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Der
Evangeliſche Beſuch,
Eine Monats- Schrift
In Begleitung und als Dolmetſcher des
rontyig Gospel⸗isiter-s;
Gewidniet
der Darſtellung und Vertheidigung
Esdangeliſcher Grundſätze und Uebungen
in ihrer urſ per uͤng lichen Reinheit und Einfachheit
zur Befoͤrderung chriſtlicher Eintracht bruͤderlicher Liebe, und
allgemeinen Wohlwollens.
Herausgegeben von Heiurich Kurtz.
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„Denn ich ſchaͤme mich des Evangeliums von Chriſto nicht; denn
es iſt eine Kraft Gottes, die da ſelig macht alle, die daran glauben,
die Juden vornemlich, und auch die Griechen.“ Roͤm. 1, 16.
ahr gaug 1⸗3. 1853⸗5.
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Gedruckt unweit Poland, Mahoning Co., Ohio,
In der Druckerey des Goſpel-Viſiteres.
G. S. und Comp,
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emen.
Evaugeliſche Beſuch.
Dieſes Monatsblatt erſche |
ſchein t zugleich mit dem
o eh Cen.
eden Monat 16 Seiten Median⸗Octav zu dem geringen Preis von
nur fuͤnfzig Cents de Jahrs einzeln, oder fuͤnf Thaler fuͤr 12 Co⸗
dien. Der Goſpel⸗Viſiter enthält mit dem Umſchlag von
28—36 Seiten monathlich. koſtet Einen Thaler des Jahrs, und zehn
Thaler fuͤr en Beide zuſammen beim Dutzend Fünf:
zehn Thaler, alles in Vorausbezahlung. *
Das Poſtgeld (unter 3000 Meilen) iſt nur 6 Cents des Jahrs.
Geldſendungen mit der Poſt auf das Niſies des Herausgebers.
Der Evan
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Inhalt
Des Evangeliſchen Beſuchs.
Jahrgang 1—3. 1852-1855,
Jahrgang 1, Evangeliſche Grund ſätze. Nro. 1. Wahrs
Pro, 1, heit und Enthaltung vom Eidſchwoͤren 36
uſre liebe Leſer. EEE Der Meſſtas. Von P. Nead 39
Brief eines Bruders im Weſten 6 Nro. 5. N |
Eorrefpondenn #7 + „Die Gemeinde in der Wuͤſte ꝛc. Nachtrag
Für die Jugend. Etwas Alterthumliches 13 ‚ur Geſchichte der Waldenſer 41
Ein koͤſtliches Lied e 160 Noch etwas von dem Grundſatz der
Nro. 2. Wahrheit und Aufrichtigkeit 43
Die Gemeinde in der Wuͤſte, oder Zeug: Brief von Jeruſalmm = 45
Der Meſſias (Schluß.) Von P. Nead 46
niſſe von dem, Daſeyn einer apoftelifchen | Der 7 * 1
f I io Ein Lied vom verſtorbenen Bruder Jo—
Gemeinde vom Anfang des Evangeliums
bis auf unſere Zeit. l 17 hannes Holſinger 48
Vom Fall des Menſchen. VonP. Nead 19 Nro. 6.
Der Nachfolger Chriſti und die Welt 22 Aus dem „Geiſtlichen Magazin, publicirt
Frage und Antwort ⸗ = 23 pon Br. Chriſtoph Saur vor mehr als 100
Auf Leiden folgt die Herrlichkeit. Lied. 24 Jahren. Von der Natur und Vortreff⸗
Nro. 8. lichkeit der chriſtlichen Andacht 49
Die Gemeinde in der Wüſte ꝛc. Die Gemeinde in der Wüſte ꝛc. Die boͤh⸗
Geſchichte der Waldenſern 28.6 miſchen Bruder 8
Die Bruderſchaft der deutſchen Taͤufer 28 Correſpondenz : z 2 56
Vom Fall des Menſchen z 2 Nro. 7.
Neujahrs⸗Lied z E 2 32 Die Gemeinde in der Wuͤſte ꝛc. Die babe
maiiſchen Bruͤder ⸗ 57
am, das Ich oder die Selbſt⸗
ſucht : 60
Nro. 4. I - >
Die Gemeinde in der Wuͤſte ꝛe. Ge⸗ Der alte Ad
ſchichte der Waldenſer 38%
f
—
-
=
* Inhalt des Esangeliſch
Nro. 8. * N ro. 6.
Die Gemeinde in der Wuͤſte ꝛc. Die boͤh⸗„Da iment in der Geſchichte
miſchen Brüder = e rer Bruͤderſchaft 41
Was Br Felbingk fen vor 200 De ne endbote des eb nns 48
Jahren bezeugte. Ba Mt weg Neo. 7.
Taufe M unſere Brüder yor 1
por 140
ihr iſthafte Antworten 49
chte der Bruͤder „ 58
u Hg deutſche Leſer ⸗ 56
hi Nro. 8.
Nro. 9.
Die Gemeinde in der Wuͤſte ꝛc. 1 1975
J. Felbinger's Zeugniß von Ach er 15
eren x.
Nro. 10. charfe Fragen an unfre Brüder ꝛc. 57
Die * in der Ei 1 8108 ollen die Weſſzungen in Erfuͤllung
Chriſtus im Garten. etzt 820 gehen 2 D 61
J. Felbingers Zeugniß von er rg der Evangeliſche Beſuch ⸗ 64
Der nächſte Weg zum Himmel Nro. 9.
Nro. 11. A ſollen die Beiffagungen erfüllt wer⸗
Kein Kreutz, keine Krone 89 den . : 65
Felbinger's ; Zeugniffe von der Vufe 92 Noch ein anderes uraltes Document 70
Taͤgliche Nahrung 2 2 96 Correſpondenz a . P 72
Nro. 12. f Nro. 10—14.
Weihnachts-Betrachtung bt Geſpraͤch zwiſchen Vater und Sohn
Kein Kreutz, keine Krone z 10 73—112
Felbinger's Zeugniß von der h. Taufe 103 {
Der Hirt. , .0, a Jahrgang 3.
Tahrgang. 2. Neo. 1. # 1 i Januar No. 1. W 5
1 i or wor x eite 1
ee auf Mh 4 In welchem Sinn der Evangelifihe e be,
er's Zeugaiſſe ꝛc. f W
Correſpondenz f ad fuch geführt werden fo 5 . . 1
An ne ne Freunde ih Pautſchland “ Geſchichte der Gemeinde in Lancaſter
Pennſylvanien · 1 4
g Nro. 2. Michael Frantz P : 5
Bm er dreimaligen Eintauchung ind Ehritags⸗Gebonken 3 6
Kein Kreutz, keine Krone = 4 Neujahrs⸗Gedanken 8 7
Nro. 3. Correſpondenz : : 8
Kein Freutze keine Krone E 17 Februar No. 2.
Felten,“ deugnſſſe von der h. Taufe 21 Aus dem Geiſtlichen Magazin 9
Nie d pur 1 „ 24 Die Gemeinde in Lancaſter Co Pa. 11
Nre. 4. Der ſich ſelbſt pruͤfende Lehrer 12
Wache auf, der du ſchläfeft - 25 Brunnen ohne Waſſer e „ 13
Felbiſiger's Zeugniſſe von der h. Taufe 290 Der alte Simeon Ne z 14
Urſpiung der River⸗Brüder + 30 Ein Kind als Bußprediger : 15
Sterbfall einer jungen Schweſter 32 März No. 3.
Nro. 5. Aus Br. Jacob N err vr 17
Eine kurze Beſchreibung einer langen Reis Treugemeinter Zuruf . 18
fe von Babylon nach Bethel 33 Die Gemeinde in Lancaſter Co. Pa. 21
Felb nger's Zeugniſſe von der h. Taufe. Warnung vor Betruͤgern al
* Schluß : 35 Bete uud arbeite : : 25
Fin Reiſelied : £ : 36 | Evangelifirte Spruͤchwoͤrter : 26
RN : 37 Poeſie, wahrſcheinlich von kn
Schlußwert an unfere I. deutſche“ Leſer 40 Mack 2» e P
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ngelöfchen Beſuchs. 1
30 Schicke dich zur Seligkeit ⸗ 100
1 Das herrliche Licht des Evangeliums 10K.
32 Das Leben Hans Engetbrechts 4 62
Trauriger Unglücks⸗und a: © 20:3
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Todes⸗Anzeige
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Die Kreutzigung Jeſu * =» n 7. Mi 10
Die Auferſtebung Jeſu 1 tember Ne 9. 1 ’
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Noch etwas von Dauer 50 Ein⸗ | Brief von Biſchoff Gobat in I
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Briefe aus dem gelo en
Die Bekehrung Iſrael's betreff
Der reiſende Pilger wah den
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Schuh, am Niagara⸗Fall 70
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. Der erſte Winterabend .
Unſere arme Bruder in Druiſchtand 144
Ein Brief an Kinder x 145
Correſpondenz und dude ge 145
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Ein Brief aus dem heil. 1 149-153
5 Der erſte Winserabend 1855 193-1 2
Ein Lied 2 z Huf 3
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Die neue Abe in Deutſo
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Wir haben hier keine bleibende Stadt ee 10 ** v *
Das gelobte Land, deſſen Lage ze. Das Sterbebette einer N
Die Gemeinden getaufter Ci riſten 95 Cerreſpondenz de.
Der Herr k unſer Schatten B 99 5
Kir haben hier keine bleibende nad ae
Baptiſten in. Deutſchland ꝛc.
Das Leben Hans Engelbrechts
Ein Beſuch am Niagara⸗Fall
Etwas für die Jugend =
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Dit Gemeinde in Lancaſter Co. Pa, 86
Ei eines Schullehrers .
Die geiſtlichen Jahreszeiten «+, =
Auguſt Ne. 8.
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ſchneiden. Aber von der anderen Seite, es
ſollte berückſichtigt werden, daß jede — wie die
erwähnte — und von ihnen noch fortwährend
in Beſitz gehaltene Ueberlegenheit auf die Dauer
nicht beſtehen kann, ſondern wie die Erfahrung
lehrt, ſtets einen entſprechenden Rückzug hervor—
bringen muß. Es iſt die Natur der Gewalt,
wenn ſie zu ſtark auf einen Punkte ſich ver—
einigt, ſo muß eine Gegengewalt entſtehen, die
ihr das Gleichgewicht hält. Unter einer freien
Regierung iſt dies beſonders nöthig. Wenn
ein Mann oder Männer, einſeitig zu lange re—
gieren und beaufſichtigen ſo muß natürlich mit
der Zeit ihren übrigen Mitbürgern der größte
Nachtheil dadurch erwachſen. Nun wenn es
einmal zugegeben worden iſt, daß eine ſolche
Gewalt unter der gegenwärtigen Form der
Conſtitution „vermöge des Negers“ entſtanden
iſt, ſo iſt es überflüßig noch weitere Beweiſe an-
zuführen, ſondern Vollen Maßregeln ergreifen,
damit es in Zukunft unterbleiben muß und der
Majorität dieſer Staatenbewohner durch die
Minorität kein Nachtheil erwachſen kann. Wir
anerkennen die Wahrheit des Satzes: „Steie
Wachſamkeit iſt der Preis der Freiheit“ eben fo
wohl als den folgenden Satz, welcher wie ich
mich erinnere in meiner Jugendzeit in gewiſſen
Verſammlungen allgebräuchlich war, aber jetzt,
wie es mir ſcheint, ſeltener hervorgehoben wird:
„Gewalt iſt ein der Majorität entzogenes
Recht, ausgeübt von Wenigen.“ „Gewalt iſt
ein unrechtmäßiger Beſitz Weniger, der Majori⸗
tät entgegen.“ Ich ſage wenn die Herrſchaft,
welche „vermöge des Negers“ beſteht, könnte
beweiſen daß ſie dieſelben zum Vortheil aller
Klaſſen der Bevölkerung der Ver. Staaten aus⸗
geübt und daß nichts, gethan ſei, um die Säu⸗
len des Freiheits⸗Tempels zu untergraben; ſo
iſt es doch Thatſache, daß während eines unbe-
wachten Augenblicks es zum äußerſt möglichen
Unrecht zu thun, gekommen iſt und daß nur des
Volkes eigener Wille im Wege ſtand um es zu
verhindern; auch würde dies eine weitläufige
Rechtfertigung ſein um einen augenblicklichen
Zufluchtsort zu finden den mehr energiſchen
Maßregeln der Geſellſchaft gegenüber die Ge—
fahr abzuwenden.
Es wird an dieſem Orte nicht nothwendig
ſein, tiefer in die Gründe für das Wachſen der
republikaniſchen Partei einzugehen. Wir ſind
verſichert worden, daß ſie eine immerwährende
Drohung für unſere Bundesgenoſſen in den
Sklavenſtaaten bildete, und daß nichts geringe⸗
res als ihre fofortige Auflöſung ſie beruhigen
würde. Nun abgeſehen von der ſonderbaren
Un kenntniß der Eigenthümlichkeiten der Partei-
3
politik in einem freien Lande, welche eine ſolche
Forderung erweiſt, drängt ſich die Frage auf,
wo bleibt der Grund zu jenen Befürchtungen,
da ſich die Partei zu einer rein defenſiven Stel-
lung verpflichtet? Kein vernünftiger Mann
kann in Abrede ſtellen, daß ſich die Neger raſch
vermehren; daß in Folge, dieſer Zunahme die
pecuniären Macht, welche das Beſitzthum von
Sklaven einſchließt, beſtändig wächſt; daß
dieſe Zuſtände einer Partei fortwährend größere
Macht in die Hände ſpielen, eine Macht, die ſich
ſowoͤhl in dieſem Haufe, als in den übrigen
Zweigen der Regierung kund gibt, und die in
ihrer ganzen Richtung und ihrem ganzen Ein—
fluß ſchädlich auf die Erhaltung unſerer einge-
pflauzten Freiheit wirkt. Sollen wir belehrt
werden, wie für ſie, dieſes Uebergewicht in den
Congreß-Verhandlungen ſchwer fühlbar wird,
daß wir nicht das Recht hätten, uns mit der
Abſicht zu verbinden, die traurigen Folgen dies
ſer Zuſtände abzuwehren. Man dachte nicht
im entfernteſten an dergleichen Einwendungen,
in dem Falle verhältnißmäßig unbedeutender
Aktien⸗Geſellſchaften auch denn nicht, wenn
man ſich gegen die Macht eines einzelnen unbe⸗
deutenden induſtriellen Betriebs glaubte ſichern
zu müſſen; weshalb nur denn, wenn es ſich um
einen Reichthum, um eine politiſche Macht han⸗
delt, gegen welche Bank- und Tarif nur als
Atome in der Schöpfung erſcheinen?
Dieſe Verbindung aber halte ich nicht nur
gerechtfertigt, als eine Vorſichtsmaßregel gegen
den möglichen Fall eines Mißbrauchs von Gewalt,
ich halte ſie für eine unbedingte Nothwendigkeit
für die wirkliche Aufrechterhaltung unſerer freien
Geſetze und Einrichtungen. Noch iſt vielleicht
Niemand fo ſtumpfſinnig, es in Abrede zu ftel=
len, daß der Sinn für Freiheit, der Schutz und
Hort des einzelnen Bürgers gegen alle Angriffe
willkührlicher Macht, ſeit den Zeiten der Revo⸗
lution den tiefſten Grundzug des amerikaniſchen
Gemüths bildet. „Widerſtand gegen Gewalt
iſt Gehorſam zu Gott,“ iſt eine Maxime die
nirgends mehr als in Virginien unfere Vorfah⸗
ren zu dem Kampfe begeiſtert, in deſſen Folge
wir hier unſere Sitze einnehmen als Vertreter
eines freien Volkes. Es fand ſeinen Ausdruck
in dem berühmten Akt der Unabhängigfeitser-
klärung, welche der Welt in einer Sprache über⸗
macht wurde, zu bekannt, um hier wiederholt
werden zu dürfen. Zu jener Zeit wurde der
Sinn und die Sprache dieſer Unabhängigkeits⸗
erklärung und der Conſtitution von Keinem
mißverſtanden. Niemand unterſuchte den Hel⸗
denmuth, welcher die Rechte der unterdrückten
Koloniſten, das ganze menſchliche Geſchlecht
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hier in die Schranken rief.
hundert iſt verfloſſen und nicht Einer von der
Unzahl von Staatsmännern und Rednern, welche
Jeder zu ſeiner Zeit, mit dem Bewußtſein der
hohen Stellung dem Vaterlande dienten — dem
Vaterland, welches es ſich zur Aufgabe gemacht
hatte — jene erhabenen Prinzipien zu verwirk—
lichen, ich ſage nicht Einer dachte darin einen
Zweifel zu ſetzen, über die Allgemeinheit und
den Sinn jener erhabenen Grundſätze, welche
in der Unabhängigkeitserklärung niedergelegt
ſind. Es war für die Leute der Gegenwart
aufgehoben, eine neue Auslegung zu erfinden,
welche, indem fie die Anwendung auf eine beſon—
dere und begünſtigte Klaſſe beſchränkt, mit einem
Streiche die Patrioten der Revolution ernie
drigt und entwürdigt und ihren Standpunkt in
dem würdigſten Kampfe der Weltgeſchichte, zu
dem Riveau des letzten Preiskampfes — auf
der anderen Seite des Oceans herabzieht, wo
es ſich um den Beſitz emes Gürtels handelte.
Iſt dieſe ihre Anſicht die richtige, dann wäre
die ganze Frage auf einen abſichtlichen Betrug
überführt — dann iſt die Welt durch falſche
Vorſtellungen betrogen worden — dann waren
unſere Vorfahren Schurken, welche wegen ihres
Auflehnens gegen die geſetzliche Obrigkeit des
Mutterlandes die Strafe des Geſetzes gegen
Rebellen verdienten, anſtatt den glorreichen
Beſitz der Patrioten Krone.
Der Haupt⸗Prinzipienpunkt der Revolution,
welcher einen wirklichen Fortſchritt in den Re—
ſultaten aller bis jetzt ſtattgefundenen politiſchen
Inſtitutionen ausmacht, iſt der, daß der Menſch,
ſei er in oder außer der ſozialen Organiſation
hat — wenn er ſonſt ſich kein Vergehen zu
Schulden kommen läßt — gewiſſe Rechte, wel—
che feine Nebenmenſchen über den ganzen Erd⸗
ball, anzuerkennen gebunden ſind.
Die allgemeine Beſtätigung dieſes Grund—
ſatzes für die ganze Welt, war während dieſem
Jahrhundert die Miſſion Amerikas, und es
hätte es vollbringen mit dem Einfluß ſeiner Zu—
nahme und Macht. Im Jahr 1776 hatte
man die beſten Hoffnungen den Grundſatz end-
lich zur Verwirklichung für alle Menſchen zu
bringen. Einige Jahre hindurch verbreitete er
ſich hier und auswärts, wie denn die Lehre über⸗
haupt den tiefſten Herzenswunſch aller Völker
in ſich begreift. Niemand wird in Abrede ftel-
len können, daß in allen civiliſirten Ländern bis
heutiger Stunde, immer wieder aufs neue agi—
tirt wird, um die Anerkennung gewiſſer all⸗
gemeiner Rechte zu erringen. Das Ergebniß
wäre wahrlich ein mehr Erfreuliches für die
übrigen Völker geweſen, wenn nicht die erſtaun⸗
N
4
Ein halbes Jahr- liche Thatſache vor'öge, daß gerade das Volk
welches dieſe großen Wahrheiten zuerſt erklärte
ſich wieder langſam doch beſtändia davon zurück⸗
gezogen hätte und dadurch alle Sympathie ver⸗
loren bat. X
Dieſer Rückſchritt, begann im Anfang unbe>
deutend, nach kurzer Zeit namentlich ſeit dem
Beginn der gegenwärtigen Adminiſtration, aber
ſehr bemerkbar. Dieſe Adminiſtration, die Re⸗
präſentanten dieſer großen Nation, haben ſich
vereinigt der Welt gegenüber, eine Contre-Er⸗
klärung abzugeben, deren Inhalt iſt, daß da
Menſchen in der Welt ſind, deren
Rechte kein weißer Mann anzuer⸗
kennen gebunden iſt.
Es iſt eine Gewißheit, daß dieſe feierlich und
ernſthaften Ausſprüche von Richtern, Präſiden⸗
ten und Mitgliedern im Senate und Haus, eines
freien Landes unwürdig find und der Unabhängige
keits⸗Erklärung gerade zu ins Geſicht ſchlagen.
Lange genug iſt uns ungeheuchelte Authorität
für politiſche Doktrinen bekannt. Aber wir
geben jetzt in dieſer Halle zu verſtehen, daß gar
keine Schwierigkeit vorhanden iſt, die Ver-
ſöhnung dieſes augenſcheinlichen Wiederſpruchs
herbeizuführen. Die Sprache der Unabhängig⸗
keits⸗Erklärung iſt zu klar.
„Wir halten folgende Wahrheiten für keines
Beweiſes bedürfend: Alle Menſchen ſind gleich
geſchaffen; fie haben von ihrem Schöpfer ge-
wiſſe unveräußerliche Rechte empfangen; zu die-
ſen Rechten gehört Leben, Freiheit und Streben
nach Glückſeligkeit.“
Die neue Lehre iſt, daß Thomas Jefferſon,
als er dieſe Worte „Alle Menſchen“ ſchrieb,
klar beabfichtigt hätte nur weiße Menſchen
darunter zu verſtehen. Natürlich, wenn dies
der Sinn iſt, ſo wäre die nothwendige Folge⸗
rung, daß der Reſt des Menſchengeſchlechts
keine gewiſſe unveräußerliche Rechte vom Schö⸗
pfer empfangen hat, ſondern dieſe nur dem weiſ—
fen Menſchen zukommen; folglich auch die Letz—
teren gerechtfertigt daſtehen, wenn fie die far⸗
bigen Menſchen als untergeordnete Individuen,
können, ihrem Willen unterwerfen.
Die Conſequenzen, die dieſer Auffaſſung ent⸗
ſpringen, ſind natürlich von den Freunden der
neuen Lehre durchgängig adoptirt. Die That⸗
ſache iſt allbekannt, daß Thomas Jefferſon, der
Verfaſſer dieſes ausgezeichneten Schriftſtücks ſehr
fähig und der Beſte war, ſeine Meinung, mit
Kraft und Klarheit, und dem gehörigen Aus-
druck als Schriftſteller wieder zu geben. Wäre
dieſe neue Auslegung des Satzes wahr, was
ſollen wir von ſeiner Fähigkeit denken, wenn er
ſagt: „Alle Menſchen ſind gleich geſchaffen“
und er hätte wollen gleich der neuen Doctrin
5
ſagen: „Alle Menſchen ſind nicht gleich ge—
ſchaffen, und folglich, daß die Rechte, welche er
als gewiſſe unveräußerliche bezeichnet
in Thatſache aber für einen großen Theil der
Menſchen gewiſſe veräußerliche ſind,
und dem Willen und Gefallen einer Minorität
die zufällig mit weißen Geſichtern erſchaffen
wurden, untergeordnet find. Es iſt unglaub⸗
lich, daß ein ſo klarer Schreiber wie Jefferſon,
in einem ſolchen Document — welches er ſelbſt
5 das ausgezeichneſte Schriftſtück ſeines Lebens
ält — in einen ſolchen Irrthum gefallen wäre,
das Gegentheil zu beabſichtigen was er ſchrieb.
Ein weiterer Beweis iſt der daran zu denken,
daß trotzdem Jefferſon noch ein halbes Jahr-
hundert inmitten von Diseuſſionen und Dis⸗
putationen lebte, welche theilsweis durch die
Meinung und Faſſung obigen Satzes hervorge⸗
rufen wurden zer hat weder zu Privatleuten noch
Beamten jemals den mindeſten Zweifel geäußert,
daß der Satz, wegen ſeiner Klarheit könne miß⸗
verſtanden werden. Er kannte den Verſtand
einer Zeitgenoſſen zu wohl und wußte, daß fie
eine Worte richtig auffaßten. Hätte er etwas
eiteres gedacht, ſo hätte er ja ſpäter noch Zeit
ehabt den Satz zu verändern oder zu vollſtän⸗
igen! Aber ich, ein Sohn Maſſachuſetts der
as große Schriftſtück und den hervorragenden
erfaſſer, ein Sohn Virginiens gegen die frechen
ngriffe von Bürgern feines eigenen Staates
ertheidige, ich bringe noch andere Stellen aus
jeſer unſterblichen Schrift um zu beweiſen, Naß
gefferſon genau ſagte, was er meinte und, daß
e neue Auslegung der Aftergedanke einer ſpä⸗
tren Zeit iſt. Fern von dem engherzigen Ge—
dinken, als hätten die Worte „Alle Menſchen“
nir Bezug auf weiße Menſchen, welche unver⸗
erliche Rechte auf Leben und Freiheit bean-
ſpruchen, geht er noch weiter in ſeinem Original⸗
2 5 der ernſten Anklage gegen den König von
Großbrittanien — Für was, bitten? — Warum
um feine eigenen Worte zu gebrauchen, „weil
er es gewagt, einen grauſamen Krieg
gegen das Menſchengeſchlecht
felbft zu führen verletzend feine,,
großen heiligen Rechte und ſeine
Freiheit in den Perſonen eines ſchüchternen
und entfernten Volkes.“ Es ſcheint durch dies
daß Hr. Jefferſon dachte, dieſe heiligen Rechte,
welche er als „unveräußerlich“ bezeichnet, der
ganzen Menſchheit gehörten und nicht nur dem
kleineren Theil derſelben, der weißen Population
zukämen. Ja, das iſt noch nicht Alles. Wer,
frage ich ſind die „Perſonen eines entfernten
Volks,“ bei welchen er die heiligen Rechte unter
der unmenſchl. Tyrannei meint? Das iſt die afri⸗
kaniſche Race, welche der König aus ihrer Hei⸗
math hierher brachte und zu Sklaven für die
amerikaniſchen Coloniſten machte. Sie ſind
daſſelbe Volk, von welchen uns die Richter des
höchſten Gerichts ſagen — um wie es ſcheint mit
ihrer Entſcheidung den Monarchen vollſtändig
zu rechtfertigen — daß „die Neger keine Rechte
haben, welche ein weißer Mann gehalten iſt zu
reſpektiren.“ Es iſt auffallend genug bezeich-
net um der Abernheit Raum zu geben, als kön—
ne ein Mißverſtändniß obwalten. Jefferſon
in der Beſchuldigung des Souveräns wegen ſei⸗
nes unmenſchlichen Entſchluſſes — einen offenen
Markt zu halten, wo Menſchen gekauft und ver⸗
karft werden ſollen — legt einen beſonderen
Werth darauf und ſchreibt das Wort „MEN-
SCHEN! mit großen Buchſtaben. Das ein⸗
zige Wort was ſo geſchrieben iſt im ganzen Dos
kument, damit es recht in die Augen fallen
ſollte. Sollte irgend ein weiterer Verſuch ge—
macht werden, den Worten „Alle Menſchen,“
eine andere Deutung zu geben, als was ſie klar
ſagen, ſo können wir noch weit ſtärkere Argu⸗
mente einbringen die zu Gunſten des ganzen
Menſchengeſchlechts, ſomit auch der
afrikaniſchon Race, ſprechen, als nur zum aus-
ſchließlichen Vortheil der weißen Bevölkerung.
Doch wenn Jefferſon im umfaſſenden Ausdruck
die „Menſchheit“ erwähnt, welche dieſe Rechte
beſäßen, ſo iſt es doch klar genug, daß er we⸗
nigſtens für Einſchluß der ganzen Menſchen⸗
Race unter dem Schutz dieſer wohlthätigen
National-Proklamation war. n
Doch die Frage iſt jetzt nicht was Hr. Jef⸗
ferfon oder feine Genoſſen beabſichtigten. Die
Thatſache ſteht feſt, daß das Obergericht und
die Administration die entgegengeſetzte Meinung
der Worte angenommen und eine große Maſſe
des Volkes vorbereitet haben, die Sache gutzu⸗
heißen. Der Grund dieſer merkwürdigen Re⸗
volution der Meinungen leitet uns mit einem⸗
male zum Urſprung unſerer gegenwärtigen Zer⸗
ſplitterung. Uebergehend all die unbedeutende⸗
ren Streitfragen, wie das Wilmot Proviſo
(Vorbehalt oder Bedingungen), Squatter-Sou⸗
veränität, Sklaven⸗Fanggeſetz, oder Beſchützung
der Rechte über das ſogenannte „Eigenthum“
als des bloßen Zufalls laßt uns der
endlichen Entſcheidung ruhig entgegenſehen.
Die Meinung der Unabhängigkeits-Erklärung
wie fie die erſten 50 Jahre unſeres Beſtehens
galt, ſichert die Freiheit der Menſchheit über
die ganze Welt.
Die jetzige Meinung, welche man von dem⸗
ſelben Schriftſtück hat, zerſtört nicht nur die
frühere, ſondern erhebt einen Theil der Men⸗
=
ſchen fo hoch über den andern, daß es Erfterem
gerechtfertigt erſcheint, Letzteren zur Unterwür⸗
figfeib und Gehorſam eines Willens zu zwingen.
Hiernach wäre es ſpeſtätigt, daß die weiße
Population gleich geſchüffen iſt und gewiſſe un-
veräußerliche Rechte beſitzt. Dieſe Beſtätigung,
recht verſtanden, iſt von ihnen ſelbſt gemacht
und ausſchließlich für ihren eignen Vortheil und
mit bedachter Vorſicht, einer anderen Menſchen—
klaſſe der Erde irgend welche Vorzüge einzuräu—
men, um dieſelben mit Gewalt oder Liſt zu
Sklaven machen zu können. Wenn es einmal
die weiße Bevölkerung angenommen hat, daß
der ſchwarze Afrikaner keine Rechte hat, welche
der weiße Mann iſt gebunden zu reſpektiren;
durch feſtſtellen dieſes Grundſatzes folgt es un—
vermeidlich, daß eine Zuflucht zu demſelben Ver—
fahren von Gewaltthätigkeit und Grauſamkeit,
welche ihn in den kläglichen Zuſtand brachten,
von ihm erwartet werden darf, wenn einmal
eine Wendung eintritt und er die Gewalt über
die Weißen bekömmt. Dasſelbe wird ſich bei
irgend einer Menſchen-Race beſtätigt finden,
welche ſich ſelbſt zum Schiedsrichter über die
Schöpfungsrechte erhebt. Da kann denn aber
bei einer ſolchen Theorie nicht mehr die Rede
davon fein, irgend einem Menſchen feine Frei—
heit zu garantiren. Dieſe Entſcheidung ent—
zieht uns Allen irgend welche Rechte, außer
denen, die wir aufrecht erhalten möchten mit un⸗
ſern eignen rechten Waffen. Es iſt die ameri—
kaniſche Heilighaltung der Oberherrlichkeit der
Gewalt. Es iſt des Tyrannen Ausrede der
Nothwendigkeit übergoldet mit der modernen
politiſch-rechtlichen Demokratie.
Ich bin recht in meiner Schlußfolge, denn
die Sache ſteht in dieſem Augenblick folgender
maßen: Eine große und ſtarke Verbindung exi⸗
ſürt in den Ver. Staaten, die fähig genug iſt,
die politiſche Meinung zu kontroliren, um die
Regierung zu gewinnen und dieſe dann zu ver—
hindern, die Rechtlichkeit allgemeiner Frei⸗
heitsgrundſätze — wie fie in der erſten Hälfte des
Jahrhundert unſeres Regierungsweſens beſtan—
den — anzuerkennen; und noch mehr, die Re—
gierung für gewiſſe Zwecke ſtets zu vertheidigen
und zu rechtfertigen, ein Verfahren auf nichts andes |,
res gegründet als Betrug und Gewalt. Sicher—
lich, wenn dies zugelaſſen wird, ſo hat man
dann keine Urſache mehr ſich zu wundern, daß
Diejenigen des Volkes, welche immer noch bei
den alten Prinzipien halten und dieſelben unter⸗
ſtützen, wie in den beſſeren Tagen der Republik,
und die überzeugt, daß es die Aufgabe der Re-
gierung iſt, das Geſetz für allgemeine Freiheit
zu fördern und aufrecht zu erhalten und irgend
welche Beſchränfung zu verhindern — und
welche beabſichtigen mit ehrlichen
Mitteln es wieder her zuſtellen,
ſich vereinigen zu einer Organiſation, die nur
das eine Ziel im Auge hat: Die Unterdrückung
der falſchen Doktrin und Herſtellung des alten
und wahren Begriffes. Soll etwas gethan wer-
den mit Erfolg, fo iſt es die höchſte Zeit zu bes
ginnen. Nahezu alle die Wege, welche uns die
Gewalt zuführen könnten, ſind von unſeren Ef
pakerinben beſetzt.
Die ſtärkſte politiſche Organiſation, weg
jemals beſtanden, hat ſich zum Werkzeug ihres
Willens gemacht. Nichts wird uns gegen die
Allmacht der „vermöge des Negers“ erworbes ’
nen Gewalt nützen, wie ich hinlänglich bewieſen
habe, als Einigkeit, Energie und unausgeſetzte
Wachſamkeit gegen deren fernern Fortſchritt.
Hier ſtehen ſich wieder einmal die alten Feinde —
Freiheit und Authorität — gegenüber. Hier
iſt in erneuter modifirter Form der „unvermeid⸗
liche Conflikt“ der wenigſtens fo alt iſt, als die
Zeit, wenn Moſes die Egyptier fchlug. Muß
denn, wie uns geſagt wurde, dieſe Organiſation
auſgelöſt werden, weil ſie eine Drohung gegen
die ſklavenhaltenden Staaten iſt? Was! Die
Doktrine der Freiheit, eine Drohung gegen
die Sklavenſtaaten! Eure Väter dachten nicht
ſo, wenn ſie dieſelbe vor Jahren erklärten, und
wir thun gegenwärtig nicht mehr als was Eure
Väter damals thaten!
8 muß zugeſtanden werden, daß unter allen
Formen im Streite für das Recht, die ſich Wis,
derſprechenden in eine extreme Meinung 71 .
len. Einer findet den Andern des Angriffs
ſchuldig, und jede Seite glaubt ſich der Gewalt
der Umſtände, welche ſie umgeben, widerſetzen
zu können. Kein Zweifel, manche Fehler ſind
dadurch entſtanden und werden auch in der Zum
kunft kommen, welche jeder rechtliche Patriot
beklagen und fein Beſtes thun wird, dieſelben
wieder gut zu machen. Dieſe Fehler im Grund
genommen entfpringen der Natur der Volks—
Regierung, welche Klaſſen von Menſchen er⸗
zeugt, deren Beſtreben es iſt ſich 1 zu
machen und zu regieren.
Nun iſt es bei einem rein politiſchen Konflit
mehr natürlich, als in der Handlung der Skla—
venfrage, bei welcher die pecuniären Intereſſen
die gebräuchliche Erbitterung mehr verſchlimmern.
Dies ein Grund, warum die Doctrin der ſkla—
venhaltenden Partei ſo ſchnell ſtattgefunden hat.
Das gemachte Material zu dieſer Lehre und das
die gegenwärtige Stellung der Parteien unver⸗
meidlich macht, entſprang vor ungefähr 30 Jah-
ren, als man ſtatt dem alten Revolutions⸗
0
Der ee WMesuch.
Band 1.
Aus dem „Geiſtlichen Magazin.“
Herausgegeben vor mehr als 100. Jah⸗
ren von unſerm alten Bruder
ſtoph Sauer, und für den „Evange—
liſchen Beſuch“ mitgetheilt von ſeinem
Ur⸗enkel Theophilus.
Von der Natur und Vortrefflich⸗
keit der Chriſtlichen Andacht.
Die wahre Andacht iſt weder ein ver—
borgenes noch öffentliches Beten; aber
Gebeter moͤgen verbor 1 öffentlich
geſchehen, fo find fie beſondere Theile oder
Wirkungen der Andacht. Andacht be
widmet 1
Der iſt alſo ein andaͤchtiger Menſch,
welcher nicht mehr nach ſeinem eigenen
Willen oder nach Art des Geiſtes dieſer
Welt lebet, ſondern lediglich dem Willen
Gottes ergeben iſt, der bey alen Gelegen—
heiten Gottes gedenket, der Gott dienet in
allem was er thut, der alle Theile ſeines ge—
meinen Lebens gottſeliglich verrichtet, i
dem er alles in Gottes Namen thut, ı
in ſolcher Einrichtung, daß es u
En geſchiel et. Me 1
Wir be denen gerne, daß Gett die e⸗
a und ſchtſchnur unſerer Gebeter iſt;
daß wir in denſelbigen alleine auf ihn ſeh⸗
en ſoſlen, und ſollen ſolche alleine vor ihm
verrichten, und daß wir auf ſolche Weiſe
um ſolche Dinge bitten ſollen, und zu ſol—
chem Endzweck, daß es zu ſeiner Ehre ge⸗
reichen moͤge.
Nun ſo ſuche dann einer nach der Urſa—
che, warum es geziemend iſt, daß er ſoernſt—
lich uͤnd gottſelig ſein ſoll in ſeinen Gebet—
ern, ſo wird er bald ſo viel Urſachen finden
in allenübrigen Verrichtungen ſeines Wan—
dels, eben ſo ernſtlich und gottſelig zu ſein.
Dann wir werden nicht den geringſten
Schein der Billigkeit aufbringen koͤnnen,
warum wir Gott zur Regel und Richtſchnur
unſeres Gebets machen ſollen, und warum
wir alsdann allein auf ihn ſehen ſollen,
und nach ſeinem Willen beten, da uns
nicht eben auch dieſelbige Nothwendigkeit
begegnen wird, ihn gleichfalls auch in allen
anderen Verrichtungen unſers Lebens zur
Regel und Richtſchnur zu machen und al—
lein auf ihn zu ſehen.
tet ein a das Gott ergeben ode
Chris
Anwer Rh unferer Gaben, es ſeien une
ere Kräfte, unſere Zeit oder Geld, wann
ſie nicht vollkoͤmmlich nach Gottes Willen
und zu feiner ve angewendet werden,
find eb n fo u ereimt und mangelhaft,
als wann wir nicht "ed Gottes Willen
beten. *
Ba es iſt keine andere Urſache warum
unſere Gebeter nicht nach Gottes Willen
ſeyn ſollen, warum darinnen nichts ſoll
enthalten ſein als was weißlich, heilig und
himmliſch iſt, da nicht auch dieſelbigen Ur—
Niuchen ſind, daß unſer Leben von gleicher
„Art fein ſoll, voll von derſelbigen Meise
ie ene und himmliſcher Eigen-
ſchaften, da wir nicht Urſache hätten vor
Gott in demſelbigen Geiſte zu wandeln,
in welchem wir zu ihm een.
* 2 *
Wäre es nicht unſere nachdruͤckliche
Pflicht, nach der Billigkeit zu leben, alle
unſere Lebensverrichtungen Gott zu wid—
men; waͤre es nicht hoͤchſt noͤthig vor ihm
zu wandeln in Weisheit und Heiligkeit,
in aller hnmiiteien Gemeinſchaft, da wir
alles in ſeinem Namen thaͤten, und zu ſei⸗
nen Ehren, ſo wuͤrde keine Vortrefflichkeit
gefunden werden in denen allergeiſtlichſten
Gebetern. Nein, ſolche Gebeter wuͤrden
ungereimt ſein; es wuͤrde nichts anderes
ſein, als ob man um Fluͤgel beten wollte,
da es doch uns nicht gebuͤhret zu fliegen.
So gewiß das Weisheit iſt, daß wir
um den Geiſt Gottes bitten ſollen, eben ſo
gewiß ſollen wir dieſen Geiſt zum Bewe—
ger aller 9 Werke machen; ſo ge⸗
wiß es iſt, daß wir uns in allen unſern
Gebetern zu Gott wenden ſollen, ſo gewiß
iſt es unſere Pflicht, daß wir Ihm mit uns
ſerem ganzen Wandel dienen ſollen.
Aber es kann eben fo wenig geſagt wer
den, daß wir Gott dienen in allen unſern
Verrichtungen, wo er nicht die Regel und
Richtſchnur derſelben iſt, als es kann ges
ſagt werden, daß wir zu Gott beten, wo
unſere Abſicht nicht ganz auf ihn gerichtet
iſt. Daher iſt ein unbilliger und verkehrter
Lebenswandel, es ſey in Verſchwendung
uuſres Geldes, eben fo abgeſchmackt, als ein
WER
Wi.
50
kaltſinniges Gebet, und iſt Gott eben
ärgerlich.
Es kommt her von Ermanglung des
Erkenntnißes, oder rechter Betrachtung die—
ſer Dinge, das wir im Wandel vieler
Menſchen eine ſo große Menge von Uns
gereimtheiten ſehen: Ihr ſehet daß ſie zu
gewiſſen Zeiten und an gewiſſen Plätzen
andaͤchtig und ernſtlich ſind; wann aber
der Gottesdienſt vorbei iſt, fo leben ſie eben
wie die andere, welche ſelten oder gar nie
in die Kirche gehen.
In ihrem Lebens-wandel, in Verſchwen—
dung ihrer Zeit und Geldes, in ihren Sor—
gen und Furchten, in ihren Ergoͤtzlichkei—
ten und Nachgebungen, in ihren Geſchaͤf—
ten und Zeitvertreiben ſind ſie den andern
Weltmenſchen ganz gleich.
Dieſes verurſacht dann, daß die losge—
laſſene Menſchen ihr Geſpoͤtt treiben über
die, welche alſo andaͤchtig ſcheinen, weil fie
ſehen, daß ihre Andacht ſich mit ihrem Ge—
bet endigt, und wann ihre Gebeter aus
find, fo ſiehet man keinen gottſeligen Wan—
del mehr, bis die Zeit des Gottesdienſtes
wieder herbei kommt, fondern fie 750 in
allen Thorheiten des menſchlichen Lebens;
daher werden ſie ein Geſpoͤtt der Leute,
und nicht um ihrer Froͤmmigkeit halben.
Julius wohnet allen Betſtunden bei;
das ganze Kirch-ſpiel denket, er muͤſſe krank
ſein, wann ſie ihn nicht in der Kirche ſeh—
en; aber ſollte man ihn fragen, warum
er ſeine uͤbrige Zeit ſo unbedachtſam zu—
bringe? Warum er ſich in denen Geſell—
ſchaften der alberſten Leute und bei ihren
albernen Ergoͤtzlichkeiten verweile? War—
um er denen nichtswuͤrdigen Zuſammen—
kuͤnften fo willig beiwohne? Warum er
die eitele Gefpräche 0 en anhoͤrt und
mit unterhalten helfe? Warum er Freund—
ſchaft mache und unterhalte mit ſolchen,
welche keiner beſondern Freundſchaft
werth ſind? Warum er gegen einige Men—
ſchen in Haß und Neid lebe, ohne zu bes
denken, daß er alle Menſchen lieben ſolle
als ſich ſelbſt? Wann ihr ihn fragen ſolltet,
warum ſeine Unterredungen, ſeine Zeit und
Habſeligkeiten nicht unter die Regeln der
Gottſeligkeit gebracht ſind; ſo kann Juli—
us nichts weiters antworten, als der al—
lerungeregelteſte Menſch.
+
Dann der ganze Aufſatz der heiligen
Schrift iſt f. 5 wo! hl gegen eine ſolche Lebens⸗
9
SE.
Der Evangeliſche Beſuch. }
0 art gerichtet, als gegen Freſſerey und
Schwelgerey; wer in einem ſolcher Stü—
cken der Eitelkeit und Thorheit lebet, der
lebt fo wenig in der chriſtlichen Religion,
als derjenige, welcher in Freſſen und Sau-
fen lebt.
Sollte Jemand dieſem Julius (ddkn,
es wäre nicht noͤthig, fo fleißig in denen
Betſtunden zu ſeyn, und daß er ohne füh
zu beſchaͤdigen des Kirchendienſtes ſowohl
als andere Leute ſich entziehen duͤrfe: Er
ſollte denken, ein ſolcher wäre kein Chriſt,
und daß es ſeine Pflicht waͤre, eines ſol—
chen Menſchen Geſellſchaft zu meiden.
Wann ihm aber einer ſagte, er moͤchte
leben wie 15 der allgemeine Brauch in der
Welt iſt, d daß er ſich beluſtigen moͤge wie
andere Leute, daß er feine; Zeit und Geld
n moͤge, wie andere Staats⸗
Leute zu thus pflegen, daß er ſich denen
Thorheiten, Gebräuchen und Unvellfonz
menbeiten des gemeinen Weſens moͤge
gleich ſtellen, und ſeine Eigenſchaften und
Begierden erſattigen, wie die meiſten Leute
thun, ſo wuͤrde Julius niemals glauben,
daß einem ſolchen Menſchen der Geiſt
Chriſti mangelte, oder daß er des Teufel's
Werk verrichtete.
Und wann doch Julius das ganze Neue
Teſtament von vornen bis hinten d durchlaͤſe,
ſo wurde er ſeinen Wandel auf allen
Blättern verurtheilet finden. Und es kan
in Wahrheit nichts abgeſchmackteres er—
dacht werden, als ein verftändiges, andäch—
tiges und himmliſches Gebet zu vereinigen
mit einem Wandel, der in der Eitelkeit
und Thorheit gefuͤhrt wird, da weder Urs
beit noch Ergoͤtzungen, weder Zeit noch
Geld, unter die Verwaltung der Weisheit
und himmliſche Regierung des Gebets ge—
bracht iſt.
Sollten wir einen Menſchen ſehen, der
vorgäbe, er thäte alle feine Verrichtungen
zu Gottes Ehren, er thäte weder Zeit noch
Geld verſchwenden, er arbeitete und er—
quickte ſich nur fo wie es mit den genaue—
ſten Gründen der Billig- und Gottſeligkeit
uͤbereinkaͤme, und unterließe doch zu gleich⸗
er Zeit alles oͤffentliche und verborgene Ges
bet, ſollten wir uns nicht billig über einen
ſolchen Menſchen verwundern, wie es ſein
koͤnnte, daß einer ſo viel Thorheit beſitzen
koͤnnte, bei fo viel vorgegebener Gottſelig⸗
keit.
Der Evangeliſche Beſuch.
Und wäre dieſes doch eben fa billig, als
wann einer vorgaͤbe, er wäre ernftlich in ſei⸗ g
ner Andacht, in Beobachtung der Zeiten
und Platze des Öffentlichen Gebets, und
ließe doch das uͤbrige ſeiner Zeit und Ar—
beit, ſeiner Gaben und Geld verſchwendet
werden, ohne einige Regeln einer ernſtli—
chen Gettſellgkeit und Andacht.
Dann es iſt eben ſo ungereimt, wann
man vermuthen wollte, es koͤnne einer hei—
lige Gebeter vor Gott bringen ohne einen
dazu ng geziemenden Lebens-wandel zu fuͤh⸗
ren als einen heiligen Wandel ohne Gebet.
Bedenke es ein jeder ſelbſt, wie leicht
man einen überzeugen koͤnnte, der große
Ernſthaftigkeit im Wandel ohne Gebet vor—
gaͤbe; und eben dieſelbigen Gruͤnde wer—
den einen andern uͤberzeugen, der große
Ernſthaftigkeit im Gebet vorgäbe, ohne
dieſelbige auch in ſeinem uͤbrigen Wandel
zu erweiſen.
Denn leichtſinnig und thoͤricht unſere
Zeit und Geld verſchwenden, iſt kein groͤ⸗
ßrrer Irrthum, als leichtſinnig und thö⸗
richt ſeyn in Andachten des gemeinen Le—
bens, weil fie ſollen geübt, ja gar ein
Theil unſeres Wandels werden, und ger
hören ſonſt nirgend hin.
Dieſes iſt alſo kurzlich die Sache, ente
weder ſchreibt uns die Billig- und Gott⸗
ſeligkeit Regeln vor zu allen gemeinen Ver—
richtungen unſers Lebens, oder ſie thun es
nicht: thun ſie es, ſo iſt es eben ſo noͤthig,
daß wir alle unſere Ver richtungen nach
ſolchen Regeln einrichten, als es noͤthig iſt
zu Gott zu beten.
Denn wenn uns die Gottſeligkeit unter—
weiſet, wie wir eſſen und trinken, und un⸗
ſere 3 Zeit und Vermoͤgen anwenden ſollen;
wie wir die Welt gebrauchen oder verach—
ten ſollen, wie wir unſern Lebens-Wan⸗
del führen ſollen, wie wir uns gegen alle
Menſchen betragen, und uns verhalten
follen gegen Kranke, Arme und Verlaſſene;
wenn ſie uns unterweiſet, vor wen wir
eine beſondere Hochachtung und Liebe ha—
ben ſollen, wie wir und gegen unſere
Feinde verhalten ſollen, und wie wir uns
ſelbſt verläugnen und haſſen ſollen; fo
muͤßte der doch ſehr unverſtaͤndig fein, der
da glauben wollte, daß dieſe gottſelige
Pflichten nicht mit eben ſolchem Fleiß und
Sorgfalt ſollten beobachtet werden, als ei—
niger Unterricht vom Gebet.
51
Es Liſ fee bedenttich, daß in der heili—
Schrift nie fo nachdruͤcklich auf die äuf—
ſerliche 8 ottesdienſte und äuſſerliche Ge—
beter gedrungen wird als auf die gottfelis
ge Andacht, welche zur Beherrſcherin aller
unſerer Geſchaͤfte geſetzt wird. Die Leh—
re von einem andächtigen gottſeligen Wan⸗
del wird in allen Verſen der Lehre unſers
geſegneten Heilandes und ſeiner Aten
gelehrt und befohlen.
Sie erinnern uns, daß wir die Welt
verlaͤugnen ſollen und uns in keinem Stuͤck
ihr gleich ſtellen, olle ihre Herrlichkeiten
nichts achten, ihre Leidenſchaften nicht
t fürchten, ihre Ergoͤtzungen und Glückſelig⸗
keiten nicht annehmen, und als jetzt-gebor⸗
ne Kinder begierig ſeyn nach der vernuͤnfti—
gen lautern Milch, um ſolche Pilgrimme
zu werden die in eine andere Welt reiſen,
und mit ſolchen Begierden erfüllt zu fein,
welche ſich nach einem andern Leben jirts
cken, unſer Kreuz täglich .
und uns ſelbſt zu verlaͤugnen, das heilige
Leidtragen aufnehmen, die Armuth des
Geiſtes ſuchen, den Stolz und Nichtigkeit
der Reichthuͤmer verachten, nicht vor
Morgen ſorgen, im Stande tiefſter Des
muth leben, ſich im Leiden freuen, der
Augenluſt, Fleiſchesluſt, und hoffärtigem
Leben abſagen, Beleidigungen erdulden,
den Feinden vergeben und ſie ſegnen, das
menſchliche Geſchlecht ſo lieben, wie ſie
Gott liebet, unſer ganzes Herz und Liebe
an Gott übergeben, und durch die enge
Pforte zum ewigen Leben eingehen.
Dieſe Andacht hat unſer geſegneter
Heiland ſo allgemein gelehrt, damit ſie das
gemeine Leben aller Chriſten werden
2 a . e
ſoll. Iſt es derhalben nicht hoͤchſtens zu
verwundern, daß Leute ſo viel Gerechtigkeit
in die Verrichtung äuſſerlicher Gottesdienſte
ſetzen, da ſolche nicht ſo nachdruͤcklich von
unſerem Meiſter befohlen ſind, als der
Wandel der Gottſeligkeit, und unterlaſſen
doch dieſe wichtigen Pflichten des gemeinen
Wandels der Gottſeligkeit, welcher faſt
auf a ip Blättern der Evangeliſten gebos
ten iſt? Ich heiſſe dieſe Pflichten Andach—
ten des gemeinen Lebens, weil fie follen
geübt, ja gar ein Theil unſers Wandels
werden, und gehören ſonſt nirgend hin.
Wann die Verachtung der Welt und
die himmliſche Liebe nothwendige Stücke
bei Chriſten find, ſo iſt es auch noͤthig,
52
daß ſich dieſe Beſchaffenheiten in ihrem
ganzen Wandel fpüren laſſen, in dem Ge:
brauch dieſer Welt; dann wo ſollte es
ſonſt hingehoͤren?
Wann die Selbſt-verlaͤugnung ein noͤ⸗
thiges Stuͤck zu unſerer Seligkeit iſt, ſo
müͤſſen es alle, die da ſelig werden wollen,
einen Theil ihrer taͤglichen Uebung machen.
Wann die Demuth eine chriſtliche Tugend
iſt, ſo muß nothwendig der gemeine Wan—
del eines Chriſten eine beſtändige Uebung
der Demuth ſeyn, in allen Theilen deſſel—
ben.
Iſt die Armuth des Geiſtes nothwendig,
fo muß es täglich unſer Weſen fein.
Sollen wir dem Nacketen, dem Kranken
und Gefangenen behuͤlflich ſein, ſo muß es
die gemeine Liebe unſers Lebens ſein, ſo
vr „ e - 6
weit wir Vermoͤgen haben ſolche werkſtel—
lig zu machen.
Iſt es unſere Pflicht unſere Feinde zu
lieben, ſo muͤſſen wir unſern ganzen Wan—
del ſo fuͤhren, daß er ſolches ſichtbarlich
darſtellet.
Wann Zufriedenheit, Dankbarkeit, und
Erduldung des Uebels goͤttliche Tugenden
find, fo muͤſſen es unſere täglichen Tugend—
en werden, und ſich bei allen Gelegenhei—
ten erweiſen.
Wann wir klug und heilig ſein ſollen
als die neugebornen KinderGottes, fo koͤn—
nen wir auf keine andere Weiſe ſo ſeyn,
es ſei dann daß wir alles was thoͤricht
und eitel iſt, in unſerem ganzen Wandel
verlaͤugnen.
Sollen wir neue Kreaturen werden in
Chriſto, ſo muͤſſen wir ſolches erweiſen in
dem daß wir auf neuen Wegen wandeln
durch dieſe Welt. Sollen wir Chriſto
nachfolgen, ſo muß es in der gemeinen
Anwendung eines jeden Tages geſchehen.
So iſt es beſchaffen mit allen den Tu—
genden, und heiligen Eigenſchaften des
Chriſtenthums: fie gehoͤren uns nicht eher
zu, bis ſie die Tugenden und Eigenſchaften
unſers gemeinen Lebens werden.
Daher iſt das Chriſtenthum ſo ferne
davon, daß es uns zugeben ſollte, daß wir
in unſerem gemeinen Leben uns den thoͤ—
richten Gewohnheiten ergeben, oder daß
wir der Erfuͤllung unſerer Luſte, Leiden—
ſchaften oder Gewohnheiten, in welchen der
Geiſt dieſer Welt ſein Vergnügen hat, uns
ergeben ſollten.
Der Evangelifihe Beſuch.
Es iſt ſo ferne davon, daß es uns zu⸗
laſſen ſollte in einigen dieſer Dinge uns zu
verweilen, daß es alle ſeine Tugenden, wel⸗
che zur Seligkeit noͤthig ſind, zu lauter
Wegen macht, die Uber und gegen die We—
ge der Welt im ganzen Leben erhaben
find, j
Iſt unſer gemeines Leben nicht ein ges
meiner Lauf der Demuth, Selbſtverläug—
nung, Verlaͤugnung der Welt, Armuth des
Geiſtes und himmliſchen Liebe, ſo fuͤhren
wir keinen Chriſtlichen Wandel.
Und obwohl es ſo deutlich iſt, daß die
Ausübung der chriſtlichen Tugenden allein
die chriſtliche Liberey iſt, ſo iſt es doch
eben fo deutlich zu erſehen, daß auch uns
ter denen Leuten von einer beſſern Sorte
ſo wenig davon wahrgenommen wird.
Man ſiehet ſie fleißig in der Kirche, und
ſehr vergnuͤgt mit guten Predigten; aber
ſehet ihren Wandel an, fo werdet ihr oͤf⸗
ters vor andern die nicht ſo viel vorgeben,
nichts beſonders wahrnehmen koͤnnen.
Der Unterſchied zwiſchen beiden iſt ofs
ters nur derjenige Unterſchied, welcher in
jedes Natur -Eigenſchaft insbeſondere
herrſcht; ſie haben einerlei Liebe der Welt,
einerlei weltliche Furcht und Freuden, ſie
ſind beide eitel in ihrem Dichten und
Trachten.
Ihr ſehet einerlei Verlangen nach Ehr
und Herrlichkeit in Stolz unb Kleider
pracht, einerlei Selbſtliebe und Zaͤrtlich—
keit, dieſelbige naͤrriſche Freundſchaft und
ungegründeten Haß, dieſelbige Niederträch—⸗
tigkeit des Gemuͤths und kleinen Geiſtes,
dieſelbigen Begierden nach Ergoͤtzlichkeiten,
dieſelbige muͤſſige und eitele Wege die
Zeit zu vertreiben mit Viſiten und unnü—
tzen Befprächen, wie die uͤbrige Weltleute
thun, welche keinen Ruhm von der Gottſe—
ligkeit machen.
Ich vergleiche nun nicht gutſcheinende
Leute und offenbare Schandflecken mit
einander, ſondern Leute eines ehrbaren
Wandels. Laßt uns zum Exempel zwei
ehrbare Weiber uns vorſtellen; geſetzt,
die eine iſt ſorgfaͤltig dem äuſſern Gottes—
dienſt fleißig und pftichtmaͤßig beizuwoh—
nen: und die andere hat keine berzliche
Bekuüͤmmerniß deshalben, ſondern fie gehet
fleißig oder ſelten in die Kirche, wie es
ſich ſchicket.
Da iſt nun der Unterſchied leichtlich zu
ſehen zwiſchen dieſen Zwei Perſonen; a—
ber wann ihr dieſes ſehet, koͤnnt ihr auch
—
Der Evangeliſche Beſuch.
wohl einen weitern Unterſchied zwiſchen
ihnen ſehen? Koͤnnt ihr auch ſehen, daß
ihr gemeiner Wandel unterſchieden iſt?
Sind nicht die Geſtalten und Gebraͤu—
che bei einer wie bei der andern? Leben
ſie als ob ſie in verſchiedene Welten gehoͤr—
ten, verſchiedene Abſichten, und verſchiede—
ne Richtſchnuͤre und Maßregeln in ihrem
ganzen Wandel hätten? Haben fie nicht
daſſelbige gute und boͤſe? Haben fie nicht
einerlei Vergnuͤgen und Mißvergnuͤ—
gen über dieſelbige Stucke? Führen fie
nicht einerlei Wandel?
Scheint die Eine dieſer Welt zuzugeho—
ren, und ſiehet auf die ſichtbaren Dinge,
und die Andere von einer andern Welt
gaͤnzlich ſehende auf das Ewige? Lebet
die Eine in Freuden und vergnügt ſich im
Staat und Pracht, und die Andere in
Selbſtverläugnung, Ertoͤdtung und Abſa—
gung alles deſſen das Eitel iſt, es ſey am
Leib, Kleider, eder Betragen?
Bringt die Eine ihre Zeit zu in oͤffent—
lichen Ergoͤtzungen, in unnoͤthigem Beſu—
chen und unnuͤtzen Geſprächen, und wen—
det die Andere allen ihren Fleiß an, ihre
Zeit im Guten zuzubringen, in Beten, Wa⸗
chen und guten Werken zu ihrem Vortheil
auf die Rechnung des letzten Tages anzu⸗
wenden?
Iſt die Eine ſorglos zu ihren Ausga⸗
ben, und froh daß fie ſich mit allerlei koſt—
barem Putz zieren kann, und ſiehet die
Andere ihr Vermoͤgen als eine Gabe Got⸗
tes an, welche fie Gottgefaͤllig anwenden
ſoll? Und eben ſo unbillig iſt, daß es un—
noͤthig ſoll verſchwendet werden, als wie es
unbillig it, ed in die Erde zu verſcharren.
Wie wenig Leute werdet ihr finden,
welche alſo von einander verſchieden ſind!
Und wann ſie in den ebgemeldten Stuͤcken
nicht unterſchieden ſind, kann man dann
wohl mit einer Billigkeit ſagen: Eine iſt
eine gute Chriſtin, und die andere nicht.
Laſſet uns ein Gleichniß nehmen unter
Männern. Leo hat viele ſchoͤne natüͤrli—
che Eigenſchaften in feiner Natur. Er
unterhält was man gute Cempanie nennt,
haſſet alles was falſch und boͤſe iſt, it
Fehr freigebig und milde gegen feine Freun—
de. Er bekümmert ſich aber ſo wenig um
die Religion, daß er ſchier den Unterſchied
zwiſchen einem Juden und Chriſten nicht
zu ſagen weiß.
53
Euſebius hingegen hat fruͤhzeitige Ein—
druͤcke von der Religion, und kauft gottſeli
ge Bücher. Er kann von allen Faſt- und
Feſttagen der Kirche reden,; und weiß fait
alle heilige Kirchenvater mit Namen zu
nennen, es hoͤrt ihn niemand fluchen oder
einen groben Scherz treiben; und wann
er von der Religion redet, ſo redet er da—
von als von einer Sache von groͤſter Wich—
tigkeit. | |
Hier ſehen wir einen welcher nach Welt—
art Religion genug hat ein frommer Chriſt
genannt zu werden, und der andere iſt ſo
weit ver allem Schein des Chriſtenthums
entfernt, daß er wohl mag ein Heide ge—
nannt werden.
Und wann man doch auf ihren gemei—
nen Wandel ſiehet, wann man ihre haupt⸗
regierende Eigenſchaften betrachtet in den
fuͤrnehmſten Lebens-pflichten, oder in den
Hauptlehren des Chriſtenthums, ſo wird
man einen gar geringen Unterſchied ver—
merken. Betrachtet ſie nach dem, wie ſie
die Dinge dieſer Welt gebrauchen; dann
dieſes iſt es, was jederman ſehen kann.
Es iſt eben ſo noͤthig, rechte Begriffe und
Schluͤſſe von dieſer Welt zu faſſen, und iſt
der Gottſeligkeit eben ſo vortheilhaftig, als
einen rechten Begriff von Gott zu haben;
und es iſt eben fo leicht moͤglich, daß ein
Menſch ein Krokodil anbete, und doch ein
frommer Mann ſei, als es moͤglich iſt,
ein weltlich geſinnet Herz zu haben, und
doch dabei ein guter Chriſt zu heiſſen.
Wann ihr nun den Leo und Euſebius
auf dieſe Weiſe beurtheilet, ſo werdet ihr
ſie einander ganz gleich finden, indem ſie
alles was ſie in dieſer Welt haben koͤn—
nen, auf eine gleiche Art und zu gleichem
Endzweck ſuchen, gebrauchen, und genie—
ſen.
Ihr werdet ſehen, daß Reſchthumer,
Gluͤckſeligkeiten, Ergoͤtzungen, Zaͤrtelungen,
Staat, Pracht und Ehre, ſind eben ſo
viel des Euſebius als des Les ſeine Gluͤckſe—
ligkeit; und wann das Chriſtenthum ei—
nem Menſchen fein Gemüth und Eigene
ſchaften in Anſehung dieſer Dinge nicht
verändert hat, was koͤnnen wir dann nen-
nen, daß es ihm genuͤtzet habe?
Dann wann die Lehre Chriſti recht ges
braucht würde, ſo wuͤrde ſie einen Men—
ſchen ſo unterſchieden machen von andern
Leuten in Anſehung aller weltlichen Eigen—
fihaften, ſinnlichen Ergoͤtzlichkeiten, und
54
hoffärtigen Lebens, als ein kluger Menſch
von einem andern unterſchieden iſt.
Es wuͤrde eben ſo leicht ſeyn einen Chri—
ſten an feinem aͤuſſerlichen Wandel zu ers
kennen, als es nun rar iſt, einen zu entde—
cken, der dieſen Weg bewandelt. Dann
es iſt bekannt, das die Chriſten heut zu
Tage nicht nur wie andere Menſchen mit
Schwachheiten und Gebrechlichkeiten umge—
ben ſind, als welches koͤnnte noch einiger
maßen zul entſchuldigen ſein; ſondern die
Klage iſt, daß fie in den wichtigſten Stü—
cken ihres Wandels den Heiden gleich find.
Sie gebrauchen die Welt wie jene, und
leben täglich in denſelbi 90 Eigenſchaften,
denſel bigen Abſichten und Losgelaſſenheiten,
wie die thun, welche weder Gott noch die
(Gluͤckſeligkeiten der andern Welt erkannt
haben. Ein jeder, der nur im Stande
iſt etwas zu überlegen, der wird wahrge—
nommen haben, daß dieſes überhaupt der
Zuſtand vieler andaͤchtigen Perſonen ſo—
wohl männlichen als weiblichen Ge⸗
ſchlechts iſt.
Ihr werdet freilich viele finden, welche
von andern Leuken unterſchieden find, fo
weit es die Zeit und Art der Gebeter bes
trift; aber in allen uͤbrigen Theilen ihres
Wandels find fie wie die uͤbeige. Das iſt
nichts anders als einen chriſtlichen Gottes
dienſt zu einem heidniſchen Wandel fuͤgen.
Unſer geſegneter Heiland rechtfertiget
dieſen Ausdruck, wann er ſagt: „Ihr
ſollt nicht ſorgen und ſagen: was ſollen
wir eſſen, oder was ſollen wir trinken,
oder womit follen wir uns kleiden; dann
nach allem dieſem trachten die Heiden.“
Wann dann die Unmaͤßigen weltlichen +
Sorgen in nothdürftigen Dingen vor die—
ſes Leben erweiſen, daß wir Chriſti Geiſt
noch nicht haben, ſondern den Heiden gleich
ſind; Fit es gewißlich ein weit groͤßeres
Heidenthum, wann wir die Eitelkeit und
Thorheit dieſer Welt genießen, wie ſie thun,
ihnen gleichfoͤrmig zu werden in den Haupt⸗
ſtücken und Beſchaffenheiten unſeres Le—
bens, in Eigenliebe, in Zärtlichkeiten, in
weg Ergotzlichkeiten und Freuden,
in der Eitelkeit des Putzes, in der Liebe
zum inf den und Großheit oder einigem
andern Vorzug der Reichthuͤmer. Und
wer auf ſolche Weiſe die Gottſeligkeit j
einem weltlichgeſinnten Wandel fuͤgen will
von dem kann man ſagen, er bete als Än
Chriſt, und lebe als ein Heide
ſprache
*
Der Evangeliſche Beſuch.
Die Gemeinde in der Wuüſte,
f oder:
Feugniße von dem Daſeyn einer
e Semeinde vom Ans
fang des Evangeliums bis auf unfez
re Zeit.
Die Böhmiſchen Brüder. >
Fortgefetzt von Seite 43.
Dieſer Idee, daß es Bon eniſche Brüder
gab lange vor Huf, wird one Zweifel
widerſprochen werden von 1 die
lieber den Sagen ihrer Vorvaͤter folgen,
als bei der einfachen Darſtellung der Wahr⸗
heit und Thatſachen bleiben. Es mus
auch zugeſtanden werden, daß die Kühere
Geſchichte der Boͤhmiſchen Kirche voller
Schwierigkeiten iſt, und daß es, folglich
beſonders bei ſpaͤtern Geſchichtſchreibern,
don einſeitigen Anſichten. befangen, ſe hr
leicht war, in Irrthum zu gerathen.
Um indeſſen dieſes zu vermeiden, is
nichts mehr von noͤthen als gewiſſe wohl-
begründete Thatſachen ink Sinne zu de⸗
halten, welche niemand bezweifeln kann,
als diejenige, welche es ihrem Intereſſe zu—
wider finden, ſie gelten zu laſſen. Diele
Thatſachen find, wie folgt:
I. Daß das Chriſtenthum urſprüng⸗
lich in Boͤhmen eingefuhrt wurde durch
Griechiſche Chriſten.
2. Daß es der Roͤmiſchen Kirche
endlich, nach vieler Muͤhe, gelang einen
großen Theil des Volks, namentlich de
Hohen und Weltlichgeſinnten unter ihre
e: 1 bringen.
3. Daß Waldenſer, welche im
Jahr 1176. d 1 e entflohen mas
ren, in großer Anzahl nach Boͤhmen ka—
+
men, und dort, wegen ihrer Herkunft aus
der Picardie, und weil fie ihre Mutterz
redeten, Picarden genannt
wurden.
4. Daß dſeſe Waldenſer eine Zuflucht
fanden, nicht in denjenigen Theilen, wo
die Roͤmiſche Kirche das Ruder führte,
ſondern an denen Orten, wo das Volk noch
dem alten Glauben anbieng, und wo ſie,
die Waldenſer, für eine Zeitlang volle Nez
ligions⸗Freiheit genoſſen.
5. Daß, während fie dieſe Freiheit be—
ſaſſen, itr Einfluß ſich auch an ihren Boͤh—
miſchen Nachbarn zeigte, und daß viele von
dieſen, da ſie ſahen, an die Waldenſer
oder Piearden den Weg des HErrn voll
Der
Der Evangeliſche 2
ſtänd'ger lehrten als ſelbſt ihre eigene Vor—
Fa wen, die Grundſaͤtze und Lehren derſel—
ben annahmen, und ſo ihre „Boͤhmiſche
Bruder“ wurden. b
6. Das auf ſolche Art der Urſprung
dieſer Brüder nicht vonn Jahr 1467, wie
einige thun, ſondern beinahe 300 Jahre
früher anzunehmen iſt, von der Zeit da
die Waldenſer nach Boͤhmen gekommen
waren.
7 Daß dieſe alten Boͤhmiſchen Bruͤ⸗
der, ſo lanz fie in dem Glauben und Ue—
bung beharreten, welche fie von den Walz
deu ſern gelernt batten, ganz und gar kei—
nen Antheil hatten an dem Kuſſiten-Krie—
ge, und folglich weder zu der Parthei der
Calxtiner noch der Taboriten gehoͤrten.
Aus dieſen Thatſachen und Schlußfol⸗
zen duͤrfen wie es als feſtgeſtellt anſehen,
datzaieſt alten Bruder weder mehr noch
weniger waren als ein Zweig der Apoſto—
üben Kirche, deren Spur wir bis hieher
unter dem Namen der Waldenſer ꝛc. ge⸗
folgt ſind, obſchon ſie wegen ihrer Spra—
che und Geburts-Landſe haft nicht Picar—
den oder Waldenſer, ſondern Boͤhmiſche
Brüder genannt wurden.
Noch ehe Huß geboren wurde, hatte die
Roͤmiſche Kirche fo viel Macht in Boͤh—
men erlangt, daß keine andere Weiſe Gott
anzubeten erlaubt war, als ihre eigene.
Daher mußte das ee von Grie—
chiſchen Chriſten ſowohl, als die Walden—
ſer und Boͤhmiſche Brüder im Verborge—
nen leben und ihren Gottes-dienſt halten,
oder Verfolg: ing leiden.
Zu welcher Parthei Hr ge fee iſt
nicht ſchwer zu entſcheiden. je Roͤmiſche
Kirche wollte nicht 8 daß irgend
ein Zeugniß der Wahrheit gehoͤrt werden
ſollte von denen, die auſſerhalb ihrer Ge—
meinſchaft waren, weil ſolches Zeugniß fe
allezeit beſtrafte. Darum erweckte Gett
Zeugen der Wahrheit innerhalb ihrer eige—
nen Graͤnzen.
Solche waren Wickliff ff in Eng:
land, und Huß in Boh me n, —ſol⸗
che wiren Luther, Zwingli und Calvin in
Deutſchland, der Schweitz und Frank-
reich. Ihr Zeugniß war mehr oder we—
niger vollſtandig. Sie waren erweckt aus
der Finſterniß, in welcher ihre Kirche ſie
gehalten hatte, und konnten nicht gleich
BEE Wahrheit und Irrthum in allen
Stuͤcken erkennen und unterſcheiden.
Beſuch. 55
Hätte Huß z. B. den Charakter“ der
Roͤmiſchen Kirche, welches ſeine eigene
war, in dem wahren Licht erkannt, in wele
chem jeder Griechiſche Chriſt, und noch
mehr jeder Waldenſer und Boͤhmiſche Bru—
der ſie erkannte, und ihn unterrichtet ha⸗
ben koͤnpte, er wurde es nicht gewagt ha—
ben freiwillig in die Loͤwengrube e zu Con⸗
ſtanz zu gehen, wo er Marterthum aus⸗
ſtehen mußte für feine Kuühnheit.
Hatten ſeine Nachfolger das wahre Chri—
ſtenthum begriffen, fo würden fie nicht ver—
ſucht haben die Wahrheit zu vertheidigen
mit dem Arm des Fleiſches und den Waf⸗
fen dieſer Welt, und wenn es wahr wäre,
daß alle Waldenſer Theil nahmen an den
dee jo koͤnnen wir nur ſagen,
daß fie weit weit von den Grundſätzen
ihrer Vorfahren abgewichen waren, und
nicht länger als ihre wahre Nachkommen
angeſehen werden konnten.
Aber dieſes kann nicht als wahr ange-
nommen oder buchſtaͤblich verſtanden wer⸗
den; eben ſo wenig als wenn wir ſagen
wollten mit Hinſicht auf den Krieg, den
unſere Nation mit Mexico führte, daß une
ſer ganzes Volk an dieſem Kriege Theil ges
nommen habe. In einem gewiſſen Sinn
zwar mag es als wahr gelten. Wenn
wir aber damit zu verſtehen geben wollten,
daß jeder Bürger perſoͤnlichen Antheil
daran genemmen habe, ſo wäre es falſch,
in ſo fern Jedermann weiß, daß Tauſen—
de in unſerem Americaniſchen Volk aus
Grundſatz gegen alles Kriegführen find,
und daß Millionen unſerer Buͤrger lieber
daheim bleiben als einen thaͤtigen Antheil
daran nehmen wollten.
Se, ohne Zweifel, waren Tauſende von
Waldenſiſchen und Boͤhmiſchen Bruͤdern,
die von beiden Partheien, den Huſſiten
und ihren Feinden, lieber leiden wollten
waͤhrend jenem langen, ſchrecklichen und
grauſamen Krieg, als daß ſie Theil daran
genommen hatten. Die Ewigkeit wird es
uns erſt voͤſlig offenbaren, was fie gelitten
haben. Wohin ſie auch flohen, ſo bald
ſie erkannt wurden, ſo mußten ſie die
ſchrecklichſte Verfolgung leiden.
Sollte man auch glauben muͤſſen, daß
dieſe alten Boͤhmiſchen Bruͤder ganzlich
ausgerottet wurden, ſo finden wir doch ein
Ueberbleibſel ihrer Grundſätze in den
Neuen Boͤhmiſchen Brüdern, die um
das Jahr 1453 entſtanden, und Religions—
56
Freiheit erlangten. Sie ließen ſich auf ei⸗
nem Diſtrickt an den Grenzen von Schle⸗
fien, Litiz genannt, nieder, ſtrebten nach
apoſtoliſcher Einfalt, und nannten ſich An—
fangs „Fratres Legis Christi,“ das
iſt: die Bruder des Geſetzes Chriſti; lies
ßen aber ſpäterhin die zwei letzten Worte
weg, und wollten nur Bruder“ heiſſen.
Dieſe allgemeinen” Anmerkungen hielten
wir fuͤr noͤthig, damit unſere liebe Leſer in
der nun folgenden Geſchichte dieſes Brü—
der⸗Volks alles recht verſtehen, und ein je—
des an feinen gehörigen Ort legen moͤchten.
(Fortſetzung folgt.)
— —
Correſpondenz.
Von einem lieben alten Bruder, der
jetzt in Miſſouri wohnt.
Mein theuerſter Bruder in Jeſu, dem
Heilbringer unſrer Seelen. In demſelben
grüße ich dich, wie auch dein Weib, die lie-
be Schweſter, und alle, denen die Erſchei⸗
nung IESlil lieb iſt.
Es war ſchon eine geraume Zeit, daß
ich nichts von dir gehoͤrt hatte. Auch ha—
be ich oͤfters gewuͤnſcht zu wiſſen, wo du
wohneſt und wie es dir gehet. — —End—
lich bekam ich eine Nummer des „Gospel—
Viſiter's,“ welches uns ſehr erfreute.
Wir haben es unterſucht, und ſind wohl
zufrieden mit der Materie, die du deinen
Leſern mittheileſt. Auch werde ich ſuchen,
ob ich einige Subſeribenten ſammlen kann.
Bis den fuͤnften naͤchſten Monats find
es fünf Jahre, daß mein Weib geſtorben
iſt. Ich lebe mit meinem Sohn Eli, und
habe keinen Mangel. Gott hat niemals
kein großer Werk an mir gethan, als wie
er mein Chaos in CH — vernichtete,
und wenn ich einmal nach Haus komme,
ſo werde ich Ihm danken in alle Ewigkeit.
Lieber Bruder, ſeit ich dein Angeſicht
nicht mehr geſehen, haben ſich viele Auf—
tritte bey mir ereignet. Erſtens fuͤhlte ich
die Schwache des Koͤrpers, und Zweitens
mußte meine Seele durch viele Dunkelhei—
ten hindurch gehen, bis ich endlich Gott in
Chriſto im Dunkeln fand. 1. Koͤn. 8, 12.
So wallete ich fort bis an mein achzigſtes
Jahr.
.
Der Evangeliſche Beſuch.
Jetzt fühlte ich, daß ſich meine Leibes
und Seelen-Kräfte um ein großes wieder
einſtellten; und bekam einen ſtarken Trieb,
das arme Leben Jeſu ſchriftlichtund muͤnd—
lich zu bekennen. — Allein meine Briefe
blieben meiſtentheils unbeantwortet, und
fo habe ich meinen Briefwechfel geſchloſſen,
auſſer mit etlichen vertrauten Bruͤdern.
Ich habe mich nun an das Haus Iſra—
el und Juda gewandt, —fand den groͤſten
Beifall, und bekam eine Einladung bis
kuͤnftigen Sommer an ihrer Synagoge in
St. Louis zu erfiheinen. — —
Ich habe ſeit 3 Jahren mehrere Stucke
geſchrieben, von denen ich dir das letzte
ſchicke. Kannſt du etwas damit machen;
ſo ſteht es in deiner Hand.
—Ich erwarte bald eine Antwort, und
em pfehle mich deinem Gebet.
Von einem SO jährigen
Nazarener.
Antwort.
— Verzeihe, lieber Bruder, daß ich
deinem Begehren nicht eher Folge leiſten
konnte. Jeden der vielen Briefe, die ich
zu dieſer Zeit empfange, beſonders zu bez
antworten, iſt rein unmoͤglich.
Du wirſt mir hoffentlich um ſo lieber
verzeihen, als ich gethan habe, was ich
konnte. Ich ſandte dir nämlich auf
Befehl eines theuren uns beiden wohl-
bekannten Bruders in Virginien alle
Nummern des Viſiters vom erſten An-
fang an, die du oder vielmehr dein Sohn
richtig erhalten haben wird, und werde
auch fortfahren zu ſenden, ſo lange der
Herr unſerem geringen Werk Fortgang
gibt.
Deine Mittheilung, ein ziemlich langer
Aufſatz, wirſt du mir erlauben, noch fuͤr
eine Weile zuruͤckzulegen, bis ich Zeit und
Gelegenheit habe, ihn einzuruͤcken. Unſer
deutſches Blatt iſt ſo klein und noch ſo
jung, daß ich ſehr behutſam ſein muß, um
es beim Leben zu erhalten. Du weiſt je,
was der Apoſtel ſagt: „Kindern muß
man Milch geben, und nicht ſtarke Speiſe.“
Wegen der Einladung der Juden an dich
brauche ich Armer einem achzigjährigen Na⸗
zarener keinen Rath zu geben. Aber mein
Gebet iſt, daß Gott dir Gnade und Weise
heit verleihen möge zu prüfen, was da ſey
Sein guter, wohlgefälliger und vollkomme⸗
ner Gottes-Wille. Amen. — —
*
Der (paugel
Juny
— — — —
Die Gemeinde in der Wüſte,
oder:
Feugniße von dem Daſeyn ciner
apoſtoliſchen Bemeinde vom A
An⸗
fang des Evangeliums bio auf unſe⸗
re Zeit.
Die Böhmiſchen Bräder.
Dieſe boͤhmiſche Bruder erhielten end—
lich im Jahr 1453 von dem Koͤnig Georg
Podiebrad Religionsfreiheit, errichte—
ten eigene Geme nden, wählten Verſteher,
und hielten gemeinſchaftllche Berathungen,
wie ſie Lehre, Leben und Verfaſſung ihrer
Kirche immer mehr nach Gottes Wort bil⸗
den, und alles auf
keit der erſten apoſteliſchen Kirche zurück—
führen konnten. Auch ven den Calirti—
nern, denen ſeitdem die Augen aufgegang—
en waren, ſchlugen ſich viele zu ihnen, und
je erhielten nun den den en
Namen der boͤhmiſchen Brud
Um das Jahr 1460 brach ein neuer
Sturm über die Bruder aus. Viele wur—
den verbrannt, gefoltert, mit Pferden zerriſſ
en, im Winter krank auf's Feld geworfen;
Andere hieng man mi it ſchweren Eiſen an
den Fuͤßen auf, und ließ ſie fo an der Ver-
renkung aller Glieder ſterben, oder man
packte ihnen Hände und Fuße ab.
Während dieſer Verfolgung ſchickten die
Brüder in Lititz nach allen Seiten bin
Abgeordnete aus, um die Verfolgten im
Lauben zu ſtärken, und zur Geduld zu er—
muntern. So kam auch der Bruder Gre—
gor, Neffe des Erzbiſchofs ven Prag, eines
Hauptverfolgers, nach Pr ag, und verſam—
melte die Bruder in einem Hauſe, um mit
ihnen das Abendmahl zu halten. Der
Richter, der ihnen heimlich geneigt war,
ließ ihnen unter der Hand zu wiſſen thun,
man ſey ihnen auf der Spur, ſie ſollten
fliehen.
Gregor glaubte, Chriſten müßten ſich
der Gefahr nicht ohne Noth ausſetzen, und
rieth, man ſollte nicht einmal eſſen, ſondern
eilend entrinnen. Die andern ſagten:
„Nein, wer glaubt, der feucht nicht; laſ—
ſet uns ruhig eſſen, und erwarten, was
kommen wird.“ Einige Studenten ruͤhm—
ische &
1853.
die Einfalt und Lauter-
ſich, die Folter waͤre ihnen ein Fruͤh⸗
ſtück, und der Scheiterhaufen ein Mittags-
nahl.
Sie wurden alſod uͤberfallen, und der
(Gerichtsdiener rief ihnen unter der Thuͤre
zu: „Es ſteht geſchrieben: Alle, die
dentſeli leben wollen, müſſen Verfolgung
leiden. Folget mir alſo auf Befehl der
Obrigkeit in's Gefangniß.“ Nun ſollten
ſie auf die Folter; aber faſt Alle, die ſich
vorher ihrer Standhaftigkeit gerühmt hats
len, verlaugneten jetzt ihren Glauben aus
Furcht vor der Mitter:
(Gregor hingegen, der in der Geſchich⸗
te der Patriarch der Brüder genannt wird,
ließ ſich nicht ſchrecken. Auf der Folter
ſank er in Ohnmacht, und Jedermann
glaubte, daß er todt ſey. Auf dieſe Nach⸗
richt eilte ſein Oheim, der Erzbiſchof, herzu,
und brach voll Wehmuth und mit Thränen
in die Werte aus: „Ach mein lieber Gr es
gor, wollte Gott, ich wäre, wo du jetzt
bir
Gregor kam wieder zu ſich, und wurde
auf des Erzbiſchors Fürbitte freigelaſſen.
Er erzählte hernach, er habe in dieſem bee
wußtliofen Zuſtand einen ſchoͤnen Baum gez
feben voll herrlicher Fruͤchte, an denen eine
Heerde lieblich ſingender Voͤgel ſich wai—
deten, und die ein freundlicher Knabe mit
einem Stab im Gehorſam hielt. Drei
ehrwuͤrdige Manner ſtanden als Wächter
dabei, deren Geſtalten er ſechs Jahre her—
nach an den drei Maͤnnern erkannte, die
als die e ien Biſch oͤfe der Brüder gewählt
wurden. Letzteres geſchah im Jahr 1467,
Die Brüder waren nämlich in Sergen,
weher ſie taugliche Prediger bekommen ſoll⸗
ten, wenn ihre jetzigen einmal abgiengen,
und baten ſich daher einen guten Rath
von den waldenſiſchen Gemeinden aus,
welche in dem benachbarten Oeſtreich
ſammt ihren Bıfıbefen wohnten. In dem
Dorfe Lhota, nahe an der Gränze, wurde
eine Verſammlung gehalten, zu welcher ſich
aus Böhmen und Mähren TO Abgeordne—
te, Prieſter, Edelleute, Gelehrte, Burger
und Bauern einfanden.
Der Anfang wurde unter vielen Thrä—
nen mit Faſten und Beten gemacht. Dar⸗
—
4
58
auf erwaͤhlten fie 20 Perſonen, von denen
11 die Verhandlungen zu leiten ane
unter den 9 uͤbrigen aber ſollte der HErr
diejenigen, anzeigen, welche er zu Bi ſchoͤfen
Seiner e Gemeinde auserſehen
hätte. Den Willen Gottes in dieſem
© he fucten ſie auf folgende Weiſe zu erz
forſchen. Sie wickelten 12 Zeddel zuſam⸗
men, unter welchen 9 leer waren, auf drei—
en aber ſtand: us” er iſt's; als ein Zei⸗
chen der goͤttlchen Wahl. Alle 12 Papie⸗
re wurden nun unter einander in ein Ge—
faͤß geworfen.
Darauf ermahnte Gregor abermals
zum Gebet, daß Gott nach Seiner Liebe
aus dieſen vorgeſtellten 9 Männern einen,
zwei oder drei für Seine Kirche erwählen
wolle. Wofe rn es aber nicht Sein Wille
wäre, fo moͤge Er es lenken, daß keiner ge—
troffen, ſondern lauter leere Zeddel heraus—
gezogen 1 1 Waͤhrend dieſes herz—
hen ene haftlichen Gebets, mußte
ein Knabe ein Loos nach dem andern aus
dem Topfe herausziehen, und jedem von den
9 Maͤnnern eines in die Hand legen. Als
man nun die Zeddel oͤffnete, ſo fand man,
daß die drei bezeichneten Looſe den Matthi—
as Convaldenſis, Themas Pr ze—
laus, und Elias Chizenov, drei aus⸗
gezeichnete Maͤnner, getroffen hatten, die—
ſelben, welche Gregor 6 Jahre zuvor im
Traume geſehen.
Dieß hielt die Gemeinde für einen offen⸗
bar goͤttlichen Beruf. Ja es wollten Ei—
nige unter dem Beten und Leſen die Worte
vom Himmel gehoͤrt haben:
‘(est ma wule; giz gest czah”,
D. h. es iſt mein Wille, nun iſt es Zeit.
Sie lobten Alle GOtt, verſprachen den Ge—
waͤhlten Gehorſam und Chriſto Treue, ga—
ben einander die Hand darauf, und ließen
die drei Bruͤder durch die Biſchoͤfe der Wale
denſer zu Biſchoͤfen der boͤhmiſchen Brüder—
kirche weihen, welche die Vollmacht hatten,
Andere zu Biſchoͤfen und Predigern zu or⸗
diniren. Von da an pflegt man fie boͤh—
miſche und mähriſche B brüder,
und ihre verbundenen Gemeinden die ver—
einigte Bruͤderkirche (unitas fratrum) zu
nennen.
Bald darauf erhob ſich eine neue Ver-
folgung gegen die Bruder. Der Koͤnig
Georg Podiebrad befahl, fir überall
aufzufangen, und zur 1 Zäugnung ihres
Glaubens zu noͤthigen. Die Gefängniffe
—
Der Coangeliſche Beſuch. |
in Böhmen und namentlich in Prag wur—
den bald mit Bruͤdern angefuͤllt, und auch
ihr erſter Biſchof mußte darin bis nach des
Koͤnigs Tode (1471) ſchmachten. Man⸗
che ſtarben in dieſen Behaͤltniſſen vor
Hunger, und Andere wurden ſonſt ſchreck—
lich mißhandelt. Die Uehrigen waren ge⸗
noͤthigt, in die dickſten Waͤlder zu ſluͤch—
ten, und den Tag über ſich in Hoͤhlen 1
Felsklüften zu verbergen. Um am Tage
nicht durch den aufſteigenden Rauch ve rra⸗
then zu werden, machten ſie nur bei Nacht
Feuer, laſen bei demſelben die Bibel, und
beteten.
Wenn Schnee gefallen war, und ſie doch
ausgehen mußten, etwas zur Nahrung
aufzutreiben, oder Andere zu beſuchen, ſo
giengen ſie Einer hinter dem Andern, ſe,
daß der Folgende immer in des Vorhergeh—
enden Fußſtapfen trat; fund der Letzte
ſchleppte einen Strauch hinten nach, um die
Spur zu verwiſchen, daß man weiter nichts
vermuthen due als es muſſe etwa ein
armer Mann da gegangen ſeyn, der Reiſer
aus dem Buſch geholt habe.
Unter dieſen Wonen wurde der Bruder
Matthias Dolanscius, weil er
das reine Evangelium bekannte, in Prag
zuerſt 6, dann 4 Jahre in das Gefängniß
geſetzt. Anfangs unterhielten ihn etliche
gute Leute mit Speiſe und Trank, unter
welchen beſonders eine vornehme Frau war,
deren Magd durch ſeine Ermahnungen zur
Erkenntniß der Wahrheit gelangte. Als
aber die Feinde dieſen Leuten geboten, ihm
nichts mehr in's > Gefängniß zu ſenden, und
alſo Gef ahr war, daß er * Hunger ſter⸗
ben würde, ſo half ihm Gott auf eine an—
dere Weiſe.
Einmal ſah er von ungefaͤhr nach den
Fenſtern des Gefaͤngniſſes, und bemerkte,
daß ſich eine Dohle dort geſetzt hatte, die
etwas in ihrem Schnabel trug. Indem
ſich Matthias nach ihr wendete, flog
ſie zwar hinweg, ließ aber aus ihrem
Schnabel ein kleines zuſammengewickeltes
Tüchlein fallen. In dieſem fand er ein
Goldſtück, fir welches er bei den Huͤtern
des Gefängniffes Speiſe kaufen konnte,
und mit dieſer konnte er ſein Leben erhal—
ten, bis der Koͤnig ſtarb. Was alſo die
Raben dem Elias gethan, das koͤnnen im⸗
mer noch, wenn GOtt es haben will, die
Behlen einem Matthias thun.
Der Evangeliſche Beſuch.
Mit dem Tode des Erzbiſchofs und des
Koͤuigs Georg horte dieſe Verfol gung
auf, und unter dem neuen König, Ba MINE
dislaus aus Polen, hatten die Brüder
eine Zeit lang Ruhe. Solche ruhige Zeiten
pflegten ſie aus 1 oͤrderung des Reichs
GOttes auf allerlei Weſſe zu benutzen.
So ſendeten ſie z. B. Einige aus ihrer
Mitte ab, um ſich nach dem Zuſtande des
Reichs Chriſti auf der Erde zu erkundigen,
und zu erforſchen, ob irgendwo in der Welt
ſolche Chriſten waren, die Chriſtum nicht
blos mit dem u bekenneten, ſondern
ihm auch im Leben nachfolgeten, die an der
reinen Lehre aus GOttes Wort hielten, den
Papſt für den Antichriſt erkenneten, und
mit denen ſie in bruͤderliche Gemeinſchaft
treten, oder von denen ſie, was zur Ver—
beſſerung ihrer Gemeinde diente, annehmen
konnten.
Der erſte Verſuch wurde im Jahr 1474
gemacht. Einige Edelleute nahmen die
Unkoſten auf ſich, und erhielten vom Koͤnig
ſichere Geleitsbriefe. Die Abgeordneten
zogen durch Polen nach Conſtantinopel.
Daſelbſt theilten fie ſich, und Luk ea s reis
te nach Griechenland und Italien zu, Wa⸗
reſſa Cocovecius darch Seythien
nach Moskau und e ſlaviſchen Pro⸗
vinzen, Martin Ca patuik nahm
einen Juden zum Dolmetſcher, und zog
durch Paläſtina und Aegypten, während
Caſpar Marchicus Thracien unter⸗
ſuchte. Als ſie wieder nach Hauſe kamen,
verſicherten fir, ſie hatten das, was fie ge—
ſucht, nicht gefunden, wohl aber muͤßten fie
beklagen, daß fie in der ganzen Chriſten—
beit den gräulichſten Verfall angetroffen
hatten, und daß es ſcheine, als hatten fich
die Chriſten untereinander verabredet, ſich
den ſchaͤndlichſten Laſtern'zu ergeben.
fi
Die Brüder verſammelten demnach wie—
der einen Synodus, und berathſchlagten,
was ſie nun thun wollten, damit ſie von
dem Vorwurf einer Kirchentrennung we⸗
nigſtens vor Gott und in ihrem Gewiſ—
ſen frei wären, und ihren Nachkommen
einen gewiſſen. Weg hinterließen. End⸗
lich wurde beſchloſſen: „Wenn Gott ir⸗
gendwo in der Welt fromme Kirchenleh⸗
rer und Reformatoren erwecken wird: ſo
wollen wir uns zu denſelben halten.“
Dieß geſchah 1486. Als ihnen nun leine
dergleichen bekannt werden wollten, ſand⸗
ten ſie drei Jahre hernach abermal obigen
59
Lukas und einen Thomas Germa—
nus nach Frankreich und Italien, um in
dieſen Ländern heilige und der Wahrheit
befliſſene Gemeinden aufzuſuchen.
Dieſe fanden aber, daß die meiſten
Chriſten von ei Lehre und Leben ab⸗
gefallen waren; doch trafen ſie auch etliche
gottesfürchtige Ai unter großen FTruͤbſa—
len und Gefahren ſeufzende Seelen an,
mit denen fie ſich über ihren Glauben uns
terredeten, und gegenſeitig ſtärkten. Sie
mußten mit Augen anſehen, wie einige
dieſer verborgenen Chriſten verrathen und
zum Feuer verdammt wurden, worunter
auch Hieronymus Savonarola,
ein Wahrheits „Jer ge in Italien, gewe—
ſen.
In Frankreich kamen ſie zu den Wal—
denſern, die fie als fromme Leute erkann—
ten, und von denen ſie . aufge-
nommen und bewirthet wurden. In Rom
kamen ihnen Dinge zu Geſicht, vor welchen
ihnen ſchon lange gegraut hatte. Dieß
Alles erzaͤhlten ſie bei ihrer Heimkunft den
Brüdern, welche nun wohl ſahen, daß ih—
nen nichts mehr übrig bleibe, als für die
n zu Gott zu ſeufzen, und da⸗
heim bey der Erduldung goͤttlicher Prüfe
ungen Gedult und Standhaftigkeit zu be—
weiſen.
In den ruhigen Zeiten, welche Gott der
Bruderkirche geſchenkt hatte, breitete ſie ſich
immer mehr aus, und viele Edelleute, wel—
che ſich an fie anfe hloßen, raͤumten ihr auf
ihren Gütern Bethäuſer ein. Noch waren
ſeit der feierlichen Stiftung der 3
kirche keine 50 Jahre verfl ls ma
ſchon (im Jahr 1500) geg 0 folcher
Kirchen zählen konnte. Die Feinde der
Brüder konnten aber dem blühenden Zu—
ſtand dieſer ihnen ſo verhaßten Kirche
nicht lange zuſehen; und im Anfang des
folgenden Jahrhunderts brachten ſie den
Einig dahin, einen Verfolgungsbefehl ges
gen die Bruͤder zu erlaſſen.
Er wurde zwar bald zurückgenommen;
allein der Landtag beſchloß auf's Neue ihre
Ausrottung, und um den 1 zur Ein⸗
willigung zu bewegen, beredeten d e katholi⸗
ſchen Biſchoͤfe die Koͤnegin, wenn fie nicht
zur Ausrottung der Pikarden ſſo wurden
die Bruder genannt) be bülflich ſey, fo dro⸗
be ihr eine ungluͤck liche Geburt Die Koͤ⸗
nigin bot nun Allen auf, m König
herum zu bringen, und der Konig hatte
nicht den Muth, es abzuſchlagen. Er,
MINE |
00
gieng aber darguſ in fein Cabinet, fiel auf
die Knie, und bat nut Thränen, Gott wol—
le doch dieſen Rath zu nichte machen, weil
er kein Gefallen habe an dem Vergießen
des unſchuldigen Blutes.
Die Feinde der Brüder frohlockten;
aber hoͤret, wie es ihnen gung. Die Kor
nigin lag etliche Tage in den groͤßten Ge—
burts ſchmerzen, und gab unter denſelben
ihren Geiſt auf. Der Reichskanzler Col—
lowrat begab ſich vom Landtag nach
Krupka, und bat zu ſich den Herrn von
Colditſch, welchem er mit Freuden erzaͤhl—
te, es fen nun einmüthig ausgemacht, daß
die Pikarder alle ſollten ausgerottet werden.
Darauf fragte der Herr von Colditſch ſei⸗
nen Bedienten, der hinter ihm ſtand, und
zu den Brüdern gehoͤrte: „Simeon, was
meinſt du? weil Alle ſo einſtimmig ſind,
wird es wohl ſo hinaus gehen?“ Simon
antwortet: s iſt noch Einer dabei ge—
weſen, von dem ich nicht weiß, ob er einge—
ſtimmt hat, ohne den aber wird nichts dar-
aus werden.“ Der Kanzler, welcher mein—
te, er wiſſe von einer neuen Verſchwoͤrung,
fuhr ihn zornig an, und fragte: Wer iſt
der, der ſich allen Reichsſtanden zu wider—
ſetzen wagen darf? Das müßte ein Ver—
raͤther des Vaterlandes und ein Erzſchalk
ſeyn, der nichts Beſſeres verdient hatte als
die Pikarder ſelbſt.“ 1 0 ſchlug er
auf den Tiſch und be theuer e, Gott ſolle ihn
nicht en 3 chen laſſen, wenn er tur
bete, fo lange noch Einer 90700 wäre. Der
Diener hob auch ſeine Hand auf gen Him⸗
mel, und ſprach: „Da droben eh
Einer; wenn der nicht ja dazu geſagt hat,
ſo ha en Rath Def: cles a aber es
wird nie aus werden.” r Kanz⸗
ler verſetzte: „Du Schelm Mi es ſchon
erfahren,“ und ſtand vom Tiſch auf, um
nach ſeinem Schloß zu gehen. Auf der Stel—
le fuhr eine brennende Blatter an ſeinem
Fuße auf, an welcher er, da noch der Brand
dazu kam, den die Aerzte nicht
konnten, etliche Wochen
mußte.
Der Erzbiſchof Biſek war eben auf
dem Weg nach Maͤhren, um die kenigliche
Verordnung kund zu thun. Er hatte Wils
len eingenommen, die trieben ihn, daß er
aus dem Wagen ſpringen wollte. Er
blieb aber mit einem Fuße bangen und
verletzte etwas jm Leibe, wovon er aufge-
laufen, zerbeſten und geſtorben iſt. Ra⸗
d pr auf dem Mennkblitten, und
5 >;
loſch Ven
hernach ſterben
Der Evangeliſche Beſuch.
hatte neben ſih eine Schleuder und zwei
Spieße. Da der Schlitten in heftigen
Schwung kam, fuhr ihm der eine Spietz
gewaltig durch die Nieren, daß er am drit—
ten Tage ſtarb. Puta von Synich ov
war zu Raby auf ſeinem Schloſſe; und
als ein beftiges & Donnerwetter kam, lief er
vor Schrecken in ſeine Kammer, und zog
den Schlüſſel ab. Da er lange nicht mehr
herauskam, und auf das Anklopfen ſeiner
Bedienten nicht aufmachte, ließen ſie den
Schloſſer kommen, und die Thuͤre auf⸗
brechen. Vier der vornehmſten Anweſen—
den giengen hinein; die zwei eriten aber
traten ſogleich wieder zurück, ließen einen
Sarg machen und wohl verpichen, datz
Niemand recht wußte, was r
Biron v. Neuhaus ſiel auf der Jagd
aus dem Wagen, und der Spieß fuhr ihn
dermaßen in die Hüfte, daß er daran ſtarb,
Der Doctor Auguſtinus, ein Rechts⸗
ge lehrt er, der mit einer luͤgenhaften Schrift
die Brüder bei'm Koͤnig und allen Men—
ſchen gräulich anzuſchwärzen geſucht hatte,
ſtarb zu gleicher Zeit in Olmus über dem
Nachteſſen plötzlich dabin. Dieſe ſchnellen
und ſchreckllchen Todesfalle mehrerer der
beftigiren Feindet welche die Brüder zu
fürchten hatten, machten großes und allge⸗
meines Aufſehen, und gaben Veranlaſſung
zu einem Sprüchwort, das um jene Zeit
haufig gehoͤrt wurde: „Wer des Lebens
überdruͤſſig iſt, der reibe ſich nur an der
Pifarden; ſo wird er kein Jahr mehr uͤber⸗
leben.“
(Der folgende Aufſatz wurde geſchrie⸗
ben und kurzlich publicirt von einem
Mann, wie er ſelbſt ſagt, an die Ammi⸗
ſchen Gemeinden, ſeine geweſene Glau—
bensbrüder. Es iſt manches beherzigens⸗
werthe darinnen, und wir geben einen
kurzen Auszug davon zur Pruͤfung.)
Der te Adam, das Ich, oder d ie
Selbſtſucht.
Die Liebe Gottes des Vaters unſer aller
wolle uns in Chriſto Jeſu, in Gnaden anz
ſehen, und unſer „Ich““ durch die Ueber⸗
zeugung des beiligen Geiſtes in uns daͤmp⸗
fen und ganzlich zernichten. Denn ohne
das gänzliche Zerſtͤren des“ Ich's oder
der Selbſtſucht in uns koͤnnen wir nicht zu
Der Evangeliſche Beſuch.
Jeſu kommen; alles, was wir ſind, und
glauben zu haben, müſſen wir ablegen,
wenn wir zu Jeſu kommen wollen.
Wir müſſen erſt arm werden, ehe Er
uns reich machen will. So lange wir et—
was haben, (glauben zu haben,) worauf
wir uns ſtützen koͤnnen, brauchen wir Ihn
und feine Huͤlfe nicht; Er iſt uns von kei—
nem Nutzen. Er will uns erſt zu Hülfe
Kommen, und reich und glücklich machen,
wenn wir arm find.
Erſt wenn wir wiſſen, daß wir elend,
jaͤmmerlich, arm, blind und blos find, ra-
thet Er uns, daß wir Gold von Ihm kau—
fen, das mit Feuer durcbläutert iſt, dafuͤr
Er uns weiſſe Kleider geben witz, damit
zvir unſere Blöße decken konnen. Offenb.
3, 17. 18. Er will nicht haben, daß wir
unſere Bloͤße mit Adamiſchen Feigenblät—
tern zudecken, 1 Meſ. 3,7. und 1065
durch ſelbſt-erwählten Gottesdienſt und D
muth. Col. 2, 18. Erſt wenn wir N
und jammerlich, arm, blind und blos find,
konnen wir fühlen, was uns mangelt; wir
ſind dann arm am Geiſt. Matth. 5, 3.
Alle Guͤter und Reicht der ganzen Welt
ſamt aller ihrer Herrlichkeit, Matth., 8.
koͤnnen unſerem Gemuͤthe keine Erleichter—
ung geben. Aller Welt Freuden, und kurz
alles was zur Welt gehoͤrt, iſt weiter nichts
als 905 und Verderben zu unſerer Seele
Marc. 8, 36. 37. Und doch ſcheint es, als
wenn Halt von Natur dazu geboren mären,
(weil wir Erde ſind,) alles perkehrt anzu—
ſehen. Wir wolken erſt die Welt und ihre
Guͤter haben; recht ſatt wollen wir ſie ha—
ben, und dann erſt, wenn wir mit jenem
reichen Manne ſagen konnen: „Iß und
trink, meine Seele, freue dich, und ſey gu—
tes Muths; denn du haſt einen Vorrath
auf viele Sabre,” Luc. 12, 16 = 20. dann
erſt wollen wir zu Gott kommen, und wol—
len ihm ſagen: Wir ſind Chriſti Nachfol—
ger. Wir wollen Ihm ſagen: Wir ſind
in den Unterricht gegangen; wir haben dei—
nen Namen bekennet vor den Menſchen, —
ſind auf deinen Namen getauft nach einer
Regel, und find fleißig in die Verſamm—
lung gegangen; — wir haben an deinem
Tiſch gegeſſen und getrunken, wir haben in
deinem Namen geweiſſaget, Teufel ausge—
trieben, und viel Thaten gethan: Uns muß
32 der Himmel und die Seligkeit gehören.
Br. in Adam!
Was giebt aber
der liebe Heiland
Jeſus auf allen dieſen °
61
22% 28.
Prunk, fuͤr Antwort? Matth. 7,
„Weichet von mir ihr Uebelthater, Ich ha—
be euch noch nie erkannt!“ Welcher Aus—
ſpruch! Jedes dieſer Worte muß als ein
ſtarker Donnerſchlag in jeder Seele buten,
die es betrift. Er wird ſagen, Ihr Lauen,
weil ihr weder kalt noch warm ſeid, muß
Ich euch als das hee 2 ing aus—
ſpeien aus meinem Munde. Offenb. Joh.
3, 19 I. 16.
Aber warum ſoll uns dann die
Seligkeit fehlen, wenn wir doch allen Tu—
genden und Befehlen die Er uns gegeben
bat, ſo pünktlich nachgekommen ſind?
Warum will Er uns dann ausſtoßen?
Antw. Weil er uns nicht erkannt hat.
Warum hat er uns nicht erkannt? Antw.
Darum, daß wir alles aus keiner andern
Urſache gethan haben, als um unſer ſelbſt
willen, und nicht aus Liebe zu Jeſu.
Sehet hier, l. Br. das „Ich“ die
Selbſtſucht iſt die Urſache unſerer Ver—
dammniß: Wir thun alles nur um unſer
ſelbſt willen, und nichts aus Liebe zu Jeſu,
unſerem lieben Erloͤſer. Er ſagt ja ſelbſt,
Matth. 10, 37, 38. Wer mich nicht liebet
iſt meiner nicht werth. Darum ſpricht
der Apoſtel Paulus das Anathema uͤber
uns aus. 1. Corinth. 16, 22. Wuͤrden
wir Jeſum lieb haben, ſo wuͤrde Er durch
ſeinen guten Geiſt zu uns kommen, und
Wohnung bey uns machen, und wuͤrde
uns erkennen, und zu ſich nehmen in die
ewige Freud und Herrlichkeit. Matth.
25,34. Joh. Cap. 14. ganz.
Allein das „Ich,“ welches Satan in A-
dam und Eva gepflanz et, und das gleich
dem Tod durch ſie beide, zu allen Men—
ſchen durchgedrungen iſt, Rom. 5, 12.
verriegelt dem Heiland Jeſu die Thuͤre
unſeres Herzens. Daher kommt der blin—
de Hochmuth und Stolz, die Einbildung
auf unſere eigenen guten Werke: die dun—
kele Unerkenntniß ſeiner ſelbſt, und das
daraus fließende Phariſaiſche Geſchrei.
Luca 18, 11. 12.
nicht
O Gott!! Ich danke dir, daß ich
bin wie dieſer und jener. Ich habe das
Bekenntniß abgelegt vor den Menſchen,
bin getauft, bin zum Abendmahl gegang—
en, beſuche fleißig die Verſammlung, halte
fleißig die Meidung an den Ausgeſtoſſenen,
gebe Alnieſen nach meinem Vermögen,
bete fleißig 3 mahl des Tags meine Gebe
te; — Kurz, bey aſle dem muß ich ein
Nachfolger Chriſti ſein.
62
Aber eben wegen dieſem heuchleriſchen
Prunk, ſagt der Heiland Matth. 7. 22.
23. Weichet.—Ich habe euch nie erkannt
Es iſt alſo nur Buchſtaben— Chriſtenthum,
der Kern, die wahre Liebe zu Jeſu Chriſtoe,
iſt nicht dabei. Matth. 10, 37. Und
ſomit nur Phariſäiſcher Prunk.
O wehe, wehe! des gegenwärtigen
Chriſtenthums. Der erbarmende Gott
wolle doch einem jeden, der ſich den Na—
men Chriſti oder Chriſt aneignet, die Au—
gen oͤffnen, und durch ſeinen guten Geiſt
ihm zeigen, welche Kluft zwiſchen dem
wahren Licht Jeſu Chriſti, und dem lieb—
loſen Abgrund des gegenwärtigen Chri⸗
ſtenthums, des in Geiz und Habſucht ver
ſunkenen, verleumderiſchen, afterredneri⸗
ſchen, unzuͤchtigen, liebloſen, ja gottloſen
Weſens iſt.
Aller Gottesdienſt, aller Glauben, und
wenn er fo ſtark waͤre, daß man Berge
verſetzen koͤnnte, alle guten Werke, ab ſie
ſchon aus Glauben gefchehen, ohne die
wahre Liebe zu Jeſu Chriſto, würde nach
dem! Nusſpru⸗ h Pauli 1. Cor. 13/1. 2 3
nichts ſein, als ein toͤnend Erz, und eine
klingende Schelle.
Die Liebe zu Jeſu Chriſto vermag, als
les. Denn die Liebe zu Jeſu, kan une
moͤglich ohne ſtarken Glauben exiſtiren.
Die Erkenntniß, elend, jämmerlich, arm
blind und bloß su fein, Offenb. 3, 17. 18.
kommt erſt; dann der Glaube und die
Sehnſucht nach der Erloͤſung: dann die
Erkenntniß und der Glaube an die Erloͤ⸗
fung J. Timoth. 1, 15. dann die Liebe zu
dem Erloͤſer Jeſu Chriſto, als dem wah-
ren Erloͤſer.
O! wir ſollten ja aus Dankbarkbeit wer
das vor uns gethane Werk, ver das vor uns
vollbrachte Soͤhn-opfer, Hebr. 9, 25—28.
das Jeſus vor uns vollbracht, und uns wire
der in das durch Adam verlorne Recht
geſetzt, unſern erzuͤrnten Gott durch Ihn
wieder zum liebreichen Vater haben koͤn⸗
nen, Jeſullg Chriſtum nicht uͤber alles in
der Welt lieben, und darin ein gettſeliges
Leben fuͤhren, in aller Dankbarkeit und De—
muth.
O! Welche Liebe find wir Holle und
Verdammniß-wüurdige Sünder, Ihm nicht
ſchuldig? Iſt es nun nicht genug, daß wir
Urſache haben, den alten Adam mit ſeinem
Ich“ aus dem Herzen zu jagen (und das
werden wir aber ohne die Hülfe des guten
Geiſtes nicht thun konnen,) und Jeſu die
Der Evangeliſche
Beſuch.
Thuͤre des Herzens weft aufmachen daß, Er
Wohnung bey uns machen kann durch Terz
nen guten Geiſt? Iſt es nun nicht genu y
vor uns gethan, ſein heiliges Blut am Kreuz,
fuͤr uns zu vergießen?
Aber vor wen hat der liebe Heiland
fein Blut auf ſolche Weiſt dahin gegeben,,
als vor die, die geiſtlich arm ſind? Matth.
5, 3. Für ſeine Schaafe. Joh. 10, 12.
Für die, die Ihm der Vater im ewiger
Rath des Friedens gegeben hat. Joh. 15,
9-12. C. 17, 1-26. und durch ſeinen
Zug zu Ihm ziehet; Joh. 6, 44-85. und
die Starken beduͤrfen des Arztes nicht, ſon⸗
dern die Kranken. Matth. 9, 12. 13.
Marc. 2, 16. 17.
Er iſt nicht für die geſtorben, die ſtark
find, nicht für die, fo ſah beſſer denken als
andere Menſchen, Matth. 5, 20. Tone
dern ver ſolche, die ſich erkennen und be⸗
kennen als die vornehmſten unter den,
Sündern, und ſich mit dem Apaſtel Pau⸗
lus, unter die vornehmſten unter den Sün⸗
dern zählen: 1. Tim. 1, 15. Matth. 8,
dle,
44: 42. Die mit wer großen Suünderin,
mit Thränen ſeine Füße netzen, und fie
nit den Paaren gleichfam abtrocknen. Luc.
7, 37. 38. Joh. 12,3.
Diefe find es vornehmlich, vor welche
Er gelitten hat; dieſe ſind es, die den
Heiland Jeſu ihr Herz aufſchließen, und
dieſe nun endlich ſind es, welchen Er mot:
„Dir find deine Sünden vergeben.“ Luce
7, 48. Ihr ſeid jetzt erloͤſfet von dem
Fluch des Geſetzes; Ich habe euer Schul⸗
den⸗buch vor eh ans Kreuz getragen.
Epheſ. 2, 14. 15. Coloſ. 2, 13-17.
Ihr ſeid jetzt nichts mehr ſchuldig als daß
ihr erkennet und glaubet, daß Ich es fen,
der euch aus der Gewalt des Teufels erloͤſet
und euch ewige Geer tigen zu wege ge⸗
bracht habe. Roͤm. 3, 24. 25. Hebr. 4,16.
dere ich von euch nichts weiter,
als daß ihr eure Untüchtigkeit, vor euch
ſelbſt etwas gutes zu thun, erkennet, und
mich von Herzen bittet um Hülfe, ſo will
Jetzt for
Ich euch von meinem Geiſt ſenden, der
wird euer hartes Perz weich machen, euch
eure Bloͤße zeigen, Oßfenb. 3, 17. euch
beſchamen und belehren, und in euch das
Verlangen nach Mir erwecken.
Dann werde ich kommen und ſammt.
meinem Geiſt, bleibende Wohnung bei euch.
machen, und der Geiſt der Wahrheit wird
euch in alle Wahrheit leiten. Joh. 16, 13.
Der Evangeliſche Beſuch.
Er wird euch zeigen, wie große Made ihr
Habt, Mich uber ales zu lieben. Matth.
10, 37. Es wird eue 0 dann wicht ſchwer
1 5 u, aus Liebe zu mir auch euch unter
inander zu. lie 110 Joh. 13, 34. Cap.
38 17. Es wird euch dann nicht ſchwer
fallen, aus Liebe zu mir auch euer Kreuz
auf euch zu bebe N mie nachzufolgen.
Matth. 38. Cap. 11, 28-30.
Meine Lieben! Wie Udet der liebevolle
Erloſer, alle muͤhſeligen und beladenen
Seelen ein zu ihm zu konnen, 5 Er will
ſie garden. Matth. 11, 28-30. Er will
ihnen Waſſer geben das ins an Leben
quillet, Jeh. 4, 14. wo fe nimmermehr
Dürſten werden. Er will ihnen alles ges
10,
ben, was ihnen vonndthen iſt. Matth.
6, 25-32. Luc. 12, 16-30. Er will ſie
durch feinen Geiſt untewichten: Er will
ihnen die Schrift offenbaren: Er will ſie
lehren, Er wit gie in alle Wahrheit leiten.
Joh. 16, 13. Er will izren Lebens-wan⸗
wel heiligen, alles durch ſeinen guten Geiſt.
Ohne mich koͤnnet ihr 1980 thun,“ ins
er ſelbſt. Joh. 15, 5. Cap. 6, 63. 2 2.
Cor. 3 6.
Das, „Ich' (die Selbſtſucht) der alte
Adam in uns, der laͤßt uns aber nicht zu,
uns gründlich zu bekehren; er gibt uns zu,
der Gemeinde nachzugehen, (in den Unter⸗
richt z) e gibt ferner zu, ein gezwungenes
Ich glaube daß Jeſus Chriſtus Gottes
Sohn iſt,“ Actor 8, 37. ohne Gedanken
(unter e ohne Andacht nach⸗
zuſtammlen. Mare. 8, 38. Er gibt ferner
zu, daß wir uns taufen laſſen; auch ſtraͤu—
wet er ſich nicht arg, uns zum Tiſch des
Herrn gehen zu laſſen.
(wiewohl mit Vorbehalt der Perſon⸗aus⸗
wahl) z u, nach dem Abendmahl die Fuß
zu De.
Alles dieſes kann der alte dam noch
leidentlich thun und zugeben, er gehet ohne
Andacht, und ohne große Hinderniſſe an ſei—
nen Welt⸗geſchäften vorbay: : auch kann er
wenn er gefragt wird: Biſt du all deinen
Pflichten den Verſchriften der Lehre Chri—
ſti und der Apoſtel gemäß nachgekommen? 2
Haſt du das Bekenntniß von Chriſto Jeſu
abgelegt? Tauf und Abendmahl genom-
men? Die Fuͤße nach dem Abendmahl ges
waſchen? Die Meidung an den Ausge—
ſtoßenen gethan? Haſt du die Verſamm⸗
lung fleißig beſuchet? Biſt fleißig gewe—
ſen am Gebet? Getroſt ſagen, O ja! das
alles habe ich gehalten von meiner Jugend
Er gibt auch noch M
63
auf: Was fehlet mir noch?
20-22.
Willſt du vollkommen ſein, ſo gehe hin,
verkaufe was du haſt, und giebs den Ar—
men, ſo wirſt du einen Schatz im Himmel
haben: und komm und folge mir nach.
Sprach Jeſus zum Jüngling. — Liebe
Brüder! Sehet bier Vers 22. er gieng
betrübt von eine denn er hatte viele Guͤ—
ter. Sehet hier! der allwiſſende liebevolle
Heiland lie dieſem wortheiligen
Phariſäer, dem ſtolzen Juͤngling, dem
ſcheinheiligen Adam, ſeine feigenblätterne
Schürze (J. Buch Moſe 3, 7.) ab, und
ſtellet ihn nackt und blos vor die Augen
der ganzen Welt, als einen habſuͤchtigen
Geizhals und Pranger. Sehet her und
pruͤfet euch mit mir.
Der alte Adam in uns will nicht ha—
ben, daß wir das Licht Jeſu, und des heili—
gen Geiſtes, als vSerechtigfei: Heiligkeit
und en e den Leuchter ſtellen.
Matth. 5, 16. 1. Petri 2, 1. 2. O nein!
Es moͤchte ihm * Br bringen. Epheſer
47 22. 23. Col. 10.
Matth. 19,
Er will ſein 160 ns Licht auf den Leuch⸗
ter ſtellen. Er will die Denkzettel breit,
und die Säume an den Kleidern groß
machen: Er will ſich lange Haare und
Bart wachſen laſſen: 1. Cor. 11, 3-15.
Er will durch ein ſaueres Geſicht ſich ſeh—
en laſſen beim Faſten: er will vor ſich po—
ſaunen laſſen beim Almoſen geben: er
will Harn an den Straßen-ecken Matth.
6, 2—5. Cap. 23. alles blos wegen feines
Ichs: (Selb ſtſucht) daß er von den Men-
ſchen angeſehen und geprieſen werde.
atth. 23, 1-23. Luc. 11, 39-46.
Allein er wird nach dem Ausſpruch Je—
e ſu, Matth. 6, 5-16. feinen Lohn dahin
haben. Der alte Adam hat es in allem
gern, wenn er fein „Ich' zu guter Münze
machen, oder wenigſtens dem Scheine nach
machen kann. ——
Wie ſträubet er ſich aber, wenn er ſich
feinen feigenblaͤtternen Schurz (aller ſelbſt
gewählte Gottesdienſt und Demuth, Col.
2, 18-23.) abreiſſen laſſen muß, und das
reine weiße Kleid der Gerechtigkeit, Heilig—
keit und Erkenntniß, als das wahre ausge—
druͤckte Ebenbild Gottes, 1. Buch Moſe 1,
26. in Chriſto Jeſu anziehen ſoll. Eph.
4, 24. Coloſ. 3, 10. Offenb. Joh. 6, 11.
und 7, 9.
Das iſt denn das Ende des Ichs' (der
Selbſtſucht) der Tod des alten Adams,
*
64
das Zertreten des Kopfes der alten Schlan—
ge in uns. Liebe Bruͤder! Das Auszie—
hen des alten Menſchen; Roͤm. 6, 6.
Eph. 4, 22. Col. 3, 9, das Ablegen des
„Ichs?“ (der Selbſtſucht) das Umkehren
und alles verlaſſen, Matth. 10, 37. Lue.
14, 26. gehet hart: am allerhaͤrteſten
aber das „Ich'' (die Ssdlbſtſucht.)
Die wahre Liebe zu Jeſu, macht es uns
alles leicht, und moglich. Er will uns
durch ſeinen guten Geiſt Beiſtand leiſten.
Joh. 14, 13. 14. Denn wir von uns ſelbſt
konnen das Ich' den alten Adam in uns
micht toͤdten. Ohne mich koͤnnet ihr nichts
thun: ſagt der liebe Heiland Jeſus. Joh.
15, 5. Aber wenn ihr alles verlaſſet und
mir nachfolget, Matth. 10, 37. 38. und
Cap. 16, 24. Marci 8, 34. Luc. 9, 23.
und 14, 26. und mich uͤber alles in der
Welt llebet, ſo werde Ich durch meinen gu—
ten Geiſt Wohnung bei euch machen ewige
lich. Joh. 14, 23. Wer aber etwas
mehr liebet dann Mich, der iſt meiner nicht
werth. Matth. 10, 37. Luc. 14, 26.
Liebe Wader! Es iſt nun Zeit, daß
Jeir dem alten Adam in uns, etwas naͤher
ins Angeſicht ſehen, und ſeine Häßlichkeit
etwas näher kennen lernen; denn er trägt
das Bild des Teufels, der alten Schlange
in ſich. Nom. 6, 28-32. Er hat das
groͤßte Vergnuͤgen, wenn er alle Reiche
der Welt, und ihre Herrlichkeit uͤberſchau—
en, und fie ſich aneignen kan. Matth. 4,
8. 9. Aber! Wie eckelt es ihn an, wenn
er alles das was er uͤberſehen hat; die
Reiche dieſer Welt und ihre Herrlichkeit,
jetzt verlaſſen ſoll; ſich ausziehen, ja toͤd-
ten, und den weißen Rock, des Verdienſts
Jeſu Chriſti, als Gerechtigkeit, Heiligkeit
und Erkenntniß, Epheſ. 4, 24. Col. 3,
9. 10. 1. B. Moſe 1, 26. anziehen fell.
Hier iſt denn wieder des alten Adams
„Ich, Gott und Jeſus ſammt dem hei—
ligen guten Geiſt, migen durch alle ihre
Diener rufen und ſchreien wie ſie wollen,
fo hat der alte Adam wieder fein „Ich;
ich will es verſuchen mich zu beſſern, ich
will umkehren, und gehorſam ſeyn, ich
will dieſes und jenes thun. O Ich! O
Selbſtſucht!! Was kannſt du von dir
ſelbſt thun? Joh. 15, 5.
Liebe Bruͤder! Das uns felbſt beſſer
kennen lernen, iſt nicht unſer Werk: der
Satan hat einmal durch Adam's Fall 1.
B. Moſ. 3. unſer Herz ſo eingenommen,
daß wir weder recht ſehen, hoͤren, noch
Der Evangeliſche
Beſuch.
verſtehen konnen. Er hat unſere Augen
fo verblendet, daß wir das in uns gepſtanz⸗
te Schlangen-bild ſogar für ein ſchoͤnes
Engels-bild anſehen, und der, der ſich dar—
in verkrochen hat, kann uns glauben ma—
chen was er will, nur die reine Wahrheit
nicht; denn er iſt ein Luͤgner, und ein Va—
ter aller Luͤgner. Joh. 8, 44.
Liebe Brüder, kast uns Ju Jeſu um—
kehren, Offenb. 3, 1-3. und Ihm Zerſchlage⸗
nen Herzens unſer Elend und unſere Un—
vermoͤglichkeſt von uns ſelbſt etwas gutes
zu thun, bekennen; und Ihn gefliſſentlich
und ohnaufhoͤrlich um die Gnade und der
Beiſtand des Heiligen Geiſtes bitten, daß
Er vor uns, den Teufel, die Welt, und be—
ſonders den alten Adam, das „Ich““ (die
Selbſtſucht, den Hochmuth in uns) bekam—
pfen und toͤdten wolle; damit das Ich?
(der ſuͤndliche Leib in uns) aufhoͤre. Roͤm.
6, 6. Gal. 5, 24. Epheſ. 4, 22. Offenb.
3, 1-3.
Denn mit dem „Ich“ (der Selbſtſucht
in uns) ſind wir gewiß auf immer und
ewig verloren. Matth. 18, J. Joh. 3.
3-5. Tit. 3, 5. Laſſet uns unaufhoͤrlich
ſeufzen, um den Zug des Vaters, Joh. 6,
44-65. daß er nicht aufhoͤre, uns zu er—
mahnen, uns umzukehren, ſonſt werden
wir im alten Adam mit unſerem Ich
ſelbſt“ im Glauben, wir ſeyen fiben bekehrt
Offenb. Joh. 3, 17. zu Grunde gehen.
Liebe Bruͤder. Jeder Menſch hoͤret zu
Zeiten (mittelbar oder unmittelbar) dieſen
Zuruf, dieſe Stimme in ſeinem Innern;
niemand iſt davon ganz ausgeſchloſſen:
aber nur zu oft, geben wir zur Antwort:
gehe hin vor diesmal, wann ich gelegenere
Zeit ga will ich dich hören. Ap. Geſch.
24, 25. Luc. 14, 16-24. wie es Paulus
ergangen iſt. Wer von uns weis aber, ob
er Morgen dieſe Weckſtimme noch hoͤren
kan? Kann es uns bei unſerem Lebens—
wahn nicht gehen wie jenem reichen Mann?
Luc. 12, 20. Oder wird es uns gehen wie
Pharaoh? 2. B. Moſ. 7, 3.—
Ich ſage jetzt noch einmal vor immer:
Wenn wir nicht umkehren und werden wie
die Kinder, ſo koͤnnen wir nicht ins Reich
der Gnade kommen, und noch viel weniger
ins Reich der Herrlichkeit. Matth. 18, 3.
Cap. 19, 14. Marei 10, 14. Epheſ. 5,
3-6, Es ſey denn daß jemand von neue
em geboren werde, kann er das Reich
Gottes nicht ſehen. Joh. 3, 3. Tit. 3, 5.
f wide
Der ragt d esguch.
Band 1.
Die Gemeinde in der Wüſte,
oder:
Jeugniſſe von dem Daſeyn einer
apoſtoliſchen Gemeinde vom Ans
fang des Evangeliums bis auf un—
ſere Zeit.
Die Böhmiſchen Brüder.
Das Glaubensbekenntniß der Böhmi—
ſchen Brüder, ſtimmte in den Haupt—
Artikeln mit dem der Waldenſer uͤber—
ein, und fo gleicher Weiſe ihre kirchliche Ein—
richtung und Ordnung, worin die apo—
ſteliſche Kirche ihnen allezeit als Vorbild
diente. Beſonders ſtrenge beobachteten ſie
die Zucht des Evangeliums, welcher alle
Bruͤder ohne Unterſchied ſich unterwerfen
mußten. Bei geringeren Fehlern wurde
die geheime Erinnerung und Beſtrafung
. welche die Brüder untereinan⸗
der beobachteten; bei groͤßeren fand oͤf—
fentliche Beſtrafung vor der Gemeinde, u.
in ganz ſchweren Fällen gänzliche Aus—
ſchließung von der Gemeinde ſtatt.
Um die Anſichten und Grundſätze die—
fer neuen Boͤhmiſchen Bruder noch voͤlli—
ger ins Licht zu ſtellen, fuͤgen wir noch fol—
gendes Zeugniß aus einer andern Quelle bei.
„Die Boͤhmiſchen Bruͤder ſind eine
Seckte chriſtlicher Leute, welche in Boͤh—
men aufſtanden im Jahr 1467. Sie ſah—
en den Pabſt mit ſeinen Cardinaͤlen als
den Antichriſt, und die Roͤmiſche Kirche
als die Hure an, von welcher in der Offen—
barunged die Rede iſt. Sie verwarfen die
Sacramente der Roͤmiſchen Kirche, und
erwählten Laien zu ihren Predigern. Sie
hielten die Schrift für ihre einzige Glau—
bens-Regel, und verwarfen die päbſtlichen
Ceremonien in der Begehung der Meſſe:
noch machten ſie Gebrauch von irgend ei—
nem andern Gebet, als dem Gebet des
HErrn.— —
Sie tauften alle diejenige wieder, wel—
che ſich an ihre Gemeinde anſchloſſen. Sie
verabſcheuten die Anbetung der Heiligen
und Bilder, Gebete fuͤr die Verſtorbenen,
Eheloſigkeit, Geluͤbde und Faſten (durch
Menſchengebdoͤte verordnet,) und beobach—
teten keine Feyertage als die des Chriſt—
tags, der Oſtern und Pfingſten.
July 1853.
Nro. 8.
— me
—
In 1503. wurden ſie von den Katholi—
ſchen bei Koͤnig Ladislaus dem Zwei—
ten angeklagt, welcher ein Edikt gegen ſie
ausgehen ließ, und ihnen verbot, weder
heimliche noch oͤffentliche Verſammlungen
zu halten. Als Luther ſich gegen die Kir-
che von Rom erklärte, ſuchten die Boͤhmi—
ſchen Bruͤder mit ſeinem Anhang Gemein—
ſchaft. Anfaͤnglich zeigte dieſer Reformator
großen Widerwillen gegen ſie. Als aber
die Boͤhmen ihre Deputirten an ihn
ſandten im Jahr 1535. mit einem aus—
führlichen Bericht ihrer Lehre, ſo erkannte
er ſie als eine Geſellſchaft von Chriſten,
deren, Lehre der Reinheit des Evangelız
ums am nächſten käme. Dieſe Seckte
publieirte ein anderes Glaubensbekennt—
niß in 1535, worin ſie der Wiedertaufe
entſagten, welche fie anfänglich geübt hat—
ten, worauf eine Vereinigung geſtiftet wur—
de mit den Lutheranern, und nach—
her mit den Zwinglianern, deren Mei—
nungen ſie von da an fortfuhren zu fol—
gen.“
Aus dieſem erhellet, daß die Boͤhmiſchen
Bruͤder Baptiſtiſche Grundfäge behaupte—
ten bis auf das Jahr 1535, in der Peri—
ode der Reformation des ſechzehnten Jahr—
hunderts.
Wäre irgend jemand geneigt dieſes zu
bezweifeln, der, laſſe ſich erinnern an das,
was fie ſelbſt bezeugten in ihrer „Recht—
fertigung des Glaubens, Gottesdienſtes u.
Gebräuche der Bruͤder in Boͤhmen und
Maͤhren Anno 1532.“ wo fie ſagen;
„Es iſt offenbar, daß die Kinder—
baue von keinem Nutzen, noch nach
der Einſetzung Chriſti iſt, ſondern
von dem herſtammt, der ſolche er—
funden hat nach ſeinem eigenen
Willen und Gutdünken. Aber Chri—
ſtus will ſeine Taufe haben nach
ſeinem Wort zur Vergebung der
Sünden, worauf er auch Seligkeit
verheißt, wenn Er ſpricht: „Wer
da glaubet und getauft, wird der
wird ſeelig werden.” Siehe Starks
Geſchichte der Taufe und Taufgefinnten.
Seite 117.
Aus dieſen Zeugniſſen, welchen wir noch
viele andere beifuͤgen koͤnnten, iſt es hin—
8
66
laͤnglich klar, daß die Boͤhmiſchen Brüder
gegen die Kindertaufe waren, und alle
die wiederum tauften, welche zu ihrer Ge—
meinde kamen. Die Frage wie ſie die
Taufe verrichteten, ob durch Eintauchung,
oder Begießen, und wenn durch Eintauch—
ung, ob durch einmalige oder dreimalige
Eintauchung F ann nicht zwafelh aft ſeyn,
wenn wir uns erinnern, daß die Boͤhmen
erſtlich zum Glauben des Evangeliums ge⸗
bracht worden waren durch die Predigt von
Griechiſchen Chriſten, welche allezeit die
dreimalige Eintauchung für weſent—
lich hielten zur Taufe; (ſiehe oben) daß
dreimalige Eintauchung noch allge—
mein gebräuchlich war ſelbſt in den Roͤmi—
ſchen een von Boͤhmen, Deutſch—
land u. ſ. w. bis auf die Zeit der Refor—
mation, 1 0 wenn wir keine andere
Zeugniſſe hätten, die Taufſteine in den ale
ten Kirchen-gebäuden Zeugen wären, wel—
che meiſtens groß genug ſind, nicht allein
ganz kleine Kinder einzutauchen, ſondern
auch ſolche von einem hoheren Alter; und
daß die Reformatoren, Luther und an⸗
dere, ſolche uͤbten, lernen wir aus einem
Bericht von Pomeranus, einem Freund
und Mitarbeiter Luthers, den er uns gibt
von der Weiſe einen Juden zu tauefn, und
welche wir unſern Leſern mittheilen,
um ihnen zu zeigen, wie ſelbſt die
Lutheraner die Taufe verrichteten
in den Tagen der Reformation.
Pomeranus 1 : Wenn ein Que
de bei uns die Taufe Chriſte begehret, ſo
glauben wir ihm nicht ſo balde. Er muß
uns etliche Spruͤche aus Moſe und aus
den Propheten von Chriſto aufſagen, und
beſonders, was er aus der ee des
Evangelii Chriſti gelernt habe? Daraus
185 moͤgen merken, ob es ſein Ernſt ſey ꝛc.
Dann befehlen wir ihn etlichen Catechiſten,
die ihn den chriſtlichen Catechismus leh—
ren.“
„Darnach auf einen beſtimmten Tag zur
Taufe laſſen wir mitten in unſere Kirche
ſetzen einen Braukübel mit Waſſer, fo voll
daß ein Manch koͤnne darin ſitzen auf den
Knien, und das Waſſer ihn bedecket bis an
die Schultern. Solcher Kuͤbel ſoll um
und um und daroben behangen werden
mit Tuͤchern, doch alſo, daß auch fuͤr dem
Kübel mit denſelbigen Tuͤchern werde ein
Raum eingenommen, da ſich der Jude ver—
decket, auszieht zur Taufe, und wieder an—
ziehet nach der Taufe. Darum werden
Der Evangeliſche Beſuch.
die Tuͤcher an allen Seiten alſo umhangen,
daß man ſie kan aufwerfen, wenn der Jude
im Waſſer auf den Knieen ſitzet, und wie—
der niederziehen, wenn er getauft iſt.
„Zur rechten Zeit bringet der Pfarrherr
oder Prediger den Juden, van ſtellet ihn
mitten in die Kirche fuͤr allen Leuten, und
fraget ihn offenbarlich: Jude, wie willt
du gerne heiſſen? Er antwortet: Johan—
nes oder N. Der Prediger ſaget: Johan—
. ſollt du heiſſen. Johannes, ſage her
die zehn Gebote Gottes aus Moſe. Da
hebet er alſo an: die zehn Gebote Gottes
find, das erſte ꝛc. Darnach ſpricht der Pre-
diger: Johannes, dieweil du willt getau—
fet ſeyn mit der Taufe Chriſti, ſo bekenne
deinen Glauben für der ganzen Gemeinde,
Er antwortet: Ich glaube an Gott den
Vater, Allmächtigen Schoͤpfer ꝛc. Weiter
ſpricht der Prediger: Johannes, willt du
auf den Glauben, den du jetzt bekennet
haft, getauft ſeyn? 2— Er antwortet: Ja,
von Herzen gerne.“
„Bald gehet der Jude hinter den Fürs
hang zu dem Kuͤbel, und weil er das
Wammes und Hoſen daheim gelaſſen hat,
ſo zeucht er da die Schuhe aus, wirft den
Rock ab, ſteiget ins Waſſer, und wirft das
Hemd zum Rock, und a ſich bald ins
Waſſer auf die Knie. Dann wirft man
aufd den Umhang, daß Jedermann offentlich
koͤnne zuſehen und zuhoͤren.“
(Wie es kam, daß man die Taͤuflinge
nackend taufen zu muͤſſen glaubte, gegen
alle Gefuͤhle der Ehrbarkeit und Scham—
haftigkeit, und ohne einen Schatten von
Autoritaͤt in der Schrift, iſt nur dadurch
zu erklaren, daß nachdem einmal die Kine
dertaufe un und mehr eingeriſſen war,
wo man das Nackend-Taufen am bequem—
ſten fand, man dieſes auch bei Erwachſe—
nen zu thun anſieng, um dadurch die Kin—
dertaufe mehr und mehr allgemein zu ma—
chen.)
„Da faſſet der Taͤufer mit der rechten
Hand Johannes bei dem Kopf, und ſpricht
laut: Und ich taufe dich im Namen
des Vaters, (hier drücket er ihm den
Kopf ins Waſſer, und zeucht ihn bald wie—
der herfuͤr;) und des Sohnes, (hier
druͤcket er ihn ins Waſſer zum andernmal
wie zuvor;) und des heiligen Geis
ſte s, (hier druͤcket er ihn ins Waſſer zum
drittenmal wie vorhin 3)—der getaufte Jo—
hannes ſpricht: Amen.”
Der Evangeliſche Beſuch. 67
„Bald zeucht man den Umhang wieder
zu, daß man nicht darein ſehen kann, und
der Getaufte ſteigt aus dem Waſſer, zeucht
fib an, kommt herfür, und ſtehet wieder
mitten in der Kirche, wie zuvor. Er hebet
aber ſeine Augen und Haͤnde in den Him—
mel, und ſpricht mit lauter Stimme
langſam und deutlich: Das walte
Gott der Vater, und der Sohn,
und der heilige Geiſt, Amen.
Damit fällt er auf ſeine Knie, und betet
öffentlich: Vater unſerſꝛc. Amen.
1 05 leget der Prieſter ſeine Hand auf
5 Getauften Haupt, und ſpricht das letz⸗
te Gebet über ihn, aus unſerem Taufbüch⸗
lein: Der All mächtige Gott und
Vater ꝛc. Amen. Des naͤchſten Sonn—
tags darnach gehet der getaufte Jude voran,
mit den andern Chriſten, zum Nachtmahl
unſers HErrn Jeſu Chriſti.“
So weit Pome ranus in Lutheri
Schriften Tom. 12. Wittenberg 1603. fol.
196. u. folgend.
Wenn ſolche richtige Anſichten von der
Taufe Chriſti noch herrſchend waren
bei den Sächſiſchen Reformatoren, wie dies
ſe einfache Erzaͤhlung beweißt, und viel aus-
führlicher bewieſen werden koͤnnte durch
eine Wolke von Zeugniſſen aus ihren eige—
nen Schriften, obſchon ſie Nachkommen
waren jener alten Sachſen, welche ges
n oder durch Soldaten getrieben
wurden auf Befehl des Noͤmiſch-Catholi—
ſchen Kaiſers, Chriſten zu werden, und ſich
taufen zu laſſen; z—wie viel mehr Grund iſt
vorhanden zu glauben, daß die Boh mi—
ſchen Brüder die nämlichen richtigen
Anſichten behaupteten u. uͤbten, die ſie, fo
zu ſagen, von ihren Voreltern geerbt hatten,
weiche wie oben erzaͤhlt, zum Chriſtenthum
bekehrt wurden durch die einfache Predigt
des Evangeliums, vermittelſt zweier Grie—
chiſchen Chriſten.
Wir koͤnnen uns nicht enthalten, hier
unſern herzlichſten Dank gegen unſere alte
Lutheriſche Brüder dafuͤr auszudruͤ—
cken, daß ſie eine ſolche deutliche, unmiß—
greifliche Beſchreibung der Taufe Chri—
ſti, wie ſie fie ſelbſt, und wir mit ihnen
nennen, aufgezeichnet und aufbehalten ha⸗
ben. Zur nemlichen Zeit koͤnnen wir es nur
beklagen, daß ihre Kinder heutiges Tages
ſo weit in die Irre gegangen ſind, als zu—
weilen lächerlich zu machen, was ihre Vä—
ter nicht allein nannten, ſondern auch be—
obachteten, als die Taufe Chriſti.
Zum Schluſſe dieſer Bemerkungen muͤſ—
fen wir einen Umſtand anführen, der fich
zutrug, während wir das Obige aus dem
deutſchen Original-Werk abſchrieben, und
ins Engliſche überſetzten, (für den Goſpel—
Viſiter.) Ein deutſcher Mann, auch ein
Lutheraner, der für uns arbeitete, und zu
Zeiten zu uns auf die Stube kam, nahm
als ein Liebhaber vom Leſen zuweilen ein
Buch zur Hand während der Ruheſtunde.
Eines Tages ergriff er zufällig das Buch,
aus dem der obige Artikel genommen iſt,
und fiel gerade auf dieſen nemlichen Arti—
kel. Er las ihn aufmerkſam, und als er
damit W we 8 er: „Gewißlich—
wenn d ſti i je di
Vater N 8 Kirche bezeugen, ſo
iſt es die unſere nicht, d. h. nicht Chriſti
Taufe.“ Und nach einigen weitern Aeu—
ßerungen, deren wir uns nicht genau erin—
nern, beſchloß er mit den Worten: „War—
um ſollten wir nicht getauft werden mit
der nemlichen Taufe Chriſti, wie dieſer Ju—
de wurde?“ Wir wollen nur fagen, was
wir damals innerlich ſeufzten: Moͤchte
der Geiſt Gottes dieſe leberzeugung nicht
allein in ihm, ſondern in vielen andern
feines Namens erhalten, die dieſes leſen.“
(Fortſetzung folgt.)
Etwas
vom erſten Anfang und Fortgang
der Brüderſchaft der deutſchen
Täufer.
Mitgetheilt für den evangeliſchen Beſuch
von Theophilus.
Es hat dem guten Gott gefallen, beim Ein—
gang des vorigen Jahrhunderts, da man
begann zu ſchreiben Sieb zehnhundert.
nach Chriſti Geburt, viele ſeiner Men—
ſchenkinder zu erwecken, die hin und her
Privat⸗Verſammlungen hielten nebſt dem
gemeinen Kirchenweſen; bis der geiſtliche
Prieſterneid die Herzen der Obrigkeit era
bitterte und hin und wieder Verfolgungen
entſtanden. Nemlich in der Schweiz,
in dem Würtenbergerland, in der
TChur-Pfalz, im Heſſenland, und
mehreren andern Orten.
*
68
Dieſen verfolgten Exulanten zeigte
nun der Herr einen Zufluchtsort, oder ein
kleines Pella, in dem Witgenſteiner—
land, wo dazumahl ein gelinder Graf u. et—
liche erweckte Graͤfinnen wohnten; da wur—
de Gewiſſensfreiheit gegeben zu Schwar—
zenau, ohngefehr eine Stunde von ber:
lenburg, daher obwohl das Witgen—
ſteiner Land ein armes und rauhes
Land iſt, ſo kamen doch viele und mancher—
lei Menſchen in Schwarzenau zuſam—
men, und wurde gar bald der ſonſt wenig
geachtete Ort in eine ganz andere Geſtalt
verändert, ſo daß es in wenig Jahren ein
weit und breit berufener Ort wurde.
Die aber aus der Verfolgung daſelbſt
zuſammen kamen, ob fie wohl in mancher—
lei Meinungen unterſchieden und auch in
Sitten und Gebräuchen unterſchiedlich wa—
ren, ſo wurden ſie doch zuerſt alle Pie—
tiſten genannt; ſie ſelbſt nannten
ſich aber untereinander Brüder,
Da fanden ſich einige kräftig angezogen
die Spuren der erſten Chriſten wieder auf—
zuſuchen und ſehnten ſich herzlich die befoh—
lene Zeugniſſe Jeſu Chriſti nach ihrem
rechten Verſtand u. Werth im Glauben zu
ergreifen. So ward es ihnen dann auch
zu gleicher Zeit, und mit tiefem Nachdruck
aufgeſchloſſen, wie nothwendig der Ge—
horſam des Glaubens iſt für eine Seele,
die da ſelig werden will.
Solcher Aufſchluß brachte ſie dann
auch zugleich an das Geheimniß der Waſ—
ſertaufe, welche ihnen vorſtünde als ei—
ne Thüre in die Gemeinde, nach welcher
ſie ſich ſo herzlich ſehnten. — Von der Tau—
fe aber wurde unter den Pietiſten
damals ſehr unterſchiedlich geredet, welches
zwar manchesmal den Wahrheitslieben—
den Seelen wehe that.
So gieng es bis im Jahr 1708. Da has
ben ſich dann 8. Perſonen mit einander
verbunden, einen Bund eines guten Gewifz
ſens mit Gott aufzurichten und alle Befeh—
le Jeſu Chriſti als ein ſanftes Joch aufs
Der Evangeliſche Beſuch.
zunehmen, und alſo dem Herrn Jeſu, ih-
rem guten und getreuen Hirten, in Liebe
und Leid als treue Schaͤflein nachzufolgen,
bis zu einem ſeeligen Ende.
Dieſe 8. Perſonen waren nemlich: fünf
Bruͤder und drei Schweſtern. Die Namen
der Bruͤder waren wie folgt: der erſte war
Georg Grebi von Heſſencaſſel, der
zweite Lukas Vetter auch vom Seſſen—
land; der dritte war Alexander Mack
aus der Pfalz von Schrießheim zwi—
ſchen Manheim und Heidelberg, der vierte
war Andreas Bonp von Baſel aus der
Schweiz, der fünfte Johannes Rips
ping von Borreit aus dem Wuͤrten—
bergerland; und die Schweſtern waren
Johanna Nöͤthigerin oder Bony—
fin, Anns Wargaretha Mackin, u.
Johanna Rippingin.
Dieſe S. Perſonen verbunden ſich als
Brüder und Schweſtern zu einer Chriſt—
gläubigen Gemeinde. Und als ſie in be—
währten Hiſtorien fanden, daß die Chris
ſten in den erſten Jahrhunderten ſich nach
dem Befehl Chriſti durch ein, dreimaliges
Eintauchen in das Waſſerbad der heiligen
Taufe haben einpflanzen laſſen in den
Kreuzestod Zefa Chriſti z—ſo forſcheten
fie ſodann fleißig in dem Neuen Teſtament
nach, und fanden Alles vollkommen damit
uͤbereintreffend.
Daher bekamen ſie ein ſehnliches Ver—
langen durch dieſes von Chriſto ſelbſt ge—
übte u. von Ihm befohlene Mittel, nach ſei—
nem fo heilſamen Rath zur Erfüllung
aller Gerechtigkeit auch hierin gefoͤrdert zu
werden, und begehrten deswegen von dem,
der das Wort fuͤhrte, nach dem Exempel
der erſten und beſten Chriſten auf ihren
Glauben eingetauchet zu werden.
Weil er aber ſich ſelbſt als einen unge—
tauften anſahe, ſo begehrte er zuerſt von
ihnen getauft zu werden, ehe er einen an—
dern taufen ſollte. —In ſolchem Vertrauen
dann auf Gottes theure und gewiſſe Ver—
heiſſung, daß wo zwei oder drei in feinem
Der Evangeliſche Beſuch.
Namen verſammelt waͤren, er mitten un—
ter ihnen und bei ihnen ſeyn wollte, loo—
ſeten fe bei Faſten und Beten, welcher
von den vier Bruͤdern den Bruder taufen
ſollte—
Sie gaben aber untereinander ihr Wort
von ſich, daß es Niemand verrathen ſollte,
welcher der erſte Täufer unter ihnen gewe—
ſen, damit Niemand Urſache nehmen moͤch—
te, ſie irgend nach einem Menſchen zu nen—
nen, weil fie ſolche Thorheit ſchen von
Paulo an den CTerinthern beſtraft fanden.
Als ſie nun dazu bereit waren, ſo gieng—
en ſie des Morgens in der Einſamkeit ſelbe
achte hinaus an das Waſſer, genannt die
„Aeder,“ und der Bruder, auf den das
Loos gefallen war, taufte zuerſt den Bru—
der, und als er getauft war, taufte er den,
der ihn getauft hatte, und die ubrigen 3.
Bruͤder und 3. Schweſtern, und ſo wur—
den ſie alle 8. getauft in der fruͤhen Mor—
genſtunde.
Nachdem ſie aber aus dem Waſſer her—
aufgeſtiegen waren, u. ſich wieder angeklei—
det hatten, ſo wurden ſie auch inwendig mit
großer Freudigkeit angezogen: Dieſes iſt
geſchehen in dem oben gemeldeten Jahr
1708, von dem Monat oder von dem Ta—
ge des Monats oder Woche haben ſie uns
keine Nachricht hinterlaͤſſen.
Nach dieſem wurden die obgemeldeten
acht Perſonen in dem einmal angetretenen
Gehorſam des Glaubens, mehr und mehr
kräftiglich geſtaͤrket, auch oͤffentlich in den
Verſammlungen von der Wahrheit zu zeu—
gen, wozu ihnen der HErr ſeine Gnade ſon—
derlich mittheilte, daß Ihrer bald mehr
dem Glauben unterthaͤnig wurden, alſo
daß in Zeit von ſieben Jahren, naͤmlich
bis in das Jahr 1715. nicht allein in
Schwarzenau eine große Gemeinde
wurde, ſondern auch hin und wieder in der
Pfalz fanden ſich Liebhaber, und ſonder—
lich zu Marienborn ſammelte ſich auch
eine bedeutende Gemeinde.
69
Denn als ſich in der Pfalz eine Gemein—
de ſammlen wollte, ſo wurden ſie verfolgt,
und kamen nach Marienborn; und als
die Gemeinde daſelbſt ſehr groß wurde, ſo
wurden ſie da auch verfolgt, und ſammel—
ten ſich dann zu Creyfeld unter dem Kor
nig von Preußen. Da fanden ſie Freiheit.
Es hat aber der Herr in denen ſieben
Jahren auch hin und wieder Mitarbeiter
erwecket und in feine Ernte ausgeſtoßen,
unter welchen waren Johann Zeinrich
Relklöfer von Frankenthal, Chriſtian
Liebe und Abraham Duboy von Ep—
ſtein, Johannes Naas und mehr ande—
re von Norden, Peter Becker von Diels—
heim, uns zu dieſen geſellten ſich auch Jo—
hann Heinrich Traut und feine Bruͤ—
der, wie auch Heinrich Holzapfel und
Stephan Koch ſammt vielen andern.
Die meiſten von dieſen kamen inner—
halb dieſen ſieben Jahren nach Creyfeld:
Johann Heinrich Kaͤlkloͤſer, aber und Abra—
ham Duboy kamen nach Schwarzenau.
Dahin kam auch noch Georg Bolſer-ganz
von Umſtadt und Michael Eckerling von:
Straßburg. —
Wie ſie aber auf der einen Seite Gna—
de hatten bei Gott und den Menſchen, ſo
fanden ſich auch auf der andern Seite
Feinde der Wahrheit, und entſtunden hin
und wieder heftige Verfolgungen um des
Worts willen. Da denn einige zwar
den Raub ihrer Guͤter mit Freuden er—
dulteten; andere aber mußten auch Ban—
de und Gefaͤngniße erdulten.
Einige zwar haben nur einige Wochen,
andere aber auch unterſchiedliche Jahre in
den Gefängniſſen zugebracht. Chriſtian
Liebe hat etliche Jahre auf der Galeere
angeſchloſſen unter den Uebelthätern muͤſ—
ſen am Ruder ziehen. Doch ſind ſie alle
durch Gottes ſonderbare Fuͤgung mit gu—
tem Gewiſſen wieder loß worden, und wur—
den durch die Verfolgungen, Armuth,
70
Truͤbſal und Gefaͤngniſſe, womit fie gez
druͤcket wurden, nur deſto freudiger, u.
ſ. w.
N. B. Obiges iſt zum Theil aus etli—
chen Papieren, welche von Alexander Mack
und Peter Becker hinterlaſſen wurden, ges
zogen. —Zum Theil iſt auch hie und da
etwas von dem mit eingezogen was unter
den Alten erzählt iſt worden von denen,
die da Augenzeugen waren, welches münd—
lich bewahrt iſt blieben zur Aufmunterung
und Troſt der Nachkoͤmmlinge.
Fernere Fortſetzung. Die erſte Ankunft
von Brüdern in Amerika war im Herbſt
von 1719. Damals kamen ungefehr 20.
Familien in Philadelphia an: zer
ſtreueten ſich aber bald, einige nach Ger⸗
mantaun, Skippack, Oley, Con⸗
eſtoga und ſonſt wo. Dieſe Zerſtreu—
ung verhindertezſie, ſich oͤffentlich zu vers
ſammlen; daher geriethen ſie auch bald
in Lauigkeit bis im Jahr 1722.
Da machten ſich die Brüder Gomery,
Becker, Gantz, und die Trauts auf,
um die zerſtreute Brüder zu beſuchen, wel⸗
ches den geſegneten Erfolg hatte, ſie uͤber—
all zu erregen und zu verneuertem Ernſte
aufzumuntern, inſofern daß fie ſich in Ge⸗
ſellſchaften bildeten zur offentlichen Gottes—
verehrung, wo auc nur etliche Familien.
ſich befanden.
Im Jahr 1729. aber kamen noch 30.
Familien ihrer verfolgten Mitbruͤder hier
an, welches erquickte die Herzen der lie—
brigen und hielt ſie zu immer noch groͤßerer
Tapferkeit an, in ſo weit daß ſie ſich ſehr
vemehrten, wuchſen und nahmen über
hand, uͤberall weit und breit im Lande
umher, bis daß aus dem kleinen Tauſend
wurden und aus dem geringen Haufen
ein maͤchtiges Volk. Nach Jeſaias 60,
22. „Ja Ich der Here will ſolches zu
feiner Zeit eilend aufrichten.“
Obige waren urſpruͤnglich alle Glieder
von der einen Gemeinde, die in Schwar—
zenau 1708. entſtand, allwo Alexander
Mack ihr Vorſteher war, und fi bald
Der Evangeliſche Beſuch.
ausbreitete bis nach Marienbern, Epftein,
u. ſ. w. wo ſie Johann Naas und Ehr.
ſtian Liebe als Vorgeſetzte oder
hatten.
Verfolgung vertrieb ſie aber bald, einige
nach Holland, uad einige nach Crey⸗
Lehrer
feld; die Mutterkirche aber wich von
Schwarzenau nach Seruſtervin in
Friesland, und von da machten ſö:
ſich dann nach Amerika im obgenannten
Jahre 1729.
Die von Creyfeld und Holland machten
dann ihre Reiſe auch mit nach dem ſegens—
vollen Amerika, wo ſie, Gott ſeys ge—
dankt! bis daher als wie unter ihren ei, ®
nen Feigenbaͤumen u. Weinſtoͤcken ungehln—
dert ihrem Gott und Schoͤpfer dienen konn—
ten nach dem Laut ihres eigenen Gewiſſens.
O hilf uns dann, getreuer Vater! die
Thore weit und die Thuͤren in der Welt
hoch zu machen, daß der Koͤnig der Ehren.
einziehen und in ſeiner majeſtätiſchen
Pracht herrlich unter uns wohne. 200 men.
Was Jeremias Felbinger ſchon vor
zweihundert Jahren bezeuget.
Bon der heiligen Taufe
Taufen und eintauchen iſt einerich
alſd auch die Taufe und Eintauchung.
Taufen hat den Namen von tief oder tiefen,
daher kommt das zuſammen geſetzte Werk—
wort vertiefen. Denn wenn man jeman⸗
den recht taufen will, fa muß man ihn in
die Tiefe des Waſſers hinabſtoßen, alſs
daß das Waſſer über ihm zuſammen ſchla⸗
ge. In den Griechiſchen Büchern des
neuen Bundes ſtehet das Wort baptizein,
welches auf lateiniſch heißt znergere, auf
deutſch aber eintanchen: daher Femme
baplisma und htp h,¹ανs eine Eintauch⸗
ung, baptistes ein Eintau⸗ ber.
Und das Eintauchen oder Taufen kann
von vielen Dingen geſaget werden, nicht
allein von Menſchen, als wenn der Str
Jeſus beſiehlt, daß feine Apoſtel ſollten
die Voͤlker eintauchen, Matth. 28, 19. ſon⸗
dern auch von einem einigen Gliede des,
menſchlichen Leibes, als von Händen, Fe
ßen, vom N und fe fortan: imgleiz
chen von unlebhaften Dingen, von Bech—
Der Evangeliſche Beſuch. 7
*
ern, Krügen ehernen Gefäſſen, Bettſtärten,
und dergleichen Art zu reden wir finden
Mars 7, 4. da alſo ſtehet: „Und wenn
fie (nemlich die Juden) vom Markte kom—
inen, wenn ſie nicht eingetauchet haben,
(verſtehet die Hände, wie aus dem nächſt
verhergehenden dritten Verſe klaͤrlich zu ſe⸗
hen iſt,) ſo eſſen ſie nicht; viel andere Din—
ge Find, welche ſie haben angenommen zu d
halten, als die Eintauchung der Becher,
und Krüge und ehernen Gefäße, und Bette
ionrten,
Dieſer V insgemeim alſe ver—
ſtanden, daß die Juden, wenn fie vom
Markte lommen, nichts eſſen, ie waſchen
ſich denn; und daß fie den Gebrauch ha—
ben, ihre Trinkgefäße und Krüge, und eher—
me Gefaͤße und Tiſche zu waſchen.
Aber Marc 7, 4. ſtehet nicht, daß ſich
die Juden waſchen, ſendern, «%, me bap-
ldi, wein fie nicht eingetaucht haben,
auch ſtehet hie nicht, was ſie e
ſondern der naͤchſtvorhergehende dritte Vers
zeigt an was ſie eintauchen, ehe ſie eſſen,
nemlich die . welche ſie vor dem Eſ—
gen pflegten mit der Fauſt zu waſchen.
So ſtehet nun zwar im deitten Vers, daß ſie
die Hände waſchen, aber im vierten daß
gie eintauchen, verſtehet die Haͤnde.
Und wenn denn ja eintauchen ſo viel
Tote heiſſen als waſchen, (welches doch, d
wie allen halb erwachſenen Kindern bekannt
iſt, unterſchiedliche Dinge find,) ſo muß
doch hie nothwendig ein ſolch Waſchen
verſtauden werden, welches mit eintauchen
geſchietet: wie man weiß, daß die Haͤnde
ins Waſſer geſteckt, uud ganz und gar
feuchte gemacht, und alſo nach geſchehener
Eintanchung mit der Fauſt gewaſchen werz
den: wurde aber jemand nur die Finger
vorne eintauchen, von demſelbigem kann
man mit Wahrheit nicht ſagen, daß er die
Hände ganz, ſondern nur das foͤrderſte der
Finger eingetaucht habe, dergleichen Art
zu reden gefunden wird, Luc. 16, 24.1
Ferner, daß zwiſchen eintauchen und
waſchen Unterſchied ſey, iſt auch daher
offenbar, weil eine Taufe, das iſt eine Ein—
tauchung, gar wohl geſchehen kann, ob
gleich keine Abwaſchung dabey geſchiehet:
ſolches zeiget Petrus wenn er ſchreibet 1.
Pet. 3, 21. daß die heilige Eintauchung
nicht eingeſetzt ſey zur Abwaſchung und
Ablegung des Unflaths am Fleiſche: dieſe
kann wohl zur andern Zeit, und vor der
heiligen Eintauchung geſchehen.
ers wird
1
Darnach ſage mir einer, ob nicht auch
die Deutſchen und Holländer und andere
Voͤlker ihre Trinkgeſchirre, Gefäße und
Tiſche waſchen? Iſt dem alfe: wie ihm
freilich alſo iſt: denn kein Volk iſt ſo
ſchlaudericht, das 99 Trinkgeſchirre und
Speiſegefäße und Tiſche nicht reinige und
waſche: mit was Schein darf man denn
dem Evangeliſten Marco andichten, daß
er dieſes Waſchen von den Juden derge—
ſtalt ſolle geſagt haben, gleichſam wäre es
nur bei ihnen allein gebräuchlich; ſo muß
demnach Marcus kein Waſchen der Trink—
geſchirre ꝛc. allhie verſtehen, welches fo
wohl bei allen andern Völkern als bei den
Juden gebräuchlich iſt: ſondern er will fo
viel ſagen, daß die Juden ihre Becher, und
Krüge, und Keſſel und Bettſtaͤtten (alſo
ſtehet im Griechiſchen Teſtamente) nicht ges
brauchen, ob fie gleich gewaſchen wären,
es ſey denn daß ſie dieſelbigen zuvor ins
Waſſer eingetaucht haben, und dieſes (wie
auch das Eintauchen und Waſchen der
Haͤnde ver dem Eſſen) haben ſie nach der
Ulebergebung der Aeltern gethan, und zwar
unter dem Schein eines ſonderbaren Got-
tesdienſtes, wie zu ſehen iſt aus Marc.
3-8. Matth. 15, 2-9.
Aber aus ſolchen und dergleichen Dinge
en machen andere Völker keine Gottes—
dienſte: fee gehen wohl nach Gelegenheit
der Zeit und des Orts zur Tafel mit unge-
waſchenen Händen, ſie eſſen und trinken
auch wohl aus gewafihenen Gefaͤſſen, und
ſchlafen in gewaſchenen Spannbetten, ob
dieſelbigen gleich nicht nach dem Waſchen
in das Waſſer eingetaucht ſind. Hierin.
beſtehet dieſes Theils der Unterſchied zwi—
ſchen den Juden und andern Voͤlkern.
Gleichwie aber ein merklicher Unter—
ſchied iſt zwiſchen Eintauchen und Waſch—
en, alſo iſt noch viel ein groͤßerer Unter—
ſchied Duden Eintauchen und Beſpreng⸗
en. Das? Beſprengen kann mit etlichen
l Troͤpſtein geſchehen, aber willt
du etwas großes eintauchen, zum Krempel
einen erwachfenen Menſchen, ſo muſt du
viel und tief Waſſer dazu haben: darum
meldet die heilige Schrift, daß Johannes
der Eintaucher geweſen ſey und eingetaucht
habe zu Enon, nahe bei Salim, dieweil
viel Waſſer daſelbſt war. Joh. 3, 23
Merket, der Evangeliſt meldet von
vielen Waſſern, in der mehrfaͤltigen
Zahl: hätte er ſollen, beſprengen ein wenig
am Vorhaupte, fo waͤre ihm dieſer waſſer—
77
4
72
reiche Wohnplatz und die vielen Waſſer
unnorhig geweſen.
Dieſer Erinnerung beduͤrfte es nicht,
wenn nur die Chriſten in Bedienung der
Taufe nebſt dem Worte Gottes die geſun—
de Vernunft wollten zu Rathe nehmen,
denn obwohl der Unterſchied zwiſchen Tau-
fen und Eintauchen und zwiſchen Beſpren⸗
gen allen vernuͤnftigen Menſchen bekannt
iſt, eder zum wenigſten bekannt ſeyn kann,
ſo beſindet ſich doch, daß hie und da eines
fuͤr das andere, nemlich das Beſprengen
für das Eintauchen und zwar ohne dring⸗
ende hohe Noth gebraucht wird.
Wem Wottes und Chriſti Ehre, und ſei—
ne ſelbſt eigene Seligkeit zu Herzen gohet,
der unterſuche mit mir in der Furcht Got—
tes ſein Chriſtenthum, ſeinen Glauben, und
inſonderheit auch ſeine Taufe, ob ſie mit
der Einſetzung Chriſti übereinkomme; fin—
det er ſich auf dem Irrwege, welchen ihm
das heilige Evangelium, im Fall er dem⸗
ſelbigen nur glauben will, bald zeigen wird,
ſo gebe er Gott die Ehre, und kehre bey
Zeiten um, und folge nach ſeinem Selig⸗
macher Chriſto, nicht allein in denen Stüͤ⸗
cken, die hoch und vollkommen ſcheinen,
ſondern auch in denen, die geringe und
unanſehnlich zu ſeyn ſcheinen.
Niemand kann zum Ende kommen, ohne
den Anfang; und der Meter, welcher
uns die Chriſtliche Vollkommenheit anbe⸗
fohlen hat, eben derſelbige hat uns auch
die erſten Anfänge unſers Bekennt⸗
nißes zu halten befohlen. Heb. 6, 1. 2.
Matth. 5, 48. und 28, 19. 20. Marc. 16,
15. 16. Will aber Jemand die erſten
Anfänge als geringſchätzige vorbeigehen
u. ſchlechterdinge nach der Vollkommenheit
(wie er meint) trachten, der ſehe zu, daß
er in feinem Dunkel nicht betrogen werde:
denn der im geringſten treu iſt, iſt auch in
vielem getreu, und der im geringſten unge—
recht iſt, iſt auch in vielem ungerecht, bezeu—
get Chriſtus ſelbſt, Luc. 16, 10.
Darum indem wir nunmehr von dem
Eintauchen reden wollen, fo mag ein jeder
wiſſen, daß wir hie kein Gauckelſpiel trei⸗
ten werden, wie etliche heutiges Tages das
Eintauchen für ein unnoͤthig Dͤng und gar
fiir eine lächerliche Thorheit halten, da ſie
doch billig erwägen ſollten, daß dieſe heilige
Ceremonie ihren Urſprung von Gott ſelbſt
Mr habe, und von unſerem Meiſter und
Der Evangeliſch Beſuch.
Herrn Jeſu Chriſto ſelbſt eingeſetzt ſey,
auch ohne Ausrufung und glaubige Anz
nehmung des gnadenreichen Evangelii
nicht konne bedienet nech wuͤrdiglich em=
pfangem werden.
Johannes der Eintaucher, der Vorlaͤu—
fer des Herrn Jeſu, iſt von Gott geſandt,
daß er ſollte eintauchen ius Waſſer, Joh.
1, 33. und er war die rufende Stimme in.
der Wuͤſten, davon Gott lange zuvor
durch den Propheten Jeſaias ſeinem Volk
verfündiget hatte. Matth. 3, 3. Jeſa.
40. 3. welches auch der Herr IEſus be-
zeuget, Luc. 7, 27. und aus Matth. 21,
25. Marc. 11, 30. Luc. 20, 4. erſchei⸗
net klaͤrlich, daß die Eintauchung Johan⸗
nis aus dem Himmel ſey. Gleichwohl
ſollte es bei der Eintauchung Johannis
nicht verbleiben; denn hinter ihm her kam
ein Etärferer, der ihm zuvor kommen iſt,
denn er war vortreflicher als Johannes, und
dieſer iſt Chriſtus, der Sohn Gottes,
der im heiligen Geiſte eingauchet. Marc.
3, 11. Joh. 1, 26-34. Chriſtus mußte
wachſen, Johannes aber vermindert wer—
den. Jah. 1, 30.
Derowegen indem Johannes mit mehliz
chen feinen Lauf vollendete, und als eine
brennende Kerze begonnte abzunehmen, da
begonnte der Herr Jeſus erſt recht zu wach-
ſen, denn alle kamen zu ihm, ſeine Lehre
zu hören, und ließen ſich eintauchen, alſo⸗
daß er mehr Lehr-Juͤnger machte und ihrer
mehr eintauchte als Johannes: wiewohl
Jeſus nicht ſelbſt eintauchte, ſondern feine
Lehr-Juͤnger, aber mit feinem Wiſſen und
Wilten; denn anders koͤnnte dieſe Eintauch—
ung dem Herrn Jeſu nicht zugeſchrieben
werden. Joh. 3, 22-26. Joh. 4, 1. 2.
Und dieſe Eintauchung iſt zur ſelbigen Zeit
nur den gläubigen Iſraeliten gereicht wor⸗
den, wie erſcheinet aus Matth. 15, 24.
Joh. 3, 22. und 4, 1. 2. und aus allen
Umſtaͤnden der Lehre Chriſti vor ſeinem
Leiden und Tode. N
Fortſetzung folgt.
Wie ſehr oft geben wir unſere Ver—
nunft den Leidenſchaften gefangen! Mer
aber will ſie dem Glauben gefangen ge⸗
ben? *
Auf Welt paßt: Geld, auf Teufel:
Zweifel.
Wer Evangelische besuch.
Band 1.
Auguſt u. September 1853.
Yro. 9.
Die Gemeinde in der Wüſte,
een:
Jeugniſſe von dem Daſeyn einer
apoſtoliſchen Gemeinde vom An—
fang des Evangeliums bis auf un—
ſere Zeit. Fortgeſetzt.
Wir haben nun die Spuren der wahren
Kirche Chriſti, abgeſondert und unterſchie—
den von der abgefallenen Kirche, aufge
ſucht bis auf die Zeit der Reformation im
ſechzehnten Jahrhundert. Wir haben ge—
ſehen, wie ſelbſt die Reformatoren, obſchon
nur eben ausgegangen von Babylon, wie
ſie ſelbſt bekannten, ſo weit erleuchtet wa—
ren als anzuerkennen, daß die dreima—
lige Eintauchung einer glaubigen
Perſon die chriſtliche Taufe wäre.
Die Frage moͤchte nun entſtehen; Warum
die Reformatoren nicht voͤllig zur Uebung
dieſes Grundſatzes kommen konnten?
Warum ſie fortführen, die Kindertaufe zu
üben — Und warum fie und ihre Nach—
kommen bis auf dieſen Tag die Kinder—
taufe, das iſt: Eintauchung, ver—
tauſchten fir Kinder-Beſpreng⸗
ung?
Dieſe Fragen weitläuſig zu betrachten,
würde uns zu weit abführen von unſerem
gegenwärtigen Zweck. Indeſſen find fie fo
intereſſant, fo wichtig, daß fie billig beſon—
derer Aufmerkſamkeitzwerth ſind zu ande—
rer Zeit und an einem andern Ort. Fuͤr
jetzt mag es genug ſeyn zu ſagen, daß die
Reformatoren im Grundſatz alles aner—
kannten, was immer die einfältigen Nach—
folger Chriſti zu allen Zeiten bis auf den
heutigen Tag behaupten mit Hinſicht auf
die Chriſtliche Taufe, daß fie es aber, lei—
der! zu unbequem fanden, ihre Grundſätze
in Ausuͤbung zu bringen.
Allein, was noch mehr zu beklagen iſt,
jene alten Waldenſer und Boͤhmiſche Bru—
der, die ſo lange die Wahrheit, wie ſie in
Chriſto Jeſu iſt, bekannt, und ſo viel erlit—
ten hatten um des Zeugniſſes des Worts
Gottes willen im Grundſatz und in der
Uebung ja auch dieſe, wie wir geſehen
haben, gaben endlich den Kampf auf, mie
de der fortwährenden Verfolgungen, unter
welchen ſie bis dahin geſeufzt hatten; und
in der Hoffnung denſelben zu entgehen
durch Vereinigung mit den Reformatoren,
welche mächtige Fuͤrſten ꝛc. zu ihren Ber
ſchuͤtzern hatten, gaben fie ihre Grundſaͤtze
auf, und verkauften ihr Geburtsrecht fuͤr
weltliche Gemaͤchlichkeit.
Doch nicht alle thaten ſo; es war im—
mer noch ein Ueberbleibſel vorhanden, denn
woher ſollten die Schaaren von fogenanne
ten Anabaptiſtenloder Wiedertaͤufern)
gekommen ſeyn, von denen wir ſo viel hö⸗
ren in den Zeiten der Reformation? —Die—
ſer Name kommt jetzt zum erſten mal vor
ſeit der Gruͤndung der Kirche Chriſti auf
Erden (als Secten-Name). Er wurde al⸗
len denjenigen beigelegt, die die Guͤltigkeit
der Kindertaufe laͤugneten, und ſolche wie—
derum tauften, welche in ihrer Kindheit ge—
tauft worden waren, wie verſchieden ſie
auch in andern Hinſichten ſeyn mochten.
Dieß war keiner der geringſten Kunſt⸗
griffe und boshaften Abſichten des Erzfein⸗
des der Seelen. Dadurch, daß die ein—
fältigen, aufrichtigen und friedſamen Nach⸗
folger des Lammes unter eine Benennung
mit wilden und zuͤgelloſen Schwaͤrmern
und Rebellen gebracht wurden, welche es
unternommen hatten das Reich Chriſti mit
dem Schwerdt aufzurichten, fand Satan
Mittel zur Aufreitzung der ganzen ſoge—
nannten Chriſtlichen Welt, beides der Nor
miſch-Katholiſchen und der Reformirten,
um nicht allein die raſenden Fanaticker,
ſondern auch die armen, wehrloſen und
9
74
ſtill en Mennoniten, 112 ſie endlich
genannt wurden, 1 Grau
folgen.
11
„Ver Märtyrer Epiegel eashälre
vollſtändige Beſchreibung dieſes Volks, ih⸗
rer Lehre, ihrer Grundſaͤtze, und ihrer
ſchrecklichen Leiden um Chriſti und des
Worts willen, ſo daß wir nicht anſtehen
koͤnnen zu ſagen, daß, ſo lange ſie beſtändig
blieben in der Ausübung ihrer Grundſätze,
ſie die wahre Kirche Chriſti in ihrer Zeit
und Ort darſtellten. Daß ſie damals
Baptiſten (oder Täufer) waren in Grund⸗
ſatz und Uebung, kann keinem Zweifel un⸗
terworfen ſeyn. In Benediet's Ge
ſchichte der Täufer (Histo of the
‚Baptists page: 150) finden wir folgende
Anmerkungen über dieſen Punkt.
ugs iſt gewiß, daß die deutſchen Anz
abaptiſten die Eintauchung uͤbten, und es
iſt wahrſcheinlich, daß die Obrigkeiten jener
Zeiten, in der Abſicht ihre Beſtrafung mit
ihrem Verbrechen in ein Gleichgewicht zu
bringen, viele von ihnen ertränfen ließen.“
(Selbſt Zwingli, der Schweizeriſche
Reformator, gab folgenden ſehr unchriſt—
lichen Rath und Meinung: * mersus
Fuerit, mergatur z” das iſt: wer ſich ein—
tauchen laßt, ſoll eingeſenkt (ertraͤnkt) wer-
den. O'mores! Robin-
son ſagt, daß Luther das Dogmatiſi—
ren der Zwinglianer dultete, aber ei⸗
ne weitere Reformation in den Haͤnden der
Taͤufer nicht ertragen konnte. Men⸗
no behauptete die Lehre der Eintauchung
ausſchließlich. „Nachdem wir aufs fleiß—
igſte geſucht haben,“ ſpricht er, «fo werden
wir keine andere Taufe finden auſſer der
Eintauchung im Waſſer, welche angenehm
iſt vor Gott, und gegründet in ſeinem
Wort.“ Nachher ſetzt er hinzu: „Laß,
widerſprechen wer da will, dieß iſt die ein⸗
zige Art zu taufen, welche Jeſus Chriſtus
eingeſetzt hat, und welche die Apoſtel gelehrt
und geuͤbt haben.““
O tempora !
zu ber⸗
6 Der Cvangeliſch Beſuch.
Wir finden in der Geſchichte der Engli—
ſchen Baptiſten, daß ungefehr einhundert
Jahre, nachdem, Men ns dieſe Erklärung
gemacht, hatte, eine, Geſellſ chaft von Chri⸗
ſten um L 9 ond N n überzeu gt wurde von der
Taufe der Glaubis gen durch Eintauchung;
weil, fie ſich aber nicht befriedigen konn⸗
ten wegen irgend einem Mann in Emia?
land ſolche zu verwalten, und die Uebung
anzufangen, und hoͤrten daß einige in den
Niederlanden die Eintauchung üb⸗
ten, fo ſandten fie einen[ Namens) Richard
Blount hinüber, welcher von einem Nie—
derdeutſchen Lehrer Mae Jan Batte
eingetaucht wurde, ꝛc.“
Auf dieſe Weiſe iſt denn die Thatſache
beſtätigt, daß die Deutſchen und hollaͤndi⸗
ſchen Taufgeſinnte oder Men no⸗
niten urſpuͤnglich Baptiſten waren, und
die Taufe der Glaubigen durch Eintauch⸗
ung übten noch hundert Jahre nach Wiens
no und unſer Zeuge ſagt: „Zu welcher
Zeit das Begießen ſtatt der Eintauchung
unter den Mennoniten eingefuͤhrt wurde,
finde ich nicht.“
Die Urſache diefer! Veränderung io
Eintauchen zum Begießen) nach Worgan
Edwards war wie folgt: „Wenn ſie
Jünger machten in Gefängniſſen, oder
ſonſt verhindert wurden vom Gehen an
Fluͤße, ſo halfen fie ſich ſo gut als fie, konn-
ten, und brauchten die Begießung, wenn ſie
nicht eintauchen konnten. Aber wie in
Africa, fo in Europa, was anfänglich. ges
than wurde aus einer vermeinten Noth⸗
wendigkeit, wurde nachher geuͤbt aus
Wahl,“ weil man es ſo bequemer fand.
Es iſt in der That zu bedauern, daß dies
fe Benennung, urfprünglich gegründet auf
die einfachen Grundſaͤtze des Evangeliums,
und auf die Beobachtung der Verordnung⸗
en Chriſti nach dem Wort, weswegen ſie
ſo viel erlitten hatten waͤhrend dem erſten
Jahrhundert ihrer Exiſtenz, jo bald abzu-
weichen anfieng von ihrem urfpruͤnglichen
Glauben und Thun.
}
Der Evangeliſche Bis uch. 75
Doch auch dieſes war nicht der Fall mit
allen. Stark in ſeiner „Geſchichte
der Tau fe und Taufsege unten” be⸗
zeugt, (Seite 4310 daß einige von ihnen
taufen noch immer mit t gänzlicher Eintauch⸗
ung, und beobachten auch das Fuß was ch⸗
en daß ſie die Taufe an allen wiederho⸗
len die zu ih rer Geimeinſchaft treten wol⸗
len, wenn ſie auch ſchon als Erwachſene
bei andern Gemeinden ge tauft worden; u.
es wurde dem Schreiber dieſes ſo ſpaͤt als
das Jahr 1839. dur. ch einen Mennoniten
Prediger zu Rotterdam in Holland, von
welchem er mit zwei ſchätzbaren Werken de
ber die Geſchichte der Taufs⸗geſinnten be⸗
ſcbenkt wurde, be ezeugt: daß noch ein
Ueberbleibſel jener alten Domplers' vor⸗
handen ſey, welche mit dreimaliger Ein⸗
tauchung tauften, das Fußwaſchen bei ih⸗
ren Liebesmählen uͤbten, und feſt an den
Grundſaͤtzen des Nicht⸗ſchworens, der
Wehrloſigkeit und Nicht⸗Gleichſtellung mit
der Pracht und SE: dieſen Welt hiel⸗
a Ua
Die Wahrheit iſt, daß alle Mennoniten
ſo weit als bekannt noch jetzt an dieſen letzt⸗
genannten Grundſaͤtzen halten, obſchon ſie
die Taufe meiſtens durch Begießen, ſelbſt
in dieſem unſerem freien Lande verrichten
mit Ausnahme einer kleinen Parthei, die
ſich von ihnen abſonderte vielleicht vor nicht
ganz fuͤnfzig Jahren, und g genannt wurde
Die River⸗Bruͤder.“
eigenen Brüdern. fo nahe ähnlich, daß die
Welt kaum irgend einen Unterſchied fehen
kann, und wir es beklagen muͤſſen, daß ſie
eine abgeſonderte Secte bleiben, aus Ur⸗
ſa mu. die ihnen wohl am beſten bekannt
man N
50 welch, ein mächtiges Zeugniß; te
vor der
diejenige, welche das Wort Gottes als ih⸗
ren einzigen 7 Führer, bekennen, und ‚mins
ſchen ihrem Herrn in Einfalt zu dienen, als
ein Leib vereiniget waͤren, wie weit ſie auch
f Dieſe uͤben die drei⸗
malige Eintauchung, und find ſonſt unfern,
Welt abgelegt werden, wenn alle
getrennt, fepn möchten in Hinſicht auf Ort
und Stelle Aber ach, ein Geiſt des See—
tenweſens und der Trennung hat diejenige
abgeſondert, welche einſt fein liefen, wel⸗
che im Geiſt anſiengen, aber im Fleiſche
vollendeten.
Um zu zeigen, was die leitende Grund⸗
ſätze der Anabaptiſten in der Zeit der Nez
formation waren, fügen wir folgenden Aus⸗
zug aus Stark's Geſchichte der Taufe und
ee Seite 174 und 175 bei
J.
1. Daß die Clemente 505 Taufgeſinn⸗
ten die einzige ſey, in welcher das Wort
Gottes rein gelehret, und die Sacramente
der Stiftung gemaͤß verwaltet würden und.
daß dieſelbe mit keiner einzigen andern Ge⸗
meinſthaft haben muͤſſe. f
2. Daß in ihrer Gemeinde nur allein
wahre Diener des Worts wären, die aus
innerem Trieb, und nicht um Sold und
Lohn predigten, wie in andern Kirchen 5
Gemeinden.
3. Daß alle Glaubige, als ſolche d die
ven einerlei Geiſte getrieben würden, prediz,
gen und weiſſagen koͤnnten, und daß nicht
einer allein, wie in den andern Kirchen gez,
ſchaͤhe, dazu ein ausſchließendes Recht haͤt⸗
te.
4. Daß Luther und Zwingli,
durch Leugnen des freien Willens der Men—
ſchen, und der Nothwendigkeit der guten
Werke allen Unordnungen und Ausſchweif⸗
ungen Thur und Thore geoͤffnet.
5. Man koͤnne die göttliche Gebote volz,
kommen erfuͤllen. Dieß werde nur von
denen verneint, die unregelmäßig leben,
und nicht die Taufe kur Buße empfangen,
wollten.
6. Die Gemeinſchaft der Guter ſey die
Seele des Chriſtenthums, und wo die nicht
eingefuͤhrt wäre, ſey keine vollkommne. Ge⸗
meine von Chriſten. N
7. Das alte Teſtament habe als ein,
abgeſchaftes Geſetz nicht dieſelbe Autorität,,
die das Neue habe.
76
8. Es ſey wahrſcheinlich, daß die See⸗
le nach dem Tode nicht gleich an den Ort
der Freude oder der Verdammniß gelange,
ſondern bis zur Erweckung 3 am jüngiten
Tage ſchlafe. \
9. In einer Gemeinſchaft wahrhaft
Glaubiger ſeyen Obrigkeiten uͤberfluͤßig,
und es ſey einem Chriſten nicht erlaubt ein
obrigkeitliches Amt zu bekleiden.
10. Die einzigen Strafen, die wider
Verbrechen unter den Chriſten verhaͤnget
werden koͤnnten, beſtehen in der Excommu⸗
nication. 5
11. Proceſſe, Kriegs⸗dienſte, ja ſogar
Selbſt⸗Vertheidigung find Stücke, die ei—
nem Chriſten nicht anſtehen.
12. Alle Eide, auch vor Gericht, ſind
dem Chriſten verboten.
13. Die Kindertaufe iſt eine Erfin⸗
dung der Paͤbſte und ein Werk des Teufels,
und es iſt keine andere Taufe gültig als
nur diejenige, welche Erwachſenen ertheilt
wird, die von ihrem Glauben Rechenſchaft
ablegen koͤnnen.
14, Wer wiedergeboren iſt, fuͤndiget
weiter nicht, und die Gemeinde welche die—
ſe ausmachen, iſt vollkommen gleich der
Verſammlung der Auserwählten im Him—
mel.“
Dieſe Artikel, muͤſſen wir bekennen, ſind
alleſammt ſtark gefärbt von dem Geſchicht⸗
ſchreiber, und auf eine Weiſe ausgedruckt,
daß die darin enthaltene Wahrheit leicht
verkehrt und falſch angewandt werden
kann. Wir wollen den Schreiber keiner
vorfaͤtzlichen Entſtellung beſchuldigen, aber
da er ſelbſt ein Pedobaptiſt, u. ein Prediger
war in einer der proteſtantiſchen Kirchen
in hoher Stellung, ſo war es leicht moͤg⸗
lich, daß er die wahre Geſinnung dieſer al—
ten Anabaptiſten misverſtanden hat. Oder,
im Fall er dieſe Artikel in den nämlichen
Worten ausgedrückt hat, wie ſie in der
Schweiz bekannt wurden von dieſen ſelbſt,
ſo wird man uns erlauben zu ſagen, daß ſie
wenigſtens zum Theil ſtark an den Fanatie
Der Evangeliſche Beſuch.
cismus erinnern, welcher fo bee
war in jenen unruhigen Zeiten. arg
Die einfache Thatfache iſt dieſe, daß
Grundfaͤtze, wie wahr und richtig ſie auch
ſeyn moͤgen an ſich ſelbſt, konnen aufs
Aeuſſerſte getrieben werden, und fo zu Ex⸗
ceſſen von der traurigſten Art Anlaß geben.
Es iſt nur bei einem wahren Gleichge—
wicht aller Evangeliſchen Grundſätze, wo
ein jeder innerhalb feiner gebuͤhrenden
Schranken ausgeuͤbt, und jede Uebertrei⸗
bung von irgend einer Art vermieden wird.
Nachſchrift. Es verſteht ſich wohl von
ſelbſt, daß, was wir hier von einem Be⸗
kenntniß vor Dreiyundert Jahren angeführt
haben, niemand ſo unbillig ſeyn wird, uns
oder wenigſtens dem Schreiber als ſein ei⸗
genes aufzubuͤrden.
—ͤä (w—— —
Was Jeremias Felbinger vor 200
Jahren bezeugte. ,
Don der heiligen Taufe...
(Fertſetzung.)
Aber nachdem Jeſus von Gott feinem
himmliſchen Vater aus den Todten aufer—
wecket war, da befahl er feinen Apoſteln,
und ſprach: Gehet hin in alle Welt, rufet
das Evangelium aus alle dem Geſchoͤpfe.
Wer da glaubet, und eingetaucht wird, der
wird ſelig werden: wer aber nicht glaubet, der
wird verdammt werden. Marc. 16, 15.
16. und Matth. 28, 1820, Mir iſt ge⸗
geben alle Macht im Himmel und auf
Erden. Gehet derhalben hin, und machet
zu Lehr-Jüngern alle die Voͤlker, und tau⸗
chet fie ein auf den Namen des Vaters,
und des Sohnes und des heiligen Geiſtes.
Gleich wie aber die Menſchen vor ihrer
Eintauchung ſollen zu Lehr-Juͤngern gex
macht werden, alſo müſſen fie auch nach
empfangener Eintauchung je mehr und,
mehr in der angenommenen Lehre und fol⸗
gends in einem gettſeligen Leben und Wan⸗
del zunehmen; darum ſaget Chrtſtus fera
Der Evangeliſche Beſuch. | 77
ers Und lehret fie halten alle die Gebetze,
awelche ich euch gebeten habe, nu
Hieraus verſtehen wir, daß die Ein⸗
Tauchung ihren Urſprung wen Gott habe,
wie ſie denn auchogenannt wird der Rath
Gottes, Luc. 7, 30. und darum uuß fik
fo unnoͤthig u. veraͤchtlich nicht ſeyn, als ſie
won den irrdiſch geſinnten ausgerufen wird.
Abſonderlich weil ſelbſt der Sohn Gottes
ſowehl mit ſeinem eigenen Exempel als
mit feiner Rede bezeuget hat, daß auch ihm
gebührte in dem Stuͤcke der heiligen Eine
tauchung alle Gerechtigkeit zu erfüllen.
Matth. A, 13-17.
Sehen wir ferner an bie Männer, welche
die Eintauchung auf Gottes und Chriſti
Befehl bedienet haben, ſo tritt am erſten
Herfuͤr Johannes der Eintaucher, welcher,
wie der Sohn Gottes ſelbſt von ihm zeugt,
weit mehr iſt als ein Prophet. Denn dies
ſer iſt, von welchem geſchrieben ſtehet:
Siehe ich ſende meinen Boten fuͤr deinem
Angeſicht her, welcher deinen Weg fuͤr dir
bereiten wird. Ames ich ſage euch, (ſpricht
der Sohn Gottes ferner) unter denen, die
von Weibern geboren find; iſt kein groͤßerer
auferwecket worden, als Johannes der
Eintaucher. Matth. 11, 911.
Nach ihm haben die Eintauchung auf
Chriſti Befehl bedienet die heiligen Apo—
ſtel, und ihre Mitdiener am Worte Gettes.
Welche traun unſers Lobens nicht beduͤr—
fen, ſintemal ihr Gehorſam gegen Chri—
ſtum, ihr heiliger Wandel, ihre ſonderbare
von Chriſto empfangene Gaben, ihre unerz
muͤdete Arbeit in Ausbreitung des heiligen
Evangeliums, ihre große Gedult und
Standhaftigkeit in mancherley Truͤbſalen,
endlich ihr blutiger und ſchmerzhafter Tod,
den ſie um der Lehre und Ehre Gottes und
Chriſti willen auszuſtehen ſich nicht ge⸗
weigert haben, ſie z
allen Menſchen, als einen Spiegel der
chriſtlichen Nachfolge ver Augen ſtellen.
Waͤre nun an der Eintauchung nichts oder
wenig gelegen, fie hatte nicht dürfen durch
Schwang gebracht werden.
zur Gnuͤge preiſen, und,
ſolche vortrefliche Männer bedienet und in
Zugeſchwei⸗
gen, daß daran ſehr viel muß gelegen ſeyn,
welches ſoll verrichtet werden im Namen
des himmliſchen Vaters, und ſeines Soh—
nes Jeſu Chriſti, und des bee aut
Matth. 28, 19. de
Erwägen wir aber die Wes e be
dieſer Ceremonie anhängen, wer wird als⸗
denn nicht bekennen muſſen ihre hohe Vor—
treflichkeit; Jehannes kam in alle die umlie⸗
gende Landſchaft des Jordans, u. tief aus
eine Eintauchung der Beſſerung zur Verge—
bung der Suͤnden. Luc. 3. 3. Petrus der
Apoſtel ſprach zu den Juden in Jerufalem!
Beſſert euch, u. ein jeglicher unter euch wer⸗
de eingetaucht in den Namen Jeſu Chri—
ſti, zur Erlaffung der Suͤnden. Und ihr
werdet empfangen die Gaben des heiligen
Geiſtes. Apoſt. Geſch. 2, 38. Stehe auf,
(ſprach Ananias zu Saul) und laß dich
eintauchen, und deine Suͤnde abwaſchen,
Pa den Namen des een een
Geſch. 22, 16.
Und was bedarfs vieler Sauce der
heiligen Schrift; ein einiges kann uns ger
nug ſeyn, zu behaupten unſern Zweck, nem—
lich daß Chriſtus ſelbſt allen glaubigen
Eingetauchten die Seligkeit verſprochen
hat, wenn er Marc. 16, 15. 16. zu ſei⸗
nen Apoſteln alſo ſagt: Gehet hin in alle
Welt, rufet das Evangelium aus alle dem
Geſchoͤpfe. Wer da glaubet, und einge—
taucht wird, der wird ſelig werden. Dieſe
und dergleichen anadenreiche Verheiſſungen
mehr, derer die Bücher des neuen Bundes
hin und wieder voll ſind, bezeugen hell und
klar die uͤbergroße Wüͤrdigkeit der heiligen
Eintauchung. Und gleichwie ſie den glau—
bigen Getauften die Seligkeit und das ewi⸗
ge Leben zuſagen, alſo dräuen fie im Gegen-
ſatz den Verächtern der von Chriſto einge—
Ai es die‘ mon Verdamm—
niß.
am müſſe von uns An; geringe zu
achten die Ceremonie, welche unſer Selig—
78
Der Evangeliſche Beſuch.
macher ſelbſt geordnet, und welcher Er die Chriſti und feiner Apoſtel ſey vekrichter
Verheißung der ewigen Seligkeit ange⸗
Ferne muͤſſe von uns ſeyn,
die heilige Eintauchung für eine Wieder⸗
mit Glauben und Verſprechung eines hei⸗
haͤnget hat.
räuferey für ein laͤcherbaftiges Dumpeln,
und für ein phantaſtiſch“ Narren werk zu
ſchelten.
ren würdig iſt, alfe muüſſan wir ſie hoch
halten, Chriſto dafür danken, und derſel⸗
bigen in allen Stücken vermoͤge der erſten
Einſetzung Chriſti und Bedienung der hei⸗
ligen Apoſtel nachkommen. ö ni
Und nunmehr, it auch zur Genüge kund
klärlich aus der heiligen Schrift angewieſen:
1. Was die Taufe ſey, nemlich eine
Eintauchung von Gett durch Chriſtum be⸗
fohlen. -
2. Wen man abe ſolle, nemlich
nicht Glocken, und dergleichen lebleſe Din-
ge, auch nicht unmuͤndige ſechswochen J
Kindlein, die die Lehre Chriſti nicht verſte—
hen noch glauben koͤnnen, denen der Ges
horſam und Tod Chriſti genug und übrig
genug iſt zu ihrer Seligkeit, im Fall fie in
ihren unmuͤndigen Jahren hinſturben;
ſondern mündige erwachſene Leute, die
man vor ihrer Taufe kann unterrichten von
allen noͤthigen Stücken des Chriſtlichen
Glaubens, und die auch der Lehre Beyfall
geben, und nach derſelben, als ihrem Mei—
ſter Chriſto zu gehorſamen, ihr Leben und
Wandel heiliglich wollen anſtellen. End—
lich
3. Haben wir auch beſehen die hohe
Nutzbarkeit und Vortreflichkeit der heiligen
Eintauchung. Jetzund wird nicht unge⸗
reimt ſeyn koͤnnen, wenn wir daſſelbe, was
bieher geſagt iſt, mit ungezweifelten Ex⸗
empeln beweiſen.
noͤthig zu ſeyn, daß man ferner viel Worte
mache, wer der Einſetzer der heiligen Tau—
5 ſey, item von ihrer Wuͤrde und großen
Nutzbarkeit, ſintemal in dieſen Stücken
me alle Chriſten übereinſtim⸗
men.
Aber es will nöthig ſeyn, daß man Ber.
ner zeige, daß die heilige Taufe zur Zeit
Hingegen, gleſchwie fie aller Eh⸗ den.
Und zwar ſcheinet un⸗
worden im flieſſenden Waſſer mt Eintau⸗
chen, und ferner daß fie niemanden als nur
erwachſenen Leuten, die die Lehre Chriſti
ligen Lebens annahmen, ſey gereichet wor⸗
Denn eben dieſe ſind die Stücke,
welche von vielen, die ſich. doch Für, Lehrer,
der Chriſten ausgeben, aufs allerſchändlich⸗
ſte geſchmähet, verläͤſtert, und verdammet
werden. Ich bitte von He der. H Er
IEſus wolle ihnen d eſe, große Suͤnde aus
Gnaden vergeben, uns fie, bekehren, wo ſie.
zu bekehren find...
r
* N.
Das erfte Exempel wollen wir beſdhen
an dem Sohne Gottes ſelbſt, welcher auf
ſein inſtändiges Anhalten von Johafines“
getauft ward, ohngefehr im dreyſigſten
Jahre ſeines Alters. Er bedurfte aber!
nicht vor der Taufe, wie andere Taͤuflinge,
der Lehre und Unterweiſung Jehannes des
Eintauchers, ſintemal er“ ſelöſt die ſelig⸗
machende Lehre von GoOtt feinem Vater
im Himmel gehoͤret hatte, und der himmli⸗
ſche Vater ſelbſt hatte ihn gelehret, wie er
klärlich bezeuget, Joh. 8, 26. 28. 40. und
er war der rechte Lehrer, den Gott gefandt
hatte, daß er durch die goͤttliche Lehre follte
erleuchten beides Juden und Heiden, wie
von ihm geweiffiget war, Eſa. 42, 6. und
49, 6. Luc. 2, 30-32. Darum ward er
zwar getaufet von Johanne ſeinem Verbo⸗
ten, aber nicht zuvor von ihm gelehret.
Wie ward er aber getauft? Die heiligen
Evangeliſten Matth. 3, 16. Marc. 1, 9.
10. Luc. 3, 21. bezeugen einmuͤthiglich, er
ſey von. Johanne eingetaucht worden, (fie
gebrauchen alle das Wort baprizein, wele
ches auf Latein mergere und auf Deutſch
eigentlich eintauchen bedeutet, davon man
nachſe blagen kann in allen Griechiſchen
Wort⸗ Büchern,) und zwar in den Jordan:
mente wohl, in den Jordan, welches.
nicht ſchlechter Dinge bedeutet, daß er ſey
im Jordan, Mondern eis ton Jordanin in.
Der-Evangeliſche Beſuch.
den Jordan hineingetaucht worden. Wie⸗
wohl es ſonſten verſtändlich genug gelagert:
iſt, wenn Marcus Cap. 1/5. ſchrelbet, daß
Johannes in dem Fluße oder Strome
Jordan habe eingetauchet dieſelbigen, welche
nach gehoͤrter ſeiner Lehre 905 Sünden be⸗
kannt haben.
Aber hier, damit ja niemand an. der
rechten Eintauch ung zweifeln koͤnne oder
dürft, fo wird ausdrücklich gemeldet, daß
Johannes den Sohn Gottes in den Jor⸗
dan hinein habe eingetaucht. Und daß
der Herr Jeſus vor ſeiner Taufe ſey in den
Jordan hineingeſtiegen, wird auch damit
befeſtiget, weil die Evangeliſten melden an
den obenangezogenen Orten, er ſey nach
der Eintauchung wieder heraus geſtiegen.
Matthäus ſaget: Und da Jeſus einge⸗
tau ht war jeg er ſtracks herauf von dem
Waſſer. Marcus: Und alsbald, da er
von dem Waſſer herauf ſtieg, ꝛc. Gleich⸗
wie nun der Herr Jeſus in das B Jaſſer ein⸗
getaucht iſt, alſo ſind auch alle andere
Taufbegierige von Johanne eingetaucht
werden, von welcher Eintauchung, wie auch
von vorhergehender Lehre und Unterwei⸗
ſung, man leſen kann Matth. 3, 1 bis 16.
Marc. 1, 4 bis 8. Luc. 3, 1 bis 21. Jeh.
1, 15 bis 36. und 3, 23 bis 36.
Dieſeszſt alſo geſagetwon der Eintauch—
ung, welche Johannes dem HErrn JEſu
und andern Taufbegierigen geleiſtet hat.
Unterſuchen wir nun wie die heiligen
Apoſtel, da ihr Meiſter noch bey ihnen zu—
gegen war, getauft haben, ſo meldet die
h. Schrift ebenmäßig, daß Jeſus habe dieje—
nigen erſtlich zu Lehr-Jungern gemacht, das
iſt, durch die Ausrufung des goͤttlichen
Wortes unterwieſen, welche die Apoſtel
hernach getauft haben, ſonder Zweifel
auf des Herrn Jeſu Befehl, weil ihm
dieſe Taufe ſelbſt zugeſchrieben wird.
Hievon ſchreibet Johannes in ſeinem
Evangelio Cap. 3, 21. alſo: Darnach
kam Jeſus und feine Lehr-FJuͤnger in das
nahm,
79
Juͤdiſche Land. Und, brachte allda' die
Zeit zu mit ihnen, und tauchte ein. Und
Cap. 4, 1. 2. Da nun der HErr ver⸗
daß die Phariſäer gehoͤret hatten,
daß Jeſus mehr Lehr⸗Fünger machet und
eintauchet, als Johannes, (wiewohl Je⸗
ſus ſelbſt nicht eintauchte, e fein
Lehre Junger) ꝛc.
Aber wir wollen uns hierin nicht lange
aufhalten, ſondern fortfahren zu beſehen
wie die Apoſtel nach der ſiegreichen Him⸗
melfahrt unſers HErrn Chriſti getaufet ha⸗
ben. Ehe der HErr IEſus non, feinen
Lehr-Jungern ſichtbarlich hinaufgenommen
ward in den Himmel, gab er ihnen von der
Taufe nachfolgenden Befehl: Matth. 28
18. 19. 20. Mir iſt gegeben alle Macht
im Himmel und auf Erden. Gehet der?
halben hin, und machet zu Lehr-Juͤngern
alle die Voͤlker, und tauchet ſie ein auf den
Namen des Vatexs und des Sohns und
des heiligen Geiſtes.
Und damit ja keiner, dem die Taufe Dir
fohlen worden, ihm einbilden duͤrfe, es ſey
an der vorhergehenden Lehre der Taͤuflinge
wenig oder nichts gelegen, wenn ſie nur ge—
tauft werden, ob fie ſchon die Lehre Chris
ſti weder wiſſen noch gehoͤrer haben, noch
verſtehen oder faſſen koͤnnen, fo wiederho—
let der Herr JEſus feinen Befehl noch
einmal, um alſo denen Taͤufern, welche die
Täuflinge nicht vor der Taufe lehren, alle
Entſchuldigung zu benehmen, und ſpricht:
Und lehret fie (verſtehet vor und nach der
Taufe) halten alle die Gebote, welche ich
euch geboten habe. Beſehet auch Mare.
16, 15. 16. Luc. 24, 47.
So iſt es demnach an dem, daß wir
fleißig nachforſchen ſollen, ob und auf was
Weiſe die heiligen Apoſtel den Befehl des
HErrn JeEſu ſeyn gehorſam geweſen in
Bedienung der heiligen Taufe, ob ſie haben
erſtlich gelehret, ob ſie hernach haben ins
Waſſer eingetaucht, oder ob ſie hergegen,
ſonder einige vorhergehende Lehre des
Täuflings, denſelbigen nur ein wenig am
65
Bei,
Borhaupte mit etlichen Tröpflein Waſſer
defprenget haben.
Denn der HErr hatte ihnen befohlen,
die Voͤlker, die Menſchen, in Summa ei⸗
nen jeglichen Menſchen, ſo groß u. lang er
iſt, nicht etwan das Vorhaupt oder die
Hand, oder irgend einen andern Theil des
Menſchen, ins Waſſer einzutauchen. Die⸗
ſes ſoll dienen uns allen zur Lehre den
Schwachen und Irrenden zur Verbeſſer—
ung, den Starken aber und Rechtmeinen—
den zur Befeſtigung, und zum Troſt, wenn
fie um der Wahrheit willen geſchmaͤhet, gez
laͤſtert, des Ihrigen beraubet, verjaget,
verfolget, und getoͤdtet werden.
Correſpondenz.
Lieber Beſuch.
Weil du deinen lieben Leſern ſchon eine
Zeit her ziemlich viel von des alten Je re—
mias Felbinger's Erkenntniſſen
und Schriften mitgetheilt haft, fo glaube
ich dir einen angenehmen Dienſt zu thun,
wenn ich etwas weniges von ſeinem Le—
ben und Schriften mittheile.
Jeremias Felbinger, gebuͤrtig
von Brieg aus Schleſien (anno 1616,
wurde frühzeitig zum Recktor der Schule
zu Coͤßlin in Pommern ernannt, bediente
aber dieſe Stelle nicht gar lange, indem er
wegen ſeiner Lehre abgeſetzt und aus dem
Lande gejagt wurde.
Nachgehends hat er ſich in Amſterdam
noch bis 1690 gar armſelig mit Kinder-
Informiren und Correcturen in Buchdru-
ckereyen ſich befchäftiget, und iſt vermuth⸗
lich dort geſtorben.
Seine Schriften waren folgende:
1. Das Chriſtliche Handbuͤchlein, erſt—
malsgedruckt 1651.
2. Ein Werk in lateiniſcher Sprache,
betitelt, /Demonstrutiones Christiane”
in Groß⸗Quarto. 1653.
Der Evangeliſche Beſuch.
3. In deutſcher Sprache, „Bekennt⸗
wiß der Polnischen Brüder.“ 1653.
4. Vorläufer übers alte Teſtament.
1654.
3. Die Lehre von Gott, Chriſto und
dem heiligen Geiſt, mit eigentlichen Worten
der Schrift zuſammen getragen, welches
ſchon 1657 deutſch, lateiniſch, franzoͤſiſch
und holländiſch herausgekommen iſt.
6. Das Neue Teſtament in einer eige—
nen Ueberſetzung aus dem Griechiſchen von
Wert zu Wort ꝛc. Emden 1660. (Diefe
Ueberſetzung wäre werth, neu aufgelegt zus
werden.)
In der Warsede über fein Neues Teſta—
ment gedenket er noch einer Ueberſetzung
aus der griechiſchen Sprache ins Holländi⸗
ſche, wie auch eines griechiſch-deutſchen
Lexicons, welche auch 1657. gedruckt wor⸗
den.
Auſſerdem End ven ihm etliche Tractate
wider die Soeinianer ze. 1672. und
81. herausgekemmen. Das Lexicon ver⸗
fertigte er, um den Deutſchen einen Teiche
tern Zutritt zu der Schrift in der griechi⸗
ſchen Originalſprache zu verſchaffen, weil
bisher alle erſtlich Lateiniſch lernen muß⸗
ten, um die griechiſche Schulbücher un?
Lexica zu gebrauchen, ꝛc. x.
ja Theophilus.
— 2 — ꝗ ꝙꝗ T—
Die Quelle.
eoͤcht' meine Seele doch
So ruhig, ſtill und rein,
So ſpiegel-hell und klar
Gleich einer Quelle ſeyn.
Wie ſchoͤn wird dann in ihr
Die Gottheits⸗Sonne ſtrahlen,
Mie hold ihr lieblich Bild
In ihrem Grunde mahlen.
Selig find, die reines Herzens find z
denn fie werden Gott ſchauen. Matth. 5,
8. Pf. 51,10. 1 Cor. 2. 9.
Band 1.
—
Die Gemeinde in der Wüſte,
oder:
FJeugniſſe von dem Daſeyn einer
apoſtoliſchen Gemeinde vom Anz
fang des Evangeliums bis auf un⸗
ſere Zeit. Fertgeſezt. N
Eine alla ndige Geſchichte des
Urſprungs, der Ausbreitung und ſchreckli⸗
chen Verfole gungen der Zeugen der Wahr⸗
heit, nämlich der ſogenannten! 1 65 75
ſten, Taufgeſinnten odet Menponiten im
ſechzehnten und ſiebzehnten Jahrhundert
zu liefern, werde uns welt über die Gränz
zen führen; die wir üm der Kürze willen
zu beobachten haben. Wir muſſen uns
daher begnügen mit der Mittheilung von
noch einigen wenigen Zeugniſſen in Bezug
auf ſie, und Hinzufügung von vielleicht
einer oder zwei Anmerkungen von uns
ſelbſt. f
Um derer willen indeſſen, welche weitere
Nachricht über dieſes Volk wünſchen moͤch—
ten, wollen wir abermals auf den Mar- t
tyrer Spiegel der wehrloſen. Chtiſten“
hinweiſen, welcher züerſt vor zweihundert
Jahren ungefehr in Holländiſcher oder
Niederdeutfcher Sprache herauskam, feit—
dem aber auch in hochdeutſcher Sprache,
ſelbſt hier in unſerm Lande, ſchon zu zwei⸗
en Malen gedruckt worden, und endlich
ünlängſt auch, ins Engliſche überſetzt, er⸗
ſchienen iſt.
Dieſes Buch enthaͤlt in der Einleitung
eine kurze Ueberſicht der wahren Kirche
Gottes, ihres Urſprungs, Fortgangs und
unerſchuͤtterlichen Beſtehens, durch alle
Zeitperioden, von Adam bis auf Noah,
von Noah bis auf Abraham, von
Abraham bis auf Mofes, von Me
fes bis auf Chriſt um, und von Chris
ſt bis auf das Jahr Chriſti 1632, und
ebenſo eine kürze Beſchreibung der ungoͤtt⸗
156
6
=
4 m }
Urs. 19
lichen und falſchen Kirche, welche das Ge—
gentheil iſt von der Kirche GüOttes, ihres
Urſprungs, Fortgangs und ihrer ae.
anderfolge in allen Zeiten.
Dann in dem erſten Theil faͤngt es mit
dem erſten Jahrhundert von Chriſt! Ge—
burt an, und führt fort bis auf das ſech⸗
zehnte Jahrhundert zu geben
1. Eine ſummariſche Ueberſicht der
irtyrer, die während dem Ja bee
Ma
litten haben.
ge
Einen Bericht von der heiligen Tau⸗
derer, die Marterthum erlitten.
2
fe
Im zweiten Theil bis zum Ende des
Buchs wird gegeben eine ausführliche Ge—
ſchichte und Nachricht von den Martyrern
der Taufgeſinnten, ihren, Anſichten,
Grundſätzen und Geſinnungen, vom Jahr
1532 bis 1660. Hier kann der Leſer fin⸗
den, wie viele von dieſem Volk den Tod zu
erleiden hatten um des Zeugniſſes Chriſti
willen, micht allein von den Roͤmiſch⸗ FRE
holiſchen, ſondern auch von den Prote—
ſtanten, inſofern wir unter andern auch
ein Edict von der Obrigkeit in Zürich (in
der Schweitz) wo Zwingli die Reforma—
tion eingeführt hatte, gegen die armen An⸗
abaptiſten finden, ja foger daß in weniger
als ſieben Jahren mehr als dreihundert in
verſchiedenen Gegenden Deutſchlands, der
Schweitz, der Niederlande c. wegen kei—
nes andern Verbrechens hingerichtet wur⸗
den, als daß fie einfältig das Wort Got⸗
tes glaubten und übten.
Auf dieſes Buch verweiſen wir daher
unſere liebe Leſer, und geben nun die we—
nigen Zeugniſſe in Betreff dieſer alten
Mennoniten und Taufgeſinnten, die wir
oben verſprochen haben. Erſtlich mit Hin⸗
ſicht auf ihren Urſprung, welcher ſelbſt
heutzutage noch zuweilen in den wilden
Unternehmungen Muͤntzer's, oder gar in
10
den G haten der Fanaticker zu M uns
5 95 Nad werden, Gerade als ob man
den Urſprung der Baptiſten bei der
Secte der Mormonen ſuchen und den
Baptiſten zur Laſt legen wollte, was die
Mormonen verſchuldet, blos darum, weil
dieſe mit jenen in einigen Stuͤcken uͤber—
einſtimmen moͤgen.
Unſer Zeuge iſt Stark in feiner bereits
angeführten. „Geſchichte der Taufe und
Tanfgefinnten.” Am Schluſſe derſelben
und ſeines Buchs ſagt er, was wir der be—
ſondern Aufmerkſamkeit des a, Le⸗
ſers anempfehlen, da es das Zeugniß eines
Paido-Baptiſten iſt, der folg lich nicht ſehr
partheiiſch oder zu Ganjten der Baptiſten
sehr,
„Die Taufgeſinnten find nicht eine Rot—
te aufruͤhreriſcher Schwaͤrmer, die Mün⸗
zern ihr eigentliches Daſeyn zu verdanken
haben; fie find Altern Urſprungs, und ges
hören zu den Sonderlingen, die ſchon
laͤngſt mit der roͤmiſchen Kirche, wie in vie—
len andern Stuͤcken, alſo auch in Anfehe
ung der Kindertaufe misvergnügt, geweſen
waren. Aber die furchtbaren und wach⸗
ſamen Kezzergerichte hatten fie genoͤthigt,
ſich ſtille zu halten und ſich nur im Betz
borgenen fortzupflanzen.
Aber der Beyfall den die Grundſaͤtze der
Reformatoren und die von ihnen unter-
nommene Veränderungen ſowohl in Sach—
fen als in der Schweitz erhielten, mache
ten auch nun dieſen bisher unterdruͤckten
Sonderlingen Muth, mit ihren Meynung—
en hervorzutretten. Dies geſchahe in
Deutſchland von Münzern, Storch,
Stübnern, Kellern, Zaferiz und an⸗
dern, und in der Schweiz von Zubmey⸗
ern, Felix Manz, Grebel, RXubli,
Blaurock und andern, die ſich nicht we-
niger als Luther und Zwingli zu re—
formiren berechtigt duͤnkten.“
„Aber die Schritte welche ſie wagten,
waren zu kühn. Noch nicht zufrieden mit
den in Sachſen und der Schweiz vorge—
Der Evangeliſche Beſuch.
nommenen Verbeſſerungen, die ihnen noch
lange nicht alles zu erſchoͤpfen ſchienen,
wollten ſie auch die Kindertaufe abgeſchafft
und dafür die Taufe der Erwachſenen wie⸗
der eingeführt wiſſen, und da fie die roͤmi⸗
ſche Kirche als eine Mutter aller Unord—
nungen, als eine ſtindige Gemeinſchaft und
das eigentliche Babel der Apocalypſe anz
ſahen, ein Gedanke den auch die andern
Reformatoren jener Zeit oft und lebhaft
genug äußerten, wollter' fie an deren Stelle
eine neue und ganz heilige Kirche der Aus—
erwaͤhlten auf Erden gegruͤndet wien.”
Nun, was wir auch einwenden machten!
gegen die Art 152 Form dieſer Zeugniſſe ,
fo ſind fie hinreichend dieſe Eine Thatſache
zu beſtatigen, welche allezeit von den Par⸗
theyen ſelbſt behauptet, und durch Gleich—
heit der Anſichten, Grundſaͤtze und Ue⸗
bung bekräftiget ward, naͤmlüh; daß' die
Baptiſten des ſechzehnten Jahrhun-
derts nicht von rebelliſchen Fanati⸗
ckern, fondern von jenen ſonderba-
ren Partheien, wie man ſie nannte,
im Mittelalter entſprangen, welche
unzufrieden waren mit der roͤmi⸗
ſchen Kirche, und welche keine andere
ſeyn können als die Waldenſer
und Böhmiſchen Br der.
Ebriftus im Garten.
Nach dem Engliſchen. Siehe Göspel-Vis,
Band 1. Seite 16.
15
Als einſten der Abend zur Stille ſich
neigt’,
Und Tageslicht nur noch in Dartin’rung.
ſich zeigt”,
Des Mond's bleiche Strahlen das Erdreich
heſchien'n,
In tiefem Nachdenken ich wandelte hin.
j 2.
Ich kam an ein'n Garten, und da blieb ich
ſteh'n
Der Evangeliſche Beſuch.
Zu hoͤr'n eine Stimme voll klaͤglichem
Fleh'n;
Die Stimme des Beters ßewegte mein
b e s
Er bat für die Sünder, ihr Heil war fein
Schmerz.
4 4 3.
Judem er, ſeel-zagend, zum Himmel ſich
wandt',
Sprach er pon den Qualen, die uns zuer—
kannt;
Sein Leben als L osgeld er mig bot an,
Da aß Sünder, erlöfet, das Leben empfah'n,
4.
Ich horcht' eine Weile, dann wandt' mich
zu ſeh'n
Den Fremdling voll Mitleid, der ſo konnte
fleh'n:
Und ſiehe, ich ſahe, gebeugt auf die Erd,
Das lieblichſte Weſen, mit Aengſten bes
ſchwert.
55
Sein Mantel war feuchte vom Thaue der
Nacht;
Sein Haar glaͤnzt' im Mondlicht mit ſelte—
ner Pracht;
Sein Auge mild ſtrahlend zum Himmel
blickt auf,
Weil um ihn ſteht ſtaunend ein himmli—
ſcher Hauf,
6.
So tief iſt fein Kummer, fa ernſt fein Ge—
bet
Daß Angſtſchweiß mit Blut auf dem
0 Antlitz ihm ſteht;
Ich weint' bei dem Anblick, ich frug ſei—
neg Nam',
Er gg prach: Ich bin IEſus, vom Himmel
ich kam.
7.
Ich bin dein Erloͤſer, ich leide für dich;
Den Kelch, der ſo bitter, austrinken muß
1 ich.
Es find deine Sünden, die druͤcken fo
ſchwer,
A ch ihrer iſt, leider, ein zahlloſes Heer.
*
Mit tiefer N ich
8 Wort,
Und Thränen dep Reue vergoß
Die Urſach
be.
ich ſofor t; 3
des Leidens, das er dulden
muß
Drang tief mir durchs Herz, und ich fiel
ihm zu Fuß.
9,
Zerknirſcht rief ich: JEſus!
dich mein!
Herr, hilf mir, ſonſt kann ich verloren
nur ſeyn,
Er blickt' auf mich freundlich und fprach
voller Huld:
Bei mir iſt Vergebung, ich ſchenk dir die
erbarme
Schuld.
10.
Wie lieblich der Ausſpruch! ich war hoch
erfreut,
Mein Herz war erquicket, mein Geiſt ganz
verneut.
Ich beugte mich willig ſein'm ſanften
Panier,
Und fand Ruh' der Seelen, o. IJEſu, bei
dir.
1.
ich ein Pilgeim, der Himmel
mein Ziel,
irdiſchen Guͤtern bedarf ich nicht viel;
Mein Herz iſt bei IEſus, mein Schatz
iſt auch dort,
Ich habe Licht, Friede, all' Angſt iſt nun
Hier hin
Von
fort.
12;
Der Tag iſt am kommen, der herrliche.
Tag
Wann endet all' Kummer, all' Suͤnde und
Plag;
Ich werde daheim ſeyn beim HErrn al—
lezeit
Und loben und ſchau'n Ihn in ewiger
Freud.
— — eꝗʃas ee —
mias Felbinger vor 200
hren bezeugte.
Von der heiligen Taufe.
(Fortſetzung.)
Laſſet uns derowegen im Namen GOt—
tes eigentlich beſchauen, was fuͤr eine Tauf⸗
Ordnung die heiligen Apoſtel gehalten ha—
ben, nach der Himmelfahrt des HErrn
JEſu, und zwar an dem Tage, in welchem
fie alle erfuͤllet wurden mit dem heiligen
Geiſte, und anfiengen zu reden mit andern
Zungen, nach dem der Geiſt ihnen gab aus—
zuſprechen. Hievon meldet Lucas
1. In den Geſchichten der Apoſtel
Cap. 2. daß Petrus mit den Eilfen habe
geſtanden, und feine Stimme erhohen, und
eine ſolche Vermahnung zu dem Volke ge—
than, welche die Herzen ihrer vieler habe ge—
ſtochen und heftig beweget, alſo daß fie zu
ihm und den übrigen Apoſteln geſprochen:
Was ſie doch thun ſollten? Darauf
ſprach Petrus zu ihnen: Beſſert euch,
und ein jeglicher unter euch werde einge—
taucht in dem Namen JEſu Chriſti, zur
Erlaſſung der Suͤnden, und ihr werdet
empfangen die Gabe des heiligen Geiſtes,
Darauf folget endlich: Die nun
zwar ſeine Rede gerne annahmen, die wur⸗
den eingetaucht, und es wurden ihnen zu⸗
gethan an demſelbigen Tage bei drey tau⸗
ſend < Seelen.
Und ferner: Sie, nemlich die Einge—
tauchten, beharreten aber in der Lehre der
Apoſtel und in der Gemeinſchaft, und in
dem Brechen des Brods, und in den Gebaͤ—
ten. Leſet das Capitel bis zum Ende.
2c.
Sehet Freunde, die Apoſtel lehren erſt⸗
lich, ehe ſie taufen, ſie taufen mit Ein—
tauchen, ſie tauchen ein diejenigen, welche
die Lehre Chriſti gern annahmen, und in
Summa wer das ganze Capitel in der
Furcht Gottes lieſet, und glaubet den
Worten des Evangeliſten Lucas, der wird
in feinem Gewiſſen überzeuget werden, daß
die heiligen Apoſtel keine unmündige Kin—
; Der Evangeliſche Beſuch.
der getaufet, ſondern erwachſene Leute zus
erſt gelehret, und nach angenommener Leh;
re im Namen JEſu Chriſti eingetauchet
haben.
Ferner 18 ſtehet Afoſt. Geſch, 4. v. 4.
Viele derer, die die Rede (verſtehet, die Piz
trus und Johannes zum Volke thaten,
gehoͤret hatten, glaubeten, und die Zahl der
Männer ward bei fuͤnf tauſend. Hier wer⸗
den den vorigen drey tauſend Getauften
noch zwey tauſend zugethan, und dieſe alle
ſind erwachſene Leute geweſen, die die Leh—
re der Apoſtel konnten hoͤren, verſtehen,
und mit Glauben annehmen.
3. Apoſt. Geſch. 5, 12. Sie, (die
Apoſtel) waren alle einmuͤthiglich in der
Halle E Salomons, nemlich daß fie daſelbſt
die Lehre Chriſti ausbreiteten, des Gottes;
dienste, und des Gebäts abwarteten. v.
14. Es wurden aber jemehr hinzugethan,
die da glaubeten dem Herrn, große Mens
gen, bepdes der Männer und Weiber.
Hier werden den vorigen Getaüſten große
Mengen hinzuge than, aber unter den
großen Mengen wird keines unmündigen
Kindes gedacht, ſintemal den getauften
Chriſten nur die Maͤnner und Weiber
hinzugethan ſind, die da nen dem
HeErrn. >
4. Apoſt. Geſch. 6, v. 7. Und die
Rede Gottes wuchs, und die Zahl der
Lehr-Jünger zu Jeruſalem ward fehr ver⸗
mehret, auch viel Volk der Prieſter gehor⸗
ſamten dem Glauben.
Apoſt. Geſch. 8, v. 1. Es kam
aber an demſelbigen Tage eine große Ver—
folgung über die Gemeine, die zu Jeruſalem
war, und alle wurden zerſtreuet durch die
Landſchaften des Judiſchen Landes und
Samarla, ohne die Apoſtel. v. 4. Die
nun zwar zerſtreuet waren, giengen das
Land durch, und verkündigten die Rede.
v. 5. Philippus aber kam hinab in eine
5.
Stadt der Landſchaft Samaria und ruf⸗
te ihnen Chriſtum aus p. 6. Und die
Leute hatten acht auf die Worte, die von
Der Evangeliſche Beſuch.
dem Philippo geſaget wurden, einmuͤthig⸗
lich, 2c.p. 12. Da fie aber dem Philippo
glaubeten, der ihnen verfündigte die Worte
von dem Koͤnigreiche GOttes, und dem
Namen Je ſu Ehrifä, wurden fir einge⸗
taucht beyde Männer und Weiber, ꝛc.
6. Apoſt. Geſch. 8, v. 35. Philip⸗
pus verkündigte dem Mehrmanne, dem
Kämmerlinge Kandaces der Koni gin ber
Mohren, IEſum, v. 36. Als fie aber der
Straße nach zogen, kamen fie über ein
Waſſer, und der Kaͤmmerling ſpricht:
Siehe, da iſt Waſſer, was verhindert mich
eingetaucht iu werden; v. 37. Philip⸗
pus aber ſprach: Ss du glaubeſt aus
ganzem Herzen, ſo iſts frey. Er antwortete
aber, und ſprach: Ich eg. laube, daß Fels
Chriſtus der Sohn Gottes iſt. v. 38.
Und er hieß den Wagen ſtihe halten, und
ſie ſtiegen beyde hinab in das Waſſer, bey—
des Philippus und der Kar mmerling, und
er tauchte ihn ein. v. 39. Di fie aber
heraufgeſtiegen waren aus dem Waſſer, riß
ein Geiſt. des ern den Philppum hin⸗
weg, .
7. Apoſt. Geſch. , b. 17, 18. 19.
und 22, v. 12. bis 16. vermahnet Ana⸗
nias auf Chriſtt Befehl den Saul, der auch
Paulus heißt, zur Bekehrung, zur Auruf⸗
ung des Namens des Ber, und zur
Taufe, und als er der Vermahnung Ge⸗
horſam leiſtete, ward er eingetaucht.
8. Apeſt. Geſch. 10, v. 34 bis 43.
thut Petrus dem Hauptmann Cornelio,
und deſſen verwandten und vertrauten
Freunden, eine trefliche Predigt von Chris
ſto, und gebrauchet unter andern auch die—
fe Werte, v. 43. Demſelbigen (Chriſte)
geben alle Propheten Zeugniß, daß Erlaſ- a
ſung der Sünden empfahe, durch ſeinen
Namen, ein jeglicher, der an ihn glaubet.
Darauf felget v. 44. Da Petrus eben
die ſelbigen Worte noch redete, ſiel der Hei—
lige Geiſt auf alle, die die Rede hoͤreten,
ꝛc. v. 47. Da antwortete Petrus: Kann
auch jemand das Waſſer wehren, daß Diez
fe nicht ſollten eingetaucht wert
den Heiligen Geiſt empfange '
wie auch wir? v. 48. Und er befa [
fie eingetaucht würden in dem Namen des
e
Apoſt. Geſch. 16, v. 13. Paulus
308 5 Reisgefährte Silas gieingen biz
naus vor die Stadt Philippi, an einen
Fluß, da das Gebäte zu ſeyn pflegte, und
Tasten führe und redeten zu den Weibern,
die zuſammen kommen waren. v. 14. Un
ein Weib, mit Namen Lydia, eine Purpur⸗
Kramerin der Stadt der Thyatjrer, die
Gott fürchtete, hoͤrete zu, welcher Herz
der HErr aufthat, daß fie darauf acht Harz
te, was von Paulo geredet ward. v. 15.
Als ſie aber eingetaucht war, und ihr
Haus, das iſt, ihre Freundſchaft und An⸗
verpandten, (welche ſonder ‚Zweifel auch
an dem vorgedachten Fl luſſe das Wort
Gottes gehoͤret und angenommen haben,)
bat ſie und ſprach: So ihr geurtheilet, ha⸗
bet, daß ich dem Hexen getreu bin, fe kom⸗
met hinein in mein Haus, und bleibet
all da.
10. Apoſt. Geſch. 16, v. 30.
Stockmeiſter zu Philippi ſprach zu Paulo
und“ Sila: Ihr Herren, was ſoll ich thun,
daß ich ſelig werde? v. 31. Sie aber
ſprachen: Glaube an den HErrn IEſum
Chriſtum, ſo wirſt beydes du ſelig werden,
und dein Haus. v. 32. Und ſie redeten
zu ihm die Rede des HErrn, und zu allen
die in ſeinem Hauſe waren. v. 33. Und
er nahm ſie zu ſich in derſelbigen Stunde
der Nacht, und wuſch ſie ab nach den
Schlägen, und er ward eingetaucht, und
alle die Seinen, von Stund an.
11. Apeſt. Geſch. 18, v. 8. Kriſpus
der Oberſte der Verſammlung zu Sorins
thus, glaubete dem HErrn, ſammt ſeinem
ganzen Hauſe, und viele der Corinthier,
die da zuhoͤreten, (nemlich der Lehre des
Apoſtels Pauli,) glaubeten, und wurden
eingetaucht.
Der
was darfs endlich vieler Weitlaͤuf—
? Man durchſuche die Bücher des
ceſta jents von Anfang bis zu Enz
; man wird nirgend finden, daß die
Apoſtel jemanden getauft haben, ohne vor—
hergegangene Lehre und Unterweiſung,
vielweniger daß fie ſellten unmuͤndige
Kinder getauft haben, die das Wort Got⸗
tes nicht verſtehen nah glauben Fonnen,
vielweniger haben ſie anſtatt der Taufe
mit wenigem Waffer das Vor-Paupt be⸗
ſprenget, ſondern ſie haben allwege erſtlich
gelehret, hernach haben ſie diejenigen, die
die Lehre des Evangeliums mit Glauben
annahmen, ins fließende Waſſer einge⸗
taucht, wie die bisher angefuͤhrten Oerter
und Exempel der Schriften des neuen Te—
ſtaments klaͤrlich bezeugen.
Wiewohl nun zwar daſſelbige, was uns
die heilige Schrift von Bedienung der heilie
gen Taufe klarlich und deutlich vorhaͤlt, al—
len rechtſchaffenen Chriſten gnug thut, die
rechte Tauf-Ordnung bey ihnen aufzurich—
ten und zu erhalten, ſo wollen wir dennoch 9
zum Ueber fluß beweiſen, daß von dem T
de der Apoſtel her, bis auf dieſe unſere Zei—
ten, allwege Chriſtliche Gemeinen und vor—
nehme Chriſtliche Lehrer geweſen, die der
Tauf⸗Ordnung Jeſu Chriſti beygepflichtet,
ungeachtet der großen und mannigfaltigen
Aenderungen und Mißbräuchen, die unter
dem groͤßten Haufen der Chriſten mit.
Langheit der Zeit in Bedienung der Taufe
find entſtanden, ja ungeſcheuet der ſchwe—
ren Verfolgungen, welche die Rechtgläubi- d
gen wegen Unterhaltung der rechten Taufe D.
von vielen hundert Jahren her ausgeſtan—
den haben, und noch an manchen Orten
der Welt ausſtehen.
To⸗
Darbey denn zugleich wird angewieſen
werden, wie die rechte und uralte von Chri—
ſto eingeſetzte, und bey ung übliche Tauf—
Ordnung auch noch heut zu Tage gute
Zeugniſſe hat ſelbſt auch bey denen Lehrern,
die ihr doch ſonſt nicht in allen Sfuͤcken
Der Evangeliſche Beſuch.
beipflichten. Aber dieſes ſoll geſchehen, fa
viel moglich, aufs allerkuͤrzeſte. Wer bie
von weitläyftigern Unterricht begehret, der
durchleſe die große Tauf-Hiſtorig, im Jahr
1646 und 1647 zu Dortmund gedruckt,
daraus dieſes itztfolgende als ein ſummari⸗
ſcher Auszug genemmen iſt.
Zum erſten tritt herfür Juſtinus
Martyr, der faſt um N 80 0, Jahr vor
Tertülllano in der Kirche iſti i
rühmt geweſen, das iſt auf 0 80 Jahr
ungefehr nach der Apoſtel Zeiten, 40 nach
dem Apoſtel Johannes; und erzehlet in friz
ner zweiten Verantwortung für die Chri—
ſten an die Kaifer Titus und Aelius, Adri⸗
anus, Antonius Pius, was die Chriſten
bey ſeiner Zeit fuͤr Uebuggen⸗ im Gottes—
dienſt gehabt, und unter andern, auf w 05
Weiſe die Taufe d damals ſey bedienet wor—
den. „Nun will ich erzählen (ſagt er)
wie wir uns Gott ergeben, nachdem wir
durch Chriſtum erneuert worden, damit wir,
nicht geachtet werden, als wollten wir etz
was betruͤglicher Weiſe verſchweigen.““
Merket wohl, chriſtliche Leſer, er will den,
Kaiſern nichts verſchweigen: wenn er
denn nichts melden wird von der Kinder ra
Taufe, fo iſt gewiß, daß fie auch damals
in den Chriſtlichen Gemeinen weder be-
kannt noch uͤblich geweſen ſey.
—
*
D
kun er ſchreibet von Bedienung der
Taufe zu ſeiner Zeit alſo: „Alle, fo d dahin
gebracht und uͤberzeugt werden, daß fie un—⸗
ſere Lehre fuͤr wahr halten, die ihnen von
uns wird vorgeſaget, und verſprechen nach
derſelben zu leben, die lehren wir vor allen
Dingen durch Beten und Faſten Verzeih—
ung der begangenen Sünden von Gott zu
begehren, und wir beten und faſten mit ih—
nen. Darnach werden ſie zum Waſſer
geführet, wiedergeboren und getauft, auf
die Weiſe, wie auch wir ſind neugeboren
worden: denn fie werben auf den Namen,
unſers aller Vaters, und unſers Herrn und
Heilandes Jeſu Chriſti, der unſer aller
Seligmacher iſt, und des heiligen Geiſtes,
Der Evangeliſche Beſuch.
mit Waſſer gewaſchen; denncChriſtus ſelber
geſaget: Es ſey dann daß ihr von neuem
gezeuget werdet, fo koͤnnet ihr nicht einge—
hen in das Königreich Gottes.“
Und bald hernach: „Solches haben wir
in dieſem Handel von den Apoſteln geler—
net, denn dieweil wir von Natur unwiſſend
find, und in boͤſen Sitten und Gewohnhei—
ten auferzogen, ſo wird, damit wir keine
Kinder der Unwiſſenheit und unferet Noth—
durft bleiben, ſondern einen freiwilligen
Verſatz und 3 erlangen, und im
Waſſer die Verge bung der i
Sünden beksmmen, über dieſelben, die
freiwillig wiedergeboren zu ſeyn begehren,
und über ihreß vorgehenden Sünden Reue
haben, der Name Gottes, aller Menſchen
Vaters und Herrn, angerufen, und nach
ſolchem Gebet führen wit den, der getauft
fell werden, zum Waſſerbade, das wird ei—
ne Erleuchtung genennet, dieweil derer
Verſtand, die dieſe Dinge lernen, erleuch—
tet wird; aber derjenige, der alſo erleuchtet
wird „der wird auch auf den Namen Jeſu
Chriſti der unter Pontio Pilato gekreutziget
iſt, auf den Namen des heiligen Geiſtes,
der alles von Ehriſto durch die Propheten
hat zuvor geſaget, gewaſchen.“
Und wiedertem darnach: „Aber wir,
wenn der, fo der Wahrheit uͤberzeuget iſt,
mit uns einträchtig und alfo gewaſchen iſt,
führen ihn hin zu den andern Brüdern, da
ſie zuſammen kommen, thun eifrig das ge-
meine Gebet fuͤr uns ſelber, und fuͤr den,
ſo neulich ekleuchtet iſt worden, und fir al—
le andere Menſchen, wo fie auch ſeyn moͤ—
gen, damit wir würdig ſeyn moͤgen zu ſeyn
Nachfolger der Wahrheit, und mit der That
einen guten Wandel fuhren, und nach Got—
tes Geboten zu wandeln, auf daß wir wo—
gen die ewige Seligkeit erlangen, ꝛc.“
„Darnach bringet man einem Aelteſten
unter den Bruͤdern das Brod, und den
Becher mit Waſſer vermiſchet, welchen er
annimmt, lobet und danket Gott, unſerem
aller Vater, im Namen des Sohnes, und
des heiligen Gelſtes , und betet alſo ei
te Weile vorgedachte Dinge von ;
erlangen, nach deffen Gebet und De
gung ſpricht die ganze Gemeine darauf
Amen. Welches Hebräifihe Wort ſo viel
heißet, als: es fol geſchehen und wahr
werden.”
Wenn nun der Voerſteher Gott alſo gez
danket, und alles Volk darauf Amen geſa—
get, fo geben die Diafoni oder Mitdiener
einem jeden, fo zugegen iſt, ein Theil des
Brods, und vermiſchten Kelchs, uͤber wel—
che die Dankſagung geſchehen iſt, und laſ—
ſens auch denen, fo nicht gegenwärtig find,
heimtragen: dieſe Speiſe und Trank nen—
nen wir Euchariſtian, das iſt, ein Geheime
niß der Dankſagung. Darzu niemand ger
laſſen wird, er halte dann unſere Lehre fiir
gewiß, und ſey vorhin getauft worden zur
Vergebung der Sünden, und lebe alfo, wie
es Chelſtus befohlen hat.“
Aus dieſen jetztangezogenen Orten, nicht
allein aus allen Zeilen, ſondern faſt aus al—
len und jeglichen Worten, iſt offenbar, daß'
zu den Zeiten Juſtint Markyrs keine Uns
muͤndigen Sechswochen-Kindlein, ſondern
allein erwachſene und zuvor im Chriſten—
thum unterwieſene Menſchen ſind getauft
worden. Und iſt nur vergeblich Ding, daß
man aus einem unge wiſſen Buͤchlein der
Fragen und Antworten Juſtinus ein nis
Friges erweiſen will: ſintemal ſelbſt dieje—
rigen, welche der Kindertaufe beypflichten,
fihon längſt mit unwidertreiblichen Gruͤn—
den bewieſen haben, daß dieſes Buch von
Juſtino Martyr keinesweges geſchrieben
ſey; hiervon leſe man in der zweiten
Magdeburgiſchen Centuria, Cap. 10.
Und iſt genug, daß Juſtinus in voran—
gezogenen Orten bezeuget, daß allen, die
der Lehre Jeſu Chriſt zu ſeiner Zeit bey—
pflichteten, befohlen ward, daß fie erjtlicy
Vergebung der vorbegangenen Suͤnden von
Gott ſollten bitten, darnach wurden ſie in
der Verſammlung an dem Ort getauft, da
Waſſer war: die Getauften aber empfing—
Der
Leib und das Blut C Thi
den
hen auch Gebete, die ein jeder ſowohl für
ſich ſelbſt, als auch die laͤngſt Getauften für
die neulich Getauften, fprachen:
Clemens, der zu Zeiten der Apo—
ſtel ſoll gelebet haben, ſchreibet in ſei⸗
nem dritten Briefe alſo: „So jemand will
glaͤubig werden, und begehret getauft zu
ſeyn, der ſoll ſich ſchicken daß er die vori—
gen Bosheiten ablege, auf daß er hinfort
mit gutem Wandel ein Erbe der himmli—
ſchen Güter nach feinen eigenen Thaten
moͤge werden; der nun ſolches will, der. ges
he zu ſeinem Prieſter, und hoͤre von ihm
die Geheimniße des Himmelreichs und uͤbe
ſich mit ſleißigem Faſten, und prüfe ſich
ſelbſt wohl in allem, auf daß er nach drey—
en Monden moͤge ae, werden, und der
Name der ſeligen Dreyeinigkeit uͤber ihm
angerufen.’
Dergleichen Zeugniſſe von der Taufe fürs
te man ſehr viele aus den Schriften der
Allen herfuͤrbringen, aber unſer Vorhaben
iſt nicht anjetzo, den Leſer durch Vielheit
der angeführten Zeuzniſſen müde zu mas
chen. Unterdeſſen aber ſind wir auch nicht
in Abrede, daß um die dreihundertjährige
Zeit die erſte und einfaͤltige Taufordnung
unſers Heilandes von etlichen hie und da
geandert worden durch Zuſetzung allerhand
unnoͤthiger und unnützer Ceremonien, bis
endlich Cyprianus in Africa mit etlichen
ſeiner Meinung die Kindertaufe und das
Kindernachtmahl befeſtiget haben. Mit!
der Zeit ſind allerhand aberglaubiſche Din
Taufe zugethan worden, bis daß
man endlich gar Glocken und andere leblo—
ſe Dinge getauft hat, nicht ohne große
Schmach der erſten von Chriſts eingeſetzten
Tauf⸗Ordnung.
ge der
Nichtsdeſtoweniger aber hat die rechte
Taufe allwege ihre Handhaber und Unter—
halter gehabt. Tertullianus, der
geſchrieben hat ums Jahr Chriſti 250, als
Evangeliſche Beſuch.
er ſahe, daß zu feiner Zeit die Kinder- Laus
fe allmaͤhlich be gonnte, ſchreibet im
von der Taufe: „Man ſoll die Kinder
nicht alſobald taufen; und aus dem Spru⸗
che Matth. 19. Laſſet die Kinder, und
wehret ihnen nicht zu mir zu kommen, ant⸗
wertet er: „Sie moͤgen kemmen, wenn fie
erwachjen, fie kommen indem fie lernen,
indem fie gelehret werden, wohin ſie kom⸗
men ſollen. Laſſet ſie Chriſten werden,
wenn ſie Chriſtum werden kennen koͤn—
nen. Warum: eilet die unſchuldige Kind—
heit zur Vergebung der Eiinden? Man
handelt ja in zeitlichen Dingen vopſichti ger,
als daß man denjenigen, welchen man die
irrdiſchen Guter nicht anvertrauet, ſollte
die goͤttlichen anvertrauen. Laſſet fie kom⸗
men, wenn ſie wiſſen die Seligkeit zu be—
gehren, auf daß man ſehe, daß mans denje—
nigen gegeben habe, die es begehret haben.“
Weil nun Tertultianus die Kinder-Tau⸗
fe fd freimuͤthig verwirft, als kann hieraus
mit gutem Grunde geſchloſſen werden daß
dieſelbige vor ſeiner Zeit der Gemeine Chri—
ſti von den Apoſteln keinesweges ſey uͤberlie-
fert worden. Wäre die Kinder-Taufe in
den Schriften der Apoſtel gegründet, von
den Apoſteln den Chriſtlichen Gemeinden
übergeben, und von den Chriſtlichen Ger
meinten bis auf Tertullianus Zeiten unter—
halten worden, gewiß dieſer Lehrer wuͤrde
ſich derſelbigen im geringſten nicht wider⸗
ſetzet haben. j
(Fortſetzung folgt.“
— —6
Der nächſte Weg zum Simmel.
Was du nicht willſt, das thu',
Und was du willſt, das laſſe!
Dieß iſt zur Seligkeit
Fuͤr
dich die naͤchſte Straße. — 4
Da ſprach er zu ihnen allen: Wer mix
folgen will, der verleugne ſich feldft, und
nehme ſein Kreutz auf ſich taͤglich, und fol-
ge mir nach. Luc. 9, 23.
Buche
Der (Vvangeltsche
November 1853.
Band 1.
22
besuch, |
Auf Verlangen aus dem Diſiter uͤberſetzt.
Rein Kreutz, keine Krone.
„Und jo jemand auch kaͤmpfet, wird er
doch nicht gekroͤnet, er Fämpfe denn recht.”
2. Tim. 2, 5.
Kein Kreutz, keine Krone. Dieß iſt ei—
ne harte Rede. Jedermann will die Krone;
Niemand will das Kreutz. Wenn wir den
Heiland reden hoͤren von der Seligkeit de—
rer, die das Himmelreich ererben ſollen,. —
derer, die getroͤſtet werden, —die Barmher—
zigkeit erlangen, —Gott ſchauen, und Kin—
der Gottes heiſſen ſollen; (Matth. 5.)
wenn wir hoͤren, was der Geiſt den Ge—
meinen ſagt von einer Krone des Lebens,
die dem Ueberwinder zu Theil werden ſoll;
von dem Verborgenen Manna zu effen, von
einem neuen Namen zu empfangen; von
Macht Uber die Heiden; von angelegt wer—
den mit) weiſſen Kleidern; von gemacht
werden zu einem Pfeiler in dem Tempel
Gottes, und mit Chriſto zu ſitzen auf ſei—
nem Stuhl, Offenb. 2. u. 3. mit einer
Krone der Gerechtigkeit und Herrlichkeit
auf feinem Haupt z—alles dieſes iſt ſehr
lieblich, und Niemand wuͤrde ſolcher guten
Botſchaft muͤde werden.
Aber wenn der nemliche Heiland ſagt:
Wahrlich, wahrlich, ich ſage dir: Es ſey
denn daß Jemand von neuem geboren wer—
de, kann er das Reich Gottes nicht ſehen.
Joh. 3, 3. ſolches wiederholend und erklaͤ—
rend aber und abermal; wenn wir ihn hoͤ—
ren ſagen: Will mir Jemand nachfolgen,
der verlaͤugne ſich ſelbſt, und nehme ſein
Kreutz auf ſich, und folge mir; Matth.
16, 24. kurz, wenn wir in Verbindung
mit jeder Verheiſſung eine Bedingung oder
Forderung an den Menſchen finden, deren
Erfüllung unſern natürlichen Neigungen
zuwider iſt — dann fangen wir an mit de—
nen im Evangelium Joh. 6, 60. zu ſagen:
„Das iſt eine harte Rede, wer kann ſie
hoͤren?
Indeſſen, ſey es eine harte Rede oder
nicht, es iſt eine wahre Rede, ein wahres
Wort: Kein Kreutz, keine Krone. Ob—
fihon der Menſch in feinem urſpruͤngli—
chen Zuſtand eine Krone beſaß, ohne ein
Kreutz, ſo hat er dieſe Krone verloren.
Obſchon er einſt ein geborner Koͤnig war,
als entſproſſen aus dem goͤttlichen Geſchlecht
des Koͤnigs aller Koͤnige, des HErrn aller
Herren z—ddurch Ungehorſam gegen feinen
guͤtigen himmliſchen Vater verſcherzte er
ſein Koͤnigreich, und ward ein armer Scla—
ve ;—ein Sclave der Luft, der Suͤnde, des
Satans. Obſchon er einſt bekleidet war
mit Macht, Autorität und Herrſchaft, fo
wie nie mals ein irdiſcher Monarch beſaß,
zu herrſchen uͤber die Fiſche im Meer, und
über die Voͤgel unter dem Himmel, und tie
ber das Vieh, und über die ganze
Erde, (wo war jemals ein Koͤnigreich
gleich dieſem?) und uͤber alles Gewuͤrm,
das auf Erden kriecht;“ dieſe Herrſchaft
iſt von ihm (dem Menſchen) gewichen, u.
er wird an ſeinen traurigen Zuſtand erin—
nert, ſo oft ein Hund ihn anbellt, ein Pferd
den Fuß gegen ihn aufhebt, oder irgend ei—
ne der unvernuͤnftigen Creaturen feiner
Autorität Trotz bietet. Ja, wir wiederho—
len es, obſchon der Menſch einſt im Beſitz
einer Krone des Lebens, u. ſelbſt der Baum
des Lebens unter ſeiner Bewahrung ſtand,
durch die Suͤnde iſt er beraubt von dieſer
Krone ohne Kreutz, und ausgeſchloſſen von
dem Baum des Lebens, und unterworfen
dem Tod.
O Menſch, wie biſt du gefallen!
der du geſchaffen warſt nur ein wenig gr
ringer als die Engel; der du gekroͤnet warſt,
mit Herrlichkeit und Ehre, und geſetzet ıtz
ber die Werke des Allmaͤchtigen z—o wie
tief biſt du gefallen -wie gänzlich beraubt
Du
der ichkeit und Ehre und Macht, die
einſt dein war! wie unrettbar, wie unwie—
derbringlich verloren für dich war die Kro—
ne, begleitet von keinem Kreutz! —
Nein, meine Freunde, dieſer Verluſt
konnte nimmer erſetzt, Krone konnte
niemals wieder erlangt werden durch den
Menſchen, den gefallenen Men:
ſchen. Kein Menſch, wie immer weiſe und
erfinderiſch, wie immer ſtark an Kraft und
Willen, wie immer groß in Autorität und
Herrſcha t, konnte dieſe verlorne Krone für
ſich ſelbſt wieder gewinnen z kein Bruder
konnte ſie wieder erwerben fuͤr ſeinen Bru—
der. Pf. 49, 7. 8. Nein; kein geſchaffe—
nes Weſen, ſelbſt kein herrlicher Engel vor
dem Throne Gottes, noch wenn alle Engel
im Himmel und alle Menſchen auf Erden
alle ihre Weisheit und Macht zu dieſem
Zweck vereinigt hätten, Niemand, keine
bloſe Creatur konnte der Menſchheit dieſe
Krone wieder verſchaffen. Warum?
Einfaͤltig darum, weil Gott ſie urſpruͤng—
lich dem Menſchen ſchenkte, und Gott al—
lein ſie wieder geben konnte.
dieſe
Gott allein, ich wiederhole es, war ver—
moͤgend ſie wieder zu geben, und, o gelobet
ſey der HErr für Seine unbegreifliche Liebe
und Guͤte! er war auch willig es zu thun.
Und o welche ſchwindelnde Tiefe der Liebe
öffnet ſich vor unſern Augen, wenn wir
betrachten, wie dieſes ausgefuͤhrt wurde.
„Denn alſo hat Gott die Welt geliebet, daß
Er feinen eingebornen Sohn gab.” Er,
welcher in des Vaters Schooß, und im Be—
ſitz uuvergaͤnglicher goͤttlicher Herrlichkeit
war; Er, den anzubeten alle Engel für ih:
re Seligkeit hielten; den der Vater geſe—
tzet hatte zum Erben aller Dinge, durch
den Er auch die Welten gemacht hatte;
der der Abglanz ſeiner Herrlichkeit, und
das ausdrückliche Ebenbild feines
war; der alle Dinge im Weſen erhält durch
das Wort ſeiner Macht Er, von dem
elsa wird, „Gott, dein Stuhl währet
von Ewigkeit zu Ewig
Weſens
gkeit, ein Seepter der
Der Evangeliſche Beſuch.
Gerechtigkeit iſt das Scepter deines Koͤ—
nigreichs; Er unternahm es freiwillig,
die verlorne Krone der Menſchheit wieder
zu erwerben. |
Aber Fein Kreutz, Feine” Krone. Hätte
Gott in ſeiner ewigen Weisheit irgend ei—
nen andern Weg erſehen, um die nemliche
Abſicht zu erreichen, koͤnnen wir fuͤr einen
Augenblick denken, daß er feinen eingebor—
nen und hochgeliebten Sohn ans Kreutz
übergeben hätte? Nein, nein. Wir muͤſ—
fen daher ein für allemal ſchließen daß
kein anderer Weg war, oder ſicherlich wuͤr—
de Gott feinen eingebornen Sohn verſcho—
net haben von dem Kreutz.
Oder ſtellen wir uns vor, daß Chriſtus
das Kreutz nur erdultete am Ende ſeiner
irdiſchen Wallfahrt? Nein, nein. Von
dem Augenblick, ſo zu reden, daß der Sohn
Gottes willig ward, die Erloͤſung der Welt
zu unternehmen, von dem Augenblick an
hatte er auf ſich genommen das Kreutz.
Daher heißt es, “das Lamm das erwürget
iſt von Anbeginn der Welt.“ Offenb. 8,
8. Er erdultete bereits das Kreutz, als er
ſeines himmliſchen Vaters Thron verließ,
und ſeine Wohnung nahm mitten unter
Suͤndern; als er, der Verſorger einer gan—
zen Welt, ſelbſt ein huͤlfloſes Kindlein
ward; der HErr und Erbe aller Dinge
unterthan wurde feinen irdiſchen Aeltern;
als er, der Heilige in Iſrael, in Geſell—
ſchaft mit Suͤndern zur Taufe Johannes
kam; wenn er Hunger und Durſt, und
Verſuchungen vom Teufel und von Men⸗
ſchen ausſtand; wenn für alles Gute, das
Er that, er verſpottet, verworfen und ver—
folgt wurde.
Ja, wir ſagen noch einmal, Chriſtus dul⸗
tete, und hatte erdultet das Kreutz lange
zuvor, ehe die Menge ſeiner Feinde aus—
rief: „Kreutzige, kteutzige ihn! Lange be—
vor Pilatus ihn uͤberantwortete, daß Er
gekreutziget würde; lange bevor die Kriegs
knechte ihn auszogen, und ihm ein koͤniglich—
es Purpurkleid anlegten, und eine Krone
a
Der Evangeliſche Beſuch.
von Dornen, (alſo kein Kreutz, keine Kro—
ne, nicht einmal eine Dornenkrone,) ihm
aufs Haupt ſetzten, und ein Rohr in ſeine
rechte Hand gaben, und Spottweiſe zu ihm
ſagten: Gegrüßeſt ſeyſt du, Juden-Koͤ⸗
nig!' lange bevor Er zur Schädelſtaͤtte
hinaus geführt, ſein Kreutz tragend, und
endlich ans Kreutz geheftet, genagelt
wurde. Aber je näher es dazu kam, deſto
ſchwerer wurde das Kreutz.
Oder denket ihr nicht, liebe Freunde, es
war ein Kreutz für unſern Erloͤſer, wenn
Er ſah und hoͤrte, wie ſeine Juͤnger ſich
darum ſtritten, welcher unter ihnen der
Groͤßeſte waͤre, und Er, der HErr und
Meiſter ſich ſelbſt herablaſſen mußte, ihre
Füße zu waſchen und fo fie Demuth zu
lehren? (Hier iſt keineswegs der Sinn,
daß das Werk des Fußwaſchens unſerem
demuͤthigen Heiland ein Kreutz war, ſon—
dern nur die Urſache, der Ehrgeitz ſeiner
Junger.) Denker ihr nicht es war ein
Kreutz fuͤr ihn zu wiſſen, daß ſelbſt unter
ſeinen geliebteſten Freunden einer ihn ver—
zathen, der andere ihn verleugnen wuͤrde?
Denket ihr nicht es war ein Kreutz fuͤr ihn
zu wiſſen, daß ſeine Stunde gekommen
war; zum Voraus zu wiſſen alles was da
kommen würde, ja es mit ſolcher Gewiß—
heit zu wiſſen, daß fein Leib gemartert,
und ſein Blut vergoſſen wuͤrde, daß Er ſo—
gar Brod und Wein einſetzte zum Ge dächt—
niß ehe es wirklich geſchahe?
Dennoch, meine Freunde, verſtehen wir
das Geheimniß des Kreutzes, und die une
bedingte und unausweichliche Nothwendig—
keit deſſelben nicht, es ſey denn daß wir
unſerem Heiland in den Garten Gethſema-
ne folgen. Dort ſehen wir in der That, daß
ohne Kreutz keine Krone ſeyn würde. Denn
dort ſehen wir Ihn in ſeel-zagender Be—
truͤbniß, ſelbſt bis an den Tod, auf dem
Angeſichte liegend, und hoͤren Ihn beten,
abermal und abermal: „Vater, iſt es
moglich, fo gehe die ſer Kelch
von mir.“ Hier laßt uns ſtille ſtehen,
91
und tief bedenken den Sinn dieſer Werte
unſers tiefbetruͤbten Heilandes: „I ſt es
moͤglich.“
„Hoͤret, ihr Himmel, und faſſe zu Oh—
ren, du Erde:“ denn der Sohn Gottes
betet dreimal in groͤßter Herzensangſt zu
feinem Vater: 4ſt es möglich, fo gehe
dieſer Kelch von mir!“ und doch wird der
Kelch nicht weggenommen. War es nicht
möglich für die ewige Weisheit, irgend ei⸗
nen andern Plan zur Erloͤſung der Menſch—
heit zu entwerfen? War es nicht moͤglich,
für die unendliche Allmacht Sünder zu erz
retten, ohne den Heiligen ſo zu behandeln?
War es nicht moͤglich fuͤr göttliche,
unumſchraͤnkte Gnade, ein Begnadigungs—
Manifeſt, einen GeneralPardon für:
Uebertreter ausgehen zu laſſen, ohne den
Unſchuldigſten als Uebertreter zu behan-
deln? Mit einem Wort, War es nicht
moglich für graͤnzenloſe Liebe, dem Sohn
Gottes das Kreutz zu erſparen, und die
Welt doch ſelig zu machen!
Nein, nein: die Thatſache, daß Chriſtus
wirklich dieſen bittenn Kelch trinken, und
allen den ſchrecklichen Leiden, und dieſem
grauſamſten und ſchmachvolleſten Tod am
Kreutz ſich unterwerfen mußte, nach allem
was er zuvor gethan und erlitten hatte,
und ungeachtet feiner Thranen, feiner Ge—
bete, feiner Bitten, —dieſe Thatſache be—
weißt aufs allerklarſte, daß es nicht
möglich war für Chriſtus, eine Kros
ne des Lebens und der Ehren für
den Menſchen zu erwerben, ohne
ſelbſt zu erdulten das Kreutz, und daß
der einzige und ganze Plan der Erlofung in,
den Worten ausgedruͤckt werden kann:
„Rein Kreutz, keine Krone
Fortſetzung folgt.
2
.
Was Jeremias Felhinger vor 200
Jahren bezeugte.
Von der heiligen Taufe.
(Fortſetzung)
Zu Zeiten Tertullianus iſt geweſen
Clemens Ale xandrinus, welcher
zwar weitläufig von der Taufe ſchreibet, er
gedenket aber der Kinder-Taufe nicht mit
einem einigen Worte, ſondern er gebrauch
et ſich durchaus ſolcher Weiſen zu reden,
die genugſam mitbringen, daß er von ſelbi—
ger nichts gewußt oder gehalten hat: unter
andern ſchreibt er Pædagog. lib. 1. cap.
6. „Die Lehre und Unterweiſung gehet
vorher zum Glauben, aber der Glaube zu—
ſamt mit der Taufe wird durch den heiliz
gen Geiſt gegeben und verrichtet. Item:
Eben alſo auch wir, dieweil wir Reue uͤ—
ber unſere begangene Suͤnden haben, und
von ihren Gebrechen abgeſchieden durch die
Taufe gefaubert find, fo laſſet uns laufen
zu dem ewigen Lichte gleich wie die Kinder
zu ihrem Vater.“
Und was beduͤrfen wir viele Worte;
man leſe die alte Kirchengeſchichte, ſo wird
man finden, daß viel Chriſten, ſchon etliche
hundert Jahr nach Chriſti Geburt, ihre
Kinder nicht haben taufen laſſen, ehe und
bevor ſie erwachſen und in der Lehre des
Glaubens unterwieſen waren.
Theodoretus lib. 1. cap. 31. mel⸗
det, Kaiſer Conſtantin ſey gar alt, und da
er bald dem Tode nahe, (nemlich da er
ſchon viel Jahr lang ſich zu Chriſto bekannt
hatte,) endlich getauft worden. lüb. 4. cap.
12. erzehlet er, wie Kaiſer Conſtantinus,
als er mit den Gothen Krieg anfangen
wollte, mit großem Schaden der Kirche ſey
getauft worden.
Theodoſius der Kaiſer aus Hiſpan—
ien von beiden Chriſtlichen Eltern geboren,
und von Jugend auf in der Chriſtlichen
Lehre auferzogen, iſt erſt im zweiten Jahr
feiner Regierung (ums Jahr Chriſti 380,
zu Theſſalonich vom Biſchof Athalio getauft
worden, als er in eine Krankheit gefallen
Der Evangeliſche Beſuch.
war, davon er in wenig Tagen nach der
Taufe genaß.
Auch Valentinianus, von Val⸗
entiand I. dem Gottesfürchtigen Fuͤrſten,
und Juſtina einer Chriſtgläubigen Frauen
(doch Arianiſch geſinnet) geboren, und von
ihnen in der Lehre Chriſti auferzogen, iſt
nicht in feiner Jugend getauft worden: a—
ber als er zu ſeinen Jahren kommen war,
und ſchon 16. Jahre regieret hatte, hat er
ſich vorgenommen, von Ambroſio Biſchof
zu Mayland taufen zu laffen, und ihm auch
ſolches zu erkennen gegeben. Aber ehe er
ſolches hat koͤnnen vollbringen, iſt er von
Arbogaſto verrätheriſch umgebracht wors
den. Daruͤber ſprach Ambroſius in ſei—
ner Leichpredigt Tom. 3. Welchen ich im
Evangelio ſollte geboren haben, den hab ich
zwar verloren, jedoch hat er die Gnade
nicht verloren, deren er begehret hat.
Hiervon mag man leſen im Socrate, Hist.
Eecles. lib. 4. cap. 9. und 26. und lüb.
5. cap. 6.
Inſonderheit iſt merkwuͤrdig, daß die
meiſten und vortrefflichſten Kirchen-Lehrer,
ob fie gleich von Chriſtlichen Eltern ge—
zeuget waren, dennoch erſt in ihren muͤn—
digen Jahren, und nachdem fie die Lehre
Chriſti gelernet hatten, ſind getauft wor—
den.
Gregorius Nazianzenus iſt
von Chriſtlichen Eltern gezeuget worden,
fein Vater war Biſchof zu Nazianz, auch
Gregorius genannt, und ſeine Mutter
Nonna, eine gottesfuͤrchtige Frau, auch von
Chriſtlichen Eltern geboren: dieſe feine
Eltern haben ihren Sohn nicht in der
Kindheit taufen laffen, denn er iſt erſt im
20ſten Jahr ſeines Alters getauft worden.
Baſilius der große, und Tubulus
als ſie die heiligen Oerter im gelobten Lan—
de beſucht und geſehen, haben ſich beide im
Jordan taufen laſſen, wie Amphilochius
im Leben Baſilius meldet; und dieſe find
auch von Chriſtlichen Eltern geboren, und
doch nicht in ihrer Kindheit getaufet wor—
Der Evangeliſche Beſuch.
den. Der jetztgemeldete Baſilius iſt zu
Caiſaria in Cappadocia Biſchof geweſen,
ums Jahr Chriſti 386.
Hieronymus iſt in einem Staͤdt—
chen genannt Stridon in Dalmatien an
den Ungariſchen Grenzen von chriſtlichen
Eltern gezeuget, ſein Vater hat geheißen
Euſebius: Dieſer chriſtliche Mann ließ
ſeinen Sohn nicht taufen in der Kindheit,
ſondern hat ihn in der ſeligmachenden Leh—
re von Jugend auf fleißig unterwieſen, a—
ber erſt hernach im 30ſten Jahr ſeines Al—
ters iſt er zu Rom getauft worden. Hie—
ronymns meldet ſelbſt davon, Cap. 6. in
der 87ſten Epiſtel, und Georg Wicelius.
Ueber den Evangeliſt Mattheus ſchrei—
bet Hieronymus: Der Herr hat ſeinen
Apoſteln befohlen, daß ſie erſtlich alle Voͤl—
ker ſollen unterrichten und lehren; nach—
mals ſollen fie die Unterrichteten im Zace
rament des Glaubens taufen. Denn es
kann nicht ſeyn, daß der Leib der Taufe
Sacrament empfangen mag, es habe denn
die Seele den wahrhaftigen Glauben em—
pfangen. Dieſer fromme Kirchen-Lehrer
iſt beruͤhmt geweſen um das Jahr Chriſti
370.
Der berühmte Kirchenlehrer Umbro;
fius hat gelebet in der 400jährigen Zeit
nach Chriſti Geburt. Paulinus ſchreibet
von ihm, daß er (der doch von chriſtlichen
Eltern geboren war, wie Baſilius, Hiero-
nymus, und viel andere) in dem Catechis—
mo ungetauft iſt geblieben, bis in ſein
männliches Alter und bis an den Tag, da
er zu einem Biſchof zu Mayland erkohren
war, da ließ er ſich erſt taufen.
Weiter um das Jahr 399. hat gelehret
Au guſtinus, Biſchof zu Hippon in
Africa: feine Mutter iſt geweſen Moni—
ca, eine ſehr gottesfuͤrchtige Frau, und von
chriſtlichen Eltern geboren, auch ſelber in ih—
ren verſtändlichen Jahren getauft, wie Au—
guſtinus ſelber bezeuget, lib. 2. confess.
cap. 3. und lib. 9. cap. 8. und 13. Wel⸗
che ihren Sohn Auguſtinum auch in ſeiner
93
Kindheit nicht hat taufen Inffen, denn er
war erſt im 33ſten Jahr feines Alters zu
Mayland vom Biſchof Ambroſio getauft.
Dies lieſet man wohl daß er habe be—
gehret getauft zu werden, da er noch ein
Juͤngling, und in eine ſchwere Krankheit
gefallen war, und daß feine Mutter ge—
ſchäftig war, ihn mit der Taufe zu verſor—
gen, als er aber bald wieder geſund ward,
ſo iſt ſeine Taufe noch ausgeſtellet. Da—
mals war Auguſtinus ſchon fo alt, daß es
doch keine Kindertaufe mehr geweſen wäre,
wenn er gleich waͤre getauft worden, ſon—
dern eine ſolche Taufe die man unter die
Taufe der Bejahrten haͤtte muͤſſen rechnen,
dieweil er ſie freiwillig begehrte, darbey auch
wie er ſelber bekennet, lib. 1. confess. cap.
11. ſein Glaube und die Bekenntniß des
Namens Jeſu geweſen wäre; welches bey
der unmuͤndigen Kindertaufe nicht kann
geſchehen.
Ob nun gleich der Lehrer Auguſtinus
nach der Zeit ein Verfechter der Kindertau—
fe und des Kindernachtmahls worden iſt,
ſo ſiehet man gleichwohl aus obiger Ge—
ſchichte, daß ſeine Mutter, und viel andere
Chriſten, Cyprianus und feiner Mit-Bi—
ſchoͤffe Synodal-Beſchluß nicht gehalten ha-
ben, ſondern daß ſie ſich vielmehr gerichtet
haben nach der Taufordnung unſers Hei—
landes; und daß demnach die Kindertaufe
in Africa ſelber zu Zeiten der Mutter und
Großmutter Auguſtini, auch da er noch
ein Kind und folgends ein Juͤngling und
ein Mann war, bey allen Chriſten nicht
für gut iſt erkannt worden.
Der Kirchen-Lehrer Hilarius lib. 12.
de Trinit. betet alſo zu Gott: Lieber Gott,
erhalte mir meinen Glauben, und das
Zeugniß meines Gewiſſens, auf daß ich,
was ich im Sacrament meiner Wiederge—
burt bekannt habe, da ich getauft ward im
Namen des Vaters, und des Sohnes, und
des heiligen Geiſtes, allezeit behalten moͤge,
nemlich dich Gott unſern Vater, und dei—
nen Sohn mit dir anbete, und den heiligen
—
94
Geiſt, der von dir ausgehet, erwecken moͤge.
Aber alle und jede Exempel anzuführen,
würde viel zu lang fallen: doch hab ich die
ſe wollen beybringen, auf daß offenbar ſey
daß auch ſelbſt die Catholiſchen Kirchen—
Lehrer in der dritten, vierten und fuͤnften
hundertjaͤhrigen Zeit nach Chriſti Geburt
die Kindertauße ſo hochndͤthig nicht geach⸗
tet haben, wie ſie heutiges Tages von vie⸗
len geachtet wird: gewißlich hatten jene
dieſe Meinung gehabt von der Kindertaufe,
fie wurden fo langweiligen Aufſchub der
Taufe nimmermehr geſtattet haben.
Und wiewohl die Kindertaufe nach der
Zeit je mehr und mehr hat überhand ge—
nommen, ſo ſind nichtsdeſtoweniger auch
allewege große Gemeinen und Clxiſtliche
Lehrer geweſen, die bewieſen haben, daß
die Taufe den erwachſenen Gläubigen nicht
aber den unwiſſenden Kindern zukomme.
Unter andern iſt in der fuͤnfhundertjäh—
rigen Zeit aufgeſtanden Pe lagius, der
bewieß mit der Schrift, daß die neugebohr⸗
nen Kinder nicht in des Teufels Gewalt
wären, und demnach koͤnnten gleichwohl
ſelig werden, ob fie ſchon ungetauft hin—
ſtuͤrben: wie Baronius Anne 415. und
417. zeuget.
Alſo meldet Auguſtinus von Hilario,
einem Lehrer zu Syracuſa, der habe ihm
geſchrieben: (Wenn ein ungetauft Kind
gleich ſterbe, ſo koͤnne es
ewige Verdammniß gerathen, dieweil es oh-
ne Sünde gebohren werde.“
Noch gedenket Auguſtinus lib. 8.
anima & ejus orig. cap. 14. eines Biſch⸗
offs, Vincencius Victor genannt, der gegen
ihn über die Kindertaufe geſtritten habe.
Und was darfs vieler Exempel, ſinte—
mal noch in der neunhundertjahrigen Zeit J
nach Chriſti Geburt melden die Magdebur—
giſchen Centurien, daß Hinckmarus, Biſch—
of zu Laudon, die Kindertaufe nicht habe
billigen koͤnnen.
Allerdings in der elfhundertjährigen
Zeit ſind noch unter den Catholiſchen ges
de
doch nicht in die
Der Evangeliſche Beſuch.
weſen, die der heiligen Tauferdnung um
ſers Seligmachers kraftige Zeugniſſe haben
gegeben, und den Kindern die Tauße nicht
wollten gut heiſſen, eh und bevor fie die
ſeligmachende Lehre aus dem Munde der—
Lehrer gehoͤret, und mit gläubigem Herzen
angenommen, und öffentlich für der Gemei-
ne bekannt und zu beleben angelebet hatten.
Solches lehrte Bruno, Biſchef zu Angiers
in Frankreich, und Berengarius ven
Touron, fein Diacon, waren man leſem
kann beim Baronius über das Jahr 1035
Auch ſchreibet Mersla, daß im Jahr
2105. unter dem Erz Bifchef Bruno zw Trier
find aus feinem Erz-Stift vier Perfonen als
Ketzer verbannet worden, weil fie die Kin⸗
dertaufe, und die Vewandlung im Abend⸗
mahl des Breds in dem weſentlichen Leib
und des Weins in das weſentliche Blut
Chriſti nicht bilkigten.
Sehet, liebe Leſer, hier hab ich euch für
viel treffliche Lehrer vorgeſtellet, die Theils
ſchriftmaßige Zeugniſſe von der rechten er—
ſten und einfaͤltigen Taufe uns verlaſſew
haben: Theils auch, die, ob fie wohk von
Chriſtlichen Eltern gezerget waren, den-
noch nicht in ihrer unmündigen Kindheit,
ſondern in ihrem erwachſenen Alter, von
ihren Chriſtlichen Eltern zur heiligen Tau-
fe ſind befoͤrdert worden, nemlich nachdem
fie die ſekigmachende Lehre gelernet und
ſelbigen geglaubet haben.
Aber nun laſſet uns beſehen ganze Ge—
meinen, derer die zuvor lehrten, ehe ſte tauf—
ten. Hierzu koͤnnen uns die Magdeburgi⸗
ſchen Centuriatores gute Anleitung geben:
dieſe ſchreiben in der 1200 jährigen Zeit viek
von den Waldenſern in Frankreich,
welche zwar den Namen ohngefehr um das
Jahr Chriſti 1160 bekommen haben von
einem frommen und gettesfürchtigen Manz
ne und Bürger zu Lyon, genannt Peter
Waldo: aber dennoch ſind dieſe genannte
Waldenſer, was nemlich ihre Verſammlung
und Lehre betrift, damals nicht erſt aufge—
kommen, oder als eine neue Seckte entſtan—
Der Evang
den, fendern (glich wie die Magdeburgi⸗
ſchen Öenturiatores ferner von ihnen bezeu—
gen,) die Papiſtiſchen Buͤcher-Schreiber bee
kennen ſelber, daß ſolche ſchon bey Zeiten
Papſt Sylveſters, ja auch lange vor ihm
zu den Apoſtel Zeiten geweſen ſeyen. Denn
dir weil fie Kiedmaßen der wahren Kirche
Chriſti geweſen ſind, ſo wird ihnen nicht
unbillig auch von ihren Feinden das Zeug—
niß des wahren Alters zu ganieſſen. Denn
die Kirche Chriſti iſt allezeit und bleibet
allezeit, ob fie gleich jetzt klaͤrer, dann dunk—
ler, zu ſeyn ſcheinet. Bis hierher die
Magdeburger.
In Verſelbigen 1100jaͤhrigen Zeit, und
drüber in der 1200jaͤhrigen (wie? Bareni⸗
us Anno 1126 angezeichnet)
andere fromme CEhriſten zu Arles, zu Nar—
bona, zu Tholoſſa, in Gaskonjen, und hin
und wieder in Frankreich geweſen, die man
Petrobruſianer nannte, nach einem
ihrer fuͤrnehmſten Lehrer, Petrus de Bruis
seheiften, welcher auch ein Märtyrer wor—
den iſt, zu <t. Aegidius bey Nismes ver—
Frannt, welche die Kindertaufe nicht billige
wen, noch gebrauchten. Dies bezeuget Pe—
trus Abbas Gluniac. im Anfang feines
Buchs gegen die Petrobruſianer, zu finden
in Bibliotheca Patrum, Tom. 12. part.
fol. 206.
Nach Petrus
Fein Lehrjünger
wie Baronius Tom. XII. angezeichnet,
am Jahr 1147. welcher als er eine Zeitz
lang gelehret hatte, iſt er durch des Pabſtes
Legaten ausgekundſchaftet, auch gegriffen
und gedaͤmpfet werden, alſo daß man nicht
weiß, was ihm widerfahren ſey.
de Bruis iſt bald geßolget
Heinrich Peters, nemlich
Um dieſelbige Zeit, ein wenig zuvor oder
hernach, wie Baronius Anno 1130. Num.
Z. ſetzet, hat Arnaldus ein Vorleſer zu
Brixien in Italien, der rechten Tauforde
nung Zeugniß gegeben; gleich wie auch
Petrus Abelardus in Frankreich,
von welchem Arnaldus ſeine Lehre empfan⸗
gen hatte. Dieſer Arnaldus hat auch in
*
ſind viel.
2
95
eliſche Beſuch.
Deutſchland und Schweizerland und end—
lich auch mit großem Zulauufe des Volks in
Rom gelehret: er hat aber für feine Chriſt—
liche Dienſte den Lohn der Welt bekom—
men, und iſt auf Befehl des Pabſtes an
eimnem Pfahl zu Aſche verbrannt, und die
Aſche in die Tiber geworfen worden, da—
mit ihn das Volk nicht ehren ſollte. Hie—
von kann man leſen, was Baronius Anno
1145. Nam. 3. ſchreibet.
Im Jahr 1155. wie Nicolaus Sander
in lib! de visib. Monarehia ſchreibet, oder
im Fahr 1147. wie Baronius zeuget, find
in obgedachten Landſchaften in Frankreich,
geweſen die Apeoſtoliſchen, die alſo—
genannt wurden, dieweil fie ſich erklaͤr—
ten, wie ſie ſich allein an die apoſtoliſchen
Schriften wollten halten, und aus denſel—
ben unter andern Puncten trieben, die Kin—
dertaufe ware darinnen nirgends befohlen:
wider welche Bernhard von Clarevalle,
Serm. 16. in cant. und Epäst. 240. auch
geſchrieben hat, darunter auch etliche, wie—
Sander erzahlet, Märtyrer worden, und
mit Freuden zum Tode gegangen ſind.
Im Jahr 1470. oder um ſelbige Zeit
ſind in Frankreich geweſen, wie Baronius
Anne 1170. zeuget, die Albigenſer, die
alſo genannt wurden, dieweil ſie meiſten—
theils in der Landſchaft Albi ſich enthiel—
ten.
Und dieſe vorgemeldeten Petrobruſianer,
Apeſtoliſchen, und Albigenſer, waren in
der Lehre, Glauben und Leben geſinnet
gleich wie die Waldenſer. Wer da will,
mag vom Urſprung der Religion und recht—
ſchaffenem Chriſtenthum der Maldenfer -
weitläufiger leſen, was hievon Matthias
Flacius Illyricus in ſeinem Catalogo tes-
tium veritatis vom 263ſten Blatt bis zum:
277 ſten ruͤhmlich ſchreibet: er wird fine:
den, daß dieſe Leute lange zuvor widerleget
haben alle Irrthuͤmer und Mißbraͤuche u.
Tyranney des Pabſtthums, die hernach
Johannes Huß, Martin Luther, Zwingel,
Calvinus, und ihre Nachfahren widerleger
*
*
Taufordnung unſers Seligmachers
pflichteten, find auch ſonſt ſchier in allen
es wohl und richtig bewieſen habe, bezeu—
get ſein Catalogus testium veritatis an ob⸗
96 +
haben: und daß jie mit Gottes Wort bee
feſtiget haben alle das ſchriftmaßige, was
heutiges Tages die Evangeliſchen lehren:
inſonderheit haben ſie die erſte einfältige
Taufordnung behalten, und niemanden ge—
tauft, er habe denn zuvor die Lehre Chriſti
mit glaͤubigem Herzen angenommen, und
mit dem Munde bekennet, daß er ſie bele—
ben wolle. kun
Dergleichen Chriſten, die der rechten
bey⸗
Landen geweſen, wie M. Flacius unter
andern auch aus Reinerio beweiſet, welcher
ausdrücklich gefihrieben hat, daß ſchier kein
Land ſey, da dieſe Secte (wie er ſie nen—
net) nicht eingeriſſen ſey.
Und iſt gewiß,
daß ihrer auch viel in der Lombardey ge—
weſen ſind, von denen die rechte Lehre durch
ganz Welſchland bis in Sicilien fortge—
pflanzet iſt. Von dannen hat ſich ihre
Lehre auch in Deutſchland, ſonderlich ins
Elſaß und an den Rhein, item in Boͤhmen,
deßgleichen in Sachſen, Mähren, in Poh⸗
len, Preuſſen, und in Pommern, ſchon vor
etlichen hundert Jahren erſtrecket. Denn es
find in der Lombardey Kirchen und Schu—
len geweſen, d arinnen die Chriſtliche Lehre
und Theologia ift getrieben worden, wel—
ches ich (ſchreibet abermal M. Flacius in
in obenangezogenem Orte,) alles aus der
Ketzermeiſter Büchern, und aus gewiſſen
*
Und daß er
5 Bin fintemal wir annoch heut zu
Zeugnißen weiß zu beweiſen.
gemeldetem Orte uͤberfluͤßig.
Dieſe alle mit einander, wie imgleichen
die Beringarianer, Henricianer, Pikarder,
Flagellanten, Grubenheimer, und wie
man ſie mehr geheiſſen, ſind um die 1200
jährige Zeit noch alle zumal einerley Volk
zund Gemeine, auch einig im Glauben und
Religions-Sachen geweſen, und haben
micht allein allen andern Paͤbſtlichen Miß—
rauchen und Menſchen-Satzungen durch
Gottes Geiſt widerſprochen, ſondern auch
—
Der Evangeliſche Beſuch.
vornehmlich die erſte und einfaͤltige Tauf—
ordnung in ihren Gemeinen beybehalten,
nemlich fie haben erſtlich gekehret, und her
nach getaufet. Solches koͤnnen wir aus
Flacio und den Magdeburgiſchen Centuri—
en erſehen, und ſolches bezeuget noch jetz—
und Baronius in feinen Kirchen: Annali-
bus, und Joseph Vicecomes in observat.
Keeles. lib. 2. cap. I. bezeuget ſolches
aus Bernhardi Epist. 240. und homil.
66. in Cant. und aus Petro Cluniacense
in Argum. Epist. 1. Min beſehe Bib-
liothecam Patrum. Tom. 15. pag-
300. Hier koͤnnte auch viel gefaget wer-
den von denen Chriſten in England, in den
Niederlanden, und angränzenden Landern,
welche (allermaſſen wie die vorgemeldeten
Waldenſer und ihre obgenannte Glaubens⸗
alen den Schriften der Evangeliſten
und Apoſtel beygepflichtet, der Menſchen⸗
Satzungen ſich enthalten, und vornemlich
die einfältige und erſte Taufordnung un⸗
ſers Seligmachers unterhalten haben, ine
dem ſie nemlich nach dem Befehl unſers u.
ihres Heilandes JEſu Chriſti vor allen
Dingen gelehret, und hernach diejenigen,
welche die ſeligmachende Lehre mit glaͤubi⸗
gem Herzen und befennendem Munde anz
nahmen, getauft haben: aber mein Vor⸗
ſatz iſt anjetzo nichts anders, als der,
mich zu befleißigen, weil dieſes alles vor
andern weitläufig It ausgeführet worden.
Und Niemand kann an dero Gewißheit a
Tage ſehen, daß derer Bekenner noch hin
und wieder nicht wenige ſchier in allen
Landen gefunden werden.
Fortſetzung folgt.
Tägliche Nahrung.
Verleugnung iſt die Speiſ'
Gebet das taͤglich Brod;
Wenn eins von beiden fehlt,
So leid ich —Hungersnoth.
Epheſ. 5, 14. 6, 18. 2 Tim. 2, 5.
Der Evangelitche Beſuch.
Jahrgang 3. Poland, O. December 1855. Nro. 12.
. Fa ih.
— —
= 3 ee}
x
Der liebe Bruder aus Deutſchland, deſ- gem Herzen nachkommt und befolgt; we— *
ſen Brief wir in letzter e mittheil⸗ nigſtens dasjenige in derſelben ſuchet und
ten, war ſeitdem bei uns auf Beſuch, 1. forſchet, was zum Seligwerden hoͤchſt nöthig
ließ uns etliche in Deutſchland 9
Schriften zuruck, aus welchen feine u ‚nd nemllch folgende drei Stuͤcke: Buße,
ſlauben, Taufe. Apoſtg. 2, 37. 38 Cap.
ſeiner Mitgenoſſen Geſinnung mit Mehr] E
erem zu erſehen it. Zu dem Ende rücken 8, 37. 38. Cap. 16, 30—33. Marc.
wir hier den Anfang I Taufbuchleins 16, 16. Joh. 3, 5. 50 Bat *
ein, welches betite t iſt 3, 21. Gal. 3, 26
Die Taufe nach der Schrift.“ Eines der nn PA und Hei
. der Fragen: ver orden unſeres Herrn Jeſu Chi iſti
„ . 1. Was iſt die Taufe? it fürn del Glaͤubigen die Taufe, welt 5
f Welche follen Aare Wer⸗ Ch i möcht am Eingang feine .
den ‚4 Johannes empfangen 6 |
134: wie ſoll die Taufe geſche⸗ , 13.) gen als ſein letztes 1 2
hen. ꝛc. Elberfeld 1852. 9 Ausgang aut dieſer Welt feinen. J ingern
e lachen Brüdern in Elberfeld, noch ſcheidend anbefohlen hat, nemlich erſt?
Graͤfrath, Wald, Solingen, Burg, Ren lich zu lehren, und darnach zu taufen. *
ſcheid, Wermelskirchen und Hückeswagen, Malkh. 28, eſus ſpricht: Geher i
ſäammt allen Denen, die anrufen den Na- bine N ker, und taufet ſie
nen unſers Herrn Jeſu Chriſti, an 8 u un 173 33 2
br ihren und unfern Orten.
Gnade ſey mit euch, und Friede ven
Gokt unſerm en und zb Herren Jeſu das Gebot er Ta
Chriſto. iſte ausg pr chen,
e , 18. 21. Jeſus ſpricht: N cl cn
bet ih 1 ſo m. meine ka ler wle Mi 2 e
In d eg € Wort n unſers Herrn iſt
de bee
. 5 0 der wg f ben
Jioh. 8, 31. 32. So ihr bleiben wer⸗ 4 G 8 a
det an meiner Kede, fo feid ihr meine ae en die Taufe. und m eh kin 14 1
te Junger. Und werdet die Wahrheit er“ ſie Chriſtas eingeſetzt! .
kennen, und die Wahrheit wird euch frei 4 In der Taufe empfängt der Buß⸗ 75 6
machen. a fertige Vergebung feiner Sünden, und 2 \
Apoſtg. 17, 11. Sie waten die Edel⸗ Gate des heiligen Mit *
ſten unter denen zu Theſſalsnich; die nah- Apaeſtg. 9 8. Wem ſpeach zu ihs
men des Wert auf ganz williglich, und nen: Thut Buße, und Safe ſich ein Jegli⸗
forſchten täglich in der Schritt ob ſichs cher taufen auf ben Nan er Chriſti
alſo hielte. zur Vergebang der Sünden, ſo werdet ir
Es iſt die erſte Nothwendigkeit eines empfangen die Gaben des heiligen Geiſtes.
jeden Ehtiſten, der Chriſtum liebet, und! 2. In der Taufe werden dem Bußfer⸗ 7
das ewige Leben ererben will, daß er dem tigen feine Sünden abgewa e N
Su bad aan der Schrift“! dem Apoſtel Pr A W e be⸗ |
Joh mit aufrichti em d demüthi⸗ wei 5 5
39. mit aufrichtigem und bi 1 W 9 1 5
N 7
+ 1 SM nu a A
N
145 vn Die Taufe nach der Schrift. 2
Y *
Apoſtg. 22, (und Ananias; Röm. 6, 3. 4. Wiſſet ihr nicht, daß
ſprach zu Paulo): Und nun was verzieheſt Alle, die wir in Jeſum Ehriſt getauft find,
du? Stehe auf, und laß dich taufen, die ſind in ſeinen Tod getauft? So ſind
und abwaſchen deine Sünden, wir je mit ihm begraben durch die Taufe
16.
und rufe an den Namen des Herrn.
1 Cor. 6, 11. ind ſolche find euer Et⸗
05 ne . aber i 1 1 e 9 d a ab ge⸗
10 deroorden 50 ee Ru ien
M Jeſu, und durch den Geiſt unſe
ottes.
Heb. 10, So laſſet uns hinzu
N geben, mit wahrhaftigem Herzen, in voͤlli⸗
gem Glauben, beſprenget 1
und los on dem boͤſen Gewiſſen, und ge—
6 1 aſchen am Leibe mit reinem Waſſer.
Eph. 5, 25—27. Ihr Manner, lieber
eure Weiber; gleichwie Chriſtus auch ge—
liebet hat die Gemeine, und hat ſich ſelbſt
für fie gegeben, auf daß er fir heiligte,
und hat fie gereiniget durch das Waſſer—
bad im Wort, auf daß er s
ſelbſt darſtellete eine Gemeinde, die herrlich“
ſey, die nicht habe einen Flecken, oder Run⸗
zel, oder Sauwas, ſondern daß ſie heilig
ſey und unſträſlich
ed
99
ne.
5 Mar © die Tauf
555 d
eißt de ß⸗
ſie im
und ihre
das AWaſſerba 85
rt des Herrn ihren B.
Kraft hat, und weil in der Taufe das
' Waſſ er und das Wort miteinander ver—
N en find. Kr
—
. Durch die Taufe nach dem Glau
folgt die rechte Wiedergeburt, nentide |"
dem lebendigen Wort Gottes.
1 Petr. 1, 23. Joh. 3, 5. Jeſus ant⸗
wortete: Wahrlich, wahrlich, ich ſage dir:
Es ſey denn, daß Jemand geboren werde
5 aus
nicht in das Reich Gottes kommen.
Tit. 3, 3. Nicht um der Werke willen
Ser erechtigkeit, die wir gethan hatten,
a Ho ia > feiner Ba emberzigkeit machte
uns ſelig, durch, das Bad der Wieder⸗
geburt und Erneuerung des alten Geiſtes. g
L ** *
Pe
werden, er ſey getauft oder
sh
wer die Perſon ſey, die ſolch
in den Tod, auf daß, gleichwie Chriſtus iſt
auferwecket von den Todten, durch die
Herrlichkeit des Vaters, alle ſellen auch
ſeyd wir in einem neuen Leben wandeln.“
4. Die Taufe nach dem Glauben iſt
zur Seligkeit nothwendig.
Marcus 16, 15. 16. Jeſus ſpricht;
Gehet hin in alle Welt, und prediget das
Evangelium aller Creatur. Wer da glau-
bet und getauft wird, der wird ſelig wi
den; wer aber nicht glaubet, der wird ver-
1
dammet werden.
Alſo ſind fuͤr jeden Menſchen, der jet g
werden will, zwei Stucke erforderlich, erſt⸗
1 y der Glaube, darnach die Taufe; wer
ber nicht glaubet, der wird verdammet
ungetauft,
weil die Taufe ohne Glauben nichts iſt,
daher der Herr die Taufe ohne Glauben
nicht einmal benennt.
Der Glaube aber kommt aus der Pre-
digt, das Predigen aber durch das Met
Gottes. Nom. 10, 17.
Da nun die Taufe erſt nach dem Gtau-
ben, der aus der Predigt kommt, ſtattfin⸗
en fell, fo gehört, um die Predig
Wortes verſtehen zu koͤnnen, das e
liche Alter dazu.
Weil wir den großen Nutzen und Kraft
der Taufe haben, ſo laß nun weiter ſehen,
empfahe,
was die Taufe giebt und nüͤtzet. Das iſt
abermal aufs feinſte und klärlichſte ausge⸗
5 und Geiſt, fo kann er drückt, eben in den Worten: Wer da glau⸗
bet und getauft wird, der wird ſelig. Das
iſt, der Glaube macht die Perſo allein
würdig, das heilſame, goͤttliche Waſſer
nuͤtzlich zu empfangen. Denn weil ſolches
allhier in den Worten, bei und mit dem
Waſſer fuͤrgetragen und verheißen wird,
*
.
5 6 . 4 *
uma, von Luther über di Taufe:
Die Taufe nach der Schrift.
kann es nicht anders empfangen werden,
denn daß wir ſolches von Herzen glauben.
Ohne Glauben iſt es nichts nutze, ob es
gleich in ihm ſelbſt ein goͤttlicher, ber
ſchwaͤnglicher Schatz iſt.
das einige Wort „wer da glauber” ſo viel,
daß es ausſchließet und zuruͤcke treibet alle
Werke, die wir thun koͤnnen, der Meinung,
als dadurch Seligkeit zu erlangen und ver—
dienen. Denn es iſt beſchloſſen, was
nicht Glaube iſt, das thut nichts dazu, em⸗
pfaͤhet auch nichts.
Großer Catechismus.
at
e von Calvin über die Taufe:
„Da Chriſtus das Lehren vor dem Tau⸗
fen befiehlt und nur Glaͤubige zur Taufe
gelaſſen haben will, fa ſcheint es, als wenn
die Taufe nicht recht verwaltet werde, wenn
nicht der Glaube vorhergeht.““ *
In Harm. Evan. Comment.
EX VI II. P. 272
t — 12.
.
5.
Mittel zur Seligkeit.
1 Petr. 3, 20. 21. Da man die Arche
ziuruͤſtete, in welcher wenige, das iſt, acht
Seelen, behalten wurden durchs Waſſer;
welches nun auch uns ſelig macht in der
ue die durch jenes bedeutet iſt, nicht
5 Abthun des Unflaths am Fleiſch, ſon—
ya n der Bund eines guten Gewiſſens mit
Gott durch die Auferſtehung Jeſu Chriſti.
A mend
i e
8 Waſſer der Sundfluth.
heit zwiſchen beiden zeigt ſich in fol—
Stuͤcken:
Gott der Herr ließ die Suͤndfluth
über die En kommen. Alſo hat auch die
Taufe Gott zum Urheber. Matth. 21,
25. Luca 3, 2.
Darum vermag
ſe ine Gnade.
Die Taufe ib den Glaubigen ein.
ung: Es iſt die Taufe vor⸗⸗
n durch die Arche Noah und“
Die
142
3) In der Suͤndftuth wurden beim
Leben erhalten, was in, die Arche eingegan⸗
ebe
gen war. Alſo werden auch zum ewigen
Leben erhalten, welche glauben und getauft IN
werden, und im Glauben verharren. W 05
4) Nach der Sündfluth machte Gott
Bund mit Noah, und verſprach ihm
Alſo macht auch Gott durch
die 2 Ta ufe einen Gnadenbund mit uns, und
Apiſcht uns Leben und Seligkeit. Da⸗
fie Taufe nicht wie ein gewöhnt
einen
ches N ad zum Abthun oder Abwaſchen des
aͤußern Unflaths' am Fleiſch, ſondern Ar 0
Bund (Grundtert, die Frage) eines guten —
Gewiſſens zu Gott, weil bei der Taufe dern
erſten Chriſten der Taͤufting gefragt wurde,
ob er dem Teufel und allen ſeinen Werken Mr
abſage, fo wie der Welt und allen ihren Eiz
telkeiten. (Siehe Cave 's erſtes Ehrj⸗
ſtenthum.) N 5
The E. Cap. W p. 327 9
7
6. Durch den Glauben, ziehen die za
Gläubigen. in der Taufe Chriſtum an, mit
ſeiner Gerechtigkeit, Verdienſt und allen
feinem, Woehltl thaten, welche er durch ſein
bit teres Leiden, Sterben und Auferſtehen
ihnen erworben hat, und ſie werden theil⸗
haftig der goͤttlichen. Natur, nach dem
Maaß ihres Glaubens z indem fie Chriſtum.
ſelber als das rechte hochzeitliche Kleid und
den Rock der Gereihtigit durch die .
anziehen, wol ch. ſte erſt recht zu Gottes
Kindern gemacht werden, wie ſolches der .
Apoſtel Paulus bekräftiget. au
al. 3, 26. 27. Denn ihr ſeß
tes Kinder, durch den Glaube
Shriſtum Iiſum. Denn, wie viele eu
getauft ſind, die deen, Shaun angezos
Mi Mr
gen. 5
Daß nun, die Kindertaufe, welche im
bewußtloſen Zuſtande ohne Glauben und
daher auch ehne Wirkung geſchieht, nicht
die von Chriſto eingeſetzte Kraft⸗Taufe
PR
2) Durch die Sündfluth wurden die nach dem Glauben iſt in welcher Chriſtus
Sunder erfäuft, und blieb nichts am Leben aug gezogen wird, ſiehet man ja leider a
was außer dem Kaſten das Leben hatte. dem heidniſchen Weltchriſtenthum, u
Alſo wird auch in der Taufe der alte
Menſch mit feinen boͤſen Luͤſten ate de gere und chriſtfeindlichen Sn
welche ja alle nach ihrer Art getauft finde
und getödtet, wenn anders der Glaube e
N x * 2 N 2 N
rechter Art iſt. Rom. 6, 3. und noch dazu in ihrem unbußfertigen
|
”
118 N Die Wufe i d
Weltgeiſte meynen, fie ſeyen durch die Kine
dertaufe Chriſten geworden. Daher auch
die Predigt der Buße, der Vergebung der
Sünden, und Wiedergeburt von den Mei:
ſten, welche die Kindertaufe empfangen
haben, verlacht und verworfen wird. *
wird dad Wort erfullt, Sprüche 2
Wenn die Weiſſagung aus iſt, (nen
rechte Auslegung des Worts,) w
Volk wild und wüſte; wohl aber dem
der das Geſetz nt! t. *
7. Die Taufe nach dem Glauben iſt
einer der drei Zeugen auf Erden, welche
ſind: Der heilige Geiſt, das Waſſer der
Taufe, und das Blut Jeſu ee des
Sohnes | Gottes.
1 Joh. 5, 8.
Und drei ſind, die da
Waser, und das Blut; und dieſe drei ſind
e auf Erden: Der Geiſt, und das
RR
N ſeyn zu konnen, daß
an Sohn Gottes glaube; denn es
0 gehört zum wahren Glauben an n
beifammen, Wer da glaubet an den Sohn
Gottes, der hat ſolches Zeugniß bei ihm.
Wer Gott nicht glau
zum Lügner, denn er glaubet ma
Zeugniß, das ‚Sei zeuget von feinem \
ne.
Dieſes dreifache Zeugniß, von dem heil
Taufe,
2 ld von dem Blut Chri i gehört nothwen⸗
gen Geiſt, von dem Waſſer der
dig dazu, um, ı beweiſen
man nach der Schrif
zer da glaubet an den
er hat ſolches Zeugniß bei
2
Sohn Gottes dieſes breifiche Zeus gniß:
Erſtlich: Der heilige Geiſt, welcher den
landen wirket, und giebt Seagniß un⸗
ben Geiſt, daß wir Gottes Kinder ſind.
Zweitens: : Das Waſſer der Taufe, als
das Siegel oder die Beſtätigung des Glau⸗
bens.
Drittens: Das Blut Jeſu C
t, der macht ihn
m
Chriſti des
der Schrift.
deln, und Gemeinfchaft mit Gott haben,
die haben das Blut Chriſti als den dritten
Zeugen.
Es heißt; und dieſe drei find, beifamz
men, und laſſen ſich nicht trennen, ſondern
gehoͤren zu einem völligen Glauben an den
[Sehn Gottes, unk wer da ſagt,! daß er ei⸗
nen von dieſen Zeugen nicht, noͤthig habe,
der macht Gott, nach 1 Joh. 3, 10., A
Lügner; denn er glaubet nicht dem Zeug⸗
niß, das Gott zeuget von feinem Sohne,
Wer kann deng far gen, weil er den heis
ligen Geiſt oder die Geiſtestaufe habe, fg
ſey ihm bie Taufe im Waſſer nicht ſonder⸗
lich noͤthig, da es doch gerade ein Grund
der Nothwpendigkeit für ſolche Seelen it
wenn ſich der heilige Geiſt ihnen mitge⸗
thellt und in ihnen wirket, daß ſie ſich in
den Tod Chriſti tauſen laſſen, wie es dort
Apoſtg. 10, 47. 48. heiß; Da antworte⸗
te Petrus; Mag auch! Jemand das Waſ—⸗
fer wehren, daß dieſe nicht getauft wer⸗
den, die den heiligen Geiſt empfangen ha-
„ben, gleichwie auch wir? Und befahl ſie
zu taufen im Namen des Herrn.
Matth. 3, 11. Johannes ſprach; Ich
taufe euch mit Waſſer zur Buße; der aber
nach mir kommt, iſt ſtaͤrker, denn ich, dem
ee und mit Feuer taufen.
Dieſe Stellen wenden manche Gläubi⸗
ge ein, um die Taufe als u üͤſſig oder
als nicht noͤthig für fie zu halten, da doch
der Apoſtel Petrus gerade, dieſe |
eigentlichen Grund hervorhebt, da
gen ſollteng getauft werden, welche den hei⸗
die Apoſtel.
Apoſtg. 10, 47. 48. Cap. 11, 15. 16.
Petrus ſprach; Mag auch. Jemand das
Waſſer wehren, daß dieſe nid getauft f
ich auch nicht genugſam bin ſeine Schuhe
zu tragen; der wird euch mit dem gehe;
N
ligen Geiſt empfan gen hatten, gleich wie
von aller Sünde, 1 Joh. 1, 7., nemlichf haben, gleichwie auch wir? Und befahl
und Johannes ſpricht von den Gläubi— ſie zu taufen in dem Namen des Herrn.
gen u ind Getauften, welche im Lichte das Wert des Herrn,
Wän⸗
Sohnes Gottes, welches uns rein 8 die den heiligen Geiſt empfangen
Pr Da gedachte ich an
ER
+
*
Ein Brief von dem heiligen Lande.
als er ſagte: Johannes hat mit Waſſer
gstauft, ihr aber ſollt mit dem heiligen
Geiſt getauft werden. 0
Die Taufe des heiligen Geiſtes macht die
von Chriſto eingeſetzte Taufe im Waſſer
nicht überfluͤſſig oder unnoͤthig, ſondern
macht erſt recht faͤhig und tuͤchtig dazu.
Denn ſolche Leute, welche der heilige Geiſt
erneuert hat, find die einzigen rechtmäßi⸗
gen Theilnehmer der Taufe und des A—
bendmahls.
Es hat daher jeder Gläubige, in Folge
der apoſtoliſchen Worte, den lauterſteu und
unbeſtreitbarſten Grund zur Annahme
und Beobachtung der Taufe, habe er auch
den heiligen Geiſt in dem Maß wie die
Apoſtel. Denn nur Glaͤubige ſollen ge—
tauft werden, und nicht Unglaͤubige.
Hüte ſich doch jeder Glaͤubige, welcher un—
ter der Zucht des heiligen Geiſtes ſteht,
daß er demſelben nicht widerſtrebe, wie es
von den Schriftgelehrten heißt, Luc. 7,
30. Aber die Phariſaͤer und Schriftge—
lehrten verachteten Gottes Rath wider ſich
ſelbſt, und ließen ſich nicht von
ibm taufen. Aber der Herr ſprach:
Wem ſoll ich die Menſchen dieſes Ge—
ſchlechts vergleichen? Und wem ſind ſie
gleich?
a,
Ki
— . —
Ein Brief aus dem heiligen
Lande. N
1 Aus dem Engliſchen uͤberſetzt. 5
[Folgender Brief wurde uns kurzlich in
Abſchrift von einem lieben Bruder in Vir—
ginien zugeſandt.
wurde, iſt und» unbekannt. Indeſſen
ſind darin Fragen beantwortet, die wir
laͤngſt im Viſiter aufgeworfen hatten.“
(Siehe Gospel- Visiter vol. 4. page 92.)
Wir haben ſchon mehrere Briefe von dieſer
lieben Lydia Schuler ehedem mitge-
theilt, indem ſie intereſſant, lehrreich und
erbaulich ſind, wenn wir an ſte behal⸗
\
ten, und das Uebrige an feinem Ort ſtehen
laſſen. Zugleich haben as ſchuldig
gefunden vor Mißbraue E
An wen er geſchrieben
149
| cher leicht moglich wäre, wenn wir uns
verleiten ließen durch die reitzende Schilde—
rungen des Gelobten Landes ꝛc. zu Schrit—
ten, die uns hernach gereuen koͤnnten.—
Bedenket, liebe Leſer, daß wir nicht auf
ein irdiſches, ſondern auf ein himmliſches
Canaan gewieſen find im Evangelium,
und daß wenn die Zeit kommt, der Herr
ſelbſt fein altes Volk Iſrael erloͤſen, in
"A Land einführen, und daſelbſt ſegnen
wird. Dem Herrn vorzulaufen, iſt alles
zeit gefaͤhrlich. Mit dieſen Erinnerungen
geben wir nun auch den gegenwärtigen
Brief. — Herausgeber.]
Ebene Saron, May 10, 1854.
Lieber Bruder in Chriſto. — Ich erz
hielt deinen Brief mit Vergnuͤgen am
21gſten Februar, und ſollte ihn fruͤher er—
wiedert haben, wenn es Zeit und Umſtaͤn—
de erlaubt haͤtten. Als ich deinen Brief
oͤffnete, ſiel ein Geld-Thaler heraus, wofü
ich dir danke, und den Herrn bitte,
nen wolle. . ‚
Du druͤckſt den Wunſch aus zu wiſſen
m. bewogen habe Vater, Mutter,
Bruder, Schweſtern und Freunde zu ver⸗
laſſen, und in dieſes Land zu kommen. Da
ich meine Sünden ſchwer auf mir fühlte,
und Niemand ſie wegnehmen konnte als
8. 1 0 x 3 N PN:
Er, deſſen Blut vergoffen wurde hier in
dieſen Land, ſprach Er: Komm zu mir;
Ich will dich troͤſten. Und in der That
bu und theuer war, auf den Alta und
len thun, und nützlich ſeyn in ſeine
Weinberg. 10 85 N
Nach dieſer Veränderung wurde
die Schrift ſehr koͤſtlich, und war
Studium und Ergoͤtzen, ſonderlich die X
heiſſangen und unerfuͤllte Weiſſagungen mit
9 auf die Zukunft und das Koͤnig⸗
|
I
1
reich unſers theuren Heilandes. Ja Ver—
bindung damit und unmittelbar daraus
fließend ſahe ich die vielen Verheiſſungen
des Segens und der Wiederherſtellung Iſ—
Ev. Beſuch, Jahrg. 3. 12
dich reichlich, ja hundertfaͤltig dafur ſeg⸗
etete, daß ich nur moͤchte des Herrn Wil⸗ f
m
4 * 0
N
*
as
x
.
ich fand ihn koͤſtlich für meine Seele, N
ich legte mich ſelbſt, und alles was nir
00 *
%%
.
5
15) Ein Brief von dem heiligen Lande.
raels ia dieſem Lund (urh ihrer Bekeh- ung uns unterſtützen, und unſern Weg
rung) zu dem Gott der Bibel, aller Pre- babneu würde. Dieſes koſtete mich kei—
pheten und der Juden. Ich wurde uber- nen geringen Kampf, meinen geliebten
zenge, daß die Helden eine Verpflichtung Vater und Mutter, Bruder und Schwe—
haben gegen Iſrael, und daß dieſes Werk ſtern zu verlaſſen, und im Glauben, ohne
und Pflicht hier auszurichten iſt, wo Gott einige zuverlaͤßige Stütze, in ein ſolches
allein ſich jemals geoffenbart hat in Seg⸗ e verwuͤſtetes Land zu gehen 14.
nungen gegen ſie, und wo allein er ver-] Seitdem wir hierher kamen, haben wir
heiſſen hat ſie zu reinigen und zu ihm | manche ſchwere Prüfungen und empfinde
ruͤckzubringen, wie in Heſek. 36, 25. und liche Entbehrungen in unſerer Lebensweiſe
vielen andern aͤhnlichen Stellen. erduldet, indem wir ſehr einfach und aͤrm—
Zu dieſer Zeit leitete mich die Vorſe- lich leben und wohnen. Aber der Herr
hung auch zur Bekanntſchaft mit einigen war mit uns, unterſtuͤtzte und ſorgte für
ſehr frommen Seelen in Philadelphia, an uns, und oͤffnete die Herzen der Juden,
welche ich mich anſchloß. Sie hatten fruͤ- in uns Vertrauen zu ſetzen als ihre unin—
her zu verſchiedenen Benennungen gehoͤrt, tereſſirte und aufrichtige Freunde, vermit-
wurden aber durch das Leſen der Bibel |telit dieſer nemlichen Einfachheit und Ar—
uͤberzeugt, daß alles Seetenweſen unrecht muth bei uns, während ihnen alle fein ges
1 Sie hatten ſich von allen menſchli- kleidete und hochbeſoldete Miſſtonaren zur
ee (Verbindungen) zu- wider und verdächtig find.
rückgezogen, obſchon fie immer noch chrüftlie | Von dieſen Claſſen gibt 10 viele in 0
che Liebe und Wohlwollen gegen alle wah- Städten hier: Engliſch-biſchoͤffliche, Roͤ⸗
re Kinder Gottes jedes Namens fühlten. miſch-katholiſche, Griechen und Armenier
Dieſe ſowohl als ich kamen auf die Ueber- mit ihren ſchoͤnen Häuſern, Kirchen und
zeugung von der Pflicht, einen Verſuch zu Kloͤſtern, mit ihren reichen Kleidern und } £
machen und etwas zu thun zum Beſten | prächtigen Ceremonſen. "Wir haben Land
der leidenden Juden. W gepachtet und cultivirt, und wohnen im
Hiernaͤchſt hatten einige von uns dieſes Lande und auf dem Lande, wie keine ande
Land beſucht, und die große Armuth und re Europäer oder Chriſten get 7 haben,
Neth der Juden hier, und ihre Unwiſſen⸗ Wir beſchäftigen aſle die arme junge Ju⸗
beit und Mangel an Beſchäftigung, fo wie den, fo viel wir Geld awerben Wen ſie
das ſchoͤne Clima und den fruchtbaren Bo- zu bezahlen mit unſerer Arbeit. Wir
den erkundigt. Sie beſchloßen ihre K 0 machen auch Kleider fuͤr 1
math zu verlaſſen, und als eine kleine und geben alte Kleider, Garkengewächſe
* christliche Colonie hieher zu kommen, und und Arzneien für die Kranken unentgeld⸗
alles was in ihren Kräften ſtand zu thun, lich weg.
fir (die Juden) Ackerbau und Erwerbung
| does Unterhalts zu lehren, und ſo ihre
9 zen zu gewinnen zur Bereitſchaft für
eine geiftige Welt, und fuͤr das was der ſehen im Moraliſchen und Induſtriellen
Hert in Baͤlde unter ihnen thun wird. bei denen, welche unter unſerm Dache und
Nach vielem Gebet und Ueberlegen bee in unſerm Dienſt ſind. Sie ſind nun⸗
ſchloß ch ebenfalls mich dem Heren in die- mehr {of lich an uns, daß die This
fon mähevollen, ſelbſtverleugnenden Werk re fuͤr uns u einige Andere offen iſt,
du ergeben, und mein Leos mit dieſen auf de chen einfältigen Plan viel
Sltunden zu werfen fo länge die Vorſeh⸗ r und dieſem Land zu thun.
In dieſen Dingen finden wir Vieles und
Schweres zu thun. Aber wir freuen uns
eine große Veränderung zum Beſſern zu
Cin Brief aus dem heiligen Lande. 131
Aber wir brauchen mehr Mittel. Viele] Dort wohnten wir drei Monate. Wäß⸗
kommen und bitten uns ihnen Arbeit zu rend dieſer Zeit hatten wir Gelegenheit
geben zu Vier Thaler des Monats, und viele heilige und intereſſante
ſich ſelber zu finden, welche wir genothiget| ſuchen, als den Oelberg,
find abzuweiſen; arme, leidende Menſchen der Schmerzen weinte, und oft ſuch in die
mit Familien. Ihre vornehmſten Nobbi nenen zurückzog, um Jen 40 auszu⸗
ner beſuchen uns, und ſind ſehr freundlich, ſchütten vor ſeinem Vater, der ihn ſandte
heiſſen unſer Werk gut, und ſagen, ſie um Heil zu bringen einer gefallenen Welt.
wollen uns irgend eine Zahl Schüler ſchi⸗ Gethſemane iſt am Fuß des Oelbergs,
cken, ſobald uns Gott Huͤlfe ſendet ſie zu und im Beſitz der Roͤmiſch-Katholiſchen,
beſchäftigen, und einige ſchreiben an die die einen Blumengarten daraus machten.
Deter, zu Des
worder Mann
Juden in der Ferne, uns Huͤlfe zu ſchicken
um ihretwillen.
O ich denke manchmal, wenn die lieben
Tunker⸗Bruͤder nur ſehen koͤnnten, wie
verhungert und nackend und willig zur Ar—
beit dieſe Leute (Juden) ſind, ſie wuͤrden
von ihrem Ueberfluß ſenden, um denen zu
helfen, deren Schuldner wir ſind.
(Hier müͤſſen wir bemerken, daß dieſer
a an „die liebe Tunker-Bruͤder“ doch
wohl zunächſt an diejenige gerichtet iſt,
die den ſiebenten Tag feiern, und alſo mit
der Schreiberin und ihrer Geſellſchaft ei—
nig ſind. Was unſere Brüder angeht,
die ſich in allen Fallen nach dem ausdrück—
lichen Wort Gottes richten, ſo glauben ſie
das durch Paulus cer e Geheimniß
*
wir dort wohnten, wurden wir g
in Demuth, Kom. 11, 25. daß «Blinde
heit iR Iſrael eines Theils wiederfahren,
To lange bis die Fülle der Heiden ein⸗
gegangen ſey;“ — und daß wir alſo Ifſrael
ie helfen koͤnnen, wenn wir auch gerne
ten, ſo lange noch Heiden zu be—
tehren ſind, und wirklich bekehrt werden.
Der Ruf uns rer armen Bruͤder in Deutſch—
land geht uns billig näher zu Herzen, und
noch naher der unſerer armen Brüder hier,
die wir kennen. Ed.)
Wir find nun zwei‘ Jahr und drei Mo⸗
nate in dieſem Land. Das erſte Jahr
wohnten wir in einem ſchoͤnen kleinen
Thal bei Bethlehem, genannt A r⸗
dos oder Salomonis Garten. Waͤh
handelt und verfolgt von einige
letzt ausgetrieben und gezwu
ru ſalem zu ziehen.
Als ich dahin ging, dachte ich an Ihn,
welcher der Welt Suͤnde trug, und aufs
äuſſerſte rang, bis ſein Schweiß auf die
Erde fiel gleich großen Blutstropfen.
Bethanien, die Stadt der Maria u.
Martha, iſt ungefehr zwei Meilen ſuͤdoͤſt⸗
lich von Jeruſalem; es ſind nur einige
wenige alte Ruinen uͤbrig, welche von
Arabern bewehnt ſind. Sie zeigen noch
das Grab des Lazarus, eine kleine Hoͤhle
im Felſen. Ich beſuchte auch die Gräber
der Koͤnige; ſie ſind ungefehr eine halbe
Meile noͤrdlich von Jeruſalem, ausgebaute.
en aus ſoliden Felſen unter dem Grund.
Wir gingen durch eine ungefehr 3 Fuß
hohe Thuͤre in ein großes dunkles Ges
mach, von welchem drei andere Thuͤren
in Gemächer führen mit Plätzen in den
Felſen gehauen, um Todtenladen aufzu—
ſtellen. Wir ſahen einige Ueberbleibſel
von zerbrochenen ſteinernen Särgen. A
r Jordan iſt auch eine Merfwürs
digkeit, die ich beſuchte, ungefehr dreißig
Meilen oͤſtlich von Jeruſalem.
Strom enthält ungefehr fo viel Waſſer als
die Schuylkill, obſchon fhmäter und
ſchneller im Lauf. Ich kann das Gefu
nicht ausſprechen, das ich hatte, als ich a
Ufer des Jordans Stand. Ich dachte an
ihn, der in das Waſſer hinabſtieg, und ges
tauft wurde, und nachdem er heraufſtieg
aus dem Waſſer, ſiehe,
Gottes gleich einer Taube herabfahren. Er
erwählte einen Ort, wo viel Waſſer war.
—
*
Dieſer
da that ſich der
Himmel auf uber ihm, und ſahe den Geiſt—
*
5
ung!
N
0
Y
152
Eine Handvoll war ihm nicht hinlaͤnglich.
— Der Berg Nebo, wo Moſes das Land
Canaan uͤberſah, war vor Augen an dem
Ort, wo ich war.
July 8. Im Juny war es ein Jahr,
daß wir an dieſen Ort (Ebene Saron) zo⸗
gen, anderthalb Meilen von Joppe, jetzt Jaf—
fa genannt, wo wir 20 Acker Land pachte—
ten, die einem Juden gehoͤren, welcher ſie
ſechs Jahre lang anbaute. Vier Acker
davon find bepflanzt mit Obſtbaͤumen,
als Pomegranaten, Orangen, Lemonen,
Citronen, Bananen, Palmen, Quitten,
Aepfeln, Birnen, und Pflaumen-Bau⸗
men.
Dieſes Grundſtuͤck erfordert Waͤſſerung
Ein Brief aus dem heiligen Lande.
Alle kamen in derſelben Abſicht wie
wir, Iſrael zu helfen. Alle beobachten
den ſiebenten Tag, den Sabbath Gottes
des Herrn. Wir haben jeden Sabbath
Morgen und Nachmittag Verſammlung
an unſerm Hauſe, wo alle Bruͤder und
Schweſtern zuſammen kommen. Es ſind
unſerer 20 Sabbath-Beobachter, von wel—
chen 4 Deutſche ſind, die vor 4 Jahren in
dieſes Land kamen in der nemlichen Abe
ſicht wie wir.
Es iſt in der That ein Vorrecht mit ſo
vielen von des Herrn Kindern zuſammen
zu kommen, nachdem wir fo lang von einiz
ger religioͤſen Gemeinſchaft getrennt was
ren. Lieber Bruder, du bitteſt mich in deiz
im Sommer. Das Waſſer wird durch nem Brief fuͤr dich zu beten, wenn ich auf
Maulthiere mit einer ſchwerfaͤlligen dem Hausdach (Soller) ſey. Ich habe fo
Maſchine aus einem Brunnen in einen gethan, und bete allezeit mit der Hülfe
Behälter getrieben, von wo es in Canä- Gottes für alle feine Kinder. Wir haben
len um die Baume herum gebracht wird. oft in Sommer-Abenden unfer Familiene
Gartengewaͤchſe werden auf dieſelbe Weiſe Gebet auf dem Hausdach, weil es ein kuͤh—
gezogen waͤhrend der trockenen Jahrszeit.
Der Winter hier iſt die beſte Zeit Gewaͤch—
ſe zu ziehen, weil kein Froſt auf die Ebene
kommt.
Dieſer letzte Winter war ungemein kalt,
und eines Tags fiel ein wenig Schnee;
er ſchmolz aber beinahe ſo ſchnell, als er
auf den Grund ſiel. Es war ganz ein
Wunder für die Eingebornen, und alte
Einwohner hier ſagten uns, daß ſie keinen
Schnee geſehen hätten auf der Ebene in
30 Jahren. Schnee iſt häufiger im Ge—
birge.—
Vor ſieben Monaten waren wir vier an
der Zahl die einzigen Americaniſchen Eine
wohner im gelobten Lande auſſer einer
ler Ort iſt.
Sehr viele Leute in Jeruſalem ſchlafen
auf dem Hausdach im Sommer; fie
breiten eine Matte aus, und decken ſich
mit einem Teppich zu.“ Ich habe auch ge—
ſehen Waitzen, Squaſches und Saffron
wachſen auf den Hausdaͤchern in Jeruſa—
lem; natürlich find es alte Haͤuſer, wo
der Staub von hoͤhern Haͤuſern dahin ge⸗
waſchen worden ſeit vielen Jahren.
Du ſchreibſt auch, daß du hoffeſt, ich
haͤtte die Liebe Gottes in meinem Herzen
erfahren. Ja, ihm ſey Dank, der mein
Vater, mein Freund, mein Alles it. Haͤt—
te ich feine Liebes-Macht nicht gefühlt, waͤ⸗
Miſſions⸗Familie in Jeruſalem, welche re ich heute nicht hier. Ich wäre geblie—
a
ſeitdem nach den Vereinigten Staaten ben, wo ich die Ergoͤtzlichkeiten tiefer Welt
auf Beſuch zurückgekehrt find, und nun hat genießen, eſſen und trinken und froͤhlich ſeyn
ſich unfere Zahl auf Sechzehn vermehrt. konnte.
Eine Familie kam von Maſſachuſetts letz- beſſere Welt. Es iſt mir einerley wohin
ten December, und ließ ſich in unſerer Naͤ- mein Herr mich ruft zu wohnen, ob in der
he nieder. Zwei Familien kamen letzten kalten oder in der heiſſen Zone, fo daß ich
May aus Rhode Island und Neu Jer- nur in Seinem Dienſte bin.
ey.
Aber ach, nein! ich ſuche eine
Der erſte Winterabend 1855.
5
Wir haben bereits eine Erndte von de unſers Herrn Jeſu Chriſti, die Liebe
Welſchkorn und Grundbirn ſeit der Mitte Gottes, und die Gemeinſchaft des heiligen
März Wir koͤnnen grünes Welſchkorn
für den Tiſch beinahe das ganze Jahr herz
um haben. Die Leute hier haben ſehr
wenig Fleiſch. Sie leben meiſtens von
Brod, Obſt und Gartengewaͤchſen. Ich
mache oft eine Mahlzeit von Brod und
Orangen, oder Brod und Weintrauben,
und es ſchmeckt mir ſo gut als der beſte
gebratene Welſchhahn oder Fleiſchkuchen
(minee-pie) in Pennſylvanien. — Der
Seidenbau und Manufactur iſt ein gro⸗
ßer Erwerbzweig hier.
Die oͤſtreichiſchen und franzoͤſiſchen
Daͤmpfer kommen nach Jaffa alle 2 Wo⸗
chen, und von unſerer Terraſſe ſehen wir
ſie ankommen und abfahren, jenſeit des
Waldes von Palm⸗Orangen und Banan⸗
nabaͤumen, welche zwiſchen unſerm Haus
und der See ſind; aber ſie bringen ſelten
einige Neuigkeiten von meinem fernen Ge⸗
burtslande. Ich will dir ein wenig etwas
ſchicken, das auf der Ebene Saron waͤchst.
Ich wuͤrde gerne mehr Blumen ſchicken;
aber es macht den Brief zu ſchwer.
Lieber Bruder, Ich danke dir fuͤr deine
Ermahnung zur Demuth, zum Geherfam
und bruͤnſtigem Gebet. Ich bin nicht wie
einige, welche denken, fie wiſſen alles, Ich
liebe ermahnet und aufgemuntert zu wer—
den zu guten Werken, und taͤglich zu ler—
nen.
Joch, und lernet von mir; denn ich bin
ſanftmuͤthig und demuͤthig. Ich fühle,
daß Gott will, wir ſollen ein himmliſches
Leben hier fuͤhren, und daß wir deßwegen
ſo wenig als moͤglich irdiſch leben ſollten.
Zu leben mit Ihm, abgeſchieden von der
Welt, zufrieden mit allem was er uns zu
genießen und zu leiden gibt, haben wir
jetzt zu kämpfen mit Verderbniß und Ver—
ſuchungen, mit Truͤbſalen und mit Satan.
Aber uber ein Kleines wird die Palme in
unſere Hand gelegt werden. —Meinen Lie⸗
besgruß an dich und Familie. Die Gna⸗
1
Jeſus ſagt: Nehmet auf euch mein
Geiſtes ſey mit dir; Amen.
Deine Schweſter in Jeſu
Lydia Schuler.
Der erſte Winterabend 1855.
(Fortſetzung.)
Sophie.
das ſchon laͤngſt gerne gewußt, ob der Wins
ter im gelobten Lande dem unſern ähnlich
iſt?
Vater. Wie meynſt du das?
Sophie. Nun, ob es z. B. auch
Schnee gibt und friert? ob man auch hei—
zen muß und dergl.?
Mutter. Schnee gibt es freilich,
und zuweilen muß es auch recht kalt ſeyn;
denn es heißt ja im Palm: „Er gibt
Schnee wie Wolle, Er ſtreuet Reifen wie
Aſche; Er wirft ſeine Schloßen wie Biſ—
fen. Wer kann bleiben vor feinem Froſt.“
Pf. 147, 16. 17.)
Sophie. Ach ja, du haft Recht. —
Es fällt mir ſelbſt eine andere Stelle ein
aus den Spruͤchen, wo Salomo die fleißi—
ge Hausfrau beſchreibt und ſagt: „Sie,
ihres Hauſes wegen, fuͤrchtet ſich nicht vor
dem Schnee; denn ihr ganzes Haus hat
zwiefache Kleider.“ (Spruͤche 31, 21.)
Emilie. Alſo haben ſich die ifraelie
tiſchen Frauen auch mit allerley Arbeit
auf den Winter vorgeſehen, ſo gut wie
wir, wenn wir wollene Struͤmpfe ſtricken.
Aber freilich, fo lange man ſich noch mit
Kleidern helfen kann, iſt die Kälte wohl
zu ertragen. Oder haben ſie vielleicht
auch Oefen gehabt.
Heinrich. Oefen? freilich. Der
Heiland ſagt ja: „Das Gras, das heute
ſtehet, und morgen in den Ofen gewor—
fen wird.““ Matth. 6, 30.
Mutter. Ta l—ob aber das ein
Zimmerofen iſt, das iſt nicht geſagt. Va—
Ei, ſage mir doch, ich hätte
154 Ein Lied,
ter, haben denn die Iſraeliten Oefen im) gewußt hat. Aber er iſt eben auch nicht
Zimmer gehabt? dabei geweſen und hat die Sitten des Mor-
Vater. Von einem Zimmerofen biz genlandes nicht recht ſtudirt. Statt des
be ich in der Bibel noch nichts gefunden. Kamins hätte er einen Kohlentopf oder
Der Heiland redet dort von einem kleinen fein Feuerbecken in die Mitte des Zimmers
Backofen, oder vielmehr von einem Gefäß ſetzen ſolen, wie man es noch heutzutag⸗
zum Backen des Brodes. Es war ein im Orient antrifft. Einen ſolchen tragba⸗
u oder eifernes Geſchirr, unten weis ven Ofen ſtellt man in eine dazu ange⸗
ter als oben, worin man im Feuer oder brachte Mirerfung mieren ins Zimmer hin—
mit herumgelegten Kohlen Brod zu backen Rü Vor dieſem ſaß Jojakim im neunten
pflegte, das bei der geſchloſſenen 8 ſeinem Winterpalaſt. Es war
beſſer als im Backofen gerieth. Sonſt iſt uugefähr December nach unſerer Jahres⸗
eintheilung. Ja, da haben wir doch neh
Etwas gefunden, das die Stelle unferer
Oefen vertrat. Aber dieſe Sitte war nur
Häuſe V Wir fin⸗
oͤfen. Ueberhaupt gab es im Alterthum |" Nen Oo e Wir ſin⸗
wohl nur in den Badeſtuben Etwas, was den Ih im di * PR. a emal
erwähnt. Wißt i ohl, wo?
man mit unſeren geſchloſſenen Oefen ve ah ißt ihr mahl, wo
freilich in der Schrift oͤfters von Oefen
die Rede, aber nur von gewohnlichen
Backoͤfen, oder Brennoͤfen, oder Schmelz
ben kann; ae n ich Ich ll es: in Bw
Mutter. Aber wie halfen fie ſich] Palaſt des Hohenprieſters Cairhas.—
denn, wenn die Kälte ſo groß wurde, daß „Die Knechte zündeten ein Kohlfeuer an
man davor nicht bleiben konnte? und wärmeſ ſich, . 15 m kalſer
Vater. Nun, da zündete man eben Dater. Ja, das iſt aber ein verſuch⸗
ein Feuer an, aber gewoͤhnlich nur auf Be Kehlfeuer, an dem es dem lieben
dem Heerde, der ohnedieß in den meiſten Petrus ſiedheiß geworden iſt. Wäre er
Haushaltungen an demſelben Orte war, leber weit davon weggeblicben! N
wo man zu wohnen pflegte. 5 Hein rich. (nimmt np Bild von
Mutter. Aber jetzt fällt mir Et⸗ Jojakim wieder.) Aber, Vater, was iſt
was ein. Es kommt doch einmal ein Kö- denn das? Da wirft ja Einer Etwas in
nig vor, der im Winterhauſe vor dem Ka- das Kaminfeuer hinein. Sind es nicht
min ſaß. Wie heißt er nun gleich 2— Blätter von einem Buche?
Warte, im Augenblick will ich's ſagen—] Vater. Das wird dir die Mutter
Ja, Jojakim war's; im Jeremias | Fagen 1
kommt es vor. (36, 22.) Mutter. Das iſt Ju di, ein Dies
Vater. Ganz richtig!. So heißt es ner des Kent Jojakim. Er hat das
von Jojakim. Heinrich, da, nimm die Buch der Weiſſagungen des Propheten in
Bibel und ſuche einmal das Bild. der Hand und ließt laut daraus vor. Und
Sophie. Komm', ich will dir hel⸗ſo oft er ein paar Blätter geleſen hat,
fen. Sieh, da iſt's. Da net er vor dem ſchneidet er fie von der Rolle ab und wirft
der boͤſe Mann.
Kamin und noch viele andere Leute ſtehen ſie in's Feuer, d j
(Fertſetzung folgt.
auch herum. Sieh' einmal, was das Ka-
min für ein nettes Geſimſe hat! Und 5 4 1
was liegt denn da? 8 ki
Heinrich. Das iſt die Feuerzange. 1% ein Aid,
Vater. Ja ja! das iſt alles ganz] Wie ſelig ſeyd ihr Boten all',
naturlich gemacht, ſo gut es der Zeichner“ Die ihr des Lebenswortes Schall
Ein Wort zu rechter Zeit.
Hintragt in alle Lande!
Wie lieblich toͤnt dech euer Ruf
Von Dem, der alle Welten ſchuf⸗
Und ſprengt des Todes Bande!
Sein Reich durch euch
Kommt zu Allen;
Bald wird's ſchalen:
Aller Drten
Sinddi N eiche Thriſt i werden!“
Sagt an: was treibt euch doch hinaus
Durch We e Meer und Sturmgebraus,
Hin zu den armen Heiden:
Iſt's nicht die Lie b zu Jeſu Chriſt,
Der eures Lebens end iſt⸗
Ven dem euch nichts kann ſcheiden?
Sein eich in euch
Sit verkläret,
Und bewähret,
Neu geboren:
* aller Koͤnig—Koͤnig iſt
Und aller Voͤlker Hirte.
Ja, Er iſt Koͤnig aller Welt,
Ihm alles noch zu Fuße fällt. —
Drum iſt's euch eine Wurde:
Für Ihn hin
In die Weiten
Zu erbeuten
Arme Seelen,
Die ſich ſonſt zu Tode quaͤlen.
*
Gefangen hält ſie Satan noch,
Auf ihnen liegt der Suͤnde Joch
Mit allen ſeinen Qualen.
Die Finſterniß hat ſie umſtrickt,
Und ihre Sinne find verrͤͤckt, —
Wer kann den Jamwer mahlen?
Traurig, ſchaurig
Das Verderben,
Und ihr Sterben;
Und zu ſehen,
Wie wi, Verderben gehen!
Ja ae hier iſt große Noth,
Es mäht der letzte Feind, der Tod,
Drum habt ihr zur Fahn gefihweren 5
—
Hur Fahn' des Feldherrn Jeſu Chriſt'
155
Zu Tauſenden ſie nieder.
Es wuͤthet Satan hier mit Macht,
Und halt hier eine Seelenſchlacht,
Und doch ſind's unſre Bruͤder.
Wie lang, wie lang
Soll noch währen
Dies Verzehren?
Ueberwinder!
Komm und rett' die armen Suͤnder!
O großer Koͤnig, mach' Dich auf,
Und hemm' des Satan's Würgerlauf
Auf dieſer armen Erde, N
Die Du mit Deinem Blut benetzt,
Und Dir ſchon damals vergeſetzt:
Daß ſie verherrlicht werde.
Mach Dich ploͤtzlich
Auf- zu retten
Die in Ketten!
Fuͤrſt des Lebens,
Zu dir fleht man nicht vergebens!
7
*
Die todte Chriſtenheit weck' auf,
Mit Deines Geiſtes Feu'r fie tauf,
Daß ſie lebendig werde?
Gib, daß ſie ihre Pflicht erkennt,
Und Boten zu den Heiden ſend't,
Du großer Kunde Heerde!
Eile, heile
Die Gebrechen!
Wollſt nicht raͤchen
Unſre Suͤnden, —
Gnade laß Du Alle finden?
. 4
* *
Ein Wort zu rechter Zeit.
An einem Sonntag Abend ging eine
fromme Frau mit ihrer Laterne nach der
Tabernakelkapelle in Lenden. Unterwegs
bemerkte ſie einen jungen Menſchen, der
ſich mit allerlei muthwilligen Streichen
ee und in dem ſie bei'm Schein
ihrer Laterne den Sohn eines ihrer Nach—
barn erkannte. Sie fragte ihn, was er
55 mache. Im erſten Augenblick war er
kein wenig verlegen, und geſtand ihr dann,
156
er warte auf einige Kameraden, mit denen
er den Abend luſtig zubringen wolle. Die
gute Frau hatte einiges Anſehen bei ihm,
und ſtellte ihm vor daß das nicht die rech—
te Weiſe ſey, den Tag des Herrn zu bes
ſchließen; zuletzt drang ſie in ihn, mit ihr
den Gottesdienſt zu beſuchen. Dort hoͤr—
te er eine vortreffliche Predigt uͤber die
Worte des Heilandes: Was haͤlfe es
dem Menſchen, wenn er die ganze Welt
gewoͤnne, und verloͤre ſeine Seele!“ Die—
ſe Predigt machte auf den jungen Mens |
iefen und heilſamen Eindruck,
ſchen einen
und wurde das Mittel zu ſeiner Bekeh—
rung. Einige Zeit nachher, als er 18
Jahre alt war, wurde er feierlich in die
Tabernakelgemeinde aufgenommen, und
machte ſich bald nuͤtzlich,
chriſtlichen Kinderunterricht,
Kranken beſuche, oder durch Traktatenver—
theilung. Aber auch das genügte ihm
noch nicht. Etliche Jahre ſpaͤter ging ein
Schiff nach dem ſtillen Meere, das den
wilden Bewohnern ſeiner Inſeln eine An—
zahl von Friedensboten zufuͤhrte; unter
ihnen war auch der junge Mann, der von
der Straße weg in die Kapelle gefuͤhrt
worden war, —der nachmalige beruͤhmte
Miffienar und Märtyrer, John Wil
liams. ®
*
* *
neue Bruͤder-Gemeinde
in Deutſchland.
Wir haben ſchon oben (auf der erſten
Seite dieſer Nummer) angedeutet, daß der
Prediger dieſer Gemeinde und Verfaſſer des
Büchleins, das wir hier mitzutheilen an—
gefangen haben, Dr. Friedrich Herz
ring, uns mit einem perſoͤnlichen Be—
ſuch erfreut hat, und etliche Tage unter
uns verweilte. Nach den weitern Eroͤff—
nungen und Nachrichten, die wir von ihm
erhielten, koͤnnen wir den Wunſch und die
Hoffnung nicht unterdrücken, daß es dem
Die
theils durch
theils durch
Die neue Bruͤder-Gemeinde in Dentſchland.
Herrn gefallen moͤchte, dieſe Gemeinde
noch länger in Deutſchland zu laſſen, um
als eine Miſſions⸗Gemeinde zum Zeugniß
der Wahrheit und zum Heil unſterblicher
Seelen dort noch ferner wirkſam zu ſeyn.
Es freut uns melden zu koͤnnen, daß,
Bruder Herring der nemlichen Mey—
nung iſt, und glaubt, daß allerdings eine
Gemeinde, dort in Deutfibland bleiben follz
te und würde; und auch das war uns be—
ruhigend, als wir vernahmen, daß dieſe
Gemeinleins keineswegs nunmehr hirten—
kos ſind, wie wir Anfangs glaubten, ſon—
dern mit etlichen getreuen Lehrern verſehen
find, die ihnen mit dem Werte und den
Heilsmitteln der Taufe, des Brodbrechens
ꝛc. dienen. Unter dieſen Umſtänden koͤn⸗
nen wir mit etwas mehr Ruhe und Um-
ſicht abwarten, bis wir ſehen koͤnnen, was
der Wille Gottes und unſere Pflicht iſt.
Unterdeſſen kann es A auf keinen Fall
ſchaden, wenn wir nebſt unferer Fuͤrbitte
für dieſe Gemeinde ins auch mit Mitteln
rüſten, um denſelben zu Hülfe zu kommen,
wie es die Umſtände erfordern moͤgen, und
wie es bei der nächiten Jahres-Ver⸗
ſammlung fuͤr gut angefehen wird; und
da wir in voriger Nummer verſprochen ha—
ben, oͤffentliche Rechnung über alle an uns
eingehende Beiträge im „Viſiter“ abzule⸗
gen, ſo machen wir jetzt den Anfang.
Freiwillige Beiträge für unfre
deut ſche Bruder.
Von der Gemeinde M. Co. O. als Bei-
trag zu den Reiſeks ften des l. Bruders F.
H. von Wisconſin zu dem Liebesmahl bes
fagter Gemeinde . 82500
Dieſe Fuͤnf und zwanzig Thaler, welche
die Umſtände zu erfordern ſchienen, obwohl
ſie hingereicht hätten, einen der ſiebnezig
noch in Deutſchland befindlichen Brüder
über's Meer zu bringen, wurde dem lieben
Bruder zugeſtellt mit der für noͤthig erach—⸗
teten Liebes-Erinnerung, inskünftige ſolche
koſtſpielige Reiſen fo viel als moͤglich zu
vermeiden, oder wenigſtens nicht ohne Rath
der Bruͤder zu unternel welch ezuvor
von unſern Umſtänden dlich und offen
zu unterrichten waͤren, W
1 4
;
Ehreifitags - Godanfen. —- Beim Jahres-Schluß. 157
Chriſttags-Gedanken. in euren Augen; arm im Geiſte, ſo wird
And ſie gebar ihren erſtgebornen Sohn, ſich dieſes kleine, arme Kindlein euch ins
wickelte ihn in Windeln, und legte ihn in Herz legen; wird euch erheben aus eurem
eine Krippe, weil in der Herberge nz Staube and Keth, wird euch groß machen.
fan Platz mehr für ſie übrig war. Luc. Denn was ift eure ſtelze Einbildung und
7. Wer. fü ch nun demüthiget, wie die⸗ Boffärt anders, als Staub und Koth?
1 Kind, der iſt der Größte im Himmel⸗ Weg damit, zum Kindlein hin! Betrach⸗
reich. Matth. 18, 4. Der den Gerin⸗ bet es recht; ergebet euch ihm, ſo wird et⸗
gen auftichtet aus dem Staube, und erhö⸗ was aus eich⸗-ſonſt ewig nichts. |
het den Armen aus dem Bath. Pf.
113, 7.
Gottes Eingeberner wird der Exſtgeborne
einer armen Jungfrau, liegt im Stalle,
in einer Krippe, in ſchlechte Windeln ge—
wickelt, der den Himmel ausbreitete =
einen Teppich, der das Meer und alle En⸗
den der Erde wie mit einer Spanne um⸗
faßt. Welche Groͤße! welche Kleinheit!
Gottes Sohn i in Windeln! — Da ſehen wir
ja, was Gott will. Hat Er auch ſeinen
Sohn, wie ſie ſagen, bur zum, Beiſpiel
und Vorbild in die? Welt geſandt: nun, ſo
kommt her da, und ſehet, welch ein 5
ſpiel in der ippe liegt; kommt her, und
f RE
lernet von dieſem Vor bilde der Geetheit
Demuth und Kleinheit. Lernet hier eu⸗
ren Stolz, Hochmuth, Eigenduͤnkel, Ehr⸗
geitz, Ruhmbegierde, Selbſtgefälligk eit und b e
all das hochhet; ahrende Weſen ablegen und Du, liches Kefir; merke dies!
dieſem Kindlein zum Opfer bringen. | Ä
Der Schöpfer Himmels und der Erde hat
kaum ein Plaͤtzchen, we er geboren werden Deim Jaßres⸗Schluß.
kann, und eurem breiten und dicken Stolze Ich dachte: Laß die Jahre reden. Sie
iſt die Welt zu enge, und nirgends Raum ob 32, 7. Herr, laß ihn noch dieſes Jahr,
genug, euch auszubreiten und groß machen bis ich um ihn her aufgegraben und Duͤn—
zu koͤnnen, wie ihr gerne wolltet. Nun, fo ges daran gelegt habe. Luc. 13, 8. Ich
ſey es / Jeſus ſey blos euer Beiſpiel! Laſ⸗ will ihnen noch Friſt geben 120 Jahre.
ſet es ihn doch ſein, werdet ſo klein, wie er 1 Moſ. 6, 3,
dann werdet ihr die Größte im Himmel⸗ Wenn deine Jahre reden, was hoͤrſt du?
reiche. Verſuchet es nur einmal, fo wer⸗ Was hoͤrt Gott von dir? Was hoͤren
det ihr bald finden, daß er euch noch mehr dei e Mitbrüder? Das Ende, der Schluß
werden und ſeyn muß, daß ihr ohne ihn dos Wr Rede, den du daraus ziehen ſollſt,
Kleinſte, das Kleinwerden, nicht einmal wird wohl kein anderer als der ſeyn; Thue
vermoͤget; wie wollt ihr denn groß wer- Buße! Alle deine Jahre rufen dir zu:
den 21 0 Fe beim A, beim Klein- Beſſere dich Der Gartner kommt heute
Mel. Hier legt mein Sinn ſich.
Da liegt das Kindlein in der Krippe.
Noch ſchweigt des Himmels-Kindes Lippe.
Sein Weſen mir doch ſagen will:
O waͤreſt du fo rein und ſtil!
ae die Menſchheit an auf Erden,
Und mußte erſt ein Kindlein werden;
Denn's kann durch Kindlichkeit allein
Der Menſch mit Gott vereinigt ſeyn.
Ein ſanftes, ſtilles Kinderweſen,
Die Schoͤnheit hat ſich Gott erleſen.
Ein unverſtellter Einfalts-Sinn
Fuͤhrt uns zur erſten Unſchuld hin.
Wer ſich vom Geiſt dahin laͤßt ziehen,
Wird einſt im Garten Goftes blühen,
Wie Blümchen in dem Para sies.
— — nn nn nn
werden an, Wie Jeſus. Werdet geringe in ſeinen Garten, und ſucht Früchte.
1
158 Beim Jahres⸗Schluß.
Wenn er ſich vor den Baum deines Lebens
ſtellt und deine Jahre frägt, dieſes Jahr
beſonders fraͤgt, was antworten ſie? was
ſpricht dieſes Jahr von dir? Findet er die
erwuͤnſchten Fruͤchte? Er hat viele Gna⸗
den an dich gewandt, hat dir viel gegeben:
und wem viel gegeben iſt, von dem wird
auch viel gefordert. —Wenn nun der Vater
ſpricht; So viele Jahre komme ich ſchon,
und ſuche Frucht an dieſem Baume, und
finde keine, haue ihn um — Wie! wenn
wirklich heute dieſes im Himmel heſchloſſen |
würde! 1 5 es nicht ſeyn? Hät⸗
teſt du es nicht verdient? Ich wohl. —
Was wollen wir alſo thun? Wir wol
len uns ohne Verzug und mit ganzem
Herzen zu Jeſu wenden, vor ihm ie
len auf unſer Angeſicht, als vor unſerm.
einzigen Mittler und Verſoͤhner, daß er,
uns vertritt und fir uns bittet beim Va-
ter; ſo wird er auch fuͤr uns, fuͤr dich,
und fuͤr mich, zu dem Vater ſagen: Laß
ihn noch dieſes Jahr, bis ich um ihn her
aufgrabe und Dünger daran. lege, vielleicht,
bringet er dann Frucht. Wo nicht, fo,
kannſt du ihn umbauen. —Liehe, der Fuͤr-
bitte Jeſu haſt du es allein zu verdanken,
daß dir Gott ſo viele Jahre ſchenket. Aber
vielleicht iſt das kommende das letzte.“
Darum wende es ſo an, halte dich ſo an,
deinen Gott und Heiland, daß er nicht Ur—
ſache habe, zu ſagen: Haue ihn weg, was.
ſoll er das Land umſonſt einnehmen. Gott,
iſt ſehr langmuͤthig; das ſehen wir an ſei
ner Geduld zu den Zeiten Noahs: Er gab.
ihnen lange Friſt -aber, je Länger die.
Friſt, je großer ihre Bosheit. Endlich,
brach er los mit ſeinen Gerichten. Der ale,
te Gott lebt noch. Schließe daher. Rabe)
Jahr mit beſonderem Gebete und innigem
Flehen, daß Gott nicht ins Gericht mit
dir gehe, ſondern dein Herz durch Jeſum
zur wahren Buße und Beſſerung erneure;
und dir ein Leben nach feinem Wohlge—
fallen ſchenke.
Mel. Nun danket alle Gott.
Ein J Fahr der Sterblichkeit,
Der 41 7 Lebenstage
Iſt abermal dahin,
Mit aller Luſt und Plage;
Auf immer iſt ein Theil
Der kurzen Pilgerſchaft,
Wie ſchnelb! zuruͤckgelegt. *
Gott fordert Rechenſchaft !“
2. Herr, deine Huld iſt nur,
(Die nimmer uns zu lieben
Ermuͤdet, noch vergißt, ),
Daß wir ſind uͤbrig blieben.
Nimm unſers Herzens Dank
In Gnaden von uns a
Für das, was du an uns
In dieſem. Jahr gethan.
3. Wir ſchließen uns auſ's neu”
In dein fo treues Sorgen,
In deine Obhut ein,
Da find wir wohl geborgen
Da iſt daß feſte Schloß
Vor aller Feinde Trutz.
irgt ſein Volk ſich hin,
Und findet ſichern Schutz.
4. Gieb mit dem neuen Jahr
Uns neue Stärk im Glauben;
Laß uns den alten Grund
Der, Wahrheit ziemand rauben!
Erneure Herz und Sinn,
Und das gegoͤnnte Licht
Des ewig wahren Worts
Erkoͤſche bei uns nicht.
5. Exmecke neue Lieb'
Und Hoffnung in uns allen!
N And follt im neuen Jahr
Uns neue Noth befallen,
So ſtaͤrke die Geduld,
Und mache deine Treu’,
O Heiland! über uns
Mit jedem Tage neu!
18
6. Gieb, daß wir 15 und mehr
Des Fleiſches Ln fe tödten!
u
*
un ihrer großen Schwachheit ſpran,
Das Sterbebette einer jungen Seele. 159
Verleih' an Seel' und Leib,
Was jedem iſt von Noͤthen;
Und laß uns, Herr, mit dem,
Was deine Weisheit thut,
Stets wohl zufrieden ſeyn;
Du mug 1 alles gut.
IL 7a)
7. Wenn du im neuen Jahr,
Aus dieſer Welt zu ſcheiden,
Das Ziel geſetzet haſt,
Den laß in dir mit Freuden,
Im Glauben ſelig hier
Beſchließen ſeinen Lauf,
Und nimm in deine Hand
Die Seele gnädig auf. Amen
Das Sterbebette einer jungen 1
Aus einem Brief erhalten Nov.
aus dem Bette, und zertrat das Bonnet
mit ihren Fuͤßen.
Hierauf fing ſie an ihre Brüder und
Schweſtern zu ermahnen, nicht zu thun,
wie ſie gethan hatte, und meynte, ob fie
gleich jetzt alle dieſe verbotene Stucke von
ſich gethan hätte, fo müßte fie doch zur
Helle gehen. (Dieſes iſt eine gewiſſe,
ewig⸗feſte Wahrheit, und nicht blos eine
Meinung, die aus der Einbildung, Furcht 8
und Angſt vor dem Tode entſprungen iſt.
Glaubt es nur, ihr lieben Seelen alle, und
ſonderlich ihr jungen Seelen, die ihr dieſes
leſet; wenn Chriſtus nicht gekommen
waͤre als das Lamm Gottes, das der
1 Suͤnde wegnimmt, fo würde kein
Menſch ſelig; ſo muͤßten wir alle, Alle
zur Hoͤlle gehen. Und wenn wir auch
Buße thäten, und die verbotene Stuͤcke ab—
5 Welker will ich dich ge von legten, und unſer Lebenlang keine neue
etwas, das fh in unſerer Nachbarſchaft Sundenſchu ld mehr machten, und o wo
an e e, Ein Bruder und Schwe—
ſter (Mitglieder und Ehegatten) wurden
ſich aber wieder. Darauf wurden drei;
ihrer Tochter von demſelben Fieber ange—
griffen. Die aͤlteſte derſelben war in Ge—
ſchaͤften ahweſend von Hauſe, und kam
krank heim, und während ihre zwei jün—
geren Schweſtern ſich von der Krankheit
erholten, ginge es mit ihr dem Ende zu, und
mußte in ihrem 22gſten Jahre ſterben.
Dieſe To hter war in ihren geſunden
jungen Tagen ſehr eitel und hoffaͤrtig in ih—
ren Kleidern geweſen. In ihrer Krankheit
aber ſing ſie an dieſe Dinge zu bereuen,
und da ſie fi hon ſehr fi chwach war, begehr⸗
te fie, man ſollte ihr alle ihre ſchoͤnen Klei⸗
der und Schmuckſachen, als das Bonnet,
den Schleier (veil) Bruſtnadeln (breast-
bins) a e Dinge, die weder
für warm ‚no och kalt waren, ans Bette
ungen und wünſch te ſie zu Aſche zu ver⸗
brennen. Das Bonnet nahm ſie, druͤckte
es ganz zuſammen, warf es zu Boden, und
ſie
iſt der, welcher nicht taglich neue Urſache
ſtändet zu beten: „Vergieb uns unſere
krank mit dem Typhoid⸗ Fieber, en |
Schulden?“ — doch geſetzt einer koͤnnte es,
ſo wuͤrde doch das die alte Sͤnden—
ſchuld nicht bezahlen, die uns verdammet,
ſobald wir zur Erkenntniß derſelben kom—
men. Erſt wenn wir als muͤhſelige und
beladene Suͤnder unſere Zuflucht zu Jeſu
nehmen, nach feinem Wert zu Ihm kom—
men, an Ihn glauben, wie die Schrift
ſagt, erlangen wir Erquickung, und wenn wir
ſo willig werden, ſein Joch auf uns zu
nehmen, und von Ihm zu lernen, ſo fin—
den wir Ruhe für unſere Seelen. Auch
von dieſem durfte die verſtorbene junge
Seele etwas erfahren, wie es ſcheint.
Denn es heißt ferner:) Dennoch ehe ſie
ſtarb, glaubte ſie etwas von jener Erquick—
ung und Ruhe erlangt zu haben, (Matth.
11, 28. 29.) ſagte den Umſtehenden, nicht
ihretwegen zu weinen, und übergab ſich fo
gänzlich dem Herrn, daß fie erklärte, wenn
Er ihr Geſundheit und Kräfte wieder
ſchenken würde, fo ſey fie willig, Chriſto
in der Taufe und in allen ſeinen Geboten
160 Correſpondenz und Todes-Anzeige.
die bei ſo geringer Unterſtuͤtzung das
Werk fertzuſetzen geneigt wären. Indeſ—
jungen Seele nicht ganz fruchtlos und un- ſen hat die Zahl feiner Freunde, wenn auch
geſegner bleiben wird an ihren ehemaligen langſam⸗ dach zugenommen, und if noch
Geſpielen und andern jürgen Herzen, die am Zunehmen. Wir find auch verfühert
diefes leſen. Könnte fle noch reden ſo worden, Faß dieſes geringe, unanſehnliche
wurde fie ohne Zweifel ſagen mit dem Werk nicht ganz ohne Nutzen war für die
Dichter: Erbauung unſerer Leſer. Und weil Neſes,
O Jugend, ſo den Lilien gleich und nicht Geld und Ehre unſer Abſehen
Mit Roſenfarb vermenget, von Anfang war, ſs wagen wir es noch-
Du weißt nicht, wer ſchon Morgen blelch mals im Aufſehen auf den Herrn und in
Mit kaltem Tode ringet: Hoffnung weiterer Huͤlfe und Unterſtuͤtz⸗
Ach ſpar deine Buße nicht, ung, mit künftigem Neujahr einen neuen
BES, Was dein Heiland ſpricht? Jahrgang anzufangen, und alle unſere liebe
Wer mein Wort halt, mich liebet. Leſer um Geduld und Nachſicht zu erſuchen
wegen des Vergangenen, und um ihre fortz
nachzufolgen; und wir mochten hoffen
und wünſchen, daß dieſes Sterbelager einer
ee waͤhrende brimftige Fürbitte, daß der Kerr
. uns niit Lich Weisheit, Kraft
Correſpondenz. uns mit Licht und Weisheit, Kraft und
Gnade ausrüͤſten wolle, zur ferneren
Fortſetzung des Werks, und es gedeihen
Bei der letzten (November) Nummer laſſen wolle zum Heil unſterblicher See—
waren wir ſehr im Gedränge, um damit ſen, zur Ausbreitung Seines Reichs, und
fertig zu werden vor unſerm Liedesmahl! zur Verherrlichung Seines Namens in
am 31 October, wo wir ziemlich Beſuch Chriſto Jeſu. Amen.
erwarteten, und wenigſtens eine N
Entſchuldigung.
frey von Geſchaͤften in der Druckerey zu e
ſeyn wuͤnſchten. So kam es, daß wir etz! Todes- Anz 117
liche Stuͤcke aus Wechſelelättern n odes⸗Anzelge⸗
men ließen, worin Dinge vorkommen, die | Starb am 19 September 1855 in
einigen unſerer Leſer Anſtoß verurſachen EkEriek Gemeinde, Semerſek Co. Par
könnten, und Berichtigung verdienten. Schwefter Kliſa DBirchler Gattin den
Wir hoffen indeſſen, unſere geneigte Leſer Bruder Dameb Bible an der Lungen⸗
805 gi en Schwindſucht, ihres Alters 45 Jahre, 9
werden Geduld mit uns tragen, und ſich Monate und 24 Tage. Sie war ein würs
ein jedes dem Mißverſtändniß unterwor-(diges Mifglied der Gemeinde für 22 Jah
fenes Wort eines Menſchen nach dem un— | ve, und hinterließ einen Ehegatten und 7
fehlbaren Wert des Herrn zurecht zu legen Kinder, ihren Verluſt zu deklagen.
wiſſen. Starb am 25 September in Ste⸗
**
* *
Schluß dieſes Jahrgangs.
Mit der gegenwaͤrtigen Nummer geht
det dritte Jahrgang unſeres deutſchen
Evangeliſchen Beſuchs zu Ende. Es iſt
uns ſauer geworden, denſelben neben dem
Engliſchen Gospel- Visiter herauszugeben,
und nur wenige moͤchten zu finden ſeyn,
»
phenſon Co. Illinois unſer betagter
Bruder Johannes Frey, fen. feines
Alters 78 Jahre, 5 Monate und 8 Tage.
Starb am 1 Oetsber 1855 in der
Ten Mile Gemeinde, Waſchington Co.
Pa. Bruder Jacob Scheidler, in einen
Alter von 75 Jahren, 9 Monaten und
14 Tagen. — Der Verſterbene war ſeit 25
Jahren ein Armendiener in der Gemeinde,
in welcher er ſtarb.
EEE