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Full text of "Entwickelung und Stand des höheren Mädchenschulwesens in Deutschland"

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Entwickelimg und Stand 



des 



höheren Mädchenschulwesens 



in Deutschland. 



Im Auftrage 

des Königl. Prenfsischen Mlnisterinms der geistlichen, Unterrichts- 

und Medizinal-Angelegenheiten. 



Von 

Helene Lange. 



Berlin 1893. 

R. Gaertners Verlagsbuchhandlung 

Hermann Heyfeider. 
SW. Schönebergerstrafse 26. 



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Entwickelung und Stand des höheren Mädchenschul- 
wesens in Deutschland. 



A. Im allgemeinen. 

Das frühere Mittelalter zeigt in Deutschland eine sehr 
rege Förderung geistiger Kultur bei den Frauen. Weit eher 
als bei den Männern aus dem Laienstande fand man bei ihnen 
die Anfänge einer gelehrten Bildung, die schwierige Kunst des 
Lesens und Schreibens sowie die zum Verständnis des Psalters 
nötige litterarische Bildung. Das Psalmenbuch wurde daher 
auch zu den der Frau zufallenden Erbstücken gerechnet. 
Schon zur Zeit Karls des Grofsen, besonders aber unter 
den Ottonen begegnen uns geistliche und weltliche Frauen, 
die auf einer Höhe gelehrter Bildung stehen, wie sie selbst 
von hervorragenden Verti'etern der Geistlichkeit selten er- 
reicht wurde. Die feine Bildung der vornehmen Frauen be- 
trachtete man später als einen besonderen Vorzug dieses Zeit- 
alters. Einen Unterschied zwischen männlicher und weiblicher 
Bildung gab es dabei nicht; hatte man die Elementarkennt- 
"^ nisse errungen und die Fächer des Triviums absolviert, so 
■7^ drang man auch wohl noch je nach Bedürfnis und Anlage in 
^- die Geheimnisse des Quadriviums ein. 

-*= Die wichtigsten Bildungsstätten waren die Klosterschulen. 

r-Q Seit dem zehnten Jahrhundert war in den vornehmen 

"^ Ständen Deutschlands die Sitte fast allgemein geworden, die 

O Töchter in den Klöstern ausbilden zu lassen. Im elften und 

^ zwölften Jahrhundert finden wir besonders in den süddeutschen 

H. Lange, höheres Mttdchenschulwesen. 1 



Frauenklüstem grofse Erziehungsanstalten für Töchter des 
Adels. Aus den Klostemeuburgisclien Akten ergiebt sich 
u. a., dafs in dem dortigen Frauenkloster eine stark besuchte 
Schule bestand, welche Mädchen mit dem siebenten Lebens- 
jahre aufnahm, ohne dals für sie die Verpflichtung galt, 
der Welt zu entsagen. Solche Mädchen besuchten die soge- 
nannte äufsere Schule, deren Unterricht sich in erster Linie 
auf die Elemente des Wissens: Lesen, Schreiben und die 
Psalmen erstreckte. Aufserdem wurden die Mädchen auch in 
den verschiedensten weiblichen Handarbeiten unterwiesen. 

Selbst als die gelehrte Laienbildung verfällt, bleiben 
wenigstens die Frauen noch den lateinischen Büchern getreu. 
Yornehme Eltern versäumen es selten, ihre Töchter „nach 
Sitte der Yorfahren" in den Schuldisciplinen unterrichten zu 
lassen. Noch immer galt es als höchstes. Lob für ein adliges 
Mädchen, lateinische Bücher zu verstehen, wenn auch die 
vornehmen Damen sich nicht mehr, wie das in der „guten, 
alten Zeit" nicht selten geschah, in das Studium der Kirchen- 
väter oder der römischen Klassiker vertieften, sondern lieber 
kurzweilige Schriften, Romandichtungeu, Schwanke und 
Lieder lasen. 

Mit dem Ausgang des Mittelalters verfällt diese Bildung, 
die übrigens nur ein Privileg der höchsten Stände w^ar, 
schnell. Wenn auch eine Anzahl von Frauen sich noch 
privatim eine „gelehrte Bildung" verschaift, so klagt doch 
Ludwig Yives darüber, dafs das Geschlecht der Frauen 
ausgeschlossen sei von jedwedem Licht der Erkenntnis, und 
dringt auf Abhilfe. „Noch niemals," sagt er, „habe ich eine 
gebildete Frau gesehen, die schlecht war, wohl aber unendlich 
viele, welche nur darum verworfen und elend geworden, weil 
sie nie die Segnungen der Wissenschaften und des durch sie 
angeregten eigenen Nachdenkens genossen hatten." Eine ähn- 
liche Auifassung finden wir bei den Reformatoren, zu deren 
Bestrebungen es daher gehöii;, auch den Frauen die Bildung 
wieder zugänglich zu machen. Aber die Ansichten darüber, 
was ihren Inhalt auszumachen habe, sind andere geworden; 
mehr und mehr bildet sich die Idee einer specifisch weiblichen 






Bildung aus. Auch bei Vives finden wir deutliche Spuren 
davon. „Des Weibes einziges Bildungsziel," betont er, „ist 
die Sittlichkeit: hat man ihr das Wesen derselben genügend 
auseinandergesetzt, so hat sie genug gelernt." Aus seinen 
weiteren Auseinandersetzungen erfährt man freilich, dafs er 
als Grundlage dafür umfassende Studien „in der Moralphüo- 
sophie" und die Lektüre vieler alter Schriftsteller, die eine 
weitgehende Kenntnis der lateinischen Sprache voraussetzen, 
für nötig hält. Die eigentliche systematische Wissenschaft 
aber behält er dem Manne vor. 

Ein weiterer Gegensatz gegen das Mittelalter macht sich 
mit dem Beginn der „neuen Zeit" darin geltend, dafs man der 
Bildung eine weit gröfsere Ausdehnung geben will. Der von 
Karl dem Grofsen schon angeregte Gedanke einer allgemeinen 
Volksbildung wird von den Reformatoren praktisch zur 
Geltung gebracht und kommt auch dem weiblichen Geschlecht 
zu gute. Das Bedürfnis, auch den Bürgermädchen eine 
gewisse Bildung zu übermitteln, hatte sich schon seit dem 
13. Jahrhundert gezeigt. Zunächst hatte man ihm in den 
Klosterschulen zu genügen gesucht; dann errichteten die auf- 
blühenden Städte hie und da „Jungfrauenschulen", die von 
„Lehrmüttern" geleitet wurden. Luther und Bugenhagen 
gebührt vor allem das Verdienst, die Begründung solcher 
Schulen gefördert zu haben. In seinem Sendschreiben: „An 
die Ratsherren aller Städte deutschen Landes, dafs 
sie christliche Schulen aufrichten und halten sollen", 
betont Luther die Notwendigkeit, „die allerbesten Schulen, 
beide für Knaben und Maidlin an allen Orten auf- 
zurichten", da die Welt feiner geschickter Männer und 
Frauen bedürfe: „Dafs die Männer wohl regieren könnten 
Land und Leute; die Frauen wohl ziehen und halten könnten 
Haus, Kinder und Gesinde." Seine Ansprüche in Bezug auf 
die Frauenbildung sind bescheiden genug: „Also kann ein 
Maidlin ja so viel Zeit haben, dafs des Tages eine Stunde zur 
Schule gehe und dennoch seines Geschäftes im Hause wohl 
warte." 

Fast alle Schul- und Kirchenordnungen der Reformations- 



zeit heben nacli Luthers Vorgang die Notwendigkeit einer 
allgemeinen Mädchenbildung hervor; so besonders die braun- 
schweigischen von Johann Bugenhagen. Schon die vom 
Jahre 1528 hat ein Kapitel von den „Jungfrauenschulen". Es 
sollen ihrer vier errichtet werden „an vier Orten, der ganzen 
Stadt wohl gelegen, darum dafs die Jungfrauen nicht ferne 
von ihren Eltern sollen gehen. Die Schulmeisterinnen will 
ein ehrbarer Rat verschaffen und annehmen, die in dem 
Evangelio verständig sind und von gutem Gerüchte. Dann 
soll man auch einer jeglichen aus dem Gemeindeschatzkasten 
Geschenke geben und sie lassen keine Not leiden, als der 
ganzen Stadt christliche Dienerinnen". Die braunschweigische 
Kirchenordnung von 1543 verlangt die Ausdehnung dieser 
Schulen auf alle Städte und Flecken. Das sehr bescheidene 
Lehrpensum von 1528 ist erweitert; die Schulzeit soll vier 
Stunden täglich betragen. Die Mädchen sollen lesen und 
schreiben lernen, geistliche Lieder singen und in Bibel und 
Katechismus wohl unterrichtet werden. In anderen Schul- 
ordnungen, so in der Wittenberger und Strafsburger werden 
auch die Anfangsgründe des Rechnens verlangt. 

Die (für Hessen bestimmte) Homberger Reformations- 
ordnung von 1526 sagt: „Aufserdem sollen in den grofsen 
und kleinen Städten, womöglich auch in den Dörfern, 
Mädchenschulen eingerichtet werden unter der Leitung ge- 
bildeter, in den Jahren vorgerückter, frommer Frauen, welche 
die Mädchen in den Hauptstücken der Religionslehre so wie 
im Lesen und Spinnen unterrichten und zur Pünktlichkeit 
und Geschäftigkeit anhalten sollen, damit sie später tüchtige 
Hausfrauen seien." 

Auch die Pommersche Schulordnung von 1563, sowie die 
1573 durch Johann Georg erlassene Brandenburgische Yisi- 
tations- und Konsistorialordnung verlangen die Errichtung 
von Jungfrauenschulen. In der ersteren heifst es: „Die Jung- 
frauen sollen des Werkeltages vier Stunden in die Schule 
gehen; die andere Zeit sollen sie bei den Eltern lernen haus- 
halten. Für allen Dingen sollen sie im Katechismo, in Psalmen, 
christlichen Gesängen, Sprüchen aus der heiligen Schrift 



unterrichtet, auch zum Gebet und zur Predigt gehalten 
werden." 

Besondere Sorgfalt wandte man auch den Mädchenschulen 
in Sachsen zu. Als in Oschatz durch die Räte des Herzogs 
Heinrich die Reformation eingeführt wurde, verlangten sie, 
dafs unter den zehn anzustellenden Kirchen- und Schuldienern 
auch „eine Weibsperson" zur Errichtung einer Jungfrauen- 
schule sei. Im Jahre 1555 genehmigte Kurfürst August den 
Antrag der Ritterschaft und der Städte auf Einrichtung dreier 
Jungfrauenschulen (zu Freiberg, Mühlberg und Salza in Thü- 
ringen), gewissermafsen als Parallelen der vom Kurfürsten 
Moritz errichteten Fürstenschulen. 

Vielfach mögen die über das Mädchenschulwesen ge- 
troffenen Anordnungen auf dem Papier geblieben sein; in den 
gröfseren Städten jedoch trat eine ganze Anzahl von Mädchen- 
schulen ins Leben, in denen trotz des geringen Mafses von 
Kenntnissen, das sie übermittelten, doch ohne Zweifel der 
Anfang der höheren Mädchenschule zu suchen ist. Sie 
scheinen hauptsächlich für die mittleren Volksschichten be- 
stimmt, gewesen zu sein und über den sogenannten deutschen 
Schreibschulen gestanden zu haben, in denen Knaben und 
Mädchen miteinander unterrichtet wurden; schon die Abson- 
derung des Geschlechts scheint ihnen einen vornehmeren Cha- 
rakter gegeben zu haben. 

Für die evangelischen Gebietsteile Deutschlands bleibt 
der Typus der Mädchenschule, wie er durch Luther und 
Bugenhagen festgestellt worden war, während der Folgezeit 
bestehen. Auf katholischer Seite wird besonders durch die 
Gründung des Ursulinerinnenordens, einer zum Zweck des 
Jugendunterrichts und der Krankenpflege im Jahre 1537 ge- 
stifteten freieren Schwesterschaft, und des Ordens der Eng- 
lischen Fräulein (1609 gestiftet) dem Bedürfnis des Mädchen- 
unterrichts Rechnung getragen. 

Das siebzehnte Jahrhundert bringt einerseits in Come- 
nius den Vertreter der weitherzigsten Theorie in Bezug auf 
die Bildung der Frauen („denn sie sind gleicher Weise Gottes 
Ebenbilder; in gleicher Weise Inhaber der Gnade und des 



6 

zukünftigen Reiches; in gleicher Weise mit beweglichem 
Geiste und umfassender Weisheit [oft mehr als unser Ge- 
schlecht] ausgerüstet; auf gleiche Weise steht ihnen der Zu- 
gang zur Herrlichkeit offen, da Gott selbst sich ihrer bedient 
hat zur Regierung der Yölker, den Königen und Fürsten die 
heilsamsten Ratschläge zu geben, zur Wissenschaft der Heil- 
kunde, und zu andern für das Menschengeschlecht wohl- 
thätigen Zwecken"), andererseits in der Praxis einen starken 
Rückgang derselben. Der Unterricht der Mädchen, dessen 
Notwendigkeit am w^enigsten in die Augen sprang, litt am 
meisten unter dem ungünstigen Einflufs, den die Verheerungen 
des dreifsigj ährigen Krieges auf das ganze Unterrichtswesen 
in Deutschland ausübten. Viele Mädchenschulen gingen ein 
und machten Winkelschulen Raum, in denen wieder Knaben 
nnd Mädchen zusammen unterrichtet wurden. Vielfach 
wurden die Mädchenschulen auch Gegenstand der Privat- 
spekulation ; wir finden gänzlich untaugliche und verkommene 
Personen als Schulhalter. Erst die Wende des Jahrhunderts 
bringt wieder eine Änderung. In den Fr an ck eschen Stif- 
tungen zu Halle finden wir eine gesonderte Mädchenschule 
für den Bürgerstand; daneben begründet Francke im Jahre 
1698 eine „Anstalt für Herren Standes, adeliche und sonst 
fürnehmer Leute Töchter", das sogenannte Gynaeceum. Es ist 
daselbst „zur Aufsicht, Unterweisung in der französischen 
Sprache, Anführung zu guter Manier mit Leuten umzugehen, 
eine französische Demoiselle, die eine bewährte und wohl- 
geübte Christin ist und viel bei Hofe gewesen, bestellet". Die 
jungen Mädchen werden in weiblichen Handarbeiten, im Lesen, 
Schreiben und Rechnen und „im Grunde des Christentums* 
unterwiesen, auch die Möglichkeit eines Unterrichts im 
Hebräischen und im Griechischen als den Ursprachen der 
Bibel ist vorgesehen, sowie andererseits auf Verlangen auch 
in Haushalt und Wirtschaft unterwiesen wird. Hier wie 
anderswo ist der Einflufs der (ein Jahr vor der Begründung 
des Gynaeceums) von Francke übersetzten F^nelonschen Schrift: 
Äwr Veducation des jeimes jüles unverkennbar; andere Institute, 
wie das vom Herzog Karl von Württemberg auf der Solitude 



errichtete, sind direkt auf das Vorbild von Saint-Cyr zurück- 
zuführen. So wurde besonders der „Institutserziehung" der 
jungen Mädchen höherer Stände jener französierende Cha- 
rakter gegeben, den sie noch bis in unser Jahrhundert hinein 
behalten hat. 

Inzwischen blieben die Bildungsgelegenheiten für Töchter 
der mittleren Stände noch lange Zeit aufserordentlich dürftig. 
Man eignete sich in den öifentlichen Schulen die Elementar- 
kenntnisse an; allenfalls wurde dann noch eine Strickschule 
besucht und ein Kursus im Französischen genommen; wenig- 
stens klagt schon Justus Moser über das Eindringen des 
französischen Elements in die Bildung der Bürgertöchter. 

Der Aufschwung unserer nationalen Litteratur und die 
damit verbundene geistige Regsamkeit, die auch die Frauen- 
welt ergriff, gereichte der Frauenbildung und speziell der 
Mädchenschule mächtig zur Förderung. Viel wurde schon 
um die Mitte des Jahrhunderts, über Frauenbildung theore- 
tisiert. „Von der Notwendigkeit des Studierens, insonderheit 
der Frauenzimmer" (Leipzig 1753), „Über Frauenzimmer- 
schulen" (Zürich, 1770), „Plan zur besseren Erziehung und 
Belehrung gemeiner Bürgertöchter" (von Usteri, Zürich 1774), 
„Über die Notwendigkeit der Anlegung öffentlicher Töchter- 
schulen für alle Stände" (Wolfenbüttel 1786), „System der 
weiblichen Erziehung, besonders für den mittleren und 
höheren Stand" (1787) sind einige Schriften aus einer Reihe 
anderer, die das Heraufdämmern einer neuen Zeit bezeichnen. 
Über das Was und Wie der Frauenbildung ist man sich frei- 
lich keineswegs einig. Auf der einen Seite vertritt Basedow 
in seinem Methodenbuch auf das entschiedenste den 
Rousseauschen Satz: „La femme est faite spöcialement pour 
plaire ä l'homme", und will dem entsprechend die Bildung 
der Frauen nicht auf ein sittliches Prinzip, sondern auf Klug- 
lieitsregeln und vor allem auf diese angebliche Bestimmung, 
zu gefallen, gegründet wissen: „Sie (die Frau) mufs ange- 
wöhnt werden, ihre Person und ihren Umgang angenehm zu 
machen und zu erhalten, das männliche Geschlecht als das 
zum Vorzuge der Herrschaft bestimmte von Jugend auf an- 



8 

zusehen, sich dasselbe durch Sanftmut, Geduld und Nachgeben 

geneigt zu machen" etc „Es ist eine vortreffUche 

Übung für Mädchen, dafs man sie versuchen lä&t, in einer 
grofsen Gesellschaft bald diesem, bald jenem und also einem 
jeden etwas zu sagen, was entweder gefallen oder doch nicht 
milsfallen kann." Andererseits hat seine Idee der Frauen- 
bildung eine Richtung auf das Praktische, die sich überall 
da geltend macht, wohin sein Einflufs reicht. So finden wir 
bei der im Jahre 1786 durch den Fürsten Leopold Friedrich 
Franz begründeten Herzoglichen Töchterschule zu Dessau 
(heute Antoinettenschule), die auf Basedows Anregung zurück- 
zuführen ist, in einer „den guten Müttern" gewidmeten Er- 
öffnungsschrift bemerkt, dafs die Schule nicht sowohl be- 
stimmt ist, „dem vornehmen, jungen Frauenzimmer eine 
wissenschaftliche Bildung zu geben", als vielmehr „den 
Töchtern der zahlreichen mittleren Stände einen für das 
häusliche Leben brauchbaren und gemeinnützigen 
Unterricht zu erteilen". In dem Lehrplan dieser Anstalt finden 
wir auch eine von der ersten Lehrerin in der obersten Klasse 
erteilte Stunde „Moral für Frauenzimmer und Haushaltungs- 
rechnung"; auch ein Kursus in der Gesundheitslehre wird erteilt. 
Eine weitherzigere Auffassung der Bestimmung und Bil- 
dung der Frau, als sie Basedow zeigt, finden wir durchi 
Jean Paul in der Levana vertreten. Die Bildung zur 
Mutter ist ihm wichtiger als die zur Gattin; über der mütter- 
lichen und ehelichen Bestimmung aber steht ihm die mensch- 
liche. In gleichem Sinne sprechen sich zu Anfang des Jahr- 
hunderts verschiedene Frauen aus. Karoline Rudolphi 
versucht in ihren Gemälden weiblicher Erziehung 
(1807), Betty Gleim in ihrem Buch: Erziehung und Un- 
terricht des weiblichen Geschlechts (1810) eine päda- 
gogische Theorie für die weibliche Erziehung aufzustellen, die 
in der Ansicht wurzelt, dafs jedes weibliche Wesen in erster 
Linie Mensch, erst in zweiter Linie Weib ist, und dafs nur 
die freie Entwicklung aller Fähigkeiten die richtige Er- 
füllung der Aufgabe gewährleisten könne, die der Frau in ihrer 
zwiefachen Eigenschaft zufalle. 



9 

Während so theoretisiert wird, tritt auch zugleich eine 
ganze Reihe von Töchterschulen, fast durchweg Privat- 
schulen, ins Leben. In Berlin, Dresden, Hannover, 
Göttingen, Görlitz (von Gersdorfsche Erziehungsanstalt), 
Cüstrin (weibliche Lehr- und Erziehungsanstalt von Rektor 
Knauert), Darmstadt, Bremen (unter Leitung von Betty 
Gleim), Lübeck (J.H.Meyer), Frankfurt a. M., Hamburg, 
Ansbach, Nürnberg (das Seideische Institut), Augsburg, 
Heidelberg (Karoline Rudolphi) u. s.w. finden wir blühende 
Privatschulen für Mädchen. Die grofse Bedeutung, die die 
Litteratur damals für das nationale Leben hatte, brachte eine 
starke Betonung des litterarisch-ästhetischen Prinzips mit 
sich, die noch ein charakteristisches Merkmal der deutschen 
Mädchenschule bildet. Die Lehrpläne sind noch sehr bunt- 
scheckig. Die oben erwähnte Töchterschule in Dessau weist 
neben den Elementarkenntnissen und den obengenannten 
Fächern auf: „Verfertigung schriftlicher Aufsätze, vornehm- 
lich über hauswii'tschaftliche Angelegenheiten, Briefe, Erzäh- 
lungen u. s. w.. Biblische Geschichte und Religionsunterricht 
nebst den wichtigsten moralischen und häuslichen Grund- 
sätzen zur Führung eines nützlichen und zufriedenen Lebens, 
Naturgeschichte, besonders eine Kenntnis der vaterländischen 
Naturprodukte und deren ökonomischer Benutzung; einige 
Kenntnis der Geographie, vorzüglich der vaterländischen; An- 
weisung zu verschiedenen Handarbeiten eines häuslichen 
Frauenzimmers, z. B. im Nähen, Stricken, Spinnen, Klöpfeln 
u. dergl." — Auf anderen Lehrplänen finden wir die Mytho- 
logie, die für das Verständnis der Klassiker wichtig erschien, 
als besonderes Fach; auch Psychologie kommt vor. Wieder 
auf anderen spielt die weibliche Handarbeit die wichtigste 
Rolle. 

Aber selbst da, wo gute Töchterschulen bestehen — der 
Name „höhere" Töchterschule kommt (nach Wiese) vor den 
zwanziger Jahren unseres Jahrhunderts nicht vor — bleibt 
doch die Bildung der Mädchen eine sehr lückenhafte, schon 
weil die Schulbildung in der Regel mit vierzehn Jahren be- 
reits ihren Abschlufs fand. Vielfach aber fehlte es auch an 



10 

Bildungsgelegenheiteii ganz. Im Jahre 1799 berichtet das 
Konsistorium zu Berlin in seiner Relation an das Oberschul- 
kollegium: kein Teil der öffentlichen Erziehung sei bisher 
mehr zurückgesetzt worden als die Unterweisung des weib- 
lichen Geschlechts. An zweckmäfsigen Töcliterschulen fehle 
es fast überall. In den meisten Städten sei die Einrichtung, 
dafs blofs der Küster, der oft nur sehr geringe Geschicklich- 
keit habe, die Töchterschule halte, wo dann die kleineren und 
gröfseren Mädchen durcheinander, ohne zweckmäfsige Ab- 
sonderung nach dem Alter und den Fortschritten, einen 
mechanischen Unterricht genössen, den sie obendrein noch 
häufig mit den kleineren Knaben, die der Küster zur Ver- 
mehrung seiner Einkünfte mit aufnehme, teilen müfsten. 

So stieg das Bedürfnis, festere Zustände im Mädchen- 
schulwesen zu schaffen, um so mehr, als in den Friedens- 
jahren nach der „französischen Zeit" die Ansprüche an die 
Bildung des weiblichen Geschlechts immer gröfser wurden. 
Hier und da waren schon im Laufe des achtzehnten Jahr- 
hunderts Staats-, Stiftungs- oder Genossenschaftsschulen ent- 
standen. So wurde schon 1731 von Karl Alb recht von Bayern 
das „Königliche Mädchen-Erziehungs-Institut der 
Englischen Fräulein" zu Nymphenburg gegründet; 1748 
die (seit 1827 königliche) Elisabethschule zu Berlin, 
1749 auf Veranlassung des Kurfürsten Johann Friedrich Karl 
die Englische Fräulein-Schule in Frankfurt a. M.; 
1767 die Töchterschule zu St. Maria Magdalena in Breslau, 
aus der später die Augusta- und die Victoriaschule hervor- 
gingen; 1786 die Töchterschule zu Dessau. Etwa 25 solcher 
öffentlichen Schulen entstehen zwischen 1800 und 1825, 
dreifsig bis vierzig zwischen 1825 und 1850. Vielfach werden 
auch gute Privatanstalteu von den Städten übernommen. 
Von 1850 ab wächst das Interesse an der Begründung 
öffentlicher höherer Mädchenschulen stetig. Wenig freilich 
thut in den meisten Fällen der Staat; bei weitem die 
meisten öffentlichen liöheren Mädchenschulen verdanken ihr 
Entstehen der Opferwilligkeit der Gemeinden; einige wenige 
sind Geuossenschaftsschulen. Mehr und mehr wird auch Ge- 



11 

wicht darauf gelegt, allen modernen Anforderungen an eine 
würdige Ausstattung der Schulen sowohl in Bezug auf die 
Baulichkeiten als auf die Lehrmittel zu entsprechen; auch 
kleinere Städte bringen erhebliche Opfer für die Mädchen- 
schulen. Seit 1850 entstanden auf diese Weise noch mehrere 
hundert öffentlicher höherer, d. h. über das Ziel der Volks- 
schule hinausgehender Mädchenschulen (Genaueres siehe 
unter B.), von denen eine Anzahl die bisherige Unterrichtszeit 
— acht Jahre — beibehielt, die Mehrzahl aber den Kursus 
um ein bis zwei Jahre verlängerte und eine zweite Fremd- 
sprache, das Englische, hinzufügte, so dafs sich allmählich 
zwei (wenn auch noch nicht scharf geschiedene) Typen, die 
mittlere und die höhere Mädchenschule, den Bedürfnissen 
des mittleren und des höheren Bürgerstandes entsprechend, 
herausbildeten. 

Neben den von Staat und Gemeinden begründeten, als 
öffentlich bezeichneten Schulen bestand die Privatschule fort. 
Ihre glänzenden Tage, die sich an die Namen Basedow, 
Campe, Salzmann, Pestalozzi, Fröbel, Betty Gleim, Karoline 
Rudolphi anschliefsen, die Tage, in denen die Privatschule 
der öffentlichen Schule erst die Wege gebahnt, waren freilich 
vorüber; die eigentümlichen Vorzüge aber, die in der gröfseren 
Freiheit der Bewegung liegen, sicherten den Privatschulen 
immer noch ein Publikum. Füi" die Knaben zwar, die in das 
öffentliche Leben eintreten sollten, wurde die öffentliche 
Schule bald die Regel; für die Mädchen lagen die Dinge 
wesentlich anders. Während einerseits auch auf dem Gebiet 
des Mädchenschulwesens eine feste staatliche Organisation 
verlangt wurde und eine solche sich thatsächlich schon zu 
vollziehen begann, sprachen sich andererseits noch gewichtige 
Stimmen dagegen aus (von Raumer, Riehl). Noch im Jahre 
1865 erklärte L. Wiese ein weibliches Staatsschulwesen, dem 
für die männliche Jugend entsprechend, für eine Vorstellung, 
die für uns einen inneren Widerspruch in sich trüge, un- 
natürlich und unausführbar. Besonders ist ihm das Zu- 
sammendrängen grofser Massen von Mädchen, wie es die 
öffentliche Schule vor allem in den grofsen Städten mit sich 



12 

bringt, gegen die weibliche Natur. Wenn er auch wünscht, 
dafs in jeder Provinz wenigstens eine vom Staat gegründete 
und erhaltene Schule bestände, die durch ihren Lehrplan und 
die übrigen Einrichtungen zum Muster dienen könnte, so be- 
fürwortet er andererseits, dafs der Staat sich im Interesse der 
Mädchenerziehung der Aufstellung eines allgemein verbind- 
lichen Normalplans für die höheren Mädchenschulen enthalte. 
Die Zahl der in Deutschland bestehenden höheren Privat- 
schulen für Mädchen übertrifft die der öffentlichen höheren 
Mädchenschulen um das Zwei- bis Dreifache. Dagegen wird 
sich die Zahl der Scliülerinnen der öffentlichen höheren 
Mädchenschulen ungefähr mit der der Privatschiden decken; 
ganz Genaues läfst sich darüber bei der Ungleichheit der 
Schulstatistik in den einzelnen Staaten nicht ermitteln. In 
Preufsen beträgt die Zahl der privaten circa 68,5 % aller 
höheren und mittleren Mädchenschulen; die der Schülerinnen 
nur circa 44 % aller Schülerinnen dieser Schulen. Dieses 
Mifsverhältnis erklärt sich daraus, dafs eine Anzahl der 
öffentlichen Schulen eigentlich mehrere Schulkomplexe nm- 
fafst und dafs andererseits unter den Privatschulen sich viele 
sehr kleine Organismen befinden. Obwohl diese in Bezug auf 
Kursusdauer, Lehrerkollegium etc. keineswegs den Ansprüchen 
entsprechen, die an eine höhere Schule zu machen sind, so 
sind sie dennoch ein nicht unwichtiger Faktor für die weib- 
liche Bildung, da sie in kleinen Städten oft die einzige Ge- 
legenheit für die Töchter gebildeter Stände bieten, eine über 
die Volksschule hinausgehende Bildung zu erwerben. Von 
verschiedenen deutschen Staaten werden daher auch Privat- 
anstalten, die in dieser Weise einem öffentlichen Bedürfiiis ab- 
helfen, unterstützt. So erhält in Preufsen eine nicht unbe- 
deutende Zahl von Privatschulen staatliche Unterstützung; 
auch in Württemberg wird sie solchen Privatschulen zu teil, 
die nicht auf Gewinn berechnet sind; — „denn es wäre un- 
gerecht," sagt die Kommission für das betreffende Gesetz von 
1877, „diejenigen Privatanstalten, welche sich einer Unter- 
stützung durch die Gemeinden nicht zu erfreuen haben, von 
der staatliclien Unterstützung von vornherein auszuschliefsen. 



13 

sofern die Verweigerung der Unterstützung seitens der Ge- 
meinde an und für sich kein Beweis gegen das Bedürfnis 
einer solchen höheren Mädchenschule ist, sondern oft Motive 
hat, die durchaus nicht im Einklang mit der Forderung einer 
höheren Bildung für die weibliche Jugend stehen." 

Neben den kleinen Anstalten giebt es aber auch eine 
grofse Anzahl vollausgestalteter Privatschulen. In Preufsen 
beträgt z. B. die Zahl der privaten höheren und mittleren 
Mädchenschulen mit 7 und mehr aufsteigenden Klassen 169, 
d. h. ebensoviel wie die der öffentlichen höheren und mittleren 
Mädchenschulen derselben Kategorie. 

Selbstverständlich unterstehen die Privatschulen in Deutsch- 
land in derselben Weise einer staatlichen Aufsicht und Leitung 
wie die öffentlichen Schulen. 

Im besonderen Gegensatz zu den öffentlichen Schulen 
stehen die Privatschulen dadurch, dafs in ihnen die weibliche 
Leitung, in den öffentlichen die männliche überwiegt. Yon 
den öffentlichen höheren Mädchenschulen Preufsens sind 91 
bis 92 % unter männlicher, nur 8 bis 9 ^ unter weiblicher 
Leitung; von den höheren Privatmädchenschulen 87 bis 88 % 
unter weiblicher, nur 12 bis Vi % unter männlicher Leitung. 
Ähnlich steht es mit dem Ordinariat in den Oberklassen. Die 
Thatsache, dal's die höheren Stände vielfach die Privatschule 
trotz der oft mangelhaften äufseren Ausstattung derselben 
bevorzugen, erklärt sich wohl zum Teil aus dem Umstände, 
dafs der höhere Preis der Privatschule eine Garantie für eine 
gewisse Auswahl des Publikums giebt, und sie dadurch in 
mancher Augen vornehmer erscheint, zum grofsen Teil aber 
auch daraus, dafs in diesen Ständen ein besonderes Gewicht 
darauf gelegt wird, gerade die halberwachsenen Töchter unter 
dem erziehlichen Einflufs von Frauen zu wissen. 

Die weitere Geschichte der inneren Entwicklung des 
höheren Mädchenschulwesens bietet einen bemerkenswerten 
Gegensatz gegen die Entwicklung des Mädchenschulwesens 
im Reformationsjahrhundert. Damals lagen klare Verhältnisse 
vor in Bezug auf die Lebensaufgabe der Frau und das, was 
dem entsprechend an intellektueller Bildung ihr zu bieten 



14 

war; dagegen sah man sich etwa um die Mitte unseres 
Jahrhunderts hinsichtlich der Frauenbildung vor ganz 
neue Fragen gestellt. Die gewaltigen Umwälzungen auf 
dem Gebiet der Technik, durch die den Frauen im eigent- 
lichsten Sinne die Arbeit aus der Hand genommen wurde, 
hatten die Frauenfrage geschaffen, die in den fünfziger 
und sechziger Jahren die Gemüter lebhaft beschäftigte 
und den Gedanken einer Neuorganisation der Mädchen- 
schulen nahe legte. Darüber, ob und wie weit die Schule den 
neuen Bildungsansprüchen Rechnung zu tragen habe, gingen 
die Ansichten weit auseinander. Während man auf der einen 
Seite die Gestaltung der höheren Mädchenschule von den 
neugeschaffenen Fragen garnicht berührt, sondern die All- 
gemeinbildung von specifisch weiblichem Gepräge, d. h. mehr 
oder weniger ästhetischem Charakter, festgehalten wissen 
wollte, schlug man auf der anderen in Bezug auf Lehrfächer 
und Lehrziele eine Annäherung an die Knabenschule vor. 
Während man hier vor allem darauf drang, die Frauen er- 
werbsfähig zu machen, wollte man dort dem häuslichen 
Beruf durch Einführung von Nationalökonomie, Haushaltungs- 
kunde u. s. w. zu Hilfe kommen. Während man endlich hier den 
Mädchenunterricht besonders auf der Oberstufe vorzugsweise 
akademisch gebildeten Männern übertragen wollte, legt« man 
dort besonderes Gewicht auf Frauenunterricht, da ein Ver- 
trauensverhältnis, wie es gerade zwischen dem weiblichen 
Zögling und dem Erzieher wünschenswert sei, nur zwischen 
Personen desselben Geschlechts stattfinden könne. Die in 
Bezug auf diese und ähnliche Fragen des Mädchenschulwesens 
geführten Kämpfe sind noch keineswegs abgeschlossen; zum 
Teil sind die obwaltenden Gegensätze in Lehrer- und Lehre- 
rinnenvereinen zum Ausdruck gelangt. Die Geschichte der 
weiteren Entwicklung des höheren Mädchenschulwesens in 
Deutschland ist daher zum Teil identisch mit der Geschichte 
dieser Vereinsbestrebungen. Die Unterrichts- Verwaltungen 
haben sie mit Aufmerksamkeit verfolgt; einige Staaten sind 
mit gesetzlichen Bestimmungen vorgegangen, sobald gewisse 
Resultate sicher gestellt schienen; andere haben die not- 



15 

wendigen Anordnungen bisher nur auf dem Verwaltungswege 
getroffen und verhalten sich der noch im Flufs befindlichen 
Entwicklung gegenüber vorläufig abwartend. 

Das Jahr 1872 ist für die innere und äufsere Entwicklung 
der deutschen höheren Mädchenschule besonders wichtig ge- 
worden; es bezeichnet geradezu einen Abschnitt darin. 
Unter den Leitern der öffentlichen höheren Mädchenschulen 
in Deutschland — es gab deren damals 160 bis 170 — war schon 
lange der Wunsch rege geworden, auf Grund einer zu ver- 
einbarenden Theorie über Wesen und Ziel der weiblichen 
Bildung eine möglichst einheitliche Gestaltung des deutschen 
höheren Mädchenschulwesens anzubahnen. Schon seit län- 
gerer Zeit waren die einschlagenden Fragen in Zeitschriften 
und Programmen diskutiert worden und in Bezug auf die 
wesentlichsten Punkte war eine Übereinstimmung erzielt. Im 
Sommer 1872 forderte nun der Direktor der städtischen 
höheren Mädchenschule in Iserlohn, G. Kreyenberg, zu einer 
„Töchterlehrerversammlung" in Weimar auf, die auch im 
September desselben Jahres stattfand. Als hauptsächlichstes 
Resultat derselben erscheint eine Denkschrift, ausgearbeitet 
auf Grund einer Anzahl von Thesen, die von Direktor 
Schornstein aus Elberfeld der Versammlung vorgelegt und 
von dieser mit geringen Veränderungen angenommen worden 
waren. 

Diese Denkschrift .wurde noch im Laufe des Jahres sämt- 
lichen deutschen Staatsregierungen überreicht und hat auf die 
Gestaltung des Mädchenschulwesens in hohem Grade be- 
stimmenden Einflufs geübt. Der wesentliche Inhalt der ihr zu 
Grunde liegenden Thesen ist folgender: 

Es ist eine gesetzliche Regelung des höheren Mädchen- 
schulwesens sowohl in Bezug auf die äufsere wie auf die 
innere Organisation desselben notwendig (These I). — Die 
höhere Mädchenschule soll der heranwachsenden weiblichen 
Jugend die ihr zukommende Teilnahme an der allgemeinen 
Geistesbildung ermöglichen; ihre Organisation hat auf die 
Natur und Lebensbestimmung des Weibes Rücksicht zu 
nehmen (These II). — Die höhere Mädchenschule hat eine 



16 

lianiionisclie Ausbildung der iDtellektualität, des Gemütes und 
des Willens in religiös-nationalem Sinne auf realistisch-ästhe- 
tischer Grundlage anzustreben (These III). — Sie hat den 
Elementarunterricht ebenso zu pflegen wie die Elementar- 
schule, und auf der dadurch geschaffenen Grundlage eine ein- 
heitliche Bildung in Wissenschaften und Sprachen (zwei 
fremde Sprachen) aufzubauen (These TV). — Sie beansprucht 
die Schülerinnen vom vollendeten 6. bis zum vollendeten 16. 
Lebensjahre für 10 Jahreskurse in 3 Hauptstufen, welche sich 
auf 7 — 10 Stufenklassen verteilen (These V). — Das Lehrer- 
kollegium besteht aus einem wissenschaftlich gebildeten 
Direktor, wissenschaftlich gebildeten Lehrern (namentlich für 
die wissenschaftlichen Fächer), aus erprobten Elementar- 
lehrern und geprüften Lehrerinnen (These YI). — Der Staat 
hat für die Errichtung höherer Mädchenschulen nach Mafs- 
gabe des Bedürfnisses zu sorgen; in Bezug auf Ressort-, An- 
stellungs- und Pensionsverhältnisse ist die höhere Mädchen- 
schule den übrigen höheren Schulen gleichzustellen (These VII). 
— Es ist wünschenswert, dafs durch die Staatsbehörde nach 
Anhörung tüchtiger Fachmänner ein Normal-Lehr- und 
Einrichtungsplan festgestellt werde (These YIII). — Schulen, 
welche den in diesem Plane gestellten Anforderungen nicht 
entsprechen, dürfen den Namen „höhere Mädchenschule" nicht 
führen (These IX). 

Zwei weitere Abschnitte der Denkschrift beschäftigen sich 
mit den Mittel- und den Fachschulen (einschliefslich der 
Lehrerinnenbildungsanstalten). 

Im November 1872 war die Weimarer Denkschrift den 
deutschen Staatsregierungen überreicht worden. Noch am 
Schlüsse desselben Jahres veranstaltete der preufsische Unter- 
richtsminister Dr. Falk eine Untersuchung in Bezug auf das 
Mädchenschulwesen und berief sodann zum 18. August 1873 
eine Konferenz zur Beratung der Gestaltung des mittleren und 
höheren Mädchenschulwesens nach Berlin. Die Ergebnisse 
dieser Konferenz liegen vor in den Protokollen über die 
im August 1873 im Königlich Preufsischen Unter- 
richtsministerium gepflogenen, das mittlere und 



17 

höhere Mädchenschulwesen betreffenden Verhand- 
lungen. (Berlin 1873. Wilhelm Hertz.) An der Konferenz 
iiahmen teil: vier Ministerialbeamte, vier Vorsteherinnen von 
Privatschulen, eine staatlich angestellte Lehrerin, sechs Dii'i- 
genten von öffentlichen höheren Mädchenschulen, drei Vor- 
steher von Privatmädchenschulen und zwei Direktoren von 
Lehrerinnenseminaren. Die von dieser Versammlung nach 
gründlicher Beratung gefafsten Beschlüsse sind, obwohl ihnen 
von der preufsischen Regierung nicht Gesetzeskraft zuerteilt 
worden ist, thatsächlich die Grundlage für die weitere Ent- 
wicklung unseres höheren Mädchenschulwesens geworden. Im 
grofsen und ganzen können sie als ein weiterer Ausbau der 
Weimarer Thesen gelten; in einzelnen Bestimmungen, wie z. B. 
in der über die Leitung der höheren Mädchenschule, weichen 
sie davon ab. 
Die Frage: 

Welche Aufgaben haben diejenigen Mädchen- 
schulen, welche über die Ziele des Volksschul- 
unterrichts hinausgehen? 

wurde von der Konferenz folgendermafsen beantwortet: 

Diejenigen Mädchenschulen, welche über die Ziele der Volks- 
schule hinausgehen, haben die Aufgabe, der weiblichen Jugend 
in einer ihrer Eigentümlichkeit entsprechenden Weise eine ähn- 
liche allgemeine Bildung zu geben, wie sie auch die über die 
Volksschule hinausgehenden Schulen für Knaben und Jünglinge 
bezwecken, und sie dadurch zu befähigen, sich an dem Geistes- 
leben der Nation zu beteiligen und dasselbe mit den ihr eigen- 
tümlichen Gaben zu fördern. Das Bedürfnis einer Vorbildung 
für eine künftige Berufsstellung ist durch besondere Einrichtungen 
ins Auge zu fassen. 

Unter den Mitgliedern der Konferenz bestand Einstimmig- 
keit darüber, dafs eine Sonderung in mittlere und höhere 
Mädchenschulen notwendig sei. In Bezug auf die Aufgabe 
beider Schulgattungen wurden folgende Bestimmungen ein- 
stimmig angenommen: 

Die Mittelschule für Mädchen, im ganzen entsprechend der 
Mittelschule für die männliche Jugend, wie sie in den Allge- 
meinen Bestimmungen vom 15. Oktober 1872 aufgefafst ist, hat 
einerseits eine höhere Bildung zu geben, als dies in der mehr- 

H. Lange, höheres Mädchenschulwesen. 2 



18 



klassigen Volksschule geschieht, andererseits aber auch die Be- 
dürfnisse des sogenannten Mittelstandes in gröfserem Umfange 
zu berücksichtigen, als dies in den höheren Lehranstalten regel- 
mäfsig der Fall sein kann. Insbesondere wird sie eine neue 
Sprache (die französische oder die englische) in ihren Lehrplan 
aufzunehmen haben. 

Die höhere Mädchenschule erstrebt jene allgemeine Bildung, 
wie sie den höheren Lebenskreisen eigen ist. Die Lehrgegen- 
stände werden zu dem Zweck in der höheren Mädchenschule, der 
Mittelschule gegenüber nicht sowohl weiter zu vermehren, als in 
ausgedehnterem Umfange mit mehr Vertiefung und in mehr 
wissenschaftlicher, namentlich imierlich verbindender Weise zu 
behandeln sein. Zwei fremde Sprachen (die französische und die 
englische) und deren litterarische Haupterscheinungen sind unbe- 
dingt heranzuziehen. 

Man stellte ferner fest: 

Die vollständig organisierte höhere Mädchenschule bean- 
sprucht ihre Schülerinnen vom vollendeten 6. bis zum vollendeten 
16. Lebensjahre. 

Als Norm gilt, dafs die Mädchen in mindestens sieben 
selbständigen, streng voneinander gesonderten, aufsteigenden 
Blassen, welche sich auf drei Hauptstufen verteilen, unterrichtet 
werden. 

Als diejenigen Gegenstände, welche in der höheren 
Mädchenschule zu betreiben sind, bezeichnete die Konferenz 
einstimmig : 

1. Religion, 2. deutsche Sprache, 3. französische 
Sprache, 4. englische Sprache, 5. Geschichte, 6. Geo- 
graphie, 7. Rechnen resp. Raumlehre, 8. Naturbe- 
schreibung, 9. Naturlehre, 10. Zeichnen, 11. Schreiben, 
12. Gesang, 13. weibliche Handarbeiten. 

Über die Ziele, welche in den einzelnen Lehrgegen- 
ständen zu erreichen sind, einigten sich die Mitglieder der 
Konferenz folgendermafsen : 

1. In der Religion sind die Ziele im allgemeinen dieselben, wie 
in der Mittelschule für Knaben unter besonderer Betonung der 
ethischen Seite und mit der durch die vorgeschrittene allge- 
gemeine Bildung der Mädchen bedingten Erweiterung. 

2. In der deutschen Sprache: 

Befähigung der Schülerinnen zu richtiger und gefälliger zu- 



k 



19 



sammenhängeiider mündliclier und schriftlicher Darstellung von 
Gegenständen, die in ihrem Anscliauungskreisc liegen, Kenntnis 
der Grammatik der Muttersprache. 

Bekanntschaft mit den dem Bildungsstande der Mädchen 
entsprechenden Hauptwerken der deutschen Dichtung und mit 
den Hauptepochen der deutschen Litteraturgeschichte unter 
Bevorzugung der Zeit nach Luther. 

3. In der französischen Sprache: 

Kenntnis der Grammatik, Formenlehre und Syntax, 

Befähigung, Briefe und kloine Aufsätze über Dinge aus 
dem Anschauungskreise der Mädchen im ganzen richtig in 
französischer Sprache zu schreiben und über solche Gegen- 
stände in einfachen Sätzen mit richtiger Aussprache französisch 
zu sprechen, 

Befähigung, ein französisches Buch zu lesen, 
Bekanntschaft mit den Hauptwerken der französischen 
Litteratur aus den klassischen Perioden. 

4. In der englischen Sprache sind die Ziele dieselben, wie in 
der französischen Sprache, namentlich ist auch Bekanntschaft 
mit den Hauptwerken der englischen Litteratur zu verlangen. 

5. In der Geschichte: 

Kenntnis der Hauptthatsachen der allgemeinen Geschichte, be- 
züglich der alten Geschichte besonders aus der der Griechen 
und Römer. Kenntnis der vaterländischen, d. i. der deutschen 
Geschichte in ihrem Zusammenhange und in ihren Beziehungen 
zu den Nachbarstaaten. 

C. In der Geographie: 

Bekanntschaft mit der physischen und politischen Geographie 
aller fünf Erdteile; nähere Kenntnis der Geographie Europas 
und genauere Kenntnis der Geographie Deutschlands. 

Die Hauptsachen aus der mathematischen und physika- 
lischen Geographie. 

7. Im Rechnen: 

Bekanntschaft mit den bürgerlichen Rechnungsarten, den 
geltenden Münz- und Mafssystemen; Befähigung, Aufgaben aus 
denselben in ganzen und gebrochenen Zahlen, beziehungsweise 
Dezimalbrüchen selbständig sicher und richtig zu lösen ; Fertig- 
keit im Kopfrechnen; Raumberechnungen. 

8. In der Naturbeschreibung: 

Bekanntschaft mit der Naturgeschichte aller drei Reiche, 
namentlich mit den hervorstechenden Typen und Familien, 
speziell aus der Heimat; nähere Bekanntschaft mit den Kultur- 



20 

und Giftpflanzen. Einige Kenntnis von der Bildung und dem 
Bau der Erde. 
9. In der Naturlehre: 

Allgemeine Bekanntschaft mit den magnetischen, elektrischen, 
mechanischen Erscheinungen, sowie mit denjenigen des Lichtes, 
der Wärme, des Schalles, insbesondere Verständnis derjenigen 
physikalischen Gesetze, welche im gewöhnlichen Leben und 
in den Hauptgewerben Anwendung finden. Bekanntschaft mit 
den Elementen der Chemie, soweit sie zum Verständnis der 
gewöhnlichsten, im Hause vorkommenden Erscheinungen er- 
forderlich ist. 

10. Im Zeichnen: 

Bis zum perspektivischen Zeichnen. 

11. Im Schreiben 

müsse jeder einzelne Lehrer auf gute Schrift halten, dann sei 
in den Oberklassen ein besonderer Schreibunterricht nicht not- 
wendig. 

In Bezug auf die mittlere Mädchenschule wurden fol- 
gende Bestimmungen festgesetzt: 

Die Mädchen sollen die mittlere Mädchenschule vom voll- 
endeten 6. bis zum vollendeten 14. Lebensjahre besuchen. 

Die mittlere Schule soll mindestens fünf aufsteigende Klassen 
haben. 

Bei fünf Klassen sind zwei für die Unterstufe, zwei für die 
Mittelstufe, eine für die Oberstufe bestimmt. 

Zahl der Lehrstunden wie in der höheren Mädchenschule. 
Die häuslichen Arbeiten sind noch mehr zu beschränken, wie in 
der höheren Mädchenschule. 

Es sind folgende Gegenstände mit folgenden Zielen zu 
betreiben : 

1. Der Religionsunterricht. 

Es sind in der Mittelschule für Mädchen die Ziele hier im 
allgemeinen dieselben wie in der für Knaben. Der Unter- 
schied zwischen beiden liegt nur in der Methode und in der 
Auswahl der Stoffe (Schriftabschnitte, Sprüche, Lieder), w^elche 
zur Veranschaulichung herangezogen werden. 

2. Die deutsche Sprache. 

Ziel ist die Befähigung zum korrekten mündlichen Ausdrucke, 
zur selbständigen Abfassung von Briefen, leichten Geschäfts- 
aufsätzen und dergleichen. Sicherheit in der Orthographie 
und Bekanntschaft mit den Hauptregeln der deutschen Gram- 
matik; Kenntnis der wichtigsten Dichtungsarten und Formen, 



k 



21 

vermittelt an Proben aus den Meisterwerken deutscher Prosa 
und Poesie, sowie Kenntnis von dem Leben der hervorragendsten 
Dichter aus der Zeit nach der Reformation. 

3. Die französische, bezw. englische Sprache. 

Ziel ist richtige Aussi)raclie, Sicherheit in der Orthographie 
und Kenntnis der Ilauptregeln der Grammatik, Befähigung, 
leichtere prosaische Scliriftsteller in der französischen Sprache 
zu lesen, einen leichten Geschäftsbrief selbständig aufzu- 
setzen, bezw. leichte Sprachstücke aus dem Deutschen zu 
übertragen. 

4. Geschichte. 

Hier ist das Ziel die Kenntnis von der Lcbensgeschichte der 
bedeutendsten Männer und von den Hauptsachen aus der 
Weltgeschichte aller drei Zeitalter, nähere Bekanntschaft mit 
der vaterländischen, d. i. der deutschen Geschichte, namentlich 
der neueren Zeit. 

5. Geographie. 

In dieser ist das Ziel dasselbe, wie bei den höheren Mädchen- 
schulen, der Unterschied kann nur in dem geringeren Um- 
fange der Detailkenntnisse gefunden werden. 

6. Rechnen und Raumlehre. 

Die Ziele sind dieselben wie bei der höheren Mädchenschule. 

7. Naturkunde; und zwar ist Ziel: 

a) in der Naturbeschreibung: Bekanntschaft mit der Natur- 
geschichte aller drei Reiche, vermittelt an hervorstechenden 
Repräsentanten, welche vorzugsweise aus der Heimat und 
in dem Tierreich aus den höheren Ordnungen, im Pflanzen- 
reich aus den Phanerogamen gewählt sind, sowie mit deren 
Nutzen oder Schaden im menschlichen Haushalte. 

b) In der Ph5'sik und Chemie: Kenntnis der Hauptsachen aus 
der Pliysik und der Elemente der Chemie, insbesondere 
derjenigen Gesetze, welche den Naturerscheinungen und den 
gewöhnlichsten Vorgängen im Haushalt und in den Haupt- 
gewerben zu Gninde liegen. 

8. Aufserdem ist in der mittleren, wie in der hölieren Mädchen- 
schule in den technischen Gegenständen (Schreiben, Zeichnen, 
Singen, Turnen, weiblichen Handarbeiten) obligatorischer Unter- 
richt zu erteilen, dessen Ziele von den betreffenden Technikern 
zu bestimmen sind. 

Die Zusammensotzuiig des Lehrerkollegiums betreffend 
wurde folgendes bestinnnt: 



22 

I. Es ist wünschenswert, dafs das Lehrerkollegium der höheren 
Mädchenschule aus akademisch und seminarisch gebildeten 
Lehrern und aus Lehrerinnen bestehe, und dafs die Erst- 
genannten die philologischen oder theologischen Prüfungen be- 
standen haben. 

IL Dabei gilt als Regel, dafs die Leitung der Anstalt, der Reli- 
gionsunterricht, sowie der in den ethischen Fächern und den 
fremden Sprachen, soweit letzterer nicht in den Händen von 
Lehrerinnen liegt, in den oberen Klassen akademisch ge- 
bildeten Lehrern übertragen wird, welche die Prüfungen für 
das höhere Lehramt oder die theologischen Prüfungen be- 
standen haben. 

III. Sofern die Lehrer die Prüfung für das höhere Lehramt nicht 
bestanden haben, erwerben sie die Befähigung zum Unterrichte 
in den oberen Blassen der höheren Mädchenschulen durch 
Ablegung der Prüfung für Lehrer an .Mittelschulen. 

IV. Die Befähigung zur Leitung von höheren Mädchenschulen wird 
unterschiedslos von allen Lehrern durch Ablegung der Prüfung 
für Rektoren erworben. 

V. Die Lehrerinnen haben die Berechtigung zur Leitung von 
höheren Mädchenschulen und zum Unterricht in denselben 
durch Ablegung der für sie besonders angeordneten Prüfung 
zu erwerben. 
VI. Die Befähigung zum Unterrichte in den unteren Klassen wird 
durch Ablegung der Prüfung für Volksschullehrer gewonnen. 

Die Frage: 

Welche Bedeutung hat es für die Entwicklung 
des höheren Mädchenschulwesens, ob dasselbe 
dem Ressort der Königlichen Provinzial - Schul- 
kollegien oder dem der Königlichen Regierungen 
überwiesen wird? 

wurde einstinimig wie folgt beantwortet: 

• • 

Die Überweisung der höheren Mädchenschulen in das Ressort 
der Provinzial-Schulkollegien würde der Gleichstellung derselben 
mit den anderen höheren Lehranstalten einen bestimmten Aus- 
druck geben, sie würde aufserdem die gleichmäfsige Behandlung 
der Angelegenheiten derselben wenigstens für je eine Provinz 
sicher stellen und endlich eine unmittelbare Verbindung der be- 
treffenden Schule mit der Ober-Aufsichtsbehörde zur Folge haben 
und dadurch die Verwaltung der Schule erleichtem. 

Die Beratung wandte sich nunmehr den Fortbildungs- 
kursen für Mädchen zu. 



i 



_ 23 

Man kam überein: 

dafs die in Rede stehenden Fortbildungskurse aucli dann nicht 
entbehrlich seien, wenn die höheren Mädchenschulen die im Ab- 
schnitt I bezeichnete Organisation erlangen und die dort unter 
No. 4 bezeichneten Ziele erreichten. 

Die Abhaltung der Kurse sei der freien Vereinsthätigkeit 
zu überlassen und wo sie unter den Formen einer Lehranstalt 
auftreten, nur Personen zu gestatten, welche die Befähigung zum 
Unterricht in den Oberklassen höherer Mädchenschulen erworben 
haben. 

Wünschenswert sei es, dafs sich das Lehrerkollegium 
höherer Mädchenscliulen zur Abhaltung solclier Kurse vereinige. 
Dieselben hätten aber in strenger Absonderung von der Schule 
selbst zu bestehen. 

Die nun folgenden Beratungen über die Vorbildung und 
Prüfung der Lehrerinnen liegen nicht mehr innerhalb des 
Rahmens dieser Schrift. 

Der Einfluis der Berliner Konferenz zeigte sich bald in 
der erhöhten Beachtung, die dem Mädchenschulwesen in ganz 
Deutschland seitens der Regierungen und der Gemeinden zu- 
gewendet wurde. Um eine möglichst einheitliche Durch- 
führung der in Weimar und Berlin aufgestellten Ansichten zu 
gewährleisten, erschien es den Veranstaltern der Weimarer 
Versammlung wichtig, die einmal hergestellte Verbindung 
nicht wieder aufzulösen. Es wurde daher im September 1873 
eine zweite Hauptversammlung von „Dirigenten, Lehrern und 
Lehrerinnen an h()heren Töchterschulen Deutschlands" nach 
Hannover berufen und auf dieser die Begründung eines Ver- 
eins beschlossen, der sich: „Deutscher Verein von Dirigenten 
und Lehrenden höherer Mädchenschulen" nannte. Er hat im 
Jahre 1876 diesen Namen mit dem kürzeren: Deutscher 
Verein für das höhere Mädchenschulwesen vertauscht. 
Ausgesprochener Zweck des Vereins ist, die innere und äufsere 
Entwickelung und Ausgestaltung des mittleren und höheren 
Mädchenschulwesens auf dem im Jahre 1872 zu Weimar ge- 
legten Grunde zu fördern. Der Verein entwickelte sich in 
den nächsten Jahren schnell; heute umfal'st er 15 Zweig- 
vereine und zählt ca. 3350 Mitglieder. 



24 

Von Seiten der Staatsregierungen wurde dem Verein ent- 
schiedenes Wohlwollen bezeugt; Vertreter derselben wurden 
zu den Vereinsversammlungen entsandt. Auf diesen Ver- 
sammlungen ist im Laufe der Jahre eine grofse Anzahl päda- 
gogischer und methodischer Fragen zur Erörterung gekommen 
und vielseitige Anregung gegeben worden. Im übrigen waren 
die Hauptbestrebungen des Vereins auf die Erlangung fester 
Bestimmungen in Bezug auf die äufsere Stellung der höheren 
Mädchenschule, resp. Einreihung derselben in die Zahl der 
höheren Schulen, und eines Normal-Lehr- und -Einrichtungs- 
plans gerichtet; mit welchem Erfolg, wird bei der Darstellung 
der Entwickelung des höheren Mädchenschulwesens in den 
Einzelstaaten hervortreten. Besonders bedeutungsvoll war die 
von dem Verein im Jahre 1874 gegebene Anregung zur Be- 
gründung einer Pensionsanstalt für Lehrerinnen und Er- 
zieherinnen, die durch die lebhafte Teilnahme, welche die zur 
Protektorin erwählte Kronprinzessin Victoria von Preufsen, 
spätere Kaiserin und Königin Friedrich, sowie die oberste 
preufsische Schulbehörde, besonders der Ministerialdirektor 
Greiff, der Sache schenkten, sehr rasch gefördert wurde. 
Die Anstalt, nach den Grundsätzen eingerichtet, die der 
Rentenversicherung zu Grunde liegen, ist allen Lehrerinnen 
und Erzieherinnen Deutschlands zugänglich; ein mit derselben 
verbundener Hilfsfonds, auf den alle Mitglieder ein Anrecht 
haben, gewährt die Möglichkeit, in Notfällen sofortigen Bei- 
stand zu leisten. Die Zahl der Mitglieder der Pensionsanstalt 
belief sich am 31. Dezember 1891 auf 2391; der Vermögens- 
bestand auf 3609794,49 Mk. Hiervon entfielen auf den 
Pensionsfonds 3164978,63 Mk., auf den Hilfsfonds 444815,86 Mk. 
265 Mitglieder bezogen bereits Pension. Einmalige Beihilfen 
waren in dem vergangenen Rechnungsjahre in 142 Fällen 
gewährt worden, Beitragserlasse in 53. 

Schon auf dem Tage zu Weimar hatte sich ein gewisser 
Gegensatz zwischen den Anschauungen der Vertreter der 
öffentlichen und denen der Privatschule gezeigt. Die letzteren 
hatten auch in der Versammlung mehrfach ihren abweichenden 
Überzeugungen Ausdruck gegeben, und der Verein für 



k 



_ 25 

höhere Töchterschulen zu Berlin hatte diese Über- 
zeugungen später gleichfalls in einer Denkschrift niedergelegt, 
die auch den deutschen Staatsregierungen übeiTeicht wurde. 
Es wird darin den Gegnern der Vorwurf gemacht, eine ge- 
lehrte Richtung in die Mädchenschule hineinbiingen zu wollen 
und die erziehliche Seite gering zu achten, indem ein 
Kollegium gelehiier Männer an die Spitze der Mädchenschule 
gestellt und der FmueneinfluFs zu niedrig angeschlagen werde. 
Dem gegenüber betont diese Denkschrift , dafs neben den 
Lehrern auch Lehrerinnen bis in die obersten Klassen, 
und hier besonders, wissenschaftlichen Unterricht erteilen 
und ausreichende Einwirkung auf die jungen Gemüter be- 
halten müfsten. Diese Forderung war auch von den 
Lehrerinnen selbst unter Führung von Frl. Stoephasius 
und Frl. Mithöne auf der Weimarer Vei'sammlung vertreten 
worden. Zu ihrer Durchführung wurde Gleichberechtigung 
der Lehrerinnen mit den Lehrern und für jene die Gelegenheit 
zu einer wirklich wissenschaftlichen Ausbildung auf einer 
„Akademie" gefordert. Diese Forderung hatte scharfe Ab- 
wehr erfahren; die darin liegende allgemeine Tendenz war 
jedoch nachträglich, wenn auch wesentlich modifiziert, in 
der Begründung zu These VI der Weimarer Beschlüsse zum 
Ausdruck gekommen 

Das Verhalten der W^eimarer Versammlung, die Stellung 
femer, die der deutsche Verein auf den Tagen zu Dresden 
(1875) und Köln (1876) den Fordeningen der Lehrerinnen 
gegenüber einnahm, legte diesen die Auffassung nalie, dafs 
ihre Interessen durch den Deutschen Verein nicht genügend 
vertreten seien. Besonders in Köln hatte man vergebens ver- 
sucht, der auch seitens verschiedener Privatschulvorsteher ver- 
tretenen Auffassung: auch zu dem Unterricht in den oberen 
Klassen der Mädchenschulen sei die Mitwirkung wissenschaft- 
licher Lehrerinnen unentbehrlicli, Geltung zu verschaffen; 
die Mehrzahl der anwesenden Herren wollte diese Mitwirkung 
nur für zulässig erklären; die Mehrzahl der ganzen Ver- 
sammlung erklärte sie für wünschenswert. Als dann die 
Eisenacher Versammlung im Jahre 1888 sich für die Ansicht 



26 

aussprach, die erziehliche Aufgabe der Schule sei in der 
Weise am besten zu lösen, dafs auf der Unterstufe vorwiegend 
Lehrerinnen unterrichten, auf der Mittelstufe Lehrer und 
Lehrerinnen sich in den Einflufs teilen, auf der oberen Stufe aber 
der männliche Einflufs überwiege, da glaubten diejenigen unter 
den Lehrerinnen, die der Meinung waren, dafs gerade in den 
Entwickelungsjahren dem Mädchen weiblicher Einflufs doppelt 
not thue, den Augenblick gekommen, um sich zur Vertretung 
dieser Ansicht und der daraus sich ergebenden Konsequenzen 
zusammenzuschliefsen. 

Schon im Herbst 1887 war von einigen Berliner Frauen 
dem preufsischen Unterrichtsministerium und dem preufsischen 
Abgeordnetenhaus eine Petition eingereicht worden, welche 
die nachfolgenden beiden Anträge enthielt: 

1. dafs dem weiblichen Element eine gröfsere Beteiligung an 
dem wissenschaftlichen Unterricht auf Mittel- und Oberstufe der 
öffentlichen höheren Mädchenschule gegeben und namentlich 
Religion und Deutsch in Frauenhand gelegt werde; 

2. dafs von Staats wegen Anstalten zur Ausbildung wissen- 
schaftlicher Lehrerinnen für die Oberklassen der höheren 
Mädchenschulen möchten errichtet werden. 

Der Petition war eine Denkschrift, verfafst von Helene 
Lange, beigegeben. Die Verfasserin ging von der Ansicht 
aus, dafs in der Begründung der Weimarer Denkschrift zu 
These II über die Notwendigkeit und die Art der weiblichen 
Bildung insofern ein verhängnisvoller Mifsgriff begangen sei, 
als die Bildung der deutschen Frau nur um des Mannes 
willen verlangt werde. Auf die Tendenz, die sich aus dieser 
Begründung ergiebt, glaubt sie mannigfache Mil'sgriife zurück- 
führen zu dürfen, die ihrer Auffassung nach in der Organi- 
sation der öffentlichen höheren Mädchenschule begangen sind, 
vor allem den Umstand, dafs die Erziehung der heran- 
wachsenden Mädchen viel zu ausschliefslich in die Hand von 
Männern gelegt sei. Während den Lehrerinnen meistens nur 
Sprachunterricht und die technischen Fächer zuerteilt werden, 
seien Schul- und Klassenleitung und meistens auch noch alle 
schwerwiegenden (sogenannten ethischen) Unten-ichtsfächer 



i 



2 7 

und somit die eigontliche orzieliliche Tliätigkeit dem Manne 
übergeben. Sie sieht hierin, da nur die Frau ein un- 
mittelbares Verständnis für die Mädcheiniatur liaben 
könne, da ferner der Älann manches Tadehisvverte bei 
Mädchen gar niclit bemerke, anderes nicht ohne Verletzung 
des Gefühls zur Sprache bringen köime, eine Schädigung für 
die sittliche Erziehung. Von einer Änderung dieses Prinzips, 
von der thatsächlichen DuiThführung der Anschauung, dafs 
Mädchen in erster Linie durch Frauen erzogen Averden 
müssen, ein Prinzip, für dessen Verwirklichung jedoch eine 
Vertiefung der Lehrer in nenbildung unabweis liehe 
Bedingung sei, glaubt sie eine Besserung der von ihr be- 
zeichneten Schäden erwarten zu düifen. 

Die preufsische Regierung verhielt sich der Petition 
gegenüber ablehnend, zeigte aber ihre Geneigtheit, den 
Lehrerinnen eine tiefere Bildung gerade in den ethischen 
Fächern und damit die Möglichkeit eines weitergehenden Ein- 
flusses zu gewähren, in(h»ni sie den im Herbst 1888 am 
Victoria - Lyceum zu B(»rlin ins Leben tretenden Fort- 
bildungskursen für Lehrerinnen im Deutschen und in 
der Geschichte materielle Unterstützung und , durch Ent- 
sendung eines Kommissars zu den Prüfungen , staatliche 
Sanktion verlieh. 

Die unter den Lehrerinnen begonnene Bewegung ging in- 
dessen ihren Gang weiter fort. Im Mai 1890 trat in Friedrich- 
roda in Thüringen die erste allgemeine Versanmilung deutscher 
Lehrerinnen auf den Kuf von Auguste Schmidt (Leipzig), 
Marie Loeper-Housselle (Ispringen in Baden) und Helene 
Lange (Berlin) zusammen. Die Frucht der Versammlung 
war die Begründung des Allgemeinen Deutschen 
Lehrerinnenvereins. Nach § 1 seiner Statuten will der- 
selbe die Hebung des Ijehrerinnenstandes nach jeder Richtung 
hin fordern, insbesondere aber für die Lehrerinnen folgendes 
anstreben: 

a) eine gröfsere Beteiligung an der Volksbildung, 

b) eine zu einem gründlichen Unterncht an den oberen Klassen 
der Mädchenschulen befähigende Vorbildung, 



28 

c) eine gröfscre Beteiligung am wissenscliaftliehen Unterricht in 
den oberen Klassen aller Mädchenschulen, 

d) Förderung ihrer praktischen Interessen. 

Schon auf der Generalversammlung 1891 wurde be- 
schlossen, durch eine Petition an die deutschen Staats- 
regierungen Gelegenheit zu einer gründlichen wissenschaft- 
lichen Vorbildung für die Lehrerinnen nachzusuchen. Von 
der preufsischen Regierung erfolgte eine wohlwollende Ant- 
wort mit dem Hinweis darauf, dafs einschlägige Erwägungen 
bereits im Ministerium stattfänden. 

Dieselbe Antwort war kurz zuvor dem Deutschen Verein 
auf eine Petition verwandten Inhalts zu teil geworden. Der 
Verein hatte inzwischen den Bestrebungen der Lehrerinnen 
gröfsere Fördei'ung widerfahren lassen und auf seiner Heidel- 
berger Versammlung im Herbst 1890 eine besondere „Ab- 
teilung für Angelegenheiten der Lehrerinnen" begründet. 
Ohne sich zu den ausgesprochenen Zielen des Allgemeinen 
Deutschen Lehrerinnenvereins zu bekennen, sucht der Vor- 
stand dieser Abteilung die Interessen der Lehrerinnen, be- 
sonders auch die geistigen Interessen, nach Kräften zu fördern. 

Der Allgemeine Deutsche Lehrerinnenverein hat sich in- 
zwischen über Erwarten schnell entwickelt. Schon am 
Schlufs des ersten Vereinsjahres zählte er über 3000 Mit- 
glieder; heute umfafst er 37 Zweigvereine und zählt im ganzen 
ca. 5000 Mitglieder. Auch die deutschen Lehrerinnenvereine 
im Auslande (in England, Frankreich, Italien und Amerika) 
gehören ihm an. Durch Erörterung methodischer und päda- 
gogischer Fragen, Einrichtung von Fortbildungskursen u. s. w. 
sucht er die geistigen, durch eine weitverzweigte Stellenver- 
mittelung, Begründung von Krankenkassen, Ferien- und Alters- 
heimen die praktischen Interessen seiner Mitglieder zu fördern. 

Die weiteren Bestrebungen der verschiedenen Vereine 
werden bei Preufsen zur Erörterung kommen. 



l 



B. In den einzelnen deutschen Staaten. 

Vorbemerkung;. Da es eine einheitliche Statistik des 
ganzen deutschen Schulwesens nicht gicbt, so ist es leider auch 
nicht möglich gewesen, die Anj^aben über den augenblicklichen 
Stand des höheren Mildchenschulwesens in allen deutschen Staaten 
nach demselben Schema zu ordnen. Vor allen Dingen war der 
Umstand erschwerend, dafs die Mittelmädchenschulen nicht tiberall 
nach demselben Grundsatz behandelt, sondern teils den höheren 
Mädchenschulen, teils den Volksschulen zugezählt und zum Teil 
untrennbar in deren Zahl eingerechnet worden sind. Die Schiile- 
nnnenzahl war bei den öffentlichen Schulen meistens mit Sicher- 
heit, bei den Privatschulen häufig nur in ungefährer Höhe zu 
ermitteln ; an einer Stelle sind die Schtüerinnen sämtlicher höherer 
Schulen zusammengezogen. Über die an den Privatschulen be- 
schäftigten Lehrkräfte und deren Vorbildung fehlte es auch viel- 
fach an zuverlässigen Angaben. Viele Lehrkräfte, besonders 
Lehrer, sind ohne Zweifel doppelt gezählt worden, als vollbe- 
schäftigte Lehrkräfte an einer öffentlichen, als Hilfskräfte an 
einer Privatschule. Von einer Ubersichtstabelle über das ge- 
samte höhere Mädchenschulwesen Deutschlands ist daher auch 
Abstand genommen; eine solche vilXrdo nach dem hier vorUegen- 
den Material doch keine Übersicht gewährt haben. — Die 
äufsere und innere Ungleichheit der einzelnen Berichte hängt 
mit dem zur Verfügung stehenden Material zusammen. 

1. Königreich Preufsen. 

In Bezug auf die Entwicklung der höheren Mädchen- 
schule in Preufsen ist im allgemeinen auf Absclmitt A. zu 
verweisen. Über die Geschichte derselben seit 1873 ist folgen- 
des nachzutragen. 

Seitdem Preufsen im Jalire 1873 mit der Aiigustkonferenz 
in der Regelung des höheren Mädclienschulwesens die 



30 

Initiative ergriffen und in deren Beschlüssen, wenn sie auch 
nicht Gesetzeskraft erhielten, eine Richtschnur für die höheren 
Mädchenschulen geschaffen hatte, hat es sich im wesentlichen 
der weiteren Entwicklung gegenüber abwartend verhalten. 
Die nötig erscheinenden Anordnungen erfolgten auf dem Ver- 
waltungswege. So wurden durch die Ministerialerlasse vom 

8. Mai und vom 13. Juni 1883, vom 19. März 1884 und vom 

9. Juli 1885 ergänzende Anordnungen hinsichtlich der Lehr- 
ziele und Methoden, sowie der Ressort- Verhältnisse (siehe 
diese) getroffen. 

Der Wunsch nach festen gesetzlichen Bestimmungen in 
Bezug auf die äufsere und innere Organisation der höheren 
Mädchenschule veranlafste den Preufsischen Verein öffent- 
licher höherer Mädchenschulen'), im Juni 1891 dem 
damaligen preulsischen Kultusminister Grafen Zedlitz die 
Bitte vorzutragen, derselbe wolle nach Regelung der neuen 
Lehrpläne für die höheren Knabenschulen nunmehr auch die 
Ordnung des Mädchenschulwesens im preufsischen Staat in 
die Hand nehmen. Auf Veranlassung des Ministers formu- 
lierte der Verein seine Wünsche und Vorschläge und reichte 
sie im März 1892 dem Ministerium ein. Diese Vorschläge 
bringen keine nennenswerten Änderungen in den Lehrzieleu 
der Mädchenschulen, sehr wesentliche dagegen auf dem Gebiet 
der Organisation. Die Trennung zwischen höheren und mitt- 
leren Mädchenschulen soll streng durchgeführt werden. 
Aufser den Unterschieden in Lehrzielen und Kursusdauer soll 
ein wesentlicher Unterschied in der Zusammensetzung des 
Lehrkörpers gemacht werden. Für die Mittelmädchenschulen 
lauten die Vorschläge: 

„Der Lehrkörper der Mittel-Mädchenschulen besteht zu 
gleichen Teilen aus seminaristisch gebildeten Lehrern und aus Lelire- 
riniien. Für die Hälfte der ersteren ist Mittelschullehrer-Be- 



^) Im Jahre 1886 hatte sich eine gröfsere Anzahl preufsischer Lehrer 
vom Deutschen Verein losgelöst und hatte 1887 einen neuen Verein be- 
gründet Dieser Preufsische Verein für öffentliche höhere Mäd- 
chenschulen beschränkt den Kreis seiner Mitglieder auf Lehrer und 
Lehrerinnen an öffentlichen höheren Mädchenschulen einer bestimmten 
Kategorie. 



% 



31 

fähiguiig, für die Hälfte der letzteren die Lelirbefähigung für 
höhere Mädchenschulen erforderlich. 

Die Befähigung zur Leitung der Mittel-Mädchenschulen wird 
durch die Ablegung der Prüfung für Kektoren oder der Schul- 
vorsteherinnen-Prüfung erworben. ^ 

Für die höhere, sogenannte Oberinädchenschule lauten die 
Vorschläge ; 

^Der Lehrköri)er setzt sich aus akademisch gebildeten 
Lehrern, aus seminaristisch gebildeten Lelirern und aus Lehre- 
rinnen zusammen. Die Zahl der akademisch gebildeten Lehrer 
entspricht in der Regel der Zahl der Klassen der Oberstufe. 

Die Leitung der Schule liegt in der Hand eines akademisch 
gebildeten Mannes, der den Titel Direktor führt." 

Verwendung der Lelirkräfte. 

,,Die Beschäftigung der einzelnen Kategorieen von Lehr- 
kräften ist keineswegs auf die eine oder andere bestimmte Stufe 
beschränkt, insbesondere sind weder die akademisch gebildeten 
Lehrer von dem Unti'rricht auf der Unter- und Mittelstufe, noch 
die seminaristisch gebildeten Lehrer und die Lehrerinnen von 
dem wissenschaftlichen Unterricht auf der Oberstufe ausge- 
schlossen." 

Da durch diese Vorschläge die Lehrerinnen von der 

Leitung der höheren Mädchenschulen ganz ausgeschlossen 

werden sollten, so reichte der Allgemeine Deutsche 

Lehrerinnenverein in Vertretung ihrer Interessen am 

12. September 1892 dem preul'sischen Kultusminister, Herrn 

Dr. Bosse, eine Petition ein mit der Bitte, es möchten bei 

einer (vom Minister in Aussicht gestellten) Konferenz in 

dieser Angelegenheit auch Lehrerinnen und zwar in gleicher 

Anzahl wie Lehrer zugezogen werden. Die Bitte wurde 

folgendennafsen begründet: 

^Wir sind der festen Überzeugung, dafs es zu einer ge- 
sunden Entwicklung unserer weiblichen Jugend durchaus not- 
wendig ist, dafs dieselbe auch in der Scliule hinreichenden weib- 
lichen Einflufs erführt. Ganz besonders aber tliut ihr dieser 
not auf der Oberstufe der Schulen, in den Jahren, in denen es 
gilt, Lebeasgewohnheiten und sittliche Anscliauungen zu bilden, 
die mit der besonderen Lebensaufgabe der Frau zusammenhängen. 
Die erziehliche Einwirkung der Frau ist gerade in diesen Jahren 
in keiner Weise durch die des Mannes zu ersetzen. 



32 

Die Möglichkeit einer tiefgehenden erziehlichen Einwirkung 
steht nun aber im Schulleben im engsten Zusammenhange einer- 
seits mit der Art der unterrichtlichen Thätigkeit, andererseits 
mit der Art der Stellung im Schulorganismus: mit der Schul- und 
Klassenleitung. 

In den Regelungsvorschlägen des Preufsischen Vereins finden 
wir nun die Schulleitung der höheren, sogenannten Obermädchen- 
schulen, ausschliefslich dem Manne zuerteilt. Es liegt femer, da 
die Zahl der akademisch gebildeten Lehrer in der Regel gleich 
sein soll der Zahl der Klassen der Oberstufe, die hohe Wahr- 
scheinlichkeit vor, dafs, dem jetzigen Gebrauch entsprechend, 
sowohl die Klassenleitung (das Ordinariat) als die meistens damit 
verbundenen ethischen Fächer in der Regel in die Hände von 
Männern gelegt werden sollen. Die Mitbeteiligung der Lehre- 
rinnen beim Unterricht auf der Oberstufe ist keineswegs als not- 
wendig, nur als nicht ausgeschlossen hingestellt, so dafs jede 
Garantie dafür fehlt, dafs an den öffentlichen höheren Mädchen- 
schulen den Lehrerinnen in Zukunft ein gröfserer Einflufs auf 
die Erziehung der heranwachsenden Mädchen eingeräumt werden 
wird, als der durchaus ungentigende, den man ihnen jetzt ge- 
stattet 

Wir sind uns nun sehr wohl bewufst, dafs es den Lehre- 
rinnen i. a. an der wissenschaftlichen Durchbildung fehlt, die zur 
Ei'füllung der Aufgaben, die wir ihnen vorzugsweise zugewiesen 
sehen möchten, notwendig ist. Wir haben uns aus diesem Grunde 
schon im vorigen Jahre an das preufsische Kultusministerium 
mit der Bitte gewandt, den Lehrerinnen eine gründliche wissen- 
schaftliche Bildung zu ermöglichen; die günstige Antwort, die 
uns zu teil wurde, läfst uns hoffen, dafs die wissenschaftliche 
Bildung der Lehrerinnen zu den ersten Gegenständen gehören 
wird, die bei den Beratungen über das Mädchenschulwesen zur 
Sprache kommen werden." 

Eine Petition ähnlichen Inhalts wurde von der „Abteilung 
für die Angelegenheiten der Lehrerinnen" des Deutschen 
Yereins für das höhere Mädchenschulwesen am 25. September 
1892 eingereicht. In der Begründung heifst es: 

„Drei Gründe sind es besonders, welche uns zu dieser Bitte 
(auch Lehrerimien zu den Konferenzen zuzuziehen) bewegen. 
Einmal greift die Feststellung der inneren Verhältnisse der 
höheren Mädchenschulen aufs tiefste in die Existenz vieler 
Tausende von Lehrerinnen, die schon jetzt keinen leichten Lebens- 
kampf zu vollbringen haben. 




33 __ 

Sodann erscheinen die vom Preufsischen Verein gemachten 
Vorschläge nicht geeignet, den Einflufs wirklich ttichtiger 
Lehrerinnen auf die reiferen Schülerinnen, welcher gerade in 
den öfifentlichen Schulen noch sehr gering ist, zu vermehren: 
ein Umstand, welcher eine Gefahr für die weibliche Jugend, 
aber auch eine Schädigung der idealsten Bestrebungen tüchtiger 
Lehrerinnen in sich schliefst. 

Endlich fehlt den Lehrern zum grofsen Teil die persönliche 
Erfahrung von den Bedürfnissen und Schwierigkeiten der kleineren 
Privatschulen, welche in zahlreichen Städten ganz unentbehrlich 
sind, dort aber oft nur durch die Aufopferung und Selbstlosig- 
keit hart arbeitender Lehrerinnen erhalten werden können." 

Auch seitens der Mittelsclmllelirer, die sich durch die 
Vorschläge des Preursisclien Vereins gleiclifalls von der 
Leitung der höheren Mädchenschulen, die ihnen bisher nach 
Ablegung der Prüfung pro rectoratu übertragen werden 
konnte, ausgeschlossen sahen, ist eine Petition beim Kultus- 
minister eingereicht worden. Rückäulserungen auf diese 
Petitionen sind bis jetzt noch nicht erfolgt. Die Regelung 
des höheren Mädchenschulwesens wiid als demnächst bevor- 
stehend angesehen. 

Gegenwärtiger Stand des preufsischen höheren 

Mädchen schul Wesens. 

Über die Lehrfächer und Lehrerkollegien vgL die 
Protokolle der Augustkcmfereuz. In Bezug auf die Lehrziele 
gelten gleichfalls die in der Augustkonferenz festgestellten 
Normen, mit einigen, teils durch den Minister! alerlafs vonj 
9. Juli 1885 gebotenen, teils sonst als notwendig erkannten 
Beschränkungen. Für die Berliner Schulen ist ein Normal- 
lehrplan erlassen worden. Die genaue Lehrordnnng der ein- 
zelnen Schulen ist aus den Programmen zu ersehen, die von 
den preufsischen wie von den übrigen deutschen höheren 
Mädchenschulen alljährlich ausgegeben werden. Einem Teil 
derselben sind wissenschaftliche Beilagen hinzugefügt. 

Die Ilessortverhältnisse sind noch nicht einheitlich 
geordnet. Der Ministerialerlals vom 13. Juni 1883 führt aus, 
dafs die Entwickeluiig des höheren Mädchenschulwesens nocli 

H. Lange, höheres M&dchenschulwesen. 3 



in vollem Flusse begriffen sei und dafs es darum bedenklich 
sein würde, schon jetzt durch uniformierende Normativ- 
bestimmungen in dieselbe einzugreifen. Es heifst daselbst: 

„Insbesondere macht es die Vielgestaltigkeit der in Betracht 
kommenden Schulen, sowie die Verschiedenheit der Bedürfnisse^ 
welchen sie genügen sollen, und der Lebensverhältnisse an den 
Orten, an welchen sie sich befinden, nicht möglich, eine Unter- 
scheidung zwischen höheren und mittleren Schulen zu treffen, 
auf welche eine Sonderung in der höheren Aufsichtsinstanz ge- 
gründet werden könnte. 

Dagegen hat sich allerdings das Bedürfnis herausgestellt, die 
örtliche und die Kreisschulaufsicht nach Lage der besonderen 
Verhältnisse der einzelnen Mädchenschulen ihrem Charakter ge- 
mäfs besonders zu ordnen. In dieser Beziehung sind schon jetzt 
verschiedene Wege eingeschlagen worden. 

Was zunächst die Ortsschulaufsicht betrifft, so ist diese bei 
voll ausgestalteten höheren Mädchenschulen mehrfach, unter 
gleichzeitiger Bildung von Kuratorien, den Dirigenten der An- 
stalten selbst übertragen worden. 

In der Kreis-Schulaufsichtsinstanz sind derartige Schulen 
nicht ohne weiteres dem Wirkungskreis des mit der Beauf- 
sichtigung des Volksschulwesens beauftragten Kreis-Schulinspektors 
zugewiesen; vielmehr ist in jedem einzelnen Falle eine Prüfung 
eingetreten, ob dieses zu geschehen habe, oder ob ein besonderer 
Kreis-Schulinspektor für diese Kategorie von Schulen zu bestellen 
sei, oder ob die Königliche Regierung etc. dieselbe an sich 
nehmen wolle. In den Bezirken, in welchen eine derartige 
Ordnung der Angelegenheit noch nicht stattgefunden hat, wird 
eine solche nicht länger aufzuschieben sein." 

Thatsächlich liegen die Verhältnisse zur Zeit so, dals 
einige Anstalten direkt dem Provinzial-SchulkoUegium unter- 
stehen \vie die höheren Knabenschulen, andere den königlicheu 
Regierungen, wieder andere den Kreisschulinspektionen oder 
den städtischen Schuldeputationen, die nach dem Gesetz den 
Kreisschulinspektionen gleich zu achten sind. — Die Privat- 
schulen stehen unter der Kreisschulinspektion bezw. unter der 
städtischen Schuldeputation. 

Die Zahl der in Preufsen bestehenden öifentlichen höheren 
Mädchenschulen beträgt 206. Das neueste Verzeichnis der- 
selben bringt das Centralblatt für die gesamte Unterrichts- 



\> 



35 

Verwaltung in Preufsen (Januar-Februarbeft 1893), jedoch mit 
dem Bemerken, daJs durch die Aufnahme einer Schule in das 
Verzeichnis an ihren Rechtsverhältnissen nichts geändert 
wird. Von diesen 206 höheren Mädchenschulen sind vier 
königlich: die Elisabethschule in Berlin (die älteste 
öffentliche höhere Mädchenschule in Preufsen), die Augusta- 
schule in Berlin, die Luisenschule in Posen und die 
höhere Mädchenschule in Trier. Die übrigen sind, bis auf 
einige wenige Stiftungs- oder Genossenschaftsscbulen, städtische 
Anstalten. 

Neben diesen öffentlichen Schulen bestehen 647 private 
mittlere und höhere Mädchenschulen (davon werden 532 
als höhere angesehen). Aufserdem bestehen einige Privat- 
anstalten, die dazu bestimmt sind, den Mädchen und Frauen 
eine über die Schul- und etwaige Oberklassen- oder Selekta- 
bildung hinausgehende wirkliche wissenschaftliche Bildung zu 
geben. Es sind dies: 

1. das Victoria -Lyceam zu Berlin, unter dem Pro- 
tektorat I. M. der Kaiserin Friedrich, welches neben 
Unterrichts- und Vortragscyklen für Frauen seit 1888 wissen- 
schaftliche Fortbildungskurse für Lehrerinnen im Deutschen 
und in der Geschichte, neuerdings auch im Englischen und 
Französischen eingerichtet hat. Diese Kurse bezwecken die 

« 

Erlangung einer der akademischen annähernd gleichwertigen 
Bildung. Die Anstalt erhält für diesen Zweck einen Staats- 
zuschufs. 

2. Zwei Anstalten des Wissenschaftlichen Central- 
vereins zu Berlin: 

a) Die Humboldt- Akademie. 

Sie bezweckt, „solchen Personen, welche die Universität 
nicht besuchen können oder bereits verlassen haben, durch 
systematische Vortragscyklen und andere geeignete Mittel 
Gelegenheit zu einer höhereu harmonischen wissenschaft- 
lichen Weiterbildung zu geben und sie in Zusammenhang 
mit den Fortschritten der sich entwickelnden Wissenschaft 
zu halten". 

3* 



8_n _ _ 

Seit Errichtung der Humboldt- Akademie (1878) wurden in 
88 Quartalen zusammen 739 Vortragscyklen von 18859 ein- 
geschriebenen Hörern besucht. Von diesen waren etwa 40 ^ 
Frauen. 

b) Die Realkurse für Frauen. 

Sie beabsichtigen im allgemeinen, den Frauen Gelegenheit 
zu einer etwa der des Realgymnasiums entsprechenden Bildung 
zu geben, insbesondere die Vorbereitung für das Studium auf 
ausländischen (Schweizer) Universitäten. (Auf deutschen Uni- 
versitäten werden Frauen als ordentliche Hörerinnen überhaupt 
nicht, als aufserordentliche nur in ganz seltenen Fällen zu- 
gelassen.) 

Übersicht über die höheren Mädchenschulen in Preufsen. 

I. Öffentliche höhere Mädchenschulen. Zahl. 

1. Öffentliche höhere Mädchenschulen 206 

2. Unter den Schulen sind solche 

mit 1 aufsteigenden Klasse 6 

mit Schülerinnen 132 

„ 2 aufsteigenden Klassen 12 

mit Schülerinnen ' . . 395 

„ 3 aufsteigenden Klassen 14 

mit Schülerinnen 839 

„ 4 aufsteigenden Klassen 16 

mit Schülerinnen 1315 

„ 5 aufsteigenden Klassen 18 

mit Schülerinnen 1940 

„ aufsteigenden Klassen 20 

mit Schülerinnen . . 2810 

„ 7 und mehr aufsteigenden Klassen ... 120 

mit Schülerinnen 37504 

3. Gesamtzahl der Scliülerinnen 44935') 

4. Vollbcscliäftigte Lehrer 973 

f). Yollbeschäftigte Lehrerinnen 866 

6. Nichtvollbeschäftigte Hilfslehrer 295 

7. Nicht vollbeschäftigte Hilfslehrerinnen 58 

8. Aufserdem nichtvoUbeschäftigte Handarbeitslehrerinnen 368 

IL Öffentliche Mädchen-Mittelschulen. 

1. Öffentliche Mädchen-Mittelschiüen 92 

^) Darunter beündeu sieh 157 Knaben. 



• 



37 



2. Unter den Schulen sind solche 

mit 1 aufsteigenden Klasse 1 

mit Schtilerinnen 12 

„ 2 aufsteigenden Klassen 5 

mit Schülerinnen 197 

„ 3 aufsteigenden Klassen 4 

mit Schülerinnen 252 

„ 4 aufsteigenden Klassen 5 

mit Schüleriimen 438 

„ 5 aufsteigenden Klassen 9 

mit Schülerinnen 1452 

55 6 aufsteigenden Klassen 19 

mit Schülerinnen 6101 

55 7 und mehr aufsteigenden Klassen ... 49 

mit Schülerinnen - . . 20250 

3. Gesamtzahl der Schülerinnen 28702') 

4. Vollbeschäftigte Lehrer 461 

5. Vollbeschäftigte Lehrerinnen 356 

6. Nichtvollbeschäftigte Hilfslehrer 65 

7. Nichtvollbeschäftigte Hilfslehrerinnen 28 

8. Aufserdem nichtvollbeschäftigte Handarbeitslehrerinnen 153 
Dazu kommen noch 68 öffentliche Mittelschulen für 
Knaben und Mädchen. Die Zahl der sie besuchen- 
den Mädchen beträgt 8893 

III. Abgelegte Prüfungen der vollbeschäftigten Lehrkräfte an 
den öffentlichen höheren Mädchen- und Mädchen-Mittel- 
schulen. 

1. Öffentliche höhere Mädchenschulen. 

a) Lehrer: Volksschullehrer-Prüfung 350 

Mittelschullehrer-Prüfung 122 

Prüfung pro rectoratu 117 

Prüfung für das höhere Lehramt bezw. 

geistliche Amt 367 

Fachlehrer-Prüfung 2 

Unbesetzte Stellen 15 

Zusammen: 973 

b) Lehrerinnen: Prüfung für Volksschullehrerinnen . 95 

Prüfung für Lehrerinnen an höheren 

Mädchenschulen 617 

Prüfung als Schulvorsteherin .... 55 



1) Desgl. 23 Knaben. 



38 



Fachlehrerinnenprüfung • 13 

Nicht geprüft 20 

Geprüfte vollbeschäftigte Handarbeits- 

lehreriniien 58 

Nichtgeprüfte Handarbeitslehrerinnen . . 6 

Unbesetzte Stellen 2 

Zusammen : 866 

2. Öffentliche Mädchen-Mittelschulen. 

a) Lehrer: YolksschuUehrer-Prüfung 278 

Mittelschullehrer-Prüfung 75 

Prüfung pro rectoratu 82 

Prüfung für das höhere I^ehramt bezw. 

geistliche Amt 24 

Fachlehrer-Prüfung — 

Unbesetzte Stellen 2 

Zusammen: 461 

b) Lehrerinnen: Prüfung für Volksschullehrerinnen . 47 

Prüfung für Lehrerinnen an höheren 

Mädchenschulen 239 

Prüfung als Schulvorsteherin .... 13 

Nicht geprüft 5 

Geprüfte vollbeschäftigte Handarbeits- 
lehrerinnen 40 

Nichtgeprüfte Handarbeitslehrerinnen . . 10 

Unbesetzte Stellen 2 



Zusammen: 356 

IV. Private höhere Mädchen- und Mädchen-Mittel- 
schulen. 

1. Private höhere Mädchen- und Mädchen-Mittelschulen 647 

2. Unter den Schulen sind solche 

mit 1 aufsteigenden Klasse •. . 126 

mit Schülerinnen 1682 

„ 2 aufsteigenden Klassen 75 

mit Schülerinnen 1897 

„ 3 aufsteigenden Klassen 81 

mit Schülerinnen 3422 

„ 4 aufsteigenden Klassen 86 

mit Schülerinnen 5845 

„ 5 aufsteigenden Klassen 69 

mit Schülerinnen 6481 



k 



39 



mit 6 aufsteigenden Klassen 41 

mit Schülerinnen 4863 

„ 7 und mehr aufsteigenden Klassen . . . 169 

mit Schülerinnen 33752 

3. Gesamtzahl der Schülerinnen 57942 

4. Vollbeschäftigte Lehrer 130 

5. Vollbeschäftigte Lehrerimien 2733 

6. NichtvoUbeschäftigte Hilfslehrer 1690 

7. Nichtvollbeschäftigte Hilfslehrerimien 499 

8. Handarbeitslehrerinnen 1072 

Aufserdem bestehen 291 von Knaben und Mädchen 
besuchte Privatschulen mit einem über die Volks- 
schule hinausgehenden Lehrziele. Die Zahl der sie 

besuchenden Mädchen beträgt 7824 

Übersicht 
betreffend die Beteiligung der Lehrerinnen am wissenschaftlichen Unter- 
richt in den Oberklassen der höheren Mädchenschulen. 





Es werden wissen- 
schaftliche Lehr- 
stunden erteilt 
wöchentlich 

in in 
lau. Ib IIa u. IIb 


Summe der 

wissen- 
schaftlichen 
Lehrstunden 

pro Woche 

in I u. II 


Von 

Stundei 

a 

Lehrer 


den 

a fallen 
af 

Lehre- 
rinnen 


Die Leitung^ 

der Anstalt 

liegt in den 

Händen 

eines einer 
Lehrers Lehrerin 


A) Öffentliche 














■ 


Schulen .... 


6059 


6112 


12171 


7914 


4257 


195') 


19 


B) StaatHch sub- 
















ventionierte 
















Privatanstalten 


1858 


1569 


3427 


544 


2883 


10 


72 


C) Reine Privat- 
















schulen . , . . 


10541 


10775 


21316 


5353 


16163 


58 


392 


Überhaupt 


18458 


18456 

■ 


36914 


1361] 


23303 


263 


483 



2. 



Könignreich Bayern. 

Die bayerischen höheren Mädchenschulen sind, soweit sie 
nicht klösterliche Anstalten sind, wie im übrigen Deutschland 
auf die Entwickelung des höheren Bürgertums zurückzuführen. 
Unter den Privatschulen ist eine der ältesten das Seideische 
Institut in Nürnberg (1804 gegründet). Besonders bemerkens- 



^) Die Gesamtzahl der öffentl. höheren Mädchenschulen ist bei dieser 
Erhebung mit 214 angeg^eben. 



40 

wort ist auch das von Stettensche Töchtererziehungsinstitat 
in Augsburg. Nach dem Willen der Stifterin, Anna Barbara 
von Stetten, hatte es vorzüglich den Zweck, einer früh- 
verwaisten Jugend den Verlust der elterlichen Liebe und 
Pflege zu ersetzen. — In Augsburg, Nürnberg und Ansbach 
wurden durch die Initiative Stephanis höhere Mädchenschulen 
geschaffen oder neu organisiert. 

In Bayern finden wir vielfach die Einrichtung, dafs die 
höheren Mädchenschulen nicht organisch mit den Elementar- 
klassen verbunden sind, sondern sich auf der Volksschule 
aufbauen. In München ist dieses System ganz streng durch- 
geführt. Die höhere Mädchenschule zu München nimmt ihre 
Schülerinnen nicht vor dem zehnten (und nicht nach dem 
zwölften) Lebensjahre in ihre unterste Klasse auf. Die ersten 
drei Jahre werden sämtliche Kinder in der Volksschule unter- 
richtet. Die Volksschule umfafst das Alter von sechs bis 
dreizehn Jahren und ist für alle Kinder ohne Ausnahme un- 
entgeltlich. Die ersten vier Schuljahre muls jedes Kind 
durchmachen (in ganz vereinzelten Fällen wird der Volks- 
schulunterricht durch Privatunterricht ersetzt; dies bedarf 
aber der Genehmigung der Lokalschulkommission). Die 
Töchter der sogenannten höheren Stände treten nach dem 
vierten oder fünften Schuljahr in der Regel in ein Privat- 
institut oder in eine öffentliche höhere Mädchenschule ein. 

Die gleiche Einrichtung finden wir in einer Anzahl 
anderer Städte. Anderswo sind \vieder die höheren Mädchen- 
schulen organisch mit Elementarklassen verbunden, so z. B. 
in Nürnberg, Erlangen und in vielen klösterlichen Anstalten. 

Als Muster eines Lehrprogramms für die höhere weib- 
liche Bildung in Bayern, in dessen Rahmen sich mit mehr 
oder weniger Einschränkung des Unterrichtsstoffes die meisten 
der gleiche Zwecke verfolgenden weiblichen Erziehungs- 
anstalten bewegen, kann das der städtischen höheren Töchter^ 
schule in München gelten. Die Schule umfafst sechs Klassen 
(vom fünften bis zum zehnten Schuljahr). Die Aufnahme 
einer Schülerin ist aufser durch ein bestimmtes Alter auch 
durch eine Prüfung bedingt, bei welcher der in der IV. Klasse 



41 

der Münchener Volksschule behandelte Lehrstoif vorausgesetzt 
wird. Der Lehrplan schreibt in Bezug auf Unterrichts- 
gegenstände und Lehrziele Folgendes vor: 

1. Unterrichtsgegenstände. 

a) obligatorische: dieselben wie in den preufsischen Schulen. 

b) fakultative: weibliche Handarbeiten in den drei oberen 
Jahresklassen und Stenographie. 

II. Lehrziele. 

1. Religion. 

In der Rehgion ist das Lehrziel für jede einzelne Klasse 
angegeben, wie es im Einverständnis mit den kirchlichen Be- 
hörden sowohl für die katholische, als für die protestantische 
und die israehtische Religion festgestellt worden ist. 

2. Deutsche Sprache. 

Der Unterricht in der deutschen Sprache hat die Schüle- 
rinnen zur Auffassung prosaischer und poetischer Lesestücke, 
zu richtigem, dialektfreiem Sprechen, zu ausdrucksvollem Lesen 
und verständnismäfsigem Vortrage anzuleiten und sie im 
mündhchen und schrifthchen Gebrauch der Muttersprache zu 
einem gewandten, stiHstisch angemessenen, auf klarem Ver- 
ständnis der Sprachgesetze beruhenden Gedankenausdruck zu 
befähigen. Er soll ferner die Kenntnis der hervorragendsten 
Erzeugnisse unserer NationaUitteratur, soweit dieselben sich 
für die weibhche Jugend eignen, vermitteln und dadurch mit 
dem Gefühl für das Schöne und Edle die Hochachtung vor 
dem Geistesleben des deutschen Volkes, sowie die Vaterlands- 
liebe in den Herzen der Jugend wecken und nähren. 

3. Französische Sprache. 

Einführung in die Formenlehre und Syntax der franzö- 
sischen Sprache, Sicherheit und Gewandtheit im mündlichen 
und schriftlichen Gedankenausdrucke über Gegenstände aus 
dem Anschauungskreise der Schülerinnen und im Geiste des 
fremden Idioms; Fähigkeit, das von andern mündHch und 
schrifthch hierüber Ausgedrückte aufzufassen. Kenntnis der 
hervorragendsten französischen Schriftsteller und ihrer für die 
weibhche Jugend geeigneten Hauptwerke, sowie Bekanntschaft 
mit den wichtigsten Momenten aus der Geschichte der fran- 
zösischen Litteratur. 

4. Englische Sprache. 

Richtige Aussprache, Kenntnis der grammatikaUschen 
Formen und Gesetze. Sicherheit in der Orthographie. Be- 



42 



fähigung zum mündlichen und schriftlichen Gedankenausdruck 
über Gegenstände aus dem Anschauungskreise der Schülerinnen 
und zur Auffassung des von anderen hierüber mündlich oder 
schriftlich Ausgedrückten. Besonders aber Einführung in die 
englische Litteratur und Verwertung derselben für die intel- 
lektuelle und ethische Bildung durch unterrichtliche Be- 
handlung einzelner für die weibliche Jugend bedeutsamer 
Werke. 

5. Rechnen und Raumlehre. 

a) Im Rechnen Sicherheit und Fertigkeit in der mündlichen 
und schriftlichen Anwendung der vier Grundrechnungsarten 
mit reinen, benannten* und angewandten ganzen und ge- 
brochenen Zahlen. Kenntnis der Mafse, Münzen und Ge- 
wichte. Unter Anwendung des Schlufsrechnens Sicherheit 
und Gewandtheit in der Lösung von Aufgaben aus dem 
bürgerlichen Leben. Die üblichen Rechnungsvorteile und 
Reclinungsabkürzungen zur Erzielung von Gewandtheit und 
möglichster Kürze im rechnerischen Verfahren. 

b) In der Raumlehre Kenntnis und Vorstellung der einfachsten 
geometrischen Gebilde. Fertigkeit in den im praktischen 
Leben vorkommenden Berechnungen der einfachen Raum- 
gröfsen. 

6. Geographie. 

Unter Verzichtleistung auf unwichtige und leicht dem 
Vergessen anheimfallende Einzelkenntnisse ist eine verständige 
Anschauung der geographischen Verhältnisse einerseits der 
wichtigeren Kulturländer, besonders Deutschlands, andererseits 
der Erdoberfläche im allgemeinen und der Stellung der Erde 
im Weltall zu erzielen und zugleich das Verständnis der Gesetz- 
mäfsigkeit geographischer Verhältnisse und die Erkenntnis des 
ursächlichen Zusammenhangs, welcher zwischen der Länder- 
natur und der bürgerlichen und geschichtlichen Entwickelung 
der Bevölkerung besteht, anzubahnen. 

7. Geschichte. 

Der Geschichtsunterricht hat einerseits die Aufgabe, den 
Schülerinnen eine übersichtliche Kenntnis der Geschichte der 
wichtigsten Kulturvölker zu vermitteln und sie mit grofsen 
Persönlichkeiten und Ereignissen, mit Zeitverhältnissen und 
Kulturzuständen, namentlich des deutschen Volkes, bekannt zu 
machen. Andererseits soll der Geschichtsunterricht durch Be- 
trachtung des Geisteslebens der Völker und ihrer Entwickelung 
ein selbständiges und richtiges Urteil über geschichtliche 
Thatsachen und Verhältnisse anbahnen und soU durch Weckung 



43 



der Vaterlandsliebe, durch Begeisterung für das Grofse und 
Gute und durch die Erkenntnis einer höheren göttlichen Welt- 
ordnung die allgemeine sittliche Veredlung fördern. 

8. Naturkunde. 

Dem naturkundlichen Unterricht kommt die Aufgabe zu, 
richtige Vorstellungen von den Naturkörpern, deren Entwicke- 
lung, Eigenschaften und Beziehungen untereinander und zum 
Menschen (Nutzen und Schaden), sodann eine hinreichende 
Kenntnis der ins praktische Leben am meisten eingreifenden 
Naturerscheinungen, ihres gesetzmäfsigen Verlaufes und ihrer 
Ursachen zu vermitteln, femer richtige Vorstellungen von dem 
Leben der Natur sowohl wie dieselbe an sich als auch wie 
sie im Verhältnis zum Menschen erscheint, zu erzeugen, die 
Sinne für das Beobachten der Naturkörper und der Natur- 
erscheinungen empfänglich zu machen, das Interesse für das 
Naturleben und die Naturschönheiten sowie die Liebe zur 
Natur zu erwecken und das Gemüt zu pflegen. 

9. Zeichnen. 

Weckung und Läuterung des Gefühles für das Schöne 
im allgemeinen, besonders für ästhetisch schöne Formen und 
Farben in Natur und Kunst. Anregung der Phantasie zur 
erfinderischen Thätigkeit auf dem Gebiete der Verzierung 
weiblicher Handarbeiten, Übung der Fertigkeit, ebene Zier- 
formen und einfache körperliche Gegenstände richtig aufzufassen 
und in freier Zeichnung darzustellen. 

10. Schönschreiben. 

Einerseits Erlangung einer deutlichen, gefälligen Hand- 
schrift in der deutschen und lateinischen Schrift, anderseits 
Hebung des Sinnes für Sauberkeit, Ordnung und Schönheit; 
Einübung der Rundschrift. 

11. Gesang. 

Der Gesangsunterricht hat die Einsicht in die Elemente 
der Tonkunst zu vermitteln, das Ohr zu rascher und sicherer 
Auffassung der verschiedenartigen Tonverhältnisse zu bilden 
und die Stimme sprachlich und gesanglich zu schulen. Auf 
Aneignung eines entsprechenden Schatzes von Liedern, nament- 
lich von Volks- und religiösen Liedern, soll besonders Bedacht 
genommen werden. 

12. Turnen. 

Naturgemäfse Entwickelung und Kräftigung des Körpers 
mit besonderer Berücksichtigung der Atmungsorgane; natür- 
liche gefällige Haltung des Körpers in Bewegung und in Ruhe; 



44 

Bildung des Schönheitssinnes und des rhythmischen Gefühles; 
Schärfung der Geistesgegenwart und Förderung heiteren ge- 
selligen Sinnes. Der Gesang bildet ein wichtiges Hilfs- und 
Belebungsmittel des Turnunterrichtes. 
13. Weibliche Handarbeiten. 

Praktische Verwertung der Formen- und Farbenlehre im 
Anschlufs an den Freihand- und den geometrischen Zeichen- 
unterricht. Pflege des Ordnungs- und Reinlichkeitssinnes, 
Gewöhnung an Arbeitsfreudigkeit und Ausdauer, Erweckung 
des Verständnisses von der Wichtigkeit elementarer Bestand- 
teile für die Hervorbringung eines Ganzen, unter Berücksich- 
tigung der späteren Bedürfnisse des häuslichen Lebens. 

An der höheren Töchterschule wirken männliche und 
weibliche Lehrkräfte, zumeist als ordentliche, der Schule ganz 
angehörige Hauptlehrer und Hauptlehrerinnen; die Hauptlehrer 
I. Klasse, zur Zeit 5, müssen die staatliche Prüfung für das 
höhere Lehramt bestanden haben. 

Die Oberaufsicht über die höhere Töchterschule hat die 
königl. Kreisregierung von Oberbayern; Verwaltung und 
Oberleitung der Stadtmagistrat, der sie innerhalb einer ge- 
wissen Grenze von einer Schulvorstandschaft ausüben läfst. 

Übersicht über den Stand des höheren Mädchenschulwesens 

im Königreich Bayern. 
Nach den neuesten statistischen Erhebungen (Schuljahr 1890/91). 
Zahl der höheren, d. h. über das Ziel der Volks- . 

schule hinausgehenden Mädchenschulen in Bayern 127 *) 

hiervon haben öffentlichen Charakter 24 

„ „ privaten „ 103') 

Die Gesamtzahl der aufsteigenden Abteilungen, 

in denen sie unterrichten, beträgt .... 639 
Die Zahl der Lehrkräfte 

a) männliche 592 

b) weibliche 1077*-) 

Die Zahl der Schülerinnen am Schlüsse des Schul- 
jahres 13336^) 

aufserdem noch Hospitantinnen 334 

^) Hierunter 61 klösterliche Anstalten. 

■-) Davon ca. 9G0 wissenschaftliche, die übrigen technische Lehrerinnen. 

^) Wieviel von den Abteilungen, Lehrkräften, Schülerinnen auf die 
öffentlichen, wieviel auf die privaten Anstalten entfallen, war aus dem vor- 
handenen Material nicht zu ersehen. 



45 



3. Königreich Sachsen. 

In Bezug auf die Regelung des liolieren Mädchenschul- 
Avesens im Königreich Sachsen ist folgendes zu bemerken: 

Schon im Jahre 1875 war dem Landtage der Entwurf 
eines neuen Gesetzes für die höheren Lehranstalten des Landes 
zugegaijgen, in welchen auch die höheren Mädchenschulen 
aufgenommen waren. Der Landtag lehnte zwar die betreffende 
Bestimmung in dieser Allgemeinheit ab, forderte aber die Re- 
gierung auf, höhere Mädchenschulen, die so eingerichtet sind, 
dafs sie die Ziele der „höheren Volksschule" übersteigen, nach 
dem (am 22. August 1876 vom Könige bestätigten) Gesetz 
über die höheren Schulen zu verwalten. Diesem Gesetz 
wurden nunmehr durch Ministerial Verordnung zwei höhere 
Mädchenschulen (s. unten) unterstellt. 

Die Lehrfächer und Lehrziele der höheren Mädchen- 
schule sind dieselben wie in Preufsen. Über die Zusammen- 
setzung des Lehrkörpers aus akademisch und seminarisch 
gebildeten Lehrern und aus Lehrerinnen bestehen gesetzliche, 
für das ganze Land gültige Feststellungen nicht. Doch wird 
gefordert, dafs der wissenschaftliche Unterricht auf der Ober- 
stufe in den Händen akademisch gebildeter Lehrer liege; so 
viel Oberklassen einschlielslich der Parallelklassen vorhanden 
sind, so viel akademisch gebildete Lehrer sind anzustellen. 

Nach dem amtlichen Bericht über die gesamten Unter- 
richts- und Erziehungsanstalten im Königreich Sachsen 
(Dresden, 1890) bestanden am 2. Dezember 1889 in Sachsen 
zwei den höheren Lehranstalten im Sinne des Gesetzes vom 
22. August 1876 eingereihte höhere Schulen für Mädchen, 
welche, nach 10 Jahresklassen gegliedert, ihre Zöglinge mit 
dem vollendeten 6. Lebensjahre aufnehmen. 

1. Die städtische höhere Töchterschule in Dresden, früher 
eine lialböffentliche Stiftuugsschule, seit 1868 in städti- 
scher Verwaltung. 

2. Die städtische höhere Schule für Mädchen in Leipzig, 
1871 gegründet. 



46 



An diesen beiden Schulen betrug die Zahl der 

Lehrer- amtierenden Haupt- Parallel- Schti le- 
steilen Lehrkräfte klassen Massen rinnen 

in Dresden 19 19 10 5 360 

in Leipzig 21 23 10 6 450 



Sa. 40 42 20 11 810 

darunter 8 Neben- 31 

lehrer 

Mit Ausschluls der 3 Nebenlehrer, die in technischen 
Fächern thätig waren, zählte man unter den am 2. Dezember 
1889 thätigen Lehrern ihrer amtlichen Stellung nach: 
Direktoren Ständige bez. Oberlehrer Hilfslehrer Fachlelirer Vikare 

mannl. weibl. mSniil. weibl. m&nul. weibl. mKniiL weibl. 

2 22 8 — — 1 4 2 — 

27 4- 12 = 39 

Die genannten beiden höheren Mädchenschulen werden 
durch den Rat der betreffenden Städte verwaltet und vertreten. 
Die oberste Instanz für alle inneren und äufseren Angelegen- 
heiten bildet das kgl. Ministerium des Kultus und des öffent- 
lichen Unterrichts. Die Schulen erhalten einen Zuschuls aus 
Genieindemitteln. Der Staat giebt zum Schulbetrieb keinen 
Zuschuls, übernimmt aber die Alters- und Reliktenversorgung, 

Unter den Privatmädchenschulen mit höheren Unterrichts- 
zielen gab es nach der obengenannten amtlichen Quelle am 
2. Dezember 1889 nur eine staatlich anerkannte (d. h. die 
Rechte einer öffentlichen Anstalt geniefsende), eine Stiftungs- 
schule mit Internat in Dresden. Es ist die höhere Töchter- 
schule des Vereins „Zum Frauenschutz", gegründet 1846. 

Sämtliche privaten und aufser den beiden obengenannten 
auch sämtliche übrigen städtischen sogenannten höheren 
Mädchenschulen werden, auch wenn sie in ihrer inneren und 
äufseren Einrichtung den beiden gesetzlich als höhere Schulen 
anerkannten mehr oder weniger nahestehen, nur zu den 
höheren Volksschulen gerechnet, die etwa den preufsischen 
Mittelschulen entsprechen. An städtischen höheren Mädchen- 
schulen dieser Art zählt der Mushackesche Schulkalender 
1892/93 eine in Bautzen, zwei in Chemnitz auf; aufserdem 



47 

eine höhere Bürgerschule für Mädchen und zwei für beide 
Geschlechter in Leipzig. 

An Privatinädchenschulen mögen etwa 30 — 40 in Sachsen 
bestellen; darunter verschiedene voll ausgestaltete, die ihrem 
Lehrplan nach den öffentlichen Schulen gleichstehen. 

4. Könign^^ich Württemberg. 

In Württemberg wurde schon im Jahre 1818 durch die 
Königin Katharina eine höhere Mädchenschule, das K. Katha- 
rinenstift, ins Leben gerufen. Doch war im übrigen bis zum 
Jahre 1878 für die höhere Mädchenbildung nicht viel mehr 
geschehen, als dafs eine Anzahl öffentlicher und privater so- 
genannter höherer Töchterschulen Staatsbeiträge erhielten. In 
Bezug auf sämtliche Organisationsfragen, Lehrziele etc. 
herrschte die bunteste Mannigfaltigkeit. Der Württembergische 
Zweigverein für die Lehrer und Lehrerinnen an mittleren und 
höheren Mädchenschulen hatte nach dieser Richtung hin schon 
klärend zu wirken gesucht. Im Jahre 1877 erschien dann ein 
Ministerialerlafs, durch den der Begriff, der L.ehrplan, die Zu- 
sammensetzung des Lehrpersonals, die Aufsichts- und Pensions- 
verhältnisse etc. der Mädchenschulen festgestellt wurden. Ein 
gleichfalls 1877 erlassenes „Gesetz, betreffend die Rechtsverhält- 
nisse der Lehrer und Lehrerinnen an höheren Mädchenschulen, 
sowie die Aufsicht über die letzteren" regelte dann endgültig 
einige der betreffenden Punkte. Im Sinne dieses Gesetzes gilt 
im Königreich Württemberg als höhere Mädchenschule „eine 
Schule, welche ihre Zöglinge bis zum 16. Lebensjahre, wo- 
möglich in 9jähriger Schulzeit oder doch jedenfalls von der 
Mittelstufe (vom 4. Schuljahr) an unterrichtet und denselben 
den Besitz der zur höheren weiblichen Bildung gehörigen 
ethischen, sprachlichen und realistischen Kenntnisse und Fertig- 
keiten gewährt. Demgemäfs hat der Lehrplan zu umfassen: 
Religion (einschliefslich der Kirchengeschichte), Geschichte, 
deutsche Sprache und Litteratur, französische und englische 
Sprache, Rechnen, Naturkunde (Naturgeschichte, das Wich- 
tigste aus Physik und Chemie, Gesuudheitslehre), Geographie, 
fei-ner Schönschreiben, Zeichnen, Handarbeiten, Singen, Turnen. 



48 

Die Lehrziele sind im wesentlichen dieselben, wie in 
den preufsischeu Schulen. In Bezug auf das Lehrer- 
kollegium spricht sich der Ministerialerlafs dahin aus, dafs 
in der Kegel ein akademisch gebildeter Vorstand zu wünschen 
sei, wie auch womöglich ein oder einige akademisch gebildete 
Lehrer. 

Die höheren Mädchenschulen sind in Württemberg nicht 
staatlich, sondern werden entweder von einer Gemeinde auf 
ihre Rechnung gegründet und unterhalten, oder sie sind 
private, d. h. von Einzelpersonen oder einem Elternverein, 
oder einer Aktiengesellschaft gegründete. Doch werden zur 
Gründung und Unterhaltung der höheren Mädchenschulen an- 
gemessene Staatsbeiträge gegeben. Diese werden auch solchen 
Privatanstalten gewährt, die nicht auf Gewinn berechnet sind. 

Die Aufsicht über die höheren Mädchenschulen führt eine 
besondere Kommission, die „Königliche Kommission für die 
höheren Mädchenschulen". Die Mittelschulen stehen unter der 
Aufsicht der Volksschulbehörden. 

Übersicht über den Stand des höheren Mädchenschulwesens 
im Königreich Württemberg (vom 31. Dezember 1890). 

I. Öffentliche höhere Mädchenschulen. 

1. Öffentliche höhere Mädchenschulen im Sinne des 
Art. 1 des Gesetzes vom 30. Dez. 1877 (Mittel- 
schulen ausgeschlossen) 9 

2. davon haben 

9jährigen Kursus 4 

10jährigen Kursus 5 

3. Zahl der Schülerinnen 1853 

4. Zahl der Lehrer 62 

davon 

a) akademisch gebildete 20 

b) seminaristisch gebildete 25 

Die übrigen sind Fachlelirer, für die der Unter- 
richt an den betr. Schulen nur Nebenfunktion ist. 

5. Zahl der Lehrerinnen (Hilfslehrerinnen eingeschlossen) 42 
Anhang. Es bestehen aufserdem zwei auf könig- 
licher Privatstiftung beruhende höhere Mädchen- 
schulen : 

a) das K. Katharinenstift 



49 



b) das K. Olgastift 

beide haben 9jährigen Kursus. 

Zahl der Schülerinnen 997 

Zahl der Lehrer 35 

Zahl der Lehrerinnen 41 

Endlich giebt es noch 26 öffentliche Mittelschulen 
für Mädchen (Schulkomplexe mit je 1 — 12 Schul- 
klassen). 

IL Private höhere Mädchenschulen. 

1. Private höhere Mädchenschulen im Sinne von Art. 2 

des Gesetzes vom 30. Dez. 1877 2 

2. davon haben 

9 jährigen Kursus 2 

10jährigen Kursus — 

3. Zahl der Schülerinnen 610 

4. Zahl der Lehrer 21 

5. Zahl der Lehrerinnen 14 

Aufserdem existieren noch vielleicht ein Dutzend 
Privat-Mädchenschulen, die nicht unter den Art. 2 des 
Gesetzes von 1877 fallen. 

5. Grofsherzogtum Baden. 

Bis in die dreifsiger Jahre unseres Jahrhunderts hinein 
war im Grofsherzogtum Baden seitens des Staates oder der 
Gemeinden keinerlei Fürsorge in Bezug auf eine über das Ziel 
der Volksschule hinausgehende Mädchenbildung getroffen. Sie 
galt einfach als eine Angelegenheit der Familie. Privat- 
anstalten im Lande selbst, „Pensionen" in den Familien von 
Geistlichen oder Lehrern und „Institute" im Auslande, be- 
sonders in der französischen Schweiz, gaben den Mädchen der 
gebildeten Stände Gelegenheit, sich einiges Wissen und gesell- 
schaftliche Gewandtheit anzueignen. In den dreifsiger Jahren 
aber entstehen hier und da neben den Privatsclmlen öffentliche, 
d. h. von Gemeinden oder Korporationen gegründete und 
unterhaltene Schulen. 

Das in diesen Schulen übermittelte Wissen war noch 
düi'ftig, wie im ganzen übrigen Deutschland. Den höheren 
Charakter sollte auch hier das Französische und etwa die 
Mythologie geben; doch unterschied sich, dem Bildungsgrad 
der Stände entsprechend, aus denen die Töchterschulen be- 

H. Lange, höheres Madchenschulwesen. 4 



50 

sucht wurden, auch die Behandlung der Lehrfächer von der 
in der Volksschule üblichen. 

Die durch die Weimarer Versammlung von 1872 ge- 
gebene Anregung hatte auch eine Regelung des badischen 
Mädchenschulwesens zur Folge. Durch eine landesherrliche 
Verordnung vom 29. Juni 1877 wurde „das Mittelschulwesen ^) 
für die weibliche Jugend" geregelt. Aus dieser Verordnung 
ist folgendes hervorzuheben: 

Gemeinden, bezw. Stiftungen, welche auf Grund der nach- 
folgenden Bestimmungen höhere Mädchenschulen einrichten, 
können nach Mafsgabe der hierfür zur Verfügung stehenden 
Mittel Beiträge aus der Staatskasse erhalten. 

Die höhere Mädchenschule hat einen siebenjährigen Lehr- 
kursus; zur Aufnahme in die unterste Klasse ist das zurück- 
gelegte 9. Lebensjahr erforderlich. 

Die Lehrgegenstände dieser Schulen sind die in der 
Augustkonferenz festgesetzten. 

Die Zahl der akademisch gebildeten Lehrer mufs ein- 
schliefslich des Vorstandes wenigstens drei betragen; aufser 
diesen sind wenigstens zwei sogen. Reallehrer und die erfor- 
derliche Anzahl geprüfter Lehrerinnen anzustellen. 

Die unmittelbare Leitung der Anstalt liegt dem Vorstand ob ; 
die örtliche Aufsicht führt ein Aufsichtsrat, in den auch Frauen 
berufen werden können; die obere pädagogische Leitung und 
Aufsichtsführung etc. kommt dem Oberschulrat zu. 

Die Lehr ziele entsprechen im ganzen den Bestimmungen 
der Augustkonferenz; eine Verfügung von 1886 bringt noch 
einige Stoffbeschränkung. 

Den hier gestellten Bedingungen entsprechen zur Zeit 
sieben Schulen des Grofsherzogtums, die demgemäfs gesetz- 
lich als höhere Mädchenschulen bezeichnet werden: die städti- 
schen Schulen in Karlsruhe, Heidelberg, Freiburg, 



^) Als Mittelschulen werden in Baden die zwischen den Volksschulen 
(als niederen) und den Universitäten (als höheren) stehenden Schulen be- 
zeichnet, also auch die Gymnasien, Eealschulen, höheren Bürgerschulen etc. 
für Knaben. Die badische Mittelschule ist also nicht Mittelschule im preufsi- 
schen Sinne. 



51 



Baden, Konstanz und Offenburg und eine Stiftungsschule 
in Mannheim. Diese Schulen erhalten also der obigen Ver- 
ordnung entsprechend einen Staatszuschufs; der Staat über- 
nimmt auch die Zahlung der Ruhegehälter. Die Schulen 
werden daher auch als staatlich-städtische bezeichnet. 

Von den genannten Schulen haben fünf durch Anfügung 
von drei Vorschulklassen (als Vorschule) einen zehnjährigen 
Unterrichtskursus. Zwei Anstalten überlassen wie in Bayern 
die Vorbereitung der Schülerinnen in den drei ersten Schul- 
jahren der Volksschule und machen den Eintritt in die 
unterste Klasse von einer Aufnahmeprüfung abhängig. — 
Zwei Anstalten haben auch noch Oberklassen zur Vorbereitung 
auf die Lehrerinnenprüfung. 

Übersicht über den Stand des höheren Mädchenschulwesens 

im Grofsherzogtum Baden. 

I. Öffentüche Schulen (Schuljahr 1890/91). 





Zahl 
der 

Schu- 
len 


unter 

8 
Jah- 
ren 


Kursi 

8 
Jahre 


isdauer 

9 
Jahre 


10 
Jahre 


Zahl 
der 
Schüle- 
rinnen 


Zäh 
Le] 

akade- 
misch 

büdet 


l der 
iirer 

semi- 
narisch 
ge- 
bildet 


Zahl 
Lehrei 

wissen- 
schaft- 
liche 


der 
innen 

tech- 
nische 


J. öffentliche höhere 






















Mädchenschulen 






















im Sinne der Ver- 






















ordnung V. 1877 


7 


2 

(da die 
Vor- 
schul- 
klassen 
fehlen) 






5 


2548 


20 


27 


40 


9 



2. Neben diesen höheren Mädchenschulen giebt es noch eine 
Anzahl städtischer Anstalten mit annähernd gleichem Lehrplan, die 
aber nicht aus der Staatskasse unterstützt, sondern nur aus Gemeinde- 
mitteln unterhalten werden. Auch Mittelschulen im preufsischen Sinne 
(Volksschulen mit 8 Jahrgängen, die Französisch auf ihrem Lehrplan 
haben) finden sich in verschiedenen Städten. Alle diese Schulen stehen 
wie die Volksschulen unter dem Kreisschulrat. 



n. Privatschulen. 
Es bestehen in Baden 23 Lehr- und Erziehungsanstalten von 
Privaten mit annähernd gleichem Lehrziel wie die öffentlichen höheren 

4* 



52 



Mädchenschulen. Sie unterstehen der Aufsicht des Kreisschulrats. 
Genaues statistisches Material ist darüber nicht vorhanden. 

6. Grofsherzogtum Hessen J) 

Wir finden schon im Jahre 1829 in Darmstadt eine 
höhere Mädchenschule, die jetzige Victoriaschule. Der 
heutige Stand des höheren Mädchenschulwesens in Hessen ist 
folgender. 

Die Lehrfächer der höheren Mädchenschule sind die 
durch die Augustkonferenz festgestellten; die Lehr ziele sind 
nicht einheitlich geregelt, halten sich aber im wesentlichen in 
dem sonst in Deutschland üblichen Rahmen. Die öffent- 
lichen höheren Mädchenschulen des Grofsherzogtums . sind 
städtische Anstalten, welche durch einen zwischen der Regie- 
rung und dem Stadtvorstand geschlossenen Vertrag zu be- 
stimmten Leistungen verpflichtet sind; dagegen ist ihnen der 
Charakter einer höheren Lehranstalt zugebilligt worden. Die 
Unterhaltungskosten tragen die Gemeinden; die Pensionen sind 
auf die Staatskasse übernommen. Die Lehrerkollegien be- 
stehen aus akademisch und seminarisch gebildeten Lehrern 
und aus Lehrerinnen. Feste Bestimmungen über die Zahl der 
akademisch gebildeten Lehrer bestehen nicht; doch wird im 
Prinzip daran festgehalten, dafs der wesentlichste Teil des 
Unterrichts auf der Oberstufe von akademisch gebildeten 
Lehrern gegeben wird. Die Schulen haben einen 10jährigen 
Kursus. Sie ressortieren vom Ministerium des Innern und 
der Justiz, Abteilung für Schulangelegenheiten, sind also da- 
mit im Prinzip den höheren Lehranstalten für die männliche 
Jugend gleichgestellt. 

Aufser diesen öffentlichen höheren Mädchenschulen giebt 



^) Bei der Kürze der zur Beschaffung des statistischen Materials ge- 
gebenen Frist ist es bei einigen Staaten (Hessen-Darmstadt, den Mecklen- 
burgischen Grofsherzogtümern, Sachsen-Koburg-(iotha und den Fürstentümern 
K-eufs) nicht möglich gewesen, direktes amtliches Material zu erhalten. Die 
für diese Staaten geraachten Angaben dürfen jedoch als durchaus zuverläfsig 
«feiten, da sie teils direkt von Fachleuten aus den betreffenden Ländern ge- 
liefert worden, teils deren gedruckten Mitteilungen neuesten Datums (s. Litte- 
ratur (entnommen sind. 



53 



es noch erweiterte Volksschulen, in den gröfseren Städten 
Mittelschulen genannt. Es giebt deren 6 ausschliefslich für 
Mädchen, 12 sind gemischt. Die Zahl der dort unterrichteten 
Mädchen beträgt 1725. 

Die Privatschulen verfolgen in den gröfseren Städten die- 
selben Lehrziele wie die öffentlichen höheren Mädchenschulen; 
in den kleineren wii'd ihre Eigenschaft als höhere Schule oft 
nur durch den Betrieb der Fremdsprachen bezeichnet. Sie 
unterstehen den Grofsherzoglichen Kreisschulinspektionen. 

Übersicht über den Stand des höheren Mädchenschulwesens 

im Grofsherzogtum Hessen. 



Zahl 
der 

Schu- 
len 





Kiirsusdauer 




Zahl 


unter 








der 


8 


8 


9 


10 


Schüle- 


Jah- 


Jahre 


Jahre 


Jahre 


rinnen 


ren 











Zahl der 
Lehrer 



akade- 
misch 
gebildet 



semi- 
narisch 
gebildet 



Zahl der 
Lehrerinnen 



wissen- 
schaft- 
liche 



tech- 
nische 



1. Öffentl. höhere 
Mädchenschu- 
len (Mittel- 
schulen ausge- 
schlossen) . . 

2. Private höhere 
Mädchenschu- 
len (darunter 
5 Schulen für 
Knaben und 
Mädchen) . . 



6 



39 



6 



Genaues statistisches Material nicht 

vorhanden. Die gröfseren Institute 

(in Darmstadt, Mainz, Offenbach 

etc.) haben 10jährigen Kursus. 



2172 



ca. 
2500 



24 



34 



138') 

1) Meistens nur 

als Hilfskräfte 

thätig. 



32 



10 



132 



7. Grofsherzog:tuin Mecklenburg -Schwerin. 

Es giebt im Grofsherzogtum Mecklenburg-Schwerin keine 
gesetzlichen Feststellungen in Bezug auf die Kursusdauer, 
Klassenzahl, Zusammensetzung des Lehrerkollegiums etc. der 
höheren, insbesondere der öffentlichen höheren Mädchenschule. 
Thatsächlich haben die Leiter und Leiterinnen der höheren 
Mädchenschulen sich den Ansichten angeschlossen, die durch 
den Deutschen Verein für das höhere Mädchenschulwesen ver- 
treten werden; sie verfolgen dem entsprechend auch im Prinzip 



54 

die in der Augustkonferenz aufgestellten Lehrziele, wenn auch 
viele Privatschulen in kleineren Städten, durch die Verhält- 
nisse gezwungen, mehr oder weniger dahinter zurückbleiben 
müssen. Die öffentlichen höheren Mädchenschulen haben teils 
einen eigenen Schulvorstand, teils stehen sie unter der Kom- 
mission für das Volksschulwesen. 

Es bestehen drei öffentliche höhere Mädchenschulen (zu 
Wismar, Waren und Ludwigslust). Von diesen hat eine 
9jährigen, zwei haben 10jährigen Kursus. Es unterrichten 
an diesen Schulen 10 akademisch und 9 seminarisch gebildete 
Lehrer und 19 Lehrerinnen (von den Lehrern viele nur als 
Hilfskräfte). Aufser den drei höheren bestehen noch fünf 
etwa den preufsischen Mittelschulen entsprechende Mädchen- 
schulen. An sämtlichen acht öffentlichen Schulen werden ca. 
1280 Schülerinnen unterrichtet. 

Es bestehen ferner in den 42 Städten Mecklenburg- 
Schwerins 48 Privatmädchenschulen. Wenn man auch die 
Mädchenschulen in den Flecken und die ganz kleinen Orga- 
nismen in den Städten hinzurechnet, so giebt es sogar 67 so- 
genannte höhere Privatmädchenschulen, von denen allerdings 
manche das Ziel der Volksschule kaum erheblich überschreiten 
dürften. Die beiden gröfsten Städte des Landes, Schwerin 
und Rostock, besitzen keine öffentliche höhere Mädchenschule; 
dagegen hat Schwerin 6 und Rostock 5 Privatmädchenschulen. 

In den Privatmädchenschulen werden etwa 4540 Schüle- 
rinnen unterrichtet, und es sind an ihnen ca. 280 Lehrerinnen 
und eine Anzahl akademisch und seminarisch gebildeter Lehrer 
als Hilfskräfte thätig. In sämtlichen höheren Mädchenschulen 
liegt der Unterricht auch auf der Oberstufe vorzugsweise in 
den Händen von Lehrerinnen ; nur an der städtischen höheren 
Mädchenschule in Wismar wird er vorwiegend von Lehrern 
erteilt. 

8. Grofsherzogtum Sachsen -Weimar ■ Eisenach. 

Gesetzliche Bestimmungen über Lehrziele, Kursusdauer etc. 
der höheren Mädchenschulen giebt es in Sachsen -Weimar 
nicht; im allgemeinen sind die für das übrige Deutschland 



55 



geltenden Bestimmungen hier gleichfalls mafsgebend. An 
öffentlichen höheren Mädchenschulen bestehen zwei: die 1854 
unter dem Namen Sophienstift von der regierenden Grofs- 
herzogin errichtete Bildungsanstalt für Töchter höherer Stände 
in Weimar und die Karolinenschule (1848 gegründet, 
1873 umgestaltet) in Eisenach. Von diesen Schulen steht 
die erstere direkt unter dem Protektorat und der obersten 
Leitung I. K. H. der Frau Grofsherzogin, die letztere unter 
derselben Aufsichtsbehörde wie die höheren Knabenschulen. 



Übersicht über den Stand des höheren Mädchenschulwesens 
im Grofsherzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach. 





Zahl 
der 

Schu- 
len 


unter 

8 
Jah- 
ren 


Kursu 

8 
Jahre 


sdauer 

9 10 
Jahre Jahre 


Zahl 
der 
Schüle- 
rinnen 


Zahl der 
Lelirer^) 

akade- semina- 
misch risuh 
gebildet gebildet 


Zahl der 
Lehrerinnen 

wissen- . , 
Schaft- tecb- 
liche nische 


1. Öffentl. höhere 






















Mädchenschu- 






















len 

2. Private höhere 


2 








2 


529 


7 


5 

und 4 
Fach- 
lehrer 


13 


6 


Mädchenschu- 






















len 


8 


1 


6 




1 


573 


10 


19 


21 


11 






gerech 
ren M 


Bei de 
met, de 
ädchens 


m Lehi 
ren Za 
schulen 


•em sii 
il beso] 
nicht 1 


id auch 
aders b 
inbeträc 


die H 
ei den 
jhtlich 


ilfslehr 
private 
ist. 


er mit- 
n höhe- 





9. Grofsherzogtum Mecklenburg -Strelltz. 

In Bezug auf das Allgemeine gilt von Mecklenburg-Strelitz 
das bereits bei Mecklenburg-Schwerin Gesagte. Die Zahl der 
öffentlichen höheren Mädchenschulen beträgt 2. Davon ist 
eine (die höhere Mädchenschule in Neustrelitz) grofsherzog- 
lich, die andere (in Neubrandenburg) städtisch. Beide haben 
9jährigen Kursus. Die erstere ist dem Konsistorium, die 
zweite dem Magistrat untergeordnet. Es unterrichten an den 
beiden Schulen 4 akademisch, 4 seminarisch gebildete Lehrer, 
9 Lehrerinnen und 2 Hilfslehrer. 

Es bestehen aufserdem noch 2 öffentliche Mittelschulen. 



56 

In den 4 öffentlichen Schulen zusammen werden etwa 
772 Schülerinnen unterrichtet. 

Aufserdem bestehen 2 Privatschulen, in denen etwa 
110 Schülerinnen von 7 Lehrerinnen und einigen Hilfslehrern 
unterrichtet werden. 

10. Grofsherzogtum Oldenburg. 

Schon in der Mitte des vorigen Jahrhunderts wurde in 
der Stadt Oldenburg eine Art von höherer Schule, von 
Knaben und Mädchen zugleich besucht, für die Kinder der 
sogenannten Kanzleisässigen, d. h. der Hof-, Civil- und Militär- 
bediensteten, gegründet, die in ihren oberen Klassen wesent- 
lich Mädchenschule war, da die vorgeschrittenen Knaben 
meistens in das Gymnasium übertraten. Im Jahre 1836 rief 
dann Prinz Peter von Oldenburg eine nach dem Muster des 
Württembergischen Katharinenstifts eingerichtete höhere 
Mädchenschule, die Cäcilienschule, ins Leben, die aber zu 
Ostern 1857 ihrer ungünstigen Geldverhältnisse wegen wieder 
einging. Das nächste Jahrzehnt hindurch war nur durch 
Privatschulen für eine höhere Bildung der Mädchen gesorgt, 
bis im Jahre 1867 eine städtische höhere Mädchenschule, die 
gleichfalls den Namen Cäcilienschule führt, eingerichtet wurde. 

Die Lehrgegenstände und Lehrziele der höheren 
Mädchenschule sind in Oldenburg dieselben wie in Preufsen. 
Über die Zusammensetzung des Lehrerkollegiums bestehen 
bestimmte gesetzliche Vorschriften nicht. 

Im Herzogtum Oldenburg selbst giebt es aufser der 
Cäcilienschule nur noch eine zweite öffentliche höhere Mädchen- 
schule, und zwar in Varel. Von diesen beiden Schulen hat 
die in Oldenburg 10 Jahreskurse in 10 Klassen, die in Varel 
9 Jahreskurse in 6 Klassen. In diesen beiden Schulen werden 
zusammen 355 Schülerinnen unterrichtet, und zwar von 5 aka- 
demisch und 6 seminarisch gebildeten Lehrern und 8 wissen- 
schaftlichen und 3 technischen Lehrerinnen. In dem amtlichen 
Staatshand buch für 01denbu]*g werden die beiden genannten 
Schulen als höhere aufgeführt. Aufser diesen beiden Anstalten 
besteht noch eine kleine öffentliche höhere Mädchenschule im 



57 



Fürstentum Birkenfeld, in der 40 Schülerinnen untemchtet 
werden. Im ganzen Groisherzogtum giebt es ferner noch 
8 höhere Privatmädchenschulen und eine Anzahl von gemischten 
Bürgerschulen und sogenannten Stadtmädchenschulen mit 
einer über die Volksschule hinausgehenden Bildung, aber ohne 
fremdsprachlichen Unterricht. 

Übersicht über den Stand des höheren Mädchenschulwesens 

im Grofsherzogtum Oldenburg. 



Zahl 

der 

Schulen 



Zahl 

der 
Schüle- 
rinnen 



Zahl der Lehrer 



akade- 
misch 
gebildet 



semina- 

risch 

gebildet 



Zahl d. Lehrerinnen 



wissen- 
schaft- 
liche 



tech- 
nische 



1 . Öffentl. höhere Mädchen- 
schulen (mit Einschlufs 
der Mittelschulen) . . . 



2. Privatschulen 



6 

(davon 3 
Mittel- 
schulen) 


1144 

(davon 749 
in Mittel- 
schulen) 


6 


19 


17 


8 


484 


nicht ermittelt 


32') 

') Darunter 
11 katho- 
lische Lehr- 
schwestem. 



11. Herzogtum Braunschweig. 

Im Herzogtum Braunschweig war bis zum Jahre 1863 
für eine höhere Bildung der w^eiblichen Jugend nur durch 
Privatanstalten gesorgt. Unter diesen war vor allen die 
höhere Töchterschule des Frl. Pott in Braunschweig, im 
Jahre 1815 gegründet, bemerkenswert. Sie wurde im Jahre 
1863 von der Stadt Braunschweig übernommen und in eine 
öffentliche höhere Mädchenschule verwandelt. Die Leitung 
wurde zunächst von dem Direktor der städtischen Volksschule 
mit übernommen, bis die Anstalt 1875 einen eigenen Direktor 
erhielt, der sie allmählich den seit der Augustkonferenz mafs- 
gebend gewordenen Bestimmungen anpafste. Heute hat die 
Schule zehn Jahreskurse, zehn Oster- und neun Michaelis- 
klassen. Von den Klassenlehrern der Oberstufe wird akademische 
Bildung verlangt. In Bezug auf die Zusammensetzung des 
Lehrkörpers ist im übrigen nur bestimmt, dafs derselbe aus 



58 



Lehrern und Lelirerinnen bestehen soll; ein Zahlen Verhältnis 
ist nicht angegeben. Die oberste Leitung und Beaufsichtigung 
der Schule hat das herzogliche Konsistorium. 

Für die sämtlichen höheren Mädchenschulen Braunschweigs 
gelten im Prinzip die sonst in Deutschland üblichen Lehrziele ; 
dieselben unterliegen jedoch im einzelnen je nach der Gröfse 
der Schule und den sonstigen Verhältnissen mannigfachen 
Veränderungen. 



Übersicht über den Stand des höheren Mädchenschulwesens 

im Herzogtum Braunschweig. 





Zahl 
der 
Schu- 
len 


unter ' 

8 
Jah- 
ren 


Kursui 

8 
Jahre | 

i 


sdauer 

9 
Jahre 

i 


10 
Jahre 


Zahl 
der 
Schüle- 
rinnen 


Zahl der 
Lehrer 

akade- semi- 

miscli narisch 

gebildet i gebildet 

1 


Zahl der 
Lehrerinnen 

wissen- tech- 
schaft- nißche 
liehe 


1. Öffentl. höhere 


1 


■ 










Mädchenschu- 


















1 


len (Mittel- 
schulen ausge- 






















schlossen) . . 


5 


3 


1 




1 


1234 


16 


23 


23 


16 


2. Private höhere 






















Mädchenschu- 






















len (Mittel- 
schulen ausge- 
schlossen) . . 


7 


5 


1 




2 


776 


19') 


14') 


41 


18 



12. Herzogtum Sachsen-Melnlngen-Hildburghausen. 

Übersicht über den Stand des höheren Mädchenschulwesens 
in Sachsen-Meiningen-Hildburghausen. 



Privatschulen 




Zahl 

der 
Schüle- 
rinnen 



311 



Zahl der Lehrer 



akade- 
misch 
gebildet 



semina- 
risch 
gebildet 



Zahl d. Lehrerinnen 



1 

anfserdem 19 Hilfslehrer 
fUr einzelne Stunden 



^) Zum gröfsten Teil nur als Hilfslehrer beschäftigt. 



wisssen- 

scliaft- 

liche 



18 



tech- 
nische 



i 



59 



Aufserdem besteht in Saalfeld a. S. schon seit ]851 eine 
städtische Schule, die mit einer 4 klassigen gemischten Vor- 
schule zusammen einen 8 klassigen Organismus bildet. Die 
oberen 4 Klassen bilden eine höhere Töchterschule. Die ganze 
Anstalt trägt den Namen I. Bürgerschule. 



13. Herzogtum Sachsen-Altenburg. 

In der Stadt Altenburg besteht 

1. das Carolinum, ursprünglich eine Privatanstalt, 1810 
eröffnet, 1819 erweitert und am 1. Januar 1891 von 
der Stadt Altenburg übernommen. Die Schule zählt 
gegenwärtig etwa 200 Schülerinnen in 9 aufsteigenden 
Klassen. Der Lehrkörper besteht aus 2 akademisch 
und 4 seminarisch gebildeten Lehrern und 4 Lehre- 
rinnen. Die staatliche Aufsicht übt der Bezirksschul- 
inspektor aus. 

2. eine private höhere Mädchenschule. 

Aufserdem besteht noch in Eisenberg eine öfi'entliche 
höhere Mädchenschule. 



Übersicht über den Stand des höheren Mädchenschulwesens 

im Herzogtum Sachsen-Altenburg. 



1. Öffentl. höhere 
Mädchenschu- 
len 

2. Private höhere 
Mädchenschu- 
len 



Zahl 




Kursusdauer 




der 


unter 








Schu- 


8 


8 


9 


10 


len 


Jah- 
ren 


Jahre 


Jahre 


Jahre 



Zahl 
der 
Schüle- 
rinnen 



262 



124 



Zahl der 
Lehrer 



akade- 
misch 
gebildet 



semina- 

riscli 
gebildet 



6 

(Hilfslehrer ein- 
gerechnet) 



Zahl der 
Lehrerinnen 



wissen- 
schaft- 
liche 



tech- 
nische 



60 



14. Herzogrtum Sachsen-Koburg-Gotha. 

In Gotha befindet sich eine städtische höhere Töchter- 
schule, welche in 14 Klassen 340 Schülerinnen zählt, die von 
10 Lehrern und 7 Lehrerinnen unterrichtet werden. Aufser- 
dem besitzt Gotha noch eine öffentliche Mädchen-Mittel- 
schule mit 8 Jahresklassen. In Koburg besteht eine evan- 
gelische höhere Töchterschule unter dem Protektorat I. H. der 
Herzogin Alexandrine (die Alexandrinenschule). Sie zählt 
8 Klassen, von denen die oberste 2jährigen Kursus hat. 
144 Schülerinnen werden daselbst von 6 Lehrern und 5 Leh- 
rerinnen unterrichtet. 

Daneben bestehen in Gotha, Waltershausen und Neu- 
dietendorf Privatschulen. 



15. Herzogrtum Anhalt. 

Das Anhaltische höhere Mädchenschulwesen hat sich 
schon früh staatlicher Fürsorge zu erfreuen gehabt. Fürst 
Leopold Friedrich Franz führte den von Basedow an- 
geregten Gedanken, eine ähnliche Anstalt wie das für Knaben 
bestimmte Philanthropin auch für Mädchen ins Leben zu rufen, 
im Jahre 1786 durch die Begründung der Herzoglichen 
Töchterschule zu Dessau selbständig durch (s. Näheres 
in Abteilung A.). Mit der Zeit hat die Herzogliche Töchter- 
schule mehrfache Wandlungen durchgemacht. 1869 wurde 
sie in zwei selbständige Anstalten zerlegt, eine Mädcheu- 
bürgerschule und eine höhere Töchterschule, die nunmehr den 
Namen Herzogliche Antoinettenschule (nach der regieren- 
den Herzogin) erhielt. Sie ist heute eine vollständig ausge- 
staltete, zehnstufige höhere Mädchenschule. 

. Neben derselben existieren im Herzogtum Anhalt noch 
drei andere staatliche höhere Mädchenschulen, sämtlicli zehn- 
stufig. Im ganzen also: 

1. die 1786 gegründete höhere Mädchenschule zu Dessau 

2. „ 1806 „ „ „ „ Zerbst 



61 



3. die 1809 gegründete höhere Mädchenschule zu Bernburg 



4. 



n 



1815 



59 



» 



59 



55 



Cötlien. 



Der gesamte Aufwand für diese höheren Mädchenschulen 
wird vom Staat bestritten. Die Lehrgegenstände sind die von 
der Augustkonferenz festgesetzten, auch die Lehrziele sind im 
wesentlichen dieselben. Die Lehrerkollegien bestehen aus 
akademisch und seminarisch gebildeten Lehrern und aus 
Lehrerinnen. 

Die Aufsicht wird direkt von der Oberschulbehörde aus- 
geübt; durch das Schulgesetz von 1850 sind die höheren 
Mädchenschulen ausdrücklich als höhere Schulanstalten an- 
erkannt. 

Neben den höheren Mädchenschulen bestehen in Dessau, 
Cöthen, Bernburg, Zerbst und verschiedenen kleineren Städten 
noch sogenannte Bürgerschulen, teils für Mädchen allein, teils 
für beide Geschlechter, und 2 höhere Privatmädchenschulen. 



Ü^bersicht über den Stand des höheren Mädchenschulwesens 

im Herzogtum Anhalt. 





Zahl 
der 
Schu- 
len 


unter 

8 
Jah- 
ren 


Kursu 

8 
Jahre 


sdauer 

9 
Jahre 


10 
Jahre 


Zahl 
der 
Schüle- 
rinnen 


Zah] 
Lei 

akade- 

misch 

gebildet 


l der 
irer 

semi- 
nariRch 
gebildet 


Zahl 
Lehre 

wissen- 
schaft- 
liche 


l der 
rinnen 

tech- 
nische 


1. Öffentl. höhere 






















Mädchenschu- 






















len (Mittel- 
schulen ausge- 
schlossen) . . 


4 








4 


1206 


13 


21 


13 


12 


2. Private höhere 








1 












Mädchenschu- 








1 












len (Mittel- 
schulen ausge- 
• schlössen) . . 


1 

2 


1 


1 


1 

i 
1 

1 


162 


6') 


3') 


8 


2 




1 

1 








1 




1) Nur 
1 ehrer be 


als Hilfs- 
schäftigt. 







62 



16. Fürstentum 8ch\irarzburg:-Kudolstadt. 

Die Schwarzburgischen Fürstentümer verfolgen gleichfalls 
in Bezug auf die höhere Mädchenschule die im übrigen Deutsch- 
land mafsgebenden Ziele. 



Übersicht über den Stand des höheren Mädchenschulwesens 
im Fürstentum Schwarzburg-Rudolstadt. 





Zahl 
der 
Schu- 
len 


unter 

8 
Jah- 
ren 


Kursu 

8 
Jahre 


sdauer 

9 
Jahre 


10 
Jahre 


Zahl 
der 
Schüle- 
rinnen 


Zahl der 
Lehrer 

akade- semi- 

misch narisch 

gebildet gebildet 


Zahl der 
Lehrerinnen 

wissen- tech- 
schaft- nigche 
liehe 


• • 

1. Offentl. höhere 




1 












Mädchen- 






















schulen .... 


2 


1 




1 




125 


4 


5 


2 


2 


2. Private höhere 






















Mädchen- 






















schulen .... 


2 


2 








19 


1 


1 


2 





17. Fürstentum Sch\irarzburg-Sondershausen. 

Übersicht über den Stand des höheren Mädchenschulwesens 
im Fürstentum Schwarzburg-Sondershausen. 







Kursusdauer 




Zahl der 


Zahl der 




Zahl 




Zahl 


Lehrer 


Lehrerinnen 




der 


unter 








der 




I 




Schu- 


8 


8 


9 


10 


Schüle- 


akade- 


semi- 


wissen- 


tAch<» 




len 


Jah- 
ren 


Jahre 


Jahre 


Jahre 


rinnen 


misch 
gebildet 


narisch 
gebildet 


schaft- 
liche 


nische 


Öffentliche höhere 






















Mädchenschulen 


2 






1 


1 


261 


4 

voll- 


4 

voU- 


6 


3 

und 
















beschftf- beschftf-l 




















tigt, 


ügt. 




1 
















5 


1 




Hilfb- 


















lehrerin. 
















als 


als 




















Hilfs- 


Hilfs- 




















lehrer. 


lehrer. 







^ 



63 



18. Fürstentum Waldeck und Pyrmont. 

Übersicht über den Stand des höheren Mädchenschulwesens 
im Ftirstentum Waldeck und Pyrmont. 







Xursusdauer 




Zahl der 


Zahl der 




Zahl 




Zahl 


Lehrer 


Lehrerinnen 




der 


unter 








der 




1 




Schu- 


8 


8 


9 


10 


Schüle- 


akade- 


semi- 


wissen- 


tpch- 




len 


Jah- 
ren 


Jahre 


Jahre 


Jahre 


rinnen 


misch 
gebildet 


narisch 
gebildet 


schaft- 
liche 


nische 


Öffentliche höhere 






















Mädchenschulen 






















(Mittelschulen 






















eingeschlossen) . 


4 


4 








132 


8 


6 


8 


1 






(6 jähr. 1 








nur als Hilfs- 




3 

als 






Kursus 
vom 










lehrer beschäftigt 








voll- 












' Hilfs- 






endeten 












lehrerin- 






9. 












nen. 






Lebens- 


















jahre an.) 



















19. Fürstentum Keufs ältere Linie. 

Die einzige städtische höhere Mädchenschule des Landes 
befindet sich in Greiz. Sie ist aus einer im Jahre 1817 ge- 
gründeten Privatschule entstanden. Sie wird von 137 
Schülerinnen besucht, die sich auf 9 Klassen verteilen und 
von 8 Lehrern und 4 Lehrerinnen unterrichtet werden. Von 
den Lehrern sind 5 nur als Hilfskräfte thätig. 

Daneben besteht eine Mädchen-Bürgerschule, deren eine 
Abteilung etwa der preufsischen Mittelschule gleich zu' 
rechnen ist. 

20. Fürstentum Reufs jüngere Linie. 

In Gera besteht eine öffentliche, die sogenannte Zabelsche 
höhere Töchterschule (genannt nach Frau Henriette Zabel, die 
der Schule ein bedeutendes Vermögen vermachte, durch das 
dieselbe finanziell völlig sichergestellt ist). Es wurden an der 
Schule 1890/91 309 Schülerinnen in 9 aufsteigenden Klassen 
unterrichtet. Das Lehrerkollegium besteht aus 3 akademisch, 
4 seminarisch gebildeten Lehrern, 2 Fachlehrern, 2 wissen- 
schaftlichen und 2 technischen Lehrerinnen. Die Aufsicht 
führt ein besonderer Schulvorstand. 

In Schleiz und in Ebersdorf bestehen aufserdem Privat- 
anstalten. 



64 



21. Fürstentum Schauniburg-Lippe. 

Im Fürstentum Schaumburg-Lippe besteht nur eine höhere 
Mädchenschule und zwar die zu Bückeburg, welche unter 
dem Protektorat der regierenden Fürstin steht. Die Aufsichtsbe- 
hörde ist das Fürstliche Konsistorium. Sie hat 10jährigen Kursus 
und verfolgt die sonst in Deutschland üblichen Ziele. Die Zahl 
der Schülerinnen beträgt 90. Sie werden von 3 akademisch, 3 se- 
minarisch gebildeten Lehrern und 4 Lehrerinnen unterrichtet. 

22. Fürstentum Lippe. 

Ln Fürstentum Lippe bestehen 5 private höhere Mädchen- 
schulen (darunter die bedeutendste in Detmold unter dem 
Protektorat der Fürstin- Witwe Elisabeth zur Lippe). Sie ver- 
folgen die sonst in Deutschland üblichen Lehrziele. Es werden 
in ihnen insgesamt 340 Schülerinnen unterrichtet. 

23. Freie und Hansestadt Lübeck. 

In Lübeck überwiegt wie in den Hansestädten überhaupt 
das Privatschulwesen bei weitem. Lehrfächer und Lehrziele 
sind die sonst in Deutschland üblichen. Die älteste und be- 
deutendste unter den Lübecker Schulen ist die schon 1804 
begi'ündete Ernestinenschule. 

Übersicht über den Stand des höheren Mädchenschulwesens 

in der freien und Hansestadt Lübeck. 





Zahl 
der 

Schu- 
len 


unter 

8 
Jah- 
ren 


Kursu 

8 
Jahre 


sdauer 

9 
Jahre 


10 
Jahre 


Zahl 
der 
Schüle- 
rinnen 


Zahl 
Lei 

akade- 
misch 
gebildet 


l der 
irer 

semi- 
narisch 
gebildet 

• 


Zah] 
Lehre 

wissen- 

schaib- 

liche 


[ der 
rinnen 

tech- 
nische 


1. Öffentl. höhere 






















Mädchenschu- 






















len (Mittel- 
schule) .... 


1 




1 






349 




4 


6 


2 


2. Private höhere 






















Mädchenschu- 






















len, Mittel- 






















schulen (5) ein- 






















geschlossen . . 


10 


2 


3 


3 


2 


1335 


37 


38 


49 


22 




davon 

neben 

bescl 


66 nur 
amtlich 
i&ftigt 





65 



24. Freie und Hansestadt Bremen. 

In Bremen ist das höhere Mädclienschulwesen durcliaus 
der Privatthätigkeit überlassen, und die Privatschule hat sich 
daher dort zu hoher Blüte entwickeln können. Auch hier 
gab das Jahr 1872 die Anregung zur Feststellung bestimmter 
Normen für die höliere Mädclienschule. Die Bremer Schul- 
vorstände traten zu freien Beratungen zusammen, in welchen 
ein Lehrplan für die Bremer Schulen unter Zugi'undelegung 
des Weimarer Programms entworfen wurde, der die Billigung 
der vorgesetzten Behörde erhielt. Diese ist die Senats- 
kommission für Schulangelegenheiten. 

Die meisten höheren Mädcliensclmlen Bremens werden 
von Vorsteherinnen geleitet; auch die Lehrkollegien bestehen 
im wesentlichen aus Lehrerinnen. Der Unterricht in Geschichte, 
Litteratur und Naturwissenschaften wird in den Oberklassen 
vielfach durch akademisch gebildete Hilfslehrer erteilt. 



Übersicht über den Stand des höheren Mädchenschulwesens 

in der freien und Hansestadt Bremen 

mit Einschlufs der Hafenstädte (Vegesack und Bremerhaven). 



Private höliei*e 
Mädchenschulen, 
die Mittelschulen 
(deren es 2 gicbt) 
ausgeschlossen . 



Zahl 




Kursusdauer 


der 


unter 


1 


Schu- 


8 


8 


9 


len 


Jah- 
ren 


Jahre 


Jahre 



10 
Jahre 



10 


1 

(da die 

Vor- 

schul- 

klassen 

fehlen) 




4 



Zahl 
der 
Schüle- 
rinnen 



2363 



Zahl der 
Lehrer 



akade- 
misch 



semi- 
narisch 



gebildet gebildet 



23 



30 



die Lehrer sind 

bis auf 3 nur 

nebenamtlich 

beschäftigt 



Zahl der 
Lehrerinnen 



wissen- 
schaft- 
liche 



tech- 
nische 



115 



8 



25. Freie und Hansestadt Hamburg. 

Auch iu Hamburg tiberwiegt das Privatschulwesen bei 
weitem. Bis zum Jahre 1872 gab es an öffentlichen Mädchen- 
schulen nur einige Stiftungsschulen, die den Charakter von 



H. Lange, höheres Mädchenschulwesen. 



66 



Mittelschulen trugen. Mit diesem Jahre trat die vom 
St. Johanniskloster gestiftete öffentliche höhere Mädchen- 
schule ins Leben, die bis heute die einzige öffentliche höhere 
Lehranstalt für das weibliche Geschlecht bildet. 

Für Lehrfächer, Lehrziele etc. sind die im übrigen 
Deutschland geltenden Bestimmungen mafsgebend. 

Übersicht über den Stand des höheren Müdchenschulwescns 
in der freien und Hansestadt Hamburg. 





Zahl 
der 

Schu- 
len 


unter 

8 
Jah- 
ren ' 


Kursu 

8 
Jahre 


sdauer 

9 
Jahre 


10 
Jahre 


Zalil 
der 
Schüle- 
rinnen 


Zahl der 
Lehrer 

akade- semi- 
misch narisch 
gebildet gebildet 


Zahl 
Lehre 

wissen- 
schaft- 
liche 


[ der 
rinnen 

tech- 
nisciio 


1. Öffentl. höhere 






Mädchenschu- 




















len , die ( 5) 
Mittelschulen 














1 






eingeschlossen 


6 




3 


2 


1 


2244 


8 


15 


70 


10 


2. Private höhere 


(4 Stif- 
tungs- u. 

2 Ge- 
ineinde- 
schulen) 
















(davon 6 
zugleich 
a\a tech- 
nische) 




Mädchenschu- 














1 






len, die Mittel- 














j 






schulen einge- 
schlossen . . . 


53 




12 


21 


20 


6350 


j 

72 86 


35<J 82 
















(die I 
grOfstenl 
nebenan) 

schäl 


jehxer 
»ils nur 
tlich be- 
Ptigt) 







26. Reichsland EIsafs-Lothringen. 

In Elsafs-Lothringen sind im allgemeinen dieselben Be- 
stimmungen und Ziele für das höhere Mädchenschulwesen 
mafsgebend, \vie im übrigen Deutschland. Es bestehen zur 
Zeit 9 öffentliche (städtische) höhere Mädclienschulen und zwar 
in Bischweiler, Buchsweiler, Markirch, Mülhausen, 
Pfalzburg, Saargemünd, Strafsburg, Weifsenburg und 
Zabern. Von diesen stehen 3 unter männlicher, 6 unter 
weiblicher Leitung. 



67 



Neben cliesoii öflfen fliehen Anstalten bestehen 55 private, 
teils von Privatpersonen, teils von Stiftungen oder Genossen- 
schaften nnterhaltene höhere Mädchenschulen; etwa die Hälfte 
wii'd von Schulschwestern geleitet. Einige dieser Schulen 
sind volhiusgebaute Anstalten, andere ganz kleine Organismen, 
die sich nur durcli den lietrieb der Fremdsprachen als höhere 
Schulen kennzeichnen. Die Privatschulen werden mit Aus- 
nahme dei* beiden Schulen in Metz und Schlettstadt von 
Vorsteheriinien geleitet. Sie sind vielfach mit Pensionaten ver- 
bunden. 

Übersicht über den Stand dos höheren Müdchenschuhvesens 

in Elsass-Lothringen. 





Zahl 
der 

Sclm- 
len 


unter 

Jah- 
ren 


Kur SU 

, 8 
Jahre 


sdauer 

1) 
Jahre 

1 


10 
Jalire 


Zald 

der 
Scliülc- 
riunen 


Zahl der 
Lehrer ^) 

akado- semi- 
inisch narisch 
gebildet ! gebildet 

1 


Zahl der 
Lehrerinnen 

wissen- tecli- 
schatt- „ißche 
liehe 


1. Öifentliche hö- 














1 






here Mädchen- 








1 








1 


schulen .... 







4 


2 


3 


1337 


24 24 


50 


3 


2. Private höhere 








1 

1 












Mädchenschu- 














1 






len 


55 


10 


31 


9 


5 


5941 


67 


57 


411 


91 



V Bei den Lehrern sind sänitliclie Hilfslehrer mitgezählt. Die Zahl 
der akademisch gebildeten Lehrer ist darum verhältnismäfsig grofs, weil 
selbst an kleineren Schulen der Keligionsunterricht häuüg durch Geistliche 
der 3 Konfessionen erteilt wird. — Die Kursusdauer an den privaten höheren 
Mädchenschulen und Pensionaten ist nur schätzungsweise nach dem Lebens- 
alter der Schülerinnen berechnet worden. 



5* 



Litteratur. 



A. Die umfassendste Zusammenstellung der einschlägigen Litte- 
ratur von 1700 bis auf die Gegenwart findet sich in G. Krusche, 
Litteratur der weiblichen Erziehung und Bildung in Deutschland von 
1700 — 1886. Langensalza, Beyer, 1887. Nachträge dazu werden in 
den Programmen der Höheren Schule für Mädchen zu Leipzig ver- 
öffentlicht. 

B. Zu der vorstehenden Arbeit sind aufser den direkten Mit- 
teilungen von den betreffenden Behörden resp. Fachleuten, und son- 
stigem amtlichen Material besonders folgende Schriften benutzt, resp. 
verglichen worden: 

Wattenbach, Deutschlands Gcschichtsquellen im Mittelalter. 
Berün, Hertz, 1873. 

Specht, Geschichte des Unterrichtswesens in Deutschland von 
den ältesten Zeiten bis zur Mitte des 13. Jahrhunderts. Stuttgart, 
Cotta, 1885. 

Juan Luiz Vives Schriften über Weibliche Bildung. Von 
Wychgram. Wien und Leipzig, 1883. 

Richter, die evangelischen Kirchenordnungen des 16. Jahr- 
hunderts. Weimar, 1846. 

Vormbaum, Alte Schul- und Kirchenordnungen. 

J. A. Comenius, Pädagogische Schriften. Langensalza, Beyer, 1883. 

Karl Weinhold, Die Deutschen Frauen im Mittelalter. 2. Aufl. 
Wien, 1882. 

Karl Strack, Aus dem deutschen Frauenlcben. Leipzig, 
Schücke, 1873. 

Karl Strack, Geschichte der weiblichen Bildung in Deutschland. 
Gütersloh, Bertelsmann, 1879. 

A. H. Franckes pädagogische Schriften. Langensalza, Beyer, 1876. 

Dr. Karl Schmidts Geschichte der Pädagogik. Köthen, Schett- 
1er, 1876. 

Dr. K. A. Schmidts Pädagogische Encyklopädie. 2. Auflage. 
Gotha, Besser, 1876. 

Wickenhagen, Geschichte der Herzoglichen Töchterschule zu 
Dessau. Dessau, 1886. 

Basedows Ausgewählte Schriften. Langensalza, Beyer, 1880. 

Jean Paul, Levana. 



i 



69 

Karoline Rudolph!, Gemälde weiblicher Erziehung. Heidel- 
berg, 1807. 

Betty Gleim, Erziehung und Unterricht des weiblichen Ge- 
schlechts. Leipzig, Göschen, 1810. 

Wiese, Über weibliche Erziehung und Bildung. Berlin, 1865. 

Den Hohen Deutschen Staatsregierungen gewidmete Denkschrift 
der ersten deutschen Hauptversammlung von Dirigenten und Lehrenden 
der Jiöheren Mädchenschulen, betreffend eine gesetzliche Normierung 
der Organisation und Stellung des höheren Mädchenschulwesens. Ge- 
druckt bei Samuel Lucas. Elberfeld, 1872. 

Den Hohen Deutschen Staatsregierungen gewidnäete Denkschrift 
des Berliner Vereins für höhere Töchterschulen, über Stellung und 
Organisation der höheren Töchterschulen. Berlin, 1873, gedruckt bei 
Franz Krüger. 

Protokolle über die im August 1873 im Königlich Preufsischen 
Unterrichts-Ministerium gepflogenen das mittlere und höhere Mädchen- 
schulwesen betreffenden Verhandlungen. Berlin, Hertz, 1873. 

Dr. K. Schneider und E. von Bremen, Das Volksschulwesen 
im Preufsischen Staate. Berlin, 1886, W. Hertz. 

G. Kreyenbcrg, Die Deutsche Höhere Mädchenschule. Frank- 
furt a. M., Diesterweg, 1887. 

Cauer, Die höhere Mädchenschule und die Lehrerinnenfrage. 
Berün, Springer, 1878. 

Nöldeke, Von Weimar bis Berlin. Berlin, Appelius, 1888. 

Sc hörnst ein -Buchner, Zeitschrift für weibliche Bildung. Heft 7, 
1891: Wulckow, Das höhere Mädchenschulwesen im Grofsherzogtum 
Hessen. Heft 8, 1891: Sommer, Das öffentliche höhere Mädchen- 
schulwesen im Herzogtum Braunschweig; Wöbeken, Das öffentliche 
höhere Mädchenschulwesen im Grofsherzogtum Oldenburg. — Heft 14, 
1891: Wickenhagen, Das Anhaltische höhere Mädchenschulwesen. — 
Heft 21, 1891: Mailänder, Das öffentliche höhere Mädchenschulwesen 
im Königreich Württemberg. — Heft 3, 1892: Buchner, Das höhere 
Mädchenschulwesen in den Hansastädten. — Heft 18, 1892: Buch- 
ner, Das öffentliche höhere Mädchenschulwesen in Thüringen. — 
Heft 1, 1893: A. Sprengel. Das öffentliche höhere Mädchenschul- 
wesen in den Grofsherzogtümern Mecklenburg-Schwerin und Mecklen- 
burg-Strelitz. 

Mus hacke. Statistisches Jahrbuch der höheren Schulen. XHI. Jahr- 
gang 1892/93, Leipzig, Teubner. 



9/'330B 



Druck von I.coiiliurd äinifoii in Kerllii SW. 



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