sentence  — 


i)  Ms.   fau^rd  st.   fau^rd.  —  2)  of  fehlt  im  ms. 


Thomas  Beket,  epische  legende  aaj 

Ofif    old^    callyd^-:    »dou^ce    Fraunce«,    this    realme,    ofif    grete 

reu^rence, 
For  the  plentuousnes  ofif  ffruytes  thatt  theryn^'  habounde, 
1400  For  the  holsom^  ayers  and^  man^rs  of  the  people  ther^»  v<frtuous, 

Jocounde. 

De  cardinalibus  missis  a  papa  pro  pace  reforma^da. 

Shortly  anone,  aftyr  thatt  we  cam(?  wnto  Senys, 
Browght^  tydyngji'j-  owr  Rome-messangers  wj'/z^owtyn^  lees 
Thatt  II  cardinallv5  wer^  cowmiynge,  sent  by  the  pope  Iwys, 
Willyam*?'  off  Pavy,  an(d) ')  one  Otho ,  to  treate  off  pease, 
1405   The  which^  iomayed^"  by  ws  andt'  ther  legacy  dydt'  exprt'sse 
Wnto   owr  Thomas,    andr   wyf/i   hitt    pleasid«':    goddj.y   honowr 

savyd^' ; 
And^  so  from^-  ws  in-to  Normawdy  wnto  kynge  Henry  went  & 

laborydi". 

W_)'M  the  kynge  thert'  taryenge  noo  litilk  tyme  &  space, 
And<?  camt'  nott  to  ws,  nor  shewyd^  how  they  hadr  doo, 
1410  The  kynge  so  willynge,  as  off  hym<?  sayedt'  was, 
Afft^rward^"  so  shewyd^,  w_>7/;owte  wordvi'  moo ; 
For  the  tyme  he  prolonged^  and^  off  pease  litilk   wylled^  also, 
And^  iff  he  pease  wyllyd^,  all^  was  by  simulacyon*^  — 
Thus  myn^  auctor  wrytith^  andt-  gyffithd'  autentyk^-  relacyont'. 

141 5   Seyngt?  now  her<'^),  this  cardinallj^  both^  twayn^*, 
Thatt  ther  legacy  shold^  nott  in  vayn^  bee, 
Offtyn^-tymes  cam^  to  the  kynge,  tretyng^  off  pease  certayn^, 
Attentifly,  assiduously,  acordyng^  to  theri?  dutee 
Sekynge  pease,  and^  noo  way  off  pease  the  founde  for  certayntee ; 

1420  Soo  yett  they  retornedt'  to  ws  andt'  hade  cowmunycac/ont'  off  thatt, 
Lyfl  noo  thyng^  they  sholdd'  doo  andt'  allf  to  seme  frustratt. 

Ouri?  metyngf  to-ged^rs  bytwenr  thes  II  castellj's  was : 
Off  Tyre  &  Gysor,  in  the  co«fyniont'  off  Fraunce  &  Norma«dy. 
The  nyghtf  before  had<'  a  dreme  owr  blessedt'  Thomas, 
1425   The  whichc  in  the  mornyngt-  goyngt'  to  owr  ptzrlyament  by  &  by 
Sayedt':  thatt  one  offerd<'  hym*"  in  a  pece  off  gold<'  veraly 
Venym^  —  shewydt-  aftt-r  by  Willyamc  Pavy  in  wordii  p^v-suabyll^ 
In  wtteryngt:  off  his  pease,  very   swete  and^-  delectabyll<-. 

In  his  begynnyng^-  good<'  wordjs  andf  pacyficatt 
1430  Wtterdr  att  ere,   butt  inwardly,  who  list  to  behold«-, 
Nott  litilh-,  butt  gretly,  agaynr  the  church«-  alL-  thatt 
Andr  the  liberty  then-off  was  thatt  he  rehersydf-  &  told«'. 
We  this  herynge  consydred^  wji/i  sobyr  mynd<-  cold«-, 
Befon*  shewyd<-  to  ws  off  owr  Thomas  the  nocturnall«-  vysyon^, 
1435  Andt'  anone  we  co;;iecte  hys  dreme  fylh'  to  a  trewe  conclusyonf. 


i)  Ms.  ö«  St.  afiJ.  —  2)  this  fehlt? 


448 


C.    Ilorstmann 


For  whatt  cause  and«:  such^"  otherr,  aWc  thatt  the  legatt>'j  sayed^ 
Was  hokk  suspecte  off  owr  archbisshoppd'  Thomas, 
Shewyd^  by  ther^  counsellf  that  noo  mencionc  sholdr  be  layde 
Off  Clarendowne  Statut;^,  for  the  which^  (t;his')  pä^rliament  was. 
1440  How  they  favored^  the  kyngjs  parte,  here  I  over^passe, 

Wherby  owr  pease  was  infccte  wjMout  hope  off  pease  certayn^. 
Thus  f^romr  ws  they  deprt'rtyd^  &  retorned^  to  the  kynge  agayn^. 

Seynge  herr-by  the  cardinalljj  ther<?  cowde  be  take  noo  pease 
For  the  kynge  &  the  realme,  they  renewed^  ther^  appellacyon^ 
1445  In  the  audience  off  the  cardinallj-f  wnto  the  popys  holynesse, 
Andt'  for  them^-selff^' ,  eke  for  the/-  church;'^  reappelydd-  anone. 
Wji/t  grete  honowr  son^  aftyr,  in  shorte  conclusyon^-, 
The  cardinalh'^,  rewardydr  off  the  kynge  füllt-  nobylly, 
Retorned^  wnto  Rome  wyf/i  grete  Joy  andf  glory. 

1450  Herr  fyrst  poi)e  Alexandra  att  the  gladdf  instance 

Oft  blissedt'  kynge  Lodowykf  theys  legatt_>.y  ou<:r  sentt 
Onely  by  pease  to  stynte  the  grete  varyaunce 
Betwenc  kynge  Henry  and^  owr  Thomas  off  Kentt, 
The  kynge  to  have  pease  nott  disposedtr  hertr  verament, 

1455  As  myn^  auctor  shewytht-.  wherfort'  I  overf passe 

And^  shortly  now  shalk  shew  when^  the  tyme  off  pease  was. 

This  blessed^  Lodowykt',  seyng<?  the  pope  so  desyrous, 
Pease  in  alk  condicion^  glad^  to  have,  and^  fayn^ 
As  a  chyld^  off  pease,  wjf/i  myndf  affectuous, 
1460  Off  ow;-  pease  to  be  a  mediatowrf  gaff  hys  mynd^  certayn.? 
Lyke  a  prynce  devoute,  ow;-  pease  to  optayn^-, 
Wjf/i  Henry  owr  kynge  hadt'  cowmunycaciont-  off  pease, 
Pease  ws  to  procure  as  a  mediato?^r  list  nemv-  sease. 

De  pace  reformata  inter  regem  et  archiepiscopum. 

To  shewe  her^  how  sort"  movedf  was  in  his  p^rilous  exile 
1465  Wjj^A^  the  yonge  kyngj^  coronacyon^  owr  archbisshopp^  Thomas, 
The  processe  is  longe.  wherforc  I  sett  hert'  my  style 
Frome  thatt  longe  processe  andt'  lett  hitt  hert'  overrpasse, 
Andf  shortly  now  shalk  shew,  only  by  goddri'  grace, 
Wherf  pease  was  takenf,  the  place  ande'  also  the  day, 
1470  W_yf/i  yowr  vertuous  supporte  andtr  make  no  lengrr  delay. 

This  pease  was  takene'  att  the  saddr  instaunce 
Off  blessedt'  Lodowykr  on^  Mary  Magdalena  day, 
In  a  mede,  callyd^  »traytors  mede«  in  Fraunce  — 
As  Herbert  wryth^,  so  shalk  I  reporte  andf  say  — 
1475  I^    the    confynyon^    off  Camotuse    &   Cynomanny   —   this    is 

no  nay  — 


i)  Ms.  kts  st,  t/its. 


Thomas  Beket ,   epische  legende  4.A.Q 

Betwen^  thes  II  castellj'^ :  Vyefvy  and^-  Fretewall^. 

Andi?  thus  was  owr  pease  taken^,  as  hitt  folowth^  her^  \vj'fA-a.\\e. 

In  a  certayn^  playn^',  sev^;-att  from<'  alk  other^*, 
The   kynge  and^  owr  Thomas    hadd^  secrett  cowmunycac/on^r, 
1480  On<?  horsebakd'  as  they  rode,  the  on<?  wjtA  the  other^. 
Amonge  alk  he  besowght^  off  the  kynge  a  peticion^, 
For  the  Iniuryes  don<'  to  his  church  in  the  coronacyon«? 
Off  Henry,    his  son^,    by   the    archbisshopp^   ofif  Yorke    in    his 

absence 
Wjf/i   his   suffragans,    them^   to   ponyssh   that   wnlawfully   gaff 

hym^  assistence. 

1485   The  kynge  this  graunted^  gladly,  as  we  reede. 

Wherfor^  in  the  syght^  off  the  people  thatt  pr^ent  wer^ 
Our^  Thomas  lyght^  down^  from^"  his  horse  anon^  in  dede, 
Fallyng^  downi?  wnto  the  kyngys  fote  in  all,?  humble  maner<?, 
Hyghly   the  kynge  thankyd^.  and,?  as  he  wold<f  reascendc  ther^ 

1490  On^  his    horse,    the   kynge    lyght^  downi^,    takyngd'  his  stiropp, 

certayn^:-, 
And^  left  wpp  owr  Thomas  wppon^  his  horse  agayn^, 

Sayng^  thus:    »hitt  becowmyth^  off  vertuous  humanytee 
The  inferior  to  serve  the  gret^r  off  reuerence.« 
The  people  this  heryng^,  musyd^  for^  certayntee') 
1495  Thatt  the  prynce  list  shew  soch^  homble  obedience; 
And^  som^  att  hitt  sorowyd^  off  grete  malivolence, 
The  which^  befor^  off  envy  haddt'  made  discorde 
Betwen«?  the  kynge  and^  hymr,  as  myn^-  auctor^-  doth^  recorde. 

Her^  made  att-on*»  the  archbisshopp^'  andt'  the  kynge, 
1500  Wher^'  frendly  they  depä-zlydr  in  most  frendly  wyse. 

And<?  \vyi/iyx\c  dayes  fewe  wyfh  the  kyngj^  wrytynge 

Messangers  were  sent  to  the  kyngj'j-  Justyce 

Into  Englondd',  as  the  processe  doith^  devyse, 

Aftyr  ryght^  wnto  owr  Thomas  and^  zWe  his  to  restore 
1505  In  full^  hole  possession^  all^  thatt  they  had^  in  Englond«"  before, 

Chefly,  by  pr^^mys  made  wythowiyne  eny  glose, 
For  the  castell^  off  Saltwode  wyth  the  portenau;/ce, 
Also  for  the  knyght-feys  ofif  Wyllyam^'  Roose, 
Pflirteynyng^  to  his  church^'  off  longe  co/ztynuaunce, 
15 10  Off  the  whichr  amonge  alU'  had<'  a  grawnte  in  Fraunce. 

Also  cowmaundyd*'  the  messangers ,  iff  they  went  all^-  in  vayn^ 
In-to  Englondc,  nott  to  passe,  butt  comr  to  hym<-  agayn^. 

Aftyr  this  he  decreyd^  ffulh-  i)rudently  then<-, 
'^yih  messangers  beforr  sent  in-to  Englond<-  thoo 


i)  Ms.  centaytttee. 
Kölbing,  Englische  Studien.    111.    3.  29 


^tQ  C.    Horstmann 

15 15  Twf)  other  chefe  noble,   famous,   wyse  men^ : 

Johiv  Sarysbury,  -wyth  Herbert,  thatt  wrote  this  story  loo, 
Wysely  to  make  serchi^  whichr  were  fren(l>\y  di:  foo, 
And^  to  knowe  the  trewyth«^  off  his  eschetyd^-  possessycn*? 
Whatt  ordyr  was  takynr  by  pr^mys  off  restytucyon^. 

1520  So  fortlv  we  went  to  shew  owr  message  sure, 

Andr  founde  the  kynge  lycng.^  sckc  in  Normandy 
Off  a  fevyr  tercyan^,   aftyr  the  cowmynr  reporturff. 
Where  lengrr  we  taryed^  than<f  we  had^*  hoped^  v^rely. 
The  kynge  made  hole,  we  presyd^  forth^  by  &  by 

1525  Wnto  his  hyghnes  and^  shewyd^  wherfor^  we  wer^  sent. 
Andr  att  thys  tyme  he  here  deferrydr  ws  off  owr  entent. 

Yett  att  the  last  by  ow;-  grete  instaunce  laborious 
The  kynge  havyngr  his  wordj-f  to  mast^r  John^  Sarysbury, 
Which^'  spake  in  owr  Thomas  name,  to  whomr  he  saydf  thus, 
1530  Ws  to  delyurr,  as  shewyth  the  story: 

>^OJohnr,  as  for  the  castell^,  I  shalL-  nott  delyurr  yow,  wrely, 
Tylk  thatt  I  see  otherr  behavyor  in  yow  toward^  me  as  yett 
Then^  I  haue  sene  before,  I  doo  yow  welk  to  wytt.'^ 

By  this  we  wnderstode  infecte  was  ow;-  message, 
1535   And^  off  this  answer«'  we  knewe  whatt  aftrrward^  sholdi?    falk. 
Wherfor  in-to  Englondif"  we  forsoke  owr  vyage, 
As  we  wer^  enioyned^,  and^  retorned«?  to  ow;-  mast^r  w_)'M-alk, 
The  archbisshopp^  this  heryng<f  wy///  vexacion^*  mentalis, 
Fulk  sore  was  amoved^,  as  shewythi?  ws  the  story, 
1540  Wj'//i  the  pr^mysse  off  a  kynge  so  false  &  deceptory. 

De  primo  accessu  archipresulis  ad  regem  post  pacem. 

This  beryng^  hevy,  parsonally  anon^  wentt 
Wnto  towor  off  Thoren*?"  ow;-  v^;-tuous  p;-datt  Thomas, 
Wher^  as  the  kynge  hadif  poynted^  a  prt-Hiament, 
^yth  the  noble  Erle  off  Bleese,  thatt  Theobaldr  callydi?  was; 
1545  Andif  sharply  ther^  spoke  w^nto  the  kyngj\f  good^  grace, 
Shewyng^  how  variabyll«^  he  w^as  off  his  promys 
In  restitucion^  before  grauntedt-,  as  myn<'  auctor  shewyth^  Iwys. 

Then^  att  the  last  the  kynge,  thorowgh^  the  meane  &  request 
Off  the  Erle  and^  other^  nob}41j'5  thatt  tho  p;-^sentt  were, 
1550  He  grauntyd^  ow;-  Thomas  a  very  sure  bebest 

Off  a  plenary  restitucyonr  amonge  allr  the  statj-^  there  — 
Wyllynge  hym^  to  tary  in  allr  pryncely  manerr 
Tylk  he  cam-^  in-to  Englonde,  —  wppon.?  his  good,?  aberynge, 
As  myn^  auctor  shewyth^,  who  list  serch^  his  wTytynge. 

De  secundo  accessu  eius  ad  regem. 

1555  V\yth  this  the  archrbisshopp^'  anone'  gaft"  place 

And<'  wj'Mdrew  hym(f  a  seasone'  owte  oft"  his  pr^sence. 


Thomas  Beket,   epische  legende  4SI 

Att  the  last  retorned*?  wnto  the  kynge  owr  Thomas, 
Nothyng^  to  desyre,  butt  to  procure  his  benyvolence. 
And^  att  whos  cowmyng^,  ^syth  all^  pryncely  reuerence 
1560  The  kynge  hymr  recevyd^  in  most  amyable  wyse, 

Thatt  eu^/-y  man«?  myght^^  hitt  note,  as  the  story  doth^  devyse. 

Amonge  all^  the  kynge  wnto  owv-  Thomas  thus  spake 
Merely:    »whatt  is  hitt  thatt  thow  wyllt  nott  folow  my  wyll<f? 
Certaynly  thani?  alk  into  thy  handj^  I  shold^  take 
1565  And^  p^'rforme  in  alli?  thy  desyre  to  fulkfylk.« 
Our^  Thomas  this  herynge,  in  mynde  fulk  styll^ 
Remembryd^  thus  wrytyn^'  in  the  gospelk  for  certayntee: 
»Yff  thow  falk  down^  &  hono«r  me,  all«?  shalk  I  geve  to  the.« 

De  preparaciont'  archipresuUs  ad  patriam. 
The  next  day,  licencyatt,  removedr  from^  the  kynge 

1570  And«'  retorned^  wnto  Senon^*:',  thatt  noble  cytee, 
To  prepar^  allf  this  redy  for  his  home-goynge. 
Wheri^  the  lord;.y  off  Fraunce  recevyd^  hym^  aftyr  hys  degree, 
Andd"  specially  kynge  Lodowyk^  wyth  alk  pr/ncely  humanytee, 
Alk  thyngj'^f  p/-(?vyd}nge  beforf  for  hym<!'  &  hys,  necessary, 

1575   Wnto  the  nombre  off  a  C  horsys,  as  shevvyth  the  story. 

Andd'  att  his  departyng^,  wyth  many  a  salt  byttcv  ter^ 
Hys  face  besprent,  toke  licence  off  the  kynge 
Andf  off  alk  the  lordi,y  off  Fraunce  thatt  präsent  wer^, 
And^  hartely  them^  thankyd^  for  his  grete  cherysshynge. 
1580  Thus  licencyatt,  thorowgh^  Fraunce  cam^  rydyng^ 

And<?  shyppydf'  att  Wyttsand«',  as  the  story  makithr  mynde. 
Wher^  godr  had^  hym<'  sent  both«-  fayr^  wedyr  &  wynde. 

Andi?"  or  thatt  he  toke  shypp^,  his  messangere  sentt  over^ 
Wi//;  the  popes  lettyrs,  for  the  bisshoppj'.y  a  generalis  suspensyon.^. 
1585   Off  the  whichr  some  off  them«'  came  wnto  Doverr, 
Willynge  to  passe  the  see  aftyr  there  entention<' : 
Roger«'  archbisshoppr   off  Yorke ,    Gilbert  Felyott   bisshopp^  oft' 

London«', 
And«"  Jocellyne  oft"  Sarysbury,  rcceyved«'  then*  wnwarly 
Lett(?/-s  off  ther^  Qxcom}?iun\c2icione ,    thatt  crowned«-  the   yong«' 

kynge  wnlawfully. 

1590  Aftyr  this  on«"  a  day,  as  we  roomyd«'  by  the  see-stronde, 

The  wether«"  to  behold«'  &  owr  shyppj'jr,  \\yf/i  owr  Thomas, 
A  shypp«-  we  p«'/-cevyd^  cowmyng«'  owt  oft"  Englond«' 
Toward«"  owr  havyn^  saylyng«'  a  lusty  pase. 
And«'  oft"  the  sh)'pmen«'  we  axed«-  whatt  tidyngj'i-  ther«-  was 

1595   And«-  whatt  talkynge  in  Englond«'  oft'  ws  was  hadd«'. 

Some  answerd«?  and«*  sayed«*:  nothyng«*  butt  good«'  &  gladd«'. 

Att  the  last  wyt/i  the  goui-z-ner«-,  thatt  the  shypp«-  shold«-  guyde, 
The  disciple,  thatt  this  wrote,  oft'  ow;-  blessed«-  Thomas 


452 


C.  Horslmann 


'VJylk  hyxac  hadf  cowmunycac/on<'  secretly  a-syde 
1600  And<-  asked^  hym^  the  trewth^  whatt  the  talkyng^  was. 
He  answerd^  andr  sayed^:   ^'O  ye  wrechys,  alas, 
hWi-  the  londe  wyth  yow  is  amovedd',  &  likly  ye  ar*?  to  be  slayn^, 
For  the  cursynge  specially  off  the  bisshopp^^,  certayn^. 

Ther")  hath  conspired^  ayenst  yoiir  mast^r  reu^rrent, 
1605   Off  therr  propyr  malice  or  by  the  froward^  wylk  off  other<r, 

Wy///  the  l)isshopp^^,  before  rehersyd^,  Raynold«?  Waren^,   vice- 

count  off  Kent, 
And<^  Geruase  Cornelia,  Ranulff  Broke  in  a.xrc\our  waytyngr  yowr 

co;//myng<'-ovyr ; 
The  which  yest^rday  ye  cursed/-  in  the  town^  off  Dovyr.« 
This  saydr,  toke  his  leve,  &  thanked^  hym^  hyghdy 
1610  For   the   trewyth^',    andf   this    he    shewyd^   wnto    owr  Thowas 

secretly, 

Sayngf*:   »Syr,  thus  and^  thus  sayd^'  wnto  me  faythfuUy 
The   governeiY   off  the   shypp^  thatt  hath^  taken^  porte  her^.« 
And<?  as  my  lord^  and^  I  brake  off  this  matter  newly, 
A  felowe  off  owrys  famylyar^  drewe  wnto  ws  fuU^  ner^, 
161 5  Callyd^  Gu«tar^,  a  man^  symple,  thatt  dred<?  god^  y/yt/i  kxe, 
Wndesyredr  this  heryng^,  sodenly  wnto  owr  Thomas  sayd«-  hee : 
»Hitt  wer^  wysdom^  to  tary,  tyll^  off  pease  we  had^  a  grett^r 

suertee.« 

Responsio  discipuli  ad  magistrum. 

And^  vfyih  thatt  wnto  Bosham^'  sayd^'  owr  vYrtuous  Thomas : 
»Whatt  sayst  thow  now  here  wnto  this?« 
1620  Bosham^-  thus  answerd^':   »yff  hitt  please  your  good^  grace, 
The  mesur^  off  my  litill^  wytt  hitt  excedith^'  to  shewe  Iwys ; 
Yett   iff  ye  co;«maund^  me,  I  shalk  shew  as  my  mynd^  dothi? 

gysse. 
Bett<?r  hitt  weir  now  to  goo  forth^,  passe  and^-  proced^, 
And^  rather^  to  dye,  thani?  to  retorn^,  yff  hitt  werr  nede.« 

1625  Thys  sayed^,  shortly  anont'  gaff  answeri^  owr  Thomas: 
»Hard^  is  thys  sayengif,  and^  who  shalk  hitt  fullfyll^.« 
Wnto  hymr  thatt  spake  before,  gyvyng^  counselk:  in  noo  case 
Owr  Thomas  Englond^  to  entree  aftyr  his  mynd<?  &  wyllc, 
Expr^ssyng^  his  name  anon^  sayd^  thus  hym^  tylk: 

1630   »O  Guntare,  the  lond^  I  see,  and^  by  favor  off  god^  I  shall<? 
Entyr,  suerly  knowyng^  thatt  I  shalk  shedi?  my  blöd*?  yfyth^\\e.^ 

.The  VIII'^  yer^  off  his  consecracion^  &  the  VIP'^    yer^  off  his 

exyll^, 
The  which^  was  in  the  yer^  suerly  off  grace 
A  thowsand^  a  hundreth^  thre  score  &  ten«?  ffull«', 


i)  Ms.  ther  st.  thei  od.  tliat? 


Thomas  Beket,  epische  legende  4^X 

1635  Entyrd<?  the  see  owr  v^rtuous  prelatt  Thomas 

And^  londyd^  att  Sandwych^,  as  the  wyll^  off  god^  was, 
Wher<?   off  his  wj///    alk  Joy    recevyd.?,    as    myn^   auctor   doth 

record(?, 
Sayngi?:  »Missed^  be  he  thatt  is  com^  in  the  name  off  owr  lord^U 

The  knyght^i^,  before  rehersyd«?,  aft^r  ther  hope  vayn<? 

1640  Decevyd^',  wenyng^  ws  to  haue  londyd^'  att  arii?  other*?  place, 
Toke  ther^  armour  hastyly  and^  cam^  to  Sandwych^  playn<?, 
Wnethis  made  salutac/on^,  &  fersly  spake  to  owr  Thomas, 
Enserchyng^'  the  cause  why  thatt  he  so  hasty  was 
In  the  e\co/n7?ii/n\c:\.ciov\e  off  the  bisshoppj'j"  att  his  fyrst  co;//myng^ 

1645   To  the  trobylk  off  a\\e  the  lande  &  the  displesur^  off  the  kynge. 

The  archbisshopp^'  full^  cowldly  answerd^  agayn^: 
»Here  have  I  now  wnto  the  kynge  doo  noo  trespasse 
Nor  wnto  the  realme ;  for,  thatt  I  haue  done,  certayn^, 
Was  \^y/h  the  permyssion^  and^'  free  wyll^  off  his  goodd'  grace.« 
1650  The  iniury  don^"  by  the  bisshopp,^^  wnto  his  place, 

Sayed^',  cowed^»  nott  remayne  wj'///out  sharpe  correction^, 
Anoyntyngd"  the  yonge  kynge  off  wsurpacion^. 

Forsoth^»,  herynge  the  kynge  her^  as  doer^  off  the  dede 
Praysed<?,  the  knyghtj/^  gan^»  to  speke  niore  coldlyer^ 
1655  And^  made  grete  instaunce,  in  the  story  as  we  reede, 
For  the  absolucion^  off  the  bisshoppj^  there. 
The  which^  to  his  counsell^  deferryd^  ther^  answer^ 
Tylk  thatt  the  next  day  he  cam^  to  Cantorbury. 
And^  soo  the  knyghtj^  dep^rtyd^,  as  shewyth^  the  story. 

1660  The  next  day  owr  Thomas  to  Cantorbury  drewe. 
Wher^  off  alV  the  powr  people  recevyd<'  was 
Gladly,  as  goddys  angelU-,  and<'  hym<'  dydr  pursewe 
Clusteryng^  to-geders,  old^,  yonge,  anr  hasty  pas ; 
Some  p;-c^stratt  fyll^  down<'  before  owr  blessed^'  Thomas, 

1665   Some  putt  off  ther^  garment_>'i'  andr  cast  themr  in  the  way, 
Sayng^':   >;  welcome  in  the  name  off  owr  lord^'  this  dayl<s 

Prestj'5^  wyth  ther^  parisshones  by  the  way  hymr  mett, 
Salutyng<-  ther^-  father^  and^*  askyng^-  his  blessynge, 
WyM  ordinatt  procession*?  Joyfully  sett, 
1670  Grosses  before  them<',  and<'  fuU^'  devoutly  syngyng«-, 
The  bellys  in  eurry  coste  lustely  ryngynge. 
Wnethis  to  Cantorbury  myght^*  com^-  thatt  day  — 
The  resorte  off  the  people  so  grete  was  in  the  way. 

Wher^  fulk  solemply  agaynr  he  recevydr  was 
1675   Off  a\\e  his  dere  brethren^*  there  in  the  most  ioyfull<-  wyse, 
W^///  salt  byttrr  terys  raylyng^-  down<'  by  ther<'  face 
For  Joy  and<'  gladnes,  as  the  story  doth^-  devyse. 
And^  prostratt  he  fy]l<-  down<-  aft<7-  the  regulär«-  guyse 


454 


C.  Horstmann 


Enteryng^"  his  church^  wy/h  i\\\\e  grete  devoc/on^, 
1680  Prayed<r,  arose,  and^  ther^»  gaff  his  benediction^*, 

Our^  Thomas,  stondyng<'  in  his   episco[)all<'  see, 
Recevyd^'  allr  his  brcthren^'  in  the  küsse  off  pease. 
This  donr ,  aftyr  in-to  the  chapt^'r-housc  went  hee 
Ax\<^e  made  a  full^  clere  sermon^  l^efore  the  grete  preas, 
1685  Whos  antetheme  was  this,  wyMowtyn*?  eny  les :  — 

Non  habem/^5  hie  ciuitatem  manentem  e.  c. ,  — 

Thatt  is  in  owr  mothertonge  as  moch^  thus  to  say : 
Here  we  havc  noo  cytee  to  reste  ws  in  ahvay. 

The  sermonr  don<',  wyih  allr  the  grete  solempnytee 
Off  thatt  same  fest,  wyth  his  into  the  palyce  went, 
1690  Ledyng^'  all^  thatt  same  day  in  grete  felycytee. 
The  next  day  retornyd<'  wnto  hym<?  verament 
The  knyght_)',f,  -wyth  certayn^  clerkyj,  off  this  entent : 
To  have  a  inWe  answer^  off  ther<r  peticion^, 
The  which^  was  onely  thys:  the  bisshopp,)/^  absolucion^. 

Responsio  sei  Thowe  mihtibus  de  episcopis  exco;«w?/«icatis. 

1695   Our^  Thomas  wnto  them^  full^  wysely  gaff  this  answer^: 
»Wy/'/i  the  sentence  and<'  decree  off  the  popys  powwr 
Nott  lefull^  in  eny  wyse  for  me  to  dele  wyth  here.« 
Yett  neu<:'rthelesse  he  sayd^  as  a  comforto?^r : 
Yfif  a  caucyon<f  myght^  haue  to  save  hys  \\onour, 

1700  Off  the  popys  ratyfyeng^  he  durst  be  bold^ 

Them^  to  assoyle,  yff  they  here  the  church<?  obey  wold<'  — 

Or  eis  thus  answerd«?  &  sayd^:  this  wold^  he  nott  doo. 
V^yth  the  which^'  the  knyght^^  full^  sore  amoved«-  wer^, 
And^-  yNyth  indignacion^  hastyly  went  hym^  froo, 
1705  Havyngr  prowed^'  worAys,  abusyons  for  to  here, 

As  vaync  auctor  Herbert  gevyth  knowlege  fullr  clere. 
Amonge  a\\e  one   off  them^  rehersyd^  before, 
Rafe  Brockt',  his  cursyd^  tonge  exaltyd^  eu^rmori?. 

And^  yett  owr  Thomas,  as  a  man^  fuU^  pacyentt, 
17 10  Behaved^  hym^*  as  he  herdr  nothyng*^  off  therr  mode, 
Havyng^  noo  man^r  off  reproves  veramentt 
Therr  malicious  angerc  to  encrese :  he  was  so  veray  goode. 
The  clerk_>'5,  wyt/i  the  knynghtj'^y  sentt,  anon<'  they  yode 
Agayn^'  wnto  the  bisshoppj^  thatt  acursed^  werr, 
1 7 1 5   Shewyng^  off  ther^  peticion^  whatt  was  the  answerr. 

Theni'  hitt  was  talkyd^  in  this  maner^"  off  forme  (!)  thoo 
Thatt  two  off  the  bisshopp_>'i-  woldr  gladly  enclyne, 
The  bisshopp^  off  Londons,  andr  off  Sarysbury  alsoo, 
Here  to  be  asoyled«'  off  owr  Thomas  benynge. 
1720  Butt  the  archbisshoppr  off  Yorke,  off  spirytt  malyngne, 


Thomas  Beket,    epische  legende  acc 

Chaunged^  ther  mynd^,  whos  confidens  was  alle  in  good^, 
And^  soo  both^  two  wyt/i  hyni^  here  flyllf  acursyd^  stood«'. 

De  episcopis  regem  iterum  contra  archiep.  instigantibus. 

By  whos  grete  sotelk  dedly  persuasyon^  * 

Over  the  see  they  went,  off  the  kynge  to  haue  socour^. 
1725   And^  fownde  hyme'  in  Norma«dy  att  his  mansyonc 
Besyd^"  the  good^'  cytee  off  Baioce,  called^'  Burr^, 
A  Utill^  befor^  cristmas,  as  shewyth^  myn^  auctord". 
The  kynge  off  them^  salutyd^,  fyll^  down^  to  his  foote, 
Besechyngr  his  good^  grace  off  refuteous  boote ; 

1730  Off  a  croked^  mynde  shewyng^  on^  this  wys^ 

How  thatt  owr  blessed^  Thomas  att  his  home-co/«myng<f 
Haddd?  them^  trobled^,  and^  off  a  false  froward^  surmyse, 
The  hole  realme  eke,  to  the  disshonor^"  off  the  kynge ; 
The  cause  necessary  and^  honest  alegynge 

1735   For  ther^  excuse,  was  for  the  coronacyon^ 

Off  his  very  trewe  heyre  andf  dere  beloved^  son.?. 

Thus  by  ther^  occasyon<?  ffuU^  dedly  to  here 
The  kynge  wtterly  was  sett  agaynst  owr  Thomas, 
Provokydi?  wnto  hote  yre  aher  this  maner^" 
1740  In  dyuers  wayes,  as  shall^  be  shewyd^',  or  I  passe. 
Butt  now  here  shall^  retorn^  onely  by  godys  grace 
My  style  wnto  owr  Thomas,  andt"  shewe  here  in  deede 
Att  his  cowmynge-yn^  off  his  demene,  as  I  reede- 

Ourr  Thomas  aftyr  his  cowmyng^  w_>'///yn^  dayes  fewe 
1745   Wnto  the  yonge  kynge  sent  Richard*'',  pr/or  off  Dovyr, 

A  man^  eloquent,  to  certifye  &  to  shewe, 

As  his  grete  duty  was,  off  his  co;«myngf  ovyr. 

And<'  shewyd^  as  he  was  cowmaundydt-,  wyt/i  mynd^  sobyr, 

Excusynge  owr  Thomas  for  the  Suspension^ 
1750  Off  the  bisshopp^yj,  by  the  wylk  off  his  father  don^; 

Addyngr  also  thatt  he  myndyd<^'  \\y//iynr  short  space 
Fullr  redy  wold<'  make  to  vysett  his  hyghnesse. 
The  yong<'  kynge  wold^  nott  her^'  his  messang^'r  in  noo  case 
Nor  his  wordj^  accepte,  as  shewyth^'  the  processe  —  : 
1755  Nott  off  the  chyld^y^  mynde  we  take  her«-  this,  doutlesse, 
Butt  onely  for  fere  off  his  ffather  in  deede, 
As  in  the  legend«-  we  evydently  may  reede. 

Wherfor  owr  messangrr  and<'  owr  lovydf  brothen- 
In  the  kyngv-y  courte  hadi-  noo  cherefull<'  countcnaunce, 
1760   l'eryngt'  the  kyngys  father  —  cowed<'  be  none  other<'. 
This  sene,  shortly,  as  the  story  makith«-  remembraunce, 
Ourr  messang<r  came  andr  shcwyd<'  the  trew  cyrcuwstaunce, 
How  off  the  yonge  kynge  his  message  was  nott    herd<-  playn<-, 
Andi'  none  othen'  answert*  browght«'  wnto  owr  Thomas  agayn<-. 


.-g  C.  Horstmann 

1765  Thys  heryng^,  prepared^"  hynv  in  his  ownr  persona 
To  visett  the  yonge  kynge.  ande  aftrr  his  provynce 
Ryally  recevyd^,  wReiK»  he  cam^  to  Londons, 
As  a  hedd^-patron^,  wy/Zi  all^  humble  reuerence. 
To  whomf  fromr  the  yonge  kynge,    as  shewyth^'  the  sentence, 

1770  Game  messagc  \\yi/i  Inhibicion^,  as  we  reedr: 

Thatt  further^  in-to  the  reahrie  he  sholdr  nott  proced^. 

This  heryng^-  his  enmyes,  thatt  fiirther  shold^-  nott  passe, 
Full^'  prowdly  left  wp  they  herr  tlier^  he(ld>'^  a-hy, 
Manasshyngr  owr  good^*  prHatt  andr  Joyfulk  off  this  case; 
1775  And^  chefely  they  thatt  were  off  Brock_>'s  progeny ; 

Amonge  alV  one  thatt  hyght^  Robert,  Mh'  shamefully 
In  grete  despyte  smote  off  owr  Thomas-his  horse-tayle 
Thatt  caryed<?  the  kechyn^  stuffc  in  his  owt-travayle. 

De  sacerdote  reHquias  ei  deferente,  ex  visu  sei  Laurencii. 
secundum  Johanem  Exoniensem. 

Soo  wnto  Cantorbury  owr  pr^latt  turnedr  agayn<', 
1780  To  solempny^e  ther^'  the  grete  fest  off  Cristmas. 
And^  in  a  boke  as  I  haue  red<?  certayn^, 
By  Wrothamif-  cam^  owr  blessedr  Thomas: 
Wyf/i  whome  mett  a  powr  prest,  as  he  gan^  passe, 
And^  toke  hym^  relyques  off  seynt  Cicele  &  Laurence, 
1785  Prevely  betwen^  them^  bothr,  as  shewythr  the  sentence. 

Then^  owr  good^  Thomas  asked<'  the  priste  anon^ 
How  thatt  he  here  knew  thatt  they  soch^  reHques  wer^. 
He  sayed^:  seynt  Laurence  apperydi?  in  a  vision^ 
Wnto  hym<?  &  so  shewyd^,  by  this  pr^-y  tokyn<f  here: 
1790  Thatt  newly  broken^  ye  feit  yo«r  shert  off  heer^, 
Brethyngf  whether  ye  myghtd'  make  chaunge  or  noo, 
Reserchidr  yo//r-selff,  andr  founde  hitt  all^*  hole  thoo.« 

Wnto  this  the  archbisshopp^  amonge  all<?  other^ 
Sayd^:    »in  the  v^rtew  off  the  holy  gost  now  blyve 
1795  And^  in  the  way  off  obedience  I  charge  the,  my  brotheri?, 
To  nomani!'  this  tellr,  me  beyngr  heir  alyve!« 
Wnto  this  anont'  answerdi?  the  prest  füllt-  ryve: 
»Nay,  my  dere  lord^',  thatt  shalk  I  never  in  noo  case.« 
And^  thus  he  dep^rrtydi?  fronv  owr  blessed(r  Thomas. 

De  gestis  ejus  in  die  natalis  domini. 

1800  Then^  aftyrwardr  in  his  pontificalk  aray 
Red<f  the  gospellr  off"  Cristi\j  generacion^ 
On<!'  Crist>'5  blessed,?  nyghtr,  &  sänge  hy-masse  that  day 
Att  the  hyght-  altar^-  wyf/i  ffulL'  grete  deuocionr. 
And,?  in  thatt  masse  whyle  made  a  fulk  clere  sermon^, 

1805  Where  he  had^  grete  audience  both<'  oft"  yonge  «S:  old^, 

And<?  cursyd^  ther^  certayn^-  off  the  old,?  kyng_)'5  howsehold^, 


Thomas  Beket,   epische  legende  acj 

Specially  Raft>  Brocke,  and^"  Robert,   hys  brotheri", 
Thatt  had^  dishonest  bis  horse  in  way  off  despyte, 
Openly  by  nam^  in  thatt  pres,  befor^  alV  other^, 
1810  By  the  grete  censure  off  the  church^  them^  both^  to  requyte. 
Also  in  bis  sermon^',  as  rfiyn^"  auctor  doth(?  wryte, 
Shewyd^  thatt  he  shold^  nott  longe  in  this  liff  here 
Tary  —  for  the  which^  sorowyd^'  alle  thatt  p/rsent  were. 

Masse  don^,  in-to  bis  palace  wentt  to  bis  mete, 
181 5  Worshupfully  servyd,?,  as  a  pr<?latt  sholdd'  bee; 

Made  mery  wyt/i  bis  Company,  and^  flessbe  dyd^"  ete, 
Howbebitt  on<?  fryday  was  thatt  solempnytee  — 
More  reUgious  eu.f'rmor^'  thus  Jugyd^  bee 
So  for  to  doo  thenr  other-wyse  forto  absteyn^, 
1820  Obeyng^  ay  the  p;rcept  off  the  church^,  certaynd». 

De  recessu  discipuli  ab  eo. 

The  next  day  aftyr,  as  the  story  makytb<'  mynde, 
Heryng^  off  bis  deth^  the  grete  conspiracion^, 
Callyd^  bis  discipyll^  beloved^,  trewe  and<'  kynd^, 
•      Herbert ;  bavyng^  secrett  wordj'^  to  hym»?  alon^ , 
1825  Sayeng^":   »I  haue  disposed<?  the  to  go  fortb^'  anon^ 

Wnto  my  lord^  Lodowyk«-,  thatt  kynge  off  Fraunce  is, 
And^  eke  to  my  dere  brotber«?  archbissbopp^  off  Senys, 

And^  to  other^"  ryall^  stat^yi-  off  thatt  noble  countree; 
Thatt  tbow  sbalt  here  sbew  wnto  them^  tbe  \era)'  sotb^ 
1830  Off  owr  pease,  thatt  tbow  hast  herd^'  &  dayly  mayst  see: 

How  pease  we  can<'  none  bave  &  how  owr  faynede'  pease  doth^-, 

Hopyng^  off  pease,  andd"  alk  to  trobylk  now  goithir.« 

W}>//i  thatt  wept  bis  discipylb-  wj'f/ioute  wordjs  moo 

And^  sayd^:    »alas,  father^,  wby  dost  tbow  here  now  soo? 

1835  Forsotb^  verely  I  knowe  andc  sure  I  amd"  now  here 

Thatt  neu^r  in  this  flessb^  I  sbalb'  see  the  agayn<'. 

I  purposidr,  feytbfully  aftyr  my  trew  pow«r 

By  the  to  stonde,  butt  I  see  all^*  is  in  vaynr; 

Hitt  semyth^  tbow  sekyst  here  occasyon^'  playn^' 
1840  Frome  the  frute  off  thy  ende  to  defraude  me  thys  day, 

Thatt  wnto  this  tyme  haue  be  stedfaste  \vj//i  the  alhvay, 

Nor  eu^T  sbalbe,  as  I  perceve  &  guys, 
No  partynerr  her^  off  thy  etcrnaWe  glory, 
Which^  hath  be  felovv  \\y//i  tbe  in  grete  paynys.c 
1845  To  whom^  answerd«'  owr  Thomas,  as  sbewyth«'  the  story, 
Wy//i  teerys  berstyng^  owt :   »nott  soo,  my  son<\  truely  ; 
Off  thy  frutefulb-  desyre  mayst  nott  be  defraudyd<-  wellr 
Fulfi[yllyng<'  the  pr<'cept  oft"  thy  fatbep-  Cv:  councelb*. 

Forsoth^,  thatt  tbow  sayst  and<-  wcpist  now  for«', 
1850  Truely  &  in  deede  bitt  shalb'  sbortly  now  com«-  to  passe: 


458  C.  Horstmann 

For  in  this  flessh  ihow  shalt  neuer  see  me  mor^; 
Andf  yett  I  wylk  thatt  thow  shalt  goo,  sayd^  owr  Thomas, 
Pr/ncipally  bycause  here  the  kyng^^  good^  grace 
Hath  the  suspecte  in  causys  off  the  church^*. 
1855   Departe  on^  my  blcssyng<'  and^"  here  my  wyll^  now  werch^l« 

The  111'^=  day  off  cristmas,  which^  was  seynt  John^  day, 
In  the  derke  nyght^-,  for  fere  off  foraudefullr  gyle 
Off  owr  grete  enmyes,  thatt  lay  by  the  way, 
Ws  to  betrappe  aftrr  ther^  false  sotellr  grete  wyle, 
1860  Evyr  now  and^  than^",  shortly  here  to  compyle: 

He  ranne  to  bis  niaster^»  wyf/i  many  a  salt  bitt^-r  tere 
Askyng^'  bis  patrrnall^-  blessynge,  «S:  so  toke  bis  leve  here. 

De  Ira  regis  iterata  per  einscopos   excowwi^mcatos. 

Now  here  hitt  folowythr  how  the  bisshopp_>'j  thre, 
Rehersyd^  before,  stondyng^'  excommunycatt, 
1865   Off  malece,  agayn^-  the  ordyr^  off  charytee 

Accusydt'  wnto  the  oldf  kynge  owr  vrrtuous  prHatt. 
For  the  which^»,  as  shewyth^'  ws  the   story  platt, 
Heryng^r  ther^"  complayntj-^,  was  sett  wppon^  Ire 
And^  in  maner<?  by  bis  word^5  bis  deth<?  gan«?  to  conspyre, 

1870  Openly  sayeng^  in  bis  grete  furious  mode  — 
Offtynr-tymes  off  inward<'  Irous  inflammacyom' 
Brekyng^  owt  in  a  dedly  voyce,  as ')  a  mani?  wood^, 
Cursyng^  all^  them^  thatt  by  bis  gyft  or  collacyon^ 
Had^  takyn^  eny  benefyte  off  temporall^  pr^mocyonr, 

1875   Demyng^  wnto  hym^  they  wer^  alkway  obnoxious 

Soferyng<?  one  prrste  so  sore  to  troble  bis  realme  thus. 

Thus  oft  in  bis  brennyngi-  Ire  made  replicacion^. 
This  beryng^-  IUI  kn(y)gbt_)'j-,  thatt  nygh(?  hys  body  were, 
The  soverayn«?  lord^  to  please  off  a  corrupte  entencyon^ 
1880  Fovthwyf/i,  a  sure  vow  made  owr  Thomas  to  sie  bert", 
And^'  gladly  conspired^'  aftyr  ther^  cruelk  maner^ 
In  the  deth  off  owr  archbisshoppe,  theis  IUI  mortalb'  fon^', 
Wbos  names  shalbe  sbewydr  folowyngly  here  anond': 

De  nominibus  militum. 

The  fyrst  hyght^'  Hew  Alorvelb',  the  II'^^  Reynoldr  Berson^, 
1885  The  Illde  Will/;7m  Tracy,  the  IIIP»^^  Richarde  Bryte. 

All^  the  wnto  the  old<^  kynge  cubiculars  werc  echeon^-, 

Off  nature  prone  &  redy  cruelly  to  smyte, 

The  wbicb^'  in  bloddc-sbedyng^  they  eu^;-  haddf  delyte. 

Sworne  to-geders,  saylyngt'  in-to  Englond«'  yoode 
1890  Andd'  sodenly   mette  att-ons  in  the  castelb'  off  Saltwod<r. 


i)   Ms.  ad  St.  as. 


Thomas  Beket,  epische  legende  45^ 

Wher^fore  grete  tryuwphe  thes  ministres  off  the  fyend^ 
Hadd<?  thatt  day  and«?  by  fortune  wer^  made  bold^*, 
Seyngd'  thatt  wyth  them^'  was  bothd'  water^'  and^  wynde 
And^  so   prosperoiisly  mett  att  the  castell^'  hold^, 
1895   Demyng^  thatt  god«?  her^  for  them^  pr^vyd^  so  wold^. 
And^  ther«?-  they  tretyd^  alk  thatt  day  and^  nyght^ 
Off  owr  Thomas  deth^  ^^yth  Raff<f  Brockt',  thatt  cursed^-  knyght^-.') 

The  next  day,  which^  was  holy  Innocentj^  day, 
Wjk//ü  cursedf  Company  wnto  Cantorbury  dyd^  dresse 
1900  Thes  IUI  cruellt'  knyghtj'^,  in  ther^  knyghtly  best  aray, 

WyM  thenv  nothynge  beryng^  biitt  armowr;  in  woodnesse 
Som^  cam^  \syth  swerdj^  and<?  gle\ys,  yett  pr^vyly  neu^rtheles, 
Lyfl  owr  blessedd-  Thomas  fro  them^  shold^  away   fle  — 
Which^  never^  myndyd^  so,  butt  rather^-  to  dye  thowght^  he. 

De  militibus  armatis  irruentibus  in  palacium  cum  cohorte. 

1905   The  next  day,  the  V^'^^  day  off  Crystj-i-  byrth^,  sure, 
Thes  knyghtj'^  prowdly  in-to  the   pale^e  ran^- 
Aboiit  the  houre  off  evynsong^»,  as  fonnys  \\'ythovXyv\e  norture 
Havynge  no  salutacyon^  to  non^  erthly  man^, 
Game  in-to  the  chambyr  where  owr  Thomas  satt  than^', 

1910  Serchynge  iff  he  the  bisshoppi'^  wold^^  assoyle  or  noo 
Suspendyd^  andi?  excom»iun\c3itt  att  thatt  season^  thoo. 

To  whom^  myldly  owr  archbisshopp^  gaff  this  answer^, 
Sayeng^:   »hitt  farr^  excedith^-  the  pow7/r  here  off  me 
To  wnlose  which  so  straytly  ar  now  bownd^  her<>, 
191 5   Nott  by  me,  butt  by  the  pojjys  fullr  grete  auctorytee.« 

WyiA  this,  grennyngr  wyf/i  ther  teth^-  on^'  hym^-,  for  certayntee, 
Went  owt  andr  hastely  armyd^  them^'  anon<' 
Besydd'  the  garden^'  there,  thes  IUI  cruelk'  fon<'. 

The  knyghtp-,  thus  armyd^-,  gaderyngr  there  Company, 
1920  Wyit/i  swerdj'5  andi;'  other<-  sharpe  instrumentr^  sun- 
By  the  wyndows  off  the  pale^e  brake  in  by  &  by, 
The  doores  for  (exe  kepte  by  seruaunti'j-,  so  havynge'  eure. 
And^  they  thatt  satte  in  the  chambyre  wyf/i  owr  prelatt  demure, 
Feryng^  thys  grete  noyse,  att  ere  when^'  they  hytt  hard<', 
1925  Moved(^'  owr  Thomas  to  avoydi'  for  his  sure  safgard*' 

In-to  the  churchr,  for  a  more   sure  place. 

Whos  advyce  forsoke,  andf  kept  his  chambyr  styll<-, 

As  one  thatt  feryd<'  nott  deth^-  in  noo-maner^-  case; 

Wnethys  they  cowedt'  constraync  hym,'  to  folow  ther<-  wylL-  — 


1)  Unten  steht  unter  dieser  strophe  v.  a.   li. : 

Willielmus  Trasye,   Rcginaldiis  filius  Vrsi, 
Richardus  Hrito,  ncc  nun  Moreuiliw.r  Hugo, 
Tlioniam  marterium   fccere   subire  beatuni. 


460  C.  Horstmann 

1930  V>y  grace  forsoth/'  his  chere  in  this  strayte  article 

Was  litill<'  chaunged^,  so  thatt  ther^"  cowd^  nott  aper^ 
In  hym^-  by  countenaunce  off  deth^  noo  msLiirr  off  fere. 

Thus  gcyng^-  in-to  the  church^  wy/Zi  a  softe  pace, 
Nott  seyngi?  his  crosse  borne  in  his  presence 
1935   Shortly  for  hitt  callyd<'  owr  blessed«?  prrlatt  Thomas, 

Andr  taryed^  tylU'  hytt  cam^,  as  shcHyth^*  the  sentence ; 
Folowyng^  owr  savyour<'  Crist  off  a  spiritualh'  fervence, 
Preparedc  hym^'-silff  wnto  the  Crosse  off  dethr 
In  the  church^-cause  tyll<'  thatt  he  gave  wpp  his  breth^. 

1940  Thus  enteryng^  in-to  the  church^  this  blessedf  manr, 
Anont'  alk  soch  as  waytedr  on^  hymr  ther^" 
Fledd^'  from^  hym*'  and^"  in-to  the  crowyd).?  ran^ 
Off  the  church^  and^  crept  wnder  the  awters  for  fer«?; 
Somf"  shettyd^"  the  church-dorys  in  hasty  maner^ 

1945   Wj^/i  lok^  &  key  and^  barrydr  them^  fulk  faste, 

Thatt  none  shold^  entyr  by  force,  this  was  ther<f  caste. 

Thes  knyghtj.f  &  manifquellers  folovved^  hym^  by  &  by 
In  armowr  wj/^  swerdj^  sharpe,  bryght  &  clere, 
And^  att  the  churchd'-gatj.y  made  a  terribyll^'  cry 
1950  Sayng^":   >.ye  thatt  be  wj///yn<',  opynr  the  doorys  here!-^ 
OuH'  Thomas,  this  herynge,  co//'miawndyd(?  anon«'  there 
The  dorys  to  be  open^,  and^'  saydd-,  for  certayntee : 
The  churchi'  as  a  castell^  owght^  nott  kepte  to  bee. 

The  levys  made  opyn^  off  the  church<'-doour^, 
1955   Fersly  ran^  yn^  thes  IUI  knyghtj.«-  cruelk. 

Andd"  one  off  them<'  cryed^':    »wher^  is  this  traytouri??« 

Wnto  this  owr  Thomas  into  silence  fell^. 

An^  other^"  also  cryed^,  as  myn^  auctor  doth^  tell^: 

»Where  is  the  archbisshopp^?«   owr  Thomas  here  spake  anon^: 
i960   »I  am^  he;  whatt  wold^  ye,  my  mortalk  fooys  echon«'?« 

To  whom^  agayn^  prowdly  thatt  knyght.?'  anon^"  sayd^  platt: 
»Thowe  here  shalt  dye  andd'  no  lengt-r  in  this  life  bee.« 
Our«?  Thomas  tho  answerd^*:   »fuhr  glad^-  I  am^  off"  thatt, 
In  the  ryght<'  off  the  church  andr  to  kepe  hitt  in  libertee. 
1965  Sithr  thatt  my  hede  desyre  so  sore  now  here  all^  ye, 

I  Charge  yow  on<'  my  curse  andr  also  in  goddv^  name: 
Monk,  secular^  ye  nott  noye,  butt  ley  onr  me  the  blam^l« 

Wy^/i  this  rebukydt'  the  cruellr  knyghtj'^  therr 
Off  ther^'  enteryngr  pr^sumptuous  and^  full^  inordinatt, 
1970  Thatt  so  vyolently  durst  entyr  the  motherr-church  here. 
And«»  one  off  them<'  by  the  habergyoni^'  toke  owr  prdatt 
Wjf/i  myghtc  off  hand^,  thatt  he  nygh^-  fyllr  down^  platt 
Wnto  the  pavyment  —  this  was  Wyllyam^  Tracy, 
As  aftyrwardd-  he  confessydr,   thus  shewyth^  the  story. 


Thomas  Beket,  epische  legende  a6i 

1975  Wnto  ane  other^  wyf/i  a  swerd^»  drawne-,   thatt  Reynolds  hight^, 
Sayed^:    ^O  Reynolds,  I  haue  ben^  beneficialL'  wnto  the, 
Andf  now  co;«myst  to  me  here  in  harnesse  bryght^?'< 
Wy/k  thatt  by  the  palk  to(ke)^)  the  archbisshopp  he, 
Sayng^:   »now  shalte  thow  hitt  know,  com^  owt  here  wj'//?  me!« 

1980  W>7/i  myght^  pluckyd^  his  palk  owt  off  his  hand<:  agayn^ 

And^  sayed^:   »nay,  thatt  I  wyll^  nott  do  now  thy  wyll^,  here 

playn^. « 

Thus  here  for  the  church^-ryght^  owr  blessed^  Thomas 
Seyng^  thatt  desyred«*  deth^  here  drew  hym^  ny, 
Fylk  down^  on^  hys  kneys  devoutly,  when'  he  was, 
1985  Befor^  the  autor^^)  off  seynt  Benett,   andf  left  wpp  hys  handj'5  hy, 
Sayeng^  thes  last  wordj'i',  as  shewyth  the  story  : 
.>Wnto  god^"  and('  owr  blessedr  lady ,    seynt  Denys  &  patrt'nys 

echon^ 
Off  this  church^  I  me  cowmend«?  in  the  church-cause  here  alon^.  '< 
(Deo  et  beate  Marie  et  scis  huius  ecclesie  patronis  beatoque 
Dionisio  martiri  commendo  meipsum  et  ecclesie  causam.) 

And^  -wjik  this  Wyllyamr  Tracy  his  swerd^  owt  drewe, 
1990  Leftyng^  wpp  his  handr,  made  profyr  to  smyte. 

This  seyngi'  a  clerke  off  his,  full^  stedfast  and^*  trewe. 
Thatt  folowed^  to  see  the  ende,    as  mynt'  auctor  dothf  wryte, 
Starte-to  and^,  wj  h  hys  arme  to  bere  off  the  stroke  quyte, 
Hasty  cam^  on^;  -^yth  the  whichr  sore  woundyd^-  was, 
1995   In  defence  off  his  mastrr,  owr  blessed^'  Thomas   — : 

Whos  remewbraunce  in  the  blessyng<'  off  godr  be, 
Callyd<'  Edwarde  Grymr,  borne,  who  list  loke. 
In  the  castell^  off  Cantorbury,  as  shewyth  the  auctoritee 
Off  master^  Herbert  Bosham^',  thatt  wrote  this  boke. 
2000  This  clerke,  thus  hurte,  hys  arme  away  toke. 

And«?  the  remanent  off  the  stroke  fylk  one  owr  Tho/^ms  hed^-, 
Thatt  by  his  face  the  pz/rpyllf  blodt-  rayled<'  down^  redd^". 

y^yth  the  fyrst  stroke  thatt  he  toke,  fylk  off  hys  pilion.?; 
And^  for  all(!'  his  blody  hed^"  made  his  prayers  as  yett. 
2005   The  second^  stroke  anon^-  gave  hym<?  syr  Reynoldt-  Berson^-, 
W_)'///  the  whichr  wnto  almyghty  godc  gave  wpp  his  spiritt. 
The  III'^^  paryd^'  off  his  crown^-,  as  mynr  auctor  doth  wryte. 
The  IIIP'^'  in  the  same  wounde  fleryd<'  both«-  blöd«-  and«-  brayn<-, 
Brak«:  his  swerdr  poynt  andc  left  hitt  in  the  church«-,  certayn«-. 

De  enormitate  sacrilegij. 

20 TO  Thes  horrible  homycydes  nott  yett  content  wyth  this, 

One  off  themt*  retornedt'  &  bt'sprenkyld«-  both  brayn^-  v*v:  blöd«* 
Over  all«'  the  pavyment  wj7//  the  i)oynt  off  his  swerd«-  Iwys, 


i)   Ms.  to  St.  toke.  —  2)  Ms.  autor  od.  aiitcr? 


462  C.  Horstmann 

Robert  Brockr  he  hyght^.  and^  ahyre  his  Company  yode 
Into  the  cytee,  and<^  in  jjlacys  wher^'  thatt  tliey  stode 
2015   Mudc  grc'tc  triuwj^he  oft"  ther^-  far^-passyng^  cruell^  dede, 
VVhoos  tyranny  off  Nero  the  tyranny  farc  dydf  excede.  — 

O  sorowfulU'  spectakyll^',  o  wnherd-off  (:riidel)te 
Off  thenid*  thatt  werc  callyd<'  hcre  as  cristenr  menr, 
Worse  then^*  paynymes  which^  off  hyrthr  cV  natyuytee 
2020  Folowyngr  ther^'  forefathers  eurr  \vnfa\thfullr  \ve  ken^"! 
This  homycyde  inexecra])yllr  excede  alle  othen-  thenr, 
As  children^'  sleyngt'  therc  father<'  wi7//yn<'  his  s]j/>//uall(?  niodirf 

wombe, 
Thatt  now  in  his  p//;-pyll<'  wede  folowethr  the  celestialk  lombe.  — 

Thus  dyed.^  for  the  churchc-ryght^'  laureat  Thomas  der<', 
2025   Thatt  feryd<'  nott  the  thretj'5  off  thes  cruellr  knyghtjT  allr, 

Nor  sought<'  the  glory  off  terrestrialk  dignytee  here 

Butt  onely  the  grete  Joy  thatt  is  perpetuallr. 

Yerys  off  owr  lordc,  to  make  true  rehersalk, 

A  thowsand^  a  hunderyd^  threscore  andc  tenr  playn^, 
2030  On^  tvvysday,  the  XXIX''  day  off  decembre,  certayn^. 

De  martirio  ejus  cognito  in  Jerusalem  infra  dies  XV. 

And^"  aft^r  the  passyon^  off  owr  blessedr  new  martyr 
His  Martyrdom^  wythyn^  XV  dayes  knowenr  was 
In  Jerusalem,  as  the  story  makith^  mencion^'  clere. 
Andr  how  hitt  was  knowenr,  I  shall<^  nott  lett  hitt  passe. 
2035  A  patriarkr  off  Jerusalem,  Eraclius  thatt  callyd^  was, 

Subdued^*  by  paynymes,  and^  aftrr  his  sore  grete  oppresse 
Game  into  Englondc?',  to  haue  helpe  off  knyghtly  prowesse. 

Andi?  a.(ter  this  as  hitt  chauncedr  anon^-, 
Talkynge  was  had<'  off  ow;-  blessed^-  archimartr;-  Thomas 
2040  Wnto  the  patriark^',  and^'  ordyr  off  hys  holy  liff  &  co;/u^rsacyom'. 
The  patriark(:'  tho  shewyd^  how  wi7//yn^  the  tyme  «Sc  space 
Off  XV  dayes  in  Jerusalem  his  deth^  knowenr  was 
And^  in  all^  thatt  realme  raade  opyn^  thorowe, 
As  ye  shalk  here  nowe  the  ordyr  &  maner^  howe. 

2045   In  thatt  famose  realme  therr  is  a  certaynr  abbay, 
Wher^  as  a  blessed^  monk^^  off  holy  conurrsacyonr 
Was  visett  wy7//  sekenes  andr  dyedr  thatt  same  day 
Thatt  owr  Thomas  was  slayn.^,  as  the  story  makith^  mencyon«'. 
The  which^  the  abbott  loved^  off  a  spiritualk  affectionr 

2050  And^  desyred^  hynv  aftyr  his  deth^  to  com^  agaynr, 

Yff  god^  wold^'  p^rmytt,  to  shewe  howe  he  flode,  certayn^. 

This  graunted^?,  andd"  aft^r  the  historialli*  pr^cesse 
V^ythyne  fewe  dayes  this  monk^  cam^  agayn^ 
Wnto  his  abbott,  acordyng^  wnto  his  promysse, 
2055  And^  shewydr  thatt  he  was  in  grete  Joy,  certaynr; 


Thomas  Beket ,   epische  legende  •         a6^ 

Also,  when^  he  departyde  from^  his  body,  playn^ 
Sayed^,  borne  wpp  by  angellj'i'  was  andr  sawe  owr  lord^  ; 
And<?  aftyr  hym^  camr  a  grete  man^,  as  he  dyd^  recordi?, 

Cowducte  by  a.nge\\}'s  v^yth  grete  solempne  pr^cessyon^, 
2060  In  whichi?  were  patriarkj'jr,   ^^ro^^\\Q^Xys ,    apostelljj  andc"  saynt)-^ 

all^  — 
Off  ther^  grete  nombyr  the  story  makyth^  no  mencioiv: 
Soch^  was  the  multitude,  off  thatt  syght^"  celestiall^ ; 
This  man^  stode  befor<'  owr  lord^  as  a  martir  laureall^, 
His  hed^  alk  to-rent,  whos  purpyll^  blod^  down^  ran^ 
2065   Oute  off  his  wounde;  to   whom^  owr  lordr  sayde  than«?: 

»Thomas,  thus  hitt  becowmyth^  an^  actiff  spirituall^'  knyght^ 
To  entyr  into  the  palece  off  his  pr/nce  and^  lordf, 
And^"  wj'///  this  addyd^  also  anorid*  forth^-ryght^ : 
»No  lesse  Joy  I  geve  the«   —  as  the  story  doth^  recorde  — 
2070   »Than^'  I  haue    geve  to  Petyr«   —  this  was  a  glorious   word(f! 
Andi?  viyth  this  a  crown^  dyd^'  sett  on^  his  brokyn^  hed^ 
Off  goldr,   m<?rvelous  grete,  in  his  story  as  we  rede. 

And^  also  thus  addyd('  the  dede  monkr,  thatt  spake: 
»Suerly,  this  Thomas  was  the  grete  archbisshoppr  off  Ca//torbury, 
2075   Slayn<"  in  theis  dayes  onely  for  the  churchis  sake, 

And^"  thus  camt'  to  owr  lord^"  sittynge  in  hevynr  hy. 

Note,  fathert',  my  sayng^',  the  tokens  and<'  tyme  onely« 

Sayed^  this  dede  brother*?  wnto  the  abbott  thoo, 

»For  by  feithfull^'  co/wmen^  relacion^  hereaftyr  wyllr  prove  soo. 

2080  Now  sithr  off  this  glorious  martyr  the  p;rcious  ende 

By  me  now   here  is  shewydr  wnto  th)-  reu^vent  patr/-nytee, 
Fromd*  hens  forth^  in  mynd^  never^"  dowtfulL',  comprfhendi? 
Off  my  helth«?  eu^Hastyng^  andr  infynyte  felicitee, 
Specially  bycause  otherr  my  prophecy  shall<^  shew  to  thee 

2085   Here-aftd"/-  off  this  martyr  thatt  I  nowe  have  shewyd<-  the  befor^« 
Wj'//'  this  vanysshed^  away  andc  neu^v  aftyr  sene  eny  more, 

The  father  off  the  monastery  and^  abbott  reu^rent, 
Joyfulh'  off  this  monkj'j-  dethr  and<-  gladr  reuelacyont', 
In  alh'  goodly  hast  wnto  the  patryarkr  went 
2090  And^'    the    hole    processe    to     hymc    opynd<',    off   a    spirituall<' 

entencion^. 
Tlie  which^'  patriark^'  aft^vwardr,  as  before  off  I  made  me//cionf, 
Cowmyng^'  fro  Jerusalem^-  towardr  the  fowyth<'  (!") 
Told<'  this  in  Englondc  wyth  his  ownc  p/vpyr  mowj'th. 

De  gestis  i)Ost  martirium. 

Thus  brought^'  to  end('  the  dethr  off  this  prrlatt  good<', 
2095   Thes  scelerous  knyghtr.s"  into  the  palece  went. 

Som^'  toke  owt  the  palefrydr.y  thatt  in  the  stabilli-f  stode, 
Some  bete  his  scruauntj'i-,  andc  som<'  his  beddyngv-  away  hent, 


464  ^*  Horstmann 

Som<'  brakc  wpp  his  coferse  aftrr  ther  cruell^  entent 

And^  bare  away  truly  all^  thatt  therr  pr^cyous  was ; 

2100  Thus  amonge  them^  dcvydyd<'  the  ticsur^-  off  owr  Thomas. 

The  wrytyng  v5  off  his  churchc  andf  the  \)rh\y\egys,  fo\vnd<'  ther<', 
By  Raffe  Brocke  in-to  Normaz/dy  to  the  kynge  were  browght. 
Ande  amonge  alle  they  fownde  tvvo  shertyj  off  here, 
The  whiche  they  cast  owte  as  vyle  thyngj^  off  nowghte; 
2105  Ande  some  off  thatt  cowpany  for  feere  spake  in  there  thowghte, 
Seynge  off  his  grete  perfectione  so  evydent  tokyne  ande  sygne, 
And^  sayed^:     >>thys    was    the    seruant    off    owr  sa.\your  Ihesn 

benynge.  '< 

Aftyr  thys  one  off  the  sacrilegys,  sorowfulie  off  his  deede, 
Forthynkynge  inwardly  off  thatt  here  he  hade  done, 
21 10  Wnto  his  diocesane  bisshopp  secretly,  as  we  rede, 

Fülle  penytently  came  ande  shewyde  hyme  in  co//fessyone 
How  in  this  dedly  dede  he  was  thatt  fyrst  sett  one, 
Ande  whatt  Joy  thereoff  he  made,  rehersyde  in  especialle, 
Off  owr  Thomas  dethe  before  hys  Company  alle; 

21 15   Ande  (orthwjf/i  shewyde  in  his  confessyone  thoo 

Thatt,  as  sone  as  they  hade  done  this  cruelle  deede, 
The  erthe  wndyr  theme,  as  they  went,  quaveryde  soo 
As  hitt  wolde  haue  glott  theme  yne  —  thus  we  reede. 
This  gostly  fathere,  shortly  here  to  procede, 

2120  Was  one  Bartholomew,  bisshopp  off  Exetere  thene; 

The  knyghte  VVillyame  Tracy,  one  off  this  cruelle  mene. 

(Sc.  Johanem  Exon.) 

Jorneynge  alle  nyghte  aftyr  the  hade  owr  Thomas  slayne, 
Thes  knyghtj'5  in  the  morny«ge  came  wnto  his  manere, 
Callyde  Southe-Mallynge,  ande  there  in  the  halle  certayne 
2125   Wnarmyde  theme  &  one  the  grete  tabylle  leyde  there  armore. 
The  tabylle  lept  wpp  ande  cast  hitt  away  fülle  ferre, 
Off  there  sacrilege  denyenge  the  cursede  mynystracione  — 
Ande  the  tabylle  there  yett  in  remewbraunce  off  this  miracle  done. 

In  the  meane  tyme  off  thes  knyghtr^  the  fare  cursede  dede 
2130  Diuulgate  ande  made  opyne  thorow  alle  the  cytee, 

Wj'f/i  grete  lamentacyone  mane,  womane,  as  we  rede, 
Rane  in-to  the  churche,  the  rufuUe  corse  to  see; 
Knockynge  there  brestj'^,  fylle  downe  one  there  knee 
Ande  worshyppede  deuoutly  there  patrone  reuerent, 
2135  Envoluede  alle  in  blöde  lyenge  one  the  pavyment  — 

Thus  lienge  as  yett  wppone  the  harde  marbylle-stone. 
Wnethis  there  was  one  of  thatt  grete  confluence :  — 
Ethyr  wjf/i  this  blody  flode  there  naptkyns  were  besprent  echone, 
Or  eis  wj'/A  hitt  was  intyncte  there  fyngers  of  grete  reuerence, 
2140  Ande  some  wyf/i  thatt  precious  blöde,  as  shewyth  the  sentence, 


Thomas  Beket,  epische  legende  ^ßc 

Made  crosses  on^  ther^  fronte  and^  wrote  his  holy  name:  — 
So  thatt  ther^  was  none  but  he  had^  a  portion^  off  thatt  same. 

Att  the  last  aft^r  this,  when^  evyn^-songe  shold^  be  song«?, 
About  thre  off  the  bell*'  in  the  begynnyng^  off  the  nyght^, 
2145   The  monk>'^  toke  the  skulk'  thatt  by  his  fronte  honge 
And^  clappt  hitt  to  the  hed^  as  goodly  as  they  myght^, 
And^  leyd^  the  corse  wppon^  a  beer^  anon^  forth^'-ryght^, 
Bar^   hitt    thorow    the   quyer   and^   sett    hitt    befor^   the    hygh^ 

awtert", 
And^  wachydt'  hitt  allf  nyghtf,  \vyf/ijma.ny  a  salt  bitttr  teer*?. 

De  forma  iam  examinati  corporis. 
2150  The  wovvnde  wellyd^'  oute  blood^  alU'  the  nyghti?, 

Wher^  as  the  corse  stoode,  rewfully  to  loke  on,?. 

And<?  yett  owr  Thomas  lay  wnto  eu^ry  ma«nys  syght^ 

As  he  had^  be  in  a  slepe,  dowtyd  dede  or  non^; 

Off  thatt  body  so  fayre  was  the  cowposicion^, 
2155  Thatt  hitt  bar^  wyttnesse  in  this  präsent  mortalitee 

He  as  a  brother^  off  angellj'^  in  eud'rlastyng*'  Joy  to  bee. 

In  the  mornyng^  retornyd^  wnto  the  towne  agayn^ 
The  cursed^  progeny  off  themr  spokyn^  off  before, 
Ferfully  sayng^  thatt  they  wold<'  certayn^ 
2160  Cause  this  blissede'  body  wyt/i  horsys  to  be  tore, 

Out  off  the  Cytee  —  ye,  andc  now  here  whatt  mor^, 
They   inhibett  thatt  this  body  bnryed^  sholdc  bee 
Amonge  the  holy  bisshoppj-^  off  this  gloryous  see. 

De  sepultura  ejus. 

This  heryng^,  the  brothren<?  and^  monkj.?  off  the  place 

2165   Went  to  the  corse  in  all«?  hasty  manen-, 

Toke  from^'  hymf  the  clothys  in  which^  he  slayn^  was, 
And^  fownd^  next  his  fiesshe  a  shert  off  sharp  here, 
Ouer  thatt  a  coole  hoodles  suchr  as  blake  monkjj  wer^; 
Andr   buryedr  hym*:   in    vestime;/tr.f ,    as   a  bisshopt'  sholdt*  be, 

anont», 

2170  Before  the  awter  off  seynt  Austyn*-  <S:  blessed<-  baptist  Johnr, 

In  the  wnd<v-crofte,  as  the  story  makythr  myndr, 
Prevely,  for  feen-  the  doorys  abowt  made  fast, 
In  a  new  tombe  off  stone,  off  godr  pr^vydyd^-,  as  we  fynde, 
And*'  therynr  neuer  before  eny  corse  leyd<r  or  cast. 
2175  Thus  dyedc  and*'  was  buryed^  owr  new  martyr  att  tlie  last, 
Thomas,  p/-/matt  off  Englond*-,  yerys  off  Cristr.?  incarnacion^ 
A  thowsandf'  füll*-  a  hunderyd*-  sevynty  anil<-  one. 

De  peregrinacione  Lodowyci  regis  Francorum  ad  martircm. 

Her*'  foloweth*",  how  thatt  Lodowyke,  the  most  cristen*'  kyngc 
Off  Fraunce,  came  to  Cantorbury  as  a  prynce  ryall*-, 

Kölbing,  Englische  Studien.    III.    3.  30 


466 


C.  Horstmann 


2180  To  honor/*  this  hlessedr  martyri^  ^yth  solempne  offerynge, 
Gold^  and/'  wyne,  wherr  as  he  lay  in  his  depe  buryall^" ; 
\^yth   a  pece  off  gokl<?,  as  the  story  makithr  memoriall^', 
And^  off  wyne  C  mwys,  off  pryncely  liberalitee, 
As  for  a  yerly  tribute  wndyr    his   grete  patent  for  cur/-  graun- 

tyd^  hee. 

De  mesticia  regis  Henrici  de  morte  martiris. 
2185  Also  her^"  folowyngly  now  shall/?  I  shortly  reherse  &  shewe 

How  thatt  kynge  Henry  sorowedr  .the  cruell^"  deede 

Off  this  maityrj.y  deth<'  wndyr  word^^  fewe, 

Andr  whatt  sorow  for  thatt  he  toke  inwardly,  as  I  reede. 

XL  dayes  satt  waylyngr  andr  wyth  nothyngr  dyd.^  hymr  feede, 
2190  Except  onely  he  toke  his  foode  off  ahiiondr  mylkr, 

And^  cast  away  his  robys  bothr  off  goldr  andr  ^yWc,  — 

Thus  solitary  satt  as  a  prince  fullr  penytent. 
Andr  att  the  fyrst  knowlege  off  this  patricydi? 
Wnto  pope  Alexander  anon«f  he  sent 
2195  Grete  famous  clerkji'5,  hys  sowie  helthr  to  provyde, 

And<'  mekydr  hymr-selff  the  church  councelk  to  abyde. 
The  pope,  this  herynge,   anonr  made  over^  com«? 
Theodone  cardinalU'  off  Portuence ,    andr  Albert  chauncelerr  of 

Rome. 

The  which  legattj.y,  thus  sent,  hadd^  fulk  auctoryte  thoo 
2200  To  assoyle  the  bisshoppj'5  thatt  stode  thenr  suspend<? 
Or<?  exco^w/z/zicatt,  as  the  scripturr  shewyth  ws  loo, 
And<'  the  kyngj.y  spiritualk  helth,;'  to  pr^vydr  att  the  last  ende.  — 
For  this  cause  the  pope  thes  legatj'j-  lyst  overr  sendr, 
Only  off  buxomnesse  &  off  his  specialis  m^rcy  andf  grace, 
2205  To    the  cowfort   off  alk-holy    church^   &   to    the    relefe  off  the 

kyng^^y  trespas. 

The  whidv  one  the  excesse  thatt  he  dydr  in  owr  Thow^s  dethi^. 
In  the  face  off  the  churcht'  \syth  full«^  grete  co//tricionif 
Fullf  godly  promysede'  ame«dment,  as  Herbert  saythr, 
And^  gladly  wyllydr  for  hitt  to  make  dew  satisfaction<?. 
2210  And^  swore  before  the  cardinallj'^  for  his  purgacyon<' 

Thatt  by  his  cowmaundment  owr  Thomas  was  not  slaynr, 
Butt  gretly  sorowyd^'  his  dethr,  as  the  story  shewyth  playn^-. 

Also  made  anr  oth  wpponr  the  holy  gospell^*: 
Thatt,  whatt  mani^r  off  iniu//xionr  sholdr  be  putt  hymr  wnto 
2215  In  way  off  penaunce,  as  mynr  auctor  doth<?  ws'telk, 

Fulk  gladly  saydf,  thatt  he  woldr  hitt  performe  and<f  doo. 
Thenr  was  he  enioynedr,  as  the  story  shewythi?  ws  loo, 
Two  hundrethr  knyghtj'5  to  fyndr')  by  the  space  off  a  yere 
Into  the  holy  land*;-  to  warrr  on<?  goddj'^  enymys  there. 


i)  Ms.  fynde  od.  fynde? 


Thomas  Beket,  epische  legende  467 

2220  Also  the  inordinatt  statutj.?  spokyn^  off,  att  Clarendown^ 
Browghtt'  in  by  hym«'  agayr»."'  the  vniu^rsall,^  church  wele, 
Swore  to  adnichilatt  ande  wtterly  to  putt  them^  do\vn<? 
And^  ne\er  aftyr  for  his  tyme  wjt/i  them«'  more  to  dele; 
And^  all^  oihere  consuetudys,    as  he  cowedr  p^rceve  and^  feie 

2225   In  his  dayes  wsyd^  off  eny  froward«?  wyllfulnesse, 

He    wyllyd^   to    be    temp^ratt    by    the    advyce    off    the    pop^y^ 

holynesse. 

Also  in  the  prt'sence  off  thes  legattj^  he  swore 
Thatt  the  church^  off  Cantorbury  in  soch^  pö;-fitt  condicion^r 
He  \vold<'  gladly  sett  andif  wyllfuUy  to  hitt  restore 
2230  Alk  that  he  w_j7//hylld(:'  by  eny  cause  off  wyckydt"  dissencioni? 
Betwen^  owr  Thomas  &  hym*?,  as  Herbert  makith  mencion^, 
In  plenary  restitucyon^  —  thus  wylfully  he  sworne  was, 
In  way  off  satisfactiont'  to  redeme  his  trespas. 

In  this  and^  many  otherc'  off  lowly  homble  obedience 
2235   Submyttydt^  hym^-sylff  wnto  all<'  churchly  correction^, 
As  I  haue  shewyde'  before,  to  redeme  his  offence, 
And<'  toke  off  the  legattj's  many  other^  secret  iniu^/xion*^ 
Fulli?  pryncely  &  gladly  on^  hope  off  remission^. 
So  his  body  hole  wnto  ther^»  hand^'jr  co;«myttyd^  then^», 
2240  Lyke  a   prynce  penytent,  in  example  off  otheri!'  vaenr. 

Also  his  son<'  anc  oth^  then^  ther^-  he  toke 
His  ffathers  penaunce  gladly  to  supplee, 
If  thatt  he  is ')  lifff  here  he  had^  forsoke 
By  the  course  off  deth^-  &  chaunce  off  owr  mortalitee. 
2245   This  was  his  extt'rior  penaunce,  as  I  haue  redi?  »Sc  see 
By  mastrr  Herbert  Boshamr  —  who  list  hym^  behold^, 
There  shalk  he  fynde  the  trewyth  off  alle  that  I  haue  told«". 

De  dissencione  orta  inter  reges,  patrem  et  filium. 

Anon^  aher  ther^  fyllf  suchr  a  sedicious  werr^ 
Betwene  the  old<'  kynge  &  the  yonge  kynge,  his  sonne, 
2250  Thatt  the  old^  kynge  wnethys  wyst  whethen- 

To  flee  for  comforte,  as  the  story  makyth  mencion^-. 

In  this  trobyll^  anon^'  he  thowght^'  onf"  the  miracles  donr 

Att    owr    Thomas    tombe,    dayly    thatt    god^-    ther<-    for    hym<f 

wrought<- ; 
As  a  devoute  pilgryme  to  visett  hymr  anon.-  he  thowght«-. 

De  peregrinacione  regis  ad  martirem  et  penitencia  ejus. 

2255  So  from^  Normawdy,  wher^"  fyrst  arose  his  rebellyom-, 

Game    wnto    Cantorbury.    &    when«-    off    the    church,-    he    had^ 

a  syght(', 
Lyghtyd<'  down,-  from<-  his  horse,  as  Herbert  makith  me//cion^; 

1)  Ms.   he  is  st.  his. 

30* 


468 


C.  Horstmann 


Indued<'  Avy///    a    vyle    garment,    barefote,    throwgh  the  canell^ 

ryght^ 
Game  wnto  owr  Thomas  tonibe,    &    therr  all^*  that  day  &  the 

next  nyght<' 
2260  Fastyngf  wachid^  &  prayde  this  martyr  off  socour^  benynge, 
And<'  toke  lowly  off  the  hole  co«uent  wy/A  roddys  disciplyne; 

Quahter  rex  consuetudines  malas  et  statuta  de  Clarendown^ 
abdicauerit. 

And  then^'  openly  dampnedr  the  statut>'5  off  Clarendownr, 
Whichr  caused^  betwen^*  hym<:'  &  the  seynt  dissencion^  original!^, 
Andr  prmcely  decreed^  alk  good<'  statutj'5  to  be  obsd'ruydr  anon^. 
2265   Butt  here  is  to  be  sorowed^,  alas,  whatt  dayly  now  do  fall^: 
Soch^'  dedly  statut_y^  or  worse  to  be  thowght  wy^/i  all^ 
Inducte  by  sofferance  —  wherfore,  Crist  knowythr,  hitt  is  neede 
Now    off  a  new  Thomas    or    soch    an^   other^-,    for    that')    his 

blod^  to  sheede.  — 

De  hostibus  regis  debellatis  propter  peregrinacionem  eius 
ad  martirem. 

The  next  day,  off  deuocyon^  the  kynge  &  trew  pilgryme 
2270  Demawndyd^  off  this  laurealk  martyr  to  be  had<'  a  masse. 
Andi'  glad('  tydyngj^  anonr  aftyr  cam^'  wnto  hym^': 
Thatt  the  kynge  off  Scottj'5,  his  grete  enymy,  takyn^-  was. 
His  sonne  wjM  his  assistence,  as  by  fortune  came  to  passe, 
Sodenly  wer^*  takyn^'  away,  as  the  story  evydently  shewyth  ws. 
2275  Andi?   euer   aftyr   had^   pease ,    by    the  meanys  off  this  martyr 

glorious. 

De  penitencia  et  morte  sacrilegorum. 

Here  folowyth^  off  the  IUI  knyghty^,  thatt  full^  penytent  wer^. 
The  which^  wnto  the  holy  londf  toke  ther<'  grete  Jornay, 
In  way  off  penaunce,  and^  dyed^  wi///ynr  thre  yer^'. 
Except  Wyllyamr  Tracy,  thatt  lay  languyffhyng^  by  the  way, 
2280  The  which^  rottyd^  above  grownd^",   as  the  story  doth^  say, 

And^  yett  dyed^  as  a  penytent,  wyf/i  his  Company,  as  we  reede, 
By  the  meritt^^  off  this  martyr,   thatt  socour^  all^  att  neede. 

De  canoni^acione  martiris. 

Pope  Alexander^-,  then^-  heryng^  how  att  his  tombe  &:  buryalk 
The  crepill;'5  impotent  werr  made  to  walke  &  goo 
2285  And^    a\\e    languysshyng<?    in    sekenes,    as    the    story    makith^ 

rehersallf, 
Wer^  therd"  restored^  to  helth^,   -wy t/iowtyne  ony   word^^  moo, 
The  dede  reysed^  to  liff.?  —  the  wylk  off  godd'  was  soo : 


i)  Ms.  the  mit  überschriebenem  t,  st.  that. 


Thomas  Beket,  epische  legende  a6q 

For  the  which^   the    pope    cowmawndyd^   the    forsayd^  legatys 

twayn^ 
To  canony^e  hym^,  &  his  festy^  soleniply  to  be  kept,  playn^. 

Translator  operis  finem  facit. 

2290  To  whom^"  wyf/i  all^  deuocion^  now  lett  ws  hartely  pray, 

And^"  wjf/i  this  subsequent  prayer«?  thus  shall^  I  end^  &  sease: 
O  laureat  prrcious  martyr,  pr^serue  the  church^'  allway, 
Our^"  kynge,  wy^A  the  cowmynaltee,  &  send^  ws  rest  &  pease  \ 
The  hed(?-father^  off  this  monastery,    wyf/i  alk  his,   both  more 

&  lesse, 

2295  Pr^serve  off  specialis  grace;  &  pray  for  the  quyk  &  dede, 
Which^  for  the  church^-cause  list  gladly  thy  blod^  shede! 

Yerys  off  owr  lordd'  god^,  truly  to  expresse, 
A  thowsand^  fowr^  hundreth^'  four^-score  sevy//tene  put  therto 
A  brother^  off  this  monastery  gaf  his  glad^  besynes 
2300  This  Story  to  translate  in-to  owr  vulgare'  tonge  thoo, 
Out  off  a  nobylk  boke:  callyd«'  Thomys,  loo. 
Whos    name    nott   here    expressyd^,    yett   lett    ws    off  blessed^ 

memory 
Recowme^dif  hym^  wnto  this  blissed^  saynt,  that  hath^'  shewyd«? 

WS  her«?  this  story. 


ZUR  ALTENGLISCHEN  GLOSSEN  -  LITTERATUR. 


Unter  dem  titel:  Aus  englischen  bibliotheken.  I. 
Salisbury  und  London,  hat  Wülcker,  Anglia  II,  p.  354 — 374 
proben  aus  altenglischen  glossen-handschriften  veröftentlicht.  Soweit 
diese  texte  handschriften  des  Britischen  museunis  entlehnt  sind,  habe 
ich  kürzlich  eine  nachcoUation  vorgenommen,  deren  resultate  ich  hier 
im  Interesse  der  sache  mittheilen  will. 

Hymnus  Athanasii  nach  Royal  ms.  2.  B.  V.  p.  360 ^ 
annese]  Hs.  annesse.  p.  360''  Ne  que  mit  der  note  7  :  So  die 
hs.]  Neque  ist  hier  ebenso  als  ^in  wort  geschrieben,  wie  z.  8. 
p.  360"  persona]  Hs.  pr/'sona.')  p.  360'*  sp/r//«s  sancfi 
mit   der   note    9:     Hs.    sprs    sei.]    Hs.    bietet   sps    sei.     p.    360 '^ 


i)  Ich  bemerke  ausdrücklich,  dass  ich  beim  lateinischen  texte  den  cursivdruck 
abgekürzter  sylben  für  ziemlich  zwecklos  halte ;  wird  dies  princip  jedoch  einmal 
adoptirt,  so  muss  es  auch  consequent  durchgeführt  werden. 


ATO  E.  Kölbing 

sp/r//«s  mit  der  note  lo:  Hs.  sps.]  Hs.  sps,  wie  auf  der  vorigen 
zeile.  p.  361,3  synderlice]  Hs.  synder  lice.  Hier,  wie  öfters, 
ist  das  glossirende  wort  in  zwei  theilen  geschrieben ,  weil  ein  buch- 
stabe  des  glossirten  (hier  das  t  in  sin^illatim)  weit  über  die 
zeile  hinaufragt.  Eine  wenigstens  einmalige  notiz  darüber  wäre  doch 
wol  wünschenswerth  gewesen,  p.  361  „  quawque]  Hs.  qua. f/tqu f. 
p.  361 7  crii//ana  mit  der  note  19:  Hs.  xfi^n^]  Hs.  /^iana; 
cf.  note  28.  p.  362=  a  patre]  Hs.  apatre  genau  wie  z.  6. 
p.  362^°  efnece]  Hs.  efn  ece,  ohne  dass  ein  langer  buchstabe 
die  worthälften  trennt,  p.  362,  sed]  Hs.  Sed.  p.  363"  iesus 
cristus  mit  der  note  30:  Hs.  ihs  XQS]  Hs.  ihs  XQ^-  ^^^  ^^^' 
gefügte  erörterung  über  die  Schreibung  des  wortes  war  überflüssig, 
p,  363 '3  exsubstantia]  Es  liegt  kein  grund  vor,  diese  worte 
zusammenzudrucken,  da  viele  andre  ebenso  nahe  aneinander  stehen. 
Ebenso  war  z.  19  In  secula  getrennt  zu  drucken,  p.  363 ^  di- 
uinitatew]  1.  diuinitatem.  p.  364'°  sie]  Hs.  sie  =  sie«/, 
wie  es  auch  der  Zusammenhang  fordert.  p.  364'^  deaduw] 
Hs.  deadum.  p.  364^'  he  ^esaet]  Hs.  he^esset.  p.  365=* 
firmit^rque]  Hs.  fiTmiterquf.  p.  365^  oratio  —  laud.]  mit 
fetterer  röthhcher  schrift  geschrieben,  ebenso  wie  der  anfang:  hym- 
nus  —  int.  und  Incip.  de  fide.  p.  365  ^  in  terra]  Hs.  in  terra, 
p.  365^  ^odes]  Hs.  5 ö d e s.  Das  mit  dem  abkürzungszeichen  identische 
zeichen  über  o  kann  schwerlich  etwas  anderes  als  ein  längenzeichen 
sein.  p.  365"  we  ^ebiddaj)  f)e]  1.  we^e  biddap  de.  p.  365 '* 
omnipotens  mit  der  note  37:  Hs.  omnips.]  Hs.  omnips. 
P-SÖSio^  sittest]  Hs.  sitest.  p.  365^  nosfra.m]  YLs.  nos fra.m. 
p.  3652  ^ea  la  ^se]  Hs.  ^eala  ^e.  Bei  der  Sorgfalt,  welche  be- 
züglich der  wiedergäbe  des  lateinischen  textes  wenigstens  beabsichtigt 
war,  muss  es  wunder  nehmen,  dass  von  den  lateinischen  rand- 
noten  zu  beiden  seiten  des  textes,  die  von  derselben  band  wie  dieser 
geschrieben  und  durch  verweisungszeichen  mit  ihm  verbunden  sind, 
nicht  das  mindeste  erwähnt  ist.  Ich  notire  als  probe  nur  die  auf 
fol.  183"^  stehenden.  Links.  Zu  saluus:  coramdeo  in  iudicio. 
Zu  fidem:  quae  in  uniuersa  ecclesia  teneri  debet.  Zu 
latamque:  hoc  est  incorruptam,  ut  nihil  minuas,  nihil 
addas.  Zu  trinitate:  ut  credamus  trinitatem  et  unitatem 
in  uno  esse.  Zu  patris:  ex  his  tribus  unus  quisque  per 
se  sonat.  Rechts.  Zu  opus:  Operationem,  id  est  neces- 
saria  prsebeat  uoluntatem.  Zu  hasc  est:  quid  hoc, 
nisi    ut    unum    deum    credamus    in    tribus    personis.     Zu 


Zur  altenglischen  glossen-litteratur  471 

neque  confundantes:  utSabellius,  qui  ipsum  dicit  esse 
patrem  in  persona  quem  et  filium  ipsum  et  spiritura 
s  an  et  um.  Wenn  diese  noten  auch  nicht  zu  den  glossen  in  be- 
ziehung  stehen,  war  doch  eine  notiz  über  dieselben  durchaus 
nothwendig. 

Psalm  4  in  cod.  Cotton.  Vespas.  A.  I.  Wülcker  weiss 
offenbar  nicht,  dass  diese  berühmte  handschrift  schon  vollständig  von 
Stevenson  edirt  ist,  obwol  er  aus  demselben  buche  ein  stück  im 
ersten  bände  seines  »Altenglischen  lesebuches<  abgedruckt  und  dazu 
bemerkt  hat  (p.  126):  »Die  ältere  Übertragung  ist  interlinear-.  Bei 
kenntniss  dieser  ausgäbe  würde  er  wenigstens  einige  seiner  flüchtig- 
keitsfehler  vermieden  haben.  p.  366^  middy]  Hs.  mid  dy. 
p.  366'^  ^ebraeddes]  Hs.  ^ebreddes.  p.  366^  hrefie]  Hs. 
hwefie.  Das.  heortan]  o  ist  garnicht  erkennbar,  r  halb.  p.  366^ 
graues]  Hs.  graues,  p.  366'°  soecad  mit  der  note  8:  So  die 
hs.]  Hs.  soecad.  p.  366 '^  qunm  mit  der  note  9:  Hs.  hat  hier 
wie  unten  qüm.]  qüm  war  nicht  durch  q?^um,  sondern  durch 
quofu'am  aufzulösen,  p.  366''*  ^ehered]  Hs.  ^e  her  ed.  Das. 
cleofiu]  Hs.  cleopiu.  p.  366 '^  exaudiet]  Wülcker  erwähnt 
zwar,  dass  clamauero  in  derselben  zeile  in  clamarem  corrigirt 
worden  sei,  verschweigt  aber  erstens,  dass  diese  änderung  von  anderer 
hand  bewirkt  worden  ist ,  die  mit  derjenigen ,  die  z.  9  das  s  in 
graues  beigefügt  hat  (W.  anm.  6),  identisch  ist,  und  zweitens,  dass 
von  derselben  hand  exaudiet  in  exaudiuit  verwandelt  worden 
ist,  um  zu  clamarem  zu  passen,  p.  366'^  da  de]  Hs.  da  de. 
p.  366'^  biod]  Hs.  biod  geinbryrde.  Das  letztere  wort  hat 
Wülcker  ganz  weggelassen,  p.  366'^  conpungi]  Hs.  conpun^i. 
p.  366  2^  domi'no]  Hs.  dfio  =  dom/no.  p.  366="*  cweodad] 
Hs.  mon^e  cweodad.  Das  erstere  wort  hat  Wülcker  wieder  über- 
sehen, p.  366^5  si^nificatum  ]  Hs.  si^natum.  p.  368^ 
hwsetes]  Hs.  hw(^'tes;  doch  vgl.  anm.  3.  p.  368^  ^emon^- 
faldade  mit  der  note  14:  Hs.  ^emon:^  nicht  5emoni^...]  In 
der  hs.  ist  i  unter  n  nachgetragen  und  nach  dem  zweiten  5  scheint 
e  ausradirt  zu  sein. 

Psalm  4  in  cod.  Gotton.  Tib.  C.  VI.  p.  370^  ^od]  Hs. 
^öd.  p.  370''' ^emaeni5fyld]  Hs.  ^emaenigfyld.  p.  370'^  f-/ mit 
der  note  7  :  Hier  steht  auch  im  Latein  ein  abkürzungszeichen  für  t/] 
Das  abkürzungszeichen  &  steht  aber  nicht  blos  hier,  sondern  im 
lateinischen  texte  dieses  psalms  durchweg,  p.  370'^  requiesca;// 
mit  der  note  8 :    i    in   diesem    worte    über    der    zeile    nachgetragen.] 


472 


V.   H.    Siratmann 


Hs.  reqescä.  i  über  ([  bedeutet  bekanntlich  ui ;  es  ist  also  auf- 
zulösen: reqw/escaw.  Von  einem  nachgetragensein  des  i  kann 
nicht  die  rede  sein.  p.  370'^  ^esettest]  Hs.^e  seiest.  Note  10, 
z.  4  V.  u.  constituisti]    Hs.  constitue. 

Psalm  4  in  Royal  Ms.  2  B.  V.  [>.  369 ^  pt  mit  der 
note  2:  So  die  hs.]  Hs.  bietet  deutlich  pu.  p.  371  ^  tohwon] 
to  hwon.  p.  371'°  magni]  Hs.  ma^ni.  Warum  gerade  in 
diesem  lat.  texte  für  das  5  der  hs.  g  gedruckt  ist ,  sieht  man  nicht 
ein.  p.  371'''  adeum]  Hs.  ad  eum.  p.  371^°  incubilibus] 
Hs.  in  cubilibus.     Das.  conpungimini]    Hs.  r^wpungimini. 

Die  Sätze  in  Lat.  und  Ags.  in  derselben  hs.  p.  374^ 
Hat]  Hs.  Hat.  Das.  alapad]  Hs.  aläj)ad.  Das.  apeostrad 
mit  der  note  i:     So  die  hs.]    Hs.  apeostrad. 

Soviel  zur  sache.  Beiläufig  bemerkt ,  hat  Wülcker  hier  zum 
ersten  male  bewiesen,  was  er  »als  editor  unveröffentlichter  —  oder 
von  ihm  für  unveröffentlicht  gehaltener  —  texte  zu  leisten  vermag. '< 
Hoffentlich  sind  die  vorarbeiten  zu  der  zweiten  ausgäbe  von 
Grein's  Bibliothek  der  angelsächsischen  poesie  sorgfältiger  gemacht, 
denn  sonst  müsste  man  bedauern,  dass  dieses  wichtige  werk  nicht  in 
andere  hände  gelegt  worden  ist. 

Breslau,  mai  1880. 

E.  Kölbing. 


NOTIZEN    ZUR   ANGLS.   GRAMMATIK. 


Angls.  funde,  purde  als  praeterit.  indicat. 

Funde  ist  von  Grein,  gloss.  i,  296,  mehrfach  als  präter.  indic. 
belegt;  purde  (Genes.  2564)  wird  zwar,  gloss.  2,  679,  als  conjunct. 
aufgeführt,  ist  jedoch,  ebenso  wie  altengl.  purde,  purd  (st.  gen.  a.  ex. 
272  u.   283),  indicat. 

In  den  angls-  grammatiken  findet  sich  über  diese  formen  nichts. 
F.  Kluge,  Beitr.  z.  gesch.  d.  germ.  conjug.  p.  126,  hat  eine  erklärung  ver- 
sucht ;  er  nimmt  an,  dass  fundon  als  zusammengesetztes  (schwaches)  Prä- 
teritum aufgefasst  und  davon  funde,  fundest  als  singul.  gebildet  worden  sei. 
Diese  erklärung  wäre  für  angls.  funde,  purde  wol  annehmbar;  für  d. 
fund  (Spee),  wurde  muss  sie  aber  abgewiesen  werden.     Meine  ansieht 


Notizen  zur  altenglischen  grammatik  aj^ 

ist  nun,  dass  in  funde,  purde  eine  angleichung  der  ersten  und  dritten 
person  an  die  zweite  person  singul.  stattgefunden  hat,  wie  im  altengl. 
c6me  (AI.  L.  c  511),  neuengl.  gave,  broke,  d,  sunge,  brache.  Ob 
fundest  später  nach  analogie  des  zusammengesetzten  Präteritums,  oder 
des  präsens,  gebildet  worden  ist,  muss  ich  einstweilen  dahingestellt 
sein  lassen. 


Angls.  dohtor 

wird  von  Grein  und  andern,  wegen  des  dat.  dehter'),  mit  6  ge- 
schrieben. Man  scheint  dabei  von  der  ansieht  ausgegangen  zu  sein, 
dass  das  aus  ursprünglichem  u  entstandene  o  nicht  in  e  umlauten 
könne.  Diese  ansieht  ist  aber  irrig:  denn  in  exen  (Rushw.)  exin 
(Lindisf.)  John  2,  14  liegt  der  umlaut  e  von  o  ofifenbar  vor.  Im 
altengl.  wird  die  kürze  des  o  bezeugt  durch  Orms  Schreibung 
dohhterr. 

Krefeld.  F.  H.  S tratmann. 


REPORT  OF  THE  TESTS  COMMITTEE   OF  THE 
ST.  PETERSBURG  SHAKSPEARE  CIRCLE. 

PART  I.     RUN  ON  LINES. 
I.    Definition  of  a  run  on  or  unstopt  line. 
The  last  word  of  a  run  on  (unstopt)  line  must  form  part  of  the 
same  simple  proposition,  as  the  first  word  of  the  foUowing  line. 

II.     Special  cases  in  the  application   of  the  above  rule. 
The   grammatical    construction  is  interrupted ,    and  consequently 
the  line  is  not  run  on,  in  the  following  cases. 

1.  When  the  line  ends  in,  or  the  next  begins  with,  an  interjection 
or  interjectional  phrase,  a  vocative,  an  apposition,  or  a  case  absolute. 

2.  When  the  line  ends  in  a  noun,  and  the  following  line 
begins  with  a  participle  or  adjective,  which  cannot,  with  the  phrase 
connected  with  it,  be  placed  before  the  noun. 


i)  »Die  länge  des  inneren  vocals  scheint  durch  den  dat.  sg.  dehter  erwiesen. 
F.  Kluge,  Beitr.  41. 


.H.  J.  llarrison,  J.  Goodlet  and  R.  Boylc 

III.     Examples  o  f  interru  j)  t  i  o  n. 
I.      An   interjection    or   interjectional    phrase. 

!»He  sleeps.     Good  Heavens! 
Why  give  you  sleep  to  this  mlemperate  beasl- 

2.  f  >By  my   love, 
Same,   line  36.           l  This  is  a  quaint  one.« 

3.  f  »Thou  spread'st  thine  arms,  and  tak'st  upon  thy  breast, 
Same,    Act  V.    Sc.  IV.    |  Alas ,   defenceless.« 

'*■  I  I  An  advocate  for  an  impostor.     Hush  ! 

Tempest.  Act  I.  Sc.  II.  i  ^^^^  ^^.^^^^^ 

line  477.  ' 

2.     A  vocative. 
e,  \  "O  deav  father, 

Same,  line  466.  l  Make  not  too  rash  a  trial  of  him.« 

6.  )  »Thy  case,  dear  friend, 

Same,  Act  II.  S.  1.  290.  \  Shall  be  my  precedent.« 

''  1  uWhy  thou  wert  better  let  me  have  the  port 

Maid's  Tragedy,  Act  IV. -v  j^^^^^^  ,     j  ^^j  ^j^  ^^^^  ^^^^  f^^  ^^g^_. 

Sc.   II.  ' 

8_  f  —  »for  which,  King, 

Same,  Act  V.  Sc.  2.     ll'm  come  to  kill  thee.« 

3.     An  apposition. 


"■  —  »suggests  the  King,  our  master, 

Henry  VIII.  Act  V.  Sc.  i.-^„     ^,.     ,    ^        ,^     ,\ 
•'  1  To  this  last  costly  treaty.« 

line  164.  y 

Isl've  heard  him  utter  to  his  son-in-law. 
Lore  Abergavenny« 
._. 


line   136. 


4.     A  case   absolute. 


I  —   »him  in  eye 

Same,    Act  I.    Sc,  I.     •!  ,,  ...  ,  •      • 

'  1  Still  him  in   praise.« 

line   30.  ' 

12. 

Hamlet  Act  V.   Sc.  I. 

line  39. 


»Marcellus  and  myself, 
The  bell  then  beating  one.« 


Iß.  r  »She  once  being  lood'd 

Ant.   and  Cleop.  Act  III.  \  The  noble  niin  of  her  magic,  Antony, 
Sc,  VIII.  line  25.        l  Claps  on  his  sea  wing.« 

14.  /  »The  sea  being  smooth, 

Troil  and  Cress.    Act   I.  ■!  How  many  shallow  bauble  boats  dare  sail 
Sc.  III.  line  34.  I  Upon  her  patient  breast.« 


Report  of  the  Tests  Committee  of  the  St.  Petersburg  Shakspeare  Circle     ^ye 


'5-  .      [ 

Field  Amends  f.  Ladies  < 

Act  I,   Sc.  I.  line  4.      \ 


5.     A  participle  or  adjective. 
a)     Line  not  run  on. 

»I  am  the  rib 


Field  .  ..  ^„„.>..  .  „  ,        .  ^.     ^ 

Belongmg  to  his  breast. 

16.  J  »Tis  like  a  dog 
Same.                    \  Shut  out  at  midnight.« 

17.  j  »A  brief  epitome  of  virtues,   which, 
Maid's  Tragedy,  Act  L  <  Dilated  on  at  large,   and  to  their  merit, 

Sc.  I.    line  91.  l  Would  make  an  ample  story.« 

18.  (  ^Young  Fortinbras, 
Hamlet    Act  I.    Sc.  2.  <  Holding  a  weak  supposal  of  our  worth, 

line    17.  '  Or  thinking«  — 

19.  I 

,,.,,_,         ,       .  -.       »Mine  arms  thus,   and  mine  hair  blown  with  the  wind, 

Maid  s  Tragedy    Act  IL  <  „,., ,  ,        , 

,.       ^  I  Wild  as  that  desert.» 

Sc.  2.  line  69.  l 

20. 

Same,    Act  IIL    Sc.  i. 

line  139. 

21. 

Hamlet   Act  L    Sc.  V. 
line  35. 

22.  ( 

,     ^       \       .       ^       »Walks  discontented ,  with  her  watery  eyes. 
Maid  s  Tragedy,  Act  I.  S  o     .         .v  »u 

"       '  1  Bent  on  the  earth.« 


»this  World  holds  not  a  wife 
Worthy  to  take  her  room.« 

»Tis  given  out  that,  sleeping  in  my  orchard 
A  serpent  stung  me.« 


Sc.  I.    line 


b)    Line  run  on. 


„  .      ^^^       »For  I  am  so  overcome  with  iniuries 

Maid's  Tragedy,  Act  IIL  {  ,.  ,        ,<•,.,  t  1  -^      *• 

°  I  Lnheard  of,    that  1  lose  consideration.« 

Sc.  2.    line  104.  i 

■  ,  „  »and  when  they  die,  like  tales 

Same,  Act.  IV.  Sc.   i.   ■ 

'  1  111  tuld  and  unbelieved.« 

line  257.  ' 

IV.     Instances  oflines  not  run  on. 

25.  ( 

,     „  I  »which  gives  me  such  lamenting 

T.  N.  K.  Act  I.   Sc.   I.  <  ,         ,  ^ 

I  As  wakes  my  vengeance.« 

26.  ( 

*  „  I  »A  falsehood  in  its  contrary  as  great 

Tempest  Act  I.  Sc.  2.    -(  ,  j        t. 

•^    ,.  I  As  my  trust  was.« 

line  95.  y 

27.  /  "Thou  shalt  be  as  free 
Same,   line  501.         l  As  mount  and  winds.« 


476 


28. 


Rom.    a.   Jul.     Act 
Sc.  III.    linc  244. 

29. 
Same,  line  301. 

30- 

Macbeth,   Act  I.   Sc.  IV. 

line   10. 

31- 

Tam.    of    Shrew    Induct. 

Sc.  I.    line  69. 

32- 

L.  L.  L.  Act  IV.  Sc.  III. 

line  339. 

33- 

Win.  Tale  Act.  V.  Sc.  i. 

line  151. 

34- 

Macbeth  Act  V.  Sc.  III. 

line   24. 

35- 

Com.  of  Er.  Act  I.  Sc.  2. 

line  97. 

36. 

All's  Well  Act  V.  Sc.  III. 

line  97. 

37- 

Coriolanus  Act  II.  Sc.  i. 

line  235. 

38- 

Henry  VIII.  Act  I.  Sc.  i. 

line  135. 

39- 

Maid's  Tragedy,  Act  III. 

Sc.   1.   line   lOi. 

40. 

Henry  VIII.  Act  I.  Sc.  i. 

line   66. 


J.  Harrison,  J.  Goodlct  and  K.  Boyle 

i»A  sleeping  jjotion  which  so  took  effect 
As  I  intendcd.» 

J  »There  shall  no  figure  at  such  rate  be  set, 


\  As  that  of  true  and  faithful  Juliet. 

»'1\>  throw  away  the  dearest  thing  he  owed 
As'   twere  a  careless  trifle.« 

»My  lord,   I  Warrant  you  will  play  our  part 
As  he  shall  think»   — 

—   sas  sweet  and  musical 
As  bright  Apollo' s  lute  strung  with  his  hair.« 

»Welcome  hither, 
As   is   the   spring   to    the   earth.« 

»And  that  which  should  accompany  old  age 
As  honour ,  love ,   obedience ,  troops  of  friends, 
I  must  not  look  to  have.« 

»They  say  this  town  is  füll  of  cozenage 
As,   nimble  jugglers  that  deceive  the  eye.» 


«I  could  not  answer  in  that  course  of  honour 
As  she  had  made  the  overture.« 

»As  if  that  whatsoever  god  who  leads  him 
Were  slily  crept  into.« 

«be  to  yourself 
As  you  would  to  your  friend.« 

»I  walk  me^hinks, 

On  water,  and  ne'er  sink.« 

»I  cannot  teil 
What  heaven  hath  given  him.« 


4..  { 

,  line  74.  l 

{ 

138.         l 


Same 


42. 
Same,   line  213. 


43 
Same ,  line  138, 


—  »to  appoint 
Who  should  attend  on  him.« 

—  »tili  you  know 
How  he  determines  farther.« 

»or  proclaim 
There' s  difference  in  no  persons.« 


Report  of  the  Tests  Committee  of  the  St.  Petersburg  Shakspeare  Circle     a-j-j 


44- 

N.  W.  P.  O.  D.  Act  II. 

Sc.  I.    line  52. 

45- 

Same,    Act  V.  Sc.   I. 

line  60. 

46. 

Tempest  Act  III.    Sc.  i. 

line   39. 

47- 

Cymbeline  Act  III.  Sc.  V. 

line   39. 

48. 

Tempest   Act  I.    Sc.  2. 

line    19. 


»will  nor  cold 
Nor  hunger  kill  him.« 

»You'll  be  still  the  same 
That  you  %vere  to  your  AUworth.« 

»Indeed  the  top  of  admiration !     Worth 
What's  dearest  to  the  world.c 

»She's  a  lady 
So  tender  of  rebuke.» 

»Of  whence  I  am,  nor  that  I  am  more  better 
Than  Prospero.« 


49.  J  »1  boarded  the  King's  ship ;  now  on  the  beak, 

Same,  line   195.  l  Now  in  the  waist,  the  deck.« 


50. 

Same    Act  IV.    Sc.   i. 

line  160. 


—   »treason,  felony 
Sword,  pike,  knife ,  gun.« 


V.     Instances  of  lines  run  on. 

{»She  did  confine  thee, 
By  help  of  her  more  potent  ministers 
And  m  her  most  unmitigated  rage, 
T      .^  1 

Into  a  cloven  pme.« 

NB.     The    2d  of   the    lines    is    doubtful;    it    is    not  run  on ,    if  »confine^  be 
supposed  understood  with  iiand«. 

1:2.  f  »within  which  rift 

{ 


Same,  line  277. 


Imprisoned  thou  didst  painfully  remain.» 


53,  J  j)The  red  plague  rid  you 

Same,  line  364.  l  For  learning  me  your  language.« 

•'  I  »Ebbing  men,   indeed, 

Tempest  Act.  III.  Sc.  h  {  ..    ^     .        , 

^      ..  ,  I  Must  often  do  so.« 


line  226. 

55- 
Henry  VIII.    Act 
Sc.  I.   line  39 

56. 


"•    {tu 


»Certainly, 
e  Cardinal  is  the  end  of  this.« 


^   ■  I  »I  love,  too, 

Maid's  Tragedy,  Act  UA         ^^  ^^^^^  ^  ^^.,^.^,^  .^^  ,^^,^  ^^^ 

Sc.   I.    line  37-  '  s  1      1 

57.  I 

Tempest  Act  II.  Sc.   i,  -^ 

line  162.  y 


»but  nature  shall  bring  forth, 
own  kind,   all  foison,  .1II  abundance.« 


^»8  J.  Ilarrison,  J.  Goodlet  and  R.  Boyle 

58.  f  »which  to  do 

Same,   line  222.  \  Trebles  thee  o'erc   — 

.■*^'  I  »all  good  secming 

■'  I  By  thy  revolt,  O  husband,  shall  be  thought<   — 

Sc.  IV.    line  57-  ' 

1»thou  wert  dijjnified  enoueh, 
Even  to  the  point   of  plory.« 

I  «Their  dwarfish  paees  were 

Henry  VIII.  Act  I.  Sc.  i-  ■!  .      ,       ,  •  „     •„ 

'  I  As  cherubims,  all  gilt.« 

line  22.  y 

62.  f  »to  climb  stecp  Hills 
Same,  line  126.          \  Requires  slow  pace  at  first.« 

63.  f  »There  is  no  English  soul 
Same,  line  146.          l  More  stronger  to  direct  you  than  yourself.» 

64.  f  —   "I  do  know 
Same,    line  155.         \  To  be  corrupt.« 

65.  f  »I  am  sorry 
Same,  line  204.         \  To  see  you  ta'en  from  liberty.« 

66.  f 

_  „     .       TT^    I  »and  yet 

N.  W.  P.  O.  D.  Act  II.  {„,       ,         ...       .   \.       ...  ,.    ,     ^ 
I  Ine  chap- fallen  justice  did  his  best.« 
Sc.  1.    line  4.  l  f  J 

67.  { 

,     ,   ^     ,.       I  »no  husband's  death 

Field.    Amends  f.  Ladies  { 

,    ,.  I  Stand  I  in  doubt  on.« 

Act  I.  Sc.  I.  line  42.     \ 

I  »Some  man  on  the  back  of  law 

Field.    A  Woman   is  a  ■(  . 

^   ^     ^    I  May  nde  and  ruie  it.« 
weather-cock,  Act  I.  Sc.  I.  l 

.    ^     ,.      I  »Despair,  on  both  sides  of  my  discontent 
Field.   Amends  f.  Ladies  <  „  ,, 

I  lells  me.a 
Act  III.  Sc.  2.  last  lines.  l 

I  «which  wise  God,  indeed 

Field.    A  Woman    is    a  ■{  ^    ,       ,. 

,     .      ^,r  r.        I  Doth  seldom  give.«   — 
weather-cock,  Act  IV.  Sc,  i .  l 

71  •  f 

,.  ,     ,    ^     ,.  »The  rack,   strappado,  or  the  boiline  boot, 

Field.   Amends  f.  Ladies  ^  „,      ,j  r  .  „ 

^     „  I  Should  never  force  me  teil.« 

Act  I.    Sc.  I.  l 


»And  left  thee  there  where  thou  didst  vent  thy  groans 

O^.      X..     ^ 

line  280. 

73.  f  »thou  shalt  be  pinched 


72.  f 

,       .,    „  »And  left  thee  there  where  tho 

Tempest  Act  I.  Sc.  u.  ■(                          . 

.         „  I  As  fast,   as  mul-wheels  stnke.« 

Ime  280.  l 

{ 

»LCt      V.    I 
7.  l 


Same,  line  329.  l  As  thick  as  honeycomb.« 


74- 

■^  X  ,       .  -TT    I  »whistle  to  me 

Rom.    a.    Jul.     Act  V.  <   .       .       ,  ^,        ,        ,        ,  ,  .  , 

^  I  As  Signal  that  thou  hears  t  somethmg  approach.» 

OC«    Xi-J.«    illlc 


Report  of  the  Tests  Committee  of  the  St.  Petersburg  Shakspeare  Circle     a-jq 

^     I  "And  wi 
I  As  far  as 

III.  sc.v.|:^"*'„'"ys; 

I  As  well  as  I 


75- 

Merch.  of  Ven.  Act  \' 

line   i6. 


ith  an  unthrift  love  did  run  from  Venice 
as  Belmont.« 


76. 

Rieh,  III.   Act 

line  6 


good  Lord,   your  grace's  words  shall  serve, 
had  seen,  and  heard  them  spealcc 


NB.     It  will   be    observed    that  the  commas  are  disregarded  in  Nos  51  (for 
ist  a.  yd  lines),   54,  55,  56,  57,   60  and  71. 


VI.     The    5'^   act    of   the    Tempest    and    the    i^'  scene    of 

Henry  VIII    are    taken    as    tests    of  the    principles 

adopted. 

Run  on  Hnes  in  the  Tempest.  Act  V. 

2.  time  66.  senses  145.  supportable         232.  noises 

7.  together                  67.  mantle                  147.  I  236.  beheld 

14.  chiefly                      69.  sir                         153.  lords  237.  master 

16.  drops                        70.  graces                   156,  words  243.  natura 

18.  affections                 71.  cruelty                  157.  have  244.  oracle 

21.  feeling                     79.  understanding     160.  strangely  246.  on 

23.  sharply  (?)              80.  tide                       164.  nor  249.  every 

26.  fury                          98,   asleep                   175.  prove  254.  Company 

27.  is                              99.  boatswain            176.  son  265.  one  of  them 
29.  extent  104.  amazement          180.  blessings  273.  with  them 
34.   foot  105.  guide                    190.  father  274.  you 

36.  that  108.  prince                   191.  she  275.  I 

38.  pastime  iio.  bid                       194.  have  279.  they 

39.  rejoice  113.  pulse  I95.  father  292.  look 
41.  bedimmed  119.  Prospero              197.  1  295.  ass 

43.  vault  120.  cannot                  199.  with  300.  train 

44.  thunder  123.  taste                     205.  issue  301.   rest 

46.  promontory  124.  you                       206.  rejoice  302.  waste 

47.  up  128.  time                      207.  down  303.  make  it 

48.  comment  131.  brother                 208.  voyage  306.  morn 

49.  forth  132.  forgive                 211.  dukedom  308.  nuptial 

50.  magic  133.  require                 221.  found  310.  where 

51.  required  137.  since  224.  when  311.  long 
53.  that  140.  patience  225.  service  312.  must 
55.  comforted  142.  grace                   227.  strengthen  315.  catch. 

NB.     23    sharply  ?    —    If  passion    be    considered  a   verb ,    the    line    is    not 
run   on. 

This  makes  100  run  on  Hnes,  and  as  then  are  318  blanc  versa 

lines  in  the  act,  7   lines  being  rhynie.  and   12  prose,  the  percentage 
is  31,  44. 


48o 


J.  llarrison,  J.  Goodlet    and  R.  Boylc 


Run  on 

lincs  in 

Henry  VIII.    Act  I. 

Sc.  I 

3. 

admire 

55. 

bulk 

103. 

towards  you 

168. 

Cardinal 

4- 

agrec 

59. 

grace 

104. 

read 

«75- 

puppy 

5. 

whcn 

60. 

lipon 

105. 

potency 

178. 

came 

9- 

clung 

61. 

allied 

106. 

that 

180. 

betwixt 

II. 

weighed 

62. 

spiderlike 

107. 

not 

181. 

amity 

12. 

time 

65. 

bugs 

109. 

sword 

182. 

league 

13. 

lost 

67. 

eye 

"5- 

Buckingham 

183. 

privily 

15. 

married 

68. 

pride 

120. 

I 

185. 

emperor 

16. 

dog 

71. 

begins 

121. 

best 

191. 

Cardinal 

17. 

last 

73. 

lipon  him 

122. 

book 

193. 

sorry 

20. 

they 

75- 

file 

125. 

loüks 

194. 

were 

22. 

were 

77. 

honour  ? 

126. 

reviled 

199. 

earl 

24. 

bear 

80, 

know 

127. 

instant 

200. 

I 

25. 

labour 

81. 

have 

131. 

hüls 

201. 

name 

26. 

masque 

82. 

never 

132. 

like 

203. 

perish 

27. 

night 

83. 

many 

134- 

England 

204. 

sorry 

32- 

discerner 

84. 

on'  em 

137- 

down 

205. 

on 

34. 

challenged 

86. 

of 

141. 

outrun 

207. 

nothing 

35- 

perform 

88. 

values 

146. 

soul 

209. 

heaven 

39- 

affect 

89. 

man 

150. 

along 

212. 

thing 

40. 

everything 

90. 

was 

152. 

but 

215- 

pleasure 

44. 

did 

91. 

broke 

153- 

intelligence 

216. 

from 

46. 

limbs 

93- 

aboded 

154. 

when 

217. 

bodies 

48. 

dement 

95. 

attached 

158. 

know 

222. 

Cardinal 

50. 

discretion 

98. 

purchased 

161. 

place 

225. 

on. 

52. 

feed 

99- 

business 

164. 

master 

53. 

he 

lOI. 

difference 

166. 

glass 

Remarks. 
Line  18  (French)  would  be  run  on,  if  the  adjectives  which  follow  were 
taken  separately:  in  that  case  »all  clinquant«  alone  might  be  placed  before  »the 
French«,  but  »all  clinquant,  all  in  gold«  could  hardly  be  so  placed.  The 
Committee,  on  the  whole,  think  the  construction  in  favour  of  not  separating  «all 
clinquant«  from  »all  in  gold«,  and  have  consequently  counted  the  line  as  endstopt. 
Line  77  (honour)  may  be  doubted.  The  construction  is  extremely  irregulär,  for 
»upon«  would  more  naturally  replace  »To«.  The  Committee  think  that  »he  meant 
to  lay  upon«  is  understood  after  »To  whom« ,  and  that  »honour«  is  directly 
connected  with  »lay  upon«  ,    in  which  case  the  line  is  run  on : 

This  makes   107  lines  run  on,    and,    as    then    are  226  lines    in 
the  scene,  the  percentage  is  47,  34. 


VII.     Mr.  FurnivaU's  counting  ofRun  on  lines. 

All  the  investigations  of  the  Committee  have  led  them  to  the 
conclusion  that  they  cannot  accept  the  counting  of  run  on  lines  as 
given   by    the   writers  of  the  New  Shakespeare  Society.     The  details 


Report  of  the  Tests  Committee  of  the  St.  Petersburg  Shakspeare  Circle     ^gi 

for  »Henry  VIII«  and  for  the  »Two  Noble  Kinsmen«  are  given  in 
the  papers  of  the  NSS.,  and  in  every  instance  the  Committee 
have  found  they  dififer.  In  the  i^'  scene  of  »Henry  VIII« ,  Mr. 
Furnivall  gives  123  run  on  Hnes,  i.  e.  54,  66  per  cent,  a  difference 
of  7,  32%  from  the  result  obtained  by  the  Committee. 

Above  all ,  the  Committee  object ,  to  the  NSS. ,  writers  not 
having  given  any  distinct  principle  or  rule,  by  which  differences  may 
be  tested.  The  ear  alone  cannot  decide  on  such  points,  that  being 
a  purely  subjective  test,  There  ought  to  be  a  logical  test,  and  the 
Committee  have  attempted  to  provide  one. 

That  Mr.  FurnivaU's  System,  whatever  it  be,  disagrees  with  that 
of  the  Committee  in  limine  is  apparent  from  the  sample  lines 
which  that  gentleman  gives  in  the  preface  to  the  Leopold  Shakspeare. 
They  are  taken  from  »Henry  VIII«,  Act  II,  Sc.  4,  lines  186  to 
209.  In  these  23  lines  the  Committee  disagree  with  Mr.  Furnivall 
in  three  typical  cases,  lines   186,   192  and  193. 

Line   186. 
»First  methought 
I  stood  not  in  the  smile  of  heaven«  : 

Mr.  Furnivall  counts  this  run  on,  but  »that«  is  understood  after 
»methought«,  and  the  second  line  is  a  totally  distinct  proposition 
from    » methought « . 

Line    192. 

»Or  died  when  they  were  made,  or  shortly  after 
This  World  had  air'd  them.« 

Mr.  Furnivall  again  counts  run  on,  and  the  Committee  not. 
»Died«  is  understood  after  the  second  »or«,  and  »shortly  after«  is 
an  adverb  belonging  to  it,  while  »that«,  in  the  sense  of  »when«, 
is  understood  before  >>this  world  had  air'd  them«.  The  latter,  there- 
fore,  is  a  separate  clause,  and  not  in  the  same  simple  proposition 
as  »after«. 

Line  193. 

»hence  I  look  a  thought 
This  was  a  jiulgement  on  me.« 

Mr.  Furnivall  counts  this  run  on ,  but  it  is  exactly  a  similar 
case  to  that  of  line   186,  and  there  are  two  distinct  propositions. 

The  Committee  farther  contend  that,  if  Mr.  Furnivall  be  right 
in  the  above  instanccs ,  he  must  be  wrong  in  the  following  cases, 
or  vice  versa. 

E.  Kölbing,   Englisclic  stiKÜen.     III.     3.  11 


482  J-   Harrison,   J.  Goodlet   and    R.    Doyle 

,  .         00     /  »that  my  lady's  womb 

Line  188.  \  .^  . 

I  If  it  conceived  a  male  child  by  me.« 

,  .  f  »you  remember 

Line  207.  <  ' 

I  IIovv  under  my  oppression  I  did  reek.» 

T  •  f  »that's  to  say 

Line  203.  <  ' 

I I  meant  to  rectify  my  conscience.« 

Mr.  Furnivall  rightly  counts  these  three  lines  not  run  on,  and 
presumably  because  he  considers  the  grammatical  construction  inter- 
rupted,  but  in  that  case  lines  186,   192,  and  193  are  also  endstopt. 

Mr.  FurnivaU's  instances  are,  therefore,  clearly  contradictory, 
and  shew  the  necessity  of  a  logical  test. 

PART  II.     LIGHT  AND  WEAK  ENDINGS. 

I.     Definition  of  light  and  weak  endings. 

1.  The  general  characteristic  is  that  of  monosyllabic  grammatical 
forms ,  separated ,  at  the  end  of  a  line ,  from  the  words  with  which 
they  are  connected, 

2.  The  distinction  between  Ught  and  weak  endings  is  partly 
grammatical  and  partly  scansional.  A  weak  ending,  to  which  belong 
all  the  monosyllabic  prepositions  and  conjunctions ,  and  no  other 
parts  of  speech,  never  has  any  pause  after  it.  A  light  ending  may 
have  a  sUght  pause  upon  it. 

3.  The  light  endings  consist  of  the  following  forms :  —  a  pronoun 
in  the  nominative,  separated  from  its  verb;  an  auxiUary  from  its 
participle  or  Infinitive :  a  relative  from  the  clause  which  it  introduces, 
or  from  its  governing  verb ;  an  article,  or  pronominal  adjective  from 
its  Substantive;  an  adverbial  conjunction  from  the  clause  which  it 
introduces. 

II.     Remarks  on  the  above. 

The  Committee  present  the  above  definition  as  a  Suggestion  to 
be  tested  by  further  work.  They  have  admitted  the  euphonical 
Clement  only  to  the  extent,  of  adopting  it  as  a  scanning  test  between 
lio-ht  and  weak  endings,  and  of  excluding  from  either  all  non  — 
monosyllabic  forms ,    as  well   as  most  contracted  monosyllabic  ones. 

The  details,  on  which  they  differ,  from  the  writers  of  the 
NSS.  will  be  shown  by  the  tables  which  follow,  and  will  then  be 
discussed.  One  point ,  however,  must  be  at  once  noticed.  In 
drawing  up  their  lists,    the  Committee  have  not  confined  themselves 


Report  of  the  Tests  Committee  of  the  St.  Petersburg  Shakspeare  Circle     ^S^ 

to  the  forms  which  are  found  in  Shakspeare,  they  have  classed 
together  all  sirailar  monosyllabic  forms ,  the  only  way ,  in  their 
opinion,  of  obtaining  a  logical  grammatical  test.  The  fact  of  a 
particular  form  not  having  been  employed  at  the  end  of  a  line 
which  is  run  on,  even  if  the  negative  be  granted,  does  not  prove 
that  it  may  not  be  so  used.  Many  light  endings  are  found  in 
Massinger  which  Shakspeare  has  not  used. 

III.     List  of  light  endings. 
Forms  in  Ingram's  list  with  additions  by  Committee. 


fam,    «.i,    .c,    C..V,,     ..«c,    ,.v..^,  ,  , 

to  be  <  ,       .  ,  ,  I  wast,  wert,  beest. 

\  be,  Y-- 


art ,    is,     are,     was,    were, 
been  (i) 

■to  have,      have,    hast,  has,    hath,    had  (i).  l  hadst. 

!can,  could,  de,  does,  dost,  doth(i),  r  dare   (2),     durst    (2),    let,     must, 

did ,    may,    might ,    will,    would,  I  need  (2),   ought  (2),  —  dar'st  (2), 

shall,  shalt,  should.  j  didst,  mayst,  mightst,  wilt,  wouldst, 
l  shouldst,  canst,  couldst. 

Pers.  pro.       I,  thou,  he,  she,  we,  you  (3),  they,     it  (3),   ye,  there  (4). 

fWhat  (s) ,    which  (5),    who  (s),  f 
Rel.  pro.    .^     ^        Yi'  ^^^'  ^^^'  {  as,  but,  whose  (5). 

^         1  whom  (5),  l  ^^^ 

.     f  how  (6),    when  (6),     where  (6),  |     , 
Adv.  conj.  I^^i^y^ö)^  |whence(6). 

Form  counted  weak  by  Ingram  but  light  by  Committee. 
Rel,  pro.      that. 

Forms  not  in  Ingram's  list  but  accepted  by  Committee. 

imy,  thy,  his,  her,  its,  our,  your, 
their,  one's,  own,  a,  an,  the,  no, 
same,  yon(d). 

^           .     ,   r                      ,    ,     ,            ,•            1  rthis,    that,  these,    those,   all  (3), 

Pronominal   forms    counted   both  as  adj. ;    and     ,     ,     ,  ,  ,     ,    ^                   ,  ^ 

■!  both    (3),  each    (3),     some   (3), 

as  subst.  m  nommative.                                        |        ,    ,   ,  ^^^                   ^"" 

l  such  (7). 

Pronominal    forms    counted    as    subst.    in    no-  f  ,  . 

V  none  (3),  no. 
mmative.  l 


l)  Only  as  an  auxiliary.  —  2)  Not  when  foUowed  by  to.  —  3)  Only  in  nom. 
followed  by  verb.  —  4)  As  in  »there  are«  and  »is  there^  ?  —  5)  The  relative 
forms  are  counted  as  adj.  or  as  subst.  and  also  when  interrogative.  —  6)  These 
forms  are  counted  whethcr  interrogative  or  not.  —  7)  »Such«  is  only  counted  by 
Ingram  when  followed  by   »as«,  or  by   »an»   or  >a«. 

31* 


^84  J.  Harrison,  J.  Goodlct  and  R.  Boyle 

IV.     List  of  weak  endings. 

Forms  countetl  light  Ijy  Ingram  biit  weak  by  Committee. 

Prep,      like,   through. 

Conj,      ere,  so,  though,  whilc,  whilst,  yet. 

Prep,    f    . 
„     .    \  since. 
Conj.    \ 

Forms  in  Ingram's  list  with  additions  by  Committee. 

f  ,  ,  I  l^oth,  eise,   lience,  lest,    sith,   still, 

Con  .  \  and,  as,  if,   or,  nor,   Ihan,  that,     <    , 

■^     l  l  thence. 

f  ...  .  ,     f  down,   near,  next,   nigh,  off,  out, 

Prep.    \  at,  by,  from,  in,  of,  on,  to,  with.  < 

l  l  round,   save,  up. 

?'P-  {but,   for. 
Conj.    l 

V.     Points  in  Ingram's  list  rejected  by  Committee. 

1.  »But  =  only«  ,  because  an  adverb. 

2.  The  counting  »since«  as  an  adverb,  through  its  non- 
restriction. 

3.  »Such«  followed  by  »as«,  because  the  Une  is  never  run  on. 

4.  The  Committee  object  to  the  exclusion  of  the  relative  and 
adverbial  conjunctional  forms  when  interrogative. 

5.  The  counting  »like«  as  an  adjective,  through  its  non- 
restriction. 

6.  The  Committee  object  to  admitting  »so«  when  followed  by 
»as« ,  because  it  is  then  always  an  adverb,  and  the  line  is  not 
run  on. 

7.  The  Committee  object  to  the  exclusion  of  »if«  in  »as  if«. 

NB.    The  other  points  are  shown  by  the  tables  themselves. 

VI.     Discussion  ofthe    points    on  which   the  Committee 
differ  from  Ingram's   lists. 

I.  If  »into«  and  »upon«  be  admitted,  among  the  light-endings^ 
then  the  foUowing  prepositions,  with  two  conjunctions,  must  also  be 
admitted. 

About,  above,  across,  after,  against,  along,  amid(st),  among(st), 
athwart,  before,  behind,  below,  beneath,  between,  betwixt,  beyond, 
during,  except,  over,  under,  unto,  within,  without,  and  the  conjunctions 
until  and  although. 


Report  of  the  Tests  Committee  of  the  St.  Petersburg  Shakspeare  Circle     48  e 

2.  Why  should  »though«,  »tili«,  and  »through« ,  be  counted 
light-endings,  and   »than«,    »from«   and   »with'<  weak  endings? 

3.  The  only  adjective  form  in  Ingram's  list  (if  »likc:  be  not 
intended)  is  »such«,  and  that  with  restrictions  which  the  Committee 
dissallow,  but  all  the  pronominal  adjective  monosyllabic  forms,  for 
instance  »my«,  »this«,  and  »no«  are  as  much  light-endings  as  vhec 
or  »is«. 

4.  Ingram  admits  »shalt«,  but  then  why  not  admit  »wilt«,  and 
the  other  forms  of  the  2'^  person  singular  of  the  auxiliaries  which 
the  Committee  have  added? 

5.  Ingram  admits  »can«,  »may«,  and  »do«,  but  the  Committee 
contend  that  he  ought  to  admit  also  »must'<,  »dare«,  »need«,  »let«, 
and  »ought«. 

6.  The  Committee  can  see  no  reason  for  admitting  »I«, 
»thou«  etc.,  and  not  adding  »it«  and  »ye« ;  for  admitting  >who«  etc., 
and  not  adding  »ascs   and  »but«   as  relatives. 

7.  If  the  personal  pronouns  be  admitted  in  the  nominative, 
why  should  not  »one«,  »none«,  and  other  pronominal  forms  be  also 
admitted  in  the  nominative? 

8.  If  »such«  be  admitted,  why  should  not  »the«,  »an«,  and  »ac 
be  also  counted? 

9.  The  Committee  have  not  admitted  any  purely  adverbial 
forms,  for  then  all  monosyllabic  adverbs  must  be  admitted,  such  as 
»not«,  »too« ,  »more« ,  »less«  etc.  The  Committee  admit  only  ad- 
verbial conjunctions,  as  »when«  and  »where«,  »still«  and  »yet«  (for 
the  details,  see  §  VII,  5  and  §  VIII,  3).  Ingram  clearly  admits 
»but«,  and  probably  »since«,  as  an  adverb.  The  Committee  only 
count  these  forms  as  conjunctions,  which  introducing  a  subordinate 
clause  cannot  be  transposed,  and  in  that  case,  if  monosyllabic,  they 
are  weak.  The  forms  which  have  a  relative  meaning,  as  »when«, 
are  counted  light-endings. 

10.  Ingram  does  not  admit  the  interrogative  relative  forms,  nor 
the  interrogative  adverbial  forms,  but  the  Committee  consider  »who-, 
»why«   etc.  equally  light-endings  whether  interrogative  or  not. 

11.  If  Ingram  rejects  such  forms  as  »my« ,  »this«  and  »no« 
because  they  are  adjective  forms,  why  does  he  not  restrict  nvhich« 
and  »what«  to  their  simple  relative  use?  Both  these  forms  may  be 
adjectives  without  being  interrogative. 

12.  The  additions  made  by  the  Committee  to  the  monosyllabic 
conjunctions,  and  prepositions ,  are  based  on  the  principle  tliat  they 


aS6  J-  Harrison ,    J.  Goodlet  and  R.   Boyle. 

are  all  now  so  used,    for   instance  »save« ,    which  was  evidently  not 
originally  a  preposition. 

13.  It  may  be  as  well  here  to  mention  why  the  Committee 
have    not   adinitted   the  following   contracted   prepositional  forms.  — 

'bove,  'fore,  'gainst,    long,  'mid(st), 

'mong(st),  'thwart,    tween,  'twixt. 
The  Committee  consider   that    the   contraction  deprives  them  eupho- 
nically  of  the  character   even   of  a  light-ending.     The  forms    >'till« 
and  »though«  have  been  admitted,  because  they  are  the  original  forms. 

14.  Ingram  does  not  give  »there«  at  all,  but  the  Committee 
consider  it  clearly  a  light  ending  when  it  replaces  a  pronoun,  as  in 
>there  are«  and  »is  there«  ?  In  such  phrases  it  has  lost  all  relation 
to  place,  and  is  a  pure  »formal«  word,  and  when  place  is  required^ 
»there«   is  added  again,  as  in   »there  are  six  there«. 

15.  The  Committee  think  they  have  now  shown,  that  Ingram's 
list  of  the  light  and  weak  endings  is  as  far  removed  from  any 
logical  basis,  as  Furnivall's  system  of  counting  run  on  lines.  The 
contradictions  in  both  cases  can  only  be  supposed  to  have  arisen 
through  the  ear  alone  having  been  made  the  guide. 

The  Committee  may  have  erred  in  some  of  the  details  of  their 
work  on  the  light  and  weak  endings ,  but  they  feel  convinced  that 
their  principle,  of  making  the  test  more  grammatical  than  euphonical, 
is  the  right  one,  and  they  invite  its  füllest  application  to  their  own 
conclusions.  In  order  to  make  this  easier,  examples  will  now  be 
given,  by  quotation,  of  all  the  points  in  detail. 

VII.     Instances   of  light   endings. 
It  has  been  thought  unnecessary   to  give  examples  of  the  cases 
in  which  the  Committee  agree  with  Ingram's  list. 

I.     Auxiliary  verbs. 

1.  f  »His  secrets  to  be  scann'd  by  those  who  ought 
Paradise  Lost,  Book  VIII. \  Rather  admire.« 

2.  f  —  »yet  that  dare 
Winters  Tale,  II.  3.  54.  l  Less  appear  so  in  comforting  your  evil.« 

3.  f  »Dost  thou  dare 
Manfred,     H.    4.         l  Refuse  to  Arimanes  on  his  throne.« 

^'  .  \  »I  durst 

b  -a  -er    y  -j  j^^^g  swom  she  would  never  have  made  scruple  on't.« 

The  Antiquary,   II.  l.     ' 

»I  have  decided,   sir;  't'is  vain !   you  need 


{»I  have  decided,   sir; 
Urge  me  no  farther.« 


Report  of  the  Tests  Committee  of  the  St.  Petersburg  Shakspeare  Circle     aSj 


Henry  VIII,   III.   2.   419 

7- 
T.  N.  K.    I.    2.    71. 

8. 
Cymbeline,  III,  2.  71. 

Emp.  of  East,  III.  4.    \ 

f 

Variation  of  above.       l 

.  "•  I 

Lover  s  Melancholy,  IV.  3.I 

/ 

Roman  Actor,  IV.  3.     \ 

13. 

Broken  Heart,  IV.  5. 

Variation  of  above. 

15- 

Bashful  Lover,   II.  6.  82. 

16. 
Samson  Agonistes. 

n- 

City  Madam,  II.  2. 

17a.  f 

Variation  of  above.       l 

18.  r 

N.  W.  P.  O,  D.  I.  I.      \ 

.9.  I 

Bashful  Lover,  III.  3.      l 

20.  f 

Joannah  Baillee  Orra,  IV.  3,  \ 

21.1 


»I  know  his  noble  nature  —  not  to  let 
Thy  hopeful  service  perish  quite.« 
»That  fears  to  do  härm:    good  dares  not!     Let 
The  blood  of  mine  that's  sibbe  to  him.« 

»nay  you  must 
Forget  that  rarest  treasure  of  your  cheek.» 

2d  per  so  n    singular. 

>When  thou  wert 
Thrust,  as  a  stranger,  from  thy  father's  home.« 

»When  thou  wast 
'i"hrust<   —   — 

»In  Cyprus.  —  Come  to  trial:   if  thou  beest 
Eraclea,  in  my  bosom  I  can  find  thee.c 

»But  such  as  I  might  pardon,  if  thou  hadst 
In  wantonness  like  Nero  fired  proud  Rome.c 

»What  new  change 
Appears  in  my   behaviour  that  thou  dar' st 
Tempt  my  displeasure.« 

«What  new  change 
Appeared  in  my  behaviour  that  thou  didst 
Tempt  my  displeasure.« 

»Conceard  in  this  thou  mayst 
Pass  through  the  evening's  guards.« 
»Divine  impulsion  prompting  how  thou  might  st. 
Find  some  occasion  to  infest  our  foes.« 
»But  bind  him  fast  by  thy  sorceries,  and  thou  shalt 
Be  my  revenue.« 

—  —  jithou  wilt 
Be  my  revenue.« 

»Thou  couldst  arrive  at  forty  pounds,    thou  wouldst 
Live  like  an  emperor.« 

»In  this  obscure  abode,  'tis  fit  thou  shouldst 
Consume  thy  youth.« 

>I  will  return  to  see  it  ere  thou   can  st 
Three  times  repeat  the  letters  of  thy  name.« 
i>Thou  dar' st  not  say  thou  couldst 
Climb  to  the  height  which  he  hath  won.« 


22. 

Roman  Actor,  IV,  2. 


2.     Personal  pronouns. 

—  »With  such  true  feeling 
Thou  arguest  against  thyself,   that  it 
Works  more  upon  me.« 

f  »But  let  it 

iLiv 


Two  Foscari,   Li.       l  Live  on,   so  the  good  die  not.« 


488  J-  Harrison,  J.  Goodlet  and  R.   Hoyle 

24.  f  "Or  do   ye 

Cain  ,   II.    I.  l  Sweep  on  in  yuur  unbounded   revelry.i 

25.  f  »was  t  here 

The  Guardian,   IV.  2.     i  No  forward  page  or  footman  in  ibe  city.< 

26.  f  *But  there 

Cain,    II.   2.  l  Are  sume  things  still  which  woman«   — 

i»ere  the  sun 
Be  broad  upon  the  Atlantic  there 
Shall  be  a  voice  of  weeping.« 

3.     Relative  pronouns. 

28.  f  »Of  these  thy  Compounds  on  such  creatures  as 

Cymbeline,  I.  5.   19.      l  We  count  not  worth  the  keeping.« 
f  »Experience  teaches  us,   as  many  as 
\  Believe  in  honour  no  advantage  take.!^ 

f  —  »it  is  the  same  as 

30.  { 

[  You  yourself  have  urged.« 

31.  f  »Had  I  been  silent,  not  a  —  but 
Marino  Faliero,  II.  2.      l  Had  kept  me  in  bis  eye.« 

32.  f  —  »the  Giants'  stairs  on  whose 
Two  Foscari,  V.   i.       l  Broad  eminence  I  was  invested  duke.« 

4.     Interrogative  pronouns. 

33.  f  »In  what 

Werner,  III.  4.  lA  maze  hath  my  dim  destiny  involved  me.« 

34-  f  »what  are  ye?  what 


{i 


Cain,  II.  I.  \  Is  this  blue  wilderness  of  interminable  air« 

35-  f  »A  punishment  and  a  reward,  oh  which 

The  Cenci,  III.  i.  34.     l  Have  I  deserved?« 


^     f  —  »then  teil  me,  which 

36.  I 


Prediction  you  believe  in?«r 

37-  j  »Upon  reversions!   who  advances?    Who 

N.  W.  P.  O.  D.  V.  3.     \  Shows  me  the  way?-< 

•  What,  madman,  hast  thou  done?    Say,  whom 
Hast  thou,  in  thy  blind  fury,  slain?« 
f  »And  now,  my  lords,  the  question !  it  is  whose 
"^   *  l  Denial  gains  belief?« 


3S.{ 


5.  Adverbial  Conjunctions. 
The  forms  »how« ,  »when« ,  »where« ,  »why«  ,  and  s-whence« 
are  all  derived  from  the  stem  »who«  and  retain  somewhat  of  a 
relative  meaning,  for  which  reason  they  have  been  classed  among 
the  light  endings.  Even  when  they  end  a  clause,  a  subordinate 
^lause  is  always  implied  after  them,    as   in   »I  will  teil  you  why  (he 


Report  of  the  Tests  Committee  of  the  St.  Petersburg  Shakspeare  Circle     489 

did  it)«,  »though,  of  course,  the  line  is  not  then  run  on.  They  are, 
consequently ,  never  pure  adverbs.  The  interrogative  sense  changes 
nothing. 

The  forms  »here«  and  »there«  have  no  relative  meaning,  being 
derived  from  the  stems  »he«  and  »the«  and  they  never  really  intro- 
duce  a  subordinate  clause,  for  when  they  do  accidentally  begin  one, 
they  may  always  be  transposed.  They  are ,  therefore ,  rejected  as 
pure  adverbs. 

a)    Affirmative  use. 

40.  f  —  »and  teach  me  how 
Tempest,  I.  2.  334.       l  To  name  the  bigger  Light.« 

41.  f  —  »Phoebus,  when 
I.  T.  N.   K,  I.  2.  85.     \  He  broke  his  whipstock.« 


42.  f  »for  where 

Coriolanus,   I.  10.  13.      II  thought  to  crush  him  in  an   equal  force.« 

er  why 
Macbeth,  I,    i.   16.        l  Upon  the  blasted  heath  you  stop  our  way.« 

44.  f  «from  whence 


43.  ( 

\i,  I.   I.   16.        l  U 

Par.  Lost,  Book  X.  1.  SS.  \  Eden,    and  all  the  coast  extended  lay.« 


b)    Interrogative  use. 

45.  f  »Where  is  she,  sir?    How 
Cymbeline,    III.    5.    41.    l  Can  her  contempt  be  answered?=r 

46.  f  »How  now  fellows !   —  When 


..  { 


G.  D.  of  Flor.  IV.  I.      l  Shall  we  have  this  lusty  dance!« 

47.  J  »Where  is  Marlino?    Where 
A.  Very   W^oman,    II.   3.  \  Have  you  concealed  him?c 

48.  f  »Mylord,  from  whence 
Duke  of  Milan,  III,  3.  42.  l  Grows  this  amazement?« 

49.  f  »WTiy 

Tempest,  II.   i.  200.      \  Doth  it  not  then  our  eyelids  sink?» 

c)    Forms  w  h  i  c  h  are  always  adverbs. 

50.  f  »So  here 
Virgin  Martyr,  V.   i.  9.    l  Will  I  my  drolleries.» 

51.  f  »What  desperate  fool  durst  raise  a  tempest  here 
Woman  ,    I.    i.  l  T 

52.  J  «Faith,   search  our  pockets,   and,  if  you  find  there 


A.   Very    Woman,    I.    i.  l  To   sink  himself." 

52.  f  «Faith,   search  ou 
Same.  l  Comfits  of  amberris,« 

53.  f  »Access  unto  her  fatl 
G.  D.  of  Flor.    I.  2.  l  Make  füll  discovery  of  her.^» 


53.  f  »Access  unto  her  father's  house,   and  there 

I.    2.       l 


490 


J.  Harrison ,  J.  Goodlet  and  R.  Buyle 


54- 

Renegado, 

IV.   I, 

55- 

Cain,  I, 

.  I. 

56. 

Same 

57. 

Renegado, 

IV.    2, 

58. 

Sardanapalus,  IV.  I. 

59. 

60. 

G.  D.  of  Flur.,  I.  2. 

61. 

Maid  of  Honour,   III.   2. 

62. 

Bashful  Lover,  I.  i. 


6.    Possessive  pronouns. 
As  adjectives, 
j  »My  patient  sufferings  might  exact  from  my 
1  Most  cruei  creditors,  a  füll  remission.« 
j  —  »And,   my  Adah ,  my 

l  Own  and  beloved.« 
f  .Thy 

l  Fond  parents  listened.« 

»This  brought  to 
A  general,  fighting  in  the  head  of  his 
Victorious  troops.« 

—  «at  last 
It  settled  into  tearless  silence;  her 
Pale  face  and  glittering  eye.« 

{»The  Council  have  approved  the  plan ;  well,  they 
Look  only  at  success,  they  see  not  its 
Dangers  so  rank,  so  evident.« 
j  —  »nor  can  our 

)  Election  be  disparaged.« 

{"'Tis  a  false  accusation.     In  this,  this  your 
Most  memorable  Service.  < 
f  —  »who,  by  their 

\  Brave  furniture  and  habiliments  for  the  war.« 


i^When  the  event  has  proved  us  wrong,   then  one's 
Wise  friends  are  all  agog  to  teil  one  how 
One  might  have  helped  it.< 
64.  [  »Cedars  once  shaken  with  a  storm,   their  own 

Maid  of  Honour,  III.  2.   \  Weight  grubs  their  roots  out.« 

7.     Demonstrative  pronouns. 
a)     As  adjectives. 
[  »Give  him  a  name  and  keep  it  such  from  this 


65- 
Bondman,  V.  3. 

66. 
Renegado,   IV.  3. 

67. 
Emp.  of  Fast,  III.  4. 

68. 
G.  D.  of  Flor.,  II.  3. 

69. 


\  Unequal  competition.< 

f  »Can  there  be  strength  in  that 

\  Religion  that  suffers  us  to  tremble?« 

f  »Take  heed,   put  not  these 

l  Strange  trials  on  my  patience.» 

f  »Till  it  be  quench'd  with  the  enjoying  those 

l  Delights  which  to  achieve  —  « 


_.  r  T^  1  /r-  ,  —  'On  thy  brow  the  same 

Vespers  of  ralemio  »l'el.  <  ^  ,.  ..,,,. 

,  I  Commanding  spint  holds  its  native  State.« 


70. 


{bI 


take  to  witness  all  the  Gods,  and  yon 
ue  firmament,   that  I  —  « 


Report  of  the  Tests  Committee  of  the  St,  Petersburg  Shakspeare  Circle     ^qj 

b)    As  substantives  in  nominative, 

71.  f  »This 

Tempest,   I.  2.  444.      l  Is  the  third  man  that  e'er  I  saw.« 

72.  f  »  —  and  that 
Werner,  I.  I,            l  Is  more  than  I  can  say. « 

73.  f  —   «Whatever  these 
The  Guardian,  V.   4.      l  Have  laid  before  you.« 

—  »for  those 
Believe  it  who  are  counted  wise<   — 

8.     Indefinite  and  distributive  pronouns. 

a)    As  a d  j  e c  t  i  V  e s. 

75.  f  »See  all 
G.  D.  of  Flor.,   II.  2.     \  The  roof  perfumed.« 

76.  f  iWould  they  had  snatched  both 


{; 


Cain,   Li.  l  The  fruits  or  neither.« 

77.  \  —  »and  watered  all  the  ground,  and  eack 
Par.Lost,  Book  VII.  1.335.)  P'^nt  of  the  field.« 

78.  f  —   üpray  you  send  me  some 
Virgin  Martyr,  IV.  3.     l  Small  pittance  of  that  curious  fruit.« 

79.  f  —  »but  with  thanks  to  God  for  such 
Henry  VIII.  II.  4,  152.    l  A  royal  lady.« 

80.  f  »Nor  content  with  such 
Par.  Lost,  Book  I.  1.  399.1  Audacious  neighbourhood.c 

NB.    Surely  »such«?  is  as  much  a  light  ending  in  80  as  in  79,    but   Ingram 
only  admits  the  latter. 

b)    As  substantives  in  nominative. 

81.  f  »Go  in  and  cheer  the  king;  he  rages;  none 
CymbeUne,    III.  5.    67.    l  Dare  conie  about  him.« 

82.  ( 

^  .  ,   ,     ^.   ■,.  ,T     *In  its  mid-iourney.     If  that  such  a  one 

Cartwnght  s  Ordinary,  II.<  ,„    ,,,.,,,,.  .       ,  • 

bhall  thmk  you  11  win,  you  must  wm;    tis  a  äue«  — 

_       „       .,„,„..       »'Till  at  the  ford  of  Tordan,  vvhither  all 
Par.  Regained ,  Book  IV.  <^  _,     ,     ,  ^      .      „      .  •; 
"  ,  I  Flocked  to  the  Baptist.» 

1.  510.  l  ' 

84.  f  —  »and  \ve  can  both 

Jul.  Caesar,  I.  2.  98.     \  Endure  the  winter's  cold  as  well  as  be. 

85.  f  —   »both 
Henry  VIII.   II.  2.  121.    l  Fell  by  cur  servant;s.« 

86.  i  >Let  each 
Paradise  Lost,  B.  VI.     ■!  His  adamantine  coat  gird  well ,  and  each 

1.   541—2. 

87. 
Jasper  Mayne.    The 


'^^^*y|s. 


■;  His  adamantme  coai 
l  Fit  well  his  heim.« 

where  some 


,,      ,       ^^,  ,  Say  'tis  an  o'er  erown  porpoise. 

Match,   III.    •  1      -^  b  f    f 


.g2  J-  Harrison,  J.  Goodlet  and  R.  Boyle, 

88.  f  —  »and  as  such 
The  Prclude,    Book  III.  (  Were  wanting  here,    I  took«    — 

89.  f  —  »would  not  such 

Browning's  I-uria,  II.      l  Look  to  themselves  in  such  a  chance  as  mine.« 

c)    S  u  c  h  f  o  1 1  o  \v  e  d  b  y    »  a  s  « . 

—  »where  as  such 

As  are  born  only  for  themselves  and  lived  so, 
Though  prosperous  in  worldly  understanding, 
Are  but  like  beasts  of  prey.« 

—  »but  she  shal!  be  such 

As,  walk'd  your  first  queen's  ghost,  it  shall  take  ioy 

To  see  her  m  your  arms.« 
NB.    Here,   as  always,   as  after  »such«  begins  a  subordinate  clause,  for  it  is 
a  relative;   consequently,   when  we  get  »such  as<  ,    »as«    may   be  a  light  ending, 
but  »such«  cannot  be.     Compare  Nos.  28,  29  and  30. 

9.     Pronominal    forms    used    substantively ,    but    not    in    nominative 

foUowed  by  verb. 
These  are  not  light  endings,  even  when  the  Hne  is  run  on. 

92.  f  »Or  glorious  shew  of  royally  rendering  it 

Emp.  of  East.  III.   I.  246.I  Both  loved  and  terrible.« 

9_j.  f  »I  would  have  made  ye 

Cain,.  I.   I.  1  Gods»  — 


94.  f  j>From   this 

Two  Foscari,  III.  I.  l  Learn  you  to  sway  your  feelings.« 

9^.  f  —  »Nor  these 

Manfred,  I.  2.  \  Alone,  but  with  them  great  powers.« 

96.  j  —  »and  in  that 
Cymbeline,  I.  i.  18.  l  I'll  no  gain  saying.f< 

97.  j  »then  add  to  that 
D.  of  Milan,  III.   I.  lA  tale  of  king  Tigranes.«r 

98.  f  »That 

Two  Foscari,   I.   i.  \  They  ought  to  ansvver.« 

99.  f  —  »that  is,   all  those 
Same,  IV.   i.  l  Of  noble  blood.« 

100.  f  —   »which  of  these 
Manfred,  II.  I.  \  May  call  me  lord.« 

»I  allow  these 
ourishes  of  fortune.« 


lOI.  I 

D.  of  Flor.,   II.   1.  I  As  fl 

V.  4.  l  Of  e 

Bashful  Lover,   I.   i.  ll  ever  noticed  in  him  — « 


102.  J  »I  except  none 
The  Guardian,  V.  4.     \  Of  eminence  in  Italy.« 

103.  f  —  »this  is  all 


Report  of  the  Tests  Committee  of  the  St.  Petersburg  Shakspeare  Circle     aq^ 
.      IGuilty,   I 


104,  J  —  »we  were  both 
The  Picture,  IV.  4.      \  Guilty,   I  grant,   in  tendering  our  affection.« 

105.  J  —  »her  love  to  both 
Ant.  a.  Cleop,,   II.  2.    137.1  Would,  each  to  other«  — 

—  »and  give  to  each 


(His 

{ 


106.   . 

His  due. « 

—   »and  give  to  some 
'  Iheir  due.« 


I  »But  I  know  this  is 

_,  ,  ^    '     ^^^  But  a  trial  of  my  temper,   and  as  such 

Emp.  of  East,    III.  2.    1       ,  .       .      •'         ^    ' 

'  1  do  receive  it.« 

109.  f  —  »and  now  'tis  such 

I 


Werner,  I.   I .  \  The  past  seems  paradise. « 

—  »to  such 
Two  Foscari,  I.   i.        l  I  leave  it.«  — 


HO.  I 

bscari,  I.   i.        II 

Nos.   103  and  109  are  not  run  on. 

10.  Cases  in  which    jwhat«,   »which«   and  »whom«   are  not  counted. 

The  Committee  admit  »what«  and  »which«  when  relatives,  either 
as  adjectives  or  as  substantives,  and,  in  the  latter  case,  either  in  the 
nominative  on  the  objective,  in  the  same  way  they  admit  »who«  and 
»whom«.     They  also  admit  the  relatives  as  interrogative  forms. 

The  Committee  however  do  not  admit  relatives  or  interrogatives 
when,  independent  of  case,  they  are  separated  from  a  verb  or  clause 
at  the  end  of  a  line. 

{»In  all  its  innocence  compared  to  what 
Thou  shortly  niayst  be.« 
{»from  which 
I  never  thought  to  be  divorced.« 
—   »and  with  whom 
Nothing  can  err. « 
f  —   »or  from  whom 

l  Received  you  spending  nioney?« 

11.  Adjective   pronominal  forms  not  coimted  when  used  absolutely. 


III. 

Cain,  II. 

2. 

112. 

Two  Foscari , 

V.   I 

113- 

Cain,  III. 

I. 

114. 

City  Madam, 

I.   I. 

Marino  Faliero,  II.  I 


— •  »These  same  drops  of  blood 
Shed  shamefully,    shall  have  the  whole  of  his 
For  their  requital.« 

—  »but  yet  accept  it  for 
116.  I  The  thanksgiving  of  him  who  spread  it  in 

Cain,  II.    I,  j  The  face  of  heavcn,   bowing  his  own 

\  Even  to  the  dust.» 


494 


J.  Harrison,  J.  Goodlet  and  R.  Boyle 


117. 


iDid  I 


»And  froni  the  same 
receive  it.« 


ii8. 

Lord  Falkland,  The 

Marriage  Night,   II.   i. 

119. 

Same,    IV.  i. 


12.    The  article. 

»News  quotha?     Indeed,  sir,  the  truth  is  I  am  a 
Shoe  maker  by  niy  trade.« 


120. 
Same. 


121. 
Virgin  Martyr,  IV.  3. 


»Hut,  Madam,  had  I  the  use  of  that  key  for  an 
Hour  or  two.« 

»Please  you,   but  spare  an 
Idle  hour  from  your  sleep,  we'll  allow't  again  in 
The  total  of  your  business  (I  must  not  lose  his 
Money),  If  you  can  smile  you  shall  not  want  a 
Subject ;    besides  we  shall  have  the  wit  of  a 
Handsome  lady  or  two,  and  hear  their  voices.« 

»The  power  I  serve 
Laughs  at  your  happy  Araby,  or  the 
Elysian  shades.« 

»And  who's  the  other^     One  Mistress  Holland  the 
Jasper  Mayne,  The  City  i  ^^^^^  sempstress  on  the  Exchange.« 
Match,   III.   I.  ' 

VIII.     Instances  of  weak  endings. 

I.    Prepositions  and  conjunctions  counted   light   by  Ingram  and 
weak  by  Committee. 

123.  f  j>anger  is  like 
Henry  VIII.   I.   i.    132.  l  A  füll  hot  horse.« 

124.  f  'An  easy  penance  and  I  shall  pass  through 
Virgin  Martyr,  V.  2.     \A  gentle  cleansing  fire.« 

125.  f  "Subdue  the  Furies,  which  so  wrung  you  ere 
Marino   Faliero,  IV.   2.    |  You  were  decided.« 

[  »I  am  contented  so  thou  >\-ill  have  it  so.» 
•v  »I  am  contented  so 
18.  I  Thou  will  have  il  so.^ 

f  —  »and  though 

I.  \  He  never  yet  took  Orders.« 

»and  he  as  't  were 
Inviting  death,  by  looking  like  it,  while 
His  death  alone  can  save  you.« 

{»Even  whilst 
That  doubt  is  passing  thro'  your  mind.c 
f  »Your  fears  are  true,  and  yet 
\l 


126. 
Variation   of 
Rom.  and  Jul.  III.  5. 

127. 
Maid  of  Honour,    I 

128. 
Werner,    II.  2. 


129. 

The  Cenci,    IV.  3. 

130. 

Guardian,    V.  4. 

131- 
Hemans  Vespers  of 

Palermo,  II.   I. 


must  with  grief  relate  it.« 

»Gentle  brother!  yet 
'Tis  in  your  choice  to  imitate  ihat  heaven.« 


Report  of  the  Tests  Committee  of  the  St.  Petersburg  Shakspeare  Circle     40  e 

132.  J  »And  pawn  mine  honour  for  their  safety;  since 

Cymbeline  I.  6.   193      \  My  lord  hath  interest  in  them.« 

{«\Ve  have  waited  since 
Our  last  demand,  'tili  now  three  months  are  gone.« 

2.    Conjunctions  added  by  Committee. 

J  Otl 
IWc 

{ 


134.  I  Some  say  thou  art  a  woman, 
Field.  Amands  for       J  Others  a  man;  and  many  thou  art  both 

Ladies  II.  I.  l  Woman  and  man.- 

135.  f  —  »health  suffers  in  thee  ;   eise 
The  Prelude    Book  VI.  \  Such  grief  for  thee  would  be  the  weakest  thought.c 

{»'tis  a  theme 
Snigle  and  of  determined  bounds !   and  hence 
I  c: 


136. 

Same  Book  I. 


choose  it  rather  at  this  time. 


137 


{»He  would  not  thou  his  evil  purpose,  lest 
: 


{; 


He  should  affright  her  purity.c 
»A  tale  of  horror!     Need  I  teil  it  sith 
e  know  its  end.« 


139.  f  "Still 

Philip  van  Artevelde  l.5.\An  ardent  soul  was  Lannoy's.« 

{"Fears  and  scruples  shake  us ; 
In  the  great  band  of  God  I  stand ;   and  thence 
Against  the  undivulged  pretence  I  fight 
Of  treasonous  malice.« 


3.  Adverbial  forms  distinguished  from  conjunctions. 

The  forms  »hence«  and  thence«  have  no  relative  tense  like 
»whence«,  but  they  become  conjunctions  when  they  refer  to  conclu- 
sions,  for  they  introduce  a  subordinate  clause  being  monosyllables 
they  are  classed  as  weak  endings. 

»Else«,  »so«,  »still«,  »yet«  have  been  classed  as  conjunctions, 
for  these  same  reasons,  but  they  may  also  be  adverbs. 

>Then«  has  not  been  accepted  by  the  committee  as  it  is  ahvays 
an  adverb. 

»Ere«  is  ahvays  a  conjunction. 

»So«  and  »as«  are  adverbs  before  adjectives,  participles,  or  other 
adverbs.  »Ere«,  »to«,  »yet«  are  arbitrarily  counted  light  by  Ingram 
>So  is  often  an  adverb  in  the  tense  of  »in  such  a  way.« 

No  150  will  thou  that  when  »as«  foUows  »so«,  >so«  closes  the 
line,  >as«  beginning  a  subordinate  clause,  yet  Ingram  specially  counts 
»so«  in  this   case. 


.Q^  J.  llarrison,  J.  Güodlet  and   R,  Royle. 

a)  A(lver])ial  forms  which  havc  also  been  counted   as  conj  unclions. 

141.  f  y> —  not  far  froin  hence 
Bashful  love,    I.   i.       U  havc  a  lonely  dwelling.« 

142.  f  »Nor  cvcr  ihence 
Paradise  Lost,    Book    I.   \  Had  risen  or  heaved  his  head.« 

(  ^This  child  was  prisoncr  to  the  tomb  and  is 

^^^'  \  By  law  and  process  of  good  nature  thence 

"Winters  Tale,   II.   2.   60.  |  „       ,       j        r        u-     1 
l  Freed  and  enfranchised.« 

144.  f  »Thank  heaven  you  were  not —  all  had  eise 
Marino  Fal. ,  II.  2,      \  Been  marred.« 

145.  f  " —  or  eise 

Bashful  Lover,  V.  3.     \  The  Services  he  offers  are  not  real.« 

146.  f  Which  often  hath  no  less  prevailed  than  so 
Winters  Tale,  II.  I.  54.  \  On  your  command.« 

147.  f  —  »as  il  determines  so 
Ant.  &Cleop.  III.  13.  16.  \  Dissolve  my  life.« 

148.  I  »Pretends  to  ward  off  sin,  and  fit  than  so 
Paradise Regained,  Bock  1.1  Purified  to  receive  him  pure.« 

i  —   »and  even  so 

^"'  •{  The  eeneral  subject  to  a  well-wished  king 

M.  for  M.  II.    4.  26.      K     V  .1,  • 

^  l  In  it  their  own  part.« 

f  Well,  the  blind  godess  yet  may  tum  it  so 
■'   '  l  As  we  may  have  success.« 

NB.   This  line  is  not  run  on. 

151.  f  «for,   still 

Bashful  Lover,  II.  2.      l  My  resolution  wavering,  I  so  love.« 

152.  f  —   »and  are  still 

The  Guardian,  IV.  i,  \  Excellent  wrestlers  at  the  close  hug.« 

153.  (  —  »'tis  yet 
Same ,  II.  4.  \  An  embryon. 

154.  f  »I  am  not  prepared  yet 
Same,   III.  4.  l  To  leave  the  world.« 

b)  Adverbial  forms   never  used  conj  unctionally. 

155.  f  »The  veins  unfilled,  our  blood  is  cold,  and  then 
Coriolanus,  V.   i.  51.     \  We  part  upon  the  morning.« 

156.  f  »I  only  then 
Emp.  ofEast,  III.  2.   l3.\Am  rieh  and  happy.« 

157.  \  The  smallness  of  a  gnat  to  air,  and  then 
Cymbeline,  I.   3.   106.    l  Have  tam'd  mine  eye  and  wept.« 

158.  f  'wherefore  then 
Same,  III.  4  106,        \  Didst  undertake  it. 


{;■ 


Report  of  the  Tests  Committee  of  the  St.  Petersburg  Shakspeare  Circle     ^q^ 

Ant.  and  Cleop,   159.  II.  f  »He  feil  upon  me  ere  admitted ;   then 
2.  75.  \  Three  kings  I  had  newly  feasted.« 

NB.  in  Nos  155,   156,   157  and  159   »then«  is  a  simple  adverb.     In  158  it  is  a 
niere  expletive,   »wherefore«  really  introduces  the  clause.    »Then«  is  often  used  thus. 

160.  f  »not  your  gaoler,  then, 
Winter's  Tale,  I.  2.  59.  \  But  your  kind  hostess.« 

161.  f  Sard.  »Then 
Sardanapalus,  IV.         l  We  but  await  the  signal.« 

f  »Ile  owns  his  pride  and  his  ambition  then 
1  We  knew  that  he  was  poor. « 
«You  all  agree  that  'tis  but  justice,  then 
am  resolved  to  exact  the  penalty.« 
NB.     In  all  these  cases  »then«   has  an  adverbial  meaning. 

i»Nature  craves 
All  dues  he  rendered  to  their  owners;  now 
What  nearer  debt  in   all  humanity 
Than  wife  is  to  her  husband. « 

165.  f  »For,  sure,  there's  no  Converting  of  'em;  now 
Henry  VIII  I.  3.  43.     l  An  honest  country  lord,   as  I  am.« 

166.  (  —   »what 
Variation  of   164.         l  Nearer  debt  now  in  all  humanity.« 

{»but  now  I  feel 
My  littleness  again 
—   »but  now 
[  feel  my   littleness  again.« 
NB,   »Now«   is  thus  in  the  same  category  as  »then.« 

168.  J  —  »and  thus 
The  Cenei,   IV.  4.       \  Write  on  unsteady  eyes.€ 

169.  f  »Thus 

Marino  Faliero,   II.  I.     l  'Twas  not  a  foolish  dotard's  vile  caprice. 

170.  f  »well 
Same,   IV.  2.             (  The  die  is  thrown.« 

I171.  f  »Well,  too  well 

Same,   III.  2.  \  I  know  that  we  must  do  such  things  as  those. 

NB.    AU  these  words  even  when  they  seem  to  have  something  conjunctional 
ahout  them  are  really  pure  adverbs  sometimes  interjectionally  used. 

c)  Examples  of  »as.« 
Conjunctional  use. 

»Have  I  graced  thee 
Beyond  thy   rank  and  entertained   thee  as 
A  fricnd  and  not  a  servant.« 


172. 
Duke  of  Milan   II. 


173.  f  »Teil  me  how  Wales  was  made  so  happy  as 

Cymbeline,  III.  2.  62.     \  To  inherit  such  a  haven.« 

Kölbing,  Englische  stildien.     III.     3.  3^ 


4q8  J-  Harrison,  J.    Goodlcl  and  K.  IJoyle. 

174.  f  »Which  musl  he  evcn  a-)  swiftly  foUow'd   as 
Winter's  Tale,    I.  2.   409.!  I  meaii  tu  utter  it.» 

175.  {  —  »here  as 

Jul.  Caesar,    II.   i.    106.    II  point  my  sword  the  sun  arises.« 

Adverbial  use, 
Nos.   26,    27,    32,   73,    75,    76  of   Part  I  contain    instances  of  »as«   used  ad- 
verbially.      It  is  in  such  cases  the   second   »as«  which  is  a    conjunction.     The  foi- 
lowing  Variation  of  27  part  I,   »as«   is  used  adverbially  i.  e.  is  not  a  weak  ending. 
f  »for  thou  shalt  be  as 

\  Free  as  mount  and  wind.' 

4.     »Elsec  as  a  pronoun. 


176. 


177. 
Par.  Lost.  Book  VIII 


i 


—  »here  passion   first  I  feit, 
Commotion  Strange !   in  all  enjoyments  eise 
Superior  and  unmoved.« 
NB.     Is  here  clearly  not  to  be  counted  light. 


5.      »If«  in   »as  if«   wrongly  rejected  by  Ingram. 


j  »Rui 
l  'Twe 


Coriol.  IV.  2.   123.       \ 'Twere  a  perpetual  spoil.« 

In  this  construction  »if«  always  belongs  to  the  second  line,  and  the  line 
which  »if«  ends  is  consequently  run  on.  Compare  the  foUowing  rases  in  which 
*if«  is  also  run  on. 

179.  f  »Mistake  nie  not  —  to  save  my  life  —  for  if 
Same,  IV.  5.  86.         tl  had  fear  'd  death.«  — 

180.  f  —  »and  if 

Cain,   II.  2.  1 1  have   thought,   why  recall  a  thought  that«  — 

181.  f  »I  cannot  weep  —  I  would  I  could  —  but  if 

L.  Foscari,  II.   i.         l  Each  white  hair  on  this  head  were  a  young  life« 
What  difference  can  there  be,  whether  »if«  is  preceded  by  »as«   or  by   »for« 
»and«  or  »but«  ?     It  is  a  weak  ending  in  all  these  cases. 

6.     Piepositions  added  by  Committee. 

f  »In  converse  passed  the  time  as  they  rode  down 
l  The  vale.«  — 
183.  fBut  my  occasions  carrying  nie  so  near 

G.  D.  of  Flor.  II.  3.     lYour  hospitable  house.« 


f  »Whence  came  the  shot  you  know  not,  standing  next 
l 


i8a 

'  The  victim  as  he  feil. 


185.  f  »Now  drew  they  nigh 

Par.  Lost,  Book  IV.     \  The  westem  point.« 


186.  f  »And  then  I  turned  my  weary  eyes  from  off 

Cain,  I.    I.  \  Our  native  and  forbidden  Paradise.« 


Report  of  the  Tests  Committee  of  the  St.  Petersburg  Shakspeare  Circle     ^qg 

187.  f  »Strange  good,  that  must  arise  from  out 

Cain,  II.   2.  l  Its  deadly  opposite.» 


188.  f  »But  first  witli  narrow  search  I  must  walk  round 

Par.  Lost,    Book  IV.     l  This  garden  and  no  corner  leave  unspied.« 

f  —  »no  proof  by  him  advanced  save 

l  Empty  noise  and  declamation.» 
I  »Back  were  we  bomC;   until  again  straight  up 
\  The  steep  ascent  we  rushed.« 

7.     Forms    which   are    prepositions ,    conjunctions    and    adverbs. 
These  examples  are  given  because  Ingram  clearly  counts  »but« 
as  an   adverb,    and  probably    »since«    also.     He,    moreover,    makes 
since  a  light  ending. 

a)    As  adverbs. 

191.  J  »They  have  but 
Cain,     I.    I.              l  One  answer  to  all  questions.« 

192.  \  —   »who  three  hours  since 
Tempest,  V.    136.        l  Were  wrecked  upon  this  Island.« 

b)  As  prepositions. 

f  —  »vow  think  none  but 

I 93 .   <  ^ 

l  He  whom  you  love  should  dare»  — 

»Since«  has  been  given  in  No.   133. 

c)  A  s  c  o  n  j  u  n  c  t  i  o  n  s. 

194.  r  »It  is  no  act  of  common  passage,  but 
Cymb.    III.  4.   94.       \A   strain  of  rareness.« 

»Since«  has  been  given  in  No.   132. 

8.     Forms  rejected  by  Committee. 
(Ingram    admits    »into«    and    >.'uponc    as   light   endings.) 

a)    All  dissyllabic  prepositions  and   conjunctions. 

195.  [»Protect  mine  innocence  or  I  fall  into 
Henry  VIII.   V.    i.    142.  \  The  trap  is  laid  for  me.< 

I  »Heaven  will  one  day  open 

„  .,,  *  <  The  kings  eyes  that  so  long  have  slept  upon 

Same,    II.    2.  43.         |  t^,  •     ,    r,  ,     , 

i  1  his  bold  bad  man.« 

197.  f  »Let  o'er  her  father's  household,  nor  within 
Fatal  Dowry ,  I.   i.  l  The  house  where  she  was  bom.« 

198.  f  »Should  raise   this  man,    or  pull  down  that  without 
Emp.  of  East.  II.  i.  \  Her  licence.« 

—   »when  you  may 

Have  them  brought  bound  before  you,  is  beyond 

,        ■  7      '  / 

My  apprehension.c 

32* 


coo  J-   Harrison,  J.  Goodlct  and   R.  13oyle 

200.  J  »Wcre  tliere  no  necessity  in  your  request,  although 
"Winter's  Tale,  I.  2.  22.  \'T  were  necdful  I  dcnied  it.« 

201.  j  mI  had  thought,  sir,  to  have  held  my  peace  unlil 
Same,  line  28.  l  You  had  drawn  oaths  from  him.« 

(»Phoebus,  when 
He  broke  his  whipstock  and  exclaimed  against 
TU     u  r  .u 

Ine  houses  of  the  sun.« 

203.  f  »The  French  dames  held  for  courtesy  above 
Par.  of  Love ,   I.  5.       l  All  ladies  of  thc  earth.« 

204.  f  iLet  US  look  sadly  and  give  grace  unto 
T.  Nob.  Kins,  V.  4.  4i4.\  The  funeral  of  Arcite,« 

NB.    These  examples  explain  what  was  said  §  VI. 

b)    All   contracted  p  repositional  for  ms, 

205.  f  »That  it  shall  make  a  counter  reflex  'gainst 
T.  Nob.  Kins.  I.   i.   105.  l  My  brother's  heart.« 

206.  \  »To  prate  and  talk  for  life  and  honour  'fore 
Winters  Tale,  III.  2.  42. 1  Who  please  to  come  and  hear.« 

—  »which   can  distinguish  'twixt 
The  fiery  orbs  above  and  the  twinned  stones 
Upon  the  numbered  beach.« 
NB.    The  other  forms  given   §  VI,   13.     are  exactly  similar. 

c)    All  prepositions  used  adverbially. 

208.  f  »Gave  wings  to  my  propension  and  cut  off 
Troil.  and  Cress.  II.  2.  I33.\  All  fears  attending  on  so  dire  a  project.« 

209.  f  —  »and  \ve  lay  by 
Same,   II.  3.  86.          l  Our  appertainments.« 

210.  J  —  »and  put  on 
Same,   III.  3.  50.  \A  form  of  strangeness." 

211.  r  —  »thou  hast  beat  me  out 
Coriol.  IV.  5.   127.  \  Twelve  several  times.« 

212.  f  »And  thou,  Posthumus,  that  then  didst  set  up 
Cymbel.  III.  4.   90.      \  My  disobedience.« 

213.  f  »And  science  still  beyond  them  were  chained  down 
Cain ,    II.    I.  I  To  the  most  gross«  — 

214.  f  »Who  owned  it  never  more  will  need  it,   save 
Werner,  IV,  1.           |  In  that  which  it  may  purchase  from  your  altars. 

From  these  examples  it  will  be  clear  that  a  preposition  can 
only  be  counted  as  a  weak  ending  when  used  in  a  strictly 
prepositional  sense. 


Report  of  the  Tests  Gommittee  of  the  St.  Petersburg  Shakspeare  Circle     501 


IX.    Alphabetical  list  oflight  and  weak  endings. 


94  Light. 

a 

doth  (i) 

none  (3) 

was 

all  (5) 

durst  (2) 

one  (3) 

wast  (9) 

am 

each  (5) 

one's  (6) 

we 

an 

had  (I) 

ought  (7) 

were 

are 

hadst  (l) 

our 

wert 

art 

hath  (i) 

own  (6) 

what  (4)  (5)  (8) 

as  (rel.) 

have  (i) 

same  (6) 

when  (4) 

be 

he 

shall 

whence  (4) 

been 

her 

shalt 

where  (4) 

beest 

his  (6) 

she 

which  (4)  (5)  (8) 

both  (pron.)  (5) 

how  (4) 

should 

who  (4) 

but  (rel.)  (7) 

I 

shouldst 

whom  (4) 

can 

is 

some  (5) 

whose  (4) 

canst 

it 

such  (5) 

will 

could 

its 

that  (5) 

wilt 

couldst 

may 

the 

would 

dare  (2) 

mayst 

their 

wouldst 

dar' st  (2) 

might 

there  (pron.)  (7) 

why 

did  (i) 

mightst 

these  (5) 

ye 

didst  (l) 

must 

they 

yon(d) 

do(i) 

my 

this  (5) 

you 

does  (i) 

need  (2) 

those  (s) 

your. 

dost  (l) 

no  (pron.)  (7) 

thy 
45  Weak. 

and 

hence 

on 

thence 

as 

if 

or 

though 

at 

in 

out 

through 

both 

lest 

round 

to 

but  (prep. 

and 

conj.) 

like 

save 

while 

by 

near 

since  (prep.  a.  conj.) 

whilst 

down 

next 

sith 

with 

eise 

nigh 

so 

up 

ere 

nor 

still 

yet. 

for  (prep. 

and 

conj.) 

of 

than 

from 

off 

that 

i)  Only  as  aux.  —  2)  Not  when  followed  by  »to«.  —  3)  Only  in  non> 
with  verb.  —  4)  Interr.  form  counted.  —  5)  As  adj.  or  subst.  in  nom.  — 
6)  Only  before  a  subst.  —  7)  Not  as  adverb.  —  8)  May  be  in  adjective.  — 
9)  In  Elisabethan  poetry  seems  always  to  be  supplanted  by  >wert«. 


eo2  J-  Harrison,  J.  Goodlet  and  R.  Doyle. 

X.     Reasons    for    adojjting  a  grammatical   Standard. 

It  has  already  been  pointed  out  to  what  extent  the  Committee 
have  admitted  the  euphonical  element  in  their  system  of  tests ,  and 
that  they  have  kept  to  a  grammatical  definition  as  the  surest  basis. 
Their  reasons  are  as  follow.  The  earhest  stage  of  English  dramatic 
verse  was  the  regulär  lo  syllable  blank  verse  without  any  deviations. 
Gradually  double  endings  made  their  appearance.  About  the  close 
of  the  lö'"^  Century  dramatic  poets  began  to  use  run  on  lines  freely. 
Light  and  weak  endings  made  their  appearance  about  the  close  of 
the  first  decade  of  the  17'^  Century  and  finally  verse  degenerated 
in  to  broken-up  prose.  Instances  of  this  last  process  may  be  found 
in  the  Two  Noble  Kinsmen,  and  in  many  dramas  belonging  to  the 
third  and  fourth  decade  of  the  Century.  Among  the  quotations 
No.  120  from  Lord  Falkland's  :^Marriage  Night  <  is  an  interesting 
example  of  the  change  mentioned. 

It  does  not  follow  that  any  particular  author  must  have  gone 
through  this  whole  process ,  some  kept  themselves  as  free  as  was 
possible  to  them  from  all  changes,  some  kept  to  one  particular 
metrical  peculiarity ,  while  others  threw  themselves  heartily  into  all. 
The  above  mentioned  changes  in  the  versification  represent  the  whole 
of  the  great  movement  of  the  age,  from  the  greatest  regularity  of 
blank  verse  to  prose.  The  dramatists  of  the  period ,  as  they  feit 
the  increasing  necessity  of  expressing  their  thoughts  untrammeled  by 
rule  or  precedent,  gradually  threw  off  the  fetters  their  predecessors 
had  imposed  on  them  tili  at  last  thought  Struck  out  its  own  proper 
form  instead  of  being  lengthened  or  shortened  to  suit  the  verse. 

It  is  evident  that  this  development  aflfects  the  construction  of  a 
writer's  phrases,  the  Constitution  of  his  verse,  the  position  of  words 
in  his  lines ,  all  which  are  matters  for  grammatical  analysis,  More- 
over  the  points  indicated  are  exactly  those  with  which  the  run  on 
line  test  and  the  light  and  weak  ending  test  are  concemed,  the  tests 
in  fact  with  which  the  Committee  undertook  to  deal.  They  hope 
they  have  given  the  first  impulse  to  a  movement  which  will  put  the 
whole  question  on  a  firmer  basis  than  it  has  tili  now  occupied. 

XI.     Use  of  the  tests. 

The  Committee  consider  that  metrical  tests  alone  cannot  be  held 
to  settle  a  question  of  authorship  or  chronology,  when  unsupported 
by  other  proofs.     They   can    never   be   relied   upon    against  external 


Report  of  the  Tests  Committee  of  the  St.  Petersburg  Shakspeare  Circle     503 

evidence  nor  with  certain  restrictions  against  clear  allusions  in  the 
text.  They  become  doubtful  whenever  there  is  a  general  aesthetic 
argument,  such  as  the  development  of  character,  against  them.  If 
they  are  found  to  agree  with  ascertained  external  evidence,  in  certain 
cases,  they  become,  in  the  absence  of  that  in  other  cases  of  great 
importance,  and  the  aesthetic  argument  must  be  very  strong  which 
upsets  them. 

The  tests  then  give  us  the  results  of  principles  which  are 
capable  of  a  logical  demonstration,  and  are  in  their  own  sphere  the 
more  valuable,  because  free  from  the  great  weakness  of  aesthetic 
arguments,  their  subjective  dement.  The  attacks  on  so  called 
;>finger  criticism«  unreasonably  oppose  the  metrical  tests  to  aesthetic 
arguments ,  as  if  they  involved  the  denial  of  the  latter ;  on  the 
contrary  the  tests  are  based  on  the  principle  that  the  style  of  an 
author  developes  and  changes  with  time. 

The  Committe  recommend  the  use  of  percentages  for  the 
calculation  of  results,  instead  of  the  proportion  of  one  line  to  so 
raany  adopted  by  the  New  Shakspeare  Society,  the  latter  system  not 
by  any  means  giving  so  distinct  a  view  of  the  results  obtained. 
Prof.  Herzberg  used  percentages  for  his  results  for  double  endings 
in  Shakspeare' s  plays. 

The  Committee  also  recommend  that  in  all  calculations  of  run 
on  lines ,  or  of  light  and  weak  endings,  the  number  of  the  Hne  and 
its  .last  word  should  be  marked ,  as  otherwise  no  control  of  the 
counting  is  possible. 

Drawn  up  by  J.  Harrison. 

J.  Goodlet. 
R.  Boyle. 


Some  of  the  abreviations  in  the  foregoing  quotations. 

T.  N.  K.  =  Two  Noble  Kinsmen. 

N.  \V.  P.  O.  D.  =  A  New  Way  to  Pay  Old  Debts  (Massinger). 

E.  of  East  =  Emperor  of  the  East  (Massinger). 

Rom.  Aclor  =  Roman  .\ctor  (Massinger). 

City  Mad.  =  City  Madam  (Massinger). 

Bash.  Lover  =  Bashful  Lover  (Massinger). 

The  Guard.  =  The  Guardian  (Massinger). 


C04  J-  H'irrison,    J.  Goudlet   and   R.   Hoyle 

Duke  of  M.  =■  The  Duke  of  Milan  (Massinger). 

G.  D.  of  Flor.  =  The  Great  Duke  of  Florence  (Massinger). 

A.  V.  Woman  =  A.  Very  Woman  (Massinger). 

Vir.  Martyr  =  The  Virgin  Martyr  (Massinger). 

Ken.  =  The  Renegado  (Massinger). 

M.  of  Honour  =»  The  Maid  of  Ilonour  (Massinger). 

Bond.  =  The  Bondman  (Massinger). 

Pict.  =  The  Picture  (Massinger). 

Fat.  Dowry  =  The  Fatal  Dowry  (Massinger). 

These  arc  the  plays  of  Massinger  which  have  been  used.  Shakspeare's 
plays  will  be  easily  recognisable.  The  rest  have  been  given  under  the  nanies  of 
the  respective  authors. 


LITTERATUR. 


An  etymological  Dictionary  of  the  English  Language  by  W.  W.  Skeat.  Part.  II. 
Dor  —  Lit. 

Die  erste  lieferung  dieses  werkes  habe  ich  oben  s.  356 — ^357  besprochen;  hier 
noch  einige  bemerkungen  zu  der  vorliegenden  zweiten  lieferung. 

S.  177b,  dough ,  altisl.  deigr  (m.) ,  nicht  deig.  s.  178a,  drag  ist  nicht 
=  draw,  sondern  ein  derivat  davon  :  altengl.  draggen  ;  auslautendes  g  beruht  immer 
auf  gg.  s.  178b,  drain,  angls.  drehnian,  kann  lautgesetzlich  nur  von  angls.  *drehn  = 
mhd.  trahen  (gutta,  lacrima)  abgeleitet  werden,  obgleich  das  altndrd.  trahn  ein  angls. 
trehn  erfordert.  Bei  drake  wäre  die  heranziehung  von  d.  gänserich  (s.  Grimms  wb.) 
u.  s.  w.  besser  unterblieben,  s.  i8oa,  drip,  altengl.  drippen,  dän,  dryppe,  ist  denomi- 
nativum  von  altengl.  drippe,  dän.  dryp,  nicht  =  angls.  drypan,  noch  weniger  = 
altisl.  driupa.  Droll  kann,  dem  laute  und  der  bedeutung  nach,  wol  nicht  altisl.  troll 
sein.  s.  180  b,  drone ,  altengl.  drane  (nicht  dran),  fem.  i- stamm,  ist,  wegen 
althd.  treno ,  nicht  zu  drone  (drönen)  zu  stellen;  s.  Grimms  wb.  2,  1433. 
Drought,  angls.  drugad,  nicht  drugade.  s.  182b,  dumb,  unflectirt  altengl.  dumb, 
nicht  dumbe ;  an  der  angeführten  stelle  haben  die  besten  handschriften  domb, 
doumb ,  wie  der  vers  auch  erfordert.  Ich  kann  hier  die  bemerkung  nicht  unter- 
drücken ,  dass  der  Verfasser  überhaupt  besser  gethan  hätte ,  für  das  altenglische 
einfach  mein  Wörterbuch  zu  citirem),  anstatt  irgend  eine  stelle  heraus  zu  greifen, 
auf  gefahr,  den  leser  dadurch  irre  zu  führen,  s.  i88b,  embers  soll  altengl. 
emmeres  oder  emeres  sein;  ich  kenne  nur  eimeri  (Diction.  177b).  s.  202a,  fadge 
mit  altengl.  fczen  zusammen  zu  stellen,  ist  nach  den  lautgesetzen  nicht  möglich; 
es  ist  nur  auf  faggen  zurück  zu  führen  ,  wenn  auch  ein  solches  verb  noch  nicht 
nachgewiesen  werden  kann.  s.  204a,  farrow  ist  nur  als  verb  aufgeführt  und  zur 
vergleichung  das  subst.  altengl.  farh  u.  s.  w.  herangezogen;  das  verb  heisst 
altengl.  farjen  (Diction.    193  a).     s.   204b,    fat ,  angls.  f;vtt ,    ist  =  *  f;i.Hed  ,   nicht 

=  altisl.  feitr,  mhd.  veij.  Father,  sanskr.  7^rTT'  "''^'^'^  P'*-''-  I'^^^thom,  altengl. 
fadme,  fadme ,  fedme ,  fedme  (Diction.  194a),  nicht  fadom ;  an  der  angeführten 
stelle  steht  fadme  (pl.).  s.  205a,  fear,  altengl.  fer  ist  belegt  Diction.  189a. 
Feather,  altengl.  fe{)ere  (f.),  sanskr.  ^^I^",  ^(i^^  ("•)•     ^-  -°5'''  f^'"y.  angls. 

feig,  nicht  felgu,  weil  langsilhig  (vergl.  help) ;  nach  der  von  Grimm  mitgetheilten 
stelle  (Alfreds  Boethius,  ed.  Rawlins.   p.  128)  muss  aber  auch  feige  i^stannn  felgan) 


1)    etwa  so,   allengl.   dumb,  domb,  doumb,  dorn,  doum  .Slralm.  diction.  l66b. 


5o6 


Litteratur 


bestanden  haben,  s.  207  a,  fetch ,  altengl.  fecchen  prät.  fa;hte  (Diction.  195  a); 
fette  ist  prät.  von  fetten ,  das  nichts  mit  fecchen  gemein  hat ;  das  angls.  feccan 
findet  sich  in  Ettmüllers  lexikon  337.  Fever,  die  wurzel  von  lat.  febris  ist  wol, 
wie  allgemein  angenommen ,  fervere  xmd  die  vergleichung  mit  gr.  (fößoq  und 
angls.  l)ifian  unstatthaft.  s.  207b,  fiddle ,  altengl.  fidele  (Diction.  205a). 
s.  208b,  fin ,  altengl.  finne.  s.  209a,  fme,  altengl.  fJn,  nicht  fine  (Diction.  203b); 
an  der  angeführten  stelle  steht  der  superlat.  fineste.  Fir,  altengl.  firre.  s.  211a, 
flatter,  altengl.  flatcrcn  (palpare,  volitare,  adulari)  hat  mit  flakeren  nur  ähnlichkeit 
in  der  bedcutung  (mate  ist  keineswegs  =  make) ;  meine  vergleichung  mit  altholl. 
flatteren,  altisl.  fladra  (Diction.  206a)  wird  wol  bestehen  bleiben  müssen.  Von 
flavour  kann  ich  nur  sagen,  dass  es  altfranz.  flaveur  ist.  s.  211b,  fleck,  altengl. 
flek  ist  l)is  jetzt  noch  nicht  aufgefunden.  Flee  ist  wol  altengl.  fleon ;  das  prät. 
fledde  (oder  fledde)  kann  nur  zu  einem  infinit,  fleden  gehören ,  der  wirklich  vor- 
handen ist,  s.  Diction.  207  a.  Fleece  ist  altengl.  fleos ,  fles ,  flüs ,  angls.  fleos, 
flies,  fl^s.  s.  212a,  flinch  mit  altengl.  flecchen,  franz.  flechir  zusammen  zu  stellen, 
ist  doch  wol  etwas  zu  gewagt,  s.  214a,  foam,  altengl.  fam,  föm  (m.),  alt-  und 
neuhd.  feim,  wie  engl.  loam,  d.  leim.  s.  224a,  fuss  mit  angls.  füs  zu  vergleichen 
ist  mehr  als  gewagt,  s.  235  b ,  gleam ,  angls.  gl&m  ist  nicht  zweifelhaft ,  weil 
kurzes  x  vor  m  nicht  stehen  kann  (s.  Holtzmanns  altd.  gram.  1,1,  177);  ausser- 
dem zeugt  das  altengl.  ee,  ea  für  langen  vokal;  angls.  glÄ^m  wäre  ahd.  *gleim, 
von  der  wurzel  glim,  die  im  mhd.  glimen  prät.  gleim  noch  bewahrt  ist.  s.  249a, 
gut,  altengl.  gut  pl.  guttes  mit  gote  zu  identificiren  verbietet,  abgesehen  von  der 
Verschiedenheit  des  vokals,  die  gemination  des  consonanten.  s.  251  b,  hail,  altengl. 
hazel,  hawel  »by  loss  of  5  or  w«  sollte  heissen  :  by  loss  of  e  (as  in  A.  S.  hsegl, 
O.  Icel.  hagl)  and  vocalization  of  5.     s.   254b,   hare  =  sanskr.   \t}i^  \k}    ist  noch 

nicht  erwiesen,  s.  260  b,  hedge ,  altengl.  hegge  (fem.  ja -stamm)  kann  angls. 
nur  hecg  gelautet  haben,  vergl.  neuengl.  edge  =  angls.  ecg;  angls.  hege  pl.  hegas 
(mascul.  i- stamm),  altengl.  hei,  ist  neuengl.  (prov.)  hay.  s.  261b,  hell, 
angls.  hell,  hei,  nicht  helle;  an  der  von  Grein  angeführten  stelle  (Genes.  319) 
steht  der  accusat.  helle,  s.  262  a,  hen  ,  das  entsprechende  wort  fehlt  im  altisl.; 
hcena  (nicht  hsena)  gehört  zu  altndrd.  hon.  s.  277b,  husky,  a  corruption  of 
husty ,  dieser  satz  hätte  wol  des  beweises  bedurft ;  es  hätte  zuerst  ein  adjectiv 
hpostig ,  hostig  und  dann  der  Wechsel  von  6  u  und  t  k  nachgewiesen  werden 
müssen,  s.  325  a ,  layer  ist  meines  erachtens  nur  eine  andere  Schreibung  von  lair 
und  von  der  wurzel  lag  gebildet ;  layer  von  lay  ist  einer  der  legt,  wie  in 
bricklayer.  Lazy  =  altfranz.  lasche  ist  nicht  wahrscheinlich;  das  dem  altfranz. 
lasche  entsprechende  engl,  lash  kommt  in  Suffolk  wirklich  vor.  s.  325  b,  lea, 
altengl.  Ie5e  (novalis)  gehört  schwerlich  zu  angls.  leah ,  althd.  loh  (lucus). 
s.  327  a,  ledge ,  altengl.  legge,  mhd.  lecke,  kann  wie  edge,  nur  ein  fem.  ja- 
stamm  und  daher  nicht  mit  dem  altisl.  u- stamm  logg  identisch  sein. 

Krefeld.  F.  H.  S tratmann. 


Notes   on  Elisabethan  Dramatists   with    conjectural    emendations   on   the    text.     By 
Karl  Elze.     Halle.     Max  Niemeyer.     1880. 

Anmerkungen    und    textemendationen    zu    werken    dramatischer    dichter    des 
lisabethischen    Zeitalters ,    welche   von    dem    gelehrten   Verfasser   in   verschiedenen 


Karl  Elze ,    Notes   on  Elisabethan  Dramatists  etc. 


507 


deutschen  und  englischen  Zeitschriften  niedergelegt ,  wenig  beachtet  und  bald  ver- 
gessen waren ,  erscheinen  hier  gesammelt  und  durch  neue  vermehrt  als  buch ,  um 
in  dieser  gestalt  grössere  aufmerksamkeit  zu  erregen  und  leichter  im  andenken  zu 
bleiben.  Mit  anerkennenswerther  Offenheit  gesteht  professor  Elze  in  der  vorrede, 
dass  muthmassliche  Verbesserungen  oft  augenblicklichen  einfallen  ihr  entstehen 
verdanken  und ,  ohne  sorgsame  prüfung  der  Stichhaltigkeit ,  schnell  gedruckt  wer- 
den ,  um  die  priorität  des  glücklichen  Anders  zu  wahren.  Natürlich  laufen  dabei 
nicht  selten  irrthümer  mit  unter,  die  der  redliche  forscher  dann  freimüthig  bekennt, 
und  das  thut  unser  autor  mit  den  worten :  »I  hereby  eat  those  conjectural 
emendations  of  Elisabethan  dramatists  which  I  have  hitherto  published  and  which 
are  not  contained  in  my  editions  of  Elisabethan  plays ,  in  Messrs  Warnke's  and 
Proescholdt's  editions  of  »Mucedorus«  ,  and  in  the  present  collection.«  Er  fährt 
dann  fort:  »let  me  breathe  the  hope  that  the  emendations  published  in  those 
editions  and  in  this  collection  may  not  need,  at  some  future  day,  to  be  subjected 
to  the  same  Satumian  process.«  Die  gewähr  für  alles  und  jedes  wird  wol  niemand 
übernehmen ,  aber  bei  weitem  das  meiste  empfiehlt  sich  in  hohem  grade  durch 
guten  sinn,  einfachheit  und  unterstützende  parallelstellen,  in  deren  staunenswerthem 
vorrath  schwerlich  einer  seiner  collegen  herrn  professor  Elze  übertreffen  dürfte. 

»Most  of  the  so-called  pseudo-Shakespearean  plays  have  been  handed  down 
to  US«,  heisst  es  mit  recht  p.  16,  »in  a  State  of  such  rank  corruption ,  that  a 
critic  who  attempts  to  amend  them,  must  be  allowed  to  walk  'with  a  larger  tether' 
than  is  granted  elsewhere.«  In  keinem  einzigen  falle  hat  unser  autor  die  ihm 
gern  zugestandene  freiheit  missbraucht;  ob  er  den  ursprünglichen  text  überall 
wirklich  getroffen  hat ,  wird  er  selbst  dahingestellt  sein  lassen ,  die  ersten 
42  nummern  —  so  viele  beschäftigen  sich  mit  der  erwähnten  kategorie  —  sind 
entschieden  Verbesserungen.  Auch  die  stellen,  welche  Chapman,  Greene,  Marlowe, 
Shakespeare  und  Fletcher  behandeln ,  geben  keinen  anlass  zu  einwänden ,  bei 
nr.  52  jedoch  wird  mancher  fragen,  ob  es  in  der  that  »would  be  of  no  common 
interest  to  know  exactly  what  Shakespeare  meant  by  'grey  eyes'  and  what  colour 
of  the  eyes  stood  highest  in  favour  with  Elisabethan  England.«  Was  so  sehr 
vom  individuellen  geschmack  abhängt,  erlaubt  keine  allgemein  zutreffende  antwort. 
Wer  wollte  heut  zu  tage  entscheiden ,  ob  in  Deutschland  blaue ,  schwarze  oder 
braune  äugen  am  höchsten  geschätzt  werden  ?  Es  handelt  sich  um  die  frage, 
ob  im  Tempest  1 ,  2 ,  270  l'rospero  die  Sycorax  blue-eyed  oder  blear-cyed  hag 
nennt.  Dergleichen  niuss  unentschieden  bleiben  und  bleibt  unentschieden  ohne 
die  mindeste  gefahr ,  da  der  sinn  beider  worte  hier  genau  derselbe  ist ,  nämlich 
»widerwärtig«,  »ekelhaft«.  Blear-eyed  versteht  sich  von  selbst  und  blue-eyed  be- 
deutet »the  livid  circles  round  the  eyes«.  —  Nr.  57  soll  nachweisen,  dass  in  The 
Two  Gentlcmen  of  Verona  IV,  4,  206  statt  »statue«  zu  lesen  sei  »shadow«  mit 
der  bedeutung :  bild.  Die  bei  Ernest  Fleischer  1833  erschienene  Shakespeare- 
ausgabe sagt  in  der  anmerkung  zu  dieser  stelle  (p.  955) :  »My  substance  should 
be  statue  in  thy  stead.«  It  appears  from  hcnce,  and  a  passage  in  Massinger,  that 
the  word  statue  was  formerly  used  to  express  a  portrait.«  Ol)  sonst  noch 
statue  für  portrait  vorkommt,  welche  stelle  von  Massinger  gemeint  ist,  und  ob  ihm 
die  noliz  genügt ,  um  shadow  fallen  zu  lassen ,  kann  man  dem  urtheil  unseres 
autors  anheim  geben.  —  Sehr  annehmbar  erscheinen  die  emendationcn  60 :  A 
Midsummer- Night's  Dream  V,  I,  59:  That  is ,  hot  ice  and  wondrous  sable 
snow ;  —  61:    Ibid.  V,    i,  309:   Moon,    lose  thy  light,   Dog,   take  thy  Ihght ;  — 


eo8  Litteratur 

69:  The  Taining  of  the  Shrew  I,  i  ,  28:  To  suck  the  sweets  of  Greek  philo- 
sophy;  —  75:  King  John  II,  2,  455  Ilere's  a  bray;  —  76:  Ibid.  III,  i,  104 
Is  scolding  amity  and  painted  peace ;  —  77.  Ibid.  IV,  i,  7  Unseemly 
scruples !  fear  not  you  !  look  to't;  —  78:  Il)id.  I\',  i,  41  And,  like  the  watchful 
minutes  do  the  hour;  —  79;  Ibid.  I\',  2,  55  If  what  in  trust  you  have ,  by 
right  you  hold;  —  85:  Timon  of  Athens  IV,  3,  419  Vour  greatest  want  is ,  you 
want  muck  of  me;  —  90:  Hamlet  I,  4,  36  The  dram  of  evil  Doth  all  the 
noble  substance  often  daub  To  his  own  scandal,  —  wobei  zweifelhaft  bleibt,  ob 
man  lieber  dout  ==  do  out  oder  daub  lesen  will;  —  92:  Ii;id.  III,  i,  67  When 
we  have  shuffled  off  this  mortal  soil;  —  94:  Ibid.  III,  4,  169  And  either 
master  the  devil  or  throw  him  out;  —  96:  Ibid.  IV,  5,  105  The  ratifiers  and 
props  of  every  worth ;  —  97:  Ibid.  IV,  7,  21  Convert  his  gyves  to  greaves;  — 
99:  Ibid.  V,  I,  299  Woul't  drink  up  Nilus.^  Mit  den  Veränderungen  der 
redenden  personen ,  welche  die  nummern  71,  72,  81,  82,  84,  86,  87,  89  vor- 
schlagen, wird  man  sich  gern  einverstanden  erklären.  Die  abhandlung  über  den 
berühmten  morris  -  dancer  Will  Kemp  (p.  66 — 76)  vertheidigt  siegreich  gegen 
Mr.  Dyce  die  ansieht  unseres  autors  von  Kemp's  literarischen  leistungen  und  zeigt 
an  dem  beispiel  des  verstorbenen  Mr.  R.  Simpson ,  dass  englische  kritiker  sich 
eben  so  weit  verirren  und  ins  blaue  verlieren  können ,  wie  deutsche.  Sollte  es 
nicht  -  eingeweihten  seltsam  vorkommen,  dass  volle  zehn  seiten  (p.  86 — 96)  der 
erörterung  gewidmet  werden,  ob  Hamlet  »four  hours«  oder  »for  hours*  together 
in  the  lobby  umhergeht ,  sollten  sie  meinen ,  das  sei  durchaus  gleichgiltig ,  da  in 
beiden  fällen  der  sinn  genau  derselbe  ist,  nämlich  »stundenlang«,  so  liegt  das  nur 
daran,  dass  sie  nicht-eingeweihte  sind.  Der  geschmack  an  solchen  Untersuchungen 
stellt  sich  erst  en  mangeant  ein ;  nur  der  kenner  wird  arbeiten  zu  schätzen  wissen, 
wie  sie  in  den  nummern  81   und  92  geboten  werden. 

Dresden.  O.  S.  Seemann. 


Franz  Baacke:    Vorstudien    zur   einfiihrung    in    das    verständniss  Shakespeare's. 
Vier  Vorlesungen.     Berlin  S\V.     Verlag  von  W.  E.  Angerstein.     IV -{-91  p.    8°. 

Vom  berliner  bezirksverbande  des  deutschen  lehrervereins  einstimmig  auf- 
gefordert, hat  der  Verfasser  vier  von  ihm  im  genannten  verein  gehaltene  Vorlesungen, 
die  ursprünglich  für  den  druck  überhaupt  nicht  bestimmt  waren,  dennoch  drucken 
lassen.  Der  beifall  der  zuhörer  wird  wol  in  erster  linie  der  kunst  des  mündlichen 
Vortrages  gegolten  haben ,  wenn  man  sie  liest ,  wirkt  die  broschüre  nicht  eben 
günstig.  Ob  sie  das  verständniss  Shakespeare's  fördern  kann,  bleibe  dahingestellt, 
jedenfalls  wird  man  sie  mit  grösserem  nutzen  zur  hand  nehmen ,  nachdem  man 
den  dichter  bereits  aus  seinen  werken  ordentlich  kennen  gelernt ,  als  vorher.  Die 
politischen ,  die  gesellschaftlichen ,  die  literarischen  und  die  bildungs  -  zustände 
Englands  zur  zeit  der  königin  Elisabeth  und  ihres  nachfolgers  Jakob  sind  oft  genug 
trefflich  geschildert  worden ;  dasselbe  gilt  von  der  entwickelungsgeschichte  des 
englischen  dramas.  Sucht  man  Shakespeare's  Stellung  zu  allen  diesen  Verhältnissen 
durch  citate  aus  seinen  werken  zu  bestimmen ,  so  setzt  man  die  bekanntschaft  mit 
denselben  voraus,  führt  aber  nicht  in  ihr  verständniss  ein.  Herr  Baacke  citirt 
Pope's  Worte:    »Shakespeare  ahmte  die  natur  nicht  nach,  sondern  die  natur  selbst 


Chancery  Lane ,   A  throw  for  a  throne,  or  the  prince  unmasked         SOQ 

sprach  durch  ihn.«  Das  beweist,  wie  wenig  das  verständniss  des  mannes  gefordert 
werden  kann  durch  erörterungen  über  den  Jugendunterricht,  den  er  genossen,  über 
die  schreibekunst  seines  vaters ,  nebst  einer  masse  von  anderen  dingen ,  — 
erörterungen ,  deren  schluss  immer  ein  fragezeichen  bildet.  Für  fachmänner ,  für 
leute ,  denen  es  auf  genaue  künde  alles  dessen  ankommt ,  was  sich  irgend  von 
Shakespeare  wissen  lässt ,  haben  derartige  Untersuchungen  und  mittheilungen  ihre 
berechtigung  und  ihren  werth ,  aber  was  leisten  sie  zur  » einführung  in  das  ver- 
ständniss« des  grossen  Briten?  Eben  so  wenig  wie  die  aufzählung  der  ausgaben, 
die  seine  werke  erlebt ,  und  die  darstellung  der  Schicksale ,  die  sein  andenken  ge- 
troffen haben.  Zahlreiche  druckfehler  tragen  nicht  dazu  bei ,  den  geschmack  an 
der  lektüre  zu  erhöhen.  Herr  Baacke  sagt,  der  '  seufzer  ist  nicht  ganz  unberechtigt«, 
den  dr.  Johnson  ausstiess :  es  ist  zu  beklagen ,  dass  ein  solcher  dichter  eines 
kommentares  bedarf.  Gewiss  erlaubt  er  hinzuzufügen :  und  dass  kommentare  er- 
scheinen,  die  nichts  kommentiren. 

Dresden.  O.  .S.  .Seemann. 

A  throw  for  a  throne,  or  the  prince  unmasked.  By  the  late  sergeant 
Zinn,  with  an  introduction  and  references  by  Chancery  Lane,  Esq.  London  : 
Wilson  and  son. 

Der  selige  herr  Zinn,  den  der  titel  »sergeant«  als  hohen  rechtsgelehrten  be- 
zeichnet, und  der  pseudonyme  herr  »Chancery  Lane«,  der  sich  als  »kanzlei-gässchen« 
ebenfalls  zur  zunft  bekennt ,  geben  ihren  elaboraten  das  vornehme  motto  » Caviare 
to  the  general«  und  erklären  damit,  dass  sie  sich  nur  an  ein  besonders  auserwähltes 
publikum  wenden.  Es  handelt  sich  um  den  scherz,  den  fall  »Hamlet  contra  Claudius« 
als  noch  unentschiedenen  prozess  aufzufassen  und  die  sache  vor  die  geschworenen 
zu  bringen,  die  unter  dem  vorsitz  des  lord-oberrichters,  die  anwälte  beider  parteien 
anhören.  Herr  .Shakespeare,  der  rechtsbeistand  Hamlet's,  hat,  in  der  aller  weit 
bekannten  tragödie ,  die  sache  seines  dienten  meisterhaft  verfochten ,  nun  ergreift 
für  se.  majestät  den  könig  Claudius  herr  Silento  das  wort.  Gelegentlich  reden 
der  Vorsitzende ,  mitglieder  der  jury  und  herr  .Shakespeare  mit ,  der  letzte  nur  ein 
einziges  mal  so,  dass  es  seiner  würdig  klingt,  nämlich  in  dem  satz :  »Brevity  is 
the  soul  of  wit,  recollect.«  Herr  Silento  bemüht  sich  zu  zeigen,  wie  bodenlos  sein 
hoher  Schützling  verleumdet  worden.  Auf  140  engbedruckten  octavseiten  führt  er 
aus ,  nichts  sei  dem  könige  vorzuwerfen  als  die  übereilte  hochzeit ,  im  übrigen  sei 
er  ein  vorzüglicher  herrscher  und  edler  Charakter  gewesen ,  nie  habe  er  daran  ge- 
dacht ,  seinen  bruder  zu  morden ,  selbst  seinem  bösartigen  neffen  gegenüber  habe 
er  nur  nothgedrungen  sein  leben  vertheidigt.  Herr  Shakespeare  erzähle  geschickt, 
was  der  von  Hamlet  unterrichtete  Horatio  ihm  mitgetheilt  habe,  allein  keine  Zeugen- 
aussagen, keine  dokumente,  keine  nachweisbaren  thatsachen  sprächen  für  die  Wahr- 
heit der  scheinbar  so  wohl  zusammenhängenden  behauptungen  ,  genau  betrachtet 
erwiesen  sie  sich  als  ein  fadenscheiniges ,  nur  auf  den  efi'ekt  zugestutztes  gewebc 
von  Widersprüchen ,  erschleichungen  und  physischen  und  psychischen  unghiulilich- 
und  Unmöglichkeiten.  An  vereinzelten  drolligen  stellen  und  komischen  einfallen 
fehlt  es  nicht,  man  lächelt  bisweilen,  aber  140  lange,  besonders  gegen  das  ende 
recht  schwülstige  seiten  für  den  im  gründe  genommen  frostigen  spass,  das  ist  aller- 
dings, nur  etwas  anders  verstanden,    »kaviar  für's  volk«. 

Dresden,  O.  S.  Seemann, 


CIO  LiUeratur 

LEHR-  UND  ÜnUXGSBÜCIIER  FÜR  DIE  ENGLISCHE  SPRACHE. 

V. 

Es  liegen  uns  diesmal  neunzehn  nuiniuern  der  »Weidmann'schen  Sammlung 
enjjlischer  Schriftsteller  mit  deutschen  anmerkungen^  zur  besj^rechung  vor.  Das 
unternehmen  dieses  bedeutenden  Verlegers ,  im  verein  mit  nahmhaften  gelehrten 
und  Schulmännern  eine  samndung  englischer  Schriftsteller  herauszugeben ,  welche 
dem  Stande  der  Wissenschaft  und  der  bedeutung  der  englischen  spräche  in  dem 
lehrplan  unserer  höheren  lehranstalten  entspräche ,  wird  von  dem  sachverständigen 
publikum  mit  freuden  begrlisst  werden.  Die  grundsätze,  welche  die  an  der  spitze 
stehenden  männer  (prof.  Schmitz,  dr.  Pfundheller,  dr.  Lücking)  in  der  ankündigung 
als  richtschnur  für  die  mitarbeiter  und  zur  orientirung  des  publikums  niedergelegt 
haben ,  verdienen  volles  lob.  Nur  hätten  wir  gewünscht ,  dass  man  bei  der  be- 
zeichnung  der  ausspräche  die  gleichsetzung  mit  deutschen  lauten  von  vornherein 
ausgeschlossen  hätte ,  da  sich  die  englische  klangfarbe  auf  diese  weise  doch  nicht 
fixiren  lässt.  Englische  Schlüsselwörter ,  wie  sie  Webster  anwendet ,  hätten  dem 
zweck  besser  gedient.  Hinsichtlich  der  etymologie  hätte  ausführlicheres  festgesetzt 
werden  sollen.  Die  ankündigung  sagt  nur:  »Die  etymologie  soll  nicht  vernach- 
lässigt werden ,  und  es  soll  nie  versäumt  w-eiden  ,  dem  schüler  durch  eine  unge- 
zwungene nachweisung  der  entstehung  des  wortes  den  begriff  desselben  klarer  zu 
machen.«  Einige  herausgeber  haben  sich  durch  diesen  satz  nicht  gehindert  ge- 
funden, angls.  got.  ja  selbst  sanskr.  und  arab.  Wörter  zur  erklärung  der  etymologie 
heranzuziehen.  Haben  sie  darin  im  einverständniss  mit  den  leitern  gehandelt? 
Sodann  fällt  es  auf,  dass,  obschon  laut  5  der  ankündigung  die  einleitung  auch  über 
die  zeit  des  Schriftstellers ,  den  damaligen  Standpunkt  der  kunst  und  Wissenschaft, 
der  das  werk  angehört  etc.  auskunft  geben  sollte,  dieses  meistens  unterblieben  ist, 
obschon  es  oft  wichtig  genug  war.  —  Wir  wollen  nur  noch  bemerken ,  dass  wir 
bei  unserer  besprechung  die  realschule  erster  Ordnung  im  äuge  hatten. 

Tales  of  a  Grandfather  (History  of  Scotland)  by  Sir  Walter  Scott.  Aus- 
gewählt und  mit  anmerkungen  versehen  von  dr.  Emil  Pfund  hei  1er.  1876. 
p.  XIV  +  258.     80.     M.  2,25. 

Scott' s  History  of  Scotland  erfreut  sich  wegen  ihrer  leicht  verständlichen 
spräche,  ihrer  bündigen,  den  jugendlichen  geist  anmuthenden  fonn  einer  weiten 
Verbreitung  auf  unsern  höhern  lehranstalten,  trotzdem  ihr  stoff  nur  in  sehr  geringer 
beziehung  zu  der  entwickelung  unseres  volkes  steht  und  ihr  in  dieser  summari- 
schen darstellung  und  den  ethisch  erhebendsten  partien  das  nöthige  detail  fehlt. 
So  wichtig  seine  lektüre  für  die  englische  Jugend  ist,  die  in  dem  buche  ein  klares 
bild  von  der  geschichte  eines  für  die  nationale  entwickelung  wichtigen  faktors  er- 
hält, so  unwichtig  scheint  das  buch  für  die  deutsche  Jugend  zu  sein.  Dass  man 
dennoch  so  vielfach  auf  diese  wähl  verfallen  ist  und  hartnäckig  an  ihr  festhält, 
hat  seinen  grund  darin ,  dass  man  in  sprachlicher  hinsieht  keine  bessere  glaubte 
treffen  zu  können ,  und  dass  man  auf  der  stufe ,  für  welche  die  Tales  bestimmt 
sind,  aus  leicht  verständlichen  gründen  weder  ein  lesebuch  noch  ein  auf  litterarische 
Übersicht  abzielendes  florilegium  recht  am  platze  fand.  —  Es  ist  von  Wichtigkeit, 
zu  constatiren ,  dass  etwas  ein  nothbehelf  ist.  Der  herausgeber  hat  seine  ausgäbe 
für  Obertertianer  (p.  IV)  berechnet,  und  demnach  die  meiste  Sorgfalt  der  ausspräche 
gewidmet.     Leider   bezeichnet    er   dieselbe   nicht,  wie  Webster,  durch    eine  anzahl 


Lehr-  und  Übungsbücher  für  die  englische  spräche.    \'.  cii 

Schlüsselwörter ,  sondern  durch  den  acutus ,  gravis ,  den  horizontalen  strich ,  den 
halbkreis  und  durch  deutsche  laute  in  deutschen  wörtem.  Da  nun  die  deutsche 
ausspräche  ihre  sehr  bedeutenden  landschaftlichen  unterschiede  hat ,  so  ist  durch 
ein  solches  verfahren  eine  richtige  ausspräche  um  so  weniger  gesichert,  je  weniger 
aufmerksamkeit  man  auf  den  höheren  schulen  der  deutschen  ausspräche  \v-idmet. 
Auch  muss  man  gegen  manche  bezeichnungen  einspruch  erheben :  » i  wie  langes 
deutsches  ei  in  fei,  bleiben«  ist  sicherlich  nicht  richtig,  der  englische  laut 
liegt  mehr  nach  ai ,  und  dem  ü  würde  ich  löffel  lieber  an  die  seite  stellen 
als  götter ;  auch  »ä  =  e  in  ehe,  gehen«  ist  doch  nicht  richtig.  In  den 
text  sind  nur  die  vier  oben  erwähnten  lesezeichen  über  schwierigere  Wörter 
gesetzt ;  vielleicht  wären  auch  sie  besser  unter  denselben  verwiesen,  zumal  die  aus- 
führlicheren anweisungen  doch  bereits  dort  zu  suchen  sind.  —  Unter  den  gram- 
matischen anmerkungen  ist  uns  aufgefallen,  dass  der  herausgeber  consequent  gegen 
den  terminus :  auslassung  des  relativs  opponirt ,  den  er  durch  den  anderen 
»unbezeichneter  relativsatz«  ersetzen  will.  Die  p.  5  gegebene  erläuterung  ist  wenig 
überzeugend :  »the  people  they  had  called  in :  unbezeichneter  relativs  (sie !),  nicht 
zu  erklären  durch  auslassung  des  relativsatz  (sie !)  ,  sondern  durch  attraction :  das 
volk,  welches  sie  herbeigerufen  hatten,«  und  p.  40  the  great  crime  they  had  been 
guilty  of  »unbezeichneter  relativsatz  mit  nachgestellter  präposition  =  of  which 
he  had  been  guilt)'.«  Ueber  den  grund  dieser  erscheinung  hat  die  Wissenschaft 
noch  nicht  das  letzte  wort  gesprochen ,  und  in  pädagogischer  hinsieht  dürfte  sich 
die  beibehaltung  des  alten  terminus  auch  darum  empfehlen,  weil  er,  me  P.  selbst 
zeigt,  das  charakteristische  der  erscheinung  scharf  bezeichnet  und  dem  Sprachgefühl 
der  modernen  Engländer  entspricht.  In  der  etymologie  ist  sicher  des  guten  zu 
viel  geschehen.  Einige  recht  gute  schulgrammatiken ,  namentlich  C.  Deutschbein 
und  Immanuel  Schmidt ,  haben  den  sehr  billigenswerthen  versuch  gemacht ,  bei 
den  englischen  vocabeln  an  die  germanische  Verwandtschaft  zu  erinnern.  Aber  sie 
haben  sich  wohlweislich  innerhalb  der  schranken  des  neuhochdeutschen  gehalten. 
Einen  Obertertianer ,  dem  noch  die  ausspräche  gewöhnlicher  Wörter  nicht  geläufig 
ist,  mit  angelsächsisch  zu  bestürmen,  müssen  wir  als  einen  pädagogischen  missgriff 
bezeichnen.  Und  welch  schwierige  dinge  werden  da  producirt,  p.  19  »lord:  ags. 
hlaford,  laford  ,  schott.  laird ;  hläf,  neuengl.  loaf,  leib;  der  zweite  theil  wird  am 
besten  zu  fassen  sein  als  veard  deutsch  wart;  also  wörtlich:  brotherr.«  p.  29 
»sheriff,  ags.  .scir -  gerefa ,  also  der  shiregraf.«  Ob  irgend  ein  Obertertianer  dies 
also  ohne  weiteres  verstehen  wird?  Dabei  läuft  auch  ein  kleines  versehen  mit 
unter,  so  wenn  p.  29  eise  mit  deutsch  aller,  e,  s  zusammengebracht  wird.  Gegen 
die  etymologie  im  allgemeinen  haben  wir  nichts,  nur  muss  sie  taktvoll  behandelt 
werden.  Wir  glauben  wol ,  dass  die  derivation  des  Wortes  cattle  von  capitale, 
wenn  man  bereits  dafür  zeit  übrig  hat ,  auch  von  Obertertianern  begriffen  werden 
kann ;  auch  so  einfache,  sich  innerhalb  des  modernen  Englisch  und  unserer  spräche 
bewegende  herleitungen ,  wie  p.  27  handsome  »von  hand  (hand)  und  some  ent- 
spricht der  deutschen  endung  sam ;  daher  ursprünglich  handlich  t,  billigen  wir 
durchaus.  Uebrigens  müssen  wir  bemerken,  dass  die  etymologien  im  ganzen  selten 
sind.  Die  synonymik  ist  nicht  berücksichtigt  worden.  Die  sachliche  erklärung  ist 
auf  das  nothwendigste  beschränkt  worden.     Der  druck  ist  correct. 


c  j  2  Litteratur 

Gulliver's  Travels.  A  Voyage  tu  I.illiput  and  Brobdingnag  by  Jonathan 
Swift.  Für  den  schulgebrauch  bearbeitet  von  E.  .Schridde.  Herlin  ,  1877. 
X+163  p.     80.     M.    1,50. 

Die  berühmte  .satyre  des  dechanten  von  St.  l'atrick  zieht  das  »jugendlich 
unliefangene  geniüth«  als  naives  märchen  an.  Es  fragt  sich  nun,  ob  ein  solches 
spiel  der  phantasie  —  hier  nur  eines  einzelnen  ,  mag  es  noch  so  gefallig  und  an- 
sprechend sein,  dem  ernste  der  schule  gerecht  wird.  Ich  glaube,  man  wird  ver- 
neinend antworten  müssen.  Auch  dürfte  manch  aufgeweckter  Obertertianer  dem 
lehrer,  der  bei  der  naiven  auffassung  der  dichtung  stehen  bliebe,  hie  und  da  einen 
streich  spielen.  Hinter  der  ceremony  in  his  majesty's  great  Chamber  of  State,  nach 
welcher  die  sprünge  über  den  stock  mit  blauen ,  rothen  und  grünen  bändern  be- 
lohnt werden  ,  wird  auch  das  jugendliche  nachdenken  noch  etwas  besonderes  ver- 
muthen ;  auch  an  anderen  stellen  dürfte  sich  die  Unzulänglichkeit  des  naiven 
Standpunktes  zeigen.  Nun  hat  freilich  diese  composition  Swifts  mit  der  des  grossen 
spanischen  novellisten  das  gemein ,  dass  sie  ganz  abgesehen  von  ihrer  ursprüng- 
lichen tendenz  ein  satyrisches  bild  des  lebens  überhaupt  giebt.  Von  diesem  Stand- 
punkt der  Interpretation  muss  nothwendig  die  lektüre  dieser  schrift  an  tiefe  und 
ernst  ausserordentlich  gewinnen.  Aber  thut  man  dem  jungen  geiste  nicht  unrecht, 
wenn  man  ihm  ein  ganzes  jähr  hindurch  eine  satyrische  richtung  giebt,  zumal  der 
spott  so  bitter  ist,  und  der  schüler  über  seine  berechtigung  nicht  urtheilen  kann?  — 
Die  spräche  ist  freilich   von  entzückender  einfachheit  und  anmuth. 

Der  herausgeber  hat  seiner  ausgäbe  im  grossen  ganzen  den  text  aus  Laurie's 
Entertaining  Library  zu  gründe  gelegt ,  in  welchem  der  Stil  ohne  bedeutende 
änderungen  modernisirt  ist.  Hierfür  kann  er  nur  auf  beifall  rechnen.  In  dem 
biographischen  (p.  VII — X)  ist,  was  man  nicht  minder  billigen  wird,  nur  eine 
Skizze  der  wichtigsten  lebensverhältnisse  des  autors  gegeben.  Von  seinen  Schriften 
werden  nur  the  tale  of  a  tub,  die  drapier's  letters  und  Gulliver's  travels  erwähnt. 
Die  aufgäbe,  welche  der  herausgeber  hier  zu  lösen  hatte,  bot  eine  grosse  Schwierig- 
keit, die  er  nicht  ganz  überwunden  hat.  Bei  der  Interpretation  enthält  er  sich 
jedes  hinweises  auf  die  satyrische  bedeutung  der  schrift,  in  der  biographie  aber  ist 
der  autor  nur  als  satyriker  und  streber  charakterisirt.  p.  VII  die  »hoch  berühmt 
gewordene  satyre :  the  tale  of  a  tub,  —  ein  seitenstück  zu  Lessing 's  erzählung  von 
den  drei  ringen,  aber  im  Swift' sehen  sinne!«  Was  soll  der  schüler  damit  an- 
fangen? p.  IX  »1726  erschien  sein  berühmtestes  werk:  Gulliver's  travels,  eine 
satyre  von  demselben  geiste  der  erbitterung  beseelt,  wie  die  drapier's  letters;  und 
doch  ist  es  hauptsächlich  bekannt  als  kinderschrift ;  gewiss  ein  merkwürdiges 
zeugniss  für  die  genialität  des  Verfassers ,  ,dass  er  mit  einer  in  gift  und  galle  ge- 
tauchten feder  ein  unterhaltungsbüchlein  für  die  jugend  schreiben  konnte,  das  noch 
heute,  nach  150  jähren,  das  entzücken  der  kinderweit  bildet.«  Hier  wird  der 
schüler  auf  den  geheimen  sinn  des  lustigen  märchens  aufmerksam  gemacht,  und 
doch  soll  er  —  so  scheint  es  wenigstens  — •  auf  die  tiefere  erkenntniss  verzichten. 
Wollte  Schridde  den  Obertertianern  ein  märchen  bieten ,  so  hätte  er  von  der 
satyre  schweigen  müssen ;  schilderte  er  den  autor  als  einen  der  grössten  satyriker 
aller  zeiten«  und  »Gulliver's  travels  als  sein  berühmtestes  werk«  ,  so  musste  er 
dieses  auch  als  satyre  interpretiren.  Hat  er  etwa  diese  heikle  arbeit  ganz  dem 
lehrer  überlassen  wollen  ?  Sein  hauptaugenmerk  hat  der  herausgeber  der  bezeich- 
nung  der  ausspräche  zugewandt,  die  er  im  texte'durch  accente  und  striche  andeutet, 


Lehr-  und  Übungsbücher  für  die  englische  spräche.    V.  e  i  •^ 

deren  lautäquivalente  man  in  der  p.  V  und  VI  zusammengestellten ,  43  nummem 
enthaltenden  tabelle  findet.  Dabei  ist  aber  häufig  die  tonsilbe  des  wortes  nicht 
gehörig  bezeichnet  worden,  so  p.  3  mäthemätics,  alwäys,  p.  6  m^antime.  Wo 
diese  zeichen  nicht  auszureichen  schienen ,  ist  die  ausspräche  auf  deutsche  weise 
umgeschrieben  unter  den  text  gesetzt,  p.  7  orationzC.  26)  orehschen.  Statt  der 
oft  wiederholten  einzelheiten  wären  besser  zusammenfassende  regeln  aufgestellt  worden, 
so  über  die  verba  auf  fy,  über  die  Verkürzung  der  Stammsilbe  bei  Weiterbildungen, 
ableitungen:  southern  p.  61,  über  stummes  w  u.  a.  m.  Da  femer  am  ende  ein  aus- 
führliches glossar  beigegeben  ist,  wäre  die  ausspräche  wol  am  besten  in  dieses  ver- 
^viesen  worden,  so  dass  der  schüler  bei  dem  vorlesen  hätte  zeigen  müssen,  dass  seine 
präparation  sich  auch  auf  die  ausspräche  erstreckt  hat.  Auch  an  grammatischen 
bemerkungen  hat  es  der  herausgeber  nicht  fehlen  lassen.  Hier  und  da  vermisst 
man  präcision.  p.  27  the  above^3)  articles;  13)  »above  fast  wie  ein  eigenschafts- 
wort  gebraucht,  doch  ist  dahinter  zu  ergänzen  said  oder  mentioned.«  Dieser  ge- 
brauch findet  sich  schon  im  ags.  Beda  5 ,  10  min  iü  magister  und  wird  von 
Zupitza  in  Koch's  Engl,  gramm.  II 2,  1878,  durch  composition  erklärt.  Zu  to 
have  me  sent  back  wird  p.  53"*)  angemerkt:  >to  have  wird  im  engl,  wie  ein 
transitives  zeitwort  gebraucht  und  hat  dann  das  object  unmittelbar  hinter  sich,, 
während,  wenn  es  hülfszeitwort  ist,  das  object  hinter  dem  particip  steht«.  Das  liess 
sich  doch  weit  passender  ausdrücken,  p.  67  zu  which  ...  I  thought  it  best  to  do 
heisst  es  unten:  »it,  im  deutschen  überflüssig,  darf  im  Engl,  nicht  fehlen,  wenn 
es  in  einem  relativsatz  vom  infinit,  abhängig  ist  und  diesem  voransteht , «  it  ist 
aber  object  zu  thought  und  nicht  zum  infinitiv,  der  sein  object  in  which  hat. 
Zu  p.  99,  The  queen  would  have  had  me  sit.  >I  will  und  I  would  have  mit 
folgendem  infinit,  ohne  to  hat  die  bedeutung  wünschen,  gern  sehen.«  Es  wäre 
zu  schreiben  gewesen  acc.  c.  inf.  Der  etymologie  enthält  sich  der  herausgeber, 
und  wo  er  sie  berührt,  erinnert  er  mit  pädagogischem  takt  nur  an  nhd.  wort- 
formen. Auch  die  sachlichen  erläuterungen  genügen  zum  verständniss.  Zwar 
hätte  in  der  anmerkung  p.  57,  18)  »black  bull  ist  bezeichnung  des  hauses;  die 
engländer  lieben  es,  auch  privathäuser  in  grossen  Städten  mit  besonderen  namen 
auszuzeichnen«  auf  die  entstehung  und  den  grund  dieser  bezeichnung  hingewiesen 
werden  sollen ,  cf.  Macaulay  Hist.  of  Engl.  III ;  und  befremdend  ist  zu  der  stelle 
p.  53 :  I  shall  not  trouble  the  readers  with  the  difficulties  I  was  under,  by  the 
help  of  certain  paddles,  which  cost  me  len  days  to  make,  in  getting  my  boat  to 
the  royal  post  of  Blefuscu,  die  erläuterung:  »'gewisse  rüder'  nennt  er  sie  in 
erinnerung  an  die  mühe,  die  sie  ihm  gemacht  haben.«  —  Einige  druckfehler  sind 
zwar  übersehen,  aber  auch  für  den  schüler  meist  ohne  weiteres  zu  corrigiren. 

Tales   from  Shakspeare   by    Charles   Lamb,    herausgegeben   und   erläutert    von 
L.  Riechelmann.     1877.     ^  +  3°?  P-     8°.     M.  2,70. 

Der  vorrede  entnehmen  wir  folgende  über  die  absieht  des  hcrausgebers 
orientirende  worte:  »Es  eignen  sich  wol  alle  stücke  recht  gut  zur  privatlectüre,  da 
sie  ein  abgerundetes  und  nicht  zu  umfangreiches  ganzes  bilden,  und,  was  ja  auch 
ihr  Verfasser  für  die  heranwachsende  jugend  seines  landes  beabsichtigte,  auf  die 
spätere  lectüre  des  grössten  dramatikers  der  neuem  zeit  vorbereiten.«  Und  weiter 
unten:  »Die  noten  sind  für  den  Standpunkt  des  angehenden  Obertertianers  be- 
rechnet ;  es  wird  also  die  kenntniss  der  elementaren  formlehro  und  der  einfacheren 
syntaktischen  regeln  vorausgesetzt.«  —  Soll  die  privatlectüre  wirklich  schon  in 
E.  Kölbing,  Englische  Studien.     III.     3.  33 


514 


Litteratur 


in  a  beginnen  ?  Und  mit  diesem  buche,  dessen  prosa  mit  Shakspeare' scher  diction 
getränkt  ist,  dessen  geschichten  von  den  Verhältnissen  der  gegenwart  zum  grossen 
theil  durch  die  kluft  der  renaissance-romantik  getrennt  sind?  Zur  privallectüre 
wird  sich  zumal  auf  einer  stufe,  wo  der  schüler  noch  mühe  hat,  die  rudimenle  zu 
beherrschen,  stets  nur  reine  prosa,  und  zwar  möglichst  einfache,  empfehlen.  — 
Welchen  nutzen  wird  der  Obertertianer  von  dieser  Vorbereitung  haben  ?  Der  nutzen 
wird  sich ,  glaube  ich ,  auf  die  kenntniss  der  fabel  beschränken.  Beabsichtigte 
Lamb  nichts  mehr  zu  geben  ?  Die  feine  Charakteristik,  die  künstlerische  gruppirung 
des  vielseitigen  Stoffes,  das  humoristische  lächeln,  die  wähl  des  ausdrucks,  alles 
das  geht  verloren.  Wäre  es  da  nicht  besser,  die  quellen  Shakspeare's  in  moderner 
spräche  lesen  zu  lassen  ?  Zudem  scheint  eine  solche  Vorbereitung  auf  Shakspeare 
überflüssig.  Dem  schüler  stehen,  wenn  nicht  theatralische  darstellungen,  vortreff- 
liche Übersetzungen  zur  disposition,  und  lässt  man  es  nur  an  anregung  nicht  fehlen, 
so  wird  er  diese  schon  von  selbst  zu  seiner  privatlectüre  machen.  Auf  den  jungen 
Engländer  wirkt  der  zauber  dieser  erzählungen  auch  ohne  dass  er  seines  grundes 
sich  bewusst  wird,  auf  den  Deutschen  erst  mit  der  kenntniss  dieses.  —  Die  an- 
merkungen  behandeln  die  ausspräche  mit  anerkennenswerther  Sorgfalt ,  ebenso  wie 
die  grammatik,  wobei  gelegentlich  der  .Shakspeare' sehe  Sprachgebrauch  berührt 
werden  musste,  und  einiges  wichtige  aus  der  Synonymik;  hie  und  da  wird  auf 
die  herkunft  aufmerksam  gemacht,  doch  greift  der  herausgeber,  auf  alle  weit- 
hergeholte gelehrsamkeit  verzichtend,  in  durchaus  lobenswerther  weise  nicht  über 
das  Neuenglische  hinaus.  Kurz,  die  anmerkungen  können  des  allgemeinen  beifalls 
sicher  sein,  wenn  man  auch  hin  und  wieder  etwas  von  der  Übersetzung  und  inter- 
pretation  des  herausgebers  abweichen  wird;  so  ist  an  der  stelle  p.  6:  Sycorax, 
who  with  age  and  envy  was  almost  bent  double,  die  auslegung  »doppelt  gebückt« 
irrthümlich ,  das  müsste  doch  double  bent  heissen ;  hier  ist  double  prädicatives 
adjectiv  und  zu  verstehen  wie  in  to  double  the  leaf  of  a  book,  cf.  Tempest  I,  2,  257 
Sycorax,  who  with  age  and  envy  Was  grown  into  a  hoop.  Und  That's  my 
delicate  Ariel  würde  ich  anstatt  mit  »da  lobe  ich  meinen  A.«  vorziehen  wiederzugeben 
mit  »daran  erkenne  ich  meinen  A.«,  oder  noch  besser  geradezu  »das  ist 
mein  A.« 

History    of  England   by    David  Hu me.     Erklärt   von   dr.  Otto  Petry.     Erster 
theil  (X— 1216).     1879.     310  p.     80.     M.  2,70. 

In  der  schullectüre  der  gymnasien  nimmt  die  alte  geschichte  den  weitaus 
breitesten  räum  ein ;  Nepos ,  Cäsar ,  Livius ,  Cicero  ,  Sallust ,  Tacitus  repräsentiren 
überall  die  römische,  Xenophon,  Herodot,  Thucydides,  Demosthenes  die  griechische 
geschichte.  In  den  realschulen  hat  man  keineswegs  in  gleicher  einmüthigkeit  die 
geschichtsschreibung  der  Franzosen  und  Engländer  in  den  Vordergrund  gestellt. 
Und  doch  hätte  man  gut  gethan ,  dem  rivalen  hierin  nachzuahmen.  Zwar  hat 
man  den  Franzosen  unzuverlässigkeit  der  forschung,  tendenziöse  Parteinahme  vor- 
geworfen, allein  unter  dem  vielen  findet  sich  sicher  auch  des  guten  und  trefflichen 
genug:  Segur,  Thierry  und  Mignet  könnte  und  sollte  man  in  den  canon  auf- 
nehmen, und  die  englische  geschichtsschreibung  verlangt  schon  wegen  der  grossen 
historischen  und  stilistischen  leistungen  ganz  besondere  beachtung.  Der  realschüler 
erhält  so  einen  tieferen  einblick  in  das  zusammenwirken  der  drei  hauptfactoren  der 
europäischen  geschichte,  und  diese  kenntniss,  mehr  noch  die  aus  der  schullectüre 
resultirende  anregung  kann,  ja  muss  für  seine  weitere  entwickelung  von  dem  weit- 


Lehr-  und  Übungsbücher  für  die  englische  spräche.     V.  gjg 

gehendsten  einfluss  sein  und  ihm  in  der  richtigen  auffassung  der  actuellen  staats- 
verhältnisse  einen  entschiedenen  vortheil  vor  dem  vorzugsweise  in  antiken  zuständen 
bewanderten  altclassisch  gebildeten  geben.  Wir  begrüssen  daher  diesen  ersten 
theil  der  ausgäbe  von  Hume's  Geschichte  Englands  um  so  freudiger,  als  der 
herausgeber  sich  seiner  aufgäbe  mit  grossem  geschick  entledigt  hat.  Die  Schreib- 
weise Hume's  zeichnet  eine  stille  grosse  und  heitere  anmut  aus,  die  diction  bewegt 
sich  innerhalb  eines  nicht  gar  grossen  wortgebietes,  so  dass  der  schüler  sich  leicht 
hineinliest  und  sein  geist  ohne  anstrengung  im  laufe  der  lectüre  die  ausdrucks- 
weise des  autors  annimmt,  und  so  der  grund  zu  einem  guten  und  gewandten  stil 
gelegt  wird.  Ueber  die  textconstitution  hat  sich  der  herausgeber  des  weiteren  in 
der  »vorrede«  ausgelassen;  wir  glauben,  man  wird  sein  verfahren  durchaus  billigen. 
In  der  »biographischen  einleitung«  p.  5 — 28  ist  hauptsächlich  im  anschluss  an 
John  Hill  Burton's  Life  and  Correspondence  of  David  Hume,  1846,  ein  lebens- 
volles bild  des  mannes  und  seiner  rastlosen  thätigkeit  entworfen ,  und  dabei ,  was 
wir  hervorheben  wollen,  vor  allem  auch  auf  die  Stellung  hingewiesen,  welche  das 
vorliegende  werk  in  der  englischen  geschichtsschreibung  einnimmt.  Die  anmerkungen 
enthalten  nur  sachliches;  die  ergebnisse  der  neueren  forschung  (Lappenberg-Pauli) 
sind  zur  correctur  herangezogen ;  aber  es  bleibt  dem  lehrer  noch  viel  zu  thun 
übrig,  denn  der  herausgeber  »will  gern  den  Vorwurf  auf  sich  nehmen,  eher  zu 
wenig  als  zu  viel  gegeben  zu  haben.«  Auf  p.  90  ist  eine  Stammtafel  der  sächsischen 
könige  seit  Egbert,  p.  93  eine  der  anglo-dänischen  könige  von  England,  p,  165 
eine  der  nachkommen  Wilhelms  des  eroberers  bis  zu  Heinrich  III  eingeschaltet. 
Nach  halbjähriger  classenlectüre  kann  dies  buch  auch  schon  in  IIb  zur  privatlectüre 
dienen.     Wir  hoffen  die  baldige  fortsetzung  des  werkes. 

The    Life    and    Voyages    of   Christopher    Columbus    by   Washington   Irving. 

Vorgeschichte   und    erste   entdeckungsreise.     Erklärt   von  E.  Schridde.      1878, 

208  p.     80.     M.  1,80. 

Das  leben  eines  mannes,  der  sich  durch  rastlose  Studien  auf  die  höhe  seiner 
zeit  geschwungen,  der  mit  nicht  wankender  energie  Jahrzehnte  lang  an  der  realisation 
seiner  bestbegründeten  idee  arbeitet ,  dessen  genius  durch  mittellosigkeit  gefesselt 
und  dem  gelächter  preisgegeben  in  sich  die  hoheit  eines  fürsten  birgt,  der  endlich 
bis  zuletzt  den  selbst  erkannten  pfad  verfolgend,  das  ziel  seiner  edeln  begeisterung 
erreicht:  kann  es  ein  erhabeneres  vorbild  für  die  Jugend  geben?  Für  unsere  Jugend, 
der  das  ruhelose  streben  der  friedlichen  Wissenschaft  mutatis  mutandis  ähnliche 
kämpfe  nicht  ersparen  wird  ?  Es  ist  überflüssig,  an  die  bedeutung  der  entdeckung 
zu  erinnern,  die  an  dem  Wendepunkt  der  neueren  zeit  als  höchster  markstein  ragt, 
man  wird  auch  ohne  weitere  worte  zugeben,  dass  man  sich  keinen  besseren  lese- 
stoff  wünschen  kann,  um  fruchtbare  keime  des  tiefsten  ethischen  Idealismus  in  den 
empfänglichen  geist  der  Jugend  mit  voller  hand  zu  streuen  und  weitreichende 
perspectiven  vor  ihm  aufzuthun. 

Vorausgeschickt  hat  der  herausgeber  eine  kurze  biographie  Irving' s  ,  die  das 
lebhafte  vielseitige  Interesse ,  welches  der  schrifsteller  allem  schönen  und  guten 
entgegen  brachte,  zur  genüge  hervorhebt.  Der  herausgeber  hat  in  riclitiger 
Würdigung  der  bedeutung  des  detail  die  kleinere  ausgäbe  verworfen  und  sich  dafür 
auf  den  ersten  theil  des  zweibändigen  werkes  beschränkt.  Niemand  wird  ihn 
tadeln.  Als  appendix  hat  er  noch  Irving's  besuch  in  Palos  hinzugefügt,  der  ent- 
weder willkommen  sein    oder    nicht  incommodiren  wird.     In  den  anmerkungen  ist 

33* 


5x6 


Litteratur 


in  schwierigeren  fällen  die  ausspräche  noch  berücksichtigt  worden  (p.  178  buoyancy 
spr.  boi-cn-cy,  das  u  ist  doch  nicht  stumm).  Etymologien  findet  man  nur  ver- 
einzelt und  nirgends  macht  sich  dabei  die  gelehrsamkeit  ungebührlich  breit. 
Grammatikalische  und  lexikalische  bemerkungen  sind  bei  weitem  vorwiegend,  aber 
auch  hier  ist  durchaus  nicht  zu  viel  geschehen ,  selbst  aus  dem  französischen  hat 
der  herausgeber  keine  parallelen  beigebracht ,  so  dass  dem  schüler  die  aufgäbe 
nicht  zu  leicht  gemacht  und  der  lehrer  durch  nichts  eingeengt  ist.  p.  201 — 208 
werden  von  erklärungen  historischer  und  geographischer  namen  in  alphabetischer 
Ordnung  eingenommen.  Der  druck  ist  im  ganzen  correct.  p.  205  wird  der  fluss, 
an  dem  Loja  liegt,  Henil  geschrieben,  weshalb?  Man  kann  Xenil,  auch  Genil 
schreiben ,  wenigstens  spricht  der  Andalusier  stets  so  aus ;  die  Schreibung  Henil 
begegnet  uns  hier  zum  ersten  mal.  Sollte  damit  dem  Deutschen  die  ausspräche 
erleichtert  werden,  so  könnte  man  es  gelten  lassen,  p.  195  capitaz  für  capataz, 
p.  194  Garci  für  Garcia.  Wenn  Irving  p.  192  die  oft  wiederkehrende  anrede  der 
Spanier  hombre  durch  Zounds  wiedergiebt,  so  hätte  die  anmerkung  auch  über 
diese  wiedergäbe  etwas  sagen  können.  Die  ausspräche  der  wenigen  spanischen 
namen  ist  unbezeichnet  geblieben,  was  wir  für  keinen  grossen  fehler  halten.  Wir 
wünschen  dem  buche  eine  recht  weite  Verbreitung  auf  unsern  realschulen ,  für 
deren  untersecunda  es  vortreffliche  dienste  leisten  kann  und  wird. 

The    Alhambra    by  Washington   Irving.     Herausgegeben    von  C.  Th.   I-ion. 
1877.     XX4-282  p.     80.     M.  2,40. 

Dass  die  »Alhambra«  eine  herrliche  Schöpfung  ist,  kann  niemand  freudiger 
eingestehen  als  referent,  der  während  seines  dreijährigen  aufenthaltes  in  Andalusien 
gelegenheit  hatte,  die  Schilderung  von  land  und  leuten  wahr  und  fein,  die  wieder- 
gäbe und  gestaltung  der  leicht  gesponnenen,  von  arrieros  und  gitanos  colportirten 
volkssagen  treu  und  künstlerisch  zu  finden.  Auch  ist  von  ihm  in  Granada  selbst 
dieses  buch  einem  theil  seines  englischen  Unterrichts  zu  gründe  gelegt  worden. 
Gleichwol  hält  er  —  den  Vorwurf  der  inconsequenz  abwehrend  —  das  buch  für 
die  lectüre  unserer  realschulen  nicht  geeignet ,  weil  es  weit  besserem  und  noth- 
wendigerem  platz  machen  muss.  Das  buch  hat  seiner  zeit  auch  in  Deutschland 
grosses  Interesse  für  Spanien  erweckt,  aber  es  war  nicht  seine  schuld,  wenn  das 
Interesse  nur  vorübergehend  war.  Welche  bedeutung  haben  diese  schönen  phantasie- 
gebilde  für  unser  leben,  für  unsere  Jugend?  Selbst  die  landschaftlichen  und  volks- 
charaktere ,  die  gelegentlichen  Streiflichter ,  die  auf  das  sociale  leben  fallen ,  so 
bewundernswürdig  sie  sind ,  wir  können  ihre  kenntniss  bei  unserer  Jugend  ohne 
jeden  nachtheil  für  sie  vermissen.  Dazu  kommt,  dass  dem  schüler  bei  der  lectüre 
zweierlei  fremdartiges  zugleich  entgegentritt :  die  englische  spräche ,  mit  der  er 
noch  zu  wenig  vertraut  ist,  und  das  orientalisch-spanische  leben,  von  dem  er  fast 
nichts  kennt.  Um  der  phantasie  reizende  nahrung  zuzuführen,  braucht  man  doch 
nicht  gerade  etwas  von  unserm  gesichtskreis  so  weit  abliegendes  zu  wählen.  —  Die 
sehr  langathmige  skizze  »über  Washington  Irving's  leben  und  Schriften«  leidet  an 
Überladung  mit  oft  ganz  untergeordneten  einzelheiten ;  auch  hätte  sie  sorgfältiger 
stilisirt  werden  sollen.  Wir  lassen  nun  einige  bemerkungen  nach  der  reihe  der 
Seitenzahlen  folgen,  p.  2  zu  4)  his  eye  =  him,  also  object,  nicht  subject.  p.  3 
»to  indulge,  in  sich  hingeben,«  ist  undeutsch,  »sonst  wol  auch  reflexiv  gebraucht: 
let  me  indulge,  »man  möge  mir  verstatten«.  Hier  verführt  die  falsche  interpunction 
dazu,  indulge  an  dieser  stelle  für  reflexiv  zu  halten,     p.  4  contempt  of  effeminate 


Lehr-  und  Übungsbücher  für  die  englische  spräche.    V.  cj-j 

indulgences  nicht  Verachtung  weibischer  leidenschaften ,  \vie  der  herausgeber  will, 
sondern  weibischer  Verweichlichung.  —  »To  straggle ,  umherschweifen ,  zerstreut, 
einzeln  wandern,  ziehen;  vergl.  to  stray  und  deutsch  strecken.«  Was  soll  diese 
vergleichung ?  p.  5  «blunderbuss,  doppelbüchse« !  gemeint  ist  der  spanische 
trabuco ,  eine  art  kurzer  flinte  mit  weiter  auswärts  gebogener  mündung ;  damit 
erledigt  sich  auch  note  35,  wo  es  »trabuco  span.  Carabiner*  heisst.  —  »alforja  span. 
quersack,  felleisen;  vom  arab.  al-chorg«.  Wir  bemerken  nur,  dass  mit  diesem  buch 
nach  des  herausgebers  meinung  (p.  V)  der  schüler  zum  ersten  mal  an  die  lectüre  eines 
englischen  Schriftstellers  herangehen  soll,  —  p.  6,  48)  »barren  (von  bare,  bar,  bloss), 
unfruchtbar,  trocken«.  Woher  stammt  diese  etymologie?  p.  7  »inflections,  ab- 
wechselung  (der  stimme)«,  besser  biegung,  modulation.  —  p.  8  »griech.  chasma  von 
chaeno  (sie!),  gähne.«  Was  hilft  das  dem,  der  nichts  vom  Griechischen  versteht? 
»Worsted  (spr.  wurstid),  wollen.«  Das  r  ist  stumm.  —  »orange  spr,  orrensch  mit 
weichem  seh«,  der  r-laut  ist  zu  stark  bezeichnet.  —  p.  9,  weshalb  ging  der  heraus- 
geber bei  erklärung  der  bedeutung  von  to  perch  nicht  von  dem  subst.  aus;  er  liebt  ja 
die  ableitung  so  sehr,  dass  er  vor  Italienisch,  Spanisch,  Griechisch,  Angelsächsisch, 
Normannisch,  Dänisch,  Schwedisch,  Gothisch,  Arabisch  nicht  zurückschreckt !  Hier 
hätte  die  sich  auf  das  Neuenglische  beschränkende  etymologie  einen  adäquaten 
begriff  des  verbums  gegeben  und  der  schüler  hätte  für  watch-towers  perched  on 
lofty  peaks  selbst  eine  bessere  Übersetzung  finden  können,  als  »gegründet,  er- 
baut«. —  »mound  (angels.  mund,  lat.  mons),  dämm,  wall,  hügel.«  In  der 
etymologie  scheint  herr  dr.  Lion  Specialforschungen  gemacht  zu  haben.  Wenn  die 
Verwandtschaft  des  wortes  berücksichtigt  werden  sollte ,  musste  an  »mund«  in 
Vormund  erinnert  werden,  p.  11  »rateros ;  span  von  ratear  kriechen,  ratero 
kriechend;  daher  rateros  schleichdiebe.«  ratero  und  ratear  kommen  beide  von 
rata  her.  p.  12  »to  gossip  schwatzen  (nach  der  ableitung  erste,  aber  veraltete 
bedeutung  von  gossip  ist  gevatter).«  Weshalb  fehlt  hier  die  etymologie?  p.  13 
»redoubtable,  auch  ohne  b  geschrieben,  franz.  redoutable  von  redoute,  schanze, 
Sammelplatz  (reducere,  reductus),  schreckschanze.«  Bedarf  es  weiterer  belege,  um 
den  etymologischen  theil  der  anmerkungen,  der  als  ein  pädagogischer  fehlgriff 
bezeichnet  werden  muss,  auch  wissenschaftlich  als  unzuverlässig  zu  bezeichnen  ?  — 
p.  15  with  choice  Valdepefias  wine,  dazu  note  218:  »peha,  fels,  klippe.  Die 
kämme  in  dem  westlichen  cantabrischen  oder  dem  asturischen  gebirge  führen  meist 
den  namen  Penas.«  Wozu  diese  bemerkung?  Soll  der  schüler  daraus  auf  die 
läge  von  Valdepenas  schliessen?  Dieser  berühmte  weinort  liegt  südlich  von 
Manzanares  an  der  Strasse  nach  Jaen.  —  p.  22  Majo  kann  nicht  so  ohne  weiteres 
mit  Stutzer  übersetzt  werden,  es  lässt  sich  nicht  durch  ein  wort  wiedergeben,  daher 
hat  es  auch  Irving  im  texte  beibehalten:  »ein  mann  aus  dem  volke,  der  in  haltung, 
kleidung  und  benehmen  ein  freies  und  selbstbewusstes  wesen  zur  schau  trägt.«  — 
p.  24  enthält  die  anmcrkung  zu  in  the  time  of  the  French  Invasion  nur  die  etwas 
unbestimmte  notiz  »unter  Napoleon  I.«  —  p.  36  patio  ist  nicht  sowohl  ein  hof 
am  hause,  als  im  hause.  —  p.  47.  Die  erklärung  von  Dolores  wäre  besser  ganz 
unterblieben;  »die  schmerzensreiche«  ist  falsch.  Die  ausspr.iche  der  spanischen 
Wörter  ist  nicht  durchgängig  bezeichnet  und  die  der  englischen  nicht  frei  von  ver- 
sehen. —  Wir  wollen  hier  mit  unsern  anmerkungen  einhalten.  Der  herausgeber 
hätte  seine  eigene  erfahrung  befragen  sollen,  die  ihm  in  seiner  Stellung  doch  nicht 
fehlen  kann,    und  der  Versuchung  zu  glänzen,  die  ihm  sein  stofT  bot,  widerstehen 


5i8 


Litlcratur 


sollen.     Es   ist  eben  so  leicht,    anfängern    durch    fremdartiges    zu    imponiren,    als 
methodisch  verkehrt. 

Bracebridge-Iiall ;     or   The   Humorists.    A    Medley    by    Washington    Irving. 
Erklärt    von    C.  Th.   Lion.     Bd.  I.     1878.     223    p.     80.     M.    2,10.     Bd.    II. 

1879.     186  p.     80.     M.  1,80. 

Bracebridge  -  Hall  ist  eine  stattliche  reihe  von  Schilderungen  aus  dem  eng- 
lischen landleben,  personen  und  zustände  betreffend,  die  der  dichter,  dessen  stärke 
in  der  auffassung  und  wiedergäbe  des  einzelnen  beruhte,  nicht  organisch  zusam- 
mengefügt, sondern  nur  in  einen  nothdürftigen  rahmen  gebracht  hat,  damit  die 
skizzen  sich  in  ihrer  Vereinzelung  nicht  zerstreuen  möchten.  Die  composition  — 
die  ä  la  tausend  und  eine  nacht  eingeschalteten  novellen  verletzen  geradezu  den 
hauptcharakter  —  wäre  ihre  achillesferse,  wenn  nicht  Irving  selbst  auf  sie  so  wenig 
gewicht  gelegt  hätte.  Da  bekanntschaft  mit  den  englischen  Verhältnissen  bei  den 
Schülern  eine  angenehme  zugäbe  wäre,  so  werden  vielleicht  einige  anstalten  zu 
diesem  geistreichen  buche  greifen,  obschon  das  hier  geschilderte  zum  grösslen 
theil  antiquirt  ist,  ja  vieles  schon  zu  des  autors  zeiten  antiquirt  war,  der  einige 
alte  prachtstücke  in  seiner  gallerie  anbringen  wollte.  Zu  bedenken  wird  immer 
sein,  ob  die  Jugend  der  porträtmalerei  wirklich  das  nöthige  verständniss  entgegen 
bringt,  und  welcher  nutzen  ihr  aus  der  bekanntschaft  mit  diesen  Aktionen  erwach- 
sen kann.  Der  herausgebet  will  auch  mit  diesem  werke  die  englische  lectüre 
beginnen.  Mir  scheint  das  nicht  rathsam.  Schon  der  Wortschatz  des  autors  ist 
viel  zu  reichhaltig.  Der  anfänger  kann  das  lexikon  keinen  augenblick  aus  der 
hand  legen  und  prägt  seinem  gedächtnisse  Wörter  ein,  für  die  er  keine  Verwen- 
dung findet,  während  er  viele  nothwendige  noch  nicht  besitzt.  Und  das  sujet  — 
de  Omnibus  rebus  et  de  quibusdam  aliis  —  leistet  der  jugendlichen  Zerstreutheit 
bedenklichen  Vorschub.  Doch  nun  zum  einzelnen.  Der  biographische  abriss  ist 
aus  der  Alhambra  unverändert  herübergenommen.  Auch  hier  zeigt  sich  in  sehr 
störender  weise,  wenn  auch  nicht  so  oft,  bei  gelegenheit  der  etymologien  eine 
ungebührliche  gelehrsamkeit :  griech.  — aber  memento  wird  übersetzt  —  ags.,  got., 
afr.,  norm.,  ital.,  ahd.  Wörter  werden  zum  beweis  der  abstammung  citirt.  Es 
werden  natürlich  nur  die  schwierigen  Wörter  behandelt,  von  den  übrigen  wird  wol 
der  Schüler  schon  das  nöthige  wissen.  Einige  curiosa  fehlen  auch  hier  nicht, 
p.  50  »minuet,  frz.  menuet,  menuett  (von  mener:  führtanz)«,  p.  58  »revelry 
(lärmende)  lustbarkeit  (vom  lat.  rabio)«  statt  rabies,  wie  Scheler  will,  oder  rebellare 
—  das  ich,  da  die  sache  doch  zweifelhaft  scheint,  auch  aus  pädagogischer  rück- 
sicht  bevorzugen  würde  —  nach  Diez.  p.  79  »mess  (frz.  mets,  lat.  mensa)  tisch, 
insbesondere  regimentstisch.«  p.  187  »to  chill  (lat.  gelu,  frz.  geler)  gefrieren,  er- 
starren machen«,  dies  könnte  vielleicht  auch  der  schüler  bereits  corrigiren,  p.  198 
auto  da  fe  ist  nicht  span.  sondern  port.  Den  kleinen  excurs  über  namby-pamby 
wollen  wir  hier  hersetzen,  p.  77  »namby-pamby  bezeichnet  als  subst.  und  adi. 
weichliche  Sentimentalität.«  Das  wort  wird  übereinstimmend  für  eine  scherzhafte 
entstellung  des  namens  Ambrose  Phillips  gehalten,  »Another  of  Addison's  favou- 
rite  companions  was  Ambrose  Phillips ,  a  good  whig  and  a  middling  poet,  who 
had  the  honour  of  bringing  into  fashion  a  species  of  composition,  which  has  been 
called  after  his  name,  Namby- Pamby.«  Macaulay.  Demnach  haben  wir  uns  die 
entstehung  des  wortes  so  zu  denken ;  man  suchte  nach  einer  passenden  bezeich- 
nung  für  eine  weichlich-sentimentale  Schreibweise ,    und   da   zufällig   der  name  des 


Lehr-  und  Übungsbücher  für  die  englische  spräche.    V.  ein 

Schriftstellers,  der  sich  darin  hervorthat,  die  bequemsten,  am  leichtesten  auszu- 
sprechenden buchstaben  des  alphabets  m,  b,  p  (papa,  mama)  bot,  so  war 
damit  das  wort,  das  an  und  für  sich  demnach  nur  als  onomatopoetisch 
(naturlaut)  zu  erklären  ist,  um  so  leichter  gefunden:  in  gleicher  weise  erklärt 
sich  das  gleichbedeutende  »nimini-pimini«.  Die  erklärung  ist  weder  richtig  noch 
klar.  —  Der  grammatik  hat  der  herausg.  nicht  dieselbe  aufmerksamkeit  gewidmet, 
sondern  sich  öfters  auf  andeutungen  beschränkt,  so  p.  5°^')  P-  5^^^  ^tc.  Bei  to 
drink  in  a  glass  ist  das  in  nicht  instrumental  (p.  45),  sondern  rein  local  zu  fassen; 
der  hinweis  auf  den  frz.  Sprachgebrauch  fehlt,  p.  33  I  hke  his  hobby  passing 
well  wird  his  hobby  passing  »sein  steckenpferdreiten»  übersetzt,  während  passing 
abverbial  gebraucht  ist,  wie  es  von  Shakespeare  bis  in  unsere  zeit  oft  genug  zu 
finden  ist;  cf.  übrigens  p.  112.  p.  56  ist  bei  to  sky-lark  it  der  merk\vürdige  ge- 
brauch von  it  übergangen  worden,  während  der  bedeutung  des  verbums  fast 
6  Zeilen  gewidmet  sind.  p.  91  yclept  »genannt»,  nichts  weiter.  —  Die  ausspräche 
hätte  ebenfalls  sorgfältiger  behandelt  werden  können,  so  liest  man  h^resy ,  — 
shire  =  sh^re,  wobei  ^  =  ih  in  h^,  mh  etc.  —  In  der  auffindung  passender  über- 
setzungswörter  ist  der  herausgeber  oft  nicht  sonderlich  glücklich  gewesen;  p.  39 
wiry  »eig.  von  dralit,  vom  körperbau:  gedrungen«.  Was  soll  das  fragezeichen 
hinter  yard  ruthe  p,  49?  Ein  zweifei  ist  hier  doch  ganz  unmöglich,  p.  5'  sweet 
bags  »säckchen».  —  Die  sachlichen  bemerkungen  sind  zwar  zahlreich  genug,  bei 
der  buntheit  des  Inhalts  konnte  das  auch  nicht  anders  sein ;  allein  öfters  enthalten 
sie  gerade  das  nicht,  worauf  es  ankommt,  so  p.  3833,  3836,  4323,  wo  der  Inhalt 
der  Pamela  angegeben  werden  musste;  p.  68  abigail  »kammermädchen  (böses 
weib)«.  Hat  der  herausgeber  le  verre  d'eau  nicht  gelesen?  Es  hätte  auch  ver- 
wiesen werden  müssen  auf  I.  Samuel.  25.  p.  81 10  wäre  Chaucer  ebenso  erwäh- 
nenswerth  gewesen  wie  Boccaccio,  Hans  Sachs  wird  genannt,  aber  nicht  Fried. 
Halm,  dessen  Griseldis  einige  schüler  vielleicht  schon  auf  der  bühne  gesehen  haben. 
Die  autoren,  aus  denen  Irving  die  kapitelüberschriften  gewählt  hat,  hat  Lion  grund- 
sätzlich übergangen.  —  Wir  hätten  es  lieber  gesehen,  wenn  einige  stellen  aus  dem 
texte  ausgeschieden  worden  wären,  die  in  die  schule  nicht  gehören,  zumal  sie  sich 
nirgends  so  leicht  beseitigen  lassen;  so  vor  allem  p.  78  von  I  saw  him  —  playing 
the  mischief  with  the  girl  und  der  ganze  XII.  abschnitt:  Wives.  —  Im  zweiten 
bände  ist  der  herausgeber  mit  den  anmerkungen  weit  sparsamer  gewesen.  Er  ge- 
fällt weit  mehr.  p.  32  »he  had  been  horsed  es  war  auf  ihm  geritten ,  bildlicher 
ausdruck  zur  bezeichnung  sclavischen  gehorsanis«  ist  irrthümlich ;  to  horse  bezeich- 
net eine  schulstrafe,  und  kann  mit  »auspeitschen«  übersetzt  werden.  —  p.  139 
»sheet  fläche,  daher  sheeted  rain  platzregen«  ;  wird  der  schüler  nun  sheeted  rain 
richtig  verstehen? 

Letters  of  Lady  Mary  Wortley  Montagu.     Erklärt  von  dr.  II.  Lambeck.     1S78. 
227  p.     80.     M.  2,10. 

»Wie  ich  von  competenter  seile  erfahren ,  ist  innerhalb  der  letzten  zwanzig 
jähre  keine  neue  ausgäbe  der  »Letters  of  Lady  Montagu ^  in  deutschland  erschienen. 
Gleichwohl  verdienen  dieselben  keineswegs  der  Vergessenheit  anheimzufallen,  und 
dürfte  durch  die  creignisse  der  neuesten  zeit ,  den  russisch  -  türkischen  krieg,  in 
manchem  jugendlichen  leser  der  wünsch  rege  geworden  sein,  jenes  volk  des  Orients, 
dessen  sitten  von  den  unsrigen  in  vieler  beziehung  gar  sehr  abweichen,  und  heute 
noch  im  wesentlichen  dieselben  sind,    wie   sie  vor   hundert  jähren  waren,   in  einer 


520 


Litteratur 


auf  eigene  beobachtung  und  vorhergegangenes  Studium  gestützten  darstellung 
kennen  zu  lernen.«  Mit  diesen  worten  führt  der  herausgebet  sein  buch  ein.  Aber 
erstens  ist  es  in  der  pädagogik  aus  gutem  gründe  wol  nicht  brauch,  den  wünschen 
der  Zöglinge  in  so  wichtigen  fragen,  wie  die  die  wähl  des  lesestoffes  betreffende, 
entscheidende  rechnung  zu  tragen.  Zweitens  scheint  es  höchst  gefährlich,  den 
einfluss  politischer  constellationen  in  die  schule  zu  leiten.  Wir  bezeichnen  daher 
jene  molivirung  als  nicht  hinreichend.  Auch  glauben  wir  nicht,  dass  der  nach- 
weis  von  der  Innern  vortrefflichkeit  gelingen  wird,  um  diesem  buche  einen  blei- 
benden platz  in  dem  schul-repertoire  zu  vindiciren.  Weder  der  gegenständ  noch 
die  desultorische  und  oberflächliche  behandlung  desselben,  welche  der  briefform 
anhaftet,  berechtigen  es  zu  solcher  auszeichnung.  Der  fliessende  und  elegante  stil 
spricht  um  so  weniger  entscheidend  zu  seinen  gunsten,  als  es  nicht  an  lesens- 
wertheren  werken  fehlt,  welche  dieselben  eigenschaften  besitzen.  Die  dem  con- 
versationston  nahe  stehende  spräche  möchte  vielleicht  als  ein  hoher  vorzug  geltend 
gemacht  werden;  doch  bedenke  man,  dass  die  schule  dieser  praktischen  seite  der 
spräche  doch  nur  untergeordnete  bedeutung  beilegen  kann.  Der  grösste  theil  der 
noten  beschäftigt  sich  mit  der  etymologie.  Der  herausgeber  hat  das  hervortreten 
dieses  elementes  als  ein  Charakteristikum  seiner  behandlungsweise  dargestellt  und 
sich  selbst  darüber  in  der  vorrede  geäussert.  Dass  die  schüler  etymologischen 
demonstrationen  mit  interesse  (oder  neugier)  folgen,  kann  jeder  ohne  erfahrung 
glauben.  Es  verhält  sich  damit  genau  ebenso  wie  mit  den  physikalischen  und 
chemischen  experimenten.  Dagegen  fragt  sich,  wieviel  sie  von  dem  vorgetragenen 
behalten,  und  wieviel  zeit  solche  —  doch  nicht  ganz  einfache  auseinandersetzungen 
beanspruchen.  Herr  dr.  Lambeck  beabsichtigt  hauptsächlich  zweierlei :  er  will  dem 
Schüler  das  lernen  der  vocabeln  erleichtern  und  die  erkenntnis  von  der  organischen  be- 
schaffenheit  der  spräche  beibringen.  Beide  absiebten  sind  sehr  lobenswerth  und  auch 
erreichbar;  nur  muss  man  sich,  um  die  erste  zu  erreichen,  auf  das  dem  schüler 
bekannte  sprach-  und  sogar  vocabelgebiet  beschränken.  Wer  aber,  wie  der  heraus- 
geber, einen  tertianer  oder  secundaner  mit  so  bunten  dingen  bestürmt,  wie  p.  144  zu 
chimneys  »kamin,  Schornstein,  frz.  cheminee,  älter  chimenee,  mlat.  caminata,  ein 
mit  einer  feuerstätte  (gr.  xü^ivog  (kaminos)  brennofen  ==  dxu-tvos  (akm-ino-s) 
skr.  agman-ta  ofen)  versehenes  gemach,  mhd.  kemenäte,  kemnäte«  ,  der  lebt  in 
starken  illusionen,  wenn  er  damit  eine  erleichterung  geschaffen  zu  haben  glaubt. 
Um  die  Zusammengehörigkeit  der  sprachen  zu  demonstriren,  bedarf  es  doch  auch 
keiner  so  weiten  übergriffe  über  das  gebiet  der  schule  hinaus;  mit  lat.,  frz.,  engl., 
nhd.  und  mhd.,  das  letztere  nur  zur  aushilfe,  kann  der  geschickte  lehrer  das  er- 
reichen, was  auf  der  schule  überhaupt  erreichbar  ist.  Wird  innerhalb  dieser  ge- 
biete das  verwandte  hervorgehoben,  erklärt  und  ausgenutzt ,  so  wird  der  schüler, 
dessen  geist,  wie  die  erfahrung  lehrt,  oft  nur  zu  sehr  zu  analogieschlüssen  neigt, 
schon  die  feste  Überzeugung  von  der  Verwandtschaft  der  sprachen  untereinander 
erlangen.  Vor  allem  aber  muss  es  als  verkehrt  bezeichnet  werden ,  wenn  man  in 
der  schule  fälle,  über  die  adhuc  sub  judice  lis  est  oder  die  besondere  Schwierigkeiten 
bieten  und  darum  in  gelehrten  werken  besondere  berücksichtigung  erfahren  haben, 
vorzugsweise  behandelt,  wie  diese  noten  es  zum  theil  thun ;  das  heisst  den  grund- 
satz  verkennen,  dass  das  einfachste  das  instruktivste  ist.  Um  einen  begriff  zu  geben 
von  dem  umfange  des  Sprachgebietes,  welches  der  herausgeber  in  contribution 
setzt,  geben  wir  einen  auszug  aus  den  »abkürzungen«  :  ags.,  ahd.,  altengl.,  afr., 
altnord.,   arab.,   dän.,  dtsch.,  engl.,   fr.,  goth.,   gr.,  hebr.,  it.,  lat.,  mhd.,  mlat.,  ndd., 


Lehr-  und  Übungsbücher  für  die  englische  spräche.    V.  e  2  I 

nhd.,  nfr.,  pers.,  pg.,  pr.,  rom.,    skr.,   sp.    —    Es  darf  nicht   mit   schweigen  über 
gangen  werden,  dass  grosser  fleiss  auf  die  adnotation  verwendet  ist,   der  sich  auch 
in  den  sachlichen  bemerkungen  zeigt. 

The  Prisoner  of  Chillon,  a  fable  by  Lord  Byron.  Herausgegeben  und  mit  an- 
merkungen  versehen  von  F.  Fischer.      1877.     20  p.     8°.     AL  0,30. 

Dass  Byron,  dessen  hochfliegende  gedanken,  dessen  gewaltige  gefühle,  dessen 
kühne,  oft  dunkele  ausdrucksweise,  dessen  melodische  spräche  ihn  den  grössten 
dichtem  aller  zeiten  zuzuzählen  nöthigen,  dennoch  wegen  seiner  unhaltbaren  und 
der  Jugend  besonders  gefährlichen  Weltanschauung,  von  der  schule  ausgeschlossen 
bleiben  muss,  ist  für  den  englischen  Unterricht  nicht  genug  zu  beklagen.  Um  den 
primaner  wenigstens  nicht  ganz  unbekannt  mit  dem  grossen  Britten  zu  lassen,  hat 
man  kleinere  gedichte ,  welche  von  dem  bittern  weitschmerz  weniger  inficirt  sind 
und  doch  genug  von  der  eigenart  des  dichters  haben,  gewählt.  Unter  diesen  ist 
besonders  der  gefangene  von  Chillon.  Diese  einzelausgabe  ist  daher  gewiss  vielen 
willkommen.  Der  herausgeber  beginnt  mit  einer  concisen  »biographischen  notiz« 
und  lässt  darauf  »einleitendes«  über  Chillon  und  Bonnivard  folgen.  In  den  an- 
merkungen  beschränkt  er  sich  in  den  weitaus  meisten  fällen  auf  kurze  Übersetzungen 
schwieriger  ausdrücke,  die  wol  nicht  jedem  zusagen  werden.  —  Wir  wollen  hier 
nur  noch  hinweisen  auf  den  Widerspruch,  der  zwischen  dem  gedanken  des  Sonnet 
on  Chillon  und  dem  schluss  des  gedichtes  besteht.  Das  erste  beginnt  mit  einer 
dithyrambischen  Apostrophe  an  die  Freiheit : 

Brightest  in  dungeons,  Liberty!  thou  art, 

For  there  thy  habitation  is  the  heart 

The  heart  which  love  of  thee  alone  can  bind ; 
Und  das  gedieht,  das  nicht  ohne  einwirkung  auf  Chamisso  (in  Salas  y  Gomez) 
geblieben  ist,  schliesst  so : 

My  very  chains  and  I  grew  friends, 

So  much  a  long  communion  tends, 

To  make  us  what  we  are  —  even  I 

Regained  my  freedom  with  a  sigh.  — 
Das  gedieht  eignet  sich  sehr  gut  zu  einer  ferienlectüre. 

Lord  Clive  und  Warren  Hastings,  die  gründer  des  indo -britischen  reiches.  Zwei 
essays  von  Thomas  Babington  Macaula y.  Für  die  oberen  klassen 
höherer  lehranstalten  bearbeitet  von  K.  Böddeker.  Mit  einer  karte  von 
H.  Kiepert.     1876.     XII.     284  pg.     80.     M.  2,70. 

We  have  always  thought  it  stränge  that ,  while  the  history  of  the  Spanish 
empire  in  America  is  familiarly  known  to  all  the  nations  of  Europe,  the  great 
actions  of  our  country  men  in  the  East  should,  even  among  ourselves,  excite  little 
interest.  Every  schoolboy  knows  who  imprisoned  Montezuma,  and  who  strangled 
Atahualpa.  But  we  doubt  wether  one  in  ten ,  even  among  English  gentlemen  of 
highly  cultivated  minds ,  can  teil  who  won  the  battle  of  Buxar,  who  perpetrated 
the  massacre  of  Patna,  whether  Surajah  Dowlah  ruled  in  Oude  or  in  Travancore, 
er  whether  Holkar  was  a  Hindoo  or  a  Mussulman.  Diese  worte  Macaulays  zeigen 
auch  eine  bedauerliche  lücke  in  unserer  allgemeinen  bildung  auf,  und  die  beiden 
essays,  die  so  vorzüglich  geeignet  sind,  die  lücken,  welche  der  geschichlsunterricht 


522 


Litteratur 


gewöhnlich  lässt,  auszufüllen,  sind  schon  um  dieserhalb,  abgesehen  von  ihrer 
vollendeten  darstellung,  ein  trefflicher  lectUrestoff.  Den  ersteren  hält  der  heraus- 
geber  für  secunda  besonders  geeignet,  während  er  den  andern  für  die  prima  reser- 
viren  will.  Wir  stimmen  dieser  theilung  bei,  denn  in  Warren  Hastings  sind  die 
Verhältnisse  weit  schwieriger  und  complicirter,  nur  wird  man  nicht  gut  den  zweiten 
lesen,  ohne  den  ersteren  gelesen  zu  haben.  —  Die  biographischen  notizen  über 
Macaulay  sind  gar  zu  dürftig;  es  wäre  wünschenswerlh  gewesen,  dass  dem  doch 
schon  reiferen  schüler  das  immer  interressante  bild  von  dem  rastlosen  wissen- 
schaftlichen leben  des  ausserordentlichen  mannes  in  breitem  zügen  entworfen  wäre. 
Die  »einleitung«  p.  XI — XV  enthält  in  kurzen  umrissen  die  geschichte  Indiens  bis 
Clive.  —  W^eshalb  der  herausgeber  die  ganze  einleitung  Macaulay's  bis:  had  scar- 
cely  ever  produced  a  man  more  truly  greal  either  in  amis  or  in  Council  wegge- 
lassen hat,  ist  uns  nicht  ganz  klar,  zumal  da  er  p.  41  doch  auf  Malcolm  und  sein 
buch  zurückkommen  muss.  Zur  bessern  übersieht  ist  die  biographie  in  abschnitte 
zerlegt,  deren  erster  »Clive's  Jugend  bis  zum  beginn  seiner  militärischen  laufbahn 
1725 — 46«  überschrieben  ist,  der  zweite:  »Clive  als  fähndrich.  Politische  läge 
Indiens  um  1750«,  der  dritte:  »Clive  zum  zweiten  male  soldat.  Kampf  der 
Engländer  mit  den  Franzosen  um  die  herrschaft  in  Indien  1750—53»,  der  vierte: 
»Clive  in  England  1753—55",  die  fünfte:  »Begründung  der  englischen  herrschaft 
in  Bengalen  (schlacht  bei  Plassey)  1755—60«,  der  sechste:  »Clive's  zweiter  aufent- 
halt  in  England.  Wirren  in  Bengalen  1760 — 64«,  der  siebente:  >Lord  Clive  zum 
letzen  male  in  Indien.  Reformen.  Mai  1765  —  Januar  1767»,  der  achte:  »Lord 
Clive's  letzte  rückkehr  nach  England  und  sein  tod  1767 — 74«.  Eine  ähnliche 
gliederung  findet  sich  im  zweiten  essay.  —  Die  grammatischen,  synonymischen 
und  begriffentwickelnden  anmerkungen  verdienen  lob,  nicht  minder  der  umstand, 
dass  der  herausgeber,  der  seine  gelehrsamkeit  bereits  an  anderen  orten  zur  genüge 
bewiesen  hat,  bei  den  etymologien,  die  er  gelegentlich  einstreut ,  auf  dem  terrain 
der  schule  bleibt.  Ans  ende  des  buches  (p.  224 — 74)  sind  die  historischen  und 
sachlichen  bemerkungen,  die,  wie  man  sieht,  recht  reichlich  ausgefallen  sind,  ver- 
wiesen.    Die  specialkarte  von  Kiepert  ist  eine  schätzenswerthe  beigäbe. 

The    Lady    of    the    Lake    by    Sir    Walter    Scott.      Erklärt    von    H.     Löwe. 
1878.     209  p.     80.     M.  1,80. 

Unter  Scott's  dichtungen  in  gebundener  rede  nimmt  the  Lady  of  the  Lake  ent- 
schieden den  ersten  rang  ein.  Das  schottische  hochland  tritt  uns  hier  in  meister- 
hafter Schilderung  entgegen,  die  composition  ist  nicht  weniger  bewundemswerth 
als  das  colorit,  und  die  poetische  Stimmung  bleibt  durchweg  auf  derselben  höhe 
der  Verklärung.  Auch  die  form,  in  der  Scott  weit  von  der  meisterschaft  Byron' s 
entfernt  ist,  zeigt  nicht  mehr  die  Unebenheiten  wie  im  Lay  of  the  last  Minstrel. 
Es  kann  nur  erspriesslich  sein,  so  vortreffliche  repräsentanten  einer  hohen  gattung 
der  Jugend  vorzuführen.  —  Als  einleitung  dient  «Introduction  to  edition  1830«. 
Zur  Interpretation  konnte  der  herausgeber  die  sehr  verdienstliche  ausgäbe  W. 
Wagner's  benutzen ;  er  hat  es  auch  nicht  unterlassen,  von  dem  seinigen  dazuzuthun. 
Namentlich  gehören  ihm  eine  reihe  von  etymologien.  W^enn  sich  bei  diesen 
auch  die  ags.  gelehrsamkeit  nicht  gar  zu  sehr  hervordrängt,  so  wäre  sie  doch 
besser  ganz  unterdrückt  worden.  Auch  missfallen  so  unbestimmte  Wendungen  wie 
»verwandt  mit«,  »erinnert  an«,  zumal  sie  nicht  immer  denselben  grad  der  Ver- 
wandtschaft bezeichnen.     Oefters   liest   man    »die  herkunft  des  wortes  ist  dunkel». 


Lehr-  und  Übungsbücher  für  die  englische  spräche.    V.  523 

Dies  kann  der  lehrer  leicht  erfahren,  dem  schüler,  für  den  diese  anmerkungen  doch 
in  erster  linie  bestimmt  sind,  dürfte  auch  noch  manches  andere  dunkel  sein.  Die 
Verweisungen  auf  das  Lay  of  the  last  Minstrel  ed.  Henkel  helfen  dem  schüler 
■wol  auch  nichts,  da  schwerlich  beide  epen  in  der  schule  gelesen  werden  dürften. 
—  In  der  Übersetzung  schwieriger  ausdrücke  hat  der  herausgeber  oft  zu  viel  gethan, 
vor  allem  durfte  die  grundbedeutung  niemals  fehlen.  Ich  \\ürde  mich  principiell 
auf  die  erklärung  des  idiomatischen  beschränken  und  die  wähl  des  passenden 
Wortes  der  arbeit  des  schülers  überlassen,  der  schon  zu  einer  gewissen  herrschaft 
über  seine  muttersprache  gelangt  sein  muss.  I,  354  ^  Step  more  true  nicht  »natür- 
lich, leicht»,  sondern  »sicher,  verlasssam«.  I,  521  zwischen  portico  und  porch 
besteht  doch  ein  synonymer  unterschied,  etc.  Bei  den  archaismen  hätte  wol 
Shakespeare  durchgängige  berücksichtigung  verdient.  I,  616  hätten  wol  die  namen 
der  drei  nornen  aus  Völuspa ,  20  angeführt  sein  können:  Urd,  Skuld,  Werdandi. 
II,  513  hätten  die  verbalen  Zusammensetzungen  mit  out  im  Zusammenhang  be- 
trachtet werden  sollen,  und  so  der  unterschied  klar  gemacht  werden  zwischen 
bildungen  wie  to  out-herod  und  to  ut-beggar.  II,  235  jeopardy  »gefahr,  ist  das  frz. 
jeu  parti  getheiltes  spiel»,  soll  das  genügen?  Ueberhaupt  wird  der  lehrer  noch 
genug  hinzuzufügen  haben;  doch  das  ist  kein  fehler,  und  für  das  gegebene  wird 
man  im  ganzen  dankbar  sein.  Besonders  verdient  es  hervorgehoben  zu  werden, 
dass  der  herausgeber  einige  male  auf  die  kunst  der  composition  hingewiesen  hat; 
es  hätte  noch  öfter  geschehen  können.  Solche  bemerkungen  fördern  die  rechte 
Würdigung  der  dichtung,  erhöhen  den  genuss  und  sind  auch  für  die  freie  dar- 
stellung  des  schülers  von  nutzen.  —  Der  behandlung  des  reimes  ist  hinreichende 
beachtung  zu  theil  geworden. 

The  Lay    of  the   Last   Minstrel   by  Sir  Walter    Scott.     Herausgegeben  von  dr. 
Wilhelm  Henkel.     1878.     XXXII  u.   123  p.     80.     M.  1,50. 

The  Lay  of  the  Last  Minstrel  steht  weit  hinter  The  Lady  of  the  Lake 
zurück.  Die  oft  wechselnde  form,  das  wunderbare,  von  dessen  glaubhaftigkeit 
uns  die  kraft  des  dichters  nicht  hat  überzeugen  können,  beeinträchtigen  die  Wir- 
kung bedeutend.  Auch  das  landschaftliche  element  tritt  nicht  in  so  scharfen  um- 
rissen hervor.  Da  nun  das  bessere  mit  recht  der  feind  des  guten  ist,  so  wird 
man  die  ^^Jungfrau  vom  see«  dem  »Liede  des  letzten  Minstrelc  vorziehen.  —  Die 
»einleitung«  p.  IV — XVIII  giebt  einen  abriss  von  Scott's  leben.  Darauf  folgt 
»Introduction  to  edition  i830<f.  p.  XIX — XXXI.  Dem  commentar  >liegen  zunächst 
die  bei  wiederholter  lectüre  des  Lay  in  Prima  gemachten  erfahrungen  zu  gründe«. 
Herr  dr.  Henkel  ist  ordentlicher  lehrer  am  grossherzoglichen  gj'mnasium  zu  Jena, 
so  erklären  sich  die  vielen  griechischen  wörter  und  Wendungen ,  die  der  heraus- 
geber bei  den  etymologien ,  der  erklärung  von  grammatikalien  und  der  Unter- 
scheidung von  synonymen  heranzieht.  Die  sachlichen  erklärungen  genügen.  Zu 
der  anmerkung  I,  269,  welche  den  herausgeber  selbst  nicht  befriedigt,  setzen  wir 
folgendes  hinzu:  benefit  of  clergy  =  the  exemption  of  the  persons  of  clergymen 
from  criminal  process  before  a  secular  judge ,  —  a  privilege  which  was  extended 
to  all  who  could  read,  such  persons  being,  in  the  eye  of  the  law,  clerici  or  Clerks. 
This  privilege  was  abridged  and  modified  by  various  Statutes,  and  finally  abolished 
in  the  reign  of  George  IV.  Webster  s.  v.  clergy.  Auch  über  acton  II,  61  giebt 
derselbe  lexicograph    die    nöthige    aufklärung    nach    Halliwell:     A    quilted    leathcr 


524 


LitleraUir 


jackct  üften  worn  ander  a  coat  of  mail.      Der  grösstc   mangel  dieser  ausgäbe  sind 
die  vielen  druckfehler  im  text  und  in  den  anmerkungen. 

A  Christmas  Carol  in  prose,  being  a  Ghost-Story  of  Christmas  by  Charles 
Dickens.  Herausgegeben  und  mit  anmerkungen  versehen  von  F.  Fischer. 
1877.     87  p.     80,     M.  0,75. 

Unter  den  Schriftstellern ,  welche  der  Victorian  period  angehören ,  wird  an 
weitleuchtenden  rühm  Dickens  von  keinem  überstrahlt;  seine  popularität  reicht  bis 
an  das  ende  de^  civilisirten  weit.  Schon  diese  thatsache,  zumal  sie  in  dem  wirk- 
lichen verdienst  des  dichters  begründet  ist,  Hesse  es  wünschenswerth  erscheinen, 
die  Schüler  auf  der  obersten  Stufe  durch  sorgfältige  Interpretation  einer  novelle 
desselben  in  das  Studium  seiner  werke  einzuführen.  Dazu  kommt  nun  aber  noch, 
dass  die  humoristische  darstellungsweise  und  namentlich  die  spräche  so  eigenartig 
ist,  dass  nur  durch  eine  tüchtige  anleitung  das  verständniss  ohne  nachhilfe  ange- 
bahnt werden  kann.  Wir  halten  es  im  Interesse  der  gründlichen  kenntniss  der 
englischen  spräche  für  durchaus  wünschenswerth,  dass  etwas  von  Dickens  auf  der 
schule  gelesen  werde.  Die  aufgäbe,  die  damit  an  den  lehrer  gestellt  wird,  ist 
allerdings  eine  ausserordentlich  schwierige.  Denn  es  gehört  dazu  eine  sehr  um- 
fassende kenntniss  der  spräche,  der  sitten,  des  lebens,  der  einrichtungen  und  locahtäten 
Londons,  und  nur  wenige  lehrer  haben  lange  genug  in  der  hauptstadt  gelebt  und 
ihre  zeit  dem  modernen  England  gewidmet,  um  dieser  aufgäbe  gewachsen  zu  sein. 
Die  weihnachtsmährchen  empfehlen  sich  zu  einer  einleitenden  lectüre  nicht  nur 
wegen  ihres  massigen  umfanges,  sondern  auch  als  eine  von  Dickens  geschaffene 
gattung.  Von  der  weihnachtsballade  giebt  es  zwei  recht  gute  ausgaben :  die  von 
dr.  Riechelmann,  Teubner  1873,  welche  also  Fischer  schon  benutzen  konnte  und 
die  von  dr.  Immanuel  Schmidt,  Spener'sche  buchhandlung  1879.  Auf  diese  wer- 
den wir  später  einmal  zurückkommen,  jetzt  wenden  wir  uns  zu  der  vorliegenden. 
Sie  beginnt  mit  einer  sehr  kurzen  »biographischen  notiz»  über  den  Verfasser  p.  5 
und  6.  Die  anmerkungen  beschränken  sich  auf  die  Übersetzung  einzelner  aus- 
drücke und  Wendungen  und  etliche  Sacherklärungen.  Das  besondere  der  Dickens- 
schen  spräche  ist  zu  wenig  berücksichtigt  worden,  p.  8  wird  stave  mit  »vers« 
übersetzt,  Stollen  oder  strophe  entsprechen  besser,  p.  10  cut  up  »angethan«, 
wol  =  affectus,  ergriffen,  wiry,  nicht  »borstig« ,  sondern  =  thin  and  pointed  as 
vrire  (Riechelmann),  p.  12  dead  against  you  nicht  »als  todtes  kapital«,  denn 
dead  ist  adverbial  wie  in  dead  ahead,  vollständig,  geradezu,  direct.  p.  33  des- 
pondent  poplar  nicht  »gedrückt«,  sondern  jammervoll,  kläglich,  p.  38  hätte  der 
tanz  eine  ausführliche  beschreibung  verlangt ;  ohne  dieselbe  bleibt  die  stelle  un- 
verständlich, p.  39  cork-screw,  thread-the-needle  »kunstausdrücke  beim  tanz«, 
aber  was  bedeuten  sie?  p.  43  wooden  platter  »flaches  holz«,  weshalb  nicht  höl- 
zerne Schüssel?  p.  45  acquainted  with  a  move  or  two  »gehörig  bescheid  wissen«, 
ist  damit  etwas  erklärt?  p.  68  left  it  to  his  Company  »seinen  geschäftstheilhabern«, 
falsch,  Scrooge  hatte  ja  nach  Marley's  tode  keinen,  cf.  Riechelmann  p.  78.  p.  69, 
die  den  pall-bearers  vom  undertaker  gelieferten  black  gloves  werden  nicht 
zurückgegeben,  p.  72  why  wasn't  he  natural  in  his  lifetime?  natural  »liebevoll«; 
das  hätte  der  schüler  doch  besser  übersetzt.  —  Diese  ausgäbe  hat  an  den  beiden 
oben  genannten  zwei  gefährliche  rivalen.  — 


Lehr-  und  Übungsbücher  für  die  englische  spräche.    V.  e2e 

The  Cricket   on    the  Hearth.      A   Fairy  Tale   of  Home    by   Charles    Dickens. 

Herausgegeben  und  mit  anmerkungen  versehen  von  F  .Fischer.     1877.     90  p. 

8°.     M.  0,90, 

Dieses  mährchen  erfreut  sich  mit  recht  fast  derselben  popularität  wie  das 
eben  besprochene.  Die  behandlung,  die  es  von  selten  des  herausgebers  erfahren 
hat,  ist  dieselbe  wie  oben  bezeichnet.  Wenn  er  auch  hervorhebt  (p.  3),  »dass  das 
stück  in  erster  reihe  um  seines  Inhaltes  willen  gelesen  werden  soll« ,  so  war  er 
damit  doch  nicht  der  mühe  überhoben,  die  philologische  seile  seiner  aufgäbe  in 
gründlichster  weise  zu  behandeln  und  durfte  dem  schüler  die  fruchte  seines  Studiums 
der  londoner  Umgangssprache  und  der  seines  autors  nicht  vorenthalten.  Der 
schullectüre  darf  die  philologische  basis  nicht  fehlen.  —  Hier  sind  noch  einige 
bemerkungen  zu  den  foot-notes:  p.  7  naturally  positive  von  natur  »hartnäckig«, 
wol  vorzuziehen  »rechthaberisch«,  p.  9  like  a  something  wiry  »ein  unwidersteh- 
liches etwas;  wiry  aus  draht«,  soll  wiry  hier  mit  unwiderstehlich  wiedergegeben  sein? 
man  übersetzt  am  besten  wol :  gleich  etwas  wie  draht.  The  kettle  began  to  spend 
the  evening,  der  kessel  »begann  gemüthlich  zu  werden«,  besser:  den  abend  zu 
geniessen.  Maudlin  nightingale,  nicht  »hässlich«,  vielmehr  »klagselig«,  p.  10 
the  Cricket  did  chime  in  »sich  am  gespräch  betheiligen« ;  vorhin  ist  stets  von 
gesang  die  rede,  also:  hier  setzte  das  heimchen  ein.  Weshalb  fehlt  p.  15  jede 
bemerkung  zu  a  Will  of  the  Wisp?  p.  18  scraps  of  current  conversation,  »bruch- 
stücke  der  gewöhnlichen  Unterhaltung«,  besser:  brocken  des  jeweiligen  gesprächs. 
p.  20  features  well  defined  »abgegrenzt,  gescheitelt«,  scharf  umrissen.  «To  make 
a  dead  set  upon  a  person,  jemanden  fortwährend  belästigen«  ;  es  musste  der  jagd- 
ausdruck  dead  set  erläutert  werden.  Die  blosse  notiz  »anspielung  auf  die  sieben 
schläfer  von  Ephesus«  dürfte  doch  auch  nicht  genügen  etc.  —  Dass  die  Inter- 
pretation in  vielen  punkten  lob  verdient,  soll  bereitwilligst  anerkannt  werden.  Vor 
der  hand  wird  man  wol  in  der  schule  zu  dieser  ausgäbe  greifen  müssen,  doch 
wird  dem  lehrer  noch  viel  zu  ergänzen  bleiben.  —  Schliesslich  wollen  wir  hier 
noch  den  wünsch  aussprechen,  dass  Dickens'  werke  der  gegenständ  ernster  philo- 
logischer Studien  werden  möchten.  Wer  im  besitz  der  nöthigen  mittel  ist,  dem 
steht  hier  ein  feld  offen,  auf  dem  er  goldene  fruchte  ernten  kann. 

Shakespeare's    ausgewählte    dramen.     Band    I:     Coriolanus.      Herausgegeben    von 
AI.  .Schmidt.     1878.     254  p.     80.     M.  2,25. 

Bis  vor  kurzem  stand  die  Delius'sche  ausgäbe  des  Shakespeare  ohne  rivalen 
da;  der  studirende  griff  zu  ihr  als  dem  zugänglichsten  hilfsmittel.  Die  Verdienste 
des  ehrwürdigen  gelehrten  um  Shakespeare  werden  nicht  herabgesetzt,  wenn  man 
heute  auf  ihre  mängel  aufmerksam  macht.  Die  bearbeitung,  welche  zum  ersten 
mal  eine  sichtung  des  in  drittehalb  Jahrhunderten  aufgespeicherten  interpretations- 
materials  lieferte,  war  zunächst  recht  ungleich:  sie  erklärte  bald  leicht  verständ- 
liches, bald  überging  sie  schwieriges ,  bald  citirte  sie  die  Interpreten  mit  ihren 
erklärungsversuchen  in  einiger  Vollständigkeit,  bald  enthielt  sie  wichtiges  nicht. 
Auch  in  textkritischer  hinsiciU  konnte  sie  nicht  genügen.  Dessenungeachtet  hat 
die  ausgäbe,  welche  das  bedürfniss  des  grossen  kreiscs  der  Shakespeare-verehrer  zu 
befriedigen  vorzüglich  geeignet  war,  segensreich  gewirkt,  und  konnte  bereits 
wiederholt  stereotypirt  erscheinen.  Doch  dem  zweck  des  philologen  und  der 
schule  entspricht  sie  heutzutage  nicht  mehr  ganz.  Während  man  bis  dato  noch 
immer    auf  eine    leicht   zugängliclie    texlkritische   ausgäbe  vergebens   gewartet  hat, 


526 


Litteratur 


fehlt  es  nicht  an  Schulausgaben ,  welche  die  arbeit  des  Bonner  gelehrten  M-eiter 
fortsetzen.  So  entstanden  namentlich  die  einzeleditionen  der  Clarendon-Press  und 
in  Deutschland  die  der  Weidmann'schen  und  Teubner'schen  Verlagsbuchhandlung. 
Der  herausgeber  des  obigen  Stückes,  durch  sein  .Shakespeare-lcxicon  weit  über  die 
grenzen  unseres  Vaterlandes  allen  studirenden  freunden  des  grossen  Briten  rühm- 
lichst bekannt,  bietet  uns  hier  ein  buch,  das  so  zu  sagen  wie  eine  reife  frucht  von 
dem  bäume  seiner  langjährigen  ernstesten  Studien  herabgefallen  ist.  —  Die  Ortho- 
graphie ist,  wie  es  für  seinen  zweck  geboten  war,  die  moderne;  dass  »die  alte 
Schreibung  beibehalten  worden,  wo  sie  augenscheinlich  in  verschiedener  ausspräche 
ihren  grund  hatte,«  wird  man  gewiss  billigen.  —  Vorausgeschickt  ist  ein  leben 
Shakespeare' s ,  das,  ohne  das  fabelgespinnst  ganz  unberücksichtigt  zu  lassen,  in 
der  lichtvollen  hervorhel^ung  des  rein  thatsächlichen  und  in  der  sichern  skizzirung 
der  zum  verständniss  nöthigen  Zeitumstände  mustergiltig  genannt  werden  kann. 
Die  dann  folgenden  »einleitenden  bemerkungen  zum  Coriolan«  schliessen  sich 
ebenso  würdig  an.  Die  textgestaltung  anlangend  hat  sich  der  herausgeber,  wo  es 
irgend  anging ,  conservativ  an  die  folio  von  1 623  angeschlossen ,  ein  verfahren , 
das ,  zumal  wo  keine  quartos  vorliegen  ,  längst  allgemein  anerkannt  worden  ist. 
Er  löst  die  aufgäbe,  die  lesart  der  folio  zu  rechfertigen,  mit  glücklichem  erfolge, 
und  überall  fühlt  man  die  Sicherheit  philologischer  Solidität.  So  wird  I,  I,  II4 
taintingly  restituirt ,  während  im  Wörterbuch  noch  tauntingly  nur  mit  eben  dieser 
stelle  belegt  war.  I,  4,  31  möchten  wir  you  herd  of —  um  so  mehr  beibehalten, 
als  diese  lesart  an  dem  worte  nichts  ändert ,  während  zu  you  herd  of  biles  and 
plagues  der  schluss  des  gedankens ,  wie  S.  selbst  zugibt,  nicht  passt.  II,  3,  122 
hätte  der  herausgeber  zur  Sicherung  seiner  lesart  eine  parallelstelle  beibringen 
müssen  für  den  harten  ausdruck  why  in  this  wolvish  tongue  should  I  stand 
here.  Dass  Shakespeare  das  wort  togue  gekannt  hat,  kann  doch  .S.  nicht  be- 
zweifeln wollen.  Auch  III,  2,  21  steht  the  things  =  plebejer  analogielos  da; 
thing  wird  zwar  oft  zur  verächtlichen  bezeichnung  von  personen  gebraucht ,  aber 
stets  ist  es  dann  von  einem  charakterisirenden  attribut  begleitet ,  oder  es  folgt  als 
anrede  dem  pron.  thou.  Aber  den  vorgebrachten  conjecturen  ist  es  noch  immer 
vorzuziehen.  III,  2,  32  wird  die  erklärung :  »ehe  Coriolan  sich  so  demüthigen 
sollte,  dass  es  ihm  ans  herz,  an  die  seele  geht,«  das  richtige  sein.  III,  3,  iio 
ist  die  lesart  der  folio  unanfechtbar ,  ebenso  1 30  but ,  welches  schon  Staunton 
richtig  vertheidigt  hat,  cf.  Delius.  Ebenso  wird  IV,  4,  14  hours  und  IV,  5,  171 
one  beibehalten,  wie  auch  schon  Delius  gethan.  —  Mit  emendationsvorschlägen 
ist  der  herausgeber  sehr  sparsam ;  er  hat  nur  vier  versucht  und  zwei  davon  hat  er 
aufgegeben.  Wo  er  sie  macht,  sind  sie  nicht  nur  nothwendig ,  sondern  sie  be- 
wegen sich  in  dem  engsten  kreise  geringfügiger  änderungen.  I,  3,  46  ist  sword- 
contending  gewiss  recht  ansprechend  und  verdient  vor  Delius'  sword  contemning 
entschieden  den  vorzug.  Auch  die  deutung  von  I,  6,  76  oh  me  alone,  make  you 
a  sword  of  me  ist  durchaus  im  Charakter  des  ungestümen  Coriolan ,  der  aller 
äussern  ehrbezeugungen  feind  ist  und  sich  diese  nur  als  ein  unwillkürliches  zeichen 
des  kriegerischen  enthusiasmus  gefallen  lässt.  Der  änderung  I,  9,  43  dagegen 
können  wir  nicht  zustimmen.  Hier  hat  S.  eine  Umstellung  der  zeilen  und  einzelner 
verstheile  vorgenommen ,  welche  dem  sinne  nicht  förderlich  ist.  Gegen  die  sich 
weit  mehr  an  den  überlieferten  text  anschliessende  lesart  in  der  Globe-edition  und 
bei  Delius  wendet  er  ein ,  dass  das  aus  overture  von  TjTwhitt  conjicirte  coverture 
nur  bedeute  »was  verhüllt  und  versteckt«,  nicht  »was  bedeckt  und  kleidet«.     Aber 


Lehr-  und  Übungsbücher  für  die  englische  spräche.    V.  1527 

mit  dem  begriff  des  Schutzes,  der  in  dem  worte  allerdings  liegt  (cf.  Spencer  Shep. 
Cal.  Julye  »Against  his  cruell  scortching  hente  Where  hast  thou  coverture?»), 
kommt  man  hier  aus.  Sodann  möchte  S.  him  nicht  auf  silk  beziehen.  Allerdings 
wird  es  schwer  fallen ,  eine  völlig  entsprechende  parallelstelle  beizubringen ,  aber 
genügendes  licht  fällt  auf  diese  stelle  auch  von  Merch.  II,  7,  22 :  What  says  the 
silver  with  her  virgin  hue  ?  Wenn  hier ,  wie  unzweifelhaft ,  mit  dem  epitheton 
virgin  dem  worte  silver  zugleich  weibliches  geschlecht  beigelegt  wird ,  dann  mag 
an  unserer  stelle  auch  parasite  das  genus  von  silk  beeinflusst  haben.  Dazu  kommt, 
dass  in  der  Überlieferung  der  folio  eine  durchaus  natürliche  correspondenz  zwischen 
field  und  courts  and  cities  besteht,  welche  durch  S.'s  transposition  gestört  wird. 
Dass  es  S.  durch  die  Umstellung  gelungen  ist,  richtige  verse  herzustellen,  ist  gewiss 
eine  empfehlung  seiner  conjectur,  aber  sie  scheint  uns  nicht  zu  genügen ,  weil  die 
gleichmässigkeit  des  iambischen  rhythmus  den  zufall  nicht  ausschliesst  und  der 
herausgeber  schliesslich  doch  noch  genöthigt  ist,  für  overture  eine  für  Shakespeare's 
zeit  noch  nicht  belegte  bedeutung  anzusetzen.  —  Auch  die  wassenschaft  wird  der 
Interpretation  S.'s  mit  gespannter  aufmerksamkeit  folge.  Möge  es  ihm  gestattet 
sein ,   uns  noch  viel  von  der  ausbeute  seiner  Studien  zu  schenken. 

Bd.  II:    The  Merchant  of  Venice.     Erklärt  von  H.  Fritzsche.     1878.      142  p. 
80.     M.  1,20. 

Der  Kaufmann  von  Venedig  hat  sich  auf  unsern  schulen  durch  seine  Vorzüge 
das  bürgerrecht  erworben.  Der  herausgeber,  der  bereits  durch  seine  Moli^re- 
editionen  dem  grösseren  publikum  bekannt  geworden  ist ,  tritt  uns  hier  als 
Shakespeare-interpret  entgegen.  Er  sieht  seine  aufgäbe  »weit  mehr  in  der  passen- 
den auswahl  und  benutzung  schon  vorhandener  erläuterungen,  als  in  der  beibringung 
neuer  momente  liegen.«  Diese  ansieht  hat  bei  Shakespeare  ihre  volle  berechtigung.  — 
»Der  text  ist  der  der  Cambridge  -  herausgeber  mit  wenigen  abweichungen ,  jedoch 
unter  durchgängiger  annähme  der  Orthographie  Dyce's.«  Die  einleitung  p.  7 — 20 
giebt  zuerst  die  daten  aus  des  dichters  leben,  dann  eine  übersieht  über  seine  werke; 
darauf  vrird  von  der  entstehungszeit  des  Merchant,  den  alten  drucken,  von  der 
beliebtheit  dieses  Stückes ,  der  ihm  zu  gründe  liegenden  idee  gesprochen ,  endlich 
werden  in  dem  abschnitt  »die  herkunft  der  fabel  des  Stückes«  die  ergebnisse  der 
quellenforschung  kurz  und  bündig  zusammengestellt.  —  vSalerio  ist  gestrichen, 
Salanio  übernimmt  seine  kleine  rolle.  In  den  anmerkungen  hat  namentlich  die 
metrische  seite  durchgängig  mehr  berücksichtigung  erfahren,  als  man  ihr  bisher  zu 
schenken  pflegte.  Indem  der  herausgeber  jedoch  überall  regelrechte  verse  her- 
stellen möchte,  verlässt  er  öfters  das  geleise  des  natürlichen,  so  namentlich  p.  57, 
II,  2  Signor  Bassanio  —  I  must  go  with  you  to  Belmont.  Wenn  man  diese  drei 
zusammengeschweissten  verse  gelesen  hat,  athmet  man  freier  auf,  wenn  man  zum 
schluss  kommt,  der  lautet:  »Doch  ist  zuzugeben,  dass  diese  messung  etwas  künst- 
lich klingt.«  Aber  in  den  meisten  oder  in  allen  anderen  fallen  wird  man  ihm 
beistimmen,  p,  25  in  her  time ,  »ihrer  zeit;  müssiger  zusatz  im  munde  des  wort- 
reichen Salarino,«  Soll  das  eine  der  schulmässigen  ehrbarkeit  angepasste  erklärung 
sein?  p.  26  Though  Nestor  swear  the  jest  be  laughablc.  »Shakespeare  setzt  in 
diesem  satz  (hier  ist  that  zu  ergänzen)  mitunter  ohne  erkennbaren  grund  den 
conjunctiv.  So  z.  b.  Othello  II,  i,  19.  Vergl.  auch  Merch.  IV,  i:  he  seek 
the  life  of  any  Citizen.«  Das  erste  citat  ist  falsch,  denn  dort  heisst  es:  It  is 
impossible    they    bear    it    out.       In    dem    oben    augeführten    vers    aber    ist    der 


528 


Lilleratur 


conjunctiv  doch  sehr  leicht  erklärt  durch  das  hineinwirken  des  concessiven  Ver- 
hältnisses in  den  abhängigen  satz ,  eine  erscheinung ,  die  aus  dem  Griechischen 
nicht  minder  bekannt  ist,  als  aus  der  deutschen  Volkssprache.  Ganz  ähnlich 
Lear  1 ,  2 ,  69  I  would  fain  think  it  were  not ,  wo  wir  im  Deutschen  ganz  gut 
den  conjunctiv  ertragen  können.  Was  nun  das  zweite  beispiel  aus  dem  Merchant 
anlangt,  das  vollständig  so  lautet  (p.   123); 

If  it  be  prov'd  against  an  allen 

That  by  direct  or  indirect  attempts 

Ile  seek  the  life  of  any  Citizen, 
wozu  der  herausgeber  anmerkt ,  »der  conjunctiv  wird  nach  that  von  Shakespeare 
gebraucht,  um  eine  absieht  auszudrücken«,  so  ist  hier  der  modus,  der  das  nur  im 
gedanken  existirende  bezeichnet ,  veranlasst  durch  das  hypothetische  verhältniss, 
welches  nicht  nur  den  hauptsatz,  sondern  auch  den  abhängigen,  zum  vollständigen 
gedanken  gehörenden,  umfasst.  p.  70,20  10:  i  statt  i  :  10.  p.  7620  fehlt  die 
accentregel  über  distinct  und  andere  zweisilbige  adj.  und  part.  cf.  Schmidt, 
Lex.  II,  1413.  p.  108 14  hätte  das  deutsche  »halb«  zur  vergleichung  herangezogen 
sein  können,  wie  denn  das  Deutsche  überhaupt  zu  kurz  kommt,  p.  129  bei  der 
idylle  am  anfang  des  fünften  actes  ist  mit  recht  auf  die  nachbildung  der  carmina 
amoebaea  aufmerksam  gemacht,  p.  142  81  sore  adv.  für  sorely.  Das  deutsche 
»schwer«.  Sore  kommt  von  ags.  sär,  »schwer«  ist  desselben  Stammes  mit  ags. 
swsere.  —  Ein  entschiedener  mangel  dieser  ausgäbe  ist  das  fehlen  der  vers- 
zählung. 

Band    III:     Henry    V.     Erklärt    von    dr.    W.    Wagner.      1878.     iSi.    p.     80. 
M.   1,50. 

Der  gelehrte  herausgeber ,  der  mit  rührigster  emsigkeit  auf  dem  vielbebauten 
gebiet  der  Elisabethanischen  litteratur  tüchtiges  geleistet  und  das  der  mittel- 
griechischen als  erster  anzubauen  begonnen  hat,  ist  mitten  in  seinen  Studien  vom 
tode  überrascht  worden.  Nicht  nur  die  Wissenschaft,  auch  die  pädagogik  hat  einen 
Verlust  zu  beklagen ,  der  angesichts  der  uns  vorliegenden  leistung  um  so  fühlbarer 
wird.  Die  ausgäbe  ist  aus  der  schule  und  dem  eignen  unterrichte  des  herausgebers 
selbst  hervorgegangen.  Ein  »besonderes  gewicht  ist  auf  die  vergleichung  der 
Shakespeare 'sehen  spräche  mit  dem  heutigen  Englisch  gelegt.«  —  Die  einleitung 
(p.  7 — 15)  handelt  von  dem  begriff  der  history,  giebt  eine  kurze  skizze  ihrer  ge- 
schichte  bis  auf  Henry  V,  um  dann  auf  die  composition  und  die  bedeutung  dieses 
nationaldramas  des  näheren  einzugehen,  sodann  werden  die  alten  ausgaben  erwähnt 
und  ihr  werth  für  die  endgiltige  textconstitution  festgestellt ;  den  schluss  bildet  ein 
citat  aus  Thomas  Heywood' s  Apology  for  Actors,  welches  den  beabsichtigten  und 
auch  den  erreichten  eindruck  auf  die  zeitgenössischen  zuschauer  illustriren  soll, 
und  die  angäbe  des  richtigen  Standpunktes  für  den  modernen  ausländer  zur  ge- 
rechten Würdigung  des  dramas.  p.  16,  17  und  18  bringen  Stammtafeln,  die  allen 
willkommen  sein  werden.  —  Um  das  verständniss  des  ganzen  zu  fördern  und  eine 
Übersicht  der  gliederung  zu  geben ,  ist  das  sujet  jeder  scene  am  anfang  kurz  be- 
zeichnet. Vielleicht  hätten  darauf  zielende  fragen  am  ende  der  scene  den  päda- 
gogischen grundsätzen  noch  mehr  entsprochen.  Zur  beleuchtung  der  historischen 
einzelheiten  ist  Lappenberg-Pauli 's  Geschichte  Englands  benutzt  worden.  Auch  die 
ästhetische  Würdigung  erhält  hier  und  da  anregung.  Die  französischen  citate  sind 
recht  willkommen ,   aber  boten  denn  nur  Brantome  und  die  Cent  nouv.   nouv.  das 


Lehr-  und  Übungsbücher  für  die  englische  spräche.    V.  ^2Q 

passende?  Noch  einige  einzelne  bemerkungen.  I,  2,  137  kommt  man  auch  mit 
der  bedeutung  troops  für  proportions  aus ,  die  das  wort  ja  auch  v.  304  hat. 
I,  2,  229  tombless  »ohne  grabschrift«.  Das  französische  beispiel  erhärtet  nichts 
für  die  bedeutung  des  englischen  wortes;  ich  bleibe  bei  der  erklärung  Schmidt's: 
destitute  of  a  sepulchral  monument ,  so  dass  hier  von  dreierlei  die  rede  ist :  um, 
tomb,  epitaph.  p.  5o4o  sollte  es  für  romanische  Wörter  besser  heissen :  romanische 
fremdwörter.  p.  5264  könnte  an  das  niederrheinische  »das  wicht«  =  kind  und 
an  »wicht«  =  mädchen  in  Immermann's  Münchhausen  II,  5  erinnert  werden, 
p.  5831.  Dass  create  und  andere  wörter  auf  -ate  als  adject.  und  nicht  als  ver- 
stümmelte participia  zu  betrachten  seien,  wird  durch  ihre  substantivische  Verwendung 
nicht  bewiesen,  denn  diese  haben  auch  participia  gefunden,  cf.  Troilus  III,  3,  76 
auch  sonnet  78,  7.  Eine  endgiltige  entscheidung  dieser  frage  wird  wol  nur  auf 
dem  historischen  wege  zu  erlangen  sein ;  es  wird  sich  darum  handeln ,  ob  diese 
Wörter  etwa  in  der  ersten  zeit  ihres  auftretens  nur  participiale  function  gehabt 
und  andere  Verbformen  nicht  erzeugt  haben,    cf.    Chaucer  C.   T.   5356,    14021,   23. 

III,  6 ,  82 ,  »an  ale  washed  wit  ist  eine  Schlafmütze,  welche  ihren  verstand  erst 
dann  findet,  wenn  sie  sich  mit  ale  angefeuchtet  hat.«  In  wash  liegt  wol  nur  der 
begriff  des  reichlichen  trinkens.  Wenn  es  zu  IV,  4,  14  moy  =  moidore,  »eine 
goldmünze«  heisst ,  so  hätte  der  herausgeber ,  der  die  auslegung  von  dr.  Johnson 
beibehielt,  doch  auf  den  gewiss  sehr  gewichtigen  einwurf  Douce's  erwidern  sollen: 
but  there  were  no  moidores  in  the  time  of  Sh.  V,  2,  149  wäre  gut  an  Geladen 
erinnert  worden.  V,  2,  220.  Wie  between  wird  auch  französisch  entre  zu- 
weilen gebraucht.  Den  nicht  häufigen  etymologien  können  wir  nicht  überall  bei- 
stimmen. 

IV.  Band:     King    Lear.     Erklärt    von    Alex.    Schmidt.      1879.     239    p.     8°. 
M.   2,25. 

Die  einleitung  p.  5^14  gibt  die  betreffende  stelle  aus  Holinshed's  chronik, 
dann  eine  kurze  übersieht  über  die  gestaltung  der  fabel  bis  auf  Shakespeare ,  be- 
spricht dann  die  älteren  drucke,  geht  auf  die  Schwierigkeit  der  textkritik  über  und 
erklärt  endlich  die  abweichung  der  quartos  von  der  folio  dadurch,  dass  diese 
auf  nachschriften  ,  die  während  der  Vorstellung  gemacht  wurden ,  beruhen.  Auch 
hier  hält  der  herausgeber  an  der  folio  fest:  I,  i,  22,  56,  70,  76,  85,  87,  137, 
151,  171,  284,  308,  224,  102,  138;  4,  2,  242,  251,  266,  271,  327,  366  etc. 
Die  aus  den  quartos  zur  ausfüllung  der  lücken  herübergenommenen  stellen  sind 
durchweg  mit  einem  Sternchen  bezeichnet.  Wo  gegenüber  der  autorität  der  folio 
eine  lesart  der  quartos  aufnähme  gefunden  hat,  wie  I,  i,  177,  sind  die  angegebenen 
gründe  durchschlagend.  Nur  in  letzter  instanz  hat  die  conjectur  geht)lfen ,  die 
Stets  von  der  elegantesten  einfachheit  ist ,  so  1 ,  2  ,  20.  Die  interpretatiun  genügt 
allen  forderungen.  Man  ist  oft  überrascht  über  die  natürlichkeit  des  neuen ,  z.  b. 
1,4,  325  »with  the  waters,  nicht,  mit  dem  wasser ,  wie  es  wol  alle  herausgeber 
verstehen,  welche  nach  you  ein  komma  setzen,  sondern  'zu  dem  wasser',  oder 
genauer:  so  dass  ihr  bei  dem  wasser  liegt.  Vgl.  I  have  seen  the  ambitious  ocean 
swell  to  be  exalted  with  the  threatening  clouds,  so  erhöht,  dass  er  bei  den  wölken 
war,  also  bis  in  die  wölken  erhöht.«  Der  etymologien  enthält  sich  der  heraus- 
geber meist ;  wo  er  aber  auf  sie  eingeht,  bleibt  er  auf  l)ekanntem  gebiet,  erfahrung 
und  besonnenheit  hielt  ihn  von  angelsächsischem,  gotischem,  sanskritischem  prunk 
zurück.  I,  I,  219  sagt  er  bei :  in  this  trice  of  time,  folgendes:  »im  nu,  im  augen- 
Kölbing,  Englische  Studien.    III.     3.  34 


530 


Lilteralur 


blick,  wofür  Shakespeare  auch  einfach  in  a  trice  sagt.  Die  etymologie  des  Wortes 
trice  ist  zweifelhaft,  es  scheint  mit  three  und  thrice  nichts  zu  thun  zu  haben.«  Ob 
ihm  wo!  die  herleitung  vom  spanischen  en  un  tris  unbekannt  war?  Ich  glaube 
nicht ;  er  wollte  nur  alles  exotische  fern  halten.  Das  beispiel  des  herausgebers 
lehrt  uns,  wie  tüchtige  Schulausgaben  zu  stände  kommen  :  sie  sind  die  reife  frucht 
eingehender  Studien  des  betr.  Schriftstellers.  Die  Wissenschaft  leidet  das  unfertige 
eher  als  die  pädagogik. 

Weilburg.  Hugo  Ott  mann. 


LITTERARISCHE  NOTIZEN. 

In  den  Englischen  Studien  band  III,  p.  369  haben  wir  das  erscheinen  einer 
neuen  Shakspere-Ausgabe  von  W.  Wagiler  angezeigt,  deren  erste  zwei  hefte  uns 
damals  vorlagen.  Seitdem  sind  uns  die  hefte  3  und  9  zugegangen,  von  denen 
dasselbe  gilt ,  was  von   den  zwei  ersten  gesagt  wurde. 

Shakespeare  -  Bibliography  in  the  Netherlands  by  Th.  J.  Arnold.  Printed 
separately  from  Bibliographische  adversaria ,  IV,  4,  5.  The  Hague.  Martinus 
Nijhoflf.     1879. 

Die  überraschende  reichhaltigkeit  der  holländischen  Shakespeare  -  litteratur 
geht  aus  dem  umfang  der  Sammlung  hervor ,  die  36  klein  octav-seiten  zählt.  Sie 
ist  nach  folgenden  acht  rubriken  geordnet:  i)  Bibliographie.  2)  Biographieen  und 
historische  berichte.  3)  vShakespeare  als  dichter.  4)  Kritiken  über  Shakespeare's 
werke  und  über  verschiedene  ausgaben  und  aufführungen  derselben.  5)  Einfluss 
der  werke  Shakespeare's  auf  das  holländische  theater.  6)  Holländische  ausgaben 
und  Übersetzungen  der  werke  Shakespeare's.  7)  Friesische  und  hochdeutsche  in 
Holland  erschienene  Übersetzungen.     8)  Opem-texte. 

O.  S.  Seemann. 


MISCELLEN, 


THE   DUBLIN   MS.    OF   THE   ALLITERATIVE  ROMANCE 
OF   ALEXANDER. 

Students  of  Old  English  may  be  presumed  to  be  acquainted  with  Jos.  Stevenson's 
edition  of  »The  alliterative  Romance  of  Alexander,  printed  for  the  Roxburghe  Club, 
London,  1849.  40.«  Those  who  have  studied  this  edition,  will  not  have  failed 
to  observe  a  lacuna  in  the  text  after  line  722.  I  am  not  aware  that  anyone  has 
called  attention  to  this  imperfection  before  Prof.  Skeat  published  his  «Alexander 
and  Dindimusff,  for  the  Early  English  Text  Society  (Extra  Series),  in  1878,  in  the 
introduction  to  which  work  he  says  (p.  x)  that  »there  is  a  gap  after  1.  722  where 
some  leaves  of  the  MS.  have  been  lost«. 

Stevenson  ,  who  published  his  edition  from  what  he  called  the  »unique  Ms. 
in  the  Bodleian  Library«  (Ashmole  44)  does  not  seem  to  have  noticed  this  gap 
at  all,  though  he  must  have  observed  that  there  was  no  fourth  Passus  in  his 
poem.  In  his  preface  he  speaks  of  a  MS.  in  the  Library  of  Trinity  College, 
Dublin  (pressmark  D.  4.  12)  as  containing  a  later  fragment  of  the  poem,  but  he 
never  collated  it  for  his  edition ,  and  merely  says  that  he  owed  the  knowledge  of 
this  fragment  to  .Sir  P^ederik  Madden.  It  is  evident  that  the  latter  scholar  never 
collated  it  either. 

In  1874,  while  residing  in  Dublin  and  reading  a  treatise  on  the  Alexander 
poems,  it  occurred  to  me  to  compare  Stevenson's  edition  with  the  fragment  pre- 
served  in  MS.  D.  4.  12  of  the  Library  of  Trinity  College  in  that  city.  It  com- 
m^ces  with  Stevenson's  line  678,  thus  : 

Hedes  hetMy  on  heght  beheld  on  a  Sterne, 
Of  fe  whilke  he  hopyd  in  hys  hert  somqwatt  to  knaw,  &c. 
When  reading  on ,  I  found  that  after  line  722  the  Dublin  fragment  supplied  no 
less  than  18  lines  to  the  yd  Passus,  and  the  105  first  lines  of  the  4th  Passus;  in 
all  123  lines  which  are  missing  in  the  Oxford  MS.  ,  and  are  essential  to  the  con- 
text.  As  in  the  Oxford  MS.  each  page  contains  about  30  lines,  it  is  evident  that 
two  leaves  must  have  been  lost.  These  leaves  contained  the  death  of  Anectanabus ; 
the  story  of  Bucephalus ;  Alexander's  first  expedition  ,  and  the  first  portion  of  the 
Story  of  his  meeting  with  Nicholas. 

At  the  end  of  1878  I  acquainted  Prof.  .Skeat  with  this  discovery,  and  as  he 
was  just  j)reparing  a  new  edition  of  the  Oxford  Alexander,    and  would  sooner  or 

i4* 


532 


Miscellen 


later  have  made  the  discovery  himself,  he  pr<jposed  to  me  to  publish  conjointly 
the  Oxford  and  Dublin  fragments  on  parallel  pages.  We  have  now  the  work  in 
the  press  for  the  Early  English  Text  Society ,  and  Prof.  Skeat  will  no  doubt 
accompany  it  with  reniarks  on  both  texts ,  in  addition  to  the  copious  notes  which 
he  has  already  given  on  the  subject  of  the  Romance  of  Alexander  the  Great  in 
his  editions  of  William  of  Palerne  and  Alexander  and  Dindimus, 
published  in  1867  and  1878.  It  is,  therefore,  unnecessary  to  give  particulars 
regarding  the  text  in  this  place ,  but  it  will  not  be  without  interest  to  the  readers 
of  Prof.  Kölbing's  periodical  to  have  a  few  more  items  regarding  the  condition 
of  the  two  Mss. 

Besides  the  above  menti<jned  gap ,  the  DuIjIIii  fragment  happily  supplies 
other  defects  in  the  Oxford  MS. 

E.  g.  after  line  932  (Oxf.)  it  has  the  additional  line 

lie  held^j  douii  in  {:ie  hey  way  &  hälfe  deyde  liggez. 
Again,  after  the  Oxford  line  1633  the  Dublin  fragment  has  the  line 

And  he  {read  I)  hoppyd  f)e  helder  |)at  |)is  was  he  at  he  {read  I)  saw  perl 
and  it  supplies  us  moreover  with  a  complementary  line  after  the  Oxford  lines  1766, 
1767,  2168,   2538,   2724,   2842,   2980,  3167,  3267. 

On  the  other  band  the  Dublin  MS.  wants  the  Oxford  lines  91 1,  1333,  1334, 
1749,  1804,  1822,  1874— 1877,  2012,  2120 — 2125,  2143,  2317,  2318,  2328, 
2373)  2380,  2386,  2440,  2519,  2721,  2808,  3296 — 3356  (here  one  whole  leaf  is 
wanting  in  the  Dublin  MS.) ,  and  it  ends  with  line  3425  ,  so  that  for  the  rest  of 
the  poem  we  have  only  the  Oxford  MS. 

I  add  a  few  lines  of  both  the  Oxford  and  Dublin  fragments,  so  as  to  enable 
the  reader  to  form  a  judgment  regarding  the  two  versions : 

Oxford.  Dublin. 

678  Hedis  het^rly  on  hi^e  /  behelde  on  a      Hedes  het^rly  on  heght  /  beheld  on  a 
Sterne,  sterne, 

Of  pe  quilke  he  hopid    in  his  hert  /      Of    pe    whilke  he  hopyd    in  hys  hert  / 
suwq?/öt  to  knawe,  somqwat  to  knaw, 

680  Quat  euir^  he  wald  wete  /  of  his  will      What  euer  he  wilnet  for  to  wete  /  hys 
all-to  gedir^.  wille  all-to-ged«'. 

(^uod  Alexander  to  f)is  athill  /  as  he      |)en  sayd  sXexander  to  \)\s  athell  ,  as  he 
his  arte  fandis,  by  hym  stonnd^j, 

682  »Quat   is  |)e  planet  or  pe  poynt  /  ^e      »What  is  |5e  pianett  or   f)e  point  /  yhe 
purpose  to  seme  ?  p«<rposse  to  se  ?    • 

Quat  st£r;-ne  is  it  at  ^e  stody  on  /  qw^re      Or  what  sterne  at  ye  stody  on  /  where 
stekis  it  in  heuyn  ?  stekys  it  in  heuen  ? 

684  May  ^e  05t  me  in  any  man«-  /  to  pat      May  Ze  oght  in  any  mani?r  me  /  to  pat 
st£';'ne  schewe  ? «  merke  shewe  ? « 

Bpat  can  I  wele,«  q?^^(/{)e  clerke/ »ellis      »Jjat  cani  wele,«  qz/öd  pis  clerke/ »ellys 
couthe  I  littill ;  couth  I  bott  lytj'll ; 

I  am  able  to  say  that  the  well-known  Prof.  Paul  Meyer  has  a  work  in  the 
press  on  the  different  versions  of  the  life  of  Alexander  the  Great. 

Cambridge,  May  i.   1880. 

J.  H.  Hesseis. 


Havelok  the  Dane  and  the  Norse  king  Olaf  Kuaran  e  7  •? 

HAVELOK  THE  DANE  AND  THE  NORSE  KING  OLAF 
KUARAN. 0 

The  traditions  of  Havelok  the  Dane ,  which  English  chronicles  of  the  latest 
senturies  of  the  middle  ages  often  mention  and  try  to  insert  in  the  English  history, 
are  happily  recovered  in  this  Century.  They  are  found  in  a  French  »lai  d'Aueloc 
le  Danois«,  composed  in  the  first  half  of  the  I2th  Century  and  abridged  by  Geffrei 
Gaimar  ca.  1145,  and  in  the  English  »Lay  of  Havelok  the  Dane«  from  about 
A.  D.  1280.  I  shall  here  give  a  short  abridgment  of  the  French  Lay  and  there- 
upon  notice  the  variations  of  the  English ,  in  so  far  as  they  concern  my  purpose, 
to  research  the  historical  matter  of  the  tradition.  »The  Britons  made  a  lay  con- 
cerning  king  Aveloc,  who  is  surnamed  Guar  an.  His  father  Gunter,  king  of 
the  Danes,  was  overrun  by  Arthur,  and  Gunter  perished  by  the  treason  of  Hodulf, 
who  became  king  under  Arthur.  Aveloc  was  saved  by  Grim ,  who  crossed  the 
sea  and  arrived  at  the  haven  afterwards  named  Grimesby  by  Grim.  There  he 
settled  as  fisherman  and  the  child  grew  up  as  his  son.  Grim  sent  him  to  the 
king's  court  at  Lincoln.  At  that  time  Alsi  (i.  e.  .^Elfsige)  was  king  of  Lincoln 
and  Lindisey  and  of  the  country  southward ,  where  the  late  king  Ekenbright  had 
committed  his  daughter  Argentille  to  the  care  of  Alsi  with  the  command,  that  she 
was  to  be  married  to  the  strengest  man  that  could  be  found.  Aveloc,  on  his 
arrival  to  the  court ,  was  employed  to  carry  water  and  cut  wood ,  and  therefore 
he  was  named  Cuaran,  which  in  the  British  language  means  a  scullion.  Alsi 
determined  to  marry  Argentille  to  Cuaran,  who  was  confessedly  the  strengest  man 
in  those  parts,  hoping  thereby  to  disgrace  her  for  ever.  After  the  marriage 
Argentille  saw  during  the  night  a  flame  round  the  head  of  Cuaran  and  asked  a 
hermit  for  the  explanation.  He  told  her  that  Cuaran  must  be  of  royal  lineage 
and  said  »Ask  him  for  his  parentage ,  and  remember  to  repair  to  his  native 
place«.  Cuaran  replied ,  that  he  was  born  at  Grimsby  and  Grim  was  his  father. 
They  went  to  Grimsby ,  where  meanwhile  Grim  had  died.  His  daughter  Celloc 
said ,  that  Cuarans  father  was  the  Danish  king  Gunter,  whom  Hodulf  slew ,  and 
that  his  name  was  Aveloc.  Aveloc  goes  to  Denmark  and  with  the  help  of  »Sigar 
l'estal"  he  slays  king  Hodulf  and  is  elected  king.  Thereupon  on  the  advice  of 
his  wife  he  returns  to  England  and  after  a  battle  at  Thetford  king  Alsi  gives  him 
the  land  which  belonged  to  Argentille  »from  Holland  to  Gloucester»  ;  king  Alsi 
survived  the  battle  only  fifteen  days  and  after  that  Aveloc  becomes  king  over  »all 
Lincoln  and  Lindisey«. 

The  English  lay  on  the  whole  corresponds  with  the  French ,  only  some 
details  and  names  are  different.  Thus  we  find  no  mention  of  Arthur;  the  king 
of  Denmark  »Birkabeyn«  commends  on  his  death  his  son  »Havelok«  to  the  care 
of  the  earl  Godard ,  who  seizes  the  crown.  The  wife  of  Havelok  is  named 
Goldborough  (»Argentille«  of  the  french  poem  is  probably  a  sort  of  translation\ 
her  father  is  Athelword,  king  of  all  England  ;  and  Havelok  thus  after  his  victory 
becomes  king  of  all  England  and  is  crowned  at  London, 


i)    Wiederabdruck    aus:     Christiania  \'idenskabsselskabs  Forhandlinger    1S79. 
No.   10. 


534 


Miscellen 


It  seems  to  me  that  the  English  commcntators ,  misled  by  the  itiedieval 
Chrcjiiiclt's ,  have  sought  for  the  hlstorical  ground  of  the  poem  in  a  wrong  place. 
The  northcni  (»Danish«)  vikings  come  first  to  England,  resp.  Lincolnshire,  in  the 
latler  ]iart  of  the  9*h  Century ;  therefore,  if  we  seek  historical  traditions  in  the 
poeni,  these  cannot  go  further  back.  Among  the  northern  vikings  there  is  in  the 
lOth  Century  a  king,  who  bore  the  same  surname  as  the  hero  of  our  poem,  viz# 
Cuaran,  that  is  Anlaf  son  of  Sigtryg ,  king  of  Northumberland.  And  on 
closer  inspection  ,  also  the  real  name  of  this  king  is  the  same  as  Aveloc.  The 
Norse  Olafr,  originaly  Anleifr,  corresponds  with  the  Anglo  Saxon  Anldf,  the  Irish 
Amlaib ,  pronounced  Awlay ,  and  the  Welsh  Abloc.  Thus  in  the  Weish  chronicle 
Brut  y  Tywysogion  (ed.  by  the  Rev.  John  Williams  ab  Ithel ,  Lond.  1860)  the 
predecessor  of  our  Anlaf  is  named  »Abloyc«  (A.  D.  942)  ,  we  find  A.  D.  960 
the  »meibon  Abloec«  i.  e.  the  sons  of  Abloc  Cuaran  and  A.  D.  989  the  death 
of  Glumaine  mab  Abloyc  (the  Irish  Gluniaran,  iron-knee)  noticed.  And  as  Abloc 
is  the  Welsh  form  of  Anlaf  or  Olave,  thus  Aveloc  —  in  later  English  Havelok  — 
niust  be  the  Anglo-Norman  pronunciation  of  Abloc ;  we  mentioned  above  that  the 
French  poem  calls  itself  a  translation  from  British    i.  e.  Welsh. 

If  these  etymological  remarks  are  right,  I  think  the  Identification  of  the 
poetical  Aveloc  Cuaran  and  the  historical  Olave  Cuaran  is  proved.  The  true 
history  of  Olave  Cuaran  in  England  cannot  but  confirm  these  conclusions.  His 
father  Sigtryg,  descended  from  the  Norse  dynasty  in  Dublin,  reigned  in  the  Danish 
kingdom  of  Northumberland,  but  on  his  father's  death  (927)  Olave  was  expelled 
by  the  English  conqueror  Athelstan ;  Olave  afterwards  dwelt  many  years  in  Scot- 
land,  and  in  this  exile  he  married  the  daughter  of  the  Scottish  king.  But  in  940 
he  returned  to  England  and  after  the  death  of  his  cousin  and  helper  Olave  of 
Dublin  in  942  he  recovered  not  only  his  father's  kingdom  Northumber- 
land but  also  the  north-eastern  Mercia  and  reigned  for  some  years  (942 — 44) 
over  »all  Danelage  north  of  the  Watlingastrset«.  In  these  traits  I  find  elements 
enough  to  produce  the  romantic  epos  of  Aveloc.  It  is  true ,  that  the  surname  of 
Olave  and  Aveloc  does  not  signify  in  Welsh  »scullion«.  Cuaran  is  Irish  and 
designs  »sandal«i);  but  as  Mr.  Skeat  remarks  in  his  edition  of  the  Lay,  there  are 
several  words  of  the  same  root  in  British,  which  might  have  conveyed  to  a  British 
ear  the  idea,  that  Cuaran  signified  scullion ,  and  if  this  be  proved,  it  is  evident, 
as  the  same  autor  remarks ,  that  this  derivation  has  given  rise  to  the  story  of 
Havelok' s  degradation. 

The  lay  d'Aveloc  is  come  to  the  Norman  poet  from  the  Welsh ,  if  we  may 
trust  to  the  words  of  the  poet  and  the  ffvidence  of  philology.  But  it  is  evident 
from  the  story ,  that  the  tradition  is  of  local  origin ;  the  original  bailad  must 
have  been  composed  in  Lincolnshire ,  among  the  places  named  in  the  poem 
(Lincoln,  Thetford  ,  Grimsby).  And  the  partiality  for  Aveloc  against  his  English 
foes  makes  it  as  evident,  that  the  original  poem  is  come  up  among  the  Dan  es 
of  Lincolnshire,  not  the  English. 

If  we  study  the  English  poem  of  Havelok,  we  have  to  notice  that  the  scene 
of  the  story  is  enlarged.  Havelok  is  not  king  of  Danmark  and  Lincolnshire, 
but  of  all  England ;  the  later  poet  has  forgotten  the  battles  of  the  English 
kings   in    the    loth   Century   for   recovering  Mercia    from    the  Danes ,    but   he   does 


i)  Vide  Todd,  The  war  of  the  Gaedhil  with  the  Galls,  introduction  p.  CI. 


Havelok  the  Dane  and  the  Norse  kinsr  Olaf  Kuaran 


535 


remember  the  conquest  of  all  England  by  the  Danes  i.  e.  the  historj-  of  king 
Canute ,  and  of  course  he  turns  Haveloc  into  a  predecessor  of  this  conqueror.  It 
is  then  curious  to  see  where  he  has  found  the  name  of  Haveloc's  father ,  for 
the  name  »Birkabeyn«  has  also  its  history.  The  events  of  the  great  Norwegian 
king  Sverre  was  noticed  in  England  by  the  Latin  chronicler ,  who  is  known  by 
the  name  of  Benedict  of  Peterborough  ca.  A.  D.  1180 — 90;  but  soon  afterwards 
this  chronicle  was  rewritten  by  Roger  of  Hoveden ,  who  adds  a  surname  for  the 
Norwegian  usurper ;  he  calls  him  »rex  Swerre  Birkebain  «  ,  taking  the  nickname 
of  the  royal  partisans  for  a  surname  of  the  king.  This  word  might  therefore  in 
the  ißth  Century  be  used  as  a  proper  name  for  a  Scandinavian  king  and  be 
employed  in  a  romantic  tale  of  a  Danish  prince.  For  from  the  time  of  Canute 
the  Danes  in  England  became  identical  with  Scandinavians ,  and  thus  it  seems 
quite  casual ,  that  the  originally  Norse  king  Olave ,  although  the  tale  makes  him 
Danish ,   has  a  father  of  Norwegian  origin  given  to  him. 

The  Dano-English  tale  of  Havelok  has  of  course  no  place  for  the  battle 
of  Brunanburgh,  where  the  Norse  king  Olave  Kuaran  along  with  his  cousin  from 
Dublin  (Olave  son  of  Godfrid)  and  his  father-in-law  king  Constantine  were  put  to 
flight  by  the  English  king  Athelstan.  But  the  open  space  is  filled  up  by  an 
English  tale,  which  represents  Aveloc  as  the  declared  foe  of  the  English  people. 
This  tale  was  known  in  metrical  form  at  the  beginning  of  the  I4th  Century,  and 
still  we  find  in  »Bishop  Percys  Folio-Manuscript«  (vol.  II ,  p.  509 — 49)  a  ballad 
on  this  battle ,  the  duel  of  the  celebrated  hero  Guy  o  f  W  a  r  w  i  c  k  v^^ith  the 
heathen  giant  Colebrand.  Here  »Avelocke ,  king  of  Danmark«,  comes  with  a 
mighty  force  to  England,  and  with  him  ihe  »gyant  stiffe  and  starke«  Colebrand,  who 
has  sworn  to  subdue  all  England.  No  English  knight  dares  to  fight  with  him  except 
the  old  forgotten  Guy,  who  on  God's  demand  is  ready  to  fight  for  Englands  right, 
»that  I  may  England  out  of  thraldom  bring«.  In  the  duel,  which  is  described 
at  length,  Guy  cuts  of  the  giant's  hand  and  head  »with  a  Danish  axe«,  the  Danish 
king  flees  back  to  Denmark  »with  sorrow  and  mickle  care«  ,  and  gives  up  his 
Claims  to  England. 

In  another  MS.  of  the  poem  the  heathen  king  is ,  as  in  history,  named 
Anlaf,  and  this  is  probably  the  older  version ;  in  changing  Anlaf  into  Avelocke 
the  author  or  the  scribe  of  the  poem  acknowledges  the  identity  of  the  two 
persons. 

Christiania.  Gustav  Storni. 


EINE    UNBEKANNTE   HANDSCHRIFT    DER  ANCREN  RIWLE. 

Unter  dieser  Überschrift  hat  Zupitza  Anglia  III,  p.  34  miltheilungen  gemacht 
über  ein  fragment  der  Ancren  Riwle  in  no.  234  der  handschriftensanimlung  in 
Caius  College,  Cambridge.  Er  theilt  anfang  und  schluss  desselben  richtig  mit  und 
fügt  dann  hinzu:  »Wir  bekommen  hiermit  ein  ansehnliches,  bisher,  so  viel  ich 
weiss,  ganz  unbekanntes  fragment  der  Ancron  Riwle,  entsprechend  ji.  I20 — 296 
der  ausgäbe  von  Morton.« 

Hätte  Zupitza  die  hs.  ein  klein  wenig  genauer  angesehen,  ehe  er  unternahm, 
sie  zu  beschreiben ,  so  würde  er  gefunden  haben ,  dass  sein  blos  aus  den  anfangs- 


536 


Miscellen 


und  endworten  derselben  gezogener  schluss  irrig  ist,  und  zwar  in  folge  des  aller- 
dings überraschenden  unistandes,  dass  die  einzelnen  abschnitte  des  Werkes  in  dieser 
hs.  wesentlich  anders  angeordnet  sind,  als  in  den  tll>rigen  vier.  Der  inhalt  der  hs. 
verhält  sich  zu  dem  texte  von  Morton   (M.)   folgendermassen : 

1>.  I — 6^  =  M.  p.  I20a — 12032.  p.  67  —  716  =M.  p.  14411  —  1466. 
p.  717—10  ==  M.  p.  14819  — 15219.  p.  ii_35j==  m.  p.  2987  —  32419. 
P-  352  — 372  =  M.  p.  3267  —  3284.  p.  372  — 395  =  M.  p.  32420  —  3267. 
p.  395  —  9012  =  M.  p.  3284  —  3783.  p.  9013  —  994  =  M.  p.  39216  —  400. 
p.  995  —  10512  =xM.  p.  98"  —  104 13.  p.  10513  —  ii37  =  M.  p.  1641  —  1742. 
p.  1158 — 1363  =  M.  p.   1963 — 2182.     p.   1363  —  1855  =  M.  p.  24816  —  296,. 

Kleinere  auslassungen ,  an  denen  diese  hs.  sehr  reich  ist ,  sind  bei  dieser 
Übersicht  nicht  in  betracht  gezogen.  Wie  eine  so  gewaltige  Verschiebung  in  der 
anordnung  der  einzelnen  theile  des  tractates  gerade  in  dieser  einen  hs.  zu  erklären 
ist ,  vermag  ich  allerdings  nicht  zu  sagen.  Jedenfalls  ist  nach  obigem  das  vor- 
liegende fragment  viel  umfänglicher,  als  es  nach  Zupitza's  angaben  erscheinen 
musste. 

Breslau.  E.  Kölbing. 


VORLESUNGEN    ÜBER    ENGLISCHE    PHILOLOGIE    AN    DEN 

UNIVERSITÄTEN    DEUTSCHLANDS,    ÖSTERREICHS   UND 

DER  SCHWEIZ, 

IM   SOMMERSEMESTER   1S80. 

Basel:  Historische  grammatik  der  englischen  spräche  —  prof.  Heyne. 
Englisches  kränzchen  —  prof.   Soldan. 

Berlin:  Beöwulf  —  prof.  Müllen  ho  ff.  Abriss  der  mittelenglischen 
litteraturgeschichte  —  prof.  Zupitza.  Nach  einer  einleitung  über  Chaucer's 
leben ,  werke  und  spräche  erklärung  ausgewählter  theile  der  Canterbury  Tales  — 
derselbe.  Uebungen  im  englischen  seminar  — •  derselbe.  Sheridan 's  lust- 
spiele  —  lectorNapier.  Im  seminar:  Uebungen  im  mündlichen  und  schriftlichen 
gebrauch  der  englischen  spräche  —  derselbe. 

Bern:    Vac. 

Bonn:  Angelsächsische  grammatik  mit  Übungen  — ■  prof.  Birlinger. 
Anfangsgründe  der  englischen  spräche — -prof.  Bischoff.  Englische  grammatik 
für  geübtere  mit  mündlichen  imd  schriftlichen  Übungen  — •  derselbe.  Inter- 
pretation englischer  Schriftsteller  nebst  stilübungen  —  derselbe. 

Breslau:  Englische  litteraturgeschichte  vom  Zeitalter  der  Elisabeth  an  — • 
prof.  Kölbing.  Im  seminar:  Pierce  Ploughman  und  besprechung  freier  ar- 
beiten —  derselbe. 

Czernowitz:    Angelsächsisch  I ;    grammatische    einleitung   und    lectüre   von 
Cynewulf's  Elene  —  prof.  Strobl. 

Erlangen;  Spenser's  Faerie  Queene  —  prof.  Voll mö  11  er.  Romanisch- 
englische gesellschaft  —  derselbe. 

Freiburg  i.  B. :    Vac. 

Giessen:  Romanisch  -  englische  gesellschaft  —  prof.  Lemcke.  Neu- 
philologisches seminar:  Shakespeare's  Richard  II  —  prof.  Pichler.  Englische 
stilübungen  (Goethe' s  Egmont)  —  derselbe. 


Vorlesungen  über  engl,  philologie  an  den  Universitäten  Deutschlands  etc.     c-i'j 

Göttingen:  Uebungen  in  der  englischen  spräche  —  prof.  Th.  Müller. 
Angelsächsische  grammatik  und  erklärung  des  Beöwulf  —  privatdocent 
Wilken. 

Graz:  Englische  grammatik  und  lectüre  —  lector  dr.  Oppler.  Vor- 
lesungen in  englischer  spräche  über  englische  litteratur  —  derselbe. 

Greifswald:  Altenglische  grammatik  und  erklärung  des  Beöwulf  — 
privatdocent  Varnhagen.  Romanisch  -  englische  societät,  Shakespeare's 
Richard  III  —  derselbe.  Im  seminar:  Mündliche  und  schriftliche  Übungen  im 
anschluss  an  Milton  —  prof.  Schmitz. 

Halle:  Einleitung  in  die  englische  philologie  —  prof.  Elze.  Englische 
metrik  —  derselbe.  Ausgewählte  dichtungen  Pope's  —  derselbe.  Uebungen 
im  englischen  seminar  ^  derselbe.  Elemente  der  englischen  spräche- — ^  lector 
Aue.  Shakespeare's  Romeo  and  Juliet  —  derselbe.  Praktische  Übungen  im 
Seminar  —  derselbe. 

Heidelberg:  Shakespeare  und  seine  zeit  —  prof.  Ihne.  Im  seminar: 
Englisch-deutsche  Übungen  (Macaulay's  Essays)  nebst  rede  und  stilübungen  —  der- 
selbe. Deutsch-englische  Übungen  (Kleist's  Prinz  von  Homburg)  —  derselbe. 
Altenglische  Übungen  im  seminar  —  privatdocent  Neu  mann. 

Innsbruck:  Englische  spräche,  erster  cursus ,  elementargrammatik  mit 
Übungen  —  lehrer  Roes.  Zweiter  cursus  (vortrag  in  engl,  spräche),  einübung 
der  Syntax  und  lectüre  —  derselbe.  Litteratur,  Shakespeare,  Vorlesung  und 
erklärung  —  derselbe. 

Jena:    Vac. 

Kiel:  Geschichte  der  englischen  spräche  und  erklärung  ausgewählter  eng- 
lischer stücke  — prof.  Stimming.  Uebungen  im  Neuenglischen  —  derselbe. 
Shakespeare's  Measure  for  measure  —  lector  Heise.  Englische  Übungen  oder 
conversatorium  —  derselbe. 

Königsberg:  Ueber  Chaucer  und  erklärung  der  Canterbury  Tales  — 
prof.   Kissner.      Uebungen  im  romanisch-englischen  seminar  —  derselbe. 

Leipzig:  Neuenglische  litteraturgeschichte  vom  anfang  des  16.  jahrh.  — 
prof.  Wülcker.  Ueber  W.  Scott  und  dessen  werke  nebst  erklärung  von  dessen 
Lay  of  the  last  minstrel  und  Lady  of  the  lake  —  derselbe.  Englische  gesell- 
schaft  —  derselbe.  Neuenglische  grammatik  —  privatdocent  T  r  a  u  t  m  a  n  n . 
Uebungen  im  übersetzen  aus  dem  Deutschen  ins  Englische  —  derselbe. 

Lemberg:    Englische  spräche  —  lector  Kropiwnicki. 

Marburg:  Romanisch -englisches  seminar  —  prof.  Stengel.  Einleitung 
in  das  Studium  Shakespeare's  —  privatdocent  Koch. 

München:  .Shakespeare's  Hamlet  (fortset/.ung)  —  prof.  Bernays.  Im 
seminar:   Marlowe's  Dr.  Faustus  —  prof.  Breymann. 

Münster:  Französische  und  englische  litteraturgeschichte  von  17S9  an  — 
prof.  Körting.     Anfangsgründe  der  englischen  spräche  —  lector  Deiters. 

Prag:    Englische  spräche   — ■   lector  H  o  1  z  a  m  e  r. 

Rostock:  Englische  grammatik  —  p  ri  v  atd  o  c  e  n  t  L  in  d  n  er.  Beöwulf  — 
derselbe. 

Strassburg:  Geschichte  der  englischen  spräche  —  prof.  ten  Brink. 
Mittelenglische  Übungen  im  seminar  für  englische  phil.  —  derselbe.  Englische 
Syntax,  zweite  hälfte  —  lector  Levy.  Shakespeare's  Othello  —  derselbe. 
Uebungen  im  seminar  —  derselbe. 


Cßg  Misccllen 

Tübingen:  Milton's  Comus  und  Samson  Agonistes  —  pro  f.  Milner. 
Englische  grammatik  —  derselbe.  Leitung  des  seminars  für  neuere  sprachen, 
I.  und  2.  cursus  —  derselbe. 

Wien:  .Shakespeare' s  leben  und  werke  — ' prüf.  .Schi  ]>  \> c  r.  .Shakespeare's 
Macbeth  —  derselbe.  Im  englischen  seminar,  obere  abth. :  altengli.sche  Übungen 
nach  dem  Altenglischen  lesebuchc  vonWülcker;  untere  abth.:  praktische  Übungen 
im  Neuenglischen  —  derselbe.  Englische  grammatik  nebst  conversationsübungen 
—  privatdocent  Po'ley. 

Würz  bürg:  Ausgewählte  stücke  aus  Chaucer's  Canterbury  Tales  —  prüf. 
Mall.     Altenglische  üljungen  —  derselbe. 

Zürich:  Pope's  select  poetical  works  (no.  152  Tauchnitz  collection)  — 
prof.  Breitinger.  Les  grands  ecrivains  de  l'Angleterre  contemporaine  — 
derselbe. 

In  Breslau  ist  eine  ausserordentliche  professur  für  englische  philologie  be- 
gründet und  dem  bisherigen  Vertreter  dieses  faches  übertragen  worden. 

Prof.  J.  Schipper  in  Wien  ist  an  Delius'  stelle  als  ordentlicher  professor  der 
englischen   philologie   nach  Bonn   berufen  worden. 

Der  ausserordentliche  professor  R.  P.  Wülcker  in  Leipzig  ist  zum  Ordinarius 
ernannt  worden. 


ZEITSCHRIFTENSCHAU. 
Anglia  III,  heft  2.  Abhan'dlungen.  Chaucer's  influence  upon  king 
James  I.  of  Scotland  as  poet.  By  H.  Wood.  Spenser's  Shepherd's  calendar 
und  Mantuan's  eclogen.  Von  F.  Kluge.  Zu  mittelenglischen  gedichten. 
VI.  Zu  dem  klageliede  Maximian's.  VII.  Noch  einmal  zu  den  Sprüchen  des 
heiligen  Bernhard.  Von  H.  Varnhagen.  Prosalegenden.  I.  Caxton's  aus- 
gäbe der  heiligen  Wenefreda.  II.  Marienlegenden.  III.  S.  Dorothea. 
IV.  S.  Hieronymus.  Von  C.  Horstmann.  A  reply  to  mr.  Furnivall's  couple 
of  protests.  By  James  Phelan.  Kleine  Bemerkungen,  i.  Zu  Andreas  145. 
2.  Andreas  483.  3.  Zu  Alfred's  Sprüchen  ed.  Morris  118,  262  und  Hending 
ed.  Bödd.  293,  133.  4.  Zu  Chaucer  C.  T.  Prol.  52.  5.  Zu  Chaucer  C.  T.  Prol, 
169  f.  6.  Ein  angeblicher  Druckfehler.  Von  J.  Zupitza.  Bemerkungen  und 
nachtrage.  I.  Zu  Lohmann 's  Engl,  relativpronomen.  Von  W\  Sattler.  2.  Me. 
k  für  d?  Von  J.  Zupitza.  3.  Etymologie  "von  catch.  Von  H.  Varnhagen. 
4.  Einiges  über  das  nordhumbrische  r.  Von  IM.  Traut  mann.  Recensionen 
und  anzeigen.  Publications  of  the  Folk-Lore  Society.  I.  Von  R.  Köhler. 
Der  altenglische  Cato.  Eine  Übertragung  und  bearbeitung  der  Disticha  Catonis, 
von  J.  Nehab.  Berlin  1879.  Von  G.  Schleich.  An  English  Garner.  In- 
gatherings  from  our  History  and  Literature.  By  E.  Arber.  Vol.  I,  II.  London 
1877 — 79.  Von  Toulmin  Smith.  Dos  Obras  Didacticas  y  dos  Leyendas  sa- 
cadas  de  manuscritos  de  la  Biblioteca  del  Escorial.  Dalas  ä  luz  la  Sociedad  de 
Bibliöfilos  Espanoles.  Madrid  1878.  Von  H.  Varnhagen.  G.  Schleich:  Pro- 
legomena  ad  Carmen  de  Rolando  Anglicum.  Burg  1879.  Von  R.  P.  Wülcker. 
Shakespeare  der  kämpfer.  Die  polemischen  hauptbeziehungen  des  Midsummer- 
Night's   Dream   und    Tempest   urkundlich   nachgewiesen   von    E.    Hermann.     Drei 


Zeitschriftenschau 


539 


abtheilungen.  Erlangen,  London  and  New- York  1879.  ^'^on  L.  Proescholdt. 
Facsimile  of  the  Epinal  ms.  of  the  yth  Century ,  the  oldest  document  of  Anglo- 
Saxon.  By  F.  J.  Furnivall.  The  New  English  Dictionary  of  the  London 
Philological  Society.     By  Toulm.  Smith. 

Archiv  für  das  Studium  der  neueren  sprachen  und  litteraturen. 
Herausgegeben  von  L.  Herrig.  62.  band.  Heft  3.  4.  Nachträge  zu  den 
legenden.  I,  Alexius ,  aus  Barbour's  legendensammlung.  H.  Zu  S.  Paul's 
Vision  von  der  hölle.  HL  Susanna.  IV.  Erasmus.  V.  Roberd  of  Sicily. 
Von  C.  Horstmann,  p.  396 — 431.  Recensionen.  Englische  Synonymik 
bearbeitet  von  K.  Kloepper.  Grössere  ausgäbe  für  lehrer  und  studirende. 
Erste  lieferung.  Rostock  1880.  Von  D.  Asher,  p.  453  f.  Die  wichtigsten 
Eigenthümlichkeiten  der  engliscken  Syntax,  von  O.  Petry.  2.  aufl.  Remscheid 
1879.  Von  A.  Lüttge,  p.  454  f.  Erwiderung  auf  die  recension ,  welche  herr 
N.  Lehmann  im  2.  hefte,  bd.  LXII  des  Archivs  über  die  englische  grammatik  von 
dr.  R.  Sonnenburg  veröffentlicht  hat.  Von  R.  Sonnen  bürg,  p.  456  ff. 
63.  band,  heft  i.  2.  Die  Orthographiereform  in  England.  Von  M.  Schilling, 
p.  223 — 236.  Recensionen.  Ueber  den  Wigalois  von  Wirnt  von  Gravenberg 
und  seine  altfranzösische  quelle.  Von  A.  Mebes ,  p.  107.  Von  ?  Münch : 
Bemerkungen  über  die  französische  und  englische  lectüre  in  den  oberen  real- 
klassen.  Ruhrort  1879.  Von  ?  p.  166.  Etymologisches  Wörterbuch  der 
englischen  spräche  von  Eduard  Müller.  2.  aufl.  Köthen  1878— 1879.  Von  H., 
p.   238  f. 

Zeitschrift  für  deutsches  alterthum  und  deutsche  litteratur. 
Herausgegeben  von  E.  Steinmeyer.  N.  F.  XH.  2.  Angelsächsisches 
aus  Rom,  von  E.  Steinmeyer  ,  p.  191  — 193.  Recensionen.  Kluge,  Beiträge 
zur  geschichte  der  germ.  conjugation.     Von  J.  Schmidt,   p.    117  ff. 

Revue  celtique,  dirigee  par  H.  Gaidoz.  Vol.  IV.  No.  2.  Populär 
tales  of  Ireland,  by  D.  Fitzgerald,  p.  171 — 200.  A  relic  of  the  Swan-knight 
Story.  By  D.  Fitzgerald,  p.  200.  L'amitie  d'Amis  et  d'Amiles  (celtische 
prosaversion  aus  dem  rothen  buche  von  Hergest.  Ich  komme  in  diesem  blatte 
baldmöglichst  ausführlicher  auf  diese  Version  zurück.  K.) ,  par  H.  Gaidoz, 
p.  201 — 244.  Tidings  of  doomsday.  An  early  middle-irish  homily.  By  W.  .S., 
p.  245—257. 

Litterat urblatt  für  germanische  und  ro mailische  philologie. 
Unter  mitwirkung  von  Karl  Bartsch  herausgegeben  von  O.  Be- 
haghel  und  F.  Neu  mann.  No.  3 — 6.  Die  nordische  und  die  englische  version 
der  Tristansage,  herausgegeben  von  E.  Kölbing.  I.  Tristrams  saga  ok  Jsondar. 
Heilbronn  1878.  Von  C.  Cederschiöld  und  O.  Behaghel,  p.  93  ff. 
E.  Hausknecht,  Ueber  spräche  und  quellen  des  me.  heldengedichtes  vom  Sowdan 
of  Babylon.  Berlin  1879.  Von  Th.  Wissmann,  p.  100  f.  A.  Mebes,  Ueber 
den  Wigalois  von  Wirnt  von  Gravenberg  und  seine  altfranzösische  quelle.  Neu- 
münster 1879.  Von  K.  Foth,  p.  114.  F.  Liebrecht,  Zur  Volkskunde.  Heilbronn 
1879.  Von  Reinh.  Köhler,  p.  127.  Thum ,  Anmerkungen  zu  Macaulay's 
History  of  England.  Reichenbach  1879.  Von  K.  Foth,  p.  152.  Ruvcnhagen, 
Altenglische  Dramen.  Aachen  1879.  Von  K.  Foth,  p.  152  f.  Kloepper, 
Englische  synonymik.  (irösscre  ausgäbe  für  lehrer  und  studirende.  Erste  lieferung. 
Rostock  1879.  Von  W.  Vietor,  p.  177  f.  Altenglische  dichtungen  des  ms. 
Harl.  2253.     Mit  grammatik  und  glossar  herausgegeben  von  K.  Böddcker.    Berlin. 


CAo  Miscellen 

Von  K.  Wi  SS  mann,    p.   214 — 218.     The  works   of  William  Shakspere.     Edited 
by  W.  Wagner.     Hamburg    1880.     Von  L.  Proescholdt,    p.   218 — 220. 


EINGEGANGENE  RECENSIONSEXEMPLARE. 

Max  Wo]  ff;  Juhn  Ford  ein  nachahmer  Shakespeare's.  Heidelberg. 
Druckerei  von  Hörnig.      1880. 

Otto  Danker:  Die  laut-  und  flexionslehre  der  mittelkentischen  denkmäler 
nebst  romanischem  wortverzeichniss.     Strassburg   und  London.    Trübner.     1879. 

Johannes  Bennewitz:  Chaucer's -Sir  Thopas.  Eine  parodie  auf  die  alt- 
englischen ritterromanzen.     Halle.      1879. 

Ausgewählte  kleinere  dichtungen  Chaucer's.  Im  versmaasse  des  Originals 
in  das  Deutsche  übertragen  und  mit  erörterungen  versehen  von  dr.  John  Koch. 
Leipzig.     Friedrich.      1880. 

Georg  Wagner;    On  Spenser's  use  of  archaisms.     Halle  1879. 

Georg  Nölle:  Die  legende  von  den  fünfzehn  zeichen  vor  dem  jüngsten 
gericht.     Halle  1879. 

Ernst  Gropp  :    On  the  language  of  the  proverbs  of  Alfred.     Halle    1879. 

Heiur.  Hub:  La  chanson  de  Heruis  de  Mes.  Inhaltsangabe  und  Classi- 
fication der  handschriften.     Heilbronn.     Henninger.      1879. 

W.  J.  Rehdans:  An  exact  account  and  critical  examination  of  Sir  Walter 
Scott's  poem.  :  Tke  Lady  of  the  Lake.  Continuation.  [Progr.  des  köfligl. 
gymnasiums  zu  Strassburg  W\-Pr.      Ostern   1880.] 

Gustav  US  Schleich;  Prolegomena  ad  carmen  de  Rolando  anglicum. 
Burgi   1879. 

Emil  Dönges:  Die  Baligantepisode  im  Rolandsliede.  Heilbronn.  Hen- 
ninger.     1880. 

H.  Hilmer:  Zur  altnordhumbrischen  laut- und  flexionslehre.  I.  Lautlehre. 
[Jahresbericht  der  realschule  i.  o.  zu  Goslar.    1880.] 

Albert  Verron:  The  construction  or  arrangement  of  words  and  sentences 
in  the  present  English  language.  Part  III.  Inverted  constructions.  [27.  Jahres- 
bericht über  die  realschule  I.  Ordnung  zu  Münster.     Münster   1879.] 

A.  Jusserand:  Observations  sur  la  vision  de  Piers  Plowman  ä  propos  des 
»Notes  to  texts  A,  B  and  C«  du  Rev.  W.  Skeat.  Extrait  de  la  Revue  critique. 
1879. 

Felix  Bobertag:  Geschichte  des  romans  und  der  ihm  verwandten 
dichtungsgattungen  in  Deutschland.  Bd.  I.  II.  I.  Breslau.  Gosohorsky.  1877 
bis  1879. 

James  M.  Garnett:  The  Historical  Method  in  the  Teaching  of  English. 
A  paper  read  before  the  National  Educational  Association. 

Derselbe:    Text-Books  and  Methods  of  Instruction  in  English,  especially 

as  studied  in  Colleges   and  Universities.     Read    before   the  Virginia  Association  at 

Hampton,  Virginia,  July   iith  1878.     [From  the  Educational  Journal  of  Virginia.] 

[Axel  Kl  int]    An    account    of  Chaucer's  translation  of  the  Romaunt  of  the 

rose.     S.  1.   s.  a. 


Berichtigung  541 

F.J.  Furnivall:  Mr.  Swinburne's  »Fiat Burglary«  on  Shakspere.  Two  letters 
from  the  »Spectator«   of  September  6th  &  i^th   1879.     London.     Trübner.      1889. 

Gustav  Kleinert:  Ueber  den  streit  zwischen  leib  und  seele.  Ein  beitrag 
zur  Entwicklungsgeschichte  der  Visio  Fulberti.     Halle  1880. 

Die  fragmente  der  rede  der  seele  an  den  leichnam  in  der  handschrift  der 
cathedrale  zu  Worcester,  neu  nach  der  hs.  herausgegeben  von  Ernst  Haufe. 
Greifswald   1880. 

Gaston  Paris:  La  chanson  du  pMerinage  de  Charlemagne.  (Extrait  de 
la  Romania,  t.   IX.)    Paris  1880. 

Alfred  Schaffner:  Lord  Byron's  Cain  und  seine  quellen.  Strassburg. 
Trübner.      1880. 

W.  Skeat:    Collation  of  the  Durham  ritual  with  notes  etc.    [Separatabdnick 
aus  den  Transactions  der  Philological  Society.    1879.] 

Extracts  from  the  Anglo-Saxon  Laws ,  edited  by  Albert  S.  Cook.  New 
York.      1880. 

Zeitschrift  für  romanische  philologie.  Herausgegeben  von  G.  Gröber, 
in.  band.    Heft  III— V.     IV.  band.     Heft  I.     Halle  a.  S.     Niemeyer.     1879—80. 

Anglia.  Zeitschrift  für  englische  philologie.  Herausgegeben  von  R.  P.  W  ü  1  c  k  e  r 
und  M.  Trautmann.     III.  band.     Heft  IL     Halle  a.  S.     Niemeyer.      1880. 

Zeitschrift  für  neufranzösische  spräche  und  litteratur  mit  besonderer  berück- 
sichtigung  des  Unterrichts  im  Französischen  auf  den  deutschen  schulen.  Heraus- 
gegeben von  G.  Körting  und  E.  Ko schwitz.  Bd.  I.  Heft  II^IV.  Bd.  IL 
Heft   I.    IL      Oppeln  und  Leipzig.     E.   Franck.      1879 — 80. 

Litteraturblatt  für  germanische  und  romanische  philologie.  Unter  mitwirkung 
von  K.  Bartsch  herausgegeben  von  O.  Behaghel  und  F.  Neumann.  No.  3 — 6. 
Heilbronn.     Gebr.    Henninger.      1880. 


BERICHTIGUNG. 

Unter  der  Überschrift:  ,Ein  angeblicher  druckfehler'  wehrt  sich  Zupitza 
Anglia  III,  p.  372  gegen  den  Vorwurf,  dass  in  seinem  Uebungsbuch  XXIV,  iio 
in  dem  satze :  pat  ße  daunger  of  dry^tyn  so  derßy  ascaped ,  durch  ein  versehen 
vor  dry^tyn  der  artikel  ausgefallen  sei.  »Das  ist  nun  aber  absolut  kein  von  mir 
übersehener  druckfehler,  denn  der  artikel  fehlt  auch  bei  Morris,  Alliterative  poems 
p.   92,  dessem  (sie)  text  der  meinige  entlehnt  ist.« 

Dass  in  der  zweiten  aufläge  der  Alliterative  poems ,  die  Zupitza  seiner  aus- 
gäbe zu  gründe  gelegt  hat,  die  mir  aber  hier  nicht  zu  geböte  steht,  das  /<•  in  der 
that  fehlt ,  bezweifle  ich  nach  obigem  nicht.  Gleichwol  war  meine  vermuthung 
nicht  so  ganz  aus  der  luft  gegriffen.  Die  mir  damals  und  jetzt  allein  zugängliche 
erste  ausgäbe  (London,  1864,  p.  95)  bietet  nämlich,  was  Zupitza  augenscheinlich 
unbekannt  geblieben  ist ,  pc  dry^tyn.  Hätte  er  zum  zweck  seiner  ausgäbe  beide 
texte  sorgfältig  verglichen,  und  diese  auffallende  abweichung  in  einer  note  erwähnt, 
wie  es  doch  wohl  seine  pflicht  war ,  zumal  da  ein  ausfall  von  pe  in  aufläge  2  an 
sich  wahrscheinlicher  war  als  eine  überflüssige  setzung  dieses  Wortes  in  aufläge  i  — 
mustergültig  in  bezug  auf  Sorgfalt  in  derartigen  angaben  sind  Mätzner's  Sprach- 
proben ,  z.  b.  bei  Sir  Tristrem  —  so  würde  niemand  an  der  steile  anstoss  ge- 
nommen haben.     Ich  habe  also  meine  angäbe  dahin  zu  berichtigen  ,    dass  Zupitza 


542 


Miscellen 


nicht  übersehen  eines  druckfehlcrs,  wol  aber  inangel  an  akribie  bei  der  Herausgabe 
des  betreffenden  stUckes  vorzuwerfen  ist.  Eine  weitere  probe  von  unsorgfältiger 
arbeit  dieses  gelehrten  hal)e  ich  oben  p.  535  f.  mitgetheilt.  Um  die  »trias«  voll  zu 
machen,  verweise  ich  auf  den  Uten  rcport  der  EETS.,  für  den  Zupitza  den  bericht 
über  »Early  english  work  done  in  Germany  during  the  years  1874 — 79«  bei- 
gesteuert hat.  p.  21  spricht  er  von  der  Anglia  und  den  Engl.  Studien  und  gibt 
in  einer  nole  eine  übersieht  über  »the  princi])al  texts  and  articles  publisht  in  these 
Journals«.  Ueber  die  daliei  getroffene  auswahl,  die  auch  manches  zu  denken  gibt, 
mögen  andere  urtheilen.  Wenn  aber  Wülcker  [1.  Fritzsche]  Anglia  II  »Ueber 
Andreas  und  Cynewulf«  geschrieben  und  Engl.  stud.  I  Horstmann  [1.  Kölbing]  die 
legende  von  Theophilus  und  zwei  Versionen  der  Patrikslegende  edirt  haben  soll, 
so  gehört  das  doch  kaum  mehr  unter  die  nibrik :    druckfehler. 

Jedenfalls  erhellt  aus  alledem ,  dass  Zupitza  nicht  gerade  besonders  berufen 
erscheint ,  über  unbedeutende  druckfehler  in  den  arbeiten  anderer  mit  vornehmer 
miene  abzuurtheilen. 

Ob  ich  auf  der  von  ihm  geführten  kritiker-liste  als  »mehr«  oder  »weniger 
anständig«  figurire ,  ist  mir  ziemlich  gleichgültig ,  da  ich  seine  anschauungen  über 
diesen  punkt  keineswegs  für  massgebend  halte,  und  selbst  auf  die  gefahr  hin,  um 
einige  stellen  degradirt  zu  werden,  kann  ich  nicht  umhin,  ihm  zu  sagen,  dass  das 
in  seinen  recensionen  und  vorreden  ziemlich  stark  hervortretende  Selbstgefühl  zu 
seiner  wissenschaftlichen  leistungsfahigkeit  in  keinem  rechten  verhältniss  steht. 

E.  Kölbing. 


NACHTRÄGE  UND  BERICHTIGUNGEN  ZU  DEN  ENGLISCHEN 

STUDIEN. 

Zu  bd.  III,  s.  15.  Fingre  (=  fingres ,  pl.)  Mark  7,  33  (ms.  bibl.  reg. 
I  A.  XIV  hat  hier  schon  fingra) ,  sepple  leechd.  3,  118,  palle  HOM.  i,  163, 
diche  P.  L.  s.  VIII,  21,  hülle  175,  songe  La?.  5109,  felde  LA5.  24694,  pirme 
ST.  GEN.  A.  EX.  1 78  (pirmes  2982),  kniete  (ms.  knijtes:  li5te)  HoRN  ed.  Lum.  520, 
hunde  (ms.  hundes:   funde)  881,   schafte  Fer.    1594. 

Zu  bd.  III,  s.  272.  eoper  gode  perc  Mat.  5,  16.  Leofe  freond  (vocat.) 
La;.  708  I.  |)in  a^ene  mon  8251  ;  [f)es  precches  porldes  p.  1.  s.  VIII,  168.]  pces 
heije  kinges  fragm.  7.  [pxs  almihties  fieder  8.]  peo  goden  7.  [pes  precches 
porldes  P.   L.  s.  viii,    168.    pe  edmödies  monnes  A.   R.  246.] 

Das.  z.   16  lies  p6  häli^e  pitien   anstatt  pi  hälize  potien. 

F.  H.  S  trat  mann. 

Bd.  III,  p.  357,3  den  daraus  hervorgehenden  Substantiven  und  adjectiven] 
1. :    die  daraus   hervorgehenden  Substantive  und  adjective. 

P-   35818  gebührt]   1.  :   gebührt,   nicht  gelten  lassen  will. 

D.   Asher. 

Zu  bd,  II,  p.  507,4  ff.  Ich  vermuthete  dort,  dass  Horstmann's  lesung  io  sie, 
Sprüche  des  heil.  Bernh.  v.  15  für  das  to  fye  der  anderen  hs.  auf  einem  versehen 
beruhe  ;    auf  dieselbe  vermuthung  kam  ,  unabhängig  von  mir  ,  Varnhagen  ,   Anglia 


Nachträge  und  berichtigungen  zu  den  Englischen  Studien  CA'i 

III  p.  66.  Seitdem  hat  letzterer  a.  a.  o.  p.  286  constatirt,  dass  Horstmann 
richtig  gelesen  hat,  bemerkt  aber  dazu:  »Anzufangen  weiss  ich  mit  dem  toste 
nichts.«  Das  wort,  dessen  bedeutung  Stratmann  3  p.  567  gewiss  richtig  als  dilabi 
angesetzt  hat ,  gehört  doch  wol  zu  demselben  stamme ,  wie  das  ae.  subst.  onsyn 
oder  onsien,  defectus ,  welches  nach  Körner's  vermuthung  (Einleitung  II,  p.  265) 
von  dem  allerdings  wol  nur  in  der  transit.  bedeutung :  seihen ,  vorkommenden 
sihan  (altn.    sici)   herzuleiten   ist. 

Zu  bd.  III,  p.  98.  Die  unter  15)  vermuthungsweise  vorgeschlagene  änderung 
halte  ich  jetzt  für  unnöthig. 

Das.  p.  103.  Ueber  den  ausdruck:  purpre  and  pal  hat  sich  inzwischen 
Varnhagen ,  Anglia  III  p.  282  in  demselben  sinne  geäussert,  und  zwei  weitere 
belegstellen  für  diese  Verbindung  beigebracht.  Vgl.  noch  Spenser,  The  shepherd's 
calendar,   ecl.   7 ; 

They  been  yclad   in  purple  and  pall, 
So  hath  their  god  them  blist, 
They  reign   and  rulen  over  all. 
And  lord   it  as  they  list. 
Das.  p.    1 301  ff.     Einer  mündlichen  mittheilung  Horstmann 's  zufolge  gehört 
die  von  ihm  aus  ms.  Laud.    108  edirte  Magdalena   nicht   der   südlichen  legenden- 
sammlung    an ,     sondern    bildet    eine    dichtung    für    sich.     Dadurch    erledigt    sich 
natürlich  auch,  was  ich  über  die  wähl  der  hs.  bemerkt  habe. 
Das.  p.   2779  f.    wiedergegeben]    1.:    wiederzugeben. 

Das.  p.  321.  Unter  167)  hatte  ich  vorgeschlagen,  GE.  v.  3409  für  heipes, 
helpers  zu  schreiben.  Im  hinblick  auf  .Skeat's  anmerkung  zu  Piers  Ploughman 
V.  2  halte  ich  diese  änderung  nicht  mehr  für  berechtigt.  Helpe  verhält  sich  zu 
helper  genau  so   wie  hunte  (=  Jäger)  zu  htinter. 

Dass,  gegen  unsern  sonstigen  gebrauch,  die  p.  409  von  Horstmann  edirte 
legende  nicht  mit  petit-schrift  gedruckt  ist ,  beruht  auf  einem  missverständniss 
zwischen  mir  und  der  auswärtigen  druckerei ,  welches  leider  zu  spät  bemerkt 
wurde,   und  ist  für  künftige  textabdrücke  nicht  massgebend. 

Endlich  bemerke  ich ,  dass  zu  meinem  grossen  bedauern  in  diesem  hefte 
die  pädagogische  abhandlung  ausfallt ,  da  derjenige  fachgenosse ,  welcher  eine 
solche  zugesagt  hat,  durch  äussere  Verhältnisse  verhindert  worden  ist ,  sie  fertig  zu 
stellen.  Ich  benutze  diese  gelegenheit,  um  die  herren  fachgenossen  um  thatsächliche 
Unterstützung  meiner  bestrebungen  auch  nach  dieser  seite  hin  wiederholt  freundlichst 
zu  ersuchen.  E.  K. 


Pierer'sche  hofbuchdruckerei.    Stephan  Geibcl  Ä  Co.  in  Altenburg. 

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E6 

Bd.  3 


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